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Full text of "Riemann Musik Lexikon Personenteil"

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R I E M A N 


N MUSIKLEXIKON 



RI EM AN N 
MUSIK 
LEXIKON 

Zwölfte völlig neubearbeitete Auflage 
in drei Bänden 
herausgegeben von 
WILIBALD GURLITT 


PERSONENTEIL 
A- K 

PERSONENTEIL 

L-Z 

SACHTEIL 

A-Z 


B.SCHOTT'S SÖHNE- MAINZ 

SCHOTT & CO. LTD., LONDON • SCHOTT MUSIC CORP., NEW YORK 
B. SCHOTTS SÖHNE (EDITIONS MAX ESCHIG), PARIS 



RIEMANN 

MUSIK 

LEXIKON 


PERSONENTEIL 

A-K 


1959 

B. SCHO TT' S SÖHNE • MAINZ 

SCHOTT & CO. LTD., LONDON • SCHOTT MUSIC CORP., NEW YORK 
B. SCHOTTS SOHNE (EDITIONS MAX ESCHIG), PARIS 



Die erste Auflage des Werkes ist im Jahre 1882 erschienen unter dem Titel 

HUGO RIEMANN MUSIK-LEXIKON 

Theorie und Geschichte der Musik, die Tonkünstler alter und neuer Zeit 
mit Angabe ihrer Werke, nebst einer vollständigen Instrumcntrnkumlr 


© by 8. Schott'» Söhnt • Mainz 1939 
Satz and Drude: 

Mainzer Verlag»an«talt und Druckerei WIU and Rothe KG, Mainz . B. Schott» Söhnt. M aicu 
Simtlich« Rechte für alle Linder Vorbehalten, Im beaondenm die Rechte der Obemtnmg and 
de* Nachdruck» auch von einzelnen Artikeln oder Auszügen daran» . Prlnied ln Gtrmany 
Geetaltung von Schuizunuchtag and Einband: Cönter Hldalar 



VORWORT 


Das Musiklexikon von Hugo Ricmann (1849-1919) erschien in der ersten Auflage 1882, in der letzten 
(8.) Auflage aus Ricmanns Hand 1916. Das Lexikon wurde mehrfach in fremde Sprachen übersetzt und 
darf als ein Standardwerk des deutschen Musikschrifttums gelten. Die späteren Auflagen besorgte Alfred 
Einstein (1880-1952), die letzte (11.) Auflage in zwei Bänden 1929. Nach einer Zeitspanne von nahezu 
dreißig Jahren gewaltiger Veränderungen des geistigen, sozialen und politischen Lebens erscheint nun- 
mehr die zwölfte Auflage des weltweit berühmten Lexikons. Nachdem schon die elfte Auflage auf die 
handliche Einbindigkeit der früheren Auflagen verzichten mußte, geht die völlig neu bearbeitete zwölfte 
Auflage aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit erstmals dazu über, den immer stärker anwachsenden 
Stoff auf zwei Bände Personcnteil und einen Band Sachteil zu verteilen. 

Die Aufgabe des Lexikons ist nach wie vor die alte geblieben: zuverlässige Information über Kompo- 
nisten und Musikforscher der Gegenwart und der lebendigen Vergangenheit sowie allgemein über 
Persönlichkeiten und Sachverhalte, die für die Musikwirklichkeit bedeutsam sind. Die Artikel der vorher- 
gehenden Auflage sind auf den neuesten Stand gebracht und ergänzt, entbehrliche Artikel gestrichen, 
andere gekürzt worden, um Raum für die zahlreichen Neuaufnahmen zu gewinnen. Dabei wurde eine 
mögliche Vollständigkeit der Artikel über hervorragende Personen und Sadiwörter angestrebt und auf 
sorgfältige Auswahl und Übersicht der belangvollen einschlägigen deutschen und ausländischen Fach- 
literatur und Ausgaben besonderer Wert gelegt. 

Von jüngeren musikalischen Nachschlagewerken wurden, ohne daß bei den einzelnen Artikeln eigens 
darauf hingewiesen ist, häufiger zu Rate gezogen: Willi Apel, Harvard Dictionary of Music, Cambridge 
(Massachusetts) *1947; Grovc’s Dictionary of Music and Musicians, herausgegeben von Eric Biom, 
9 Binde, London *1954; The International Cydopedia of Music and Musicians, henusgegeben von 
Oscar Thompson, neu bearbeitet von Nicolas Stonimsky, New York 7 1956; Hans Joachim Moser, 
Musiklexikon, 2 Binde, Hamburg <1955, Nachtrag 1958; Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 
henusgegeben von Friedrich Blume, Kassel und Basel seit 1949; Sohlmans Musiklexikon, herausgegeben 
von G. Morin, C.-A. Moberg und E. Sundström, 4 Bände, Stockholm (1948-51). Darüber hinaus er- 
möglich» der Verlag den Mitarbeitern, unerläßliche bibliognphische Arbeiten auch in auswärtigen 
Bibliotheken zu erledigen. Für freundliche Unterstützung sei besonders gedankt den Universitäts- 
Bibliotheken Freiburg im Brcisgau und Basel sowie den Musikabteilungen der Bayerischen Staatsbiblio- 
thek München, des British Museum London und der Bibliothbjuc Nationale Paris. 

Wenn auch bei einem Lexikon unfehlbare Richtigkeit aller Angaben nie erreicht werden kann, so ist es 
doch das Anliegen des Herausgebers und seiner Mitarbeiter, den unzweifelhaft gesicherten Bestand sach- 
licher und historischer Einzcidatcn feit zuhalten, von Obcrflächenenchein ungen und Tageimoden das 
Wesentliche und Bleibende zu unterscheiden, kritisch abzuwägen und gerecht einxuordnen. Zudem 
möchte die Neufassung des Musiklexikons von Hugo Ricmann dazu beitragen, d er Musikkultur der 
Gegenwart tum rechten Verständnis ihrer selbst zu verhelfen, Bewunderung und Ehrfurcht zu er- 
wecken für die klassischen Leitbilder musikalischer Kunstwerke und überragender Mimkcrpcnönlich- 
keiten aller Zeiten und Völker. 

Mit dem v e r an twortlichen Herausgeber arbeitete das Freiburger Team, bestehend aus den Herren Dr. 
phiL Günter Birkner, Privatdozent Dr. phiL Rolf Damnum, and. phiL Christoph Strömt und mehreren 
Hilfskräften. Der Pertonenteü wurde von den Herren Birkner und Stroux, der Sachteil von Herrn Dam- 
num bearbeitet. Im Verlag B. Schott'» Söhne in Mainz leimte Herr Dr. phiL Karl Heinz Holler das 
Redakrionsbüro für das Lexikon. Dankbar ad ver m er k t, daß der Verlag die Vorarbeiten für eine Neu- 
attdige 6a Lexikons tut dem NichliS von Alfred fl»"«**«» erwerben and tu? Verfügung stellen koninftr. 
Wertvolle bibliographische Hinweise verdankt das L ex ik o n Herrn Dr. phiL Wilhelm Vimdad, dem 
Leiter des Depots der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek Berlin in der Uni ve nitlts bi bl iot h ek 
Tübingen. Dankenswerte Förderung erfuhren die Arbeiten am Pcnone n ttü durch die Nachrichten steh- 
gcniMichcf Murfkcr Über tttr and Schiffe n« Ein e n Teil der betreffen d en Nt inifa l wMP fc or bc fa&c 



Herr Dr. phiL Heinrich Lindlar. Für verschiedene spezielle Artikel konnte eine Reihe bewährter 
Musikologen des In- und Auslandes gewonnen werden, deren größere Beitrage mit ihren hufulrn ge- 
zeichnet sind (vergleiche das Verzeichnis der Initialen). 

Es ist mir ein herzliches Bedürfnis, allen Mitarbeitern und Helfern, genannten und ungenanntrn. mrinrn 
aufrichtigen Dank auszusprechen. Ohne ihre tägliche Hilfe hätte ich die große gemeinsame Arbeit m* ht 
zu unternehmen vermocht. Besonderen Dank schulde ich dem Seniorchef des Hatnrs B. Schott** Sohne. 
Herrn Dr. phil. h. c. Dr. jur. Ludwig Strecker, der die sachliche und formale Neufassung des I extkons 
mit unermüdlichem Beistand und freundschaftlichem Rat unterstützt hat. 

Möchte das Musiklexikon meines unvergeßlichen Lehrers Hugo Ricmann in seinem neuen < tewand 
unter Musikern und Musikliebhabem, Musikforschem, Musikkritikern, Mmiklchrendcn und Munk* 
studierenden zu seinen alten Freunden neue hinzugewinnen. 


Freiburg im Breisgau, Herbst 1958 


Wdibald Citirlttt 



Initialen der Mitarbeiter 


AF Amo Fuchs 

AK Arend Koolc 

AS Arnold Schmilz 

AW Albert Weüek 

BDS Bartolomco Di Salvo 

BM Bernhard Meier 

CAM Carl-Allan Mobcrg 

CEH Canten E. Hatting 

ClS Claudio Sartori 

CS Curt Sachs 

CSch Camillo Schoenbaum 

CvdB Charles van den Borren 

DL Dieter Lehmann 

DP Dragan Plamenac 

ED Erich Daflein 

EF Elf riede Feudel 

ECK Edith Genon-Kiwi 

EN Edmund Nick 

ES Eugen Schmitz 

EW Egon Weöea 

FB Fritz Bote 

FG Friedrich Gennrich 

FH Franc Hirtler 

FL Francois Lesure 

FR Fritz Reusch 

FaH Friedrich Hof mann 

FW Fritz Winckel 

FZ Franz Zagiba 

GG Gustav «Irlich 

GH Gkn Haydon 

GM Carl Gregor von Mecklenburg 

GP Gerhard Pietzseh 

GR Georg Radiert 

GWB Gcrth-Wolfgsng Baruch 

HA Heinz Arnold 

HaE HansEckardt 

HaH Ham Hkfcmann 

HB Heinrich Beadn 

HE Hans Engel 

HaL Heinrich Lemacher 

HF Hdmut Federhofer 

HG Hcroum Grtbner 

HGF Henry George Farmer 

HH Harald Hedunann 

HHB Ham Heinrich Egge b rec h t 

HHS Ham Hefa» Stuckemdunldt 

HsA High» Anglis 

HiH Hflmar Hddmer 


HJ Hansjancik 
HL Heinrich Lindlar 
HML Hermann Michael Lang 
HO Helmuth Osthofl' 

HOc Horst Ochse 

HOb Hans Ocsch 

HpB Hanspctcr Bcnnwitz 
HS-G Helmut Srhmidt-Gane 
HW Heinz Wegener 

JAW Jack Allan Westrup 

JR Josef Rufer 

JS Jan Slawe 

JW Jos Wouters 

KG Karl Geiringer 

KH Karl Heim 

KJ Knudjeppesen 

KL Karl Laux 

KMK Karl Michael Komma 
KvF Kurt von Fischer 

KW Karl Widmaier 

LF Ludwig Finscher 

LFB Luiz de Freit» Branco 
LH-E Lothar Hoffmann-Erbrecht 
LR Ljubomir Rosmansky 
LS Leo Schrade 

MaH Mantle Hood 

MH Michel Huglo 

NB Nanie Bridgman 

ND Norbert Dufourcq 

FC Pierre Citron 

RE Richard Englindcr 

RH Rcinhold Hammcntcin 
RS Rudolf Schoch 

RT Roland Tenschert 

SC Susanne Gerex-Lejeunc 
SL Serge Lifar 

TkG Thrasybulos Georgsades 
TK Tauno Karila 

UD Ulrich Dlhnen 

VH Veikko Helatvuo 

WD Werner Daneben 

WG Walter Gerstenberg 

WR Walter Kobeder 

WL Werner Lotten»»» 

WR Willi Reich 

WS Waher Salmes 

ZN Zdenek Novttek 


VS 



Benutzte Lexika 

soweit sie nicht im Vorwort genannt sind 


The ASCAP Biographical Dictionary o£ Composers, Authors, and Publishcrs, 
herausgegeben von D. L McNamara, New York <1952). - BakeT*s Biographical 
Dictionary of Music, bearbeitet unter Leitung von G. Reese, New York 
*1940. - G. Bemandt und A. Dolschanskij, Sowjet skije kompmitory, Moskau 
1957. — JM. Brenet, Diccionario de la musica, übersetzt und bearbeitet von J, 
Barberä Humbert, J. Ricart Matas und A. Capmany, Barcelona (1946). - A. 
GhybiAski, Slownik muzyköw dawnej Polski, Krakau (1949). - Kürschner» 
Deutscher Musiker-Kalender, herausgegeben von HL und E. H. Müller von 
Asow, Berlin 1954. - Diccionario de la müüca Labor» herausgegeben von J. 
Pena und H. Angi&s, 2 Bände, Barcelona 1954. - Larousse de la mustque, 
herausgegeben von Nf. Dufourcq, 2 Bände, Paris (1957). - E. Refirdi, Hstto- 
rischrBiographisches Musikerlexikon der Schweiz» Leipzig-Zürich 1928. - C. 
Sachs, Real-Lexikon der Musikinstrumente, Berlin 191 3. - B. Schiffer, Almanach 
polskich kompozytor6w wip61czesnych, (Krakau) 1956. - C. Sch midi, Dirio- 
nario universale dei muiicisd, 2 Bände, (2. Auflage) Mailand (1927-29), Supple- 
ment (1938). - W. Schuh und £. Refardt, Musikerlexikon» — Schwebtet Mtaik- 
buch II, Zürich (1939). - N. Slonimtky, Music »nee 1900, New York # I949. - 
Tonkonsten, herausgegeben von N. Broman, jf. Norby und F. H. Tömblom, 
2 Bände, Stockholm (1955-57). 


Alphabetische Ordnung 


Umlaute und 'wie wirkliche Diphthonge behandelt; l»ae,ö-oe,tt<.ut. 
Alle übrigen Z un t a eiden verändern die alphabetische Anordnung nicht 
(4, 0 , i, q, h, 1 usw. — a, o, a, c, h, 1. such ß - ss). Namen mit de, dd, «n am. 
sowie Doppelnamen sind im allgemeinen nach nationalem Brauch b t w . nach 
der von dem betreffenden Künstler befolgten Regel cingcordnet, also DaT Abaco 
unter D, dei Adalid unter A, Delalande unter D, d'Akmbcn unter A. Van 
Aerde unter V. van Anrooy unter A, Daniei-Lesur unter D. Barclay Squire 
unter S, Füller Meidend unter F. 



Abkürzungen und Siglen 

Die Abkürzungen gehen jeweils für sämtliche Casus sowie fremdsprachliche Formen des betreffenden Wortes 


A. 

Alt 

Ahb. 

Abbildung 

Abh. 

Abhandlung 

Abt. 

Abteilung 

Arad. 

Academia 

Accad. 

Accademia 

ADB 

Allgemeine Deutsche Biographie 

Adler Hdb. 

Handbuch der Musikgeschichte, herausgegeben von G. Adler, 2 Binde, 
Berlin 2(1930) 

Adlung Mus. mech. arg. 

J. Adlung, Musi ca mcrhanica organoedi, herausgegeben von j. L 
Albrecht, 2 Binde, Berlin 1768. 

AlMf 

Archiv für Mudkforschung 

A(Mw 

Archiv für Musikwissenschaft 

ahd. 

althochdeutsch 

Akad. 

Akademie 

AM 

Anuario Musical 

AMI 

Acta Musicologica 

AMs 

Allgemeine Musütrdtung 

AmZ 

Allgemeine musikalische Zeitung 

Anh. 

Anhang 

Arno. 

Anmerkung 

Am. Mus. 

Annaies Musicotogiques 

anon. 

anonym 

Am. 

Antologia 

Anth. 

Anthologie 

an. 

außerordentlicher 

Arch. 

Archiv 

Au. 

Association 

Ausg. 

Ausgabe 

ausgcw. 

susgewihlt 

Ausw. 

Auswahl 

B. 

Baß 

Bar. 

Bariton 

B.c. 

BaMocoadnuo 

Bd, Bde 

Band, Binde 

Bcarb. 

Bearbeitung 

bearb. 

DdXDCSOn 

Bder, 

Beitrag 

Bar. 

Bericht 

BibL 

Bibliothek 

BibUogr. 

jra^gnijvTmngnB 

bibUogr. 

bibbographisefa 

B1MG 

Publikationen der Mudkgescflscfaaft, Beihefte 

Biegr. 

Biographie 

tjnjnr 

otegr. 

y 0 g fÄ py |e j | 

Bb 

DuiUn 

BoB.Bibl.MtM. 

B^ibüografioo friwicala 

DC 



Bücken Hdb. 

Bull. 

BUM 

BWV 

bzw. 

C. 

Cat. 

Cemb. 

Cent. 

C.f. 

CFMA 

Chw. 

CMM 
Coli. mus. 
CS 


CSM 


Handbuch der Musikwissenschaft, herausgegeben von V Hurkrn, 1<» 
Bände, Wildpark-Potsdam (1927-34) 

Bulletin 

Bulletin de la Socidtd Union Musicologique 

W. Schmiedcr, Thematisch-systematisches Vcrarrirhiut der imiukahwhrt» 

Werke von J. S. Bach, Leipzig 1950 

beziehungsweise 

Cantus 
Catalog 
Cembalo 
Century 
Cantus firmus 

Classiques fran^ais du moyen ägc 
Das Chorwerk, herausgegeben von Fr. Blume 
Corpus Mensurabilis Musicae 
Collegium musicum 

Scriptorum de musica medii aevi novam seriem . . . edukt P de i'ouuc* 
maker, 4 Bände, Paris 1864-76 
Corpus Scriptorum de Musica 


d. 

Davison-Apel Anth. 
DDT 

Deila Corte Scelta 
den., dies., dass. 
d.h. 

Diss. 

DMK 

DMT 

DTB 

DTÖ 

DVjs. 


cd. 

Ed. 

EDM 

Einstein Bebp. 

EMS 

engl. 

ev. 

Expert Mahres 
Expert Monuments 


t 

Pag. 

Paks. 

Ffm. 


der, die, das 

Historical Anthology of Music, herausgegeben von A. Th. Dm*m und 
W. Apel, 2 Bände, Cambridge, Massachusetts, I *1950, II 1950 
Denkmäler Deutscher Tonkunst (Ente Folge) 

A. Deila Corte, Scelta di musichc, Mailand *1949 
derselbe, dieselbe, dasselbe 
das heißt 

Dissertation; wo nicht anders vermerkt - der Philosoph»* hm I akulUt 
einer Universität cingereichte Inauguraldi uerumtn 
Deutsche Musikkultur 
Dansk Musikridsskrift 

Denkmäler Deutscher Tonkunst, Zweite Folge : Denkmäler der Ton- 
kunst in Bayern 

Denkmäler der Tonkunst in Österreich 

Deutsche Vicrteljahruchrift für Liter jturwmcmchaft und (io»*cv 
geschichte 

edidit 

Edition 

Das Erbe Deutscher Musik 

A. Einstein, Beiipicltammlung zur Musikgeschichte, Lcipog und Berlin 
4 1930, Neudruck in: Geschichte der Musik, Zürich und Stuttgart (1913) 
TheEnglish Madrigal School, herausgegebert von E H FeBowes 
englisch 
evangelisch 

Les Maltres musidens de la renaistancc franquse, hera u s geg eben von 
H. Expert 

Monuments de la musique franqdsc au tctnpt de b rcnanaancc. bm» 
gegeben von H. Expert 

folgende 

für 

Fagott 

Faksimile-Ausgabe 
Frankfurt am Main 


X 



Fi. 

fr^. 

frz. 

Fs. 


Flöte 

fran^ais 

französisch 

Festschrift 


GA 

Gb. 

gern. Chor 
Ges. 

Gcsch. 

GMD 

gricch. 

Grnvc 


GS 


Guilmant-Pirro 


Gesamtausgabe 
Generalbaß 
gemischter Chor 
Gesellschaft 
Geschichte 

Generalmusikdirektor 

griechisch 

Grove*s Dictionary of Muxic and Musicians, 5. Auflage, herausgegeben 
von £. Blom, 9 Binde, London 1954 

Scriptöres ecdciiastiri de musica . . herausgegeben von M. Gerbert, 
3 Binde» St. Blasien 1784 

Archiv« des Mahres de l'Orgue, herausgegeben von A. Guilmant und 
A. Pirro 


H. 

HabiUSchrift 

Hbg 

Hdb. 

Hist., hist, 
hl. 

HM 

hng. 

Hs., Hst. 
hs. 


Heft 

Habilitations-Schrift 
Hamburg 
Handbuch 
Histoire, historisch 
heiiig 

Hortus Musicut 
herausgegeben 
Handschrift, Handschriften 
handschriftlich 


IGNM 

Inst. 

Imtr., mstr. 

1SGM 

itai. 


Internationale Gesellschaft für Neue Musik 
Institut 

Instrument, instrumental 

International Society for Contemporary Music 

italienisch 


JAMS 

Jfc 

JbP 

h 

Jh. 


Journal of the American Muiicotogical Society 
Jahrbuch 

Jahrbuch der Musikbibliothek Peten 

Jahrgang 

Jahrhundert 


Kat. 

kath. 

Kb. 

Kgr.-Ber. 

KL 

KL-A. 

Klar. 

klaw. 

Kntfb 

KochL 

K.-V. 


Katalog 
katholiich 
Kontrabaß 
Kongreß- Bericht 
Klavier 

Klavier-Auszug 

Klarinette 

hltSHtch 

u irchen nnuikalsschei J ah rtweh 

H. Chr. Koch, Mustkahichet L ex ikon, Frankfurt am Main 1802 
L. Ritter von KttdieL Chrooologisch-thcmstitchcs Verzeichnis slmi- 
Ikber Ton werke W. A. Mozarts, besrbeicet von A. Einstein, Leipzig 
>1937 


XI 



lat. 

lateinisch 

LD 

Das Erbe Deutscher Musik, Zweite Reihe: Landvhajft*dcnknule 

Lit. 

Literatur 

Lpz. 

Leipzig 

MA, ma. 

Mittelalter, mittelalterlich 

MAB 

Musica Antiqua öohcmica 

Maldeghem Tresor 

Tresor musical, hcrausgcgcbcn von R. J. de Maldcghrm 

maschr. 

maschinenschriftlicli 

Mattheson Capellm. 

J. Mattheson, Der Vollkommene Capclhncmcr, Hamburg P.w 

MD 

Musica Disciplina 

Mf 

Die Musikforschung 

MfM 

Monatshefte für Musikgeschichte 

Mg., mg. 

Musikgeschichte, musikgeschichtlich 

MGG 

Die Musik in Geschichte und Gegenwart, hcramgcgcbcn v<m f t Hlnmc, 
Kassel und Basel seit 1949 

MGkK 

Monatsschrift für Gottesdienst und kirchliche Kumt 

mhd. 

mittelhochdeutsch 

Migne Patr. gr. 

Patrologiae cunus completus, scries gracca, hcrautgrgcbm von J 1*, 
Migne 

Migne Patr. lat. 

Patrologiae cunus completus, seric* laüiuu hcriusgtgcbcn von J P. 
Migne 

Mitt. 

Mitteilung 

Mk 

Die Musik 

ML 

Music & Letten 

MMBelg 

Monumenta Musicae Belgicae 

MMD 

Musikalische Denkmiler, herausgegeben von der Akademie der Wiwh 
schäften und der Literatur in Mainz 

MMEjp 

Monumentes de la musica Espaftola 

MMR 

The Monthly Musical Record 

MQ 

The Musical Qartcrly 

MR 

Music Review 

Ms., Mit. 

Manuscript, Manuskripte 

MuK 

Musik und Kirche 

mm. 

musikalisch 

MunBrit 

Musica Britannica 

Mw., mw. 

Musikwissenschaft, muiik wissemchaf dich 

NA 

Neuausgabe 

NDB 

Neue Deutsche Biographie 

N.F. 

Neue Folge 

nid. 

niederländisch 

NMA 

Nagel» Munk-Archiv 

Nr, Nm 

Nummer, Nummern 

NY 

New York 

NZ£M 

Neue Zeitschrift für Mtuik 

o. 

ordentlicher 

Ob. 

Oboe 

OCist 

Orio Cbterdemium 

OSSA 

Orio Bremitantm Seacti Augmtini 

OPM 

Orio Pratrum Miaorum 

O.J. 

ohne Jahr 

o.O. 

ohne Ort 

OP 

xn 




op. 

Orch. 

Org. 

Organum 

OSA 

OSB 

PiM 

PAMS 

Pauly-Wiswwa RE 
P-C 


Pedrcti Tcatro 

PC.fM 

port, 

Po*. 

Praetoriui Synt. 
Proc. Mus. Ass. 
Proc. R. Mus. Ass. 
prov. 

R 

Riss. mus. 

RBM 

RD 

Rev. 

Rev. de Musicdl. 
Ricmann Bciip, 
Rienunn MTh 

RM 

RMI 

ruu. 

S. 

S. 

i. 

Sachs Hdb. 

SachsL 

Sb. 

Schering Bcisp. 
SchillingE 


SIMG 

Sing«. 

SJ 

SJbMw 

Slg.Sigen 


opus 

Orchester 

Orgel 

Organum, Ausgc wählte ältere vokale und instrumentale Meisterwerke 
Ordo Sancti Augustini 
Ordo Sancti Bcncdicti 

Publikationen älterer Musik 

Papers of the American Musicological Stx*icty 

Paulys Rcalcnzyklopädic der dänischen Altertumswissenschaft, neue 

Bearbeitung von G. Wissowa 

A. Pillet und H. Carstens, Bibliographie der Troubadours, ^ Schriften 
der Königsberger Gelehrten Gesellschaft, Sonderreihe Band III» Halle 
1933 

Tcatro Ifrico espaftol anterior al siglo XIX, herausgegeben von P. Pedrcll 
Publikation Aelterer Praktischer und Theoretischer Musikwerke 
portugiesisch 
Posaune 

M. Praetoriui» Syntagma musicum, 3 Binde» Wolfcnbiittel 1614-19 
Proceedings of the Musical Association 
Proccedings of the Royal Musical Association 
provenzalisch 

G. Raynauds Bibliographie des altfranzösischen Liedes» neu bearbeitet... 
von H Spanke, »* Musicologica !» Leiden (1955) 

Rassegna musicale 
Revue Beige de Mustcologie 

Du Erbe Deutscher Musik, Erste Reihe: Reichsdenkmale 
Revue 

Revue de Mustcologie 

H. Ricmann« Musikgeschichte in Beispielen, Leipzig 1912 

H. Ricmann, Geschichte der Musiktheorie, 2. Auflage« Berlin ohne Jahr 
0921) 

La Revue Musicale 
Rivista Musicale Icalima 
russisch 

Seite 

Sopran 

saeculum 

C Sachs, Handbuch der Musikimtrumentenkunde, *• Kleine Hand«* 
bikher der Musikgeschichte nach Gattungen XII« Leipzig *1930 
C. Sachs, Real-Lexikon der Musikinstrumente, Berlin 1913 
Sitzungsberichte; wo nicht anders vermerkt »■ Sitzungsberichte der 
philosophisch-historischen Klaue einer Akademie 
A. Schering, Geschichte der Musik in Beispielen, Leipzig 1931, Neudnack 
1953 

Encyclopidie der gesammten musikalischen Wissenschaften, heraus- 
gegeben von G. Schilling, 6 Binde, Stuttgart >1840, Supplement-Band 
1842 

Sammdblnde der htensarionalcn Murik geaellschaft 
Singstimme 

vwivipa 

Schwcueracha Jahrbuch für Munkwü»en*chafi 
Sammlung , Sammlungen 


xm 



SM2 
s. o. 

Sp. 

span. 

St., st. 

staatl. 

STMf 

StMw 

stör. 

s. u. 

Sappl. 

s. v. w. 


Schweizerische Musikzeitung 

siehe oben 

Spalte 

spanisch 

Stimme, stimmig 
staatlich 

Svensk Tidskrift för Musikforskning 

Studien zur Musikwissenschaft 

storico 

siehe unten 

Supplement 

so viel wie 


T. 

Tagliapietra Ant. 

TMw 

Torchi 

Trp. 

TVer 


Tenor 

G. Tagliapietra» Antologia di musica antica c modert u per tl pumdoftc 

Tijdsdnift voor Muzickwctenschap 

L’arte musieale in ltalia, hcrausgcgcbcti von L. Tor« hi 

Trompete 

Tijdschrift der Vcrccniging voor ncdcrlandsc MurkkfttKhacdcm» 


u* 

u. a. 
Übers. 
Univ. 
usw. 


und 

und andere, unter anderem 
Übersetzung 
Universität 
und so weiter 


V. 

v« 

v. 

Va 

Vc. 

Ver. 

Veröff. 

Verz. 

VfMw 

vgl. 

Vorw. 


Violine 

von 

vox 

Viola 

Violoncello 

Verein 

Veröffentlichung 

Verzeichnis 

Vicrtcijahmchrift für Musikwissenschaft 

vergleiche 

Vorwort 


WaltherL 
Werkverz. 
Wiss., wiss. 


J. G. Walther, M alkalisches Lcxicon, Leipzig 17. 12 

Werkverzeichroi 

W i ss en s ch a f t, wissenschaftlich 


z. B. 

Zflb 

ZfM 

ZfMw 

ZIMG 

Zs. 


zum Beispiel 

Zeitschrift für Instrumentenbau 

Zeitschrift für Musik 

Zeitschrift für Musik Wissenschaft 

Zeitschrift der Internationalen Musikgcsetkcliaft 

caucnntt 

Hin weil auf ein Stichwort des Lexikons 


XIV 



Aussprachebezeichnungen 

aus dem System der Association photietiquc internationale 


x ga«2 offenes e b2\v. 3 , wie englisch cat 
c stimmlos es z a wie deutsch Zahl 

q vorderer Reibelaut, wie deutsch ich 

x Kehllaut, wie deutsch ach 

c geschlossenes c, wie deutsch Beet 
e offenes e, wie deutsch Bett, lang wie deutsch Dir 
a unbetontes kurzes e {Murmelvokal), wie deutsch Gelage 
i wie kurzes Ü mit i-Firbung 
& vcrschlciftes y, wie italienisch battaglia 
ji verschkiftes nj f wie französisch agneau 
t} nasaliertes ng, wie deutsch lang 
o offenes o, wie deutsch Spott 
o geschlossenes o, wie deutsch Hohn 
ce offenes ö, wie deutsch Spötter 
a offenes ö mit a-F£rbung, wie englisch cut 

0 geschlossenes ö, wie deutsch höhnen 

1 stimmhaft, im Unterschied zum deutschen r kein Reibelaut, wie englisch 
bread 

s stimmloses #, wie deutsch essen 
z stimmhaftes s» wie deutsch Rasen 
| stimmloses sch, wie deutsch Schale 
3 stimmhaftes ich, wie französisch garage 
0 stimmloser Lispeliaut, wie englisdt thin 
<ft stimmhafter Lispeliaut, wie englisch then 
u u mit U-Flrbung, wie schwedisch hus 
v schwach stimmhaftes w, wie deutsch warten 
w stark stimmhaftes w, wie englisch wait 

M ganz stimmhaftes w, Ihrtlich einem ganz offenen u, wie polnisch zloto 


Hilfszdchcn; 


# a betonter Vokal 
a: langer Vokal 
1 nasalier ter Vokal 
I, 0 . Halbvokale 

(Konsonanten werden nur doppelt geschrieben, wo xwei Laute gesprochen 
werden, wie deutsch Rebberg,) 


XV 




A 


Aaron, Pietro (Aron), * um 1480 oder 1490 zu 
Florenz, f 1545 zu Venedig; italienischer Musik- 
thcorciikcr, vielleicht in der Kapelle Leos X., 1521 
kurz an der Kathedrale von Imola tätig. Er wurde 
um 1523 Kanonikus in Rimini, später (1536) 
Mönch, erst im Kloster S. Leonardo zu Bergamo, 
dann in Padua, zuletzt in Venedig. Seine Schriften: 
Libri III de institutme harmomca (1516, intcrpretc 
j. A. Flaminio); Thoscanclto de ta musica (1523, wei- 
tere Auflagen folgten bis 1562 unter dem Titel 
Toscancllo in musica) ; Trattato detk natura et cogni- 
tione di tutti gli tum di conto ßgurato . , , (1525); 
Lutidario in musica di akute oppeniom antiche et 
moderne (1545) und Cmpendhlo di molti dubbi 
segreti et sentenze intomo al conto ferne* et ßgurato . . . 
(nach 1545). A, ist der erste Theoretiker, der die 
sukzessive Stimmenkomposition für veraltet er- 
klärte. Im Gegensatz zum allgemeinen Gebrauch 
der lateinischen Sprache sind seine Schriften mit 
Rücksicht auf leichtere Verständlichkeit und wei- 
tere Verbreitung italienisch abgefaßt. 

Lif.: A. Catmani, P. A., in: Gazeua Musictle di 
Milano 1851; Rumann MTh; vgl. auch H. Zznck, 
Zarlinos »luitmtoni harmoniche« . . ., ZfMw XU, 
1929/50; A. EwtrttN, The Italien Madrigal I, Prince* 
ton 1949, 

A*vik ( # a:vik), Juhan, * 29. 1. 1884; estnischer 
Komponist und Dirigent, absolvierte das Peters- 
burger Konservatorium, wurde 191 1 Dirigent des 
»Vancmuinc«-Symphonicorchestcrs und verschie- 
dener Gesangvereine in Dorpat, später Direktor 
des Dorpatcr Konservatoriums, 1W5-33 in Reval 
Dirigent de» »Eitonia«-Thcatcn, 1928-44 Profes- 
sor und lange Zeit dort Direktor des Konserva- 
toriums, wohnt seit 1944 in Schweden. Er schrieb 
eine größere Anzahl Chorlicdcr a cappella, Kla- 
vierheder, eine Kantate Heimatland für Chor und 
Orch«, eine Oper Sugisunelm , eine Symphonie D 
moll, ein Klavierkonzert, ein Violinkonzert, eine 
KUvienonate C moü und andere Klavierwerke. 

Abooo* Evaristo Felicc dal!" und Joseph Cle- 
mens Ferdinand dall* —+ Dali* Abaco« 

Abb+do, Michelangelo, •22.9.1900xu Alba; 
italienischer Violinpädagoge, studierte am Mai- 
länder Koctservatonum 1907-17 Violine bei Polo, 
1917-22 Komposition bei Orcfice und hält seit 
192S daselbst eine Violwprofessur innc, 1927-34 
Primarius des Quarteno Abbado-Malipiero, 1938 
bis 1945 im Trio Vidusso-Abbado-Crepax, ist er 
seit 1941 Leiter und Solist der von ihm gegrün- 
deten •Orchestra d'archi di Milano«, mit der er 
Westeuropa bereist und seine zahlreichen Tran- 
skriptionen altitalicimchcr Meister aufführt. A, 
schrieb u. a. ein fünfblndiges violinpädagogiiches 
Werk Uber die Teenita dei suemi armonici (Mailand 
1932), eine Vivaldi-Monographie (Turin 1942) 
und ist Mitarbeiter der Mutfkcnzyklopldie Ri- 
card!« 


Abbat]ni, Antonio Maria, * um 1595 und 
t 1679 zu Tifemo (heute Cittä di Castclio); ita- 
lienischer Komponist, war 1626-77 Kapellmeister 
an verschiedenen Kirchen Roms, 1633 in Orvieto. 
A. schrieb viel kirchliche Werke, zum Teil für 
eine große Zahl von Stimmen; im Druck erschie- 
nen 6 Bücher Sucre canzoni (das 6. Buch 1653, 
2-5 v.), eine I6st. Messe (1627) und je eine Anti- 
phon für 12 Bässe und für 12 Tenöre (1677, aus 
einem 1661 in S. Maria sopra Minerva aufgeführ- 
ten, nicht gedruckten Werk für 8 Chöre) und eine 
dramatische Kantate II pianto di kodomorne (Orvieto 
1633). Handschriftlich erhalten sind die für die 
Frühgeschichte der Oper wichtigen Stücke Dal 
male il bene (Rom 1654 mit Marco Marazzdi, 
Text von Kardinal Rospigliosi), Jone (Wien 1666) 
und La comica dei eich (~ La Bahasara , Rom 
1668). In Dal male il bene sind zum ersten Male 
die Aktschlüsse als Ensembles gestaltet. A. unter- 
stützte A. Kirchcr bei der Abfassung der Musurgia . 

Auig.: »Quanto 6 bello il mio diletto#, Arie aus »La 
comica dei cielo#, in: L. Landshoff, Alte Meister d. 
Bel Canto 1, Lpz. 1912. 

Lit.: H. Goldschmi&t, Studien z. Geich. d. ittl* 
Oper 1, Lpz. 2901 (mit Beispielen); E Coraowi, 

A. M. A., Gio. Apolloni, Lodov. Cenci, Arezzo 1922; 
M. Fuchs, Die Entwicklung d. Finales in d. itah 
Opera buffa vor Mozart, Diss. Wien 1952, maschr.; 
H. J. Mosen, Artikel Ensemble, MGG. 

Abblfti, Franco, * 14. 9. 1898 zu Verdello (Ber- 
gamo); italienischer Musikschriftstellcr, betrieb 
Kompositionsstudien am Liceo Musicale in Turin, 
danach Schüler von Cesari, dem er nach seiner 
Tätigkeit am Secolo-Scra (1928-34) als Kritiker 
des Corricrc dclla Sera (seit 1934) in Mailand nach- 
foigte. A. schrieb Beiträge für zahlreiche Musik- 
zcitsrhriften und ist Gründer (1949) und Heraus- 
geber der Zeitschrift »La Scala« in Mailand. Er 
gab heraus die Scritti inediti di Caetano Cesari (Mai- 
land 1937) und schrieb: Storia dclla Musica (5 
Bände, Mailand 1939-46) und Peter Grimes di 

B. Britten (Mailand 1948), Im Druck befindet sich 
0956) ein dreibändiges Werk über Verdi (Mailand), 

Abd ul-Qidir b. G*IM nl-tflfi* aIMarI|l(Abd 
el Kadir), 4 etwa Mitte des 14, Jh. zu Maraga 
(Ascrbcidschan), f März 1435 zu Herst; arabischer 
Musikschriftsteiler, ist der Verfasser von drei über- 
lieferten Schriften: Der Sammler der Melodien (Au- 
tograph von 1405), Die Zwecke der Melodien in der 
Komposition der Töne und Maße (1418) und Kommen- 
tat zu den Tonarten . Sein werk Der Schatz der 
Melodien in der Wissenschaft der musikalischen Zy- 
klen ist nicht erhalten. 

LH«: H.G. Farmer in Eneydopaediaof Islam, Leiden 
1915-59, u. MGG; R, G. Ktssawimut, Die Musik 
der Araber, Lpz, 1842, S. 55; vgf. auch J. P. N. Land 
in Vf Mw 11, 1886,8.354. 

AbeÜle (ab'zj), Johann Christian Ludwig, *20.2« 
1761 tu Bayreuth, f 2. 3. 1838 zu Stuttgart; deut- 


1 



Abei 


scher Komponist, geschätzt als Klavier- und Orgel- 
spieler, ■wurde 1803 Konzertmeister und 1815 Hof- 
Organist in Stuttgart. Er komponierte Singspiele, 
eine Kantate, Lieder und eine Reibe von Klavier- 
werken. 

Aus*.: ein Lied in: Ein Liederbuch aus Schwaben, 
hrsg. v. A. Bopp, Tübingen 1918 (mit einer kleinen 
biogr. Skizze). 

Lit.: K. Häring, Fünf schwäb. Liederkomponisten: 
A., Eidenbenz, Dieter, Schwegler, Christmann, Diss. 
Tübingen 1924; ders. in: Schwäbische Lebensbilder I, 
Stuttgart 1940. 

Abel, Carl Friedrich, * 22. 12. 1723 zu Köthen, 

+ 20. 6. 1787 zu London; Sohn von Christian Fer- 
dinand A, deutscher Gambist und Komponist, 
Schüler seines Vaters und der Thomasschule in 
Leipzig, 1746-58 Mitglied der Dresdner Hof- 
kapelle, danach auf Konzertreisen, ab 1759 in Lon- 
don, wurde dort Kammermusikus der Königin 
Charlotte und stand mit Johann Christian Bach 
1765-82 an der Spitze der Abonnementskonzerte 
(Bach-Abel-Concerts) . Mit Bachs Tode (1782) 
gingen die Konzerte ein. A. reiste nun wieder 
einige Jahre als Virtuose, ließ sich aber dann erneut 
in London nieder. Wie aus »Dichtung und Wahr- 
heit! hervorgeht, war er mehrmals Gast in Goe- 
thes Vaterhaus in Frankfurt am Main. Er schrieb 
zahlreiche Sinfonien, in denen er sich dem Stile 
der Mannheimer anschließt, zu 4 (op. 1) und 8 St. 
(op. 4, 7, 10, 14, 17), auch emtSinfonia concertante 
zu 12 St., Klavierkonzerte, Streichquartette, Trio- 
sonaten, Klaviersonaten und Violinsonaten mit 
obligatem KL (op. 5, 13, 18) sowie zahlreiche 
Gambenstücke. Auch seine Klavier-Ensemblewerkc 
schließen sich dom Stil der Mannheimer Schule 
an, sind aber kräftiger und im Satz voller. 

Ausg.: J. B. Cramer, The Adagios, the Comp, of the 
late C. F. A., 1820 (mit Biogr. A.s v. Ch. Bumey); 
Sinfonie Es dur op. 7 Nr 6 (versehentlich für ein 
Werk Mozarts gehalten: KV 18; KV3 Anh. 109 1), in: 
W. A. Mozart GA Serie 8, I, Lpz. 1879; Sonate 
E moll f. Gambe u. B.c., hrsg. v. Chr. Döberbiner, 
Mainz 1928 (auch f. Vc. u. KL); Sonate f. Gambe u. 
KL, hrsg. v. R. Engländer, Lpz. 1930; Streichquar- 
tett Es dur op. 8 Nr 3 in H. Riemann, Coli. mus. 
(Nr 61); Streichquartett F dur op. 8 Nr 1, hrsg. v. 
H. u. W. Höckner, Kopenhagen u. Lpz. 1931; Sin- 
fonien D dur op. 10 Nr 5 u. A dur op. 10 Nr 6, hrsg. 
v. H. Höckner, Zwenkau 1932; Sinfonie Es dur op. 
10 Nr 3, bearb. v. A. Carse, London (1935); Sonate 
u. 2 Stücke f. Gambe solo, bearb. v. L. Lbfkovitch, 
London 1953. 

lit: C. F. Pohl, Mozart u. Haydn in London 1, 
Wien 1867; T. DB Wyzewa et G. de Saint-Foix, W.- 
A. Mozart I, Paris 1912; Ch. S. Terry, J. Chr. Bach, 
London 1929, darin ein Bild A.$ v. Gainsborough. 

Abel, Christian Ferdinand, um 1715 bis 1737 
Gambist und Violoncellist am Hofe zu Köthen; 
J. S. Bach schrieb wahrscheinEch für ihn seine 
CeUo-Solosuiten. 

Abel, Clamor Heinrich, in Westfalen geboren; 
deutscher Komponist, war 1665 h erzoglicher Kam- 
mermusikus in Hannover, gab 1674-77 drei Teile 
Kammeisonaten (Tanzsuiten mit Präludium oder 
Sonatina als 1. Satz) heraus: Erstlinge musikalischer 
Blumen , die 1687 zusammen als 3 Opera musica neu 
aufgelegt wurden. 

Lit.: G. Beckmann, Das Vlolinspiel in Deutschland 
vor 1700, Lpz. 1918; A. Moser, Gesch. d. Violin- 
spiels, Bin 1923. 


Abel, Leopold August, * 24.3. 1718 zu Kö- 
then, 1 25. 8. 1794 zu Ludwigslust, Sohn von Chri- 
stian Ferdinand A.; deutscher Komponist, war 
als Violinist Schüler von Franz Bcnda und wirkte 
als Konzertmeister in den Orchestern zu Braun- 
schweig, Sondershausen (1758), Berlin (Kapelle des 
Markgrafen von Brandenburg-Schwedt 1766) und 
Schwerin (1769). Von seinen nicht zahlreichen 
Kompositionen sind besonders die 24 kleinen Etü- 
den für V. zu nennen. 

Abel, Ludwig, * 14. 1. 1834 zu Eckartsberga 
(Thüringen), 1 13. 8. 1895 zu Pasing bei München; 
deutscher Violinist, erhielt seine Ausbildung in 
Weimar und Leipzig, war bis 1866 Konzertmeister 
in Basel, wurde 1867 Konzertmeister in München 
und war dort lange eine Hauptlchrkraft der König- 
lichen Musikschule. A. veröffentlichte Violinkom- 
positionen und eine Violinschulc. 

Abell (eb'el), John, * um 1660 zu London, f um 
1724 zu Cambridge; schottischer Aksängcr und 
Lautenist, erhielt seine Ausbildung wahrscheinlich 
in der königlichen Kapelle zu London und wurde 
von Karl II. zu weiteren Studien nach Italien ge- 
sandt. Nach seiner Rückkehr (1681/82) wirkte er 
noch bis zur Revolution 1688 xm königlichen 
Dienst, floh dann auf den Kontinent, wo er Frank- 
reich, Deutschland, Holland und Polen bereiste. 
1698/99 war er in Kassel ab Intendant tätig, liegen 
1700 kehrte er nach England zurück. Er ver- 
öffentlichte: Les Airs tr Abell pour le murrt 
(Amsterdam), A Collection of Songs in Sevcral 
Languages (1701), A Collection of Songs in Bnglbh 
(1701) und A Choke Collection of llaUatt Ayrn 
(1703). 

Lit.: H. G. Farmer, A King*a Muticitn for the Lute 
and Voice, J. A., in: Hinrichscn’s Music Book VII, 
1952. 

Abendroth, Hermann, * 19. 1. 1883 zu Frank- 
furt am Main, f 29. 5. 1956 zu Jena; deutscher Di- 
rigent, Schüler von Thullle und Mottl, 1903/04 
Dirigent des Orchestervereins in München, 1905 
bis 1911 Kapellmeister des Vercim der Musik- 
freunde in Lübeck und 1. Kapellmeister am Stadt« 
theater, 1911 Städtischer Musikdirektor in Fasch, 
1915 Leiter der Gürzenich-Konzerte und Direktor 
des Konservatoriums in Köln (Nachfolger von 
Fritz Steinbach), 1918 Städtischer C.MD, 1919 
Professor, 1922 Leiter des Niederrhcintschen Mu- 
sikfestes, 1922/23 auch Dirigent der Symphome- 
konzerte der Berliner Staatsoper, in Köln ferner 
Dirigent der Conzert-Gcselbchaft und der Mu- 
sikalischen Gesellschaft. 1934-45 war er (fewand- 
hauskapellmeister in Leipzig, gleichzeitig am 
Konservatorium und als Lester der Fachsdiast Mu- 
sikerzieher in der Reichsmusikkammer tätig. 
1945 wurde er musikalischer Oberlrieer in Wei- 
mar, 1949 auch Dirigent des Rundfunk-Sympho- 
nieorchesters in Leipzig. 

Abendroth, Walter, * 29. 5. 1896 zu Hannover; 
deutscher Komponist und Muaiksdiriftsteller, lebte 
nach privatem Musikstudium in Berlin und Mün- 
chen (E. M. Sachs) 1919-25 freischaffend ab Kom- 
ponist in Noiddeutschland, danach ab hauptamt- 
licher Musikkritiker in Köln, Hamburg und Ber- 
lin (1930-34 AMz; 1933-44 Berliner Lokalanzei- 
ger), ab 1945 wieder in Hamburg als Feuilleton- 


2 



Abos 


redakteur der Wochenzeitung »Die Zeit«, deren 
Münchner Kulturkorrespondent er seit 1955 ist. 
Bücher: H. Pfitzner (München 1935); Deutsche 
Musik der Zeitwende (Hamburg 1937, Heidelberg 
21947); J. Brahms (Berlin 1939); Die Symphonien 
A. Bruckners (Berlin 1940, Leipzig 21942) ; H. Pfitz- 
ner (Bildbiographie, Leipzig 1941); Vom Werden 
und Vergehen der Musik (1948); Vier Meister der 
Musik (1952) ; H. Pfitzner (Reden, Schriften, Briefe, 
1955); Musikkritik heute (1956). Kompositionen: 
5 Symphonien, 2 Sinfonietten, Orchester-Kon- 
zert, - Variationen, - Ouvertüre; Fantasie und Di- 
vertimento für Kammerorch. ; Bratschenkonzert; 
5 Streichquartette, 3 Kammerserenaden, Sonaten 
für Kl., für V., für Va; IGavierlieder (Hebbel, 
Hölty, Trakl). 

Aber» Adolf, * 28. 1. 1893 zu Apolda; deutscher 
Musikforscher, promovierte als Schüler von 
Kretzschmar mit der Arbeit Die Pflege der Musik 
unter den Wettinern (Veröffentlichungen des Fürst- 
lichen Instituts für musikwissenschaftliche For- 
schung zu Bückeburg IV, 1, Bückeburg und Leip- 
zig 1921). 1913 wurde er Assistent Kretzschmars 
am Berliner musikhistorischen Seminar, 1919-33 
war er Musikreferent der Leipziger Neuesten 
Nachrichten. Seit 1936 lebt A. als Verlagsdirektor 
in London. Von seinen Arbeiten sind außerdem ver- 
öffentlicht : Das musikalische Studienhefi des Witten- 
berger Studenten G. Donat (SIMG XV, 1913/14), 
Studien zu J. S. Bachs Klavierkonzerten (Bach-Jb. X, 
1913), Handbuch der Musikliteratur (= Kleine Hand- 
bücher der Musikgeschichte . . . hrsg. von H. 
Kretzschmar, XIII, Leipzig 1922), Die Musikin- 
strumente und ihre Sprache (Berlin 1924), Die Musik 
im Schauspiel (Leipzig 1926), H. WolJ's posthumous 
Works (MR II, 1941) sowie zahlreiche Aufsätze in 
der deutschen und englischen Tages- und Fach- 
presse. 

Abert, Anna Amalie, * 19. 9. 1906 zu Halle; 
deutsche Musikforscherin, Tochter von Hermann 
A., studierte Musikwissenschaft an der Universität 
Berlin (Abert, Blume, Moser, Sachs, Schering, 
Hornbostel) und promovierte 1934 mit der Arbeit 
Die stilistischen Voraussetzungen der *Cantiones 
sacrae « von Heinrich Schütz (= Kieler Beiträge zur 
Musikwissenschaft, Heft 2, Wolfenbüttcl-Berlin 
1935). In Kiel legte sie 1935 die staatliche Privat- 
musiklehrerprüfung ab und habilitierte sich dort 
1943 an der Universität (Habilitationsschrift Clau- 
dio Monteverdi und das musikalische Drama , Lipp- 
stadt 1954). Professor in Kiel, Mitarbeiterin an aer 
Gluck-Ausgabe und der Neuen Mozart-Ausgabe, 
veröffentlichte, neben Aufsätzen und Buchbe- 
sprechungen in Zeitschriften und zahlreichen Ar- 
tikeln in MGG, Die Oper von den Anfängen bis zum 
Beginn des 19. Jahrhunderts (« Das Musikwerk, 
Köln o. J.) und gab heraus Hohelied-Motetten von 
M. Franck (■* Chw. 24, 1933) und Deutsche Mo- 
tetten von Ohr. Demantius (= Chw. 39, 1936). 

Abert, Hermann, *25. 3. 1871 und f 13. 8. 1927 
zu Stuttgart; deutscher Musikforscher, war Schü- 
ler seines Vaters J. J. A. und des Konservatoriums 
in Stuttgart. 1890-95 studierte er klassische Philo- 
logie, legte 1896 das Staatsexamen ab und promo- 
vierte 1897 in Tübingen. Während der nächsten 
4 Jahre widmete er sich an der Berliner Universität 


dem Studium der Musikwissenschaft und ver- 
öffentlichte 1899 die Schrift Die Lehre vom Ethos 
in der griechischen Musik (Breitkopf & Härtels 
Sammlung musikwissenschaftlicher Arbeiten II). 

1902 habilitierte er sich mit der Studie Die ästhe- 
tischen Grundsätze der mittelalterlichen Melodiebil- 
dung an der Universität Halle. Als erste seiner Ar- 
beiten auf dem Gebiete der Biographie erschien 

1903 sein Buch über Robert Schumann . Es folgten 
die Studie Die Musikanschauung des Mittelalters und 
ihre Grundlagen (Halle 1905) und Niccolo Jomelli als 
Opemkomponist (Halle 1908; in Zusammenhang 
mit der Neuausgabe von Jomdlis Fetonte in den 
DDT 32/33, Leipzig 1907). 1909 wurde er zum 
ordentlichen Honorarprofessor ernannt, 1918 or- 
dentlicher Professor. Nach dem Tode seines Vaters 
schrieb er dessen Biographie (J . J. Abert , Leipzig 
1916). Sein Hauptwerk, W. A. Mozart (2 Bände, 
Leipzig 1919-21) erschien als 5. Auflage der Jahn- 
schen Mozartbiographie, ist aber ein ganz neues 
Werk und bis heute grundlegend. 1920 folgte A. 
einem Ruf als Nachfolger Hugo Riemanns in Leip- 
zig; ab 1923 war er Nachfolger Kretzschmars an 
der Universität Berlin. Seine letzten größeren Ar- 
beiten sind: Goethe und die Musik (Stuttgart 1922) 
und die zusammenfassende Darstellung der Musik 
der Antike in G. Adlers Handbuch der Musik- 
geschichte (Frankfurt 1924). Außer zahlreichen 
Aufsätzen, vor allem zur antiken Musik und zur 
Opemgeschichte veröffentlichte er auch mehrere 
Neudrucke älterer Bühnenwerke, darunter 4 Opern 
Glucks (zum Teil mit neuer Übersetzung), Mo- 
zarts Hochzeit des Figaro , Zauberflöte und Webers 
Freischütz (alle in Emenburgs Kleinen Partituraus- 
gaben). 

Lit.: H. A., Schriften u. Vorträge, hrsg. v. Fr. Blume, 
Halle 1929; Gedenkschrift f. H. A., hrsg. v. Fr. 
Blume, Halle 1928, darin: Verz. v. H. A.s Schriften 
v. E. Laaff, u.: Fr. Blume, H. A. u. d. Mw.; H. J. 
Moser, H. A., Zf Mw X, 1927/28; W. Vetter, H. A. 
zum Gedächtnis, JbP XXXIV, 1927; ders. H. A. u. 
d. Mw. an d. Universität Halle, Münster 1929. 


Abert, Johann Joseph, * 20. 9. 1832 zu Kocho- 
witz (Böhmen), f 1* 4. 1915 zu Stuttgart; böh- 
mischer Komponist, erhielt seine musikalische Aus- 
bildung als Schüler von Kittl und Ambros am 
Prager Konservatorium. 1853 wurde er als Kon- 
trabassist in die Stuttgarter Hofkapelle aufgenom- 
men und war 1867-88 dort Hofkapellmeister. A.s 
Orchesterwerke, besonders die Symphonie C moll 


die Opern Anna von Landskron (1858), König Enzio 
(1862), Astorga (1866, auch mit französischem Text 
von V. Wilder gedruckt), Ekkehard (Berlin 1878), 
Die Almohaden (Leipzig 1890), ferner Kammer- 
musikwerke und Lieder gaben seinem Namen 
einen guten Klang. Seine Biographie schrieb sein 
Sohn, der Musikhistoriker Hermann A. 

Lit: H. Abert, J. J. A., Lpz. 1916. 


Abos (Avos, d’Avossa), Name zweier deichzei- 
tiger italienischer Opernkomponisten - 1) Giro- 
lamo, * 16. 11. 1715 zu Valetta (Malta), f Mai 
1760 zu Neapel, der 1742-58 für Neapel, Venedig, 
Florenz, Rom, Ancona, Turin und Wien 15 Opern 
auf Texte von Zeno, Metastasio, Palomba, Pariati, 
Frugoni und anderen komponierte. - 2) Giu- 
seppe, eigentlich Gius. d’Avossa, * 1716 zu Paola 


1 * 


3 



Abraham 


(Calabrien), t 1796 zu Neapel, der 1757-64 für 
Neapel 3 komische Opern auf Texte von Palomba 
schrieb, eine weitere 1744 für Venedig, auch als 
Kirchenkomponist (Messen) angesehen war und 
als Lehrer am Konservatorium in Neapel wirkte. 

Abraham ('aebaaehsem), Gerald Emest Heal, * 9. 
3. 1904 zu Newport (Insel Wight) ; englischer Mu- 
sikforscher, bildete sich, von Klavierunterricht ab- 
gesehen, autodidaktisch. 1935-47 war A. bei der 
BBC in London tätig, zunächst als Mitheraus- 
geber der »Radio Times«, ab 1939 als stellver- 
tretender Schrifdeiter des »Iistener«, ab 1942 als 
Leiter der Schahpkttenabteüung. 1947 wurde er 
als Professor in Music an die Universität Liverpool 
berufen. Veröffentlichungen: Studies in Russian 
Music (London 1935), Masters of Russian Music 
(New York 1936), A Hundred Years of Music (New 
York 1938), On Russian Music (London 1939), 
Chopins Musical Style (London 1939), Beethovens 
Second-Period Quartets (London 1942), Eight Soviet 
Composers (London 1943); in einer Reihe »Music 
of the Masters« veröffentlichte er die folgenden 
Bände (jeden mit dem Zusatz: »a Symposium«): 
Tchaikovsky (London 1946), Schubert (London 
1947), Sibelius (London 1947), Schumatm (Oxford 
1952) und Handel (Oxford 1954). A. ist der Heraus- 
geber des »Monthly Musical Record« und der 
Bände Vm und IX der »New Oxford History of 
Music«. 

Abraham, Max — ► C. Fr. Peters. 

Abraham, Otto, * 31. 5. 1872 und f 24. 1. 1926 
zu Berlin; deutscher Ton-Psychologe, studierte in 
Berlin Medizin und Naturwissenschaften, promo- 
vierte 1894 zum Dr. med., war ab 1896 Assistent 
Stumpfs am Berliner Psychologischen Institut und 
verwaltete mit E. v. Hornbostel dessen Phono- 
grammarchiv. Arbeiten: Wahrnehmung kürzester 
Töne und Geräusche (mit L. J. Brühl, Zeitschrift für 
Psychologie und Physiologie, 1898) ; Über die ma- 
ximale Geschwindigkeit von Tonfolgen (mit K. Lu- 
dolf Schaefer, 1899 daselbst); Über das Abklingen 
von Tonempfindungen (1899 daselbst) ; Studien über 
Unterbrechungstöne (mit K. L. Schaefer, 1900-04 im 
Archiv für die gesamte Physiologie) ; Das absolute 
Tonbewußtsein (SIMG III, 1901/02, und VIII, 
1906/07) ; Studien über das Tonsystem und die Musik 
der Japaner (mit E. v. Hornbostel, SIMG IV, 
1902/03) ; Phonographierte türkische Melodien (mit E, 
v. Hornbostel, Zeitschrift für Ethnologie XXXVI, 
1904); Phonographierte indische Melodien (mit E. v. 
Hornbostel, SIMG V, 1903/04); Phonographierte 
Indianermelodien aus Britisch-Columbia (mit E. v. 
Hornbostel, Boas Anniversary Volume, New York 
1906); Über die Harmonisierbarkeit exotischer Melo- 
dien (mit E. v. Hornbostel, SIMG VII, 1905/06); 
Vorschläge für die Transkription exotischer Melodien 
(mit E. v. 'Hornbostel, SIMG XI, 1909/10); Form- 
analysen an siamesischen Orchesterstücken (AfMw II, 
1920); Tonometrische Untersuchungen an einem deut- 
schen Volkslied (Fs. für Carl Stumpf zum 75. Ge- 
burtstag; Psychologische Forschungen IV, 1923) ; 
die 3 Aufsätze über Phonographierte . . . Melodien 
neu gedruckt in Sammelbände für vergleichende 
Musikwissenschaft I, München 1922. 

Abraham, Paul, * 2. 11. 1892 zu Apatin (Süd- 
ungam) ; ungarischer Komponist, Schüler der Mu- 


sikakademie in Budapest, schrieb 13 Operetten 
und Musicab und mehr ab 30 Filmmusiken. Seine 
Hauptwerke sind: Victoria und ihr Husar (Buda- 
pest 1930), Blume von Hawai (Leipzig 1931) und 
Ball im Savoy (Berlin 1932). A. lebt jetzt in Ham- 
burg. 

Abrahamsen, Erik, * 9. 4. 1893 zu Brande 
(Jütland), f 17.2. 1949 zu Kopenhagen; dänischer 
Musikforscher, studierte an der Universität und 
am Konservatorium in Kopenhagen. 1918-21 war 
er Leiter der Musikabtcüung der Königlichen 
Bibliothek in Kopenhagen; 1919 veröffentlichte 
er: Liturgisk Musik i den dattske Kirke efter Refor- 
mationen. Dann studierte er noch bei P. Wagner 
und promovierte mit einer Arbeit über Elements 
romans et alletnands dans le chant grdgorien et la 
chanson popülaire en Dänemark (Publications de 
TAcaddmie Gr^goricnne de Fribourg, Suissc, Ca- 
hier XI, Kopenhagen 1923). Ab 1924 lehrte er 
Musikwissenschaft an der Universität Kopen- 
hagen. Er schrieb noch: Tonekunsten (1927), Musik 
og Samjund (1941), Hvem er tntisikalisk ? (1943) und 
gab eine Sammlung dänischer Volkslieder heraus: 
Danmarks Gamle Folkeviser , 11. Teil, Melodier , 
herausgegeben von E. A. mit H. Grüner Nielsen 
(Heft 1-2, Kopenhagen 1935 und 1938). 

Äbrdnyi, - 1) Korncl, * 15. 10. 1822 zu Szcnt 
György-Abräny, t 20. 12. 1903 zu Budapest; un- 
garischer Musikschriftsteller, Schüler Chopins, 
war 1860 Mitgründer der ersten ungarischen Mu- 
sikzeitschrift Zendszeti Lapok , die er bis 1876 redi- 
gierte; ferner schrieb er eine Biographie Michael 
Mosonyis (1881), eine Harmonielehre (1874, er- 
weitert 1881) und eine Allgemeine Musikgeschichte 
(1886). A. war ab 1875 Professor an der Landcv> 
inusikakademic in Pest. Sein Sohn - 2) Emil, 

* 1. 1. 1851, f 20. 5. 1920; Dichter, verfaßte meh- 
rere Opemtexte und übersetzte ausländische Li- 
bretti ins Ungarische. - 3) Emil, Sohn von 2), 

* 22. 9. 1882 zu Budapest; Komponist und Diri- 
gent, gründete 1922 das Budapcstcr Sympho- 
nische Orchester. Er komponierte mehrere Opern 
auf Texte seines Vaters sowie Orchester- und 
Kammermusik. 

Abravanel, Maurice, * 6. 1. 1903 zu Saloniki 
(Griechenland); amerikanischer Dirigent, lebt in 
Salt Lake City (USA). Nach Musik- und Univcr- 
sitätsstudien in Lausanne, Zürich und Berlin (Ton- 
satz bei Weill) wirkte er 1923-32 als Kapellmeister 
an deutschen Opernhäusern (Neustrelitz, Zwickau, 
Altenburg, Kassel, zuletzt auch als Gast an der 
Staatsoper Berlin). 1933-47 Wanderleben als Gast- 
dirigent: 1933 Paris (Ballett); 1933/34 London, 
Rom, Genf ; 1934/35 Melbourne, Sydney; 1935/36 
»Australian Broadcasting Commission« (Austra- 
lische Erstaufführung Fidctio, Boris Godunow, Ro- 
senkavalier ). Seit 1936 in den Vereinigten Staaten: 
Reisedirigent für WeilPs Lady in the Dark und 
Street Scene ; gefragter Gastdirigent. Seit 1947 Chef 
des Utah Symphony Orchestra und der Summer 
Festivals Salt Lake City. Seit 1955 künstlerischer 
Leiter der Music Academy of the West, Santa 
Barbara. A. lehrt auch an der Utah Univendty. 

Abreu (abr'eü), Antonio (auch El Portugals); 
portugiesischer Gitarrist des 18. Jhu, lebte in Ma- 


4 



drid. Ab 1780 erschienen dort von ihm Gitarren- 
stücke, 1799 in Salamanca eine Escuela para tocar 
con perfecciött la guitarra , herausgegeben von P. F. 
V. Prieto. 

Lit.: Sousa Viterbo, Subsidios para a Historia da 
Musica em Portugal, Coimbra 1932; ders., Artes e 
Artistas portuguezes, Lissabon o. J. 

Absil, Jean, * 23. 10. 1893 zu Pdruwelz (Henne- 
gau) ; belgischer Komponist, konnte sein Studium 
des Orgelspiels und der Komposition mit dem 
Prix Agniez, dem Prix de Rome und dem Prix 
Rubens abschließen. Seit 1922 leitet er die Musik- 
akademie Etterbeck und bekleidet daneben eine 
Professur am Brüsseler Konservatorium. Er setzt 
sich als Mitglied der Königlichen Akademie und 
Präsident der Internationalen Gesellschaft für zeit- 
genössische Musik nachdrücklich für die Moderne 
ein. Kompositionen: 10 Quartette (4 für Streicher, 
2 mit Kl., 2 für Vc., 2 für Saxophone) ; 2 Bläser- 
quintette; 3 Symphonien, 2 große Variations- 
werke, 2 symphonische Dichtungen, 4 Solokon- 
zerte (KL, V., Va, Vc.), eines mit Kl. und Chor; 
Chöre und Bühnenwerke. 

Abt, Franz, * 22. 12. 1819 zu Eilenburg, f 31. 3. 
1885 zu Wiesbaden; deutscher Liederkomponist, 
besuchte die Thomasschule in Leipzig. 1841 wurde 
er Hofmusikdirektor in Bemburg, ging aber noch 
im selben Jahre als Dirigent der Allgemeinen Mu- 
sikgesellschaft nach Zürich, wo er auch bis 1844 
Chordirektor am Aktien-Theater war, daneben 
Dirigent mehrerer Chorvereine. 1852 folgte er 
einem Ruf als Hof kapellmeister nach Braunschweig 
und blieb dort bis zu seiner Pensionierung 1882. 
Die letzten Jahre lebte er in Wiesbaden. 1891 
wurde ihm in Braunschweig, 1913 in Eilenburg 
ein Denkmal errichtet. A.s Lieder und Männer- 
quartette zeigen vielfach eine fließende melo- 
dische Erfindung und waren sehr beliebt. Einzelne 
sind volkstümlich geworden, zum Beispiel: Wald- 
andacht; Wenn die Schwalben heimwärts ziehen ; 
Gute Nacht , du mein herziges Kind ; O Schwarzwald , 
o Heimat ; Z' Basel am mym Rhy. Ferner schrieb er 
einige weltliche Kantaten und Klaviermusik. 

Lit.: Verz. sämtlicher Lieder u. Gesänge v. F. A., 
Lpz. o. J. - H. Weber, F. A., Neujahrsblatt d. All- 
gemeinen Musikges. Nr 74, Zürich 1886; B. Rost, 
Vom Meister d. volkstümlichen deutschen Liedes 
F. A., Chemnitz 1924. 

Abu $-§alt Umayya, * 1068 zu Denia (Spanien), 
1 30. 10. 1134 zu Mahdiya (Tunis) ; arabischer Ge- 
lehrter, verfaßte auch einen Musiktraktat, der je- 
doch nicht erhalten ist. Seine Kompositionen sollen 
einflußreich gewesen sein. 

Lit.: H. G. Farmer, Hist, of Arabian Music, Lon- 
don 1929; ders., Sources of Arabian Music, Bearsden 
1940; H. Avenary, A-S.’s Treatise on Music, MD VI, 
1952. 

Abyngdon ('a:bii)gcbn), Henry, * um 1425, 
+ 1. 9. 1497 als Succentor an der Kathedrale zu 
Wells, ein Amt, das er ab 1447 bekleidete. 1463 
Baccalaureus der Musik in Cambridge, war er 
1455-78 Master of the Children der Königlichen 
Kapelle (als der erste in diesem Amte). Komposi- 
tionen von ihm sind nicht erhalten. 

Ut.; W. H. G RATTAN Flood, H. Abingdon, Mus. 
Bac., Choimxaster of the Kings Chapel in 1455, in: 


Adaiewsky 

Mus. Times LII, 1911 ; J. Pulver, A Biogr. Dict. of 
Old Engl. Music, London 1927. 

Achenbach, Max — * Alvary. 

Achron, Isidor, * 24.11.1892 zu Warschau, 
t 12. 5. 1948 zu New York; amerikanischer 
Pianist und Komponist polnischer Herkunft, Schü- 
ler des St. Petersburger Konservatoriums (Ljadow, 
M. Steinberg), trat auf Reisen durch Europa und 
Amerika als Solist auf, u. a. mit einem eigenen 
Klavierkonzert (New York 1937), und wirkte zu- 
letzt als Klavierpädagoge in New York. 

Achron, Joseph, * 13. 5. 1886 zu Lozdzeje, 1 29. 
4. 1943 zu Hollywood; amerikanischer Violinist 
und Komponist russischer Herkunft, wirkte nach 
Studien am St. Petersburger Konservatorium 
(Auer) 1913-16 als Lehrer am Konservatorium in 
Charkow, auf Konzertreisen 1918-22 in Rußland, 
1923/24 in Europa und Palästina. 1925 übersiedelte 
A. nach Amerika. Sein kompositorisches Schaffen 
umfaßt Bühnen- und Filmmusiken, Epitaph für 
Chor und Orch. zum Gedächtnis Skrjabins (op. 
38, 1915), Orchesterwerke (Golem, Suite für Kam- 
merorch., 1932), 3 Violinkonzerte (op. 60, 1925, 
op. 68, 1933, op. 72, 1937), Kammermusik, 2 Sona- 
ten und zahlreiche andere Stücke für V. und KL 
Lit.: A. Weisser, The Modem Renaissance of Jewish 
Music, NY 1954. 

Achtdlik, Josef, * 7.4. 1881 zu Bauerwitz (Ober- 
schlesien) ; war 1901-06 Schüler des Konservato- 
riums in Köln und wirkte später als Kapellmeister, 
Musiklehrer und Musikschriftsteller in Wiltz (Lu- 
xemburg), Köln, Glogau und Leipzig. Von ihm 
stammt das Weihnachtsmärchen Peterchens Mond- 
fahrt (Leipzig 1912), ferner Der Naturklang als Wur- 
zel aller Harmonien — eine ästhetische Musiktheorie 
(Leipzig 1922, 2. Teil 1928). 

Ackermann, Otto, * 5. 10. 1909 zu Bukarest; 
Dirigent schweizerischer Staatsangehörigkeit, lebt 
in Bern und Köln. An der Berliner Musikhoch- 
schule unter Szcll und Gmeindl zum Kapellmeister 
ausgebildet, wirkte er nach Opemstellungen in 
Düsseldorf und Brünn 1935-47 als Dirigent und 
Regisseur in Bern, 1947-52 als Musikalischer Ober- 
leiter in Wien (Volksoper) und gastiert seither an 
den ersten Opembühnen Westeuropas. Seit 1954 
ist er GMD der Städtischen Bühnen in Köln. 

Ackt£, Ajino, *23.4. 1876 undf 8. 8. 1944 zu Hel- 
sinki; finnische Sängerin, studierte am Pariser Con- 
servatoire Gesang, trat in der Großen Oper und 
auf zahlreichen Reisen hauptsächlich in den Rollen 
der Margarethe, Salome und Ncdda auf. Sie 
schrieb Minnen och fantasier (Stockholm 1917); 
Muistojeni kirja (Erinnerungen, I; finnisch und 
schwedisch, Helsinki 1925); Taiteeni taipaleelta (Aus 
meiner künstlerischen Laufbahn, Helsinki 1935). 

Adtalewsky, Ella (von Schultz), * 10. 2. 1846 zu 
St. Petersburg, f 29. 7. 1926 zu Bonn; russische 
Pianistin und Musikschriftstellerin, Klavierschü- 
lerin von A. Henselt, nach mehrjährigen Konzert- 
reisen noch 1862-66 von Rubmstein, Zaremba, 
Drey schock und Faminzin am Petersburger Kon- 
servatorium. 1882 ging sie nach Italien, wo sie 
Volkslieder sammelte (Tanadieder der Resianer), 
lebte längere Zeit in Venedig, ab 1909 bei Neu- 


5 



Adalid y Gurrea 


wied am Rhein. Der Folklore und der antiken 
Musik galt ihr theoretisches Interesse (mehrere 
Studien in der RMI) wie ihr kompositorisches 
Schaffen: 2 Opern und eine größere Reihe von 
Vokal- und Instrumentalwerken. 

Lit.: E. Kraack, E. v. Sch.-A., ZfM 93, 1926. 

Adalid y Gurr 6a (aÖal'i: i: gurr'e:a), Marcial 
del, * 26. 8. 1826 zu La Cortina (Galizien), f 16. 10. 
1881 auf seinem Landsitz zu Longora (Galizien) ; 
spanischer Komponist, in London Schüler von 
Moscheies und kurze Zeit von Chopin in Paris, 
verö fFentlichte 4 Hefte galizischer Volkslieder so- 
wie Klavierstücke eigener Komposition (Enfantilla- 
ges). Eine nach dem Urteil Pedrells an Schönheiten 
reiche Oper Inest e Bianca (italienischer Text von 
Lanziöre de Th^mines) hinterließ er im Manu- 
skript. 

Adam de la Halle (Haie, die Familie trug den 
Beinamen li Bossu), * um 1237 zu Arras, f 1286 
(1287?) zu Neapel; Trouv&re, genoß nach 1250 den 
Unterricht der Zisterzienser-Abtei Vaucdles (Di- 
özese Cambrai) und setzte nach seiner Verheira- 
tung (1262) die Studien an der Universität von 
Paris fort. Nach seiner Rückkehr nach Arras trat 
er 1271 als Menestrd in den Dienst Roberts II. von 
Artois, dem er 1283 nach Neapel folgte. Dort aber 
kam er bald an den Hof von Karl von Anjou, dem 
König von Sizilien, der jedoch schon 1285 starb. - 
Von seinen Werken, die zum großen Teil in der 
Handschrift fr. 25566 der Biblioth&que Nationale 
Paris überliefert sind, ist das bedeutendste Le Jeu 
de Robin et de Marion (in Italien entstanden), ein 
Spiel, in das eineRdhe von Liedern eingestreut ist, 
die stark volkstümliche Züge tragen. Muß auch 
manches, so A.s BalkdcnscnafFcn, heute als ver- 
loren angesehen werden, ist doch die Zahl der er- 
haltenen Werke noch beträchtlich : 5 3st. Motetten, 
16 3st.Rondeamc, 36 Lieder und 18 Jeux partis. Als 
eine der deutlicher hervortretenden Musikerper- 
sönlichkeiten des 13. Jh. verdient A. besondere 
Beachtung, auch wenn seine mehrstimmigen 
Kompositionen hinter manchen des reichen Re- 
pertoires der Zeit zurückstehen mögen. Seinen 
zahlreichen einstimmigen Melodien kommt da- 
gegen größere Bedeutung zu. 

Ausg.: E. de Coussemaker, Oeuvres complötcs du 
trouvfcre A. de la H., Paris 1872 (unzulängliche Ausg. 
nach dem Ms. fr. 25566); Fr. Gennrich, Rondeaux, 
Virelais und Balladen, Ges. f. romanische Lit. XL1II, 
Dresden 1921, 54 ff., u. XLVH, Göttingen 1 927, 73 ff. ; 
J. Chailley, Rondeaux ä trois voix ögales, Paris 1942 ; 
G. Cohen, A. le Bossu . . . »Le Jeu de Robin et 
Marion«, suivi du »Jeu du Pölerin« (mus. Übertragung 
v. J. Chailley), Paris 1935 ;E.Langlois, Arie Bossu... 
»Le Jeu de Robin et de Marion«, suivi du Jeu du 
Pilerin, Paris 1924; L. Nicod, Les Partures Adam; 
les jeux partis d’A. de la H., Bibi, de l’Ecole des 
Hautes Etudes CCXXIV, Paris 1917. 

Lit.: H. Guy, Essai sur . . . A. de la H., Paris 1898; 
ders., Le trouvfcre A. de la H., BibL de Bibliogr. criti- 
ques, Paris 1900; F. de Mänil, A. de la H., in : Revue 
du Nord 1896; L. Bahlsen, A. de la H., Dramen und 
das »Jus du P61erin«, Marburg 1885; R. Meienreis, 
A. de la H.’s Spiel Robin et Marion, München 1893; 
FR. Ludwig in SIMG V, 1903/04, 210 ff. 

Adam de St. Victor» f 1177 (8.7.1192?) zu 
Paris; einer der bedeutendsten französischen 
Schöpfer von Sequenzen im 12. Jh. Er gehörte dem 


Kloster St. Victor zu Paris an und ist dort ah cantor 
nachweisbar. Wenn über die von ihm geschaffenen 
Sequenzen auch noch keine volle Klarheit besteht, 
ist ihm doch eine entscheidende Beteiligung an der 
Ausbildung des späten Sequcnzstils zuzuschrciben 
(-> Sequenz). 

Ausg.: L. Gautier, Oeuvres po&tiqucs d’Adam de 
St. Victor, Paris 1858; E. Misset und P. Aubry. Lcs 
P roses d’Adam de St. Victor, (M6Iangcs de musico- 
logie critique 2), Paris 1900; Cl. Blume in AH 54 
u. 55, Lpz. 1915 u. 1922; F. Wellner, Adam v. 
St. Victor, Sämtliche Sequenzen, Lat. -deutsche Aus- 
gabe, Wien 1937; C. A. Moberci, Über d. schwe- 
dischen Sequenzen I u. II, -= Vcröff. d. Gregor. Akad. 
zu Freiburg in d. Schweiz, XIII. H., Uppsala 1927. 

Adam von Fulda» * um 1445 2 U Fulda, f 1505 zu 
Wittenberg; deutscher Komponist, ab 1490 im 
Dienste Kurfürst Friedrichs des Weisen in Torgau. 
war im gleichen Jahr im Benediktinerkloster Vom- 
bach bei Passau und schrieb dort seinen Traktat 
De tnusica , der, obschon weitgehend kompiliert, 
wichtig ist als Überleitung zu den humanistischen 
deutschen Musiklehren des 16.Jh. Später lebte er 
als Hofhistoriograph (ab 149 2), Hofkomponist 
und -kapellmeister (spätestens ab 1498) in Torgau 
und wurde 1502 Musikprofessor an der Universi- 
tät Wittenberg. Seine sächsische Chronik wurde 
vollendet durch Johannes Trithemius, der gleich 
ihm dem Erfurter Humanistenkreis um Konrad 
Mutanius Rufus und Eobanus Hesse angchörtc. 
Aus seinem Nachlaß gab WolflF Cyclopius 1512 
Ein ser andechtig Cristenlich Buchlein aus hailigen 
Schriften und lerem von Adam von Fulda in deutsch 
reymen gesetzt mit 8 Holzschnitten von Lukas Cra- 
nach heraus. Das musikalische Werk A.s umfaßt 
eine Messe, 7 Hymnen und andere Kirchenwerke, 
die im Anschluß an Busnois den spätburgundi- 
schen Stil vertreten, der für die frühe evangelische 
Musik vorbildlich wird. 3 weltliche Lieder stehen 
im Liederbuch des Amt von Aich; davon wurde 
Ach half mich leid von Glarean im Dodekachordon 
zitiert und ab Kontrafaktum in evangelische Ge- 
sangbücher übernommen. 

Ausg.: A.i de F. »Musica«, GS XU; »Ein ser an- 
dechtig Cristenlich Buchlein«, Fakt. hrsg. v. li. 
Flechsig, Graph. Ges. XIX. Veröff., Bin 1914 ; Orgel- 
hymnus »Vem creator Spiritus« bei A. Schkrino, 
Studien z. Mg. d. Frührensissance, Lpz. 1914, An- 
hang 3; 7 Sätze hrsg. v. R. Gerber, EDM 32. 

Lit.: W. Niemann, Studien zur Mg. d. !5. Jh.» in: 
KmJb XVII, 1902 (mit Vcröff. d. geistl. Werke); 
H. J. Moser, Leben u. Lieder d. A. v. F., Jb. d. 
Staatl. Akad. f. Kirchen- u. Schulmusik Bin X, Kassel 
1928 (mit Veröff. d. weltl. Lieder); W, Guiturr, 
J, Walter u. d. Musik d. Reformationszeit, Luther-Jb. 
XV, 1933; ders.. Die Kompositionslehre d. deutschen 
16. u. 17. Jh., Kgr.-Ber. Bamberg 1953; W. Ehmann, 
A. v. F„, Neue deutsche Forschungen XCIV Abt. 
Mw. U), Bin 1936; G. Pietzsch, in: AfMf V!f, 1942, 
S. 98. 

Adam (ad'ä), Adolphe Charles, * 24. 7. 1803 und 
f3. 5. 1856 zu Paris; Sohn von L. A., französischer 
Opemkomponist. 1817 wurde er ins Conserva- 
toxre aufgenommen, war zuerst Schiller von 
Reiche, dann von BoieXdieu. 1825 erhielt er den 
2. Rompreis. Nachdem er durch Klavierstücke, 
Transkriptionen, Romanzen und Improvisationen 
auf Harmonium und Klavier bekannt geworden 
war, hatte er 1829 mit seiner ersten einaktigen 


6 



Adcmollo 


S r Pierre et Catherine in der Op6ra comique Er- 
1832 komponierte er in London eine eng- 
e Oper und ein Faust-Ballett. Le postillon de 
Longjumeau (1836) war ein glanzender Erfolg und 
ist noch heute auf der Bühne. 1841 schrieb er das 
bekannte Ballett Giselle nach einem Szenarium von 
Th. Gautier. 1844 wurde er Mitglied des Institut de 
France. 1847 gründete er ein eigenes Opemtheater 
(Thdätre National), das im folgenden Jahre bereits 
schließen mußte. 1849 wurde er als Nachfolger 
seines Vaters Professor für Klavier am Conser- 
vatoire und wirkte nun auch als Kritiker. Mit der 
erfolgreichen und noch gespielten La poupie de 
Nuremberg (1852) nähert er sich dem Stile Offen- 
bachs. Die Oper Si fStais roi war in der Bearbei- 
tung von Paul Wolff lange Jahre auf den deut- 
schen Bühnen heimisch. A.s Bravour-Variationen 
über ein Thema von Mozart für Singstimme, 
Fl. und Orch. standen im Repertoire aller Kolo- 
ratursängerinnen. A. schrieb insgesamt 53 Bühnen- 
werke, 2 Messen und andere lürchenmusik. 

Lit.: A. A., Souvenirs d’un musicien, Paris 1857, 
21871 (darin eine Selbstbiogr.); A. A., Derniers Sou- 
venirs d’un musicien, Paris 1859, 21871. - W. Neu- 
mann, A. A., in: Die Componisten d. neueren Zeit, 
H. 31,3, Cassel 1855; J. HAiivy,Notice sur la vie et 
les ouvrages de A. A., Paris 1859; A. Pougin, A. A., 
Paris 1877; C. W. Beaumont, The Ballet Called 
Giselle, London 1944. 

Adam, Jean, f 14. 9. 1784; französischer Kom- 
ponist, war Bratschist und wirkte um 1756-82 als 
Ballettkomponist am Hofe zu Dresden. Er schrieb 
einen Recueil d’airs ä danser , exScutSs sur le thSätre 
de Dresdc (K1.-A. 1756), Oboen- und Klavierkon- 
zerte, 6 Streichquartette und Symphonien. 

Adam, Louis (Johann Ludwig), * 3. 12. 1758 zu 
Müttersholtz (Elsaß), f 8. 4. 1848 zu Paris; fran- 
zösischer Pianist, war der Vater von Adolphe A., 
ein vorzüglicher Musiker, der Bach und Händel 
gründlich studierte. 1775 ging er nach Paris, wirkte 
dort 1797-1842 als Professor des Klavierspiels am 
Conscrvatoire (u. a. Lehrer von Kalkbrenner und 
Herold). Mit Lachnith veröffentlichte er eine MS- 
thode ou principe gSnSral du doigtS , suivie d'une 
collection complete de tous les traits possibles (Paris 
1798) und verfaßte für die Schüler des Conser- 
vatoire die Mithode nouvelle pour le Piano (Paris 
1802). Von seinen Klavierwerken erschienen einige 
im Druck. 

Adam, Theo, * 1. 8. 1926 zu Dresden; deutscher 
Opernsänger, lebt in Dresden. Aus dem Dresdner 
Kreuzchor hervorgegangen, studierte er bis zu 
seiner Verpflichtung an die Dresdner Staatsoper 
(1949) bei Rudolf Dittrich. Seit 1952 auch als Gast 
u. a. in Bayreuth, Wien, Paris, ist er seit 1957 als 
1. seriöser Baß gleichzeitig an den Staatsopem Ber- 
lin und Dresden sowie an den Städtischen Bühnen 
Frankfurt am Main tätig. A. wurde 1955 zum 
Kammersänger ernannt. 

Adamberger, Valentin, * 6.7. 1743 zu Mün- 
chen, t 24. 8. 1804 zu Wien; deutscher Sänger 
(Tenor), ist der bekannteste Schüler von Valesi, 
feierte in Italien Triumphe als Adamonti, trat auch 
in London auf, wurde 1780 an die Wiener Hof- 
oper engagiert und 1789 Hofkapdlsänger. Mozart 
schrieb für ihn den Belmonte in der Entführung 


und einige Konzertarien. Seine Tochter Antonie 
(Schauspielerin) war mit Theodor Korner verlobt 
und heiratete später den Archäologen von Ameth. 
Sie sang 1810 die Klärchenlieder bei der Erstauf- 
führung von Beethovens Egmont-Musik. 

Lit.: F. Latendorf, Aus Theodor Körners Nachlaß, 
Liedes- u. Liebesgrüße v. Antonie A., Lpz. 1885; 
R. Musiol, Th. Körner u. seine Beziehungen zur 
Musik, Ratibor 1893; H. Zimmer, Th. Körners Braut, 
Stuttgart 1918. 

Adamonti, Valentin ->• Adamberger. 

Ad^unus, Henryk, * 19. 2. 1880; polnischer 
Komponist, war Schüler des Warschauer Konser- 
vatoriums, dann von Krehl und Klengel in Leipzig. 
Nach seiner Tätigkeit als SolocelUst im War- 
schauer Philharmonischen und Opem-Orchester 
wurde er Direktor der Musikgesellschaft inKalisch, 
endlich Leiter des Opemchores in Warschau. 
Werke: 2 Opern, beide in Warschau aufgeführt: 
Sumienie (Das Gewissen, 1918) und Rey w Babinie 
(komische Oper, die zum Helden den ersten pol- 
nischen Dichter hat, 1922) ; 2 symphonische Dich- 
tungen; Feierliche Ouvertüre; einige kürzere In- 
strumentalstücke. 

AddinseU ('aedinzsl), Richard, * 13. 1. 1904 zu 
Oxford; englischer Komponist, studierte am Royal 
College of Music in London, 1929-32 in Berlin 
und Wien, machte sich bekannt durch seine zahl- 
reichen Bühnen-, Film- und Hörspielmusiken, 
darunter Dangerous Moonlight mit dem vieldisku- 
tierten »Warschauer Konzert« für Kl. und Orch. 

Addison ('aedizon), John, * um 1755 und 1 30. 1. 
1844 zu London; englischer Komponist, lebte als 
Violoncellist und Kapellmeister in Dublin, betrieb 
später mit Kelly in London einen Musikalienhan- 
del und wirkte schließlich als Komponist, Kontra- 
baßspieler und Gesanglehrer. Seine Frau (Miß 
Willems) war eine geschätzte Opernsängerin. A. 
schrieb zu ihrer Zeit (1805-18) beliebte Singspiele 
und verfaßte eine Gesanglehre: Singing Practically 
Treated in a Series of Instructions (1836). 6 Trio- 
sonaten A.s op. 1 erschienen bereits 1772. 

Lit.: A. Mantia, J. A. e i primordi dell’opera 
italiana in Inghilterra, Rom 1929. 

Adell, Arthur, * 25. 3. 1894 zu örtomta; schwe- 
discher Pfarrer und Schriftsteller auf dem Gebiet 
der Kirchenmusik, erhielt 1919 seine Weihen, 
wirkte dann im Kloster Wreta und Stjämorp, als 
Pastor in Lund und seit 1938 als Pfarrer in Söder- 
köping. 1926 übernahm er die Redaktion der Zeit- 
schrift »Tidskrift för kyrkomusik och svenskt 
gudstjänstliv« (seit 1942 »Svenskt Gudstjänstliv« ). 
Veröffentlichungen: Musikhandskrifter frdn Högs 
och BJurdkers kyrkor (1941) und zusammen mit 
K. Peters Evangelisk Tidegärd (1924), Den svenska 
tidegärden (1944, 21952) und Det svenska Anti - 
fonalet l (1949). Die Universität Uppsala verlieh 
ihm 1952 den theologischen Ehrendoktor. 

Adem^Uo, Alessandro, * 20. 11. 1826 und 
f 26. 6. 1891 zu Florenz; italienischer Musikfor- 
scher, schrieb zur Opcmgeschichte: I primi fasti 
della musica italiana a Parigi, 1645-62 (Mailand 
1884); / primi fasti del teatro di via della Pergola a 
Firenze , 1657-61 (Mailand 1885); I teatri di Roma 
nel secolo decimo settimo (Rom 1888) ; La belVAdriana 


7 



Adler 


(Citd di Castello 1888); Le cantatiti italiane celebri 
del secolo XVIII': Vittoria Tesi, Margherita Salicola 
(Nuova Antologia, voL 22-23, Rom 1889). 

Adler, Frederick Charles, * 2. 7. 1889 zu Lon- 
don; Dirigent amerikanischer Staatsangehörig- 
keit, lebt in Gansevoort (New York), Sohn eines 
Vaters und einer bayrischen Mut- 
ter, wuchs in München heran, wo er an der König- 
lichen M usikaka demie Klavier- und Theorie-Un- 
terricht erhielt und die Dirigentenkurse unter 
F. Mottl und G. Mahler besuchte. Bis 1911 
Assistent Mottls an der Münchner Oper, war er als 
Chorleiter auch bei der Münchner Uraufführung 
von Mahlers 8. Sinfonie beteiligt. Nach dem Tod 
seiner beiden Mentoren wirkte er als Wander- 
dirigent bei Wagnerfestspielen in ganz Europa und 
trat in Nord- und Südamerika für Bruckner und 
Mahler ein. 1924-33 Dirigent bei Radio Berlin, 
gleichzeitig Musikdirektor bei UFA, emigrierte 
er n ach New York, wo er seitdem vornehmlich 
als Rundfunkdirigent tätig ist, auch als Produk- 
tionsleiter im Verlags- und Schallplattenwesen. A. 
wurde mit der Schönberg- und der Bruckner- 
Medaille der US-Brucknergesellschaft ausgezeich- 
net. 

Adler, Guido, * 1.11.1855 zu Eibenschütz 
(Mähren), 1 15. 2. 1941 zu Wien; österreichischer 
Musikforscher, Sohn eines Arztes, nach dessen 
frühem Tode 1856 die Mutter nach Iglau und 1864 
nach Wien übersiedelte, absolvierte dort 1873 das 
akademische Gymnasium und 1874 das Konser- 
vatorium, an dem er Schüler von Bruckner, Dcs- 
soff und Schcnner war, promovierte 1878 zum 
Dr. jur., 1880 zum Dr. pmL mit der Dissertation: 
Die historischen Grundklassen der christlichen abend- 
ländischen Musik bis 1600 , abgedruckt in der All- 
gemeinen Musikalischen Zeitung (Chry sander), 
Leipzig 1880, Nr. 44-47, und habilitierte sich 1882 
an der Wiener Universität als Privatdozent für 
Musikwissenschaft mit seiner Studie zur Geschichte 
der Harmonie , die in den Sitzungsberichten der 
Wiener Kaiserlichen Akademie der Wissenschaf- 
ten, philosophisch-historische Klasse, 1881 ge- 
druckt wurde. 1885 gründete er mit Chrysander 
und Spitta die Vierteljahrsschrift für Musikwissen- 
schaft, zu deren Eröffnung er den Aufsatz über 
Umfangy Methode und Ziel der Musikwissenschaft 
schrieb. Im gleichen Jahr wurde er Professor der 
Musikwissenschaft an der deutschen Universität zu 
Prag. Bei der Internationalen Ausstellung für Mu- 
sik- und Theaterwesen in Wien 1892 führte A. den 
Vorsitz des Komitees der musikhistorischen Ab- 
teilung und verbüßte den Fachkatalog. 1892/93 gab 
er eine Auswahl der musikalischen Werke der 
Kaiser Ferdinand HI., Leopold I. und Josef I. in 
2 Bänden heraus. 1894-1938 leitete er dSe Heraus- 
gabe der Denkmäler der Tonkunst in Österreich, 
von denen er mehrere Bände selbst bearbeitete und 
zu denen seit 1913 als Beihefte die Studien zur 
Musikwissenschaft erscheinen. 1898 wurde A. als 
Nachfolger Hanslicks nach Wien berufen; diesen 
Lehrstuhl behielt er bis 1927. 1904 erschien sein 
Buch über Richard Wagner (Leipzig, 21923, fran- 
zösische Übersetzung von Laloy, Leipzig 1910). 
1909 organisierte er anläßlich der Haydn-Zen- 
tenarfeier in Wien den 3. Kongreß der Internatio- 
nalen Musikgesellschaft und hielt die Festrede auf 


Haydn. In seinem Werk Der Stil in der Musik 
(1. Band Leipzig 1911, 21929) bringt er eine syste- 
matische Behandlung dieses Begriffs, der im Mittel- 
punkt seiner Forschung steht. Ihm folgt die Dar- 
legung seiner Methode der Musikgeschichte (Leipzig 
1919). Den Versuch, die Untersuchung der Stil- 
perioden der Musikgeschichte allein durchzu- 
führen, mußte er aufgeben. Doch gab er unter 
Mitarbeit zahlreicher Fachgenossen ein nach Stil- 
perioden gegliedertes Handbuch der Musik- 
geschichte (Frankfurt 1924; 21930 Berlin, 2 Bände) 
heraus, in dem er selber die Abschnitte Periodi- 
sierung der Musikgeschichte , Die inerter klassische 
Schule und Moderne: Allgemeines übernahm. A.% 
Verbundenheit mit dem zeitgenössischen Musik- 
leben beweisen sein Essai über seinen Freund 
Gustav Mahler (Wien 1916) und die Tatsache, daß 
die Komponisten A. Schönbcrg, A. von Webern 
und E. Wellcsz zu seinen Schülern und Mitarbei- 
tern an den Denkmälern zahlen. 1927 leitete er die 
Beethoven-Zentenarfeier in Wien und anschlie- 
ßend die Vorarbeiten zur Gründung der Interna- 
tionalen Gesellschaft für Musikwissenschaft, die 
ihn zum Ehrenpräsidenten wählte. Zu seinem 75. 
Geburtstag erschien eine Festschrift : Studien zur Mu- 
sikgeschichte (Wien 1930). 1935 schrieb er seine 
Autobiographie IVolIen und Wirken (Wien). Nach 
der Besetzung Österreichs 1938 erhielt er Pubhka- 
tionsverbot. 

Lit.: W. Fischer, G. A.s »»Methode d. M$.«, ZfMw 
VII, 1924/25; E. Bienenwld, G. A., in: Mk XVIII, 
1925/26; M. Carner, A Pioneer in Miuicology; 
G. A., in: Of Men and Music, London 1944; R. v. 
Ficker, G. A. u. d. Wiener Schule, Ostcrr. Mmikzi. 
I, 1946. 

Adler, Kurt, * 1. 3. 1907 zu Neuhaus (Böhmen); 
Dirigent amerikanischer Staatsangehörigkeit. Sii 
W ien aufgewachsen, bei Ferdinand Foll zum Ka- 
pellmeister ausgcbildct (unter gleichzeitigem, vor- 
übergehendem musikwissenschaftlichem Studium 
bei G. Adler und 11 Lach), erhielt der 20t Ihrige 
sein erstes Kapcümcistcrcngagcinent bei E. Kleiber 
an der Staatsoper Berlin, wechselte 1929 nach 
Prag über, um 1932 nochmals nach Berlin zurück- 
zukehren, und emigrierte 1933 über Rußland 
(Kiew, Scalingrad) nach den USA, wo er I931M3 
in New York die Bachkonzerte des „PriemUlnp 
Housc 4 * leitete und seitdem als C^hordircktor und 
Dirigent bei der Metropolitan Opera tätig ist. Ah 
Gastdirigent tritt er auch bei OpertuMKicmes in 
Mexico, Colorado und Hollywood aut. Außer- 
dem veranstaltete er mehrere Operaamhologicn 
für amerikanische AuffUhrtingszwcckc. 

Adler, Kurt Herbert, * 2,4.1905 zu Wien; 
amerikanischer Dirigent, lebt in San Francisco, 
Schon während seines Musikstudiums 1921-27 an 
der Musikakademie, dem Neuen Wiener Konser- 
vatorium und der Universität Wien war er ah 
Kapellmeister bei M. Reinhardt Urig, 1928-34 in 
Deutschland und Italien, 1934-36 an der Wiener 
Volksoper (1936 Assistent Toscaninis in Salzburg), 
Er ging 1936 nach Prag (Ofmr, Rundfunk), 19% 
nach den USA (1941 naturalisicn), war bu 1943 
vorwiegend in Chicago tätig (Oper, Konzert), 
seitde m in San Francisco, zunächst am Konserva- 
torium, dann ab Assistent des Generaldirektors der 
San Francisco Opera Association, deren musika- 


8 



Adriaensen 


lischer Leiter er 1956 wurde. Ständiger Gastdiri- 
gent bei NBC und Hollywood Bowl, auch bei den 
alljährlichen Midsummer Music Festivals und den 
Pacific Music Camps San Francisco. Mus.D.hon. 
des College of the Pacific. 

Adler, Peter Hermann, * 2. 12. 1899 zu Jablo- 
nec (Tschechoslowakei); amerikanischer Dirigent 
tschechoslowakischer Herkunft, Schüler von Zem- 
linsky und Noväk am Konservatorium in Prag, 
wirkte zunächst als Opemkapellmeister in Brünn, 
Teplitz-Schönau und Bremen, leitete 1933-37 das 
Staatsorchester Kiew. Vor und nach seiner Um- 
siedlung (1939) in die Vereinigten Staaten trat er 
als Gastdirigent auf, wurde 1942 neben Fritz Busch 
Dirigent der New Opera Company in New York, 
ist seit 1949 musikalischer und künstlerischer Di- 
rektor der Opera Company bei der National 
Broadcasting Corporation (NBC) und leitet auch 
Konzerte des Symphonieorchesters der NBC. 

Adler, Vincent, * 3. 4. 1826 zu Raab, f 4. 1. 
1871 zu Genf; ungarischer Pianist und Komponist, 
Schüler seines Schwagers Franz Erkel in Budapest, 
ging zur Fortsetzung seiner Studien nach Wien, 
unternahm dann von Paris aus, wo er sich mit Wag- 
ner, Bülow, Emst und Lalo befreundete, zahl- 
reiche Konzertreisen und ließ sich schließlich in 
Genf nieder, wo er 6 Jahre Lehrer am Konser- 
vatorium war. Als Komponist trat er mit Klavier- 
Etüden und brillanten Salonstücken auf. 

Adlgasser, Anton Cajetan (Adelgasser), * 1. 10. 
1729 zu Inzell bei Traunstein (Bayern), f 21. 12. 
1777 zu Salzburg (an der Orgd, Schlagfluß), 
Schüler und Schwiegersohn vonj. E. Eberlin, war 
ab 1750 1. Domorganist in Salzburg. 1764/65 
unternahm er eine Reise nach Italien. Seine kirch- 
lichen Kompositionen waren sehr geschätzt; doch 
schrieb er auch eine Reihe Schuldramcn, Orato- 
rien und Instrumcntalwerkc (Klaviersonaten, Kla- 
vierkonzert, Symphonien). Der junge Mozart 
(KV 35), Michael Haydn und A. komponierten 
jeder einen Akt des Schuldramas Die Schuldigkeit 
des ersten Gebots (1767). 

Ausg.: 2 Motetten in DTÖ XL1II, 1. 

Lit.: C. Schneider, Die Oratorien u. Schuldramen 
A. C. A.s, StMw 18, 1931. 

Adlung, Jakob (Adelung), * 14. 1. 1699 zu Bin- 
dcrsleben bei Erfurt, f 5. 7. 1762 zu Erfurt; deut- 
scher Musikforscher, studierte in Erfurt und. Jena, 
trieb daneben ernsthaft musikalische Studien, un- 
ter anderen bei Joh. Nik. Bach. 1727 wurde er als 
Nachfolger Büttstedts Organist an der Prediger- 
kirchc und 1741 Gymnasialprofcssor in Erfurt. 
Daneben wirkte er als geschätzter Musiklehrer und 
Klavierbauer. A. hat drei für die Musikgeschichte 
wertvolle Werke geschrieben: Anleitung zu der 
musikalischen Gelahrtheit (Erfurt 1758, mit Vorrede 
von Joh. E. Bach, Dresden und Leipzig 21783, be- 
sorgt von J. A. Hillcr); Musica mechanica organoedi, 
1726 in Jena begonnen, posthum erschienen (Ber- 
lin 1768, mit Anmerkungen von J. L. Albrecht 
und J. F. Agricola, *1783) und Musikalisches Sieben- 
gestirnt verfaßt 1754 (Berlin 1768); die beiden letz- 
ten wurden von T. L. Albrecht herausgegeben. 
Seine Autobiographie steht im Vorwort zum zwei- 
ten Band der Musica mechanica organoedi. 


Ausg.: Faks.-Neudruck »Musica mechanica or- 
ganoedi«, hrsg. v. Chr. Mahrenholz, Kassel 1931; 
»Anleitung zu der musikaL Gelahrtheit«, hrsg. v. 

H. J. Moser, = Documenta musicologica, Reihe 1, 
Druckschriften-Faks., 4, Kassel u. Basel 1953. 

Lit: J. A. Heller, Mag. J. A., in: Lebensbeschrei- 
bungen berühmter Musikgelehrten u. Tonkünstler, 

I. Theil, Lpz. 1784. 

Adolphus (aed'olfaz), Milton, * 27. 1. 1913 zu 
New York City; amerikanischer Komponist, Au- 
todidakt, wurde 1938 Direktor der Center Music 
School in Philadelphia. Er schrieb zahlreiche Sym- 
phonien, weitere Orchesterwerke (i War Sketches 
op. 35, 4 Poems op. 38) und Kammermusik: 
Streichquintett op. 53 und mehrere Streichquar- 
tette. 

Adorno, Theodor W. (Wiesengrund), * 11. 9. 
1903 zu Frankfurt am Main; ordentlicher Professor 
der Philosophie und Soziologie an der Universität 
Frankfurt am Main und geschäftsführender Direk- 
tor des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt. 
Er studierte Komposition bei B. Sekles und A. 
Berg, Klavier bei E. Jung und E. Steuermann, 
Musikwissenschaft an der Universität Wien und 
betätigte sich während dieser Zeit schon als Musik- 
kritiker. 1928-31 war A. Redakteur der Musik- 
zeitschrift »Anbruch« in Wien, emigrierte 1933 
und war 1938-41 musikalischer Leiter des Prince- 
ton Radio Research Project. Aus diesen Jahren da- 
tieren zahlreiche amerikanische Veröffentlichungen 
und seine Verbindung mit Thomas Mann, dem er 
bei der Abfassung des »Doktor Faustus« in musi- 
kalischen Fragen beratend zur Seite stand. 1949 
kehrte er nach Deutschland zurück und wirkt seit 
1950 regelmäßig an den Kranichsteiner Ferien- 
kursen mit, wo er neben vielbeachteten Vorträgen 
über Neue Musik Lehrgänge in freier Komposi- 
tion und Kontrapunkt leitet. Neben seinen philo- 
sophischen und soziologischen Arbeiten veröffent- 
lichte er 1932 die Abhandlung Zur gesellschaftlichen 
Lage der Musik (Zeitschrift für soziale Forschung), 
1936 die erste musiksoziologische Studie über den 
Jazz (in derselben Zeitschrift). Außer zahlreichen 
Aufsätzen (Bach gegen seine Liebhaber verteidigt , 
Merkur 1951) schrieb er: Philosophie der neuen 
Musik (Tübingen 1949), Versuch über Wagner (Ber- 
lin und Frankfurt 1952) und Dissonanzen (Göttin- 
gen 1956). Seine Prismen (Frankfurt 1955) enthalten 
drei musikalische Essays. A.s Schriften zeugen von 
scharfer, eindringlicher Denkkraft, führen mitun- 
ter aber zu bloß negativer Kritik. Trotz vielfacher 
Ablehnung muß ihnen eine große Bedeutung für 
die Musiksituation unserer Zeit zuerkannt werden. 
Sein kompositorisches Schaffen umfaßt Lieder für 
Singstimme und Kl. nach St. George (op. 1 und 7), 
2 Sätze für Streichquartett, weitere Gesänge (op. 3), 
6 Gedichte von G. Trakl (Klage, op.5) und 6 Baga- 
tellen (op. 6) für Singstimme und Kl., 3 Frauenchöre 
nach Gedichten von Th. Däubler (op. 8, 1957), 
6 kurze Orchesterstücke op. 4 sowie Bearbei- 
tungen von französischen Volksliedern und von 
Klavierstücken von R. Schumann, instrumentiert 
für kleines Orch. 1954 wurde A. durch Verleihung 
der Schönberg-Medaille ausgezeichnet. 

Adriaensen (adri'arnzan), Emanuel (Hadria- 
nus), * zu Antwerpen; Lautenist des 16. Jh., gab 
bei Phalise mehrere Werke in Lautentabulatur 


9 



Adriano 


heraus, darunter Pratum musicum (zum Teil für 
2-4 Lauten, Antwerpen 1584) und Novum pratum 
musicum (Antwerpen 1592). 

Lit.: P. Hamburger, Die Fantasien in E. A.s Pratum 
musicum (1600), ZfMw XII, 1929/30 (mit Notenbei- 
gabe). 

Adriano di Bologna — > Banchieri. 

Adrio, Adam, * 4.4.1901 zu Essen; deutscher 
Musikforscher, studierte Musikwissenschaft an der 
Universität Berlin (Abert, Schering, Moser, 
Blume) und promovierte 1934 mit der Arbeit Die 
Anfänge des geistlichen Konzerts (Berlin 1935). A. 
wurde 1935 Dozent für Musikgeschichte an der 
Kirchenmusik-Schule Berlin, erhielt 1938 einen 
Lehrauftrag für Kirchenmusik und musikalische 
Liturgik in der Evangelisch-Theologischen Fakul- 
tät der Universität Berlin, an der er 1941-43 auch 
stellvertretend das musikhistorische Seminar lei- 
tete. Er habilitierte sich 1949 und ist seit 1953 Or- 
dinarius für Musikwissenschaft an der Freien Uni- 
versität Berlin. Neben einem Beitrag Die Matthäus - 
passim von J. G. Kühnhausen (Schering-Festschrift, 
Berlin 1937) veröffentlichte er kleinere Studien zur 
evangelischen Kirchenmusik, über J. H. Schein 
und E. Pepping. In Blumes Chorwerk gab er 
heraus: Sechs deutsche Motetten zu 5 St. von J. H. 
Schein (Heft 12) und den 116. Psalm (Heft 36) von 
Chr. Demandus. A. begann eine neue Gesamtaus- 
gabe von J. H. Schein (1951). 

Aegidius de Murino, Musiktheoretiker um 1400, 
dessen kurzer Traäatus cantus mensurdbilis Notizen 
zur Komposition von Motetten enthält. 

Ausg.: »Tractatus cantus mensurabilis« in CS III, 
S. 124-128. 

Lit: Riemann MTh, S. 213 ff. 

Aeschbacher, Adrian, * 10. 5. 1912 zu Langen- 
thal (Bern) ; schweizerischer Pianist, lebt in Zürich. 
Bis zum Eintritt in das Zürcher Konservatorium 
erhielt er Musikunterricht bei seinem Vater, der 
Chordirigent und Komponist war. Nach 4- 
jähriger Ausbildung bei E. Frey und V. Andreae 
ging er, mit Auszeichnung diplomiert, noch für 
2 Jahre zu A. Schnabel nach Berlin. Seine 1934 
begonnene Konzerttätigkeit führte ihn durch 
ganz Europa, nach dem Kriege auch nach Süd- 
amerika. Seinen Ruf erwarb er sich vor allem als 
Interpret der deutschen klassisch-romantischen 
Klaviermusik. 

Aeschbacher, Carl, * 31. 3. 1886 zu Bümpliz bei 
Bern, f 29. 1. 1944 zu Zürich; deutsch-schweize- 
rischer Kantor und Chorkomponist, aus dem 
Lehrerseminar des Kantons Bern hervorgegangen, 
studierte noch 4 Jahre unter Steinbach am Kölner 
Konservatorium Komposition, Gesang, Chorlei- 
tung, Orgel und Klavier. 1913-29 Chorleiter und 
Gesanglehrer an der Kantonschule Trogen, wirkte 
er 1929-44 am Kantons-Gymnasium und als 
Männerchordirigent in Zürich. Unter Verwertung 
alemannischen volksliedgutes schrieb er eine große 
Anzahl von Chorwerken, auch Klavierlieder, Ae. 
ist Vater der Pianisten Adrian Aeschbacher und 
Rudolf am Bach sowie des Dirigenten Niklaus 
Aeschbacher. 

Aeschbacher, Niklaus, * 30. 4. 1917 zu Trogen 
(Appenzell) ; schweizerischer Dirigent, Pianist und 


Komponist, wurde nach Studien am Zürcher 
Konservatorium und an der Musikhochschule Ber- 
lin Theaterkapellmcister in Zittau und Braun- 
schweig, danach am Stadttheatcr Bern, wo er seit 
1949 als Chef-Dirigent tätig ist. Als Dirigent wie 
als anerkannter Pianist setzt sich Ae. für die Werke 
zeitgenössischer Musik ein. Kompositionen: Ra- 
dio-Oper Die rotrn Schuhe (1943), Ballett Cha- 
latida Mars , Orchester- und Kammermusikwerkc, 
Sonatinen für Org., Kl., Klar, und Lieder. 

Aeschbacher, Walther, * 2. 10. 1901 zu Bern; 
schweizerischer Dirigent und Komponist, studierte 
an der Universität und am Konservatorium in 
Bern sowie an der Musikhochschule in München, 
wirkt jetzt als Chor- und Orchestcrlcitcr in Basel 
und Bern. Er machte sich hauptsächlich bekannt 
durch seine Chorwerke (Die Jahreszeiten , Kanta- 
ten, Motetten), schrieb daneben auch Orchester- 
und Kammermusikwerke, Kompositionen für Kl. 
und Lieder-Zyklen nach C. F. Meyer und H. 
Hesse. 

Lit.: Musik der Zeit, H. 10, Schweizer Komponisten 
Bonn (1955). 

Afangssjew, Nikolaj Jakowiewitsch, * 1821 zu 
Tobolsk, f 3. 6. 1898 zu St. Petersburg; russischer 
Komponist, war Opemkapellmeister in Moskau. 
Er schrieb Streichquartette, ein Oktett, Lieder, 
Klavierstücke, Stücke für V., die preisgekrönte 
Kantate Das Gastmahl Peters des Großen auf einen 
Text von Puschkin und mehrere Opern. Außer- 
dem gab er eine Sammlung großrussischer Volks- 
lieder heraus. 

Afferxü, Ugo, * 1. 1. 1871 2 u Florenz; italieni- 
scher Komponist, war nach der Ausbildung in 
Florenz, Frankfurt am Main und Leipzig in Alma- 
berg tätig, dann als Dirigent in Lübeck, wo er mit 
seiner Frau, der englischen Geigerin Mary Bram- 
ner (* 2. 5. 1872), Kammermusikkonzerte veran- 
staltete, 1901 in Bad Harzburg, 1905 Nachfolger 
Lüstners als Dirigent der Kurkapclic in Wiesbaden, 
kehrte 1914 nach Italien zurück und lebt jetzt in 
Florenz. Schrieb: Oper Potemkin m der Domu 
(Annaberg 1897), Klavierstücke, Lieder. 

Afnigemeasis, Johannes -»Johannes A. 

A&ettus, Arvid August, * 6. 5. 1785 zu Ifttm- 
borga (Schweden), + 25. 9. 1871 zu Enküping, 
wo er ab 1821 Pfarrer war. Er gab mit E. G. 
Geijcr die erste gedruckte Sammlung schwe- 
discher Volkslieder mit Melodien heraus: Svenska 
folk-visorßän fomtiden (3 Bände, 1814-17, Ncuaus- 
gabc von R. Bergström und L. Höijer 1880) und 
mit E. Drake: Afiked af swenska folkmarpatt (1848), 
Lit: A. J. Arwidsson, Svenska fomangcr I, Stock- 
holm 1834; W. Samuelsion, A. A. A. och de svenska 
folkvisoma, in: Usning für svenska fotket, N.F. 30, 
Stockholm 1919. 

Agnzzarl, Agostino, * 2. 12. 1578 und f 10. 4. 
1640 zu Siena; italienischer Komponist, 1602-06 
als Nachfolger G. F. Anerios Praefekt am Colle- 
gium Germanicum in Rom. Ab 1606 war er Mit- 
glied der Sieneser Accademia dcgli Intronari. Im 
gleichen Jahre schrieb er innerhalb von 14 Tagen 
das Dramma pastorak Eumelb für das Seminario 
Romano. Sein in Siena 1607 zuent veröffentlichter 


10 


Agostini 


kurzer Traktat Del suonare sopra il basso con tutti 
stromenti & uso loro nel conserto ist eine der frühe- 
sten und wichtigsten Quellen der Generalbaßpraxis. 
Ab 1630 lebte A. als Domkapelltn eister in Siena und 
verfaßte 1638 eine Schrift La musica ecclesiastica. 
Seine 4 Messen, vielen Motetten, geistlichen Kon- 
zerte und Madrigale bleiben dem Palestrina-Stil 
verpflichtet. 

Ausg. : A. A., »Del sonare sopra il basso«, Faks. des 
Boll. Bibi. Mus., Mailand 1933; dass, in: O. Kinkel- 
dey, Org. u. Kl. in d. Musik d. 16. Jh., Lpz. 1910; 
dass., übers, u. mit Anm., in: Praetorius Synt.III, 98; 
eine Motette in : Musica Divina 1, 2 ; 2 Sätze, ebenda 1, 4. 
Lit.: M. Schneider, Die Anfänge d. B.c. u. seiner Be- 
zifferung, Lpz. 1918; F.T. Arnold, The Art of 
Accompaniment from a Thorough-Bass, Oxford 
1931; S. A. Lucioni, A. A. e TOrchestrazione del 
’600, Musica d’oggi 1931; A. Adrio, Die Anfänge 
d. geistl. Konzerts, Neue deutscheForschungen XXXI, 
= Abt. Mw. I, Bin 1935. 

Agghazy ('agghazj), Carolus, * 30. 10. 1855 und 
t 8. 10. 1918 zu Budapest; ungarischer Kompo- 
nist, Schüler von Bruckner, R. Volkmann und 
Liszt, konzertierte 1882-88 als Pianist, war dann 
Lehrer am Stemschen und Kullakschen Konser- 
vatorium in Berlin und Professor am National- 
konservatorium in Budapest. A. schrieb Klavier- 
und Kammermusikwerke, auch eine Oper Ma- 
ritta und die Kantate Rdköczy. 

d’Agincourt (a3ek'u:r), Francis, * 1684 zu 
Rouen, + 18. 6. 1758 zu Paris; französischer Orga- 
nist, war Domorganist in Rouen, lebte dann in 
Paris und gab heraus: Pikes de Clavecin (Rouen 
1733). 

Ausg.: 2 Orgelstücke in: Les Maltres frangais de 
POrgue II, hrsg. v. F. Raugel, Paris (1933, Neu- 
druck 1949). 

AgneUi (aji'elli), Salvatore, * 1817 zu Palermo, 
t 1874; italienischer Komponist, Schüler von 
Fumo, Zingarelli und Donizetti in Neapel, schrieb 
zuerst für italienische Theater (Neapel und Paler- 
mo), ging aber 1846 nach Marseille, wo er die 
Opern La Jacquerie (1849), Uonore de Midids 
(1855), Les aeux avares (1860) und mehrere Ballette 
zur Aufführung brachte; außerdem schrieb er ein 
Miserere, Stabat Mater, eine Kantate (Apotheose 
Napoleons L, 1856 durch drei Orchester im 
Tuxleriengarten ausgeführt). 

d , Agnesi<-Pinottini) (aji'e:zi), Maria There- 
sia, * 1724 zu Mailand, + um 1780; bekannt als 
Klavierspielerin, komponierte viele Klavierwerke 
und 5 Opern: Sofonisbe , Ciro in Armenia , Nitocri f 
Insubria consolata und II re pastore. 

Agxdez (aji'e:z), Louis Ferdinand Leopold, 
genannt Luigi Agncsi, * 17. 7. 1833 zu Erpent 
(Namur), f Z 2. 1875 zu London; belgischer 
Sänger (Baß), Schüler des Brüsseler Konservato- 
riums, war Kapellmeister an der Katharinenkirche 
und Vereinsdirigent in Brüssel. Nach dem Miß- 
erfolg seiner Oper Harmold le Normend (1858) gab 
er die Komponistenlaufbahn auf, studierte bei 
Duprez in Paris Gesang und lebte dann in ver- 
schiedenen Engagements und auf Kunstreisen, die 
letzten Jahre m London als namhafter Händel- 
Sänger. In der späteren Zeit komponierte er im 
wesentlichen nur noch Lieder und Motetten. 


Agop , Rolf, * 11. 6. 1908 zu München; deutscher 
Dirigent, studierte an der Münchner Akademie 
Dirigieren (H. Röhr, v. Hausegger) und Kompo- 
sition, war zunächst Kapellmeister beim »Münch- 
ner Symphonieorchester« und bei der »Bayeri- 
schen Landesbühne München« , wahrend des Krie- 
es Opernkapellmeister in Klagenfurt, dann in Alt- 
eide (Niederschlesien), zuletzt in Nürnberg. Mit 
Kriegsende wurde er zum musikalischen Aufbau 
der vereinigten Bühnen nach Nürnberg-Fürth ge- 
rufen, 1948 zum Chef der »Nordwestdeutschen 
Philharmonie« (Städtebundorchester, Sitz Her- 
ford) bestellt, von wo aus er ab 1949 an der Nord- 
westdeutschen Musikakademie Detmold auch eine 
Dirigentenklasse betreute. Seit 1952 ist er als Nach- 
folger von W. Sieben GMD in Dortmund. 

Agpsti, Guido, * 11.8.1901 zu Forli; italieni- 
scher Pianist, erhielt seine instrumentale Schulung 
von B. MugeUini, Ph. Ivaldi und F. Busoni in 
Bologna, Kompositionsunterricht von G. Ben- 
venuti. 1930-40 hatte er einen Lehrauftrag an den 
Konservatorien Venedig und Mailand, 1944 ging 
er als Professor für Ensemblespiel an die Accade- 
mia di Santa Cedlia, Rom. Neben seiner pädago- 
gischen Tätigkeit ist A. ständiges Mitglied der 
Accademia Filarmonica (Rom) und der Accade- 
mia Cherubini (Florenz) und gehört u. a. dem Aus- 
schuß der Klavierwettbewerbe von Warschau, 
Paris, Genf, Brüssel, Budapest und Berlin an. Er 
komponierte für sein Instrument und fertigte viele 
Transkriptionen. 

Agostjni, Lodovico, * 1534 undf 20. 9. 1590 zu 
Ferrara; italienischer Komponist, apostolischer 
Protonotar und Kaplan am Hofe Alfonsos II. von 
Este, schrieb u. a. Madrigale (4 Bücher 6st., 
3 Bücher 5st., 2 Bücher 4st.), Messen, Motetten 
und Vespern, gediegen und fein gearbeitete Werke, 
die teils in Venedig (Gardano), teils in Ancona 
(Landrini) gedruckt wurden. 

Agostjni, Mezio, * 12. 8. 1875 und 1 2Z 4. 1944 
zu Fano; italienischer Komponist, erhielt 1885-93 
seine Ausbildung am Liceo Rossini in Pesaro, war 
1894-1900 Theater-Kapellmeister an italienischen 
und auswärtigen Bühnen und wurde 1900 von 
Mascagni als Professor für Harmonielehre an das 
Liceo Rossini zu Pesaro berufen, 1909 als Nach- 
folger Wolf-Ferraris Direktor und 1. Kompo- 
sitionslehrer am liceo Benedetto Marcello in Ve- 
nedig. Er schrieb Orchester- und Kammermusik 
und mehrere Opern. 

Agostjni» Paolo, * um 1593 zu Vallerano, f 3. 10. 
1629 zu Rom; Schüler und Schwiegersohn von 
Nanini, Kapellmeister an verschiedenen Kirchen 
Roms, 1627 als Nachfolger V. Ugolinis an der 
Peterskirche, vorzüglicher Kontrapunktist, schrieb 
eine große Anzahl mehrchöriger Kirchen werke, 
die zum Teil handschriftlich in römischen Biblio- 
theken aufbewahrt werden. Gedruckt wurden 
Salmt della Madonna (Rom 1619) und 5 Bücher 
Messen (Rom 1627). 

Ausg. : eine Motette in Musica Divina 1, 2, eine in 1, 4. 

Agostjni» Pier Simone, * 1650 (?) zu Rom, war 
herzoglicher Kapellmeister in Parma und kom- 
ponierte die Opern Tolomeo (Venedig 1658?, nach 


11 



Agrcll 

Wotquenne), Ippolita (Mailand 1670, mit L. Busca 
und P. A. Zkni), La costanza di Rosmotida (Genua 
1670), VAdalinda (« GVinganni imocenti , Aricda 
1673), H ratto delle Sabine (Venedig 1680) und 
Floridea (mit Fr. de* Rossi und L. Busca, Venedig 
1687). Auch hat er weltliche Kantaten sowie Ora- 
torien und Motetten geschrieben. 

Ausg.: Stücke bei M. Zanon, Raccolta di 24 Arie di 
vari autori del secolo XVII, Mailand (1914). 

Agrcll, Johan, * 1. 2. 1701 zu Löth (Ostgot- 
land), 1 19. 1. 1765 zu Nürnberg; schwedischer 
Komponist, studierte ab 1721 in Uppsala und war 
1723-46 Violinist in Kassel, von wo aus er sich 
auch als Klaviervirtuosc einen Namen machte, 
und ab 1746 Musikdirektor in Nürnberg. Eine 
Reihe Cembalokonzerte und -sonaten wurden ge- 
druckt, einige Symphonien sind handschriftlich 
erhalten; 5 Sonaten und viele Kantaten sind jedoch 
verlorengegangen. 

Ausg.: Sonata per il cembalo G dur, hrsg. v. K. 
Brodin, 1932; 2 Sätze aus einer Symphonie E dur, 
hrsg. u. bearb. v. S. E. Svbnsson, 1947. 

Lit.: K. Valentin, J. A., Svensk musiktidning XXX, 
1911 ; P. Ijndfors, En Studie Över J. A.s Iiv och musi- 
kaliska stfl, STMf XIX, 1937. 

Agrjcola, Alexander, auch Ackermann, oft 
kurzweg Alexander genannt, f 1506 zu Valladolid 
als Sedmgjähriger, also * um 1446, von deutscher 
oder niederländischer Abkunft; Komponist der 
Ockeghem-Schule. Er heiratete 1470 in Florenz, 
diente 1471-74 den Sforzas in Mailand und ist 1476 
als petit vicaire an der Kathedrale von Cambrai 
nachweisbar. Am 16. 8. 1500 wurde er in Brüssel 
in die Kapelle Philipps des Schönen von Burgund 
berufen, der er bis zu seinem Tode ständig angc- 
hörte. Er schrieb 9 Messen, etwa 25 Motetten und 
fast 100 zum größten Teil 3$t. Chansons auf fran- 
zösisdie, italienische und niederländische Texte. 
Petrucd druckte 1504 einen Band mit 5 4st. Misse 
Alexandri Agricole und veröffentlichte 31 Motetten 
und Chansons in seinen 3 ersten Sammelwerken. 
Lol Rhaws Symphoniae iuctmdae von 1538 steht ein 
anonymes Epitnaphium Alexandri Agricolae . 

Ausg.: 3 Motetten in Maldbghbm Trdsör III; »In 
pace« in H. Riemann, Hdb. d. Mg. II, 1, Lpz. 1907; 
»Si dedero« in J. Obrecht, Werken, hrsg. v. J.Wolf, 
Missen, 9. »Missa Si dedero«, Anh. I; Anh.II dass, 
aus H. Newsidler, Ein Newgeordnet künstlich Lau» 
tenbuch, ander Theil, Nürnberg 1536; dass, in DTÖ 
XIV, 1, 1907, S. 163 (vgl. Rev.-Ber. S. 205), aus H. 
Kotters Tabulaturbuch, hrsg. v. J, Wolf; »Comroe 
femme« in A. W. Ambros, Gesch, d. Musik, V, hrsg. 
v. O. Kadb, Lpz. 1911, S. 180; 4 Sätze in O. Gom- 
bosi, J. Obrecht, Lpz. 1925; Carmen zu 3 St. in 
J.Wolf, Sing- u. Spielmusik aus älterer Zeit, ■■ 
Wiss. u. Bildung, Bd 218, Lpz. 1926; »Belle sur 
toutes - Tota pulcra es«, in: Schering Beisp.; »O 
quam glorifica luce«, hrsg. v. J. Dblpürtb, in: Rev. 
liturg. et mus. XXV, 1942; 10 Sätze in: Harmonie« 
Musices Odhecatoii A, hrsg. v. H. Hewitt, The 
Mediev. Acad. of Am., Publ. No 42 (Studies and 
Documents No 5), Cambridge, Maas., 1946. 

Lit: O. Gombosi, J. Obrecht, ■■ Slg mw. Einzeldar- 
stellungen, 4. H., Lpz. 1925; H. Kinzel, Der 
deutsche Musiker A. A. in seinen weltlichen Werken, 
Diss. Prag 1934; P. Müller, A. A. Seine Missa In 
minen rin, Diss. Marburg 1939. 

AgrtcoJa, Georg Ludwig, * 25. 10. 1643 zu 
Großen-Forra bei Sondershausen, begraben am 

12 


22. 2. 1676 zu Gotha; deutscher Komponist, Gym- 
nasiast in Eisenach und Gotha, Student in Leipzig 
und Wittenberg, 1670 Kapellmeister in Gotha. Er 
schrieb : Musikalische Nebctisttindett . . . mit 2 Violi- 
nen, 2 Violen utid Generalbaß (Mühlhausen 1670), 
Buß- und Commutiion-LicdcTy mit 5 und mehreren 
Stimmcti gesetzt (Gotha 1675) und Deutsche geist- 
liche Madrigalien von 2 bis 6 Stimmen (Gotha 1675). 
Ferner sind erhalten: 2 Motetten und eine konzer- 
tante Komposition des 20. Psalms. 

Lit. : Ph. Spitta, Leichensermone auf Musiker d. 
XVI. u. XVII. Jh., MfM III, 1871 ; A. Ftrr, Mg. d. 
Stadt Gotha, Diss. Freiburg i. Br. 1951, maschr. 

Agr|coIs,Johann, *um 1570 2 « Nürnberg, t um 
1605, Professor am Augustmergymn.tMuni in Er- 
furt, Komponist von Motetten und Ontioncs, die 
1601-11 herauskamen. 

Agrfcola, Johann Friedrich, • 4. 1. 1720 zu 
Dobitschen bei Altcnburg, f 2. 12. 1774 zu Ber- 
lin; deutscher Komponist, studierte 1738-41 in 
Leipzig an der Universität und war gleichzeitig 
Schüler J. S. Bachs, 1741 in Berlin Schüler von 
Quantz, 1751 nach der erfolgreichen Aufführung 
seiner Oper llfilosoß cmvinto in wtiorc zum Hof- 
kompomsten ernannt. Mit C. Ph. li, Bach ver- 
faßte er den Nekrolog J. S. llachs für Mizlcrs 
Musikalische Bibliothek IV (Leipzig 1754). Eine 
Übersetzung von Tosis Opinwni de tantm antu hi 
veröffentliciite er mit eigenen Erläuterungen als 
Anleitung zur Singekunst (Berlin 1757). 1758 ent- 
stand eine Kantate auf den Sieg reu Komdorf Als 
Nachfolger K. H. Grauns wurde er 1759 Dirigent 
der Königlichen Kapelle; daneben wirkte er als 
angesehener Organist, Sänger und ficsanglchrer, 
komponierte viele Lieder und Kirchenmusik. Der 
Ausgabe von Adlung* Muska mechantca orga/iordt 
(Berlin 1768) hat er Anmerkungen und Beschrei- 
bung einiger Orgcldispmirioncn beigefugt. - 
Seine Gattin Bcncdctta Emilia geh, Mohn», 
(* 1722 zu Modena, f 1780 zu Berlin), Schülerin 
Hasses, war eine hochangcschcnc Sängerin und 
längere Zeit Mitglied der Berliner Italienischen 
Oper. 

Ausg.: Der Nekrolog auf Seb. Bach, hrsg. v. B, F. 
Richter, Bach-Jb* 1920; Aul um Mus. meeh. org. 
Lit.: M. Friedl ahnde r, Das deutsche Lied im 18. 
Jh. I, 2, Stuttgart u. Bin 1902, dann d. Lied »Der 
Wettstreit«; H. Wucher Pfennig. J. F. A.. Dis», Btn 
1922, maschr.; H. Lörtuft, J. Fr. A., Altenburger 
Heimatblätter 1932-33; dkm.. J. Fr. A. u. d. Orgel, 
ebenda 1934; D&fti., Die Schüler J. S. Bach«, Bach- 
Jb. XL, 1953. 

Agr}colft» Martin, eigentlich Martin Sore, * 6. 1. 
1486 zu Schwicbus, f 10, 6, 1556 zu Magdeburg; 
deutscher Komponist und Musiktheoretiker, Sohn 
eines Bauern und nach seiner eigenen Aussage 
»selbstwachsen musicus*. Er ließ sich 1519/20 in 
Magdeburg nieder, wo er nach der 1524 erfolgten 
Gründung der Schule 1525 oder bei deren Erwei- 
terung 1527 das Kantorat übernahm und bis an 
sein Lebensende behielt; der Ratsherr Aicmann 
gewährte ihm freie Kost und Wohnung. Er war 
befreundet mit G. Rhaw. Sein Nachfolger wurde 
Joachim Bonus. Seine Werke sind Ein kurtz 
Deudsche Muska (Wittenberg 1528, »1529, M533 
als Muska choraUs daidtch ); Maske imtmmentalis 
deudsch in Knittelversen (Wittenberg 1529); Mn- 



Ahle 


sica figuralis deudsch (Wittenberg 1532) mit einem 
selbständigen Anhang Von den proportionibus , auf 
Gafori fußend, aber mit wertvollen Zusätzen und 
Beispielen durchsetzt. Diese 3 deutsch geschriebe- 
nen Bücher waren als Unterrichtsstoff für die pro- 
testantischen Schulen bestimmt; A.s deutsche 
Übersetzungen mehrerer Fachausdrücke sind heute 
noch gebräuchlich. Entsprechend der wachsenden 
Bevorzugung des Lateinischen in den protestan- 
tischen Schulen sind auch A.s spätere Werke latei- 
nisch geschrieben. Es sind: Scholia in musicam 
planatn Venceslai Philomathis (1538) ; Rudimenta mu - 
sices (Wittenberg 1539); Ein Scmgbuäüein aller 
Sontags Euangelia (Magdeburg 1541), Quaestiones 
vulgariores in musicam (Magdeburg 1543). In einem 
nach A.s Tod von S. Sack herausgegebenen Band 
Duo libri musiccs (Wittenberg 1561) stehen außer 
2 Traktaten 54 Instrumetitische gesenge . Hymnen des 
Prudentius und G. Fabricius vertonte er in der Art 
der Humanistenoden. 

Ausg.: »Musica Instrumentalis deudsch«, in d. Ausg. 
v. 1529 u. 1545, hrsg. v. R. Eitner (z. T. Faks.), 
PGfM Jg. XXIV, Bd XX, Lpz. 1896; 3 geistl. Ge- 
sänge in DDT XXXIV ; 4st Weihnachtsgesang, hrsg. 
v. H. Funck, Kassel 1932; Instrumentische Gesänge, 
hrsg. v. dems., Wolfenbüttel 1933. 

Lit: H. Funck, M. A., ein frühprotestantischer 
Schulmusiker, Wolfenbüttel 1933. 

Agricola, Wolf gang Christoph, deutscher 
Komponist, ist 1637 als Magister zu Neustadt an 
der Saale (Franken) bezeugt und gab 1647 zu 
Würzburg heraus: Fasciculus musicalis (8 Messen) 
und 1648 Fasciculus variarum cantionum (2-8st. Mo- 
tetten). Ein geistliches deutsches Liederbuch Musi- 
kalisches Waldvöglein ist nur in einer Ausgabe von 
1700 bekannt. 

Agthe, - 1) Karl Christian, * 16. 1. 1762 zu 
Hettstedt (Mansfeld), f 27. 11. 1797 als fürstlicher 
Hoforganist zu Ballenstedt. Bereits mit 14 Jahren 
war er 1776-82 Musikdirektor der Hündelberger- 
schcn Truppe in Reval, die dort 4 Singspiele (dar- 
unter Goethes Erwin und Elmire , komponiert 1776) 
und ein Ballett von ihm aufführte (ein fünftes 
Singspiel 1779 in Petersburg). 1782 wurde er Hof- 
organist in Ballenstedt, wo er außer den älteren 
noch ein sechstes Singspiel zur Aufführung 
brachte. Auch gab er 2 Hefte Lieder (1782, 
1784) und 6 Klaviersonaten (davon eine zu 4 Hän- 
den) heraus. - 2) Wilhelm Johann Albrecht, 
* 14. 4. 1790 zu Ballenstedt, f 8. 10. 1873 zu Ber- 
lin; Sohn des vorigen, als Musiklehrer in Leipzig, 
Dresden, Posen (hier Lehrer von Th. Kuflak), 
Breslau und Berlin. Er veröffentlichte eine Anzahl 
von gediegenen Klavierkompositionen. 

Lit : H. A. Reichard, Gothaisches Taschenbuch f. d. 
Schaubühne auf die Jahre 1775-1800, Gotha o.J. 

Agthe, Rosa -* Milde, Hans Feodor von. 

Aguado y Garcia (agu'a:o i: garO'ira), Dioni- 
sio, * 8. 4. 1784 und f 20. 1Z 1849 zu Madrid; 
spanischer Gitarrenvirtuose, Schüler von ML Gar- 
02 , lebte 1825-38 in Paris, dann wieder in Madrid. 
Er schrieb das wichtige Lehrbuch Mitodo deguitarra 
(Madrid 1825) und eine ColecciSn de estudios para 
laguitarra (Madrid 1820), mit denen er die Gitarren- 
technik bedeutend erweiterte. 


Ausg.: »Colecciön de estudios para guitarra«, hrsg. 
v. B. Henze, Bin 1926; 24 Etüden u. 10 Tonleiter- 
studien, hrsg. v. F. Wörsching, Mainz 1929. 

Lit.: Ph. J. Bone, Guitar and Mandolin, London 
1914; G. Chase, La müsica de Espaüa, Buenos Aires 

1943. 

Aguilar (agiTar), Emanuel Abraham, * 23. 8. 
1824 zu Clapham (London), f 18. 2. 1904 zu Lon- 
don; englischer Pianist spanischer Abkunft, trat 
1848 mit Erfolg im Gewandhaus in Leipzig auf 
und lebte dann als angesehener Lehrer in Lon- 
don. Als Komponist machte er sich bekannt u. a. 
durch 2 Opern, 3 Kantaten, 3 Symphonien, 2 Ou- 
vertüren und eine Reihe Kammermusikwerke. 

AguileradeHeredia (agiTera), Sebastidn, *um 
1565 ; spanischer Organist, wirkte als Domorganist 
1585-1603 in Huesca (Aragön), dann in Zaragoza. 
Sein Canticum Beatissimae Virginis . . . octo modis . . . 
compositum , 4-8st. (Zaragoza 1618) wurde lange 
Zeit gesungen; bedeutender sind jedoch hand- 
schriftlich erhaltene Versetten und Tientos für 
Orgel, die dem Stil Cabez6n$ nahestehen. 

Ausg.: 4st Magnificat en sus 8 tonos, hrsg. v. H. 
Eslava, Lira Sacro-Hispana II, Madrid 1869; 14 
Orgelstücke, hrsg v. F. Pedrell, Antologfa de or- 
ganistas cläsicos espaüoles I, Barcelona 1908; 10 
Stücke, hrsg. v. P. L. Villalba Muftoz, Antologfa de 
organistas cläsicos, Madrid 1914; Ensalada f. Org., 
hrsg. v. J. Bonnet, Hist. Organ Recitals VI, NY 
(1940). 

Lit.: H. Anoläs, La müsica en Espaüa, Barcelona 
1934; G, Frotscher, Gesch. d. Orgelspiels I, Bin 
1935; S. Kästner, Contribuciön al estudio de la 
müsica espaüola y portuguesa, Lissabon 1941. 

Agilirre (ag'irre), Juliän, * 28. 1. 1868 und f 13. 
8. 1924 zu Buenos Aires; argentinischer Kompo- 
nist, studierte am Conservatorio Real in Madrid 
und wurde nach seiner Rückkehr nach Argentinien 
Sekretär und Lehrer des Konservatoriums in 
Buenos Aires. Seine Beschäftigung mit der Volks- 
musik seines Landes führte zur Ausgabe der Aires 
nationales argentinos (4 Bände). Neben spanischen 
und französischen Einflüssen zeigen seine Kompo- 
sitionen eine stark nationale Prägung. Er hinter- 
ließ Werke für Kammermusik, für KL sowie zahl- 
reiche Lieder. 

Lit : J. F. Giacobbe, J. A., Buenos Aires 1945. 

Agujgri, Lucrezia, * 1743 zu Ferrara, + 18. 5. 
1783 zu Parma, bekannt unter dem Namen La 
Bastardelia; italienische Koloratursängerin, trat 
zum ersten Male 1764 in Florenz auf, später außer 
in Italien 1775 auch in London. 1780 zog sie sich 
von der Bühne zurück und vermählte sich mit dem 
Kapellmeister Colla in Parma, dessen Komposi- 
tionen sie fast ausschließlich sang. Ihre Stimme er- 
reichte eine erstaunliche Höhe. Mozart, der sie 
1770 in Parma hörte, bezeugt, daß sie das vier- 
gestrichene c sang. 

Lit: W. A. Mozart, Brief an seine Schwester, Bo- 
logna 24. 3. 1770, in; GA d. Briefe u. Aufzeichnun- 
gen d. Farn. Mozart, II, « Briefe u. Aufzeichnungen 
W. A. Mozarts 1. Teil, hrsg. v. E. H. Müller von 
Asow, Bin 1942, S. 33; F. Rogers, Some Prima 
Donnas of the Latter Eighteenth Cent., MQ XXIX, 

1944. 

Ahle, Johann Georg, getauft 12. 6. 1651 und 
f 2. 12. 1706 zu Mühlhausen (Thüringen); deut- 
scher Komponist, Sohn von J. R. Ahle, auch dessen 


13 



Ahle 


Nachfolger als Organist an St. Blasien. Er war 
auch Ratsherr und wurde 1680 zum Dichter ge- 
krönt. Er übersetzte und bearbeitete seines Vaters 
Cmpendium pro tenellis als Deutsche kurze und deut- 
liche Anleitung zu der lieblich und löblichen Singe- 
kunst (Mühlhausen 1690, 8 1704). Seine Musika- 
lischen Frühlings -, Sommer-, Herbst- und Winter- 
gespräche (Mühlhausen 1695-1701) enthalten wich- 
tige Bemerkungen zur Figurenlehre. Seine musi- 
kalischen Werke bestehen in vielen S amm lu n gen 
von mehrstimmigen Liedern und Instrumental- 
stücken. 

Ausg.: 4 Sätze in C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchen- 
gesang II, Lpz. 1845. 

Lit. : A. Schmitz, Die Figurenlehre in d. theoretischen 
Werken J. G. Walthers, AfMw IX, 1952; vgl. die Lit. 
zum folgenden Artikel. 

Ahle, Johann Rudolph, * 24. 12. 1625 und f 9. 
7.1673 zu Mühlhausen (Thüringen); deutscher 
Komponist, wurde 1646 Kantor an St. Andreas in 
Erfurt, wo er 1648 ein Compendium pro Tenellis 
(nicht erhalten) und Erster Theil geistlicher Dialogen 
herausgab. 1649 kehrte er nach Mühlhausen zu- 
rück. Sein mehrchöriges Werk Fried-Freud-und- 
Jubel-Geschrey . . . Mit 15, 20, 24 und mehr Stimmen 
erschien in Erfurt 1650. 1654 wurde er Organist an 
St. Blasien. Seit 1655 Mitglied des Rats, hatte er in 
der Folge verschiedene städtische Ämter inne und 
wurde 1673 zum Bürgermeister gewählt. Drey- 
faches Zehn allerhand Sinfonien, Paduanen, Balletten , 
Allemanden etc . (Erfurt 1654) ist der einzige Druck 
mit Instrumentalwerken von A., von dem aber 
kein Exemplar erhalten ist. 64 Orgelstücke sind 
handschriftlich überliefert. Den Hauptteil seines 
Werkes bilden geistliche Konzerte, die in verschie- 
denen Reihen in Mühlhausen erschienen : Neu-ge - 
pflantzter Thüringischer Lust-Garten (1657, 1658, 
1663, 1665); Neue Geistliche Arien (1660 Band 1-2, 
1662 Band 3-4, 1669) ; Neue Geistliche . . . Andachten 
(1662, 1664, 1668, 1673). Außerdem schrieb er Kir- 
chenlieder, verfaßte auch zum Teil die Texte zu 
seinen Kompositionen. 

Ausg.: J. R. A.s ausgew. Gesangswerke, hrsg. v. J. 
Wolf, DDT V (im Vorwort ein Verz. d. Werke); 
14 Sätze in: C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchenge- 
sang II, Lpz. 1845; 2 Sätze in: Hdb. d. deutschen ev. 
Kirchenmusik, hrsg. v. K. Ameln, Chr. Mahren- 
holz u. W. Thomas, II, Das gesungene Bibelwort, 
1. Teil, Die a-cappella-Werke, Göttingen 1935; Toc- 
cata f. Org., in: A. G. Ritter, Zur Gesch. d. Orgel- 
spiels II, Lpz. 1884; 2 Orgelchoräle in RD 9, hrsg. 
v. G. Frotscher; Weihnachtskonzert »Merke auf, 
mein Herz«, hrsg. v. A. Adrio, Bin 1948. 

Lit: J. Wolf, J. R. A., SIMG U, 1900/01 ; E. Brink- 
mann in d. Fs. J. Armin Tille, Weimar 1930; G. 
Frotscher, Gesch. d. Orgelspiels I, Bin 1935. 

Aldersmeyer» Mathieu, * 29. 6. 1896 zu Köln; 
deutscher Opernsänger, bei Karl Niemann in 
Köln ausgebildet, kam über das Stadttheater MÖn- 
chen-Gladbach an die Krolloper in Berlin, von hier 
1931-34 an die Staatsoper in Hamburg. 1934-45 
wirkte er gleichzeitig an den Staatsopem Dresden, 
Berlin und Wien. Seit Kriegsende lebt er als Di- 
rektionsmitglied der Staatsoper in Hamburg. Der 
auch für Gastspiele im Ausland vielgefragte Bari- 
ton wurde 1935 zum Kammersänger ernannt. 

Ahlgrimm, Isolde, * 3. 7. 1914 zu Wien; öster- 
reichische Pianistin, tritt seit 1937 ausschließlich 


als Cembalistin auf (Beschäftigung auch mit den 
übrigen alten Tasteninstrumenten), 1945-49 Pro- 
fessor an der Staatsakademie in Wien. Sie spielte 
Bachs sämtliche Klavierwerke auf 40 Langspiel- 
platten und publizierte außerdem Aufsätze. 

Ahlström ('ailstrcem), Jacob Niclas, * 5. 6. 1805 
zu Visby, f 14. 5. 1857 zu Stockholm; schwe- 
discher Komponist, war 1832-42 Musiklehrcr und 
Domorganist in Västeras und lebte ab 1842 als 
Theaterkapdlmeister und Organist in Stockholm. 
Er komponierte 2 Opern: Alfred der Große (1840) 
und Abu Hassan (unvollendet) sowie zahlreiche 
Schauspielmusiken. Mit P. C. Boman gab er eine 
Sammlung schwedischer Volkslieder heraus: Valda 
suenska folksänger, folkdanser och folklekar (1845). 
Lit.: E. Sundström, J.N. A., biografisk skiss, 
STMf XXI, 1939. 

Ahls tröm ('o:lstrcem), Olof, * 14.8.1756 zu 
Värdinge (Schweden), f H- 8. 1835 zu Stock- 
holm; schwedischer Komponist, Schüler von F. 
Zellbell dem Jüngeren. Ab 1792 war er Organist 
an St. Jacob in Stockholm. 1783 eröffnete er eine 
Musikaliendruckerei und hatte 1788-1823 das Pri- 
vileg als einziger Notendrucker in Schweden. Er 
schrieb Klaviersonaten, Lieder, eine Oper Frigga 
(Stockholm 1789) und Schauspielmusiken. In sei- 
nem Verlag erschienen die 2 großen Musiksamm- 
lungen Musikaliskt Tidsfordrif (1789-1834) - Kla- 
vierstücke, Lieder und Klavierbearbeitungen aus 
Opern von vielen ausländischen, aber auch skan- 
dinavischen Komponisten enthaltend - und Skai- 
destycker satte i Musik (1794-1823), eine umfassende 
Sammlung schwedischer Lieder. A. bearbeitete 
auch Bdlmans Lieder und gab mit Afzelius die 
erste schwedische Volkstanzsammlung heraus : 
Traditioner af svenska folk-dansar (4 Bände, Stock- 
holm 1814-15). 

Lit.: A. A. Afzelius, Ton-siaren O. A.s minne, 
Stockholm 1867; T. Norund, O. A. och säUskapsvi- 
san pä A. M. Lenngrens tid, STMf VIII, 1926; N. 
Afzeuus, Bellmans melodier, Stockholm 1947; A. 
Wibero, O. A. s musiktryckeri, STMf XXXI, 1949; 
ders., Striden om O. Ä. s rausiktryckcriprivilcgium, 
STMf XXXIV, 1952. 

De Ahna, - 1) Heinrich Karl Hermann, * 22. 
6. 1835 zu Wien, f 1. 11. 1892 zu Berlin; Schüler 
von Mayseder in Wien, dann am Prager Kon- 
servatorium von M. Mildncr. Schon im Alter 
von 12 Jahren trat er u. a. in Wien und London als 
Violinvirtuose auf, wurde 1849 vom Herzog 
von Coburg-Gotha zum Kammervirtuosen er- 
nannt. Nach einigen Jahren Militärdienst nahm 
er den Künstlerberuf wieder auf, machte aufs neue 
Kunstreisen durch Deutschland und Holland und 
ließ sich 1862 in Berlin nieder, zunächst als Mit- 
glied der Königlichen Kapelle. 1868 wurde er 
Konzertmeister und 1869 Lehrer an der König- 
lichen Hochschule für Musik. Als vortrefflicher 
Kammermusiker gehörte er zeitweilig dem Joa- 
chim-Quartett an. A. war ein Onkel von Pauline 
Stxauss-De Ahna. - 2) Eleonore, * 8. 1. 1838 zu 
Wien, f 10. 5. 1865 zu Berlin; Schwester des vor- 
genannten, gehörte als geschätzte Sängerin (Mezzo- 
sopran) der Königlichen Oper zu Berlin an. 

Ahrens, Joseph Johannes Clemens, * 17. 4. 1904 
zu Sommersell (Westfalen); deutscher Organist 
und Kirchenkomponist, war nach Musikstudien in 


14 



Aimenc de Feguiman 


Münster (F. Volbach) und Berlin (A. Sittard, M. 
SeifFcrt) ab 1928 Dozent (1936 Professor) an der 
Berliner Akademie für Kirchen- und Sch ulmusik 
und ist seit 1945 Ordinarius für Kirchenmusik 
(auch Stellvertretender Direktor) der Berliner 
Hochschule für Musik. Er wurde 1934 Domorga- 
nist an St. Hedwig, nach dem Kriege Organist und 
Chorleiter an der Salvator-Kirche und wirkt als 
Orgelberater für das Bistum Berlin. Konzertreisen 
und Kompositionsabende führten ihn zu den inter- 
nationalen Orgeltagimgen nach Frankfurt, Paris, 
Rom, Nürnberg, Wien, Haarlem. 1955 erhielt er 
den Kunstpreis der Stadt Berlin. Kompositionen: 
zahlreiche Orgelwerke (Konzerte, Partiten) und 
Chorwerke (Deutsche Motetten; Matthäus-Pas- 
sion; Weihnachtsevangelium nach Lukas; Messen; 
A-Cappella-Zyklus Das heilige Jahr). 

Lit: Fs. »J. A. zum 50. Geburtstag«, (Bin) 1954. 

Aibl, Josef , Musikverlag in München, gegründet 
1824, Inhaber von 1836-84 Eduard Spitzweg 
(Freund HL von Bülows), dann dessen Söhne Eu- 
gen und Otto. Im Jahre 1888 wurden von diesen 
sämtliche Verlagsrechte der Firma Falter & Sohn 
und im Jahre 1892 ebenso die der Firma Alfred 
Lauterer übernommen. 1904 ging der Verlag an 
die Umversal-Edition in Wien über. Bei A. waren 
u. a. Frühwerke von R. Strauss und M. Reger ver- 
legt. 

Aiblinger, Johann Kaspar, * 23.2.1779 zu 
Wasserburg am Inn, f 6. 5. 1867 zu München; 
deutscher Komponist, trieb musikalische Stu- 
dien in München und 1802 bei Simon Mayr in 
Bergamo, lebte 1804-11 in Vicenza, dann in Mai- 
land und Venedig. In Venedig wurde 1811 eine 
Farsa La burla fortunata von ihm auf geführt. In Mai- 
land schrieb er 3 Ballette für Vigano : La spada di 
Kennet , Bianca und I Titani . 1819 kehrte er nach 
München zurück und wurde Opernkapellmeister. 
Seine Oper Rodrigo und Ximene (1821) hatte wenig 
Erfolg. 1833 ging er im Auftrag des Königs von 
Bayern nach Italien, um alte Musikalien zu sam- 
meln. Von 1837 bis zu seinem Rücktritt 1864 
wirkte er an der Allerheiligenhofkirche in Mün- 
chen. Er schrieb viele klassizistische Kirchenmusik- 
werke: Messen und Requiem mit Orch., Offer- 
torien, Vespern, Litaneien und Marienlieder für 
3st. begleiteten Frauenchor. 

Ausg.: eine Messe hrsg. v. K. G. Fellerer, Köln 1956. 
Lit.: P. Hötzl, zum Gedächtnis A.s, München 1867; 
F. X. Witt, Ein vergessener Komponist, in: F. X. 
Witt, Ausgew. Aufsätze, hrsg. v. K. G. Fellerer, 
Köln 1934; L. Schiedermair, Aus A.s ital. Brief- 
wechsel, KmJb XXIV, 1911. 

Aich, Amt von, Buchdrucker in Köln, der um 
1520 ein 4st. Liederbuch mit 75 Stücken herausgab, 
alle anonym. Es ist wahrscheinlich, daß das Buch 
das Repertoire der Hofkapelle des Augsburger 
Bischofs Friedrich von Zollern (+ 1506) in sich 
faßt; die Lieder gehören dem Kreis um Isaac, Hof- 
haimer, Lapicida, Pipelaere an. 

Ausg.: NA d. Liederbuchs durch E. Bernoulu u. 
H. J. Moser, Kassel 1930. 

Lit. : W. Kahl, Studien z. Kölner Mg., « Beitr. z. 
rheinischen Mg. III, Köln u. Krefeld 1953, S. 38 ff. 

Aichele, Hellmut, * 16. 2. 1903 zu Ohmberg 
am Kocher; deutscher Musikpädagoge und Orga- 
nist, studierte 1917-23 am Lehrerse min a r Kün- 


zelsau, 1924-29 an der Musikhochschule Stuttgart, 
Musikwissenschaft 1930-33 und 1936/37 an der 
Universität Tübingen, wo er 1952 mit einer 
Arbeit über Otto Scherzet , 1821-86 , Leben und 
Werk promovierte. A. war 1929-54 Organist 
und Kantor an der Leonhardskirche in Stutt- 
gart, dort 1934-45 und seit 1952 als Gymna- 
sial-Musiklehrer, seit 1956 auch als Musik- 
berichterstatter der »Stuttgarter Zeitung« tätig. 
Er machte sich daneben einen Namen als Konzert- 
organist und Chorleiter. Sein kompositorisches 
Schaffen umfaßt geistliche und weltliche Chöre, 
Orgel- und Klavierwerke sowie Lieder und Lied- 
sätze. Er ist Herausgeber mehrerer Liederbücher. 

Aichinger, Gregor, * 1564 zu Regensburg, f 21. 
2. 1628 als Domchorvikar und Kanonikus an St. 
Gertrud in Augsburg; deutscher Komponist, 1578 
Student in Ingolstadt, trat als Organist an St. Ul- 
rich 1584 in den Dienst von Jakob Fugger in Augs- 
burg und unternahm 1584-87 Studienreisen nach 
Venedig, wo er bei G. Gabridi lernte, und nach 
Rom. 1588 wurde er wieder in Ingolstadt immatri- 
kuliert, wohin er im Gefolge G. Fuggers kam. 1600 
ging er als Pilger nach Rom; um dieselbe Zeit 
wurde er Priester. Seine Hauptwerke sind: Sacrae 
Cantiones , 4-10st. (Venedig 1590, 1595, Nürnberg 
1597); Tricinia Mariana (Innsbruck 1598); Diuinae 
laudes , 3st. (Augsburg 1602, Dillingen 21609, 
2. Teil Dillingen 1608); Ghirlanda Di Canzonette 
spirituali a tre voci (Augsburg 1603); Lacrumae D. 
Virginis Et Joannis (Augsburg 1604) ; Fasciculus Sa- 
crarum Harmoniarum, 4st (Dillingen 1606, 21609); 
Cantiones Ecclesiasticae , Trium et Quatuor vocum . . . 
Cum Basso Generali (Dillingen 1607, mit einer kur- 
zen deutschen Anleitung zum Generalbaß am 
Schluß des Baß-Stimmbuchs) ; Sacrae Dei Laudes , 
2-8st. (2 Teile, Dillingen 1609); Teutsche Gesengt 
lein , 21 3st. Kirchenlieder (Dillingen 1609); Offi- 
cium Pro Defonctis Qyinqve Vocibus (Augsburg 
1615) ; Triplex Lititrgiarum Fasciculus, 3 Messen zu 
4-6 St. (Augsburg 1616); Encomium Verbo in - 
carnato, 12 4st. Motetten (Ingolstadt 1617) ; Quercus 
Dodonaea, geistliche Konzerte (Augsburg 1619); 
Corolla Eucharistica, geistliche Konzerte (Augsburg 
1621); Flores Musici, geistliche Konzerte (Augs- 
burg 1626). 

Ausg.: GA, Ausgew. Werke, hrsg. v. Th. Kroyer, 
DTB X, 1 (mit Biogr. u. Werkverz. im Vorwort); 

7 Sätze in C. Proske, Musica Divina I, 2, Regensburg 
1855, - 1 1 Sätze in 1, 3, 1859, - 2 Sätze in 1, 4, 1863, - 
eine Motette in II, 2, 1869; ein 4st. Satz bei F. Com- 
mer, Musica sacra XVI, ein 6st. in Musica sacra 
XXVII; ein Satz in: F. Jöde, Chorbuch V, 1930. 
Lit: D. Mettenleiter, Mg. d. Oberpfalz, Amberg 
1867; E.F. Schmid, H. L. Häßler u. seine Brüder, 
Zs. d. hist Ver.s f. Schwaben 54, 1941. 

Ai&ier, Engelbert, * 23. 2. 1798 und f 1851 zu 
Wien; österreichischer Komponist, Schüler des 
Abt Stadler, zeitweilig Ballettdirigent der Hofoper 
(bis 1837) und als Kirchenkomponist geschätzt 
(Messen, davon eine 4st. kanonische a cappella, 
Requiem, Motetten), schrieb aber auch Opern, 
Operetten, Ballette und Kantaten. 

Ajmeric de Pöguilhan (Peguillam), * zu Tou- 
louse; provenzalischer Troubadour, fand seinen 
ersten Gönner in Raimon V. von Toulouse. Ein 
imstetes Wanderleben ließ ihn mit den kunstlie- 


15 



Aimo 


bendcn Großen seiner Zeit bekannt werden. Aus 
seiner überaus produktiven dichterischen Tätigkeit, 
die zwischen 1195 und 1230 anzusetzen ist, sind 
noch 54 Liedertexte und 6 Melodien bekannt. 
Ausg. u. Lit: W. P. Shepard u. F. M. Chambers, 
The Poems of A. de P., Evanston 1950 (GA d. Texte 
mit engl. Übers.); Fr. Gennrich, Der mus. Nachlaß 
d. Troubadours, ** Summa Musicae Medii Aevi III, 
Darmstadt 1958, darin alle Melodien; ders., Artikel 
A. de P., MGG, darin d. Melodie zu P-C 10,25 »En 
amor trop alques en que’m refraing«; ders., Trouba- 
dours, Trouvfcres, Minne- u. Meistergesang, =* Das 
Musikwerk, Köln (1951), darin d. Melodie zu P-C 
10,41 »Per solatz d’autrui chant soven«; U. Sesini, 
Le melodie trobadoriche nel canzoniere provenzale 
della Bibi, ambrosiana R. 71 sup., in: Studi Medievali, 
nuova Serie XII-XV, 1939-42, separat Turin 1942, 
darin Faks. u. Übertragung d. Ms. G; H. ANGiis, 
La müsica a Catalunya fins al segle XIII, =■ Bibi, 
de Catalunya, Publicacions del departament de 
müsica X, Barcelona 1935, darin d. Melodie zu »En 
greu pantais m’a tenguz longamen« nach Ms. G. 

Aimo -> Haym. 

Aimon (em'3), Pamphile Leopold Francois, 
* 4. 9. 1779 zu L’Isle bei Avignon, f 4. 2. 1866 zu 
Paris; französischer Komponist und Schriftsteller, 
dirigierte bereits 1796 das Theaterorchester in 
Marseille, ging 1817 nach Paris, wurde 1821 Diri- 
gent des Gymnase dramatique und 1822 Kapell- 
meister des Th&tre Fran^ais, widmete sich aber 
später der Lehrtätigkeit. Mit seiner Bearbeitung 
von Dunis La Fie Urgtle (1821) hatte er großen 
Erfolg. Er hinterließ zahlreiche Kammermusik- 
werke sowie mehrere Symphonien und schrieb 
Connaissances priliminaires de V Harmonie (1813, 
2 1839), Sphäre tiarmonique (1827), Abicidaire mtisical 
(Paris 1831, u 1866). 

Aird ('e:d), James, f 1795 zu Glasgow; schot- 
tischer Musikverleger in Glasgow, gab u. a. ab 
1778 ein Sammelwerk heraus Selection of Scotch, 
English , Irish and foreign Airs (Heft 1-4) ; 2 weitere 
Hefte brachte nach A.s Tode sein Geschäfts- 
führer John M’Fadyen). Er druckte in Heft 1 das 
Yankee Doodle zum ersten Male. 

Akerberg ('ot^arberg), Erik Carl Emanuel, * 19. 
1. 1860 und t 20. 1. 1938 zu Stockholm; schwe- 
discher Komponist, war Schüler des Konserva- 
toriums in Stockholm und C. Francks in Paris. Er 
wirkte als Kantor und Organist, Musiklehrer und 
leitete mehrere Chorvereinigungen in Stockholm. 
Werke: Orchester- und Chorwerke, Kammer- 
musik, Klavierstücke, Lieder und eine unaufge- 
führte Oper Turandot (1907), verfaßte das Buch 
Das Musikleben im Par Bricole 1779-1890 (schwe- 
disch, Stockholm 1910). 

Akimgnko, Feodor Stepanowitsch, * 20. 2. 1876 
zu Charkow, f 8. 1. 1945 zu Paris; russischer Kom- 
ponist und Pianist, Schüler von Balakirew (1886 
bis 1895) in der Petersburger Hofsängerkapelle 
und von Rimskij-Korsakow (bis 1900) am Peters- 
burger Konservatorium, war einige Zeit Lehrer 
an der Hofsängerkapelle; 1903-06 in Frankreich, 
dann in Moskau, 1915 Lehrer am Petersburger 
Konservatorium, lebte seit der russischen Revo- 
lution in Paris. Er trat als Komponist hervor mit 
einer Oper, einem Ballett, Orchesterwerken, 
Kammermusik (Streichtrio, Cellosonate, Violin- 
sonate), Klavierwerken, Liedern und Chören. 


Akos ('akoj), Francis, * 30. 3. 1922 zu Budapest; 
staatenloser Violinist ungarischer Geburt, Schüler 
der Akademie der Musik in Budapest, an der er 
mehrere Preise erhielt. Als Konzertmeister wirkte 
er in Orchestern in Budapest (1945-48), Göteborg 
(1948-50) und Berlin (Städtische Oper, 1950-53). 
A. emigrierte 1954 nach den USA, wo er seit 1955 
als Konzertmeister am Chicago Symphony Or- 
chestra tätig ist. Konzertreisen (auch 1955/56) führ- 
ten ihn in die meisten Zentren des europäischen 
Musiklebens. 

Akses, Necil Käzim, ♦ 6.5. 1908 zu Istanbul; 
türkischer Komponist, lebt gegenwärtig in 
Deutschland (Bad Godesberg/Rhein). Nach vor- 
bereitendem Unterricht in Theorie und Violon- 
cellospiel studierte er 1926-31 an der Wiener Mu- 
sikakademie Komposition bei J. Marx, anschlie- 
ßend bis 1934 am Prager Konservatorium bei 
J. Suk und A. Häba (Vierteltonmusik). 1934 in die 
Türkei zurückgekehrt, eab er an der Hochschule 
für Musik in Ankara Theorieunterricht, arbeitete 
mit P. Hindemith an der Umgestaltung der Schule 
in das nachmalige Staatliche Konservatorium, an 
dem er ab 1936 Kompositionsunterricht erteilte 
und dessen Direktor er 1948/49 war, A. war 1949 
bis 1950 im Erziehungsministerium, 1955 Kultur- 
attache in Bern und wirkt seit 1955 bei der Tür- 
kischen Botschaft in Bonn. A. war mehrfach Jury- 
Mitglied bei Internationalen Musikwettbewerben. 
Er trat früh mit zartünigen Klavier- und Kammer- 
musiken hervor. Von seinen Orchcstcrwerkcn 
wurde eine Sinfonische Historie: Ankara Kalesi 
(Burg von Ankara) auch in Deutschland bekannt. 
Außer Bühnenmusiken zu Sophokles und Shake- 
speare (für das Staatstheater Ankara) schrieb er 
2 Kammeropem: Mete (1933) und Bayötidcr 
(1934) imd arbeitet seit 1954 an einer Oper Tirnur 
(Tamerlan). 

Akutagawa, Yasushi, * 12.7.1925 zu Tokio; 
japanischer Komponist, lebt in seiner Vaterstadt, 
graduierte nach ausgedehnten Studien an der To- 
kioer Musik-Akademie 1949 in Komposition, 
Klavier und Dirigieren. Sein Werkverzeichnis um- 
faßt von 1948-56 3 sinfonische Kompositionen, 
ein Divertissement und ein Triptychon für Streicher, 
2 Ballett-Suiten, eine Klavier-Tanzsuite, eine 
Violin-Ballade und Papua-Songs. Fast alle Werke 
kamen in Tokio zur Uraufführung, teilweise auch 
zur Drucklegung. A. ist Vorstandsmitglied der 
Japanischen Sektion der IGNM und IMC. 1954-56 
unternahm er Studienreisen durch Europa, die 
Sowjet-Union, China, Indien und Südostasien. 

Al-, arabische Namen mit dieser Vorsilbe siehe 
unter den Hauptnamen: al-Färäbi, al-Gur- 
gänl, al-Isfahänl, al-Kätib, al-Kindl, al- 
Lädiqui, al-Mahdi, al-Makki, al-Mausill, 
al-Munaggira. 

Alabjew -v Alj abj ew. 

Alain de Lille -> Alanus ab Insulis. 

Alain (al's), Jehan, * 3. 2. 1911 zu St-Gcr- 
main-en-Laye, f 20. 6. 1940 zu Saumur; franzö- 
sischer Komponist, studierte 1927-39 am Conser- 
vatoire in Paris und war 1935-39 Organist an 
St-Nicolas in Maison Lafittc (bei Paris). Sein 
Werk umfaßt Chorkompositionen (4st. Messe de 


16 



Albanesi 


Requiem , 1938), kleinere Stücke für Kammermu- 
sik, Kompositionen für KL und für Org. sowie 
Lieder; gab Werke von Campion heraus (1953). 
Lit. : N. Dufourcq, La musique d’orgue fran$aise 
de J. Titelouze ä J. A., Paris 1941, 21949; B. Gavoty, 
J. A., musicien frg., Paris 1945 und 1950. 

Alain (al's), Marie-Claire, * 10. 8. 1926 zu St- 
Germain-en-Laye ; französische Organistin, in 
einer Musikerfamilie herangewachsen, wurde 
schon während der Lycealstudien mit Klavier- und 
Orgelspiel vertraut (ihr Vater war Organist, ihr 
Bruder der 1940 gefallene Orgelkomponist Jehan 
A.). Am Pariser Conservatoire erwarb sie Erste 
Preise in Harmonielehre und Kontrapunkt (1946 
bis 1948 bei M. Durufld), in Orgelspiel und Impro- 
visation (1950 bei M. Duprd) sowie in Musik- 
pädagogik (1952 bei P16-Caussade). Bei den Inter- 
nationalen Wettbewerben in Genf und Paris 1950 
und 1951 mit Ersten Preisen für Orgelspiel aus- 
gezeichnet, erhielt sie laufend auch Schallplatten- 
Preise, vor allem für ihre Bach-Interpretation. 

Alalepna, Domenico, * 16. 11. 1881 und f 28. 
12. 1928 zu Montegiorgio (Piceno) ; italienischer 
Komponist und Musikforscher, Schüler des Liceo 
di S. Cecilia in Rom (De Sanctis, Renzi), promo- 
vierte 1907 mit einem musikgeschichtlichen The- 
ma an der Universität Rom. Nach Abschluß seiner 
Studien wirkte er zunächst als Dirigent, 1907-11 
als Lehrer an dem von Mascagni geleiteten Kon- 
servatorium in Rom, ab 1912 als Lehrer für Mu- 
sikgeschichte und Ästhetik am Liceo di S. Cecilia. 
Er war Kritiker am Lavoro d’Italia und der 
Rassegna italiana in Rom. Kompositionen: Oper 
Mirra (nach V. Alfieri, 1920), Chorwerke (Re- 
quiem pro defuncto rege) und mehrere Liederzyklen 
(Melodie Pascoliane, Canti di Maggio). Von seinen 
Schriften ist die bedeutendste Studi su la storia 
deWoratorio musicale in Italia (Turin 1908) ; daneben 
erschienen noch zahlreiche Studien zu historischen 
und ästhetischen Themen: Le Laudi spirituali ita- 
liani nei secoli XVI et XVII, e il loro rapporto coi canti 
profani (RMI XXVI, 1909) ; I nuovi orizzonti della 
tecnica musicale (RMI XXVIII, 1911); UArmonia 
modcmissima: le tonalitä neutre e Varte di stupore 
(RMI XXVIII, 1911); Educazione musicale del po- 
polo e sua organizzazzione nella scuola e nella vita 
cittadina (Kgr.-Ber. Turin 1921). 

Ausg.: 3 Stücke bei Taguapietra Ant. XVIII. 

Alander, Christian, * 1660, t 1704; schwe- 
discher Musikschriftsteller, wurde 1692 Professor 
an der Akademie in Abo und veröffentlichte die 
Schriften Rhetor musicus sive de vi et usu musices in 
rhetorica (1703) und Cane rhetorico (1704). 

Alanus ab Insulis (Alain de Lille), * um 1120 zu 
Lille, t 12. 7. 1202 zu Citcaux; französischer Zi- 
sterziensermönch, den wegen seiner Bedeutung 
schon die Zeitgenossen einen »doctor universalis« 
nannten. Ein direktes Schülerverhältnis zu Bern- 
hard von Clairvaux ist nicht nachzuweisen, doch 
zeigt A. in seinen Werken eine große Nähe zur 
Schule von Chartres. Musikgeschichtliche Bedeu- 
tung gewinnt von seinen Schriften der Anticlau- 
dianus (auch Antirufinus) mit der Behandlung der 
Musik im Rahmen der artes liberales. Dieses groß- 
angelegte Gedicht, eine Enzyklopädie des Wissens 
seiner Zeit, läßt Verbindungen erkennen zum Ru- 


fmus des Claudian, zu Martianus Capellas De nup - 
tiis Mercurii et Philologiae und zu Bernhard SÜ- 
vestris De mundi universitate . Wenn A., wie zu ver- 
muten ist, auch Boethius* De institutione musica be- 
nutzt hat, so zeigt sich darin die weitgehende 
Verpflichtung an diesen Philosophen. Von des Bo- 
ethius Prolog zum Liber hebdomadis sind die Be- 
tonung des Rationalen, die mathematisch-deduk- 
tive Methode des A. stark geprägt. Der ihm häufig 
zugeschriebene Traktat De arte catholicae fidei , der 
bei B. Pez (Thesaurus aneedotorum novissimus I, 
Augsburg 1721) und Migne abgedruckt wurde, 
gehört ohne Zweifel dem Nicolaus von Amiens an. 
Ausg.: alle Schriften in Patr. lat. OCX; der 
»Anticlaudianus« (und »De planctu naturae«) auch 
bei Th. Wright, Rer. Brit script. medii aevi, - 
The Anglo-Latin Satirical Poets and Epigrammatists 
of the Twelfth Cent. II, London 1872. 

Lit. : O. Leist, Der Anticlaudianus, ein lateinisches 
Gedicht des 12. Jh. u. sein Verfasser A. ab I., = 
Beilage z. Programm d. Gymnasiums zu Seehausen 
in der Altmark 1878-82; A. Dupuis, Alain de Lille, 
Etudes de Philosophie scolastique I, Lille 1859; Cl. 
Baeumker, Handschriftliches zu den Werken des A. 
ab I., in: Philosophisches Jb. VI, 1893 u. VII, 1894, 
separat Fulda 1894; M. Grabmann, Die Gesch. der 
scholastischen Methode II, Freiburg i. Br. 1909; 
B. Geyer, Die patristische u. scholastische Philo- 
sophie, = Fr. Ueberweg, Grundriß d. Gesch. d. Phi- 
losophie II, Tübingen 12 1951. 

Alard (al'a:r), Jean Delphin, * 8. 3. 1815 zu 
Bayonne, t 22. 2. 1888 zu Paris; französischer 
Violinist, Schüler des Pariser Conservatoire (Ha- 
beneck), an diesem 1843-75 Lehrer als Nachfolger 
Baillots, 1858 1. Solist der kaiserlichen Kapelle, 
einer der berühmtesten Geiger Frankreichs und 
ein vorzüglicher Lehrer (Sarasate war sein Schü- 
ler). A. hat eine große Anzahl von Violinkompo- 
sitionen (Phantasien, Konzerte, Etüden) sowie eine 
ausgezeichnete, mehrfach übersetzte Violinschule 
und eine Anthologie Mattres classiques du Violon 
herausgegeben. 

Alba, Pedro (Alva), spanischer Komponist des 
16. Jh., war Domkapellmeister in Oviedo (Astu- 
rien) und bewarb sich von dort aus 1572 mit Er- 
folg um die gleiche Stellung in Burgos. Seine Mo- 
tetten und Hymnen blieben Manuskript. 

Ausg. : 3 Motetten, hrsg. v. H. Eslava, Lira Sacro- 
Hispana I, Madrid 1868. 

Alban, Matthias (Albanus), * im März (getauft 
am 28. 3.) 1621 zu St. Nikolaus in Kaltem (Über- 
etsch), f 7. 2. 1712 zu Bozen; vorzüglicher Tiroler 
Geigenmacher, Schüler von Jak. Steiner, dessen 
Instrumente aus den Jahren 1702-09 fast den Amati 
gleichgestellt werden. Auch seine Söhne Michael 
(1677-1730 in Graz) und Joseph (1680-1722 in 
Bozen) waren angesehene Geigenbauer. Um 1750 
arbeitete auch ein Joseph Anton Alban in Bozen. 
Lit. : W. L. v. Lütgendorff, Die Geigen- u. Lauten- 
macher v. MA bis zur Gegenwart II, Ffm. 5.61922. 

Albanesi, - 1) Carlo, * 22. 10. 1856 zu Neapel, 
t 21. 9. 1926 zu London; italienischer Pianist und 
Komponist, trat früh an die Öffentlichkeit, lebte 
1878 in Paris, ab 1882 dauernd in London. Er 
schrieb etwa 50 Opera verschiedenster Art, darun- 
ter Orchesterstücke, Kammermusikwerke und 
Klaviersonaten. - 2) Luigi, * 3. 3. 1821 zu Rom, 


2 


17 



Albanesi 


1 4. 12. 1897 zu Neapel, Vater des vorigen, Pianist 
und Komponist, der Messen, Motetten, Oratorien 
und in Italien geschätzte Klavierwerke kompo- 
nierte. 

Ausg.: (zu 1 :) eine Barcarolle bei Taguapietra Ant. 
XVII. 

AIban?si 9 Licia, * 22. 7. 1913 zu Bari; amerika- 
nische Sängerin (Sopran) italienischer Herkunft, 
debütierte 1935 in der Titelpartie der Madame 
Butterfly und wirkt seit 1940 an der Metropolitan 
Opera in New York. Daneben führten sie Gast- 
spielreisen in die europäischen Hauptstädte. Ihre 
größten Erfolge errang sie als Interpretin von Par- 
tien des italienischen und französischen Opern- 
repertoires. 

Alb^ni, Emma (Lajeunesse, Bühnenname A.), 
*1.11.1847 entwederzuPlattsburg (New York) oder 
zu Chambly bei Montreal, f 3. 4. 1 930 zuKensington 
bei London; dramatische Sopranistin, die auch als 
Klavierspielerin auftrat. Nach ihrem Debüt 1870 
zu Messina sang sie in Florenz, ab 1872 in London 
(Italienische Oper, dann. Covent Garden) und auf 
zahlreichen Gastspielreisen. 1906 verheb sie die 
Bühne, 1911 den KonzertsaaL Memoiren: E. A., 
40 Years of Song (London 1911). 

Albar$da, Marcidn, gebürtig aus der Diözese 
Vieh; katalanischer Komponist des 17. Jh., war 
Domkapellmeister 1622-26 in Seo de Urgel, Hann 
in Barcelona. A.s 4-8st. Messen, Motetten, Respon- 
sorien, Villandcos und Romanzen a cappella fin- 
den sich in Handschriften der Bibliothek von Bar- 
celona. 


Alb&iiz (alb'eniö), Isaac, * 29. 5. 1860 zu Cam- 
prodön (Provinz Gerona), f 16. 6. 1909 zu Cambo- 
les-Bains (Pyrenäen); spanischer Komponist und 
Pianist, war als _ 6 jähriger Wunderknabe Schüler 
von Marmontel in Paris, trieb dann nach längeren 
Konzertreisengeregelte Studien am Brüsseler Kon- 
servatorium (Dupont, Gevaert), um dann wieder 
seine Reisen fortzusetzen. Als Komponist trat er 
zuerst mit Klavierstücken auf, die er in seinen Kon- 
zerten vortrug, weiter mit Liedern, einem Klavier- 
trio, einem Oratorium El Cristo , dem Orchester- 
stück Catalonia (erster Satz einer unvollendeten 
Suite), in der Folge aber besonders mit Zarzuelas 
und Opern ( The Magic Opal , 1893; Trilogie King 
Arthur , 1897—1906, unvollendet; Pepita Jimtnez, 
1905). Seine Hauptbedeutung beruht auf seinen 
Klavierstücken: Cantos de Espana (5 Stücke); 
Espana (6 Albumblätter, darin der berühmte 
Tango ) ; Suite espanola (8 Stücke) ; Piezas caracteristi - 
cas (12 Stücke); Seis Danzas Espanolas ; Suite An- 
denne ; Deuxieme Suite Ancienne; Yvonne en visite ; 
Iberia (12 Stückein 4 Heften) ; La Vega\ El Albaicin , 
Hinterlassene Werke, beendet von Döodat de 
Sdverac und Enrique Granados: Azulejos , Navarra. 
UL: A. Guerra y Alarcön, LA-, Madrid 1886; 
H. Collet, A. et Granados, in: Les maitres de la 
musique, Paris 1925, 21948; M. Raux Deledicque, 
A., su vida inquieta y ardorosa, Buenos Aires 1950: 
A. Sagardia, I. A., Plasencia 1951. 


AJb&ri* (alb'eniö), - 1 ) Mateo Pdrez de, * um 
1755, 7 23. 6. 1831 zu San Sebastian ; sp anisch er 
Kirchenkapdlmoster, wirkte in Logrono und spä- 
ter in San Sebastian. Außer vielen Kirchenstücken 


und Klaviersonaten verfaßte er eine Instrucciön . . . 
para ensenar a cantar y tarier la tmisica antigua (San 
Sebastidn 1802). - 2) Pedro (A. y Basanta), 
* 14, 4. 1795 zu Logrono, f 12. 4. 1855 zu Madrid; 
Sohn von Mateo Pdrez de A., Altmeister des mo- 
dernen Klavierspiels in Spanien, Schüler seines Va- 
ters, von KL Herz und Chr. Kalkbrcnner, wurde 
1830 Klavierprofessor am Königlichen Konser- 
vatorium in Madrid, 1834 Hoforganist und Musik- 
lehrer der Infantinnen. Eine große Zahl Klavier- 
kompositionen (Variationen, Rondos, Phantasien, 
Etüden) erschienen im Druck, auch ein am Kon- 
servatorium von Madrid eingeführter MtHodo 
eompleto de piano (Madrid 1840). 

Ausg.: (zu 1) eine Sonate bei J. Nin, Classiques Espa» 
nols du Piano, Paris 1925. 

Lit.: G. Laplane, A. sa vie, son ceuvre, Paris 1956. 


d’Albergati, Pirro Capacelli, Conte, * 20. 9. 
1663 zu Carrati, f 22. 6. 1735 zu Bologna; ita- 
lienischer Komponist, schrieb Opern, Oratorien 
(H convito di Baldassaro , S. Eufemia, S. Catarina, 
S. Eustachio), Kirchenmusik (Messa e Salmi con - 
certati 1687, Motetti ed antifone della B . V. a voce sola 
1691, Cantate spirituali 1-3 v. 1702, Cantate cd 
oratori spirituali 1714, Hinno ed Antifone 1715, Mo- 
tetti con il responsorio di S. Antonio 1717, Corona de 
preghi di Maria 1717, Messa , Litanie, Tantum ergo 
a 4 1721), auch Instrumentalwerke (Pietro amonico 
1687; Balletü, Correnti , Sarabande e Gighe 1685) 
sowie XII Cantate da camera a voce sola (1687) und 
Cantate morali a voce sola (1685). 

Lit : E. Schmitz, Gesch. d. weltl. Solokantate, =* 
Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen, hrsg. v. H. 
Kretzschmar, V, 1, Lpz. 1914, 21955. 


Albersheim, Gerhard, * 17. 11. 1902 zu Köln; 
amerikanischer Musikforschcr deutscher Herkunft, 
betrieb Musikstudien in Köln und Wien und schloß 
sie (für Klavier) mit der österreichischen Staats- 
prüfung für Musiklehrer 1930 ab. Von 1933 bis 
zur Promotion 1938 studierte er Musikwissen- 
schaft an der Universität Wien. Er emigrierte 1940 
nach Los Angeles, wo er seit 1947 an der Fakultät 
des Conservatory of Music and Arts lehrt und 
1956 Assistant Professor of Music am State College 
of Applied Arts and Sciences wurde. Er schrieb: 
Zur Psychologie der Ton - und Klangcigenschaficn 
(= Slg mw. Abh.en XXV, Straßburg 1939). 


Albert, Prinz von Sachscn-Coburg-Gotha, 
* 26. 8. 1819, f 14. 12. 1861 ; ab 1840 mit Königin 
Victoria von England vermählt. Er war ein eifriger 
Pfleger und Beschützer der Musik und hat selbst 
viele Gesangswerke komponiert (u. a. Messen, 
eine Oper und Lieder). 

Lit.: TH. Martin, The Lifo of His Royal Highness 
the Pnnce Consort, London 1875-80, deutsch von 
E. Lehmann, 5 Bde, Gotha 1876-80. 


d’Albert (alb's:r), Eugen, * 10. 4. 1864 zu Glas- 
gow,! 3. 3. 1932 zu Riga; deutscher Komponist 
Sohn des Tanzkomponisten Charles 
dA. (1809-86), begann seine Studien unter E, 
Pauer in London und setzte sie in Wien unter 
H. Richter und besonders in Weimar unter Liszt 
fort. In Weimar war er 1895 kurze Zeit Opem- 
kapellmeister. Als Pianist war d’A. besonders in 
der Interpretation Beethovens erfolgreich, legte 
aber den Schwerpunkt seiner Tätigkeit immer 


18 



Alberti 


mehr auf die Komposition, namentlich die Opem- 
komposition. Von seinen insgesamt 20 Opern sind 
die musikalischen Lustspiele Die Abreise (1898) und 
Flauto solo (1905) die künstlerisch wertvollsten. 
Mit Ausnahme von Tiefland (1903), das etwa den 
italienischen Verismus ins Deutsche übertragt und 
sich durch melodische Erfindung auszeichnet, und 
Die toten Augen (1916), sind seine Opern aber in 
Vergessenheit geraten. Außer den genannten seien 
noch folgende aufgeführt: Der Rubin (1893), 
Ghismonda (1895), Die verschenkte Frau (1912), 
Liebesketten (1912), Der Stier von Olivera (1918), 
Revolutionshochzeit (1919), Scirocco (1921), Der 
Golem (1926), Die schwarze Orchidee (1928), Mister 
Wu (1932, nachgelassen; vollendet und in der Ur- 
aufführung geleitet von Leo Blech). Er schrieb 
außerdem: Klavierkonzerte H moll op. 2 und 
E dur op. 12; Cellokonzert C dur op. 20; Ouver- 
türen Esther op. 8 und Hyperion ; Symphonie F dur 
op. 4; Orchestersuite in 5 Sätzen op. 33; Aschen- 
puttel (1924); Klaviersuite op. 1; Klaviersonate Fis 
moll op. 10; Klavierstücke op. 32; Streichquartette 
A moll op. 7 und Es dur op. 11 ; Lieder (4 Gesänge 
für S. mit Orch. op. 24) ; das 6s t. Chorwerk Der 
Mensch und das Leben op. 14. Hervorzuheben sind 
auch d’Alberts Kadenzen zu Beethovens G-dur- 
Konzert, seine Klavierbearbeitungen Bachscher 
Orgelwerke (Passacaglia), seine Ausgabe des 
Wohltemperierten Klaviers (1906-07) und der In- 
ventionen; er war an der Redaktion der Gesamt- 
ausgabe der Werke Liszts beteiligt. 

Lit.: W. Raupp, E. d’A., Lpz. 1930; H. Heisig, d’A.s 
Opernschaffen, Diss. Lpz. 1942, maschr. 

Albert, Heinrich, * 8. 7. 1604 zu Lobenstein in 
Reuß, f 6* 10. 1651 zu Königsberg; deutscher 
Komponist, absolvierte das Gymnasium in Gera, 
ging 1622 zu seinem Vetter Heinrich Schütz nach 
Dresden, mußte aber auf Wunsch seiner Eltern 
ab 1623 in Leipzig Jura studieren. 1626 ging er 
nach Königsberg, reiste mit einer holländischen 
Gesandtschaft nach Warschau, wurde von den 
Schweden gefangen genommen und kehrte erst 
1628 nach Königsberg zurück. 1630 erhielt er die 
Organistenstelle am Dom und nahm nun unter 
Stobäus die Musikstudien wieder auf. A. war nicht 
nur ein vortrefflicher Musiker, sondern auch Poet, 
und eine große Zahl seiner Liedertexte rührt von 
ihm her (viele von Simon Dach, seinem Zeit- 
genossen und Freund) . Seine Arien (8 Teile 1638 
bis 1650) sind teils einstimmige, teüs mehrstim- 
mige Gesänge, Lieder und Choräle. Außerdem 
veröffentlichte er Musicalische Kürbshütte (1641), 
einen Zyklus von 12 Tridnien. Ein Singspid. 
Prussiarchus (Sorbuisa) vom Jahre 1645 zur 100 jäh- 
rigen Jubelfeier der Universität Königsberg ist 
nicht erhalten, ein zweites, Cleomedes (1635), nur 
in 2 Arien (Text von S. Dach). Mit S. Dach 
bildete A. das Zentrum des Königsberger Dichter- 
kreises, der für das Barocklied eine besondere Be- 
deutung gewann. War A. kein eigentlicher Lie- 
derkomponist, so geht doch das Liedschaffen etwa 
von A. Krieger, Dedekind oder Hammerschmidt 
in manchem auf ihn zurück. 

Ausg.: H. A., Arien, I. und II. Abteilung, hrsg. v. 
E. Bernoulu, Vorwort v. H. Kretzschmar, DDT 
XII u. XIII, Lpz. 1903 u. 1904; H. A„ »Musikalische 
Kürbshütte«, hrsg. v. J. M. Müller-Blattau, Kassel 
1932; Lieder für eine Singst, mit Gb., hrsg. v. F. 


Dietrich, Kassel; 7 Stücke in: Preussische Festlieder, 
hrsg. v. J. Müller-Blattau, =■ LD, Ostpreußen und 
Danzig, H. 1, Kassel 1939; Ausgew. Arien für eine 
oder 2 Singst mit Begleitung v. Cemb. u. Vc., Or- 
ganum Reihe II, H. 6 ; je 2 Stücke im 4. (1931) und 
6. Teü (1930) des von F. Jöde hrsg. Chorbuchs. 
Lit. : H. Kretzschmar, Gesch. d. Neuen deutschen 
Liedes I, Lpz. 1911 ; H. J. Moser, Gesch. d. deutschen 
Musik II, 1, Stuttgart u. Bin 1922; ders., Corydon, 
2 Bde, Braunschweig 1933; J. Müller-Blattau, Mg. 
v. Ost- und Westpreußen, Königsberg 1931; ders., 
H. A. u. d. deutsche Barocklied, DVjs. XXV, 1951 ; 
Fs. zur Ehrung v. H .A., hrsg. v. G. Kraft, Weimar 
1954. 

Albert, Herbert, * 26. 12. 1903 zu Lausick 
(Sachsen); deutscher Dirigent, musikalisch aus- 
gebildet in Hamburg (Muck) und Leipzig (Grab- 
ner, Teichmüller), durchlief nach anfänglicher 
Pianistenkarriere 1926-34 Kapellmeisterstellungen 
in Rudolstadt, Kaiserslautem und Wiesbaden, bis 
er 1934 als GMD nach Baden-Baden berufen 
wurde, wo er die Internationalen Musikfeste grün- 
dete. 1937-44 GMD an der Staatsoper in Stuttgart, 
vorübergehend nach dem Kriege Gewandhaus- 
kapellmeister in Leipzig, wurde A. 1952 GMD des 
Mannheimer Nationaltheaters und der Akademie- 
konzerte. 

Albert, Karel, * 16. 4. 1901 zu Antwerpen; bel- 
gischer Komponist, Schüler des Koninklijk Vlaams 
Conservatonum in Antwerpen und von Marinus 
de Jong, wurde 1920 Lehrer, 1928 Musiklehrer an 
der Staats-Realschule seiner Vaterstadt und war 
gleichzeitig Dirigent und Komponist beim Vlaamse 
Volkstoneei (einem avantgardistischen Theater). 
1933 trat er als Sekretär beim Belgischen Rundfunk 
ein und wurde dort 1939 Vice-Direktor der Flä- 
mischen Musikabteilung, schrieb daneben für ver- 
schiedene Zeitschriften. Nach dem 1. Weltkrieg 
trat er für die expressionistische Musik ein, wandte 
sich nach einer »klassischen Periode« währenddes 
2. Weltkrieges 1945 der Zwölftonmusik zu. A. 
schrieb zahlreiche Spielmusiken, die Ballette De 
Toverlantaam (1942) und Tomooi (1953), die Buffo- 
oper Europa outvoerd (1952), Orchesterwerke, dar- 
unter Sinfonien in E, G und B, Kammermusik, 
Chorwerke, Lieder und Klavierwerke. Er ver- 
öffentlichte De Evolutie van de Muziek am de hand 
van fonoplaten (Brüssd 1947). 

Albert, Rudolf, * 28. 3. 1918 zu Frankfurt am 
Main; deutscher Dirigent, in seiner Vaterstadt aus- 
gebildet, trat mit Kriegsende als Kapellmeister zu- 
nächst in den Dienst des Hessischen Rundfunks zu 
Frankfurt am Main, dann in den des Südwest- 
funks zu Baden-Baden und wirkt seit 1949 in glei- 
cher Tätigkeit beim Bayrischen Rundfunk in Mün- 
chen. An allen Arbeitsstätten trat er als Interpret 
zeitgenössischer Musik hervor. Gastspielreisen 
führten den auch als Mozart-Interpreten bekannter 
gewordenen Dirigenten u. a. nach Mailand, Paris 
und Wien. 

Alberti, Domenico, * um 1710 zu Venedig, 
t um 1740 zu Rom; er komponierte Opern und 
Motetten und steht mit seinen 8 Klaviersonaten 
(London, J. Walsh) als Mitbegründer des verein- 
fachten homophonen Klavierstils da (-> Alber- 
tische Bässe). Das Werk erschien 1761 in einem 
Amsterdamer Nachdruck unter dem Namen sei- 


2 * 


19 



Alberti 


nes Schülers Giuseppe Jozzi; 21 einsätzige Sonate 
d'intavolatura (zum Teil identisch mit den gedruck- 
ten) sind als Manuskript im British Museum er- 
halten. 

Lit.: F. Torrefranca, Le origini ital. del romanticis- 
mo musicale, Turin 1930; W. Wörmann, Die Kla- 
viersonaten D. A.s, AMI XXVII, 1955. 

Alb$rti, Giuseppe Matteo, * 1685 und + im 
Februar 1751 zu Bologna; italienischer Instrumen- 
talkomponist: Concerti a F. di concerto , 2 V., Va, 
Vc. e B.c. op. 1 (1713, gedruckt in Bologna, 
Amsterdam und London), 4st. Sinfonie op. 2 und 
Violinsonaten op. 3 (1720). 

Ausg. : Concerti op. 1 Nr 3 u. 7, hrsg. v. E. Desderi, 
Padua 1955. 


Alb$rti, Johann Friedrich, * 11. 1. 1642 zu 
Tönning (Schleswig), f 14. 6. 1710 zu Merseburg; 
deutscher Organist, studierte Theologie, dann 
Musik unter W. Fabridus in Leipzig und Albrici 
in Dresden, wurde Domorganist in Merseburg, 
mußte aber 1698 infolge eines Schlagflusses sein 
Amt niederlegen. Als Komponist von Kirchen- 
musik und kontrapunktischen Werken genoß er 
großes Ansehen. 

Ausg.: »Te Deum laudamus« in EDM, Reihe I, 
Bd 9 (= RD 9); ein Stück bei K. Straube, Choral- 
vorspiele Alter Meister. . ., Lpz. 1907. 


Albic^stro, Henrico (eigentlich Weißenburg, 
daher auf den Titeln seiner Werke als D. H. W. 
abgekürzt); Schweizer Komponist, war wahr- 
scheinlich 1686 zum Studium an der Universität 
Leiden, machte den spanischen Erbfolgekrieg 
(1701-14) mit und gab in Amsterdam bei Roger 
eine stattliche Reihe Kammermusikwerke heraus: 
Triosonaten op. 1, 4, 8, Violinsonaten mit Con- 
tinuo op. 2, 3, 5 und Concerti ä 4 op. 7. 


Ausg. : 12 Concerti a 4, op. 7, hrsg. v. M. Zulauf 
(= Schweizerische Musikdenkmäler I), Kassel 1955; 
Sonate A moll, hrsg. v. G. Beckmann, in: Das Violin- 
spiel V, Bin u. Lpz. 1921 ; E. Pente, Passacaglia, 
London 1922; Triosonate H moll, hrsg. v. R. Moser, 
Bin 1927; Sonaten A dur u. E moll, hrsg. v. F. 
Martin, Genf 1931; Suite in G bei H.H. Rosen- 
wald, Niederländische Klaviermusik um 1700, Bin 
(1931). 

Lit: A. Schering, Gesch. d. Instrumental-Konzerts, 
Lpz. 1905; G. Beckmann, Das Violinspiel in Deutsch- 
land vor 1700, Lpz. 1918; A. Moser, Gesch. d. Violin- 
spiels. Bin 1923; ders. auch in AfMw I, 1918/19, 
369 ff.; K. Nef, in: SMZ LXV, 1925; ders. auch 
m: De Muziek, Juli 1927; J. Zwart, H. A. in Neder- 
landen, in: De Muziek, März 1928. 


Albjni, Felix, * 10. 12. 1869 zu 2upanja (Slawo- 
nien), f 18. 4. 1933 zu Agram; in Graz ausgebildet, 
Direktor des Landestheaters zu Agram, Komponist 
der Oper Maricon (1901) und mehrerer Operetten; 
er schrieb auch Ballette, Chöre und Lieder. 


Albingni, Tommaso, * 8. 6. 1671 und f 17. 1. 
1750 zu Venedig; italienischer Komponist, viel- 
leicht ein Schüler Legrenzis, schrieb 1694-1740 
(meist für Venedig) 55 Opern, auch geschätzte 
Kantaten und wertvolle Instrumentalwerke: Con- 
certi a 5 op. 5 (1707), op. 7 und op. 9; Sinfonie e 
Concerti a 5 op. 2 (1700); Sonate a 3 op. 1 (1694) ; 
Balletti a 3 op. 3 (1701); Sonate e Balletti a 3 op. 8; 
Trattenimenti armonici per caniera op. 6; Sonate a 2 
op. 4. 


Ausg. : 5 Sonaten, hrsg. v. W. Upmeyer u. L. Schäff- 
ler in NMA 9, 34, 74; Sonate op. 2, Nr 6, hrsg. v. 
F. Giegling, NMA 189; Konzert C dur, hrsg. v. 
W. Upmeyer, Bln-Lichterfelde; Konzert A dur, hrsg. 
v. E. Pente, London 1927; 3 Konzerte aus op. 7, 
hrsg. v. B. Paumgartner, London 1948; Kantate 
»Vorrei seuoprir«, hrsg. v. H. Riemann, Ausgewählte 
Kammer-Kantaten V, Lpz. o. J. 

Lit.: A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; A. 
Schering, Gesch. d. Instrumental-Konzerts, Lpz. 
1927; R. Giazotto, T. A., Mailand 1945 (mit thema- 
tischem Werkverz.); W. S. Newman, The Sonatas of 
A. and Vivaldi, in: JAMS V, 1952. 

Alb}nus, Caeionius Rufus, römischer Schrift- 
steller über Musik, der vonCassiodor und Bocthius 
(5.-6. Jh. n. Chr.) zitiert wird, dessen Compcndium 
de musica aber nicht erhalten ist. 

Lit.: K. v. Jan, Der Musik-Schriftsteller A., in: Philo- 
logus LVI (= N. F. X), 1897. 

Albinus, Flaccus -> Alcuinus. 

Albpni, Marietta, * 6.3. 1823 zu Ccscna (Ro- 
magna; sie selbst behauptete, ent am 6. 3. 1826 zu 
Cittä di Castello geboren zu sein), f 23. 6. 1894 zu 
Ville d’Avray bei Paris; italienische Altistin, 
feierte 1847 in London und Paris sowie auf einer 
Reise durch Nord- und Südamerika triumphale 
Erfolge. 

Lit: E. Acloque, M. A., Paris 1847; A. Pougin, 
M. A., Paris 21912. 

d’Albore, Lilia D’ Alborc. 

Albrecht, Markgraf von Brandenburg, Herzog in 
Preußen, * 16. 5. 1490 zu Ansbach, f 20. 3. 1568 
zu Tapiau (Ostpreußen), wurde 1511 zum Hoch- 
meister des Deutschen Ordens gewählt. A. schloß 
sich später der Reformation an und wandelte das 
Ordensland 1525 in das Herzogtum Preußen um, 
in dessen Hauptstadt Königsberg er 1544 eine Uni- 
versität gründete. An seinem Hof wirkten H. und 
P. Kugelmann sowie zeitweise A. P. Coclico. A. 
stand in Briefwechsel mit Bakfark, L. Osiander, 
Senfl, Stoltzer und J. Walter, deren Kompositio- 
nen er sammelte. 

Lit.: M. van Crbvel, A. P. Coclico, Haag 1940, darin 
5 Briefe C.s an A., davon 2 auch deutsch hrsg. v. 
M. Fürstenau in MfM VII, 1875 (hingegen ist der v. 
R. Schwartz in VfMw X, 1894, publizierte Brief C.s 
nicht an A., sondern an einen Herzog v. Pommern 
gerichtet); Th. Kroyer, Einleitung zu DTB III, 
2, darin ein Teil d. Korrespondenz A.s mit Senfl, dazu 
5 Briefe v. L. Wagenrieder, hrsg. v. R. Eitner, MfM 
VIII, 1868; Briefe v. Th. Stoltzer, A. Rauch u. S. 
Raid, hrsg. v. R. Eitner, MfM VIII, 1876 (alle an A,), 
Stoltzers Brief auch hrsg. v. O. Gombosi in Chw. 
VI, Wolfenbüttel u. Bin 1930; 2 Briefe J. Walters an 
A., hrsg. v. M. Fürstenau in AmZ LXV, 1863; Briefe 
v. J. Neuschel, hrsg. v. R. Eitner, MfM IX, 1877; 

aIs gastlicher Liederdichter, 
MGkK XIII, 1908, darin ein Brief A.s an Luther; 
M. Federmann, Musik u. Musikpflege zur Zeit 
Herzog A.s, Königsberger Studien zur Mw. XIV, 
Kassel 1932; O. Gombosi, Bakfark B., Musicologia 
hungarica II, Budapest 1935, ungarisch u. deutsch 
® ne * e an A. u. 2 Empfehlungsbriefe A.s 

für B.). 

Albrecht, Hans, * 31.3.1902 zu Magdeburg; 
deutscher Musikforscher, legte 1921 am Konser- 
vatorium in Essen die Privatmusiklchrcrprüfung 
für Klavier ab und studierte anschließend Musik- 


20 



Albrechtsberger 


Wissenschaft an den Universitäten Münster und 
(1921-25) Berlin. Bis 1937 war er als Lehrer an ver- 
schiedenen Konservatorien tätig, 1938/39 Sach- 
bearbeiter für Chorwesen im Reichsministerium 
für Volksaufklärung und Propaganda, leitete ab 
1939 das Staatliche Institut für deutsche Musik- 
forschung in Berlin. 1942 habilitierte er sich an der 
Universität Kiel, wo er 1955 zum Professor er- 
nannt wurde. A. leitet seit 1947 das Landesinstitut 
für Musikforschung Kiel, seit 1951 das Johann- 
Sebastian-Bach-Institut in Göttingen, seit 1953 im 
Auftrag der Musikgeschichtlichen Kommission 
das »Erbe deutscher Musik« und seit 1954 das 
Deutsche Musikgeschichtliche Archiv Kassel. Er 
ist außerdem Schriftleiter der »Musikforschung«, 
der »Acta musicologica« und Herausgeber der 
»Documenta Musicologica«. Neben zahlreichen 
Buchbesprechungen und Artikeln schrieb er : 
Lupus Hellinck und Johannes Lupi (AMI VI, 1934), 
Die deutschen Psalmen und Kirchengesänge des 
Jobst vom Brandt (AfMf VII, 1942), Zwei 
Quellen zur deutschen Musikgeschichte der Reformar- 
tionszeit (Mf I, 1948), Musikdrucke aus den Jahren 
1576-1580 in Wüster (Holstein) (Mf II, 1949), 
Caspar Othmayr , Leben und Werk (Kassel und Basel 
1950), Musik und Dichtkunst im 16. Jh . sowie » Der 
neue Grove « und die gegenwärtige Lage der Musik- 
lexikographie (Mf VIII, 1955). Er gab heraus: 
Thomas Stoltzer ; Sämtliche lateinischen Hymnen und 
Psalmen (mit O. Gombosi, DDT 65, 1931), Caspar 
Othmayr , Ausgewählte Werke I und II (RD 16, 1941, 
und EDM 26, 1956), Thomas Stoltzer, Ausgewählte 
Werke I (RD 22, 1942), Georg Rhau, Symphoniae 
jucundae (im Druck), Johannes Lupi, 10 weltliche 
Lieder (Chw. 15, 1932). 

Albrecht, Johann Lorenz, Magister, * 8. 1. 
1732 zu Görmar bei Mühlhausen (Thüringen), 
1 1773 zu Mühlhausen; studierte in Leipzig Phüo- 
logie, daneben ernsthaft Musik, so daß er 1758 zu- 
gleich als Gymnasiallehrer und Organist der Ober- 
marktskirche (St. Marien) in Mühlhausen ange- 
stellt wurde. Am bekanntesten ist A. als Heraus- 
geber von J. Adlungs Musica mechanica organoedi 
und Musikalisches Siebengestirn ; doch hat er eine 
Reihe selbständiger Arbeiten geliefert: Gründliche 
Einleitung in die Anfangslehren der Tonkunst (Langen- 
salza 1761); Abhandlung über die Frage: Ob die Mu- 
sik bei dem Gottesdienste der Christen zu dulden, oder 
nicht (Berlin 1764); Versuch einer Abhandlung von 
den Ursachen des Hasses, welchen einige Menschen 
gegen die Musik von sich blicken lassen (Franken- 
hausen 1765); ferner auch einige Aufsätze in Mar- 
purgs Kritischen Beiträgen. A. war Schiedsrichter 
m dem theoretischen Streit zwischen Marpurg und 
Sorge: Gedanken eines thüringischen Tonkünstlers 
über den Streit zwischen Sorge und Marpurg (1761/62). 
Werckmeisters Übersetzung von A. Stclanis Quan- 
ta certezza habbia da suoi principii la musica gab er 
1760 mit Zusätzen und Anmerkungen heraus 
(Mühlhausen). 

Albrecht, - 1) Karl, * 8. 9. 1807 zu Posen, f 8. 3. 
1863 zu Gatschina; deutscher Dirigent, war nach 
seiner Ausbildung bei J. I. Schnabel in Breslau u. a. 
in Breslau und Düssädorf tätig. 1838 wurde er 
nach St. Petersburg berufen, wo er 1842 die Urauf- 
führung der Oper Ruslan und Ludmilla von Glinka 
leitete. 1845 wurde er Dirigent der Philharmo- 


nischen Konzerte, 1850 Gesanglehrer an der Wai- 
senanstalt in Gatschina. Von seinen Kompositionen 
wurden bekannt: eine Messe, das Ballett Der Berg- 
geist und 3 Streichquartette. - 2) Konstantin 
Karl, * 4. 10. 1836 zu Elberfeld, f 26. 6. 1893 zu 
Moskau, Sohn von K. A., wurde 1854 Cellist im 
Orchester des Kaiserlichen Theaters zu Moskau, 
war dort 1860 Beistand N. Rubinsteins bei der 
Gründung des Konservatoriums und 1866-89 In- 
spektor und Lehrer für Solf&ge und Chorgesang. 
Neben Lehrbüchern schrieb er Lieder, Klavier- 
stücke und Chöre. - 3) Eugen Maria, * 16. 7. 
1842 und f 9. 2. 1894 zu St. Petersburg, Bruder des 
vorigen, trat nach der Ausbüdung am Leipziger 
Konservatorium (1857-60) als Violinist ins Or- 
chester der Italienischen Oper zu St. Petersburg ein. 
1871 wurde er Musikinspektor aller Kaiserlichen 
Orchester in St. Petersburg, 1892 Bibliothekar der 
Kaiserlichen Theater. Er veröffentlichte eine Reihe 
pädagogischer Schriften und Sammelwerke und 
gab eine verbreitete Sammlung russischer Sol- 
daten-, Kosaken- und Matrosenlieder heraus. 

Albrecht, Max Richard, * 14. 3. 1890 zu Chem- 
nitz; deutscher Komponist, Schüler des Leipziger 
Konservatoriums (Sitt, Reger), Kapellmeister in 
Neiße und Chemnitz; seit 1916 lebt er seinem 
Schaffen in Dresden. Werke: Musikdramen (Jel- 
jena, Neros Ende, Rama und Sita), Musik zu Goethes 
Faust, 2 symphonische Dichtungen, Lieder und 
Gesänge (zum Teil mit Orch.), Kammermusik 
und Klavierstücke. 

Albrecht, Otto E., * 8. 7. 1899 zu Philadelphia; 
amerikanischer Musikforscher und Bibliothekar, 
studierte 1922/23 an der Universität Kopenhagen 
und weiter an der University of Pennsylvania, wo 
er 1931 zum Ph. D. promovierte. An der Univer- 
sity of Pennsylvania wirkt er seit 1923 als Instructor 
und Assistant professor des Französischen, seit 1937 
als Kurator der Musikbibliothek und seit 1938 als 
Lecturer in Music. Veröffentlichungen: Four Latin 
Plays of St. Nicholas from the 12th Century Fleury 
Playbook (Philadelphia 1935), Francis Hopkinson, 
Musician, Poet am Patriot (Philadelphia 1938), A 
Census of Autograph Music Manuscripts of European 
Composers in American Libraries (Philadelphia 1953). 

Albrechtsberger, Johann Georg, * 3. 2. 1736 
zu Klosterneuburg, f 7. 3. 1809 zu Wien; öster- 
reichischer Musiktheoretiker, geschätzter Theorie- 
lehrer und Komponist (1794 Lehrer Beethovens), 
wurde, nachdem er mehrere andere Ämter in klei- 
nen Städten verwaltet hatte, Regens chori am 
Karmeliterkloster in Wien, 1772 Hoforganist und 
1792 Kapellmeister am Stephansdom. Von seinen 
Kompositionen ist nur ein Kleiner Teil im Druck 
erschienen: Entr’actes zu Heinrich IV., zahlreiche 
Orgelpräludien und -fugen, Klavierfugen, 18 
Streichquartette, 6 Quartettfugen, ein Streich- 
quintett, 3 Doppelquartette, ein Klavierquartett, 

6 Streichtrios. Manuskript blieben 26 Messen, 

6 Oratorien, 4 große Symphonien, 42 Streich- 
quartette, 38 Quintette, 28 Streichtrios, viele Hym- 
nen, Offertorien, Gradualien usw. Am bekann- 
testen sind seine theoretischen Werke Gründliche 
Anweisung zur Komposition (1790 und 1818, fran- 
zösisch 1814, auch englisch von Sabilla Novello) ; 
Kurzgefaßte Methode , den Generalbaß zu erlernen 


21 



Albrid 


(1792); Klavierschule für Anfänger (1808) und einige 
kleinere Abhandlungen. 

Ausg.: J. G.A.S sämtl. Schriften..., hrsg. v. I. 
Ritter v. Seyfried (o. J., *1837; engL v. S. Novello 
1855; engl. Bearb. mit Anm. v. Choron, hrsg. v. 
A. Merrick, 1835, 21844). - Ausw. der Instrumental- 
werke (2 Symphonien, ein Quintett, 4 Quartette, Prä- 
ludien u. Fugen), bearb. v. O. Kapp, DTÖ XVI, 2; 
12 Fugen für d. Clavecin od. Org. (aus op. 1, 4 u. 6), 
18 Fugen f. Org. od. Kl. (aus op. 8, 10, 11, 16, 17), 
in: Le Tresor des Pianistes, hrsg. v. Ä. Farrenc, 
XV; Messe, hrsg. v. K. Pfannhauser, Wien o. J. 

Lit.: A. Weissenback, J. G. A. als Kirchenkomponist 
StMw XIV, Wien 1927; R. Oppel, A. als Bindeglied 
zwischen Bach u. Beethoven, NZfM LXXVIII, 1911. 

Albrici (albr'itji), Vincenzo, * 26. 6. 1631 zu 
Rom, t 8. 8. 1696 zu Prag; kam 1650 im Gefolge 
der Königin Christine von Schweden nach Stral- 
sund, trat 1654 in Dresden in die kurfürstliche Ka- 
pelle ein und zog seinen'Bruder Bartolomeo dahin 
(als Hoforganist), war auch kurze Zeit (1662) in 
pfalzgräflichen Diensten in Neuburg. 1663-66 
waren beide Brüder in London als Kapellkompo- 
nisten angestellt. 1666 erfolgte Vincenzos Berufung 
als Hofkapellmeister nach Dresden, wo er mit 
mehrjähriger Unterbrechung (Paris 1672-76) bis 
1680 blieb. Er wirkte nun 1681/82 als Organist an 
der Thomaskirche in Leipzig und ging dann als 
Kirchenkapellmeister nach Prag. Er hinterließ 
kirchliche Kompositionen sowie zahlreiche, von 
den Zeitgenossen geschätzte Instrumental- und 
Vokalwerke. 

Ausg.: eine 5st. Sonate in Schering Beisp. 214. 

Lit: M. Fürstenau, Beiträge zur Gesch. d. Kgl. 
Sächsischen musikal. Kapelle, Dresden 1849; ders.. 
Zur Gesch. d. Musik u. d. Theaters am Hofe zu 
Dresden I, 1861; R. Münnich, Kuhnau’s Leben, 
SIMG III, 1901/02, S. 487-491,503 ; A. Schering, Mg. 
Leipzigs II, Lpz. 1926; ders., Gesch. d. Instrumental- 
konzerts, Lpz. 1905, S. 11-13; A. Einstein, Ital. Mu- 
siker am Hofe d. Neuburger Wittelsbacher, SIMG 
IX, 1907/08, S. 368; E. Schmitz, Gesch. d. weltl. Solo- 
kantate, Lpz. 1914, S. 80; I. Becker-Glauch, Die Be- 
deutung d. Musik für d. Dresdner Hoffeste, Kassel u. 
Basel 1951 (=» Musikwiss. Arbeiten V). 

Alcarptti, Giovanni Francesco, * um 1536 zu 
Novarra; war Organist in Como und gab heraus: 
2 Bücher 5- und 6st. Madrigale (1567 und 1569) 
sowie ein Buch 5st. Lamentationen (1570). 

Alcock ('aelkok), John, * 11. 4. 1715 zu London, 
f 23. 2. 1806 zu Lichfield; englischer Komponist, 
Schüler des blinden Organisten Stanley, wurde 
bereits 1735 Organist an zwei Londoner Kirchen, 
ging später nach Plymouth, Reading und schließ- 
lich als Organist der Kathedrale nach Lichfield. 
1761 erlangte er zu Oxford den Doktorgrad. A. 
gab außer eigenen Services (1753), Anthems (1771), 
7st. Instrumentalkonzerten (1750), anderen In- 
strumentalkompositionen, Liedem und weltlichen 
Gesängen mehrere Sammlungen von Kirchen- 
musik (Harmony of Sion 1752, Harmony of Jerusalem 
1801) heraus. Sein gleichnamiger Sohn, * 1740, 
t 30. 3. 1791, war ebenfalls Organist und Kom- 
ponist. 

Alcujnus, Flaccus (Albinus), * um 753 zu York 
(?), t 19. 5. 804 zu Tours; Verfasser des musik- 
theoretischen Fragments, welches die älteste abend- 
ländische Kunde von den 8 Kirchentönen enthält. 


Er war Berater und Helfer Karls des Großen bei 
der Durchführung von dessen Reformplänen und 
wurde um 801 Abt zu Tours. 

Ausg.: Fragment in GS I, 26/27. 

Lit.: G. Browne, Alcuin of York, London 1908; 
E. M. Wilmot-Buxton, Alcuin, London 1922; G. 
Pietzsch, Die Musik im Erziehungs- u. Bildungsideal 
d. ausgehenden Altertums u. frühen MA, Halle 1932. 

Aida, Frances (Mädchenname Davics), * 31. 5. 
1883 zu Christchurch (Neuseeland), f 18. 9. 1952 
zu Venedig; amerikanische Sängerin (Sopran), 
Schülerin von Bl. Marchesi, debütierte 1904 als 
Manon an der Pariser Opdra Comique und sang, 
besonders erfolgreich in französischen und italie- 
nischen Opemrollcn, 1908-30 an der Metropolitan 
Opera New York und auf Gastspielreisen in Eu- 
ropa und Südamerika, danach als Konzcrtsängcrin 
im Rundfunk. Sie schrieb eine Sclbstbiographie 
Metiy Women and Tenors (New York 1937). 

Alder, Cosmas, * um 1497 zu Baden (Aargau), 
f 7. 11. 1550 zu Bern; Schweizer Komponist, war 
bis 1511 Chorknabe und 1524 Kantor des Berner 
Münsters und blieb nach der Reformation als 
Stadtschreiber dort ansässig. A. ist einer der we- 
nigen Vertreter der mehrstimmigen Komposition 
Ln der reformierten Schweiz. Von ihm erschienen: 
(57) Hymni sacri , 3-5st. (Bern 1553); erhalten sind 
ferner Motetten (darunter hiclytus antistes auf den 
Tod Zwinglis) und deutsche Lieder. 

Ausg.: 3 Psalmen u. 3 geistliche Gesänge in: Psalmen 
u. geistliche Gesänge v. J. Wannenmacher u. C. A., 
hrsg. v. A. Geering, Genf 1934; 2 4st. deutsche Lie- 
der in E. Bernoulu, Aus Liederbüchern d. Huma- 
nistenzeit, Lpz. 1910, davon »Da Jakob nu« (bei 
Bernoulu anonym) auch unter L. Senfls Namen 
hrsg. v. J. Wolf in DDT XXXIV; ein 4st. deutsches 
Lied, hrsg. v. R. Eitner in MfM XXVI, 1894; dass,, 
hrsg. v. A. Geering in Schweizer Musikbuch I, 
Zürich (1939). 

Lit. : A. Thürungs, Innsbruck ich muß dich lassen, 
Fs. zum Zweiten Kgr. d. Internationalen Musikges., 
Basel 1906, darin ein Satz v. A.; E. Bernoulu, A.s 
K omposition auf Zwinglis Tod, Zwingliana II, 
1907/08 (darin d. Motette »Inclytus antistes«); A. 
Flury u. A. Thürungs, C. A., ebenda; H. Dübi, 
C. A. u. d. bemische Reformation, Bern 1930; A. 
Geering, Die Vokalmusik in d. Schweiz . . SJbMw 
VI, 1933. 

Alderjghi, Dante, * 7.7.1898 zu Tarent; ita- 
lienischer Pianist und Komponist, je 2 Jahre Schü- 
ler Sgambatis und des Leipziger Konservatoriums 
(Teichmüller, Krchl), ab 1914 noch bei Sctaccioli 
und Consolo in Rom, zuletzt Schüler von Mali- 
piero. A. trat als Pianist auf Konzertreisen in Eu- 
ropa auf und ist jetzt Klavierlehrer an der Accade- 
mia di Santa Cecilia in Rom. Unter seinen Kom- 
positionen finden sich Orchcsterwcrke (Omaggi 
rür Streicher), Oratorium Maria a Nazareth für 
Soli, Chor und Orch. (1956), V änntmeiazione für 
S„ T., Chor und Orch. (1938), 2 Klavierkonzerte, 
Kammermusik (Streichquartett, Violinsonaten, 
Suite für Vc. und Kl. 1937, Klavierstücke) und 
Gesänge ( Cantico delle Creatore, 1926). A. betätigt 
sich auch als Musikschriftstcller. 

Aldovrandini -* Aldrovandini. 

Aldrich ('oridjitf), Henry, * 1647 zu Westmin- 
ster, 1 14. 12. 1710 zu Oxford als Dekan der Chri- 


22 



Alexandre 


stuskirche; gelehrter Theologe und Historiker, 
aber auch Architekt und Musiker. Er sam m elte 
eine überaus reichhaltige Musikbibliothek, die er 
der Christ Church in Oxford vermachte (abge- 
sehen vom British Museum heute die bedeutendste 
Musikbibliothek Englands). Kompositionen von 
ihm sind in verschiedenen Sammelwerken zu fin- 
den (Boyce, Arnold, Page) ; seine Catches werden 
noch heute gesungen. 

Ausg : 3st. »Round Hark! the bonny«, hrsg. v. 
Ch. K. Scott, The Euterpe Round Book (Euterpe 
LVI), London 1929. 

Aldrovandjxü, Guiseppe Antonio Vincenzo 
(Aldovrandini), * um 1673 zu Bologna, f 9.2. 
1707, brachte (1696-1711) 14 Opern und 6 Ora- 
torien heraus, auch geistliche Gesänge mit Violinen 
sowie Kammerkonzerte und Kammersonaten a tre 
(op. 4 und 5). 

Alectorius -> Galliculus. 

d’Alembert (aläb'err), Jean le Rond, * 16. 11. 
1717 und f 29. 10. 1783 zu Paris; französischer 
Philosoph, als Akustiker bekannt durch die Schrift 
EUments de musique thiorique et pratique , suivant les 
principes de M. Rameau (1752, wiederholt auf- 
gelegt; deutsch von Marpurg, 1757). In den Me- 
moiren der Pariser und Berliner Akademie sind 
akustische Abhandlungen von A. gedruckt; auch 
enthalten seine Milanges de littirature et de philo - 
sophie (1767-73) eine Abhandlung Sur la libertd de 
la musique , seine CEuures et correspondance inidites 
ein Fragment sur Vopdra und Rijlexions sur la thiorie 
de la musique . Lamberts Geschichte der Regierung 
Ludwigs XIV. (1761) enthält eine Abhandlung 
A.s über die Musik unter der Regierung Lud- 
wigs XIV. A. vertritt in seiner Ästhetik noch weit- 
gehend den Gedanken von der Nachahmung der 
Natur und steht der Instrumentalmusik mit einiger 
Zurückhaltung gegenüber. 

Ausg.: Oeuvres et correspondances inddites, hrsg. v. 
Ch. Henry, Abbäville 1887; Einleitung in die frz. 
Enzyklopädie, hrsg. v. E. Hirschberg, Lpz. 1912 
(Teil I). 

Lit.: J. Bertrand, d’A., Paris 1889; H. Gold- 
schmidt, Die Musikästhetik d. 18. Jh., Zürich 1915; 
R, Müller, D’A.s Aesthetik, Diss. Bin 1924 (maschr.) ; 
M. Müller, Essai sur la Philosophie de J. d’A., Paris 
1926; W. Serauky, Die musikalische Nachahmungs- 
aesthetik im Zeitraum v. 1700 bis 1850, Münster 1929; 
R. Schäfke, Gesch. der Musikästhetik, Bin 1934. 

Alessandr$scu, Alfred, * 14. 8. 1893 zu Buka- 
rest; rumänischer Komponist und Dirigent, Schü- 
ler des Konservatoriums in Bukarest, 1913/14 der 
Schola Cantorum (dTndy) und des Conservatoire 
(Vidal) in Paris, ist seit 1921 1. Dirigent der Staats- 
oper Bukarest, daneben seit 1933 auch Leiter des 
Symphonieorchesters von Radio Bukarest. A. be- 
gleitete als Pianist G. Enescu in den Jahren 1919—45. 
Er schrieb: Crdpusculc d'automnc für Streicher 
(1910), symphonische Dichtungen Didon (1911) 
und Acteon (1915), Fantaisie roumaine für Orch. 
(1913), Kammermusik und Lieder. 

Alessfndri, Felicc, * 24. 11. 1747 zu Rom, f 15. 
8. 1798 zu Casinalbo; italienischer Komponist, in 
Neapel ausgebÜdct, war zuerst Kapellmeister in 
Turin, lebte dann in Paris, London, Petersburg und 
in Italien. Neben J. F. Rcichardt war er 1789-92 


2. Kapellmeister der Berliner Königlichen Oper. 
Seine Werke, 32 1764-94 aufgeführte Opern, ein 
Ballett und ein Oratorium, auch 6 Triosonaten, 
6 Klavierkonzerte und 6 Symphonien a 8 (op. 6), 
hatten überall nur ephemere Erfolge. 

Lit: L. F. Valdrighi, F. A., maestro dl capella di 
Fred. Gugl. II., Modena 1896. 

d’Aless$ndro, Raffaele, * 17. 3. 1911 zu St. 
Gallen (Schweiz) ; schweizerischer Komponist, 
lebt in Lausanne. Er studierte zunächst in Zürich 
Orgel (V. Schiatter) und Theorie (P. Müller, W. 
Schuh), 1934-39 in Paris Orgel (M. Duprd), Kla- 
vier (P. Roes) und Kontrapunkt (N. Boulanger). 
Mit Kriegsausbruch in die Schweiz zurüdegekehrt, 
lebt er seitdem in Lausanne als freischaffender Kom- 
ponist, Pianist und Organist. Der Schwerpunkt 
seines bisherigen Werkes liegt bei Sonaten, Suiten, 
Präludien und Etüden für KL und für Kammer- 
besetzungen (darunter 2 »Sonaten« für Streich- 
quartett). Zu einem Concerto grosso (1950) und einer 
Sinfonietta (1944) für Streicher gesellen sich 2 Sin- 
fonien (1949 und 1955) und eine Tanzlegende Isla 
persa (Heidelberg 1955), ein Fagottkonzert (1957) 
und Chöre. 

Lit.: H. Jaccard, Initiation k la musique contempo- 
raine, Trois compositeurs vaudois: R. d’A., C. Rega- 
mey, J. Fr. Zbinden, Lausanne 1955. 

Alessandro Romano -> Merlo. 

Alexander, Meister (der wilde A.), deutscher 
Minnesänger vom Ende des 13. Jh.; von seinen 
Melodien sind vier vollständig und eine fragmen- 
tarisch erhalten. 

Ausg. : sämtliche Melodien, hrsg. v. G. Holz, Fr. 
Saran u. E. Bernoulu, in: Die Jenaer Liederhs., 
2 Bde, Lpz. 1901 ; 2 Melodien, hrsg. v. H. Rietsch in: 
DTÖ XX, 2 (» Bd XLI), 1913; eine Melodie, hrsg. 
v. Fr. Gennrich in: Troubadours, Trouv&res, Minne- 
u. Meistergesang, » Das Musikwerk, Köln (1951). 
Lit.: Fr. J. von der Hagen, Minnesinger, 5 Bde, Lpz 
1831-39, Neudruck 1926; Fr. Loewenthal, Das 
Rätsel d. wüden A., Zs. f. deutsches Altertum LVII, 
1920; G. Hase, Der Minneleich M. A.s, Halle 1921, 
dazu Fr. Ludwig im Anzeiger f. deutsches Altertum 
XLI, 1922; R. Haller, Der wilde A., Würzburg 1935. 

Alexander, Friedrich, Landgraf von Hessen 
-> Hessen. 

Alexander, Gebrüder, deutsche Musikinstru- 
mentenfabrik, befindet sich seit ihrer Gründung 
1782 in Mainz im Besitz der Familie A, Philipp A. 
(* 3. 2. 1904) war seit 1940 Alleininhaber, bis 1954 
die Firma in eine G.m.b.H. umgewanddt wurde, 
in der er jetzt als geschäftsführender Gesellschafter 
tätig ist. Während früher auch Holzblasinstru- 
mente hergestellt wurden, beschränkt man sich 
seit etwa 1914 auf die Fabrikation von Blechblas- 
instrumenten (Waldhörner, Posaunen, Trom- 
peten, Bässe). 1938 wurde die Spezialfirma für 
Trompeten und Mundstücke L. A. Schmidt, 
Köln, von A- aufgekauft. 

Lit. : H. Schrohe, Bilder aus der Mainzer Geschichte, 
= Hessische Volksbücher, Friedberg 1922. 

Alexandre (alekz'ädr), Jakob, * 1804, + 11. 6. 
1876 zu Paris; französischer Instrumentenmacher, 
betrieb seit 1829 als einer der ersten den Bau von 
Harmoniums (Accorddons, Mdlodiums), die unter 


oa 



Alexandrow 


dem Namen Orgue de cent fratics (100-Franken- 
Orgel) sehr in Aufnahme kamen, erwarb die Pa- 
tente, welche 1841 und 1845 Alexandre Martin 
(Martin de Provins) für eine neue Art der Harmo- 
nium-Mechanik genommen hatte und assoziierte 
sich mit seinem Sohn Edouard (* 1824, f 9. 3. 
1888). Martin selbst war stiller Teilhaber des Ge- 
schäfts bis 1855. 1858 gründete A. eine Muster- 
werkstatt in Ivry und beteiligte sich an Spekula- 
tionen, die 1868 das Haus zum Bankrott brachten. 
J. A. schrieb eine Methode pour VAccordion (1839, 
auch englisch) und eine Notice sur les Orgues Milo- 
dium d 9 Alexandre et fils inventeurs (1844 und 1848). 
Die Frau von Edouard A. f Charlotte geb. Drey- 
fus, war als Virtuosin auf dem Harmonium be- 
rühmt. 1874 brachte die Firma eine Spezialität 
unter dem Namen Alexandre-Orgel in Handel, 
eine Verbesserung der sogenannten Amerikani- 
schen Orgel mit stärkeren Zungen und doppelten 
Windkanälen; die Firma A. selbst hatte vorher mit 
den durch Einsaugen angeblasenen Harmoniums 
nur wenige Versuche gemacht. 

Alexandrow, Alexander Wasiljewitsch, *1.4. 
1883 zu Plachino (bei Rjasan), f 8- 7. 1946 zu Ber- 
lin; russischer Komponist, studierte am Peters- 
burger Konservatorium gleichzeitig bei Ljadow 
und besonders Glasunow, danach am Moskauer 
Konservatorium bei Wassilenko. A. war zunächst 
Lehrer in Twcr (jetzt Kalinin), dann Professor am 
Moskauer Konservatorium, 1928-30 Leiter des 
Moskauer Staats-Chors und ab 1928 Leiter des Ge- 
sangs- und Tanzensembles der Roten Armee. 
Seine »Hymne der bolschewistischen Partei« 
wurde 1944 zur Sowjetischen Nationalhymne er- 
klärt. Er schrieb eine Oper, Symphonie Es dur, 
symphonische Dichtung »Tod und Leben« , Chor- 
werke, kleinere Instrumentalstücke und Volkslied- 
bearbeitungen. 

Alexgndrow, Anatol Nikolajewitsch, * 25. 
5. 1888 zu Moskau; russischer Komponist und 
Pianist, Schüler von Klindworth, Schiljajew, S. I. 
Tanejew, Wassilenko und Igumnow am Mos- 
kauer Konservatorium (1910-16), dem er seit 1923 
als Kompositionslehrer angehört. Seine Musik ver- 
rät den Einfluß von Medtner und Skrjabin; Erfin- 
dungskraft, technisches Können, poetisches Emp- 
finden stellen ihn in die erste Reihe der zeitgenössi- 
schen russischen Komponisten. Werke: Opern 
(Bella 1940), Bühnenmusiken (Maeterlincks Ariane 
et Barbebleu ), Filmmusiken, klassische Suite für 
Orch., Ouvertüre auf 2 russische Volksthemen, 
3 Streichquartette, 8 Klaviersonaten, zahlreiche 
Klavierstücke und Lieder. 

Alffcno, Franco, * 8. 3. 1876 zu Posilipo (Neapel), 
1 26. 10. 1954 zu San Remo; italienischer Kompo- 
nist und Pianist, Schüler erst des Conservatorio di 
S. Pietro a Maielia in Neapel (De Nardis und Ser- 
rao), d ann des Leipziger Konservatoriums (Jadas- 
sohn, Sitt). Nach Konzertreisen und Aufenthalten 
in Leipzig (hier Komposition der Opern Miranda 
und An den Quellen von Enschir) und Paris, wo er 
für die Folies Berg&re einige Ballettpantomimen 
( Napoli 1901, Lorenza 1901) schrieb, errang er sei- 
nen ersten großen Erfolg mit der 4aktigen Oper 
Resurrezione (nach Tolstojs Roman). Erst Kompo- 
sitionslehrer und Direktor am Liceo musicale von 


Bologna, wurde er 1923 Direktor des Licco musi- 
cale G. Verdi in Turin und war ab 1940 Intendant 
des Teatro Massimo in Palermo. Der unvollen- 
deten Turandot Puccinis hat er die abschließende 
Szene hinzugefügt. Werke außer den erwähnten: 
Suite romantica für Orch. (1909); Symphonien 
E dur (1909/10) und C dur (1933), Sinfonia breve 
(1934); Streichquartette D dur und Cmoll; Tre 
poetni di Tagore und Sei Liriche für Gesang und Kl. ; 
Violinsonate D moll und Ccllosonatc in G. — 
Opern : II Principe Zilah (Genua 1909) ; L*ombra di 
Don Giovanni (Mailänder Scala 1914) und sein 
Hauptwerk: Sakuntala , Legende in 3 Akten auf 
eigenen Text (Bologna 1921); Madonna Imperia 
(Turin 1927) ; L 9 ultimo lord (Neapel 1930) ; Cyrano 
de Bergerac (Rom 1936) ; Don Giovanni di Manara 
(1938, Umarbeitung von L 9 ombra di D. G., Florenz 
1941). 

Lit : Werkverz. v. E. Desderi in Boll. Bibi. Mus. 
1931. - Gajanus, Artisti contemporanei, F. A., in: 
Emporium, Bergamo, März 1919; G. M. Gatti, 
F. A., in: Musicisti modemi cTItalia e di fuori, Bo- 
logna 1920; ders., in: Musical Times LXII, London 
1921, ders., in: MQ 1923; ders., Ricordo di F. A., 
in: Rass. Mus. XXIV, 1954; G. Cesari, La leggenda 
di Sacuntala di F. A., RMI XXVIII, 1921 ; A. Della 
Corte, Ritratto di A.,Turin 1935 u. ML XVIII, 1937. 

Alfi$ri, Pietro, * 29. 6. 1801 und f 12. 6. 1863 
zu Rom; italienischer Choralforschcr, Camaldu- 
lensermönch und Gesanglehrcr am englischen 
Kolleg in Rom; er trat mit mehreren Schriften für 
die Wiederbelebung des gregorianischen Chorals 
und der Mehrstimmigkeit im Geiste Palcstrinas 
ein, schrieb biographische Abhandlungen über 
Jommelli (1845) und Bittoni (1852) und redigierte 
die Sammelwerke Excerpta ex celcbrioribus de musica 
viris (Palestrina, Victoria, Allegri, 1840), Raccolta 
di Motetti (Palestrina, Victoria, F. Ancrio, 1841) und 
Raccolta di musica sacra (die erste Sammclausgabe 
der Werke Palestrinas, 7 Bände, 1841-46). Allegris 
Miserere gab er 1840 unter dem Pseudonym Aless. 
Geminiani heraus. Aufsätze erschienen in der Mai- 
länder Gazzctta musicale. Er komponierte eine 
Reihe kirchenmusikalischer Werke. 

Alfonso della Viola Della Viola. 

Alfonso el Sabio (der Weise), * 1230, f 1284; 
König von Kastilien und Lc6n 1252, der 1254 den 
Lehrstuhl für Musik an der Universität Salamanca 
schuf. Dichter und Musiker, ist er mit seinen er- 
haltenen Cantigas der bedeutendste Vertreter der 
spanischen Liedkunst des 13. Jh. 

Ausg.: J. Ribera, La Musica de las Cantigas, Bd III 
d. Publ. d. Cantigas durch d. Real Acad. Espaftola, 
Madrid 1922; H. Angl&s, La Müsica de las Cantigas 
de Santa Maria del Rey A. el S., 3 Bde, Barcelona 
ab 1931. 

Lit : H. ANGLfes, Les »Cantigas« del Rei N'Anfös el 
Savi, in: Vida cristiana vol. XIV, Barcelona 1927; 
ders., La Müsiea en la Espafia de Fernando cl Santo 
y de A. el S., Madrid 1943; J. A. SAnchez PfiREZ, A. 
X, el S. ; siglo XIII, Madrid 1935. 

AlfvÜn, Hugo, * 1. 5. 1872 zu Stockholm; schwe- 
discher Komponist und Dirigent, 1887-91 Schüler 
des Konservatoriums Stockholm, später vonLinde- 
gren (Theorie), studierte hierauf noch in Deutsch- 
land, Frankreich, Belgien (C. Thomson, 1898), 
dann als Kapellmeister unter Kutzschbach in 


24 



Allegri 


Dresden, war Kompositions-Lehrer am Stock- 
holmer Konservatorium 1903/04; seit 1910 Uni- 
versitäts-Musikdirektor in Uppsala, wo er bis 1947 
den bekannten Studenten-Chor Orphei drängar 
dirigierte, mit dem er zahlreiche Konzertreisen 
unternahm. Dirigent verschiedener Musikfeste, 
Dr. h. c. von Uppsala 1917. A. gehört zu den füh- 
renden schöpferischen Musikern Schwedens. 
Werke: 5 Symphonien (F moll op. 7, D dur op. 
11, E dur op. 23, C moll op. 39, A moll), sympho- 
nische Dichtungen, Rhapsodien, Chorwerke (Kan- 
taten), Gesänge für Singst, und Orch., Kammer- 
musik (Violinsonate op. 1, Romanze op. 3 für V., 
Elegie op. 5 für Hom und Org.), Klavierwerke 
und zahlreiche Lieder. 

Lit. : H. Alfv£n (Autobiogr.) I. Första satsen, Ung- 
domsminnen, II. Tempo furioso, III. I Dur och Moll, 
IV. Final, Stockholm 1946-52. - S. E. Svensson, H. A. 
som människa och konstnär, Uppsala 1946 (mit 
Bibliogr. u. Werkverz.). 

Algarpff, Youly, französischer Tänzer russi- 
scher Herkunft, Schüler von B. Kniasew, debü- 
tierte 1937 in Paris und wirkte 1941 als Solo- 
tänzer in Lyon. A. tanzte danach bei den Ballets des 
Champs-Elysees, bei Lifars Nouveaux Ballets de 
Monte Carlo und ist jetzt Premier Danseur Etoile 
an der Pariser Großen Oper. 

AlgarQtti, Francesco (Graf), * 11. 12. 1712 zu 
Venedig, t 3. 5. 1764 zu Pisa; ein Mann von viel- 
seitiger Bildung und Weltkenntnis, wurde von 
Friedrich II. 1740 nach Berlin gerufen, wo er 
als Kammerherr blieb und in den Grafenstand er- 
hoben wurde. A. war dem König bei der Ab- 
fassung von Opemlibretti behilflich. 1749 ging er 
aus Gesundheitsrücksichten nach Italien zurück; 
Friedrich II. ließ ihm auf dem Campo Santo in 
Pisa ein Denkmal errichten. A. schrieb auch: Saggio 
sopra Vopera in musica (1754, mehrfach aufgelegt 
und ins Französische, Englische und Deutsche 
übersetzt). 

Lit.: D. Michelessi, Memorie intomo alla vita ed 
agli scritti del F. A., Venedig 1770 (in frz. Übers.: 
Mömoires conceraant la vie . . ., Bin 1772); M. Sic- 
cardi, L’Algarotti critico e scrittore di belle arti, Asti 
181 1 ; F. Förster, Friedrich II., Briefwechsel mit dem 
Grafen A., aus dem Französischen u. Italienischen 
übersetzt. Bin 1837; E. Wellesz, F. A. u. seine Stel- 
lung zur Musik, SIMG XV, 1913/14. 

Ali von Isfahan -> al-Isfahäni. 

Aliö, Francisco, * 27. 3. 1862 und j 31. 3. 1908 
zu Barcelona; katalanischer Musikkritiker, der mit 
einer von ihm harmonisierten Sammlung katala- 
nischer Volksweisen (Cangons populars catalanes , 
Barcelona 1891) und eigenen Liedern ( Sis melodies, 
Barcelona 1887) auf die neuere Musik Kataloniens 
Einfluß nahm. 

Lit.: F. Pedrell, Fr. A., Barcelona 1909; Ll.Millet, 
Recull d'escrits, Barcelona 1927, darin: Pel nostre 
ideal. 

Alipr^ndi, Bcrnardo, aus Mailand gebürtig, 
nach anderen Angaben * um 1710 im Toskani- 
schen; italienischer Violoncellist, 1732 Violoncellist 
der Münchner Hofkapellc, 1737 Kammerkompo- 
nist und 1750 Konzertmeister, 1780 pensioniert, 
scheint als Komponist nur mit einigen Opern 
( Apollo tra le Muse in Pamasso 1737, Mitridate 1738, 


Semiramide 1740) und einem Stabat mater (S. und A. 
mit Instrumenten 1749) hervorgetreten zu sein. 
Sein gleichnamiger Sohn war bereits 1762 auch 
Violoncellist im Münchner Hoforchester und gab 
einige Kompositionen für sein Instrument heraus. 

Alison ('aelizan), Richard (Allison, Aloyson), 
englischer Komponist des 16./17. Jh., Herausgeber 
von The Psalmes of Dauid in Meter (4st., 1599) und 
An Howres Recreation in Musicke , apt for Instru- 
mentes and Voyces (1606). 

Ausg.: »An Hours Recreation in Music« hrsg. v. 
E. H. Fellowes, EMS XXXIII, London 1924. 

Alfrbjew, Alexander Alexandrowitsch (Alab- 
jew), * 4. (15.) 8. 1787 zu Tobolsk oder Perm, 
f 22. 2. (6. 3.) 1851 zu Moskau; russischer Kompo- 
nist, schrieb mehrere zu ihrer Zeit sehr beliebte 
Singspiele und Opern, daneben über 100 Lieder 
(darunter die vielfach als Einlage in Rossinis »Bar- 
bier von Sevilla« gesungene Nachtigall) und Ro- 
manzen, die zum Teil unter Schuberts Einfluß 
stehen. 

Ausg. : GA d. Romanzen u. Lieder, 4 Bde, Moskau 1898. 
Lit.: G. Timofejew, A. A. A., Moskau 1912; B. 
Dobrochotow, A. A. A. Kamemo-instrumentalnoje 
twortschestwo, Moskau u. Leningrad 1948; ders., 
A. A., in: Sowjetskaja Musyka 1951, Nr 4. 

Alkan (alk'2), Charles Henri Valentin (Mor- 
hange, genannt A.), * 30. 11. 1813 und f 29. 3. 
1888 zu Paris; französischer Komponist und Pia- 
nist, wurde mit 6 Jahren Schüler des Pariser Con- 
servatoire, erhielt schon nach anderthalb Jahren den 
ersten Solf£gepreis und als Zehnjähriger den ersten 
Klavierpreis. Ab 1831 widmete er sich der Kom- 
position und veröffentlichte zahlreiche technisch 
sehr schwierige Klavierwerke, so Etudes-Caprices 
op. 12, 13, 16; Konzertetüde Le Preux op. 17; 
Trois Grandes Etudes op. 15; Douze Etudes op. 35; 
Douze Grandes Etudes op. 39; Nocturne op. 22; 
Saltarelle op. 23; Marche funebre op. 26; Marche 
triomphale op. 27; Bourrde d* Auvergne op. 29; Kla- 
viertrio op. 30; 25 Präudes op. 31; Recueil dTm- 

Ö tus op. 32; Grande Sonate op. 33; Werke für 
-Klavier op. 64, 66, 69, 72. - Auch sein Bru- 
der Napolöon Morhange A., * 2. 2. 1826 und 
t März 1888 zu Paris, war Pianist und hat einzelne 
Klavierstücke herausgegeben. 

Alkor-Edition ->■ Bärenreiter-Verlag. 

Alkuin Alcuinus. 

Allacci (all'attji), Leone (Allatius), * 1586 auf 
Chios von griechischen Eltern, f 19. 1. 1669 zu 
Rom; kam als Knabe nach Kalabrien, später nach 
Rom, wo er nach fleißigen Studien Lehrer am grie- 
chischen Kolleg und 1661 Bibliothekar der vati- 
kanischen Bibliothek wurde. Seine für die Musik- 
eschichte wichtige Drammaturgia (Rom 1666) ist 
er erste Versuch eines Verzeichnisses aller in 
Italien aufgeführten Dramen und Opern. Eine bis 
1755 fortgeführte Neuausgabe veranstaltete G. B. 
Pasquali (Venedig 1755). 

All$gri, Gregorio, * 1582 und f 17. 2. 1652 zu 
Rom; italienischer Komponist, 1591-96 Chor- 
knabe unter G. Bernardino Nanino in S. Luigi dei 
francesi, wo er noch 1603-06 als Tenorist an Fest- 
tagen tätig war, nach Adami auch Schüler von 


25 



Allegri 

Giovanni Maria Nanino, ab 1629 päpstlicher Ka- 
pdlsänger. Er ist am bekanntesten durch sein 9st. 
Miserere , das lange Zeit zu den Vorzugsstücken der 
Karwoche in der Sixtinischen Kapelle gehörte und 
nicht kopiert werden durfte (zuerst 1771 von Bur- 
ney herausgegeben). An Druckwerken sind von 
A. bekannt: 2 Bücher Coticertini 2-4 v. (1618-19), 
2 Bücher Motetten 2-6st. (1621) und eine 4st. 
Sonate für Streichinstrumente; einzelne Kompo- 
sitionen sind in Sammelwerken erhalten. Hand- 
schriftlich finden sich zahlreiche Kirchengesänge 
in Rom in den Archiven von Santa Maria in VaH- 
cella und der päpstlichen Kapelle (Messen, Lamen- 
tationen, Motetten, Magnificats, Improperien, 
Tedeum). 

Ausg.: 2 Miserere u. andere Kirchenstücke (hrsg. v. 
L. Niedermeyer), Recueil de morceaux de musique 
ancienne II, Paris (1843); eine Motette in Musica 
Divina I, 2; 2 4st. Sätze in Musica sacra VI, hrsg. 
v. A. Neithardt, Bin u. Posen. 

Lit.: A. Cametti, La scuola dei pueri cantus di S. 
Luigi dei Francesi in Roma, RMI XXII, 1915; J. 
Amann, Allegris Miserere und die Aufführungspraxis 
in der Sixtina, Freiburger Studien zur Mw. IV, Re- 
gensburg 1935. 

All$gri, Lorenzo (II Tedesco), * um 1573, 
f 16. 7. 1648 zu Florenz; italienischer Komponist, 
wahrscheinlich von deutscher Herkunft, wirkte ab 
1604 als Lautenspieler und -lehrer in der Floren- 
tiner Hofkapelle, für die er zahlreiche Ballette 
komponierte. Erhalten ist ein Primo Libro delle 
Musiche (Venedig 1618), das Suiten und gesungene 
Tänze enthält. 

Lit: A. Solerti, Musica, ballo e drammatica alla 
Corte Medicea, Florenz 1905. 

Allen ('sebn), Sir Hugh Percy, * 23. 12. 1869 
zu Reading (Berkshire), f 20* 2. 1946 zu Oxford; 
englischer Organist und Chordirigent, bekleidete 
seit seinem elften Jahre Organistenposten in Lon- 
don, Chichester, Cambridge, Ely, war 1901-20 
Dirigent des Bach-Choir in London, 1901-18 Or- 
ganist am New College in Oxford, 1918 Dozent 
m Oxford, 1918-37 Direktor des Royal College of 
Music in London. Er war ein einflußreicher Or- 
ganisator des englischen Musiklebens. 

Lit: E. J. Dent in: The Music Bulletin 1923; T. 
Armstrong, Sir H. A., The Mus. Times 87, 1946; 
C. Bailey, H. P. A., Oxford 1948; Th. Wood, Por- 
trait of H. P. A., ML XXXI, 1950. 

Allen ('adbn), Paul Hastings, * 28. 11. 1883 zu 
Hyde Park (Massachusetts), f 28. 9. 1952 zu 
Boston; amerikanischer Komponist, studierte Mu- 
sik in Florenz, lebte über 20 Jahre in Italien und 
kehrte nach Beendigung des 1. Weltkrieges 
nach Amerika zurück. Er schrieb mehrere, zum 
Teü italienische Opern, darunter U Filtro (Genua 
1912), Milda (Venedig 1913), L* ultimo dei Moicani 
(Florenz 1916), La piccola Figaro (1931), Sympho- 
nien, Dans la nuit für Kammerorch., Chorkompo- 
sitionen, Streich- und Bläserquartette, Trios, So- 
naten und kleinere Stücke für verschiedene Instru- 
mente (Kl.) und Lieder. 

Allen ('aebn), Red (Henry jr.), * 7. 1. 1908 zu 
Algiers (Louisiana); amerikanischer Jazzmusiker 
(Trompeter), Schüler seines Vaters, spielte in meh- 
reren bekannten Kapellen (King Oliver, L. Russell, 
FL Henderson, L. Armstrong), bis er gegen 1940 


eine eigene gründete, die noch besteht. A. gilt als 
einer der führenden Trompeter des klassischen 
Jazz und war an dessen Umwandlung zum Swing 
mitbeteiligt. 

All$nde, Pedro Humbcrto, * 29. 6. 1885 zu 
Santiago de Chile; chilenischer Komponist und 
Folklorist, lebt in Santiago. Als 14jährigcr trat er 
in das Nationalkonservatorium seiner Vaterstadt 
ein, absolvierte das Pädagogium für Violine, Har- 
monielehre und Gesang, war bis 1928 an verschie- 
denen Schulen als Musiklehrer tätig und wirkte 
seitdem bis 1946 als Kompositionslehrer am Kon- 
servatorium von Santiago. Mehrfach von seiner 
Regierung zum Studium der Musikerziehung nach 
Europa entsandt, nahm er als Abgeordneter Chiles 
auch an den internationalen Folklorckongressen in 
Prag und Barcelona teil (1927, 1929). Er gilt als 
Wegbereiter der modernen Musik in Chile. Volks- 
liedsammlungen und Volkslicdbearbeitungcn bil- 
den den Hauptteil seines Werkes als Herausgeber. 
Kinderlieder, Jugend- und Friedenshymnen sowie 
Orchestergesänge sind stilistisch von hier her be- 
einflußt, ebenfalls die Orchesterwerkc, unter 
ihnen die sinfonischen Dichtungen Esccnas campe - 
sinas chilenas (1913-14) und La voz de las callcs 
(1920), aber auch Konzerte für V., Vc. und Kl. 
Unter der zahlreichen Kammermusik stehen Tona - 
das für Kl., ferner Tänze für Harfe und Gitarre an 
erster Stelle. 

Lit. : N. Slonimsky, H. A., Ihe first modernist of Chile, 
in: Musical America, August 1942. 

Allihn, Heinrich Max, * 31. 8. 1851 und f 15. 
11. 1910 zu Halle an der Saale; deutscher Musik- 
schriftsteller, wurde 1876 Archidiakon in Weißen- 
fels, später Pfarrer in Athenstedt bei Halbcrstadt 
und in Halle. A. wurde bekannt durch seine Be- 
arbeitung von Töpfers Lehrbuch der Orgelbaukunst 
in 2. Auflage ( Theorie und Praxis des Orgelbaues , 
1888). Er schrieb zahlreiche Aufsätze für* Paul de 
Wits Zeitschrift für Instrumentenbau. 

Alme, Waldemar, * 10. 1. 1890 zu Oslo; nor- 
wegischer Pianist, Klavier- und Orgdschülcr an 
Lindeman’s Konservatorium in Oslo, studierte 
dann noch in Berlin Theorie bei Tobias und 
Schrattenholz und Klavier bei K. H. Barth, war 
1916/17 Lehrer am Klindworth-Scharwenka-Kon- 
servatorium und 1919-21 erster Lehrer am Musik- 
institut in Helsinki, 1921-35 Organist der Paulus- 
kirche in Oslo. Er hat in Deutschland, Frankreich, 
Finnland und Skandinavien konzertiert und lebt 
als Organist und Pädagoge in Oslo. 

d* Almedda (alm'e:da), Antonio; portugiesischer 
Komponist und Dichter, stammte aus Porto, wo 
er um 1550 Domkapcllmeistcr war. Er schrieb Kir- 
chenmusik und Komödien. Strittig ist, ob er nur 
den Text oder auch die Musik des Oratoriums La 
humana carca verfaßte. 

d’Almeida (alm'erda), Fray Fernando, * um 
1618 und f 21. 3. 1660 zu Lissabon; portugiesischer 
Komponist, studierte bei D. Lobo und trat 1636 
(oder 1638) in das Kloster Thomar (Estremadura) 
ein, für das er eine 2st. Messe, Lamentationen, 
Responsorien und Miserere für die Karwoche 
schrieb. 


26 



Aisleben 


d’Almeida (alm'e:da), Francisco Antonio, 
t wahrscheinlich 1755 zu Lissabon; Begründer der 
portugiesischen Oper mit der dreiaktigen Oper 
La pacienza di Socrate (Lissabon 1733), schrieb bis 
1752 noch folgende Opern: La Finta pazza , Le 
Virtü trionfanti , La Spinalba und VIppolito, auch 
Kirchenmusik. 

d’Almeida (alm'e:da), P. Ignacio Antonio, 
* 18. 2. 1760 zu Guimaräes (Portugal), j* 25. 10. 
1825 zu Braga, wo er Domkapellmeister und Abt 
war, schrieb ein Requiem, ein Stabat mater, Offi- 
zien für die Karwoche sowie Streichquartette op. 5, 
6 und 7. 

Almenräder, Karl, * 3. 10. 1786 zu Ronsdorf bei 
Düsseldorf, f 14. 9. 1843 zu Biebrich; deutscher 
Instrumentenmacher und Fagottvirtuose, war 1810 
Lehrer der Musikschule zu Köln, 1812 im Theater- 
orchester zu Frankfurt am Main, 1815-16 Militär- 
kapellmeister, ließ sich dann in Mainz nieder (be- 
freundet mit Gottfried Weber). 1820-22 betrieb 
er in Köln eine Fabrik von Blaanstrumenten, trat 
dann aber in die nassauische Hofkapelle zu Bie- 
brich ein und überwachte nebenbei die Anfertigung 
der Fagotte in der Schottschen Instrumentenfabrik 
zu Mainz. A. hat das Fagott verbessert, darüber 
eine Abhandlung über die Verbesserung des Fagotts 
(Mainz, um 1820) und eine Fagottschule geschrie- 
ben; außerdem komponierte er Konzerte, Phanta- 
sien für Fag. mit Streichinstrumenten sowie einige 
Gesangstücke, darunter die damals populäre Bal- 
lade Des Hauses letzte Stunde, 

deAlmeyda(alm'e:da), Carlos Francisco, *zu 
Burgos; spanischer Violinist, Mitglied der Real 
Capilla zu Madrid, ließ 1798 in Paris 6 Streich- 
quartette op. 2 erscheinen. 

Almquist, Carl Jonas Lovis (Love), * 28. 11. 1793 
zu Stockholm, f 26. 9. 1866 zu Bremen; Kompo- 
nist und auch Dichter von Liedern, erregte Auf- 
sehen durch seine freien Phantasien am Klavier, 
gab auch eine Anzahl Phantasien heraus. 

Lit.: S. Marström, Strödda anteckningar om C. J. L. 
A., in: STMf III, 1921; M. Pergament, C. J. L. A., 
in M. P.s: Svenska tonsättare, Stockholm 1943. 

Alnaes ('alnes), Eyvind, * 29. 4. 1872 zu Fred- 
riksstad (Norwegen), t 25. 12. 1932 zu Oslo; nor- 
wegischer Organist und Komponist, Schüler von 
Iver Holter in Oslo und 1892-95 von Reinecke am 
Leipziger Konservatorium, 1895-1907 Organist 
in Drammen, lebte ab 1907 in Oslo als Organist 
und Chorvereinsdirigent. Er schrieb: Sympho- 
nien C moll op. 7 (1898) und D dur op. 43 (1923), 
Variations sytnphoniques op. 8 (1898), Klavierkon- 
zert Ddur op. 27 (1913), Klavierstücke, Chöre 
und Lieder. 

Alnar, Hasan Ferit, * 11. 3. 1906 zu Istanbul; 
türkischer Komponist und Dirigent, war nach 
ersten Musikstudien in der Türkei Schüler von 
J. Marx und Kabasta in Wien (1927-32). In Istan- 
bul wurde er nach seiner Rückkehr Dirigent am 
Stadttheater und Lehrer für Musikgeschichte am 
Konservatorium, war 1937-46 Kompositionsleh- 
rer am Staatlichen Konservatorium, 1946-53 Chef- 
dirigent des Philharmonischen Orchesters und 
ist jetzt GMD der Staatsoper in Ankara. Außer 


Werken für die Bühne (Sari Zeybek , 1932/33, Mu- 
sik für Chor und Orch. zu Goethes Faust , Ankara 
1946), schrieb er mehrere Filmmusiken, Orchester- 
werke: Türkische Suite (1930), Romantische 
Ouvertüre (1932), Istanbul-Suite (1937/38), Cello- 
konzert (1943), 3 Volkslieder für S. und Orch. 
(1948), Chore, Phantasie-Trio für V., Vc. und Kl., 
Streichquartett (1933), Suite für V. und Kl., zahl- 
reiche Klavierstücke und Lieder. 

Alpaerts ('alpa:rts), Flor, * 12. 9. 1876 und f 5. 
10. 1954 zu Antwerpen; belgischer Komponist, 
studierte am Konservatorium von Antwerpen 
(Blockx), wo er 1903 Lehrer für Solföge, 1924 
Lehrer für Kontrapunkt und Fuge wurde. 1919-51 
war er Leiter der Symphonie-Konzerte der Zoolo- 
gischen Gesellschaft und wurde 1933 (bis 1941) 
mit der Leitung des Konservatoriums betraut. 
Werke: Oper Shylock (Antwerpen 1912), sympho- 
nische Dichtungen (Psychi, Renouveau , Cyrus , 
Symphonie du Printemps) und andere Orchester- 
werke, Violinkonzert (1948), Symphonisches Ge- 
dicht für FL und Orch. (1903), Bühnenmusiken zu 
Hauptmanns Versunkener Glocke und zu Sopho- 
kles’ Ödipus auf Kolonos, Kantaten, Klavierkompo- 
sitionen und Lieder. 

Lit: »FL A.«, Antwerpen 1941. 

d’Alquen ('alkan), Peter Cornelius Johann, 

* 1795 zu Arnsberg (Westfalen), f 27. 11. 1863 zu 
Mülheim am Rhein; studierte in Berlin Medizin 
und unter Klein und Zelter Musik, wandte sich 
aber als praktischer Arzt in Mülheim überwiegend 
der Komposition zu und wurde durch seine Lieder 
populär. - Sein Bruder Friedrich A. E., * 1810, 
f 18. 6. 1887 zu London, war für die juristische 
Laufbahn bestimmt (Dr. jur.), bildete sich jedoch 
unter Hubert Ries zum Violinvirtuosen aus, ließ 
sich 1827 in Brüssel, 1830 in London als Musik- 
lehrer nieder, wo er verschiedene Violin- und Kla- 
vierkompositionen veröffentlichte. 

G. Alsbach & Co., holländischer Musikverlag, 
gegründet von C. G. Alsbach 1866 in Rotterdam; 
1898 wurde der Sitz des Verlages nach Amster- 
dam verlegt. Inhaber ist seit 1903 Joh. A. Alsbach. 
Das Verlagsprogramm enthält Werke fast aller 
bekannten niederländischen Komponisten, die 
Ausgaben der Vereeniging voor Nederlandsche 
Muziekgeschiedenis (seit 1910, Band XXX), Un- 
terrichts-, Chor- und Orgelmusik. 

Alsen, Herbert, * 12.10.1906 zu Hildesheim; 
österreichischer Sänger (Baß), studierte zunächst 
Geige, dann Gesang an der Hochschule für Musik 
in Berlin, gleichzeitig Musik- und Theaterwissen- 
schaft an der dortigen Universität. Sein Weg als 
Opernsänger führte ihn über Hagen und Dessau 
nach Wiesbaden. Nach einem Gastspiel als Gume- 
manz engagierte ihn Weingartner 1936 an die 
Staatsoper in Wien, wo er bis heute tätig ist. Von 
hier aus wurde er über Salzburg und Glynde- 
boume u. a. nach New York, Rom, Paris, Lon- 
don, Berlin, München verpflichtet. Der 1947 zum 
Kammersänger ernannte Bassist tritt auch als Ora- 
torien- und Liedersänger auf. 

£lsleben, Julius, * 24. 3. 1832 und f 8. 12. 1894 
zu Berlin, studierte in Berlin Orientalia, promo- 
vierte in Kid, widmete sich dann aber ganz der 


27 



Alstedt 


Musik als Schüler von Leuchtenberg, Zech und 
Dehn. A. lebte als Klavierlehrer in Berlin, wurde 
1865 Vorsitzender des Berliner Tonkünsdervereins, 
1879 Mitgründer und Vorsitzender des Musik- 
lehrervereins. 1872 erhielt er den Professortitel. A. 
redigierte ab 1874 einige Tahre die Harmonie und 
veröffentlichte neben musikgeschichtlichen Arbei- 
ten ein Kleines Tonkünstlenexikon (Berlin 1864). 

Alstedt, Johann Heinrich, * 1588 zu Bellers- 
bach bei Herbom (Nassau), f 8. 11. 1638 zu Wei- 
ßenburg (Siebenbürgen); Professor der Theologie 
und Philologie in Herbom, handelt in seiner Scieti- 
tiarum omnium Encyclopaedia (1649) vielfach von der 
Musik, gab auch ein Elementale mathematicum (161 1) 
heraus, von dem ein Teü das Elementale musicum 
ist, welches separat ins Englische übersetzt wurde 
(1664 durch J. Birkensha) ; auch der achte Teil sei- 
nes Methodus adtnirandorum mathematicorum (1613) 
beschäftigt sich mit der Musik. 


Altenburg, Johann Ernst, * 15. 6. 1734 zu Wei- 
ßenfels, + 14. 5. 1801 zu Bitterfeld; Sohn des in 
Weißenfels wirkenden Hoftrompeters Johann 
Kaspar A. (1688-1761), Schüler von Römhildt in 
Merseburg und Altnikol in Naumburg, wurde 
1767 Organist in Landsberg bei Halle und 1769 in 
Bitterfeld, wo er arm und verkommen starb. Er 
schrieb den bedeutenden Versuch einer Anleitung 
zur heroisch-musikalischen Trompeter - und Pauker- 
Kunst (Halle 1795) und gab Klavierkompositionen 
heraus. 

Lit.: A. Werner, J. E. A., der letzte Vertreter der 
heroischen Trompeter- und Paukerkunst, ZfMw XV, 
1932/33; ders., Musikpflege in Stadtu. Kreis Bitter- 
feld, Bitterfeld 1931 (enthält A.s Selbstbiogr. von 
1769); ders., Die- thüringer Musikerfamilie Alten- 
burg, S1MG VII, 1905/06. 


Altenburg, Michael, * 27. 5. 1584 zu Alach bei 
Erfurt, + 12. 2. 1640 zu Erfurt; deutscher Kirchen- 
komponist, studierte in Erfurt Theologie, wurde 
1599 Baccalaureus, 1602 Magister. Daneben wirkte 
er ab 1600 als Lehrer, ab 1601 als Kantor an St. 
Andreas in Erfurt. 1610-21 war er Pastor in 
Tröchtelbom, 1621-37 an der Bonifadus-Kirche 
in Sömmerda. 1637 floh er nach Erfurt, wurde 
dort Diakon und 1638 Pastor an St. Andreas. Er 
schrieb: Das 53. Kapitel des Jesaia , 6st. (Erfurt 
1608); Gaudium Christianum, 5-18st. (Jena 1617)- 
Musikalischer Schild und Schirm , 55. Psalm, zu 
6 St. (Erfurt 1618) ; Erster Teil neuer lieblicher und 
zierlicher Intraden . . . darin zugleich eine Choral- 
stimm . . . vernehmlich ... kann mitgesungen werden , 
6st. (Erfurt 1620); Cantiones de adventu Domini , 
10 deutsche und eine lateinische Motette zu 5 bis 
8 St. (Erfurt 1620); Erster Teil christlicher... 
Kirchen- und Hausgesänge , 5st, (Erfurt 1620); Der 
ander Teil , 5-8st. (Erfurt 1620, 3. und 4. Teü Er- 
furt 1621); Musikalische Weihnachts- und Neujahrs- 
zierde (Erfurt 1621) und 2 Hochzeitsgesänge. 

Ausg. : 3 Sätze in : C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchen- 
ge^ng II, Lpz. 1845; 14 Sätze in: L. Schoeberlein 
u. Fr. Riegel, Schatz d. liturgischen Chor- u. Geraein- 
fSK 8 ? 188 1868-72; Intraden von 

1620, hrsg. v. H. Erdlen u. E. Rabsch, Lpz. 1932, 

Ut: A. Auberlen, M. A., MfM XI, 1879; L. 

S* MG v > 1903/04; B.Krfzio, 
Gustav Adolf, J. Fabncius u. M. A., d. drei Urheber 
d. Lied« »Verzage nicht, du Häuflein kleinl«, Göt- 
tingen 1935. ’ 


Althouse ('oilthauz), Paul Shcarcr, * 2. 12. 1889 
zu Reading (Pennsylvania), + 6. 2. 1954 zu New 
York; amerikanischer Opcm- und Konzertsanger 
(Tenor), debütierte 1913 als Dniitri in Mussorg- 
skijs Boris Godunow an der Metropolitan Opera 
New York, der er neben Engagements in Chicago 
und San Francisco und Gastspielreisen durch Eu- 
ropa und Australien auch weiterhin verbunden 
blieb. Außer Rollen des französischen und italie- 
nischen Repertoires übernahm er auch Partien aas 
Opern von Wagner. 


Altmann, Wilhelm, * 4.4. 1862 zu Adelnau, 
+ 25. 3. 1951 zu Hüdesheim ; deutscher Musikfor- 
scher, Violinschülcr von O. Lüstner in Breslau, 
studierte in Marburg und Berlin Geschichte und 
klassische Philologie; 1885 war er Assistent bei L. 
von Ranke und promovierte im gleichen Jahre. 
1886 wurde er Bibliothekar, zunächst an der Uni- 
versitätsbibliothek Breslau, ab 1889 in Greifswald, 
wo er sich 1893 als Privatdozent für Geschichte 
des Mittelalters habilitierte. 19(X) wurde er an die 
Königliche Bibliothek Berlin berufen, 1906 dort 
Leiter der Deutschen Musiksammlung; 1915-27 
war er als Nachfolger Kopfermanns Leiter der 
Musikabteilung. Er schrieb: Heinrich von Herzoqcn- 
berg (1903); Öffentliche Musikbibliotheken; citt from- 
mer Wunsch (1903); Albert Nientatm und Richard 
Wagner (1925). Er gab Briefe und Schriften von 
J. Brahms, O. Nicolai, Weber und Wagner heraus. 
Wichtig sind seine Kataloge: Kammermusik-Litera- 
tur (enthält die seit 1841 erschienenen Werke, 
Leipzig 1910, 6 1945); Orchester-Literatur-Katah <* 
(2 Bände, Leipzig 1919, 21937); Katalog der seit 
1861 in den Handel gekommenen theatralischen Musik 
(5 Hefte, Wolfenbüttel 1935-39); Handbücher für: 
Streichquartcttspieler (4 Bände, Berlin 1928-31), 
Klavicrtriospieler (Wolfcnbüttel 1934), Klavierquar- 
tettspielcr (Wolfenbüttel 1937), Klavierquintettspie - 
ler (Wolfcnbüttel 1936); Führer durch die Violin- 
Literatur (Neuausgabe des Werkes von Tottmann; 
1935); Literaturverzeichnis für Bratsche und Viola 
d*amore (mit W. Borissowsky, Wolfcnbüttel 
1937); Verzeichnis von Werken für Klavier 4- und 
6händig t sowie für 2 und mehr Klaviere (Leipzig 
1943); Wilhelm Berger-Katalog (Leipzig 1920); Die 
Kammermusikwerke von F. Lux (1920); R. Wagners 
Briefe nach Zeitfolgc utui Inhalt (1905); Neubearbei- 
tung von P. Franks Kurzgefaßtetn Tonkünstler- 
Lexikon (121926, 151948/49) und Taschenbüchlein des 
Musikers (Leipzig 281 925, 211951). Er schrieb noch 
Composers I have known (MMR LXXXI, 1951). 
Lit. : W. Krabbe, W. A. zum Gedächtnis, Mf IV, 1951. 


Altnikol, Johann Christoph, getauft am 1. 1. 
1720 zu Bema (Schlesien), begraben 25. 7, 1759 zu 
Naumburg; deutscher Komponist, Sohn eines 
Häuslers und Webers, war Student in Leipzig, 
Schüler und Schwiegersohn von J. S. Bach (ver- 
mählt 20. 1. 1749^ mit Elisabeth Juliane Fridcrike 
Bach), kurze Zeit Organist in Niederwiesa bei 
Greiftenbcrg, von 1748 bis zu seinem Tode Orga- 
nist in Naumburg. Er war als Komponist ange- 
sehen, doch erschien nichts im Druck und nur 
wenig ist handschriftlich erhalten (Kirchenmusik 
und Klavierwerke). 


kVi s * g :; >>I S y 2 c ?, “ Yeröff. d. Neuen Bach-Ges. V; 
Motette »Befiehl du deme Wege«, ebenda XXV. 


28 



Amati 


Lit. : J. S. Bach, Gesammelte Briefe, hrsg. v. E. H. 
Müller von Asow, Regensburg 1938, 21950 . - 
F. Hamann, J. Chr. A., in: Schlesisches Blatt für ev. 
Kirchenmusik LX, Nr 9, 1929; ders., J. Chr. A. in 
Greiffenberg, Bach-Jb. XXXVI, 1939; H. Löffler, 
Die Schüler J. S. Bachs, Bach-Jb. XL, 1953. 

Mitschüler» Modest, * 15. 2. 1873 zu Mogilew; 
amerikanischer Violoncellist russischer Herkunft, 
studierte am Warschauer und Moskauer Konser- 
vatorium und ließ sich nach Reisen mit dem Mos- 
kau-Trio in New York als Cellist und Musik- 
pädagoge nieder. Hier gründete er 1903 das Russi- 
sche Symphonie-Orchester, mit dem er auf Reisen 
in Nord- und Südamerika auftrat. 

Alva, Pedro ->■ Alba. 

Alv$ry, Max, * 3. 5. 1856 zu Düsseldorf, f 7. 11. 
1898 zu Großtabarz (Thüringen) ; deutscher Sänger, 
Sohn des Malers Andreas Achenbach (A. war sein 
Bühnenname), besuchte das Jesuitengymnasium in 
Paris, wählte den Beruf des Opernsängers (Tenor, 
Schüler von Julius Stockhausen) gegen den Willen 
seines Vaters und sang an den Bühnen in Weimar, 
München, New York, Hamburg und Mannheim. 

Alwin, Karl Oskar, * 15. 4. 1891 zu Königsberg, 
1 15. 10. 1945 zu M&rico D. F. ; deutscher Dirigent, 
studierte in Berlin Literatur, Phüosophie und Mu- 
sik (Humperdinck, Kaun). Durch Carl Muck kam 
er als Korrepetitor an die Berliner Hofoper, assi- 
stierte 1912 bei den Bayreuther Festspielen und 
war dann Kapellmeister in Halle, Posen, Düssel- 
dorf und Hainburg. 1920-38 wirkte er an der Wie- 
ner Staatsoper, war auch an der Musik-Akademie 
tätig (1924 Professor) und machte Gastspielreisen 
nach England und Spanien (1924 und 1925). 1938 
ging er nach Amerika, wirkte dort zunächst als 
Begleiter Jan Kiepuras, war 1939-40 Dirigent in 
Chicago und ab 1941 in M&rico D. F. Er schrieb 
zahlreiche Lieder (zum Teil gedruckt), einen sym- 
phonischen Walzer und eine Symphonie E dur. 

Alwyn ('o:lwin), William, * 7. 11. 1905 zu 
Northampton; englischer Komponist, Schüler der 
Royal Academy 01 Music in London, an der er seit 
1927 als Kompositionslehrer wirkt. Seit 1936 
schrieb er weit über 50 Filmmusiken; weitere 
Werke: Oratorium The Montage of Heavert and 
Hell (1936); Concerto grosso (1942), Suite of 
Scottish Dances (1946) und Manchester Suite (1947) 
für Orch., Klavierkonzert (1930), Violinkonzert 
(1939), Pastoral Fantasia für Va und Streichorch. 
(1943), Konzert für Ob., Harfe und Streicher 
(1945); Klaviersonate (1947) und Lieder auf Texte 
von Louis MacNeice (1947). 

Alypios, griechischer Musikschriftsteller um 360 
n. Chr., dessen Einleitung in die Musik zuerst von 
Meursius (Aristoxenus, Nicomachus , Alypius , Aucto- 
res musices antiquissimi , 1616; ohne die Noten), 
Kircher ( Musurgia universalis , 1650) und (mit den 
Notentabellen) von Meibom ( Antiquae musicae 
auctores septem, 1652) abgedrackt wurde. Der Trak- 
tat enthält sämtliche 15 Transpositionsskalen der 
Griechen in der Vokal- und Instrumentalnotierung 
diatonisch und chromatisch und 9 derselben (zum 
Teil unvollständig) auch enharmonisch; wir haben 
daher die Kenntnis der griechischen Notenschrift 
hauptsächlich A. zu danken. 


Ausg. : Kritische NA v. K. v. Jan in Musici scriptores 
graeci, Lpz. 1895. 

Lit. : F. Bellermann, Die Tonleitern u. Musiknoten 
d. Griechen, Bin 1847; K. Fortlage, Das musika- 
lische System d. Griechen in seiner Urgestalt, Lpz. 
1847; C. Sachs, Die griech. Instrumentalnotenschrift, 
ZfMw VI, 1923/24; ders.. Die griech. Gesangsnoten- 
schrift, ZfMw VII, 1924/25; A. Samojloff, Die 
Alypius’schen Reihen d. altgriech. Tonbezeichnung..., 
AfMw VI, 1924. 

Amadjno, Riccardo, Musikverleger in Venedig, 
anfänglich (1583-86) assoziiert mit Giac. Vincenti, 
dann allein bis 1615. 

Amalar von Metz, Kirchenschriftsteller des 9. Jh., 
f etwa 857. Von Ludwig dem Frommen wurde er 
831 oder 832 in liturgischer Mission nach Rom 
gesandt. Zwischen 827 und 834 stellte er ein neues 
Antiphonar zusammen, neu im Vergleich zu dem 
unter Karl dem Großen von Paulus Diaconus und 
danach von Alcuin bearbeiteten Buch. Seine Neu- 
fassung begründete er in der Schrift De ordine anti - 
phonarii , die mit einer weiteren. De ecclesiasticis 
officiis, bei Migne (Patr. lat. 105) wiedergegeben 
ist. 

Amalia, - 1) Prinzessin von Preußen, - 2) Her- 
zogin von Sachsen-Weimar; -> Anna Amalia. 

Amalia, Marie A. Friederike, Prinzessin von 
Sachsen, * 10. 8. 1794 und f 18. 9. 1870 zu Dres- 
den; Schwester des Königs Johann von Sachsen, 
wurde unter dem Namen Amalie Heiter als Dich- 
terin von Lustspielen bekannt. Als Komponistin 
hinterließ sie vorwiegend kirchenmusikalische 
Werke und mehrere Opern. 

Lit. : M. Fürstenau, Die musikalischen Beschäfti- 
gungen der Prinzessin A., Dresden 1874. 

cTAmance, Paul -> Damance. 

Amar, Li ko , * 4. 12. 1891 zu Budapest; türkischer 
Violinist, Schüler von Marteau (Berlin), in dessen 
Quartett er 1912 als 2. Geiger eintrat. 1915 wurde 
er Konzertmeister des Philharmonischen Or- 
chesters in Berlin, 1920 am Mannheimer National- 
theater. 1921 gründete er ein Streichquartett mit 
P. Hindemith als Bratscher, das sich erfolgreich 
für die zeitgenössische Musik einsetzte und bei den 
Donaueschinger Musikfesten mitwirkte. 1929 löste 
es sich auf. A. wurde 1935 als Professor an das 
Konservatorium von Ankara berufen und lebte, 
nachdem er 1933 Deutschland hatte verlassen müs- 
sen, seit 1938 dort. A. ist 1957 einem Ruf an die 
Hochschule für Musik in Freiburg im Breisgau 
gefolgt. 

Am$t, Joan Carlos (eigentlich Jo an Carles y 
Amat), * um 1572 und 1 10. 2. 1642 zu Monistrol 
am Montserrat; katalanischer Arzt und Musiker, 
studierte bis 1595 in Valencia und ist ab 1618 als 
Arzt seiner Heimatstadt nachweisbar, Verfasser des 
ersten Traktats über die Gitarre: Guitarra Espaiiola 
de cinco Srdenes (Barcelona 1596, nur in mehreren 
späteren Ausgaben erhalten). 

Lit. : E. Pujol, Significaciön de J. C. A. . . . en la 
hist, de la guitarra, Anuario mus. V, 1950. 

Am$ti, Geigenbauer-Familie zu Cremona im 16. 
und 17. Jh. Den Amati-Geigen ist eine besonders 
zierliche Form und ein sanfter, süßer Ton gemein- 
sam. - 1) Andrea, * um 1535, t nach d cm 10. 4. 


29 



Amato 


1611 (nach Grove * um 1520 und + um 1575-80). 
Er baute zunächst Gamben, schuf da n n mit seinen 
Violinen den bis auf Einzelheiten noch heute gül- 
tigen Violin-Typus. Von seinen Instrumenten sind 
nur wenige erhalten. - 2) Antonio A., * um 1555, 
t um 1640; der älteste Sohn des Andrea, baute in 
der Zeit 1589-1630 überwiegend Violinen, deren 
Größe damals noch sehr schwankend war; er war 
assoziiert mit seinem Bruder - 3) Girolamo, 
* 1556, f 1630 (1635), der als der größere Könner 
unter den beiden Brüdern geschätzt wurde. - 

4) Nicola, * 3. 12. 1596, t 12. 4. 1684; der be- 
rühmteste A., Sohn von Girolamo A. und Lehrer 
von Andrea Guameri und Antonio Stradivari. 
Der Sohn und Nachfolger von Nicola A., - 

5) Girolamo, * 26.2.1649, f 21.2.1740, war 
der letzte Vertreter der Familie, der indes weit 
hinter seinem Vater zurückstand. Seine Arbeiten 
weichen von der Familientradition ab und zeigen 
den Einfluß Stradivaris. 

Lit: G. de Picolellis, Liutai antichi e modemi, 
Florenz 1885; ders., Genealogia degli A. e dei Guar- 
neri, Florenz 1886, dazu d. Bespr. v. E. Vogel in 
VfMw IV, 1888; W. L. v. Lütgendorff, Die Geigen- 
u. Lautenmacher, 2 Bde, Frankfurt 1904, 5,61922; 
A. Fuchs, Taxe d. Streichinstrumente, Lpz. 1907, 
bearb. v. H. Edler 51955; C. Bonetti, La genealogia 
degli A. liutai, Boll. stör, cremonese, serie n, anno III, 
vol. VIII, 1938; F. Farga, Geigen u. Geiger, Zürich 
1940 (31950); H. H. Dräger in MGG; K. Jalovec, 
Ital. Geigenbauer, (Prag 1957). 

Am?to, Vincentius, * 6. 1. 1629 zu Ciminna 
(Sizilien), f 29. 7. 1670 zu Palermo; Doktor der 
Theologie, ab 1665 Kapellmeister der Kathedrale 
zu Palermo. Bei Bisagno in Palermo erschienen 
1656 ein Band Sacri concenti zu 2-5 St. (darin eine 
45t. Messe) und ein Band Messe e salmi di vespro e 
di compieta zu 4 St. Seine Oper VIsauro wurde 1664 
in Palermo aufgeführt. Außerdem schrieb er eine 
Matthäus- und eine Johannes-Passion. 

Ambros, August Wilhelm, * 17. 11. 1816 zu 
Mauth bei Prag, | 28.6.1876 zu Wien; Öster- 
reichischer Musikhistoriker, Neffe von R. G. Kie- 
sewetter, studierte Rechtswissenschaft, promo- 
vierte 1839 zum Dr. jur. und trat 1840 in den 
Staatsdienst. Daneben studierte er Musik, war 
Musikkritiker, Mitarbeiter der NZfM und Lehrer 
am Prager Konservatorium; auch als Komponist 
von Klavierstücken, Liedern, Kammermusik, einer 
Symphonie und einer Oper wurde er bekannt. 
Semen Ruf als Musikschnftsteller begründete er 
mit der Schrift Die Grenzen der Poesie und Musik 
(Prag 1856, Leipzig 21872, englisch New York 
1893), in der er gegenüber Hanslick die Musik als 
»beseelte Form« erklärt. Zum 50jährigen Jubi- 
läum des Prager Konservatoriums schrieb er die 
Festschrift Das Conservatorium zu Prag (Prag 1858), 
die auch einen Überblick über die ältere böhmische 
Musikgeschichte enthält. 1859 erschien Zur Lehre 
vom Quintenverbote (Leipzig), im folgenden Jahr, 
auf eine Anregung Liszts zurückgehend, Cultur- 
historische Bilder aus dem Musikleben der Gegenwart 
(Leipzig 1860, 21865). Sein unvollendet gebliebe- 
nes Hauptwerk ist die für die Erforschung der 
Musik der Renaissance- und Barockzeit noch heute 
grundlegende Geschichte der Musik ; sie fußt auf 
u mfang reichen Quellenstudien, die er in den Bi- 
bliotheken von Wien und München und auf vier 


mit Unterstützung der Wiener Akademie unter- 
nommenen Reisen nach Italien durchführte (1861, 
1865, 1866, 1868). Band I (antike Musik) erschien 
1862 (Breslau; Leipzig 21880, 31887, von B. v. So- 
kolowsky nach ->• Westphals Theorien überarbei- 
tet), Band II (Musik des Mittelalters bis Dufay und 
Busnois) 1864 (Breslau; Leipzig 21880 herausgege- 
ben von O. Kade, 31891 herausgegeben von H. 
Reimann), Band Öl (Geschichte der Musik im 
Zeitalter der Renaissance bis zu Palestrina) 1868 
(Breslau; Leipzig 21893 herausgegeben von O. 
Kade) ; Band IV (Geschichte der italienischen Mu- 
sik 1550-1650) wurde von A. nicht vollendet, er 
erschien in Leipzig 1878 herausgegeben von Nottc- 
bohm, 21881, 3 1909 bearbeitet von Leichtentritt; 
als Band V erschien in Leipzig 1882 eine Beispiel- 
sammlung zum m. Band, unter Benutzung von 
A.’ hinterlassenem Material herausgegeben von 
O. Kade, 21887, 31911. Nach dem Erscheinen des 
3. Bandes seiner Musikgeschichte (1869) wurde A. 
zum Professor der Musik an der Prager Universi- 
tät ernannt. 1872 ging er nach Wien, wo er eine 
Stelle am Justizministerium erhielt und die kunst- 
historischen Studien des Kronprinzen Rudolf lei- 
tete; gleichzeitig war er Professor am Konserva- 
torium. Eine Sammlung Bunte Blätter , Skizzen und 
Studien erschien Leipzig 1872, 21896, Neue Folge 
1874, 21896. 

Ausg.: »Das Cons. zu Prag«, in: J. B ranberger. Das 
Konservatorium für Musik in Prag, deutsch v. E. 
Bezecny, Prag 1911. 

Lit.: G. Adler, A. W. A., in: Neue österr. Biogr., 
Abt. 1 Bd 7, Wien 1931 ; F. Blume in MGG. 

Ambrosch, Joseph Karl, * 1759 zu Kruniau 
(Böhmen), f 8.9.1822 zu Berlin; Opernsänger 
(Tenor), Schüler von Koäeluch, sang an verschie- 
denen Bühnen, ab 1791 in Berlin. Er war als Lie- 
derkomponist beliebt und gab mit BÖheim heraus 
Frcyniäurer Lieder mit Melodien (1793 Teil 1-2; der 
dritte Teü 1795 von Böheim allein). 

Ambrosius, der heilige, * 333 zu Trier, f 4*. 4. 
397 zu Mailand, wo er seit 374 Bischof war; 
»Vater des strophischen Kirchenliedes«. Nach dem 
Bericht des Augustinus hat er den Gesang von 
Antiphonen und Hymnen in die römische Kirche 
eingeführt. Folgende Hymnen stammen nach dem 
Zeugnis des Augustinus von ihm: Actcrne rerum 
conditor 9 Deus creator omnium , Iatn surgit hora tertia , 
Veni redemptor gentium . Weitere 10 werden ihm 
zugeschrieben. Das Te Deum, oft Ambrosianischer 
Lobgesang genannt, ist nicht von ihm. 

Ausg.: Schriften in Patr. lat XIV; Hymnen: L. 
Biraghi, Inni sinceri e carmi di Sant’ Ambrogio, 
Mailand 1862; G. M. Dreves, Aurelius Ambrosius, 
Freiburg i. Br. 1893 (mit Melodien). 

Lit : A. Steibr, Untersuchungen über d. Echtheit d. 
Ambrosianischen Hymnen, Diss. Lpz. 1904; R. 
Wirtz, Der hl. A. u. seine Zeit, Trier 1924; Ph. A. 
Becker, Vom christlichen Hymnus zum Minnesang, 
in: Hist. Jb. d. Görres-Ges. LII, 1932; E. Jammers, 
Rhythmische u. tonale Studien z. Musik d. Antike u. 
d. MA, AfMf VIII, 1943. 

Ambrosius, Hermann, * 25. 7. 1897 zu Ham- 
burg; deutscher Komponist, 1920/21 Schüler von 
Szendrei, 1921-24 Meisterschülcr Hans Pfitzncrs 
an der Berliner Akademie der Künste, daneben 
Student der Musikwissenschaft. Ab 1923 war er 


30 



Amerbach 


Korrepetitor am Neuen Theater Leipzig, wurde 
1924 Tonmeister und Lektor am Rundfunk, 1926 
Lehrer am Konservatorium. Seit 1945 lebt er als 
Privatmusiklehrer und Chordirigent in Engen im 
Hegau. Er schrieb Symphonien, Klavierkonzerte, 
ein Violinkonzert op. 53 (1925), einige große 
Chorwerke, Lieder, Klavier- und Kammermusik. 

Ameller (amel'e), Andr 6 Charles Gabriel, * 2. 1. 
1912 zu Amaville (M.-et-M.) ; französischer Kom- 
onist, studierte am Pariser Conservatoire und ge- 
örte von 1938 an als Bassist dem Orchester der 
Pariser Oper an, bis er 1953 zum Direktor des 
Konservatoriums in Dijon ernannt wurde, dessen 
Orchesterkonzerte er seitdem leitet. Er schrieb die 
dramatischen Werke La Lance de Fingal (einaktig, 
1947), Sampiero Corso (3aktig) und Monsieur Per - 
sonne (1957); die Ballette La Danse de Sittnt, 
Ugende du Rhin (1949) und Le Merle hlanc; Büh- 
nenmusik zu Mussets A quoi reuent les jeunesfilles 
(1957); Orchesterwerke (eine Symphonie, Tripty- 
que symphottique 1950, Tanzsuite Lj Mores ca), Kon- 
zert für Vc. und Orch. (1946), Concertino für Kb. 
und Orch. (1951), Alborada para \a Fiesta de Las 
Flores für Kl. und Orch. (1955), Konzert für Tuba 
und Orch., Sonate für Hom und 14 Instrumente; 
Kammermusik (Bläserquintett 1944, Streichquar- 
tett 1944, Klavierquintett 1947), Chorwerke, Idei- 
nere Instrumentalstücke, Bearbeitungen und Lie- 
der. 

Ameln» Konrad, *6.7. 1899 zu Neuß am Rhein; 
deutscher Chorleiter und Musikforscher, studierte 
Musikwissenschaft 1919-21 in Göttingen (Lud- 
wig) und 1921-24 in Freiburg im Breisgau (Gur- 
litt). 1924 promovierte er mit der (ungedruckten) 
Arbeit Beiträge zur Geschichte der Melodien » Inns- 
bruck, ich muß dich lassem und » Ach Gott , vom 
Himmel sieh dareim. 1925-33 leitete er die Zeit- 
schrift des Finkensteiner Bundes »Die Singge- 
mcindc«, war 1926-28 Fachreferent für Musik bei 
den Städtischen Bücherhallen und der Deutschen 
Zentralstelle für volkstümliches Büchereiwesen in 
Leipzig; er versah 1930/31 und 1932-39 einen 
Lehrauftrag für evangelische Kirchenmusik an der 
Universität Münster, war Dozent für Hymnologie 
bzw. Geschichte der evangelischen Kirchenmusik 
an den Landeskirchenmusikschulcn Hannover 
(1947/48) und Rheinland (1949-57), ist seit 1935 
als Chor- und Orchcsterleitcr in Lüdenscheid, da- 
neben auch vielfach als Leiter musikalischer Ar- 
beitsgemeinschaften tätig. Von seinen zahlreichen 
Ncuausgaben sind besonders zu nennen die Fak- 
simile-Ausgaben des Locheimer Liederbuchs (Berlin 
1925), des Babstschm Gesangbuchs (Kassel 1929) und 
des Hugenottenpsalters von 1565 (Kassel 1935, mit 
P. Pidoux), Das Klug' sehe Gesangbuch 1533 (Kassel 
1954), Michael Weiße , Gesangbuch der Böhmischen 
Brüder 1531 (Kassel 21957), Das Achtliederbuch , 
Nürnberg 1523/24 (Kassel 1957), Das deutsche Kir- 
chenlied mit seinen Weisett (mit W. Thomas; Das 
Morgenlied , Kassel 1926, 21928; Das Abendlied , 
Kassel 1929; Das Weihnachtslicd ', Kassel 1932; 
Geistliche Kinderlieder, Kassel 1935), Tanzlieder 
Neidharts von Reuctital (mit W. RÖßle, = Deutsche 
Volkheit, Band 22, Jena 1927), Qucmpas-Heft (Kas- 
sel 1930), Luthers Kirchenlieder in Tonsätzen seiner 
Zeit (Kassel 1934). Weitere Publikationen: Lied 
und Musik im Kindcrlcben (mit H. Hetzer, Kassel 


1933), Johann Walter und die ältesten deutschen Pas- 
sionshistorien (mit C. Gerhardt, Göttingen 1939), 
Die Anfänge der deutschen Passionshistorie (Kgr.- 
Ber. Basel 1949, Kassel und Basel 1951), Um den 
urheberrechtlichen Schutz der musikalischen Quellen- 
ausgaben (Kassel 1952), Deutsche Musiker , - Briefe, 
Berichte , Urkunden (mit H. Schnoor, Göttingen 
1956), Leonhard Lechner (= Lüdenscheider Bei- 
träge, Heft 4, Lüdenscheid 1957). In verschiedenen 
Zeitschriften erschienen Aufsätze zur Volkslied- 
kunde, Musdkpädagogik, Hymnologie, Geschichte 
der evangelischen Kirchenmusik und zur Liturgik. 
Mit Chr. Mahrenholz und W. Thomas veröffent- 
licht A. das Handbuch der deutschen ev. Kirchen- 
musik (Göttingen 1932 ff.; I: Der Altargesang , 
II: Das gesungene Bibelwort , Btt: Das Gemeindeliea f, 
IV : Das gottesdienstliche Orgelspiel ; abgeschlossen 
sind bisher die Bände 1, 1, - I, 2 und II, 1). Er 
zeichnet als Herausgeber der Werke Leonhard 
Lechners (Kassel 1954 ff.) und als Mitherausgeber 
des »Jahrbuchs für Liturgik und Hymnologie« 
(Kassel 1955 ff.). 

Amelsvoort, Frans van, * 9. 12. 1899 zu ’s-Her- 
togenbosch; holländischer Chorleiter, wirkte nach 
dem Besuch der Musikschulen in ’s-Hertogen- 
bosch und Utrecht und nach dem Gesangs- und 
Chorleiterstudium in Amsterdam 1924-56 als Di- 
rigent des Bachchores, seit 1939 auch des Braban- 
tischen Kammerchores, 1941-55 des Domchores 
von ’s-Hertogenbosch und seit 1946 des Lyzeum- 
Chores von Eindhoven. Als Domkapellmeister er- 
teilte er zahlreiche Kompositionsaufträge an in- 
und ausländische Kirchenkomponisten. A. ist 
Fachreferent im Unterrichtsministerium und 1. Se- 
kretär des Katholischen Tonkünstlervereins. Er be- 
arbeitet mit A. Moolenaar seit 1949 die Neuaus- 

f iben von A. M. Eldars (Pseudonym für A. Fies) 
uch Spreketi en zingen (Assen 261949, 311957). 

Lit.: W. Paap, F. v. A., in: Mens en Melodie IX, 
Utrecht 1954. 

Amengual Astaburuaga (amengv'al), Ren£, 
* 2. 9. 1911 und f 2. 8. 1954 zu Santiago; chile- 
nischer Komponist, Schüler des Conservatorio 
Nadonal (H. Allende), an dem er 1935 Lehrer 
und 1947 Direktor wurde. Sein Schaffen umfaßt 
Orchesterwerke, ein Klavier- und ein Harfenkon- 
zert, 2 Streichquartette, eine Violinsonate, eine 
Suite für Fl. und Kl., Motetten, Madrigale und 
Klavierstücke. Hindemiths »Traditional Harmony« 
übersetzte er ins Spanische. 

Amerbach» Bonifacius, * 11. 10. 1495 und 
f 24. 4. 1562 zu Basel; Schweizer Jurist, Sohn des 
aus Amorbach zugewanderten Buchdruckers Jo- 
hannes A., studierte 1513-19 in Freiburg im Breis- 
gau, wo er mit S. Dietrich und Kotter bekannt 
wurde. Nach weiteren Studien in Avignon über- 
nahm er 1525 eine Professur an der Basler Univer- 
sität. Die von seinem Sohne Basilius A. noch ver- 
mehrten umfangreichen Sammlungen A.s bilden 
den Grundstock von Kunstmuseum und Univer- 
sitäts-Bibliothek Basel; zu nennen sind hier vor 
allem die Tabulaturbücher Kotters (autograph) 
und Büchners (Abschrift) sowie ein Liederbuch 
mit Sätzen Senfls, Isaacs und anderer Meister. 

Lit. : Briefe v. S. Dietrich an B. A., hrsg. v. B. His, 
MfM VII, 1875; A. Fluri, Sechs Briefe d. Organisten 


31 



Amerns 


H. Kotter an B. A., Arch. d. hist. Ver.s d. Kanton 
Bern XVII, 1904; K. Nef, Die Musik in Basel, SIMG 
X, 1908/09; W. Merian, B. A. u. H. Kotter, Basler 
Zs. f. Gesch. u. Altertumskunde XVI, 1 9 1 7 ; H. Zenck, 
S. Dietrich, PäM III, 2, Lpz. 1928; A. Geering, Die 
Vokalmusik in d. Schweiz zur Zeit d. Reformation, 
* SJbMw VI; Die A.-Korrespondenz, hrsg. v. A. 
Hartmann, 3 Bde, Basel 1942-47. 

Amerns (oder Aumerus), englischer Musiktheore- 
tiker, dessen 1271 in Italien im Hause des Kardinals 
Ottoboni abgefaßter Traktat Practica artis musicae 
in einer Abschrift im Bamberger Motettenkodex 
Ms. lit. 115 (Ed. IV. 6) erhalten ist. 

Ausg.: NA d. Practica artis musicae in Anal. Oxon. 
Med. and Mod. Ser. 9, 1902, 28. 

Lit : J. Kromoucki, Die Practica artis musicae d. 
A. u. ihre Stellung in d. Musiktheorie d. MA, Diss. 
Bin 1909; P. Blanchard, Alfred le Musicien et Alfred 
le Philosophe, Rassegna gregoriana VIII, 1909. 

Amfite?trow, Daniele, * 29.10.1901 zu St. 
Petersburg; italienischer Dirigent und Komponist 
russischer Herkunft, studierte Musik in Petersburg 
und, nachdem er Rußland 1921 verlassen hatte, in 
Rom (Respighi). Als Dirigent war er 1924-29 
Assistent von Molinari in Rom; seit seiner Über- 
siedlung in die Vereinigten Staaten (1937) leitet er 
das Minneapolis Symphony Orchestra. Sein kom- 
positorisches Schaffen umfaßt neben Film- und 
Kammermusiken vorwiegend Orchesterwerke: 
Poenta del Mare (1925), Miracolo delle Rose (1927), 
Preludio ad una Messa da Requiem (1930), American 
Panorama (1934). 

Amft, Georg, * 25. 1. 1873 zu Oberhannsdorf 
bei Glatz (Schlesien), f 9. 7. 1937 zu Bad Altheide; 
deutscher Komponist, nach Studium der Kirchen- 
musik in Berlin (Radecke, Löschhom) 1910—19 
Musiklehrer in Bromberg, ab 1919 in Habel- 
schwerdt. Er schrieb Orchester- und Chorwerke, 
Lieder sowie Klavierstücke und veröffentlichte 
Neuausgaben älterer Musik. 

Amids (am'itjis), Anna Lucia de, * um 1740 zu 
Neapel; italienische Sopranistin, von W. A. Mozart 
geschätzt und oft in seinen Briefen erwähnt. Sie 
debütierte unter Joh. Chr. Bach 1763 in London, 
verheiratete sich 1771 in Neapel, sang aber noch 
bis 1789. Nach Gerbers Historisch Biographischem 
Lexikon der Tonkünstler (1790) war die Tesi ihre 
Lehrerin. 

Lit: CF. Pohl, Mozart u. Haydn in London I, 
Wien 1867 ; Ch. S. Terry, J. Chr. Bach, London 1929. 

Amiot (amj'o), Pater Jean Joseph Marie, SJ, 

* 1718 zu Toulon, f 1794 zu Peking; war als Mis- 
sionar in C hina , übersetzte ein chinesisches musik- 
theoretisches Werk von Li-Koang-Ti ins Franzö- 
sische: De la musique des Chinois. Es erschien mit 
Anmerkungen des Abbd Roussier in A.s Mhnoires 
concemant Vhistoire . . . des Chinois als sechster Band 
(Paris 1780, auch separat unter dem Titel: Mi- 
moire sur la musique des Chinois , Paris 1779). 

Amm a nn , Benno, * 14. 6. 1904 zu Gersau (Vier- 
waldstätter See); schweizerischer Komponist und 
Dirigent, studierte 1925-30 in Leipzig Komposi- 
tion bei Karg-Elert und H. Grabner, Dirigieren bei 
Hochkofler, Musikwissenschaft bei Kroyer, war 
a ns c h ließend als Musikdirektor in Stans tätig, stu- 

32 


dierte 1933/34 in Paris bei Roussel, Honegger und 
Milhaud und ließ sich 1936 in Basel nieder, wo er 
seitdem als Chorleiter am Theater und an der 

a smschule tätig ist. A. schrieb vor allem geist- 
e Musik (Messen, Motetten, Orgelwerke), auch 
Männerchöre, Schauspiel- und sonstige Instrumen- 
talmusiken. Außerdem schuf er Ncuübcrsctzungcn 
zu Boieldieu, Rossini, Verdi. 

Ammer, deutsche Werkstätte für historische 
Tasteninstrumente in Eisenberg (Thüringen), ge- 
gründet 1929 von Alois und Michael Ammer, 
firmierte bis 1951 a ls »Gebrüder Ammer«. Nach 
dem Tod (1946) der beiden Brüder wurde die 
Firma von den Witwen fortgeführt, seit 1951 von 
M. A.s Witwe, Frau Elisabeth A., bis schließlich 
deren Tochter Renate A. die Leitung übernahm. 

Animerbach, Elias Nicolaus (Amerbach), 
* um 1530 zu Naumburg, begraben 29. 1. 1597 zu 
Leipzig; deutscher Organist, studierte 1548-49 an 
der Universität Leipzig, war 1561-95 Organist an 
der Thomaskirche. Er gab zwei Tabulaturbiichcr 
heraus: Orgel - oder Instrument Tabulatur (Leipzig 
1571, Nürnberg 2 1583) und Ein new künstlich Ta- 
bulaturbuch (Leipzig 1575). 

Ausg. : 5 Tänze in W. Merian, Der Tanz in den deut- 
schen Tabulaturbüchern, Lpz. 1927; 5 Stücke aus 
»Orgel- oder Instrument Tabulatur« (1571) in: Kla- 
viertänze des 16. Jh., hrsg. v. W. Halbig; 2 Stücke 
bei W. Apel, Musik aus früher Zeit f. KI. I, Mainz 
1934; 2 4st. Passamezzi, hrsg. v. F. Oberborbeck in: 
Zs. für Spielmusik, H. 192, Celle 1954. 

Lit.: R. Wustmann, Mg. Lpz.s I, Lpz. 1909; jders., 
E.A., SIMG XI, 1909/10; W. Ehmann, Orgel u. 
Volkslied, Ber. über d. zweite Freiburger Tagung für 
deutsche Orgelkunst, Kassel 1939. 

Amner ('xmna), John, Organist und Chormei- 
ster der Kathedrale zu Ely 1610-41, 1613 Bacca- 
laureus der Musik in Oxford, war ein guter Kir- 
chenkomponist (1615 erschienen: Sacred liymns, 
3-6st.). - Sein Sohn Ralph, f 3. 3. 1664 zu Wind- 
sor, war 1623-62 Bassist m der königlichen Vokal- 
kapelle zu Windsor. 

Ausg.: J. A., 6st. Motette A stranger herc (1615), 
hrsg. v. N. Ponsonby, London (1924). 

Amon, Blasius, * um 1560 zu Imst (Tirol), f im 
Juni 1590 zu Wien; österreichischer Komponist, 
Discantist der Hofkapelle des Erzherzogs Ferdi- 
nand in Innsbruck, auf dessen Kosten 1574-77 in 
Venedig ausgebildct, später Kantor im Zisterzien- 
serstift Heiligenkreuz und 1587 Franziskaner- 
mönch in Wien. 5st. Introitus erschienen 1582 in 
Wien, 4st. Messen daselbst 1588, 4-6st. Motetten 
1590 in München (ein Teil der Auflage verkündet 
den inzwischen erfolgten Tod A.s). Nach seinem 
Tode erschienen noch in München 4st. Messen (im 
Patrocinium musices 1591), 4-6st. Motetten (1593) 
und in Wien ein zweiter Band 4st. Introitus (1601), 
herausgegeben von seineni Bruder Stephan A. 

AS2?'Y Die In H: oitus v - 1582 u.d. Sacrae cantioncs v. 
1590, hrsg. v. C. Huigens, DTÖ XXXVIII, 1 («73); 

5 Sät2 ?,5i 4 » 3 zu 5 und ein Satz zu 8 St. in Musica 
sacra XXL 

Lit: C. Huigens, B. A., StMw XVIII, 1931. 

Amon, Johann Andreas, * 1763 zu Bamberg, 
t 29. 3. 1825 zu Wallerstein (Bayern) ; deutscher 
Kapellmeister, als Hornist Schüler von Stich, der 



Anderberg 


ihn mit nach Paris nahm und von Sacchini in der 
Komposition unterrichten ließ. Nach längeren 
Konzertreisen mit Stich blieb er 1789 als städtischer 
Musikdirektor (und Verleger) in Heilbronn und 
wurde 1817 Kapellmeister des Fürsten von öttin- 
gen-Wallerstein. Von seinen Kompositionen sind 
gedruckt (über 100 Opuszahlen) Sonaten für ver- 
schiedene Instrumente, Trios, Quartette, Quin- 
tette, auch Konzerte, eine Symphonie und Lieder; 
Manuskript blieben 2 Messen, ein Requiem und 
2 Singspiele. 

Lit. : L. Schiedermair, Die Blütezeit der Oettingen- 
Wallersteinschen Hofkapelle, SIMG IX, 1907/08. 

Amphion, Sohn des Zeus und der Antiope, gilt in 
der griechischen Heroensage als einer der Erfinder 
der Musik, speziell des Gesanges zur Lyra. Bei der 
Errichtung der neuen Stadtmauer von Theben (A. 
war mit seinem Zwillingsbruder Zethos Herrscher 
dieser Stadt) sollen sich die Steine beim Spiel des 
A. von selbst zusammengefügt haben. Ein Melo- 
drama Amphion (nach P. Valery) komponierte A. 
Honegger 1929. 

Ana, Francesco d’, italienischer Organist, an 
San Leonardo, ab 20. 8. 1490 an San Marco in 
Venedig, wo er Ende Dezember 1502 oder Anfang 
1503 starb. Eine Reihe seiner Kompositionen ist in 
Sammelwerken von Petrucci gedruckt. 

Ausg. : 2 4st. Motetten bei Torchi I. 

Anacker, August Ferdinand, * 17. 10. 1790 
und f 21. 8. 1854 zu Freiberg (Sachsen); deutscher 
Chordirigent, in Leipzig geschult, 1822 Kantor 
und Seminarmusiklehrer in Freiberg, wo er auch 
eine Singakademie gründete und 1827 Dirigent des 
Bergmusikkorps wurde. R. Volkmann und F. 
Brcndel waren Schüler von A. Von seinen Kom- 
positionen sind zu nennen Kantaten (darunter Der 
Bergmannsgruß), Klavierstücke, Lieder und Chor- 
lieder, ein Choralbuch und 7 Gesänge zu Dörings 
Bergmannstreue. 

Anöerl ('antjerl), Karel, *11. 4. 1908 zu Tucapy 
(Böhmen) ; tschechischer Dirigent, besuchte neben 
und nach seiner musikalischen Grundausbildung 
am Nationalkonservatorium die Prager Meister- 
klasscn für Komposition (A. Häba) und Dirigieren 
(V. Talich, H. Scherchen). 1930 Korrepetitor in 
Genf, wirkte er 1931-33 als Theaterkapellmeistcr 
und 1933-39 als Rundfunkdirigent in Prag. 1939 
bis 1945 war er in verschiedenen Konzentrations- 
lagern inhaftiert, nach Kriegsende als Dramaturg, 
später als 1. Kapellmeister der Großen Oper wie- 
der in Prag, 1948-50 Leiter des Prager Rundfunk- 
orchesters, seitdem künstlerischer Direktor und 
Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie 
Prag. A. unternahm Auslandstoumeen durch Ost- 
una West-Europa. 

Anchieta (antjj'eta), Juan de, * 1462 und 1 30. 7. 
1523 zu Azpcitia (Guipuzcoa); spanischer Kompo- 
nist, wurde am 6. 2. 1489 zum Cantor in der Ka- 
pelle der Königin Isabella der Katholischen er- 
nannt. Er komponierte eine Messe, der als Tenor 
ein volkstümliches Lied auf die Judenverfolgungen 
1492 (Eajudios, a enfardclar) zugrunde lag, die je- 
doch nicht erhalten ist. 149o-97 war er Hofkapdl- 
mcistcr des Infanten Don Juan, nach dessen Tod 
wieder am kastilischen Hofe, ab 1512 am Hofe 


Ferdinands I. von Arag6n, zuletzt (ab 1519?) Pfar- 
rer in Azpeitia. Von A., der in hohem Ansdien 
stand, sind 2 Messen, mehrere Motetten und 4 
mehrstimmige spanische Lieder erhalten. 

Ausg. : in La müsica en la Corte de los Reyes Catö- 
licos, hrsg. v. H. Angu&s, I (= MMEsp I) d. beiden 
Messen; ebenda II (=» MMEsp V) u. III (■* MMEsp 
X) je 2 weltliche Gesänge; 2 Motetten u. ein 4st. 
Salve Regina in: Antologfa mus., hrsg. v. J. de 
Elüstiza u. G. Castrillo, Barcelona 1933; 4st. Ro- 
mance En memoria, in: F. Pedrell, Cancionero mus. 
populär espafiol III, Valls (1918). 

Lit. : A. Coster, J. de A. et la famille de Loyola, 
Revue Hispanique LXXIX, 1930; H. AnglSs, Un ms. 
inconnu . . ., AMI VIII, 1936. 

Ancot (äk'o), - 1) Jean, * 6. 6. 1799 zu Brügge, 
t 5. 7. 1829 zu Boulogne; französischer Pianist, 
Schüler seines gleichnamigen Vaters (1779-1848, 
Schüler von Kreutzer und Baillot, Komponist von 
Violinkonzerten) am Pariser Conservatoire, auch 
Schüler Pradhers (Klavier) und Bertons (Kompo- 
sition), 1823-25 in London Professor am Athe- 
näum und Pianist der Herzogin von Kent, unter- 
nahm dann Konzertreisen in Belgien und ließ sich 
in Boulogne nieder. Unter seinen zahlreichen Kom- 
positionen finden sich Sonaten, ein Konzert, viele 
Variationenwerke, Etüden, Fugen und 4händige 
Phantasien für KL, Violinkonzerte, Gesangsszenen 
mit OrcL, Ouvertüren. - 2) Louis, * 3. 6. 1803 
und f 1836 zu Brügge, Bruder des vorigen, wurde 
nach längeren Reisen Pianist des Herzogs von 
Sussex und lebte dann als Musiklehrer in Boulogne 
und Tours, zuletzt in Brügge. 

Anda, Gdza, * 19. 11. 1921 zu Budapest; Schwei- 
zer Pianist, lebt seit 1942 in Zürich. An der Musik- 
hochschule in Budapest unter E. von Dohnänyi 
zum Konzertpianisten ausgebildet, debütierte er 
hierselbst unter Mengelberg, erhielt früh den Franz 
Liszt-Preis und Schallplattenpreise (Columbia). 
Auf seinen Reisen durch Europa, beide Amerika 
und Australien wird er als Interpret der Konzerte 
von Mozart bis Bartök (für dessen klavieristisches 
Gesamtwerk er eintritt) gefeiert. 

Anday, Rosette, * 22. 12. 1903 zu Budapest; 
österreichische Opemsängerin, bis 1921 an der 
Musikhochschule in Budapest ausgebildet (Opem- 
klasse Anthes, Violinklasse Hubay), wurde lBjäh- 
rig von Schalk als Carmen an die Wiener Staats- 
oper engagiert. Hier sang sie bis heute nahezu 
sämtliche Partien des Alt- und Mezzo-Repertoires, 
vom Cherubin bis zur Erda, von Mignon bis zur 
Madame Hora in der österreichischen Erstauffüh- 
rung von Menottis Medium . 

Anderberg, Carl-Olof , * 13. 4. 1914 zu Stock- 
holm; schwedischer Pianist und Komponist, 1939 
bis 1942 Kapellmeister des Hippodrom-Theaters in 
Malmö, wo er 1946 die Kammerorchesterver- 
einigung Malmö gründete und deren Leitung 
übernahm. Sein von der neuen französischen 
Schule beeinflußtes Schaffen umfaßt eine Oper 
Hilde , Bühnenmusiken, Orchesterwerke (Sympho- 
nische Phantasie), Musik für Kammerorch. Nr 1, 
2 Klavierkonzerte, ein Bratschen- und ein Saxo- 
phonkonzert, Capriccio für Oboe und Streicher, 
Kammermusik und Lieder. 


33 



Anders 


Anders» Erich (Freiherr Wolff von Gudenberg), 
* 29. 8. 1883 zu Teutschental bei Halle; studierte 
am Konservatorium und an der Universität in 
Leipzig, war zuerst Kapellmeister in Barmen und 
Heidelberg, dann Musikkritiker in Berlin, lebte in 
München, Köln, 1920-22 als Lektor der Musik an 
der Universität in Bonn, ab 1922 wieder in Berlin. 
Seit 1945 ist er Opemagent in Hamburg. Sein 
kompositorisches Schaffen erstreckt sich neben 
mehreren Bühnenwerken auf zahlreiche Lieder, 
Chor- und Orchesterkompositionen sowie Kam- 
mermusik. 

Lit: H. Lemacher, E. A. zum 70. Geburtstag, ZfM 
CXIV, 1953. 

Anders» Gottfried Engelbert, * 1795 zu Bonn, 
t 22. 9. 1866 zu Paris; französischer Archivar, 
war Kustos der musikalischen Abteilung der Kai- 
serlichen Bibliothek in Paris. Er schrieb eine Mo- 
nographie über Paganini (Paris 1831), gab Details 
biographiques sur Beethoven d’apris Wegeier et Ries 
(Paris 1839) heraus und veröffentlichte einen Bei- 
trag zur Geschichte der Violine (in der Cädlia 1832). 
Seine bedeutende Privatbibliothek erwarb Asan- 
tschewskL 

Anders, Peter, * 1. 7. 1908 zu Essen, f 10. 9. 1954 
infolge eines Autounfalls; deutscher Opernsänger, 
lebte zuletzt in Hamburg. Nach dem Gesangsstu- 
dium bei Grenzebach an der Berliner Hochschule 
für Musik kam er ab 1932 auf seiner Bühnenlauf- 
bahn von Heidelberg und Darmstadt über Köln, 
Hannover und München 1939 nach Berlin, wo er 
bis 1948 an der Staatsoper wirkte und von dort an 
die Hamburgische Staatsoper ging. 

Andersen, Anton Jörgen, * 10. 10. 1845 zu 
Christiansand (Norwegen), f 9. 9. 1926 zu Stock- 
holm; schwedischer Violoncellist, tätig in den 
Theaterorchestem von Trondheim und Oslo, 1876 
bis 1911 Lehrer für Cello und Kontrabaß am Kon- 
servatorium in Stockholm, 1912 Königlicher Pro- 
fessor, 1882 Mitglied der Königlichen Akademie. 
A. schrieb 5 Symphonien (davon eine für 14 Vc. 
und 3 Kb. ; die 4. Symphonie mit Rezitation), Kon- 
zertstück für 5 Vc. und 3 Kb., Männerchöre und 
Klavierlieder. 

Andersen, Carl Joachim, * 29. 4. 1847 und f 7. 
5. 1909 zu Kopenhagen; dänischer Flötist, wirkte 
in Kopenhagen, Petersburg und Berlin, war Mit- 
gründer und 10 Jahre 1. Flötist und stellvertreten- 
der Dirigent des Berliner Philharmonischen Or- 
chesters. Ein Zungenleiden zwang ihn 1892, dem 
Flötenspiel zu entsagen. Er ging 1894 nach Kopen- 
hagen zurück, wo er das Palaisorchester und eine 
Orchesterschule gründete. 1909 erhielt er den Pro- 
fessortiteL Seine zahlreichen Flötenkompositionen 
mit und ohne Orch. sind geschätzt (Etüdenwerke, 
Phantasien, Ballade und Tanz der Sylphen mit 
Orch., viele Stücke mit KL). 

Andersen, Ludwig, Pseudonym für Ludwig 
Strecker (-» B. Schott’s Söhne), * 13. 1. 1883 zu 
Mainz; Verfasser und Mitarbeiter von Text- 
büchern zeitgenössischer Oratorien: Der große Ka- 
lender (Reutter), Hymnus an die Sonne (Gerster) und 
Opern: Zaubergeige (Egk), JDr. Johannes Faust, Don 
Juan und Faust, Witwe von Ephesus (Reutter), To- 
bias Wunderlich, Hochzeit des Jobs (Haas), Kuckuck 


von Theben (Wolf-Ferrari), Igel als Bräutigam, Bru- 
derlein Hund, Der Mann im Mond (Bresgen). Ferner 
Liedertexte, Übersetzungen (de Fallas »Ein kurzes 
Leben«). 

Andersen-Wingar, Alfred Nikolai, * 15. 10. 
1869 und t 21.4.1952 zu Oslo; norwegischer 
Komponist und Dirigent, Schüler von Haarklou, 
Massenet und Gddalge (Paris), zunächst Geiger, 
dann Bratschist, 1911-18 Dirigent der Volkssinfo- 
nie-Konzerte, 1921-22 Bratschist im Philharmo- 
nischen Orchester zu Oslo. Er schrieb Opern und 
Operetten, 3 Symphonien, 2 Violin-Konzerte, 
Bühnenmusik zu O. Sindings Drama Irdka, Ouver- 
türen zu Ibsens Hedda Gabler und Baumeister Sol - 
ness (1894), Orchesterphantasien und -suiten, auch 
Lieder. 

Anderson, J ohn -> Johnson, James. 

Anderson ('aencbzan), Marian, * 17. 2. 1902 zu 
Philadelphia; amerikanische Negersängerin (Alt), 
begann 1925 mit Konzertreisen in Amerika, doch 
setzten ihre großen Erfolge erst mit dem Auf- 
treten in Europa (1932-35) ein, wo ihre durch 
überragende Klangschönheit und große Wand- 
lungsfähigkeit ausgezeichnete Stimme uneinge- 
schränkte Bewunderung erregte. Die Howard 
University Washington verlieh ihr 1938 die Würde 
eines Ehrendoktors. 

Lit.: Autobiographie: My Lord, what a Moming, 
London 1957; K. Vehanen, M. A., NY 1941. 

Andersson, Nils, * 29. 7. 1864 zu Hofterup, f 31. 
3. 1921 zu Lund; schwedischer Jurist und Sammler 
von Volksmusik, war Initiator der 1908 erfolgten 
Gründung einer Volksmusik-Kommission und 
sammelte nahezu 15000 Melodien, die in einer 
Auswahl in der Sammlung Svenska lätar (Stock- 
holm 1922-40) herausgegeben wurden. Veröffent- 
lichungen: Skänska melodier und Musiken i Skäne . 
Skänska danser (in: Svenska landsmäl 14, 1, 1895 
bis 1916 und 14, 2, 1895). 

Lit.: O. Andersson, Musiksamlaren N. A., in: Bud- 
kaveln 1940. 

Andersson, Olof , * 23. 8. 1884 zu Ähus (Provinz 
Skäne); schwedischer Sammler von Volksmusik, 
ursprünglich Friseur, begegnete auf seinen Reisen 
als Spielmann Nils Andersson, wurde 1911 dessen 
Mitarbeiter, betreut seit 1921 seine Sammlung von 
Volksmelodien, die er erweiterte und in einer Aus- 
wahl als Svenska lätar (Stockholm 1922-40) her- 
ausgab. Weiter veröffentlichte A. die Folkliga 
svenska Koralmelodier frän Gammalsvenskby och Est- 
land (Stockholm 1945). Seit 1940 ist er Assistent 
am Musikhistorischen Museum Stockholm. 

Andersson, Otto Emanuei, * 27.4.1879 zu 
Wardö (Aaland) ; finnischer Komponist und Mu- 
sikforscher, Schüler von Wegelius am Konserva- 
torium in Helsinki, 1915 mag. phil., komponierte 
Lieder, war Chordirigent und schrieb über nor- 
dische Musik. 1925 habilitierte er sich als Dozent 
für nordische Musikforschung an der Universität 
He l sinki , 1926-46 Professor in Abo. Schriften zur 
Musikgeschichte Finnlands: Inhemska Musiksträf- 
vanden (1907), Musik och mustker (1917), Martin 
Wegelius (1918), J. /. Pippingsköld och musiklivet i 
Äbo 1808-27 (1921), Sträkharpan (1923), Den unge 
Pacius (1938). * 


34 



Andrd 


Lit. : Y. Heikel, O. A., En av förgrundsgestalterna i 
Svensk-Finlands kulturella liv, in: Allsvcnsk samline 
XV, 1928, Nr 43. 

Andersson, Emst Christian Richard, * 22.9. 
1851 und 25. 5. 1918 zu Stockholm; schwedi- 
scher Pianist und Komponist, ausgebildet am 
Stockholmer Konservatorium (van Boom, H. Be- 
rend) und in Berlin (Clara Schumann, Barth, Kiel), 
gründete 1886 in Stockholm eine eigene Musik- 
schule, war aber 1904-06 auch Lehrer am Konser- 
vatorium. Im Druck erschienen mehrere Klavier- 
kompositionen (darunter Schwedische Tänze, 
Klaviersonaten und Skizzen) und Lieder. 

Lit.: S. Lizell, R.A., Stockholm 1919; R.Alm£n, 
Nägra minnen av Professor R. A., in: Hägkomster 
och livsintryck XI, 1930. 

Anderton ('amcbten), Howard Orsmond, 
* 20. 4. 1861 zu Clapton, London, f 1. 2. 1934 zu 
Leicester; englischer Komponist und Schriftsteller, 
Schüler der Royal Academy of Music in London, 
wirkte ab 1908 am Midland Institute Birmingham, 
ab 1923 als Bibliothekar der Londoner Hauptstelle 
der British Federation of Musical Competition 
Festivals. Neben mehreren Büchern (darunter 
Early English Music , London 1920, und Granville 
Bantock, New York 1915) schrieb er Chor- und 
Orchesterwerke sowie Kammermusik und Lieder. 

Andr?de, Francesco d*, * 11. 1. 1859 zu Lissa- 
bon, f 8- 2. 1921 zu Berlin; gefeierter portugie- 
sischer Opern- und Konzertsanger (Bariton), Schü- 
ler von Ronconi, debütierte 1882 in San Remo in 
Verdis Aida und machte sich in ganz Europa 
schnell einen Namen; berühmt war namentlich 
sein Don Giovanni, der in M. Slevogts Gemälden 
festgehalten ist. 

Andrade (ädr'ad), Janine, * 13. 11. 1918 zu Be- 
sagen; französische Geigerin, lebt in Paris. Früh 
in das Pariser Conservatoire aufgenommen, er- 
warb sie sich hier als 12jährige schon einen Ersten 
Preis. Die Ausbildung zur Violinvirtuosin erfuhr 
sie unter J. Thibaud und C. Flesch. Ihre inter- 
nationale Karriere als Interpretin, vor allem der 
klassischen Konzertwerke, rührte sie durch ganz 
Europa, beide Amerika, Afrika und den Orient. 

Andr?de, Mario de, * 9. 10. 1893 und f 25. 2. 
1945 zu Säo Paulo; brasilianischer Musikforscher, 
der auch als Dichter und Kunstkritiker einen Na- 
men hatte, studierte am Konservatorium seiner 
Vaterstadt, dem er später als Lehrer für Klavier, 
Musikgeschichte und -ästhedk angehörte. 1935-38 
war er Direktor des Kulturdepartements, danach 
Professor für Kunstphilosophie und -geschickte an 
der Universität Rio de Janeiro. A. wirkte 1930 an 
der Reform der Escuela Nadonal de Musica mit. 
Veröffentlichungen: Ensaio sobre a musica brasileira 
(Säo Paulo 1928), Comptndio de histöria da musica 
(Säo Paulo 1933), A musica e as cangöes pupulares do 
Brasil (Rio de Janeiro 1936), Carlos Gomes (Rio de 
Janeiro 1939), Musica no Brasil (Säo Paulo-Rio de 
Janeiro 1941), Pequena histöria da musica (1943/44). 

Andrl, Franz, * 10.6. 1893 zu Brüssd-Forest; 
belgischer Dirigent, studierte bis 1914 am König- 
lichen Konservatorium in Brüssel Violine bei 
Thomson (dem Nachfolger Ysayes), Tonsatz und 
Dirigieren oei F. v. Weingartner, wirkte seit 1920 


als Dirigent und bis 1944 als Leiter der Dirigenten- 
klasse des Konservatoriums in Brüssel, gründete 
1935 das Symphonie-Orchester der Radiodiffusion 
Beige (INR), dessen Leiter er wurde, später das 
Große Symphonieorchester des Institut National 
de Radiophonie Beige (NIR), dem er heute noch 
vorsteht, schrieb: La Paix , Orchesterbearbeitungen 
von Werken von Rameau, Lully, Grötry. 

Andr6, - 1) Johann, * 28. 3. 1741 und f 18. 6. 
1799 zu Offenbach; Gründer des Musikverlags 
Andr6, sollte die Seidenfabrik seines Vaters über- 
nehmen, schlug jedoch die musikalische Laufbahn 
ein und hatte 1773 mit dem Singspiel Der Töpfer 
auf eigenen Text in Hanau Erfolg. Seine Ver- 
tonung von Goethes Erwin und Elmire wurde 1775 
in Frankfurt aufgeführt. 1777-84 war er Kapell- 
meister der DÖbbelinschen Truppe in Berlin; für 
diese schrieb er unter anderen die Singspiele Clou - 
dine von Villa Bella (1778) , Die Entführung aus dem 
Serail (1781) und Der Barbier von Bagdad (1783), 
ferner die Schauspielmusiken zu Beaumarchais* 
Barbier von Sevilien (1776) und zu Shakespeares 
Macbeth und König Lear (beide 1778). Daneben er- 
schienen mehrere Liedersammlungen, die bald 
weit verbreitet waren, die erste 1774: Scherzhafte 
Lieder von Herrn Weiße . A. vertonte auch Bürgers 
Lenore (1775). 1784 ging er nach Offenbach zu- 
rück, wo er schon einige Jahre früher eine Noten- 
stecherei eingerichtet hatte, die er zu einem bedeu- 
tenden Verlagsgeschäft erweiterte; bereits 1797 er- 
schien die Verlagsnummer 1000. - 2) Johann 
Anton, * 6. 10. 1775 zu Offenbach, f 6. 4. 1842, 
dritter Sohn von Johann A., schrieb bereits 1787 
Sonaten für Klavier und Violine, war Schüler des 
Geigers F. Fränzl und in der Komposition von J. 
G. Vollweiler, besuchte 1796 die Universität in 
Jena, machte ausgedehnte Reisen und übernahm 
beim Tode seines Vaters das Verlagsgeschäft. Im 
Jahre 1800 erwarb er von Mozarts Witwe für 
3150 Gulden den Handschriftennachlaß des Mei- 
sters und machte damit die Firma zu einer der be- 
deutendsten der Welt. A. komponierte Klavier- 
musik (zum großen Teil vierhändige), Kammer- 
musik, Symphonien, Ouvertüren, Konzerte, Chor- 
werke und 2 Opern. Ein Lehrbuch der Tonsetz- 
kunst blieb unvollendet; Teil 1 und 2 erschienen 
1832 und 1840. Außerdem schrieb er: Thema- 
tisches Verzeichnis sämtlicher Kompositionen von W. 
A. Mozart (1805, *1828) ; Beiträge zur Geschichte des 
Requiems von W. A. Mozart (1829); Thematisches 
Verzeichnis W. A. Mozartscher Manuskripte (1833) ; 
sein Schüler H. Henkel verfaßte: Thematisches Ver- 
zeichnis derjenigen Originalhandschrifien von W. A. 
Mozart , welche Hofrat Andri ... besitzt (1841). 
Seine Söhne sind: - 3) Karl August, * 15. 6. 
1806, f 15. 2. 1887, übernahm die von seinem Va- 
ter 1828 gegründete Frankfurter Filiale und er- 
öffhete 1839 dort eine Pianofortefabrik. Er schrieb : 
Der Klavierbau und seine Geschichte (1855). - 4) Ju- 
lius, * 4. 6. 1808, f 17. 4. 1880 zu Frankfurt am 
Main, Organist und Klavierspieler, auch Kompo- 
nist von Orgelwerken. - 5) Johann August, * 2. 
3. 1817, f 29. 10. 1887, Inhaber des Offenbacher 
Verlagsgeschäfts. - 6) Jean Baptiste, * 7. 3. 1823 
und 1 9. 12. 1882 zu Frankfurt am Main, Kompo- 
nist von Klaviermusik und Liedern. - Die Erben 
der wieder vereinigten Firmen Joh. A. in Offen- 


3 * 


35 



Andrd 


hoch und Frankfurt wurden die beiden Söhne 
August A.s - 7) Karl, * 24. 8. 1853 und f 29. 6. 
1914 zu Koblenz, und - 8) Adolf, * 10. 4. 1855, 
1 10. 9. 1910. 

Lit: zu J. A. : O. Prbtzsch, J. A. u. seine Stellung 
in d. Blncr Liederschule, Diss. Lpz. 1924; W. Stau- 
der, J. A., AfMf I, 1936. - zu J. Anton A. : Hessische 
Biographien, hrsg. v. H. Haupt, 1, Darmstadt 1918; 
A. Einstein, in: L. v. Kochel, Chronol.-themat. 
Verz. sämtlicher Tonwerke W. A. Mozarts, Lpz. 
31937, S.XXVH ff. 

Andrd, Jos6, * 17. 1. 1881 zu Buenos Aires, 
t 1944; argentinischer Komponist, Schüler des 
Konservatoriums von Buenos Aires und 1911-14 
der Schola Cantorum in Paris, kehrte 1915 zurück, 
wurde 1924 Professor am Konservatorium seiner 
Heimatstadt und schrieb Kritiken für die Zeitung 
La Nadön. Er komponierte zahlreiche Lieder, 
Klavierstücke, Kammer- und Orchestermusik un- 
ter Verwendung nationaler Motive. 

Lit : O. Schiuma, Müsica y müsicos argentinos, 
Buenos Aires 1943. 

Andreae, Volkmar, * 5.6.1879 zu Bern; 
Schweizer Dirigent, Schüler von K. Munzinger, 
1897-1900 am Kölner Konservatorium, wurde 
1900 Solorepetitor der Münchner Hofoper, nach 
einjähriger Studienpause 1902-04 Dirigent des 
Stadtsängervereins in Winterthur, 1902-49 Diri- 
gent des Gemischten Chors in Zürich, wo er 1904 
bis 1919 auch den Männerchor und 1906-49 das 
Orchester der Tonhalle-Gesellschaft leitete. 1914 
bis 1939 war er Direktor des Konservatoriums 
Zürich, 1920-25 Präsident des Schweizerischen 
Tonkünstlervereins, dessen Ehrenpräsident er seit- 
dem ist. 1949 zog er sich ins Privatleben zurück. A. 
hat sich als Dirigent besonders für Bruckners 
Werke eingesetzt. In Mailand leitete er 1911 die 
erste Aufführung der Matthäus-Passion in Italien. 
Er schrieb Orchester- und Kammermusik, viele 
Lieder, Chorwerke und 2 Opern: Ratcliff (Duis- 
burg^ 1914) und Casanovas Abenteuer (Dresden 

lit.: E. Tobler, V. A., Wissen u. Leben 1923, H. 20; 
F. Seiler, Dr. V. A., o.0. 1931. 

Andreas von Kreta, * um 660 zu Damaskus, 
t 740 zu Hierissos auf Mytilene; mit seinem 
Hauptwerk, dem Großen Kanon , ist er wahrschein- 
lich der älteste Kanondichter der griechischen 
Kirche. Es ist daß die ältesten Fassun- 

gen der in Handschriften bis zurück ins 9. oder 
doch 10. Jahrhundert erhaltenen Melodien (Hir- 
mcn) seiner Kanons von ihm selbst herrühren. 
Ausg.: Textedition in Patr. gr. XCVII, 1305 ff.; deut- 
sche Ubers, des »Großen Kanon« bei P. Kilian 
Kirchhofe, Die Ostkirche betet III, Lpz. 1936; 
Lit : H. Riemann, Die byzantinische Notenschrift im 
10. bis 15. Jh. # I, Lpz. 1909. 

Andr£e, Eifrida, * 19. 2. 1841 zu Visby, f 11. 1. 
1929 zu Stockholm; schwedische Organistin und 
Komponistin, Schwester von Fredrika Stenham- 
mar, Schülerin von Gade, 1861 Organistin in 
Stockholm, ab 1867 Domorganxstin in Göteborg. 
Im Druck erschienen ein Klavierquintett E moll 
(1865), das Chorwerk Snöjrid und ein Klaviertrio 
Gmoll (1884). Sie machte sich weiter bekannt 
durch Orchesterwerke, Orgelsymphonien, Violin- 
und Klavierkompositionen und Lieder. 

Lit: E. M. Stuart, E. A., Stockholm 1925. 


Andre|ni, Giovanni Battista, * 1578 zu Flo- 
renz, f im Juni 1654 zu Reggio nelTEmilia, Sohn 
des Schauspielers und Sängers Francesco A. und 
der Sängerin Isabella Canali, die 1603 am Hofe 
Heinrichs IV. zu Paris in der Truppe der Gelosi 
Triumphe feierte, wurde 1613 von Maria de* Me- 
dici mit der Truppe der Fedeli nach Paris berufen, 
mit ihm seine Gattin, die als La Florinda berühmte 
Sängerin Virginia Ramponi, die 1608 in Mantua 
durch ihr Einspringen für die plötzlich verstorbene 
Romanina (Caterina Martinelli) in Montevcrdis 
Arianna berühmt wurde. Beide wurden in Paris so 
geschätzt, daß sie bis zur Zeit des Orfeo von L. 
Rossi (1647) mehrmals wiederkommen mußten. 
A. ist der Dichter und teüweise auch Komponist 
der Azione sacra Maddalena (Venedig 1617) mit 
Monteverdi, M. EfFrcm und Sal. Rossi (Le musiehe 
di alcuni excellentissitni tnusici compostc per la Madda- 
lena di G. B. Andreini , Venedig, Gardano 1617). 
Von seinen sonstigen Bühnendichtungen gehören 
auch La Centaura und La Florinda zu den Anfängen 
der Oper (Paris 1622 und 1647). 

Ausg.: »Adamo«, Lanciano 1913. 

Lit.: E. Bevilacqua, Giambattista A. e la Compagnia 
dei Fedeli, in: Giornale Storico della Letteratura 
Italiana XXIII u. XXIV, 1894; E. Picot, Gli Ultimi 
anni di G. B. A. in Francia, in: Rassegna bibliogr. 
delle Lettere Italiane IX, 1901 ; V. Mazzetti, Un 
famoso comico e autore drammatico del Seicento, 
Reggio 1915. 

Andreis, To sip, * 19. 3. 1909 zu Split (Kroatien); 
jugoslawischer Musikforscher, studierte bis 1931 
romanische Philologie an den Universitäten Za- 
greb und Rom, danach an der Musikakademic in 
Zagreb und Komposition bei I. Parad in Split. 
Nach Stellungen als Mittclschullchrcr in Sibcnik, 
Split und Hercegnovi ist er seit 1941 Lehrer (1952 
Professor) für Musikgeschichte an der Musikaka- 
demie in Zagreb. A., Herausgeber einer in Vor- 
bereitung befindlichen zweibändigen Musikenzy- 
klopädie (Auftrag des Lexikographischcn Instituts 
Zagreb), veröffentlichte neben zahlreichen Auf- 
sätzen in jugoslawischen Musikzeitschriften die 
Bücher: Povijest glazbe (Musikgeschichte, Zagreb 
1942), Historija muzikc (3 Bände, Zagreb 1951-54), 
Uvod u glazbenu estetiku (Einführung in die Musik- 
ästhetik, Zagreb 1944), Hector Berlioz (Zagreb 
1946), Das kroatische Musikinstitut im 125. Jahre 
seines Bestehens (Zagreb 1952). 

Andr?jew, Wassili Wassiljewitsch, * 1862 im 
Twerschen Gouvernement, f Ende 1918 oder An- 
fang 1919; Balalaika-Virtuose und Gründer des 
ersten Großrussischen Balalaika-Orchesters, mit 
dem er Europa bereiste; schrieb und übertrug für 
sein 4 Instrument und sein Orchester zahlreiche 
Kompositionen, hat auch den Bau der Balalaika 
vervollkommnet. 

Andreqzzi, Gaetano (genannt Jommcllino), 

* 1763 zu Neapel, f 21. 12. 1826 zu Paris; italie- 
nischer Komponist, Schüler Jommdlis in Neapel, 
schrieb 45 Opern 1781-1816 für die Theater Ita- 
liens, auch für Petersburg und Madrid, sowie 
3 Oratorien, ließ sich als Musiklehrer in Neapel nie- 
der, verarmte aber schließlich und ging nach Paris, 
um die Unterstützung der Herzogin von Berry, 
seiner früheren Schülerin, anzurufen. 1782 ver- 
öffentlichte er 6 Streichquartette im Stil Haydns. - 


36 



Anerio 


Seine Frau Anna A., * 1772 zu Florenz, 1801-02 in 
Dresden als Primadonna engagiert, verunglückte 
1802 auf einer Fahrt von Pillnitz nach Dresden. 

Andres, Pater Juan, SJ, * 15. 2. 1740 zu Planes 
(Alicante), 1 12. 1. 1817 zu Rom; spanischer Lite- 
raturhistoriker, trieb seine Studien in Madrid 
und Gandia, ging wegen der Ausweisung der Je- 
suiten nach Italien und fand in Mantua ein Asyl im 
Hause des Grafen Bianchi. 1796 wurde er Biblio- 
thekar des Herzogs von Parma, war während 
Murats Königtum in Neapel (1807-14) dessen Bi- 
bliothekar und verbrachte die letzten Jahre im 
Ordenshause der Jesuiten zu Rom. Von seinen 
zahlreichen Werken gehen die Musik an: Del- 
Vorigine , progressi e stato attuale d’ogni letteratura 
(Parma 1782-98, 6 Bände, mehrfach aufgelegt, 
auch 1805 französisch und 1806 deutsch); Lettern 
sopra la musica degli Arabi (Venedig 1787) und Car- 
tas familiäres (Madrid 1786-93). A. trat für eine 
Vertiefung des Gehaltes der Opemdichtung im 
Sinne der Erneuerung der antiken Tragödie ein. 

Lit.: M. Menj&ndez y Pelayo, Hist, de las ideas 
est6ticas VI, Madrid 1904; J. E. de Uriarte u. M. 
Lecina SJ, Bibi, de escritores de la Compania de 
Jesus ... de Espaöa I, 1, Madrid 1925 (mit Werk- 
verz.). 

Andrevi, Francisco, * 16. 11. 1786 zu Sanahuja 
(Provinz Ldrida), f 23. 11. 1853 zu Barcelona; ka- 
talanischer Komponist, stammte von italienischen 
Eltern, war Priester, bekleidete Kapellmeister- 
stellen an den Kathedralen von Barcelona, Va- 
lencia, Sevilla tmd wurde 1830 Kapellmeister der 
Real Capilla in Madrid. Während des Karlisten- 
krieges flüchtete er 1836 nach Bordeaux, wo er an 
der Kathedrale wirkte, lebte 1845-49 in Paris und 
endlich bis zu seinem Tode als Kapellmeister an 
Nuestra Senora de la Merced in Barcelona. Seine 
bedeutendsten Kompositionen sind das Oratorium 
El juicio final (1822), ein Requiem für Ferdinand 
VII. (1834) und ein Stabat Mater. Er schrieb auch 
einen Tratado TeSrico-Prdctico de Armonia y Com - 
posieiön (Barcelona 1843, 21848, auch französisch 
Paris 1848). 

Ausg.: 4st. »Nunc dimitis« (sic) und 6st. »Salve 
regina«, beide mit Orch., bei H. Eslava, Lira Sacro- 
Hispana, Siglo XIX, Ser. I, T. 2. 

Andricu, Mihail-Jon, * 22. 9. 1894 zu Buka- 
rest; rumänischer Komponist, studierte am Buka- 
rester Konservatorium und wurde 1937 Professor 
für Komposition an der Musikakademie. Von sei- 
nen Kompositionen seien genannt: ein Ballett 
Taina ; Trois tableaux symphoniques, Suite pitto - 
resque und Suite brfae für Orch.; Streichquartett, 
Novellettes für Klavierquintett und Kompositionen 
für Kl. 

Andriessen, - 1) Willem, * 25. 10. 1887 zu 
Haarlem; holländischer Pianist, Komponist und 
Pädagoge, 1903-08 Schüler des Amsterdamer Kon- 
servatoriums (de Pauw, Klavier; B. Zweers, Theo- 
rie), 1910-17 Klavierlehrer am Konservatorium 
im Haag, dann an der Rotterdamer Musikschule, 
war 1937-53 Direktor des Konservatoriums Am- 
sterdam. Er schrieb: Messe für Soli, Chor und 
Orch.; Klavierkonzert D moll; zahlreiche Iieder. 
Sein Bruder - 2) Hendrik Francis cus, * 17. 9. 
1892 zu Haarlem; holländischer Organist und 


Komponist, absolvierte nach Studien bei seinem 
Vater 1916 das Amsterdamer Konservatorium in 
Orgel und Klavier bei J. B. de Pauw und Komposi- 
tion bei B. Zweers, übernahm dann die Organi- 
stenstelle des Vaters in Haarlem und wirkte ab 1934 
an der katholischen Kathedrale in Utrecht. 1937 
folgte er einem Ruf an das Amsterdamer Konser- 
vatorium und wurde im selben Jahr Direktor des 
Utr echter Konservatoriums. Seit 1949 ist er Leiter 
des Königlichen Konservatoriums im Haag, da- 
neben seit 1952 Professor an der Universität Nym- 
weeen. Kompositionen: Philomela (Oper, Text 
nach Ovid), 4 Symphonien und weitere Orche- 
sterstücke, Variationen nach Couperin für FL, 
Harfe und Streicher, mehrere Meßkompositionen, 
Orgelmusik, zahlreiche Werke in Kammerbe- 
setzung und Iieder. Bücher: Cisar Fronde (Amster- 
dam o. J.) und Essays Over Muziek und Muziek en 
Muzikaliteit . Dessen Sohn - 3) Jurriaan, * 15. 
11. 1925 zu Haarlem, Schüler seines Vaters und 
W. van Otterloos am Konservatorium in Ut- 
recht, schrieb u. a. Film- und Rundfunkmusiken, 
ein Klavierkonzert, Concertino für KL und Orch., 
Kammermusik und Lieder. 

(d*> Andrieu -* Dandrieu. 

Andrieu Contredit d’Arras (ädri'o:), * um 1180 
und f 1248 zu Arras; nordfranzösischer Trouvfere, 
von dessen 18 erhaltenen Liedern 16 mit Melodien 
überliefert sind. Der Jeu parti R 1520 zwischen A. 
und Guillaume le Vinier sowie das Lied R 545 
bezeugen A.s Zugehörigkeit zum Pui d’Arras. A. 
bezeichnet sich als »Messire«, gehörte also offenbar 
dem Ritterstand an. 

Ausg. u. Lit. : R. Schmidt, Die Lieder d. A. C. d’Arras, 
Diss. Halle 1903; Fr. Gennrich, Artikel A. C. 
d’Arras, MGG, darin d. Melodie zu R 69 »Iriez, pen- 
sis chanterai«. 

An$rio, Felice, * 1560 tmd f 26./27. 9. 1614 zu 
Rom; einer der hervorragendsten römischen Kom- 
ponisten der Palestrinazeit, Sohn von Maurizio A. 
(Musiker an S. Luigi dei Francesi, t 28. 1. 1593), 
1568-74 Sängerknabe und Schüler Gio. M. Nani- 
nos an S. Maria Maggiore, 1575 Sopranist der 
Cappella Giulia unter Palestrina, 1579/80 Altist an 
S. Luigi dei Francesi (unter Suriano). 1585 wurde 
er Lehrer am Collegio degli Inglesi und am 3. 4. 
1594 Nachfolger Palestrinas als Komponist der 

S stlichen Kapelle (den Kapellmeistemosten er- 
t Ruggiero Giovanelli). A. war mit Suriano an 
der Redaktion der Editio Medicaea des Graduale von 
1614 beteiligt (-*- Palestrina). Mehrere Komposi- 
tionen A.s haben lange für solche von Palestrina 
gegolten ( Adoramus te Christe und ein dreichöriges 
Stabat Mater). Gedruckt sind von A. 2 Bücher 
Sacri hymni et eantica (I. 8 v. 1596, II. 5-8 v. 
1602), ein Buch 4st. Responsoria (1606), ein Buch 
Madrigali spirituali 5 v . (1585), ein Buch Madrigale 
zu 3 St. (1598), je ein Buch zu 5 (1587) und 6 St. 
(1590), ein Buch 4st. Kanzonetten (1586), und ein 
Buch Concerti spirituali (1593); außerdem gab er 
eine Sammlung Gioje , madrigali a 5 v. di diversi 
heraus (1589). Vieles von ihm findet sich in Sam- 
melwerken der Zeit; Messen und Motetten usw. 
sind in größerer Zahl handschriftlich erhalten. 
Ausg.: Motette zum Buß- und Bettag und Motette 
zum Totenfest, hrsg. v. A. Mendelssohn, Lpz. 1932; 
Missa octavi toni »Hör le tue forze adopra«, hrsg. v. 


37 



Anerio 


H. Bäuerle, Lpz. 1931; 11 Motetten, in Musica 
Divina 1, 2; 2 Motetten (hrsg. v. L. Niedermeyer), 
Recueil des morceaux de musique ancienne VI, Paris 
(1844); ein 8st Satz in Musica sacra XV; 4 Sätze zu 
4 St. in Musica sacra VI und einer zu 4 St. in Musica 
sacra VII, hrsg. v. A. Neithardt, Bin u. Posen; ein 
8st Satz in Musica sacra XVI, hrsg. v. R. v. Hertz- 
berg, Bin u. Posen. 

Lit. :F.X. Haberl, F.A.,KmJb 1903; E. Celant, I can- 
tori della cappella pontificia nei secoli XVI— XVUI, 
RMI XIV, 1907, u. XVI, 1909; L. Torri, Nei 
Parentali 1614-1914 di F. A., RMI XXI, 1914; A. 
Cameth, Nuovi contributi alle biografie di M. e F. 
A., RMI XXII, 1915; R. Casimiri, M., F. e G. Fr. 
A-, RMI XXVH, 1920; F. Haberl, F. u. G. Fr. A., 
Zs. f. Kirchenmusik LXXTV, 1954. 


An$rio, Giovanni Francesco, * um 1567 zu 
Rom, f (bestattet 12. 6.) 1630 zu Graz, auf dem 
Heimweg von Polen (Krakau?), wo er königlicher 
Kapellmeister war, Bruder von Felice A., 1575-79 
Chorknabe an der Peterskirche unter Palestrina, 
1600-03 Kapellmeister an S. Giovanni in Laterano, 
1609/10 und wieder 1611 Kapellmeister am Dom 
zu Verona, 1611 Präfekt am Jesuitenkolleg in Rom, 
1613-20 Kapellmeister an der Jesuitenkirche S. Ma- 
ria ai Monü zu Rom, 1616 (49 Jahre alt) zum Prie- 
ster geweiht. 1624 ist er als Besucher in Treviso 
dokumentiert. Sein erstes Werk, ein Buch 5st. 
Madrigale, erschien 1599 zu Venedig; doch ist ein 
nicht datierter Band 4st. Gagliarden in Klavier- 
und Lautentabulatur vielleicht noch älter. Auch 
eine 3st. Weihnachtsmusik Dialogo pastorale al 
presepio in Klavier- und Lautentabulatur (nach 
Baini von Verovio gestochen) ist ohne Datum. 
Ein zweites Buch Madrigale erschien 1608 (5-6 v.), 
ein Buch l-2st. Madrigale (Recreazione armonica) 
1611, je ein Buch l-4st. Madrigale (Diporti musi- 
cali) 1617 und (Ilieti scherzi) 1621, ein Buch 1— 4st. 
Motetten, Madrigale, Kanzonetten, Dialoge und 
Arien zu 1-4 St. (Selva armonica) 1617, ein Buch 
l-3st. Arien, Kanzonetten und Madrigale (La bella 
Clori armonica) 1619. Von Wichtigkeit für die 
Frühgeschichte des Oratoriums ist sein Teatro ar- 
monico spirituale (5-8 v. geistliche Madrigale, 1619). 
A. bearbeitete Palestrinas 6st. Missa papae Marcelli 
für 4 St. (mit den Messen Iste confissor und Sine 
nomine von Palestrina und einer Missa della batta- 
glia von A. zuerst 1619, vielleicht 1605?), in wel- 
cher Form sie viele Auflagen erlebte. Seine außer- 
dem nachweisbaren Kirchenkompositionen sind: 
ein Buch Messen zu 4-6 St. (1614, daraus Missa pro 
dejunctis cum Sequentia et Respons . Libera me auch 
einzeln), 3 Bücher Motetten (I. 1-3 v. mit B.c. 
1609, IL 2-6 v. mit B.c. 1611, IIL 2-6 v., daneben 
Litaneien 4 v. mit B.c. 1613), 5 Bücher Sacrae 
cantiones (Sacri concentus) 2-6 v. mit B.c. (1613 bis 
1618), 7-8st. Litaneien und Antiphonen (1611), 
Responsoria de natioitate Domini . Venite exultemus ... 
Te Deum 3-8 v. (1614), Ghirlanda di sacre rose 5 v. 
(1619), 3-4st. Vesperpsalmen und 4st. Cantica 
Beatae Mariae Virginis (1620), dazu vieles «nwln 
in Sammelwerken. 


Ausg.: Missa brevis, hrsg. v. H. Bäuerle, Lpz. 1931 ; 
Missa della Battaglia, hrsg. v. K. G. Fellerer, Re- 
gensburg 1955. 


Lit.: Fk.X. Haberl, G.Fr.A., KmJb I, 1886; R. 
Eitoer, G.Fr.A., MfM XIX, 1887; R. Casimiri, 
M., F. e G. Fr. A., RMI XXVH, 1920; G. Liberali, 
G. Fr. A. Un suo fugace soggiomo a Treviso, Note 
d’arch. XVH, 1940; H. Federhofer, Ein Beitr. zur 


38 


Biogr. v.G.Fr. A.,Mf 11,1949 u.VI, 1953 ;F. Haberl, 
F. u. G. Fr. A., in: Zs. f. Kirchenmusik LXXIV, 1954. 

Anet (an's), - 1) Jean-Baptiste, * um 1651, 
t 26. 4. 1710 zu Paris; französischer Violinist, der 
als Musiklehrer wirkte und seit 1673 nachweisbar 
ist. Verwandtschaftliche Beziehungen zu J.-B. A.2) 
sowie Werke von ihm sind nicht bekannt gewor- 
den. - 2) Jean-Baptiste, * um 1661, 1 14. 8. 1755 
zu Lun6ville; französischer Violinist und Kompo- 
nist, reiste in seiner Jugend in Deutschland und 
Italien und war 3 oder 4 Jahre lang Schüler Corellis 
in Rom. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich 
war er Mitglied der Kapelle des Herzogs von Or- 
leans sowie der königlichen Kapelle und trat seit 
1725 mit großem Erfolg in den Concerts spirituels 
auf. 1736 begab er sich an den Hof des früheren 
polnischen Königs Stanislas Leszczyhski. A. ver- 
öffentlichte 2 Bücher von unter dem Einfluß Co- 
rellis stehenden Sonaten für V. und B.c. (1724, 
1729) und 3 Bücher Pikes ä deux Musettes (1726, 
1730, 1734). 

Ausg.: Sonate Nr 10 in d. Reihe »Musiques fran- 
$aises«, Nr 18 (Genf). 

Lit : L. de La Laurenoe, L’dcole fr?, de violon de 
Lully k Viotti I, Paris 1922, S. 350-65. 

Anfpssi, Pasquale, * 25. 4. 1727 zu Taggia bei 
Neapel, f im Februar 1797 zu Rom; italienischer 
Opemkomponist, Schüler Piccinnis, schrieb seine 
erste Oper La donnafedele 1758 für Neapel, errang 
mit Uincognita perseguitata 1773 in Rom seinen 
ersten großen Erfolg und verdrängte sogar zeit- 
weilig Picdnni in der Gunst des Publikums. Er 
schrieb 1758-94 im ganzen 76 Opern. In Paris hatte 
er kein Glück (1780). Nachdem er 2 Jahre in 
London die Italienische Oper dirigiert (1781-83), 
dann in Prag, Dresden und Berlin Opern zur Auf- 
führung gebracht hatte, ging er nach Italien zu- 
rück, übernahm 1791 die Kapellmeisterstelle am 
Lateran und widmete sich zuletzt hauptsächlich 
der kirchlichen Komposition (12 Oratorien, 

2 Kantaten, Messen, Psalmen und kleinere Einzcl- 
sätze). 

Lit.: A. Della Corte, L’opera comica italiana ncl 
*700, Bari 1923; H. Abert, W. A. Mozart I, Lpz. 
1919. 

Angeles, Vittoria de los ->• Los Angeles. 

d’Angeli, Andrea D’Angeli. 

Angelini, Giovanni Andrea -> Bontempi. 

Angerer, Gottfried, * 3. 2. 1851 zu Waldsee 
(Württemberg), f 19. 8. 1909 zu Zürich; deut- 
scher Chordingent, Schüler des Stuttgarter und 
Fra nkf urter (Dr. Hochschen) Konservatoriums, 
Dirigent von Männergesangvereinen in Frankfurt 
am Main, M a nnh eim und Zürich, Professor an der 
Kantonsschule sowie Direktor der Musik-Akade- 
mie in Zürich, Komponist von Balladen für 
Männerchor. 

Lit: E. Islbr in SMZ IL, 1909, 

Angerer, Paul, * 16. 5. 1927 zu Wien; öster- 
reichischer Komponist, 1. Solobratscher der Wie- 
ner Symphoniker und Leiter des Wiener Kam- 
merorchäters (1956). Sein Studium absolvierte er 
an der Wiener Staatsakademie und an der Musik- 
schule der Stadt Wien. 1948 gewann er einen Preis 



Anglis 


beim Concours international in Genf, 1953 wurde 
ihm der österreichische Staatspreis und 1954 der 

I. Preis beim Orgelwettbewerb (Komposition) in 
Haarlem zuerkannt. Kompositionen für Orchester 
und Kammermusik sind, soweit nicht Manuskript, 
im Selbstverlag erschienen. 

Angiolini (and3orini), Domemco Maria Gas- 
paro, * 9. 2. 1731 zu Florenz, f 6. 2. 1803 zu Mai- 
land; italienischer Choreograph und Komponist, 
war 1747-50 Tänzer in Venedig und ging um 1754 
nach Wien. Als Choreograph ist er zuerst 1757 in 
Turin nachweisbar und begann 1758 in Wien, 
Balletteinlagen, vor allem zu Opern Hasses, zu 
entwerfen. In Zusammenarbeit mit Gluck schuf 
er in Don Juan (Wien 1761) ein pantomimisches 
Ballet d’aetion, mit dem er auf eine klassizistische 
Wiederbelebung der tänzerischen Darstellung tra- 
gischer Stoffe zidte. Zu Gluckscher Musik ent- 
warf A. ferner die Tänze in Chfeo ed Euridice (1762) 
und La rencontre imprime (1764) sowie die Panto- 
mimen Alessandro (vor 1764), Üorfano della China 
(um 1766) und Semiramis (1765; diese beiden nach 
den gleichnamigen Tragödien Voltaires). Zur Se- 
miramis veröffentlichte A. eine ästhetisch wichtige 
Dissertation sur les Ballets pantomimes des Andens 
pour servir de Programme au Ballet Pantomime tragique 
de Semiramis (Wien 1765). 1765-72, 1776-79 und 
1782-86 wirkte A. in St. Petersburg, wo er auch 
Ballette mit eigener Musik aufführte, darunter 
Le ddpart d’Enie (1766, nach Metastasios »Didone 
abanaonnata«), Les Chinois en Europe (1767), Diver- 
tissements des fites de Noel (1767, Musik unter Ver- 
wendung russischer Volkslieder), Le prdjugd vaincu 
(1768), Sdmira (1772), Thisie et Ariane (1776), 
Vorpnelin de la Chine (: 1777 , das bereits von Gluck 
vertonte Szenarium) Le diable h quatre (1785?). 
Zwischen und nach den russischen Aufenthalten 
war er zeitweise wieder in Wien, vor allem aber 
in Venedig und Mailand tätig. Gegen die Angriffe 
Novcrres verteidigte er seine Anschauungen in den 
Lettere di G. A. a Monsieur Noverre sopra i Balli 
Pantomimi (Mailand 1773), denen 1775 Riflessioni 
sopra Vuso deiprogrammi ne 9 balli pantomimi folgten. 
In seinen letzten Jahren schloß er sich der repu- 
blikanischen Partei an und lebte 1800-01 in der 
Verbannung in Cattaro. 

Lit.: R. Haas, Die Wiener Ballett-Pantomime, StMw 
X, 1923, darin d. v. A. gezeichnete, aber wahrschein- 
lich v. Calzabigi stammende Vorwort zum Don Juan ; 
ders., Der Wiener Bühnentanz, JbP XLIV, 1937; 

J. Jersild, Le ballet d’aetion ... au Dänemark, AMI 
XIV, 1942; R.-A. Mooser, Annales de la musique . .. 
en Russie . . . U, (Genf 1951). 

d’Anglebert (äbb's:r), Jean Henri, * 1635, 
t 23. 4. 1691 zu Paris; französischer Komponist, 
Schüler von Chambonni&res, ab 1664 Hofclave- 
dnist Ludwigs XIV., gab 1689 Pikes de davedn 
heraus, darunter 22 Variationen über die Folies 
d*Espagne mit genauen Vorschriften für die Aus- 
führung der Verzierungen. Sein Nachfolger als 
Hofdavednist wurde sein Sohn Jean-Baptiste- 
Henri d'A., * 5. 9. 1661 und t im November oder 
Dezember 1735 zu Paris. Auch ein jüngerer Sohn 
Jean Henri war Clavecinist und starb 80 jährig am 
9. 3. 1747 zu Paris. 

Ausg.: »Pftces de davedn«, hrsg. v. M. Roesgen- 
Champion, in: Publications de la Soc. fr?, de musico- 
logie, I« s6rie, t VIII; Piices de davedn (aus dem 


Premier livre von 1689), in: Le Trfsor des Pianistes, 
hrsg. v. A. Farrenc, Bd II u. XIX, Paris 1871; ein 
Orgelstück in: Les Maftres trg. de l’Orgue II, hrsg. v. 
F. Raugel, Paris (1933, Neudruck 1949); 6 Stücke 
bei Tagliapietra Ant. VH, 1934; eine Fuge bd E. 
Kaller, Liber Organi L 

Lit.: Ch. Bouvet, les deux d’A. et M.-A. Couperin, 
Rev. de musicoL XII, 1928. 

Angl&s, Higino (Angl6s), * 1. 1. 1888 zu Maspu- 
jols (Provinz Tarragona); spanischer Musikhisto- 
riker, studierte 1900-13 Philosophie und Theolo- 
gie in Tarragona, war dann in Barcelona Schüler 
von V. M. de Gibert (Kontrapunkt, Fuge, Orgel) 
und F. Pedrell (Musikwissenschaft), seit 1917 Lei- 
ter der Musikabteilung der Biblioteca de Cataluna 
in Barcelona, 1923/24 noch Schüler von W. Gur- 
litt in Freiburg im Breisgau und Fr. Ludwig in 
Göttingen, ab 1927 Professor am Conservatorio 
del Liceo und ab 1933>tan der Universität zu Barce- 
lona, lebte 1936-39 in München, wurde" 1943 Di- 
rektor des neugegründeten Instituto espanol de 
musicologfa und 1947 Präsident des Pontmdo Isti— 
tuto di Musica Sacra in Rom. Er gab heraus : in den 
Publicadones del Departamento de Musica de la 
Biblioteca de Cataluüa: I, Eb Madrigals i la Missa 
de Dijunts <TEn Brudieu (mit F. Pedrell, 1921); 
II, Cathleg dels Manuscrits Musicals de la coV leedö 
Pedrell (1921) ; m und VH, J. Pujol . . . Opera 
omnia (1926 und 1932); IV, VHI, XUI und XVH, 
J. Cabanilles . . . Opera omnia (1927, 1933, 1936 und 
1956), VI, El Cddex Musical deLasHuelgas (3 Bände, 
1931) ; IX, A. Soler , Sis Quintets (mit R. Gerhard, 
1933) ; X, Abhandlung La miisica a Cataluny a fins 
al segle XIII (1935); XV, La Musica de las Can- 
tigas del rey Alfonso el Sabio II.: Transcripdön 
musical (1943) ; in den Monumentos de la Musica 
Espanola: I, V und X, La Miisica en la Corte de los 
Reyes CatSlicos: I = Polifonla religiosa (1941), V 
und X =* Polifonla profana : Candonero Musical de Pa- 
lado (1947 und 1951, dazu als 3. Band ein Kom- 
mentar zu den Texten von J. Rubi6 und J. Romeu 
Figueras, Band XTV der Monumentos) ; fl, La Mü- 
sica en la Corte de Carlos V, mit Ausgabe des Libro 
de Cifra Nueva von L. Venegas ae Henestrosa 
(1944); IV, RecopiladSn de sonetos y villandcos a 
quatro y a cinco, de J. Vdzquez (1946); XI, XHI, 
XV und XVII, Cr. Morales , Opera Omnia I-IV 
(1952, 1953, 1954 und 1956); außerdem separat: 
Catdlogo Musical de la Biblioteca Nadonal de Madrid 
(3 Bände, mit J. Subirä, Barcelona 1946, 1949 und 
1951). - Von seinen zahlreichen Studien seien ge- 
nannt: Les melodies del trobador Guiraut Riquier 
(Estudis Universitaris Catalans XI, 2, 1926); Les 
Cantigues del rei N* Anfis el Savi (Vida Cristiana 
XIV, 1926/27); El * Chansonnier Frangais « de la 
Colombina de Sevilla (Estudis Universitaris Cata- 
lans XIV, 1929); Historia de la Miisica Espanola 
als Anhang zur spanischen Ausgabe von J. Wolfs 
»Kleiner Musikgeschichtet (Barcelona 1934, 
21944) ; La miisica medieval en Toledo (in: Spanische 
Forschungen der Görres-GeseUschaft I, 7, 1938); 
La miisica en la Corte del rev D. Alfonso V de AsGgk%_ 
(ebenda 1, 8, 1939) ; La musica espanola desde la Edad 
Media hasta mestros dlas (Barcelona 1941) ; La nota- 
dSn musical espanola de la segunda mitad del s. XV 
(Anuario musical ü, 1947); La miisica conservada en 
la Biblioteca Colombina y en la Catedral de Sevilla 
(ebenda); Cristöbal de Morales y Francisco Guerrero 


39 



Animucda 


(ebenda IX, 1954) ; V opera di Morales e lo sviluppo 
della polifonia sacra spagnola nel 1500 (Rom 1954); 
Die Bedeutung der Vokalpolyphonie für die römische 
Liturgie (Kgr.-Ber. des Kongresses für Kirchen- 
musik, Wien 1954); El » Llibre Vermeil t de Mont- 
serrat y los cantos y la danza sacra de los peregrinos 
durante el siglo XIV (Anuario musical X, 1955); 
Latin Chantbefore St. Gregory und Gregorian Chant 
(in: The New Oxford History o£ Music II). 

Animucda (anim'utfja), Giovanni, * zuFlorenz 
um die Wende des 15. zum 16. Jh., t 25. 3. 1571 
zu Rom; italienischer Komponist, ein Vorläufer 
Palestrinas, nicht nur im Amt (er war Kapell- 
meister an St. Peter in der Zeit von Palestrinas 
Entlassung aus diesem Amte 1555 bis zur Wieder- 
übemahme 1571), sondern auch in der Art; denn 
er erstrebte ebenso wie Palestrina die Rei- 
nigung des Kirchenstils vom instrumentenmäßigen 
Passagenwesen und nahm Rücksicht auf * V inten - 
dimento delle parolet. Als Mitbegründer des Ora- 
toriums wird er genannt wegen seiner für Filippo 
Neris Oratorio komponierten Laudi spirituali 
(2 Bücher, gedruckt 1563 und 1570); diese haben 
aber noch wenig mit den entwickelteren Formen 
des Oratoriums zu tun, sind vielmehr einfache, 
hymnenartige Lobgesänge. Die anderen erhaltenen 
Werke A.s sind ein Buch 4-6st. Madrigale (1547), 
2 Bücher 5st. Madrigale (1551 und 1554), und ein 
Buch 3st. Madrigale (1565), ein Buch 4-6st. 
Messen (1567), ein Buch 4st. Magnificat (1568). - 
Sein Bruder Paolo, gleichfalls ein gediegener 
Komponist, war 1550-52 Kapellmeister am La- 
teran und starb 1563. In Sammelwerken sind nur 
wenige seiner Kompositionen erhalten. 

Ausg.: »Kyrie« u. »Gloria« d. Messe »Conditor alme 
syderum«, ein Sst. Madrigal u. 4st. Magnificat in 
Torchi I; Lauda »Ben venga amor« in Schering 
Beisp. 120. 

Lit.: L. Cervblli, Le laudi spirituali di G. A. e le 
origim delToratorio . . ., Rass.mus. XX, 1950. 

Anna Amalia, Prinzessin von Preußen, * 9. 11. 
1723 und 1 30. 3. 1787 zu Berlin, ab 1758 Schü- 
lerin Kimbergers. Sie schrieb einige Choräle und 
(vor Graun) Musik zu Ramlers Tod Jesu , außer- 
dem Kammermusik und Märsche. Ihre besonders 
an Handschriften Bachscher Werke reiche Biblio- 
thek wird seit 1914 von der Berliner Staatsbiblio- 
thek verwahrt. 

Ausg.: Sonate für Fl. (oder Geige) mit B.c., Trio- 
Sonate D dur, 4 Regimentsmärsche, hrsg. v. G. Len- 
zbwski, Bin (1927) ; 2 Sätze aus »Der Tod Jesu«, hrsg. 
v. C. Hirsch, Hameln o. J.; Kriegslied »Auf! tapfre 
Krieger«, Text v. Ramler, hursg. v. G. Lenzewski für 
eine Singst, u. Kl., Bin (1915), für gern. Chor, Män- 
nerchor, Schulchor, alle Bin (1916). 

Lit.: C Sachs, Prinzessin A. v. Preußen als Musi- 
kerin, Hohenzollem-Jb. 1910; G. Herz, J. S. Bach 
im Zeitalter d. Rationalismus, Kassel 1935 ; F. Bose, 
A. A. v. Preußen u. J. Ph. Kimberger, Mf X, 1957. - 
R. Eitner, Kat d. Musikalien-Slg d. Joac hims t h al- 
schen Gymnasiums zu Bin, Beilage zu Mf M XVI, 1 $84. 

Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-Weimar, 
* 24. 10. 1739 zu Wolfenbüttel, f 10. 4. 1807 zu 
Weimar, Mutter des Großherzogs Carl August, 
1758-75 Regentin in Weimar. Sie war Schülerin 
von F. G. Fleischer und E. W. Wolf, komponierte 
1776 Goethes Erwin und Elmire , außerdem Stücke 


aus dem Jahrmarktsfestzu Plundersweilen , eine Sym- 
phonie und ein Divertimento für Kl., Klar., Va 
und Vc. 

Ausg. : »Erwin u. Elmire« . . ., hrsg. v. M. Fried- 
laender, Lpz. 1921. 

Lit.: F. Bornhak, A.A., Bin 1892; W. Bode, A. 
Herzogin v. Weimar, 3 Bde, Bin 2 1909; R. Münnich, 
Aus d. Musikalienslg d. Weimarer Landesbibi., be- 
sonders d. Nachlaß d. A. A., in: Aus d. Gesch. d. 
Landesbibi, zu Weimar u. ihrer Slgen, Fs. zur Feier 
ihres 250jährigen Bestehens, hrsg. v. H. Blumen- 
thal (= Zs. d. Ver.s für thüringische Gesch. u. 
Altertumskunde, Beih. 23) Jena 1941 ; O. Heuschele, 
Herzogin A. A., München 1947. 

Annibale Padov^uno, * 1527 zu Padua (daher 
Patavinus oder Padoano), f Ende März 1575 zu 
Graz; italienischer Organist, 1552-64 am Organo 
grande der Markuskirche in Venedig, ab 1566 
Organist am Hofe des Erzherzogs Karl in Graz 
(in einem Status der Kapelle heißt er 1567 
obrister Musicus). Ab 1570 führte er den Titel Ka- 
pellmeister. Von seinen Kompositionen sind je ein 
Buch 5st. Messen (1573), 5- und 6st. Motetten 
(1567), 5st. Madrigale (1564) sowie ein Buch 4st. 
Ricercari in Stimmen (1556) und ein Buch Toccate 
e Ricercari in Partitur (1604) erhalten; außerdem 
findet sich eine Anzahl anderer Kompositionen in 
Sammelwerken. 

Ausg.: 3 Madrigale in Torchi I; 2 Ricercari in 
Torchi III; Ricercari v. 1556, hrsg. v. N. Pierront u. 
J. P. Hennebains, Paris 1934; 2 Sst. Madrigale in 
DTÖ XLI; Magnificat III. toni in DTÖ Bd 90. 
Lit: A. Einstein, A. P.’s Madrigalbuch, in: Studien 
zur Mg., Fs. G. Adler, Wien 1930; G. del Valle de 
Paz, A. P., Turin 1933 (darin 4 Madrigale). 

Anriquez de Valderräbano Valdcrrdbano. 

Anrooy ( 7 anro:j), Peter van, * 13. 10. 1879 zu 
Zalt-Bommel; holländischer Dirigent und Kom- 
ponist, Schüler von Toh. Wagenaar (Theorie) in 
Utrecht, dann 1899 m Moskau von Willem Kcs, 
bei dem er sich auf der Geige und im Dirigieren 
vervollkommnete, und von Tanejew, bei dem er 
Koniposition studierte, 1901/02 Geiger in Glasgow 
und Zürich, 1902 2. Dirigent in Amsterdam, 1905 
Dirigent des Symphonie-Orchesters in Groningen, 
1910 in Arnhem, 1917 des Residentie-Orchcsters 
im Haag, 1914 Dr. h.c. der Universität Gro- 
ningen. Werke: Andante für Bläser (1895) ; Intro- 
duktion und Scherzo für Orch. (1896); 2 Ouver- 
türen (1897); Klavierquintett (1898); 2 Kantaten 
für Kinderchor (1898 und 1899); Holländische 
Rhapsodie Piet Hein für Orch. (1901) ; Ballade für 
V. und Orch. (1902); Musik zu Das kalte Herz 
nach Wilhelm Hauff. 

Anschütz, Georg, * 15.11.1886 zu Braun- 
schweig, f 25. 12. 1953 zu Hamburg; deutscher 
Musikforscher, promovierte 1908 bei Th. Lipps in 
München mit einer Arbeit Über Gestaltqualitäten , 
studierte dann noch bei O. Külpe (Bonn), A. Binet 
(Paris) und W. Wundt (Leipzig), wirkte 1915-19 
als Gastprofessor an der Universität Istanbul und 
habilitierte sich 1920 an der Universität Hamburg, 
dort 1942-45 Extraordinarius und Direktor des 
Psychologischen Instituts. Zur Vorbereitung der 
von ihm 1927-31 in Hamburg veranstalteten Kon- 

g resse für Farbe-T on-Forschung gab er 3 Sammel- 
ände Farbe- Ton^Forschungen heraus. Von seinen 


40 



Antegnati 


Veröffentlichungen betreffen die Musik beson- 
ders: Kurze Einführung in die Farbe- Ton-Forschung 
(Leipzig 1927), Das Farbe-Ton-Problem im psychi- 
schen Gesamtbereich (= Deutsche Psychologie, 
Band V, Heft 5, Halle 1929), Abriß der Musik- 
ästhetik (Leipzig 1930), Das Verhältnis der Musik zu 
den bildenden Künsten im Lichte stilistischer Betrach- 
tung (AfMf III, 1938) und Auftreten und Sinn sub- 
jektiver Tonempfindungen (Zs. für Psychologie 1942). 
Lit. : A. Wellek, In memoriam G. A., Mf VII, 1954. 

Anseaume (äs'om), Louis, * 1741, f im Juli 1784 
zu Paris; in der Zeit der Anfänge des französischen 
Singspiels Hausmeister, Subdirektor und Souffleur 
der Op6ra Comique bzw. Com&iie Italienne, ist 
der Dichter (Bearbeiter, nach italienischer Vorlage) 
von 29 zwischen 1753 und 1774 aufgeführten 
Opern, darunter der viel komponierten Singspiel- 
texte: Bertholde ä la ville , Le Chinoispoli en France , 
Le monde renversi , Des amants trompis , La fausse 
aventurikre , Le peintre amoureux de son modele , Le 
docteur Sangrado , Le midecin de Vamour, Cendrillon, 
Vivrogne corrigi und Les ipreuves de Vamour. Sein 
Thddtre erschien 1766 (Paris) in 3 Bänden. 

Lit. : P. Wechsler, L. A. u. das französische Sing- 
spiel, Diss. Lpz. 1909. 

Ansermet (äserm'e), Ernest, * 11. 11. 1883 zu 
Vevey; schweizerischer Dirigent, 1906-10 Lehrer 
der Mathematik in Lausanne, daneben Schüler von 
D6nör6az in Lausanne, 1905/06 von G6dalge in 
Paris, Barblan und E. Bloch in Genf, nach einer 
Studienreise in Deutschland (1910/11) 1912-14 
Leiter der Kursaal-Konzerte in Montreux und 1915 
bis 1918 als Nachfolger Stavenhagens Dirigent der 
Abonnement-Konzerte in Genf, vor allem aber 
Gründer (1918) des Orchestre de la Suisse Romande 
in Genf. Er ist einer der regsten und fähigsten In- 
terpreten moderner Musik, namentlich der russi- 
schen und besonders der von Strawinsky, dessen 
Histoire du Soldat er am 29. 9. 1918 in Lausanne ur- 
aufführte. Seit 1915 war er auch musikalischer Lei- 
ter von Serge Diaghilews Russischem Ballett, mit 
dem er Paris, London, Italien, Spanien und Nord- 
und Süd-Amerika bereiste. Audi als Schriftsteller 
ist er tätig. Kompositionen: Lieder mit Kl. und 
Orch.; Klavierstücke; symphonische Dichtung 
Feuilles au printemps . 

Lit.: W. Tappolet, E. A., in: Neue Schweizer. Rund- 
schau XIX, 1926; ders., Hommage ä E. A., SMZ 
XCIII, 1953; Hommage ä A., Lausanne 1943. 

Anson ('aensan), Hugo, * 18. 10. 1894 zu Welling- 
ton (New Zealand) ; englischer Komponist, lebt in 
London. Nach einer auch musikalisch grundlegen- 
den Allgemeinbildung in Neuseeland oblag er dem 
Fachstudium an der Universität Cambridge sowie 
am Royal College of Music in London. 1925-39 
war er Kompositionslehrer am Royal College, an 
dem er seither als Hochschul-Syndikus wirkt. Die 
Londoner Royal Academy of Music ernannte ihn 
zum Ehrenmitglied. Als Theoretiker und Pädagoge 
trat A. mit Lehrbüchern über Kontrapunkt, Im- 
provisation und Stegreifspiel am Klavier hervor. 
Als Komponist wurde er mit einem Konzert für 
2 Kl. und Streicher, auch mit Klavier- und Kam- 
mermusik bekannt. 

Ansorge» Conrad, * 15. 10. 1862 zu Buchwald 
bei Liebau (Schlesien), + 13.2.1930 zu Berlin; 


deutscher Pianist, nach Absolvierung des Gymna- 
siums in Landeshut Schüler des Leipziger Konser- 
vatoriums (1880-82) und Liszts (1885/86) in Wei- 
mar und Rom, ließ sich nach Konzertreisen in 
Amerika (1887 ff.) 1893 in Weimar und 1895 in 
Berlin nieder. 1898-1903 unterrichtete er am 
Klindworth- Scharwenka-Konservatorium. Von 
1920 an leitete er die Meisterklasse für Klavier an 
der deutschen Akademie für Musik und dar- 
stellende Kunst in Prag. 1918 Königlicher Pro- 
fessor. A. zeichnete sich besonders durch die fein- 
sinnige Interpretation der Werke Beethovens, 
Schuberts, Schumanns und Liszts aus. Als Kompo- 
nist bemühte er sich um neuartige Intimität des 
Ausdrucks, besonders in der Lyrik. Seine Werke: 
Lieder; 3 Klaviersonaten, Ballade, Traumbilder für 
Kl.; Sonate für Vc. und KL Dmoll op. 24; 
2 Streichquartette op. 13 As dur und op. 20 A dur; 
ein Streichsextett; Klavierkonzert op. 28; auch 
Orchesterkompositionen und ein Requiem für 
Männerchor und Orch. (Text nicht der litur- 
gische). 

Lit. : A. Seidl, C. A., in: Neuzeitliche Tondichter und 
zeitgenössische Tonkünstler I, — Deutsche Musik- 
bücherei XVIII, Regensburg 1926. 

Ansorge, Max, * 1. 10. 1862 zu Striegau (Schle- 
sien), wo sein Vater Kantor war; deutscher Or- 
ganist, besuchte die Hochschule für Musik Berlin 
(Herzogenberg, Bargiel, Haupt); er war zunächst 
in Stralsund, ab 1891 in Breslau tätig, 1908-20 
Konzertorganist des Breslauer Orchestervereins 
und der Singakademie, wurde 1900 zum König- 
lichen Musikdirektor, 1919 zum Professor ernannt. 
Als Komponist trat er mit einer Reihe von Lie- 
dern, Motetten und Chorliedem hervor. 

Antalffy-Zsiross ( / antalfj-z , iroj), Desider von, 

* 24. 7. 1885 zu Nagy-Becskerek (Ungarn), f 29. 
4. 1945 zu Denville (New York); ungarischer 
Komponist, Schüler von Kössler in Budapest, 
Straube und Reger in Leipzig und E. Bossi in Mai- 
land, Orgelprofessor an der Landes-Musikakade- 
mie in Budapest. Ab 1921 lebte er in Amerika, ab 
1923 als Professor an der Eastman University in 
Rochester, 1938-42 Organist von Radio City Hall 
in New York. Er schrieb vor allem Klavier- und 
Orgelstücke; erwähnt seien: 4 Stücke für Org, 
(Festa Bucolica), Violinstücke, Lieder, 8st. Unga- 
rische Rhapsodie für gern. Chor; Ungarische Suite 
für Orch. op. 17; Spieloper Ein Faschingsabenteuer 
(Budapest 1921). 

Antegnati (anteji'ati), Costanzo, * 1549 und 
1 16. 11. 1624 zu Brescia. Er stammt aus der vom 
15. bis 17. Jh. wirkenden berühmten italienischen 
Orgelbauerfamilie. Organist, Komponist, auch als 
Orgelbauer tätig, 1584-1619 Organist am Dom in 
Brescia. Von seinen Werken sind erhalten 2 Bücher 
6-8st. Messen (1578, 1587), ein Buch 8st. Psalmen 
(1592), je ein Buch 5st. und 4st. Sacrae cantiones 
(1575, 1581), ein Buch 4st. Madrigale (1571) und 
ein Buch Ricercari VAntegnata mit einer Einleitung 
Varte organica (op. 16, 1608, mit Anleitung zum 
Registrieren und Verzeichnis der von der Familie 
A. gebauten 155 Orgeln). Der Verlagskatalog von 
Vincenti (1619) zählt 4 Bücher 4st. Instrumental- 
kanzonen von A. auf, die verschollen zu sein schei- 
nen; doch sind 15 Canzoni jrancesi in Orgdtabu- 


41 



Antheil 


latur in Woltz* Sammlung von 1617 erhalten und 
2 in Stimmen in der Sammlung von Rauerij 1608. 
- Die Reihe der Orgelbauer A. setzt ein mit Bar- 
tolomeo A., von dessen 5 Söhnen besonders 
Giovanni Jacopo, Giovan Francesco und 
Giovanni Battista bekannt wurden. Des letzte- 
ren bedeutender Sohn ist Graziadio, der Vater 
von Costanzo A. 

Ausg.: Neudruck d. »Arte organica« mit deutscher 
Übers, v. P. Smets, hrsg. v. R. Lunelli, Mainz 1938 
(mit wertvollem Vorwort). — 3 Ricercari, in: Torchi 

in. 

Lit.: D. Muoni, Gli A., Mailand 1883. 

Antheil ('«ntail), George, * 8. 7. 1900 zu Tren- 
ton (New Jersey) von amerikanisch-polnischen 
Eltern; amerikanischer Pianist und Komponist, 
betrieb seine Musikstudien zunächst in Philadel- 
phia, 1919-21 bei E. Bloch. Ais Komponist viel 
beachtet, war er anfangs stark von Strawinsky und 
der Jazzmusik beeinflußt, während seine späteren 
Werke selbständigere Züge tragen. 1922/23 reiste 
er in Europa als Virtuose. Er schrieb die 3aktige 
Oper Transatlantic (Frankfurt am Main 1930), 
3aktige komische Oper Volpone (1950) und die 
Einakter Flight (1927), The Brothers (1954), Venus 
in Afirica (1954) und The Wich (1954); Ballette: 
Ballet micanique (1925), Dreams (1935, für Balan- 
chin), The Cave Within (1948) und Capital of the 
World (1953); Bühnen- und Filmmunken; Or- 
chesterwerke (darunter 6 Symphonien, Jazz Sym- 
phony für 22 Instr. 1926, Crucifixion für Streicher 
1927), Klavierkonzert (1946), Violinkonzert (1946), 
Kammerkonzert für 8 Instr. (1932), Concerto für 
FL, Fag. und Kl. (1930), ein Quintett (1924), 2 
Streichquartette, 3 Violinsonaten, Flötensonate 
(1951), Trompetensonate (1952) ; für Kl. : Airplane 
Sonata (1923), Sonata Sauvage (1922), 3. und 4. So- 
nate (1948), Toccaten, Etüden und kleinere Stücke; 
Lieder. 

Iit.: Autobiogr. »Bad Boy of Music«, NY 1945; 
E. Pound, A. and the Treatise on Harmony, Paris 
1924, Chicago 1927; J.T. Howard, Our American 
Music, NY 1931, 31956. 

Anthonello da Caserta -> Caserta. 

Antill ('aentil), John Henry, * 8. 4. 1904 zu Sydney 
(Australien); englischer Komponist und Dirigent. 
Nach atmührungspraktijchen Erfahrungen als 
Sänger, Bläser, Korrepetitor und Hilfskapellmei- 
ster bei einer reisenden Opemtruppe war er Mit- 
glied des Sydney Orchestra, leitete 1934-39 bei der 
Australian Broadcasting Commission (ABC) den 
Rundfunkchor und war dort gleichzeitig als Her- 
ausgeber-Assistent tätig. Inzwischen entstand die 
Ballettsuite Corroboree (Sydney 1950). Vorüber- 
ehend bei BBC in London, übernahm, A. nach 
em Kriege die Leitung der Musikabteilung bei 
ABC in Sydney (Programm und Produktion). An 
weiteren Bühnenwerken entstanden das Ballett 
The Sentimental Blöke und die Oper Endymion, auch 
eine Kantate The Song of Hagar (S., Koabenchor, 
Orch.) und australische Liedereylden. 

Antjquis, Andrea de (de Montona, Andreas An- 
tiquus, Antiquo, Antigo); in der 1. Hälfte des 
lo. Jh. zu Rom und Venedig wirkender Musik- 
drucker, ein betriebsamer Konkurrent Petrucds, 
auch selbst Komponist. Petrucd druckte in dm 


Sammelwerken von 1504-08 Frottole von A., 
auch ist er in seinen eigenen Kanzonensamm- 
lungen von 1510 und 1517 vertreten. A. gab eine 
Reihe von Sammelwerken heraus, darunter den 
bedeutenden Liber XV missarum electarum (Rom 
1516) als Chorbuch in Folio (grobe Holztypen) 
mit Messen von Brumel (3), Fdvin (3), Josquin (3), 
Mouton (2), La Rue (2), Pipelare (1) und Roselli 
( 1 ). 

Ausg.: Neudruck d. »Liber XV missarum electarum« 
in Expert Maitres, VIII u. IX. 

Lit.: A. Zenatti, A.Antico da Montona, in: Arch. 
storico per Trieste . . ., Rom 1881 f. 

Antiquis, Giovanni de, in der 2. Hälfte des 
16. Jh. Kapellmeister der Nikolauskirche zu Bari 
(Neapel); er gab bei Gardano in Venedig eine 
Sammlung Villanelle alla Napolitana von Kompo- 
nisten aus Bari heraus (1574, 2 Bücher), die auch 
solche von A. selbst enthält, desgleichen eine 
Sammlung Canzonette 2 v. (1584). 4st. Madrigale 
von A. erschienen 1584. 

Antoine, Paul -* Closson. 

Anton, Karl, * 2. 6. 1887 zu Worms am Rhein; 
deutscher Musikschriftsteller, studierte in Heidel- 
berg, Greifswald, Halle Musik (hauptsächlich Ge- 
sang) und Theologie und promovierte mit einer 
Arbeit über Carl Loewe (1912). Noch im gleichen 
Jahre bestand er die theologische Staatsprüfung in 
Karlsruhe und trat in den Kirchendienst ein, bis 
1917 in Weinheim und Baden-Baden, dann als 
Pfarrer in Walls tadt-Mannheini tätig. Ab 1919 las 
er an der Hochschule für Musik in Mannheim und 
erhielt 1930 den Professor-TiteL Im selben Jahr 
trat er aus dem Kirchendienst aus. Von seinen 
Büchern befassen sich mehrere mit Fragen der 
evangelischen Kirchenmusik. 

Anton, F. Max, * 2. 8. 1877 zu Bomstedt bei Eis- 
leben, f 18- 8. 1939 zu Bonn; Komponist und Di- 
rigent, Schüler von Stavenhagen (München) und 
Kwast (Frankfurt), Lehrer am Konservatorium in 
Mönchen-Gladbach und Dirigent des Singvercins 
in Rheydt; in Detmold Abteilungsdircktor am 
Konservatorium, Städtischer Musikdirektor in 
Osnabrück, 1922-32 als Nachfolger von Grütcrs 
GMD in Bonn. A. komponierte Orchesterwerke, 
ein Klavier- und ein Violinkonzert, Musik für 
Horn, eine Oper Die Getreuen , Lieder, Klavier- 
stücke und verfaßte die Schrift Versuch einer Kunst - 
anschauung (Berlin 1922). 

Anton, Konrad Gottlob, * 1745, f 4. 7. 1814 
zu Dresden; ab 1775 Professor der orientalischen 
Sprachen in Wittenberg, schrieb über die Metrik 
der Hebräer und versuchte, ihre Akzente als musi- 
kalische Noten (mehrstimmig!) zu deuten; 
Schriften, die für die Musikgeschichte nur den 
Wert von Kuriositäten haben. 

Antqnii, Pietro degli, * um 1645 zu Bologna, 
t um 1720; ICirchenkapellmeister in Bologna (um 
1680 an S. Maria Maggiore, ab 1686 an S. Stefano, 
1697 an S. Giovannif, 1676 und 1718 Vorsitzender 
der Akademien dei rilaschisi und dei Filarmonici, 
Gatte der berühmten Sängerin Maria Maddalena 
Musi, genannt Mignatta (1669-1751), veröffent- 
lichte 2 Bücher Messen für 2 S. mit B.c. (op. 2, 
1670; op. 8, 1697), ein Buch Motetten für Solo- 


42 



Apd 


stimmen mit Streichinstrumenten (op. 7, 1696), ein 
Buch Kammerkantaten (op. 6, 1690). Auch schrieb 
er 3 Oratorien (1666, 1673, 1686) und 3 Opern 
(1671, 1679, 1682) sowie die Instrumentalwerke: 
Sonate e versetti (Orgelzwischenspiele op. 9, 1692), 
Kirchensonaten für V. mit B.c. (op. 5, 1686) und 
2 Bücher Tanzstücke für V. und B.c. (op. 1, 1670 
und op. 3, 1671). 

Antoniptto, Giorgio, * um 1692 und f um 1776 
zu Mailand; Komponist und Theoretiker, von dem 
Le C&ne in Amsterdam 12 Sonaten op. 1 (I-V für 
Vc. und B.c., VI-XII für 2 Vc. oder Gamben) 
druckte. Ein theoretisches Werk L'arte armonica er- 
schien 1760 in englischer Übersetzung bei Johnson 
in London. 

Antonius de Arena, * in der Provence (Proven- 
calis ), t 1544; 1519 Student in Avignon, ist der 
Verfasser eines der ältesten Werke über die Tanz- 
formen: Ad compagnones qui sunt de persona friantesf 
bassas dansas et branlos practicantes (Avignon 1536, 
in Maccaronischen Versen), das von Arbeau zi- 
tiert wird. 

Lit.: M. F. Bukofzer, Studios in Medieval and Re- 
naissance Music, NY 1950, S. 190 ff. 

Antonius de Civitate, italienischer Komponist 
der 1. Hälfte des 15. Th. aus Cividale in Friaul, 
Dominikanermönch, dessen datierte Kompositio- 
nen in den Jahren 1422 und 1423 liegen. Erhalten 
sind von ihm 3 Meß-Sätze (2 Gloria, ein Credo), 
5 Motetten und 5 mehrstimmige Lieder (3 Ron- 
deaux, ein Virelai und eine italienische Ballata). 
Quellen: Bologna, Lic. musicale Q 15; Oxford, 
Can. misc. 213; Bologna, Bibi. Univers. 2216; 
München, mus. 3224 und 3232a; Straßburg, 222 C 
22; Siena, L. V. 30; Florenz, Panc. 26; Fragment 
von Lucca. A. ist in der Nachfolge von Ciconia als 
Zeitgenosse des frühen Dufay zu sehen. 

Ausg.: eine fragmentarische St. aus einer wohl 4st. 
Katharinen-Motette »Inelyta persplendens« und die 
4st. isorhythmische Motette »Strenua quem duxit - 
Gaudeat et tanti« in: Polyphonia sacra (Nr 28 u. 29), 
hrsg. v. Ch. van den Borren, Bumham 1932; das 
3st. Gloria aus Bologna, Bibi. Univers. 2216 bei J. 
Wolf, Gesch. d. Mensurainotation II— III (72), 
Lpz. 1904. 

Lit: H. Besseler, Bourdon u. Fauxbourdon, Lpz. 
1950; ders. auch in MGG, Artikel A. de C.; W. 
Körte, Studie zur Gesch. d. Musik in Italien im 
ersten Viertel des 15. Jh., = Münsterische Beiträge 
zur Mw. VI, Kassel 1933. 

Antonolini, Ferdinando, f 1824 zu St. Peters- 
burg, Komponist und Kapellmeister, trat 1796 als 
Dirigent in den Dienst der Petersburger Italienischen 
Oper. Schrieb allein und unter Mitarbeit von Ca- 
vos eine Reihe von Opern für die russische Bühne. 

Antti, Aune, * 23.12.1901 zu Lappeenranta 
(Finnland); finnische Konzert- und Oratorien- 
sängerin, studierte Gesang am Konservatorium in 
Helsinki (1917-21), weiter in Paris und Wien (Th. 
Leschetizky) sowie in Berlin. Sie debütierte 1926 
in Helsinki, 1934 in Stockholm, 1936 in Berlin und 
sang seitdem auf Konzertreisen in Europa, Kanada 
und den USA. Über Schallplatten für den Finni- 
schen Rundfunk machte sie das Liedschaffen zeit- 
genössischer finnischer Komponisten b ek a nn t. Die 
gefeierte Sopranistin ist Gesanglehrerin an der 
Sibehus-Akaaemie in He ls i nk i. 


Anzol^tti, Marco, * 4. 6. 1866 zu Trient, f 23. 1. 
1929 zu Mesiano bei Trient; Komponist und 
Schriftsteller, Schüler des Konservatoriums in Mai- 
land, ab 1890 Lehrer am Conservatorio G. Verdi 
in Mailand. Werke: mehrere Opern, sympho- 
nische Dichtung Uospite della Terra, Violinkonzert 
in einem Satz, Concerto für 4 V., Kammermusik 
und Kompositionen für V. und KL (24 Variatio- 
nen über ein Thema von Brahms, Sonaten und 
eine Konzertstudie). Auch schrieb er Bücher über 
Mozart, Cimarosa, Tartini und Uinsegnamento del 
violino in Italia. 

Apd, Johann August, * 17. 9. 1771 und f 9. 8. 
1816 zu Leipzig, Doktor der Rechte und Ratsmit- 
glied, wandte sich gegen Gottfried Hermanns Eie- 
menta doctrinae metricae mit Artikeln in der AmZ 
1807/08 und schrieb eine umfangreiche Metrik 
(1814-16, 2 Bände; 21834). In seinem Gespenster- 
buch (1810-14, mit Fr. Laun) entdeckte Weber den 
Stoff* des Freischütz . 

Lit: Der Freischütz, Fr. Kinds Opemdichtung und 
ihre Quellen, hrsg. v. F. Hasselberg, Bin 1921; H. 
Ziemke, J. A. A., Diss. Greifswald 1933. 

Apd, Nicolaus, * um 1470-75 zu Königshofen 
an der Saale (Unterfranken), + 1537 zu Leipzig; 
deutscher Gelehrter, studierte ab 1492 in Leipzig, 
wurde 1494 Baccalaureus, 1497 Magister artium, 
1507 zum Professor der Philosophie ernannt und 
bekleidete mehrfach hohe Universitätsämter. A. 
ist der Sammler und erste Eigentümer des Manu- 
skripts 1494 der Universitäts-Bibliothek Leipzig 
(seit 1945 verschollen und nur noch in einer Photo- 
kopie zugänglich), das auf 260 Blättern ein reich- 
haltiges Repertoire deutscher und niederländischer, 
meist geistlicher Sätze der Zeit enthält. 

Ausg.: Der Mensuralkodex des N. A. I, hrsg. v. R. 
Gerber, EDM XXXII (= Abt MA IV); 5Hymnen 
hrsg. v. dems. in Chw. XXXII. 

Lit: H. Rebmann, Der Mensuralkodex d. Magisters 
N. A., KmJb XII, 1897; W. Nebmann, Studien zur 
Mg. d. 15. Jh., KmJb XVII, 1902; A. Schering, 
Studien zur Mg. d. Frührenaissance, Lpz. 1914, mit 
einem Hymnus; W. Ehmann, Adam v. Fulda, Neue 
deutsche Forschungen XCIV (= Abt Mw. II), Bin 
1936, mit 2 Stücken; R. Gerber, Die Hymnen d. 
A.schen Kodex, Fs. A. Schering, Bin 1937; G. 
Pebtzsch, Zur Pflege d. Musik an d. deutschen Uni- 
versitäten, AfMf IH, 1938. 

Apel ('e:pal), Willi, * 10. 10. 1893 zu Könitz 
(Westpreußen); amerikanischer Musikforscher 
deutscher Herkunft, betrieb mathematische Stu- 
dien an den Universitäten Bonn und München 
(1912-14) und Berlin (1918-21), daneben Klavier- 
Studium unter L. Kreutzer, Edwin Fischer, Mayer- 
Mahr und C. A. Martienssen. Etwa ab 1925 bil- 
dete er sich autodidaktisch auf dem Gebiet der 
Musikwissenschaft. A. war 1922-28 Lehrer an der 
Freien Schulgemeinde Wickersdorf, 1928-36 
Gymnasiallehrer an verschiedenen Berliner Schu- 
len und promovierte 1936, im Jahr seiner Emigra- 
tion nach den USA, an der Universität Berlin mit 
einer Arbeit über Accidentien und Tonalität in den 
Musikdenkmalem des 15. und 16. Jahrhunderts (Ber- 
lin 1936). In den Vereinigten Staaten wirkte er 
1936-43 an der Longy School of Music in Cam- 
bridge, 1938-42 an der Harvard University und 
am Kaddiffe College, 1937-50 am Boston Center 


43 



Apfel 


for Adult Education und ist seit 1950 Professor 
of Music an der Indiana University in Blooming- 
ton. Für den Sommer 1958 erhielt A. Einladungen 
als Gastprofessor an die Universitäten Heidelberg 
und Berlin (Freie Universität). Veröffentlichun- 
gen: Die Fuge (Berlin 1932; nach Rundfunkvor- 
trägen), Musik aus früher Zeit (Ausg., 2 Hefte, 
Mainz 1934), Concord Classics of the Piano (Ausg., 
Boston 1938), The Notation of Polyphonic Music , 
900-1600 (Cambridge, Mass., 1942, 41953; deut- 
sche Übersetzung in Vorbereitung), Harvard Dic- 
tionary of Music (Cambridge, Mass., 1944), Masters 
of the Keyboard (Cambridge, Mass., 1947), Historical 
Anthology of Music (2 Bände, mit A. T. Davison, 
Cambridge, Mass., 1947, 1950; revidierte Ausgabe 
des ersten Bandes 1950), French Secular Music of the 
Late 14th Century (Ausg., Cambridge, Mass., 1950), 
Gregorian Chant (Bloomington, Ina., 1957). Er gab 
heraus: Werke für Klavier von August Halm (Kas- 
sel 1930/31) und eine deutsche Ausgabe von G. 
Tagliapietra, Anthologie alter und neuer Musik für 
Klavier (Mailand 1934). Von seinen Aufsätzen seien 
die folgenden genannt: Bach’s Kunst der Fuge (Mk 
XXÜ, 1922), Die alte Klaviermusik (Mk XXIII, 
1923), Neue Klaviermusik (Mk XXIV, 1924), Die 
Tabulatur des Adam Ileborgh (ZfMw XVI, 1934), 
Early Spanish Music for Lute and. Keyboard (MQ XX, 
1934), Early German Keyboard Music (MQ XXIII, 

1937) , Du nouveau sur la musique frangaise pour 
Vorgue au XVI 4 sidcle (RM XVIII, 1937), Neapolitan 
Links betu/een CabezSn and Frescobaldi (MQ XXIV, 

1938) , The Partial Signatures in the Sources prior to 
1450 (AMI X, 1938), The French Secular Music of 
the Late Fourteenth Century (AMI XVIH/XIX, 
1946/47), A Remark about the Basse Dance (Journal 
of Renaissance and Baroque Music I, 1946), Early 
History of the Organ (Speculum XXIII, 1948), The 
Early Development of the Organ Ricercar (MD III, 
1949), From St. Martial to Notre-Dame (JAMS II, 
1949), Die menschliche Stimme als Instrument (in 
Zeitschrift: Stimmen, 1949), Imitation Canons on 
L'Homme armi (Speculum XXV, 1950), Anent a 
Ritomello in Monteverdi’s Orfeo (MD V, 1951), 
Rondeaux , Virelais , and Ballades in French 13th- 
Century Song (JAMS VH, 1954), The Central Pro- 
blem of Gregorian Chant (JAMS EX, 1956), The 
Earliest Polyphonic Composition and its Theoretical 
Background (RBM X, 1956), Imitation in the Thir- 
teenth and Fourteenth Centuries (in: Essays on Music 
in Honor of A. T. Davison, 1957), Bemerkungen zu 
den Organa von StMartial (Fs. H. Anglfcs, Rom 1958) . 

Apfel, Ernst, * 6. 5. 1925 zu Heidelberg; bis 1956 
Assistent am Musikwissenschaftlichen Seminar der 
Universität Heidelberg, studierte am Kirchenmu- 
sikalischen Institut und 1947-53 Musikwissen- 
schaft an der Universität Heidelberg (Georgiades), 
promovierte 1953 mit einer Arbeit Der Diskant in 
der Musiktheorie des 12.-15. Jahrhunderts (maschr.) 
und schrieb: Der klangliche Satz und der freie Dis- 
kontsatz im 15. Jahrhundert (AfMw XII, 1955) und 
Zur Entstehungsgeschichte des Palestrinasatzes (AfMw 
XIV, 1957). 

Apiarius, Mathias (Biener), * um 1500 zu Ber- 
chingen (Mittelfranken), f hn Herbst 1554 zu 
Bern; Musikdrucker, 1534-37 assoziiert mit Peter 
Schöffer dem Jüngeren in Straßburg, dann, vom 
Rat der Stadt berufen, in Bern bis zu seinem Tode, 


worauf sein Sohn Samuel A. bis 1581 als Ge- 
schäftsnachfolger nachweisbar ist. Persönliche Ver- 
dienste um ehe Technik des Musiknotendrucks 
sind A. wohl nicht zuzuschreiben, da Schöffer 
lange vor der Assoziierung mit ihm seinen herr- 
lichen, mit Petrucci wetteifernden Typendruck 
hervorbrachte (1512), und A. in Bern vom Dop- 
peldruck zum einfachen Druck der Art Attaing- 
nants überging. 

Ausg. : Faks.-Nachdruck hrsg. v. H. Bloesch, Drei- 
ßig Volkslieder aus d. ersten Pressen der A., Bern 
1937. 

Lit. : A. Thürlings, Der Musikdruck mit beweglichen 
Metalltypen im 16. Jh. u. d. Musikdrucke des M. A. 
in Straßburg u. Bern, Vf Mw VIII, 1892; A. Fluri, 
M. A., d. erste Buchdrucker Berns, in: Neues Berner 
Taschenbuch 1897; ders., Die Brüder Samuel u. 
Sigfrid A., Buchdrucker in Bern, in: Neues Berner 
Taschenbuch 1898. 

Aplvor (aep'aiva), Denis, * 14. 4. 1916 zuCollins- 
town (Irland) ; englischer Komponist, lebt in Lon- 
don, wuchs als professioneller Diskantist der Ka- 
thedralchöre in Oxford und Herford heran und 
erhielt gleichzeitig Orgel-, Klavier- und Klari- 
netten-Unterricht. Während seines Medizinstu- 
diums an der Londoner Universität nahm er pri- 
vaten Kompositionsunterricht bei P. Hadley und 
Rawsthome, nach dem Kriege bei dem Schönbcrg- 
schüler E. Clark. In den Londoner Konzerten der 
englischen Sektion der ISCM kamen 1947 seine 
Lorca-Songs op. 8 mit bedeutendem Premieren- 
erfolg zur Aufführung. Constant Lambert, der 
1950 über BBC die Kantate The Hollow Men 
(nach T. S. Eliot) für Bar., Frauenchor und Orch. 
op. 5 bekannt machte, vermittelte ihm den Zu- 
gang zum Ballett. Als Auftragswerk für die Sad- 
ler’s Wells Company entstand 1952 A Mirror for 
Witches op. 19 und 1953 ein weiteres Ballett nach 
Lorcas »Bluthochzeit« op. 23. Der große Erfolg 
bei der Coronation Season, Juni 1953, brachte dem 
Komponisten einen Arbeitsvertrag mit dem Sad- 
ler’s Wells Theatrc ein. Seitdem legte er als op. 27 
das Ballett Saudades und ohne Opuszahl ein Ballett 
Veneziana (nach Donizctti) vor. Zur Zeit (1957/58) 
arbeitet er an einem Opcmauftrag zu Lorcas 
Yerma . Außer einer Conccrtante für Klar., Kl. und 
Schlagzeug (1946), einem Klavierkonzert (1948) 
und der Eliot-Kantate (1949) sind alle Werke in 
der 12-Ton-Technik geschrieben, neben den Bal- 
letten u. a. ein Violin- und ein Gitarrenkonzert 
und eine Sinfonie. 

AppUon (auch Phoibos A.), griechischer Gott. 
Er güt als Sohn des Zeus und der Lcto und soll mit 
seiner Zwillingsschwester Artemis auf der Insel 
Delos geboren sein. Als seine Söhne werden die 
mythischen Sänger Orpheus und Linos genannt. 
Der Kult des A. ist in Griechenland erst verhältnis- 
mäßig spät heimisch geworden, hat sich dann aber 
an sehr vielen Heiligtümern im ganzen Lande ver- 
breitet, oft - wie in Delphi - unter Verdrängung 
älterer Kulte. A. war zuerst offenbar ein Scnutz- 
gott der Seefahrer, dann auch allgemein der Häu- 
ser, Herden und Pflanzungen. Später erst wurde er 
zum Beschützer des Orakels und als Sonnengott 
zum Hüter aller geordneten Bewegung sowie als 
Apollon Musagetes (-*• Musen) zum Förderer von 
Künsten und Wissenschaften, Zu seinen Ehren fan- 
den in Delphi (die Pythien), Sparta (die Kameen) 


44 



Apthorp 


und anderwärts Festspiele statt, bei denen außer 
gymnastischen auch künstlerische Wettkampfe 
veranstaltet wurden. Dargestellt wird A. oft mi t 
einer Kithara oder deren Vorgängerin, der Phor- 
minx. Im Zeichen A.s stand dem Griechen die klare 
Schönheit und ethische Reinheit einer rational ge- 
ordneten Musik. Zum Begrifispaar Apollinisch- 
Dionysisch -> Dionysos. 

Lit. : K.Wernicke, Artikel A., Pauly-Wissowa RE 
II, 1, Stuttgart 1896; R. D. Miller, The Origin and 
Original Notion of A., Philadelphia 1939; M. Weg- 
ner. Das Musikleben d. Griechen, Bin 1949; R. 
Pfeiffer, The Image of the Delian A., Journal of the 
Warburg and Courtauld Inst. XV, 1952. 

Appstd, Hans-Erich, * 22. 1. 1901 zu Karls- 
ruhe; österreichischer Komponist, studierte am 
Munzschen Konservatorium in Karlsruhe, ab 1921 
bei Schönberg und Berg in Wien. Er war als Kon- 
zertbegleiter und Privatmusiklehrer tätig, wurde 
1946 Präsident der österreichischen Sektion der 
IGNM und wirkt seitdem als Lektor und frei- 
schaffender Komponist in Wien. Auszeichnungen 
und Ehrungen: Titular-Profcssor, Kunstpreis der 
Stadt Wien (1948), Österreichischer Staatspreis 
(1952, für die Haydn-Variationen op. 17), Theo- 
dor-Körner-Preis (1955). A. schrieb fast ausschließ- 
lich Kammermusik, bis 1951 vorwiegend Vokal- 
musik (Klavier- und Kammerlieder, a-cappella- 
Chöre und Orchestergesänge nach Hölderlin, 
Rückert, Mörike, Trakl, Rilke, George, Johst, 
Felmayer). An Klavierkompositionen liegen u. a. 
Variationen nach Kokoschka op. 1, Sonata ritmica , 
Kubiniana und Suite Concise op. 24 vor, an Kam- 
mermusiken u. a. ein Streich- und ein Bläser- 
Quartett, 3 Solosonatinen für Fl., Klar., Fag. 
op. 19, 1-3, sowie Bagatellen für FL, Klar, und 
Fag. op. 20. 

Appenzeller, Benedictus (Appenzelders), viel- 
leicht einer schweizerischen Familie entstammend, 
* in den Niederlanden (zu Audenarde); wahr- 
scheinlich ab 1539, mit Sicherheit aber von 1542 
an Maitre des enfants de chceur der Kapelle von 
Maria von Ungarn, der Statthalterin der Nieder- 
lande in Brüssel; in dieser Stellung bis 1551 nach- 
weisbar. Er komponierte den 4st. Klagegesang 
Musac Jovis ter tnaximi auf den Tod Josquins, doch 
ist die Frage noch nicht geklärt, ob er als dessen 
Schüler zu gelten hat. Das Manuskript 125-128 
der StadtbibHothek von Cambrai enthalt 15 mit 
Benedictus gezeichnete Kompositionen, die wahr- 
scheinlich alle von ihm sind (6 davon nachweislich). 
W. Barclay Squire beschrieb einen Antwerpener 
Druck von 1542 (davon nur der Superius erhalten), 
der 23 4st. Chansons von A. enthält. 

Ausg.: 11 Chansons, Klagegesang auf Josquins Tod 
u. eine Pavane in Maldeghem Trdsor XIV, XV u. 
XVIII; Klagegesang auch in A. Smuers, Werken van 
Josquin des Pr6s, Wereidlijke Werken I, Lpz. 1925. 
Lit.: W. Barclay Squire, Who was »Benedictus?«, 
SIMG XIII, 1911/12; D. Bartha, Benedictus Ducis 
u. A., Wolfenbüttei 1930; H. Albrecht, Artikel A., 
MGG. 

Appia, Edmond, * 7. 5. 1894 zu Turin; schwei- 
zerischer Violinist und Dirigent. 1902-08 am Gen- 
fer Konservatorium ausgebildet, bei H. Marteau 
als Violinist, dann weitere 3 Jahre bei Capet in 
Paris, in Brüssel mit einem 1. Preis ausgezeichnet, 


wirkte er 1918-38 als Konzertmeister und Solist, 
seitdem als Dirigent in Lausanne und des Orchestre 
de la Suisse Romande in Genf. Gastdirigent bei den 
ersten Orchestern Europas, hat er sich um Auf- 
führung zeitgenössischer Musik besondere Ver- 
dienste erworben. A. hat am Genfer Conservatoire 
eine Professur für Geschichte der Streichinstru- 
mente. 

Appunn, Anton, * 20. 6. 1839 und f 13. 1. 1900 
zu Hanau; Sohn von Georg A., Schüler des Leip- 
ziger Konservatoriums, setzte die akustischen Ver- 
suche seines Vaters fort, konstruierte feine aku- 
stische Apparate und ersann ein neues Glocken- 
profil: rechteckiger Metallstab in Kreisform als 
Tonerzeuger, darüber eine halbkugelige Haube als 
Tonverstärker. Er schrieb: Ein natürliches Har - 
moniesy stem (1893), Akustische Versuche über Wahr- 
nehmung tiefer Töne (1889), Schwingungszahlenbe- 
stimmung bei sehr hohen Tönen (Annalen der Physik 
und Chemie, Band 64, 1898 und Band 67, 1899). 
Lit.: NDB I, Bin 1953. 

Appunn, Georg August Ignaz, * 1. 9. 1816 und 
t 14. 1. 1865 zu Hanau; ein vielseitig gebildeter 
Musiker, der fast alle Instrumente spielte und bis 
etwa 1860 erfolgreich als Lehrer der Theorie, des 
Instrumentenspiels und des Gesangs in Hanau und 
Frankfurt am Main wirkte. Seit dieser Zeit be- 
schäftigte er sich ausschließlich mit akustischen 
Untersuchungen und der Konstruktion feiner aku- 
stischer Apparate, Harmoniums mit 36- und 53- 
stufiger Skala reiner Stimmung, wodurch er mit 
maßgebenden Gelehrten, wie Helmholtz, von 
Oettmgen, G. Engel, in nähere Beziehung trat und 
rühmlichst bekannt wurde. Er schrieb: Über die 
Helmholtzsche Lehre von den Tonempfindungen 
(1863). 

Lit: NDB I, Bin 1953. 

Apr}le, Giuseppe, * 29. 10. 1732 zu Bisceglie, 
t 11.1.1813 zu Martina Franca (Apulien); be- 
rühmter Altist (Kastrat) und Gesanglehrer, sang 
ab 1763 in Stuttgart, Mailand, Florenz, Neapel 
und lebte dann als Gesanglehrer in Neapel. Er war 
Schüler von G. Abos und Lehrer von Cimarosa. 
Seine beliebte Gesangschule mit Solfeggien er- 
schien zuerst 1791 in London bei Broderip: The 
Modem Italian Method of Singing, with 36 Solfegges . 

Apthorp ('sepöo.’p), William Foster, * 24. 10. 
1848 (1849?) zu Boston, f 19. 2. 1913 zu Vevey; 
amerikanischer Musikschriftsteller, 1869 an der 
Harvard University graduiert, ab 1863 Musik- 
studien bei Paine und B. J. Lang. 1872-73 
war er Lehrer für Klavier und Theorie am Natio- 
nal College of Music in Boston, 1874-86 am New 
England Conservatory; ab 1872 auch als einfluß- 
reicher Musik- und Theaterkritiker tätig. Außer- 
dem ldirte er am College of Music der Universität, 
am Lowell Institute in Boston und am Peabody 
Institute in Baltimore. Seine letzten zehn Lebens- 
jahre verbrachte er in der Schweiz. Bücher: The 
Opera, Post and Present (London 1901) ; By the Way : 
a Collection of Short Essays (2 Bände, Boston 1899) ; 
About Music and Musidans (Boston 1898); Über- 
setzungen: Hector Berlioz - Selections from his 
Leiters and Writings (1879); Herausgeber (mit J. D. 
Champlin) von Scribners 3bändiger Cyclopedia of 
Music and Musidans (New York 1888-90). 


45 



Araja 


Ar?ja, Francesco, * 1700 zu Neapel, t um 1767 
zu Bologna; italienischer Opemkomponist, brachte 
1729 seine erste Oper Lo matremmonejo pl mennetta 
in Neapel heraus, 1738 folgte in Florenz Berenice ; 
1735 ging er mit einer italienischen Opemtruppe 
nach Petersburg. Dort brachte er 1751 die erste auf 
russischen Text komponierte Oper La Clemenza di 
Tito (28. 12. 1751) zur Aufführung, der 1755 eine 
zweite, Kephalos und Prokris , folgte. 1759 ging er 
nach Italien zurück. Die Gesamtzahl seiner Opern 
ist 22. Von einer neuen Reise nach Rußland (1761) 
trieb ihn die Ermordung Peters IQ. schnell zurück. 
A. schrieb auch ein Weihnachtsoratorium, Kla- 
vierkompositionen und Lieder. 

Lit.: R.-A. Moosbr, Annales de la musique et des 
musiciens en Russie au XVIII 9 s., 3 Bde, Genf 
(1948-51). 

Ar&mbarri y Gerate, Jesus, * 13. 4. 1902 zu 
Bilbao; spanischer Dirigent und Komponist, stu- 
dierte bis 1928 am Conservatorio Vizeaino de Mü- 
sica Gesang, Klavier, Orgel und Komposition. Mit 
dem »PremioJuan Carlos Gortdzar« ausgezeichnet, 
setzte er die Kompositionsstudien 1929 bei Paul le 
Hem und P. Dukas, die Dirigierstudien bei VI. 
Golschmann in Paris und 1932 bei F. Weingartner 
in Basel fort. 1933 nach Bilbao zurückgekehrt, 
übernahm er die Nada Munidpal, die er 1939 
(erstmals für Spanien) zu einem ständigen Städti- 
schen Sinfonieorchester erweiterte. Nach Barce- 
lona und Valencia organisierte er auch für Madrid 
das Orchesterwesen, dem er hier seit 1953 vor- 
steht, gleichzeitig als Präsident des Spanischen Di- 
rigentenverbandes und als Professor des Madrider 
Konservatoriums. Als Komponist wurde er be- 
kannt durch Chor-Orchesterwerke wie die Baski- 
schen Gesänge für S. und Orch. (1932), das Ora- 
torium Castilla für S., Chor und Orch. (Text Ma- 
nuel Machado, 1941) und die lyrische Erzählung in 
2 Akten Viento Sur (Text Alb&iiz y Echevarriä, 
1952). 

Aranaz y Vides (aran'aÖ i: vieles), Pedro, * um 
1742 zu Tudda (Navarra), f 1821 zu Cuenca; spa- 
nischer Komponist, Kapellmeister an der Kathe- 
drale in Cuenca von 1769 bis zu seinem Tode. Er 
schrieb 8st. Messen, deren Stil Cherubim bewun- 
derte; ferner »tonadillasf, Offertorien, Psalmen, 
Antiphonen und Motetten sowie eine Abhand- 
lung über Kontrapunkt und Komposition (Manu- 
skript). 

Ausg.: 3 4st Offertorien u. eine 6st Motette in Lira 
Sacro-Hispana, hrsg. v. H. Eslava, Madrid 1869. 
Lit.: M. Somano Fuertes, Hist de la müsica es- 
pafiola, 5 Bde, Madrid u. Barcelona 1855-59. 

Aranda, del Sessa d\ italienischer Madrigal- 
komponist, dessen einzige bekannte Sammlung 
4st Madrigale (1571) sich großer Beliebtheit er- 
freute (Neuauflagen 1583, 1605, 1619). 

Aranda, Mateo de, 1 1548 zu Coimbra; portu- 
giesischer Musiktheoretiker, studierte in Alcald 
de Henares und Italien, wurde 1530 Domkapell- 
meister in Lissabon und 1544 Lektor der Universi- 
tät sowie Kapellmeister der Kathedrale von Coim- 
bra. Er schrieb einen Tratado de Cantolhmo y Con- 
trapuncto (Lissabon 1533). 

Aranyi ('aranji), Francis Emst, 21. 3." 1893 zu 
Budapest; ungarischer Violinist, studierte an der 

46 


Akademie in Budapest und an der Hochschule für 
Musik in Berlin (H. Marteau), debütierte als Solist 
1904 und konzertierte dann auf Reisen durch ganz 
Europa. Seit 1936 lebt er in den Vereinigten Staa- 
ten, wo er die Leitung des Violin Department an 
der Duquesne University in Pittsburgh (Pennsyl- 
vania) übernahm. 

d* Aranyi ('aranji), Jelly, * 3. 5. 1895 zu Buda- 
pest; englische Violinistin ungarischer Herkunft, 
Großnichte von J. Joachim, Schwester von A. 
Fachiri, debütierte zunächst als Pianistin und nach 
Studien an der Akademie in Budapest (J. Hubay) 
1909 als Violinistin. Nach Konzertreisen in Europa 
und Amerika ließ sie sich 1923 in London nieder, 
wo sie als Solistin und Kammermusikspielerin 
große Erfolge hatte. Bart6k schrieb für sie seine 
beiden Viounsonaten, Ravel widmete ihr sein 
Tzigane für V. und KL 

Aratö ('arato:), Istvan, * 9. 2. 1910 zu Agram 
(Zagreb/Kroatien); ungarischer Komponist, lebt 
bei Zürich. 1918 mit den Eltern nach Budapest 
zurückgesiedelt, trieb er, neben juristischen 
und philosophischen Studien an der Universität, 
Kompositionsstudien bei Zoltän Kodälv an der 
Landeshochschule für Musik, später auch als Sti- 
pendiat in Berlin und Salzburg. Nach ausgedehn- 
ten musikalischen Studienreisen nahm er in der 
Schweiz seinen ständigen Wohnsitz. Mit abstrak- 
ten, zwölftonreihigen Ballettmusiken machte er 
sich seit 1950 einen Namen innerhalb der west- 
lichen Avantgarde. 

Arauxo, Francisco Correa de -> Correa. 

Arb?tsky, Yury, * 15. 4. 1911 zu Moskau; staa- 
tenloser Folklorist und Komponist, lebt in New 
York. 1919 ging die Familie des ehemaligen za- 
ristischen Hofrates und Hochschulprofessors Iwan 
A. über Prag nach Deutschland in die Emigration. 
A. studierte in Dresden und am Leipziger Konser- 
vatorium bis 1932 Musik (Komposition bei Grab- 
ner). Anschließend lebte er der Volksmusikfor- 
schung in Jugoslawien, wo er bis 1935 in Leskovac 
und Mitrovica als Chorleiter, dann in Belgrad als 
Domorganist und Erzdiakon, 1938-42 als Leiter 
des Rundfunkchores wirkte. 1942 nach Prag be- 
rufen, arbeitete er zuletzt als wissenschaft- 
licher Assistent bei Becking an der Deutschen Uni- 
versität (Dissertation : Das mazedonische Tupanspiel, 
ungedruckt 1944, gedruckt als Beating the Tupan , 
Chicago 1953). Nach dem Kriege bereiste er als 
Pianist und Gastdozent Westeuropa und die USA, 
wo er 1950-53 als Kirchenmusiker in Chicago an- 
sässig war und seitdem im Auftrag der Ncwberry 
Library, seit 1955 der Guggenheimstiftung die 
Veröffentlichung seinerauf dem Balkan betriebenen 
folkloristischen Forschungsarbeiten vorbereitet. 
Sie knüpfen in der Systematik an die Schriften 
Kastalskijs an. 1956 erschienen von A. Essays oti 
Ute history of Russian music (in russischer Sprache), 
Audi die bisher nur vereinzelt gedruckten Kom- 
positionen von A. sind wesentlich von Elementen 
der byzantinischen und der hebräischen Kirchcn- 
und Volksmusik durchsetzt. 

Arbeau (arb'o:), Toinot (Anagramm für Jean 
Tabourot), * 1519 zu Dijon; Offizial zu Langres 
gegen Ende des 16. Jh., gab heraus: Orchfaographie, 



Ardid 


traiti en forme de dialogue . . . (1588 und 1596), wo- 
rin das Tanzen, Fechten, Tro mmeln, Pfeifen mit- 
tels einer Art Tabulatur gelehrt wird. Das Werk 
ist eine wichdge Quelle für die Geschichte der 
Tänze. 

Ausg.: NA der »Orchdsographie«, hrsg. v. L. Fonta, 
Paris 1888; deutsche Ubers, im Auszug v. A. Czer- 
winski, Die Tänze d. XVI. Jh., Danzig 1878; engl. 
Übers, v. C. W. Beaumont, London 1925. - 6 Six- 
teenth Century Quartetts from Tabourots »Orchdso- 
graphie«, bearb. v. W. Bergman, London 1954. 

Lit. : F. Blume, Studien zur Vorgesch. d. Orchester- 
suite, Lpz. 1925 ; C. Sachs, Eine Weltgesch. d. Tanzes, 
Bin 1933; A. Mary, L'orchäsographie de T. A., in: 
Les Tresors des bibl. de France V, 1935; P. Nettl, 
The Story of Dance Music, NY 1947. 

d* Arblay, Frances -> Burney. 

Arbös, Enrique Femändez -* Ferndndez 
Arb 6 s. 

Arbuthnot ('a:bA0not), John, * 1667 zuArbuth- 
not (Schottland), f 27. 2. 1735; englischer Medi- 
ziner, Leibarzt der Königin Anna (1709), nahm bei 
den Zerwürfnissen Handels mit seinen Opemmit- 
gliedem lebhaft für Handel Partei und gab interes- 
sante Details über Personalien in seinen Miscella- 
neous Works (1751). A. war auch Komponist 
(Anthems). 

Lit.: O. E. Deutsch, Handel, London 1955. 

Arc^delt, Jakob (auch geschrieben: Jachet Arka- 
ddt, Archadet, Harcadelt, Arcadet, Arcadente), 
* um 1514, f zwischen 1562 und 1572 zu Paris, 
tauchte nach kurzem Aufenthalt in Florenz zu- 
nächst als Tenorist, später als magister puerorum 
der Cappella Julia in Rom auf (1539), war dann 
mit Unterbrechung (Reise nach Frankreich) päpst- 
licher Kapellsänger (1540-49/52, 1544 zum Abt- 
kämmerling ernannt) und folgte Charles de Lor- 
raine, dem Herzog von Guise, nach Paris, wo er 
den Titel eines Regius musicus (1555) erhielt. A.s 
unsterblicher Ruhm sind seine Madrigale, deren 
erstes Buch bis 1654 vierzig Ausgaben erlebte. 
Nachweisbar sind: 5 Bücher 4st. Madrigale (etwa 
1538-44), ein Buch 3st. Madrigale (1542), ein Buch 
4-5st. Messen (1557), ein Buch 4st. Motetten 
(1545). Viele Madrigale, Chansons, Motetten, Vil- 
lanellen finden sich in den Sammelwerken der 
Zeit, wenige weitere Werke handschriftlich. 
Ausg.: The Chansons of J. A., hrsg. v. E. B. Helm 
Smith College Music Arch. V, Northampton, Mass. 
(1942); 8st Pater noster bei F. Commer, Collectio 
operum musicorum Batavorum VIII; in Maldeghem 
Tresor, Jg. 1874: 6 3st- Chansons; Jg. 1884: eine 5st 
Motette; Jg. 1889-92: 29 4st. Madrigale; 4 Chansons 
in: Eitner PGfM XXIII; ein 4st. Madrigal bei 
H. Riemann, Hdb. d. Mg. II, 1, 402 ff.; Schering 
Beisp. Nr 100; W. Barclay Squire, Ausgew. Madri- 
gale; Chw. 5; Madrigale, hrsg. v. B. Meier, Chw. 58; 
Vergü-Motette, hrsg. v. H. Osthoff in Chw. 54. 

Lit: R. Eitner, Jacob Archadelt MfM XIX, 1887; 
W. Klefisch, A. als Madrigalist, Diss. Köln 1936, 
gedruckt Köln 1938; A. Einstein, The Italian Madri- 
gal, Prineeton 1949; Ch. van den Borrbn, A. ou 
Monte?, RBM VI, 1952. 

Archangelsk!}, Alexander Andrejewitsch, * 23. 
10. 1846 im russischen Gouvernement Pensa, 1 16. 
11. 1924 zu Prag; russischer Komponist und Diri- 
gent von Kirchenchören. 1880 organisierte er einen 


eigenen Chor, mit dem er ausgedehnte Konzert- 
reisen unternahm., komponierte kirchliche Musik. 
A. ersetzte erstmals die Knabenstimmen durch 
Frauenstimmen und fand damit im russischen 
Kirchengesang viel Nachahmung. 

Archipoeta, unter diesem Namen sind in der 
Göttinger Handschrift Univ. Bibi, phil 170 acht 
Gedichte überliefert, die zu den bedeutendsten 
mittellateinischer Dichtung überhaupt gehören. 
Zwei weitere Gedichte, die dem Archipoeta zu- 
geschrieben werden, stehen in der Handschrift 
Brüssel, BibL royale 2071 (13. Jh.). Welche Person 
sich mit diesem Namen und diesen Gedichten ver- 
bindet, entzieht sich unserer Kenntnis. Unzweifel- 
haft ist lediglich, daß die Gedichte in den Jahren 
1160-67 entstanden sein müssen und daß der Ver- 
fasser in die nähere Umgebung des bedeutenden 
Erzkanzlers und Erzbischofs von Köln, Rainald von 
Dassel, gehört, denn an jenen wendet er sich in 
einigen seiner Gedichte. Mit Virgil, Horaz, Ovid, 
Persius und Cicero vertraut, wird er einer jener 
gebildeten Weltgeistlichen gewesen sein, deren 
weltliche Dichtung zum großen Teil in den -> 
Carmina burana überliefert ist. Auch das A. be- 
rühmte »Beichte« ist in diese Sammlung auf genom- 
men. Melodien zu den Texten sind nicht bekannt. 
Vergleiche jedoch dazu (4, 11, 1 - ed. ManitiusZ, 
S. 31) : »Poeta composuit radonem rithmicam, 

At Yrus imposuit melodiam musicam.« 

Ausg. u. Lit: M. Manhius, Die Gedichte d. A., 
München 1913, 21929 (- Münchener Texte VI); B. 
Schmetoler, Zum Ä., in: Hist. Vireteljahrsschrift 
XIV, 191 1 ; W. Meyer, Der Kölner A., in: Nachrich- 
ten d. Ges. d. Wiss. zu Göttingen, PhiL-hist. Klasse 
1914, 2; H. Brinkmann, Die Dichterpersönlichkeit 
d. A., in: Germanisch-romanische Monatsschrift 
XIII, 1925; K Strecker, Die Apokalypse d. Golias, 
= Texte zur Kulturgesch. d. MA V, Lpz.-Rom 1928; 
ders., Die zweite Beichte d. Erzpoeten, in: Fs. für H. 
Degering, 1927; O. Schumann, in ZRPh IL, 1929, 
S. 595 ff.; ders., Die Heimat d. A., ZRPh LVI, 1936; 
W. Stach, Salve mundi domine! Kommentierende 
Betrachtungen zum Kaiserhymnus d. A., = Verh. d. 
Sächsischen Akad. d. Wiss., PhiL-hist. Klasse 91, 3, 
Lpz. 1939; E. R. Curhus, Der A. u. d. Stü mittellat. 
Dichtung, in: Romanische Forschungen UV, 1940; 
K. Langosch, Studien zum A., IfTL, in: Deutsches 
Arch. für Gesch. d. MA V, 1942; ders.. Zur »Kompo- 
sition« beim A., DVjs. XXI, 1943; G.Vinay, Ugo 
Primate e P Archipoeta, Ricerche, in: Cultura Neo- 
latina DC, 1949. 

Ard}ti, Luigi, * 22. 7. 1822 zu Cresccntino (Ver- 
celli), 1 1- 5. 1903 zu Hove bei Brighton; italieni- 
scher Kapellmeister und Komponist, Schüler des 
Konservatoriums in Mailand, Violinist, war Ka- 
pellmeister in Vercdli, Mailand, Turin, ging dann 
in gleicher Eigenschaft nach Habana, New York, 
Konstantinopel, Petersburg und London, wo er 
mehrere Jahre die Italienische Oper dirigierte und 
danach als Musiklehrer und Komponist lebte. Er 
ist bekannt geworden durch eine Reihe gesungener 
Tänze wie fl bacio (Kußwalzer) und Paria-Walzer , 
auch hat er 3 Opern sowie einige Instrumental- 
stücke (Klavierphantasien, Scherzo für 2 V.) ge- 
schrieben. 

lit.: »My Remmiscences« (ed. and compiled with 
introduction and notes by the Baroness von Zedlitz), 
London 1896. 


47 



Arel 


Ard, Bülent, * 23. 4. 1919 zu Istanbul; tür- 
kischer Komponist, studierte am Konservatorium 
in Ankara bei N. K. Akses, F. Erkin und E. Prae- 
torius, war Theorielehrer an den Konservatorien 
von Istanbul und Ankara und leitet jetzt die Mu- 
sikabteilung von Radio Ankara. Er ist Mitgrün- 
der der Akademie für Ballett und nationale Tänze 
in Istanbul, jetzt Ankara, sowie der Vereinigung 
»Helikon«, deren Kammerorchester er leitet. Er 
schrieb (seit 1950 der 12-Ton-Technik zugewandt) : 
Ballette Hansel und Gretel (Ankara 1951) und Die 
Bremer Stadtmusikanten (Ankara 1954), Bühnen- 
musik zu O. Wildes Salome (1957), 2 Sympho- 
nien (1945, 1947), Konzertstück für KL und Orch. 
(1943), Passacaglia für Streicher und Schlagzeug 
(1944), 4 Stücke für Streichquartett (1947), Musik 
für Streichquartett und Frequenzmesser (1957), 
ein Klaviertrio (1949), Klavierstücke ( Construc - 
tions , 1950) und Lieder. 

Arend, Max, * 2. 7. 1873 zu Deutz am Rhein, 
f 1944 zu Köln; büdete sich 1889-93 an den Kon- 
servatorien in Köln und Wiesbaden (H. Riemann) 
zum Musiker aus, bezog aber 1899 noch die Uni- 
versität Leipzig, promovierte dort zum Dr. jur. 
und trat 1903 in den Staatsdienst; ab 1907 Rechts- 
anwalt in Dresden, ab 1918 in Köln. Als Musiker 
trat er mit kritischen und ästhetischen Arbeiten 
( Zur Kunst Glucks , gesammelte Aufsätze, Regens- 
burg 1914) und einer Gluck-Monographie (Berlin 
1921) hervor, gab Glucks Pilger von Mekka (1910) 
und Zauberbaum (1911) heraus und machte eifrig 
Propaganda für die Wiederbelebung von Glucks 
Musik durch Gründung einer Gluckgesellschaft 
und weiterhin (1913) einer Gluckgemeinde. 

Arends, Joseph Henri, * 8. 5. 1921 zu Maas- 
tricht; niederländischer Dirigent, erhielt seine Aus- 
bildung an der Musikschule und am Konservato- 
rium seiner Vaterstadt, studierte später noch Or- 
chesterleitung am Mozarteum in Salzburg (Zecchi) 
und an der Accademia Chigiana in Siena (van 
Kempen). A. war 1952/53 Leiter des Philips-Chors 
und des Orchesters in Eindhoven, wurde 1953 
Repetitor des Amsterdamer Tonkunst-Chors sowie 
Assistent-Dirigent des Concertgeb ouw-Or ehestere 
und leitet seit 1957 das Nordholländische Phil- 
harmonische Orchester. 


Ar$nsldj, Anton Stepanowitsch, * 11. 8. 1861 
zu Nowgorod, f 25. 2. 1906 zu Terioki (Finnland) 
an einem Lungenleiden; russischer Komponist, be- 
suchte 1879-82 das Petersburger Konservatorium 
(Rimskij-Korsakow) und wurde 1883 Kompo- 
sitionslehrer am Moskauer Konservatorium; 1895 
übersiedelte er nach Petersburg als Direktor der 
Hofsängerkapelle. Als Komponist steht er Tschai- 
kowsky näher als der radikalen jungrussischen 
Schule. Seine Kompositionen sind: die Opern Der 
Traum auf der Wolga (Moskau 1892), Raphael 
(Moskau 1894), Ncd und Damajanti (1899) ; Musik 
zu A. Puschkins Dichtung Die Fontane von Bach - 
tschissaraj (Chor, Soli und OrcL); ein Ballett Nuit 
d’Egypte (St. Petersburg 1900); 2 Symphonien, 
Kammermusik (Trios, Streichquartette, Klavier- 
quintett), Klavierwerke (Konzert, Phantasie, Suiten 
für 2 KL, 2- und 4händige Klavierstücke), Orche- 
ster-, Violin- und Cdlostücke sowie kirchliche 
Kompositionen. Er verfaßte auch eine Hannonie- 


lehre (1891, deutsch von P. Juon 1900), ein Hand- 
buch der Formenlehre (2 Teile, 1893-94, *1914) 
und einen Band Aufgaben zur Harmonielehre 
(1897). 

Aretinus -> Guido von Arezzo. 

Argenta (arx'enta), Ataülfo, * 19. 11. 1913 zu 
Castro Urdiales (Santander), f 21. 1. 1958 zu Los 
Molio bei Madrid; spanischer Dirigent, studier- 
te am Konservatorium in Madrid, danach in 
Belgien und Deutschland, war vorübergehend 
Klavierlehrer in Kassel und büdete sich gleichzeitig 
zum Dirigenten aus. Nach Beendigung des spa- 
nischen Bürgerkrieges kehrte A. nach Spanien zu- 
rück, übernahm zunächst ein Kammcrorchcstcr 
und leitete ab 1945 die Orquesta National in 
Madrid. 

Argentdna (arxent'ina), La (Pseudonym für An- 
tonia Merc6), * 1890, f 1936 zu Bayonnc; spa- 
nische Tänzerin, war Solotänzerin der Madrider 
Oper und unternahm ab 1929 mit einer eigenen 
Ballettruppe Gastreisen. Sie verband das klassische 
Ballett mit Elementen des spanischen Volkstanzes 
und schuf u. a. die Choreographie zu de Fallas El 
Amor Brujo (Paris 1920). 

d’Argilli&res, Anthoine, Gabriel, Jchan, 
Raoul, Roch, Paul und Guillaume Dar- 
gilli&res. 

Aribo scholasticus, Musiktheoretiker des 11. Jh.; 
er lebte vielleicht um 1078 in Freising, doch liegt 
seine Herkunft wie auch sein weiterer Lebensweg 
im Dunkeln. Verfasser eines wertvollen musik- 
theoretischen Traktats, welcher die Schriften Gui- 
dos von Arezzo kommentiert und im ersten Teil 
eine eigene Musiklehre enthält. 

Ausg. : De Musica, hrsg. v. J. Smits van Waesberghe, 
* CSM II, Rom 1951; dass, auch in GS II u. bei 
Migne, Patr. lat. CL. 

Lit.: K. G. Fellerer, Beitr. zur Mg. Frcisings . . ., 
Freising 1926, 26 ff.; J. Smits van Waesberghe, Mu- 
ziekgeschiedenis der Middeleeuwen, eerste decl, Til- 
burg o. J., 23 ff. 

Ari6, Raphael, * 22. 8. 1922 zu Sofia; israeli- 
scher Opernsänger, lebt in Mailand. Ursprünglich 
zum Violinisten bestimmt, wurde der Achtzclin- 
jährige als Sänger entdeckt. Von BrambarofF, dem 
1. Bariton der Sofiater Oper, ausgebildct, errang 
er 1946 in Genf den 1. Preis beim Internationalen 
Wettbewerb. Nach den Anfängen in Sofia ga- 
stierte er 1948 an der Mailänder Scala in Proko- 
fjews Liebe zu den drei Orangen , was ihm Engage- 
ments an den ersten Bühnen der Welt cinbrachte. 
Strawinsky wählte ihn 1951 zur venezianischen 
Uraufführung von The Rake’s Progress . Das Reper- 
toire des auch beim Fernsehen vielgefragten Bas- 
sisten erstreckt sich von Boris bis Don Juan, von 
Mefistofele bis zum Don Carlo in „La forza dcl 
destino“. 

Ariel -v Werker. 

d’Ari$nzo, Nicola, * 23. 12. 1842 und 1 25. 4. 
1915 zu Neapel; italienischer Komponist und Mu- 
sikschriftsteller, Schüler von V. Fioravanti und 
Sav. Mercadante, 1872 Musiklehrer am R. Albergo 
dei poveri in Neapel, 1877 dort Kontrapunkt- und 
Kompositionslehrer am Königlichen Konservato- 


48 



Aristoxenos 


rium, 1879 Direktor der Anstalt, 1904 Lehrer für 
Musikgeschichte, brachte 1860 seine erste komische 
Oper La fidanzata del perrucchiere in Neapel zur Auf- 
führung; ihr folgten I due mariti (1866), Le rose 
(1866), II eacciatore delle Alpi (1869), II cuoco (1873), 
La figlia del diavolo (seriöse Oper, 1879), Lafiera 
(1887) und in Mailand I viaggi (1875). Nicht auf- 
geführt sind die seriösen Opern Lesbo di Rodio und 
Capitan Fracassa. Außerdem schrieb er Kammer- 
musik, 2 Cello- und 2 Violinkonzerte sowie Chor- 
und Orchesterwerke, verfaßte die theoretischen 
Schriften II sistema tetracordale nella tnusica tnodema 
(1878), Scuola di composizione musicale (1899) und 
eine Reihe von Studien zur Opemgesdbichte. Zu 

A. s Schülern zählen Leoncavallo, De Nardis, L. 
Filiasi, Savasta. 

Lit.: A. Della Corte, Un maestro: N. d*A., RMI 
XXII, 1915. 

Arima, Daigoro, * 12. 9. 1900 zu Kobe (Japan); 
japanischer Komponist und Musikwissenschaftler, 
erhielt seine Ausbildung an der Akademie für Mu- 
sik und Darstellende Kunst in Wien und promo- 
vierte an der Wiener Universität zum Dr. phil. 
Heute ist er Direktor der richtungweisenden japa- 
nischen Musikinstitute: Rektor der Musikhoch- 
schule (1949), Direktor des Musikgymnasiums und 
der Musikvolksschule zu Kunitachi, Tokio ; 
gleichzeitig stellt er dem National-Rundfunk Ja- 
pans als Intendant und dem Nippon Philharmo- 
nie-Orchester als Direktor vor. 

Arfon von Methymna (auf Lesbos), lebte um 600 
v. Chr.; griechischer Sänger und Dichter, dem die 
»Erfindung« des Dithyrambos zugeschrieben wird. 
Nach der Legende hat er bei der Rückkehr von 
Sizilien, von den Matrosen ausgeraubt und mit 
dem Tode bedroht, durch seinen Gesang zur Ki- 
thara einen Delphin herbeigelockt, der ihn dann 
auf seinem Rücken an Land trug. 

Aripsti, Attilio, * 5. 11. 1666 zu Bologna, f um 
1740, wahrscheinlich in Spanien, trat 1688 in den 
Orden der Serviten von Santa Maria ein (als Frate 
Ottavio); italienischer Komponist, schrieb 1693 
ein Passionsoratorium, 1695 ein Divertimento und 
trat nun mit Dispens seines Ordens erst in mantua- 
nische Dienste, dann in die des Großherzogs von 
Toscana. 1697-1703 war er Hofkomponist der Kö- 
nigin Sophie Charlotte in Berlin. Von Berlin ging 
er zunächst mit hoher Pension an den Hof des Her- 
zogs von Anjou in Stellung, erlangte die Gunst des 
Kaisers Joseph, dessen Generalagent für Italien er 
wurde, mußte aber nach des Kaisers Tode das Pa- 
tent zurückgeben (Brief Leibniz’ vom 31. 1. 1714 
an die Kuiiürstin Sophie von Hannover). 1712 
kehrte er in sein Kloster zurück, reiste 1715/16 in 
Süddeutschland, nach Paris und London, wo er 
mit Bononcird Triumphe feierte, bis seine Werke 
vor denen Handels zurücktraten. 1728 veröffent- 
lichte er Kantaten auf Subskription, um seine Ver- 
hältnisse aufzubessem, und ging nach Bologna zu- 
rück. Außer etwa 25 Opern, deren Favorit-Arien 
Walsh in London druckte, schrieb er auch Ora- 
torien (Santa Radegonda 1694), eine Passion (1709), 
viele Kantaten, Divertimenti da camera für V. und 

B. c. (1695) und Lezioni per Viola d'amore (1728). 
Als Opernkomponist schloß er sich anfangs eng 
an die Manier Lullys an, ging aber später zu der 
Alessandro Scarlattis über. 


Lit.: A. Ebert, A. A. in Bin, Diss. Bonn 1905; A. 
Einstein, ItaL Musiker am Hofe d. Neuburger 
Wittelsbacher, SIMG IX, 1907/08; L. Fratt, Attilio 
Ottavio A., RMI XXXII, 1926. 

Aristejdes Quintilianus, griechischer Musik- 
schriftsteller, lebte wahrscheinlich im 3. oder 
4. Jh. n. Chr. Seine weitgehend kompilierte Schrift 
über die Musik (in 3 Büchern) ist wichtig als eine 
der vollständigsten und umfangreichsten DarstdL- 
lungen der griechischen Musiklehre. 

Ausg.: De musica libri III, hrsg. v. M. Meibom, in: 
Antiquae musica© auctores septem, Amsterdam 1652; 
dass., hrsg. v. H. A. Jahn, Bin 1882, dazu K. v. Jan 
in Berliner Philologische Wochenschrift H, 1882; 
dass., deutsch v. R. Schafkb, Bin 1937, dazu R. 
Wagner in AfMf IV, 1939; eine nahezu druckfertige 
Ausg. mit Kommentar u. deutscher Übers, v. H. 
Deiters liegt handschriftlich auf d. Univ.-Bibl. Bonn. 
Lit : H. Deiters, De Aristidis Quintiliani doctrinae 
harmonicae fontibus, Programm Gymnasium Düren 
1870; ders., Über d. Verhältnis d. Martianus Capelia 
zu A. Qu., Programm Gymnasium Posen 1881 ; G. 
Seydel, Symbolae ad doctrinae Graecorum harmo- 
nicae historiam, Diss. Lpz. 1907; Ch. E. Ruelle, Le 
musicographe A. Qu., SIMG XI, 1909/10. 

Aristpteles, * 384/83 v. Chr. zu Scageiros (Thra- 
kien), f 322 zu Chalkis (Euboia) ; griechischer Phi- 
losoph, Schüler Platons an dessen Akademie in 
Athen. Seine Schriften enthalten zwar nur weniges 
über Musik, dies wenige ist aber von allergrößter 
Wichtigkeit für die Erforschung der altgriechi- 
schen Musik. Die unter des A. Namen erhaltenen, 
in Frage und Antwort abgefaßten Problemata (Sect. 
XI über die Stimme, XIX über die Harmonie) sind 
nach neueren Untersuchungen alexandrinischen 
Ursprungs und etwa im 1. oder 2. Jh. n. Chr. ge- 
schrieben. 

Ausg.: Zusammenstellung d. auf Musik bezüglichen 
Aussprüche bei K. v. Jan, Musici scriptores graeci, 
Lpz. 1895; dort auch Pseudo- Aristotelis De rebus 
musicis problemata; F. A. Gevaert u. J. Chr. Voll- 
oraff, Les problfcmes musicaux d’Aristote, Text u. 
frz. Übers., Gent 1899-1903. 

Lit: F. Walter, Die ethisch-pädagogische Würdi- 
gung d. Musik durch Plato u. A., VfMw VI, 1890; 

C. Stumpf, Die pseudo-aristotelischen Probleme über 
Musik, in: Abh.en d. Kgl. preuß. Akad. d. Wiss. zu 
Bin, Bin 1897; G. Tischer, Die aristotelischen Musik- 
probleme, =» Musikwissenschaftliche Studien, H. 
III, Bin 1903 ; W. Vbtter, Die antike Musik in d. Be- 
leuchtung durch A., AfMw 1, 1936; H. S. Schwartz, 
An Aristotelian Analysis of the Elements, Principles 
and Causes of the Art of Music, Cleveland 1937. 

Aristqxenos von Tarent, Sohn des Spintharos, 
* um 354 und f um 300 v. Chr.; griechischer Mu- 
sikschriftsteller, Schüler des Aristoteles, lehrte in 
Athen. Von seinen angeblich 453 Schriften sind 
nur zwei Bücher der Elemente der Harmonik sowie 
Fragmente der Elemente der Rhythmik und der Ver- 
mischten Tischgespräche (diese bei Plutarch) erhal- 
ten. Sie zeigen ihn als strengen Empiriker, der dem 
Gehör ein selbständiges Urteil zuerkennt. Indem 
er das Hören als eine Verknüpfung von Wahr- 
nehmung und Erinnerung beschreibt, schafft er 
den Begriff des aktiven Hörens. Er erkennt, daß 
das Gehör geringe Abweichungen von den reinen 
Intervallen hinnimmt und kommt so zur Auftei- 
lung der Oktave in 6 gleiche Ganztöne. Die Lehre 
vom Rhythmus hat er als erster systematisch be- 
handelt, indem er, von einem unteilbaren klein- 


4 


49 



Aristoxenus 


sten Zeitwert ausgehend, die möglichen Propor- 
tionen bis zu 25 zeitigen Bildungen durc hf ü hr t. 

Ausg.: Die Harmonischen Fragmente d. A., Griech. 
u. deutsch mit Commentar u. Anh d. rhythmischen 
Fragmente enthaltend, hrsg. v. P. Marquard, Bin 
1868 ; A. v. T. Melik u. Rhythmik d. class. Hellenen- 
thums, I (Übers, u. Kommentar) v. R. Westphal, 
Lpz. 1883, II (Text), hrsg. v. Fr. Saran, Lpz. 1893. - 
The Harmonics, hrsg. mit englischer Übers, v. H. S. 
Macran, Oxford 1902; Elementa harmonica, hrsg. 
mit ital. Übers, v. R. da Rios, 2 Bde, Rom 1954; 
Elements harmoniques, frz. Übers, v. Ch. E. Ruelle, 
Paris 1871. - Aristidis Oratio adversus Leptinem . . .» 
hrsg. v. J. Morelli, Venedig 1785 (darin editio 
princeps d. Rhythmik); Grundzüge d. Rhythmik, 
hrsg. mit deutscher Übers, v. H. Fbussner, Gymnasial- 
programm Hanau 1840. - A., =» Die Schule d. 
Aristoteles n, hrsg. v. Fr. Wehrli, Basel (1945, ent- 
hält d. Fragmente, die nicht zur Harmonik u. Rhyth- 
mik gehören). 

Lit.: W. L. Mahne, Diatriba de A. philosopho, 
Amsterdam 1793; Ch. E. Ruelle, Etüde sur A., Rev. 
arch6ologique XIV, 1858; P. Marquard, De Aristo- 
xeni Tarentini elementis harmonicis, Diss. Bonn 1863 ; 
C v. Jan, Die griech. Musik I: Die Harmonik d. A., 
Philologus XXIX, 1870; ders., Artikel A. in Pauly- 
Wissowa RE II, 1 ; ders.. Neue Sätze aus d. Rhyth- 
mik d. A., Blner philolog. Wochenschrift 1899; R. 
Westphal, Die Aristoxenische Rhythmuslehre, Vf Mw 
VH, 1891; F. Poudoro, A. e la sua scuola, Atti 
dell’Accad. Pontiniana XXIV, 1895; H. Abert, Die 
Lehre v. Ethos in d. griech. Musik, Lpz. 1899; ders. 
Der neue Af und v. Oxyrhynchos, SIMG 1, 1899/1900; 
L. Laloy, Aristoxfcne de Tarente, Paris 1904; C. F. 
Abdy Williams, The Aristoxenian Theory of Musi- 
cal Rhythm, Cambridge 1911; J. Handschin, Der 
Toncharakter, Zürich 1948. 

Aristoxenus, der jüngere, Pseudonym von Mat- 
theson in seinen Schriften Gültige Zeugnisse über 
die jüngste Matthesonisch-Musicalische Kemschriß 
(Hamburg 1738), Die neueste Untersuchung der Sing- 
spiele (Hamburg 1744) und Phthongologia systema- 
tica (Hamburg 1748). 

Arkwright ('a:krait), Godfrey Edward Pellew, 
* 10. 4. 1864, f 16. 8. 1944 zu Highclare (Hamp- 
shire); englischer Musikforscher, in Eton und Ox- 
ford gebildet, ist der Herausgeber des großen 
Sammelwerks The Old English Edition (25 Bände, 
1889-1902), enthaltend Maskenspiele, Airs, Bal- 
lette, Madrigale, Motetten und Anthems von eng- 
lischen Komponisten des 17. und 18. Jh., sowie von 
Purcells Cäalien-Ode und der Ode für den Ge- 
burtstag der Königin Maria (in der Ausgabe der 
Purcell-Gesellschait 1899 und 1902). Er redigierte 
1909-13 die musikwissenschaftliche Monatsschrift 
The Musical Antimary (Oxford) und gab 1915 den 
Katalog der Musikalien der Christ-Chur ch zu Ox- 
ford heraus. Seine Schwester Marian Ursula, * 25. 
1. 1863 zu Norwich, f 23. 3. 1922 zu London, gra- 
duiert in Durham (Baccalaureus und Magister ar- 
tiuin), komponierte Orchester- und Kammer- 
musik, ein Requiem und Kinderoperetten. 

Arlom ('a:lom), Wilfred, * 1. 5. 1887 zu New- 
castle-on-Tyne, f 12. 11. 1945 zu Sydney; austra- 
lischer Pianist, Organist und Komponist, Schüler 
der Universität Adelaide, ging 1914 nach Sydney 
und war ab 1924 Lehrer für Orgel am New South 
Wales State Conservatory, ab 1921 auch Mitglied 
der australischen Prüfungskommission für Musik. 
Er schrieb Lieder, Anthems, Klavierstücke. 


Arma, Paul, * 22. 10. 1905 zu Budapest; unga- 
rischer Folklorist, Komponist und Pianist, studierte 
1920-24 an der Musikakademie seiner Vaterstadt 
u. a. bei B&a Bart6k Klavier, war anschließend zu- 
nächst Mitglied des »Klaviertrio Budapest« und 
wirkte fernerhin als Volkschorleiter in Deutsch- 
land. 1936 ging er nach Frankreich, wo er bis 1940 
als Gründer und Leiter der »Loisirs Musicaux de la 
Jeunesse« tätig war. Während des Krieges begann 
er »Folklore des Widerstands« zu sammeln, etwa 
1800 Lieder u. a. aus dem Maquis und den Kon- 
zentrationslagern. Seine Liedsätze fanden auch 
durch die »Petits Chanteurs ä la Croix de Bois« im 
weiteren Ausland Verbreitung. Seit 1949 hat er 
einen Lehr- und Arbeitsauftrag für Musikalische 
Ethnophonetik bei der Universität Paris; zu- 
dem ist er Leiter der Forschungsgruppe »Musique 
concr&te« bei Radio Paris. Als Komponist trat er 
außer mit zahlreichen alten und neuen Volkslied- 
ausgaben und Chorwerken mit Orchester-, Kam- 
mer- und Klaviermusik hervor. 1956 erregte er 
Aufsehen mit Musique mitaphonique für Orcn. und 
Magnetophon (»Improvisation, preeddee et suivi 
de ses variations«). 

Armbrust, - 1) Carl F., * 30. 3. 1849 zu Ham- 
burg, t 12. 7. 1896 zu Hannover; Orgelvirtuose, 
Schüler des Stuttgarter Konservatoriums, beson- 
ders Faißts, dessen Schwiegersohn er 1874 wurde, 
folgte bereits 1869 seinem Vater, dem Organisten 
der Petrikirche (und Dirigenten des Bachvereins) 
zu Hamburg, Georg A. (* 17. 3. 1818 zu Har- 
burg, t 3. 5. 1869 zu Hamburg) im Amt und war 
daneben als Lehrer für Orgel- uuad Klavierspiel am 
Hamburger Konservatorium sowie als Musik- 
referent tätig. - 2) Walter, * 17. 10. 1882 zu 
Hamburg, Sohn und Schüler des vorigen, war zu- 
nächst in Hamburg, später in Dresden und Eisenach 
tätig. A. war einer der frühesten Interpreten der 
Werke von Reger und Karg-Elert. 

Armbruster, Karl, * 13. 7. 1846 zu Andernach 
am Rhein, + 10. 6. 1917 zu London; deutscher 
Dirigent, ließ sich, nach Musikstudien in Köln, 1863 
in London nieder. Als begeisterter Verehrer Wag- 
ners verschaffte er sich bald eine angesehene Stel- 
lung, wirkte 1882 und 1884 als 2. Dirigent bei den 
von Hans Richter geleiteten Wagner-Auffüh- 
rungen in London mit. Er war 1881 Kapellmeister 
am Hoftheater, dann am Haymarket Theatre, lei- 
tete 1892 die Tristan-Aufführungen im Covent 
Garden Theatre, wurde dann Kapellmeister am 
Drury Lane Theatre und veranstaltete Vortrags- 
zyklen über moderne Komponisten in englischen 
und amerikanischen Städten. A. war 1884-94 bei 
den Bayreuther Festspielen als Bühnendirigent 
tätig, war auch 1901-13 musikalischer Beirat des 
London County CoundL Er gab Lieder von Liszt, 
Balladen von Loewe und kleine Stücke von Wag- 
ner ( Wagner Lyrics , 4 Hefte) heraus. 

Armin, George (eigentlich Georg Herrmann), 
* 10. 11. 1871 zu Braunschweig; deutscher Ge- 
sangspädagoge, widmete sich nach Studien in Köln 
und Leipzig und kurzer Tätigkeit als Konzert- 
sänger dem Gesanglehrfach, seit 1904 in Berlin; 
1925-42 Herausgeber der monatlichen Fachzeit- 
schrift Der Stimmwart. Seine Methode basiert auf 
dem sogenannten Stauprinzip, dem er wie all— 


50 



Amaut Daniel 


gemein Fragen der Stimmbildung eine größere 
Reihe von Schriften widmete. 

Lit.: H. Biehle, G. A., ZfM CXII, 1951. 

Armitage ('a:mited 3 ), Merle, * 12. 2. 1893 zu 
Mason City (Iowa); amerikanischer Musikmana- 
ger, war zunächst Ingenieur, veranstaltete 1911-18 
Konzertreisen bekannter Sänger in Amerika, 1919 
bis 1921 Tourneen großer Opemensembles und 
des Diaghilew-Balletts, lebt seit 1922 als Impresa- 
rio in Los Angeles, gründete dort 1924 mit Gae- 
tano Merola die Los Angeles Opera Association, 
die er bis 1936 leitete. Veröffentlichungen: Igor 
Strawinsky (New York 1936), Schoenberg (New 
York 1937), George Gershwin (London und New 
York 1938). 

Armsheimer, Iwan Iwanowitsch, * 19. 3. 1860 
zu St. Petersburg ; russischer Komponist, am Peters- 
burger Konservatorium Schüler von Czerny, Jo- 
hannsen und Rimskij-Korsakow, veröffentlichte 
3 Opern, 3 Ballette, 2 Kantaten, eine Reihe von 
Chor- und Orchesterwerken, eine Suite für FL und 
KL, fast 150 Lieder, Stücke für V. und Vc. Auch 
verfaßte er eine Instrumentationslehre. 

Armstrong ('aimstiog), Louis Daniel (auch 
»Satchmo« genannt), * 4. 7. 1900 zu New Or- 
leans; amerikanischer Jazzmusiker (Trompeter und 
Sänger) von Negerherkunft, kam im Alter von 
13 Jahren zur Musik und bildete sich zum Kor- 
nettisten aus. Ab 1917 war er regelmäßig in Ka- 
pellen tätig, verließ New Orleans 1919 zum ersten 
Mal und folgte damit der allgemeinen Abwande- 
rung eines großen Teils der Jazzmusiker aus dieser 
Staat. 1922 kam er in die Band von King -> Oliver, 
war 1924/25 bei FL -+■ Henderson, bildete danach 
eigene kleine Gruppen (Hot Five, Hot Seven) und 
1927 ein eigenes Orchester, das sich aber bald, wie- 
der auflöste. In der Folgezeit war er, ständig wech- 
selnd, in verschiedenen Orchestern und häufig auf 
Reisen tätig und unternahm 1932 und 1933 mit 
ungewöhnlichen Erfolgen seine ersten Tourneen 
nach Europa (England, Skandinavien, Holland, 
Italien, Frankreich). Seine Wahl zum 1. Jazzmu- 
siker des Jahres 1944 führte zum ersten Jazz-Kon- 
zert in der Metropolitan Opera in New York. A. 
wird unbestritten als der bedeutendste Jazzmusiker 
seit den Anfängen des Jazz in den amerikanischen 
Südstaaten und besonders in New Orleans ange- 
sehen. Die Wandlungen seines Musizierstils, so 
vom klassischen Jazz zum Swing-Stil, von der für 
New Orleans charakteristischen Kollektiv-Impro- 
visation zu einem solistischen Spiel bei begleiten- 
dem Orchester (1927 einsetzend bis 1930) und wie- 
der die Rückwendung zur kleinbesetzten Gruppe 
(nach 1940), bezeichnen nicht nur Stadien seines 
persönlichen Weges, sondern gleichzeitig auch 
solche der Geschichte der Jazzmusik. Als Trom- 
peter und als Sänger (seit etwa 1940) gleich ge- 
feiert, gewann A. starken Einfluß auf eine ganze 
Generation junger Musiker, die heute neben ihm 
zu den bekanntesten Vertretern des Jazz gehören. 
Seine phänomenale Spieltechnik, die keine Schwie- 
rigkeiten zu kennen scheint, sowie seine Liedinter- 
pretationen (bekannt sind besonders seine Aufnah- 
men von Liedern W. Chr. Handys) sichern ihm 
noch immer unverminderte internationale Erfolge. 


Lit : L. Armstrong, Ma vie, ma Nouvelle-Orlöans, 
Paris 1952 (deutsche Übers, von W. G. Brenner, 
Hamburg 1953); ders., Satchmo, My Life in New 
Orleans, NY 1954; R. Goffin, Horn of Plenty, The 
Story of L. A., NY 1947; H. PanassiS, L. A., Paris 
1947; J. Slawe, L. A., Basel 1953. 

Armstrong ('’armstiorj), Thomas Henry Wait, 

* 15. 6. 1898 zu Peterborough; englischer Organist 
und Musikpädagoge, ausgebildet an der Chor- 
Schule der Chapd Royal und am Royal College of 
Music, war 1928-33 Organist an der Kathedrale in 
Exeter und übernahm anschließend eine gleiche 
Stellung an der Christ Church Cathedral in Ox- 
ford. A., der im öffentlichen Musikleben Englands 
stark hervortritt, schrieb ein Evening Service, 
Anthems, Kammermusik, Chöre und Lieder. Er 
veröffentlichte ein Buch Strauss : Tone Poems (in: 
»Musical Pilgrim« series, Oxford 1931) sowie Ar- 
tikel in verschiedenen Zeitschriften. 

Armstrong ('a:mstrag), William Dawson, 

* 11. 2. 1868 und f 9. 7. 1936 zu Alton (Illinois), 
ab 1908 Direktor einer eigenen Musikschule in Al- 
ton, Komponist von Operetten und 2 Opern, auch 
einer Ballettsuite für Ordh., einer Ouvertüre, von 
Liedern und kleiner enWerken für Org. und V. 

Lit.: W. F. Norton, W. D. A., NY 1916. 

Arnaud (am'o:), Abbd Frangois, * 27.7.1721 
zu Aubignan bei Carpentras, 1 2. 12. 1784 zu Paris; 
kam 1752 nach Paris, wurde 1765 Abt von Grand- 
champs, später Vorleser und Bibliothekar des Gra- 
fen von Provence und Mitglied der Acaddmie. Er 
war ein eifriger Parteigänger Glucks; seine bezüg- 
lichen Essays sind zu finden in Leblonds Mhnoires 
pour servir h Vhistoire de la rivolution op&rie dans la 
musique par M. le Chevalier Gluck (1781) ; vgL auch 
seine Variitis litthaires (1768-69, mit Abbe Suard, 
21804). Seine CEuvres comptites erschienen in 3 Bän- 
den 1808 zu Paris. 

Lit.: E. de Bricqueville, L’Abbd A. et la rdforme de 
l'opdra au XVIII« s., Avignon 1881; ders., Un 
critique musical au s. dernier..., Paris 1883. 

Amaut Daniel, * zu Ribdrac (Dordogne); pro- 
venzalischer Troubadour, wirkte in den Jahren 
1180-1200 und stand in Verbindung mit Richard 
Löwenherz. A. D. ist einer der bedeutendsten Ver- 
treter des »trobar clus«. 18 Liedertexte sind von 
ihm erhalten, jedoch nur 2 Melodien. Die Bewun- 
derung seiner Zeitgenossen und späterer Nach- 
ahmer galt vor allem seiner formalen Begabung, 
deren kunstvollster Ausdruck A.s Sestina ist, eine 
formale Entsprechung zu seinen »hermetischen« 
Gedichten. Die Sestina wurde über Dante bis hin 
zu Petrarca und darüber hinaus vielfältig variiert 
weitergepflegt 

Ausg. u. Lit: U. A. Canello, La vita e le opere del 
trovatore Amalde Daniello, Halle 1883; R. Lavaud, 
Les podsies d’A. D. Rdddition critique d’aprds Canello, 
avec traduction frangaise et notes, Suivie d’ddair- 
cissements et d’un facs. mus. transcrit en notation 
moderne, Toulouse-Pdrigueux 1910; Fr. Gennrich, 
Der mus. Nachlaß d. Troubadours, — Summa Musi- 
cae Medii Aevi III, Darmstadt 1958, darin d. 2 Melo- 
dien; ders., Artikel A. D., MGG, darin d. Melodie zu 
d. Sestina P-C 29,14»Lo ferm voler qu’el cor m'intra«; 
ders., Troubadours, Trouvdres, Minne- u. Meister- 
gesang, « Das Musikwerk, Köln (1951), darin d. 
gleiche Melodie nach Ms. R; E. Lommatzsch, 
Provenzalisches Liederbuch, Bin (1917), darin d. 


4* 


51 



Amaut de Mareuil 


gleiche Melodie in d. Übertragung v. J. Beck. - 
G. Mari, La sestina d’A., la terzina di Dante, 
Mailand 1899; J. J. A. Davidson, The Origin 
of the Sestina, in: Modem Languages Notes 
XXV, 1910; A. Jeanroy, La »Sestina doppia« 
de Dante ...» in: Romania XLII, 1913; C. De Lollis, 
A. e Guittone, in: Idealistische Neuphilologie, Fs. K. 
Vossler, Heidelberg 1922; C. Appel, Petrarka u. A. 
D., in: Arch. f. d. Studium d. neueren Sprachen 
CXLVII, 1924; K. Vossler, Die Dichtung d. Troba- 
dors, in: Aus d. romanischen Welt I, Lpz. 2 1940; 
A. Del Monte, L’ermetismo medievale; A. D., * 
Studi Petrarcheschi II, 1949, auch in: Studi sulla 
poesia ermetica . . ., Neapel 1953; E. Köhler, Zum 
trobar clus, in: Romanische Forschungen LXIV, 
1952. - vgl. auch: E. K&enek, Sestina, in : Melos XXV, 
1958. 

Amaut de Mareuil (Maroill); provenzalischcr 
Troubadour aus dem letzten Drittel des 12. Jh. 
Von seinen 26 überlieferten Liedertexten sind die 
Mehrzahl Kanzonen, ferner 5 Saluts d’Amour und 
ein Ensenhamen (eine Gattung lehrhafter Dich- 
tung mit sozialkritischen Tendenzen, deren 
frühestes Zeugnis von A. de M. stammt). Zu den 
Liedertexten sind 6 Melodien erhalten. 

Ausg. u. Lit.: Fr. Gennrich, Der mus. Nachlaß d. 
Troubadours, = Summa Musicae Medii Aevi III, 
Darmstadt 1958, darin alle Melodien; ders., Artikel 
A. de M., MGG, darin d. Melodie zu P-C 30,15 »La 
franca captcnensa«; U. Sesini, Le melodie trobado- 
riche nel canzoniere provenzale della Bibi, ambro- 
siana R. 71 sup., in: Studie Medievali, nuova serie 
XII-XV, 1939-42, separat Turin 1942, darin Faks. u. 
Übertragung d. Ms. G; H. Angl&s, La müsica a Cata- 
lunya fins al segle XIII, = Bibi, de Catalunya, Publi- 
cacions del departament de müsica X, Barcelona 
1935, darin d. Melodie zu »Molt eran dolz meiconssir« 
nach Ms. G; R. C Johnston, Les po6sies lyriques 
dutroubadourA.de M., Paris 1935. - W. Friedmann, 
A. de M., Halle 1910. 

Arndt von Aich Aich. 

Arndt, Günther, * 1. 4. 1907 zu Berlin-Char- 
lottenburg; deutscher Chorleiter, studierte 1925 
bis 1930 Schul- und Kirchenmusik an der Akade- 
mie sowie Musikwissenschaft an der Universität 
Berlin. Vorübergehend im höheren Lehramt tätig, 
war er von 1934 bis zu seiner Einberufung zum 
Kriegsdienst Musikdozent an der Volkshochschule 
Groß-Berlin, wo er auch den Heinrich-Schüt 2 - 
Kreis leitete. Nach Kriegsende zunächst Leiter der 
Kammermusikabteilung beim Berliner Rundfunk, 
wechselte er 1949 als Referent für Sinfonische Mu- 
sik in die Musikabteilung des RIAS Berlin über, 
seit 1955 auch als Leiter des RIAS-Kammerchores. 
A. ist Gründer und Leiter des Berliner Motetten- 
chores (1949). 

Ame ('a:n), - 1) Thomas Augustine, * 12.3. 
1710 und f 5. 3. 1778 zu London; Komponist der 
Melodie des Rule Britannia. Seine Gattin Cecilia 
A. war eine berühmte Opemsängerin, Schülerin 
von Geminiani. A. hat etwa 30 Opern und Mu- 
siken zu Shakespeareschen und anderen Dramen, 

2 Oratorien (Abel, Judith), Kantaten, Lieder (auch 
viele in S amml u n gen), Glees, Catches, Klavier- 
sonaten, 8 Sinfonien a 8 (1740), 7 Triosonaten 
(1750), auch Orgelkonzerte geschrieben. Die Uni- 
versität Oxford graduierte ihn zum Mus. Dr. - 
2) Michael, * 1741 und f 14. 1. 1786 zu London, 
Sohn des vorigen, brachte bis etwa 1770 mehrere 


Opern mit Erfolg zur Aufführung und schrieb 
wieder 1778-83 kleinere Stücke für die Londoner 
Theater, nachdem er durch den Bau eines Labora- 
toriums und den Versuch, den Stein der Weisen zu 
finden, seine Finanzen ruiniert hatte. 

Ausg. : Th. A. : »Comus«, hrsg. vJ.Herbage, Mus. Brit. 
III, London 1951; Kantate »The Moming«, hrsg. v. 
R. Salkeld, London 1954; Motette »Libera me«, 
hrsg. v. A. Lewis, London 1950; (Trio-)Sonata II, 
III, hrsg. v. H. Murrill, London 1950; Triosonate 
op. 3 Nr 1, hrsg. v. M. Seiffert, Coli. mus. 57, Lpz. 
1928; Suite per Clavicembalo, hrsg. v. E. Gubitosi, 
Mailand 1922. 

Lit.: Th. A.: Werkverz. in: Mus. Times, London 
Nov. u. Dez. 1901 ; W. H. Grattan Flood, Dr. A.’s 
Visits to Dublin, in: Mus. Antiquary II, 1910/11; 
W. H. Cummings, Dr. A. and Rule Britannia, London 
1912; H. A. Scott, Sidelights on Th. A., MQ XXI, 
1935; H. Langley, Dr. A., Cambridge 1938; ders., 
The Newly Discovered Arne Mass, MMR LXXXI, 
1951; J. Herbage, The Vocale Style of Th. A. A., 
Proc. R. Mus. Ass. LXXVIII, 1951/52. 

Araeiro, Jos6 Augusto da Ferreira Vciga, Viz- 
conde de -»■ Ferreira Veiga. 

Anteil ('a:nel), Richard, * 15. 9. 1917 zu Lon- 
don-Hampstead; englischer Komponist, lebt in 
London. Nach Besuch der Londoner Hall School 
und der University College School bezog A. 1935 
das Royal College of Music, um bis 1939 bei Irc- 
land Komposition zu studieren. Im Juni 1939 reiste 
er nach New York, wo er 1943-46 als Musikbera- 
ter im Nordamerikadienst der BBC war und wo 
eine Reihe seiner frühen Kompositionen unter Sto- 
kowski, Barzin und anderen zur Uraufführung 
kam. 1947 nach London zurückgekehrt, über- 
nahm A. 1948 eine Kompositionsklassc am Trinity 
College of Music. Seit 1952 ist er Mitglied der 
Royal Philharmonie Society und tritt seitdem auch 
als Dirigent seiner Werke auf, vor allem bei der 
Beecham Concert Society und bei Sadlcr’s Wells. 
Sein Gesamtwerk beläuft sich bis 1956 auf nahezu 
80 Opuszahlcn. Außer zahlreicher Kammermusik 
(bisher meist ungedruckt) umfaßt es 5 Sinfonien, 
je ein Violin-, Klavier- und Cembalo-Konzert, 
Divertimenti und Variationszyklcn für Kammcr- 
orch., mehrere Solokantaten, ferner eine Kammer- 
oper Love in Transit , die Ballette Punch and the 
Child (1948), Harlequin in April (1951) und The 
Great Detectivc (1953), zudem Filmmusiken. 

Arnheim, Amalie, * 29. 12. 1863 und t 26. 5. 
1917 zu Berlin; deutsche Musikforschcrin, stu- 
dierte Gesang, dann Musikwissenschaft in Berlin 
(Kretzschmar, Friedlaendcr, Fleischer, Wolf). Von 
ihren z ahlr eichen Aufsätzen seien genannt: aus 
SIMG Zur Geschichte des einstimmigen weltlichen 
Kunstliedes in Frankreich im i 7. Jahrhundert (1908/09), 
Aus dem Bremer Musikleben im 17 . Jahrhundert 
(1910/11); Thomas Seile als Schulkantor (Liliencron- 
Festschrift), Die „ Musicomastix “ des Elias Hcrlicius 
(Zeitschrift für Geschichte der Erziehung und 
des Unterrichts VI, 1916). 

Armö ('amitj), Blaä, * 31.1.1901 zu Lcutsch 
(Luce) im Savinental; jugoslawischer Komponist, 
studierte zunächst am Konservatorium in Laibach, 
1930-32 am Neuen Wiener Konservatorium, 1938 
noch in Warschau und 1939/40 in Paris. A. ist 
heute Professor am Konservatorium in Laibach. 


52 



Arnold 


Er schrieb mehrere Symphonien und sympho- 
nische Dichtungen, Violinkonzert op. 41 (1952), 
Klavierkonzert Pr ui polet op. 52 (1956), Kammer- 
musik (Streichquartett, 2 Klaviertrios), Chöre und 
Lieder. 

Arnim, Bettina von -> Brentano. 

Arnold von Bruck, * um 1490 zu Bruck (welcher 
der österreichischen Orte dafür in Frage kommt, 
ist noch nicht geklärt), f 1554 (wahrscheinlich zu 
Linz) ; er wird als Schüler von H. Finck angenom- 
men. Schon um 1510 mag er zur Kapelle Ferdi- 
nands I. gehört haben, in der er 1527 als Kapell- 
meister bezeugt ist und bis 1546 tätig blieb, um 
sich dann zur Ruhe zu setzen. A. v. B. gehört zu 
den bedeutendsten Komponisten des 16. Jh.; für 
sein Ansehen spricht die 1536 in Wien auf ihn ge- 
prägte Denkmünze. Trotz seines katholischen Be- 
kenntnisses schuf er eine Reihe von Bearbeitungen 
Lutherscher Lieder. Das Hauptgewicht seines Wir- 
kens ruhte auf der Komposition von geistlichen 
und weltlichen mehrstimmigen Liedern, Motetten 
und Hymnen, die in Sammelwerken erhalten sind. 
Sonderausgaben seiner Werke sind nicht nachweis- 
bar. 

Ausg.: 18 weltliche Lieder, hrsg. v. L. Nowak in 
DTÖ XXXVII, 2, Wien 1930; 17 Choräle, hrsg. v. 
J. Wolf in DDT XXXIV, Lpz. 1908; 13 Sätze, hrsg. 
v. Fr. Jode in Das Chorbuch, 5 Bde, Wolfenbüttel 
1927-31 ; 4 Hymnen, hrsg. v. R. Gerber in RD XXI; 
3 Sätze, hrsg. in A. W. Ambros, Gesch. d. Musik 
V, Lpz. 1911; 2 weltliche Lieder, hrsg. v. R. Eitner 
in PGfM XXXIII (Bd XXIX); ein weltliches Lied, 
hrsg. v. K. Gudewill u. W. Heiske in RD XX. 

Lit. : O. Wessely, Zur Frage nach d. Herkunft A.s 
v. B., Wien 1956, in: Oesterr. Akad. d. Wiss., An- 
zeiger d. phil.-hist. Klasse XCII, 1955, Mitt. d. 
Kommission für Musikforschung I). 

Arnold ('ainold), Frank Thomas, * 6. 9. 1861 
zu Rugby, t 24. 9. 1940 zu Bath; englischer Mu- 
sikforschcr, Student des Trinity College in Cam- 
bridge, schrieb ein umfassendes Werk The Art of 
Accompanimmt from a Thorough-Bass (London 
1931), außerdem Aufsätze über Mixed Rhythms iti 
Bach (Musical Times 1920), Viadana’s Use of the 
Figure 6 (Musical Times 1922), Die Viola pomposa 
(ZfMw XIII, 1930/31), J. S . BacWs Accompaniment 
(ML XIV, 1933). 

Arnold, Friedrich Wilhelm, * 10.3. 1810 zu 
Sontheim bei Heilbronn, f 13. 2. 1864 als Musika- 
lienhändler zu Elberfeld, gab 10 Hefte Volkslieder 
heraus, ferner Dos Locheimer Liederbuch nebst der Ars 
Organisandi von Conrad Paumann (in Chry San- 
ders Jahrbüchern für musikalische Wissenschaft II, 
Leipzig 1867), auch Arrangements der Sympho- 
nien Beethovens für Kl. und V. 

Arnold, Georg, * zu Feldsberg (Niederöster- 
reich), zuerst Organist in Innsbruck, später in 
Bamberg bischöflicher Hoforganist, gab 1651-72 
mehrere Bücher Messen, Psalmen, Motetten und 
Cantiones sacrae für Singstimmen mit Instrumen- 
ten heraus, auch ein Buch Canzoni , Ariae et So- 
natae 1-4 Violis cum Basso generali op. 3 (1659). 

Arnold ('a:nold), George Benjamin, *22. 12. 
1832 zu Petworth (Susscx), t 31* 1- 1902 zu Win- 
chester; Komponist und Organist, büdete sich 
durch Privatunterricht (Seb. Wesley), wurde 1855 


Baccalaureus, 1861 Mus. Dr. (Oxford), bekleidete 
zuerst Organistenposten am St. Columban College 
(1852), St. Mary’s in Torquay (1856), am New 
College in Oxford (1860) und war von 1865 bis zu 
seinem Tode Organist der Kathedrale in Win- 
chester. Von seinen Kompositionen wurden be- 
kannt 2 Oratorien (Ahab 1864), mehrere Kantaten 
(Senacherib), Motetten, Anthems, Services und 
2 Klaviersonaten. 

Arnold, Heinz, * 19. 6. 1906 zu Darmstadt; 
deutscher Opemregisseur, studierte Musik- und 
Theaterwissenschaft an den Universitäten Frank- 
furt am Main, München, Hamburg und Kiel, war 
1928-32 Regieassistent am Landestheater Darm- 
stadt, dann Oberregisseur (Oper) an den Städti- 
schen Bühnen Wuppertal (1932-35), am Staats- 
theater Braunschweig (1935-38), an der Staats- 
oper Dresden (1938-50, ab 1946 zugleich Opem- 
direktor), wirkte 1946-50 auch als Professor an der 
Dresdener Musikhochschule und ist seit 1950 Ober- 
regisseur der Staatsoper München. Als Gastregis- 
seur wurde er an die Staatsopem Berlin, Hamburg, 
Stuttgart, Wien, an die Deutsche Oper am Rhein 
(Düsseldorf-Duisburg) und in das europäische 
Ausland verpflichtet. A. veröffentlichte einen Ar- 
tikel Fragen der Opemregie (Musica II, 1948). 

Arnold, Ignaz Ernst Ferdinand, * 4.4. 1774 
und f 13. 10. 1812 zu Erfurt; Advokat, veröffent- 
lichte (1803 ff.) kurze Biographien von Mozart, 
Haydn, Cherubim, Cimarosa, Paisidlo, Ditters- 
dorf, Zumsteeg, Winter und Himmel, die ge- 
sammelt in 2 Bänden neu erschienen als Gallerie der 
berühmtesten Tonkünstler des 18. und 19. Jahrhunderts 
(Erfurt 1816). Außerdem schrieb er Der angehende 
Musikdirektor , oder die Kunst , ein Orchester zu bil- 
den ... (Erfurt 1806). 

Arnold, - 1) Johann Gottfried, * 15.2.1773 
zu Niederahafi bei Öhringen, f 26. 7. 1806 zu 
Frankfurt am Main; Violoncellist, Schüler Max 
Willmanns und B. Rombergs, unternahm Konzert- 
reisen in der Schweiz und Deutschland und wurde 
1797 als 1. Cellist am Theater zu Frankfurt am 
Main angestellt. Seine Cellokonzerte (auch für 
Bratsche eingerichtet) erschienen bei Andrd in 
Offenbach. - 2) Karl, * 6. 3. 1794 zu Neuen- 
kirchen bei Mergentheim, f 11. 11. 1873 zu Oslo; 
Sohn des vorigen, Pianist, Dirigent und Kompo- 
nist, ausgebildet in Offenbach bei A. Schmitt, 
Vollweüer und Joh. Ant. Andrd, wirkte ab 1818 
in St. Petersburg, wo er die Sängerin Henriette 
Kisting heiratete, dann in Berlin (1824), Münster 
(1835), ab 1847 in Oslo als Dirigent der Philharmo- 
nischen Gesellschaft, ab 1857 Organist der Drei- 
faltigkeitskirche. Unter seinen Werken finden sich 
Kammermusik- und Klavierkompositionen (Sex- 
tett, Sonaten, Phantasien, Variationen) und eine 
Oper Irene (Berlin 1832). - 3) Karl, * 1824 zu St. 
Petersburg, f 1867, Sohn des vorigen, Schüler von 
Max Bohrer, war Cellist der königlichen Kapelle 
in Stockholm. 

Ausg. : Cello-Konzert F dur v. J. G. A., neu hrsg. v. 
K. Schröder, Lpz. um 1880. 

Arnold, Malcolm, *21. 10. 1921 zu Northamp- 
ton; englischer Komponist und Dirigent, lebt in 
Richmond (Surrey). Nach seiner Ausbildung am 
Londoner Royal College of Music war er 1941-48, 


53 



Arnold 


mit Unterbrechung von 2 Kriegsdienstjahren, 
1. Solotrompeter beim London Philharmonie 
Orchestra* 1948 verbrachte er als »Mendelssohn 
Scholar« ein Studienjahr in Italien. A. ist Vor- 
standsmitglied des Englischen Nationalen Jugend- 
orchesters. Seine vielfach unter eigener Leitung ur- 
aufgeführten Kompositionen zählen seit 1945. Sie 
beginnen mit Orcnestcrstudien, denen bald Ou- 
vertüren und 2 Symphonien sowie eine Reihe von 
Konzerten für FL, Ob., Klar., Hom, ferner für 
2 KL, auch für Handharmonika und für Gitarre 
folgen. Sie entstehen zum Teü in Parallele zu 
Kammermusiken für die gleichen Instrumente. 
Späterhin wendete er sich auch der Komposition 
von Bühnenmusiken zu. Außer einer Szenen- 
musik zu Shakespeares Sturm liegen 2 Opern vor 
(The Dancing Master und The Open Window), an 
Balletten Hommage to the Queen (zur Krönungs- 
feier 1953), Rinaldo and Armida und Solitaire . Kir- 
chenmusik (Psalm 150, Orgelsonaten) und Mu- 
siken für Film, Funk und Television sind die äußer- 
sten Pole im zweckgebundenen Schaffen des viel- 
seitigen Komponisten. 

Lit: D. Mitchell, M.A., in: The Musical Times 
XCVI, 1955. 

Arnold ('arnald), Samuel, * 10.8.1740 und 
+ 22. 10. 1802 zu London, in der Königlichen Vo- 
kalkapelle unter Gates und Nares erzogen, brachte 
bereits 1765 im Covent Garden Theatre eine Oper 
The Maid of the Mill mit Erfolg zur Aufführung. 
Bis 1802 schrieb er noch 61 Bühnenwerke und 
5 Oratorien. 1783 wurde er Organist und Kom- 
ponist der Königlichen Kapelle, 1789 Direktor der 
Academy of Andent Music, 1793 Organist der 
Westminsterabtci ; 1773 erwarb er den Doktorgrad 
in Oxford. Sein vielleicht größtes Verdienst ist die 
Herausgabe der Cathedra! Music, 4 Bände mit 
kirchlichen Werken englischer Komponisten des 
16.-18. Jh. (London 1790), Fortsetzung der von 
W. Boyce und James Kent 1760 bis 1772 begon- 
nenen Sammlung. Seine Ausgabe von Händels 
Werken (1787-97, 36 Bände) ist nicht frei von Feh- 
lem. Er schrieb auch eine Flötenschule ( New In- 
structions for the German Flute , 1787). 

Ausg.: ein Anthem in Harmonia Sacra I, hrsg. v. J. 
Page, London 1800. 

Lit: Händel 

Arnold, Y ourij von, * 13. 11. 1811 zu St. Peters- 
burg, f 20. 7. 1898 zu Karakasch bei Simferopol 
(Krim); russischer Musikschriftsteller und Kom- 
ponist, Schüler von J. Gunke. 1839 wurde seine 
Kantate Swetlana von der P hilhar monischen Ge- 
sellschaft preisgekrönt A. schrieb eine Operette, 
eine große Oper Die letzten Tage von Pompeji sowie 
die Ouvertüren Boris Godunow und Die Nackt vor 
dem Iwan Kupala (Johannisnacht). Ab 1840 war er 
auch als Kritiker tätig, lebte 1863-70 in Leipzig, 
war Mitarbeiter der Neuen Zeitschrift für Musik 
und gab 1867-68 eine Neue allgemeine Zeitschrift 
für Theater und Musik heraus. 1870-94 in Moskau 
Leiter einer eigenen Musikschule, dozierte er 1888 
an der Moskauer Universität Musikgeschichte; 
1889 hielt er in Leipzig Vorträge über russische 
Musik. Von 1894 bis zu seinem Tode wirkte er in St. 
Petersburg als Gesanglehrer. Der größere Teil sei- 
ner Schriften befaßt sich mit Fragen der russischen 
Kirchenmusik; daneben sind besonders zu nennen 


Die alten Kirchenmodi , historisch und akustisch ent- 
wickelt (Leipzig 1878 ); Entwürfe einer rationalen mu- 
sikalischen Grammatik ; Über die Theorie der musika- 
lischen Klänge auf Grundlage akustischer Prinzipien 
und Theorie der Stimmbildung (2 Teile, St. Petersburg 
1898; die 3 letzten Schriften russisch). 3 Bände 
Memoiren erschienen 1892 in Moskau. 

Amoldson, - 1) Sigrid, * 20. 3. 1861 und f 7. 2. 
1943 zu Stockholm; Opemsängerin (hoher So- 
pran), Tochter von Oscar A., Schülerin von 
Desir^e Artot, debütierte 1885 in Prag, sang 1886 
in Moskau und wurde schnell eine europäische Be- 
rühmtheit durch erfolgreiche Gastrollen (Rosine, 
Dinorah, Sonnambula, Mignon, Traviata) an den 
bedeutendsten Bühnen. 1910 wurde sie zum Mit- 
glied der Stockholmer Akademie ernannt. 1922-38 
war sie Gesangspädagogin in Wien. - 2) Carl 
Oscar, * 4. 7. 1830 zu Stockholm, f 8. 7. 1881 zu 
Karlsbad, Vater von S. A., hervorragender lyri- 
scher Tenor der Königlichen Oper in Stockholm 
(1858-81). 

Lit.: F. Hedberg, O. A. (in F. H.s Svenska opera- 
sängare), Stockholm 1885. 

Araould (am'u:l), Madeleine Sophie, * 14. 2. 
1740 und t 18. 10. 1802 zu Paris; französische 
Sopranistin, die erste Iphigenie Glucks (Paris 1774), 
wurde mit Unterstützung der Madame de Pompa- 
dour ausgebüdet, debütierte bereits 1757 unter 
Gossec und sang bis 1778. Sie war bekannt durch 
ihren Witz, der oft bis zu kaustischer Schärfe ging. 
Lit: Mömoires de Mademoiselle S. A., hrsg. v. 
Lamothe-Langon, Paris 1837; E. u. J. de Goncourt, 
S. A. d’apr&s sa correspondance et ses mdmoires 
in6dits, Paris 1857, 21859, Nachdruck 1877; R.B. 
Douglas, S. A., Paris 1898; A. Billy, La vie amou- 
reuse de S. A., Paris 1929; J. Stern, A Fombre de 
S. A., Paris 1930; B. Dussane, S. A., la plus spiri- 
tuelle des bacchantes, Paris 1938. 

Arnulf von St. Gillen, Theoretiker des 15. Jh., ist 
der Verfasser des kurzen Traktats De differentiis et 
generibus cantorum. 

Ausg.: »De differentiis et generibus cantorum« in 
GS III, S. 316-18. 

ArQca, Jesiis, * im Oktober 1877 und f 31, 10. 
1939 zu Algete bei Madrid; spanischer Komponist 
und Musikforscher, studierte Klavier und Kompo- 
sition am Madrider Konservatorium, an dem er 
1933 Theorielehrer wurde. A. schrieb Zarzudas, 
Schauspielmusiken, eine Orchestersuite Arrabalcs 
castellanos sowie Klavierstücke. Wichtig ist seine 
Veröffentlichung des von CL de la Sablonara ge- 
schriebenen -> Cancionero musical y poetico del siglo 
XVII (Madrid 1918). Ferner gab er heraus: Reseha 
historica de la Tonada (Madrid ohne Jahr), eine 
]3eisgielsam mlung zur spanischen Musik seit dem 

Aron, Pietro -*■ Aaron. 

Arrau (arriaü), Claudio, * 6. 2. 1903 zu Chillän 
(Chile); chilenischer Pianist, Schüler von Martin 
Krause am Stemschen Konservatorium in Berlin, 
gewann den Ibachpreis und erregte seit frühen 
Jahren als glänzender Pianist Aufsehen; 1927 ge- 
wann er in Genf den Grand Prix International des 
Pianistes. Er spielt auf Konzertreisen durch die 
ganze Welt und gilt als einer der bedeutendsten 
lebenden Pianisten. 


54 



Artaria 


ar-Räzi-^ Räzi. 

Arregui Garay (arriegi), Vicente, * 3. 7. 1881 
und f 2. 12. 1925 zu Mackid; spanischer Kompo- 
nist, studierte am Konservatorium von Madrid, 
später in Paris und Rom. In seinen letzten Jahren 
war er Musikreferent von El Debate in Madrid. A. 
schrieb mehrere Opern, Orchesterwerke, eine 
Kantate El Lobo Ciego (1916), 3 Singspiele für Kin- 
der, Motetten, eine 3st. Messe mit Org., ein 
Streichquartett und eine Klaviersonate. 

Arr$sti, Giulio Cesare, * 1617 und 1 1692 (oder 
1694) zu Bologna; Organist und 1685 Kapell- 
meister an S. Petronio in Bologna, mehrmals Vor- 
sitzender der Accademia filannonica, geriet mit 
seinem Lehrer M. Cazzati in eine Uteransch-theo- 
retische Fehde (1659 A.: Dialogo fatto tra un maestro 
ed un discepolo desideroso d’apprqfittare nel contrap - 
punto, 1663 Cazzati: Risposta alle Opposition ! . . .). 
Werke: in op. 1 und 2 Messen und Psalmen 
zu 8 und 3 St. (1663), op. 4 XII Triosonaten (1665), 
op. 7 Orgelsätze über Hymnen (ohne Jahr) und 
mehrere Oratorien. A. ist auch Herausgeber des 
Sammelwerks Sonate da Organo di varii autori . 

Arri^ga y Baizola, Juan Crisöstomo Jacobo 
Antonio de, * 27. 1. 1806 zu Bilbao, f 17. 1. 1826 
zu Paris; früh entwickelter, aber schon mit 20 Jah- 
ren gestorbener spanischer Geiger und Komponist, 
Schiller des Pariser Conservatoire (Baillot und 
F&is) 1821-24. Von seinen Kompositionen (darun- 
ter 2 Opern, eine Symphonie, eine Ouvertüre, 
eine Messe, ein Stabat Mater, Kantaten, Roman- 
zen) wurden nur 3 Streichquartette (1824) zu sei- 
nen Lebzeiten gedruckt Die Hauptstadt von Bis- 
caya, BÜbao, benannte ihr größtes Theater nach 
ihm. 

Lit.: C. de Roda, in: Revista musical de Bilbao, 1909 
(untersucht die Streichquartette); Vorwort v. J. 
Subirä zu Los esclavos felices, Opera de J. C. 
Arriaga . . ., Bilbao 1935; C. A. Figuerido, El arte 
y mente musico, J. C. A., Bilbao 1948. 

Arri$ta y Corera, Pascual Juan Emilio , * 21. 10. 
1823 zu Puente la Reina (Navarra), f 11. 2. 1894 
zu Madrid; spanischer Komponist 1839-46 Schü- 
ler des Konservatoriums in Mailand, wo er sich als 
Juan Arrieta mit seiner Oper Ildegonda verabschie- 
dete, brachte nach seiner Rückkehr nach Madrid 
zunächst diese Oper und bald eine zweite, La 
Conquista de Granada, zur Aufführung, schrieb 
aber in der Folge nur noch (über 50) Zarzuelas 
(darunter Marina, La guerra santa , El grumete, Lla- 
mada y tropa) und mehrere Kantaten. 1857 wurde 
er als Kompositionslehrer am Madrider Konser- 
vatorium angestellt 1868 Direktor der Anstalt. 
Lit.: J. Subirä, El Teatro del Real Palado, Madrid 
1950. 

Arrieu (ag'o), Claude, * 30. 11. 1903 zu Paris; 
französische Komponistin, am Pariser Conserva- 
toire Schülerin von Caussade, N. Gallon, P. Dukas, 
Roger-Ducasse. 1932 schloß sie ihre Studien ab 
und wurde mit dem 1. Preis der Kompositions- 
klasse Dukas ausgezeichnet. Sie schrieb : die Opern 
Noi (1934), Cadet-Roussel (1948), Les deux rendez - 
vous (1950), La princesse de Babylone (1955) ; eine 
musikalische Komödie Les gueux au paradis; Büh- 
nenmusiken (La force enfantine de la tite du dragon 
-1946, Les amours de Belise et de Don Perlimplin, 


Lorca, 1947,); Filmmusiken; mehrere Musiken für 
den Rundfunk (La coquille ä planstes, Cantate des 
sept pohnes d 9 amour en guerre, Comidies italiennes, 
Candide , L’dne culotti, Histoires de Paris); Orchester- 
werke; Konzert für 2 KL (1934), Flötenkonzert 
(1946), 2 Violinkonzerte (1939, 1949); Kammer- 
musik (Bläsertrio, Violinsonate, Hötensonate), 
Klavierstücke und Lieder. 

Arrigpni, Carlo, * 5. 12. 1697 und 1 19. 8. 1744 
zu Florenz; er war Klammerkomponist des Groß- 
herzogs von Toscana, gab 1732 in London 10 Can- 
tate da camera mit B.c. heraus, auch ohne Jahr 
6 weitere Kantaten mit Instrumenten, und diii- 

§ ‘erte mit Gius. Sammartini 1732/33 die Londoner 
onnerstagskonzerte in Hickfords Hall. Er schrieb 
2 Opern Fernando (London 1734), Sirbace (Florenz 
1739) und 3 Oratorien. 

Arrigpni, Giovanni Giacomo, 1637 Organist 
der Wiener Hofkapelle, einer der ersten, wenn 
nicht der erste Komponist von vokalen Kammer- 
konzerten (< Concerti ai camera 2-9 v., Venedig 1635, 
darin auch 4 2-9st. Sonaten); sein op. 9 sind 3st. 
Psalmen mit Instrumenten und ein 5st. Magnificat 
mit 2 V. und B.c. (1663). 1657 schrieb er für Wien 
die 3aktige Oper Gli amori d'Alessandro Magno 
e di Rossane . 9 Motetten sind in Sammelwerken 
erhalten. 

Arro, Elmar, * 2. 7. 1898 zu Riga; estnischer 
Musikforscher, studierte an den Universitäten 
Berlin und Wien und promovierte 1928 mit einer 
Arbeit Über das Musikleben in Estland im 19. Jahr- 
hundert. A. wurde 1933 Mitglied der deutschen 
Luther-Akademie in Dorpat und des Herder-In- 
stituts in Riga. Veröffentlichungen: Zum Problem 
der Kännel (in: Sitzungsberichte der Gelehrten Est- 
nischen Gesellschaft 1§29), Die Dorpater Stadt-Mu- 
sici 1587-1809 (ebenda 1931), Geschichte der est- 
nischen Musik I (Dorpat 1933), F. David und das 
Liphart-Quartett in Dorpat (in: Balt. Rev. 1935), 
Das estnische Musikschaffen der Gegenwart (in: Balt. 
Rev. 1935), Baltische Choralbücher und ihre Verfasser 
(AMI m, 1931). 

Arrflyo» Joäo Marccllino, * 1861 zu Oporto, 1 18. 
5. 1930 zu Lissabon; portugiesischer Komponist, 
1885 Professor der Rechtswissenschaft "an der Uni- 
verrität^Coimbra, 1890 Unterrichtsminister^später 
Minister des Auswärtigen Amtes, studierte Klavier 
und Komposition in Oporto. Oberaus erfolgreich 
war seine stark unter Wagners Einfluß stehende 
Oper Amor de perdifäo (Lissabon 1907, deutsch in 
Hamb urg 1909 als Liebe und Verderben). Bekannt 
wurden weiterhin die Oper Leonor Tellez , 4 sym- 
phonische Orchestersuiten, Klavierwerke und Lie- 
der. 

Artar}a, Kunst- und Musikalienhandlung zu 
Wien. Um 1750 wandert en die drei Brüder Ce- 
sare, Domenico und Giovanni A. aus Blevio am 
Corner See aus und trieben den Kunsthandel als 
reisende Kaufleute. 1765 gründete Giovanni A. 
mit seinen Neffen Carlo (Sohn des Cesare) und 
Francesco (Sohn des Domenico) die Firma Giov. 
Artaria et Comp, in Mainz. Die beiden Neffen traten 
1766 aus und wandten sich als Cuggini Artaria nach 
Wien, wo sie 1769 die Kunsthandlung Artaria & 
Comp., zum König v. Dänemark unter den Tuch- 


55 



Arteaga 


lauben in Wien mit k. k. Privileg eröfiheten (ab 
1775 am Michaelerplatz). 1774 wurde die Mainzer 
mit der Wiener Firma vereinigt als Artaria & 
Comp, Wien und Mainz und 1774 in Wien ein 
eigener Musikverlag eingerichtet. 1793 übernahm 
Dominik A. (Sohn des Giovanni) die Mainzer 
Handlung, verlegte sie nach Mannheim (1819 mit 
der Buchhandlung Math. Fontaine als Artaria & 
Fontaine vereinigt, als Sortiment bis 1853, als Ver- 
lagsbuchhandlung bis 1867). 1793 traten in die 
Wiener Firma Tranquillo Mollo und Giovanni 
Cappi ein. Tranquillo Mollo trat 1796 aus (1798 
als Tranquillo Molto &Comp. am Hof). 1801 trenn- 
ten sich die drei Kompagnons der Firma Artaria & 
Comp.; Carlo A. behielt die alte Firma am Kohl- 
markt, Domenico assoziierte sich mit Tr. Mollo, 
Giovanni Cappi eröffnete 1802 eine Kunsthand- 
lung am Michaelerplatz. 1802 kauften Domenico 
A. und Tr. Mollo das Geschäft Artaria & Comp . 
1804 trat Mollo aus, und Domenico A. führte allein 
die Firma Artaria & Comp., nahm 1805 Pietro 
Cappi (Neffe des Giov. Cappi) ab Teilhaber auf 
und 1807 auch Carl Boldnni. 1816 trat Pietro 
Cappi aus (selbständig als Peter Cappi). 1824 trat 
auch Carl Boldzini aus. 1833 wurde August A. 
(Sohn des Domenico) Teilhaber. 5. 7. 1842 starb 
Domenico A., und August A. wurde Alleinbe- 
sitzer. 1881 traten Carl August A. und 1890 Do- 
minik A., die Söhne des August A., in die Firma 
ein. 14. 12. 1893 starb August A.; seine Söhne C. 
August (f 1919) und Dominik A. wurden Be- 
sitzer der Firma, die noch bis 1932 weitergeführt 
wurde. - Mathias A. (Sohn des Dominik A. aus 
Mannheim) übernahm 1818 die Daniel Spren- 
gersche (früher Maische) Kunsthandlung ab 

D. Sprenger , 1822 ab Mathias Artaria. Nach seinem 
Tode 1835 wurde die Firma in M. Artarias seel. 
Wittwe , dann in M. Artarias Wittwe & Comp., 
Math. Artarias Wittwe et Asperl, endlich 1853 in 
Peter Asperl geändert, welche später in der Firma 
Trenschensky aufging. - Besondere Bedeutung 
erlangte der Wiener Verlag durch die Original- 
Ausgaben von über 300 Werken Haydns, haupt- 
sächlich zwischen 1780 und 1800, und Mozartscher 
Werke seit 1781. Werke von Beethoven wurden 
seit 1793 verlegt, in der Spätzeit (op. 131, 133, 
134) aber von Mathias A., der auch Originalaus- 
gaben Schubertscher Werke veröffentlichte. 

Lit: G. Adler, Verz. d. Musikal. Autographen v. 
Ludwig van Beethoven ... im Besitze v. A. in Wien, 
Wien 1890; F. Artaria und H. Botstiber, J. Haydn 
u. d. Verlagshaus A., Wien 1909; O. E. Deutsch u. 
C. B. Oldman, Mozart-Drucke, Zf Mw XIV, 1931/32; 
A. Orel, Beethoven u. seine Verleger, in: Wiener 
Beethovenbuch, Wien 1921 ; A. Weinmann, Vollstän- 
diges Verlagsverz. Artaria & Comp., Beiträge zur 
Gesch. d. Alt- Wiener Musikverlages, Reihe 2, Folge 2, 
Wien 1952; ders., Wiener Musikverleger, — Sb. Wien 
CCXXX, 4, 1956. 

Arteaga, Esteban (Stefano) de, * 26. 12. 1747 zu 
Moraleja (Provinz Segovia), + 30. 10. 1799 zu 
Paris; spanischer Gelehrter, trat 1763 dem Jesuiten- 
orden bei und wurde bei dessen Unterdrückung 
nach Korsika verbannt, verheiß aber 1769 den Or- 
den und lebte mehrere Jahre in Bologna in enge- 
rem Verkehr mit Padre Martini, der ihn zur Ab- 
fassung seiner berühmten Geschichte der Oper in 
Italien veranlaßte. A. lebte dann in Rom und f olgte 
schließlich dem spanischen Gesandten Azara 


Paris. Sein bekanntes Hauptwerk führt den Tite 
Le Rivoluzioni del Teatro Musicale Italiano (2 Bände, 
Bologna 1783-85, in 3 Bänden Venedig 21785, 
Band II und III mit Zusätzen Bologna 1785-88; 
deutsch von Forkel, 2 Bände, Leipzig 1789; ein 
kurzer französischer Auszug von Rouvron, Lon- 
don 1802). Sowohl in diesem Werk wie in den 
Investigaciones filosöficas sobre la belleza ideal . . . 
(Madrid 1789) tritt er wie sein Landsmann Andrds 
für die enge Vereinigung von Poesie und Musik 
im m usikalis chen Drama ein. Ein Werk über an- 
tike Rhythmik, Del ritmo sonoro e del ritmo muto, 
blieb zu seinen Lebzeiten unveröffentlicht. 

Ausg. : Ideario est6tico, hrsg. v. M. Batllori SJ, Rev. 
de ideas estöticas I, 1941 ; La belleza ideal, hrsg. v. 
dems., Cläsicos Castelianos CXXII, Madrid 1943; 

E. de A., I. Lettere musicofilologiche, II. Del ritmo . . ., 
hrsg. v. dems., Madrid 1944; Itinerario biogr., hrsg. 
v. dems., Analecta Tarraconensia XIII, 1940. 

Lit. : J. M. Esperanza y Sola in Discursos leidos ante 
la Real Acad. de Bellas Artes, Madrid 1891 (vgl. auch 

F. Pedrell, Diccionario biogr.-bibliogr. de Müsicos 
Espaftoles, Barcelona 1897); M. MenSndez y Pelayo, 
Hist, de las ideas estäticas VI, Madrid 1904; J. E. de 
Uriarte u. M. Lecina SJ, Bibi, de escritores de la 
Compaüia de Jesüs ... de Espaüa I, 1, Madrid 1925; 
M. Batllori SJ, Ideario filosöfico y estätico de A., 
in: Span. Forschungen d. Görres-Ges. I, 7, 1938; 
ders., Los manuscritos de E. de A., Analecta Tarra- 
conensia XIV, 1941; R. allorto. St. A. e »Le 
rivoluzioni . . .«, RMI LII 1950. 

Arthppius, Balthasar (Artocopius), f vor 
1535; deutscher Komponist, vermutlich Schüler 
von A. Schlick. Von ihm sind handschriftlich und 
in Sammelwerken 5 lateinische Psalmen, 2 latei- 
nische Motetten und 4 deutsche Lieder erhalten. 
Wahrscheinlich war Johann Heugel sein Schüler. 
Ausg. : ein Lied, hrsg. v. R. Eitner in Mf M XXVI, 
1894; ein Lied in Egenolfs Gassenhawerlin, Faks. 
hrsg. v. H. J. Moser, Augsburg u. Köln 1927; dass., 
hrsg. v. Fr. Jöde in Chorbuch IV, Wolfenbüttel-Bln. 
Lit.: W. Nagel, J. Heugel, SIMG VII, 1905/06; G. 
Pietzsch in AfMw XIV, 1957. 

Arthur ('a :0a), Alfred, * 8. 10. 1844 zu Pitts- 
burgh (Pennsylvania), f 20. 11. 1918 zu Lakewood 
(Omo) ; Schüler von J. Eichberg in Boston, ab 1871 
in Cleveland als Gesanglehrer, Vereinsdirigent und 
Direktor einer Musikschule tätig, brachte 1876-79 
3 Opern zur Aufführung, schrieb auch Kirchen- 
musik, Lieder und Klavierstücke und verfaßte 
mehrere Gesangsunterrichtswerke. 

Artöt (art/o:), - 1) Alexandre Joseph Mon- 
tagney A., * 25. 1. 1815 zu Brüssel, f 20- 7. 1845 
zu Ville d’Avray (Paris); französischer Violinist, 
studierte zuerst in Brüssel, 1824-31 bei R. und 
A. Kreutzer am Pariser Conservatoire, unternahm 
ausgedehnte Konzertreisen als Violinvirtuose durch 
Europa und Amerika (1843). A. veröffentlichte 
zahlreiche Violinwerke, darunter ein Konzert 
A moll, Phantasien und Variationen; Streichquar- 
tette, ein Klavierquintett und anderes blieben Ma- 
nuskript. - 2) Jean Ddsirö M. A., * 23. 9. 1803 zu 
Paris, f 25. 3. 1887 zu St. Josse ten Noode, Bruder 
des vorigen, als Hornist Schüler seines Vaters, 1843 
Professor am Brüsseler Konservatorium, 1849 
1. Hornist in der Privatkapellc des Königs von 
Belgien. Er veröffentlichte eine Anzahl Kompo- 
sitionen für Hom: Phantasien, Etüden, Quartette 
für 4 chromatische Hörner oder Comets h pistons. 


56 



Ashton 


- 3) Maurice Montagney, genannt A., * 3. 2. 
1772 zu Gray (Haute-Saone), f 8. 1. 1829, Vater 
der obigen, wirkte in Brüssel als Hornist, Geiger 
und Gesanglehrer. 

Artöt (art'o:), - 1) Marguerite Jos^phine D£si- 
rde Montagney, * 21. 7. 1835 zu Paris, t 3. 4. 
1907 zu Wien, Tochter von D&ire A.; drama- 
tischer Mezzosopran, Schülerin der Viardot-Gar- 
cia 1855-57, trat zuerst 1857 in Konzerten zu Brüs- 
sel auf und wurde auf Empfehlung Meyerbeers 
1858 an der Großen Oper zu Paris engagiert; nach 
mehreren Gastreisen vervollkommnete sie ihre 
Stimme noch in Italien. Ihre Triumphe erreichten 
den Höhepunkt, als sie um 1859 mit der Lorini- 
schen italienischen Opemgesellschaft in Berlin auf- 
trat; sie sang 1866 in Rußland, neben anderen 
Städten auch in London und Kopenhagen. Ende 
1868 war sie mit P. Tschaikowsky verlobt, heira- 
tete aber 1869 den spanischen Bariton Mariano de 
Padilla y Ramos. Ab 1884 lebte sie in Berlin, ab 
1889 in Paris. - 2) Lola A. de Padilla, * 5. 10. 
1886 zu Sfcvres bei Paris, f 12. 4. 1933 zu Berlin, 
Tochter und Schülerin der vorigen, debütierte 
1904 an der Opera Comique in Paris, gehörte 1905 
bis 1908 der Komischen Oper und, nach einjäh- 
rigen Gastspielreisen, 1909-27 der Oper in Berlin 
an. 

Artsyb^ischew, Nikolaj Wassüjewitsch, * 7. 3. 
1858 zu Zarskoje Selo, f 13. 4. 1937 zu Paris; 
russischer Komponist, studierte erst Jura, dann 
Komposition bei Solowjew und Rimskij-Korsa- 
kow, Nachfolger des letzteren als Präsident des 
Ausschusses zur Förderung russischer Kompo- 
nisten, ab 1920 in Paris als Geschäftsleiter des 
Verlags Beljajew. Er hat Klavierübertragungen von 
Werken Rimskij-Korsakows, Mussorgskijs, Boro- 
dins gemacht und Romanzen und Klavierstücke von 
gefälliger, aber eklektischer Melodik komponiert. 

Art^isi, Giovanni Maria, * um 1540, f 18. 8. 
1613 zu Bologna; italienischer Musiktheoretiker, 
ab Februar 1562 ordinierter Kanonikus der Con- 
gregazione del Salvatore in Bologna, gab heraus: 
VArte dcl contrapunto (1586-89, 2 Teile; 2 1598), 
UArtusi overo delle imperfettioni della tnodema musica 
(1600-03, 2 Teile) sowie einige kleinere (Streit-) 
Schriften und ein Buch 4st. Kanzonetten (1598). A. 
war ein vortrefflich geschulter Kontrapunktiken 
stellte sich aber reaktionär gegen die Neuerungen 
eines Monteverdi oder gar Gesualdo di Venosa, ja 
selbst eines N, Vicentino, Cipriano de Rore oder 
A. Gabrieli. 

Ausg.: »Discorso secondo musicale di Antonio 
Braccino da Todi«, Venedig 1608, Faks.-Ausg. Mai- 
land 1932. 

Lit.: G. Gaspari, Dei Musicisti Bolognesi al 16 s., 
in: Atti e Memorie..., Bologna 1876; E. Vogel, 
Vf Mw III, 1887, S. 325-29; L. Schrade, Monteverdi, 
NY (1950). 

Artz, Carl Maria, * 10. 6. 1887 zu Düsseldorf; 
deutscher Komponist, Schüler zuerst des Düssel- 
dorfer Konservatoriums (Buths und Neitzd), dann 
F.Dracsckes in Dresden (Komposition) undjf. Pem- 
baurs in Leipzig (Klavier) ; 1913-21 Konzerte mit 
dem Berliner Philharmonischen Orchester, seit 
1919 Dirigententätigkeit in Stavanger, Malta, 
Wien, Düsseldorf, Meiningen und Weimar, jetzt 


in West-Berlin ansässig. Er schrieb: Lieder, Kla- 
vierstücke, ein Streichquartett, eine symphonische 
Dichtung op. 26 (Am toten Maar), heitere Variatio- 
nen für Dreh., eine Oper und Kirchenmusik. 

Aschenbrenner, Christian Heinrich, * 29 . 12. 
1654 zu Altstettin, f 13. 12. 1732 zu Jena; deutscher 
Violinist, Schüler seines Vaters (herzoglicher Ka- 
pellmeister in Wolfenbüttel, später Ratsmusikus 
in Altstettin), Theiles in Merseburg und Schmel- 
zers in Wien, war 1. Violinist in Zeitz (1677—81), 
Meneburg (1683-90), herzoglicher Musikdirektor 
in Zeitz (1695-1713), herzoglicher Kapellmeister 
in Merseburg (1713-19) und lebte zuletzt in Jena. 
Er gab heraus: Gast - und Hochzeitsfreude, bestehend 
in Sonaten , Präludien, Allemanden, Couranten, Bal- 
letten, Arien, Sarabanden mit 3, 4 und 5 Stimmen , 
nebst dem Basso continuo (1673). 

Ascher, Leo, * 17. 8. 1880 zu Wien, f 25. 2. 1942 
zu New York; österreichicher Jurist und Kompo- 
nist, Schüler von R. Fuchs und Fr. Schmidt, 
schrieb insgesamt 32 Operetten, von denen Hoheit 
tanzt Walzer (Wien 1912, Neufassung als Hoch- 
zeitswalzer Zürich 1937) lebhaften Anklang fand. 

Ashdown ('asjdaun), Edwin, Ltd., englischer Mu- 
sikverlag. Christian Rudolph Wessel (* 1797 zu 
Bremen, + 15. 3. 1885 zu Eastboume), der 1825 
nach London kam, gründete 1826 mit einem Mu- 
sikliebhaber Stodart einen Musikverlag zur Ver- 
öffentlichung in England unbekannter auslän- 
discher Werke (z. B. von Chopin und Heller). 
Nach dem Austritt Stodarts 1838 war 1839-45 
Stapleton Partner. Anschließend führte bis 1860 
Wessel das Geschäft allein als Inhaber weiter; 
dann erwarben es Edwin Ashdown und Henry 
J. Parry. Besonders erfolgreich wurde die Ver- 
öffentHchung der Klavierstücke von Sydney Smith 
und B. Richards. Nach Parrys Rücktritt 1882 wid- 
mete sich Edwin A. der Ausgabe klassischer 
Werke, wobei er sich die Dienste von W. Mac- 
farren und St. Bennert als Herausgeber sicherte. 
Die Firma, die heute von F. S. Ashdown geleitet 
wird, führt in großem Umfang pädagogische 
Werke. 

Ashton ('aejton), Algernon Bennet Langton, *9. 
12. 1859 zu Durham (England), f 10. 4. 1937 zu 
London; englischer Komponist, Sohn eines Dom- 
sängers, kam 1863 nach Leipzig (1875-79 Schüler 
des Konservatoriums) und Frankfurt am Main 
(1880-81 bei Raff), ließ sich dann in London nie- 
der, wo er 1885-1910 Lehrer des Klavierspiels am 
Royal College of Music war und ab 1913 in glei- 
cher Stellung am London College of Music und 
Trinity College of Music wirkte. Er zog, als einer 
der englischen Komponisten Schumann-Brahms- 
scher Richtung, besonders auf dem Gebiete der 
Kammermusik mit Klavier die Aufmerksamkeit 
auf sich. Unter der großen Zahl seiner Komposi- 
tionen finden sich Kammermusikwerke mit und 
ohne Kl., Klavier- und Orchesterwerke und über 
200 Lieder. Er gab 2 Bände kleiner Essays in Brief- 
form für Zeitschriften heraus als Truth, Wit and 
Wisdom (London 1905 und 1908). 

Ashton ('aefton), Frederick, * 17. 9. 1906 in 
Ecuador; englischer Tänzer und Choreograph, 
Schüler von Massin, wirkte dann im Ballett von 


57 



Ashton 


Ida Rubinstein, in M. Ramberts Ballet Club, in der 
Camargo Society und ist seit 1935 eines der be- 
deutendsten Mitglieder des Sadler’s Wells-Balletts. 
Als Choreograph trat A. etwa seit 1930 (Capriol 
Suite) in den Vordergrund und erlangte in der 
Folge mit weiteren bedeutenden Schöpfungen 
(Fagade, Valentine^ Eve, Scknes de ballet , The 
Wanderer , Variations symphoniques , The Quest, Les 
sirlnes) internationalen Ruf. 

Ashton ('aejten), Hugh (Aston, Austen, Aystoun), 
f im Dezember 1522 zu York; englischer Kompo- 
nist, 1505 in Cambridge Magister artium, Kompo- 
nist der ältesten erhaltenen Virginalstücke Horn - 
pipe und - zweifelhaft ob von ihm - Lady Carey’s 
Dompe; auch einige kirchliche Tonsatze von A. y e 
eine 5st. und 6st. Messe, ein Te Deum 5 v. und 
6 Motetten) sind erhalten. 

Ausg.: »Horapipe« u. »Lady Carey’s Dompe« in 
S. Smiths Musica antiqua; d. beiden Messen, d. Te 
Deum u. 4 Motetten (davon 3 unvollständig) in Tudor 
Church MusicX, 1929; ein Stück bei W. Apel, Musik 
aus früher Zeit f. KL, Mainz u. Lpz. (1934). 

Lit: J. Pulver, A Biogr. Dict. of Old Engl Music, 
London 1927; W. H. Grattan Flood, Early Tudor 
Composers, London 1925. 

Ashwell ('aejwd), Thomas; englischer Kompo- 
nist vom Ende des 15. und der ersten Hälfte des 
16. Jh. (bereits 1530 in Wynkyn de Worde’s Song- 
Book vertreten), von welchem handschriftlich die 
6st. Messen Ihesu Christe und Ave Maria in Oxford, 
Teile zweier Messen, eines Stabat Mater und zweier 
Motetten erhalten sind. 

Lit.: W. H. Grattan Flood, Early Tudor Compo- 
sers, London 1925. 

Asi 9 li 9 Bonifazio, *30. 8. 1769 und f 18. 5. 1832 
zu Correggio, entwickelte sich sehr früh zum 
Komponisten, studierte noch unter Morigi in 
Parma und wurde Kapellmeister in Correggio. 
1787-96 lebte er in Turin, begleitete dann die Mar- 
chesa Gherardini nach Venedig und ließ sich 1799 
in Mailand nieder. 1801 ernannte ihn der Vize- 
könig von Italien zum Kapellmeister und 1808 
zum Censor (Studiendirektor) des neugegründeten 
Konservatoriums. 1813 zog er sich in seine 
Vaterstadt zurück. A. hat il a. Messen, Mo- 
tetten, Klantaten, Quintette, Duette und Noktur- 
nen für Singstimmen, Sonaten für Cemb. und 
Pianoforte, Capricci, 7 Opern, ein Oratorium 
(Jakob) sowie eine Anzahl bedeutender pädago- 
gischer und theoretischer Wake geschrieben, aar- 
unter Principj elementatj di musica (1809; mehrfach 
aufgelegt, auch französisch 1819, portugiesisch 
1831, deutsch 1823, holländisch 1826); UaUievo al 
cembalo (1819); Primi elementi per il conto (1809); 
Elementiper il contrabasso (1823); Trattato d 9 armonia 
e d*accompagnamento (1813); Dialoghi sul trattato 
di armonia (1814); Osservazioni sul temperamento 
proprio degli stromenti stabili . . . (1816) und Dis- 
tnganno sulle osservazioni; H maestro di composizione 
(anschließend an die Generalbaßschule, 1832). 

Lit.: A. Cou, Vita di B. A., Mailand 1834; D. S. 
Ancarani, Sopra alcune parole di Carlo Botta 
intorao al metodo musicale di B. A., 1836; A. 
Amadei, Intorao allo stüe della moderaa musica da 
chiesa, (Bologna) 1841, vorher im Gioraale ecclesia- 
stico di Bologna I, H. 5. 

Asken^se, Stefan, * 10. 7. 1896 zu Lemberg; 
belgischer Pianist polnischer Herkunft, in Wien 


Schüler von E. Sauer, wirkte 1922-25 am Konser- 
vatorium in Kairo, ließ sich dann in Brüssel nieder 
und nahm 1951 die belgische Staatsangehörigkeit 
an. A., der besonders als Chopin-Interpret ge- 
schätzt wird, konzertierte in den meisten euro- 
päischen Ländern und im Orient. 

Asola 9 Giovanni Matteo (Asula), * zu Verona, 
t 1. 10. 1609 zu Venedig; italienischer Kirchen- 
komponist, 1578 Kapellmeister in Treviso, 1581 
in Vicenza. Außer einer großen Anzahl von 4-8st. 
Messen, Motetten, Psalmen, Hymnen, Kompleto- 
rien, Lauden und anderer Kirchenmusik sind 
2 Bücher 3st. (Le vergini , 1571) und je ein Buch 2st. 
(1584) und 6st. (1605) Madrigale erhalten. 

Ausg. : Missa octavi toni, hrsg. v. J. Schrems, Re- 
gensburg o. J. ; Missa pro defunctis, in Musica Divina 
I, 1 ; 4st Kyrie, hrsg. v. A. Neithardt, Musica sacra 
XII; eine 4st. Motette in: Fr. G. Paolucci, Arte 
pratica di contrappunto I, Venedig 1765; dies., in 
Musica Divina I, 2; ein 4st. Pange lingua in: O. di 
Lasso, Messe »or-sus a coup«, hrsg. v. J. G. Ferren- 
berg, Köln-Bonn-Brüssel 1851; eine 6st. Motette, 
hrsg. v. Fr. Commer in Musica sacra XXVII; Passio 
in die Parasceves, hrsg. v. A. Schmitz in MMD I; 
8 Orgelstücke, hrsg. v. Fr. Riegel, in: Praxis Or- 
ganoedi I, Brixen 1869. 

Lit. : Fr. Caffi, Della vita e delle opere die Giam- 
mateo A., Padua 1862. 

Aspelmayr» Franz, * 1728, f 29. 7. 1786 zu 
Wien; Hofmusiker und Ballettkomponist der ita- 
lienischen Oper in Wien, brachte eine Anzahl 
Singspiele (Die Kinder der Natur 1780, Der Sturm 
1782) und Ballett-Divertissements zur Aufführung, 
komponierte Rousseaus Pygmalion neu (1772), ist 
aber wichtiger als einer der ersten Wiener Kom- 
ponisten, welche den neuen Stil auf dem Gebiete 
der Orchester- und Kammermusik pflegten. Im 
Druck erschienen (Paris 1765) 6 Serenate op. 1, 
6 Quatuors concertants (2 V., Va, Vc.) op. 2, 6 Trios 
op. 5 (2 V., Vc. und B.c.) und 6 Quatuors op. 6 
(2 V., Va, Vc.). 

Ausg.: Trio op. 5 Nr 1 u. Quartett op. 2 Nr 2 in 
Rebmann Coli. mus. Nr 39 u. 40; Trio op. 1 Nr 4, 
hrsg. v. E. Schenk, Wien 1954. 

Aspestrand» Sigwardt, * 13. 11. 1856 zuFred- 
rikshald, f 31. 12. 1941 zu Oslo; norwegischer 
Komponist, ab 1881 Schüler des Leipziger Kon- 
servatoriums, später der Berliner Hochschule 
(Joachim). Eine Verletzung an der Hand zwang 
ihn, das Geigenspiel aufzugeben, worauf er Kom- 
position studierte; 1881-1910 lebte er in Deutsch- 
land; er komponierte 8 Opern im Stil von Marsch- 
ner, davon 7 auf eigenen Text, und schrieb auch 

Kamm ftr mnCTlf. 

Ass^fjew, Boris Wladimir o witsch (Pseud- 
onym: Igor Glebow), *17. (nach neuem Stil 29.) 
7. 1884 zu St. Petersburg, f 27. 1. 1949 zu Moskau; 
russischer Musikforscher und Komponist, begann 
1904 auf Anraten Stassows und N. A. Rimskij- 
Korsakows am Petersburger Konservatorium bei 
Ljadow Komposition zu studieren, hörte ab 1908 
auch Geschichte an der Universität und wurde 
1910 Ballett-Korrepetitor, schrieb auch Ballette 
und Schauspielmusiken. Nach der Revolution 
übernahm er 1921 die Leitung der Musikabteilung 
des reorganisierten Staatlichen Instituts für Kunst- 
geschichte und gründete 1925 die Musikwissen- 


58 



Athenaios 


schaftliche Fakultät des Leningrader Konservato- 
riums. In seinen methodologischen Arbeiten dieser 
Jahre schuf A. den neuen Begriff »Intonation«, der 
die Gesamtheit der charakteristischen Verku&or- 
men eines bestimmten Stils umfaßt, als Grund- 
begriff einer Betrachtungsweise, die alle musika- 
lischen Erscheinungen nicht statisch, sondern in 
ihrer fortwährenden Veränderung untersucht; als 
grundlegende Schrift hierzu erschien Musykalnaja 
forma kak prozess (»Die musikalische Form als 
Prozeß«, 2 Bände, II: Die Intonation, Moskau und 
Leningrad 1930-47). Am Wirken der 1926 ge- 
gründeten Leningrader Assoziation für zeitgenös- 
sische Musik nahm A. regen Anteil; aus deren Be- 
schäftigung mit der modernen Musik Westeuro- 
pas entstand das erste russische Strawinsky-Buch 
(Leningrad 1929). In den folgenden Jahren wandte 
sich A. wieder mehr der Komposition zu; von 
seinen insgesamt 27 Balletten, 10 Opern, 3 Sym- 
phonien, 2 Kantaten und zahlreichen Liedern wur- 
den am bekanntesten die Ballette: Plamja Parischa 
(»Die Flamme von Paris«, 1932); Bacntschissaraj - 
skij fontan (»Die Fontäne von Bachtschissaraj «, 
nach Puschkin, 1934); Kawkasskij plennik (»Der 
Gefangene aus dem Kaukasus«, nach Puschkin, 
1938). 1943 siedelte er als einer der Leiter des In- 
stituts für Kunstgeschichte der Sowjetischen Aka- 
demie der Wissenschaften nach Moskau über und 
setzte sich in zahlreichen Artikeln für die Begrün- 
dung des sogenannten »sozialistischen Realismus« 
in der Musik ein. Bedeutender sind seine histo- 
rischen Arbeiten: P. I. Tschaikowsky (Petrograd 
1922); Instrumentalnoje twortschestwo Tschaikows- 
kowo (»Das Instrumentalschaffen Tschaikowskys«, 
Petrograd 1922) ; Simfonitscheskije etjudi ( »Sympho- 
nische Etüden«, gesammelte Aufsätze, Petrograd 
1922) ; Russkaia poesija w russkoj musyke ( »Russische 
Dichtung in der russischen Musik«, Bibliographie, 
Petrograd 1922) ; A. Gr. Rubinstein (Moskau 1929) ; 
Russkaja musyka ot natschala 19 stoletija ( »Die rus- 
ische Musik seit Beginn des 19. Jh.« Leningrad 
1930, englisch von A. J. Swan, Arm Arbor 1953); 
Jewgenij Onegin ( »Eugen Onegin«, Moskau 1944) ; 
N. A. Rimskij-Korsakow (Moskau 1944); S. W 
Rachmaninow (Moskau 1945); Glinka (Moskau 
1947). 

Ausg.: Isbrannyje trudy (»Gesammelte Werke«), 
3 Bde, Moskau 1952-54. 

Lit: S. Ginsburg, Die mw. Arbeit in Leningrad, 
BUM V, 1, 1925; W. Bogdanow-Beresowsku, B. 
Wl. A., Moskau-Leningrad 1937; M. Montagu- 
Nathan, The Strange Case of Professor A., ML 
XXXVIII, 1957. 

as-Sarahsi Sarahs!. 

Aßmayer, Ignaz, ♦ 11. 2. 1790 zu Salzburg, f 31. 
8. 1862 zu Wien; Schüler von M. Haydn, 1808 
Organist der Peterskirche in Salzburg, wandte sich 
1815 nach Wien, wo er bei Eybler sich weiter fort- 
bildete, 1824 Kapellmeister am Schottenstift, 1825 
Hoforganist, 1838 überzähliger Vizehofkapellmei- 
ster und 1846 Weigls Nachfolger als 2. Hofkapell- 
meister. Von seinen vielen Kirchenkompositionen, 
darunter 15 Messen, erschienen nur eine Messe, 
einige Gradualien und Offertorien, die Oratorien 
Sauls Tod und Saul und David sowie eine Sym- 
phonie B dur im Druck. A. war mit Schubert be- 
freundet. 


Associated Music Publishers, Ine. (AMP). Als 
Agentur europäischer Musikverlage (Bote & 
Bock, Breitkopf & Härtel, Max Eschig, Leuckart, 
Schott Mainz, Schott London, Universal Edition 
u. a.) gegründet 1927 von Paul und Ruth Heinicke. 
Eine wesentliche Rolle spielt bei dem Unterneh- 
men die Verwertung der USA-Aufführungs- 
(bzw. der Radio-) Rechte. Die Gesellschaft ent- 
wickelte sich zu einem bedeutenden Unternehmen 
nach mehrfachem Besitzwechsel und steht heute 
einem großen Radio-Konzern nahe. Es hat auch 
einen. nicht unbeträchtlichen eigenen Katalog mit 
vorwiegend USA-Musik aufgebaut. Derzeitiger 
Leiter Charles A. Wall, früher Merritt E. Tomp- 
kins. 

Astarjtta Gennaro, * um 1749 zu Neapd; ita- 
lienischer Komponist, schrieb 1765-93 36 Opern: 
18 für Venedig, die übrigen für Neapel, Turin, 
Rom, Livorno, Reggio ndTEmilia, Ferrara, Preß- 
burg und St. Petersburg, die erste L’orfana insidiata 
1765 für Neapel. Allgemein beliebt wurde Circe e 
Ulisse (Preßburg 1787). 

Aston, Hugh -»• Ashton. 

Astprga, Emanuele d’ (Emanuele Gioacbino 
Cesaxe, Baron Rincon cTAstorga), * 20.3. 
1680 zu Augusta auf Sizilien, f 1757 zu Lissabon 
oder Madrid (?) ; italienischer Komponist, ein mu- 
sikalisch hochgebildeter Dilettant, befreundet mit 
Caldara. Sein einziges Bühnenwerk, das Pastorale 
Dafhi wurde 1709 in Genua und Barcelona (auch 
1715 in Parma und 1726 in Breslau) aufgeführt. 
Nach 1718 lebte er wahrscheinlich in Spanien und 
gab 1726 in Lissabon ein Heft (12) Kantaten heraus. 
Sein berühmtestes Werk ist das 1707 geschriebene 
Stabat Mater für 4 Singst, mit Streichorch. und 
B.c., doch genossen auch seine in großer Zahl ver- 
breiteten Kantaten allgemeine Beliebtheit. 

Ausg. : Kantate Palpitar giä sento, hrsg. v. H. Reb- 
mann, Ausgewählte Kammer-Kantaten VI, Lpz. o. J. ; 
2 Arien in: 30 Arie antiche della scuola Napoletana, 
hrsg. v. M. Zanon, Mailand 1922; ein Duett in: 
Duettenkranz III, hrsg. v. Fr. Martebnssen, Lpz. 
1927. 

Lit : H. Volkmann, Emanuel d’A., 2 Bde, Lpz. 191 1 
u. 1919; ders. in: ZfMw XVI, 1934; FR. Walker, A. 
and a Neapolitan Librettist (Domenico Lalli = Seb. 
Biancardi), MMR LXXXI, 1951; J. B. Carreras y 
Bulbena, Discürso de recepciön en la Real Acad. de 
Buenas Letras de Barcelona; O. Teby, E. d’A., AMI 
XXV, 1953. 

Astyrga, Jean Oliver, Komponist, von dem in 
mehreren Ausgaben um 1767-69 in London er- 
schienen: op. 1, 6 Triosonaten für 2 V. mit B.c., 
und op. 2, 12 it^ei ^^eJLioto jmd ^Duette mit 

Atan^ssof?, Geörgi, * 6.5.1872 zu Plovdiv 
(Südbulgarien), f 1. 11. 1931 zu Fasano am Garda- 
see (Italien) ; bulgarischer Komponist und Dirigent, 
1886 in Bukarest Schüler des Konservatoriums, 
dann des Liceo Rossini in Pesaro (Italien) als Kon- 
trapunkt- und Komporirionsschüler von MascagnL 
Schrieb die Opern Borisslav (1910), Gergdna (1917), 
Die verwüstete Mühle (1923), Zwkta (1925), Kossdra 
(1926) und einige Operetten. 

Athena}os aus Naukratds in Ägypten, griechischer 
Grammatiker in Rom im 3.Jh. n. Chr. Seine 


59 



Atherton 


Deipnosophistai in 15 Büchern enthalten wichtige 
Aufschlüsse über die griechische Musik, besonders 
das 4. und 14. Buch. 

Ausg.: Deipnosophistarum libri XV, hrsg. v. G. 
Kaibel, 3 Bde, Lpz. 1887-90; Deipnosophistae, hrsg. 
v. S. P. Peppink, Leyden 1936. 

Lit.: C. A. Bapp, De fontibus quibus A. in rebus 
musicis lyricisque enarrandis usus sit, =* Lpz.er Stu- 
dien zur classischen Phüologie VIII, Lpz. 1885. 

Atherton ('aeöaton), Percy Lee, * 25. 9. 1871 zu 
Roxbury (Massachusetts), f 8. 3. 1944 zu Atlantic 
City (New York); amerikanischer Komponist, 
1893-95 Schüler von Rheinberger in München, 
dann von Boise in Berlin, Sgambati in Rom und 
Widor in Paris, lebte in Boston. Er schrieb 3 hei- 
tere Opern, 2 Violinsonaten. Suiten für Kl. und V. 
sowie Kl. und Fl., Lieder, Chöre, Orchester- und 
Klavierstücke. 

Atldns ('aetkins), Sir Ivor Algernon, * 29. 11. 
1869 zu Cardiff, f 26. 11. 1953 zu Worcester; eng- 
lischer Organist und Komponist, wurde 1897 Or- 
ganist der Worcester Cathedral, 1899 Festdirigent 
der Three Choirs in Worcester, Mus. Doc. zu Ox- 
ford 1920, 1921 geadelt. Mit Eigar gab er Bachs 
Matthäus-Passion und Weimarer Orgelbüchlein 
heraus. Schrieb: Hymn of Faith (Text von Eigar); 
Magnificat und Nunc Dimittis- Sätze für Chor und 
Orch.; Chöre und Lieder. 

Atrio, Hermanus de -> Hermannus de Atrio. 

Attaingnant (ateji'ä), Pierre (Attaignant, At- 
teignant, latinisiert Attingens), * gegen Ende des 
15. Jh., f vor Juli 1553, der erste Pariser Musik- 
drucker, der Mensuralmusik mit beweglichen Ty- 
pen druckte (einfacher Druck: Noten und Teile 
des Liniensystems vereinigt in einer Type); die 
Typen A.s stammten aus der Werkstatt von Pierre 
Haultin, welcher 1525 seine ersten Punzen anfer- 
tigte. A. druckte 1528-50. Das älteste der Musik- 
sammelwerke A.s, das auf uns gelangt ist, sind die 
Chansons nouvelles en musique a quatre parties . . . 
(4. aprilis 1527 ante Pascha — 4. 4. 1528). 1553 fir- 
miert La veufve de P. Attaingnant . A.s Drucke 
bringen überwiegend Werke von französischen 
Komponisten. Von besonderer Bedeutung ist die 
große Sammlung 4st. Chansons (1528-50). Der 
letzte bekannte Druck ist das Cinquiesme livre de 
danceries a 4 parties von 1550. 

Ausg.: in d. Publications de la Soc. Frangaise de 
Musicologie: I, 1, Tabulature pour le ieu Dorgues u. 
Magnificat en la tabulature des Orgues (beide 1531), 
hrsg. v. Y. Rokseth; I, 5, Treze Motetz . . . en la 
tabulature des Orgues (1531), hrsg. v. ders.; I, 4-5 
(sic!, recte: I, 3-4), d. 24 Lautenlieder aus Tres breue 
et familiere introduction (1529), hrsg. v. L. de La 
Laurbnoe, A. Mairy u. G. Thibault; Chansons u. 
Tänze, Pariser Tabulaturdrucke (4 Drucke v. 1530), 
Faks., 5 Hefte, hrsg. v. E. Bernoulu, => Seltenheiten 
aus süddeutschen Bibi. III, München 1914; Six 
Gaülardes et six Pauanes . . . (1529) u. Neuf basses 
danses deux branles . . . (1530), hrsg. v. F. J. Gies- 
bbrt als: Pariser Tanzbuch, 2 Hefte, Mainz (1950); 
in Expert Maltres: 1897: Trente et une chanson 
(1529); 1898: Chansons de maistre CI. lanequin (um 
1528); 1908: Tänze aus Second bis Septieme livre de 
danceries (1547-57); dazu 12 Hefte »Bibliogr. Th&na- 
tique«; 60 Chansons aus Premier bis Trente cinc- 
quiesme liure contenant . . . Chansons (1539-49), 
hrsg. v. R. Eitner, PGfM XXIII (= Jg. 27); Liber 
primus bis tertius... Motetos complectitur ... 

60 


(1534), hrsg. v. A Smijers als: Treize livres de motets 
I— III, Paris 1934-38 (mehr nicht erschienen); 2-3st. 
Solostücke f. d. Laute, hrsg. v. H. D. Bruger, Wol- 
fenbüttel 1927. 

Lit. : H. Riemann, Notenschrift u. Notendruck, in : 
Fs. zur 50jährigen Jubelfeier d. Firma C. G. Röder, 
Lpz. 1896; J. Wolf, Hdb. d. Notationskunde II, = 
Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen VIII, 2, Lpz. 
1919, darin d. Regeln aus Tres breue et familiere 
introduction (1529); Y. Rihouet, Note biogr. sur A., 
Rev. de musicol. VIII, 1923/24; M. Cauchie, Les 
deux plus anciens recueils de chansons . . ., ebenda; 
Fr. Lesure, P. A., MD III, 1949; Vl. Fedorov in 
MGG. 

Attenhofer, Karl, * 5. 5. 1827 zu Wettingen 
(Aargau), f 22- 5. 1914 zu Zürich; Schweizer 
Chordirigent, war Schüler von Dan. Elster, be- 
suchte 1857/58 das Leipziger Konservatorium als 
Schüler von E. F. Richter, Papperitz, E. Röntgen. 
1859 wurde er Gesang- und Musiklehrer in Muri, 
kam 1863 als Dirigent eines Mannergesangvereins 
nach Rapperswil und leitete dort das Eidgenössi- 
sche Musikfest 1866. Ab 1867 wirkte er als Dirigent 
mehrerer Chorvereine und in vielen anderen 
Ämtern in Zürich, leitete zeitweise auch den Stadt- 
sängerverein Winterthur und wurde 1870 Musik- 
direktor der Universität, 1896 2. Direktor des Kon- 
servatoriums, an dem er 1898 eine Orchcsterklassc 
einrichtete. Er schrieb Kirchenmusik, viele Chor- 
lieder und -kantaten und einige Klavierstücke. 

Lit. : A. Glück, K. A., Zürich (1 888) ; E. Isler, K. A., 
103. Neujahrsblatt d. Allg. Musikges., Zürich 1915. 

Atterberg, Kurt Magnus, * 12. 12. 1887 zu Göte- 
borg; schwedischer Komponist, studierte 1907-10 
an der Technischen Hochschule, darauf 1910/11 
am Konservatorium in Stockholm (Hallen), unter- 
nahm dann als Staatsstipendiat 1911—13 Studien- 
reisen nach Deutschland und wandte sich nach 
einer Tätigkeit als Ingenieur der Dirigentenlauf- 
bahn zu (1913-23 am Königlichen Dramatischen 
Theater in Stockholm). 1924-47 Präsident, seit 
1947 Ehrenpräsident der Vereinigung schwedi- 
scher Tonsetzer. Mit seinem kompositorischen 
Schaffen und der weitreichenden Tätigkeit als 
Gastdirigent erlangte A. Bedeutung für Geltung 
und Verbreitung der modernen schwedischen Mu- 
sik. Werke: 5 Opern (alle schwedisch und deutsch; 
Härward der Harjher 1919, Wogenroß 1924, Ftain - 
metides Land - »Fanal« - 1934, Aladdin 1941, Der 
Sturm 1948), Schauspielmusiken, die Ballette Per 
Schweinehirt und Die törichten Jungfrauen (1920); 

9 Symphonien (H moll op. 3, F dur op. 6, Meeres- 
symphonie op. 10, Sinfonia piccola op. 14, Sinfonia 
Junebre op. 20, Cdur op. 31, Sinfonia romcmtica 
op. 45, E moll op. 48, B moll op. 54 für A.- und 
Bar .-Solo, Chor und Orch., 1957), weitere Or- 
chesterwerke wie Ouvertüren und Rondeaux (re- 
trospectif op. 26, caractdristique op. 42), 9 Orchester- 
suiten, darunter Turandot op. 19, 2, Barocco op. 23, 
Suite pastorale op. 34; Violinkonzert op. 7 (1913), 
Ccllokonzert op. 21 (1923), Homkonzert op. 28 
(1927), Klavierkonzert op. 37 (1936), Rhapsodei 
für Kl. und Orch. op. 1; Chorwerke; Kammer- 
musik (Klavierquintett op. 31 bii , Streichquartette 
op. 2, 11 und 39, Variationen und Fuge für Streich- 
quartett op. 46, Cellosonate op. 27). A. verfaßte 
eine kleine Schrift Med notpenna och laktpinnc 
(Stockholm 1946). 



Aubert 


Lit.: E. M. Stuart, K. A., = Kortfattade lefnads- 
teckningar om framstäende tonsättare IX, Stockholm 
1925. 

Attey ('acti) John, f um 1640 zu Ross; englischer 
Lautenist und Komponist, veröffentlichte The First 
Booke of Ayres of Foure Parts, with Tableturefor the 
Lute (London 1622). 

Ausg.: »First Booke of Ayres« von 1622 bei E. H. 
Fellowes, The English School of Lutenist Song 
Writers 11,9. 

Attrup, Carl August, * 4. 3. 1848 und f 5. 10. 
1892 zu Kopenhagen; dänischer Organist und 
Komponist, Schüler von Gade und 1869 dessen 
Nachfolger als Orgellehrer am Konservatorium in 
Kopenhagen, 1871 Organist der Friedrichskirche, 
1874 Organist der Erlöserkirche. A. veröffentlichte 
wertvolle instruktive Orgelstücke, eine Orgel- 
schule, auch Lieder. 

Attwood ('astwud), Thomas, * 23. 11. 1765 zu 
London, 1 24. 3. 1838 auf seinem Landsitz Cheyne 
Walk bei Chelsea; englischer Organist und Kom- 
ponist, Kapellknabe der Königlichen Vokalkapelle 
unter Narcs und Ayrton, studierte 1783-84 in 
Neapel bei Latilla und war bis 1787 in Wien Schü- 
ler von Mozart. 1795 wurde er Organist der Pauls- 
kirche und 1796 Komponist der Königlichen Vo- 
kalkapelle, 1821 Organist der Privatkapelle König 
Georgs IV. in Brighton und 1836 Organist der 
Königlichen Vokalkapelle. Anfangs widmete 
sich A. überwiegend der Oper, später mehr der 
Kirchenmusik. Er schrieb 19 Opern, viele An- 
thems, Services und andere Gesänge, auch Klavier- 
sonaten usw. Mendelssohn widmete A. die 3 Or- 
gelfugen op. 37. 

Ausg.: ein Anthem in Harmonia Sacra I, hrsg. v. 
J. Page, London 1800. 

Lit. : C. B. Oldman, Th. A.’s Studies with Mozart, 
Fs. Scheurleer, ’s-Gravenhage 1925. 

Auber (ob'e:r), Daniel Francois Esprit, * 29. 1. 
1782 zu Caen, f 12./13. 5. 1871 zu Paris; franzö- 
sischer Opcmkomponist, Sohn eines seit der Revo- 
lution als Kunsthändler tätigen ehemaligen Offi- 
ziers vom Hofe; schon mit 11 Jahren schrieb er 
Romanzen, wurde aber zur Vorbereitung auf den 
Kaufmannsberuf nach England geschickt. Wirt- 
schaftliche Gründe führten 1804 zu seiner Rück- 
kehr nach Paris, wo er sich 1806 als Compositeur 
in die Gesellschaft der Kinder Apollons aufnehmen 
ließ. Etwa in dieser Zeit entstanden ein Klavier- 
trio, 4 Cellokonzerte, die unter dem Namen seines 
Freundes Hurcl de Lamare erschienen, und 1808 
ein Violinkonzert für Mazas. Mit Julie (1811) und 
Jean de Couviti (1812) setzt A.s Opcmschaffen ein. 
Cherubim, auf ihn aufmerksam geworden, veran- 
laßtc ihn zu ernsthaften Kompositionsstudien unter 
seiner Leitung. Von einer am Ende dieser Studien 
geschriebenen Messe ist nur ein Bruchstück als 
Gebet in der Stummen von Portici erhalten. Weitere 
Opern folgten, von denen indessen erst La berghe 
chätclaine (1820) und Emma (1821) größere Erfolge 
zu verzeichnen hatten. A. setzte sich nun mehr und 
mehr durch, was zum Teü auch auf die Zusam- 
menarbeit mit Scribe zurückzuführen ist, auf des- 
sen Texte er eine Reihe komischer Opern schrieb. 
Den Höhepunkt seines Schaffens - durch die Oper 
Le maqon (Maurer und Schlosser, 1825) vorbereitet 


- büden La muette de Portici (1828), ein grundlegen- 
des Werk der französischen Großen Oper, und die 
noch heute beliebte komische Oper Fra Diavolo 
(1830). Eine noch lange Reihe von Opern wird 
1869 mit Rives d*amour abgeschlossen. Als letzte 
Kompositionen entstanden in den letzten Tagen 
seines Lebens 4 unveröffentlichte Streichquartette. 

- In den um 1821-23 entstandenen Werken lassen 
sich Einflüsse von Rossini nachweisen, die aber in 
der Folge wieder zurücktraten; von 1830 an ging 
A. zu einer Schreibweise über, die mit ihrer Lie- 
benswürdigkeit und Leichtigkeit wohl zu immer 
neuen Augenblickserfolgen führte, den Werken 
aber keinen dauernden Bestand sichern konnte. 
Für A.s äußeres Ansehen zeugen die folgenden Er- 
nennungen: 1825 zum Ritter der Ehrenlegion, 
1829 zum Mitglied des Institut als Nachfolger 
Gossecs, 1842 zum Direktor des Conservatoire 
und 1857 durch Napoleon m. zum Kaiserlichen 
Hofkapellmeister. Er schrieb 45 Opern, dazu in 
Zusammenarbeit mit Hdrold Vendome en Espagne 
(1823), mit Boieldieu Les trois genres (1824) und 
mit acht anderen Komponisten La Marquise de 
Brinvilliers (1831). Zu Balletten wurden 1857 die 
folgenden Opern umgearbeitet: Lestocq (1834), Le 
cheval de bronze (1835; als Märchenoper Das eherne 
Pferd bearbeitet v. E. Humperdinck, Mainz 1889) 
und Marco Spada (1852). Einige Kantaten sind Ge- 
legenheitsarbeiten und erfuhren keine weitere Ver- 
breitung. 

Lit. : A. Del£helle, A., in: Correspondance littdraire, 
Paris 1871; B. Jouvin, D. F. E. A., Sa vie et ses 
ceuvres, Paris 1864; E. de Mirecourt, A., Paris 1867; 
A. Pougin, A., Paris 1873; A. Kohut, A., Lpz. 1895; 
Ch. Malherbe, A., in: Les musidens c&fcbres, Paris 
1911; vgl. auch R. Wagner, Erinnerungen an A., 
Gesammelte Schriften IX; E. M. Stuart, Jenny Lind 
och A.s Opera Jenny Bell, in: STMf II, 1920. 

Auberlen, Samuel Gottlob, * 23. 11. 1758 zu 
Fellbach bei Stuttgart, f 23. 8. 1829 zu Ulm; war 
ab 1783 Musiklehxer in Zürich, nach kurzer Tä- 
tigkeit als Violinist in der Stuttgarter Hofkapelle 
1791 Musikdirektor in Zofingen, dann in Winter- 
thur, 1807 in Schaffhausen, wurde 1817 Kathe- 
dral-Organist und Musikdirektor in Ulm. A. gab 
Lieder heraus (1784 und 1801), eine Choralgesang- 
schule (1817), Gellerts Geistliche Lieder und Oden 
(4st., 1817). Eine Selbstbiographie S. G. Aj Leben, 
Meinungen und Schicksale erschien 1824. Eine Reihe 
von Vokal- und Instrumentalwerken blieb ohne 
Bedeutung. 

Lit. : Werkverz. bei M. Fehr, Das Musikkollegium 
Winterthur, Winterthur 1929; D. A. Stuart, S. G. 
A., Diss. Tübingen 1925, ungedruckt. 

Aubert (ob'e:r), - 1) Jacques, * 30.9.1689, 

1 18. (17.?) 5. 1753 zu Belleville (Paris) ; französischer 
Violinist an der Großen Oper und dem Concerts 
spirituels, 1728 deren Konzertmeister und Sur- 
intendant des Duc de Bourbon, schrieb u. a. 

5 Bücher Violinsonaten mit B.c. (I-IV : 1719-31), 
Sonaten für die 5saitige Viola (Quinton) op. 4, 
Concerts de Simphonie op. 8-13, Les Amuzettes, 
pihespour les vieles, musettes, violes,ßütes et hautbois 
op. 14, Violinduette op. 15; 1716-35 für die Thea- 
ter der Foire St. Gennain und der Foire St. Laurent 
die Musik zu vielen Komödien und für die Große 
Oper 1713-46 6 Ballette.- 2) Louis, * 15. 5. 1720 
zu Paris, t um 1800; Sohn des vorigen, war 1755 


61 



Aubert 


bis 1771 Konzertmeister der Großen Oper und 
schrieb Symphonien, Trios und Violinsonaten. 
Ausg. : je eine Violinsonate v. J. u. L. A. in Collec- 
tion Debroux, dort auch Suite pour 2 violons v. 
J. A. ; III® Concerto v. J. A., hrsg. v. E. Borrel, Paris. 
Hit.: L. de La Laurencds, L'dcole fr$. de violon de 
Lully h Viotti, I, Paris 1922; A. Moser, Gesch. d. 
Violinspiels, Bin 1923. 

Aubert (ob'err), Louis Francois Marie, * 19.2. 
1877 zu Paramd; französischer Komponist, Schüler 
des Pariser Conservatoire (Didmer, Lavignac, Vi- 
dal und vor allen G. Faurd), feinsinniger Kompo- 
nist impressionistischer Neigung. Von seinen Wer- 
ken seien genannt: für Orch. die Suite brkve op. 6 

S , Habanera (1919), Dryade (1924), FeuiUe 
jes (1930), Offimde (1947), Le Tombeau de 
Chateaubriand (1948) ; Fantaisie für Kl. und Orch. 
Hmoll op. 8 (1899); Caprice für V. und Orch. 
(1925); dramatisches Werk La Ligende du sang; 
Märchenspiel Laforit bleue (Genf 1913, Paris 1924) ; 
Ballett La Nuit ensorcelie (1922) ; Sonate für V. und 
KL (1927) ; Introduktion und Allegro für Fl. und 
KL (1922); Klavierkompositionen wie Lutins 
(1902) oder Pikees en forme de Mazurka (1907) ; Ge- 
sänge, darunter die Zyklen Six Pokmes arabes (1907) 
und Cripuscules d’automne (1910). 

Lit: L. Vuillemin, L. A. et son ceuvre, Paris 1921 ; 
R. Bernard, L. A., RM VIII, 1927; P. Landormy, 
La musique fran$aise aprds Debussy, Paris 1943. 

Aubdry du Boulley (ober'i dü bul'e), Prudent 
Louis, * 9. 12. 1796 und f im Februar 1870 zu 
Vemeuil (Eure) ; französischer Komponist, bis 1815 
Schüler von Monsigny, Mdhul und Cherubim am 
Pariser Conservatoire. Unter seinen Kompositio- 
nen (156 Werke) befinden sich Kammermusik- 
werke (u. a. für KL, V., FL, Va), in denen Gitarre 
mitwirkt. Er schrieb: Grammaire musicale (Paris 
1830), Des associations musicales en France (1839) 
und La Sociiti Philharmonique de VEure (1859). 

Lit.: J. de l’Avre, A. du B., Vemeuü 1896. 

Aubin (ob's), Tony Louis Alexandre, * 8. 12. 
1907 zu Paris; französischer Komponist, studierte 
am Pariser Conservatoire (Dukas) und erhielt 1930 
für seine Kantate Action den Prix de Rome. 1944 
wurde er Dirigent am französischen Rundfunk 
und übernahm 1946 als Nachfolger von Roger- 
Ducasse eine Kompositionsklasse am Conserva- 
toire. Werke: Ballett Fourberies (1950, nach Ros- 
sini), Bühnenmusik zu Athalie von Racine (1943), 
Filmmusiken, Symphonien (L: Symphonie roman - 
tique 1937, DL: 1951) und andere Orchesterwerke, 
Cantilkne variie für Vc. und Orch. (1944), Cressida 
für Sprechstimme, Chor und Orch. (1935, nach 
A. Suar&s), Kammermusik (Streichquartett, 1930), 
Klavierkompositionen und Six Pokmes de Verlaine 
(1932). 

Aubry (obrii), Pierre, * 14. 2. 1874 zu Paris, 
t 31. 8. 1910 zu Dieppe (beim Florettieren ersto- 
chen); französischer Musikhistoriker, besonders 
auf dem Gebiete der mittelalterlichen geistlichen 
und weltlichen Musik tätig; nach Studien der Phi- 
lologie und der Jurisprudenz wurde er Ardbiviste 
paldographe als Schüler der Ecole des chartes, hielt 
musikhistorische Vorträge an der m usikalischen 
Abteilung der Ecole des hautes dtudes sociales in 
Paris. Seme Publikationen sind: Huit chants hfoteün 


ques de Vancienne France (Paris 1896), Milanges de 
musicologie critique : 1. La Musicologie midiivale 
(Paris 1900), 2. Les proses d*Adam de Saint Victor 
(Paris 1900, mit Abbe E. Misset), 3. Lais et Descorts 
Jrangais du XIII* sikcle (Paris 1901 mit A. Jeanroy 
und L. Brandin), 4. Les plus anciens motiuments de la 
musique frangaise (Paris 1905); Essais de musicologie 
comparie: 1. Le rythrne tonique dans la poisie litur - 
gique et dans le chant des iglises chritiennes au moyen - 
dge (Paris 1903), 2. Esquisse d'utie bibliographie de la 
chanson populaire en Europe (Paris 1905) ; La musique 
et les musidens d'iglise en Normandie au XIII* siede 
d’aprfc le » Journal des visites pastorales « d'Odon 
Rigaud (Mercure musical 1906) ; Estampies et danses 
royales (Les plus anciens textes de musique instru- 
mentale du moyen-äge, Mercure musical II, 1906, 
separat Paris 1907); Recherches sur les »Tenors« 
francais dans les motets du XIII* sikcle (Paris 1907) ; 
Recherches sur les » Tenors « latins dans les motets du 
XIII* sikcle (mit A. Gastoue, Tribüne de Saint- 
Gervais 1907); Les caractkres de la dansc (Histoire 
d*un divertissement pendant la premikre moitii du 
XVIII* sikcle, Paris 1905 mit E. Dacicr) ; Au Tur - 
kestan (Notes sur quelques habitudes musicales chez les 
Tadjiks et chez les Sartes , Mercure musicale 1905) ; 
Le Roman de Fauvel (Paris 1907, Faksimile-Ausgabe 
der Pariser Handschrift f. fran£. 146 mit Index der 
Musikeinlagen und Erläuterungen) ; Cent motets du 
XIII* sikcle (Paris 1908, 3 Bände; Faksimile und 
Übertragung des Cod. Bamberg Ed. IV. 6 mit 
Kommentar); Troubadours et Troiwkrcs (1909 in 
Alcans Maitres de la musique) ; Refrains et rondcaux 
du XIII* sikcle (Festschrift H. Ricmann, 1909). 
EineFaksimüe-Ausgabe des Chansonnier de V Arsenal 
hatte zu erscheinen begonnen, als A. starb. Dazu 
kommt noch eine Reihe von Aufsätzen, darunter 
Une Estampida de Rambaut de Vaqueiras (Revue 
Musicale 1903) ; Un coin pittoresque de la vic artistique 
au XIII* sikcle (Revue Musicale 1904) ; La chanson 
de Bele Ailis (Tribüne de Saint-Gervais 1904 mit 
R. Meyer und J. B6dier) ; Quatre poisics de Marcabru 
(Tribüne de Saint-Gervais 1904) ; La rythmique mu- 
sicale des troubadours et des trouvkres (Revue Musicale 
1907). Eine Notice nicrologique mit Verzeichnis der 
Werke A.s wurde 1911 gedruckt (nicht im Han- 
del). Von der Übertragung der mittelalterlichen 
MeLodienotierungen nach dem Prinzip der Fran- 
konischen Mensuraltheorie ging A. 1907 zur Deu- 
tung im Sinne der vorfrankonischcn Modaltheorie 
über. Daß J.-B. Beck zu Unrecht diese Deutung 
als sein geistiges Eigentum reklamierte, hat ein von 
J. Chailley publizierter Brief F. Ludwigs erwiesen. 
Lit: Nekrologe v. E. Dacier, Bibi, de TEcole des 
chartes 71, 1910; J.Wolf, ZIMG XII, 1910/11; 
J. Ecorcheville, Bull, de la Soc. Intern, de Musique 
VH, 1911 (mit Bibliogr.); J. Chailley, Quel est 
l’auteur de la »throne modale« dite de Beck-A.?, 
AfMw X, 1953. 

Audefiroi le Bastart (o:dfrö'e); französischer 
Trouv^re des 12. und 13. Jh., f um 1250, beteiligte 
sich am Pui d’Arras und war wahrscheinlich auch 
in dieser Stadt ansässig. Von seiner noch in das 
12. Jh. zurückreichenden Tätigkeit sind 10 Minne- 
lieder und 6 Romanzen erhalten, die alle mit ihren 
Melodien überliefert sind. Die Aufnahme von 
Liedstrophen A.s, der als erster die Chansons 
dliistoire nachahmte, in Gerbert de Montreuils 
»Conte de la Violete« läßt auf eine weite Verbrei- 


62 



tung seines Schaffens schließen. Die wichtigsten 
Quellen für diese Lieder sind die Handschriften 
fr. 844 und fr. 12615 der Pariser Biblioth&que 
nationale. 

Ausg.: A. Cullmann, Die Lieder u. Romanzen des 
A. le B., Halle 1914; Fr. Gennrich, Artikel A. le B., 
MGG (darin R 1320); ders., Troubadours, Trou- 
vfcres, Minne- u. Meistergesang, = Das Musikwerk, 
Köln (1951; darin R 1616); Th. Gärold, La musique 
au moyen äge, Paris 1932 (darin R 1525) ; ders., Hist, 
de la musique des origines ä la fin du XlV e s., Paris 
1936 (darin R 1654); Faks. v. R 77 u. 1616 nach d. 
Ms. fr. 12615 bei P. Aubry, Les plus anciens monu- 
ments de la musique franqaise, ® M61anges de 
musicologie critique IV, Paris 1905, Tafel XIII; Faks. 
d. Ms. fr. 844, = Corpus Cantilenarum Medii Aevi II, 
Le Ms. du Roi, hrsg. v. J. u. L. Beck, London- 
Oxford-Philadelphia 1938. 

Audran (ordr 7 ?), - 1) Edmond, * 11. 4. 1842 zu 
Lyon, f 17. 8. 1901 zu Tierceville (Seine-et-Oise) ; 
französischer Operettenkomponist, studierte am 
Niedermey ersehen Kirchenmusikinstitut (Saint- 
Saens) und wurde 1861 in Marseille Kapellmeister 
der Josephskirche. Ab 1879 lebte A. in Paris aus- 
schließlich der Operettenkomposition. Er hat 
38 Opern und sehr graziöse Operetten sowie eine 
Pantomime mit Erfolg in Marseille und Paris zur 
Aufführung gebracht, so Le Grand Mogol (1877), 
La Mascotte (1880), Gillette de Narbonne (1882), 
Oncle Cdlestin (1891), La duchesse de Ferrare (1895) 
und die in Deutschland beliebt gewesene La 
Poupie (1896); er schrieb auch Kirchenmusik und 
Lieder. - 2) Marius Pierre, * 26. 9. 1816 zu Aix 
en Provence, t 9. 1. 1887 zu Marseille; Vater des 
vorigen, war 1. Tenor an der Komischen Oper in 
Paris und ließ sich 1861 in Marseille nieder, wo er 
1863 Lehrer und Direktor des Konservatoriums 
wurde. Er schrieb eine Anzahl gefälliger Lieder. 

Auer, Leopold (von), * 7. 6. 1845 zu Veszprdm 
(Ungarn), f 17. 7. 1930 zu Dresden-Loschwitz; 
ungarischer Violinist, Schüler des Budapester Kon- 
servatoriums, dann des Wiener Konservatoriums, 
endlich in Hannover von J. Joachim, 1863 Kon- 
zertmeister in Düsseldorf, 1866 in Hamburg, war 
ab 1868 in St. Petersburg Violinprofessor am Kon- 
servatorium. 1887-92 leitete er die Konzerte der 
Kaiserlich Russischen Musikgesellschaft und wurde 
1895 in den erblichen Adelsstand erhoben. Von 
1911 an lebte er bei Dresden, dann in Petersburg, 
Oslo und ab 1918 in New York. Als erfolgreich- 
ster Violinlehrer seiner Zeit zählte er S. Dushkin, 
M. Elman, Cedlia Hansen, J. Heifetz, N. Milstein, 
T. Seidel und E. Zimbalist zu seinen Schülern. Er 
schrieb: Violin playing as 1 teach it (New York 
1921); My Long Life in Music (New York 1923); 
Violin master works and their Interpretation (Boston 
1925). 

Lit: E. Hilb, L. A., in: Mk XVH, 1924/25. 

Auer, Max, * 6. 5. 1880 zu Vöcklabruck (Ober- 
österreich) ; österreichischer Musikschriftsteller 
und Pädagoge, war 1900-15 Volksschullehrer und 
legte 1912 m Wien nach autodidaktischer Aus- 
büdung die Staatsprüfung für Musik ab. 1912 Pro- 
fessor h. c.; Werke: Anton Bruckner , entstanden 
1906/07 (Wien 1923, 21934, <1949); A. Bruckner als 
Kirchenmusiker, , 1912 (Regensburg 1927); A. 
Bruckner , Gesammelte Briefe , Neue Folge (Regens- 
burg 1924) ; Vollendung der von A. Göllerich be- 


Augustiner 

gonnenen Biographie Al Bruckner Band Ü-IV 
(Regensburg 1928-36); Studien und Aufsätze in 
Zeitschriften. A. ist Gründer und Ehrenpräsident 
der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. 

Aufschn alter, Benedict Anton, getauft 21.2. 
1665 zu Kitzbühel (Tirol), begraben 24. 1. 1742 zu 
Passau; österreichischer Komponist, Kapell- 
meister der Kathedrale in Passau, gab heraus: 
Cymbalum Davidis . . . (4st Vesperpsalmen mit In- 
strumenten, 1729), Aquila clangens . . . (4st. Offer- 
torien mit Instrumenten, 1719), Concors discordia 
(5st. Streichersuiten, 1695) und Dulcisfidium Har- 
monia . . . (Kirchensonaten für 4 Streicher und 
B.c., 1703). 

Lit: F. Lehndorfbr, B. A. A., Diss. München 1920, 
gedruckt in: Die ostbairischen Grenzmarken, 19. Jg., 
Passau 1930; W. M. Schmid, Zur Passauer Mg., 
ZfMw XIII, 1930/31. 

Augener, Ltd., englischer Musikverlag in Lon- 
don, gegründet 1853 von George Augener 
(t 25. 8. 1915), zuerst als Agentur deutscher Fir- 
men (besonders C. F. Peters), seit 1867 mit eigenen 
Veröffentlichungen in der »Augener’s Edition», 
die sich schnell zu großem Umfang entwickelte 
(bisher über 6000 Nummern) und sich auch in 
größerem Maßstab auf theoretische Werke aus- 
dehnte (darunter Prouts neunbändige Komposi- 
tionslehre und Riemanns Vereinfachte Harmonie- 
lehre). 1871 begann die Veröffentlichung des 
»Monthly Musical Record«. Die Firma errichtete 
1878 eigene Stecherei und Druckerei, letztere unter 
Leitung von George A.s Sohn William (t 1904). 
Der 1896 aufgdraufte Verlag Robert Cocks & 
Co. wurde mit der Firma 1904 zur Augener, 
Ltd. umgewandelt. Als sich 1910 der Gründer, 
George A., zurückzog, erwarb W. Strecker sämt- 
liche shares des Unternehmens, das über ihn 1913 
auf den Verlag Schott in Mainz überging, doch 
wurde Schott durch den Krieg als Eigentümer 
wieder ausgeschaltet. Die Leitung der Finna über- 
nahm 1922 Frank Standfield (f 1944). 

Augustiner, Name mehrerer Orden, die den 
Brief CCXXI des heiligen Augustinus (Migne, 
Patr. lat. XXXIII, S. 960-965) zur Grundlage ihrer 
Regel genommen haben. Die wichtigsten sind: 
1) Ordo Sancti Augustmi (OSA), auch Canonici 
reguläres Sancti Augustdni, deutsch: Chorherren, 
entstand im 11. Th. durch den Zusammenschluß 
italienischer und französischer Kongregationen, er- 
langte aber schon bald weite Verbreitung. Zu den 
bekanntesten Klöstern zählen Saint Victor in Paris, 
Saint Maurice in der Schweiz sowie in Österreich 
Sankt Florian und -> Klosterneuburg. In der Ord- 
nung der Augustiner nimmt die Choralpflege nicht 
einen so hervorragenden Platz ein wie bei den Be- 
nediktinern, zeichnet sich jedoch von alters her 
durch strenge Beobachtung der traditionellen Me- 
lodien aus, auch in den vom allgemein e n Ge- 
brauch abweichenden Teilen der liturgischen Bü- 
cher. -> Adam von St. Victor, Bruckner, 
-> Weißenbäck, Zacconi. - 2) Ordo Eremita- 
rum Sancti Augustini (OESA), gegründet 1256 
durch Papst Alexander IV. ebenfalls durch Zu- 
sammenschluß einzelner Kongregationen, erlangte 
größere Verbreitung als die Chorherren und war 
auch an vielen Universitäten vertreten. Vom 


63 



Augustinus 


14. JL an bildeten sich innerhalb des Ordens ver- 
schiedene Reform-Kongregationen. Der »Sächsi- 
schen Congregadon« gehörte Luther in seiner Er- 
furter Zeit an. Von Anfang an wurde zumindest in 
größeren Klöstern täglicher Choralgesang bei 
Messe und Offizium, später mit Orgel, gepflegt. 
Der Orden besitzt eine Schola Cantorum am Klo- 
ster Santa Monica in Rom sowie am Kloster Sankt 
Michael in Münnerstadt (Unterfranken). Das heute 
gültige Proprium missarum et offidorum OESA 
gab P. A. Kunzeimann heraus (Tournay-Rom 
1926). -> Baccusi, -*■ A. Diruta, -* Kriäkovsky, 
-> Massaini, ->■ Milanuzzi, -► Vanneo. 

Lit.: zum OSA: St. L. Astengo, Musid Agostiniani, 
Florenz 1929. - zum OESA: D. A. Perini, Bibliogr. 
Augustiniana, Florenz ab 1929; P. A. Blanco, Bibi. 
Bibliogr.-Augustiniana del Colegio de Valladolid, 
Valladolid 1909; P. E. Esteban, De nonnullis libris 
liturgids, Analecta Augustiniana XVII, 1923. 

Augustinus, Aurelius, der heilige, * 13. 11. 354 
zu Thagaste in Numidien, f 28. 8. 430 als Bischof 
von Hippo (jetzt Bone in Algerien), Kirchenvater, 
studierte zunächst Rhetorik und war als Lehrer der 
Rhetorik ab 379 in Karthago, ab 384 in Mailand 
tätig. Dort wurde er mit dem heiligen Ambrosius 
bekannt, studierte die Bibel und trat zum Chri- 
stentum über, 388 kehrte er nach Hippo zurück, 
wo er 391 Priester und 396 Bischof wurde. Seine 
397-400 verfaßten Confessiones enthalten grund- 
legende Bemerkungen zu seiner Musikanschauung. 
In seiner 387-89 verfaßten Schrift De musica in 
6 Büchern definiert er die Musik als scientia bene 
modulandi und betont damit ihren ethischen Cha- 
rakter; der größte Teil der Schrift behandelt 
rhythmische Probleme. Auch andere Werke A.s 
enthalten wichtige Ausführungen über Musik. 

Ausg.: »Confessionum Libri XIII« in Patr. lat., 32; 
»De musica libri VI«, ebenda; »De musica libri VI«, 
deutsche Übers, v. C. J. Perl, Slg mw. Abh.en Bd 
XXIII, Straßburg 1937, Paderborn 21940, Straßburg 
31950. 

Lit.: A. J. H. Vincent, Analyse du trait6 de mdtrique 
et de rhythmique de Saint A. . . ., Paris 1849; 
G. Gietmann SJ, Der hL A. u. d. Psalmengesang, 
Gregorian. Rundschau I, 1902; K. Wenig, Uber d. 
Quellen d. Schrift A.s »De musica«, Listy philo- 
logicke XXXIII, 1906; W. Scherer, Des hl. A. sechs 
Bücher »De musica«, KmJb XXII, 1909; J. Hurd, 
Saint A. musicien, Paris 1924; F. Amerio, 11 »De 
musica« di San Agostino, Turin 1929; H. Edelstein, 
Die Musikanschauung A.s, Diss. Freiburg i. Br. 1929; 
W. Roetzer OSB, Des hl. A. Schriften als liturgie- 
gesch. Studien, Diss. Freiburg i. Br. 1930; G. Bor- 
ghezio, La musica in San Agostino, Rom 1931; T. 
G£rold, Les p&res de l’6glise et la musique, Paris 
1931; W. Hoffmann, Philos. Interpretation d. A.- 
schrift »De arte musica«, Diss. Freiburg i. Br. 1930, 
gednickt Marburg 1931 ; G. Pebtzsch, Die Musik im 
Erziehungs- u. Büdungsideal d. ausgehenden Alter- 
tums u. frühen MA, Halle 1932. 

Aulen, (Johannes), deutscher Komponist des 

15. Jh., von dem eine 3st. Messe in 5 Handschriften 
überliefert ist. Die Identität des Meßkomponisten 
mit dem der Motette Salve virgo virginum (Pe- 
trucd 1505) wird von Besseler in Frage gestellt. 
Ausg.: Messe, hrsg. v. H. Birtner, Chw. 31, 1934. 
Lit.: H. Besseler in MGG. 

Auler, Wolf gang, * 21. 5. 1904 zu Dortmund; 
deutscher Organist, studierte an den Konserva- 


torien in Dortmund, Frankfurt am Main und Leip- 
zig (1923-27, Straube, Martienssen), war Organist 
in Gottesberg (Schlesien) und Berlin (1927-36), 
lehrte 1936-39 an der Hochschule für Lehrerbil- 
dung in Hirschberg, 1939-41 am Konservatorium 
in Linz, 1941-49 an der Staatsmusikschule in 
Braunschweig, 1949-53 an der Musikhochschule 
in Köln und ist jetzt Organist und Kantor an der 
Johanniskirche in Witten sowie Orgel- und 
Glockensachverständiger der Evangelischen Kirche 
von Westfalen. A. wirkte an der Restaurierung 
der Schnitger-Orgel im Charlottenburger Schloß 
mit und gab Orgelwerke von Scheidt, J. G. Wal- 
ther und Bach sowie ein Spielbuch für Kleinorgel 
heraus. 

Aulin, Tor, * 10. 9. 1866 und f 1* 3. 1914 zu 
Stockholm; schwedischer Geiger, Schüler von 
Säuret und Ph. Scharwenka in Berlin, 1889-1902 
Konzertmeister der Königlichen Oper in Stock- 
holm, Stifter (1902) und Dirigent des Stockholmer 
Konzertvereins und ab 1909 Dirigent des Göte- 
borger Sinfonieorchesters. 1887 gründete er das 
geschätzte »Streichquartett Aulin«. A. erfreute 
sich auch als Virtuose eines bedeutenden Rufes. 
Als Komponist trat er mit 3 Violinkonzerten, einer 
Orchestersuite Meister Oluf op. 22, einer Violin- 
sonate D moll op. 12 und kleineren Violinstücken 
hervor (Kleine Suite, Idyllen, Stücke op. 15, 16, 
18, 21). - Seine Schwester Valborg (1860-1928) 
machte sich in Schweden als Pianistin und Kom- 
ponistin bekannt. 

Lit. : A. Aulin, En fyrväppling av svenska tonsättare. 
Minnen om Aulin, Sjögren, Stenhammar och Peter- 
son-Berger in: Musikmänniskor, Uppsala 1943. 

(de DAulnaye (o:n's), Francois Henri Sta- 
nislaus, * 7. 7. 1739 zu Madrid, f 1830 zu Chaillot 
bei Paris, wurde bei Gründung des Pariser Mu- 
seums als dessen Sekretär angestdlt. Die Revolu- 
tion brachte ihn um seine Stellung, und er starb im 
Armenhaus. A. schrieb De la saltation thddtrale 
(über den Ursprung der Pantomime, Paris 1790) 
und Mdmoire sur un nouveau systhnc de notation mu - 
sicale (Paris 1785). 

Lit.: J. Wolf, Hdb. d. Notationskunde II, Lpz. 1919. 

Aureli^nus Reomensis, Benediktinermönch, 
Musikschriftsteller des 9. TL, dessen bei Gerbcrt 
Scriptores I S. 27 ff. abgedruckte Musica disciplina 
eine der frühesten Lehren von den Kirchentönen 
und wichtige Ausführungen über den Gregoria- 
nischen Gesang, besonders über das Verhältnis von 
Text und Melodie, enthält. 

Lit.: Riemann MTh.; G. Pietzsch, Die Klassifikation 
d. Musik, Halle 1929; J. Handschin, Eine alte Neu- 
menschrift, AMI XXII, 1950. 

Auriac -»• d* Auriac. 

Auric (or'ik), Georges, * 15. 2. 1899 zu Loddvc 
(Hdrault); französischer Komponist, Schüler des 
Pariser Conservatoire sowie d’Indys in der Schola 
Cantorum. A. gehörte der sogenannten Gruppe 
der »Sechs« an und wendete sich sowohl von 
Wagner als auch von den Impressionisten ab; er 
war Mu sikkri tiker der Nouvelles Littdraires. Unter 
seinen Werken finden sich Ballette: Les Noces de 
Gamache , Les Fdcheux (1924), Les Päicans, Les Ma- 
telots (1925), La Pastorale (1926), Chemin de lumikre 


64 



Avenary 


(1952); die einaktige komische Oper La Reine de 
cceuty die komische Oper Sous Xe Masque , Bühnen- 
und Filmmusiken (besonders bekannt geworden 
Moulin Rouge); für Orch.: Fox Trot , Nocturne , 
Suite ; für Kl.: 3 Pastorales , Sonate F dur (1932), 
Sonate für KL und V. (1937), Trois Impromptus 
(1946); Gesänge: Les Joues en feu (1921), Alphabet - 
Recueil de Chansons pour enfants (1924), Quatrc 
Chants de France malhcureuse (1949). 

Lit. : G. Auric, Autobiogr. in : J. Bruyr, L’6cran des 
musiciens, Paris 1930; P. Landormy, La musique 
frangaise aprfcs Debussy, Paris 1943. 

Austin ('o: stan), Ernest, * 31. 12. 1874 zu Lon- 
don, '{’ 24.7. 1947 zu Wallington (Surrey); eng- 
lischer Komponist, Bruder von Frederic A., wurde 
erst mit 37 Jahren Musiker, erhielt einigen Unter- 
richt von F. Davenport, war aber praktisch Auto- 
didakt. Hauptwerke: Variationen für Streichorch. 
Vicar of Bray op. 35 (1910); Hymn of Apollo für 
Chor und Orch. op. 39 (1918); Stella Mary Dances 
op. 58 (1918) ; Ode on a Grecian Um (Keats) op. 47 
(1922) ; Sonatinen über englische Volkslieder für 
Kinder op. 38; ein umfangreicher Zyklus von 
Orgelwerken, angeregt durch Bunyan’s Pilgrim' s 
Progress , op. 41 (in 12 Teilen) ; daneben noch sehr 
viel klavierpädagogische Musik, Kammermusik 
und Lieder; A. verfaßte das Buch The Fairyland of 
Music (London 1922). 

Austin ('a:ston), Frederic, * 30.3.1872 und 
t 10. 4. 1952 zu London; englischer Opernsänger 
und Komponist, Bruder von Ernest A., ab 1904 
einer der gesuchtesten Sänger bei den englischen 
Musikfesten, 1. Baritonist an Covent Garden, bei 
Bcccham, an His Majesty’s und an anderen Büh- 
nen, bei Denhofs Wagner-Aufführungen, auch 
in Deutschland, Holland und Dänemark. 1924 
wurde er als künstlerischer Direktor der British 
National Opera Co. angcstellt. Von seinen Wer- 
ken sind besonders zu nennen die Neubearbei- 
tungen von Pcpuschs Beggar's Opera (1920) und 
deren Fortsetzung Polly; mehrere Bühnenmusiken, 
Orchesterwerkc (Rhapsodie Spring 1907, Sympho- 
nie Edur 1913), Kirchenmusik; Gesänge: 3 mit 
Orch. Songs of Unrest (1913), 3 mit Kl. und 
Streichquartett Love's Pilgrimage und Songs in a 
Famihousc für Soli, Streichquartett und KL; Kla- 
vier-Trio, Klavier- und Orgelstücke. 

Austin Organs» Ine.» amerikanische Orgelbau- 
firma, gegründet 1899 von John Tumell Austin 
und Basil G. Austin, Präsident der Firma ist Fre- 
derick B. Austin, ein Sohn von J. T. A. Sie baute 
Werke in allen Teilen der Vereinigten Staaten, 
darunter für die City Hall in Portland, Medinah 
Tcmple in Chicago, Auditorium in Los Angeles 
und Mormon Tabcmacle in Salt Lake City. 

Austral ('ostaol), Florence (Bühnenname von 
Florence Wilson), * 26. 4. 1894 zu Richmond (bei 
Melbourne); australische Sängerin (dramatischer 
Sopran), studierte am Konservatorium in Mel- 
bourne und an der School of Opera in London, 
setzte 1918 ihre Studien in New York fort und de- 
bütierte 1922 als Brünnhüde in Covent Garden. 
Auf Gastspielreisen in Europa (1930 in Berlin), 
Amerika, Afrika und Australien trat sie mit gro- 
ßem Erfolg besonders in Rollen von Wagner- und 
Verdi-Opern auf. 


Aut^ri-Manzpcchi» Salvatore, * 25. 12. 1845 
zu Palermo, f 22. 2. 1924 zu Parma; italienischer 
Opernkomponist, gelangte erst mit 23 Jahren zum 
Studium der Musik bei Platania in Palermo und 
Mabellini in Florenz, war 1891-1910 in Parma 
Gesanglehrer, zeitweilig auch Vizedirektor am 
Konservatorium. Opern: Marcellina (unaufge- 
führt); Dolores (Florenz 1875, sein erfolgreichstes 
Werk); II negriero (Barcelona 1878); Stella (Pia- 
cenzsi 1880), mit der die Reihe seiner Mißerfolge 
beginnt; Il Conte di Gleichen (Mailand 1887); Gra- 
ziella (Mailand 1894); Severo Torelli (Bologna 
1903). Von seinen Romanzen sind viele volks- 
tümlich geworden. 

d’Auyergne (ov'erp), Antoine, * 3. 10. 1713 zu 
Moulins, f 23. 2. 1797 zu Lyon; französischer 
Opemkomponist, Sohn eines Violinspielers, ging 
1739 nach Paris, wo er vom Violinisten der Großen 
Oper schließlich zum Oberintendanten empor- 
stieg. A. schrieb 1752-71 eine Reihe Tragedies 
lyriques (Enie etLavinie 1758, Hercule mourant 1761, 
Pyrrhus et Polyxine 1763), Ballettopem ( Les Amours 
de Tempi 1752, Les Fites d'Euterpe 1758), auch 
2 einaktige Intermedien La coquette trompie (1751, 
Text von Favart) und Les Troqueurs (1753, Text 
von Vade), welche zu den ersten französischen ko- 
mischen Opern zählen; 6 Sonates en Trio op. 1 
(1739) und weitere 6 op. 4 (1751), Soloviolinsona- 
ten mit B.c. op. 2 (1739) und Concerts de symphonies 
ä 4 parties op. 3 (1751). A. schrieb auch ab 1763 
Motets für die Concerts spirituels und wurde 1776 
vom König zum Compositeur de rAcaddmie 
Royale de musique ernannt. 

Ausg.: Sonate VI in: Les Maftres classiques du vio- 
lon . . ., Nr 45, hrsg. v. D. Alard. 

Lit.: Du Roure de Paulin, La vie et les Oeuvres 
d’A. d’A., Paris 1911; L. de La Laurencib, L*6cole 
frangaise de violon ... II, Paris 1923. 

Auxcousteaux (okut'o:), Artus, * wahrschein- 
lich um 1600 zu Amiens oder Saint-Quentin, f um 
1656 zu Paris; französischer Komponist, war 13 
Jahre lang Sänger der Königlichen Kapelle, 1627 
Sänger in Noyon und wurde 1633 Magister puero- 
rum der Kathedrale von Amiens. An der Sainte- 
Chapelle in Paris wirkte er ab 1634 als Altist, 
wurde 1637 Kaplan und 1642 zum Kapellmeister 
ernannt, nachdem er dieses Amt schon seit 1639 
ausgeübt hatte. Seine in einem gefälligen Stil ge- 
haltenen Werke umfassen: 8 4-6st. Messen, 4~6st. 
Psalmen und geistliche Gesänge sowie Les Qua- 
trains de M. Mathieu , 3st. (Paris 1 1643, II 1652). 
Ausg. : ein Noel f. Singst, u. Org., hrsg. v. F. Brun, 
in: Noeis anciens III, Paris 1912; 3 Quatrains, hrsg. 
v. Lammers, in: Oeuvres vocales et instrumentales..., 
II, Paris 1908. 

Lit. : M. Brenet, Les musiciens de la Sainte Chapelle, 
Publ.s de la SIM, section Paris, I, Paris 1910; J.-G. 
Prod’homme, Berits de musiciens, Paris 1912; Th. 
G£rold, L’art du chant en France, Straßburg 1921. 

Avenqurius, Thomas, aus Eüenburg (Provinz 
Sachsen), Organist in HÜdesheim, gab heraus: 
Horticello . . . Amorischer Gesänglein (1614), Convi - 
vium musicale (1630, 5satzige Tanzsuiten, bestehend 
aus Pavane, Gaillarde, Courante, Intrada, Balletto) 
und Viridarium musicum (1638). 

Avenary» Han och (Herbert Loewenstein), * 25. 
5. 1908 zu Danzig; israelischer Musikforscher, stu- 


5 


65 



Avenpace 


dierte an den Universitäten in Leipzig, München, 
Frankfurt am Main, Königsberg und promovierte 
1931. Er war 1931-41 im Verlagsbuchhandel, 1941 
bis 1948 in der Industrie tätig und wirkt seitdem 
im isrealischen Staatsdienst. A. ist Mitgründer der 
»Bat-Kol« Hebrew Quarterly for Music, Heraus- 
geber der Hebraicae Musicae Antiquitates und 
Vorstandsmitglied der Israel Musicological So- 
ciety. Von seinen Veröffentlichungen seien ge- 
nannt: Wort und Ton bei O. von Wolkenstein (Diss. 
Königsberg 1932), Eine pentatonische Bibelweise in 
der deutschen Synagoge (ZtMw XII, 1929/30), Das 
deutsche Mittit ad Virgitiem des Mönchs von Salzburg 
(in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache 
und Literatur LVT, 1932), Aufzeichnungen hebräischer 
Melodien vor 1800 (Kiryath Sefer XIX, 1943; he- 
bräisch), Musik als Wissenschaft in hebräischen Quel- 
len deslÖ.-l 7. Jahrhunderts (Kiryath Sefer XXI, 1944; 
hebräisch). Musikalische Termini im hebräischen 
Schrifttum des Mittelalters (L’shonenu XIII, 1945 ; he- 
bräisch), The mixture principle in the medieval organ 
(MD IV, 1950), Abu 9 l-Salt y s treatise on music (MD VI, 
1952), Formal structure pf psahns and canticles in early 
Jewish and Christian chänt (MD VII, 1953), Magic , 
symbolism and allegory pf the old-Hebrew sound - 
instruments (CHM fi, Florenz 1956). 

Avenpace, eigentlich Abü Bakr Muhammad 
benYahyä benas-Sä’igbenBagga, * um 1090 zu 
Zaragoza, f 1138 zu Fez (vergiftet); arabischer Ge- 
lehrter, lebte bis 1118 in Zaragoza, dann in Sevilla, 
Jätiva, Fez. Der Musiktraktat des auch als Kompo- 
nist berühmten A. ist wie die Mehrzahl seiner Schrif- 
ten nicht erhalten, doch enthalt sein Kitäb fi’n-nafs 
(»Buch über die Seele«, eine Ausgabe von Aristo- 
teles* De anima) einen Abschnitt über den Klang. 
Lit.: J. Ribera, Einleitung zu Bd III d. Ausg. d. 
Cantigas de Santa Maria, Madrid 1922, separat als 
Hist, de la müsica ärabe medieval Madrid 1928, 
engl, als Music in Ancient Arabia and Spain, London 
und Stanford 1929; H. G. Farmer, Facts for the 
Arabian Mus. Influence, London 1930. 

Aventinus, Johannes (eigentlich Joh. Turmair, 
nannte sich A. nach seiner Vaterstadt Abensberg in 
Bayern), * 4. 7. 1477, + 9. 1. 1534; verfaßte die 
Annales Boiorum, welche, was Musik anlangt, nur 
mit Vorsicht zu benutzen sind. Nicht verfaßt, son- 
dern nur herausgegeben von A. sind die Musicae 
ruditnenta admodum brevia . . . (1516, von Nikolaus 
Faber). 

Averkamp, Anton, * 18.2.1861 zu Willige 
Langerak, f 1.6.1934 zu Bussum; niederländi- 
scher Komponist und Chordirigent, Schüler von 
D. de Lange (Amsterdam), Kid (Berlin), Rhein- 
berger und Schimon (München) und zuletzt von 
Messchaert in Amsterdam, Direktor einer eigenen 
Gesangschule in Amsterdam, ab 1919 Direktor 
der Musikschule der Maatschappij tot Bevor- 
dering der Toonkunst in Utrecht, 1890-1918 Diri- 
gent eines von ihm gegründeten a-cappella-Chors, 
mit dem er ältere Musik zum Vortrag brachte. Er 
schrieb eine unaufgeführte Oper De Heidebloem, 
eine einsätzige Symphonie Fdur, symphonische 
Dichtung Elaine und Lancelot, Chorwerke a cappella 
und mit Orch., Violinsonate D dur, Lieder und 
verfaßte die Bücher Uit tnijn praetijk (Unterwei- 
sung im Sologesang, Groningen 1916) und De 
Koordirigent (1933). 


Averroes, eigentlich Abu’l-Walld Muham- 
mad ben Ahmad ben Muhammad ben Rusd 
(oder Ibn Rosch), * 1126 zu Cordoba, f 10. 12. 
1198 zu Marrakesch; arabischer Philosoph, lebte 
ab 1153 zumeist am Hofe von Marrakesch, zeit- 
weise als Richter in Sevilla und Cordoba, eine 
Zeitlang auch in der Verbannung in Lucena. Von 
den Aristoteles-Kommentaren des A. hat der zur 
Schrift »Über die Seele« in mehreren lateinischen 
Übersetzungen auch die abendländische Musik- 
lehre beeinflußt. 

Ausg. : El compendio de Anima, hrsg. mit spanischer 
Übers, v. N. Morata, Publ. de las escuelas de estu- 
dios ärabes de Madrid y Granada 1934. 

Lit. : H. G. Farmer, Sources of Arabian Music, 
Bearsden 1940. 

Avicenna, eigentlich Abü *Ali al-Husain ben 
Abdallah Ibn Sinä, * im August oder September 
980 zu AfSäna bei Buchara, 1 1037 zu Hamadän; 
arabischer Arzt, wirkte in öurgan, Ray und ls~ 
fahan. Er galt jahrhundertelang als erste Autorität 
auf seinem Gebiet, war aber auch ein eifriger Mu- 
sikliebhaber und schrieb: Kitäb aS-Sifa (»Buch der 
Heilung«, das heißt von der Unwissenheit), das im 
dritten Abschnitt (Kapitel XII) eine Abhandlung 
über die Musik bringt; Kitäb an-Nagät ( »Buch der 
Befreiung« ), ein umfassenderer, aber wie die Ab- 
handlung angelegter Musiktraktat; nicht erhalten 
ist eine dritte Schrift »Einführung in die Kunst der 
Musik«. 

Ausg.: Kitäb a§-Sifä, NA Teheran 1895-96; frz. 
Ubers, d. Musikabschnitts in: Baron R. d’Erlanger, 
La musique arabe II, Paris 1935; Kitäb an-Nagät, 
als Ibn Sinas Musiklehre hrsg. mit deutscher Übers, 
v. M. el-Hefny, Bin 1931. 

Lit.: H. F. Farmer, Studies in Oriental Mus. Instru- 
ments, Glasgow 1939, darin Ausg. u. engl. Übers, d. 
Abschnitts über die Laute aus d. Kitäb aä-Sifä; ders., 
Sources of Arabian Music, Bearsden 1940. 

Avidom, Menahem (Mahler-Kalkstein), * 6. 1. 
1908 zu Stanislau (Polen) ; israelischer Komponist, 
studierte in Beirut an der amerikanischen Univer- 
sität; Bachelor of Arts. Die musikalische Hand- 
werkslehre erwarb er, außer bei H. Rabaud in 
Paris, als Autodidakt. Ab 1931 lebte er als Lehrer in 
Alexandria und Kairo und kam 1935 an das Kon- 
servatorium Tel Aviv; 1945 wechselte er zum 
»Music Teacher*s Training College« und war 1946 
General-Sekretär des Israel Philharmonie Or- 
chestra. Seit 1952 steht er dem Art Department 
Jerusalem Convention Centre als Direktor vor 
und übernahm 1956 den Vorstand der AKUM 
(Socidtd des Auteurs, Compositeurs et Editcurs) 
und ihrer Sendestation. Sein Werk umfaßt 2 Opern, 

6 Symphonien, ein Flötenkonzert, ein Concertino 
für V. und Orch. und Kammermusik. 

Avison ('ae:vizan), Charles, * um 1710 und + 9. 
5. 1770 zu N e w castle-upon-T ync ; englischer 
Komponist, Schüler von Fr. Geminiani, 1736 Or- 
ganist in seiner Vaterstadt, veröffentlichte: einen 
Traktat über den musikalischen Ausdruck: An 
Essay on Musical Expression (1752, 31775 umgear- 
beitet, deutsch 1775; nicht bedeutend), der durch 
W. Hayes 1753 scharf angegriffen wurde, worauf 
A. replizierte; 26 Concerti ä 7 (1755), 12 Klavier- 
konzerte mit Streichquartett (1766) und 18 Kla- 


66 



Azzopardi 


vierquartette (1756-64). A. gab 1757 mit J. Garth 
die Psalmen von Marcello mit englischem Text 
heraus. A. ist einer der ersten, welche die von Fr. 
Geminiani aufgebrachte detaillierte Vortragsbe- 
zeichnung mit > (rinforzando) annahmen. 

Ausg. : Nr 1 der Six Concertos in seven parts . . . 
op. 3 (1751), bearb. v. W. Hellmund, Zwenkau bei 
Lpz. 1932. 

Lit.: A. Milner, Ch. A., in: Mus. Times XCV, 1954. 
Avossa, Giuseppe d* Abos. 

Axelson, Sten-Ake, * 13.6.1906 zu Malmö; 
schwedischer Dirigent, war nach Studienaufent- 
halten in Berlin, Paris, Amsterdam und Stock- 
holm 1933-47 Kapellmeister der Königlichen Oper 
Stockholm; seitdem ist er Chefdirigent des Mal- 
möer Stadt-Theaters und des Malmö-Rundfunk- 
orchesters, gleichzeitig Inspektor der König- 
lichen Musikakademie Stockholm. 

Axman, Emil, * 3. 6. 1887 zu Ratay (Mahren), 
t 25. 1. 1949 zu Prag; tschechischer Komponist, 
Schüler von V. Novlk; promovierte 1912 an der 
Prager Universität mit der Studie Mähren in der 
tschechischen Musik des 19, Jahrhunderts und war 
ab 1913 Musikarchivar am Prager Volksmuseum. 
Er schrieb Orchesterwerke (Symphonien, sym- 
phonische Dichtungen, Sinfonietta, Suiten und 
Tänze), Violinkonzert, Chorwerke, Klavier-, Vio- 
lin- und Cellosonaten sowie Kammermusik. 

Ayrton ('e:rtan), William, * 24.2.1777 und 
f 8. 3. 1858 zu London; als Opemdirigent am kö- 
niglichen Theater machte er sich sehr verdient um 
die Aufführungen Mozartscher Opern, gab 1823 
bis 1833 mit Clowes monatlich die wichtige Mu- 
sikzeitung Harmonicon heraus, schrieb 1818 über 
Logiers System und redigierte zwei Sammelwerke 
praktischer Musik: Knight's Musical Library (8 
Bände, 1834-37) und Sacred Minstrelsy (2 Bände, 
1835). - Sein Vater Edmund (1734-1808) war 
langjähriger Chormeister des Knabenchors der 
königlichen Vokalkapelle in London und schrieb 
einige Kirchenmusikwerke. 


Azev$do, Alexis Jacob, * 18.3. 1813 zu Bor- 
deaux, f 21. 12. 1875 zu Paris; französischer Musik- 
schriftsteller, Mitarbeiter verschiedener Pariser 
Zeitungen, auch mehrmals Unternehmer einer 
eigenen Musikzeitung (1846 La critique tnusicale 9 
1874 Les doubl es croches malades ); er schrieb Bio- 
graphien von Fdl. David (Paris 1863) und Rossini 
(Paris 1864) und trat wiederholt für die von 
Chev6 angestrebte Reform der Notenschrift ein. 
Lit.: J. Wolf, Hdb. d. Notationskunde 11, Lpz. 1919. 

Azkue ('aOkue), Resurrecciön Marfa de, * 5. 
8. 1864 zu Lequeitio, f 9. 11. 1951 zu Bilbao; spa- 
nischer Theologe, Komponist und Musikforscher, 
Präsident der Academia de Lcngua Vasca in Bil- 
bao. Er komponierte mehrere Zarzuelas, Opern, 
Oratorien und Kirchenmusik und veröffentlichte 
in 12 Bänden einen Cancionero populär vasco (Bar- 
celona 1923-24), daneben mehrere folkloristische 
Studien. Weitere Volkslieder enthält Band IV sei- 
ner Euskalerriaren Yakintza, Literatura populär del 
Pais Vasco (Barcelona 1947). 

Azop^rdi, Francesco (Azzopardi), * 5. 5. 1748 
zu Notabile (Rabato), f 6. 2. 1806 zu Rabato; mal- 
tesischer Kirchenkomponist, Verfasser von H 
musico prattico (französische Übersetzung von 
Fram&y, Paris 1786). 

Lit.: P. Pullicino, Notizia biogr. di Fr. A. 
La Valetta 1876. 

Azzaiplo, Filipp o (Azzajuolo), * zu Bologna, wo 
er an einer noch nicht ermittelten Kirche als Sänger 
wirkte, gab 1557-69 3 Bücher sehr volkstümlicher 
und frischer 4st. Villote alla Padoana nebst einigen 
Neapolitaner Madrigalen und Bergamasken unter 
dem Ziertitel Villote delfiore (Buch II und UI) bei 
Antonio Gardano in Venedig heraus. 

Ausg. : Madrigal »Poi che volse« bei A. Einstein, The 
Italian Madrigal III, Princeton 1949. 

Lit.: Fr. Vatielu, Canzonieri musicati del 1500, 
RMI 1921. 

Azzopardi, Francesco Azopardi. 


5* 


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Baarspul, Yvon, * 14. 9. 1918 zu Utrecht; hol- 
ländischer Dirigent, war nach Studien auf der Vio- 
line und in Orchesterleitung 1942-45 2. Dirigent 
des Residentie-Orchesters im Haag, 1947-50 1. Di- 
rigent des Philharmonischen Rundfunkorchesters 
in Djakarta (Indonesien), seit 1950 Dirigent des 
Overyssels Philh. Orchesters Enschede. B. gibt da- 
neben Gastkonzerte und ist auch als Chorleiter tätig. 

Babbi, Christoforo, * 1748 zu Cesena, + 1814 
zu Dresden; italienischer Violinist, 1775-78 Or- 
chesterdirigent am städtischen Theater in Bologna, 
ab 1781 als kurfürstlicher Konzertmeister in Dres- 
den. Er komponierte Violinkonzerte und Sympho- 
nien. 

Lit R. Engländer, Zur Mg. Dresdens gegen 1800, 
ZfMw IV, 1921/22; ders., J. G. Naumann, Lpz. 1922 ; 
ders.. Die Dresdner Instrumentalmusik in der Zeit 
der Wiener Klassik, = Uppsala Universitets Ars- 
skrift 1956, V, Uppsala, Wiesbaden 1956. 

BabeH (b'erbel), William, * um 1690, f 23. 9. 
1723 zu London; englischer Cembalist, Organist 
und Violinist, Schüler von Pepusch, einige Jahre 
Organist an All Hallows in London. Er schrieb 
Solosonaten für V. (oder Ob.) mit ausgesetztem 
Gb. für Cemb. und ein Concerto grosso für Strei- 
cher. Seine Sammlungen von Cemb.-Bearbei- 
tungen beliebter Opemarien sind wertvolle Quel- 
len der Verzierungs- und Improvisationspraxis be- 
sonders Händelscher Opern. 

Ausg.: Die Händelschen Stöcke aus: Suits of the 
most Celebrated Lessons, London o. J., in: G. F. 
Händel, GA, hrsg. v. F. Chrysander, XLVIII, Lpz. 
(1894). 

Lit.: H. Leichtentritt, Händel, Stuttgart 1924; 
O. E. Deutsch, Handel, London 1955. 

Bacarfsse, Salvador, * 12. 9. 1898 zu Madrid; 
spanischer Komponist, studierte am Madrider 
Konservatorium (Komposition bei C. del Campo), 
war zunächst Musikkritiker und 1925-36 künst- 
lerischer Leiter der »Uni6n Radio« in Madrid, lebt 
jetzt in Frankreich. Werke: Oper Charlot (1933), 
Ballett Corrida de Jeria (1930), Bühnenmusik; sym- 
phonische Dichtung La naue de Ulises für Frauen- 
chor und Orch. (1923), symphonische Bilder 
Heraldos (1921), Mtisica sinfonica (1931), Serenata 
(1931), Impromptu (1934), Sinfonietta (für 18 Bläser 
und Harfe, 1936) und Concerto grosso für Orch., 
Tres Movimientos Concertantes für V., Va, Vc. und 
Orch. (1934), Konzert für Vc. und Orch. (1935); 
Kammermusik, Klavierstücke und Lieder (Tres 
Canciones). 

Bacchius, Senex, Bakcheios. 

Bace^si, Ippolito, * um 1545 zu Mantua, f 1609 
zu Verona; italienischer Komponist, war einige 
Zeit Vizekapellmeister an San Marco in Venedig, 
hielt sich 1570 in Ravenna auf und war 1572 Ka- 
pellmeister der Signori di Spilimbergo und der 


Kirche Sant’Eufemia in Verona. 1584 und 1587 
bezeichnet er sich als Domkapellmcister in Man- 
tua. Ab 1591 war er Domkapellmeister in Verona. 
Er schrieb: 5 Bücher Messen zu 4-9 St. (1570-96); 
4 Bücher 5-6st. (1570-87) und 2 Bücher 3st. (1594 
und 1605) Madrigale; außerdem Motetten, Psal- 
men, Magnificat. 

Bacewicz (bac'evitj), Grazyna, * 5. 2. 1913 zu 
Lodz; polnische Komponistin und Violinistin, 
setzte nach Studien in Lodz und Warschau 1932 
ihre Ausbüdung bei N. Boulanger und Flesch in 
Paris fort. Nach ihrer Rückkehr nach Polen wid- 
mete sie sich einer ausgedehnten kompositorischen 
und pädagogischen Tätigkeit, konzertierte aber 
auch wiederholt im Ausland. 1950 und 1952 wurde 
sie mit dem polnischen Staatspreis ausgezeichnet. 
Werke: 6 Symphonien (1933, 1942, 1943, 1951, 
1952, 1953), Sinfonietta (1937), Konzert für Strei- 
cher (1950) sowie weitere Orchesterwerke; 5 Vio- 
linkonzerte (1938, 1946, 1948, 1952, 1954), Kla- 
vierkonzert (1949), Konzert für Vc. (1951); Kam- 
mermusik (5 Quartette, ein Bläserquintett), Kla- 
vierkompositionen, Violinsonatcn, Stücke für V. 
solo und Lieder. 

Bacfarc, Valentin ->■ Bakfark. 

Bach, Name der weitverzweigten mitteldeutschen 
Musikerfamilie, in der das Musikcrtum im 17. und 
18. Jh. erblich war und sorgfältig gepflegt wurde. 
Wenn mehrere Glieder dieser Familie sich zu ei- 
nem Familientag zusammenfanden, hielten sie 
Convivia und Collegia musica, sangen und spiel- 
ten Choräle, Motetten, Concerti und improvisierte 
Quodlibets. Zudem tauschten sie untereinander 
Meinungen über neue Kompositionen, Orgcl- 
bauten und Stellenbcsetzungen aus und förderten 
sich gegenseitig im Wissen und Können, so daß die 
Bache einen ausgezeichneten Ruf im Lande be- 
saßen und daher zahlreiche Kantoren für die La- 
teinschulen, Organisten für die Kirchcnorgcln, 
Stadtpfeifer für die Türme, Ratsstuben und Kir- 
chen der thüringischen Städte stellten. In der alten 
Bach-Stadt Erfurt hießen die Stadtpfeifer noch bis 
Ende des 18. Jh. die Bache , obgleich längst keiner 
dieses Namens mehr unter ihnen lebte. Ihr musi- 
kalisches Kunsthandwerk ging nach mittelalter- 
lichem Brauch im zünftigen Lehrgang vom Mei- 
ster auf den Gesellen, vom Gesellen auf den Lehr- 
ling, vom Vater auf den Sohn, vom Sohn auf den 
Enkel über. 

Der Ursprung des B.schcn Geschlechts weist in 
den südthüringisch-fränkischcn Raum. Der erste 
nachweisbare B., der Musik trieb, ist Veit B. aus 
Wechmar (f 8. 3. 1619), einem Städtchen an der 
Landstraße von Gotha nach Amstadt, der seinen 
Namen nach dem hl. Vitus, dem Schutz- 
patron der Wechmarcr Kirche und Gegend, trug. 
Als Müllcrgesclle war er dem alten Zug des mittel- 


68 



Bach 


deutschen Menschen nach dem Osten gefolgt und 
hatte sein Gewerbe in Ungarn getrieben, bevor er 
seines lutherischen Bekenntnisses wegen vor der 
egenreformatorischen Bewegung in Ungarn 
üchtete und nach Wechmar zurückkehrte. Hier 
wurde er seßhaft und heiratete in die Untermühle, 
die damit zur Wiege der Musikerfamilie B. gewor- 
den ist. Sein jüngerer Bruder Caspar B., der die 
Musik zum Beruf erwählte, war Stadtpfeifer in 
Gotha und Amstadt. — 

Auf der folgenden Seite eine tabellarische Über- 
sicht über die bedeutendsten Musiker-Persönlich- 
keiten der B.schen Familie, die schöpferisch her- 
vorgetreten bzw. von denen Kompositionen auf 
uns gekommen sind (der Name der Mitglieder 
dieser Familie ist bei den einzelnen Artikeln mit 
einem * versehen). 

Bach, August Wilhelm, * 4. 10. 1796 zu Ber- 
lin, f 15. 4. 1869; deutscher Kirchenmusiker, war 
zuerst Organist an Berliner Kirchen, 1822 Lehrer 
am Königlichen Institut für Kirchenmusik, 1832 
dessen Direktor als Nachfolger Zelters, Mitglied 
der Akademie und wurde 1858 zum Professor er- 
nannt. Er schrieb Kirchenmusik, darunter das 
Oratorium Bonifacius (1836) und Psalm 100 (1840), 
ein Choralbuch, das Lehrbuch Der praktische Orga- 
nist sowie Klavierstücke und Lieder. Er war Men- 
delssohns Lehrer im Orgelspiel. 

* Bach, Carl Philipp Emanuel, *8.3. 1714, zu 
Weimar, t 14- 12. 1788 zu Hamburg, der zweite 
SohnJ. S. Bachs, der Berliner oder Hamburger 
Bach, war traditionsgemäß Schüler seines Vaters 
( »In der Composition und im Clavierspielen habe 
ich nie einen andern Lehrmeister gehabt als meinen 
Vater«, heißt es in der Selbstbiographie), besuchte 
die Lateinschule in Cöthen und die Thoniasschule 
in Leipzig, wo er 1731 als stud. jur. an der Univer- 
sität immatrikuliert wurde, und wechselte 1734 an 
die Universität Frankfurt an der Oder über. Auf 
Grund seines ausgebreiteten akademischen Stu- 
diums wurde B. zu einem der am vielseitigsten ge- 
bildeten Musiker aus der Bach-Familie und konnte 
sich mit Erfolg auch literarisch betätigen. Als er 
1738 den jungen Sohn des als Gönner J. S. Bachs 
bekannten Grafen v. Keyserlingk auf Studien- 
reisen im Ausland als Hofmeister , begleiten sollte, 
erreichte ihn der Ruf an den Hof des Kronprinzen 
Friedrich von Preußen in Ruppin. Später weiß B. 
noch mit Stolz zu berichten, wie er 1740 im Char- 
lottenburger Schloß am Cembalo das erste Flöten- 
solo des neuen Königs begleitet habe. In der kron- 
prinzlichen Kapelle in Rheinsberg lernte er J. J. 
Quantz und die Brüder Graun kennen. Als Kam- 
mercembalist Friedrichs II. hatte er Unterricht zu 
geben u. a. dem jungen Herzog Carl Eugen von 
Württemberg, der sich am Berliner Hof aufhielt. 
Ihm widmete Bach 6 Sonaten für Cembalo, die 
»Württembcrgischen Sonaten« (Nürnberg 1744), 
nachdem er zwei Jahre zuvor seine 6 »Preußischen 
Sonaten«, die bedeutendsten Zeugnisse der neuen 
Stilbildung auf dem Gebiet der Klaviersonate, 
Friedrich II. zugeeignet hatte. B. verkehrte in dem 
musikalischen Kreis um des Königs Schwester, 
Prinzessin Anna Amalia von Preußen, und deren 
Musiklchrcr J. Ph. Kimberger, sowie in den lite- 
rarischen Zirkeln Berlins um G. E. Lessing, C. W. 
Ramler und J. W. L. Gleim. Der Prinzessin wid- 


mete er seine 6 Klaviersonaten mit veränderten Re- 
prisen (Berlin 1760). In seinen Charakterstücken für 
Klavier liebte er es, seine Bekannten aus der bür- 
gerlichen Gesellschaft Berlins in musikalischen 
Porträts (nach französischem Muster) zu zeichnen. 
Neben anderen bedeutenden Instrumental- und 
Vokalwerken entstand in Berlin auch B.s einzig- 
artiges Lehrwerk Versuch über die wahre Art aas 
Clavier zu spielen t mit Exempeln und achtzehn Probe- 
stücken in sechs Sonaten erläutert (2 TeÜe, Berlin 1753 
und 1762, Leipzig 31787 ; gekürzte Neuausgabe von 
W. Niemann, Leipzig 1906, 31920, engl, von W. T. 
Mitchell, London und New York 1949; Faksimile 
der 1. Auflage mit sämtlichen Zusätzen der späte- 
ren Auflagen herausgegeben von L. Hoffmann- 
Erbrecht, Leipzig 1957), das neben den Lehr- 
werken von J. J. Quantz und L. Mozart eine 
Hauptquelle unseres Wissens vom Klavierspiel, 
Generalbaß und musikalischen Vortrag um 1750 
darstellt. Nachdem B.s Bewerbung um das Leip- 
ziger Thomaskantorat nach dem Tode von J. S. 
Bachs Nachfolger (1755) fehlgeschlagen war, über- 
nahm er die Nachfolge des 1767 verstorbenen 

G. Ph. Telemann, seines von ihm verehrten Tauf- 
paten und Freundes, als Musikdirektor an den 
5 Hauptkirchen und als Kantor am Gymnasium 
Johanneum in Hamburg. Wie in Berlin war B.s 
Haus auch in Hamburg der gesellige Mittelpunkt 
für viele Künstler. Hier tauschte er mit befreun- 
deten Dichtem wie G. E. Lessing, F. G. Klopstock, 

H. W. v. Gerstenberg, M. Claudius und J. H. Voß 
Gedanken über die »Sing-Poesie« und das »re- 
dende Prinzip« in der Munk aus. Nach dem Vor- 
bild Telemanns in Frankfurt am Main und Ham- 
burg veranstaltete er öffentliche Konzerte, wobei 
er sich in dem neuen Konzertsaal »auf dem Kamp«, 
einem der ersten Konzertsäle in Deutschland, als 
Klavierspieler und Improvisator (am Cembalo, 
nur in kleinerem Kreis am Clavichord) hören ließ 
und vorbildliche Programme mit eigenen Kom- 
positionen und Oratorien von Händel, Telemann, 
Graun und Haydn durchführte. Bezeichnend für 
die Popularität der zeitgenössischen Musik ist der 
Titel der von B. 1770 bei M. Chr. Bock in Ham- 
burg herausgegebenen Klaviersachen, Kammer- 
musik und Lieder: Musikalisches Vielerley, worin 
außer B. selbst auch J. Fr. Christian Bach, J. T. 
Cramer, C. Fr. Fasch, J. Fr. Gräfe, J. G. Graun, 
J. Ph. Kimberger u. a. mit Kompositionen ver- 
treten sind. Mit den öffentlichen Konzerten suchte 
B. zugleich seine wirtschaftliche Unabhängigkeit 
im Sinne eines neuzeitlichen freien Künstlertums 
(-* W. Friedemann Bach) zu fördern. In seiner 
Zeit und später besagte der Name Bach immer nur 
Carl Philipp Emanuel, nicht Johann Sebastian. In 
einer Grabschrift, die für ein Denkmal bestimmt 
war, rühmte Klopstock seinem Freunde nach: 
»Carl Philipp Emanuel Bach, der tiefsinnige Har- 
monist, vereinte die Neuheit mit der Schönheit, 
war groß in der vom Wort geleiteten, noch größer 
in der kühnen sprachlosen Musik« . Ein Verzeich- 
nis seines musikalischen Nachlasses erschien 1790 
in Hamburg (NA von H. Miesner, Bach-Jb. 
XXXV, XXXVI, XXXVII, 1938, 1939, 1940-48). 
B.s jüngerer Sohn, Johann Sebastian, war Maler, 
ein Schüler von A. F. öser in Leipzig, t 1778 zu 
Rom; nur eine Tochter Anna Carolina Philippina 
überlebte den Vater. 


69 



Veit Bach 
1 1619 



Willi. Friedrich Emst 
Berlin 
1759-1845 



Bach 


In seinen Instmmentalwerken zeigt B. sich als 
Meister geistvollen Verwebens und Verwandelns 
von Themen und Motiven mit reichster Abwechs- 
lung bei Einheit der Thematik in der Mannigfaltig- 
keit. Seine Themenverwandlung ist nicht mehr 
kontrapunktisches Variieren mit Reihenbildung 
und noch nicht thematisch-motivische Arbeit, son- 
dern entwickelnde Ausspinnung eines schöpfe- 
rischen Einfalls mit Gruppenbildung und dem 
Reiz überraschender satztechnischer und rhyth- 
mischer, harmonischer und dynamischer Kon- 
traste sowie Takt-, Tempo- und Klanglagen- 
wechsel. Im Mittelpunkt seines Schaffens steht 
neben der ausdrucksgesättigten Oden- und Lied- 
komposition die fast ausnahmslos dreisä tzige Kla- 
viersonate mit der Tempofolge schnell-langsam- 
schnell, deren Einfluß bis zu Haydn und dem 
jungen Beethoven reicht. Den »Endzweck« seiner 
Kirnst erblickte B. darin, Leidenschaften zu erregen 
und zu besänftigen, das Herz zu rühren und den 
Verstand zu beschäftigen, um so die Kenner und 
Liebhaber der Musik zu vergnügen. Damit gehört 
B. als ein »Klopstock der Töne« ganz dem Zeit- 
alter der Empfindsamkeit. 

Das umfangreiche Schaffen B.s besteht aus 19 Sin- 
fonien, etwa 200 Sonaten, Sonatinen, Rondos, Fan- 
tasien für Kl., 50 Klavierkonzerten, 12 Kl.-Varia- 
tionen, 2 Konzerten für 2 KL, 9 Konzerten für Or- 
chesterinstrumente, etwa 60 instrumentalen Duos, 
30 Triosonaten (7 davon 1731 in Leipzig entstan- 
den), mehreren Quartetten und Orgelsonaten, 
30 Motetten, Psalmen, Chören, Kantaten, einem 
Magnificat (1749 zur Bewerbung um das Leipziger 
Thomaskantorat), 20 Passionsmusiken, 2 Orato- 
rien und zahlreichen geistlichen und weltlichen 
Oden, Liedern, Gesängen und Arien, unter denen 
hervorragen: Herrn Professor Gellerts geistliche Oden 
und Lieder mit Melodien (1758, 51784), Oden mit 
Melodien (1762), Zwölf geistliche Oden und Lieder 
(1764), C. C. Sturms Geistliche Gesänge mit Melo- 
dien zum Singen bey dem Claviere (2 Sammlungen, 
1780-81), Neue Liedcr-Melodien (1789). 

Ausg.: 2 Sinfonien (als Streichquartette), hrsg. von 
H. Riemann, Langensalza 1897; eine Sinfonie, hrsg. 
von Fr. Oberdörffer, Bin 1935; 3 Sinfonien, hrsg. 
von E. Fr. Schmid, NMA XCVI, LXXJII u. CXXX; 
4 Sinfonien, hrsg. von R. Steguch, RD XVIII. - 
Die Preußischen Sonaten, hrsg. von R. Steguch, 
NMA VI u. XV; Die Württembergischen Sonaten, 
hrsg. von dems., NMA XXI u. XXII; die 6 Samm- 
lungen v. »Clavier-Sonaten und freyen Fantasien, 
nebst einigen Rondos fürs Fortepiano für Kenner 
und Liebhaber«, hrsg. v. C. Krebs, Lpz. 1895; Kla- 
vierwerke, hrsg. v. H. Schenker, Wien 1902; Kurze 

u. leichte Klavierstücke, hrsg. v. O. Vrieslander, 
Wien 1912; Leichte Sonaten f. Kl., hrsg. v. dems., 
NMA XC; Kleine Stücke f. Kl., hrsg. v. dems., NMA 
LXV; 6 Sonaten zu d. »Versuch über die wahre 
Art . . .«, hrsg. v. E. Doflein, Mainz 1935; B.-Album, 
hrsg. v. E. Caland, Magdeburg 1929; 4 Duette f. 
2. Kl., hrsg. v. Fr. Oberdörffer, Kassel 1944; Sona- 
ten u. Stücke f. Kl. (darin »Les Folies d’Espagne 
avec 12 variations pour le Forte-Piano«, 1778), hrsg. 

v. K. Herrmann, Lpz. o. J.; Ausgewählte Klavier- 
werke (Bearbeitung), hrsg. v. H. Riemann, Lpz. o. J.; 
6 Sonaten (Bearbeitung), hrsg. v. H. v. Bülow, Lpz. 
1862. - Je ein Klavierkonzert, hrsg. v. A. Schering 
in DDT XXIX/XXX u. v. W. Altmann, Lpz. 1938; 
ein Cembalokonzert u. eine Sinfonie, hrsg. v. K. 
Geiringer in: The Music of the B. Family, Cam- 
bridge (Mass.) 1955; ein Oboenkonzert, hrsg. v. 


O. Kaul, Lpz. 1938. - Triosonaten, hrsg. u. a. v. 

A. Fuchs, Lpz. 1904, G. Schumann, Lpz. (1910), 
Br. Hinze-Reinhold, Lpz. 1924, J. Lorenz, Lpz. 
1928, E. Fr. Schmid, Karlsbad 1932, R. Ermelbr, 
Lpz. 1932, P. Klengel, Lpz. 1933, Fr. Oberdörffer, 
Bin 1935, K. Walther, Lpz. 1935 u. Wiesbaden 
(1955), L. Landshoff, Lpz. 1936; 2 Gambensonaten, 
bearb. f. Vc. (oder V.) u. Kl. v. P. Klengel, Lpz. 
1930; eine Flötensonate, bearb. v. A. van Leeuwen, 
Lpz. (1923); eine Oboensonate, hrsg. v. K. Walther, 
Wiesbaden 1953; 6 Bläsersonaten, hrsg. v. U. 
Leupold, Braunschweig 1937; Zwölf zwei- u. dreist, 
kleine Stücke f. d. Fl. oder V. u. d. Kl., hrsg. v. R. 
Hohenemser, =* Veröff. d. Musikbibi. P. Hirsch IX, 
Bin 1928; eine Sonate f. Fl. solo, hrsg. v. K.-A. 
Methmann, NMA CLV; Klar.-Duette, hrsg. v. H. 
Becker, Wiesbaden 1954; Zwei Duos f. Fl. u. V. 
(oder 2 V.), hrsg. v. W. Stephan, NMA XXXV. - 
30 Lieder f. eine Singstimme u. Kl., hrsg. v. H. Roth, 
Lpz. 1922; Lieder u. Gesänge, (darunter d. Kantate 
Phillis u. Tirsis), hrsg. v. O. Vrieslander, München 
1922; 2 Solokantaten, hrsg. v. K. Walther, Lpz. 
1922 u. Bin 1942; d. Oratorien Die Israeliten in d. 
Wüste (1775) u. Auferstehung u. Himmelfahrt Jesu 
(1787), hrsg. v. H. M. Schlettbrer, Wolfenbüttel 
1864-65; Heilig f. Doppelchor u. Orch., hrsg. v. K. 
Geiringer, St. Louis 1955; Magnificat, hrsg. v. 
Deis, NY 1950. 

Lit. : A. Wotquenne, Cat thdmatique des ceuvres de 
Ph. E. B., frz. u. deutsch, Lpz. 1905. - C. H. Bitter, 
C. Ph. E. u. W. Fr. B., 2 Bde, Bin 1868; H. Riemann, 
Die Söhne B.s, in: Präludien u. Studien III, Lpz. 1901 ; 
R. Steguch, Ph. E. B. u. d. Dresdner Kreuzkantor 
G. A. Homilius, Bach-Jb. XII, 1915; H. Mersmann, 
Ein Programmtrio C. Ph. E. B.s, Bach-Jb. XIV, 1917; 
O. Vrteslander, C. Ph. E. B., München 1923; H. 
Uldall, Das Klavierkonzert d. Berliner Schule, Lpz. 
1927; H. Wien-Claudi, Zum Liedschaffen C. Ph. E. 

B. s, Reichenberg 1928; H. Miesner, Ph. E. B. in 
Hamburg, Lpz. (1929); C. Auerbach, Die deutsche 
Clavichordkunst d. 18. Jh., Diss. Freiburg i. Br. 1930, 
Kassel 21953 ; E. Fr. Schmid, C. Ph. E. B. u. seine 
Kammermusik (mit Quellenkat.), Kassel 1931; ders., 
J. Haydn u. C. Ph. E. B., ZfMw XIV, 1931/32; 
ders., Artikel C. Ph. E. B., MGG; A. Schering, C 
Ph. E. B. u. d. »redende Prinzip« . . ., JbP XLV, 1939; 

A. -E. Cherbuliez, C. Ph. E. B., CXXVIII. Neujahrs- 
blatt d. Allgemeinen Musikges., Zürich 1940; W. 
Kahl, Selbstbiographien deutscher Musiker (mit B.s 
Selbstbiographie), Köln u. Krefeld 1948; Dr. Pla- 
menac, New Light on the Last Years of C. Ph. E. B., 
MQ XXXV, 1949; K. v. Fischer, C. Ph. E. B.s Va- 
riationenwerke, RBM VI, 1952; K. Geiringer, The 

B. Family, NY u. London 1954, (frz. Paris 1955, 
nid. Arnhem 1956), S. 336 ff.; E. H. Beurmann, Die 
Reprisensonaten C. Ph. E. B.s, AfMw XIII, 1956; 
G. Busch, C. Ph. E. B. u. seine Lieder, =* Kölner 
Beitr. zur Musikforschung XII, 2 Bde, Regensburg 
1957. 

Bach, David Josef, * 13. 8. 1874 zu Wien, 1 30. 1. 
1947 zu London; österreichischer Musikschrift- 
steller, wirkte nach Universitätsstudien in Wien 
(Dr. phil. 1897) und Musikstudien in London und 
Leipzig als Kritiker in Wien, wo er 1906 die Ar- 
beiter-Symphoniekonzerte gründete und 1918-22 
mit J. Bittner den Merker herausgab. Etwa ab 
1940 lebte er in London. 

Bach, Fritz, * 3. 6. 1881 zu Paris, t 27. 12. 1930 
zu Renens-sur-Roche bei Lausanne; Schweizer 
Komponist, studierte ab 1905 Orgelspiel bei Widor 
und Guilmant, Komposition bei d’Lndy. Ab 1913 
wirkte er als Lehrer am Conservatoire von Mon- 
treux und am Institut Ribaupierre in Lausanne so- 
wie als Organist in seinem Wohnort Nyon und 


71 



Bach 


gründete 1924 die Association des organistes pro- 
testants romands; schrieb: Symphonie Cmoll; 
Suite für Orch. ; 2 Weihnachtskantaten und andere 
Chorwerke; Klavierquintett Amoll; Klavier- 
quartett Emoll; Violinsonate; Lieder; Orgel- 
stücke; Bühnenmusiken. 

Lit.: H. Gagnebin, Fr. B., Neuchätel -Paris 1935. 

Bach, Hans, * um 1555 zu Andelsbuch (Vorarl- 
berg), f 1. 12. 1615 zu Nürtingen, stand als Spiel- 
mann und Hofnarr im Dienste der Herzoge von 
Württemberg. Für eine verwandtschaftliche Be- 
ziehung zur Thüringer Familie Bach lassen sich 
Anhaltspunkte nicht feststellen. 

Lit.: W. Wolffheim, H.B., Bach-Jb. VII, 1910; 
W. Irtenkauf u. H. Maier, Gehört d. Spielmann 
H. B. zur Musikerfamilie Bach?, Mf IX, 1956, 

* Bach, Johann Bernhard, *23.5.1676 zu Er- 
furt, 1 11. 6. 1749 zu Eisenach, ein Enkel von J. S. 
Bachs Großoheim Johann B., war angesehener Or- 
ganist in Erfurt, Magdeburg und 1703 in Eisenach, 
wo er zugleich herzoglicher Kammermusiker 
wurde. Von seinen Kompositionen sind 4 Orche- 
stersuiten, Orgel- und Klavierstücke sowie Choral- 
kantaten erhalten. 

Ausg.: je eine Orchestersuite, hrsg. v. A. Fareanu, 
= Die Kunst des B.schen Geschlechts I, Lpz. (1920) 
u. K. Geiringer, Music of the B. Family, Cambridge 
(Mass.) 1955; 2 Orgelchoräle, hrsg. v. G. Frotscher 
in: RD IX; ein Orgelchoral, hrsg. v. K. Straube, in: 
Choralvorspiele alter Meister, Lpz. 1907. 

Lit. : H. Kühn, Vier Organisten Eisenachs aus bachi- 
schem Geschlecht, in: Bach in Thüringen, hrsg. vom 
Landeskirchenamt der ev.-luth. Kirche in Thüringen, 
Berlin 1950; K. Geiringer, The B. Family, NY u. 
London 1954 (frz. Paris 1955, nid. Arnhem 1956), 
S. 98 fT. 

*Bach, Johann Bernhard, *24.11.1700 und 
f 12. 6. 1743 zu Ohrdruf, der 3. Sohn von J. S. B.s 
ältestem Bruder, ging 1715-19 in Weimar und 
Köthen bei seinem Oheim in die Lehre und wurde 
von diesem auch als Notenkopist beschäftigt. Ab 
1721 war er als Nachfolger seines Vaters Organist 
an St. Michael in Ohrdruf. J. B. B. ist wahrschein- 
lich der Hauptschreiber zweier Sammelhandschrif- 
ten, die eine Anzahl Orgelstücke von J. S. B. als 
einzige Quelle überliefern: des Andreas-Bach-Buchs 
(Stadtbibliothek Leipzig, Ms. III 8.4.; so genannt 
nach dem Besitzer Johann Andreas B., 1713-79, 
jüngster Bruder und Nachfolger von J. B. B.; es 
enthält 15 Stücke von J. S. B. sowie 56 Stücke von 
Reinken, J. C. F. Fischer, J. Pachelbel, Kuhnau, 
G. Böhm u.a.) und der Möllerschen Handschrift 
(Deutsche Staatsbibliothek Berlin, Mus.ms. 40644, 
zur Zeit in Tübingen; der Besitzervermerk »Org. 
Möller« weist vielleicht auf Johann Heinrich M. 
hin, der 1753 als Nachfolger Johann Nikolaus B.s 
Universitätsorganist in Jena wurde; das Repertoire 
ist ähnlich dem des Andreas-Bach-Buchs). 

Lit.: Ph. Spitta, J. S. B. I, Lpz. 1873; W. Wolff- 
heim, Die Möllersche Handschrift, Bach-Jb. IX, 1912; 
M. Seiffert in AfMw 1, 1918/19, S. 607; H. Löffler, 
»Bache« bei J. S. B., Bach-Jb. XXXVIII, 1949-50; 
A. Dürr, Neues über die Möllersche Handschrift, 
Bach-Jb. XU, 1954; C. Freyse, Die Ohrdrufer Bache, 
Eisenach u. Kassel (1957). 

* Bach, Johann Christian, *5.9.1735 zu Leip- 
zig, f 1. 1. 1782 zu London, der Mailänder oder 
Londoner Bach, der jüngste Sohn J. S. Bachs, er- 

72 


hielt den ersten Musikunterricht unter der Obhut 
des Vaters, der ihm noch zu Lebzeiten 3 Pedal- 
klaviere vermachte. Nach des Vaters Tod bildete 
ihn sein Bruder C. Ph. Emanuel in Berlin aus, wo 
er zugleich Anregungen von der Hofoper mit C. 
H. Graun, J. A. Hasse undj. Fr. Agricola empfing; 
wahrscheinlich erst 1756 ging er nach Mailand als 
Hauskapellmeister des Grafen A. Litta, der ihm 
Urlaub und ein Stipendium zum Studium bei 
Padre Martini in Bologna gewährte. Auf Anraten 
des gelehrten Franziskanerpaters schrieb B. wert- 
volle kirchliche Werke (Messen, Requiem, Te 
Deum, Magnificat, Salve Regina, Dies irac), die 
handschriftlich vor allem im British Museum in 
London und in der Bibliothek des Klosters Ein- 
siedeln erhalten sind. Bevor B. Organist am Mai- 
länder Dom wurde, trat er, wohl sehr aus prak- 
tischen Erwägungen, zur katholischen Kirche über. 
Diesen Schritt konnte die lutherische Heimat dem 
Sohn des Leipziger Thomaskantors niemals ver- 
zeihen. Die Familienchronik bemerkt dazu: »inter 
nos, machte es anders als der ehrliche Veit« (Bach, 
der Stammvater des Bachschcn Geschlechts, der 
um seines Glaubens willen aus Ungarn, wohin er 
ausgewandert war, unter dem Druck der Gegen- 
reformation wieder in seine thüringische Heimat 
zurückkehrte). Durch die lockenden Erfolge seiner 
Opern Artaserse (Turin 1761), Catonc in Utica 
(Neapel 1761, Mailand 1762) und Alcssandro ncl - 
VIndie (Neapel 1762) sowie seiner erfolgreichen Ein- 
lagen in andere Opern hatte B. sich bereits einen 
Namen gemacht und stand auch schon in Be- 
ziehungen zu Pariser Verlegern. 1762 ging er nach 
London, und zwar über Strelitz, die Heimat der 
Prinzessin Sophie Charlotte, ab 1761 Gattin des 
englischen Königs Georg III. Hier cröffhcte B. als 
»Saxon Master of Music« seine erste Opcm- 
Saison und führte im King’s Theatrc seine Oper 
Orione (1763) auf. Im gleichen Jahr widmete er der 
Königin seine als op. 1 gedruckten Six Conccrts 
pour Je Clavecin mit Variationen über God save the 
King als Finale des letzten Konzerts. Er nahm sich 
freundschaftlich des jungen Mozart an, der in sei- 
nen Briefen wenig zeitgenössische Komponisten 
mit solcher Verehrung und Liebe behandelt, wie 
B. Gemeinsam mit dem Gambistcn C. Fr. Abel 
als Konzcrmeister, dem Sohn eines Köthcner 
Kammermusikers unter J. S. Bach, gründete er 
1764 die Bach-Abel-Konzertc (ab 1775 in den 
Hanover Square Rooms), die zu den Anfängen des 
öfFendichen Konzertwesens gehören und in Lon- 
don ebenso berühmt waren wie das Pariser Con- 
cert spirituel. Neben eigenen Werken führte B. 
hier zuerst Symphonien von Haydn auf. Seine 
ersten Klaviersonaten widmete B. 1768 dem Her- 
zog Emst von Mecklenburg: Six Sonatcs pour le 
Clavecin ou le Piano Forte öp. 5 (drei davon bearbei- 
tete Mozart als Klavierkonzerte). Mit diesen von 
Mozart geschätzten Sonaten ließ B. sich öffentlich 
auf dem neuen, zur Wiedergabe empfindsam er- 
regter und dynamisch differenzierter Klaviermusik 
geeigneten Hammerklavier (Pianoforte) hören, für 
aas er sich auch sonst einsetzte. Nach einem Besuch 
des M annh eimer Flötisten J. B. Wendling in Lon- 
don schrieb . B. seine erste Mannheimer Oper 
Tctnistocle, die bei Anwesenheit des Komponisten 
1772 auf der Mannheimer Hofbühne unter C. 
Cannabich zur erfolgreichen Aufführung kam. In 



Bach 


Mannheim folgte 1776 B.s Oper Lucio Silla (auch 
von Mozart gibt es eine Oper dieses Titels von 
1772). Bei schwindender Teilnahme des Londoner 
Publikums gab B. 1781 sein letztes Bach-Abel- 
Konzert. 

Die Bedeutung B.s ist früher im Blick auf die 
überragende, aber nach Geistesart und Musikan- 
schauung ganz andere Persönlichkeit seines Vaters 
vielfach verkannt worden. Erst seitdem B. als 
eigentlicher Vorgänger und einflußreiches Vor- 
bild Mozarts erkannt wurde, gewann die Musik- 
geschichtsforschung den Blickpunkt für eine ge- 
rechte Würdigung seiner Kunst. So hatte Mozart 
das auf G. B. Pergolesi zurückgehende Allegro 
cantabile (für den ersten Satz der Sonate) von 
B. übernommen. Der erste Musikforscher, der 
J. Chr. B. als Mitschöpfer des neuen empfindsamen 
Stils der Instrumentalmusik erkannte, war H. 
Riemann. 

Das Schaffen von B. ist außerordentlich reich und 
vielgestaltig. Außer 11 Opern im neapolitanischen 
Stil und einer französischen Oper (Amadis de Gau- 
les, Paris 1779) sowie den Stücken, womit er sich 
an italienischen und auch englischen Pasticcios be- 
teiligte, und zahlreichen Kantaten, Arien, Kanzo- 
netten, auch 2 Oratorien, schrieb B. viele Instru- 
mentalwerke aller Gattungen: über 90 Sinfonien, 
wovon zu B.s Lebzeiten 40 gedruckt wurden, 
auch konzertante und einige für 2 Orch., mehrere 
Klavierkonzerte, auch Konzerte für einzelne Or- 
chesterinstrumente, Kammermusik, deren Höhe- 
punkt die 6 Quintette op. 11 bilden, Quartette, 
Trios mit und ohne Kl., ein Klaviersextett, Kla- 
vicr-Violinsonaten, Duette für 2 V. und zahlreiche 
Klaviersonaten (auch 4händige und solche für 

2 Kl.), die zur Popularisierung der Klaviermusik 
beigetragen haben. 

Ausg.: mehrere Sinfonien und Konzerte, hrsg. v. 
Fr. Stein, A. Einstein, R. Sondheimer, F. Kneuss- 
UN, H. SCHERCHEN, CHR. DÖBEREINER, L. LANDSHOFF, 
P. Roth-Kastner, L. Stadelmann; 5 Sinfonien, 
hrsg. v. Fr. Stein, EDM XXX. - 6 Quintette, hrsg. 
v. R. Steguch, RD III ; davon Nr 4 u. 6 auch einzeln, 
hrsg. v. dems., NMA CXXIII u. CXXIV; Quartette 
f. Fl., V., Va u. Vc. op. 8 Nr 1, 3 u. 5, hrsg. v. A. 
Küster u. M. Glöder, Augsburg u. Kassel (1927), 
op. 8 Nr 4, hrsg. v. W. Hillemann, NMA CXXVII; 

3 Streichtrios, hrsg. v. W. Upmeyer, HM XXXVII; 
Violinsonaten op. 10 Nr 4 u. op. 16 Nr 1, hrsg. v. 
Fr. Piersig, = Kammersonaten III-IV, Lpz. 1928; 
Violinsonaten op. 16 Nr 1-2, hrsg. v. A. Küster, 
NMA I; eine Violinsonate hrsg. v. dems., NMA CIII; 
Violinsonate op. 18 Nr 1, hrsg. v. H. u. W. Höckner, 
= Das Hauskonzert IV, Kopenhagen u. Lpz. 1931; 
eine Violinsonate, hrsg. v. H. Zirnbauer, Mainz 
(1951); 6 Duette f. 2 V., hrsg. v. W. Friedrich, 
NMA CXXVl u. CXL. - 10 Klaviersonaten, hrsg. v. 
L. Landshoff, Lpz. (1926); 3 Sonaten f. Kl. zu 4 
Händen, hrsg. v. W. Weismann, Lpz. 1944; 2 Sonaten 
f. Kl. zu 4 Händen, hrsg. v. A. Küster, NMA IV u. 
CXV; eine Sonate f. Kl. zu 4 Händen, hrsg. v. H. 
Schwartz, Lpz. (1921); je eine Sonate f. 2 Kl., hrsg. 
v. E. Neubauer (Münster 1931) und St. Hudnik 
(Mainz 1935); 5 Orgclchoräle, hrsg. v. H. Keller, in: 
Choralvorspiele deutscher Meister, Lpz. 1937. - 12 
Konzert- u. Opernarien, hrsg. v. L. Landshoff, Lpz. 
(1930); eine S.-Arie u. 3 Instrumentalstücke aus 
Amadis, hrsg. v. K. Geiringer, in: Music of the B. 
Family, Cambridge (Mass.) 1955. 

Lit.: H. Riemann, Die Söhne B.s, in: Präludien u. 
Studien III, Lpz. 1901; M. Schwarz, J. Chr. B., 
SIMG II, 1900/01 ; Br. Studeny, Beiträge zu einer 


Gesch. d. Violinsonate, München 1911; H. Abert, 
J. Chr. B.s italienische Opern, ZfMw I, 1918/19; 
H. P. Schökel, J. Chr. B. u. d. Instrumentalmusik 
seiner Zeit, Diss. München 1922 (gedruckt Wolfen- 
büttel 1926); G. de Saint-Foix, A propos de J.-Chr. 
B., Rev. de musicol. X, 1926 (- Tome VII); Fr. 
Tutenberg, Die Sinfonik J. Chr. B.s, Wolfenbüttel- 
Bln 1928; Ch. S. Terry, J. Chr. B., London 1929; 
(mit Werkverz.) ; A. Wenk, Beiträge zur Kenntnis d. 
Opemschaffens v. J. Chr. B., Diss. Ffm. 1932; H. T. 
Blomstedt, Till kännedomen om J. C. B.s Symfonier, 
STMf XXXIII, 1951; NDB I; K. Geiringer, The 
B. Family, NY u. London 1954, frz. Paris 1955, nid. 
Arnhem 1956; R. Seebandt, Arien typen bei J. Chr. 
B., Diss. Bin (Humboldt-Univ.) 1956, maschr. 

* Bach, Johann Christoph, *8. 12. 1642zu Am- 
stadt, f 31. 3. 1703 zu Eisenach, Sohn des Heinrich 
B., war Schüler seines Vaters und wurde 1663 als 
Organist an die Schloßkapelle in Amstadt, 1665 an 
die Georgenkirche in Eisenach berufen, wo er zu- 
gleich Cembalist der herzoglichen Hofkapelle war 
und 1700 zum Kammermusiker aufrückte. Er ist 
als Komponist die fraglos überragende Gestalt des 

B. sehen Geschlechts seiner Zeit. Die Familienchro- 
nik nennt ihn denn auch den »großen und aus- 
drückenden Componisten«. Unter seinen Werken 
ragen durch Kühnheit der Harmonik und Dichte 
des musikalischen Ausdrucks hervor: die Alt- 
Solo-Kantate Ach, daß ich Wassers g’nug hätte und 
die 15 Variationen für KL über die Aria Eberliniana 
(1690). 

Ausg. : Kantate »Ach, daß ich Wassers g’nug hätte«, 
hrsg. v. M. Schneider, Lpz. 191 1 ; 3 Motetten, hrsg. 
v. V. Junk, Lpz. 1922, eine hrsg. v. K. Straube, 
Lpz. 1924, 2 v. K. Geiringer, NY 1941 u. 2 in RD I; 
Präludium u. Fuge in Es dur (die Fuge irrtümlich 
in BGA XXXVI, vgl. R. Buchmayer in SIMG II), 
Davison-Apel Anth. II, 237; 44 Choräle zum Prä- 
ambulieren f. Org., hrsg. v. M. Fischer, Kassel 1928; 
4 Orgelchoräle hrsg. v. H. Fleischer, The Parish 
Organist, 4 Bde, St. Louis (1953); 15 Variationen für 
Kl. über d. Aria Eberliniana, hrsg. v. C. Freyse, 
Veröff. d. Neuen Bach-Ges. XXXIX, 2, Lpz. 1940; 
Sarabande f. Kl. mit 12 Variationen, hrsg. v. H. 
Riemann, Lpz.; 2 4st. Arien, RD I; 2 Kantaten, hrsg. 
v. M. Schneider, RD II; Biblische Historie »Es 
erhub sich ein Streit« (Offenb. 12, 7-12) sowie 
Praeludium u. Fuge in Es dur bei K. Geiringer, 
Music of the B. Family, Cambridge (Mass.) 1955. 

Lit. : Themat. Kat. v. M. Schneider, Bach-Jb. IV, 
1907. - A. G. Ritter, Gesch. d. Orgelspiels, 2 Bde, 
Lpz. 1884, neu bearb. v. G. Frotscher, Bin 1935-36; 
M. Fischer, Die organistische Improvisation bei J. 
Chr. B., =* Königsberger Studien zur Mw. V, Kassel 
1928; Fr. Rollberg, J. Chr. B., ZfMw XI, 1928/29; 
NDB I, 1953; K. Geiringer, The B. Family, NY u. 
London 1954, frz. Paris, 1955, nid. Arnhem 1956; 

C. Freyse, J. Chr. B., Bach-Jb. XLIII, 1956. 

*Bach, Johann Christoph Friedrich, *21. 6. 
1732 zu Leipzig, f 26. 1. 1795 zu Bückeburg, der 
zweitjüngste Sohn J. S. Bachs, besuchte in Leip- 
zig die Thomasschule, war in der Musik Schü- 
ler seines Vaters und wandte sich an der Universi- 
tät dem Studium der Rechte zu. Nach dem Tod 
des Vaters trat er in die Bückeburger Hofkapelle 
ein, zunächst als Kammermusiker, ab 1758 als 
Konzert- und Kapellmeister. Nur durch Reisen 
unterbrochen, die ihn auch zu seinen Brüdern 
nach Hamburg und London führten, blieb B. bis 
an sein Lebensende am Bückeburger Hof. Hier 
kam er mit J. G. Herder, der 1771-76 als Hof- 
prediger in Bückeburg lebte, in enge persönliche 


73 



Bach 


Berührung und schrieb Kantaten, 3 Oratorien und 
eine (verschollene) Oper auf Texte von Herder. 
Die Bedeutung seiner zahlreichen Kompositionen 
reicht allerdin g s nicht an die seiner Brüder heran; 
hervorzuheben sind: kirchliche und weltliche Kan- 
taten (eine Kantate Die Amerikanerin ist als ein 
Werk von B. durch einen Brief an den Dichter 
Gerstenberg bezeugt), 3 Oratorien auf Texte von 
Herder: Die Kindheit Jesu, Die Auferweckung Laza- 
rus (beide 1773) und Der Fremdling auf Golgatha 
(1776, verschollen); 6 Quartette für FL und Strei- 
cher, eine 4händige Klaviersonate, eine 2 händige 
im Musikalischen Vielerley und Klavierstücke in der 
Sammlung Musikalische Nebenstunden (Rinteln 
1787/88). 

Ausg.: eine GA wurde vom Fürstlichen Institut f. 
mw. Forschung in Bückeburg geplant, wovon jedoch 
nur 3 Bde (Motetten, Klaviersonaten u. Kammer- 
musik) erscheinen konnten (hrsg. v. G. Schünemann). 
- Kantate »Die Amerikanerin«, hrsg. v. G. A. Wal- 
ter, Bin (1920); d. Oratorien »Die Kindheit Jesu« u. 
»Die Auferweckung Lazarus«, hrsg. v. G. Schüne- 
mann, DDT LVI; ein Menuett f. Kl., Rezitativ u. 
Arie aus d. Solokantate »Cassandra« sowie eine So- 
nate f. Fl., V., Va, Vc. u. B.c., hrsg. v. K. Geiringer, 
in: Music of the B. Family, Cambridge (Mass.) 1955; 
Sonaten u. Stücke f. KL, hrsg. v. A. Farrenc, in: 
Le Tr6sor des Pianistes XV, Paris o. J. ; eine Klavier- 
sonate in Tagliapietra Ant. XIII. 

Lit.: Werkverz. v. G. Schünemann in DDT LVI. - 
E. Horstig in Fr. Schlichtegrolls »Nekrolog auf d. 
Jahr 1795« I, Gotha 1797; G. Schünemann, J. Chr. 
Fr. B., Bach-Jb. XI, 1914 (grundlegend); Chr. U. 
v. Ulmenstein, Die Nachkommen d. Bückeburger 
B., AfMf IV, 1939; NDB I, 1953; K. Geiringer, 
The B. Family, NY u. London 1954 (frz. Paris 1955, 
nid. Arnhem 1956) S. 378 ff. 

* Bach, Johann Ernst, * 30. 1. 1722 und f 1. 9. 
1777 zu Eisenach, ein Sohn von J. S. Bachs Vetter 
Joh. Bernhard B., besuchte die Eisenacher Latein- 
schule und die Thomasschule in Leipzig, studierte 
die Rechte und fand bei seinem Patenonkel J. S. 
Bach »manches Jahr liebevolle Aufnahme«. Ab 
1742 war er in Eisenach, zuerst als Amtsadvokat, 
dann als Stellvertreter seines Vaters an der Orgel 
der Georgskirche, wo von 1665 bis 1797 Organisten 
aus Bachischem Geschlecht saßen, und nach dessen 
Tod (1749) als Nachfolger. 1756 übernahm er das 
Kapellmeisteramt der fürstlichen Hofkapelle in 
Weimar. Als Komponist, der auch auf dem Gebiet 
der Kirchenmusik zum »galanten Stil« neigte, trat 
er mit Orgel- und Klavierstücken, 6 Sonaten für 
KL und V. (1770), einem Passions-Oratorium und 
der Vertonung Geliertscher Reimfabeln (Nürnberg 
1749) hervor; auch schrieb er die Vorrede zu J. 
Adlungs Anleitung zu der musikalischen Gelahrtheit 
(Erfurt 1758). Laut Vorrede zum Eisenacher Kir- 
chengesangbuch von 1776 war B. beauftragt, »einen 
sanften, rührenden und durch Töne redenden Kir- 
henjahrgang zur Music zu schreiben, damit einmal 
das Schreiende, das Lärmende, das Brausende aus 
denen Tempeln verdrängt werden möge«. 

Ausg.: Passionsoratorium, hrsg. v. J. Kromoucki, 
DDT XLVI1I; Slg auserlesener Fabeln, hrsg. v. H. 
Kretzschmar in DDT XLII; Violinsonate D dur, 
hrsg. v. A. Küster, NMA II; 2 Sätze aus d. Violin- 
sonate F moll u. 3 Sätze aus Psalm VI bei K. Gei- 
ringer, Music of the B. Family, Cambridge (Mass.) 
1955; Fantasie u. Fuge f. KL bei E. Pauer, Alte 
Meister d. Klavierspiels, Lpz. o. J. ; dies, in Taglia- 
pietra Ant. X1IL 


Lit.: H. Löffler, »Bache« bei Seb. B., B.-Jb. 
XXXVIII, 1949-50; H. Kühn, Vier Organisten Eise- 
nachs aus bachischem Geschlecht, in : B. in Thüringen, 
hrsg. v. Landeskirchenamt d. ev.- luth. Kirche in Thü- 
ringen, Bin 1950; NDB I, 1953; K. Geiringer, The 
B. Family, NY u. London 1954 (frz. Paris 1955, ndl. 
Arnhem 1956). 

* Bach, Johann Gottfried Bernhard, * 11. 5. 
1715 zu Weimar, f 27. 5 * 1739 211 J ena > dritter 
Sohn J. S. Bachs, war wie Wilhelm Friedemann B. 
musikalisch reich beanlagt, aber zu ernster Arbeit 
unfähig. Er hatte 1735-36 eine Organistenstelle in 
Mühlhausen inne, kam dann nach Sangerhausen, 
entzog sich aber nach einem Jahr seinen Gläubigem 
durch die Flucht. 

Lit.: Fr. Schmidt, Vier aufgefundene Original- 
Briefe v. J. S. B., ZIMG III, 1901/02. 

*Bach, Johann Jakob, * 9. 2. 1682 zu Eisenach, 
f 1722 zu Stockholm, J. S. B.s Licblingsbruder, 
besuchte die Eisenacher Lateinschule bis 1795, war 
dann ein Tahr in Ohrdruf und ließ sich 1706 in 
schwedischen Dienst anwerben. J. S. B. schrieb 
zum Abschied von ihm sein Capriccio sopra La 
lontananza del suo fratello dilettissimo mit einer Aria 
di Postiglione (Originalhandschrift verschollen). 
Ein bewegtes Leben führte B. mit der schwedischen 
Armee durch Europa. In Konstantinopel nahm er 
noch Unterricht bei dem französischen Flötisten 
G. P. Buffardin, dem nachmaligen Mitglied der 
Dresdner Hofkapelle; ab 1712 gehörte B. der 
schwedischen Hofkapelle in Stockholm an. 

Lit.: J. Rausch, Der Stockholmer B., Bach- Fest-Buch 
XXVI, 1939; NDB 1, 1953; A. Protz in Mf X, 1957, 
S. 405 ff. 

* Bach, Johann Ludwig, der sogenannte »Mei- 
ninger Bach«, * 4. 2. 1677 zu Thal, f 1- 3. 1731 zu 
Meiningen. J. S. Bach schätzte die Komposi- 
tionen seines Meininger Vetters so hoch, daß er 
noch als Thomaskantor nicht weniger als 18 Kan- 
taten von B. in Partitur kopierte und die Stimmen 
ausschrieb (Verzeichnis davon in GA J. S. Bach 
XLI, S. 275 f.). Von seinen Kompositionen scheint 
vieles verlorengegangen zu sein. Nachweisbar 
sind Kantaten, Motetten, eine Passion aus dem 
Jahr 1713 und eine Orchestersuite. 

Ausg.: eine Orchestersuite, Wien 1931; Beispiele aus 
der doppelchörigen Motette »Gott sey uns gnädig« 
(mit Instrumenten) sowie aus der groß angelegten 
»Trauer Music« auf den Tod des Herzogs Ernst 
Ludwig von Meiningen (1724) bei K. Geiringer, 
Music of the B. Family, Cambridge (Mass.) 1955. 
Lit: P. Bach, Die Meininger Bache, in: J. S. Bach in 
Thüringen, Weimar 1950; K. Geiringer, The B. 
Family, NY u. London 1954 (frz. Paris 1955, nid. 
Arnhem 1956), S. 104 ff. 

*Bach, Johann Michael, * 9. 8. 1648 zu Am- 
stadt, f 17. 5. 1694 zu Gehren bei Arnstadt, Bruder 
von Johann Christoph B., war ab 1673 Organist 
und Stadtschrciber zu Gehren. Als Organist folgte 
er J. Eff ler (f 1713 zu Jena) nach, dem nachmaligen 
Organisten der Schloßkirche zu Weimar, wo Jo- 
hann Sebastian B. sein Nachfolger war. J. M. B.s 
jüngste Tochter, Maria Barbara, wurde J. S. B.s 
erste Frau, die Mutter Wilhelm Friedemann und 
Carl Philipp Emanuel Bachs. Von J. M. B. sind 
bemerkenswerte Orgelchoräle, Kantaten und Mo- 
tetten erhalten. 


74 



Bach 


Ausg.: Orgelchoräle bei: A. G. Ritter, Zur Gesch. d. 
Orgelspiels 11, Lpz. 1884; ders. (mit Körner), Orgel- 
freund VI ; K. Straube, Choral Vorspiele alter Meister, 
Lpz. 1907; G. Frotscher, RD IX; H. Fleischer, 
The Parish Organist IV, St. Louis (1953); ein Choral- 
vorspiel, Choralvariationen u. eine Motette, hrsg. v. 
K. Geiringer, in: Music of the B. Family, Cambridge 
(Mass.) 1955; 11 Motetten, hrsg. v. M. Schneider in 
RD I ; 3 Motetten, hrsg. v. M. Seiffert in DDT 1L/L; 
5 Kantaten, hrsg. v. M. Schneider in RD II. 

Lit.: Werkverz. v. M. Schneider, Bach-Jb. IV, 1907.- 
F. Wiegand, Die Amstädter Bache, in: J. S. Bach u. 
seine Verwandten in Amstadt, Arastadt 1950; W. 
Martini, Die Gehrener Bache, in: J. S. B. in Thü- 
ringen, Weimar 1950; NDB I, 1953; K. Geiringer, 
The B. Family, NY u. London 1954 (frz. Paris 1955, 
nid. Arabern 1956), S. 38 ff. 

*Bach, Johann Nikolaus, * 10.10.1669 zu 
Eisenach, f 4. 11. 1753 zu Jena, Sohn und Schüler 
von Johann Christoph B., besuchte die Eisenacher 
Lateinschule bis 1689, war dann Schüler des Jenaer 
Stadtorganisten J. M. Knüpfer, eines Sohnes von 
S. Knüpfer, und wurde nach einer Italienreise 1696 
dessen Nachfolger als Organist der Stadtkirche 
und zugleich der Kollegiatkirche in Jena. Sein 
Schüler Fr. E. Niedt, der 1694 an der Universität 
Jena immatrikuliert wurde, schrieb eine General- 
baß- und Kompositionslehre »Musikalische Hand- 
leitung« (Hamburg 1700), die J. S. B. seinem Unter- 
richt zugrunde legte. Bekannt war J. N. B. auch 
durch sein dem Klang einer Laute täuschend ähn- 
liches Lautenwerk, das er »in Form eines Clavi- 
cymbels« baute (vgl. J. Adlung, Musica mechanica 
organoedi II, Berlin 1768, S. 135 ff.). Von seinen 
Kompositionen sind erhalten eine Kurzmesse und 
ein Singspiel Der jenaische Wein - und Bierrufer f in 
der Form eines Quodlibets über Jenaer Studenten- 
bräuche. 

Ausg.: Kurzmesse, hrsg. v. V. Junk, = Die Kunst 
des Bachschen Geschlechts II, Lpz. 1920; Singspiel 
»Der jenaische Wein- u. Bierrufer«, hrsg. v. Fr. 
Stein, = Die Kunst des Bachschen Geschlechts III, 
Lpz. 1921; einige Stücke auch bei: K. Geiringfr, 
Music of the B. Family, Cambridge (Mass.) 1955. 
Lit.: H. Koch, Der Jenaer B., in: Bach in Thüringen, 
hrsg. v. Landeskirchenamt der ev.-luth. Kirche in 
Thüringen, Bin 1950; NDB I, 1953; K. Geiringer, 
The B. Family, NY u. London 1954 (frz. Paris 1955, 
nid, Arnhem 1956), S. 87 ff. 

*Bach, Johann Sebastian, * 21. 3. 1685 zu 
Eisenach, f 28. 7. 1750 zu Leipzig. Der Vater, Jo- 
hann Ambrosius B. (* 22. 2. 1645 zu Erfurt, f 28. 1. 
1695 zu Eisenach), kam 1667 zur Erfurter Rats- 
musik, heiratete am 8. 4. 1668 die Tochter eines 
Erfurter »Ratsverwandten«, Elisabeth Läm- 
merhirt (* 24. 2. 1644 zu Erfurt, t 3. 5. 1694 zu 
Eisenach), und wurde 1671 Stadt- und Hofmusiker 
in Eisenach. Er vertritt den vom Spielmannstum 
herkommenden Zweig der Familientradition. 1685, 
als Sebastian geboren wurde, lebten im Hause des 
Ambrosius und Geburtshaus Sebastians am Frauen- 
plan in Eisenach sechs Kinder, vier Jungen und 
zwei Mädchen. Vom Vater erhielt Sebastian tradi- 
tionsgemäß die erste Unterweisung in der Bläser- 
und Streicherkunst des Stadtpfeifers. B. besuchte 
die Lateinschule seiner Vaterstadt, wo er in der 
Schulkantorei (unter dem Kantor A. Chr. Dede- 
kind) und Kurrende (wie an derselben Schule einst 
M. Luther) die Anfangsgründe der Musik und 
des Kirchengesangs lernte. Vom Vetter des Vaters, 


->J. Christoph Bach, der Organist an der Georgen- 
kirche und ein bedeutender Komponist war, emp- 
fing der junge Sebastian nachhaltige Eindrücke 
von der großen Kirchen- und Orgelkunst seiner 
Zeit. Mit neun Jahren verlor B. die Mutter, mit 
zehn den Vater und kam nach Ohrdruf zu seinem 
Bruder Johann Christoph Bach (1671-1721), 
der eine dreijährige Lehre bei dem fränkischen 
Orgelmeister J. Pachelbel in Erfurt durchgemacht 
hatte, bevor er Organist in Erfurt, Amstadt und 
Ohrdruf wurde. In der Ohrdrufer Lateinschule 
wurde B. in die Reihe der älteren »Novitii« als 
Primus aufgenommen und trug, wie schon in 
Eisenach, als Mitglied der Kantorei und Kurrende 
zu seinem Lebensunterhalt bei. Der Bruder ver- 
mittelte ihm die bedeutende Kunst Pachelbels im 
Orgel- und Klavierspiel und in der Komposition. 
Wegen der Enge im Hause des Bruders empfahl 
der Ohrdrufer Kantor E. Herda, ein ehemaliger 
Schüler der St. Michaelisschule in Lüneburg, B. an 
den dortigen Kantor. So kam B., zusammen mit 
einem Ohrdrufer Mitschüler und Freund G. Erd- 
mann, 1700 nach Lüneburg als Alumnus des Mi- 
chaelisklosters. In Lüneburg wirkten die beiden 
thüringischen Organisten G. Böhm undj. J. Löwe. 
Von hier aus machte B. mehrmals Ausflüge nach 
Hamburg, um die hanseatische Orgelkunst und 
Orgelbaukunst an der Quelle zu studieren. Der 
greise J. A. Reinken, dem B. in Hamburg vor- 
spielte, bezeugte ihm die Beherrschung der alten 
niederländischen Orgelkünste. An der Lüneburger 
Ritterakademie lag der Musikunterricht des jungen 
Adels in der Hand eines französischen Tanzmei- 
sters, der zugleich Geiger an der Hofkapelle im 
nahen Celle war. Durch ihn lernte B. die zeit- 

f enössische Instrumental-, Ballett- und Opem- 
unst Frankreichs kennen. 

Seine erste Anstellung erhielt B. 1703 in der Privat- 
kapelle des Herzogs Johann Emst von Weimar, 
blieb aber nur wenige Monate dort, um im glei- 
chen Jahr die Organistenstelle an der Neuen Kirche 
in Amstadt anzunehmen. Von hier aus unternahm 
der Lernbegierige eine Fußreise nach Lübeck zu 
D. Buxtehude, dem Organisten von St. Marien, 
die ihn in Konflikt mit seiner Kirchenbehörde 
brachte, weil er seinen Urlaub in Lüneburg weit 
überschritten hatte. Durch den Tod von J. G. Ahle 
wurde 1706 die Organistenstelle zu St. Blasius in 
Mühlhausen frei, die B. 1707 übernahm. Er heira- 
tete seine Cousine 2. Grades, Maria Barbara 
(1684-1720), Tochter des Johann Michael Bach aus 
Amstadt. Aus dieser Ehe sind sieben Kinder her- 
vorgegangen. 1708 kehrte B. nach Weimar zu- 
rück, wo er die Stelle eines Hoforganisten und 
Kammermusikers bekleidete und 1714, nachdem 
er eine Berufung zum Organisten der Marktkirche 
in Halle (Saale) abgelehnt hatte, zum Hofkonzert- 
meister ernannt wurde. Diese Weimarer Jahre sei- 
ner ersten Meisterschaft bedeuten einen ersten 
Höhepunkt im Schaffen und Lehren B.s. Fracht- 
bar erwies sich auch die Zusammenarbeit mit sei- 
nem Altersgenossen und Freund sowie Vetter 
2. Grades, dem aus Erfurt gebürtigen J. G. Wal- 
ther, der ab 1707 bis zu seinem Tod (1748) Orga- 
nist der Stadtkirche St. Peter und Paul in Weimar 
war. Bei dessen ältestem Sohn vertrat B. die Paten- 
stelle. Walther ist nicht nur als namhafter Kompo- 
nist, sondern auch als Verfasser von Praecepta der 


75 



Bach 


Musicalischen Composition (1707) und eines bedeu- 
tenden Musicalischen Lexicons (1732) hervorgetre- 
ten. Beide Werke sind für das Verständnis der 
Grundlagen von B.s Kunst von Bedeutung, wenn 
auch die strenge Weimarer Hofzensur eine aus- 
führliche Behandlung der Person B.s in Walthers 
Lexikon nicht zuließ. In Weimar war B.s Neffe 
Johann Bernhard Bach sein Schüler. Wegen eines 
heftigen Konfliktes mit seinem Herzog verließ 
B. 1717 Weimar und ging als Hofkapellmeister 
nach Köthen. Hier fühlte er sich auf dem Gipfel 
seines Lebens und Wirkens. Zum Gebrauch in der 
Hofkapelle des Fürsten Leopold von Anhalt ent-, 
standen zukunftweisende Werke, die B. als Weg- 
bereiter einer neuen Zeit zeigen. Ein Jahr nach dem 
Tod seiner ersten Frau heiratete B. Anna Magda- 
lena (1701-60), Tochter des Hoftrompeters J. C. 
Wilcken in Zeitz, später Weißenfels. Aus dieser 
Ehe sind sechs Söhne und sieben Töchter hervor- 

f egangen. Drei Notenbücher, eines für den ältesten 
onn Wilhelm Friedemann (1720), zwei für Anna 
Magdalena (1722 und 1725), zeugen von dem 
Geist der Musikpflege im Hause B.s. In Köthen 
entstanden weiterhin Schöpfungen, die B. als An- 
leitungen zum Nachformen von Werkvorlagen 
schrieb, durch die der Lernbegierige »einen stark- 
ken Vorschmack von der Composition überkom- 
men« und angeleitet werden sollte, »anbey auch 
zugleich gute Inventiones nicht alleine zu bekom- 
men, sondern auch selbige wohl durchzuführen« . 
Als im Jahr 1722 durch den Tod des Thomaskan- 
tors J. Kuhnau seine beiden Ämter an der Schule 
St. Thomae in Leipzig und als Director musices, 
dem die Musikpflege in den Hauptkirchen der 
Stadt oblag, frei geworden waren und nachdem 
die drei in ihrer Zeit berühmtesten Komponisten 
und Hofkapellmeister, G. Ph. Telemann, T. Fr. 
Fasch und Chr. Graupner, nach langen Verhand- 
lungen nicht zu gewinnen waren. Sei die Wahl 
schließlich 1723 auf B. Angesichts des Aufstiegs des 
höfischen Musikwesens mit seinen reichen Ent- 
faltungsmöglichkeiten für den Musiker mußte B. 
den Wechsel vom Hofkapellmeister zum Schul- 
kantor als sozialen Abstieg empfinden. »Ob es mir 
nunzwar anfänglich gar nicht anständig scyn 
wollte, aus einem Capellmeister ein Cantor zu 
werden«, so habe ich es doch »in des Höchsten 
Nahmen« gewagt, schreibt B. am 28. 10. 1730 an 
seinen Jugendfreund G. Erdmann in Danzig. Der 
allgemeine Niedergang des Kantoren tums machte 
jenen Wechsel, trotz praktischer Erwägungen 
einer in Aussicht gestellten Verbesserung seiner 
wirtschaftlichen Lage, für B. nur noch schwieriger 
und zu einer existentiellen Entscheidung für ihn 
und sein Lebenswerk, ja für die europäische Musik- 
geschichte. Dazu kam, daß ein Schulmann und 
Neuhumanist vom Rang des Altphilologen J. M. 
Gesner, dem B. von Weimar her befreundet war, 
1730 das Rektoramt der Thomasschule übernom- 
men hatte. Dieser dachte an eine Erneuerung der 
refonnatorischen Lateinschulidee mit der Kirchen- 
musik im Mittelpunkt von Erziehung und Unter- 
richt, bevor er 1734 an die Universität Göttingen 
berufen wurde. B. fühlte sich in seinem Vorhaben 
bestärkt, den gewagten Versuch durchzuführen, 
Musik und Musizieren noch einmal unter den reli- 
giös-kirchlichen Gesichtspunkt zu fassen. Aber 
schon Gesners Nachfolger, J. A. Emesti, verkör- 


perte das neuhumanistische Büdungsideal mit sei- 
nen aufgeklärten Schulzwecken. Der Neuhuma- 
nismus entfremdete sich den kirchlichen Formen 
und bot nur noch wenig Raum für die Musik in 
der Schule. So kam es zu Mißhelligkeiten zwischen 
Kantor und Rektor der Thomasschule. Dagegen 
fand B.s Kunst in den musikliebenden Kreisen des 
kursächsischen Hofadels in Dresden und Leipzig 
beachtliche Anerkennung und Pflege. Die Reichs- 
grafen von Keyserlingk, von Flemming, von 
Sporck und der Minister Graf Brühl gehörten zu 
B.s Gönnern. Aber auch diese Beziehungen er- 
lahmten seit dem kursächsisch-brandenburgischen 
Gegensatz nach dem Tod Augusts des Starken 
(1733) und der sich anbahnenden Überflügelung 
Kursachsens, des alten patriarchalischen Kirchen- 
staates des Luthertums, durch den emporkommen- 
den weltlichen Machtstaat Brandenburg-Preußen. 
Zwar brachten jene Beziehungen dem Thomas- 
kantor, nachdem er für dieErbhuldigung des neuen 
Kurfürsten seine H-moll-Messe geschrieben hatte, 
noch den erstrebten Titel, den er mit Genugtuung 
zu unterzeichnen pflegte: Königlich Pohlnischcr und 
Chur Saechssischer Hoff-Compositeur , Capellmeister 
und Director Chori Musici Lipsiensis , und vermittel- 
ten B. seinen denkwürdigen Besuch bei König 
Friedrich II. in Potsdam. 

Jedoch immer mehr zog B. sich auf sein Kantor- 
amt und in seine Komponierstube der Thomas- 
schule zurück. Was deswegen von Vereinsamung 
und Verbitterung infolge Unverständnis oder gar 
von Resignation und tragischer Gebärde B.s gesagt 
worden ist, sind Erfindungen aus der Perspektive 
des Künstlertums im Zeitalter der Empfindsam- 
keit und der Romantik. Vielmehr erblickte B. in 
seinem künsdcrischcn Schaffen und Wirken weni- 
ger eine persönliche Leistung als vielmehr eine 
Frucht geduldigen Fleißes, Lernens und Einübens, 
nicht zuletzt göttlicher Fügung und Gnade. 
»Wenn er biswcüen gefragt wurde, wie er cs an- 
gefangen habe, der Kunst in einem so hohen 
Grade mächtig zu werden, antwortete er gewöhn- 
lich: Ich habe fleißig scyn müssen; wer eben so 
fleißig ist, der wird es ebenso weit bringen können. 
Auf seine großem angebohmen Gaben schien er 
nichts zu rechnen« (J. N. Forkel, Kapitel VIII). In 
dem einzigen ausführlicheren Brief von 1730, der 
aus B.s Hand erhalten ist, und der den Schleier 
etwas lüftet, der über dem privaten Dasein des 
Meisters gebreitet liegt, berichtet er an seinen Ju- 
gendfreund G. Erdmann über sein Hauskonzert 
mit Frau und Kindern, das ihm wichtiger erschien 
als das eigene Schaffen. Sein Künstlerstolz war zu- 
gleich Familienstolz, indem er sein Leben als eine 
Wiederholung des Lebens seiner Väter betrachtete. 
So sammelte er nach dem Vorbüd seines Vaters die 
Kompositionen der Vorfahren (vgl. da sAltbachische 
Archiv , herausgegeben vonM. Schneider, RD I und 
II, mit Motetten, Chorlicdcm und Kantaten von 
Söhnen und Enkeln des Hans B.). - Es ist bemer- 
kenswert, daß B. unter den Streichinstrumenten 
der Leipziger Zeit die absterbende Viola in Tcnor- 
lage vermißte und deshalb 1724 (nach E. L. Gerber) 
den Leipziger Hofinstrumcntenmachcr J. Chr. 
Hoffinann (1683-1750) veranlaßte, eine fünfsaitige 
Viola vomposa zu bauen, die unter dem Namen Vio- 
loncello piccolo in einer Reihe von Leipziger Kantaten 
vorkommt (vgl. H.Husmann, Die Viola pomposa. 


76 



Bach 


Bach-Jahrbuch XXXIII, 1936, und H. Besseler, 
Zum Problem der Tenorgeige, Heidelberg 1949). 
Wie B. ehedem als Hofkapellmeister eine weite 
Zukunft vorausgenommen hatte, so schloß er als 
Thomaskantor das Vermächtnis einer reichen Ver- 
gangenheit ab. Musik als gültige Lehre, als Ars 
musica im weitesten und ursprünglichsten Sinn der 
barocken Form ihrer Überlieferung war das Hoch- 
ziel der letzten Schöpfungen B.s »Dem Höchsten 
Gott allein zu Ehren, dem Nechsten, draus sich zu 
belehren« , wie es schon im Titel des Orgelbüchleins 
(1717) hieß. Für B. ist das musikalische Kunstwerk 
zugleich Lehrwerk und das musikalische Lehr- 
werk zugleich Kunstwerk; ihm stand daher die 
handwerklich-künstlerische Lehr- und Lembarkeit 
der Musik außer allem Zweifel. Das Musicalische 
Opfer ist von ihm selbst als Ars canonica , d. h. Lehre 
vom Kanon, bezeichnet worden. Auch die Kunst 
der Fuge , deren Titel nicht von B. stammt, darf eine 
Lehre von der Fuge in des Wortes höchster Be- 
deutung heißen. Jedoch waren diese kontrapunk- 
tischen Formen längst dem Untergang verfallen. 
Mattheson eifert 1740 gegen die »künstlichen Fu- 
gen und ausgeklaubten Partiten« , um die mensch- 
lich »sprechende« , herzbewegende Melodie um so 
mehr zu rühmen. Den neuen künstlerischen und 
pädagogischen Bestrebungen, die dem »Natür- 
lichen« einer gefühlsbetonten Empfindsamkeit in 
der Musik huldigten, setzte B. sein hintergründiges 
spekulatives Musikdenken, in dem die Zahlen- 
semantik eine Rolle spielt, und seine Kontrapunkt- 
künste entgegen. Deshalb trat er der Correspon - 
direnden Societät der musicalischen Wissenschaßen bei, 
die sein Schüler L. Chr. Mizler 1738 ins Leben ge- 
rufen hatte. Zur Aufnahme in diese musikgelehrte 
Gesellschaft schrieb B. 1747 seinen kunstreichen 
Variationszyklus für Orgel über den Weihnachts- 
choral »Vom Himmel noch, da komm ich her« 
und überreichte den Mitgliedern der Sozietät einen 
Rätselkanon in der Form eines sechsstimmigen Ca- 
non triplex, der auf dem BüdnisB.s wiedergegeben 
ist, das der Hofmaler E. G. Haussmann für die So- 
zietät gemalt hat. 

Die letzten drei Jahre quälte B. ein Augenleiden, 
das seine Sehkraft allmählich vernichtete und zur 
Erblindung führte. B. wurde am 31. 7. 1750 an der 
Südmaucr der Johanniskirche in Leipzig beigesetzt. 
Ein Nachruf-Sonett von Telcmann hebt die für 
seine Zeit wesentlichen Züge im Bild des Thomas- 
kantors hervor: den großen Meister des Kontra- 
punkts und der Orgelkunst, den erfindungsreichen 
Improvisator und den Lehrmeister bedeutender 
Söhne und Schüler. - B.s Grabstätte war bald ver- 
gessen. Am 28. 7. 1949 wurde der Sarg mit B.s 
Gebeinen in den Chorraum der Thomaskirche 
übergeführt. Seine Frau Anna Magdalena überlebte 
Bach zehn Jahre und starb in Leipzig in dürftigen 
Verhältnissen als »Almosenfrau«. Für B.s jüngste 
Tochter, die gleichfalls im Alter darbte, sammelten 
Fr. Rochlitz und Breitkopf & Härtel eine Geld- 
unterstützung, an der kein Geringerer als Beetho- 
ven sich mit den Einnahmai aus seinem Orato- 
rium »Christus am Oelberge« beteiligte. 

Ein Überblick über die Werke B.s gliedert sich, 
den Stationen seines Lebensweges entsprechend, in 
fünf Gruppen. Eine vollständige Aufzählung bei 
W. Schmiedcr, Thematisch-systetnatisches Ver- 
zeichnis der Werke J. S. B.s, Leipzig 1950. 


1. Werkgruppe (bis 1708). Der junge Organist 
erprobt sich an dem überkommenen Formen- 
schatz von Instrumental- und Vokalmusik und 
schreibt Orgelpartiten, Präludien und Fugen, Toc- 
caten, Canzonen, Fantasien, Sonaten (alten Stils). 
Unter den Geistlichen Konzerten (Kantaten alten 
Stils mit Ariosi Buxtehudescher Prägung) sind zu 
nennen : Denn Du wirst meine Seele nicht in der Hölle 
lassen (Nr 15, 1703), Aus der Tiefe rufe ick , Herr , 
zu Dir (Nr 131, 1707), Gottes Zeit ist die allerbeste 
Zeit (Actus tragicus; Nr 106, 1707), Gott ist mein 
König (zur Ratswahl; Nr 71, 1708), Der Herr den- 
ket an uns (Nr 196, 1708), Christ lag in Todesbanden 
(Choralvariation »per omnes versus« ; Nr 4, viel- 
leicht 1708). In diese Zeit gehört auch das bekannte 
Capriccio sopra la lontananza del suo fratello dilet- 
tissimo für Cembalo (Abschied von Joh. Jakob B., 
Amstadt 1704). 

2. Werkgruppe (bis 1717). Auf dem Weg von 
der Motette und dem geistlichen Konzert zur 
Kantate begegnete B. der Textreform des luthe- 
rischen Hofgeistlichen E. Neumeister, der nach 
dem Vorbild der Oper am Weißenfelser Hof be- 
sorgt war, daß die geistliche Kantate »nicht anders 
aussieht als ein Stück aus einer Opera, vom Stylo 
redtativo und Arien zusammengesetzt« (1704). 
Dabei traten Bibelwort, Strophenlied und Schluß- 
choral zugunsten von Rezitativ und Arie zunächst 
ganz zurück, um aber als Gegengewicht gegen die 
freie »madrigalische« Dichtung am Anfang und 
Schluß der Kantate bald wieder aufgenommen zu 
werden. Dieser Reform schloß sich Salomon 
Franck an, Bibliothekar und Hausdichter am 
Hofe und Sekretär am Konsistorium in Weimar, 
von dessen Klantatendichtungen B. 21 vertont hat. 
Zu den Kantaten dieser Gruppe gehören: Weinen , 
Klagen (Nr 12, 1714), Ich hatte viel Bekümmernis 
(Nr 21, 1714), Nun komm , der Heiden Heiland 
(Nr 61, 1714), Der Himmel lacht (Nr 31, 1715), 
Komm , du süße Todesstunde (Nr 161, 1715). Zu den 
zukunfts trächtigsten Schöpfungen, in denen B. 
den eigenen Stil seiner Musik gefunden hat, ge- 
hören die Passacaglia C moll für Orgel (um 1717) 
und das als Anleitung zur Choralbearbeitung ent- 
standene Orgel-Büchlein (1717) mit 45 Orgelchorä- 
len von einheitlichem Gepräge, wobei B. den Stil 
der Liedvariation und Cnoralpartita von Buxte- 
hude, Johann Michael Bach, J. Pachelbei, G. Böhm 
und Johann Bernhard Bach auf die Choralbear- 
beitung für Orgel überträgt. 

3. Werkgruppe (bis 1723). Neben 17 Kantaten 
treten Sonaten, Suiten und Concerti (ohne strenge 
Trennung zwischen orchestraler und kammer- 
musikalischer Besetzung): 3 Sonaten und 3 Par- 
titen für V. solo (in Partita II, D moll, als Schluß- 
satz die berühmte Chaconne), 6 Suiten für Vc. 
(die 6. für Viola pomposa) solo; 6 Sonaten für 
V., 3 für Querflöte, 3 für Viola da Gamba mit 
obligatem Cemb. ; die Orchester-Ouvertüren in 
C dur und H moll (mit Soloflöte), die beiden Vio- 
linkonzerte (A moll und E dur), das Konzert für 
2 V. (D moll), 6 (Brandenburgische) Concerti 
grossi (1721; I mit 2 Comi da caccia, 3 Ob., 
Fag. und Violino piccolo, Fdur; II mit Trp., 
Fl., Ob. und V., F dur; III für 3 V., 3 Va, 3 Vc. 
und B.c., G dur; IV mit V. und 2 Fl., G dur; 
V mit Querflöte, V. und Cemb., D dur; VI für 
2 Va, 2 Gamben, Vc. und B.c., B dur), 15 2st. 


77 



Bach 


Inventionen und 15 3st. Sinfonien für Kl. (1720-23), 
Das wohl temperirte Clavier I, mit 24 Präludien und 
Fugen in jeder Dur- und Moll-Tonart (1722) und 
die Johannespassion , nach dem VorbÜd von Han- 
dels Tohannespassion von 1704 (Erstaufführung am 
Karfreitag 1723 in der Thomaskirche zu Leipzig). 
Von den etwa 40 weltlichen Kantaten, die B. zu 
Gratuladons-, Fest- und Huldigungszweck cn ge- 
schrieben hat, seien angeführt: Was mir behagt 
(Jagdkantate, Nr 208, 1716), Entfliehet , verschwin- 
det, entweichet (Tafelmusik, Nr 249a, 1725), 
Schweigt stille, plaudert nicht (Kaffeekantate, Nr 211, 
um 1732), Preise dein Glücke, gesegnetes Sachsen 
(Nr 215, 1734), Merhahn en neue Oberkeet (Bauem- 
kantate, Nr 212, 1742). Die musikalische Stilein- 
heit zwischen dem geistlichen und dem weltlichen 
Kantatenwerk geht schon daraus hervor, daß B. 
nicht die geringsten Bedenken trug, einer welt- 
lichen Komposition geistliche Texte zu unter- 
legen und sie in der umtextierten Fassung (Parodie) 
in der Kirche zu verwenden. Wie denn überhaupt 
der Gegensatz geistlich-weltlich fürB. noch keines- 
wegs ein abschließender, sondern ein graduell zu- 
geordneter war. Die Sprachmächtigkeit der wort- 
gebundenen Kunst B.s freilich, seine »musikalische 
Oratorie« (A. Schmitz), entfaltet sich am kraftvoll- 
sten in der Kirchenmusik. 

4. Werkgruppe (bis 1735). Die großen zykli- 
schen Instrumental- und Vokalkompositionen, 
Orgel- und Klavierwerke und Kirchenkantaten. 
Zu letzteren gehören: Sie werden aus Saba alle 
kommen (Nr. 65, 1724), Es erhub sich ein Streit (Nr 
19, 1726), Ein * feste Burg ist unser Gott (Nr 80, 

1730) , Wachet auf, ruft uns die Stimme (Nr 140, 

1731) , das MagnÜBcat (1723), die 5st. Choralmo- 
tette Jesu, meine Freude (1723), die Kantate zur 
Orgelweihe Höchsterwünschtes Freudenfest (Nr 194, 
1723), die Trauer-Ode auf das Ableben der Ge- 
mahlin Augusts des Starken Laß , Fürstin , laß noch 
einen Strahl (Text von J. Chr. Gottsched, Musik 
für Chor, Soli und Orch. nach italienischer Art, 
aufgeführt in der Universitätskirche St. Pauli zu 
Leipzig; Nr 198, 1727) und das Weihnachtsorato- 
rium (6 Kantatenparodien, 1734). Ferner sind aus 
dieser Zeit zu nennen: die Matthäuspassion (Erst- 
aufführung am Karfreitag 1729 in der Thomas- 
kirche zu Leipzig), die H-moll-Messe (1733), 6 So- 
naten für Örg. (nach 1727), Clavier-Ubung I 
(1731, 6 Partiten) und II (1735, Italienisches Kon- 
zert und H-moll-Ouvertüre), die gigantische (3tei- 
lige) Chromatische Fantasie und Fuge (um 1720, end- 
gültige Fassung 1730), die bisher unerhörte har- 
monische Kräfte zur Darstellung des »affectus co- 
lericus« entfesselt; die 2 Ordnester-Ouvertüren 
in D dur (1733-34), die 13 Klavierkonzerte (zum 
größeren Teil Bearbeitungen eigener und fremder 
Werke; 7 für ein KL, 3 für 2 Kl., 2 für 3 KL, eines 
für 4 KL und Orch.; 1727-37); das Tripelkonzert 
A moll für FL, V., Cemb. und Orch. (1730). 

5. Werkgruppe (bis 1750). Die letzten Schöp- 
fungen Bachs zeigen ein Äußerstes an kontra- 
punktischen Künsten und an tiefsinniger Kombi- 
nation von Cantus-firmus-, Kanon-, Fugen- und 
Variations-Prinzip. Hierzu gehören die späten 
Choralkantaten (nach neuen Forschungen vermut- 
lich 1724/25), von denen nur die folgenden ge- 
nannt seien: für den 1. Weihnachtstag Gelobet seist 
du, Jesu Christ (Nr 91), 2. Weihnachtstag Christum 


wir sollen loben schon (Nr 121), Sonntag Sexagesi- 
mae Erhalt ’ uns, Herr \ bei deinem Wort (Nr 126), 
21. Sonntag nach Trinitatis Aus tiefer Not schrei * ich 
zu dir (Nr 38), Mariae Reinigung Mit Fried * und 
Freud 9 ich fahr dahin (Nr 125), Johannistag Christ 
unser Herr zum Jordan kam (Nr 7). Dazu kommen 
so einzigartige Werke wie die Choralmotette mit 
obligaten Bläsern O Jesu Christ, mein's Lebens Licht 
(zur Trauerfeier für den Reichsgrafen von Flem- 
ming in der Universitätskirche St. Pauli zu Leip- 
zig, 1740), 4 Kurzmessen (1737-40), geistliche Lie- 
der aus Schemellis » Musical ischem Gesang-Buch« 
(Leipzig 1736), Clavier-Übung III (1739, Orgel- 
choräle, Präludium und Tripelfuge Es dur, 4 
Duette) und IV (1742, Aria mit verschiedenen [30] 
Veraenderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen , 
die sog. Gk>ldberg- Variationen), das Wohltemperierte 
Klavier II (abgeschlossen 1744), - als ein besonders 
eindrückliches Beispiel der gesammelten Kunst des 
späten B. sei die Orgelfuge C dur (1744; GA XV, 
S. 232) erwähnt -, Einige canonischc Veraenderungen 
über das Weynacht-Lied : Vom Himmel hoch da komm 
ich her, vor die Orgel mit 2 Clavieren und dem Pedal 
(1746/47), Musicalisches Opfer (1747), die letzten 
Kanons und Orgelchoräle »von verschiedener 
Art« sowie die Kirnst der Fuge (1749/50), in denen 
B. die verschiedenen kontrapunktischcn Bearbei- 
tungsarten eines Subjectum exemplifiziert. 

Von B.s Lebenswerk ist nicht viel mehr als die 
Hälfte der ehemals vorhandenen Werke auf uns 
gekommen, von den 5 Jahrgängen Kirchenkan- 
taten nicht mehr als etwa 200, von den 5 Passionen 
zwei. Der Verlust an nicht-kirchlichen Werken 
muß noch größer angenommen werden. Das noch 
Vorhandene hat die alte Bach-Gescllschaft (1850 bis 
1900) in einer Vollständigen kritischen Ausgabe aller 
Werke B.s in 46 umfangreichen Foliobänden hcr- 
ausgegeben. Eine Neue Bach-Gescllschaft die 1900 
ins Leben trat, stellte sich die Aufgabe, die Werke 
B.s durch Ausgaben für den praktischen Gebrauch 
und Veranstaltungen von B .-Festen zu verbreiten. 
Bisher haben 35 solcher B.-Fcste stattgefunden, 
zuletzt 1955 in Leipzig, 1956 in Lüneburg, 1957 
in Eisenach, 1958 in Stuttgart. Besonders hervor- 
zuheben sind die Leipziger B.-Fcste, die Karl 
Straube 1908 bis 1939 mit dem Leipziger B.-Ver- 
ein veranstaltet hat. Die NBG gibt seit 1904 ein 
Bach-Jahrbuch heraus, (durch A. Schering, seit 1940 
durch M. Schneider, seit 1953 durch A. Dürr und 
W. Neumann). Die NBG kaufte B.s Geburtshaus 
in Eisenach und legte darin ein B.-Muscum an 
(mit wertvoller Sammlung alter Musikinstru- 
mente, Verzeichnis von E. Buhle, Leipzig 1913, 
31939). 1946 wurde in Schaffhausen (Schweiz) eine 
Internationale Bach-Gesellschaft gegründet, deren 
Präsidium Albert Schweitzer übernommen hat. 
Eine neue Gesamtausgabe der Werke B.s, die eine 
Wiedergabe jedes Werkes in allen seinen authen- 
tischen Fassungen, Lesarten und Umformungen 
anstrebt, wird durch das 1951 gegründete J. S. B.- 
Institut in Göttingen (Direktor: Hans Albrecht) 
vorbereitet. Die Kritischen Berichte zu den einzel- 
nen Bänden der neuen Gesamtausgabe erscheinen 
jeweils separat, ln Leipzig (Gohüser Schlößchen) 
ist ein Bach-Archiv (Direktor: W. Neumann) ein- 
gerichtet, das insofern einen Mittelpunkt der B.- 
Forschung bedeutet, als dort sämtliche B. betref- 


78 



Bach 


f enden Handschriften und Dokumente in Origi- 
nalen und Fotokopien gesammelt werden. 

Lit. : W. Schmieder, Thematisch-systematisches 
Verz. der mus. Werke v. J. S. B., Lpz. 1950; W. 
Neumann, Hdb. d. Kantaten J. S. B.s, = Veröff. d. 
Neuen Bachges. XLI-XLVl, Lpz. 1947,21953; ders., 
J. S. B., Sämtliche Kantatentexte, Lpz. 1956; Ch. S. 
Terry, J. S. B., Cantata Texts (engl. Übersetzung), 
London 1926. 

G. Kinsky, Die Originalausgaben der Werke J. S. B.s, 
Wien-Lpz.-Zürich (1937); M. Schneider, Verz. d. 
bis zum Jahre 1850 gedruckten (u. geschrieben im 
Handel gewesenen) Werke v. J. S. B., B.-Jb. III, 1906; 
ders., Verz. d. bisher erschienenen Lit. über J. S. B., 
B.-Jb. II, 1905; ders.. Neues Material zum Verz. d. 

bisher erschienenen Lit B.-Jb. VII, 1910; G. 

Frotscher, Übersicht über d. wichtigsten in Zs.en 
erschienenen Aufsätze ... 1915-1918, B.-Jb. XV, 
1918; A. Landau, Übersicht über d. B.-Lit. in Zs.en 
(1928-30), B.-Jb. XXVII, 1930; dies., dass. (1930-31), 
B.-Jb. XXIX, 1932; A. Riemenschneider, B. Bio- 
graphies, u. St. Godman, A Classified Index of B. 
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ringen, hrsg. v. H. Besseler u. G. Kraft, Weimar 
1950; J. S. B. u. seine Verwandten in Amstadt, Am- 
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Basel ^1950, frz. v. F. Grenier, Paris 1876, engl. v. 
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gekürzte deutsche Ausg. in einem Bd v. W. Schmieder 
Lpz. 1935, Wiesbaden 31949, spanisch v. W. Roces, 
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naire, Paris 1885, erweitert als: Etüde sur J.-S. B., 
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1908, neueste Ausg. Wiesbaden 1952, engl. v. E. 
Newman, 2 Bde, London 1911, neueste Ausg. 1952; 
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deutsch v. A. Klengel, Lpz. (1929, neue Ausg.: 1934, 
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Schering, J. S. B.s Leipziger Kirchenmusik, = Ver- 
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79 



Bach 


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v. G. Frotscher u. Lamerkin als: Das Orgelwerk B.s, 
Lindau 1949; E. M. u. S. Grew, B., London 1947; 
H. Keller, J. S. B., Lorch 1947; ders., Die Orgel- 
werke B.s, Lpz. (1948); ders.. Die Klavierwerke B.s, 
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bei seinem Namen gerufen, Kassel u. Basel 1950; 
ders., B. in Köthen, Bin (1951); ders., Vom litera- 
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Literaturzeitung 1951 ; E. Staiger, Musik u. Dich- 
tung, Zürich (1947), darin: J. S. B. u. die Orgel; M. 
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schin, Mg. im Überblick, Luzern (1948); R. Mali- 
fiero, G. S. B., Brescia 1948; F. Germani, Guida 
illustrativa alle composizioni per organo di G. S. B., 
Rom 1949; C.-A. Moberg, B.s passioner och Höga 
mässa, Stockholm 1949; W. Blankenburg, Einfüh- 
rung in B.s h-moll-Messe, Kassel u. Basel (1950); 
ders.. Theologische u. geistesgeschichtliche Probleme 
der gegenwärtigen Bachforschung, Theologische Li- 
teraturzeitung 1953; H. Engel, J. S. B., Bin 1950; 
ders., J. S. B.s Violinkonzerte, Fs. Gewandhaus, Lpz. 
1956; R. v. Ficker, J. S. B., München 1950; I. 
Finlay, J. S. B.s weltliche Kantaten, Diss. Göttingen 
1950, gedruckt London; ders., B.s Secular Cantata 
Texts, ML XXXI, 1950; G. Fock, Der junge B. in 
Lüneburg, Hamburg (1950); K. Geiringer, The 
Lost Portrait of J. S. B., NY 1950; ders., The B. 
Family, NY u. London 1954, frz. Paris 1955, nid. 
Arnhem 1956, dazu der Beispielband Music of the 

B. Family, Cambridge (Mass.) 1955; W. Gersten- 
berg, Zur Erkenntnis der Bachschen Musik, München 
1950; ders.. Die Zeitmaße u. ihre Ordnungen in 
B.s Musik, (Einbeck 1952); P. Hindemith, J. S. B., 
(Mainz 1950); Th. Hoelty-Nickbl, The Little B. 
Book, Valparaiso 1950; O. Loerke, J. S. B., hrsg. v. 
H. Kasack, (Bin) 1950; Chr. Mahrenholz, J. S. B. 
u. der Gottesdienst seiner Zeit, Kassel u. Basel 1950; 
B. Paumgartner, J. S. B. I, Zürich 1950; H. Rau- 
pach. Das wahre Büdnis J. S. B.s, Wolfenbüttel 1950; 

80 


J. Salazar, Var Herres kantor, Stockholm 1950; 

A. Schmitz, Die Bildlichkeit der wortgebundenen 
Musik J. S. B.s, Mainz 1950; W. David, J. S. B.s 
Orgeln, (Bin) 1951 ; A. Dürr, Studien über die frühen 
Kantaten J. S. B.s, =* B.-Studien IV, Lpz. 1951; R. 
Gerber, B.s Brandenburgische Konzerte, Kassel u. 
Basel (1951); Fr. Hamel, J. S. B., Geistige Welt, Göt- 
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1953; H. Löffler, Die Schüler J. S. B.s, B.-Jb. XL, 
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Probleme des Bachporträts, Bilthoven (1956); G. v. 
Dadelsen, Bemerkungen zur Handschrift J. S. B.s. . ., 
Tübinger B.-Studien I, Trossingen 1957; J. N. David, 
Die zweist. Inventionen . . — Kleine Vandenhoeck- 
Reihe XXXIV, Göttingen (1957); H.H. Eggebrecht, 
Über B.s geschichtlichen Ort, DVjs. XXXI, 1957; A. 
Dürr, Zur Chronologie d. Lpz.er Vokalwerke . . . , 

B. -Jb. XLIV, 1957.- 

»Die kleine Chronik der Anna Magdalena B.« wurde 
von der englischen Romanschriftstellerin E. Mey- 
nell 1925 als »biographie romancäe« verfaßt (deut- 
scher Neudruck noch Bern 1949); vgl. A. Heuß in 
ZfM XCVII, 1930, S. 1032, u. ZfM C11, 1935, S. 1265. 

Bach, Leonhard Emil, * 11. 3. 1849 zu Posen, 
f 15. 2. 1902 zu London; deutscher Pianist, Schüler 
Kullaks in Berlin, wurde 1869 Lehrer an dessen 
Akademie, 1874 auch Hof pianist des Prinzen Georg 
von Preußen und 1882 Lehrer an der Guildhall-Mu- 
sikschule zu London. Er schrieb die Opern Innen - 
getrda (London 1892), The Lady of Langford (Lon- 
don 1894), Des Königs Garde (Köln 1895) und Das 
Tabakskollegium (nachgelassen) sowie Salonstücke 
für Kl. 

Bach, Otto, * 9. 2. 1833 zu Wien, f 3. 7. 1893 zu 
Unterwaltersdorf bei Wien; österreichischer Kir- 
chenmusiker, Schüler Sechters in Wien, von Marx 
in Berlin und Hauptmann in Leipzig, wurde zuerst 
Opemkapellmeister, 1868 artistischer Direktor des 
Mozarteums und Domkapellmcister in Salzburg, 
1880 Kapellmeister an der Votivkirche in Wien. 
1864 heiratete er Marschncrs Witwe Therese (geb. 
Janda). Er schrieb die Opern Die Licbesprobe (Der 
Löwe von Salamatika, 1867), Lconore (1874), Die 
Argonauten , Medca, Sardanapal ; Musik zu Hebbels 
Nibelungen, ein Requiem, 4 Symphonien, Kam- 
mermusik, Chorlieder, Messen und ein Te Dcum. 

Vincent Bach Corporation, amerikanische 
Werkstätte für Blcchblasinstrumente, von Vincent 
Bach, dem heurigen Leiter der Firma, 1918 in New 
York gegründet und später nach Mount Vemon, 
N. Y., verlegt. Die Firma ist spezialisiert iii der 
Herstellung aller Instrumente der Trompeten- und 
Posaunenfamilie (z. B. Piccolo-, Sopranino- und 
Sopran-Trompeten) und wird auch wegen ihrer 
Mundstücke gesdiätzt. Die Jahresproduktion be- 
trägt etwa 2000-3000 Instrumente. 

Lit. : V. Bach, Embouchure and Mouthpiecc Manual, 
Mount Vemon, NY (1954). 

*Bach, Wilhelm Friedemann, *22. 11. 1710 zu 
Weimar, f 1. 7. 1784 zu Berlin, der älteste Sohn 
J. S. Bachs, war traditionsgemäß im Orgel- und 
Klavierspicl sowie in der Komposition Schüler sei- 
nes Vaters, der für seinen Licblingssohn das Cla- 
vierbiichlein (1720) angelegt hat mit eigenen Kom- 
positionen und solchen von G. Ph. Tclcmann, 
J. C. Richter und G. H. Stölzel nebst einer Manie- 
ren-Tabellc nach Coupcrin und einer Fingersatz- 
Anweisung (das handschriftliche Original befindet 



Bachauer 


sich heute im Besitz der Yale University, New 
Haven, Connecticut, USA; NA von H. Keller, 
Kassel 1927). B. nahm 1726/27 noch Geigenunter- 
richt bei J. G. Graun in Merseburg, einem Schüler 
von J. G. Pisendel und G. Tartini, besuchte die 
Lateinschule in Köthen und die Thomasschule in 
Leipzig, wo er 1723 an der Universität als Deposi- 
tus (nondum inscriptus), 1729 als stud. jur imma- 
trikuliert wurde und außer den Rechten auch Phi- 
losophie und Mathematik studierte. Er war 1733 
bis 1746 Organist der Sophienkirche in Dresden, 
wo er auch Anregungen durch die Hof oper unter 
J. A. Hasse empfing. Hier entstanden viele von 
B.s besten Kompositionen, namentlich Sinfonien, 
Konzerte und Klavierwerke. J. Th. Goldberg war 
damals sein Schüler. Von seinen frühen Sonaten 
erschien die erste (in D dur) der Sei Sonate per il 
Cembalo 1745 im Druck: »In Verlag zu haben 
1. bey dem Autore in Dresden, 2. bey dessen 
Herrn Vater in Leipzig und 3. dessen Bruder in 
Berlin«. 1746 ging B. nach Halle (Saale) als Orga- 
nist der Marktkirche St. Marien und als Director 
musices. Seit er auf dieses Amt wohl als Folge sei- 
ner Extravaganzen (Urlaubsüberschreitungen und 
andere Mißhclligkeiten mit seinem Vorgesetzten 
Kirchen-Collegium) verzichtet hatte, lebte er 
»ohne engagement« bald hier, bald dort (Leipzig, 
Berlin, Braunschweig, Göttingen, wo Forkel ihm 
befreundet war) ausschließlich der Komposition, 
dem öffentlichen Konzertieren und dem Unter- 
richten. B. verheiratete sich 1751; seine Familie 
übersiedclte 1770 nach Braunschweig, 1774 nach 
Berlin. Aus der Geborgenheit im altbürgerlichen 
Elternhaus nur schwer und langsam sich lösend, 
um ein freies Künstlertum anzustreben, für das die 
sozialen Voraussetzungen in der neubürgerlichen 
Gesellschaft in Deutschland erst im Entstehen be- 
griffen waren, geriet B. immer mehr in wirt- 
schaftliche Not und innere Haltlosigkeit, so daß er 
beim Verkauf von Kompositionen aus dem Nach- 
laß seines Vaters sogar vor Fälschungen nicht zu- 
rückschreckte. Das Bewußtsein, ein Eigener zu 
sein (Zelter an Goedie: »Als Componist hatte er 
den Tic douloureux original zu sein«), das sein 
Leben gefährdete, sicherte seinen von inneren 
Spannungen und Gegensätzen erfüllten Werken 
die Dauer. Als Orgel- und Klavierspieler war B. 
vor allem wegen seiner gerühmten Kirnst der Im- 
provisation beliebt. Um das Leben des zwiespäl- 
tigen »Originalgenies« (im Sinne seiner Zeit) legte 
sich bald nach seinem Tod ein Kranz romantischer 
Legenden, die sich in E. Brachvogels Roman 
»Wilhelm Friedemann Bach« (1858) und noch in 
P. Gracners gleichnamiger Oper (1931) spiegeln. 
In B.s Instrumentalmusik kündigt sich der neue, 
empfindsam erregte Stilwille der Geniezeit 
( »Sturm und Drang« ) an, der in den 8 Polonaisen 
zum frühromantischen Charakterstück und in den 
Klaviersonaten in die Nähe des Wiener Klassizis- 
mus vorstieß. 

Sein Schaffen umfaßt 9 Klaviersonaten, 10 Klavier- 
fantasien, 12 Klavicrpolonaisen, 12 Fugen für 
Org. oder Kl., 7 Orgdchoräle (das B. zugeschne- 
bene Orgelkonzert ist eine Bearbeitung eines Vio- 
linkonzerts von Vivaldi durch J. S. Bach; vgl. M. 
Schneider in Bach-Jb. VIII, 1911), 9 Sinfonien, 

5 Klavierkonzerte, ein Konzert für 2 Kl., 6 Sonaten 
für 2 Fl., 3 Sonaten für 2 Va, 4 Triosonaten, zahl- 


reiche Kirchen- und Kammerkantaten, Messen- 
sätze, Kanons und Klavierstücke. 

Ausg. : sämtliche Klaviersonaten, hrsg. v. Fr. Blume, 
NMA LXIII, LXXVIII u. CLVI; 12 Polonaisen, eine 
Sonate, 8 Fugen, eine Fantasie, hrsg. v. A. Farrenc 
in: Le trSsor des pianistes X, Paris 1863-65; Fugen u. 
Polonaisen, hrsg. v. W. Niemann, Lpz. 1914; 12 Polo- 
naisen, hrsg. v. Fr. Wührer, Wien 1949-53; 6 Kla- 
vierfantasien, hrsg. v. C. Banck, Lpz. 1881 ; Sonate f. 
2 Kl., als Werk seines Vaters v. J. Brahms anonym 
herausgegeben in: Bach-GA XLIII; dies., hrsg. v. 
Br. Hinze- Reinhold, Lpz. (1923); 3 Orgelchoräle, 
hrsg. v. K. Straube, in: Choralvorspiele alter Meister, 
Lpz. 1907; 2 Orgelchoräle, hrsg. v. G. Frotscher, 
in : RD IX. - Sinfonie D moll, hrsg. v. Schnittler, 
München 1910; eine Sinfonie, hrsg. v. E. Prieger, 
Köln (1911); Konzert f. 2 KL u. Orch., hrsg. v. H. 
Schwartz, Lpz. 1925 ; ein fragmentarisches Cembalo- 
konzert u. eine Sonate f. 2 FL, hrsg. v. K. Geiringer, 
in: Music of the B. Family, Cambridge (Mass.) 
1955; 6 Flötenduette, hrsg. v. K. Walther, Lpz. 
1939; 2 Sonaten f. 2 V. (oder FL), hrsg. v. A. Rode- 
mann, NMA CXX, eine dritte, hrsg. v. M. Glöder, 
NMA XXXIX; 4 Triosonaten, hrsg. v. M. Seiffert, 
Lpz. 1934, eine auch hrsg. v. H. Riemann, Coli. mus. 
XLV, - Kantate »Dies ist der Tag«, hrsg. v. L. 
Nowak, Lpz. 1937; Arie »Zerbrechet, zerreißet«, 
hrsg. v. Schnittler, München 1910; »Heilig, Heilig«, 
f. Chor u. Orch., hrsg. v. A. Schering, = Perlen 
alter Gesangsmusik I, Lpz. (1922). 

Lit.: C. H. Bitter, C. Ph. E. u. W. Fr. B., 2 Bde. Bin 
1868; H. Riemann, Die Söhne Bachs, in: Präludien 
u. Studien III, Lpz. 1901; grundlegend: M. Falck, 
W. Fr. B., Lpz. 1913 (mit thematischem Werkverz. ; 
Neudruck, hrsg. v. W. Gurlitt, Lindau 1956); K. H. 
Miesner, Porträts aus d. Kreise Ph. E. u. W. Fr. B.s, 
in: Musik u. Bild, Fs. M. Seiffert, Kassel 1938; Fr. 
Blume, Artikel W. Fr. B., MGG; K. Geiringer, The 
B. Family, NY u. London 1954, frz. Paris 1955, nid. 
Arnhem 1956. - C. Freyse, Die Schulhefte W. Fr. 
B.s, B.-Jb. XXXIX, 1951/52. 

*Bach, Wilhelm FriedrichErnst, *27. 5.1759 
zu Bückeburg, f 25- 12. 1845 zu Berlin, der letzte 
männliche Nachkomme J. S. Bachs, Sohn des 
Bückeburger Bachs, Schüler seines Vaters und seines 
Oheims Johann Christian, zu dem er sich nach 
London begab. Er war als Klavier- und Orgel- 
spieler sehr geschätzt, zunächst in London ein ge- 
suchter Lehrer, ging nach des Oheims Tod nach 
Paris, wo er konzertierte, und ließ sich dann als 
Musikdirektor in Minden nieder. 1789 übersiedelte 
er nach Berlin, wo er als Cembalist der Königin, 
mit dem Titel Kapellmeister angestellt wurde; 
später war er Cembalist der Königin Luise und 
Musiklehrer der Prinzen, wurde nach dem Tod der 
Königin pensioniert und lebte seitdem zurück- 
gezogen. Nur wenige Kompositionen von ihm 
sind gedruckt. 

Ausg. : Trio f. 2 Traversfl. u. Va, hrsg. v. R. Ermeler, 
Kassel 1943 ; ein öhändiges Klavierstück, ein Klavier- 
lied (Wiegenlied einer Mutter) u. ein Sextett f. Kl., 2 
Hörner, V., Va, Vc. bei K. Geiringer, Music of the 
B. Family, Cambridge (Mass.) 1955. 

Lit : K. Geiringer, The B. Family, NY u. London 
1954 (frz. Paris 1955, nid. Arnhem 1956), S. 474 ff. 

Bachauer, Gina, * 21.5. 1913 zu Athen; eng- 
lische Pianistin, studierte neben dem Besuch des 
Deutschen Kollegs in Athen 1921-29 am Konser- 
vatorium Klavier. Mit der Goldmedaille des Kon- 
servatoriums ausgezeichnet, setzte sie 1929-32 ihre 
Studien bei A. Cortot an der Ecole Normale de 
Musique in Paris fort, wo sie auch mit Prokofjew 


6 


81 



Bache 


zusammenarbeitete. Unter Mitropoulos debütierte 
sie 1933 in Athen, bereiste Europa und den Vor- 
deren Orient und konzertierte 1946 erstmals in 
England (unter Alec Sherman, ihrem nachmaligen 
Gatten). Von London aus führt sie seit 1950 aus- 
gedehnte Konzertreisen vor allem in Amerika 
durch. 

Bache (b'e:tj), Francis Edward, * 14. 9. 1833 
und f 24.8.1858 zu Birmingham; englischer 
Komponist und Pianist, studierte Komposition 
1849-53 in London bei Bennett, 1853-55 bei 
Hauptmann und Plaidy am Leipziger Konservato- 
rium. Seine Werke umfassen Klavierstücke, ein 
Klavierkonzert E dur, ein Klaviertrio, Lieder und 
2 Opern: Which is Which (1851) und Rübezahl 
(1853). - 2) Sein Bruder Walter, * 19. 6. 1842 zu 
Birmingham, f 26.3.1888 zu London; Pianist 
und Dirigent, war 1862-65 in Rom Schüler Liszts 
und setzte sich dann in London besonders für 
dessen Werke ein. 

Lit.: C. Bache, Brother Musicians, London 1901. 

Bachelet (baJTe), Alfred Georges, * 26. 2. 1864 
zu Paris, f 10.2.1944 zu Nancy; französischer 
Opemkomponist, der erst mit seinem lyrischen 
Drama Quand la cloche sonnera (Paris, Opdra Comi- 
que, 19221 späte Anerkennung fand. Nach Studien 
am Conservatoire erhielt er 1890 den Rompreis. 
1914 führte die Große Oper sein 3aktiges lyri- 
sches Drama Scemo (Text von Charles Mere) auf, 
1931 das lyrische Drama Un Jardin sur VOronte 
(nach dem Roman von Maurice Barrfcs). 1914-18 
war er Dirigent an der Opdra in Paris, ab 1919 
als Nachfolger von Ropartz Direktor des Konser- 
vatoriums von Nancy. Andere Werke: die 4aktige 
Oper Fiona;Uamour des Ondines , sinfonische Dich- 

n für T., Frauenchor und Orch. ; Joie ; Le Songe 
Sulamite , lyrische Szene; Orchestergesänge; 
Noel für 2 Frauenst.; Ballade für V. und Orch. ; 
Lamento für Vc. oder chromatisches Hom und 
Streichorch. (1935) ; Süryd, für T., Chor und Orch. 
(1940, auf den Text von Leconte de Lisle). 

Lit: P. Landormy, La musique fr$. aprfcs Debussy, 
Paris 1943. 

Bachem, Hans, * 2. 1. 1897 zu Köln; deutscher 
Organist, Schüler von Abendroth und Franke am 
vormaligen Kölner Konservatorium, trat früh mit 
der zyklischen Aufführung der Orgelwerke Re- 
gers im Kölner Gürzenich hervor. 1923 zum Dom- 
organisten ernannt, wurde er 1925 als Orgellehrcr 
an die neugegründete Kölner Hochschule für Mu- 
sik berufen (1928 Professor) und gleichzeitig zum 
Organisten der 1942 vernichteten Stadtorgel in der 
Messehalle Köln-Deutz bestellt. Nach Rückkehr 
aus russischer Gefangenschaft wirkte er zunächst 
als Gastorganist und an der Kölner Funkhaus-Or- 
gel, ist seit 1954 Organist an der Kölner Domini- 
kanerkirche St. Andreas (mit Sonntagmittag-Kon- 
zerten) und seit 1956 auch Custos und Organist der 
neuerbauten Gürzenich-OrgeL 

Bachmann, Franz, * 1.2. 1865 zu Thurland (An- 
halt); deutscher Kirchenmusiker, studierte Theo- 
logie und wurde evangelischer Pfarrer, Dr. phiL 
1921 übernahm er die Redaktion der Zeitschrift 
Die Kirchenmusik . Er veröffentlichte Chorwerke 
für die Kirche und ein Buch Grundlagen und 
Grundfragen zur evangelischen Kirchenmusik (1898). 


Bachmann, Georg Christian, * 7. 1. 1804 zu 
Paderborn, f 18. 8. 1842 zu Brüssel; deutscher 
Klarinettist, war Solo-Klarinettist der Königlichen 
Kapelle und Professor am Konservatorium in 
Brüssel, daneben auch als Fabrikant von Klari- 
netten tätig. 

Bachmann, Gottlob, * 28.3. 1763 zu Bomitz 
bei Zeitz, f 10. 4. 1840 zu Zeitz; deutscher Kompo- 
nist, war ab 1791 Organist an der Nikolaikirche 
in Zeitz. Er komponierte die Singspiele Orpheus 
und Eurydice und Don Sylvio von Rosalva , Lieder 
und Balladen, Kammermusik, Klavier- und Orgel- 
stücke. Außerdem schrieb er eine Allgemeine . . . 
Musikschule (Zeitz 1833). 

Bachner, Louis, * 17. 4. 1882 und i* 26. 12. 1945 
zu New York; amerikanischer Gesangspädagoge, 
war erst als Konzertpianist in Amerika und Europa 
tätig; ab 1901 studierte er jedoch in Paris und Ber- 
lin Gesang und wirkte ab 1910 als Gesanglehrer 
in Berlin, 1921-33 Professor an der Staatlichen 
Hochschule für Musik. 1935 kehrte er nach New 
York zurück. Zu seinen Schülern zählen unter an- 
deren H. Schlusnus, S. Onegin, Ch. Dalmores, 
K. Branzell, R. Schubert, R. Laubenthal. Er 
schrieb Dynamic Singitig (New York 1945). 

B^chofen, Johann Caspar, * 26. 12. 1695 und 
t 23. 6. 1755 zu Zürich; Schweizer Komponist, 
studierte Theologie und wurde 1720 in Zürich 
Kantor an der Lateinschule, 1742 Kantor am Groß- 
münster. Seine umfangreiche Liedersammlung 
Musikalisches Halleluja erschien in Zürich 1727 und 
erlebte 1786 ihre 10. Auflage; eine weitere Aus- 
gabe erschien in Zürich 1803. Außer mehreren an- 
deren Sammlungen geistlicher Lieder und Arien 
schrieb er noch die Passion Der für die Siindeti der 
Welt gemarterte und sterbende Jesus mit Text von 
Brockes (Zürich 1759). 

Lit: E. M. Fallet, J. K. B., SMZ LXVI, 1926; K. 
Nef, Schweizerische Passionsmusiken, SJbMw V, 
1931 ; M. Menge, Über Brockes u. B., SMZ LXXIX, 
1939. 

Bachrich, Sigismund, * 23. 1. 1841 zu Zsam- 
bokreth (Ungarn), f 16.7. 1913 zu Wien; unga- 
rischer Violinist, studierte 1851-57 in Wien, 
war dort und ab 1866 in Paris Kapellmeister, 
kehrte 1869 nach Wien zurück und wurde Pro- 
fessor am Konservatorium, Solobratschist des phil- 
harmonischen und des Hofopemorchcstcrs und 
Mitglied ab 1869 des Hellmesbergcr-, später des 
Rose-Quartetts. Er schrieb Violinstücke, Kammer- 
musik, Lieder, 3 Operetten und die komischen 
Opern Muzzcdin (1883) und Heini von Steicr (1884) 
sowie Erinnerungen Aus verklungenen Zeiten (Wien 

Back, O skar, * 9. 6. 1879 zu Wien; holländischer 
Violinpädagoge ungarischer Herkunft, Schüler der 
Konservatorien in Wien und Brüssel (Ysaye, 
Thomson), war 1900-18 neben soiistischer Tätig- 
keit Violinprofessor am Conservatoire in Brüssel, 
seit 1920 Professor am Muzieklyccum in Amster- 
dam, auch am Konservatorium von Rotterdam 
(noch 1957). Der größere Teil des holländischen 
Geigemach Wuchses ist aus seiner Schule hervor- 
gegangen. 

Backer-Gröndahl, Agathe Ursula, * 1. 12. 1847 
zu Holmestrand, f 16. 6. 1907 zu Ormoen bei 


82 



Badings 


Oslo; norwegische Pianistin und Komponistin, 
war in Oslo Schülerin von O. Winter-Hjelm und 
H. Kjerulf, studierte 1865-67 bei Kullak in Berlin, 
1871 noch bei Bülow in Florenz und bei Liszt in 
Weimar. 1869 gab sie in Oslo ihr erstes Konzert. 
Sie komponierte zahlreiche Lieder und Klavier- 
stücke. Ab 1875 war sie verheiratet mit dem Ge- 
sanglehrer und Chordirigenten Olaus Andreas 
Gröndahl (1847-1923). Ihr Sohn Anders (1879 bis 
1947) gründete 1904 in Oslo ein Klaviergeschäft 
und leitete 1943-46 den Norsk Musikforlag, 

Lit.: W. P. Sommerfeldt, Boktrykker Ch. G.s efter- 
kommere, 1916; O. M. Sandvik, A. og O. A. G., 
Oslo 1948. 

Backer-Lunde, Johan, -> Lunde. 

Backhaus, Wilhelm, * 26. 3. 1884 zu Leipzig; 
deutscher Pianist, war 1891-99 Schüler von 
Reckendorf in Leipzig und 1899 von E. d’ Albert in 
Frankfurt am Main. Seit 1900 reist er als Konzert- 
pianist in Europa, Amerika und Australien. 1905 
gewann er den Rubinstein-Preis in Paris. Pädago- 
gisch war er nur vorübergehend tätig. Er verbin- 
det technische Vollkommenheit des Spiels mit 
hoher Eindringlichkeit und Feinsinnigkeit, beson- 
ders bei der Interpretation Beethovenscher und 
Brahmsscher Werke. B lebt in Lugano. 

Lit.: F. W. Herzog, W. B., Bin 1935. 

Backofen, Johann Georg Heinrich, * 1768 zu 
Durlach, + 1830 zu Darmstadt; vielseitiger Vir- 
tuose auf der Klarinette, Harfe, Flöte und dem Bas- 
setthorn. Er studierte ab 1780 in Nürnberg, unter- 
nahm 1789-94 Konzertreisen und wurde später 
Kammermusikus in Gotha und 1811 in Dann- 
stadt. Er schrieb Harfenstücke und Kammermusik 
mit Harfe, Konzerte für Horn, Klar, und Bassett- 
hom, Anleitung zum Harfenspiel (Leipzig 1802, er- 
weiterte Auflage 1807) und Anweisung für die Kla- 
rinette (Leipzig 1803, 2 1824). 

Bacon (b'eikon), Ernst, * 26. 5. 1898 zu Chi- 
cago; amerikanischer Komponist, Dirigent, Pianist 
und Musikerzieher, betrieb an den Universitäten 
in Chicago, Evanston, Berkeley (M. A.) ein aus- 
gedehntes praktisches Musikstudium in Klavier, 
Komposition (u. a. bei E. Bloch) und Dirigieren 
(Eugfcne Goossens). 1926-38 war er an verschie- 
denen Orten als Dozent (Eastman School, Roche- 
ster) und als Dirigent (San Francisco) tätig. 1939 
wurde er Dekan am Converse College, S. C., wo 
er auch die Neuen Spartanburg Musikfeste durch- 
führte. 1945 zum Direktor der Musikschule bei der 
Syracuse University berufen, hat B. hier seit 1947 
die Stelle eines Composer-in-Residence. Außer 
Pulitzcr- und Guggenheim-Preiscn erhielt er 
1946 den »Bisphan Award« für seine Oper Three 
on the Plains , 1952 die »Campion Citation« für 
sein umfangreiches Vokalwerk (mehrere hundert 
Kantaten, Orchestergesange, Kammer- und Kla- 
vierüeder). B. schrieb auch 2 Symphonien, Festi- 
val-Orchesterstücke, eine Kinderoper ( Drumlin - 
Legend ), eine Operette (Take our Choice) und 
Kammermusik. 

Bacon (b'e:kon), Richard Mackenzie, * 1.5. 
1776 zu Norwich, f 27. 11. 1844 zu Cossey bei 
Norwich; englischer Musikschriftsteller, war Her- 
ausgeber des Quarterly Musical Magazine and Re- 


view (1818-29) und verfaßte die Schriften Science 
and Practice of Vocal Ornament , Elements of Science 
(London 1824) und Art of Improving the Voice and 
Ear (London 1825). Die in Norwich stattfinden- 
den Musikfeste hat er ins Leben gerufen. 

Bacon (b'e:kan), Roger, * um 1214 zu Ilchester 
(Somerset), f vermutlich 11. 6. 1294 zu Oxford; 
englischer Phüosoph. Er behandelt in seinen Schrif- 
ten mehrfach auch die Musik. Seine Musikan- 
schauung läßt seine naturwissenschaftlich be- 
stimmte Denkweise und die Neigung zu Experi- 
ment und exakter Beobachtung erkennen. 

Ausg.: Opus tertium, hrsg. v. J. S. Brewer, London 
1859, Opus majus, hrsg. v.J.H.Bridges, Oxford 1897. 
Lit.: allgemein: E. Charles, R. B., Paris 1861; H. 
Siebert, R. B., Diss. Marburg 1861 ; L. Schneider, 
R. B. Augsburg 1873; A. Parrot, R. B., Paris 1894* 
Zur Musikanschauung: H. Müller, Zur Musikauf- 
fassung d. 13. Jh., AfMw IV, 1922; G. Pietzsch, Die 
Klassifikation d. Musik . . ., Halle 1929; L. C. Ellin- 
wood, Ars musica, in: Speculum X, 1945. 

Badarzewska-Baranowska (bada 3 'svska), Te- 
kla, * 1838 und f 29. 9. 1861 zu Warschau; pol- 
nische Komponistin, schrieb mit 18 Jahren das 
weltberühmt gewordene Klavierstück La Prilre 
d’une Vierge , außerdem noch 34 Salonstücke für 
Kl., darunter La prihe exaude ( = Rdponse ä la 
Pribre d*une Vierge ). 

Badfa, Carlo Agostino, * um 1672 zu Venedig, 
t 23. 9. 1738 zu Wien; italienischer Komponist, 
wurde bereits am 1. 1. 1696 als kaiserlicher Hof- 
kompositeur in Wien angestellt, welches Amt da- 
mit erst geschaffen wurde. Er schrieb 27 Opern 
und Serenaden und 21 Oratorien sowie Kantaten 
für eine Singstimme mit B.c.; 12 dieser Kantaten 
erschienen in Nürnberg unter dem Titel Tributi 
armonici . 

Badings, Henk (Hendrik Herman), * 17. 1. 1907 
zu Bandung (Java) ; holländischer Komponist, stu- 
dierte bis 1932 Ingenieurwissenschaften an der Tech- 
nischen Hochschule in Delft, wo er zunächst auch 
Dozent für Paläontologie war, als welcher er For- 
schungsreisen durch Europa unternahm. Als Kom- 
ponist büdete er sich vorübergehend bei W. Pijper. 
1930 erlebte er im Amsterdamer Concertgebouw 
die Uraufführung seiner ersten Symphonie. Hier 
werden auch seine weiteren Werke regelmäßig 
aufgeführt. 1934 zum Kompositionslehrer an das 
Rotterdamer Konservatorium, 1935 an das Am- 
sterdamer Musiklyzeum berufen, war er 1941-45 
Direktor des Rijkskonservatoriums im Haag. Er 
lebt seitdem in Bilthoven ganz seinem komposito- 
rischen Schaffen, aus dem er gelegentlich als Gast- 
dozent bei internationalen Sommerkursen heraus- 
tritt (Orgelakademie Haarlem; Dirigentenkurse 
Hilversum). B. erhielt Kompositionsaufträge u. a. 
zur Jahrhundertfeier der Wiener Philharmonie 
(1942) , zur 60-Jahr-Feier desConcertgebouw(l 949), 
zur 50-Jahr-Feier des Haager Residenzorchestere 
(1954), für das Louisville Orchestra (1954) sowie 
laufend zu den Holland-Festivals. Er war erfolg- 
reich als Kammerkomponist auch bei den Jahres- 
festen der ISCM. Vielfacher Preisträger, wurde er 
1954 für seine Funkoper Orestes mit dem Prix 
Italia ausgezeichnet. Er verfaßte mehrere Abhand- 
lungen über zeitgenössische holländische Musik, 

83 


6 * 



Badura-Skoda 


eine Schrift über Tonäliteitsproblemen in de nieuwe 
Muziek (Mededelingen van de koninklijke Aca- 
demie vor Wetenschappen, Letter en en Schone 
Künsten XIII, 1, Brüssel 1951) und veröffentlichte 
auch Studien zur Paläontologie des Indonesischen 
Archipels. Namhaftester Vertreter einer neu-hol- 
ländischen Schule, löste sich B. schrittweise von 
der musikalischen Ausdruckssprache der westeuro- 
päischen Nachromantik ab (Endphase etwa Sym- 
phonischer Prolog 1942). Eine latent niederländische 
Polyphonie durchwirkt als »Wiederentdeckung« 
seine späteren, formal konzentrierteren Werke. 
Bildkraft und Schlagkraft des erstaunlich Frucht- 
baren erscheinen seither nur erhöht. Bisweilen er- 
reicht er bei spezifisch spröder Transparenz des 
Stimmgeflechts auch spirituelle Heiterkeit. Haupt- 
werke: 8 Symphonien ( Psalmensymphonie , Nr 6, 
1953); Klavierkonzert (1932), 4 Violinkonzerte, 
Doppelkonzert für 2 V. (1954), Concertino für V., 
Vc., Kl. und Kammerorch. (1942), 2 Cellokon- 
zerte, Saxophonkonzert (1951), Orgelkonzert 
(1955); Orgelmusik, Carillonmusik; zahlreiche 
Kammermusik; Klaviermusik, auch für den Un- 
terricht; 3 Opern (De Nachtwacht , 1942); Orato- 
rien (Apocalypse, 1940); Kantaten, Melodramen, 
Bühnen- und Ballettmusiken (Kain, Ballett, 1956), 
Hörspiel-, Television- und (seit 1956) Elektro- 
nische Musik; Chorwerke (Missa brevis , 1946); 
Kammerliederzyklen; Kinder- und Volkslieder. 

Badura-Skoda, Paul, * 6. 10. 1927 zu Wien; 
österreichischer Pianist, lebt in Wien. Nach Be- 
such des Realgymnasiums entschied er sich 1945 
trotz naturwissenschaftlicher Neigungen zum Mu- 
sikstudium, dem er am Konservatorium der Stadt 
Wien oblag, dessen Klavier- und Dirigentenklasse 
er 1948 mit Auszeichnung absolvierte. Schon 
während des Studiums mit einem österreichischen 
Musikpreis ausgezeichnet, folgten 1948 und 1949 
Klavierpreise in Budapest und Paris. Während der 
ersten Jahre seiner frühen Weltkarriere als Kon- 
zertpianist arbeitete er auch noch mit Edwin 
Fischer bei dessen Luzemer Sommerkursen. Seit 
1951 mit der Musikwissenschaftlerin Dr. Eva B.- 
S., geborene Halfar, verheiratet, gab er gemein- 
sam mit ihr Mozart-Interpretation, Anregungen zur 
Interpretation der Klavierwerke heraus (Wien 1957) 
und veröffentlichte Kadenzen zu einer Reihe von 
Klavierkonzerten Mozarts. B. trat auch mit einer 
Missa in D hervor (Wien 1951). 

Bäehi, Julie -+ Fährmann. 

Bäck, Knut, * 22. 4. 1868 zu Stockholm, + 27. 
10. 1953 zu Göteborg; schwedischer Komponist 
und Pianist, studierte in Stockholm und Berlin, 
lebte in Göteborg; 1912 Mitglied der schwedischen 
Königlichen Akademie in Stockholm. Schrieb 
Tomten für Bar. und Orch. (1906), Klavierstücke 
und Lieder. 

Bäck, Sven-Erik, * 16.9. 1919 zu Stockholm; 
schwedischer Komponist, widmete sich zunächst 
dem Violin- und Ensemblespiel (1941-53 Quartett- 
geiger und Bratscher). Das Studium, dessen Haupt- 
gewicht auf Komposition bei H. Rosenberg 
(Stockholm 1940-45) lag, hatte er 1938 begonnen; 
1948 und 1950 war er Gast der Schola Cantorum 
Basiliensis und nahm 1951-52 am Unterricht bei 

84 


G. Petrassi in Rom teil Seit 1953 leitet er das 
Schulfunkorchester Stockholm und wirkt als Leh- 
rer für Ensemblespiel. Sein Werk umfaßt Chor-, 
Orchester- und Kammermusik. 

Bähr, Johann -> Beer. 

Baena, Lope de; spanischer Komponist um 1500, 
wird 1478 als Kantor und Instrumentist am Hofe 
König Ferdinands des Katholischen von Arag6n 
genannt, 1493 am Hofe der Königin Isabel von 
Kastilien, zuletzt 1505 als Kantor und Organist der 
Hofkapelle. Die Zeitgenossen rühmen ihn als her- 
vorragenden Orgel- und Vihuelaspieler und fein- 
sinnigen Komponisten. 

Ausg.: 7 mehrst. Gesänge in: Cancionero musical, 
hrsg. v. Fr. A. Barbieri, Madrid (1890), NA v. H. 
AnglEs in MMEsp V u. X (zu d. Texten vgl. MMEsp 
XIV). 

Baer, Johann ->■ Beer. 

Bär, Lothar, * 6. 8. 1901 zu Bodenbach (Böh- 
men) ; deutscher Komponist, studierte in Dresden 
Musik bei K. Striegler und am Konservatorium. 
Er schrieb Lieder, Chöre, Klavier- und Orgel- 
stücke sowie Kammermusikwerke. 

Bärenreiter- Verlag, deutscher Musikvcrlag, ge- 
gründet 1924 in Augsburg, hat seinen Sitz seit 1927 
in Kassel; seit 1944 auch Bärenreiter-Vcrlag Basel, 
seit 1957 Bärenreiter-Edition London und Bären- 
reiter Music New York. Gründer und Inhaber ist 
Karl Vötterle, * 12. 4. 1903 zu Augsburg, 1953 
in Kiel zum Dr. phil. h. c., in Leipzig zum D. 
theol. h. c. promoviert. V.s nächster Mitarbeiter 
seit 1926 ist Dr. Richard Baum, * 8. 4. 1902 zu 
Eßlingen (promovierte 1926 in München bei 
Sandberger mit einer Arbeit über J. Wölfl, ge- 
druckt Kassel 1928). Die Verlagsproduktion um- 
faßt vor allem Volksliedausgaben, Neuausgaben 
älterer Chor- und Kammermusik (darunter die 
Reihe Hortus Musicus), evangelische Kirchenmusik, 
Orgelwerke sowie Literatur über Orgclfragcn, 
Musikerziehung und Musikwissenschaft, schließ- 
lich die 1949 begonnene großangelegte Enzyklo- 
pädie Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zu 
den Verlagsautoren gehören die Komponisten G. 
Bialas, H. Bomcfeld, A. Brunner, W. Burkhard, 
H. Distier, J. Driessler, W. Geiser, H. Kaminski, 

J. H. E. Koch, K. Marx, H. Fr. Micheelsen, 

E. Pcpping, S. Reda. Der B.-Verlag ist beteiligt an 
der Herausgabe des Erbes deutscher Musik und gibt 
Gesamtausgaben von J. Walter (seit 1943), Lcclmcr 
(seit 1954), Telemann (seit 1950), Gluck (seit 1951), 
den Rhau-Musikdrucken (seit 1955) die Neue 
Bach-Ausgabe (seit 1954), Neue Mozart-Ausgabe 
(seit 1955), Hallische Handel-Ausgabe (übernom- 
men 1956), Neue Lasso-Ausgabe (seit 1956), Ge- 
samtausgaben für den praktischen Gebrauch von 
Schütz (seit 1930) und Schein (seit 1951), Aus- 
gewählte Werke von Graupncr (seit 1955) und 
Spohr (seit 1949) heraus. Es erscheinen bei ihm die 
Zeitschriften: Musik und Kirche , seit 1929, mit Bei- 
lage Der Kirchenchor, Haustnusik, seit 1932 (früher 
Die Singgemeinde, seit 1924) ; Die Neue Schau, seit 
1935; Musica, seit 1947; Die Musikforschung, seit 
1948; Spiel (früher Die Laienspiclgemeinde), seit 
1950; Fontes artis musicae, seit 1954; Acta musicolo- 
gica, 1954 übernommen. Zum gesamten Bären- 



Bagadurow 


reiter-Werk gehören heute außer dem B. -Verlag 
auch der 1936 neu gegründete Johannes Stauda- 
Verlag für Theologie und Hymnologie, Nagels 
Verlag (1820 gegründet, früher Hannover) und 
der Johann-Phmpp-Hinnenthal-Verlag (gegründet 
1945, früher Bidefeld). In Zusammenarbeit mit 
der Austria Vanguard GmbH Wien (gegründet 
1955) und der Schweizer Vanguard Winterthur 
wurde 1957 Amadeo-Vanguara Kassel für Pro- 
duktion und Vertrieb von Schallplatten gegründet. 
Unter dem arabischen Namen des Bärenreiter- 
Stems (Alkor) wurde 1955 in Kassel die Alkor- 
Edition gegründet, die aus dem Bruckner-Verlag 
(zuletzt Wiesbaden) hervorging. Die A.-Edition 
hat die Vertretung der tschechischen Musikverlage 
für Deutschland, die Schweiz und Skandinavien 
übernommen. 

Lit.: Gesamtverz. 1934, 1936, 1944, 1949, 1954, 1956. 
Mitteilungen: B.-Jb., 1924-30; B.-Bote, ab 1938; Das 
B.-Werk, seit 1953 (Hauszeitschrift) ; Oper u. Kon- 
zert, seit 1957. - K. Vötterle, Haus unterm Stern, 
Kassel 1949; anon.. Das B.-Werk im BÜd, Kassel 
1949. 

Bärmaim, - 1) Heinrich Joseph, * 14. 2. 1784 
zu Potsdam, f 11. 6. 1847 zu München; deutscher 
Klarinettist, wurde zum Militärmusiker erzogen, 
war Schüler von J. Beer und spielte 1798-1806 in 
einem Berliner Garderegiment, wurde 1807 Hof- 
musikus in München und war ab 1809 vielfach 
auf Konzertreisen. Weber, der ihn 1811 in Mün- 
chen kennenlemte, unternahm mehrere Konzert- 
reisen mit ihm und schrieb für ihn seine Klarinet- 
tenwerke. Auch mit Mendelssohn und Meyerbeer 
war B. befreundet. Er komponierte Klarinetten- 
stücke. - 2) Karl, Bruder von H. J., * um 1782 zu 
Potsdam, f 30./31. 3. 1842 zu Berlin; war Fagottist 
und ebenfalls Militärmusiker, 1803 Kammermusi- 
kus in Berlin. Er schrieb ein Fagottkonzert. - 
3) Karl, Sohn von H. J., * 24. 10. 1811 und f 24. 
5. 1885 zu München; spielte Klarinette und Bassett- 
hom. Er wurde Nachfolger seines Vaters in Mün- 
chen und schrieb Kompositionen für Klar, sowie 
eine Vollständige Clarinett-Schüle (5 Hefte, Offen- 
bach 1864-75, viele Neuausgaben, noch heute ver- 
wendet). - 4) Karl, Sohn des vorigen, * 9. 7. 1839 
zu München, f 17. 1- 1913 zu Newton (Boston); 
als Pianist war er Schüler von Wohlmuth und 
Liszt, in der Theorie von Fr. Lachner. Ab 1881 
wirkte er in Boston (Massachusetts) und veröffent- 
lichte eine Reihe von Klavierstücken. 

Lit.: M. M. v. Weber, C. M. v. Weber I, Lpz. 1864; 
F. G. Rendall, The Clarinet, London (1954, 21957). 

Bäuerl, Paul Peuerl. 

Bäuerle, Hermann, * 24. 10. 1869 zu Ebersberg 
(Württemberg), j" 22. 5. 1936 zu Ulm; deutscher 
Kirchenmusiker, studierte in Tübingen Theologie 
und Musik, wurde 1895 Priester und besuchte 1898 
die Kirchenmusikschule in Regensburg, wurde 1899 
Fürstlich Thum und Taxisscher Hofkaplan und 
1901 daneben Lehrer für Harmonie und Kontra- 
unkt an der Regensburger Kirchenmusikschule. 
906 promovierte er in Leipzig mit einer Arbeit 
über Die Bußpsalmen Lassos . 1906 wurde er zum 
Ehrendomherrn von Palestrina und zum päpst- 
lichen Geheimen Kammerherrn ernannt. 1908 
wurde er seiner Stelle als Hofkaplan enthoben und 
Pfarrer in Reutlingendorf (Württemberg); ab 


1917 war er Musikdirektor und Organist an der 
Heiligkreuzkirche in Schwäbisch-Gmünd, ab 
1921 Gründer, Eigentümer und Direktor einer 
höheren Musikschule (1922: Konservatorium) mit 
Musikseminar und Seminar für Kirchenmusik in 
Ulm. Er komponierte zahlreiche kirchliche Ge- 
sänge im a-cappella-Stil, schrieb eine Reihe von 
Büchern und gab ab 1903 eine Bibliothek altklassi- 
scher Kirchenmusik in moderner Notation heraus. Er 
entwickelte auch eine Reform-Notierung für den 
gregorianischen Choral. 

Lit. : J. Wolf, Hdb. d. Notationskunde I, = Kleine 
Hdb. d. Mg. nach Gattungen VIII, 1, Lpz. 1913. 

Bäumker, Wilhelm, * 25. 10. 1842 zu Elber- 
feld, f 3. 3. 1905 zu Rurich; studierte in Münster 
und Bonn Theologie und Philologie, wurde 1867 
zum Priester geweiht, 1868 Vikar in Alfter, 1869 
Kaplan in Niederkrüchten, 1880 auch Schulin- 
spektor, 1892 Pfarrer in Rurich. B. war in seinen 
Mußestunden eifriger Musikforscher; 1889 wurde 
er von der Universität Breslau für seine musik- 
historischen Arbeiten mit dem Titel eines Dr. theol. 
h. c. ausgezeichnet. Sein Hauptwerk ist Das katho- 
lische deutsche Kirchenlied in seinen Singweisen von 
den frühesten Zeiten bis gegen Ende des 1 7. Jh. (4 Bände, 
Freiburg ; 1 . Band : 1 1 862 von K. Meister, 21886 von 
B. ; 2. Band: 1883 ; 3. Band: 1891 ; der nachgelassene 
4. Band wurde erst 1911 von J. Götzen heraus- 
gegeben). Außerdem schrieb er: Palestrina , ein Bei- 
trag zur musikalischen Reform des 16. Jh. (Freiburg 
1877), Orlandus de Lassus (Freiburg 1878), Zur Ge- 
schichte der Tonkunst in Deutschland (1881), Der 
Totentanz , eine Studie (Frankfurter zeitgemäße 
Broschüren, Band ü, Nr 6, 1881), Niederländische 
geistliche Lieder nebst ihren Singweisen aus Hand- 
schriften des 15. Jh. (VfMw IV, 1888) und Ein deut- 
sches geistliches Liederbuch mit Melodien aus dem 
15. Jh. (Leipzig 1895). 

Lit : J. Götzen im Vorw. zu W. Bäumker, Das kath. 
Kirchenlied IV, Freiburg i. Br. 1911. 

Baeyens, August L.,* 5. 6. 1895 zu Antwerpen; 
belgischer Komponist, Schüler des Konservato- 
riums seiner Vaterstadt, wirkte dort 1918-32 als 
Solobratschist am Französischen Theater, seit 1927 
auch als Mitgründer in der Antwerpener Gesell- 
schaft für Kammermuspc, deren Pflege zeitgenössi- 
scher Musik sein Verdienst ist. 1932 trat er in die 
Verwaltung der Königlichen Flämischen Oper 
Antwerpen ein, wurde 1944 Direktor dieses In- 
stituts und hält mit einer Unterbrechung 1949-53, 
während der er ausschließlich seinem komposito- 
rischen Schaffen lebte, diese Stellung noch gegen- 
wärtig inne (1957). Sein Werkverzeichnis umfaßt 
die Opern De Ring van Gyges (1943) und De 
Triomferende Min (1948), Funkoper Coriolanus 
(1941), Bühnenmusik zu De Blauwe Vogel (nach 
Maeterlinck, 1951), Ballett De Dode Dichter (1920) ; 

6 Symphonien (1923, 1939, 1949, 1952, 1954, 
1955), Sinfonia breve (1928) und eine Klammer- 
symphonie Arkadia (1951) ; 5 Streichquartette, ein 
Bläserquintett und -terzett; Orchester- und Kla- 
vierlieder; Kantate Lofzang aan de Hoven für Chor 
und Orch. 

Bagadyrow, W. A., * 1878 zu Nischnij Nowgo- 
rod; russischer Sänger, war Gesanglehrer am Kon- 
servatorium und Professor für vokalische Metho- 


85 



Bagge 


dologie und Präsident der methodologischen Sek- 
tion am Staatsinstitut für Musikwissenschaft in 
Moskau. Er schrieb: die Opern Eros und Psyche 
(1915) ; Das Adelsnest , nach Turgenew (1919) ; mit 
M. W. Iwanow-Borezkij Zar Maximilian und sein 
ungehorsamer Sohn Adolph (1924); und die Abhand- 
lungen: Analyse der musikalischen Form der VL Sym- 
phonie von P. Tschajkowskij . . ; Lehrbuch der voka - 
tischen Methodologie . . . ; ferner mit M. W. Iwanow- 
Borezkij eine Harmonielehre. 

Bagge» Selmar, * 30. 6. 1823 zu Coburg, f 16. 7. 
1896 zu Basel; deutscher Musikpädagoge, studierte 
1837 bei Dionys Weber in Prag, 18 44-4 8 bei Sech- 
ter in Wien, war 1851-55 Kompositionslehrer am 
Konservatorium in Wien, dann Musikkritiker 
und 1863-68 Redakteur der Allgemeinen Musika- 
lischen Zeitung . Ab 1868 war er Direktor der All- 
gemeinen Musikschule in Basel. Ab 1876 hielt er 
Vorlesungen an der Universität Basel. Er kompo- 
nierte 4 Symphonien, ein Klavierkonzert, 139. 
Psalm, 2 Messen und andere Chorwerke, Lieder, 
Kammermusik und Klavierstücke. Er schrieb: 
Gedanken und Ansichten über Musik (Wien 1860), 
Lehrbuch der Tonkunst (Leipzig 1873) und 3 Auf- 
sätze in der von Waldersee herausgegebenenSawm- 
lung musikalischer Vorträge . 

Lit.: G. Eglinger, S. B., Basel 1897; Werkverz. 
handschriftlich in d. UB Basel. 

Bagier (ba 3 'e:), Guido, * 20. 6. 1888 zu Berlin; 
deutscher Musikschriftsteller, studierte bei Reger 
Theorie und Komposition, bei Riemann Munk- 
wissenschaft, promovierte 1910 mit einer Disser- 
tation über Herbart und die Musik; die Arbeit er- 
schien im »Pädagogischen Magazin« als Heft 430 
(Langensalza 1911). Nach kurzer Tätigkeit am 
Leipziger Stadttheater wurde er Leiter der Gesell- 
schaft der Musikfreunde am Rhein und in West- 
falen, zugleich Kritiker an den Düsseldorfer Nach- 
richten. Ab 1918 war er Herausgeber der kurz- 
lebigen Kunstzeitschrift Feuer , die vor allem für 
zeitgenössische Kunst eintrat, übersiedelte 1920 
nach Wiesbaden, unter Beibehaltung der Dozen- 
tur für Musikwissenschaft an der staatlichen Kunst- 
akademie in Düsseldorf. 1922 ließ er sich in Berlin 
nieder. 1929 war er Mitgründer und bis 1932 
Direktor der Filmgesellschaft Tobis. Er schrieb: 
Max Reger (Stuttgart 1923). 

Baglionl (baÄ'o:ni), Silvestro, * 30. 12. 1876 
zu Belmonte Piceno; italienischer Physiologe und 
Musikforscher, 1918 Professor an der Universität 
Rom. Er glaubt, daß eine Vervollkommnung un- 
seres Tonsystems durch die allmählich stattfin- 
dende Einführung einer Skala von Vierteltönen 
möglich sei, was er durch ein von ihm konstruier- 
tes Harmonium zu demonstrieren sucht. Schrif- 
ten: I fondamenti ßsiopsicologici delVestctica musicale 
{Rivista di psicologia applicata VI, 1910) ; Contri - 
buti alla conoscenza della musica naturale (Atti della 
Sodetä romana di antropologia 1910/11); Luigi 
Vecchiotti musicista filosofo marchigiano 1804-63 (Pi- 
cenum 1913) ; Influenza dei suoni sulValtezza vocale 
del linguaggio (Rivista di Antropologia XIX, 1914 
und Archivio italiano di otologia XXV) ; Un nuovo 
tonometro (ebenda); Variazione del registro vocale 
nelle diverse ore del giomo (ebenda) ; Udito e voce 
(Rom 1925). 


Bagnati (baji'a:ti), Cayetano, * 1840 zu Tropea 
(Italien), f 1904 zu Buenos Aires; argentinischer 
Pianist und Komponist, trat mit 9 Jahren zum 
ersten Male auf, wurde mit 19 Jahren Musikdirek- 
tor der Kapelle des Bischofs von Tropea, ging aber 
später nach Buenos Aires. 1890 gründete er das 
Konservatorium von Almagro. Er schrieb Kla- 
vierstücke, Kammermusik mit Kl. und Orchester- 
musik. 

Bahr, Johann (Bähr), lebte etwa 1610-70; 
schwedischer Komponist deutscher Geburt, war in 
Hamburg Orgelscnüler von J. Praetorius und 
wurde 1633 Organist der Kathedrale in Visby. Er 
hinterließ Orgelstücke und einige Vokal werke. 

Lit.: B. Anrep-Nordin, J. B., in: Musiktidningen 
1914. 

Bahr-Mildenburg, Anna -*■ Mildenburg. 

Bajf, Jean- Antoine de, * 19. 2. 1532 zu Vene- 
dig, t bn Oktober 1589 zu Paris; französischer 
Dichter und Musiker, seit seiner Jugend eng be- 
freundet mit Ronsard, ist in der Geschichte der 
französischen Poesie bemerkenswert durch den 
Versuch, nach antikem Muster quantitierende 
Versbildung (Vers mesurds) einzuführen. Der Ver- 
such mißlang zwar, hat jedoch musikalische Er- 
scheinungen entsprechender Form hervorgerufen, 
welche mit ähnlichen älteren Versuchen in Italien 
und Deutschland in Parallele stehen (-> Oden- 
komposition). B. war wohl selbst Komponist, 
doch sind seine angeblichen Kompositionen, je ein 
Tabulaturwerk für Laute und Gitarre, XII Chan- 
sons spirituelles h 4 v. 1562 und 2 Bücher weltliche 
Chansons zu 4 St., 1578 und 1580, verschollen (die 
drei erstgenannten Werke stammen in Wirklich- 
keit von A. Le Roy). Dagegen sind uns aber mehr- 
stimmige Kompositionen Baifscher Dichtungen 
von Jacques Mauduit ( Chatisonnettes mesuries 1586), 
Claudin le Jeune (Le printemos 1603; Pseautncs cn 
vers mezurez 1606) und Eustache du Caurroy (Mes- 
langes 1610) erhalten. Da le Jeunes Schwester Ce- 
rile, die Herausgeberin, ausdrücklich von der inten - 
tion de Messieurs de Baif et le Jeune spricht, so ist 
wohl anzunehmen, daß beide Werke bei Lebzeiten 
B.s und unter seiner Mitwirkung entstanden sind. 
B. griindete in seinem Hause im Verein mit dem 
Musiker Thibault de Courvüle eine »Academic de 
Poösie et de Musiquc« , die 1570 vom König be- 
stätigt wurde. B.s Bestrebungen um Reform der 
französischen Orthographie (phonetisch) sind in 
den Druckwerken nur beschränkt zum Ausdruck 
gelangt. 

Lit.: M. Aug£-Chiquet, La vie, les iddes et Pceuvre 
de J.-A. de B., Paris 1909; D. P. Walker, Musical 
Humanism, in: MR II u. III, 1941-42, deutsch als: 
Der musikalische Humanismus im 16. u. frühen 17. 
Jh., — Mw. Arbeiten V, Kassel 1949; ders., The Aims 
of Baif’s Acad., in: Journal of Renaissance and Ba- 
roque Music I, New Haven 1946/47; F. A. Yates, 
French Acad.s of the 16th Cent., London 1947 (=* 
Llniv. Warburg Inst. Studies XV). 

Bailey (b'e:li), Buster (William C.), *19.7. 1902 
zu Memphis (Tennessee) ; amerikanischer Jazzklari- 
nettist, kam nach seiner Ausbildung bereits 1917 in 
die Kapelle von W. Chr. Handy und wirkte seit- 
her in zahlreichen bekannten Jazz-Kapellen, u. a. 
1924-34 bei Fl. Henderson. Für die Jazzmusik gc- 


86 



Bainton 


wann er Bedeutung bei der Umwandlung der vor- 
her geübten Technik zu einer dem Swing eigenen 
Technik des Klarinettenspiels. 

Bailey (b'e:li), Parker, * 1.3. 1902 zu Kansas 
City (Missouri) ; amerikanischer Komponist, wirkte 
als Jurist in New York, betrieb Klavier- und 
Kompositionsstudien (E. Bloch), unterrichtete zu- 
nächst als Privatlehrer und 1930/31 an der Wes- 
tern Reserve University, Cleveland (Ohio). Er 
schrieb Kammermusik, Orgelstücke (Variations 
symphoniques über ein Thema von Chambonni&res, 
1930), Chöre und Lieder. 

Bailey- Apfelbeck (b'e:li), Marie Louise, * 24. 
10. 1876 zu Nashville (Tennessee) ; amerikanische 
Pianistin, studierte 1890-96 bei Reinecke in Leipzig, 
1896-1900 bei Leschetizky und Malwine Bree in 
Wien und galt, in Amerika und Europa seit 1900 
gefeiert, als eine der hervorragendsten Wiener 
Pianistinnen. Sie schrieb ein Menuet de concert und 
eine Fatttaisie über amerikanische Lieder für Kl. 

Baillot (baj'o:), Pierre Marie Francois de Sales, 
* 1. 10. 1771 zu Passy bei Paris, f 15. 9. 1842 zu 
Paris; hervorragender französischer Violinvirtuose, 
Schüler eines gewissen Polidori in Passy, 1780 von 
Sainte-Marie in Paris, 1783 in Rom von Pollani, 
einem Schüler Nardinis, kam 1791 nach Reisen als 
Sekretär von M. de Bouchepom wieder nach Paris 
und spielte vor Viotti, der ihm eine Stelle als 
1. Violinist am Theätre Feydeau verschaffte. Er 
vertauschte sie aber bald darauf mit einer Hilfs- 
aktuarstelle im Finanzministerium, sich durch Auf- 
treten in Konzerten immer mehr bekannt ma- 
chend. Nach einem Militärdienst 1795 wieder in 
Paris, studierte er unter Catel, Reicha und Cheru- 
bim Theorie und wurde noch im selben Jahr Leh- 
rer des Vioünspiels am neuorganisierten Conser- 
vatoire. Erst 1802 unternahm er seine erste Konzert- 
reise, und zwar nach Rußland, weiter durch Frank- 
reich, die Niederlande, England und Italien. 1821 
bis 1832 war er 1. Violinist der Pariser Opdra, 1827 
Sologeiger der Königlichen Kapelle. 1814 veran- 
staltete er die ersten öffentlichen Quartettauffüh- 
rungen in Paris. Sein Hauptwerk ist seine Violin- 
schule Vart du violon (1834), die lange für unüber- 
troffen galt; in Gemeinschaft mit Rode und 
Kreutzer gab er heraus: Methode de violon , das offi- 
zielle Schulwerk des Pariser Conservatoire, das 
wiederholt aufgelegt, nachgedruckt und in fremde 
Sprachen übersetzt wurde: ferner redigierte er die 
Mähode de violoticelle des Conservatoire (Verfasser: 
Levasseur, Catd und Baudiot). Auch schrieb er 
Notice sur Grftry (1814), Notice sur Viotti (1825) und 
andere kleine Sachen. Seine zumeist virtuosen 
Kompositionen sind: 9 Violinkonzerte, gegen 30 
Variationenwerke, eine Symphonie concertante für 

2 V. mit Orch. (op. 38, 1816), 24 Etudes für V. mit 
Begleitung einer zweiten V. (posthum, Paris 1851), 
Caprices, Notturnos und andere Stücke für V., 

3 Streichquartette, 15 Trios für 2 V. und B. und 
kleinere Werke für V. und Orch. 

Ausg.: Air de Paisiello »Je suis Undor«, in: Les 
Mahres classiques du violon . . ., Nr 20, hrsg. v. 
D. Alard, Mainz; Air Russe, op. 20, ebenda, Nr 40. 
Lit.: A. Pougin, P. B., in: Le Mänestrel 1872/73; 
W. J. v. Wasielewski, Die V. u. ihre Meister, Lpz. 
71927; A. Moser, Gesch. d. Vioünspiels, Bin 1923; 
P. Soccanne, Un maltre du quatuor: P. B., in: Guide 


du concert 1938; ders., Quelques documents inidits 
sur P. B., Rev. de Musicol. XXIII, 1939 (= Tome 
XX), u. XXV, 1943 (= Tome XXII). 

Baines (be:ns), William, * 26. 3. 1899 zu Hor- 
bury bei Wakefield (Yorkshire), f 6. 11. 1922 zu 
York; englischer Komponist. Zwei Klavierwerke, 
Paradise Gardens und 7 Preludes zogen zuerst die 
Aufmerksamkeit auf ihn. Weiter schrieb er: Sym- 
phonie C moll; 2 Tondichtungen für Orch. From 
the Island of the Fay und Little Imps; Klaviersonate 
Fis moll; viele Lieaer, Cellostücke und eine Menge 
Kammermusik und Klavierstücke. 

Lit.: R. Boughton, A Musical Impressionist, in: 
Mus. Times LXVII, 1926; vgl. auch Mus. Times LXV, 
1924; R. Carpenter, B. and Britten, Some Affinities, 
in: Mus. Times XCVII, 1956. 

Bagni, Abbate Giuseppe, * 21. 10. 1775 und 
1 21. 5. 1844 zu Rom; italienischer Komponist und 
Musikforscher. 1795 wurde er Bassist der päpst- 
lichen Kapelle, 1798 zum Priester geweiht. Er war 
Schüler von F. Bianchini, später von G. Jannaconi. 
1818 wurde er von seinen Kollegen zum Camer- 
lengo gewählt und bis zu seinem Tode jährlich 
neu in diesem Amte bestätigt. Sein lOst. Miserere 
wurde 1821 in das Karwochenrepertoire der Cap- 
pella Sistina aufgenommen. 1825 wurde er Mit- 
glied der Accademia di Santa Cedlia. Sein litera- 
risches Hauptwerk sind die Memorie storico-critiche 
della vita e delle opere di Giovanni Pierluigi da Pa - 
lestrina (2 Bände, Rom 1828). DasWerk eröffnet die 
Reihe der großen, auf umfassenden Quellen- 
sammlungen und archivalischen Forschungen be- 
ruhenden Musikerbiographien des 19. jjh. und 
bringt auch Material über viele andere Kompo- 
nisten. Zu B.s Schülern gehören Lafage, O. Nico- 
lai, Ferd. Hiller, K. Proske und Fr. X. Haberl. 
Ausg.: Memorie storico-critiche . . ., deutscher 
Auszug v. C. v. Winterfeld unter dem Titel: Jo- 
hannes Pierluigi von Palestrina, Mit Bezug auf Bainis 
neueste Forschungen dargestellt, Breslau 1832; dies., 
gekürzt u. deutsch übers, v. Fr. S. Kandler, hrsg. 
mit eigenen Anm. v. R. G. Kiesewetter, Lpz. 1834. 
Lit.: Fr. X. Haberl, Zum 50. Todestag v. B., KmJb 
IX, 1894; A. Cametti, Crit. mus. 1918-21; O. Ur- 
sprung, Palestrina in Deutschland, Fs. P. Wagner, 
Lpz. 1926. 

Bainton (b'e:nton), Edgar Leslie, * 14.2.1880 
zu London, + 8. 12. 1956 zu Sydney; englischer 
Komponist, erhielt 1896 ein Stipendium für Kla- 
vierspiel am Royal College of Music und am glei- 
chen Institut 1899 das Wilson-Stipendium für 
Komposition. Seine Lehrer waren F. Taylor, H. 
W. Davies, Ch. Stanford und Ch. Wood. 1901 
wurde er Lehrer für Klavier und Komposition, 
1912 Direktor des Konservatoriums in Newcastle- 
on-Tyne. Ab 1911 leitete er das Newcastle Phil- 
harmonie Orchestra. 1914-18 war er in Berlin in- 
terniert. 1919 übernahm er seine frühere Stellung 
in Newcastle, ging 1934 nach Australien, wo er bis 
1947 Direktor des Konservatoriums in Sydney 
war. Als Komponist verfolgt er nationale Tenden- 
zen, nach dem Vorbild von Vaughan Williams 
und Holst. Er schrieb: eine Oper Oithona nach 
Ossian (1915); symphonische Dichtung Pompilia 
(1903); Symphonie Bdur (1903); Celtic Sketches 
für Orch. (1912); Symphonie Before Sunrise nach 
3 Gedichten von Swinbume für A.solo, Chor und 
Orch. (1917); Streichquartett Adur (1919), 


87 



Baird 


3 Stücke für Orch. (1919); Concerto-Fantasia für 
Kl. und Orch. (1920); symphonische Dichtung 
Paracelsus (1921); Bratschensonate (1923); Eclogue 
für Orch. (1923) ; The Tower für Chor und Orch. 
(1924) ; A Hymn to Goä the Father für Chor und 
Orch. (1926) und andere Chorwerke. 

Baird, Tadeusz, *26. 7. 1928 zu Grodzisk Mazo- 
wiecki; polnischer Komponist, 1943/44 Schüler 
von Woytowicz und K. Sikorski in Lodz, 1947 
Schüler der Musikhochschule in Warschau, wo er 
1948-50 an der Universität auch Musikwissen- 
schaft studierte. Werke: 2 Symphonien (1950, 
1952), Sinfonietta (1949), Suite für Fl. und Strei- 
cher (1951), Klavierkonzert (1949), lyrische Suite 
für S. und Orch. (1953; Text von J. Tuwim), 
Theater-, Film- und Hörspielmusiken, einige Vo- 
kal- und Klavierstücke (2 Sonatinen 1949-52). 

Bairstow (b'e :isto :), (Sir) E d war d Cuthbert, * 22. 
8. 1874 zu Huddersfield, f 1« 5. 1946 zu York; 
englischer Organist, Schüler Bridges, 1896-99 
sein Assistent, 1899-1906 Organist an der Pfarr- 
kirche zu Wigan, 1906-13 an der zu Leeds, ab 
1913 am Münster in York, Dirigent der Leeds 
Philharmonie Society, der Bradford Festival Cho- 
ral Society und der York Musical Society, 1901 
Mus.Doc. Durham. 1929 wurde er Professor an 
der Universität Durham, 1932 zum Ritter geschla- 
gen und 1936 Ehrendoktor der Universität zu 
Leeds. B. war einer der besten englischen Kirchen- 
organisten und Chorleiter. Er schrieb Anthems, 
gern. Chöre, Orgelstücke, Variationen für V. und 
KL, Lieder und Gesänge und verfaßte die Schriften 
Counterpoint and Harmony (London 1937) und The 
Evolution of Musical Form (London 1943). 

Baj, Tommaso, * um 1650 zu Crevalcuorc bei 
Bologna, f 22. 12. 1714 zu Rom, war Tenor- 
sänger in der päpstlichen Kapelle, ab 1713 Kapell- 
meister. Er schrieb 1714 ein 4-8st. Miserere für die 
Sixtinische Kapelle, das in deren Karwochenreper- 
toire aufgenommen wurde. Eine Anzahl Messen 
und Motetten ist handschriftlich erhalten. 

Ausg.: Miserere, in: II Salmo Miserere posto in 
musica da G. Allegri ed. T. B., hrsg. v. A. Gemi- 
niani, Lugano 1840; dass., Chorus ecclesiasticus I, 
hrsg. v. J. Seiler, Trier 1871 ; 3 Motetten, in: Musica 
Divina I, 2, hrsg. v. K. Proske, Regensburg 1855; 
Motetten in Florilegium cantuum sacrorum, hrsg. 
v. J. Kromoucki, Augsburg u. Wien 1920. 

Bajew, Christo, * 15.8.1922 zu Dobromirke 
(Bulgarien) ; deutscher Opernsänger, studierte nach 
anfänglichen theologischen Studien in Sofia 1941 
bis 1944 am Dresdner Konservatorium Gesang. 
Über Gastengagements in München und Wies- 
baden kam er 1948 an das Koblenzer Stadttheatcr. 
Von hier aus gastiert er weiterhin bei Rundfunk 
und Theater, seit 1955 auch im Ausland, wo er 
ebenfalls als Oratorien-T enor gefragt ist. 1953 
wurde er zum Kammersänger ernannt. 

Bakala, Bretislav, * 12.2.1897 zu FryMk 
(Mähren); tschechischer Dirigent, erhielt 1912-15 
Orgelunterricht in Brünn, besuchte dort 1919/20 
das Konservatorium und 1922/23 die Meister- 
schule für Komposition bei JandSek. Nach einer 
Tätigkeit 1920-25 als Korrepetitor und Kapell- 
meister am Stadttheater in Brünn war er 1925/26 
als Organist an der Kathedrale in Philadelphia 

88 


(USA) und als Klavierbegleiter von H. Kindler 
tätig. Seit seiner Rückkehr wirkt er in Brünn: 1926 
bis 1936 als Pianist und Kapellmeister am Rund- 
funk, 1929-31 als Opemkapellmeister am Landes- 
theater, 1937-55 als Chef des Rundfunkorchesters, 
seit 1956 als Chefdirigent und künstlerischer Di- 
rektor der Staatlichen Philharmonie, leitet seit 1952 
auch die Dirigentenklasse an der Jand£ek-Akade- 
mie. Er schrieb ein Scherzo für Orch. (1923), 
Streichquartett C dur (1921), Fantasie für Streich- 
quartett (1935), eine Cellosonate (1920), zahlreiche 
Chöre und Lieder, bearbeitete Werke älterer Mei- 
ster und Klavierauszüge neuerer Werke der tsche- 
chischen Musik (darunter Klavierauszüge von Ja- 
ndeeks Opern Katja Kabatiowa , Das listige Füchslein 
und Aus einem Totenhaus). 

Bakcheios (Bacchius) der ältere; griechischer Mu- 
sikschriftsteller, der vermutlich im 4. Jh. n. Chr. 
lebte. Von ihm ist eine Einleitung in die Musik in 
Dialogform überliefert, ein ganz eklektisches 
Werk, das sich vor allem an Aristoxcnos anlchnt. 
Ausg.: K. v. Jan, in: Musici scriptores Graeci, Lpz. 
1895; ders., in: Programm d. Straßburger Lyceums 
1890 u. 1891 (mit deutscher Übers, u. Kommentar); 
Ch. E. Ruelle, Bacchius PAncien (frz. Übers, u. 
Kommentar), in: Collection des auteurs grccs relatifs 
ä la musique V, Paris 1895. 

Baker (b'e:ko), Josephine, *3. 6. 1906 zu Saint- 
Louis (Missouri); französische Chansonette und 
Revuetänzerin, Mulattin, erhielt ihre Ausbildung 
in den USA und begann ihre Laufbahn 1925 in der 
Truppe der »Black Birds«. Durch ihre überaus gro- 
ßen Erfolge in Paris, vor allem als Stern der »Foües 
Berg&res« und des »Casino de Paris« gelangte sic 
schnell zu Weltberühmtheit und ist heute eine 
einmalige Erscheinung auf ihrem Gebiet. 

Lit. : J. B., Les m&moires, hrsg. v. M. Sau vage, Paris 
101927. 

Baker (b'e:ko), Theodore, * 3. 6. 1851 zu New 
York, f 13* 10. 1934 zu Dresden; amerikanischer 
Musikforschcr, war in Leipzig ab 1874 Schüler von 
Oskar Paul, promovierte 1882 mit der Disserta- 
tion Über die Musik der nordamcrikanischen Wilden 
(Leipzig 1882) und lebte bis 1890 in Deutschland. 
1892-1926 war er literarischer Berater des Verlags 
G. Schirmer in New York; kurz darauf zog er sich 
nach Leipzig zurück. Er verfaßte die Nachschlage- 
werke: Dictionary of Musical Terms (1895, 251939); 
Pronouncing Pocket Manual of Musical Terms (1905) ; 
Biographical Dictionary of Musicians (1900, 31919, 
41940) ; The Musician’s Calendar and Birthday-Book 
(1915-17); auch übersetzte er viele deutsche Mu- 
sikbüchcr ins Englische sowie deutsche Artikel für 
die Zeitschrift The Musical Quarterly . 

Bakfark, Valentinus (auch V. Grcff Bak- 
fark), * 1507 zu Kronstadt (Siebenbürgen), f 22. 

8. 1576 zu Padua; ungarischer Lautenist, lebte zu- 
erst am Hofe des Wojcwoden (1526-40 ungari- 
schen Königs) Jdnos Szapolyai in Buda, wo er 
Hoflautenist war und geadelt wurde. Vielleicht 
lernte er schon dort Herzog Albrccht von Preußen 
kennen, dessen Unterstützung B. in der Zeit seiner 
Anstellung am polnischen Königshof in Wilna 
(1549-66) genoß. Von dort aus ging er in längeren 
Reisen nach Königsberg, Italien und Frankreich, 
wo in Lyon im Januar 1552 (d. h. nach neuer 



Balakirew 


Zählung 1553) seine Intäbulatura . . . Uber primus 
erschien (eine Auswahl daraus wurde als Premier 
Livre de Tabelature 1564 in Paris nachgedruckt). 
Ein zweites Buch, Harmoniarum musicarum . . . to- 
mus primus, erschien 1564 in Krakau (nachgedruckt 
Antwerpen 1569). Wahrscheinlich auf Grund poli- 
tischer Betätigung mußte B. 1566 aus Polen fliehen. 
Er ging für 2 Jahre als Hoflautenist nach Wien, 
kehrte 1568 nach Karlsburg an den Hof des Woje- 
woden von Siebenbürgen zurück und übersiedelte 
nach dem Tode des Fürsten Johann Sigismund 
1571 nach Padua, wo er offenbar Studenten unter- 
richtete und 1576 mit seiner Familie der Pest erlag. 
B.s Bearbeitungen von Motetten Josquins, Gom- 
berts und von Clemens non Papa bewahren die 
Polyphonie des Originals mit außergewöhnlicher 
Treue; von seinen eigenen Stücken verknüpfen die 
10 Fantasien denselben polyphonen Stil mit for- 
maler Abrundung. Einfacher gehalten sind ein 
Passamezzo und Bearbeitungen polnischer Volks- 
lieder. 

Ausg.: 11 Sätze, hrsg. v. A. Koczirz, DTÖ XVIII, 2 
(= Bd 37). 

Lit.: H. Opienski, Bekwark lutinista, Bibi. Wars- 
zawska II, Warschau 1906; ders., Beitr. zur Biogr. 
B.s, Diss. Lpz. 1914, maschr.; L. Kaiser, V. B., Diss. 
Wien 1907, maschr., verwendet in d. Einl. zu DTÖ 
XVIII, 2; E. Haraszti, Un grand luthiste du XVI® s.: 
V. B., Rev. de musicol. XIII (= Tome X), 1929; M. 
Federmann, Musik u. Musikpflege zur Zeit Herzog 
Albrechts, Königsberger Studien zur Mw. XIV, Kas- 
sel 1932; H.-P. Kosack, Gesch. d. Laute... in 
Preußen, Bd XVII d. gleichen Reihe, Kassel 1935; 
O. Gombosi, B. Bälint . . . (Der Lautenist V. B.). = 
Musicologia Hungarica II, Budapest 1935, ungarisch 
u. deutsch, darin d. 10 Fantasien. 

Baklanow, Georgij, * 18. 1. 1882 zu St. Peters- 
burg, f 6. 12. 1938 zu Basel; russischer Sänger 
(Bariton), studierte Jurisprudenz an der Peters- 
burger Universität, ging dann zum Gesangsstu- 
dium über und debütierte 1905 in Rubinsteins 
Detnon (Petersburg). B. sang an den Theatern von 
Moskau, Petersburg, Berlin, Wien, London und 
auch in den USA (ab 1909). 

Balakirew, Milij Alexejewitsch, * 21. 12. 1836 
(nach neuem Stil 2. 1. 1837) zu Nischnij Nowgo- 
rod, f 16. (nach neuem Stil 29.) 5. 1910 zu St. Pe- 
tersburg; russischer Komponist. Durch seinen Leh- 
rer Karl Eisrich kam er mit Ulybyschew in Ver- 
bindung. 1853 begann er in Kasan Mathematik zu 
studieren, ging aber im Spätherbst 1855 mit Uly- 
byschew nach St. Petersburg und lebte dort als 
Klavierspieler und -lehrer. Er wurde mit Glinka 
bekannt, der seine Kompositionen hochschätzte 
und ihm einige seiner spanischen Themen zur Be- 
arbeitung gab; sie wurden von B. in der S&rSnade 
espagnole für Kl. und in der »Spanischen Ou- 
vertüre« verwendet. 1857 begannen Mussorgskij 
und Cui unter seiner Anleitung zu arbeiten, 1861 
auch Rimskij-Korsakow und 1862 Borodin. Die 
Gruppe, der Stassow 1867 den Namen »das mäch- 
tige Häuflein« gab, setzte Glinkas Bemühungen 
fort, durch Verwertung der Eigentümlichkeiten 
des russischen Volksliedes eine nationale Kunst- 
sprache zu schaffen; sie empfing auch Anregungen 
von Chopin, Bcrlioz und Liszt. Wie Glinka be- 
mühte sie sich auch um das orientalische und das 
spanisch-maurische Kolorit, wovon 3 Kaukasus- 


reisen B.s (1862, 1863 und 1867), eine geplante 
Oper Der Feuervogel und sein bekanntestes Werk, 
die Klavierphantasie Islamej (1868), Zeugnis geben. 
1862 gründete B. mit Lomakin die »Musikalische 
Freischule« in St. Petersburg, deren Orchester- 
konzerte er ab 1863 dirigierte. 1866 ging B. nach 
Prag, wo er 1867 die beiden Opern Glinkas auf- 
führte. In diesen Jahren erreichte B.s Laufbahn 
ihren Höhepunkt. Er wurde 1868 Direktor der 
Freischule und 1867 für 2 Jahre Dirigent der Kai- 
serlich Russischen Musikgesellschaft. Nach seinem 
Rücktritt nahm er 1870-72 eine Stelle bei der Ei- 
senbahn an. In den folgenden Jahren machte B. 
eine schwere Krise durch und hielt sich ganz vom 
Musikleben fern, so daß 1874 Rimskij-Korsakow 
die Direktion der Freischule übernehmen mußte. 
Erst 1876 begann er wieder zu arbeiten, wurde 
1881 wieder Direktor der Freischule und Dirigent 
ihrer Konzerte, 1883-94 auch Direktor der Hof- 
sängerkapelle. In seinen letzten Jahren schrieb er 
viele Klavierstücke und vollendete oder bearbei- 
tete zahlreiche Werke, die er in den 60er Jahren 
begonnen hatte. Er beteiligte sich auch an der 
Herausgabe der Glinka-Gesamtausgabe. Seine 
wichtigsten Werke sind: Grande Fantaisie über 
russische Volkslieder für KL und Orch. (1852), 
Septett für Fl., Klar., Streicher und Kl. (1852), 
Streichquartett (1855), I. Klavierkonzert Fis moll 
(um 1855), Klavierphantasie über Themen aus 
Glinkas Oper Das Leben für den Zaren (um 1855), 
Oktett für Fl., Ob., Horn, Streicher und KL (1856), 
Ouvertüre über ein spanisches Marschthema (1857, 
zweite Fassung 1886), Ouvertüre über 3 russische 
Themen (1858, auch für Kl. zu 4 Händen), Ouver- 
türe und Schauspielmusik zu King Lear (1858-61), 
Zweite Ouvertüre über russische Themen (1864, 
erschienen 1869 unter dem Titel »1000 Jahre«, 2. 
Fassung 1884 als symphonische Dichtung Russ), 
Ouvertüre über tschechische Themen (1867, in 2. 
Fassung als symphonische Dichtung In Böhmen 
1906), symphonische Dichtung Tamara (1867-82), 
Orientalische Phantasie für Kl. Islamej (1869), 
Sirtnade espagnole für Kl. (um 1890), I. Symphonie 
Cdur (1862-98), Kantate zum 100. Geburtstage 
Glinkas für S., Chor und Orch. (1904), Klavier- 
sonate B moll (1905), II. Symphonie D moll 
(1907/08), Suite für Kl. zu 4 Händen (1909), 
II. Klavierkonzert Esdur (1861-1910, vollendet 
von S. Ljapunow), zahlreiche Klavierstücke, Lie- 
der (1855, 1865, 1896, 1904), Volksliedsammlung 
(1866), Klavierbegleitung zu 30 Volksliedern 
(1898), deren Bearbeitung für Kl. zu 4 Händen 
(1898). 

Lit.: Selbstbiographie, in: Russkaja musykalnaja 
gaseta 1910. - Briefwechsel mit Tschaikowsky, hrsg. 
v. S. M. Ljapunow, St. Petersburg 1912 (russ.); 
Briefwechsel mit Rimskij-Korsakow, hrsg. v. S. M. 
Ljapunow, Musykaluü sowremennik 1, 1915/16, u.II, 
1916/17 (russ.); Briefwechsel mit Stassow, hrsg. v. G. 
Kisselew, Bd I Moskau 1935 (russ.); Briefe an 
Calvocoressi, hrsg. u. übers, v. M. Montagu- 
Nathan, ML XXXV, 1954; Briefwechsel mit J. 
Kolir, hrsg. v. V. StEpänek, Hudebnl rozhledy VI, 
1953; Briefe in: J. Leyda u. S. Bertensson, The 
Musorgsky Reader, NY 1947; Briefe Serows an B. 
in: Sowjetskaja musyka XXIII, 1953. - 
S. M. Ljapunow, M. A. B., Jb. d. Kaiserlichen Thea- 
ter, St. Petersburg 1910 (russ.); N. A. Rimsku- 
Korsakow, Chronik meines musikalischen Lebens, 
übers, v. O. v. Riesemann, Stuttgart 1928. - M. D. 


89 



Balanchine 


Calvocoressi u. G. Abraham, Masters of Russian 
Music, London 1936; G. Abraham, B.s Symphonies, 
ML XIV, 1933; ders., Studies in Russian Music, 
London (1935); ders., On Russian Music, London 
(1939); G. Kisselew, M. A. B., Moskau-Leningrad 
1938 (russ.); W. Musalewskij, M. A. B., Leningrad 
1938 (russ.); A. Kandinsku, Simfonitscheskiia prois- 
wedenija M. B. (Die symphonischen Werke M. B.s), 
Moskau 1950; G. Fedorowa, M.A.B., Moskau 1951. 

Balanchine (baläf'in), Georges (5alanchin, ei- 
gentlich Balanchivadze), * 1904 zu St. Petersburg; 
russischer Tänzer und Choreograph, war ab 1914 
Schüler der Kaiserlichen Ballettschule in seiner 
Vaterstadt und betrieb dort später am Konserva- 
torium auch Klavier- und Theoriestudien. 1921 
ging er an das Marien-Theater seiner Vaterstadt, 
unternahm 1924 mit einer eigenen kleinen Gruppe 
eine Tournee, die ihn zunächst nach Deutschland, 
weiter nach London und schließlich zu Diaghilew 
führte, der ihn als Nachfolger von Massin 1925 für 
sein berühmtes Ballett verpflichtete. Bis zum Tod 
von Diaghilew, von dem B. entscheidende Förde- 
rung erfahren hatte, sicherte er sich mit 10 Cho- 
reographien jene internationale Anerkennung, die 
auch bis heute unbestritten geblieben ist. Der 
Tätigkeit als Ballettmeister der Großen Oper in 
Paris sowie kürzerer Wirksamkeit in Monte 
Carlo, Kopenhagen, London und wieder Paris 
(hier mit der eigenen Gruppe »Les Ballets 1933« ) 
folgte 1934 seine Übersiedlung nach New York, 
wo L. Kirstein ihn als Leiter der »School of Ame- 
rican Ballet« gewann. Damit trat B. an eine Auf- 
gabe heran, che sich zu der bedeutendsten seines 
Lebens entwickelte. Immer in Verbindung mit 
Kirstein, war er der entscheidende künstlerische 
Initiator des »American Ballet« , der »Ballet Cara- 
van«, der 1946 ins Leben gerufenen »Ballet So- 
ciety« sowie des 2 Jahre später daraus hervor- 
gegangenen »New York City Ballet« , dessen Lei- 
tung er seitdem innehat. Wenn das City Ballet 
Weltrang besitzt, verdankt es diesen in erster 
Linie B., der mit ihm seine in stetem Bemühen 
seit 1928 entwickelte Konzeption der Ballettkunst 
verwirklichte. B. selbst bezeichnet die Arbeit an 
der Pariser Aufführung des Apollon Musagke (1928) 
als Wendepunkt seines Lebens. Dies ist zu ver- 
stehen als Abwendung von der in Diaghilews 
Balletts Russes der zwanziger Jahre vertretenen 
modernistischen Richtung zum klassischen Ballett 
hin, wobei das Neue in dem Streben nach Abklä- 
rung, Vereinfachung und Aussparen liegt. Das Zu- 
rückdrängen und Fehlen von Handlung und lite- 
rarischen Vorwürfen haben in B.s Choreographie 
das rein Tänzerische immer stärker hervortreten 
lassen, wobei er aber ihre Bezeichnung als »ab- 
strakt« entschieden ablehnt. Ließ ihn Apollon Mu- 
sagite an »weiße Musik« denken (»Weiß ist für 
mich etwas Positives, ein Inhalt an sich« ), so liegt 
hier die Wurzel und zugleich die erste Gestaltung 
seiner Idee eines »weißen Balletts« . In seinen gro- 
ßen Schöpfungen ist B. in engstem Kontakt mit 
Strawinsky diesen Weg konsequent weitergegan- 
gen; Je« de cartes (1937) ist dafür ebenso kennzeich- 
nend wie Orpheus (1948). Das letztere Werk zeigte 
in der Choreographie den Verzicht auf pantomi- 
mische Darstellung der Handlung und setzte dafür 
als Rahmen »die letztlich entscheidende Aussage 
der Musik selber«. Mit Agon (1957) schließen 


sich Apollon Musaghe und Orpheus zur Trilogie 
zusammen. Was B. und Strawinsky vor 30 Jahren 
begannen, findet hier Krönung und Vollendung. 

Lit.: B.’s Complete Stories of the Great Ballets, hrsg. 
v. F. Mason, NY 1954; I. Strawinsky, Chroniques 
de ma vie, 2 Bde, Paris 1935-36; A. Chujoy, The New 
York City Ballet, NY 1953. -C.W. Beaumont, Com- 
plete Book of Ballets, NY 1937 ; G. Amberg, Ballet in 
America, NY 1949; O. F. Regner, Das Ballettbuch, 
Fischer-Bücherei LXVI, Ffm. (1954); vgl. ferner in d. 
Reihe »Musik der Zeit«, hrsg. v. H. Lindlar, das 
»Ballett-Heft«, (Bonn 1952) und H. XII, »Strawinsky 
in Amerika«, Bonn (1955). 

B^latka, Antonfn, * 27. 10. 1895; tschechischer 
Komponist und Dirigent, war Kapellmeister in 
Laibach und übernahm 1929 die Leitung der Oper 
in Brünn. Sein Schaffen umfaßt eine Oper Svarti 
jaro (1946), Bühnen- und Filmmusiken, Chor- 
werke, Kammermusik, Klavierstücke und Lieder. 

B^latka, Hans, * 5. 3. 1827 zu Hoffnungsthal bei 
Olmütz, f 17. 4. 1899 zu Chicago; Schüler von 
Sechter und Proch in Wien, ging 1849 nach Ame- 
rika und gründete 1851 in Milwaukee einen Mu- 
sikverein, der schnell aufblühte und noch besteht, 
wurde 1860 als Dirigent der Philharmonischen Ge- 
sellschaft nach Chicago berufen, wo er sich 1873 
niederließ. B. war als Manncrgcsangvcrcinsdiri- 
gent sehr angesehen und schrieb Chor- und Or- 
chesterwerke sowie Orchesterbearbeitungen. 

Balbastre (balb'a:tr), Claude (Balbätre), * 22. 1. 
1727 zu Dijon, t 9. 5. 1799 zu Paris; französischer 
Organist und Komponist, 1750 Schüler Rameaus, 
debütierte 1755 im Concert spiritucl als Orgel- 
virtuose mit einer eigenen Komposition und 
wurde 1756 als Organist an St-Roch angestellt, 
1760 an Notre-Dame, 1776 auch Hoforganist 
des Bruders des Königs (Organiste de Monsieur). 
Seine Orgelvorträge während des Gottesdienstes 
erregten so großes Aufsehen, daß der Erzbischof 
sie zweimal untersagte (es handelte sich 1762 um 
seine Variationen über die Noels und 1776 um 
sein Te Dcum). Im Druck erschienen von ihm 
die Noel-Variationen (4 Suiten), ein Buch Pitces 
de clavecin (1759), als op. 3 die Sonates eti quatuor 
pour le clavecin ou le forte-piano mit Begleitung 
von 2 V. und B. mit 2 Hörnern ad libitum, 
Marche des Marseillais et VAir Qa Ira arrangh pour 
le forte-piano und ein Recueil d’Aricttcs choisies. 

Balbi, Lodovico (L. Baibus), f Ende 1604 zu 
Venedig; italienischer Komponist, Franziskaner- 
mönch, wurde 1570 Sänger an San Marco, 1578 
Kapellmeister der Chiesa dei Frari in Venedig, war 
1585-91 Kapellmeister an San Antonio in Padua, 
dann wieder im Franziskanerkloster in Venedig. 
Seine Werke, die sämtlich in Venedig erschienen, 
sind: 4st. Madrigale (1570); Ecclcsiasticarum cati - 
tionum . . ., 4st. (1578); 5st. Messen (1580 und 
1595) ; 6st. Capricci (1586) ; Messe e Motctti con il Te 
Deum laud . a 8 v. (1605); Ecclcsiastici coticcntus, 
l-8st. (1606); Completorium, 12st. zu 3 Chören 
(1609). Musicale essercitio (1589) enthält 27 Bearbei- 
tungen der Oberstimmen von Stücken anderer 
Meister. 1591 gab B. mit G. Gabricli und O. 
Vecchi ein Graduate et Antiphonarium heraus. Fünf 
7- und 8st. Motetten nahm E. Bodenschatz in 
den 2. Teil seines Florilegium (Leipzig 1621) auf. 


90 



Balling 


Balbi, Melchiorre, Cavaliere, * 4. 6. 1796 zu 
Venedig, f 21. 6. 1879 zu Padua; italienischer Mu- 
siktheoretiker und Komponist, Schüler von A. 
Calegari, dessen Sistema armonico er mit Anmer- 
kungen herausgab (Padua 1829); außerdem schrieb 
er: Grammatica ragionata della rnusica (Mailand 1845) 
und Nuova seuola basata sul sistema semitonato equa- 
bile (Mailand 1871). Er war 1818-53 Konzert- 
meister der beiden Stadttheater von Padua und 
seitdem Kapellmeister an der Basilika San Anto- 
nio. 3 Opern wurden in Padua aufgeführt. An 
Kirchenmusik schrieb er: ein Requiem auf den Tod 
Rossinis (1868), 11 Messen, Magnificat, Psalmen, 
Offertorien. 

Baldini, Guglielmo, * um 1540 zu Ferrara; ita- 
lienischer Komponist, von dem bekannt ist: II 
primo libro de* Madrigali a cinque e sei (Venedig 
21574). Die dem damaligen Nuntius G. A. Facchi- 
netti (später Papst Innozenz IX.) gewidmeten Ma- 
drigale sind mit homophonen Partien durchsetzt 
und zeigen villaneske Züge. Ob verwandtschaft- 
liche Beziehungen zwischen dem Autor und dem 
ferraresischen Hofdrucker Vittorio B. bestehen, ist 
ungewiß. 

Baldwin (b'o:ldwin), John, t 28- 8. 1615 zu 
London; englischer Sänger und Komponist, ge- 
hörte ab 1594 derChapelRoyal an. Er ist besonders 
als Kopist bekannt. Eme von ihm 1581-1606 ge- 
schriebene Motettenhandschrift enthält außer eige- 
nen Werken Sätze aus dem 15. und 16. Jh. B. ist 
auch der Schreiber von My Ladye Nevells Booke 
(1591). 

Ausg.: 3 Faks. in: W. Byrd, My Ladye Nevells Booke, 
hrsg. v. H. Andrews, London 1926. 

Lit.: E. Brennecke, A Singing Man of Windsor, ML 
XXXIII, 1952. 

Balfe (baelf), Michael William, * 15. 5. 1808 zu 
Dublin, f 20- 10. 1870 zu Rowney Abbey (Hert- 
fordshire) ; irischer Opemkomponist, war Schüler 
von K. F. Horn in London, wurde 1824 Violinist 
am Drury Lane Theatre, trat daneben als Sänger 
auf und ging 1825 zu weiteren Studien nach Italien. 
1828 war er Baritonist der Italienischen Oper in 
Paris, sang bis 1833 an italienischen Bühnen, 
brachte mehrere eigene italienische Opern zur 
Aufführung und heiratete 1832 die ungarische 
Sängerin Lina Roser (f 8. 6. 1888 zu London). 
Nach seiner Rückkehr nach London war er als 
Sänger und Gesanglehrer tätig und schrieb in 
rascher Folge zahlreiche Opern. Der Versuch 
(1841), ein eigenes Opemuntemehmen zu grün- 
den, schlug fehl; B. ging darauf nach Paris. 1845 
kam er zurück und war bis 1852 Dirigent an Her 
Majesty’s Theatre. B. wurde bekannt vor allem 
durch die beiden Opern The Bohemian Girl ( »Die 
Zigeunerin«, London 1843) und Les quatre fils 
Aymon (Paris 1844). Sein Stil ist nicht originell, 
zeichnet sich aber durch gefällige Melodik aus. Er 
schrieb ferner Indispensable Studies for a Sopran 
Voice (1852) und Method of Singing (1855). 

Lit: Ch. L. Kennedy, A Memoir of M. W. B., Lon- 
don 1875; W. A. Barrett, B., London 1882. 

Balfoort, Dirk Jacobus, * 19. 7. 1886 zu Ut- 
recht; holländischer Violinist, Dirigent und Mu- 
sikhistoriker, lebt im Haag. Nach Absolvierung 
des Amsterdamer Konservatoriums war er 1908 


bis 1924 als 1. Konzermeister u. a. auch in Dresden 
tätig, 1924-26 1. Geigenlehrer am Rotterdamer 
Konservatorium, wirkte seitdem als Konservator 
der Musikhistorischen Abteüung beim Gemente- 
museum im Haag, wo er bis zu seiner Pensionie- 
rung (1953, als Stellvertretender Direktor) auch 
die von ihm gegründeten Museums-(Debütanten-) 
Konzerte leitete. B. schrieb u. a. Abhandlungen 
über das holländische Musikleben im 17./18. Jh. 
sowie mehrere Arbeiten über holländische Geigen- 
bauer. 1940 legte er ein Nachschlagewerk über 
De Europeesche blaasinstrumentenmakers vor. 

Baüab$ne, Gregorio, * um 1720, t um 1800 
zu Rom; italienischer Komponist, 1755 in Mace- 
rata, 1781 in Rom nachweisbar. Er war einer der 
spätesten Vertreter des a-cappella-Stils, schrieb: 
eine 48st. kurze Messe, ein 4chöriges Magnificat, 
4st. Compieta mit Orgel. 

Lit.: J. Heiberger, Lettera ... ad una Composizione 
mus. a 48 v. del Sign. G. B., Rom 1774. 

Ballard (bal'a:r), Pariser Musikverlagshaus im 
16.-18. Jh., nächst Pierre Attaingnant die älteste 
Pariser Firma auf diesem Gebiete. Robert B.s ver- 
legerische Tätigkeit schließt unmittelbar an die- 
jenige P. Attaingnants an. Robert B. und sein 
»cousin« , der Komponist Adrien le Roy (f 1598), 
gründeten 1551 die Firma. Nach einem Patent für 
9 Jahre (1551) erhielten sie 1553 von Heinrich II. 
ein Privileg als alleinige Hof-Musikdrucker. Ro- 
bert B. starb im Juli 1588 zu Paris; seine Witwe 
Lucr&ce Du Gud folgte ihm als Teilhaberin A. le 
Roys nach. Nach dessen Tode assozüerte sie sich 
1599 mit ihrem Sohne Pierre B., der 1606-39 allein 
blieb. Dann folgten: Robert (II) B. bis 1666, Chri- 
stophe B. bis 1694 (zeitweilig assoziiert mit Lam- 
bert Roulland), Jean-Baptiste-Christophe B. bis 
1750, Christo phe-Jean-Fran^ois B. bis 1763 und 
Pierre-Robert-Christophe B. Auf ihr Patent po- 
chend, das dem Geschäftserben jeweils erneuert 
wurde, hat die Familie von den Fortschritten der 
Druckerkunst keine Notiz genommen und be- 
diente sich noch 1750 derselben Typen wie zu An- 
fang, nämlich der 1540 von Guillaume le B6 an- 

f efertigten, die Pierre B. um 50000 Livres erwor- 
en hatte. Sie sind zwar elegant und deutlich 
(wenn auch schlechter als die noch älteren Petruc- 
ds und Peter Schöffers), nehmen sich aber in einer 
Zeit, wo niemand sonst mehr eckige Noten 
schrieb, stark veraltet aus. Die Aufhebung der 
Patente 1790 machte den durch frühere Parla- 
mentsbeschlüsse (1713, 1762, 1764) schon stark 
dezimierten Vorrechten der B.s und damit ihrer 
Firma ein Ende. 

Lit.: Fr. Lesure u. G. Thibault, Bibliogr. des 
6ditions d’ Adrien Le Roy et Robert B., — Publications 
de laSociätd f ranpaise de Musicologie. 11,9, Paris 1955; 
M. Brenet, La librairie musicale en France de 1653 
ä 1790, d’apr&s les Registres de Privileges, S1MG VIII, 
1906/07; B. Guegan, Hist, de l’impression de la 
musique, La typographie musicale en France, in: 
Arts et m6tiers graphiques, 1933/34, Fasz. 37 u. 39; 
Vl. Fädorov, Artikel B., MGG. 

Balling, Michael, * 28. 8. 1866 zu Heidingsfdd 
am Main, t 1« 9. 1925 zu Darmstadt; deutscher 
Dirigent, war Schüler H. Ritters, dann als Brat- 
schist in Mainz, 1886-92 in der Schweriner Hof- 
kapelle und daneben bei den Bayreuther Festspielen 


91 



Balmer 


tätig. 1892 reiste er nach Neuseeland und gründete 
in Nelson die erste Musikschule Neuseelands. Seit 
seiner Rückkehr nach Europa wirkte er als Diri- 
gent: 1895 in England, 1896 Assistent bei den Bay- 
reuther Festspielen, Chormeister am Hamburger 
Stadttheater, 1898 Kapellmeister in Lübeck, dann 
in Breslau, 1903 Nachfolger Mottls in Karlsruhe, 
1906-14 auch bei den Bayreuther Festspielen; 1911 
bis 1914 war er als Nacnfolger H. Richters Diri- 
gent des Halld-Orchesters in Manchester, ab 1919 
GMD in Darmstadt. B. begann 1912 bei Breit- 
kopf & Härtel in Leipzig eine Wagner-Gesamt- 
ausgabe, die jedoch über die Jugendopem nicht 
hinausgelangte. 

Lit.: R. Sternfeld, M. B., in: Mk XVII, 1924/25. 

Balmer, Luc, * 13. 7. 1898 zu München; Schwei- 
zer Komponist, war 1915-20 Schüler von H. Hu- 
ber, E. Petri und E. Levy am Basler Konservato- 
rium, 1921/22 Kompositionsschüler von Busoni in 
Berlin. 1923 wurde er Theorielehrer am Berner 
Konservatorium, war 1928-32 Dirigent in Luzern, 
seitdem in Bern. Er schrieb: 3 Streichquartette; 
Serenade (1919) und Concertino (1956) für kleines 
Orch. und Kl. ; Concertino für Vc. und Ideines Orch. 
(1954); Sinfonisches Fragment (1921), 2 Sympho- 
nien (1923, 1954) ; Musik zu Idyllen von Salomon 
Gessner (1924) ; Musik zu La jleur enchantie von 
Kreidolf (1924); Duo für V. und Vc. (1927), Mär- 
chenspiel Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölz- 
chen (1931); Sonetto CXIII del Petrarca für gern. 
Chor, Bar.Solo und Orch. (1930); Symphonische 
Variationen für Orch. (1935); Orgelfantasie über 
Jesus, meine Zuversicht (1936). 

Balokovid (baTokovit$), Zlatko, * 21. 3. 1895 zu 
Zagreb (Jugoslawien); amerikanischer Violinist, 
lebt in Camden (Maine). Nach Absolvierung 
des Gymnasiums studierte er Geige am A gramer 
Konservatorium, anschließend bei Sevcik an der 
Wiener Akademie, wo er 1913 den österreichi- 
schen Staatspreis davontrug. Er konzertierte als 
Solist mit nahezu allen namhaften Orchestern der 
Welt und spielt (besitzt) eine Stradivarius ( »Soil« ) 
sowie 2 berühmte Geigen des Joseph Guamerius 
del Gesü (»Der König«, 1735; »Wilton«, 1742). 

Balsam, Artur, * 8. 2. 1906 zu Warschau; ame- 
rikanischer Pianist, lebt in New York, studierte am 
Konservatorium in Lodz und an der Hochschule 
für Musik in Berlin, erhielt 1930 den 1. Preis 
im internationalen Wettbewerb zu Berlin und 
1931 den Mendelssohn-Preis. Lange Zeit war er 
Begleiter der Geiger Yehudi Menuhin, Erica Mo- 
rini, Nathan Milstein und Zino Francescatti, trat 
mit dem Budapester Quartett, dem Kroll-Quartett 
und als selbständiger Solist in Gemeinschaft mit 
dem NBC-Orchester auf, dessen jährlicher Gast er 
ist. Heute ist er Leiter der Klavierklasse an der 
Kneisel-Kammermusikschule in Blue Hill, Maine 
(US AL Werke von Haydn, Mozart und Beetho- 
ven, die im Mittelpunkt seiner künstlerischen Ar- 
beit stehen, hat er für zahlreiche Schallplattenauf- 
nahmen interpretiert. 

Baltazarjni (eigentlich Baldassaro de Belgio- 
j oso, französisch Bai thazar de Beaujoyeulx), 
t um 1587 zu Paris; italienischer Violinist, kam 
um 1555 im Dienste des Mardchal de Brissac nach 


Frankreich, diente später Katharina von Medici, 
Maria Stuart, Karl IX., dem Duc d’Alenqon, Hein- 
rich III., zuletzt Maria von Medici. B. ist der Cho- 
reograph des Ballet comique de la Reine (1581, ur- 
sprünglich Ballet de Circe), das durch die Verbin- 
dung der Technik der höfischen Maskenspiele mit 
den ästhetischen Grundsätzen der Acadömie de 
musique et de poesie Baifs für das Ballet de Cour 
vorbildlich wurde. Die Musik des Ballet comique 
schrieben Lambert de Beaulieu und Jacques Sal- 
mon. 

Ausg. : Le Ballet-Comique . . ., Kl.-A. v. J.-B. 
Weckerlin, Paris (1881), in: Chefs-d’ceuvre classi- 
ques de l’opära frq., s6rie III. 

Lit.: L. Ceilier, Les origines de l’op6ra, Paris 1868; 
R. Rolland, Hist, de l’opöra . . . avant Lully, Paris 
1895; H. PRUNifeRES, Le ballet de Cour, Paris 1914; 
J. Gregor, Kulturgesch. d. Balletts, Wien (1944). 

Balthasar, Karl, * 9. 9. 1868 zu Zaschwitz, 1 14. 
6. 1937 zu Halle; deutscher Kirchenmusiker, stu- 
dierte in Halle Theologie und bei R. Franz und 
O. Reubke Musik. Als Pfarrer in Ammendorf bei 
Halle veranstaltete er Organistenkurse und kir- 
chenmusikalische Konferenzen. Er war Heraus- 
geber der Zeitschrift des evangelischen Kirchen- 
musikvereins, Mitarbeiter am Gesangbuch und am 
Orgelvorspielbuch für die Provinz Sachsen und 
Verfasser einer Schrift Luther , der Sänger des deut- 
schen Volkes (Gütersloh 1917). 1919 wurde er Lei- 
ter des kirchenmusikalischen Seminars, 1920 Do- 
zent für musikalische Liturgik an der Universität 
Halle, die ihn 1931 zum Dr. theol. h. c. promo- 
vierte. 

Baltzar, Thomas (Baltzer, Balzer, Balthasar, 
Balshar), * um 1630 zu Lübeck, f 24. 7. 1663 zu 
London; deutscher Violinist und Komponist, war 
1653 Kammerviolinist im Dienst der Königin 
Christine von Schweden und kam 1655 nach Eng- 
land, wo er sehr bewundert wurde. Karl II. er- 
nannte ihn am 30. 11. 1661 zum 1. Geiger seiner 
Kapelle. B. war vor allem für sein Doppelgriffspiel 
berühmt. Seine Suiten gehören zu den frühesten 
Stücken mit B.c. in England; die meisten sind 
handschriftlich in Oxford erhalten, 4 Stücke in 
John Playfords Sammelwerk The Division Violin , 
Auflagen von 1685, 1688, 1693. 

Ausg.: 12 Pr&udes und Allemande, hrsg. v. K. Ger- 
hartz, = Deutsche Meisterwerke f. V. allein II, 
Köln 1921; Prelude Allemand, hrsg. v. C. Stiehl, 
MfM XX, 1888; Allemande, in: Schering Beisp. 237. 
Lit.: C. Stiehl, Th. B., MfM XX, 1888; G. Beck- 
mann, Das Violinspiel in Deutschland . . ., Lpz. 1918 
(im Anh. ein Prelude); A. Moser, Gesch. d. Violin- 
spiels, Bin 1923; E. H. Meyer, Die mehrst. Spiel- 
musik d. 17. Jh., Heidelberger Studien zur Mw. II, 
Kassel 1934. 

Balzer, Hugo, * 17. 4. 1894 zu Duisburg; deut- 
scher Dirigent, lebt in Düsseldorf, studierte an den 
Konservatorien in Duisburg und Köln (Fr. Stcin- 
bach). B, wirkte als Kapellmeister in Koblenz und 
Essen, 1929 als GMD in Freiburg im Breisgau, 
1934 in Düsseldorf (Orchester, Oper, Konserva- 
torium; 1940 Professor). Seit 1946 ist er als Gast- 
dirigent (Oper, Konzert) vorwiegend in romani- 
schen Ländern tätig. In seiner Düsseldorfer Zeit bot 
er mehrere Opem-Uraufführungen (u. a. Enoch 
Arden und Die Hexe von Passau von Gerstcr). 


92 



Banchieri 


Bampton (b'aempton), Rose E., * 28. 11. 1909 zu 
Cleveland (Ohio) ; amerikanische Sängerin (So- 
pran), lebt in New York, erhielt ihre musikalische 
Ausbildung amCurtis Institute of Music in Philadel- 
phia (Pennsylvania), wo sie den Titel eines Bachelor 
of Music erwarb. Ihm fügte sie noch das Doctorate of 
Fine Arts der Drake University Des Meines (Iowa), 
hinzu. 1932-50 wirkte sie an der Metropolitan 
Opera, trat 1937 in Covent Garden und 1942-47 
am Teatro Col6n in Buenos Aires auf. Konzerte 
gab sie in den USA, in Südafrika und zahlreichen 
europäischen Hauptstädten, sang für Rundfunk 
und Fernsehsendungen und für Schallplattenauf- 
nahmen, zu denen der Fidelio unter Tos canini ge- 
hört. 

Banaster (bsen'sesto), Gilbert (Banastir, Ba- 
nestre, Banister), * um 1445, t im. August 1487 
zu London; englischer Komponist, gehörte ab 1475 
der Königlichen Kapelle an und wurde 1478 zu 
deren Master of the Children ernannt. 4 Motetten 
von ihm sind in Handschriften erhalten. 

Lit.: W. H. Grattan Flood, G. B., SIMG XV, 1913/ 
1914; ders.. Early Tudor Composers, Oxford 1925. 

Banchieri (bagkj'eiri), Adriano (Adriano di Bo- 
logna), * 3. 9. 1568 und f 1634 zu Bologna; ita- 
lienischer Komponist und Musiktheoretiker, Schü- 
ler von GiosefFo Guami in Lucca, wurde 1587 
Mönch im Olivetanerkloster bei Bologna, 1596 
Organist der dazu gehörenden Kirche San Michele 
in Bosco. 1601-07 war er in Imola Organist an 
Santa Maria in Regola, ab 1609 wieder an San 
Michele in Bosco. 1620 wurde er zum Abt ge- 
wählt. B. hatte 1614 die Accademia de* floridi in 
Bologna gegründet; deren Nachfolgerin, der Ac- 
cademia dei Filomusi, gehörte er unter dem Na- 
men II Dissonante an. Er schrieb auch Komödien 
und Novellen, die unter den Pseudonymen Ca- 
millo Scaligeri della Fratta und Attabalippa del 
Peru erschienen. In seinen Kompositionen nat er 
alle Neuerungen der Zeit übernommen, manche 
als erster erprobt; seine Werke gehören zu den 
frühen Zeugnissen der B.c.-Praxis, für die er auch 
Anweisungen veröffentlicht hat. Er verwendet 
bereits die Zeichen p und f; außerdem zählt er zu 
den ersten Vertretern der Sonatenkomposition 
und hat einige Madrigalkomödien, die meisten auf 
eigene Texte, verfaßt. Eine Gesamtübersicht über 
B.s Werke ist noch nicht möglich; viele wurden 
mehrfach in stark veränderter Gestalt aufgelegt. 
Seine Hauptwerke sind: Conclusioni nel suono 
dell'organo (Lucca 1591, Bologna 21609, als Armo- 
nielie conclusioni Bologna 1627, lateinisdi als Con- 
clusioncs de musica Bologna 1627); Cartella ovvero 
Rcgole utilissime a quelli che desiderano imparare il 
Canto Figurato (Venedig 1601, als La Cartella 
musicale 21610, als La Cartellina 41615, als La Ban - 
chierina 51623); Cartellina del conto fermo (Mailand 
1611, Bologna 21614); Cartella musicale nel conto 
figurato fermo e contrappunto = 3. Auflage der bei- 
den vorigen mit Zusatz weiterer Abhandlungen; 
Vorgano suonarino (Venedig 1605, 21611 mit dem 
Dialogo musicale über den B.c., 31628, 4 1638); 
Direttorio monastico di canto fermo (Bologna 1615, 
anonym als Cantorino 21622); Libro primo delle 
Messe e Motetti für 2 St. und B.c. (Venedig 1620), 
enthält auch eine Sonate für V., Pos. und B.c.; 


Messen, Salmi e Litanie , 3st. (Venedig 1625) ; eine 
8st. Messe (Venedig 1599); Litanie e concerti, 8st. 
(Venedig o. J.); Salutazione Loretane, 8st. (Venedig 
1595); Concerti ecclesiastici , 8st. (Venedig 1595); 
Carta di sacre Lodi , 4st. (Mailand 1605); Ecclesia- 
stiche Sinfonie , 4st. (Venedig 1607); Gemelli armo - 
nid für 2 St. und B.c. (Venedig 1609, 21622); 
Vezzo di perle musicali , 3st. (Venedig 1610, Augs- 
burg 21620, Venedig 31622) ; Nuovi pensieri ’, Buch I 
4st. (Mailand 1616), B 4st. (Mailand 1617), Eff 2st. 
(Bologna 1626), IV Ist. (Venedig 1626); 5st. 
Madrigale, Buch I: Zabaione (Mailand 1603), II: 
La Barca di Venezia per Padova (Venedig 1605, 
21623), EI: II Festino nella sera del Giovedl grosso 
(Venedig 1609), IV (Venedig 1628); 3st. Madrigale 
und Canzonetten, Buch I: Hora prima di recreatione 
(Venedig 1594, 21603), II: La Pazzia senile (Vene- 
dig 1598, 21599, 31601, weitere Ausgaben Köln 
1601, Venedig 1607, Venedig 1621), III: II Studio 
dilettevole (Mailand 1600, Köln 1603), IV: II Me- 
tamorfosi musicale (Venedig 1601, 2 1606), V: Vir- 
tuoso ridotto . . . ent r Ul quäle si concerta . . . una nuova 
comedia detta Prudenza giovanile (Mailand 1607), 
mit II zusammen als La Saviezza giovenile , e Pazzia 
senile (Venedig 1628), VI: Tirsi , Filii, e Clori 
(Venedig 1614); 4st. Canzonetten I und II (Vene- 
dig 1595), IE (Mailand 1596), IV (Venedig 1597), 
V (Mailand 1598); Duo in contrappunto (Venedig 
1613); Villanelle , 3st. (Venedig 1623); Sampogna 
musicale (Venedig 1625) ; La Fida Fanciulla , comedia 
. . . con musicali intermedi (Bologna 1629); Tratteni- 
menti in villa , 5st. (Venedig 1630); Canzoni alla 
fiancese , 4st. (Venedig 1596); Fantasie ovvero Can- 
zoni, 4st. (Venedig 1603); Dialoghi, Concerti, Sin- 
fonie e Canzoni, 2 St. und B.c. (Venedig 1625, 
Ingolstadt 1629); H virtuoso ritrovo Academico, 
l-5st. (Venedig 1626). 

Ausg.: Faks.-Neudruck d. Conclusioni nel suono 
dell’organo, Ausg. v. 1609, Mailand 1934 durch d. 
Boll. Bibi. Mus.; La pazzia senile, nach d. Ausg. 1607, 
Torchi IV, Mailand o. J.; A. B.-Musiche corali, 
Madrigale aus La pazzia senile, II Festino nella sera 
und Trattenimenti in villa, hrsg. v. F. Vatielu, I 
Classici della Musica Ital., H. 1, MaÜand 1919; 
Madrigali a 5, hrsg. v. V. Veneziani, Maüand 1930; 
The Animais Improvise Counterpoint, engl. Übers, d. 
Festino nella sera, NY 1937; II Festino nella sera del 
giovedl grasso avanti cena a 5 voci misti (1608), hrsg. 
v. B. Somma, = Capolavori polifonici del s. XVI, 
Vol. 1, Rom 1939; La saviezza giovenile, 2 ed. del 
1628, hrsg. von R. Allorto, Mailand 1956; 3 5st. 
Madrigale, hrsg. v. V. Veneziani, Mailand 1930; 
Madrigal »II zapaione« in: Davison-Apel Anth. II, 
186; 10 Orgelstücke, 9 davon aus »L’organo suona- 
rino«, Torchi III; Sätze in Alt-Ital. Kl.-Musik, hrsg. 
v. Piechler, 1928; Sinfonia d’Istromenti aus Eccles 
Sinf. in: Schering Beisp. 151. 

Lit.: W. J. v. Wasielewski, die V. im 17. Jh., Bonn 
1874; A. W. Ambros, Gesch. d. Musik IV, hrsg. v. 

G. Nottebohm, Lpz. 1878, 21881, 21909 hrsg. v. 

H. Leichtentritt; Riemann MTh; M. Schneider, 
Der Anfang d. B.c., Lpz. 1918; F. Vatielu, II Madri- 
gale drammatico e A. B., in: Arte e vita musicale di 
Bologna I, 1927; F. T. Arnold, The Art of Ac- 
companiment from a Thorough-B., London 1931; 
A. Adrio, Die Anfänge d. geistlichen Konzerts, Neue 
deutsche Forschungen XXXI, Abt. Mw. I, Bin 
1935, darin 3 geistl. Konzerte aus Eccles. Sinf.; 
A. Einstein, The Italian Madrigal II, Princeton 
1949; F. Mompeluo, Un »grillesco Capriccio« di 
A. B., RMI LV, 1953; E. Capacciou, Predsazioni 
biografiche su A. B., RMI LVI, 1954. 


93 



Band 


Band, Erich, * 10. 5. 1876 zu Berlin, f 13. 5. 1945 
zu Waidhofen (Bayern); deutscher Kapellmeister, 
studierte in Berlin an der Königlichen Hochschule 
für Musik, Klavier und Komposition, gleichzeitig 
an der Universität, wurde dann Kapellmeister in 
Mainz, Bremen, Rostock, 1905 Hotkapellmeister 
am Königlichen Hoftheater in Stuttgart, 1924-32 
war er GMD und Opemdirektor in Halle; dann 
lebte er in Berlin. Er schrieb Klavierwerke, Kam- 
mermusik, Chorwerke, bearbeitete Le Domino noir 
von Auber und verfaßte die Bücher: Zur Ent- 
wicklungsgeschichte des modernen Orchesters (Stutt- 
gart 1919, « Auers Schriften für musikalische Bil- 
dung IU) und Opemdeutsch. 

Bandrpwska-Turska, Ewa, * 1899 zu Krakau; 
polnische Sängerin (Koloratursopran), studierte in 
Krakau, Wien und Mailand und debütierte 1918 
an der Warschauer Oper. Bis 1926 wirkte sie in 
Polen und entfaltete danach als vielseitige Konzert- 
und Opemsängerin eine umfangreiche Gastspiel- 
tätigkeit in Europa und Amerika. Seit 1946 wirkt 
sie äs Gesangspädagogin an der Staatlichen Musik- 
hochschule in Krakau. 

Bandrpwski, Aleksander, * 22. 4. 1860 zu Lu- 
baczow, f 28« 5. 1913 zu Krakau; polnischer 
Opernsänger, war erst Jurist, dann Schauspieler, 
1889-1901 Tenor an der Frankfurter Oper, na- 
mentlich in den Heldenrollen Wagners und 
Meyerbeers. Er hat eine Reihe Wagnerscher 
Opern ins Polnische übersetzt und zwei polnische 
Opemlibretti geschrieben. 

Bandur, Jo van, * 24. 9. 1899 zu Jamnica bei 
Dvor na Uni, f 14. 5. 1956 zu Belgrad; serbischer 
Komponist und Dirigent, Schüler der Wiener 
Musikakademie (J. Marx) und des Prager Konser- 
vatoriums (J. Knfka). Nach einer Tätigkeit als 
GymnasiaHehrer und Chorleiter war B. 1931-37 
Dirigent an der Belgrader Oper, seit der Gründung 
der Musikakademie in Belgrad (1937) deren Ad- 
ministrationsdirektor. Werke: Symphonie in C 
(unvollendet), Violinkonzert Saputnid kroz £ivot 
(1954), Streichquartett in 2 Sätzen (1925), kleinere 
Klavier- und Violinstücke; eine Reihe von Vokal- 
werken mit Orch., darunter die Kantate Poema 
1941 für B., Chor und Orch., Jugoslavenska parti - 
zanska rapsodija für Soli, Chor und Orch. (1947), 
Raspeva se zemlja (Das singende Land) für S., T., 
Chor und Orch. (1949), auch zahlreiche a-cappella- 
Sätze und Lieder. 

Lit. : M. VukdracovkS, In memoriam J. B., in der 2s. 
»Zvuk«, Nr 7/8, 1956. 

Bang» Maja (verheiratete Baronin Hohn), * 24. 4. 
1877 zu Tromsö, f 3. 1. 1940 zu New York; nor- 
wegische Violinistin, studierte in Oslo und Leipzig, 
dann bei Marteau in Genf und L. Auer in Peters- 
burg. Sie gründete in Oslo eine Musikschule, ging 
1919 nach Amerika und wurde Lehrerin an Auers 
Akademie in New York. Sie schrieb: Maia Bangs 
violinskole (1910) ; Maia Bang Violin Method 
(7 Hefte, 1919-25, mehrfach neu aufgelegt); Maia 
Bang Violin Course (5 Hefte, 1932-35); Maia Bang 
Recreation Music (1935); Maia Bang GinyhamBooks 
(4 Hefte, 1936-37). 

Bangert» Emilius, * 19. 8. 1883 zu Kopenhagen; 
dänischer Organist und Komponist, war in der 
Komposition Schüler C. Nielsens, im Orgelspiel 


von Gigout in Paris. 1916-19 war er Organist an 
der Jesuskirche in Valby, Kopenhagen, und wirkte 
1919-53 als Domkantor in Rosküde, 1925-53 als 
Lehrer für Theorie am Königlichen Konservato- 
rium in Kopenhagen. 1913 erhielt er das Ancker- 
Stipendium für Komponisten. Er schrieb: Sym- 
phonie Cdur, Ouvertüren, Schauspielmusiken, 
Streichquartett D dur, Violinsonaten A dur und 
C moll, Chorwerke, Lieder, gab heraus: Dietrich 
Buxtehude , Klavervaerker (Kopenhagen und Leipzig 
1942, 21944; auch Oslo, Stockholm 1942). 

Banister (b'amista), Henry Charles, * 13.6. 
1831 zu London, f 20. 11. 1897 zu Streatham bei 
London; englischer Musikpädagoge, Sohn des 
Cellisten Joshua B. (1803-47), wurde 1851 Lehrer 
für Harmonielehre an der Royal Academy of 
Music, 1853 Professor; ab 1880 lehrte er an der 
Guildhall School of Music, ab 1881 auch am 
Royal Normal College for the Blind. Er schrieb: 
4 Symphonien, 5 Ouvertüren, Kammermusik, 
Klavierstücke und Lieder; musiktheoretische Bü- 
cher und Life of Sir George Macfarren (1892). Nach 
seinem Tode erschienen Interludes: seven lectures 
(gesammelt und herausgegeben von St. Macpher- 
son, London 1898). 

Banister (b'aenista), John, * 1630 und f 3. 10. 
1679 zu London; englischer Violinist, war Sohn 
eines Stadtmusikanten, trat 1660 in den Dienst 
König Karls II., der ihn 1661 zu weiteren Studien 
nach Frankreich schickte. 1662-66 leitete er eine 
Gruppe von 12 aus His Majesty’s Violins ausge- 
wählten Geigern, blieb aber auch nach seiner Ab- 
setzung in königlichem Dienst. 1677 war er Mu- 
siklehrer der nachmaligen Königin Anna. Ab 1672 
veranstaltete er in seinem Hause Konzerte, zu 
denen jedermann gegen Bezahlung Zutritt hatte 
und um deren Besuch er durch Zeitungsanzeigen 
warb; das ist, soweit bekannt, das erste öffentliche 
Konzert unternehmen. Er schrieb zahlreiche Schau- 
spielmusiken, darunter Gesänge zu Shadwells Be- 
arbeitung von Shakespeares The Tempcst (1674) 
und zu Ch. Davenants Tragödie Circe (1677). Lie- 
der und Instrumentalsätze von ihm sind in Sam- 
melwerken verstreut. Er selbst gab zusammen mit 
Thomas Lowe einen Sammelband heraus: Ayres 
and Dialogues Composed for Voices and Violins , 2 bis 
4st. (London 1678). Sein Sohn John B. (* um 
1663, t 1735) wurde in The King’s Band sein 
Nachfolger und setzte sich für Coreflis Werke ein. 
Lit.: H. Davey, Hist, of Engl. Musjc, London 1895; 
W. Barclay Squire, Purcell’s Dram. Music, SIMG 
V, 1903/04; ders., The Music of ShadwclPs »Tem- 
pest«, MQ VII, 1921; H. C. de Lafontaine, The 
King’s Music, London 1909; H. A. Scott, London’s 
Earüest Public Concerts, MQ XXII, 1936: C. L. Day 
u. E. B. Murrie, Engl. Song-Books, London 1940. 

Bannelier (banoA'c:), Charles, * 15. 3. 1840 und 
t im Oktober 1899 zu Paris; französischer Musik- 
schriftstcller, war Schüler des Pariser Conscrva- 
toire, dann Mitarbeiter und schließlich Chefredak- 
teur der Revue et Gazette musicale. Außer vielen 
Artikeln in dieser Zeitschrift verfaßte er eine Über- 
setzung von Hanslicks Vom Musikalisch Schönen 
(Paris 1877, 31893) und einen 4händigen Kla- 
vierauszug der Symphonie fantastique von Berlioz. 
Er übersetzte auch den Text von Bachs Matthäus- 
Passion. 


94 



Baranovid 


Bannister (b'aeniste), Henry Mariott, * 1855, 
f 16. 2. 1919; englischer Musikpaläograph, Mag. 
Art. zu Oxford, Herausgeber der Monumenti Vati - 
cani di Paleografia Musical e Latina (Leipzig 1913), 
Bd XII der auf Befehl Papst Pius* X. vom Ku- 
ratorium der Vatikanischen Bibliothek zur Er- 
schließung der letzten Quellen des Gregorianischen 
Gesanges erscheinenden weitschichtigen Publi- 
kation Codices Vaticani Selecti Phototypice expressi 
(1. Teil Text, 2. Teil 141 Tafeln im größten 
Folio). B. wirkte mit an der Ausgabe von CI. 
Blumes Analecta hymnica medii aevi. Aus seiner 
umfangreichen, jetzt in der Bodleian Library zu 
Oxford sich befindenden Sammlung von Sequenz- 
melodien wurden von A. Hughes SieAnglo-French 
Sequelae herausgegeben (1934, The Plainsong 
and Mediaeval Music Society). Eine Reihe von 
Studien erschien in der »Rassegna Gregoriana« und 
im »Journal of theological studies« . 

Lit. : Vorwort zu Analecta hymnica LV, Lpz. 1922. 


Bantock (b'aentok), Sir Granville, * 7.8. 1868 
und 1 16. 10. 1946 zu London; englischer Kompo- 
nist, war 1889-92 an der Royal Academy of Music 
Schüler von F. Corder, 1893-96 Herausgeber der 
»New Quarterly Musical Review«, daneben als 
Opernkapellmeister tätig. 1897 wurde er Musik- 
direktor in New Brighton, 1900 Direktor des 
Birmingham and Midland Institute School of 
Music, leitete ab 1902 auch die Wolverhampton 
Festival Choral Society und die Birmingham 
Amateur Orchestral Society, an deren Stelle 1911 
die Birmingham Philharmonie Society trat. Als 
Dirigent setzte sich B. besonders für zeitgenössische 
englische Komponisten und für Sibelius ein, der 
ihm seine 3. Symphonie widmete. 1907 wurde B. 
als Nachfolger Elgars Professor an der Universität 
Birmingham, 1930 geadelt. Nachdem er 1934 
seine Ämter niedergelegt hatte, wirkte er nur noch 
als Examinator für das Trinity College of Music 
und unternahm eine Weltreise, auf der er seine 
Werke in Australien dirigierte. Eine B.-Sodety 
wurde 1947 gegründet. In seinen - meist an ein 
Programm angelehnten - Werken erweist sich B. 
als ein Meister der Farbe; außer großen, von Ber- 
lioz, Tschaikowsky und Grieg beeinflußten Or- 
chesterwerken hat er auch »Chorsymphonien« a 
cappella geschrieben. Mit Vorliebe wählte er exo- 
tische oder keltische Stoffe. Werke (Auswahl): 
Opern Caedmar (1892), The Pearl of Iran (1894), 
The Seal- Woman (1924); Ballett Aegypt (1892); 
Chorballett The Great God Pan (1912-16); Chor- 
werke mit Orchester: The Fire Worshippers (1892); 
Christus , 10 Teüe geplant, davon entstand nur: 
Christ in the Wilderness (1907); Omar Khayydm 
(3 Teüe, 1906-09); The Song of Songs (1922); King 
Solomon (1937); Chorsymphonien a cappella: Ata- 
lanta in Calydon (1911); Vanity ofVanities (1913); 
A Pageant of Human Life (1913); Messe B dur 
(1903) ; Setzen Burdens of Isaiah (1927) und mehrere 
Suiten für Männerchor a cappella; Pradudium und 
9 Fragmente der Sappho für A. und Orch. (1906) ; 
Pagan Chants für T. und Orch. (1917-26); The 
Sphinx für Bar. oder A. und Orch. (1941); Or- 
cnesterwerke: Ouvertüre Saul (1897); Helena Vari- 
ation (1899); 3 Suiten (1899-1909); 6 Tondich- 
tungen (1900-02); Dante and Beatrice (1910); He- 
aridean Symphony (1915); Pagan Symphony (1923 


bis 1928); Celtic Symphony für Streicher und 
6 Harfen (1940); kleinere Stücke. Ferner Schau- 
spielmusiken, 2 Mdodramen, Kammermusik, 
Klavierstücke, Lieder. 

Lit.: Werkverz. in Grove; H. C. Anderton, Gr. B., 
London 1915; R. Newmarch, J. Sibelius (mit Vor- 
wort v. B.), London 1932, 21944; H. Antcuffe, B. 
in the Shade, MMR LXXXH, 1952. 

B^nwart, Jakob (Pseudonym: Jakob Avia), 
* 19. 5. 1609 zu Sigmaringen, f um 1657 zu Kon- 
stanz; deutscher Komponist, begann 1629 in Dü- 
lingen Philosophie zu studieren, wurde 1631 Ma- 
gister, 1632 zum Priester geweiht und spätestens 
1641 Domkapellmeister in Konstanz. Von ihm 
wurde in Konstanz gedruckt: Liber primus sacrorum 
concentuum , 2-4st. mit Gb. (1641); Motetae sacrae 9 
3-llst. (1661); 2 Bände 4-5st. Messen, im 2. Band 
eine 3chörige Messe zu 10 oder 18 St. (1649 und 
1657) ; Missa unica alias decima quinta , 5st. (1662) ; 
Teutsche . . . kurtzweilige Tafel Music (Quodlibets, 

Lit. : H. J. Moser, Corydon I, Braunschweig 1933. 

Baptie (b'septi), David, * 30. 11. 1822 zu Edin- 
burgh, f 26. 3. 1906 zu Glasgow; schottischer Mu- 
sikforscher, schrieb: A Handbook of Musical Bio - 
graphy (London 1883, 21887) ; Musicians of all Times 
(London 1889); Sketches of the English Glee Com- 
posers (London 1895). Sein handschriftliches Ver- 
zeichnis A Descriptiue Catalogue of upwards of 23000 
Secular Part Songs etc. ist im British Museum depo- 
niert. Er hat auch mehrere Gesangbücher heraus- 
gegeben. 

Baptiste -* An et, Baptiste. 

Baptiste (bapt'ist), Ludwig Albert Friedrich 
(Battista), * 8. 8. 1700 zu öttingen, f um 1770 zu 
Kassel; deutscher Violinist, war ab 1726 Tanz- 
meister und Violinist am Hofe zu Kassel. Von ihm 
wurden gedruckt: 6 Sonaten für Fl. oder V. und 
B. und 24 Menuette für 2 V., 2 Hörner und B. 

Bar$Ui, Don Raffaello, * 25. 6. 1862 zu Cami- 
gliano bei Lucca, f 1922; italienischer Choral- 
forscher, wurde 1903 Lehrer des Gregorianischen 
Gesangs am Istituto musicale in Lucca, trieb 
1905 noch Studien unter Dom Mocquereau in 
Appuldurcombe auf Wight und wurde 1910 
Lehrer der Paläographie an der Kirchenmusik- 
schule in Rom. Außer zahlreichen Aufsätzen in 
der Rassegna Gregoriana seit 1905 gab er separat 
heraus: Destiamoci (Lucca 1901), Due parote sui 
melismi Gregoriani (Lucca 1901), Di un nuovo 
» telum imbeue sine ictue contro il conto Gregoriano 
(Pisa 1902), Ab initio non fuit sic (Lucca 1902), La 
zuppa nel paniere (Lucca 1903). 

Baranovid (bar'anovit$), Kresimir, * 25. 7. 1894 
zu Sibenik; jugoslawischer Komponist und Diri- 
gent, studierte an den Akademien in Zagreb und 
Wien, war 1915-27 Kapellmeister am Theater in 
Zagreb, wo er, nach Reisen mit dem Ballett von 
Anna Pavlova, ab 1929 die Oper leitete. 1945 
wurde B. Professor an der Musikakademie in Bel- 
grad und dirigierte das Orchester der Rundfunk- 
station, bis er 1951 die Leitung des neugegründeten 
Serbischen Staats-Symphonie-Orchesters über- 
nahm. Sein kompositorisches Schaffen umfaßt 
2 Opern, Ballette, Orchesterwerke, Liederzyklen 
und Kammermusik. 


95 



Barbaja 


Barbf ja, Domenico, * 1778 zu Mailand, f 16. 
10. 1841 zu Posillipo bei Neapel; italienischer 
Opemuntemehmer, stieg vom Kellner zum Zir- 
kusdirektor und Direktor des Teatro San Carlo in 
Neapel auf, war 1821-28 gleichzeitig in Wien Di- 
rektor des Kämtnertor-Theaters und des Theaters 
an der Wien und übernahm später dazu noch die 
Scala in Mailand. Er vergab Aufträge an Rossini, 
Bellini, Donizetti und C. M. v. Weber (Euryanthe). 
Lit.: M. M. v. Weber, C. M. v. Weber II, Lpz. 1864. 

Barbariis, Melchiorre de -* Barberiis. 

Barbarfno, Bartolomeo, da Fabriano, detto il 
Pesarino; italienischer Komponist, war 1593-94 
Sänger an der Santa Casa in Loreto, dann bis 1602 
musico des Bischofs Giuliano della Rovere, 1602 
bis 1605 Kapellmeister am Dom von Pcsaro, seit- 
dem am Dom von Padua. Er schrieb: 4 Bücher 
Solo-Madrigale (I: 1606, 21609; II: 1607, 21611; 
DI: 1610; IV: 1614, mit einem Dialog Tirsi e 
Aminta); 3st. Madrigale (1617, mit 3 gleichzeitig 
spidbaren B.c.-Stimmen) ; Canzonetten und So- 
nette zu 1-2 St. (1616); 2 Bücher Motetten (I: 
1610; II: 1614, Solostimme in 2 Fassungen ge- 
druckt, erste einfach, zweite mit ausgeschriebe- 
nen Verzierungen). Sämtliche Bücher wurden in 
Venedig gedruckt. Zum Teil schrieb B. die Texte 
selbst. 

Lit.: Werkverz. von G. Radiciotti in SIMG XIV, 
1912/13, S. 562. 

Barbl, Antoine (Barbe), 3 flämische Musiker 
gleichen Namens : - 1) 1 2. 12. 1564 zu Antwerpen, 
war 1527-62 Kapellmeister der Kathedrale von 
Antwerpen. Nach dem Tode seiner Frau wurde er 
1548 Priester. Von ihm sind in Sammelwerken 
1540-51 und handschriftlich erhalten: eine 4st. 
Messe Vecy la danse de Barbarie , 3 Motetten, 4 Chan- 
sons und ein niederländisches Lied. - 2) * vor 1548 
und f 10. 2. 1604 zu Antwerpen, Sohn des vorigen, 
Organist in seiner Vaterstadt, verfaßte wahrschein- 
lich einige Tanze der Sammlung Petit trdsor des 
danses (Löwen 1573, Phal&e). - 3) * wahrschein- 
lich zwischen 1575 und 1580 und f 15. 3. 1626 zu 
Antwerpen; Sohn des vorigen, wurde 1596 Orga- 
nist an der Jakobskirche in Antwerpen, war da- 
neben aber auch als Klavierlehrer tätig. Von ihm 
ist ein Traktat Exemplaire des douze tonsicorum (Ant- 
werpen 1599) erhalten. 

Ausg.: 4st. Chanson Ung Capitaine, hrsg. v. Fr. 
Commer, Collectio operum musicorum Batavorum 
XII. 

Lit. : J. A. Stellfeld, Bronnen tot de geschiedenis 
der Antwerpsche Clavecimbel- en Orgelbouwers, Ant- 
werpen 1942; ders., J. Rückers, Hommage ä Ch. van 
den Borren, Antwerpen 1945. 

Barbflla, Emanuele, * um 1725 und f 1. 1. 1777 
zu Neapel; italienischer Violinist, war in der Kom- 
position Schüler von Leo und dem Padre Martini. 
1753 wurde in Neapel die von ihm zusammen mit 
Logrosdno geschriebene Oper Elmira generosa auf- 
gefuhrt. Violinsonaten und -duette sowie Trio- 
sonaten erschienen in London. 

Ausg.: Larghetto, hrsg. v. E. M. E. Deldevez, 
Pifcces diverses, Paris (1875). 

Lit.: A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923. 

Barber (b'a:bo), Samuel, * 9. 3. 1910 zu West 
Chester (Pennsylvania); amerikanischer Kompo- 


nist, besuchte vom 14. bis 21. Lebensjahr dasCurtis- 
Institute Philadelphia, wo er Klavier bei I. Venge- 
rova, Gesang bei E. de Gogorza, Dirigieren unter 
Fr. Reiner und Komposition bei R. Scalero stu- 
dierte. Noch während der Ausbildung erhielt er 
den Bearus-Preis der Columbia University, 1935 
folgten PuHtzer-Preis, Guggenheim Fellowship 
und der Amerikanische Rompreis. Der Kriegsdienst 
(ab 1942) bedeutete für den ebenso unermüdlich 
wie erfolgreich Komponierenden kaum eine 
SchafFenszäsur. Seine wichtigsten Werke kamen 
und kommen an hervorragender Stelle zur Urauf- 
führung: die I. Symphonie op. 9, einsätzig, 1935/36 
in Rom komponiert, wurde unter Moünari erst- 
auf geführt und 1937 bei den Salzburger Festspielen 
wiederholt (1943 neugefaßt) ; den I. Essay für Orch. 
op. 12 (1937) und das Adagio für Streicher (aus dem 

I. Streichquartett, 1936) brachte Toscanini 1938 mit 
dem NBC-Orchester in New York ; das Violinkon- 
zert op. 14 (1939) erlebte 1941 unter Spalding mit 
dem Philadelphia Orchestra die Uraufführung, der 

II. Essay für Orch. op. 17 (1942) im Jahr der Entste- 
hung imter Br. Walter mit der Philharmonie Sym- 
phony Society of New York, die der Luftwaffe ge- 
widmete II. Symphonie op. 19 (1944, Neufassung 
1947) im Jahr ihrer Entstehung unter Kussewitzky 
mit aem Boston Symphony Orchestra, das Ccllo- 
konzert op. 22 (1945) im gleichen Jahr noch mit 
R. Garbousova in Boston. Noch im Krieg entstand 
das vielgespielte Capricom Concerto für Kammer- 
orch. 1946 schrieb B. im Auftrag des Ditson- 
Founds der Columbia University für Martha 
Graham das Ballett Medea op. 23. 2 Medcar- Kon- 
zertsuiten kamen unter Ormandy und unter Mi- 
tropoulos zur Konzertaufführung, eine Souvenirs - 
Ballettsuite unter Fr. Reiner (1953, szenische Ur- 
aufführung 1955, New York City Ballet). An 
Chor-Orchesterwerken entstanden 1954 im Auf- 
trag der Kussewitzkystiftung die Prayers of Kierke- 
gaard für S., Chor, Orch. Ein Vorläufer, Knoxville , 
Summer of 1915, für die Sopranistin E. Steher, ging 
der Kantate voraus. Neben a-cappella-Chörcn lie- 
gen an Klavierlicdem u. a. die Zyklen Mtlodics 
Passageres und Hermit Songs vor, an Kammer- 
musik noch ein II. Streichquartett, ein Bläserquintett 
(Summer Music) sowie eine Klavier- und eine 
Cellosonate. Gegenwärtig (1957) arbeitet B. an 
einer Oper Vanessa , deren Libretto Gian-Carlo 
Menotti schrieb, mit dem zusammen B. den Land- 
sitz Capricom am Lake Croton (New York) be- 
wohnt. B. gehört nach Copland und V. Thomson 
und neben W. Schuman zu den in USA geborenen 
und vorwiegend dort ausgebildeten Komponisten, 
die eine vitalistische »Amerikanische Musik« er- 
streben, deren Stilfindung nicht ohne Einflüsse sei- 
tens des mittleren Strawinsky und eines denatu- 
rierten Jazz blieb. 

Lit : N. Brodbr, S. B., NY (1954). HL 

Barberä Humbert, Jose, * 27. 1. 1874 und f 19. 
2. 1947 zu Barcelona; spanischer Komponist und 
Musikforscher, studierte in Barcelona am Conser- 
vatorio del liceo und bei Pcdrcll. Im Winter 
1919/20 las er zum ersten Male seinen Curso de 
Melodica , in dem er die gesamte Musiktheorie von 
der Betrachtung der melodischen Elemente her 
aufbaut. In Zusammenarbeit mit der Pädagogin 
M. Montessori trieb er Studien zur Musikerzie- 


96 



Barbieri 


hung, deren Ergebnisse er in der »Revista bar- 
celonesa« vorlegte. 1924 wurde B. Kompositions- 
lehrer am Conservatorio del Iiceo, dessen Direk- 
tor er 1931-38 war. Kompositionen: Orchester- 
werke, darunter Sinfonieta für Streichorch. und Kl. 
(1927), I. Symphonie A moll (1928), Tondichtung 
Alfeo y Aretusa (1937) und Sinfoma sintdtica (un- 
vollendet); Klavierstücke; Chöre, Lieder und 
Volkslied-Bearbeitungen. Von B.s Schriften er- 
schienen im Druck: Cuatro lecciones de alta teoHa 
tnusicäle (Barcelona 1948), viele Zdtschriftenauf- 
sätze, Artikel in der von B. mitherausgegebenen 
spanischen Bearbeitung von M. Brenets »Diccio- 
nario de la müsica« (Barcelona 1946) und in : J. Pena 
u. H. Anglfcs, Dicdonario de la müsica, 2 Bände 
(Barcelona 1954; hier vor allem über Volkslied). 

Barberiis, Melchiorre de (Barbariis, Barbe- 
rio, Barberis), aus Padua stammend, italienischer 
Lautenist des 16. Jh. Seine Lautenbücher, die keine 
breite Wirkung ausgeübt haben, gehören offenbar 
zu einer Reihe Intabolature des venezianischen Ver- 
legers Hieronimo Scotto, die folgende Bücher um- 
faßt: I— III vielleicht die 1546 ohne Angabe des Ver- 
legers erschienenen Bücher von Antonio Rotta (I), 
Francesco da Milano und Pietro Paulo Borrono 
(II), Giovanni Maria da Crema (III); IV, 1546: 
Barberiis (Bearbeitung von A. de Fevins Missa 
super Ave Maria und Ricercari) ; V und VI, 1546 
ohne Angabe des Verlegers: Barberiis (V Madri- 
gal! und Canzoni francesi, VI Motetten verschie- 
dener Komponisten); VII, 1548: Francesco da Mi- 
lano; VIII, 1548, Borrono; IX, intitolato ilBembo, 
1549: Barberiis (Phantasien, Tänze und Villanel- 
len); X, 1549: Barberiis (Phantasien, Canzoni und 
Motetten, zum Teil für 2 Lauten mit 1-2 Vo- 
kalstimmen). 

Barb$tta, Giulio Cesare (Barbetti), * um 1540 
wahrscheinlich zu Padua, f nach 1603 ; italienischer 
Lautenist, veröffentlichte: 21 primo libro dell'inta- 
volatura de liuto (Venedig 1569) ; Novae tabulae musi- 
cae testudinariae (Straßburg 1582); Intavolatura de 
liuto (Venedig 1585); Intavolatura de liuto (Vene- 
dig 1603). 

Ausg. : 8 Stücke aus II primo libro . . ., hrsg. v. O. 
CraLESOTn, in: Lautenisten d. 16. Jh., Lpz. 1891. 
Lit. : T. Zacco, Cenni biogr. di illustri scrittori . . ., 
Padua 1840; A. Böhm, Notizie sulla storia del teatro 
a Padua, 1899; W. Boetticher, Studien zur solisti- 
schen Lautenpraxis, Habü.-Schrift Bin 1943. 

Barbier (barbj'e), Früdüric-Etienne, * 15. 11. 
1829 zu Metz, 1 12. 2. 1889 zu Paris; französischer 
Komponist, studierte in Bourges, wo er 1852 mit 
Le mariage de Colombine den ersten Bühnenerfolg 
hatte, debütierte 1855 im Pariser Thüätre lyrique 
mit Une mit ä Sdville . In der Folge brachte er noch 
etwa 60 meist einaktige Stücke und Ballette, 
i mm er entschiedener sich dem Genre der Buffo- 
Operette zuwendend. 

Barbier (barbj'e), Jules Paul, * 8.3.1822 und 
t 16. 1. 1901 zu Paris; französischer Dramatiker, 
schrieb, vielfach zusammen mit Michel Carre 
(1819-72), eine Anzahl effektvoller Libretti für 
Meyerbeer (Le Pardon de Ploermel), Ambroise 
Thomas ( Mignon , Hamlet ), Gounod (7, darunter 
Faust und Roindo et Juliette ), Offenbach (Contes 
d’Hoffinann ), Saint-Saens und MardchaL Mit der 


von Massd 1852 vertonten Gälathie führten B. und 
Carrü das sogenannte griechische Genre in die 
komische Oper ein. 

Barbier (barbj'e), Renü-Auguste-Ernest, *12. 
7. 1890 zu Namur; belgischer Komponist, stu- 
dierte an der Academie de musique seiner Vater- 
stadt und bei S. Dupuis am Brüsseler Conser- 
vatoire. Mit der Kantate Ugende de sceur Biatrice 
errang er den belgischen Rompreis. B. wurde be- 
kannt durch die Opern Yvette und La fite du vieux 
tilleul , eine Operette La Sultane ä Paris, das Orato- 
rium La tour de Babel , große Chorkantaten, Messen, 
Klavierkonzerte, symphonische Dichtungen, Bal- 
lette, Klavierstücke und Lieder. 

Barbi$ri, Carlo Emanuele di, * 22. 10. 1822 zu 
Genua, f 28. 9. 1867 zu Pest; italienischer Kapell- 
meister, war Schüler vonMercadante und Crescen- 
tini, Opemkapellmeister an verschiedenen ita- 
lienischen Bühnen, 1 845 am Kämtnertor-Theater in 
Wien, 1847 am Königsstädtischen Theater in Ber- 
lin, 1851 in Hamburg, 1853 in Rio de Janeiro, pri- 
vatisierte 1856-62 in Wien und war dann Kapell- 
meister am Nationaltheater in Pest. Er schrieb die 
Opern Cristoforo Colombo (1848), Nisida (1851), 
Carlo und Carlin (1859), Arabella (1862), Perdita 
(1865); außerdem Kirchenmusik, Klavierstücke 
und Lieder. 

Barbieri, Francisco Asenjo (Familienname des 
Vaters : A., - Mädchenname der Mutter: B.) * 3. 8. 
1823 und f 17. 2. 1894 zu Madrid; spanischer 
Komponist und Musikforscher, studierte am Ma- 
drider Konservatorium Klarinette, Gesang und bei 
Camicer Komposition, war zuerst Klarinettist in 
der Milida Nadonal und lebte dann als Kaffee- 
hauspianist, Klavierlehrer, Kopist und Chordiri- 
gent. Eine 1847 vollendete Oper 21 Buontempone 
wurde nicht aufgeführt. 1850 schrieb er seine erste 
einaktige Zarzuela Gloria y peluca, im folgenden 
Jahre cne 3aktige Jugar con juego , der 76 weitere 
folgten, die sämtlich sehr beliebt waren, besonders : 
Pan y toros (1864), El hombre es dibil (1871) und El 
barberillo de Lavapids (1874). Auch als Dirigent und 
Kritiker setzte sich B. für spanisch-nationale Mu- 
sik ein. 1868 wurde er Professor für Harmonie- 
lehre und Musikgeschichte am Konservatorium 
Madrid. 1872 schrieb er eine Biographie Eximenos 
als Vorwort zur Ausgabe von dessen Don Lazarillo 
Vizcardi , 1877 El teatro Real yeldela Zarzuela, 1878 
Las Castanuelas . Seine wichtigste musikgeschicht- 
liche Arbeit ist die Ausgabe des Cancionero musical 
aus dem 15. und 16. Jh. (Madrid, 1890). Dieser 
wurde von H. Angl&s als Band V und X der Mo- 
numentos de la Müsica Espanola neu herausge- 
geben (Barcelona 1947-51, = La Müsica en la 
Corte ae los Reyes Catöhcos II-IU; dazu ver- 
gleiche man die Untersuchung der Texte von J. 
Rubiö und J. Romeu Figueras, Band XIV der 
Monumentos, Barcelona 1956, = La Müsica en la 
Corte . . . IV). Seine reichhaltige Bibliothek ver- 
machte er der Biblioteca Nadonal in Madrid. 

Lit.: A. PeRa y GoRi, B. # Madrid 1875; ders., La 
O pera y la Müsica dramätica en Espana, Madrid 
1885; G. Chase, B. and the Spanish Zarzuela, ML 
XX, 1939; J. Subirä, Manuscritos de B., Madrid 
1936; A. Martinez Olmedilla, El maestro B., Ma- 
drid 1941; H. Anoläs u. J. Subirä, Cat. Mus. de la 
BibL Nadonal de Madrid III, Barcelona 1951. 


7 


97 



Barbion 


Barbion (barbj'3), Eustacke, f im Juli 1556 zu 
Kortrijk (Courtrai); franko-flämischer Kompo- 
nist, wurde 1543 als Magister cantus an die Kol- 
legiatkirche Notre-Dame zu Kortrijk berufen. In 
Sammelwerken (1550-70) und Handschriften 
stehen 5-6st. Motetten und einige 4-5 st. Chansons 
von ihm. 

Lit.: G. Caullet, Musiciens de la Coltegiale Notre- 
Dame, M6moires du Cercle hist. ... de Courtrai, 
Courtrai und Brügge 1911; J. Schmidt-Görg, Die 
Acta capitularia d. Notre-Dame-Kirche zu Kor- 
trijk . . Viaamsch Jaarboek voor Muziekgeschie- 
denis I, 1939. 

Barbireau (barbir'o :), Jacques (auch Barbiriau, 
Barbirian und ähnliche Formen), * um 1408 viel- 
leicht zu Mons, f 8. 8. 1491 zu Antwerpen ; franko- 
flämischer Komponist, war von 1447 bis zu seinem 
Tode Kapellmeister des Knabenchors an Notre- 
Dame zu Antwerpen und Vorgänger Obrechts in 
diesem Amt. In einer Urkunde aus Mons von 1426 
wird er als Sohn von Jean B. und Jeanne Aubry 
genannt. Seine Ernennung zum Kapellmeister von 
Notre-Dame erfolgte nach den Urkunden des Ka- 
pitels am 21. 11. 1447. Von seinen Werken blieben 
erhalten die Messen Terribilment, 3 v., Virgo Parens 
Christi , 5 v., und Faulx perverse , 4 v. ; em Kyrie 
paschale , 4 v.; die Motette Osculetur), 4 v., und 
7 Chansons, mit Ausnahme von Der pfobett swancz , 
4 v., alle zu 3 St. 

Ausg.: Messen u. Kyrie Paschale, in: Corpus Mensu- 
rabifis Musicae, Opera omnia, I und II, hrsg. v. B. 
Meder, Amsterdam 1954, 1957. 

Lit.: O. Gombosi in ZfMw XII, 1929/30; J. du Saar, 
Het Leven en de Composities van Jacobus B., Ut- 
recht 1946; vgL auch Artikel J. B. in R.Vannes’ 
Dictionnaire des Musiciens, Brüssel (1947). 

Barbirqlli, Giovanni (John) Battista (Sir), 
* 2. 12. 1899 zu London; englischer Dirigent, 
Sproß einer itahenisch-französischen Violinisten- 
familie, trat 12jährig bereits als Cellist auf. Zu- 
nächst am Trinity College, 1912-17 an der Royal 
Academy of Music ausgebildet, war er bis 1925 als 
Solocellist im Queens Hall Orchestra und als Mit- 
glied des Kutscher-Quartetts tätig. Mit Gründung 
eines eigenen Kammerorchesters wirkte er seit 
1925 zunehmend auch als Dirigent. Bis 1933 be- 
treute er für englische und italienische Gesellschaf- 
ten vornehmlich die Aufführung italienischer 
Opern in London und bereiste mit einer Covent 
Garden-Stagione auch das Ausland. Ab 1933 wid- 
mete er sich fast ausschließlich dem symphonischen 
Dirigieren, und zwar zunächst beim Scottish und 
beim Northern Phiharmonic Orchestra, dann als 
Nachfolger Toscaninis 1937-43 beim New York 
Philharmonie Orchestra. 1943 als Chefdirigent 
nach Manchester berufen, reorganisierte er das 
traditionsreidie Halld Orchestra und führte es, 
auch mit Gastspielen auf dem Festland, in die 
Spitzenklasse der europäischen Orchester. Auch 
Barbirollis Chor-Orchesterkonzerte, unter Mit- 
wirkung des gleichfalls durch ihn erneuerten Halte 
Choir, werden maßstabbildend für die englische 
Aufführungspraxis von Purcdl bis Verdi Seine 
künstlerischen und erzieherischen Verdienste fan- 
den mit seiner Erhebung in den Adelsstand ihre 
besondere Anerkennung. B. ist seit 1939 mit der 
englischen Oboistin Edith Rothwell vermählt, für 
die er Konzertadaptionen aus vorklassischer Musik 


veranstaltete. Die Universitäten Manchester und 
Dublin verliehen ihm den Doktorgrad der Musik. 
Lit.: Ch. Rigby, J. B., Altringham 1948. 

Barblan, Guglielmo, * 27. 5. 1906 zu Siena; 
italienischer Musikschriftsteller, bildete sich bei 
Forino und H. Becker zum Cellisten aus, studierte 
in Rom Jurisprudenz (Dr. jur.) und Komposition, 
danach Musikwissenschaft bei Liuzzi und bei Sand- 
berger in München. Nach Konzertreisen als Cellist 
wurde er 1932 Lehrer für Cello-Spiel und Musik- 
geschichte am Konservatorium in Bozen. 1949 
wurde B. zum Direktor der Bibliothek des Kon- 
servatoriums in Mailand ernannt. B. liest an der 
Mailänder Universität. Von seinem schriftstelle- 
rischen Schaffen, dem eine weitreichende Tätig- 
keit als Musikkritiker vorausging, seien genannt: 
Un musicista trentino: Francesco A. Bonporti , Vita e 
opere (Florenz 1940), Musiche e Strumenti musicali 
nelVAfrica Orientale Italiana (Neapel 1941), U Opera 
di G . Verdi e il dramrna romantico (RMI XLV, 1941), 
UOpera di Donizetti nelVetä romantica (Bergamo 
1948), Delle influenze del romanticismo nella musica 
sacra (in: Atti dd Congresso intemazionale di 
musica sacra, Rom 1950), Catalogo della Mostra 
degli Autografi verdiani (Mailand 1951), Angelo 
Mariani e la sua Scala esatonale (CHM I, 1953), 
Appunti sul Seicento musicale in Italia (Rass. mus. 
XXV, 1955), Mozart in Italia (mit den von A. 
Della Corte herausgegebenen Briefen, Mailand 
1956), UUmanista e il musico in F. Gqffurio (in: 
Musica Sacra I, 1956), Contributo a una biogrqfia 
critica di A. Agazzari (CHM II, 1956). Zahlreiche 
Studien finden sich in den Zeitschriften Rivista 
musicale italiana und La Rassegna musicale. B. 
veranstaltete Neuausgaben von Werken F. A. Bon- 
portis und G. G. Cambinis. 

Barbion, Otto, * 22.3. 1860 zu Scanfs (Enga- 
din), t 20. 12. 1943 zu Genf; Schweizer Kompo- 
nist, studierte 1878-84 am Stuttgarter Konserva- 
torium Orgel und Komposition bei Faißt, war 
1884/85 dort Lehrer-Vertreter für Klavier- und 
Orgelspiel und wurde 1885 Musiklehrer an der 
Kantonschule und Musikdirektor in Chur. 1887 
bis 1938 war er in Genf Organist an St-Pierre, da- 
neben Lehrer für Orgelspiel und Komposition am 
Konservatorium und ab 1892 Dirigent der Sodetd 
de Chant Sacrd sowie ab 1901 des Petit Choeur 
und des Domchon von St-Pierre. Bekannt wurden 
vor allem seine Musik zum Calvenfestspiel op. 8 
(1899) und zum Calvin-Jubiläum (Genf 1909; Post 
tenebras lux op. 20); weitere Chorwerke: Ode 
patriotique op. 7 (zur Eröffnung der Schweizer Lan- 
desausstellung, Genf 1896); Lukaspassion op. 25 
(1919). Außerdem schrieb er ein Streichquartett 
D dur op. 19, Klavierstücke und zahlreiche Orgel- 
stücke in einem sich an J. S. Bach anlehnendcn Stil, 
darunter Passacaglia op. 6, Chaconne über Bach 
op. 10, Toccata op. 23; Variationen und Tripel- 
fuge über Bach op. 24. Seine Erinnerungen erschie- 
nen Chur 1929, französisch Genf 1944. 

Lit : E. Perini, Das kompositorische Schaffen v. 
O. B. (Werkverz,), Bündnerisches Monatsbl. 1949. - 
Ch. Chaix, L’csuvre d*orgue d’O. B., La Vie musicale 
IV, 1910/1 1 ; E. Ohw^nnäre, O. B., Genf 1917; A, E. 
Cherbuubz, O. B., Bündner Jb. 1, 1945. 

Barblan-Opienska, Lydia, * 12.4.1890 zu 
Morges; Schweizer Sängerin, studierte in Freiburg 


98 



Bardos 


im Breisgau, Paris, Brüssel und Basel, wurde 
1911 Gesanglehrerin am Konservatorium Frei- 
burg im Breisgau, 1914 an der Musikschule Basel, 
1921—24 am Staatskonservatorium Posen, seit 1926 
am Institut de Ribaupierre Lausanne, 1938 da- 
neben am Konservatorium Neuenburg. 1916 grün- 
dete sie mit ihrem späteren Gatten H. Opienski in 
Lausanne die Vereinigung »Motet et Madrigal« . 
Sie schrieb eine Novalis-Kantate, Chöre, Lieder 
und Klavierstücke. 

Barbour (b'a:bo), Murray J., * 31.3. 1897 zu 
Chambersburg (Pennsylvania) ; amerikanischer Or- 
ganist, Komponist und Akustiker, bildete sich au- 
todidaktisch zum Pianisten und Organisten, stu- 
dierte Musikwissenschaft (bei Kinkeldey an der 
Comell University), Musiktheorie und Komposi- 
tion und wurde 1932 Ph. D. der Comell Univer- 
sity, nachdem er bereits 1919-21 und 1922-26 an 
der Haverford School und 1926-32 am Wells 
College unterrichtet hatte. 1932-39 lehrte er am 
Ithaca College und wurde 1939 Professor für Mu- 
sikwissenschaft am Michigan State College. Kom- 
positionen: ein Requiem (1935), Bühnenmusiken 
zu Werken von G. Hauptmann und Shakespeare, 
Orchester- und Kammermusik, Orgelstücke. Ver- 
öffentlichungen: Synthetic Musical Scales (Ameri- 
can Mathematical Monthly 1929) ; The Persistence 
of the Pythagorean Tuning System (Scripta Mathe- 
matica 1933) ; Just Intonation Confuted (ML XIX, 
1938); Musical Logarithms (Scripta Mathematica 
1940); Bach and the Art of Temperament (MQ 
XXXIII, 1947) ; Irregulär Systems of Tuning (TAMS 
I, 1948); Musical Scales and their Classification 
(JAMS II, 1949) ; More on the Leipzig Organ Tuning 
(JAMS III, 1950); Violin Intonation in the 18m 
Century (JAMS V, 1952) sowie die selbständige 
Schrift Tuning and temperament , A historical survey 
(East Lansing 1951, 2 1953). 

Barchet, Reinhold, * 3. 8. 1920 zu Stuttgart; 
deutscher Violinist, lebt in Stuttgart. Nach dem 
Besuch des Würzburger Konservatoriums war er 
von 1943 bis Kriegsende beim Brucknerorchester 
in Linz/Donau und im ersten Nachkriegsjahr beim 
Ausseer Orchester tätig. 1946-52 1. Konzertmei- 
ster beim Stuttgarter Kammerorchester, wechselte 
er 1952 in die gleiche Stellung zur Stuttgarter 
Philharmonie über, 1955 zum Südwestdeutschen 
Kammerorchester Pforzheim. Mit dem 1952 von 
ihm (ncu-)gegründeten Barchet-Quartett bereist 
er das In- und Ausland. 

Barchet, Siegfried, * 21. 5. 1918 zu Hamburg; 
deutscher Violoncellist, studierte nach Absolvie- 
rung der Freien Waldorfschule Stuttgart am 
Würzburger Konservatorium Violoncello bei 
Faßbender, Kammermusik und Komposition bei 
Zilcher. Zunächst Mitglied des Kammerorchesters 
Edwin Fischer, war er während des Krieges im 
Brucknerorchester in Linz/Donau tätig und ist seit 
1946 Solocellist und Solist beim Stuttgarter Kam- 
merorchester. 1947 gründete er ein (erstes) Bar- 
chet-Quartett, 1950 mit H. Priegnitz und R. Bar- 
chet ein Klaviertrio, 1954 mit Priegnitz und dem 
Flötisten W. Glas eine weitere Triovereinigung. 
Als Komponist trat er mit einem frühen Cello- 
konzert (1938) hervor, auch mit Kammermusik. 


Bardi, Benno (eigentlich Poswiansky), * 16.4. 
1890 zu Königsberg; englischer Komponist deut- 
scher Herkunft, war Schüler von Humperdinck, 
studierte daneben bei Kretzschmar Musikge- 
schichte und promovierte mit einer Arbeit über 
die Geschichte der komischen Oper zur Zeit Wagners . 
1918-33 war er Opemdirigent in Berlin, auch 
Dirigent des von ihm 1918 gegründeten Konzert- 
vereins Groß-Berlin. 1933 mußte er Deutschland 
verlassen und ging nach Kairo, dann nach Ame- 
rika und lebt jetzt in London als Lektor des Lon- 
don County CounciL Er schrieb: die Opern Hata- 
sut und Fatme , Ballette, Oratorien, ein Madrigal 
für 8st. Chor, Passacaglia für Orch., 3 Orienta- 
lische Tänze für Orch., Werke für eine Singstimme 
und OrcL, Von der Vollendung für Mezzosopran, 
Bar. und Streichquintett, 18 Variationen für V. 
solo, Variationen über ein Trompeten-Signal für 
Kl. Außerdem arrangierte er Opern unter Ver- 
wendung von Musik von R. Keiser, Haldvy und 
Flotow und Orchestersuiten aus Musik von J.-M. 
Leclair, D. Scarlatti und F. Mendelssohn. Er 
schrieb auch zahlreiche Schauspielmusiken. 

Bardi, Giovanni dei Conti di Vernico, * 5. 
2. 1534, f um 1614; italienischer Literat und Mu- 
siker, war Mitglied der Accademia della Crusca 
und der Accademia degli Alterati. Etwa ab 1580 
versammelte sich in seinem Hause die Camerata, 
der V. Galilei, P. Strozzi, G. Cacdni und J. Peri 
angehörten. Die Camerata, die eine Wiederbele- 
bung der antiken Musik anstrebte, schuf den stilo 
redtadvo. In ihrer Programmschrift, Galileis Dia- 
logo, ist B. als einer der Redner dargestellt. 1586 
und 1589 war B. an Entwurf, Dichtung und Kom- 
position von Intermedien beteiligt; aus dem zwei- 
ten Stück ist ein von ihm komponiertes 4st. Ma- 
drigal erhalten: Misere habitator (in: Intermedi e 
concerti, herausgegeben von C. Malvezzi, Venedig 
1591). Ein zwdtes Madrigal B.s, das 5st. Lauro, 
ohimi Lauro steht in V. Baldinis II Lauro secco 
(Ferrara 1582). Sein wahrscheinlich vor 1590 ge- 
schriebener Discorso sopra la musica antica e'l cantar 
bene ist abgedruckt in G. B. Doni, Lyra Barberina 
Band II (Florenz 1763). Erst nach B.s Weggang 
nach Rom (1592) wandte sich die Camerata der 
Oper zu. 

Lit. : A. Warburg, I Costumi teatrali per gli Inter- 
medi del 1589, Atti del R. Ist Mus. di Firenze, 
XXXIII, 1895; J. M. E. Brownlow, The B. Coterie, 
Proc. Mus. Ass. XXII, 1896; G. Gasperini, Intomo 
alle origine del melodramma, Rom 1902; A. Solerti, 
Origini del melodramma, Turin 1903 ; ders., Albori 
del melodramma, Mailand 1904; G. Roncagua, La 
Rivoluzione mus. ital., Mailand 1928; H. Martin, 
La »Camerata« du Comte B. et la musique florentine 
du XVI® s., Rev. deMusicol. XVI, 1932; F. Fano, La 
Camerata Fiorentina, Ist. e mon. deU’arte mus. 
ital. IV, Mailand 1934; D. P. Walker, Der mus. 
Humanismus, = Mw. Arbeiten V, Kassel u. Basel 
1949 ; N. Pirrotta, Temperaments and Tendencies in 
the Florentine Camerata, MQ XL, 1954; ders., 
Tragödie et comödie . . ., in: Musique et Poösie du 
XVI® s., =■ Colloques international« du Centre 
National de la Recherche Scientifique, Sciences hu- 
maines V, Paris 1954. 

Bardos (b'ardoj), Lajos, * 1. 10. 1899 zu Buda- 
pest; ungarischer Komponist, war Kompositions- 
schüler von Koddly an der Musikhochschule in 
Budapest, an die er 1928 als Professor für katho- 


7* 


99 



Baresel 


lische Kirchenmusik berufen wurde, nachdem er 
bereits seit 1925 eine umfangreiche Tätigkeit als 
Chor- und Orchesterleiter entfaltet hatte. Innerhalb 
kurzer Zeit errang B. die Stellung eines der führen- 
den Musiker Ungarns. Von ihm wurden bekannt: 
5 ungarische Mysterienspiele, Messen, Motetten, 
ein Streichquartett, Liedbearbeitungen für Chor, 
Violin- und Klavierstücke. 

Baresel, Alfred, * 10. 1. 1893 zu Leipzig; deut- 
scher Klavierpädagoge, studierte 1912-14 und 1919 
in Leipzig Klavier bei Teichmüller und Musik- 
wissenschaft bei Riemann und Schering, war 1921 
bis 1939 Klavierlehrer am dortigen Konservato- 
rium, 1922-33 Musikreferent der »Neuen Leip- 
ziger Zeitung« , 1946-54 Musikkritiker des »Süd- 
ostkuriers« in Reichenhall, 1951-53 Leiter einer 
Jazz-Abteilung am Handel-Konservatorium Mün- 
chen und ist seit 1956 als Redakteur im Musikver- 
lag W. Zimmermann (Frankfurt am Main) tätig. 
Außer klavierpädagogischen Werken und Schrif- 
ten über Teichmüller und dessen Methode (R. 
Teichmüller ab Mensch und Künstler , Leipzig 1922) 
veröffentlichte er: Das Jazzbuch (Leipzig 1925), 
Schule des Rhythmus mit zahlreichen klassischen und 
modernen Tanzstücken (Leipzig 1931), Jazz-Har - 
monie-Lehre, Lehrgang der Jazz-Improvisation und 
Jazz-Akkordeon-Schule (alle drei Trossingen 1952), 
Kurzbiographien von Verdi (Leipzig 1931), Haydn, 
Mozart, Pucdni und Strauss (Hamburg 1954-56). 

Barfod, Ludwig -► Birkedal-Barfod. 

Barge, Johann Heinrich Wilhelm, *23. 11. 1836 
zu Wultsahl bei Dannenberg (Hannover), f 16. 7. 
1925 zu Hannover; deutscher Flötist, war 1853-60 
Flötist im hannoverschen Leibregiment, dann 
1. Flötist im Hoforchester zu Detmold und 1867 
bis 1895 im Gewandhausorchester zu Leipzig, 1881 
bis 1908 auch Lehrer am Konservatorium. Er 
schrieb eine Flötenschule, 4 Hefte Orchesterstu- 
dien für FL und Sammlung beliebter Stücke für 
FL und Kl. 

B 9 rgheer, - 1) Carl Louis, * 31. 12. 1831 zu 
Bückeburg, wo sein Vater Hofmusiker war, f 19. 
5. 1902 zu Hamburg; deutscher Violinist, 1848-50 
Schüler Spohrs und als Violinist der Detmolder 
Hof kapelle noch von David (Leipzig) und Joachim 
(Hannover), war 1863 bis zur Auflösung der Ka- 
elle 1876 Hofkapellmeister in Detmold und dann 
is 1889 Konzertmeister der Philharmonischen 
Gesellschaft und Lehrer am Konservatorium in 
Hamburg, auch in der Folge Konzertmeister der 
Abonnementskonzerte unter H. v. Bülow. B. hat 
von seinen Kompositionen nur wenig herausge- 
geben (Lieder mit obligater V., Kreutzers Etüden 
mit Klavierbegleitung) ; er schrieb eine Analyse der 
5 letzten Quartette von Beethoven (Hamburg 
1883). Sein Bruder - 2) Adolf, * 21. 10. 1840 zu 
Bückeburg, f 10. 3. 1901 zu Basel; war als Violinist 
1857/58 der letzte Schüler von Spohr. Er wirkte in 
Detmold und München, ab 1866 in Basel. 

B^rgiel, Woldemar, * 3. 10. 1828 und t 23. 2. 
1897 zu Berlin; deutscher Komponist. Seinen 
ersten Theorieunterricht erhielt er von Dehn, 1846 
bis 1850 studierte er am Leipziger Konservatorium 
rheorie bei M. Hauptmann, Klavier bei Mosche- 
ies, Komposition bei J. Rietz und N. W. Gade. 


Dann war er Musiklehrer in Berlin, wurde 1859 
Theorielehrer am Kölner Konservatorium, 1864 
Kapellmeister und Direktor der Musikschule der 
Maatschappij tot bevordering van toonkunst in 
Rotterdam, 1874 Professor an der Königlichen 
Hochschule für Musik in Berlin, 1875 Mitglied des 
Senats der Akademie der Künste und Leiter einer 
akademischen Meisterklasse für Komposition. B., 
ein Stiefbruder Clara Schumanns, gehörte auch 
mit seinen Werken dem Freundeskreis um R. Schu- 
mann, Brahms und Joachim an. Er schrieb: 
3 Ouvertüren, Symphonie Cdur, Psalmen für 
Chor und Orch., 4 Streichquartette, 3 Klavier- 
trios, Streichoktett, Sonate für V. und KL, Suite 
für Kl. und V., eine Suite und eine Sonate für Kl. 
4händig, 2 Suiten, eine Sonate, Fantasien und an- 
dere Stücke für KL Er gehörte zu den Heraus- 
gebern der Chopin-Gesamtausgabe Leipzig 1878 
bis 1880. Berühmt ist seine Ausgabe von Johann 
Sebastian Bachs vierstimmigen Kirchengesängen 
in alten Schlüsseln (Berlin um 1890). 

Lit.: E. Rudorff, Aus d. Tagen d. Romantik, Lpz. 
1938. 

Barjlli, Bruno, * 14. 12. 1880 zu Fano, f 15. 4. 
1952 zu Rom; italienischer Komponist und Musik- 
kritiker, studierte Musik in Parma, dann in Mün- 
chen unter Mottl, Gluth und Thuille. Er war als 
Kritiker führender Zeitungen sehr angesehen und 
schrieb neben Stücken für V. und Kl. die 3aktigc 
Oper Medusa (1914, aufgeführt Bergamo 1938) 
und die einaktige Oper Emirat (1923 preisgekrönt 
und 1924 im Teatro Costanzi zu Rom aufgeführt). 

Barkel, Charles, * 6. 2. 1898 zu Stugun (Jämt- 
lands); schwedischer Violinist, Schüler der König- 
lichen Musikakademie in Stockholm und Flcschs 
in Berlin, debütierte 1918 als Solist und machte 
sich auf Konzertreisen durch Europa wie mit dem 
von ihm 1928 gegründeten Barkel-Quartett be- 
kannt. B. war 1928-35 in Stockholm Soloviolinist 
des Symphonie-Orchesters und wirkt seit 1926 als 
Lehrer an der Musikakademic, seit 1931 auch als 
Lehrer für Ensemble-Spiel. 

Barker (b'a:ko), Charles Spackmann, * 10. 
10. 1804 zu Bath, f 26. 11. 1879 zu Maidstonc 
(England) ; englischer Orgelbauer, erfand 1832 den 
pneumatischen Hebel. Da die Erfindung sich in 
England nicht durchsetzte, ging er 1837 nach Paris, 
wurde 1840 Direktor der Werkstätte von Daub- 
laine & Callinet, 1860 Gründer einer eigenen 
Firma (Barker & Verschneider). Ab 1870 war er 
wieder in England tätig. 

Lit.: H. Klotz, Das Buch v. d. Orgel, Kassel 1938, 
41953. 

Barlow (b'a:lo:), Howard, * 1. 5. 1892 zu Plain 
City (Ohio) ; amerikanischer Dirigent, studierte an 
der Columbia University, debütierte 1919, war 
Leiter des American National Orchestra (1923/24), 
Dirigent am Neighborhood Playhousc in New 
York (1925-27) und übernahm dann das Colum- 
bia Broadcasting Company^ Symphony Or- 
chestra. Seit 1946 leitet B. das Baltimore Sympho- 
ny Orchestra. 

Barlow (b'a:lo:), Samuel L. M., * 1. 6. 1892 zu 
New York; amerikanischer Komponist, studierte 
an der Harvard University, in Rom (Respighi) und 


100 



Baroni-Giamaglia 


Paris, war häufig auf Vortragsreisen sowie als 
Chor- und Theaterkapellmeister tätig, schrieb: 
die Opern Mon ami Pierrot (1934, Paris, Op&a 
Comique, die erste in Paris aufgeführte amerika- 
nische Oper) und Amanda (1936), Ballett Ballo 
Sardo (1928), Bühnenmusiken, symphonische 
Dichtungen Alba (1927) und Babar (1936), Leda 
(1939) und Sousa ad Pamassum (1939) für Orch., 
Klavierkonzert (1931), Kammermusik ( Conver - 
sation with Tcliekhov , Klaviertrio, 1940) und Suiten 
für Kl. 

Burmas, Issay, * 19. 4. (= 1. 5. neuen Stils) 1872 
zu Odessa, f 3. 7. 1946 zu London; russischer Vio- 
linist, war Schüler von J. Hrimaly in Moskau und 
ab 1895 von J. Joachim in Berlin, wo er 1899 de- 
bütierte und 1900 Lehrer am Stemschen Konser- 
vatorium wurde. 1905-29 war er Lehrer am KJind- 
worth-Scharwenka-Konservatorium in Berlin. 
Seitdem lebte er in London. 1919 gründete er eine 
Quartettvereinigung. Er schrieb Die Lösung des 
geigentechnischen Problems (hrsg. von F. H. Schnei- 
der, Berlin 1913); Tonleiter-Speziabtudien; Doppel- 
griff-Spezialstudien . 

Baraar d (b'a:na:d), John, englischer Geist- 
licher des 17. Jh., Kanonikus an der Paulskirche in 
London, gab 1641 eine Sammlung älterer eng- 
lischer Kirchenmusik heraus: The First Book o 
Selected Church-Musick . Sie enthält Services und 
Anthems zu 1-8 St. von Tallis, Byrd, Morley, 
O. Gibbons, Tye, J. Bull, Farrant, Mundy, Batten, 
Hooper, J. Shepheard, Parsons, Bevin, Rogers, 
White, Gües, Ward, Weelkes, Woodson. 

Baraby (b'a:nbi), (Sir) Joseph, * 12. 8. 1838 zu 
York, t 28» 1- 1896 zu London; englischer Orga- 
nist und Komponist, Schüler der Royal Academy 
of Music, 1867 Gründer eines eigenen Chor- 
vereins, der Oratorienkonzerte und des Royal 
Albert Hall-Chorvereins sowie 1875 Direktor des 
Musikunterrichts am Eton College bei Windsor. 
1886 Nachfolger W. Shakespeares als Konzert- 
dirigent der Royal Academy of Music, 1892 Di- 
rektor der Guildhall-Musikschule und geadelt. Er 
komponierte ein Magnificat, das Oratorium Rebe- 
kah t den Psalm The Lord is King , eine große Anzahl 
von Services und Anthems, 246 Hymns, Orgel- 
und kleinere Vokalstücke. 

B^rnekow, Christian, * 28. 7. 1837 zu St. Sau- 
veur (Frankreich), + 20. 3. 1913 zu Kopenhagen; 
dänischer Komponist, studierte bei Ed. Helsted 
und N. Ravnkilde in Kopenhagen, war 1871-87 
Vorsitzender der Gesellschaft zur Herausgabe dä- 
nischer Musik, 1895 Vorsitzender des Musik- 
vereins in Kopenhagen, 1891 Professor. Er gab ein 
Choralbuch heraus (1. Teil 1878, «1907 ; 2. Teil 
1892) sowie 8 Hefte Bearbeitungen älterer geist- 
licher Lieder (von C. Ph. E. Bach, Joh. Chr. Fr. 
Bach, J. A. P. Schulz) für Gesang mit Org. Er 
schrieb viele geistliche und volkstümliche Lieder, 
Klavier- und Orgelwerke, Violinsonate op. 23, 
Klaviertrio op. 1, Klavierquartett op. 12, Streich- 
quintett op. 20 und die Orchestersuite Idyller 
op. 29. 

Barnett (b'a:nst), John, * 15.7. 1802 zu Bed- 
ford, t 17.4.1890 zu Cheltenham; englischer 
Komponist, Sohn eines eingewanderten deutschen 


Juweliers, der eigentlich Bernhard Beer hieß. Er 
erhielt frühzeitig seine musikalische Ausbildung 
durch Schnyder von Wartensee in Frankfurt am 
Main und trat bereits 1825 mit seiner Operette 
Vorm Frühstück an die Öffentlichkeit. Nach zahl- 
reichen kleineren Bühnenstücken errang er grö- 
ßere Erfolge mit der romantischen Oper Die Berg- 
nymphe (1834). 1837 folgte Schön Rosamund und 
1838 Farinellu 1841 ließ sich B. in Cheltenham als 
Gesanglehrer nieder. Er schrieb Systems and Sing - 
ing Masters (1842, über die Methode Wilhelm, 
gegen Hullah) und School for the Voice (1844). Die 
Zahl der von ihm geschriebenen Einzelgesänge soll 
gegen 4000 betragen. 

Barnett (b'a:nst), John Francis, * 16. 10. 1837 
und f 24. 11. 1916 zu London; englischer Kompo- 
nist und Pianist, Neffe von John B., spielte bereits 
1853 unter Sp ohrs Direktion Mendelssohns D moll- 
Konzert in der Neuen Philharmonischen Gesell- 
schaft und war 1857-60 Schüler des Leipziger Kon- 
servatoriums. Von seinen Kompositionen sind zu 
nennen: eine Symphonie Amoll (1864), Ouver- 
türen und Orchestersuiten, Streichquartette, Quin- 
tette, Klaviertrios, Klavierkonzert Dmoll, Con- 
certo pastorale für Fl., Oratorien und Kantaten. 
Veröffentlicht sind von ihm Musical Reminiscences 
and Impressions (London 1906). B. arbeitete die von 
Schubert hinterlassene Skizze der E dur-Sympho- 
nie von 1821 (Deutsch 729) aus und brachte sie 
1883 in London zur Aufführung. Ein 2händiger 
Klavierauszug erschien um 1884 in Leipzig. 

Barns (b'a:ns), Ethel, * 1880 zu London, f 31. 
12. 1948 zu Maidenhead; englische Komponistin, 
studierte Violine bei E. Säuret, Komposition bei 
E. Prout. Sie schrieb: Violinkonzert, Konzert- 
stück für V. und Orch., 5 Violinsonaten, Fantasie 
für 2 V. und KL, Kammermusik und etwa 50 klei- 
nere Violinstücke. 

Bgron, Ernst Gottlieb, * 17.2. 1696 zu Bres- 
lau, f 12. 4. 1760 zu Berlin; deutscher Lautenist, 
studierte ab 1715 in Leipzig die Rechte und Philo- 
sophie, wirkte 1720-22 als Lautenist in Jena, lebte 
1727 in Nürnberg; dort erschien seine Historisch- 
theoretische und practische Untersuchung des Instru- 
ments der Lauten (Nürnberg 1727); Zusätze dazu 
gab er im 2. Band von Marpurgs Historisch-kri- 
tischen Beyträgen (Berlin 1756). Am 12.5.1728 
wurde B. zum Hoflautenisten in Gotha ernannt. 
1732 ging er nach Eisenach, 1735 als Kammer- 
theorbist an den Hof Friedrichs II. in Rheinsberg. 
Er schrieb auch einen Abriß einer Abhandlung von 
der Melodie (Berlin 1756), übersetzte 2 ästhetische 
Schriften aus dem Französischen und komponierte 
Lautenstücke. 

Lit. : A. Koczirz, Verschollene neudeutsche Lau- 
tenisten, AfMw III, 1921 ; H. Neemann, Philipp Mar- 
tin, ein vergessener Lautenist, Zf Mw IX, 1926/27. 

H. Baron, Music Import & Export, englische 
Musikalienhandlung, gegründet 1950 in London, 
bekannt durch den Vertrieb seltener und antiqua- 
rischer Musikdruckwerke. 

Baroni-Giamaglia (barV.ni djam'aXa), Filip- 
po, * gegen Mitte des 17.Jh. zu Ancona; italienischer 
Komponist, war wie sein Bruder Antonio Giu- 
seppe ein Schüler von Padre Sdpione Lazzarini in 


101 



Barraine 


Ancona, 1679-83 Kathedralkapellmeister in Osi- 
mo und dann lange Jahre in Ancona« Er schrieb 
die von Padre Martini gerühmten vokalen Canoni 
a 2 voci, parte all'unisono chiusi , et altri risoluti , et 
alcuni alla dritta e alla riversa , et in diverse forme op. 1 
(Bologna 1704) und 8st. Vesperpsalmen Psalmodia 
vespertina totius anni , duplici choro perbrevitcr conci - 
nenda . . . op. 2 (Bologna 1710). 

Lit«: G. Radiciotti in SIMG XIV, 1912/13. 

Barratae (bar'e:n), Elsa, * 13. 2. 1910 zu Paris; 
französische Komponistin, Schülerin von P. Dukas 
am Conservatoire in Paris, wurde 1929 mit dem 
I. Rompreis ausgezeichnet. Sie wirkt heute als 
Professor an ihrer Ausbildungsstätte. Ihr Schaffen 
umfaßt Orchester-, Chor- und Kammermusik, 
ein pädagogisches Klavierwerk La Botte de Pandore 
(1954); seit 1945 sind 7 Film- und 11 Bühnen- 
musiken entstanden. 

Barraud (bar'o), Henry, * 23. 4. 1900 zu Bor- 
deaux; französischer Komponist, studierte von 1917 
an in seiner Heimat bei F. Vaubourgoir, dann in 
Paris bei P. Dukas und L. Aubert. B. ist Direktor 
des Programme Nationale der französischen Fern- 
sehgesellschaft und Vizepräsident der Musikabtei- 
lung bei der UNESCO. Sein Schaffen umfaßt alle 
Werkgattungen, darunter 3 Symphonien, 2 Opern; 
Schriften: Berlioz; La France et la musique occidentale. 

Barr£, Antonio, Komponist französischer Her- 
kunft, war 1552 Altist der Cappella Julia (an der 
Peterskirche) in Rom und ein angesehener Madri- 
galist (Madrigali 4 v., Rom, Dorid 1552). 1555 
gründete er einen Musikverlag (zuerst in Rom, 
ab 1564 in Mailand), dessen Hauptwerke, 
Sammlungen von 5st. und 4st. Madrigalen und 
4st. Motetten, zahlreiche Stücke von B. selbst ent- 
halten (J°, II 0 Libro delle Muse a 5 voci 1555-57; 
1°, 11°, IIP Libro delle Muse a 4 voci 1555-56-62; 
Liber I Missarum 4 v. 1588). 

Lit: P. Wagner, Das Madrigal u. Palestrina, Vf Mw 
VIII, 1892 (enthält 2 4st. Madrigale aus d. 1. Buch v. 
1555); A. Einstein, The Italian Madrigal, 3 Bde, 
Princeton u. Oxford 1949; vgl. auch K. Huber, Ivo 
de Vento, Diss. München 1918. 

Barrö, Leonardo, * zu Limoges, Schüler Wil- 
laerts, war 1537-55 päpstlicher Kapellsänger in 
Rom, wurde dann, weil verheiratet, ausgeschlossen 
und fortan Kastellan an S. Lorenzo in Damaso. 
Von seinen Kompositionen sind einige hand- 
schriftlich in Wolfenbüttel und München erhalten. 
Madrigale und Motetten finden sich in Sammel- 
werken 1540-50. Antonio B. ist vielleicht ein Ver- 
wandter von ihm. 

Lit.: F. X. Haberl, Die römische »schola cantorum« 
und d. päpstlichen Kapellsänger bis Mitte d. 16. Jh., 
Vf Mw III, 1887 (auch in: Bausteine für Musikgesch. 
III, Lpz. 1888); K. Weinmann, Die päpstliche Ka- 
pelle unter Paul IV., AfMw II, 1919/20. 

Barr&re (bar^r), Georges, * 31.10.1876 zu 
Bordeaux, f 14. 6. 1944 zu Kingston (New York) ; 
französisch-amerikanischer Flötist, Schüler von 
Taffanel am Pariser Conservatoire, war Soloflötist 
an der Großen Oper und beim Colonne-Orchester 
in Paris, wo er 1897-1905 gleichzeitig an der 
Schola Cantorum unterrichtete. 1905-28 gehörte 
er als 1. Flötist dem Symphonie-Orchester von 
New York an, wo er, ebenfalls ab 1905, dem In- 


stitute of Musical Art als Lehrer verbunden war. 
Er wirkte häufig als Solist und als Dirigent bei 
Konzerten und war auch Lehrer an der Juilliard 
School in New York. B. ist der Gründer der So- 
d6t6 Moderne d’Instruments ä vent (1895), des 
Barrire Ensemble of Wind Instruments (1910) und 
der Barr&re Little Symphony (1914). Er hinterließ 
kleinere Vokal- und Instrumentalstücke (vorwie- 
gend für FL) sowie eine Selbstbiographie. 

Barret (bar'e), Apollon-Marie-Rose, * 1808 zu 
Paris, 1 8. 3. 1879 zu London; französischer Oboist, 
Schüler von Vogt am Pariser Conservatoire. Er 
wirkte am Od6ontheater und der Opdra Comique 
in Paris, zuletzt, bis 1874, an der Italienischen 
Oper in London und ist der Verfasser eines vor- 
züglichen Lehrwerks A complet Method for the Oboe 
(London), dem eine Reihe Sonaten und Etüden 
für Ob. angehängt sind. 

Barri$ntos, Maria, * 10. 3. 1884 zu Barcelona, 
f 8.8.1946 zu Ciboure (Frankreich); spanische 
Opemsängerin (Koloratursopran), nahm Unter- 
richt in Barcelona und debütierte dort im Alter 
von 14 Jahren am Teatro Novedades in der Titel- 
rolle der Afrikanerin . Sie setzte ihre Ausbildung in 
Mailand fort, sang bald an der Scala und den füh- 
renden Bühnen Europas und Amerikas. 1916-20 
wirkte sie vorwiegend am Metropolitan Opera 
House in New York. Mit besonderem Erfolg sang 
sie die Titelrollen in Lucia di Latnmermoor und 
Lakmi sowie die Rollen der Rosina im Barbier von 
Sevilla, der Violetta in La traviata und der Gilda in 
Rigoletto . 

Barriöre (baij's : r), E ti enne-B e rn ar d-Jo s ep h , 
* 1749 zu Valendennes; französischer Violinist, 
Schüler von Pagin und Philidor, trat mit Erfolg im 
Concert spirituel und der Loge Olympique auf, 
gab 3 Bücher Quatuors concertants , Variationen 
für V. und B.c. op. 4 und Klavierstücke heraus. 

Barriere (bag 's : r) , Jean, französischer Violon- 
cellist, der 1736 zu Studien nach Italien ging, dann 
an der Opera in Paris wirkte und 1739 ein 5. Buch 
Sonates de pardessus de viole herausgab. Mehrere 
handschriftliche Sammlungen von Cellosonaten 
finden sich in der Pariser Bibliothöque Nationale. 
Ausg. : 2 Bücher f. Vc., Paris. 

Barringtoii (b'seiiijton), Daines, * 1727 und 
t 14. 3. 1800 zu London; englischer Jurist und 
Forscher, war Präsident der Londoner Society of 
Antiquaries. In den Philosophical Transactions X 
(London 1770) veröffentlichte er Beobachtungen 
über Mozart, die er zusammen mit Untersuchun- 
gen über englische Wunderkinder herausgab als 
Miscellanies (London 1781). In Archaeologic III 
(1775) schrieb er über die Instrumente Crwth und 
Pib-Com. 

Barrjos, Angel, * 4. 1. 1882 zu Granada; spa- 
nischer Komponist und Gitarrist, Schüler von 
G6dalge und C. del Campo. Um 1900 gründete er 
das einst berühmte Trio Iberia. Er schrieb Zarzue- 
las, Bühnenmusiken, die Orchesterwerke Zambra 
en el Albaidn t Copla de SoUa , Gitarren- und Kla- 
vierstücke sowie die Oper La Lola se va a los puertos 
(Barcelona 1956), mit del Campo die Opern La 
Romerla und El Avapiis (Madrid 1919). 


102 



Barth 


Bars?nti, Francesco, * um 1690 zu Lucca, f vor 
1776 zu London; italienischer Komponist, kam 
nach einem Jurastudium an der Universität Padua 
1714 mit Geminiani nach England, war Flötist, 
später Oboist der Italienischen Oper, lebte dann 
längere Zeit in Schottland, ab 1750 aber wieder 
in London als Violaspieler. B. veröffentlichte eine 
Sammlung schottischer Lieder, Nove Overture a 
Quattro (1742), Soli und Sonaten für Quer- und 
Blockflöte, Triosonaten (davon 6 nach Geminianis 
Violinsonaten), Concerti grossi und 6 Antiphonen 
im PalestrinastiL 

Ausg.: Concerti grossi op. 3 Nr 4 u. 10, hrsg. v. 
E. Praetorius, Lpz. 1937, — Eulenburgs kleine 
Partitur-Ausg. Nr 77 6 u. 777. 

Bars?tti, Tommaso Gasparo Fortunato, 
* 4. 4. 1786 zu Florenz, + im April 1868 zu Mar- 
seille; italienischer Komponist, leitete in Marseille 
1821-52 eine Musik-Freischule. Seine veröffent- 
lichten Werke sind Klaviervariationen, ein Domine 
salvum fac regem für 3 Solostimmen, Chor und 
Orch. und eine Mithode de musique (Marseille 1828). 

B?rtay, Andreas, * 1798 zu Sz^plak (Ungarn), 
t 4. 10. 1856 zu Mainz; ungarischer Komponist, 
1838 Direktor des ungarischen Nationaltheaters, 
1848 konzertierend in Paris, später in Hamburg 
lebend, komponierte ungarische Opern (Aurel, 
Osel, Die Ungarn in Neapel), die Oratorien Die 
Erstürmung Ofens und Das Volk der Arpaden sowie 
Messen und Ballette. 

Bartels, Wolf gang von, * 21. 7. 1883 zu Ham- 
burg, f 19. 4. 1938 zu München; deutscher Kom- 
ponist und Musikkritiker, Sohn des Marinemalers 
Hans v. B., war Schüler von Beer-Walbnmn in 
München und G&lalge in Paris und lebte in Mün- 
chen. Werke: Oper Li-I-Lan (1918); Melodram 
The Little Dream, Text von Galsworthy (1911); 
Schauspielmusiken ; Kantate Frauentanz für Bar., 
Chor und Orch. (1932); Hymnen An das Brot 
a cappella (1927); Symphonie (1930); Konzert für 
Streichorch. (1928); Violinkonzert (1924); Brat- 
schenkonzert (1927); Suite für FL und Streich- 
orch. (1924) ; Tripelkonzert für Ob., Klar., Fag. und 
Orch. (1929); Kammermusik und zahlreiche Lie- 
der. 

Lit : L. Lade, Der Komponist W. B., ZfM CV, 1938. 

Barth, Adolf Franz, * 26. 11. 1852 zu Altieben an 
der Saale, f im Marz 1936; deutscher Stimmphy- 
siologe, studierte Medizin in Straßburg, Marburg 
und Bonn, wirkte als Ohrenarzt in Berlin und be- 
schäftigte sich mit akustischen Untersuchungen. 
1890 wurde er Leiter der Universitätspoliklinik für 
Ohren-, Nasen- und Hals-Krankheiten in Marburg 
an der Lahn, 1895 in Breslau und 1896 in Leipzig. 
Hier vor allem beschäftigte er sich mit Stimmbil- 
dung und ausgedehnteren Atemuntersuchungen, 
besonders bei Sängern, und hielt in Gustav Bor- 
chers’ Kursen für Gesanglehrer und Chordirigenten 
Vorträge über Akustik und Physiologie der ge- 
sunden und kranken Stimme. Seine musi k al i schen 
Schriften sind: Zur Lehre von den Tönen und Ge- 
räuschen (1887), Bestimmung der Hörschärfe (1888), 
Dekrement abschwingender Stimmgabeln (1888, diese 
drei in der Zeitschrift für Ohr enheilku nde), Bei- 
trag zur Anatomie des inneren Ohres (1889 in den 
Anatomischen Heften), Die Helmholtzsche Theorie 


über das Hören im inneren Ohr (1892 in den Sitzungs- 
berichten der Marburger Naturforschenden Ge- 
sellschaft), Über die Bildung der menschlichen Stimme 
(Leipzig 1904), Klang und Tonhöhe der Sprech- 
stimme (Leipzig 1906). 

Barth, - 1) Christian Samuel, * 13. 1. 1735 zu 
Glauchau (Sachsen), f 8. 7. 1809 zu Kopenhagen; 
Schüler von J. S. Bach an der Thomasschule, war 
Oboist in den Hoforchestem von Rudolstadt, 
Weimar, Hannover, Kassel und Kopenhagen. 
Sein Sohn - 2) Friedrich Philipp Carl August, 
* 1775 zu Kassel, f 22. 12. 1804 zu Kopenhagen, 
wirkte als Oboist in der königlichen Kapelle zu 
Kopenhagen. Er veröffentlichte Sammlungen dä- 
nischer und deutscher Lieder und hinterließ Kom- 
positionen (darunter Oboenkonzerte und ein Kon- 
zert für 2 Hörner) im Manuskript. - 3) Christian 
Frederik, * 1787 zu Kassel, f 17.2.1861 zu 
Middelfart ; jüngerer Sohn von Chr. S., wirkte als 
Nachfolger seines Vaters 1805-41 als Solooboist in 
der kömglichen Kapelle zu Kopenhagen. 1841 
pensioniert, bildete er, wie WexschaÜ auf der 
Geige, eine dänische Schule des Oboenspiels. Er 
schrieb neben einer Ouvertüre 2 Konzerte, eine 
Sonate, Rondos, Duette und Quartette für Ob. 


Barth, Hans, * 25. 6. 1897 zu Leipzig; amerika- 
nischer Pianist und Komponist deutscher Herkunft, 
kam 1907 in die Vereinigten Staaten und debü- 
tierte bald darauf als Pianist. Er war Direktor des 
Yonkers Institute of Musical Art, lehrte während 
dreier Jahre an der David Mannes School und 
wurde dann Leiter der National School for Musi- 
cal Culture in New York. Von seinen Kompo- 
sitionen sind mehrere für den 1928/29 von ihm 
konstruierten Viertelton-Flügel geschrieben, so 
sein 2. Klavierkonzert (1930, mit Viertelton- 
Streichorch.). Weiter sind zu nennen Orchester- 
werke (Suite für Viertelton-Streicher, Blech- 
bläser und Kesselpauken, 1930), Kammermusik 
(Quintett mit Viertelton-KL, 1930), kleinere Vo- 
kalkompositionen und eine Operette Miragia 
(1938). 

Barth, Karl Heinrich, * 12. 7. 1847 zu Pillau bei 
Königsberg, f 23. 12. 1922 zu Berlin; deutscher 
Pianist, war Schüler von Bülow, Bronsart und 
kurze Zeit von Tausig. Ab 1868 war er Lehrer am 
Stemschen Konservatorium, 1871-1921 an der 
Königlichen Hochschule in Berlin. B. war ein 
geschätzter Klavierspieler, besonders ein Ensem- 
blespieler hohen Ranges. Das Trio: B., de Ahna, 
Hausmann erfreute sich eines vorzüglichen Rufs. 
Als Komponist trat B. mit einer Violinsonate 
D dur hervor. 


Barth, Richard, * 5. 6. 1850 zu Großwanzleben 
(Sachsen), f 25. 12. 1923 zu Marburg; deutscher 
Dirigent und Violinist, Schüler von Joachim 1863 
bis 1867, war zuerst Konzertmeister in Münster, 
1882 in Krefeld, dann Universitätsmusikdirektor 
in Marburg, wurde 1895 bei Bemuths Rück- 
tritt dessen Nachfolger als Dirigent der Philhar- 
monischen Konzerte (bis 1904) und der Singaka- 
demie in Hamburg und übernahm 1908 die Direk- 
tion des Konservatoriums. 1904 ernannte die Uni- 
versität Marburg B. zum Dr. phiL h. c. Er gab 
heraus: J. Brahms Briefwechsel mit J. O. Grimm 
(Berlin 1908) und schrieb Johannes Brahms und seine 


103 



Bartha 


Musik (1904). Von seinen Kompositionen erschie- 
nen 3 Violinsonaten, ein Klaviertrio, ein Streich- 
quartett, für V. allein eine Partita und eine Cia- 
cona. 

Lit: E. Deggeller-Engelke, R. B., Diss. Marburg 
1942, gedr. Marburg 1949. 

Bartha» Ddnes, * 2. 10. 1908 zu Budapest; un- 
garischer Musikforscher, studierte Musikwissen- 
schaft an der Universität Berlin (1926-30, bei 
Abert, Blume, Wolf, Sachs, Hornbostel, Schering 
und Moser) und promovierte 1930 mit einer Ar- 
beit über Benedictus Ducis und Appenzeller (W olfen- 
büttd 1930). B. war 1930-42 Custos an der Musik- 
abteilung des Ungarischen Nationalmuseums in 
Budapest, 1935 Lehrbeauftragter, ist seit 1947 or- 
dentlicher Professor für Musikgeschichte an der 
Musikhochschule und seit 1935 Privatdozent an 
der Universität in Budapest. 1941-44 war er als 
Musikreferent der Tageszeitung »Pester Lloyd« 
tätig, war Schriftleiter der ungarischen Musikzeit- 
schriften »Magyar Zenei Szemle« (1941-44) und 
»Zenei Szemle« (1947/48) und leitet jetzt mit B. 
Szabolcsi die musikwissenschaftliche Schriften- 
reihe »Zenetudomdnyi Tanulmänyok« (seit 1953). 
Neben zahlreichen Aufsätzen in Zeitschriften 
(ZfMw, AfMf, AMI, Ethnographia, auch Kodaly- 
Fs.) erschienen die folgenden Schriften: Das Mu- 
siklehrbuch einer ungarischen Klosterschule aus 1490 
(in: Musicologia Hungarica 1, 1934, zweisprachig) ; 
Die avarische Doppelschalmei von Jdnoshida (in: 
Archaeologia Hungarica XTV, 1934, zweispra- 
chig); Die ungarischen Melodien des 18. Jh. (in: 
Publikationen der Ungarischen Akademie der 
Wissenschaften 1935, ungarisch); Lehrbuch der 
Musikgeschichte (Budapest 1935; für den Hoch- 
schulgebrauch, ungarisch); Franz Liszt (Leipzig 
1936; Bildband mit deutschem Text); Beethoven 
(Budapest 1939, ungarisch) ; Mozarts Klavierwerke 
(Budapest 1942, ungarisch); Die ungarische Musik 
(mit Z. Koddly, 1943); Pellias und Milisande 
(1944, ungarisch); Anthologie der Musikgeschichte 
(Budapest 1948; ausgewählte Sätze bis 1750 mit 
Kommentar, ungarisch) ; Ötodßlszdz £nekek (Quel- 
lenausgabe der Liedersammlung des Ädäm Hor- 
vdth aus dem Jahr 1813; Budapest 1953, unga- 
risch); Die Symphonien Beethovens (Budapest 1956, 
ungarisch); j. S. Bach (Budapest 1956, ungarisch). 

Barthe» Engelhard, * 29. 9. 1906 zu Hamburg; 
deutscher Organist und Komponist, studierte Mu- 
sik zunächst in Hamburg, dann an der Musikhoch- 
schule München, wurde 1928 Organist in Berge- 
dorf bei Hamburg und daneben 1930 küns tie- 
rischer Leiter der Hamburger Volksmusikschule, 
übernahm 1931 das Organistenamt an St. Katha- 
rinen in Hamburg und leitete seit 1939 gleichzeitig 
die Altonaer Singakademie, der er noch heute vor- 
steht. Seit 1948 wirkt B. als Organist in Hamburg- 
Othmarschen. Er schrieb liturgische Kompositio- 
nen, geistliche Kantaten und Motetten, eine Schul- 
kantate Die Zukunft decket (Goethe; 1951), geist- 
liche und weltliche Liedsätze, Orgel- und Klavier- 
stücke, Lieder und Kanons. 

Barth616mon (barte :le:m'3), Franfois-Hip- 
polyte, * 27. 7. 1741 zu Bordeaux, f 20. 7. 1808 
zu London; französischer Opemkomponist und 
Violinist, wirkte zunächst im Orchester der Co~ 


mddie Italienne zu Paris, ging 1765 nach London, 
wo er Leiter des Opemordiesters wurde, und 
hatte dort große Erfolge mit Pelopidas (1766), Le 
fleuve Scamandre (Paris 1768), Thejudgmetit of Paris, 
The Enchanted Girdle , The Maid of the Oaks , The 
Election , Belphegor (1778). 1770 wurde er Konzert- 
meister von Vauxhall. Nach längeren Reisen durch 
Deutschland, Italien und Frankreich nahm er 1784 
eine Stelle in Dublin an. B. schrieb ein Oratorium 
Jefte in Masfa (1776; von seiner Tochter Cedlia 
Maria Henslowe mit Clementi, Busby u. a. 1827 
herausgegeben) und hinterließ neben einer grö- 
ßeren Zahl dramatischer Werke Orchesterouver- 
türen, Violinkonzerte, -Sonaten und -duette, Kla- 
vier- und Orgelstücke. Haydn schätzte ihn wegen 
seines kantablen Spiels. 

Lit.: C. M. Henslowe (Tochter von B.), Erinnerun- 
gen an ihren Vater im Vorwort z. Ausg. d. Oratoriums 
Jefte, 1827; C. F. Pohl, Mozart u. Haydn in London 

I, II, Wien 1867; L. de La Laurencie, L’Ecole fr<?. de 
violon de Lully ä Viotti, II, Paris 1923, S. 357 ff.; 
M. Pincherle, Sur F. B., in: M6Ianges de musico- 
logie, offerts ä M. Lionel de La Laurencie, Paris 1933. 

Bartholdy» Conrad Johan, * 12. 3. 1853 zu 
Frijsenborg, t 6. 12. 1904 zu Kopenhagen; däni- 
scher Komponist, Schüler von J. Chr. Gebauer 
und E. Neupert, wurde 1883 Kantor an der 
Matthäuskirche in Kopenhagen, wo er zugleich 
als Gesanglehrer und Chorvereinsdirigent wirkte. 
Er machte sich durch kleinere Vokalwerke, eine 
Ouvertüre und die im Königlichen Theater auf- 
geführten Opern Der Schweinehirt, Loreley und 
Dyveke bekannt. 

Bartholomaeus Anglicus, Franziskanermönch, 
englischer Philosoph, ist um 1225 in Paris als Leh- 
rer einer Ordensschule nachweisbar und ging 1231 
nach Magdeburg. Seine etwa 1230-50 entstandene 
enzyklopädische Abhandlung De proprictatibus 
rerum schließt mit einem Abschnitt De musica, der 
sich hauptsächlich an Isidor von Sevilla anlchnt. 
Ausg.: Engl. Übers, von De Musica in: J. Hawkins, 
A General Hist, of the Science and Practice of Music, 

II, London 1776 (nach d. Übers, v. J. Trevisa, 1398). 
Lit.: H. Müller, Der Musiktraktat in d. Werke d. 
B. A. De proprietatibus rerum, Riemann-Fs., Lpz. 
1909 (mit Ausg. d. Traktats De musica) ; G. Pietzsch, 
Die Klassifikation d. Musik, Halle 1929. 

Bartholoni, Jean, * 1880 zu Genf, f im Juli 1937 
zu Paris; französischer Komponist, war Schüler 
von C. Galeotti und Strong, Direktor des Genfer 
Konservatoriums, Kritiker des Monde Illustre in 
Paris. Er schrieb die symphonischen Dichtungen 
La Nuit dde au Jour und Jeux de Faunes , Impressions 
d'Eti für KL, eine Vioönsonate, Stücke für Org. 
und V. und ein Buch Wagner et le recul du temps. 

Bartlett (b'a:det), Ethel, * 6.6. 1900 zu Lon- 
don; englische Pianistin, Schülerin der Royal Aca- 
demy of Music, hatte große Erfolge als Pianistin 
und Cembalistin, wurde aber weltbekannt nach 
ihrer Vermählung mit Rae Robertson, mit dem zu- 
sammen sie sich der Interpretation von Musik für 
zwei Klaviere zuwandte. Zahlreiche moderne 
Werke dieser Art wurden für sie oder in ihrem 
Auftrag geschrieben. 

Bartlett (b'artlet), Homer Newton, * 28. 12. 
1845 zu Oliva (New York), f 3. 4. 1920 zu Ho- 
boken; ame rikan ischer Organist, war in New York 


104 



Bartök 


tätig und zählt zu den Gründern der American 
Guüd of Organists. Werke: Oratorium Samuel , 
Oper La Vallihe , Kantate The Chieflain , sympho- 
nische Dichtung Apollo , Violinkonzert, Kamm er- 
musik, Klavierstücke und Lieder. 

Bartmuß, Richard, * 23. 12. 1859 zu Bitterfeld, 
t 25. 12. 1910 zu Dessau; deutscher Kirchenmu- 
siker, war nach Musikstudien bei Grell, Haupt und 
Löschhom in Berlin Organist der Hauptkirche in 
Dessau und Hoforganist. B. war ein tüchtiger Im- 
provisator auf der Orgel und schrieb: Kirchliche 
Festmusiken , 4 Orgelsonaten, 2 Orgelkonzerte, 
2 Choralphantasien, Konzertsonate für Harmo- 
nium und KL, ein Oratorium Der Tag der Pfingsten , 
Chorwerk Die Apostel in Philippi , Kantaten, Mo- 
tetten, Männer- und Frauenchöre, Lieder und Me- 
lodramen. Speziell zu erwähnen sind die im Hin- 
blick auf eine erstrebte musikalische Neugestal- 
tung des evangelischen Gottesdienstes unter Beirat 
von Smend entstandenen Liturgischen Vespern. 

Bartök (b'arto:k), Bela, * 25.3.1881 zu Na- 
gyszentmiklös, f 26. 9. 1945 zu New York. In 
einer kurzen autobiographischen Skizze, die B. im 
Jahre 1921 für die Wiener »Musikblätter des An- 
bruch« schrieb, stellt er selbst seinen Werdegang 
dar, der ihn nach dem Tode seines Vaters (1889) 
zunächst in Orte führte, die alle später nach dem 
Vertrag von Trianon (1920), wie auch sein Ge- 
burtsort, für Ungarn verlorengingen (Nagyszöl- 
lös, Bistriz, Preßburg). Sein musikliebender Vater 
war Direktor einer lmdwirtschaftlichen Schule ge- 
wesen; seine Mutter mußte (von 1890 an) als Leh- 
rerin für die Erziehung des einzigen Kindes sorgen 
und gab ihm den ersten Klavierunterricht. In 
Preßburg erhielt B. von 1893 an fachlichen Unter- 
richt durch L. Erkel und komponierte, wie er 
selbst sagte, im Stile von Brahms und der ersten 
Werke von Döhnanyi, auf dessen Rat er nach Ab- 
solvierung des Gymnasiums an der Akademie in 
Budapest von 1899 bis 1903 studierte (Klavierspiel 
bei St. Thömans und Komposition bei Hans Koeß- 
ler). Die schöpferische Tätigkeit trat in dieser Zeit 
zurück; B. entwickelte sich zum Kk viervirtuosen. 
»Wie ein Blitzschlag« zündete jedoch 1902 die 
Budapester Erstaufführung von »Also sprach Zara- 
thustra« von R. Strauss; B. begann wieder zu kom- 
ponieren, gleichzeitig beeinflußt von einer neuen 
nationalistischen ungarischen Bewegung. Die 
symphonische Dichtung Kossuth entstand in dieser 
Zeit und wurde 1904 von H. Richter in Manche- 
ster aufgeführt. Gleichzeitig sind eine Violin- 
sonate und ein Klavierquintett entstanden. Diese 
ersten Werke blieben unveröffentlicht. Als »Opus 
1« bezeichncte B. erst die Rhapsodie für Klavier und 
Orchester (1905). Mit Opuszahlen bezeichnete er 
aber nur die Werke bis op. 20 (1920). An die Be- 
geisterung für Strauss schloß sich ein neues Stu- 
dium von Liszt an; es »führte mich über manche 
Äußerlichkeiten zum Kern der Sache; es erschloß 
sich mir die wahre Bedeutung des Künstlers; ich 
empfand bei ihm viel größeren Genius als bei 
Wagner und Strauss« . Es folgten Entwicklungs- 
jahre, in denen sich die Eigenart B.s innerlich von 
seiner Umgebung löste. Gemeinsam mit Zoltdn 
Kodäly wurde das echte ungarische Baueinlied in 
seiner Bedeutung als eigenständige Volkskunst er- 


kannt und gegen die volkstümliche, städtische 
Musik abgegrenzt, die auch Liszt noch für unga- 
rische Volksmusik gehalten hatte. Mit Kodäly gab 
er 1906 eine erste Sammlung von zwanzig neuauf- 
gezeichneten Liedern heraus. Die weitere Erfor- 
schung der osteuropäischen Volksmusik wurde 
mit der Ausdehnung der Forschung auf die 
Sprachgebiete der Slowaken und Rumänen zur 
leidenschaftlich verfolgten Lebensaufgabe. Für die 
Entwicklung des Komponisten erscheinen die 
Werke des Jahres 1908 wie eine Exposition des 
kommenden Lebenswerks: es entstand das erste 
Streichquartett, dem bis 1939 fünf weitere, jeweils 
als stärkster Ausdruck neuer Etappen des Schaffens, 
folgen sollten; die 14 Bagatellen für Klavier op. 6 
sind mit ihren klanglichen und rhythmischen Neu- 
werten, vor Strawmsky, die kühnste Fortbildung 
von Anregungen Dcbussys; vier Hefte einer 
Sammlung von Klavierstücken nach ungarischen 
und slowakischen Volksliedern, bestimmt »Für 
Kinder« (1908/09), sind der erste der wichtigen 
Beiträge zur musikpädagogischen Literatur und 
zugleich Dokumente einer stilistischen Entwick- 
lung im Banne und im Dienste der neu entdeckten 
Volkskunst. Er schrieb selbst: »Das Studium dieser 
Bauemkunst war deshalb von entscheidender Be- 
deutung für mich, weil sie mich auf die Möglich- 
keit einer vollständigen Emanzipation von der 
Alleinherrschaft des bisherigen Dur- und Moll- 
systems brachte.« Dazu trat die Emanzipation der 
Dissonanz und führte zu den teils expressionisti- 
schen, teils folkloristischen Werken der Jahre bis 
1923. Eine neue Steigerung bringt zunächst das 
Jahr 1911 mit dem kühnen Allegro barbaro für Kla- 
vier und der Oper in einem Akt Herzog Blaubarts 
Burg, denen 5 Jahre später als reifste Werke der 
früheren Schaflenszeit die Suite für Klavier op. 14 
und das Zweite Streichquartett op. 17 folgten. Im 
Stil dieser Werke haben sich auch Eindrücke einer 
Forschungsreise ausgewirkt, die B. 1913 nach der 
Oase von Biskra zum Studium arabischer Musik 
unternahm und deren Ergebnisse auch später in 
einer wissenschaftlichen Abhandlung niedergelegt 
wurden (ZfMw II, 1919/20). Zwei klanglich sehr 
radikale Ballettwerke (siehe Werk-V erz.) und zahl- 
reiche Volksliedbearbeitungen zeigten weiterhin 
jeweils die kühne Klangücnkeit und die folklo- 
ristische Seite von B.s vorstoßender Eigenart, bis 
die Tanz-Suite für Orchester ihre glückliche Ver- 
einigung und zugleich den ersten großen Welt- 
erfolg brachte (1923). Nach einer Schaffenspause 
von fast 3 Jahren begann 1926 mit der Sonate für 
Klavier und dem ersten Konzert für Klavier und 
Orchester ein neuer Schaffenszyklus, zunächst in 
einem neuen linearen Stil, aus dem sich dann die 
reife Kunst seiner Hauptwerke entwickelte: B. 
arbeitet mit vielfältiger, dichter Motivik, erfindet 
nun große Themen, vergeistigt die verschiedenen 
elementaren Rhythmen (häufig aus folkloristischen 
Quellen entnommen), entwickelt (auch teilweise 
angeregt durch Schönberg und Alban Berg) neue 
klangliche und spieltechnische Differenzierungen, 
wahrt konsequent die Sonatenform, in einigen 
Werken mit Umkehrung (Spiegelung) der The- 
men in der Reprise, steigert den Zusammenhalt 
des Satzzyklus durch thematische Verbindung der 
Sätze und Ausbau zur Fünfsatzigkeit (im 4. und 5. 
Streichquartett) oder durch Variationszusammen- 


105 



Bartök 


hänge (Violin-Konzert). In den 153 Klavier- 
stücken seines Mikrokosmos schuf B. eine pro- 
gressive Folge vom leichtesten Anfang bis zu den 
schwierigen Tänzen im bulgarischen Rhythmus 
und bietet mit diesem pianistischen Lehrgang zu- 
gleich ein Inbild melodischer, rhythmischer, satz- 
technischer und formaler Möglichkeiten seiner 
Musik (sieheLiteraturverz.). Von den drei Möglich- 
keiten der Verarbeitung von Volksmusik, die er 
sdbst in seinem Aufsatz Vom Einßuß der Bauern - 
musik . . . (1921) darstdlt, findet man hier nicht 
mehr die Bearbeitung einer gegebenen Melodie, 
wohl aber die melodische Erfindung im Stile der 
verschiedenen Arten von Volksmusik und Kom- 
positionen. Darüber hinaus sind Modelle neuer 
Chromatik und anderer Strukturen gegeben. Die 
Klangwelt der späten Werke B.s läßt sich in ihrer 
erweiterten Tonalität begreifen als eine schöpfe- 
rische Verbindung von Traditionen des 19. Jh. und 
Werten des klanglichen Impressionismus mit An- 
regungen aus dar Zwölftonmusik, aus osteuro- 
päischer Volksmusik und fernöstlichen Klangfor- 
men. B. war als Pianist sehr tätig und bekannt, oft 
auf Konzertreisen und schon ab 1908 Professor für 
Klavierspiel an der Budapester Akademie. Werke 
alter und klassischer Meister hat er in eigenen Be- 
arbeitungen herausgegeben. Die größte Arbeits- 
kraft seines Lebens widmete er aber der Sammlung 
und Erforschung der Volksmusik Osteuropas und 
anderer Gebiete. Die eindringliche Exaktheit seiner 
Notationen und deren systematische Sichtung ist 
ein Spiegel seiner Leidenschaft für Ordnung, Rich- 
tigkeit und Recht, die auch seine Lebensweise be- 
stimmte und sich mit dem Feuer seines Künstler- 
tums verband. Im Jahre 1934 bat er um Entbin- 
dung von seinem Lehrauftrag, um sich ganz der 
Forschung widmen zu können; die Publikation 
seiner reichen Sammlungen begann aber erst nach 
seinem Tode mit Kodälys Hilfe als Vermächtnis zu 
erscheinen. Obwohl er also Forscher, Pädagoge 
und konzertierender Künstler war, wurde er 
gleichzeitig einer der bedeutendsten Repräsen- 
tanten der »Neuen Musik« seiner Generation. Im 
Jahrzehnt zwischen 1930 und 1940 schuf er als 
Komponist meist nur ein Werk im Jahre. Es sind 
die Werke, die seinen Weltruhm begründeten. 
Dieser Erfolg aber mußte durch ein tragisches 
Schicksal erkauft werden. Im Jahre 1940, im Alter 
von beinahe 60 Jahren, emigrierte er als Gegner des 
Faschismus nach den USA. Er wurde dort Ehren- 
doktor der Columbia University und erhielt einen 
Forschungsauftrag, um die nachgelassene Samm- 
lung von M. Parry zu bearbeiten. Die Schatten 
seiner Todeskrankheit beeinträchtigten offenbar 
schon bald seine Arbeitskraft und die erstrebten 
Erfolge als Pianist. Ein Kompositionsauftrag der 
NataHenKussewitzky-Stiftung ließ seine Kräfte 
nochmals glücklich aufleben; es entstand nach 
dreijähriger Schaffenspause das Konzert für Or- 
chester (1943). Kurz vor der Fertigstellung der Par- 
titur seines 3. Klavierkonzerts starb er an einer 
fortschreitenden Polycythämie. Nur wenige 
Freunde folgten zum Grabe; die Weltgeltung sei- 
ner Musik begann im gleichen Jahre in Verbin- 
dung mit der Erkenntnis der Tragik seines Schick- 
sals. 

Werke: Bühnenwerke: Herzog Blaubarts Burg , 
op. 11 (Oper in einem Akt, 1911); Ballett Der 


holzgeschnitzte Prinz (1914/16) ; Budapest 1917); 
Ballett Der wunderbare Mandarin, op. 19 (1918/19; 
Köln 1925). 

Orchesterwerke (gedruckte): Suite No 1, op. 3 
(1905); Suite No 2, op. 4 (1905; 1943 revidiert); 
Zwei Porträts, op. 5 (1907/08); Deux Images, op. 10 
(1910); Vier Stücke, op. 12 (1912); Tanz-Suite 
(1923); Musik für Saiteninstrumente , Schlagzeug und 
Celesta (1936 für das Baseler Kammerorchester); 
Divertimento für Streichorch . (1939); Konzert für 
Orch. (1943). 

Konzerte: 3 Klavierkonzerte (1, 1926; II, 1930/31; 
m, 1945) ; Violinkonzert 1937/38) ; Bratschenkon- 
zert (1945; vervollständigt von T. Serly). 
Kammermusikwerke: 6 Streichquartette (I, op. 7, 
1908; H, op. 17, 1917; HI, 1927; IV, 1928; V, 1934; 
VT, 1939); 2 Sonaten für V. und Kl. (1921, 1922); 
2 Rhapsodien für V. und Kl. (1928, auch mit 
Orch.); 44 Duos für 2 V. (z. T. für Dofleins 
Geigenschulwerk ) ; Sonate für 2 Kl. und Schlagzeug 
(1937, dass, auch mit Orch., 1940); Contrasts für 
V., Klar, und Kl. (1938) ; Sonate für V. solo (1944). 
Chorwerke: 4 alte Ungarische Volkslieder für gern. 
Chor (1912); 5 Slowakische Volkslieder für gern. 
Chor und Kl. (1917) ; 4 Ungarische Volkslieder für 
gern. Chor (1930); Cantata profana für Doppel- 
Chor, Soli und Orch. (1930) ; 6 Lieder aus Szekely 
für gern. Chor (1932); 27 Sätze für 2- und 3st. 
Kinder- oder Frauenchor (1935) ; Aus alten Zeiten 
für 3st. gern. Chor (1935). 

Klavierwerke: 14 Bagatellen op. 6 (1908); 10 Leichte 
Stücke (1908) ; 2 Elegien op. 8b (1908/09) ; 7 Skizzen 
op. 9 (1908-10); 2 Rumänische Tänze op. 8a 
(1909/10); 4 Nantes (1909/10); 3 Burlesken op. 8c 
(1908-10); Allegro barbaro (1911); Sonatine (1915); 

7 Rumänische Volkstänze (1915) ; Rumänische Weih- 
nachtslieder (1915); 15 Ungarische Bauemlieder (1914 
bis 1917) ; 3 Etüden op. 18 (1918) ; 8 Improvisationen 
über ungarische Bauemlieder op. 20 (1920) ; Klavier- 
sonate (1926) ; Im Freien (5 Stücke, 1926) ; 9 kleine 
Klavierstücke (1926); 3 Rondos (1916 und 1927); 
Kleine Suite (nach V.-Duos, 1936); Mikrokosmos 
(153 Stücke in 6 Heften, 1926-37); ferner: Für 
Kinder (85 leichte Stücke in 2 Heften nach unga- 
rischen Liedern und 2 Heften nach slowakischen 
Liedern, 1908, revidiert 1945); 18 leichte Stücke zur 
gemeinsam mit A. Reschofsky geschaffenen Kla- 
vierschule (1913 auch gesondert veröffentlicht). 

Gesangswerke: Lieder mit Kl. (op. 15 u. 16); 

8 Ungarische Volkslieder (1907-17); 20 Ungarische 
Volkslieder in 4 Heften (1929); 5 Dorfszenen für 
Gesang und Kl. oder Frauenchor und Kammer- 
Orch. (1924). 

Von zahlreichen Volksliedbearbeitungcn und an- 
deren Werken sind zu B.s Lebzeiten Transkrip- 
tionen für andere Besetzungen von B. selbst oder 
authorisierten Bearbeitern erschienen. 

Wissenschaftliche Veröffentlichungen in Buch- 
form (Auswahl): Cdntece popolare romänefti din 
comitatul Bihor (Bukarest 1913); Die Volksmusik der 
Rumänen von Maramure? (= Sammelbände für 
vergleichende Musikwissenschaft IV, München 
1923); Das ungarische Volkslied (ungarisch: Buda- 
pest 1924; deutsch: = Ungarische Bibliothek XI, 
Berlin 1925; englisch: London 1931); Die Volks- 
musik der Magyaren und der benachbarten Völker (un- 


106 



Bartolucd 


garisch: Budapest 1934; deutsch: Ungarische 
Jahrbücher, Berlin 1935) ; Die Melodien der rumä- 
nischen Colinde (Wien 1935); Serbo-Croatian Folk 
Songs (mit Albert B. Lord, posthum, New York 
1951); Corpus musicae poputaris Hungaricae (her- 
ausgegeben von B. B. und Z. Kodaly, für den 
Drude bearbeitet von G. Ker&iyi; I : Kinderlieder, 
II: Jahresfeste, Budapest 1951 und 1953); ferner 
erschienen Buchvcröäentlichungen in ungarischer 
und rumänischer Sprache (vgL dazu die Biblio- 
graphie bei H. Stevens; dort auch vollständige 
Liste der zahlreichen Aufsätze B.s). 
Wissenschaftliche Aufsätze: Der Musikdialekt der 
Rumänen von Hunyad und Die Volksmusik der Ara- 
ber von Biskra und Umgebung (ZfMw n, 1919/20) ; 
Über die Herausgabe ungarischer Volkslieder (Unga- 
risches Jahrbuch, Berlin 1931); Neue Ergebnisse der 
Volksliedforschung in Ungarn (Musikblätter des An- 
bruch XIV, 1932); Das Problem der Neuen Musik 
(Melos I, 1920); Liszts Musik und das Publikum 
unserer Zeit (1911; neu veröffentlicht in : Das Musik- 
leben IV, 1951); einige Aufsätze im Neudruck in 
deutscher Sprache in : »Musik der Zeit«, Heft 3, hrsg. 
von H. Lindlar, Bonn 1953, - in französischer 
Sprache in: *B., Sa vie et son ceuvre«, siehe Lit.; 
in ungarischer Sprache erschienen die Aufsätze in 
3 Bänden, ebenso die Briefe: Levelei I, Budapest 
1948, - II, 1951, - III, 1955 (hrsg. von I. Dem&iy). 


Lit.: Eigene Schriften u. Erinnerungen d. Freunde, 
hrsg. v. W. Reich, Basel u. Stuttgart (1958); E. von 
der Nüll, B. B., Ein Beitr. zur Morphologie d. neuen 
Musik, Halle 1930; E. Haraszti, B. B., Paris 1938 
(engl.); D. Dille, B. B., Brüssel 1942 (flämisch); S. 
Moreux, B. B., Paris 1949, 21955 (deutsch: Zürich u. 
Freiburg i. Br. 1950, mit wertvollem Vorwort v. A. 
Honegger); H. Geraedts, B. B., Haarlem- Antwerpen 
1952 (holländisch); H. Stevens, The Life and Music 
of B. B., NY 1953 (umfassende Biogr. u. Bibliogr.); 
B., Sa vie et son ceuvre, hrsg. unter d. Leitung v. B. 
Szabolcsi, Budapest (1956; enthaltend 6 Studien über 
B., 7 Essais u. Artikel sowie ausgewählte Briefe v. B., 
dazu Verz. seiner Kompositionen u. Schriften); 
B. B., A Memorial Review, London 1950 (mit Bi- 
bliogr.); B. B., L’homme et l’ceuvre, RM Nr 224, 1950 
(Sammelband mit 20 Aufsätzen); H. U. Engelmann, 
B. B.s Mikrokosmos, = Literarhistorische-mw. 
Abh.en X, Würzburg 1953; J. Uhde, B.s Mikrokos- 
mos (Spielanweisungen usw.), Regensburg 1954; M. 
Seiber, The String Quartets of B. B., London 1945 
(deutsch: Bonn 1955); R.Traimer, B. B.s Kompo- 
sitionstechnik, = Forschungsbeiträge zur Mw. III, 
Regensburg 1956; B.-Sonderhefte: Musikblätter d. 
Anbruch III, 1921, H. 3, - Melos XVI, 1949, H. 5/6, - 
Tempo, 1949/50, - 2 Sonderhefte in: Musik d. Zeit, 
hrsg. v. H. Lindlar, H. 3 u. 9, Bonn 1953 u. 1954, - 
SMZ XCV, 1955, H. 10. - D. Bartha, Die neue mw. 
Forschung in Ungarn, AfMf II, 1937 ; E. Doflein, 
B. B., Melos XVI, 1949; ders., auch m SMZ XCV, 
1955, u. Universitas XII, 1957; ders., B.s letzte Le- 
bensjahre, in: Mersmann-Fs., Kassel 1957; ders., 
B. B.s Kompositionen f. d. Musikpädagogik, Musik 
im Unterricht XLVI, 1955; O. Gombosi, B. B., MQ 
XXXII, 1946; E.Katz, B.B., Musikblätter d. An- 
bruch IX, 1927; R. Leibowitz, B. B. ou la possibiht6 
de compromis, in: Les temps modernes, Paris 1947; 
M. Seiber, B. B. Chamber Music, Tempo 1949; B. 
Szabolcsi, B. B., in: Corvina 1946 (deutsch; vgl. 
auch Corvina 1949); J. S. Weissmann, B.s Klavier- 
musik (engl, in: Tempo 1949/50, deutsch in: Musik 
d. Zeit, H. 3, Bonn 1953); weitere Abh.en, blondere 
d. zahlreiche ungarische Lit., siehe bei H. Stevens 
(Nachweis d. Artikel bis 1951) und »Tempo« 1949/50. 

ED 


B^rtoli, Daniello, * 12.2. 1608 zu Ferrara, 
f 13. 1. 1685 zu Rom; Jesuit, italienischer Gelehr- 
ter, schrieb eine große Geschichte des Jesuiten- 
ordens und ist auch der Verfasser eines akustischen 
Werks: Del suono , de* tremori armonici e delVudito 
(Rom 1679, 21681; lateinisch Bologna 1680, auch 
in seinen Opere varie m, Venedig 1716). 

Lit: Inhaltsangabe in J. N. Forkel, Allgem. Littera- 
tur d. Musik, Lpz. 1792. 

B^rtoli, Pater Erasmo, * 1606 zu Gaeta, f 14. 7. 
1656 zu Neapel; italienischer Komponist^ lebte, 
bekannt unter dem Namen Padre Raimo, in 
Neapel, wo er in den Oratorier-Orden eintrat. 
Seine im Manuskript hinterlassenen Kompositio- 
nen, darunter Messen, Psalmen und Motetten, 
werden in der Bibliothek der Oratorier aufbe- 
wahrt. 

Bartoljni, Or’in Dio, * zu Siena; italienischer 
Komponist, war 1633 Kapellmeister am Dom zu 
Udine. Er veröffentlichte 2 Bücher 5— 8st. Messe 
concertate (1633, 1634) und l-8st. Motetten mitB.c. 
(1634), auch 8st. Marien-Litaneien (1613) sowie je 
ein Buch 5st. Madrigale (1606) und 3st. Canzonette 
ed Arie alla Romana (1606). -> Bertoldo. 

1400, war Mönch und Magister. 1405 folgte er der 
Patrizierfamilie Carrara in die Verbannung nach 
Florenz. Der angesehene Meister vertonte mit Vor- 
liebe zeitbezogene Texte, zum größten Teil in der 
traditionellen Zweistimmigkeit, doch finden sich 
auch dreistimmige Stücke unter französischem 
Einfluß. B.s bekannte Werke, 11 Madrigali und 
27 Ballate, sind - mit Ausnahme einer Ballata im 
Codex Lucca - im Squarcialupi-Codex gesam- 
melt, doch soll er auch französische Rondeaux 
komponiert haben. 

Ausg.: Der Squarcialupi-Codex, hrsg. v. J. Wolf, 
Lippstadt 1955 (vgl. dazu K. v. Fischer in Mf IX, 
1956). 

Lit.: J. Wolf, Gesch. d. Mensuralnotation, 3 Bde, 
Lpz. 1904, darin Werkverz. u. 4 Stücke (vgL dazu 
Fr. Ludwig in SIMG VI, 1904/05); N. Pirrotta u. 
E. Li Götti, II Codice di Lucca, MD HT-V, 1949-51 
(in MD III Faks. d. nicht im Squarcialupi-Codex 
enthaltenen Ballata); K. v. Fischer, Studien zur ital. 
Musik d. Trecento, PubL d. Schweizerischen Musik- 
forschenden Ges. II, 5, Bern (1956, mit Werkverz.). 

Bartolucci (bartoTuttJi), Monsignore Dome- 
nico, * 7. 5. 1917 zu Borgo S. Loreozo (Florenz); 
italienischer Komponist, seit 1956 Leiter der päpst- 
lichen Kapelle in Rom. In Florenz absolvierte er 
das Seminar und studierte Komposition und Or- 
chesterleitung am Conservatorio Luigi Cheru- 
bim. Danach führte er seine Musikstudien am 
Pontifido Istituto di Musica Sacra und an der 
Accademia Nazionale di S. Cedlia weiter. Bereits 
mit 14 Jahren wirkte er als Organist, wurde bald 
darauf als Nachfolger von Bagnoli Kapellmeister 
am Dom in Florenz, später an Santa Maria Mag- 
giore und an der Basilica Liberiana in Rom. Mit 
dem Centro dell’Oratorio brachte er sämtliche 
Oratorien Carissimis zur Aufführung und kam 
mit dem Polyphon-Chor der »Cantori romani di 
musica sacra« auf Konzertreisen 1952 nach D eutsch- 
land und 1955 nach Holland. Werke: mehrere 
Oratorien für Soli, Chor und Orch. (La Nativitä, 
Le sette parole , Petrus , UAscensione ), ein »poema 


107 



BartoS 


musicale sacro« Baptisma für Soli, Chor, Org. und 
Orch. (Rom 1947), etwa 10 3-5st. Messen mit 
und ohne Org. (Tu gloria Jerusalem , M. Assutnp - 
tionis , Af. pro defunctis , Ave Maria Stella , M. Satte - 
tae Agnetis , Messe zu Ehren Pius X.), zahlreiche 
Psalmen, Cantica, Hymnen, Responsorien und 
Motetten sowie Orgelstücke. Daneben seien von 
seinen weltlichen Werken genannt ein Concerto 
rustico für Orch., ein Klavierkonzert, Klavier- 
Trio, eine Sammlung von 3-6st. Madrigalen und 
Lieder für Singst, und KL 

BartoS (b'artoj), FrantiSek, * 16. 3. 1837 und 
f 11. 6. 1906 zu Mlatcov; tschechischer Folklorist, 
studierte in Wien und war meist in Brünn ange- 
stellt. Während seiner langjährigen Reisen in Mäh- 
ren sammelte er Volkslieder und veröffentlichte 
Sammlungen, deren Aufzeichnung meist LeoS Ta- 
nd£ek besorgte. Hauptwerk: Novi ndrodni pisni 
moravski s napivy (Neue mährische Volkslieder; 
1882) ; zwei weitere Sammlungen unter dem Titel 
Ndrodni pisnd moravski v nove nasbirani (Neuge- 
sammelte mährische Volkslieder) erschienen 1899 
und 1901. 

Lit.: L. Janäöek in Briefen und Erinnerungen; aus- 

f ewählt, mit Beiträgen u. Anm.en versehen v. B. 
TfiDROÄ, Prag 1955. 

Bartoä (b'artoj), Jan Zdenek, * 4.6.1908 zu 
Krdlove Dvur; tschechischer Komponist, studierte 
1935-39 unter Sfn am Konservatorium und 1939 
bis 1942 bei Kn£ka an der Meisterschule in Prag. 
Seit 1945 hat er eine Stellung im tschechischen In- 
formationsministerium inne. Werke: die Opern 
Ryparka (1949), Proklety zdmek (1950), Ballett 
Hanuman (1941), Bühnenmusiken, Orchester- 
werke, Kantaten, Chorkompositionen, Kammer- 
musik (Nonett op. 19, 1939; Quintette, Streich- 
quartette), Klavierstücke und Lieder. 

BartoS (b'artoj), Josef, * 4.3. 1887 zu Vysokd 
Myto; tschechischer Musikschriftsteller, studierte 
und promovierte in Prag, wo er als Kritiker und 
Lehrer lebt. Er veröffentlichte: Antonin Dvorak 
(Prag 1913); Zdentk Fibich (Prag 1914); J. B. 
Foerster (Prag 1923) ; O proudech v soudobi hudbi 
(Strömungen in der zeitgenössischen Musik, Prag 
1924) ; Otakar Ostrfil (Prag 1936). 

Bartosdh, Josef, * 22. 11. 1879 zu Tepl (Böh- 
men); österreichischer Musikpädagoge, war 1903 
bis 1945 Lehrer am Blindenerziehungsinstitut 
Wien, ab 1911 auch an der Staatlichen Lehrer- 
bildungsanstalt. Er schrieb u. a.: Der Musikunter- 
richt an der Blindenschule (in: A. Mell, Der Blinden- 
unterricht, Wien 1910) ; Zur Fortbildungder blinden 
Musiker (Zs. für das Blindenwesen Österreichs, 
1919); eine Violinschule Ich bin ein Musikant 
(5 Hefte, Wien 1934 ff.; Heft 1 und 2 mit Fr. 
Huber). 

Bartz, Johannes, * 19. 1. 1848 zu Stargard 
(Pommern), f 1*7.1933 zu Berlin; deutscher 
Komponist, Schüler des Leipziger Konservato- 
riums, wurde 1872 Organist an der Peter-Paul- 
Kirche in Moskau und Leiter verschiedener Chor- 
vereine. Werke: Evangelisches Requiem , Vaterunser , 
Oratorium Der Himmelsbote, eine Oper, Orchester- 
werke, Klavier- und Violinsonaten, Motetten und 
volkstümliche Lieder. 


Baruch, Gerth- Wolfgang, * 15.6.1911 zu 
Berlin- Wilmersdorf ; deutscher Musikschriftsteller, 
studierte 1929/30 am Stemschen Konservatorium 
in Berlin, dort 1929-33 Musikwissenschaft an der 
Universität, 1933-35 an der Deutschen Universi- 
tät Prag, wo er 1935 mit einer Arbeit Verdi und 
Schiller , quellenkundliche Studien zum Libretto-Pro- 
blem zum Dr. phil. promovierte. 1933-46 wirkte 
er alsMusikschriftsteÜer, Dramaturg und Pädagoge 
in Prag, seit 1946 beim Südwestfunk in Baden- 
Baden, jetzt als stellvertretender Leiter der Musik- 
abteüung. Veröffentlichungen: Beethovens Streich- 
quartette (Prag 1938, englisch New York 1938), 
Musik in fünf Dezennien (in: Die ersten fünfzig 
Jahre des XX. Jh., Offenburg 1950). 


Barvik, Miroslav, * 14. 9. 1919 zu LuEce (Mäh- 
ren); tschechischer Komponist und Musikschrift- 
steller, studierte am Konservatorium in Brünn 
Komposition bei Kaprdl, danach 1942-48 in Prag, 
auch Musikwissenschaft in Brünn und Prag. Er 
wirkte 1942-45 in Mährisch-Ostrau, bis 1947 am 
Konservatorium in Brünn und gehört seitdem dem 
tschechischen Informationsministerium an. 1948 
wurde er Lehrer am Konservatorium in Prag. B., 
einer der exponierten Vertreter einer politisch aus- 
gerichteten Musik, schrieb vorwiegend Orchester- 
werke und Chorkompositionen (Kantate Podeko- 
vdni Sovctskimu svazu) und verfaßte mehrere mu- 
siktheorctische und -ästhetische Schriften und zahl- 
reiche Kritiken in Zeitschriften. 


Barwinskij, Wassyl, * 20. 2. 1888 zu Tamopol; 
ukrainischer Komponist, war Schüler von V. No- 
vdk. 1915 wurde er Direktor des Lyssenko-Musik- 
instituts in Lemberg. Er schrieb: Klavierwerke, 
Lieder, Kammermusik, Chorwerke und eine 
Ukrainische Rhapsodie für Orch. 

Baryphonus, Heinrich (Pipcgrop, bekannt un- 
ter dem gräzisierten Namen B.), * 17. 9. 1581 zu 
Wernigerode, + 3. (neuer Stil: 13.) 1. 1655 zu 
Quedlinburg; deutscher Musiktheoretiker, wahr- 
scheinlich ein Schüler des Kantors Johann Krüger 
und des Organisten Paul Becker in Wernigerode. 
1603 bezog er die Universität in Helmstedt und 
wurde 1606 Subkonrektor des Gymnasiums und 
Stadtkantor in Quedlinburg. Nur zwei Kompo- 
sitionen von B. sind erhalten geblieben: ein Melos 
genethliacum oder Weihetiacht Gesang zu 6 St. und 
ein Choralkonzert Wir gläuben an einen Gott . Von 
zahlreichen theoretischen Werken blieben nur die 
Pleiadcs musicae (Halberstadt 1615) erhalten, die 
Heinrich Grimm 1630 zu Magdeburg in der 
2. Auflage herausgab. Drei weitere gedruckte 
Traktate, Isagoge rnusica (Magdeburg 1609), Itisti- 
tutiones Musicotheoricae (Leipzig 1620) und Ars ca- 
nendi (Leipzig 1620), sind ebenso verschollen wie 
die übrigen der 16 im Syntagma musicum III ge- 
nannten theoretischen Abhandlungen, die M. 
Praetorius zu veröffentlichen gedachte (der Traktat 
De Melopoeia sollte als 4. Band des Syntagma er- 
scheinen). Praetorim* Plan kam durch seinen Tod 
(1621) nicht mehr zur Ausführung. 

Ausg.: »Melos genethliacum«, hrsg. v. Ph. Spitta in 
VfMw IX, 1893. 

Lit. : E. Jacobs, Zwei harzische Musiktheoretiker d. 
16. u. 17. Jh., VfMw VI, 1890, 111 ff.; ders., Heinrich 
Pipegrop (B.), VfMw VII, 1891, 459 ff.; ders.. Noch 


108 



Bassani 


einmal Pipegrop-B., VfMw VIII, 1892, 145 ff.; Ph. 
Spitta, Ein Weihnachts-Gesang d. H. B., VfMw IX, 
1893, 381 ff. 

Bas, Giulio, * 21. 4. 1874 zu Venedig, f 27. 7. 
1929 bei Vobbia (Ligurischer Apennin); italie- 
nischer Kirchenmusiker und Musiktheoretiker, 
war Organist und Kapellmeister in Venedig, Calvi, 
Teano und Rom und lebte ab 1908 als Lehrer am 
Konservatorium in Mailand. Er schrieb Messen 
und kleinere Kirchenkompositionen, Orgelsonate 
F dur, Orgelstücke, Sonata breve für V. und Kl. 
und musiktheoretische Abhandlungen: Trattato di 
Forma Musicale (Mailand 1920-22); Trattato d’Ar ■- 
monia (Mailand 1922-33); Un Rinnovamento negli 
studi d’Armotiia e Contrappunto (Düsseldorf 1911); 
Metodo d* Accompagnamento al Canto Gregoriano e di 
Composizione negli Otto Modi (Turin 1920; auch 
französisch und holländisch); Manuale di Canto 
Gregoriano (Düsseldorf 1910; italienisch und spa- 
nisch). 

Baselt, Fritz, * 26. 5. 1863 zu Öls (Schlesien), 
t 11. 11. 1931 zu Frankfurt am Main; deutscher 
Komponist, war Schüler von Bußler, wurde 1894 
Dirigent des Philharmonischen Vereins und der 
Frankfurter Sängervereinigung in Frankfurt; später 
besaß er dort einen Musik- und Bühnenverlag. 
Er schrieb Opern und Operetten, 2 Ballette und 
viele Männerchöre. 

Basevi, Abramo, * 29. 12. 1818 zu Livorno, 
t 25. 11. 1885 zu Florenz; italienischer Musik- 
schriftsteller, war Arzt in Florenz, schrieb die 
Opern Romilda cd Ezzelino (1840) und Enrico 
Onardo (1847), gründete 1856 eine Musikzeitung 
»Armonia«, die 1859 wieder einging; dafür gab 
er ab 1861 die Zeitschrift »II Boccherini« heraus. 
1864 gründete er die Sodetä del Quartetto. Er 
schrieb: Studio sulle opere di G. Verdi (1859), Intro- 
duzione ad un nuovo sistema d’armonia (1862, fran- 
zösisch von L. Delätre 1865) und Compendio della 
storia della musica (1866). 

Basevi, Giacomo Cervetto. 

Basie (b'e:zi), Count, * 21. 8. 1904 zu Red Bank 
(New Jersey); amerikanischer Jazzpianist und Or- 
chesterleiter von Negerherkunft, eine der führen- 
den Persönlichkeiten in der Geschichte des Jazz. 
Als Pianist wirkte er in verschiedenen Kapellen 
vorwiegend in New York und Kansas City, be- 
einflußt von F. Waller, D. Ellington und E. Hines. 
Nach dem Tod von B. Moten (1935) übernahm B. 
dessen Orchester und führte es in der Tradition 
von Kansas City, der er selbst als Pianist ent- 
stammte und deren Namen Motens Orchester 
maßgeblich verbunden war. Hatte sich B. als 
Pianist dem Boogie-Woogie (in seiner stilisierten 
Form etwa seit 1930) verschrieben, so war er als 
Orchesterleiter an der Zusammenführung von 
Blues- und Swingstil zum Harlem-Jump wesent- 
lich beteiligt. B.s Arrangements sind gekennzeich- 
net von sparsamer, zurückhaltender Verwendung 
melodischer und rhythmischer Mittel Von ihm 
und seinem Orchester ist ein weitreichender Ein- 
fluß auf die jüngere Generation von Jazzmusikem 
ausgegangen. 

Basili, - 1) Andrea, * um 1703 zu Cittä della 
Pieve, 1 29. 8. 1777 zu Loreto; itali e nischer Kom- 
ponist, war 1729 Kapellmeister am Dom zu Tivoli 


und ab 1740 an der Santa Casa in Loreto. Er 
schrieb Kirchenmusik und eine Schule des Klavier- 
spiels: Musica universale (Venedig 1776). - 2) 
Francesco, * 3. 2. 1767 zu Loreto, f 25. 3. 1850 
zu Rom, Sohn von Andrea B.; italienischer Kom- 
ponist, war Schüler von Jannaconi, wurde Kapell- 
meister in Foligno und 1790 in Macerata. 1809-27 
wirkte er an der Santa Casa in Loreto, wurde 1827 
zum Zensor am Mailänder Konservatorium und 
1837 als Nachfolger Fioravantis zum Kapellmeister 
der Peterskirche in Rom ernannt. Er schrieb 
14 Opern, Symphonien, Klavierwerke und viel 
Kirchenmusik, darunter ein Requiem auf Janna- 
coni (1816). - 3) Basilio, * 1803 zu Macerata, 
t 211 Madrid, Sohn von Francesco B.; italienischer 
Komponist, debütierte 1826 als Sänger in Ferrara, 
ging 1827 nach Madrid, wo er 1844 Dirigent und 
Chormeister der italienischen Oper wurde. Er 
schrieb die Oper El contrdbandista (1841) und gehört 
mit El novio y el concierto (1839) und Los solitarios 
(1843) zu den Wiedererweckcm der Zarzuela. 

Basiron (bazir'S), Philippe (auch kurz Philip- 
pon), franko-flämischer Komponist der Zeit um 
1500, von dem nur je eine Messe und eine Motette 
in Drucken Petrucds von 1508 und 1505 sowie 
mehrere Messen, Motetten und Chansons hand- 
schriftlich erhalten sind. 

Ausg. : Das Agnus der Messe »De Franza« hrsg. in 
Gommer, Collectio operum . . . VIII; Missa super 
Thornme arm6, in: MPL I, 1, Fasz. VIII. 

Bassani, Giovanni (Bassano); italienischer 
Komponist um 1600, war 1585 Sänger und 1595 
Gesanglehrer am Seminar, 1615 Konzertmeister 
an S. Marco in Venedig. Von ihm sind erhalten: 
Fantasie a 3 voci per cantar et sonor (1585), Ricercate , 
Passagie e Cadentie (1585; 1598 für Org. oder Kl.), 
Canzonette a 4 voci (1587), H fiore dei Capprici 
musicali a 4 voci (1588), 2 Bücher ( Motetti per) Con- 
certi ecclesiastici zu 5-12 St. (1598/99), Madrigale e 
Canzonette concertate (1602). In Sammelwerken fin- 
den sich eine Messe, Motetten, Madrigale und 
Canzonetten. 1591 gab B. heraus die Motetti , Ma- 
drigali e Canzoni fiancese di diversi eccell. auttori a 4 , 

5 e 6 voci (in Orgelbearbeitung, ad libitum mit 
einer Singstimme). Die Sammlung enthält Stücke 
von Clemens non Papa, Palestrina, Lasso, Nanino, 
Rore, Willaert, Andrea Gabrieli, Marenzio, Gio- 
vaneÜi, Guami, Stabile, Merulo und Rizzio. 

Ausg. : 7 Trios, hrsg. v. E. Gerson-Kiwi, HM XVI, 
Kassel (diese Trios stammen nicht von G. B. Bassani) ; 

3 Motetten von Palestrina mit Diminutionen von G. 
B., hrsg. v. K. G. Fellerer, Heidelberg 1956. 

Bassani, Giovanni Battista, * wahrscheinlich 
1657 zu Padua, f !• 10. 1716 zu Bergamo; italie- 
nischer Komponist, war vielleicht Schüler Legren- 
zis in Venedig, 1677-82 Organist der Accademia 
della morte in Ferrara und Kapellmeister des Her- 
zogs von Mirandola, bereits 1677 auch Mitglied 
der Accademia filarmonica zu Bologna und 1682 
bis 1683 (in Bologna wohnend) deren principe. 
1683-1712 war er Kapellmeister der Accademia 
della morte in Fenrara, ab 1688 auch Kapellmeister 
der Kathedrale, bis er als Kapellmeister der Basilica 
Santa Maria Maggiore und der Congregazione 
di caritä sowie als Lehrer der Musikschule dieser 
Gesellschaft nach Bergamo ging. B. ist zwar 
schwerlich der Lehrer des einige Jahre älteren 


109 



Basse vi 


Corelli gewesen, jedenfalls aber ein Kompo- 
nist, der dessen Schreibweise sehr nahesteht. Er 
komponierte 11 Opern und 12 Oratorien. Im 
Drude erschienen (wo nicht anders angegeben, 
handelt es sich um Kammerkantaten) : Balletti , 
Correnti, Gighe, e Sarabande op. 1 für 2 V. und B.c. 
(Bologna 1677); Harmonia delle Sirene op. 2 (Bo- 
logna 1680); II Cigno Canoro op. 3 (Bologna 
1682); La Moralith armonica op. 4 (Bologna 1683); 
Sinfonie op. 5, 12 Triosonaten (Bologna 1683); 
Affetti Canori op. 6 (Bologna 1684) ; Eco armonica ( !) 
op. 7 (Bologna 1688); Metri sacri op. 8, Solo- 
motetten (Bologna 1690), als Harmonia festiva 
(London ohne Jahr) ; Armonici Entusiasmi op. 9, 
2-4st. Psalmen mit B.c. (Venedig 1690); Saimi di 
compieta op. 10, 3-4st. mit B.c. (Venedig 1691); 
Concerti sacri op. 11, l-4st. mit B.c. (Bologna 
1692), als Meloäie moderne (Antwerpen 1695) ; Mo- 
tetti a voce sola op. 12 (Venedig 1692); Armonie 
festive op. 13, Solomotetten (Bologna 1693) ; Amo- 
rosi sentimenti op. 14 (Venedig 1693); Armoniche 
fantasie op. 15 (Venedig 1694); La Musa armonica 
op. 16 (Bologna 1695); La Sirena amorosa op. 17 
(Venedig 1699); Messe concertate op. 18, 4-5st. 
(Bologna 1698); Languidezze amorose op. 19 (Bo- 
logna 1698) ; Messa per li defonti op. 20, 4st. (Bo- 
logna 1698); Saimi concertati op. 21, 3-5st. (Bo- 
logna 1699) ; Lagrime armoniche op. 22, 4st. Toten- 
vesper (Venedig 1699); Le note lugubri op. 23, 4st. 
(Venedig 1700); Davidde armonico op. 24, 2-3st. 
Psalmen (Venedig 1700); Completorij concenti op. 
25, 4st. (Bologna 1701); Antifone sacre op. 26, für 
Solostimme und B.c. (Bologna 1701); Motetti 
sacri a voce sola op. 27 (Bologna 1701); Cantate 
amorose op. 28 (Bologna 1701); Corona di Fiori 
musicali op. 29 (Bologna 1702) ; Saimi op. 30, 8st. 
(Bologna 1704); Cantate e arie op. 31 (Bologna 
1703) ; Messe concertate op. 32, 4st. (Bologna 1710) ; 
Acroama Missale , 6 4st. Messen (I— III = op. 32 
I— HC; Augsburg 1709). 

Ausg.: Balletto op. I, 7 u. Triosonaten op. V, 1 u. 8, 
in: W. J. v. Wasielewski, Instrumentalsätze v. Ende 
d. XVI. bis Ende d. XVII. Jh., Beilage zu dessen: Die 
V. im XVII. Jh., Bonn 1874; Triosonaten, op. V, 2, 
6 u. 7, in Torchi VII; Triosonate op. 5, Nr 9, hrsg. 
v. E. Schenk, Wien 1955, *» Hausmusik 176; Can- 
zoni amorose, f. Streichorch. bearb. v. G. Fr. Mali- 
pjdero, Mailand 1919; Solokantaten op. II, 3 u. 6 u. 
op. XIX, 1-4, 7 u. 8, sowie einzelne Arien, hrsg. v. 
G. Fr. Maumero, I Classici della musica ital. II 
(«Heft 4-8), Mailand (1919) ; Solokantate op. III, 5 in: 
Kantatenfrühling Heft IV, hrsg. v. H. Riemann, Lpz. 
1913; 3 Arien (aus op. XIX, 1 u. 2) in: Arie antiche 
II, 2, hrsg. v. A. Parisotti, Mailand 1900, 21947; 
2 Motetten in: Musica Sacra XXVII, hrsg. v. Fr. 
Commer, Regensburg (1886). 

Lit: F. Pasini, Kotes sur la Vie de G. B. B., SIMG 
VII, 1905/06; R. Haselbach, G. B. B., Kassel u. 
Basel 1955, mit Werkverz. 

Basse vi, Giacomo -»■ Cervetto. 

Bassi, Luigi, * 5. 9. 1766 zu Pesaro, 1 13. 9. 1825 
zu Dresden; italienischer Sänger (Bariton), 1784 
bis 1806 in Prag, dann im Dienst des Fürsten 

Ä Franz von Lobkowitz in Wien lebend, 1814 
in Prag (unter C. M. von Weber), ab 1815 
Regisseur der italienischen Oper in Dresden. Mo- 
zart schrieb die Rolle des Don Giovanni für B. 

Lit. : T. Mantovani, L. B. ed ü »Don Giovanni« di 
Mozart, in: La cronaca musicale III, 3. 


La Bastardella Agujari. 

B^stiaans, Johannes Gijsbertus Gerardszoon, 
* 31. 10. 1812 zu Voorst, f 16. 2. 1875 zu Haarlem; 
holländischer Organist und Komponist, studierte 
Musik in Dessau und bei Mendelssohn in Leipzig, 
ließ sich in Amsterdam nieder, wurde hier 1839 
Organist der Zuiderkerk und Lehrer des Orgel- 
spiels am Blindeninstitut, 1858 aber Organist der 
berühmten großen Orgel der St.-Bavon-Kirche 
in Haarlem, hochgeachtet als Orgelspieler und 
Lehrer. B. hat einige Lieder und ein Choralbuch 
herausgegeben und schrieb Orgelstücke und Psalm- 
kompositionen sowie einige theoretische Abhand- 
lungen. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Johann 
(1854-85). 

Basdanelli, Giannotto, * 20. 7. 1883 zu S. Do- 
menico di Fiesoie, + 23. 9. 1927 zu Tunis durch 
Selbstmord; italienischer Musikkritiker und Kom- 
ponist, bildete sich in der Musik hauptsächlich als 
Autodidakt und unterrichtete am Florentiner Isti- 
tuto Musicale Libero. Er schrieb für »La Nazione« 
(Florenz) und den Bologneser »Resto del Carlino« 
und gründete 1914 zusammen mit Ildebrando 
Pizzetti eine Vierteljahrsschrift »Dissonanza«, die 
der jungen Generation dienen sollte und Kompo- 
sitionen veröffentlichte. Werke: 4 Sonaten für 
KL; Concerto für 2 Kl.; Violinsonate; Klavier- 
Quartett; Poema für 2 V. und Kl.; Orchester- 
Ouvertüre über den Orlando furioso ; eine Opera 
buffa La Scala und ein Ballett. Bücher: Pietro 
Mascagni (Neapel 1910); La crisi musicale europea 
(Pistoia 1912) ; U opera ed altri saggi di tcoria musicale 
(Florenz 1921). 

Bastide (bast'i:d), Paul, ab 1919 1. Kapell- 
meister am Stadttheater in Straßburg, seit 1933 
Leiter der Op6ra Comique in Paris, Komponist 
der Opern Vidylle h Vetoile , einaktig (Marseille 
1899), Vamour magiden (Toulouse 1903), Sous les 
TiUeub (Brest 1904), Midie (Haag 1911), M. de 
Pourceaugnac (Straßburg 1921); Ballett Robinsons 
blancs (Marseille 1900). 

Baston (bast'5), Josquin, franko-flämischcr 
Komponist um 1550, von dem 45 Chansons und 
Motetten in 1542-59 zu Antwerpen, Löwen und 
Augsburg gedruckten Sammelwerken und hand- 
schriftlich erhalten sind. Er wirkte 1552/53 am 
Hofe Sigismunds von Polen und ist vielleicht iden- 
tisch mit dem am Hof zu Kopenhagen tätigen 
Johan Paston und Johan B. am schwedischen Hof 
(1559-66). 

Bataille (bat'ai), Gabriel, * um 1575, f 17. 12. 
1630 zu Paris; französischer Lautenist, wurde 1617 
einer der zwei Maitres de la musique de la chambre 
de la reine und gab 1608-15 6 Bücher Airs de diffi- 
rents Autheurs (von B., Guddron, Boessct und an- 
dern Schülern Mauduits) in Lautentabulatur her- 
aus. Kompositionen von ihm finden sich auch in 
drei weiteren von Ballard herausgegebenen Samm- 
lungen gleichen Titels (1617-20). 

Ausg.: einzelne Stücke in den folgenden zitierten 
Studien. 

Lit: H. Prune&res, Le ballet de Cour, Paris 1913; 
P. Warlock, French Ayres from G- B., Oxford 1926; 
A. Verchaly G. B. et son oeuvre personnelle pour 


110 



Baton 


chant et luth, Rev. de Musicol. XXVI, 1947; F. 
Lesure u. A. Verchaly, Documents inädits relatifs 
au luthiste G. B., Rev. de Musicol. XXVI, 1947. 

Bäte (b'e:t), Stanley, * 12. 12. 1911 zu Ply- 
mouth; englischer Komponist und Pianist, stu- 
dierte 1932-36 am Royal College of Music in Lon- 
don (Vaughan Williams, A. Benjamin), danach bei 
N. Boulanger in Paris und kurze Zeit in Berlin. 
1942 in den Vereinigten Staaten, veranlaßten ihn 
seine Erfolge als Komponist und Pianist, erst 1949 
nach Europa zurückzukehren. Werke: mehrere 
Ballette (Eros 1935, Perseus 1938, Highland Fling 
1947, Dance Variations 1948), Bühnen- und Film- 
musiken, Orchesterwerke (Symphonien, Sinfo- 
nietten), Concerto grosso für Streicher, 3 Klavier- 
und 3 Violinkonzerte, je ein Konzert für Va und 
Orch. (1946), Cemb. und Orch. (1953) und Vc. 
und Orch. (1953), Incantations für hohe St. und 
Orch., Kammermusik, Sonaten für FL, V., Ob. 
und KL, zahlreiche Kompositionen für KL (Six 
Studiesfor an Infant Prodigy op. 12, Romanee and 
Toccata op. 25, Children’s Pieces op. 54, Prelude , 
Rondo and Toccata 1953, zahlreiche Sonaten) sowie 
Lieder. 

Bates (be:ts), Joah, * (getauft 8.) März 1741 zu 
Halifax, f 8. 6. 1799 zu London; englischer Diri- 
gent, errichtete 1776 in Gemeinschaft mit anderen 
Kunstfreunden die Concerts of Andent Music 
(nicht zu verwechseln mit der von Pepusch ge- 
gründeten Academy of Andent Music, weldie 
daneben bis 1792 bestand, während das erstere In- 
stitut bis 1848 florierte). Auch die großen Musik- 
feste zu Ehren von Händels Andenken (1784-87 
und 1791) wurden von B. angeregt. Er sdbst 
dirigierte sowohl diese als auch die Andent Con- 
certs. 

Bates (be:ts), William, englischer Komponist 
des 18. Jh., Zeitgenosse von Joah B. und oft mit 
ihm verwechselt; Komponist der Oper Phamaces 
(1765) und mehrerer Singspiele, auch Herausgeber 
der Song Sung at Marylebon Gardens (1768) und 
selbst bdiebter Komponist von Catches und Glees. 
Daneben schrieb er um 1750 6 Sonaten für 2 V. 
und 18 Duette für 2 Gitarren, 2 Homer oder 
2 Klar, (um 1770). 

Bateson (b'e:tzon), Thomas, * um 1570 zu 
Cheshire, f ini März oder April 1630 zu Dublin; 
englischer Komponist, war 1599 Organist in 
Chester, 1609 Chorvikar und Organist und 1618 
Direktor des Knabenchors an der Kathedrale von 
Dublin, angeblich der erste Baccalaureus der Mu- 
sik an der Dubliner Universität (1615). 2 Bücher 
3-6st. Madrigale (1604, 1618) sind erhalten. 

Ausg.: beide Madrigalslgen hrsg. v. E. H. Fellowes 
in: The English Madrigal School , XXI/XXII; je 
ein Madrigal zu 5 u. 6 St. in: The Triumphes of 
Oriana, 1601, hrsg. v. W, Hawes, London o. J. 

Bath (ba:0), Hubert, * 6. 11. 1883 zu Bamstaple 
(DevonshireL t 24. 4. 1945 zu Harefield (Middle- 
sex) ; englischer Komponist und Dirigent, studierte 
an der Royal Academy of Music, war 1913/14 einer 
der Dirigenten an der Quinlan Opera Co., einige 
Jahre Leiter der Opemklassen an der Guildhall 
School of Music und auch Musiksachverständiger 
des London County CoundL Er schrieb die Opern 
Bubbels (Mailand 1920), Young England (London 


1915), The Sire de Maletroifs Door, The Three 
Strangers und Trilby . Für Orch. entstanden die 
Variations (auf geführt 1905), mehrere Suiten und 
Ouvertüren, ehe symphonische Dichtung Visions 
of Hannele (1920) und Freedom (1922), eine für 
Blechmusik geschriebene Symphonie, daneben 
aber noch Kantaten für Chor und Orch., zahl- 
reiche Melodramen, Lieder und Klavierstücke. 

Bathe (be:ö), William, SJ, * 2. 4. 1564 in 
Irland, f 17. 6. 1614 zu Madrid; irischer Musik- 
theoretiker, gab ein theoretisches Werk heraus: 
A brief Introduction to the true art of Musicke 
(1584) ; ein kleineres A Brief Introduction to the Skill 
of Song folgte 1600, das bemerkenswert ist durch 
den Versuch der Aufstellung bestimmter Regeln 
für die Setzung der Akzidentalen und den Über- 
gang von der Hexachordenlehre zu den Oktav- 
skalen. Auch verfaßte B. eine häufig in andere 
Sprachen übersetzte Abhandlung Janua linguarum 
(Salamanca 1611), die in der leitenden Idee rür das 
Unterrichtswerk des Comenius vorbildlich wurde. 
1591 trat B. zu Toumai in den Jesuitenorden, er- 
hielt 1599 in Padua die Priesterweihen und war in 
der Folge Direktor von Jesuitenkollegs in Lissabon 
(1604) und Salamanca. 

Batiste (bat'ist), Antoine-Edouard, * 28.3. 
1820 und f 9. 11. 1876 zu Paris; französischer Or- 
ganist, Schüler von Haldvy, am Pariser Conser- 
vatoire Lehrer für Chorgesang, Harmonie und 
Akkompagnement, Organist an St-Nicolas des 
Champs, zuletzt an St-Eustache; komponierte 
Orgelstücke (in Auswahl herausgegeben von 
Spark), gab eine Elementar-Harmonidehre (Petit 
solfige harmonique) sowie die offiziellen Sotflges du 
Conseruatoire heraus. 

Batistin -> Stuck. 

Batka, Richard, * 14. 12. 1868 zu Prag, f 24. 8. 
1922 zu Wien; deutscher Musikschriftstäler, gab 
1896-98 mit Teibler die »Neue musikalische Rund- 
schau« heraus, gründete und leitete den Dürerbund 
(historische und moderne Konzerte), übersiedelte 
aber 1908 nach Wien, wo er bis 1919 Musik- 
referent des »Wiener Fremdenblatt« war, mit R. 
Specht ab 1909 den »Merker« herausgab und 
Musikgeschichte an der Wiener Akademie der 
To nkuns t lehrte. Er schrieb eine große Zahl mu- 
sikhistorischer und -ästhetischer Abhandlungen, so 
die Geschickte der Musik in Böhmen (1. Buch, Prag 
1906), Aus der Opemwelt (Prager Kritiken und 
Skizzen, München 1907), Zu Griepenkerls Bearbei- 
tung von Beethovens Ruinen von Athen (Riemann- 
Festsdirift, Leipzig 1909) und gab die Lieder Mü- 
lichs von Prag heraus (Denkmäler deutscher Musik 
in Böhmen I, Prag 1905). B. ist der Dichter be- 
ziehungsweise Übersetzer der Libretti einer großen 
Anzahl neuerer Opern. 

Baton (bat 7 ©), Charles (B. le jeune), f 1758 zu 
Paris; französischer Virtuose auf der Vielle (Dreh- 
leier). Er schrieb Kompositionen für 2 VieUen oder 
Musetten: Suite op. 1 (1733), La Vielle amüsante op. 
2, Amusemens d 9 une heure op. 4, veröffentlichte ein 
Mdmoire sur la vielle en D la ri im Mer eure de 
France von 1757 und beteiligte sich an dem Buffo- 
nistenstreit mit Examen de la lettre de M, Rousseau 


111 



Baton 


sur la musique frangaise (1753/54). - Sein Bruder 
Henri, * um 1710 zu Paris, war bekannt als Vir- 
tuose auf der Musette (Sackpfeife). 

Baton, Ren 6 -> Rhend-Baton. 

Battaille (bat'ai), Cbarles-Amable, * 30.9. 
1822 zu Nantes, f 2. 5. 1872 zu Paris; franzö- 
sischer Sänger (Baß), war ursprünglich Arzt, sang 
1848-57 an der Opdra Comique m Paris, mußte 
aber eines Halsleidens wegen von der Bühne zu- 
rücktreten. B. war ab 1851 Professor des Gesangs 
am Conservatoire. Er veröffentlichte eine große 
Gesangschule: De Venseignement du chant . I. Nou- 
velles recherches sur la phonation (1861), n. De 1a 
Physiologie appliquie au micanisme du chant (1863). 

Battanchon (batäj'5), Fdlix, * 9. 4. 1814 und t im 
Juli 1893 zu Paris; französischer Violoncellist und 
Komponist für sein Instrument, Schüler des Pariser 
Conservatoire, ab 1840 im Orchester der Großen 
Oper. 1846-47 versuchte B. für eine Art von klei- 
nerem Violoncell, die er Baryton nannte, Propa- 
ganda zu machen, vermochte aber nur flüchtiges 
Eiteresse zu erwecken. 

Batten (b'aeten), Adrian, * um 1590, f kn Som- 
mer 1637 zu London; englischer Komponist, war 
1614 Chorvikar der Westminsterabtei, 1624 in 
gleicher Eigenschaft und als Organist an der Pauls- 
kirche in London. Von seinen Kompositionen sind 
besonders die Anthems sowie ein Morgen- und 
Abendservice zu nennen. Einiges ist in englischen 
Sammelwerken (Bamard, The first Book of selected 
Church-Musick, London 1641; W. Boyce, Cathe- 
dra l Musis, London 1760-62, 21788, Neuausgabe, 
London 1844) gedruckt. Einige Anthems von B. 
in Neudrucken sind noch heute in Gebrauch. 

Batteiix (bat/o:), Charles, * 7. 5. 1713 zu Al- 
lendhui bei Vouziers (Ardennes), f 14. 7. 1780 zu 
Paris; französischer Ästhetiker, lebte als Lehrer der 
klassischen Sprachen und Rhetorik in Paris, wurde 
1754 in die Acaddmie des Inscriptions und 1761 in 
die Acaddmie fran?aise aufgenommen. Seine Ab- 
handlung Les beaux arts, riauits ä un mime principe 
(Paris 1746, deutsch von J. A. Schlegel als B.s Ein- 
schränkung der schönen Künste auf einen einzigen 
Grundsatz , Leipzig 1759) stellt die »imitation de la 
belle nature« als Grundsatz aller Künste auf, wobei 
ihm in Anlehnung an Dubos die Malerei als Mo- 
dellfall gilt 

Lit : E. v. Danckelmann, Ch. B., Diss. Rostock 
1902; M. Schenker, Ch. B Lpz. 1909; H. Gold- 

schmidt, Die Musikästhetik d. 18. Jh., Zürich u. Lpz. 
1915; H. Wolf, Versuch einer Gesch. d. Geniebe- 
griffs I, Heidelberg 1923; W. Serauky, Die musi- 
kalische Nachahmungsästhetik, Universitas-Arch. 
XVII, Münster 1929; R. Schäfke, Gesch. d. Musik- 
ästhetik, Bin 1934; E. Cassirer, Die Philosophie d. 
17. u. 18. Jh., Paris 1939. 

Battishill (b'aetishil), Jonathan, * im Mai 1738 
zu London, f 10. 12. 1801 zu Islington; englischer 
Komponist und Cembalist am Covent Garden 
Theatre, schrieb für dieses mehrere Opern, die erste, 
Almena (1764, die Songs gedruckt), in Gemein- 
schaft mit Michael Arne, wandte sich aber später 
mehr der kirchlichen Komposition zu, die letzten 

E hre der Ansammlung einer wertvollen musika- 
chen Bibliothek widmend. Glees, Anthems und 


Fugen von ihm finden sich in Sammelwerken 
(Warren, Page) ; eine Anzahl Anthems und Hymns, 
auch 2 Hefte Songs von B. erschienen separat. 
Lit.: Th. Busby, Original Memoirs of the late J. B., 
in: The Monthly Magazine 1802, p. 36; J. B. Trend, 
J. B., ML XIII, 1932. 

BattistjnijMattia, *27. 2. 1856 zu Rom, 1 7. 11. 
1928 zu Colle Baccaro bei Rieti; italienischer 
Sänger (Bariton), debütierte 1878 in Donizettis 
Favorita am Teatro Argentdna zu Rom; sein euro- 
päischer Ruhm datierte seit seinem Auftreten in 
der Mailänder Scala 1888. Außer in den hohen 
Baritonrollen Bellinis, Rossinis, Donizettis und 
Verdis glänzte er auch als Don Giovanni, Wolfram 
und Tekamund. 

Lit. : G. Fracassini, M. B., profilo artistico, Mailand 
1914; G. Monaldi, Cantanti celebri II, Rom 1929; 
A. Lancelotti, Le voci d’oro, Rom 2 1942. 

Battke, Max, * 15. 9. 1863 zu Schiff uß bei 
Wandlacken (Ostpreußen), t 4. 10. 1916 zu Ber- 
lin; deutscher Musikpädagoge, gründete 1900 in 
Berlin ein Seminar für Musik, aas 1910 zum Se- 
minar für Schulgesang umgestaltet wurde, und 
rief 1902 die Jugend-Konzerte ins Leben. Er 
schrieb: Elementarlehre der Musik (Berlin 1898, 
31908); Primavista, eine Methode, vom Blatt zu 
singen (Berlin 1900, 41912; auch tschechisch); Er- 
ziehung des Totisinnes (Berlin 1905, 2 1906) ; Musi- 
kalische Gratnmatik (Berlin 1910, 3 191 2) und Neue 
Formen des Musikdiktats (Berlin 1913). 

Battmann, Jacques-Louis, * 25.8.1818 zu 
Maasmünster (Elsaß), f 7. 7. 1886 zu Dijon; fran- 
zösischer Organist, wirkte 1840 in Bclfort, später 
in Vesoul. Er gab eine große Anzahl Klavier- und 
Orgelwerke heraus, darunter viele Etüden, eine 
Klavierschule, Harmonielehre (für das Akkom- 
pagnement des Gregorianischen Gesangs), eine 
Hsumioniumschiile, viele Koir Positionen für Har- 
monium, und schrieb Messen, Motetten und Chor- 
werke. 

Battu (bat/ü), Pantaldon, * 1799 und f 17. 1. 
1870 zu Paris; französischer Komponist, Schüler 
von R. Kreutzer, Mitglied des Opemorchcsters 
und der Königlichen Kapelle bis 1830, ab 1846 
2. Kapellmeister der Opera; er veröffentlichte 
2 Violinkonzerte, einige Violinromanzen, Varia- 
tionen und 3 Duos concertants . 

Bauck, Wilhelm, * 13. 12. 1808 zu Göteborg, 
t 8. 10. 1877 zu Stockholm; schwedischer Musik- 
schriftsteller, war Organist in Göteborg, dann in 
Stockholm Musikkritiker, Redakteur und ab 1858 
Lehrer für Musikgeschichte am Konservatorium. 
Er schrieb u. a. : Handbok i musikens historia (1862), 
Allmän Musikiära (2 Teüe, 1864-71), Musika- 
liskt Reallexikon (1871), Musik och theatcr (1868, 
gesammelte musikkritische Abhandlungen) und 
trat als Komponist mit leichterer Klaviermusik, 
einem Streichquartett (G dur) und vielen Arran- 
gements hervor. Er schrieb Siclfbiografisk skizz 
1872 (Stockholm 1878). 

Baudelaire (bodl'e:r), Charles Pierre, * 9.4. 
1821 und 1 31. 8. 1867 zu Paris; französischer Dich- 
ter, dessen poetisches Schaffen am Anfang der 
modernen Lyrik steht. B. war ein Bewunderer 
Berlioz*, Liszts und R. Wagners. Eines seiner Petits 


112 



Bauer 


poemes ett prose widmete er Liszt, für Wagner trat 
er in einem begeisterten Artikel Richard Wagner 
ein (Revue Europdenne 1. 4. 1861, separat als: 
Richard Wagner et Turmhäuser ä Paris , 1861, später 
in dem posthumen Sammelband »L’art romantiquet 
aufgenommen). Gedichte aus seinem Hauptwerk, 
den Fleurs du mal (1857) wurden vertont u. a. von 
Faurd (Lieder Chant d'automne op. 5,1, Hymne op. 
7,2 9 La ranqon op. 8,2, alle um 1865), Duparc 
(Lieder Linvitation au voyage um 1870 und La vie 
antärieure , mit Orch., um 1884), d’Indy (Lied 
Vamour et Xe crdne op. 20, 1884), S. I. Tanejew 
(Lied«: op. 26, Nr 4 und 5, 1909) G. Charpentier 
(5 Lieder), CL Debussy (Cinq poemes de B., 
1887-89: Le balcon, Harmonie du sotr, Le Jet d'eau - 
auch mit Orch. -, Recueillement, La mort des amants), 
B. van Dieren ( Recueillement für Sprecher und 
Streichquartett op. 17,1), A. Berg (Konzertarie 
»Der Wein« für Koloratursopran und Orch., 
1929; Udme du vin 9 Le vin des amants und Le vin 
du solitaire ; die Singstimme in 2 Fassungen für das 
Original und die Übersetzung St. Georges) ; Hin- 
demith (Lied Le revenant, 1946), Sauguet (2 Lie- 
der). Debussys Prdlude 1, 4 trägt als Motto eine 
ZeÜe aus der Harmonie du soir und Liebe rmann 
hat eine Musik nach Gedichten von B. für Sprecher 
und Orch. geschrieben. 

Ausg. : Oeuvres compldtes, 7Bde, Paris 1868-73 ; dass., 
hrsg. v. F.-F. Gautier u. Y. Le Dantec, Paris ab 
1918; dass., hrsg. v. Y. Le Dantec, Paris (1931, neue 
Ausg. 1954; in: Bibi, de la Pldiade) ; dass., hrsg. v. J. 
Cräpet, Paris ab 1922. 

Lit.: Ch. Asselineau, B., Paris 1869; E. Cr£pet, Ch. 
B., Paris 1887, 21907, bearb. v. J. Crdpet 1919; E. 
Raynaud, Ch. B., Paris 1922; P. Valüry, Situation 
de Ch. B., Paris 1924; F. PorchS, B., Paris 1926, 
151947; S. A. Rhodes, The Cult of Beauty in B., 
2 Bde, NY 1929; A. Ferran, L’esthdtique de B., 
Paris 1933; G. Blin, B., Paris 1939; J.-P. Sartre, B., 
Paris 1947, deutsch Hbg 1953; H. Peyre, Connais- 
sance de B., Paris 1951; H. Friedrich, Die Struktur 
d. modernen Lyrik, = Rowohlts deutsche Enzyklo- 
pädie XXV, Hamburg (1956). 

Baudiot (bo:dj'o:), Charles Nicolas, * 29.3. 
1773 zu Nancy, f 26. 9. 1849 zu Paris; franzö- 
sischer Violoncellist, war Schüler von J. B. Janson 
und wurde 1802 dessen Nachfolger als Professor 
am Conservatoire in Paris, 1816 zugleich 1. Cellist 
der Königlichen Kapelle, 1832 pensioniert. Er 
schrieb Cellostücke, 4 Cellokonzerte, Kammer- 
musik und die Bücher: Mithode compläe de violon- 
celle, Traiti de transposition (Paris 1837) und In- 
struction pour les compositeurs ; ou notions sur le mi- 
canisme et le doigti du violoncelle (Paris 1849). Mit 
Levasseur, Catel und Baillot zusammen verfaßte 
er die Mähode de violoncelle du Conservatoire (Paris 
1805). 

BaudrexdL, Philipp Jakob, * 2.5.1627 zu 
Füssen (Allgäu), f 28. 3. 1691 zu Mainz; deutscher 
Komponist, ging 1644 zum Studium der Theolo- 
gie und Musik (bei Carissiim) ans Collegium Ger- 
manicum nach Rom und wurde 1651 als einer der 
Vierrherren Musiker und Canonicus am Augs- 
burger Dom. Während seiner Tätigkeit als Pfarrer 
der katholischen Gemeinde im protestantisch ge- 
wordenen Kaufbeuren (1654-72) leitete er auch die 
Kirchenmusik und veröffentlichte: Primitiae deo et 
agno coelestis hierarchiae cantatae (Innsbruck 1664), 


5-8st. Messen, Te Deum und Motetten, zum Teil 

doppdchörig; Psahni vespertini (Kempten 

1668), 4-8st. Psalmen, Hymnen, Antiphonen und 
Te Deum, zum TeÜ doppdchörig. B. wurde 1671 
Hofkaplan des Fürstabts von Fulda und ging 1678 
nach Mainz, wo er 1679 als Hof- und 1684 als 
Domkapellmeister bezeichnet wurde. Außer nicht 
erhaltenen deutschen Liedern und Musik zu »Co- 
medien« schrieb er vielleicht Stücke in der ano- 
nymen Messen-Sammlung Sacrae Sirenes (Kemp- 
ten 1671). 

Lit. : A. Gottron, Dr. Ph. J. B., Das schöne Allgäu 
X, 1942; ders., Dreihundert Jahre Mainzer Kirchen- 
musik, Mainz 1943 (Privatdruck), darin ein Hymnus; 
E. Fr. Schmid, Ph. J. B., Fs. zum 120Qjährigen Jubi- 
läum d. Hl. Magnus, Füssen 1950; ders., Ph. J. B., 
Lebensbilder aus d. Bayerischen Schwaben II, =* 
Veröff. d. Schwäbischen Forschungsgemeinschaft HI, 
2, München 1953. 

Baudrier (bodri'e), Yves, * 11. 2. 1906 zu Paris; 
französischer Komponist, erwarb seine musika- 
lische Ausbildung im wesentlichen als Autodidakt. 
Auf seine Anregung hin bildete sich 1936 die 
Gruppe »La Jeune France« (mit Jolivet, Lesur und 
Messiaen). 1945 gründete er mit M. L’Herbier das 
»Institut des Hautes Etudes Cindm atographiqucs«. 
Werke: mehrere Filmmusiken, Orchesterwerke 
(Le chant de jeunesse 1935, Raz de sein 1935, Le 
grand voilier 1939, eine Symphonie 1945), Credo du 

f auvre diable für Chor und Orch. (1950), ein 
treichquartett (1943), Lied für V. und KL (1939), 
Melancnolia (1938) und Une jeune fillejoue avec un 
enfant (1938) für FL solo, Klavierstücke, Lieder auf 
Texte von Tr. Corbi&re (1939/40) und J. Cassou 
(1944). 

Lit: J.-J. Brothier, La »Jeune-France« : Y. B., A. 
Jolivet, Daniel-Lesur, Olivier Messiaen, Paris 1956. 

Bauer, Adolf, * 13. 8. 1877 zu Mudersbach, f 2. 
3. 1948 zu Brandenburg; deutscher Kapellmeister, 
studierte am Kölner Konservatorium, war 1907-08 
Lehrer für Klavier und Theorie am Krefdder Kon- 
servatorium, 1912-20 Dirigent der Städtischen 
Konzertgesellschaft Düren, ab 1922 Lektor für 
musikalische Formenlehre an der Universität und 
ab 1933 Dozent an der Hochschule für Lehrerbil- 
dung in Bonn. Er schrieb ein Oratorium Heilige 
Elisabeth (1908), eine Messe, Chorwerke, eine 
Operette, Lieder und Eiammermusik und gab in 
Die Musik XXI (1928) das Scherzo von Schuberts 
Klaviersonate E moll zum ersten Male heraus. 

Bauer, Anton, * 23.1.1893 zu Mallersdorf 
(Niederbayem) ; deutscher Kapellmeister und Mu- 
siklehrer, komponierte Lieder, Chöre, Messen und 
Klavierstücke und schrieb Atonale Satztechnik 
(Cham 21925), Der Geigenkenner (Freising 1937), 
Vierzig bayerische Tänze (ZfMw VIII, 1925/26), 
Zwanzig bayerische Tänze (ZfMw X, 1927/28), 
Sechzig bayerische Tanze (ZfMw XII, 1929/30). 

Bauer, Harold, * 28. 4. 1873 zu London, f 12. 3. 
1951 zu Miami (Florida); englischer Pianist, war 
zuerst Violinist, studierte bei Paderewski in Paris, 
unternahm ab 1893 Konzertreisen. B. lebte bis 1914 
in Paris, dann in New York, wo er 1918-41 die 
Beethoven-Association leitete. B. war ein Pianist 
von überlegener Virtuosität und Gestaltungskraft. 
Lit: Selbstbiographie: H. Bauer, H. B.: his Book, 
NY 1948. 


8 


113 



Bauer 


Bauer» Marion, * 15. 8. 1897 zu Walla Walk 
(Washington), f 9. 8. 1955 zu South Hadley (Mas- 
sachusetts) ; amerikanische Komponistin und Mu- 
sikschriftstellerin französischer Herkunft, betrieb 
ihre musikalischen Studien u. a. bei R. Pugno, A. 
Gddalge, P. Ertel und N. Boulanger. 1926 
wurde sie in die Musikabteilung der Uni- 
versität von New York berufen (1930 Assodate 
Professor), wirkte daneben aber auch an der Juil- 
liard School und an anderen Instituten. Sie schrieb : 
Bühnen- und Filmmusiken; die choreographische 
Skizze Pan and Syrinx für Ballett und 8 Instr.; 
Lammt on Aftican Themes für Streicher 
(1928); Indian Pipes (1929) und Sun Splendor für 
Orch. (1936) ; American Youth Concerto für KL und 
Orch. (1943); Chorwerke (The Thinker, 1938; 
Death spreads his gentle wings , 1949); Kammer- 
musik: Streichquartett (1928); Suite für S. und 
Streichquartett (1935) ; Concertino für Ob., Klar, 
und Streichquartett (1943) ; Triosonate für Fl., Vc. 
und KL (1944) ; 5 Stücke für Streichquartett (1949) ; 
Patterns für 10 Blasinstr. (1949); 2 Violin- 
sonaten, Fantasia quasi una sonata für V. und KL 
(1928) ; eine Oboensonate (1940) ; zahlreiche Kom- 
positionen für Singstimme und KL; Veröffent- 
lichungen: Twmtieth Cmturv Music (Boston 1933, 
21947), zusammen mit Ethel R. Peyser Music 
Through the Ages (Boston 1932) und How Music 
Grew (New York 21939). 

Bauer» Moritz, * 8. 4. 1875 zu Hamburg, f 31. 
12. 1932 zu Frankfurt am Main; deutscher Musik- 
forscher, studierte zuerst Medizin, dann in Leipzig 
Musik und Musikwissenschaft. 1905-26 war er 
Lehrer für Musikgeschichte und Ästhetik am Dr. 
Hochschen Konservatorium in Frankfurt, wurde 
dort 1914 Dozent für Musikwissenschaft an der 
Akademie für Sozial- und Handelswissen- 
schaften, 1918 Professor, 1924 Universitäts- 
Musikdirektor. Er war Vorsitzender der Frank- 
furter Bachgemeinde. Schriften: Die Lieder Franz . 
Schuberts (Band I, Leipzig 1915), Iwan Knorr 
(Frankfurt 1916), Zur Form in den sinfonischen 
Werken Anton Bruckners (Festschrift He rmann 
Kretzsc hmar , Berlin 1918), Johann Mayrhofer 
(ZfMw IV, 1922/23), Formprobleme des späten 
Beethoven (ZfMw IX, 1926/27), Einige Bemerkungen 
über die Brahms und dm Brahmskreis betreffende neue 
Literatur (ZfMw X, 1927/28), Zu Schuberts Ge- 
dächtnis (ZfMw XI, 1928/29). Er gab heraus: 
K. F. Zelter ; Fünfzehn ausgewählte Lieder (= Ver- 
öffentlichungen der Musikbibliothek Paul Hirsch 
VI, Berlinl924). 

Lit: F. Szvmickowski, M. B., ZfMw XV, 1932/33. 

Bauldewijn (b'auldawain), Noel (Baldewin, Bal- 
duin, Baudoin; Noeweelen, Natalis), f 1529 
(1530?) zu Antwerpen; franko-flamischer Kom- 
ponist, wurde 1509 als Nachfolger von Jean Richa- 
fort Gesangsmeister an St-Rombault in Mecheln; 
ab 1513 war er Kapellmeister an der Kirche Notre 
Dame in Antwerpen. Von seinen Werken sind 
erhalten einige Messen (4' und 5 v.), Motetten 
(2-6 v.) und eine französische Chanson (5 v.). 

Lit. : G. van Doorslaer, Noel Baudouin, Antwerpen 
1930. 

paurn, Günther, * 20.8.1906 zu Dresden; 
deutscher Gesangspädagoge, war nach. privaten 

114 


Studien zunächst Konzertsänger (Baßbariton), 
dann 1. lyrischer Bariton an der Volksoper Berlin 
(1937-39) und in Wuppertal (1939-43), 1943/44 
Lehrer am Mozarteum, 1945-48 an der Städtischen 
Musik- und Theaterschule in Hamburg, seit 1948 
Professor an der Musikhochschule Berlin. B. 
schreibt Beiträge für die »Neue Zeitschrift für 
Musik«, für »Musik im Unterricht« und »Musica». 

Baum, Richard -> Bärenreiter-Verlag. 

Baumann, Hans, * 22. 4. 1914 zu Amberg; 
deutscher Tonsetzer, erhielt außer Klavier- und 
Orgelunterricht an der Lehrerbildungsanstaltkeine 
weitere musikalische Unterweisung. 1933 wurde 
er Dorfschullehrer im Bayrischen Wald, bereits 
1934 als Referent in die Reichsjugendführung be- 
rufen und war 1934/35 und 1937-45 mit Unter- 
brechung durch Kriegsdienst in dieser Stellung 
tätig. Seme Zeit, die ihn als einen der bedeutend- 
sten »politischen Sänger« schätzte, verdankte ihm 
zahlreiche Kampf- und Feierlieder (Es zittern die 
morschm Knochm , Nur der Freiheit gehört unser Le- 
bm) sowie mehrere Liedsammlungen. 

Lit: L. Kelbetz, H. B. als Komponist der HJ, ZfM 
CV, 1938. 

Baumbach, Friedrich August, * 1753, f 30. 
11. 1813 zu Leipzig; war 1778-89 Kapellmeister an 
der Oper in Hamburg und lebte dann in Leipzig 
ausschließlich der Komposition. Außer vielen Vo- 
kal- und Instrumentalwerken (für KL, V., Gitarre, 
Gesänge am KL 1798) hat er auch die musikalischen 
Artikel in dem von J. G. Grohmann herausgegebe- 
nen und 1794 in Leipzig erschienenen Kurz gefaßten 
Handwörterbuch über die schönen Künste geschrieben. 

Baumgarten, Gotthilf von, * 12. 1. 1741 zu 
Berlin, f 1. 10. 1813 zu Großstrehlitz (Schlesien); 
deutscher Opemkomponist, war zuerst Offizier in 
Breslau, dann Landrat in Großstrehlitz, schrieb 
das Festspiel Alcidoro (1773), die Opern Zernire 
und Azor (1775), Das Grab des Mufti (1778) und das 
Melodram Andromeda (1776). 

Baumgarten, Karl Friedrich, * um 1740 zu 
Lübeck, f 1824 zu London; deutscher Komponist, 
Schüler von J. P. Kunzen in Lübeck, kam um 1758 
nach London, war dort Organist der Savoy Chapel 
und 1780-94 Konzertmeister am Coventgarden- 
theater, auch Konzertmeister und Komponist der 
Parkkapelle des Herzogs von Cumberland. Im 
Druck erschienen eine Anzahl seiner Instrumental- 
werke, darunter Quartette, Klavierstücke und Vio- 
linsonaten. B. war Mitarbeiter an Shield’s Oper 
Netley Abbey (1794) und komponierte eine Panto- 
mime Blaubart (1792). 

Baumgartner, Johann Baptist, * zu Augsburg, 

1 18. 5. 1782 zu Eichstädt; deutscher Violoncellist, 
war um 1775 Mitglied der Hofkapelle in Stock- 
holm, gab 1774 eine Violoncelloschule heraus. 
Cellokonzerte blieben unveröffentlicht. 

Baumgartner, Paul, * 21. 7. 1903 zu Altstätten 
(Kanton St. Gallen) ; Schweizer Pianist, war Schü- 
ler von Erdmann und Braunfels in München 
und Köln, wirkte 1927-35 als Lehrer an der Rhei- 
nischen Musikschule und an der Hochschule für 
Musik in Köln. 1937 kehrte er in die Schweiz 
zurück und übernahm in Basel die Leitung der 



Baudsta 


Klavierklassen des Konservatoriums. Als Pianist 
von europäischem Ruf, dessen Spiel sich durch 
große technische Virtuosität auszeichnet, tritt er 
besonders als Interpret klassischer und roman- 
tischer, aber auch moderner Klaviermusik hervor. 

Baumgartner, Wilhelm, * 15. 11. 1820 zu Ror- 
schach (Schweiz), f 17. 3. 1867 zu Zürich; Schwei- 
zer Musikpädagoge, war 1842-44 Klavierlehrer in 
St. Gallen, dann noch kurze Zeit Schüler W. 
Tauberts in Berlin, lebte ab 1845 in Zürich als 
Klavierlehrer und Chordirigent und wurde 1859 
Universitätsmusikdirektor; war befreundet mit 
Wagner, Gottfried Keller und Jacob Burckhardt. 
Kellers Gedicht An mein Vaterland wurde in seiner 
Vertonung (1846) zu einem schweizerischen Vater- 
landslied. Er gab heraus: Liedersammlung für 
Schweizerische Mannerchöre (4 Hefte, Zürich 1857 
bis 1861), von deren 100 Liedern 31 von ihm 
selbst stammen. 

Lit.: R. Wagner, W. B.s Lieder (1852), Sämtliche 
Schriften, Volks- Ausg., XI, Lpz. 6(1911) ; C. Widmer, 
W. B., Zürich 1868; J. C. Heer, W. B., Helvetia XV, 
1892; K. Nef, Die Freunde W. B. und G. Keller, 
SMZ XLV, 1905 ; L. Gross, W. B., Diss. München 
1929, München 1930; A. Heuss, Keller-B.s »O mein 
Heimatland«, SMZ LXXII, 1932; M. F. Schneider, 
Die Musik bei J. Burckhardt, Basel 1946. 

Baur, Jürg, * 11. 11. 1918 zu Düsseldorf; deut- 
scher Komponist, studierte 1937-48 (mit Unter- 
brechung während des Krieges) an der Kölner 
Musikhochschule Komposition (Jamach), Klavier 
(Pillney), Orgel und Kirchenmusik (M. Schneider) 
bis zum Staats- und Kantorenexamen. Seit 1946 
Lehrer für Komposition und Chorerziehung am 
Städtischen Robert Schumann-Konservatorium in 
Düsseldorf, ist er gegenwärtig auch dessen stell- 
vertretender Direktor, seit 1952 zudem Kantor 
und Organist an der Düsseldorfer evangelischen 
Pauluskirche. An vielfach auf geführten Orchester- 
werken wurden bekannt eine Sinfonia Montana 
(1955), ein Konzert für Va und Kammcrorch. 
(1951) sowie Musiken für Streichorch., an 
Kammer- und Klaviermusik u. a. ein Concerto für 
Mixturtrautonium und Streichquartett, ein (3.) 
Streichquartett in einem Satz, Oboen-Fantasie, 
Cembalo-Suite, Sonate für 2 KL, Aphorismen und 
Capriccio (Zwölfton-Studie, 1955) für KL, außer- 
dem Orgel- und Chormusik sowie ein Lieder- 
zyklus (nach EichendorfF) für Bar. und Kl. 

Bausdh, Ludwig Christian August, * 15. 1. 
1805 zu Naumburg, + 26. 5. 1871 zu Leipzig; In- 
strumentenmacher in Dresden (1826), Dessau 
(1828), Leipzig (1839), Wiesbaden (1862), ab 1863 
wieder in Leipzig; war besonders renommiert als 
Verfertiger von Violinbögen und als Reparator 
alter Geigen. Er arbeitete die letzten Jahre zusam- 
men mit seinem Sohn Ludwig, * 10. 11. 1829, 
t 7. 4. 1871, der nach langem Aufenthalt in New 
York zuerst selbständig in Leipzig etabliert war. 
Der Geschäftserbe war der jüngere Sohn Otto, 

* 6. 8. 1841, f 30. 12. 1875. Das Geschäft ging an 
A. Paulus in Markneukirchen über (1908 auf- 
gelöst). 

Bausznera, - 1) Waldemar Edler von, * 29. 11. 
1866 zu Berlin, f 20. 8. 1931 zu Potsdam,; deut- 
scher Komponist, verlebte die Kindeijahre in Sie- 


benbürgen, war 1882-88 Schüler Kiels und Bar- 
giels an der Königlichen Hochschule in B erlin, 
1891 Dirigent des Mannheimer Musikvereins und 
Lehrergesangvereins, 1895 Dirigent der Dresdener 
Liedertafel und 1896 daneben des Dresdener Bach- 
vereins, später Leiter des Dresdener Chorvereins, 
ging 1903 nach Köln als Lehrer am Konservato- 
rium und dirigierte auch den Tonkünstlerverein. 
1908 wurde er Nachfolger von Degner als 
Direktor der Großherzoglichen Musikschule in 
Weimar, 1916 Nachfolger von Knorr als Direktor 
des Hochschen Konservatoriums in Frankfurt am 
Main, 1923 2. ständiger Sekretär der Berliner 
Akademie der Künste und gleichzeitig mit einem 
Lehramt an der Akademie für Kirchen- und Schul- 
musik betraut. Seine Werke zeichnen sich durch 
hohe Intention und starkes Können aus. Er schrieb : 
8 Symphonien, Passacaglia und Fuge für Orch., 
Hymnische Stunden für Streichorch., Orchester- 
suite Dem Lande meiner Kindheit, Ouvertüre Cham- 
pagner; Kantate Hafis nach Goethe, Kantate Das 
hohe Lied vom Leben und Sterben, Kantate Aus 
unserer Not nach Klopstock, Der Pilger für Manner- 
chor und Org., Christmotette Die Geburt Jesu , 
Motette Ich will den Herrn loben ; Opern: Satyros, 
Herbort und Hilde , Dichter und Welt, Dürer in Vene- 
dig, Der Bundschuh; 4 Streichquartette, 3 Fugen für 
Streichquartett, 2 Klavierquintette, Streichsextett, 
Quintett für 2 V., 2 Va und Harfe, Quintett für 
2 V., FL, Ob. und Harfe, 2 Klaviertrios, 3 Trio- 
sonaten, 2 Violinsonaten, Suite für KL und V., 
Cellosonate und -suite, Suite für KL und FL, Suite 
für Kl. und Klar. ; er veröffentlichte ferner Klavier- 
stücke, Orgelwerke, Lieder und Chöre sowie Aus- 
gaben von Volksliedern. B. gab in der Cornelius- 
Gesamtausgabe den Barbier von Bagdad (Band IE) 
und den Cid (Band IV, Leipzig 1905/06) heraus, 
ferner beendete er die Gwn/od. Sem Enkel -2) Diet- 
rich, Edler v. B., * 19.3.1928 zu Rastenburg 
(Ostpreußen), studierte bei O. Gerstcr in Weimar, 
danach bei H. Genzmer an der Hochschule für 
Musik in Freiburg im Breisgau und lebt jetzt als 
freischaffender Komponist bei Freiburg. Er schrieb 
eine Schuloper Anton und die beleidigten Fliegen , eine 
Funkoper und Hörspielmusiken, Concertino für Fl. 
und Orch., 6 geistliche Konzerte (darunter Die 
Furcht des Herrn, Loccum 1957), Kantate Der Acker- 
mann und der Tod (Freiburg 1957), mehrere Mo- 
tetten, Kammermusik und Orgelwerke (Choral- 
vorspiele). 

Lit.: G. F. Wehle, Die Chorkompositionen v. W. v. 
B., Die Tonkunst 1926; ders., W. v. B.s sinfonisches 
Schaffen, ZfM XCVEU, 1931; L.Hess im Jb. d. 
Staatlichen Akad. f. Kirchen- u. Schulmusik IV, 
1931/32. 

Bautista» Julidn, * 21. 4. 1901 zu Madrid; spa- 
nischer Komponist, Schüler von C. dd Campo, 
wurde, nachdem er 1923, 1926 und 1932 spanische 
Nationalpreise für Komposition erhalten hatte, 
1936 Professor für Theorie am Konservatorium in 
Madrid, lebt seit 1940 in Buenos Aires. Im spa- 
nischen Bürgerkrieg wurden zahlreiche Manu- 
skripte seiner noch unveröffentlichten Werke ver- 
nichtet, darunter die einaktige Oper Interior, 
das 1. und 2. Quartett und die Sonata Cancer - 
tonte (1934). Weitere Kompositionen: Ballett 
Juerga (Paris 1929) ; Impresiones sinfönicas für Orch. ; 
Preludio para un tibor japonis für Orch. (1929); 


8 * 


115 



Bawr 


Obertura para una Spera grotesca für Orch. (1933) ; 
Suite all'cmtica für Kamm er orch. (1932); Tres du - 
dades für S. und Orch. (1937, Text von Gar da 
Lorca); Laflüte de jade für Singstimme und KL 
(oder Kammerorca.); Dos Candones für Sing- 
stimme und KL sowie Stücke für KL und für 
Gitarre. 

Bawr (bo:r), Alexandrine Sophie, Gräfin de, 
geborene Baronesse Champgrand, * 8. 10. 1773 
und t 31. 12. 1860 zu Paris, 1789 verheiratet mit 
dem Sozialphilosophen Graf CI. H. de Saint-Simon 
(f 1825), dann mit einem russischen Offizier Grafen 
B. Sie war Schülerin Gr&rys und schrieb eine 
wertvolle Histoire de la musique (1823 in 2 Aus- 
gaben, deutsch von A. Lewald 1826), auch Ro- 
manzen, die in den Salons beliebt waren. 

Lit.: E. Gagne, Madame de B., Paris 1861. 

Bax (bseks), Sir Arnold Edward Trevor, * 8. 11. 
1883 zu London, f 3. 10. 1953 zu Cork; englischer 
Komponist, 1900-05 Schüler von T. Matthay 
(Klavier) und Fr. Corder (Komposition) an der 
Londoner Musikakademie. 1937 wurde er geadelt 
und 1942 zum Master of the Kings Music ernannt. 
Werke (in Auswahl) : 2 Ballette: Between Dusk and 
Daum (1917) und The Truth about the Russian 
Dancers (1920) ; 2 Filmmusiken, davon Oliver Twist 
(1948); Orchesterwerke: 7 Symphonien: Nr 1 in 
Es moll - Es dur (1921/22), Nr 2 E moll - C dur 
(1924/25), Nr 3 C dur (1928/29), Nr 4 Es dur 
(1930/31), Nr 5 Cis moll (1931/32), Nr 6 C dur 
(1934), Nr 7 As dur (1939); zahlreiche sympho- 
nische Dichtungen, daninter Tintagel und Novem- 
ber Woods (beide 1917), The Tale the Pine Trees 
knew (1931) ; Ouvertüren und kleinere Orchester- 
stücke; für KL die symphonischen Variationen 
E dur (1917), Winter Legends (1930) und Moming 
Song (1947) ; je ein Konzert für Vc. (G moll, 1932) 
undV . (E dur, 1937) ; eine Reihe von Chorwerken, 
darunter mehrere Carols und Motetten, Fatherland 
(1907), das Fragment Enchanted Summer aus Shel- 
ley's Entfesseltem Prometheus (1909), To the Name 
above everyName (1923), The Moming Watch (1935), 
Epithalamium (1947); für Solostimme und Orch.: 

3 Gesänge (um 1927) und ein Zyklus The Bord of 
Dimborritza (1941); zahlreiche Lieder, darunter 
A Celtic Song Cyde (1904), Le Chant dlsabeau 
(1911), Seven Selected Songs (1907-14, veröffent- 
licht 1918), Traditional Songs of France (1920), Five 
Irish Songs (1921), Three Irish Songs (1922), In the 
Moming und On the Bridge (1926), Five Creek 
Folksongs (1944); Kammermusik: Trio Elegy für 
FL, Va und Harfe (1916); 3 Streichquartette: Nr 1 
Gdur (1918), Nr 2 Emoll (1924), Nr 3 F dur 
(1936) ; Quintette in verschiedener Besetzung, ein 
Oktett für Horn, Streicher und Kl. (1934), ein 
Nonett für FL, Ob., Klar., Harfe und Streicher 
(1931), Concerto für R., Ob., Harfe und Streich- 
quartett (1934), Concerto für Fag., Harfe und 
Streichsextett (1936); 4 Klaviersonaten: Nr 1 Fis 
moll (1910-19), Nr 2 G dur (1919), Nr 3 Gis moll 
(1925), Nr 4 G dur (1932), daneben eine größere 
Reihe von Klavierstücken zu 2 und 4 Händen; 

3 Violinsonaten: Nr 1 E dur (1910-15), Nr 2 
D dur (1915), Nr 3 Gmoll (1927); für Va eine 
Sonate G dur (1921) und eine Sonate mit Harfe 
(1928), für Vc. Sonate Es moll (1923) und Legend 
Sonata Fis moll (1945); Klarinettensonate D dur 


(1934) und Stücke für FL und KL (1916). Er 
schrieb die Autobiographie Farewell , my Youth 
(London 1943). 

Lit.: R. H. Hüll, A Handbook on A. B.’s Sgmpho- 
nies, London 1932; ders., Approach to B.'s Sympho- 
nies, ML XXIII, 1942; »A.B.: 1883-1953« in: 
ML XXXV, 1954. 

Bay, David Vilhelm Rudolph, * 9. 7. 1791, f 25. 
5. 1856 zu Kopenhagen; dänischer Komponist, 
lebte 1813-31 als Konsulatssekretär in Algier und 
wurde nach seiner Rückkehr 1832 Königlicher 
Kammermusiker, 1834 Kantor an der Hohnens- 
kirche in Kopenhagen. Er schrieb ein Singspiel 
Lazarilla (1853) sowie zahlreiche Lieder undRoman- 
zen, die sehr beliebt wurden. 

Lit : Tagebücher u. Reiseerinnerungen im Auszug, in: 
P. F. Rist u. J. Clausens Memoirer og Breve XXXII 
bis XXXIV, 1920/21. 

Bayer, Josef, * 6. 3. 1852 und f 12. 3. 1913 zu 
Wien; österreichischer Ballettkomponist, wurde 
1870 Violinist im Hoforchester und 1885 Ballett- 
kapellmeister der Wiener Hofoper. Er kompo- 
nierte einige Operetten und 22 Ballette, von denen 
Die Puppenfee (1888) noch heute ein weitverbrei- 
tetes Erfolgsstück ist. 

Bayer, Karl Theodor, * 2. 8. 1896 zu Berlin; 
deutscher Musikschriftsteller, studierte an den Uni- 
versitäten Tübingen, München und Berlin, 1920 
Dr. phil., war kurze Zeit als Konzert- und Opem- 

S er tätig und gehört seit 1926 der Stadtbiblio- 
Berlin an, seit 1929 als Leiter der Kunst-, 
Musik- und Theaterabteilung (Bibliotheksrat 
1946). Er schrieb u. a.: Musiklitcratur (= Arbeiten 
der Volksbücherei-Zentrale in der Berliner Stadt- 
bibliothek II, Berlin 1929); Musik und Bücherei 
(Bücherei und Bildungspflege XI, 1931); Ur- 
sprünge, Wege und Ziele der Neuen Musik (Rufer 
und Hörer II, 1932); Die Biographien der großen 
deutschen Musiker von Bach bis Brahms (Die große 
Übersicht 1, 1933/34); J. S. Bach und G. F. Händel 
in der Dichtung (Dichtung und Volkstum, = N.F. 
des Euphorion, XXXVII, 1936); Fr. Liszt in der 
Dichtung (DMK 1, 1936/37). 

Bayle, Theo, * 29.5.1912 zu Laren; hollän- 
discher Opernsänger, lebt in Amsterdam. Bei 
Aalqe Noordewier-Reddingius zum Opern- und 
Oratoriensänger ausgebildet, wirkte er 1937-51 an 
der Amsterdamer Oper, seitdem an der Staats- 
oper Wien. Gastspiele brachten den auch in 
Deutschland bekannt gewordenen Bariton bis 
nach Amerika. B. ist mit der Pianistin Kitty Johns 
verheiratet. 

Bayly (b'e:li), Anselm, ♦ 1719 zu Harcsfield 
(Gloucestershirc), f 1794 zu London; englischer 
Sänger und Musikschriftsteller, war ab 1741 Mit- 
glied und ab 1764 Subdekan der Chapcl Royal, 
schrieb außer theologischen und philologischen 
Werken: A Practical Treatise on Singing and Playing 
(London 1771), The Alliance of Musick , Poetry 
and Oratory (London 1789). 1769 gab er eine Samm- 
lung von Anthem-Texten mit einem Vorwort 
über Kirchenmusik heraus. 

Bazin (baz'g), Fransois-Emmanucl-Joseph, 

* 4.9.1816 zu Marseille, j 1 2.7.1878 zu Paris; 
französischer Komponist, Schüler des Pariser Con- 


116 



Beaumarchais 


servatoire, erhielt 1840 den Rompreis, wurde nach 
der Rückkehr aus Italien (1844) Gesangsprofessor, 
1849 Harmonieprofessor, 1871 Nachfolger des 
zum Direktor avancierten A. Thomas als Kompo- 
sitionsprofessor am Conservatoire, 1872 Nachfol- 
ger von Carafa als Mitglied der Acaddmie. Von 
seinen 9 komischen Opern hat sich keine auf dem 
Repertoire erhalten; die erfolgreichsten waren 
Maitre Pathelin (1856) undLe voyage en Chine (1865). 
B. schrieb außerdem Kirchenmusik, einen Cours 
d' Harmonie thiorique et pratique und La musique ä 
St.-Malo (Saint-Malo 1885). 

Bazzjni, Antonio, * 11. 3. 1818 zu Brescia, f 10. 
2. 1897 zu Mailand; italienischer Violinist, war zu- 
erst Kirchenkapellmeister, ging 1837 auf Anraten 
Paganinis auf Reisen, lebte 1848-52 in Paris, ab 
1864 wieder in Brescia. 1873 wurde er Kompo- 
sitionsprofessor am Mailänder Konservatorium, 
dessen Direktor er 1882 wurde. Er komponierte in 

S ai Jahren Kirchenmusik, Lieder und Violin- 
e, darunter das Scherzo fantastique La Ronde 
des Lutins op. 25. Seine späteren Kompositionen 
verraten seine Bewunderung für Bach und Beetho- 
ven. Es sind: Oper Turanda (1867, Text nach 
Gozzis Turandot), symphonische Dichtung Fron- 
cesca da Rimini (1890), Ouvertüren zu Alfieris Saul 
und Shakespeares King Lear , 6 Streichquartette, 
ein Streichquintett. 

Lit.: A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; 
A. Toni, A. B., 1946. 

Beach (bi:tj), Mrs. H. H. A. (Amy Mary, 1885 
verheiratet, geb. Cheney), * 5. 9. 1867 zu Henniker 
(New Hampshire), t 27. 12. 1944 zu New York; 
amerikanische Pianistin und Komponistin, Schü- 
lerin von Perabo in Boston. Sie schrieb : die ein- 
aktige Oper Cabildo (1932), Gaelic Symphony op. 32 
(1896), Klavierkonzerte CisDur op. 45 und Fis 
Moll op. 67, Kirchenmusik, darunter die Messe 
Es Dur op. 5, große Chorwerke mit Orch., Kan- 
tate Minstrel and the King für Männerchor op. 16, 
The Chambered Nautilus op. 66, Christ in the Uni- 
verse op. 139 (1931), Klaviertrio op. 150 (1938), 
Violinsonate op. 34, zahlreiche Klavierstücke und 
Lieder. 

Beatde (b'i:ti), James, * 25. 10. 1735 zu Law- 
rencekirk (Schottland), f 18. 8. 1803 zu Aberdeen; 
schottischer Philosoph, war ab 1760 in Aberdeen 
Professor der Moralphilosophie; schrieb Essays on 
Poetry and Music as they affect the Mind (Edinburgh 
1776, London 31779, französisch Paris 1798), und 
Letter ... on the Improvement of Psaltnody in Scot- 
land (1778, Edinburgh 1829). 

Lit: M. Forbe, Account of the Life & Writings of 
Dr. J. B., 2 Bde, Edinburgh 1806. 

Beauchamps, Charles-Louis-»* Feuillet,R.A. 

Beauchamps (boJ'äO, Pierre-Fran 9 ois-Go- 
dard de, * um 1689 und f 1761 zu Paris; schrieb 
Recherches historiques sur les thidtres de France 
(3 Bände, Paris 1/35) und Bibliothöque des thidtres , 
contenant le catalogue alphabitique des pikes drama- 
tiques, opiras parodiis et opiras comiques (Paris 1746). 

Beaujoyeulx, Balthazar de Baltazarini. 

Beaulaigue (bol'eg), Barthdlemy; französischer 
Komponist des 16. Jh., wurde spätestens 1554 


Chorknabe an der Kathedrale von Lyon, wo er 
1559 4st. Chansons nouvelles und 4-8st. Mottetz er- 
scheinen ließ. 2 Motetten wurden in Montanus’ 
und Neubers Thesaurus musicus (Nürnberg 1564) 
übernommen. Im Vorwort zu den Chansons be- 
zeichnet sich B. als Fünfzehnjähriger. 

Lit. : Cl. Dalbanne, R. Granjon, Gutenberg-Jb. 
1939; A. Acida, B.B., 1957. 

Beaulieu (boÄ'o:), Eustorg (Hector) de, * um 
1495 zu Beaulieu-sur-Mdnoire (Limousin), f 8. 1. 
1552 zu Basel; französischer Dichter und Musiker, 
war 1522-24 Organist an der Kathedrale von 
Lectorure, später Musiklehrer in Tülle und 
Bordeaux, wo er sich 1529 im Vorwort seines Go- 
dichtes Gestes des Solliciteurs als Priester bezeichnet. 
1534-37 lebte er in Lyon; dort wurde er mit Cl. 
Marot bekannt und veröffentlichte 1537 eine Ge- 
dichtsammlung Divers Rapportz. Im gleichen Jahre 
ging er nach Genf, studierte ab 1538 in Lausanne 
Theologie und wurde 1540 Pfarrer in Thierrens im 
Waadtland. 1546 erschien in Genf seine Chrestienne 
Resiouyssance (21548 verändert als Souverain blason 
d’ Honneur), deren erster Teil 160 Contrafacta welt- 
licher Lieder und Gedichte enthält, 39 davon hat er 
selbst mit Melodien versehen. 1547 wurde B. ab- 
gesetzt und lebte seitdem in Basel. 

Lit: G. Becker, E. de B., Paris 1880; H. Harvitt, 
E. de B., Lancaster (Pa.), 1918 (mit Konkordanzen 
zu d. Liedern d. Chrestienne Resiouyssance); E. 
Refardt, Hist-Biogr. Musikerlexikon d. Schweiz, 
Lpz.-Zürich 1928; N. Bridgman, E. de B., MQ 
XXXVII, 1951. 

Beaulieu, Lambert de -> Baltazarini. 

Beaulieu (boX'o:), Marie-Ddsird Martin, * 11. 
4. 1791 zu Paris, f hn Dezember 1863 zu Niort; 
französischer Komponist und Musikschriftsteller, 
Schüler von MdhuL, erhielt 1810 den Rompreis, 
machte indes von dem Stipendium keinen Ge- 
brauch, sondern verheiratete sich bald darauf und 
zog sich nach Niort zurück. Dort gründete er 
einen Musikverein, der sich allmählich zu der 
Association musicale de l’Ouest aus wuchs, welche 
seit 1835 alljährlich ein großes Musikfest mit 
wechselndem Sitz veranstaltete. Auch die Pariser 
Sod6t£ des Concerts de Chant dassique ist seine 
Schöpfung. Außer einer stattlichen Reihe Kompo- 
sitionen (Opern: Anacreon und Philadelphie ; ly- 
rische Szenen: Jeanne d'Arc, Sapho , Psychi et 
VAmour ; Oratorien, Messen, Hymnen, Orchester- 
stücke, Violinphantasien, Sologesänge) hat B. 
mehrere Schriften veröffentlicht: Du Rythme , des 
effets qu 9 il produit et de leurs causes (Paris 1853); 
Mimoire sur ce qui reste de la musique des anciens 
Grecs dam les premiers chants de VEglise (Niort 
1852); Mimoire sur le caractdre , que doit avoir la 
musique d'iglise (Paris 1858). 

Beaumarchais (bomarj'e:), Pierre- Augustin- 
Caron de, * 24. 1. 1732 und t 19. 5. 1799 zu 
Paris ; französischer Schriftsteller, hier zu erwähnen 
als fertiger Spieler der Harfe, in welcher Eigen- 
schaft er auch an den Hof Ludwig XV. gelangte, 
und vor allem als Dichter einer Figaro-Trilogie: 
Le Barbier de Siville (1772, erste Aufrührung 1775), 
Le Mariage de Figaro ou la folle joumie (1781, auf- 
geführt 1784), La Mbre Coupahle (1792), von der 
die beiden ersten Stücke durch die Vertonungen 


117 



Beauvarlet-Charpentier 

Rossinis lind Mozarts weltberühmt werden sollten. 
B. schrieb selbst die Musik zu seinem Barbier und 
hinterließ einen Band Chansons (handschriftlich). 

Lit.: E. Lintilhac, B. et ses ceuvres, d’aprfcs des 
documents in6dits, Paris 1884; H. Kling, Caron de 
B. et la Musique, RMI VII, 1900; A. Bettelheim, B., 
Lpz. 21911; E. Gaiffe, Le Mariage de Figaro de B., 
Paris 1928; R. Dals&me, La vie de B., Paris 1928. 

Beauvarlet-Charpentier (bovarl'e :-Jarpätj'e :), 
- 1) Jean-Jacques, genannt Charpentier, * 28. 6. 
1734 zu Abbeville, + 6. 5. 1794 zu Paris; franzö- 
sischer Organist, wirkte zuerst an Saint-Paul in 
Lyon, ab 1771 in Paris an Saint-Victor, ab 1772 als 
Nachfolger Daquins an Saint-Paul, auch einer der 
4 Organisten von Notre Dame. Im Druck erschie- 
nen Orgelstücke op. 1, Orgelfugen op. 6, 12 Noels 
variispour Vorgue op. 13, ein Journal d’orgue ä Vusage 
des paroisses et communautis religieuses op. 10 und 
Sonaten für Kl. und V. - 2) Jacques-Marie, 
* 31. 7. 1766 zu Lyon, t 7. 9. 1834 zu Paris; fran- 
zösischer Organist, Sohn von Jean-Jacques B., 
wurde 1802 Organist an Saint-Germain-aes-Prds, 
1815 an Saint-Eustache, später an Saint-Paul- 
Saint-Louis. Er schrieb Journal d'orgue, Orgel- 
stücke, kirchliche Chorwerke, Klavierstücke und 
Romanzen. 

Ausg.: J.-j. B.: Fugue, pour orgue G moll, hrsg. v. 
F. Raugel, in: Les Maltres fr?, de l’orgue . . ., Paris 
1939; Sonate op. 2, Nr 6, hrsg. v. E. Reeser, in: De 
Klaviersonate med vioolbegleiding, Rotterdam 1939. 
Lit.: G. Servi6res, Documents in&lits sur les orga- 
nistes fr?, des XVII® et XVIII® s., Paris o. J. ; F. Rau- 
gel, Les Grandes Orgues des 6glises de Paris, Paris 
1927. 

Becher, Alfred Julius, * 27. 4. 1803 zu Man- 
chester von deutschen Eltern, f 23- 11. 1848 zu 
Wien (standrechtlich erschossen wegen Teilnahme 
an der Revolution); deutscher Komponist, kam 
als Kind nach Deutschland, war kurze Zeit Advo- 
kat in Elberfeld, wandte sich aber musikalischen 
Studien und der Komposition zu und wurde in 
London 1840 Harmonielehrer an der Königlichen 
Musikakademie. 1841 ging er nach Wien, wo er 
als Musikkritiker Ansehen erlangte. Eine größere 
Anzahl Klavierkompositionen und Lieder von B. 
sind im Druck erschienen, auch einige Schriften: 
Das niederrheinische Musikfest , ästhetisch und histo- 
risch betrachtet (1836) und Jenny Lind , eine Skizze 
ihres Lebens (Wien 1846, 21847;. Eine Symphonie 
und ein Streichquartett blieben Manuskript. 

Becher, Josef, * 1.8.1821 zu Neukirchen 
(Bayern), f 23. 9. 1888 zu Mintraching bei Regens- 
burg; deutscher Komponist, 1846 Priester, Semi- 
narprafekt und Chorregent in Amberg, ab 1878 
Pfarrer in Mintraching, hat eine große Zahl kirch- 
licher Kompositionen geschrieben (allein über 
60 Messen). 

Bechet (boj'e), Sidney, * 14. 5. 1897 zu New 
Orleans; amerikanischer Jazzmusiker (Klarinettist 
und Sopransaxophonist; französisch-negroider 
Herkunft, begann bereits mit 14 Jahren als Klari- 
nettist in Kapellen zu spielen, kam nach Reisen 
1918 nach Chicago und wechselte bald darauf zum 
Sopransaxophon über. Wie die Laufbahn aller be- 
kannten Jazzmusiker, ist auch die seine von häu- 
figem Stillen- und Ortswechsel bestimmt. Nach 
2 Europatoumeen, die 1919 und 1925 begannen, 


blieb er für längere Zeit in Paris, wo er sich 1947 
endgültig niedergelassen hat. B. folgte nicht der 
Umwandlung des Jazz zum Swing und blieb von 
Beginn seiner Tätigkeit an der stärkste Vertreter 
des klassischen New Orleans-Stils. Sein Spiel ist 
gekennzeichnet durch ein extrem expressives Vi- 
brato, dessen Nachahmung von Sopransaxopho- 
nisten und Klarinettisten vielfach versucht wurde. 

Bechgaard, Julius Andreas, * 19. 12. 1843, 1 4. 3. 
1917 zu Kopenhagen; dänischer Komponist, stu- 
dierte an den Konservatorien in Leipzig und Ko- 
penhagen (Gade). Er schrieb größere Liederzyklen 
(Seemannsleben op. 9 und Idyllen nach Carl Ander- 
sen), eine Musik zu Holger Drachmanns Strandby 
folk , eine Oper Frode , Symphonie D dur, eine 
Konzertouvertüre E moll und Klavierstücke. 


Bechi (b'ski), Gino, * 16. 10. 1913 zu Florenz; 
italienischer Opern- und Filmsänger, lebt in Flo- 
renz. Am Istituto Industriale ausgebildet, debü- 
tierte er frühzeitig an der Oper in Rom und als 
Verdisänger an der Scala in Mailand. Seitdem ist er 
einer der meist- und höchstengagierten Baritone 
bei Oper und Fernsehen in aller Welt, mit Exklu- 
sivverträgen bei Film und SchaUplattenindustric. 


Bechstein, Friedrich Wilhelm Carl, * 1. 6. 1826 
zu Gotha, t 6. 3. 1900 zu Berlin; deutscher Kla- 
vierfabrikant, dessen Instrumente zu den ange- 
sehensten im In- und Ausland gehören. Er arbei- 
tete zuerst in verschiedenen deutschen Pianoforte- 
fabriken, war 1848-52 Geschäftsführer von G. 
Perau in Berlin, unternahm dann noch Studien- 
reisen nach London und Paris, wo er bei Pape und 
Kriegeistein arbeitete, und etablierte sich 1853 mit 
bescheidenen Mitteln in Berlin. Binnen kurzem 
nahm die Fabrik einen großen Aufschwung; die 
größten Kaviermeister fingen an, sich für B.s 
Fabrikate zu interessieren (H. v. Bülow), so daß B. 
sich mehr und mehr dem Bau großer Konzert- 
flügel zuwandte. Der Betrieb wurde allmählich so 
groß, daß B. im Jahre 1897 eine vierte Fabrik 
bauen mußte. Vor dem 1. Weltkrieg waren etwa 
1100 Arbeiter beschäftigt, die jährlich gegen 
4700 Flügel und Pianinos herstellten. 1923 wurde 
die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 
Bei den Angriffen auf Berlin 1945 erlitt sie schwere 
Verluste, wurde aber wieder aufgebaut und er- 
reichte eine Gesamtzahl von über 150000 erzeug- 
ten Flügeln und Pianinos. 

Lit.: Briefe H. v. Bülows an C. B. in: H. v. Bülow, 
Neue Briefe, hrsg. u. eingeleitet v. R. Graf du Mouun- 
Eckart, München 1927; »100 Jahre B.«, Instrumen- 
tenbauzeitschrift VIII, 1953. 


Bechstehn» Ludwig Elster, Daniel. 

Beck, deutsche Orgelbauerfamilie, deren erster 
Vertreter Hans B. vom Haync (Großenhain in 
Sachsen) 1520 zwei Orgeln für die Stadtkirche in 
Delitzsch und 1555/56 die Orgel der Ägidien- 
kirche in Oschatz baute. Sein ältester Sohn Esajas 
in Halle an der Saale baute die Orgeln der dor- 
tigen Moritzkirche (1569) und die der Stadtkirche in 
Bitterfeld (1579). Ein jüngerer Sohn Hans B.s, 
Anton, war Orgelbauer in Halberstadt. Dessen 
Sohn ist wohl David, Orgelbauer in Halberstadt, 
um 1590, der 1592-96 die Orgel in Groningen bei 
Halberstadt baute, welche 1705 restauriert wurde 


118 



Beck 


(-> A. Werckmeister) ; auch die Martinskirchen- 
orgel in Halberstadt stammt von ihm. 

Beck, Conrad, * 16. 6. 1901 zu Lohn (Kanton 
Schaffhausen); Schweizer Komponist, ging 1922 
für 11 Jahre nach Paris, wo er Anregungen von N. 
Boulanger, J. Ibert, A. Roussel und A. Honegger 
erhielt. Seit 1933 lebt er in Basel und leitet seit 1938 
die Musikabteilung des Basler Studios des Schwei- 
zerischen Landessenders Beromünster. Seine Kom- 
positionen haben durch Formsicherheit und einen 
eigentümlich spröden Klang weites Interesse auf 
sich gezogen. B. schrieb: Kantate Der Tod des 
Oedipus (1928); Lyrische Kantate (nach Rilke, 
1932); Oratorium (nach Angelus Silesius, 1936); 
Ballett Der große Bär (1936); Kammerkantate 
(nach L. Labd, 1937); Musik zum Festspiel St. Ja- 
kob an der Birs (1944) und zu Goethes Pandora 
(1945); Der Tod zu Basel , großes Miserere für 
Chor, Soli, Sprecher und Orch. (1952). - 6 Sym- 
phonien; 2 Suiten für Streichorch. ; Konzerte mit 
Orch.: 3 für KL (1928, 1933, Rhapsodie 1936); für 
Streichquartett (1929); für Ob. (1932); für H. 
und Klar. (1935); für V. (1940); für Fl. (1941); 
für Cemb. (1942); für Va (1949); für IGar. und 
Fag. (1954); Kammermusik, darunter 4 Streich- 
quartette; Orgel- und Klavierstücke, darunter eine 
Choralsonate für Org. (1948) ; kleinere Chorwerke; 
Lieder; Bearbeitungen von Volksliedern und 
-tanzen. 

Lit.: R. A. Mooser, C. B., Dissonances X, 1937; H. 
Ehinger, C. B., SM Z LXXXIV, 1944. 

Beck, Franz, * 15. 2. 1723 zu Mannheim, j* 31. 
12. 1809 zu Bordeaux; deutscher Komponist, 
Schüler von Johann Stamitz (in dessen Symphonien 
op. 5 je eine von B., F. X. Richter und Wagenseil 
aufgenommen ist), soll wegen eines Duells aus 
Mannheim geflüchtet sein. Wahrscheinlich hat er 
zeitweilig in Paris gelebt oder doch die Stadt mehr- 
fach besucht, da er dort wiederholt seine Werke 
zur Aufführung brachte (1783 ein Stabat mater ; 
1789 das Melodram Pandora, auch die Oper L 9 tle 
diserte) und von der Acaddmie des Beaux-Arts zum 
korrespondierenden Mitglied ernannt wurde. In 
Marseille ist er 1762 als Konzertmeister nachweis- 
bar, in Bordeaux wirkte er als Konzertdirigent 
(bereits 20. 8. 1767 Oper La belle jardinibre). Von 
seinen Werken, die in der Zeit nach Stamitz einen 
ausgezeichneten Platz einnehmen, sind erhalten 
gegen 30 Symphonien: op. 1 (1758); op. 2 (1760); 
op. 3 (1762); op. 4 (1766) - je 4, daneben einzelne 
in Sammlungen; 2 Divertimenti, Klaviersonaten 
und -stücke, je ein Gloria und Credo sowie 
2 Hymnen. 

Ausg.: Sinfonia a 8, op. 4, Nrl (1773), hrsg. v. 
H. Rebmann in DTB VIII, 2; 4 Symphonien, hrsg. in 
der Sammlung R. Sondheimer, H. 20, 21, 43, 53. 
Lit.: R. Sondheimer, Die Sinfonien F. B.s, Diss. 
Basel 1921, ZfMw IV, 1922; ders., Die formale Ent- 
wicklung d. vorklass. Sinfonie, AfMw IV, 1922; G. 
de Saint-Foix, Le symphonist F. B. et le Pianoforte, 
Rev. de MusicoL 1932; M. L. Pereyra, F. B., Rev. 
de MusicoL 1934 u. 1935. 

Beck, Gottfried Joseph, * 15. 11. 1723 zu Po- 
diebrad (Böhmen), f 8.4.1787 zu Prag; tsche- 
chischer Gelehrter, war Organist in Prag, studierte 
Philosophie und wurde Dominikanermönch. 1752 
gin g er für einige Jahre nach Bologna und Rom. 


Nach seiner Rückkehr wurde er Professor der 
Philosophie in Prag und schließlich Provinzial sei- 
nes Ordens. Er schrieb Kirchenmusik und eine 
Symphonie. 

Beck, Heinrich Valentin, *4. 4. 1698 zu Maar 
(Oberhessen), f 15. 4. 1758 zu Frankfurt am Main; 
deutscher Kantor, wirkte 1718-34 als Kantor in 
Lauterbach (Oberhessen), 1734-37 als solcher in 
Hanau und war 1738-58 Vize-KapeUdirektor in 
Frankfurt am Main. Johann Wolfgang Textor - 
Goethes Großvater - und Johann Friedrich von 
Uffenbach wurden dort seine Gönner. B. war bis 
1755 Klavierlehrer der Frau Rat Goethe. Er schrieb 
Kantaten. 

Lit: B. Wolf, H. V. B., Diss. München 1911. 

Beck, Hermann, * 20.7.1929 zu München; 
deutscher Musikhistoriker, studierte Musikwissen- 
schaft an den Universitäten Erlangen, Freiburg im 
Breisgau und Basel und promovierte 1954 in Er- 
langen mit Studien über das Tempoproblem bei 
Beethoven . Seit 1954 ist er Lehrbeauftragter für 
Musikwissenschaft an der Universität Würzburg. 
Veröffentlichungen: Über Mozarts klassischen Stil 
(Würzburger Universitätsreden 21, 1956); Zur 
Entstehungsgeschichte von Mozarts D-Dur-Sinfonie 
KV 291 (Mozart-Jb. 1955); Bemerkungen zu 
Beethovens Tempi (Beethoven-Jb. 1955/56); Pro- 
bleme der venezianischen Meßkomposition im 16. Jh. 
(Kgr.-Ber. Wien 1956). B. ist Mitarbeiter der 
Neuen Mozart-Ausgabe. 

Beck, Johann Baptist (auch nur: Jean), * 14. 8. 
1881 zu Gebweiler (Elsaß), f 23. 6. 1943 zu Phila- 
delphia; französischer Musikforscher, studierte ro- 
manische Philologie in Paris und Straßburg, pro- 
movierte 1907. Ab 1911 wirkte er an mehreren 
amerikanischen Universitäten. Durch eine umfas- 
sende Arbeit über Die Melodien der Troubadours , 
deren Einleitung seine Dissertation bildet (über die 
Liederhandschriften der Troubadours) und deren 
erster Band 1908 erschien, trat B. als Forscher auf 
diesem umstrittenen Gebiete hervor. Seine rhyth- 
mische Interpretation der Lieder nach der Lehre 
von den Modi führte zu dem Prioritätsstreit mit 
Aubry und dessen tragischem Ende. Weitere 
Veröffentlichungen: Der Takt in den Musikauf- 
zeichnungen des 12. und 13. Jh. (Riemann-Fest- 
schrift, Leipzig 1909) ; La musique des Troubadours 
(1910 in Les Musidens cdtebres); Le Chansonnier 
Cangi , I: Reproduction phototypique , II: Transcrip- 
tion, notes et commentaires (in Les Chansonniers des 
Troubadours et des Trouv&res, Nr 1, 1927) ; (mit 
Louise B.:) Le Manuscrit du Roi , I: Reproduction 
phototypique , II: Analyse et description raisonnies du 
manuscrit restauri (in Les Chansonniers . . ., Nr 2, 
1938). 

Lit.: J. Chailley, Quel est l’auteur de la »th6orie 
modale« dite de B.-Aubry?, AfMw X, 1953. 

Beck, Johann Hektor, gab 1666 und 1670 zwei 
Bücher 5st. Tanzsuiten heraus: Exercitium musicum, 
bestehend in Allemanden , Balletten, Gavotten (Frank- 
furt). 

Beck, Johann Philipp, gab 1677 in Straßburg 
heraus: Allemanden , Giguen, Couranten und Sarar- 
banden auf der Violadigamba zu streichen . . . 


119 



Beck 


Beck, Pleickard Karl, gab 1654 in Straßburg 
heraus: Erster Theil neuer Allemanden , Balletten , 
Arien, Gigen , Couranten , Sarabanden für 2 V. und 
B. Das Werk ist verschollen, doch bildet Ms. 
1665 des British Museum wohl eine Abschrift 
davon. 

Lit : E. H. Meyer, Die mehrst. Spielmusik d. 17. Jh., 
Heidelberger Studien z. Mw. II, Kassel 1934. 

Beck, Reinhold Imanud, * 10. 1. 1881 zu Han- 
nover; deutscher Komponist, wurde 1905 Kapell- 
meister am Stadttheater Kiel, war 1908-10 Chor- 
meister in Hannover, 1921-24 Volkshochschuldo- 
zent in Berlin. Seitdem lebt er in Thale. Er schrieb : 
Psalter-Oratorium op. 59, Musik zu Grillparzers 
Ahnfrau und zu Shakespeares Was ihr wollt , 2 Ope- 
retten, Orchesterwerke, Kammermusik, Klavier- 
stücke, Lieder und Männerchöre. 

Becker, Pianofortefabrik in St. Petersburg 1841 
bis 1917, von Jakob Dawydowitsch Becker ge- 
gründet. 

Becker, Albert Emst Anton, * 13. 6. 1834 zu 
Quedlinburg, t 10* 1« 1899 zu Berlin; deutscher 
Komponist, war Schüler von Bönicke und Dehn, 
ab 1881 Kompositionslehrer an Scharwenkas 
Konservatorium, 1891 Dirigent des Berliner Dom- 
chors. B. lehnte 1892 die ihm angetragene Nach- 
folge Rusts als Thomaskantor in Leipzig auf 
Wunsch des Kaisers ab und wurde Mitglied der 
Königlichen Akademie. Er war besonders erfolg- 
reich als Komponist von Kirchenmusik: Messe 
B moll (1878), Reformationskantate (1883, zur 
Lutherfeier), Oratorium Selig aus Gnade (1890), 
Geistlicher Dialog aus dem lö. Jh ., Motetten und 
Psalmen. Neben weiteren Chorwerken entstanden 
noch eine Oper Loreley (1898), Symphonie G moll 
(1861), Konzertstück tür V. und Org., je ein Kla- 
vierquartett und -quintett (op. 19 und op. 49), 
Orgelstücke, Lieder aus Wolffs Rattenfänger und 
Wilder Jäger (1877) sowie Bearbeitungen von Me- 
lodien aus der Jenaer Liederhandschrift. 

Becker, Cornelius, * 24. 10. 1561 und + 25. 5. 
1604 zu Leipzig; deutscher Theologe, wurde 1592 
Diakon, 1594 Pastor der Nicolaikirche in Leipzig, 
1599 Theologieprofessor an der Universität. Seine 
anti-calvinistasche Einstellung führte 1601 für ein 
halbes Jahr zu seiner Amtsenthebung. In dieser 
Zeit stellte er eine Sammlung deutscher Psalm- 
übersetzungen fertig, die er bekannten Kirchen- 
melodien anpaßte und ausdrücklich als lutherisches 
Gegenstück zu Lobwassers Übersetzung des Genfer 
Psalmengesangbuchs bczeichnete: Der Psalter Da- 
vids Gesangweis (Leipzig 1602). 4st. Sätze zu 
B.s Liedern schrieben Calvisius (1605, 43 Sätze), 
Grimmius (1624, auf eine lateinische Übersetzung) 
und H. Schütz (1628, zumeist mit neuerfundenen 
Melodien). 

Lit. : G. Müller, Gesch. d. deutschen Liedes, » 
Gesch. d. deutschen lit nach Gattungen III, Mün- 
chen 1925 ; Fr. Blume, Die ev. Kirchenmusik, Bücken 
Hdb. 

Becker, Diedrich (Bäkker), * 1623 und f 12. 5. 
1679 zu Hamburg; deutscher Violist, wurde 1645 
Organist in Ahrensburg in Holstein, 1658 Mitglied 
der Celler Hofkapelle, 1662 Ratsviolist in Him- 
burg, 1667 als Nachfolger Schöps Direktor der 
Ratsmusik und 1674 nach Chr. Bernhards Fort- 


gang Musikdirektor am Dom. Er gab heraus: Mu- 
sicalische Frülings-Früchte , 5-5st. Kammersonaten 
mit B.c. (Hamburg 1668, Antwerpen 1673); 
2 Hefte 2st. Sonaten und Suiten mit doppeltem 
B.c. (Hamburg 1674 und 1679), im 2. Heft 4 Sona- 
ten über Kirchenlieder; Lieder in Philipp von 
Zesens Dichterisches Rosen - und Lilienthal (Hamburg 
1670) und in: Auszug etlicher geistlicher Lieder für das 
Zuchthaus . . . (Hamburg 1677). Geistliche Kan- 
taten sind handschriftlich erhalten. 

Ausg.: 3 Sonaten aus d. Mus. Frülings-Früchten, je 
eine zu 3, 4 u. 5 St, hrsg. v. E. Rausch, Lpz. 1932; 
3st Sonate aus d. Mus. Frülings-Früchten, hrsg. v. 
G. Fock, Lpz. 1944; Sonate aus d. Slg. v. 1674 in: 
A. Einstein, Zur deutschen Lit. f. Va da Gamba, 
BIMG II, 1, Lpz. 1905, S. 95 ff. 

Lit.: M. Burkhardt, Beitr. z. Stud. d. deutschen 
Liedes, Diss. Lpz. 1897 (darin 3 Lieder); W. Vetter, 
Das frühdeutsche Lied, 2 Bde, = Universitas- Arch. 8, 
Münster 1928 (darin ein Lied); E. H. Meyer, Die 
mehrst. Spielmusik d. 17. Jh., Heidelberger Studien 
zur Mw. II, Kassel 1934. 

Becker, Georges, * 24. 6. 1834 zu Frankenthal 
(Pfalz), f 19. 7. 1928 zu Genf; Schweizer Musik- 
forscher, lebte 1852-54 in Nizza, dann bis 1864 in 
Paris, seitdem in Genf. Sein Hauptwerk ist eine 
umfassende Materialsammlung: La Musique en 
Suisse (Genf und Paris 1874, Genf 21923). 1878 gab 
er den Text von Rousseaus Pygmalion (Genf) mit 
dessen eigenen Vorschlägen über die musikalische 
Gestaltung nach der Ausgabe von Kurzböck (Wien 
1772) heraus. Außerdem schrieb er: Eustorg de 
Beaulieu (Genf 1880), Jean Caulery (Paris 1880), 
Guillaume Guiroult (Paris 1880), Hubert Waelrant 
(Genf 1881), Annales de Jehan et Estientie Ferner 
(Genf 1881), Pygmalion de Jean-Jacques Rousseau en 
Italie (Genf 1912) und zahlreiche Aufsätze. 

Lit.: P. Long des Clavi^res, G. B., SJbMw IV, 1929. 

Becker, Heinz, * 26. 6. 1922 zu Berlin; deutscher 
Musikforscher, studierte 1945-49 an der Hoch- 
schule für Musik in Berlin-Charlottenburg und 
1948-51 Musikwissenschaft an der Humboldt- 
Universität (W. Vetter) in Berlin, wo er 1951 mit 
einer Arbeit Zur Problemgeschichte und Technik der 
musikalischen Schlußgestaltung (gedruckt: Zur Pro- 
blematik . . ., in: Wissenschaftliche Zeitschrift der 
Humboldt-Universität Berlin II, 1952/53, Gesell- 
schafts- und sprachwissenschaftliche Reihe I) pro- 
movierte. Nach einer Tätigkeit als Volkshoch- 
schuldozent (1951-55) und Later des Privatmusik- 
lehrerseminars am Konservatorium J. Petersen in 
Berlin (1952-55) wurde er 1956 Assistent am Mu- 
sikwissenschaftlichen Institut der Universität Ham- 
burg. Veröffentlichungen: J. Matthesons hand- 
schriftliche Einzeichnungen im » Musicalischcn Lexi - 
com J. G. Walthers (Mf V, 1952) ; Meyerbeers Er- 
gänzungsarbeit an Webers nachgelassener Oper * Die 
drei Pintos* (Mf VII, 1954) ; Zur Geschichte der Kla- 
rinette im 18. Jh. (Mf VRI, 1955); Die frühe Ham- 
burgische r Tagespresse ah musikgeschichiliche Quelle 
(in: Beiträge zur Hamburger Musikgeschichte, 
herausgegeben von H. Husmann, 1956, Heft 1); 
Meyerbeer in seinen Beziehungen zu L. Spohr (M£ X, 
1957); System Logier (Musica XI, 1957); Der Fall 
Heine — Meyerbeer (Berlin 1958). Ausgaben: Klari- 
nettenduette aus der Frühzeit des Instruments (Coli, 
mus. CVI, 1954); J. Fr. B. C. Majer, Museum 
Musicum 1732 (Documenta Musicologica VRI, 


120 



Bcckcr-Glauch 


Kassel 1954) ; Klarinetten-Konzerte des 18. Jh. (EDM 
XLI, 1957); Giacomo Meyerbeer. Briefwechsel und 
Tagebücher I (Berlin 1958). 

Becker, Hugo, * 13. 2. 1863 zu Straßburg, + 30. 
7. 1941 zu Geiselgasteig bei München; deutscher 
Violoncellist, Schüler seines Vaters Jean B., von 
K. Kündinger, F. Grützmacher sen., K. Heß, 
Piatti und J. Deswert. So vielseitig geschult, bil- 
dete sich B. eine eigene Methode auf physiolo- 
gischer Grundlage. Nach seines Vaters Tode wurde 
er Solo-Violoncellist des Opemorchesters in 
Frankfurt am Main (1884-86) und war 1890-1906 
Mitglied des Heermann-Quartetts und Lehrer für 
Cello und Kammermusik am Hochschen Konser- 
vatorium, seit Piattis Tode (1901) dessen Nach- 
folger als Cellist der Londoner Montagskonzerte. 
1909-29 war er als Nachfolger R. Hausmanns 
Lehrer an der Hochschule für Musik in Berlin und 
bildete mit Flesch und Friedberg ein bekanntes 
Trio. Mit Dago Rvnar veröffentlichte er 1929 eine 
Mechanik und Ästhetik des Violoncdlspiels (Band I 
der Veröffentlichungen der Staatlichen Akademi- 
schen Hochschule für Musik in Berlin). Er schrieb 
ein Cellokonzert A dur (1898), Variationen und 
Cellostücke, darunter eine Fantastische Suite Aus 
dem Leben des Waldschrat für Vc. solo, op. 14. B.s 
Spiel zeichnete sich aus durch klassische Noblesse 
und, bei aller technischen Überlegenheit, durch 
Vermeidung virtuoser Schaustellung. 

Becker, Jean, * 11. 5. 1833 undf 10. 10. 1884 zu 
Mannheim; deutscher Violinist, Schüler von Ket- 
tenus und V. Lachner, wurde als Konzertmeister in 
Mannheim angestellt, gab aber diese Stellung 
schon 1858 auf und unternahm ausgedehnte Reisen 
als Virtuose. 1866 nahm er seinen Wohnsitz in 
Florenz und gründete das Florentiner Quartett 
(2. Violine: Enrico Masi, Bratsche: L. Chiostri, 
Cello: Fr. Hilpert, ab 1875 L. Spitzer-Hegyesi), 
das Weltruf erlangte und bis 1880 bestand. Die 
letzten Jahre wohnte B., wenn er nicht auf Reisen 
war, in Mannheim. Sein Sohn Hans, * 12. 5. 1860 
zu Mannheim, f 1. 5. 1917 zu Leipzig, war Schüler 
von O. Singer jun. und Violinlenrer am Konser- 
vatorium in Leipzig. Der jüngste Sohn ist Hugo B. 

Becker, John J., * 22. 1. 1886 zu Henderson 
(Kentucky); amerikanischer Komponist, Schüler 
des Wisconsin Conservatory in Milwaukee, von 
Middelschulte und v. Fielitz. Er war tätig an der 
Notxe Dame University, am College St. Scho- 
lastika, am College St. Mary of the Springs in East 
Columbus und leitete neben mehreren Chorver- 
einigungen das Kammerorchester der Universität 
von St. Paul, wirkt jetzt als Leiter des Federal 
Music Project in Minnesota. Er schrieb die Büh- 
nenwerke: A Marriage with Space (1933), When the 
Willow Nods (1939), Deirdre of the Sorrows (1945, 
lyrisches Drama in einem Akt); Ballett Dance 
Figure (1933), Bühnenmusik zu Life of Man (1937) ; 
Symphonien, Symphony of Democracy für Chor 
und Dreh. (1942), Legende The Swan Goose (1944), 
Concerto Arabesque für KL und Orch. (1930), Con- 
certo Pastorale für 2 EL und Orch. (1933), Violin- 
konzert (1937), Kammermusik, Chorwerke: Missa 
symphonica für Männerchor a cappella (1933), 
Mass in Honor of the Sacred Heart für gleiche St. 
a cappella (1944), Moments of the Passion (1945). 


Becker, Karl Ferdinand, * 17. 7. 1804 und 
1 26. 10. 1877 zu Leipzig; deutscher Musikschrift- 
steller, war zunächst Organist, 1843-56 Lehrer des 
Orgelspiels am Konservatorium, gab aber seine 
Stellungen auf, vermachte seine Bibliothek, in der 
sich so wichtige Quellenwerke wie das Andreas 
Bach-Buch und die Grundigsche Handschrift be- 
fanden, der Stadt (B.s Stiftung, reich an theore- 
tischen Werken; vgl. den unvollständigen ge- 
druckten Katalog Verzeichnis einer Sammlung von 
musikalischen Schriften, 1843) und lebte zurück- 
gezogen in Plagwitz bei Leipzig. Neben zahl- 
reichen historischen Arbeiten, darunter die biblio- 

S ' lisch wichtige Zusammenstellung Die Ton - 
des XVI. und XVII. Jahrhunderts (Leipzig 
1847, 2 1855), ist B.s verdienstlichstes Werk die 
Systematisch-chronologische Darstellung der Musik* 
literatur (1836, Nachtrag dazu 1839). Auch hat er 
eigene Instrumentalkompositionen (Klavier- und 
Orgelstücke), J. S. Bachs vierstimmige Kirchen- 
gesänge (1843) und ein Evangelisches Choralbuch 
(1844) herausgegeben. 

Becker, Konstantin Julius, * 3. 2. 1811 zu Frei- 
berg (Sachsen), t 26. 2. 1859 zu Oberlößnitz bei 
Dresden; deutscher Komponist und Musikschrift- 
steller, Schüler von K. F. Becker, ließ sich 1843 in 
Dresden als Musiklehrer nieder und lebte ab 1846 in 
Oberlößnitz. Er schrieb die Oper Die Erstürmung 
von Belgrad (Leipzig 1848), Chor- und Instrumen- 
talwerke, auch eine Männergesangschule (1845), 
Harmonielehre für Dilettanten (1842), Kleine Har- 
monielehre (1844) sowie die Tendenzromane: Der 
Neuromantiker (1840) und Klubien und Kompanie 
(1841), Märchen Abracadabra und übersetzte Ber- 
hoz* Musikalische Reise in Deutschland (1843). 

Becker, Reinhold, * 11. 8. 1842 zu Adorf 
(Sachsen), + 7. 12. 1924 zu Dresden; deutscher 
Komponist, war zunächst als Violinist tätig, mußte 
aber 1870 wegen eines Muskelleidens dem Vioün- 
spiel entsagen, widmete sich nun ganz der Kom- 
position und zog nach Dresden. 1884-94 leitete er 
mit großem Erfolg die Dresdener Liedertafel B. 
ist hauptsächlich Vokalkomponist, hat aber auch 
mit einigen Instrumentalwerken Erfolg gehabt: 
Violinkonzerte A moll und E moll, Symphonie 
C dur op. 140, symphonische Dichtung Der Prinz 
von Hornburg , Streichquartett A moll und eine Vio- 
linsonate. Er schrieb aie Opern Frauenlob (Dresden 
1892) und Ratbold (Mainz 1896) und versuchte 
sich an der Ausführung von Beethovens Erlkönig- 
Skizze. 

Lit: R. B., O. Fischer (Leben), F. A. Geissler 
(Werk), K. Kreiser (Werkverz.), Dresden 1932. 

Becker, Valentin Eduard, * 20. 11. 1814 und 
1 25. 1. 1890 zu Würzburg; deutscher Komponist, 
1833 städtischer Beamter in Würzburg, schrieb 
Werke für Männerchor, aber auch Messen, Opern 
(Die Bergknappen, Der Deserteur), Lieder und viele 
Instrumentalwerke. 

Becker-Glauch, Irmgard (geb. Klein), * 16. 11. 
1914 zu Bochum; deutsche Musikforscherin, stu- 
dierte Musikwissenschaft an den Universitäten Tü- 
bingen und Breslau, zuletzt in Heidelberg, wo sie 
1941 mit einer Quellenstudie über Die Bedeutung 
der Musik bei den Dresdener Hoffesten bis in die Zeit 
Augusts des Starken (Musikwissenschaftliche Arbei- 


121 



jöecKeratn, 


ten VI, Kassel und Basel 1951) promovierte. 
Sie war 1942/43 Mitarbeiterin des Staatlichen In- 
stituts für Deutsche Musikforschung in Berlin, 
1943 Assistentin am Seminar für Vergleichende 
Musikwissenschaft an der Universität Hamburg, 
1944/45 Dozentin für Musikgeschichte an der 
Musikhochschule in Weimar, 1946-55 Dozentin 
an der Hamburger Volkshochschule und daneben 
1948-53 als Bibüothekarin tätig. Seit 1955 ist sie 
Archivarin des Joseph Haydn-Instituts in Köln. 
Veröffentlichungen: Die Photokopiensammlung des 
Staatlichen Instituts für Deutsche Musikforschung 
(DMK VB, 1942/437) ; Die Englischen Musikbiblio- 
theken in Deutschland (in: Zweiter Weltkongreß 
der Musikbibliotheken, Lüneburg 1950, Kgr.- 
Ber., Kassel und Basel 1951) ; Kleines Mozartbuch 
(1954, noch unveröffentlicht); Frau B.-Gl. ist Mit- 
arbeiterin von MGG und der Neuen Mozart-Aus- 
gabe. 

Bickerath, Alfred von, * 4. 10. 1901 zu Ha- 
genau (Elsaß) ; deutscher Komponist, lebt in Mün- 
chen. In Frankfurt am Main bereitete er sich auf 
seine wissenschaftlichen und kompositorischen 
Studien vor. 1920 bezog er die Universität Frei- 
burg, um bei W. Gurlitt, 1922/23 die Universität 
Frankfurt, um bei Moritz Bauer Musikwissen- 
schaft zu studieren. 1923-25 nahm er bei Joseph 
Haas in München Kompositionsunterricht, zu- 
nächst privat, dann an der Akademie der Ton- 
kunst. Das erste Jahrzehnt seines Wirkens führte 
ihn als Hauskomponist, Kapellmeister und Büh- 
nenbildner von München über Halberstadt, Wies- 
baden und Frankfurt zur »Tobis« als Filmmusik- 
berater nach Berlin. Im folgenden Jahrzehnt, ab 
1933, lebte er zunächst freischaffend bei München, 
ab 1938 als Musiklehrer in Ambach (»Ambacher 
Musiksommer«). Ab 1946 arbeitete er in der 
Bayerischen Jugendmusik und wurde 1955 zum 
musikalischen Leiter des Stadttheaters Ingolstadt 
berufen. B. erhielt 1951 den Kunstpreis (Musik) 
der Stadt München. Hauptwerke: Symphonien 
und Suiten für Blasorch., Doppelkonzert für Fl. 
und Klar., Konzerte für Altfl., Posaune, Cemb., 
Kl., Jahreskreis-Kantaten (a cappella und mit 
Orch.*); Messen und Motetten, Jugendopem, 
zahlreiche Kammer-, Jugend- und Spielmusiken. 

Bickerath, Hermann von, * 26.9.1909 zu 
Hamburg; deutscher Violoncellist, Sohn des 
Brahmsmalers W. v. B. und der Pianistin Lulu v. 
B., wuchs im Rheinland heran, studierte 1927-33 
an der Kölner Hochschule für Musik bei P. Griim- 
mer und kam 25jähxig als Solocellist zu den Phil- 
harmonikern unter Hausegger nach München, wo 
er seit 1946 auch eine Professur an der Hochschule 
innehat. Als Solist setzt er sich besonders auch 
für das zeitgenössische Musikschaffen ein. 

Becking, Gustav, * 4. 3. 1894 zu Bremen, er- 
schossen 8. 5. 1945 zu Prag; deutscher Musikfor- 
scher, studierte bei Riemann, J. Wolf und Ed. 
Sievers, promovierte 1920 mit der Arbeit Studien 
zu Beethovens Personalstil: Das Scherzothema (= Ab- 
handlungen der Sächsischen Staatlichen For- 
schungsinstitute zu Leipzig, Forschungsinstitut für 
Musikwissenschaft . . . II, Leipzig 1921). 1922 ha- 
bilitierte er sich in Erlangen mit der Schrift Der 
musikalische Rhythmus als Erkenntnisquelle (gedruckt 


Augsburg 1928), in der er unter Verwertung der 
Arbeiten von JRutz und Sievers Persönlichkeits- 
typen mit Hilfe rhythmischer Schlagfiguren - der 
Bedring-Kurven - darstellt. 1930 wurde er Pro- 
fessor an der deutschen Universität in Prag. Er 
war künstlerischer Leiter der »Sudetendeutschen 
Musikfeste« 1937 und 1938 in Teplitz-SchÖnau. 
Weitere Schriften: » Hören « und » Analysieren «. Zu 
Hugo Riemanns Analyse von Beethovens Klavier- 
Sonaten (ZifMw I, 1918/19) ; Das Problem der natio- 
nalen Musikgeschichte (Logos 1923); Über ein dä- 
nisches Schtu-Liederbuch, über Mitbewegungen und 
Gehaltsanalyse (ZfMw VI, 1923/24); Zur musika- 
lischen Romantik (Deutsche Vierteljahresschrift für 
Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte II, 
1924); Zur Typologie des musikalischen SchaffenSy 
Bericht über den Musikwissenschaftlichen Kon- 
greß in Basel . . . 1924 (Leipzig 1925) ; Klassik und 
Romantik, Bericht über den L Musikwissenschaft- 
lichen Kongreß ... in Leipzig . . . 1925 (Leipzig 
1926); Englische Musik (Handbuch der England- 
kunde II, Frankfurt 1929) ; Der musikalische Bau des 
montenegrinischen Volksepos (Archives Neerlandaises 
de Phonetique 1933) ; Die Lage der sudetetideutschen 
Musik (Sudetendeutschtum im Kampf 1936) ; Klei- 
ner Beitrag zur musikalischen Kultur- und Stammes- 
kunde der Sudetendeutschen (10 Jahre Städtische Mu- 
sikschule . . . Jubiläumsbericht, Neu-Titschein 
1937); Vom Schicksal sudetendeutschen Tonschaffetts 
(in: Die Pause, Wien 1938) ; Vom Reich zum Reich , 
der Weg der sudetendeutschen Tonkunst (1939). B. 
gab heraus : E. T. A. Hoffmann , Musikalische Werke, 
(2 Hefte, Leipzig 1922-23) und mit E. Sedlatschek 
das Liederbuch Singende Heunat (3 Bände, Rei- 
chenberg 1938). 

Lit.: K. Stanql, In memoriam G. B., Mf II, 1949. 

Beckmaii, Bror, * 10. 2. 1866 zu Kristinehamn, 
1 22. 7. 1929 zu Ljungsküe; schwedischer Kompo- 
nist, Schüler von J. Lindegren, war ab 1904 Mit- 

g ed der Königlichen Musikakademie, ab 1910 
rektor des Königlichen Konservatoriums in 
Stockhohn, 1915-23 staatlicher Inspektor des 
Schulmusikunterrichts. Schrieb: Symphonie F dur 
(1895) ; symphonische Dichtungen Om lyckan (Vom 
Glück, 1902) und I sommamätter (Sommernächte) 
für Streichorch. (1894); Flodsänger für Gesang 
und Orch. (1897); Ballade für Bar. und Orch. 
(1906); Bühnenmusik; Sonate A moll für V. und 
KL op. 1 (1893) ; Klavierstücke und Lieder. 

Lit. : W. Seymer, Fyra nyromantiker, STMf XXIII, 
1941. 

Beckxnaim, Gustav, * 28. 2. 1883 und f 14. 11. 
1948 zu Berlin; deutscher Musikhistoriker und 
-bibliothekar, studierte anfangs klassische Philo- 
logie, nach einem Bibliothekarsstudium in Berlin 
Musikwissenschaft unter J.Wolf und H. Kretzsch- 
mar und promovierte dort 1916. Seine Disser- 
tation erschien 1918 vollständig als Budi: Das 
Violinspiel in Deutschland vor 1700; eine Beispiel- 
sammlung zu ihr in 5 Heften erschien 1921 (So- 
naten von Cima, Uccellini, Blcyer, Boeddeker, 
Fischer, Schmelzer, Walther, Westhoff, Albi- 
castro). Er bearbeitete die Musikalische Zeit- 
schriftenschau in mehreren Jahrgängen der ZIMG 
sowie der ZfMw und veröffentlichte 1917 
als Publikation der Gluck-Gesdlschaft Glucks Oden, 
1917/18 Glucks Sonaten für 2 V., Vc. und KL so- 


122 



Bddos de Celles 


wie 1941 als Band 17 der RD J. J. Walthers Scherzi 
da Violino solo con il hasso continuo . 1919-25 war er 
Dirigent der Berliner Kammerkonzert-Vereini- 
gung (Aufführungen alter Musik). 

Lit.: W. Schmidt in Mf II, 1949, S. 91 f. 

Beckmann, Wilhelm Gustav, * 16. 1. 1865 zu 
Bochum, f 8 . 8. 1939 zu Essen; deutscher Kirchen- 
musiker, Schüler des Königlichen Instituts für 
Kirchenmusik in Berlin, wurde 1893 Gymnasial- 
lehrer, 1894 Dirigent des evangelischen Kirchen- 
chores und 1896 Organist an der Kreuzeskirche in 
Essen. Er gründete 1899 den Evangelischen Or- 
ganistenverein für Rheinland und Westfalen und 
1908 in Berlin den Verband evangelischer Kirchen- 
musiker Preußens. 1915 gründete er die Zeit- 
schrift »Der evangelische Kirchenmusiker«. Er 
stand zu Max Reger in freundschaftlichen Be- 
ziehungen. B. gab mehrere Orgelkompositionen 
und Gesangbücher heraus und schrieb mit D. 
Hackenberg und Klingemann Grundsätze und 
Richtlinien Jür Pfarrer und Organisten (1911). 

Beckwith (b'ekwiö), John Christmas, * 25. 12. 
1750 und f 3. 6. 1809 zu Norwich; englischer 
Komponist, wurde 1794 Organist an der Petri- 
kirche und 1808 an der Kathedrale von Norwich, 
1803 Doktor der Musik zu Oxford. Er schrieb ein 
Orgelkonzert, Klaviersonaten, Anthems, Glees 
und Lieder, von denen einige populär wurden. 
Sein Sohn John Charles, * 1788, f 11. 10. 1819, 
wurde sein Nachfolger. 

Becqui£ (bekj'e:), A., * um 1800 zu Toulouse, 
1 10. 11. 1825 zu Paris; Schüler des Pariser Conser- 
vatoire, war 1. Hötist der Opdra Comique. Für die 
Fl. schrieb er brillante Rondos, Variationen und 
Phantasien. - Sein Bruder Jean-Marie, genannt 
B. de Peyreville, * 1797 zu Toulouse, 7 1876, 
zeichnete sich als Violinist aus (Schüler von R. 
Kreutzer), war viele Jahre Orchestermitglied des 
Thdätre Italien und gab einige Kompositionen für 
V. heraus. 


Beövafovsky (b'etjvarjovski:), Anton Felix 
(Beczwarzowsky), * 9. 4. 1754 zu Jungbunzlau 
(Böhmen), f 15- 5. 1823 zu Berlin; tschechischer 
Komponist, Schüler von Kucharcz, wurde 1777 
Organist an der Jakobskirche in Prag, 1779 an der 
Hauptkirche in Braunschweig, gab aber 1796 seine 
Stelle auf und zog nach Bamberg, 1800 nach Ber- 
lin. Er veröffentlichte Sonaten und Konzerte für 
Kl. sowie Lieder und Gesänge (Körners Leier und 
Schwert). 

Beda venerabilis, * 672 zu Girwick (Diözese 
Durham), f 26* 5. 735 zu Tarrow; englischer Kir- 
chenhistoriker, trat 679 dem Benediktinerorden 
bei, war Schüler des Abtes von Wearmouth und 
Jarrow, Benedikt, sowie von Johannes, dem im 
päpstlichen Auftrag nach England gekommenen 
Lehrer im Choralgesang. Von B.s Werken enthält 
die Historia ecclesiastica gentis Anglorum wertvolle 
Nachrichten über den gregorianischen Choral und 
die Geschichte seiner Verbreitung in E n gl and. Ein 
unter seinem Namen überlieferter Traktat Musica 
theorica kann ihm nicht mit Sicherheit, aber doch 
mit großer Wahrscheinlichkeit zugeschrieben wer- 
den. 


Ausg.: »Historia ecclesiastica gentis Anglorum«, in: 
Migne, Patr. lat. 95; »Musica theorica«, in: Migne, 
Patr. lat. 90. 

Bedford (b'adferd), Herbert, * 23. 1. 1867 und 
t 13. 3. 1945 zu London; englischer Komponist 
und Maler, trieb seine musikalischen Studien an 
der Guildhall-Musikschule und war ab 1918 vor 
allem als Komponist von a-cappella-W erken be- 
sonderer deklamatorischer Prägung hervorgetre- 
ten. Er war verheiratet mit Liza Lehmann. Von 
seinen Werken seien genannt die Oper Kit Mar- 
lowe (1897), die Ouvertüre Sowing the Wind (1897), 
die Orchestersuite Queen Mab (1900, nach Shake- 
speares Romeo und Julia) 9 Milodie solenneile für 
Streicher (1905), eine symphonische Phantasie The 
Optimist (1922), Intermezzo concertante für V. und 
Orch., Divertimento für KL und Streichorch. 
(1926), Vox veris , Szene für S. und Orch. (1913), 
6 Gesänge mit Streichquartett, 8 imbegleitete Ge- 
sänge und ein Klavierquintett (1894). Er schrieb 
einen Essay on Modem Unaccompanied Song (Lon- 
don 1923) und Robert Schumann (London und New 
York 1925, Neudruck London 1933). 

Bedinger, Hugo, * 30.3.1876 zu Stockholm, 
t 9. 11. 1914 zu Västeräs; schwedischer Kompo- 
nist, studierte am Stockholmer Konservatorium, 
war 1897-1900 in den Vereinigten Staaten, wurde 
1901 Organist in Hudiksvall, 1904 Domorganist in 
Västeräs. Er schrieb: Oratorium Bethania, Belsazar 
für Singstimme und Orch., Violinsonate Fdur, 
Klavierstücke, Lieder und Männerchöre. 

Bedingham (b'sdighsem; auch: Bedyngham de 
Anglia, Bedingham Langensteiß), englischer Kom- 
ponist des 15. Jh. Von ihm sind erhalten: Missa 
Deuil angoisseux, auf eine Chanson von Binchois; 

4 Chansons: Grant temps ay en desirie ; Leserviteur ; 
Mon seul plaisir, ma doulce joye und Dürer ne puis 
(dieses auch Dunstable zugeschrieben) . Sämtliche 
Stücke sind 3st. Außerdem 3 Konkordanz-Stim- 
men zu Dunstables O rosa bella. Die inj. Baldwins 
Motettenhandschrift im British Museum einem 
John Bedingham zugeschriebenen 3 Stücke von 
Motetten (Manus Dei t Salva Jesu 9 Vide dire) sind 
wahrscheinlich auch von ihm. 

Ausg.: Chansons Grant temps, Le serviteur u. Kon- 
kordanz-Stimmen zu O rosa bella, hrsg. v. G. Adler 
u. O. Koller, DTÖ VII, 1900; Missa Deuü angois- 
seux, hrsg. v. R. v. Ficker, DTÖ XXXI, 1924. 

Bddos de Celles, Dom Francois (auch kurz 
Dom Bödos genannt), * 24. 1. 1709 zu Caux bei 
Beziers, + 25. 11. 1779 zu Saint-Denis; franzö- 
sischer Orgelbauer, trat 1726 zu Toulouse in den Be- 
nediktinerorden ein. B. schrieb ein hochbedeuten- 
des Werk: Dort dufacteur d’orgues (Die Kunst des 
Orgelbauers, 1766-78, 3 Foliobände; ein 4. Teil 
enthalt eine imbedeutende Geschichte der Orgel, 
diese deutsch von J. Chr. Vollbeding, 1793). Das 
Werk liegt allen späteren (besonders dem Töpfers) 
zugrunde, und die vorzüglichen Zeichnungen 
wurden imm er wieder benutzt. B. schrieb auch 
einen Prüfungsbericht über die neue Orgel der 
Markuskirche in Tours (1762 im Mercure de 
France), der in Übersetzung von J. F. Agricola in 
Adlungs Musica mechanica organoedi auf genommen 
ist. 

Ausg.: »L*art du facteur d*orgues«, photomecha- 
nische (verkleinerte) Ausg. v. Chr. Mahrenholz, 


123 


Beecham 


Kassel 1936; darin Prüfungsber. über d. Org. zu 
Tours; deutsche Übers, d. Ber. v. J. F. Agricola im 
Faks. hrsg. v. Chr. Mahrenholz, Kassel 1932. 
Lit.: F. Raugel, Les Ldpine et dom F. B. de C., in: 
Bull, de la sog. fr?, de musicologie I u. II, 1917 u. 
1918; ders., Recherches sur quelques mattres de 
Pandemie facture d’orgues fr?., Paris 1925 (darin auch 
mehrere Ber. über Orgeln); vgl. auch Chr. Mahren- 
holz. Die Orgelregister, Kassel 1930, 21944. 

Beecham (b'iitjom), Thomas (Baronet, Sir), 
* 29. 4. 1879 zu Liverpool; englischer Dirigent, 
als Sohn eines zum Baronet geadelten Kaufmanns 
am Wadham College der Universität Oxford er- 
zogen, bildete sich vorwiegend autodidaktisch 
zum Musiker und Dirigenten heran. Nach Arbeits- 
erfahrungen beim Hand-Orchester in Manchester 
debütierte er 1906 mit einem eigenen Orchester in 
London, wobei er sich besonders für Delius 
einsetzte. 1909-19 widmete er sich vorwiegend der 
Oper und führte, meist in Erstaufführung für Eng- 
land, Mozart und Verdi, aber auch Wagner (m 
englischer Sprache) und Strauss auf. Für seine Ver- 
dienste wurde er 1916 geadelt (Sir). Seine in dem 
Kampf tun eine ständige Oper angeschlagenen 
Vermögensverhältnisse zwangen ihn 1919-28 zu 
Auftrittseinschränkungen. 1928 zum Chefdiri- 
genten des London Symphony Orchestra gewählt, 
unte rnahm er bis 1933 erstmals Konzertreisen nach 
Amerika und auf dem Festland auch nach Deutsch- 
land. Die größten Erfolge, vor allem für Delius, 
Sibelius und Strauss, errang er in der Folge mit dem 
von ihm gegründeten London Philharmonie Or- 
chestra. Während des Krieges auf (nicht unum- 
strittenen) Gastspielreisen in Amerika, gründete er 
1946 in London erneut ein Ensemble, das Royal 
Philharmonie Orchestra, dessen Interpretationen 
vorwiegend spätromantischer Sinfonik auch über 
SchaUplattenaiifnahmen weltbekannt wurden. B. 
schrieb eine 2bändige Autobiographie A Mingled 
Chime (London 1944). 

Lit.: B. Geissmar, The Baton and the Jackboot, 
London 1944, 3 ' 4 1945, deutsch als : Musik im Schatten 
d. Politik, Zürich (1945). 

Beecke, Ignaz von (Beck^, * 28. 10. 1733 zu 
Wimpfen im Tal, f 2. 1. 1803 zu Wallerstein; 
deutscher Komponist, stand zuerst im Militär- 
dienst, 1792 als Major pensioniert, war anschei- 
nend früh persönlicher Adjutant des Erbgrafen 
(1774 Fürsten) Emst Kraft von Öttingen-Waller- 
stein. B. war ein vorzüglicher Pianist, wiederholt 
auf Reisen, u. a. in Paris und Wien, wo er 
starke Einflüsse für sein kompositorisches Schaf- 
fen auf nahm. Er war bekannt mit Gluck, der eine 
Oper B.s für seine Bearbeitung des gekürzten 
Quinaultschen Roland zu benutzen beabsichtigte, 
mit Jommelli, Mozart und Haydn. Sein Schaffen 
umfaßt mehrere Singspiele (darunter Claudine von 
Villa Bella von Goethe), das Oratorium Die Auf- 
erstehung, Symphonien, 6 Quartette für EL, V., Va 
und B. (1791), 4 Duospour le clavecm et un violon 
(1767), für Kl. neben kleineren Stücken Sonaten 
und Variationen, weiter auch Kantaten und Lieder. 
B.s Klaviertrios zeigen bereits bedeutsame Ansätze 
zur Herausbildung des eigentlichen Pianofortestils 
und verdienen neben den Schobertschen Beach- 
tung; seine größte Bedeutung aber liegt in den von 
ihm geschaffenen Symphonien. 


Lit.: L. Schiedermair, Die Blütezeit d. öttingen- 
Wallerstein’schen Hofkapelle, SIMG IX, 1907/08; 
A. Diemand, Joseph Haydn u. d. Wallersteiner Hof, 
in: Zs. d. Hist. Ver. f. Schwaben u. Neuburg 43, 1921 ; 
F. Munter, J. v. B. u. seine Instrumentalkomposi- 
tionen, Diss. München 1921, Teildruck davon in 
Zf Mw IV, 1921/22; E. F. Schmid,J. v. B., in: Lebens- 
bilder aus dem Bayer. Schwaben I, München 1951. 

Beer, Jakob Liebmann -* Meyerbeer. 

Beer, Johann (Bähr, Baer, Behr, Ursus, Ursinus), 
* 28. 2. 1655 zu St. Georgen (Oberösterreich), f 6. 
8. 1700 zu Weißenfels; österreichischer Violinist 
und Schriftsteller, wuchs im Benediktinerkloster 
Lambach und in Regensburg auf, wo er mit 20 Jah- 
ren Musik zu einem Schuldrama Mauritius Impe- 
rator und 4 Trauerarien (diese erhalten) kompo- 
nierte, ging 1677 zum Theologiestudium nach 
Leipzig und lernte dort den damaligen Thomas- 
kantor S. Knüpfer kennen, trat jedoch schon 1677 
auf Anraten D. Pohles in die Hofkapclle zu Halle 
ein. Audi nach Übersiedlung des Herzogs nach 
Weißenfels wirkte B. als Konzertmeister und Bi- 
bliothekar. Wichtiger als einige weitere Kompo- 
sitionen und eine Anzahl Romane sind 2 Streit- 
schriften gegen Vockerodt (Ursus mxmnurat und 
Ursus vulpinatur , beide in deutscher Sprache, Wei- 
ßenfels 1697, erstere auch Weimar 2 1697), eine 
Schola phonologica (handschriftlich) sowie vor allem 
die Musicalisdien Discurse . . . nebst einem Anhang 
. . . der Musicalische Krieg (Nürnberg 1719; der 
Musicalische Krieg separat bereits o. O. 1701). 
Darin übt er an musikalischen Institutionen und 
Regeln der Barockzeit vom Standpunkt des Prak- 
tikers und Empirikers aus Kritik. 

Ausg.: Teile d. Musicalischen Discurse in Cäcilien- 
kalender X, 1885, u. KmJb I-IV, 1886-89: 2 Romane 
als: Das Narrenspital, hrsg. v. R. Alewyn, Rowohlts 
Klassiker IX, Hamburg (1957). 

Lit.: J. Mattheson, Critica musica II, Hamburg 
1722; ders., Grundlage einer Ehren-Pforte, Hamburg 
1740, neu hrsg. v. M. Schneider, Bin 1910; A. Wer- 
ner, Städtische u. fürstliche Musikpflege in Weißen- 
fels, Lpz. 1 9 1 1 ; R. Alewyn, J. B., Studien zum Roman 
d. 17. Jh., Lpz. 1932; H. Krause, J. B., Diss. Lpz. 
1935. 

Beer, Joseph, * 18. 5. 1744 zu Grünwald (Böh- 
men), f 1811 zu Potsdam; böhmischer Klarinettist, 
war zuerst Trompeter, ab 1758 im österreichischen 
Heer, später in französischenDiensten. InParis lernte 
er das Klarinettenspiel, ging 1780 auf Reisen, wurde 
1784 (bis 1792) Kammermusiker in St. Petersburg, 
reiste 1794-96 mit Fr. Witt, dann Mitglied der 
Hof kapelle in Potsdam. B. verbesserte die Klarinette 
durch Hinzufügung der 5. Klappe, schrieb Klari- 
nettenkonzerte und -stücke. H. J. Bärmann war 
sein Schüler. 

Lit: L. Schiedermair, Die Blütezeit d. öttingen- 
Wallerstein’schen Hofkapelle, SIMG IX, 1907/08; R.- 
A. Mooser, Annales de la musique . . . en Russie II, 
(Genf 1951). 

Beer, Leopold J., * 1. 9. 1885 zu Klcment (Nie- 
derösterreich); österreichischer Komponist, war 
nach seinen Musikstudien 1905-16 Lehrer an ver- 
schiedenen Privatmusikschulen, Organist an der 
Minoritenkirche, wurde 1912 Leiter eines eigenen 
Musikinstituts und 1919 Lehrer für Gesang am 
Bundesrealgymnasium Hernals. Er schrieb Chor- 
musik, Stücke für Kl., V., Vc. und auch Lieder. 


124 



Beethoven 


Beer (b'i:j), Sidney, * 8. 11. 1899; englischer 
Dirigent, studierte am Royal College o£ Music in 
London, an der Musikakademie in Wien und am 
Mozarteum in Salzburg, debütierte als Dirigent 
1932, kam 1933 zum London Philharmonie Or- 
chestra, gründete 1941 das National Symphony 
Orchestra. B. wurde bekannt durch Konzertreisen 
in England, Frankreich und der Schweiz sowie 
durch Schallplattenaufnahmen. 

Beer-Walbrunn, Anton, * 29. 6. 1864 zu Kohl- 
berg bei Weiden (Oberpfalz), f 22. 3. 1929 zu 
München; deutscher Komponist, war zuerst Leh- 
rer in Amberg und Eichstätt, dort zugleich Dom- 
organist, studierte 1888-91 in München bei Rhein- 
berger, H. Bußmeyer und L. Abel, lebte dann in 
München mit Unterstützung des Grafen Schack als 
freier Komponist, bis er 1901 an der Münchner 
Akademie Lehrer für Komposition, Kontrapunkt, 
Harmonielehre und Klavier wurde; 1908 Profes- 
sor. Er schrieb die Opern Sühne , Don Quixote , Das 
Ungeheuer , Der Sturm ; Schauspielmusiken zu 
Shakespeares Hamlet und Sturm; Der Luftgeister 
Gesang für Chor und Orch. op. 7, Mahomets Ge- 
sang für Chor und Orch. op. 16, kleinere Chor- 
werke, Der Polenflüchtling für Bar. und Orch. op. 
31, 10 Sonette nach Shakespeare op. 34, Lieder; 
Symphonie Edur op. 36; Orchesterphantasie 
Künstlerleben op. 11; Wölkenkuckucksheim : 3 Bur- 
lesken für Orch. op. 40; Lustspielouvertüre op. 61 ; 
Violinkonzert op. 52, Violinsonate op. 30, Violin- 
phantasie op. 3, Cellosonate op. 15, Ode für Vc. 
und KL op. 20; Klavierquartett op. 8, Klavier- 
quintett op. 70, Streichquartette op. 4, 6, 14, 19, 
26; Orgelsonate op. 32, 3 Orgelfugen op. 28, 
2 Heine Orgelfugen op. 29; Fantasie-Sonate für 
KL op. 58, Reisebilder für Kl. op. 21. Deutsche Suite 
für KL 4händig, auch für Orch., op. 22. 

Lit. : Werkverz. v. A. Ott, hs. in d. Städt Musikbibl. 
München. - O. G. Sonneck, A. B.-W., in: Suum 
cuique, NY 1916; A. B.-W., Selbstbiogr., NMZ 
XXXVIII, 1917; K. Blessinger, A. B.-W., Musik im 
Leben V, 1929; W. Zentner, A. B.-W., ZfM CVIII, 
1941 ; L. Schiedermair, Musikal. Begegnungen, Köln 
u. Krefeld 1948. 

Beethoven, Ludwig van, getauft 17. 12. 1770 
zu Bonn, daher wahrscheinlich. * 16. 12., + 26. 3. 
1827 zu Wien. Sein Vater Johann (* um 1740 und 
1 18. 12. 1792 zu Bonn) war Tenorist an der kur- 
fürstlichen Hofkapelle und heiratete am 12. 11. 
1767 Maria Magdalena Keverich, verw. Leym aus 
Ehrenbreitstein (1746-87), B.s Mutter; sein Groß- 
vater Ludwig (getauft 5. 1. 1712 zu Mecheln, 1 24. 
12. 1773 zu Bonn) war Singknabe der Kathedrale 
St. Rombaut in Mecheln, Chorleiter und Bassist in 
Löwen und Lüttich, ab 1733 in der kurfürstlichen 
Hofkapelle in Bonn, 1761 dort Hofkapellmeister. 
Das aus dem flämischen Brabant stammende Ge- 
schlecht übte seit zwei Generationen berufsmäßig 
Musik aus, doch komponierte weder der Vater 
noch der Großvater. Das schon frühzeitig hervor- 
tretende Talent B.s fand durch den wenig pädago- 
gisch veranlagten Vater keine geordnete Pflege, 
zumal der Vater auch ein schlechter Haushalter 
und nicht in der Lage war, guten Unterricht zu 
bezahlen. Die als B.s Lehrer genannten Musiker 
G. van den Eeden (ab 1727j Hoforganist, + 1782), 
Tob. Friedrich Pfeiffer (nur 1779/80 in Bonn), der 


Violinist G. Rovantini (j* 1781) haben auf diesen 
Ehrentitel wohl kaum höheren Anspruch als die 
beiden Kloster- und Stadtorganisten Pater W. 
Koch und Zeese, die um 1780 den Knaben mit der 
Orgelkunst bekannt machten. Als (15. 2. 1781) 
Chr. G. Neefe als Vizehoforganist angestellt wurde, 
war der 10jährige B. trotz mangelnden metho- 
dischen Unterrichts so weit vorgeschritten, daß er 
schon Mitte 1782 seinen Lehrer an der Orgel amt- 
lich vertreten durfte und ein Jahr später als Ak- 
kompagnist an der Hof kapelle angestellt wurde. Da 
der Vater ihn bereits am 26. 3. 1778 in einem Köl- 
ner Konzert als Pianisten hatte auftreten lassen, und 
1781 die Mutter einen (mißglückten) Versuch ge- 
macht hatte, ihn in Rotterdam als Wunderkind zu 
zeigen, 1783 schon drei dem Kurfürsten gewid- 
mete Klaviersonaten im Druck erschienen, und 
Neefe in Cramers Magazin (März 1783) ihn der 
Musikwelt als einen zweiten Mozart vorstellte, so 
ergibt sich, wie sehr der Knabe durch seine musi- 
kalische Begabung die Aufmerksamkeit auf sich 
zog. Den Weg zur Meisterschaft indessen mußte 
er selbst finden. Die Praxis in der Hof kapelle war 
seine eigentliche Schule und die Bekanntschaft mit 
dem zeitgenössischen Musikschaffen vermittelte 
B., was die schulmäßige Musiklehre ihm damals 
gar nicht hätte geben können. Der Schulunterricht 
war 1781 mit Absolvierung der lateinischen Tyro- 
nenschule (Vorschule fürs Gymnasium) beendet, 
so daß auch die allgemeine BÜdung B.s auf auto- 
didaktischem Wege und durch Anregungen im 
Verkehr mit hochgebildeten Familien, besonders 
der ihm befreundeten Familie von Breuning, sich 
allmählich vcrvollkommnete. Neef es Verdienst 
war dabei, B. mit dem damals nur handschriftlich 
existierenden Wohltemperierten Klavier von J. S. 
Bach bekannt gemacht und seinen Schüler künst- 
lerisch wie menschlich nachhaltig gefördert zu 
haben. Vermutlich auf Fürsprache Neef es wurde 
B. 1787 vom Kurfürsten nach Wien beurlaubt, um 
Mozarts Schüler zu werden. Aber die Nachricht 
von der tödlichen Erkrankung seiner Mutter rief 
ihn schon nach wenigen Wocnen nach Bonn zu- 
rück. Nach ihrem Tode verlor die Familie den 
festen Halt, ließ der Vater die Zügel schleifen und 
wurden die häuslichen Verhältnisse immer trau- 
riger und trostloser, so daß B. den Haushalt und 
die Fürsorge für die Familie in die Hand nehmen 
mußte. Dabei ging er in den letzten Bonner Jahren 
gewissenhaft seinen dienstlichen Obliegenheiten in 
der Kirche, den musikalischen Akademien und im 
neueröffneten Nationaltheater nach und kompo- 
nierte fleißig. Es sind aus dieser Zeit an 50 Kompo- 
sitionen B.s bekannt. Von 1792 ist ein Stammbuch 
erhalten (heute in der Wiener Fideikommißbiblio- 
thek), das die Bonner Freunde und Gönner B.s 
dem aus seiner rheinischen Heimat Scheidenden 
mit Versen und Wünschen auf seine neue Reise 
nach Wien mitgaben. Dort findet sich der denk- 
würdige Eintrag des Grafen Ferdinand von Wald- 
stein: »lieber Beethoven! Sie reisen itzt nach 
Wien zur Erfüllung ihrer so lange bestrittenen 
Wünsche. Mozarts Genius trauert noch und be- 
weinet den Tod seines Zöglings. Bey dem uner- 
schöpflichen Hayden fand er Zuflucht, aber keine 
Beschäftigung; durch ihn wünscht er noch einmal 
mit jemanden, vereinigt zu werden. Durch unun- 
terbrochenen Fleiß erhalten Sie: Mozarts Geist aus 


125 



Beethoven 


Haydens Händen. Ihr wahrer Freund Waldstein.« 
Damit war dem 22jährigen die hohe Aufgabe, wie 
er sie selbst sich gewünscht hat, eindringlich vor- 
gezeichnet: des von Haydn und Mozart geprägten 
Stils der musikalischen Komposition sich zu be- 
mächtigen mit dem Ziel, schaffend darüber hinaus- 
zuwachsen als der kommende Meister. Den Emp- 
fehlungen des Grafen, der sich des jungen B. 
freundschaftlich angenommen hatte und auf dessen 
künstlerische Zukunft bedeutenden Einfluß neh- 


Künsdertums angemessen. So wohnte B. min- 
destens zwei Jahre (1794-96) im Palais des Fürsten 
Lichnowsky, und 1809 fand ihn Reichardt als 
Hausgenossen des Grafen Erdödy, dessen Gattin 
B. das Klaviertrio op. 97 und die Cellosonaten 
op. 102 zugeeignet hat. Innige Freundschaft ver- 
band B. mit dem Grafen Franz von Brunswik, 
herzliche Zuneigung mit dessen Schwestern The- 
rese und Josephine. In einer der beiden Schwestern 
wird die Adressatin der berühmten Briefe B.s an 


men sollte, ist es jedenfalls in erster Linie zu dan- 
ken, daß B., als er zum zweiten Male (mit Stipen- 
dium des Kurfürsten) nach Wien zog (um es nicht 
wieder . zu verlassen), eine auszeichnende Auf- 
nahme in den Zirkeln der Adelswelt fand. B. ver- 
ewigte den Namen seines Gönners durch Zueig- 
nung der »Waldstein-Sonate« op. 53. Statt des im 
Jahre 1791 gestorbenen Mozart sollte nun Haydn 
B.s Lehrer werden, was gelegentlich der persön- 
lichen Begegnung mit ihm in Bad Godesberg ver- 
abredet worden war. B. ist mit zahlreichen in 
Bonn geschriebenen Kompositionen in Wien an- 
gekommen, die in buntem Wechsel mit neuen in 
Wien komponierten Werken in den nächsten zehn 
Jahren, zumeist wohl stark überarbeitet, in Druck 
gegangen sind. Nicht nur in seinen frühesten Ju- 
gendwerken, sondern auch noch in späteren, sind 
die Einflüsse der Mannheimer Instrumentalmusik, 
die in der Bonner Hofkapelle besonders gepflegt 
wurde, unverkennbar; jedoch gewinnt die starke 
Schöpferkraft B.s dem neuen Instrumentalstil bald 
neue Seiten ab. Aus dem beabsichtigten Studium 
bei Haydn wurde insofern nicht viel, als Haydn 
zum Lehrer nicht geschaffen war. Zwar hat B. 
einen Kursus in der Kompositionslehre bei ihm 
absolviert, aber hinter Haydns Rücken arbeitete er 
bei J. Schenk, dem Komponisten des Dorfbarbier, 
und ging mit den von Schenk korrigierten Arbei- 
ten zu Haydn. Diese gutgemeinte Mystifikation 
hielt bis zum Antritt der zweiten Londoner Reise 
Haydns (Anfang 1794) an. Von da an erhielt B. 
15 Monate lang von Albrechtsberger systemati- 
schen Unterricht im Kontrapunkt; nebenher hatte 
er wahrscheinlich schon ab 1792 bis mindestens 
1802 bei A. Salieri zwanglos Studien in der ita- 
lienischen Gesangskomposition getrieben. Von 
Einfluß, besonders auf dem Gebiet der Kammer- 
musik, war E. A. -> Förster, den B. gelegentlich 
»seinen alten Meister« nannte und dessen Streich- 
quartette, die er beim Fürsten Lichnowsky hörte, 
er für seine 6 Streichquartette op. 18 zum Vorbild 
n a hm . Seit der französischen Invasion und der Auf- 
hebung des Kölner Kurfürstentums (1794) fielen 
die Unterstützungen von Bonn fort, und B. war 
auf Unterrichtsgdder und Honorare aus seinen 
Kompositionen angewiesen. Abgesehen von den 
wenigen in der Bonner Zeit gedruckten Werken 
hat B. bis 1795 mit Veröffentlichungen zurück- 
gehalten und ist als Klavierspieler und Komponist 
vornehmlich in den Salons seiner Wiener Protek- 
toren aufgetreten. 1795 spielte B. im Burgtheater 
sein B dur-Konzert op. 19 öffentlich und in einem 
Benefizkonzert zugunsten der Witwe Mozarts das 
D moll-Konzert von Mozart. Als op. 1 gab er drei 
dem Fürsten Karl Lichnowsky gewidmete Kla- 
viertrios heraus. Das Verhalten des Wiener Adels 
gegen den jungen B. war ganz außergewöhnlich 
der mehr oder minder bewußten Erkenntnis seines 


die »Unsterbliche Geliebte« vermutet. Einer ehe- 
lichen Verbindung stand als unüberwindliches 
Hindernis der Standesunterschied entgegen. Seit 
1801 hatte Stephan von Breunin g eine Anstellung 
im Wiener Hofkriegsrat gefunden, 1801-05 war 
Ferdinand Ries in Wien B.s Schüler; damit be- 
lebten sich die Beziehungen zur rheinischen Hei- 
mat neu. Von B.s Gönnern und ihm dauernd 
' näherstehenden Persönlichkeiten seien noch her- 
vorgehoben: der russische Botschafter am Wiener 
Hof, Graf Rasumo wsky, dem B. die drei Streich- 
quartette op. 59 widmete, die der Graf ein Jahr 
lang im Alleinbcsitz hatte, bevor sie im Druck er- 
schienen; Fürst Nikolaus Eszterhdzy, für den B. 
die Messe in Cdur op. 86 komponierte; Erz- 
herzog Rudolph, der mindestens 1805-12 B.s 
Kompositionsschüler war und für dessen Inthroni- 
sation als Erzbischof von Olmütz er die Missa 
solemnis op. 123 schrieb; Graf Moritz von Lich- 
nowsky, ein Bruder des Fürsten, dem B. die Va- 
riationen op. 35 zueignete; Freiherr Ignaz von 
Gleichenstein, dem er die Cellosonate op. 69 
widmete; der Hofsekretär Nikolaus von Zme- 
skall, der als Cellist in Lichnowskys Kammer- 
musiksoireen mitwirkte, der Violinist Schupp an- 
zigh und der Wiener Tuchhändler Johann Nepo- 
muk Wolfmayer, dem B. sein letztes Streich- 
quartett op. 135 widmete und der ihm als »Dran- 
gabe« für ein Requiem 1000 Gulden schenkte. 
Nahezu sämtliche Werke B.s sind »Auftrags«- oder 
»Widmungskompositionen« gewesen, wovon er 
seinen Lebensunterhalt bestritt. Seit B. Bonn als 
Hoforganist verlassen hatte, nahm er niemals mehr 
eine Stellung an, lebte vielmehr ausschließlich der 
Komposition. Seine Werke wurden gut bezahlt, 
zudem bezog er vom Fürsten Lichnowsky seit 1800 
jährlich ein Gehalt von 600 Gulden. Als 1808 
Jeröme Bonaparte B. als Nachfolger Rcichardts 
nach Kassel zu ziehen versuchte, vereinigten sich 
Erzherzog Rudolph, Fürst Lichnowsky und Fürst 
Kinsky und garantierten B. zusammen jährlich 
4000 Gulden mit der einzigen Bedingung, daß er 
seinen Wohnsitz in Wien beibehält und die Stadt 
nur vorübergehend verläßt nach jewcüiger Ver- 
ständigung mit seinen Gönnern. Zwar schmolz 
dieser Betrag durch die Valuta-Regulierung des 
österreichischen Staates im Jahre 1811 zusammen, 
doch verblieb ihm dauernd ein namhafter Ehren- 
sold. Trotz dieser vielfachen Beziehungen zur 
weltlichen und geistlichen Fürsten- und Adclswclt 
war B. kein Liebediener und Hofmann, blieb viel- 
mehr sein Leben lang Demokrat und Republikaner. 
1795 waren B.s Brüder nach Wien übergesieddt; 
Kaspar Anton Karl (1774-1815) fand .Amstellung 
als Kassenbeamter, Nikolaus Johann (1776 bis 
1848) als Apothekerlehrling (1808 Apotheker in 
Linz, 1819 Gutsbesitzer in Gneixendort bei Krems). 
Das herzliche Verhältnis B.s zu seinen Brüdern 


126 



Beethoven 


wurde erst gestört mit deren Ehen, die B. nicht 
billigen konnte. Eine Zeit kleinlicher Quälereien 
und Schikanen begannen für ihn nach dem Tode 
seines Bruders Kan (1815), für dessen Sohn er die 
Vormundschaft übernahm, wodurch er in viele 
Streitigkeiten mit dessen Mutter verwickelt wurde. 
Der Neffe Karl (1806-58) hat ihm vid Kummer 
bereitet. Von tief eingreifendem Einfluß auf die 
Gestaltung seines Lebens war ein um 1795 begin- 
nendes, sich immer mehr verschlimmerndes Ge- 
hörleiden, das bereits 1808 zu starker Schwerhörig- 
keit und gegen 1819 zu völliger Taubheit führte. 
Anfangs schämte B. sich seines Leidens und suchte 
es zu verbergen. Er zog sich mehr und mehr aus 
der Öffentlichkeit zurück, mußte 1808 auch das 
Konzertieren aufgeben und wurde zu einem ver- 
einsamten Sonderling, der nur im kleinen Kreise 
vertrauter Freunde sich öffnete. Höhepunkt und 
zugleich innere Überwindung des Leidens durch 
einen am Rand der Verzweiflung Stehenden be- 
zeugt das als Abschiedsbrief an seine Brüder 1802 
niedergeschriebene »Heiligenstädter Testament« 
(Faks.-Ausgabe Berlin 1920, Weimar 1947, Ham- 
burg 1949). Ab 1819 war die Verständigung mit 
ihm nur noch schriftlich möglich; für ehe letzten 
Lebensjahre spielen daher die etwa 140 von 400 
erhaltenen Konversationsbücher in Taschenformat 
eine wertvolle Quelle für seine Biographie (Her- 
ausgabe begonnen vonW. No hl, München 1923/ 
1924, fortgesetzt in 3 Bänden, hrsg. von G. 
Schünemann, Berlin 1941-43). Als tägliche Be- 
sucher sind für die Zeit von 1809-19 ergänzend zu 
nennen: Franz Oliva, dem B. die Klaviervariatio- 
nen op. 76 widmete, und für die letzte Lebenszeit 
sein »Sekretär« A. -> Schindler und K. Holz. 
B.s bis auf einzelne Störungen robuste Gesundheit 
fing um 1825 an zu wanken. Ein chronisches, mit 
der Leberzirrhose endendes Darmleiden nahm all- 
mählich ernstere Formen an. Am 2. 12. 1826 hatte 
er sich im offenen Wagen auf der Rückfahrt von 
Gneixendorf, wo er mehrere Monate bei seinem 
Bruder verlebte, eine fiebrige Erkältung zugezo- 
gen, die ihn mit einer bedrohlichen Lungenent- 
zündung und folgender Wassersucht aufs Kran- 
kenlager warf. Mit Händels Werken, Schuberts 
Liedern und eigenen Entwürfen beschäftigt, 
glaubte er noch im Februar 1827 an Genesung. Je- 
doch verfielen seine Kräfte rasch. Am 24. 3. emp- 
fing er die Sterbesakramente und verschied am 
26. 3. nachmittags 5% Uhr während eines heftigen 
Gewitters. Anselm Hüttenbrenner drückte ihm die 
Augen zu. Die Beisetzung erfolgte drei Tage spä- 
ter. Unter dem Andrang von Tausenden bewegte 
sich der Trauerzug mit Fackeln - unter den 38 
Fackelträgem befand sich Franz Schubert - und 
umflorten Kerzen vom Schwarzspanierhaus nach 
dem Friedhof des nahen Dorfes Währingen. Am 
Tore zum Friedhof verlas der Schauspieler An- 
schütz die von Grillparzer verfaßte Grabrede. (Im 
Jahre 1888 wurden die Gebeine in ein Ehrengrab 
auf dem Wiener Zentralfriedhof übergeführt.) -Die 
Maske des Toten hat der Maler Joseph Dan- 
hauser geformt, wahrend der Wiener Bildhauer 
Franz IQein im Jahre 1812 die Gipsmaske des 
Lebenden abgenommen hatte. Die beiden Mas- 
ken ergänzen einander eindrucksvoll. Während 
Haydn sein Leben in einer noch unbedrohten Welt 
inmitten einer gepflegten aristokratischen Um- 


gebung führen durfte und Mozart den kommen- 
den revolutionären Aufbruch erst ahnungsvoll 
fühlte, kennt B. keinen versöhnlichen Einklang 
mehr mit einer gegebenen Welt, wenn er sich zu- 
ruft: »Für dich, armer Beethoven, gibt es kein 
Glück von außen; du mußt alles in dir selbst 
schaffen, nur in der idealen Welt findest du 
Freunde.« Dieser idealistische Grundzug seines 
Wesens laßt ihn Zweifel und Leid, seine harte 
Jugend, sein unsäglich schweres Gehörleiden, seine 
bitteren Enttäuschungen mit den Menschen und 
der Gesellschaft nicht als blindes Geschick erfahren, 
sondern als etwas, das durch die Willenskraft der 
freien sittlichen Persönlichkeit überwunden wer- 


den muß. »Wohltun, wo man kann, Freiheit über 
alles lieben, Wahrheit nie, auch am Throne nicht 
verleugnen.« Dieser glühende Idealismus der Frei- 
heit durchwaltet B.s Leben und Kunst, die als eine 
Erscheinung des Unerhörten, Niedagewesenen auf- 
ragt und ein idealistisches Manifest der Überwäl- 
tigung des Hörers zum Guten ist. In der Geistes- 
geschichte der Spätzeit des deutschen Idealismus 
nimmt die Kunst und Persönlichkeit B.s neben 
seinen Altersgenossen Hölderlin und Hegel (beide 
auch 1770 geboren) einen sehr hohen Rang ein. 
Im Mittelpunkt von B.s Musik stehen die Instru- 
mentalwerke. In ihnen gipfelt der Klassizismus in 
der Musikgeschichte, dessen Blütezeit mit 1781 
anhebt, wo Mozart von Salzburg nach Wien über- 
siedelt und Haydn in seinem op. 33 eine neue Stil— 
büdung der Streichquartett-Komposition schafft, 
an die Mozart in seinen sechs Haydn gewidmeten 
Streichquartetten anknüpft. Das Neuartige an B.s 
Instrumentalmusik bestellt in dem Dualismus der 


Themenbildung, dem Widerstreit von Gegen- 
sätzen im engsten Abstand, ja innerhalb der ein- 
zelnen Themen selbst. Diese thematisch-bestimm- 
ten Kontrastbüdungen bedingen eine imerhörte 
Häufung von Vortragsbezeichn ungen, besonders 
dynamischen. Gewiß handelt es sich dabei um 
eine erhöhte Subjektivität der Aussage, aber nicht 
weniger auch um stärkste kämpferische Bindung 
der kontrastierenden Teile zur Werkganzheit. In 
die Richtung solcher Bindung weisen auch die 
archaisierenden Züge in B.s letzten Werken, z. B. 
in der Tokkata mit Fuge von op. 110, der Chor- 
behandlung von op. 123, den Suitenelementen von 
op. 124 und der Choralbearbeittiag von op. 132. 
Die Ausbildung des neuen dialektischen Stils in der 
Musik ist von dem jungen Haydn aus über Mozart 
und den späten Haydn zu B. zu verfolgen, geht 
aber bei B. selbst noch von seinen auf der Höhe der 
Kunst Mozarts und Haydns stehenden Frühwerken 
fort zu den reifen Meisterwerken seit der »Sinfo- 
nia eroica« (op. 55, 1803). Besonders an den In- 
strumentalwerken ist der Fortgang der dialek- 
tischen Stilbildung zu ersehen. Doch ist die übliche 
(Lenzsche) Unterscheidung von drei Stilperioden 
von B.s Schaffen bedenklich und schwerlich auf- 
rechtzuerhalten, da selbst die kühnsten Wagnisse 
und neuartigen Verfeinerungen des rhythmischen 
Gefüges vereinzelt schon sehr früh auftreten. Wich- 
tig ist, daß die meisten Werke B.s jahrelang in 
seiner Phantasie gelebt haben, bevor er sie end- 
gültig niederschrieb. Das bedeutet eine veränderte 
Auffassung vom musikalischen Kunstwerk. In den 
älteren Epochen waren die verschiedenen Fassun- 
gen eines Kunstwerks nicht Stufen eines lang- 


127 



Beethoven 


wierigen Reifeprozesses, sondern Anpassungen an 
den jeweiligen Gebrauchszweck. Es gab nicht die 
einmalige, letztgültige Werkgestalt, sondern die 
verschiedenen Fassungen und Bearbeitungen stan- 
den mehr oder weniger gleichberechtigt neben- 
einander. Mit seinem langsamen Ausreif enlassen 
sagt B. sich von der älteren Kompositionspraxis 
und damit von der Massenproduktion der älteren 
Zeit los. Die äußerste Konzentration seines Schaf- 
fens zeigt sich schon darin, daß Haydn 77 Streich- 
quartette und mehr als 100 Symphonien schrieb, 
Mozart 26 Streichquartette und 48 Symphonien, 
B. dagegen 16 Streichquartette und 9 Symphonien. 
Eine unschätzbare Quelle zur Erkenntnis des Wer- 
dens seiner Werke und seiner Schaffensweise bil- 
den B.s Skizzenbücher. Ihr Gesamtumfang 
überschreitet 5000 Blätter; davon besitzt das Bon- 
ner B .-Archiv als Zentralstelle der internationalen 
B.-Forschung den größten Teil in Photokopien 
und bereitet eine GA der Skizzen vor. (Vgl. G. 
Nottebohm, 2 Skizzenbücher von B. aus den Jah- 
ren 1801-03, NA von P. Mies, Lpz. 1924; P. Mies, 
Die Bedeutung der Skizzen B.s... Lpz. 1925; 
L. v. B., ein Notierungsbuch aus dem Besitz der 
Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin, hrsg. von 
K. L. Mikulicz, Lpz. 1927; 3 Skizzenbücher zur 
Missa solemnis, hrsg. von J. Schmidt-Görg, Bonn 
1952; J. v. Hecker, Untersuchungen an den Skiz- 
zen zum Streichquartett Cismoll von B., Diss. 
Freiburg i. Br. 1956, maschr.). Die kritische GA 
der Werke B.s (von Rietz, Nottebohm, Reinecke, 
David, Hauptmann usw.) erschien in 24 Serien und 
Supplementband, Lpz. 1862-65. Dazu G. Notte- 
bohm, Themat. Verzeichnis der im Druck erschie- 
nenen Werke von B., Lpz. 1851, 21868, 31925 zu- 
sammen mit E. Kästner, Bibliotheca Beethoveniana, 
hrsg. von Th. v. Frimmel; G. Kinsky und H. 
Halm, Das Werk B.s, Thematisch-bibliographi- 
sches Verzeichnis seiner sämtlichen vollendeten 
Kompositionen, München-Duisburg (1955, um- 
faßt 808 Seiten, grundlegend) . Den reichsten Schatz 
an Origmalhandschriften B.scher Werke besitzt 
die Deutsche Staatsbibliothek in Berlin. - Es 
folgt hier die liste der mit Opuszahlen erschie- 
nenen und der wichtigsten weiteren Werke von B. : 
L Orchesterwerke: 9 Symphonien, 1. C dur 
op. 21 (1799), 2. D dur op. 36 (1801/02), 3. 
Es dur op. 55 ( Sinfottia eroica 1803), 4. B dur 
op. 60 (1806), 5. C moll op. 67 (1804-08), 6. F 
dur op. 68 (. Sinfottia pastorale 1807/08), 7. A dur 
op. 92 (1811/12), 8. F dur op. 93 (1811/12), 
9. D moll op. 125 (mit Schlußchor aus Schillers 
Ode »An die Freude«, 1822-24); das als »Jenaer 
Sinfonie« bekannt gewordene Werk ist unecht, es 
stammt von dem Hofkapellmeister Fr. Witt (1771 
bis 1837); Wellingtons Sieg oder Die Schlackt bei 
Vittoria op. 91 (1813); Ouvertüre zu Collins 
Trauerspiel »Coriolan« C moll op. 62 (1807) ; Ouver- 
türe C dur op. 115 (»Zur Namensfeier«, 1814/15); 
Ouvertüre C dur op. 124 (»Die Weihe des Hau- 
ses«, 1822); Ballett Die Geschöpfe des Prometheus 
op. 43 (1800/01); Musik zu einem Ritterballett 
(1790/91) ; 24 Menuette, 12 deutsche Tänze und 
12 Contretänze, dazu die von Riemann 1906 im 
Archiv der Thomasschule in Leipzig aufgefunde- 
nen und erstmalig herausgegebenen 1 1 »MÖdlinger 
Tanze« ; ferner für Militärmusik 4 Märsche (darun- 
ter der sogenannte »Yorcksche Marsch «), 2 Ecos- 


saisen und eine Polonaise, n. Konzerte: 5 Klavier- 
konzerte, 1. C dur op. 15 (1789), 2. B dur op. 19 
(1794/95), 3. C moll op. 37 (1800), 4. G dur op. 58 
(1805/06), 5. Es dur op. 73 (1809); Tripelkonzert 
für Kl., V., Vc. und Orch. C dur op. 56 (1803/04) ; 
Violinkonzert D dur op. 61 (1806, von B. selbst 
1807 für Kl. u. Orch. bearb.), 2 Romanzen für V. 
und Orch. G dur op.40 (1802), F dur op.50 (1802). 

III. Kammermusik: 16 Streichquartette, op. 18 
F dur, G dur, D dur, C moll, A aur, B dur (1798 
bis 1800), op. 59 Fdur, Emoll, Cdur (1805/06, 
dem Grafen Rasumowsky gewidmet), op. 74 Es 
dur (1809; das sogenannte »Harfenquartett«), op. 
95 F moll (1810) und die fünf großen »letzten «, 
op. 127 Es dur (1822-25), op. 130 B dur (1825/26), 
op. 131 Cismoll (1826), op. 132 Amoll (1825), 
op. 135 F dur (1826) ; je eine Fuge für Streichquar- 
tett op. 133 B dur (1825; in B.s Übertragung für 
Kl. zu 4 Händen als op. 134, 1826; ursprünglich 
als Schlußsatz von op. 130 geplant) und Streich- 
quintett op. 137 D dur (1817) ; Streichquintett op. 
29 Cdur (1800/01; mit 2 Bratschen); 4 Streich- 
trios, op. 3 Es aur (1792; in fremder Bearbeitung 
für Vc. und Kl. als op. 64, 1807) und op. 9 G dur. 
D dur, C moll (um 1796-98); Trio-Serenade op. 8 
Ddur (um 1796/97; in fremder Bearbeitung als 
»Notturno« für KL und Va als op. 42, 1804). - 

6 Klaviertrios, op. 1 Es dur, G dur, C moll (1793/ 
1794; Nr 3 von B. für Streichquintett bearbeitet 
als op. 104, 1817), op. 70 D dur. Es dur (1808; 
Nr 1 ist das sogenannte »Geistertrio«), op. 97 
B dur (1811); Variationen für Klaviertrio op. 44 
Es dur (1800) und op. 121a G dur über »Ich bin 
der Schneider Kakadu« (1816). - 
Oktett für Bläser op.103 Es dur (1792; vonB. er- 
weitert zum Streichquintett op. 4, 1795/96, dieses 
in fremder Bearbeitung für Klaviertrio als op. 63, 
1806) ; Septett für V., Va, Klar., Horn, Fag., Vc. 
und Kb. op. 20 Es dur (1799/1800; von B. bear- 
beitet für Kl., Klar. oderV.und Vc.op.38, 1802/03) ; 
Sextett für Bläser op. 71 Es dur (1796); Sextett für 
Streichquartett und 2 Homer op. 81b Es dur (1794/ 
1795) ; Serenade für FL, V. und Va op. 25 D dur 
(um 1795/96; in fremder Bearbeitung für Kl. u. 
FL als op.41, 1803); Trio für 2 Ob. und Englisch 
Horn op. 87 C dur (1794). - 
Quintett für Kl., Ob., Klar., Fag. und Hom 
op. 16 Es dur (1796); Trio für KL, Klar, und Vc. 
op. 11 B dur (1798). - 

Dazu: Duett mit zwei obligaten Augengläsern für 
Va und Vc. C moll (um 1795-98); Klaviertrios 
Es dur (1790/91) und Bdur (1812), 3 Klavier- 
quartette Es dur, D dur, C dur (1785) ; Rondo für 
8 Bläser Es dur (1792), Variationen über »Lä ci 
darem la mano« für 2 Ob. und Englisch Hom 
C dur (1796/97) ; 3 Duos für Klar, und Fag. C dur, 
Fdur, Bdur (um 1800) ; Duo für 2 FL G dur (1792); 
Trio für KL, FL und Fag. G dur (1786-90); 
3 Equale für 4 Pos. Dmoll, D dur, B dur (1812; 
Nr 1 und 3 bearbeitet von I. v. Seyfried für 4st. 
Männerchor mit Text von Grillparzer bei B.s Be- 
gräbnis gesungen). 

IV. Sonaten für ein Instrument und Klavier: 
10 Violins on aten, op. 12 D dur, A dur. Es dur (um 
1797/98), op.23 A moll (1800), op.24 F dur (1800/ 
1801; die sogenannte »Friihlingssonatc«), op. 30 
A dur, C moll, G dur (1802), op. 47 A dur 
(1802/03; R. Kreutzer gewidmet, scritta in un stilo 


12 8 



Beethoven 


molto concertante quasi come d’utt concerto ), op. 96 
G dur (1812) ; 5 Cellosonaten, op. 5 F dur, G moll 
(1796), op. 69 A dur (1807), op. 102 C dur, D dur 
(1815) ; ferner: 12 Variationen über »Ein Mädchen 
oder Weibchen« op. 66 F dur (1798); Sonate für 
Horn (oder Vc.) und Kl. op. 17 F dur (1800); da- 
zu: für V. u. KL: 12 Variationen über »Se vuol 
ballare« F dur (erschienen 1793 als »Oeuvre I«I), 
Rondo G dur (1793), 6 deutsche Tänze (1795/96); 
für Vc. und KL : 12 Variationen über ein Thema aus 
Handels Oratorium »Judas Makkabäus« G dur 
(1796), 7 Variationen über »Bei Männern, welche 
Liebe fühlen« Es dur (1801) ; für Mandoline und 
Cemb.: 4 Stücke (1796). 

V. Werke für Klavier: 32 Klaviersonaten, op. 2 
Fmoll, Adur, Cdur (1795), op. 7 Es dur (um 
1796/97), op. 10 C moll, F dur, D dur (1796-98), 
op. 13 Cmoll (1798/99; »Sonate pathdtique«), op. 
14 E dur, G dur (um 1798/99; Nr 1 auch von B. für 
Streichquartett bearbeitet, 1801/02), op. 22 B dur 
(1799/1800), op. 26 As dur (1800/01; mit dem be- 
rühmten Trauermarsch), op. 27 Es dur, Cis moll 
(1801, beide Sonata quasi una Fantasia , Nr 2 die 
sogenannte »Mondscheinsonate«), op. 28 D dur 
(1801), op. 31 Gdur, D moll. Es dur (1801/02), 
op. 49 G moll, Gdur (1795-98; Deux Sonates 
faciles ), op. 53 C dur (1803/04; Graf v. Waldstein 
gewidmet), op. 54 Fdur (1804), op. 57 Fmoll 
(1804/05; »Sonata appassionata«), op. 78 Fis dur 
(1809), op. 79 Gdur (1809; Sonatine), op. 81a 
Es dur (1809/10; Das Lebewohl , Abwesenheit und 
Das Wiedersehn), op. 90 Emoll (1814), op. 101 
A dur (1816), op. 106 B dur (1817/18; Große So- 
nate für das Hammerklavier), op. 109 E dur (1820), 
op. 110 As dur (1821), op. 111 C moll (1821/22) ; 
dazu 3 Jugendsonaten Es dur, F moll, D dur (1782/ 
1783; dem Kurfürsten von Köln gewidmet). - 
Die im Gegensatz zu ihrem Titel sehr bedeutenden 
Bagatellen op. 33 (um 1802), op. 119 (1820/21), 
op. 126 (1823) ; von den 22 Variationswerken seien 
hervorgehoben: op. 34 F dur (1802), op. 35 Es dur 
(1802; »beide sind auf eine wirklich ganz neue 
Manier bearbeitet«), op. 120 C dur (1819/23; 
33 Veränderungen über einen Walzer von A. Diabelli), 
32 Variationen C moll (1806) ; 2 Rondos op. 51 
C dur, G dur (1796-1800); Fantasie op. 77 H dur 
(1809); Polonaise op. 89 Cdur (1814); Rondo 
a Capriccio op. 129 Gdur (1795-99; »Die Wut 
über den verlorenen Groschen«, Originaltitel: 
Leichte Kaprice bzw. Alla ingherese quasi un Ca- 
priccio); Rondos, Menuette und Ländler; 2 Prä- 
ludien für KL oder Org. durch alle Durtonarten 
op. 39 (1789); Präludium F moll (1803). - 

Für Klavier zu 4 Händen: Sonate op. 6 D dur 
(um 1796/97); 3 Märsche op. 45 (1802); Variatio- 
nen über ein Thema des Grafen v. Waldstein C dur 
(1791/92) ; Lied »Ich denke dein« mit 6 Variatio- 
nen D dur (1799-1804). 

VI. Gesangsmusik: 2 Messen op. 86 C dur 
(1807) und Missa solemnis op. 123 D dur (1819-23) 
für 4 Solostimmen, Chor, Orch. und Org.; 
Christus am Oelberge , Oratorium für 3 Solostim- 
men, Chor und Orch. op. 85 (1803); Oper Fidelio 
(Leonore) op. 72 (1804/05, 2. Fassung 1806, 3. Fas- 
sung uraufgeführt am 23. 5. 1814); die 1. Fassung 
hrsg. v, E. Prieger, Lpz. 1908—10; die vielbeach- 
tete erste Wiederaufführung der Urfassung fand 
1905 im Königlichen Opernhaus in Berlin statt; 


die 3 Leonorenouvertüren in C dur sind für 1805 
(I und D) und 1806 (IQ) geschrieben, die Fidelio- 
Ouvertüre in E dur für 1814 (vsL W. Hess, B.s 
Oper Fidelio, Zürich 1953, und: J. Braunstein, 
B.s Leonoren-Ouvertüren, Lpz. 1927); Musik zu 
Goethes »Egmont« op. 84 (1809) und zu Kotze- 
bues Festspiden »Die Ruinen von Athen« op. 113 
(1811) und »König Stephan« op. 117 (1811); Be- 
arbeitung des Marschs mit Chor aus op. 113 für 
das Festspid »Die Weihe des Hauses« op. 114 
(1822) ; Fantasie für KL und Orch. mit Chor op. 80 
Cmoll (1808); Meeresstille und glückliche Fahrt 
(Goethe) für Chor und Orch. op. 112 (1814/15); 
Opferlied (Matthisson) für S., Chor und Orch. op. 
121b (1821; von B. auch als Sololied vertont, 
1796) ; Der glorreiche Augenblick für 4 Solostimmen, 
Chor und Orch. op. 13o (Kantate für den Fürsten- 
kongreß 1814); Szene und Arie Ah perfido! für S. 
und Orch. op. 65 (1796), Terzett Tremate empi , 
tremate mit Orch. op. 116 (1801/02), Elegischer Ge- 
sang für 4 Solostimmen und Streichquartett op. 
118 (1814). - 

91 Klavierlieder, darunter An die Hoffnung (Tiedge) 
op. 32 (1805; andere Fassung op. 94, 1813), Ade- 
laide (Matthisson) op. 46 (1795/96), 6 Gdlert-Lio- 
der op. 48 (1803; Nr 4 »Die Himmel rühmen«), 
8 Lieder op. 52 (um 1793; Nr 7 Goethes »Mar- 
motte«), 6 Gesänge op. 75 (1809; Nr 1 »Mignon«, 
Nr 2 »Neue Liebe, neues Leben«, Nr 3 »Floh- 
lied« von Goethe), 3 Goethe-Gesänge op. 83 
(1810; Nr 1 »Trocknet nicht«, Nr 3 »Kleine 
Blumen, kleine Blätter«), Liederkreis An die ferne 
Geliebte (A. Jeittdes) op. 98 (1816; 6 Lieder), Der 
Mann von Wort op. 99 (1816, Duett Merkenstein 
op. 100 (1814/15; auch als Sololied 1814), Zärtliche 
Liebe (»Ich liebe dich so wie du mich«, von K Fr. 
Herrosee; 1797), Nur wer die Sehnsucht kennt 
(Goethe; 1807/08; 4 Fassungen), Resignation (P. 
Graf von Haugwitz; 1817; nach Schindler »eine 
der sdtensten Perlen in des Meisters Liedersamm- 
lung«); 44 (Scherz-)Kanons für Singstimmen; 

6 Hefte schottischer, irischer, walisischer und ver- 
schiedener Volkslieder mit KL, V. und Vc. (1810 
bis 1818); nicht zuletzt die bdden bedeutenden, 
nicht aufgeführten und lange verschollenen Kai- 
ser-Kantaten (1790) auf den Tod Josephs DL und 
die Erhebung Leopolds EL zur Kaiserwürde. 

Liti : G. Kinsky u. H. Halm, Das Werk B.s, Thema- 
tisch-bibliogr. Verz. seiner . . . Kompositionen, Mün- 
chen-Duisburgß(1955) ; G. Biamonti, Catalogo crono- 
logico di tutte le musiche di B. 1, Rom 1951; dbrs., 
Schema di un catalogo generale cronologico delle 
musiche di B., Rom 1954; W. Hess, Verz. der nicht in 
der GA veröffentlichten Werke* L. v. B.s, Wiesbaden 
1957. - 

J. Schmedt-Görg, Katalog der Handschriften des 
B.-Hauses, Bonn 1935; M. Unger, Eine Schweizer 
B.-Slg, Zürich 1939 (Kat der Slg Bodmer, die 1957 
als Vermächtnis an das B.-Haus gelangte) ; G. Adler, 
Verz. der mus. Autographen v. L. v. B. . . . im Besitz 
v. A. Artaria, Wien 1890 (1901 an die Berliner 
StaatsbibL übergegangen); A. Chr. Kalischer, Die 
B.-Autographen der Königl. BibL zu Bin, MfM 
XXVH-XXVHI, 1895-96; G. Kinsky, Manuskripte, 
Briefe, Dokumente v. Scariatti bis Stravinsky, Stutt- 
gart 1953 (Kat der Slg L. Koch). - 
L. Nohl, Briefe B.s, Stuttgart 1867; ders., Neue 
Briefe B.s, Stuttgart 1867; A. Chr. Kalischer, B.s 
sämtliche Briefe, 5 Bde, Bin u. Lpz. 1906-08, hrsg. v. 
Th. v. Frimmel 21909-11 ; Fr. Preunger, L. v. B., 


9 


129 



Beethoven 


sämtl. Briefe u. Aufzeichnungen, 5 Bde, Wien (1907 
bis 1911); E. Kästner, L. v. B.s sämtl. Briefe, Lpz. 
1910, hrsg. v. J. Kapp 2 1923; A. Leitzmann, L. v. B., 
Berichte d. Zeitgenossen, Briefe u. persönliche Auf- 
zeichnungen, 2 Bde, Lpz. 1914, 2 1921. - M. Unger, 
L. v. B. u. seine Verleger, Bin 1921 ; O. G. Sonneck, 
B. Letters in America, NY 1927 ; D. Weise, Unge- 
druckte oder nur teilweise veröffentlichte Briefe B.s, 
B.-Jb. 1953/54; D. MacArdle u. L. Misch, New 
B. Letters, Norman (Oklahoma) 1957; 13 unbekannte 
Briefe an J. Gräfin Deym, Veröflf. d. B.-Hauses III, 3, 
hrsg. v. J. Schmidt-Görg, Bonn 1957. - 
Tö. v. Frimmel, B. im zeitgenössischen Bildnis, Wien 
1923; K. Kobald, Alt-Wiener Musikstätten, Wien- 
Lpz.-Zürich 1921 u. öfters; St. Ley, B.s Leben in 
authentischen Bildern u. Texten, Bin 1925; H. 
Schultz, L. v. B., sein Leben in Bildern, Lpz. 1937; 
R. Petzoldt, L. v. B., sein Leben in Bildern, Lpz. 
1955. - M. Unger, B.s Handschrift, Veröflf. des B.- 
Hauses IV, Bonn 1926. - 

E. Kästner, Bibliotheca Beethoveniana, Lpz. 1913, 
hrsg. v. Th. v. Frimmel 2 1925. - Th. v. Frimmel, B.- 
Hdb., 2 Bde, Lpz. 1926; P. Nettl, B. Encyclopedia, 
NY 1956. - B.-Jb., hrsg. v. Th. v. Frimmel, 2 Bde, 
München 1908-09; B.-Forschung, hrsg. v. dems., 
9 Hefte, Mödling 1911-23; Neues B.-Jb., hrsg. v. 

A. Sandberger, 10 Bde, Augsburg 1924-42 (mit 
Literaturverz.); B.-Jb., hrsg. v. P. Mies u. J. Schmidt- 
Görg (Veröflf. d. B.-Hauses, 2. Reihe), Bonn ab 1953/ 
1954 (mit Literaturverz.). - Veröflf. d. B.-Hauses, 
hrsg. v. L. S chiedermai , 10 Hefte, Bonn 1920-34; 
Neue Folge, hrsg. v. J. Schmidt-Görg seit 1952; 

B. u. d. Gegenwart, Fs. d. B.-Hauses f. L. Schieder- 
mair, Bonn 1937; Ein Wiener B.-Buch, hrsg. v. A. 
Orel, Wien 1921; B.-Zentenarfeier Wien... 1927, 
Kgr.-Ber. - 

Biographien: J. A. Schlosser, L. v. B., Prag 1828; 
Fr. G. Wegeler u. F. Ries, Biographische Notizen 
über L.v. B., Koblenz 1838, Nachtrag (v. Wegeler 
allein) Bonn 1845, neu hrsg. v. A. Chr. Kalischer Bin 
1906, frz. v. A. Legentii Paris 1862; A. Schindler, 
Biographie v. L. v. B., Münster 1840, erweitert 3 1860, 
Abdruck dieser Auflage hrsg. v. Fr. Volbach als 5. 
Auflage 1927, Neuausgaben v. A. Chr. Kalischer (Bin 
u. Lpz. 1909) u. St Ley (Bonn 1949; gekürzt), von 
einzigartigem dokumentarischem Wert; G. v. Breu- 
ning (t 1892, 79jährig), Aus dem Schwarzspanier- 
hause, Wien 1874, neu hrsg. v. A. Chr. Kalischer Bin 
1907; Die Erinnerungen an B., hrsg. v. F. Kerst, 
2 Bde, Stuttgart 1913, 2 1925; B.: Impressions of the 
Contemporaries, hrsg. v. O. G. Sonneck, NY 1926; 
E. Brümmer, B. im Spiegel d. zeitgenössischen 
Presse, Würzburg 1932. - 

Fr. J. Fflns, Artikel B., Biographie universelle ... I, 
Paris 1837, 2 1860; R. Wagner, Eine Pilgerfahrt zu 
B., Zs. »Gazette« 1840; ders., B., Lpz. 1870, NA als 
Deutsche Musikbücherei XVII, Regensburg o. J., 
auch in: R. W.s Schriften über B., hrsg. v. R. Stem- 
feld, Stuttgart 1916; W. v. Lenz, B. et ses trois styles. 
St Petersburg 1854, neu hrsg. v. M.-D. Calvocoressi 
Paris 1909; ders., B., eine Kunststudie, 5 Bde, Kassel 
u. Hbg 1855-60, neu hrsg. v. A. Chr. Kalischer, 
Bin u. Lpz. 1908; A. Ouubicheff, B., ses critiques et 
ses glossateurs, Lpz. 1857, deutsch v. L. Bischoflf, Lpz. 
1859 ; A. B. Marx, L. v. B.s Leben u. Schaffen, 2 Bde, 
Bin 1859, hrsg. v. G. Behnke *191 1 ; L. Nohl, B.s 
Leben, 3 Bde, Wien u. Lpz. 1864-77, hrsg. v. P. 
Sakolowski Bin 2 1910-13; die grundlegende Biogra- 
phie von A. Wh. Thayer, L. v. B.s Leben, deutsch v. 
H. Deiters, 5 Bde, I Bin 1866, neu bearb. v. H. Dei- 
ters Lpz. 2 1901, hrsg. v. H. Riemann 3 1917, II Bin 
1872, hrsg. v. H. Riemann Lpz. 2 1910, III Bin 1879, 
hrsg. v. H. Riemann Lpz. 2 1911, IV hrsg. v. H. Rie- 
mann Lpz. 1907, V hrsg. v. H. Riemann Lpz. 1908, 
engl, in 3 Bden v. H. E. Krehbiel NY 1921 ; Th. v. 
Frimmel, L. v. B., » Berühmte Musiker VIII, Bin 
(1901, *1922); R. Rolland, La vie de B., Paris 1907, 


viele Neuausgaben u. Übersetzungen; ders., Les 
grands öpoques cröatrices, 4 Bde, Paris 1928-45; A. 
Chr. Kalischer, B. u. seine Zeitgenossen, 4 Bde, Bin 
u. Lpz. 1908-10; P. Bekker, B., Bin u. Lpz. 1911, 
401931, schwedisch Stockholm 1916, engl. London 
1925; G. Ernest, B., Bin 1920 u. ö.; G. Bilancioni, 
La sorditä di B., Mailand 1921; W. Schweisheimer, 
B.s Leiden, München 1921 ; J.-G. Prod’homme, La 
jeunesse de B., Paris 1921 ; L. Schiedermair, Der 
junge B., Lpz. (1925), Bonn 31951 ; K. Kobald, B., 
seine Beziehungen zu Wiens Kunst u. Kultur . . ., 
Wien-Lpz.-Zürich 1926 u. Ö.; A. Schmitz, B., Bonn 
1927; E. Closson, L* Element flamand dans B., Brüs- 
sel 1928, 2 1946; E. Herriot, La vie de B., Paris 1929, 
deutsch Ffm. 1930 u. Karlsruhe 1951; E. Bücken, 

L. v. B., Potsdam (1934); W. Körte, L. v. B., Bin 
1936; W. Riezler, B., Bin u. Zürich (1936, 71951); 
H. Volkmann, B. in seinen Beziehungen zu Dresden, 
Dresden 1942; D. Fr. Tovey, B., Oxford 1944; K. 
Stephenson, L. v. B., Hamburg 1948; W. Hess, B., 
Zürich 1956 u. Wiesbaden 1957; Y. Tienot, B., Paris 
1956 ; J. Schmidt-Görg, B., in : Die großen Deutschen 
II, Bin 1957. - 

Einzeluntersuchungen: G. Nottebohm, Beethove- 
niana, Lpz. 1872; ders., B.s Studien . . ., Lpz. 1873; 
ders.. Zweite Beethoveniana, hrsg. v. E. Mandy- 
czewski, Lpz. 1887, Neudruck (beide Bde) 1925; 
Th. Frimmel, Neue Beethoveniana, Wien 1890; ders., 
B.-Studien, 2 Bde, München 1905-06; G. Grove, B. 
and his Nine Symphonies, London u. Boston 1896, 
41906, nid. ’s Gravenhage 1903, deutsch v. M. Hehe- 
mann London 1906; H. Riemann, B.’s Streich- 
quartette, =* Schlesinger’sche Musik-Bibl. Meister- 
führer XII, Bin (1903); ders., L. v. B.s sämtliche 
Klavier-Solosonaten, 3 Bde, = M. Hesses illustrierte 
Hdb.er LI-LIII, Bin 1918-19, 41920; J.-G. Prod’- 
homme, Les Symphonies de B., Paris 1906, *1949; 
ders., Les Sonates pour piano de B., Paris 1937, 
deutsch Wiesbaden 1948; E. Spranger, B. u. die 
Musik als Weltanschauungsausdruck, Lpz. 1909; 

M. Friedlabnder, Deutsche Dichtung in B.s Musik, 
JbP XIX, 1912; H. Schenker, B.s neunte Sinfonie, 
Wien u. Lpz. 1912; ders., B.s 5. Sinfonie, Wien 1925; 
ders., B.s 3. Sinfonie, in: Das Meisterwerk in der 
Musik III, München 1925-30; H. GA l. Die Stileigen- 
tümlichkeiten des jungen B., StMw IV, 1916; A. Orel, 
B.s Oktett op. 103, ZfMw III, 1920/21; G. Becking, 
Studien zu B.s Personalstil, Das Scherzothema, «■ 
Abh.en der Sächs. Staatl. Forschungsinstitute . . . 
Forschungsinstitut f. Mw. n, Lpz. 1921; H. J. 
Wediq, B.s Streichquartett op. 18, 1, « Veröflf. des 
B.-Hauses II, Bonn 1922; A. Schmitz, B.s »Zwei 
Prinzipe«, Bin u. Bonn 1923; ders.. Über den Einfluß 
Cherubinis auf B., Neues B.-Jb. II, 1925; ders., Das 
romantische B.-Bild, Bin u. Bonn 1927; A. Sand- 
berger, Ausgewählte Aufsätze II (zur B.-Forschung), 
München 1924; J. H. Wetzel, B.s Violinsonaten I, 
Bin 1924; Fr. Cassirer, B. u. die Gestalt, Stuttgart 
1925; J. de Maruave, Les Quatuors de B., Paris 
1925, engl. London 1928; M. Bauer, Formprobleme 
d. späten B., ZfMw IX, 1926/27; A. Halm, B., Bin 
(1927); H. Boettcher, B. als Liederkomponist, Augs- 
burg 1928; K.Nbf, Die neun Sinfonien B.s, Lpz. 
1928; W. Engelsmann, B.s Kompositionspläne, 
Augsburg 1932; A. Schering, B. in neuer Deutung I, 
Lpz. 1934; ders., B. u. die Dichtung, Bin 1936; L. 
Schradb, B. in France, New Haven 1942; K.v. 
Fischer, Die Beziehungen v. Form u. Motiv in B.s 
Instrumentalwerken, Straßburg u. Zürich 1948; J. 
Schmidt-Görg, Missa solemnis, Bonn 1948; L. 
Misch, B.-Studien, Bin 1950, engl. Norman (Okla- 
homa) 1953 ; ders., Pseudokanons u. Rätselkanons v. 
B., Mf III, 1950; M. Unger, Eiii Faustopemplan 
B.s xl Goethes, Regensburg 1952; H. Soönik, Die 
zeitgenössische Überlieferung der B.-Interpret&tion, 
AfMw IX, 1954; E. Fischer, L. v. B.s Klaviersonaten 
(Wiesbaden 1956). 


130 



Beiderbecke 


Beffara, Louis-Francois, * 23. 8. 1751 zu No- 
nancourt (Eure), f 2. 2. 1838 zu Paris; franzö- 
sischer Musikschriftsteller und -Sammler, war 1792 
bis 1816 Polizeikommissar in Paris. Er schrieb: 
Dictionnaire de VAcaddmie royale de musique (7Bände) 
nebst 7 weiteren Banden mit Verordnungen und 
Verfügungen, die sich auf die Akademie (Große 
Oper) beziehen; ferner Dictionnaire alphabitique des 
acteurs . .. (3 Bände); Tableau chronologique des 
reprisentations . . . (von 1671 an) ; Dictionnaire alpha - 
betique des tragidies lyriques etc. non reprisentees ä 
VAcaddmie ... (5 Bände) und endlich eine große 
Dramaturgie lyrique itrangbre (17 Bände). Seine der 
Stadt Paris vermachte reiche Bibliothek nebst sei- 
nen Manuskripten verbrannte 1871 bei der Zer- 
störung des Rathauses durch die Co mmunar ds. 

Beffroy de Reigny (befru'a de reji'i:), Louis- 
Abel, * 6. 11. 1757 zu Laon, f 18. 12. 1811 zu 
Paris; französischer Literat und Komponist. Er 
schrieb unter dem Pseudonym Cousin Jacques die 
Opern Nicodime dans la lune (La Evolution pacifique) 
1790 und Nicodime aux enjers (Le Frangais sur le 
planite Jupiter) 1791, die nur politischen Erfolg 
hatten. Eine Sammlung seiner Gesänge erschien 
unter dem Titel Des soiries chantantes ou Le Chan- 
sonnier bourgeois (3 Teile, Paris 1805). 

Lit: M. Dietz, Gesch. d. mus. Dramas in Frank- 
reich während d. Revolution, Wien 1886, Lpz. 21893. 

Behaim, Michel (Beheim), * 1416 und f 1474 zu 
Sulzbach bei Heilbronn, war Weber, aber ab 1439 
als Soldat und Sänger in Diensten deutscher, dä- 
nischer und ungarischer Fürsten, bis er 1472 nach 
Sulzbach zurückkehrte. Er ist einer der ältesten 
dem Minnesang noch nahestehenden Vertreter 
des Meistergesangs. Von seinen zahlreichen Lie- 
dern sind 11 mit Melodien überliefert. Seine 
3 Reimchroniken waren wahrscheinlich für Ge- 
sangsvortrag bestimmt. 

Ausg.: 11 Lieder mit Melodien, in: Das Singebuch d. 
A. Puschmann, hrsg. v. G. Münzer, Lpz. 1906. 

Lit.: A. Kühn, Rhythmik u. Melodik M. B.s, Bonn 
1907 (darin auch die 1 1 Weisen) ; A. Taylor, Bibliogr. 
of Meistergesang, Bloomington 1936. 

Behm, Eduard, * 8. 4. 1862 zu Stettin, f 6. 2. 
1946 zu Bad Harzburg; deutscher Pianist und 
Komponist, war Schüler von K. A. Lorenz in 
Stettin, C. Reinecke und O. Paul am Leipziger 
Konservatorium, von F. Kiel und O. Raif an der 
Berliner Hochschule und dann noch einige Monate 
bei Brahms in Wien. Nach kurzen Aufenthalten 
in Stettin und Erfurt war er bis 1901 Direktor des 
Schwantzerschen Konservatoriums in Berlin, dann 
als Lehrer und Begleiter tätig. Er schrieb eine 
Symphonie, Klavierkonzert, Violinkonzert, 3 Vio- 
linsonaten, Klaviertrio, Klarinettenquintett, Streich- 
sextett (mit der von Stelzner konstruierten Vio- 
lotta), Lieder, Männerchöre und die Opern Der 
Schelm von Bergen (1899), Marienkind (1902), Das 
Gelöbnis (1914); ferner 2 Aufsätze: Aus meinem 
Leben (Deutsche Tonkünstlerzeitung IX) und 
j Kurze Selbstbiographie (Musik in Pommern 1, 1932). 

Bdbn, Hermann, * 11. 11. 1859 und f 27. 11. 
1927 zu Hamburg; studierte die Rechte, promo- 
vierte 1881 in Heidelberg zum Dr. jur., wandte 
sich dann aber der Musik zu als Schüler Bruckners 
in Wien, Rheinbergen in München und Zumpes 


in Hamburg, wo er ab 1887 lebte. Ab 1897 hielt 
er hier im Aufträge der Oberschulbehörde Öffent- 
liche Vorlesungen über Musikgeschichte. Er gab 
9 Hefte Lieder und Gesänge und eine Klavier- 
sonate C moll heraus und bearbeitete zahlreiche 
Werke (von Mozart bis Mahler) für 2 Pianoforte 
zu 4 Händen. 

Sehr, Johann ->• Beer. 

Behrend, Fritz, * 3. 3. 1889 zu Berlin; deutscher 
Komponist, studierte Komposition bei Eyken, Rü- 
fer und Humperdinck, Klavier bei Breithaupt, 
191 1/12 Korrepetitor am Braunschweigischen Hof- 
theater, seit Kriegsende Lehrer am Konservato- 
rium Ochs-Eichelberg in Berlin. Er schrieb die 
Opern König Renis Tochter (1919), Die lächerlichen 
Preziosen (rach Moli&re, 1928, Berlin 1949), Al- 
mansor (1931), Dornröschen (1934), Romantische Ko- 
mödie (1953), 2 Fastnachtsspide nach Hans Sachs, 
Märchenpantomime Die Tänzerin des Himmels 
(1927), Musik zu Ibsens Fest auf Solhaug (1937), 
7 Symphonien, Orchestersuiten und -Ouvertüren, 
Chorwerke, Bläserquintett (1951), 5 Streichquar- 
tette, je eine Sonate für V. und für Vc., Klavier- 
stücke und 97 Klavierlieder. 

Bdirend, Siegfried, * 19. 11. 1933 zu Berlin; 
deutscher Gitarrist, war 2 Jahre Schüler des 
Klindworth-S charwenka-Konservatoriums in Ber- 
lin, wandte sich danach der Gitarre zu und wird 
jetzt zu den führenden Gitarristen der Gegenwart 
gezählt. Er schrieb über 250 Kompositionen und 
Bearbeitungen für sein Instrument, darunter Kon- 
zerte und Kammermusik. 

Behrend, William, * 16. 5. 1861 und f 23. 4. 
1940 zu Kopenhagen; dänischer Musikschrift- 
steller, war bis 1923 juristischer Beamter, doch 
hatte er bei A. Gade Violine und bei J. G. Matthi- 
son-Hansen Theorie studiert. 1917 wurde er Leh- 
rer für Musikgeschichte und Bibliothekar am Ko- 
penhagener Konservatorium. Er war Musikrefe- 
rent der Zeitung Politiken und später der Ber- 
lingske Tidende. Er schrieb den 2. Band einer 
Illustreret Musikhistorie (Kopenhagen 1905; ab 
Gluck, der 1. Band von H. Panum 1897) ; N. W. 
Gade (Kopenhagen 1917, deutsch Leipzig 1918); 
J. P. E. Hartmann (Kopenhagen 1919); Beethovens 
Klaversonater (Kopenhagen 1923, 4 1945, englisch 
mit Vorwort von A. Cortot London 1927); 
Illustreret Musikleksikon mit H. Panum und O. M. 
Sandvik (Kopenhagen 1924, 21940); Minder om 
N. W. Gade (Kopenhagen 1930). 

Bdbrends, Leopold, * 15.11.1879 zu Klein- 
mutz (Brandenburg), j* 2. 9. 1944 zu Hattingen 
(Ruhr); deutscher Komponist, Schüler von Egidi 
sowie des Akademischen Instituts für Kirchen- 
musik in Berlin. 1906-17 Organist und Chordiri- 
gent, zuletzt an der Johanneskirche in Berlin- 
Lichterfelde; ab 1917 Musiklehrer am Realgym- 
nasium und Lyzeum in Hattingen. Er schrieb Or- 
gelstücke sowie geistliche Lieder und Chorwerke. 

Beiderbecke, Leon Bismarck (Bix), * 10. 3. 1903 
zu Davenport (Iowa), t J. 8. 1931 zu Long Island 
(New York); amerikanischer Jazztrompeter aus 
einer Familie deutscher Herkunft, bildete sich 
neben H ^h srhy il Studien zum Musiker aus und 


9* 


131 



Beier 


spielte ab Beginn der zwanziger Jahre in mehre- 
ren bekannten Kapellen. Stand er selbst stark unter 
dem Einfluß von L. Armstrong, so wirkte sein 
Spiel wiederum stilbildend auf den ihm nachfol- 
genden Trompetemachwuchs ein. 

Beier, Franz, * 18. 4. 1857 zu Berlin, + 25. 6. 
1914 zu Kassel; deutscher Dirigent, Schüler des 
Kullakschen und Stemschen Konservatoriums, 
promovierte in Rostock 1883 mit der Studie J. J. 
Froberger und seine Suiten . Er war Chordirektor 
1884 am Aachener Theater, 1885 an dem in Kassel, 
leitete 1884 vorübergehend die Hofkapelle in 
Weimar und wurde 1899 Königlicher Kapell- 
meister in Kassel Seine Bearbeitung von Spohrs 
Oper Die Kreuzfahrer kam 1899 in Kassel zur Auf- 
führung. B. komponierte die Parodie Der Posaunist 
von Speikingen (Kassel 1888) und die Operette Der 
Gaunerkönig (Kassel 1890). 

Beilke, Irma, * 24. 8. 1904 zu Berlin; deutsche 
Opemsängerin, debütierte 1926 unter Bruno Wal- 
ter an der Städtischen Oper Berlin. Als lyrischer 
Koloratursopran und Soubrette war sie zunächst in 
Oldenburg und Leipzig engagiert und ging 1935 
an die Städtische Oper nach Berlin zurück, deren 
Mitglied sie bis heute ist (seit 1949 als lyrischer So- 
pran). Ständige Gastspielverpflichtungen unter- 
hielt sie mit Leipzig und München. Opemgast- 
spiele und Konzertreisen führten sie an die ersten 
Opernhäuser Europas. 1934 wurde sie zur Kam- 
mersängerin ernannt. In Berlin unterhält sie ein 
eigenes Gesangsstudio. 

Beüschmidt, Curt, * 20. 3. 1886 zu Magdeburg; 
deutscher Komponist, war 1905-09 Schüler des 
Leipziger Konservatoriums, an dem er nach kur- 
zem Aufenthalt in Brüssel als Lehrer für Theorie 
und Klavier wirkte, 1946-56 Lehrer an der Leip- 
ziger Musikhochschule. Er schrieb: Klavierwerke, 
Kammermusik, Chore, Lieder, Orchesterstücke 
und 5 Opern. 

Beinum, Eduard van, * 3. 9. 1901 zu Arnhem; 
holländischer Dirigent, war nach Beendigung sei- 
ner Studien am Konservatorium in Amsterdam 
1921-30 Leiter des Toonkunst-Chors in Schiedam, 
daneben 1927-31 Dirigent der Orchesterver- 
einigung von Haarlem, wurde 1931 2. und 1938, 
neben Mengelberg und Br. Walter, 1. Dirigent 
des Amsterdamer Concertgebouw-Orchesters, das 
er nach Kriegsende als Chief-Dirigent übernahm. 
Besonderen Ruf erwarb er sich als Bruckner- 
Interpret, setzte sich aber auch sehr für die zeit- 
genössische Musik ein, u. a. durch die Einführung 
von Werken Bartöks, Koddlys, Schostakowitschs 
und Szymanowskis in den Niederlanden. 

Bekker, Paul, * 11. 9. 1882 zu Berlin, f 7. 3. 1937 
zu New York; deutscher Musikschriftsteller und 
Kritiker, Schüler von Rehfeld, B. Horwitz und 
Sormann, erst Violinist im Berliner Philharmo- 
nischen Orchester, dann Dirigent in Aschaflfenburg 
und Görlitz; ab 1906 Musikkritiker der Berliner 
Neuesten Nachrichten, 1909 der Berliner Allge- 
meinen Zeitung, 1911-25 der Frankfurter Zei- 
tung; ab Herbst 1925 war er Theaterintendant in 
Kassel, 1927-32 in Wiesbaden. 1933 verließ er 
Deutschland, ging zunächst nach Paris, dann als 
Kritiker der Staatszeitung nach New York. Er war 


einer der einflußreichsten Kritiker und Wortführer 
der Neuen Musik, Vorkämpfer für Mahler, Schre- 
ker, Schönberg, Krenek, dessen Schriften durch 
ihren glänzenden Stil doppelte Überzeugungskraft 
gewinnen. Bücher: Beethoven (Berlin 1911; viele 
Auflagen, englisch 1926) ; Das deutsche Musikleben - 
Versuch einer soziologischen Musikbetrachtung (Stutt- 
gart und Berlin 1916); Gustav Mahlers Sinfonien 
(Berlin 1921); Richard Wagner - Das Leben im 
Werke (Stuttgart und Berlin 1924) ; Musikgeschichte 
ab Geschichte der musikalbchen Fortmvandlungen 
(Stuttgart, Berlin und Leipzig 1926, französisch 
1929). Kleinere Arbeiten: Oskar Fried (Berlin 
1907) ; Jacques Offenbach (Berlin 1909) ; Das Musik- 
drama der Gegenwart (Stuttgart 1909) ; Die Sinfonie 
von Beethoven bb Mahler (Berlin 1918, russisch 
1926) ; Kunst und Revolution (Frankfurt 1919) ; Franz 
Schreker (Berlin 1919) ; Die Weltgeltung der deutschen 
Musik (Berlin 1920); Deutsche Musik der Gegenwart 
(in: Deutsches Leben der Gegenwart, Berlin 1922) ; 
Drei Aufsatzsammlungen: Kritische Zeitbilder 
(Stuttgart und Berlin 1921), Klang und Eros (Stutt- 
gart und Berlin 1922), Neue Musik (Stuttgart und 
Berlin 1923) ; Von den Naturreichen des Klanges 
(Grundriß einer Phänomenologie der Musik, 
Stuttgart und Berlin 1924); Materiale Grundlagen 
der Musik (Wien 1926) ; Organische und mechanische 
Musik (Stuttgart und Berlin 1927); Das Opern - 
theater (Leipzig 1930) ; Briefe an zeitgenössbehe Mu- 
siker (Berlin 1932) ; Wandlungen der Oper (Zürich 
1934) ; The Story of the Orchestra (New York 1936) ; 
jR. Schumann , Gesammelte Schriften , In Auswahl 
herausgegeben und eingeleitet (Berlin 1922). 

Belaieff, Mitrofan Petrowitsch -v Beljajew. 

Beldem^ndis, Prosdocimus de (Bcldomandis, 
Bddemando), * um 1375 und f 1428 zu Padua; 
italienischer Musiktheoretiker, ist 1400 und 1402 
als Student der Universität Padua nachweisbar, 
1409 Magister, 1422 Professor der Mathematik und 
Astronomie. Er verfaßte die folgenden 8 Traktate: 
a) Eocpositiones tractatus practice cantus mensurabilb 
(1404), b) Tractatus practice cantus mensurabilis (1408), 

c) Brevb summula proportionum tnusicae . . . (1409), 

d) Contrapunctus (1412), e) Tractatus practice cantus 
mensurabilb ad modunt Italicorum (1412), f) Tractatus 
musicae planae (1412), g) Tractatus de modo mono- 
chordum dividendi (1413), h) Opusculum contra theori - 
cam partem sive speculativatn Lucidarii Marchctti Pa - 
tavini (1425). Von besonderer Bedeutung ist B.’ 
Vermittlung der italienischen Notation des 14. Th. 
In seinem Monochord-Traktat entwickelt er be- 
reits eine enhannoziisch-chromatische Skala mit 
17 Werten in der Oktave. 

Lit.: A. Favaro, Intomo alla vita ed alle opere di 
Prosdocimo de Beldemani, in: Bulletino Boncom- 
pagni XII u. XVIII, Rom 1879 u. 1885; J. Wolf, 
Gesch. d. Mensurainotation 1250-1460, I Lpz. 1904; 
ders., Hdb. d. Notationskunde I, = Kleine Hdb. 
d. Mg, nach Gattungen VIII, 1, Lpz. 1913; D. R. 
Baralu u. L. Torri, II trattato di Prosdocimo de 
Beldemandi contro ü Lucidario di Marchetto . . ., 
RMI XX, 1913; Rebmann MTh; Cl. Sartori, La 
notazione italiana del trecento in una redazione ine- 
dita del »Tractatus practice cantus mensurabilis ad 
modum Italicorum« di Prosdocimo de B., in: Archi- 
vum Romanicum XX, 1936 u. Florenz 1938. 

Belgiojoso, Baldassaro de Baltazarini. 


132 



Bella 


Beliczay (b'elitjal), Julius von, * 10. 8. 1835 zu 
Komom (Ungarn), f 30. 4. 1893 zu Budapest; un- 
arischer Komponist, ursprünglich Ingenieur, in 
er Musik Schüler von Krenn in Wien, wurde 1888 
Theorielehrer an der Landes-Musikakademie in 
Pest. Er schrieb Orchesterwerke und Kammer- 
musik (Streichquartette, Trios), geistliche und welt- 
liche Chorwerke, Klavierstücke und verfaßte eine 
Kompositionslehre (Band I, Budapest 1891; un- 
garisch). 

Lit: (A. Janitschek), J. v. B., Carlsbad 1889; 1. Son- 
koly, B. Gyula, in: Magyar Zenei Szemle HI, Buda- 
pest 1943. 

Belm (bol's), Guillaume (Bellin), t 3. 12. 1568 
zu Paris; französischer Komponist, 1546 Tenor- 
sänger der Königlichen Kapelle in Paris, 1550 Ka- 
nonikus der Sainte Chapelle, 1565 Kantor; er kom- 
ponierte 4st. Cantica (< Cantiques de la Bible , 1560) 
und Chansons, deren sich 4 in Sammlungen 1538 
und 1549 finden. 

Belin (bol'e), Julien (Bellin), * um 1530 zu Le 
Mans; französischer Lautenist, veröffentlichte 1556 
in Paris bei N. du Chemin ein Buch Motetten, 
Chansons und Phantasien in Lautentabulatur. 

Belfejew, Mitrofan Petrowitsch, * 10. 2. 1836 
und f 28- 12. 1903 (nach julianischem Kalender, 
nach neuer Rechnung: * 22. 2. 1836 und f 10. 1. 
1904) zu St. Petersburg; russischer Musikverleger, 
gründete 1885 den Verlag M. P. Belaieff in Leip- 
zig. Auf Anregung Rimskij-Korsakows gründete 
er in St. Petersburg 1885 die Russischen Sympho- 
niekonzerte, 1891 die Russischen Quartettabende; 
beide Konzertreihen brachten nur Werke russi- 
scher Komponisten. B., der später testamentarisch 
den Großtal seines Vermögens für die Förderung 
der nationalen russischen Musik bestimmte, sam- 
melte um sich und Rimskij-Korsakow als musika- 
lischem Oberhaupt die sogenannte Neue russische 
musikalische Schule, zu der Tanejew, Gretscha- 
ninow, Skrjabin, Glasunow, Ljadow, F. M. Blu- 
menfeld, Sokolow, Wihtol, Akimenko, 1. 1. Kry- 
schanowskij und N. N. Tscherepnin gehörten. 

Lit.: W. Stassow, M. P. B., St. Petersburg 1895, 
russ.; M. Montaou-Nathan, Maecenas of Russian 
Music, MQ IV, 1918; Briefwechsel zwischen A. N. 
Skrjabin u. M. P. B., hrsg. v. W. M. Beljajew, Petro- 
grad 1922, russ. 

Belfejev, Viktor Michailowitsch, * 5.2. 
1888 zu Uralsk; russischer Musikforscher, war 
1908-1914 Schüler von Ljadow, Wihtol und Gla- 
sunow am Petersburger Konservatorium, dann 
Theorielehrer an dieser Anstalt, 1917-22 Sekretär 
des Rates am Konservatorium. 1922-23 war er 
Mitglied der Leitung des Staats-Musikverlags in 
Moskau, ab 1923 Professor am Moskauer Konser- 
vatorium; seit 1922 Mitglied der Russischen Aka- 
demie für Kunstwisssenschaften und seit 1927 
Korrespondent des Staatlichen Instituts für Kunst- 
wissenschaften in Leningrad. 1923 rief er die Ver- 

3 * jung für zeitgenössische Musik in Moskau, die 
eich russische Sektion der Internationalen Ge- 
diaft für Neue Musik war, ins Leben. 1924 
gründete er die Zeitschrift Zeitgenössische Musik. 
Neben vielen Beiträgen für Zeitungen und Zeit- 
schriften schrieb er: A. K. Glasunow (Petrograd 
1922, russisch); P. Hindemith (Moskau 1927, rus- 


sisch) ; kurze Biographien von A. N. Alexandrow, 
S. T. Feinberg, N. J. Mjaskowski, S. N. Wassilenko 
(alle Moskau 1927, russisch und deutsch) ; Rachma- 
ninow (MQXIII, 1927); J. Strawinskis 'kLesNocest 
(übersetzt von S. W. Pring, London 1928) ; Erste 
und zweite Fassung des » Boris Godunow « von 
Mussorgskij (Moskau 1928, russisch; englische 
Übersetzung von S. W. Pring: Mussorasky , » Boris 
Godunow « . . . London 1928) ; Handbuch der Volks - 
musikinstrumente (Moskau 1931, russisch); Musik- 
instrumente Usbekistans (Moskau 1933, russisch); 
The Folk-Music of Georgia (MQ XIX, 1933) ; The 
Longitudinal Open Flutes of Central Asia (ebenda) ; 
Turkish Music (MQ XXI, 1935). 

Bell, William Henry, * 20. 8. 1873 zu St. Al- 
bans (London), f 13. 4. 1946 zu Kapstadt; eng- 
lischer Komponist und Dirigent, Schüler der 
Royal Academy of Music und 1903-12 Professor 
der Harmonielehre an derselben Anstalt, seitdem 
Direktor des Konservatoriums in Kapstadt, ab 
1919 dort Professor der Musik an der Univer- 
sität. Von seinen Werken seien genannt die Opern 
Hippolytus (nach Euripides, um 1920) und Isabeau 
(1922) ; Musik zu Ben Jonsons Masque A Vision of 
Delight (1908); Symphonien: CmoU (Walt Whit- 
man , 1900), Nr 1 A moll (1917), Nr 2 F dur 
(1918); symphonische Variationen (1916); Vor- 
spiele und symphonische Dichtungen; Arcadian 
Suite für kleines Orch. (1909); Maria Assumpta für 
Singstimme, Doppelchor, Knabenchor, Orch. 
(1922) - sein bezeichnendstes Werk; Werke für 
Chor und Orch., ein Bratschenkonzert; 3 Violin- 
sonaten E moll, F moll, D moll (1922), eine Brat- 
schensonate, Lieder und Gesänge. 

Bella, Domenico della -> Deila Bella. 

Bella, ~ 1) Johann Leopold, * 4.9.1843 zu 
Lipto-Szent Miklös (Slowakei), f 25- 5. 1936 zu 
Preßburg; slowakischer Komponist, war nach 
theologischen Studien (in Wien) Staatskapell- 
meister und Musikdirektor in Kremnitz, Domprä- 
bendar in Neusohl, 1881-1921 Stadtkantor und 
Dirigent des Musikvereins in Hermannstadt. Seine 
Bedeutung als Komponist beruht vor allem auf 
seinen kirchenmusikalischen Werken (zahlreiche 
Messen), doch schrieb er auch eine Oper Wieland 
der Schmied (Preßburg 1926), die symphonische 
Dichtung Osud a idedl (Schicksal und Ideal, 1874), 
Streichquintett D moll, 6 Streichquartette, Kla- 
vier- und Violinstücke sowie Lieder. Sein Sohn - 
2) Rudolf, * 7. 12. 1890 zu Hermannstadt, war 
Schüler von Mandyczewski in Wien, zeitweilig 
Redakteur der Musikpädagogischen Zeitschrift, 
1921-24 Dirigent in Czemowitz, seit 1925 in Ra- 
vensburg und Romanshom. Er schrieb eine Oper 
Hochzeit im Tode , Oratorium Lebenszeit, eine Sym- 
phonie, Kammermusik, Orgel- und Klavierstücke, 
Lieder. 

Lit: D. Orel, Jan Levoslav B., in: Sbomik Filoso- 
fickej Fakulty University Komenskdho II, Preßburg 
1924; K. Krofta, Jan Levoslav B., Prag 1924; J. 
Jindra, Jan Levoslav B., in: Der Auftakt XIV, 1934; 
K. Hudek, Jan Levoslav B., Prag 1937; Z. NovAÖek, 
Jan Levoslav B., in: Hudebni vozhledy VI, 1953; 
F. Zagiba, J. L. B. u. d. Wiener Musikleben, Wien 
1955; E. iEÄVARSKf, Jän Levoslav B. Zivot a dielo 
(Leben u Werk), Preßburg 1955. 


133 



Bellaigue 


BeUaigue (bsl'erg), Camille, * 24. 5. 1858 und 
t 4. 10. 1930 zu Paris; französischer Musikkritiker 
und -schriftsteiler, studierte die Rechte, aber dane- 
ben Musik bei Paladilhe und A. F. Marmontel und 
widmete sich der Musikkritik: 1884 Musikreferent 
des Correspondant, ab 1885 der Revue des Deux 
Mondes, auch Mitarbeiter des Temps. Studien B.s 
erschienen gesammelt als Vanttie musicale et drama- 
tique (1886-94, 7 Bände); Un sikle de musique 
frangaise (1887), Psychologie musicale (1893), Por- 
traits et silhouettes de musiciens (1896, englisch 1897, 
deutsch 1903), Etudes musicales et nouvelles silhouettes 
de musiciens (1898-1907, 3 Bände; englisch 1899), 
Impressions musicales et littiraires (1900), Notes brfaes 
(1911-14, 2 Bände), Propos de musique et de guerre 
(1917), Echos de France et dTtalie (1919), Les öpoques 
de la musique (1909, 2 Bände), Mozart (1906, in: 
Musiciens cdtebres), Mendelssohn (in: Maitres de la 
musique 1907), Gounod (1910, in: Maitres de la 
musique) usw. 

Lat.: L. Gdllel, C. B., Paris 1931. 

Bell^nda, Lodovico, * zu Verona; italienischer 
Komponist, der um 1600 wahrscheinlich in Vene- 
dig lebte, einer der ersten Komponisten im mono- 
dischen StiL Von ihm erschien in Venedig: 3st. 
Canzonette (1593), 5st. Madrigale (1602), 3-5st. 
Sacrae Cantiones (1604), 2 Bücher Musiche für 1-4 
St. mit B.c. (1607 und 1610), Sacre laudi für eine 
St. und B.c. 

Bellgsio, Paolo, * 27. 5. 1554 zu Verona, f 17. 7. 
1594 zu Rom; italienischer Komponist, stand ab 
1582 im Dienste der Kardinale F. Boncompagni 
und Sirleto in Rom, 1587 Organist am Dom von 
Orvieto, 1591 maestro di musica der Veroneser 
Accademia Filarmomca. Er schrieb 5 Bücher Ma- 
drigale: 5st. (Venedig 1578 und 1582), 6st. (Venedig 
1590), 3-8st. (Venedig 1591), 5st. (Verona 1595); 
außerdem ein Buch 3st. Villanelle mit Lauten- 
intavolaturim Cantus-Stimmbuch (Venedig 1592). 
Weiteres in Sammelwerken und Lautenbüchem. 
Ausg.: Villanelle (1592), hisg. v. G. Vecchi, 1952. 

Bell^zzi, Francesco, * zu Vigevano; italieni- 
scher Komponist, war Schüler G. Gabriehs, wurde 
um 1623 Kapellmeister an S. Francesco in Mailand, 
gab 1618-28 in Venedig Psalmen, Motetten, Mes- 
sen und Litaneien im konzertierenden Stil heraus. 

BeUfere (bel'srr), Jean, eigentlich Beellaerts; 
Buch- und Musikalienhändler in Antwerpen, ar- 
beitete 1572 bis um 1595 mit dem Musikverleger 
Pierre PhalSse zusammen. Mit dem Tode B.s er- 
losch die Verbindung; die Witwe führte zunächst 
die Buchhandlung weiter, ein Sohn Balthasar ver- 
legte sie nach Douai und veröffentlichte 1603-05 
den Katalog seines Verlags, den Coussemaker in 
der Bibliothek zu Douai gefunden hat. 

BeUermann, Johann Friedrich, * 8.3. 1795 zu 
Erfurt, t 5. 2. 1874 zu Berlin; deutscher Musik- 
forscher, Sohn von Joh. Joach. B., ab 1819 Lehrer 
und 1847-68 Direktor des Gymnariums zum 
Grauen Kloster in Berlin; er machte sich um die 
Musikgeschichte verdient durch wertvolle Unter- 
suchungen auf dem Gebiete der altgriechischen 
Musik. Er schrieb: Die alten Liederbücher der Portu- 
giesen oder Beiträge zur Geschichte der portugiesischen 
Poesie vom 13 . bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts 


(Berlin 1840). Sein Hauptwerk Die Tonleitern und 
Musiknoten der Griechen (Berlin 1847) erklärt ein- 
gehend das Notensystem der Griechen (-*- Fort- 
lage). Die damals bekannten Überreste altgrie- 
chischer praktischer Musik behandeln die kleineren 
Schriften Die Hymnen des Dionysios und Mesomedes 
(Berlin 1840), Fragmentum graecae scriptionis de 
musica (1840) und Anonymi scriptio de musica . Bachii 
senioris introductio artis musicae . . . (Berlin 1841). 

BeUermann, Johann Gottfried Heinrich, * 10. 
3. 1832 zu Berlin, 1 10. 4. 1903 zu Potsdam; deut- 
scher Musikforscher und Komponist, Sohn und 
Schüler von J. F. B., besuchte in Berlin das Graue 
Kloster, dann das Königliche Institut für Kirchen- 
musik und war längere Zeit Privatschüler von 
GrdüL 1853 wurde er als Gesanglehrer am Grauen 
Kloster angestellt und erhielt 1866 die durch A. B. 
Marx’ Tod erledigte Professur für Musik an der 
Universität (unter Verleihung des philosophischen 
Doktorgrades h. c.) und war ab 1875 Mitglied der 
Königlichen Akademie der Künste. B.s im Druck 
erschienene Kompositionen gehören außer Kla- 
vierliedem und einem Chorwerk mit Orch., Ge- 
sang der Geister über den Wassern , fast ausschließlich 
dem Gebiet der a-cappella-Musik an (Motetten, 
Psalmen, Chorlieder; Chöre und Melodramen zu 
Sophokles’ Ajax, König Ödipus und Ödipus auf Ko- 
lonos). Eine Oper blieb Manuskript. Ein besonderes 
Verdienst erwarb sich B. durch seine Schrift Die 
Mensuralnoten und Taktzeichen im 15. und 16. Jh. 
(Berlin 1858, 2 1906). In seinem Buche Der Contra- 
punkt (Berlin 1862, 41901) vertritt B. den Stand- 
punkt von J. J. Fux* Gradus ad Pamassum (1725), 
der zwar für seine Zeit veraltet war, aber für das 
19. Jh. neue Bedeutung gewinnen komite. Weiter- 
hin folgten zwei kleinere Arbeiten Über die Ent- 
wicklung der mehrstimmigen Musik (Berlin 1867) und 
Die Größe der musikalischen Intervalle als Grundlage 
der Harmonie (Berlin 1873) sowie Ed. Aug. Grell 
(Biographie, Berlin 1899). Aufsätze von B. enthält 
die AmZ (1868-74). Nach dem Tod von E. Grell 
gab B. dessen Aufsätze und Gutachten über Musik 
(Berlin 1887) heraus. 

Lit.: O. Schneider, H. B., Gedächtnisrede, Bin 1903. 

Bellermaxin, Johann Joachim, * 23.9.1754 
zu Erfurt, f 25. 10. 1842 zu Berlin; deutscher Theo- 
loge, Professor an der Universität Erfurt bis 1804, 
dann bis 1828 Direktor des Berliner Gymnasiums 
zum Grauen Kloster und daneben ab 1816 Pro- 
fessor der Theologie an der Berliner Universität. 
Er hat das Verdienst, die Wiedereinführung des 
Gesangsunterrichts an den Schulen in Preußen 
durchgesetzt zu haben. Sein Buch Bemerkungen 
über Rußland (2 Bände, Erfurt 1788) behandelt die 
russischen Musikverhältnisse. 

BeUermann, Konstantin, * 1696 zu Erfurt, 
t 1. 4. 1758 zu Münden; deutscher Komponist, 
war 1719 Kantor, 1739 Konrektor und 1742 Schul- 
rektor in Münden. B. war Poeta laureatus und 
Komponist von Vokal- und Instrumentalwerken. 

Beü’Hav$r, Vincenzo, * um 1530 und f im 
September 1587 zu Venedig; italienischer Kompo- 
nist, war Schüler von A. Gabrieli und 1586 sein 
Nachfolger als Organist der ersten Orgel der Mar- 
kuskirche, wo am 30. 10. 1588 Giuseppe Guami 
sein Nachfolger wurde. Von ihm sind erhalten das 


134 



Bcllinzani 


2. Buch 5st. Madrigale (Venedig 1575) und in 
Sammelwerken weitere Madrigale und Kanzonet- 
ten sowie Motetten und Magmficat. 

Ausg. : 3 Madrigale in Torchi 1 ; Toccata f. Org. aus : 
G. Diruta, B Transilvano, Venedig 1625, in: Torchi 
DDL 

Lit.: G. Benvenuti, A. e G. Gabrieli, Ist. e Mon. 
dell’arte mus. Ital. I, Mailand 1931, p. LXXI. 

Belli, Domenico; italienischer Komponist, einer 
der ersten im monodischen Stil, war 1610-13 Ge- 
sanglehrer an S. Lorenzo in Florenz (Nachfolger 
von Gagliano), ab 1619 am Hofe der Medici, gab 
heraus: Arie a una e a due voci per sonarsi con il 
chitarrone (Venedig 1616) und die kleinen Opern 
Orfeo dolente (Florenz 1616, Intermedien zu Tassos 
Aminta) und Andromeda (Florenz 1618). 

Belli, Girolamo, * 1552 zu Argenta (Ferrara); 
italienischer Komponist, Schüler von L uzzas c hi , 
Kapellsanger des Herzogs zu Mantua, veröffent- 
lichte: 3 Bücher 6st. Madrigale 1583, 1584 (Furti 
amorosi , auch 1587), 1593; 9 Bücher 5st. Madrigale 
(1584-1617), 2 Bücher 4st. Kanzonetten (1584, 
1593), Sacrae cantiones 6 v. (1585), Sacrae cantiones 
8 v . (1589), Sacrae cantiones 10 v. (1594), Salmi a 
5 voci con 2 Magnißcat . . . (1610). 

Belli, Giulio, * um 1560 zu Longiano; italieni- 
scher Komponist, war 1582 Kapellmeister an der 
Kathedrale von Imola, wurde 1592 Franziskaner- 
mönch und Kapellmeister im Kloster Santa Maria 
zu Carpi, dann Kirchenkapellmeister: 1592 in 
Ferrara, 1595 Venedig, 1597 Montagnana, 1599 
Osimo, 1601 Ravenna, 1604 Forli, 1606 Venedig, 
1607 Padua, 1611 Imola. Seine Werke erschienen 
in Venedig, die meisten in mehreren Auflagen, 
zum Teil mit hinzugefügtem B.c. Es sind: 4 Bü- 
cher Messen (1586, 1595, 1599, 1608), 3 Bücher 
Psalmen (1596, 1598, 1604), Sacrae cantiones (1600), 
Compieta (1605 und 2 Bücher 1607), Madrigali 
(1589 und 1592), Canzonette (1584 und 1593). Die 
Concerti ecclesiastici (1613) enthalten auch eine Can- 
zone für 2 Cometti oder V. und B.c. Handschrift- 
liche Regole di contrappunto liegen in Bologna. 

Lit.: A. Brigidi, Cenni sulla vita e sulle opere di G. 
B., Mailand 1865. 

Bellincioni (behntf'orm), Gemma, *18.8.1864 
zu Como (Piemont), f 23. 4. 1950 zu Neapel; ita- 
lienische Sängerin (Sopran), debütierte 1881 zu 
Neapel in Pedrottis Tutti in maschera und wurde 
eine der gefeiertsten Primadonnen Italiens und des 
Auslands. Sie war vermählt mit dem Tenor R. 
Stagno. Eine Reihe Primadonnenrollen verisdscher 
Opern (Cavalleria rusticana , Nozze Istriane) sind 
von ihr kreiert worden. 1911-15 war sie Leiterin 
einer Opemschule in Charlottenburg, lebte aber 
dann wieder in Italien. Sie gab eine Gesangsdiule 
heraus und schrieb eine Autobiographie Io e il pal - 
coscenico (Mailand 1920). 

Lit.: G. B. Bacgioni, G. B., Palermo 1902; B. 
Stagno-Bellincioni, R. Stagno e G. B. intimi, Flo- 
renz 1943. 

Bell|ni, Vincenzo, * 3. 11. 1801 zu Catania (Si- 
zilien), t 24. 9. 1835 zu Puteaux bei Paris; ita- 
lienischer Opemkomponist, stammte aus einer 
Musikerfamilie, war ab 1819 Schüler von Fumo, 
Tritto und Zingarelli am Real Conservatorio di 


musica in Neapel Auf dem Theater dieser Schule 
wurde seine erste Oper Adelson e Salvina 1825 auf- 
geführt. Zuvor hatte B. schon eine Kantate Ismene , 
eine Symphonie, andere Instrumentalstücke und 
Kirchenmusik geschrieben. Auf Bestellung Bar- 
baias schrieb er für das Teatro San Carlo in Neapel 

1826 Bianca e Fernando , für die Scala in Mailand 

1827 B pirata und 1829 La straniera ; diese Werke 
begründeten B.s Ruf. Zaira, zur Eröffnung des 
Teatro Nuovo in Parma 1829 geschrieben, und 

1 Capuleti ed i Montecchi (Venedig Teatro La Fenice 
1830) hatten wenig Erfolg. 1831 folgten die beiden 
Hauptwerke, die B.s Ruhm lebendig gehalten 
haben: La sonnambula (Teatro Carcano Mailand) 
und besonders Noma (Scala Mailand). Ufiied il 
sarä wurde 1832 privat in Mailand aufgeführt. 
Beatrice di Tenda (Venedig Teatro La Fenice 1833) 
hatte wenig Erfolg. Ab 1833 lebte B. in Paris, wo 
er 1835 für das Th&tre Italien seine letzte Oper, 
I Puritani , schrieb. B.s Stilist ungekünstelt und ein- 
fach, in Harmonik und Instrumentation, die ganz 
hinter der Melodik zurücktreten, oft unoriginell 
und schematisch; in der Melodik folgt er nicht 
dem rein auf Wohlklang und Virtuosität zielenden 
Bel-canto-Ideal Rossinis, sondern schafft eine inni- 
gere, ausdrucksstarke Tonsprache, die jedoch, ge- 
mäß seiner lyrischen Veranlagung, kaum je zu 
dramatischer Kraft gesteigert ist. Verdi, Wagner 
und Glinka haben nachhaltige Anregungen von 
ihm empfangen. 

Ausg.: die Partituren d. Sinfonia in »do minore«, <L 
Sinfonia in »mi b« u. d. Sinfonia in »re« revidiert v. 
M. Zanon, Mailand 1941; Composizioni giovanili, 
Faks. hrsg. v. Fr. Cilea, Rom 1941 ; Norma, Faks., 

2 Bde, hrsg. v. O. Respighi, Rom 1935. 

Lit.: O. Viola, Bibliogr. belliniana, Catania 1923. - 
B., Lettere inedite, hrsg. v. L. Salvioli, Mailand 1885; 
Le Lettere di V. B., hrsg. v. F. Pastura, Catania 
1935; V. B., Epistolario, hrsg. v. L. Cambi, Verona 
1943. - F. Cicconeth, Vita ai V. B., Prato 1859; A. 
Pougin, B., Paris 1868; A. Amorb, V. B., 2 Bde, 
Catania 1892 u. 1894; A. Cameth, B. a Roma, Rom 
1900; I. Pizzetti, La musica di V. B., Florenz 1914; 

A. Rapisarda, Vita di B., Turin 1925; O. Viola, V. 

B. seniore, Catania 1930; V. Ricca, V. B., Catania 
1932; L. Cambi, B., Mailand 1934, 21938; G.T.Db 
Angeus, V. B., Brescia 1935; A. Della Corte u. 
G. Pannain, V. B., Turin 1935; A. Grassi, B., 
Wagner, Verdi, Mailand 1935; G. G. Mezzatesta, 
V. B., Palermo 1935; G. Monaldi, V. B., Mailand 
1935; G. Sabattni, V. B., Catanzaro 1935; G. 
Policastro.V.B.: 1801-1819, Catania 1935 ;L. Cambi, 
A. Della Corte u. G. A. Gavazzbni, V. B., hrsg. v. 
I. Pizzetti, Mailand 1936; A. Gritti, V. B., Vercelli 
1936; A. Einstein, V. B„ ML XVI, 1937; O. Tiby, 
V. B., Turin 1938; A. Fraccarou, V. B., Mailand 
1942; P. Cavazzuti, B. a Londra, Florenz 1945; S. 
Pugiiattt, Chopin e B., Messina 1952. 

Bellinzyii, Paolo Benedetto, * um 1690 zu 
Mantua, t 25. 2. 1757 zu Recanati; italienischer 
Komponist, 1717 Kapellmeister in Udine, 1722 an 
der Kathedrale von Ferrara, 1724-30 in Pesaro, 1730 
bis 1734 in Urbino, 1734/35 in Fano, 1735-37 in 
Orvieto, ab 1737 in Recanati, gab heraus Missae 
4 voc op. 1 (1717), Salmi brevi per tutto Vanno , a 8 
voci ... op. 2 (1718), Offertorii . . . a 2 voci e B.c. 
op. 4 (1726), 12 Duetti da camera op. 5 (1726, lib. 2 
1733), Madrigali zu 2-6 St. op. 6 (1733) und Suonate 
a Flauto mit B.c. op. 3 (1720) und schrieb 2 
Oratorien: Abigaile (Urbino 1730) und Ester (An- 


135 



BeUman 


cona 1753). 12 Sonate da chiesa a3,con2 Violini e B., 
ad imitazione di quelle di Arcangelo Corelli befinden 
sich als Manuskript in der Bibliothek zu Bologna. 

BeUman, Carl Michael, * 4. 2. 1740 und f 11. 
2. 1795 zu Stockholm; schwedischer Dichter und 
Sänger, dessen Schaffen in den Sammlungen 
Bacchi Tempel (1783), Fredmans Epistlar (1790) und 
Fredmans sänger (1791) zusammengefaßt ist. Die 
Melodien zu seinen Dichtungen übernahm er weit- 
gehend von Chansons, Opemarien, Volks- oder 
Tanzliedern. Seine Lieder werden in Schweden 
noch gesungen. 

Ausg.: »Fredmans epistlar« 1790 u. »Fredmans 
sänger« 1791, hrsg. v. O. Ahlsttröm; C. M. B.s 
skrifter, hrsg. v. d. Bellmanssällskapet, 1921 ff. (mit 
Musik); 20 Lieder mit deutscher Übers., hrsg. v. 
Gumppenberg u. Berend, 1909. 

Lit.: J. Flodmark, Bellmans-melodiemas Ursprung, 
Svensk musiktidning II, 1882; E. Sundström, Ny 
Bellmansmusik, STMf IX, 1927; T. Krogh, B. som 
musikalisk Digter, Kopenhagen 1945 (= Studier fra 
Sprog-og Oldtidsforskning, 196); N. Afzelius, B.s 
melodier, Stockholm 1948; H. W. van Loon u. G. 
Castagnetta, The last of the troubadours, C. M. B., 
NY 1939; R. Engländer, B.s musikalisk-poetiska 
teknik (in: Samlaren, 1957). 

Bellmann, Karl Gottfried, * 11. 8. 1760 zu 
Schellenberg (Sachsen), f 1816 zu Dresden; deut- 
scher Instrumentenbauer, baute seinerzeit sehr ge- 
schätzte Klaviere, war auch Virtuose auf dem Fa- 
gott. Im Instrumenten-(Orgel-)Bau war er Schüler 
seines Vaters, eines der Mitarbeiter von Silber- 
mann. 

Lit: vgl. den Artikel in E. L. Gerbers Neuem hist- 
biogr. Lex. ... I, Lpz. 1812. 

BeUpni, Giuseppe, * zu Lodi; italienischer Kir- 
chenkomponist, gab heraus: 5st. Messen op. 1 
(1603, 21611), 5st. Psalmi ad Vesperas op. 2 (1604), 
Psalmen und 2 Magnificat op. 4 (1605), Messa e 
Motetti 6 voc. con il Basso op. 5 (1606). Eine Motette 
zu 8 St. findet sich in einem Sammeldruck von 
1612, 4 Motetten handschriftlich in Augsburg. 

Bellpni, Pietro, aus Mailand; italienischer Kom- 

Urio in Neapel, später in Paris, schrieb für Paris 
mehrere Ballette (1801-04) und gab eine Gesang- 
schule heraus (1822). 

Lit : E. G. J. Gregoir, Les tribulations d'un artiste 
musicien ä Paris 1812, P. B., comp ositeur-prof esseur 
de Naples, Paris 1884. 

Belogr^dsky, Timofei, * in der Ukraine, Lau- 
tenspieler und Sänger der 1. Hälfte des 18. Jh. 
1733 nahm ihn der russische Gesandte Graf Keyser- 
lingk nach Dresden mit, wo er den Unterricht von 
Silvius Leopold Weiss genoß. 1737 wurde er Lau- 
tenspieler der Zarin Anna, nach deren Tode in 
Dresden beim Grafen Brühl, dann wieder in 
St. Petersburg als Lautenspieler der Zarin Elisabeth. 
Er komponierte russische Lautenlieder auf Texte 
von Sumarokow, die sehr beliebt waren. 

Lit.: J. v. Stäblein, Nachrichten v. d. Musik in Ruß- 
land, in: Hillers Wöchentliche Nachrichten IV, 1770. 

B$Iyj, Viktor Aronowitsch, * 14. 1. 1904 zu 
Berditschew (Ukraine) ; rus s ischer Komponist, 
studierte 1919-21 am Konservatorium Charkow 
Komposition und Violine, 1922-29 am Moskauer 
Konservatorium Komposition bei Konjus und 


Mjaskowskij. In seinen früheren Werken verfolgte 
B. expressionistische Tendenzen, kam aber durch 
seine Volksliedstudien zu einem gemäßigteren StiL 
B. schrieb: 4 Prdludes für Kl. (1922) ; Klaviersona- 
ten I (1923) und II (1926); 2 Klavierfugen (1925); 
Vokalmonolog 26 (1926); Lyrische Sonatine für 
Kl. (1928); Chorwerke Wojna (»Krieg«), 1929) 
und Golodnyj pochod (»Der Hungerfeldzug«, 1931); 
Chorsuite nach tschuwaschischen Volksliedem 
(1936) ; 2 Chöre aus Majakowskijs Gedicht »W. I. 
Lenin« (1938) ; 3 Klavierminiaturen nach baschki- 
rischen Themen (1939); 10 kirgisische Chöre 
(1940); Klaviersonate III (1942); 4 Klavierstücke 
auf tadschikische Themen (1945) ; Klaviersonate IV 
(1946); 16 Klavierpraeludien nach Volksliedem 
aus der Sowjetunion (1947) ; 5 Klavierstücke nach 
weißrussischen Volksliedem (1950); Schauspiel- 
musiken; viele Chöre und Lieder. Als Lehrer 
wirkte B. 1948-49 am Moskauer Konservatorium, 
seitdem in Minsk. 

Belza, Igor Fjodorowitsch, * 8. 2. 1904; ukraini- 
scher Komponist und Musikforscher, studierte am 
Konservatorium in Kiew, wo er 4 Jahre nach 
seinem Examen als Kompositionslehrer Anstellung 
fand. 1941 wurde er Lehrer für Musikgeschichte 
am Konservatorium in Moskau und übernahm 
auch die Leitung des Staatlichen Musikverlags. B. 
schrieb mehrere Filmmusiken, Symphonien und 
kleinere Orchesterwerke, ein Klavier- und ein 
Orgelkonzert, Kammer- und Klaviermusik. Ne- 
ben zahlreichen Aufsätzen (u. a. über Filmmusik) 
veröffentlichte er Monographien über Borodin 
und Mozart sowie ein »Handbuch der sowjetischen 
Musiker« (1943). 

Bembo, Antonia, * um 1670 vermutlich zu Ve- 
nedig, Sterbedatum und -ort unbekannt; italieni- 
sche Komponistin, ging zwischen 1690 und 1695 
nach Paris, trat dort vor Ludwig XIV. als Sängerin 
auf und wurde von ihm finanziell in die Lage ver- 
setzt, sich ganz der Komposition widmen zu kön- 
nen. Sie schrieb eine Oper UErcole amante (1707) ; 
Produzioni armoniche (40 geistliche Kompositionen 
auf lateinische, französische und italienische Texte, 
mit Instrumentalbegleitimg) ; Te Deum pour la 
naissaticc du duc de Bretagne (1705); Te Deum pour 
la Conservation de la sante du roi ; Les sept psaumes de 
la pinitence. 

Lit. : Y. Roksbth, A. B., Composer to Louis XIV, 
MQ XXIII, 1937. 

Bembo, Pietro, * 20. 5. 1470 zu Venedig, f 18. 
1. 1547 zu Rom; italienischer Dichter, Sproß einer 
alten venezianischen Patrizierfamilie, lebte in Ve- 
nedig und Padua, 1506-12 in Urbino, dann bis 
1520 am päpstlichen Hofe in Rom. 1530 wurde er 
zum Historiographen und Bibliothekar der Stadt 
Venedig ernannt, 1539 Kardinal und lebte von da 
an wieder in Rom. Sein beinahe diktatorischer Ein- 
fluß auf den literarischen Geschmack veranlaßte die 
Wendung der italienischen Literatur zu dem bis 
en Ende des Jh. anhaltenden Petrarchismo, mit 
das Aufblühen auch der Madrigalkomposition 
verbunden ist. Madrigale auf Texte B.s schrieben 
Arcadelt (der wohl mit ihm bekannt war), Con- 
versi, Donato, A. Gabrieli, Marco da Gagliano, 
Ingegneri, Monte, Monteverdi, Palestrina, Rore. 
Ausg.: Opere, 4 Bde, Venedig 1729 (vollständigste 
Ausg.). 


136 



Benda 


lit. : V. Qan, P. B., Giomale storico della letteratura 
ital. LXXXVIII, 1926; A. Einstein, The Italian Ma- 
drigal I, Princeton 1949. 

Bg me t zri eder, Anton, * 1743 (1748?) im Elsaß, 
*j* um 1817 zu London; elsässischer Musikschrift- 
steller, Verfasser einer Anzahl theoretischer Schrif- 
ten, welche ihm dank der Protektion Diderots, 
dessen Tochter er unterrichtete, vorübergehend in 
Paris zu Ansehen verhalfen; doch wandte er sich 
schon 1781 nach London. Von seinen zahlreichen 
Schriften seien genannt: Legons de clavecin etprin- 
cipes d’ Harmonie (Paris 1771, Vorwort von Diderot, 
englisch von G. Bemard als Music made Easy 1778, 
spanisch von B. Bails 1775), Traiti de musique 
(Paris 1776, 31780), Le tolirantisme musical (Paris 
1779; Versuch einer Vermittlung zwischen Picci- 
nisten und Gludristen), Nouvel essai sur Vharmonie 
(Paris 1779), General Instruction in Music (London 
1790), A New SingingBook frertch and english (1790). 

Benatzky, Ralph, * 5. 6. 1884 zu Mahrisch-Bud- 
witz, f 17. 10. 1957 zu Zürich; österreichischer 
Komponist, Dr. phil, Schüler von Mottl in Mün- 
chen, wirkte in Wien und Berlin. Ab 1938 lebte 
er in Amerika, dann in der Schweiz. Er schrieb 
Bühnenwerke und eine sehr große Anzahl von 
Chansons. Bühnenwerke (mit dem Jahr der Ur- 
aufführung) : 3aktige Spidoper Der lachende Drei- 
bund (1927), 2aktige Oper Die Blinde (1927); Ope- 
retten: Liebe im Schnee (1916), Die tanzende Maske 
(1918), Die Verliebten (1919), Ju-Shi tanzt (1920), 
Apachen (1921), Pipsi (1921), Ein Märchen aus Flo- 
renz (1922), Aria appassionata (1922), Für dich 
(Revue 1925), Adieu Mimi (1926), Mit dir allein 
(1929), Die drei Mousquetiere (1929), Meine Schwe- 
ster und ich (1931), Im weißen Rössl (1931, sein be- 
kanntestes Stück,) Ein bezauberndes Fräulein (1935) 
Axel an der Himmelstür (1936), Kleinstadtzauber 
(1947) ; ein Ballett Die fünf Wünsche (Staatsoper 
Berlin, 1929). In jüngerer Zeit entstanden eine Be- 
arbeitung von Joh. Strauß' Waldmeister (1949), die 
große Operette Ein Liebestraum (1951 ; auf Liszt- 
Themen), die musikalischen Lustspiele Mon atni 
Reni (1950) und Don Juan 9 s Wiedemehr (1953) so- 
wie ein Roman In Dur und Moll (1954). 

Ben Chaim, Paul -»• Ben-Haim. 

Bentibni (bentj'ini), Joseffo; italienischer Kom- 
ponist zu Anfang des 18. Jh., von dem Kammer- 
kantaten zusammen mit solchen von Clari und 
Marcello und handschriftlich Orgelsonaten erhal- 
ten sind. 

Ausg. : eine Fuge u. eine Sonate für Cemb. oder Org. 
bei Torchi III. 

Benda, Felix, * um 1700 zu Ssalsko (Böhmen), 
t 1768 in Prag; böhmischer Organist und Kom- 
ponist (mit der großen Musikerfamilie der Bendas 
nicht näher verwandt), war Organist der Michaels- 
kirche in Prag, der Lehrer von Seeger ; Komponist 
von Oratorien (1760, 1762), Messen und anderer 
Kirchenmusik. 

Benda, Franz (FrantiSek), * 25. 11. 1709 zu Alt- 
benatek (Böhmen), f 7. 3. 1786 zu Potsdam; böh- 
mischer Violinist, wurde 1718 Chorknabe an der 
Nikolauskirche in Prag, dann in Dresden, 1723 
wieder in Prag. 1726-30 war er als Violinist in 
Wien, ging 1730 nach Warschau, wo er zum 
Luthertum übertrat, 1733 nach Dresden und im 


gleichen Jahr nach Rheinsberg. Seitdem gehörte er 
der Kapelle des Kronprinzen (später König Fried- 
rich II.) von Preußen an, deren Konzertmeister er 
1771-86 war. 1786 wurde sein Bruder und Schüler 
Joseph B., * 7. 5. 1724 zu Altbenatek, f 22. 2. 
1804 zu Berlin, sein Nachfolger. B. war besonders 
für sein gesangvolles Adagiospiel berühmt. In 
seinen Kompositionen steht er den Brüdern Graun 
nahe; die Melodik zeigt oft böhmische Färbung. 
Gedruckt sind in Berlin: 6 Triosonaten op. 1, 
2 Violinkonzerte op. 2, 3 Sonaten für KL und Fl. 
oder V. op. 3, 3 Sonaten für KL und H. op. 5 
(op. 3 und op. 5 auch als 6 Sonates ä Violon seul , 
oeuvre 1 in Paris erschienen, wo auch 6 Violon- 
sonaten op. 4 verlegt wurden) sowie Flötensonaten 
(1756); Etudes de Violon , posthum, Leipzig, Band I 
von Franz, Band II von Joseph B., Band ID = 
Exerdses progressifs von F. B. Handschriftlich er- 
halten sind: Violinsonaten (zum Teil mit ausge- 
schriebenen Verzierungen), Flöten-, Gamben- und 
Triosonaten, Duos für 2 V., Violinkonzerte und 
Symphonien. B. schrieb 1763 einen autobiogra- 
phischen Aufsatz, der in Hillers Wöchentlichen 
Nachrichten I (1766), in der Neuen Berliner Musik- 
zeitung X (1856) und in v. Ledeburs Tonkünstler- 
lexikon Berlins (Berlin 1860/61) abgedruckt ist. 

Ausg.: Capricci u. Violinkonzert Esdur, hrsg. v. 
J. Öbleda, Nov6 Benätky 1927; eine Violinsonate in: 
Alte Meister d. Violinspiels, hrsg. v. A. Schering, 
1909. 

Lit : H. Mersmann, Beitr. zur Aufführungspraxis d. 
vorklass. Kammermusik in Deutschland, AfMw II, 
1919/20; A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; 
A. Laserstein, F. B., Diss. Breslau 1924, maschr.; 
J. Gabriel, F. B., Star6 Benätky 1926; F. Berten, 
F.B., Diss. Köln 1927; V. Helfert, J.B.Iu. II, 
Brünn 1929 u. 1934; E. Nissel-Nemenoff, Die Violin- 
technik F. B.s, Königsberger Studien z. Mw. X, Kassel 
1930; C. Schoenbaum, MGG u. d. Familie B., Mf X, 
1957. 

Benda, Friedrich Ludwig, * 1746 zu Gotha, 
f 20. 3. 1792 zu Königsberg; Sohn von Georg B., 
deutscher Violinist und Komponist, wurde 1775 
Violinist am Gothaer Hoftheater, 1780 Musik- 
direktor in Hamburg, 1782 Violinist und Hof- 
komponist in Ludwigdust und lebte ab 1789 als 
Konzertmeister in Königsberg. Er schrieb ein 
Oratorium Das Andenken an die Erlösung , den 
96. Psalm, die Weihnachtskantate Gott steigt herab 
und die Kantaten Unser Vater , Die Religion und 
Der Tod (Texte von Heinr. JuL Tode, Kanonikus 
zu Pritzier in Mecklenburg); eine komische Oper 
Der Barbier von Sevilla (1776), Bühnenmusik zu 
Gotters Jeanette (1776), zusammen mit Neefe einen 
Prolog von H. L. Wagner: Apolls Abschied von den 
Musen (1777), Das Narrenballett (1787), Ouvertüre 
zu F. E/Jesters Schauspiel Freemam (1789) und auf 
dessen Texte die Operetten: Die Verlobung (1790), 
Louise (1791), Mariechen (1791). 

Lit: J. Sittard, Gesch. d. Musik- u. Concertwesens 
in Hamburg, Altona u. Lpz. 1890; H. Güttlbr, 
Königsbergs Musikkultur . . ., Königsberg 1925. 

Benda, Friedrich Wilhelm Heinrich, * 15.7. 
1745 und f 19 . 6. 1814 zu Potsdam; ältester Sohn 
von Franz B., deutscher Violinist, war 1765-1810 
Königlicher Kammermusikus. Er komponierte die 
Opern Alceste, Orpheus , Das Blumenmädchen, 2 Ora- 
torien, Kantaten und Instrumentalwerke. 


137 



Benda 


Benda, Georg (Jiri), getauft 30. 6. 1722 zu Alt- 
benatek, f 6.11.1795 zu Köstritz; böhmischer 
Komponist, 1735 im Piaristen-Kolleg zu Kosmaros 
bei Jung-Bun zlau, 1739-42 Seminarist im Jesuiten- 
Kofieg zujiän, 1742 Königlicher Kammermusikus 
in Berlin, 1750 Hofkapellmeister in Gotha, 1765/ 
1766 sechs Monate (mit 1000 Talern Zuschuß) 
vom Herzog zu Studien nach Italien beurlaubt, 
erregte von 1775 an Aufsehen durch seine Melo- 
dramen Ariadne auf Naxos (wurde 1781 auch in 
Paris aufgeführt), Medea, Pygmalion , Philon und 
Theorie (umgearbeitet als Almansor und Nadine): 
Werke, die vor allem durch ihre tonmalerischen 
Schilderungen und den raschen Wechsel des Affek- 
tes auch atu die zeitgenössische Oper und die spä- 
tere Ballade großen Einfluß gewannen. 1778 nahm 
er seinen Abschied, lebte darauf in Hamburg, 
Wien und zog mit einer kleinen Pension nach 
Georgenthal bei Gotha, später nach Ohrdruf, zu- 
letzt nach Köstritz. Für die Bühne schrieb er 
14 Werke (außer den Melodramen die Singspiele: 
Der Dorfjahrmarkt 1775, Romeo und Julia 1776, 
Wälder 1776, Der Holzhauer 1778), die damals in 
mehreren Ausgaben im Klavierauszug erschienen. 
Auch die Kantaten Amynts Klagen , Caphalus und 
Aurora , Bendas Klagen , 6 Hefte Klavier- und Ge- 
sangstücke, ferner 3 Klavierkonzerte und Klavier- 
sonaten erschienen im Druck. Von den zahlreichen 
handschriftlich erhaltenen Werken sind vor allem 
8 Symphonien in der Stadtbibliothek zu Leipzig 
zu nennen, die sich weit über die gleichzeitigen 
der norddeutschen Schule erheben. 

Ausg.: Ariadne, K1.-A., Faks. hrsg. v. A. Einstein; 
Der Jahrmarkt, hrsg. v. Th. W. Werner, DDT 
LXIV; 6 Sonaten f. d. Cemb. (1757), in: A. Far- 
renc, Le Trdsor des Pianistes XIV, Paris o. J.; So- 
naten u. Sonatinen f. KL, hrsg. v. H. Fischer u. Fr. 
OberdÖrffer (Deutsche Klaviermusik des 17. u. 18. 
Jh. III u. VI, Bin 1935-36), W. Kahl (Deutsche 
Klaviermusik d. 18. Jh. II, Wolfenbüttel 1933) u. 
Taoliapietra Ant XIII; 16 Klaviersonaten, in MAB 
XXIV; eine Flötensonate, hrsg. v. M. Ruetz, NMA 
CLIV ; Cembalokonzert G dur, hrsg. v. M. Bethan, 
NMA CXLIV; Symphonie B durf. Streichorch., Slg 
Sondheimer XXIV, Bin 1932. 

Lit.: R. Hodermann, G. B., Coburg 1895; Fr. 
Brückner, G. B. u. d. deutsche Singspiel, SIMG V, 
1903/04; E. Istel, Die Entstehung d. deutschen 
Melodramas, Bin 1906; A. Hnilicka, Aus G. B.s 
Jugend, Prag 1911; Vl. Helfert, J. B., Spisy Füoso- 
fick6 Masarykovy University XXVIII u. XXXIX, 
Brünn 1929 u. 1934 (nicht beendet); C. Schoenbaum, 
MGG u. d. Familie B., Mf X, 1957. 

Benda, Hans Robert Gustav von, * 22. 11. 1888 
zu Straßburg; deutscher Dirigent, Nachfahre des 
Friederizianischen Konzertmeisters Franz B., stu- 
dierte am Stemschen Konservatorium Berlin, Mu- 
sikwissenschaft an den Universitäten Berlin und 
München. 1926-33 war er Leiter der Musikabtei- 
lung »Funkstunde Berlin«, 1934-39 Intendant der 
Berliner Philharmoniker und Dirigent ihres Kam- 
merorchesters, seit 1939 Leiter eines eigenen »Ber- 
liner Kammerorchesters«. B. unternahm Konzert- 
reisen durch Europa, Amerika, Nordafrika und 
war 1954-58 auch Leiter der Musikabteilung des 
Senders »Freies Berlin«. 

Benda, Johann Wenzel, * 16. 4. 1713 zu Alt- 
benatek, f 1752 zu Potsdam; Bruder von Franz B., 
ebenfalls Violinist, war Kammermusiker in Pots- 


dam. Ihm sind 11 Höten- und eine Triosonate 
zuzuweisen. 

Ausg.: Violinkonzert Gdur, hrsg. v. S. Dushkin, 
1932 (vermutlich unecht). 

Lit.: C. Schoenbaum, MGG u. d. Familie B., MfX, 
1957. 

Bendeier, Johann Philipp (Bendler), getauft 
20. 11. 1654 zu Riethnordhausen bei Erfurt, f 26. 
12. 1709 zu Quedlinburg (an der Orgel vom 
Schlage gerührt) ; deutscher Musiktheoretiker und 
Organist, Kantor am Gymnasium in Quedlinburg. 
Von ihm sind an musiktheoretischen Schriften er- 
halten: Aerarium melopoeticum (1688), Organopoeia 
oder Unterweisung , wie eine Orgel ... zu erbauen 
(um 1690; eine Ausgabe von 1739 erschien unter 
dem Titel Orgel-Baukunst . . .), Directorium musicum 
(1706). Ein in Matthesons Ehrenpforte (Bücherver- 
zeichnis von Hausmann) genanntes, aber verscholle- 
nes Collegium musicum de Compositione (Johann 
Philipp) ist ihm wohl ebenfalls zuzuschreiben. 

Bender, Paul, * 28. 7. 1875 zu Driedorf (Wester- 
wald), f 25. 11. 1947 zu München; deutscher Büh- 
nen- und Konzertsänger (Baß), studierte in Berlin 
Medizin, nahm aber nebenher Gesangsunterricht. 
Von 1900-03 sang er am Stadttheater in Breslau 
und gehörte seit April 1903 der Münchner Staats- 
oper an. Ab 1902 wirkte er bei den Bayreuther 
Festspielen mit und war 1922-27 auch in Amerika 

S . B. war in dramatischen wie in komischen 
sn hoch angesehen. 

Bendix, Kurt, * 19. 11. 1904 zu Berlin; schwe- 
discher Dirigent deutscher Geburt, Schüler des 
Stemschen Konservatoriums in Berlin und von 
Schillings, studierte Musikwissenschaft an der 
Universität (Abert). Er war 1926-28 Kapellmeister 
am Stadttheater Königsberg, 1929-31 Korrepetitor 
an der Staatsoper Berlin und gleichzeitig Lehrer an 
der Berliner Hochschule für Musik. Seit 1931 ist B. 
Kapellmeister an der Königlichen Oper Stock- 
hohn, musikalischer Leiter der Opernschule an der 
Musikhochschule (seit 1942) sowie des Stock- 
holmer Kammerorchesters (seit 1945). 1936 bis 
1939 und 1954-56 leitete er die Festspiele in 
Drottningholm. 

Bendix, Victor Emanud, * 17. 5. 1851 und f 5. 
1. 1926 zu Kopenhagen; dänischer Komponist, 
Schüler Gades und Windings am Kopenhagener 
Konservatorium, 1882 mit Stipendium in Deutsch- 
land, wirkte als Leiter verschiedener Chorver- 
eirdgungen und dirigierte 1897-1901 die Philhar- 
monischen Konzerte, 1892-93 auch die Volks- 
konzerte. Er komponierte 4 Symphonien: I. C dur 
op. 16 Zur Höhe (1885), II. D dur op. 20 Sommer- 
klange aus Südrußland (1888), BI. A moll op. 25 
(1895), IV. D moll op. 30 (1908); eine Orchester- 
serenade op. 29, eine Lustspielouvertüre op. 19, 
ein Klavierkonzert Gmoll op. 17, Chorwerke, 
Klaviertrio op. 12, 4händige Tanz-Improvisatio- 
nen für KL, Klavierstücke und Lieder. 

Bendl, Karel, * 16. 4. 1838 und f 20. 9. 1897 zu 
Prag; tschechischer Komponist und Dirigent, 1864 
Opemkapellmeister in Brüssel, dann Chordirek- 
tor an dar deutschen Oper in Amsterdam, 1865-77 
wieder in Prag als Dirigent des Gesangvereins 
Hlahol, auch nach 1877 noch als Leiter versdhie- 


138 



Beneken 


dener Orchester und Chöre tätig. Er schrieb, von 
Mendelssohns Stil ausgehend, später von Smetana 
und Dvofdk beeinflußt, 11 Opern, darunter die 
tschechischen Nationalopem Lejla (1868), Bhtxslav 
(1870), Star} Irnich (1871-74), Öemohorci (1881), 
Karel Skrita (1883), DUZ Tdbora (1892) und Mutter 
Mila (1895), ein Ballett Böhmische Hochzeit (1895), 
eine Südslawische Rhapsodie für Orch. op. 60, Kir- 
chenmusik, Lieder (Zigeunerweisen) , auch Kam- 
mermusik und Chorwerke; unter den letzteren 
Svanda Duddk (Der Dudelsackpfeifer, Prag 1883). 

Bened$tti Michel^ngeli, Arturo, * 5. 1. 1920 
zu Brescia; italienischer Pianist, studierte am Istitu- 
to Musicale Venturi in Brescia und am Konser- 
vatorium in Mailand, gewann beim Internatio- 
nalen Wettbewerb 1939 den 1. Preis und machte 
sich nach dem Krieg schnell einen Namen, in 
Italien ebenso wie im Ausland. 

Benedict, (Sir) Julius, * 27. 11. 1804 zu Stutt- 
gart, f 5. 6. 1885 zu London; englischer Kompo- 
nist von deutscher Geburt, Schüler von Abeüle, 
Hummel (Weimar 1819) und C. M. v. Weber 
(1821-23), 1823 Kapellmeister am Kämthnertor- 
Theater in Wien, 1825 am San Carlo-Theater in 
Neapel, wo er seine erste Oper Emesto e Giadnta 
am Teatro del Fondo zur Aufführung brachte. 
1830 folgte an San Carlo Iportoghesi in Goa . Beide 
Opern hatten wenig Erfolg. 1835 wandte er sich 
von Neapel nach Paris und noch im selben Jahr 
nach London. 1836 führte er als Kapellmeister der 
Opera buffa im Lyzeum am Teatro del Fondo, 
dann in London ein kleines Werk auf: Un anno ed 
un giomo ; ferner 1838 als Kapellmeister am Drury 
Lane Theatre unter Bunn seine erste englische 
Oper The Gypsy’s Waming (Der Zigeunerin Weis- 
sagung), welcher 1844 Die Bräute von Venedig und 
1846 Die Kreuzfahrer (Der Alte vom Berge) folgten. 
1850 ging er mit Jenny Lind nach Amerika, wurde 
bald nach seiner Rückkehr Kapellmeister von 
Mapleson’s Opemuntemehmungen (in Her Ma- 
jesty’s Theatre, später in Drury Lane) und führte 
u. a. Webers Oberon mit eigenen Rezitativen auf; 
die Leitung der populären Montagskonzerte über- 
nahm er 1859, dirigierte mehrere Musikfeste in 
Norwich, wurde Kapellmeister an Covent Gar- 
den und war 1876-80 Dirigent der Philharmo- 
nischen Gesellschaft in Liverpool. 1871 wurde er 
geadelt (Sir). Von seinen Kompositionen sind noch 
hervorzuheben: die Oper The Lily of Killamey 
(1863, deutsch Die Rose von Erin) t die Kantaten 
Undine (Norwich 1860), Richard Löwenherz (Nor- 
wich 1863) und Graziella (Birmingham 1882); 
Oratorien St Cäcilia (Birmingham 1866), St. Peter 
(Birmingham 1870); 2 Symphonien (1873/74 
im Kristallpalast) und 2 Klavierkonzerte. 

Lit: W. Neumann, J. B., Lpz. 1859, «= Die Compo- 
nisten d. neueren Zeit, H. 64-66. 

Benedictus Appenzelders -> Appenzeller. 
Benedictus de Opitiis ->■ Ducis. 

Benedictus von Nursia, * um 480 zu Nursia, 
* 21. 3. 543 (?) zu Monte Cassino; schuf den nach 
ihm benannten Benediktinerorden. Für diesen 
wurde die Ordensregdl des 529 von ihm gegrün- 
deten Klosters Monte Cassino verbindlich. Die 
Kapitel 8-19 dieser Regel betreffen die Abführung 
des O ffiziums , auch in musikalischer Hinsicht. 


Ausg. : Die »Regula Sancti Benedicti« in: Patr. lat. 66, 
Sp. 215 ff. 

Lit: Der Cursus S. Benedicti Nursini u. d. liturgi- 
schen Hymnen des 6.-9. Jh. in ihrer Beziehung zu d. 
Sonntags- und Ferialhymnen unseres Breviers, Lpz. 
1908. 

Benediktiner« Der von Benedictus von Nursia 
529 gestiftete Orden der B. machte sich um die 
Musik, ihre Theorie und ihre Geschichte außer- 
ordentlich verdient; besonders im Mittelalter wa- 
ren die B.-Klöster die Hauptstätten wissenschaft- 
licher Studien. Mit Papst Gregor dem Großen be- 
ginnend, waren fast alle für die Musikgeschichte 
des Mittelalters bedeutenden Persönlichkeiten Be- 
nediktinermönche: Aurdianus Reomensis, Remy, 
d’Auxerre, Regino von Prüm, Notker Balbulus, 
Hucbald von St. Amand, Odo von Clugny, Guido 
von Arezzo, Bemo von Reichenau, Hermannus 
Contractus, Wilhelm von Hirsau, Aribo Scho- 
lasticus, Bernhard von Clairvaux, Eberhard von 
Freising usw. Von den Neueren seien hervor- 
gehoben der Fürst-Abt Martin Gerbert von St. 
Blasien (f 1793), Dom Bedos de Celles, Jumilhac, 
Schubiger, Kardinal Pitra, Dom Gudranger, Dom 
Pothier, Dom Mocquereau, R. Molitor, Dom Ugo 
Gaisser. Zu den wichtigsten Quellen für die mittel- 
alterliche Musikgeschichte gehören des Benedik- 
tiners Mabillon Annales orainis S. Benedicti (Paris 
1703-39, 6 Bände). Eine besondere Bedeutung für 
die Pflege des gregorianischen Chorals gewannen 
in unserer Zeit die Klöster von Solesmes, Maria 
Laach und Beuron. 

Lit: vgL Bibliogr. des Bdn6dictins de la Congrdgation 
de France, Solesmes 1889; U. Kornmüller, Die 
Pflege d. Musik im B.orden, in: Studien u. Mitthei- 
lungen aus dem B.orden I 1880, II 1881 u. VI 1885; 
H. Hüschen, Artikel B., MGG. 

Bened)to y Vjves, Rafael, * 3. 9. 1888 zu Va- 
lencia; spanischer Dirigent, studierte an den Kon- 
servatorien Valencia und Madrid, gründete hier 
1916 das Benedito-Orchester, 1918 die Masa Coral 
de Madrid (den ersten großen gemischten Chor 
der spanischen Hauptstadt) und 1927 den Univer- 
sitätschor. B. propagiert als Dirigent das zeit- 
genössische Musikschaffen seines Landes, widmet 
sich der musikalischen Ausbildung der Jugend und 
gab in Deutschland eine Reihe von Orchesterkon- 
zerten mit spanischer Musik. Er veröffentlichte: 
Natura (eine Sammlung Kinderlieder, Komposi- 
tionen von Beethoven, Mendelssohn, Schumann, 
Gounod, deutscher und russischer Volkslieder mit 
unterlegtem spanischen Text); Cantos populäres 
espanoles für Chor und KL; Pueblo (Sammlung 
spanischer Volkslieder) und eine Broschüre C6mo 
se ensena el conto y la miisica (Madrid 31934, Publi- 
cadones de la Revista de pedagogia, Serie metodo- 
lögica IX). 

Beneken, Friedrich Burchard (Benecken), 
* 13. 8. 1760 zu Kloster Wennigsen bei Hannover, 
f 22. 9. 1818 zu Wülfinghausen bei Haimover; 
deutscher Komponist, Pastor in Wülfinghausen, 
ist der Komponist der Choralmelodie Wie sie so 
sanfi ruhn. Er gab heraus: Lieder der Unschuld und 
Liebe , Lieder und Gesänge für fühlende Seelen (Han- 
nover 1787), Lieder und kleine Klavierstücke für gute 
Menschen (Hannover 1794), Lieder der Religion , der 
Freundschajt und der Liebe (Hannover 1805). 77 Me- 


139 



Benelli 


lodicn von B. finden sich bei den Liedern für 
Volksschulen von Hoppenstedt, 3. Ausgabe, 
1. Theü (Hannover 1809). 

Benelli, Alemanno, Pseudonym von -»• Bot- 
trigari. 

Benelli, Antonio Peregrino, * 5.9.1771 zu 
Forli (Romagna), f 16. 8. 1830 zu Bömichen im 
sächsischen Erzgebirge, wohin er sich 1829 zu- 
rückgezogen hatte; italienischer Komponist und 
Tenorist, war zuerst am San Carlo-Theater in 
Neapel tätig, das 1798 seine Oper Partenope auf- 
führte; lebte 1801 in Dresden, später als Gesang- 
lehrer an der königlichen Theatergesangschule in 
Berlin. Er verfaßte eine Gesanglehre ( Regole per il 
conto figurato, Dresden 1814, deutsch 1819), Sol- 
feggien (op. 34), Kirchengesänge mit Instrumen- 
ten (Messen, Stabat, Motetten) und weltliche Ge- 
sänge (Arien, 4st. Notturni, Konzertarien). Für die 
Leipziger AmZ schrieb er zahlreiche Artikel, dar- 
unter Bemerkungen über die Stimme (1824). 

Benet, Johannes, englischer Komponist zu An- 
fang des 15. Jh.; mit Sicherheit sind ihm zuzuwei- 
sen ein 4st. Kyrie, 2 Gloria- und 3 Sanctussätze 
sowie ein Agnus zu je 3 St., 2 3st. Motetten. Als 
Quellen von B.s Werken nennt Besseler die Hand- 
schriften Bologna, Iiceo musicale Q 15, - die 
Trienter Handschriften 107/108, 969, 1434 und 
1521, - Modena, lat. 471 und die Handschrift 
Aosta. 

Ausg.: Sanctus u. Agnus aus d. Hs. Bologna, Lic. 
mus. Q 15 im Faks. veröff. in H. E. Wooldridge’s 
Early English Harmony, I, London 1897, Tafel 
51-54; das Sanctus d. Hs. Bologna in Übertragung 
bei J. Wolf, Gesch. d. Mensural-Notation v. 1250 bis 
1460, III, Lpz. 1904, Nr 74; der Beginn d. Agnus aus 
d. Hs. Bologna in The Oxford Hist, of Music II, 
Oxford 1905, 162/63; 3st. Gloria aus Trient in DTÖ 
XXXI, 85-87. 

Lit.: H. Besseler, Artikel B., MGG. 

Ben?voli, Orazio (Sohn eines Franzosen R. Ve- 
nouot, italienisiert: Benevolo), * 19. 4. 1605 und 
t 17. 6. 1672 zu Rom; italienischer Komponist, 
1617-23 Schüler von V. Ugolini und unter ihm 
Chorknabe an der französischen Ludwigskirchc, 
war Kapellmeister an verschiedenen römischen 
Kirchen, zuletzt (1646) am Vatikan, vorher (1644 
bis 1646) in Wien als Kapellmeister des Erzherzogs 
Leopold Wilhelm. 1628 schuf er für die Einwei- 
hung des Domes in Salzburg die Messe zu 52 St. 
mit Continuo. Seine Werke sind fast ausschließlich 
im Manuskript überliefert, nur wenige Motetten 
finden sich in Sammeldrucken der Zeit. Er schrieb 
Messen zu 12, 16, 24 und 48 St., desgleichen Psal- 
men und Motetten sowie monodische Werke. 
Ausg.: GA, hrsg. v. L. Feininger, * Monumenta 
liturgiae polychoralis sanctae ecclesiae romanae, 
Trient 1950 ff.: Ser. I: Ordinarium Missae cum 4 
choris, Bd 1-4; Ser. II: Psalmodia cum 2 choris, 
Bd 1; Ser. III: Psalmodia cum 3 choris concertata, 
Bd 1 ; Ser. IV: Psalmodia cum 4 choris, Bd 1-4; Ser. 
V : Psalmodia cum 6 choris, Bd 1 ; Festmesse u. Hym- 
nus Plaudite tympana z. Einweihung d. Domes in 
Salzburg 1628, hrsg. v. G. Adler in DTÖ X, 1. 

Lit.: G. Adler, Vorwort zu DTÖ X, 1 und Una 
Messa e un Inno a 53 voci di O. B., RMI X, 1903; 
A. Cametit, La scuola dei pueri cantus di S. Luigi dei 
Francesi in Roma, (1591-1623), RMI XXII, 1915; 
L. Feininger, O. B., in: Atti dei congresso intern, di 
musica sacra 1950, 1952 o. O. 


Bengtsson, Erling Blöndal, * 8. 3. 1932 zu 
Kopenhagen; dänischer Violoncellist, war nach 
Studien in Dänemark 1948-50 Schüler von G. 
Piatigorsky am Curtis Institute of Music in Phila- 
delphia (USA), 1949 dessen Assistent und 1950-53 
Lehrer an diesem Institut. 1953 nach Kopenhagen 
zurückgekehrt, wurde er Leiter der Cello-Klasse 
am Königlich Dänischen Konservatorium und 
unternimmt daneben Konzertreisen in Europa, den 
Vereinigten Staaten und der Sowjetunion. 

Bengtsson, - 1) Gustaf Adolf Tiburtius, * 29. 3. 
1886 zu Vadstena; schwedischer Komponist, stu- 
dierte 1905-08 am Stockholmer Konservatorium 
Komposition bei Lindegren, 1909-12 noch in Ber- 
lin, Leipzig und Paris. 1921^42 war er Musik- 
lehrer in Karlstad, seit 1942 in Linköping. Er 
schrieb: 3 Symphonien, Orchestersuiten, Violin- 
konzert, Cellokonzert, Sinfonietta concertantc für 
V., Va und Orch., Streichquintett, Streichquartett, 
Klaviertrio, Violinsonate, Klavierstücke, Manner- 
chöre und Lieder. - 2) Lars Ing mar Olof, * 2. 3. 
1920 zu Stockholm; schwedischer Musikschrift- 
steller und Pianist, Sohn von G. A. T. B., bildete 
sich 1937-40 in Stockholm a ls Pianist, in Kopen- 
hagen und Basel (Ed. Müller) als Cembalist aus 
und trat seit seinem Debüt 1942 vorwiegend als 
Begleiter auf. 1937-45 studierte er Musikwissen- 
schaft in Stockholm und Uppsala, 1947 bei Hand- 
schin in Basel, promovierte 1955 zum fil. dr. mit 
einer Arbeit J. H. Roman och hans instmmentalmusik 
(= Studia Musicologica Upsaüensia IV, Uppsala 
1955). B. ist seit 1943 Musikkritiker an Svcnska 
Dagbladet (Stockholm), Mitarbeiter an Sohlmans 
Musiklexikon und Universitätsdozent in Uppsala. 
Veröffentlichungen: Henning Mankell t Biograf isk 
Studie (STfM XXIII, 1941), Bach och hans tid (1946), 
Frän visa tili symfotii (1947), mit R. Danielson 
Handskrifter och notpikturcr i Ktmgl. Musikaliska 
Akademiens Roman-samling (= Studia Musicolo- 
gica Upsaliensia III, Uppsala 1955). 

Ben-Haim, Paul, * 5. 7. 1897 zu München; is- 
raelischer Komponist. Nach dem Besuch der 
Münchner Akademie der Tonkunst, an der er 1915 
bis 1920 (unterbrochen durch 2 Jahre Militär- 
dienst) Klavier und Komposition studierte, assis- 
tierte der damaüge Paul Frankenburger als Thca- 
terkapelhncistcr bei B. Walter und Knapperts- 
busch in München und war 1924-31 als Kapell- 
meister in Augsburg tätig. 1933 nach Palästina aus- 
gewandert, wirkt er seitdem in Tel Aviv als Kom- 
ponist, Musikerzieher und Dirigent. B.-H. ist Prä- 
sident der Israel Composers Association und wurde 
für sein symphonisches Schaffen mehrfach mit dem 
Engel-Preis der Stadt Tel Aviv ausgezeichnet. 
Hauptwerke: 2 Symphonien (1941 und 1945), 
Konzert für Streicher (1947), Klavierkonzert 
(1950), Kammermusik (Sonate für Solovioline, 
1952 durch Mcnuhin in New York uraufgeführt) ; 
The Sweet Psalmist Israel , 3 sinfonische Sätze für 
Solisten und Orch. (1956, Auftragswerk der Kus- 
sewitzky-Stiftung Washington). Sämtliche Kom- 
positionen sind medodisch-thematisch von der 
Folklore der orientalischen Juden (Jemeniten, 
Bucharen usw.) beeinflußt, deren systematischer 
Sammlung und Erforschung sich B.-H. seit 1936 
gewidmet hat. 


140 



Bennett 


Beninc^ri, Angelo Maria, * 28. 3. 1779 zu 
Brescia, j* 30. 12. 1821 zu Paris; italienischer Vio- 
linvirtuose und Komponist. Er wuchs in Parma auf, 
wo er bei Rolla Violinunterricht hatte, ging 1797 
nach Spanien, dann nach Wien und lebte ab 1803 
als Musikleh r er in Paris. Er schrieb Kirch enm usik, 
konzertante Streichquartette, Streichquintette und 
Klaviertrios. Von seinen Bühnenwerken hatte nur 
die Ergänzung von Isouards Aladin (Paris 1822) Er- 
folg, zu dem B. die letzten drei Akte geschrieben 
hatte. 

Benjamin, Anton, J., Musikverlag in London 
(Hauptsitz) und in Hamburg, gegründet 1818 von 
Joseph B. in Altona, der später nach Hamburg 
übersiedelte; dessen Sohn Anton B. übertrug 1888 
seinem Sohne John B., * 17. 11. 1868, + 15. 11. 
1931 zu Meran, die Leitung der musikalischen Ab- 
teilung der Firma. John B. übernahm 1907 die 
Konzertagentur J. A. Böhme in Hamburg und 
erwarb 1918 den D. Rahter Verlag in Leipzig, 1925 
den City-Musikverlag und 1928 den Verlag N. 
Simrock in Berlin. Die Firma steht jetzt unter der 
Leitung von Frau Irene Retford, London. 

Benjamin (b'end 3 aemin), Arthur L., * 18. 9.1893 
zu Sydney; australischer Pianist und Komponist, 
studierte 1911-14 am Royal College of Music in 
London, wurde nach seiner Kriegsgefangenschaft 
Klavierlehrer am Konservatorium in Sydney (1919 
bis 1921), kehrte dann nach England zurück, wo er 
1926 Lehrer am Royal College of Music wurde. 
B. Britten gehört zu seinen Schülern. Werke: die 
Opern The Devil Take Her (einaktig mit Prolog, 
London 1931), Prima Donna (einaktig, London 
1949), eine romantische Oper The Tale of Two 
Cities (1950, aufgeführt London 1957), Ballett Or- 
lando 9 s Silver Wedding (London 1951), Light Music 
Suite (1928 und 1933), Cotillon (Suite von Eng- 
lischen Tanzweisen, 1938), Two Jamaican Pieces 
(1938), eine Symphonie (1945), From San Domingo 
(1945) und andere Orchesterwerke, Sonatine für 
Kammerorch. (1940), Ballade für Streicher (1947), 
Violinkonzert (1932), Romantic Phantasy für V., Va 
und Orch. (1935), Konzert für Ob. und Streicher 
nach Klaviersonaten von Cimarosa (1942), Con- 
certo quasi una fantasia für KL und Orch. (1949), 
Chortompositionen, Kammermusik, Werke für 
ein und 2 KL und zahlreiche Lieder. 

Benner, Paul, * 7. 11. 1877 und f 29. 3. 1953 zu 
Neuenburg; Schweizer Dirigent und Komponist, 
studierte am Konservatorium in Frankfurt bei 
I. Knorr und B. Scholz Komposition und war ab 
1901 Organist am Temple du Bas, Leiter der So- 
ddtd Choräle in Neuenburg und Yverdon sowie 
Lehrer für Komposition am Konservatorium in 
Neuenburg. Er schrieb die Chorwerke La Re- 
demption (1906), Requiem (1911), Des Pohnes de la 
Mer (1916), Le Baptime du Bourdon (1918), Liber 
apertus est (1923), Messe D moll (1932), De la 
Harpe aux Cymbales (1938), Te Deum (1945) ; au- 
ßerdem Chorsätze a cappella, Kammermusik und 
Lieder. 

Lit.: (Gedenkschrift:) P. B., Neuenburg 1953. 

Bennet, John, * um 1570 (zu Lancashire?) ; eng- 
lischer Komponist, dessen Werke zwischen 1599 
und 1614 gedruckt wurden. 1599 erschienen seine 
Madrigalls tofoure voyces . . . (London) ; die zuletzt 


gedruckten Stücke finden sich in Sammlungen von 
Ravenscroft. Er schrieb geistliche Kompositionen 
und weltliche Vokalwerke mit Instrumentalbe- 
gleitung, doch liegt seine Bedeutung hauptsächlich 
in seinem Madrigalwerk. 

Ausg.: 17 Madrigale d. Slg v. 1599 hrsg. v. E. H. Fel- 
lowes in The English Madrigal School XXIII, Lon- 
don 1922. 

Lit. : E. H. Fellowes, English Madrigal Composers, 
Oxford 1921. 

Bennett, George John, * 5. 5. 1863 zu Andover, 
f 20. 8. 1930 zu Lincoln; englischer Kirchenmusi- 
ker, war 1879-84 Schüler von G. A. Macfarren 
und Ch. SteggalL an der Royal Academy of Music 
in London, studierte dann kurze Zeit bei Kiel und 
Heinrich Barth an der Berliner Hochschule sowie 
1885-87 bei Rheinberger und Hans Bußmeyer in 
München. 1887 wurde er Mitglied, 1888 Lehrer 
für Harmonielehre und Kontrapunkt der Royal 
Academy of Music, 1895 Organist und Chor- 
direktor an der Kathedrale, ab 1896 Dirigent 
der Musical Society und Orchestral Society in 
Lincoln. Er schrieb : Messe B moll, Festival Evening 
Service , Te Deum, Easter Hymn , Orchestersuite 
D moll, Ouvertüren Jugendträume und Cymbeline , 
Klaviertrio E dur, Klavier- und Orgelstücke, 
Lieder und Chöre. 

Bennett, Joseph, * 29.11.1831 zu Berkeley 
(Gloucestershire), f 12. 6. 1911 zu Purton bei 
Berkeley; englischer Musikkritiker, verfaßte ab 
1885 Programmbücher der Philharmonischen und 
der Montags- und Samstagskonzerte in London, 
war Mitarbeiter der Musical Times, Musikreferent 
des DaÜy Telegraph, 1875/76 Herausgeber der 
Concordia. Er schrieb Detters from Bayreuth (1877), 
A Story of Ten Hundred Concerts (1887, Geschichte 
der Saturday Populär Concerts), History of the 
Leeds Festival (1892 mit F. R. Spark), Forty Years of 
Music (1908). Außerdem verfaßte er Oratorien- 
texte für J. F. Bamett, Mackenzie (The Rose of 
Shawn , Bethlehem , The Story of Sayia , The Dream 
ofjubal), Sullivan, Cowen (Ruth) und Bottesini. 

Bennett (b'enet), Robert Russell, * 15. 6. 1894 
zu Kansas City (Missouri) ; amerikanischer Dirigent 
und Komponist, Schüler von C. Busch, studierte 
ab 1926 in Paris (N. Boulanger), Berlin und Lon- 
don. Ab 1930 wirkte B. in den Filmstudios von 
Hollywood, ist seit 1941 als Kapellmeister beim 
Rundfunk tätig. Er schrieb: die Opern An Hour of 
Delusion , The Enchanted Kiss und Maria Malibran 
(New York 1935), Ballett-Operette Endymion; 
Orchesterwerke, darunter 4 Symphonien (Abraham 
Lincoln Symphony, 1929), Werke rürKammerorch., 
Chorwerke, Kammermusik (Water Music für 
Streichquartett), eine Orgelsonate. 

Bennett, (Sir) William Sterndale, * 13. 4. 1816 
zu Sheffield, f 1. 2. 1875 zu London; englischer 
Komponist, wurde schon 1826 Schüler der Royal 
Academy of Music in London (Crotch, W. H. 
Holmes und C. Potter). 1833 spielte er sein Klavier- 
konzert D moll in Gegenwart Mendelssohns, der 
ihn sehr aufmunterte; das Werk wurde von der 
Akademie herausgegeben. 1836 ging er auf ein 
Jahr nach Leipzig, wo er zu Mendelssohn und 
Sch umann in em freundschaftliches Verhältnis trat; 
Schumannn widmete ihm die 12 Symphonischen 


141 



Benoist 


Etüden op. 13. 1842 reiste B. noch einmal nach 
Kassel, Leipzig und Berlin. Er gründete 1849 die 
Londoner Back Society, die 1854 die Matthaus- 
passion zum ersten Male in England aufführte. 1856 
wurde er Kapellmeister der Philharmonie Society 
und Musikprofessor an der Universität Cam- 
bridge, 1866 Direktor der Royal Academy of 
Music, 1871 geadelt. B.s Werke, die Mendels- 
sohnsche Anregungen in sehr selbständiger Weise 
verarbeiten, haben die Entwicklung eines eng- 
lischen nationalen Stils vorbereitet: 4 Klavierkon- 
zerte, op. 1 D moll, op. 4 Es dur, op. 9 C dur, op. 
19 Fmoll; Ouvertüren The Naiads op. 15, The 
Woodnymphs op. 20; Symphonie Gmoll op. 43; 
Kantate The May Queen op. 39; Oratorium The 
Woman of Samaria op. 44; Musik zu Sophokles 
Aiax op. 45 ; Klavierwerke, Kammermusik, Lieder. 
Lit.: A. O’Leary, Sir W. St B., Proc. Mus. Ass. VIII, 
1882; J. R. St. Benneit, The Life of W. St B., 
Cambridge 1907; R. Schumann, Ges. Schriften, 2 
Bde, hrsg. v. M. Kreisig, Lpz. 51914; Ch. V. Stan- 
ford, W. St B., in: Interludes, London 1922. 

Benoist (bonu'a), Francois, * 10. 9. 1794 zu 
Nantes, f 6. 5. 1878 zu Paris; französischer Kom- 
ponist, 1811 Schüler des Pariser Conservatoire, 
1815-19 als Gewinner des Prix de Rome in Italien, 
nach der Rückkehr 1. königlicher Hoforganist 
und bald darauf Professor des Örgelspiels am Con- 
servatoire, 1840 erster Chef du chant an der Gro- 
ßen Oper, 1872 pensioniert Seine Orgelvor- 
träge erschienen gesammelt als Bibliotheque de 
Vorganiste (12 Hefte); auch komponierte er eine 
3st. Messe mit Org. ad libitum, die komische 
Oper Uonore et Filix (1821), die Oper Uapparition 
(1848) und die Ballette La Gipsy (1839), Le diable 
amoureux (1840), Nisida (Die Amazonen der Azo- 
ren, 1848) vaxdPdquerette (1851). 

Benoit (bonu'a), Camille, * 7. (10.?) 12. 1851 zu 
Roanne, 1 1- 7. 1923 zu Paris; französischer Kom- 
ponist und Musikschriftsteller, ab 1888 am Louvre 
tätig. Schüler von C. Franck ab 1872, machte 
sich 1880 als Komponist bekannt mit einer Kon- 
zertouvertüre, einem Eleison für Soli, Chor und 
Orch. (1890), der symphonischen Dichtung Merlin 
Venchanteur, dem Musikdrama Cliopatra (eigene 
Dichtung), Musik zu A. Frances Noces corinthiennes. 
Auch betätigte er sich schriftstellerisch mit Sou- 
venirs (1884, darin die Übersetzung von Bruch- 
stücken Wagnerscher Schriften ins Französische) 
und Musidens , pokes et philosophes (1887); den 
Text von Beethovens Elegischem Gesang übersetzte 
er ins Lateinische und bearbeitete Bernoz’ Romeo 
und Julia 4händig für KL 

Benoit (bonu'a), Peter Leonard Leopold, * 17. 8. 
1834 zu Hardbeke (West-Flandern), f 8. 3. 1901 
zu Antwerpen; belgischer Komponist, 1851-55 
Schüler des Brüsseler Conservatoire, schrieb 
Musiken zu flämischen Dramen sowie eine kleine 
Oper für das Parktheater, wurde 1856 Kapell- 
meister dieses Theaters und errang 1857 mit der 
Kantate Le Meurtre d*Abel den großen Staatspreis 
(Prix de Rome). Das staatliche Stipendium be- 
nutzte er zu umfassenden Studienreisen in Deutsch- 
land (Leipzig, Dresden, München, Beriin), von 
wo aus er an die Akademie zu Brüssel eine nicht 
mehr nachweisbare Schrift sandte: Uicole de mu- 


sique flamande et son avenir . 1861 ging er nach Paris, 
um seine Oper Le Roi des aulnes (Erlkönig) zur 
A ufführ ung zu bringen, die vom Thdätre Lyrique 
zwar angenommen, aber nicht inszeniert wurde; 
während der Zeit des Wartens dirigierte er die 
Boufles-Parisiens. Nach Brüssel zurückgekehrt, 
führte er hier mit großem Erfolg eine Messe 
solennelle auf. Ab 1867 war er Direktor der Flä- 
mischen Musikschule (seit 1897 Königliches Kon- 
servatorium) in Antwerpen. Die wichtigsten 
Kompositionen B.s sind außer den genannten: ein 
Te Deum (1863), Requiem (1863), Symphonisch 
Gedicht voor Klavier en Orkest (1864) und . . . voor 
Fluit en Orkest (1866); die flämischen Opern Het 
dorp in*t gebergte (1856), Isa (1867) und Pompeja 
(1894/95, unvollendet); die flämischen Oratorien 
Ludfer (1866) und De Schelde (1868) ; Drama Christi 
(1871) ; Kantate De Oorlog (Der Krieg, 1873) ; eine 
Kinder-Kantate De Waereld in! (1878); Chor- 
symphonie Die Schnitter ; Musik zu Charlotte Corday 
(1876) ; Musik zu E. van Goethems Schauspiel Wil- 
lem de Ztvijger (Entwurf 1863), Rubens-Kantate 
Vlaanderens Kunstroem (1877), Aon Antwerpen für 
dreifachen Männerchor (1877), Joncvrou Cathelyne 
(Szene für Altsolo und Orch., 1879), De Muse der 
Geschiedenis für Chor und Orch. (1880), Hucbald 
für Baritonsolo, Harfe, Chor und Orch. (1880), 
Oratorium De Rhijn für Doppclchor und Orch. 
(1889), Sagen en Balladen für Kl. (1861), Liefde in't 
leven (1870) und Liefdedrama (1872, Lieder), Mo- 
tetten mit Org., Stücke für Ob. und solche für 
Klar. Von seinen Schriften sind zu nennen: De 
Vlaamsche Muziekschool van Antwerpen (Antwer- 
pen 1873), Verhandeling over de nationale Toonkundc 
(2 Bände, Antwerpen 1875-77), De Oorsprong van 
het Cosmopolitisme in de Muziek (Antwerpen 1876), 
Over Schijn en Blijk in ortze Vlaamsche Muziek- 
beweging (in: De Vlaamsche Kunstbode 1875), 
Onze Nederlandsche Muzikale Eenheid (in: Hande- 
lingen van het XIXe Nederl. Taal- en Letter- 
kundig Congres, Brügge 1884) sowie viele Bei- 
träge in den Zeitungen Vlaamsche Kunstbode, 
Eendracht, Guide Musical und in den Sitzungs- 
berichten der Brüsseler Akademie. 

Ausg.: Geschritten van P. B., hrsg. v. A. Corbet, 
Antwerpen 1942. 

Lit.: C. Stoffels, P. B. et le mouvement musical 
flamand, Antwerpen 1901 ; P. Verhayden, P. B. and 
the Modem Flemish School, in: Proc. Mus. Ass. 
XLI, 1914; H. Baccaert, P. B., een Kampioen der 
Nationale Gedachte, Antwerpen 1919; H. P. M. 
Browne, P. B., ML X, 1929; A. M. Pols, Het Leven 
van P. B., Antwerpen 1934; ders., P. B.s leertijd, 
Antwerpen 1934; J. Sabbb, P. B., Gent 1902; J. Hore- 
mans, P. B., 1834-1901: een Levensbeeid voor de 
Vlaamsche Jeugd, Antwerpen 1934; ders., P. B., de 
grondlegger van de hedendaagsche Vlaamsche Mu-* 
ziekkunst, Antwerpen 1934; G. Eekhoud, Persoon- 
Ujke hermneringen aan het intime leven van P. B., 
Antwerpen 1934; M. Sabbb, P. B., zyn Leven en Werk 
(Antwerpen 1925); ders., B. en Hiel, Gent 1934; F. 
van der Muerbn, P. B., een Man van zyn Volk, 
Löwen 1935; Ch. van den Borren, P. B., frz.: 
Brüssel 1942, fläm.: Antwerpen 1943; A. Corbet, 
P. B., leven Werk en Beteekenis, Antwerpen 1944 
(hier vollständiges Werkverz. u. ausführliche Biblio- 
gr.); ders., P. B. als Conservatoriumsdirecteur, RBM 
V, 1951. 

Benton (b'enten), J[oseph (Bentonelli), * 10. 9. 
1898 zu Kansas City (Missouri); amerikanischer 


142 



Benz 


Sänger (Tenor), übernahm seine erste Opempartie 
1924 in Nizza noch während seines Gesangstudiums 
bei Jean de Reszkd 1923-25, nachdem er vorher in 
längerem Studium an der University of Oklahoma 
in Norman bereits die Grade eines Bachelor of 
Arts 1920 und eines Bachelor of Music in Voice 
1921 erworben hatte. 1928 trat er zum ersten Male 
in Italien auf, von wo aus er mit italienischen En- 
sembles die Schweiz, Ägypten, Tripolis, Jugosla- 
wien, die Tschechoslowakei, Deutschland, Öster- 
reich und Holland besuchte. Nach den USA kehrte 
er 1934 zurück, wo ihn sein Weg 1936 zur Metro- 
politan Opera führte. Noch einmal besuchte er die 
Universität in Norman, Oklahoma, und erlangte 
dort 1941 den Grad eines Master of Arts, um 
schließlich an der gleichen Universität, von 1944 
an, als Professor für Gesang zu wirken. 

Bentonelli ->■ Benton. 

Bentzon, Johan Svend, * 1. 2. 1909 zu Svend- 
borg; dänischer Flötist, lebt in Kopenhagen, 1926 
bis 1930 am Königlich Dänischen Konservatorium, 
auch bei Marcel Moyse in Paris ausgebildet (Flöte 
und Orgel), war seit 1931 als Orchester-, Kammer- 
musiker und Solist tätig und trat als Organisator 
der Liebhaberorchester in Dänemark hervor. Seit 
1932 Vorstandsmitglied (1953/54 Präsident) der 
Dänischen Sektion der IGNM, wurde er 1954 Mit- 
glied des Exekutivkomitees im Musikrat bei der 
UNESCO. 

Bentzon, Jorgen, * 14. 2. 1897 zu Kopenhagen, 
t 9. 7. 1951 zu Horsholm; dänischer Komponist, 
studierte Jura, wurde daneben 1915 Schüler von 
C. Nielsen und (1920-21) am Leipziger Konser- 
vatorium von Karg-Elert. Er lebte als juristischer 
Beamter in Kopenhagen. 1931 gründete er mit 
Finn HofFding eine Volksmusikschule in Kopen- 
hagen nach dem Muster von Jöde. Er schrieb eine 
Oper Satumalia nach Apuleius (1944); Dickens- 
Symphonie op. 37 (1940) ; 2. Symphonie ohne op. 
(1947) ; Ouvertüre op. 5 (1923) ; Folkevisevariationer 
für Schulorch. op. 17 (1928); Symfonisk trio for tre 
instrumentgrupper op. 18 (1929) ; Ouvertüre Photo- 
montage op. 27 (1934); Orchestervariationen op. 28 
(1935) ; Sinfmia seria für Schulorch. op. 33 (1937) ; 
Sinfonia buffa für Schulorch. op. 35 (1939) ; Klari- 
nettenkonzert op. 39 (1941); 5 Streichquartette, 
6 Racconti in verschiedenen Besetzungen; Streich- 
trio op. 2 (1921), Bläsertrio op. 7 (1924) ; Duo für 
V. und Vc. op. 16 (1927); Intermezzo für V. und 
Klar. op. 24 (1933); Solostücke für Va, Englisch 
Hom, Klar., Pag.; Klaviervariationen op. 1 (1921), 
Klaviersonate op. 43 (1946) ; En romersk Fortaelling 
für Solo und Kammerchor op. 32 (1937), Lieder 
und Chöre. 

Bentzon, Niels Viggo, * 24. 8. 1919 zu Kopen- 
hagen; dänischer Komponist, studierte 1938-42 
am Konservatorium in Kopenhagen Komposition, 
Klavier und OrgeL Seit 1943 wirbt er vornehm- 
lich in Dänemark für zeitgenössische Musik und 
tritt auch im Ausland als Interpret seiner eigenen 
und neuer Klaviermusik (Schönberg, Hindemith) 
auf. Auf die jüngere Komponistengeneration in 
Dänemark gewann er Einfluß durch seine Lehr- 
tätigkeit in Aarhus (seit 1947) und Kopenhagen 
(seit 1949). Sein Werkverzeichnis umfaßt bis 1956 
mehr als 110 Kompositionen, Film- und Hörspiel- 


musiken nicht eingeschlossen. Zu seinen Haupt- 
werken zählt er: Toccata, Passacaglia , Partita und 
6 Sonaten für KL, 4 Klavierkonzerte, 7 Sympho- 
nien, 5 Streichquartette, ferner symphonische Va- 
riationen op. 75 und 92. Weiter schrieb er u. a. 
ein Kammerkonzert für 3 KL, Klar., Fag., 2 Tip., 
Kb. und Schlagzeug op. 52 (1949) sowie eine 
Sinfonia concertante für Soloklar, und Solovioline, 
8 Vc., 8 Va, 7 Blechbläser und Pauke op. 100 
(1955). Veröffentlichung: Tolvtoneteknik (Kopen- 
hagen 1953). 

Benven^ti, Giacomo, * 16. 3. 1885 zu Tosco- 
lano am Gardasee, + 20. 1. 1943 zu Barbarano di 
Salö am Gardasee; italienischer Musikforscher und 
Komponist, studierte in Brescia und Bologna 
(Torchi und M. E. Bossi) Koniposition, Dirigieren 
und Orgel, wandte sich vor allem der Interpreta- 
tion älterer Musik zu und studierte noch in Mün- 
chen Musikgeschichte. Ausgaben: Paradisi, Kla- 
viersonaten (Mailand 1917); G. Cavazzoni, »Mu- 
sica sacra, Ricercari, Canzoni« für Org. (I Oassid 
della Musica Italiana VI, = Heft 23-27, Mailand 
1919); Galuppi, »12 Sonate« für KL (Bologna 
1924); »Cembalist! italiani del settecento« (Mai- 
land 1926; 18 Sonaten von Bertoni, Galuppi, Man- 
fredini, Pagandli, Paladini, Paradisi, Peroti, Pe- 
scetti, Rutini, Sales, Sammartini, Serini) ; »Musica 
Strumentale in San Marco« (= Istituzioni e monu- 
rnend delTarte musicale italiana I und II, Mailand 
1931-32; A. und G. Gabriel! und Annibal Pado- 
vano) ; Monteverdi, »Orf eo« (praktische Neuaus- 
gabe und -Instrumentation, Mailand 1934) ; Monte- 
verdi, »L’incoronazione« (praktische Neuausgabe 
Mailand 1937, Faksimile Mailand 1938) ; die von 
ihm geleitete Reihe I Classici Musicali Italiani 
(-*- Denkmäler). Kompositionen: Oper Juan Josi 
(1928); ein Streichquartett; Gesänge; Klavier- 
stücke. 

Lit.: Cl. Sartori, G. B., RMI XLVH, 1943. 

Benven^d, Tommaso, * 4. 2. 1838 zu Cavar- 
zese (Vencticn), f 26. 2. 1906 zu Rom; italienischer 
Komponist, schrieb die Opern: Valenza Candiano 
(Mantua 1856), Adriana Lecouvreur (Mailand 1857), 
Guglielmo Shdkespeare (Parma 1861), La stella di 
Toledo (Mailand 1864), II Falconiere (Venedig 
1878), Beatrice di Suevia (Venedig 1890), Le Barujje 
chiozzote (Florenz 1895). 

Benz, Richard, * 12.6.1884 zu Reichenbach 
(Vogtland); deutscher Schriftsteller, studierte in 
Leipzig, München und Heidelberg Kunstge- 
schichte, lebt als freier Schriftsteller in Heidelberg. 
Von seinen Büchern sind hier zu nennen: Die 
Stunde der deutschen Musik (2 Bände, Jena 1923-27) ; 
Bachs Passion - Die nordische Tragödie (Leipzig 
1935); Goethe und Beethoven (Leipzig 1943); Stufen 
und Wandlungen (Hamburg 1943) ; Die Welt der 
Dichter und die Musik (Düssädorf 1949) ; Das Leben 
von J. S. Bach (Hamburg 1950); Mozart (Bay- 
reuth 1956). Ein großer Teil seiner stilistisch stets 
sorgfältigen Bücher erlebte mehrere Auflagen. B. 
gab auch musikalische Schriften Wackenroders 
(Offenbach 1926 in 2 Bänden und Bielefeld 1948) 
und E. Th. A. Hoffinanns (»Beethovens Instru- 
mentalmusik«, Offenbach 1926) heraus. Eine Fest- 
schrift für ihn, Gegenwart im Geiste , erschien in 
Hamburg 1954. 


143 



Berardi 


Lit.: W. G. Oschdlewski, Ueber R. B., Ffm. 1944, 
mit Werkverz. 

Berardi, Angelo, * um 1630 zu S. Agata; ita- 
lienischer Komponist und Musiktheoretiker, wurde 
Kirchenkapellmeister und nahm dann noch Unter- 
richt bei Scacchi, dessen Kompositionslehre er in 
seinen Schriften darstellte. Er wirkte in Viterbo, 
Tivoli, Spoleto und Rom. Seine Schriften sind: 
Ragionamenti musicali (Bologna 1681), Documenti 
armonici (Bologna 1687), Miscellanea tnusicale (Bo- 
logna 1689), Arcani musicali (Bologna 1690), II 
Perchi musicale (Bologna 1693); Kompositionen: 
5st. Requiem (Rom 1663), 6st. Messe (Bologna 
(1669), 3st. Sdlmi coneertati, 2. Buch op. 5 (Bologna 

1668) , 2-5st. Concentus , 2. Buch op. 6 (Bologna 

1669) , 3-6st. Psalmi vespertini , op. 9 (1682), 2-4st. 
Musiche diverse ... per camera , op. 13 (Bologna 
1689). 

Lit.: K.-F. Waack, A. B. als Musiktheoretiker, Diss. 
Kiel 1956, maschr. 

Berber, Felix, * 11. 3. 1871 zu Jena, f 2. 11. 1930 
zu München; deutscher Violinist, Schüler des 
Dresdner und Leipziger Konservatoriums (Brod- 
sky), 1889 in London, dann Konzertmeister in 
Magdeburg, Chemnitz und am Gewandhaus- 
orchester in Leipzig, ab 1904 Violinlehrer an der 
Königlichen Akademie der Tonkunst in München, 
am Hochschen Konservatorium in Frankfurt am 
Main und am Konservatorium in Genf, ab 1920 
Professor an der Akademie der Tonkunst in Mün- 
chen. 

Lit: W. J. v. Wasielewski, Die V. u. ihre Meister, 
Lpz. 71927. 

Berberich, Ludwig, * 23.2.1882 zu Biburg; 
deutscher Kirchenmusiker, studierte Theologie in 
Freising, wurde 1907 zum Priester geweiht und in 
Ruhpolding Kaplan, studierte dann an der Regens- 
burger Kirchenmusikschule bei Haberl, 1910-12 
an der Münchner Akademie bei Gluth. 1910-16 
war er dort Chordirigent der Bürgersaalkirche, 
1919-57 Leiter des Domchors an der Frauenkirche 
und wurde 1923 mit Vorlesungen über Kirchen- 
musik an der theologischen Fakultät der Universi- 
tät beauftragt, von 1921 bis zu seiner Pensionierung 
Professor für Kirchenmusik an der Akademie der 
Tonkunst. Er schrieb Messen, ein Requiem und 
Motetten, gab ältere Kirchenmusik, heraus und ver- 
faßte zahlreiche Aufsätze. 

Berbiguier (berbigj'e:), Benolt-Tranquille, 
* 21. 12. 1782 zu Caderousse fVauduse), f 20. 1. 
1838 zu Pondevoy bei Blois; französischer Kom- 
onist und Flötist, Schüler von Wunderlich am 
ariser Conservatoire, lebte nach einem Militär- 
dienst von 1815 an als Komponist in Paris, ab 1830 
in Pondevoy. Er schrieb eine Reihe von Werken 
für FL, darunter 10 Konzerte und 7 Hefte Sonaten. 

Lit.: J. Brosset, Silhouettes musicales du B16sois, 
Blois 1907. 

Berchem, Jachet de (Berghein), wahrscheinlich 
gebürtig aus Berchem bei Antwerpen, flämischer 
Komponist des 16. Jh., war 1555 Organist des Her- 
zogs von Ferrara. Mit vollem Namen bezeichnet 
liegen nur drei Druckwerke vor: 5st. Madrigale 
(Venedig 1546), 4st. Madrigale (Venedig 1555) 
und Primo secondo et terzo libro Capriccio zu 4 St. 
(93 Stanzen aus Ariosts Orlando jurioso, Venedig 


1561). Doch sind von ihm auch die Messen Mors et 
fortuna (in Scottos Lib. I missarum 1544), Altro non 
l il mio amor und Deus misereatur nostri (beide in 
Gardanos VI missae von 1547) und wahrscheinlich 
die in Sammelwerken und Manuskripten nur mit 
Jachet bezeichneten Madrigale, während die Mo- 
tetten dem mit ihm gleichzeitigen Jachet de Man- 
tua (GaUicus) zuzuschreiben sind. 

Ausg.: 2 4st. Chanson9 in: PGfM XXIII; ein Madri- 
gal, hrsg. v. A. Einstein, The Italian Madrigal III, 
Princeton 1949. 

Lit. : A. Einstein, The Italian Madrigal, 3 Bde, 
Princeton 1949; J. Schmidt-Görg in MGG; A.-M. 
Bautier-Regnier in RBM VI, 1952. 

Berend, Fritz, * 10. 3. 1889 zu Hannover, f Ende 
Dezember 1955; deutscher Kapellmeister, studierte 
ab 1907 in München zuerst Jura, dann Philoso- 
phie und Musikwissenschaft bei Kroyer, Sand- 
berger, Lipps, Wölfflin und promovierte dort 
1913 mit einer Studie über Nicolaus Adam Strungk. 
Daneben studierte er Musik bei Klose, Mottl 
und Schmid-Lindner. Er wurde 1914 Kapell- 
meister in Freiburg i. Br., 1920 in Kaiserslautern, 
1924 in Hagen, 1926 in Osnabrück, 1933 in 
Münster. 1936-37 war er Kapellmeister am 
Jüdischen Künstlertheater Berlin, fab 1937 in 
Florenz tätig. 1939 ging er nach London, wo er 
als Opemkapellmeister und Musiklehrer an der 
Universität lebte; 1953-54 war er Musikdirektor 
der Welsh National Opera Company Ltd. in 
Cardiff (Wales). 

Berendt, Joachim Ernst, * 20. 7. 1922 zu Ber- 
lin; deutscher Musikschriftstdlcr, studierte 1939 
bis 1942 in Berlin und wirkt seit 1945 beim Süd- 
westfunk Baden-Baden, zuerst als Leiter des Schall- 
archivs und der Abteilung Unterhaltungsmusik, 
jetzt im Jazz-Referat. Veröffentlichungen: Der 
Jazz (Stuttgart 1950), Das Jazzbuch (Fischer-Bü- 
cherei XXVII, Frankfurt a. M. 1953), eine Antho- 
logie Spirituals (München 1955), Aufsatzsammlung 
Variationen über Jazz (München 1956), Blues (Mün- 
chen 1957). Daneben schrieb er mehrere Beiträge 
über Jazz in Fachzeitschriften. 

Berenguier de Palazol (berarjj'er), * zu Palol 
(Palou) bei Eine; katalanischer Troubadour, tätig 
etwa von 1150 bis nach 1180, stand zu Avignon im 
Hofdienst. Zu den 12 ihm zugeschriebenen Liedern 
sind in der Handschrift Paris BN fr. 22543 8 Me- 
lodien überliefert. 

Ausg. u. Lit.: A. Jeanroy u. P. Aubry, Huit Chan- 
sons de Bürenger de P., in: Anuari de l’Inst. de Estu- 
dis Catalans I, 1908, mit Faks. u. Übertragung d. 
Melodien; Fr.Gennrich, Grundriß einer Formen- 
lehre d. ma. Liedes, Halle 1932, darin Melodien zu 
P-C 47,6: »Domna, la gensor qu’om veja« u. 47,7: 
»Domna, si totz temps vivia«; ders., Artikel B. de P., 
MGG, darin d. Melodie zu P-C 47,6; ders., Der mus. 
Nachlaß d. Troubadours (= Summa Musica Medii 
Aevi III, Darmstadt 1958, darin d. 8 Melodien; H. 
AngUs, La müsica a Catalunya fins al segle XIII, 
= Bibi, de Catalunya, Publicacions del departament 
de müsica X, Barcelona 1935, darin d. 8 Melodien. 

Berens, Hermann, * 7. 4. 1826 zu Hamburg, 
t 9.5.1880 zu Stockholm; deutscher Kapell- 
meister, Sohn des Flötisten und Militärmusikdirek- 
tors Karl B. (* 1801, f 1857 zu Hamburg), zuerst 
Schüler seines Vaters, dann Reissigers in Dresden, 


144 



Berg 


lebte nach einer Kunstreise mit der Alboni einige 
Zeit in seiner Vaterstadt, ging 1847 nach Stock- 
holm, wurde 1849 Musikdirektor in Örebro, 1860 
Kapellmeister am Mindretheater in Stockholm, 
später Hof kapellmeister. Er komponierte eine Mu- 
sik zu Kodros , eine Oper Violetta sowie 3 erfolg- 
reiche Operetten: Ein Sommemachtstraum, LuUy 
und Quinault und Riccardo , auch einige Klavier- 
und Kammermusikwerke. 

Berespwsldj, Maxim Sosonowitsch, * 1745 zu 
Goluchow (Gouv. Tschemigow), f 1777; russi- 
scher Komponist, war Schüler des Padre Martini 
in Bologna, brachte in Livorno eine Oper Demo - 
foonte mit Erfolg zur Aufführung, fand aber in sei- 
ner Heimat trotz bedeutender Begabung keine 
Anerkennung und endete durch Selbstmord. 

Lit. : N. A. Lbbedew, B. u. Bortnjanskij als Kirchen- 
komponisten, St. Petersburg 1882, russisch; R.-A. 
Mooser, Annales de la musique . . . en Russie, I u. II 
(1948 und 1951). 

Ber^tta, Giovanni Battista, * 24.2.1819 zu 
Verona, j* 28. 4. 1876 zu Mailand; anfangs rei- 
cher Kunstliebhaber, nach Verlust seines Vermö- 
gens einige Zeit Direktor des Iiceo musicale in 
Bologna, arbeitete zuletzt in Mailand an der Fort- 
setzung des von Amcrico Barberi begonnenen 
großen Musiklexikons, das er indes nur bis G för- 
dern konnte (Dizionario artistico scientifico storico- 
tecnologico musicale , 1869-72). 

Berezowsky (berez'ovskij), Nicolai, * 17. 5.1900 
zu St. Petersburg, f 27. 8. 1953 zu New York; 
russischer Komponist und Violinist, erhielt seine 
Ausbildung an der Kaiserlichen Kapelle in St. 
Petersburg, wurde Konzertmeister an der Natio- 
nal-Oper in Saratow, danach 1. Geiger am Mos- 
kauer Bolschoj Theater und Musikdirektor der 
Schule für Moderne Kunst. 1922 ging B. als Geiger 
zum Philharmonischen Orchester nach New York. 
Werke: 4 Symphonien (1925, 1929, 1936, 1942), 
Sinfonietta (1931), Toccata , Variations and Finale für 
Streichquartett und Orch. (1937), Phantasie für 
2 KL und Orch. (1931), ein Violinkonzert (1930), 
Concerto Lirico für Vc. und Orch. (1935), ein 
Bratschenkonzert (1941), Kammermusik (2 Streich- 
quartette, 2 Blaserquintette, Sextett für Streicher, 
Klar, und KL, Poem für 11 Instr.). 

Berg, Adam, deutscher Musikdrucker und Ver- 
leger in München; er hatte die Buchdruckerei von 
Hans Schobser übernommen und war um 1567 bis 
1610 tätig, zuletzt assozüert mit seinem Schwieger- 
sohn Nicolaus Heinrich (Heinricus), der ab 1600 
firmierte. Bei ihm erschien das Prachtwerk Pa- 
trocinium Musices (12 Bände, 1573-98), von dem 
7 Bände (I-V, VII, VIII) ausschließlich Kirchen- 
werke von Orlandus Lassus enthalten; 2 (IX und 
XII) solche von Fr. Sale, je einer solche von 
L. Daser (VI), Bl. Amon (X) und Caesar de 
Zaccharijs (XI). 

Lit. : P. Dirr, Buchwesen u. Schrifttum im alten Mün- 
chen, München 1932. 

Berg, Alban Maria Johannes, * 9. Z 1885 und 
t 24. 12. 1935 zu Wien; österreichischer Kompo- 
nist, Sohn eines 1867 aus Nürnberg eingewander- 
ten Kaufmanns und einer Wiener Bürgertochter, 
zeigte frühzeitig besondere literarische und musi- 
kalische Begabung. Ersten Klavierunterricht erhielt 


er im Elternhaus. 1900 begannen seine autodidak- 
tischen Kompositionsversuche (3 Lieder), denen in 
den nächsten Jahren 70 Lieder und Duette folgten. 
Nach Abschluß des Realschulstudiums arbeitete er 
1904-06 als Rechnungsbeamter in der Nieder-, 
österreichischen Stadthalterei in Wien. Im Okto- 
ber 1904 wurde B. mit A. SchÖnberg bekannt, der 
ihn auf Grund der autodidaktischen Komposi- 
tionsproben als Schüler annahm. In den vom 
Schülerkreise Schönbergs veranstalteten Konzerten 
hatte er 1907 und 1908 seine ersten öffentlichen 
Aufführungen. 1910 schloß er die Lehrzeit bei 
Schönberg ab, mit dem er bis zu seinem Tode in 
engster, tief ergebener Freundschaft verbunden 
blieb. 1911 heiratete B. Helene NahowskL Von 
dieser Zeit an lebte er, von kurzen Reisen zu Auf- 
führungen seiner Werke abgesehen, im Winter in 
Wien, seinen Lebensunterhalt mit Kompositions- 
unterricht verdienend, im Sommer in den öster- 
reichischen Alpen (Steiermark und Kärnten), ganz 
seinem Schaffen hingegeben. Die Gestaltwerdung 
seiner Werke vollzog sich ungemein langsam. 
Noch bei der Reinschrift wurden wichtige Än- 
derungen vorgenommen, die aber das Fundam ent 
des ursprünglichen Einfalls niemals antasteten. Die 
Reihe der von B. veröffentlichten Werke ist daher 
verhältnismäßig kurz, aber jedes von ihm vollen- 
dete Werk repräsentierte für ihn einen Formtypus, 
der durch die einmalige Befassung seine endgültige 
Gestaltung gefunden hatte. 

Im Mai 1914 sah Berg in einer Wiener Sprech- 
bühne G. Büchners Dramenfragment »Wozzeckf 
und faßte kurz nachher den Entschluß, es als Oper 
zu gestalten. Im 1. Weltkrieg Militärdienst in 
der österreichischen Armee leistend, konnte er 
Wozzeck erst im April 1921 vollenden. Im Som- 
mer 1923 regte H. Scherchen die Zusammen- 
fassung einiger Stücke der Oper zu einem im 
Konzertsaal aufführbaren Zyklus an, dirigierte am 
11. 6. 1924 diesen Zyklus (drei Fragmente aus dem 
1. u. 3. Akt) auf dem Musikfest des Allgemeinen 
Deutschen Musikvereins in Frankfurt am Main 
und errang damit einen sensationellen Erfolg, der 
Berg mit einem Schlage berühmt machte. Am 
14. 12. 1925 wagte E. Kleiber an der Berliner 
Staatsoper die Uraufführung des ganzen, der 
Witwe G. Mahlers gewidmeten Werkes. Die er- 
sten Berliner Aufführungen riefen Angriffe reak- 
tionärer Kreise hervor, die aber durch die maß- 
gebende Fachkritik sachliche Widerlegung fanden. 
Aufführungen in Prag (1926) und Leningrad (1927) 
folgten; aber erst der deutschen Provinzstadt Ol- 
denburg, wo J. Schüler das Werk 1929 heraus- 
brachte, gebührt der Ruhm, mit dem Märchen von 
den »unüberwindlichen Schwierigkeiten des Woz- 
zeckt vollständig aufgeräumt zu naben. Damit be- 
gann ein in der Geschichte der Neuen Musik bei- 
spielloser Erfolgsweg: bis Ende 1936 wurde Woz- 
zeck in 29 Städten insgesamt 166 mal aufgeführt; 
außer in deutscher Sprache noch tschechisch, rus- 
sisch, französisch und englisch; 1934 erwarb die 
Library of Congress in Washington das dreibän- 
dige Originalmanuskript der Partitur, eine weitere 
Anerkennung des Werk», das 1949 als ein all- 
gemein anerkanntes Meisterstück der neueren 
Ope rn kirns t seinen kurz nach dem Tode B.s unter- 
brochenen Siegeslauf über die Bühnen wieder auf- 
nahm. 


10 


145 



Berg 

Nach der Vollendung des Wozzeck wandte sich B. 
in seinem Schaffen zunächst wieder kammermusi- 
kalischen Bereichen zu; daneben ging aber unab- 
lässig die Suche nach einem neuen Opemtext. 
Nach Prüfung einer großen Anzahl von Sujets ent- 
schied er sich 1928 für die »Lulu«-Tragödie Frank 
Wedekinds, deren Texteinrichtung er bald voll- 
endete. Im April 1934 war die Vertonung, von 
einigen Ensembles abgesehen, im Particell voll- 
endet. An der Instrumentation arbeitete Berg bis 
zu seinem Tode; fertiggestellt wurden die ersten 
zwei Akte und das erste Viertel des dritten Akts, 
ferner ein Orchesterzwischenspiel und der Schluß 
dieses Aktes. - Im Frühjahr 1935 hatte B. die In- 
strumentationsarbeit unterbrechen müssen, da er 
an die Komposition eines Violinkonzerts schritt, 
zu der er von dem amerikanischen Geiger L. Kras- 
ner einen Auftrag erhalten hatte. Während er noch 
über die Anlage des Werkes grübelte, starb plötz- 
lich ein ihm nahestehendes junges Mädchen, die 
18jährige Tochter Alma Mana Mahlers. Nun kam 
es wie ein Fieber über B. : in kaum sechs Wochen 
konzipierte der sonst sehr langsam arbeitende 
Künstler das »Dem Andenken eines Engels« ge- 
widmete Werk, das durch das tragische Schicksal 
seines Schöpfers zu B.s eigenem Requiem wurde. - 
Die Verbindung kühner, völlig neue Wege su- 
chender Gestaltungsweise mit bewußter An- 
knüpfung an die großen Wiener Traditionen, die 
strenge Logik des kompositionstechnischen Auf- 
baus und die Universalität der angewandten musi- 
kalischen Mittel rechtfertigen den etwas paradoxen 
Ehrentitel »Klassiker der modernen Musik«, der 

Werke: Siebe» Frühe Lieder (1907/§8, veröffent- 
licht 1928); 2 Lieder (»Schließe mir die Augen 
beide« von Th. Storni, 1907 und 1926, veröffent- 
licht 1955) ; Klaviersonate op. 1 (1907/08, umgear- 
beitet 1920); 4 Lieder (Hebbel u. Mombert) op. 2 
(1908/09, umgearbeitet 1920) ; Streichquartett op. 3 
(1909/10, umgearbeitet 1924); 5 Orchesterlieder 
nach Ansichtskartentexten von P. Altenberg op. 4 
(1912); 4 Stücke für Klar, und KL op. 5 (1913'); 
3 Orchesterstücke (Präludium, Reigen, Marsch) 
op. 6 (1914); Oper Wozzeck (1914-21) ; Kammer- 
konzert für.V. und KL mit 13 Bläsern (1923-25); 
Lyrische Suite für Streichquartett (1925/26, daraus 
3 Sätze 1928 für Streichorch. bearbeitet); Der 
Wein (Baudelaire), Konzertarie für S. u. Orch. 
(1929); Violinkonzert (1935, Uraufführung 19. 4. 
1936 auf dem Musikfest der IGNM in Barcelona) ; 
Lulu (1928-35, Uraufführung d. Fragments 2. 6. 
1937, Stadttheater Zürich). - Musikliterarische Ar- 
beiten: eine Sammlung von 18 Schriften abge- 
druckt in der von W. Reich 1937 veröffentlichten 
Biographie A. B.s. Ferner: Dialog Was ist atonal? 
zuerst erschienen in der von W. Reich herausge- 

r benen Wiener Musikzeitscbrift »23« (Nr 26/27, 
6. 1936) und Einführung zu den folgenden Wer- 
ken Schönbergs: »Gurreheder« (1913), Kammer- 
sy^honie (1918) und »Pelldas und Mdlisande« 

lit : W. Reich, A. B. (mit B.s Schriften u. Beiträgen 
v. Th. W. Adorno u. E. Kfenek), Wien 1937; dbrs., 
Aus unbekannten Briefen von A. B. an Anton We- 
bern, SMZ XCIII, 1953; P. J. Joxjve u. M. Fano, 
»Wozzeck ou le nouvel opera«, Paris 1953; H. F. 
Redlich, A. B., Wien, Zürich u. London 1957. 

WR 


Berg, Johann vom, * zu Gent, f 1563 zu Nürn- 
berg; belgischer Musikdrucker und Verleger, ließ 
sich gegen 1540 in Nürnberg nieder und assoziierte 
sich um 1550 mit Ulrich Neuber; auf den Bücher- 
titeln nannte er sich meist Johannes Montanus. 
Nach seinem Tode trat Dietrich Gerlach (Gar- 
latzenus) in die Firma ein; 1567 schied Neuber aus 
und firmierte fortan wie auch Gerlach allein. Nach 
dem Tode Gerlachs (1572) erschienen die Offizinen 
wieder vereint. 

Lit.: Ch. van den Borren, La contribution italienne 
au Thesaurus harmonicus . . ., Journal of Renaissance 
and Baroque Music 1, 1946/47. 

Berg, Konrad Mathias, * 27. 4. 1785 zu Colmar 
(Elsaß), t 15. 12. 1852 zu Straßburg; elsässischer 
Violinist, Schüler von Fränzl in Mannheim, danach 
1806-07 des Pariser Conservatoire, ließ sich 1808 
als Klavier- und Violinlehrer in Straßburg nieder. 
Er schrieb 3 Konzerte, Sonaten und Variationen 
für KL, 10 Klaviertrios, 4 Streichquartette und 
einen Apergu historique sur Vital de la musique ä 
Strasbourg pendant les 50 demikres annies (1840). 

Berg, Maurits van den, * 20. 2. 1898 zu Gro- 
ningen; holländischer Violinist und Dirigent, lebt 
in Hilversum; ausgebildet an der Musikschule 
Groningen, 1914-17 am Kölner Konservatorium 
(Violine bei Eldering). B. war 1917-33 1. Kon- 
zertmeister in Straßburg, Köln (Gürzenich), Ber- 
lin (Philharmonie), vorübergehend auch Primarius 
des Wiener Buxbaum-Quartetts, nach 1933 beim 
Concertgebouw Orchester Amsterdam und ist seit 
1949 Kapellmeister bei Radio Hilversum, wo er 
sich besonders für zeitgenössische Musik ein- 
setzt, auch die Schallplatten-Serie der Concert 
Hall Society betreut. 

Berg, Carl Natanael, * 9. 2. 1879 und f 15. 
10. 1957 zu Stockholm; schwedischer Kompo- 
nist, studierte Veterinärmedizin und war bis 
1939 Tierarzt. In der Musik war er zunächst Auto- 
didakt, doch studierte er 1897-1900 Gesang am 
Stockholmer Konservatorium und kurze Zeit 
Kontrapunkt bei J. Lindegren. Werke: die Opern 
Leila (Stockholm 1912), Engelbrekt (Stockholm 
1929), Judith (Stockholm 1936), Birgitta (Stock- 
holm 1942) und Genoveva (Stockholm 1947); die 
Ballettpantomimen Die Feen (1914), Sensitiva 
(1919) und Die Freier der Herzogin (1920) ; 5 Sym- 
phonien (1913, 1916, 1917, 1918, 1924), sympho- 
nische Dichtungen, Balladen für Gesang und 
Orch., Werke für Soli, Chor und Orch. ( Der 
Mann und das Weib 1911, Israels Lobgesang 1915, 
Das Hohelied 1925), ein Violinkonzert (1918), Sere- 
nade für V. und Orch. (1923), Klavierkonzert 
(1931), ein Klavierquintett (19110, Orchester- und 
Klavierlieder und Klavierstücke. 

Berger, Erna, * 19. 10. 1900 zu Cossebaude bei 
Dresden; deutsche Opern- und Konzertsängerin 
(Sopran) norwegischer Staatsangehörigkeit, lebt in 
Berlin-Dahlem. Die Hauptstationen ihrer Lauf- 
bahn als vielgefeierter Koloratursopran führten 
von der Staatsoper Dresden (1926) über die 
Städtische Oper Berlin (1930) zur Staatsoper Ber- 
lin (1934) und nach dem Krieg an die Metropolitan 
Opera New York. Seit ihrer Rückkehr aus Ame- 
rika tritt sie auf Konzertreisen in aller Welt mit 
Liederabenden auf. Ihr ständiger Begleiter ist 
Emst-Günther Scherzer. 


146 




Bergh 


Berger, Francesco, * 10. 6. 1834 und f 26. 4. 
1933 zu London; englischer Pianist von italieni- 
scher Herkunft, studierte Komposition in Triest 
bei Luigi Ried, Klavier bei Karl Lickl, später in 
Leipzig ICavier bei Moscheies und Plidy, Har- 
monie bei Moritz Hauptmann und wurde Klavier- 
lehrer an der Royal Academy of Music und der 
Guildhall School of Music in London. Werke: 
Ouvertüre und Bühnenmusik zu The Lighthouse 
und zu The Frozen Deep (zwei von Charles 
Dickens und seinem Kreis 1856-57 aufgeführte 
Stücke); über 100 Klavierstücke; gegen 100 Lie- 
der, Duette, Terzette, Chöre auf englische, deut- 
sche, französische oder italienische Texte. 

Lit.: Fr. Berger, F. B., London 1931. 

Berger, Ludwig, * 18. 4. 1777 und f 16. 2. 1839 
zu Berlin; deutscher Komponist, wuchs in Templin 
und Frankfurt an der Oder auf, studierte 1799 in 
Berlin bei Gürrlich Harmonie und Kontrapunkt, 
reiste 1801 nach Dresden, um J. G. Naumanns 
Schüler zu werden, fand ihn aber soeben gestor- 
ben. Seinem Andenken widmete er eine Trauer- 
kantate. 1804 ging er mit Clementi als dessen 
Schüler nach St. Petersburg und befreundete sich 
dort mit AL Klengel und Field. 1812 ging er nach 
Stockholm und von da zu Clementi nach London, 
wo er J. B. Cramer kennenlemte. 1815 kehrte er 
nach Berlin zurück und wirkte dort bis zu seinem 
Tode als hochverehrter Lehrer. 1819 gründete er 
mit Bemh. Klein, G. Reichardt und L. Rellstab die 
jüngere Berliner Liedertafel. Zu seinen Schülern 
zählen Mendelssohn, Taubert, Henselt, Fanny 
Hensel, H. Küster und L. Rellstab. B. schrieb Kla- 
viersonaten und -etüden sowie etwa 160 Lieder, 
darunter 10 Gesänge aus einem gesellschaftlichen 
Liederspiel Die schöne Müllerin op. 11. Seine Zeit- 
enossen schätzten ihn am höchsten als Lieder- 
omponisten. - Ein zweiter Ludwig B., in Karls- 
ruhe tätig und ebenfalls Komponist von Liedern 
mit Gitarrenbegleitung, ist mit dem Berliner B. 
nicht identisch. 

Ausg.: 4 Lieder aus op. 11 im Anhang zu: F. Schu- 
bert, Die schöne Müllerin, Krit. Ausg. v. M. Fried- 

LAENDER, LpZ. 

Lit.: L. Rellstab, L. B., Bin 1846; L. Leven, Men- 
delssohn als Lyriker, Diss. Frankfurt 1926; P. 
Egbrt, Die Klaviersonate im Zeitalter d. Romantik I, 
Die Klaviersonate d. Frühromantiker, Lpz. 1934. 

Berger, Theodor, * 18. 5. 1905 zu Traismauer 
an der Donau; österreichischer Komponist, stu- 
dierte nach seiner Lehrerausbildung in St. Pölten 
1926-32 an der Musikakademie Wien bei Fr. 
Schmidt. W. Furtwängler förderte den seit 1932 
in Berlin lebenden Komponisten (besonders nach 
1940) im In- und Ausland. 1939 ging B. wieder 
nach Österreich; 1949 wurde ihm der Musikpreis 
der Stadt Wien und 1951 der österreichische 
Staatspreis zuerkannt. B. schrieb zahlreiche Or- 
chesterwerke, Musik zu Goethes Faust, n. Teil für 
Chor und Orch. (1949), ein Concerto manuale für 
2 KL, Marimbaphon, Metallophon, Streicher und 
Schlagwerk (1951), Filmmusiken und 2 Streich- 
quartette (1930 und 1931). 

Berger, Wilhelm, * 9. 8. 1861 zu Boston, + 16. 
1. 1911 zu Jena; deutscher Komponist, war 1878 
bis 1884 auf der Königlichen Hochschule in Berlin 


Schüler Fr. Kiels und Rudorffs, ab 1888 Lehrer am 
Klindworth-Scharwenka-Konservatorium und ab 
1903 Hofkapellmeister in Meiningen. B. schrieb 
Lieder, Chöre, Klavierstücke, eine Klaviersonate 
H dur op. 76, 3 Violinsonaten, ein Klavierquintett 
F moll op. 95, ein Klavierquartett A dur op. 21, 
ein Klaviertrio G moll op. 94, Streichtrio G moll 
op. 69, ein Streichquintett E moll op. 75; Gesang 
der Geister über den Wassern op. 55, Euphorion (mit 
Soli) op. 74, Die Tauben op. 83, An die großen Toten 
op. 85, Totentanz op. 86 und Sonnenhymnus (mit 
Baritonsolo) op. 106 für Chor und Orch., Meine 
Göttin op. 72 für Männerchor und Orch., 2 Sym- 
phonien (B dur op. 71 und Hmoll op. 80); Va- 
riationen und Fuge für Orch. op. 97 und 3 Balla- 
den für Bar. mit Orch. 

Lit. : W. Altmann, W. B.-Katalog (Werkverz.), Lpz. 
1920. - G. Ernest, W. B., Bin 1931. 

B$rgese, Hans, * 24.5.1910 zu Freiburg im 
Breisgau; deutscher Komponist und Tugendmusik- 
erzieher, studierte Musikerziehung bei OrfF, Kla- 
vier und Komposition bei J. Weismann, Musik- 
wissenschaft bei C. Sachs, W. Gurlitt und von 
Ficker, war 1932-40 an den Günter-Schulen für 
Rhythmische Erziehung in München und Berlin, 
ab 1947 an der Kölner Sporthochschule und den 
Instituten für Jugend-, Schul- und Volksmusik in 
Köln und Detmold tätig und ist seit 1951 Pro- 
fessor für Musikerziehung an der Berliner Hoch- 
schule für Musik. B. geht in seiner musikpädago- 
gischen Tätigkeit von den Grundlagen des Orff- 
Schulwerkes aus, gibt seit 1950 eine Schulwerk- 
folge für Spiel-Musik-Tanz heraus, schrieb meh- 
rere Schulopern (u. a. Die Bremer Stadtmusikanten ) 
und ist Verfasser der Klavierauszüge der Bühnen- 
werke von OrfF und Egk. 

Berggreen, Andreas Peter, * 2. 3. 1801 und 
t 9. 11. 1880 zu Kopenhagen; dänischer Kompo- 
nist, studierte zuerst Rechtswissenschaft, ging dann 
zur Musik über und wurde 1838 Organist der 
Trinitatiskirche, 1843 Gesanglehrer an der Metro- 
politanschule in Kopenhagen und 1859 Gesang- 
inspektor der Öffentlichen Lehranstalten. B. schrieb 
eine Oper Billedet og Büsten (1832), Musik zu meh- 
reren Dramen und einer Kantate öhlenschlägers, 
Klavierstücke und Lieder. Er gab heraus: Folke- 
Sange og Melodier (4 Hefte, 1842-55, in 11 Heften 
21860-71, 1. Heft 31869). 

Lit.: C. Skou, A. P. B., Kopenhagen 1895. 

Bergh, Rudolph, * 22. 9. 1859 zu Kopenhagen, 
f 7. 12. 1924 zu Davos; dänischer Komponist^ 
wurde 1885 Dozent für Zioologie an der Universi- 
tät, trieb daneben musikalische Studien bei Orla 
Rosenhoff in Kopenhagen, später in Berlin bei 
H. v. Herzogenberg und H. van Eyken. 1903 gab 
er seine Universitätsstellung auf und übersieddte 
nach Berlin, lebte dann in Godesberg, ab 1919 
wieder in Kopenhagen; 1922 wurde er Direktions- 
mitglied des dortigen Konservatoriums. Außer 
Klavierstücken und etwa 150 Liedern sind im 
Druck erschienen: Streichquartett op. 10, Violin- 
sonate op. 20, gemischte Chöre a cappella op. 33, 
Frauenchöre op. 37, Requiem fiir Werner op. 32 für 
gern. Chor, Altsolo und Orch. und Geister der 
Windstille op. 38 für gern. Chor, Alt- und Tenor- 
solo und Orch. 


10 * 


147 



Berghout 


Berghout (b'erghaut), Johan C., * 2. 9. 1869 zu 
Rotterdam; holländischer Komponist, lebt in 
Ymuiden. Nach Absolvierung der Rotterdamer 
Musikschule wirkte er in verschiedenen hollän- 
dischen Städten als Leiter von Liebhaber-Chören 
und -Orchestern. B. schrieb 9 Symphonien, von 
denen die zweite gelegentlich der Schubert-Jahr- 
hundertfeier 1928 in Wien preisgekrönt wurde, 
außerdem zahlreicheKammermusik, auch »Opem- 
Fantasien«. 

Bergiron de Brion (berpr'o da bri'3), Nicolas- 
Antoine (Bergiron du Fort-Michon), * 1690 und 
+ 1768 zu Lyon; französischer Komponist, grün- 
dete 1713 in Lyon die Acadömie des Beaux-Arts, 
eine Konzertgesellschaft, welche 60 Jahre bestand 
und jede Woche ein Konzert gab (Chor und Or- 
chester). B., der 1739 auch Mitdirektor und Ka- 
pellmeister der Lyoner Oper war, schrieb für diese 
Acaddmie zahlreiche Motetten, Kantaten und Ge- 
legenheitswerke, wovon er nur ein Buch Kantaten 
veröffentlichte (Lyon 1729). 

Bergkholtz, Lucas, * um 1520 zu Plauen; deut- 
scher Komponist, wurde imWintersemester 1539/ 
1540 in Wittenberg immatrikuliert und schrieb 
1548-51 zwei 4st. deutsche Psalmen und eine 6st. 
lateinische Motette, die in sächsischen Handschrif- 
ten erhalten sind. 

Lit : G. Pietzsch, Zur Pflege d. Musik an d. deutschen 
Universitäten, AfMf VH, 1942. 

Berglund, Joel Ingemar, * 4. 6. 1903 zu Tor- 
säker; schwedischer Opernsänger, lebt in Stock- 
holm. Nach öjähriger Ausbildung an der Stock- 
holmer Musikhochschule debütierte er 1929 als 
Lothario und Holländer an der Königlichen Oper 
in Stockholm, deren Mitglied er bis 1949 und deren 
künstlerischer Leiter er 1949-56 war. In den Hel- 
denbaritonpartien der Wagner-, Verdi- und Mus- 
sorgskij-Opem gastierte er u. a. in Wien, Chicago, 
Buenos Aires, Bayreuth (1941) und 1945-49 an der 
Metropolitan Opera New York. 

Bergman, Erik, * 24. 11. 1911 zu Nykarleby; 
finni scher Komponist, Chordirigent und Kritiker, 
setzte nach der Ausbildung an der Sibelius- Aka- 
demie 1931-38 und an der Universität Helsinki 
seine Studien bei H. Tiessen (Berlin) und W. Vogel 
(Ascona) fort, auch auf Reisen nach Österreich, 
Italien und Frankreich. Er wurde mit Vokal-, 
Kammer- und Orchestermusik vor allem in den 
nordischen Ländern bekannt. 

Bergmann, Karl, * 1821 zu Ebersbach (Sachsen), 
t 16. 8. 1876 zu New York; deutscher Violon- 
cellist und Dirigent, Schüler von Zimmermann 
in Zittau und Hesse in Breslau, ging 1850 nach 
den Vereinigten Staaten als Mitglied des wan- 
dernden Orchesters »Germania«, dessen Dirigent 
er nach wenigen Monaten wurde und bis zu dessen 
Auflösung 1854 blieb. 1855 trat er in die Phil- 
harmonie Society zu New York ein, deren Kon- 
zerte er zunächst alternierend mit Th. Eisfeld, ab 
1862 allein leitete; daneben dirigierte er mehrere 
Jahre den Männerchor »Arion«. 

Bergmann, Maria, * 15. 2. 1918 zu Höchst 
(Odenwald); deutsche Pianistin, bei Max Pauer 
pianistisch ausgebildet, debütierte 18jährig in 


Wiesbaden mit Chopins F moll-Konzert. Seit 1946 
wirkt sie als Hauspianistin des Südwestfunks 
(Klammermusik, Klavierkonzerte) in Baden-Baden. 
Eigene Konzerttätigkeit, mit besonderem Anteü 
der Moderne, führte sie auch ins Ausland. 

Bergmans, Paul Jean Etienne Charles Marie, 
* 23. 2. 1868 und f 14. 11. 1935 zu Gent; belgi- 
scher Musikforscher, studierte am Konservatorium 
in Gent und privat bei Waelput, wurde 1887 Dr. 
phil. an der Genter Universität, 1892 Bibliotheks- 
assistent, 1919 Oberbibliothekar, 1912 Dozent für 
Munk, 1919 Professor; daneben war er Theater- 
und Musikkritiker der Flandre liberale in Gent; 
von seinen Arbeiten sind zu nennen: P. J. Leblan , 
carillonneur de la ville de Gand au XVIII* siede (Gent 
1884), H. Waelput (1886), Variitfc musicologiques 
(3 Reihen 1891, 1901, 1920), La vie mtisicale gantoise 
au XVIII* sikle (1897), VOrganiste des archiducs 
Albert et Isabelle: Peter Philips (Gent 1903), Les 
Musidens de Courtrai et du Courtraisis (1912), Notice 
sur Fl. van Duyse (Brüssel 1919), La biographie du 
compositeur Corneille Verdonck (Brüssel 1919), Henry 
Vieuxtemps (Tumhout 1920), Le baron Limnander de 
Nieuwennove (Brüssel 1920), Quatorze lettres inedites 
du comp. Philippe de Monte (1921), Ticlman Susato 
(Antwerpen 1923), De Vhistoire de la musique (1927), 
Les origines beiges de Beethoven (1927), La typo- 
graphie mtisicale en Belgique au XVI* sikle (Brüssel 
1930) = Histoire du livre et de Vimprimcrie eti Bel- 
gique Vol. V Part 2; Einleitung zu Monumenta 
musicae Bclgicae I, J. B. Loeillet, Werken voor 
clavecimbel, herausgegeben von J. Watclct. 

Lit.: Ch. van den Borren, Notices sur la vie et les 
travaux de P. B., in: Annuaire de l’Acad. Royale de 
Belgique CIV, 1937. 

Bergner, Wilhelm, * 4. 11. 1837 und f 9. 6. 
1907 zu Riga; deutscher Organist, war Schüler von 
Agthe in Riga und Kühmstedt in Eisenach, wurde 
1861 Organist der englischen Kirche in Riga, 1868 
bis 1906 Domorganist, gründete den Bachverein 
und den Domchor in Riga. 

BergQnzi, Carlo, * 1686 und f 1747 zu Cremo- 
na; italienischer Geigenbauer, war Schüler von 
Ant. Stradivari. Weniger bedeutend waren sein 
Sohn Michelangelo und seine beiden Enkel Nicolö 
und Carlo B. 

Lit : W. L. Freiherr v. Lütgendorff, Die Geigen- 
und Lautenmacher v. MA bis zur Gegenwart, Ffm. 
5*01922. 

Bergsma, William, * 1.4.1921 zu Oakland 
(California); amerikanischer Komponist, schrieb 
schon vor Beginn seines Studiums mit 16 Jahren 
das Ballett Paul Bunyan für Marionetten, Solo- 
tänzer und Orch., besuchte 1938-40 die Stanford 
University, 1940 und 1944 die Eastman School 
of Music. Er ist Bachelor of Arts und Master of 
Music und lehrt Komposition an der Juilliard 
School of Music in New York. 1942 schrieb er 
eine Symphonie für Kammerorch. als Auftrags- 
werk und errang mit seinem 1. Streichquartett 
einen Preis der Columbia University; 1943 ge- 
wann seine Music on an Quiet Theme einen Ver- 
legerwettbewerb. Es folgten 2 weitere Streich- 
quartette, The Fortunate Islands für Streichorch. 
(1946) und das Orchesterwerk A Carol on Twelfth 
Night (1953) als Auftragswerke, eine Symphonie 


148 



Berlin 


(1949), die Oper The Wife of Martin Guerre (1955). 
Außerdem schrieb er Lieder, Chormusik und 

Filmmusiken. 

Bergt, Christian Gottlob August, * 17.6. 
1772 zu öderan bei Freiberg, f 10.2.1837 zu 
Bautzen; deutscher Komponist, wirkte von 1802 
bis zu seinem Tode in Bautzen als Organist, Se- 
minarmusiklehrer und Dirigent des Singvereins. 
Er komponierte ein Passionsoratorium, Te Deum, 
Kantaten und andere Kirchenmusikwerke sowie 
Symphonien, Quartette, Trios, Klaviervariationen, 
mehrere Opern, Duette, Balladen und kleinere 
Lieder. Seine Schrift Briefwechsel eines alten und 
jungen Schulmeisters über allerhand Musikalisches 
(Zittau 1838) wurde von C. G. Hering heraus- 
gegeben; sie enthält eine Biographie B.s. 

B$ringer, Oskar, * 14. 7. 1844 zu Furtwangen 
(Baden), j" 21. 2. 1922 zu London; englischer Pia- 
nist deutscher Herkunft, Schüler von Moscheies in 
Leipzig und Tausig in Berlin, lebte ab 1871 in 
London, wo er eine Akademie für höheres Klavier- 
spiel eröffnete, die bis 1897 bestand. Er wurde 1885 
Klavierlehrer an der Royal Academy of Music 
(1900 deren Ehrenmitglied). B. komponierte vor- 
wiegend instruktive Klavierwerke (hervorzuhe- 
ben: Tägliche technische Studien) , ein Klavierkon- 
zert und Lieder. Seine Lehrerfahrungen legte er 
nieder in Fifty Years * Experience of Pianoforte Teach- 
ing and Playing (London 1907). 

Berio, Luciano, * 1925 zu Oneglia; italienischer 
Komponist, lebt in Mailand. Nach seinem Studium 
bei Ghedini am Mailänder Konservatorium und 
später bei Dallapiccola in Tanglewood trat er 1950 
zum erstenmal als Komponist mit einem Magni - 
ficat für Chor, 2 KL, Bläser und Schlagzeug hervor. 
1953 wurde er Mitgründer des Studio di Fonologia 
Musicale bei der Radiotelevisione Italiana, dessen 
Leiter er ist. Weiterhin leitet er die Zeitschrift 
»Incontri Musicali« und organisiert musikalische 
Veranstaltungen zur Förderung moderner Musik, 
die er selbst als seriell schreibender Komponist ver- 
tritt. Er schrieb außer dem genannten Werk meist 
Orchester- und Kammermusik, darunter Nones für 
Orch. (1956), eine Serenade für FL und 14 Instr. 
(1957) und betrat mit Mutazioni (1956) und 
Prospettive (1957) das Feld der elektronischen 
Musik. 

B6riot (beij'o), Charles-Auguste de, * 20. 2. 
1802 zu Löwen, f 8. 4. 1870 zu Brüssel; belgischer 
Violinist, in der Hauptsache Autodidakt, aber mu- 
sikalisch geschult durch seinen Vormund, den 
Musiklehrer Tiby in Löwen. Als er 1821 vor 
Viotti spielte, war er bereits selbständiger Künstler 
und trat nur für kurze Zeit in das Conservatoire 
als Schüler Baillots ein. Sein erstes Auftreten in 
Paris war so erfolgreich, daß er sogleich eine Kon- 
zertreise nach England unternehmen konnte; der 
König der Niederlande ernannte ihn mit einem 
Gdbah: von 2000 FL zu seinem 1. Soloviolinisten. 
Die Revolution 1830 schnitt diese Einnahmequelle 
ab und nötigte B. wieder zu reisen, diesmal mit 
der Sängerin Maria Garda-Malibran, die seine 
Gattin wurde, jedoch schon 1836 starb. Die näch- 
sten Jahre trat B. nicht öffentlich auf, erst 1840 
er wieder auf Konzertreise nach Deutsch- 
1843 wurde er 1. Violinlehrer am Brüsseler 


Konservatorium, mußte aber 1852 wegen eines 
Augenleidens seinen Abschied nehmen. Zu seinen 
Schülern zählen Vieuxtemps und Prume. 1858 er- 
blindete er völlig und wurde am linken Arm ge- 
lähmt. Seine Hauptwerke sind: 10 Violinkonzerte, 
eine Violinschule in drei Teilen (Paris 1858), 
3 Klaviertrios, zahlreiche Sonaten für Kl. und V. 
(mit Benedict, Osbome, Thalberg u. a.), Konzert- 
phantasien, 11 Variationenwerke, Duos und 
5 Sammlungen von Etüden für V. 

Lit : E. Heron- Allen, De fidiculis opuscula VI, A 
Contribution towards an Accurate Biogr. of de B. 
and Malibran, London 1894; F. Fayollb, Paganini 
et B., Paris 1831 ; W. J, v. Wasielewski, Die V. und 
ihre Meister, Lpz. 71927; A. Moser, Gesch. des Vio- 
linspiels, Bin 1923. 

Bdriot (beq'o), Charles- Wilfrid de, * 12.2. 
1833 zu Paris, f 22. 10. 1914 zu Sceaux du Gätinais ; 
französischer Pianist, Sohn von Ch. A. de B., lebte 
in Paris, ab 1887 Lehrer am Conservatoire. Er 
schrieb: Opiras sans paroles für KL und V.; 3 Kla- 
vierkonzerte; symphonische Dichtung Fernand 
Cortez ; Ouvertüren; Septett; 2 Klavierquartette; 
Klaviertrio; Sonate für Fl. und Kl.; Mithode 
d’ accompagnement (mit seinem Vater zusammen ver- 

Berkeleyv fb'oe:kli), Lennox, * 12. 5. 1903 zu 
Boars Hül (Oxford) ; englischer Komponist, oblag 
nach ausgedehnten Mittel- und Hochschulstudien 
(Merton College, Oxford) 1927-32 dem Musikstu- 
dium bei N. Boulanger in Paris. Der französische 
Impressionismus und Neoklassizismus wirkten stil- 
bildend auf ihn ein. Zwischen Walton und Tippett 
entwickelte sich B. zu dem vor Britten wendigsten 
und elegantesten englischen Komponisten seiner 
Generation. Sein Werkverzeichnis zählt von 1933 
bis 1956 50 Nummern, darunter 2 Symphonien 
und mehrere Orchestersuiten, 3 Opern ( Nelson , 
1953; 2 Einakter), Oratorien (Jonah , 1935), An- 
thems, Motetten, Kantaten, IGavierlieder (Ron- 
sard-Sonette für 2 T.), Klavier- und Kammer- 
musik. 1946 wurde B. als Kompositionslehrer an 
die Londoner Royal Academy of Music berufen. 

Berlijn (b'erlain), Anton, * 2. 5. 1817 und f 16. 
1. 1870 zu Amsterdam; holländischer Komponist, 
Schüler von Ludwig Erk, kehrte nach seinen Stu- 
dien in Deutschland 1846 nach Holland zurück, 
wo er bald darauf Musikdirektor des Theaters in 
Amsterdam wurde. Er komponierte 9 Opern, 

7 Ballette, ein Oratorium Moses, Symphonien so- 
wie noch zahlreiche Orchester- und Vokalwerke, 
ist aber über Holland hinaus wenig bekannt ge- 
worden. 

Lit: G Böhm, Nachruf an A. B., Amsterdam o. J. 

Berlin (b'oe:hn), Irving (eigentlich Israel Ba- 
hne), * 11. 5. 1888 zu Temum (Rußland); ameri- 
kanischer Komponist russischer Herkunft, lebt seit 
seinem 4. Lebensjahr in den Vereinigten Staaten. 
Als Unterhaltung*- und später als Schlagerkompo- 
nist hatte er seit 1907 immer größere Erfolge, 
schrieb eine Reihe von Musicals (Watch Your Step , 
Annie Get Your Gun, Call Me Madam) und seit 1935 
Filmmusiken für Hollywood. 

Lit: D. Even, The Story of J. B., NY 1950. 

Berlin, Johann Daniel, * 1711 (1714?) zu Me- 
mel, 1 1787 zu Drontheim; norwegischer Organist 



149 



Berlioz 


von deutscher Geburt, kam 1737 von Kopenhagen 
als Stadtmusikdirektor und Organist am Dom 
(1741) nach Drontheim; er schrieb Musicaliske 
Elementar (1744) und Anleitung zur Tonometrie 
(Temperaturberechnung, 1767). 

Berlioz (berlj'os, richtig wäre: berrio :), Louis 
Hector, * 11. 12. 1803 zu la Cdte-Saint-Andrd 
(Is&re), t 8« 3. 1869 zu Paris; französischer Kom- 
onist, Sohn eines Arztes und selbst zum Mediziner 
estimmt, ging 1826 gegen den Willen der Eltern 
von der Universität zum Conservatoire über 
(Schüler Lesueurs und Reichas) und mußte, da der 
Vater ihm jede Unterstützung versagte, sich einige 
Monate als Chorist am Theatre des Nouveautds 
seinen Unterhalt verdienen. Eine Messe mit Orch. 
zuerst aufgeführt in der Kirche St-Roch (1825), 
die Ouvertüren Waverley und Les ftancs-juges, 
die Huit schies de Faust op. 1 (1829) und die 
Symphonie fantastique £1830; waren bereits ge- 
schrieben und dem Publikum vorgeführt, als B. 
nach mehreren vergeblichen Versuchen 1830 mit 
der Kantate La demifre nuit de Sardanapale den 
Rompreis errang. Während des Studienaufenthal- 
tes in Italien entstanden: die Ouvertüren zu Le roi 
Lear und zu Rob Roy und die symphonische Dich- 
tung mit Gesang Lelio ou Le retour ä la vie (1831, 
Fortsetzung dar Symphonie fantastique). Zugleich 
betätigte sich B. als geistreicher Schriftsteller durch 
musikalische Feuilletons im »Corsaire« (ab 1823), 
im »Correspondant« (ab 1829), in der »Revue 
europdenne« (1832), dem »Courrier de l’Europe«, 
ab 1834 in der neugegründeten »Gazette musicale 
de Paris« und ab 1835 im »Journal des Ddbats«, 
so durch Wort und Tat bemüht, ein neues Stil- 
prinzip zur Herrschaft zu bringen, das der Pro- 
gramm-Musik. In Deutschland schloß sich ihm 
seit 1847 Liszt an, indem er B.s Ideen in selbstän- 
diger Weise sich zu eigen machte. 1842/43, 1845 
und 1854 besuchte B. Deutschland, 1845/46 Öster- 
reich, 1847 Rußland, wo er in den bedeutendsten 
Städten seine Werke vorführte und, wenn auch oft 
heftigen Widerspruch, jedenfalls überall lebhaftes 
Interesse weckte. Vergeblich erhoffte er eine An- 
stellung als Kompositionslehrer am Pariser Con- 
servatoire; nur zum Konservator der Bibliothek 
wurde er 1839 ernannt (1852 Bibliothekar) und 
blieb in dieser Stellung bis zu seinem Tode. B., der, 
von Gluck und Weber beeinflußt, seinen Ausgang 
von Beethovens Symphonien nahm - unter den 
Dichtem galt seine Verehrung Vergil und Shake- 
speare ist bei Lebzeiten in Paris nicht durch- 
edrungen; erst Jahrzehnte nach seinem Tod fan- 
en seine Bestrebungen auch in Frankreich wach- 
senden Anhang. Er ist einer der großen Weg- 
bereiter und Vertreter der neuromantischen Mu- 
sik, einer der originellsten Musiker aller Zeiten und 
ein Anreger höchsten Ranges, wenn es ihm selber 
auch nicht gelungen ist, den Widerspruch zu über- 
winden, der zwischen seinem »Programm« und 
der festgehaltenen Symphonieform besteht. Er hat 

S ackende symphonische Einzelbilder geschaffen, 
ie er durch seine -> »id 6e fixe« allerdings geist- 
reich verbindet. Eine seiner größten Neuerungen 
ist die bewußte Ausnutzung der Klangfarben der 
Orchesterinstrumente für die Charakteristik des 
Ausdrucks in seinen eigenen Kompositionen und 
in seinem Traiti d f Instrumentation et (Torchestration 


modernes (Paris 1844; revidierte und erweiterte Aus- 
gabe mit einem Anhang Hart du chef d 1 orchestre und 
Les nouveaux instruments , Paris 1856). Außer den 
schon genannten Kompositionen B.’ sind noch be- 
sonders hervorzuheben : die imposante und mit den 
monströsesten Mitteln arbeitende Grande messe des 
morts (»Requiem« für die Beisetzung des Generals 
Damrdmont im Invalidendom, 1837), Harold en 
Italic (Symphonie mit konzertierender Va, ur- 
sprünglich für Paganini bestimmt, 1834), Romio 
etjuliette (Symphonie mit Soli und Chören, 1839), 
das dreichörige Te Deum mit Orch. und Org., 
eines seiner schönsten, ausgeglichensten, harmo- 
nichsten Werke; die Opern Benvenuto Cellini 
(Paris 1838), Biatrice et Bdnidict (Baden-Baden 
1862), Les Troyens (1856-59; auf geteilt in La prise 
de Troie , Paris 1899, und Les Troyens ä Carthage , 
Paris 1863), die dramatische Legende La Damnation 
de Faust (Paris 1846); in den romanischen Ländern 
auch als Oper aufgeführt); die biblische Trilogie 
Venfance du Christ , 1 : Le songe d'Hirode, 2: La fitite 
en Egvpte , 3: Varrivie ä Sals (1854); die große 
Symphonie fitnkbre et triomphale (zur Einweihung 
der Siegessäule 1840) für großes Blasorch. und 
Chor (Streichorch. ad libitum später geschrie- 
ben) ; Le cinq mai zur Feier von Napoleons Todes- 
tag für B., Chöre und Orch. (1830-32) ; Le camaval 
romain (1844, Ouvertüre über Themen aus Ben- 
venuto Cellini). Weitere Werke: Orch.-Ouvertüre 
Le Corsaire (1845), Riverie et Caprice für V. und 
Orch. (1839); Chorwerke: Meditation religieuse 
(1831), Coro dei maggi (1832), Sara la baigneuse 
(1834), Hymne ä la France (1844), Chant des chemins 
de fer (1846), Limpiriale (1855); Werke für Sing- 
stimme und Orch. (mit Ausnahme der beiden 
ersten Werke ursprünglich für Singstimme und 
Kl.): eine Szene Herminie (1828), La mort de 
Cleopdtre (1829), La belle voyageuse (1834), La 
captive (1834), Les nuits cliti (6 Gesänge, 1843-56), 
Zalde (1850), La mort d'Ophilie (1850); Klavier- 
lieder, darunter Irlande (5 Gesänge, 1829/30), Les 
champs (1834, umgearbeitet 1850), Premiers trans- 
ports (1838), Le matin (1850) und Petit oiseau (1850). 
Literarische Werke: Voyage musical en Allemagne et 
en Italie , - Etudes sur Beethoven , Gluck et Weber, - 
Mäanges et nouvelles (2 Bände, Paris 1844); Les 
soiries de l 9 orchestre (Paris 1853, 2 1854); Les gro- 
tesques de la musique (Paris 1859); A travers chants 
(Paris 1862); Mhnoires (2 Bände, Paris 1870, 
21878). 

Ausg. : GA »H. B/ Werke«, 9 Serien mit 20 Bänden 
hrsg. von Ch. Malherbb und F. Weingartner, Lpz. 
1900 ff.; die wichtigeren Orchesterwerke sind in 
Eulenbur gs »Kleine Partitur-Ausgabe« aufgenom- 
men. - »Trait6 d’instrumentation«, deutsche Ausg. als 
»Die Kunst der Instrumentierung«, hrsg. von J. A. 
Leibrock, Lpz. 1843 (ein Jahr vor der frz. Ausgabe); 
weitere deutsche Ausgaben von J. C. Grünbaum, Bin 
1845, - A. Dörffel, Lpz. 1864; Bearbeitung von F. 
Weingartner und deutsche Übers, von D. Schultz, 
Lpz. 1904; Bearb. von R.Strauss, Lpz. 1905; ein 
Supplement von Ch. M. Widor, »La technique de 
l’orchestre moderne«, in deutscher Übers, hrsg. von 
H. Riemann, Die Technik des modernen Orchesters, 
Lpz. 1905. - Englische Übersetzungen: M. Cowdbn 
Clarke, Treatise on Modem Instrumentation, Lon- 
don 1858 ; Übers, der Strauss’schen Bearb. von Th. 
Front, Treatise on Instrumentation, NY 1948; - 
spanische Übers, von O. Cambs y Soler, Tratado de 
instrumentaeiön y orquestaeiön. 


150 



Bemabei 


Lit.: C. Hopkinson, A Bibliogr. of the Mus* and 
Literary Works of H. B., Edinburgh 1951; die »Ge- 
sammelten Schriften« in deutscher Übers., hrsg. von 
R. Pohl, Lpz. 1864; neue deutsche GA der Schriften 
in 10 Bänden, Lpz. 1903 ff. (deutsche Übersetzungen 
von E. Ell&s, G. Saviö und D. Schultz); deutsche 
Übers, der Memoiren von H. Scholz, München 1914; 
engl Übers.: Memoirs, from 1803 to 1865, hrsg. von 
R. und E. Holmes, NY 1932; tschechische Übers.: 
Pamfcti, hrsg. von J. Peppichovä, Prag 1955. - Briefe: 
Correspondance inddite d’H. B. (1819—68), mit biogr. 
Notizen hrsg. von D. Bernard, Paris 1878; Lettres 
intimes, hrsg. von Ch. Gounod, Paris 1882; Lettres 
inddites k Thomas Gounet, Grenoble 1903 ; Une page 
d’amour romantique: Lettres inödites k Mme. Estelle 
F., Paris 1903; Briefe von H. B. an die Fürstin Caro- 
line Sayn-Wittgenstein, hrsg. von La Mara, Lpz. 
1903; Les annfes romantique (1819-42), Le musiden 
errant (1842-52) und Au müieu du chemin (1852-55), 
3 Bde, hrsg. von J. Tiersot, Paris 1904-30; New Let- 
tern of B., 1830-68, mit engL Übers, hrsg. von J. 
Barzun, NY 1954. 

Ch. Malherbe, Une autobiographie de B., RMI XIH, 
1906; H. B., Aus den Erinnerungen von E. Legouv6, 
übersetzt von S. Bräutigam, Lpz. 1898; G. A. Os- 
borne, B., Proc. Mus. Ass. V, 1879; E. Hippeau, B., 
Phomme et l’artiste, 3 Bde, Paris 1883-85 ; A. Julldsn, 
H. B., sa vie et ses Oeuvres, Paris 1888 ; L. Pohl, H. B.' 
Leben u. Werke, Lpz. 1900; J. G. Prod’homme, H. B. : 
sa vie et ses ceuvres, Paris 1904, deutsch v. L. Franken- 
stein, Lpz. 1906; A. Boschot, L’Histoire d’un Ro- 
mantique, 3 Bde, Paris, 1: La jeunesse d’un roman- 
tique (1803-31), 1906, H: Un romantique sous Louis- 
Philippe (1831-42), 1908, III: Le crdpuscule d’un 
romantique (1842r-69), 1912; die 3 Bde auch in Neu- 
aufL 1948/49; ders., Une vie romantique: H. B., 
Paris 1920, Edit definitive: Paris 1951, deutsche 
Übers, von F. Bondi, Zürich u. Lpz. 1932; ders., 
H. B., Paris 1939; R. Rolland, B., in: Musidens 
d’aujourd’hui, Paris 1908; A. Coquard, B., in: 
Les musidens c61&bres, Paris 1909; J. Kapp, B., Bin 
1917; P.-M. Masson, B., in: Les maStres de la musi- 
que, Paris 1923; L. Constanun, B., Paris 1934; W. J. 
Turner, B., the Man and his Work, London 1934; 
T. S. Wotton, H. B., London 1935; J. H. Elliot, B., 
in: Master Musidans, London u. NY 1938; E. 
Lockspeiser, B., London 1938; P. G. Mouthier, H. 
B., Brüssel 1944; H. Kühner, H. B., Olten u. Frei- 
burg i. Br. 1952; G. Favrb, B., Paris 1954; H. Bar- 
raud, H. B., Paris 1956; M. Brenet, Deux pages de 
la vie de B., Paris 1889; G. Alux, Sur les 616ments 
dont s’est formte la personnalitö artistique de B., 
Grenoble 1903; X Barzun, The Mind of the Young 
B., MQ XXXV, 1949; W. R. Griepenkerl, Ritter B. 
in Braunschweig, Braunschweig 1843; W. A. Ganz, 
B. in London, Biography and Unpublished Letters, 
London 1950; W. Kipp, H. B. in Stuttgart, Antares I, 
1953; G. de Massougnes, B., son ceuvre, Paris 1870; 
A. Ernst, L’oeuvre dramatique de H. B., Paris 1884; 
Fr. Liszt, B. und seine »Harold-Symphonie«, 1855, 
in: Gesammelte Schriften IV, Lpz. 1882; J. G. 
Prod’homme, Le cyde B.: I, La Damnation de Faust, 
Paris 1896, II, L’Enfance du Christ, Paris 1898; A. 
Boschot, Le Faust de B.. Paris 1910; T. Mantovani, 
La damnazione di Faust d’Ettore B., Mailand 1923; 
J. Tiersot, La Damnation de Faust, Paris 1924; G. 
Ferchault, Faust, une legende et ses musidens, 
Paris 1948; T. S. Wotton, B., Four Works, in den 
»Musical Pilgrim Series«, Oxford 1929; ders.. An 
Unknown Score of B., MR IV, 1943 ; H. Bartenstein, 
H. B.’ Instrumentationskunst u. ihre geschichtlichen 
Grundlagen, « Slg mw. Abh.en XXVIII, Straßburg 
1939. auch Bühl-Baden 1939; E. Bernoulu, H. B. als 
Ästhetiker der Klangfarben, Zürich 1909; P. Moril- 
lot, B. 6crivain, Grenoble 1903; W. Wright Ro- 
berts, B. the Critic, ML VH, 1926; I. Grbmper, Das 
Musikschrifttum von H. B., Diss. Göttingen 1950, 


maschr.; R. Schumann, Gesammelte Schriften über 
Musik u. Musiker, Lpz. 1888; R. Wagner, Ein Brief 
an H. B. (1860), in: R. Wagner, Sämtliche Schriften u. 
Dichtungen, Volks- Ausg., VII, 6. AufL, Lpz. o. J.; 
ders., a. a. O., XII, 6. AufL, Lpz* o. X, S. 87 ff.; C. 
Saint-SaEns, Portraits et Souvenirs, Paris 1900; G. 
Noufflard, H. B. et le mouvement de l’art contem- 
porain, Paris 1885 ; E. Hippeau, B. et son temps, Paris 
1891; X Tiersot, H. B. et la soci6t6 de son temps, 
Paris 1904; G. db PourtalEs, B. et l'Europe roman- 
tique, Paris 1939; Fr. Farga, Der späte Ruhm, H. B. 
und seine Zeit, Zürich u. Lpz. 1939 ; X Barzun, B. and 
the Romantic Century, 2 Bde, Boston 1950, auch Lon- 
don 1951 ; R. Pohl, H. B., Studien u. Erinnerungen, 
Lpz. 1884; E. Newman, Musical Studies, B., Romantic 
and Classic, London 1905; X Kapp, Das Dreigestim: 
B., Liszt, Wagner, Bin 1919; F. Noske, La mölodie 
frangaise de B. k Duparc, Paris u. Amsterdam 1954. 

Berm^do, Juan, * um 1510 zu £dja (Andalu- 
sien); spanischer Minorit, Verfasser theoretischer 
Werke, stand um 1550 im Dienste des Erzbischofs 
von Andalusien, wo er mit Morales in Verbindung 
war. Er schrieb DeclaraciSn de instrumentos (Ossuna 
1549), Arte Tripharia (Ossuna 1550), DeclaraciSn de 
instrumentos musicales (Ossuna 1555, nur 5 von 7 
Büchern veröffentlicht). Auch Orgelstücke von B. 
sind erhalten. 

Ausg.: Declaraciön de instrumentos musicales (1555) 
im Faks.-Nachdruck hrsg. v. M. S. Kästner, = 
Documenta Musicologica 1, 11, Kassel u. Basel 1957; 
13 Orgelstücke hrsg. v. F. Pedrell in Salterio Sacro- 
Hispano, Barcelona (1883?). 

Lit: O. Kinkeldey, Orgel u. KL, Lpz. 1910; H. 
Angläs u. X Subirä, Catälogo Musical de la BibL 
Nac. de Madrid, U, Barcelona 1949. 

Bernabei (bemab's:!), Ercole, * um 1620 zu 
Caprarola (Kirchenstaat), begraben 6. 12. 1687 zu 
München; italienischer Komponist, Schüler von 
Benevoli, 1653-65 Organist an San Luigi de* 
Francesi, von Juli 1665 bis März 1667 Kapdlmei- 
ster am Lateran, dann wieder an der Kirche San 
Luigi de’ Francesi, 1672 Nachfolger Benevolis an 
der Peterskirche, 1674 Nachfolger Kerlls als Hof- 
kapellmeister und kurfürstlicher Rat in München. 
B. gehört als Kirchen- wie als Kantaten-Kompo- 
nist der Römischen Schule an; er steht Carissuni 
nahe. Außer 5 in München aufgeführten Opern 
(erhalten sind nur 2 Textbücher) schrieb er haupt- 
sächlich Kirchenwerke: Messen, Motetten, Psal- 
men, Hymnen, Te Deum zu 4-8 St., auch viele 
Kammerkantaten; doch ist davon nur wenig 
handschriftlich erhalten. Gedruckt wurden nur 
Motetten für 5 Singstimmen, 2 V. und B. ( Sacrae 
modulationes 1691) und 3st Madrigale (< Concerto 
madrigalesco 1669). 

Ausg.: ein Satz (4st) in: Musica Sacra XVI, hrsg. v. 
R. v. Hertzberg, Bin u. Posen. 

Lit: R. Casimdu, E. B. maestro della Cappella musi- 
cale al Laterano, Rom 1920; R. De Rensis, E. B., in: 
Musica d’oggi 1920. 

Bemabei (bsmab^:^» Giuseppe Antonio, 

* 1649 zu Rom, f 9. 3. 1732 zu München; ita- 
lienischer Komponist, Sohn von Ercole B., 1677 
Vizekapellmeister, 1688 als Nachfolger seines Va- 
ters bayrischer Hof kapellmeister, schrieb 15 Opern, 
von denen die Partituren größtenteils erhalten 
sind, auch gediegene und für ihre Zeit etwas alt- 
modische Messen, Magniticat, Motetten, Hymnen 


151 



Bemac 


und andere Kirchenmusikwerke. Gedruckt wurde 
nur Sex Missarum brevium, cum una pro defunctis. 
Über I (Augsburg 1710). 

Ausg.: 16 Falsibordoni zu 4 St, hrsg. v. C. Proske, 
Musica Divina I, 3, Regensburg 1859; Missa in D 
dur, Missa in G dur u. Missa Veni Creator Spiritus, 
hrsg. v. H. Bäuerle, « Altklassische Kirchenmusik 
in moderner Notation V, Nr 1, 2, 3, Lpz. 1927. 

Lit : K. Förster, Über d. Leben u. d. kirchenmusika- 
lischen Werke d. G. A. B., Diss. München 1933. 

Bemac, Pierre, * 12. 1. 1899 zu Paris; franzö- 
sischer Sänger (Bariton), lebt in Paris. Erst spät trat 
er als Sänger hervor und widmete sich ganz dem 
Liedgesang. 1933 schloß er sich mit Pomenc, der 
viele Lieder für ihn schrieb, zu künstlerischer Ge- 
meinschaft zusammen. Mit ihm als Begleiter un- 
ternahm er Konzertreisen in Europa uncT Amerika, 
beschränkte sich dabei jedoch nicht auf das fran- 
zösische Lied, sondern erarbeitete ein Repertoire, 
das auch deutsche, italienische und englische Ge- 
sänge enthielt. 

Bemacchi (bsm'akki), Antonio, * im Juni (ge- 
tauft 23.) 1685 und f im März 1756 zu Bologna; 
italienischer Sänger (Kastrat), Schüler von Pi- 
stocchi. 1701 zog ihn Kurfürst Johann Wilhelm 
von der Pfalz nach Düsseldorf, 1716/17 sang er in 
London, danach in Venedig, Mailand, Bologna, 
Turin, München und 1720-27 in Wien und wurde 
1729 von Händel als der Sänger, der damals den 
größten Ruf genoß, aufs neue für London enga- 
giert (an Steiß von Senesino). 1736 ging er nach 
Bologna zurück und gründete dort eine Gesang- 
schule. Einige kirchliche Kompositionen sind 
handschriftlich erhalten. 

Lit: L. Frati, A. B. e la sua scuola di canto, RMI 
XXIX, 1922; O. E. Deutsch, Handel, a Documen- 
tary Biography, London 1955. 

Berndl Jimdnez, Miguel, * 16. 2. 1910 zu Mo- 
rdia; mexikanischer Komponist studierte 1928-33 
am Pontifido Istituto di Musica Sacra in Rom, 
kehrte dann nach Mexiko zurück, wo er in seiner 
Vaterstadt seit 1936 die Escuela de Musica Sagrada 
leitete und 1939 die Gesellschaft »Amigos de la 
Mtisica« gründete. Er ist der Gründer und Direktor 
des Konservatoriums von Morelia. B. J. schrieb 
Orchester- und Chorwerke, die Ballette Navidad 
en Pdtzcuaro und Tingambato , Kirchenmusik, meh- 
rere Filmmusiken, Orgelstücke. Schriften: Morelia 
colonial (Mexico 1939); El Archive Musical del 
Co legio de Sta Rosa de Sta Maria de Valladolid (s. 
XVm), verfaßte auch die Einführung in die in 
Vorberatung befindliche Antologfa de müsica colo- 
nial 

Bernard (bem'arr), Emery, * zu Orleans; fran- 
zösischer Musiktheoretiker des 16. Jh., gab eine 
Gesangsmethode heraus: Brieve et facile mithock 
pour apprendre ä chanter en musique (Paris 1541). 
Nach Fdtis erschienen weitere Ausgaben dieses 
Werkes 1561 zu Orleans und 1570 zu Genf. 

Bernard (bem'a:r), Emile, * 28. 11. 1843 zu 
Marseille, f 11. 9. 1902 zu Paris; französischer 
Komponist und Organist, Schüler von Reber und 
Marmontel am Pariser Conservatoire, 1889 mit 
dem Preise Charder (für Kammermusik) ausge- 
zeichnet, geschätzter Komponist von Klammer- 
musikwerken: Violinsonatc, Cellosonate, Streich- 


quartett, Trio op. 30, Suite für Pianoforte und V., 
Divertissement für 10 Blasinstrumente; weiter 
sind zu nennen 2 Orgelsuiten, 2 Kantaten, ein 
Violinkonzert op. 29, mehrere Orchestersuiten 
sowie eine Phantasie op. 31 für Kl. und Orch. 

Bernard, Moritz -»■ Jürgenson, Pjotr Iwano- 
witsch. 

Bernard (bem'air), Robert, * 10. 10. 1900 zu 
Genf; französischer Komponist, kam nach Studien 
am Konservatorium und an der Universität Genf 
gegen 1925 nach Paris, wo er zunächst als frei- 
schaffender Komponist und Musikkritiker tätig 
war. 1929 wurde er Lehrer am Conservatoire 
International, 1937 an der Schola Cantorum, über- 
nahm 1938 die Leitung der »Revue Musicale«, 
leitet auch die Revue »La Vie Musicale ä Paris«. 
Er schrieb die Opern Elen (1918), Le Chevalier au 
Barizel (1919) und Polyphkme (1922); Esquisses 
symphoniques, Prilude pour une tragidie, Triptyque, 
Les bergers d'Arcadie und andere Orchesterwerke, 
3 Klavierkonzerte (1934, 1945, 1955), Divertisse- 
ment für, V. und Orch. (1929), 2 Quintette (1934, 
1952), ein Streichquartett (1956) und Sirinade für 
Streichquartett (1932), Saxophonquartett, ein 
Streich- (1931), ein Klavier- (1927) und ein Bläser- 
trio (1943), 2 Violinsonaten (1927, 1936), eine 
Bratschen- (1933) und eine Cellosonate (1928), 
kleinere Stücke für verschiedene Instrumente mit 
Klavierbegleitung, Klavierstücke sowie zahlreiche 
Lieder. Schriften: Cäsar Franck et son icole\ La mu- 
sique et le peuple; Voriginaliti en musique ; Les 
caractiristiques de la musique fiangaise ; Les teitdences 
de la musique fiangaise moderne . 

Bem?r di, Bartolommeo, * um 1660 zu Bo- 
logna, t im Mai 1732 zu Kopenhagen; italienischer 
Komponist und Violinist, stand mindestens von 
1702 an bis zu seinem Tode im Dienste des däni- 
schen Königs; wird zwar von Scheibe (Crit. Mu- 
sicus S. 750) sehr absprechend beurteilt, galt aber 
zu seiner Zeit als vortrefflicher Komponist. 1703 
wurden in Kopenhagen seine kleineren Opern II 
Gige fortunato und Diana e la Fortuna , im selben 
Jam: m Prag Libussa aufgeführt. Als op. 1 und 2 
erschienen 12 und 10 Trxosonaten (Bologna 1692 
und 1696), als op. 3 Sonate a violino solo (Amster- 
dam). Der Großteil seiner handschriftlich über- 
lieferten Werke ging bei dem großen Brand in 
Kopenhagen 1745 verloren. 

Bernardi, Francesco (nach seiner Herkunft Se- 
nesino genannt), * um 1680 und t um 1750 zu 
Siena; italienischer Sänger (Mezzosopran, Kastrat), 
Schüler von Bemacchi in Bologna, sang 1719 in 
Dresden, 1721-29 und wieder 1731-33 an Handels 
Londoner Oper, ging dann zu dem neu eröfineten 
Konkurrenzuntemehmen über, zog sich aber be- 
reits 1736 nach Siena zurück. 

Lit. : O. E. Deutsch, Handel, a Documentary Biogr. 
London 1955. 

Bernardi, Gian Giuseppe, * 15. 9. 1865 zu Ve- 
nedig; italienischer Komponist und Musiktheore- 
tiker, Schüler des Liceo Musicale Benedetto Mar- 
cello in Venedig, wurde Kontrapunktlehrer an 
derselben Anstalt und übernahm zugleich die Vor- 
träge über Geschichte und Ästhetik der Musik (bis 
1925). Er gründete die Accademia Nazionale di 


152 



Bemeker 


müsica antica, verfaßte für die S ammlu ng Hoepli 
Handbücher der Harmonielehre und des Kontra- 
punkts; auch erschienen viele seiner Vorträge im 
Druck. Als Komponist machte er sich bekannt mit 
Klavier- und Violinstücken, Liedern, einer Kinder- 
komödie U vecchio e la morte und einer Caedlien- 
Kantate für Frauenchor, Streicher, Orgel und 
Harfen. 

Bem^rdi, Steffano, * um 1580 zu Verona, 
t wahrscheinlich 1637 (zu Salzburg?) ; italienischer 
Komponist, war 1610 Kapellmeister an der Kirche 
Madonna dei Mond in Rom, 1611-22 Dom- 
kapellmeister und Mitglied der Accademia Filar- 
monica in Verona, danach 2 Jahre im Dienste 
des Bischofs von Breslau, ab 1627 Domkapell- 
meister in Salzburg. Er gab heraus 2 Bücher 8st. 
Messen (1616, 1638), 4-5st. Messen (1615), 2-5 
und 4st. Motetten (1610, 1613), 8st. Psalmen mit 
B.c. (1624), 4st. Psalmen (1613), Salmi concertati a 5 
voci (1637), Encomia sacra 2-6st. (1634), mehrere 
Madrigalsammlungen zu 3, 5 und 6 St., Madriga- 
letti con a 2 et a 3 alcune Sonate a 3 (1621, 1627). 
Auch als Instrumentalkomponist nimm t B. eine 
bedeutsame Stellung ein. Zahlreiche Kirchen- 
musikwerke sind im Manuskript überliefert. 

Ausg.: St. B., Kirchenwerke, bearb. v. K. A. Rosen- 
thal in DTÖ XXXVI, 1, enthaltend: 2 Messen 
(4st.), 6st. Requiem, 8st. »Dies irae«, 3 Offertorien 
(8st.), 3 Magnificat (4-, 5- und 6st.) ; Messe II bianco e 
dolce cigno, hrsg. v. J. Messner in: Alte Salzburger 
Meister X. 

Lit : H. Spiess, St. B., in: Salzburger Chronik XXXV, 
1899; K. A. Rosenthal, St B.s Kirchenwerke, 
StMw XV, 1928; ders.. Zur Stilistik der Salzburger 
Kirchenmusik des 17. Jh., in Kgr.-Ber. d. Beethoven- 
Zentenarfeier, Wien 1927; F. Posch, St B.s weltliche 
Vokal- u. Instrumental-Werke, Diss. München, Salz- 
burg 1935; C. Schneider, Gesch. der Musik in Salz- 
burg, Salzburg 1935. 

Bernart de Ventadom, * zwischen 1120 und 
1130 auf Schloß Ventadom, f 1195; provenza- 
lischer Troubadour, von dem etwa 45 Liedertexte 
und etwa 19 Melodien bekannt sind. B. war einer 
der bedeutendsten Canzonendichter der Trouba- 
dourlyrik. 1153-55 wirkte er am Hofe Eleonores 
von Aquitanien und Heinrichs II. von England 
(von Bedeutung für die ersten Trouv&res in Nord- 
frankreich). Später stand er im Dienste Rainions V. 
von Toulouse und trat zuletzt in ein Kloster ein. 
Seine Lieder, besonders das sogenannte »Lerchen- 
lied« Quan vei Valauzeta mover (P-C 70,43), waren 
im Mittelalter weit verbreitet. Für den Minnesang 
läßt sich die Übernahme von Melodien durch 
Dietmar von Aist, Rudolf von Fems-Neuenburg 
und Friedrich von Hausen nachweisen. 

Ausg. u. Lit.: C. Appel, B. v. V., Seine Lieder, Halle 
1915, darin d. Melodien d. Mss. G u. Rin Faks.; 
ders., B. v. V. Die singweisen = Beihefte zur ZRPh 
LXXXI, Halle 1934, darin als Ergänzung zur Ausg. 
v. 1915 d. Melodien d. Ms. W in Faks.; U. Sesini, 
Le melodie trobadoriche nel canzoniere provenzale 
della Bibi, ambrosiana R. 71 sup., in: Studi Medie- 
vali, nuova Serie XH-XV, 1939-42, separat Turin 
1942, darin Faks. u. Übertragung d. Melodien aus 
d. Ms. G; Fr. Gennrich, Der mus. Nachlaß d. 
Troubadours, = Summa Musicae Medü Aevi III, 
Darmstadt 1958, darin 19 Melodien; ders., Grund- 
riß einer Formenlehre d. ma. Liedes, Halle 1932, 
darin d. Melodien zu P-C 70,12 »Be m'an perdut lai 


enves Ventadom«, u. P-C 70,43, beide nach Ms. G; 
ders., Sieben Melodien..., ZfMw VII, 1924/25, 
darin d. Melodie zu P-C 70,43 nach d. Mss. G, R u 
W mit d. anon. nordfranzösischen Contrafactum 
R 1934 »Plaine d’ire et de desconfort«, nach Ms. U 
u. d. Melodie zu P-C 70, »Pois pregatz me, senhor« 
nach d. Mss. GuR mit d. Contrafactum v. Fried- 
rich von Hausen MF 48, 32 ff. »Deich von der guoten 
schiet«; ders., Artikel B. v. V., MGG, darin d. Melo- 
die zu P-C 70,43 in Faks. u. Übertragung nach Ms. 
W ; ders., Troubadours, Trouvfcres, Minne- u. Meister- 
gesang, « Das Musikwerk, Köln (1951), darin d. 
Melodie zu P-C 70, 12 nach Ms. R; E. Lommatzsch, 
Leben u. Lieder d. provenzalischen Troubadours I, 
Bin 1957, mit einem mus. Anhang v. Fr. Gennrich, 
darin d. Melodien zu P-C 70, 12, P-C 70,31 »Non es 
meravillia s*eu chan«, P-C 70,39 »Quan Perba frescVl 
foilla par«, P-C 70,43, P-C 70,44 »Tant ai mon cor 
ple de joja«; H. Angläs, La müsica a Catalunya fins 
al segle XIII, » Bibi, de Catalunya, Publicacions del 
departament de müsica X, Barcelona 1935, darin 2 
Melodien; Th. Gärold, Hist de la musique des 
origines ä la fin du XIV® s., Paris 1936, darin d. Me- 
lodie zu P-C 70,23 »La doussa votz ai auzida«nach 
Ms. X, zu P-C 70,23 »Lanquan foillon bosc e garric« 
nach Ms. W; Fr. Ludwig in Adler Hdb., darin d. 
Melodie zu P-C 70,25 »Lanquan vei la foilla«; H. 
Besseler, Die Musik d. MA u. d. Renaissance, Pots- 
dam (1931), darin d. Melodie zu P-C 70,43 mit 
d. mhd. Umdichtung v. Dietmar v. Aist; Davison- 
Apel Anth. I, 18b, Übertragung d. Melodie zu P-C 
70, 12 nach C. Appel, B. v. V., Die singweisen . . . - 
N. Zingarelli, Ricerche sulla vita e le rime di B. de 
V., in: Studi Medievali I, 1904/05 (teilweise über- 
holt); K. Vossler, Der Minnesang d. B. v. V., SB 
München 1918, 2. Abh.; Fr. Gennrich, Grundsätz- 
liches zu d. Troubadour- u. Trouvire- Weisen, ZRPh 
LVH, 1937. 4 

BemascQni, - 1) Andrea, * 1706 zu Marseille, 
begraben 29. 1. 1784 zu München; italienischer 
Komponist, wuchs in Parma auf, lebte dann in 
Mailand, Verona, ist 1746/47 in Venedig nach- 
weisbar und wurde 1753 Vizekapellmeister, 1755 
Hofkapellmeister am Münchner Hofe. Er schrieb 
für Wien, Venedig, Turin und München 25 Opern, 
kleinere Bühnenwerke, ein Oratorium sowie eine 
Menge Messen, Requiem, Motetten, Psalmen und 
Magnificat, auch Symphonien; der größte Teil ist 
handschriftlich in der Staatsbibliothek München 
erhalten. - 2) Antonia, * 1741 zu Stuttgart, 
t 1803; Stieftochter von Andrea B., italienische 
Sängerin, sang die Titelrolle in der Uraufführung 
von Glucks Alceste (Wien 1767) und der deutschen 
Fassung seiner Iphigenie in Tauris (Wien 1781). 
1770 sang sie in Mailand als erste die Aspasia in 
Mozarts Mitridate. 

Lit: M. Zenger, Gesch. d. Münchener Oper, Mün- 
chen 1923; E.J. Weiss, A. B. als Opemkomponist, 
Diss. München 1923, maschr. 

Bemeker, Konstanz, * 31.10.1844 zu Dar- 
kehmen (Ostpreußen), f 9. 6. 1906 zu Königsberg; 
deutscher Chorkomponist, studierte in Berlin, 
wurde 1872 Dirigent der Singakademie in Königs- 
berg, später auch Domorgamst und Kompositions- 
lehrer am Konservatorium, 1886 Nachfolger Louis 
Köhlers als Musikreferent der Hartungschen Zei- 
tung, 1895 Lektor an der Universität. 1885 erhielt 
er den Titel Königlicher Musikdirektor. Er schrieb 
die großen Chorwerke Siegesfest (Schiller; 1871), 
Das hohe Lied (1875), ein Oratorium Judith (1877); 
Psalmen, Motetten, Chorlieder und Lieder. 


153 



Berner 


Lit: K. Burdach, Zur Gesch. u Ästhetik d. mo- 
dernen Musik, Deutsche Revue 1907, neugedruckt 
in dessen Ges. Schriften II, Halle 1926; D. Laudien, 
K. B., Bin 1909. 

Berner, Alfred, * 10. 4. 1910 zu Heinrichswalde 
(Ostpreußen); deutscher Musikforscher, studierte 
1928-30 an der Universität in Berlin, war 1931-33 
zum Studium der arabischen Musiktheorie und 
-praxis am Institut für arabische Musik in Kairo 
und promovierte nach seiner Rückkehr 1935 in 
Berlin. B. war 1935-37 mit wechselnden Auf- 
gaben als wissenschaftliche Hilfskraft, danach frei- 
beruflich tätig, wurde nach Beendigung des Krie- 
ges Hauptreferent und Leiter des Amtes Musik in 
der Abteilung für Volksbildung des Magistrats von 
Groß-Berlin (bis 1948), hatte daneben 1947/48 
einen Lehrauftrag an der Humboldt-Universität 
Berlin und übernahm anschließend die Leitung der 
Musikimtrumenten-Sammlung Berlin, um deren 
Neuaufbau er sich große Verdienste erwarb. Ver- 
öfFentlichungen: Studien zur arabischen Musik auf 
Grund der gegenwärtigen Theorie und Praxis in 
Ägypten (=» Schriftenreihe des Staatlichen Instituts 
für Deutsche Musikforschung II, Leipzig 1937), 
Zum Klavierbau im 17. und 18. Jh. (in Kgr.-Ber. 
Lüneburg 1950, Kassel und Basel o. J.), Die Ber- 
liner Musikinstrumenten^Sammlung (Berlin 1952), 
Die Instrumentenkunde in Wissenschaft und Praxis 
(in: Kgr.-Ber. Bamberg 1953, Kassel und Basel 
1954). 

Berner, Friedrich Wilhelm, * 16. 5. 1780 und 
1 9. 5. 1827 zu Breslau; deutscher Kirchenmusiker, 
Nachfolger seines Vaters Joh. Georg B. als Orga- 
nist an St. Elisabeth, daneben Musiklehrer am Se- 
minar und später Direktor des Königlichen Akade- 
mischen Instituts für Kirchenmusik, war ein ge- 
schätzter Organist (Lehrer von Emst Köhler und 
Ad. Hesse, befreundet mit C. M. von Weber) und 
Komponist vorwiegend von Kirchenmusikwer- 
ken. Er schrieb Grundregeln des Gesanges (1815), 
Theorie der ChoraUZwischenspiele (1819), Lehre von 
der musikalischen Interpunktion (1821). 

Lit: J. G. Hientsch, F.W. B., Breslau 1829; W. 
Eschenbach, F. W. B., Ohlau 1935. 

Berners (b'oemas), Lord (Gerald Hugh Tyr- 
whitt-Wilson), * 18.9.1883 zu Arley Park 
(Bridgnorth), 1 19. 4. 1950 zu London; englischer 
Komponist, stand 1909-20 im diplomatischen 
Dienst, war in der Musik hauptsächlich Auto- 
didakt, studierte eine Zeitlang Instrumentation bei 
Strawinsky und Casella. Seine Schreibweise ist 
manchmal sehr verwickelt, manchmal von ver- 
wegener Simplizität, stets auf humorvolle und 
ironische Wirkungen zielend. Er schrieb: Lieder- 
Album (3 Gedichte von Heine, 1913), Le Poisson 
d 9 or für KL (1914), Trois Petites Marches Junkbres 
für Kl. (1914), 3 Fragments psychologiques für KL 
(1915), Trois Morceaux für Orch. (1916), 3 Valses 
bourgeoises für KL 4händig (1917), Fantaisie 
espagnole für Orch. (1919), Trois Chansons (Texte 
von Tean-Aubry, 1920), englische Lieder (1920 und 
1922), Oper Le Carrosse du Saint Sacrement (nach 
Mdnmde; 1923, überarbeitet 1926); Ballette: The 
Triumph ofNeptune (1926), Luna Park (1930), The 
Wedding Bouquet (1936), Cupid and Psyche (1938), 
Les Sirrnes (1946). Lord B. war auch als Maler tätig 
und veranstaltete 1931 und 1936 Ausstellungen 


seiner Büder in London; außerdem schrieb er 
Novellen und 2 Bände Erinnerungen First Child - 
hood (London 1934), A Distant Prospect (London 
1945). 

Bernet Kempers, Karel Philippus, * 20. 9. 
1897 zu Nijkerk (Gelderland); niederländischer 
Musikforscher, studierte nach seiner musikalischen 
Ausbüdung Musikwissenschaft an der Universität 
in München (Sandberger) und promovierte 1926 
mit einer Arbeit über Jacobus Clemens non Papa und 
seine Motetten (Augsburg 1928). Er war 1929-49 
Lehrer für Musikgeschichte am Konservatorium 
im Haag, 1934-53 auch Lehrer für Musikgeschichte 
am Amsterdamer Konservatorium, an der dortigen 
Universität seit 1938 Lektor für Musikwissensdiaft, 
wurde 1946 Extraordinarius und 1953 Ordinarius. 
Neben zahlreichen Artikeln in Zeitschriften und 
Programmerläuterungen für das Concertgebouw- 
Orchester schrieb er: Die Souterliedekens des Jacobus 
Clemens non Papa (TVer 1928), De Itäliaansche 
Opera van Peri tot Puccini (Paris-Amsterdam 1929), 
Die Zauberflöte und Carmen (Paris-Amsterdam 
1929), Leidmotieven , Herinneringsmotieven en Grond- 
thema 9 s (Paris-Amsterdam 1929), Muziekgeschie- 
denis (Rotterdam 1932, 51955 ), Muziek in den ban 
der letteren (Rotterdam 1935), Schubert (Amster- 
dam 1938), Muziekwetenschap in den loop der tijden 
(Rotterdam 1938), Meesters der Muziek (Rotter- 
dam 1939, 51955 ), Beknopte Geschiedenis van het 
Kerklied (mit G. van der Leeuw, Groningen- 
Batavia 1939, 2. Druck 1948), Het Muziekschrift 
(Amsterdam 1946), Panorama der Musik (Rotter- 
dam 1948), Willem Pijper 9 s Opera Halewijn (Rotter- 
dam 1950), eine vollständige Neubearbeitung von 
Leon C. Bouman’s Vreemae Woorden in de Muziek 
(Groningen 1956). B. K. gab u. a. 37 4st. Psalmen- 
bearbeitungen von L. Bourgeois heraus (Riis, 
Delft) und besorgt eine Gesamtausgabe der Werke 
von Clemens non Papa (seit 1950, American In- 
stitute of Musicology, Rom). 

Bemgör von Horheim, deutscher Minnesänger 
des 12. Jh., stammt aus Schwaben, hielt sich 1194 
bis 1196 in Italien auf. Seine Lieder stehen in der 
Nachfolge des Friedrich von Hausen. Erhalten 
sind 6 Lieder. MF 112 Nu enbeiz ich doch des trankes 
nie wurde von Gennrich als Kontrafaktum des 
Liedes R 1604 »D’Amours qui a tolu a moi« von 
Chrestien de Troyes, von dem die Melodie erhalten 
ist, erkannt. 

Ausg. u. Lit.: Nu enbeiz ich doch des trankes nie, 
hrsg. v. Fr. Gennrich in ZfMw VII, 1924/25, S. 95 
ff., u. in: Troubadours, Trouv&res, Minne- u. Meiser- 
gesang, » Das Musikwerk, Köln (1951). 

Bernhard von Clairvaux (klsr/o :), der heilige, 
* 1090 zu Fontaines (Burgund), f 20. 8. 1153 zu 
Clairvaux; Gründer des Zisterzienser-Ordens, trat 
1112 in das Kloster Citeaux ein und gründete 1115 
die Abtei Clairvaux. 1146 rief er König Louis VII. 
von Frankreich und den deutschen Kaiser Kon- 
rad m. zum zweiten Kreuzzug (1147-49) auf. Er 
schrieb über musikalische Fragen: Epistula seu 
drologus super antiphonarium oratnis Cisterdensium 
vndPraefatio seu tractatus de cantu et correctione anti- 
phonarii ordinis Cisterdensium . Wahrscheinlich nicht 
von ihm sind ein ihm zugeschriebenes Tonale und 
ein Tractatus cantandi graäuale . 


154 



Bemoulli 


Lit.: L. Janauschek O Cist., Bibliogr. Bemardina, 
Xenia Bemardina IV, Wien 1891. 

Ausg.: Die musikalischen Schriften in Patr. lat. 
CLXXXII, Sp. 1121 ff.; Tonale in GS II, S. 265 ff.; 
Epistula u. Praefatio, frz. Übers, in: L. Lambilotte 
SJ, Esth6tique, thäorie et pratique du chant grdgorien, 
Paris 1855 ; Epistula deutsch v. U. Kornmüller OSB, 
KmJb IV, 1889. 

Bernliard, Christoph, * 1627 zu Danzig, f 14. 
11. 1692 zu Dresden; deutscher Komponist, Schü- 
ler von Christoph Werner und Paul Siefert in 
Danzig und H. Schütz in Dresden, wo er 1649 
Kapellsanger und 1655 Vizekapellmeister wurde 
(der Kurfürst sandte ihn zweimal zu weiteren Stu- 
dien unter Carissimi nach Rom), war, durch In- 
trigen italienischer Hofsanger zeitweilig verdrängt, 
1664-74 Kantor an der Jacobikirche in Hamburg, 
dann aber wieder in Dresden als Musiklehrer der 
Prinzen und Vizekapellmeister, 1681 Kapellmei- 
ster, 1688 pensioniert. B. war einer der gediegen- 
sten deutschen Meister des 17. Jh. Gedruckt wur- 
den: Geistliche Harmonien (1665), ein Begrabnis- 
gesang für Joh. Bist (1667) und Prudentia Prüden- 
tiana (Trauermusik, 1669); die Mehrzahl seiner 
Kompositionen blieb Manuskript, ebenso seine 
theoretischen Schriften: Tractatus compositionis aug - 
mentatus, Ausßhrlicher Bericht vom Gebrauche der 
Con- und Dissonantien und Von der Singe-Kunst oder 
Manier . 

Ausg.: 5 Kompositionen in DDT VI; Messe Christ 
unser Herr zum Jordan kam, hrsg. v. R. Gerber, 
Chw. 16, 1932; Fürchtet euch nicht u. Jauchzet dem 
Herren alle Welt, hrsg. v. B. Grusnick, Kassel 1933 
u. 1934; Schriften »Von der Singe-Kunst oder Ma- 
nier«, »Tractatus compositionis augmentatus« und 
»Ausführlicher Bericht vom Gebrauche der Con- und 
Dissonantien«, hrsg. v. J. M. Müller-Blattau: Die 
Kompositionslehre Heinrich Schützens in der Fas- 
sung seines Schülers Chr. B., Lpz. 1926. 

Lit.: J. M. Müller-Blattau, s. o.; H. Rauschning, 
Gesch. d. Musik u. Musikpflege in Danzig, Danzig 
1931 ; H. Federhofer, Die Figurenlehre nach Chr. 
B. und die Dissonanzbehandlung in Werken von 
Heinrich Schütz, Kgr.-Ber. Bamberg 1953, Kassel u. 
Basel 1954. 

Bernier (bsmj'e:), Nicolas, * 28.6.1664 zu 
Mantes, + 5. 9. 1734 zu Paris; französischer Kom- 
ponist, Chorknabe in Mantes, später in Rom bei 
Caldara, wurde 1694 Kapellmeister in Chartres, 
1698 an St. Gennain TAuxerrois und 1704 Nach- 
folger M.-A. Charpentiers als Musikmeister der 
Ste. Chapelle in Paris und behielt diese Stelle bis 
1726; 1723 wurde er einer der vier Unterkapell- 
meister der Kapelle. Seine gedruckten Werke 
sind: 8 Bücher Kantaten zu 1-2 St. mit Continuo, 
zum Teil mit Ritomellen (1703-23; B., J.-B. 
Morin und Cterambault sind die ersten franzö- 
sischen Kantaten-Komponisten), 3 Bücher l-3st. 
Motetten mit Kl. (1703, 1713; das dritte erschien 
nach seinem Tode 1741), Chant des offices de difft- 
rents saints nouveaux, composis en plainchant (1724). 
Einzdgesänge von B. finden sich in den Ballard- 
schen Sammlungen der Airs sdrieux et ä boire. Meh- 
rere große Motetten und dramatische Divertisse- 
ments für die Feste in Sceaux blieben Manuskript. 
B. war der Helfer des Regenten Philipp II. von 
Orleans bei seinen Kompositionsliebhabereien 
(Motetten, Opern). 

lit. : M. Brenet, Les musiciens de la Sainte Chapelle, 
Paris 1910, 537 ff. 


Bernier (bsmj'e), Rend, * 10. 3. 1905 zu Saint- 
Gilles; belgischer Komponist, Schüler von P. Gil- 
son, war Lehrer am Konservatorium in Lüttich, 
danach an der Acaddmie de musique in Brüssel, ist 
gegenwärtig »Inspecteurt für den Musikunter- 
richt an den mittleren und Normalschulen. Werke: 
Bühnenmusiken; für Orch. Milopies et Rythmes, 
Le Tombeau devant VEscaut , Ode ä me Madone , 



und Harfe, Sonate für FL und Harfe, Sonatine für 
V. und Va; Chöre und zahlreiche Lieder. 

Berno von Reichenau, t 7« 6. 1048 im Kloster 
Reichenau; ab 1008 Abt dieses Klosters (daher 
Augiensis), wohin er aus dem Kloster Prüm kam. 
Er schrieb außer vielen nicht musikalischen Wer- 
ken: Musica seu Prologus in Tonarium ; Tonarius; De 
varia psalmorum atque cantuum modulatione und De 
consona tonorum diversitate. Zwei weitere Musik- 
traktate De instrumentis musicalibus und De mensura 
monochordi sind verschollen. 

Ausg. : die erhaltenen Traktate abgedruckt bei GS II 
sowie in Patr. lat CXLH, Sp. 1097-1158. 

Lit : W. Brambach, Das Tonsystem u. d. Tonarten d. 
christl. Abendlandes im MA, mit einer Wiederher- 
stellung d. Musiktheorie B.s, Lpz. 1881. 

Bemoulli (bem'oli), Schweizer Gelehrtenfamilie 
von niederländischer Abkunft, aus der auch mit 
akustischen Abhandlungen hervorgetreten sind: 
- 1) Johann, * 17.7A667 und f 1. 1. 1748 zu 
Basel, schrieb: Erfindungen von dem Schwingen der 
ausgestreckten Chorden (M&noires de PAcaddmie de 
Pdtersbourg 1732). - 2) Daniel, * 9. 2. 1700 zu 
Groningen, t 17. 3. 1781 zu Basel, Sohn von Jo- 
hann B. - 3) Jakob, * 17. 10. 1759 zu Basel, f 3. 7. 
1789 zu St. Petersburg, Neffe von Daniel B., 
schrieb: Essai thiorique sur les vibrations des plaques 
dlastiques (Mdmoires de l’Acad&nie de P6tersbourg 
1787; erschienen 1789). Ebenfalls gehört dieser 
Familie an: - 4) Eduard, * 6. 11. 1867 und f 18. 4. 
1927 zu Basel; Schweizer Musikforscher, promo- 
vierte 1896 in Leipzig mit der Arbeit Die Choral- 
notenschrift bei Hymnen und Sequenzen im späteren 
Mittelalter (Leipzig 1897), in der er Fragen der 
rhythmischen Interpretation der Gregorianik be- 
handelt; redigierte me Neuausgabe von H. Alberts 
Arien (Band 12/13 der DDT mit Vorwort von 
Kretzschmar) und gab mit G. Holz und Fr. Saran 
die Jenaer Liederhandschrift mit Übertragung in 
moderne Notenschrift heraus (Leipzig 1901). 1908 
habilitierte er sich an der Universität Zürich mit 
der Studie Aus Liederbüchern der Humanistenzeit 
(Leipzig 1910). 1921 wurde er zum Titularpro- 
fessor ernannt Er schrieb noch Oratorientexte Han- 
dels (Zürich 1905), H. Berlioz als Aesthetiker der 
Klangfarben (Zürich 1909). Außerdem gab er her- 
aus : Faksimile-Ausgabe von Attaingnants Tabula- 
turen von Tänzen und Chansons 1530 und 1531 
(4 Hefte) und ein Heft Kommentar (= Seltenhei- 
ten aus süddeutschen Bibliotheken QI, München 
1914), den Neudruck von M. Praetorius’ Syntagma 
musicum DI (Leipzig 1916) und die musikalischen 
Schriften L. Einers (in dessen Opera omnia IQ, 
1, Leipzig und Berlin 1926). Mit H. J. Moser berei- 
tete er die Neuausgabe des Liederbuchs von Amt 
von Aich vor, die 1930 in Kassel erschien. 

Lit: K. Nbf, in: SJbMw Q, 1927. 


155 



Bemsdorf 


Bernsdorf, Eduard, * 25. 3. 1825 zu Dessau, 
t 27. 6. 1901 zu Leipzig; deutscher Musikschrift- 
steiler, Schüler von Fr. Schneider in Dessau und 
A. B. Marx in Berlin, lebte als Musiklehrer und 
Kritiker (Signale für die musikalische Welt) in 
Leipzig; zu dem in Dresden 1854 erschienenen 
Band I von J. Schladebachs Neuem Universallexikon 
der Tonkunst gab er Band II (1856), HI (1861) und 
den Nachtrag (1865) heraus. 

Bernstein, Leonard, * 25. 8. 1918 zu Lawrence 
(Massachusetts); amerikanischer Komponist und 
Dirigent, lebt in New York. Nach dem Besuch der 
Boston Latin School studierte er an der Harvard 
University Komposition bei W. Piston und E. B. 
Hill, Klavier bei Hden Coates und H. Gebhard. 
1939 graduiert, bezog er bis 1941 noch das Curtis 
Institute of Music in Philadelphia, um unter R. 
Thompson in Orchestration und unter Fr. Reiner 
in Orchesterleitung zu arbeiten und wahrend der 
Sommermonate bei den Berkshire Festivals in 
Tanglewood unter Kusse witzky zu famulieren. 
1943/44 von A. Rodzinski als Hilfskapellmeister 
an das New York Philharmonie Symphony Or- 
chestra gerufen, wirkt er seitdem als ständiger Diri- 
gent des New York City Symphony Orchestra 
und des Tanglewood Festival Orchestra, auch als 
Gastdirigent in Nord- und Südamerika, in Europa 
und Israel. B. wurde 1951 von der Brandeis Uni- 
versity zum Musikprofessor ernannt. Unter den 
Komponisten seiner Generation gilt er nach Bild- 
und Schlagkraft seiner Musik als »typisch ameri- 
kanisch«. Sein Werkverzeichnis umfaßt bisher: 
Klarinettensonate (1942) ; Jeremiah , I. Symphonie, 
für Altsolo und Orch. (1942) ; Fancy Free , Ballett 
(1944); Ort the Toum , Musical (1944); Facsimile , 
Ballett (1946); Anniversaries, für Kl. (1948); La 
bonne cuisine (Klavierliederzyklus, 1948); The age 
of anciety , II. Symphonie, für Kl. und Orch. 
(1948/49); Peter Pan (Bühnenmusik, 1949); Brass 
Music (Auftragswerk der Juilliard Music Founda- 
tion, 1949) ; Trouble in Tahiti (Operneinakter, für 
die Studentenbühne der Brandeis University, 
1952) ; Wondetfid Toum (Broadway-Musical, 1953) ; 
Serenade für Solo-V. und Streicher mit Schlagwerk 
(1954); O« the Waterßont (Filmmusik, auch als 
Orchestersuite, 1954) ; Bühnenmusiken zu Bloom- 
gardens The Lark (1955/56) und Voltaires Candide 
(1956), Prelude , Fugue and Riffs für Jazz-Orch. 
(1956); UL Symphonie (zur 75-Jahrfeier des 
Boston Symphony Orchestra 1957). 

Bernstein, Nikolaj Dawydowitsch, * 7.8. 
1876 zu Mitau (Kurland); russischer Musikschrift- 
steller, gründete 1921 in Petrograd das Institut für 
musikalische Volksaufklärung, später Staatliches 
Musiktechnikum . Er schrieb Broschüren und Auf- 
sätze über Glinka, Tschaikowsky, A. Rubinstein 
und Rußlands Theater und Musik zur Zeit Peters 
des Großen. 

Berr, Friedrich, * 17. 4. 1794 zu Mannheim, 
t 24. 9. 1838 zu Paris; deutscher Klarinetten- und 
Fagottvirtuose, 1831 Klarinettenlehrer am Conser- 
vatoire in Paris, 1832 Soloklarinettist der König- 
lichen Kapelle, 1833 1. Klarinettist am Th&trc 
Italien, 1836 Direktor der neuen Militärmusik- 
schule. Er schrieb: Traiti complet de la clannette ä 
14 clefs (1836) und De la necessiti de reconstituer sur de 


nouvelles bases le gymnase de la musique militaire 
(1838). Er hinterließ zahlreiche Kompositionen für 
Militärmusik. 

Berr, Jo s6, * 29. 12. 1874 zu Regensburg, f 15. 4. 
1947 zu Zürich; deutscher Pianist und Komponist, 
war in München Schüler von Rheinberger, Thuille 
und B. KeUermann. Nach mehrjähriger Kapell- 
meistertätigkeit an den Theatern von Osnabrück, 
Regensburg, Gera und St. Gallen wurde er 1901 als 
Klavierlehrer an die Musikakademie nach Zürich 
berufen. Dort leitete er 1913-44 ein eigenes Kon- 
servatorium. Er schrieb virtuose Klavierstücke 
( Serenade op. 28, 3 Humoresken op. 46, Hommage 
ä Chopin op. 73, Sonatine Papilions op. 74) und 
effektvolle Mannerchöre: Osterlied op. 16, So einer 
war auch er (Arno Holz) op. 30, Ein Musikus wollt * 
ßöhlich sein op. 38, Tanzlied op. 62, einen Zyklus 
4st. Lieder mit Kl. auf Gedichte von G. Keller so- 
wie Orchesterwerke, eine Oper Der tote Gast 
(1923) und andere Bühnenwerke. 

Lit.: J. B., Verz. d. Kompositionen, (Wien) 1920. 

Herrsche, Alexander (eigentlich Lösch, ge- 
nannt B .), *3. 4. 1883 zu Kaiserslautern, f 14. 7. 1940 
zu München; deutscher Musikschriftsteller, stu- 
dierte ab 1902 Jura in München, war 1903-06 auch 
Theorie- und Klavierschüler von Reger. Ab 1907 
war er als Kritiker und Musikschriftsteller für Zei- 
tungen und Zeitschriften tätig, ab 1912 Konzert- 
kritiker der Münchener Zeitung. Von Anfang an 
trat er besonders für Pfitzner und Reger ein, auch 
als Kammermusikspieler und Liedbegleiter. Schrif- 
ten : Kurze Einführung in Pfitzners Der arme Heinrich 
(Leipzig 1912), Hans Pfitzner und die absolute Musik 
(Vorwort zum Werkkatalog Pfitzners, München 
1919), Trösterin Musica , gesammelte Aufsätze und 
Kritiken (herausgegeben von H. Rinn und H. 
Rupd, München 1942, 21949). 

Bertgdi, Antonio (Bertalay, Berthali, Bartali), 

* im März 1605 zu Verona, f 1. 4. 1669 zu Wien; 
italienischer Komponist, kam wahrscheinlich um 
1623 nach Wien, wo er 1637 als Hofmusikus nach- 
weisbar ist und 1649 Hofkapellmeister wurde. Er 
schrieb 33 Messen, 10 Requiem, zahlreiche Mo- 
tetten, Psalmen und Litaneien, Sonate da Chicsa, 
Sonate da Camera, geistliche und weltliche Kan- 
taten, Oratorien und Opern. Erhalten sind 27 In- 
troitus, einige Messen und Motetten, die Orato- 
rien Maria Maddalena (1663) und La strage degVin - 
nocenti (1665) sowie die Opern Theti (1652), La 
magia delusa (1660), II ciro crescente (1661) und eine 
»Operetta« mit dem Textanfang Pazzo amor 
(1664). 

Lit. : Chr. Laroche, A. B. als Opern- u. Oratorien- 
komp., Diss. Wien 1919, maschr. 

Bertalpttä, Angelo, * 1665 zu Bologna; ita- 
lienischer Sänger und Gesanglehrer, studierte 1687 
bis 1690 in Rom, lebte dann in Bologna als Ge- 
sanglehrer; 1703 wurde er Mitglied der Accademia 
Filarmonica. Er schrieb: Regole facilissime per ap- 
prendere . . . li conti fermo eßgurato (Bologna 1698 
und öfter); auch gab er 50 Solfeggi a Canto e Alto 
heraus. 

Ausg.: 50 Solfeggi, hrsg. v. F. X. Haberl, Regens- 
burg 1881, 21888. 

Bertyti, Giovanni, * 10. 7. 1735 zu Martellago, 
f 1815 zu Venedig; italienischer Dichter von 


156 



Bertini 


Opemtexten (Cimarosas Heimliche Ehe), der u. a. 
auch das Vorbild für da Pontes Libretto des Don 
Giovanni geliefert hat. 

Lit. : A. Schatz, G. B., Vf Mw V, 1889; U. Rolandi, 
II librettista del »Matrimonio segreto«, G. B., Triest 
1926. 

Bert£ (b'erte:), Heinrich (Henry), * 8. 5. 1857 
zu Galgöcz (Ungarn), f 25. 8. 1924 zu Perchtolds- 
dorf; ungarischer Komponist, erlangte fragwür- 
digen Weltruhm durch seine aus Schubertschen 
Melodien zusammengestellte Operette Das Drei - 
mäderlhaus (1916). Außer der Oper Die Schneeflocke 
(Prag 1896) schrieb er zahlreiche Operetten und 
Ballette. 

Berteau (bert'o:), Martin (Berteaud, Berthau), 
* zu Valendennes, j* 1756 zu Paris; französischer 
Violoncellist, erlernte zuerst das Gambenspiel, trat 
aber ab 1739 als Violoncellist in den Concerts spiri- 
tuels in Paris auf. Er war der Lehrer von J. B. 
Cupis, J. B. Janson und J. P. Duport. Von seinen 
Kompositionen sind die Sonate da camera für V. 
und B.c., op. 2, erhalten. 

Bertelin (berteTe), Albert, * 26. 7. 1872 zu Paris; 
französischer Komponist, studierte am Pariser 
Conservatoire bei Dubois, Widor und Pugno und 
erhielt 1902 den 2. Rompreis. Er schrieb: Choral 
für Orch. (1902), Klavierquintett Adur (1902), 
Oper Goltza (1912), Oratorium Sub umbra crucis 
(1917), Hymne junkbre für Orch. (1917) ; 4 Mo- 
tetten für Chor, Orch. und Org. In Nativitate 
Domini (1922) ; Kammermusik, Orgel- und Klavier- 
stücke. 

B$rtelman, Jan Georg, * 21. 1. 1782 und f 25. 
1. 1854 zu Amsterdam; niederländischer Kompo- 
nist, Schüler des blinden Orgelvirtuosen D. 
Brachthuyser. Von ihm erschienen: ein Requiem, 
eine Messe, ein Streichquartett, Violin- und Kla- 
vierkompositionen. Manuskript blieben verschie- 
dene Kantaten, Orchesterwerke, Chöre, Violin- 
etüden sowie eine Harmonielehre. 

Lit.: S. Duparc, J. G. B., De Muziek VI, 1932. 

Berten, Walter Michael, * 23. 8. 1902 zu Dül- 
ken, f 5. 8. 1956 zu Köln; deutscher Komponist, 
studierte 1922-24 in Köln bei E. Bücken Musik- 
wissenschaft und bei H. Unger Komposition, war 
1927-30 Verwaltungsdirektor und Lehrer an der 
Folkwang-Schule Essen, 1931-33 Musikredakteur 
der »Germania« in Berlin, 1933-44 künstlerischer 
Leiter der Electrola-Schallplattengesellschaft. Ab 
1946 war er Lektor des Musikverlags Schwann in 
Düsseldorf, ab 1951 auch Dozent für Musik- 
soziologie und angewandte Musik an der Musik- 
hochschule Köln. Er schrieb: Kleine Liebesge- 
schichte, Kantate für S., T., Bar. und kleines Orch. 
(1932); Glück ohne Ruh, Kantate für S., T., gern. 
Chor und Orch. (1933); Kantate Brot für Soli, 
Chor und Orch. (1952) ; Intrade für großes Orch. 
(1938); Dimkesmesse für gern. Chor a cappella 
(1949) ; Chöre, Lieder und Kammermusik. Bücher: 
Kunstwille in München-Gladbach (München-Glad- 
bach 1925), Musik und Musikleben der Deutschen 
(Hamburg 1933), Musik und Mikrofon (Düsseldorf 
1951). 

Lit. : Th. B. Rehmann, W. M. B., in : Musica X, 1956. 


Berthaume (bert'o :m), Isidore, * um 1752 zu 
Paris, f 20. 3. 1802 zu St. Petersburg; französischer 
Violinist, trat 1761 im Concert spirituel auf, wurde 
1774 1. Violinist an der Großen Oper, 1783 Diri- 
gent der Concerts spirituels, 1788 Violinist an der 
Op6ra Comique, verließ 1791 Paris und ging zu- 
erst an den Hof nach Eutin, später als Soloviolinist 
der kaiserlichen Privatkapelle nach St. Petersburg. 
Er schrieb : ein Violinkonzert op. 5, 2 Symphonies 
concertantes für 2 V. op. 6 und Violinsonaten (op. 
4 und 7 und Dans Xe style de Lolli). 

Lit. : L. de La Laurencie, L’äcole frangaise du violon 
II, Paris 1923. 

Berthold, - 1) K. Fr. Theodor, * 18. 12. 1815 
und t 28. 4. 1882 zu Dresden; deutscher Kompo- 
nist, Schüler von Johann Gotdob Schneider und 
Julius Otto, lebte 1840-64 in Rußland; in St. Pe- 
tersburg gründete er den St. Annenverein (für 
Oratorien). 1864 wurde er Nachfolger seines Leh- 
rers Schneider als Hoforganist in Dresden. Von 
seinen Kompositionen verdienen besondere Er- 
wähnung eine Missa solemnis, das Oratorium 
Petrus und seine Symphonien; er schrieb: Die Fa- 
brikation musikalischer Instrumente ... im Vogtlande 
(mit M. Fürstenau, 1876). Sein Bruder - 2) Her- 
mann, * 14. 4. 1819 zu Dresden, f 20. 3. 1879 zu 
Breslau, war Organist, später Kantor an St.Bemar- 
din in Breslau und schrieb geistliche Gesänge, Or- 
chester- und Klavierstücke. 

Bertin (bsrt'e), Louise- Angdlique, * 15.2. 

1805 zu les Roches bei Bi&vre, f 26. 4. 1877 zu 
Paris; französische Komponistin, schrieb die Opern 
Le loup garou (1827); Faust (1831) und Esmeralda 
(1836), zu der ihr V. Hugo das Libretto nach sei- 
nem Roman Notre Dame de Paris schrieb, sowie 
Lieder, Chöre und Streichquartette. 

Benin de la Dou6 (bsrt'e), Thomas, * um 1680 
und f um 1745 zu Paris; französischer Komponist, 
war Hausmusiklehrer der Prinzessinnen von Or- 
leans und Organist der Theatinerkirche in Paris, 
1714-34 Violinist und Cembalist der Großen 
Oper. Er schrieb die Opern: Alcine (1705); Cas- 
sandre (1706, mit Francois Bouvard) ; Le jugement de 
Paris (1718); Les plaisirs de la Campagne (1719); 
außerdem mehrere Bücher Airs sitieux et ä boire 
und 3 Hefte Triosonaten. 

BeninijBenoit-Auguste, *5. 6. 1780 zu Lyon, 
Todeg* ahr unbekannt; französischer Pianist, wurde 
1793 Schüler von Qementi in London, lebte ab 

1806 in Paris, später in Neapel und wieder in Lon- 
don; er schrieb: Phonological System for Acquiring 
Extraordinary Facility on all Musical Instruments as 
well as in Singing (London 1830, 3 1849), Stigmato- 
graphie, ou Vart d'icrire avec des points , suivi de la 
melographie (Paris 1812) sowie eine Oper Le Prince 
d'occasion (Paris 1817) und Klaviersonaten. 

Bert}ni, Domenico, * 26. 6. 1829 zu Lucca, f 7. 
9. 1890 zu Florenz; italienischer Komponist, 1857 
Kapellmeister und Direktor der Musikschule in 
Massa Carrara, ab 1862 in Florenz Dirigent der 
Sodetä Cherubim und Musikreferent. Von seinen 
Kompositionen erschienen einige Gesangswerke, 
Bruchstücke aus zwei nicht aufgeführten Opern 
und ein Harmoniesystem: Compendio de* prmdpii 
di musica secondo un nuovo sistema (1866). 


157 



Bertini 


Bertjni, Abbate Giuseppe, * um 1756 zu Pa- 
lermo, f nach 1847; italienischer Komponist, war 
Königlicher Kapellmeister in Palermo. Er schrieb 
zahlreiche Kirchenmusikwerke und veröffentlichte 
einen Dizionario storico-critico degli scrittori de tnusica 
e de 9 piü celebri artisti . . . (Palermo 1814/15). 

Besrtin)» Henri (B. le jeune), * 28. 10. 1798 zu 
London, f 1. 10. 1876 zu Meylan bei Grenoble; 
französischer Komponist und Pianist, kam mit 
6 Jahren nach Paris, wo er, abgesehen von sei- 
nen Konzertreisen, meist lebte. 1859 zog er sich auf 
seine Villa in Meylan zurück. Seine Kompositio- 
nen sind ausschließlich Klavierwerke oder Werke 
mit Klavier (Trios, Quartette, Sextette, Nonette 
und auch eine Klavierschule Mithode compÜte et 
progressive de piano). Seine Etüden zeichnen sich 
durch melodische Erfindung und feine Harmonik 
bei großer technischer Nützlichkeit aus, besonders 
op. 100, 29 und 32 (in dieser Reihenfolge vorberei- 
tend für Czernys op. 299; Phrasierungsausgabe von 
H. Riemann). B. übertrug auch Bachs Wohltem- 
periertes Klavier für Kl. zu 4 Händen. 

Ausg.: 50 ausgewählte Etüden, hrsg. v. G. Buon- 

AMICI. 

Bertyldo, Sper’ in Dio, * um 1530 zu Modena, 
t um 1590 zu Padua; italienischer Komponist, war 
Domorganist in Padua, schrieb 2 Bücher 5st. Ma- 
drigale (Venedig 1561 und 1562) sowie Toccate, 
Rieercari e Canzoni (Venedig 1591) und Canzoni 
francese intavolate per sonor d’organo (Venedig 1591). 
Ausg.: 2 Rieercari für Org. in Torchi III. 

Bertou (bsrt'3), Henri-Montan, * 17. 9. 1767 
und t 22* 4. 1844 zu Paris; französischer Opem- 
komponist, Sohn von Pierre M. B., 1795 Harmo- 
nieprofessor am neuerrichteten Conservatoire, 
1807 Kapellmeister der Opdra Comique, 1809 Chef 
du Chant der Großen Oper, 1815 Mitglied der 
Akademie, 1817 als Nachfolger von Mdhul Kom- 
positionsprofessor am Conservatoire. Neben 48 
Opern, von denen Montano et Stephanie (1799), Le 
delire (1799), Les promesses de manage und Aline 
(1803) hervorzuheben sind, und 4 Balletten kom- 
ponierte er 5 Oratorien und Kantaten, die in den 
Concerts spirituds zur Aufführung gelangten, da- 
neben noch zahlreiche Instrumental werke. Schrif- 
ten: De la musique micanique et philosophique (Paris 
1826), Epttre ä un ciübre compositeur (= Boieldieu; 
Paris 1829) und einen Traiti a 9 harmonie (Paris 1815). 
Lit : H. Blakchard, H.-M. B., Paris 1839; A. Adam, 
H. B. (1767-1844), transl. by R. Capell in ML XXX, 
1949. 

Berton (bert'S), Pierre-Montan, * 7. 1. 1727 zu 
Mauberfr-Fontaines (Ardennes), f 14. 5. 1780 zu 
Paris; französischer Sänger, Dirigent und Kompo- 
nist, war zuerst Baßsänger an den Opern von Paris 
und Marseille, 1748 Konzertdirigent in Bordeaux 
und übernahm 1759 die Direktion der Großen 
Oper in Paris. B. hat große Verdienste um die Auf- 
führung der Werke Glucks. Auch hat er selbst 
mehrere Opern geschrieben und Lullysche Opern 
neu arrangiert. 

Bertyni, Ferdinando Giuseppe, * 15. 8. 1725 
auf der Insel Salb (Gardasee), f 1. 12. 1813 zu De- 
senzano; italienischer Komponist, war 1752 1. Or- 
ganist an der Markuskirche in Venedig, 1757 zu- 


gleich Direktor des Konservatoriums de* Mendi- 
canti, 1785-1810 als Nachfolger Galuppis 1. Kapell- 
meister an San Marco, zog sich dann in den Ruhe- 
stand nach Desenzano zurück. B. schrieb viele 
Kirchenmusikwerke und 15 Oratorien, 48 Opern 
von 1746-89 ( Orfeo 1776, gedruckt 1783), auch 
Instrumentalwerke (6 Klaviersonaten op. 9 und 
6 Streichquartette op. 2 gedruckt) sowie Kantaten. 
Ausg.: Quartett Nr 1, hrsg. v. AToni, Mailand 
(1922); eine Sonate in: Cembalisti Italianf del Set- 
tecento, hrsg. v. G. Benvenuti, Mailand (1926); eine 
Sonate bei Taguapietra Ant. XIII, 1934. 

Lit. : E. Arditi, F. B., in: Musica d’oggi IX, 1927. 

Bertram» Theodor, * 12. 2. 1869 zu Stuttgart, 
f 24. 11. 1907 zu Bayreuth (Selbstmord) ; deut- 
scher Sänger (Bariton), 1890 am Ulmer Stadt- 
theater, danach in Hamburg, an der Kroll-Oper in 
Berlin, 1893-99 an der Münchner Hofoper. Seit- 
dem gastierte er nur mehr, u. a. in Bayreuth. Sein 
Rollengebiet umfaßte gleichermaßen Mozart und 
Wagner; auch als Konzertsänger (Mephisto in 
Fausts Verdammung) ist er vielfach hervorgetreten. 

Bertran de Born, * um 1140 auf Schloß Born 
(P&igord), t vor 1215; provenzalischer Trouba- 
dour, später Vicomte d’Hautefort (Altafort), war 
in die Kämpfe Heinrichs II. von England mit 
seinen Söhnen Heinrich und Richard Löwenherz 
verwickelt (vgl. Uhlands Ballade »Bertran de 
Born«). Dante (Divina Commedia, Inferno 
XX VIII, 112-142) versetzt B. unter die Zwie- 
trachtstifter in das Inferno. 1195 trat B. in die Abtei 
Daion ein. Von den 45 erhaltenen Liedern gehören 
die meisten der Gattung des Sirventes an. Die Me- 
lodie zu Rassa, tan creis e mont 9 e poja (P-C 80,37) 
ist in der Handschrift Paris BN fr. 22543 über- 
liefert. 

Ausg. u. Lit.: Fr. Gbnnrich, Der mus. Nachlaß d. 
Troubadours, = Summa Musica Medii Aevi III, 
Darmstadt 1958, darin d. erhaltene Melodie; ders., 
Artikel B. de B., MGG, darin d. gleiche Melodie. — 
L. CiiDAT, Du röle hist, de B. de B., Paris 1879; A. 
Stimming, B. v. B., Halle 1879; ders., B. v. B., Halle 
1892, 21913; A. Thomas, PoSsies complfctes de B. de 
B., Toulouse 1888; Tr. Stroüski, La legende amou- 
reuse de B. de B., Paris 1914; J. Storost, Ursprung 
u. Entwicklung d. altprovenzialischen Sirventes, Halle 
1931; C. Appel, Die Lieder B.’s v. B., Halle 1932 
(maßgeblich) ; H. Angl&s, La müsica a Catalunya lins 
al segle XIII, = Bibi, de Catalunya, Publicacions del 
departament de müsica X, Barcelona 1935, darin d. 
erhaltene Melodie. 

Bertrand (bertr'ä), Antoine de, * um 1540 zu 
Fontanges (Cantal), f uni 1581 zu Toulouse; fran- 
zösischer Komponist, der unter seinen franzö- 
sischen Zeitgenossen durch die Kühnheit der Har- 
monie (Chromatik) auffällt. Die ersten veröffent- 
lichten Werke von ihm, 3 Chansons, finden sich in 
einem Sammeldruck von le Roy & Ballard 1570. 
Weiter wurden gedruckt 3 Bücher 4st. Chansons: 
Les Amours de P. de Ronsard (I, 1576; II, 1578), 
Troisibne livre de chansons 11578). - Die Stücke der 
beiden ersten Bücher wurden von Simon Goulart 
mit neuen Texten versehen und als Sonets chrestiens 
1580 gedruckt. Nach B.s Tod erschienen 1582 die 
Airs spirituels , lateinische Hymnen und französische 
geistliche Gesänge. 

Ausg. : die 3 Bücher Chansons hrsg. in Expert Monu- 
ments IV-VII, 1920-27. 


158 



Besekirskij 


Lit.: G. Thibault, A. de B., musicien de Ronsard et 
ses amis toulousains, in: Mdlanges offerts ä M. Abel 
Lefranc, Paris 1936. 

Ber^td, Arturo, *27. 3. 1862 zu San Juan, f 6. 1. 
1938 zu Buenos Aires; argentinischer Komponist, 
Schüler von Reinecke und Jadassohn, ging dann 
nach Paris und Mailand, um mit der Opemkom- 
position vertraut zu werden. 1896 kehrte er nach 
Buenos Aires zurück. Seit dieser Zeit zeigen seine 
Werke den Einfluß der Balladen und Lieder seiner 
Heimat. Werke: Vendetta (Vercelli 1892); Evange- 
lina (Mailand 1893); Tarrass bulba (Turin 1895); 
Pampa, seine erste Oper mit nationalem Charakter, 
1897 mit großem Erfolg in Buenos Aires auf- 
geführt; Jupattki, mit einem Stoff aus der Volks- 
sage der Inka (1899); Khrysi , auf eigenen Text 
(Buenos Aires 1902); Horrida Nox (1905) ; Gli Eroi 
(1910) ; Stücke für IQ. und für V. mit KL 

Berwald, Astrid, * 8.9.1886 zu Stockholm; 
schwedische Pianistin, Tochter von Hjalmar B., 
Schülerin von R. Andersson (Stockholm) und von 
Dohndnyi an der Hochschule in Berlin, lebt als 
Vorsteherin und Oberlehrerin der Richard An- 
dersson Musikschule in Stockholm und wirkt als 
Pianistin in dem 1936 gebildeten Berwald-Trio. 

Berwald, Franz Adolf, * 23. 7. 1796 und t 3. 4. 
1868 zu Stockholm; schwedischer Komponist und 
Violinist, 1811 Schüler von du Puy, ließ sich nach 
zahlreichen Konzertreisen 1829 in Berlin nieder, 
1841 in Wien und kehrte 1842 nach Schweden 
zurück. 1849 wurde er in Stockholm Director 
musices der Universität und Hofkapellmeister, 
1867 Kompositionslehrer am Konservatorium. 
Werke: Symphonien Adur (1820), Gmoll 
( SSrieuse , 1841/42), D dur ( Capricieuse , 1842), C dur 
(Singulibre, 1845), Es dur (1845); Thema mit Va- 
riationen für V. und Orch. (1816), Violinkonzert 
Cismoll (1820), Doppelkonzert für 2 V. und 
Orch. (1820), Klavierkonzert D dur (1855); ein- 
zelne Opern (Estrella de Soria, Stockholm 1862) 
und Operetten, zahlreiche Instrumental- und Vo- 
kalwerke (Kantaten); Kammermusik: 5 Klavier- 
trios; ein Quartett für KL, Klar., Horn und Fag.; 
3 Streichquartette; 2 Klavierquintette; ein Septett. 
Ausg.: Fr. u. M. B., Brev och dagboksblad, hrsg. v. 
G. O. Nordberq, Stockholm 1955. 

Lit.: L. Norman, F. B.s kammarmusikverk, in: Tid- 
ning för theater och musik 1859; A. Lindgren, F. B., 
in: Musikaliska Studier, Stockholm 1896; A. Hill- 
man, F. B., En biografisk Studier (mit Werkverz.), 
Stockholm 1920; O. Morales, F. B. Förfädema. Ur 
en outgiven B.-biografi, STMf III, 1921 ; E. Sund- 
ström, Till kännedomen om F. B.s operaplaner, 
STMf IX, 1927; ders., F. B.s operor, STMf XXIX, 
1947; S. Broman, B.s instrumentalmusik före 1830, 
in: Musikvftrlden I-n, 1945-46; S. Walin, F. B.s 
offentliga konsertverksamhet i Stockholm före utrik- 
esresan 1829, STMf XXVIII, 1946; N. Castegren, 
Musikaliska konstföreningen och F. B., in: STMf 
XXXIV, 1953; R. Layton, B., Stockholm 1956. 

Berwald, Johann Friedrich, * 4. 12. 1787 und 
t 26. 8. 1861 zu Stockholm; schwedischer Kom- 
ponist, Vetter von Franz B., reiste schon früh als 
Violinvirtuose, wurde 1815 Konzertmeister und 
1823 als Nachfolger du Puys Hofkapellmeister in 
Stockholm. Von seinen Kompositionen erschienen 
bereits von 1794 an eine Reihe Streichquartette, 


ein Streichquintett, Violinsonaten, Violinkonzerte, 
auch Orchesterwerke, Kantaten und französische 
Romanzen im Druck. 

Lit: A. Lindgren, Svenska hofkapellmästare 1782 
- 1882, Stockholm 1882, 81-112. 

Berwald, William Henry, * 26. 12. 1864 zu 
Schwerin, f 3. 5. 1948 zu Loma Linde (Kalifor- 
nien) ; deutscher Komponist, war 1883-87 Schüler 
von Rheinberger in München, 1887/88 von Faißt 
in Stuttgart, wurde 1889 Direktor des Philharmo- 
nischen Vereins in Libau (Kurland) und kam 1892 
nach Amerika als Lehrer für Komposition und 
Klavier am College of Fine Arts der Universität 
Syracuse (Nachfolger von Goetschius); 1921-24 
dirigierte er das Syracuse Symphony Orchestra. 
Er schrieb die Chorwerke: Fair California (1928), 
A Cycle of Flowers (1929), Fair Saratoga Glorious 
(1931), Fat , Fax Away (1934), Stars with Little 
Golden Sandals (1935); ein Musikdrama Utopia 
(1936); Kantaten, Anthems, Lieder und Duette, 
Ouvertüren, Kammermusik und Klavierstücke. 

Besard (baz'a:r), Jean-Baptiste (Besardus), 
* um 1567 zu Besan^on, f 1625; französischer Lau- 
tenist, gab heraus: Thesaurus harmonicus divini Lau- 
rencini (10 Teile, Köln 1603); von den 403 Lauten- 
sätzen sind 38 von B. sowie der beigefügte Libellus 
de modo in testudinc studendi , der in erweiterter Form 
selbständig erschien als Isagoge in artem testudinarium 
(Augsburg 1614) und der in englischer Über- 
setzung abgedruckt ist in R. Dowlands Varietie of 
Lute-lessons (London 1610). Weiter erschien von 
B.: Novus partus sive Concertationes Musicae (Augs- 
burg 1617). 

Ausg.: 22 Stücke in: Lautenspieler des XVI. Jh., 
hrsg. von O. CffiLEsom, Lpz. 1891; 2 Stücke in: 
Musik aus früher Zeit für KL, n, hrsg. v. W. Apel, 
Mainz u. Lpz. (1934). 

Lit.: A. Castan, Notes sur J.-B. B., M6m. de la soc. 
d’6mulation du Doubs V, tome 1, Besancon 1876; 
O. Chilesotti, Di Besardo, Mailand 1888; L. Baille, 
J.-B. B., Rev. de Franche-Comtd 1925; L. de La 
Laurencdb, Les Luthistes Ch. Bocquet, A. Francisque 
et J.-B. B., Rev. de musicol. X, 1926, S. 69; ders., 
Les Luthistes, Paris 1928; W. Boetticher, Studien 
zur sollst. Lautenpraxis, HabiL-Schrift Bin 1943. 

Besch, Otto, * 24.2.1885 zu Neuhausen bei 
Königsberg; deutscher Komponist, studierte zu- 
nächst Theologie, dann Musik bei O. Fiebach und 
E. Humperdinck (1910-14), war 1918-45 Kom- 
positionslehrer am Königsberger Konservatorium 
und gleichzeitig Musikkritiker. Er wirkt jetzt als 
Lektor in der Musikabteilung des Norddeutschen 
Rundfunks Hamburg. - Er schrieb: die Opern 
Arme Ninetta (Königsberg 1926) und E. T. A. 
Hofßnann (1945); Orchesterwerke (Ouvertüre E. 
T. A. Hoffmann 1920, Kurische Suite 1935, Ostpreu- 
ßisches Bilderbuch 1938, Divertimento 1941, Samlan- 
dische Idylle 1953), Chorwerke (Advents-Kantate 
1930, Auferstehungs-Kantate 1933), Kammermusik 
(3 Streichquartette, Mittsommerlied für Streichquar- 
tett), eine Klaviersonate, Triptychon für KL, ein 
Buch: Engelbert Humperdinck (Leipzig 1914). 

Besek]r8kij, Wassilij Wassiljewitsch, * 26. 1. 
1835 zu Moskau, f 8. 11. 1919; russischer Violinist, 
trat 1 850 in das Orchester des Eiaiserlichen Theaters 
zu Moskau ein, wurde 1858 Schüler Leonards in 
Brüssel, begann 1868 als Virtuose zu reisen und 


159 



Besler 


war 1882-1902 Konzertmeister am Kaiserlichen 
Theater Moskau. Er schrieb Violinstücke und Ka- 
denzen zu Violinkonzerten. 

Bester, - 1) Samuel, * 15. 12. 1574 zu Brieg, 
1 19. 7. 1625 zu Breslau; deutscher Kantor, wurde 
in Breslau 1602 Kantor an St. Bernhardte, 1605 
Schulmeister an der Schule zum Heiligen Geist; 
1602-24 erschienen von ihm mehrstimmige Weih- 
nachtslieder, Passions- und Ostergesänge, geist- 
liche Lieder und einige Festmotetten. Er gab auch 
Scandellis Auferstehungshistorie und Passions- 
musik heraus (Breslau 1612 und 1621). Sein Bru- 
der - 2) Simon, * 27. 8. 1583 zu Brieg, f 12. 7. 
1633 zu Breslau, studierte 1604 an der Universität 
Frankfurt an der Oder, war dann Kantor in Strie- 
gau, 1610-20 an St. Maria Magdalena in Breslau, 
dann Kantor und Hofmusikus in Liegnitz. Von 
ihm erschienen 1615-19 mehrstimmige Lieder und 
eine Hochzeitsmotette. 

Ausg.: Samuel B., Passio . . . secundum Matthaeum, 
in: Hdb. d. deutschen ev. Kirchenmusik 1, hrsg. v. K. 
Ameln, Chr. Mahrenholz u. W. Thomas, Göttin- 
gen 1937. 

Lit: O. Kade, Die ältere Passionskomposition bis 
zum Jahre 1631, Gütersloh 1893; R. Starke, Samuel 
B., MfM XXXI, 1899; R. Gerber, Das Passionsrezi- 
tativ bei H. Schütz, Gütersloh 1929; N. Hampel, 
Deutschsprach, prot Kirchenmusik Schlesiens, Diss. 
Breslau 1937; K. Ameln u. C. Gerhardt, J. Walter 
u. d. ältesten deutschen Passionshistorien, MGkK 
XLIV, 1939; H. J. Moser, Zur sudetendeutschen 
Musik in Renaiss. u. Barock, Zs. f . Gesch. d. Sudeten- 
länder VI, 1943. 

Besly, Maurice, * 28.1.1888 zu Normanby 
(Yorkshire), f 20. 3. 1945 zu Horsham; englischer 
Komponist und Dirigent, studierte 1910-12 am 
Leipziger Konservatonum bei Teichmüller, Schreck 
und Krehl und bei Emest Ansennet (Dirigieren) ; 
1912-14 assistent music master an Tonbridge 
School; 1919, nach dem Kriege, Organist am 
Queen’ s College in Oxford, 1920 Dirigent des 
Oxforder Orchesters. Er gab das Queeris College 
Hymn Book heraus und schrieb Orchesterwerke, 
Bühnenmusik, Anthems und Motetten. 

BesQZzi, - 1) Alessandro, * 22.7.1702 zu 
Parma, f 1775 zu Turin; italienischer Oboenvir- 
tuose, 1731 an der Hofkapelle in Turin angestellt, 
später Kammervirtuose und Direktor der Instru- 
mentalmusik, feierte auf ausgedehnten Konzert- 
reisen zum Teil mit seinen Brüdern Girolamo 
(1704-78) und Antonio (1714-81) Triumphe, gab 
auch zahlreiche Kammermusikwerke heraus. Sein 
Neffe - 2) Carlo, * um 1738 zu Neapel, Sohn von 
Antonio B., war 1755-92 im Dresdner Hof- 
orchester als Oboist angestellt; Antonio und Carlo 
waren unter Jommdli auch im Stuttgarter Or- 
chester tätig. Von Carlo sind 24 Sonaten für 2 Ob., 

2 Corai und Fag. erhalten, auch hat er Oboenkon- 
zerte geschrieben. 

Bessel, Wassilij Wassiljewitsch, * 25. 4. 1843 zu 
St. Petersburg, f 4. 3. 1907 zu Zürich; russischer 
Musikverleger, absolvierte 1865 das Petersburger 
Konservatorium, eröffnete 1869 mit seinem Bru- 
der Iwan eine Musikalienhandlung W. Bessel & 
Co. in Petersburg, 1871 eine Notendruckerei. 1872 
bis 1877 gab er die Wochenschrift »Das Musik- 
blatt« heraus, 1885-89 die »Musikalische Rund- 

160 


schau«. Die Firma Bessel verlegte Werke von 
Mussorgskij, Tschaikowsky, A. Rubinstein, Cui 
und Rimskij-Korsakow. W. B. war Vorsitzender 
der Gesellschaft russischer Musikverleger und Mu- 
sikalienhändler. Er schrieb Erinnerungen an Tschai- 
kowsky. Seit 1920 wird der Verlag, der eine Zweig- 
niederlassung in London (W. Bessel & Co. Ltd) 
besitzt, von seinen Söhnen Basil und Alexander 
in Paris weitergeführt. 

Lit. : N. Findeisen, W. W. B., St. Petersburg 1909, 
russisch. 

B^sseler, Heinrich, * 2. 4. 1900 zu Dortmund- 
Hörde; deutscher Musikforscher, studierte ab 
1918 zunächst Mathematik und Naturwissenschaf- 
ten, dann Musikwissenschaft in Freiburg (Gurlitt), 
Wien (Adler, Fischer); promovierte 1923 bei Gur- 
litt in Freibure (Beiträge zur Stilgeschichte der deut- 
schen Suite im 17. Jh.). Nach Stachen bei Ludwig in 
Göttingen habilitierte er sich 1925 in Freiburg, 
1928 ao. Professor in Heidelberg. 1948 wurde er als 
Ordinarius an die Universität Jena, 1956 nach Leip- 
zig berufen. B. ist Mitglied der Sächsischen Akade- 
mie der Wissenschaften in Leipzig. Schrieb: Musik 
des Mittelalters in der Hamburger Musikhalle (ZfMw 
VII, 1924/25), Studien zur Musik des Mittelalters: 

I. Neue Quellen des 14. und beginnenden 15. Jh. 
(AfMw VII, 1925), II. Die Motette von Franko von 
Köln bis Philipp von Vitry (AfMw VIII, 1926), 
Grundfragen des musikalischen Hörens (Jahrbuch 
Peters 1925), Grundfragen der Musikästhetik (Jahr- 
buch Peters 1926), Erläuterungen zu einer Vorführung 
ausgewählter Denkmäler der Musik des späten Mittel- 
alters (Bericht über die Freiburger Orgeltagung, 
Augsburg 1926), Von Dufay bis Josquin , ein Litera- 
turbericht (ZfMw XI, 1928/29), Friedrich Ludwig 
(ZfMw XIII, 1930/31), Die Musik des Mittelalters 
und der Renaissance (Handbuch der Musikwissen- 
schaft, hrsg. von E. Bücken, Potsdam 1931-34), 

J. S. Bach (Die Großen Deutschen, Band 2, Berlin 
1935, auch 1956), Das Ehe deutscher Musik (DMK I, 
1936/37), Musik und Raum (Festschrift für Max 
Seiffert, Kassel 1938), Sulla disposizione delle masse 
orchestrali e corali nelVetä barocca (Congresso Inter- 
nazionale di Musica, Horenz 1938), Der Ursprung 
des Fauxbourdons (Mf 1, 1948), Das Lochatner Lieder- 
buch aus Nürnberg (Mf I, 1948), Katalanische Cobla 
und Altar-Tanzkapelle (Kongreß der Internationalen 
Gesellscha f t für Musikwissenschaft zu Basel 1949, 
Basel o. J.), Zur »Ars tnusicae « des Johannes de 
Grocheo (Mf H, 1949), Zum Problem der Tenorgeige 
(Musikalische Gegenwartsfragen I, Heidelberg 
1949J, Die Entstehung der Posaune (AMI XXII, 
1950), Johannes Ciconia, Begründer der Chorpolypho- 
nie (Congresso Intemazionale di Musica Sacra, 
Rom 1950), Bourdon und Fauxbourdon, Studien zum 
Ursprung der niederländischen Musik (Leipzig 1950), 
Bach und das Mittelalter (Wissenschaftliche Bach- 
Tagung im Ra hm en der Deutschen Bachfeier, 
Leipzig 1950), Charakterthema und Elebnisform bei 
Boot (Kongreß der Gesellschaft für Musikfor- 
schung, Lüneburg 1950; Kassel und Basel o.J.), 
Die Meisterzeit Bachs in Weimar (Festschrift Jon. 
Seb. Bach in Thüringen, Weimar 1950), Deutsche 
Lieder bei Morton und Josquin (ungedruckte Fest- 
schrift für Max Seiffert, 1948), Tonalharmonik und 
Vollklang (AMI XXIV, 1952), Neue Dokumente 
zum Leben und Schaffen Dufay s (AfMw IX, 1952), 



Beyer 


Hat Matheus de Perusio Epoche gemacht? (Mf Vm, 
1955), Bach ab Wegbereiter (A£Mw XII, 1955), Die 
Brandenburgischen Konzerte (Bach-Fest-Buch zum 
32. Deutschen Bachfest der Neuen Bachgesell- 
schaft, 3.-6. 6. 1955 in Leipzig), Zur Chronologie 
der Konzerte J. S. Bachs (Schneider-Fs., Lpz. 1955) ; 
Fünf echte Bildnisse J. S. Bachs (Kassel 1956). B. ist 
Mitarbeiter der Enzyklopädie Die Musik in Ge- 
schichte und Gegenwart und Editionsleiter des Corpus 
Mensurabilb Musicae (Rom 1951 ff.). - Ausgaben 
älterer Musik: Altniederländbche Motetten (Kassel 
1929, 2 1942); J. Ockeghem, Mbsa Mi-Mi (Chw. 4, 
Wolfenbüttel 1930); Giovanni Gabrieli , Drei Mo- 
tetten für achtstimmigen Doppelchor (Chw. 10, Wol- 
fenbüttel 1931); G. Dufay, Zwölf geistliche und 
weltliche Werke für drei Stimmen (Chw. 19, Wolfen- 
bütte] 1932); Capelia, Meisterwerke mittelalterlicher 
Musik (Kassel 1950ff.); Guillelmi Dufay Opera 
omnia (Rom 1951); Guillaume de Machaut , Musika- 
Ibche Werke , 4. Band aus dem Nachlaß F. Ludwigs 
herausgegeben (Leipzig 1943, Wiederabdruck aller 
4 Bände der Gesamtausgabe Leipzig 1954) ; J. 5. 
Bach , Sechs Brandenburgische Konzerte (in: J. S. 
Bach, Neue Ausgabe sämtlicher Werke, Serie VH, 
Band 2, nebst Kritischem Bericht , Kassel 1956). 

Best, William Thomas, * 13. 4. 1826 zu Carl- 
isle, f 10. 5. 1897 zu Liverpool; englischer Orga- 
nist, wurde 1840 Organist an der Pembroke Road 
Church in Liverpool, 1847 an der Blindenkirche 
und 1848 bei der Philharmonischen Gesellschaft, 
1854-55 in London, 1855-94 an St. George's Hall 
in Liverpool, wo er jeden Donnerstag und Samstag 
populäre Konzerte spielte; daneben war er Orga- 
nist der Musical Society (1868) und Philharmonie 
Society (1872). Er schrieb außer Anthems, Orgel- 
und Klavierstücken und 2 Ouvertüren: The Mo- 
dem School for the Organ (1853) und The Art of 
Organ Playing und gab viele Bearbeitungen für 
Orgel heraus. 

Lit. : H. H. Statham, The Organ and its Position in 
Musical Art, London 1909; J. M. Levebn, Impressions 
of W. T. B., London 1942. 

Beständig, Otto, * 21.2.1835 zu Striegau 
(Schlesien), f im Februar 1917 zu Wandsbek 
(Hamburg); deutscher Dirigent und Komponist, 
ab 1858 in Hamburg, gründete dort den Konzert- 
verein und ein eigenes Musikinstitut, leitete die 
Wandsbeker Musikgesellschaft. Sein Oratorium 
Der Tod Baldurs wurde mehrfach aufgeführt, im 
Druck erschienen ein Quartett für V., Vc., Kl. und 
Harmonium; Lieder und Klavierstücke und Die 
unentbehrlichen Hilfswissenschaften beim Klavier- 
unterricht (1872, 3 Teile). 

Bettinelli, Bruno, * 4. 6. 1913 zu Mailand; ita- 
lienischer Komponist, büdete sich, nachdem er 
1937 am Conservatorio G. Verdi in Mailand 
Abschlußdiplome u. a. in Komposition, Klavier 
und Chormusik erlangt hatte, in der Komposition 
an der Accademia Musicale Chigiana von Siena 
weiter, hatte schon bald mit Kompositionen bei 
verschiedenen Wettbewerben Erfolg. Seit 1941 
lehrt er am Conservatorio G. Verdi in Mai- 
land und befaßt sich neben der Komposition 
mit der Herausgabe alter Musik (Corelli, Narini, 
Sammartini, Bonporti), schreibt außerdem Musik- 
kritiken. Sein kompositorisches Werk umfaßt zahl- 


reiche größere Instrumental- und Vokalwerke, 
darunter 3 Symphonien, 2 Psalmenkompositio- 
nen, ein Klavierkonzert, Kammermusik, Klavier- 
musik und Lieder. 

Betulius, Sigmund Birken, Sigmund von. 

Beurhusius, Friedrich, * zu Meinertzhagen 
(bei Lüdenscheid); deutscher Musiktheoretiker, 
um 1573 Konrektor in Dortmund; er schrieb 
Erotematum musicae libri duo (Nürnberg 1551, mehr- 
mals nachgedruckt) und Musicae ruaimenta (Dort- 
mund 1581). 

B$vin, Elway, englischer Musik theoretiker um 
1600, 1575-84 Chorvikar an der Kathedrale in 
Wells, 1589 Organist der Kathedrale von Bristol, 
1605 außerordentliches Mitglied der ChapelRoyal, 
verlor angeblich 1637 beide Stellungen, weil er 
Katholik war, war Lehrer von W. Child und 
schrieb 3 Services, 5 Anthems und einen Kanon so- 
wie A Briefe and Short Irtiroduction to the Art of 
Musicke (London 1631). 

Ausg.: Browning f. 3 Violen, in: Jacobean Consort 
Music, hrsg. v. Th. Dart u. W. Coates, Mus. 
Brit. IX. 

B$werunge, Heinrich, * 7. 12. 1862 zu Let- 
mathe (Westfalen), f 2. 12. 1923 zu Maynooth; 
deutscher Kirchenmusiker, 1885 Priester, besuchte 
die Kirchenmusikschule in Regensburg und wurde 
1888 als Professor für Kirchenmusik an das St. Pa- 
trick’s College nach Maynooth (Irland) berufen. 
1914 wurde er zum Professor der Musik an der 
irischen National-Uni versi tat Dublin ernannt, ging 
1916 nach Köln, kehrte aber nach Kriegsende nach 
Irland zurück. B. gab Motetten von Palestrina für 
Männerchor bearbeitet heraus (1898), war 1891-93 
Herausgeber der »Lyra Ecdesiastica« (Monthly 
Bulletin of the Irish Society of St. Caedlia), lieferte 
Beiträge für zahlreiche Zeitschriften und schrieb 
Die vatikanbehe Choralausgabe (Düsseldorf 1906/07, 

2 Teüe, auch englisch und französisch); übersetzte 
Riemanns Katechismus der Musikästhetik und Ver- 
einfachte Harmonielehre ins Englische. 

Beydts, Louis, * 29. 6. 1895 zu Bordeaux, f 15. 9. 
1953 zu Caud&an (Gironde); französischer Kom- 
ponist, erhielt seine musikalische Ausbildung in 
seiner Vaterstadt, schrieb eine Operette Moineau 
(Paris 1931), die musikalische Komödie Les Canards 
Mandarins (Monte Carlo 1931), die komische Oper 
La S. A. D. Af. P. (Paris 1931), chinesische Le- 
gende Le Voyage de Tchong-Li (Paris 1932), Büh- 
nenmusik zu A. Mussets H ne faut jurer de rien 
(Paris 1937), Filmmusiken, Suite für 14 Instr. 
A travers Ports, Werke für Singstimme und Orch., 
Stücke für Kl., V. und Saxophon, Chöre (Paris 
dans la brume) und Lieder. 

Beyer, Johann Samuel, * um 1670 zu Gotha, 
t 9. 5. 1744 zu Karlsbad; deutscher Komponist, 
1693-99 Kantor in Freiberg (Sachsen), 1722 in Wei- 
ßenfels und 1728 wieder als Musikdirektor in Frei- 
berg, gab heraus: Primae lineae musicae vocalb (Elc- 
mentargesangschule, Freiberg 1703) sowie Musi- 
kalischer Vorraih neu variirter Fest-Choral-Gesänge... 
(Freiberg 1716) und Geistliche-musikalbche Seelew- 
Freude , in 12 Concert-Arien bestehend . . . (Freiberg 
1724). 


11 


161 



Beyer 


Ausg. : Weihnachtskantate, hrsg. v. R. Fricke, 
NMA LIV. 

Lit.: C. v. Winterfeld, Zur Gesch. heiliger Tonkunst 
I, Lpz. 1850; G. Schünemann, Die Bewerber um das 
Freiberger Kantorat (1556-1798), AfMw l, 1918/19; 
G. Frotscher, Gesch. des Orgelspiels und der Orgel- 
komposition I, Bin 1935. 

Beyer, Karl Wilhelm Emst, * 27. 7. 1856 zu Bre- 
men, f 27. 8. 1914 zu Dresden; deutscher Pianist, 
1877 Schüler des Leipziger Konservatoriums 
(Piutti, E. F. Richter), dann Klavierlehrer am Kai- 
serlichen Musikinstitut in Charkow, am Hoch- 
schen Konservatorium in Frankfurt am Main und 
zuletzt in Dresden. Er verfaßte eine russische Aus- 
gabe von Bußlers Praktischer Harmonielehre 
(Charkow 1886) und Aufsätze in den Zeitschriften 
»Der Kirchenchor«, »Monatsschrift für Gottes- 
dienst und kirchliche Kunst«, »Sängerhalle«. 

Beyle, Marie Henri -> Stendhal. 

Beyschlag, Adolf, * 22. 3. 1845 zu Frankfurt am 
Main, t 22. 3. 1914 zu Mainz; deutscher Dirigent, 
Schüler von V. Lachner in Mannheim, war 1868 
bis 1880 Theaterkapellmeister in Trier und Köln 
und als Konzertdirigent in Mainz und Frankfurt 
am Main tätig, siedelte hierauf als Dirigent der 
Philharmonischen Gesellschaft nach Belfast über, 
vertrat eine Zeitlang Charles Halld in Manchester 
und übernahm dann die Leitung der Philharmo- 
nischen Gesellschaft und der Subskriptionskon- 
zerte in Leeds. Ab 1902 lebte B. in Berlin. Er kom- 
ponierte Lieder, 4händige Tänze für Kl. in 
Kanonform sowie Bearbeitungen und schrieb: Die 
Ornamentik der Musik (Leipzig 1908). 

Bezecn^ (b'szstsni:), Emil, * 16. 2. 1868 und 1 4. 
1. 1930 zu Prag; tschechischer Komponist und 
Musikforscher, studierte die Rechte und Musik 
unter Siavkowsky (Klavier) und Guido Adler 
(Komposition, Musikgeschichte) und war ab 1896 
Professor an der Lehrerinnenbildungsanstalt der 
Deutschen Musik-Akademie in Prag; Komponist 
von Klavierwerken, Liedern, einer Violinsonate, 
auch eines Requiems (gedruckt) und Mitheraus- 
geber von H. Isaaks Choralis Constantinus und des 
Jak. Gallus Opus musicum in den DTÖ. Schrieb: 
Repetitorium der Musikgeschichte (tschechisch, 1912). 

Bi?las, Günter, * 19. 7. 1907 zu Bielschowitz 
(Oberschlesien) ; deutscher Komponist, oblag nach 
anfänglichen musikwissenschaftlichen Studien in 
Breslau 1928-31 dem Studium der Schulmusik in 
Berlin, anschließend dem der Komposition bei 
Trapp. 1933-39 Musikstudienrat in Breslau, 1939 
bis zu seiner Einberufung zum Kriegsdienst Theo- 
rielehrer am Institut für Musikerziehung bei der 
Universität Breslau, 1945-47 Leiter des Münchner 
Bachvereins, Sommer 1947 Kompositionslehrer an 
der Musikhochschule Weimar, wurde Oktober 
1947 als Leiter einer Kompositionsklasse (1950 
Professor) an die Nordwestdeutsche Musikakade- 
mie Detmold berufen. 1954 erhielt B. den »Großen 
Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen«. 
Werke: Serenata für Streich-Orch. (1955); Bolken- 
haimer Burgmusik für 4 Bläser, Streicher und Pauken 
(1938) ; Konzert für doppelchöriges Streich-Orch. 
und Pauken (1947) ; Bratschenkonzert (1940) ; Flö- 
tenkonzert (1947); Violinkonzert (1949); Roman- 
zero für Orch. (1955) ; Jazz-Promenade für KL und 


Orch. (1956); Quodlibet für 7 Instr. und Schlag- 
werk (1956); Gesang von den Tieren , Kammer- 
kantate für A., Fl., Klar., Cemb. und Hand- 
trommeln (1950); Indianische Kantate für Bar., 
Kammerchor, 8 Instr. (1951); Oraculum , Kan- 
tate nach den Sibyllinischen Weissagungen für 
S., T., gern. Chor und großes Orch. (1953); 
Streichquartette; Trios; Sonaten; Rilkezyklus ( Or- 
pheus singt), Lorca-Balladen, Ly Tai Pe-Gesänge; 
Hochzeitdieder nach Herder, Veni Creator für 

S ;em. Chor; Musik zu dem Kulturfilm Kaleidoskop 
Biennale Venedig 1956); Invokationen für Orch. 
(Auftragswerk des Westdeutschen Rundfunks 
Köln, 1957). In seiner Musiksprache etwa zwischen 
Honegger und Hartmann, hat sich B. neben seinen 
Altengenossen Fortner und Holler einen eigenen 
Platz im deutschen Musikleben erworben. 

Bianchi (bj'arjki), Francesco, * 1752 zu Cre- 
mona, f 27. 11. 1810 zu London; italienischer 
Opernkomponist. 1773 wurde seine erste Oper II 
gran Cidde in Florenz auf geführt, 1775 Eurionc in 
Pa via. 1775-78 war er maestro al cembalo der 
Comedie Italienne in Paris, wo La Rtduction de 
Paris 1775 und Le tnort mariö 1776 aufgeführt wur- 
den. 1778 ging er nach Florenz, wurde 1783 Vize- 
kapellmeister am Dom in Maüand, 1785-91 
2. Organist an der Markuskirche in Venedig, 1791 
als ungeeignet abgesetzt, 1792 aber durch Einfluß 
von Gönnern wieder berufen. Zwischen 1778 und 
1795 schrieb er fast 50 Opern. Zu La villanella 
rapita (Venedig 1783) schrieb Mozart für die Wie- 
ner Aufführung 1785 Quartett und Terzett Ko- 
chel- Verzeichnis 479 und 480. 1795 ging B. als 
Kapellmeister an das King’s Theatrc nach London, 
wo La vendetta di Nino (Neapel 1790) großen Erfolg 
gehabt hatte. 1798-1800 war er Kapellmeister in 
Dublin, ab 1801 wieder in London. Außer etwa 
60 Opern schrieb er ein 4st. Domine ad adjuvandum 
(Cremona 1773), 6 Triosonaten und einen Traktat 
DeW attrazione armonica , von dem Teile in The 
Quarterly Musical Magazine and Review II— III 
(1820-21) erschienen. 

Bianchi (bj'arjki), Giovanni, * um 1660 zu 
Ferrara; italienischer Komponist, um 1710 noch in 
Mailand tätig, gab 1697 bei Rosati in Modena 
12 Triosonaten op. 1 heraus, die von Roger in 
Amsterdam nachgedruckt wurden. 

Bianciardi (bjantf'ardi), Francesco, * um 1572 
und f 1607 zu Siena; italienischer Komponist und 
Organist, war um 1596 Organist und um 1601 
Kapellmeister an der Kathedrale von Siena, ge- 
hörte zu denen, die den bezifferten Baß cinführten. 
Von seinen Werken sind bekannt: Missarum 4 & 8 
vocib . lib. 1. (1605), Sacrarum modulationum . . . lib. 
I. (4-8st., 1596; lib. 2.: 1601; Hb. 3.: 1607; Hb. 4.: 
1608), Vespertina omniutn solcmnit. psalmodia 4 voc. 
(1604), II 1. lib. de Madrigali ä 5 voci (1597) und 
Canzonette spirituali a 3 voci (1606). Weitere Kom- 
positionen finden sich in Sammelwerken der Zeit. 
Nach B.s Tod gab Zucchi 1607 die Breve regola per 
imparar 9 a sonore sopra il Basso con ogtii Sorte d*istru - 
mento (eine Seite FoHo) heraus. 

Biarent (biariä), Adolphe, * 11. 10. 1871 zu 
Frasnes-lez-Gosselies, f 4. 2. 1916 zu Mont-sur- 
Marchiennes; belgischer Komponist, studierte Mu- 
sik in Brüssel und Gent, Rompreisträger 1901; 


162 



Bie 


Lehrer für Harmonie und Kontrapunkt an der 
Musikschule in Charleroi. Er schrieb die Orche- 
sterwerke Suite Conte d* Orient, symphonische 
Dichtung Trenmer, Ugende de l'amour et de la mort , 
Rapsodie wallorme , Pohne hdroique ; Klavierquintett, 
Cellosonate, Klavierstücke und Lieder. 

Biber, Aloys, * 1804 zu Ellingen, f 13. 12. 1858 
zu München; deutscher Klavierbauer. 

Lit. : Fr. J. Hirt, Meisterwerke d. Klavierbaus, Olten 
1955. 

Biber, Heinrich Ignaz Franz (von Bibern), 
* 12. 8. 1644 zu Wartenberg (Böhmen), f 3. 5. 
1704 zu Salzburg; österreichischer Komponist und 
Violinvirtuose, bis 1670 Musiker am Olmützer 
Bischofshof, ab 1673 am Hofe des Fürsterz- 
bischofs von Salzburg, 1679 Vizekapellmeister, 
1684 Kapellmeister und Truchseß, 1690 von Kaiser 
Leopold I. geadelt. Von seinen Kompositionen 
sind zu nennen: Serenade a 5 mit dem Nacht- 
wächterruf (1673), 16 Violinsonaten zur Ver- 
herrlichung von 15 Mysterien aus dem Leben Mariae 
(um 1675), Sonatae tarn aris quam aulis servientes 
(1676), Mensa sonora seu Musica instrumentalis 
(1680), 8 Solo-Violinsonaten mit B.c. (1681), 
Fidicinium sacro-profanum (12 4-5st. Sonaten; 1681), 
Harmonia artificiosa-ariosa (7 Partiten ä 3 mit kom- 
plizierter Anwendung der Scordatur und Häufung 
doppelgriffigen Spiels; 1712), ein Buch Vespern 
und Litaneien mit Instrumentenbegleitung (1693), 
Messen (unter ihnen die C dur-Messe S. Henrici ), 
Reauiem und Offertorien; einige Schuldramen 
sind ebenso verschollen wie die Opern Älessandro 
in Pietra (1689) und Uossequio di Salisburqo (1699). 
Nur das Manuskript der Oper Chi la dura la vince 
(1687) ist erhalten. B. gehört zu den bedeutendsten 
Instrum entalmusikem seiner Zeit; in weitem Maße 
nahm er italienische Anregtmgen auf und verarbei- 
tete sie in persönlicher Weise. 

Ausg.: Die 8 Violinsonaten mit B.c. v. 1681, hrsg. v. 

G. Adler in DTÖ V, 2; 16 Violinsonaten (Mysterien- 
Sonaten), hrsg. v. E. Luntz in DTÖ XII, 2; prak- 
tische Ausg. dieser Sonaten durch R. Reitz, Wien 
1923; Missa Sancti Henrici, hrsg. v. G. Adler, DTÖ 
XXV, 1 ; Requiem, hrsg. v.G. Adler, DTÖ XXX, 1 ; 
Serenade mit d. Nachtwächterlied, hrsg. v. P. Nettl, 
NMA 112; Passacaglia in: Deutsche Meisterwerke f. 
V. allein, Nr I, Köln 1921; eine Violinsonate in F. 
Davids Hohe Schule d. Violin-Spiels 1; Violinsonate 
»Christi Gebet auf dem ölberg« in Schering Beisp. 
238; Passacaglia d. Sonate VI (1681), in zeitgenöss. 
Bearb. f. Laute in DTÖ XXV, 2, Anh. 

Lit.: Einleitungen zu d. Ausg. in DTÖ; E. Luntz, 

H. I. F. B., Wien u. Lpz. 1906; M. Schneider, Zu 
B.*s Violinsonaten, ZIMG VIII, 1906/07; F. Moissl, 
F. H. I. B., ein Wartenberger Großmeister d. Violin- 
spiels, in: Mitt. d. Ver. f. Heimatkunde, Eberswalde 
1907; A. Moser, Die Violin-Scordatur, AfMw I, 
1918/19; ders., Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; 
P. Nettl, Die Wiener Tanzkomposition in d. 2. 
Hälfte d. 17. Jh., StMw VIII, 1921; ders.. Zur 
Gesch. d. Musikkapelle d. Fürstbischofs Karl Liech- 
tenstein-Kastelkorn von Olmütz, Zf Mw IV, 1921/ 
1922; ders., H. F. von Bibern, in: Sudetendeutsche 
Lebensbilder I, Reichenberg 1926; ders.. Der deutsch- 
böhmische Geiger B. u. d. Quellen seiner Kunst, in: 
Sudetendeutsches Jb., Eger u. Kassel 1926; C. Schnei- 
der, B. als Opemkomponist, AfMw VIII, 1926; 
ders., Gesch. d. Musik in Salzburg, Salzburg 1935; 
E. Schmitz, B.s Rosenkranzsonaten. Musica V, 1951. 


BIbl, Rudolf, * 6. 1. 1832 und f 2. 8. 1902 zu 
Wien; Österreichischer Organist, erhielt den ersten 
Klavier- und Orgeluntemcht von seinem Vater, 
dem Organisten Andreas B., * 8. 4. 1807 und 
f 30. 4. 1878 zu Wien (Organist am Stephansdom), 
und studierte später Komposition bei Sechter. 1850 
wurde er Organist an St. Peter, 1859 am Stefans- 
dom, 1863 Hoforganist, 1897 Hofkapellmeister, 
daneben war er ab 1891 Musiklehrer an der Leh- 
rerbildungsanstalt. Er schrieb 4 Instrumentalmes- 
sen op. 53, 58, 67 und 88; eine Messe a cappella 
op. 82; 2 Requiem op. 79 und 84; ein Orgelkon- 
zert op. 68; eine Orgelsonate op. 74; eine Orgel- 
schule op. 81; Praeludien und Fugen für Org. 
und Klavierstücke sowie eine Violinsonate op. 42. 

B}dermann, deutsche Instrumentenmacherfamilie 
in Augsburg: Samuel, * um 1540 zu Ulm, f 7. 12. 
1622 zu Augsburg; Samuel, * 1600 zu Augsburg, 
t nach 1653 wahrscheinlich zu Augsburg, Sohn des 
vorigen; Daniel, * 1603 und f 14.2.1663 zu 
Augsburg, Bruder des vorigen. Der ältere Samuel 
B. baute vor allem Spinette und Musikautomaten, 
aber auch einige Orgeln, so für Konstanz und 
Meersburg. Er arbeitete wahrscheinlich mir H. L. 
Häßler zusammen. Nach seinem Tode führten die 
Söhne das Geschäft weiter, doch wirkte Daniel B. 
nach 1649 auch als Organist. Die Automaten der 
B., eingebaut in kunstvolle Schränke, Tische oder 
Nähtische, waren zumeist Spinett-Werke mit 
Stiftwalzen und Uhrwerk. Die vier erhaltenen 
Stücke in Breslau, Wien, Dresden und Erlangen 
sind sämtlich noch spielbar. Das Repertoire besteht 
zum größten Teil aus Tänzen. 

Lit.: Fr. M. Böhme, Gesch. d. Tanzes II, Lpz. 1886; 
J. Böttiger, Ph. Hainhofer II, Stockholm 1910; P. 
Nettl, Ein spielender Kl.-Automat, ZfMw il, 
1919/20; J. Schlosser, Die Slg alter Musikinstr.e, = 
Kunsthist. Museum in Wien, Publ. aus d. Slgen f. 
Plastik... III, Wien 1920; M. Schneider, Seltene 
Musikinstr.e, Schlesiens Vorzeit N. F. IX (« Jb. d. 
Schlesischen Museums f. Kunstgewerbe IX), 1928; 
A. Protz, Mechanische Musikinstr.e, Kassel 1939; 
H. Meyer, Orgeln u. Orgelbauer in Oberschwaben, 
Zs. d. Hist. Ver.s f. Schwaben LIV, 1941 ; E. Fr. 
Schmid, H. L. Häßler, ebenda. 

Bie, Oscar, * 9. 2. 1864 zu Breslau, f 22. 4. 1938 
zu Berlin; deutscher Musikschriftsteller, studierte 
in Breslau, Leipzig und Berlin (unter Ph. Schar- 
wenka Musik), promovierte 1886 und wurde 1890 
Privatdozent für Kunstgeschichte an der Tech- 
nischen Hochschule in Berlin. Er war Heraus- 
geber der »Freien Bühne« und später der »Neuen 
Rundschau«, Opemkritiker des Berliner »Börsen- 
Courier«, ab 1921 Lehrer an der Hochschule für 
Musik. Außer über Malerei und bildende Kunst 
schrieb er über Musik : Das Klavier und seine Meister 
(München 1898, 21900; englisch: A History of the 
Pianoforte , übersetzt von E. E. Kdlett und E. W. 
Naylor, London 1899); Intime Musik (Berlin 1904) 
und Tanzmusik (Berlin 1905; Bände Ü und VI der 
Sammlung Die Musik, herausgegeben von R. 
Strauss); Der Tanz (Berlin 1906, *1919, 31925); 
Die moderne Musik und Richard Strauss (Berlin 1906; 
Band XI der Sammlung Die Kultur, herausgegeben 
von C. Gurlitt; Leipzig 21916, 31925); Klavier ; 
Orgel und Hartnonium (Leipzig 1910, = Aus Natur 
und Geisteswelt CCCXXV); Die Oper (Berlin 
1913, 5-71920, 8-101923); Fritzi Massary (Berlin 


11 * 


163 



Biebl 


1920); Barbara Kemp (Berlin 1921); Das Rätsel der 
Musik (Leipzig 1922) ; Franz Schubert (Berlin 1925; 
englisch Schubert the Man , übersetzt von J. S. Un- 
termeyer, New York 1929); Das deutsche Lied 
(Berlin 1926) ; Richard Wagner und Bayreuth (Zürich 
1931). 

Biebl, Franz, * 1. 9. 1906 zu Pursruck (Bayern); 
deutscher Komponist und Chorleiter, ließ sich 
nach seiner Ausbildung bei J. Haas, S. v. Hausegger 
und L. Berberich 1932 in München als Chorleiter 
nieder. 1939-45 unterrichtete er am Mozarteum 
in Salzburg und lebt seit 1948 in Fürstenfeldbruck 
ab Privatlehrer und Mitarbeiter des bayrischen 
Rundfunks. An Kompositionen liegen vorwiegend 
Vokalsätze vor. 

Biehle, - 1) Johannes, * 18. 6 . 1870 und t 4. 1. 
1941 zu Bautzen; deutscher Kirchenmusiker, stu- 
dierte am Konservatorium in Dresden, zuerst 
Bürgerschullehrer, 1898-1914 Stadtkantor in 
Bautzen, wo er die Lausitzer Musikfeste 1905, 1907 
und 1912 leitete. 1908 wurde er zum Kirchen- 
musikdirektor ernannt. Mehrere Jahre studierte er 
noch an der Technischen Hochschule Dresden, ha- 
bilitierte sich 1916 ab Dozent für Raumakustik an 
der Berliner Technischen Hochschule und wurde 
1918 an die Universität Berlin ab Dozent für Mu- 
sikalische Liturgik berufen. 1920 wurde ihm die 
Oberrevision des preußischen Orgelbauwesens 
übertragen. Er gilt als Begründer der Glocken- 
wissenschaft. Eine Festschrift Johannes Biehle, her- 
ausgegeben von E. H. Müller, erschien Leipzig 
1930. Er veröffentlichte: Theorie der pneumatischen 
Traktur (SIMG XIII, 1911/12) ; Theorie des Kirchen^ 
baues . . . (Wittenberg 1913) ; Wesen , Wertung und 
Gebrauch der Glocken (Wittenberg 1916); Verglei- 
chende Bewertung der Bronze - und Gußstahl-Glocken 
(Dieskau 1918); Die Analyse des Glockenklanges 
(AfMw I, 1918/19); Beiträge zur Musikalischen Li- 
turgik (Leipzig 1919); Raum und Ton (ZfMw U, 
1919/20); Der Einfluß der Aufhängung schwingender 
Glocken auf ihre Tongebung (Berlin 1921) ; Raum- 
akustische , orgeltechnische ; und bau-liturgische Pro- 
bleme (AfMw IV, 1922); Die liturgische Gleichung 
(Dresden 1923, Berlin 2 1931); Die Tagung für 
Orgelbau in Berlin . . . 1928 (Kassel 1929). Sein 
Sohn -2) Herbert Johannes Richard, * 16. 2. 1901 
zu Dresden; deutscher Gesangspädagoge, stu- 
dierte Komposition bei Georg Schumann, Gesang 
bei G. Armin und Musikwissenschaft bei Joh. 
Wolf in Berlin, promovierte 1923 mit einer Arbeit 
über die Musikgeschichte von Bautzen (Veröffent- 
lichungen des Fürstlichen Institutes für musik- 
wissenschaftliche Forschung zu Bückeburg, Vierte 
Reihe = Quellenstudien zur Musikgeschichte 
deutscher Landschaften und Städte, Band III, Leip- 
zig 1924). B. war 1942-44 Lehrer an der Musik- 
hochschule in Berlin, wo er jetzt als Stimmpäd- 
agoge lebt. Weitere Schriften: Georg Schumann 
(Münster 1925); Die Stimmkunst (2 Bände, Leipzig 
1931/32); Der liturgische Sprechgesang ab Stimm- 
problem (Göttingen 1935); in der Sammlung 
Göschen: Redetechnik (1954) und Stimmkunde für 
Beruf Kunst und Heilzwecke (1955). 

Lit.: in der Fs. J. B., Lpz. 1930: H. Mund, J. B. u. 
die modernen Orgelbauprobleme, - H. Biehle, J. B. 
Das Institut B., Bibüogr. der Werke von J. B. 


Bienenfeld, Elsa, * 23. 8. 1877 zu Wien; öster- 
reichische Musikschriftstellerin, studierte Musik- 
wissenschaft bei G. Adler und Musiktheorie bei 
Schönberg. 1904 promovierte sie mit der Arbeit 
Wolffgang Schmeltzl und sein Liederbuch (t544) und 
das Quodlibet des XVI. Jahrhunderts (SIMG VI, 
1904/05). 

Bienstock, Heinrich, * 13.7.1894 zu Mül- 
hausen (Elsaß), f 17. 12. 1918 zu Tübingen; elsäs- 
sischer Komponist, Schüler von Hans Huber in 
Basel, dann Solorepetitor am Karbruher Hof- 
theater, lebte zuletzt in München. Er schrieb: 
Symphonie H moll op. 13 (1915) ; Oper Zuleima 
(Karlsruhe 1913); Oper Sandro der Narr (Stuttgart 
1916); Pantomime Der Bezwinger des Lebens (nicht 
auf geführt). 

Bierdi^jew, Walerian, * 7. 3. 1885 zu Grodno; 
polnischer Dirigent, studierte in Leipzig Kompo- 
sition bei Reger und Dirigieren bei A. Nikisch. 
Nach seinem Debüt 1906 in Dresden trat er in 
zahlreichen europäbchen Ländern ab Gastdirigent 
auf, war bis 1925 in Leningrad tätig und kehrte 
dann nach Polen zurück. Nach dem 2. Welt- 
krieg war er zunächst Lehrer an den Musikhoch- 
schulen von Warschau, Krakau und Posen. Seit 
1949 leitet er die Posener Oper. 

Bierey, Gottlob Benedikt, * 25. 7. 1772 zu 
Dresden, j* 5. 5. 1840 zu Breslau; deutscher Kom- 
ponist, Schüler von Weinlig, war zuerst Musik- 
direktor der Opemtruppen Voigt, Döbbelin, Se- 
conda, verschaffte sich durch die erfolgreiche Auf- 
führung seiner Oper Wladimir (1807 in Wien) den 
Ruf ab Theatcrkapellmeister nach Breslau (1808) 
ab Nachfolger C. M. v. Webers, wurde 1824-28 
Pächter des Theaters, lebte dann in Weimar, ging 
aber 1834 nach Breslau zurück. Außer Sing- 
spielen hat er Kantaten, eine Messe und Klavier- 
stücke geschrieben; eine Harmonielehre blieb Ma- 
nuskript. 

Lit.: Denkschrift zur Erinnerung an B., Breslau 1841. 

Biemacki (bjem'atski), Micha Marian, * 24. 9. 
1855 zu Lubfin, f IS. 5. 1936 zu Warschau; pol- 
nischer Komponist, Schüler von Roguski und Ze- 
leriski am Warschauer Konservatorium, 1880-97 
Dirigent des Musik Vereins in Stanislau, dann Chor- 
dirigent in Warschau, 1902-05 Professor für Mu- 
siktheorie am Konservatorium und Direktor des 
Warschauer Musikvereins. Er schrieb eine Messe 
Cmoll, Kantaten für Chor und Orch., Chor- 
werke a cappella, symphonische Dichtungen, eine 
Violinsuite und Klavierstücke sowie eine All- 
gemeine Musiklehre (Warschau 1922, polnisch). 

Biersack, Anton, * 30. 11. 1907 zu Grcding; 
deutscher Komponist, war nach ausgedehntem 
Musikstudium 1928-32 am Würzburger Konser- 
vatorium (Komposition bei H. Zilcher) und 1932 
bis 1936 am Hochschen Konservatorium in Frank- 
furt am Main, wirkte an letzterem ab 1936 ab 
Theorielehrer, 1945-47 ab Chor- und Orchcstcr- 
leiter tätig, seitdem an der Frankfurter Hochschule 
Dozent für Tonsatz und Instrumentation. B. 
schrieb u. a. Sinfonische Musik (I, 1938, und II, 
1946) für großes Orch., ein Concertino Capriccio 
(1953) und ab Auftragswerk von Radio Frankfurt 
einen Ostinato Sinfonico (1955) für Orch., Skizzen 


164 



Binchois 


für Streichorch. (1951), ein Concertino für Solo-V. 
und Streichorch. (1956) und Bagatellen für Kam- 
merorch. (1939), ferner eine Geistliche Kantate 
(1937) und eine Passions-Kantate (1947) für Soli, 
Chor und Orch., außerdem Kammermusiken, 
vornehmlich für Bläser, auch eine Kinderoper 
Wir bauen eine Kirche (1953). 

Biese, Wilhelm, * 20. 4. 1822 zu Rathenow, 
t 14. 11. 1902 zu Berlin; wirkte ab 1851 als ge- 
schätzter Klavierbauer in Berlin. 

Bigaglia (big'aAa), Diogenio, * zu Venedig, 
war dort Benediktinermönch im Kloster San Gior- 
gio maggiore; er gab 1715 bei Roger in Amster- 
dam 12 Sonaten für V. (Fl.) mit B.c. heraus. Con- 
certi grossi, Klavierkonzerte, geistliche Gesänge 
mit Instrumenten blieben Manuskript. 

Bigot (de Morogues) (big'o), Marie (geb. 
Kudnd), * 3. 3. 1786 zu Colmar, f 16. 9. 1820 zu 
Paris; französische Pianistin, kam 1804 als Gattin 
des Bibliothekars des russischen Botschafters Gra- 
fen Rasumowsky nach Wien und wurde von 
Haydn und Beethoven (der ihr das Manuskript der 
Appassionata schenkte) hoch geschätzt; 1809 sie- 
delte das Ehepaar B. nach Paris über; ab 1812 er- 
teilte sie dort Klavierunterricht, als ihr Gatte 
stellungslos wurde. 1816 war Mendelssohn einige 
Zeit ihr Schüler. Sie hat einige Klavierwerke ver- 
öffentlicht. 

Lit. : J. F. Reichardt, Vertraute Briefe, geschrieben 
auf einer Reise nach Wien 1808-09, Brief vom 
31.12.1808; E.-M. Fallet, M. B. k Neuchätel, 
SMZ LXXXVIII, 1948. 

Bihari (b'ihari), Jänos, getauft 24. 10. 1764 zu 
Nagyabony, f 26. 4. 1827 zu Pest; ungarischer 
Geigenvirtuose und typischer Vertreter der Zi- 
geunermusik. Als 18jänriger gründete er eine Ka- 
pelle, mit der er Ungarn und das Ausland bereiste. 
Eine Verletzung am linken Arm zwang ihn 1824 
zur Aufgabe seines Berufs; seine ungarischen Wei- 
sen erlangten große Berühmtheit. 

Lit.: G. Mätray, B. Jänos magyar n6pzen6sz 61e- 
trajza, in: Magyar 6s Erdälyorszäg K6pekben II, 
Pest 1853; F. Liszt, Die Zigeuner u. ihre Musik in 
Ungarn, (deutsch v. L. Ramann), Lpz. 1883, ** Ge- 
sammelte Schriften VI; A. Moser, Gesch. d. Violin- 
spiels. Bin 1923; E. Major, J. B., Budapest 1928 
(mit Werkverz.); B. Jänos 61ete 6s müvei, Eneklö 
Ifjusäg, Budapest 1944. 

Bildstein, Hieronymus, * um 1580 zu Bregenz 
(Vorarlberg), f nach 1626 wahrscheinlich zu 
Meersburg; österreichischer Komponist, war um 
1604-26 Hoforganist des Fürstbischofs von Kon- 
stanz, der in Meersburg residierte. Von B. ist eine 
Sammlung 5-8st. Motetten Orpheus christianus 
(Ravensburg 1624) erhalten sowie ein 5st. deut- 
sches Marienlied in Klingensteins Rosetum Man 
rianum (Dillingen 1604). 

Billi, Vincenzo, * 4. 4. 1869 zu Brisighella (Ro- 
magna) ; italienischer Komponist, war als Dirigent 
in Frankreich, Spanien, Holland und England 
tätig, Komponist von Stücken populären Charak- 
ters, von denen besonders das Klavierstück Cam- 
pane a sera bekannt wurde. Er schrieb die Operet- 
ten Utia gara in famiglia (für Kinder), La Camera 
oscura (Rom 1921), eine große Reihe von Klavier- 
stücken, Chansons und Romanzen sowie populäre 
Orchesterstücke. 


Billings, William, * 7. 10. 1746 und f 26. 9. 
1800 zu Boston; amerikanischer Liederkomponist, 
war ursprünglich Lohgerber. Er gab heraus The 
New Englana Psalm Singer (Boston 1770); The 
Singing Master' s Assistant (1778); The Psalm 
Singers Amüsement (Boston 1781) und 3 weitere 
Sammlungen Kirchenlieder. 

Billington (b'ilinten), Elizabeth (geb. Weich- 
sdl), * 1765 (1768?) zu London, f 25. 8. 1818 bei 
Venedig; italienische Sopranistin, trat schon 7jäh- 
rig als Klavierspielerin in einem Konzert ihrer 
Mutter auf, Schülerin von Joh. Chr. Bach, be- 
kannt durch Memoirs of Mrs . B. (anonym 1792), 
gegen welche sie mit Answer to the Memoirs o f Mrs . 
B. (1792) protestierte, sowie durch Hogarths Dar- 
stellung ihres Lebensromans in Memoirs of Musical 
Drama (London 1834). 1794/95 sang sie an San 
Carlo in Neapel. Als Sängerin von hoher stimm- 
licher Qualität, die auch von Haydn gerühmt 
wurde, war sie in ganz Europa bekannt. 

Lit : J. Ridoway, Memoirs of Mrs. B. from her 
birth, London 1792; C. F. Pohl, Mozart und Haydn 
in London, Wien 1867. 

Billon (bij'ä), Jean du (Bilhon), französischer 
Komponist der 1. Hälfte des 16, Jh., von dem 
Motetten in Sammelwerken um 1534 -44 , auch 
eine Messe Content desir (Attaingnant 1534 und 
handschriftlich im päpstlichen Kapellarchiv) er- 
halten sind. 

Billroth, Theodor, * 26. 4. 1829 zu Bergen auf 
Rügen, f 6. 2. 1894 zu Abazzia; deutscher Chirurg, 
lebte ab 1867 in Wien und war eng befreundet 
mit Brahms. Er schrieb Wer ist musikalisch? (her- 
ausgegeben von Hanslick, Berlin 1896, 4 1912). 
Brahms widmete ihm die beiden Streichquartette 
op. 51. 

Lit. : Briefe von Th. B., hrsg. v. G. Fischer, Hannover 
u. Lpz. 1895, 31896, 8 1910; B. u. Brahms im Brief- 
wechsel, hrsg. v. O.-G. Billroth, Wien 1935. - 
I. Fischer, Th. B. u. seine Zeitgenossen, Bin u. Wien 
1929; A. Fraenkel, Th. B., in: Neue österr. Biogr., 
hrsg. v. A. Bettelheim, Abt. I, Bd 7, Zürich, Lpz., 
Wien 1931 ; L. Weiler, Th. B., Essen 1942. 

Bilse, Benjamin, * 17. 8. 1816 und f 13. 7. 1902 
zu Liegnitz; deutscher Dirigent, 1843 Stadtmusi- 
kus in seiner Vaterstadt, bildete dort die Ka- 
pelle so aus, daß er es unternehmen konnte, mit 
ihr nach Lösung seines Verhältnisses zum Iieg- 
nitzer Magistrat 1867 auf eigenes Risiko nach Paris 
zur Weltausstellung zu reisen und noch weiter im 
Ausland zu konzertieren. Ab 1868 hatte er sein 
Domizil in Berlin, wo in den folgenden Jahren die 
Bilse-Konzerte (im Konzerthaus) in hohem An- 
sehen standen. Auch wurde ihm von 1870 an die 
Leitung der Festmusiken bei Hofe übertragen. 1882 
löste sich von seiner Kapelle ein Teil ab, aus dem 
sich das Philharmonische Orchester entwickelte. 
1884 zog sich B. ins Privatleben nach Liegnitz 
zurück. Er komponierte Tänze und Märsche. 

Lit.: W. Altmann, Chronik des Philharmonischen 
Orchesters, Bin 1902; O. Schrenk, Berlin u. die 
Musik, Bin 1940; H. Ünverricht, B. B., der Grün- 
der der Berliner Philharmoniker wider Willen, ZfM 
CX1II, 1952. 

Binchois (beju'a), Gilles (de Binche, de Bins), 
* um 1400 zu Mons (Hennegau), f im September 
oder Oktober 1460; franko-flämischer Kompo- 


165 



Binder 


nist, war in jungen Jahren Soldat. 1424/25 stand er 
im Dienste des Grafen von SufFolk, dem er viel- 
leicht vom Hennegau aus nach England folgte. 
Von 1430 findet er sich bis 1456 als Kaplan in den 
Listen der burgundischen Hofkapelle (die Listen von 
1457-60 fehlen), 1453/54 als abwesend vermerkt. 
Wie Dufay war auch B. Kanonikus von St. Wau- 
dru in Mons, die Bekanntschaft der beiden Mei- 
ster darf schon relativ früh angenommen werden 
(vgl. die gemeinsame Darstellung der beiden Mu- 
siker in einer Miniatur in Martin Le Franc’s 
Champion des Domes von 1440). Erhaltene Werke: 
einzelne Meßsatze: 6 Kyrie-, 7 Gloria-, 5 Credo-, 
5 Sanctus- und 5 Agnus-Sätze; 4 Magnificat; etwa 
30 Kompositionen zu lateinischen Texten (Mo- 
tetten, Hymnen); über 50 Kompositionen zu 
französischen Texten (Chansons). Die Komposi- 
tionen sind fast ausschließlich dreistimmig, Vier- 
stimmigkeit tritt nur ganz vereinzelt auf. 

Ausg.: GA der Chansons v. W. Rehm, MMD II; 
Missa Angeloram, hrsg. v. L. Feininger, Documenta 
Polyphoniae Liturgicae I, 5, Rom 1949; einzelne 
Kompositionen veröff. in DTÖ VII u. XI, hrsg. v. G. 
Adler u. O. Koller; ein Veni creator, in DTÖ 
XXVII, 1, hrsg. v. dens.; 3 Ordinariumssätze in DTÖ 
XXXI (=» Bd 61); H. Riemann, Sechs bisher nicht 
gedruckte 3st. Chansons . . . v. G. B. . . ., Wiesbaden 
1892; C. Stainer, Dufay and his contemporaries, 
London 1898; J. Wolf, Gesch. d. Mensuraino tation 
1250-1460, Lpz. 1904; H. E. Wooldridge, The Ox- 
ford Hist, of Music II, Oxford 1905, 177/78; H. Rie- 
mann, Hausmusik aus alter Zeit . . ., Lpz. 1906; Ch. 
van den Borren, Polyphonia sacra, Nashdom Abbey 

1932; W. Gurlitt, G. B., 16 weltl. Lieder Chw. 

22, Wolfenbüttel 1933; J. Marix, Les Musiciens de la 
cour de Bourgogne au XV® sifccle; Messes, motets, 
chansons . . ., Paris 1938. 

Lit.: W. Gurlitt, Burgundische Chanson- u. deut- 
sche Liedkunst, in: Kgr.-Ber. Basel 1924; E. Closson, 
L’origine de G. B., Rev. de Musicol. VIII, 1923/24; 
Ch. van den Borren, Guillaume Dufay, son im- 
portance dans Involution de la musique au XV® 
sitcle, Brüssel 1926; H. Funck, Eine Chanson v. B. 
im Buxheimer Orgel- u. Lochheimer Liederbuch, 
AMI V, 1933; J. Marix, Hist, de la Musique et des 
Musiciens de la Cour de Bourgogne sous le rögne de 
Philippe le Bon, = Slg mw. Abh.en XXVIII, Straß- 
burg 1939; Ch. van den Borren, Etudes sur le XV® 
s. mus., Antwerpen 1941 ; H. Besseler, Bourdon u. 
Fauxbourdon, Lpz. 1950; W. Rehm, Das Chanson- 
werk v. G. B., Diss. Freiburg i. Br. 1952, maschr. 

Binder, Abraham W olf e, * 13. 1 . 1895 zu New 
York; amerikanischer Komponist, studierte an der 
Columbia University und besuchte zu wiederhol- 
ten Malen Palästina zum Studium der jüdischen 
Musik. B. leitete ab 1918 mehrere Chorvereini- 
gungen (den Chor der Free Synagogue ab 1923), 
wurde 1921 Lehrer (1937 Professor) am Jewish 
Institute of Religion in New York. Er schrieb 
symphonische Orchestersuiten und andere Or- 
chesterwerke ( Poem of Freedom 1953, Sabbath for 
Israel 1954). Veröffentlicht sind: Hibbath Shabbath 
(1928), Rinnath Shabbath (1933), Palestinian Song 
Suite (1935), Evening Service for the New Year 
(1940), Kabbalath Shabbath (1942), Chorwerk Amos 
on Times Square (1943), musikalische Erzählung 
Esther ; Queen of Persia (1948), Chorwerk Israel 
Rebom (1949), Moming Service for the New Year 
(1951), Heart of America (1954), Chanukkah of the 
Maccabees (1954), Aftemoon Service for Day of 
Atonement (1956). Er gab heraus: New Palestinian 


Folk Songs (2 Bücher, 1925 und 1932), Palestine in 
Song (1938), Pioneer Songs of Palk (1948) und 
schrieb eine History of Jewish Music (in der Enzy- 
klopädie The Jewish People, Band III, 1952). 

Binder, Christlieb Siegmund, * 28. 7. 1723 
und f 1- 1* 1789 zu Dresden; deutscher Kompo- 
nist, wurde 1742 Schüler Hebenstreits, 1751 in die 
Hofkapelle aufgenommen, 1753 Organist der 
Dresdner Hofkirche, ist einer der fruchtbarsten 
Klavierkomponisten um 1750 in einem C. Ph. E. 
Bach nahestehenden StiL Er schrieb Cembalo- 
sonaten; Trios für Fl. oder V., Vc. und Cemb.; 
Quartette für 2 V., Vc. und Cemb. ; Cembalo- und 
Orgelkonzerte und Orchesterstücke. 

Ausg.: Sonate A moll u. 3 Sonatensätze f. Cemb., in: 
O. Schmidt, Musik am sächs. Hofe IV, Lpz. o. J.; 
Satz aus einem Cembalokonzert, in: O. Schmidt, 
Musik am sächs. Hofe VI, Lpz. o. J.; Sonate D dur f. 
Cemb., in: Deutsche Kl.-Musik d. 17. u. 18. Jh., hrsg. 
v. F. Oberdörffer, H. III, Bin o. J. ; Sonate G dur f. 
V. u. Kl., hrsg. v. G. Hausswald, =» HM LXII, 
Kassel o. J. 

Lit.: H. Fleischer, Ch. S. B., Diss. Lpz. 1940, gedr. 
Regensburg 1941; R. Engländer, Instrumental- 
musik in Dresden . . . III, STMf XXIII, 1948; ders.. 
Die Dresdner Instrumentalmusik in d. Zeit d. Wiener 
Klassik, = Uppsala Universitets Ärsskrift 1956, V, 
Uppsala u. Wiesbaden 1956. 

Binder, Karl, * 29. 11. 1816 und f 5. 11. 1860 zu 
Wien; österreichischer Kapellmeister, war 1839-47 
Kapellmeister des Josefstädter Theaters in Wien, 
1847 in Hamburg, im Herbst des gleichen Jahres in 
Preßburg und zuletzt wieder in Wien. Er kompo- 
nierte Operetten, Medodramen und Possen, darun- 
ter eine Parodie auf Wagners Tannhäuser (Wien 
1857). 

Bjnenbaum, Janko, * 28. 12. 1880 zu Adriano- 
pel; bulgarischer Komponist, 1901-03 Schüler der 
Münchner Akademie (Gluth und Rheinberger). 
1903 wurde er Opemkapellmeister in Regensburg, 
später in Hamburg und Berlin; lebt in Chevreuse 
(Scine-et-Oise). Da er das Komponieren als eine 
ganz private Tätigkeit ansieht, erscheinen seit vie- 
len Jahren keine Werke von ihm in Öffentlichen 
Aufführungen oder im Handel. Er schrieb eine 
Oper, ein Ballett, 3 Symphonien, 2 Ouvertüren, 
2 Violinkonzerte, 5 Streichquartette, ein Klavier- 
quintett, Pobme lyriqite für 8 Streicher, Pohme intime 
für Klaviertrio, 2 Violinsonaten, eine Klavier- 
sonate, Lieder und Chöre. 

Binet (bin'e), Jean, * 17.10.1893 zu Genf; 
Schweizer Komponist, lebt in Trelex (Waadt- 
land). Die Grundlegung seiner musikalischen Aus- 
bildung erwarb er am Institut Jaques-Dalcroze in 
Genf, das er 1918 mit Lehrdiplom für Kompo- 
sition (O. Barblan, Templeton Strong) absol- 
vierte. Nach diesen Lehrjahren, während deren er 
unter Ansermet im Orchcstre de la Suissc Ro- 
man de aufführungspraktische Erfahrungen sam- 
melte, folgten Wandeijahre in zwei Stadien: 1919 
bis 1923 bei E. Bloch, seinem nach New York bzw. 
Cleveland ausgewanderten Landsmann, und 1923 
bis 1929 bei dem ihm befreundeten Pro Arte- 
Quartett in Brüssel. Seitdem lebt er als »Ton- 
Bauer« in der Stille seines Landsitzes im Waadt- 
land. Sein Werk umfaßt u. a. eine Anzahl geist- 
licher Kantaten (Psalmkompositionen) und Kla- 


166 



Birkner 


vierliederzyklen nach Apollinaire, Cuttat, Lansel 
(rätoromanisch), Marot, Parier und Ramuz. Unter 
seinen Orchesterwerken stehen Schweizer Suiten 
und Symphonische Tänze an der Spitze, gefolgt 
von 2 Balletten ( VUeEnchantie , 1947; Le Printemps , 
1949) und mehreren Bühnenmusiken. B. ist Präsi- 
dent der Sod6t6 des Auteurs et Editeurs (SUISA). 

Bing, Rudolf (C. B. E.), * 9. 1. 1902 zu Wien; 
österreichischer Opemleiter, lebt als naturalisierter 
Engländer in New York. Nach Universitätsstudien 
in Wien arbeitete er 1921-33 in Deutschland mit 
Opern- und Konzertagenturen und mit Opem- 
instituten zusammen, war 1934-49 in England 
Leiter der Glyndeboume Opera, 1947-49 auch 
künstlerischer Direktor der Edinburgh Festivals 
und ist seit 1950 Generalmanager der Metropolitan 
Opera, New York. B. ist einer der einflußreichsten 
Opemleiter der Gegenwart. Das Lafayette College 
ernannte ihn zum Ehrendoktor der Musik, die 
englische Königin zum Commander of the British 
Empire. 

Biondi, Giovanni Battista, gebürtig aus Ce- 
sena (Giambattista de Cesena) ; italienischer Kom- 
ponist, Minorit, gab in Venedig heraus: 5st. Mes- 
sen, Litaneien und Motetten mit B.c. (1608), 4st. 
Messen und Motetten mit B.c. lib. I (1607 und 
mehr), 3st. Messen mit B.c., darunter ein Requiem 
(1609), 4st. Motetten und Litaneien (1606), 4 Bü- 
cher 4-5st. Vesperpsalmen mit B.c. (1606-30), 
Compieta con litanie ... et Motetti a 8 voci mit B.c. 
(1606), Compieta a4v. c. B.c. (Lib. I für gemischte, 
Lib. II für gleiche Stimmen 1612) und 5 Bücher 
Concerti a 1-5 v. mit B.c. (bis 1621). Auch erschien 
1607 ein Buch 5st. Salmi intieri mit B.c. von B. und 
Ant. Troilo. 

Bioni, Antonio, * 1698 zu Venedig; italienischer 
Opernkomponist, Schüler von G. Porta. Seine 
erste Oper Climene wurde 1721 in Chioggia ge- 
spielt. 1724 war er als Musikdirektor einer ita- 
lienischen Opemtruppe in Prag und kam 1726 mit 
dieser nach Breslau, wo er 1730 die Leitung der 
Truppe übernahm und bis 1734 26 italienische 
Opern komponierte. Besonderen Erfolg hatte sein 
Bndimione (1727). Der Kurfürst von Mainz er- 
nannte ihn 1731 zum Hofkomponisten. Danach 
verliert sich B.s Spur bis auf die Aufführung seiner 
Oper La pace fra la virtu e la bellezza am Wiener 
Hofe 1739. Er schrieb auch eine 4st. Messe. 

Birchall (b'oetjad), Robert, f 1819 zu London; 
englischer Musikverleger, gründete um 1784 eine 
musikalische Leihbibliothek und 1789 einen eige- 
nen Verlag in London. B. übernahm die Veran- 
staltung der Andent Concerts, plante eine Ge- 
samtausgabe der Werke Handels und verlegte 
Werke Beethovens, darunter den Klavierauszug 
der Schlachtsymphonie op. 91, die Violinsonate 
op. 96 und das Klaviertrio op. 97. 

Lit.: Fr. Chrysander, Beethoven u. B., Jb.er f. mus. 
Wiss. I, 1863, S. 429-37. 

Bfrckenstock, Johann Adam, * 19. 2. 1687 zu 
Alsfeld (Hessen), f 26. 2. 1733 zu Eisenach; einer 
der bedeutendsten älteren Violinkomponisten 
Deutschlands, Schüler von Volumier in Berlin, 
Fiorelli in Bayreuth, de Val in Paris und Ruggiero 
Fedeli in Kassel, war ab 1709 in der Kasseler Ka- 


pelle tätig, 1725-30 als Konzertmeister, ab 1730 
Kapellmeister in Eisenach. Er gab 2 Bücher Violin- 
sonaten mit Continuo (1722), 6 Triosonaten (2 V. 
mit B.c.) sowie 12 Concerti a 6 heraus. Eine Sinfo- 
nie mit Oboen und Hörnern ist handschriftlich in 
Uppsala erhalten. 

Ausg.: eine Sonate (bearb. f. Vc.) sowie einzelne 
Sonatensätze, hrsg. v. A. Moffat, London 1904; 
Violinsonate op. I, 2, hrsg. v. W. Wobhl in NMA 25, 

1 928 ; Sonate op. I, 9 (bearb. f. Vc.), hrsg. v. Salmon, 
Ricordi, Mailand 1914; Sidliano in A. Schering, 
Alte Meister des Violinspiels, Lpz. o. J. 

Bird (bce:d), Arthur, * 23. 7. 1856 zu Beimont 
(Massachusetts), f 22. 12. 1923 zu Berlin; ameri- 
kanischer Komponist, studierte 1875-77 und wie- 
der ab 1881 in Berlin, 1884/85 in Weimar bei 
Liszt und lebte danach in Berlin, schrieb eine 
Symphonie A dur op. 8, Kamevalszene für Orch. 
op. 5, Klavier- und Orgelwerke, die komische 
Oper Daphne und das Ballett Rübezahl 
Lit.: W. C. Loring, A. B., MQ XXIX, 1943. 

Bird, William -* Byrd. 

Birkedal-Barfod, Ludwig Harbo Gote, * 27. 
5. 1850 und f 18. 10. 1937 zu Kopenhagen; dä- 
nischer Organist, studierte am Kopenhagener Kö- 
niglichen Konservatorium Theorie und Orgel bei 
G. Matthison-Hansen, Komposition bei Gade und 
J. P. B. Hartmann, lebte als Organist verschiedener 
Kirchen in Kopenhagen und war 1906-32 Theorie- 
und Orgellehrer am Konservatorium von Matthi- 
son-Hansen, daneben auch Musikkritiker von 
Kristeligt Dagblad. Er schrieb Orgelwerke, Klavier- 
stücke, Unterrichtswerke für Org., KL und Har- 
monium sowie Violinstücke. 

Birken, Sigmund von (Betulius), * 5. 5. 1626 
zu Wildenstein (Bezirk Eger), f 12. 6. 1681 zu 
Nürnberg; deutscher Dichter, lebte in Nürnberg, 
das er nur jeweils auf kürzere Zeit zu Studien in 
Jena, Erziehertätigkeit am Hofe von Wolfenbüttel 
und einer Reise nach England und den Nieder- 
landen verließ. Dem Orden der Pegnitzschäfer ge- 
hörte B. seit seiner Gründung an, ab 1662 als Ober- 
hirt. Äußere Zeichen seines großen Ansehens 
waren die Erhebung in den Adelsstand und die 
Krönung zum Poeta laureatus. B. verfaßte viele 
Gelegenheitsdichtungen, darunter das Singspiel 
Sophia und ein Ballett der Natur (beide Bayreuth 
1662). Von seinen Liedsammlungen enthalten Me- 
lodien: Todes-Gedanken (Nürnberg 1670; Melo- 
dien von Löhner), Floridens Lieb und Lebangedenken 
(Nürnberg 1678) ; Heiliger Sonntags-Handel (Nürn- 
berg 1681 ; Schultheiß und Wecker). Das deutsche! 
Evangelische Kirchen-Gesangbuch (1950) enthält 
von B.s Liedern; Lasset uns mit Jesu ziehen und 
Jesu , deine Passion. 

Lit. : J. Tittmann, Die Nürnberger Dichterschule, 
Göttingen 1847; E. E. Koch, Gesch. d. Kirchenlieds 
III, Stuttgart 1867; H. Cysarz, Deutsche Barock- 
dichtung, Lpz. 1924; G. Müller, Gesch. d. deutschen 
Liedes, = Gesch. d. deutschen Lit nach Gattungen 
IU, München 1925. 

Birkner, Günter, * 7. 8. 1925 zu Niedobschütz 
(Oberschlesien) ; deutscher Musikforscher, stu- 
dierte 1946-48 an der Hochschule für Musik, ab 
1946 bis zur Promotion 1951 Musikwissenschaft 
an der Universität Freiburg im Breisgau (Gurlitt, 


167 



Bimbach 


Zenck), danach bei Handschin in Basel, 1953/54 
an der Ecole des Chartes und an der Sorbonne in 
Paris, ab 1954 Mitarbeiter an dem vorliegenden 
Lexikon, auch Hauptmitarbeiter am Larousse de la 
Musique (2 Bande, Paris 1957/58). Schriften: Die 
Gesänge des Graduate Karlsruhe Pm 16 (Dissertation 
Freiburg i. Br. 1951, maschinenschriftlich); Zur 
' Motette über »Brumms est mors « (AfMw X, 1953), 
Notre Dame-Cantoren und -Succentoren vom Ende 
des 10. bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts (in: In 
memoriam J. Handschin, herausgegeben von H. 
Angl£s, G. Birkner, Ch. van den Borren u. a., 
Straßburg 1958). B. bearbeitete den musikalischen 
Teil der Ausgabe Die politischen Lieder Walthers 
von der Vogelweide von Fr. Maurer (Tübingen 
1954) sowie in dessen Ausgaben der religiösen, po- 
litischen und Liebeslieder Walthers in der Alt- 
deutschen Textbibliothek (Band XLIII und XL VII, 
Tübingen 1955 und 1956). 

Bimbach, - 1) Karl Joseph, * 1751 zu Köper- 
nick bei Neiße, f 29. 5. 1805; deutscher Violinist, 
lebte in Breslau, Berlin und ab 1803 als Kapell- 
meister am Deutschen Theater in Warschau. Er 
komponierte Klavierkonzerte, Vioünsonaten und 
viele andere Werke. - 2) Joseph Benjamin Hein- 
rich, * 8.1.1793 zu Breslau, t 24.8. 1879 zu 
Berlin, Sohn von Karl Joseph B.; deutscher 
Pianist, lebte als Klavierlehrer ab 1814 in Breslau, 
ab 1821 in Berlin. Zu seinen Schülern gehören 
O. Nicolai und S. Dehn. Er schrieb: Der voll- 
kommene Kapellmeister (Berlin 1845); 2 Sympho- 
nien, 2 Ouvertüren, Konzerte und Klavierstücke. 

Bimstiel, Friedrich Wilhelm, Berliner Mu- 
sikverleger um 1753-82, ist bekannt als Heraus- 
geber von Sammlungen von Kompositionen der 
sogenannten Berliner Schule, besonders der Oden 
mit Melodien (2 Teile 1753 und 1755, gesammelt 
von Chr. G. Krause), Lieder von J. Fr. Agricola, 
C. Ph. E. Bach, Fr. Benda, J. Gottt. Graun, K. H. 
Graun, Chr. G. Krause, Nichehnann, Quantz und 
Tdemann; die Gedichte (gesammelt von Ramler) 
sind von Gleim, Hagedorn, Giseke, Ebert, Kleist, 
Uz, Schlegel, Dreyer. Weitere Sammlungen: 
Kleine Clavierstücke nebst einigen Oden (2 Teüc, 
1760) mit Stücken von Graun, Kimberger, Nichel- 
mann, Sack, J, S. Bach, Rameau, Dandneu; Neben- 
stunden der Berlinischen Musen (1762). Klavierstücke 
vonC.Ph.E.Bach,Marpurg,Couperin und Rameau ; 
sowie das Wochenblatt Musikalisches Allerley (1760 
bis 1764) mit Liedern und Klavierstücken verschie- 
dener Meister, vor allem der in den anderen 
Sammlungen vertretenen. 

Birtner, Herbert, * 16. 6. 1900 zu Hamburg, 
t (gefallen) 27. 9. 1942 bei Woronesch; deutscher 
Musikforscher, studierte ab 1919 Musikwissen- 
schaft in Freiburg im Breisgau, Heidelberg und 
Leipzig (Kroyer), wo er 1924 mit einer Arbeit über 
J. a Burck als Motettenkomponist (maschinenschrift- 
lich) promovierte. Mit dieser Arbeit eröffnete er 
eine Reihe von grundlegenden geistesgeschicht- 
lichen Studien zur Musik der Reformationszeit so- 
wie des späteren Protestantismus: Ein Beitrag zur 
Geschichte der protestantischen Musik (ZfMw X, 
1927/28; wieder über J. a Burck); Die Probleme der 
spätmittelalterlichen Mensurainotation (ZfMw XI, 
1928/29) ; Habilitations-Schrift Studien zur nieder- 


ländisch-humanistischen Musikanschauung (Marburg 
1928, maschinenschriftlich; Teüdruck Heidelberg 
1930, das Glarean-Kapitd) ; Die Probleme der Orgel- 
bewegung (Theologische Rundschau, Neue Folge 
IV, 1932); Zur Schütz-Bewegung (MuK IV, 1932); 
Bachs Inventionen (Deutsche Tonkünstlerzeitung 
XXXI, 1933); Renaissance und Klassik in der Musik 
(Festschrift Kroyer, Regensburg 1933); H. Schütz 
und Landgraf Moritz und Die jNeue Schütz-Gesell- 
schaft (Hessenland XLVI, 1935) ; Grundsätzliche Be- 
merkungen zur Schütz-Fflcge (MuK VII, 1935); 
Fragen der Aufftihrungspraxis . . . bei Schütz (DMK 
III, 1938). 1938 wurde B., nachdem er bereits 
1936 den Vorsitz der Neuen Schütz-Gesellschaft 
übernommen hatte, zum außerordentlichen Pro- 
fessor in Marburg ernannt, 1940 nach Graz be- 
rufen, wo er sich auch der musücalischen Landes- 
geschichte zuwandtc: J.J. Fux und der musikalische 
Historismus (DMK VII, 1942). Weitere Aufsätze 
schrieb B. über Pindar oder Kircher? (Hermes XX, 
1936) und Zur deutschen Beethoven- Auffassung seit 
R. Wagner (Festschrift Schiedcrmair, Berlin und 
Bonn 1937). Ausg.: Bd XIII (Eulogodia Sionia) u. 
IV (Musae Sioniae IV) der Praetorius-Gcsamtaus- 
gabe (1929 und 1933); H. Schütz, drei deutsche 
Konzerte (Kassel 1932); Aulen, Missa (Chorwerk 
XXXI, 1934). 

Lit.: Fr. Blume, H. B., AfMf VIII, 1943. 

Bischoff, Georg Friedrich, * 21. 9. 1780 zu 
Ellrich (Harz), f 7. 9. 1841 zu Hildesheim; zuerst 
Kantor und Schullehrer in Frankenhausen, 1816 
Musikdirektor in Hildesheim, veranstaltete das 
erste thüringische Musikfest (20./21. 6. 1810 in 
Frankenhausen unter Spohr) Auch die Musikfeste 
1811 in Frankenhausen und Erfurt entsprangen 
seiner Initiative. B. gab 3 Sammlungen Schul- 
lieder heraus. 

Lit.: L. Spohr, Selbstbiogr., 2 Bde, Kassel u. Götlin- 
gen 1860-61, neu hrsg. v. Schmitz, Kassel und Basel. 

Bischoff, Hans, * 17. 2. 1852 zu Berlin, t 12. 6. 
1889 zu Niederschönhausen bei Berlin; deutscher 
Pianist, Schüler von Th. Kullak und Wücrst, pro- 
movierte in Berlin (Dissertation über Bemara von 
Ventadom, 1873) ; ab 1872 Lehrer für Klavicrspicl 
(1879 auch für Methodik) an Kullaks Akademie, 
später am Stcrnschen Konservatorium. B. konzer- 
tierte erfolgreich als Kammcrmusikspicler und lei- 
tete mit Hellmich die Montagskonzerte der Ber- 
liner Singakademie. Von seinen Publikationen 
sind hervorzuheben : die Bearbeitung der zweiten 
und dritten Auflage von Ad, Kullaks Ästhetik des 
Klavierspiels (1876, 1890), eine Auswahl Händel- 
scher Klavierwerke (Steingräber), kritische Aus- 
gaben von J. S. Bachs und R. Schumanns Klavier- 
werken (Steingräber), zwei Programmabhand- 
lungen Über die ältere französische Klavierschule und 
Über Joh. Kuhnaus Vorstellung einiger Biblischen 
Historien (1877), Zur Erinnerung an Th. Kullak 
(1883). B. hat wesentlichen Anteil an Kullaks 
Chopin-Ausgabe. 

Lit.: O. Stieglitz, H. B., 1889. 

Bischoff, Hermann, * 7. 1. 1868 zu Duisburg, 
1 25. 1. 1936 zu Berlin; deutscher Komponist, stu- 
dierte am Leipziger Konservatorium bei Tadassohn, 
empfing dann nachhaltige Eindrücke durch 
Richard Strauss, mit dem er nach München ging, 


168 



Bittner 


schrieb eine symphonische Dichtung Pan , 2 Sym- 
phonien (Edur und Dmoll), Introduktion und 
Rondo für Orch., Lieder und ein Buch Das 
deutsche Lied (in der Sammlung: Die Musik, hrsg. 
von R. Strauss, XVI/XVH, Berlin 1906). 

Lit.: P. Raabe in ZfM CIII, 1936. 

Bischoff. Kaspar Jakob, * 7. 4. 1823 zu Ans- 
bach, 1 26. 10. 1893 zu München; deutscher Chor- 
dirigent, gründete 1850 in Frankfurt am Main einen 
evangelischen Kirchengesangverein und lebte dort 
als Gesanglehrer. Er schrieb viele kirchliche Kom- 
positionen, Symphonien (Ödipus) und andere Or- 
chesterwerke sowie eine große Harmonielehre 
(1890). 

Lit.: Schmidt-Bode, K. J. B., 1889. 

Bischoff, Ludwig Friedrich Christian, * 27. 
11. 1794 zu Dessau, f 24. 2. 1867 zu Köln; deut- 
scher Musikkritiker, war 1823-49 Gymnasialdirek- 
tor in Wesel, gründete 1850 in Köln die »Rhei- 
nische Musikzeitung«, gab sie 1853 auf und rief 
dafür die »Niederrheinische Musikzeitung« ins 
Leben, die er bis zu seinem Tode redigierte; über- 
setzte auch Ulybyschews Beethoven (Leipzig 1859). 

Bishop (b'ijbp), (Sir) Henry Rowley, * 18. 11. 
1786 und f 30. 4. 1855 zu London; englischer 
Komponist und Dirigent, Schüler von Francesco 
Bianchi, 1810 Komponist und Musikdirektor des 
Covent Garden Theatre, 1813 Leiter der neuge- 
gründeten Philharmonischen Gesellschaft, 1819 
Dirigent der Oratorien-Konzerte in Covent Gar- 
den, 1830 Musikdirektor an Vauxhall, 1839 
Baccalaureus der Musik von Oxford, 1841 Pro- 
fessor der Musik in Edinburgh, welche Stellung er 
1843 auf gab, 1842 geadelt (Sir), 1848 Nachfolger 
von Dr. Crotch in der musikalischen Professur von 
Oxford; 1853 Doktor der Musik. 1840 bis zu 
ihrem Aufhören 1848 leitete er die Andent Con- 
certs. B. ist einer der fruchtbarsten Komponisten, 
die England aufzuweisen hat; außer 110 Bühnen- 
werken in der Zeit von 1804-40 (Opern, Sing- 
spiele, Ballette sowie Bearbeitungen älterer Opern) 
hat er ein Oratorium Der gefallene Engel , Kantaten 
(darunter The Seventh Day , 1834), eine Triumph- 
Ode geschrieben sowie einen Band Melodies of 
Various Nations und mit John Stevenson 8 Bände 
nationaler irischer Melocüen mit Texten von Th. 
Moore herausgegeben. B. hinterließ umfangreiche 
Memoiren (Reminiscences) im Manuskript. 

Lit.: R. Northcott, The Life of Sir H. R. B., Lon- 
don 1920; F. Cordbr, The Works of Sir H. B., MQ 
IV, 1918. 

Bisiach (b'i:zjak), italienische Werkstätte für den 
Bau von Lauten, gegründet 1886 von Leandro 
Bisiach (Senior) in Mailand. Zu L. B.s Schülern 
zählen zahlreiche Lautenmacher der Lombardei 
sowie seine vier Söhne, von denen der älteste, 
Andrea, gegenwärtig die Firma leitet. Neben 
Lauten weiden auch Streichinstrumente gebaut. 

Bisping, Ernst, * 3. 2. 1851 zu Lippstadt, t 29. 
12. 1927 zu Münster, gründete 1873 einen Musik- 
verlag in Münster. 

Bisping, Max, * 25. 7. 1817 zu Frödenberg 
(Westfalen), f 19. 3. 1880 zu Münster, Schüler des 
Lehrerseminars in Büren und des Berliner König- 


lichen Instituts für Kirchenmusik, Organist in 
Lippstadt, ab 1851 Gymnasialmusiklehrer in 
Münster, schrieb eine populäre Elementarklavier- 
schule sowie Klavier und Klavierspiel (1872, 2. Auf- 
lage von A. Rose). 

Bisquertt, Prospero, * 9. 6. 1881 zu Santiago; 
chilenischer Komponist, war 1940-45 Leiter des 
Instituto de Extensiön Musical der Universität von 
Chile. Er schrieb eine Zarzuela El ano dos mil 9 eine 
lyrische Komödie Sayeda (1928), Orchesterwerke, 
darunter Suite patätica, Primavera hettnica, La Pro- 
cesiön del Cristo de Mayo (1931), auch Klavier- 
stücke: Trois esquisses , Solitude , Fleur fanie. 

Bitter, Carl Hermann, *27.2.1813 zuSchwedt 
an der Oder, f 12. 9. 1885 zu Berlin; deutscher 
Musikforscher, wurde 1876 Unterstaatssekretär im 
preußischen Innenministerium, 1879-82 Finanz- 
minister. Er schrieb : Johann Sebastian Bach (2 Bände, 
Berlin 1865 ; Dresden 21880 in 4 Bänden; gekürzt 
in englischer Übersetzung von J. E. Kay Shuttle- 
worth, London 1873); Mozarts Don Juan und 
Glucks Iphigenia in Tauris (Berlin 1866); C. Ph. 
Emanuel und W. Friedemann Bach (2 Bände, Berlin 
1868); Uber Gervinus , Händel und Shakespeare 
(Berlin 1869) ; Beiträge zur Geschichte des Oratoriums 
(Berlin 1872) ; Die Reform der Oper durch Gluck und 
Wagner (Braunschweig 1884); er gab heraus: Dr. 
Carl Loewe 9 s Selbstbiographie (Berlin 1870). Seine 
Gesammelten Schriften erschienen in Leipzig und 
Berlin 1885. 

Bitti, Martino; italienischer Violinist, gab um 
1715 in London Flötensonaten mit B.c. und Trio- 
sonaten für Fl., V. (oder 2 V.) und B. heraus, 
schrieb auch ein Violinkonzert und eine Solo- 
kantate. 


Bittner, Albert, * 27. 9. 1900 zu Nürnberg; 
deutscher Opemdirigent, absolvierte das Konser- 
vatorium in Nürnberg, war zunächst als Konzert- 
begleiter, dann als Theaterkapellmeister tätig: 1923 
bis 1933 Gera, Berlin, Graz; 1933-36 Landes- 
theater Oldenburg, 1936-43 Städtische Bühnen 
Essen, 1943-45 musikalischer Oberleiter der Ham- 
burgischen Staatsoper; 1945-55 Staatstheater 
Braunschweig und als GMD auch Leiter der 
Staatsmusikschule, seitdem als stellvertretender 
GMD wieder an der Hamburgischen Staatsoper. 
B. tritt stark für das zeitgenössische Opemschanen 
ein. 


Bittner, Julius, * 9. 4. 1874 und f 10. 1. 1939 zu 
Wien; österreichischer Komponist, war bis 1920 
als Richter in Wien tätig, in der Musik Schüler von 
Labor und empfing Anregungen von Bruno Wal- 
ter. Er schrieb zahlreiche in ihrem Wert sehr un- 
terschiedliche Opern auf eigene Texte, von denen 
ihm die volkstümlichen Stücke am besten ge- 
lungen sind: Die rote Gret (Frankfurt 1907), Der 
Musikant (Wien 1910, sein erfolgreichstes Werk), 
Der Bergsee (Wien 1911), Der Abenteurer (Köln 
1912), Das höllisch Gold (Dresden 1916), Die Kohl- 
haymerin (Wien 1921), Das Rosengärtlein (Mann- 
heim 1923), Mondnacht (Berlin 1928), Das Veilchen 
(Wien 1934) ; außerdem eine große Messe D dur 
für Soli, gern. Chor, großes Orch. und Org. 
(Wien 1925), 2 Symphonien, 2 symphonische 


169 



Bittoni 


Dichtungen, 2 Streichquartette, eine Cello-Sonate, 
Klavierstücke und Lieder. 

Jt.: R. Specht, J. B., München 1921. 

Sittyni, Bernardo, * 1755 und f 18. 5. 1829 zu 
rabriano; italienischer Kapellmeister, wurde 1773 
taddscher Kapellmeister von Rieti, 1781 Kapell- 
neister der Kathedrale in Fabriano. Werke: 
l Messen, Motetten und andere Kirchenmusik. 
Jt.: P. Alfieri, Notizie sulla vitadi B.B., Rom 1852. 

Bizet (biz'e), Alexandre Cdsar Ldopold, genannt 
Georges, * 25. 10. 1838 zu Paris, f 3. 6. 1875 zu 
Bougival bei Paris; französischer Komponist, Sohn 
tines Gesanglehrers, wurde mit 9 Jahren Schüler 
ies Conservatoire und errang während einer 10- 
jährigen Studienzeit viele Preise. Seine Lehrer wa- 
ren Marmontel (Klavier), Benoist (Orgel), Zim- 
tnermann (mitunter vertreten durch Gounod, 
Harmonie) und Haldvy (Komposition). 1875 er- 
hielt B. den großen Rompreis, nachdem er kurz 
vorher bei einer von Offenbach ausgeschriebenen 
[Konkurrenz in der Komposition einer Operette 
Le Docteur Miracle zugleich mit Lecocq gesiegt 
latte. Aus Italien sandte B. 1860 als Beweise seiner 
leißigen Ausnutzung des Stipendiums eine ita- 
lienische Oper Don Procopio (1895 wieder aufge- 
Eunden unter Papieren, die Auber bei einem 
Bankier deponiert hatte, auf geführt 1906 in Monte 
Carlo), 2 Symphoniesätze, eine Ouvertüre La 
Chasse d’Ossian und eine komische Oper Laguzla 
ie Vimir . Nach der Rückkehr aus Italien brachte er 
1863 im Thdätre Lyrique die große Oper Les 
oicheurs de perles zur Aufführung, die indes, wie 
rnch die 1867 folgende La jolie fille de Perth (Wien 
1883), keinen Anklang fand. Auch das einaktige 
Werk Djamileh (1872) stieß noch auf Widerstand. 
3. ließ sich aber nicht durch die Mißerfolge seiner 
Dpem abschrecken; nach kurzer Pause erschien 
iie Musik zu Daudets Drama V Arttsienne, die 
3ald darauf, als Suite bearbeitet, in mehreren Kon- 
jertaufführungen B. größere Erfolge brachte, 
i weitere Suiten L'ArUsienne II ’., Roma (1866-68) 
md Petite suite d'orchestre wurden eben- 
so gut aufgenommen wie seine symphonische 
Duvertüre Patrie . Dagegen fand 1875 sein in der 
Folge gefeiertstes Werk Carmen , damals noch 
Dialog-Oper (die Rezitative von E. Guiraud nach- 
eomponiert), bei der Uraufführung (3. 3. 1875) 
sine so kühle Aufnahme, daß man den Kummer 
tierüber mit seinem 3 Monate später erfolgten Tod 
‘mit vollem Unrecht) in Verbindung brachte. Die 
Ablehnung erfolgte hauptsächlich wegen des ve- 
is tischen, als kraß empfundenen Textes (nach 
Vldrim6e von Meilhac und Haldvy). Die Oper 
Farmen war ein revolutionärer Bruch mit der 
>p6ra comique, obwohl sie selbst noch diese Be- 
»ichnung trug. Der Sieg erfolgte ein halbes Jahr 
päter durch die Aufführung in Wien. Carmen ge- 
lört mit einigen Opern Verdis zu den erfolgreich- 
ten Opern der gesamten Literatur. Verschiedenen, 
to ch in letzter Zeit unternommenen Versuchen, 
ie in der originalen Dialog-Fassung aufzuführen, 
var bisher kein sichtbarer Erfolg bcschieden. Das 
panische Kolorit kreierte in der außerspanischen 
Veit so etwas wie den Inbegriff der spanischen 
dusik, wird aber mit Recht in Spanien als folklo- 
istisch unecht abgelehnt. B. beendete Haldvys Va- 
ina d*Ormano (er war vermählt mit Haldvys Toch- 


ter Genevi&ve). Etwa 40 Lieder B.s erschienen in 
2 Bänden beiChoudens in Paris. Er schrieb außer- 
dem mehrere dramatische Werke, die zum Teil un- 
vollendet und unveröffentlicht blieben : La Maison 
du Docteur , La Pritresse (1854), Ivan IV (1865), Marl- 
borough s'en va-t-en guerre (1867 ; nur ein Akt vonB.), 
La Coupe du Roi de Thule (1868), Clarissa Harlowe 
(1870/71), Grisilidis (1870/71), So-si-ri-pif-pan 
(1872), Don Rodrigue (1873); eine symphonische 
Ode mit Chören Vasco de Garna (1859); Duette, 
Szenen und Chöre; ein Agnus Dei , Ave Maria und 
Regina Coeli ; zahlreiche Orchesterwerke, darunter 
Symphonie C dur (1855) und Marche fimtbre für 
Kl. und Orch. (1868); ein Capriccio für Kl. (La 
Chasse fantastique, 1865); Trois esquisses musicales 
für Kl. (1868); Nocturne (1868), Variations chromati- 
ques de concert (1868); Jeux d’enfants op. 22 für Kl. 
4händig (1872), aus denen er einige Stücke in- 
strumentierte (Petite Suite d'orchestre). Die zu ihrer 
Zeit nie aufgeführte Oper Ivan IV wurde 1951 
von E. Hartmann neu nerausgegeben (Original- 
manuskript im Pariser Conservatoire). Sie brachte 
es trotz großer musikalischer Qualitäten nur zu 
wenigen Bühnenannahmen. Dagegen steht die neu 
veröffentlichte Symphonie Caur (Wien 1935) 
heute häufiger auf Konzertprogrammen. 

Lit.: G. Galabert, G. B., Souvenirs et correspon- 
dance, Paris 1877; H. Imbert, Lettres inädites de 
G. B., Portraits et 6tudes, Paris 1894; Lettres: im- 
pressions de Rome, 1857-60, La Commune, 1871, 
hrsg. v. L. Ganderax, Paris 1908; Lettres ä un ami, 
1865-72, hrsg. v. E. Galabert, Paris 1909; J. 
Chantavoine, Quelques inädits de G. B„ in: Le 
M6nestrel, August/September 1933; Briefe aus Rom 
1857-60, hrsg. v. W. Klefisch, Hbg 1949; M. Cur- 
tiss, Unpublished Letters by G. B., MQ XXXVI, 
1950; - Ch. Pioot, G. B. et son oeuvre, Paris 1886, 
erweiterte 2. Aufl. Paris 191 1 ; L. Mastrigli, Giorgio 

B. , la sua vita e Ie sue opere, Rom 1888 ; C. Bellaigue, 
G. B., sa vie et son oeuvre, Paris 1891; P. Voss, 

G. B., Lpz. 1899; H. Imbert, G. B., Paris 1899; A. 
Weissmann, B., Bin 1907; H. Gauthier- Villars, B., 
Paris 1911; G. M. Gatti, Giorgio B., Turin 1914; 

H. Malherbe, G. B., Paris 1921; P. Landormy, B., 
Paris 1924, 21 951 ; J. Rabe, G. B., Stockholm 1925 ; D. 

C. Parker, G. B., his Life and Works, London 1926, 
21951; M. Delmas, G. B., Paris 1930; M. Bruk, B., 
Moskau 1938; M. Cooper, G. B., London 1938; E. 
Lockspeiser, B., London 1946; W. Dean, B., London 
1948 ; P. Stefan, G. B., Zürich 1952 ; - Fr. Nietzsche, 
Der Fall Wagner, Lpz. (1888); Friedrich Nietzsches 
Randglossen zu B.s Carmen, hrsg. v. H. Daffner, =* 
Deutsche Musikbücherei I, Regensburg 1912; J. W. 
Klein, Nietzsche and B., MQ XI, 1925; Fr. Burgess, 
Carmen, London 1 905 ; F. Hühne, Die Oper Carmen 
als ein Typus musikalischer Poetik, = Romanisches 
Museum III, Greifswald 1915; R. Northcott, B. 
and Carmen, London 1916; D. Imsan, Carmen, 
Charakter-Entwicklung für die Bühne, Darmstadt 
1917; Ch. Gaudier. Carmen de B., Paris 1922; E. 
Istel, B. und »Carmen«, Stuttgart 1927; D. E. Ing- 
helbrecht, Comment on ne doit pas interpr6ter 
Carmen, Faust, Pelläas, Paris 1933; W. Dean, Car- 
men: an Attempt at a Truc Evaluation, MR VII, 
1946; M. Cooper, Carmen, London 1947; H. Mal- 
herbe, Carmen, Paris 1951; J. W. Klein, B.’s Early 
Operas, ML XVIII, 1937; W. Dean, An Unfinished 
Opera by B., ML XXVIII, 1947; ders., B. and La 
coupe du roi de Thule, ML XXVIII, 1947; ders., 
Introduction to the Music of B., London (1950); M. 
Curtiss, B., Offenbach, and Rossini, MQ XL, 1954; 
J.Tiersot, B. and Spanish Music, MQ XI, 1925; 
R. Laparra, B. et PEspagne, Paris 1935. 


70 



Blaesing 


BJetynsld» Bruno, * 1. 11. 1909 zu Triest; jugo- 
slawischer Komponist, studierte in Zagreb an der 
Universität Jurisprudenz (Dr. jur.), Musik an der 
Musikakademie, an der er seit 1945 als Lehrer für 
Kontrapunkt und Fuge wirkt. Er schrieb: eine 
Kinderoper Die Biene Maja (nach Bonseis, Zagreb 
1946), Orchesterwerke (darunter eine Symphonie, 
Divertimento für Kammerorch.), 2 Cellokonzerte, 
ein Konzert und ein Concertino für KL, ein Concer- 
tino für V., eines für Va, Konzerte für Solo- 
instrumente und Streicher (Klar. 1953, FL 1955, 
Ob. 1957), Konzert für Fag. und Kammerorch. 
(1954); zahlreiche Kammermusikwerke, darunter 
2 Streichquartette, ein Trio, 3 Violinsonaten; 
Klaviermusik (3 Suiten, 7 Bagatellen) und Lieder- 
zyklen: Ciciban , Sans retour , Lieder fiir eine Namen- 
lose. 

Björling, Johan (Jussi) Jonatan, * 2. 2. 1911 zu 
Stora Tuna; schwedischer Opernsänger (Tenor), 
Schüler seines Vaters, David B. (1873-1926), bil- 
dete mit diesem und seinen Brüdern Karl Johan 
Olof (Olle, * 2. 5. 1909) und Karl Gustaf (Gösta, 
* 21. 9. 1912) das Björling-Quartett (vokal), das 
sich auf Konzertreisen bis nach Amerika bekannt 
machte. Er vervollkommnte seine Ausbildung ab 
1928 am Stockholmer Konservatorium und 1930/ 
1931 an der Königlichen Opemschule. 1930 
debütierte er am Königlichen Theater in Stock- 
holm, an dem er 1931-39 engagiert war. Danach 
gastierte er häufig, besonders erfolgreich in den 
Rollen des italienischen Opemrepertoires. Auch 
als Konzertsänger hat B. einen guten Namen. 

Lit.: Selbstbiogr. »Med bagaget i strupen« (Stock- 
holm 1945); G. Björling, Jussi, Boken om storebror, 
Stockholm 1945. 

Björling, Sigurd, * 2. 11. 1907 zu Stockholm; 
schwedischer Sänger (Bariton), lebt in Stockholm. 
Am Königlichen Konservatorium in Stockholm 
war er Schüler von John Forsell und Torsten 
Lennartsson. Leo Blech nennt er seinen größten 
und besten Lehrer. Er wurde Mitglied der König- 
lichen Oper Stockholm und 1946 Königlicher 
Hofsänger. Gastspiele führten ihn an die musika- 
lischen Zentren Europas mid nach Amerika, so 
u. a. nach Covent Garden, an die Mailänder 
Scala, nach Bayreuth, an die Staatsoper Wien, die 
Metropolitan Opera New York, an die Große 
Oper in Paris. Sein Repertoire umfaßt Opern von 
Wagner, Mozart, Verdi, Bizet, Gounoa, Masse- 
net und Richard Strauss, dazu neben anderem das 
Requiem von Brahms, das Requiem von Verdi und 
die Neunte Symphonie von Beethoven. 

Blacher» Boris, * 6. 1. 1903 zu Newchwang 
(China) ; deutscher Komponist, studierte in Berlin 
zuerst Architektur, dann Komposition (1922-26 
bei Fr. E. Koch) und Musikwissenschaft. 1938/39 
war er Lehrer am Dresdner Konservatorium, ab 
1948 an der Berliner Musikhochschule, deren Di- 
rektor er 1953 als Nachfolger W. Egks wurde. 
Eine unmittelbar wirkende melodische Erfindungs- 
kraft (die etwa die Concertante Musik op. 10 zu 
einem sicheren Erfolgsstück zeitgenössischer Or- 
chesterprogramme werden ließ) und B1.S von An- 
fang an hervortretende rhythmische Interessen 
führten den Komponisten besonders zum Ballett. 
Neben Neigung zu Satire und Parodie, durchdach- 
ter Textbehandlung (meist rezitativisch) und Spar- 


samkeit in der Verwendung satztechnischer Mittel 
äußert sich ein intellektueller Grundzug seiner 
Musik auch in der von ihm ausgebildeten Me- 
thode der Komposition mit »variablen Metren«. 
Werke: Jazz-Koloraturen für S., Saxophon und 
Fag. op. 1 (1929) ; Kleine Marschmusik für Orch. 
op. 2 (1932); Tanzdrama Fest im Süden op. 6 
(1936) ; Divertimento für Blas-Orch. op. 7 (1937) ; 
Geigenmusik für V. und Orch. op. 8 (1938); Con- 
certante Musik für Orch. op. 10 (1937) ; Symphonie 
op. 12 (1939); Ballett Harlekinade op. 13 (1939); 
2 Klaviersonatinen op. 14 (1941); II. Streichquar- 
tett op. 16 (1941); Tondichtung Hamlet op. 17 
(1940); Violinsonate op. 18 (1941); Oper Fürstin 
Tarakanowa op. 19 (1941); Konzert für Streich- 
Orch. op. 20 (1942); Kammeroratorium Romeo 
und Julia op. 22 (1949; umgearbeitet als Oper 
1950); Kammeroper Die Flut op. 24 (1947); Paga- 
nini-Variationen für Orch. op. 26 (1948); Kam- 
meroper Die Nachtschwalbe op. 27 (1948); I. Kla- 
vier-Konzert op. 28 (1948); Violinkonzert op. 29 
(1948); Ballettoper Preußisches Märchen (»Der 
Hauptmann von Köpenick«) op. 30 (1950) ; 
EI. Streichquartett op. 32 (1949); Ballette Chiarina 
op. 33, Lysistrata op. 34, Hamlet op. 35 (1950); 
Konzert für Fag., Hom, Trp., Harfe und Streicher 
op. 36 (1950); 7 Ornamente für KL op. 37 (1950; 
Stücke in »variablen Metren«); Divertimento für 
4 Holzbläser op. 38; Klaviersonate op. 39; Sonate 
für V.solo op. 40; Epitaph für Streichquartett op. 
41; II. Klavierkonzert op. 42 (in »variablen Me- 
tren«) ; Ornament für Orch. op. 44 (1952) ; ferner: 
Oratorium Der Großinquisitor (1948); Abstrakte 
Oper Nummer 1 (1953; Darstellung seelischer 
Grundsituationen ohne Handlung und Text, nach 
einer von W. Egk entworfenen Lautfolge) ; 
Ballette Der erste Ball (nach Czerny-Etüden) und 
Der Mohr von Venedig ; Lehrbuch Einführung in den 
strengen Satz (Berlin 1953). BL ist verheiratet mit 
der Pianistin Gerty Herzog. 

Lit.: H. H. Stuckenschmidt, Synthesis and New 
Experiments, MQ XXXVIII, 1952, deutsch in Melos 
XX, 1955. 

Blachut, Beno, * 14. 6. 1913 zu Witkowitz (bei 
Mährisch-Ostrau); tschechoslowakischer Sänger 
(Tenor), wirkte nach seinem Studium (1935-39 
am Prager Konservatorium) bis 1949 am Städti- 
schen Theater in Olmütz und wurde dann 1. Tenor 
der Oper des Nationaltheaters Prag. Bl. ist daneben 
als Konzertsänger tätig und wirkte bei zahlreichen 
Schallplattenaufnahmen (Oper und Lied) mit. 

Black (bhek), Frank, * 26. 11. 1896 zu Philadel- 
phia; amerikanischer Dirigent, studierte Musik in 
Philadelphia und New York, war 1923-34 Kapell- 
meister am Fox Theater in Philadelphia, 1925-32 
musikalischer Leiter der Brunswick Record Cor- 
poration und wurde 1932 Musikdirektor der Na- 
tional Broadcasting Corporation in New York. 

Blaesing» Felix, * 8. 5. 1858 zu Filehne; deut- 
scher Komponist, studierte in Berlin bei Bargiel 
(Komposition) und H. Bischoff (Klavier), war 
1883-88 Dirigent des Städtischen Gesangvereins in 
Eupen, studierte dann noch Gesang bei F. Sieber 
und J. Stockhausen und ließ sich als Gesangs- und 
Kompositionslehrer in Berlin nieder. Werke: Kla- 
vierstücke, Lieder, Duette und Chöre. 


171 



Bliha-MikeS 


Bteha-MikeS (bl'aiha-m'iksj), Zdboj, *22.11. 
1887 zu Prag; tschechischer Komponist, Schüler 
von V. Noväk in Prag, lebt dort als Pianist, Kla- 
vierlehrer und Schriftsteller und schrieb: 3 Melo- 
dramen nach Tagore, Lieder und Chöre, Suite im 
alten Stil für Streichorch., Suite für Kammerorch. 
und Klavierstücke. 

Blahag, Joseph (Blahak), * 1779 zu Rajka 
(Ungarn), f 15. 12. 1846 zu Wien; ungarischer 
Sänger, war zuerst Schullehrer, wurde 1802 Teno- 
rist am Leopoldstädter Theater in Wien, 1824 
Nachfolger Preindls als Kapellmeister der Wiener 
Peterskirche. Er schrieb 11 Messen, Offertorien, 
weitere Kirchenmusik und eine Parthia für Cemb., 
2 V. und Vc. 

Bl£hetka, Marie Leopoldine, * 15. 11. 1811 zu 
Guntramsdorf bei Wien, f 12. 1. 1887 zu Bou- 
logne-sur-Mer; österreichische Pianistin, Schülerin 
von Joseph Czerny, Fr. Kalkbrenner und Mosche- 
ies, m der Komposition von Sechter. Sie spielte 
auch Physharmonika, schrieb viele Klavierstücke, 
Sonaten, Rondos sowie eine Oper Die Räuber und 
der Sänger (Wien 1830). 

Bl^hoslav, Jan, * 20. 2. 1523 zu Prerau (Mähren), 
f 24. 11. 1571 zu Mährisch-Kromau; Bischof der 
Böhmischen Brüderunität, ist auch Verfasser des 
ältesten musiktheoretischen Werkes in tschechi- 
scher Sprache, Musica (Olmütz 1558). Er gehört zu 
den Herausgebern des Gesangbuchs der Gemeinde 
Plsne chval bozskych (Samter 1561; enthaltend 
744 Lieder mit Melodien, von denen 72 Texte und 
vielleicht 8 Melodien von Bl. stammen). 

Lit.: O. Hostinsky, J. Bl. a Jan Josquin, Prag 1896; 
Vl. Hblfert, in Sbomik Blahoslavüv, Prerau 1923. 

BlainviUe (blev'i:!), Charles-Henri, * 1711 bei 
Tours, t nach 1777 zu Paris; französischer Violon- 
cellist und Musiklehrer, schrieb eine Oper, Mo- 
tetten, Kantaten, Romanzen, Symphonien, Trio- 
sonaten und Violinsonaten. Theoretische Werke: 
Harmonie thiorico-pratique (Paris 1746) ; Essay sur un 
troisüme Mode (Paris 1751); L'esprit de Vart musical 
(Genf 1754; deutsche Übersetzung von J. A. Hiller 
in den Wöchentlichen Nachrichten II, 1767); 
Histoire ghbrale, critique et philologique de la musique 
(Paris 1767). Bl. wollte, daß das reine Moll als 
»troisi&me mode« oder »mode hellenique« gleich- 
berechtigt neben dem Dur- und dem melodischen 
Mollgeschlecht stehe und schrieb 1751 eine Sym- 
honie dans le troisihme mode, die von J.-J. Rousseau 
e wundert, von Serre heftig angegriffen wurde. 

Blaise (bre:z), Benoit, f 1772 zu Paris; franzö- 
sischer Fagottist, ab 1737 an der Com<fdie Italienne 
in Paris, schrieb zuerst Ballettmusiken zu italieni- 
schen Opern, eine Kantate Le Peu de la ville (1739) 
und Chansons sowie eine Oper Le Trompeur 
trompi (Text von Vad6, 1754). Seine komischen 
Opern auf Texte von Favart Ninette ä la cour (1755), 
Isabelle et Gertrude (1759) und besonders Annette et 
Lubin (1762) waren große Erfolge. 

Ausg. : Annette et Lubin, hrsg. v. R. Montford, 1910. 
Lit.: X. de Cour ville, Un des Premiers op6ras-comi- 
ques frg. (Isabelle et Gertrude), Revue critique, 1914. 

Blamont, Francois Colin de Colin de 
Blamont, Francois. 


Blanc (blä), Adolphe, * 24. 6. 1828 zu Manosque 
(Basses-Alpes), f im Mai 1885 zu Paris; franzö- 
sischer Komponist, Schüler von Haldvy. 1862 
wurde ihm von der Akademie der Prix Chartier 
für Verdienste um die Pflege der Kammermusik 
zuerkannt. Außer Symphonien, Sonaten, Trios, 
Quartetten, Quintetten und Liedern hat er 2 Ope- 
retten und die komische Oper Une aventure sous la 
Ligue (1857) geschrieben. 

Blanc, Giuseppe, * 11. 4. 1886 zu Bardonecchia; 
italienischer Komponist, Schüler von Bolzoni, 
schrieb Operetten, Tänze und Lieder, wurde aber 
bekannt durch sein 1909 entstandenes Lied Com- 
miato , das in neuer Textfassung als Giovinezza 1926 
zur faschistischen Nationalhymne erklärt wurde. 

Biancafort de Roselid, Manuel, * 1897 zu La 
Garriga (Provinz Barcelona); spanischer Kompo- 
nist, studierte bei Lamote de Grignon und Malats 
und unternahm dann Reisen nach Italien und 
Frankreich, wo er mit dem Impressionismus sowie 
mit dem Stile Strawinskys und der »Six« vertraut 
wurde. Zu den Kompositionen dieses bedeuten- 
den Vertreters zeitgenössischer Musik in Spanien 
gehören: Notas de antaiio (1918), Cantos Ultimos 
(1922), El parque de atracciones (1924), Camins (1926) 
für KL; Caml de Siena (1928) und Matf defcsta a 
Puiggracios (1929) für Orch.; Klaviersonate (1930); 
2 Klavierkonzerte (1943 und 1946) ; 2 Streichquar- 
tette (1948 und 1949); Symphonie E dur (1950). 

Blanchard (bläj'a:r), Esprit Joseph Antoine, 
* 29. 2. 1696 zu Pernes (Vaucluse), f 19. 4. 1770 zu 
Versailles; französischer Kirchenmusiker, war in 
Aix-en-Provencc Schüler von Poitevin, wirkte als 
Kapellmeister an der Abtei Saint- Victor in Mar- 
seille und an den Kathedralen von Toulon, Bcsan- 
con und Amiens, 1738-64 am königlichen Hofe, 
für den er auch weiterhin festliche Motcts (für 
Soli, Chor, Orch. und Org.) im Stüe Delalandcs 
schrieb. 

Lit.: M. Brenet, Les concerts en France, Paris 1900. 

Blanchard (blaj'azr), Henri-Louis, * 7. 2. 1778 
zu Bordeaux, f 18. 12. 1858 zu Paris; französischer 
Komponist und Musikkritiker, Schüler von R. 
Kreutzer (Violine), Fr. Beck (Harmonie), Mdhul 
und Reicha (Komposition), war 1818-29 Kapell- 
meister des Thöätre des Varietes in Paris, 1830 am 
Moli&re-Theater. Außer Opern hat B. einige 
Kammermusikwerke geschrieben, die solider ge- 
arbeitet sind als jene, und daneben, besonders in 
späteren Jahren, sich vielfach als Musikkritiker be- 
tätigt, auch einige Musikerbiographien für Zeit- 
schriften verfaßt (Franz Beck, Berton, Cherubim). 

Blanchet (bläj'e), Emile-Robert, *17.7. 1877 
zu Lausanne, j* 27. 3. 1943 zu Pully; Schweizer 
Pianist und Komponist, Sohn des namhaften Or- 
ganisten und Moscheles-Schülers Charles B. (1833 
bis 1900), war zuerst Schüler seines Vaters, stu- 
dierte dann am Konservatorium in Köln und bei 
Busoni in Berlin. Er lebte in Lausanne, wo er 1904 
bis 1917 Lehrer am Konservatorium, 1905-08 
auch dessen Direktor war. Bl. schrieb viele Kla- 
vierstücke, auch zahlreiche Etüden, die durch 
reiche kontrapunktischc Arbeit und Polyrhyth- 
mik gekennzeichnet sind. Am bekanntesten wur- 
den die 64 Priludes op. 41 (Paris 1927, mit Vor- 


172 



Blarambcrg 


wort von Paderewski) und die Ballade für 2 Kl. op. 
57 (auch für KL und Orch. bearbeitet von E. 
Ansennet). Ferner schrieb BL: Technique moderne 
du piano (Paris 1935, Vorwort von R. Casadesus). 

Blangini (bland 3 'ini), Giuseppe Marco Maria 
Felice, * 18. 11. 1781 zu Turin, + 18. 12. 1841 zu 
Paris; italienischer Sänger, wurde mit 9 Jahren 
Kapellknabe am Turiner Dom unter Abbate 
Ottani, komponierte mit 12 Jahren schon Kir- 
chengesänge und spielte gut Cello. 1799 kam er 
nach Paris und machte sich zuerst als Romanzen- 
komponist und Gesanglelirer, ab 1802 auch als 
Opemkomponist einen Namen. 1805 wurde er in 
München zum Hofkapellmeister ernannt, 1806 
Kapellmeister der Prinzessin Borghese, Napoleons 
Schwester, und 1809 des Königs J^rome in Kassel 
1814 kehrte er nach Paris zurück, wo er König- 
licher Obermusikintendant, Hofcompositeur und 
Gesangsprofessor am Conservatoire wurde; letz- 
tere Stelle wurde ihm aber wieder entzogen. Er 
schrieb 174 Romanzen für eine und 170 Notturnos 
für 2 Singstimmen, 4 Orchestermessen, 30 Opern 
und Souvenirs de BL (herausgegeben von M. de 
Villemarest, Paris 1834). 

Ausg.: eine Arie in: Arie Antiche III, hrsg. v. A. 
Parisotti, Mailand (1900). 

Lit. : Ph. Losch, König JSrömes Generalmusikdirek- 
tor, Hessenland XXVIII, 1914. 

Blankenburg, Christian Friedrich von, * 24. 
1. 1744 bei Kolberg, j* 4. 5. 1796 zu Leipzig; preu- 
ßischer Offizier, 1777 als Hauptmann pensioniert, 
ließ sich in Leipzig nieder und verfaßte Zusätze zu 
Sulzers Theorie der schönen Künste , welche der 
2. Auflage des Werkes 1792-94 einverleibt und 
1796-98 vermehrt aus seinem Nachlaß separat her- 
ausgegeben wurden, darunter auch die Musik be- 
treffende Ergänzungen. 

Blankenburg, Hermann Ludwig, * 14. 11. 1876 
zu Thamsbrück bei Langensalza, j 14. 5. 1956 zu 
Wesel; deutscher Marschkomponist, schrieb über 
1000 Märsche, von denen viele (u. a. Abschied der 
Gladiatoren , Mein Regiment, Deutschlands Waffenehre , 
Emst-August-Marsch , Prinz-Eitel-Friedrich-Marsch) 
sich großer Beliebtheit erfreuten und neuerdings 
wieder Eingang finden. 

Blankenburg, Quirin Gerbrandt van, * 1654 zu 
Gouda, t 11111 1740 im Haag; niederländischer 
Komponist und Musiktheoretiker, Organist im 
Haag, schrieb: Elementa musica . . . (1739) und Cla- 
vicimbel en orgelboek der gcreformeerde psaltnen en 
kerkgezangen . . . (1732) sowie eine Schule für die 
Querflöte ( Onderwijzinge hoemen alle de Tootien en 
halve Toonen ... op de Hand-Fluyt zal können . . ., 
1684) und ein 2st. Scherzstück für Kl., das in der 
bekannten Weise nur zur Hälfte notiert ist und mit 
umgekehrtem Blatt zu Ende gespielt wird (De 
veraubbelde Harmony . . ., 1733). 

Blankenburg, Walter, * 31. 7. 1903 zu Em- 
leben bei Gotha; deutscher Musikforscher, stu- 
dierte 1922-26 Theologie an den Universitäten 
Rostock, Tübingen und Göttingen, danach bis 
1929 Musikwissenschaft in Freiburg im Breisgau, 
Berlin und Göttingen (Fr. Ludwig, A. Schering, 
W. Gurlitt, Fr. Blume, H. Besseler). Nach Ab- 
legung der theologischen und philologischen Exa- 
mina und einem Vikariatsjahr in Grebenstein 


wirkte er 1933-47 als Pfarrer in Vaake (Weser- 
bergland), promovierte 1940 bei H. Zenck in 
Göttingen mit einer ungedruckten Dissertation 
über Die innere Einheit von Bachs Werk. 1947 wurde 
er zum Direktor der neugegründeten Kirchen- 
musikschule der Evangelischen Landeskirche von 
Kurhessen-Waldeck inSchlüchtem ernannt, nimmt 
daneben einflußreiche Stellungen in verschiede- 
nen Gremien der evangelischen Kirchenmusik ein 
und ist Mitherausgeber und Schriftleiter von »Mu- 
sik und Kirche« (seit 1941) und Mitherausgeber 
von »Leiturgia, Handbuch des evangelischen 
Gottesdienstes« (1954 ff.). Veröffentlichungen: Der 
Psalter in vierstimmigen Liedsätzen von H. Schütz 
(Kassel 1936, 2 1957), Einführung in Bachs h-moll 
Messe (Kassel 1950), Kirchenlied- und Volkslied- 
weise (Gütersloh 1953), Kann Singen Verkündigung 
sein? (Kassel 1953), Abriß der Melodiengeschichte des 
evangelischen Kirchengesangbuchs (in: Handbuch 
zum Evangelischen Kirchengesangbuch II, 2, Göt- 
tingen 1957). Von seinen Aufsätzen seien genannt: 
Die Gestalt und Eigenart des älteren protestantischen 
Chorals (MuK VI, 1934), H. Schütz und der prote- 
stantische Choral (MuK VII, 1935). Die deutsche Lied- 
passion (MuK EX, 1937), Die Bedeutung der Orgel in 
den Kirchenbauten des Barockzeitalters (Kunst und 
Kirche XV, 1938), /. S.Bach und das Gesetz (MuK 
XI, 1939), Wertmaßstäbe für Choralweisen, Zur Frage 
des Wort- Totir* Verhältnisses im evangelischen Kirchen- 
lied (MuK XVIII, 1948), J. S.Bach und die Aufklä- 
rung (Bach-Gedenkschrift 1950, Zürich 1950), Bach, 
geistlich und weltlich und Von der Verwendung von 
Blechblasinstrumenten in Bachs kirchenmusikalischen 
Werken und ihrer Bedeutung (MuK XX, 1950), Der 
Titel und das Titelbild von J. H. Büttstedts Schrift Ut, 
mi , sol , re. Ja, la tota musica . . . (Mf III, 1950), Die 
Symmetrieform in Bachs Werken und ihre Bedeutung 
(Bach-Jb. XXXVIII, 1949/50), Die Bedeutung des 
Kanons in Bachs Werk (Bericht über die wissen- 
schaftliche Bachtagung Leipzig 1950, Leipzig 1951), 
Zur Frage nach der Herkunft der Weisen des Gesang- 
buchs der Böhmischen Brüder (MuK XXI, 1951), 
Bachs kirchengeschichtlicher Standort . . . (AfMw X, 
1953), Theologische und geistesgeschichtliche Probleme 
der gegenwärtigen Bachforschung (Theologische Lite- 
raturzeitung 1953, Nr 7), Die Kirchenliedweisen 
von Philipp Nicolai und Zur Auffuhrungspraxis und 
Wiedergabe von Bach 1 sehen Choralsätzen (MuK 
XXVI, 1956). 

Bl$ramberg, Pawel Iwanowitsch, * 26. 9. 1841 
zu Orenburg (Rußland), f 28- 3. 1907 zu Nizza; 
russischer Komponist, war zuerst Beamter, in der 
Musik Autodidakt und nur 1859 kurze Zeit Kla- 
vierschüler Balakirews. Bei Gründung der Mos- 
kauer Philharmonischen Schule 1878 wurde er 
zum Lehrer für Theorie, Formenlehre und Instru- 
mentation an diese Anstalt berufen. Er schrieb: 
Schauspielmusik zu Ostrowskijs Der Wojewode 
(1865) ; symphonische Dichtung Der Dämon nach 
Lermontow (1869); Oper Maria von Burgund , 
nach V. Hugos »Maria Tudor« (1878, aufgeführt 
Moskau 1888); Die Heuschrecken für Frauenchor, 
Soli und Orch. (1879); Auf der Wolga für Manner- 
chor und Orch. (1880); symphonische Dichtung 
Der sterbende Gladiator (1882); Symphonie H mofl 
(1886). Die Oper Tuschinzy nach Ostrowskij 
(Moskau 1895) gilt als sein bestes Werk. 


173 



Blasco de Nebra 


Blasco de Nebra» Manuel; spanischer Kompo- 
nist des 18. Jh., war 1750-84 Organist der Kathe- 
drale von Sevilla. Um 1780 veröffentlichte er dort 
Sets sonatas para clave , y fuerte piano op. 1, zwei- 
sitzige Stücke von kühnem Klangsinn, die in der 
Scarlatd-Naclifolge einen eigenen Beitrag zur 
Ausbildung der Sonatenform darstellen. 

Ausg.: eine Sonate, hrsg. v. W. S. Newman in: 
Thirteen Keyboard Sonates, Chapel Hill 1947; 2. Satz 
(Presto) aus d. Sonate Fis moll op. 1, 5, Davison- 
Apel Anth. 11, 308. 

Lit.: Annual Report of the Librarian of Congress 
1940, Washington 1941, S. 142 ff. 

Blasis, - 1) Francesco Antonio de, * 1765 zu 
Neapel, i* 22. 8. 1851 zu Florenz; italienischer 
Komponist, Schüler Fenarolis, lehrte später an den 
Konservatorien von Neapel und (ab 1799) Vene- 
dig. Er schrieb Opern, Oratorien, Orchester- und 
Kammermusik. - 2) Carlo de, * 4. 11. 1797 zu 
Neapel, f 15. 1. 1878 zu Cemobbio am Corner 
See; italienischer Tänzer und Choreograph, Sohn 
von Francesco Antonio de B., trat in jungen Jahren 
an den großen Bühnen Frankreichs und Italiens 
auf, mußte aber infolge eines Fußleidens seine 
Laufbahn aufgeben und widmete sich daher vor 
allem dem Unterricht. 1837-53 leitete er die Bal- 
lettschule an der Mailänder Scala. Bl. schuf etwa 
90 Ballette aller Gattungen, die er zum Teil selbst 
mit Musik versah. BL* System der Tanzkunst ist 
als Grundlage des klassischen Ballett-Tanzes bis 
heute gültig. Er formulierte es in 3 Büchern: 
Traitb eltmentaire ... de Vart de danse (Paris 1820) ; 
The Code of Terpsickore (London 1825); Manuel 
complet de la danse (Paris 1830; englisch als The Art 
of Dancing, London 1830; auch italienisch erschie- 
nen). - 3) Virginia de, * 1807 zu Marseille, f 11./ 
12. 5. 1838 zu Florenz; italienische Sängerin (dra- 
matischer Sopran), Tochter von Francesco Anto- 
nio de Bl., sang mit riesigem Erfolg in Italien, Lon- 
don und Paris (hier als Nachfolgerin der Pasta). 

Blasius, Matthieu-Fr£d6ric, * 23. 4. 1758 zu 
Lauterburg (Elsaß), f 1829 zu Versailles; franzö- 
sischer Komponist, 1790 Dirigent an der Comidie 
Italienne, 1795 Professor der Blasinstrumente am 
Pariser Conservatoire, 1802-16 Kapellmeister der 
Op&a Comique. Er war ein vortrefflicher Klari- 
netten- und Fagottbläser, auch Geiger, dessen 
Kompositionen für Blasinstrumente großen Bei- 
fall fanden: Trios und Quartette für Blasinstru- 
mente, Klarinettenkonzerte, Fagottkonzerte so- 
wie eine Nouvelle mhhode pour la elarinette (1796); 
er schrieb außerdem 3 Violinkonzerte, 12 Streich- 
quartette, Triosonaten, Violinduette und Opern. 

Ausg.: Sonate I, in: Les Maitres classiques du violon 
...» Nr 42, hrsg. v. D. Alard, Mainz. 

Blaß, Arthur, * 9. 5. 1857 zu Elberfeld, t 1928 
zu Mannheim; deutscher Musikschriftsteller, Kla- 
vierschüler von Kwast in Frankfurt am Main, 
dann als Kapellmeister und Chordirigent tätig, ab 
1901 in Mannheim Lehrer für Musikwissenschaf- 
ten an der Hochschule für Musik, ab 1911 Musik- 
referent der Neuen Mannheimer Zeitung. Schrif- 
ten: Musikalische Streifzüge (1890-94); Don Ottavio 
(eine Studie ) ; Händel, Chrysander und der neue 
Messias; Die Theorie der Musik in geschichtlicher Ent- 
wickelung (ein Grundriß); Beethovens innere Ent- 
wicklung; Chronik der Musikgeschichte (1907). 


Blatt, Franz Thaddäus, * 1793 zu Prag; tsche- 
chischer Klarinettist und Komponist, ab 1807 
Schüler des Konservatoriums in Prag unter 
Dionys Weber, bildete sich dort zu einem guten 
Klarinettisten heran und wurde 1818 als Hilfs- 
lehrer, 1820 als ordentlicher Lehrer seines Instru- 
ments angestellt. Er komponierte viel für Klari- 
nette und gab neben einer Klariiiettenschule (1828) 
eine Gesangschule (1830) heraus. 

Blaukopf, Kurt, * 15. 2. 1914 zu Czemowitz; 
österreichischer Musikschriftsteller, studierte an 
der Universität Wien Jura, Musik bei Wolpe und 
Scherchen. Nach der Besetzung Österreichs mußte 
er aus wandern und war 1940-41 Bibliothekar des 
Konservatoriums, 1942-47 Mitarbeiter des Radios 
in Jerusalem. Bl. lebt jetzt als Musikreferent in 
Wien. Schriften : Musiksoziologie (Köln und Berlin 
1951); Große Dirigenten (Teufen 1952, 21957 ); 
Große Virtuosen (Teufen 1953, 2 1957); Lexikon der 
Symphonie (Köln 1953); Musikführer Wien (mit 
H. Singer) ; Langspielplattenbuch (2 Bände) ; Hexen- 
küche der Musik; Hohes C zu vermieten (Rorschach 
21957). 

Blavet (blav'e), Michel, * 13. 3. 1700 zu Besan- 
$on, f 28. 10. 1768 zu Paris; französischer Flöten- 
virtuose und Komponist, zeitweilig beim preu- 
ßischen Kronprinzen (nachmals Friedrich II.) in 
Rheinsberg, vorher und auch nachher wieder in 
Paris, wo er wiederholt in den Concerts spirituels 
auftrat. Er ist der Komponist einer der allerersten 
französischen komischen Opern Le jaloux corrigi 
(18. 11. 1752 beim Grafen Clermont, 1. 3. 1753 in 
der Opdra, Text von Colte); weitere Opern: 
Floriane ou la grotte des spectacles (1752), Les jeux 
olympiques (1753) und Fete de Cythbre (1753) ; er gab 
auch 1728-40 3 Bücher Flötensonaten mit Baß 
heraus sowie eine Sammlung von Airs brünettes, 
menuets ... für 2 Fl. 

Ausg. : 6 Flötensonaten mit B.c. op. 2, hrsg. v. L. 
Fleury, London. 

Lit.: L. de La Laurencie, Deux imitateurs des 
Bouffons: Bl. et d* Auvergne, in: Ann6e Musicale II, 
1912. 

Blaze (bla:z), Ange Henri, Baron de Bury, * 17. 
5. 1813 zu Avignon, f 15. 3. 1888 zu Paris; fran- 
zösischer Musikschriftsteller, Sohn von Castil- 
Blaze, schrieb eine Reihe musikalisch-ästhetischer 
Essays und biographischer Skizzen in der Revue 
des Deux Mondes, deren erste er mit Hans Werner 
Unterzeichnete (sonst auch Pseudonym Lagcnevais). 
Sammlungen solcher Artikel sind Musiciens contem- 
porains (1856), Meyerbeer ct son temps (1865), Musi- 
ciens du passt, du prtsent . . . (1880) und Goethe et 
Beethoven (1892). Sein Hauptwerk ist La vie de 
Rossini (1854). 

Blaze, Francois Henri Joseph Castil-Blaze. 

Blech, Harry, * 2. 3. 1910 zu London; englischer 
Dirigent und Violinist, studierte am Trinity 
College of Music London und am Royal College 
of Music Manchester. 1929/30 gehörte er dem 
Halld Orchestra in Manchester, 1930-35 dem BBC 
Symphony Orchestra in London an, führte 1935 
bis 1950 das von ihm gegründete »Blech String 
Quartet« und tritt seit 1942 als Dirigent hervor, 
zunächst mit dem von ihm gegründeten Ensemble 


174 



Bleyle 


»London Wind Players«, seit 1949 mit den »Lon- 
don Mozart Players«, mit denen er für wenig be- 
kannte ältere Werke ein tritt. Bl. war auch Gründer 
der »Haydn-Mozart-Society« London. 

Blech, Leo, * 21. 4. 1871 zu Aachen, f 24« 8. 
1958 zu Berlin; deutscher Dirigent, war zuerst 
Kaufmann, studierte dann in Berlin bei Bargiel 
Komposition und bei Rudorff Klavier, wirkte 
1893-99 als Kapellmeister am Stadttheater in 
Aachen und setzte während der Ferien 4 Jahre 
seine Studien bei Humperdinck fort. 1899 wurde 
er als 1. Kapellmeister an das deutsche Theater 
nach Prag berufen, 1906 an die Königliche Oper 
nach Berlin, wo er 1913-23 GMD war; in der 
Folge wirkte er 1923 am Deutschen Opernhaus, 
1924 an der Großen Volksoper, 1925 kurze Zeit an 
der Wiener Volksoper, bis er 1926 wieder als Diri- 
gent an die Berliner Staatsoper ging. Er mußte 
1937 Deutschland verlassen, ging nach Riga, 1941 
nach Stockholm, wo er Hofkapellmeister an der 
Königlichen Oper wurde, und kehrte 1949 als 
GMD der Städtischen Oper nach Berlin zurück, 
an der er noch bis 1953 dirigierte. Bl. war ein Opem- 
dirigent von Umsicht und Feinsinn, als Kompo- 
nist in der Neigung zu edler Volkstümlichkeit ein 
echter Nachfolger Humperdincks. Opern: Aglaja 
(Aachen 1893); Cherubina (Aachen 1894); Das war 
ich (Dresden 1902); Alpenkönig und Menschenfeind 
(Dresden 1903); Aschenbrödel (Prag 1905); Ver- 
siegelt (Hamburg 1908); eine Operette Die Strohs 
witwe (Hamburg 1920). Außerdem schrieb er Lie- 
der, Chorwerke, Klavierstücke, 2 Streichquartette 
und die Tondichtungen Die Nonne (1897), Trost in 
der Natur (1900) und Waldwanderung (1901). 

Lit.: E. Rychnovsky, L. BL, Prag 1905; W. Jacob, 
L. BL, Hamburg 1931. 

Bledsoe (bl'edzo), Jules, * 29. 12. 1902 zu Waco 
(Texas); amerikanischer Sänger und Komponist 
von Negerherkunft, debütierte 1924 in New York 
nach einer allgemeinen musikalischen Ausbildung 
und Gesangsstudien in New York, Rom und Paris. 
Seit 1932 tritt Bl. auch in großen Opemrollen (u. a. 
Amonasro, Boris) auf und machte sich auf Reisen 
in Amerika und Europa bekannt. Neben Liedern 
schrieb er eine AJrican Suite für V. und Orch. 

Bleichmann, Julius Iwanowitsch, * 5. 12. 1868 
und t 5. 12. 1909 zu St. Petersburg; russischer 
Komponist und Dirigent, Schüler von Rimskij- 
Korsakow am Petersburger Konservatorium, auch 
von Reinecke und Jadassohn in Leipzig. 1893 grün- 
dete er die Petersburger Volkssymphoniekonzerte 
und war 1894/95 Dirigent der Philharmonischen 
Konzerte. Er schrieb die Opern Die Traumprin- 
zessin und Der heilige Sebastian , Orchester- und 
Chorwerke, Kammermusik, Klavierstücke und 
Lieder. 

Blessinger, Karl, * 21. 9. 1888 zu Ulm; deut- 
scher Komponist und Musikschriftsteller, Schüler 
Ph. Wolf rums in Heidelberg, der Akademie der 
Tonkunst und der Universität in München, be- 
gann 1910 als Theaterkapellmeister, promovierte 
1913 in München mit Studien zur Ulmer Musik- 
geschichte im 17. Jh. t insbesondere über Leben und 
Werke S. A. Scherers (Ulm 1913). 1920-45 war er 
Lehrer an der Münchner Akademie der Tonkunst. 
Weitere Veröffentlichungen sind: Versuch über die 


musikalische Form (Sandberger-Festschrift, 1919), 
Die musikalischen Probleme der Gegenwart und ihre 
Lösung (Stuttgart 1920), Die Überwindung der musi- 
kalischen Impotenz (Stuttgart 1920), Grundzüge der 
musikalischen Formenlehre (Stuttgart 1926), Melo- 
dielehre als Einführung in die Musiktheorie I (Stutt- 
gart 1930), Mendelssohn , Meyerbeer, Mahler: drei 
Kapitel Judentum in der Musik als Schlüssel zur 
Musikgeschichte des 19. Jh. (Berlin 1938), eine An- 
zahl Zeitschriftenaufsätze sowie die Bearbeitung 
einer Liederauswahl von H. Berlioz (München 
1920, Musikalische Stundenbücher). Seine Kom- 
positionen (Orchesterwerke, Kammermusik, Kla- 
vier- und Orgelstücke, Chöre, Lieder) sind noch 
Manuskript. 

Blewitt (bl'urit), Jonathan, * 19.7.1782 und 
t 4.9.1853 zu London; englischer Komponist, 
zuerst Organist in London und anderwärts, zeit- 
weilig auch in Dublin, wo er Kapellmeister und 
Komponist des königlichen Theaters und Konzert- 
dirigent wurde. 1825 war er wieder in London, 
brachte eine Anzahl Opern und Pantomimen ( Der 
Mann im Mond, 1826) zur Aufführung und wurde 
durch einzelne Gesänge populär. 

Bleyer, Georg, getauft 18. 10. 1647 zu Tiefurt 
bei Weimar; deutscher Komponist, um 1660 Hof- 
musiker in Rudolstadt, 1680 als Bewerber um eine 
Stelle in Frankfurt am Main nachweisbar. Er gab 
heraus: Lust-Music, nach ietziger Französischer Ma- 
nier gesetzet, bestehend von unterschiedlichen Aim , 
Bourreen, Gavotten, Gagliarden , Gicjuen, Chansons, 

Allemanden, Sarrabanaen , Couranden 4-5st. 

(2 Teüe, 1670). Eine Komposition des 100. Psalms 
ist im Manuskript erhalten. 

Lit.: C. Höfer, G. Bl., mit einem Beitr. v. Fr. Blume, 
= Zs. d. Ver. f. Thüringische Gesch. u. Altertums- 
kunde, Beiheft XXIV, 1941. 

Bleyer, Nikolaus, * 1590, f 11. 5. 1658 zu 
Lübeck, wo er ab 1624 Ratsmusikus war (vorher 
am Hofe in Bückeburg), gab heraus: Ein Album 
newer Paduanen, Galliarden, Maskeraden und Cou- 
ranten, 5st. mit B.c. (Hamburg 1628), und Erster 
Theil Newer Pavanen , Galliarden, Canzonen, Syn- 
fotiien, Balletten, Volten, Couranten und Sarabanden, 
5st. mit B.c. (Leipzig 1642); auch stehen einige 
Stücke von BL in Th. Simpsons Taffel-Consort 
(Hamburg 1621). 

Ausg. : eine Violinsonate bei G. Beckmann, Das Vio- 
linspiel in Deutschland vor 1700. Bln-Lpz. 1920. 
Lit.: J. Hennings u. W. Stahl, Musikgesch. Lübecks 
1: J. Hennings, Weltliche Musik, Kassel 1951. 

Bleyle, Karl, * 7. 5. 1880 zu Feldkirch (Vorarl- 
berg) ; deutscher Komponist, war 1894-99 Schüler 
von S. de Lange in Stuttgart, studierte noch 1904 
bis 1907 bei Thuille in München, wo er sich für 
längere Zeit niederließ, lebt seit 1923 in Stuttgart. 
Seine durch das Streben nach volkstümlicher 
Frische beachtenswerten Werke sind: I. Sympho- 
nie C moll op. 1 (1905); An den Mistral (Nietzsche) 
für Männerchor und Orch. op. 2 (1906) ; II. Sym- 
phonie F dur op. 6 (1906); Siegesouvertüre op. 21 
(1913); Der Taucher (nach Schiller) für großes 
Orch. und Vierteltonharmonium op. 31 (1917); 
Opern Der Teufelssteg op. 35 (1917) und Der 
Hochzeiter op. 36 (1923) ; Streichquartett A moll 
op. 37 (1925) ; 4 Lieder mit Streichquartett op. 43 


175 



Blin 


(1931); Lied des Lebens für Soli, Chor und Orch. 
op. 47 (1936) ; Cellokonzert op. 49 (1936) ; Diony- 
sische Suite für Orch. op. 55 (1950); 6 Gesänge 
op. 60 (Hölderlin, 1943) ; Streichquartett H moll 
op. 62 (1950); 2 Violinsonaten op. 38 und 56; 
2 Partiten für V. solo op. 58 und 61; Lieder, 
Duette, Chorwerke, Klammer- und Orchester- 
musik. 

Lit.: K. Bl.. Werkverz., Lpz. 1937. 

Blin (bis), Rend, * 13.11.1884 zu Somsois 
(Marne); französischer Komponist, Schüler der 
Schola Cantorum, seit 1911 Organist an Ste Elisa- 
beth in Paris, Konzertorganist und Komponist 
klassizistischer Tendenz. Werke: En Champagne , 
Suite für Orch.; Symphonie brbe Cmoll; Sym- 
phonie B dur für Org.; Suite hbotque für Org.; 
viele andere Orgdstücke; Klavierstücke; Motetten 
und andere Kirchenwerke; Lieder. 

Bliss, Sir Arthur, * 2. 8. 1891 zu London; eng- 
lischer Komponist von amerikanischer Abkunft, 
studierte in Cambridge bei Wood und 1914 am 
Royal College of Music in London bei Ch. Stan- 
ford und Holst. Nach dem 1. Weltkrieg 
schrieb er unter dem Einfluß von Ravel und Stra- 
winsky: Madam Noy für S. und 6 Instr. (1918); 
Rout für S. und Kammerorch. (1919); Conver - 
sations für 5 Instr. (1919); Konzert für T., Kl. und 
Orch. (1920, umgearbeitet für 2 Kl. und Orch. 
1933). 1921 wurde er Professor am Royal College 
of Music, schrieb 1922 Rhapsody für Streichquartett 
und A Colour Symphony (umgearbeitet 1932), 
deren 4 Sätze als »symbolische Entsprechungen zu 
Farben« gehört werden sollen. 1923-25 lebte Bl. als 
Schauspider in Santa Barbara (Kalifornien) . S eitdem 
zeigen seine Werke ein Wiederanknüpten an die 
Tradition Elgars und der Spätromantiker: Intro- 
duction and Allegro für Orch. (1926); Hymn to 
Apollo für Orch. (1926); Quintett für Ob. und 
Streicher (1927); Pastoral für Mezzosopran, Chor 
und Orch. (1928); Serenade für Bar. und Orch. 
(1929); Symphonie Moming Heroes für Sprecher, 
Chor und Orch. (1930) ; Klarinettenquintett 
(1931); Bratschensonate (1932); Music for Strings 
(1935); Musik zu H. G. Wells* Film The Shape 
of Things to Come (1935); Suite Kenilworth für 
Blasorch. (1936); Ballett Checkmate (1937); 
Filmmusik The Conquest of the Air (1937) ; Klavier- 
konzert (1938); Seven American Poems (1940). Bl. 
leitete 1942-44 die Musikabteüung der British 
Broadcasting Corporation, wurde 1950 geadelt, 
1953 als Nachfolger von Bax »Master of the 
Queen’s Music«. Seine neueren Werke sind: Ballett 
Miracle in the Gorbals (1944); Filmmusik Men of 
Two Worlds (1945); Ballett Adam Z,ero (1946); 
Oper The Olympians (1948; Text von J. B. Priest- 
ley); Szene für A. und Orch. The Enchantress 
(1951; nach Theokrit); A Song of Welcotne für S., 
Bar., Chor und Orch. (1954). 

Lit. : P. A. Scholes, Notes on »A Colour Symphony«, 
London 1922: A. L. Haskell, »Miracle in the Gor- 
bals«, London 1946. 

Blitheman (bl'iömaen), William, t Pfingsten 
1591 zu London; englischer Komponist, wurde 
1564 Master of the choristers an Christ Church in 
Oxford, 1585 Organist der Chapel Royal. Sein 
Schüler und Nachfolger war John Bull. B. schrieb 


2 4st. Motetten sowie 14 Orgelsätze, die im 
Mulliner Book enthalten sind (einer davon auch im 
Fitzwilliam Virginal Book) ; 2 weitere Orgelsätze im 
Mulliner Book werden ihm zugeschrieben. Seine 
beiden Choralvariations-Zyklen für Orgel (über 
die Antiphon Gloria tibi Trinitas und den Hymnus 
Eteme rerum conditor) wurden von J. Bull und J. P. 
Sweelinck zum Vorbild ihrer entsprechenden Zy- 
klen gewählt. 

Ausg.: The Thomas Mulliner Book, hrsg. v. D. 
Stevens, Mus. Brit. I, 1951; dazu A Commentary v. 
D. Stfvens, London 1952; ein Stück in The Fitz- 
williara Virginal Book I, hrsg. v. J. A. Füller Mait- 
land u. W. Barclay Squire, Lpz. 1 894. 

Lit: E. E. Lowinsky, English Organ Music in the 
Renaissance II, MQ XXXIX, 1953. 

Blitzstein, Marc, * 2. 3. 1905 zu Philadelphia 
(USA); amerikanischer Komponist, lebt in New 
York. Nach Musik- und Klavierstudien an der 
University of Pennsylvania und am Curtis Institute 
in Philadelphia sowie bei Siloti in New York be- 
trieb er bei N. Boulanger 1926 in Paris und 1927 
bei A. Schönberg in Berlin Kompositionsstudien. 
Von K. Weill und P. Dessau beeinflußt, zielt sein 
Schaffen auf »musical theatre« mit aktuell ameri- 
kanischer sozialkritischer Tendenz. Am erfolg- 
reichsten blieb er bisher mit seinen »musicals« für 
die Orson-Welles-Truppe: The Cradle will Rock 
(1937) und No for an Answer (1940). Seine Kriegs- 
dienstzeit bei der US-Luftwaffe fand in einer viel- 
aufgeführten symphonischen Kantate Airbome 
Symphony ihren Niederschlag (1944). Zahlreiche 
Film- und Bühnenmusiken charakterisieren weiter 
sein Schaffen. 

Bloch, Ern e st, * 24. 7. 1880 zu Genf; Schweizer 
Komponist, studierte in Genf bei Jaques-Dalcroze 
und 1897-99 bei Ysaye und F. Rasse in Brüssel so- 
wie bis 1900 noch bei I. Knorr in Frankfurt am 
Main und kurze Zeit bei Thuille in München. 
Nach zweijährigem Aufenthalt in Paris kehrte er 
1904 nach Genf zurück, war 1909/10 in Lausanne 
und Neuenburg Dirigent, 1911-15 Kompositions- 
lehrer in Genf. 1916 ging er nach Amerika und 
siedelte 1917 als Lehrer an der David Mannes- 
Musikschule nach New York über; 1920-25 war 
er Direktor des Institute of Music in Cleveland 
(Ohio), 1925-30 Direktor des Konservatoriums in 
San Francisco. 1930-38 lebte er wieder in Europa, 
1938-41 wieder in San Francisco, seitdem in Agate 
Beach (Oregon, USA). Er sucht in seinem Schaffen 
eine nationaljüdische Musik zu verwirklichen, und 
zwar nicht auf folkloristischer Grundlage, sondern 
unmittelbar aus dem Charakter und Geist seines 
Volkes. Zu seinen früheren Werken gehören 
2 symphonische Dichtungen: Vivre et Aitncr (1900) 
und Printemps-Hiver (1905); neben diesen schrieb 
er mehrere Psalmen für Gesang mit Orch. Nach 
seiner eigenen Aussage erreichte sein Schaffen eine 
neue Stufe mit den Trois Potmes Juifs für Orch. 
(1913; erste Aufführung Boston 1917). 1917 führte 
er in New York seine 2. Sinfonie: Israel (begonnen 
1912) und Schelomo: a Hebrew Rhapsody für Vc. 
und Orch. auf, 1919 in Pittsfield die Suite für Va 
und Kl., die den Coolidge-Preis gewonnen hatte 
(als Bratschenkonzert New York 1920). Weitere 
Werke: Oper Macbeth (1909); Oper Jezabel (noch 
nicht vollendet) ; Poems of the Sca, Orchestersuite 


176 



Blom 


(1923) ; Orchester-Rhapsodie America (1926) ; Sym- 
phonisches Fresco Helvetia (1929); Orchestersuite 
Evocations (auch für 2 Kl. # 1937) ; Suite Symphonique 
für Orch. (1944); 2 Concerti grossi (1925 und 
1953) ; Four Episodes für Kammerorch. (1926) ; In 
the Night für Kl. und Orch. (1923) ; Klavierkonzert 
(1948); Baal Shem für V. und Orch. (oder Kl.; 
1923); Violinkonzert (1938); Voice in the Wilder- 
ness, symphonische Dichtung für Orch. mit obliga- 
tem Vc. (1936) ; Sabbath-Morgenfeier für gemisch- 
ten Chor und Orch. (1934); 3 Streichquartette 
(1916, 1945, 1954); Klavierqumtett (1923); 3 Noc- 
turnes für Klaviertrio (1924); Prdlude für Streich- 
quartett (1924); Night für Streichquartett (1924); 
In the Mountains für Streichquartett (1924;; 
Paysages für Streichquartett (1925); 2 Violinsona- 
ten (1920 und 1924) ; Pobne mysüque für V. und Kl. 
(1925) ; Suite Hdbraique für Va (oder V.) und Kl. ; 
Meditation hibraique für Vc. und Kl. (1925); 
3 Skizzen From Jewish Life für Vc. und Kl. (1925) ; 
Five Sketcltes in Sepia für Kl. (1925); Klavier- 
sonate (1935) und andere Klavierstücke: In the 
Night, Jeremiah, Nirvana. 

Lit. : G. M. Gatti, E. Bl., MQ VII, 1921 ; M. Tibaldi 
Chiesa, E. Bl., Turin 1933; D. Newlin, The Later 
Works of E. Bl., MQ XXXIII, 1947. 

Bloch, Josef, * 5. 1. 1862 und f 6. 5. 1922 zu 
Budapest; ungarischer Violinist, spielte 6 Jahre im 
Hubay-Popper-Quartett und wurde 1889 Violin- 
lehrer an der Ungarischen Landes-Musikakademie, 
1890 am National-Konservatorium in Budapest, 
1908 Leiter einer Klasse zur Ausbildung von Violin- 
lehrem an der Königlich Ungarischen Musikaka- 
demie. Von seinen Werken sind zu nennen: Vio- 
linkonzert op. 64, Violinstücke und -etüden, eine 
Violinschule, Suiten und Ouvertüren für Orch. 

Bloch, Waldemar, *5.5.1906 zu Wien; öster- 
reichischer Komponist, absolvierte 1925 gleich- 
zeitig das Realgymnasium und das Konservato- 
rium in Graz, wo er bis 1939, mit Reiseunter- 
brechungen, als Pianist und Pädagoge wirkte und 
seit 1945 als Lehrer (1956 Professor) für Theorie 
und Komposition am Steiermärkischen Landes- 
konservatorium tätig ist. Er schrieb Messen, geist- 
liche Oratorien und Kantaten, Opemoratorien 
(. Käthchen , nach Kleist), eine szenische Kantate 
Orpheus (nach eigenen Texten, 1956), eine Kam- 
meroper Stella (nach Goethe), eine Ballettmusik 
nach Rilkes Comet, Chorwerke, Lieder, Klavier- 
und Kammermusik, außerdem ein Klarinetten- 
konzert und 2 Symphonien. An theoretischen 
Schriften legte er eine Neue Harmonielehre (1947) 
sowie eine Allgemeine Musikkunde ( 2 1956) vor. 

Blockx, Jan, * 25. 1. 1851 und f 26. 5. 1912 zu 
Antwerpen; belgischer Komponist, wurde 1876 
Schüler von P. Benoit an der Flämischen Musik- 
schule in Antwerpen und schrieb in dieser Zeit 
volkstümliche flämische Lieder, Kantaten und 
Kammermusik. 1879 ging er zu weiteren Studien 
bei C. Reinecke nach Leipzig. 1886 wurde er Leh- 
rer an der Flämischen Musikschule und Direktor 
des Cercle artistique in Antwerpen, 1901 als Nach- 
folger P. Benoits Direktor des Konservatoriums. 
Mit seinen großen Bühnen- und Chorwerken ist 
er nach P. Benoit der wichtigste flämische Kom- 
ponist. Werke: Kantate Op den stroom (1875), Ou- 


vertüre Rubens (1877), Oper Jets vergeten (1877), 
Ballett Milenka (1888), Kantate Klokke Roeland 
(1888), Opern Mattre Martin (1892), Saint-Nicolas 
(1894), Herbergprinses (1896), Thyl Uilenspiegel 
(1900), De Bruid der zee (1901), De Kapel (1903), 
Kantate De Scheldezang (1903), Oper Baldie (1908; 
umgearbeitet als Liefdelied, 1912). 

Lit.: L. Solvay, Notice sur J. BL, Brüssel 1920; P. 
Gilson, Notes de musique, Brüssel 1942; F. Blockx, 
J. Bl., Brüssel 1943. 

Blodek, Wilhelm, * 3. 10. 1834 und f 1. 5. 1874 
zu Prag; tschechischer Flötist und Komponist, war 
Schüler des Prager Konservatoriums und 1860-71 
Professor an dieser Anstalt. Seine komische Oper 
V studni (»Im Brunnen«) hatte 1867 in Prag großen 
Erfolg, eine zweite, Zidek, hinterließ er unvoll- 
endet; außerdem komponierte er eine Messe, eine 
Ouvertüre, Lieder, Männerquartette und Klavier- 
stücke. 

Lit: Jeüik, W. BL, Prag 1906. 

Bloh, Fritz von, * 30. 11. 1909 zu Hannover; 
deutscher Chorleiter, studierte am Konservato- 
rium Hannover sowie bei Gmeindl, P. Hindemith 
und K. Thomas an der Berliner Musikhochschule. 
1938-39 wirkte er als Musikdirektor in Schässburg 
(Rumänien) und lehrt seit 1946 Dirigieren, Gehör- 
bildung und Komposition an der jetzigen Aka- 
demie für Musik und Theater in Haimover, wo er 
auch als Chorleiter tätig ist. Br komponierte 
u. a. Lieder, Chorlieder, Männerchöre, ein Cem- 
balokonzert Werk 15 (1948), Nächte für T., 
Männerchor und Kl. Werk 24 (1952) und Streit- 
lied zwischen Leben und Tod für Männerchor, 
11 Blechbläser und Schlagzeug Werk 26 (1953). 

Blom, Eric Walter, * 20. 8. 1888 zu Bern; eng- 
lischer Musikforscher, schrieb, nachdem er eine 
Zeitlang im Musikalienhandel und -verlag gearbei- 
tet hatte, 1919-27 die Programm-Einführungen zu 
den Konzerten des Londoner New Queen ’s Hall 
Orchestra (mit R. Newmarch) und war 1923-31 
Londoner Musikkritiker des »Manchester Guardi- 
an«, dann Musikkritiker der »Birmingham Post«. 
Aufsätze aus der Zeit in Birmingham sammelte er 
in A Musical Postbag (London 1941). 1946 über- 
nahm er die Bearbeitung der 5. Auflage von 
Grove’s Dictionary of Music (erschienen in 9 Bän- 
den, London 1954), 1949 zugleich die Musikredak- 
tion des »Observer« in London. Als Herausgeber 
betreut er ferner: die Biographien-Reihe »Master 
Musidans«, in der er selbst den Band Mozart ver- 
faßte (London 1935, deutsch Zürich 1953); die 
Zeitschrift »Music & Letters« (1937-49 und wieder 
seit 1954) ; Band X der New Oxford History of 
Music. 1955 wurde er D. litt. h. c. (Birmingham) 
und Commander of the British Empire (C. B. E.). 
Weitere Schriften: Stepchildren of Music (London 
1923), The Limitations of Music (London 1928), The 
Romance of the Piano (London 1928), Beethovens 
Pianoforte Sonatas (London 1938), Music in England 
(Harmondsworth 1942, deutsch Hamburg 1947, 
italienische Übersetzung in Vorbereitung), Some 
Great Composers (Oxford 1944), Everyman 9 s Dictio- 
nary of Music (London 1947). Ferner übersetzte 
er: R. Specht, J. Brahms (London 1930) sowie O. 
E. Deutsch, Schubert : a Documentary Biography 
(London 1946 und New York 1947). 


12 


177 



Blomdahl 


Blomdahl, Karl-Birger, * 19. 10. 1916 zu 
Väsgö; schwedischer Komponist, studierte in 
Stockholm Komposition bei Hilding Rosenberg 
und Orchesterleitung bei Tor Mann, bereiste als 
Staatsstipendiat u. a. Frankreich und Italien. Bis 
1954 leitete er die Stockholmer Kammermusik- 
Vereinigung Fylkingen, hielt 1954/55 als Stipen- 
diat der American-Scandinavian Foundation Gast- 
vorlesungen an Hochschulen in den USA und ist 
seitdem im Programmrat der Stockholmer Phil- 
harmonie und im Vorstand des Vereins Schwe- 
discher Tonsetzer tätig. Unter bisher etwa 40 grö- 
ßeren Werken sieht er als die wichtigsten an : eine 
Sonett-Kantate Im Saal der Spiegel für Soli, Chor 
und Orch. (nach Lindegren, Oäo 1953), Kantate 
Anabase für Sprecher, Soli, Chor und Orch. (nach 
St.-John Perse, Stockholm 1956), 3. Symphonie 
Fazetten (1951), Ballettsuite Sisyphos (Stockholm 
1954), Kammerkonzert für Kl., Holzbläser und 
Schlagzeug (Zürich 1953), Pastoral-Suite für Strei- 
cher. Er schrieb daneben Bühnen-, Film- und 
Kammermusik. 

Blomstedt, Herbert, * 11. 7. 1927 zu Spring- 
field (Massachusetts, USA); schwedischer Diri- 
gent, studierte in Stockholm (Dirigieren bei Tor 
Mann), wo er 1948 das Musiklehrerexamen, 1950 
das Organistenexamen und das Kantorexamen 
ablegte, und 1948-50 auch unter Moberg an der 
Universität Uppsala Musikgeschichte. Ferner be- 
suchte er Kurse in Salzburg (Markevitch) und 
1952/53 in den USA (Boston, New York, Tangle- 
wood). Seit 1954 wirkt et als 1. Kapellmeister des 
Stadt- und Rundfunkorchesters in Norrköping. 
Bl. schrieb: Tillkännedomen om J. C. Bachs symfonier 
(STMf XXXIII, 1951). 

Blon, Franz von, * 16. 7. 1861 zu Berlin, -j* 21. 
10. 1945 zu Seilershof (Brandenburg) ; deutscher 
Komponist, Schüler des Stemschen Konservato- 
riums und der Königlichen Hochschule für Musik, 
Konzertmeister am Hamburger Stadttheater, ab 
1898 Dirigent des Berliner Philharmonischen 
Blase-Orchesters, 1901 auch des Berliner Ton- 
künsder-Orchesters, 1906 der Philharmonie in 
Warschau. Er schrieb: die Operetten Sub rosa 
(Lübeck 1887), Die Amazone (Magdeburg 1903), 
Die tolle Prinzeß (== Durchlaucht in Hosen , Halle 
1913); ein Ballett In Afrika (Berlin 1899) sowie an- 
sprechende Unterhaltungsmusik: Suiten, Ouver- 
türen, Walzer und vor allem Märsche. 

Blondeau (bläd'o:), Pierre-Auguste-Louis, 
* 15. 8. 1784 zu Paris, 1 1865; französischer Kom- 
ponist, Schüler des Conservatoire (Baillot, Gosscc, 
Möhul), erhielt 1808 den Rompreis (Kantate 
Maria Stuart), war nach der Rückkehr aus Italien 
bis 1842 Bratschist der Großen Oper. Außer einer 
Anzahl von Kammermusikwerken, Klavierstücken 
und Liedern schrieb er 2 große Te Deum, eine 
doppelchörige Messe, 3 Ouvertüren, eine Oper 
und ein Ballett, die sämtlich zur Aufführung ka- 
men, und die theoretischen Werke: Gesangs- 
methode, Elementarmusiklehre, Harmonielehre, 
Kontrapunkt und Fuge, auch eine Histoire de la 
musique moderne (1847) und Notice sur Palestrina . 

Blondei de Nesle (bl3d'el), * um 1155 zu Nesle 
(Somme) ; französischer Trouv&re, von dessen Le- 
ben nichts als die legendäre Erzählung im Zusam- 


menhang mit der Befreiung von Richard Löwen- 
herz auf Trifels bekannt ist. Für die Anerkennung 
Bl.s bei seinen Zeitgenossen spricht die reiche 
Überlieferung seiner Lieder und die häufige Über- 
nahme seiner Melodien zu Kontrafakta. 

Ausg. : Texte bei P. Tarb£, Les Oeuvres de Bl. de N., 
— Collection des pofctes de Champagne antdrieurs 
au XVl e s., Nr XIX, Reims 1862 u. L. Wiese, Die 
Lieder d. Bl. de N., * Ges. f. romanische Lit. V, 
Dresden 1904; Melodien bei U. Aarburo, Die Melo- 
dien Bl.s de N., Diss. Ffm. 1946 (maschr.); eine Me- 
lodie bei F. Gennrich, MGG 1; 2 Melodien bei 
dems., Grundriß einer Formenlehre d. ma. Liedes, 
Halle 1932; eine Melodie bei dems., Troubadours, 
Trouvfcres, Minne- u. Meistergesang, = Das Musik- 
werk, Köln (1951); eine Melodie bei H. Besseler, Die 
Musik d. MA u. d. Renaissance, = Bücken-Hdb., 
Potsdam (1931). 

Blow (blo:), John, getauft wahrscheinlich 23. 2. 
1649 zu Newark (Nottinghamshire), f 1. 10. 1708 
zu London; englischer Komponist, war 1660-65 
Kapellknabe der Chapel Royal unter Henry Cooke, 
wurde 1668 Organist der Westminster Abbey, gab 
diese Stellung 1680 zugunsten seines Schülers H. 
Purcell auf, nahm sie aber nach dessen Tode (1695) 
wieder ein, wurde 1669 königlicher Virginalist, 
1674 Master of the Children der Chapel Royal und 
Hofkomponist für Vokalmusik und 1676 Orga- 
nist der Chapel Royal. 1687-93 war er Master of 
the Children an St. Paul’s Cathedral und wurde 
1699 Komponist der Chapel Royal. Er schrieb 
viele Anthems, Motetten, Services, Oden zum 
Neujahrs- und zum Cädlientag, ein Maskenspid 
Venus and Adonis (1680-85), Lieder, Klavierstücke, 
2 Sonaten für 2 Va, Gambe und B., außerdem 
2 Abhandlungen. Das meiste ist handschriftlich 
oder in Sammelwerken erhalten. BL, der zu den 
bedeutendsten Meistern der Zeit Purcells gehört, 
hat sich keiner der modernen Richtungen seiner 
Zeit angeschlosscn, sondern in Anlehnung an die 
englische Tradition einen kunstvollen eigenen Stil 
voller harmonischer Kühnheiten ausgebildet, der 
nach der Stilwende um die Mitte des 18. Jh. von 
Bumey und seinen Zeitgenossen heftig abgelehnt 
wurde. 

Ausg.: Coronation Anthems, Anthems with Strings, 
hrsg. v. A. Lewis u. H. W. Shaw, Mus. Brit. VII; 
Seven Short Anthems, hrsg. v. V. Novello, London 
1852; Awake, Awake, my Lyre, hrsg. v. H. W. Shaw, 
London 1949; Salvator Mundi, hrsg. v. H. W. 
Shaw, London 1949; St. Cecilia’s Ode for 1684, hrsg. 
v. H. W. Shaw, London 1950; Venus and Adonis, 
hrsg. v. G. E. P. Arkwright, The Old Engl. Edition 
XXV, London 1902; dass., hrsg. v. A. Lewis, Paris 
1936, Monaco *1949; Six Songs, hrsg. v. G. E. P. 
Arkwright, The Old Engl. Edition XXIII, London 
1900; Three Songs from Amphion Anglicus, hrsg. v. 
A. Lewis, Paris 1938; Harpsichord Pieces, hrsg. v. 
J. A. Füller Maitland, = The Contemporaries of 
Purcell I-II, London u. Lpz. 1921 ; 2 Sonatas, hrsg. 
v. W. G. Whitcher, Paris 1936; Ruldes for playing 
of a Thorough Bass, in: F. T. Arnold, The Art of 
Accompaniment from a Thorough-Bass, London 
1931. 

Lit.: W. H. Cumminos, Dr. J. B., SIMG X, 1908/09; 
E. J. Dent, Foundations of English Opera, Cam- 
bridge 1928; H. W.Shaw, The SecularMusic of J.B., 
Proc. Mus. Ass. LXIII, 1936; ders., J. B.’s Anthems, 
ML XIX, 1938; ders., B.’s Use of Ground Bass, MQ 
XXIV, 1938; ders., J. B., London 1943; ders., 
Tradition and Convention in J. B.’s Harmony, ML 


178 



Blume 


XXX, 1949; E. H. Fellowes, Engl, Cathedral Music, 
London 1941 ; H. L. Clarke, J. B., MQ XXXV, 1949. 

Blttmel, Alfons, * 13. 9. 1884 und f 1943 zu 
Wien ; österreichisdier Komponist, war Schüler von 
H. Grädener. Er schrieb Lieder, Kammermusik, 
Orchesterwerke und eine Oper Die Heilige ; ver- 
öffentlicht sind Dafhis-Lieder (Arno Holz) und 
Lieder nach anderen modernen Dichtem sowie 
Volksliedbearbeitungen. 

Blümml, Emil Karl, * 25. 10. 1881 zu Währing, 
t 26. 4. 1925 zu Wien; österreichischer Musik- 
schriftsteller, gab zahlreiche wertvolle Werke und 
Aufsätze über das deutsche Volkslied und zur loka- 
len Wiener Musikforschung heraus, darunter: Die 
Volksliedbewegung in Deutscnösterreich (Wien 1910); 
Lieder und Reime in fliegenden Blättern (Straßburg 
1911); Aus Mozarts Freundes - und Familienkreis 
(Wien 1923). 

Julius Blüthner, Pianofortefabrik oHG, in Leip- 
zig am 7. 11. 1853 von Julius Ferdinand Blüth- 
ner gegründet (J. F. BL, * 11. 3. 1824 zu Falken- 
hain bei Merseburg, t 13- 10. 1910 zu Leipzig). 
Die Firma erlangte schnell großen Ruf und erzielte 
bereits auf der Weltausstellung Paris 1867 einen 
ersten Preis. 1856 erhielt Bl. das Patent auf eine ver- 
besserte Repetitionsmechanik, 1873 auf das Ali- 
quot-System (eine vierte, in der Oberoktav ge- 
stimmte Saite, die vom Hammer nicht getroffen 
wird, gibt dem Klang der Diskantlage mehr Fülle). 
J. Bl. schrieb mit H. Fretschel : Lehrbuch des Piano - 
fortebaues (Leipzig 1872, 31909 bearbeitet von 
R. Hannemann, 41921). Nach seinem Tode führten 
seine Söhne Max Bl. (t 19.12.1919), Dr. Robert 
Bl. und Bruno Bl. die Firma weiter, für deren Ge- 
schäftsleitung gegenwärtig Dr. Rudolf Blüth- 
ner-Haessler zeichnet. 

Blum, Carl Robert, * 7. 3. 1889 zu Kassel; 
deutscher Musiktheoretiker, in Berlin Schüler von 
X. und Ph. Scharwenka und Gernsheim, an der 
Universität Schüler von Kretzschmar, Friedlaen- 
der. Fleischer, Wolf sowie von Leßmann. Er eröff- 
nete in Berlin eine Akademie für musikalische 
Vortragskunst, die später in das von Bl. ab 1919 
geleitete, 1870 von H. Mohr gegründete Mohr- 
sche Konservatorium für Musik überging. 1912 
veröffentlichte er die Schrift Das moderne Ton- 
system in seiner erweiterten und vervollkommnten Ge- 
staltung . BL ist der Erfinder eines elektrischen Mu- 
sikchronometers, das u. a. beim Kunstmusik fi l m 
zur Verwendung gelangt. Er schrieb: Das Musik- 
Chronometer und seine Bedeutung für Film-, Theater - 
und allgemeine Musikkultur (Leipzig 1926). 

Blum, Karl Ludwig (Blumer). * 1786 und 
t 2. 7. 1844 zu Berlin; deutscher Komponist 
und Dichter, langjähriger Regisseur der König- 
lichen Oper in Berlin, schrieb die Musik zu mehr 
als 50 Bühnen werken, darunter 15 Opern, 5 Ope- 
retten, 6 Balletten, 9 Vaudevilles, sowie Instru- 
mentalkompositionen, die ihrer Zeit sehr gefielen, 
aber der Originalität entbehren. Auch verfaßte er 
eine Gitarreschule und übersetzte Vaudevilles für 
deutsche Bühnen (1824, aus dem Französischen) und 
Fdtis* La musique tnise ä la portie de tout le monde 
(Die Musik; Handbuch für Freunde und Liebhaber 
der Tonkunst , 1830). 


Blum, Robert, *27. 11. 1900 zu Zürich; Schwei- 
zer Dirigent und Komponist, studierte 1920-23 in 
Zürich bei Andreae, Jamach, Laquai und C. Vog- 
ler, 1924 noch bei Busoni in Berlin, war 1925-50 
Dirigent der Orchestergesellschaft und des Ge- 
mischten Chors von Baden im Aargau, seit 1943 
Lehrer für Kontrapunkt und Komposition an der 
Musikakademie Zürich. Werke: Opern und Mu- 
sik zu Volksstücken, etwa 25 Filmmusiken, Kan- 
taten und andere Chorwerke, ein Oratorium Der 
Sturz des Phaeton , Lobgesang für 12 Solostimmen 
und Instrumente, 3 Symphonien, 2 Orchester- 
partiten, Lamentatio Angelorum für Kammerorch., 
Ouvertüren, Passionskonzert für Org. und Orch., 
Kammermusik, Sonate für 2 Kl., Orgelwerke. 
Lit.: 125 Jahre Orchesterges. Baden . . ., Fs. z. 25jäh- 
rigen Dirigententätigkeit v. R. B., Wettingen (1950). 

Blume, Clemens, * 29. 1. 1862 zu BÜlerbeck 
(Westfalen), f 8. 4. 1932 zu Königstein (Taunus); 
deutscher Hymnologe, besuchte ab 1875 das Je- 
suitenseminar in Feldkirch, bis er 1878 in den Je- 
suitenorden eintrat. Von 1903 an lebte er in Mün- 
chen und wurde 1929 Professor für Liturgik am 
Kolleg St. Georgen in Frankfurt am Main. Um 
die Erforschung der mittelalterlichen Hymnodie 
erwarb Bl. sich unvergleichliche Verdienste durch 
seine Veröffentlichungen und als Herausgeber der 
»Analecta hymnica« (von Band XXV, 1897, an; bis 
Band EL zusammen mit G. M. Dreves), die in der 
weitgehenden Erfassung der Texte und ihrer Quel- 
len eine breite Grundlage für detaillierte hymnolo- 

r Le Untersuchungen abgaben, trotz des Fehlens 
Melodien nicht minder bedeutend auch für 
musikalische Fragen. Besonders erwähnenswert 
sind hier die Einleitungen der Bände LIII-LV 
der Analecta hymnica mit ihren Ausführungen zur 
Geschichte der Sequenz. Von seinen zahlreichen 
Veröffentlichungen seien genannt: Repertorium 
Repertorii , Kritischer Wegweiser durch U. Chevaliers 
Repertorium Hymnologicum (= Hymnologische 
Beiträge II, Leipzig 1901), Der Cursus S. Benedicti 
Nursini und die liturgischen Hymnen des 6.-9 . Jahr- 
hunderts in ihrer Beziehung zu den Sonntags- und 
Ferialhymnen unseres Breviers (= Hymnologische 
Beiträge III, Leipzig 1908), Johannis de Hovedene 
* Philomena « . . . (= Hymnologische Beiträge IV, 
Leipzig 1930), Wolstan von Winchester und Vital von 
St. Evroult (in: Sitzungsberichte der Wiener Aka- 
demie der Wissenschaften Phil.-hist. Klasse CXLVI, 
3, Wien 1903), Brevier und Messe , geschichtlich-litur- 
gischer Grundriß (Regensburg und Rom 21919), Zur 
Poesie des kirchlichen Stundengebetes im Mittelalter 
(Stimmen aus Maria Laach LV, 1898), Der Engel- 
hymnus Gloria in excelsis Deo , sein Ursprung und 
seine Entwicklung (ebenda LXXIII, 1907), Gregor 
der Große (ebenda LXXIV, 1908), Rhythmische 
Hytnnen in metrischer Schmiede (ebenda LXXVm, 
1910), Ursprung des Ambrosianischen Lobgesangs 
(ebenda LXXXI, 1911), Inviolata, der älteste Marien - 
Tropus im Brevier (Kirchenmusik X, 1909), Salve 
sanctaparens , das älteste lateinische Grußlied (Kirchen- 
musik XL 1910), Vom Alleluja zur Sequenz (Kmjb 
XXIV, 1911), Ein Jahrtausend Lateinischer Hymnen- 
dichtung, Blütenlese aus den Analecta Hymnica (von 
G. M. Dreves, nach dessen Tod revidiert und 
herausgegeben von C. Bl., 2 Bände, Leipzig 1909). 


12 * 


179 



Blume 


Blume, Friedrich, * 5. 1. 1893 zu Schlüchtern 
(Hessen); deutscher Musikforscher, Schüler von 
Sandberger, Kroyer, Riemann, Kretzschmar, Joh. 
Wolf, H. Goldschmidt, Schering und Abert. Er 
promovierte 1921 mit Studien zur Vorgeschichte der 
Orchestersuite (gedruckt als Berliner Beitrage zur 
Musikwissenschaft I, Leipzig 1925), wurde 1921 
Assistent Aberts in Leipzig, 1923 Lektor an der 
Universität Berlin. Dort habilitierte er sich 1925 
mit der Arbeit Das monodische Prinzip in der pro- 
testantischen Kirchenmusik (Leipzig 1925) und lei- 
tete nach Aberts Tod 1927-29 das Musikwissen- 
schaftliche Institut. Er gab die Gedenkschrift für 
Hermann Abert (Halle 1928, darin Blumes Rede 
Hermann Abert und die Musikwissenschaft) und des- 
sen Gesammelte Schriften und Vorträge (Halle 1929) 
heraus. 1928-34 lehrte er Musikgeschichte an der 
Kirchenmusikschule Berlin-Spandau, gab 1928-40 
die Praetorius-Gesamtausgabe (Wolfenbüttel, 20 
Bände, nicht vollständig) und ab 1929 Das Chor- 
werk (Wolfenbüttel) heraus. Der Aufsatz Fort - 
spinnung und Entwicklung im Peters-Jahrbuch 
XXXVI (1929) weist in Wetterführung der Arbei- 
ten W. Fischers der Analyse des Wiener klassi- 
schen Stils neue Wege. In Bückens Handbuch der 
Musikwissenschaft übernahm Bl. den Band Die 
evangelische Kirchenmusik (Potsdam 1931). 1933 
ging er als ao. Professor nach Kiel, wurde 1935 
zum Mitglied des staatlichen Instituts für deutsche 
Musikforschung, 1938 zum o. Professor ernannt. 
1939-45 gab er das Erbe deutscher Musik und die 
Deutsche Musikkultur heraus, war 1942-56 Präsi- 
dent der Neuen Schütz-Gesellschaft, seit 1947 Prä- 
sident der Gesellschaft für Musikforschung. Seit 
1949 gibt er die Enzyklopädie Die Musik in Ge- 
schichte und Gegenwart (Kassel und Basel) heraus. 
Schriften, außer den genannten: Die formgeschicht- 
liche Stellung der Klavierkonzerte Mozarts (Mozart- 
Jb. II, 1924) ; Eine unbekannte Violinsonate von Johann 
Sebastian Bach (Bach-Jb. XXV, 1928); Schuberts 
Mondlied (Jb. Der Bär, Leipzig 1928) ; Josquin des 
Pris (Jb. Der Drachentöter..., 1929); Michael 
Praetorius (Wolfenbüttel 1929); Heinrich Schütz in 
den geistigen Strömungen seiner Zeit (MuK II, 1930) ; 
Joseph Haydns künstlerische Entwicklung in seinen 
Streichquartetten (JbP XXXVIII, 1931); Das Werk 
des Michael Praetorius (ZfMw XVII, 1935) ; 
Heinrich Schütz (Deutsche Musikkultur I, 1936); 
Der Chor als Träger des städtischen Musiklebens (Die 
Musikpflege VIÖ, 1936); Individuum und Gemein- 
schaft im Chorgesang (Die Musikpflege IX, 1937); 
Musik, Anschauung und Sinnbild (in: Musik und 
Bild, Festschrift Max SeifFert, Kassel 1938); Das 
Rasseproblem in der Musik (Wolfenbüttel 1938); 
Erbe und Auftrag (Deutsche Musikkultur IV, 1939) ; 
Die Formung der Musikgeschichte (Deutsche Musik- 
kultur V, 1940); Das Kantatenwerk Dietrich Buxte- 
hudes (JbP XLVH, 1940); Georg Bleyer (in: C. 
Hofer, Georg Bleyer, Jena 1941); Mozart-Ge- 
denkrede (Wolfenbüttel 1942); Augustin Pflegers 
Kieler Universitätsoden (AfMf VIII, 1943); Wesen 
und Werden deutscher Musik (Kassel 1944) ; Johann 
Sebastian Bach im Wandel der Geschichte (Musik- 
wissenschaftliche Arbeiten I, Kassel 1947; englisch 
von St. Godman als Two Centuries of Bach , Lon- 
don 1950); Goethe und die Musik (Kassel 1948); 
Neue Bachforschung (STMf XXXVI, 1954); Mo- 
zart* s Style and Infiuence und Mozart , The Concertos: 


Their Sources (in: The Mozart Companion, hrsg. v. 
H. C. R. Landon u. D. Mitchell, London 1956); 
Artikel in MGG (Kassel und Basel ab 1949), 
darunter A. W. Ambros, J. S. Bach, W. Fr. Bach, 
Barock, A. Berardi, Bruckner, Burmeister, Butt- 
stett, Buxtehude, Deutschland (Abschnitt Barock), 
R. Fludd, Form, Goethe, Hanslick. - Ausgaben: 
A. Schering, Über Kantaten Johann Sebastian Bachs 
(Leipzig 1942); A. Schering, Vom musikalischen 
Kunstwerk (Leipzig 1949, 2 1951). - Gesamtausgabe 
der musikalischen Werke von Michael Praetorius 
(Wolfenbüttel), Bände V (mit Hans Koitzsch), 
VII, VIII, IX, XI, XVI, XVÜI; im Chorwerk 
(Wolfenbüttel 1929-38) 15 Hefte mit Werken von 
Josquin, de La Rue, Demantius, Purcell und ande- 
ren; Geistliche Musik am Hofe des Landgrafen Moritz 
von Hessen (Kassel 1930); in NMA: XXXVI, (G. 
Chr. Wagenseil, Divertimenti da dmbalo) undLXlII, 
LXXVIII sowie CLVI (W. Fr. Bach, Sämtliche 
Klaviersonaten); Werke von W. A. Mozart in 
Eulenburgs Taschenpartituren. 

Lit.: W. Vetter, Fr. Bl. 60 Jahre alt, in: Musik u. 
Gesellschaft III, 1953. 

Blumenfeld, Felix Michajlowitsch, * 19. 4. 1863 
im russischen Gouvernement Cherson, f 23. 1. 
1923 zu Moskau; russischer Komponist, war 1881 
bis 1885 Schüler des Petersburger Konservatoriums 
(Rimskij-Korsakow), 1885-1918 Lehrer des Kla- 
vierspiels an dieser Anstalt, 1897 zum Professor 
ernannt. 1898-1912 war er Dirigent der Kaiser- 
lichen Oper in St. Petersburg, zuletzt Professor am 
Moskauer Konservatorium. Seine Kompositionen 
sind : viele Lieder und Klavierstücke, Allegro A dur 
op. 7 für Kl. und Orch., Symphonie C moll op. 39, 
Streichquartett F dur op. 26. - Brüder Bl.s sind 
Stanislaus Bl., * 1850 und f 1897 zu Kiew, dort 
Leiter einer Musikschule und Pianist, und Sigis- 
mund BL, * 1852 zu Odessa, f 1920 zu Petro- 
grad, Komponist von Liedern und Klavierstücken. 

Blumensaat, G e o r g , * 22. 10. 1901 zu Hcrmstadt 
(Schlesien), f 19. 7. 1945; deutscher Tonsetzer, 
war 1924-30 Schüler der Musikhochschule Berlin 
(u. a. von Hindemith), kam 1934 zum Stab der 
Reichsjugendführung, wurde 1938 Lehrer an der 
Orchestcrschule der Hochschule für Musik (Ber- 
lin) und 1940 Direktor der Gaumusikschule in 
Posen. Bekannt wurde Bl. in der Zeit der national- 
sozialistischen Herrschaft durch seine im Dienst 
politischer Ideologie stehenden Kantaten (Die Ver- 
pflichtung , Anru f und Verkündigung der Toten), Lie- 
derbücher, Märsche für die Hitler-Jugend und 
weitere Werke wie das »Thingspiel« Tannenberg 
(1938). In sonderbarer Verkennung ihres Wertes 
wollte man in der Zeit seiner Blüte Liedern wie 
Deutschland heiliges Wort und Lobet der Berqe leuch- 
tende Firne den Charakter von Volksliedern zu- 
erkennen. 

Blymenthal, Jakob, * 4. 10. 1829 zu Hamburg, 
t 17. 5. 1908 zu London; deutscher Pianist und 
Komponist, Schüler von Grund, Bocklet und Sech- 
ter, später noch von Henri Herz am Pariser Con- 
servatoire, lebte ab 1848 in London. Er schrieb 
viele brillante Salonstücke für Kl. sowie einige 
Kammermusikwerke und zahlreiche Lieder. 

Blymenthal, Joseph von, * 1. 11. 1782 zu Brüs- 
sel, f 9. 5. 1850 zu Wien; österreichischer Kom- 


180 



Boccherini 


ponist, Schüler von Abbd Vogler, folgte diesem 
1803 nach Wien, wo er als Orchestergeiger An- 
stellung fand und später Chorregent an der Pia- 
ristenkirche wurde. B. war ein geschätzter Geiger 
und schrieb vieles für sein Instrument (Violin- 
schule, Duette, Etüden) und hatte auch Erfolge mit 
Orchesterwerken. 

Bly menth al, Paul, * 13. 8. 1843 zu Steinau an der 
Oder (Schlesien), f 9.5.1930 zu Frankfurt an der 
Oder; deutscher Komponist, 1870 Organist der 
beiden Hauptkirchen in Frankfurt an der Oder, 
1899 Kantor an St. Marien und städtischer Ge- 
sanglehrer. Er komponierte Orchesterwerke, eine 
G-moll-Messe, Musik zu Wildenbruchs Karolinger 
(1884) sowie im Druck erschienene Klavier- und 
Orgelwerke, Kantaten mit Orch., Psalmen und 
Motetten, Lieder, Männerchöre sowie eine Ge- 
schichte der Musik (51921) und eine Studie Der Kan- 
tor Bartholomäus Gesius zu Frankfurt/Oder (Frank- 
furt und die Ostmark, Beiträge zur Heimatkunde 
I, Frankfurt an der Oder 1926). 

Blumer, Theodor, * 24. 3. 1882 zu Dresden; 
deutscher Komponist, Schüler des Dresdener Kon- 
servatoriums, war 1906-10 Korrepetitor, dann 
Kapellmeister am Hoftheater in Altenburg, ab 
1911 als Pianist in Dresden tätig, 1925-31 musika- 
lischer Leiter und 1. Kapellmeister der Dresdener 
Sendestdle der Mitteldeutschen Rundfunk A.-G. 
und Lehrer an der Orchesterschule der sächsischen 
Staatskapelle. 1931-42 wirkte Bl. beim Rundfunk 
in Leipzig und lebt seit 1952 in Berlin. Werke: 
Oper Der FiinfUhrtee (Dresden 1911), heitere Oper 
Trau schau wem . . .; zahlreiche Orchesterwerke 

f Camevals-Episode , Erlösung , Legende )\ Kammer- 
:onzert ; zahlreiche Kammermusikwerke, darun- 
ter ein Sextett für Bläser und Kl., ein Bläser- und 
ein Klavierquintett, ein Klavier- und ein Streich- 
uartett, Trio für V., Klar, und Vc., Cellosonate, 
Violinsonaten (op. 58: Fantasiesonate ), eine Flö- 
tensonate und 2 Suiten für FL und KL, zahlreiche 
Klavierstücke und Lieder. 

Lit.: J. Müller-Blattau, Th. BL, in: Simrock-Jb. II, 
Bin 1929. 

Blumner, Martin Traugott Wilhelm, * 21. 11. 
1827 zu Fürstenberg (Mecklenburg), f 16. 11. 1901 
zu Berlin; deutscher Komponist, studierte ab 1845 
in Berlin erst Theologie, später Philosophie und 
Naturwissenschaften, ging 1847 zur Musik über 
und genoß den Kompositionsunterricht Dehns. 
1853 wurde er Vizedirigent und 1876 Dirigent der 
Berliner Singakademie, deren Mitglied er bereits 
seit 1845 war. Auch dirigierte er längere Zeit die 
Zeltersche Liedertafel. Er schrieb die Oratorien 
Abraham op. 8, Der Fall Jerusalems op. 30, die 
Trauer-Kantate In Zeit und Ewigkeit op. 38, Mo- 
tetten, Chorlieder, geistliche und weltliche Solo- 
lieder sowie eine Geschichte der Singakademie zu 
Berlin (Berlin 1891). 

Lit : G. Schünemann, Die Singakad. zu Berlin, Re- 
gensburg 1941. 

BobiAski, Heinrich, * 19. 1. 1861, f 24. 4. 1914 
zu Warschau; polnischer Pianist und Komponist, 
nach Konzertreisen Lehrer an Musikschulen in 
Moskau (1887) und Kiew (1893), lebte später in 
Warschau. Er veröffentlichte eine Ouvertüre, Va- 


riationen für Streichquartett, Klavierkonzerte und 
eine Reihe kleiner Klavierstücke. 

Boccherini (bokker'ini), Luigi, * 19. 2. 1743 zu 
Lucca, 1 28. 5. 1805 zu Madrid; italienischer Kom- 
ponist, Sohn eines Kontrabassisten, erlernte bei 
seinem Vater und dem Abbate Domenico Van- 
nued das Cellospiel, trat schon mit 13 Jahren 
öffentlich auf und ging 1757 zu weiterem Studium 
nach Rom. In Lucca war er nach seiner Rückkehr 
(1761) Violoncellist und unternahm mit dem Violi- 
nisten Filippino Manfred! Konzertreisen durch 
Österreich und Frankreich. In Paris veröffentlichte 
B. seine ersten Kammermusikwerke. 1769 zogen 
die beiden Künstler nach Madrid, wo sich B. end- 
gültig niederließ, zunächst als Kammerkomponist 
und -virtuose des Infanten Luis und nach dessen 
Tode (1785) als Kapellmeister der Herzogin von 
Benavente. 1787 erhielt er von Friedrich Wilhelm 
II. von Preußen für ein ihm gewidmetes Opus den 
Titel eines Hofkompositeurs und schrieb in der 
folgenden Zeit nur noch für diesen König, behielt 
aber seinen Wohnsitz in Madrid bei. Die Madrider 
Kapellmeisterstelle scheint er später verloren zu 
haben, denn er verlebte seine letzten Jahre in gro- 
ßer Dürftigkeit. Der frappant moderne Stil B.s in 
seinen ersten Quartetten, ohne ein erweisbares vor- 
bereitendes Anfängerstadium, wie es bei Haydn so 
offen zutage liegt, lassen seine künstlerische Ge- 
stalt noch immer geschichtlich rätselvoll erschei- 
nen; Vorbilder sind nicht nachweisbar. Die etwas 
weiche, aber auch zum Virtuosenhaften neigende 
Natur B.s ist immer gleich geblieben. Er schrieb: 
Oratorien Giuseppe riconosciuto und Gioas, rl di 
Giuda (beide um 1756); Kantaten La confederazione 
dei Sabini con Roma (1765), Ines de Castro ; Weih- 
nachtskantate; 4st. Villancicos mit Orch. (1783); 
Oper La Clementina (1786); 4st. Messe op. 59 
(1800) ; Stabat mater für 2 S., T. und Streicher op. 61 
(1801, gedruckt Paris 1804) ; 12 Arie accademiche. - 
20 Symphonien, eine Ouvertüre, 12 Diverti- 
menti und 6 Menuette für Orch., ein Flöten-, ein 
Cembalo-, ein Violin- und 4 Cellokonzerte, 
91 Streichquartette, 125 Streichquintette (113 mit 
2 Vc., 12 mit 2 Va), 54 Streichtrios (42 für 2 V. 
und Vc., 12 für V., Va und Vc.), 6 Duos für 2 V., 
Sonaten für Cemb. und V. oder Fl., 18 Quintette 
für Fl. oder Ob. und Streichquartett, 12 Klavier- 
quintette, 16 Sextette, 2 Oktette. Das berühmte 
Menuett steht im Streichquintett op. 13, Nr V. 
Die Opuszahlen der gedruckten Werke stimmen 
mit denen von B.s eigenhändigem Werkverzeich- 
nis nicht überein. 

Ausg.: in d. SIg »Werke aus d. 18. Jh.«, hrsg. v. R. 
Sondheimer (Bin u. Basel, später London, 1922-39): 
Streichquintett Es dur op. 12, 2 (H. IV); Largo aus 
d. Streichquintett op. 12, 1 (III); Symphonien C dur 
op. 16, 3 (I), D mol! (XXXII), D dur (XXXVI), 
A dur (XLIV) u. B dur (XLV); ferner Menuett f. 

V. u. Kl. (XI) u. 3 Klavierstücke (IX) in Bearbei- 
tungen d. Herausgebers. - Symphonie A dur, hrsg. 
v. K. Geirinoer, Wien 1937; Ouvertüre D dur op. 43, 
hrsg. v. Grünbero, Lpz. um 1905; dies., hrsg. v. 

W. Altmann, Lpz. 1938; Concerto op. 27 f . FL u. 
Streicher, hrsg. v. W. Upmeyer, =* NMA CLXXII; 
Cellokonzert B dur, f. Vc. u. Kl. bearb. v. Fr. 
Grützmacher, Lpz. 1895; dass., f. Vc. mit Orch. 
hrsg. v. W. Altmann, Lpz. 1938 (Part.); Concerto 
D dur f. V. u. Orch., hrsg. v. S. Dushkin, Mainz 1927; 
Konzert f. Vc. u. Streichorch., in: Smith College 
Music Archives, Number III, hrsg. v. M. de Ronde, 


181 



Bochsa 


1937; Cellokonzerte C dur u. B dur, bearb. f. Vc. u. 
KL v. G. Pajw, Paris 1897; La musica notturna di 
Madrid (Streichquintett), hrsg. v. W. Upmeyer, Han- 
nover 1921; Ausgew. Quartette, hrsg. v. dems., 
Kassel o. J.; Sonate 111, in: Les maftres classiques du 
violon . . Nr 50, hrsg. v. D. Alard, Mainz; Sei 
Quartetti per Archi, hrsg. v. E. Polo, Prima Serie 
(I — VI) Mailand 1922, Seconda Serie (MID 1928; 

6 Streichtrios op. 35, hrsg. v. F. Meyer, Mainz 1926; 
Sei sonate per Vc. e pf., hrsg. v. A. Piattt, Mailand 
1932 (einzelne Hefte); 2 Sonaten u. ein Rondo f. 
Vc. u. Kl., hrsg. v. A. Schroeder u. E. Rapp, Cello- 
Bibl. XXIV-XXVI, Mainz o.J.; Sonate A dur f. 
Vc. u. Kl., hrsg. v. J. Stutschewsky, Lpz. 1933; 
Quintetto Nr VI f. KI., 2 V., Va u. Vc., hrsg. v. E. 
Polo, Mailand 1936; Sonate A dur f. Vc. u. KL, hrsg. 
v. E. Rapp, Mainz 1952. 

Lit.: L. Picouot, Notice sur la vie et les ouvrages de 
L. B., suivie du catalogue raisonn6 de toutes ses 
ceuvres . . ., Paris 1851, NA mit einer Studie über d. 
span. Einfluß auf B., v. G. de Saint-Foix, Paris 1930; 
D. A. Cerü, Cenni intorao alla vita e alle opere di 
L. B., Mailand 1864; M. Cristal, B. et la musique en 
Espagne, Le Minestrel 1875; A. L. Nerici, Storia 
della musica in Lucca, Lucca 1879; A. Boccherini 
y Calon/e, Apuntes biogr. y cat. de las obras de 
L. B.. Madrid 1879; G. Malfatti, L. B., Lucca 
1905; G. Rosadi, L. B., Lucca 1906; L. Parodi, L. 
B., Genua 1913; R. Sondheimer, B. e la sinf. in do 
maggiore op. 16, RMI XXVII, 1920; F. Torre- 
franca, Le origini dello Stile Mozartiano: B., RMI 
XXXIII, 1926; E. v. Zschinsky-Troxler, Mozarts 
D dur-Violinkonzert u. B., Zf Mw X, 1927/28: M. 
Pincherle, B.: Conc. in re pour v. et orch., Musique 
II, 1928; Ch. Bouvet, B. inconnu: Inventaire des 
MSS. autographes du mattre appartenant ä la BibL 
de J’Op6ra de Paris, Rev. de Musicol. XIII, 1929; 
ders., Les MSS autographes de L. B. ..., ebenda; 
A. Bona Ventura, Üna cantata inedita di L. B., RMI 
XXXVI, 1929; ders., B., Mailand 1931 ; G. de Saint- 
Foix, La correspondance de B. avec I. Pleyel, Rev. 
de Musicol. XIV, 1930; S. Humphrey, B.s »Ballett 
Espagnol«, MMR LXVIII, 1938; A. Bonaccorsi, 
Una sonata inedita di B. per due v M Rass. mus. XII, 
1939; M. Lindsay u. W. L. Smith, L. B., ML XXIV, 
1943; H. Keller, Mozart and B., MR VIII, 1947; 
N. A. Solar-Quintes, Nuevos documentos sobre 
L. B., AM II, 1947. 

Bochsa (b'Dksa), Robert-Nicolas-Charles, 
* 9. 8. 1789 zu Montmddy (Meuse), 1 6. 1. 1856 zu 
Sydney (Australien) ; französischer Harfenvirtuose 
und Komponist, schrieb mit 16 Jahren eine Oper, 
wurde Schüler von Franz Beck in Bordeaux, 1806 
am Conservatoire in Paris von Catel und Mdhul, 
im Harfenspiel von Nadermann und Marin. 1813 
wurde er als Harfenist des Kaisers Napoleon an- 
gestellt und blieb auch unter Ludwig XVIII. in 
seiner Stellung, mußte aber 1817 wegen Fälschun- 
gen flüchten und ging nach London, wo er ein 
gesuchter Lehrer wurde (u. a. von Parish-Alvars). 
Bei der Gründung der Royal Academy of Music 
(1822) wurde er Professor der Harfe, 1827 je- 
doch entlassen, da er sich gegen öffentlich er- 
hobene Verdächtigungen nicht verteidigen konnte. 
1826-32 dirigierte er die Italienische Oper (King*s 
Theatre). Schließlich ging er 1839 mit der Gattin 
H. Bishops durch und unternahm große Konzert- 
reisen. Er gab Harfenkompositioiien und eine 
Harfenschule heraus, auch krachte er 1813-16 

7 (französische) Opern in der Pariser Opera Comi- 
que zur Aufführung; eine achte (englische) folgte 
1819 in London, dort bis 1837 auch 4 Ballette und 
ein Oratorium. 


Bqckelmann, Rudolf, * 2. 4. 1892 zu Boden- 
teich; deutscher Sänger (Bariton), sang, nach Uni- 
versitacs- und Gesangsstudien in Leipzig 1921—26 
dort am Theater, danach bis 1932 am Stadttheater 
Hamburg. 1932-45 gehörte B. der Staatsoper Ber- 
lin an und wirkt seit 1946 als Gesangspädagoge in 
Hamburg. Er trat auch 1928-42 bei den Bayreu- 
ther Festspielen, 1929-38 in Covent Garden zu 
London und 1930/31 bei der Civic Opera in Chi- 
cago auf. 

Bocklet, Karl Maria von, * 1801 zu Prag, f 15. 
7. 1881 zu Wien; wirkte 1820 in Wien als Violinist 
am Theater an der Wien, widmete sich aber bald 
ausschließlich dem Klavierspiel. Einige Zeit trat er 
öffentlich als Virtuose auf und beschränkte sich spä- 
ter aufs Unterrichten. Beethoven interessierte sich 
für ihn, und Schubert war sein Freund. 

Bockshorn, Samuel Friedrich -► Capricornus. 

Bodanzky, Artur, 16. 12. 1877 zu Wien, f 23. 
11. 1939 zu New York; österreichischer Dirigent, 
nach Absolvierung des Konservatoriums in Wien 
zuerst als Violinist im Hofopemorchester, dann 
Operettendirigent in Budweis, 1903 unter Mahler 
Korrepetitor der Wiener Hofoper, 1904 Operet- 
ten-Kapellmeister am Karltheater und Theater an 
der Wien, 1906 1. Kapellmeister der Lortzing- 
Oper in Berlin, 1907 am deutschen Landestheater 
in Prag, ab Herbst 1909 1. Kapellmeister am Mann- 
heimer Hoftlieater und Dirigent der Akademie- 
konzerte und des Musikvereins. Dort machte er 
sich einen solchen Namen, daß er 1915 Nachfolger 
von Alfred Hertz als Kapellmeister der Metropoli- 
tan Opera in New York wurde, wo er 1918-31 die 
Society of Friends of Music und ab 1919 auch das 
New Symphony Orchestra leitete. B.s textliche 
Neubearbeitung des Don Juan (für Mannheim) 
erschien im Druck; daneben bearbeitete er auch 
Purcells Dido and Aeneas , Beethovens Fidelio und 
Webers Oberon . 

Bodart, Eugen, * 8. 10. 1905 zu Kassel; deut- 
scher Komponist und Dirigent, lebt in Ladenburg 
am Neckar, 1921-24 Schüler des Konservatoriums 
in Leipzig, trat 1924 in die Meisterklasse bei 
Pfitzner ein und war 1925 Privatschüler von 
Reznicek. Er wirkte 1926-29 als Kapellmeister 
beim Rundfunk in Kassel, 1932-33 am Landes- 
theater Altenburg (Thüringen) und 1933-35 am 
Nationaltheater Weimar als 2. Kapellmeister, 1935 
bis 1939 als 1. Kapellmeister an aer Kölner Oper 
und war 1939-43 Generalintendant und GMD wie- 
der in Altenburg, 1942-45 GMD und Leiter der 
Akademiekonzerte in Mannheim. Er gründete 
1951 das »Kurpfälzische Kammerorchester« zur 
Wiederbelebung der Werke der Mannheimer 
Schule, ist seit 1956 GMD bei der Pfalzoper Kai- 
serslautern. Er schrieb zahlreiche Opern ( Hirten- 
legende, Weimar 1930, Neufassung Trier 1948; 
Der abtrünnige Zar ; Köln 1935; Spanische Nacht , 
Mannheim 1937, Neufassung Berlin 1949; Der 
leichtsinnige Herr Bandolin, Mannheim 1942; Sara- 
bande, Köln 1942; Kleiner Irrtum , Bremen 1949), 
Orchescerwerke, Solokonzerte, Klavierkompos- 
tionen und bearbeitete über 50 Werke der »Mann- 
heimer Schule«. 

Bode, Johann Joachim Christoph, * 16. 1. 
1730 zu Barum (Braunschweig), 1 13. 12. 1793 zu 


182 



Bodley 


Weimar; deutscher Oboist und Komponist, war 
um 1755 Hoboist in Celle, 1762-63 Musiklehrer 
in Hamburg und zugleich Redakteur des Ham- 
burger Korrespondenten, 10 Jahre später Buch- 
drucker und Verleger (Lessings Hambur gische 
Dramaturgie erschien bei ihm) und lebte ab" 1778 
in Weimar. Er schrieb viele Symphonien. Fagott- 
konzerte, Cellokonzerte, Violinkonzerte, Soli für 
Va d’amour, Zärtliche und schertzhafie Lieder mit 
ihren Melodien (Leipzig 1754 und 1757, 2 Bände); 
hat auch an Ebelings Übersetzung von Bumeys 
Reise in Deutschland mitgearbeitet (Hamburg 1773) 
und schrieb Mehr Noten als Text (um 1790). 

Lit.: E. Herrmann, Das Weimarer Lied in d. 2. 
Hälfte d. 18. Jh., Diss. Lpz. 1925. 

Bode, Rudolf, * 3.2.1881 zu Kiel; deutscher 
Gymnastiklehrer, studierte 1901-06 an den Uni- 
versitäten Kid und Leipzig Philosophie und Na- 
turwissenschaften und promovierte 1906 bei W. 
Wundt mit einer Arbeit aus der physiologischen 
Akustik. Gleichzeitig studierte er bei Krehl, Ni- 
kisch, Teichmüller und Heinrich Zöllner am Kon- 
servatorium in Leipzig. 1906-10 war er Theater- 
kapellmeister in Kid, Kaiserslautern, Heidelberg 
und Naumburg, studierte 1910-11 an Jaques- 
Dalcrozes »Schiue für angewandten Rhythmus« in 
Hellerau und gründete 1911 in München das In- 
stitut für Bewegung und Rhythmus. In seinem 
System bekämpft er die von Jaques-Dalcroze be- 
gründete »Rhythmische Gymnastik«, indem er das 
Wesen des Rhythmischen nicht in der Exaktheit 
der metrischen Taktgebung, sondern in der Quali- 
tät des organisch richtigen Bewegungsablaufes und 
der dadurch erzeugten Mitschwingung im Zuhö- 
rer sieht. 1922 wurde in Jena ein »Bodebund« ge- 
gründet, der bis 1943 die Monatsschrift »Rhyth- 
mus« herausgab, 1931 die Bodeschule in Berlin. 
1935-44 leitete B. die Reichsschule des Reichsnähr- 
standes auf Burg Neuhaus, lebte 1944-46 in Neu- 
strelitz, seitdem wieder in München. Schriften: 
Der Rhythmus und seine Bedeutung für die Erziehung 
(Jena 1920); Ausdrucksgymnastik (München 1922, 
31925; niederländische Übersetzung von F. C. 
G. Duverge: Uitdrukkingsgymnastik , Haarlem 
1923; englische von S. Forthai und E. Water- 
man: Expressions-Gymnastics , New York 1931); 
Rhythmus und Körpererziehung (Jena 1923, 21925); 
Musik und Bewegung (Kassel 1930, Berlin 2 1942) ; 
Rhythmus und Anschlag, eine Lehre des Klavierspiels 
(München 1933); eine Bewegungslehre Energie und 
Rhythmus (Berlin 1939). Auch schrieb er viele 
Lieder und ein Heft Klaviermusik zur Gymnastik. 

Bgdenschatz, Erhard, * 1576 zu Lichtenberg 
(Oberfranken), f 1636 zu Groß-Osterhausen bei 
Querfurt; deutscher Kantor, war 1586 Sänger in 
der Kurfürstlichen Kantorei in Dresden, 1591-95 
Schüler in Schulpforta (während Calvisius dort 
Kantor war), studierte in Leipzig Theologie, 
wurde 1600 Magister, im gleichen Jahre Kantor in 
Schulpforta, 1603 in Rehhausen und 1608 in Groß- 
Osterhausen Pastor. Er schrieb: Das schöne und 

f eistreiche Magnificat , 4st. (Leipzig 1599); Psalter 
lavidis (Leipzig 1607); Harmoniae angelicae (Leip- 
zig 1608); XC Bicinia (Leipzig 1615) und ein Er- 
bauungsbuch Manuale Sacrum (Leipzig 1623), 
2. Teü: Geistliche Lieder (nur Texte; Leipzig 1627). 
Bekannt ist er vor allem als Herausgeber des 


Florilegium Selectissimarum cantionum (Leipzig 1603, 
Leipzig 21618 erweitert als Florilegium Portense , 
2. Teil Leipzig 1621). Das Werk enthält die Mit- 
tagsgesänge der Portenser Schüler (115 und 150 
4-Sst. Motetten), darunter 3 Motetten von B. Er 
gab auch heraus: Florilegium Selectissimorum Hym- 
norum (Leipzig 1606), eine Bearbeitung der von 
Calvisius 1594 herausgegebenen Hymnen. 

Ausg.: Bicinium Sanguis Jesu aus XC Bicinia, 1615, 
in: Schering Beisp. 163. 

Lit. : O. Riemer, E. B. und sein Florilegium Portense, 
Lpz. 1928. 

Bpdinus, Sebastian, deutscher Instrumental- 
komponist des 18. Jh., gebürtig aus dem Alten- 
bur gischen. Er war W iirttemb er gischer Kammer- 
musikus und Markgräflich Baden-Durlachischer 
Violinist und 1756 Kapellmeister, gab um 1720-50 
heraus: Acroma musicum (6 Violinsonaten mit B.c.), 
12 Violinsonaten mit B.c. (Augsburg) und Musi- 
kalisches Divertissement in 6 Teuen; Teil 1-3 ent- 
halten Triosonaten in verschiedenen Besetzungen, 
4-6 Quadros. Handschriftlich erhalten sind Violin- 
sonaten, Triosonaten, Symphonien und Konzerte. 
Ausg. : Sonate f. 2 V. oder Ob. mit Continuo, hrsg. 
v. H. Fischer, — Musikschätze der Vergangenheit, 
Bin- Lichterfelde; Sonate ex E für 2 Querflöten, hrsg. 
v. G. Birkner, = Moecks Kammermusik XL1U, 
Celle (1956). 

Bodky, Erwin, * 7. 3. 1896 zu Ragnit (Ostpreu- 
ßen); amerikanischer Musikwissenschaftler und 
Cembalist, lebt in Boston (Massachusetts). Nach 
Absolvierung des Tilsiter Realgymnasiums studierte 
er 1914-16 in Berlin und 1918-20 bei Dohndnyi, 
Rößler, Tuon, Kahn an der Hochschule für Musik 
sowie 1920-22 bei Strauss und Busoni an der 
Meisterschule für Komposition. 1923-26 Lehrer 
am Scharwenka-Konservatorium, wurde B. 1926 
Dozent (1928 Professor) an der Akademie für 
Kirchen- und Schulmusik in Berlin, emigrierte 
über Amsterdam, wo er 1933-38 am Muziek- 
lyceum wirkte, nach Cambridge (Mass.), wo er 
1938-50 an der Long School of Music tätig war 
und die Cambridge Society for Early Music grün- 
dete und leitete. Seit 1949 ist er Musikprofessor an 
der Brandeis University in Waltham (Mass.). 1957 
wurden ihm die Titel und Rechte eines Prof, 
emer. der Staatlichen Akademie in Berlin zuer- 
kannt. Der Vortrag alter Klaviermusik (Berlin 1932) 
und Das Charakterstück (Berlin 1933) sind seine 
wichtigsten Veröffentlichungen in Deutschland; 
in Cambridge (Mass.) erscheinen 1958 seine Studien 
über The Interpretation of I. S. Bach*s Keyboard 
Works . Er spielte barocke Klaviermusik auf Schall- 
platten. 

Bodley (b'odli), Seoirse, * 4. 4. 1933 zu Dublin; 
irischer Komponist, studierte nach Besuch des Iri- 
schen Colleges und der Handelshochschule von 
Dublin an der Royal Irish Academy of Music 
(Klavier, Theorie) sowie an der National Uni- 
versity of Ireland. 1956 erhielt er die Travelling 
Studentship for Music der Irischen National-Uni- 
versität und den Kompositionspreis des British 
Arts Council zuerkannt. Er wirkte seitdem als 
Chormeister an der Oper, als Pianist, Begleiter 
und Bearbeiter am Rundfunk von Dublin. Seine 
Kompositionen, vorwiegend Chorwerke und Lie- 


183 



BÖckh 


derkreise, aber auch Klavier- und Kammermusik, 
spiegeln seinen Umgang mit der Irischen Musik- 
foMore wider. 

Böckh, August, * 24. 11. 1785 zu Karlsruhe, 
f 3. 8. 1867 zu Berlin; deutscher Philologe, stu- 
dierte in Halle bei F. A. Wolf und Schleiermacher, 
wurde 1807 Professor in Heidelberg und 1811 in 
Berlin. Den zweiten Teil seiner Pindar-Ausgabe 
(Text Leipzig 1811, Scholien 1819, Kommentar 
mit L. Dissen 1822) bildet die Abhandlung De 
metris Pindari (Leipzig 1814), die auch musikalische 
Fragen behandelt und damit die im modernen 
Sinn kritische Erforschung der Musik des grie- 
chischen Altertums einleitet. Man vergleiche auch 
die Schrift Philolaos des Pythagoreers Lehren (Berlin 
1819) und den Aufsatz Über die Bildung der Welt - 
seele im Timaeos des Platon (Studien, herausgegeben 
von E. Daub und F. Creuzer, ID, 1807). 

Ausg.: Gesammelte kleine Schriften, hrsg. v. F. 
Ascherson, E. Bratuscheck, P. Eichholtz, 7 Bde, 
Lpz. 1858-74, in Bd III d. Aufsatz Über d. Bildung d. 
Weltseele im Timaeos d. Platon. 

Lit.: M. Hoffmann, A. B., Lpz. 1901 ; G. Lehmann, 
Theorie u. Gesch. d. griech. Harmonik in d. Dar- 
stellung durch A. B., Diss. Hbg 1934, gedruckt 
Würzburg 1935; W. Vetter, Zur Erforschung d. 
antiken Musik, Fs. M. Schneider, Halle 1935. 

B$cldin zu B§cklinsau, Franz Friedrich 
Siegmund August, Reichsfreiherr von, * 28. 9. 
1745 zu Straßburg, f 2. 6. 1813 zu Ettenheim (Ba- 
den), war Ratsherr in Straßburg und nahm neben- 
her Musikunterricht bei Schobert, Fr. X. Richter 
und - als er 1770 Kammerherr am Stuttgarter 
Hofe wurde - Jommelli. B. verfaßte außer land- 
wirtschaftlichen und poetischen Arbeiten einige 
Symphonien sowie 24 Lieder für Junggesellen (Frei- 
burg L Br. 1775); 2 weitere Liedsammlungen 
sina verschollen. Genannt seien ferner Bev träge zur 
Geschichte der Musik (Freiburg i. Br. 1790), die den 
Reiseberichten Bumeys nachgebildet sind. 

Lit.: J. M üller-B lattau. Ein alemannischer Musik- 
freund, Volkstum u. Reich, hrsg. v. Fr. Kerber, 
Stuttgart (1938, * Jb. d. Stadt Freiburg i. Br. II). 

Boehe, Ernst, * 27. 12. 1880 zu München, f 14. 
11. 1938 zu Ludwigshafen; deutscher Kapellmei- 
ster, war Schüler von R. Louis und Thuille in Mün- 
chen, 1913-20 Hofkapellmeister in Oldenburg, 
ab 1920 Chefdirigent des Pfälzischen Landes-Sym- 
phonie-Orchesters in Ludwigshafen. Er schrieb 
Odysseus * Fahrten , Taormina, andere Orchester- 
werke und Lieder mit Orch. 

Böheim, Joseph Michael, * um 1748 zu Prag, 
1 4. 7. 1811 zu Berlin, deutscher Schauspieler und 
Sänger. Mit J. K. Ambrosch gab er heraus Frey- 
mäurer Lieder , 2 Tefle (Berlin 1793), allein den 
3. Teil und die 2. Auflage des 1. und 2. Teils (sämt- 
lich Berlin 1795) sowie eine völlig umgearbeitete 
Ausgabe mit dem Titel Auswahl von Maurer-Ge- 
sängen (1. Teil Berlin 1798, 2. Teil 1799). Die 
Sa mm lungen enthalten Lieder von Ambrosch, B. 
A. Weber, Gürrlich, Mozart, J. A. P. Schulz, F. 
L. Seidel, Ebeü, Seydelmann und J. Schuster. 

Böhlke, Erich, * 9. 9. 1895 zu Stettin; deutscher 
Dirigent, studierte an der Musikhochschule in Ber- 
lin bei Schreker und Tuon, Musikwissenschaft an 
der Universität, wurde 1924 Opernkapellmeister 


in Rudolstadt, ging 1926 nach Koblenz, wo er 1927 
GMD wurde, 1928 nach Wiesbaden, wirkte 1933 
bis 1946 als GMD und Intendant in Magdeburg, 
1947-50 in Oldenburg, gab 1953/54 Gastkonzerte 
mit den Berliner Philharmonikern und ist seitdem 
als Gastdirigent, Pianist und Pädagoge tätig. Er 
schrieb Liederzyklen und einzelne Lieder, 2 Streich- 
quartette, eine Violinsonate und Klavierstücke. 

Anton Böhm & Sohn, deutscher Musikverlag in 
Augsburg, gegründet 1803 von Andreas Böhm, 
später von Theodor Böhm geleitet, gegenwärtig 
von Friedrich Ballinger. Der Verlag gibt katho- 
lische Kirchenmusik, Chor- und Orgelmusik her- 
aus und veröffentlicht die »Kirchenmusikalischen 
Mitteilungen«. 

Böhm, Carl, * 23. 4. 1877 zu Altdorf bei Nürn- 
berg, t 15* 4. 1^28 zu Nürnberg; deutscher Kir- 
chenmusiker, wurde 1906 Lehrer in Nürnberg, 
1913 Organist und Chordirektor an St. Leonhard, 
1922 Dozent am Predigerseminar, 1923 Organist 
an St. Sebald. 1920 gründete er die Kirchenmusika- 
lischen Blätter , die er ab 1923 vereinigt mit der 
Siona unter dem Titel Zeitschrift für evangelische 
Kirchenmusik herausgab. Die Zeitschrift wurde 
1933 mit Musik und Kirche vereinigt. 

Böhm, Georg, * 2. 9. 1661 zu Hohenkirchen bei 
Ohrdruf, f 18. 5. 1733 zu Lüneburg; deutscher 
Komponist, besuchte 1678-84 das Gymnasium in 
Gotha, studierte dann in Jena, hielt sich 1693-97 in 
Hamburg auf und war von 1698 bis zu seinem 
Tode Organist der Johanneskirche in Lüneburg. 
B. gehört zu den bedeutendsten Meistern des Spät- 
barock. Ob J. S. Bach während seiner Lüneburger 
Zeit bei ihm Unterricht hatte, ist nicht zu entschei- 
den; jedoch lassen sich starke Einflüsse des Böhm- 
schen Stils bei Bach feststellen. B. schrieb : Lukas- 
Passion (verschollen), 3 Motetten (2 verschollen), 
7 Kantaten (2 verschollen), 23 Lieder in : H. Elmen- 
horsts . . . Geist-reiche Lieder ; herausgegeben von 
J. C. Jauch (Lüneburg 1700); Praeludien und 
Fugen für Org. und IG., 14 Partite diverse sopra 
VAria Jesu , du bist allzu schöne , Choralvorspiele, 
Choralbearbeitungen und Choralpartiten für Org., 
10 Klaviersuiten, eine Ouvertüre und ein Capriccio 
für Kl. 

Ausg.: G. B., Sämtl. Werke (GA), hrsg. v. J. Wol- 
gast, 2 Bde, Lpz. (1927 u. 1932), - Veröflf. d. Kirchen- 
musikalischen Inst. d. ev.-luth. Landeskirche in 
Sachsen, Bd I neu hrsg. v. G. Wolgast, Wiesbaden 
(1952); Faks. je ein Memorial in GA, Bd I u. II. - 
Kantate Mein Freund ist mein, hrsg. v. R. Buch- 
mayer, Breitkopf & Härtels Part. -Bibi. 1964, Lpz. 
1907 ; 23 Lieder, hrsg. v. J. Kromolicki u. W. Krabbb 
in DDT XLV; J. W. Franck u. G. B., Geistl. Lieder, 
hrsg. v. A. Kreutz, Kassel 1939; Fünf Prael. u. 
Fugen f. Org., hrsg. v. M. Seiffert, Organum Reihe 
IV, Bd 4, Lpz. 1925; Cboralvorspiel Freu dich sehr, 
f. Org., hrsg. v. M. Seiffert, Lpz.; Choralpartita 
Christe, der du bist Tag u. Licht, in: K. Straube, 
Alte Meister, Eine Slg deutscher Orgelkomp., Lpz. 
(1904); Prael. u. Fuge C dur, in: K. Straube Alle 
Meister d. Orgelspieis, N.F. Teil I, Lpz. (1 929) ; Klavier- 
suiten in: R. Buchmayer, Hist. Klavierkonzertei, 
Lpz. 1927. 

Lit.: Ph. Spitta, J. S. Bach I, Lpz. 1873, 31921; 
R. Buchmayer, Nachrichten über d. Leben G. B.s, 
Bach-Jb. V, 1908; W. Wolffheim, Die Möllersche 
Hs., Bach-Jb. IX, 1912; J. Wolgast, G. B., Diss. 
Bin 1924; E. Valentin, Die Entwicklung d. Tokkata, 


184 



Boehme 


Diss. München 1928, gedruckt Münster 1930; F. 
Dietrich, J. S. Bachs Orgelchoral, Bach-Jb. XXVI, 
1929; N. Dufourcq, J. S. Bach, Paris 1948; G. Fock, 
Der junge Bach in Lüneburg, Hbg 1950; H. Lorenz, 
Die Klaviermusik Dietrich Buxtehudes, AfMw XI, 
1954. 

Böhm, Joseph, * 4. 3. 1795 zu Pest, f 28. 3. 1876 
zu Wien; ungarischer Violinist, war Schüler von 
Pierre Rode, trat 1815 mit großem Erfolg in Wien 
auf, reiste dann in Italien und war in Wien 1819-48 
Professor am Konservatorium, 1821-68 Mitglied 
der kaiserlichen Kapelle, gleichzeitig Leiter eines 
Streichquartetts. Zu seinen Schülern gehören 
Dont, H. W. Emst, Joachim, Rdmenyi, E. Singer, 
G. Hellmesberger (Vater) und Rappoldi. 

Lit.: A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923. 

Böhm, Karl, * 28. 8. 1894 zu Graz; österreichi- 
scher Dirigent, studierte zuerst Jura (1919 Dr. jur.) 
in Graz, Musik bei Mandyczewski in Wien, wurde 
1920 Kapellmeister am Stadttheater Graz, 1921 an 
der Staatsoper München, 1927 GMD in Darm- 
stadt, 1931 in Hamburg. 1934-43 war er Direktor 
der Dresdener Staatsoper, 1943-45 und 1954-56 
Direktor der Wiener Staatsoper, 1950-53 musika- 
lischer Oberleiter der Deutschen Stagione am 
Teatro Colön in Buenos Aires. Daneben dirigierte 
er als Gast die bedeutendsten Orchester der Welt. 
B. ist vor allem ein packender Opemdirigent. Als 
Ensembleleiter wirkt er durch die ungemein ge- 
naue Vorbereitung aller Aufführungen vorbild- 
lich. Auch als Interpret der Orchesterwerke von 
Mozart, Bruckner und R. Strauss ist B. zu hohem 
Ansehen gelangt. Er schrieb Lieder und Kammer- 
musik. R. Strauss* Daphne (1938) ist ihm gewidmet. 
Lit.: K. Laux, K. B., Mk XXVII, 1935. 

Böhm, Theobald, *9. 4. 1794 und 1 25. 11. 1881 
zu München, deutscher Flötist. Nach längeren Ver- 
suchen und akustischen Untersuchungen (mit 
Schafhäud) entwickelte er die Böhm-Flöte, bei der 
Größe und Lage der Grifflöcher nur nach den 
akustischen Erfordernissen bestimmt sind; die be- 
quemere Spielbarkeit wird durch ein System von 
Klappen und Hebeln erreicht. Ferner hat die 
Böhm-Flöte zylindrische Bohrung gegenüber der 
früher üblichen konischen und ist aus Metall (oft 
aus Süber) gebaut. Der Ton der Böhm-Flöte ist 
kräftiger, starrer und gleichförmiger als der älterer 
Flöten und dem der anderen Blasinstrumente mehr 
angenähert, so daß die Böhm-Höte in das neuzeit- 
liche Orchester eingeführt wurde. B. schrieb: 
Über den Flötenbau (Mainz 1847; englisch An Essay 
on the Construction of Flutes , übersetzt von W. S. 
Broadwood, London 1882); Die Flöte und das 
Flötenspiel (München 1871 ; englisch The Flute and 
Flute-playing, übersetzt von D. C. Miller, Cleve- 
land und London 1922). Ferner zahlreiche Flöten- 
konzerte, -stücke und -etüden. 

Lit. : V. Coche, Examen crit. de la flüte ordinaire 
comparäe ä la flüte de B. (Paris 1838); V. Mahillon, 
Etüde sur le doigtd de la flüte B. (Brüssel 1882); 
R. S. Rockstro, A Treatise on the Construction, the 
Hist, and the Practice of the Flute (London 1890, 
21929); Ch. Welch, Hist, of the B. Flute (London 
1896). 

Böhme, August Julius Ferdinand, *4. 2. 1815 
und f 30. 5. 1883 zu Gandersheim; deutscher Ka- 
pellmeister, war Schüler L. Spohrs, Theaterkapell- 


meister in Bern und Genf, 1846-76 Dirigent der 
Euterpe und Direktor der Musikschule in Dord- 
recht. Er schrieb viele Orchester-, Kammermusik- 
und Gesangswerke. 

Böhme, Erdmann Werner, * 8. 12. 1906 zu 
Salzwedel; deutscher Musikforscher, studierte ab 
1926 Musikwissenschaft an den Universitäten 
Freiburg im Breisgau (Gurlitt, Besseler) und Greifs- 
wald (Engel), promovierte 1931 zum Dr. phil., 
wirkte ab 1933 als Journalist in Berlin und ist jetzt 
Geschäftsführer und Leiter der Abteilung Presse in 
der Bundesverkehrswacht e. V. Bonn. Veröffent- 
lichungen: Musik und Oper am Hofe Herzog Chri- 
stians von Sachsen-Eisenberg (Stadtroda 1930), Zur 
Vorgeschichte der Barockoper in Altenburg (Altenburg 
1931), Die frühdeutsche Oper in Thüringen (Stadt- 
roda 1931), Mozart in der schönen Literatur (Bam- 
berg 1932), 150 Lüneburger Musiker-Namen (Lüne- 
burg 1950). B. gab mehrere Werke älterer Musik 
neu heraus und ist Bearbeiter und Herausgeber des 
Singsangs und Klingklangs (mit Klavierbegleitung, 
Lieder aus dem Deutschen Kommersbuch; Lahr 
1956). 

Böhme, Franz Magnus, * 11. 3. 1827 zu Willer- 
stedt bei Weimar, f 18- 10* 1898 zu Dresden; 
deutscher Volksliedsammler, war zuerst Volks- 
schullehrer, in der Musik Schüler von Töpfer, 
später von Hauptmann und J. Rietz, ging 1859 als 
Musiklehrer und Chordirigent nach Dresden und 
lehrte 1878-85 Musikgeschichte und Kontrapunkt 
am Hocb’schen Konservatorium in Frankfurt am 
Main. Danach lehrte er wieder in Dresden. Er 
schrieb: Geschichte des Oratoriums (Leipzig 1861, 
Gütersloh 2 1887 ),Kursus in Harmonie (Mainz 1882), 
Aufgabenbuch zum Studium der Harmonie (Mainz 
1888). Seine Volksliedsammlungen, zu denen er 
durch Hoffmann von Fallersleben angeregt wurde, 
sind wissenschaftlich nicht einwandfrei, aber den- 
noch für die spätere Forschung grundlegend ge- 
worden. Es sind: Altdeutsches Liederbuch (Leipzig 
1877, 2 i9l3 f 31925); Deutscher Liederhort , erwei- 
terte Neubearbeitung des Werkes von L. Erk 
(Berlin 1856), 3 Bände (Leipzig 1893/94, 21925); 
Volkstümliche Lieder der Deutschen (Leipzig 1895), 
Deutsches Kinderlied und Kinderspiel (Leipzig 1897, 
21924). Ferner schrieb er eine Geschichte des Tanzes 
in Deittschland (Leipzig 1886). Sein handschrift- 
licher Nachlaß in 53 Bänden mit etwa 16000 Lie- 
dern liegt in der Sächsischen Landesbibliothek 
Dresden. 

Böhme, Johann August, * 5. 11. 1766 za Eis- 
leben, gründete 1795 einen Musikverlag mit Mu- 
sikalienhandlung in Hamburg. Er gab u. a. heraus: 
Schillers Ode An die Freude in 14 Kompositionen 
von Dalberg, Christmann, T. C. Müller, W. 
Schulz, A. B. Schulz, C. F. Schulz, Seidel, Rei- 
chardt, Reilstab, Willing, Zelter und drei An- 
onymi. Sein Nachfolger wurde 1839 sein Sohn 
Justus Eduard B. 1886 ging der Verlag an Aug. 
Cranz über. 

Boehme, Kurt, * 5.5.1908 zu Dresden; deut- 
scher Sänger (Baß), wirkte nach einem ersten 
Engagement in Bautzen, ab 1930 als 1. Bariton 
an der Staatsoper Dresden und übernahm nach 
kurzer Zeit die großen Rollen des Baßbuffo-Fachs. 
Seit 1950 gehört er der Staatsoper München an, 


185 



Böhme 


seit 1955 auch der Staatsoper 'Wien. Als Gast 
singt er vor allem bei den Festspielen von Bay- 
reuth und Salzburg. Seine Hauptrollen sind der 
Pogner in R. Wagners »Meistersingern«, Osmin 
in Mozarts »Entführung aus dem Serail«, Moro- 
sus in R. Strauss* »Schweigsamer Frau« und Ochs 
im »Rosenkavalier«. 

Böhme, Walther, * 6. 9. 1884 zu Leipzig, f 21. 
7. 1952 zu Zwickau; deutscher Chordingent, be- 
suchte 1899-1905 das Lehrerseminar in Grimma, 
war 1905-08 Hilfslehrer in Wurzen, studierte 
dann am Leipziger Konservatorium Musik bei 
Krehl, Straube, Sitt, R. Hofmann und von Bose 
und wurde 1910 städtischer Chormusikdirektor, 
Gesanglehrer und Kantor an der Hauptkirche 
Peterpaul in Reichenbach im Vogtland. Haupt- 
werke: 4 Oratorien: Die heilige Stadt op. 30, Die 
Jünger op. 33, Am letzten Tag op. 42, Der Heiland 
op. 50; Ein deutsches Tedeum für Soli, gern. Chor, 
Streichorch., Org. und Blechbläser op. 51; 
Frauenchöre; Lieder; ein Streichquartett; Violin- 
sonate op. 31; 3 Stücke für V. und Org. op. 34; 
ein Klavierkonzert, Orchesterwerke. 

Böhme, Willy, * 16. 11. 1861 zu Dessau; deut- 
scher Komponist, war Schüler von G. Rosler und 
Ed. Thiele sowie 1881-86 an der Königlichen 
Hochschule für Musik in Berlin und lebte dort als 
Direktor einer Musikschule. Er schrieb eine Oper 
Der Cid (1887), die Kantate Kaiser Wilhelms Meer - 
fahrt (1893), Symphonie C moll, Ouvertüre 
C moll und Männerchöre. 

Böhmelt, Harald, * 23. 10. 1900 zu Halle; deut- 
scher Komponist, studierte an der Universität sei- 
ner Vaterstadt und wurde danach Opemkapell- 
meister in Nordhausen und Halberstadt, 1931 mu- 
sikalischer Oberleiter an der Kammeroper in Ber- 
lin. B. schrieb ein Singspiel Ein Mann kommt in die 
Stadt (Hamburg 1937), eine musikalische Komödie 
Der Zauberer (Wien 1940) und zahlreiche Film- 
musiken. 

Böhner, Johann Ludwig (Louis), * 7. 1. 1787 
zu Töttdstaedt bei Gotha, f 28. 3. 1860 zu Gotha; 
deutscher Komponist, war in Erfurt Schüler von 
J. J. Bellermann und M. G. Fischer, lebte 1805-08 
in Gotha, wo er von Spohr Anregungen empfing, 
dann als Musiklehrer in Jena, ging 1811 nach Nürn- 
berg und wurde dort Theaterkapellmeister, gab 
aber 1814 diese Stellung auf und hat von da an ein 
ewiges Wanderleben gefühlt, zumeist sich in Thü- 
ringen aufhaltend; dort wurde er schließlich als 
Original bekannt und in manchen Erzählungen 
dargestellt. Seine Werke stehen in ihrer Verbin- 
dung von leidenschaftlichem Ausdruck und bril- 
lanter Virtuosität dem romantischen Stil Spohrs 
und Webers nahe; im ersten Satz des Klavierkon- 
zerts D dur op. 8 (Leipzig 1814) sind die ersten vier 
Takte des Themas der Arie der Agathe aus Webers 
Freischütz (». . . süß entzückt entgegen ihm«) vor- 
gebildet. Hauptwerke: Oper Der Dreiherrenstein 
(1810-13, aufgeführt Meiningen 1848, umgearbei- 
tet als Louise und Carolo 1824), 3 Konzerte, ein 
Concertino und ein Konzertstück für Kl. und 
Orch.; Symphonie D moll; Orchesterserenade 
F dur; Klavierquartett Es dur; 4 Sonaten und eine 
Sonatine für KL Auch schrieb er Beiträge zu meiner 


Lebensgeschichte (NZfM I, 1834) und J. L. B.s 
Lebensgeschichte von ihm selbst beschrieben (Thurin- 
gia 1842). 

Ausg.: B.-Album, 2 Bde, hrsg. v. P. Bodeusch, 
Langensalza 1818 (Klavierstücke). 

Lit.: K. Melchior, Des Komponisten, Orgel- und 
Klaviervirtuosen J. L. B. Geburt u. Jugendleben, 
Reiseabenteuer ... bis an sein Lebensende, Gotha 
1884; K. Fr. Bolt, J. L. B., Hildburghausen 1940, 
mit Werkverz. 

Boell, Heinrich, * 13.9. 1890 zu Weißenburg 
(Elsaß), f 10. 10. 1947 zu Bonn am Rhein; deut- 
scher Organist, studierte bei E. Münch und Pfitz- 
ner in Straßburg sowie bei Straube und Teich- 
müller in Leipzig, war 1913-19 Organist und 
Chorleiter in Aachen, 1920-36 Lehrer an der Mu- 
sikhochschule Köln, zugleich bis 1930 Leiter der 
Chor- und Symphoniekonzerte des Städtischen 
Musik Vereins Sohngen sowie 1931-36 Leiter des 
von ihm gegründeten Kölner Bach Vereins, 1936 
bis 1945 Direktor der Landesmusikschule Breslau, 
dann wieder in Köln tätig. Als Orgelvirtuose 
pflegte er besonders das Bachspiel, in lebendiger 
Verarbeitung der deutschen und französischen 
Spieltraditionen. Ein Aufsatz über Die Bach-Inter- 
pretation erschien in der Festschrift P. Raabe (Leip- 
zig 1942). 

Boöllmann, Ldon, * 25. 9. 1862 zu Ensisheim 
(Oberelsaß), f 11. 10. 1897 zu Paris; französischer 
Komponist und Organist, Schüler von E. Gigout, 
machte sich schnell einen Namen durch sein aus- 
gezeichnetes Orgelspiel und seine gediegenen 
Kompositionen, so daß ihm die Orgel von St. 
Vincent de Paul in Paris anvertraut wurde. Trotz 
seines frühen Todes sind bei Lebzeiten 68 Werke 
erschienen: Symphonie Fdur, Symphonische Va- 
riationen für Vc. und Orch., die preisgekrönte 
Fantaisie dialogude für Org. und Orch., 100 kleine 
Orgelstücke (Heures mystiques), ein Klavierquar- 
tett, ein Klaviertrio und zahlreiche andere Kam- 
mermusikwerke, eine Cellosonate, Suite gotique für 
Org., Rhapsodie camavalesque für Kl. zu 4 Händen 
B dur. 

Lit.: P. Locard, L. B., Straßburg 1901; Fr. X. 
Mathias, L. B., Jb. d. EIsaß-Lothring. Wissenschaft!. 
Ges. X, 1937. 

Bölsche, Franz, * 20. 8. 1869 zu Wegenstedt bei 
Magdeburg, f 23. 10. 1935 zu Bad Oeynhausen; 
deutscher Komponist und Musiktheoretiker, 1889 
bis 1894 Schüler der Berliner Hochschule (Bargiel, 
Spitta, K. A. Heymann), 1896 Theorielehrer am 
Kölner Konservatorium als Nachfolger von G. 
Jensen, 1911 Professor, redigierte die Neuausgabe 
ausgewählter Instrumentalwerke von M. Franck 
und V. Haussmann (DDT XVI), trat als Kompo- 
nist mit einem Klaviertrio op. 12, 2 Klaviersonaten 
op. 5 und 6, 2 Streichquartetten, Liedern, Motette 
op. 29, Symphonie op. 30, 4 Ouvertüren ( Tragödie 
der Menschen, Judith, Hero und Leander una Othello) 
hervor. Auch gab er heraus: Übungen und Auf- 
gaben zum Studium der Harmonielehre (Leipzig 1911; 
14-181928). 

Boöly, Alexandre-Pierre-Fran^ois, * 19.4. 
1785 zu Versailles, f 27. 12. 1858 zu Paris; franzö- 
sischer Komponist und Organist, Schüler des Pa- 
riser Conservatoire (Ladurner), Organist an Saint- 


186 



Boethius 


Gervais, 1840-51 an Saint-Germain FAuxerrois. 
Er schrieb über 300 Werke, darunter zahlreiche 
Orgelstücke, Klavier- und Violinsonaten, Trios, 
Quartette und vokale Kirchenmusik. Seine Kom- 
positionen weisen einen starken deutschen Einfluß 
auf, den der frühen Beethovenwerke, den Haydns 
in seiner Kammermusik, den J. S. Bachs in seinen 
Orgelwerken. 

Ausg.: Recueils pour Piano m. Vorw. v. C. Saint- 
SaEns, Paris 1902; Choix de 41 Pieces pour Piano, 
hrsg. v. M. Brenet, Paris 1915. 

Lit.: P. Fromageot, Un disciple de Bach, P.-F. B., 
in: Revue de l’Hist. de Versailles 1909; M. Brenet, 
B. et ses oeuvres de piano, RM mensuelle de la S. 1. 
M. X, 1914; A. GastouE, The Great French Organist 
A. B. and his Works, MQ XXX, 1944. 

Boepple, Paul, * 19. 7. 1896 zu Basel; amerika- 
nischer Chorleiter Schweizer Herkunft, studierte 
1915/16 an der Universität Basel, 1916/17 an der 
Akademie der Tonkunst in München, 1917-19 am 
Institut Jaqucs-Dalcroze in Genf. Nach einer Tätig- 
keit 1919-26 am letztgenannten Institut über- 
siedelte B. nach den USA, war 1926-44 Direktor 
der Dalcroze School of Music in New York, leitet 
dort seit 1936 die DessofF Choirs und ist seit 1944 
Professor of Music am Bennington College (Beu- 
nington, Vermont). Neben diesen Tätigkeiten 
wirkte er 1930-36 an der New School for Social 
Research, in den Sommern 1932-34 an der Master 
School of the Chicago Musical College und war 
1935-38 Leiter des Theory Department am West- 
minster Choir College. B. machte sich bekannt 
durch Aufführungen von in den Vereinigten 
Staaten selten gehörten älteren und modernen 
Werken der Musik (Dufay, Josquin, Palestrina, 
Lasso, Monteverdi, Fr. Martin, Honegger) und gab 
mehrere Werke älterer Musik neu heraus (DessofF 
Choir Series). 

Boero, Felipe, * 1. 5. 1884 zu Buenos Aires; 
argentinischer Komponist, lebt in Buenos Aires. 
Als Pianist und Komponist zunächst Schüler von 
Pablo Beruti in Buenos Aires, studierte er 1912-14 
am Pariser Conservatoire bei Vidal und Faurd. Der 
Schwerpunkt seines Schaffens liegt auf dem Gebiet 
der Oper. Mit Tucumän (Buenos Aires 1918) schuf 
er die erste national-argentinische Oper, 1929 er- 
schien auf der Bühne des Teatro Colon El Matrero, 
sein bisher erfolgreichstes populäres Werk. Wei- 
tere Opern (alle un Teatro Col6n) sind: Ariadne y 
Dionysos (1920), Raquela (1923), Las Bacantes (nach 
Euripides, 1925), Siripo (1937), Zincali (1954), ein 
Oratorium (Jesds camina sobre el mar 1954), eine 
Messe in E moll und Lieder. 

Bprresen, Aksd Ejnar Hakon, * 2. 6. 1876 und 
t 6. 10. 1954 zu Kopenhagen; dänischer Kompo- 
nist, Schüler von Tohan Svendsen, 1924-49 Vor- 
sitzender der Dansk Tonekunstner Forening, Vor- 
standsmitglied des dänischen Komponisten-Ver- 
eins und der Gesellschaft zur Herausgabe älterer 
dänischer Musik. Werke: 3 Symphonien: C moll 
op. 3 (1900), A dur op. 7 (1904), C dur op. 21 
(1925/26) und andere Orchesterwerke; 2 Streich- 
quartette, Streichsextett G dur op. 5; Violinkon- 
zert G dur op. 11 (1904); Orgel- und Klavier- 
stücke; Lieder; Opern: Den kongelige Göst (Der 
königliche Gast, einaktig, Kopenhagen 1919) ; 


Kaddara (3aktig, Kopenhagen 1921), Ballett Tyeho 
Brakes Drom (Der Traum desTycho Brahe, Kopen- 
hagen 1924). 

Bösendorfer, österreichische Pianofortefabrik in 
Wien, gegründet 1828 von Ignaz B. (* 28. 7. 1796 
zu Wien, f 14. 4. 1859), einem Schüler J. Brod- 
manns, dann weitergeführt von Ludwig B. (* im 
April 1835 und f 9. 5. 1919 zu Wien), einem Sohn 
Ignaz B.s. 1872 wurde mit einem Klavierabend 
HL v. Bülows der »Konzertsaal Bösendorfer« er- 
öffnet, der lange im Musikleben Wiens einen 
ehrenvollen Platz einnahm, 1913 aber zum heute 
noch bestehenden Konzerthaussaal umgebaut 
wurde. Die Firma steht gegenwärtig unter der 
Leitung von Alexander und Wolfgang Hutter- 
strasser. 

BoSsset (boss'e), - 1) Antoine, Sieur de Ville- 
dieu, * 1586 oder 1587 zu Blois, f 9. 12. 1643 zu 
Paris; französischer Komponist, Musikintendant 
Ludwig XIII., Schwiegersohn von Guddron, kom- 
ponierte Ballette für die Hoffestlichkeiten. 9 Bü- 
cher gesammelte Airs de cour (4-5st.) erschienen 
1617-42 in Stimmen bei Ballard in Paris, weitere 
Stücke finden sich in der Mehrzahl der 16 Bücher 
Airs de difßrents autheurs mis en tablature de luth 
sowie in den Huit livres d*Airs de cours . . . (Ballard, 
1615-28). Eine englische Auswahl von Filmer, 
Fretich Court-Aires, erschien 1629. - 2) Jean-Bap- 
tiste, Sieur de Dehault, * um 1613 und f 27. 12. 
1685 zu Paris; französischer Komponist, Sohn des 
vorigen, folgte seinem Vater als Oberintendant der 
Muak der Königlichen Kammer nach. Er kompo- 
nierte 2 Bücher Airs de cour (Ballard 1669 und 
1671). Messen, Motetten und Antiphonen sind 
handschriftlich erhalten, eine Oper La Mort 
d 9 Adonis ist verschollen. - 3) Claude-Jean-Bap- 
tiste, Sieur de Launey, * 1664 und f um 1701 zu 
Paris; Sohn von Jean-Baptiste B., Nachfolger sei- 
nes Vaters als Oberintenaant bis 1696. 

Ausg.: 35 Airs (4-5st.) v. A. B., hrsg. v. H. Expert, 
in: Chants de France et d’Italie, Paris; Sanctus m 
Agnus einer Messe im 4. Ton, hrsg. v. J. Chailley, 
in: Musique et Liturgie I. 1948. 

Lit.: A. HervE, Les B., in: R6union des Soc. des 
Beaux-Ans des Departements 1888; M. Cauchie, 
La dynastie des B., in: Bull, de la Soc. fr?. de 
Musicologie 1920; H. PruniEres. Le Ballet de cour 
en France avant Benserade et Lully, Paris 1914. 

Boethius, Anicius Manlius Severinus, * um 
480 zu Rom, hingerichtet 524 auf dem Ager Cal- 
ventianus bei Mailand. Er entstammte einer alten 
römischen Patrizierfamilie, wurde 510 Konsul und 
gehörte zu den Ratgebern König Theoderichs, bis 
er 523 in einen politischen Prozeß verwickelt 
wurde. Er verfaßte einige theologische Schriften, 
Kommentare zu Aristotäes und (Scero; die Philo - 
sophiae consolationis Hbri V, im Gefängnis geschrie- 
ben, mischen Prosa und sehr vielfältige poetische 
Formen; sie sind sein phüosophisches Hauptwerk. 
Ferner schrieb er 2 Bücher De institutione arith- 
metica und 5 Bücher De institutione musica (um 
500). Die Schrift lehnt sich in den Büchern I-Iü an 
Nikomachos von Gerasa an, in Buch IV an Euklei- 
des, in Buch V an Claudius Ptolemaios. Sie behan- 
delt die Musik als eines der im Quadrivium zu- 
sammengefaßten mathematischen Fächer. Der in 
ihr begründete Vorrang der Musiklehre vor der 


187 



Böttcher 


Musikübung ist - ebenso wie die Einteilung der 
Musik in musica mundana, musica humana und 
musica quae in quibusdam constituta est instru- 
mentis - im ganzen Mittelalter festgehalten worden. 

Ausg.: GA in: Migne Patr. lat. LXIII-LXIV ; B. de 
inst arithm. ... de inst, musica, hrsg. v. G. Fried- 
lein, Lpz. 1867; O. Paul, Übers.: B. u. d. griech. 
Harmonik, Lpz. 1872. 

Lit allg.: Hdb. d. klass. Altertums-Wiss., hrsg. v. 

J. v. Müller: Bd VIII, M. Schanz, Gesch. d. röm. 
Litt., 4. Teil 2. Hälfte, M. Schanz, C. Hosius u. 
G. Krüger, Die Lit d. 5. u. 6. Jh., München 1920, 
u. Bd IX 2. Abt., M. Manitius, Gesch. d. lat Lit d. 
MA, 3 Bde, München 1911-31. - Zur Musik: W. 
Brambach, Die Reichenauer Sängerschule, I, Die 
Musiküt d. MA . . ., in: Mitt. aus d. Großh. Bad. 
Hof- u. Landesbibi. IV. Karlsruhe 1 883 ; G. Schepss, 
Zu d. math. mus. Werken d. B., in: Abh. f. W. v. 
Christ. München 1891; W. Miekley, De Boethii 
libri de musica primi fontibus, Diss. Jena 1898; 

K. Schmidt, Quaestiones de musicis scriptoribus 
Romanis, Diss. Gießen, Darmstadt 1899; H. Abert, 
Die Musikanschauung d. MA, Halle 1905; Th. 
Kroyer, Die Musica spec. d. Mag. E. Heritius, Fs. 

A. Sandberger, München 1918; G. Pietzsch, Die 
Klassifikation d. Musik . . ., Halle 1929; R. Bragard, 
L’harmonie des sphdres . . Speculum IV, 1929; L. 
Schradb. Das propädeutische Ethos in d. Musik- 
anschauung d. B., Zs. f. Gesch. d. Erziehung u. d. 
Unterrichts XX, 1930; ders.. Die Stellung d. Musik 
in d. Philos. d. B., Arch. f. Gesch. d. Philos. XLI, 
1932: ders., Music in the Philos. of B., MQ XXXIII, 
1947; H. Wolking, Guidos Micrologus, Diss. Mün- 
ster 1931; G. Ph. Krapp, The Paris Psalter and the 
Meters of B., NY 1932; H. R. Patch, The Tradition 
of B., London 1935; L. Kunz, Die Tonartenlehre d. 

B. , KmJb XXXI-XXXIII, 1936-38; C.-A. Moberg, 
Sfäremas harmoni, STMf XIX, 1937; O. J. Gombosi, 
Studien zur Tonarteniehre d. frühen MA, AMI X, 
1938; ders., Tonarten u. Stimmungen d. antiken 
Musik, Kopenhagen 1938, Neudr. 1950; M. Galdi, 
Saggi boeziani, Pisa 1938; G. Reese, Music in the 
MA, NY 1940; O. Ursprung, Die antiken Trans- 
positionsskalen u. d. Kirchentöne, AfMf V, 1940; 
E. de Bruyne, Etudes d’esth6tiques m6di6vale, 
Brügge 1946; R. Bragard, Boethiana - Etudes sur 
le »De Institution musica« de Bofcce, in: Hommages 
ä Charles van den Borren, Antwerpen 1945. 

Böttcher, Georg, * 30. 4. 1889 zu Frankfurt am 
Main; deutscher Tonsetzer, Schüler des Konser- 
vatoriums in Leipzig (Reger) und Schurichts in 
Wiesbaden, schrieb nach 1945 eine Funkoper Der 
Baumeister , Orchesterwerke und Kammermusik, 
hatte aber seine größten Erfolge mit »Volksora- 
torien«, darunter Oratorium der Arbeit (1936), Die 
ewige Flamme (1937) und Volk im Licht (1939). 

Böttcher, Lukas Josef, * 13. 2. 1878 zu Frankfurt 
am Main; deutscher Komponist, Schüler desHoch- 
schen Konservatoriums (Humperdinck), nach Kla- 
vierlehrer- und kurzer Kapelimeistertätigkeit seit 
1917 als Privatmusiklehrer und Schriftsteller in 
Bamberg. Er schrieb Chorwerke, Balladen, geist- 
liche Gesänge, Lieder, Klavierstücke und Orche- 
sterwerke, ehe Rokoko-Pantomime Der blaue Falter 
(1917) sowie die Opera Salambo (1920), Hilde- 
brand (1921), Lagunenfieber (1921), Canossa (1927). 

Boetticher, Wolfgang, * 19. 8. 1914 zu Bad 
Ems; deutscher Musikforscher, studierte 1933-39 
Musikwissenschaft an der Universität Berlin und 
promovierte mit einer Arbeit über Robert Schu- 
mann , Einführung in Persönlichkeit und Werk (Berlin 


1941). 1939 habilitierte er sich in Berlin mit Studien 
zur Lautenpraxis des 16. und 17. Jahrhunderts . . . 
Nach Tätigkeiten bis 1945 in Berlin kam er 1948 
als Privatdozent nach Göttingen, dort 1956 Pro- 
fessor. Schriften : Robert Schumann in seinen Schrif- 
ten und Briefen (= Klassiker der Tonkunst, Band 5, 
Berlin 1942), Orlando di Lasso und seine Zeit 
(2 Bände, Kassel - Basel, I, 1958); R. Schumann in 
seinen Beziehungen zu J. Brahms (Die Musik XXIX, 
1937), Neue Mozartiana , unveröffentlichte Skizzen 
und Entivürfe (Neues Mozart-Jb. III, 1944), Zur 
Chronologie des Schaffens O. di Lassos (Kgr.-Ber. 
Lüneburg 1950, Kassel und Basel o. J.), O. di Lasso 
als Demonstrationsobjekt in der Kompositionslehre des 
16. und 17. Jahrhunderts (Kgr.-Ber. Bamberg 1953, 
Kassel und Basel 1954), Eine Frühfassung doppel- 
choriger Motetten O. di Lassos (AfMw XII, 1955), 
Neue Lasso-Funde (Mf VTII, 1955), O. di Lassos 
Magnificat-Komposiüon (Kgr.-Ber. Hamburg 1956), 
Studien zur Musikgeschichte Münchens im Zeitalter 
der Spätrenaissance (Zeitschrift für Bayerische Lan- 
desgeschichteXIX, 1956), Giacomo Gorzanis (in: 
Beiträge zur Musik- und Kulturgeschichte Inner- 
österreichs, Band IV, Wien und Graz 1956). B. ist 
Bearbeiter der Gesamtausgabe der musikalischen 
Werke O. di Lassos (195611*.). 

Bo?zi, Ernesto, * 11. 2. 1856 und f 30. 12. 1946 
zu Rom; italienischer Komponist, Schüler von 
Ballabene, 1880 Organist an S. Luigi dei Francesi, 
1879-86 Dirigent der Sodetä musicale Romana. 
1905 wurde er Maestro della Cappella Giulia und 
war bis 1918 technischer Direktor der von Pius X. 
gegründeten Pontifida Scuola Superiore di musica 
sacra. Werke: Oper Don Paez t einaktig (Venedig 
1893); Messen, Motetten, Offertorien, Hymnen, 
8st. Messa Junebre. 

Bogatyrpw, Anatolij Wassiljewitsch, * 13. 8. 
1913 zu Witebsk; russischer Komponist, studierte 
bis 1937 am Weißrussischen Staatskonservatorium 
in Minsk und ist sdt 1948 Direktor dieser Anstalt. 
Werke: Opern W puschtschach Polesja (»In den 
Wäldern von Polesje«, 1939) und Nadeschda Durow 
(1946), Kantaten Partisany (»Partisanen«) und Be- 
larus (»Weißrußland«); 2 Symphonien; Kammer- 
musik; Chöre; Lieder. 

Bpgentantz, Bernhard, * 1494 zu Liegnitz, 
f zwischen 1535 und 1546 wahrscheinlich zu Iieg- 
nitz; deutscher Musiktheoretiker, studierte 1508-09 
in Köln (wahrscheinlich bei Cochlaeus), dann bei 
Hieronymus Wildenberg in Goldberg (Schlesien) 
und wieder in Köln, wo er 1515 eine Schulmusik- 
lehre Collectanea utriusque cantus (als Rudimenta . . . 
2 1535) herausgab. 1525 wurde er noch an der Uni- 
versität Wittenberg immatrikuliert, 1530 Rektor 
der Pfarrschule St. Peter in Liegnitz. 

Lit : G. Pietzsch, Zur Pflege d. Musik an d. deutschen 
Universitäten, AfMf V, 1940, u. VII, 1942; H. 
Höschen, Der Musiktraktat d. B. B., Diss. Köln 
1943, maschr. (mit NA d. Schrift). 

Boghen, Felice, *23. 1. 1875 zu Venedig, f 25. 1. 
1945 zu Florenz; italienischer Pianist und Kompo- 
nist, ab 1910 Theorieprofessor am Istituto musicale 
von Florenz, künstlerischer Leiter und Pianist ver- 
schiedener Kammermusikvereinigungen; er schrieb 
zahlreiche Klavierwerke, eine unaufgeführte Oper 
Alceste und machte sich verdient als Bearbeiter und 


188 



Boiddieu 


Herausgeber von Klaviermusik (ältere italienische 
Meister, Pasquini, Scarlatti, Bach, Clementi, Liszt) 
sowie klaviermethodischer, theoretischer und 
historischer Schriften. 

Boheman, Torsten Alfred, * 9. 2. 1888 zu 
Stockholm; schwedischer Komponist, erhidt nach 
Studien an der Universität Lund (Musikgeschich- 
te) Violin- und Kompositionsunterricht an der 
Königlichen Musikakademie in Stockholm, lebt 
als Musikschriftsteller in Kopenhagen und kom- 
ponierte eine Orchesterfantasie, ein Klavierkon- 
zert, ein Violinkonzert, Klavier- und Violinstücke 
sowie Lieder. 

Bohn, Emil, * 14. 1. 1839 zu Bidau bd Neiße, 
+ 5. 7. 1909 zu Breslau; deutscher Musikforscher, 
studierte 1858-62 in Breslau klassische und orien- 
talische Philologie, leitete aber bereits als Student 
den Akademischen Musikverein und widmete sich 
schließlich ganz der Musik als Theorie-Schüler von 
J. SchäfFer. 1868 wurde er Organist der Kreuz- 
kirche in Breslau und gründete 1882 den »Bohn- 
schen Gesangverein«, der in der Folge besonders 
durch seine historischen Konzerte bekannt wurde. 
1884 Dr. phiL h. c. der Breslauer Universität, über- 
nahm die Direktion des Universitätsgesangvereins 
und hidt ab 1887 als Lehrer am akademischen 
Institut für Kirchenmusik Vorlesungen an der Uni- 
versität. Auch war B. ab 1884 Musikreferent der 
»Breslauer Zeitung«. 1892 ernannte ihn die Ver- 
eeniging voor Noord-Nederlands Muziekgeschie- 
denis in Amsterdam, 1887 die Philharmonische 
Akademie in Florenz und 1891 die römische Cä- 
dlien-Akademie zum Ehrenmitglied. 1895 erhidt 
er den Professortitd, 1908 wurde er ordentlicher 
Honorar-Professor. Als Komponist trat B. nur mit 
Liedern und Chorliedem hervor. Sehr verdienst- 
liche Arbeiten sind seine Kataloge: Bibliographie der 
Musikdruckwerke bis 1700, welche in der Stadtbiblio- 
thek, der Bibliothek des Academischen Instituts für 
Kirchenmusik und der Königlichen und Universitäts- 
Bibliothek zu Breslau aujbewahrt werden (Berlin 
1883), Die musikalischen Handschriften des 16 ’. und 
17. Jh. in der Stadtbibliothek zu Breslau (Breslau 1890), 
SO historische Konzerte in Breslau 1881-92; nebst 
einer bibliographischen Beigabe: Bibliothek des ge- 
druckten mehrstimmigen weltlichen deutschen Liedes 
vom Anfang des 16. Jh. bis ca. 1640 (Breslau 1893), 
100 historische Konzerte des Bohnsclten Gesangvereins 
in Breslau 1881-1905 (Breslau 1905) und Die Na- 
tionalhymnen der europäischen Völker (1908). Auch 
gab B. Mendelssohnsche und Chopinsche Klavier- 
werke heraus. Seine 16000 Seiten starke Partituren- 
sammlung (16. und 17. Jh.), die u. a. auch das 
gedruckte und handschriftlich überlieferte mehr- 
stimmige wdtliche deutsche Lied vom Anfang 
des 16. bis zur Mitte des 17. Jh. enthält (etwa 
10000 Nummern), war auf der Breslauer Stadt- 
bibliothek deponiert, soll aber durch Kriegseinwir- 
kung verlorengegangen sein. 

Bohn, Peter, * 22. 11. 1833 zu Bausendorf (Kreis 
Witdich), 1 11- 6. 1925 zu Trier; deutscher Musik- 
forscher, besuchte 1850-52 das Lehrers em i n ar in 
Brühl, war dann Lehrer an einer Knabenschule 
und zugleich Organist an der Pfarrkirche zu St. 
Gervasius in Trier, 1866-1905 Oberlehrer am 
Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, Musi k le hr er am 


bischöflichen Konvikt und Referent für Orgel- 
bauten. B. schrieb für die MfM zahlreiche Studien, 
darunter Oddo's von Clugny Dialog (1880), Das 
liturgische Recitativ und dessen Bezeichnung in den 
liturgischen Büchern des Mittelalters (1887), Philipp 
von Vitry (1890), auch zahlreiche Artikel in Her- 
mesdoräs CäriHa md Böckelers Gregoriusblatt 
Separat erschienen Glareani Dodecachordon , über- 
setzt und übertragen (PGfM XVI, 1888) und Der 
Einfluß des tonischen Akzents auf die melodische und 
rhythmische Struktur der gregorianischen Psalmodie 
(übersetzt aus der Paläographie musicale der Be- 
nediktiner von Solesmes 1894), Magistri Franconis 
Ars cantus mensurabilis . . . (Trier 1880). 

Bohnen, Michael, * 2. 5. 1887 zu Köln; deut- 
scher Sänger (Baß), Schüler des Konservatoriums 
Köln, zunächst in Düsseldorf und Wiesbaden tätig, 
1916-18 Hof oper Berlin, nach Gastspielen 1922-33 
Metropolitan Opera in New York, 1935-45 Deut- 
sches Opernhaus Berlin, 1945-47 Intendant der 
Berliner Städtischen Oper, seitdem auf Gastreisen. 
1914 sang B. auch in Bayreuth. 

Bohnen stin gl, Hans, * 7. 2. 1911 zu Zinnowitz; 
österreichischer Pianist, studierte Klavier am 
Stemschen Konservatorium in Berlin, weiter bei 
Fr. Lamond und W. KempfF. Seine Laufbahn als 
konzertierender Künstler begann er als Begleiter 
namhafter Sänger und Instrumentalsten (auch als 
Mitarbeiter am Schauspielhaus unter Gründgens) 
in Berlin. Seit 1944 in Österreich lebend, tritt er 
seitdem besonders als Interpret zeitgenössischer 
Klaviermusik hervor. Von H. Distier erhielt er das 
Alleinaufführungsrecht seines Klavierkonzerts, H. 
Erbse und G. Wimberger schrieben für ihn ihre 
Klavierkonzerte (1956, 1957). Als Solisten erster 
Orchester führen ihn seine Konzertreisen durch 
ganz Europa. 

Bohnke, Emil, * 11. 10. 1888 zu Zdunska Wola 
(Polen), f 11. 5. 1928 durch Autounfall bei Pase- 
walk; deutscher Komponist und Dirigent, Schüler 
Sitts und Krehls am Leipziger Konservatorium 
und Fr. Gernsheims in Berlin in dessen akademi- 
scher Meisterschule, wirkte 2 Jahre als Lehrer 
am Stemschen Konservatorium, war als Brat- 
schist im Bandler-Quartett und 1919/20 in dem 
von A. Busch gegründeten Streichquartett tätig; 
dann lebte er als Komponist und Dirigent in Ber- 
lin. 1923 war er 1. Dirigent des kurzlebigen Leip- 
ziger Symphonieorchesters (früher Philharmo- 
nisches Orchester) sowie Leiter einer Sonderklasse 
für Bratschenspiel an der Staatlichen Hochschule 
für Musik in Berlin, ab 1926 Nachfolger von 
Oskar Fried als Dirigent des Berliner Symphonie- 
Orchesters. Von seinen Kompositionen sind ge- 
druckt: ein Streichquartett C moll op. 1, Klavier- 
trio op. 5, Klaviersonate B moll op. 10, Klavier- 
stücke op. 4, 6, 8, 12, Symphonische Ouvertüre 
op. 2, Thema mit Variationen für großes Orch. 
op. 9; Sonate für V. u. KL op. 3, Sonate für 
Vc. u. KL op. 7, ein Violinkonzert D dur op. 11, 

3 Sonaten für V. allein, Va allein, Vc. allein op. 13; 
Klavierkonzert op. 14; 3 Solosonaten für V. 

Boieldieu (bualdj'o :), Adrien Louis Victor, * 3. 
11. 1815 zu Paris, + 9. 7. 1883 zu Quincy bei Paris; 
französischer Komponist, Sohn von Francois 
Adrien B., hat sich gleichfalls durch eine Reihe von 


189 



Boieldieu 


komischen Opern einen Namen gemacht, auch 
eine Messe geschrieben, welche 1875 zur lOOjäh- 
rigen Geburtstagsfeier seines Vaters in Rouen zur 
Aufführung kam. 

Boieldieu (bualdj'o:), Fran$ois-Adrien, * 16. 
12. 1775 zu Rouen, f 8. 10. 1834 auf seinem Land- 
sitze Jarcy bei Paris; französischer Komponist, 
Sohn eines erzbischöflichen Sekretärs, wurde 
Chorknabe der Hauptkirche in Rouen und erhielt 
geregelten Musikunterricht vom Organisten 
Broche. Als B. 18 Jahre alt war, wurde eine kleine 
komische Oper von ihm, Lafille coupabk, zu der 
sein Vater das Libretto geschrieben hatte, in seiner 
Vaterstadt Rouen auf gerührt, und 1795 folgte eine 
zweite, Rosalie et Myrza , deren günstige Auf- 
nahme ihn ermutigte, 1796 nach Paris zu wandern 
und sein Glück zu versuchen. Dort fand B. im 
Hause Erards eine gute Aufnahme und Gelegen- 
heit, die bedeutendsten Meister kennenzulemen 
(Mehul, Cherubim). Der Sänger Garat trug dort 
zuerst Lieder von B. vor, welche großen Beifall 
und einen Verleger fanden. 1796 brachte er in der 
Opdra Comique eine einaktige komische Oper Les 
deux lettres zur Aufführung, 1797 La famille suisse , 
Uheureuse nouvelle und Le Pari , 1798 Zoraime et 
Zulnare , die durch ihre frischen Melodien all- 
gemein gefielen; besonders erfolgreich war Le 
calife de Bagdad (1800). Nach seiner Ernennung 
zum Klavierlehrer am Conservatoire (1798) trat er 
als Instrumentalkomponist mit Klaviersonaten, 
einem Konzert und Stücken für Harfe hervor. Die 
hohe Schule der Komposition hat B. nur in der 
Praxis absolviert und sich um Kontrapunkt und 
Fuge nie Sorge gemacht. Das Nötigste hatte er von 
Broche profitiert; einzelne Winke von Mdhul und 
Cherubim wußte er zu nutzen, war aber nie ihr 
Schüler. Seine Klaviersonaten, die alle der frühen 
Zeit (1795-1803) angehören, wurden als von Cle- 
menti herkommend beurteilt, wenn B. auch dessen 
»Tiefe, Reichtum und Seltsamkeit« fehlten (AmZ, 
30. 12. 1801). 1802 heiratete B. die Tänzerin 
Clotilde Auguste Mafleuray; die Wahl war 
nicht glücklich, und B. entschloß sich schon 
1803, um häuslichen Zwistigkeicen aus dem Wege 
zu gehen, zu einer Reise nach St. Petersburg, wo 
er bis 1810 blieb. Von den dort aufgeführten ko- 
mischen Opern CB. wurde zum Hofkompositeur 
ernannt) hat keine dauernde Anerkennung er- 
reicht; dagegen war die erste Oper, die er nach 
seiner Rückkehr 1812 brachte, wieder ein großer 
Erfolg: Jean de Paris . 1817 wurde er als Mdhuls 
Nachfolger Kompositionsprofessor am Conser- 
vatoire; um die Wahl zu rechtfertigen, verwandte 
er erhöhte Sorgfalt auf die Komposition der bei- 
den Opern: Le petit chaperon rouge (Rotkäppchen, 
1918) und nach längerer Pause La dame blanche (Die 
weiße Dame, 1825, die Ouvertüre nach B.s Skizzen 
von Ad. Adam ausgearbeitet). Diese ist ein Haupt- 
werk der französischen Romantik. B. schrieb nur 
noch eine Oper: Les deux nuits (1829) ; sie brachte 
nur einen Achtungserfolg für den Komponisten 
der Weißen Dame. B. fühlte das selbst am besten 
und legte die Feder für immer aus der Hand. Nach 
dem Tode seiner ersten Frau vermählte er sich 1827 
mit der Sängerin Phillis, Schwester von Jeannette 
Phillis. 1829 nahm er seinen Abschied am Conser- 
vatoire und erhielt eine gute Pension, die 1830 

190 


gekürzt wurde. Die ihm vom König bewilligte 
Extrapension, desgleichen die von der Direktion 
der Komischen Oper verlor er 1830 gänzlich, so 
daß er um Wiederanstellung am Conservatoire 
bat; er wurde 1833 auch wieder eingesetzt, starb 
jedoch bald darauf an der Kehlkopfschwindsucht. 
B.s berühmteste Schüler sind F6tis, Ad. Adam und 
P. J. G. Zimmermann. Der Aufzählung seiner 
Opern sind nachzutragen :Ledot de Suzette (1798) ; 
Les miprises espagnoles (1799); La prisonnihe (1799, 
mit Cherubim) ; Beniowsky (1800) ; Ma tante Aurore 
(1803); Le baiser et la quittance (1803, mit Mdhul, 
Kreutzer und Isouard). In St. Petersburg: Aline, 
reine de Golconde (1804); Abderkhan (1804); La 
jetme femme colire (1805) ; Amour et mysthre ( 1806) ; 
Un tour de Soubrette (1806); Calypso (= Tilimaque , 
1806); La dame invisible (1808); Les voitures versies 
(1808, 1820 zur komischen Oper umgearbeitet, 
1914 in textlicher Neubearbeitung von G. Drö- 
scher in der Berliner Königlichen Oper) ; Rien de 
trop ou Les deux paravents (1811); Chöre zu Racines 
Athalie. Endlich in Paris nach 1810: Le nouveau 
seigneur du village (1813); Bayard h Miziires (mit 
Cherubini, Catel und Isouard); Les Biamais ou 
Henri IV en voyage (1814 mit Kreutzer) ; Angila ou 
Vatelier de Jean Cousin (1814 mit Madame Gail, 
Schülerin von F6tis) ; La fite du village voisin (1816) ; 
Charles de France (1816, mit Hdrold); Blanche de 
Provence ou La cour des fies (1821, mit Cherubini, 
Berton, Kreutzer und Paer) ; La France et VEspagne 
(1823); Les trois genres (1824, mit Auber); Phara - 
mond (1825, mit Cherubini, Berton, Kreutzer und 
Lesueur); La marquise de Brinvilliers (1831, mit 
zahlreichen anderen Komponisten). B. hat auch 
Kammermusik (Sonaten für Kl. op. 1, 2, 4, 6; 
Variationen für Kl. op. 10; Sonaten für VI. und 
Kl. op. 3, für Harfe und VI. op. 8; Duo für Kl. 
und VI. op, 7), 4 Duos für Harfe und Kl., ein Kla- 
vierkonzert (1797), Harfenkonzert (1800) und zahl- 
reiche Romanzen geschrieben. 

Ausg.: Sonates pour le piano-forte, hrsg. von G. 
Favrb, in: Publ.s de la Soc. Frg. de Musicologie, 
Paris 1944. 

Lit- : A. Pougin, B., sa vie et ses oeuvres, Paris 1875 
(mit Werkverz.); L. Auo£ de Lassus, B., Paris 1908 
(in: Les Musiciens cälfcbres); R. Walsh, Procös-ver- 
bal de la c6r4monie funöbre en l’honneur de B., 
Rouen 1835; A. H£quet, A. B., Paris 1864; J. E. 
Bouteiller, B. ä Rouen, Rouen 1875; H. de Thann- 
berg, Le centenaire de B., Paris 1875; E. Duval, B., 
notes et fragments inddits, Genf 1883; P. L. Robert, 
Correspondance de B„ RMI XIX, 1912, u. XXII, 
1915; ders.: Lettres in&Jites d’A. B., RM VII, 1926. 
G. de Saint- Foix, Les Premiers pianistes parisiens: 
B., RM VII, 1926; G. Favre, B., sa vie et son oeuvre, 
2 Bde, Paris 1944/45. 

Boisdeffre (buad'sfr), Charles-Henri-Rend 
de, * 3. 4. 1838 zu Vesoul, 1 25. 11. 1906 zu V6ze- 
lise (Meurthe-et-Moselle); französischer Kompo- 
nist, kam früh nach Paris. Ab 1864 machte er sich 
als Komponist bekannt, zuerst mit Melodien und 
Liedern ohne Worte. 1883 erhielt er den Prix 
Chartier für Verdienste um die Kammermusik. 
Von seinen Kompositionen sind hervorzuheben: 
mehrere Klaviersonaten, Klaviertrios Es dur op. 10 
und G moll op, 32, Klavierquartett G moll op. 13, 
Klavierquintette D moll op. 11 und D dur op. 25, 
Klaviersextett B dur op. 43, Seines champitres für 
Orch., Cantique des Cantiques (Das Hohelied) op. 



.DOKemeyer 


16, für Soli, Chor und Orch.; Biblische Szene 
Moise sauvt des eaux op. 18; Symphonie Amoll 
(1894), Chorgesänge Dans la forit op. 41 und Les 
lendemains de la vie op. 46, Messe sofennelle (1890). 
Lit.: H. Imbert, Nouveaux profils de musiciens, 
Paris 1892. 

Boise (b'oiz), Otis Bardwell, * 13. 8. 1845 zu 
Ohio (USA), 1 16. 12. 1912 zu Baltimore; ameri- 
kanischer Komponist, 1863/64 Schüler des Leip- 
ziger Konservatoriums, war 1864-70 Organist in 
Cleveland, dann bis 1876 Kompositionslehrer in 
New York, 1876/77 in Berlin, seitdem wieder in 
New York, zuletzt als Lehrer am Peabody Con- 
servatory in Baltimore. B. schrieb eine Sympho- 
nie, 2 Ouvertüren, ein Klavierkonzert, ein Trio, 
Lieder und Chorlieder sowie Hartnony Made Prac- 
tica 1 (New York 1900) und Music and its Masters 
(Philadelphia 1902). 

Boismortier (buamortj'e:), Joseph Bo din, Sieur 
de, * um 1691 zu Perpignan, f 1755 zu Paris; 
französischer Komponist, brachte 3 Ballettopem 
mit Erfolg zur Aufrührung (Les voyages de VAmour , 
1736; Don Quichotte, 1743; Daphnis et Chloi , 1747; 
alle drei in Partitur gedruckt), gab auch eine An- 
zahl Kantaten heraus, wurde jedoch wegen sei- 
ner Instrumentalwerke besonders geschätzt. Von 
1721 an erschienen Sonatenwerke für 2 Fl. ohne 
B., 2 Fl. mit B., Fl. mit B., 3 Fl. ohne B., Fl., V. 
und B., 2 V. mit und ohne B., 2 Fag., auch Pikes de 
viole op. 31 (1730) und eine Anzahl Werke für die 
1725 so beliebten Musetten und Viellen : Gentillesses 
en 3 parties pour la Musette , la Ville et la Basse op. 33 
(1731) und op. 45 (1733), Divertissements de Cam- 
pagne pour une Musette ou Vible seule avec la Basse 
op. 49 (1734), Les loisirs du bercail pour une Musette 
ou Vible et un Violon sans Basse (o. J.). 

Ausg.: 6 Gentillesses op. 33, Paris 1920; Sonate 
pour 2 flütes op. VI, 6, hrsg. v. F. Raugel, HM 85, 
Kassel 1951 ; Concerto pour 5 flütes op. XV, 1, hrsg. v. 
F. Raugel, Anthologie sonore, Paris 1950; ein Trio 
f. V., Vc. und B. in NMA 143, hrsg. v. P. Ruyssen. 
Lit. : E. Schmitz, Gesch. der weltlichen Solokantate, 
= Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen, hrsg. v. H. 
Kretzschmar, V, 14, Lpz. 1914, 21955. 

Boisselot (buasol'o:), Jean-Louis, * um 1785 zu 
Montpellier, f 1847 zu Marseille; französischer 
Streichinstrumentenmacher in Montpellier, ver- 
legte 1823 sein Geschäft nach Marseille, wo er es 
bald in eine Pianofortefabrik umwandelte, die zu 
großer Blüte gelangte. - Von seinen Söhnen war 
der ältere, Louis, * 1809 zu Montpellier, f 1850 zu 
Marseille, der Leiter der Pianofortefabrik, die auch 
weiter im Familienbesitz blieb; der jüngere Sohn, 
Dominique-Frangois-Xavier, * 3. 12. 1811 
zu Montpellier, 1 28. 3. 1893 zu Marseille, machte 
sich als Komponist einen Namen: Kantate Velttda 
(1836) ; Opern Ne touchez pas bla reine (Paris 1847), 
Mosquita la sorcibre (Paris 1851), Uange dichu (Mar- 
seille 1869). 

Bo|to, Arrigo, * 24. 2. 1842 zu Padua, + 10. 6. 
1918 zu Mailand; italienischer Opemkomponist 
und Dichter, ab 1856 Schüler von Mazzucato am 
Mailänder Konservatorium, besuchte 1862 und 
1869 Paris, Deutschland und Polen (die Heimat 
seiner Mutter, einer Comtesse Josephine Rado- 
linska) und befreundete sich mit deutscher Musik, 


besonders mit den Werken Beethovens und den 
musikdramatischen Reformen Richard Wagners. 
Nachdem er sich mit den Kantaten II 4 giugno 
(1860) und Le sorelle d'ltalia (1861, beide Werke 
mit Fr. Faccio) bekannt gemacht hatte, trat er 1868 
mit der Oper Mefistqfele (nach Goethes Faust I und 
II) hervor, die in Mailand vollständig durchfiel, 
später aber mehr und mehr Beachtung fand (1875 
in Bologna mit großem Erfolg wieder aufgenom- 
men, 1881 in Köln und Hamburg). Seine zweite 
Oper, Nerone, die er aus Gründen der Selbstkritik 
nicht vollendete, wurde, von A. Toscanini er- 
gänzt, erst 1924 an der Mailänder Scala gegeben, 
1929 in Stuttgart; unauf geführt ist die Oda all' arte 
(1880). Als Dichter (anagrammatisches Pseudo- 
nym: Tobia Gorrio) ist B. in Italien noch mehr 
geschätzt denn als Komponist (Libro dei versi , Re 
Orso , Mendelssohn in Italia); auch übersetzte er 
Werke Wagners ( Rienzi , Tristan) und anderes ins 
Italienische; von ihm sind die Texte von Pon- 
chicllis La Gioconda, Facdos Amleto, Bottesinis 
bzw. Mandnellis Ero e Leandro , Palumbos Pier 
Luigi Farnese, Verdis Otello und Falstaff', Coronaros 
Un tramonto, auch viele Novellen. B. lebte in Mai- 
land; der König von Italien ernannte ihn zum 
Cavaliere, Uffiaale, Commendatore und schließ- 
lich zum Senatore del Regno. 

Lit.: G. Cesari, Note per una bibliogr. delle opere 
di A. B. e della letteratura che le riguarda, Rassegna 
di coltura II, 1924, u. Musica d’oggi VI, 1924. - 
Critiche e cronache mus., hrsg. v. R. De Rensis, 
Mailand 1930; Aneddoti e bizzarie poetiche mus., 
hrsg. v. dems., Rom 1942; Lettere, hrsg. v. dems., 
Rom 1932; G. Verdi, I Copialettere, hrsg. v. G. 
Cesari und A. Luzio, Mailand 1913; Carteggi ver- 
diane, hrsg. v. A. Luzio, 4 Bde, Rom 1935-47; Fr. 
Faccio e B., Carteggio, hrsg. v. R. De Rensis, Mai- 
land 1934; C. Bellaigue, A. B., Lettres et Souvenirs, 
Revue de deux mondes LXXXVIII, 1918. - A. 
Boccardi, A. B., Triest 1877; I. Pizzetti, A. B., 
Mailand 1914; C. Rica, A. B., Mailand 1919; A. 
Pompeati, A. B., Florenz 1919; H. Key, A. B., 
Stockholm 1919; F. Ballo, A. B., = I maestri della 
musica III, Turin 1938; R. De Rensis, A. B., Capitoli 
biogr., Florenz 1942; P. Nardi, Vita di A. B., Verona 
1942; V. Tommasini, A. B., 1948; M. Vajro, A. B., 
=» Gli Uomini e la dviltä IX: Musicisti, Brescia 
(1955). - G. Ricordi, Analisi mus. del Mefistofele di 
B., Gazzetta Mus. di Milano XXIII, 1868; J. Marsil- 
lach, A. B. i el seu Mefistofele, Barcelona 1880; M. 
Risolo, II primo Mefistofele di A. B., Neapel 1916; 
A. Bona Ventura, Mefistofele, Mailand 1924; A. 
Boriello, Mito, poesia e musica nel Mefistofele di 

A. B., Neapel 1950. - R. Giani, II Nerone di A. B., 
Turin 1901, Neudruck 1924; V. Gui, Nerone di A. 

B. , Maüand 1924. - R. Pelissier, Tobia Gorrio, 
Rivista Nazionale di Musica 1932; W. Pöschl, 
A. B., Romanische Studien LII, Bin 1939. 

Bok -> Curtis, Marie Louise. 

Bpkemeyer, Heinrich, * im März 1679 zu Im- 
mensen (Kreis Burgdorf, Niedersachsen), f 7. 12. 
1751 zu Wolfenbüttel; deutscher Kantor, studierte 
1702-04 an der Universität Helmstedt, wirkte 
dann an St. Martin in Braunschweig, 1712-17 in 
Husum, von da an in Wolfenbüttel. 1737 trat er 
der Mizlerschen Sodetät bei. B. teilt mit seinem 
Freunde J. G. Walther, den er bei der Abfassung 
des »Musicalischen Lexicons« unterstützte, das an- 
tiquarische Interesse an der Musik der vorauf- 
gegangenen Generationen, wie seine reichhaltige 


191 



Boland 


Sammlung deutscher und italienischer Stücke des 
17. und 18. Jh. beweist, in der Rosenmüller, Förtsch, 
Schelle, Weckmann, V. Lübeck, Bruhns und B.s 
Lehrer G. Oesterreich besonders stark vertreten 
sind (heute in der Staatsbibliothek Berlin). Auch 
als Theoretiker vertritt er zunächst in spekulativen 
Einzeluntersuchungen die Musica poetica im Sinne 
der Schütz-Schule, laßt sich jedoch später von 
Mattheson »zur Melodie als der einzigen und wah- 
ren Quelle rechtmusicalischer Kunst« führen. Mit 
Gottsched korrespondierte B. über Fragen der 
Textbehandlung. Im Druck erschienen von ihm 
nur Die Canottische Anatomie und Der melodische 
Vorhof mit ausführlichen, unerfreulichen Anmer- 
kungen Matthesons in dessen Critica musica I und II 
(Hamburg 1722-25) sowie eine Abhandlung in 
Scheibes Critischem Musicus (Hamburg 21745). Von 
den handschriftlich erhaltenen Traktaten seien ge- 
nannt: Eldboratio Dissonantiarum , darin die Solo- 
kantate (mit 2 Ob.) Me miserum ! und eine Trio- 
sonate; Kurtze ... Anweisung , wie ein einfacher 
Contrapunct in lauter Consonantien zu setzen sey\ 
eine Bearbeitung von Theiles Gründlichem Unter- 
richt von den gedoppelten Contrapunkten . 

Lit: L. Mizler, Neu eröffnete musikalische Bibi. 
I-U, Lpz. 1739-43: J. Chr. Dommerich, Memoria 
H. B., Braunschweig 1752; Fr. Zelle, J. Theile u. 
N. A. Strungk, Wiss. Beilage zum Programm d. 
Humboldts-Gymnasiums, Bin 1891; G. Schüne- 
mann, J. G. Walther u. H. B., Bach-Jb. XXX, 1933, 
mit Auszügen aus Briefen Walthers an B.; Fr. 
Wöhlkf, L. Chr. Mizler, — Musik u. Geistesgesch. 
III, Würzburg 1940; W. Jerger, Ein unbekannter 
Brief J. G. Walthers an H. B., Mf VII, 1954. 

Boland, Holger, * 14. 1. 1905 zu Kopenhagen; 
dänischer Opernsänger (Baß) und -regisseur, lebt 
in Kopenhagen. Nach einer Ausbildung an der 
Opern- und Theaterschule in Kopenhagen debü- 
tierte er 1937 dort als Don Bartolo in Mozarts »Le 
nozze di Figaro« und vertritt seitdem das Baß- 
buffo-Fach (Osmin, Leporello, Don Alfonso in 
»Cosl fan tutte«, Rocco in »Fidelio«, Sulpice in »La 
fille du rdgiment«, Dulcamara in »Elisir d’amore«, 
Don Pasquale). Als Regisseur betreut er seit 1947 
»Den jyaske opera« in Aarhus und ist seit 1953 
auch am Kopenhagener Opernhaus, seit 1954 als 
Gast auch am Schloßtheater Drottningholm 
(Stockholm) tätig. 

Bolden (b'o:ldan), Buddy, * um 1868 zu New 
Orleans, f 4. 11. 1931 zu Jackson (Louisiana) ; ame- 
rikanischer Jazztrompeter von Negerherkunft, von 
Beruf Friseur, spielte ab 1900 oder kurz davor mit 
einer eigenen Kapelle. Man will ihm eine entschei- 
dende Rolle in der Umbildung des archaischen 
zum klassischen Jazz zuschreiben, doch teilt B. 
diese ohne Zweifel mit einer Reihe anderer Ka- 
pellen. 

Bolicius, Nikolaus Wollick. 

Bollert, Werner, * 9.11.1910 zu Berlin; deut- 
scher Musikforscher, studierte Musikwissenschaft 
an den Universitäten Heidelberg und Berlin und 
promovierte 1934 mit einer Arbeit über Die Buffo- 
opern Baldassare Galuppis (Bottrop 1935). B. war 
1948-54 Assistent am Munkwissenschaftlichen In- 
stitut der Freien Universität Berlin, gehört seitdem 
dem Institut für Musikforschung in Berlin an, wo 


er die Bibliothek leitet und in der Historischen Ab- 
teilung tätig ist. Nach den Aufsätzen zur Musik- 
geschichte (Bottrop 1938) und Beiträgen in den 
Zeitschriften RMI, Rass. mus., Musica d’oggi und 
AMz 1936-38 wurde seine Publikationstätigkeit 
durch ein VeröfFentlichungs verbot der »Reichs- 
kulturkammer« bis 1945 unterbunden. 

Bollius, Daniel (Pollius), * um 1590 zu Hechin- 
gen (Hohenzollem), f um 1642 wahrscheinlich zu 
Mainz; deutscher Komponist, Sohn des Kapell- 
meisters Marcus B., wahrscheinlich Orgelschüler 
von Jakob Häßler, besuchte ab 1603 die Vorschule 
der Universität Dillingen. 1613 war er hohen- 
zollerscher Hoforganist in Sigmaringen, vor 1626 
im Dienste des Erzbischofs von Mainz, wo er 1638 
Kapellmeister wurde. Im Druck erschienen von 
ihm: Grütidliche und rechte Unterweisung uff jetzig 
Italienisch Manier zu singen (in Herbsts Musica 
practica, Nürnberg 1642) sowie eine Motette. Auch 
ein Oratorium, geistliche Konzerte und Dialoge 
lassen ihn als einen der frühesten Vertreter des stüe 
recitativo in Deutschland erscheinen. 

Lit: C. v. Winterfeld, J. Gabrieli II, Bin 1834; 
J. Hörnes, Die Kirchenmusik in Franken, Arch. d. 
Hist. Ver. v. Unterfranken XIX, 2, 1867 ; A. Gottron, 
G. Plautz, KmJb XXXI/XXXIII, 1936/38; ders., 
Tausend Jahre Musik in Mainz, Bin 1941; E. Fr. 
Schmid, Die Orgeln d. Abtei Amorbach, Buchen 1938. 

Bolte, Johannes, * 11. 2. 1858 und f 25. 7. 1937 
zu Berlin; deutscher Literaturhistoriker, studierte 
1874-78 in Berlin und Leipzig klassische und deut- 
sche Philologie, promovierte 1882 mit einer ar- 
chäologischen Arbeit und wirkte von 1880-1923 
als Lehrer am Königstädtischen Gymnasium in 
Berlin; 1922 Mitglied der Preußischen Akademie 
der Wissenschaften. Seine Arbeiten behandeln vor 
allem die Literatur des 16. Jh. und volkskundliche 
Themen. Hier seien genannt: Der Bauer im deutschen 
Lied (1890); Die Singspiele der englischen Komödian- 
ten (1893); Das Danztger Theater im 16. und 17. Jh. 
(1895); B. bearbeitete die Texte für das Deutsche 
Volksliederbuch für Männerchor (2 Bände, Leipzig 
1907); mit M. Friedlaender gab er heraus: Deut- 
sches Volksliederbuch für gemischten Chor (2 Bände, 
Leipzig 1916), mit M. Friedlaender, J. Meier und 
Fr. Panzer: Alte und neue Lieder (8 Hefte, Leipzig 
1916-26) ; auch arbeitete er mit am Volksliederbuch 
für die Jugend (Leipzig 1929), an M. Runzes Ge- 
samtausgabe der Balladen von C. Loewe (17 Bände, 
Leipzig 1899-1904) und an Eimers Ausgabe von 
60 Chansons (PGfM XXm, Leipzig 1899). 

Lit: Werkverz. in Zs. f. Volkskunde, N. F. IV, 1933, 
u. VIII, 1938; F. Boehm, J. B., ebenda; M. Fried- 
laender, Zum 70. Geburtstag von J. B., ZfMw X, 
1927/28. 

Bolzoni, Giovanni, * 14. 5. 1841 zu Parma, 
t 21. 2. 1919 zu Turin; italienischer Komponist 
und Violinist, studierte bei G. G. Rossi an der 
Scuola di Musica in Parma, war 1868-74 Konzert- 
meister in Savona, dann Kapellmeister in Perugia 
und Piacenza und ab 1884 in Turin, wo er auch das 
Konservatorium leitete. Er schrieb die Opern 
B matrimonio civile (Parma 1870), La stella delle Alpi 
(Savona 1871) und Jella (Piacenza 1881), Sympho- 
nien, Ouvertüren, Serenaden, Kammermusik, 
Klavierstücke und Lieder. 


192 



Bonavia 


Boman, Petter Conrad, * 1804, f 1861; schwe- 
discher Komponist und Musikkritiker, Schüler von 
Frigel, angesehener Musikkritiker und Mitarbeiter 
der »Ny tidning för musik«. Zusammen mit J. N. 
Ahlström gab er heraus: Valda svenska folksänger, 
folkdanser och folklekar (1845). 1846 schrieb er eine 
Schauspielmusik zu Byn i bergen , der Übersetzung 
von Kotzebues Das Dorf im Gebirge , 1858 das Sing- 
spiel Ljungby hotnt ochpipa (Text von Silverstolpe), 
ferner eine Kantate Gustaf Wasas dröm und etwa 
50 Lieder. 

Bombet, Alexandre Cdsar Stendhal. 

Bomm, Pater Urbanus, OSB, * 28. 6. 1901 
zu Lobberich (bei Kempen); deutscher Ordens- 
priester (Benediktiner), studierte Theologie in 
Bonn und Beuron, Musikwissenschaft in Göttin- 
gen (Ludwig). 1921 trat er in die Benediktiner- 
abtei Maria Laach ein, wurde 1926 zum Priester 
geweiht und promovierte 1928 in Göttingen mit 
einer Arbeit Der Wechsel der Modalitätsbestimmung 
in der Tradition der Meßgesänge im 9 . bis 13. Jahr- 
hundert (Einsiedeln 1929). B. ist seit 1931 Kantor 
und seit 1948 Bibliothekar der Abtei Maria Laach, 
veröffentlichte Literaturberichte über Gregorianik 
(Jahrbuch für Liturgiewissenschaft, jetzt Archiv 
für Liturgiewissenschaft, seit 1931) sowie Aufsätze 
in Zeitschriften, speziell zur Geschichte und Praxis 
des Choralvortrags und zu Fragen der »Deutschen 
Gregorianik«. In verschiedenen Ausgaben brachte 
er das »Volksmeßbuch« heraus (Einsiedeln, seit 
1928). 

Bomtympo, Joäo Domingos, * 28. 12. 1775 
und f 18. 8. 1842 zu Lissabon; portugiesischer 
Komponist. Die erste Ausbildung erhielt er von 
seinem Vater, einem aus Foggia (Neapel) stammen- 
den Oboisten (Francisco Xavier B., f 1795), ging 
1802 zu weiterer Ausbildung nach Paris, brachte 
dort 1809 seine erste Symphonie zur Aufführung, 
ging im folgenden Jahre nach London, wo er sich 
Clementi anschloß. 1815 kehrte er nach Lissabon 
zurück, besuchte 1816 abermals London und 1818 
Paris, gründete 1820 in Lissabon eine Philharmo- 
nische Gesellschaft, die aber nach vielfachen Unter- 
brechungen der Konzerte 1828 wieder einging. 
1833 wurde er Direktor des neu gegründeten Kö- 
niglichen Konservatoriums. Er schrieb einen Me- 
thode de piano op. 19 (London 1816), eine Oper 
Alessandro in Efeso , 3 Requiem, Messen, Kantaten, 
6 Symphonien, 4 Klavierkonzerte, 4 Klaviersex- 
tette, ein Klavierquintett, Klaviersonaten (zum 
Teil mit V.) und -Variationen. 

Lit.: M-A.de Lima Cruz, D. B., Lissabon 1937. 

Bona, Giovanni (Kardinal), * 12. 10. 1609 zu 
Mondovi (Piemont), f 25. 10. 1674 zu Rom; ita- 
lienischer Theologe, trat 1625 in den Zisterzienser- 
Orden ein, wurde 1633 zum Priester geweiht, am 
29. 11. 1669 zum Kardinal ernannt. Als Professor 
für Theologie und Philosophie schrieb er außer 
Erbauungsschriften: Psallentis Ecclesiae Harmonia. 
Tractatus ... de divina psalmodia (Rom 1653, Paris 
21663 als De divina psalmodia) und De rebus JUturgi- 
cis ( Rom 1671 und öfter). 

Ausg.: GA, Antwerpen 1677 und öfter; NA in span. 
Übers.: Tratado del Canto Ecles., hrsg. v. J. R. 
CarrerAs, Barcelona 1898; Epistolae selectae, hrsg. 
v. R. Sala, Turin 1754. 


Bona, Valerio (Buona), * um 1560 zu Brescia, 
f nach 1619 vielleicht zu Verona; Franziskaner- 
mönch, italienischer Komponist, war Kirchen- 
kapellmeister in Vercelli (1591), Mondovi, Mai- 
land (1596), Brescia (1611), Verona (1614). Schrieb: 
Regole del Contraponto (Casale 1595), Esempii delle 
passaggi delle consonanze . . . (Mailand 1596), Mes- 
sen, Motetten, Magnificat, Introitus, Litaneien, 
Psalmen, Falsobordoni, Madrigale, Canzonetten 
und Canzoni italiane , vieles davon doppdehörig. 
Als spätestes Werk erschien: Otto ordini diLetanie.. . 
che si cantano ogni Sabbato nella Santa casa di Loreto 
zu 2 Chören (Venedig 1619). 

Lit.: Fr. Reusch, Die Regole del contraponto et 
compositione des V. B., Übers, u. Kommentar, Diss. 
Heidelberg 1924, maschr. 

Bonadies -> Godendach. 

Bonaventyra, Arnaldo, * 28. 7. 1862 zu Li- 
vorno, f 7. 10. 1952 zu Florenz; italienischer Mu- 
sikforscher, studierte in Pisa Jura und Literatur, 
wandte sich aber ganz der Musikgeschichte zu, 
war erst Bibliothekar in der Musikabteilimg der 
Biblioteca Nazionale Centrale in Florenz, dann bis 
1932 Lehrer der Musikgeschichte und -ästhetik, 
Bibliothekar und Vizedirektor des Conserva- 
torio musicale Cherubim. Er verfaßte etwa 
900 Schriften und gab Kompositionen von Peri, 
Frescobaldi, Barbara Strozzi, Francesca Cacdni, 
D. Ferrabosco und Melani heraus. Hauptwerke 
zur Musikgeschichte: Manuale di storia della musica 
(Livorno 1898, 13 1947), Dante e la musica (Livorno 
1904), Elementi di estetica musicale (Livorno 1905; 
als Manuale di estetica musicale , Livorno 3 1926), La 
musica nelle opere di Orazio (Florenz 1905), Storia 
degli strumenti musicali (Livorno 1908), La vita mu- 
sicale in Toscana nel secolo XIX (Florenz 1909), 
Niccold Paganini (Modena 1911, Rom 3 1923), 
Saggio storico sul teatro musicale italiano (Livorno 
1913), II Boccaccio e la musica (RMI XXI, 1914; als 
Buch 1927), Le maagiolate (RMI XXIV, 1917), 
Storia e letteratura ael pumoforte (Livorno 1918, 
31934), Laßgura e Varte di Giuseppe Verdi (Livorno 
1920; französisch: Giuseppe Verdi , Paris 1923), 
Bemardo Pasquini (Rom 1923), Giacomo Puccini (Li- 
vorno 1924), *Mefistofele « di A. Boito (Mailand 
1924), Storia del violino (Mailand 1925, 2 1933), 
Nozioni di storia della musica in rapporto alla lettera- 
tura (Livorno 1930), Musicisti fivomesi (Livorno 
1930), Boccherini (Mailand 1931), E Petrarca e la 
musica (Arezzo 1933), Rossini (Florenz 1934). 

Lit. : B. Becherini, Ricordo di A. B., RMI LIV, 1952. 

Bonaventura de Brisria, Franziskanermönch in 
Brescia zu Ende des 15. Jh., gab eine wiederholt 
aufgelegte Regula musice plane heraus (1497 und 
öfter bis 1545). Eine zweite Schrift Brevis collectio 
artis musice von 1489 ist handschriftlich erhalten 
(Bologna, Conservatorio di Musica G. B. Mar- 
tini). 

Ausg.: Faks. Regula . . ., hrsg. durch d. Boll. BibL 
Mus., Rom 1936. 

Lit: kurze Beschreibung mit Angaben d. Kapitel- 
überschriften d. Brevis collectio, in: G. Gaspari u. 
F. Parisini, Cat. della BibL del Lic. Mus. di Bologna, 
Bd I, Bologna 1890, S. 197. 

Bonavfa, Ferruccio, * 21. 2. 1877 zu Triest, 1 5. 
2. 1950 zu London; englischer Musikkritiker und 
Komponist italienischer Herkunft, studierte Mu- 


13 


193 



Bonawitz 


sik in Mailand und wirkte dann unter Richter 
10 Jahre im Halte Orchestra in Manchester. Etwa 
bis 1920 war er Musikkritiker des Manchester 
Guardian, danach für den Londoner Daily Tele- 
graph, längere Zeit nebenher auch Londoner Kor- 
respondent der New York Times. An Komposi- 
tionen hinterließ er vorwiegend Kammermusik 
(Streichquartette, Streichoktett), Werke für V. und 
Lieder - an Schriften u. a. Verdi (London 1930) 
und Musicians in Elysium (London 1949). 

Bpnawitz» Johann Heinrich, (Bonewitz), * 4. 
12 1839 zu Dürkheim, f 15. 8. 1917 zu London; 
deutscher Pianist, besuchte das Konservatorium in 
Lüttich, wanderte 1852 mit seinen Eltern nach 
Amerika aus, lebte 1861—66 in Wiesbaden, dann 
in Paris und London. 1872/73 veranstaltete er in 
New York die Populär Symphony Concerts, die 
keinen Erfolg hatten, brachte in Philadelphia die 
Opern The Bride of Messina (1874) und Ostrolenka 
(1875) zur Aufführung, lebte dann in Wien, später 
wieder in London. Er schrieb 2 weitere Opern, 
ein Requiem, ein Stabat mater für Chor a cappella, 
Fantasie für Orch. op. 11, Klavierkonzert op. 36, 
Kkviertrio op. 37, Violinsonate op. 40, Klavier- 
quintett op. 42. 

Bond (b'ontji), Alessandro, * 10.2.1870 zu 
Cesena, f 9. 8. 1940 zu Viscrba bei Rimini; ita- 
lienischer Sänger (Tenor), war zuerst Schuh- 
macherlehrling, erhielt 1889 Unterricht am Liceo 
musicale von Pesaro, war 1892-96 1. Tenorist der 
Cappella di Loreto, trat 1893 in Parma zum ersten 
Male auf der Bühne auf und wurde als lyrischer 
Tenor weltberühmt. Nach Carusos Tod galt er als 
der beste italienische Sänger. 

Lit: D. Bannenta, A. B., Ferrara 1901. 

B^ndesen, Jörgen Ditleff, * 7. 4. 1855 zu 
Kopenhagen, f 1939; dänischer Musikpädagoge, 
war Schüler von Neupert, Matthison^Hansen, J. 
P. E. Hartmann und N. W. Gade am Kopen- 

Ä Konservatorium und ab 1875 Hilfslehrer 
liothekar, 1883 Lehrer für Klavierspiel und 
Theorie und Sekretär dieser Anstalt 1901-26 lei- 
tete er ein eigenes Konservatorium in Aarhus. Er 
schrieb ein Oratorium Opstandelse (Auferstehung), 
Schauspidmusiken, Kammermusik, Orgelstücke, 
Lieder, Harmonilaere und Opgaven Hl Harmonilaere 


Opernsänger (Bariton), studierte zunächst an der 
Syracuse University, ging dann zum Gesangsfach 
über und debütierte 1915 als Valentin im Faust an 
der Brooklyn Academy of Music. Nach Engage- 
ments in Monte Carlo, an der Mailänder Scala so- 
wie in Paris (u. a. Th&tre de la Galtd Lyrique) 
war er 1925-31 Mitglied der Chicago Civic Opera 
Company und ging 1932 zum Metropolitan Opera 
House in New York über. B. wird besonders als 
Interpret italienischer Opemrollen geschätzt (Graf 
Luna, Amonasro, Sharpless, Tonio), sang aber 
auch mit großem Erfolg den Wolfram im Tann- 
häuser. 

Bongartz, Heinz, * 31. 7. 1894 zu Krefeld; deut- 
scher Dirigent, besuchte die Konservatorien Kre- 
feld und Köln, war bis 1924 als OpemkapeUmei- 
ster im Rheinland, bis 1933 in Berlin (Blüthner- 
orchester), Meiningen und Gotha, 1933-37 am 
Staatstheater Kassel, 1937-44 in Saarbrücken und 
bei Kriegsende in Ludwigshafen. 1946/47 wirkte B. 
als Professor an der Musikhochschule in Leipzig 
und ist seitdem Leiter der Dresdner Philharmonie. 
Br schrieb 2 Orchestersuiten (1940, 1949), Mozart- 
variationen für Orch. (1947), Japanischer Frühling 
für S. und Orch. (1942), Streichquartett op. 16 
(1930). 

Boni, Guillaume (auch Gabriel), * um 1545 zu 
St. Hour (Auvergne), f nach 1594; französischer 
Komponist, Kapellmeister der Kathedrale St. 
Etienne in Toulouse, schrieb: Primus Uber modulo- 
rwn , 5-7st. (Paris 1573), Sonets de P. de Ronsard , 
4st (Paris 1576; 2bändige Ausgabe ebenda im glei- 
chen Jahre, mehrfach neu aufgelegt), Les Quatrains 
du siewr de Pibrac, 3-6st. (Paris 1582), Psalmi Davi - 
diä (Paris 1582). 

Lit.: J.-B. Labat, G. B., Montauban 1869; E. Droz, 
G. B., Paris 1936. 

Boni, Pietro Giuseppe Gaetano, Mitglied der 
Philharmonischen Akademie zu Bologna, gab 1717 
in Rom heraus: 12 Sonate per camera a Vc. e Cem- 
balo op. 1 und 10 Sonate a. V., Violone e Cembalo 
op. 3 (1741) und schrieb die Opern: Bfiglio delle 
selve (Modena 1700), Tito Manlio (Rom 1720) und 
das Oratorium S. Rosalia (Bologna 1726). 

Ausg.: Cellosonate C dur, hrsg. v. A. Moffat u. 
E. Rapp, Cello-BibL UH, Mainz o. J. 


(Kopenhagen 1898) sowie Laeren om Kontrapunkt 
(Kopenhagen 1902) und dänische Übersetzungen 
von E. F. Richters Harmonielehre und Lobes 
Katechismus der Musik. 

Bondevffle (bädv'il), Emmanuel, * 29. 10. 1898 
zu Rouen; französischer Organist und Komponist, 
wurde nach Stadien in seiner Vaterstadt 1915 Or- 
ganist an der Kirche Saint-Nicaise, übernahm 1935 
die musikalische Leitung der Rundfunkstation am 
Eiffelturm, wurde 1937 Staatssekretär und musi- 
kalischer Direktor des französischen Rundfunks, 
1950 Dirigent an der Opdra Comique und 1952 an 
der Großen Oper in Paris. Sein kompositorisches 
Schaffen umfaßt eine lyrische Komödie UEcole des 
maris (1935), Orchesterwerke (Le Bol des pendus 
1930, Ophilie 1932, Marine 1934, Triptyque), Kla- 
vierkompositionen und Lieder. 

Bon$Hi, Richard (Familienname Bonn), * 6. 2. 
1894 zu Port Byron (New York) ; amerikanischer 


Bonifiprti, Carlo, * 25. 9. 1818 zu Arona (No- 
vara), f 10. 10. 1879 zu Trezzo d’Adda; italieni- 
scher Organist, wurde 1841 Domorganist und Di- 
rigent der Hofkapelle in Mailand, 1852 Theorie- 
lehrer am Konservatorium und schrieb Kirchen- 
musik, eine Symphonie und 2 Opern. 

Bonjni, Severo, * 1582 und f 5. 12. 1663 zu Flo- 
renz; Benediktmermönch, italienischer Kompo- 
nist, lebte zuerst im Kloster VaUombrosa, dann bis 
1609 und wieder in seinen letzten Lebensjahren im 
Kloster Santa Trinitä in Florenz. 1615 ist er als 
Organist an San Mercuriale in Forli nachweisbar. 
Er zählt zu den frühesten Komponisten im mono- 
dischen SdL Sein handschriftlicher Traktat Discorsi 
e Regole sovra la musica enthält wichtige Beurtei- 
lungen zeitgenössischer Musiker. Er schrieb: Ma- 
drigali . . . a una voce sola mit B.c. (Florenz 1607, 
Venedig 2 1608), II primo libro delle canzonette 
qffettuose . . . in istile modemo, 4st (Florenz 1608), 


194 



Bonondni 


2 Bücher 3st. Motetten und Madrigale mit B.c. 
(Venedig 1609 und Florenz 1609), Lamento 
d’Ariatma . ..in istile recitativo , Text von Rinucdni 
(Venedig 1613), Affetti Spiritudli für 2 St. und 
B.c. (Venedig 1615). 

Ausg.: Auszug aus Discorsi e Regole, in: A. Solerti, 
Le Origini del Melodramma, Turin 1903. 

Bonnet, Jacques -> Bourdelot. 

Bonnet (bon'e), Joseph, * 17.3. 1884 zu Bor- 
deaux, f 2. 8. 1944 zu Sainte Luce sur Mer (Que- 
bec); französischer Organist, war schon mit 
14 Jahren Organist der Nicolaikirche in Bordeaux, 
studierte dann in Paris am Conservatoire bei 
Guilmant und wurde 1906 Organist an Saint- 
Eustache in Paris. Konzertreisen machten ihn in 
ganz Europa und Nordamerika bekannt. Er war 
Nachfolger von Guilmant als Organist der Soddtd 
des Concerts du Conservatoire und Präsident des 
Institut Grdgorien in Paris. Ab 1940 lebte er in 
New York, später als Lehrer am Konservatorium 
in Quebec; schrieb Orgelstücke, Chöre und Solo- 
gesänge und gab heraus: Historical Organ Recitals , 
6 Bände (New York) und G. Frescobaldi , Fiori musi - 
coli (Paris). 

lit.: H. B. Gaul, B., Bossi, Karg-Elert, MQ IV, 1918. 

Bonnet (bon'e), Pierre; französischer Komponist 
um 1600, stammte aus dem Limousin. Er veröffent- 
lichte: Premier Urne d'airs, 4-6st. (Paris 1585, 21586; 
jedoch nur 2 Stimmbücher erhalten); Airs et 
villanelles , 4-5st. (Paris 1600). Ferner erschienen 7 
4-5st. Airs in dem Sammelwerk Amphion sacri 
(Lyon 1615). 

lit. : Th. G£rold, L’art du chant en France, Paris u. 
Straßburg 1921. 

Bonnet-Bourdelot, Pierre -> Bourdelot 

Bonno, Joseph (Giuseppe), * 29. 1. 1710 und 
t 15. 4. 1788 zu Wien; österreichischer Kompo- 
nist von italienischer Abkunft, studierte 1726-37 
in Neapel, wurde 1739 Hofkomponist, 1774 als 
Nachfolger Gaßmanns Hofkapellmeister, am 1. 3. 
1788 pensioniert Er schrieb (1732-62) für Wien 
20 Opern und Serenaden, 3 Oratorien, 30 Messen, 
2 Requiem und andere Kirchenmusik. 

Lit: K. Ditters v. Dittersdorf, Lebensbeschreibung, 
hrsg. v. E. Schmitz, Deutsche Musikbücherei Bd 
XXII, Regensburg (1940); E. Wellesz, G. B., SIMG 
XI, 1909/10; A. Schienerl, G. B.s Kirchenkompos., 
StMw XV, 1928. 

Bono, Piero (Petrus Bonnus), * 1417, t 20. 9. 
1497 zu Ferrara; italienischer Lautenist, lebte zu- 
meist in Ferrara, wo er auch Arzt des Herzogs ge- 
wesen sein soll. Einige Jahre hielt er sich in Neapel, 
wo er wahrscheinlich den seit den frühen 70er 
Jahren dort wirkenden Tinctoris kennenlemte, 
und am ungarischen Königshof auf. Von den Mu- 
sikstücken B.s, den die Zeitgenossen mit vier Me- 
daillen und zahlreichen Gedichten feierten, hat 
sich nichts erhalten. 

Lit.: A. Bertolotti, Musica alla corte dei Gonzaga, 
Mailand 1890; K. Weinmann, J. Tinctoris u. sein 
unbekannter Traktat De inventione et usu musicae, 
Regensburg u. Rom 1917; G. F. Hill, A Corpus of 
Italian Medals, Cambridge 1937; H. J. Moser, Die 
Symbolbeigaben d. Musikerbildes, Fs. M. Seiffert, 
Kassel 1938; E. Haraszti, P. B., Rev. de Musicol. 
XXXI, 1949 (- t xxvm). 


Bonom^td, Giovanni Battista, italienischer 
Sänger, war 1611 Sänger am Dom von Mailand, 
1615 an den Hof des Erzherzogs Ferdinand 
Graz und ist 1619 am Wiener Hof nach- 
weisbar. Er gab 1615 in Venedig ein Sammelwerk 
heraus: Pamassus musicus Ferdinandeus , das l-5st. 
Motetten von Barbarino, Cavacdo, Ghizzolo, 
Monteverdi, Fr. Turini, Giov. Valentini und an- 
deren Komponisten enthalt. B. wird von Fdtis und 
anderen verwechselt mit Buonamente. 

Sononcxni (bonontj'ini), Antonio Maria (nicht 
Marc’ Antonio), * 18. 6. 1677 und t 8. 7. 1726 zu 
Modena; Sohn von Giovanni Maria B., italieni- 
scher Komponist, wirkte 1704-11 am Wiener 
Hof, lebte 1714 in Rom, wo StÖlzd sein Schüler 
war, und wurde 1721 Hofkapellmeister in Mo- 
dena. Er schrieb 1690-1723 20 Opern (Rossane, 
Neapel 1690; Camilla, Neapel 1696, Wien 1697) 
sowie 3 Oratorien, darunter La decollazione di San 
Giovanni Battista, Kammerkantaten, eine 5st. 
Messe und ein 4st. Stabat mater. Padre Martini 
rühmt ihm einen gewählten großen Stil nach und 
stellt ihn über seinen Bruder Giov. Batt. B.; doch 
vermochten schon die Zeitgenossen die Werke der 
Brüder nicht immer auseinanderzuhalten. 

Lit.: A. Schering, Gesch. d. Oratoriums, Kleine 
Hdb. d. Mg., Bd HI, Lpz. 1911, hrsg. v. H. Kretzsch- 
mar; siehe auch Lit zu G. M. B. 

Bonondni (bonontj'ini), Giovanni Battista 
(Buononcini), * 18. 7. 1670 zu Modena, f 9. 7. 
1747 zu Wien; Sohn von Giovanni Maria B., ita- 
lienischer Opemkomponist, war Schüler seines 
Vaters und von G. P. Colonna in Bologna, wo er 
1688 Kapellmeister an S. Giovanni in Monte 
wurde, schrieb zuerst: Trattenimenti da camera a 3 
op. 1 (1685); Concerti da camera a 3 op. 2 (1685); 
Sinfonie op. 3, 5-8st (1685); Sinfonie a 3 op. 4 
(1686) ; Sinfonie da chiesa a 4 op. 5 (1687) ; Sinfonie 
a 2 op. 6 (1687) ; Oratorium La vittoria di Davidde 
(Bologna 1687); Messe ... a 8 op. 7 (1688); Ora- 
torien H Giosue (Modena und Bologna 1688) und 
La Maddalena (Modena 1690); Duetts da camera 
op. 8 (1691). 1692-96 lebte er in Rom, schrieb dort 
das Oratorium San Nicola da Bari (1692, Wien 
1699) und begründete seinen Ruf als Komponist 
für das Theater mit Serenaten und den Opern 
Tullo Ostilio und Serse (beide 1694). 1698 ging er 
über Venedig nach Wien, wo er bis 1711 blieb. Er 
schrieb dort die Opern: La fede publica (1699); GH 
affetti piu grandi, vinti dal piü giusto (1701); Tomiri 
(1704); Endimione (1706) ; UEtearco (1707, London 
1710); Tumo Aricino (1707); Mario fuggitivo (1708); 
UAbdolonimo (1709); Caio Gracco (1710); Muzio 
Scevola (1710) ; ferner Serenaten und die Oratorien 
La conversione di Maddalena (1701, Bologna 1723) 
und La citä di Sion (1702). Am Berliner Hofe 
führte er 1702 Polifemo und 1704 GU amori di Cefah 
e Procri auf. Auch beteiligte er sich an dem Pastic- 
do La pastorella (Rom 1705). B. verließ Wien 
1711, führte 1713 in Mailand eine Serenata auf, in 
Rom 1714/15 die Oper Astarto (London 1720), 
1719 Erminia, 1721 Crispo (London 1722). 1720 
wurde er nach London berufen, wo ihn besonders 
der Duke of Marlborough unterstützte; es ergab 
sich mm die berühmte Rivalität mit Händel, die 
zufolge der Protektion Händds durch den Hof 
einen fast politischen Charakter annahm. Ciro , 



13* 


195 



Bonondm 


overo Odio et Amore (1721) und Griselda (1722) 
waren sehr erfolgreich, weniger Famace (1723), 
Caljumia (1724) und Astianatte (1727). In London 
veröffentlichte B. auch: Cantate e duetti (1721), 
Divertimenti da camera für V. oder FL (1722), im 
gleichen Jahre in Bearbeitung für Cemb. Sonatas 
Jot Chamber, 12 Triosonaten (1732), Sonates für 
Cemb. (um 1725); Ayres, 3st. Suiten (o.J.); das 
Anthem zum Begräbnis des Duke of Marlborough 
(1722); Stücke aus seinen Opern erschienen in der 
Form von Favourite Songs. Durch die Beschul- 
digung, er habe ein Madrigal von Lotti der Aca- 
demy of Andent Music als eigenes Werk ein- 
gereicht, wurde sein Ansehen - besonders in Lon- 
don - schwer geschädigt. Er ging mit dem Conte 
Ughi, einem Alchimisten, nach Paris, wo er eine 
Motette für die königliche Kapelle komponierte, 
soll 1735 in Lissabon gewesen sein, und schrieb 
noch fürWien die Oper Älessandro in Sidone (1736), 
das Oratorium Ezechin (1737) und ein Te Deum 
(1741). Von da an verliert sich seine Spur. Außer 
den genannten Werken sind von ihm noch viele 
Motetten, Psalmen, Madrigale, Kantaten und 
Duette handschriftlich erhalten. 

Ausg.: Polifem, K1.-A. mit deutschem Text, hrsg. v. 

G. Kärnbach, Bin 1938; Arien für Singst u. Kl., 
bearb. in: Alte Meister d. Bel canto, hrsg. v. L. 
Landshoff, 2 Bde, Lpz. (1912 u. 1915), u. an- 
deren Slgen; Arie des Giosufe aus Q Giosuö, in: A. 
Schering, Gesch. d. Oratoriums, Kleine Hdb. d. 
Mg., hrsg. v. H. Kretzschmar, Bd in, Lpz. 1911; 
7 Suiten f. 2 Blockfl. u. Cemb., hrsg. v. F. J. Gies- 
bert, Mainz 1939. 

Lit: K. Hueber, Die Wiener Opern G. B.s von 1697 
bis 1710 (mit thematischem Kat der Wiener Opern 
von G. B.), Diss. Wien 1955; ders., Gli Ultimi anni 
di G. B., Notizie e documenti inediti, in: Atti e 
Memoria della Accademia di Sdenze, Lettere e Arti 
di Modena, Ser. 5, Vol. 12, Modena 1954; Letters 
from the Acad. of Andent Music at London, to 
Signor A. Lotti of Venice, with his Answers and 
Testimonies, London 1732 (zur Plagiat-Affäre); 
F. Chrysander, G. F. Händel, Bd Et, Lpz. 1860, 
2 1919; H. Kretzschmar, G. F. Händel, Lpz. 1883; 
ders., Gesch. d. Oper, Kleine Hdb. d. Mg., hrsg. v. 

H. Kretzschmar, Bd VI, Lpz. 1919; H. Gold- 
schmidt, Die Lehre v. d. vokalen Ornamentik, Bd I, 
Charlottenburg 1907; C. Sachs, Musik u. Oper am 
kurbrandenburgischen Hof, Bin 1910; A. Schering, 
Gesch. d. Oratoriums, Kleine Hdb. d. Mg., hrsg. v. 
H. Kretzschmar, Bd m, Lpz. 1911; E.Wellesz, 
Die Opern u. Oratorien in Wien von 1660-1708, 
StMw VI, 1919; H, Leichtentritt, Händel, Bin 1924; 

J. Eisenschmidt, Die szenische Darstellung d. Opern 
Handels..., Wolfenbüttel 1940; O. E. Deutsch, 
Handel, London 1955 ; siehe auch Lit zu G. M. B. 

Bonondnl (bonontj'iru), Giovanni Maria, ge- 
tauft 23. 9. 1642 zu Montecorone bei Modena, 
t # 18« 11* 1678 zu Modena; italienischer Kompo- 
nist, war Kirchenkapdlmeister in Bologna und 
Mitglied der Accademia ülarmonica, ab 1674 
Domkapellmeister an der Kathedrale von Modena. 
Er schrieb : Primi fiutH op. 1, Triosonaten (Venedig 
1666); Sonate da camera op. 2 (Venedig 1667); 
Varij fiori op. 3, 2-4st Sonate da camera mit B.c. 
(Bologna 1669); Arie, Correnti , Sarabande , Gighe et 
Allemande op. 4, für V. und Violone (Bologna 
1671, 21674); Sinfonie, Allemande, Correnti e Sara- 
bande op. 5, 5-6st. mit B.c. (Bologna 1671) ; Sonate 
da chiesa op. 6, 12 Triosonaten (Venedig 1672, 
weitere Auflagen Bologna 1674 und 1677); 

196 


Anette , Correnti , Gighe , Allemande e Sarabande op. 7, 
2-4st (Bologna 1673, 21674); Musico prattico op. 8, 
Kompositionslehre (Bologna 1673, Venedig 21678, 
Bologna 31688; deutsche Übersetzung des 2. Teils 
als: Musicus practicus, Stuttgart 1701); Tratteni - 
menti musicali op. 9, 3-4st. (Bologna 1675); Cantate 
per camera a voce sola op. 10 (Bologna 1677) ; 5st. 
Madrigali op. 11 (Bologna 1678) ; Arie e Correnti a 
tre op. 12 (B ologna 1678); Cantate per camera a voce 
sola op. 13 (Bologna 1678). Von einer Kammer- 
oper I primi voli aeWoquila austriaca dal soglio impe- 
riale alla gloria (Modena 16710 ist nur das Textbuch 
erhalten. Weitere Werke, die ihm bei Eitner und 
in praktischen Neuausgaben zugeschrieben wer- 
den, stammen von seinen Söhnen. 

Ausg. : Triosonate op. 1 Nr 6, hrsg. v. E. Schenk, 
Wien 1952, « Hausmusik 130; Canone a 12 v. aus 
op. 3, in: Schering Beisp. 219. 

Lit. : L.-F. Valdrighi, I. B. di Modena, Musurgiana 
VIII, Modena 1882; E. Schmitz, Gesch. d. weltlichen 
Solokantate, Kleine Hdb. d. Mg., hrsg. v. H. 
Kretzschmar, Bd V, 1 , Lpz. 1914; G. Roncaglia, 
L. A. Muratori, la musica e il maggior compositore 
modenese del suo tempo, Modena 1933; K. H. 
Holler, G. M. B.s »Musico prattico«, Diss. M ain* 
1955, maschr. 


Bonpprti, Francesco Antonio (Buonporti), 
Abbate, getauft 11. 6. 1672 zu Trient, f 19. 12. 
1749 zu Padua; italienischer Komponist, studierte 
von 1691 an in Rom Theologie, daneben Musik 
bei Pittoni und Corelli, war um 1700 Musiker in 
der Privatkapelle Kaiser Josephs I., ist 1715-21 in 
Trient nachweisbar und lebte ab 1740 in Padua. 


Er schrieb Triosonaten op. 1 (Venedig 1696), op. 2 
(Venedig 1703), op. 4 (Venedig 1703), op. 6 (Ve- 
nedig 1705) ; 10 Sonate da camera für V. und B.c. 
op. 7 (Venedig 1707), Minuetti op. 8 und 9 (nicht 
erhalten); Concerti a 4 op. 11 (Trient o.J.); Con- 
certini für V. und B.c. op. 12 (Augsburg o.J.); 
6 Motetten für S. mit Instrumenten op. 3 (Vene- 
dig 1702) ; vor allem aber die bedeutenden Inven- 
zioni a violine solo op. 10 (Bologna 1712). Aus die- 
sem Werk sind Nummer 2, 5, 6 und 7 in einer 
Abschrift J. S. Bachs erhalten und in Band XLV 
der Gesamtausgabe undin praktischenNeuausgaben 
als Werke Bachs veröffentlicht worden. 


Ausg.: Triosonate op. 4 Nr 10, hrsg. v. A. Moffat, 
Lpz.; Triosonate op. 4 Nr 2, hrsg. v. E. Schenk, 
Wien 1955, — Hausmusik 174; Inventionen op. 10 
f. V. und B.c., hrsg. v. F. Giegung, Kassel und Ba- 
sel 1953-54 (HM Heft 44, 45, 77). 

Lit.: W. Wolffheim, Bachiana, Bach-Jb. VHI, 1911 ; 
Ch. Bouvet, B. 6gal de J.S.Bach, Paris 1918; R. 
Lunelli, Da F. A. B. a J. S. Bach, Trient 1920; G. 
Barblan, Un musicista trentino, Rass. mus. XII, 
1939, separat F. A. B., Florenz 1940; H. David, Die 
Gestalt von Bachs Chromatischer Fantasie, Bach-Jb. 
XXIH, 1926. 


Bont$mpi» Giovanni Andrea (eigentlich An- 
gelim ; den Na m en B. nahm er auf Wunsch seines 
Vormundes an), * um 1624 und f 1. 6. 1705 zu 
Perugia; italienischer Sänger (Kastrat) und Kom- 
ponist, war Schüler von V. Mazzocchi in Rom, 
wurde um 1643 Sänger an San Marco in Venedig, 
1647 Mitglied der Kapelle des Kurprinzen, später 
neben Albrici Kapellmeister in Dresden und ging 
1680 nach Perugia zurück; er war, von seiner Villa 
di Brufa di Torgiano aus, ehrenhalber ab 1682 
auch in Spdlo tätig. Er schrieb: Nova quatuor vod - 



Bopp 


bus componendi methodus (Dresden 1660), Tractatus 
in quo demonstrantur occultae convenientiae sonorum 
systematis partidpati (Bologna 1690) und Historia 
Musica (Perugia 1695). In Dresden brachte er die 
Opern H Paride (1662, wahrscheinlich 1672 in 
Dresden gedruckt) sowie zusammen mit M. G. 
Peranda Dajhe (1671) und Jupiter und Jo (1673) zur 
Aufführung. B. war in Dresden auch als Theater- 
architekt und Geschichtsschreiber tätig. 

Lit.: G. B. Rossi-Scom, Di G. A. B 1878; G. 

F. Schmidt, in AfMf IV, 1939, S. 274 ff.; R. Eng- 
länder, II Paride . . . di G. A. B., Note d’arch. XVII, 
1940; ders.. Zur Frage d. Dafne . . . v. G. A. B. u. 
M. G. Peranda, Hoffeste, Mw. Arbeiten VI, Kassel 
u. Basel 1951. 

Bonus, Joachim -* Agricola, Martin. 

Bonvin (b'3vs), Ludwig, * 17. 2. 1850 zu Siders 
(Schweiz), f 18- 2. 1939 zu Buffalo (New York) ; 
Schweizer Kirchenmusiker, erhielt 1885 die Prie- 
sterweihe und war 1887 Musikdirektor am Cani- 
sius College in Buffalo. Als Musiker war er in der 
Hauptsache Autodidakt. Werke: Orchesterstücke, 
eine Symphonie, 7 Messen, ein Requiem, ein Ora- 
torium Die Auferstehung des Herrn und zahlreiche 
weitere geistliche und weltliche Chorwerke, Lie- 
der und Duette. Er gab in deutscher Übersetzung 
heraus: A. Fleury, Über Choralrhythmus OBIMG, 
Serie n, Heft 5, 1907). Ein Aufsatz Lösung eines 
Rätsels in Guidos Mikrolog erschien in ZfMw DI 
(1920/21). 

Lit.: F. E. Bunse, in Musica sacra 1933. 

van Boom, - 1) Jan, * 17. 4. 1783 zu Rotterdam; 
niederländischer Flötist, war Mitglied der Hof- 
kapelle des Königs Louis Bonaparte, ließ sich spä- 
ter in Utrecht nieder und schrieb zahlreiche vir- 
tuose Hötenstücke. - 2) Jan, * 15. 10. 1807 zu Ut- 
recht, t 19. 3. 1872 zu Stockholm, Sohn von 1) ; 
niederländischer Pianist, Schüler von J. N. Hum- 
mel und I. Moscheies, ließ sich 1825 in Stockholm 
nieder; dort wurde er 1848 Klavierlehrer am Kon- 
servatorium. Er schrieb: Teoretisk och prakäsk 
pianoskola (1870) ; eine Oper Necken (1844), Sym- 
phonien, ein Klavierkonzert, Streichquartette, ein 
Klavierquartett, eine Klaviersonate, Klavierstücke 
und Lieder. - 3) Hermann, * 9. 2. 1809 und f 6. 
1. 1883 zu Utrecht, Sohn von 1); niederländischer 
Hötist, Schüler von Tulou am Pariser Conser- 
vatoire, lebte von 1830 an in Amsterdam. 

Lit.: zu -2): T. Norlind, J. v. B., STMf XXV, 1943. 

Boosey & Hawkes Ltd., englischer Musikver- 
lag in London, gegründet 1816 von Thomas B., 
der seit etwa 1792 eine Buchhandlung in London 
geführt hatte. Boosey & Co. hatten einen bedeu- 
tenden Katalog von Ballads und von Opern Rossi- 
nis, Mercadantes, Bellims, Donizettis, Verdis und 
anderer italienischer und französischer Meister, 
auch Operetten von Sullivan; jedoch entzog ihnen 
ein Genchtsurteil von 1854 die Rechte für die ita- 
lienischen Werke. Um 1850 begann sich die Firma 
auch dem Bau von Blasinstrumenten zuzuwenden. 
1931 schloß sie sich mit Hawkes & Son zu samm en, 
einem 1867 gegründeten Musikverlag, der gleich- 
falls den Bau von Musikinstrumenten betrieb. Die 
Firma B. & H. hat sich in wenigen Jahren durch 
Aufkauf kontinentaler Verlage (Fürstner, Teile der 
Universal-Edition und Russischer Musikverlag) zu 


einem der führenden Verlage zeitgenössischer Mu- 
sik entwickelt Zu den Autoren des Verlags zählen 
heute: Bartök, Bloch, Britten, Copland, E. Goos- 
sens, G. Holst Kodäly, Martinü, R. Strauss, Stra- 
winsky, Vaughan Williams; auch vertritt er für 
Westeuropa und Amerika den Russischen Staats- 
verlag und damit die Komponisten Chatschatur- 
jan, Kabalewskij, Prokofjew und Schostakowitsch. 
Neben Musik und Musikbüchern gibt der Verlag 
eine Vierteljahrsschrift für moderne Musik, Tempo , 
heraus. Bei der deutschen Filiale des Verlages in 
Bonn erscheint seit 1952 die wertvolle Schriften- 
reihe Musik der Zeit , herausgegeben von Heinrich 
Lindlar. 

Bopp, August, * 17. 7. 1873 zu Nürtingen am 
Neckar, f 13. 12. 1926 zu Urach; deutscher Mu- 
sikschriftsteller, Schüler des Stuttgarter Konser- 
vatoriums, nach mehrjähriger Tätigkeit als Hilfs- 
lehrer der Musik am Lehrerseminar in Nürtingen 
von 1900 bis zu seinem Tode Musiklehrer am 
theologischen Seminar in Urach. Er schrieb: Bei- 
träge zur Geschichte der Stuttgarter Stiftsmusik (Würt- 
tembergische Jahrbücher Jg. 1910); Friedrich Silcher 
(Stuttgart 1916), Ein Liederbuch aus Schwaben (Tü- 
bingen 1918, 21921) und Das Musikleben in der 
Freien Reichsstadt Biber ach (Veröffentlichungen des 
Musik-Instituts der Universität Tübingen, VH, 
Kassel 1930; darin auch ein Verzeichnis aller Ver- 
öffentlichungen B.s). 

Bopp, Joseph, * 5. 9. 1908 zu Mülhausen (Elsaß); 
Schweizer Hötist, studierte Höte am Konservato- 
rium Straßburg, danach bei Le Roy in Paris, be- 
suchte den Theorie- und Dirigentenkurs F. Wein- 
gartners am Konservatorium Basel und nahm da- 
neben Kompositionsunterricht. Nach einer Tätig- 
keit als Lehrer am Städtischen Konservatorium 
und als Hötist im Städtischen Orchester Mül- 
hausen (ab 1929) wurde er 1933 von F. Weingart- 
ner als Solo-Hötist nach Basel gerufen, wurde 1936 
Lehrer der Berufsflötenklasse am Konservatorium 
Basel, 1943 Lehrer für barocke Traversflöte an der 
Schola Cantorum Basiliensis. B., der seit 1945 auch 
die Konzerte der Mozartgemeinde Basel dirigiert, 
konzertiert als Solist in der Schweiz und im Aus- 
land. Er schrieb eine Suite für H. und KL (1937), 
Quartett für 4 FL (1937), Quartett für H. und 
Streicher (1939), Pastorale für 9 Bläser (1946) sowie 
Höten-Etüden (1936). Mehrere Werke älterer Hö- 
tcnmusik legte er in Neuausgaben vor. 

Bopp, Wilhelm, * 4. 11. 1863 zu Mannheim, 
t 11. 6. 1931 zu Bühlerhöhe bei Baden-Baden; 
deutscher Kapellmeister und Musikschriftsteller, 
war in Mannheim Schüler von J. Becker und 
F. Langer, 1879 am Leipziger Konservatorium von 
Schrameck, Jadassohn, nach kurzem Aufenthalt in 
München auch von Emil Paur in Mannheim, 
wurde 1884 Dirigent der Liedertafel zu Freiburg 
im Breisgau, 1886 Solorepetitor am Frankfurter 
Stadttheater, Assistent Mottls in Karlsruhe und 
Bayreuth, 1889 Lehrer am Konservatorium in 
Mannheim, daneben Musikreferent der »Neuen 
Badischen Landeszeitung«. Im Herbst 1900 eröffn 
nete er unter dem Potektorat der Großherzogin 
eine »Hochschule für Musik«. 1907 wurde er als 
Direktor des Konservatoriums der Musikfreunde 
nach Wien berufen, dessen Umwandlung in die 


197 



Borch 


K. K. Akademie für Musik und darstellende Kunst 
unter seiner Leitung am 1. 1. 1909 «folgte. 1919 
«bat « seine Entlassung und lebte seitdem wied« 
in Mannheim. 

Borch, Gaston Louis Christoph«, * 8. 3. 1871 
zu Guines (Pas-de-Calais) , "j* 14. 2. 1926 zu Gran- 
gaerde (Schweden) ; französisch« Komponist. Als 
Sohn eines norwegischen Vaters wurde « in 
Schweden erzogen, studierte 3 Jahre bei Masse- 
net in Paris, dann noch bei Svendsen in Kopen- 
hagen. 1893-98 war « Dirigent und Lehr« in 
Odo und Bergen, ging 1899 als Dirigent nach 
den USA, wo « in Pittsburgh, St. Louis und 
Boston wirkte. Nach dem Ende des 1. Welt- 
kriegs wurde « Dirigent in Stockholm. Als Kom- 
ponist erschien « zuerst 1893 in Oslo mit einem 
Bruchstück seines Orchest«- W erks Genevihve de 
Paris (1906 vollständig auf geführt). Fern« schrieb 
«: die Op« Silvio (eine Art Fortsetzung von 
»Cavalleria Rusticana«, Oslo 1897) ; die sympho- 
nische Dichtung Quo Vadis (Philadelphia 1$09); 
mehrere Symphonien, ein Klavi«konzert, wei- 
tere Orchesterwelke, Lied« und Klavierstücke. 

BQrchgrevinck, Melchior, f 20. 12. 1632 zu 
Kopenhagen; dänisch« Komponist. Sein Vat« 
war d« 1596 verstorbene Kapellmeister Bonaven- 
tura B., der aus Holland stammte und auch an den 
Höfen von Gottorf (um 1580 und 1596), Detmold 
(1593) und Dresden (1593-95) tätig war. Melchior 
B. wurde 1587 Mitglied der Kopenhagen« Hof- 
kapelle, ging 1599 nach Venedig zu Studien bei 
G. Gabrieli, wurde nach sein« Rückkehr 1600 
Hoforganist, 1618 Hofkapellmeister. Er gab her- 
aus: Giardino novo , 2 Büch« 5st. Madrigale (Ko- 
penhagen 1605 und 1606), darin 2 Madrigale von 
ihm selbst; Ni Davids Salmer (1607), nicht «halten. 
Einige Tänze finden sich in Sammclw«ken. 

Ausg.: 3 Paduanen und 2 Galliarden a 5 in: B. 
Engelke, Musik u. Musik« am Gottorf« Hofe I, 
VerÖff. d. Schleswig-Holsteinischen Universitätsges. 
XV, 1, Breslau 1930. 

Lit: A. Hammerich, Musiken ved Christian den 
Fj«des Hof, Kopenhagen 1893, darin ein Madrigal, 
deutsch« Auszug v. C. Elling als Die Musik am 
Hofe Christians’ IV. ... in VfMw IX, 1893. 

Borck, Edmund von, * 22. Z 1906 zu Breslau, 
f (gefallen) 16. 2. 1944 bei Nettuno (Italien) ; deut- 
sch« Komponist, in Breslau Schul« von Pozniak 
(Klavier) und Kirsch (Komposition), studierte 
dann an der Berliner Musikhochschule Dirigi«en, 
neben diesen Studien Musikwissenschaft an den 
Universitäten Breslau und Berlin. Nach Kapell- 
meistertätigkeit am Opernhaus Frankfurt am 
Main kam B. nach B«lin, wo « Lehr« für Theorie 
und Komposition am Städtischen Konservatorium 
wurde. Kompositionen: Op« Napoleon (Gera 
1942); Orchesterwerke: 5 Stücke (1933), Praelu- 
dium und Fuge (1934), Konzert (1936), Thema, Va- 
riationen und Finale (1936), Symphonisdies Vorspiel 
(1940); Konzert für Altsaxophon und Orch. 
(1932), Concertino für FL und Streich« (1936), 
Klavi«konzert (1941); Ländliche Kantate (R. Bil- 
ling«) für Chor und Streich«; Kammermusik 
(darunter Sextett für FL und Streich«, Violin- 
sonate). Allegro ditirambico für KL, 5 Lieder für A. 
und KL 


Borckhart, Ulrich -► Burchard. 

Bordas, Antonio Fernändez ->» Fernändez- 
Bordas, Antonio. 

Bordes (bord), Charles, * 12. 5. 1863 zu La 
Roche-Corbon bei Vouvray (Indre-et-Loire), f8. 
11. 1909 zu Toulon; französisch« Komponist, 
Schüler Cdsar Francks, 1887-89 Kirchen-Kapell- 
meister in Nogent-sur-Mame, ab 1890 Kapell- 
meist« an St. Gervais in Paris, trieb im Auf- 
träge des Unterrichtsministers 1889/90 Studien 
üb« baskische Volkslied« (Archives de la tradition 
basque ). Ab 1892 veranstaltete « Aufführungen 
alt« Kirchenmusik, deren Erfolg ihn mit Guil- 
mant und d’Indy zur Gründung d« »Association 
des Chanteurs de St. Gervais« (1894) und der 
»Schola cantorum« (1898) ermutigte. Auch redi- 
gierte B. die Anthologie des mattres religieux du XV‘ 
au XVII • silcle und die »Tribüne de St. Gervais«. 
Als Komponist trat « mit Orchesterstücken, ein« 
Phantasie üb« ein baskisches Thema für Kl. und 
Orch., ein« Orchesterphantasie mit obligat« 
Trp., Klavierw«ken, Chorkompositionen und 
mit Liedern hervor. 

Lit : O. S£r£, Musiciens fr?, d’aujourd’hui, Paris 
1921, auch in RM V, 1924; F.-P. Alibbrt, Ch. B. ä 
Maguelonne, Paris 1926. 

Bordier (bordj'e:), Jules (B. d’ Angers), * 23. 8. 
1846 zu Angers, f 29. 1. 1896 zu Paris; franzö- 
sisch« Komponist^ gründete 1875 die Konzert- 
gesellschaft »Association artistique d* Angers«, gab 
auch die Zeitung »Angers artiste« heraus, sieddte 
ab«, nachdem che Stadt ihre Subvention zurück- 
gezogen hatte, nach Paris üb« und trat 1894 in die 
V«lagsfirma Baudoux & Cie ein. B. kompo- 
nierte die Opern Nadia (Brüssel), Le fianci de la mer 
(Royan 1895), Chanson nouvelle und Vendie , Musik 
zu A. de Vignys Chatterton , Orchesterstücke, 
W«ke für Kl. und andere Instrumente, Chöre und 
Lied«. 

Bordogni (bord'opi), Giovanni Marco, * 23. 1, 
1789 zu Gazzaniga bei Bergamo, f 31. 7. 1856 zu 
Paris; italienisch« Gesanglehr«, war Schul« von 
Simon Mayr, sang 1813-15 in Mailand, 1819-33 in 
Paris am Thdätre Italien als Tenorist und wirkte 
1820-23 und nach einigen Jahren Unterbrechung 
bis zu seinem Tode als Gesangsprofessor am Pariser 
Conservatoire, wo Henriette Sontag seine Schü- 
lerin war. Er v«öfFentlichte 6 Hefte Vokalisen. 

Bordom, Faustina Hasse, J. A. 

Borek, Christoph, polnisch« Komponist, wirk- 
te um und nach 1550, Mitglied und Kapell- 
meister (?) d« Rorantistenkapelle in Krakau. Von 
seinen Werken sind 2 5 st. Messen handschriftlich 
«halten. 

Borg, Kim, * 7. 8. 1919 zu Helsinki; finnisch« 
Opemsäng« (Baß), lebt in Glostrup (Dänemark). 
Neben dem Studium d« Chemie (DipL-Ing. 1946) 
betrieb « 1937-48 in Helsinki Gesangsstudien, 
1948-49 an d« Sibdius-Akademie auch musik- 
theoretische Studien. 1947 debütierte « als Kon- 
zertsang« in Helsinki, 1951 als Opernsänger in 
Aarhus. Seitdem wirkt « als vielgefragt« Gast vor 
allem in Kopenhagen, München, B«nn und Hel- 
sinki, bei den Festspielen in Edinburgh, Salzburg, 


198 



Bomefdd 


Glyndeboumc und Wien, aber auch in fast allen 
anderen europäischen Staaten, in USA, Kanada 
und Israel. Die Deutsche Grammophon-Gesell- 
schaft legte Schallplatten mit seinen großen Par- 
tien vor (Boris, Mephisto, Philipp, Don Giovanni, 
Sarastro). B. trat auch als Komponist hervor, u. a. 
mit Ostkarelischen Uedem für Bar. und 10 Instr. 
(Helsinki 1953) und mit Stimmungsbildern für 
Mezzo-S., Hom und Harfe (Tel Aviv 1956). 

Borghi, Luigi, italienischer Violinist und Kom- 
ponist des 18. Jh. ; Schüler Pugnanis, ließ sich 1774 
in London nieder, wo er als Komponist und Vir- 
tuose großen Beifall fand 1788 hielt er sich in 
Berlin auf (ein Cellokonzert mit dem Datum 
24. 10. 1788 in der Königlichen Hausbibliothek). 
Für die Violine schrieb er Sonaten, Duette und 
Konzerte, mit anderen Komponisten The eelebrated 
Opera dances as performed at the Kings Theatre 
(4 Bücher, London 1783), Divertimenti und Sym- 
phonien. 

Ausg.: 2 Sonaten, hrsg. v. G. Jensen, in d. Slg Klas- 
sische Violinmusik, London; Sonate op. V, 1, hrsg. v. 
Alard, in: Les Maltres classiques du violon. 

Lit: A. Moser, Gesch. des Violinspiels, Bin 1923. 

Borghi-Mamo, Adelaide (geborene Borghi), 
* 9. 8. 1826 und 1 28. 9. 1901 zu Bologna; italieni- 
sche Opemsängerin (Altistin), bildete sich auf Ver- 
anlassung der Pasta für die Bühne aus, debütierte 
1846 in Urbino, sang mit steigendem Erfolg zuerst 
an verschiedenen italienischen Bühnen, feierte 1853 
in Wien und 1854-56 an der Italienischen Oper in 
Paris Triumphe und wurde 1856 an die Pariser 
Große Oper engagiert. 1860 ging sie zurück an die 
Italienische Oper, zog sich aber nach einigen Gast- 
sjpidtoumeen von der Öffentlichkeit zurück. Pa- 
emi, Mercadante und Lauro Rossi haben Rollen 
für sie geschrieben. - Ihre Tochter, Erminia B., 
trat als Sopranistin 1874 mit großem Erfolg in 
Bologna und in den folgenden Jahren an der 
Pariser Italienischen Oper auf. 

Borgioli (b'o^oli), Dino, * 15. 2. 1891 zu Flo- 
renz; italienischer Opernsänger (Tenor), ging nach 
einem Studium der Jurisprudenz zum Gesang über 
und debütierte 1918 am Teatro dal Venne in Mai- 
land, sang danach an den großen Opernhäusern 
Europas und Amerikas und ist jetzt musikalischer 
Leiter der von ihm 1946 gegründeten New Lon- 
don Opera Company. 

Borgstrem, Hjalmar (Jensen; nahm 1887 den 
Namen seiner Mutter an), * 23. 3. 1864 und + 5. 7. 
1925 zu Oslo; norwegischer Komponist und Mu- 
sikkritiker, Schüler von Svendsen und L. M. Lin- 
deman sowie des Leipziger Konservatoriums, 
lebte nach mehgährigem Aufenthalt in Leipzig 
und Berlin ab 1901 in seiner Vaterstadt als Musik- 
referent (ab 1913 an Aftenposten). Er schrieb: 
2 Opern, 2 Symphonien, symphonische Dich- 
tungen Der Gedanke , Hamlet (für KL und Orch.), 
Jesus in Gethsemane , John Gabriel Borckman, Refor- 
mationskantate (1917), Klavier- und Violinkonzert, 
Streichquartette, Klavierquintett, Violinsonaten, 
Klavierstücke und Lieder. 

Bori, Lucrezia, * 24. 12. 1887 zu Valencia; spa- 
nische Opemsangerin (lyrischer Sopran), deren. 
Stimme auf einer Italienreise 1908 entdeckt wurde. 
Noch im selben Jahr debütierte sie in Rom als 


Micaela in Carmen. In der italienischen Erstauf- 
führung des Rosenkavaliers 1911 an der Scala sang 
sie den Octavian. Am Metropolitan Opera House 
in New York trat sie 1912 als Manon Lescaut neben 
Caruso zum ersten Male auf. Ein Halsleiden zwang 
sie 1915, sich vorübergehend von der Bühne zu- 
rückzuziehen. Sie war aber dann von 1919 bis zu 
ihrem endgültigen Abgang 1936 eine der erfolg- 
reichsten und gefeiertsten Sängerinnen des Metro- 
politan Opera House. 

Borkh, Inge (Ingeborg Welitsch), * zu Mann- 
heim; deutsche Sängerin (Sopran) von Schweizer 
Staatsangehörigkeit, erhielt zunächst am Rein- 
hardt-Seminar des Wiener Burgtheaters eineSchau- 
spielausbildung, studierte danach in Italien und 
Österreich Gesang. Nach Engagements als Schau- 
spielerin in Linz (1937) und Basel (1938) wirkte 
sie ab 1942 als Opemkngerin in Luzern, Bern, 
Basel und Zürich. 1950 begann sie eine glanzvolle 
Tätigkeit auf Gastmiel- und Konzertreisen, die 
sie von Deutschland aus nach Italien, Frankreich, 
Spanien, Portugal, Nord- und Südamerika führ- 
ten. An der Mailänder Scala und der Metropolitan 
Opera (1957) in New York hatte sie dieselben 

f roßen Erfolge wie bei den Bayreuther und Salz- 
urger Festspielen. I.B., die ständiger Gast der 
Wiener Staatsoper, der Städtischen Oper in Berlin 
und der Stuttgarter Staatsoper ist, wird vor allem 
als Interpretin hochdramatischer Rollen geschätzt. 

Boftkovec (b'orjkovec), Pavel, * 10. 6. 1894 zu 
Prag; tschechischer Komponist, setzte seine durch 
Kriegsdienst unterbrochene Ausbildung 1918 als 
Kompositionsschülcr von J. B. Förster, später von 
J. Suk fort und lebte danach ausschließlich seinem 
kompositorischen Schaffen. 1937 wurde er zum 
ordentlichen Mitglied der Tschechischen Akade- 
mie für Kunst und Wissenschaft, 1946 zum Pro- 
fessor für Komposition an der neuerrichteten 
Prager Akademie für musische Künste ernannt. 
Er schrieb eine Oper Satyr (nach Goethes Jugend- 
drama), eine tschechische Bilderoper Palecek und 
ein Rattenfdnger-Bdletx. Ferner: 2 Symphonien, 
eine Sinfonictte, 2 Klavierkonzerte, ein Violin- 
konzert, ein Violoncellokonzert, ein Konzert für 
2 V. und Vc, symphonische Dichtungen sowie 
zahlreiche Klavier- und Kammermusik, Chor- und 
Liederwerke. 

Borkowiczöwna (borkovitj'ovna), Maria, * 1886 
zu Warschau; polnische Komponistin, schrieb 
Werke für KL: Incantazione , Idylle champitre , 
Ghiribizzo, Plaintes des fleurs, Uultimo conto ; für 
V. und KL: Romanza e Intermezzo boemo , Daphnis 
etChlol 

Bornefeld, Helmut, * 14. 12. 1906 zu Stuttgart- 
Untertürkheim; deutscher Komponist, wurde 
nach Klavier- und Kompositionsstudien (1937 mit 
dem A-Diplom für Evangelische Kirchenmusik 
abgeschlossen) Kantor und Organist in Heiden- 
heim (Brenz) ; doziert außerdem an der Kirchen- 
musikschule Eßlingen, 1952 Kirchenmusikdirek- 
tor. Sein kompositorisches Werk ist aus der Praxis 
des Kantors erwachsen: 175 Begleitstücke, Choral- 
partiten für Org., 200 Kantoreisätze, Choral- 
motetten und Choralkantaten. 

Lit: J. Widmann, Das Choralwerk H.B.S, MuK 
XXVII, 1957. 


199 



Bomhardt 


Bernhardt, Johann Heinrich Carl, * 19. 3. 
1774 und f 19. 4. 1840 zu Braunschweig; deutscher 
Komponist von Singspielen, Liedern (Körners 
Leyer und Schwert ) und leichter Klaviermusik, 
schrieb auch eine vielfach aufgelegte Gitarreschule. 

Borod]n, Alexander Porfujewitsch, * 30.10. 
(alten Stils, nach neuem Stil 11. 11.) 1833 und 1 15. 
(27.) 2. 1887 zu St. Petersburg; russischer Kompo- 
nist, natürlicher Sohn des Fürsten Gedeanow, 
schrieb bereits mit 9 Jahren eine Klavierpolka 
Hilbte , 1847 ein Konzert für Fl. und KL in D dur, 
um 1848 eine Flöten- und eine Cellosonate, stu- 
dierte 1850-56 an der Petersburger Medico-chirur- 
gischen Akademie, promovierte 1858 zum Dr. 
med. und unternahm bis 1862 eine Studienreise 
durch Italien, die Schweiz und Deutschla n d, wurde 
Militärarzt und 1864 Professor an der genannten 
Akademie. Daneben hat er stets komponiert: 
Scherzo B moll und Fugen für Kl., eine Phantasie 
über ein russisches Thema für 2 V. und Vc. (1855, 
verschollen), ein Streichsextett D moll (1860) und 
ein Klavierquintett C moll (1862). Entscheidend 
wurde die Bekanntschaft mit Balakirew, unter 
dessen Anleitung er 1863-67 seine L Symphonie 
Es dur schrieb (Aufführung St. Petersburg 1869, 
Druck ebenda 1882). Ein Pasticdo Bogatyri (Mos- 
kau 1867), zu dem er Musik von Rossini, Meyer- 
beer, Offenbach und anderen verarbeitet hatte, 
fand keinen Anklang. Die II. Symphonie H moll 
entstand 1871-76 und wurde 1877 aufgeführt, 1879 
neu instrumentiert (gedruckt St. Petersburg 1888). 
Diese und die unvollendet gebliebene Oper Knjas 
Igor (»Fürst Igor«), an der er seit 1869 arbeitete, 
sind B.s bedeutendste Werke. Das Libretto schrieb 
der Komponist nach einem altrussischen Helden- 
lied, Die Oper wurde von Rimskij-Korsakow 
und Glasunow beendet (Uraufführung St. Peters- 
burg 1890, Druck Leipzig 1889). Die bekannten 
Polowetzer Tanze gehören ursprünglich als Bal- 
lettmusik in diese Oper. Ferner schrieb B.: Eine 
Steppenskizze aus Mittelasien für Orch. (1880) ; 
2 Streichquartette (Adur 1875-79 und Ddur 
1880/81); Serenata alla spagnola als Beitrag zu dem 
mit Rimskij-Korsakow, Glasunow und Ljadow 
geschriebenen B-La-F-Streichquartett (für den 
Verleger Bdjajew, 1886); Scherzo für Streich- 
quartett (in der Sammlung Les Vendredis , Leipzig) ; 
ein nachgelassenes Klaviertrio D dur; Petite Suite 
op. 1 für KL (1878-85); Klavierstücke; eine Ta- 
rantella für KL 4h5ndig; 18 Romanzen. Unvoll- 
endet blieben die m. Symphonie A dur (begonnen 
1886, von Glasunow beendet) sowie der 4. Akt der 
Ballettoper Mlada, die er 1872 zusammen mit 
Rimskij-Korsakow, Mussorgskij und Cui schrei- 
ben wollte. In der Gruppe des »Mächtigen Häuf- 
leins« hält B. den engsten Anschluß an Glinka. Er 
weitet die traditiondien symphonischen Formen 
nur vorsichtig aus und bindet sich in der Instru- 
mentalmusik an kein Programm. 

Lit: Die Briefe A.P. B.s, hrsg. v. S. A. Dianin, 
4 Bde, Moskau u. Leningrad 1927-50. - W. W. 
Stassow, A. P. B., St Petersburg 1889 russisch, frz. 
v. A. Habeis, 2 Bde, Paris 1893; A. Habets, B. et 
Liszt Paris 1895, engl. v. R. Newmarch, London 
1896; N. A. Rimskij-Korsakow, Chronik meines 
musikalischen Lebens, Moskau 1908, 51935 russisch, 
deutsch v. O. v. Riesemann, Stuttgart 1927; K. Nbf, 
Die Sinfonien A. B.s, SMZ LI, 1911 ; E. M. Braudo 

200 


A. P. B., Petrograd 1922, russisch; W. Kahl, Die 
russischen Novatoren und B., Mk XV, 1923; G. E. 
H. Abraham, B., London 1927; ders., Studies in 
Russian Music, London (1935); ders., On Russian 
Music, London (1939); I. Glbbow, Un Op6ra- 
Comique oubli6 de B., RM X, 1929; G. Chubow, 

A. P. B., Moskau 1933, russisch; J. Kremlbw, A. P. 

B. , Leningrad 1934, russisch; T. Popova, B., Moskau 
1937, auch 1953, russisch, - deutsche Ubers, v. R. 
Selle, Lpz. 1955; N. N. Bbrberova, B., Bin 1938; 
D. Brook, Six Great Russian Composers, their 
Lives and Works, London 1946; M. Iljin und E. 
Segal, A. P. B., Moskau 1953, russisch; L. So- 
lo wtsowa, Kamemo - instrumentalnaya xnuzyka 

A. P. B., Moskau 1952, russisch. 

Borgni, Antonio (Buroni), * 1738 und *f 21. 12. 
1792 zu Rom; italienischer Komponist, Schüler 
von Padre Martini und Gir. Abos, 1766 Hof- 
komponist in Dresden, 1770-77 Hofkapellmeister 
in Stuttgart zuletzt Kapellmeister an der Peters- 
kirche und am Collegium Germanicum in Rom. 

B. schrieb seine erste Oper (Demofoonte) für 
Treviso (1771), 10 für Venedig (1762-72), eine für 
Verona (1770), 2 für Prag (1765 und 1767), 6 für 
Stuttgart (1773-78) und die letzte Enea nel Lazio 
für Rom (1778). 

Borpwski, Felix, * 10. 3. 1872 zu Burton 
(England), f 7. 9. 1956 zu Chicago; anglo-amerika- 
nischer Komponist polnischer Herkunft, Schüler 
des Kölner Konservatoriums. 1897 wurde er am 
Musical College in Chicago Lehrer für Komposi- 
tion, Violine und Musikgeschichte (1916-25 
Präsident der Schule). B. war ab 1925 Präsident 
der Chicago Civic Music Association und 1937-42 
Professor für Musikwissenschaft an der North 
Western University in Evanston (Illinois). 1906 
schrieb er Musikkritiken für verschiedene Zeitun- 
gen (Chicago Evening Post Chicago Herald) und 
war ab 1908 Verfasser der Programmhefte für 
das Chicago Symphony Orchestra. Werke: Oper 
Fernando del Nonsensico (1935); 2 Ballettpantomi- 
men (1918 und 1920) und das Ballett A Century of 
the Dance (1934); 3 Symphonien: D moll (1932), 
Emoll (1933), G dur (1937); symphonische 
Dichtungen und andere Orchesterwerke; Klavier- 
konzert (1913); Streichquartette, Orgel- und 
Klavierwerke sowie Lieder. 

BorQwskij, Alexander Kirillowitsch, *18.3. 
1889 zu Mitau; russischer Pianist war 1907-12 
Schüler von A. Jessipowa am Petersburger Kon- 
servatorium, 1915-20 Professor am Moskauer Kon- 
servatorium, ging 1920 über Konstantinopel ins 
Ausland, ließ sich 1922 in Berlin nieder und unter- 
nahm von dort aus große Konzertreisen. B. lebt 
jetzt in den Vereinigten Staaten. 

Borren, Charles van den -* van den Borren, 
Ch. 

Borries, Fritz von, * 2. 12. 1894 zu Einbeck; 
deutscher Komponist, lebt in Berlin-Charlotten- 
burg. In Leipzig und München erhielt er 1911 bis 
1914 seine musikalische Ausbildung u. a. bei 
Reger, studierte 1918-20 bei Schillings. 1920-23 
war er Kapellmeister in Plauen und am Reußischen 
Theater in Gera, wirkte bis 1927 als Konzerfc- 
bcgleiter und Komponist in München und Berlin, 
war 1927-33 Lehrer am Konservatorium Klind- 
worth-Scharwenka, 1936/37 Lehrer an der Musik- 



Borwick 


Hochschule Berlin, 1936-38 Fachschaftsleiter in 
der Rdchsmusikkam m er, ab 1938 Referent im 
Reichspropagandaministerium (1941 Regierungs- 
rat, 1942 Oberregierungsrat), 1946-50 in Sachsen- 
hausen interniert. Seit 1950 wirkt er als frei- 
schaffender Komponist und Musikpädagoge. Er 
schrieb eine Oper ( Magnus Faklander , Düsseldorf 
1937) Bühnenmusiken, ein Violinkonzert, Kam- 
mermusik, Klaviermusik, Lieder und eine Schrift 
Grundlagen der Stimmtecknik (1956). 

Borries, Siegfried, * 10. 3. 1912 zu Münster; 
deutscher Violinist, kam 1929 in die Meisterklasse 
von Bram Eldering an der Kölner Musikhoch- 
schule, erwarb noch während des Studiums 1932 
in Wien einen internationalen Preis, im gleichen 
Jahr auch den deutschen Mendelssohn-Preis. 1933 
berief Furtwängler ihn zum 1. Konzertmeister der 
Berliner Philharmoniker. 1941-45 Sonderkonzert- 
meister der Berliner Staatskapelle unter Karajan, 
wurde nach Kriegsende erneut 1. Konzertmeister 
der Philharmoniker und Leiter ihrer Kammer- 
musikvereinigung. Seit 1936 bereits am Städ- 
tischen Konservatorium wirkend, übernahm er 
nach 1945 die Meisterkurse für Violine an dem 
neugegründeten »Internationalen Musikinstitut 
Benin« und erhielt 1949 eine Violin-Professur an 
der Hochschule für Musik. B. tritt als Solist in 
Deutschland und im Ausland auf. 

Borris, Siegfried, * 4. 6. 1906 zu Berlin; 
deutscher Komponist, studierte zunächst National- 
ökonomie, wechselte 1927 zum Kompositions- 
studium bei Hindemith über und 1929 zu dem der 
Musikwissenschaft bei A. Schering, unter dem er 
1933 mit einer Arbeit über Kimbergers Leben und 
Werk und seine Bedeutung im Berliner Musikkreis um 
1750 (Kassel 1933) promovierte. 1929-33 Dozent 
am Seminar der Berliner Hochschule, seit 1933 als 
Privatmusiklehrcr tätig, wurde er 1945 mit der Lei- 
tung des Lehrerseminars an der Berliner Musik- 
hochschule betraut, unter gleichzeitiger Ernennung 
zum Professor und Senator. Der Schwerpunkt 
seines kompositorischen Schaffens liegt auf dem 
Gebiet der Jugendoper und der Spielmusiken 
aller Art. Er wandelte das Liederspiel auch zum 
Hörspiel ab. An Orchesterwerken liegen 5 Sym- 
phonien, mehrere Suiten und Divertimenti, ein 
Cembalo- und ein Flötenkonzert vor, außerdem 
Orgelmusik, Kantaten und eine Friedensmesse. B. 
schrieb u. a. eine Praktische Harmonielehre (Berlin 
101950), Beiträge zu einer neuen Musikkunde 
(2 Bände, 1947/48) und eine Einführung in die 
moderne Musik (Halle 1950). 

Bortk)?witsch, Sergej Eduardowitsch * 16. (28.) 
2. 1877 zu Charkow, f 25. 10. 1952 zu Wien; 
russischer Komponist, studierte 1896-99 in 
St. Petersburg Jura und am Konservatorium bei 
Ljadow Musik, 1900-02 noch bei Reisenauer, 
Jadassohn und Piutti am Leipziger Konservatorium, 
lebte 1904-14 in Berlin, wo er kurze Zeit am 
Klindworthr5charwenka-Konservatorium als Kla- 
vierlehrer tätig war, dann in Rußland, 1920-22 in 
Konstantinopel, von da an in Wien. B. ist ein ein- 
fallsreicher Melodiker der klassisch-romantischen 
Richtung. Von seinen Werken sind zu nennen: 
Klaviersonate Hdur op. 9, I. Klavierkonzert 
B dur op. 16, symphonische Dichtung Othello 


op. 19, Cellokonzert in einem Satz op. 20, Violin- 
konzert D dur op. 22, Verlaine-Lieder op. 23, 3 
Stücke für Vc. und KL op. 25, Violinsonate G moll 
op. 26, IL Klavierkonzert Es dur op. 28, DL Kla- 
vierkonzert Per aspera ad astra op. 32, Cellosonate 
op. 26, Ballettsuite 1001 Nacht op. 37, Oper 
Akrobaten op. 50, österreichische Suite op. 51, 
I. Symphonie op. 5? II. Symphonie op. 55, 
Jugoslawische Suite op. 58 und viele Klavierstücke. 

BortnjfmskiJ, Dmitrij Stepano witsch, *1751 zu 
Gluchow (Gouv. Tschemigow), f 7. 10. 1825 zu 
St. Petersburg; russischer Komponist, wurde 1759 
Chorknabe in St Petersburg, erhielt Komposi- 
tionsunterricht bei Galuppi, setzte 1769, unter- 
stützt von Katharina IL, seine Studien bei demsel- 
ben Meister in Venedig fort und hielt sich danach 
noch in Bologna, Rom und Neapd studienhalber 
auf. In Venedig brachte er 1776 eine Oper Creonte 
und 1778 in Modena eine zwdte Quinto Fabio zur 
Aufführung, die beide verloren sind. Eine dritte, 
erhaltene Oper, Alcide (1778), wurde offenbar 
nicht aufgefuhrt 1779 kehrte er nach St. Peters- 
burg zurück, wo 1786-87 4 französische komische 
Opern von ihm aufgeführt wurden: Don Carlos, 
La fite du seigneur ; Le faucon und Le fils rival ; 
die beiden letztgenannten sind erhalten, ferner eine 
Symphonie, Kammermusik und Klaviersonaten. 
1796 wurde B. zum Direktor der Hofsänger- 
kapelle ernannt mit der Verfügung, daß nur von 
ihm gebilligte Werke beim Gottesdienst auf- 
geführt werden durften. B. versuchte in zahl- 
reichen Kompositionen die traditionellen russi- 
schen Weisen dem Palestrina-Stil seiner Zeit an- 
zupassen. Seine Vertonung von Gerhard Ter- 
steegens Ich bete an die Macht der Liebe ist vor allem 
in Deutschland beliebt gewesen. 

Ausg.: GA, hrsg. v. P. L Tschaikowsky, 10 Bde, 
Moskau 1882. - 2 Sätze zu 4 St. in Musica Sacra V, 
hrsg. v. A. Neithardt, Bin u. Posen; 3 4st. Chöre in: 
Musica sacra, Slg kirchlicher Musik . . . aufgeführt 
vom Königlichen Domchor in Bin, Bin o. J.: Nr 
XIII: Ige cheruvim (als Sanctus testiert); Nr XIV: 
Dostoyno est (als Adoramus); Nr XXXVII: Ehre sei 
Gott (Gloria). 

Lit.: R.-A. Mooser, Annales de la musique et des 
musiciens en Russie au XVIII® s., 3 Bde, Genf 
(1948-51); A S. Rabinowitsch, Die rass. Oper vor 
Glinka, Moskau 1948, russ.; B. Dobrochotow, 
D. S. B., Moskau 1950, russ. 

Bortz, Alfred, * 12. 9. 1882 zu Berlin; deutscher 
Komponist, Schüler des Veitschen Konservato- 
riums, dann der Hochschule für Musik in Berlin, 
lebt als Komponist, Lehrer für Komposition und 
Klavier, auch Konzertbegleiter in Berlin. Schrieb: 
Oper Wildfeuer (Cottbus 1925), 3 Tanzszenen für 
Orch., Smfonietta pastorale op. 15, Rondo für 
Strrichorch. Die blaue Fontäne (Frankfurt a. M. 
1952), zahlreiche Klavierwerke 2- und 4handig, 
Stücke für V. und KL, Ballade für Vc. und Orch. 
op. 29, Festliche Musik Der Hände Werk für Chor, 
Soli und Orch. (1937), Vom deutschen Handwerk 
(1937), 3 Marienlegendea op. 40, zahlreiche Lieder 
und Gesänge. 

Borwick (b'suwik), Leonard, *26.2. 1868 zu 
Walthamstow (Essex), 1 15. 9. 1925 zu Le Mans 
auf einer Reise in Frankreich; englischer Pianist, 
1884-89 Schüler von Clara Schumann in Frank- 


201 


Bory 


furt am Main, machte sich ab 1890 in England 
und auf zahlreichen Konzertreisen in Europa, 
Amerika und Australien als bedeutender Pianist 
bekannt (Brahmsspieler). Wiederholt trat er mit 
dem Joachim-Quartett auf. 

Bory» Robert, * 1. 4. 1891 zu Genf; Schweizer 
Jurist, seit 1934 in Nyon am Genfer See tätig, war 
Kompositionsschüler von Jaques-Dalcroze und 
Doret am Genfer Conservatoire, dessen Vorstand 
er seit 1925 angdiört, seit 1940 als Präsident Seine 
Veröffentlichungen beruhen zum großen Teil auf 
den Bestanden seiner besonders an Liszt-Erinnerun- 
gen reichen Sammlung: Une retraite romantique en 
Suisse , Liszt et la Comtesse d'Agoult (Genf und Lau- 
sanne 1923, ^1930, deutsch Dresden 1934) ; Liszt et 
ses enfants (Paris 1936); La vie de Er. Liszt par 
Vimage (Paris-Genf-Darmstadt 1936); R. Wagner , 
sein Leben und sein Werk in Bildern (Frauenfeld und 
Leipzig 1938) ; La Vxe et V Oeuvre de W.-A. Mozart 
par Vimage (Genf 1948). 

Bos, Coenraad Valentyn, * 7. 12. 1875 zu Lei- 
den, f 5.8.1955 zu Chappaqua (New York); 
holländischer Pianist, Schüler von Julius Röntgen 
am Amsterdamer Konservatorium; 1898-1910 
Pianist des von ihm mit J. M. van Veen und 
J. van Lier gegründeten Holländischen Trios, vor 
allem aber berühmter Klavierbegleiter, ständiger 
Konzertbegleiter u. a. von Eugen Gura (ein Jahr), 
R. von Zur Mühlen (4 Jahre), Ludwig Wüllner 
(12), Julia Culp (6), Frieda Hempel (6), 1925-31 der 
amerikanischen Altistin Myra Mortimer. Ab 1953 
war er Lehrer am Konservatorium in Cincinnati. 

Bosch (bos), Pieter Joseph van den, * um 1736 
zu Hoboken, f 19. 2. 1803 zu Antwerpen; hollän- 
discher Organist und Komponist, 1764 Organist 
an der Kathedrale von Antwerpen, 1772 an Sainte- 
Gudule in Brüssel, gab eine Reihe Sonatenwerke 
für KL mit begleitender V. und Vc., 4 Concerts 
pour Ie clavedn et Vorgue (mit Orch.) sowie 6 Senates 
dans legoüt de sympnonies pour pianoforte . . . heraus. 

Bosehetd (bosk/etti), Viktor, * 23. 8. 1871 zu 
Frankfurt am Main, + 10. 4. 1933 zu Wien; deut- 
scher Komponist, bekleidete Organistenposten an 
der Domhukanerkirche 1886, St. Kail 1888 (1897 
Kapellmeister) und 1896-1921 als 1. Organist am 
Stephansdom in Wien, war 1900-4)3 und ab 1914 
Korrepetitor an der Hofoper. Angesehener Kir- 
chenkomponist (Messen, Te Deum, Oratorium), 
schrieb auch 5 Opern und Kammw-trp fl cifc t 

Boschot (bosk'o:), Adolphe, *4. 5. 1871 zuFon- 
tenay-sousr-Bois bei Paris (im Geburtshaus d’Alay- 
racs), f 1. 6. 1955 zu Paris; französischer Dichter 
und Musiker, mit de Wyzewa Gründer der Pariser 
»Sodltd Mozart«, Mitarbeiter vieler großer Zeit- 
schriften, ab 1910 Musikkritiker des »Echo de 
Paris«, der »Revue Bleue« ab 1919; wurde 1926 
Membre de l’Institut, 1937 als Nachfolger von 
Widor ständiger Sekretär der Acad&nie des Beaux 
Arts. B.s Hauptwerk ist Histoire (Tun romantique 
(Hector Berlioz), von der Pariser Akademie preis- 
gekrönt (3 Bände, Paris 1906, 1908, 1913, revidierte 
Auflage: Paris 1946-50; deutsch von F. Bondi, Zü- 
rich 1933). Von seinen anderen auf Musik bezüg- 
lichen Publikationen sind zu nennen: Le Faust de 
Berlioz (Paris 1910; revidierte Auflage 1927 und 

202 


1946), Carnet d'art (Paris 1910), Chez les Musiciens (3 
Bände: Paris 1922, 1924, 1926), Le mysthe musical 
(Paris 1929), La musique et la vie (Paris 1931), 
Mozart (Paris 1936), Musiciens-pohtes (Paris 1937), 
La lumiere de Mozart (Paris 1938), Portraits des 
Musiciens (3 Bände, Paris 1946-50), Souvenirs d y un 
autre sibcle (Paris 1947). Er übersetzte die Texte 
mehrerer Mozart-Opern ins Französische. 

Bose» Fritz von, * 16. 10. 1865 zu Königstein an 
der Elbe, 1 10. 5. 1945 zu Leipzig; deutscher Kom- 
ponist und Pianist, besuchte 1883-87 das Leipziger 
Konservatorium, trat 1888 in Leipzig erstmals als 
Konzertspieler auf, 1890 auch im Gewandhauskon- 
zert, wurde 1893 Lehrer des Klavierspiek am Kon- 
servatorium in Karlsruhe und ging 1898 an das 
Leipziger Konservatorium. B. war besonders als 
Kammermusikspieler geschätzt. Er schrieb zahl- 
reiche Klavierwerke (Etüden, Sonatinen, Varia- 
tionen, Suiten, Konzertstücke), Stücke für Vc. und 
KL, symphonische Phantasie für KL und Orch., 
Festliches Präludium für Orch., Suite im alten Stil 
für Streichorch., in früherer Zeit auch Chormusik. 

Bose» Fritz, * 26. 7. 1906 zu Stettm-Messenthin; 
deutscher Musikforscher, studierte 1925-32 Musik- 
wissenschaft an der Universität Berlin, promovierte 
1934 und leitete anschließend bis 1945 die von ihm 
eingerichtete Musikabteilung des Instituts für Laut- 
forschung an der Universität Berlin. 1955 über- 
nahm B. in Berlin die Leitung des Instituts für Mu- 
sikforschung. Veröffentlichungen: Die Musik der 
außereuropäischen Völker (Atlantisbuch der M usik 
1934), Die Musik der Uitoto (Berlin 1934 und Zeit- 
schrift für vergleichende Musikwissenschaft H, 
1934), Lieder der Völker ; die Musikplatten des In- 
stituts für Lautforschung (Berlin 1935), Klangstile ab 
Rassenmerkmale (Habilitationsschrift 1939, Zeit- 
schrift für Rassenkunde XIV, 1 und 2, 1943/44), 
Die Tonqualitäten (Zeitschrift für Phonetik und all- 
gemeine Sprachwissenschaft VE, 1953), Instrumen- 
talstile in primitiver Musik (Kgr.-Ber. Bamberg 
1953, Kassel und Basel 1954), Musikalbehe Völker- 
kunde (Freiburg i. Br. 1953), Anna Amalie von 
Preußen undjoh. Philipp Kimberger (Mf X, 1957), 
Südamerikanbche Musikforschung (AMI XXIX, 
1957). 

Boskovsky, Willi, * 16. 6. 1909 zu Wien; öster- 
reichischer Violinist, studierte an der Wiener 
Akademie für Musik und darstellende Kunst, an 
der er 1935 eine Violinklasse übernahm. Seit 1939 
ist B. Konzertmeister der Wiener Philharmoniker. 
Neben solistischcm Konzertieren gilt sein beson- 
deres Interesse der Kammermusik. B. ist ak Pri- 
marius des von ihm 1948 gegründeten Wiener Ok- 
tetts international bekannt geworden. 

Bosquet (bosk'e), Emile, * 8. 12. 1878 zu Brüs- 
sel; belgischer Pianist, Schüler des Brüsseler Kon- 
servatoriums und von Busoni, erhielt 1900 in 
Wien den Rubinsteinpreis, wurde 1905 Lehrer am 
Antwerpener und 1919 am Brüsseler Konservato- 
rium. Er schrieb verschiedene pädagogische Werke. 

Bosse» Gustav, * 6. 2 . 1884 zu Vienenburg am 
Harz, "1“ 27 • 8- 1943 zu Regensburg; deutscher Mu- 
sikverleger, Sohn des Leipziger Musikverlegers 
Fritz B., Schüler von H. Riemann, A. Seidl und C. 
Eitz, gründete 1912 in Regensburg einen Buchver- 



Bossi 


lag, dessen Produktion als Deutsche Musikbücherei 
erscheint. Sie enthalt vornehmlich Bücher populä- 
rer Art, doch auch einige wertvolle Quellenpubli- 
kationen, so Briefe von Lortzing, Nicolai, Schütz, 
Bruckner, Dittersdorfs Autobiographie sowie A. 
B. Marx* Anleitung zum Spiel der Beethovenschen 
Klavierwerke , Göllerichs Bruckner-Biographie, F. 
Kloses Bruckner-Erinnerungen. Mit der Ausgabe 
der Briefe von J. S. Bach durch H. und E. H. Mül- 
ler von Asow, 1940, setzt die Zählung wieder bei 1 
ein. Daneben erschien eine Schriftensammlung Von 
deutscher Musik, Neue Musikbücher (vorwiegend 
polemische Schriften), Musikalische Romane und 
Novellen ; 1929 übernahm der Verlag die »Zeit- 
schrift für Musik«, die 1955 an den Verlag B. 
Schott’s Söhne überging. Ein »Almanach der Deut- 
schen Musikbücherei« erschien 1921-27. 

Lit: E. Valentin in: Musik im Kriegei, 1943/44. 

Bosselet (bod's), Charles-Fran$ois-Marie, 
* 27. 7. 1812 zu Lyon, f 2. 4. 1873 zu St. Josse ten 
Node bei Brüssel; französischer Kap ellm eister, stu- 
dierte bei Fdtis am Konservatorium in Brüssel, 
1835 2. Kapellmeister am Königlichen Opem- 
theater, 1840 Harmonieprofessor am Konservato- 
rium, Komponist vieler Männerquartette, einiger 
im Thdätre de la Monnaie aufgerührten Ballette, 
besonders aber zahlreicher Kirchenkompositionen 
(nicht gedruckt). 

Lit.: L. Ph. M. de Burbure de Wesenbeek, Notice 
sur C. F. M. B., Brüssel 1S76. 

Bossi, - 1) Marco Enrico, * 25. 4. 1861 zu Salb 
am Gardasee, t 20. 2. 1925 auf der Überfahrt von 
New York nach Le Havre; italienischer Kompo- 
nist und Organist, entstammte einer alten Orga- 
nistenfamilie. Er studierte 1871-73 am Liceo filar- 
monico in Bologna, dann bis 1881 am Mailänder 
Konservatorium, wo P. Fumagalli (Orgel), Boni- 
forti und Ponchielli (Komposition) seine Lehrer 
waren. Eine erste Konzertreise führte ihn 1879 
nach London. Nach seiner Tätigkeit als Domorga- 
nist in Como (1881-90), wo er viele kirchliche Ge- 
brauchsmusik schrieb, und nach dem Erfolg seiner 
Oper 21 Veggente (op. 69; Mailand 1890, umgear- 
beitet als uViandante Mannheim 1906) war B. bis 
1895 Theorie- und Orgdlehrer am Konservato- 
rium von Neapel. Als international gefeierter Kon- 
zertorganist wirkte er bahnbrechend für die Ein- 
führung einer poetischen (im Schuman rischen 
Sinne) Orgelvirtuosität und des zu jener Zeit mo- 
dernen Orgelbaus in Italien, nicht zuletzt durch den 
mit G. Tebaldini verfaßten Metodo teorico pratico 
per lo Studio delVorgano modemo (Mailand, in Liefe- 
rungen ab 1893, in 2 Bänden 1897 und öfter, dar- 
aus als Einzeldrucke 5 Hefte Übungsstücke 1911 
und Storia delVorgano 1919). 1895-1902 leitete B. 
das Liceo Benedetto Marcello in Venedig, 1902 bis 
1912 das Liceo musicale in Bologna und - nach 
einigen Jahren freien Schaffens in Como - 1916 bis 
1923 das Liceo musicale di Santa Cedlia in Rom. 
Der Schwerpunkt seines kompositorischen Werkes 
liegt in dm phantasievollen Chorwerken, der Or- 
gel- und Kammermusik: Orgelsuite Res Severa 
Magnum Gaudium op. 54 (1886); Orgelsonaten 
op. 60 (1890) und op. 71 (1894 ) ; Etüde Symphonique 
für Org. op. 78 (1895; von R. Bossi für Orch. be- 
arbeitet); I. Violinsonate op. 82 (1893; von R. 
Bossi 1940 als Violinkonzert bearbeitet) ; Requiem 


für 4st. Chor und Org. op. 83 (1907) ; Chorkantate 
(mit KL und Harmonium) Mossa d’Avemo auf 
einen Text Papst Leos XDL op. 87 (die Begleitung 
von R. Bossi 1941 für Orch. bearbatet} ; Requiem 
für 4st. Mannerchor, Streichorch., Harfe und Har- 
monium op. 90; 45t. Motette Tota pulchra op. 96 
(1897) ; Orgelkonzert A moll op. 100 (1900) ; Kla- 
viertrio Dmoll op. 107 (1896); Chorwerk 22 
Cieco (G. Pascoli) op. 112 (1905); n. Violinsonate 
C dur op. 117 (1899); Chorwerk Canticum Canti - 
corum op. 120 (1900) ; Trio sinfonico für KL, V. und 
Vc. op. 123 (1901); Chorwerk 22 Paradiso perduto 
(nach Müton) op. 125 (1902); Orchestersuite op. 
126 (1904) ; Intermezzi goldoniani für Streichorch. 
op. 127 (1905); Pikee Hkroiaue für Org. op. 128 
(1907) ; Konzertstück C mofl für Org. und Orch. 
op. 130 (1908; auch für Org. allein); Oratorium 
Giovanna d'Arco op. 135 (1914) ; Cantata a Siena für 
Bar., Frauenchor, Kammerorch. und Org. op. 141 
(1923) ; Fantasia sinfonica für Org. u. Orch. op. 147 
(1924) ; ferner viele melodiöse Charakterstücke für 
Org. und für KL (auch zu 4 Händen) sowie Lieder. 
- 2) Costante Adolfo, * 25. 12. 1876 zu Mor- 
begno, f 4. 1. 1953 zu Mailand, Bruder von En- 
rico B.; italienischer Organist, studierte am Mai- 
länder Konservatorium und wurde Domorganist 
in Mailand; außerdem lehrte er 1914-41 am Kon- 
servatorium Kontrapunkt, 1924-29 an der Scuola 
Pontifida di Musica Sacra Komposition und Orgel. 
Werke: Trittico eucaristico für Org. (1895), Prelu- 
dio sinfonico für Orch. (1902); Chorwerk Ester 
(1904), Danza dellafate für KL (1906), Streichquar- 
tett C moll (1907), Oper Enoch Arden (nach A. 
Tennyson; 1910), Tema con variazioni für Org. 
(1911), Minuetto e gavotta für Streichorch. (1911), 
Contemplazione für V. und Org. (1912), Requiem, 
8st. (1920), Notte di Natale für 4st. Chor, Org. und 
Glocken (1925), komische Oper 22 marito decorativo 
(193g» Messa solenne für 4st Chor und Org. 
(1937) ; ferner Messen und kleinere Kirchenwerke, 
Orgel- und Klavierstücke. - 3) Rinaldo Renzo, 

* 9. 4. 1883 zu Como, Sohn von Enrico B.; italie- 
nischer Komponist, studierte, nach dem Besuch des 
Liceo musicale Benedetto Marcello in Venedig, 
1902-04 am Leipziger Konservatorium Dirigieren 
bei Nikisch, Orgel bei Homeyer und Klavier bei 
J. Pembaur (jr.), war dann Theaterkapellmeister in 
Altenburg und Lübeck. Ähnlich dem jungen R. 
Strauss knüpft er in seinen großen Werken dieser 
Zeit an Brahms an (mit starker Neigung zu poly- 
phoner Arbeit) : Symphonie A moll op. 11 (1905), 
Violinkonzert C dur (auch als Cellokonzert) op. 15 
(1905). Nach Italien zurückgekehrt, war B. 1913 
bis 1916 Orgel- und Kompositionslehrer am Con- 
servatorio Arrico Boito in Parma, dann bis 1954 
Kompositionslehrer am Conservatorio Giuseppe 
Verdi in Mailand, wo Abbado, Bcttindli, P. Ciau- 
setti, Espinosa, R. Malipiero, G. Ma ri nuzzi (ir.), 
Mortari, Nussio und Pintacuda zu seinen Schülern 
gehörten. Die Oper Passa la ronda op. 20 (1913) 
zeigt zum ersten Male eine neue Technik impro- 
visatorisch aufgelockerter musikalischer Entwick- 
lung mit freier Verwendung von Leitmotiven so- 
wie folkloristischer, impressionistischer und hi- 
storischer StilmitteL Watere Hauptwerke: Con- 
trasto sinfonico Bianco e nero op. 21 (1913; auch für 
Vc. und Orch.; in einer Episode des 2. Satzes be- 
gegnen bereits »variable -> Metren«), Parabola spi - 


203 



Bosslcr 


rituale für Kl. op. 24 (1912; daraus für Orch. bearb. : 
Treftammenti sinfonict), Oper NelVanno mille op. 25 
(1916; Text von G. Pascoli u. L. Orsini), Streich- 
quartett in A op. 28 (1921), Pittocchio für Orch. op. 
29 (1922; auch tür 2 KL), Opern Volpino il calderaio 
op. 32 (1923) und I commedianti alla corte di Francia 
op. 37 (1930), 3 Tondichtungen Le sagre dTtdlia op. 
39-41 (1933-36), Ballette Chiomazzurra op. 45 
(1937) und U trillo del diavclo op. 51 (1948); Vibra- 
zioni für KL op. 49 (1942; auch für Orch.), Funk- 
oper H principe felice op. 52 (1950; nach O. Wilde) ; 
Bearbeitungen älterer Musik, vor allem die 7 
Sammlungen Ricreazioni für Streichorch. (VI mit 
Stücken von Enrico B., VII mit Stücken von Adol- 
fo B.). Ferner trat B. als Dirigent, Pianist, Verfasser 
von Aufsätzen und Musikberichten (1923-31 für 
1/ Ambrosiano in Mailand) hervor. 

Lit.: zu M. E.B.: Fr. Gernsheim, Das »Canticum 
Canticorum« v. M. E. B., Lpz. 1900; L. Torchi, 
Studio critico sul »Canticum Canticorum« . . ., 
RMI VII, 1900; W. Weber, »Das verlorene Para- 
dies« . . ., Lpz. 1902; G. Bas, Note ed appunti in- 
tomo al poemetto »II cieco«..., Bologna 1907; 
G. M. Gatti, Guida storico-musicale sul mistero 
»Giovanna d’Arco« . . Turin 1914; Sondernum- 
mer in: L’Arte pianistica XII, 1925; A, Ferloni, 
»Giovanna d’Arco« ...» La Prora II, 1925; M. E. B., 
hrsg. v. L. Orsini, Mailand 1926; L. Orsini, »S. 
Caterina da Siena«, RMI XXXIV, 1927 ; G. C. Pari- 
beni, L. Orsini u. E. Bontempelli, M. E. B., Mai- 
land 1934; F. Mompeluo, M. E.B., Mailand 1952 
(mit Werkverz. v. M. E. B., C. A. B. u. R. B.). - zu 

R. B.: A. Ferloni, Monografia di R. B., Mailand 
1939; E. Musa, Bianco e nero, Bergamo 1944; T. 
D’Amico, Come si ascolta l'opera, Mailand 1948; 

S. Pintacuda, R.B., Mailand 1955 (mit Werk- 
verz.). 

Bossler, Heinrich Philipp, f 9- 12. 1812 zu 
Leipzig-Gohlis; deutscher Musikdrucker, eröff- 
nete 1781 einen Verlag in Speyer und gab heraus: 
J. Fr. Christmanns Elementarbuch der Tonkunst (2 
Bände, 1782-89); Blumenlese und Neue Blumenlese 
flir Klavierliebhaber (1782-87), eine Wochenschrift 
mit Gesangs- und Klavierstücken, in der 1783 und 
1784 je ein Klavier-Rondo und ein Lied Beetho- 
vens erschienen (WoO 48, 49, 107, 108) ; Musikali- 
sche Real-Zeitung (1788-90), als Beilage dazu: 
Musikalische Anthologie (bis 1799 weitereeführt); 
Archiv der auserlesensten Musikalien (1788); Biblio- 
thek der Grazien, eine musikalische Monatsschrift für 
Gesang und Klavier (1789-91). Diese Sammlungen 
sind vor allem als frühe Drucke süddeutscher Kom- 
ponisten wichtig. Von Beethoven verlegte B. auch 
die sogenannten Kurfürsten-S onaten (WoO 47; 
1783). 1792 verlegte er den Sitz des Verlages nach 
Daxmstadt, wo ab etwa 1785 eine Filiale unter der 
Firma Krämer &B. bestanden hatte; 1799 über- 
siedelte er nach Gohlis bei Leipzig (heute einge- 
meindet), wo die Firma über seinen Tod hinaus 
bis 1828 bestand. 

Lit.: Th. Frimmel, Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926; 
O. E. Deutsch, Music Publishers’ Numbers, The 
Journal of Documentation I-H, 1945/46— 1 946/47, 
separat London 1946. 

Bosworth Sc Co. Ltd. (b'ozwoe:0), englischer 
Verlag, gegründet 1889 in Leipzig auf Wunsch von 
Sir Arthur Sullivan zur Publikation und Verbrei- 
tung seiner Werke auf dem Kontinent. Die Firma 
hat sich rasch entwickelt; sie verlegte Karl Zellers 

204 


Operetten Der Vogelhändler und Der Obersteiger, 
Sevöfks Violinschule und klavierpädagogische 
Werke von Beringer und Matthay. 

Bote Sc Bock, Musikverlag und Musikalienhand- 
lung in Berlin, gegründet 1838 durch Eduard 
Bote und Gustav Bock, welche die Musikalien- 
handlung von Fröhlich und Westphal kauften. E. 
Bote schied 1847 aus; seitdem war G. Bock (*1.4. 
1813, f 27. 4. 1863) alleiniger Leiter; der Verlag 
setzte sich zunächst für Werke Berliner Kompo- 
nisten ein, darunter O. Nicolais Die lustigen Weiber 
von Windsor, erwarb 1859 das deutsche Auffüh- 
rungsrecht für Gounods Faust und veranstaltete als 
einer der ersten billige Klassikerausgaben. Die 
Nachfolge Gustav Bocks übernahm sein Bruder 
Eduard B. (t 31. 3. 1871), nach dessen Tode 
Gustav Bocks Sohn Hugo B. (* 25. 7. 1848 und 
1 12. 3. 1932 zu Berlin). Der Verlag erwarb unter 
seiner Leitung Opern und Operetten von Mever- 
beer, Flotow, Brüh, Kienzl, Johann Strauß, d* Al- 
bert, Offenbach, Instrumentalwerke von Liszt, 
Tschaikowsky, Anton Rubinstein, Richard Strauss. 
1903 beteiligte sich Hugo B. an der Gründung der 
Genossenschaft zur Verwertung musikalischer 
Aufführungsrechte (GEMA). 1908 erwarb er den 
Verlag Lauterbach &Kuhn, Leipzig, mit vielen 
Werken Regers ab op. 66. 1911 trat Dr.jur. 
Gustav B. (* 17. 7. 1882, t 6. 7. 1953, Sohn von 
Hugo B.) als Teilhaber ein, der 1932-38 und wie- 
der ab 1947 Senior-Chef war, 1913 dessen Bruder 
Anton B. (t 28. 1. 1945). Kurt Radecke (* 7. 7. 
1901, Enkel von Hugo Bock) leitete die Firma von 
1938-47, der er seit dem Tod von G. B. wieder vor- 
steht. 1953 trat Dieter Langheld (ein Enkel von 
Hugo Bock) als Alleinprokurist in die Firma ein. 
Außer den älteren Kompositionen verlegt sie auch 
Werke von Boris Blacher, Gottfried v. Einem, 
Heimo Erbse, Giselher Klebe und anderen zeitge- 
nössischen Komponisten. 

Lit : O. E. Deutsch, Music Publishers’ Numbers, The 
Journal of Documentation I— II, 1945/46-1946/47, 
separat London 1946. 

B^tstiber, Hugo, * 21. 4. 1875 zu Wien, f 15. 1. 
1941 zu Shrewsbury (England); österreichischer 
Musikforscher, promovierte in Wien zum Dr.jur. 
et phil., erhielt seine musikalische Ausbildung am 
Konservatorium von R. Fuchs, später privatim 
durch Zemlinsky und an der Universität durch 
Rietsch und G. Adler. 1896 wurde er Amanuensis 
der Bibliothek der Gesellschaft der Musikfreunde, 
1900 Sekretär des neugegründeten Wiener Kon- 
zertvereins, 1905 Sekretär der Gesellschaft der 
Musikfreunde und Kanzleidirektor des Konser- 
vatoriums und war 1913-37 Generalsekretär der 
Konzerthausgesellschaft. 1938 mußte er auswan- 
dem und ging nach England. Er redigierte 1904-11 
das Musikbuch aus Österreich und schrieb Johann 
Pachelbel (Dissertation), eine Geschichte der Ouver- 
türe (Leipzig 1913, Band IX der Kleinen Hand- 
bücher der Musikgeschichte, herausgegeben von 
H. Kreteschmar), Beethoven im Alltag (Wien 1927) 
und mit Franz Artaria JT. Haydn und das Verlagshaus 
Artaria (Wien 1909). »Unter Benutzung der von 
C. F. Pohl hinterlassenen Materialien« schrieb er 
den 3. Band zu dessen Joseph Haydn (Leipzig 1927). 
In H. Kretzschmars Führer durch den Konzertsaal 
bearbeitete er den Band Symphonie und Suite, II, 



Von Berlioz bis zur Gegenwart für die 7. Auflage 
(Leipzig 1932) neu. In den DTÖ gab er heraus: 
Band VÜI, 2: J. Pachelbel , 94 Compositionen für 
Org. und KL, mit M. Seiffert; Band XIII, 2: Wie- 
ner Klavier- und Orgelwerke aus der 2, Hälfte des i 7. 
ßi.y und Band XXXVm, 2: 3 Walzer von Josef 
Strauß . 

Bott, Jean Joseph, * 9. 3. 1826 zu Kassel, f 28. 4. 
1895 zu New York; deutscher Violinist, Schüler 
von M. Hauptmann und Louis Spohr, 1841 Sti- 
pendiat der Mozartstiftung, 1846 Sologeiger der 
kurfürstlichen Kapelle in Kassel, 1848 Konzert- 
meister, 1852 neben Spohr 2. Kapellmeister, 1857 
Hofkapellmeister in Meiningen, 1865-78 in glei- 
cher Eigenschaft in Hannover. Danach lebte er als 
Musiklehrer in Magdeburg, zog 1884 nach Ham- 
burg und ging 1885 nach New York. B. war ein 
vortrefflicher Geiger und wurde von Spohr hoch 
geschätzt; er veröffentlichte Violinkonzerte, Solo- 
stücke für V. und KL, Lieder, eine Symphonie und 
2 Opern. 

Bott^zzo, Luigi, * 9. 7. 1845 zu Presina (Padua), 
1 29. 12. 1924 zu Padua; italienischer Organist, im 
Blindeninstitut von Padua zum Musiker ausgebildet 
und 1864 dort als Musiklehrer angestelit. 1872 
wurde er Organist an San Antonio und 1896 da- 
neben Orgellehrer an der städtischen Musikschule. 
Er schrieb viele kirchliche Vokalwerke und Orgel- 
stücke, auch eine Orgelschule (mit Oreste Ra- 
vanello). 

Bottde de Toulmon(bot'e:cbtu:lm'5), Auguste, 
* 15. 5. 1797 und f 22* 3. 1850 zu Paris; französi- 
scher Musikforscher, war Jurist, nahm jedoch nie- 
mals ein Amt an. 1831 erbot er sich zum Biblio- 
thekar des Conservatoire ohne Besoldung und 
wurde angestellt. Ab 1848 war er geistig gestört. 
Er schrieb u. a.: Hart musical depuis Vbre chritierme 
jusqu’ä nos jours (Paris 1836), Notice biographique 
sur les travaux de Guido d’Arezzo (Mdmoires de la 
Soddtd des Antiquaires de France 1837), Observa- 
tions sur les moyens de restaurer la musique religieuse . . . 
(Paris 1841), Notice des manuscrits autographes de . . . 
Cherubim (Paris 1843). 

Lit: A. J. H. Vincent, Notice sur la vie et les tra- 
vaux de B. d. T., Paris 1851. 

Bottesini, Giovanni, * 24. 12. 1821 zu Crema 
(Lombardei), f 7. 7. 1889 zu Parma; italienischer 
Kontrabassist und Kapellmeister, wurde 1837 
Schüler des Mailänder Konservatoriums (F. Basili 
und Vaccai), konzertierte 1840-46 als Kontrabaß- 
virtuose in Italien, ging dann als Kapellmeister 
nach Habana, wo seine erste Oper Cristoforo Co- 
lombo 1847 gegeben wurde. 1855-57 war er Kapell- 
meister am Pariser Thdätre Italien; dort führte er 
1856 seine Oper Uassedio di Firenze auf, setzte sein 
Wanderleben wieder fort, war 1861 Kapellmeister 
des Teatro BeUini in Palermo, 1863 in Barcelona, 
mündete dann in Florenz die Sodetä dd quartetto 
nir die Pflege deutscher klassischer Musik, war 
1871 Opemairektor am Lyceum Theatre in Lon- 
don und dirigierte im gleichen Jahre die Urauf- 
führung der Aida in Kairo. Nach Italien zurück- 

f ekehrt, leitete er zuletzt das Konservatorium in 
arxna und brachte in Turin die Opern Ero e Le- 
andro (1879) und La regina del Nepal (1880) zur 
Aufführung. 


Boughton 

Lit.: C. Lisei, G. B., Mailand 1886; A. Carniti, In 
memoria di G. B., Crema 1922. 

Bottrig^ri, Hercole (Ercole), getauft 24. 8. 1531 
zu Bologna, f 30. 9. 1612 auf seinem Landsitz San 
Alberto bei Bologna; italienischer Musikschrift- 
steller, erhielt humanistischen Unterricht bei Bar- 
tolommeo Spontone. In jungen Jahren kompo- 
nierte er einige Madrigale. 1575-86 lebte er am 
Hof Alfonsos II. d’Este in Ferrara, dann wieder in 
Bologna, wo er den Lehrstuhl »ad lecturam mu- 
sicae« einnahm. Seine Schriften zur Musik sind: 
22 Patrido (Bologna 1593); 21 Desiderio . . . Dialogo 
di Alemanno Benelli (Venedig 1594; behandelt 
Probleme der Stimmung; 2. Auflage unter Bottri- 
garis Namen Bologna 1599; unter A. Melones 
Namen herausgegeben von P. Artusi Mailand 
1601) ; 22 Melone (Ferrara 1602; behandelt die Frage, 
ob die zeitgenössische Praxis das diatonische Genus 
verwendet). Handschriftlich sind in Bologna 2 
weitere Traktate und viele Übersetzungen antiker 
Autoren erhalten. 

Ausg.: II Desiderio, Faks. mit Einleitung v. K. 
Meyer, Veröff. d. MusikbibL P. Hirsch V, Bin 1924. 
Lit: E. Bottrigari, Notizie biogr. intomo agü studi 
ed alla vita del Cav. E. B., Bologna 1842; G. Gaspari, 
Dei musicisti bolognesi del XVI s., Atti e Memorie 
della R. Deputazione di Storia Patria per le provinde 
di Romagna, serie 2a, VoL n, 1876; G. Manzoni, 
Della Sconostiuta tipografia ... del Cav. . . . Bottri- 
gari, Atti e Memorie . . . (wie bei Gaspari), serie 3a, 
VoL I, 1883; R. Giazotto, »II Patrido« di H. B. 
dimostrato praticamente da im anonimo Cinque- 
centista, CHM 1, 1953. 

Boucher (buf'e), Alexandre Jean, *11. 4. 1778 
zu Paris, f nach einem vielbewegten Leben zu 
Paris 29. 12. 1861; französischer Violinvirtuose, 
1787-1805 Soloviolinist Karls IV. von Spanien, 
unternahm nach 1820 ausgedehnte Konzertreisen. 
B. hat 2 Violinkonzerte herausgegeben. 

Lit: G. Vallat, Etudes d’histoire . . . (Untertitel: 
B. et son temps), Paris 1890, ausführiiche Inhalts- 
angabe in deutscher Sprache in Vf Mw VI, 1890, 
278-291 ; M. Pincherle, A. B., RM XI, 1930. 

Boucheron (bujr / 3), Raimondo, * 15. 3. 1800 
zu Turin, f 28- 2. 1876 zu Mailand; italienischer 
Kapellmeister, war als Theoretiker in der Haupt- 
sache Autodidakt, zuerst städtischer Kapellmeister 
in Voghera, wurde 1828 Kapellmeister der Haupt- 
kirche in Vigevano und 1847 Domkapellmeister 
in Mailand. Er schrieb Kirchenmusik und eine 
Filosofia della musica (Mailand 1842). 

Bouchor (buf'arr), Maurice, * 10. 12. 1885 zu 
Tours, 1 17. 1. 1929 zu Paris; französischer Kom- 
ponist und Musikschriftsteller, ab 1921 in Paris, wo 
er Professor am Ly c6e Louis-le-Grand war ; Musik- 
kritiker der Tageszeitung »L’Avenir«; ab Oktober 
1 927 Herausgeber der Monatsschrift »Revue d’Alle- 

S e«. Kompositionen: Streichquartett; Klavier- 
: (En Savoie 9 Danses et Prnres); Lieder auf 
eigene Texte; eine 2aktige Oper La duchesse de 
Padoue nach Wilde (Paris 1931). Schriften: Afbiric 
Magnard (1919); Poemes (1909); Les Chants de la 
Terre et de VEau (1921) ; Paysages (1923) ; zahlreiche 
Aufsätze in der RM. 

Boughton (b'autan), Rutland, * 23. 1. 1878 zu 
Aylesbury; englischer Komponist, war 189^-98 in 
einer Konzertagentur tätig, wurde 1900 für ein 


205 



Boulanger 


Jahr Schüler von Stanford und H. W. Davis am 
Royal College o£ Music in London, war 1902-04 
im Orchester des Haymarket Theatre. 1901 wurde 
seine symphonische Dichtung The Chiltems in Lon- 
don aufgeführt, 1902 Imperial EUßy für Orch. 
zum Gedächtnis der Königin Victoria, im gleichen 
Jahre in Birmingham die symphonische Dichtung 
A Summer Night 1904-11 war er Lehrer am Mid- 
land Institute in Birmingham und zugleich Diri- 
gent der New Choral Society. 1909 wurde sein 
Chorwerk Midnight aufgeführt. 1907 schrieb er 
eine Studie über Johann Sebastian Bach (London), 
eine zweite London 1930. In einer Broschüre The 
Music-Drama of the Future (London 1911) setzte er 
sich zusammen mit dem Schriftsteller Reginald 
Buddey für ein »englisches Bayreuth« ein. In 
Glastonbury sollten Festspiele eingerichtet werden 
mit Musikdramen aus dem Sagenlareis um König 
Artus, der dort begraben sein solL 1914-16 und 
1919-24 fanden in einem Saal solche Aufführungen 
mit Klavierbegleitung statt. Gespielt wurden: 1914 
B.’s The Immortal Hour, 1915 sein Chor-Musik- 
drama The Birth of Arthur , 1916 The Round Table 
und das Chordrama Bethlehem , ferner Purcells Dido 
and Aneas, Glucks Iphigenie in Tauris und Szenen 
aus Wagners Werken, 1922 B.s Alkestis, 1924 The 
Queen of Cornwall. Später schrieb er noch die Opern 
The Uly Maid (Stroud 1934), Galahad und Avalon 
(1944 und 1946, nicht aufgeführt). Auch in seinen 
Chor- und Orchesterwerken bleibt B. dem spät- 
romantischen Stil verhaftet; neueren Strömungen 
steht er ablehnend gegenüber. 


Boulanger (bulä 3 'e), - 1) Nadia Juliette, * 16. 9. 
1887 zu Paris; französische Musikpädagogin, Kom- 

lamilie - ein Großvater und der Vater waren 
Lehrer am Pariser Conservatoirc - und verdankt 


ihre gründliche musikalische Ausbildung zunächst 
ihrer Mutter, dann am Conservatoire G. Faurd 
(Komposition), Guilmam und Vieme (Orgel). Ne- 
ben mehreren ersten Preisen erhielt sie 1908 den 


2. Rompreis für ihre Kantate La Sirbte. 1909-24 
war sie Assistentin in der Harmonieklasse des 


Pariser Conservatoire, an dem sie seit 1946 eine 
Klasse für Kkvierbe&^tung betreut Nadia B. 
lehrte 1920-39 an derncole Normale de Musi<jue, 
1921-50 am Conservatoire Amdricain in Fontaine- 
bleau und übernahm 1950 dessen Leitung. Da- 
neben trat sie in Europa, Kanada und den Vereinig- 
ten Staaten als Dirigentin und mit Vorträgen auf, 
entfaltete auch privat eine weitreichende pädago- 
gische Tätigkeit und zählt zahlreiche namhafte 
Komponisten der Gegenwart zu ihren Schülern. 
Als Musikkritikerin schrieb sie für den Monde 
musical, die Revue musicale und den Spectateur. 
Von ihren Kompositionen sind gedruckt: die 
Oper La Vtlle morte (mit R. Pugno; G. d’Annun- 
zios »Cittä morte«, 1911), Stücke für Vc. und Lie- 
der. - 2) Lili Juliette, * 21. 8. 1893 zu Paris, 1 15. 
3. 1918 zu Mdzy (Seine-et-Oise) ; Komponisten, 
Schwester der vorigen, 1909-13 Schülerin von 
Paul Vidal (Komposition), 1913 Rompreisträgerin 
mit der Kantate Faust et Hilfoie, schrieb dann in 
Rom und Paris weitere Werke für Soli, Chor und 
Orch., 2 symphonische Dichtungen (D’un soir 
triste , D 9 un matin de printemps), ein Pie Jesu für Ge- 
sang, Streichquartett, Harfe und Org., 13 Lieder 


auf Dichtungen von Francis Jammes: Clairihes 
dans le ciel, eine unvollendete Oper La Princesse 
Madeleine (Maeterlinck), Violin- und Flöten- 
stücke. 

Lit.: C. Mauclair, La vie et l’ceuvre de L. B., RM 
1921; P. Landormy, L. B., MQ XVI, 1930; ders., 
La musique franqaise aprfcs Debussy, (Paris) 1943; 
H. E. Reeser, L.B., in: De Muziek VII, 1933; R. 
Dumesnil, Portraits de musiciens fr$., Paris 1938. 

Boulez (bul'e:s), Pierre, * 25. 3. 1925 zu Mont- 
brison (Loire); französischer Komponist, lebt in 
Paris. Bis 1945 betrieb er Klavier-, Kapellmeister- 
und Kompositionsstudien (Messiaen) am Pariser 
Conservatoire, 1945/46 noch Kontrapunkt bei 
Andrde Vaurabourg-Honegger und Zwölfton- 
studien bei Leibowitz. 1948 als Kapellmeister und 
Hauskomponist an das Thdätre Marigny berufen, 
war er seitdem mit der Truppe Barrault-Renaud 
vielfach auf Auslandsreisen (USA, Kanada, Au- 
stralien). Die von ihm eingeführten Konzertveran- 
staltungen der Theater-Compagnie machten Paris 
u. a. mit Schönberg und Webern bekannt. Als 
konsequentester Avantgardist seiner Generation 
setzte er sich auch mit »Musique concrfcte« und 
elektronischer Musik auseinander. In Deutsch- 
land wurde er über die Studios der Rundfunk- 
anstalten und über Darmstadt und Donaueschin- 
gen bekannt. Die seriell-punktuelle Kompositions- 
technik des späten Webern erscheint in seinem 
Schaffen zu einem spezifisch französischen »ab- 
strakten Impressionismus« abgewandelt. Seine 
Hauptwerke sind bisher 3 Klaviersonaten, Struc- 
tures für 2 Kl., Polyphonie X für 18 Lnstr., 12st. 
a-cappella-Sequenzen, der 9teilige Zyklus Le 
marteau sans maitre auf Texte von Rend Char für 
A., FL, Va, Gitarre, Vibraphon, Xylophon und 
Schlagzeug sowie eine Ssätzige Kantate für Chor 
und Orch. auf surrealistische Texte aus Purem et 
Mysthe von Rend Char (Köln 1957). B. trat auch 
als Schriftsteller in der internationalen Fachpresse 
hervor. 

Boulnois (bu:nu'a), Joseph, * 28. 1. 1884 zu 
Vemeuil (Oise), gefallen 20. 10. 1918 als Soldat zu 
Chalaines an der Maas; französischer Komponist, 
Schüler des Pariser Conservatoire. Der größte TeÜ 
seiner Werke blieb Manuskript: ein 4aktige$ ly- 
risches Drama UAnneau d’Isis, eine unvollendete 
Symphonie fimkbre , eine Suite für kleines Orch. En 
Bretagne , Marine und Sarabande für Orch.; eine 
Suite für Vc. und Orch.; Kammermusik; Werke 
für Kl., für Org., für V., für Vc. und gegen 20 
Lieder. 

Boult ^bault), (Sir) Adrian Cedric, * 8. 4. 1889 

minster Schooffdann v^^Christ Chiuch in Ox- 
ford und 1912/13 des Leipziger Konservatoriums 
(Krehl, Sitt), 1914 an Covent Garden, ab 1918 
Dirigent verschiedener englischer Symphoniekon- 
zerte, ab 1919 Lehrer für Dirigieren am Royal 
College of Music in London, ab 1924 Leiter des 
Birmingham Festival Orchestra, ab 1925 des Bir- 
mingham City Orchestra, 1930-42 Musikdirektor 
der British Broadcasting Corporation, deren Sym- 
phonieorchester er 1930-50 leitete, 1937 geadelt. 
jB. ist seit 1950 Chefdirigent des London Phil- 
harmonie Orchestra. Neben mehreren Beiträgen 


206 



Bourgignon 


für Musikzeitschriften schrieb er: A Handbook on 
the Technique of Conducting (London 1921, 21949 
mitW , Emery) und The Saint-Matthew Passion , 
its Preparation and Performance (mit W. Emerv, 
London 1949). 

Bour, Ernest, * 20. 4. 1913 zu Thionville (Die- 
denhofen); französischer Dirigent, erhielt seine 
musikalische Grundausbildung im Elternhaus (sein 
Vater war Organist, Gründcar und Leiter von Iieb- 
haberorchestem und -chören), studierte 1930-33 
an der Universität Straßburg klassische Sprachen, 
am Konservatorium Klavier, Orgel, Theorie bei 
M. J. Erb, Dirigieren bei Fritz Münch, famulierte 
1933/34 auf Dirigentenkursen bei H. Scherchen, 
organisierte 1934-36, zusammen mit dem Kompo- 
nisten F. Adam, in Straßburg Kammerkonzerte 
für zeitgenössische Musik. Vorübergehend war B. 
Kapellmeister bei Radio Genf, 1935-39 bei Radio 
Straßburg;, gleichzeitig auch Leiter verschiedener 
Chorvereinigungen, 1940-41 Klavierlehrer am 
Straßburger Konservatorium, 1941-47 Leiter des 
Städtischen Orchesters, seit 1945 auch des Konser- 
vatoriums in Mülhausen (Elsaß). Seither gastiert er 
regelmäßig bei Radio Paris, bei den Festivals Aix- 
en-Provence und Straßburg, auch in Belgien, der 
Schweiz, Italien, Spanien und Deutschland. 1950 
wurde er Leiter des Städtischen Orchesters, 1955 
auch (neben F. Adam) Mitdirektor der Städtischen 
Bühnen in Straßburg. In verdienstvoller Weise 
tritt er als subtiler Gestalter lebhaft für weniger 
bekannte und für zeitgenössische Musik ein (fran- 
zösische Erstaufführungen u. a. von Hindemiths 
Mathis der Maler, Bartoks Herzog Blaubarts Schloß, 
Strawinskys The Rake 9 s Progress ). 

Bourdelot (burcbl'o), Pierre (eigentlich Pierre 
Michon; B. nannte er sich nach seinem Oheim und 
Erzieher), * 2. 2. 1610 und t 9. 2. 1685 zu Paris; 
französischer Arzt und Musikforscher, 1642 König- 
licher Leibarzt, sammelte Material zu einer Ge- 
schichte der Musik und begann deren Ausarbeitung 
mit seinem Neffen Pierre Bonnet (1638-1708; er 
nannte sich nach seinem Oheim Bonnet-B.). Des- 
sen Bruder Jacques (1644-1724) beendete das Werk 
und gab es heraus unter dem Titel Histoire de la 
musique et de ses effets. Den Haag und Fra n kfurt 
a. M. 1715; 21726 mit einer Comparaison de la 
musique italienne et de la musique frangaise von Le- 
cerf de la Vi6ville als 2.-4. Teil (m dieser Kombi- 
nation 1743 neu aufgelegt, erst hier unter B.s 
Namen). 

Lit: D. Vischer, Der mg. Traktat des P.B., - 
Berner Veröff. zur Musikforschung XIV, Bern 1947; 
R. Sietz, P. B. in Stockholm, Mf X, 1957. 

Bourgault-Ducoudray (burg'o :-dükudr' s), 

Louis- Albert, * 2. 2. 1840 zu Nantes, f 4. 7. 
1910 zu Vemouület (Seine-et-Oise) ; französischer 
Komponist, Schüler von Ambroise Thomas am 
Pariser Conservatoire, erhielt 1862 den Rompreis 
(Kantate Louise de Mizibres), nachdem schon 1858 
in Nantes seine komische Oper Uatelier de Prague 
aufgeführt worden war. 1866 schrieb er für Nantes 
eine Chorkantate Frangois d’Amboise, ging 1868 
wieder nach Paris, 1874 nach Griechenland und 
dem Orient, sammdte griechische Volkslieder und 
schrieb seine £tudes sur la musique eccUsiastique 
grecque (1877). Nach Paris zurückgekehrt, wurde 


B. 1878 Professor der Musikgeschichte am Con- 
servatoire. Zahlreiche Kompositionen erschienen 
im Druck, darunter ein Stabat mater, La conjuration 
des fleurs (Soli, Frauenchor und Kl oder Orch.), 
das Oratorium Jeanne la Patrie, die Kantate Jeanne 
Hachette, die große Oper Thamara (Paris 1891, 
3aktig, Text von L. Gallet), die Orchesterstücke 
Le Camaval d'Athknes (ursprünglich Danses grecques 
für Kl. zu 4 Händen), Rhapsodie Camboagienne , 
2 Suiten für Blasinstrumente, Symphonie reli- 
gieuse (für 5 Singst, a cappella), zahlreiche Chor- 
gesänge ohne und mit Begleitung, Klavierstücke, 
viele Gesänge mit KL (30 Milodies populaires de 
Grlce ei de V Orient, 30 Milodies populaires de Bassel- 
Bretagne), Stücke für V. und für Vc. und KL, Les 
bergers a la Crhche für Englischhorn und KL Im 
Nachlaß fanden sich die Opern Michel Colomb 

ben; 1912 inNrnt^aufgefü^t) und viele Vokal- 
und Instrumentalwerke. Für die Sammlung Les 
Musiciens cillbres steuerte B. eine Biographie Schu- 
berts bei (Paris 1908). 

Lit.: M. Emmanuel, Eloge funfcbre de L. A. B.-D., 
1911 (mit Werkverz.). 

Bourgeois (bur^'a), Louis-Thomas, * 24. 10. 
1676 zu Fontaine l’Evfcque, f im Januar 1750 zu 
Paris; französischer Komponist, 1703-05 Dom- 
kapellmeister in Straßburg, war in derselben Stel- 
lung auch in Toul tätig, 1708-11 Altsänger an der 
Pariser Oper, zeitweilig auch Musikintendant des 
Duc de Bourbon und Musiklehrer. Komponist 
mehrerer Ballettopera ( Les amours d&guisis 1713, 
Les plaisirs de la paix 1715, bei Ballard gedruckt), 
schrieb auch 5 Bücher Cantatesfiangoises (ab 1709), 
Psalm 111 Beatus vir, qui timet Dominum, mit 

S ies Aubert das Divertissement Diane (am Kö- 
chen Hof 1721 aufgeführt). 

Lit: C. Lyon, Th. L. J. B., Charleroi 1882 (Auszug 
aus Education populaire); E. Schmitz, Gesch. d. 
weltlichen Solokantate, =* Kleine Hdb. d. Mg., hrsg. 
v. H. Kretzschmar, V, 1, Lpz. 1914, 21955. 

Bourgeois (burju'a), Loys, * um 1510 zu Paris; 
einer der ersten Musiker, welche die französischen 
Psalmen (in Cldment Marots Übersetzung) zu 
mehreren S timm en bearbeiteten, auch Komponist 
einiger ihrer Mdodien. Er lebte 1541-52 in Genf 
und dann wahrscheinlich in Paris. Zu Lyon er- 
schienen 1547 (2) und 1554 von B. 3 Sammlungen 
Psalmen, bearbatet zu 4 St, 1561 eine weitere 
Sammlung zu 4-6 St in Paris. Einzelne seiner 
Chansons finden sich in Sammelwerken von 1538 
und 1559.Er schrieb LeDroictChemin de Musique . .. 
(Genf 1550). 

Ausg.: Le Droict Chemin de Musique, Genf 1550, 
hrsg. v. P.-A. Gaillard, =■ Documenta musico- 
logica, Reihe I, Druckschriften-Faks., 6, Kassel u. 
Basel 1954 ; ein Psalm bei : Davison-Apel Anth. 1, 1 32. 
Lit: O. Douen, Cldment Marot et le psautier hugue- 
not 2 Bde, Paris 1878-79; P.-A. Gaillard, Loys 
Bourgeoys, Lausanne 1948. 

Bourgignon (burgiji'3), Francis de, * 29. 5. 1890 
zu Brüssel; oelgischer Komponist, wurde als 
lOjähriger in das Brüsseler Konservatorium auf- 
genommen und erhielt als 18jähriger einen 1. Kla- 
vierpreis und blieb als Repetitor-Assistent bei der 
Meisterklasse seines Lehrers Arthur de Greef. Im 
1. Weltkrieg unternahm er nach Verwundung 


207 



Bouridlo 


und Rückstellung von weiterem Kriegsdienst Kon- 
zertreisen nach Australien (mit der Sopra ni s ti n 
Ndlie Mdba), später mehrfach Weltreisen als 
Pianist. 1925 wurde er in Brüssel seßhaft und 
wandte sich unter dem Einfluß von Gilson und der 
Gruppe der »Synth6tistes« entschiedener der Kom- 
position zu. Zunächst mehrere Jahre Leiter der 
Musikschule von Andedecht, wirkt er seit längerem 
als Kontrapunktlehrer am Brüsseler Konserva- 
torium. B. ist als Theoretiker auch Mitarbeiter der 
»Revue Musicale Beige« und des »Musical Cou- 
rier« (New York). An Orchesterwerken schuf er 
eine Reihe Tanzsuiten, eine Symphonie ett 4 parties 
(1924), auch 4 Klavierkonzerte, ein Violinkonzert 
(1947), Suite für Va und Orch. (194p), Ridtatif et 
Ronde für Trp. und Orch. (1951). Eine Kammer- 
oper Le Mauvais Pari (1937), ein Hörspiel Congo 
(1936) und ein Ballett La Mort (TOrphie (1928) 
bilden seinen Beitrag zur szenischen Musik. Unter 
der Kammermusik von B. befinden sich vornehm- 
lich virtuose Stücke für Ein zelinstrumente, kom- 
poniert anläßlich der internationalen Brüsseler 
Musikwettbewerbe. 

Bouriello, Francois, * 1866 in Algier, t kn 
August 1929 zu Paris; blinder französischer Kom- 
ponist, Kenner und Sammler spanischer und al- 
gerischer Volksweisen, wurde Organist der großen 
Orgel in der Kathedrale zu Algier. Er schrieb : die 
Opern Catherine de Sienne , Le Lys dans la ValUe 
(nach Balzac), Liberation; Kantate Le Cantique des 
Cantiques für S. und T. mit Org., Harfe, Ob. und 
FL ; Klavierstücke und mehrere Liedersam mlungen. 

Bousquet (busk'e), Georges, * 12. 3. 1818 zu 
Perpignan, f 15. 6. 1854 zu St. Cloud; französi- 
scher Komponist, Schüler des Conservatoire in 
Paris, erhielt 1838 den Rompreis, war zdtweüig 
Kapellmeister an der Italienischen Oper, einige 
Zeit Mitglied der Studienkommission des Conser- 
vatoire und als Kritiker geachtet (für den Com- 
merce, die Illustration und Gazette musicale de 
Paris). B. schrieb die Opern: L*h6tesse de Lyon 
(1844), Le Mousquetaire (1844), Tabarin (1852). 

Bousset (bus's:), - 1) Jean-Baptiste, * 1662 zu 
Dijon, f 3. 10. 1725 zu Paris; französischer Kom- 
ponist, lebte als Kapellmeister und Gesanglehrer in 
Paris, schrieb einige »Motets«, vor allem aber 34 
Bücher Airs sSrieux et ä boire, l-3st mit B.c. 
- 2) Rend-Drouard, * 15. 12. 1703 und f 19. 5. 
1760 zu Paris; französischer Organist, Sohn von 
Jeaj>Baptiste B., zuletzt an Notre-Dame in Paris 
tätig, verfaßte Kantaten sowie ebenfalls Airs 
sirieux et ä boire . 

Ausg. : J.-B. B., 5 Airs, hrsg. v. Ch. Bordes, Paris 1907. 

Bouvard (buv'arr), Francis, * 1683 oder 1684 
wahrscheinlich zu Lyon, f 2. 3. 1760 zu Paris; 
französischer Komponist, war in jungen Jahren 
Sopranist an der Pariser Oper und konnte dort 
schon 1702 seine Oper Midus aufführen, der 1706 
Cassandre folgte. Auf einer mehljährigen Reise 
nach Italien wurde er zum Comte de Saint-Jean- 
de-Latran ernannt 1723 veröffentlichte er ein Buch 
Violinsonaten im italienischen StiL Ferner schrieb 
B. Kirchenmusik, Kantaten und Airs sdrieux. 

Lit: L. de La Laurenob, L’dcole frangaise de violon 
Lu.ni, Paris 1922-24. 


Bouvet (buv'e), Charles Rend Cldment, * 3. 1. 
1858 und t 19. 7. 1935 zu Paris; französischer 
Musikforscher, erst Archivar der Oper als Nach- 
folger von H. Quittard, ab 1924 Administratcur 
der Bibliothek, der Archive und des Museums der 
Oper, 1920-27 auch Secrdtaire gdndral der Soddtd 
frangaise de Musicologie. Er gründete und leitete 
1903-11 die »Fondation J. S. Bach«, einen beson- 
ders der Aufführung alter Musik gewidmeten Ver- 
ein, der um die Wiederbelebung alter Musik in 
Paris die größten Verdienste hat. Er schrieb für 
verschiedene Zeitschriften wie Monde Musical, 
Courrier Musical, Bulletin de la Soddtd frangaise 
de Musicologie. Veröffentlichungen: Une legon de 
G. Tartini et une femme violiniste au XVIII* sihcle 
(Paris 1915); Une Dynastie de musiciens frangais: Les 
Couperin (Paris 1919) und Nouveaux aocuments sur 
les Couperin (Paris 1933); Comilie Falcon (Paris 
1927); Massenet (Les musidens cddbres 42, Paris 
1929) ; Spontini (Maftres de la Musique andenne et 
moderne 5, Paris 1930) ; Musiciens oubtiSs ; Musique 
retrouvie. Documents des XVI*, XVII* et XVIII* 
sihles (Paris 1932); Sammlung älterer Musik, ver- 
öffentlicht unter dem Titel Collection Ch . B.; 4 In- 
ventionen für V. und KL aus La Pace von Fr. An- 
tonio Bonporti, die lange als Werke Bachs galten; 
Pikes de viole de Fr. Couperin. 

Bouzignac (buziji'ak), Guillaume ; französischer 
Komponist des 17. Jh., stammte aus dem Langue- 
doc, war Chorknabe in Narbonne und ist 1609 als 
Maitre de musique des enfants an der Kathedrale 
von Grenoble nachweisbar. Zeitweise hielt er sich 
in Angouldme auf, wahrscheinlich auch in Rodez, 
Carcassonne und Tours. Die beiden Handschriften 
Tours Ms. 168 und Paris Bibi. Nat. R 6s. Vma. ms. 
571 enthalten 8 Motetten und 2 Chansons unter 
B.s Namen, doch sind vidlddht die etwa 70 in 
diesen Handschriften anonym enthaltenen Stücke, 
darunter je eine 2st. (mit Orgd), 5st. und 7st. 
Messe, B. oder einer von ihm repräsentierten süd- 
französischen Schule zuzuschreiben. 

Ausg.: 5 gesicherte sowie 23 fragliche Stücke, hrsg. 
v. D. Launay, B. Loth, P. Nicolas u. F. Raugel, in 
d. Slg: Collection d’CEuvres Frangaises du Temps de 
Richelieu, hrsg. v. B. Loth, Paris seit 1947. 

Lit: H. Quittard, Un musiden oublid . , .: G. B., 
SIMG VI, 1904/05, darin 6 Stücke B.s; ders., Un 
musiden frg. inconnu, G. B., Revue musicale III, 
1906; L. Royer, Les musidens ... ä Fancienne 
Colldgiale St-Andrd de Grenoble, Paris 1939; B. 
Loth, Le Regina coeli du ms. 168 de Tours, La 
musique sacrde 1948. 

Bovery, Jules (eigentlich: Antoine Nicolas Joseph 
Bovy), * 21. 10. 1808 zu Lüttich, f 17. 7. 1868 zu 
Paris; belgischer Komponist, war Kapellmeister in 
Gent, später an Pariser Operettentheatern (Folies 
nouvelles, Folies St Gennain) und hat 12 komische 
Opern und Operetten, auch Ouvertüren ge- 
schrieben. 

Bovicelli (bovitj'dli), Giovanni Battista, ge- 
bürtig aus Assisi; italienischer Kapellsänger am 
Dom von Mailand, spätestens 1584 Franziskaner- 
mönch, gab in Venedig 1594 heraus Regole, 
passaggi di musica . . ., enthaltend Madrigale und 
Motetten mit den damals üblichen Figurationen 
der Mdodie. 

Lit: H. Goldschmidt, Die itaL Gesangsmethode d. 
17. Jh. u. ihre Bedeutung f. d. Gegenwart, Breslau 


208 



Boyddl 


1890; ders., Verzierungen, Veränderungen u. Pas- 
sagien im 16. u. 17. Jh. . . ., MfM XXIII, 1891; R. 
Casimiri, G. B. B. e il Cardinale Sirleto, Note d'Ar- 
chivio XVI, 1939. 

Bovy (bov'i:), Vina, * 22. 5. 1900 zu Gent; bel- 
gische Opemsangerin (Sopran), studierte am Kon- 
servatorium ihrer Vaterstadt, an deren Theater sie 
1917 in Humperdincks Hänsel und Gretel debü- 
tierte. Nach Engagements in Brüssel (1920-23), 
Italien, Buenos Aires (1927), Madrid, Monte Carlo, 
Paris (Opdra Comique) und New York (Metro- 
politan Opera, 1936-39) übernahm sie 1947 die 
Leitung der Königlichen Oper in Gent. 

Bovy-Lysberg, Charles Samuel, * 1. 3. 1821 
und j* 14. 2. 1873 zu Genf; Schweizer Pianist und 
Komponist, erhielt seine Ausbildung in Genf und 
1835 bei Chopin in Paris. Er wirkte als Pianist und 
Pädagoge in Genf und schrieb eine Oper La fille 
du carillonneur (Genf 1854), eine Reihe von Chören 
und zahlreiche Werke für Kl. 

Lit.: P. Long, Ch. S. B.-L., SJbMw m, 1928. 

Bowden (b'aucbn), Pamela, * 17. 4. 1925 zu 
Rochdale (Lancashire) ; englische Altistin, lebt in 
London. Sie studierte 1941-44 und 1947-48 am 
Royal Manchester College of Music und arbeitete 
seit 1950 mit Roy Henderson. 1954 beim Inter- 
na tionalenW ettbewerb in Genf mit dem 1 .Preis aus- 
gezeichnet, tritt sie seitdem an den ersten Konzert- 
und Oratorienplätzen in England, der Schweiz, 
Frankreich, Deutschland und Skandinavien auf. 
In- und ausländische Rundfunkanstalten, Schall- 
platten und Television (BBC) machten die seit 
Kathleen Fenier bedeutendste englische Altistin 
auch als Interpretin alter und zeitgenössischer Lied- 
musik rasch bekannt. 

Bowen (b'auon), York, *22. 2. 1884 zu London; 
englischer Komponist und Pianist, gewann mit 
14 Jahren ein 3jähriges Stipendium an der Royal 
Academy of Music, an der er 1905 Klavierlehrer 
wurde. Werke: 2 Symphonien und andere Or- 
chesterwerke, 3 Klavierkonzerte, Violinkonzert, 
Bratschenkonzert, Kammermusik, zahlreiche Kla- 
vierwerke und Lieder; ferner ein Lehrbuch Ped- 
alling the Modem Pianoforte (London 1936). 

Bowles (b'o :1z), Paul, *30.12.1910zuNewYork; 
amerikanischer Komponist, lebt in Tanger. B. 
war Schüler der School of Design and Liberal Arts 
sowie der Universität Virginia und betrieb seine 
kompositorischen Studien bei A. Copland und V. 
Thomson. 1941 wurde ihm die Guggenheim 
Foundation Fellowship zuerkannt. B. schrieb 1942 
bis 1945 Kritiken für »New York Herald Tribüne« 
und arbeitet heute führend bei der Aufnahme 
marokkanischer Musik auf Schallplatten (Rocke- 
feller Foundation-Library of Congress, Washing- 
ton). Er entfaltete ein reiches kompositorisches 
Schaffen, das u. a. die Opern The Wind Remains 
und Yerma, die Ballette Yankee Clipper , Pastorela 
und Colloque Sentimentale , ein Konzert für 2 KL, 
Bläser und Schlagzeug, Kammermusik, Klavier- 
musik, Film- und Bühnenmusik umfaßt. 

Bowman (b'aumaen), Lionel Charles, * 11. 6. 
1919 zu Kapstadt (Südafrika); südafrikanischer 
Pianist, studierte 1927-37 am College of Music in 
Kapstadt, 1937-40 an der Royal Academy of Mu- 


sic in London. 1941-43 war B. Lehrer am College 
of Music in Kapstadt und bereiste seitdem als 
Solist Afrika, Amerika, Europa und IsraeL Seit 
1946 lebt er in England. 

Boxberg, Christian Ludwig, * 24. 4. 1670 zu 
Sondershausen, f 1729; deutscher Komponist, er- 
hielt seine Ausbildung in Leipzig (Thomasschule 
und Universität) und wurde 1692 Organist in 
Großenhain, 1702 an Peter und Paul in Görlitz 
(1704 gab er eine Beschreibung der dortigen Orgel 
heraus). 1694-1700 kamen mehrere Opern in Leip- 
zig, Wolfenbüttel, Kassel und Ansbach zur Auf- 
führung. Einige wenige seiner Kirchenkantaten 
sind erhalten. 

Lit. : H. Mersmann, Chr. L. B. u. seine Oper Sardana- 
palus, Diss. Bin 1916; vgL auch M. Gondolatsch, 
Beiträge zur Mg. d. Stadt Görlitz, AfMw VI, 1924, 
darin S. 331-34. 


Boyce (bois), William, * um 1710 und f 7. 2. 
1779 zu London; englischer Komponist und Or- 
ganist, Chorknabe der Paulskirche, Schüler von 
Greene und später als Organist der Oxfordkapelle 
Schüler von Pepusch, 173o Organist der Michaelis- 
kirche und kurz darauf Komponist der König- 
lichen Vokalkapelle (King’s Chapd) als Nachfolger 
Wddons. 1737 übernahm er auch die Leitung der 
kombinierten Musikfeste von Gloucester, Wor- 
cester und Hereford (Three Choirs), 1749 noch ein 
Organistenamt an der Allerheiligenkirche (All- 
hallo ws) und wurde 1755 Nachfolger Greenes als 
Komponist der Königlichen Instrumentalkapelle 
(King’s band). Als er 1758 eine Organistenstdle an 
King’s Chapd erhidt, gab er die beiden Stellungen 
an St. Michad’s und Allhallows auf und zog sich 
nach Kcnsington zurück, um sich ganz den Arbd- 
ten für die Herausgabe des von Greene vorberei- 
teten Sammdwerks Cathedral Music (3 Bände, 
1760-72) zu widmen. Zudem hatte sich ein altes 
Ohrenübd zu völliger Taübhdt entwickdt. B. 
gab außerdem heraus: Lyra Britamica (Lieder, 
Duette, Kantaten usw., in einzelnen Heften, er- 
schienen 1745-55). B. war Mitarbeiter von Haw- 
kms* Musikgeschichte. Seine eigenen Werke sind 
ein Maskenspid Peleus and Thetis, eine Serenata 
Solomon (1743), Musik zu mehreren Dramen, Kan- 
tate Saul and Jonathan, 2 Cäcilien-Oden, Services, 
12 Triosonaten, 8 Symphonien a 8 op. 2, Orgd- 
präludien, auch weltliche Chorwerke. 1780 wur- 
den 15 Anthems und ein Te Deum and Jubilate von 
seiner Witwe herausgegeben. 

Ausg.: 8 Symphonien a 8 v., op. 2, hrsg. v. C. Lam- 
bert; Two Voluntaries, hrsg. v. W. Pearson, London 
1949. 


Boydell, Brian (Patrick), * 17. 3. 1917 zu Dub- 
lin; irischer Komponist, erwarb die Grundlegung 
seines Fachstudiums am Kirchenmusikalischen In- 
stitut in Hdddberg (Poppen, Schery). Nach vor- 
übergehendem Studium der Naturwissenschaften 
in Cambridge, wo er bis 1938 den Chor des Cläre 
College ldtete, bezog er das Royal College of 
Music in London und schloß seine Kompositions- 
studien bei Larchet an der Royal Irish Academy of 
Music in Dublin ab. Sdt 1944 wirkt er als Musik- 
professor an der Dubliner Akademie und vertritt 
Irland sdt 1951 beim Musikrat der UNESCO. An 
Orchesterwerken liegen vor: eine Strdchersin- 
fonie, 3 Suiten, ein Divertimento, ein Memorial 


14 


209 



Boyle 


auf Mahatma Gandhi (1948), Ritual-Tänze (1955), 
Meditation and Fugue (1956), auch ein Violinkon- 
zert und ein Capriccio für Klar, und Streichorch. 
Unter den Kammerkompositionen ragen Five 
pcems by James Joyce für Bar. und Kl. oder Kam- 
merorch. hervor. Für ein Streichquartett erhielt 
B. 1950, für das Violinkonzert 1954 den Carolan 
Prize des Irischen Rundfunks. 

Boyle (b'ril), George Frederick, * 29. 6. 1886 
zu Sydney, + 20. 6. 1948 zu Philadelphia; austra- 
lischer P ianis t und Komponist, kam nach Konzert- 
reisen in Australien als Schüler Busonis nach Ber- 
lin, reiste ab 1908 in Europa und ging 1910 nach 
den USA, wo er Klavierlehrer am Peabody Conr 
servatory in Baltimore wurde. Später unterrich- 
tete er am Curds Institute in Philadelphia, ab 
1928 an der Juüliard School of Music in New York 
und war Leiter der Klavierabteilung an der Phila- 
delphia Musical Academy. Werke: Symphonie 
Fantasy (1915), Slumber Song and Aubade (1915) für 
Orch., je ein Klavier- (1912) und Cellokonzert 
(1917), Concertino für KL una Orch. (1936), Kan- 
tate Don Ramiro, je eine Klavier- (1916), Bratschen- 
(1918), Cello- (1928) und Violinsonate (1933), 
Suite für 2 KL (1932) und Ballade Eligiaque für V., 
Vc. und Kl. (1933). 

Boyvin (huaVe), Jacques, +um 1706 zu Rouen; 
französischer Organist und Komponist, 1674 Or- 

S an Notre-Dame in Rouen, gab heraus: 2 
a: Pikees d*orgue (1700) und Traiti dbrigi de 
Vaccompagnement pour Vorgue et le clavessin (1. Auf- 
lage um 1700, Amsterdam Et. Roger, 2 1705, auch 
italienisch und holländisch). 

Ausg.: GA d. Orgelwerke in Guilmant-Pirro VI, 
Paris 1905. 

BoBnow (b'oginav), Wasil, * 1.1.1888; bul- 
garischer Komponist, ist in der Tschechoslowakei 
tätig und schrieb Symphonien, Violinkonzerte, 
Kammermusik (darunter ein Nonett) und Stücke 
für KL (Sonate 1946). 

Bozza, Eug&ne, * 1905; französischer Komponist, 
Schüler des Pariser Conservatoire, an dem er 1934 
für seine Ugende de Roukmäni den Prix de Rome 
erhielt. Seit 1939 ist er Kapellmeister an der Opdra 
Comique in Paris. Werke: Oper Uonidas , Ballett 
Fites romaines, Psaumes für Chor und Orch., Ora- 
torium La tentation de Saint Antoine, Orchester- 
werke, ein Klavier- und ein Cellokonzert, Doppel- 
konzert für V. und Va mit Orch., Rhapsodie 
nigoise für V. und Orch., Messe a cappella, Lieder. 

Brack, Georg (Brakkher) ; deutscher Kapell- 
meister des 16. Jh., wurde 1507 als Komponist der 
Hofkapelle Herzog Ulrichs von Württemberg an- 
gestellt Omithoparchus hat bei B. Unterricht ge- 
nommen und bezeichnet ihn 1517 in der Widmung 
von Buch II des Musicae Activae Micrologus als 
»Ducalis cantorie Wirtenbergensis ductor prima- 
rius«. B. ist vidieicht vor 15l9 gestorben, da sich 
in diesem Jahre J. Sieß ab Komponist der Hof- 
kapelle bezeichnet. An Kompositionen B.s sind nur 
5 deutsche Lieder erhalten. 

Ausg.: 4 Lieder in P. Schöffer*s Liederbuch (Mainz 
1513), Faks. hrsg. v. d. Ges. Münchener Bibliophilen, 
München 1909 ; das fünfte in Egenolffs Gassenhawer- 
lin (Ffm. 1535), Faks. hrsg. v. H. J. Moser, Augsburg- 


Köln-Wien 1927; dass, in: Das Liederbuch d. A. v. 
Aich (Köln um 1510), hrsg. v. E. Bernoulu, u. H. J. 
Moser, Kassel 1930; dass, in G. Försters 1. Slg, 
hrsg. v. K. Gudbwill u. W. Heiske, RD XX. 

Lit.: R. Eitner, Das alte deutsche mehrst Lied, 
MfM XXV, 1893, darin 2 Lieder; G. Bossert, Die 
Hofkapelle unter Herzog Ulrich, Württembergische 
Viertelj ahrsschrift für Landeskunde XXV, 1916. 

Brade (bie:d), William, * 1560, f 26.2. 1630 
zu Hamburg; englischer Komponist und Violinist, 
war zuerst 1594—96, dann 1599-1606 und zuletzt 
1620-22 Mitglied dar Hofkapelle Christians IV. zu 
Kopenhagen, vor 1594, 1596-99 und 1619-20 in 
brandenburgischen Diensten (zuletzt Kapellmei- 
ster), 1608-10, 1613-15 Direktor der Ratsmusik in 
Hamburg, 1610-13 am schaumburgischen Hofe, 

1618 in Halle an der Saale (nach Kl. Meyer ab Hof- 
kapellmeister in Güstrow), Violaspieler und Musi- 
cus in Gottorf, wo er 1622-25 an der Spitze der 
Hofkapelle stand, schließlich wieder in Hamburg. 
B. gab in Hamburg 5 Bücher Tanzstücke in 
S timm en heraus (1609 5st., 1614 6st., 1617 4-5st., 

1619 5st, 1621 5st). Einzelne Tanzstücke von B. 
enthalten die S ammlu ngen von Füllsack und Hilde- 
brand (1607 und 1609) sowie Oberndorfer (1620). 

Ausg.: zahlreiche Tanzstücke, darunter B.s Newe 
außerlesene Paduanen, Galliarden, Cantzonen . . . v. 
1609, hrsg. v. B. Engelke, Musik u. Musiker am 
Gottorfer Hofe, Breslau 1930; 5 Tänze f. 5 Violen 
sowie 2 Tänze f. 6 Violen in : Jacobean Consort Music, 
hrsg. v. Th. Dart xl W. Coates, Mus. Brit. IX.; Der 
alte Hildebrand (Newe Ausserlesene liebliche Bran- 
den, Lübeck 1617, Nr 50), in: J. Wolf, Gesch. d. 
Musik II, - Wiss. u. Bildung CCIV, Lpz. 1929. 

Lit: Kl. Meyer, Gesch. d. Güstrower Hofkapelle, 
Jb. d. Ver. f. mecklenburgische Gesch. u. Altertums- 
kunde LXXXIH, 1919; A. Moser, Gesch. d. Violin- 
spiels. Bin 1923; B. Engelke, Musik u. Musiker am 
Gottorfer Hofe, Breslau 1930; W. Serauky, Mg. d. 
Stadt Halle II, 1, «* Beiträge zur Musikforschung VI, 
Halle u. Bin 1939; E. H. Meyer, EngL Chamber 
Music, London 1946, 2 1951. 

Bradford (bi'xdbid ), Hugh, * 10.3. 1900 zu 
St.John’s (Neufundland); kanadischer Kompo- 
nist, studierte zunächst Musik am Royal College of 
Music in London (Ch. Wood), danach Theologie 
und wurde anglikanischer Geistlicher. Werke: 
Ballett The Jackaaw and the Pigeons , Orchesterstücke 
( Paysage , Fugal March), Klavierstücke (Song 
witnout Words für 2 KL, Variations on a Populär 
Theme, Seven Characteristic Pieces). 

Bradsky, Wenzel Theodor, * 17. 1. 1833 und 
t 10. 8. 1881 zu Rakonitz (Böhmen) ; bömischer 
Komponist, trat ab Sänger in den Königlichen 
Domchor zu Berlin ein und wirkte dort zugleich 
ab Gesanglehrer. Prinz Georg von Preußen, zu 
dessen Johmthe er die Musik schrieb, ernannte ihn 
1874 zum Hofkomponisten. Am bekanntesten sind 
B.s Lieder und Chorlieder (auch böhmische), seine 
Opern hatten nur mäßigen Erfolg : Roswitha (Des- 
sau 1860), Jarmila (Prag 1879) und Der Rattenfänger 
von Hamern (Berlin 1881); drei ältere Der Heirats- 
zwang, Die Braut des Waffenschmieds und Das Kroko- 
dil blieben unaufgeführt. 

Brätel, Ulrich, * um 1495, 1 1544 oder 1545 zu 
Stuttgart; deutscher Komponist, war mindestens 
ab 1535 Mitglied der Stuttgarter Hofkapelle. 
Seine Kompositionen, deutsche mehrstimmige 


210 


Brahms 


Lieder wie auch lateinische Sätze, finden sich in 
Sammelwerken von 1536-67, sind aber auch in 
handschriftlichen Quellen weit verbreitet. 

Ausg.: je ein Lied in: R. Eitner, Das alte deutsche 
mehrst. Lied u. seine Meister, MfM XXVI, 1894, 
29 ff.; DDT 34, hrsg. v. J. Wolf; Egenolff, Gassen- 
hawerlin u. Reutterliedlin, Faks. v. H. J. Moser, 
Augsburg u. Köln 1927; J. Wolf, Chor- u. Haus- 
musik aus alter Zeit I, Bin (1926). 

Lit.: H. Albrecht, Zwei Quellen zur deutschen Mg. 
d. Reformationszeit, Mf I, 1948. 

Bräutigam, Helmut, * 16. 2. 1914 zu Crim- 
mitschau, t (gefallen) 17. 1. 1942 am flmensee; 
deutscher Komponist, studierte ab 1934 am Leip- 
ziger Konservatorium und wurde 1938 in Leipzig 
Lehrer an der »Musikschule für Jugend und Volk«. 
Er schrieb Orchester- und Bläsermusiken, Kan- 
taten und Motetten, Chöre, Orgel- und Klavier- 
stücke, Stücke für Blockflöten, Lieder und Kanons. 

Braga, Francisco, * 15. 4. 1868 und f 14. 3. 1945 
zu Rio de Janeiro; brasilianischer Komponist, er- 
hielt seine Ausbildung am Conservatorio Imperial 
de Musica in Rio, wurde wegen seiner hervor- 
ragenden Leistungen mit einem Stipendium an das 
Pariser Conservatoire geschickt, wo er Massenet 
zum Lehrer hatte. 1895 ging B. nach Deutschland, 
konnte sich dort dem Einfluß Wagnerscher Musik 
nicht entziehen und kehrte nach einem kurzen Auf- 
enthalt in Italien 1900 nach Rio zurück, wo er Leh- 
rer am Instituto National de Musica wurde. Er 
leitete 1908-33 das Orchester der Sotiedade de 
Concertos Sinfönicos. Werke: die Opern Jupira 
(Rio de Janeiro 1900), Contractador de Diamantes und 
Anita Garibaldi (1901) ; Marabd , VariafÖes brasileiras, 
Oragäo a Patria, Paysagem und Pesadello für Orch., 
auch Kammermusik, Klavierstücke und Lieder. 
Lit.: Souza Rocha, Perfil biogr. do maestro F. B., 
Rio de Janeiro 1921 ; Tapajös Gomes, F. B., Rio de 
Janeiro 1937; R. Almeida, Hist, da Müsica bra- 
sileira, Rio de Janeiro 1926, 2 1942. 

Braga, Gaetano, * 9. 6. 1829 zu Giulianova 
(Abruzzen), f 21. 11. 1907 zu Mailand; italienischer 
Violoncellist und Komponist, Schüler des Kon- 
servatoriums in Neapel, lebte lange in Paris und 
London. Er schrieb 8 Opern, von denen besonders 
La Reginella (Lecco 1871) erfolgreich war, ein Cello- 
konzert, eine Kantate, Lieder und Salonstücke, dar- 
unter La Serenata (Der Engel Lied). 

Lit : V. Bindi, G. B. : da ricordi della sua vita, Neapel 
1927; A. de Anoeus, G. B., RMI XXXVI, 1929; 
U. Rolandi, Libretti e librettisti di G. B., Rom 1929. 

Braham (bi'ae:haem), John (eigentlich J. Abra- 
ham), * 20. 3. 1777 und f 17. 2. 1856 zu London; 
englischer Komponist, war ein bedeutender Sänger 
an verschiedenen Londoner Opembühnen seiner 
Zeit (Coventgarden, Drurylane, King’s Theatre), 
1798 auch in Florenz, 1799-1801 in Mailand. In 
Webers für London geschriebenem Oberon war er 
der erste Hüon. B. schrieb als gewandter Kom- 
ponist Musik zu einer ganzen Rohe von Bühnen- 
stücken, auch Lieder und eine Sammlung hebrä- 
ischer Melodien mit Begleitung. 1831 wurde er 
Theateruntemehmer ; sein letztes Auftreten erfolgte 
1852. 

Lit : J. M. Levien, The Singing of J. B., London 1945 ; 
F. Collengwood, J. B. (17747-1856), in: The Musi- 
cal Times XCVII, 1956. 


Brahms, Johannes, * 7.5.1833 zu Hambui^;, 
t 3. 4. 1897 zu Wien; deutscher Komponist, 
stammt aus einem holsteinschen Bauemgeschlecht 
Der Vater wurde 1806 in Heide (Holstein) gebo- 
ren, wo der Großvater einen »Kopmannsladen« 
mit Gastwirtschaft betrieb. Als erster seines Ge- 
schlechts wählte er die Musik zum Broterwerb, 
siedelte 1826 nach Hamburg über und heiratete 
1830 die Hamburger Schneiderstochter Christina 
Nissen. In der Art der Stadtmusikanten mehrere 
Instrumente, vorab Horn, Flöte und Violine spie- 
lend, verdiente er in Matrosenkneipen und Tanz- 
lokalen den Lebensunterhalt für seine fünfköpfige 
Familie. Später war er Hornist in der Hamburger 
Bürgerwehr und fand eine Anstellung am städ- 
tischen Orchester als Kontrabassist. Das Geburts- 
haus von J. Br. stand in dem düsteren und bedroh- 
lichen Gängeviertel der Altstadt, wo Armut und 
menschliches Elend zuhause waren. Es wurde 1914 
von der Deutschen Br.-GeseUschaft erworben, 
später von der Stadt Hamburg betreut und im 
2. Weltkrieg völlig zerstört. Nach der Bürger- 
schule besuchte Br. noch drei Jahre (bis zum 17. 
Lebensjahr) eine gute Privatschule. Den ersten 
Musikunterricht erhielt er vom Vater. Im Klavier- 
spiel förderte ihn F. W. Cosel in selbstloser Weise, 
in der Komposition E. Marxsen, ein Freund der 
Familie, dem Br. zeitlebens ein dankbares Geden- 
ken bewahrte. Schon frühzeitig half der Knabe als 
Unterhaltungspianist Geld mitverdienen, wozu er 
öfters gegen »twee Daler und duhn« nachts aus dem 
Bett ins Hafenviertel geholt wurde. Seinem Eltern- 
haus verdankt Br. außer der schlichten Frömmigkeit 
der Mutter ein lebhaftes Büdungsbedürfnis und 
einen beharrlichen Drang zu männlicher Selbst- 
erziehung. Freude an der Naturschönheit und ein 
froher Wandertrieb weckten die gesunden Gegen- 
kräfte gegen die lastenden Eindrücke einer harten 
Jugendzeit Bis in sein Alter hing Br. an seiner Va- 
terstadt und schrieb 1873 aus Wien an seine Stief- 
mutter in Hamburg: »Sehnsucht habe ich immer 
nach Hamburg und es sind meine liebsten, wenn- 
gleich wehmütigen Stunden, wenn ich abends 
allein sitze und zurückdenke«. Als Klavierbegleiter 
des ungarischen Geigers E. Remdnyi, der wegen 
Beteiligung am Aufstand 1848 nach Amerika emi- 
griert und eben erst nach Europa zurückgekehrt 
war, erregte Br. Bewundenmg durch sein musika- 
lisches Gedächtnis und seine Fertigkeit im Vom- 
blattspiel und Transponieren. Auf einer seiner 
romantischen Künstlerfahrten lernte Br. den damals 
schon als Virtuosen gefeierten Joseph Joachim 
kennen, dem er befreundet wurde und der ihn an 
Franz Liszt in Weimar und Robert und Clara 
Schumann in Düsseldorf empfahl. Während Liszt 
sich zurückhaltend verhielt, war Schumann von 
der jungen Künstlerpersönlichkeit tief angerührt. 
Unter dem Eindruck von Br/ Klavierspiel und 
Kompositionen, von denen noch keine Note ver- 
öffentlicht war, feierte ihn Schumann in einem 
längeren Artikel in der Neuen Zeitschrift für Mu- 
sik vom 28. 10. 1853 mit der Überschrift »Neue 
Bahnen« in folgender Weise: »Ich dachte, es würde 
und müsse einmal plötzlich einer erscheinen, der 
den höchsten Ausdruck der Zeit in idealer Weise 
auszusprechen berufen wäre, einer, der uns die 
Meisterschaft nicht in stufenweiser Entfaltung 
brächte, sondern, wie Minerva, gleich vollkommen 


14* 


211 



Brahms 


gepanzert aus dem Haupte des Kronion spränge. 
Und er ist gekommen, ein junges Blut, an dessen 
"Wiege Grazien und Helden Wache hielten. Er 
heißt Johannes Brahms, kam von Hamburg, dort 
in dunkler Stille schaffend . . . Er trug, auch im 
Äußeren, alle Anzeichen an sich, die uns ankündi- 
en: das ist ein Berufener . . . Seine Mitgenossen 
egrüßen ihn bei seinem ersten Gang durch die 
Welt, wo seiner vielleicht Wunden warten werden, 
aber auch Lorbeeren und Palmen; wir heißen ihn 
willkommen als starken Streiter«. Es sollte ge- 
raume Zeit dauern, bis diese prophetischen Worte, 
die Br. zunächst allerdings mancherlei Gegner- 
schaft zuzogen, in ihrer vollen Bedeutung als 
Schumanns »Meisterbrief« an Br. erkannt wurden. 
Br. hatte das Medaillonporträt von Robert und 
Clara Schumann mit beider Widmung an ihn 
immer über seinem Schreibtisch hängen. Wichtig 
wurde ein Jahr später die Begegnung mit Hans v. 
Bülow, der sich gern Br.* »allergetreuester Takt- 
stecken« nannte. Nach mehrjähriger erster Dirigen- 
tentätigkeit als Hofmusikdirektor in Detmold 
lebte Br. noch einige Jahre in seiner Vaterstadt. Zu 
seinem Schmerz war er hier bei der Wahl des Lei- 
ters der Singakademie wie des Philharmonischen 
Orchesters übergangen worden. Ein Grund mehr, 
nach Wien überzusiedeln, wo er Verständnis und 
Anerkennung und, wie vor ihm Beethoven, seine 
Wahlheimat fand. Wenn er auch nach kurzer 
Tätigkeit als Chormeister der Wiener Singakade- 
mie 1864 Wien wieder verließ, so wollte es ihm 
doch nirgends mehr recht behagen, bis er 1878 für 
imm er nach Wien zurückkehrte. Inzwischen waren 
die von seinem Verleger Simrock bezogenen Ho- 
norare so ansehnlich geworden, daß Br. bei seinen 
bescheidenen Ansprüchen als Junggeselle nicht nur 
unbekümmert leben, sondern auch seine Eltern 
und beide Geschwister in Hamburg großzügig 
unterstützen konnte. Die »heilige Stadt der Mu- 
siker« verließ er nur mehr zu Konzertreisen, zu 
Sommerfrischen in Baden-Baden, Pörtschach am 

ermark, Thun am Thuner See, Bad^chl und zu 
häufigen Frühjahrs- und Herbstfahrten nach Ita- 
lien. - In den letzten Sommer (1896) fällt ein Er- 
eignis von musikgeschichtlicher Tragweite. Der 
23jährige Max Reger sandte seine Orgelsuite 
op. 16 (»Den Manen J. S. Bachs«) mit einem Hul- 
digungsschreiben an Br. und der Bitte, eine ge- 
plante Symphonie in H moll ihm widmen zu dür- 
fen. Br. war davon so angetan, daß er umgehend 
und auffallend liebenswürdig antwortete, sich mit 
der Widmung einverstanden erklärte und eine 
persönliche Aussprache wünschte. In einem zwei- 
ten Brief schickte Br. dem jungen Reger sein Bild 
mit Unterschrift und bat »um die entsprechende 
Antwort«. Darauf kam es zu dem gegenseitigen 
Austausch der Photographien, dem die Bedeutung 
eines »Meisterbriefes« von Br. an Reger zukommt 
und der den Tradiri on<;gugarnm <^nViar>g der deut- 
schen Musik, wie einst von Schumann zu Br., so 
jetzt von Br. zu Reger besiegelt. - Der verbindliche 
Sinn der von Br. ins Kunstwerk erhobenen Situa- 
tion der Welt und des Menschen seiner Zeit darf 
als idealistische Weltfrömmigkeit und nordischer 
Schicksalsglaube im Geiste von Schillers Nänie , 
Goethes Parzengesang und Hölderlins Schicksalslied 
angesprochen werden, wobei die innere Verwandt- 


schaft mit Grundmotiven des Christentums nicht 
zu verkennen ist. So konnte das Verständnis für die 
Kunstbedeutung der Br.schen Musik in die Weite 
erst mit der Chorkantate Ein deutsches Requiem 
op. 45 dringen, deren Erstaufführung am Karfrei- 
tag 1868 im Bremer Dom bei Anwesenheit von 
Br.* Vater und Clara Schumann sowie unter Mit- 
wirkung von Joachim und Stockhausen als Solisten 
stattfand. Die »Worte der Heiligen Schrift« sind 
hier nicht als Zeugnis der Offenbarung für den 
Gläubigen, sondern als fromme Dichtung im Sinne 
der Weltfrömmigkeit ausgewählt und zusammen- 
gestellt. Auch hierin erscheint Br. als später Träger 
der Überlieferung des deutschen Idealismus. - Mit 
der wachsenden Anerkennung und Verbreitung 
seiner Werke in der bürgerlichen und akademi- 
schen Welt Europas blieben Öffentliche Auszeich- 
nungen und Ehrungen nicht aus. Schon 1877 bot 
ihm die Universität Cambridge ihren Dr. mus. 
h. c. an. Die Promotion unterblieb aber, weil Br. 
die Reise über den Kanal zu beschwerlich fand. 
Drei Jahre später ehrte ihn die Universität Breslau 
mit der Würde des Ehrendoktors ihrer Philoso- 
phischen Fakultät, wofür Br. mit seiner Akade- 
mischen Festouvertüre op. 80 dankte, die er in Bres- 
lau selbst dirigierte. Auf Anregung von H. v. Bü- 
low verlieh ihm seine Vaterstadt Hamburg den 
Ehrenbürgerbrief, für den Br. sich mit seinen Fest- 
und Gedenksprüchen op. 109 erkenntlich zeigte. Zu- 
dem war er Ritter vom preußischen Orden Pour le 
mörite und vom bayrischen Maximiliansorden, 
auch Mitglied der Berliner und der Pariser Akade- 
mie der Künste. Seine Orden und Ehrenzeichen 
verwahrte Br. in einer alten Zigarrenschachtel und 
trug sie nie. Ein erstes Denkmal wurde ihm in 
Meiningen errichtet; die Bronzebüste ist ein Werk 
von Adolf Hüdebrand. Eine kongeniale künst- 
lerische Nachbüdung der Br.schen Musik aus zeit- 
genössischer Sicht bot Max Klinger (1857-1920) in 
seinem Zyklus Brahms-Phantasie op. 12 mit 41 
Stichen, Radierungen und Steinzeichnungen zu 
Kompositionen von J. Br. (Berlin 1894). - Seine 
letzte Ruhestätte fand Br. auf dem Wiener Zentral- 
friedhof neben den Gräbern von Beethoven und 
Schubert. - Der Schwerpunkt des europäischen 
Musiklebens hatte sich um 1830 von Wien nach 
Paris verlagert. Die revolutionäre Pariser Große 
Oper und Symphonie (Auber, Meyerbeer, Berlioz) 
hatte die Musik unter die Botmäßigkeit außer- 
musikalischer Ideen gebracht. Dieser Weg, dem 
Liszt vorangegangen und Wagner gefolgt war, ist 
von Br. gleichsam rückgängig gemacht worden. 
Entgegen dem romantischen Realismus der so- 
genannten »Neudeutschen« hat Br. sich gegen 
außermusikalische Ideen entschieden, wovon er im 
Schlußsatz seiner I. Symphonie op. 68 noch Ge- 
brauch gemacht hatte. Er sah die Katastrophe der 
Symphonie kommen und wehrte ihrem Form- 
zerfall durch Rückgriffe auf Gestaltungsprinzipien 
der älteren Instrumentalmusik. Hatte Berlioz die 
Symphonie Beethovens als »instrumentales Drama« 
gedeutet und Wagner gemeint, mit ihr habe die 
Instrumentalmusik Höhe und Ende gefunden, um 
vom Musikdrama abgelöst zu werden, so bezeich- 
net Br. es als sein künsderisches Anliegen, die über- 
kommenen spezifisch musikalischen Gattungen 
und Grundformen in ihrer Eigenart weiter zu pfle- 
gen und neu zu erfüllen: »Ich aber möchte meine 


212 



Brahms 


Ohren behalten und gern wissen, was ein Klavier- 
stück und was ein Orchesterstück, was ein Lied 
und was ein Chor ist«. Damit hängt seine Bevor- 
zugung der Kammermusik und des strophisch ge- 
bauten Liedes, aber auch seine Abneigung gegen 
szenische Musik zusammen (»Lieber heiraten als 
eine Oper schreiben«). Der Kunstgesinnung der so- 
genannten »Zukunftsmusiker« setzte Br. die Werk- 
gerechtigkeit und handwerkliche Tüchtigkeit der 
alten Meister entgegen, die zu studieren er keine 
Gelegenheit vorübergehen ließ. Nicht nur Schu- 
bert und Beethoven, Haydn und Mozart, sondern 
audi Bach, Handel und Vivaldi, Scarlatti und 
Couperin haben den Stil der Br.schen Musik be- 
einflußt. Als die beiden größten Ereignisse seines 
Lebens pflegte er die Gründung des Deutschen 
Reichs und die Vollendung der Gesamtausgabe der 
Werke J. S. Bachs zu bezeichnen. In seiner Musik 
begegnen denn auch häufig Elemente des musika- 
lischen Barocks, wie die Freude am »Obligo«, der 
Basso ostinato, die baßgebundene Variationsform 
der Passacaglia, die schlichten und verwickelteren 
Formen des Kanons usw. Unerschütterliche Grund- 
lage seiner Kunst sind eine sangbare, liedhafte 
Melodik, eine stufenreiche Harmonik über kraft- 
voll ausschreitenden Bässen, strenge motivische 
und thematische Arbeit und ein feiner Sinn für 
rhythmische Mannigfaltigkeit und Konflikte. Wäh- 
rend das mehr deklamierende Lied der »Neu- 
deutschen«, das die Melodik dem Wort und Wort- 
gehalt unterordnet, die beste Dichtung aller Zeiten 
vertont, sind Br.' Liedtexte von unterschiedlicher 
Qualität. - Den ideologischen Umtrieben und 
weltanschaulichen Parteiungen in seiner Zeit, der 
Künsderprophetie und Künsderdemagogic stand 
Br. völlig fern. Es erschien ihm gleichgültig, ob der 
Künsder progressiv oder konvervativ denkt. Zur 
Mitunterzeichnung des unrühmlichen Manifestes 
der konservativen »ernst strebenden Musiker« ge- 
gen die »Neudeutschen« (1860), das zu dem Kampf- 
ruf »hie Wagner - hie Brahms« führen sollte, 
wurde Br. durch Freunde und Weggenossen be- 
stimmt. Freilich waren ihm die Wagnerianer und 
die »unendliche Melodie« zuwider. Bei der einzigen 

5 ersönlichen Begegnung mit Richard Wagner, die 
864 im Hause des Barons von Rochow in Wien 
stattfand, wo Br. Bachs Toccata in F dur und seine 
eigenen Variationen und Fuge über ein Thema von 
Händel op. 24 vortrug, soll Wagner von »Wäch- 
tern der musikalischen Keuschheit«, von »affektier- 
tem Enthusiasmus für mittelalterliche Schnitze- 
reien« und von Br. als »hölzernem Johannes« ge- 
sprochen haben. Gegenüber der hochgemuten 
Welt Wagners und der Wagnerianer zog Br. sich 
in nachdenkliche Selbstbescheidung und unbestech- 
liche Selbstkritik zurück: »Wir Kleinen müssen 
früh einsehen, auf was wir traurig Verzicht leisten 
müssen«. Dieser Zug in Br.' Geistesart ist vielfach 
mißdeutet worden. Schon Friedrich Nietzsche fand 
in ffern »heimlichen Schwärmen« und »über sich 
Trauern« Wesenszüge der Br.schen Kunst. Im Zu- 
sammenhang mit Wertfragen der Musik kommt 
Nietzsche im 2. Nachtrag zu seiner Streitschrift 
»Der Fall Wagner - ein Musikantenproblem« 
(1888) auf Br. zu sprechen. Dort finden sich jene 
Sätze über Br., die ebenso oft bemüht wie miß- 
verstanden worden sind: ». . . Er hat die Melancho- 
lie des Unvermögens; er schafft nicht aus der Fülle, 


er dürstet nach der Fülle. Rechnet man ab, was er 
nachmacht, was er großen alten oder exotisch- 
modemen Stilformen entlehnt - er ist ein Meister 
in der Copie, so bleibt als sein Eigenstes die Sehn- 
sucht . . . Brahms ist rührend, solange er heimlich 
schwärmt oder über sich trauert - darin ist er 
modern« »er wird kalt, er geht uns nichts mehr 
an, sobald er die Classiker beerbt . . .« (Taschen- 
ausgabe XI, 220). Hier bliebe nur zu fragen, ob 
Nietzsches tiefblickende Charakteristik sich nicht 
mehr noch über Br. hinaus auf die musikalische 
»Fin de si£cle«-Stimniung seines Zeitalters bezieht. 
- In dem Maße, wie Br. das Private mehr als das 
öffentliche liebte und daher ein »Konzertpianist 
aus Widerwillen« war, sind seine Briefe wertvolle 
Zeugnisse des Menschen und seiner Kunst. Die 
1906 in Berlin gegründete Br.-GeseHschaft begann 
mit der Herausgabe von Br.' Briefwechsel: Band 
I-H (H. und E. von Herzogenberg, hrsg. v. M. 
Kalbeck, 1907, 2 1908, 31912; englisch in einem 
Band von H. Bryant, London 1909), III (Reintha- 
ler, Bruch, Deiters, Heimsoeth, Reinecke, RudorfF, 
Scholz, hrsg. v. W. Altmann, 1907, *1913), IV (J. 
O. Grimm, hrsg. v. R. Barth, 1908), V-VI (J, 
Joachim, hrsg. v. A. Moser, 1908), VH (Levi, 
Gernsheim, Familien Hecht und Feflinger, hrsg. v. 
L. Schmidt, 1910), VÜI (WIdmann, Vetter, Schub- 
ring, hrsg. v. M. Kalbeck, 1915), IX-XH (P. J. 
Simrock und Fr. Simrock, hrsg. v. M. Kalbeck, 
1917-19; zur Ergänzung bereitet K. Stephenson 
eine Ausgabe der etwa 150 Briefe von Simrock an 
Br. vor), XIII (Th. W. Engelmann und Verlag W. 
Engelmann, hrsg. v. J. Röntgen, 1918), XTv (an 
seine Verleger Breitkopf & Härtel, SenfF, Rieter- 
Biedermann, Peters, Fntzsch, Henau, Linnemann, 
hrsg. v. W. Altmann, 1914), XV (Fr. Wüllner, 
hrsg. v. E. Wolflf, 1922), XVI (Ph. Spitta, O. 
Dessoft hrsg. v. C. Krebs, 1920), als wichtige Er- 
gänzung Br.' Briefwechsel mit Clara Schumann, 
hrsg. v. B. Litzmann, (2 Bände, Leipzig 1927). Wei- 
ter Br.' Briefwechsel mit E. Franck, hrsg. v. A. 
Einstein (ZfMw IV, 1921/22); K. Stephenson, J. 
Br.’ Heimatbekenntnis in Briefen an seine Ver- 
wandten (Hamburg 1933, 2 1948 um 74 Briefe ver- 
mehrt); K. Geiringer, J. Br. im Briefwechsel 
(ZfMw XV, 1932/33, mit E. Mandyczewski) ; 
Billroth und Br. im Briefwechsel, hrsg. v. Ö. 
Gotdieb-Billroth (Berlin-Wien 1935); J. Br. und 
Mathilde von Wesendonck, ein Briefwechsel, 
hrsg. v. E. H. Müller von Asow (Wien 1943); 
Briefe der Freundschaft Br.-Groth, hrsg. v. V. 
Pauls (Heide 1956). - Thematische Verzeichnisse 
der Werke von T. Br. gaben N. Simrock (Berlin 
1897, 31909) und A. v. Ehrmann (Leipzig 1933) 
heraus. Eine kritische Gesamt-Ausgabe seiner 
Werke erschien in 26 Bänden, hrsg. von der Ge- 
sellschaft der Musikfreunde in Wien unter der Lei- 
tung von E. Mandyczewski, Leipzig 1926-28. - Es 
folgt eine vollständige Liste der Werke von J. Br. 
ohne die zahlreichen Arrangements: 
LOrchesterwerke: 4 Symphonien op. 68 
C moll (1876 vollendet), op. 73 D dur (1877), 
op. 90 F dur (1883), op. 98 E moll (1885); 2 Sere- 
naden op. 11 D dur (1858), op. 16 A dur (1860); 
Variationen über ein Thema (Corale St. Antoni 
aus dem Divertimento B dur für 2 Ob., 2 Hör- 
ner, 3 Fag. und Serpent) v. J. Haydn op. 56a 

213 



Brahms 


Bdur (1873); Akademische Festouvertüre op. 80 
C moli (1880), Tragische Ouvertüre op. 81 D moll 
(1881). 

II. Konzerte : 2 Klavierkonzerte op. 15 D moll 
(1858), op. 83 Bdur (1881); ein Violinkonzert 
op. 77 D dur (1878) ; ein Doppelkonzert für V. 
und Vc. op. 102 A moll (1887). 

HI. Gesangswerke mit Orchester: Ave Maria 
für Frauenchor mit Orch. oder Org. op. 12 
(1858), Begräbnisgesang für gern. Chor und Bläser 
op. 13 (1858), Ein deutsches Requiem nach Worten 
der Heiligen Schrift für Soli (S. und Bar.), Chor 
und Orch. und Org. ad libitum op. 45 (1868), 
Rindido , Kantate von Goethe für T., Mannerchor 
und Orch. op. 50 (1868), Rhapsodie (Fragment aus 
Goethes »Harzreise im Winter«), für A., Männer- 
chor und Orch. op. 53 (1869), Schicksalslied (Höl- 
derlin) für Chor und Orch. op. 54 (1871), Triumph - 
lied (Text: Offenbarung Toh. Kap. 19) für 8st. Chor, 
Bar. und Orch. op. 55 (1871), Nänie (Schiller) für 
Chor und Orch. (Harfe ad libitum) op. 82 (1881), 
Gesang der Parzen (Goethe) für 6st. Chor und 
Orch. op. 89 (1882). 

IV. Kammermusik: 2 Streichsextette op. 18 
B dur (1860), op. 36 G dur (1865); 2 Streichquin- 
tette op. 88 F aur (1882), op. 111 G dur (1890); 
ein Klarinettenquintett op. 115 Hmoll (1891); 3 
Streichquartette op. 51, Nr 1 C moll, Nr 2 A moll 
(1873), op. 67 B dur (1875); ein Klavierquintett 
op. 34 Fmoll (1864); 3 Klavierquartette op. 25 
G moll (1861), op. 26 A dur (1861), op. 60 C moll 
(1875); 4 Klaviertrios op. 8 H dur (1854, vollstän- 
dig umgearbeitet 1889), op. 40 Es dur (mitWald- 
hom, oder ad libitum Va, und Vc., 1865), op. 87 
C dur (1882), op. 101 C moll (1886) ; Trio für Kl., 
Klar., Vc. A moll op. 114 (1891); 2 Cellosonaten 
op. 38 E moll (1865), op. 99 F dur (1886) ; 3 Vio- 
hnsonaten op. 78 G aur (1879, mit dem Kopf- 
motiv des »Regenliedes« aus op. 59), op. 100 A aur 
(1886), op. 108 D moll (1888) ; 2 Klarinetten- 
(Bratschen-) Sonaten op. 120 Nr 1 F moll, Nr 2 
Es dur (1894). 

V. Klaviermusik : 1. Für 2 Klaviere : Sonate 
op. 34b F moll (1864) nach dem Quintett op. 34, 
Variationen über ein Thema von J. Haydn op. 56b 
(1873) nach den Orch.-V ariationen op. 56a; 2. Für 
Klavier zu 4 Händen: Variationen über ein 
Thema von R. Schumann op. 23 Es dur (1861), 
Liebeslieder , Walzer op. 52a (1874, Bearbeitung 
von op. 52), Neue Liebeslieder , Walzer op. 65 a 
(1877, Bearbeitung von op. 65), Ungarische Tänze 
(1852-69, 4 Hefte mit zusammen 21 Tänzen); 
3. Für Klavier zu 2 Händen : 3 Sonaten op. 1 
C dur (1853, J. Joachim gewidmet, Andante mit 
dem Thema von Zuccalmaglios Volksliedimita- 
tion Verstohlen geht der Mond auf, die Br. für ein 
altdeutsches Minnelied hielt), op. 2 Fis moll (1852, 
Clara Sch umann gewidmet), op. 5 F moll (1854). - 
4 Balladen op. 10 (1854), Scherzo op. 4 (1851), 16 
Walzer op. 39 (1865, 2händige Bearbeitung des 
4händigen Werkes), 2 Rhapsodien op. 79 (1879), 

8 Klavierstücke (Capricci und Intermezzi) op. 76 
(1878), Fantasien (7 Sätze) op. 116 (1892), 3 Inter- 
mezzi op. 117 (1892), 6 Klavierstücke op. 118 
(1892), 4 op. 119 (1892) ; 16 Variationen über ein 
Thema von R. Schumann, op. 9 Fis moll (1854), 
11 Variationen über ein eigenes Thema und 13 
Variationen über ein ungarisches Lied D dur op. 


21 (1857), 25 Variationen und Fuge über ein 
Thema von Händel op. 24 B dur (1861), 28 Varia- 
tionen über ein Thema von Paganini op. 35 A moll 
(1863) sowie mehrere Bearbeitungen fremder 
Kompositionen, technische Studien, Übungen und 
Kadenzen. 

VI. Orgelmusik: 11 Choralvorspiele op. 122 
(1896, einziges nachgelassenes Werk mit Opus- 
zahl), Choralvorspiel und Fuge über »O Traurig- 
keit, o Herzeleid« (1856), Fuge As moll (1856), 2 
Präludien und Fugen (1857). 

VH. Chorgesänge, geistliche: Geistliches Lied 
(Fleming) mit Org. op. 30 (1856), Der 13. Psalm 
für 3st. Frauenchor mit Org. op. 27 (1859), Ma- 
rienlieder op. 22 (1859), 2 Motetten für 5st. gern. 
Chor a cappella op. 29 (1860), 2 Motetten für gern. 
Chor a cappella op. 74 (1877, Ph. Spitta gewidmet), 

3 geistliche Chöre (lateinische Mariengesänge) für 
Frauenstimmen op. 37 (1863), Fest- und Gedenk- 
sprüche für 8st. Chor (Biblische Spruchtexte) op. 
109 (1888). Weltliche (auch Quartette) : 3 Gesänge 
für 6st. Chor op. 42 (1861), 7 Lieder für gern. Chor 
op. 62 (1874), Quartette für 4 Solostimmen mit Kl. 
op. 31 (1863), op. 64 (1874), op. 92 (1884), Lieder 
und Romanzen für 4st. gern. Chor op. 93 a 
(1884), Tafellied (Eichendorff) für 6st. gern. Chor 
op. 93 b (1884), Liebeslieder, Walzer für Kl. zu 4 
Händen und Gesang ad libitum Op. 52 (1869) und 
op. 65 (1874), Zigeunerlieder für 4 Singst, mit Kl. 
op. 103 (1887) und op. 112 (1891), 5 Gesänge für 
gern. Chor op. 104 (1888), 4 Gesänge für Frauen- 
chor, 2 Hörner und Harfe op. 17 (1860), 5 Lieder 
für Männerchor op. 41 (1862), 12 Lieder und Ro- 
manzen für Frauenchor mit IQ. op. 44 (1863), 13 
Kanons für Frauenst. op. 113 (1863) sowie ohne 
Opuszahl 2 Hefte der Deutschen Volkslieder (1858), 
Heft VH mit Vorsänger und kleinem Chor und Kl. 
Vm. Duette:3fürS. und A. mit Kl. op. 20 (1860), 

4 für A. und Bar. mit Kl. op. 28 (1862), 4 für S. und 
A. mit IQ. op. 61 (1874), 5 für S. und A. mit Kl. 
op. 66 (1875), 4 Balladen und Romanzen für 2 
Singst, mit KL op 75 (1878). 

IX. Klavierlieder (Auswahl der berühmtesten): 
6 Gesänge für T. oder S. op. 3 (1853, Nr 1 Liebes- 
treu, Nr 5 In der Fremde), 6 Gesänge op. 7 (1853, 
Nr 5 Die Trauernde), 5 Gedichte op. 19 (1859, Nr 5 
An eine Aeolsharfe ), Romanzen aus L.Tiecks Mage- 
lone op. 33 (1862), 4 Gesänge op. 43 (1868, Nr 1 
Von ewiger Liebe, Nr 2 Mainacht), 5 Lieder op. 47 
(1858, Nr 3 Sonntag), 5 Lieder op. 49 (1868, Nr 1 
Am Sonntag Morgen, Nr 4 Wiegenlied), Lieder und 
Gesänge op. 59 (1873, Nr 3 Regenlied), op. 63 
(1874, Nr 5 Meine Liebe ist grün, Nr 7-9 drei 
Heimwehlieder von KL Groth, Nr 8 O wüßt ich 
doch den Weg zurück, den lieben Weg zum Kinder- 
land), 5 Gesänge op. 71 (1877, Nr 3 Geheimnis), 

5 Gesänge op. 72 (1877, Nr 1 Alte Liebe), Roman- 
zen und Lieder op. 84 (1881, Nr 4 Vergebliches 
Ständchen), 6 Lieder op. 86 (1871, Nr 2 Feldeinsam- 
keif), 5 Lieder op. 94 {1884, Nr 4 Sapphische Ode), 
4 Lieder op. 96 (1884, Nr 1 Der Tod, das ist die 
kühle Nacht, Nr 2 Wir wandelten, wir zwei zusantr- 
men), 5 Lieder op. 105 (1886, Nr 2 Immer leiser 
wird mein Schlummer, Nr 4 Auf dem Kirchhofe), 5 
Lieder op. 107 (1886, Nr 5 Mädchenlied), Vier 
ernste Gesänge für eine Baßstimme mit Kl. op. 121 
(1896, biblische Texte, Br.’ letztes Werk, Max 


214 



Braithwaitc 


Klinger zugeeignet) ; sowie ohne Opuszahl : Mond- 
nacht (EchendorfS 1854), Volkskinderlieder (1858, 
den Kindern Robert und Clara Schumanns gewid- 
met), 7 Hefte Deutsche Volkslieder (1858). 

Lit.: Ph. Spitta, J. Br., in: Zur Musik - 16 Aufsätze, 
Bin 1892, S. 385-427 (mit Abstand das Beste, was aus 
persönlicher Nähe sachlich über Br. gesagt worden 
ist); H. Reimann, J. Br., Bin 1897, *1922; K. Groth, 
Erinnerungen an J. Br., in: Die Gegenwart 1897 
(abgedruckt bei H. Miesner, Klaus Groth und die 
Musik, Heide 1933); A. Dietrich, Erinnerungen an 
J. Br. in Briefen besonders aus seiner Jugendzeit, Lpz. 
1898; J. V. Widmann, J. Br. in Erinnerungen, Bin 
1898, NA v. W. Reich, Basel 1947; G. Ophüls, Br.- 
Texte, Vollständige Slg der von J. Br. kompoalerten 
und musikalisch bearbeiteten Dichtungen, Bin 1898, 
21908; H. Riemann, J. Br. in: Geschichte der Musik 
seit Beethoven, Bin u. Stuttgart 1901, S. 742-54; G. 
Jenner, J. Br. als Mensch, Lehrer und Künstler, 
Marburg 1903; M. Kalbeck, J. Br. I. (1833-62), Bin 
1904, in 2 Halbbänden 21908, 31912; II. 1 (-1868), 
21908; II. 2 (-1873), 1909, 21910; IU. 1 (-1881), 
1910, 21912 ; HI. 2 (-1885), 1911, 21913 ; iy. i 
(-1891), IV. 2 (-1897), 1914, 21915; Ein Br.-Bilder- 
buch, hrsg. v. V. v. Miller zu Aichholz, Wien 
1905; R. v. d. Leyen, J. Br. als Mensch und Freund, 
Düsseldorf u. Lpz. 1905 ; Fl. May, The Life of J. Br., 
2 Bde, London 1905, 21948, deutsche Ausg. Lpz. 191 1, 
21925; H. Kretzschmar, J. Br., in: Gesammelte Auf- 
sätze aus den Grenzboten, Lpz. 1910; J. A. Füller 
Maitland, Br., London 1911, deutsche Ausg. Bin 
1913 ; E. Evans, Historical, Descriptive and Analytical 
Account of the Entire Work of J. Br., 4 Bde, London 
1912-35; W. Niemann, J. Br., Bin 1920, engL NY 
1929; P. Landormy, Br., Paris 1921, neueste Auflage 
1948; G. Ophüls, Erinnerungen an Br., Bin 1921; 
M. Friedlaender, Br.’ Lieder, Bln-Lpz. 1922; V. 
Urbantschxtsch, Die Entwicklung der Sonatenform 
bei Br., StMw XIV, 1927; V. Luithlen, Studie zu 
J. Br.’ Werken in Variationenform, ebenda; G. Ernest, 
J. Br., Bin 1930; R. Gerber, Formprobleme im 
Br.schen Lied, JbP XXXIX, 1932; A. Schering, 
J. Br. u. seine Stellung in der Mg. des 19. Jh., JbP 
XXXIX, 1932 (wieder abgedruckt in A. Scherings 
Aufsatzsammlung »Von großen Meistern der Musik«, 
Lpz. 1940, S. 153 fif.; H. Miesner, Klaus Groth u. 
die Musik. Erinnerungen an J. Br., Heide 1933; R. 
Fellinoer, Klänge um Br., Bin 1933 ; A. v. Ehrmann, 
J.Br., Bin 1933; R. Hill, Br., London 1933; W. 
Murdoch, Br., with Analytical Study of the Com- 
plete Pianoforte- Works, London 1933; W. Schramm, 
J.Br. in Detmold, Lpz. 1933; K. Geiringer, Br., 
Brünn 1934, Wien 21935, engl. London 1936, 21947, 
ital. Rom 1952, jap. Tokio 1952, deutsch Zürich- 
Stuttgart 1955 ; A. Orel, J. Br., sein Leben in Büdem, 
Wien 1937; F. Brand, Das Wesen der Kammermusik 
von Br., Bin 1937; R. Gerber, J. Br., Potsdam 1938; 
ders., in: Die Großen Deutschen IV, Bin 1957; H. 
Osthoff, J. Br. u. seine Sendung, Bonn 1942; E. 
Schenk, Zur Inhaltsdeutung der Br.schen Wörther- 
seesymphonie, in: Festliche Jahresschrift des Musik- 
vereins für Kärnten, Klagenfurt 1948; W. u. P. 
Rehberg, J. Br., Zürich 1947; A. Orel, J. Br., Olten 
1948; E. Deggeler-Engelke, Richard Barth (1850 
bis 1923), ein Beitrag zur Br.-Folge, Marburg 1949; 
A. Schönberg, Br. the Progressive, in: Style and Idea, 
NY (1950); F. Grasberger, J.Br., Wien 1952; W. 
Wiora, Die rheinisch-bergischen Melodien bei 
Zuccalmaglio und Br., Beitr. zur Rheinischen Mg. 
VH, Bad Godesberg 1953; E. Rieger, Die Ton- 
artencharakteristik im einstimmigen Klavierlied v. 
J. Br., StMw XXII, 1955, S. 141-216; O. Jonas, 
Die »Variationen für eine liebe Freundin« v. J. Br., 
AfMw XH, 1955; H. F. Redlich, Bruckner and Br. 
Quintets in F, ML XXXVI, 1955; G. Fock, Br. u. 
die Musikforschung, im bes. Br. u. Chrysander, 
Beitr. zur Hamburgischen Mg., Hbg 1956* S. 46 ff.; 


S. Kross, Die Chorwerke v. J. Br., Diss. Bonn 1957 
(Druck in Vorbereitung); ders., Br. u. der Kanon, 
Fs. Schmidt-Görg, Bonn 1957. 

Braille (br'a:!), Louis, * 4. 1. 1806 zu Coupvray 
(Seine-et-Marne) , f 6- 1. 1852 zu Paris; franzö- 
sischer Erfinder der Blinden-(Punkt-) Schrift, war 
selbst seit dem dritten Lebensjahr blind, ab 1819 
Schüler der Institution Nationale des Jeunes 
Aveugles und an derselben Anstalt Lehrer von 1828 
bis zu seinem Tode. -> Blindennotenschrift. 

Lit: J. Wolf, Hdb. der Notationskunde U, = Kleine 
Hdb. d. Mg. nach Gattungen, hrsg.v. H. Kretzschmar, 
Bd VIII, 2, Lpz. 1919. 

Brailtfu, Constantin, *26. 8. 1893 zu Bukarest; 
rumänischer Musikforscher, studierte Musik in 
Wien, in der Schweiz und in Paris, gründete 1920 
mit G. Enescu und L N. Otescu den rumänischen 
Komponistenverband, dessen Generalsekretär er 
bis 1944 war. B. war 1921-46 Lehrer für Musik- 
geschichte und Folklore an der Bukarester Akade- 
mie für Musik, gründete das Archiv für musika- 
lische Folklore und ist der Gründer der Akademie 
für Kirchenmusik des rumänischen Patriarchats 
(1929), die er bis 1935 leitete, sowie der Archives 
Internationales de Musique Populaire in Genf 
(heute in Paris), denen er seit 1943 als technischer 
Leiter vorsteht. Seine wichtigsten Veröffentlichun- 
gen sind: Note sur laplaintejutidbre de Dräguf , (Bu- 
karest 1932), Plaintes fimdraires du Pays de VOa§, 
(Bukarest 1938, rumänisch), Les podsies de guerre du 
soldat Tomut (Bukarest 1944, rumänisch), Le 
folklore musical (Musica Aetema n, Zürich 1948), 
Le giusto syllabique (Anuario musical VH, 1952), Le 
rythme aksak (Paris 1952), Sur une mdlodie russe (Mu- 
sique russe Ü, 1953) und La rytkmique enfantine 
(Brüssel 1956). 

Brailowsky, Alexander, * 16. 2. 1896 zu Kiew 
(Rußland) ; französischer Pianist, lebt in New York. 
Nach dem Besuch des Gymnasiums und des Kon- 
servatoriums in Kiew studierte er bei Leschetizky 
in Wien und während des Krieges bei Busoni in 
Zürich Klavier. Regelmäßige Konzertreisen führen 
ihn seit 1924 durch die USA und Latein-Amerika 
sowie durch Europa. Belgien stiftete 1936 einen 
Brailowsky-Preis, der jährlich für den Pianisten- 
nachwuchs ausgesetzt wird. B. führte das Gesamt- 
werk Chopins in Amerika erstmals zyklisch auf. 

Brain (bi'e:n) - 1) Aubrey Harold, * 12. 7. 1893 
zu London, f 21. 9. 1955; englischer Hornist, 
wurde 1911 Stipendiat am Royal College of Music 
und noch im selben Jahr 1. Hornist des New 
Symphony Orchestra. Später wirkte er in Covent 
Garden, danach bis 1945 beim B. B. C. Symphony 
Orchestra. B., der 1923-50 Lehrer an der Royal 
Academy of Music war, genoß als Solist internatio- 
nalen Ruf. Sein Sohn - 2) Dennis, * 17. 5. 1921 
zu London, f 1. 9. 1957 zu Hatfidd (Autounfall), 
war sein Schüler an der Royal Academy of Music 
und der bedeutendste Homvirtuose unserer Zeit. 
D. B. war zunächst 1. Hornist beim Röyal Phil- 
harmonie Orchestra und gehörte dann dem Phil- 
harmoma Orchestra an. Zahlreiche Kompositio- 
nen wurden für ihn geschrieben, u. a. von Britten 
und Hindemith. 

Braifhwaite (bi'eiöwe:^, Sam Hartley, * 20. 
7. 1883 zu Egremont.(Cumberland), t 13. 1. 1947 


215 



Bram Eldering 


zu Amside (W estmorland) ; englischer Komponist, 
Schüler der Royal Academy ot Music in London, 
1910-13 Musikdirektor in Passmore Edwards 
Settlement, 1911 Professor an der Royal Academy 
of Music. Ab 1917 lebte er gesundheitshalber in 
Boumemouth. Werke: Orchesterstücke, darunter 
die Tondichtungen A Night by Dalegarth Bridge 
(Boumemouth 1921), Snow Picture (Carnegie-Preis 
1923) ; Elegy für Orch. (Carnegie-Preis 1927) sowie 
zahlreiche Klavierwerke. 

Bram Eldering ->■ Eldering. 

Brambach, Karl Joseph, * 14. 7. 1833 und f 20. 
6. 1902 zu Bonn ; deutscher Komponist, Bruder von 
Wilhelm B., 1851-54 Schüler und 1858-61 Lehrer 
für Musiktheorie des Kölner Konservatoriums, da- 
zwischen Privatschüler Ferdinand Hillers in Köln. 
1861 städtischer Musikdirektor in Bonn, gab 1869 
diese Stellung auf und lebte dort seitdem als Kom- 
ponist und Privatlehrer. B. hat sich besonders be- 
kannt gemacht durch seine großen Chorwerke für 
gern. Chor mit Orch.: Trost in Tönen , Das eleu- 
sische Fest (mit Soli), Frühlingshymnus t Morgensehn- 
sucht und Der Bergkönigin Frühlingtfahrt, und für 
Männerchor und Orch. : Die Macht des Gesangs, 
Velleda, Alcestis, Prometheus , Columbus und Loreley 
(mit Altsolo). Er veröffentlichte auch kleinere 
Chorwerke wie Germanischer Siegesgesang , Das Lied 
vom Rhein , Cäsar am Rubikon , cm Klavierkonzert, 
die Konzertouvertüre Tasso, Kammermusik mit 
KL, Chor- und Klavierlieder. 

Brambach, Wilhelm, * 17. 12. 1841 zu Bonn, 
1 26. 2. 1932 zu Karlsruhe; deutscher Bibliothekar 
und Historiker, Bruder von Kail Joseph B., 1866 
bis 1872 Professor der Philologie in Freiburg, 1872 
bis 1904 Oberbibliothekar der badischen Hof- und 
Landesbibliothek in Karlsruhe, schrieb außer ver- 
schiedenen philologischen Arbeiten die wertvollen 
musikhistorischen Monographien: Das Tonsystem 
und die Tonarten des christlichen Abendlandes im Mit- 
telalter . . . (Leipzig 1881), Die Musikliteratur des 
Mittelalters bis zur Blüte der Reichenauer Sängerschule 
(Karlsruhe 1883), Hermanni Contracti musica (Leip- 
zig 1884), Psalterium, bibliographischer Versuch über 
die liturgischen Bücher des christlichen Abendlandes 
(Berlin 1887), Theorie und Praxis der Reichenauer 
Sängerschule (Karlsruhe 1888), Die verloren geglaubte 
Historia de Sancta Afra Martyre und das Sähe regina 
des Hermatmus contractus (Karlsruhe 1892) und Gre- 
gorianisch , bibliographische Lösung der Streitfrage über 
den Ursprung des Gregorianischen Gesangs (Leipzig 
1895, 2f901). 

Iit: P. Ladewig, W.B., in: Zentralblau f. Biblio- 
thekswesen LL, 1932. 

Brasnbpla, - 1) Paolo, * 9. 7. 1787 und f 1838 
zu Mailand; italienischer Komponist, brachte 1816 
bis 1819 in Mailand und Turin 4 komische Opern 
und 1819-33 in Mailand 9 Ballette zur Auf- 
führung. Seine Tochter-2) Marietta, * 6. 6. 1807 
zu Cassano d’Adda, *j* 6. 11. 1875 zu Mailand als 
hoch g eschä t zte Gesanglehrerin, war Schülerin des 
Konservatoriums von Mailand, debütierte 1827 in 
London mit großem Erfolg als Arsaces in Rossinis 
Semiramis und war lange Zeit eine Zierde der Büh- 
nen von London, Wien und Paris. Sie veröffent- 
lichte Lieder und Vokalisen. 


Br^nberger, Jan, * 18. 11. 1877 und f 4. 5. 1952 
zu Prag; tschechischer Musikforscher, absolvierte 
1902 das Prager Konservatorium, promovierte 
1905 in Prag zum Dr. phiL (Schüler von Hostinr 
sk^, Rietsch und Stecker), studierte 1905 Musik- 
wissenschaft unter Krctzschmar, Wolf und Fried- 
laender an der Universität in Berlin. Am Prager 
utraquis tischen Konservatorium wirkte er 1906 bis 
1918 als Direktions-Sekretär und Professor. Vom 
tschechischen Konservatorium wurde er 1919 als 
Professor übernommen und zugleich zum Sek- 
tionsrat (Vorsteher der Musikabteilung) im Mini- 
sterium für Schulwesen und Volkskultur ernannt. 
1924-42 war er administrativer Leiter des tsche- 
chischen Staats-Konservatoriums. B. redigierte die 
böhmisdien Musikzeitschriften »Dalibor« und 
»Smetana«, betätigte sich über 8 Jahre als Musik- 
referent der Zeitung »Cas« und veranstaltete ge- 
meinsam mit Fr. Spüka musikhistorische Konzerte 
in Prag. Er veröffentlichte: Katechismus der all- 
gemeinen Musikgeschichte , Über die Musik der Juden , 
Rhythmus und Ton , Vom Hören in der Musik (tsche- 
chisch), Geschichte des Konservatoriums zu Prag 
(1911, zum 100jährigen Jubiläum, deutsch von E. 
Bezecny), Musikgeschichtliches aus Böhmen (1906, 
deutsch), R. Descartesfilosofhudby (Prag 1933) und 
gab einige altböhmische Musikwerke heraus. 1922 
redigierte B. einen Musikalmanach für die tsche- 
choslowakische Republik. 

Brancacdo (brank'attfo), Antonio, *1813 und 
t 12. 2. 1846 zu Neapel; italienischer Komponist, 
ausgebildet am Konservatorium in Neapel, debü- 
tierte dort als Opemkomponist mit I Panauri (1843) ; 
es folgten: U morto ed il vivo (1843), L'assedio di 
Constantina (1844), I Ipuntiglione (1845), Uincognita 
ossia dopo 15 anni (1846), Un matrimonio in accademia 
und La lotta di duje vast ose . Von nachgelassenen 
Opern gelangten Le sarte calabresi 1847 und Lilla 
1848 in Neapel zur Aufführung. 

Branco, Luiz de Freitas Freitas. 

Brancour (brak'uir), Rend, * 17. 5. 1862 und f 
16. 11. 1948 zu Paris; französischer Musikschrift- 
steller und Komponist, 1904-25 Konservator des 
Instrumenten-Museums des Pariser Conservatoire 
und 1906-14 Dozent der Musikästhetik für die 
Damenkurse der Sorbonne und der Alliance fran- 
$aise. Er schrieb außer Aufsätzen für Zeitschriften 
Biographien Fdliden Davids (1911), Mdhuls (1912) 
und Offenbachs (1929, alle in Musidens cdldbres), 
La vie et Vceuvre de Georges Bizet (Paris 1913), 
Massenet (1923 Les maitres de la musique) und eine 
Studie über Ambroise Thomas, ferner eine Histoire 
des instruments de musimte (1921); La Marseillaise et 
le Chant du dipart ; als Komponist trat er mit einer 
Violinsonate, Gesängen und Instrumentalstücken 
hervor. 

Brand, Max, * 26. 4. 1896 zu Lemberg; amerika- 
nischer Komponist, wuchs in Wien und St. Gallen 
heran, war nach dem Krieg Kompositonsschüler 
von Schreker, zunächst in Wien, später in Berlin. 
Nach kurzer Lehrtätigkeit in Salzburg gründete er 
in Wien ein »Mimoplastisches Theater« für Ballett, 
war Mitdirektor dar »Wiener Opemproduktion« 
(Rai mun d-Theater) und Produzent m usikalische r 
Filme. Über Prag und die Schweiz nach Rio de 
Janeiro ausgewandert, lebt er seit 1940 in den USA, 


216 



Brandt 


als künstlerischer Leiter bei »The Music and 
Theatre Wing o£ the Caravan of East and West« 
und als Vizepräsident der »American League of 
Authors and Composers from Asutria« (ALA CA). 
Den größten Erfolg hatte B. mit seiner Zeitoper 
Maschinist Hopkins (Duisburg 1929). Es folgten, 
ebenfalls auf eigene Textbücher, die Opern Re- 
qiem , Kleopatra sowie die szenische Kantate Die 
Chronik (1938), in Amerika das szenische Orato- 
rium The Gate (New York 1944) und der Einak ter 
■Stormy Interlude (1955). Heitor Villa-Lobos brachte 
1940 in Rio eine Kyrie-Eleison-Zwolitonstiidie a 
cappella, Eugene Ormandy 1950 in Philadelphia 
ein Orchesterrondo The Wonderful One-Hoss Shay 
von B. zur Uraufführung. 

Brand» Michael -»■ Mosonyi. 

Brandeis, Friedrich, * 5. 7. 1835 zu Wien, f 14. 
5. 1899 zu New York; österreichischer Pianist und 
Komponist, ging 1848 nach New York, trat ab 
1851 als Konzertpianist auf, gelangte als Klavier- 
lehrer zu Ansehen und fand Anstellung als Orga- 
nist. B. gab Klavierwerke, Lieder, auch Orchester- 
stücke, Kammermusik und eine Ballade für Chor, 
Soli und Orch. heraus. 

Brandei, Sven, * 16. 8. 1898 zu Stockholm; 
schwedischer Pianist, 1915-21 Schüler von Len- 
nart Lundberg am Stockholmer Musikkonserva- 
torium, legte 1924 ein Organistenexamen ab und 
trieb 1925 weitere Klavierstudien in Berlin und 
Paris. Seit 1934 lehrt er an der M usikho chschule 
Stockholm, an der er seit 1953 auch das Fach der 
Klavierpädagogik vertritt. 1954 wurde er Vor- 
sitzender des Schwedischen Klavierlehrervereins, 
unternahm Konzertreisen in den nordischen Län- 
dern, in Deutschland und Frankreich und setzte 
sich auch für Werke zeitgenössischer Komponisten 
ein. 

Brandes, Friedrich, * 18. 11. 1864 zu Aschers- 
leben, f 20. 11. 1940 zu Dresden; deutscher Ver- 
einsdirigent, wurde 1898 als Nachfolger von E. 
Krantz Dirigent des Dresdner Lehrergesangsver- 
eins (bis 1922), 1908-30 Universitäts-Musikdirek- 
tor in Leipzig (Nachfolger Regers) und Leiter der 
Universitäts-Sängerschaft zu St. Pauli. B. war 1911 
bis 1919 Redakteur der NZfM. Mit seinen Chören 
unternahm er zahlreiche Konzertreisen, auch ins 
Ausland. Als Komponist trat er mit Manner- 
chören, Liedern und Klavierstücken hervor. 

Brandl, Johann Evangelist, * 14. 11. 1760 zu 
Klosterrohr bei Regensburg, + 25. 5. 1837 zu 
Karlsruhe; deutscher Komponist, war 1789 Musik- 
direktor am Hofe des Fürstbischofs von Speyer 
und BruchsaL Um 1802 bewarb er sich vergeblich 
um die Hofkapellmeisterstelle in Stuttgart, ab 
1806 (1808?) war er Hofmusikdirektor in Karls- 
ruhe. Er schrieb Messen und Oratorien, mehrere 
Opern (darunter Omar der Gute, Triumph des Vater- 
herzens, Symphonien und andern Orchesterwerke, 
Quintette und Quartette (die 6 Streichquartette 
op. 17 sind J. Haydn gewidmet), Lieder und Ge- 
sänge. 

Lit: O. Danzer, J. B.'s Leben u. Werke, Diss. Mün- 
chen 1925, Brünn 1936; F. O. Leinert, Johann 
Evangelist B. als Lieder- u. Kammeimusikkomponist, 
Wolfenbüttel 1937, auch Hannover 1939; H. Giehne 
in: Badische Biogr., hrsg. v. F. v. Weech, Bd I, 
Heidelberg 1875. 


Brandl, Johann, * 30. 10. 1835 zu Kirchenbirk 
(Böhmen), f 10. 6. 1913 zu Wien; österreichischer 
Komponist, brachte ab 1869 in Wien 9 Operetten 
zur Aufführung, darunter Des Löwen Erwachen 
(1872), Die Töchter des Dionysos (1882), und schrieb 
Musik zu über 100 Bühnenstücken. 

Brandsch, Gottlieb, * 21. 4. 1872 zu Mediasch 
Bezirk Schassburg) ; siebeabürgischer Pfarrer und 
V olksliedsammler, studierte 1890-94 in Berlin, 
Leipzig, Jena und Klausenburg, wurde Lehrer, 
1907 Harrer, nach seiner Pensionierung (1936) Lei- 
ter der Handschriften-Abteüung des Brukenthal- 
schen Museums in Hermannstadt (bis 1947). Da- 
neben widmete er sich der Erforschung und Samm- 
lung des siebenbürgischen Volksliedes. Haupt- 
werke : Zur Metrik der siebenbürgisch^deutschen Volks- 
weise (Hermannstadt 1905), Liederbuch fiir die 
deutsche Jugend in Rumänien (Schassburg 1925), Sie- 
benbürgisch-deutsche Volkslieder (Hermannstadt 1931, 
Neuausgabe von Fr.W. Schusters »Siebenbürgisch- 
sächsischen Volksliedern«, 1865), Siebenbürgisch- 
deutsche Volksballaden (Hermannstadt 1936-38). 

Brandt, Fritz, * 24. 1. 1880 zu Magdeburg, f 29. 
1. 1949 zu Düsseldorf; deutscher Komponist, er- 
hielt seine musikalische Ausbildung zuerst von 
seinem in Magdeburg als Musikdirektor tätigen 
Vater Professor Adolph B., dann durch komposi- 
torische Studien in Berlin. Er schrieb Orchester- 
werke, Klavierkonzert op. 19 (Düsseldorf 1925, 
mit W. Giescking), Tondichtungen für Bar. und 
Orch. An den Mistral (Nietzsche) und Ikarus ; Kam- 
mermusik, Cellosonate, zahlreiche Klavierwerke 
und Lieder. 

Brandt, Jobst (Jodocus) vom, * 28. 10. 1517 zu 
Waldershof (Oberpfalz), + 22. 1. 1570 zu Brand; 
deutscher Komponist studierte ab 1530 in Heidel- 
berg, war gleichzeitig Sängerknabe der kurfürst- 
lichen Hofkapelle und Schüler von Lemlin. Bis 
1548 blieb er am Heidelberger Hofe, war 1548-50 
Stiftshauptmann in Waldsassen (Oberpfalz), 1548 
bis um 1565 Pfleger in dem diesem Kloster gehö- 
renden Liebenstein. Von seinen 62 deutschen Lie- 
dern sind die meisten in Band ffl-V der Sammlung 
seines Freundes Georg Förster (Nürnberg 1549 
bis 1556) gedruckt. Band m ist B. gewidmet. Nach 
B.s Tode erschien noch: Der 1. Teil geistlicher Psal- 
men (Eger 1572, nur Diskant erhalten). 

Ausg.: ein Lied in: R. Freiherr v. Lmencron, Die 
hist Volkslieder d. Deutschen IV, Bin 1869; 4 Lieder 
in: ders., Deutsches Leben im Volkslied um 1530, 
Lpz.-Bln-Stuttgart 1885, 21925; ein Lied, hrsg. v. R. 
Ettner, in MfM XXVI, 1904; ein Lied in: Volks- 
liederbuch f. gern. Chor, Lpz. 1915; ein Lied in: 
Volksliederbuch f. d. Jugend, Lpz. 1929; 3 Lieder in: 
Gesellige Zeit hrsg. v. W. Lipphardt, 2 Bde, Kassel 
1933 u. 1935; 2 Lieder in: Lobeda-Singebuch, hrsg. 
v. K. Hannemann, Lpz. 1934; ein Kirchenlied in: 
Hdb. d. deutschen Kirchenmusik I, 2, hrsg. v. K. 
Ameln, Chr. Mahrenholz u. W. Thomas, Göttingen 
1942. 

Lit: F. Stein, Gesch. d. Musikwesens in Heidelberg, 
Heidelberg 1921; C. Ph. Reinhardt, Die Heidel- 
berger Liedmeister d. 16. Jh., Heidelberger Studien zur 
Mw. VHI, Kassel 1939; H. Albrecht, Die deutschen 
Psalmen u. Kirchengesänge d. J. v. Br., AfMf VH, 
1942. 

Brandt, Karoline -* Weber, C. M. von. 


217 



Brandt 


Brandt» Marianne (eigentlich Marie Bischof)» 
* 12. 9. 1842 und f 9. 7. 1921 zu Wien; deutsche 
Sängerin, 1862-66 Schülerin des Konservatoriums 
in Wien, debütierte Anfang 1867 als Marianne 
Brandt in Olmütz, sang in Klagenfurt, Graz und 
wurde bereits 1868 als 1. Altistin an die Berliner 
Königliche Oper veipflichtet, der sie bis 1886 an- 
gehörte (Königliche Kammersangerin) . 1869/70 ab- 
solvierte sie noch Studien bei Frau Viardot-Garcfa 
in Baden-Baden. 1882 sang sie in Bayreuth neben 
der Matema die Kundry, 1886 an der Deutschen 
Oper in New York. Ab 1890 lebte sie als Gesang- 
lehrerin in Wien. 

Brandts-Boys (brants-bois), Hans, *28. 6. 1905 
zu Wamsveld; niederländischer Dirigent und 
Musikforscher, Neffe von Jan Br.-B., studierte in 
Amsterdam. Rechte, klassische Sprachen und Mu- 
sik (Cembalo bei Alice Ehlers, Komposition bei Sem 
Dresden und Wagenaar), war 1938-40 Lehrer für 
Cembalo und Generalbaßspiel am Musiklyceum 
Amsterdam, jetzt am Konservatorium Rotterdam. 
Br.-B. ist Leiter von Studenten-Chören und -Or- 
chestern an verschiedenen holländischen Universi- 
täten.W erke : Film- und Theatermusiken, Kantaten, 
Klavierstücke und Lieder, ferner einige Schriften 
über J. S. Bach (Haarlem 1950, 2 1956), über dessen 
Wohltemperiertes Clavier (Arnhem 1943, 31955) 
und die Passionen (Leiden 1950). Er bereitet eine 
Gesamtausgabe der Werke von Petrus Hellendaal 
vor. 

Brandts-Boys (brants-bois), Jan, * 12. 9. 1868 zu 
Zutphen, f 8. 12. 1933 zu Salzburg; niederlän- 
discher Komponist. Sein Vater, Marius Adria- 
nus B.-B., war Organist in Zulphen, sein Onkel, 
Henry B.-B., Chordirigent in Amsterdam, sein 
Großvater, Cornelius Abijander B.-B., Or- 
ganist in Zaltbommd, alle drei auch als Kompo- 
nisten tätig. Jan Br.-B. bekleidete bereits mit 13 
Jahren (als Gymnasiast) eine Organistenstelle, war 
später mit staatlichem Stipendium am Raff-Kon- 
servatorium in Frankfurt Schüler von M. Schwarz 
und Urspruch, ließ sich dann in Wien nieder, nahm 
aber kein Amt an, erteilte auch keinen Unterricht, 
sondern schlug sich als Kopist und Arrangeur 
durch. Ab 1910 lebte er bei Bozen, ab 1920 bei 
Ragusa. Seine erste Oper Das Veilchenfest (Berlin 
1909) fand keinen Anklang. Ihr folgten: Le carillon 
(Dresden 1913), Die Schneider von Schönau (Dresden 
1916, sein bekannteste s W erk), Der Eroberer (Dres- 
den 1918), Micarime (Wien 1919), Der Mann im 
Mond (Dresden 1922), Traumland (Dresden 1927), 
ein Ballett Machinalität (Amsterdam 1928), nach- 
gelassen die Oper Ulysses . Außerdem schrieb er: 

3 Klavierkonzerte; symphonische Dichtungen; 
Suite G dur für Streicher, Harfe und Hom op. 7; 
Tancred 9 Konzertstück für Vc. und Orch. op. 35; 
Streichsextett D dur op. 40 für 3 V., 2 Va und Vc. ; 

4 Streichquartette, ein Hötenquintett, ein Klavier- 
trio, Lieder und Klavierstücke. 

Lit.: E. Istel, Die moderne Oper, Bin 2 1923, -= Aus 
Natur u. Geisteswelt 495. 

Brandts-Boys (brants-bois) Johann Sebastian, 

* 8. 12. 1879 zu Rotterdam, Vetter von Jan B.-B., 
niederländischer Musikschriftsteller. Sein Vater und 
Lehrer Ludwig Felix B.-B., * 20. 11. 1847 zu 
Deventer, f 29. 6. 1917 zu Vdp, war Organist in 


Rotterdam. Johann Sebastian Br.-B. war 1911-19 
Musikkritiker des »Unrechter Tageblatt«, 1909-11 
beteiligt an der Redaktion der »Toonkunst«, ein 
Pionier moderner Musik. 1919 ging er nach Java 
und studierte unter Mitarbeit seiner Frau (der Bild- 
hauerin Anne B.-B., geb. Van Zijp) die javanische 
Musik, über die er einige Aufsätze veröffentlichte. 

Brand^kow, Anatol Andrejewitsch, * 6. 1. 1859 
und f 15. 2. 1930 zu Moskau; russischer Violon- 
cellist, studierte am Moskauer Konservatorium bei 
Fitzenhagen, lebte dann in Paris, gründete dort 
1886 mit Marsick eine Quartettvereinigung, lebte 
ab 1890 wieder in Moskau, wurde 1903 Direktor 
der musikalisch-dramatischen Schule der Moskauer 
Philharmonie, 1920 Professor am Moskauer Kon- 
servatorium. Er schrieb Solostücke für Vc., zum 
Teil mit Orch. 

Brandus, Dufour Sc Cie. (bräd'üs, düf'u:r), 
großer Pariser Musikverlag, gegründet 1834 von 
Moritz Schlesinger, 1846 von den Brüdern 
Louis B. (f 30. 9. 1887) und Gemmy B. (* 1823, 
f 12. 2. 1873) übernommen. 

Branscombe (b/aenzkomb), Gena (Mrs. John 
Ferguson Tenney), * 4. 11. 1881 zu Picton (On- 
tario) ; amerikanische Komponistin, studierte 1897 
bis 1899 Klavier bei Ziegfeld, Friedheim und Ru- 
dolph Ganz, Komposition bei F. Borowski und 
Fieütz in Chicago, später Komposition bei Hum- 
perdinck in Berlin. Seit ihrer Heirat lebt sie in New 
York, wo sie auch als Dirigentin mehrerer Chöre 
tätig ist. Ihre gefällige melodische Erfindung hat 
ihren z a hlr eichen Liedern und Chören, von denen 
viele kanadische Stoffe behandeln, viele Anhang s 
erworben. Größere Werke: Oper The Beils (1. Akt 
New York, 1945) ; Festival Prelude für Orch. (1914) ; 
Pilgrims ofDestiny für Soli, Chor und Orch. (1928) ; 
symphonische Suite Quebec (1930). 

Brant (b/aent), Henry Dreyfus, * 15. 9. 1913 zu 
Montreal; amerikanischer Komponist, erhielt s ein e 
musikalische Ausbildung an der Juilliard School in 
New York und bei G. Antheil, war längere Zeit als 
Bearbeiter (Orchestrierung) beim American Ballet 
und den Paramount Pictures tätig, ist jetzt Lehrer 
für Orchestrierung und Arrangement an der Co- 
lumbia University. Er schrieb u. a. die Bühnen- 
werke Dis Chard (1932), Miss ö 9 Grady (1936), 
Entente cordiale (1936) und Alisaunde (1940), Bal- 
lette ( The Great American Goof 1940, City Portrait 
1940), Fil mm u s i k en, Symphonien (B dur 1931, 
C moll 1937), Four Choral Preludes (1932), Prelude 
and Fugue (1934) und Dedication in Memory of a 
Great Man (1945) für Orch., Variationen (1930) 
und Lyric Piece (1933) für Kammer orch., Konzert 
für Fl. und 10 Instr. (1932), Five and Ten Cent Store 
Music für KL und 20 Instr. (1932), Klarinetten- 
konzert (1939), Fantasy and Caprice für V. und Orch. 
(1941), ein Saxophonkonzert (1942), Vokalwerke 
{In Zuru fm Männerfalsett und Chor, 1936), Kam- 
mermusik (Suite für EL und Streichquartett 1932, 
Lyric cycle für S., 3 Va und KL, 1937) und Klavier- 
stücke. Er instrumentierte 1938 für Benny Good- 
man Mr, Bach Goes to Town von Templeton. 

Braut, Jan, * um 1551 zu Posen, f 31. 12. 1601 zu 
Lemberg; polnischer Komponist, gebildet in Rom, 
Rektor des Jesuitenkollegs m Lemberg, gab heraus : 


218 



Braun 


Piefai lacinskie ipolskie znutami muzycznemi (War- 
schau 1586; lateinische und polnische Kirchen- 
lieder). 

Brant, Jobst vom -*■ Brandt. 

Branzell, Karin, * 24.9.1891 zu Stockholm; 
schwedische Sängerin (Mezzosopran), war zu- 
nächst Organistin in Stockholm, bildete sich Hann 
aber zur Sängerin aus und debütierte 1912 am 
Königlichen Theater in Stockholm, dem sie bis 
1918 angehörte. Sie sang 1919-24 an der Staats- 
oper Berlin, dann bis 1944 am Metropolitan Opera 
House in New York, trat daneben aber auch an den 
Staatsopem München und Wien, in Covent Gar- 
den in London sowie bei den Bayreuther Fest- 
spielen auf. Seit 1946 wirkt sie als Lehrerin an der 
Juilliard School of Music in New York. 

BrasdhowQnov, Stojan, * 14. 9. 1888 zu Russe 
(Bulgarien), f 16. 10. 1956 zu Sofia; bulgarischer 
Musikforscher, studierte Musikwissenschaft an den 
Universitäten Jena, Berlin und Leipzig (Riemann), 
promovierte 1922 bei H. Abert in Leipzig mit 
einer Arbeit Über die Rhythmik und Metrik des 
bulgarischen Volksliedes, studierte später noch bei 
Kurth (1927) und Handschin (1936). 1923 erfolgte 
seine provisorische Anstellung in Sofia, 1931 seine 
Habilitation für Musikwissenschaft an der Staat- 
lichen Musikakademie, an der er 1937 zum ordent- 
lichen Professor ernannt wurde und die er 1937-40 
als Direktor leitete. Ab 1952 lebte er im Ruhestand. 
Veröffentlichungen: Soziologische Betrachtungen 
über das Volkslied (Filosofski Pregled, Sofia 1931), 
Das Verhältnis zwischen Musik und Kirche in der 
Rjeformationszeit (Bulgarska Misl, Sofia 1931), La 
musique bulgare contemporaine (Revue Internationale 
des Etudes Balcaniques, Belgrad 1936), Vom Volks- 
lied zur Kunstmusik (Jahrbuch der Deutsch-bulga- 
rischen Gesellschaft 1939), Das bulgarische Volks- 
lied als Brauchtum und Kunst (Jahrbuch des Auslands- 
amtes der Deutschen Dozentenschaft 1942), Bul- 
garische Musikgegenwart (DMK VHI, 1943), Ge- 
schichte der Musik (Sofia 1946, bulgarisch). 

Braslau, Sophie, * 16. 8. 1892 und f 22. 12. 1935 
zu New York; amerikanische Sängerin (Alt), war 
1911-21 Mitglied des Metropolitan Opera House, 
an dem sie 1918 bei der Uraufführung die Titel- 
rolle in Cadmans Shanewis kreierte. Besonders als 
Vertreterin italienischer Opemrollen geschätzt, 
sang sie auch an der Ravinia Park Opera, an der 
Philadelphia Opera sowie auf einer Gastspielreise 
in Europa. 

Brassart (bras'arr), Johannes (Braxatoris, Bras- 
seur, Bruwer), * zu Lüttich (de Leodio) ; franko- 
flämischer Komponist, 1431 kurze Zeit (7 oder 8 
Monate) päpstlicher Kapellsänger in Rom (Laie), 
dann bis 1434 als Kaplan von St. Lambert in 
Lüttich, ab 1438 (eigentlich erst 1442) Kanonikus 
an Ndtre Dame von Tongern, bis 1443 auch 
chantre. Kurze Zeit darauf muß er gestorben sein. 
Stücke von ihm sind in den Trienter Codices und 
den Handschriften Aosta, BL, München Mus. ms. 
3232a und Oxford BodL Canon, misc.213 erhalten, 
und zwar: 3 Kyrie, 3 Et in terra, 2 Patrem, ein 
Sanctus, ein Agnus, 7 Introitus (alle diese Sätze 
3st.), 4 4st. und 5 3st. Motetten sowie ein 3st. 
deutsches Lied Christ ist erstanden . 


Ausg.: 3 Motetten in: Sechs Trienter Codices, 1. Aus- 
wahl, hrsg. v. G. Adler u. O. Koller, = DTÖ VII, 
eine Motette in: Trienter Codices, 6. Auswahl, hrsg. 
v. R. v. Ficker, = DTÖ XL; Christ ist erstanden bei 
Osthoff (siehe Lit.). 

Lit.: F. X. Haberl, Bausteine f. Mg., I: Wilhelm Du 
Fay, Vf Mw I, 1885, u. III: Die röm. »Schola Can- 
torum«, VfMw III, 1887, separat Lpz. 1885 u. 1888; 

H. Riemann, Hdb. d. Mg. II, 1, Lpz. 1907; K. PfezES, 
Der Mensuralcodex d. Benediktinerklosters Sancti 
Emmerami zu Regensburg, ZfMw X, 1927/28; A. 
Auda, Musique et musiciens de Fanden pays de 
Liige, Lüttich 1930; H. Osthoff, Die Niederländer 
u. d. deutsche Lied, Neue deutsche Forschungen Bd 
197 (= Abt. Mw. Bd 7), Bin 1938; G.de Van, A 
Recently Discovered Source of Early Fifteenth Cent. 
Polyphonic Music, MD n, 1948; Ch. van den Bor- 
ren, Geschiedenis van de muziek in de Nederlanden 

I, Amsterdam-Antwerpen 1949; S. Clercx, J. B. et 
le ddbut de sa carriire, RBM VI, 1952. 

Braudo, Jewgenij Maximowitsch, * 20. 2. 1882 
zu Riga, 1 17. 10. 1939 zu Moskau; russischer Mu- 
sikforscher, studierte in St. Petersburg und Moskau 
Natur-, Kunst- und Sprachwissenschaft, Musik- 
wissenschaft in Leipzig bei Riemann und Kretzsch- 
mar; daneben trieb er musikalische Studien bei 
Reger. 1914-24 war er Professor an der Universität 
Petrograd und Ordinarius des Russischen Instituts 
für Kunstgeschichte und der Akademischen Thea- 
terschule, ab 1924 in Moskau am Pädagogischen 
Institut und dem Institut für Drama und Oper 
tätig. Er schrieb: Allgemeine Geschichte der Musik 
(I Petrograd 1922, II Moskau 1925, HI Moskau 
1927), A. P. Borodin (Petrograd 1922), Beethoven 
und seine Zeit (Moskau 1927, sämtlich in russischer 
Sprache). 

Brauer» Herbert, * 3. 11. 1915 zu Berlin; deut- 
scher Sänger (Bariton), studierte an der Berliner 
Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmu- 
sik, an den Universitäten Berlin und Gießen 
(Promotion 1942), im Gesang Schüler von K. 
Schmitt-Walter und W. Domgraf-Fassbaender. 
1945-48 gehörte er der Deutschen Staatsoper an 
und wirkt seitdem an der Städtischen Oper, seit 
1956 auch als Dozent für Gesang an der Hochsdiule 
für Musik in Berlin-Charlottenburg. Er schrieb: 
Goethes Lieddichtung bei Franz Schubert und Hugo 
Wolf (Dissertation Gießen 1942, maschinenschrift- 
lich). 

Brauer» Max, * 9. 5. 1855 zu Mannheim, 1 2. 1. 
1918 zu Karlsruhe; deutscher Dirigent, war in 
Karlsruhe 1875/76 Schüler von V. Lachner, dann 
bis 1880 von Ferd. Hüller, G. Jensen und S. de 
Lange am Kölner Konservatorium, wurde 1880 
Dirigent des Cäcilienvereins in Kaiserslautern, 
1888 Musikdirektor der Hofkirche in Karlsruhe, 
wo er 1905 den Bachverein gründete. Er schrieb 
die Opern Der Lotse (Karlsruhe 1895, umgearbeitet 
Luzern 1913) und Morgiane (Karlsruhe 1899), eine 
Suite für Streichorch. op. 14, eine Bläserserenade 
und Kamme rm usik. 

Braun» - 1) Anton, * 6. 2. 1729 und f 1785 zu 
Kassel, ab 1764 Violinist der Kasseler Hofkapelle, 
Komponist von in Paris um 1770 gedruckten Trio- 
und Flötensonaten und Flötenkonzerten. - 2) 
Johann, * 28. 8. 1753 zu Kassel, f 1795 zu Berlin, 
Sohn von Anton B.; deutscher Violinist, war Schü- 
ler Schwanenbergs in Braunschweig, 1770-85 Hof- 


219 



Braun 


musiker in Kassel und 1788 Konzertmeister der 
Königin von Preußen in Berlin, wo er im Hotel 
Stadt Paris mit Hurka öffentliche Konzerte ver- 
anstaltete. Er schrieb Lieder, Triosonaten, Violin-, 
Horn-, Cello-, Flöten- und Fagottkonzerte. - 3) 
Johann Friedrich, * 15. 9. 1759 zu Kassel, f 15. 
9. 1824 zu Ludwigslust, Sohn von Anton B., war 
Oboist und komponierte Stücke für dieses Instru- 
ment. - 4) Karl Anton Philipp, * 26. 12. 1788 zu 
Ludwigslust, t 11- 6. 1835 zu Stockholm, Sohn 
von Johann Friedrich B.; deutscher Oboist, wurde 
1807 Mitglied der Kopenhagener, 1815 der Stock- 
holmer Hofkapelle. Er schrieb Schauspielmusiken, 
Oboenkonzerte, Symphonien, Kammermusik und 
Lieder. - 5) Wilhelm, * 1791 zu Ludwigslust, 
Sohn von Johann Friedrich B.; deutscher Oboist, 
lebte ab 1831 in Stockholm und schrieb zahlreiche 
Orchesterwerke und Kammermusik. 

Lit: zu J. B.: C. Engel, »Introducing Mr. Brown«, 
MQ XXX, 1944; zu K. B.: A. Törneros, Bref och 
dagboksanteckningar, 1891. 

Braun, Carl, * 2. 6. 1887 zu Meisenheim; deut- 
scher Opernsänger (Baß), trat zunächst in Wies- 
baden, Wien und Charlottenburg auf, 1912-17 am 
Metropolitan Opera House in New York, 1920-27 
an der Staatsoper und 1933-35 am Deutschen 
Opernhaus in Berlin, ließ sich 1937 als Theater- 
agent in Oberhausen nieder. Auf Konzertreisen 
sang er in Südamerika, 1928-31 in den Vereinigten 
Staaten und 1906-31 bei den Bayreuther Fest- 
spielen. 

Braun, Hans, * 14. 5. 1917 zu Wien; österreichi- 
scher Opern- und Oratorien-Bariton, Absolvent 
der Wiener Hochschule für Musik, trat als Vier- 
undzwanzigjähriger seine Laufbahn noch in der 
Endphase des Krieges in Königsberg an und ist seit 
Mai 1945 Mitglied der Staatsoper Wien (Kammer- 
sänger). Gastspiele führten ihn u. a. nach Mailand, 
Florenz, Rom, Neapel, München, Hamburg, Lon- 
don. Außer bei Opemaufnahmen europäischer 
Schallplattenfinnen wirkte B. bei amerikanischen 
Aufnahmen von Bach-Kantaten mit. 

Braun, Rudolf, *21. 10. 1869 und f 30. 12. 1925 
zu Wien; österreichischer blinder Komponist, war 
Schüler Labors und schrieb Klavierstücke, ein 
Streichquintett, Lieder, die Oper Ovid bei Hofe, das 
Singspiel Galante Zeit und Munk zu 3 Panto- 
mimen. 

Braunfels, - 1) Walter, * 19. 12. 1882 zu Frank- 
furt am Main, f 19. 3. 1954 zu Köln; deutscher 
Komponist, studierte in Frankfurt bei J. Kwast, in 
Wien bei Leschetizky und K. Nawratil, ab 1905 
bei Thuille in München, wo er bis 1925 lebte, 
wurde dann neben H. Abendroth Direktor der 
Staatlichen Hochschule für Musik in Köln, jedoch 
1933 entlassen; die Aufführung seiner Werke 
wurde in Deutschland verboten. Von da an lebte 
er bis 1937 in Bad Godesberg, dann in Überlingen 
am Bodensee. 1945-50 war er Präsident der Kölner 
Musikhochschule. Als Komponist stand B. ebenso 
dem Klassizismus eines Brahms, der Phantastik 
eines Berlioz, der Nachromantik Pfitzners nahe; 
von diesem unterschied ihn besonders die freie 
improvisatorische Konzeption seiner bestenWerke. 
Die nach 1930 entstandenen Werke zeigen einen 


verinnerlichten, harmonisch aufgelockerten Stil. 
Für die meisten seiner Opern verfaßte B. die Texte 
selbst. Hauptwerke: die Opern Prinzessin Bram - 
billa op. 22 (1908), Die Vögel op. 30 (1919), Ver- 
kündigung op. 50 (1935), Der Traum ein Leben op. 51 
(1937), Scenen aus dem Leben der heiligen Johanna 
op. 57 (1943) ; die geistlichen Chorwerke Offen- 
barung Johannis, Kapitel VI op. 17 (1910), Te Deum 
op. 32 (1921), Große Messe op. 37 (1926), Das 
Spiel von der Auferstehung op. 72 (1954), Kantaten 
zu Advent (op. 45, 1933), Weihnachten (op. 52, 
1937), Passion (op. 54, 1943), Ostern (op. 56, 1944) ; 
Orchesterstücke: Symphonische Variationen über 
ein altfranzösisches Kinderlied op. 15 (1909) ; Phan- 
tastische Erscheinungen eines Themas von Berlioz 
op. 25 (1917) ; Variationen über ein Thema von 
Mozart op. 34 (1923); Symphonia brevis op. 69 
(1948) ; Schottische Phantasie für Va und Orch. op. 47 
(1933) ; für KL und Orch. : Konzert op. 21 (1911) ; 
Konzertstück op. 64 (1946) ; Hebridentänze op. 70 
(1951) ; Streichquintett Fis moll op. 63 (1945) ; 
Streichquartette A moll (op. 60, 1944), F dur 
(op. 61, 1944), E moll (op. 67, 1947). - 2) Michael, 
* 3. 4. 1917 zu München; Sohn und Schüler von 
Walter B., deutscher Pianist, studierte Klavier bei 
P. Baumgartner, Komposition auch bei Fr. Mar- 
tin, 1954 wurde er Klavierlehrer an der Musik- 
hochschule in Köln. Als Komponist trat er mit 
einem Streichquartett und Orchesterstücken her- 
vor. 

Lit.: E. Istel, Die moderne Oper, Bin 21923, = Aus 
Natur u. Geisteswelt, Bd 495. 

Bravniöar (br'avnitjar), Matija, * 24. 2. 1897 zu 
Tolmin bei Görz (Slowenien); jugoslawischer 
Komponist, lebt in Ljubljana (Laibach). Nach Be- 
such der Lehrerbildungsanstalt und der Komposi- 
tionsklasse an der Musikakademie in Laibach war 
er hier 1919-45 Mitglied des Opemorchesters und 
ist seit 1946 Direktor der Musikakademie (auch 
Kompositionsprofessor). Gleichzeitig hat er das 
Musifclektorat des Slowenischen Staatsverlages und 
das Präsidium des Jugoslawischen Komponisten- 
varbandes inne ; Als Bühnenkomponist trat er 1930 
mit einer komischen Oper Das Ärgernis im Sankt - 
Florianstal und 1940 mit einer oratorischen Volks- 
oper Jemej der Knecht (beide nach Ivan Cankar) 
hiervor. Den bisher 2 Symphonien (1951, 1952) 
gingen Divertimenti, Rhapsodien und Ouvertüren 
für Orch. voraus. Ein Jugendalbum für Kl. und 
Kinderlieder ergänzen sein kompositorisches Werk. 

Brayssing, Gregor, * zu Augsburg; deutscher 
Lautenist des 16. JL, floh vor der Gegenreforma- 
tion nach Paris, wo er 1553-60 nachweisbar ist. 
1553 veröffentlichte er dort ein Quart livre de 
tabulature deguiterre, das Phantasien und eine Guerre 
von B. sowie Psalm- und Chansonbearbeitungen 
enthält. 

Lit: Fr. Lesure, La guitare en France . . ., MD IV, 
1950. 

Breazul» George, * 26. 9. 1887 zu Amäräjtii de 
Jos in Oltenien (Rumänien); rumänischer Musik- 
forscher, studierte am Konservatorium in Buka- 
rest und an der Universität in Berlin, wirkte dann 
als Privatlehrer und Musiklehrer an Mittelschulen, 
ab 1926 als Theorielehrer an der Musikakademie 
in Bukarest. 1927 erhielt er den neu eingerichteten 


220 



Bree 


Lehrstuhl für Musikenzyklopädie und Musikpäd- 
agogik und gründete im selben Jahr das Phono- 
grammarchiv des Kunstministeriums zur Samm- 
lung rumänischer Volksmelodien. B. wirkt heute 
als Professor für Musikgeschichte und für das Stu- 
dium der Volksmusik am Konservatorium »Ciprian 
Porumbescu« in Bukarest. Er war 1916-25 Heraus- 
geber und Chefredakteur der Zeitschrift »Muzica« 
und Musikreferent verschiedener rumänischer Zeit- 
schriften. Veröffentlichungen: Das Phonogramm - 
archiv (Bukarest 1932, rumänisch). Die Musikerzie- 
hung in Rumänien (Bukarest 1936), Ein Kapitel der 
Musikerziehung (Bukarest 1937, rumänisch), Die 
ersten Mozartaufführungen in Rumänien (Festschrift 
für E. H. Müller von Asow, 1942, maschr.), Studien 
überdas Volkslied (Bukarest 1947, rumänisch), D. G. 
Kiriac (Einleitung zu dessen »Ausgewählten Wer- 
ken«, Bukarest 1955, rumänisch), Gavriil Musicescu 
(Ausgewählte Werke und Einl eitung, Bukarest 
1957), Zum 200. Geburtstag W. A. Mozarts (Mo- 
zart - D. Cantemir - das rumänische Volkslied, 
Bukarest 1957). Unter den Ausgaben B.s finden 
sich Liederbücher für die rumänischen Schulen. 

Brebos, Gilles Gilles. 


Brecher, Gustav, * 5. 2. 1879 zu Eichwald bei 
Tepütz, f 1940 zu Ostende; deutscher Opemdiri- 
gent, war noch Schüler des Leipziger Nikolai- 
gymnasiums, als 1896 Richard Strauss seine sin- 
fonische Dichtung Rosmersholm aufrührte. 1899 be- 
gann er seine Dirigentenlaufbahn als Volontär am 
Leipziger Stadttheater, ging 1900 an die Wiener 
Hofoper und weiter an das Stadttheater Olmütz, 
1903 nach Hamburg, wurde 1911 1. Kapellmeister 
an der Kölner Oper, 1916 an der in Frankfurt am 
Main und war 1924-33 GMD und Opemdirektor 
in Leipzig. Dort brachte er 1927 Kfeneks Johnny 
spielt auf sowie 1930 K. Weills und B. Brechts 
Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny zur Urauf- 
führung. Er schrieb: eine soziale Symphonie Aus 
unserer Zeit (nach Texten von J. H. Mackav) und 
die Bücher Richard Strauss (Leipzig 1900) und 
Opemübersetzungen (Berlin 1911); die Texte zu 
Margarethe , Tosca und Othello übersetzte er neu. 


Brecht, Bertolt (Bert), * 10. 2. 1898 zu Augs- 
burg, t 14. 8. 1956 zu Berlin; deutscher Dichter, 
erhielt bereits 1922 für seine ersten Dramen den 
Kleist-Preis, wirkte dann an Theatern in München 
und Berlin, bis er 1933 fliehen mußte. Er ging zu- 
nächst nach Skandinavien, 1941 von Finnland über 
Wladiwostok nach Amerika. 1948 kehrte er nach 
Berlin zurück und leitete dort ein eigenes Theater- 
ensemble. B., ohne Zweifel der bedeutendste 
deutsche Dramatiker der letzten Jahrzehnte, stützt 
die gesellschaftskritische Aktualität seines Epischen 
Theaters politisch mit der Doktrin des Kommunis- 
mus, theoretisch mit einer der aristotelischen ent- 
gegengesetzten Poetik. Zur Erreichung eines Ver- 
fremdungseffekts verzichtet er auf Illusionseffekte 
sowie auf die psychologische Spannung einer un- 
unterbrochenen Handlung und setzt gerne den 
mehrstrophigen Song ein, wo Leitsätze der Argu- 
mentation sentenzartig zusammengefaßt werden. 
Als die deutschen Komponisten sich in den späten 
20er Jahren der Gebrauchsmusik zuwandten, wurde 
B. für einige Zeit zu einer Schlüsselfigur im deut- 
schen Musikleben. Opern: Aufstieg und Fall der 


Stadt Mahagonny (1927, erweitert 1929, Musik von 
K. Weill), Dreigroschenoper (1928, nach J. Gays 
Beggar’s Opera, Weill), Der Jasager (1930, Weill), 
Das Verhör des Lukullus (1951, als Hörspiel bereits 
1939, P. Dessau). Kantaten: Lindherghflug (1929, 
Weill und Hindemith), Lehrstüde (1929, Hinde- 
mith), Gott sei bei uns-Kantate und Kantate auf den 
Tod eines großen Mannes (Eisler). Lieder zu anderen 
Stücken B.s sowie Vertonungen einzelner Lieder 
und politisch-kabarettistischer Songs schrieben P. 
Dessau, Eisler, W agner-Regeny , Weill. 

Ausg.: Versuche, 14 Hefte, Bin 1930-55, enthalten die 
Dichtungen und theoretische Erörterungen, so in 
H. H, 1931, Anmerkungen zur Oper Mahagonny; 
Gesammelte Werke, 2 Bde, London 1938; Stücke, 
4 Bde, Bin u. Ffm. 1955; Schriften zum Theater, hrsg. 
v. S. Unseld, — Bibi. Suhrkamp XLI, Bin u. Ffm. 
(1957). 

Lit : C. Tolksdorf, J. Gays Beggar’s Opera u. B.s 
Dreigroschenoper, Diss. Bonn 1934; H. H. Stücken- 
schmidt, Neue Musik, = Zwischen d. beiden Krie- 
gen II, (Bin) 1951. 

Bredal, Ivar Frederik, * 17. 6. 1800 und f 25. 
3. 1864 zu Kopenhagen; dänischer Komponist, 
war Schüler von Kuhlau, 1835-49 Konzertmeister 
der Königlichen Kapelle, daneben Dirigent der 
1836 gegründeten Musikforeningen bis 1843, 1849 
bis 1863 Konzertmeister am Königlichen Theater. 
Er schrieb die Singspiele Brüden fra Lammermoor 
(1832), Guerillabanden (1834) und eine Kantate 
Judas Ischarioth für T. und Orch. 

Br$demers, Henry, * um 1472 zu Namur, 
t 20. 5. 1522 zu Lierre; flämischer Organist und 
Orgelexperte, war Sängerknabe der Kantorei von 
Notre Dame in Antwerpen, ab 1493 dort Or- 
ganist, 1500 als Nachfolger von G. Nepotis (f 1496 
zu Antwerpen) Organist und Sängerknabenprä- 
zeptor der burgundischen Hofkapelle Philipps des 
Schönen, begleitete den Herzog auf seinen Reisen 
nach Spanien, England, Frankreich, Österreich und 
Süddeutschland (1503 in Innsbruck und Heidel- 
berg), Musiklehrer des späteren Kaisers Karl V. 
und dessen musikliebenden Schwestern, 1520/21 
im Gefolge des Kaisers; bekannt mit P. Hofhaimer, 

A. Schlick und H. Büchner; ab 1506 Präbendar 
am Kollegiatstift St Gommaire zu Lierre, in dessen 
Kirche er neben dem Bischof von Utrecht, Fried- 
rich von Baden, begraben ist 

Lit.: G.Van Doorslaer, H. B., organiste et maltre 
de musique (1472-1522), Antwerpen 1915; ders., La 
chapelle musicale de Philippe le Beau in: Revue beige 
d’arcMologie et d’histoire de Part IV, 1934; G. 
Pietzsch, Zur Gesch. d. Musik in Worms (bis zur 
Mitte d. 16. Jh.) in: Der Wormsgau EU, 1956; G. 
Pietzsch in Mf XI, 1958, S. 313. 

Bree» Jean Bernard van, * 29. 1. 1801 und 
f 14. 2. 1857 zu Amsterdam; niederländischer 
Dirigent, war Schüler von Bertel man, wurde 1829 
Dirigent des Vereins Felix meritis, gründete 1840 
den Cedlien-Vereen, den er bis zu seinem Tode 
leitete, und war Direktor der Musikschule der 
Maatsdiappij tot bevordering der Toonkunst. Er 
schrieb die Opern Sappho (1834), Le bandit (1840), 
Nimm dich in Acht (1845), 3 Messen für Männer- 
chor und eine CädHen-Kantate. 

Lit : W. J. H. van den Bergh, Een fljkbloem voor v. 

B. , den NederL toondichter, Amsterdam 1857. 


221 



Brehme 


Brehme, Hans, * 10. 3. 1904 zu Potsdam, 1 10- 
11. 1957 zu Stuttgart; deutscher Komponist, 1922 
bis 1926 Schüler der Berliner Hochschule für 
Musik, danach bis 1928 von W. KempfF, gehörte 
1928-44 als Klavierlehrer, ab 1936 auch als Kom- 
positionslehrer der Musikhochschule Stuttgart an 
und war ab 1950 wieder dort, nachdem er 1945—49 
am Hochschulinstitut in Trossingen gewirkt hatte. 
Werke: die Opern Der Uhrmacher von Straßburg 
(Kassel 1941) und Liebe ist teuer (Münster 1950), 
Concerto sinfonico (1930), 2. Symphonie (1950), 
Triptychon für Orch. (1937), Kammerkonzert für 
Klaviertrio, Streicher und Pauken (1946), Klavier- 
konzert (1936), Konzert für H. und Streicher 
(1949), Chöre (5 Gesänge op. 35, 1937), Kammer- 
musik (Sextett 1935, Klarinettenquintett 1947, 
Streichquartette), Sonate für Altsaxophon, Kla- 
vier- und Orgelsonaten sowie Kompositionen für 
Akkordeon. 

Breidensteiii, Heinrich Carl, * 28. 2. 1796 zu 
Steinau (Hessen), f 13. 7. 1876 zu Bonn; deutscher 
Musikforscher, studierte in Berlin und Heidelberg, 
erst Jura, dann Philologie, nahm daneben Musik- 
unterricht bei J. C. H. Rinck und kam mit dem 
Kreis um A. F. J. Thibaut in Berührung. 1817-18 
war er Hauslehrer beim Grafen Wintzingerode in 
Stuttgart, 1819-20 Musiklehrer an der Universität 
Heidäberg, promovierte 1821 in Gießen mit einer 
Arbeit Über das Schöne in der Musik und wurde 
1822 Universitäts-Musikdirektor in Bonn, 1826 
Professor für Musik. Als solcher hielt er historische 
und ästhetische Vorlesungen. Ab 1828 setzte er sich 
für die Errichtung des Bonner Beethoven-Denk- 
mals ein, bei dessen Enthüllung er eine eigene Fest- 
kantate dirigierte. Er schrieb einige Motetten, Lie- 
der, Orgelstücke, eine Praktische Singschule (Bonn 
1831; weit verbreitet und mehrfach wieder auf- 
gelegt), Festgabe zur Inauguration des Beethoven- 
Monuments (Bonn 1845) und Zur Jahresfeier der 
Inauguration . . . (Bonn 1846) sowie musikalische 
Artikel in Ersch-Grubers Allgemeiner Encyclopädie 
(Leipzig 1818-50). Seine handschriftlichen Materia- 
lien über Orgelbau und -spiel verwertete Hugo 
Ricmann im Katechismus der Orgel (Leipzig 1901). 
Iit: C. Steven, H. C. B., Diss. Bonn 1924; W. Kahl, 
Zur Gesch. des Bonner Beethovendenkmals, in: 
Beethoven-Jb. 1953/54, ** Veröff. des Beethoven- 
hauses Bonn 11, 1. 

Breitengraser, Wilhelm (Breytengasser, 
Ini tia le n G. B. = Guilelmus Breyttengraser), 
* um 1495 und f 23. 12. 1542 zu Nürnberg; deut- 
scher Komponist, studierte ab 1514 in Leipzig und 
war dann Lehrer an der Trivialschule St. Egidien 
in Nürnberg. Er gehörte zu dem Kreis um den 
Humanisten Eoban Hesse. Das noch wenig er- 
forschte Werk B.s umfaßt 2 Messen, Psalmen, 
Responsorien, Hymnen und deutsche Lieder. 
Ausg.: 2 deutsche Lieder, hrsg. v. R. Eitner in 
PGfM II; ein Hymnus, hrsg. v. R. Gerber in RD 
XXI. 

Lit.: Z. Jachxmecke, Eine polnische Orgel-Tabulatur, 
ZfMw II, 1919/20; H. J. Moser, Renaissancelyrik 
deutscher Musiker, DYjs. V, 1927; H. Albrecht, 
Zwei Quellen . . ., Mf I, 1948; R. Wagner, W. B. 
und die Nürnberger Kirchen- und Schulmusik seiner 
Zeit, Mf II, 1949. 

Breithaupt, Rudolf Maria, * 11. 8. 1873 zu 
Braunschweig, f 2. 4. 1945 zu Ballenstedt; deut- 

222 


scher Klavierpädagoge, studierte zunächst Jura, 
später Philosophie, Psychologie, Kunst- und Mu- 
sikwissenschaft, war ab 1897 auch am Leipziger 
Konservatorium Schüler von Teichmüller und 
ging nach kurzem Aufenthalt in Wien 1901 als 
Musikschriftsteller und Klavierpädagoge nach Ber- 
lin; dort trat er 1918 die Nachfolge von M. Krause 
als Hauptlehrer am Stemschen Konservatorium an. 
Er schrieb Die natürliche Klaviertechnik (Leipzig 
1905, 21905 , 31912, 41925, französisch von E. 
Closson, Leipzig und Paris 1923); Band II: Die 
Grundlagen der Klaviertechnik (Leipzig 1906, 41925, 
französisch 1908, englisch 1909, russisch 1929) ; und 
als dritten Teil Praktische Studien (5 Hefte, 1916-21). 
Darin wendet sich B. - Anregungen von Deppe, 
E. Caland und F. A. Steinhausen aufnehmend - 
gegen das System der »ruhigen Hand« und setzt 
sich für den bewußten Aufbau natürlicher Bewe- 
gungen ein, die vom Oberarm her gesteuert wer- 
den. Er schrieb ferner: Musikalische Zeit - und 
Streitfragen (Gesammelte Aufsätze, Deutsche Bü- 
cherei LVm/LIX, Berlin 1906, 21927). 


Breitkopf, Bernhard Theodor, * 20. 3. 1745 
zu Leipzig, + 1820 zu St. Petersburg, Sohn von 
Johann Gottlieb Immanuel B.; deutscher Musik- 
verleger, war mit Goethe befreundet. Seine Ver- 
tonungen von dessen Gedichten Neue Lieder in 
Melodien gesetzt . . . (Leipzig 1770, bereits im Kata- 
log der Herbstmesse 1769 angekündigt) sind zu- 
gleich der erste Druck eines Goethe-Werkes. 1777 
wanderte er nach St. Petersburg aus und gründete 
dort eine Druckerei. Später wurde er Musiklehrer 
an einem adeligen Stift, Bibliothekar der Staats- 
druckereien in St. Petersburg und Staatsrat, gab 
1795-97 eine Noten-Zeitschrift »Giomale musicale 


del Teatro Italiano in Pietroburgo« heraus und 
schrieb noch mehrere Sammlungen Romanzen und 
Lieder. 


Ausg.: Neue Lieder, Faks. hrsg. v. A. Köster, Lpz. 
1907; dies., NA v. G. Raphael, Lpz. 1932; daraus: 
Die Nacht, in: M. Fribdlaender, Gedichte v. Goethe 
in Kompositionen . . ., Schriften d. Goethe-Ges. XI, 
Weimar 1896; Liebe u. Tugend, in: M. Fribdlaender, 
Gedichte v. Goethe in Kompositionen II, Schriften 
d. Goethe-Ges. XXXI, Weimar 1916; Hochzeitlied 
in: H. J. Moser, Goethe u. d. Musik, Lpz. (1949). 
Lit.: vgl. d. f. Artikel 


Breitkopf & Härtel, deutscher Musikverlag in 
Leipzig (seit 1947 auch Wiesbaden), geht zurück 
auf den Buchdrucker Heinrich Eichbuchler, 
der ab 1542 in Leipzig nachweisbar ist. Das Unter- 
nehmen, in dem später auch Buchhandel getrieben 
wurde und vereinzelt auch musikalische Werke 
erschienen (so von J. H. Schein: »Cymbalum 
Sionium« 1615, »Banchetto musicale« 1617, »Stu- 
denten-S chm au ß « 1634), ging, meistens durch 
Wiederverheiratung der Witwen, mehrfach in an- 
dere Hände über, bis 1719 Bernhard Christoph 
Breitkopf, * 2.3.1695 zu Klausthal (Harz), 
t 23. 3. 1777 zu Leipzig, die Witwe des letzten 
I nh a b ers Johann Kaspar Müller heiratete und damit 
zum eigentlichen Gründer des Hauses Br. wurde. 
Zu den von ihm herausgebrachten Musikalien ge- 
hören Schemellis »Musicalisches Gesang Buch« 
(1736) und Sperontes* »Singende Muse an der 
Pirisse« (ab 1740), doch lag das Hauptgewicht seiner 
Tätigkeit noch heim Buchverlag. Sein Sohn Johann 
Gottlob Immanuel Br., * 23. 11. 1719 und f 28. 



Breitkopf & Härtel 


1. 1794 zu Leipzig, baute das Unternehmen zu 
einem führenden Musikverlag aus. Immanuel Br. 
hatte Philologie, Philosophie und Geschichte stu- 
diert, bevor er 1745 in das Unternehmen eintrat, das 
ab 1765 als B. C. Breitkopf &Sohn firmierte. 
Nach dem Tode seines Vaters wurde Immanuel 
Br. alleiniger Geschäftserbe. Sein Name hat in der 
Geschichte des Notendrucks einen bedeutsamen 
Klang, da er den Noten-Typendruck durch Zer- 
legung der Typen in kleinste Teile zum Druck von 
Klaviermusik konkurrenzfähig machte. Das Ver- 
fahren hat sich jedoch nicht allgemein durchge- 
setzt, wird aber in bestimmten Fällen (Notenbei- 
spiele, Liederbücher) noch heute angewandt. Es ist 
wegen der Eleganz des Druckbilds berühmt und 
hat dazu beigetragen, daß J. A. Hiller, C. Ph. E. 
Bach, J. Haydn und viele andere den Verlag ihrer 
Werke gern Br. überließen. Auch der Musikalien- 
handel erhielt durch ihn großartigen Aufschwung, 
da er ein umfassendes Lager handschriftlicher und 
gedruckter Musikalien und Bücher über Musik an- 
legte und gedruckte Kataloge herausgab. Diese, 
besonders die thematischen Verzeichnisse der In- 
strumentalmusik (1766-87, Sopplementi dei Cato - 
loght) sind, obgleich nicht immer korrekt, ein 
wertvolles Hilfsmittel zur Bestimmung der Auto- 
ren handschriftlicher Kompositionen des 18. Jh. 
Br. schrieb auch: Nachric ht vo n der Stempelschney - 
derey und Schriftgiesserey (1777), Über den Druck der 
geographischen Charten (1777), Über die Geschichte 
und Erfindung der Buchdruckerkunst (1779), Versuch, 
den Ursprung der Spielkarten, die Einführung des 
Leinenpapiers und den Anfang der Holzschneidekunst 
in Europa zu erforschen (1 1784, II herausgegeben von 
Roch 1801), Über Bibliographie und Bibliophilie 
(1793), Über Buchdruckerey und Buchhandel (1793). 
Nach seinem Tode übernahm sein zweiter Sohn 
Christoph Gottlob Br., * 22. 9. 1750 und j* 4. 
4. 1800 zu Leipzig, das Geschäft, der aber so wenig 
wie sein Bruder -*» Bernhard Theodor Br. dieser 
Aufgabe gewachsen war. Er nahm seinen Freund 
Gottfried Christoph Härtel, * 27. 1. 1763 zu 
Schneeberg (Erzgebirge), f 25- 7. 1827 zu Cotta 
bei Leipzig, als Leiter, Teilhaber und Erben des 
Verlages auf. Mit dessen Eintritt (1795) wurde die 
Firma in Breitkopf & Härtel umgewanddt. 
H. gründete im Oktober 1798 die Allgemeine musi- 
kalische Zeitung, die erste zu dauernder Bedeutung 
gelangte Musikzeitung, die er nach Rochlitz* Aus- 
scheiden selbst redigierte (1819-27). Er veranstal- 
tete Gesamtausgaben der Werke Mozarts, Haydns, 
Clementis, Dusseks, Cramers und Steibelts, eröff- 
nete 1802 ein Klaviergeschäft und 1807 eine Kla- 
vierfabrik (die bis 1874 bestand), und verwendete 
sehr früh, ungefähr gleichzeitig mit Andrd und 
Schott, die von Senefäder erfundene Lithographie 
im Notendruck. Von Beethoven verlegte er außer 
einigen kleineren Stücken die Werke von op. 67 
bis op. 86 (außer op. 81b). Nach H.s Tode führte 
zunächst sein Neffe Florenz H. das Geschäft, 
bis 1835 der älteste Sohn Gottfried H.s, Dr. Her- 
mann H. (* 27. 4. 1803 und t 4. 8. 1875 zu Leip- 
zig), Chef wurde. Dessen Bruder, der Stadtrat 
Raimund H. (* 9. 6. 1810 und f 9. 11. 1888 zu 
Leipzig), der schon 1832 in das Geschäft eingetreten 
war, teilte sich mit ihm in die Leitung. Sie waren 
Mitgründer der Bach-Gesellschaft und verlegten 
die Bach-Gesamtausgabe, aus eigener Initiative die 


Beethoven-Gesamtausgabe, Werke von Mendels- 
sohn, Schumann, Chopin, Wagner, Liszt, Brahms 
sowie musikhistorische Arbeiten. Nach dem Tode 
Hermann, H.s und dem Austritt seines Bruders 
Raimund (1880) übernahmen die Söhne ihrer bei- 
den Schwestern, Wilhelm Volkmann (* 21. 6. 
1837 zu Halle, f 24. 12. 1896 zu Leipzig) und Dr. 
Oskar von Hase (* 15. 9. 1846 zu Jena, f 26. 1. 
1921 zu Leipzig) die Verwaltung und später das 
Eigentum des Geschäftes. Oskar von Hase war 
Vorsitzender des Verbandes deutscher Berufsge- 
nossenschaften (bis 1889), des Vereins der Buch- 
händler zu Leipzig (bis 1898), Vorsteher des von 
ihm gegründeten deutschen Buchgewerbevereins 
und des Vereins der deutschen Musikalienhändler 
(bis 1901) sowie stellvertretender Vorsitzender der 
Königlich Sächsischen literarischen und musika- 
lischen Sachverständigenkammer. Unter seiner 
Leitung brachte der Verlag Gesamtausgaben von 
Obrecht, Palestrina, Lasso, Victoria, Swedinck, 
Schütz, Schein, Haydn (unvollständig) , Grdtry , Mo- 
zart, Schubert, Berlioz, F. Mendelssohn-Barthol- 
dy, Chopin, R. Schumann, Liszt und P. Cornelius, 
ferner die beiden Serien der Denkmäler deutscher 
Tonkunst, nachdem er bereits 1881 Eitners »Publi- 
kation älterer . . . Musikwerke« und »Monatshefte 
für Musikgeschichte« übernommen hatte. Oskar 
von Hase ist der Verfasser der Schriften: Breitkopf 
& Härtel, Gedenkschrift (1875, in 2 Bänden 41917 
bis 1919), Die Koberger (21885), Emil Strauß . Ein 
deutscher Buchhändler am Rhein (1907). Nach dem 
Tode Wilhelm Volkmanns trat dessen Sohn Dr. 
Ludwig V. (* 9. 1. 1870 und f 10. 2. 1947 zu 
Leipzig) mit an die Spitze des Hauses. Wie sein 
Vater nahm er besonderen Anteil an der Ausge- 
staltung der technischen Abteilung. Ludwig V. 
war Vorsitzender des deutschen Buchgewerbever- 
eins und hat sich als Kunstschriftsteller einen Namen 
gemacht: Iconographia Dantesca (1897), Erziehung 
zum Sehen (1902, 41912), Grenzen der Künste (1903, 
21918); ferner: Die Familie Volkmann (1895). Ein 
Sohn Oskar von Hases, Dr. Hermann von Hase 
(1880-1945), war 1910-14 Teilhaber der Firma. Er 
schrieb unter Verwertung des Hausarchivs: Joseph 
Haydn und Breitkopf & Härtel (1909); Carl Philipp 
Emanuel Bach und loh. GottL Im. Breitkopf (Bach-Jb. 
Vm, 1911); Breitkopfsche Textdrucke zu Leipziger 
Musikaufführungen zu Bachs Zeiten (ebenda X, 
1913), Sperontes Singende Muse an der Pleiße (ZIMG 
XIV, 1912/13), Hiller und Breitkopfs (ZfMw H, 
1919/20), und übersetzte E. Newmans Hugo- 
Wolf-Biographie ins Deutsche (1913). Anfang 
1915 trat er an Stelle eines gefallenen Freundes als 
Mitbesitzer in die Buchhandlung von K. F. Koeh- 
ler ein. Sein Bruder Dr. Hellmuth von Hase 
(* 30. 1. 1891 zu Leipzig) wurde 1919 als Teilhaber 
in die Firma aufgenommen, die er heute zusammen 
mit sememBruder Martin vonHase(*6. 12. 1901 
zu Leipzig) leitet; dazu trat zeitweise Wilhelm 
Volkmann (1898-1930), neuerdingsDr.Joachim 
Volkmann (* 1926). 1945 wurde eine Filiale in 
Wiesbaden gegründet, die seit 1947 als selbständi- 
ges Unternehmen besteht; das Stammhaus in Leip- 
zig wurde, nachdem ein Großteil des 1913 erwei- 
terten Betriebes 1943 zerstört worden war, 1952 
enteignet. In neuerer Zeit erschienen bei Br. & EL 
die Brahms-Gesamtausgabe, die Reger-Gesamt- 
ausgabe, die von A. Einstein neugeschaffene 3. Auf- 


223 



Brema 


läge des Köchelschen Mozart-Verzeichnisses (1937, 
11862), W. Schmieders Bach- W erkverzeichnis 
(1950), Fr. Steins Reger- W erkverzeichnis (1953), 
Werke von Busoni, Sibdius, Bantock, Eigar, 
MacDowell, Faurd, Chausson, Tinel, Duvosel, 
Enna, Atterberg, Schoeck, Sinigaglia, Kilpinen, 
Gretschaninow, J. N. David, K. Thomas, G. Ra- 
phael, H. Bräutigam und K. Marx, ferner die »Pu- 
blikationen älterer Musik«; auch an der Heraus- 
gabe des »Erbes deutscher Musik« ist der Verlag be- 
teiligt. Seine Zeitschriften: Allgemeine Musikalische 
Zzitung, 1798-1848 und 1863-65; Monatshefte für 
Musikgeschichte , 1881 übernommen, bis 1904; 
Vierteljdhrsschrift für Musikwissenschaft , 1885-94; 
Zeitschrift und Sammelbände der Internationalen Mu- 
sikgesellschaft, 1899-1914; Bach-Jahrbuch , 1904-52; 
Ghtck-Jahrbuch, 1913-18; Zeitschrift für Musikwis- 
senschaft , 1918-35; Der Bär, 1924-30; Händel-J ahr- 
buch, 1928-32; Mitteilungen der Internationalen Ge- 
sellschaft für Musikwissenschaft und Acta Musicolo- 
gica, 1929-35; Archiv für Musikforschung, 1936-43. 
Lit: I. G. Imanuel Breitkopfs Nachricht von einer 
neuen Art Noten zu drucken, Lpz. 1755, Faks. 1919. - 
W. Hitzig, Kat des Arch. v. Br. & H., 2 Bde, 
Lpz. 1925-26. - Außer den im Artikel genannten 
Schriften v. O. und H. v. Hase: W. Altmann, R. 
Wagners Briefwechsel mit seinen Verlegern I: Mit 
Br. & H., Lpz. 1911; G. Schünemann, Fr. Bachs 
Briefwechsel mit Gerstenberg u. Br., Bach-Jb. XIII, 
1916; A. Schering, J. Ph. Kimberger als Heraus- 
geber Bachscher Choräle, Bach-Jb. XV, 1918; W. 
Schmeeder, J. G. Imanuel Br.s PrivatbibL, Festgabe 
O. Glauning (Aus Wiss. u. Bibi.) H, Lpz. 1938; O. E. 
Deutsch, Music Publishers’ Numbers, The Journal of 
Documentation I-H, 1946-47, separat London 1946. 

Brema, Marie (eigentlich Minny Fehrman), * 28. 
2. 1856 zu Liverpool, f 22. 3. 1925 zu Manchester; 
englische Sängerin (Mezzosopran), Schülerin von 
G. Henschel, trat zuerst 1891 als Marie Bremer in 
den Montagskonzerten und in Mascagnis Caval- 
leria rusricana zu London auf, sang in Bayreuth 
1894 die Ortrud und 1896 die Fricka und Kundry. 
Zuletzt war sie Gesanglehrerin am Royal College 
o£ Music in Manchester. 

Bremser, Robert, * um 1720 zu Edinburgh (?), 

’f 12. 5. 1789 zu London; schottischer Musikalien- 
händler und Verleger in Edinburgh und London, 
vorher Violinist (Schüler Geminianis) und Musik- 
lehrer in Edinburgh. Die Gründung seines Ge- 
schäfts in Edinburgh fällt in das Jahrl754, die Lon- 
doner Handlung wurde 1762 eröffnet. Er war einer 
der rührigsten Verleger zur Zeit des Aufblühens 
des modernen Stils und druckte um die Wette mit 
den Firmen Le Chevardi&re, Paris, und J. T. Hum- 
mel, Amsterdam. Einen Katalog des Verlags gab 
1790 sein Geschäftsnachfolger John Prestonheraus 
(ein Auszug erschien bereits 1786), das Geschäft in 
Edinburgh wurde nach B.s Tod von dem schon 
vorher mit i hm liierten John Brysson übernom- 
men. Besonders zu erwähnen ist seine große Sym- 
phoniensa mmlung Periodical Overtures in 8 Parts 
sowie einige andere Sammlungen, darunter 4st. 
Kirchenlieder, 40 schottische Lieder und Duette 
(1757), 3-4st. Freimaurergesänge (1759), schot- 
tische Reels (Tänze) mit Gb., eine zweite Samm- 
lung schottischer Lieder mit Violinvariationen und 
Gb. B. selbst schrieb eine vortreffliche Elementar- 
musiklehre The Rudiments of Music (1756). 

224 


Brendel, Karl Franz, * 26. 11. 1811 zu Stolberg 
(Harz), t 25. 11. 1868 zu Leipzig; deutscher Mu- 
sikschriftsteller, studierte in Leipzig Philosophie, 
daneben bei Fr. Wieck Klavier, promovierte in 
Berlin und wandte sich erst 1843 ganz der Musik 
zu. Er hielt in Freiberg, später in Dresden und Leip- 
zig musikwissenschaftliche Vorlesungen, übernahm 
1844 die Redaktion der 1834 von Schumann ge- 
gründeten NZfM, die er im Geiste der »neudeut- 
schen« Schule fortführte. Auch seine und Richard 
Pohls Monatsschrift »Anregungen für Kunst, Le- 
ben und Wissenschaft« (1856-61) verfolgte dieselbe 
Tendenz. Bald darauf wurde er auch Lehrer der 
Musikgeschichte am Leipziger Konservatorium, 
welche Stellung ihn später davon abhielt, mit 
Liszt und Wagner konsequent weiterzugehen. B. 
war Mitgründer (1859) und der erste Präsident 
des Allgemeinen Deutschen Musikvereins. Außer 
den Arbeiten für Zeitungen sind von ihm heraus- 
gegeben worden: Grundzüge der Geschichte der Mu- 
sik (Leipzig 1848, holländisch von Kist, russisch 
von P. Sinowjew, St. Petersburg 1877); Geschichte 
der Musik in Italien, Deutschland und Frankreich von 
den ersten christlichen Zeiten an.. . (Leipzig 1852, 
2 Bände, mehrere Neuauflagen bis 1906) ; Die Mu- 
sik der Gegenwart und die Gesamtkunst der Zukunft 
(Leipzig 1854) ; Franz Liszt als Symphoniker (Leip- 
zig 1859); Die Organisation des Musikwesens durch 
den Staat (Leipzig 1865) und Geist und Technik im 
Clavier- Unterricht (Leipzig 1867). Gesammelte Auf- 
sätze B.s Zur Geschichte und Kritik der neueren Musik 
erschienen 1888 in Leipzig. 

Brendler, Franz Friedrich Eduard, * 4. 11. 
1800 zu Dresden, j* 16. 8. 1831 zu Stockholm; 
schwedischer Komponist deutscher Geburt, schrieb 
Variationen für 3 Fag. und Orch., Chorwerke mit 
Orch., Amanda für Solost. und Orch., das erfolg- 
reiche Melodrama Spastaras Tod, Klavierstücke, 
Lieder und hinterließ eine Musik zu B. von Bes- 
kows Schauspiel Ryno (beendet von Prinz Oskar 
von Schweden, aufgeführt in Stockholm 16. 5. 
1834). 

Brenet (bron'e), Michel (Pseudonym für Marie 
Bobillier), * 12. 4. 1858 zu Lunöville, f 4. 11. 1918 
zu Paris; französische Musikforscherin, lebte in 
Straßburg und Metz, ab 1871 in Paris. Von ihren 
zahlreichen Arbeiten seien hier die folgenden zi- 
tiert: Histoire de la Symphonie ä orchestre jusqu’ä 
Beethoven (Paris 1882), Gritry, sa vie et ses ceuvres 
(Paris 1884), Deux pages de la vie de Berlioz (Paris 
1889), Jean de Ockeghem . . . (Paris 1893), Sibastien 
de Brossard (Paris 1896), La musique dam les couvents 
defemmes (Tribüne de St. Gervais 1898), Claude 
Goudimel (Besangen 1898), Notes sur Vhistoire du 
luth en France (Turin 1899), Les concerts en France 
sous V ancien rigime (Paris 1900), Additions inidites de 
Dom Jumilhac ä son traiti (Tribüne de St. Gervais 
1899-1901), La jeunesse de Rameau (RMI 1902 und 
1903), Palestrina (Paris 1906 in Les maitres de la mu- 
sique), La plus ancienne mithode Jrangaise de musique 
(Tribüne de St. Gervais 1907), J. Haydn (Paris 1909 
in Les maitres de la musique, englisch 1926), La 
librairie musicale en France de 1653 ä 1790 (SIMG 
Vm, 1906/07), Notes sur Vintroduction des instru- 
ments dam les eglises de France (1909 in der Riemann- 
Festschrift), Les Musiciens de la Sainte-Chapelle du 
Palais (Paris 1910), Musique et musiciens de la vieille 



Brcsgcn 


France (Paris 1911), Deux traductions frangaises ini- 
dites des Institutions Harmoniques de Zarlino (Ann6e 
musicale 1911), Haendel (Paris 1912 in Musidens 
c&b bres), Bibliographie des bibliographies musicales 
(Annde musicale 1913), La musique militaire (Paris 
1917); ein wertvolles, durch Selbständigkeit aus- 
gezeichnetes Dictiormaire pratique et historique de la 
musique (posthum, ergänzt durch A. Gastoud, Paris 
1926); außerdem andere wertvolle Aufsätze in: 
Correspondant, Grande Encydopddie, Guide musi- 
cal, Journal musical, RM, Tribüne de St. Gervais, 
RMI und SIMG. Ihr Dictionnaire erschien auch 
spanisch, erweitert und neu bearbeitet von J. Bar- 
berä Humbert, T. Ricart Matas und A. Capmany 
(Barcelona 1946). 


Brenn, Franz, * 21. 12. 1907 zu Sargans (Enga- 
din); Schweizer Musikforscher, betrieb seine Stu- 
dien an der Universität, an der Akademie für 
Kirchenmusik und am Neuen Konservatorium in 
Wien und promovierte dort 1931 mit einer Arbeit 
über Die Meßkomposition des Joh. Jos. Fux (Wien 
1931). Nach sich anschließenden Dirigierkursen 
bei Weingartner in Basel wirkte B. als Chorleiter 
und Musikritiker in Luzern und wurde 1942 an 
die Universität Freiburg (Schweiz) berufen, wo er 
jetzt als Professor tätig ist. Veröffentlichungen: Das 
Sein der musikalischen Welt (Kongreß-Bericht für 
Aesthetik und Kunstwissenschaft, Paris 1937), In- 
troduction to the Catahgue of the International Music 
Exhibition (Luzern 1937), Wege zur Musikerkennt- 
nis (SMZ 1941), Musiktheoretische Grundbegriffe 
(SMZ 1943), Von der Aufgabe der Musiktheorie (SMZ 
1949), Form in der Musik (= Freiburger Universi- 
tätsreden, Neue Folge Nummer 15, Freiburg in 
der Schweiz 1953). Kompositionen: eine Messe, 
eine Kantate, Orgelwerke, ein Klavierkonzert und 
Kammermusik. B. ist Herausgeber der Aulos- 
Bücher (Luzern). 


Br$nnecke, Wilfried, * 1. 2. 1926 zu Flensburg; 
deutscher Musikforscher, studierte 1946-52 Musik- 
wissenschaft in Kid (Albrecht, Blume) und promo- 
vierte mit einer Arbeit Die Handschrift A. R. 940/41 
der Proske-Bib liothek zu Regensburg (Kassel und Ba- 
sd 1953). Seit 1953 ist B. Mitarbeiter im Bären- 
reiter-Verlag. Weitere Veröffentlichungen: Zwei 
Beiträge zum Weihnachtslied des 16 . Jahrhunderts , I: 
Psallite - Singt und klingt , II: Das Weihnachtslieder- 
buch des Cornelius Freundt (Mf V, 1952, und VI, 
1953), Musique instrumentale d'aprls un manuscrit 
allemand (Ratisbonne, ms. A. R. 940/41) (in: La 
musique instrumentale de la R en aissance, Paris 
1955). B. ist Herausgeber der Carmina germanica et 
gallica (HM 137/138, Kassd 1956/57) und Mit- 
herausgeber des Bamberger Kongreßberichts (Kas- 
sd 1954). 


Brenta, Gaston, * 10. 6. 1902 zu Schaerbeck; 
bdgischer Komponist, entschied sich als Achtzehn- 
jähriger zum Studium der Musik. Gilson, das 
Haupt der belgischen »Synthdtistesf der 20er Jahre, 
wurde sein ausschließlicher Kompositionslehrer. 
1931 trat er in den Musikdienst beim Belgischen 
Rundfunk ein und ist sdt 1953 Sendeleiter des 
f ranzö sischen Musikprogramms beim Institut Na- 
tional Beige de Radiodiffusion in Brüssel Sze- 
nische Kompositionen stehen in seinem Schaffen 
im Vordergrund, von einer frühen komischen 


Oper Le Khadi dupi (1929) bis zu einem Ballett 
nach Voltaires Candide (1955), von einer radio- 
phonischen Bearbeitung der mittelalterlichen Sing- 
fabd Aucassin et Nicolette (1934) über ein Passions- 
oratorium (1949) bis zu der Hörspielmusik auf 
Euripides* Herakles für Bläser und Schlagwerk 
(1955). Eine Symphonie, ein Klavierkonzert, Bal- 
lettsuiten, Variationen und ein Threnodion In 
Memoriam Paul Gilson (1950) erstellen neben einiger 
K a mm er- und Klaviermusik den Anteil seines In- 
strumentalwerkes. 


Brentano, Bettina (eigentlich Elisabeth), * 4. 
4. 1785 zu Frankfurt am Main, f 20. 1. 1859 zu 
Berlin; deutsche Dichterin, heiratete 1811 Achim 
von Arnim, der mit Bettinas Bruder Clemens Des 
Knaben Wunderhom herausgegeben hatte (3 Bände, 
Heidelberg 1806-08, 2 1819). Sie war vielseitig be- 
gabt, komponierte Lieder, darunter Gesänge zum 
Faust (Leipzig 1843) und hat über ihre Begegnun- 
gen mit Goethe und Beethoven erfindungsreiche 
Berichte veröffentlicht. Letzterer verehrte ihr bei 
ihrem Aufenthalt in Wien 1809/10 eine Abschrift 
des Liedes Neue Liebe , neues Leben op. 75, 2. 

Ausg.: Sämtliche Werke, 11 Bde, Bin 1853, neu hrsg. 
in 7 Bden v. W. Oehlke, Bin 1920-22; Goethes Brief- 
wechsel mit einem Kinde, 3 Bde, Bin 1835,71929, mit 
d. Berichten über Beethoven; Der echte Briefwechsel 
mit Goethe, hrsg. v. R. Steig u. Fr. Bergemann, Lpz. 
1927; L.van Beethovens sämtliche Briefe, hrsg. v. 
E. Kästner, Lpz. 1912, erweitert v. J. Kapp (21923). 
Lit: A. Wh. Thayer, L. van Beethovens Leben III, 
hrsg. v. H. Deiters, Lpz. 1879, neu bearb. v. H. 
Riemann 21911 ; H. Detters, Die Briefe Beethoven’s 
an B. v. B., AmZ XVII, 1882, auch separat; W. 
Oehlke, B. v. Arnims Briefromane, Palaestra XU, 
1905; A. Lettzmann, Beethoven u. Bettina, Deutsche 
Revue 1918; A. Schmitz, Das romantische Beet- 
hovenbild, Bin u. Bonn 1927 ; M. Unger, Neue Liebe, 
neues Leben, ZfM CHI, 1936. 

Brescianello (brejan'ello), Giuseppe Antonio, 
1 1757, ging 1715 von Venedig nach München in 
den Dienst der bayerischen Kurfürstin, war 1716 
Musikdirektor und Konzertmeister, 1721-51 Ober- 
kapellmeister in Stuttgart, gab 1738 zu Amsterdam 
12 Violinkonzerte heraus. Symphonien, Triosona- 
ten, eine Messe, Stücke für Colachon (-> Colas- 
done), Kantaten und anderes sind als Manuskript 
erhalten. 

Ausg.: Concerti a tre, hrsg. v. A. Damerini, H. I, 
HM LXVI. 

Lit: A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; A. 
Damerini, I concerti a tre diG. A. B., CHM 1, 1953. 


Bresgen, Cesar, * 16. 10. 1913 zu Horenz; öster- 
reichischer Komponist, studierte an der Akademie 
der Tonkunst in München Komposition bei J. 
Haas, Orgel bei E. Gatscher und wirkte hier zu- 
nächst beim Rundfunk. Seit 1939 in Salzburg, lei- 
tete er vorübergehend eine Jugendmusikschule und 
wurde durch CL Krauss als Kompositionslehrer an 
das Mozarteum verpflichtet Nach Kriegpschluß 
übernahm er eine Kirchen musiktätigkeit in Mit- 
tersiü, von wo er als Professor für Komposition an 
das Mozarteum zurückberufen wurde. Br. ist Trä- 
ger des Musikpreises der Stadt München und des 
Österreichischen Staatspreises für Musik.' Unter 
seinen Bühnenwerken sind die Märchen- und Ju- 
gendopem am bekanntesten geworden ( Der Igel 
als Bräutigam , 1950; Brüderlein Hund , 1953; Der 


15 


225 



Breslaur 


Mann im Mond , 1958). Kurzopem ( Urteil des Paris, 
1943; Ercole, 1956, in italienischer Sprache) und 
szenische Balladen ( Der Wolkensteiner, 1952) er- 
weitern diesen Schaffenskreis ebenso wie szenische 
Kantaten (Der Drischleg; Bettlerhochzeit) und zahl- 
reiche Cnorwerke (Bauernhochzeit; Maihymnus; 
Totenmotetten ; Requiem für Anton Webern). Eichen- 
dorff-, Trakl- undWoIkenstein-Liederzyklen run- 
den das Vokalwerk. Im Orchesterschaffen sind eine 
Choral- und eine Frescobaldi-Symphonie, im 
Konzertschaffen ein Posaunen-, ein Violoncello-, 
ein Violin- und mehrere Klavier-Konzerte wesent- 
lich, in der Kammermusik ein Totentanz nach Hol- 
bein für 2 Kl., auch Orientalische Skalen für Kl., 
ferner Jugend- und Spielmusiken. Br. leitet in Salz- 
burg auch einen »Musikkreis« zur Aufführung zeit- 
genössischer Kompositionen. Außerdem trat er 
als Herausgeber alpenländischer, tschechischer und 
rumänischer Volksmusik hervor. 

Breslaur, Emil, * 29. 5. 1836 zu Cottbus, f 26. 7. 
1899 zu Berlin; deutscher Klavierpädagoge, Reli- 
gionslehrer und Prediger der jüdischen Gemeinde 
in Cottbus, siedelte 1863 nach Berlin über, um 
sich ganz der Musik zu widmen, studierte 4 
Jahre am Stemschen Konservatorium. 1868-79 
war er an der Kullakschen Akademie Lehrer für 
Klavierspiel und Theorie, die letzten Jahre für Me- 
thodik des Klavierspiels, gründete und leitete auch 
ein Konservatorium mit Seminar zur Ausbildung 
von Klavierlehrern und -lehrerinnen. Ab 1883 war 
B. Chordirektor an der Reformsynagoge als Nach- 
folger Sterns. Auch als Musikreferent war B. tätig 
(Spenersche Zeitung, Fremdenblatt). 1879 grün- 
dete er den Verein der Musiklehrer und -lehrerin- 
nen zu Berlin (1886 erweitert zum »Deutschen 
Musiklehrer-Verband« ; der 1903 ins Leben getre- 
tene Musikpädagogische Verband ist auf dem von 
B. bereiteten Boden erwachsen). Für das instruk- 
tive Werk Die technischen Grundlagen des Klavier- 
spiels (1874) erhielt er den Professortitel. Weiteren 
Kreisen ist B. besonders bekannt geworden durch 
die Herausgabe der pädagogischen Zeitschrift 
»Der Klavierlehrer« (seit 1878) sowie seine Noten- 
Schreibschule, eine Methodik des Klavierunterrichts in 
Einzelaufsätzen von B., L. Köhler, G. Stoewe, S. 
Bagge, A. R e ißmann, W. Gibdius, J. Aisleben und 
anderen (Berlin 1886, 21896), einen Führer durch 
die Klavier-Unterrichts-Literatur (1887), eine Klavier- 
schule (3 Bände, viele Auflagen) und Melodie- 
bildungslehre (21895). Er veröffentlichte eine An- 
zahl geistlicher und weltlicher Chorkompositio- 
nen, Lieder, Klavierstücke, Serenade für Streich- 
orch. op. 6 sowie die Broschüre Sind originale Syna- 
gogen^ und Volksmelodien bei den Juden nachweisbar 
(1898, mit negativem Resultat) und redigierte die 
11. Auflage von Schuberts Musikalischem Konver- 
sationslexikon (1892). 

Bressand (bres'ä), Friedrich Christian, * um 
1670 zu Durlach, 4. 4. 1699 zu Wolfenbüttel; 
deutscher Dichter, wahrscheinlich von französi- 
scher Herkunft, ging um 1690 an den Wolfen- 
büttder Hof, wo er für das neueröffnete Opern- 
haus Herzog Anton Ulrichs vide Texte aus dm 
Französischen und Italienischen übersetzte, dar- 
unter Libretti für J. Ph. Krieger, Kusser (z. B. 
Erindo) und R. Keiser. 


Lik: Fr. Chrysander, Gesch. d. Braunschweig- 
Wolfenbüttelschen Capelle, Jb.er f. musikalische 
Wiss. I, 1863; H. Scholz, J. S. Kusser, Diss. Mün- 
chen, 191 1 ; G. Fr. Schmidt, Die frfihdeutsche Oper, 
2 Bde, Regensburg 1933-34; H. Degen, Fr. Chr. 
Bressand, Jb. d. Braunschweigischen Geschichts- 
vereins 1935; H. Chr. Wolff, Die Barockoper in 
Hbg I, Wolfenbüttel 1957. 

Bresser, Johannes Gysbertus, * 7. 10. 1899 zu 
Arnhem; holländischer Violinist und Komponist, 
früh von seinem Vater und an der Musikschule 
Arnhem im Geigenspiel unterrichtet, bezog 1916 
bis 1920 die Hochschule in Amsterdam, wo er bd 
Schmuller Violine und bd Iwens Komposition 
studierte. 1922-24 Konzertmeister in Haarlem, 
1925-40 1. Konzertmeister in Düssddorf, ist er sdt- 
dem in der gleichen Stellung beim Concertgebouw 
Orkest in Amsterdam tätig. Solistisch machte er 
sich als Mozartinterpret einen Namen. Als Kom- 
ponist trat er mit einem Violinkonzert (Düssd- 
dorf 1934), einem Flötenkonzert und Kamm er- 
musik hervor. 

Bret (bre), Gustave, * 30. 8. 1875 zu Brignoles 
(Var); französischer Organist und Komponist, 
Schüler von Widor am Conservatoire im Orgd- 
spid und von d’Indy an der Schola Cantorum. Bis 
1908 war er an dieser Anstalt Lehrer für lyrische 
Deklamation, Orgel und Improvisation. An Stelle 
seines Meisters Widor wurde er an die Orgd von 
St-Sulpice berufen (1898-1903) und gründete 1904 
die Socfefe J.-S. Bach. Er war Musikkritiker des 
»Intxanageant« und von »Le Soir«. Werke: Ora- 
torium in 2 Teilen: Les Pklerins d*Emmaüs für Soli, 
Chor und Orch. (1903 in Amsterdam durch Men- 
gdberg aufgeführt), Chöre a cappella und Lieder. 

Bretagne (brat'aji), Pierre, * 6. 10. 1881 zu Epi- 
nal; französischer Komponist, 1899-1905 Schiller 
von Guy-Ropartz am Konservatorium in Nancy. 
Er lebt in Nancy. Werke: Strdchquartett B moll, 
Sonate für Vc. und Kl., Sonate für V. und Kl., 
Sonatine für KL, Fantaisie sur deux thhnes popu - 
laires für Orch., symphonische Dichtung La Bend - 
diction de la mer; Lieder und Gesänge; lyrisches 
Drama Les Caprices de Marianne (nach Müsset, 
Nancy 1920) ; Ballett Les Elfes au clair de lune (1922). 

Breteuil (brat 7 cd), Francois de, * 21. 2. 1892 zu 
Paris; französischer Komponist, erst für das Stu- 
dium der Naturwissenschaften bestimmt, in denen 
er das Baccalaureat erwarb, dann Hörer am Pariser 
Conservatoire (Lavignac, Caussade), nach dem 
Kriege Schüler der £cole Normale de musique 
(Caussade) und von Max d’Ollone. Er schrieb : Lie- 
der; Klavierwerke; Thema und Variationen 
C moll; Stücke für V. und KL, darunter eine So- 
nate; Gesänge mit KL auf französische nr>d eng- 
lische Texte; Orchestersuite Diane au bois; sym- 
phonisches Vorspiel Le Portrait de Dorian Gray; 
Musikdrama The Light of Ana (1923); einaktige 
Oper Violaine (1921); Opera bufiä Souris-Blonde 
(1926) sowie Filmmusiken. 

Bretön, Tomäs, * 29.12.1850 zu Salamanca, 

1" 2. 12. 1923 zu Madrid; spanischer Komponist, 
fri stete s ein Leben als erst 12jähriger durch Or- 
chesterspiel in Salamanca^ging mit 14 Jahren nach 
Madrid, spielte in Cafes, Ineatem, reiste mit einer 
Opemgesellschaft und war am Retiro-Theater als 


226 



Brewer 


Dirigent und als Assistent des Walzerkomponisten 
Metra tätig, später Dirigent der 1876 gegründeten 
Uniön Artistico-Musical, dann am Madrider 
Opernhaus und der Sodedad de Condertos, 1901 
Direktor und Lehrer am Conservatorio de Musica, 
1896 Mitglied der Academia de Bellas Artes, auch 
sonst mit Ehren überhäuft. Er schrieb : die Zarzue- 
las (mit gesprochenem Dialog) La verbena de la Pa- 
loma (1897), El Caballo del sefiorito (1901) und die 
Opern Los amantes de Teruel (1889), Garin (1892), 
La Dolores (1895), Raquel , Farinelli (1903), Tdbari 
(1913); ein Oratorium El Apocalipsis wurde 1882 
in Madrid aufgeführt. Von seinen Orchesterwer- 
ken sind die Escenas Andaluzas , eine Serenade En la 
Alhambra, die symphonischen Dichtungen Sala- 
manca imdAnoranzas sowie ein Violinkonzert, von 
seinen Klammermusikwerken ein Klaviertrio, ein 
Klavierquintett, 3 Streichquartette, ein Sextett für 
KL und Bläser hervorzuheben. Außerdem hat er 
sich vielfach literarisch betätigt, auch die Libretti 
mehrerer seiner Opern selbst geschrieben. 

Lit. : A. S. Salcedo, T. B., su vida y sus obras, Ma- 
drid 1924; G. Hernandez Gonzales, B., Salamanca 
1952. 

Breu, Simon, * 15. 1. 1858 zu Simbach am Inn, 
t 9. 8. 1933 zu Brückenau; deutscher Vereinsdiri- 
gent und Komponist, Lehrer an den Taubstum- 
menanstalten in Straubing (1881) und Würzburg 
(1885), wo er auch bis 1904 den »Würzburger Sän- 
gerverein« und als Nachfolger V. E. Beckers auch 
bis 1908 den »Akademischen Gesangverein« leitete, 
wurde 1894 Chorgesang- und Theorielehrer am 
Würzburger Konservatorium (1907 Professor) so- 
wie Inspektor des Gesang- und Musikunterrichts 
an den höheren Lehranstalten in Nordbayem (1924 
im Ruhestand). B. komponierte viele Lieder und 
Gesänge mit Kl., Schulgesangwerke, Kommers- 
lieder und besonders Mannerchöre. Er schrieb Das 
elementare Notensingen (Würzburg 1915). 

Lit: B. Ziegler, S. B., Würzburg 1928. 

Breuning, Moritz Gerhard von, * 28. 8. 1813 
und f 6. 5. 1892 zu Wien als Medizinalrat, ein Sohn 
von Beethovens Jugendfreund Stephan von B. 
(* 17. 8. 1774 zu Bonn, 1 4. 6. 1827 als Hofkriegs- 
rat zu Wien), verkehrte als Knabe in Beethovens 
letzter Lebenszeit täglich mit dem Meister (Beetho- 
vens Ariel und Hosenknopf) wie die Konversa- 
tionsbücher vermuten lassen. Sein Buch Aus dem 
Schwarzspanierhause (Wien 1874; hrsg. mit Zu- 
sätzen von A. Ch. Kalischer Berlin 1907) ist eine 
wichtige Quelle für Beethovens letzte Jahre. 

Lit: Th. Frimmel, Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926; 
St. Ley, Beethoven als Freund d. Familie Wegeler- 
v. Breuning, Bonn 1927; W. Nohl, G. v. Br. als 
Knabe, Mk XXXII, 1940. 

Breuning-Storm, Gunna, * 25. 1. 1891 zu Ko- 
penhagen; dänische Violinistin, Schülerin von A. 
Svendsen in Kopenhagen und H. Marteau in Ber- 
lin, Königliche Hofviolinistin und Fü hrerin des 
B.-Bache-Quartetts, 1918-23 Lehrerin am Kon- 
servatorium Kopenhagen. 

Breunnng, Ferdinand -*• Kniese, Julius. 

Br&rgl, Jean-Baptist e, * 1756 im Departement 
de FAisne, j* Ende 1825 zu Chamouillebei Laon; 
französischer Cellist, an der Großen Oper und als 


Professor am Conservatoire in Paris bis 1802 tätig, 
bei der Neuorganisation des Instituts pensioniert, 
schrieb viel Instrumentalmusik ( Symphonies con- 
certantes op. 4 und 11, Streichquartette, Streich- 
trios, viele Duette in verschiedenen Besetzungen, 
Cellosonaten mit B.c.), auch eine komische Oper 
Inh etUonore (1788), einen Traitd du violoncelle (um 
1780) und eine Mithode raisonnie de violoncelle 
(1804, englisch von J. Peile 1810). 

Ausg.: Cellosonate C dur, hrsg. v. J. Stutschewsky, 
Cello-Bibl. XXI, Mainz o. J.; Cellosonate G dur, 
hrsg. v. E. Cahnbley u. E. Rapp, Cello-Bibl. LXVH, 
Mainz o. J. 

Brdval (brev'al), Lucienne (Berthe Agn&s Li- 
sette Schilling), * 4. 11. 1869 zu Berlin, f 15. 8. 
1935 zu Neuilly-sur-Seine ; französische Sängerin 
(Sopran) Schweizer Herkunft, Schülerin des Kon- 
servatoriums in Genf und des Pariser Conserva- 
toire, debütierte 1892 als Selika in Meyerbeers 
UAfricaine an der Großen Pariser Oper, der sie 
etwa 30 Jahre angehörte. Sie wurde besonders 
durch ihre vorzüglichen Interpretationen bei den 
Wagner-Aufführungen in Paris bekannt. 1900 bis 
1902 sang sie auch an der Metropolitan Opera in 
New York. 

Br6ville (brev'iri), Pierre Onfroy de, * 21.2. 
1861 zu Bar-le-Duc, f 23. 9. 1949 zu Paris; fran- 
zösischer Komponist, Schüler des Pariser Conser- 
vatoire, dann Cdsar Francks, dessen begeisterter Ver- 
ehrer er blieb. Eine Reihe von Jahren war er an der 
Schola Cantorum Lehrer für Kontrapunkt. 1914 
bis 1918 leitete er eine Kammermusikklasse am 
Conservatoire; war auch eine Zeitlang Kritiker am 
»Mer eure de France«. B. trat als Komponist her- 
vor mit einer 3aktigen Märchenoper Eros vain- 

S eur (Brüssel 1910), den Chorwerken mit Soli und 
rch. La fite de Kenwarc'h, Medeia und einer 
Hymne ä Venus für 2 St., Bläser und Harfe, 20 Lie- 
dern; besonders aber mit der Sehe mystique Ste. 
Rose de Lima (Chor, Soli und Orch.), einer 3st. 
Messe mit Chor und Blas-Orch., einer Messe für 
eine St. und Org., mehreren Motetten, Orchester- 
werken, Musik zu Maeterlincks 7 Prinzessinnen und 
zu Kalidasas Sakuntala, 2 Sonaten Cis dur für V. 
und KL, einer Klaviersonate, Sonate für Ob. und 
Kl.; Werken für Vc. und KL, Une flüte dans le 
verger für FL und KL sowie einigen Orgel- und 
Klavierstücken. 

Lit.: P. Landormy, La musique hg, aprfcs Debussy, 
Paris 1943. 

Brewer (b/u:o), (Sir) Alfred Herbert, *21. 6. 
1865 und f 1- 3. 1928 zu Gloucester; englischer 
Komponist, Orgelschüler am Royal Collie of 
Music in London, 1897 Organist und Choneiter 
an der Gloucester Cathedral, leitete dort die Drei- 
chorsfeste 1898-1913, 1922 und 1925 und richtete in 
der Kathedrale Orgelkonzerte für Schulkinder ein, 
1926 geadelt. Werke: zahlreiche Kantaten, dar- 
unter Emmaus, Dedication Ode und The Holy Inno- 
cents, Orchesterwerke, Orgel- und Klavierstücke 
sowie Lieder. Erinnerungen von ihm erschienen 
unter dem Titel Memories of Choirs and Cloisters 
(London 1931). 

Brewer (b/u:®), John Hyatt, * 18. 1. 1856 und 
f 30. 11. 1931 zu Brooklyn (New York); 10 Jahre 
Schüler von Dudley Buck, 1871-73 Organist an 


15* 


227 



Breytengasscr 


verschiedenen Kirchen in Brooklyn; Gründungs- 
mitglied (1877) des Apollo Club für Männerchor 
und dessen Begleiter bis zu Bucks Tod, dem er 
1903 als Dirigent nachfolgte, 1899-1906 Lehrer am 
Adelphi College in Brooklyn, einer der Gründer 
der American Guild of Organists. Er schrieb über 
200 Anthems, 40 Lieder und Kantaten. 

Breytengasser, Breyttengrasser, Guilelmus 
-*• Breitengraser, Wilhelm. 

Brian (b/aisen), William Havergal, * 29. 1. 
1876 zu Dresden (Staffordshire) ; englischer Kom- 
ponist, ist, von vorübergehendem Musikunterricht 
abgesdien, Autodidakt, wirkte als Organist und 
Violoncellist in verschiedenen Stellungen und 
wurde um 1910 zu den fortschrittlichen englischen 
Komponisten gezählt. Werke: komische Oper The 
Tigers (1918), Sie Musikdramen Turandot (deutsch, 
1951), The Cettci(19S3), Prometheus Unbound (1941), 
Doktor Faust (deutsch, 1955); 11 Symphonien (die 
5., 1933, mit Chorfinale; die 6., Wine of Summer, 
für Bar. und Orch., 1937), Englische Suiten, sym- 
phonische Dichtungen Hero and Leander (1908) und 
In Memoriam (1921), Orchester-Prelude Deidre of 
the Sorrows ; Violinkonzert (1935); Psalm 137 und 
Requiem für Bar., Chor und Orch., dramatische 
Kantate Vision of Cleopatra für Soli, Chor und 
Orch. (1909); a-cappella-Chöre, zahlreiche Lieder 
und Klavierstücke (4 Miniatur es). 

Lit: R. Kettel, Ordeal by Music: the Strange 
Expcrience of H. B., Oxford 1945. 

Briard (bri'arr), Etienne, * zu Bar-lc-Duc, f zu 
Avignon; französischer Schriftgießer in Avignon 
um 1530, dessen Typen statt der sonst üblichen 
eckigen ihrer Zeit allein runde Notenformen ga- 
ben und statt der komplizierten Ligaturen die 
Notenwerte aufgelöst brachten. Die Werke des -> 
Carpentras wurden 1532 von Jean de Channay in 
Avignon mit solchen Typen gedruckt (-> Gran- 
jon). 

Bricdaldi (brittfaldi), Giulio, *2.3.1818 zu 
Temi (Kirchenstaat), f 17. 12. 1881 zu Florenz; 
italienischer Flötenvirtuose, war schon mit 15 Jah- 
ren Mitglied der Academia di Santa Cedlia in 
Rom, unternahm ausgedehnte Reisen und lebte 
lange Jahre in London. Neben einem Metodo 
für die Flöte schrieb er zahlreiche Werke für 
dieses Instrument sowie die erfolgreiche Oper 
Leonora de? Medici (Mailand 1855). 

Briceüo (briO'gio), Luis de, spanischer Musiker, 
Verfasser eines Metodo muy faciussimo para aprender 
a tocar la Guitarra a lo Espanol (Paris 1627) ; ein 
Druck f ehl e r in dieser Ausgabe entstellt seinen Na- 
man zu Bricneo. Das Werk enthält Romanzen und 
Seguidillas. 

Bricht, Walter, * 21. 9. 1904 zu Wien; öster- 
reichischer Komponist, studierte bis 1928 an der 
Wiener Staatsakademie und wirkt seitdem als Be- 
gleiter und Kapellmeister, seit 1938 in den USA. 
werke: Orchester- und Chorkompositionen, Solo- 
konzerte, Kammer- und Klaviermusik sowie Lie- 
der. 

Bricken, CarlErnest, * 28. 12. 1898 zu Shdby- 
ville (Kentucky); amerikanischer Komponist, 
Bachelor of Arts des Yale College, erhielt seine 

228 


musikalische Ausbildung an der Mannes Music 
School, der Ecole Normale in Paris und am Curtis 
Institute. Klavier studierte er u. a. bei A. Cortot. 
1929/30 war er Theorielehrer am Institute of Musi- 
cal Art in New York, 1931-38 Vorsitzender des 
Music Department der University of Chicago, 
1938-44 Direktor der School of Music an der Uni- 
versity of Wisconsin, 1944-48 musikalischer Leiter 
und Dirigent der Seattle Symphony und ist heute 
Professor für Musik und Komponist am Sweet 
Briar College. 1929 wurde ihm der Pulitzerpreis 
und 1930 die Guggenheim Fellowship zuerkannt. 
Er schrieb Orchestermusik, darunter 3 Sympho- 
nien, Filmmusik, ein Streichquartett, 2 Violinsona- 
ten, eine Ode für Soli, Frauenchor, Sprecher und 2 
Kl., Variationen für 2 KL und Lieder. 

Bricks (Briks), . . . , Opemkomponist des 18. Jh. 
in St. Petersburg, schrieb die 4aktige komische 
Oper Fewey , deren Libretto die Kaiserin Katharina 
II. zur Verfasserin hat (1786). Der 1789 erschienene 
Klavierauszug schreibt dieMusik jedoch dem Autor 
Paschkewitsch zu; eine Kopie der Partitur befindet 
sich in Petersburg. 1895 wurde der Klavierauszug 
von P. Jürgenson in Moskau neu herausgegeben. 
Lit.: R.-A. Mooser, Annales de la musique . . . en 
Russie • . n, (Genf 1951). 

Brico, Antonia, * 26. 6. 1902 zu Rotterdam; 
amerikanische Dirigentin, studierte an der Uni- 
versity of California in Berkeley, an der Hoch- 
schule für Musik in Berlin und bei Muck in Ham- 
burg, debütierte 1930 mit dem Philharmonischen 
Orchester in Berlin und dirigierte seitdem zahl- 
reiche große Orchester als Gast. 1934 gründete sie 
das von ihr geleitete New York Women’s Sym- 
phony Orchestra, das sie 1938 umbildete und als 
Brico Symphony Orchestra weiterführte. 1946 bis 
1948 stanci sie mit J. Sibelius, 1949-56 mit A. 
Schweitzer in Verbingung. 

Bridge (brid 3 ), Frank, * 26. 2. 1879 zu Brighton, 
1 10. 1. 1941 zu Eastboume; englischer Komponist 
und Dirigent, Schüler des Royal College of Music 
in London (Komposition bei Stanford), war 1903 
bereits ein nahmhafter Violaspieler und vertrat 
1906 im Joachim-Quartett den erkrankten Wirth. 
1910/11 leitete er die Opemsaisons von Marie 
Brema am Savoy-Theater in London. In der 
Herbstsaison 1913 war er einer der Dirigenten von 
Raymond Rozes Oper an Covent Garden; später 
dirigierte er die Queen’s Hall Symphonie-Konzerte 
und die der Royal Philharmonie Society. 1923 war 
er Gastdirigent in Boston, Detroit, New York. Von 
seinen Werken seien hier angeführt die Oper The 
Christmas Rose, Bühnenmusiken und Chorwerke; 
zahlreiche Orchesterwerke, darunter Isabella (1907), 
Suite The Sea (1910/11), Tondidhtung Summer 
(1914), Lament (1915), Sir Roger de Coverley (1922), 
Vignettes de danse (1940); Kammermusik: Streich- 
quartette und Stücke für diese Besetzung, Klavier- 
quintett, Trios, 4 Divertimenti für FL, Ob., Klar, 
und Fag., Stücke für Einzelinstrumente (V., Va, 
Vc.l mit Klavierbegleitung ; zahlreiche Klavier- 
und Orgelstücke sowie Lieder. 

Lit: H. Howells, F. B., ML XXII, 1941. 

Bridge (biid 3 ), (Sir) John Frederick, * 5. 12. 
1844 zu Oldbuiy bei Birmingham, f 18. 3. 1924 zu 
London (Westminster); englischer Komponist, 



Bright 


Bruder von Joseph Cox B., Schüler von Hopkins 
und Goss, zuerst (1865) Organist der Trinitatiskir- 
che in Windsor, 1869 an der Kathedrale von 
Manchester, 1874 Mus. Dr. (Oxford), 1875 2., 
1882 1. Organist der Westminster Abbey, 1890 
Theorielehrer am Royal College of Music, Diri- 
gent der Royal Choral Society und Examinator für 
Musik an der Universität Oxford, 1902 King- 
Edward-Professor der Musik an der Londoner Uni- 
versität. 1897 wurde er geadelt. B. schrieb Hym- 
nen, Kantaten (Boadicea, Callirrhoe), Anthems, Ora- 
torien (Mount Moridh , Niniveh), Orchesterwerke; 
Katechismen (Primers) des Schulgesangs (Rudiments 
in rhyme), des Kontrapunkts, des Kanons und des 
Orgel-AJdkompagnements, A Course of Harmony 
(1899 mit F. J. Sawyer) und Musical Gestures (1903). 
1907 gab er ausgewählte Motetten von OrL Gib- 
bons heraus. 

Lit. : W. G. Alcock, J. F. B., in: Musical Times LXV, 
1924. 

Bridge (biid 3 ), Joseph Cox, * 16. 8. 1853 zu 
Rochester, f 29. 3. 1929 zu St. Albans; englischer 
Komponist und Organist, Bruder und Schüler von 

e i Frederick B., studierte auch noch unter Hop- 
, war Organist 1877-1925 an der Kathedrale in 
Chester, wo er 1879 die seit 50 Jahren verstummten 
Musikfeste (alle drei Jahre) wieder ins Leben rief. 
B. promovierte 1885 zum Mus. Dr. in Oxford, war 
ab 1908 Professor of Music in Durham und ver- 
öffentlichte die Bücher: Horns , Chester Madrigalists , 
Recorders , Ludlow and the Masque of Comus , Chester 
Miracle Plays. Auch schrieb er Orchesterwerke und 
größere Gesangswerke: Oratorium Daniel, dra- 
matische Kantate Rudel , Kirchenkantate Resurgam , 
Requiem; Services, Anthems, Orgel- und Klavier- 
stücke, Lieder und Chorlieder. 

Bridgetower (bi'idgtauo), George Augustus Pol- 
green, * angeblich 1779 zu Biala (Galizien), in 
Wahrheit aber wohl in einer der englischen Kolo- 
nien (vgl. Thayer, Beethoven EP, 389), f 29* 2. 
1860 zu Peckham (London); mulattischer Geiger, 
Schüler von Giomovid (Jarno vic), trat bereits am 
13. 4. 1789 im Pariser Concert spiritud auf, auch 
in London und war schon vorher Kammervirtuose 
des Prinzen von Wales. Seine Mutter wohnte mit 
dem zweiten Sohne J. B. (Violoncellist und Kom- 
ponist für Violoncello) 1802 in Dresden. Für B. 
schrieb Beethoven 1803 in kürzester Frist die beiden 
ersten Sätze der nachher Rod. Kreutzer gewidme- 
ten Violinsonate op. 47 (das Finale lag fertig vor, 
da es ursprünglich zu op. 30 1 gehörte). Das äußerst 
temperamentvolle Spiel B.s fand Beethovens be- 
geisterten Beifall. 

Lit.: A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; 
Th. Frimmel, Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926; H. 
Volkmann, Beethoven in seinen Beziehungen zu 
Dresden, Dresden 2 1942. 

Bridgman (b/idjmaen), Nanie, * 2. 2. 1907 zu 
Angoul£me (Charente); französische Musikfor- 
scherin, studierte Musikgeschichte bei Pirro (1928), 
erhielt 1930 an der Sorbonne die Licence bs Lettres, 
1946 das Diplöme d’dtudes supdrieures mit einer 
Arbeit übcrL’activitd musicale ä ta cour de Henry V7U 
d* Angle terre (ungedruckt). 1932-36 studierte sie Ge- 
sang am Conservatoire. Mme B. wurde 1945 an 
der Biblioth&que nationale in Paris zur Bibliothe- 


karin am Departement de la musique ernannt. Von 
ihren zahlreichen Studien seien angeführt: Vita- 
blissement (Tun cataloguepar incipit musicaux (MD IV, 

1950) , Eustorg de Beaulieu, Musician (MQ XXXVII, 

1951) , Un manuscrit italien du dihut du XVI* s. ä la 
Bibliothlque nationale (Departement de la musique , 
BJs. Vm* 676) (Ann. mus. 1. 1953), Christian Ege - 
nolff imprimeur de musique (A propos du recueil Ris. 
Vm* 504 de la Bibi not . de Paris) (Ann. mus. III, 
1955), Les deux livres de madrigaux de Diego Personh 
(CHM II, 1957). 

Briegel, W olf gang Carl, * in der ersten Jahres- 
hälfte von 1626 zu Nürnberg, f 19. 11. 1712 zu 
Darmstadt; deutscher Komponist und Organist, 
erhielt seine musikalische Ausbildung in Nürnberg, 
wo er als Diskantist wirkte, 1645-50 in Schweinfurt 
tätig, 1650 Hofkantor in Gotha, 1671-1709 Hof- 
kapellmeister in Darmstadt. B. war ein sehr frucht- 
barer Komponist von geistlichen Vokalwerken 
mit Instrumenten, darunter Geistl. musical. Rosen- 
garten (1658), Evangelische Gespräch (3 Teile, 1660/ 
1662/81), Geistliche Arien (2T eüe, 1660-61), Evange- 
lischer Blumengarten (4 Teile, 1666-69), Geistliche 
Oden A. Gryphii (1670), Madrigalische Trostgesänge , 
6st. a cappella (1670), EvangelischesHosiannah (1677), 
Musicafische Trostquelle (1679), Evangelischer Pal - 
men-Zweig (1685), Evangelische Harpfen (1685), Buß- 
psalmen (1692), Apostolische Chormtisik (1697), Letz- 
ter Schwanengesang (1709). Er schrieb auch weltliche 
Vokal- und Instrumentalwerke: 4st. Paduanen, 
Gagliarden, Balletti und Couranten (1652), 4-5st. 
Intraden und Sonaten für Cometti und Posaunen 
(1669), Musicalisches Tqfelkonfekt (1672) für 1-4 St. 
mit Instrumenten, Musicalische Erquick-Stunden , 
Capricci für V., 2 Va und Baß (1680); Bühnen- 
werke (Musik verschollen), so Gryphius’ Das ver- 
liebte Gespenst (1673), ein Singspiel Das triumphie- 
rende Siegesspiel der wahren Liehe (1673), Bailett- 
musiken. Er redigierte das Darmstädter Cantionale. 
Ausg. : in einer Beilage d. Zs. f. Kirchenmusik 4 Lied- 
kantaten u. 2 Odenkompositionen zu Texten v. 
Gryphius; Kantaten »Und es erhub sich ein Streit« 
und »Fahr auf die Höhe«, hrsg. v. Fr. Noack, = 
Kirchenmusik der Darmstädter Meister des Barock 
III-IV, Darmstadt 1955. 

Lit: J. Fölsing, Biographisches über W. C. B., 
Dannstadt 1853; Fr. Noack, W. C. B. als Lieder- 
komponist, ZfMw I, 1918/19; ders., W. C. B., Zs. f. 
Kirchenmusik 1920; ders., W. C. B. als Liedkompo- 
nist, Mf II, 1949 ; K. F. Hirschmann, W. C. B., Diss. 
Marburg 1934, gedruckt Gießen 1936; A. Fett, Mg. 
d. Stadt Gotha, Diss. Freiburg i. Br. 1951, maschr. 

Briem, Tilla, * 31. 3. 1910 zu Morhange (Loth- 
ringen) ; deutsche Sängerin (Sopran), studierte am 
Konservatorium Würzburg, später privat in Ber- 
lin. 1934-36 gehörte sie der Berliner Staatsoper an 
und übte danach in Deutschland und im Ausland 
eine weitreichende Tätigkeit als Lied- und Orato- 
riensängerin aus und gastierte an zahlreichen Büh- 
nen und bei Festspielen. Nach 1945 übernahm sie 
ständige Gastspiele an den Städtischen Bühnen 
Essen und wirkt daneben als Gesangspädagogin. 

Bright (biait), Dora Estella, * 16.8.1863 zu 
Sheffield (England), f im Dezember 1951 zu Lon- 
don; englische Pianistin und Komponistin, 1881 
bis 1888 Schülerin der Royal Academy of Music in 
London, gab ab 1889 regelmäßig Klavierabende in 
London (1892 historische Konzerte »from Byrd to 


229 



Brill 


Co wen«). Sie schrieb 3 Opern, mehrere Ballette, 
Orchesterwerke, 2 Klavierkonzerte, ein Klavier- 
quartett, eine Suite für KL und V., ein Duo für 2 
Kl. und Lieder. 

Brill, Samuel, * 12. 7. 1903 zu Rotterdam; hol- 
ländischer Violoncellist, erhidt ab 1912 Musik- 
unterricht, u. a. bei P. Casals. Br. war zunächst 
hauptsächlich als Kammermusiker tätig, wurde 
19361. Solocellist beim Concertgebouw-Orchester 
in Amsterdam, übernahm 1954 die gleiche Stelle 
bei den Rotterdam, er Philharmonikern und ist 
daneben auch Professor am Königlichen Konserva- 
torium im Haag. Als Solist konzertierte er in den 
Niederlanden, in Frankreich, Belgien, England und 
Indonesien und bildet ein Klaviertrio mit Herman 
Krebbers und M. Flipse. 

ten Brink, Jules, * 4. 11. 1838 zu Amsterdam, 
t 6. 2. 1889 zu Paris; holländischer Komponist, 
Schüler von Heinze in Amsterdam, von A. Dupont 
in Brüssel und E. Fr. Richter in Leipzig, war 1860 
bis 1868 Musikdirektor in Lyon und lieJS sich 1868 
in Paris nieder. Instrumentalwerke: Orchestersuite, 
symphonische Dichtung, Symphonie, Violinkon- 
zert; er brachte auch eine komische Oper Calonice 
zur Aufführung (Paris 1870); eine große 5aktige 
Oper blieb unaufgeführt. 

Brinsmead (b/insmird), John, * 13. 10. 1814 zu 
Wear Giffard (North-Devon), f 17- 2. 1908 zu 
London; Gründer der Londoner Pianofortefabrik 
J. B. & Sons, Ltd., etablierte sich 1835 und machte 
1863 seine beiden Söhne Thomas und Edgar zu 
Teilhabern. Der jüngere, Edgar B., f 28* H* 1907, 
schrieb eine History of the Pianoforte (1868, um- 
gearbeitet 1879). Die Firma wurde 1900 in eine 
Aktiengesellschaft umgewandelt. 

Bxißler, Friedrich Ferdinand, * 13. 6. 1818 zu 
Insterburg, t 30.7.1893 zu Berlin; deutscher 
Pianist, Schüler der Berliner Akademie (Rungen- 
hagen, A W. Bach, JuL Schneider) und R. Schu- 
manns, konzertierte 1838-45 als Pianist und war 
dann längere Zeit Lehrer am Stemschen Konserva- 
torium. B. ist besonders bekannt durch zahlreiche 
praktisch angelegte Klavierauszüge (2- und 4hän- 
dig) von Opern und Symphonien. 

Bristow (b/isto:), George Frederick, * 19. 12. 
1825 und 1 13. 12. 1898 zu New York; amerika- 
nischer Pianist und Violinist, ausgebildet von sei- 
nem Vater, machte sich als Komponist einen Na- 
men mit der Oper Rip van Winkte , mehreren Ora- 
torien und Kantaten, 6 Symphonien und anderen 
Orchesterwerken, Kammermusik, Klavierstücken 
und Liedern. B. war Gesanglehrer an New Yorker 
Staatsschulen. 

Britten (b/iten), Edward Benjamin, * 22. 11. 
1913 zu Lowestoft (SufFolk) ; englischer Kompo- 
nist, begann seine Kompositionsstudien mit 12 
Jahren bei Fr. Bridge und setzte sie in London am 
Royal College of Music unter J. Ireland fort. Sein 
erstes öffentlich aufgeführtes Werk war die Sin- 
fonietta op. 1 (1933). In den Jahren 1935-39 arbei- 
tete Br. eng mit dem Dichter W. H. Auden zu- 
sammen und komponierte für Film, Theater und 
Radio. 1939-42 lebte er in Ameri ka und nahm Harm 
Wohnsitz in Aldeburgh, einer kleinen Küstenstadt 
in Suffolk. 1947 war er an der Gründung der Eng- 


lish Opera Company beteiligt, die Opemauffüh- 
rungen in kammermusikalischer Besetzung ver- 
anstaltet, ebenso 1948 an der Einrichtung des Alde- 
burgh Festival, bei dem jährlich Werke verschie- 
dener Epochen (darunter auch solche von Britten) 
in kleinem Rahmen aufgeführt werden. Im Kon- 
zertsaal erscheint Br., ein ausgezeichneter Pianist, 
vor allem als Begleiter des Tenors P. Pears und als 
Dirigent eigener Werke. Übersichtliche Satzweise, 
Freude am Entdecken neuer Klänge und einfühl- 
same Nachzeichnung seiner dichterischen Vorlagen 
sind die hervortretendsten Kennzeichen von Br.s 
Musik. Im allgemeinen ist seine melodische Erfin- 
dung eher gewandt als originell, und es gibt in 
seinem Werk vieles, das - ohne Zweifel unbewußt 
- von anderen Komponisten entlehnt ist. Br.s Mu- 
sik ist fest in der Tonalität verwurzelt; der Kompo- 
nist hat - obgleich keineswegs konservativ - keinen 
Versuch gemacht, die Technik der jüngsten Musik 
zu übernehmen. Seine erfolgreichsten Werke sind 
die lyrischen Gesangsstücke und die Opern Peter 
Grimes und The Tum of the Screw , in denen er seine 
Fähigkeit zeigen kann, eine suggestive Stimmung 
zu schaffen. Kompositionen: Sinfonietta für Kam- 
merorch. op. 1 (1932); Phantasy Quartet für Ob. 
und Streichtrio op.2 (1932) ; A boy was bom, Varia- 
tionen für Chor a cappella op. 3 (1933) ; Simple 
Symphony für Streichorch. op. 4 (1925, umgearbei- 
tet 1934) ; Holiday Diary für Kl. op. 5 (1934) ; Suite 
für V. und Kl. op. 6 (1935); Our Hunting Fathers 
(Auden), Zyklus nir hohe Stimme und Orch. op. 8 
(1936); Soiries musicales (nach Rossini) für Orch. 
op. 9 (1936) ; Variations on a theme by Fr. Bridge für 
Streichorch. op. 10 (1937); On this Island (Auden), 
5 Lieder, op. 11 (1937); Orchestersuite Mont Juic 
nach katalanischen Tänzen op. 12 (1937, mit L. 
Berkeley) ; Klavierkonzert D dur op. 13 (1938, 
umgearbeitet 1945) ; Ballad of Heroes (Auden u. R. 
Swingler) für T., Chor und Orch. op. 14 (1939) ; 
Violinkonzert D moll op. 15 (1939, umgearbeitet 
1950); Operette Paul Bunyan (Auden) op. 17 (New 
York 1941, ungedruckt); Les Illuminations (A. 
Rimbaud) für hohe St. und Streichorch. op. 18 
(1939) ; Canadian Camaval für Orch. op. 19 (1940) ; 
Sinfonia da Requiem op. 20 (1940); Diversions on a 
theme für KL (finke Hand allein) und Orch. op. 21 
(1940, umgearbeitet 1950); Seven Sonnets of 
Michelangelo für Singstimme und KL op. 22 (1940) ; 
Introduction and Rondo alla burlesca und Mazurka 
elegiaca für 2 Kl. op. 23 (1940-41) ; Matinies musi- 
cales (nach Rossini) für Orch. op. 24 (1941) ; 
Streichquartett D dur op. 25 (1941) ; Scottish Ballad 
für 2 KL und Orch. op. 26 (1941) ; Hymn to St. Ce - 
cilia (Auden) für Chor a cappella op. 27 (1942); 
A Ceremony of Carols für Soprane und Harfe op. 28 
(1942) ; Präludium und Fuge für 18 Streicher op. 29 
(1943); Kantate Rejotce in the Lamb (Chr. Smart) 
für Chor und Org. op.30 (1943); Serenade fürT., 
Hom und Streichorch. op. 31 (1943); Oper Peter 
Grimes (M. Slater nach G. Crabbe) op. 33 (London 
1945); The Young Person* s Guide to the Orchestra 
(Variationen und Fuge über ein Thema von Pur- 
cell) op. 34 (1945); Tne Holy Sonnets ofjohn Donne 
(Lieder) op. 35 (1945); Streichquartett Cdur op. 
36 (1945); Oper The Rape ofLuaretia (R. Duncan) 
op. 37 (Glyndeboume 1946); An Occasional Over - 
ture op. 38 (1946, ungedruckt); Oper Albert Her- 
ring (E. Crozier) op. 39 (Glyndehourne 1946) ; 


230 



Brockes 


Canticle in Memory ofDick Sheppard für Singstimme 
und KL op. 40 (1947); Saint Nicolas (E. Crozier) 
für T., Chor und Orch. op. 42 (1948) ; Bearbeitung 
von The Beggar’s Opera op.43 (1948); Spring 
Symphony fürSoli, Chor und Orch. op. 44 (1949); 
Kinderoper Let's make an operal - The Little Sweep 
(E. Crozier) op. 45 (Aldeburgh 1949) ; Lachrymae - 
Reflections on a song by J. Dowland für Va und KL 
op. 48 (1951); Six Metmnmphoses für Ob. solo op. 
49 (1952); Oper Billy Budd (E. M. Foster u. E. 
Crozier nach H. Melvflle) op. 50 (London 1951); 
Canticle II für Singstimme und Kl. op. 51 (1952); 
Oper Gloriana (W. Pionier) op. 52 (London 1953); 
Canticle III für Singstimme und Kl. op. 55 (1955); 
Oper The Tum of the Screw (J. Piper nach H. James 
Venedig 1954); Ballett The Prince of the Pagodes 
(London 1957); 3 Hefte Volksliedbearbeitungen 
(1942-46); Schul- und Kirchengesänge; Chöre; 
Präludium und Fuge über ein Thema von Vic- 
toria für Org. (1947); Bearbeitung von Purcdls 
Dido and Aeneas (1951); Musik nir Schauspiel, 
Film und Radio. 

Lit.: E.W. White, B. Br., London 1948, 21954 , 
deutsch Zürich 1948; H. Keller, Br. and Mozart, 
ML XXIX, 1948; B. Br., A Commentary on his 
Works, hrsg. v. D. Mitchell u. H. Keller, London 
(1952) und NY (1953); P. Tranchell, Br. and 
Brittenites, ML XXXIV, 1953; Musik d. Zeit VH u. 
XI, hrsg. v. H. Lindlar, Bonn (1954-55); R. Car- 
penter, Baines and Br., Mus. Times XCVH, 1956. 

JAW 

Britton (hrtten), Thomas, * 14. 1. 1644 zuRush- 
den bei Higham Ferrars (Northampton), f 27. 9. 
1714 zu London, einer der Gründer des Londoner 
Konzertwesens im 17. lh. (-► Banister, John), Koh- 
lenhändler und Musildiebhaber, veranstaltete von 
1678 bis zu seinem Tode jeden Donnerstag in seiner 
Wohnung Konzerte, in denen die bedeutendsten 
Musiker auftraten (auch Händel, Pepusch). Die 
Konzerte waren zuerst frei, später erhob B. 10 
Schilling Abonnement jährlich. 

Brhd, Frantiäek (Franz) Xaver, * 2. 1. 1732 und 
t 14. 10. 1771 zu Prag; tschechischer Komponist, 
verwaiste mit 5 Jahren und wurde von einem ver- 
wandten Geistlichen in Kosmanos erzogen, später 
von Segert in Prag musikalisch ausgebildet, wäh- 
rend er zugleich die Universität besuchte. Er er- 
hielt zuerst Anstellung als Organist an St. Gallus, 
1756 als Kapellmeister am Dom in Prag und schrieb 
105 Messen (darunter 52 große Festmessen), viele 
Psalmen, Litaneien, Vespern, mehrere Oratorien, 
Requiem, Orgelwerke (darunter 3 Konzerte mit 
Ordi.), Stücke für Harfe und eine Sinfonia (1760). 
Ausg. : ein Präludium, 2 Fugen u. eine Toccata f. 
Org. in MAB XII ; Presto u. Andante f . Klar, in MAB 
XIV; Konzert f. Org. u. Orch. in MAB XXVI, 1956; 
ein Satz (4sL) in: Musica Sacra XXVI, hrsg. v. R. v. 
Hertzberg, Bin u. Posen. 

Lit: O. Kamper, F. X. B., Prag 1926 (tschechisch). 

Brfcssowa,Nadeschda Jako wie wna, *19. 11. 
1881 zu Moskau; russische Komponistin und Mu- 
sikschriftstellerin, studierte am Moskauer Konser- 
vatorium Komposition bei S. I. Tanejew und Kla- 
vier bei Igumnow, wurde Dozentin am Moskauer 
V olkskonservatorium, 1917 an der Schanjawski- 
Universität und 1919-43 am Moskauer Konser- 
vatorium. Sie schrieb (alles russisch) : Die Musik- 
wissenschaft, ihre historischen Wege und ihr gegenwär- 


tiger Zustand (1910); Die rhythmischen Formen 
Skrjabins (1913); Die Aufgaben der musikalischen 
Volksbildung (1919); Die Musik der Revolution 
(1925) ; Das russische Volkslied in der klassischen und 
sowjetischen Musik (1948) ; Wladimir Sacharow (1949). 

Brkanovid (brk'anovitg), Ivan, * 27. 12. 1906 zu 
Skaljari bei Kotor ; jugoslawischer Komponist und 
Dirigent, studierte an der Musikhochschule Zagreb 
und an der Schola Cantorum in Paris, ist heute 
Direktor der Zagreber Philharmonie. Werke: 4 
Symphonien, Symphonische Bilder und eine Oper 
Die Aequinotion. 

Broadwood (b/o:dwud) and Sons, Ltd., Lon- 
doner Pianofortefabrik, gegründet um 1728 durch 
einen angewanderten Schweizer, Burkhard 
T schudi (f 1773), dessen Harpsichords schnell zu 
A n sehen gelangten (in den Schlössern zu Windsor 
und Potsdam sind noch Exemplare). Tschudis 
Teilhaber, Schwiegersohn und Geschäftserbe war 
John B. (* 1732 zu Cockbumspath, Schottland, 
f 1812 zu London), von Haus aus Kunsttischler. 
Die sogenannte englische Mechanik des Piano- 
fortes, wie sie Amencus Bäckers zuerst 1770 baute 
und bei seinem Tode 1781 B. empfahl, ist eine 
Weiterbildung der Cristofori-Silbermannschen 
(-> Klavier). John B.s Geschäftsnachfolger wurden 
seine Söhne James Shudi B. und Thomas B.; 
ihnen folgte Henry Fowler B. (* 1811, f 8. 7. 
1893). Sein Sohn und Erbe Henry John Tschudi 
B. (f 8. 2. 1911) verwandelte die Firma 1901 in 
eine Aktiengesellschaft (limited), deren Direk- 
torium noch heute direkte Nachkommen von John 
B. angehören. 

Lit: Fr. J. Hirt, Meisterwerke des Klavierbaus, 
Olten 1955. 

Broche (brioj), Charles, * 20. 2. 1752 und f 30. 
9. 1803 zu Rouen; französischer Organist, sta- 
dierte 1771-72 bei Sdjan und Armand-Louis Cou- 
perin in Paris, nach kurzer Tätigkeit in Lyon noch 
bei Padre Martini in Bologna und wurde 1777 
Kathedral-Organist in Rouen. Sein bekanntester 
Schüler ist Fr.-A. Boiddieu. B. veröffentlichte je 
3 Klaviersonaten op. 1 (Rouen 1782), op. 2 (Paris 
um 1785) und op. 3 (Rouen 1787). 

IiL: V. Guilbert, Notice hist sur le dtoyen B., 
Rouen AnXH(— 1 803/04); G. Favre, Un Olganiste 
de la CathMrale de Rouen: Ch. B., Rev. de Musicol. 
XXI, 1937 (= t XVHI); ders. in Rev. de MusicoL 
XXIII, 1939 (- t XX), S. 25 f. 

Brockes» Barthold Heinrich, *22. 9. 1680 und 
+ 16. 1. 1747 zu Hamburg; deutscher Dichter, bil- 
dete sich in Halle, Wetzlar und Leiden zum Juristen 
und absolvierte eine große Bildungsreise durch den 
ganzen Kontinent. 1704 kehrte er nach Hamburg 
zurück, wo er 1720 Ratsherr wurde, und gründete 
dort 1715 die »Teutschübende Gesellschaft«, 1716 
die »Patriotische Gesellschaft«, die an der Verbrei- 
tung der Ideen der englischen Moralisten in 
Deutschland maßgeblichen Anteil hatte. Der ma- 
nieristische Überschwang in B.’ bilderreicher 
Sprache sicherte seinen Musiktexten in der Zeit des 
Spätbarock weite Verbreitung, da sie dem Kom- 
ponisten vielfältige Möglichkeiten zur Ausarbei- 
tung charakteristischer Sätze bot. B.* Oratorium 
Der Für die Sünde der Welt Gemarterte und Sterbende 
Jesus (1712, nach den vier Evangelisten, in Ham- 


231 



Brockhaus 


bürg statt einer Markuspassion auf geführt) wurde 
komponiert von R. Keiser (1712), Händel (1716), 
Telemann (1716, nicht erhalten), Mattheson (1718), 
Stölzel (1720), J. Fr. Fasch, Bachofen, Jakob Schu- 
back, Johann Balthasar Christian Preislich und 
Paul Steininger. Einzelne Arien daraus nahm Tele- 
mann in 2 Passionen (1722 und 1723) und J. S. 
Bach in seine Johannes-Passion (1723) auf. Eine 
zweite Passion von B., Der zum Tode verurtheilte 
undgecreutzigte Jesus , komponierte R. Keiser (1715). 
In der 9bändigen Sammlung Irdisches Vergnügen in 
Gott (Hamburg 1721-48) stehen Texte zu: Tele- 
mann, Kantate Die uns im Frühling zur Andacht 
reizende Vergnügung des Gehörs (vor 1720) und 3 
nicht erhaltene Jahreszeitenkantaten sowie 3 Lieder 
in den Singe-, Spiel - und Generalbaß-Übungen 
(1733/34) ; Händel 9 deutsche Arien (zwischen 1724 
und 1727); Bachofen, 22 Lieder (1740). 
lit.: Selbstbiogr., hrsg. v. J. M. Lappenberg, Zs. 
d. Ver. f. Hamburgische Gesch. n, 1847. - C. v. 
Winterfeld, Der ev. Kirchengesang III, Lpz. 1847; 
A. Brandl, B. H. B-, Innsbruck 1878; F. J. Schnei- 
der, Die deutsche Dichtung d. Aufklärungszeit, « 
Epochen d. deutschen Lit., hrsg. v. J. Zeitler III, 
2, Stuttgart 2(1948); W. Braun, B. H. B.’ »Irdisches 
Vergnügen in Gott« . . Händel- Jb. VH (N.F. I), 1955. 

Brockhaus, Max, oHG. ; deutscher Musikverlag, 
1893 von Max Brockhaus (1867-1957) in Leipzig 
gegründet. Den Grundstock bildete der 1893 von 
Eduard Wedl in Wiener-Neustadt angekaufte 
Verlag, der später durch den Ankauf von Werken 
aus dem Verlag H. Haessel in Leipzig und der 
Joseph Roth’schen Verlagsanstalt in Stuttgart er- 
weitert wurde. 1906 übernahm Br. die bei J. Feuch- 
tinger erschienenen Frühwerke von Pfitzner, 1930 
die im Verlag Carl Gicßel herausgekommenen 
Werke von S. Wagner und brachte noch Pfitzners 
letztes Werk op. 59 (1948). Daneben wurden auch 
Werke von Leoncavallo, d* Albert und Humper- 
dinck in das Verlagsprogramm auf genommen. Da 
ein Versuch, nach der Totalzerstörung 1943 den 
Verlag in Leipzig wieder aufzubauen, scheiterte, 
wurde er 194$ nach Lörrach (Baden) verlegt. Als 
Leiter zeichnen ab 1940 Friedrich Grüner und 
dessen Frau Elisabeth, geborene Brockhaus. 
Max Brodchaus, der aus der alten Leipziger Ver- 
legerfamilie der Br. stammt, war eine hervor- 
ragende Erscheinun g im Leipziger Musikleben. 
Er war ab 1906 30 Jahre lang Mitglied (1920-36 
Vorsitzender) des Gewandhaus-Direktoriums, auch 
Vorstandsmitglied des Konservatoriums in Leip- 
zig, 1895-1900 im Vorstand des Musikalienhänd- 
lervVereins, 1919-25 im Vorstand des Musikalien- 
verleger-V ereins. 

Lit: Musikverlag M. Br., Lpz. 1893-1943, Lpz. 1943. 

Brockt, Johannes, * 15. 1. 1901 zu Brieg; öster- 
reichischer Dirigent und Komponist, studierte ab 
1920 Musikwissenschaft, Philosophie und Litera- 
turgeschichte in Breslau, Wien, Leipzig, Berlin; 
Musik bei Camillo Horn, Karg^-Elert, Leop. Reich- 
wein. Ein Jahr lang war er Repetitor am Stettiner 
Stadttheater und 1924/25 Kapellmeister an den 
Vereinigten Theatern in Breslau. 1927 promovierte 
er an der Universität Breslau mit einer Arbeit über 
Emst Wilhelm Wolf, Leben und Werke (Striegau 
192p. Ab 1930 lebte Br. als freischafFender Kom- 
ponist in Berlin, seit 1943 in Wien. Er schrieb: 


5 Opern (Gobseck, Morphium, Die beiden Masken, 
Fandaimonion oder Schicksal und Leidenschaß und 
Paracelsus), ein Tanzspiel Dämon und Weib 
(Schweidnitz 1923); Orchesterwerke (Schlesische 
Rhapsodie, 1931), Chorwerke, Orchester- und 
Klavierlieder, Chöre, Kammer- und Klaviermusik. 

Brockway (b/okwei), Howard A., * 22. 11. 1870 
zu Brooklyn (New York), f 20. 2. 1951 zu New 
York; amerikanischer Pianist und Komponist, in 
Berlin Schüler von Barth und Boise, verabschie- 
dete sich 1895 mit einem Konzert mit eigenen 
Kompositionen und wirkte als Lehrer an den Kon- 
servatorien in New York und Baltimore, ab 1910 
wieder in New York als Klavierlehrer, ab 1925 an 
David Mannes Music School; schrieb Orchester- 
werke: Symphonie D dur (1895), Sylvan Suite 
(1903), symphonische Balladen, eine Vioiinrom anze 
mit Orch., ein Klavierkonzert, Klavierquintett, 
Klavierstücke und Lieder. Er gab auch zusammen 
mit Lorraine Wyman zwei Sammlungen von 
Volksliedern aus Kentucky (1916 und 192$ heraus. 

Brod, Max, * 27. 5. 1884 zu Prag; israelischer 
Dichter und Komponist, studierte zunächst Juris- 
prudenz, wirkte vorübergehend im tschecho- 
slowakischen Ministerratspräsidium, um sich 
schließlich ganz literarischer Betätigung zuzuwen- 
den. Mit seinem Freund Kafka, dessen Nachlaß- 
verwalter und Biograph er wurde, mit Rilke und 
Werfel ist B. einer der führenden Köpfe der ehe- 
maligen »Prager Schule«. Seine musikalische Aus- 
bildung erhiät er von dem Dvordk-Schüler A. 
Schreiber. Er veröffentlichte nach dessen Tod die 
Biographie Adolf Schreiber, ein Musikerschicksal 
(Berlin 1920). Bis 1939 wirkte B. als Musik- und 
Theaterkritiker am Prager Tagblatt und erwarb 
sich ein besonderes Verdienst dadurch, daß er als 
erster außerhalb des tschechischen Sprachgebiets 
auf den Komponisten L.Jand£ek aufmerksam 
machte. 1917 übersetzte er Jand&ks Jenufa ins 
Deutsche und schrieb auch eine Biographie 
(tschechisch Prag 1924, deutsch Wien 1925, 21956). 
Neben mehreren Übersetzungen schrieb B. die 
Opemtexte zu Manfred Gurlitts Nana und Marc 
Lavrys Wächter DAN. Er ist jetzt Dramaturg des 
hebräischen Theaters »Habimah« und Musikkriti- 
ker der deutschen Tageszeitung »Jediot Chada- 
schot« in Td Aviv. Kompositionen: 2 Palästinen- 
sische Bauemtänze für großes Orch. (Jerusalem 
1951), Tod und Paradies (2 Lieder für mittlere St. 
und großes Orch., nach Kafka, 1955), Requiem 
Hebraicum für mittlere St. und kleines Orch. (Jeru- 
salem 1950), 4 Lieder für KL und mittlere St., 
Psalm 126 (1954), 2 jemenitische Lieder für Kl. und 
Alt. Ungedruckt sind u. a. ein Klavierquintett, eine 
Klavier- und eine Violinsonate sowie etwa 80 
Lieder. 

Brodde, Otto, * 21. 3. 1910 zu Gilgenburg (Ost- 
preußen); deutscher Kirchenmusiker, studierte 
nach privatem Musikstudium in Dortmund (Or- 
gel, Klavier, Theorie) Musikwissenschaft in Mün- 
ster und promovierte 1935 mit einer Arbeit über 
J. G. Walther. Bereits seit 1927 wirkte B. an ver- 
schiedenen Stellen als Kantor und Organist, wurde 
1935 an die Folkwangschule in Essen berufen und 
ist seit 1942 (Dienstantritt 1946) als Kirchenmur- 
siker und Dozent für Kirrh^nrnndlr in Hamburg 


232 



Broman 


tätig. Seit 1949 ist er Schriftleiter der Zeitschrift 
»Der Kirchenchor«. Er schrieb: Johann Crüger , Weg 
und Werk (Leipzig 1935) und Johann Heermann 
(Witten 1948) und gab u. a. heraus: Choralsingbuch 
für Ist. Chor und Orgel (Kassel 1949), Wittener 
Sing- und Spielbuch (Witten 1950), Kleines Luthe- 
risches Kantionale I und II (Neuendettelsau 1950, 
1951), Chorgebet (lutherisches Horenbuch, Kassel 

1953) , Das Graduallied (mit Chr. Müller, München 

1954) . 

Brode, Max, * 25. 2. 1850 zu Berlin, f 29./30. 
12. 1917 zu Königsberg; deutscher Violinist und 
Dirigent, 1863 Schüler des Stemschen Konserva- 
toriums in Berlin, bis 1869 des Leipziger Konser- 
vatoriums, studierte dann noch unter Joachim an 
der Königlichen Hochschule in Berlin, mußte aber 
1876 wegen eines nervösen Fingerleidens die Vir- 
tuosenlaufbahn aufgeben. 1874-76 Violinlehrer am 
Konservatorium in Augsburg, dann 3 Jahre Kon- 
zertmeister in Königsberg, rief dort die Symphonie- 
konzerte ins Leben, übernahm 1891 die Leitung 
der Philharmonie, wurde 1894 daneben akade- 
mischer Musikdirektor und hielt seitdem theore- 
tische und historische Vorlesungen über Musik an 
der Königsberger Universität; er leitete auch ab 
1898 die Singakademie. 


Broder (bi^cb), Nathan, * 1. 12. 1905 zu 
New York; amerikanischer Musikforscher, stu- 
dierte am City College in New York und nahm 
daneben privaten Musikunterricht. Bei G. Schir- 
mer Inc. hatte B. sukzessiv die Leitung mehrerer 
Abteilungen, hielt 1946-52 Vorlesungen an der 
Columbia University und ist seit 1945 Mitheraus- 
geber von Musical Quarterly. Neben zahlreichen 
Besprechungen, Lexikonartikeln und Beiträgen zu 
Zeitschriften (hauptsächlich über Mozart im Ame- 
rican Music Lover) schrieb er: Samuel Barber (New 
York 1954), The Wind-Instruments in Mozarts 

S honies (MQ XIX, 1933), Mozart and the 
ier « (MQ XXVII, 1941), American Music and 
American Orchestras (MQXXVm, 1942), The Music 
of William Schuman (MQ XXXI, 1945), The Music 
of Samuel Barber (MQ XXXIV, 1948), The First 
Guide to Mozart (MQ XLII, 1956). 

Brpdersen, Friedrich, * 1. 12. 1873 zu Bad Boll 
(Württemberg), f 19. 3. 1926 zu Krefeld; deut- 
scher Bühnen- und Konzertsänger, gehörte ab 1903 
der Münchner Oper an, an dar er alle lyrischen, 
dramatischen und Charakterrollen des Bariton- 
fachs verkörperte. Als Interpret von Strauss- und 
Schubert-Liedern (Winterreise) hat er sich her- 
vorgetan. 

Brodsky, Adolf, * 21. 3. 1851 zu Taganrog 
(Rußland), f 22. 1. 1929 zu Manchester; russischer 
Violinist, trat als Kind 1860 in Odessa auf und 
erweckte dort das Interesse eines wohlhabenden 
Bürgers, der ihn in Wien durch J. Hellmesberger 
ausbilden ließ, zuletzt als Schüler des Konserva- 
toriums. Nun trat B. in Hellmesbergers Quartett 
ein und war auch 1868-70 Mitglied des Hofopem- 
orchesters, zugleich als Solist auftretend. Eine län- 
gere Kunstreise endete 1873 in Moskau, wo B. bei 
Laub seine Studien wieder aufnahm, 1875 eine 
Anstellung am Konservatorium erhielt und Nach- 
folger Hnmalys wurde, der in die durch Laubs 
Tod erledigte Stellung einrückte. 1879 verließ B. 


Moskau, dirigierte in Kiew Symphoniekonzerte 
und begann 1881 wieder sein Wanderleben, in 
Paris, Wien, London, Moskau mit großem Erfolg 
auftretend, bis er endlich im Winter 1882/83 in 
Leipzig, wo Felix Berber zu seinen besten Schülern 
zählte, die durch Schradieks Weggang erledigte 
Violinprofessur am Konservatorium erhielt. 1892 
ging B. nach New York, 1895 wurde er Nach- 
folger von Ch. Halte als Direktor des College of 
Music in Manchester (England). Hier stand er an 
der Spitze eines vortrefflichen Streichquartetts 
(mit Rawdon Briggs, Simon Speelman und Karl 
Fuchs). 1902 verlieh ihm die Universität Victoria 
den musikalischen Doktorgrad h. c. 

Lit: W. J. v. Wasielewski, Die V. u. ihre Meister, 
Lpz. 71927. 

Broeckx (bruks), Jan P. K., * 2. 6. 1880 zu Ant- 
werpen; belgischer Komponist, am Conservatoire 
Fl aman d in Antwerpen Schüler von Jan Blockx 
(Harmonielehre) und Mortelmans (Kontrapunkt 
und Komposition). 1897-1913 leitete er Chöre in 
Antwerpen und Loewen, war 1899 Chorleiter an 
der flämischen Oper in Antwerpen, wurde 1898 
Mitglied des Antwerpener Streichquartetts, 1905 
Professor am Conservatoire Flamand, 1906 an den 
Gemeindeschulen, 1922 an der Ecole Normale in 
Antwerpen. Er schrieb: Hörspielmusiken, Or- 
chesterwerke (eine Symphonie), Orchesterbearbei- 
tungen alter flämischer, englischer, französischer, 
norwegischer, schwedischer und tschechischer Lie- 
der und anderer Gesänge, Praeludium für Vc. und 
Orch., Accompagnements Mdlorythmiques für Bläser, 
Kantaten für Chor und Orch., gemischte und Män- 
nerchöre a cappella sowie zahlreiche Kinderlieder. 
Veröffentlichungen: Handleiding by het onderricht 
van de Theorie der Muziek (Antwerpen) und 12 
Excercices de Solfige (Antwerpen). 

Broesike-Schoen, Max, * 13. 7. 1892 zu Eise- 
nach; deutscher Musikkritiker und Komponist, 
studierte Musikwissenschaft, Theorie und Klavier 
in Leipzig, München und Halle, 1915-23 Pianist, 
Korrepentommd Konzertbegleiter, 1924-45 Mu- 
sikredakteur und Referent am »Hamburger Frem- 
denblatt«, seit 1948 erster Musikreferent beim 
»Hamburger Abendblatt«. Schrieb: Klavierstücke, 
Lieder, Violinsonate op. 4 sowie zahlreiche Bei- 
träge für Fachzeitschriften. 

Brogi (br^d^), Renato, *25.2.1873 zu Sesto 
Fiorentino, f 24. 8. 1924 zu Fiesoie; italienischer 
Komponist, studierte an den Konservatorien von 
Florenz und Mailand, gewann mit 23 Jahren den 
Wiener Steiner-Preis mit seiner einaktigen Oper 
La prima notte (nach Andersen, Florenz 1898), der 
zwei weitere folgten: Oblio (3aktig, Florenz 1904) 
und Isabella Orsini (4aktig, Florenz 1920). Hervor- 
zuheben sind ferner ein Violinkonzert, Streich- 
quartett H moll, Klaviertrio D moll und Lieder. 

Broman, Karl Natanael, * 11.12.1887 zu 
Kolsva; schwedischer Pianist und Komponist, stu- 
dierte 1902-11 Klavier und Komposition am Kon- 
servatorium in Stockholm, dann 1912-13 Klavier 
bei I. Friedmann,Komposition beiKämpff. Werke: 
symphonische Dichtung Fritiof och Ingeborg (1912) ; 
Ballade für Bar. und Orch KungUf och Drottning 
Död (1913); Sonate für V. und KL; Lieder; Kla- 
vierstücke. 


233 



Broman 


Broman, Sten, * 25. 3. 1902 zu Uppsala; schwe- 
discher Komponist und Bratschist, Schüler der 
Deutschen Musikalischen Akademie in Prag, ab- 
solvierte dort die Meisterklasse von Henri Marteau, 
bei dem er sich 1922 weiter vervollkom mncte. 
Weitere Musikstudien trieb er an der Musikaka- 
demie Stockholm, der Universität Lund, in Fri- 
bourg bei Peter Wagner und in Berlin bei Curt 
Sachs. 1927-28 war er Sekretär des Orchester- 
vereins Göteborg, 1929-51 Bratschist in schwedi- 
schen Quartetten. Als Solist bereiste er Schweden, 
trat in Kopenhagen, London und im Rundfunk 
auf. Als Dirigent gab er ebenfalls Konzerte in 
Stockholm, Kopenhagen und im Rundfunk. 1926 
wurde er Vizepräsident und Delegierter der schwe- 
dischen Sektion der IGNM, deren Präsident er seit 
1930 ist. Er ist seit 1943 Direktor und künstlerischer 
Leiter des Salomon Smiths Kammermusikvereins 
Malmö-Lund und seitl946 Dirigent der Philhar- 
monischen Gesellschaft in Malmö. Seit 1923 ist er 
Musikkritiker des »Sydsvenska Dagbladet« (Mal- 
mö). Er schrieb Orchesterwerke, Kammermusik, 
in der die Bratsche besonders berücksichtigt wird, 
ein Ballett Malmö dansar , Bühnenmusik, Film- 
musik und kleinere Werke. 

Bron^rski, Ludwik, * 13. 4. 1890 zu Lw6w 
(Lemberg) ; polnischer Musikforscher und Pianist, 
studierte 1909-13 Musikwissenschaft (Adler), Kom- 
position (Grädener) und Klavierspiel (Leschetizky) 
in Wien, 1914-18 in Freiburg (Schweiz) bei P. 
Wagner (1919 Dr.phil.), trieb in Freiburg und 
Genf dann noch juristische Studien (1926 lic. juris). 
Schriften: Die Lieder der heiligen Hildegard. Ein 
Beispiel zur Geschichte der geistlichen Musik des Mit- 
telalters (Zürich 1922) ; Die Quadripartita figura in der 
mittelalterlichen Musiktheorie (Peter-W agner-Fest- 
schrift, 1926) ; Harmonika Chopina (W arschau 1935) ; 
Etudes sur Chmin (2 Bände, dazu als Band 3:) 
Chopin et VItalie (Lausanne 1945-47). 

Bronner, Georg, * 1666 in Holstein, + 1724 zu 
Hamburg; deutscher Komponist, 1699 kurze Zeit 
Mituntemehmer der Hamburger Oper und 1693 
bis 1702 deren Komponist (Echo und Narcissus ; 
Venus , Prokris und Cephdus ; Der Tod des großen 
Parts; Beatrix; Victor, Herzog der Normannen; Bere- 
nice). Er war danach Organist der Heilig-Geist- 
Kirche in Hamburg und gab 1715 Der Stadt Ham- 
burg . . . Choralbuch heraus. Die von Mattheson in 
der Ehrenpforte als gedruckt erwähnten Kantaten 
sind verschollen. 

Bronsart (von Schellendorf), Hans, * 11. 2. 
1830 zu Berlin, f 3. H- 1913 zu München; deut- 
scher Komponist und Pianist, studierte 1849-52 an 
der Berliner Universität und nahm gleichzeitig 
Theorieunterricht bei S. Dehn, war mehrere Jahre 
Schüler Liszts in Weimar, konzertierte als Pianist, 
dirigierte 1860-62 die Euterpe-Konzerte in Leip- 
zig, 1865-66 als Nachfolger Bülows die Konzerte 
der »Gesellschaft der Musikfreunde« in B erlin, 
wurde 1867 zum Intendanten des Königlichen 
Theaters in Hannover, 1887 zum Generalinten- 
danten des Hoftheaters in Weimar ernannt. 1895 
trat er in den Ruhestand und lebte ab 1898 in 
Pertisau am Achensee. Von seinen Werken haben 
besonders das Trio in G moll und das Klavierkon- 
zert in Fis moll weitere Verbreitung gefunden. 


Ferner sind noch zu nennen: eine Oper Der Corsar, 
Symphonie mit Chor In den Alpen (1896), zweite 
Symphonie Cmoll Schicksalsgewalten; Manfred , 
dramatische Tondichtung in 5 Bildern für Orch. 
(Weimar 1901), Frühlingsphantasie für Orch., Kan- 
tate Christnacht , Streichsextett, zahlreiche Klavier- 
kompositionen. Er schrieb Musikalische Pflichten 
(1858). B. war ab 1862 vermählt mit Ingeborg, 
geborene Starck, * 24. 8. 1840 von schwedischen 
Eltern zu St. Petersburg, 1 17. 6. 1913 zu München, 
einer Pianistin und Schülerin von Martinow, Hen- 
selt und Liszt. Auch sie hat sich auf dem Gebiete 
der Klavierkomposition (Fantasie Gis moll op. 18) 
einen Namen gemacht und schrieb 4 Opern: Die 
Göttin zu Sais,Jery und Bätely, Hjame (1891), Die 
Sühne (Dessau 1909), Lieder und Cellostücke. 

Lit: R. Strauss, Briefe an die Eltern 1882-1906, 
hrsg. v. W. Schuh, Zürich 1954. 

Broqua, Alfonso, * 11. 12. 1876 zu Montevideo, 
f 25. 11. 1946 zu Paris; uruguayischer Komponist, 
studierte bei d’Indy an der Schola Cantorum in 
Paris, unterrichtete dann in Montevideo und lebte 
anschließend ganz der Komposition in Paris. 
Werke: Tabare für Singstimme und Orch. (1910); 
Oper La cruz del Sehor (1918); Ballette Thelen et 
Nagoüey (1936) und Isabelle (1938); Gesänge und 
Lieder; Klavierstücke. 

Broschi, Carlo Farinelli. 

Brosig, Moritz, * 15. 10. 1815 zu Fuchswinkel 
(Oberschlesien), 1 24. 1. 1887 zu Breslau; deutscher 
Organist und Komponist, war Schüler des Dom- 
organisten Franz Wolf und wurde nach dessen 
Tode 1842 sein Amtsnachfolger, 1853 zum Dom- 
kapellmeister ernannt, erlangte den philosophischen 
Doktorgrad, war daneben 2. Direktor des Insti- 
tuts für katholische Kirchenmusik und Dozent an 
der Universität. Die Cädlien-Akademie in Rom 
ernannte ihn zum Ehrenmitglied. B. schrieb 
4 große und 3 kleinere Instrumentalmessen, 7 
Hefte Gradualien und Offertorien, 20 Hefte Orgel- 
kompositionen, ein Orgelbuch op. 32 in 8 Heften, 
ein Choralbuch, eine Modulationstheorie (1865) und 
eine Harmonielehre (1874, 31882, 4. Auflage als 
Handbuch der Harmonielehre und Modulation 1899 
herausgegeben von Carl Thiel), Über die alten 
Kirchenkompositionen und ihre Wiedereinführung 
(1880). Eine Auswahl seiner Kompositionen (5 
Bände) erschien in Leipzig. 

Lit: A. Schirdbwahn, Domkapellmeister Prof. Dr. 
M. B., in: Zur schlesischen Kirchengeschichte XVIII, 
Neisse 1936. 

Brossard (bras'a:r), Noel Matthieu, * 25. 12. 
1789 und-j* (nach 1853) zu Chalon-sur-Saöne; fran- 
zösischer Theoretiker, der in seinem Werke Thiorie 
des sons musicaux (1847) auf die verschiedenen mög- 
lichen akustischen Werte der Töne aufmerksam 
m a ch te und deren 48 für den Umfang der Oktave 
berechnete; er gab auch eine Tonartentabelle (1843) 
sowie eine Anweisung für deren Gebrauch beim 
Unterricht (1844) heraus. 

de Brossard (bros'a:r), S6bastien, * 1655 fee- 
tauft 12. 9.) zu Dompierre (Ome), j* 10. 8. 1730 zu 
Meaux; französischer Komponist und Musik- 
schriftsteller, erhielt geistliche Weihen und war ab 
1687 Vikar, ab 168y Kapellmeister am Straßbur- 
ger Münster, von 1698 bis zu seinem Tode grand 


234 



Bruch 


chapelain und bis 1709 Musikdirektor an der Kathe- 
drale von Meaux. Seine wertvolle Bibliothek bot er 
1724 Ludwig XV- an; sie bildet heute den Grund- 
stock des Fonds de musique andenne der Pariser 
Nationalbibliothek. B. ist der Verfasser eines der 
ältesten musikalischen Lexika: Dictionnaire de 
musique contenant um explication des fernes grecs , 
italiens et frangais les plus usitis dans la musique . . . 
(1703, 2 1705, im ganzen 6 Auflagen; englisch von 
Grassineau 1740), eines gediegenen, für die Ge- 
schichte der Munkpraxis wichtige Aufschlüsse ent- 
haltenden Werkes, das auch einen catalogue de plus 
de 900 auteurs qui ont icrit sur la musique umfaßt. B. 
schrieb auch Lettre ä M.Demoz sur sa nouvelü 
mithode d'icrire le plain-chant et la musique (1729), 
hat auch l-3st. Motetten mit B.c. herausgegeben 
(1695, 21702 als Prodromus musicalis . . .), ferner 
Lamentationen für eine St. mit B.c. (1721) und 
redigierte mehrere Jahrgänge der Airs sirieux et ä 
boire. Zahlreiche Kompositionen sind außerdem 
handschriftlich erhalten, darunter ein Canticum 
Eucharisticum auf den Frieden von Ryswick 1697. 

Lit.: M. Brenet, S. de B., prötre, compositeur, 
derivain et bibliophile . . ., in: M&noires de la Soc. 
de THist. de Paris et de l’Ile de France XXIII, Paris 
1896; L. de La Laurencie, L’Ecole fr$. du violon I, 
Paris 1922; E. Lebeau, L’Entrde de la Collection musi- 
cale de S. de B. & la BibL du Roi, Rev. de Musicol. 
1950 u. 1951. 

Brouwenstijn (br'auvanstain), Grd, * im Helder 
fNordholland); niederlandisdie Opemsängerin 
(dramatischer Sopran), studierte in Amsterdam, 
wo sie am Opernhaus wirkt. Gastspiele führen sie 
nach London, Rom, Paris und zu den Bavreuther 
Festspielen (Elisabeth, Sieglinde, Gutrune;. 

Brown (braun), Eddy, * 15. 7. 1895 zu Chicago; 
amerikanischer Violinist, Schüler von Hubay in 
Budapest und Auer in St. Petersburg, debütierte 
1910 als Solist in Berlin und machte sich dann auf 
Konzertreisen bekannt. Seit 1916 wirkt B. als 
Solist und Pädagoge in Amerika, wo er die Cham- 
ber Music Society of America gründete. Er ist 
musikalischer Leiter der Radiostation WQXR in 
New York. Neben Stücken für V. und Kl. schrieb 
er zahlreiche Bearbeitungen. 

Brown (biaun), James Duflf, * 6. 11. 1862 zu 
Edinburgh, f 1- 3. 1914 zu London; schottischer 
Bibliograph, 1878-88 Assistent an der Mitchell- 
Bibliothek in Glasgow, 1888 Bibliothekar der 
ClerkenweU-Bibliothek in London. Schrieb Bio- 
graphical Dictionary of Musicians (1886), Guide to the 
Formation of a Music Library (1893), Subject Classi- 
fication (1908) und mit Stephen Stratton: British 
Musical Biography (1897), ein Werk, das besonders 
für das 18. und 19. Jh. reich an Material ist. Auch 
gab er heraus: Characteristic Songs and Dances of all 
Nations with Historical Notes andBibliography (1901). 

Brownleen (briaunlira), John, * 7. 1. 1901 zu 
Geelong (Australien) ; amerikanischer Opernsänger 
und Musikdirektor, studierte nach einer Grund- 
ausbildung am Geelong College in Australien Ge- 
sang in Paris und New York. Nach seinem Debüt 
als Athanael in »Thais« an der Pariser Oper war er 
1927-36 deren ständiges Mitglied. Seit 1937 ist er 
Mitglied der New Yorker Metropolitan Opera. 
1955 gründete er eine Opera Workshop an der 
New Yorker Manhattan School of Music, deren 


Direktor er seit 1956 ist. 1953-55 war B. Präsident 
der American Guild of Musical Artists. Beim 
National Council of Music hält er das Opemreferat 
inne. Von hier aus wirkte er auch bei den Opera- 
festspielen in Glyndeboume mit. 

Bro2 (bro 3 ), Frantigek, * 10. 4. 1896 zu Prag; 
tschechischer Komponist, Schüler von Noväk und 
J. B. Foerster am Prager Konservatorium, wurde 
1924 . Direktor der städtischen Musikschule in 
Hranice, lebt seit 1939 als Musilspädagoge in Prag, 
wo er 1945 Lehrer für Musiktheorie am Konser- 
vatorium wurde. Er schrieb die szenischen Varia- 
tionen Pokufeni svatiho Antonlna (Die Versuchung 
des heiligen Anthonius), eine Kantate Vigils, Or- 
chesterwerke, Kammermusik, Klavierstücke und 
Sololieder. 

Bruch, Max, * 6. 1. 1838 zu Köln, f 2. 10. 1920 
zu Berlin-Friedenau, erhielt den ersten Musikun- 
terricht von seiner Mutter (geb. Almenräder), die 
eine geschätzte Musiklehrerin war und in ihrer 
Jugend wiederholt auf den Niederrheinischen Mu- 
sikfesten als Solosopranistin mitwirkte. Bereits als 
11 jähriger Knabe versuchte sich B., damals Schü- 
ler von Karl Breidenstein, in größeren Komposi- 
tionen und brachte mit 14 Jahren eine Symphonie 
in Köln zur Aufführung. 1853-57 war er Stipen- 
diat der Mozartstiftung und als solcher spezieller 
Schüler von F. Hiller in der Theorie und Kompo- 
sition und von K. Reinecke (bis 1854) und F. 
Breunung im Kkvicrspiel. Nach kurzem Aufent- 
halt in Leipzig lebte er 1858-61 als Musiklehrer in 
Köln und brachte dort 1858 seine erste dramatische 
Komposition, das Goethesche Singspiel Scherz y 
List und Rache (op. 1) heraus. Nach dem Tode 
seines Vaters (1861) trat er eine ausgedehnte Stu- 
dienreise an, welche nach kürzeren Aufenthalten 
in Berlin, Leipzig, Wien, Dresden, München in 
Mannheim endete, wo seine Oper Loreley (op. 16, 
nach dem für Mendelssohn geschriebenen Text 
von Geibel) 1863 aufgeführt wurde. In Mannheim 
(1862-64) schrieb B. mehrere Chorwerke, von 
denen das für Männerchor Frithjof schnell seinen 
Namen bekannt machte. 1864/65 unternahm er 
wieder Reisen, war 1865-67 Musikdirektor in 
Koblenz, 1867-70 Hofkapellmeister in Sonders- 
hausen. Die Oper Hermione (op. 40, nach Shake- 
speares Wintermärchen), welche 1872 in Berlin zur 
Aufführung gelangte, wo B. 1871-73 sich auf- 
hielt, hatte nur einen Achtungserfolg. Nach 5jäh- 
rigem Aufenthalt in Bonn (1873-78) wurde er 
1878 nach Stockhausens Abgang Dirigent des 
Stemschen Gesangvereins in Berlin, 1880 als Nach- 
folger Benedicts Dirigent der Philharmonie So- 
ciety in Liverpool. 1881 vermählte er sich mit der 
Sängerin Klara Tuczek aus Berlin (+ Ende August 
1919 zu Friedenau). 1883 gab er die Stellung in 
Liverpool wieder auf, um als Nachfolger Bernhard 
Scholz* die Direktion des Orchestervereins in Bres- 
lau zu übernehmen, die er bis Ende 1890 führte. 
1891 wurde ihm die Leitung einer akademischen 
Meisterschule an der Kompositionsabteilung der 
Berliner Akademie unter Verleihung des Profes- 
sortitels übertragen. 1893 ernannte ihn die Uni- 
versität Cambridge zum Dr. mus. h. c., 1898 die 
französische Akademie der Künste zum korrespon- 
dierenden Mitglied. B. war lange Zeit Vorsitzender 
der Musiksektion des Senats den Königlichen Aka- 


235 



Bruch 


demie der Künste (ab 1913 Ehrenmitglied) und 
Direktionsmitglied der Königlichen Hochschule 
für Musik, Nach Joachims Tode wurde B. Vize- 
Präsident der Akademie. Im Herbst 1910 trat er 
in den Ruhestand. An seinem 80. Geburtstag er- 
nannte ihn die Berliner Universität zum Ehren- 
doktor der Theologie und der Philosophie. Bruchs 
Stil ist trotz reicher Harmonie, gediegener kontra- 
punktischer S timmführung und vielgestaltiger 
Instrumentation doch mehr auf direkt anspre- 
chende Melodiosität, formale Abrundung und 
volksmäßigen Ausdruck gerichtet; er hebt sich 
gegenüber Kiel durch größere Wärme und gegen- 
über Brahms durch bequemere Verständlichkeit 
ab. Der Schwerpunkt von B.s Kunstschaffen liegt 
ohne Frage in seinen großen Chorwerken mit 
Orchester. Seine Werke sind außer den drei ge- 
nannten Opern - A) für gern. Chor (Soli) und 
Orch.: Schön Ellen (op. 24, 1867), Odysseus (op. 41, 
1872), Arminius (op. 43, 1875), Das Lied von der 
Glocke (op. 45, 1878), Achilleus (op. 50, 1885), Das 
Feuerkreuz (op. 52, 1889), Moses (op. 67, biblisches 
Oratorium, 1894 zur Jubelfeier der Königlichen 
Akademie der Künste), Gustav Adolf (op. 73, welt- 
liches Oratorium, 1898), Nal und Damajanti (op. 
78, 1903, Text von Bulthaupt) ; dazu kommen noch 
Jubilate , Amen (op. 3, um 1858), Die Birken und die 
Erlen (op. 8, 1859), Die Flucht der heiligen Familie 
(op. 20, um 1864), Rorate coeli (op. 29, mit Org. 
und Orch., 1870), Römische Leichenfeier (op. 34, 
1870), Kyrie, Sanctus und Agnus Dei (op. 35, Dop- 
pelchor, 1870), das Lied vom deutschen Kaiser (op. 
37, 1871), Dithyrambe (op. 39, 6st., um 1871), 
Gruß an die heilige Nacht (op. 62, 1892), Hymne 
(op. 64, 1893), Osterkantate (op. 81, um 1910), Die 
Macht des Gesanges (Schiller; op. 87, für Bar., Chor, 
Orch. und Org., 1912), Heldenfeier (für 6st. Chor, 
Orch. und Org., op. 89, um 1915). Dazu 5st. 
Chorlieder op. 69 (1896) mit Org. und die gern. 
Chöre a cappella op. 38 (um 1871) und op. 60 
(1892), Die Stimme der Mutter Erde (mit Orch.,op. 

91, um 1916), Trauerfeier für Mignon für Doppel- 
chor, Soli und Org. (op. 93, um 1919). - B) für 
Frauenchor, Soli und Orch. : Fridtjof auf seines Va- 
ters Grabhügel (op. 27, 1870), Die Flucht nach 
Ägypten und Morgenstunde (op. 31, 1870), Die 
Priesterin der Isis (op. 30, für A. und Orch., 1870), 
Christkindlieder für Frauenchor, Soli und Kl. (op. 

92, um 1917), Frauenchöre a cappella (op. 6, 1859) 
und 3 Duette für S. und A. (op. 4, mit KL, um 
1858). - Q für Männerchor (Soli) und Orch.: 
Römischer Triumphgesang , Das Wessobrunner Ge- 
bet , Lied der Städte und Schottlands Tränen (op. 19, 
um 1863), Gesang der heiligen drei Könige (op. 21, 3 
Männerst, mit Orch., um 1864), Frithjoj (op. 23, 
1864), Salamis (op. 25, um 1868), Normannenzug 
(op. 32, Bar.-Solo mit Unisono-Männerchor, 
1870), Thermopylä (op. 53, 1889), Leonidas (op. 66, 
1894), Der letzte Abschied des Volkes (op.76, Orch. 
und Org., 1901), dazu die Chorlieder op. 48 (a 
cappella, 1881), op. 68 (mit Orch., 1896), op. 72 (a 
cappella, 1897), op. 74 ( Herzog Moritz , 1899). - D) 
Weniger vermochte B. mit seinen Klavierliedern 
durchzudringen : Schottische Lieder (ohne op.-Zahl, 
um 1863), Hebräische Gesänge (ohne op.-Zahl, 
1888) und op. 7 (1859), op. 13 (Hymne für S., 
1862), op. 15 (um 1862), op. 17 (um 1863), op. 18 
(um 1863), op. 33 (1870), op. 49 (1882), op. 54 (mit 


KL und Solo-V., 1891), op. 59 (1892), op. 90 (Lie- 
derzyklus, um 1916). - E) Von seinen Instrumental- 
werken ist sein erstes Violinkonzert (op. 26 G moll, 
1868) zu besonderer Beliebtheit gelangt und stän- 
diges Repertoirestück aller Geiger; ihm reihen sich 
an 2 weitere Violinkonzerte (op. 44, 1878, und op. 
58, 1891, beide in D moll), ein Violinkonzertstück 
mit Orch. (op. 84, 1911), eine Violinromanze (op. 
42 A moll, 1874), die (Schottische) Phantasie (op. 46, 
1880), ein Adagio appassionato (op. 57, 1891), In 
memoriam (Adagio op. 65, 1893), Serenade (op. 75, 
1900), sämtlich mit Orch., Schwedische Tänze 
(op.63, 1892) und Schwedische und Russische Lie- 
der und Tänze (op. 79, 1903) für V. und KL (auch 
für Orch.). Für Vc. und Orch. erwies sich Kol 
Nidrei (hebräische Melodie, op. 47, 1881) als be- 
sonders dankbar; dazu kommen Kanzone (op. 55, 
1891), Adagio nach keltischen Melodien (op. 56, 
1891), Ave Maria (op. 61, 1892) und für Vc. und 
Kl. 4 Stücke (op. 70, 1897). Auch für Klar, mit 
Orch. schrieb B. einige Vortragsstücke. Wenig 
Verbreitung fanden die symphonischen Werke 
B.s, 3 Symphonien op. 28 Es dur (1870), op. 36 
F moll (1870) und op. 51 E dur (1887). Die Zahl 
der Kammermusikwerke B.s ist klein: 2 Streich- 
quartette op. 9 C moll (1859) und op. 10 E dur 
(1860) sowie ein Trio op. 5 C moll (1858). Eben- 
falls nur klein ist die Zahl der Werke für Kl. allein : 
op. 2 (4händig, um 1858), op. 11 (für 2 Kl., 
1861), op. 12 (um 1861), op. 14 (um 1862). 

Lit : J. Brahms im Briefwechsel mit K. Reinthaler, 
M. B. . . ., *= Bd 3 des Brahms-Briefwechsels, hrsg. 
v. W. Altmann, Bin 1908; Fr. Gysi, M. B., 1 10. Neu- 
jahrsblatt d. Allg. Musikges. in Zürich, 1922; H. 

Pfitzner, Meine Beziehungen zu M. B , München 

1938; Fr. Blume, M. B. f in: Deutsches Biographi- 
sches Jb., Überleitungsband II für 1917-1920, Bin 
1928; K. G. Fellerer, Aus M. B.s Briefwechsel mit 
Emil Kamphausen, in: Studien zur Mg. d. Rhein- 
landes, Fs. Schiedermair, = Beiträge zur Rheinischen 
Mg. XX, Köln 1956; ders., M. B.s Messensätze, in: 
Schmidt-Görg-Fs., Bonn 1957. 

Bruch, Wilhelm, * 14. 6. 1854 zu Mainz, + 5. 11. 
1927 zu Nürnberg; ein entfernter Verwandter von 
Max B., deutscher Kapellmeister, studierte in Leip- 
zig Jura, besuchte zugleich das Konservatorium, 
wirkte als Theaterkapellmeister in Straßburg, 1898 
bis 1900 als Dirigent des Schottischen Orchesters in 
Glasgow und war 1901-18 Dirigent des Philhar- 
monischen Orchesters in Nürnberg. Er schrieb die 
Opern Hirlanda (Mainz 1886) und Das Winzer- 
fest am Rhein (Nürnberg 1903), außerdem Lieder, 
Violinstücke, symphonische Dichtungen und Kam- 
mermusik. 

Bruchollerie, Monique de la La Bruchol- 
lerie. 

Bruck, Arnold von -*■ Arnold v. Br. 

Brucken-Fock, Gerard von, * 28. 12. 1859 zu 
Koudekerke bei Middelburg, f 15. 8. 1935 zu 
Aerdenhout bei Haarlem; niederländischer Kom- 
ponist, war Schüler von R. Hol in Utrecht, später 
von Kiel und Bargiel in Berlin; nach pianistischer 
Konzerttätigkeit widmete er sich der Komposition 
und der Landschaftsmalerei. Er schrieb ein Re- 
quiem, ein Oratorium, Chöre und Lieder, 2 Sym- 
phonien, Orchestersuiten, eine Violinsonate und 
viele leichte Klavierstücke. - Sein älterer Bruder 


236 



Bruckner 


Emile v. B.-F. war Militärkapellmeister und Mu- 
sikkritiker in Arnhem und Utrecht; er schrieb ein 
Musikdrama Seleneia , Chor- und Orchesterwerke. 


Bruckner, Anton, * 4.9.1824 zu Ansfelden 
(Oberösterreich), f 11. 10. 1896 zu Wien; öster- 
reichischer Komponist, entstammte einem alten 
oberösterreichischen Bauern- und Handwerker- 
geschlecht. Großvater und Vater Br. waren Schul- 
meister, die Mutter Therese geb. Helm Tochter 
eines Amtsverwalters. Nach dem frühen Tod des 
Vaters wurde Br. als Singknabe in das Stift St. Flo- 
rian aufgenommen. 1840 ging er, bereits mit eini- 
gen Kenntnissen im Orgel-, Violinspid und im 
Generalbaß versehen, nach Liny an die Präparan- 
die, um sich auf den Schullehrerberuf vorzuberei- 
ten. In der Harmonidehre unterrichtete ihn hier 
August Dürmberger. Als Schulgehilfe wurde er 
zuerst in Windhaag angestellt, £nn in Kronstorf 
bei Steyr (Studien im Orgel- und Klavierspid und 
im Generalbaß nach D. G. Türk bd Leopold von 
Zenetti in Enns). 1845 kam er wieder nach St. Flo- 
rian, wo er als Hilfslehrer an der Volksschule tätig 
war und nach dem Fortgang Kattingers Stifts- 
organist wurde (1850). Kattinger hatte sein Orgd- 
und Klavierspid gefördert. In der Komposition 
bildete sich Br. während des 10jährigen Aufent- 
haltes in St. Florian mit Hilfe von Marpurgs »Ab- 
handlung von der Fuge« sdbst weiter. Hier lernte 
er ein rdches kirchenmusikalisches Repertoire 
gründlicher kennen: Werke der bdden Haydn, 
Mozarts, Beethovens (C dur-Messe), Schuberts 
(C dur-Messe), Cherubinis, kleinerer Meister wie 
Holzbauer, Aumann, Albrechtsberger, Eybler, 
Aiblinger, Diabdli, älterer wie Palestrina, A. Ga- 
brieli, Lotti, Caldara, also sowohl Meister der rö- 
mischen Schule wie Venezianer des 16. und 17. Jh., 
dazu J. J. Fux. Mit der Kunst der Fuge, dem Wohl- 
temperierten Klavier und Choralsätzen J.S. Bachs 
bereits von der Linzer Studienzeit her und durch 
die Studien bei Zenetti bekannt, befaßte sich Br. 
in St. Florian mit den großen Orgelwerken Bachs, 
desgleichen mit der Orgelmusik Mendelssohns, 
dessen Oratorium »Paulus« ihn schon früher stark 
beeindruckte. 


Der Entschluß, den Musikerberuf ganz zu ergrei- 
fen, ist Br. nicht leichtgefallen. Er festigte sich erst 
mit der Übernahme dar Stelle des Domorganisten 
in Linz, Ende 1855. In dieser Linzer Zeit zogen 
sich seine Studien im musikalischen Satz bei Simon 


Sechter (Wien) bis 1861 hin. Sie wurden ergänzt 
durch weitere Studien (u. a. nach der Kompo- 
sitionslehre von A. B. Marx) bei Otto Kitzler, 
unter dessen Anleitung Br. ein tiefes Verständnis 
für die Formenwelt der klassischen und roman- 
tischen Instrumentalmusik gewann, sich die Kunst- 
griffe moderner Instrumentation aneignete und 
sich der Musik Wagners näherte. Seine Wagner- 
begeisterung entzündete sich an »Tannenhäuser«, 
»Holländer«, »Lohengrin«, vor allem aber am 
»Tristan«, den er 1865 in München hörte. Auch 
Liszt und Berlioz traten in sein Blickfeld. Stark 
beschäftigte ihn neben seinem Organistenamt die 
Tätigkeit als Chormeister der Liedertafel »Froh- 
sinn«, die er zeitweilig als Belastung empfand. In 
Linz begründete sich sein Ruf als hervorragender 
/■% — i — '- x und Improvisator. Hier entstanden in 
1864-68 die ersten großen Meister- 


werke, die Messen in D moll, E moll, F moll und 
die 1. Symphonie (C moll). Der letzteren ging u. a. 
jene Symphonie in D moll voraus, die später von 
Br. selbst mit »Nr. 0« bezeichnet wurde. 

Von Herbst 1868 an ist Br. in Wien ansässig, tätig 
im Hauptamt als Professor für Generalbaß, Kon- 
trapunkt und Orgel am Konservatorium, neben- 
amtlich als Lektor für Harmonielehre und Kontra- 
punkt an der Universität (ab 1875/76). Für das 
eigene kompositorische Schaffen waren besonders 
fruchtbar die Jahre 1871-76 (2., 3., 4., 5. Sympho- 
nie) und 1879-85 (Streichquintett, 6. und 7. Sym- 
phonie, Te Deum, 8. Symphonie). Die Zwischen- 
zeiten und dann besonders die Jahre nach 1885 
waren ausgefüllt mit Umarbeitungen, Ausfei- 
lungen, Neufassungen der symphonischen Werke, 
wobei nicht nur äußere Einflüsse mitspielten, son- 
dern mehr noch ein unablässiges Bemühen um die 
Verwirklichung der symphonischen Intention. Die 
Arbeit an der 9. Symphonie, bereits 1887 begon- 
nen, beschäftigte den Meister bis in die letzten 
Lebenstage. Eme gültige Niederschrift erfuhr das 
schon weit gediehene Finale nicht mehr. Als 
Orgelspieler und Improvisator trat Br. in Wien 
selten hervor, 1869 zeigte er diese seine Kunst in 
Nancy, Paris (Notre-Dame), 1871 in London, und 
noch 1880 in der Schweiz. Mehrmals besuchte er 
Wagner in Bayreuth. Das Milieu, das er liebte, 
waren die geistlichen Stifte Klosterneuburg, 
Kremsmünster und St. Florian. Die Enttäuschun- 
gen und Anfeindungen, die er in Wien erlebte, er- 
gaben sich hauptsächlich aus dem Streit der Par- 
teien der Traditionalisten und Neudeutschen, in 
den Br. als Wagnerverehrer hineingeriet, ohne daß 
er daran dachte, sich programmatisch festzulegen. 
Dieser Parteienstreit belastete auch das Verhältnis 
Bruckner-Brahms, obwohl beide Meister sich der 
Polemik femzuhalten bestrebt waren. Innerlich 
blieben sie sich als künstlerisch völlig verschieden- 
artige Persönlichkeiten fremd. Mit seinen Werken 
setzte sich Br. nur langsam durch. 7. Symphonie 
(1884 unter Nikisch), Streichquintett und TcDeum 
brachten die ersten großen Erfolge. Wegbereiter 
waren u. a. namentlich die Dirigenten Schalk und 
Löwe. An hohen Anerkennungen fehlte es nicht, 
von denen ihn wohl die Wiener Promotion zum 
Ehrendoktor (1891) am meisten erfreute. Von 
Existenzsorgen seit 1878 völlig befreit, erreichte er 
schließlich einen gewissen Wohlstand. Seine letzte 
Ruhestätte befindet sich in der Stiftskirche von 
St. Florian. Seine Musik hat über Österreich und 
Deutschland hinaus in anderen Ländern bis heute 
noch nicht einen starken Anklang gefunden. 

Br. ist als Komponist geistlicher Musik ebenso 
überragend wie als Symphoniker. Obwohl sich 
sein Schaffen in Wien atu die Symphonien kon- 
zentrierte, gelangen ihm hier das Te Deum, wohl 
die großartigste mehrstimmige Vertonung des Am- 
brosianischen Lobgesangs überhaupt, der 150. 
Psalm, und eine Rohe von Motetten, die ebenfalls 
imvergängliche Meisterwerke sind, so Locus iste, 
Os justi, Christus factus est (4st. a cappella), Ecce 
Sacerdos , Virga Jesst floruit . Das allmähliche 
Wachsen dieser geistlichen Musik, einschließlich 
der in Linz komponierten Messen, läßt sich bis in 
die St. Florian er Zeit zurückverfolgen (Ord, 
Schulten). Einflüss e kamen dabei nicht nur von den 
Meistern der deutschen Klassik und ihrem Gefolge, 


237 



Bruckner 


sondern auch von Palestrina, mehr aber noch von 
den oben genannten Venezianern, deren Klang- 
freudigkeit, Klangfülle und -farbigkeit namentlich 
in den Kadenzen der ursprünglichen künstlerischen 
Veranlagung Br.s entsprachen. So und von der 
kontinuierlichen Tradition der österreichischen 


lucis (1868), Asperges me (1868), Locus iste (1869), 
Totapulchra es (1878), Os jüsti (1879), Solomotette 
Ave Maria Fdur (1882), Christus f actus est, 4st. 
a cappella (1884), Christus factus est, 6st. mit Be- 
gleitung (1884), Sahum fac regem (1884), Eue 
sacerdos (1885), Virga Jesse (1885), Vexilla regis 
(1892), 150. Psalm (1892). 


Cädlianismus her ist sein Verhältnis zu den älteren 
Meistern zu erklären. Das Verhältnis zu J.S. Bach 
ist noch nicht genau untersucht. In den Kompo- 
sitionen der St. Horianer Zeit (u. a. Tantum ergo - 
Sätze, Requiem, B moll-Messe) zeigen sich bereits 
Ansätze zu eigenen Zügen, vornehmlich in der 
Textgestaltung aus der Devotion. Zum vollen 
Durchbruch gelangen sie freilich erst in den Mes- 
sen und Motetten der letzten Linzer Jahre und der 
Wiener Zeit, nachdem sich Br. die klanglichen 
Mittel der sog. »romantischen Harmonik« (Kurth) 
angeeignet hatte. Einzigartig und wohl nur aus der 
ungebrochenen Kraft seines christlichen Glaubens 
und seiner Katholizität zu erklären ist die geschicht- 
liche Tiefe seiner geistlichen Kunst, die in der Ton- 
sprache des 19. Ja. die Wurzeln christlicher Kir- 
chenmusik, Psalm, Hymnus, Lied, Akklamation 
erkennen läßt, dies wiederum vornehmlich im Te 
Deiim. 

Das symphonische Schaffen Br.s geht in der 
Tektonik, Thematik und entwicklungsmotivi- 
schen Arbeit von der klassischen Symphonie aus, 
besonders der 9. Beethovens; in der Harmonik 
und Instrumentation ist es stark durch Wagner be- 
einflußt. Von einem Epigonentum kann jedoch 
nach beiden Richtungen hm keine Rede sein. Über 
Br.s eigene Züge belehren vor allem Kurth, Orel 
und Haas. Wagners Ideologie blieb Br. ebenso 
fremd wie die fiterarisch-musikalischen Ambitio- 
nen Iiszts und der Neudeutschen in der sympho- 
nischen Dichtung. Eher berühren seine Sympho- 
nien unwillkürlich die alte Vorstellung von der 
Musica mundana und humana. Das rechtfertigt 
ihre gewaltigen Dimensionen und ihr Pathos. Man 
k a nn sie auch als das Hohe Lied der Schöpfung 
ohne Worte im 19. Jh. bezeichnen, in einer Zeit 
und Umgebung, die allerdings empfänglicher war 
für den Anspruch des Künstlers als eines Demiur- 
gen und daher für Br. kaum ein echtes Verständnis 
aufzubringen vermochte. - Zur Frage der Origi- 
nalfassungen und Bearbeitungen der Symphonien 
vgL Blume (Eit.), bes. Sp. 379. Große Verdienste 
um die Klärung dieser Frage haben R. Haas und 
A. OreL Autorisierte Fassungen in Br.-GA, seit 
1930 (Ausg.). 

W erke: Messen und größere kirchliche V o- 
kalmusik: Messe C dur (1842), Choralmesse für 
den Gründonnerstag (1844), Requiem D moll 
(1848-49), Magniflcat (1852), Missa solemnis B 
moll (1854), Messe Nr 1 D moll (1864), Messe 
Nr 2 E moll (1866), Messe Nr 3 F moll (1867-68), 
TeDeum (1881-84). 

Motetten, Psalmen, Hymnen: Pange lingua 
C dur (1835), Tantum ergo D dur (1843), Libera 
F dur (um 1843), 2 Asperges me (um 1845), 5 Tan- 
tum ergo (1846), Tantum ergo Adur (um 1848), 
114. Psalm (um 1850), 22. Psalm (1852), Tantum 
ergo B dur (um 1854), Libera Fmoll (1854), Ave 
Maria F dur (1856), 146. Psalm (um 1860), Ave 
Maria 7st (1861), Afferentur regi (1861), Inveni 
David (1868), Pange lingua, phrygisch (1868), Jam 


V okalmusik mit deutschem T ext (Auswahl) : 
Festkantate »Preiset den Herrn« (1862), Germanen- 
zug (1863), Um Mitternacht (1864), Herbstlied (1864), 
Träumen und Wachen (1890), Das deutsche Lied 
(1892), Helgoland (1893). 

Symphonien: Symphonie Fmoll (1863), Sym- 
phonie D moll »Nr. 0« (1863-64); Symphonie 
Nr 1 C moll (1865-66), Nr 2 Cmoll (1871-72), 
Nr 3 D moll (1873), Nr 4 Es dur (1873-74), Nr 5 
B dur (1875-78), Nr 6 Adur (1879-81), Nr 7 
Edur (1881-83), Nr 8 Cmoll (1884-87), Nr 9 
D moll (1887-96, unvollendet). 

Sonstige Orchestermusik: Apollomarsch für 
Militärmusik (um 1862), 3 Orchestersätze (um 
1862), Ouvertüre G moll (1863), Marsch für Militär- 
musik (1865). 

Klavier- und Kammermusik: neben Studien- 
arbeiten und kleineren Stücken aus der Zeit vor 
1862 Stille Betrachtung an einem Herbstabend für Kl. 
(1863), Abendklänge für V. und IQ. (1866), Phan- 
tasie G dur für KL (1868), Erinnerung für KL (um 
1868), Streichquintett F dur (1879), Intermezzo 
zum Streichquintett (1879). 

Orgelmusik: Pradudium Es dur (um 1836), 
Praeludium Es dur (um 1837), 2 Orgelstücke 
D moll (um 1846), Vorspiel und Fuge C moll 
(1847), Fuge D moll (1861-62). 

Ausg.: Kritische GA, im Aufträge der Generaldirek- 
tion der Nationalbibliothek u. der Internationalen 
Br.-Ges. hrsg. v. R. Haas u. A. Orel, geplant 22 Bde, 
davon erschienen 11 Bde Wien u. Lpz. 1930-44; 
2. Ausgabe revidiert v. L. Nowak. - Te Deum, Edi- 
tion Eulenburg CMLX; 150. Psalm, Edition Eulen- 
burg CMLXXü ; Messe D moll, Philharmonia-Par- 
tituren CCLXIV, Wien; Geistliche Gesänge f. gern. 
Chor (Tantum ergo-Kompositionen u. Motetten), 
hrsg. v. G. Darmstadt, 3 H., Heidelberg; Libera, 
hrsg. V. Goller, Wien 1922; Afferentur regi, hrsg. v. 

F. Habel, Augsburg; Quintett in F dur, hrsg. v. J. 
V. Wöss, Wien 1922; Streichquartett C moll, hrsg. v. 
L. Nowak, Kassel 1956. 

Lit. : A. Br., Gesammelte Briefe, hrsg. v. Fr. Graf- 
unger, Deutsche Musikbücherei IL, Regensburg 
(1924); A. Br., Gesammelte Briefe, N. F., hrsg. v. M. 
Auer, Deutsche Musikbücherei LV, Regensburg 
(1924); A.Br., Vorlesungen über Harmonielehre u. 
Kontrapunkt an der Universität Wien, hrsg. v. E. 
Schwanzara, Wien 1950. - 
Den Wert persönlicher Erinnerungen haben u. a. : 
O. Kitzler, Mus. Erinnerungen, Brünn 1904; Fr. 
Klose, Meine Lehrjahre bei Br., Erinnerungen u. Be- 
trachtungen, Deutsche Musikbücherei LXI, Regens- 
burg (1927) ; Fr. Schalk, Briefe u. Betrachtungen, 
Wien u. Lpz. 1935. - 

G. Huemer, Die Pflege der Musik im Stifte Krems- 
münster (Kulturhist. Beitrag zur 11. Saecularfeier), 
Wels 1877; A. Göllbrich, Br.s 114. Psalm, Mk VI, 
1906/07; A. Göllerich u. M. Auer, A. Br., Ein Le- 
bens- u. Schaffensbild, 4 Bde (erschienen in 9 Teilen), 
Deutsche Musücbücherei XXXVI-XXXIX. Regens- 
burg, (1922-37, 21938); M. Morold, Das Br.sche 
Finale, Mk VI, 1906/07; Fr. GrAfunoer, A. Br. 
Bausteine zu seiner Lebensgeschichte, Manchen 1911, 
erweiterte Umarbeitung Bin 1927; M. Aber, A. Br. 
Sem Leben u. Werk, Wien-Lpz.-Zflrich 1923, <1949; 


238 


Bruger 


ders., A. Br. als Kirchenmusiker, Deutsche Musik- 
bücherei LIV, Regensburg (1927); In memoriam A. 
Br.s, hrsg. v. K. Kobald, Wien-Lpz.-Zürich 1924, 
darin: W. Fischer, Zur entwicklungsgeschichtlichen 
Wertung d. Kirchenfuge Br.s; E. Kurth, A. Br., 2 
Bde, Bin (1925); W. Kurthen, Liszt u. Br. als Kir- 
chenkomponisten, Musica Divina XIII, 1925; A. 
Orel, A. Br., Wien 1925; R. Haas, A. Br., Potsdam 
(1934); K. Schiske, Zur Dissonanzverwertung in den 
Symphonien A.Br.s, Diss. Wien 1940, maschr.; A. 
Machabey, La vie et l’ceuvre d’A. Br., Paris 1945; 
O. Wessely, Musik in Oberösterreich, Linz 1951; 
Fr. Blume, Artikel Br., MGG; F. Linninger, Or- 
geln u. Organisten im Stifte St. Florian, Oberöster- 
reichische Heimatblätter IX, 1955; A. Kellner, Mg. 
des Stiftes Kremsmünster, Kassel u. Basel 1956; W. 
Schulten, A. Br.s künstlerische Entwicklung in der 
St Florianer Zeit (1845-55), Diss. Mainz 1957, 
maschr. AS 

Brudieu (brüdj'o:), Toan, * um 1520 im Limou- 
sin, f 1591 zu Urgeü (Katalonien); französischer 
Komponist, war 1539-77 Gesangsmeister und wie- 
der 1578 bis zu seinem Tode Kapellmeister der Ka- 
thedrale von Urgell (1578 an Santa Maria delMar in 
Barcelona), gab 1585 einen Band 4st. Madrigale 
(De los Madrigales del muy Reverendo J . Br.) bei Hu- 
bert Gotard in Barcelona heraus. Handschriftlich 
erhalten ist ein 4st. Requiem. 

Ausg.: Eis Madrigals i la Missa de Difunts d’En 
Br., hrsg. v. F. Pedrell u. H. AnglSs, Publ. del Dep. 
de müsica de la BibL de Catalunya I, Barcelona 1921. 
Lit: F. Pedrell, Les Behanges musicaux entre la 
France et la Catalogne: le Francais J. B. . . ., Actes du 
Congräs d’Hist de l’Art de Paris 1921, Bd III, Paris 
1924; Ch. van den Borren, Les madrigaux de J. B., 
RM VI, 1925 ; O. Ursprung, J. B., Bull, de la soc. 
»Union de musicol.« V, 1925; A. Mangeot, The 
Madrigals of J. B., The Score IV, 1952. 

Brück» Julius, * 20. 8. 1859 zu Nagy-Körös, *f 9. 
9. 1918 zu Debreczen ; ungarischer Musikpädagoge, 
als Lehrer am Konservatorium zu Debreczen ver- 
öffentlichte er Klavieretüden, 7 Hefte Ungarische 
Tänze zu 4 Händen, Ungarische Rhapsodien, Cello- 
stücke und 3 Quartette. 

Brückler, Hugo, * 18. 2. 1845 und f 4. 10. 1871 
zu Dresden; deutscher Liederkomponist, war mit 
10 Jahren als Mitglied des evangelischen Kapell- 
knabenchors Schüler von Johann Gottlob Schnei- 
der und studierte dann am Dresdner Konservato- 
rium bei Franz Schubert (Violine), K. A. Krebs und 
J. Rietz. Er schrieb: Lieder aus Scheffels Trompeter 
von Säckingen op. 1 und op. 2. Aus dem Nac h laß 
gab A. Jensen Sieben Gesänge , R. Becker die Ballade 
Der Vogt von Tenneberg heraus. 

Lit: R. Musiol, H. B., Dresden 1896. 

Brückner»Karl, * 5. 5. 1893 zu Göteborg (Schwe- 
den) ; schwedischer Violinist, 1901 Schüler von H. 
Sitt, 1903-10 des Leipziger Konservatoriums, stu- 
dierte Musikwissenschaft 1914 an der Universität 
Leipzig, ab 1915 in München (Sandberger), wo er 
1921 mit einer Arbeit über Mossi, seine Umwelt 
und seine Sonaten promovierte. Br. war 1921-28 
Lehrer am Konservatorium in Karlsruhe, wirkte 
dann als Violinist und Pädagoge in Frankfurt am 
Main und Hamburg, emigrierte 1935 nach Estland, 
war ab 1941 am Mossowiet-Theater in Moskau, 
danach am Moskauer Konservatorium tätig, bis er 
1945 an das Staatskonservatorium Riga berufen 
wurde. Br. veröffentlichte neben einigen musik- 


geschichtlichen Aufsätzen vor allem violinpädago- 
gische Literatur, darunter Psychologie des Geigen- 
spiels (28 Hefte, Bonn 1932ff.) und Tonleiterstu- 
dien (Riga 1948). 

Brüggemann, Alfred, * 26. 7. 1873 zu Aachen, 
f 27. 9. 1944 zu Bad Nauheim; deutscher Kompo- 
nist, war eine Zeitlang Schüler Humperdincks, 
wurde mit Puccini persönlich bekannt und schrieb 
einen Opem-Zyklus Der Doktor Faust , Gretchen , 
Faust und Helena, Fausts Verklärung ; ferner 2 Sym- 
phonien, ein Violin- und ein Klavierkonzert, Kam- 
mermusik, Lieder und deutsche Obersetzungen 
der Texte zu Pucdnis Madame Butterfly , II Tabarro , 
Suor Angelica, Giarnii Schicchi, La Fandulla del West 
und Turandot . 

Lit : E. Kretzer, B. und sein Werk, AMz Lin, 1 926 ; 
A. B. zum 10. Todestage, ZfM CXV, 1954. 

Brüggemann, Kurt, * 30.3.1908 zu Berlin; 
deutscher Komponist absolvierte seine Studien an 
der Universität sowie an der Akademie für Kir- 
chen- und Schulmusik in Berlin, wo er ab 1941 
als Musikstudienrat wirkte. Jetzt lebt B. in Ober- 
bayem. Werke: die Singspiele De Fischer un syne 
Fm (1935), Das kalte Herz (1937), Musik zu den 
Heiligen Drei Königen von Timmermans (1951), 
Ballett Plisch und Plum (Hamburg 1939), Concer- 
tino für V. und Orch. (1952), Divertimento für 
Bläser (1940), Trio für FL, V. und Va (1936), eine 
Bratschen- (1947) und eine Violinsonate (1950), 
Klavierstücke und zahlreiche Lieder. 

Brüll, Ignaz, * 7. 11. 1846 zu Proßnitz (Mäh- 
ren), -J* 17. 9. 1907 zu Wien; österreichischer Kom- 
ponist, studierte Klavier bei J. Epstein in Wien, 
Komposition bei Rufinatscha, später bei O. Des- 
soff. Er trat als Pianist (auch mit eigenen Werken) 
auf, war 1872-78 Klavierlehrer an den Horäkschen 
Klavierschulen in Wien und ab 1881 deren künst- 
lerischer Mitdirektor. Der Schwerpunkt seiner Tä- 

Er^chriel die melodiösen und gefälligen 5 Opern : 
Die Bettler von Samarkand (Wien 1864), Das goldene 
Kreuz (Berlin 1875; sein beliebtestes Werk), Der 
Landfriede (Wien 1877), Bianca (Wien 1879), Köni- 
gin Mariette (Wien 1883), Gloria (Hamburg 1886), 
Das steinerne Herz (Wien 1888), Gringoire (Mün- 
chen 1892), Schach dem Könige (München 1893), 
Der Husar (Wien 1898); das Ballett Ein Märchen 

op. 31; 3 Orcf^te^renaden F <£?op. 29, E dur 
op. 36, F dur op. 67; Ouvertüre Im Walde op. 25; 
Ouvertüre zu Macbeth op. 46; Ouvertüre pathi- 
tique op. 98; 2 Klavierkonzerte F dur op. 10 und 
C dur op. 24; Rhapsodie für KL und Orch. op. 65; 
Konzertstück für KL und Orch. op. 88 ; ein Violine 
konzert A moll op. 41; Sonate D moll für 2 KL 
op. 21; Klaviersonate D moll op. 72; 4 Klavier- 
suiten und viele Klavierstücke; Klaviertrio Es dur 
op. 14, 5 Sonaten und eine Suite für V. und Kl.; 
Cnöre und viele Lieder (das bekannteste: op. 85, 
Nr 2, Sechse, sieben oder amt). 

Lit.: H. Schwarz, I. B. und sein Freundeskreis, Er- 
innerungen an B., Goldmark und Brahms, mit einem 
Vorw. v. F. Salten, Wien 1922; R. Specht in: Bio- 
graphisches Jb. und Deutscher Nekrolog XII, 1909. 

Bruger, Hans Dagobert, * 16.11.1894 zu 
Frankfurt am Main, f 16. 7. 1932 zu Berlin; deut- 


239 



Brugk 


scher Musikforscher, studierte bei Sandberger, 
Abert und Kroyer Musikwissenschaft, promovierte 
1922 in Heidelberg mit einer Arbeit über Glucks 
dramatische Instrumentationskunst 1. Teil (maschinen- 
schriftlich). Er lebte in München als Musikschrift- 
steller; seine Bemühungen galten besonders der 
Wiedererweckung alter Lautenmusik. Schrieb eine 
Schule des Lautenspiels (Wolfenbüttel 1925-27, 4 
Hefte und 2 Beihefte) : Alte Lautenmusik ((Simrock- 
Jb. I, Berlin 1928) und gab heraus: Johann Se- 
bastian Bachs Kompositionen för die Laute (Wolfen- 
büttel 1921, 21923), Alte Lautehkunst aus drei Th., (2 
Hefte, Berlin 1923), Altenglische Madrigale zur 
Laute von John Dowland (Berlin 1923), Ausgewählte 
Solostücke des Lautenisten John Dowland (Berlin 
1923). 


Brugk, Hans Melchior, * 24. 11. 1909 zu Mün- 
chen; deutscher Komponist, studierte 1935-38 an 
der Münchener Akademie der Tonkunst (Gder- 
haas, Knappe, Trunk, Ehrenberg) . Er wirkt als Päd- 
agoge in Rosenheim (Oberbayero). Werke: Musik 
zum Wasserburger Bürgerspiel für Harmonie-Orch. 
(1938), Suite Es dur für Blechbläser und Pauken 
(1955), Deutsches Te Deum für Chor, Orch. und 
Org. (1953), Bläserquintett Es dur (1956) ; 2 Mes- 
sen; Lieder und Gesänge; Orchesterstücke, Kam- 
mermusik, 2 Klaviersonaten, Orgelfugen. 

Brugnoli (bngi'o:li), Attilio, * 7. 9. 1880 zu 
Rom, f 10. 7. 1937 zu Bozen; italienischer Pianist, 
Schüler von Rossomandi in Neapel, erhielt 1905 
den Rubinstdn-Preis und wurde Klavierprofessor 
in Parma, Neapel, ab 1916 in Rom und Florenz. Er 
gab Klavierwerke von Frescobaldi, Chopin und 
Liszt heraus, schrieb ein Konzertstück für Kl. und 
Orch., eine Violinsonate und Klavierstücke sowie 
die Abhandlung Dmamicapianistica (Mailand 1926), 
in der er Breithaupts Grundsätzen folgt; und La 
musica pianistica itaÜana (Turin 1932). 


Bnigueray Moreras (brug'erai: mar'eras), Juan 
Bautista; katalanischer Komponist des 18. Jh., 
hervorgegangen aus der »Escolanfa« von Mont- 
serrat, Kapellmeister an der Kirche in Figueras 
(Katalonien). Er erhielt 1765 dm Preis des Lon- 
doner Catch Club für einen kunstvollen Kanon, 
der in Th. Warrens A fourth Collection of Catches 
(London 1766) gedruckt wurde. 


BruJuis, Nicolaus, * 1665 zu Schwabstedt 
(Schleswig), + 29. 3. 1697 zu Husum; deutscher 
Komponist, Organist und Violinist, ab 1681 Schü- 
ler Buxtehudes in Lübeck, wurde auf dessen Emp- 
fehlung Organist in Kopenhagen, 1689 Dom- 
organist in Husum. B. besaß eine ungewöhnliche 
Fertigkeit im doppelgriffigen Violinspiel und soll 
— nach Mattheson — oft zweistimmig auf seiner 
Violine improvisiert und mit den Füßen dazu den 
Orgelbaß gespielt haben. Seine ausdrucksstarken 
12 Kirchenkantaten gehören zu d m wertvollsten 
der vorbachischcn Zeit, wenngleich sie kwni» sti- 
listischen Neuerungen bringen. Ferner sind erhal- 
ten 3 Präludien und Fugen und ein Choralvorspiel 
Nun komm der Heiden Heiland für OrgeL 


Ausg.: GA, hrsg. v. F. Stein, LD Schleswig-Holstein 
I u. II, Braunschweig 1937 u. 1939. - Kantate Der 
100. Psalm (Jauchzet d. Herrn) f. T., 2 V., B.c* hrsg. 
y. G. A. Walther, Bin (1920); 3 Praeludien tu Fugen 
f. Org., hrsg. v. M. Seiffert, Organum Reihe IV, 


240 


H. 8, Lpz. 1925; Praeludium u. Fuge G dur und 
Choralvorspiel Nun komm der Heiden Heliand, hrsg. 
v. F. Gommer, Musica Sacra I, neu hrsg. v. H. F. 
Redlich, Bin 1931; Praeludium u. Fuge G dur, in: 
A. Guilmant, Ecole Ciass. de l’Orgue, Paris, Brüssel, 
London (1900); Praeludium u. Fuge G dur u. Choral- 
vorspiel Nun komm . . ., in: K. Straube, Alte Meister 
d. Orgelspiels, N.F. I, Lpz. (1929). 

Lit: J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, 
Hbg 1740, Neudr. hrsg. v. M. Schneider, Bin 1910; 
A. Hammerich, Dansk Musikhistorie, Kopenhagen 
1921; E. Valentin, Die Entwicklung d. Tokkata, 
Münster 1930; H. J. Moser, Der schleswig-hol- 
steinische Tonpoet N. B., Die Musikwoche I, 1935; 
H. Kölsch, N. B., Diss. Kiel 1938, maschr.; G. 
Frotscher, Gesch. d. Orgelspiels u. d. Orgelkom- 
position I, Bin 1935. 

Bramann, Conrad, f 31. 10. 1526 zu Speyer; 
deutscher Organist, vermutlich Schüler Hofhai- 
mers, als Domorganist und Domvikar in Speyer 
von 1513 bis zu seinem Tode nachweisbar. In Kle- 
bers Tabukturbuch von 1524 sind Orgdkompo- 
sitionen Br.s erhalten. 

Lit : H. J. Moser, P. Hofhaimer, Stuttgart u. Bin 
1929; G. Pdbtzsch, in: Pfälzer Heimat VH, 1956, 
S. 4; ders., in Mf XI, 1958, S. 314 f. 

Brumel (brüm'el), Antoine (Brammd, Brom- 
md, Brand), * um 1460, f wahrscheinlich um 
1520; franko-flämischer Komponist, Schüler von 
Ockeghem, 1483 Knabenchormeister am Dom von 
Chartres, vor 1498 als Domherr in Laon nachweis- 
bar, 1498-1500 Knabenchormeister an Notre 
Dame in Paris, 1505 aus einer Stellung in Lyon in 
eine solche am Hofe Alfonsos I. von Este nach Fer- 
rara berufen. Der Umfang von B.s Schaffen ist 
noch nicht genau zu überblicken. Man kennt von 
ihm: 12 4st. Messen, davon 5 als Misse Brumel in 
Venedig 1503 von Petmcd gedruckt, die anderen 
in Sammeldrucken und handschriftlich erhalten; 
eine 12st. Messe Et ecce terrae motus handschriftlich 
in München (sie wurde dort 1570 unter Lassos Lei- 
tung von 33 Sängern gesungen); 2 4st und ein 
3st. Magnificat; 23 4st., 3 3st. und 3 5st. Motetten; 

6 Bidnien; eine 4st. und 6 3st. französische Chan- 
sons; ein 8st. Exemplum octo modorum (jede St. in 
einem anderen modus), abgedruckt in Gregorius 
Fabers Musicae practicae Erotematum (Basd 1553). 
Ein Organist Jaches Br. ist 1533-59 an der Hof- 
kapdle von Ferrara nachweisbar. 

Ausg.: A. B. opera omnia, hrsg. v. A. Carapetyan, 
Rom ab 1951; bisher erschien: Vol. I, Fase. 1, Missa 
L'Homme armA - Missa De Beata virgine, in: Expert 
Maftres; 5 2st Messensätze in: H. Glareans Dodeca- 
chordon, Basel 1547, übersetzt v. P. Bohn, PGfM 
XVI; Missa festivale (ab Crudfixus) u. Motette Re- 
gina coeli (4st), in: A. W. Ambros, Gesch. d. Musik 
V, hrsg. v. O. Kade, Lpz. 1882, 21887, 319H ; Bene- 
dictus (2st) aus Missa Dringhs, in: Schering Beisp.; 
Motette Sicut lilium (4st), hrsg. v. W. Ehmann in 
ZfMw XVH, 1935, S. 174; Motette Sient lilium (4st) 
sowie eine Intavolierung dieser Motette, in: PubL de 
la Sod6t6 fr?, de Musicologie, S6r. I, T. V; Lauda 
Sion Salvatorem bei A. Smijers, Van Ockeghem tot 
Sweelinck, H. 6 (Nr 48); Motette Mater patris (3st), 
m: Harmonice Musices Odhecaton A, hrsg. v. H. 
Hewitt, The Mediaeval Acad. of America, PubL 
No 42 (— Studies and Documonts, No 5), Cam- 
bridge, Mass., 1946. 

Iit: A.W. Ambros, Gesch. d. Musik m, Breslau 
JJf®» Lpz. 2 1893, hrsg. v. O. Kade; O. Gombosi, J. 
Obrecht, Slg mw. Einzeldarstellungen IV, Lpz. 1925, 



Bruneau 


darin Kyrie (4st) aus d. Messe L’Homme arm6; A. 
Pirro, Neue Dokumente über A. B., L. v. Pullaer u. 
Crispin v. Steppen, Zf Mw XI, 1928/29; J. Schmidt- 
Göro, N. Gombert, Bonn 1938 ; Ch. van den Borren, 
Les »Opera omnia« d’A. B. et de Clemens non papa, 
in: RBM VII, 1953. 

Brun (bräb), Alphonse Aimd, * 25. 10. 1888 zu 
Frankfurt am Main, Sohn des dort tätigen Genfer 
Konzertmeisters Alphonse B. ; Schweizer Violinist, 
war ab 1908 Schüler Klinglers an der Berliner 
Hochschule und zeitweise 2. Violinist in dessen 
Streichquartett, studierte später noch bei A. Busch 
und Flesch, wurde 1912 1. Konzertmeister der Ber- 
nischen Musikgesellschaft, 1915-52 leitete er das 
Berner Streichquartett. Seit 1925 ist er Direktor 
der Berner Musikschule, die 1928 in ein Konserva- 
torium umgewandelt wurde. 1955 Dr. h. c. in 
Bern. 

Brun, Fritz, * 18. 8. 1878 zu Luzern; Schweizer 
Komponist, studierte 1896-1901 am Kölner Kon- 
servatorium bei Sand (Klavier) und F. Wüllner 
(Komposition), wurde 1902 Theorie- und Klavier- 
lehrer am Konservatorium in Dortmund, ging 
1903 als Klavierlehrer an die Musikschule nach Bern 
und war 1909-43 als Karl Munzingers Nachfolger 
Leiter der Symphoniekonzerte der Bemischen 
Musikgesellschaft, Dirigent des Cäcilienvereins 
und der Berner Liedertafel; 1920 Dr. phil h. c. der 
Berner Universität. Als Komponist spätromanti- 
scher Richtung trat er vorwiegend mit großen 
symphonischen Werken hervor: 10 Symphonien; 
symphonische Dichtung Aus dem Buch Hiob (1907) ; 
Sinfonischer Prolog (1944) ; Klavierkonzert (1946) ; 
Variationen für Kl. und Streicher (1945) ; Violin- 
konzert (1947h Konzert für Vc. und Orch.; Ver- 
heißung (Goethe) für gern. Chor, Org. und Orch. 
(1917) ; Grenzen der Menschheit (Goethe) für Män- 
nerchor (1927) ; 4 Streichquartette, 2 Sonaten für 
V. und KL ; Sonate D dur für Klar, und Kl. (1952) ; 
Männerchöre und Lieder. 

Lit.: A. Gilg, F. B. in: W. Grütter, Cäcilienverein 
d. Stadt Bern, Chronik 1913-37, Bern 1938; anon., 
Kleine Festgabe f. F. B., Bern 1941 ; W. Schuh, 
Schweizer Musiker der Gegenwart, Zürich 1948. 

Brunck, Constantin, * 30. 5. 1884 zu Nürn- 
berg; deutscher Gesangspädagoge, studierte 1901 
bis 1907 an der städtischen Musikschule Nürnberg, 
1907-09 in Berlin (Humperdinck) , 1909-11 bei 
Frugatta am Mailänder Konservatorium. 1911 bis 
1933 und wieder seit 1948 ist er Musikreferent der 
»Fränkischen Tagespost« in Nürnberg. Daneben 
war er Dirigent von Arbeiterchören, 1925-33 Lei- 
ter der städtischen Musik-Volksbücherei, 1922-33 
und 1946-54 Dozent der Volkshochschule in Nürn- 
berg. Er schrieb zahlreiche Lieder, Chöre, Kantate 
Jahrmarkt für 3 Solostimmen, Chor und Harmo- 
nika-Orch. (1942), eine Tanzsuite und Rokoko- 
Vorspiel für Orch. Br. betätigte sich auch als Mit- 
arbeiter von Fachblättern, hauptsächlich in ge- 
sangspädagogischen Fragen. Der größte Teil seiner 
Kompositionen wurde 1933 und durch Kriegs- 
einwirkung vernichtet. 

Brunckhorst, Arnold Melchior, * wahr- 
scheinlich um 1675, f 1720 zu Celle; deutscher Or- 
ganist, 1687-1720 Stadtorganist in Celle. Von ihm 
sind 2 Kantaten und ein Praeludium für Orgel er- 
halten. 


Ausg.: Praeludium, hrsg. v. M. Seiffert, Organum 
IV, H. 7. 

Lit : W. Wolffheim, Mitt zur Gesch. d. Hofmusik in 
Celle, Fs. Liliencron, Lpz. 1910. 

Brune, Adolf Gerhard, *21. 6. 1870zuBackum 
(Kreis langen, Hannover), f 21. 4. 1935 zu Chicago, 
deutscher Pianist und Komponist, besuchte aas 
Lehrerseminar in Osnabrück, ging 1889 nach den 
USA, war 5 Jahre Organist in Peoria (Illinois) und 
kam 1894 nach Chicago, studierte dort bei E. Lieb- 
ling Klavier und bei Ziehn Komposition und 
war 1898-1917 als Lehrer am Musical College tätig. 
Er schrieb 3 Symphonien, Symphonische Phan- 
tasie, die symphoni&hen Dichtungen Lied des Sing- 
schwans und Evangeline, 5 Streichquartette, cm 
Streichquintett, ein Klaviertrio, ein Klavierquin- 
tett, eine Violinsonate, Klavier- und Orgelstücke, 
Chorwerke. 

Bruneau (brün'o:), Louis Charles Bonaventure 
Alfred, * 3. 3. 1857 und f 15. 6. 1934 zu Paris; 
französischer Komponist und Musikschriftsteller, 
Schüler Massenets am Pariser Conservatoire (2. 
Prix de Rome 1881), dann Musikreferent für Pariser 
Zeitungen, ab 1909 Inspecteur gdndral de l’en- 
seignement musical, ab 1925 Mitglied der Acadd- 
mie des Beaux-Arts. Er brachte 1887 seine erste 
Oper Kirim (1885/86) im Thdätre Lyrique heraus, 
erregte jedoch erst Aufsehen durch die folgenden 
Opern auf Texte von L. Gallet nach Romanen von 
Emile Zola: Le rive (1890), Vattaque du moulin (Der 
Sturm auf die Mühle, 1892/93, auch in Deutsch- 
land aufgeführt); Zola selbst lieferte B. den Text 
zu Messidor (1894-96, 4 Akte, unrhythmische 
Prosa), Uouragan (1897-1900), Venfant roi (1902) 
und zu dem unveröffentlichten Lazare (1903) ; von 
B. selbst nach Zola gearbeitet sind die Texte von 
Nais Micoulin (1906), La faute de Vabbi Mouret 
(1904/05) und Les quatrejoumies (1908-16). Außer- 
dem schrieb B.: Le Tambour (1915, Text von St. 
Georges de Bouhdlier), die komische Oper Le Roi 
Candaule (1917-19, Text von Maurice Donnay), 
Le jardin du Paradis (1913-21), Angelo 9 tyran de 
Padoue (1923-25), Virginie (1928-30, Text von H. 
Duvemoy) ; ferner die Hymne Le Chant du Dra- 
peau (1915/16), die lyrische Dichtung Le Navire 
(1916, nach Rend Puaux), Ode ä la Paix 9 Nocturne , 
RJsurrection, AmitiL Dazu kommen die Ballette 
Les Bacchantes (1888) und Vamoureuse legon (1913), 
ein Requiem (1884/85-88), 2 Konzertouvertüren: 
Leda (1882) und Ouvertüre h&roique (1883); sym- 
phonische Dichtungen: La belle au bois dormant 
(1884) und Penthisilee (1884) ; Lieds de France (1891/ 
1892) und Chansons ä danser (1894/95, auf Texte von 
Catuile Mendds) und Les chants de la t ne (1911/12, 
Gedichte von FL Bataille, Saint Georges de Bouhd- 
lier und Fern. Gregh). Auch als Schriftsteller ver- 
dient B. Beachtung: Le drame lyrique fiangais (RMI 
IV, 1897) ; Musiques de Russie et Musidens de France 
(BibL Charpentier 1903; deutsch von M. Graf, 
Die russische Musik, Berlin 1905); Musiques d’hier 
et de demain (Paris 1900) ; La musique ßrangaise (Paris 
1901; deutsch von M. Graf, Geschichte der fran- 
zösisdien Musik, in R. Strauss* » Die Musik«, Berlin 
1904) ; La vie et les ceuvres de Gabriel Fauri (Paris 
1925); A Vombre d*un grand cceur, Erinnerungen an 
Zola (Paris 1932) ; Massenet (Paris 1935). 

Lit: O. S£r£, Musiriens fr?, d’aujourd’hui, Paris 
1911, ^1921; A.Hervey, A. B., London 1907; A. 


16 


241 



BruncUi 


Böschot, La vie et les oeuvres de A. B., Paris 1913; 
S. Wallon, Chronologie des oeuvres d’A. B., Rev. de 
MusicoL XXIX (■= Tome XXVI), 1947;R. H. Myers, 

A. B„ in: Musical Times XCVUI, 1957; L. Schieder- 
mair, A. B., Messidor, Lpz. 1901 (Opernführer Nr 62) ; 
P. Landormy, La musique fran^aise apr&s Debussy, 
Paris 1943. 

BruncUi, Antonio, * zu Viterbo; italienischer 
Organist, war in Rom Schüler von G. M. Nanini, 
wurde 1606 Kapellmeister in San Miniato (Tos- 
cana), 1610 Domkapellmeister in Prato, spätestens 
ab 1614 großherzoglicher Kapellmeister in Florenz 
und an San Stefano in Pisa. Er schrieb: eine all- 
gemeine Musiklehre Regole utilissime (Florenz 
1606), ein Kontrapunktlehrbuch Regole et di - 
chiarationi (Florenz 1610); 3 Bücher l-5st. Scherzi , 
Arie , Canzonette e Madrigali (Venedig 1613, 1614, 
1616) und geistliche Werke. 

Lit: E. Schmitz, A. B. als Monodist, ZIMG XI, 
1909/10; P. Nettl, Eine Sing- und Spielsuite v. A. 

B. , ZfMw II, 1919/20, mit Abdruck d. Suite (aus 
Scherzi . . . IÖ). 

Brun$tti, Domenico, italienischer Organist und 
Komponist des 16./17. Jh., Schüler von A. Bru- 
ndli, war 1609 Organist und um 1620 Kapell- 
meister am Dom von Bologna, wo er 1633 die 
Accademia dci Filaschi gründete. Von ihm erschie- 
nen: V Euterpe . . . opera musicäle di Madrigali , Can- 
zonette, Arie , Stanze , e Scherzi diversi, in Dialoghi, & 
Echo (1606; für 1-4 St. mit Instrumenten), Varij 
concentus (1609; für eine und mehrere St. mit 
Org.), Canticum deiparae virginis (1621; 8 Magni- 
ficat zu 5 St. mit Org.). Einzelne Stücke finden 
sich in Sammelwerken der Zeit. 

Brunftti, Gaetano, * um 1740 zu Pisa, + 1808 zu 
Madrid; italienischer Violinist, war Schüler Nardi- 
nis in Florenz, lebte spätestens ab 1766 in Madrid 
und setzte sich, im Dienste des Königs und des Her- 
zogs von Alba, mit Triosonaten und Symphonien 
als Rivale Boccherinis erfolgreich durch. 

Lit: A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; 
J. SubirX, La Müsica en la Casa de Alba, Madrid 
1927. 

Brunftti-Pis^no, August, * 24. 10. 1870 zu St. 
Gilgen am Wolfgangsee; österreichischer Kompo- 
nist, war Schüler der Akademie der Tonkunst in 
München (Rheinberger) und des Wiener Konserva- 
toriums und lebt in Salzburg. Er schrieb : die Opern 
Peter Schlemihl , Das klagende Lied, Liebesopfer , 
Djenaneh ; Vorspiel zu Hauptmanns Die versunkene 
Glocke; 5 Rhapsodien für Orch. ; Venezianische Sin- 
fonie; Chöre, Klavierstücke und Lieder. 

Bruni, Antonio Bartolomeo, * 1751 undf 6. 
8. 1821 zu Cuneo (Piemont) ; italienischer Vio linis t, 
war Schüler von Pugnani in Turin, ging 1780 nach 
Paris, zuerst als Violinist der Comddie Italienne, 
wurde Kapellmeister am Th&tre Montansier, an 
der Komischen und zuletzt an der Italienischen 
Oper und führte 1786-1801 18 eigene französische 
komische Opern auf. 1801 zog er sich nach Passy 
bei Paris, um 1806 in seine Vaterstadt zurück; 1814 
war er am Thdätre Feydeau, führte ohne Rrfnlg 
noch 2 Opern auf und kehrte <hnn wieder in seine 
Hei m a t zurück. Er hat auch eine Violin- und eine 
Violaschule sowie Streichquartette, Streichtrios, 
Violinsonaten, Etüden und Violinduette heraus- 
gegeben. 


Ausg.: Va-Schule, hrsg. v. H. Dessauer, Mainz 1897. 
Lit. : G. Cesari, H. Closson, L. de La Laurencie, A. 
Della Corte u. C. Zino, A. B., Turin 1931 ; L. de La 
Laurencie, Un musicien italien . . ., Rev. de MusicoL 
XV, 1931. 

Brunner» Adolf, * 25. 6. 1901 zu Zürich; 
Schweizer Komponist, lebt in Thalwil bei Zürich. 
Schon während der Zürcher Gymnasialjahre stu- 
dierte er Harmonielehre und Kontrapunkt bei H. 
Lavater; spätere Kompositionsstudien führten ihn 
nach Berlin, Paris und Rom. Während des 2. 
Weltkrieges führend in dem anti-totalitären, 
christlich-humanistischen »Gotthardbund« tätig, 
übernahm er 1949 die Leitung der Abteilung »Poli- 
tik, Wirtschaft und soziale Fragen« beim Studio 
Zürich des Schweizerischen Landessenders Bero- 
münster. Br. gehört mit W. Burkhard, T. N. David, 
Distier, Pepping und K. Thomas zu der Kompo- 
nistengeneration, die der evangelischen Kirchen- 
musik einen neuen eigenen Stil geschaffen hat; 
auch seine Instrumentalwerke sind von konzentrier- 
ter Satzkunst und starker, aber verhaltener Aus- 
druckskraft erfüllt. Im Mittelpunkt seines hervor- 
ragenden Schaffens steht das »Geistliche Konzert« 
für Singstimmen und Kammerinstrumentarium 
(Jesus und die Samariterin, Jesus und Nikodemus, Jesus 
und die Ehebrecherin , Das Weihnmhtsevangelium ). 
Kantaten, Motetten (Der Mensch nach M. Clau- 
dius), eine Missa a cappella, ein Ffingstbuch Jur Orgel 
schließen sich an, ebenso Klammerlieder, Streich- 
musiken, eine Flötensonate und Klavierstücke. 

Brunner, Christian Traugott, * 12. 12. 1792 
zu Brünlos bei Stollberg (Erzgebirge), f 14. 4. 
1874 zu Chemnitz ; war Organist und Dirigent von 
Gesangvereinen in Chemnitz; durch instruktive 
leichte Klavierstücke wurde er bekannt. 

Brunold (brün'oil), Paul, * 14. 10. 1875 und f 14. 
11. 1948 zuParis; französischer Organist und Clave- 
cinist, Schüler von Marmontd, Lavignac und Le- 
roux am Pariser Conservatoire, später von Pade- 
rewski. Ab 1910 setzte er sich stärker für die alte 
Musik ein, die er auf einem Harpsichord aus dem 
18. Jh. spielte. Mit H. Expert hat er eine Anthologie 
des mattres Jrangais du clavecin des XVII 0 et XVIII 0 
sihles veröffentlicht, mit A. Tessier eine Gesamt- 
ausgabe der Werke von Chambonni&re (1925). Er 
war von 1915 an Titular-Organist der großen 
Orgel an St-Gervais und schrieb eine Histoire du 
grand orgue de St-Gervais (Paris 1934). 

Bruns (-Molar), Paul, * 13. 6. 1867 zu Werden 
an der Ruhr, f 2. 2. 1934 zu Berlin; deutscher Ge- 
sanglehrer, studierte ab 1885 in Berlin, Bonn, Mar- 
burg und Leipzig Jura, war in Leipzig 1893-97 
Schüler von Kretzschmar, M. Krause und L. Chr. 
TörslefE einem Schüler von Müller-Brunow, stu- 
dierte auch noch Gesang in Neapel und Florenz. 
Mit L. Schultze-Strditz gab er 1895-1900 die Zeit- 
schrift »Der Kunstgesang« heraus, 1900-02 in Ber- 
lin allein eine andere: Deutsche Gesangskunst, war 
1902-05 Gesan g lehrer am Eichdbergschen Kon- 
servatorium in Berlin und ab 1906 Gesanglehrer 
am Stemschen Konservatorium. Seine Bücher 
sind: Neue Gesang-Methode nach erweiterten Grund- 
lehren vom primären Ton (Berlin 1906); Die Re- 
gistetfiage, I: Das Problem der Kcmtraaltstimme (Ber- 
lin 1906, 21930 als Das Kontraaltproblem), II: Bariton 


242 



Bryson 


oder Tenor? (1910); Carusos Technik (Berlin 1922); 
Minimdlluß und Stütze (Berlin 1927, 21929 erwei- 
tert, deren unveränderter 3. Abdruck als Atemkunst 
und Stimmhöhe 1932); Der Bariton-Tenor (Berlin 
1932). 

Brunswick (b^urnzwik), Mark, * 6. 1. 1902 zu 
New York; amerikanischer Komponist, Schüler 
von Goldmark und Bloch, von N. Boulanger in 
Paris, studierte danach noch Orchestration bei R. 
Sessions. B. wirkt als Theorie- und Kompositions- 
lehrer in New York, wo er auch Vorlesungen an 
den Studios of Music Education hält. Er schrieb: 
Ballet Suite für Mezzosopran, Frauenchor und 
Orch. (Text Aristophanes* Lysistrata; 1936), Sym- 
phonie für Chor und Orch. (1937), Symphonie 
B dur (1945), Motette Fragment of Sappno nir 4st. 
Chor (1932), Two Moments für Streichquartett 
(1926), Fantasia für Va solo (1932). 

Brunswik, Comtesse Therese, * 27. 7. 1775, 
1 23. 9. 1861, die Schwester des mit Beethoven eng 
befreundeten Grafen Franz von B., dem die Ap- 
passionata op. 57 gewidmet ist. Wahrscheinlich galt 
ihr der berühmte Brief an die unsterbliche Ge- 
liebte. Andere suchen die Adressatin in ihrer 
Schwester Josephine, in der Gräfin Giulia Guic- 
dardi oder in Amalie Sebald. Die ganze Frage ist 
müßig. 

Lit: Memoiren in: La Mara, Beethovens Unsterb- 
liche Geliebte, Lpz. 1909. - A. W. Thayer, L. van 
Beethovens Leben III, bearb. v. H. Deiters, Bin 1879, 
Lpz. 2 1911, hrsg. v. H. Riemann; A. Chr. Kauscher, 
Die unsterbliche Geliebte Beethovens, Dresden 1891 ; 
W. Thomas-San Galli, Die unsterbliche Geliebte 
Beethovens, A. Sebald, Halle 1909; M. Unger, Auf 
d. Spuren v. Beethovens unsterblicher Geliebten, 
Langensalza 1910; La Mara, Beethoven u. d. B.s, 
Lpz. 1920; S. Kaznelson, Beethovens Feme und Un- 
sterbliche Geliebte, Zürich 1954. 

Brasseltnans, Michel, * 12. 3. 1886 zu Paris; 
belgischer Komponist, Schüler des Brüsseler Kon- 
servatoriums, später privat von d’Indy und Gilson, 
erhielt 1911 den belgischen Rompreis, 1914 den 
Prix Agniez. Er schrieb: Oratorium Jisus (1936), 
Psaume LVI (1954) ; die Ballette Les NirÜdes (1911), 
Kermesse ßamande (1912) und Les Sylphides (auf 
Themen von Chopin) ; mehrere Musiken zu Rund- 
funkspielen; 2 Symphonien (1924, 1934), Sinfo- 
nietta (1954), symphonische Dichtung Httbie de 
Sparte (1914), ebenfalls für Orch.: Ouvertüre fi- 
nale (1908), Ouvertüre hirolque (1942), Esquisses 
flamandes (1927), Suite phrygteme (1932), Suite- 
Divertissement (1937), Scenes Breugheliennes (1911), 
Rhapsodieflamande (1931), Schnes provengales (1931), 
Cinq danses flamandes (1944) ; Rhapsodie für Horn 
und Orch. (1938) und Orgelkonzert (1938) ; je eine 
Violin- und Cellosonate, Prilude et Jugue für 8 Blä- 
ser, kleinere Instrumentalstücke (Visages de Paris 
für Kl., 1946), Chöre und Klavierlieder. 

Brust, Fritz, * 12. 7. 1884 zu Kehl; deutscher 
Musikschriftsteller, studierte an den Universitäten 
Freiburg im Breisgau, Berlin, Heidelberg und pro- 
movierte 1910 in Straßburg mit einer Arbeit über 
Die Aesthetik der Musik in neueren Kunsttheorien und 
das Problem ihrer Allgemeingultigkeit (Schömberg 
1910). B. war Theorie- und Kompositionsschüler 
von M. J. Erb in Straßburg und später von J. Haas 
und H. Keller in Stuttgart. Als Musikschriftsteller 


war er Mitarbeiter in- und ausländischer Fach- und 
Tageszeitungen (u. a. 12 Jahre an der AMz in Ber- 
lin) und nach dem 2. Weltkrieg erster Musikkriti- 
ker am Berliner »Telegraf«, danach Musikredak- 
teur der (amerikanischen) »Neuen Zeitung« in 
München und ist seit 1949 in der Redaktion der 
»Frankfurter Allgemeinen Zeitung« tätig. 

Brust, Herbert, * 17. 4. 1900 zu Königsberg; 
deutscher Komponist, studierte von 1919-23 an 
der Akademischen Hochschule für Musik in Berlin 

tentätigkeit in Königsberg zog er nach Neu Kuluren 
im Samland. Er lebt jetzt als Schulmusiker in Bre- 
merhaven; schrieb Kammermusik, Orchester- 
stücke, Klavierstücke, Chorwerke, Lieder und Ge- 
sänge sowie einen Bericht Aus meinem Leben mit 
Werkverzeichnis (Ostpreußische Musik I, 1937). 

Brustad, Bjarne, * 4. 3. 1895 zu Oslo; norwe- 
gischer Komponist, debütierte nach Studien in 
Oslo und bei Flesch in Berlin 1914 als Violinist, 
trat 1919 dem Orchester der Philharmonischen Ge- 
sellschaft in Oslo bei und wurde dort 1929 Solo- 
bratschist und Mitglied des Programmkomitees 
(bis 1943). Seit 1937 Kompositonslehrer am Osloer 
Konservatorium, nimmt Br. im Wiederaufbau des 
norwegischen Musiklebens nach Kriegsende und 
bei den Plänen zur Errichtung einer norwegischen 
Musikhochschule einen führenden Platz ein. 
Hauptwerke: Orchestersuite (1921), 2 Violinkon- 
zerte (Nr 2, 1927), Concertino für Va, Cemb. und 
Kammerorch. (1933), Oper Atlantis (1945), 
Serenade für V., Klar, und Fag. (1947) ; eine Sym- 
phonie, Kammermusik, Suiten für V. solo, Kla- 
vierstücke und Lieder. 

Bruyck (broik), Karl Debrois van, * 14. 3. 1828 
zu Brünn, f 5. 8. 1902 zu Waidhofen an der Ybbs; 
Österreichischer Musikschriftsteller, kam 1830 mit 
seinen Eltern nach Wien, studierte dort Jura, war 
dann Schüler Rufinatschas in Musiktheorie, Mit- 
arbeiter mehrerer Tageszeitungen und gab bis 1860 
gegen 30 Werke heraus, auch die Monographien: 
Technische und ästhetische Analyse des Wohltemperier- 
ten Klaviers (Leipzig 1867, 2 1889, 31925) und Ro- 
bert Schumann (in Kolatscheks Stimmen der Zeit 
1868) ; mit Schumann stand er ab 1852 in Brief- 
wechsel. 

Lit.: R. Schumanns Briefe, N.F., hrsg. v.F.G. Jan- 
sen, Lpz. 1886, 21904. 

Bry^nnios, Manuel, um 1320, griechischer Mu- 
sikschriftsteller. Seine in vielen Handschriften exi- 
stierende Harmonik ist keine selbständige Arbeit, 
sondern eine Bearbeitung und summarische Zu- 
sammenfassung klassischer Schriften über die Mu- 
sik der Griechen und enthält Auszüge aus Ari- 
stides, Aristoxenos, Bakcheios, Eukleides, Ptole- 
maios, Nikomachos, Theon von Smyrna und 
Pachymeres (1242-1310). 

Ausg.: Harmonica (mit lat Übers.) in: J. Wallis, 
Opera mathematica III, Oxford 1699. 

Lit: H. Reimann, Zur Gesch. u. Theorie d. byzan- 
tinischen Musik, Vf Mw V, 1889. 

Bryson (b/aizan), Robert Ernest, * 30. 3. 1867 
zu Liverpool, f 20. 4. 1942 zu St. Briavels (Glou- 
cestershire) ; englischer Komponist, im Hauptberuf 
Kaufmann; seine Werke zeigen sichere Beherr- 


16 * 


243 



Brzezinska 


schung der damals modernen Kompositionstech- 
nik im Dienste eines durchaus eigenen Stils: Oper 
The Leper’s Flute auf einen Text von Jan Cokin 
(Glasgow 1926) ; Chorwerke; 2 Symphonien D dur 
und C dur, Orchesterstücke, 2 Streichquartette, 
Klavier- und Orgelstücke. 

Brzezinska (bjsz'irjnska), Filipina, geb. Szyma- 
nowska, * 1. 1. 1800 und f 10. 11. 1886 zu War- 
schau; polnische Komponistin von Klavierwerken, 
weltlichen und geistlichen Liedern; das Manenlied 
Nie opuszczaj nas (Verlaß uns nicht) ist in Polen 
sehr populär. 

BrzezL&ski ^ess'irjnski), Franciszek (Franz 
Xaver), * 6. 11. 1867 und + 1944 zu Warschau; 
polnischer Komponist, Enkel von Filipina B., war 
Klavierschüler von Kleczyriski, absolvierte 1890 
die juristische Fakultät der Universität Dorpat 
(Livland), praktizierte bis 1903 in Warschau als 
Rechtsanwalt, widmete sich dann ganz der Musik 
und studierte in Paris und 1904-07 am Leipziger 
Konservatorium (Krehl, Reger, Rieh. Hofmann, 
Nikisch); blieb zunächst in Leipzig, lebte aber ab 
1916 als Musikreferent des »Kurier warszawski« in 
Warschau; ab 1921 war er polnischer Konsul in 
Breslau. Werke: Tema con variazioni für Kl. op. 3, 
Polnische Suite op. 4, Tryptique (Präludien und 
Fugen) op. 5, Toccata op. 7, Konzert G moll für 
Kl. mit Orch. op. 9, Violinsonate D dur op. 6, 
Polonaise-Ballade für KL (auch für Orch. bearbei- 
tet), Noel en Pologne sowie zahlreiche Klavier- 
stücke. 

Buccdri (buttj'e:ri), Gianni, * 26. 2. 1873 zu 
Catania; italienischer Opemdirigent und -kom- 
ponist, schrieb: Mariedda (Catania 1895), Ondina 
(komponiert 1902, Neapel 1917), Märken (Ber- 
gamo 1914), Graziella (Catania 1933). 

Buchal, Hermann, * 17. 1. 1884 zu Patschkau 
(Schlesien) ; deutscher Komponist, studierte 1906 bis 
1910 in Berlin, ein Jahr am Akademischen Institut 
für Kirchenmusik, dann ab 1907 Komposition. 
1910-15 war er Lehrer am Konservatorium, 1918 
bis 1921 Privatmusiklehrer in Beuthen. 1921-24 
Lehrer am Schlesischen Konservatorium in Bres- 
lau, 1924-36 dessen Direktor, 1936-45 Klavier- 
und Kompositionslehrer an der Landesmusikschule 
in Breslau, 1946-52 Dozent für Lehrerbildung an 
der Universität Jena. Er schrieb: Oratorien Maria 
und Das ewige Wort; Opern Der Paria und Dag- 
mars Hochzeit; Orchesterwerke (6 Symphonien, 
Totenklage), Violinkonzert, 2 Klavierkonzerte; 
Kirchenmusik (Messen, Propriumssätze), Chor- 
werke (Mahomets Gesang , Kantate Der Gottsucher); 
Ka mm ermusik (2 Streichquartette, Klavierquin- 
tett), Klavierstücke und Lieder. 

Buchardo (butj'ardo), Carlos Lopez, * 12.10. 
1881; argentinischer Komponist, Schüler von 
Roussel, schrieb eine Oper El sueno de Alma (Bue- 
nos Aires) und Orchesterwerke (EscenasArgentinas ). 
B. war längere Zeit Direktor des Konservatoriums 
in Buenos Aires. 

BucharQff, Simon, * 20. 4. 1881 zu Kiew; rus- 
sischer Komponist, ging 11 jährig nach den Ver- 
einigten Staaten und studierte in New York bei 
Gallico, später in Wien bei J. Epstein und E. Sauer 
Klavier, bei St. Stöcker und R. Fuchs Komposi- 


tion. Nach Amerika zurückgekehrt, ließ er sich in 
Los Angeles als Pianist und Lehrer nieder. Er 
schrieb Opern, Chorwerke, symphonische Dich- 
tungen, Gesänge für Bar. und Orch., Kammermu- 
sik, Klavierstücke und Lieder. 

Buchholz, Berliner Orgelbaufirma, gegründet 
1799 von Johann Simon B., * 27. 9. 1758 zu 
Schloßvippach bei Erfurt, f 24. 2. 1825 zu Berlin. 
Er erfand die Oktavkopplung. Sein Sohn Karl 
August B., * 13. 8. 1796 und f 12. 8. 1884 zu Ber- 
lin wurde sein Nachfolger. Der letzte Repräsen- 
tant der Familie war dessen Sohn und Nachfolger 
Karl Friedrich B., * 1821, f 17. 2. 1885. 

Buchmayer, Richard, * 19. 4. 1856 zu Zittau, 
t 24. 5. 1934 zu Mautemdorf bei Salzburg; deut- 
scher Pianist und Musikforscher, sollte Jura stu- 
dieren, wurde aber 1875 Schüler des Dresdner 
Konservatoriums und widmete sich auf Henselts 
Rat speziell dem Klavierspiel, war 1879-83 Lehrer 
an der Musikschule Riga, dann am Dresdner Kon- 
servatorium, ab 1892 an der Dresdner Musik- 
schule; später wirkte er als Privatlehrer und kon- 
zertierender Pianist. Ab 1891 gab er »historische 
Konzerte« mit Klavierwerken des 17. und 18. Jh. 
Bei der Suche nach Werken für diese Programme 
fand er 1903 die wertvollen Lüneburger Tabulatu- 
ren mit Werken von Weckmann, H. Scheide- 
mann, Tunder und Jakob Praetorius. Von seinen 
Aufsätzen seien hervorgehoben: Drei irrtümlich J. 
S. Bach zugeschriebene Klavierkompositionen (SIMG 
II, 1900/01); Musikgeschichtliche Ergebnisse einer 
Reise nach Lüneburg (Dresdener Anzeiger, Sonn- 
tagsbeilage vom 5.-26. 7. 1903) ; Nachrichten über 
das Leben Georg Böhms (Bach-Jahrbuch V, 1908) ; 
Cembalo oder Pianoforte? (ebenda); Christian Ritter 
(Riemann-Festschnft 1909, mit einer Sonatina 
Ritters für Org.) ; Rückblick auf mein Leben (ZfM 
XCm, 1926). Er gab heraus: Solokantate Chr. 



Büchner, Hans, (Puchner, Buschner, Magister 
Hans von Constantz), * 27. 10. 1483 zu Ravens- 
burg (Württemberg), j* (wahrscheinlich Anfang 
März) 1538 zu Konstanz; deutscher Organist, war 
nach dem Zeugnis des Luscinius in seiner Musurgia 
(Straßburg 1536) ein Schüler von Paul Ho fhaim er 
und wurde 1506 Organist am Dom zu Kons tanz, 
in dessen Kantorei Virdung und Sixtus Dietrich 
während seiner Dienstzeit wirkten. Als der Bischof 
von Konstanz 1526 die Stadt wegen der Refor- 
mation verließ, übernahm B. in seinem Gefolge 
den Organistendienst am Münster in Überlingen, 
blieb aber in Konstanz wohnhaft. Sein Nachfolger 
in Überlingen wurde 1540 Johann von Ems . Das 
Fundamentbuch von B. ist die früheste bekannte 
Anweisung für den Organisten, die neben den Kom- 
positionen auch einführende Anleitungen enthält. 
Es ist in zwei verschieden formulierten lateinischen 
Fassungen und einer zeitgenössischen deutschen 
Übersetzung erhalten. Die Zürcher Fassung ent- 
hält Anweisungen zur Improvisation, die B asler 
Fassung dazu noch Anweisungen zum Orgelspiel 
und zur Intavolierung. Beide Handschriften ent- 
halten zu samm en 145 originale Orgelkompositio- 


244 



Buckow 


nen; einige Sätze finden sich in Sichers und Kleben 
Tabulaturbüchem. Ferner wurden von B. drei 
deutsche Lieder bekannt. Zu seinen Schülern ge- 
hörte Sicher. 

Ausg.: C. Paesler, Fundamentbuch von H. v. Con- 
stantz, VfMw V, 1889; Recordare, Fortuna in ut, 
Fortuna in mi und »Es ging ein Mann« in: Früh- 
meister der deutschen Orgelkunst, hrsg. v. H. J. 
Moser u. F. Heitmann, Veröff. d. Staatl. Akad. f. 
Kirchen- u. Schulmusik Berlin I, Lpz. (1930); Orgel- 
choral »Quem terra, pontus« bei Schering Beisp. 83 ; 
»Dantz moss Benczenauher« und »Spaniol« in: W. 
Merian, Der Tanz in den deutschen Tabulaturbü- 
chern, Lpz. 1927. 

Lit : W. Nagel, Fundamentum Authore Johanne 
Buchnero, MfM XXIII, 1891; E. v. Werra, Joh. B., 
KmJb 1895; H. Loewenfeld, L. Kleber u. sein Orgel- 
tabulaturbuch, Diss. Bin 1897; H. J. Moser, P. Hof- 
haimer, Stuttgart u. Bin 1929; O. zur Nedden, Quellen 
u. Studien zur oberrheinischen Mg., — Veröff. d. 
Musik-Instituts d. Univ. Tübingen IX, Kassel 1931; 
G. Lenzinger, Domorganist H. B., Schriften d. Ver. 
f. Gesch. d. Bodensees LXIII, 1936 (unzureichend); 
W. R. Nef, Der St Galler Organist Fridolin Sicher 
u. seine Orgeltabulatur, = SJbMwVII, 1938; W. Gur- 
litt, Joh. Kotter u. sein Freiburger Tabulaturbuch. . ., 
Elsaß-Lothringisches Jb. XIX, 1940; J. H. Schmidt, 
Johannes B., Leben u. Werk, Diss. Freiburg i. Br. 
1957, maschr. 

Büchner» Philipp Friedrich, * 11. 9. 1614 zu 
Wertheini, f 23. 3. 1669 zu Würzburg; deutscher 
Komponist, war 1625-27 Singknabe unter J. A. 
Herbst in Frankfurt am Main, wurde 1634 dort Or- 
ganist der Barfüßerkirche, überließ 1636 die Stelle 
seinem Vater und ging auf Reisen, 1641 an den Hof 
zu Krakau, dann nach Italien und Frankreich; 
schließlich blieb er am Hofe des Bischofs Johann 
Philipp von Schönbom in Würzburg. Als dieser 
1647 auch Erzbischof von Mainz wurde, nahm er 
B. als Hofkapellmeister mit. Werke: 3 Bücher 
2-5st. geistliche Konzerte (Venedig 1642 und 1644 
und Konstanz 1656); Catholische Sonn- und Feyer- 
tägliche Evangelia für Singstimme undB.c. (Würz- 
burg 1653); Die Psalmen . . • Davids (Frankfurt 
1658) ; 24 3-7st. Sonaten Plectrum musicum (Frank- 
furt 1662); Harmonia Instrumentalis (Würzburg 
1664). 

Ausg.: Sonate f. V. u. Va da Gamba aus Plectrum 
musicum, in: A. Einstein, Zur deutschen Lit. f. Va 
da Gamba, BIMG H, 1, Lpz. 1905; Weihnachtskan- 
tate, hrsg. v. A. Gottron, Kassel u. Basel 1950. 
Lit.: A. Gottron, Ph. F. B., Würzburger Diözesan- 
geschichtsblätter VII, 1939. 

Buchwald, Theo, * 27. 9. 1902 zu Wien; peru- 
anischer Dirigent, wurde nach seinem Musikstu- 
dium, zu dem an der Universität Wien noch Mu- 
sikwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte 
kamen, 1922 Korrepetitor in Barmen-Elberfeld, 
ging 1923 nach Berlin an die Volksoper, war 1924 
bis 1926 2. Kapellmeister am Stadttheater Magde- 
burg und 1927-29 1. Kapellmeister in München. 
Unter E. Kleiber arbeitete er 1929/30 an der Staats- 
oper Berlin und wirkte 1930-33 als 1. Kapellmei- 
ster und Leiter der Symphoniekonzerte am Stadt- 
theater Halberstadt. Seit 1935 lebt er in Südame- 
rika, wo er auf Veranlassung der peruanischen Re- 
gierung 1938 in Lima das neue Staatliche Sym- 
phonieorchester gründete, dessen Leiter er ist. Mit 
dem peruanischen Orchester unte rn a hm er Kon- 
zertreisen in andere Länder Südamerikas. 


Buck (bAk), Dudley, * 10. 3. 1839 zu Hartford 
(Connecticut), t 6. 10. 1909 zu Orange (New 
Jersey); amerikanischer Komponist und Organist, 
studierte, nachdem er einige Jahre Hilfsorganist in 
seiner Vaterstadt gewesen war, 1858-59 in Leipzig 
unter Hauptmann, E. F. Richter, Plaidy, Moscheies 
und besonders J. Rietz, dem er 1860 nach Dresden 
folgte, wo er auch bei J. G. Schneider Orgel stu- 
dierte. Nach einem Jahr Aufenthalt in Paris wurde 
er 1862 Organist in Hartford, dann in Chicago, 
1871 an der Music Hall und Paulskirche in Boston. 
In Brooklyn versah er den Organistendienst 1874 
bis 1877 an der Annenkirche und 1877-1903 an der 
Dreifaltigkeitskirche; gleichzeitig wirkte er dort 
als Dirigent und Lehrer. Chadwick, Gleason, Eddy 
und Neidlinger waren seine Schüler. Er kompo- 
nierte Kirchen- und Orgelmusik, 2 Streichquar- 
tette, eine Symphonie, die Oper Deseret (1880) und 
große Chorwerke, darunter die Kantaten The 
Centennial Meditation of Columbus (1876), The Gol- 
den Legend (1880) und The Light of Asia (1885). 

Buck (bAk), (Sir) Percy Carter, *25.3.1871 und 
1 3. 10. 1947 zu London; englischer Musikforscher, 
war 1888-92 am Royal College of Music Schüler 
von Ch. H. Parry, Parratt und Lloyd, 1891-94 
Organist des Worcester College in Oxford, 1896 
bis 1899 Organist der Kathedrale in Wells, 1899 
bis 1901 der Kathedrale in Bristol, dann Lehrer an 
der Harrow School, 1910-20 als Nachfolger E. 
Prouts Professor der Musik an der Universität 
Dublin, 1925-37 King Edward Professor of Music 
an der Universität London. Daneben lehrte er am 
Royal College of Music. 1937 wurde er geadelt. Er 
komponierte: 3 Orgelsonaten op. 3, 9 und 12; 
Klavierquintett op. 17; Ouvertüre Coeur de Lion 
op. 18 ; Streichquintett op. 19 ; Violinsonate op. 21 ; 
Klavierquartett op. 22; Anthems, Lieder, Klavier- 
und Orgelstücke. Außerdem schrieb er Lehrbücher 
für Orgel, Harmonielehre und Akustik, The Scope 
of Music (Oxford 1926) und A History of Music 
(London 1929). 

Buck, Rudolf, * 18. 5. 1866 zu Burgsteinfurt 
(Westfalen), f 12. 5. 1952 zu Tübingen; deutscher 
Komponist, studierte in Köln bei F. Wüllner und 
in Berlin bei Robert Radecke. Nach seiner Tätig- 
keit als Kritiker an den Berliner Neuesten Nach- 
richten folgte er 1906 einem Ruf als Kapellmeister 
bei der Stadtverwaltung der internationalen Nie- 
derlassung von Shanghai, wurde jedoch 1919 aus- 
gewiesen. In Tübingen ließ er sich 1921 als Kom- 
ponist nieder und verlegte ab 1925 seine Werke 
selbst. Er schrieb Lieder und wirkungsvolle Män- 
nerchöre, darunter Gotenzug , Wilde Jagd, Karfrei- 
tag , Heldenfriedhof, Im Maien, Lied der Freude . Ferner 
veröffentlichte er Fernöstliche Erinnerungen (Deut- 
sche Sängerbundeszeitung XXVHI, 1936). 

Lit : H. E. Rahner, R. B., Deutsche Sängerbundes- 
zeitung XXVm, 1936. 

Buckow, Karl Friedrich Ferdinand, * 1801 
zu Danzig, f 16. 5. 1864 zu Komom; deutscher 
Orgelbauer, arbeitete bis 1825 in Altstettin bei 
Grünberg in der Uckermark, restaurierte 1828 die 
Orgel der Peter-Pauls-Kirche in Görlitz und ließ 
sich in Hirschberg nieder; dort baute er viele Or- 
geln für Wien, Prag und Komom. 


245 



Bücher 


Bücher, Karl, * 16. 2. 1847 zu Kirberg bei 
Wiesbaden, 1 12. 11. 1930 zu Leipzig, 1892-1916 
Professor der Nationalökonomie an der Universi- 
tät Leipzig. Er ist hier zu nennen als Verfasser der 
Studie Arbeit und Rhythmus (Abhandlungen der 
phil.-histor. Classe der KgL Sächsischen Ges. der 
Wiss., Band 17, Nr 5, Leipzig 1897, auch separat, 
Leipzig <>1924), die die These aufstellt, daß der 
Rhythmus und damit alle energischen Künste in 
der zweckmäßigsten Ordnung der Bewegungen 
bei mechanischen Arbeiten wurzeln. Man ver- 
gleiche auch seine Lebenserinnerungen, Band I 
(Tübingen 1919). 

Lit.: H. Kretzschmar, Eine neue Theorie Üb. d. Ur- 
sprung d. Musik, in: Gesammelte Aufsätze I, Lpz. 
1910; L. Buchheim, Volksliedhaftes unter B.s deut- 
schen Arbeitsliedern, Diss. Lpz. 1926, gedruckt 1931. 

Büchner, Adolf Emil, * 7. 12. 1826 zu Osterfeld 
bei Naumburg, t 9. 6. 1908 zu Erfurt; deutscher 
Kapellmeister, war Schüler des Leipziger Konser- 
vatoriums, wurde 1866 Hofkapellmeister in Mei- 
ningen, dann Dirigent des Sollerschen Musikver- 
eins in Erfurt und schrieb ein Chorwerk Wittekind 
(1890), die Opern Lanzelot und Dame Kobold, 
Symphonien, Ouvertüren, Kammermusik, Kla- 
vierstücke und Lieder. 

Büchtger, Fritz, * 14. 2. 1903 zu München; 
deutscher Komponist, wechselte nach vorüber- 
gehendem Besuch der Kadettenanstalt zum Musik- 
studium über und nahm an der Münchener Musik- 
akademie u. a. bei Beer- Walbrunn, Waltershausen 
und Schwickerath Unterweisung in Komposition, 
Dirigieren, Orgel, Höte und Gesang. Als Leiter von 
Arbeiterchören und Laienorchestem setzte er sich 
seit den frühen zwanziger Jahren für zeitgenös- 
sische und Volksmusik ein. Während des Krieges 
als Singleiter tätig, gründete er nach Kriegsschluß 
ein Studio für neue Musik in München, wurde 
1954 Direktor der Tugendmusikschule München, 
1956 Vorsitzender des Verbandes deutscher Ora- 
torien- und Kammerchöre. Schwerpunkt seines 
kompositorischen Schaffens sind Vokalwerke, von 
den geistlichen Oratorien Der weiße Reiter und 
Das gläserne Meer über Die Auferstehung nach 
Matthäus (1955) bis zu Marienhymnen und Kir- 
chenjahrs-Kantaten. Das Kalenderspiel O Mensch 
gib acht l und die Choroper Der Spielhansl (nach 
Grimms Märchen) schließen sich an, ferner a-cap- 
pella-Chöre, Kammermusik und Klavierlieder- 
zyklen. B. ist Vorsitzender der deutschen Sektion 
der »Jeunesses Musicales«. 

Bücken, Ernst, * 2. 5. 1884 zu Aachen, f 28. 7. 
1949 zu Köln-Overath; deutscher Musikforscher, 
studierte in Bonn und München erst Jura, dann 
Musikwissenschaft bei Sandberger und Kroyer, 
Komposition bei Courvoisier und promovierte 
1912 in München mit einer Arbeit über Anton 
Reicha. 1920 habilitierte er sich in Köln mit der 
Studie Der heroische Stil in der Oper (Leipzig 1924). 
Im gleichen Jahr erhielt er einen Lehrauftrag für 
Musikgeschichte an der Technischen Hochschule 
Aachen, den er nur kurze Zeit ausübte; 1925-45 
war er in Köln Professor. Weitere Veröffentlichun- 
gen, neben Studien in Zeitschriften: München als 
Musikstadt (Leipzig 1923), Führer und Probleme der 
neuen Musik (Köln 1924), Musikalische Charakter- 
köpfe (Leipzig 1924). In dem von ihm herausgege- 

246 


benen Handbuch der Musikwissenschaft (Athenaion- 
Verlag Wüdpark-Potsdam) schrieb er: Die Musik 
des Rokokos und der Klassik (1927), Die Musik des 

19. Jh (1929), Geist und Form im musikalischen 

Kunstwerk (1929), in der daran anschließenden 
Reihe Die großen Meister der Musik: Ludwig van 
Beethoven (1934), Richard Wagner (1934, 21943); 
ferner: Musik aus deutscher Art (Köln 1936), Die 
Musik der Nationen (Kröners Taschenausgabe 
CXXXI, Leipzig 1937 ; 2. Auflage unter dem Titel : 
Geschichte der Musik, Neubearbeitung von J. 
Völckers, Kröners Taschenausgabe CXXXI, Stutt- 
gart 19511, Das deutsche Lied (Hamburg 1939), 
Wörterbuch der Musik (Sammlung Dieterich XX, 
Leipzig 1940, Wiesbaden 21953), Robert Schumann 
(Köln 1940), Musik der Deutschen (Köln 1941), 
Wolfgang Amadeus Mozart (Hamburg 1942), Sin- 
fonia eroica. Ein Beethoven-Roman (Köln 1947, 
21948), Richard Strauss (Kevelaer 1949), Don Juan, 
Roman (Köln 1949). Auch war B. der Heraus- 
geber eines Handbuches der Musikerziehung (Pots- 
dam 1931), der Hauptschriften R. Wagners (Krö- 
ners Taschenausgabe CXLV, Leipzig 1937) und 
eines nachgelassenen Klavier-Trios von J. Brahms 
(mit Karl Hasse, Leipzig 1938). Eine erstmals 1940 
herausgegebene Sammlung Musikerbriefe erschien 
im Neudruck (Sammlung Dieterich XXXVI, 
Wiesbaden 1953). 

Lit. : W. Kahl, E. B., Mf IH, 1950. 

Bückmann, Robert, * 24. 9. 1891 zu Mönchen- 
Gladbach; deutscher Chordirigent, studierte 1909 
bis 1914 am Kölner Konservatorium, wurde 1920 
Klavierlehrer am Gladbacher Konservatorium, 
1923 Leiter des Oratorien-Chors in Odenkirchen, 
seit 1934 Direktor des Gladbacher Konservatoriums. 
Werke: Symphonie Cmoll, 10 Miniaturen für 
Orch., je ein Konzert für Horn, Klar., Saxophon 
und Orch., je ein Concertino für Fl. und für Ob. 
und Orch., Messe für Soli, Chor und Orch., ein 
Klaviertrio, ein Streichquartett, Lieder mit Or- 
chester-, Streichquartett- und Klavierbegleitung. 

Bühler, Franz (Pater Gregorius), * 12. 4. 1760 zu 
Schneidheim bei Nördlingen, f 4. 2. 1824 zu 
Augsburg; deutscher Organist, trat 1778 in das 
Kloster Donauwörth ein, wurde 1785 zum Priester 
geweiht, verließ das Kloster 1794 und wurde Or- 
anist in Bozen, 1801 Domkapellmeister in Augs- 
urg. Er schrieb ein Oratorium Jesus (1816), viele 
Messen, Requiem, Hymnen und Kirchenlieder, eine 
Oper, Kammermusik, Klavierwerke und einige 
kleine theoretische Schriften; seine Werke waren 
im 19. Jh. weit verbreitet. 

Bülow, Hans Guido Freiherr von, * 8. 1. 1830 zu 
Dresden, f 12. 2. 1894 zu Kairo; deutscher Pianist 
und Dirigent, wurde mit 9 Jahren Klavier- 
schüler von Fr. Wieck und Harmonieschüler von 
Max Eberwein in Dresden; 1846-48 lebte die 
Fa mili e in Stuttgart, wo er bereits als Primaner 
öffentlich spielte. 1848 bezog er zum Studium der 
Rechte die Universität Leipzig, studierte daneben 
unter Hauptmann Kontrapunkt, ging 1849 nach 
Berlin und schloß sich als Mitarbeiter der »Abend- 
post« den Ideen Wagners an, dessen Schrift Die 
Kunst und die Revolution damals erschien. Ein e 
Aufführung des Lohengrin 1850 in Weimar brachte 
seinen Entschluß zur vollen Reife, sich der Musik 



Buffardin 


zu widmen. Er ging zu Wagner nach Zürich und 
war dort und in St. Gallen Theaterkapellmeister ; 
seine pianistische Ausbildung beendete er dann bei 
Liszt m Weimar und begann 1853 als Virtuose zu 
reisen. 1855 wurde er als Nachfolger Th. Kullaks 
Klavierlehrer am Stemschen Konservatorium in 
Berlin. Auch schrieb er Beitrage für die NZfM. 
1857 vermahlte er sich mit Liszts Tochter Cosima 
(* 25. 12. 1837, f 1- 4. 1930). In Berlin leitete er 
zeitweilig die Konzerte der »Gesellschaft der Mu- 
sikfreunde«. Unterdessen war Wagner amnestiert, 
hatte in König Ludwig von Bayern einen hohen 
Gönner gefunden und zog nun B. nach München, 
zunächst als Hofpianisten, 1867 aber als Hofkapell- 
meister und Direktor der zu reorganisierenden 
Königlichen Musikschule. B. dirigierte die Urauf- 
führung des Tristan am 10. 6. 1865 und die der 
Meistersinger am 21. 6. 1868. Nach seiner Ehekata- 
strophe verließ er München, lebte mehrere Jahre 
in Florenz und begann 1872 wieder zu reisen. 1877 
bis 1879 wirkte er als Kapellmeister des Hofthea- 
ters in Hannover. Ein Konflikt mit dem Helden- 
tenor Anton Schott führte zur Lösung des Ver- 
hältnisses. 1880-85 war er Hofmusikintendant des 
Herzogs von Meiningen, machte das Meininger 
Hof Orchester zu einem Musterorchester und unter- 
nahm mit ihm Konzertreisen, auf denen er sich 
besonders für Brahms einsetzte, mit dem er zeit- 
weilig befreundet war. 1882 heiratete er die Hof- 
schauspielerin Marie Schanzer (* 12. 2. 1857, 
f 20. 8. 1941). Seinen Wohnsitz verlegte er 1887 
nach Hamburg, nachdem er 1886 die Leitung der 
von Hermann Wolflf gegründeten »Abonnements- 
konzerte« übernommen hatte; zur gleichen Zeit 
war er Dirigent der Berliner Philharmoniker. B. 
hat durch sein Vorbild den Typ des modernen 
Orchesterdirigenten geschaffen, dem Komponieren 
als Nebensache gilt und der die Virtuosität in den 
Dienst der Werkdeutung stellt. Die spezifischen 
Eigenschaften seines Spiels wie seiner Dirigenten- 
tätigkeit waren eine bis ins kleinste gehende Aus- 
arbeitung, eine völlige Ausdeutung der Werke, 
besonders auch eine erstaunliche Sicherheit im 
Treffen der rechten Tempi. In der Geschichte des 
musikalischen Vortrages gebührt B. eine hervor- 
ragende Stelle, da er es war, welcher eine eingehende 
Analyse der vorzutragenden Werke dem Spieler 
zur Pflicht machte. Stets wollte er durch muster- 
hafte Darstellung klassischer Werke, sein Eintreten 
für junge Komponisten und gelegentlich durch 
Ansprachen an das Publikum als Erzieher wirken. 
Außer virtuosen Klavierstücken und einigen Lie- 
dern komponierte er: Musik zu Shakespeares 
Julius Cesar op. 10, Ballade für Orch. Des Sängers 
Fluch op. 16, symphonische Dichtung Nirwana op. 
20, Vier Charakterstücke für Orch. op. 23. In seinen 
Ausgaben Beethovenscher Klavierwerke, von 
Chopins Sämtlichen Etüden und seiner besonders 
verbreiteten Auswahl von 60 Etüden J. B. Cra- 
mers wies er (vor H. Riemann) auf die Notwendig- 
keit sinnvoller Phrasierung hin. 

Lit. : H. v. B. Briefe u. Schriften, hrsg. v. M. v. Bülow, 

8 Bde, Lpz. 1896-1908, Bd I u. II 21899; Ausgew. 
Schriften, hrsg. v. M. v. Bülow, Lpz. 1897, 2 1911; 
Ausgew. Briefe, hrsg. v. M. v. Bülow, Lpz. 1919, 
21921 als: H. v. B.s Leben; Ausw. aus Bd I— II über- 
setzt v. C. Bache: The Early Correspondance of H. 
v. B., London 1895, NY 1896; Briefwechsel zwischen 
Liszt u. H. v. B., hrsg. v. La Mara, Lpz. 1898, frz. 


Lpz. u. Paris 1899; F. N ie t zs c h e , Briefwechsel mit 
H. v. B. u. a., hrsg. v. E. Förster-Nietzsche u. P. 
Gast, Lpz. 1905 ; H. v. B., Neue Briefe (an Wagner u. 
dessen Kreis), hrsg. v. R. Du Moulin-Eckart, Mün- 
chen 1927 ; R. Wagners Briefe an H. v. B., hrsg. v. D. 
Thode, Jena 1916; F. Lassalle, Briefe an H. v. B., 
Dresden 1885, Minden 3 1893; Briefwechsel H. v. B. 
u. R. Strauss, hrsg. v. W. Schuh u. Fr. Trenner, 
in R. Strauss- Jb. 1954, engl. Übers, v. A. Gishford, 
London 1955. - Th. Pfeiffer, Studien b. H. v. B., 
Bin 6 1908 ; J. Vianna da Motta, Nachtrag zu Stu- 
dien . . ., Bin u. Lpz. 1896; E. Zabel, H. v. B., Hbg 
1894; G. Fischer, H. v. B. in Hannover, Hannover 
1902; A. Steiner, H. v. B. (94. Neujahrsblatt der 
Allgemeinen Musikgesellschaft Zürich, Zürich 1906); 
H. Reimann, H. v. B. I, Aus H. v. B.s Lehrzeit, Bin 
1 908 (mehrnicht erschienen) ; R. Du Moulin-Eckart, 
H. v. B., München-Bln 1921 ; G. Berger, H. v. B. Seine 
Stellung zur Klaviermusik d. 18. Jh., Diss. Bonn 1924, 
maschr.; M. v. Bülow, H. v. B., Stuttgart 1925; L. 
Schemann, H. v. B., Regensburg 1925; F. Munter, 
H. v. B. u. Beethoven, Neues Beethoven-Jb. VH, 
1937; M. v. Millenkovich-Morold, Dreigestirn 
Wagner, Liszt u. B., Lpz. 1940; K. Huschkb, H. v. B. 
als Klavierpädagoge, Horb 1948. 

Bümler, Georg Heinrich, * 10. 10. 1669 zu 
Bemeck, f 26. 8. 1745 zu Ansbach; deutscher Kom- 
ponist, wurde 1717 markgräflicher Kapellmeister 
in Ansbach und schrieb viel Kirchenmusik, von der 
jedoch kaum etwas erhalten ist. Daneben verfer- 
tigte er Fernrohre und Sonnenuhren. Vielleicht 
sind die im Zerbster Inventar mit Bomoliere ge- 
zeichneten 8 Konzerte und 10 Sonaten von ihm 
(das Inventar ist abgedruckt in: B. Engelke, Jo- 
hann Friedrich Fasch, Diss. Lpz. 1908). 

Lit : J. A. Hiller, Lebensbeschreibungen berühmter 
Musikgelehrten u. Tonkünstler neuerer Zeit I, Lpz. 
1784. 

Bürgel, Konstantin, * 24. 6. 1837 zu Liebau 
(Schlesien), + 1. 7. 1909 zu Breslau; deutscher 
Pianist, war Schüler von Kid in Berlin, 1869/70 
Klavierlehrer an der Kullakschen Akademie in 
Berlin und lebte dann dort als Privatmusiklehrer. 
Er schrieb Kammermusik und Orchesterwerke. 

Büttner, Paul, * 10. 12. 1870 und 1 15. 10. 1943 
zu Dresden; deutscher Komponist, war Schüler 
Draesekes am Dresdener Konservatorium, 1896 
bis 1907 daselbst Lehrer, 1924-33 dessen artistischer 
Direktor; auch als Kritiker an der Dresdner Volks- 
zeitung tätig. Er schrieb: 4 Symphonien Fdur, 
G dur. Des dur und H moll; ferner für Orch. : 
Phantasien Der Krieg und Über ein deutsches Volks- 
lied; Vision (Praduaium, Fuge und Epilog); Das 
Wunder der Isis, Satumalia für Bläser und Pauken; 
Streichquartett Gmoll, 3 Violinsonaten, Chor- 
werke und die Opern Menasche und Anka. 

Bufal^td, Federico, * 1. 3. 1866 zu Neapel, 
f 1936 zu Turin; italienischer Pianist, war am 
Konservatorium in Neapd Schüler von Palumbo. 
Nach ausgedehnten Virtuosenreisen wirkte er 1906 
bis 1932 in Turin als Lehrer am Liceo musicale 
sowie als Pianist und Dirigent. Er schrieb einige 
Klavierwerke. 

Buffardin (büfard's), Pierre-Gabriel, * um 
1690 zu Marseille, f 13. 1. 1768 zu Paris; französi- 
scher Flötist, war 1715-49 1. Flötist der Dresd- 
ner Hofkapelle, der Lehrer von Quantz. Ein Flö- 
tenkonzert ist als Manuskript in Schwerin erhalten. 


247 



Buffet-Crampon 


Buffet-Crampon (büf'e), Soci&£ i responsabiHt6 
limitec; französische Blasinstrumentenfabrik in 
Mantes (Seine-ct-Oise). Sitz der Verwaltung ist 
Paris. Die Finna wurde gegründet 1825 als 
Buffet-Auger, hieß ab 1830 Buffet-Auger 
Fils, 1836-85 Buffet-Crampon. 1885 ging sie 
in das Eigentum von Paul Evette und Ernest 
Schaeffer über. Das heutige Haus B.-Cr. wurde 
1929 von Gabriel Franot (t 1938) gegründet; 
die Leitung Hegt bei Paul Le Seigneur (Direc- 
teur g&ieral), Jean Blondelet (Directeur- 
adjoint; und Robert Carrde (Directeur techni- 
que). B.-Cr. stellt jähriich rund 5000 Holzblas- 
instrumente aller Gattungen (auch Saxophone) 
her, deren KlangquaHtät durch namhafte Solisten 
ständig kontrolUert wird. 

Buhl, Joseph David, * 1781 bei Amboise; fran- 
zösischer Trompeter, war 1805-11 Trompcten- 
lehrer an der Kavallerietrompeterschule in Ver- 
sailles. Unter Louis XVIII. wurde er 1814 Dirigent 
der Kapelle der Gardes du Corps. 1816-25 war er 
1. Trompeter an der Großen Oper und am Th&tre 
ItaHen. Er gab heraus: Methode de trompette (Paris 
ohne Jahr). 

Buhle, Edward, * 15. 8. 1875 zu Leipzig, f 25. 
10. 1913 zu Berlin; deutscher Musikforscher, war 
Schüler des Leipziger Konservatoriums, promo- 
vierte 1901 unter Kretzschmar mit einer Arbeit 
über Die Blasinstrumente in den Miniaturen des frühen 
Mittelalters (gedruckt 1903 unter dem Titel: Die 
musikalischen Instrumente in den Miniaturen . . ., 
I. Die Blasinstrumente ). B. war 1901/02 Theater- 
kapellmeister in Sondershausen, gab aus Gesund- 
heitsrücksichten diese Laufbahn auf und lebte dann 
in Berlin. Er gab als Band XXXV/XXXV I der 
DDT Spcrontes’ Singende Muse an der Pleisse neu 
heraus und verfaßte das Verzeichnis der Sammlung 
alter Musikinstrumente im Bachhause zu Eisenach 
(Leipzig 1913, 2. Ausgabe, herausgegeben von Curt 
Sachs, 1918, 3. vermehrte Ausgabe, herausgegeben 
von Friedrich Breidert und Conrad Freyse, 1939, = 
VeröfFendichungen der Neuen Bachgesellschaft 
XXXVm, 2). Von seinen Kompositionen sind 
eine Lustspielouvertüre und einige Lieder ver- 
öffentlicht. 

Bujni, Giuseppe Maria, * um 1695 zu Bologna, 

1 13. 5. 1739 zu Alessandxia; italienischer Dichter 
und Komponist, war Mitglied der Accademia 
filarmonica, 1730 und 1735 deren Principe. Er 
repräsentiert eine vor und neben der neapoHtani- 
scnen auf kommende venezianische komische Oper : 
Uipocondriaco (1717), Ü mago deluso dalla magia 
(1718), Gli ingami fortunaä (1720), Malmö Sor 
(1727, 1731 bärbeitet als Artanaganamenone), Chi 
nonfanonftüla (1730), Fidarsi h bene, ma nonfiämi 
b meglio (1731). Erhalten sind von doi ungefähr 40 
Opern nur 2 Arien und einige Libretti, die er selbst 
verfaßte. 1720 gab B. in Bologna Sonate per camera 
op. 1 heraus; 1721 wurde ein Oratorium San 
Petronio aufgeführt 

Lit: E. J. Dent, G. M. B., in: Report of the Fourth 
Congress of the International Music Soc. London 
1911, London 1912; dass, in SIMG XIII, 1911/12; 

G. Rosst Variets letterarie, Bologna 1912; F. 
Vateelu, Operisti -librettisti dei secoli XVH e XVm, 
RMI XLIH, 1939. 


Bykofker, Manfred, * 27. 3. 1910 zu Olden- 
burg, t 7. 12. 1955 zu Berkeley; amerikanischer 
Munkforscher deutscher Geburt, Schüler des 
Stemschen Konservatoriums und der Hochschule 
für Musik (Hindemith) in Berlin, studierte Musik- 
wissenschaft an den Universitäten Heidelberg, Ber- 
lin und Basel (Handschin). In Basel promovierte 
er 1936 mit einer Arbeit über die Geschichte des 
englischen Diskants und des Fauxbourdons nach den 
theoretischen Quellen (= Sammlung musikwissen- 
schaftiicher Abhandlungen XXI, Straßburg 1936). 
1937 hielt er Vorlesungen an der Volkshochschule 
in Basel, 1938/39 als Gast an den Universitäten 
Basel, Cambridge und Oxford sowie am War- 
burg Institute, kam 1940 an die "Western Reserve 
University in Cleveland und 1941 an die Univer- 
sity of California in Berkeley, an der er 1946 zum 
Ordinarius ernannt wurde. Von seinen gewich- 
tigen Veröfientiichungen seien genannt: The Gy- 
mel, the Earlist Form of English Polyphony (ML XVI, 

1935) , Leben und Werke von Dunkable (AMI VIII, 

1936) , The First Motet with English Words (ML 
XW, 1936), The First English Chanson on the 
Continent (ML XIX, 1938), Job« Dunstable and the 
Music ofHis Time (Proc. Mus. Ass. LXV, 1938/39), 
Allegory in Baroque Music (Journal of the Warburg 
Institute m, 1939), Populär Polyphony in the Middle 
Ages (MQ XXVI, 1940), An Unknown Chansonnier 
of the 15th Century (MQ XXVm, 1942), Specula- 
tive Thinking in Medieval Music (Speculum XVH, 
1942), *Sumer is icumen int. A Revision (in: Univer- 
sity of California PubHcations in Music n, 2, 1944), 
Music of the Laudes (in: E. H. Kantorowicz, Laudes 
Regiae . . ., = University of California PubHca- 
tions in Hist. XXXIII, 1946), TheBeginning ofPoly- 
phonic Choral Music (PAMS IV, 1940, gedruckt 

1946) , Music in the Baroque Era (New York 1947), 
A Newly Discovered 15ih-Century Manuscript of the 
English Chapel Royal (MQ XXXffl, 1947), Two 
Mensuration Canons (MD Ö, 1948), The Music of 
the Old Hall Manuscript (MQ XXXTV, 1948, und 
XXXV, 1949), The Caput Masses and Their Plain- 
song (Basler Kongreßbericht 1949, Kassel und Basel 
1951), Caput Redivivum: A New Source for Dufay's 
Missa Caput (JAMS IV, 1951), Fauxbourdon Revi 
sited (MQ XXXVm, 1952), Conductus and Clausula 
(Utrechter Kongreßbericht 1952, Amsterdam 

1953) , Conductus and Clausula (Ann. mus. 1, 1953), 
John Dunstable: A Quincentenary Report (MQ XL, 

1954) , The Baroque in Music History (Journal of 
AestheticsXIV, 1955), Three Unknown ItalianChan- 
sonsofthe Fifteenth Century (CHM H, 1957); The 
Place of Musicologie (hrsg. v. E. N. Waters, New 
York 1957). B. veröffentlichte Three songs for three- 
part Chorus von Thomas Whythome (New York 

1947) , Guillaume Dufay Two Motets: Ave Regina 
Coelorum (New York 1949) und die Complete 
Works von J. Dunstable (Mus. Brit. vm, 1953) 
sowie Faksimile-Ausgaben von G. Coperarios 
Rules how to compose (Los Angeles 1952) und Adrian 
Petit CocHcos Compendium musices (= Documenta 
Musicologica IX, Kassel und Basel 1954). 

Lit. : E. Hertzmann, M.B., Mf IX, 1956. 

Bulant (bül'ä), Antoine; französischer Kompo- 
nist, um 1784 Musiklehrer in Paris, komponierte 
Streichquartette op. 2, 6 Klarinettenduette op. 4 
und Quatre symphonies ä grand orchestre op. 5. 


248 



Bullerian 


Bnlant (bül'ä), Jean; französischer Komponist, 
1783 in St Petersburg Kammerfagottist am Kaiser- 
lichen Theater, das folgende Opern von ihm auf- 
führte: Der verliebte Zauberer (1772), Die Buckeligen 
(1780), Triumph der Tugend über die Schönheit (1780), 
Die Ehemänner als Bräutigame (1784), Uecole des 
femmes (nach Moü&re), Der tugendhafte Zauberer 
(1787), Der Fischer und der Geist (1787), Milowsor 
und Prelesta (1787), Der Zigeuner (1788), Nach 
deinem Leben bildet sich dein Ruf (1792), Der Geizhals 
(1811). Außerdem schrieb B. zum 25jährigen Re- 
gierungsjubiläum der Kaiserin Katharina II. eine 
Festkantate Das glückliche Rußland (Moskau, 6. 7. 
1787). 

Bull (bul), John, * um 1562, f 12. oder 13. 3. 1628 
zu Antwerpen; englischer Komponist, wurde in 
der Chapel Royal unter Blitheman ausgebildet, 
am 24. 12. 1582 zum Organisten der Kathedrale 
von Hereford ernannt im Januar 1585 Mitglied der 
Chapel Royal und 1591 Nachfolger Blithemans als 
Kapellorganist. 1586 wurde er Baccalaureus der 
Musik an der Universität Oxford, 1592 Doktor zu 
Cambridge; 1596 wurde er zum Professor der 
Musik am neugegründeten Gresham College in 
London ernannt mit ausnahmsweisem Dispens 
vom Vortrag in lateinischer Sprache. 1601 bereiste 
er die Niederlande, Deutschland und Frankreich 
und erregte großes Aufsehen als Orgelspieler. 1607 
heiratete er und mußte daher statutengemäß seine 
Stellung am Gresham College aufgeben. 1613 ging 
er nach Brüssel als Organist des Erzherzogs Albrecht 
und wurde 1617 Kathedralorganist in Antwerpen. 
B. ist ausgeprägter Virginalkomponist. Seine Kir- 
chenmusik und Violenstücke zeigen nur wenig 
Eigentümlichkeit. Die Virginalstücke jedoch sind 
sehr virtuos und fein ausgearbeitet; sie haben den 
Stil Sweelincks beeinflußt. Von den etwa 150 
Stücken stehen 45 in Fitzwilliam Virginal Book, 
23 in Cosyns Virginal Book, 7 sind gedruckt in dem 
von William Hole herausgegebenen Sammelwerk 
Parthenia (London 1611, mehrfach neu aufgelegt). 
Ferner sind gedruckt 3 Lamentationen in Leightons 
The Teares (London 1614), ein Anthem in Bar- 
nards The First Book of Selected Ckurch-Musick 
(London 1641). 

Ausg.: Parthenia, Faks. hrsg. v. O. E. Deutsch, = 
The Harrow Replicas III, Cambridge 1943; Par- 
thenia, in: Le Tresor des Pianistes, hrsg. v. A. Far- 
renc, Bd II, Paris 1863. - Keyboard Music of J. B., 
hrsg. v. M. H. Glyn, London 1930; Old Engl Com- 
posers . . ., hrsg. v. E. Pauer, London; 44 Stücke 
in The Fitzwilliam Virginal Book, hrsg. v. J. A. 
Füller Maitland u. W. Barclay Squire, 2 Bde, 
Lpz. 1894 u. 1899; Twenty five pieces . . . from . . . 
Cosyn’s Virginal Book, hrsg. v. J. A. Füller Mait- 
land und W. Barclay Squire, London 1923; 7 
Stücke, in: Taguapietra Ant. III, Nr 3. - Attend unto 
my teares, 4st, aus The Teares, hrsg. v. M. Seiffert, 
Bull, de la Soc. Union de Musicol. n, 2, 1922; eine 
Fantasia f. 3 Violen u. ein In nomine f. 5 Violen, in: 
Jacobean Consort Music, hrsg. v. Th. Dart u. W. 
Coates, Mus. BriL IX; Praeludium bei: Davison- 
Apel Anth. 1, 178. 

LiL : Ch. van den Borren, Les origines de la musique 
de clavier en Angleterre, Brüssel 1912; M. H. Glyn, 
About Elizabethan Virginal Music (mit Verz. sämt- 
licher Virginalstücke v. B.), London 1924; L. Henry, 
Dr.J.B., London 1937; H. Miller, J.B.s Organ 
Works, ML XXVIII, 1947; W. Mellers, J. B. and 
EngL Keyboard Music, MQ XL, 1954. - Porträt 


anonym, 1589, MGG II, Sp. 462; dass. MQ XL ,1954, 
zu S. 372; H. R. Hoppe, J. B. in the Archduke 
Albert’s Service, in: ML XXXV, 1954; A. E. F. 
Dickinson, J. B.’s Fugal Style, in: MMR LXXXIV, 
1954. 

Bull (bul), Oie Bomemann, *5.2. 1810 zu Bergen 
(Norwegen), f 17. 8. 1880 auf seiner Villa Lyso 
bei Bergen; norwegischer Violinist, trat schon 
mit 9 Jahren in Bergen als Solist auf, sollte Theo- 
logie studieren, ging jedoch 1829 für kurze Zeit 
zu Spohr nach Kassel, 1830 nach Paris, hörte dort 
Paganini und lernte nach dessen Methode. Am 
18. 4. 1832 gab er in Paris sein erstes Konzert. Seit 
dieser Zeit begann sein Wanderleben durch Italien, 
Deutschland, Rußland, Skandinavien, NorcU 
amerika (1844), Frankreich, Algerien und Belgien. 
1850 gründete er in Bergen »Den Nationale 
Scene«. Das Theater erlangte jedoch keine öffent- 
liche Unterstützung. Ein Versuch, in Pennsyl- 
vania eine norwegische Siedlung zu gründen, 
schlug fehl. 1857-58 leitete B. zusammen mit 
Bjomsteme Bjomson das Theater in Bergen. Von 
da an lebte er im Winter in Amerika, im Sommer 
in Bergen. B. war in der Hauptsache Autodidakt; 
seine Virtuosität wurde mit der Paganinis ver- 
glichen. Um sich das mehrgriffige Spiel zu er- 
leichtern, spielte er mit einem flachen Steg, wie ihn 
die norwegische Fiedel aufweist. In seinen Kom- 
positionen lehnte er sich gern an norwegische 
Volksweisen an. 

Lit.: O. B.s Breve, hrsg. v. J. Lee, Kopenhagen 1881. - 
S. C. Bull, O. B., London 1886, deutsche Ausg. unter 
dem Titel: S. G Bull, O. B. der Geigerkönig, (frei . . . 
bearb. v. L. Ottmann), Stuttgart 1886; A. Moser, 
Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; A. Bjorndal, O. B. 
og norsk folkemusik, Bergen 1940; M. B. Smith, The 
Life of O. B., Princeton 1943, norwegisch 1947; Z. 
Hopp, Eventyret om O. B., Bergen 1945; H. Head- 
land, O. B., Rock Islands 1949; O. Lange, O. B., 
Livhistoria, mannen, kunstnaren, Oslo 1953. 

Bullard (b'ula:d), Frederick Field, * 21. 9. 
1864 und f 24. 6. 1904 zu Boston; amerikanischer 
Komponist, war 1888-92 Schüler Rheinbergers in 
München, ab 1892 Musiklehrer in Boston. Er 
schrieb ungefähr 40 Lieder, ferner Duette, Chöre 
und Anthems. 

Bullerian, - 1) Rudolf, * 13. 11. 1856 zu Berlin, 
f 7. 1. 1911 zu Moskau; deutscher Kapellmeister, 
studierte an der Berliner Hochschule bei H. de 
Ahna und später bei J. Joachim Violine, war Or- 
chestermusiker in Berlin und Sondershausen, ab 
1882 unter Bülow in Meiningen, wurde 1886 
Stadtmusikdirektor in Göttingen und ließ sich in 
den 90er Jahren als Dirigent in Moskau nieder. Ab 
1897 dirigierte er die Sommer-Symphoniekonzerte 
in Kiew. 1902-03 war er in Amerika, 1910 ein 
halbes Jahr in Brüssel tätig. Er setzte sich besonders 
für Brahms und Dvoräk ein. - 2) Hans, * 28. 1. 
1885 zu Sondershausen, Sohn von Rudolf B.; 
deutscher Komponist, wuchs in Moskau und Kiew 
auf. 1903-05 studierte er inWarschau bei Michalow- 
ski Klavier, bei Noskowski Theorie und Harmonie, 
1905-08 in St. Petersburg bei A. Jessipowa Kla- 
vier, Ljadow und N. A. Rimdrij-Korsakow Kom- 
position. 1910 ging er auf ein Jahr zu Artur de 
Greef nach Brüssel, 1912 zu S. Menter nach Stock- 
dorf bei München; 1913/14 war er Schüler von 


249 



Bullock 


Gernsheim in Berlin, wo er lebt. Er schrieb: 7 
Symphonien, weitere Orchesterwerke, Kammer" 
musit, Chöre und Lieder. 

Bullock (b'Abk), (Sir) Ernest, * 15. 9. 1890 zu 
Wigan; englischer Organist, wurde 1907 Assistant 
Organist unter Bairstow an der Pfarrkirche in 
Leeds, war 1912-15 Suborganist an der Kathedrale 
von Manchester, 1919 kurze Zeit Organist an 
St. Michaelas College in Tenbury, 1919-27 an der 
Kathedrale von Exeter, 1928-41 als Nachfolger 
Nicholsons Organist und Chormeister der West- 
minster Abbey in London, leitete 1941-52 die 
Royal Scottish Academy of Music und ist seit 1953 
Direktor des Royal College of Music in London. 
B. schrieb Kirchen- und Kammermusik, Chöre, 
Orgelstücke und Lieder. 

Bulthaupt, Heinrich Alfred, * 26. 10. 1849 und 
t 21. 8. 1906 zu Bremen; deutscher Schriftsteller, 
studierte in Göttingen, Leipzig und Berlin Jura, 
ging zunächst als Hauslehrer nach Kiew und ließ 
sich nach einer Orientreise 1875 als Rechtsanwalt 
in Bremen nieder, wo er 1879 zum Stadtbiblio- 
thekar ernannt wurde. 1892 erhielt er den Pro- 
fessortitd. Ab 1869 hat er eine große Zahl Büh- 
nenstücke verfaßt, darunter auch die Opcmtexte 
Das Kätchen von Heilbronn (1880, für Remthaler) ; 
Das Sonntagskind (1885, für A. Dietrich); Christus 
(1888, für Anton Rubinstein); Kain (1899, für 
d* Albert) sowie Texte für Chorwerke. Ferner sind 
seine Abhandlungen zu nennen: Dramaturgie der 
Oper (2 Bände, Leipzig 1887, 21902, 31925), Carl 
JLoeu/e (= Berühmte Musiker IV, Berlin 1898), 
Wagner als Klassiker (Einleitung zu A. Göllerich, 
R. Wagners Bühnenfestspiel »Der Ring des Nibe- 
lungen,« Leipzig 1897). 

Lit: Briefe von und an H. B., hrsg. v. H. Kraeger, 
Oldenburg 1912; E. Ruete in Biographisches Jb. und 
Deutscher Nekrolog XII, 1909, S. 293-300. 

Bumcke, Gustav, * 18. 7. 1876 zu Berlin; deut- 
scher Musikpädagoge, war nach kaufmännischen 
Lehjgahrcn Schüler von Max Bruch, dann von 
Humperdinck, wurde 1902 Lehrer am Stemschen 
Konservatorium, an dem er eine Sonderklasse für 
Kammermusik mit Blasinstrumenten einrichtete, 
und wirkt heute noch als Theorielehrer in Berlin. 
Er schrieb : Symphonie Es mollop. 15, Der Spazier- 
gang für 8 Bläser und Harfe op. 22a, Kammermusik, 
Chorwerke und Lieder; Aufgaben für die Harmonier- 
lehre (Berlin 1913) ; Harmonielehre (2 Bände, Berlin 
1921). 

Bundi, Gian, * 26. 10. 1872 zu Berlin, t 26. 12. 
1936 zu Bern; Schweizer Musikschriftsteller, war 
Musikkritiker in Bern und schrieb u. a. Opera- 
textbücher für Hans Huber und K. H. David 
sowie: H. Huber , die Persönlichkeit nach Briefen und 
Erinnerung (Basel 1925). 

Bungert, August, * 14. 3. 1845 zu Mülheim an 
der Ruhr, f 26. 10. 1915 zu Leutesdorf am Rhein; 
deutscher Komponist, erhielt den ersten Klavier- 
unterricht von F. Kufferath in Mülheim, besuchte 
1860-62 das Kölner Konservatorium und ging zur 
weiteren Ausbildung bis 1868 nach Pans. Dort 
interessierte sich G. Mathias für ihn. 1869 wurde er 
Musikdirektor in Kreuznach, lebte darm in Karls- 
ruhe, 1873-81 in Berlin (wo er bei Kiel Kontra- 


punkt studierte), ab 1882 zumeist in Pegli bei 
Genua, zuletzt wechselnd in Berlin und Leutes- 
dorf. Sein Klavierquartett op. 18 wurde 1878 bei 
der vom Florentiner Quartett ausgeschriebenen 
Konkurrenz preisgekrönt. Außerdem veröffent- 
lichte er Klavierstücke, zahlreiche Lieder (darunter 
viele auf Texte von Carmen Sylva, der Königin 
von Rumänien), Männerquartette, Variationen 
und Fuge für Orch. op. 13, Ouvertüre zu Tasso 
op. 14, symphonische Dichtung Auf der Wartburg 
op. 29 und eine komische Oper Die Studenten von 
Salamanka (Leipzig 1884). Seine musikalisch-dra- 
matische Tetralogie Homerische Welt , mit der er 
den Versuch madite, ein hellenisches Gegenstück 
zum Wagnersdien »Ring« zu schaffen, wurde in 
Dresden, Berlin, Köln und Hamburg aufgeführt 
(Kirke 1898, Nausikaa 1901, Odysseus * Heimkehr 
1896, Odysseus ' Tod 1903), fand aber eine sehr 
reservierte Aufnahme. Seine letzten Werke waren 
eine Musik zu Max Grabes Neueinrichtung von 
Goethes Faust (1903); ein Mysterium Warum? 
woher? wohin? (1908); Sinfonia victrix op. 70 und 
eine 4sätzige Symphonie Genius triumphans, Zeppe- 
lins erste große Fahrt op. 71. 

Lit.: M. Chop, A. B., Bin (1916). 

Blink, Gerard, * 4. 3. 1888 zu Rotterdam; deut- 
scher Pianist und Organist, war Schüler des Rotter- 
damer und des Hamburger Konservatoriums, Kla- 
vierlehrer an den Konservatorien in Bielefeld und 
1910-45 in Dortmund, wo er jetzt als Organist am 
St. Reinoldi (seit 1925) und als Vereinsdirigent 
tätig ist. Er schrieb Klavier- und Orgelstücke, 3 
Streichquartette, Lieder, Chorwerke, Oratorium 
Groß ist Gottes Herrlichkeit , Symphonie Cmoll, 
Orgelkonzert D moll, Symphonische Variationen 
über ein eigenes Thema für Org. und Orch. Fis 
moll, Konzertstück für Kl. und Orch. Cmoll 

Bunnett (b'Anet), Edward, * 26. 6. 1834 zu 
Shipdam (Norfolk), f 5. 1. 1923 zu Norwich; 
englischer Organist, promovierte 1869 in Cam- 
bridge zum Doktor der Musik, war 1871-82 Diri- 
gent des Musikvereins in Norwich und ab 1880 
dort Stadtorganist. Er schrieb einfache weltliche 
und kirchliche Vokalwerke und Orgelstücke. 

Bunning (b'Anig), Herbert, * 2. 5. 1863 zu Lon- 
don, t 26- 11- 1937 zu Tbundersley (Essex); eng- 
lischer Kapellmeister, war zuerst Offizier, studierte 
dann in London, Hannover, Frankreich und Mai- 
land, wurde 1892 Kapellmeister am Lyric Theatre 
in London und 1894-96 am Prince of Wales* 
Theatre. Er schrieb eine Oper Princess Osra (Lon- 
don 1902), Lodovico il Moto für Bar. und Orch., 
The Shepherd*s Call für Hom und Streicher (1893) 
und die Ouvertüren Spring und Mistral (bade 
1897). 

Bunring (b'Antig), Edward, * im Februar 1773 
zu Armagh (Irland), + 21. 12. 1843 zu Dublin; 
irischer Volksliedsammler, war 1806-17 Organist 
in Belfast, ist bekannt als Herausgeber inscher 
Volkslieder (für Klavier bearbeitet) A General Col- 
lection of the Ancient Irish Music (London 1796, 
Band II London 1809, mit einer Untersuchung über 
die ägyptische, britische und irische Harfe) und 
The Ancient Music of Ireland mit einer historischen 
Einleitung (Dublin 1840). 


250 



Burgmöller 


Bu<mam$nte, Giovanni Battista (Cavaliere); 
italienischer Komponist des 17. Jh., stand zuerst 
im Dienste der Gonzagas in Mantua, ging 1622 
mit dem Gefolge der Prinzessin Eleonora (die 
Kaiser Ferdinand II. heiratete) an den Kaiserhof 
nach Wien und ist 1627 in Prag nachweisbar; 1636 
Kapellmeister am Franziskanerkloster Assissi. Er 
gab 7 Bücher Sonaten, Canzonen, Sinfonien und 
Tänze in verschiedenen Besetzungen bei Vincenti 
in Venedig heraus, von denen das 4. (1626), 5. 
(1629), 6. (1636) und 7. (1637) erhalten sind. Mit 
ihnen hat er das virtuose Violmspid und die Aus- 
bildung der Sonatenform beträchtlich gefördert. 
6 Briete B.s besitzt Paul Netd. 

Lit.: H. Ribmann, Hdb. d. Mg. II, 2, Lpz. 1912; A. 
Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; P. Nettl, 
G. B. B., ZfMw IX, 1926/27. 

Buonamid (bfoinam'itfi), Giuseppe, * 12.2. 
1846 und j" 18. 3. 1914 zu Florenz; italienischer 
Pianist, studierte ab 1868 an der Königlichen Mu- 
sikschule in München bei Bülow Klavier und bei 
Rheinberger Komposition. Nach 2% Jahren wurde 
er dort als Lehrer für Klavierspiel angestellt. 1873 
kehrte er nach Florenz zurück als Dirigent des 
Chorvereins Cherubim, gründete das Florentiner 
Trio und wurde Klavierprofessor am Isdtuto Musi- 
cale. In München schrieb er eine Ouvertüre, ein 
Streichquartett, Klavierstücke und einige Gesänge. 
Besondere Beachtung verdienen seine Auswahl von 
50 Etüden Bertinis als Vorbereitung für Bülows 
Ausgabe der Cramerschen Etüden und Spezial- 
etüden zur Vorbereitung auf das Beethovenspiel. 

Buongiomo (buond^omo), Crescenzo, * 1864 
zu Bonito (Aveüino), f 7. 11. 1903 zu Dresden; 
italienischer Opemkomponist, war Schüler des 
Konservatoriums in Neapel, debütierte mit der 
Oper Etelka (Neapel 1887), schrieb dann 12 Ope- 
retten und zuletzt 3 Opern, die ihre Erstauffüh- 
rungen in Deutschland erlebten: Das Erntefest 
(Leipzig 1896), Das Mädchenherz (Kassel 1901), 
Michel Angelo und Rolla (Kassel 1903). 

Buoni, Giorgio, aus Bologna, gab heraus Diver- 
timenti per camera op. 1 (1693) und AUettamenti da 
camera a 2 V.eB.c. op. 3 (Bologna 1693). 

Buononcini, Buonporti, Buontempi -*■ Bo- 
noncini, Bonporti, Bontempi. 

Burbure de Wesembeek (büb'ür), L6on- 
Philippe-Marie, Chevalier de, * 16. 8. 1812 zu 
Termonde (Ostflandern), t 8. 12. 1889 zu Ant- 
werpen; belgischer Musikforscher, studierte Jura, 
daneben Musik, war ein fleißiger Komponist. In 
Antwerpen war er 1846-53 Archivar an Notre- 
Dame. 1862 wurde er Mitglied der Classe des 
Beaux-Arts der Acaddmie Royale de Belgique. 
Abhandlungen: Aperfu sur Vancienne Corporation des 
musiciens instrumentistes d*Anvers (Brüssel 1862); 
Recherches sur lesfacteurs de clavecins et les luthiers 
d 9 Anvers (Brüssel 1869); Notice sur Charles-Louis 
Hanssens (Brüssel 1872); Charles Luython (Brüssel 
1880); Les cevvres des anciens musiciens beiges: itude 
sur un manuscrit du XVI* si&cle (Brüssel 1882). Mit 
Benutzung des von de B. gesammelten Materials 
schrieb L. Theunissens: La musique ä Anyers (Ant- 
werpen 1906, Annales de l’Acad&nie Royale 
d’archäologie de Belgique). 


Lit.: A. Goovaerts, Levensschets van ridder L. de 
B., Antwerpen 1871; ders., Le Chevalier L. de B., 
Antwerpen 1891 ; F. A. Gevaert, Notice sur le 
Chevalier L. de B., Brüssel 1893. 

Burch^rdi, Ulrich, * um 1484 zu Waischenfeld 
(Unterfranken) ; deutscher Humanist, studierte ab 
1500 in Leipzig und wurde 1507 Baccalaureus, 
1511 Magister. 1513-15 las er an der Artisten- 
fakultät und veröffentlichte 1514 einen Hortulus 
Musices Practicae (2. Auflage 1517 oder 1518), der 
in Zweck und Aufbau den Lehrschriften von 
Keinspeck, Praspergius und Wollick ähnelt. B. 
wirkte 1516-27 als Hofkaplan des Fürstbischofs in 
Bamberg, wurde dann der Ketzerei verdächtigt 
und ging wieder an die Universität Leipzig, wo er 
1531 zum Lizentiaten der Theologie promovierte. 
Lit. : K. Schottenloher, Die Buchdruckertätigkeit 
G. Erlingers, = Slg bibliothekswiss. Arbeiten XXI, 
1907; R. Wustmann, Mg. Lpz.s I, Bin u. Lpz. 1909; 
G. Pietzsch, Zur Pflege d. Musik . . ., AfMf III, 
1938; H. Hüschen, U. B., KmJb XXXIV, 1950; H. 
Grimm, Der Bamberger Hofkaplan U. B., AfMw 
XV, 1958. 

Burck, Joachim a Joachim a Burck. 

Burdach, Konrad, * 29. 5. 1859 zu Königsberg, 
1 18. 9. 1936 zu Berlin; deutscher Germanist, war 
als Student Klavier- und Theorieschüler von 
Bemeker, promovierte in Leipzig 1879 mit einer 
Arbeit über Reinmar der Alte und Walther von der 
Vogelweide (gedruckt 1880, 2 1928), die einen Ex- 
kurs über die musikalische Bildung der Minne- 
sänger enthält, und habilitierte sich 1884 in Halle. 
1887 wurde er dort ao. Professor, 1890 o. Pro- 
fessor in Berlin und 1902 Generalsekretär der Preu- 
ßischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. 
Musikalische Fragen berühren noch folgende Ar- 
beiten: Studentensprache und Studentenlied in Halle 
vor 100 Jahren (Halle 1894, mit John Meier); Zur 
Geschichte und Ästhetik der modernen Musik (über 
Bemeker, Deutsche Revue 1907); Schillers Chor- 
dramen (Deutsche Revue 1910); Uber den Ursprung 
des mittelalterlichen Minnesangs (Berlin 1918). 

Lit. : A. Romain, Aus der Werkstatt K. B.s, in: Zs. für 
deutsche Büdung III, 1927, S. 634 ff.; P. Piur, K. B. 
zum Gedächtnis, in: Zs. für deutsche Phüologie LXH, 
1937, S. 106 ff. 

Bürette (bür'et), Pierre-Jean, * 21. 11. 1665 und 
f 19. 5. 1747 zu Paris; französischer Professor der 
Medizin, hat eine Reihe wertvoller Untersuchun- 
gen über die Musik der Griechen geschrieben, die 
sämtlich in den M&moires de VAcadmie des Inscrip- 
tions (Band 1-17) gedruckt sind. Einige von B. 
komponierte Kantaten sind erhalten. 

Burgmein Ricordi. 

Burgmüller, August Joseph Norbert, * 8.2. 
1810 zu Düsseldorf, f 7. 5. 1836 zu Aachen; deut- 
scher Komponist, studierte in Kassel bei Haupt- 
mann und Spohr und lebte dann in Düsseldorf. 
Er war befreundet mit Mendelssohn und Christian 
Dietrich Grabbe. Seine Werke, die den spätro- 
mantischen Geist in der deutschen Musik spiegeln, 
sind: Klavierkonzert Fis moll op. 1, 1. Symphonie 
C moll op. 2, Sechs Gesänge op. 3, Streichquartett 
D moll op. 4, Ouvertüre F moll op. 5, 5 deutsche 
Lieder op. 6, Streichquartett D moll op. 7, Kla- 
viersonate F moll op. 8, Streichquartett Asdur 


251 



Burgstaller 


op. 9, Fünf Gesänge op. 10, II. Symphonie D dur 
op. 11 (nicht vmlenaet), Fünf Lieder op. 12, 
Rhapsodie für Pianoforte H moll op. 13, Streich- 
quartett A moll op. 14, Duo für Klar, und Piano- 
forte Es dur op. 15, Polonaise für Pianoforte F dur 
op. 16, Vier Entr’ Actes für Orch. op. 17. 

Ausg. : Ausgew. Lieder, hrsg. v. W. Kahl, München- 
Gladbach 1928. 

Lit: W. Kahl, N. B. als Typus des Frühvollendeten, 
in: Mk XII, 1929/30; H. Eckert, N. B., Veröff. d. 
mw. Inst. d. Deutschen Univ. in Prag III, Augs- 
burg-Brünn 1932 (mit Werkverz.). 

Burgstaller, Alois, *21. 9. 1871 zu Holzkirchen, 
f 19. 4. 1945 zu Gmund; deutscher Sänger (Tenor), 
Schüler von Kniese, sang ab 1894 in Bayreuth, ab 
1903 auch in Wagnerrollen an der Metropolitan 
Opera. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 
trat B. nur noch gelegentlich auf. 

Burian, Emil FrantiSek, * 11. 4. 1904 zu Pil- 
sen; tschechischer Komponist und Regisseur, ein 
Sohn des Baritonisten an der tschechischen Oper in 
Prag, Emil B. (1876-1926) und Neffe des Teno- 
risten Karel B. Er war Schüler von J. B. Foerster 
am Prager Konservatorium. Besonderes Aufsehen 
erregte er auf dem Kammermusikfest der Inter- 
nationalen Gesellschaft für zeitgenössische Musik 
in Siena 1928 mit seiner Suite für »Voice Band«, 
einer Übertragung des Jazz-Prinzips auf Kammer- 
chor, der, ohne fixierte Tonhöhe, eine Art von 
ausdrucksvoller Artikulation und Sprachpolypho- 
nie mit oder ohne Begleitung treibt. 1933 gründete 
er in Prag ein eigenes Theater, das er seitdem leitet, 
mit Ausnahme der Jahre 1940-45, in denen er in 
einem deutschen Konzentrationslager interniert 
war. 1945-46 leitete er auch das National-Theater 
Brünn. Seine Kompositionen sind oft ironisch, als 
Experimente gedacht und spiegeln vielfältige An- 
regungen . Es sind: 6 Opern, darunter Maryia 
(Brünn 1940); 5 Ballette; Schauspiel-, Film- und 
Hörspielmusiken; 6 Streichquartette; Koktailv , 
Liederzyklus für Gesang und Jazzband (1926); 
American Suite für 2 KL (1926) ; Requiem für Voice- 
Band und Jazzband (1927); Ditski pisne für Ge- 
sang und Kammerorch. (1937); Sonata romantica 
für V. und Kl. (1937) ; Nonett für 4 Streicher und 
5 Bläser (1938); Aid], Kantate für Soli, Chor, 
Harfe, 2 KL und Pauken (1946) ; Symphonie Sirina 
(1947), Teile daraus als Musik zu dem gleich- 
namigen Film nach einem Roman von Marie 
Majerovä. 

Burkard, Heinrich, * 8.9.1888 zu Achem 
(Baden), f 1- 5. 1950 zu Stuttgart; deutscher Ka- 
pellmeister, studierte 1905-09 am Leipziger Kon- 
servatorium, volontierte 1909 unter Pfitzner am 
Stadttheater Straßburg, wurde im gleichen Jahr als 
Fürstlich Fürstenbergischer Musikdirektor und 
Bibliothekar nach Donaueschingen berufen. 1921 
bis 1926 leitete er in Donaueschingen die Kammer- 
musik-Aufführungen zur Förderung zeitgenössi- 
scher Tonkunst, 1927-29 die Neuen Musik-Feste 
Baden-Baden; war musikalischer Programmleiter 
des Badener Rundfunks 1930-45, des Badener 
Senders 1945-47, beim Süddeutschen Rundfunk 
Stuttgart 1948-50. B. legte Neubearbeitungen von 
Dittersdorfs »Doktor und Apotheker« und von 
Marschners »Holzdieb« vor. 


LiL : H. Bennwitz, Donaueschingen u. d. Neue Mu- 
sik 1921-1955, (Donaueschingen 1956). 

Burkhard, Paul, * 21. 12. 1911 zu Zürich; 
Schweizer Komponist, absolvierte das Konserva- 
torium seiner Vaterstadt (Komposition, Klavier, 
Gesang), begann eine Kapellmeister-Tätigkeit beim 
Stadttheater Bern, lebte 1934-38 als freischaffender 
Komponist, wirkte 1938-45 als Kapellmeister und 
Hauskomponist am Schauspielhaus Zürich, war 
1945-57 Leiter des Studio-Orchesters beim Landes- 
sender Beromünster und lebt zur Zeit wieder 
freischaffend. Seine kompositorische Tätigkeit 
zielt auf Erneuerung der musikalischen Komödie. 
Er begann mit den Tanz-Operetten Hopsa (1935, 
Neufassung Wiesbaden 1957), Dreimal Georges 
(1936) und Tic-Tac (1941) und gelangte mit Feuer- 
werk (1948), der Zweitfassung seines Schwarzen 
Hechtes (1939), schnell zu weiter Bekanntheit 
(darin das von der Musikindustrie sofort auf- 
gegriffene und auf 70 verschiedenen Platten pro- 
duzierte Lied O, mein Papa). Mit der Komödie 
Spiegel , das Kätzchen (nach Gottfried Keller, Mün- 
chen 1956) war er weniger erfolgreich. 

Burkhard, Willy, * 17.4. 1900 zu Leubringen 
bei Biel, f 18. 6. 1955 zu Zürich; Schweizer Kom- 
ponist, studierte in Bern (E. Graf), Leipzig (Teich- 
müller, Kars-Elert), München (W. Courvoisier) 
und Paris (d*011one). Nach Jahren privater Unter- 
richtstätigkeit in Bern lehrte er ab 1928 am dor- 
tigen Konservatorium und leitete mehrere Chor- 
und Orchestervereinigungen sowie 1931 (Thun) 
und 1932 (Bern) mit Fr. Indermühle Singtreffen für 
zeitgenössische Musik. Wegen einer Lungenkrank- 
heit verbrachte B. die folgendenTahre zum größten 
Teil in Leysin und (1937-42) Davos, bis er 1942 
seine Unterrichtstätigkeit - nun am Zürcher Kon- 
servatorium - wieder aufnehmen konnte. B.s 
Schaffen beginnt im Zeichen der Jugendbewegung, 
mit der er die Verehrung für ältere Chormusik, J. S. 
Bach und A. Bruckner teilt. Mit dem Oratorium 
Das Gesicht Jesajas op. 41 ist ein freierer Stil er- 
reicht, der sich durch genaue Textausdeutung und 
freie, asymmetrische Rhythmik auszeichnet. In den 
repräsentativen Vokalwerken wechselt polyphone 
Arbeit mit elementaren Klangbildern; in den 
meist konzertanten Instrumentalwerken dagegen 
ist mit der zunehmend verfeinerten instrumenta- 
torischen und harmonischen Kunst auch eine ge- 
steigerte Konzentration des Gehalts zu beobachten. 
Werke: Phantasie für Kl. op. 1 (1922), Biblische 
Kantate für T., Chor und Orch. op. 3 (1923), 
Violinkonzert op. 7 (1925), Streichtrio op. 13 
(1926), je 8 Sprüche aus Angelus Silesius* »Cheru- 
binischem Wandersmann« & 3 gleiche St. bzw. 
für Chor op. 17 (1927), je 5 Rilke-Gesänge für B. 
und Kammerorch. bzw. für S. und 6 Instr. op. 20 
(1927), Symphonie op. 21 (1927), I. Streichquartett 
op. 23 (1929), Orgelvariationen über 2 Choral- 
sätze H. L. Häßlers op. 28 (1930), Orgelphantasie 
op. 32 (1931), Te Deum für 2st. Chor, Trp., Pos., 
Pauken und Org. op. 33 (1931), Chorsuite a cap- 
pdla Neue Kraft op. 34 (1932), Musikalische Übung 
für Chor und Org. op. 39 (1934), Phantasie für 
Streichorch. op. 40 (1934), Oratorium Das Gesicht 
Jesajas op. 41 (1935), Klaviertrio op. 43 (1936, als 
op. 43a für 2 KL bearbeitet, 1939), Das ewige Brau- 
sen für B. und Kammerorch. op. 46 (1936), Der 


252 



Burmeister 


93. Psalm für gern. Chor unisono und Org. op. 49 
(1937), Konzert für Streichorch. op. 50 (1937), 
Sonatine für Org. op. 52 (1938), Toccata für 
Streichorch. op. 55 (1939), Festspiel Laupen 1939 
op. 56a (1939; daraus Laupen-Suite für Orch. op. 
56b, 1940), Hymnus für Orch. op. 57 (1939), So- 
nate für Va solo op. 59 (1939), Concertino für Vc. 
und Streichorch. op. 60 (1940), Oratorium Das 
Jahr (H. Hiltbrunncr) op. 62 (1941), Kantate Der 
Sonntag (J. Gotthelf) für mittlere St. und Klavier- 
trio op. 63 (1941), Cantique de notre Terre (J.-P. 
Zimmermann) für Soli, Chor u. Orch. op. 67 
(1943), II. Streichquartett op. 68 (1943), Violin- 
konzert op. 69 (1943), Symphonie op. 73 (1944), 
Orgelkonzert op. 74 (1945), Hymne fiir Org. und 
Orch. op. 75 (f945), Canzona für 2 Fl. und tiefe 
Streicher op. 76 (1945; bearbeitet mit Klavier- 
begleitung als op. 76a, 1947), Violinsonate op. 78 
(1945), Oper Die schwarze Spinne (nach J. Gott- 
helf) op. 80 (1948 ; 2. Fassung 1954; daraus als 
op. 80a eine Orchestersuite, 1949), Piccola sinfonia 
giocosa für kleines Orch. op. 81 (1949), Fantasia 
Mattutina für Orch. op. 83 (1950), Messe für S., B., 
Chor und kleines Orch. op. 85 (1951), Toccata für 
4 Blaser, Schlagzeug und Streicher op. 86 (1951), 
Cellosonate op. 87 (1951), Lyrische Musik in 
memoriam G. Trakl für FL, Va, Vc. und KL op. 88 
(1951), Choraltriptychon fiir Org. op. 91 (1953), 
Bratschenkonzert op. 93 (1953), Concertino für 
2 FL, Cemb. und Streichorch. op. 94 (1954), Chor- 
kantate a cappella Die Sintflut op. 97 (1955), Suite 
für EL solo op. 98 (1955), Six Prdludes pour piano 
op. 99 (1955) ; viele geistliche und weltliche Kan- 
taten; Lieder; Kammermusik; Klavierstücke. 

Lit. : W. Burkhard in: Musik der Zeit X, hrsg. v. H. 
Lindlar, Bonn (1955). - W. Schuh, Schweizer Musik 
der Gegenwart, = Kritiken u. Essays III, Zürich 
(1948); ders. in: Alte u. neue Musik. 25 Jahre Basler 
Kammerorch., Zürich (1952); ders.. Von neuer 
Musik, = Kritiken u. Essays IV, Zürich-Freiburg i. Br. 
(1955); H. Zurlinden, W. B., Erlenbach-Zürich u. 
Stuttgart 1956; E. Mohr, W. B., (Zürich 1957; mit 
Werkverz. u. Abdruck v. W. B.s »Versuch einer kri- 
tischen Auseinandersetzung mit der Zwölf tontechnik«, 
der zuerst in SMZ XCIV, 1954, erschien). 

Burkhardt, Max, * 28. 9. 1871 zu Löbau in 
Sachsen, f 12. 11. 1934 zu Berlin; deutscher Mu- 
sikschriftsteller und Komponist, promovierte in 
Leipzig 1897 mit einer Arbeit Beiträge zum Stu- 
dium aes deutschen Liedes , wirkte als Kapellmeister- 
volontär am Leipziger Stadttheater und als Musik- 
referent am Leipziger Tageblatt, ging 1899 nach 
Köln als Dirigent des Liederkranz und gründete 
dort eine Chorschule und eine Singakademie. Ab 
1906 lebte er in Berlin als Dozent für Musik an der 
Lessmg-Hochschule, Dirigent des Liederkranz und 
Musikreferent. Er schrieb: Unsere Lieblingsopem 
(1894, mit Vorwort von A. Nikisch), Führer durch 
die Konzertmusik (Berlin 1909), Führer durch Richard 
Wagners Musikdramen (Berlin 1909, 4 1913), Jo- 
hannes Brahms: Ein Führer durch seine Werke (Ber- 
lin 1912), die Opern König Drosselbart (Köln 1904) 
und Das Moselgretchen (Schwerin 1912), Chor- 
werk Die Mittagsgöttin, , Symphonie Aus den Bergen , 
Chöre und Lieder. 

Burleigh (b'oe:le:), Cecil, * 17. 4. 1885 zu 
Wyoming (New York); amerikanischer Violinist, 
war Schüler von Witek, M. Grünberg und Säuret, 


1919-21 noch bei L. Auer, in der Komposition von 
H. Leichtentritt und F. Borowski. 1909-11 wirkte 
er am Denver Institute of Music and Dramatic Art, 
1911-14 am Momingside College, Sioux City, 
1914-19 an der University of Montana und leitete 
1922-55 die Violin- und Kompositionsklassen an 
der University of Wisconsin. B. schrieb Orchester- 
werke, 3 Violinkonzerte, 2 Violinsonaten, Violin- 
und Klavierstücke sowie Lieder. 

Lit.: J. T. Howard, C. B., NY 1929. 

Burleigh (b'ce:le:), Henry Thacker, * 2. 12. 
1866 zu Erie (Pennsylvania), + 12. 9. 1949 zu Stam- 
ford (Connecticut); amerikanischer Komponist 
von Negerherkunft, studierte ab 1892 mit Hilfe 
eines Stipendiums am National Conservatory in 
New York, wo er unter den Einfluß von Dvoräk 
geriet. Bekannt wurde er vor allem durch seine 
Bearbeitungen von Negro Spirituals, auf die er als 
einer der ersten die Aufmerksamkeit weiter Kreise 
hinlenkte. Von diesen Bearbeitungen wurde Deep 
River am beliebtesten. 

Burmann, Gottlob Wilhelm, * 18. 5. 1737 zu 
Lauban (Oberlausitz), f 5. 1. 1805 zu Berlin; deut- 
scher Liederkomponist, lebte als Privatlehrer in 
Berlin und schrieb: Verschiedene neue Lieder (Ber- 
lin 1766), Kleine Lieder Jur kleine Mädchen (Berlin 
und Königsberg 1773), Kleine Lieder Jur kleine 
Jünglinge (Berlin und Königsberg 1777) sowie Kla- 
viersonaten und -bagatellen. 

Burmeister, Jo achim* * um 1566 zu Lüneburg, 
t 5. 5. 1629 zu Rostock; deutscher Musiktheore- 
tiker, ging 1586 zum Studium an die Universität 
Rostode, wurde dort Magister und Collega Classi- 
cus. Er schrieb: Geistliche Psalmen (2 Bände, Ro- 
stock 1601); Hypomnematum musicae poeticae 

synopsis (Rostock 1599); Musica avrocrxeöiacmxij 
(Rostock 1601) ; Musicae practicae sive artis canendi 
ratio (Rostock 1601); Musica Poetica (Rostock 
1606). Letztere stellt die vollständige Ausarbeitung 
seiner Kompositionslehre dar, die zum ersten Male 
die musikalische Rhetorik einbezieht und damit für 
die Figurenlehre des Barockzeitalters Gültigkeit 
besaß. Kapitel XV enthält eine Analyse von Lassos 
5st. In me transierunt (Gesamtausgabe IX, 49). 

Figuren, musikalisch-rhetorische. 

Ausg.: Musica Poetica (Rostock 1606), Faks. hrsg. 
v. M. Ruhnke, Documenta musicologica 1, 10, Kassel 

u. Basel 1955; 8 Sätze aus Geistliche Psalmen in: L. 
Schoeberlein, Schatz d. liturgischen Chor- u. Ge- 
meindegesangs, . . . unter d. musikalischen Redaktion 

v. F. Riegel, Bd I, Göttingen 1868 ; 3 Sätze aus Geist- 
liche Psalmen in: Hdb. d. deutschen ev. Kirchen- 
musik I, 2, hrsg. v. K. Ameln, Chr. Mahrenholz u. 
W. Thomas, Göttingen 1942. 

Lit. : H. Brandes, Studien zur musikalischen Figuren- 
lehre, Diss. Bin 1935; H.-H. Unger, Die Beziehungen 
zw. Musik u. Rhetorik, Diss. Bin 1941 ; M. Ruhnke, 
J. B., Schriften d. Landesinst. f. Musikforschung 
Kiel V, Kassel u. Basel 1955. 

Byrmeister, Richard, * 7. 12. 1860 zu Ham- 
burg, f 19. 2. 1944 zu Berlin; deutscher Pianist, 
war Schüler von Mehrkens und später von Liszt; 
nach längeren Konzertreisen wurde er 1884 Lehrer 
am Konservatorium in Hamburg, 1885 am 
Peabody Conservatory in Baltimore, übernahm 
1898 die Direktion des Scharwenka-Konservato- 
riums in New York, 1903-06 Lehrer für höheres 


253 



Burmester 


Klavierspiel am Dresdner Konservatorium und 
danach Lehrer am Klindworth-Scharwenka-Kon- 
servatorium in Berlin. Er schrieb ein Klavier- 
konzert, eine Romanze für V. und Orch., Die 
Schwestern (Text von Tennyson) für A. und Orch. 
und eine Orchesterphantasie Die Jagd nach dem 
Glücke . 1885-89 war er verheiratet mit der Piani- 
stin Dory Peter sen, * 1. 8. 1860 zu Oldenburg, 
1 4. 11. 1902 zu Hamburg. 

Burmester, Willy, * 16. 3. 1869 und t 16. 1. 
1933 zu Hamburg; deutscher Violinist, war bis 
1882 Schüler seines Vaters, dann bis 1885 Joachims 
an der Königlichen Hochschule in Berlin, trat 
schon als Kind öffentlich auf und unternahm ab 
1886 Konzertreisen. 1890 war er Konzertmeister in 
Sondershausen und lebte dann in Weimar, Hel- 
singfors, Darmstadt, zuletzt in Berlin. Er schrieb 
eine Serenade D dur für Streichquartett und Kb. 
sowie Erinnerungen Fünfzig Jahre Künstlerleben 
(Berlin 1926; dänische Übersetzung von G. B eh- 
rend als Halvtreds a ars kunstnerliv , Kopenhagen 
1929) und gab heraus: Stücke alter Meister für V. 
und KL (Berlin ohne Jahr) und 4 Bände Alte Weisen 
(Mainz 1909-11). 

Lit.: F. Farga, Geigen und Geiger, Zürich 1940. 

Burney (b'oeme) Charles, (eigentlich Mac- 
bumey), * 7. 4. 1726 zu Shrewsbury, *j* 12. 4. 1814 
zu Chelsea (London); englischer Musikforscher, 
Sohn des Porträtmalers James Macbumey, war 
Schüler seines Bruders, der in Shrewsbury als Or- 
ganist wirkte, und studierte 1 74 4-46 bei Th. Arne 
in London. 1749 wurde er Organist an St. Dionis’s 
Backchurch in London. Er schrieb 1750 für das 
Drury Lane Theatre Musik zu den drei Dramen 
Alfred, Robin Hood und Queen Mab , nahm 1751 
eine Organistenstelle in King’s Lynn (Norfolk) an, 
kehrte 1760 nach London zurück und führte einige 
Klavierkonzerte seiner Komposition mit großem 
Erfolg auf sowie 1766 im Drury Lane Theatre eine 
Bearbeitung von J.-J. Rousseaus Devin du village 
unter dem Titel The Cunning Man . 1769 promo- 
vierte er mit einer Komposition des 18. Psalms 
(I will loye Thee , o Lord) in Oxford zum Doktor 
der Musik. Seit seinem Aufenthalt in King’s Lynn 
sammelte er Material für eine Geschichte der Mu- 
sik. Seine Studien veranlaßten ihn 1770 zu einer 
Forschungsreise nach Frankreich und Italien, der 
1772 eine zweite nach den Niederlanden, Deutsch- 
land und Österreich folgte. Das Tagebuch dieser 
Reisen liegt handschriftlich im British Museum; 
die musikalischen Abschnitte ließ B. im Druck er- 
scheinen: The Present State of Music in France and 
Italy (London 1771, 1773; deutsch von C. D. Ebe- 
ling als Carl Burney 9 s der Musik Doctors Tagebuch 
einer musikalischen Reise durch Frankreich und Italien, 
Hamburg 1772) und The Present State of Music in 
Germany, the Netherlands and United Provinces 
(2 Bände, London 1773, 2 1775; deutsch von C. 
D. Ebeling und J. J. Chr. Bode als Carl Burney* s der 
Musik Doctors Tagebuch seiner Musikalischen Reisen 
II und UI, Hamburg 1773; das ganze Werk hol- 
ländisch als Dagboek . . ., übersetzt von J. W. Le 
Met, Groningen 1786; französisch als De Vdtat 
prisent de la musique, übersetzt von Ch. Brak, 
Genua 1809-10). Eine Satire auf B.s Reiseberichte 
schrieb J. L. Bickncü unter dem Pseudonym Joel 
Collier: Musical Travels through England (London 


1774). 1776 erschien der I. Band von B.s Haupt- 
werk A General History of Music gleichzeitig mit 
Hawkins* vollständigem Werk; der II. Band er- 
schien 1782, der HI. und IV. zusammen mit der 
2. Auflage des I. Bandes 1789, alle in London. Aus 
dem ersten Bande erschien die Abhandlung über die 
Musik der Alten in deutscher Übersetzung von 
J. Eschenburg (Leipzig 1781). B. wurde 1785 zum 
Organisten am Chelsea College ernannt und 
wohnte nun bis zu seinem Tode in diesem Institut. 
Außer den angeführten Schriften sind zu nennen: 
Account of an Infant Musician (London 1779); An 
Account of the Musical Performances in Westminster 
Abbey and the Pantheon (London 1785; deutsch von 
J. Eschenburg als Nachricht von Georg Friedrich 
Handels Lebensumständen , Berlin und Stettin 1785) ; 
Memoirs of the Leiters and Writings of the Abbate 
Metastasio (London 1796). Er gab ferner italienisch 
und englisch Tartinis Brief über die Bogenführung 
heraus: Lettera del defonto Signor Giuseppe Tartini 
(London 1771, 2 1779) sowie die Karwochen-Ge- 
sänge der Cappella Sistina in Rom: La musica che si 
canta . . . (London 1771). Von seinen eigenen Kom- 
positionen erschienen Triosonaten, Cembalo- und 
Orgelstücke und 8 Sonaten für Cemb. 4händig. 
In seinen Veröffentlichungen bietet B. ein leben- 
diges Büd von dem europäischen Musikleben sei- 
ner Zeit und belebt zugleich das historische Be- 
wußtsein sowie die neuere Musikgeschichtsschrei- 
bung. 

Ausg.: Dr. Ch. B.s Continental Travels 1770-1772, 
Compiled from his jouraals and other sources by 
C. H. Glover, London 1927; La musique dans les 

cours allemandes , frz. Übers, v. E. Le Roy, Paris 

1881 ; A General Hist of Music, hrsg. v. F. Mercer 
in 2 Bden, London 1935, dass, in 4 Bden, Baden- 
Baden 1958. 

Lit : Kat The Late Dr. B.s Music Library, London 
1814. - F. D’Arblay, Memoirs of Dr. B., 3 Bde, 
London 1832, gekürzt Philadelphia 1833 (d. Ver- 
fasserin war B.s Tochter); dies., The Dianes and 
Letters of Madame D*A., 7 Bde, London 1842-46, 
mehrere Neuauflagen, u. a. v. A. Dobson, 6 Bde, 
London 1904-05; E. Hegar, Die Anfänge d. neueren 
Musikgeschichtsschreibung, Slg mw. Abh.en VII, 
Straßburg (1932); P. A. Scholes, The Great Dr. 
B., 2 Bde, London 1948 (mit Lit-Verz.); A. Corbet, 
Dr. Ch. B.s reis doorken de oostenrijkse Nederlanden, 
in: RBM IH/IV, 1949/50. 

Burrowes (b'Aiouz), John Frecklcton, * 23.4. 
1787 und f 31. 3. 1852 zu London; englischer Or- 
ganist, wirkte etwa 40 Jahre an St. James’s Church 
in London, schrieb Elementarschulbücher für Gb. 
und Klavierspiel: The Thourough-Bass Primer und 
The Pianoforte Primer, die viele Auflagen erlebten 
(noch 1905). 

Bursa, Stanislaw von, * 22. 8. 1865 zu Obertyn 
(Galizien), f 1947 zu Krakau; polnischer Dirigent 
und Komponist, 1892-1900 als Dirigent und 
Schriftsteller in Lemberg tätig, ab 1902 in Krakau 
als Gesangvereinsleiter und Direktor einer Ge- 
sangs- und Opemschule; Organisator des »Pol- 
nischen Musikpädagopsehm Verbandes«; Pro- 
fessor am Oberschlesischen Konservatorium in 
Kattowitz. Werke: Lieder, Chorgesänge, Klavier- 
stücke, einige hundert Bearbeitungen polnischer 
Volks- und Kirchenlieder für Schulgebrauch, eine 
Gesangsschule, einige Stücke für Orch., 3 Messen, 
2 Requiem, 2 kleine Oratorien und eine Oper. 


254 



Busch. 


Burtius, Nicolaus (Nicolo Burci, Burzio), 
* 1450 und f im Februar 1518 zu Parma; italieni- 
scher Musiktheoretiker, ist der Verfasser des 1487 
von Ugone de Rugeriis in Bologna gedruckten 
Musices opusculum, eines der ältesten Werke, 
welche gedruckte Mensuralmusik enthalten (auf 
Holztafeln geschnitten). -* Spataro. 

Burton (b'oe:ten), Frederick Russell, * 23. 2. 
1861 zu Jonesville (Michigan), f 30. 9. 1909 zu 
Lake Hopatkong (New Jersey); amerikanischer 
Musikforscher, studierte in Boston, war Vereins- 
dirigent und Musikkritiker des Sun in New York 
lind erregte Aufmerksamkeit durch seine drama- 
tische Kantate Hiawatha (über indianische The- 
men). Schrieb: American Primitive Music (New 
York 1909), das klassische Werk über die Musik 
der amerikanischen Indianer. 

Bury (bürii:), Bernard (de), * 20. 8. 1720 und 
+ 19. 11. 1785 zu Versailles; französischer Kompo- 
nist, Schüler von Colin de Blamont, veröffent- 
lichte bereits 1736 ein Ier Livre de pilces de clavedn 
(Paris), schrieb 1743 ein 3aktiges Ballett Les 
Caractkres de la Folie im Auftrag und nach einem 
Entwurf des Duc de la Tremouille sowie 1745 die 
Oper Jupiter vainqueur des Titans zur Feier des 
Sieges von Fontenoy und verschaffte sich dadurch 
solche Beliebtheit, daß er fortan für den Hof viele 
Divertissements und Ballette sowie Bearbeitungen 
älterer Werke, z. B. von Opern Lullys, auszufüh- 
ren hatte. 1785 wurde er geadelt. 

Bus, Ludwig, * 23. 8. 1914 zu Miesenheim 
(Rheinland); deutscher Violinist, Schüler von F. 
Buchmann und B. Eldering in Köln; 1932 1. Kon- 
zertmeister des Städtischen Orchesters Koblenz, 
1936 in gleicher Stellung beim Sender Saarbrücken. 
Seit 1946 Sonderkonzertmeister des Südwestfunk- 
Orchesters Baden-Baden; 1948 auch Violinlehrer 
am Saarbrücker Konservatorium, dort 1954 Pro- 
fessor. 

Busby (b'Azbi), Thomas, * im Dezember 1755 
zu Westminster, + 28. 5. 1838 zu Pentonville (Lon- 
don) ; englischer Organist, Komponist und Musik- 
schnftsteJler, Organist an mehreren Londoner 
Kirchen, 1801 zu Cambridge zum Mus. Dr. er- 
nannt. Schrieb A General History of Music (2 Bände, 
1819, auf Bumey und Hawkins sich stützend, doch 
im Urteil nicht unselbständig; deutsch 1821/22 
von Chr. Fr. Michaelis, 2 Bände), A Complete 
Dictionary of Music (London 1786), A Grammar of 
Music (London 1818), A Musical Manual, or 
Technical Directory (London 1828), Concert-Room 
and Orchestra Anecaotes . . . (London 1825, 3 Bände). 
B. schrieb Musik zu einigen Bühnenstücken, auch 
2 Oratorien. Ein »Monthly Musical Journal of 
Original English Music« (1800) kam nur bis zur 
4. Lieferung. Ein wertvolles von B. redigiertes 
Sammelwerk ist The Divine Harmonist (London 
1792). 

Lit.: K. G. F. Spence, The Leamed Dr. B., ML 
XXXVII, 1956. 

Busch, Carl Reinhold, * 29. 3. 1862 zu Bjerre 
(Dänemark), + 19. 12. 1943 zu Kansas City; ameri- 
kanischer Komponist von dänischer Geburt, stu- 
dierte Musik zunächst am Konservatorium in Ko- 
penhagen, für ein Jahr (1886) bei Godard in Paris 


und ließ sich 1887 in Kansas City nieder. Dort 
lebte er als Dirigent (1912-18 Kansas City Sym- 
phony Orchestra) und Musikpädagoge, trat auch 
häufig bei größeren Orchestern als Gastdirigent 
auf. Bekannt wurde seine Sammlung alter Musik- 
instrumente. Werke: symphonischer Prolog The 
Passing of Arthur, symphonische Dichtung Minne - 
haha’s Vision , Elegy für Streicher, Symphonie in C, 
2 Orchestersuiten, zahlreiche Kantaten, Anthems 
und Chöre, ein Streichquartett, Violinmusik und 
Lieder unter Verwendung indianischer Themen. 

Busch, - 1) Fritz, * 13. 3. 1890 zu Siegen 
(Westfalen), f 14.9. 1951 zu London; deutscher 
Dirigent, war Schüler von Steinbach am Kölner 
Konservatorium, wurde 1909 Kapellmeister und 
Chordirektor am Stadttheater in Riga, 1911/12 
Chorleiter des Musikvereins in Gotha, daneben 
(Sommer 1910-12) Fürstlicher Kapellmeister und 
Leiter der Kurkonzerte in Bad Pyrmont; 1912 
wurde er als Nachfolger E. Schwickeraths Städti- 
scher Musikdirektor in Aachen, Juni 1918 Nach- 
folger von M. Schillings als 1. Kapellmeister in 
Stuttgart, 1919 Opemdirektor, 1922-33 als Nach- 
folger von Fr. Reiner in gleicher Eigenschaft in 
Dresden. Dort brachte er Opern von R. Strauss 
(Intermezzo 1924, Die ägyptische Helena 1928), Bu- 
soni (Dr. Faust 1925), Hindcmith (Cardillac 1926), 
Weill (Der Protagonist 1926), Schoeck (Penthesilea 
1927) und Kammski (Jürg Jenatsch 1929) zur Ur- 
aufführung und bewirkte mit seinen Auffüh- 
rungen von Verdis Otello , Falstaff und der sensa- 
tionellen Berliner Aufführung des Maskenball eine 
Verdi-Renaissance. Nachdem er 1933 abgesetzt 
worden war, ging er nach Buenos Aires, wo er 
1933-36 am Teatro Col6n wirkte. 1937-41 lebte er 
in Stockholm und Kopenhagen, anschließend wie- 
der in Amerika. Von 1934 an leitete er im Sommer 
die Opemaufführungen in Glyndeboume. Er 
wurde 1947 argentinischer Staatsbürger. B. war 
einer der bedeutendsten deutschen Opern- und 
Konzertdirigenten, der auch als Pianist einen Na- 
men hatte. Autobiographie: Aus dem Leben eines 
Musikers (Zürich 1949, Nachdruck 1952; englische 
Übersetzung von M. Strachey: Pages from a 
Musician*s Life , London 1953). Von Schubert gab 
er die Einakter Die Weiberverschwörung (Mainz 
1922) und Der treue Soldat (Mainz 1922) heraus. 
-2) Adolf Georg Wilhelm, *8.8. 1891 zu Siegen 
(Westfalen), f 9. 6. 1952 zu Guilford (Vermont, 
USA); Bruder von Fritz B., deutscher Violinist, 
studierte 1902-08 am Kölner Konservatorium bei 
Willy Heß, Bram Eldering und F. Steinbach, da- 
nach in Bonn noch Komposition bei seinem spä- 
teren Schwiegervater H. Griiters. Ab 1907 stand 
er in Verbindung mit Max Reger, der seine Kam- 
mermusik mit Vorliebe mit ihm vortrug; 1912 
wurde er Konzertmeister des Konzertvereins in 
Wien unter Ferdinand Löwe, 1918 als Nachfolger 
Henri Marteaus Lehrer an der Hochschule für 
Musik in Berlin. 1926 übersiedelte er nach Basel, 
1940 nach Amerika. 1919 gründete er ein Streich- 
quartett. Er war als Solist und Kammermusikspie- 
ler für die stilvolle Interpretation besonders der 
Werke von Bach, Beethoven und Brahms welt- 
berühmt. Sein ständiger Partner am Klavier war 
Rudolf Serkin. Als Komponist blieb er zunächst 
von Max Reger abhängig, fand jedoch später zu 


255 



Buschkötter 


rinem unabhängigeren Stil. Er schrieb : eine Sym- 
phonie und andere Orchesterstiicke, ein Violin- 
konzert, ein Klavierkonzert, eine Violinsonate, 
Stücke für V. solo, Kammermusik, Orgelwerke 
und Lieder. Auch gab er J. S. Bachs Sonaten und 
Partiten für V. solo heraus (1919). - 3) Hermann, 
* 24. 6. 1897 zu Siegen; Bruder von Fritz und 
Adolf B., erhielt als Cellist seine Ausbildung am 
Konservatorium in Köln und an der Musikakade- 
mie in Wien, war 1919-23 Solocellist in Bochum, 
1923-27 des Symphonie-Orchesters in Wien, 1927 
bis 1929 Lehrer an der Folkwangschule in Essen, 
1926-52 Mitglied des Busch-SerkinTrios und 1930 
bis 1952 des Busch-Quartetts. H. B. wirkt jetzt als 
Professor für Violoncello und Kammermusik an 
der University of Miami, Coral Gables (Florida). 
Lit.: H. Tessmer, F. B., in: Mk XVI, 1923/24; J. H. 
Freund, Ein Meister: F. B., in: Neue Rundschau 
LXIII, 1952; (W. Schuh), A. B. f, in: SMZ XCU, 
1952. 

Buschkötter,Wilhelm, * 27. 9. 1887 zu Höxter 
(Westfalen); deutscher Kapellmeister, studierte 
erst Median und betätigte sich als Violoncellist, 
nahm daneben bei W. Klatte und A. Kleffel Un- 
terricht und wandte sich dann der Musikwissen- 
schaft zu. Er promovierte in Halle 1912 mit einer 
Arbeit über Jean Frangois Le Sueur (SIMG XIV, 
1912/13). 1912 wurde er Theaterkapellmeister in 
Davos, 1913 in Hamburg, 1920 in Altona, 1923 in 
Abo. 1924-26 wirkte er an der Berliner Funk- 
stunde, war dann bis 1936 1. Kapellmeister und 
Musikdezement am Westdeutschen Rundfunk 
Köln, war 1936-38 Dirigent am Sender in Stutt- 
gart, 1938 in Dortmund. 1945-49 lebte er als Mu- 
siklehrer in Berlin, wurde 1949 Kapellmeister in 
Sondershausen, war 1950-53 wieder am Nord- 
westdeutschen Rundfunk Köln und betätigt sich 
seit 1954 als Gastdirigent. Er schrieb mehrere Büh- 
nenmusiken, eine Ballettmusik sowie Beiträge für 
verschiedene Zeitschriften. 

Buschmann, (Peter) Josef, * 20. 2. 1893 zu Eh- 
renbreitstein; deutscher Kirchenmusiker, studierte 
1913/14 am Kölner Konservatorium Violine, Kla- 
vier, Theorie, speziell Kirchenmusik, legte sein 
Examen in Kirchenmusik 1918 und 1920 ab, nahm 
1919 in Koblenz bei A. Heinemann nochmals Or- 

f el- und Theorieuntemcht, war 1920 Dirigent an 
t. Gereon in Köln, darauf in Oberhausen und 
Bonn, seit Herbst 1923 in Koblenz, dort 1925-44 
Organist und Chorleiter an der Jesuitenkirche, 
desgleichen an der Kapuzinerkirche in Koblenz- 
Ehrenbreitstein, an der er seit 1950 wieder tätig ist. 
Als Chorleiter setzt sich B. für die Messen Cheru- 
binis ein und pflegt besonders die Kirchenmusik 
der Klassiker und ihres Umkreises. Er schrieb Mes- 
sen, Motetten, Lieder sowie Instrumentalmusik. 

Lit: R. Hohenemsbr, Cherubiniana, Zf Mw IX, 
1926/27. 

Buschop (büsk'o:), Jules-Auguste-Guil- 
laume, * 10. 9. 1810 zu Paris, t 10. 2. 1896 zu 
Brügge; belgischer Komponist, war Autodidakt. 
Er schrieb eine Oper La toison (Tor, ein Te Deum, 
Chorwerke, Symphonien und Ouvertüren. 

Busen^llo, Giovanni Francesco (Businello), 
* 24. 9. 1598 zu Venedig, f 27. 10. 1659 zu Lc- 
gnaro (Provinz Padua) ; italienischer Librettist, war 


im Hauptberuf (nach Studien in Padua) Advokat 
in Venedig. In Delle Höre Oziose di G. Fr, B. I (Ve- 
nedig 1656) sind 5 Libretti B.s gesammelt, von de- 
nen Monteverdi Vincoronazione di Poppea, Cavalli 
die 4 übrigen vertonte. 

Bush (bAf), AlanDudley, *22. 12. 1900 zu Lon- 
don; englisdier Komponist, lebte in Radlett (Hert- 
fordshire). In London aufgewachsen, studierte er 
1918-22 an der Royal Academy of Music Kompo- 
sition, Klavier und Orgel. Das KompositionsstUr- 
dium setzte er in den folgenden Jahren bei J. Ireland, 
das Klavierstudium bei B. Moiseiwitsch und A. 
Schnabel fort. An der Berliner Universität oblag er 
1929-31 dem Studium der Musikwissenschaft und 
der Philosophie. Bereits 1925 war er als Komposi- 
tionslehrer an die Royal Academy berufen worden, 
wo er zeitweilig (erstmals in der Geschichte des In- 
stituts) auch musikwissenschaftliche Vorlesungen 
hielt (1941 noch promovierte er an der Londoner 
Universität zum Bachelor of Music). Die Kom- 
positionsprofessur hält er bis heute inne. Industri- 
eilen-Sohn, der früh zur Arbeiterbewegung stieß, 
betreute er 1929-40 die London Labour Choral 
Union und gründete 1936 die Workers’ Music 
Association, deren Präsident er seit 1941 ist. Nach 
dem Kriege vorübergehend Vorsitzender der Com- 
posers* Guüd of Great Britain, fungiert er seit 1953 
auch im Vorstand des Composers* Concourse. B. 
ist Korrespondierendes Mitglied der Deutschen 
Akademie der Künste, Berlin (sowjetischer Sektor). 
Er schrieb: Strict Counterpoint (London 1949), Was 
ist Moderne Musik? (1936) u. a. Seine beiden Opern, 
Wat Tyler und Men of Blackmoor, kamen 1953 und 
1956 in Leipzig und Weimar zur Uraufführung. 
Unter seinen Vokalwerken befinden sich eine 
Lidice-Chorkantate und eine Solokantate Voices 
of the Prophets (1952; Jesajas, MÜton, Blake, Black- 
man). Sein Klavierkonzert (1937) bezieht im 
Schlußsatz Männerchor ein. Das Orchesterporträt 
Defender of Peace wurde 1952 in Wien urauf geführt. 
Noch zu nennen sind: 2 Symphonien (1940 und 
1949), Streichersuiten, ein Violm- und ein Violon- 
cello-Konzert und das frühe Streichquartett Dia- 
lectic (1929). 

Lit. : Tribute to A. B. on his fiftieth birthday, London 
(“1950); H. Ottaway, A. B.’s »Wat Tyler«, Mus. 
Times XCVn, 1956. HL 

Bush (bAf), Geoffrey, *23. 3. 1920 zu London; 
englischer Komponist, war nach Studien am Balliol 
College in Oxford 1946/47 Organist in London 
und hält seitdem Vorlesungen über Musik bei der 
Extra Mural Delegacy der Universität von Oxford. 
Werke: Marionetten-Oper The Spanish Rivals 
(1948), A Summer Serenade für Chor, Streicher, 
Kl. und Schlagzeug (1949), Twelfth Night: an En- 
tertainment für T., Chor und Orch. (1951; nach 
Shakespeare), unbegleitete Chorkompositionen 
(La Belle Dame sans Merci 1941, Portraits 1942), Di- 
vertimento für Streicher (1943), Ouvertüre The 
Rehearsal (1943), Ouvertüre Yorick (1949), ein 
Klavierkonzert, Sinfonietta concertante für Vc. und 
Orch. (1941), Konzert für Ob. und Streicher 
(1948), Rhapsodie für Klar, und Streichquartett 
(1940), eine Trompeten- und eine Violinsonate, 
Klavierstücke und Lieder (3 Songs nach Ben Jon- 
son, 1952). 


256 



Busoni 


Busi, Giuseppe, * 1808 und f 14. 3. 1871 zu Bo- 
logna; italienischer Organist, bildete sich haupt- 
sächlich auf autodidaktischem Wege, indem er 
zahlreiche Werke von Bologneser Komponisten 
aus der Zeit von 1500-1800 kopierte. Von der 
Opernkomposition sah er trotz eines glücklichen 
Versuchs ab, schrieb vielmehr Kirchenmusik und 
lebte als Professor des Kontrapunkts am Liceo 
musicale in Bologna. Sein Nachfolger in dieser 
Stellung wurde sein Sohn Giuseppe B. Ein zwei- 
ter Sohn, Leonida B., war Jurist und schrieb: 
Benedetto Marcello (Bologna 1884) und II padre G. 
B. Martini (Bologna 1891). 

Busnois (bü:nu'a), Antoine (eigentlich A. de 
Busnes),*f 6. 11. 1492 zu Brügge ; franko-flämischer 
Komponist, war um 1467 Sänger im Dienste Karls 
des Kühnen von Burgund, aber nicht Mitglied der 
Kapelle, da nn am Hofe der Herzogin Margarete 
von Burgund und nach der Heirat (1477) Erzherzog 
Maximilians mit Maria von Burgund mehrfach an 
dessen Hof nachweisbar. Seine letzten Lebensjahre 
verbrachte er wahrscheinlich als Rektor der Kan- 
torei an Saint-Sauveur in Brügge. Er schrieb 3 
Messen (Ecce ancilla , VHomme armt und O crux 
lignum) , 2Magnificat, eine Lamentation, ein Regina 
coeli , 6 4st. und eine 3st. Motette und ungefähr 63 
3- und 4st. Chansons (die Zuweisung weiterer 8 
Chansons bleibt unsicher). Nach Pirro ist in seinen 
Werken der Einfluß höfischer Bildung und vor 
allem rhetorische Schulung spürbar. Von seinen 
Chansons dienten das 3st. Fortuna desperata u. a. 
Josquin und Obrecht, das 4st. Je ne demande aultre 
degri Obrecht und A. Agricola als Vorlage für eine 
Messe. 

Ausg.: Motette In hydraulis u. 2 Chansons, in: Sechs 
Trienter Codices I. Ausw., hrsg. v. G. Adler u. O. 
Koller, DTÖ VII, 1 ; 2 Chansons in: Sechs Trienter 
Codices II. Ausw., hrsg. v. G. Adler u. O. Koller, 
DTÖ XI, 1; 10 Chansons in: Trois Chansonniers fr$. 
du XVI® s., hrsg. v. E. Droz, Y. Rokseth u. G. 
Thibault, =* Documents artistiques du XV® s. IV, 
Paris 1927; 4 Chansons in: Der Kopenhagener 
Chansonnier, hrsg. v. K. Jeppesen, Kopenhagen u. 
Lpz. 1927; 2 Chansons in: Das Glogauer Liederbuch 
I, hrsg. v. H. Ringmann, RD IV, Kassel 1936; eine 
Chanson in: A. Smijers, Van Ockeghem tot Swee- 
linck VI, Nr 53, - ebenda Kyrie aus der Messe 
L'homme arm6 u. 3 weitere Kirchenstücke, 1, Nr 4-7, 
Amsterdam 1939; 4 Chansons ln : Harmonice Musices 
Odhecaton A, hrsg. v. H. He witt, The Medieval 
Acad. of America, Publication XLII (= Studies and 
Documents V), Cambridge, Mass., 1946; Missa 
L'homme arm6, hrsg. v. L. Feininger, Monumenta 
Polyphoniae Liturg. Serie I Bd 1, Fase. II, Rom 1948. 
Lit : N. Dupire, J. Molinet, Paris 1932; R. Lenaerts, 
Het Nederlands polifonies lied, Mecheln u. Amster- 
dam 1933, darin eine Chanson; Ch. van den Borren, 
Inventaire des mss. de musique polyphonique qui se 
trouvent en Belgique, AMI V, 1933; ders., Etudes sur 
le XV® s. musical, Antwerpen 1941; W. Ehmann, 
Adam v. Fulda, Neue deutsche Forschungen XCIV, 
= Abt. Mw. Bd II, Bin 1936; C. L. W. Boer, Chan- 
sonvoormen op het einde van de XV de eeuw, Amster- 
dam u. Paris 1938, darin 6 Chansons; ders., Het 
Anthonius Motet van A. B., Amsterdam 1940, mit 
Abdruck der Motette; A. Pirro, Hist, de la musique 
de la fin du XIV® s. k la fin du XVI® Paris 1940, darin 
2 Chansons; G. Perle, The Chansons of A. B., MR 
XI, 1950; C. V. Brooks, A. B. as a Composer of 
Chansons, Ph. D. diss. NY Univ. 1951, maschr., mit 
Ausg. u. Verz. aller Chansons; dies., A. B., Chanson 
Composer, JAMS VI, 1953, mit Verz, d. Chansons u. 


Ausg. v. 3 Sätzen ; G. Reese, Music in the Renaissance, 
NY (1954); E. H. Sparks, The Motets of A.B., 
JAMS VI, 1953. 

Busoni, Ferruccio Benvenuto, * 1. 4. 1866 zu 
Empoli bei Florenz, f 27. 7. 1924 zu Berlin; italie- 
nischer Komponist und Pianist. Sein Vater war der 
Klarinettist Ferdinando B., seine Mutter die Piani- 
stin Anna Weiß-B. B. trat mit 8 Jahren in Triest 
zum ersten Male öffentlich auf und wurde nach 
Übersiedlung der Familie nach Graz Schüler von 
W. Mayer, bereits 1881 nach bestandener Prüfung 
Mitglied der Accademia Filarmonica in Bologna, 
führte sich durch europäische Konzertreisen zu- 
nächst als eminenter Pianist ein und übernahm ab 
1888 Lehrerstellen an den Konservatorien von Hel- 
sinki, Moskau und Boston. 1894 ließ er sich in Ber- 
lin nieder. Als Nachfolger Sauen war er 1907/08 
Vorsteher der Klavier-Meisterklasse am Wiener 
Konservatorium, kehrte dann nach Berlin zurück 
und wurde 1913 als Direktor des Liceo musicale 
nach Bologna berufen. Ab 1915 lebte er in Zürich, 
wo er 1919 zum Dr. h. c. ernannt wurde, kehrte 
dann wieder nach Berlin zurück und wurde 1920 
dort Lehrer einer Meisterklasse für Komposition an 
der Akademie der Künste. B. erinnert als künst- 
lerische Persönlichkeit, in der Rückwandlung vom 
Pianisten zum Komponisten, in der Intemationali- 
tät seiner Stellung und in seiner geschichtlichen An- 
regungskraft an Franz Liszt. Als Komponist ist er 
einerseits einer der feinsten Stilkünstler und Stil- 
parodisten - Parodie in dem Sinne genommen, daß 
ihn als »späten« Menschen die geliebte Kunst eines 
Bach oder Mozart zu Werken bewußter Imitation 
angeregt hat, ohne daß doch diese Werke den 
Charakter des Schöpferischen, Individuellen, Mo- 
dernen verlören. Auf der anderen Seite ist er ein 
Experimentator auf den Gebieten der Harmonik 
und Koloristik, kühner freilich in seinen theore- 
tischen Phantasien über zukünftige neue Musik- 
systeme als in seinen neu gerichteten Werken 
selbst, die nach einem phantastischen Neuroman- 
tizismus einer Art von neuem Klassizismus zustre- 
ben. Zu seinen Schülern zählen: L. Balmer, Han- 
dlet, R. Blum, N. Curtis, R. Ganz, L. T. Grünberg, 
Jamach, Kestenberg, E. Petri, Sirola, Gino Taglia- 
pietra, Ticdati und M. von Zadora. Seit 1949 
wird in Bozen alljährlich ein »Concorso Busoni« 
für Pianisten abgehalten. B. hat in späteren Jahren 
einen großen Teil seiner sehr zahlreichen Jugend- 
werke verworfen und deren Opuszahlen ein zwei- 
tes Mal verwendet. Werke: 2 Ave Maria op. 1 und 
2 (1878/79); Seine de Ballet für KL op. 6 (1884); L 
Streichquartett Cdur op. 19 (1885); Zweite Bal- 
lettszene für Kl. op. 20 (1885); Variationen und 
Fuge in freier Form über Chopins C moll-Prälu- 
dium für KL op. 22 (1885), Umarbeitung in K7a- 
vierübung 5. Teil (1922) ; Gavotta für KL op. 25 (um 
1880); Symphonische Suite für Orch. op. 25 (1888); 
II. Streichquartett D moll op. 26 (1889) ; Finnland 
dische Volksweisen für Kl. 4händig op. 27 (1889) ; I. 
Violinsonate Cdur op. 29 (1891); Kontrapunkt 
tisches Tanzstück und Kleine (3.) Ballettszene für Kl. 
op. 30 (1891), umgearbeitet als 2 Tanzstücke op. 
30a (1919); Album Vocale op. 30b (1884); 2 Lieder 
op. 31 (1884) ; Konzertstück für Kl. und Orch. op. 
31 a (1892) ; Marda für KL op. 32 (1883) ; Sympho- 
nisches Tongedicht op. 32a (1894); 4. Ballettszene 
für KL op. 33 (1894), umgearbeitet als op. 33a 


17 


257 



Busoni 


(1913); 6 Klavierstücke op. 33b (1896); Serenata 
rür Vc. und KL op. 34 (1880); 2. Orchestersuite op. 
34a (1895, umgearbeitet 1904) ; Ave Maria für Bar. 
und Orch. op. 35 (1882); Violinkonzert op. 35a 
(1889); Preludio undFuga für Kl. op. 36 (1882); II. 
Violinsonate E moll op. 36a; Lied der Klage op. 38 
(1879); Lustspielouvertüre op. 38 (1897, umgear- 
beitet 1904); Klavierkonzert mit Altsolo und 
Schlußchor op. 39 (1906); Ballade Sängers Fluch 
op. 39a (1876); Chorwerk Le quattro Stagioni op. 40 
(1882); Orchestersuite Turandot op. 41 (1906); In- 
dianische Fantasie für Kl. und Orch. op. 44 (1914) ; 
Orchestersuite aus der Oper Die Brautwahl op. 45 
(1913) ; Rondo Arlecchinesco für Orch. op. 46 (1916) ; 
Gesang vom Reigen der Geister (Des Indianischen 
Tagebuches zweites Buch) für Orch. op. 47 (1916); 
Concertino für Klar, und Orch. op. 48 (1919); Oper 
Arlecchino op. 50 (1918); 2 Studien zu Doktor Faust 
für Orch. op. 51 (1922) ; Divertimento für Fl. und 
Orch. op. 52 (1922); Romanza und Scherzoso für 
Kl. und Orch. op. 54 (1921), auch zusammen mit 
op. 31a als Concertino ; Zigeutierlied (Goethe) für 
Bar. und Orch. op. 55 II (1924) ; - ohne Opuszahl: 
Klaviersonate F moll (1883) ; Oper Sigune (1888) ; 
7 Elegien für Kl. (1909); An die Jugend , 4 Hefte 
Klavierstücke (1909) ; Fantasia Contrappuntistica für 
KL (1910), für 2 Kl. (1921), für Orgel bearbeitet 
vonW. Middelschulte (1912), kleine Ausgabe der 
Klavierfassung als Choralvorspiel nebst Fuge 
(1910) ; Sonatina und Sonatina Seconda für Kl. 
(1910); Schauspielmusik zu Gozzis Turandot (1911, 
Suite daraus = op. 41); Oper Die Brautwahl nach 
E. Th. A. Hoffmann (1913, Suite daraus = op. 45) ; 
Indianisches Tagebuch . Erstes Buch: 4 Klavierstudien 
(1915), zweites Buch = op. 47; Sonatina ad usum 
infantis für Kl. (1915); Improvisation über Bachs 
Chorallied »Wie wohl ist mir ; o Freund der Seele « für 

2 KL (1917); Sonatina in diem Nativitatis ... für Kl. 
(1918); Oper Turandot nach C. Gozzi (1919); Kla- 
viersonatine Super Carmen (1921); 3 Albumblätter 
für KL (1921; das erste separat 1917, für Fl. und 
Kl. 1917, für Vc. und Kl. bearbeitet von P. Klengel 
1917); Duettino concertante nach dem Finale des 
Klavierkonzerts in F dur K.-V. 459 von Mozart, 
für 2 KL (1921); Sonatina brevis für Kl. (1922) ; Kla- 
vieriibung (5 Teile, 1922) ; 5 kurze Stücke zur Pßege 
des polyphonen Spiels für Kl. (1923). Aus dem Nach- 
laß beendete Ph. Jamach die Oper Doktor Faust 
(1925). Ferner schrieb B. eine Klarinettenschule in 

3 Teilen und Entwurf einer neuen Ästhetik der Ton- 
kunst (Triest 1907, Leipzig 1916) ; Versuch einer or- 
ganischen Klavier-Notenschrift (Leipzig 1910) ; Von 
der Einheit der Musik t Gesammelte Aufsätze, mit 
Werkverzeichnis (Berlin 1923; erweiterte Neu- 
ausgabe von J. Herrmann siehe Lit.) ; Über die Mög- 
lichkeiten der Oper (Leipzig 1926). Bekannt wurden 
auch seine virtuosen Übertragungen von Orgel- 
und Cembalostücken J. S. Bachs für KL sowie Ka- 
denzen zu Beethovens 4. Klavierkonzert und zu 9 
Klavierkonzerten W. A. Mozarts. 

Lit.: H. Pfitzner, Futuristengefahr, München u. 
Lpz. 1917 (Polemik gegen d. »Entwurf einer neuen 
Ästhetik«; B.s Erwiderung in: »Von d. Einheit d. 
Musik«). - F. B., Werkverz., Lpz. (1924); F. B., We- 
sen u. Einheit d. Musik, NA d. Schriften u. Aufzeich- 
B- s > Rev. u. ergänzt v. J. Herrmann, Bin 
1956 (Max Hesses Hdb.er d. Musik LXXVI mit 
Bibliogr. u. Werkverz.); ital. Übers, d. Schriften B.s 
v. L. Dallapiccola, Florenz 1955. - F. B., Briefe an 

258 


seine Frau, hrsg. v. F. Schnapp, Zürich u. Lpz. 1935, 
ital. Übers, v. L. Dallapiccola, Mailand 1955; Fünf- 
undzwanzig B.-Briefe, hrsg. v. G. Selden-Goth, 
Wien-Lpz.-Zürich 1937; F. B. Briefe an H. Huber, 
hrsg. v. E. Refardt, 127. Neujahrsblatt d. Allge- 
meinen Musikges. in Zürich, Zürich u. Lpz. 1939. - 
H. Leichtentritt, F. B., Lpz. 1916; G. Selden- 
Goth, F. B., Wien 1922; H. Jelmoli. F. B.s Zürcher- 
jahre, 117. Neujahrsblatt d. Allgemeinen Musikges., 
Zürich 1929; S. F. Nadel, F. B., Lpz. 1931; A. 
Bonaccorsi, Bibliogr. delle opere musicali e litterarie 
di F. B., Valdeisa 1930, in: Miscellanea storica della 
Valdelsa XXXVIII; E. J. Dent, F. B., London 1933; 
B. van Dieren, Down among the Dead Men, Oxford 
1935; A. Santelli, B., Rom 1939; E. Debusman, F. 
B., Wiesbaden 1949; R. Vlad, Destino di B., in: 
Rass. mus. XXIII, 1953. 

Busser (büs'e:), Henri-Paul, * 16. 1. 1872 zu 
Toulouse; französischer Dirigent und Komponist, 
Schüler der Niedermeyerschen Schule in Paris und 
zuletzt des Conservatoire (Guiraud und Gounod). 
Er erhielt 1893 den Rompreis für seine Kantate 
Antigone . 1892 Organist von St-Qoud, dann Chor- 
leiter an der Op&a Comique, seit 1902 Dirigent 
an der Opdra und Lehrer einer Ensembleklasse am 
Conservatoire, wo er 1921 als Nachfolger P. 
Vidals die Kompositionsklasse übernahm. 1938 
wurde er Mitglied des Institut de France, 1939 Di- 
rektor der Opdra Comique in Paris. Werke: die 
Opern Daphnis et Chlod (Opdra Comique 1897); 
Colomba (Op6ra 1920); Les Noces Corinthiennes 
(Opdra 1922); La Ronde des Saisons , Ballett (Opdra 
1905) ; Szenenmusik zu Sacha Guitrys Histoires de 
France (bei der Eröffnung des Thdätre Pigalle 
1929) ; Comddie musicale in einem AktLapie borgne 
(Op6ra Comique 1929) ; Le Carosse du Saint-Sacre - 
ment (lyrische Komödie); Orchestervariationen 
über ein Volkslied; Petite Suite ; symphonische 
Suite A la villa Medicis op. 4; Suite Junambulesque 
aus Blanc et Noir op. 26; Suite brhve op. 28; sym- 
phonische Dichtung Hercule au jardin des Hespi- 
rides op. 18; Variationen über Motive der Ronde 
des saisons ; Konzert-Ouvertüre Minerve op. 7; Lie- 
der, Chöre, Orgelstücke. Von Werken der frühe- 
ren Zeit sind Messen und Motetten zu nennen. 

Lit : P. Landormy, La musique fr$. aprös Debussy, 
Paris 1943. 

Bussine (büs'i:n), Romain, * 4. 11. 1830 und 
t 20. 10. 1899 zu Paris; französischer Gesangspäd- 
agoge, Schüler von Garcfa am Conservatoire, an 
dem er selber 1872 Gesangsprofessor wurde. Er 
gründete 1871 die Sod£t6 nationale de musique. 

Bußler, Ludwig, * 26. 11. 1838 und t 18. 1. 
1901 zu Berlin; deutscher Musiktheoretiker, Schü- 
ler von Grell, Dehn und Wieprecht, wurde 1865 
Theorielehrer an der Musikschule von Ganz (später 
Schwantzer) in Berlin, war dann eine Zeitlang als 
Dirigent tätig (1869 Theaterkapellmeister in Me- 
mel) und untemchtete 1874 am Mohrschen Kon- 
servatorium, ging aber 1877 zu Schwantzer zurück 
und erteilte daneben ab 1897 den theoretischen 
Unterricht am Steirischen Konservatorium. Ab 
1883 war B. Mitreferent für Musik an der Natio- 
nalzeitung. Die Schriften B.s waren ihrer prak- 
tischen Tendenz wegen beliebt und verbreitet: 
Musikalische Elementarlehre (1877, 161926), Prak- 
tische Harmonielehre in Aufgaben (1875, 101929 von 
H. Leichtentritt), Der strenge Satz (Berlin 1877, 
2 1905), Harmonische Übungen am Klavier (ohne Jahr), 



Butting 


Kontrapunkt und Fuge im freien Tonsatz (Berlin 1878, 
2 1912 von H. Leichten tritt), Musikalische Formen- 
lehre (Berlin 1878, 51931 von H. Leichtentritt), 
Praktische musikalische Kompositionslehre (Berlin; 
I- Lehre vom Tonsatz , 1878; II. Freie Komposition , 
1879; III. Instrumentation und Orchestersatz ), Elettien- 
tarmelodik (1879), Geschichte der Musik (6 Vorträge, 
1882), Partiturenstudium (1882) und ein Lexikon der 
musikalischen Harmonien (1889). 

Bußmeyer, Hans, *29. 3. 1853 zu Braunschweig, 
1 21. 9. 1930 zu Pöcking; deutscher Pianist, Schüler 
der Königlichen Musikschule in München, darauf 
einige Zeit bei Liszt, unternahm 1872-74 Konzert- 
reisen als Pianist nach Südamerika mit längerem 
Aufenthalt in Buenos Aires, wurde nach seiner 
Rückkehr 1874 als Lehrer an der M usiks chule in 
München angestellt (1904-19 deren Direktor), ver- 
mählte sich 1877 mit der Sängerin Mathilde -> 
Weckerlin und dirigierte 1879-84 den Münchener 
Chorverein. Von seinen Kompositionen sind das 
Klavierkonzert op. 10 und Germanenzug op. 2 
(Männerchor und Orch.) hervorzuheben. - Sein 
Bruder Hugo trat als Pianist in Amerika hervor. 

Bussy (büs'i:), N. de, französischer Komponist 
der Mitte des 16. Jh., von dem sich 16 Chansons in 
Sammelwerken von Attaingnant 1567-83 finden. 

Ausg.: Chanson Rose fleurie bei M. Caucmb, 15 
Chansons frangaises du XVI 6 s. . . ., Paris 1926 . 

Bustybo, Guila, * 25. 2. 1919 zu Mantiowoc 
(Wisconsin); amerikanische Violinistin, studierte 
sehr früh am Chicago Musical College, danach bei 
L. Persinger in New York. Später setzte sie ihre 
Studien bei G. Enescu, J. Hubay und Wolf-Ferrari 
fort. Mit 9 Jahren trat sie bereits mit den großen 
amerikanischen Orchestern (New York Philhar- 
monie, Chicago Symphony und Philadelphia Or- 
chestra) als Solistin auf und errang sich auf ihren 
ständigen Konzertreisen Weltruf. 

Bustini, Alessandro, * 24. 12. 1876 zu Rom; 
italienischer Komponist, Schüler des Liceo di S. 
Cedlia in Rom bei Sgambati, Falchi, Renzi, war 
bis 1940 Lehrer für Fuge und höhere Komposition 
an dieser Anstalt, seit 1947 Direktor ad interim und 
1952 zum Präsidenten gewählt. Er schrieb die 
Opern La cittä quadrata, Vincantesimo di Calandrino 
und Maria Dulcis (Rom 1902); Messa funebre; sym- 
phonische Dichtung Le tentazioni (1914) ; 2 Sym- 
phonien, die 2. mit Orgel (1899); Streichquartette; 
Piccola Suite für KL; Notturno e Capriccio für V.; 
Violinsonate D dur, Bratschensonate G moll; Bal- 
laden-Zyklus La principessa dei capelli d 9 oro. Buch: 
La sinfrmia in Italia (Rom 1904). 

Buszin (b'Asin), Walter Edwin, * 4. 12. 1899 zu 
Milwaukee (Wisconsin) ; amerikanischer Kirchen- 
musiker, studierte u. a. am Concordia College in 
Ft. Wayne, am American Conservatory of Music 
in Chicago, an der Columbia und an der Chicago 
University und war 1928/29 Privatschüler von W. 
Midddschulte. Nach Stellungen am Concordia 
Seminary (1925-27), am Bethany Lutheran College 
und bei der Lutheran Choral Society in Mankato 
(1929-35), am Concordia College in Ft. Wayne 
und am Music Department des Concordia Teacher’s 
College in River Forest nimmt B. heute die eines 
Professors für Hymnologie, Liturgik und Kirchert- 


musik am Concordia Seminary und an derWa- 
shington University in St. Louis ein. Er schrieb 
einige geistliche Chorwerke und gab neben Wer- 
ken von Praetorius, J. S. Bach, J. G. Walther und 
Buxtehude heraus: The Introits und The Graduals 
for the Church Year (St. Louis 1942, 1943), Choral 
Music Through the Centuries (1948), Anthology of 
Sacred Music (St. Louis, seit 1945 in Lieferungen), 
Choräle Preludes by Masters of the XVII and XVIII 
Centuries (für Orgel; St. Louis 1948). Veröffent- 
lichungen: Dietrich Buxtehude (MQ XXIII, 1937), 
Luther on Music (MQ XXXII, 1946), weiter Artikel 
in den Valparaiso University Pamphlet Series und 
Church Music Series sowie im Concordia Theolo- 
gical Monthly. 

Births, Julius, * 7. 5. 1851 zu Wiesbaden, f 12. 3. 
1920 zu Düsseldorf; deutscher Dirigent und Kom- 
ponist, in der Theorie Schüler W. Freudenbergs, 
1860-70 am Kölner Konservatorium unter Hiller 
und Gernsheim weiter ausgebildet, 1871 Stipen- 
diat der Meyerbeerstiftung, studierte 1872 bei Kiel 
in Berlin und trat dann die durch das Stipendium 
vorgeschriebene Studienreise an (1873 in Italien, 
1875 in Paris). Er wirkte 1875-79 als Pianist und Ge- 
sangvereinsdirigent in Breslau, .1879-90 als Diri- 
gent der Konzertgesellschaft in Elberfeld. 1890 
wurde er als Städtischer Musikdirektor nach Düs- 
seldorf berufen (bis 1908), 1895 Professor, diri- 
gierte mehrere Niederrheinische Musikfeste und 
war ab 1902 Direktor des neugegründeten Kon- 
servatoriums. Als Komponist stellte er sich mit 
einem Klavierkonzert, einem Klavierquintett und 
einem Streichquartett vor. B. übersetzte Elgars 
Apostel und Traum des Gerontius ins Deutsche. 

Butterworth (b'Atawoe:0), George Sainton 
Kaye, * 12. 7. 1885 zu London, f (gäallen) 5. 8. 
1916 zu Pozifcres; englischer, auf dem nationalen 
Volkslied als melodischer Grundlage aufbauender 
Komponist, schrieb die Orchesterwerke A Shrop- 
shire Lad (1912), Two English Idylls (1911), The 
Banks of Green Willows (1913), eine Suite für Strei- 
cher, 2 Hefte Klavierlieder (1911/12), 11 Volks- 
lieder aus Sussex (1912, gesammelt und arrangiert), 

3 Lieder, Carols, 4 Gesänge für Bar. und Streich- 
quartett (1914), Gesangszyklus A Shropshire Lad 
(1911), dem er ein Thema für die obengenannte 
Orchester-Rhapsodie entnahm, 3st. Frauenchor 
mit KL In the Highlands (1912). 

Butting, Max, * 6. 10. 1888 zu Berlin; deutscher 
Komponist, Schüler des Berliner Organisten A. 
Dreyer, dann von P. Prill, Klose und Courvoisier 
in München, wo er die Universität besuchte. Vor 
1933 machte er sich als Komponist bei den Donau- 
eschinger Kammermusikfesten sowie bei der deut- 
schen Sektion der IGNM bekannt. 1932 wurde B. 
Mitglied der Preußischen, 1950 der Deutschen Aka- 
demie der Künste. Werke: 9 Symphonien, Kam- 
mersymphonie op. 25 für 13 Soloinstrumente 
(1924), Konzertstück (1948), Sonatine für Streich- 
orch. (1949), Symphonische Variationen (1953), 5 
ernste Stücke für Orch. (1955); Flötenkonzert op.- 
72 (1950); Oratorium Das Memorandum für SoH, 
Chor und Orch. (1948), 4 Kantaten Nach dem 
Kriege (1948) ; Oktett La serenatagentile für FL, Ob., 
Klar., Fag. und Streichquartett (1951), 2 Streich- 
quintette, Quintett op. 22 für Ob., Klar., V., Va 


17 * 


259 



Büttstedt 


und Vc., ' Bläserquintett op. 30 (1925), 6 Streich- 
quartette, Klavierquartett op. 14, Klaviertrio op. 
54 (1947), Drei Sätze für Streichtrio op. 86 (1952); 
Klaviermusik, darunter Sonate op. 82 (1951) und 
Diarium (40 Studien, 1956). Veröffentlichung: Afw- 
sikgeschicnte die ich miterlebte (Berlin 1955). 

Büttstedt, Franz Vollrath, * 2. 4. 1735 zu Er- 
furt, f 7. 5. 1814 zu Rothenburg ob der Tauber; 
deutscher Komponist, wurde 1756 Gräflicher Hof- 
oreanist in Weikersheini, 1772 in Rothenburg als 
Hufsorganist angestellt und 1776 Musikdirektor 
und Organist der Hauptkirche zu St. Jakobi. Von 
seinen, ihrer Zeit geschätzten Kompositionen sind 
Kantaten auf alle Festzeiten, eine Passionsmusik 
und auch Instrumentalwerke handschriftlich erhal- 
ten, gedruckt nur 3 Klaviersonaten in Boßlers 
Blumenlese und Oeuvres mildes . 

Ausg.: 2 Sonaten f. d. Clavecin, in: Le Tresor des 
Pianistes, hrsg. v. A. Farrenc, Bd XIV. 

Lit.: H. Kern, F.V. B.: eine Studie zur Musik d. 
Spätbarock, Würzburg 1939. 

Buttstett, Johann Heinrich, * 25. 4. 1666 zu 
Bindersleben bei Erfurt, f 1. 12. 1727 zu Erfurt; 
deutscher Organist, Schüler von Pachdbel, ab 
1691 Organist an der Predigerkirche in Erfurt, 
daneben aber auch einer katholischen Kirche; er 
komponierte Kirchenmusiken, Orgel- und Kla- 
vierwerke (Musikalische Clavierkunst und Vorraths- 
kammer , 1713), verdankt aber seine Berühmtheit 
der Schrift Ut mi sol y re Ja la , tota musica et harmonia 
aetema oder Neu eröfjhetes altes , wahres , eintziges und 
etviges Fundamentum musices (1716), welche sich ge- 
gen Matthesons Neu eröffhetes Orchestre wandte und 
nicht nur die Solmisation, sondern mit ihr eine 
mehrere Jahrhunderte alte Überlieferung aufrecht 
zu halten und die Überzeugung von einer in Gott 
gründenden Musik zu verteidigen suchte; B.s Ver- 
such wurde durch Matthesons Beschütztes Or- 
chestre (1717) gründlich abgetan und blieb ebenso 
ohne Wirkung wie eine noch 1718 abgegebene 
öffentliche Erklärung. 

Ausg.: 8 Orgel-Choräle bei K. Straube, Choralvor- 
spiele alter Meister, Lpz. 1907; 6 Orgel-Choräle in 
Orgelchoräle um Joh. Seb. Bach, hrsg. v. G. Frot- 
scher, RD IX, Braunschweig 1937. 

Lit.: E. Noack, Die Bibi. d. Michaeliskirche zu Er- 
furt, AfMw VH, 1925; E. Ziller, Der Erfurter Or- 
ganist J. H. B., = Beiträge zur Musikforschung III, 
Halle u. Bin 1935; W. Blankenburg, Der Titel u. d. 
Titelbild v. J. H. B.s Schrift »Ut, mi, sol,re, fa,la . . .«, 
Mf III, 1950. 

Buttykay (b'utikal), Äkos von, * 22. 7. 1871 zu 
Habni (Ungarn), f 29. 10. 1935 zu Debreczen; un- 
garischer Komponist und Pianist, studierte bei 
Herzfeld, Thomdn und Stavenhagen, war 1907-23 
Lehrer für Klavier an der Hochschule für Musik in 
Budapest. Bühnenwerke: Spieloper Aschenbrödel, 
Begleitmusik zu Madichs Tragödie des Menschen ; 
Operetten: Der Gaunerkönig , Prinzessin Olivia, Lie - 
besrausch (die erfolgreichste). Der fliegende Grieche , 
Der Page der Kaiserin; Orchesterwerke: Sympho- 
nien Gis moll op. 8 (1900, zwdte Fassung 1907) 
und D moll op. 11 (1902, SalammbS, nach Flau- 
bert), symphonische Dichtung Ünneprontök op. 12 
(Störenfried, 1904), Scherzo op. 9 (1898), Suite im 
ungarischen Stil (1900), Ungarische Rhapsodie 
(1930), Tongemälde Erzählung einer Sommernacht ; 
Phantasie für Kl. und Orch. (1902); Violinkon- 

26Ö 


zert B moll op. 19 (1909); Violinsonaten A moll 
op. 10 (1907) und Fis moll (1930) ; Klavierstücke 
(aarunter Sonata appassionata op. 13) und Lieder. 
Lit.: L. Koch, B.A., in Magyar Zenei Szemle I, 
Budapest 1941. 

Buus, Jacques (Jacobus Bohusius, van Paus, 
Jachet de Guant), * wahrscheinlich zu Gent, f im 
August 1565 zu Wien; franko-flämischer Kompo- 
nist, wurde 1541 zum 2. Organisten der Markus- 
kirche in Venedig gewählt, gab aber diese Stellung 
wegen des zu geringen Gehalts (80 Dukaten) wie- 
der auf und ging nach Wien, wo er 1551-64 Orga- 
nist der Hofkapelle war. Seine Werke: 2 Bücher 
Recercari . . . da cantare et sonore d'organo et altri 
strömend . . . a 4 v. (1547 und 1549); Intabolatura 
diOrgano di Recercari (1549, 4 Stücke, von denen das 
erste auch das 2. Recercar-Buch eröffnet) ; je ein 
Buch 6st. und 5st. Canzoni francesi (1543 und 1550, 
beide in Stimmen) ; weitere Stücke in Sammelwer- 
ken; ein Buch 4st. Motetd (1549), daneben auch 
weitere Motetten und Madrigale in Sammelwer- 
ken der Zeit. 

Ausg. : 2 Ricercan, hrsg. v. M. S. Kästner, (Hilversum 
1957); je ein Ricercar, in: Riemann Beisp. 40 (dass, 
schon bei J. W. v. Wasielewski, Gesch. d. Instru- 
mentalmusik im 16. Jh., Bin 1878) und O. Kinkeldey, 
Orgel u. Kl. in d. Musik d. 16. Jh., Lpz. 1910. 

Lit.: H. Kraus, Jakob B., ungedruckte Diss. Wien 
1919; siehe auch TVer XII, 1926; G. Sutherland, 
The Ricercan of J. B., MQ XXXI, 1945. 

Buxtehude, Dietrich, * 1637 vermutlich zu Ol- 
desloe (Holstein), f 9. 5. 1707 zu Lübeck; deutscher 
Komponist und Organist. Er kürzte seinen Namen 
mitD. B. H. ab (= Dietrich Buxtehude). Sein Va- 
terjohann B. (* 1602 zu Oldesloe, f 22. 1. 1674 zu 
Lübeck), der ihn ausbÜdete, war 32 Jahre Organist 
in Helangör, aber erst seit 1641 oder 1642. Nur 
kurz, frühestens seit Ende 1638, war er als Organist 
an der Marienkirche in Helsingborg tätig, vorher 
als Schulmeister der Lateinschule und ehrenamt- 
licher Organist in Oldesloe. Dietrich B. bekleidete 
zunächst kleine Organistenposten in Helsingborg 
(1657) und Helsingör (1660), erlangte aber schon 
1668 die bedeutende Stelle des Organisten an der 
Marienkirche in Lübeck (er heiratete die Tochter 
seines Vorgängers Franz Tunder). Die schon seit 
1646 hier verbürgten Abendmusiken, für die B. 
jährlich neue Werke schrieb, richtete er neu ein: 
er verlegte sie von den Wochentagen auf die Zeit 
nach dem Nachmittagsgottesdienst der beiden letz- 
ten Trinitatissonntage und des zweiten bis vierten 
Adventssonntags und erreichte 1673 eine obliga- 
torische Teilnahme der Ratsmusiker an diesen Kir- 
chenkonzerten. 1705 begab sich J. S. Bach zu Fuß 
von Amstadt nach Lübeck, um B. zu hören und 
von ihm zu lernen. In der Tat ist B.s phantasie- 
reiche, harmonisch kühne Kunst auf Bach wirk- 
sam geworden; der ausgesprochen norddeutsche 
Orgelmeister B. unterscheidet sich allerdings sehr 
stark von dem Vokalkomponisten B.: als solcher 
ist er von italienischen (römischen) Vorbildern be- 
einflußt. In dem lübeckischen Meister B. hat die 
Musikforschung seit Ph. Spitta eine Hochgestalt 
des norddeutschen Barock erkannt, zunächst in der 
Rolle eines Vorläufers J. S. Bachs, dann aus wach- 
sender Einsicht in die Fülle und Tiefe seiner künst- 
lerischen Eigenart den Künder nordischen Seelen- 
tunis. Aus B.s eigenwilliger, phantasic- und ge- 



Byrd 


staltenreicher Kunst scheint etwas nachzu wirken 
von dem Geist der Hanse, ihrer Kraft und Größe. 
Die Abendmusiken von 1673-87 sollen gedruckt 
worden sein, doch wurden bis jetzt nur wenige 
Stücke aufgefunden, die zu ihnen gehören könn- 
ten. Bei Lebzeiten gedruckte Kammermusikwerke 
sind je 7 Triosonaten für V., Gambe und B.c. op. 1 
und op. 2 (beide Hamburg 1696). Der überwie- 
gende Teil der von B. auf uns geko mm enen Werke 
ist handschriftlich überliefert. Von größeren, dem 
Oratorium nahestehenden Werken sind zu erwäh- 
nen: Rythmica oratio (1680, G. Düben gewidmet; 
die Bernhard von Clairvaux zugeschriebene latei- 
nische Dichtung besteht aus sieben Betrachtungen 
über die gekreuzigten Gliedmaßen Christi, denen 
die Gliederung des zyklischen Werkes von B. in 
sieben Kantaten entspricht. Das AUerschröcklichste 

und Allererfreulichste (wahrscheinlich identisch 

mit dem von W. Maxton aufgefundenen und als 
Das Jüngste Gericht herausgegebenen Werk) sowie 
Die Hochzeit des Lammes . . . und Castrum doloris . . , 
von denen die Textbücher erhalten blieben. An- 
dere Werke sind nur dem Titel nach bekannt. Als 
Einzelstücke sind anzusehen eine 5 st. Missa brevis , 
die 24st. Motette Benedicam in omni tempore und ein 
5st. Magnificat mit Instrumenten. B.s Vokalwerk 
ist uns zum allergrößten Teil aus der Sammlung 
des mit B. befreundeten Gustav Düben bekannt. 
F. Blume (MGG) beziffert die Zahl dieser Werke 
(Kantaten, Vokalwerke, Arien, alle mit Instrumen- 
ten) auf 124, die Hochzeitsarien hier einbegriffen 
(die Zahl der darüber hinaus verlorenen Vokal- 
werke muß noch beträchtlich sein). Die Texte die- 
ser Kompositionen sind verschiedenen Ursprungs: 
deutsche oder lateinische Bibeltexte und eigen- 
ständige Dichtungen, Kirchenliedtexte, deutsche 
oder italienische Texte der Hochzeitsarien. Gegen- 
über dem Vokalwerk treten die Orgelkompositio- 
nen zahlenmäßig zurück. Neben den im Vorder- 
grund stehenden Choralbearbeitungen finden sich 
hier Praeludien und Fugen, Canzonen, Ciaconnen 
und Toccaten. Für Klavier sind Suiten- und Varia- 
tionswerkc erhalten. 

Ausg.: GA hrsg. v. d. Glaubensgemeinde Ugrino: 
Bd I (17 Kantaten) und II (10 Kantaten u. Trauer- 
musik auf den Tod des Johannes Buxtehude) hrsg. v. 
W. Gurlitt, Klecken 1925/26; Bd III (13 Kantaten) 
hrsg. v. K. F. Rieber, Hbg 1930; Bd IV (Missa brevis, 
Motette Benedicam Dominum, Nachweise zu Bd 
I-IV und Subskribentenliste) hrsg. v. G. Harms, be- 
sorgt durch H. Trede, Hbg 1931 ; Bd V (11 Kantaten 
u. eine Aria) hrsg. v. G. Harms u. H. Trede, Hbg 
1931 ; Bd VI (9 Kantaten) hrsg. v. G. Harms u. H. 
Trede, Hbg 1935; Bd VII (11 Kantaten u. eine Aria) 
hrsg. v. H. Trede, Hbg 1937; seither keine weiteren 
Bde erschienen. - Abendmusiken u. Kirchenkantaten 
hrsg. v. M. Seiffert, DDT XIV. - Sonate D-dur 
(f. V., Gambe, u. B.c.), in: Coli. Mus., hrsg. v. H. 
Riemann, Nr 53; Sonaten f. V., Gambe u. Cemb. 
hrsg. v. C. Stiehl, DDT XI. - Orgelkompositionen 
hrsg. v. Ph. Spitta. 2 Bde, Lpz. 1876/77; neu bearb. 
u. hrsg. v. M. Seiffert, Lpz. 1903/04, dazu Bd III 
hrsg. v. M. Seiffert, Lpz. 1939; diese 3 Bde in 4 Bden 
neu hrsg. mit einer Einleitung v. W. Kraft, Wies- 
baden 1952. - Ausgew. Orgelwerke hrsg. v. H. Keller, 
2 Bde, Lpz. 1938/39. - Orgelkompositionen hrsg. v. 
J. Hedar, Stockholm 1950. - Klavervaerker hrsg. v. 
E. Bangert, Kopenhagen u. Lpz. 1942; auch in 
Anthologien. - Five Latinske Kantater hrsg. von S. 
Sorensen, Samfundet til udgivelse af dansk musik 
3. Serie, Nr 138, 1957; 2 Orgelstücke, in: Liber Or- 


gani, Bd VI, hrsg. v. E. Kaller, Mainz; - Darüber 
hinaus finden sich einzelne Werke in Sammelausg. 
Lit.: H. J immerthal, D. B., Lübeck 1877; C. Stiehl, 
Die Organisten an d. Marienkirche u. d. Abendmu- 
siken in Lübeck, Lpz. 1886; ders., Die Familie 
Düben u. die B.’schen Manuskripte auf d. Bibi, zu 
Uppsala, MfM XXI, 1889; A. Hagedorn, Briefe v. 
D. B., in: Mitt. d. Ver. f. LÜbeckische Gesch. u. 
Altertumskunde III, 1887/88; R. Oppel, D. B., in: 
MGkK XII, 1907; ders., D. B.*s musikalischer Nach- 
ruf beim Tode seines Vaters, Bach-Jb. VI, 1909; A. 
Pirro, D. B., Paris 1 91 3 ; J. Fernström, Dietrich Orge- 
mester, En bok om B., Lund 1937; W. Stahl, Franz 
Tunder u. D. B., AfMw VIII, 1926, auch separat 
1926; ders., D. B., Kassel 1937, 21952; ders., D. B.’s 
Geburtsort, Mf IV, 1951 ; W. Maxton, Mitt. über 
eine vollständige Abendmusik D. B.’s, ZfMw X, 
1927/28; ders.. Ist D. B.’s Abendmusik nur ein 
»Kirchenkonzert«?, MuK XII, 1940; L. Pbdersen, 
Buxtehudeme of Helsingör, DMT VIH, 1933; B. 
Grusnick, D. B., MuK VII, 1935, auch separat; ders.. 
Zwei neue Kantaten v. D. B., DMK 1, 1937 ; ders.. Zur 
Chronologie v. D. B.s Vokalwerken, Mf X. 1957; 
H. Edelhoff, Die Abendmusiken in Lübeck, MuK 
VIII, 1936; ders., D. B. u. seine musikalische Umwelt 
im nordischen Raum, MuK IX, 1937; W. Buszin, 

D. B. on the tercentenary of his birth, MQ XXIII, 
1937; K. Jeppesen, D. B., DMT XII, 1937; W. Mon- 
tillet, L’ceuvre d’orgue de D. B., RM XVIII, 1937; 

E. Bjuring, Ny orgelmusik av D. B., in: Tidskrift för 
kyrkomusik, 1939; J. Hedar, Kring nyfunna B. 
kompositioner, STMf XXII, 1940; ders., D. B.’s 
Orgelwerke, Stockholm 1950 u. Ffm. (1951); Fr. 
Blume, Das Kantatenwerk D. B.’s (I). JhP XL VII, 
1940. ders., Artikel B., MGG; W. Gurlitt, Neues 
v. D. B., MuK XIV, 1942; J. Hennings, Neues über 
Fr. Tunder u. D. B., DMK VL 1942; N. Friis, D. B., 
Kopenhagen 1945; C.-A. Moberg, D. B., Hftlsing- 
borg 1946; C. Riess, Frescobaldi-B., DMT XXI, 
1946; H. Lorenz, Die Klaviermusik D. B.s, Diss. 
Kiel 1952, Teüdruck in AfMw XI, 1954; H.-D. 
Kilian, Das Vokalwerk D. B.s, Diss. Bin (Freie 
Universität) 1956 (Druck in der »Schriftenreihe des 
Landesinstituts f. Musikforschung Kiel« in Vorberei- 
tung); G. Hausswald, Zur Kantatenkunst D. B.s, 
MuK XXII, 1957; H.J. Moser; D.B., Bin 1957; S. 
Sorensen, D. B.’s vokale Kirkemusik, Kopenhagen 
1958. 

Buzzolla, Antonio, * 2. 3. 1815 zu Adria, f 20. 
3. 1871 zu Venedig ; italienischer Komponist, Schü- 
ler von Donizem in Neapel, machte sich durch 
einige in Venedig mit Erfolg aufgeführte Opern 
bekannt: Ferramondo (1836), Mastino (1841), Gli 
avventurieri (1842), Amleto (1848) und Elisabetta di 
Valois (1850; — Don Carlos) ; er wurde 1855 Nach- 
folger Perottis als 1. Kapellmeister der Markus*- 
kirche in Venedig. Außer den genannten Opern 
(eine sechste, La Puta onorata , hinterließ er unbeen- 
det) schrieb B. mehrere Messen (ein Requiem), 
Kantaten und kleinere Gesangswerke. 

Lit : A. Casellati, A. B., in : Musica d’oggi XII, 1930. 

Byrd (b'ce:d), William (Bird, Byrde, Byred), 
* 1543 oder 1544 wahrscheinlich in Lincolnshire, 
1 4. 7. 1623 zu Stondon Massey (Essex) ; englischer 
Komponist, wurde 1563 als Nachfolger von R. 
Parsons Organist in Lincoln, 1570 Gentleman der 
Chapel Royal und ging 1572 nach London, wo er 
zusammen mit Tailis das Organistenamt in der 
Chapel Royal versah. B. und Tailis erhielten 1575 
von Elizabeth I. ein Patent auf 21 Jahre, das sie allein 
zum Druck und Verkauf von Noten berechtigte; 
als erstes Werk gaben sie 1575 eine Sammlung la- 


261 



Byrd 


teinischer Motetten unter dem Titel Cantiones 
Quae ab Argumento Sacrae Vocantur heraus, zu der B. 
18 Sätze beisteuerte. Nach Tallis* Tode 1585 trat B. 
in den Alleinbesitz des Patents. Er lebte 1577-93 in 
Harlington bei London, von da an in Stondon 
Massey. Da er sich zur katholischen Kirche be- 
kannte, konnte er im damaligen England keine re- 
präsentative Stellung einnehmen. Daß er von der 
Verfolgung verschont blieb, verdankte er wohl 
dem großen Ansehen, das seine Werke bei Hofe 
erlangt hatten. B.s vielseitiges Schaffen bezeichnet 
den Höhepunkt der englischen Musik um 1600. 
Seine Stärke liegt in der reichen Harmonik seiner 
kirchlichen Chorwerke und Madrigale, der Vir- 
tuosität und feinen Verzierungskunst der Stücke 
für ein Tasteninstrument und der kunstvollen 
Durchformung der Werke für Violen-Consort. 
Die »Plaine and easie Introduction« seines Schülers 
Morley ist B. gewidmet. Außer den genannten 
Werken ließ er drucken (alles in London; : Psalmes , 
Sonets & songs , 5st. (1588) ; Liber Primus Sacrarum 
Cantionum , 5st. (1589) ; Liber Secundus . . ., 5-6st. 
(1591); Songs of sundrie natures 9 3-6st. (1589); Gra- 
dualia , 3-5st. (1605), 2. Buch 4-6st. (1607; Neu- 
druck beider Bücher 1610) ; Psalmes , Songs & Son - 
nets 9 3-6st. (1611); eine 3st., eine 4st. und eine 5st. 
Messe (ohne Ort und Jahr) ; 8 Virginalstücke in W. 
Holds Parthenia (um 1611); 2 4st. und 2 5st. An- 
thems in Sir W. Leightons The Teares (1614) ; 7 
Anthems in J. Bamards The first Book of selected 
Church Mustek (1651). Handschriftlich erhalten 
sind: 3 Lamentationen, 29 Motetten, anglikanische 
Kirchenmusik, 5 5st. Madrigale, 33 Lieder zu 1 bis 3 
St. mit Instrumenten, 31 Kanons, 4 3st. Rounds, 14 
Fandes, 8 In nomine , 9 Choralsätze sowie eine 
Pavan and Galliard für Violen, 7 Choralsätze und 
einige Tänze in Lautentabulatur, Virginalstücke; 
deren wichtigste Quellen sind: My Ladye Nevells 
Booke 9 eine Sammlung von 42 Stücken B.s; 72 
Stücke, davon 4 Intavalierungen, im Fitzwilliam 
Virginal Book ; 32 Stücke in Will Förster' s Book. 
Ausg.: GA The Collected Vocal Works of W. B., 
17 Bde, Bd XVIII-XX mit d. Virgmalmusik unter d. 
Titel The Collected Works of W. B., hrsg. v. E. H. 
Fellowes, London 1937-50; Parthenia, gedruckt v. 
W. Hold, London o.J. (um 1611), Faks. v. O. E. 
Deutsch, « The Harrow Replicas III, Cambridge 
1943; Parthenia, in: Le Trtsor des Pianistes, hrsg. v. 
A. Farrenc, Bd II, Paris 1863. - In: Tudor Church 
Music, hrsg. v. P. C. Buck, E. H. Fellowes, A. 
Ramsbotham, R. R. Terry, S. Townsend Warner, 
London, Bd II, W. B., Engl. Church Music, 1922; 
Bd VII, W. B., Gradualia I u. II (1605 u. 1607), 1927; 
Bd IX, die Messen, die 18 Sätze aus d. Cantiones 
Sacrae von 1575 u. Motetten, 1928; in: The Engl. 
Madrigal School, hrsg. v. E. H. Fellowes, London; 
Bd XIV, W. B., Psalmes, Sonets and Songs (1588), 
1920; Bd XV, W. B., Songs of sundrie nature (1589), 
1920; Bd XVI, W. B., Psalmes, Songs & Sonnets 
(1611), 1920; My Ladye Nevells Booke, hrsg. v. 


H. Andrews, London u. Philadelphia 1926; W. B. t 
Forty-five Pieces for Keyboard Instr., hrsg. v. St. D. 
Tuttle, Paris 1940; The Fitzwilliam Virginal Book, 
hrsg. v. J. A. Füller Maitland u. W. Barclay 
Squire, 2 Bde, London & Lpz. 1894 u. 1899; The 
Carmans Whistle, Callino Casturame, Victoria, in: 
Le Tresor des Pianistes, hrsg. v. A. Farrenc, Bd II, 
Paris 1863; 2 Stücke bei: Davison-Apel Anth. I, 
150/51. 

Lit : E. H. Fellowes, W. B. A Short Account, Ox- 
ford 1923, 21928; ders., W. B., London 1936, 2J948 
(mit Abbildungen u. Werkverz.); H. Coluns, B.’s 
Latin Church Music, ML IV, 1923; W. H. Hadow, 
W. B., Oxford 1923 ; ders., W. B., in : Collected Essays, 
Oxford 1928; F. Howes, W. B., London 1928, auch 
London 1933; J. A. Westrup, W. B., ML XXIV, 
1943; E. H. Meyer, Engl. Chamber Music, London 
1946; Th. Dart, A Background to B.’s Chamber 
Music, The Listener, 9. Februar 1950; W. Palmer, 
Word-Painting and Suggestion in B., MR XIII, 1952; 
ders., B.’s AUeluias, ML XXXIII, 1952; ders., B. 
and Amen, ML XXXIV, 1953; D. Brown, W. B.’s 
1588 Volume, ML XXXVIII, 1957. - Ch. van den 
Borrbn, Some Notes on»My Ladye Nevells Booke«, 
Musical Times LXVII, 1926; E. H. Fellowes, My 
Ladye Nevells Booke, ML XXX, 1949. 

Byrns (boe:nz), Harold, *13.9. 1903 zu Hanno- 
ver; amerikanischer Dirigent, studierte Komposi- 
tion und Dirigieren am Stemschen Konservato- 
rium Berlin, war Korrepetitor unter Kleiber und 
Blech an der Staatsoper Berlin, bis 1933 Kapell- 
meister in Lübeck und Oldenburg, emigrierte 1933 
nach Italien, 1936 in die USA (naturalisiert) und 
gastierte in New York, Philadelphia, Boston. 1949 
gründete er das Los Angeles (Byms)-Kammer- 
orchester, dessen Schallplattenaufnahmen (Bart6k, 
Berg, Honegger, Strawinsky, Suk usw.) interna- 
tional bekannt wurden. Seit 1953 unternimmt B. 
auch Gastspielreisen durch Europa. Er veranstal- 
tete sinfonische Transkriptionen zahlreicher Kla- 
vierwerke von Purcell bis Prokofjew und bearbei- 
tete Mahlers Symphonien für Kl. zu 2 Händen. 

Byström, Oscar Fredrik Bemadotte, * 13. 10. 
1821 und f 22. 7. 1909 zu Stockholm; war 1867 
bis 1872 Inspektor des Konservatoriums in Stock- 
holm (1872 Professor). 1872-76 leitete er in Abo 
(Finnland) die Musikvereinskonzerte. Nach dieser 
Zeit lebte er wieder in Stockholm dem Studium 
alter Kirchenmusik, leitete ab 1882 eine eigene 
Musikschule, unternahm 1886 eine Studienreise 
nach England, Frankreich und Italien und veran- 
staltete in vielen Kirchen Schwedens Aufführun- 
gen alter Musik. Seine Publikationen sind: Luthers 
Kirchenlieder (Leipzig 1897), Ur Medeltidens Kyr - 
kosäng i Sverige (1900, erweitert 1903). Als Kom- 
ponist trat B. nur mit wenigen Instrumentalwer- 
ken (darunter einer Symphonie D moll, 1870-72) 
hervor. 

Lit: S. E. Svensson, O. B. sommusiker, STMf XVIH, 
1936. 


262 



c 


Caba, Eduardo, * 13. 10. 1890 zu Potosf; boli- 
vianischer Komponist, studierte 1926 in Buenos 
Aires (Boero), ab 1927 in Madrid (Turina, Pörcz 
Casas). 1942 wurde er Direktor des Conservatorio 
Nadonal von La Paz. Werke: die Ballette Aires 
Indios und Kallana , symphonische Dichtung Potosi, 
El poema del Charango für Kl. und Orch., Kammer- 
musik, 12 aires indios für Kl., 11 canciones de cdmara 
für Singstimme und KL, Stücke für Gitarre 
(Pastoril). 

Caballero, Manuel Ferndndez -* Fernändez 
Caballero. 

Cabanilles (kaban'iAes), Juan Bautista Josd, ge- 
tauft 6. 9. 1644 zu Algemesi bei Valencia, f 20. 4. 
1712 zu Valencia; spanischer Orgelkomponist, 
vermutlich Schüler des Organisten Jerönimo de la 
Torre an der Kathedrale von Valencia, wurde 1665 
dessen Nachfolger und 1668 Priester; angeblich 
hat er eine Kunstreise an den Hof Ludwigs XIV. 
unternommen. Im Manuskript hinterließ er eine 
große Anzahl Tientos teils strengeren, teils freieren 
Stils, im Charakter des Ricercars von Frescobaldi. 

Ausg.: Musici organici Iohannis C. (1644-1712) 
Opera omnia, hrsg. v. H. Angl£s; bisher 4 Bde, 
Barcelona 1927, 1933, 1936 u. 1956 (= Bibi, de 
Catalufia. Publicaciones del Departamento de Müsica 
IV, VIII, XIII u. XVII); Stücke in: Antologla de 
Organistas Cläsicos Espaftoles I, hrsg. v. F. Pedrell, 
Madrid 1908 ; 3 Tientos u. eine Passacaglia in: F. 
Pedrell, Catälech de la Bibi. Mus. de la Diputaciö de 
Barcelona II, Barcelona 1909. 

Lit. : H. Angl&s, Orgelmusik d. Schola Hispanica v. 
XV. bis XVII. Jh., in: Fs. f. Peter Wagner, Lpz. 1926. 

Cabezön (kabeG'on), Antonio de (Cabecon), 
* wahrscheinlich 3. 5. 1510 zu Castrojeriz (Burgos), 
1*26.3. 1566 zu Madrid; blind geborener spanischer 
Cembalist, Organist und Komponist, zunächst im 
Dienste des Bischofs von Palenda, dann Karls V., 
ab 1543 Müsico de cdmara y capilla König Phi- 
lipps n. Von besonderer geschichtlicher Bedeutung 
ist C.s Aufenthalt in London im Gefolge Philipps 
II. 1554-56; vermutlich hat sein Spiel den Anstoß 
zur Blüte der Virginal-Musik gegeben. C.s Instru- 
mentalsatze wurden von seinem Sohn und Nach- 
folger Hernando (f 1. 10. 1602) gesammelt und 
in spanische Orgeltabulatur gebracht: Obras de 
musica para tecla etrpa y vihuela (d. h. Orgel- bzw. 
Klavier-, Harfen- und Lautenwerke; Madrid, 
Sdnchez 1578). Den Inhalt bilden in progressiver 
Ordnung 2-3st. Übungen, Hymnenbearbeitungen, 
45t. Tientos (Ricercan) und Übertragungen von 
Motetten Josquins und anderer Niederländer bis zu 
6 St. von A. de C., nebst einigen seines Bruders 
Juan und seines Sohnes Fernando. Bei Lebzeiten 
wurden nur die Stücke (über 40) in Luys Venegas 
de Henestrosa’s Libro de Cifra nueva para tecla , arpa 
y vihuela (Alcald 1557) gedruckt. 2 in Tabulatur ge- 


schriebene Bände mit Werken von Antonio und 
Hernando de C., die letzterer für den Druck vor- 
bereitet hatte, sind verschollen. 

Ausg. : L. Venegas de Henestrosa’s Cifra nueva . . ., 
hrsg. v. H. Angl&s, MMEsp II, Barcelona 1944; 
Obras de müsica . . ., NA wird vorbereitet v. H. 
ANGLfes; Ed. d. ganzen Werkes durch F. Pedrell 
schon in Hispaniae schola musica sacra III u. IV, 
Barcelona 1895, VII u. VIII, Barcelona 1897 u. 1898. 
Ebenfalls v. F. Pedrell hrsg. die Antologla de or- 
ganistas cläsicos espaftoles, 2 Bde, Madrid (1908; die 
Ausgaben v. F. Pedrell enthalten auch d. bekannten 
Kompositionen v. Juan u. Fernando de C.); Clavier- 
musik, hrsg. v. M. S. Kästner, Mainz (1951). - Ein- 
zelne Stücke in Sammelausg. v. A. G. Ritter (1884, 
21935), H. Riemann (Notenschrift u. Notendruck, 
Lpz. 1896), H. Halbig (1928), O. Gauss (1928 ff.), 
K. Straube (1929), A Schering (1931), G. Taglla- 
pietra (1932), W. Apel (1934), J. Bonnet (1940), 
Davison-Apel (1947, 21950), E. Kaller. 

Lit. : O. Kinkeldey, Org. u. Kl. in d. Musik d. 16. Jh., 
Lpz. 1910; H. Angl&s, Orgelmusik d. Schola His- 
panica v. XV. bis XVII. Jh., in: Fs. Peter Wagner, 
Lpz. 1926; ders., La Müsica en la Corte de Carlos V, 
Barcelona 1944; W. Apel, Early Music for Lute and 
Keyboard Instruments, MQ XX, 1934; S. Kästner, 
A. de C., Barcelona 1952; ders., Rapports entre 
Schlick et C., in: La musique instrumentale de la 
Renaissance, hrsg. v. J. Jacquot, Paris 1955; Th. 
Dart, Cavazzoni and C., ML XXXVI, 1955; K. 
Jeppesen, Cavazzoni-C., JAMS VIII, 1955. 

Cabo, Francisco Javier, * 1768 zu Näjera bei 
Valencia, f 21. 11. 1832 zu Valencia; spanischer 
Organist und Komponist, 1810 Kapellsanger, 
1816 Organist und 1830 Kapellmeister der Kathe- 
drale von Valencia, einer der bedeutendsten neueren 
spanischen Kirchcnkomponisten, der die Traditio- 
nen der alten a-cappella-Schule des 16.-17. Jh. in 
Valencia aufrechterhielt (Ginds P£rez,J. B. Comes). 
Pedrell rühmt besonders ein Miserere , Credidi und 
Beatus vir . 

Lit.: ein Verz. der Werke Cs gab AlcahaiJ im 
Dicrionario biogr. de müsicos valencianos, Valencia 
1903. 

Cacchil (kattj'ini), Franc es ca (auch bekannt als 
La Cecchina), * 1581 (18. 9. 1588?) zu Florenz, 
t um 1640; italienische Sängerin und Komponi- 
stin, Tochter von Giulio C., um 1605 vermählt mit 
dem Komponisten Giov. Batt. Signorini. Sie 
schrieb die Ballettoper La Liberazione di Ruggiero 
(1625), die Ballette II Ballo delle Zigane (1614)und 
Rinaldo innamorato (nicht gedruckt) und Musiche a 
1 e 2 voci (Florenz 1618). Ihre Schwester Set timia 
war ebenfalls als Sängerin bekannt und geschätzt 
(-> Monteverdi). 

Lit. : A Bonaventura, II ritratto della »Cecchina«, in : 
La Cultura musicale I, 1922; M. G. Masera, Alcune 
lettere inedite di F. G, Rass. mus. XIII, 1940; ders., 
Una musicista fiorentina del seicento: F. C, Rass. 
mus. XIV u. XV, 1941 u. 1942; D. Silbbrt, F. C., 
called La Cecchina, MQ XXXII, 1946. 


263 



Caccini 


Cacdni (kattf'ini), Giulio, * um 1550 zu Rom 
(daher auch Giulio Romano genannt), + 10. 12. 
1618 zu Florenz; italienischer Komponist und Sän- 
ger, kam um 1564 nach Florenz, wo er am Hofe 
Anstellung als Sänger erhielt. 1579 und 1589 be- 
teiligte er sich als Komponist, Sänger und Harfen- 
spieler an Intermedien zu Medicci sehen Hochzeits- 
festen. Auch seine beiden Frauen und seine 2 Töch- 
ter waren Sängerinnen. C. nahm an der Horenti- 
ner Camerata von Anfang an teil; das beweist ein 
in G. B. Donis De 9 trattati musicali ... IT (Florenz 
1763) abgedruckter Discorso mandato da Giovanni 
de Bardi a G. C., der um 1580 geschrieben ist. So- 
lange die Camerata sich beim Grafen Bardi ver- 
sammelte, stand C. als praktischer Musiker im Vor- 
dergrund; erst als sie in das Haus des J. Corsi um- 
zog, wurde J. Peri die Hauptperson, wie auch ihre 
Arbeit sich ganz der dramatischen Musik zuwandte. 
Zu Peris Euridice steuerte C. einige Gesänge bei; er 
selbst schrieb ebenfalls eine Euridice (Horenz 1600, 
aufgeführt 1602); seine Dopte ist nicht erhalten. 
1600 beteiligte er sich an dem Intermezzo H rapi - 
mento di Cefalo; seine Stücke daraus sind gedruckt 
in seinem Hauptwerk Le nuove musiche (Horenz 
1601, Venedig 21602: so auf dem Titelblatt, der 
Drackvermerk am Ende sagt 1607; Venedig 
31608; Venedig 4 1615, nur die Madrigale). In die- 
sem Werk wird der neue Stil an Madrigalen und 
Arien erprobt; C.s Schreibweise ist musikalisch 
reicher als die Peris und räumt auch der Verzie- 
rungskunst im Stile redtativo Platz ein (man ver- 
gleiche das Vorwort). Vom Herbst 1604 bis Früh- 
jahr 1605 war C. mit seiner Familie nach Paris be- 
urlaubt auf Wunsch der Königin Maria de’ Media. 
Die Erlaubnis, nach England weiterzureisen, wurde 
vom Großherzog verweigert, der fürchtete, C. 
würde sich dort mederlassen. 1613 erschien in Ve- 


nedig die 2. Auflage des Fuggilotio tnusicale , der 16 
Solostücke und 13 Duette enthält; die erste Auf- 
lage ist unbekannt. Die Nuove musiche (Horenz 
1614) bringen weitere 29 Solomadrigale und 
-arien; in der Vorrede nimmt C. die Priorität der 
Komposition im reritativischen Stil für sich in An- 
spruch. 

Ausg. : Le nuove musiche (1 601), Faks. v. F. Mantica, 
Rom 1930; dass., Faks. hrsg. v. F. Vatbelli, Rom 
1934; dass., NA hrsg. v. C. Perinello, I Classid 
della Musica Italiana IV (=* Raccolta Nazionale 
delle Musiche Ital. 9-12), Mailand (1919); 5 Sätze 
aus Le nuove musiche (1601) in: La Hora I, hrsg. v. 
K. Jeppesen, Kopenhagen 1949; 4 Sätze aus Nuove 
musiche (1614) in La Hora III, hrsg. v. K. Jeppesen, 
Kopenhagen 1949; L’Euridice, hrsg. v. R. Eitner 
(nicht vollständig) PGfM X, 1881; ein von Peter 
Philips intavoliertes Stück in The Fitzwilliam Virginal 
Book. 


Lit: H. Goldschmidt, Die ital. Gesangsmethode, 
Breslau 1890, 21892 (darin Vorw. zu Le nuove mu- 
siche 1601 mit deutscher Übers.); A. Calvi, La 
casa di G. C., RMI III, 1896; M. Kuhn, Die Ver- 
zierungs-Kunst . . ., BIMG I, 7; A. Solerti, Le ori- 
gini del melodramma, Turin 1903; ders., Un viaggio 
in Franda di G. C., RMI X, 1903; ders., Gli albori 
del melodramma, Mailand 1905; ders., Musica, 
ballo e drammatica alla corte Medicea, Horenz 1905; 
A. Ehrichs, G. G, Diss. Lpz. 1908; O. G. Sonneck, 
»Dafne«, SIMG XV, 1913/14; R. Marchal, G. G, 
RM VI, 1925; F. Boyer, G. G ä la cour d'Henri IV., 
RM VII, 1926; F. Gmsi, Del Fuggilotio mus. di 
G. Romano, Rom 1934, Neubearb. in: ders.. Alle 
Fonti della monodia, Rom 1940; ders., Feste mus. 


della Firenze Medicea, Florenz 1939; M. G. Masera, 
La famiglia C. alla corte di Maria di Medid, Rass. 
mus. XIII, 1940; O. Strunk, Source Readings in 
Mus. Hist., London 1952 (darin engl. Übers, d. Vorw. 
zu Euridice u. Le nuove musiche 1601). 

Cad4ac (kade'ak), Pierre, französischer Kompo- 
nist des 16. Th., 1556 Knabenkapellmeister in Auch 
(Frankreich). Von seinen Kompositionen sind 
Chansons seit 1538 in P. Attaingnants und J. Mo- 
dernes Sammlungen nachweisbar* auch Motetten 
in Sammelwerken von 1542 (1539?)-57 und 4st. 
Messen in Pariser Drucken von 1556-58 und hand- 
schriftlich. 

Ausg.: 2 4st. Chansons bd R. Eitner, PGfM 23; je 
eine 4sL Chanson bei Expert Maftres u. Schering 
Beisp. 116; Missa Levavi oculos meos bei E. E. Stein, 
Twelve Franco-Hemish masses of the early 16th Cent. 

C.nAmnn (k'sedmaen), Charles Wakefield, * 24. 
12. 1881 zu Johnstown (Pennsylvania), f 30. 12. 
1946 zu Los Angeles; amerikanischer Organist, 
Komponist und Musikkritikerin Pittsburgh, dann 
Organist in Denver, später als freier Komponist in 
Los Angeles. Er gehört zu den amerikanischen 
NationaJkoniponisten, die sich vielfach der india- 
nischen Folklore als thematischen Materials be- 
dienen. Werke: Kammermusik, Chorgesänge und 
Liederzyklen, Orchesterwerke (Symphonie E moll, 
1940), Orgel- und Klavierstücke; Opern The Land 
of the Misty Water (1909-12, unauf geführt) ; Shane - 
wis (New York 1918) ; The Garden of Mistery (New 
York 1925) ; A Witch of Salem (Chicago 1926) ; The 
Sunset Trail (1927); The Willow Tree (1932); Ope- 
rette The Ghost ofLollypop Boy (1927). 

Lit: N. Ch. Fielder, Cat Complete Musical Works 
of Ch. W. G, Los Angeles 1951. 

Cady (k'aedi), Calvin Brainerd, * 21. 6. 1851 zu 
Barry (Illinois), f 29. 5. 1928 zu Portland (Oregon) ; 
amerikanischer Musikpädagoge, 1874 Lehrer am 
Konservatorium von OberHn, 1880 Universitäts- 
musiklehrer in Michigan, 1888 Lehrer am Kon- 
servatorium von Chicago, lebte ab 1894 in Boston 
als Direktor einer musikalischen Erziehungsanstalt 
und hielt dort musikpädagogische Vorlesungen an 
der Columbia University. C. gab ein dreibändi- 
ges Werk Musical Education (1902-07) heraus sowie 
ein Kompendium Student 9 s Reference Work . 

Caecilia, die heilige, eine edle Römerin, die 
(230?) für den christlichen Glauben den Märtyrer- 
tod erlitt. Eine spätere Zeit hat die Geschichte ihres 
Todes mit Legenden ausgeschmückt und sie sogar 
zur Erfinderin der Orgel gemacht. Sie wird seit 
dem 15. Jh. als Schutzheilige der Musik, insonder- 
heit der Kirchenmusik, verehrt; ihr Gedächtnis- 
tag ist der 22. November, zu dessen Feier viele 
Komponisten besondere Festmusiken (Caedlien- 
oden) geschrieben haben (Purcell, Clark, Händel). 
-* Caecilianismus. 

Lit: W. Gurlitt, Die Musik in Raffaels Heiliger 
Caecilia, JbP 1938. 

Caesar, Johann Melchior (Kayser), * um 
1645 zu Zabem, f 18. 10. 1692 zu Augsburg; deut- 
scher Komponist, wurde 1663 an der Universität 
Würzburg immatrikuliert, wo er vielleicht Unter- 
richt von Ph. Fr. Büchner erhielt, 1677 zum Chor- 
und Capeilm eister am Breslauer Dom ernannt und 
bekleidete gleiche Stellungen ab 1679 in Würzburg 


264 



sowie spätestens ab 1686 in Augsburg. Die Klang- 
pracht seiner Kirchenwerke (z. B. 4 Singstimmen 
und 2 V. konzertierend, dazu 4st. Chor, 3 Violen 
und B.c.) wie auch die Hinneigung zu volkstüm- 
lichen Musizierformen kennzeichnen ihn als echten 
Vertreter des österreichisch-süddeutschen Hoch- 
barock. Im Druck erschienen: Trisagiott musicum 
op. 1, 22 Offertorien (Würzburg 1683); 8 Missae 
breves op. 2 (Augsburg 1687) ; 26 Psalmi vesper- 
tini op. 4 (Augsburg 1690); 40 Hymni op. 5 
(Augsburg 1692); Lustiger Balletten erster Theil 
(Würzburg 1684); Wendunmuth , 12 l-5st. deut- 
sche Lieder (Augsburg 1688). 

Lit.: M. Vogeleis u. A.Adam, J. M. C., Caedlia 
XVII, 1900; M. Vogeleis, Quellen u. Bausteine . . ., 
Straßburg 1911; H. E. Guckel, Kath. Kirchenmusik 
in Schlesien, Lpz. 1912; H. J. Moser, Corydon, 2 Bde, 
Braunschweig (1933), in Bd II ein 3st. Lied aus d. 
Wendunmuth. 

Cgfaro, Pasquale (Cafiaro), * 8. 2. 1706 (um 
1715?) zu San Pietro in Galatina bei Lecce (Neapel), 
1 23. 10. 1787 zu Neapel; italienischer Komponist, 
ab 1735 Schüler von Leonardo Leo am Conserva- 
torio della Pietä in NeapeL Er schrieb zahlreiche 
Kirchenmusikwerke, Oratorien, Kantaten, Solfeg- 

S 'en, Generalbaßübungen, auch Opern: Ipermestra 
751), La disfatta di Dario (1756), L'incendio di Troia 
(1757), Arianna e Teseo (1766), VOlimpiade (1769), 
Antigono (1770, alle Opern im angegebenen Jahr 
zu Neapel aufgeführt), Creso (Turin 1768) ; hervor- 
zuheben ist sein 1785 gedrucktes Stabat Mater (2st. 
Kanon mit Org.). -»■ Caffarelli. 

Caffarelli, eigentlich Gaetano Majorano, ge- 
nannt C., * 16. 4. 1703 zu Bari, f 30. 11. 1783 als 
Duca di S. Dorato auf Schloß S. Dorato bei 
Neapel; italienischer Sänger (Kastrat), wurde von 
Cafaro entdeckt und ausgebildet; ihm zu Ehren 
nannte er sich C. Später sandte ihn Cafaro zu Por- 
pora, der ihn nach 5 Jahren als Sänger ersten 
Ranges entließ. Nachdem er sich bereits in Italien 
großen Ruf verschafft hatte, ging er 1737 nach 
London, wo er indes nicht gefiel; desto größere 
Triumphe feierte er wieder m Italien, Wien und 
Paris. C.s Stärke lag im pathetischen Gesang, er be- 
saß aber auch eine außerordentliche Koloraturfer- 
tigkeit, besonders in chromatischen Läufen. 

Lit. : E. Faustini-Fasini, Gli astri maggiori del bei 
canto napoletano: Gaetano Majorano detto »Caf- 
farelli«, in: Note d’Archivio XV, 1938. 

Caffi, Bernardo Gaffi. 

Caffi, Francesco, * 14. 6. 1778 zu Venedig, 
t 24. 1. 1874 zu Padua; italienischer Musikfor- 
scher, war bis 1827 Beamter am Appellhof in Mai- 
land und lebte seitdem privatisierend und mit mu- 
sikhistorischen Studien beschäftigt in Venedig. 
Sein bedeutendes Hauptwerk ist: Storia della musica 
sacra nella giä cappella ducale di San Marco in Vene- 
zia dal 1318 al 1797 (1854-55, 2 Bände). Auch 
schrieb er Monographien über Bonaventura Für - 
lanetto (1820), Benedetto Marcello (1830), Lotti (1835), 
Zarlino (1836), Dragonetti (1846) und Giammatteo 
Asola (1862). Eine Geschichte des Theaters blieb 
unbeendet. Als Komponist trat er hervor mit der 
Kantate Varmonia rieniamata (1811). 

Lit.: A. Salvagnini, F. C., musicologo veneziano, 
Rom 1905. 


Cahman 

Caffiaux (kafj'o), Dom PhilippeJoseph,Benc- 
diktinermönch von der Kongregation von St. 
Maur, * 1712 zu Valendennes, f 26. 12. 1777 zu 
Paris in der Abtei St-Germain-des-Prds; franzö- 
sischer Musikforscher, ist Verfasser einer umfang- 
reichen Musikgeschichte, deren Druck 1756 an- 
gezeigt, aber nicht ausgeführt wurde. Fdtis fand 
das Manuskript auf der Pariser Bibliothek und 
rühmt es sehr. 

Cage(ke:d 3 ),John, *15. 9. 1912 zu Los Angeles; 
amerikanischer Komponist, lebt in New York, 
studierte Musik in Detroit, Los Angeles, am Po- 
mona College, in Paris, auch bei Schönberg, und 
unterrichtete danach an der Coroish School in 
Seattle, am Mills College in Oakland und an der 
School of Design in Chicago. C. wurde bekannt 
durch seine Konstruktion des »prepared piano«, 
mit dem er unter Ausnutzung verschiedenartiger 
Effekte eine neue Klangwelt jenseits der musika- 
lischen zu erschließen bestrebt ist. Er schrieb (unter 
häufiger Verwendung des »prepared piano«) meh- 
rere Bühnenmusiken und Ballette, Rundfunk- und 
Filmmusiken sowie Werke für Schlag-Orch. 

( Quartet 1935, Trio 1936, First, Secortd und Third 
Construction 1937-39, Amores 1942), Kammermu- 
sik (Musik für 2 FL 1934, Musik für Bläser 1936, 
Living Room Music 1940, Prelude for Six 1946) und 
zahlreiche kleinere Vokal- und Instrumentalstücke. 

Cagniard de la Tour (kaji'a:r), Charles, Baron 
de, * 31. 5. 1777 und f 5. 7. 1859 zu Paris; fran- 
zösischer Physiker und Mechaniker, Mitglied der 
Akademie, ist der geistreiche Verbesserer der 
Sirene, die er zum exakten Schwingungszähler 
umschuf. 

Cagnoni (kaji'o:m), Antonio, * 8.2.18 28 zu 
Godiasco (Voghera), f 30.4.1896 zu Bergamo; 
italienischer Opemkompomst, Schüler des Kon- 
servatoriums von Mailand, 1859 Kirchenkapellmei- 
ster in Vigevano, 1888 Kapellmeister in Novara. 
Sein Don Bucefalo, vor seinem Abgang vom Kon- 
servatorium 1847 geschrieben, wurde Repertoire- 
stück der italienischen Bühnen. C. hat gegen 20 
Opern geschrieben, darunter Rosalia di San Miniato 
(1845), Li figlie di don Liborio (1856), Francesca da 
Rimini (1878), Re Lear (beendet 1893). 

Cahen (ka'ä), Albert, * 8. 1. 1846 zu Paris, f 23. 
2. 1903 zu Cap d’Afl; französischer Komponist, 
Schüler von Cesar Franck, Komponist der Bühnen- 
werke: Jean le pricurseur (Pofcme biblique, Paris 
1874), Le bois (Op&ra Comique, 1880), Endymion 
(Po£me mythologique, Opdra Comique, 1875), La 
belle au bois dormant (F&rie, Genf 18o6), Le Vdni- 
tien (4aktige Oper, Rouen 1890), La fleur de neige 
(Ballett, Genf 1888) und Laiemme de Claude (Op&a 
Comique, 1896). Auch Lieder von ihm fanden An- 
klang (Marines). 

Cahman, im 17.-18. Jh. in Schweden angesehene 
Orgelbauerfamilie. - 1) Henrik, Deutscher von 
Herkunft, baute 1631 eine Orgel in Kristianstad. 
- 2) Hans Henric, * um 1640, 1 5. 9. 1699, Sohn 
von Henrik, baute in den 1680erjahren dieDomkir- 
chenorgel in Växjö, 1692-98 die große 3manualige 
DomJrirchenorgeL in Uppsala mit 49 Registern. 
Eine kleine Orgel, die er 1690 für die Kirche von 
Virestad baute, befindet sich im Museum von 


265 


Cahn-Speyer 


Växjö. - 3) Johan Niclas, * um 1670, f 1736, 
Sohn von lins Henne, beendete nach seines Va- 
ters Tod zusammen mit dessen Bruder Johan Her- 
man die von Hans Henric begonnenen Orgeln der 
St. Jakobs- und der Riddarholms-Kirchc in Stock- 
holm, baute 1702 die Domkirchenorgel in Väste- 
ras und außer vielen anderen Werken noch eine 
Orgel mit 40 Registern für die Domkirche in 
Uppsala (das Werk seines Vaters war 1702 durch 
Brand zerstört worden). 

Lit.: B. Kyhlberg, Orgelbyggarefamiljen C., Hül- 
phers... STMf XXVU, 1945; T. Lindgren, Frän 
högbarock tili senbarock, stilstudier i Cahmanskolan, 
in: STMf XXXVIII, 1956. 

Cahn-Speyer, Rudolf, * 1. 9. 1881 zu Wien, 
t 25. 12. 1940 zu Florenz; österreichischer Kapell- 
meister, war zum Chemiker bestimmt, trieb aber 
bereits als Gymnasiast in Wien unter H. Grädener 
und in Leipzig unter Tadassohn, Krehl, A. Nikisch 
und Riemann Musik, promovierte 1908 unter 
Sandberger mit der Dissertation Franz Seydelmann 
(Leipzig 1909) und vollendete unter Thuille und 
Beer-Walbrunn seine theoretische Bildung. 1908 
war er Theaterkapellmeister in Kiel, 1909-11 in 
Hamburg, 1911-13 in Budapest. 1913 ließ er sich 
in Berlin nieder und wurde Lehrer am Klindworth- 
Scharwenka-Konservatorium. 1913-31 war er als 
Vorsitzender im Verwaltungsrat des Verbandes 
der konzertierenden Künstler Deutschlands, ab 
1926 als geschäftsführender Vorsitzender des Ver- 
bandes deutscher Orchester- und Chorleiter und in 
anderen Ämtern organisatorisch tätig. Ab 1933 
lebte er in Horenz. Er schrieb noch: Zur Opern - 
frage. Das Wesen der Over und ihre Entwicklung in 
der Gegenwart (Berlin 1913) ; Handbuch des Dirigie- 
ren (Leipzig 1919). 

Cahnbley, - 1) Ernst, * 3. 9. 1875 zu Hamburg, 
t 16. 3. 1936 zu Würzburg; deutscher Violon- 
cellist, Sohn eines Musikdirektors, studierte am 
Hamburger Konservatorium, später bei Hugo 
Becker und war ab 1895 Soloceflist in Hamburg, 
Hannover, München, Riga, St. Petersburg und ab 
1901 in Dortmund. Ab 1909 wirkte er als Lehrer 
am Würzburger Konservatorium. 1903 heiratete 
er die Sopranistin Tilly C.-Hinken (* 12. 6. 1880 
zu Bremen, f 20. 1. 1932 zu Würzburg), die 1921 
gleichfalls Lehrerin am Würzburger Konservato- 
rium wurde. C. gab ältere Cello-Etüden und 
-Stücke heraus, darunter Sonaten von J. B. Brdval 
(Cello-Bibliothek LXVII), A. Caporale (ebenda 
LXXV) und H. Ecdes (ebenda LXVT, alle Mainz). 
- 2) Max, 1. 10. 1876 zu Altona, Bruder von 
Emst C.; deutscher Dirigent, war Schüler des 
Hamburger Konservatoriums, Theaterkapellmei- 
ster in Riga, Reval und Beuthen, 1907-33 Städti- 
scher Munkdirektor, ab 1918 auch Intendant des 
Stadttheaters in Bielefeld. C. schrieb die einaktige 
Oper Die vertauschte Braut (auch unter dem Namen 
Der Schlump), Klavierwerke und Lieder. 

Cai e ta in (kajot'S), Fabrice Marin (Gaietane); 
französischer Komponist des 16. Jh., stammte aus 
Italien und war um 1571 Kapellmeister der Kathe- 
drale von TouL Vielleicht ist er identisch mit dem 
Fabris, der 1576 als Kapellmeister der Colldgiale 
St Georges und der herzoglichen Kapelle in Nancy 
genannt wird. In Paris gab C. 1571 je ein Buch Mo- 


tetten und Chansons heraus und wurde wahrschein- 
lich um diese Zeit in den Kreis der Baifschen Aca- 
d6mie eingeführt, deren Einfluß in der sorgfältigen 
Prosodie von C.s 2 Büchern Airs (Paris 1578) zur 
Geltung kommt. 

Caignet (ksp'e), Denis, f hn November 1625 zu 
Paris; französischer Komponist, kam früh in den 
Dienst des Fürsten von Vuleroy, als dessen Kapell- 
meister er 1587 bezeichnet wird. Im selben Jahr er- 
hielt er einen Preis beim Puy d’Evreux. Ab 1614 ist 
C. als Violaspieler der Königlichen Kapelle nach- 
weisbar. Sein Hauptwerk ist die Vertonung des 
Psalters in der von der katholischen Kirche appro- 
bierten Übersetzung von Philippe Desportes, die 
er nach den Grundsätzen der musique mesurde vor- 
nahm: Cinquante Pseaumes de David, 3-8st. (Paris 
1607); Les CL Pseaumes (Paris 1624, monodisch); 
Cinquante Pseaumes (Paris 1625; die mehrstimmi- 
gen Psalmen in Lautenbearbeitung C.s). 

Caimo (k'aimo), Gioseppe, * 1540 und f 1584 
zu Mailand; italienischer Organist und Komponist, 
um 1564 Organist an S. Ambrogio Maggiore, 
etwa ab 1580 am Dom von Mailand, gab 1564-85 
4 Bücher 4-5st. und ein Buch 5-8st. Madrigale 
sowie 2 Bücher 3-4st. Kanzonetten heraus. 18 
Stücke finden sich in der Sammlung Fiamma ar- 
dente di Madrigali et Canzoni a 5 voci von G. B. 
Portio (Venedig 1586). 1582 unterhandelte C. mit 
Wilhelm V. von Bayern wegen einer Anstellung. 
Ausg. : ein Madrigal bei J. Wolf, Sing- u. Spielmusik, 
Lpz. 1926; 2 Madrigale u. 2 Canzonetten bei A. 
Einstein, The Itaiian Madrigal III, Princeton (New 
Jersey) 1949. 

Caix d’Hervelois (ke:), Louis de, * um 1680 (zu 
Amiens?), f um 1760 zu Paris; französischer Gam- 
benvirtuose, Schüler von Sainte-Colombe, Kam- 
mermusiker des Herzogs von Orleans, gab heraus 
6 Bücher ungewöhnlich melodischer und gefälliger 
Pikees de Viole (1725-52), auch 2 Bücher Pikes pour 
la Hüte (1726-31). 

Ausg. : NA mehrerer Sonaten v. K. Schroeder u. 
A. Chapuis. 

Caland, Elisabeth, * 13. 1. 1862 zu Rotterdam, 
t 26. 1. 1929 zu Berlin; niederländische Klavier- 
pädagogin, Schülerin von Deppe und Rebtfek, von 
1898 an Klavierlehrerin in Berlin, ab 1915 in Gehls- 
dorf in Mecklenburg-Schwerin. Sie hat die be- 
wußte Senkung des Schulterblatts als Kunstbewe- 

B zur Erschließung der Rückenmuskeln als 
quelle beim Klavierspiel als erste theoretisch 
begründet und praktisch gelehrt, ebenso die Schüt- 
telbewegung von der Schulter her als systematische 
Grundlage für die Ausführung von Tremolofigu- 
ren und Trillern in die Methodik eingeführt. Sie 
schrieb außer Aufsätzen im »Klavierlehrer« u. a. : 
Die Deppesche Lehre des Klavierspiels (Stuttgart 
1897, 51921 ; auch in französischer, englischer, hol- 
ländischer, russischer Ausgabe); Technische Rat- 
schläge für Klavierspieler (Stuttgart 1897, 4 1912; 
auch englisch und russisch); Die Ausnützung der 
Kraftquellen . . . (Stuttgart 1905); Das künstlerische 
Klavierspiel in seinen physiologisch-physikalischen 
Vorgängen (Stuttgart 1910, 2 1919) ; ferner Anhalts- 
punkte zur Kontrolle zweckmäßiger Armbewegungen 
beim künstlerischen Klavierspiel (Stuttgart 1919); 
auch einen Praktischen Lehrgang des künstlerischen 


266 



Calloway 


Klavierspiels (2 Teile, Stuttgart 1912, 31922). Für 
Deppes Fünffingerübungen (1900, 4 1923) schrieb sie 
Vorübungen zum schnellen Oktavenspiel (1923). 

Caldara, Antonio, * um 1670 zu Venedig, f 28. 
12. 1736 zu Wien; italienischer Komponist, Schü- 
ler von Legrenzi, war 1700 Violoncellist an der 
Markuskirche, um 1712 in Wien, dann (1715) in 
Rom, einige Zeit in Madrid, zuletzt wieder in 
Wien, am 1. 1. 1716 Vizekapellmeister (1. 
Kapellmeister war J. J. Fux). C. schrieb über 80 
Opern und Serenaden und mehr als 30 Oratorien 
(bis auf wenige in Wien erhalten), die sich zwar 
durch Mdodiosität, aber nicht durch Größe und 
Originalität auszeichnen. Dazu kommt seine Kir- 
chenmusik: 4st. Messen mit Instrumenten (Bam- 
berg 1748), löst. Crucifixus, 2-3st. Motetten mit 

B. c. (Bologna 1715), Stabat Mater, Miserere, auch 
Kantaten. Hervorzuheben ist C.s Erstlingswerk: 
Sonate a due Violini con Violoncello e parte per Vorgano 
op. I (Venedig 1693), ferner 12 Sonaten op. E 
(1699). Handschriftlich, sind Solo- und Triosonaten, 
6 Quartette, ein Septett, mehrere Symphonien und 
Klavierstücke überliefert. 

Ausg.: Oper Dafne (1719), hrsg. v. C. Schneider u. 
R. John, DTÖ XCI, 1955; Kirchenwerke (8 Motetten, 
Stabat Mater, Missa Dolorosa, Te Deum, Crucifixus) 
bearb. v. E. Mandyczewski, DTÖ XIII, 1 ; ein Satz 
zu 4 St. in: Musica Sacra III, hrsg. v. Fr. Commer; 
ein Satz zu 4 St in: Musica Sacra XVI, hrsg. v. R. v. 
Hertzberg, Bin u. Posen; Kammermusik für Ge- 
sang (1 1 Kantaten, 3 Madrigale, 35 Kanons) bearb. v. 
E. Mandyczewski, DTÖ XXXIX; ein Madrigal u. 
12 Kanons, hrsg. v. K. Geiringer, Chw. XXV; 3 
Triosonaten, hrsg von E. Schenk in : Hausmusik LIX, 
LXXXV u. CXXI (Wien 1949-52); eine Triosonate, 
hrsg. v. K. Geiringer in: Continuo, Slg alter Spiel- 
musik VI, Wien 1935; eine Triosonate, hrsg. v. E. 
Schenk, in: Die italienische Triosonate, = Das 
Musikwerk, Köln o. J.; die in H. Riemanns ColL 
mus. Nr 44 veröffentlichte Triosonate H moll u. d. 
Triosonate G moll in seiner Beispielslg zur Mg. (Nr 
124) stammen nicht v. A. C., sondern v. J. Ravens- 
croft. Dagegen sind d. unter d. Namen v. A. Steffani 
in NMA V u. XII v. W. Upmeyer veröffentlichten 
2 Triosonaten A. C. zuzuschreiben (op. 1, Nr 4 u. 6); 
Lautenübertragung der Arie »Sono amante« aus 

C. s Ormisda (1721), in LD Alpen- u. Donau-Reichs- 
gaue I. 

Lit.: L. Posthorn, A. C.s Instrumental-Musik (unge- 
druckte) Diss. Wien 1920; E. Schenk in Zf Mw XII, 
1929/30, S. 247 ff. 

Caldicott (k'ddikot), Alfred James, * 26. 11. 
1842 zu Worcester, f 24. 10. 1897 zu Gloucester; 
englischer Komponist, 1883 Lehrer am Royal Col- 
lege of Music in London, 1885 Musikdirektor am 
Albert-Palast, 1890-91 als Kapellmeister einer rei- 
senden Opemgesellschaft in Amerika, 1892 wieder 
in London als Direktor des London College of 
Music, 1893 Kapellmeister des Comedy Theatre; 
Komponist von Kantaten, Operetten, Liedern und 
Chören. 

Caleggri, - 1) Antonio, * 17. 2. 1757 und f 28. 
7. 1828 zu Padua; italienischer Komponist, brachte 
1776-92 in Padua, Venedig, Treviso und Modena 
10 Opern heraus, lebte in den ersten Jahren des 19. 
Jh. in Paris, wo er seine Kompositionslehre für 
Nichtmusiker herausgab (das bekannte Kombina- 
tionsspiel: Vart de composer sans r en cormattre les 
ilhnents , 1802, 2 1803, vorher italienisch als Gioco 


pittagorico , Venedig 1801). Später wurde er 1. 
Organist und Kapellmeister an Sant’ Antonio in 
Padua. C. schrieb 6 Psalmen im Stüe B. Marcellos 
als Fortsetzung von dessen Estro poetico. Nach sei- 
nem Tode veröffentlichte Mdch. Balbi seinen hin- 
terlassenen Trattato del sistema armonico mit eigenen 
Anmerkungen (1829); seine Gesangsschule nach 
Pacchiarotus Methode Modi generali del conto er- 
schien erst 1836. - 2) Luigi Antonio, * um 1780 
zu Padua, j* 1849 zu Venedig; Komponist, Neffe 
des vorigen, brachte 1804-11 in Padua, Venedig, 
Rom, Parma und Vicenza 8 Opern zur Auffüh- 
rung, auch ein Ballett und 1832 eine Kantate. 

Calegyri, Francesco Antonio (Callegari), * zu 
Venedig; italienischer Komponist, Franziskaner- 
mönch, um 1702 Kapellmeister am großen Mino- 
ritenkloster in Venedig, 1703-27 Kapellmeister in 
Padua, dann wieder in Venedig in seiner frü- 
heren Stellung (noch 1740). C. hat außer Kirchen- 
kompositionen geschrieben: Ampla dimostrazione 
degli armoniali , musicali tuonu Vallotti und Sabbatini 
haben das 1732 datierte Manuskript gekannt und 
aus ihm geschöpft. 

CaÜ, Leonhard von, * 1768 (1769?) in Bayern, 
1 19. 2. 1815 zu Wien; deutscher Gitarrenvirtuose 
und Komponist für Gitarre und Flöte mit anderen 
Instrumenten, auch von Gesangsduetten und Män- 
nerchören, die er ab 1802 von Wien aus veröffent- 
lichte. 

Ausg. : 6 Duette op. 24 für 2 Gitarren, hrsg. v. A. 
Just, Mainz 1928; Serenade für 2 Gitarren (zusam- 
men mit 6 Walzern v. F. Gaude), hrsg. v. G. Meier, 
Mainz 1926. 

Callas-Meneghini, Maria -► Men eg hi ni- 
Callas. 

Callcott (k'o:lkot), John Wall, * 20. 11. 1766 zu 
Kensington, t 15. 5. 1821 zu Bristol; englischer 
Organist und Komponist, war Organist an ver- 
schiedenen Londoner Kirchen, ab 1806 Lektor der 
Musik am Royal Institute (Nachfolger von Crotch). 
C. komponierte zahlreiche Glees, Catches, An- 
thems und Oden; eine Sammlung wurde 1824 von 
seinem Schwiegersohn Will. Horsley veröffent- 
licht. Ein von C. geplantes musikalisches Lexikon 
kam nur bis zum Prospekt (1797), eine allgemeine 
Musiklehre erschien 1806: A Musical Grammar in 
4 parts: 1 . Notation , 2. Melody. 3. Harmony . 4 . Rhyth- 
mus. Ein Sohn C.s, William Hutchins, * 28. 9. 
1807, f 5. 8. 1882 zu London, war angesehen als 
V okalkomponist. 

Calleja G6mez, Rafael -> G6mez Calleja. 

Calloway (k'adowe), Cab (Cabell), * 24. 12. 1907 
zu Rochester (New York); amerikanischer Jazz- 

Ä r, wuchs in Baltimore auf und studierte zu- 
t Jura in Chicago, wo er seine Sängerlaufbahn 
begann. In New York übernahm er 1930 die Lei- 
tung der Missourians, die er bis 1948 in wechseln- 
der Besetzung als seine eigene Big Band führte (zu- 
erst: 3 Trompeten, 2 Posaunen, 3 Saxophone, Kla- 
vier, Banjo, Baß, Schlagzeug und C. als Sänger). 
Nachdem C. einige Jahre mit einer kleinen Gruppe 
musiziert hatte, gründete er 1951 wieder eine Big 
Band, mit der er eineT ouraee durch Südamerika un- 
ternahm, sang 1952 auf der Wdttoumee von Gersh- 
wins »Porgy and Besst und gründete 1954 wieder 


267 



Calusio 


ein Quartett. C., der zu Anfang stark von Arm- 
strongs (textlosem) *scat«-Gesang beeinflußt war, 
hat sich als Wegbereiter des »Harlem Jump« einen 
Namen gemacht. 

Catysio» Ferruccio, * 22. 12. 1889 zu La Plata; 
argentinischer Dirigent, studierte in seiner Vater- 
stadt am Conservatorio Santa Cedlia, 1909 in 
Mailand, 1912 bei M. Reger. Als Stellvertreter 
Toscaninis dirigierte er 1931 am Teatro del Varme 
in Mailand, daneben auch an der Scala sowie als 
Gast in Italien, Paris und Madrid. Nach Argenti- 
nien zurückgekehrt, wurde er 1923 Dirigent, 1927 
1. Dirigent am Teatro Col6n in Buenos Aires. 

Calvd,Emma, *15. 8. 1858 zu Ddcazeville (Avey- 
ron, Südfrankreich), 1 6. 1. 1942 zu Millaud; fran- 
zösische Sopranistin, Schülerin von Puget und der 
Marchesi, debütierte in einem Wohltätigkeitskon- 
zert in Nizza; Opemdebüt als Marguerite in Brüs- 
sel 1882; auf Gastmielreisen in Rom, Paris, London, 
Berlin, Amerika (1893) ; sie war berühmt vor allem 
durch ihre Verkörperung der Carmen sowie als 
erste französische Darstellerin der Santuzza (1892). 
1910 zog sie sich von der Bühne zurück. 

Lit.: A. Wisner, E. C-, Her Artistic Life, NY 1902; 
E. CALvfi, My Life, NY tu London 1922; dies., Sous 
tous les dels j’ai chant6, Paris 1940. 

Calvet, Joseph, * 8. 10. 1897 zu Paris; franzö- 
sischer Violinist, führte in den 30er Jahren ein be- 
sonders als Interpret Mozarts, Schuberts und neu- 
erer französischer Werke bekanntgewordenes 
Streichquartett. Nachdem sich dieses im 2. Welt- 
krieg aufgelöst hatte, gründete C. in den Nach- 
kriegsjahren ein neues Quartett in anderer Zusam- 
mensetzung, das mit vielen Tourneen und Schall- 
pktten-Aufn ahmen wieder weithin bekannt wurde. 
C. ist auch Berater des Quatuor feminin Pro Arte 
(Paris), mit dem er u. a. bei den Darmstädter Fe- 
rienkursen 1953 mitwirkte. Dem ersten C.-Quar- 
tett gehörte als Bratschist L. Pascal an. 

Calvi&re (kalvj'err), Antoine, * um 1695, f 18. 
4. 1755 zu Paris; einer der besten Pariser Organi- 
sten des 18. Jh., Rivale d’Aquins als Virtuose. Er 
war gleichzeitig Organist an der Kirche Ste. Mar- . 
guerite, an der Ste. Chapelle du Palais, an der Abtei 
St. Gennain des Pfes und an Notre-Dame und 
wurde 1738 einer der vier Hoforganisten. Seine 
Improvisationen waren sehr berühmt. Er schrieb 
Motetten und Orgelstücke, die verlorengegangen 
sind außer einem wertvollen Orgelstück, das P. 
Brunold herausgegeben hat (Paris). 

Lit: P. Brunold, Un organiste fr?, du XVm e s.: 
C., Rev. de MusicoL 1923. 

Calvin (kalv'e), Jean (eigentlich Cauvin, latini- 
siert Calvinus), * 10. 7. 1509 zu Noyon (Oise), + 27. 
5. 1564 zu Genf; französischer Theologe, mußte 
nach vielseitigen Studien um seines Bekenntnisses 
willen aus Paris fliehen und ging über Straßburg 
n ach Basel, wo er 1536 das für die reformierten 
Kirchen grundlegende Werk Christiane# religionis 
institutio veröffentlichte (mehrfach erweitert bis 
1559). Ln gleichen Jahre kam er zum ersten Male 
nach Genf, wurde aber 1538 wieder vertrieben. Er 
übernahm nun in Straßburg die Seelsorge für die 
französischen Flüchtlinge und gab dort seinen ersten 
Psalter heraus: Aulcuns pseaumes . . . (1539, ano- 

268 


nym), zu dem er selbst die Übersetzung von 6 
Psalmen, des Canticum Simeonis und der 10 Ge- 
bote beisteuerte; als Melodien übernahm er deut- 
sche Kirchenlieder. 1541 wurde C. nach Genf zu- 
rückgerufen und leitete die dortige Gemeinde, wie 
auch - mit einem reichen Briefwechsel - die refor- 
mierten Kirchen ganz Europas. Bei seinem Ver- 
such der Errichtung eines theokratischen Staats- 
wesens in Genf erwies sich C. (entgegen zuweilen 
vertretener anderer Meinung) durchaus als För- 
derer der Musik in Kirche, Schule und Haus. Dem 
Kirchengesang wies er eine bedeutende Rolle als 
Ausdruck des Gemeindebekenntnisses und -gebets 
zu, ordnete ihn jedoch streng der eigentlichen 
Wortverkündigung unter. Gesungen wurden nur 
biblische Texte (die Psalmen, dazu die 3 neutesta- 
mentlichen Lobgesänge, 10 Gebote, das Vaterunser 
und das Glaubensbekenntnis) in der französischen 
Übersetzung Marots und de B£zes mit einstimmigen 
Melodien von Bourgeois und anderen, die sich 
zum Teil an französische und flämische Melodien 
anlehnen. Der erste Genfer Psalter (in dem C. 
seine Übersetzungen zugunsten solcher von Marot 
zurückzog) erschien 1543 unter dem Titel: La 
forme des pribes (mit ausführlicher Einleitung C.s, 
die später auch dem 4st. Goudimelschen Psalter 
vorgedruckt wurde); die vollständige Sammlung 
lag 1562 vor. Der Kirchengesang sollte nach C. 
ausschließlich Gemeindegesang sein; den Schüler- 
chören fällt in seiner Gottesdienstordnung keine 
besondere Aufgabe zu. Mehrstimmigkeit war in 
Genf beim häuslichen Psalmengesang üblich, je- 
denfalls mit C.s Duldung, Instrumentenspiel in der 
geistlichen Musik nicht zugelassen, die sich nach 
C.s humanistischer (und an Augustinus orientier- 
ter) Musikanschauung von der weltlichen durch 
einen style moderie abheben sollte. Außer der ge- 
nannten Vorrede von 1543 sind die wichtigsten 
Quellen für C.s Musikverständnis: Institutio (Aus- 
gabe von 1559) UI, 20, Absatz 31-33, und der Ab- 
satz Des chants eccldsiastiques der Ordonnances ec - 
clisiastiques (1561). 

Ausg.: GA, Corpus Reformatorum XXIX bis 
LXXXVII; Aulcuns Pseaumes, Faks. hrsg. v. M. D. 
D el£tra, Genf 1929; dies., hrsg. v. C. S. Terry als: 
C.’s First Psalter, London 1932; Les Pseaumes . . . 
mis en musique . . . par CI. Goudimel, Genf 1565, 
mit C.s Vorrede von 1543, Faks. hrsg. v. P. Pidoux u. 
K. Ameln, Kassel 1935. 

Lit.: E. Doumergue, J. C., 7 Bde, Lausanne 1899 bis 
1927; A. Lang, J.C, Lpz. 1909; K.Holl, J. C., 
Tübingen 1909, Neudruck in: Gesammelte Aufsätze 
zur Kirchengesch. UI, Tübingen 1928; F. Wendel, 
C., Paris 1950. - F. Bovet, Hist, du psautier, 
Neuchätel 1872; O. Douen, CI. Marot et le psautier, 
2 Bde, Paris 1878-79, dazu Th. Dufour in Revue 
critique d’hist. et de litferature 1881; E. Doumer- 
gue, Essai sur Phist. du culte feformd, Paris 1890; 
Ph. Wolfrum, Die Entstehung . . . d. deutschen ev. 
Kirchenliedes, Lpz. 1890; A. Erichson, Die Straß- 
burger liturgischen Ordnungen . . ., Göttingen 1900; 
J. Pannier, C. k Strasbourg, Straßburg 1925; E. 
Haein, Le problime du chant choral, BibL 
de la Faculfe de Theologie protestante de Mont- 
pellier 1927; H. H. Wolf, Die Bedeutung d. Musik 
bei C., MGkK XLI, 1936; L. Wenceuus, L’esthötique 
de C., Paris 1937; R. Well, La premiöre liturgie de 
G, Revue d'Hist. et de Philosophie religieuses 
XVIII, 1938; C. Garrida, C.’s Preface to tbe Psalter, 
MQ XXXVII, 1951; W. Blankenburg, Artikel C., 
MGG; Y. Rokseth, Les Premiers chants de l’äglise 



Cambefort 


calviniste, Rev. de MusicoL XXXVI, 1954 (= Tome 
XXXIII); P. Pidoux u. M. Jenny, Untersuchungen 
zu d. Aulcuns Pseaumes, Jb. f. Liturgik u. Hymno- 
logie II, 1956. 

Calv|sius, Sethus (Seth Kalwitz), * 21. 2. 1556 
zu Gorsleben, f 24. 11. 1615 zu Leipzig; deutscher 
Komponist und Musiktheoretiker, erwarb sich als 
Kurrendesänger in Frankenhausen und Magde- 
burg die Mittel zum Besuch des Gymnasi ums und 
durch Privatstunden die für den Besuch der Uni- 
versitäten Helmstedt 1579 und Leipzig 1580. 1581 
wurde er Musikdirektor der Paulinerkirche in 
Leipzig, 1582 Kantor in Schulpforta und 1594 Kan- 
tor an der Thomasschule und Musikdirektor der 
Hauptkirchen in Leipzig. Diese ehrenvolle Stellung 
behielt er bis zu seinem Tode. C. besaß eine bedeu- 
tende theoretische Bildung und nahm tätigen An- 
teil an der Umbildung der Kontrapunktlehre zur 
Akkordlehre. Seine musikalischen Schriften sind: 
Melopoeia seu melodiae condendae ratio . . . (Erfurt 
1592) ; Compendium musicae practicae pro incipienti- 
bus (Leipzig 1594; 31612 unter dem Titel Musicae 
artis praecepta nova et facillimd ) ; Exercitationes musicae 
duae (Leipzig 1600); Exercitatio musica tertia (Leip- 
zig 1609). Von seinen Kompositionen sind erhal- 
ten : Hymni sacri 4 v. (Erfurt 1594, angehängt Oden- 
kompositionen) ; Tricinia , Außerlesene teutsche Lie- 
der (Leipzig 1603); Bidniorum libri duo (Leipzig 
1599, 1612); der 150. Psalm, 12st.; ferner eine 
Choralsammlung Harmonia cantionum ecclesiastica- 
rum 9 Kirchengesenge und geistliche Lieder D. Lutheri 
und anderer frommer Christen . . . (Leipzig 1597, 
51622), Der Psalter Davids gesangweis vom Herrn D. 
Comelio Beckem . . . mit 4 Stimmen dbgesetzet durch 
S. C. (Leipzig 1605, 31617), Schwanengesang 8 v. 
(1616), 7 Motetten im Florilegium selectissimarum 
cantionum praestantissimorum aetatis nostri autorum 
(Leipzig 1603). Einzelne Kompositionen sind hand- 
schriftlich überliefert. 

Ausg.: 7 Sätze bei Schoeberlein- Riegel, Schatz d. 
liturgischen Chor- u. Gemeindegesanges I— III, Göt- 
tingen 1865-72; 2 Sätze zu 8 St., in: Musica Sacra 
XXVIII, hrsg. v. F. Commer; ein Satz zu 4 St. in: 
Musica Sacra VI, hrsg. v. A. Neithardt, Bin u. Posen; 
ein Satz zu 4 St. in: Musica Sacra XI, hrsg. v. G. 
Rebling, Bin u. Posen; einzelne Werke hrsg. v. K. 
Straube u. G. Schreck in Lpz.; Tricinia, hrsg. v. 
P. Rubardt, Bin 1949. 

Lit.: H. Gehrmann, J. G. Walther als Theoretiker, 
VfMw VII, 1891; K. Benndorf, S. C. als Musik- 
theoretiker, Vf Mw X, 1894; ders., Calvisiana, MfM 
33, 1901 ; G. Pietzsch, Seth C. u. Johannes Kepler, ~ 
in: Die Musikpflege I, 1930; O. Riemer, Seth C., d. 
Musiker u. Pädagoge, in: Die Musikpflege III, 1932; 
H. Brandes, Studien zur musikalischen Figurenlehre 
im 16. Jh., Diss. Bin 1935; R. H. Robbins, Beiträge 
zur Gesch. d. Kontrapunkts v. Zarlino bis Schütz, 
Diss. Bin 1938; H. H. Unger, Die Beziehungen zw. 
Musik u. Rhetorik im 16.-18. Jh., Diss. Bin, Würzburg 
1941 ; C. Dahlhaus in Mf IX, 1956. 

Calvocor$ssi, Michel Dimitri, * 2. 10. 1877 
zu Marseille (von griechischen Eltern), f 1« 2. 1944 
zu London; französischer Musikschriftsteller und 
Kritiker, Schüler von Leroux am Conservatoire, 
im übrigen Autodidakt, lebte in Paris und hielt 
1905-14 Vorlesungen an der ficole des Hautes 
dtudes sociales, 1914-19 im englischen Militär- 
nachrichtendienst ; ab 1916 lebte er in London. Er 
machte sich besonders metrische Übersetzungen 
(Lieder, Opemtexte) zur Aufgabe (französisch, 


englisch, deutsch). Er schrieb: *VEtranger* de V 1 
d'Indy (1903), La musique russe (Paris 1907), The 
Principles and Methods of Musical Criticism (London 
1923, 21932), Musical Taste and How to form it (Lon- 
don 1925), Musicians Gallery: music and ballet in 
Paris and London (London 1933), mit G. Abraham 
Masters of Russian Music (London und New York 
1936) sowie (allein) die Biographien Liszt (Paris 
1905), Moussorgsky (Paris 1908, deutsch Wien 
1922), Glinka (Paris 1911), Schumann (Paris 1912), 
Debussy (London 1943) und Moussorgsky (London 
1946) und übersetzte Rimskij-Korsakows Orche- 
strarionslehre ins Französische (Berlin 1914). 

CalvÖr, Kaspar, *8. 11. 1650 zu Hildesheim, f 11. 
5. 1725 zu Klausthal; deutscher Theologe, Gene- 
ralsuperintendent in Klausthal, schrieb: De musica 
ac singillatim de ecclesiastica eoque spectantibus organis 
(Leipzig 1702), Rituale ecclesiasticum (Jena 1705, mit 
einer Abhandlung über die Musik) sowie eine Vor- 
rede zu Sinns Temperatura practica (Wernigerode 
1717). 

Calzabigi (kalzab'i^), Ranieri da (Calsabigi), 
* 23. 12. 1714 zu Livorno, f im Juli 1795 zu Ne- 
apel; italienischer Schriftsteller, Glucks Libretto- 
dichter für Orfeo 9 Alceste , Paride ed Elena . Er 
wurde Kaufmann, lebte eine Zeitlang in Paris, 
kam 1761 nach Wien, mußte es aber wegen eines 
Theaterskandals verlassen und wandte sich wieder 
nach Italien. 1774 zog er sich in seine Vaterstadt zu- 
rück und lebte ab 1780 in Neapel Schrieb Disser - 
tazione su le poesie drammatiche del Sig. Abate Pietro 
Metastasio (1755) und eine Entgegnung auf einen 
Angriff Arteagas ( Risposta . . Venedig 1790). 
Gluck gestand C. das Hauptverdienst an seiner Re- 
form der Oper zu; in der Tat scheint C. der gei- 
stige Vater der »antimetastasianischen« Oper, das 
haßt der Oper mit wahren und starken Affekten, 
zu sein, wenn auch seine Reform ohne die Musik 
Glucks völlig wirkungslos geblieben wäre. Von 
späteren Textbüchern wurde vor allem das von 
Paisiello komponierte Dramma per musica EIJnda 
erfolgreich. Das Libretto Le Danaidi entstand auf 
Wunsch von Gluck, der cs jedoch an Salieri wei- 
tergab, was zur Entfremdung Calzabigis und 
Glucks führte. 

Lit.: H. Welti, Gluck u. C-, VfMw VII, 1891; G. 
Lazzeri, La vita e l'opera letteraria di R. C, Cittä 
di Castello 1907; A. Einstein, Ein unbekannter 
Opemtext C.’s, in: Gluck-Jb. II, 1915; ders., C.’s 
»E rwiderung« von 1790, in: Gluck-Jb. II u. III, 1915 
bis 1917; ders., Gluck, London u. NY 1936; J. G. 
Prod’homme, Deux collaborateurs italiens de Gluck, 
RMI XXIII, 1916; H. Michel, R. C. als Dichter v. 
Musikdramen u. als Kritiker, in: Gluck-Jb. IV, 1918; 
vgl auch A. G. Bragaglia in: Musica d’oggi XV, 
1933. 

Cambefort (käbofo:r), Jean de, * 1605, f 4. 5. 
1661 zu Paris; französischer Komponist, Sänger 
des Kardinals de Richelieu, dann Mazarins, wurde 
1643 Kapellmeister der Chorknaben der Königli- 
chen Kammermusik und 1650 Komponist der Kö- 
niglichen Kammermusik. Er ist einer der besten 
Komponisten von Airs de cour. Er schrieb 2 Bü- 
cher Airs de cour ä quatre parties (Ballard, 1651, 
1655), arbeitete 1650-60 bei den Hofballetten mit 
und besonders beim Ballet de la Nuit (1653) und 
beim Ballet du Temps (1654). Er war auch ein ge- 
schätzter Sänger und Schauspieler. 


269 



Cambert 


Lit: H. Prunäres, J. de C., Surmtendant de la 
Musique du Roi . . in: Ann6e Musicale 1912, Paris 
1913 (in dieser Studie sind einige Stücke aus d. Ballet 
Royal de la Nuit veröff.). 

Cambert (käb's:r), Robert, * um 1628 zu Paris, 
f Februar oder März 1677 zu London (ermordet 
durch seinen Diener?); französischer Komponist, 
Schüler von Chambonnifere, war von etwa 1655 
bis zu seinem Weggang nach England Organist 
der Stiftskirche St. Honori in Paris und um 1663 
Musikintendant der Königin-Mutter (Anna von 
Österreich). Angeregt durch die von Mazarin ver- 
anlaßten Vorstellungen von italienischen Opern 
(1647), schrieb C. ein lyrisches Bühnenstück La 
Muette ingrate , das er eine *£tegie ä trois voix diffi- 
rentes en esphce de dialoguet nannte und 1658 in sei- 
nem Haus zu Gehör brachte. Bald darauf entwarf 
Pierre Perrin ein Libretto für ein bedeutenderes 
Bühnenstück, das er Lj Pastorale nannte und das C. 
in Musik setzte (1659) ; der Erfolg der Aufführung 
im Schloß zu Issy war ein guter, und Ludwig XIV. 
und Mazarin interessierten sich für das Unterneh- 
men. Mazarin riet Perrin und C., eine Saktige 
Oper Ariane ou Le mariage de Bacchus zu schreiben ; 
1669 erhielt Perrin ein Patent für die Errichtung 
ständiger Opemaufführungen unter dem Namen 
»Acad&nies d’Op&a«; er assoziierte sich mit C., 
und am 3. 3. 1671 kam die Pastorale Pomone her- 
aus; eine weitere Les peines et les plaisirs de Vamour 
folgte im Februar 1672. Inzwischen war es Lully 
gelungen, die Übertragung des Patents und das 
Recht auf Gründung einer Acaddmie royale de 
musique auf seine Person durchzusetzen. Verbit- 
tert verließ C. Paris und ging nach London, wo er 
von Karl II. gut empfangen wurde und eine König- 
liche Musik-Akademie (Theater) gründete, an 
der seine Ariane zum erstenmal aufgeführt wurde. 
Ein Amt am Hof Karls EL erhielt er nicht. C. gab 
bei Ballard 2-3st. Airs ä boire heraus (Paris 1665). 
Fragmente der Pomone und der Peines wurden eben- 
falls bei Ballard gedruckt. Weiter ist noch die 
Musik (Trio-bouffe de Cariselli) zum Galoux in - 
visible von Br6court erhalten. 

Ausg.: Trio-bouffe de Cariselli u. d. jeweils 1. Akt v. 
Pomone u. Les peines et les plaisirs de Pamour, hrsg. 
v. Weckerlin in d. Collection Michaelis; Trio- 
bouffe de Cariselli, hrsg. v. A. Pougin, Les vrais 
crgateurs de POp6ra fr$., Perrin et C., Paris 1881. 
Lit: A. Pougin, s. o.; R. Rolland, Hist de Popdra 
en Europe avant Lully et Scarlatti, Paris 1894; A. 
Tesseer, R. G ä Londres, RM 1927; W.H. Grattan 
Flood, Quelques prddsions nouvelles sur C. et Grabu 
k Londres, RM 1928. 

C a mb ini, Giovanni Giuseppe, * 13. 2. 1746 
zu Livorno, + 29. 12. 1825 zu BicStre (Paris); ita- 
lienischer Violinist und Komponist, Schüler des 
Padre Martini, kam nach abenteuerlichen Schick- 
salen 1770 nach Paris, wo er als Opern- und Ballett- 
komponist einigen Erfolg hatte, aber schließlich 
im Armenhaus von Bicdtre starb. C. schrieb außer 
19 Opern (Paris 1776-95) und einem Oratorium 
Le Sacrißce tT Abraham (1774) 60 Symphonien, 144 
Streichquartette und Streichquintette, 29 Sym- 
phonies concertantes ; 7 Konzerte und gegen 400 an- 
dere Instrumentalwerke; 1788-91 war er Leiter des 
Thdätre des Beaujolais, dann bis 1794 des Thditre 
Louvois, 1810-11 Mitarbeiter an Garaudds Musik- 


zeitung »Tablettes de Polymnie«* Mozart, der ihn 
1778 in Paris traf, fand seine Quartette »recht 
hübsch«. 

Lit. : G. Roncaglia, Di G. G. G Quartettista padre, 
Rass. mus. VI, 1933 ; A. Bonaccorsi, Di alcuni »Quin« 
tetti« di G. G. C., in: Rass. mus. XX, 1950. 

C^merloher, Placidus von, * 9. 8. 1718 zu Mur- 
nau, t 21. 7. 1782 zu Freising; deutscher Kompo- 
nist, erzogen auf der Ritteiakademie in Ettal, 
nahm 1744 die Priesterweihen, war von 1744 ab 
Hofkapellmeister und geistlicher Rat des Fürst- 
bischofs Johann Theodor und zweier von dessen 
Nachfolgern in Freising, durch die Ernennung von 
Johann Theodor zum Bischof von Lüttich gleich- 
zeitig Kammermusikdirektor in Lüttich, 1748 Ka- 
noimcus an St. Veit, 1753 an St. Andreas in Frei- 
sing. Seine sehr beachtenswerten Instrumental- 
werke (18 4st. Sinfonie da camera op. 2-4) erschie- 
nen 1761-65, doch sind weitere handschriftlich 
erhalten (im ganzen 46), Triosonaten sind nur 
handschriftlich erhalten. Eine ihm bisher zu- 
geschriebene Oper Melissa tradita (1739 in Mün- 
chen) stammt sicherlich von seinem älteren Bru- 
der Josef Anton C. Andere Singspiele, auch Ora- 
torien und zahlreiche Kirchenmusikwerke blieben 
Manuskript. C.s Bruder Josef Anton (* 4. 7. 
1710, f 17. 7. 1743) war ab 1739 Kammerkom- 
ponist in München (Oper La Clemenza de Tiro). 
Beide C. schrieben auch Meditationen für die 

J esuiten. Auch ein jüngerer Bruder P. v. C.s, Jo- 
lann Gregor Virgilius (1720-85) war Musiker 
(Violoncellist) am Münchener Hof. 

Ausg.: 4 Sonaten f. 2 V. u. B.c. hrsg. v. A. Hoff- 
mann, Mainz. 

Lit: B. Ziegler, P. v. G, Diss. München 1916, Frei- 
sing 1919; K. G. Fellerer, Beiträge zur Mg. Frei- 
sings, Diss. München 1925, Freising 1926. 

Cameron (k'e:moian), Basil, * 18. 8. 1884 zu 
Reading; englischer Dirigent, studierte 1902-06 an 
der Berliner Hochschule für Musik, war 1912-16 
Leiter des Torquay Munidpal Orchestra und lei- 
tete 1923-30 das Hastings Munidpal Orchestra. 
Danach war er in den Vereinigten Staaten tätig, 
1930-32 beim San Francisco Symphony Or- 
chestra, 1932-38 beim Seattle Symphony Or- 
chestra. Sdt seiner Rückkehr nach England wirkt 
C. hauptsächlich als Gastdirigent und gehört zu den 
bekanntesten Orchesterldtem seines Landes. 

Cam$tti, Alberto, * 5. 5. 1871 und 1 1. 6. 1935 
zu Rom; italienischer Musikschriftsteller und Kom- 
ponist, Schüler des Konservatoriums der Cädlien- 
akademie in Rom, Organist, dann Kapellmeister 
der französischen Ludwigskirche, Mitglied der 
Gregorianischen Gesellschaft und der von Pius X. 
ernannten kirchenmusikalischen Kommission. C. 
veröffentlichte Studien über die Musik in Rom, 
darunter Cenni biografici di G. P. L. da Palestrina 
(1895), Palestrina (in der Serie: Fasdcoli M usicali, 
Mailand 1925); I melodrammi biblici alVospizio di 
S. Michele in Roma (1899), 17 Guglielmo Teil in 
Italia (1899), Cristina di Suezia, Porte musicale e gli 
spettacoli in Roma (1911, 21931), Alcuni documenti 
tnediti su Luigi Rossi (1912), Les Rossiniens cPltalie 
(in Lavignacs Enzyklopädie, Paris 1913) und La 
musica teatrale a Roma cento arm fa (1816-26), 
Vaccademia Filarmonica Romano, 1821-60 (Rom 
1924); II Teatro di Tordinona poi di Apollo (in: 


270 



Campion 


Atti c memoric della R. Accademia di S. Cecdia, 
2 Bände, herausgegeben von A. Chicca, Tivoli 
1938, posthum; hier ein Verzeichnis der Veröffent- 
lichungen von C.). Zahlreiche Studien von C. 
erschienen in der RMI und anderen italienischen 
Musikzeitschriften. Als Komponist hinterließ er 
neben wenigen weltlichen Werken viele kirchliche 
Kompositionen, von denen ein Teil gedruckt 
wurde. 

Camidge (k'semidj), Name dreier angesehener 
englischer Organisten, nacheinander angestellt an 
der Kathedrale von York;John, *1735 und f 25. 4. 
1803 zu York ( Six Easy Lessonsfor the Harpsichord), 
sein Sohn Matthew, * 1758 und + 23. 10. 1844 zu 
York ( Method of Instruction in Music , Klaviersonaten 
und Konzerte), und dessen Sohn John, * 1790 
und f 21. 9. 1859 zu York. Auch des letzteren Sohn 
(Thomas Simpson) und Enkel (John) waren Or- 
ganisten. 

Cammargno, Sal vatore, * 19. 3. 1801 und f 17. 
7. 1852 zu Neapel; italienischer Librettist, schrieb 
zunächst Prosadramen, die am Teatro dei Fioren- 
tini zur Aufführung kamen, ab 1834 aber für die 
Vertonung bestimmte Libretti, darunter La Sposa 
(Vignozzi, 1834), Lucia (Donizetti, 1835), Eufemio 
di Messina (Gius. Persiani, 1836), Alzira (Verdi, 
1845), La battaglia di Legnano (Verdi, 1849), Luisa 
Miller (Verdi, 1849), als letztes Werk JE Trovatore 
(Verdi, 1853). 

Lit.: T. Mantovani, S. C., in: Musica d’oggi VIII, 
1926. 

Campagnoli (kampaji'oili), Bartolommeo, 
* 10. 9. 1751 zu Cento bei Bologna, f 7. 11. 1827 
zu Neustrelitz; italienischer Violinist und Kompo- 
nist, nach mehljähriger Tätigkeit als Orchester- 
geiger zu Bologna noch Schüler Nardinis in 
Florenz. Nachdem er sich durch Konzerte in ver- 
schiedenen Städten bekannt gemacht hatte, war er 
1776-79 Konzertmeister des Fürstbischofs von 
Freising, kam 1780 als Musikdirektor des Herzogs 
von Kurland nach Dresden, war 1797-1816 Kon- 
zertmeister im Gewandhaus in Leipzig und kam 
1826 mit seinen Töchtern Giannina und Albertina, 
von denen Giannina am Hoftheater in Hannover 
als Sängerin gewirkt hatte, nach Neustrelitz. Von 
seinen Kompositionen erschienen: Flötenkonzert 
op. 3, Violinkonzert op. 15, Violinsonaten bzw. 
Soli mit B.c. op. 1, 6, 18 (Divertissements) für V. 
allein ohne B.c. op. 10 (Fugen), 12 (Priludes), 20 
(Raccolta di 101 pezzi), Duetti für 2 V. op. 7 
(3 Thimes variis ), op. 9 (concertants), op. 14 (fadles 
et progr.), op. 13 (Polonaises, 2. V. ad libitum), op. 
16 (Uiltusion de la Viole d'amour av. acc . de Via.), 
op. 19; 41 Caprices pour FAlto Viola op. 22, eine 
Violinschule Metodo per Violino (Mailand 1797, 
2 1803; deutsch und französisch 1827, englisch 
1856). 

Ausg.: Violinsonaten op. 1, hrsg. v. J. Venzl, Mai- 
land; die 41 Caprices op. 22 neu hrsg. in Lpz. u. 
Mailand; Violinduette erschienen wiederholt in Ein- 
zelausg. u. Sammelwerken. 4 Präludes (solo) sowie 
2 Fugues pour violon seul (op. 10), in: Les Mattres 
dassiques du violon . . ., hrsg. v. D. Alard, Mainz. 
Lit.: G. Atti, Biogr. di B. C. da Cento, celebre Vio- 
linista, Bologna 1852; W. Schmid, Aus einer C.- 
Studie, in: Neue Musikzeitung IL, 1928. 


Campardon (käpard'S), Emile, * 18. 7. 1834 und 
f 23. 2. 1915 zu Paris; französischer Musikforscher, 
Schüler und später Archivar der Ecole des Chartes, 
verdienter Historiker über die Musik vor der Re- 
volutionszeit, schrieb u. a. auch die die Musik der 
Zeit angehenden Werke: Les spectacles de la foire 
(1877), Les comidiens du roi de la troupe italienne 
(1880), Vacadhnie royale de musique au XVIII* 
sikle (Paris 1884, biographisches Lexikon der Pa- 
riser Großen Oper). 

Campbell (k'sempbsl), Alexander, * 22. 2. 1764 
zu Tombea am Loch Lubnaig, f 15. 5. 1824 zu 
Edinburgh; schottischer Organist, der Musik- 
lehrer Walter Scotts, Sammler und Bearbeiter 
schottischer und englischer Volkslieder (Albyn's 
Anthology , 2 Bände, 1816-18 mit neuen Texten 
von W. Scott), war selbst Komponist populär ge- 
wordener Melodien und schrieb A Conversaäon on 
Scottish Song-Sangs . . . (Edinburgh 1798). 

Campenhout (k'amponhaut), Francois van, * 5. 
2. 1779 und f 24. 4. 1848 zu Brüssel; belgischer 
Komponist und Sänger, zuerst Violinist am Thdä- 
tre de la Monnaie, später geschätzter Tenorist dort 
und an anderen belgischen, holländischen und fran- 
zösischen Bühnen bis 1827, lebte danach in Brüssel 
der Komposition. Er schrieb 6 Opern und mehrere 
Bühnenmusiken, 9 Kantaten, Kirchenmusikwerke, 
Lieder sowie den 1830 entstandenen belgischen 
Nationalgesang, die Brabanqonne. 

Campian (k'acmpjon), Thomas (Campion), 

* 12. 2. 1567 und f 1* 3* 1620 zu London; eng- 
lischer Mediziner, Dichter und Komponist, gab 
1595 einen Band lateinischer Gedichte heraus, 
ferner 1602 Observations on english poetry, ein Buch 
Ayres (mit Laute oder Orpharion und Baßviola 
1601, zusammen mit Rosseter, eine der allerersten 
Nachahmungen Cacdnis), vier weitere Bücher 
Ayres (1.-2. um 1613, 3.-4. 1617, das 2. Buch ad 
libitum für 2-4 Singst, oder für eine St. mit Be- 
gleitung); ein Lehrbuch A New Way of Making 
Foure parts in Counter-Point erschien 1613 ( 2 1655 
mit Zusätzen von Chr. Simpson), auch schrieb er 
Masques (Maskenspiele) und Gelegenheitskompo- 
sitionen. 

Ausg.: die 4 Bücher Ayres hrsg. v. E. H. Fellowes, 
Engl. Lutenist School, Second Series, 1, 2, 10 u. 11; 

7 Ayres, hrsg. v. Ch. K. Scott u. A. Thorogood, 
Euterpe Nr 8-11 u. 55, London (1929; davon 6 in 
Euterpe IV, IX, XII u. XIII, 1907-12); die literarischen 
Werke C.s wurden 1909 v. P. Vivian hrsg. 

Lit: M. Kastendieck, Englands Musical Poet Th. 
Campion, London 1938. 

Campion (käpj'5), Francois, * um 1686 zu 
Rouen, f um 1748 zu Paris; französischer Theor- 
bist an der Großen Oper in Paris (1703-19), gab 
heraus: Nouvelles dicouvertes sur la guitare (Paris 
1705); Traiti d*accompagnement et de composition 
selon la rlgle des octaves (Amsterdam 1716, eine der 
ersten Darstellungen der in Italien allmählich her- 
ausgebildeten a-vista-Harmonisierung unbezifFerter 
Bässe; -+ Regola delVOttava) sowie Zusätze zum 
letztgenannten Werk ( Addition au traiti d'accom- 
pagnement . . Paris 1739). 

Ausg.: 20 pifcces du livre de tablature de guitare par 
C., hrsg. v. L. Baille, Paris 1933. 


271 



Campioni 


Campipni, Carlo Antonio, * 1720 zu Livorno, 
t 1793 zu Florenz; italienischer Komponist, Her- 
zoglicher Kammermusikdirektor und Kapell- 
meister um 1764-80 in Florenz, angesehener Kom- 
ponist von Kirchenmusik (Requiem* Offertorien, 
Responsorien), besonders aber von Instrumental- 
musik, dessen Werke in London und Amsterdam 

f edruckt wurden: Triosonaten op. 1-7, Duos für 
V., für V. und Vc. op. 8 und op. 9 und Sonatas 
for the harpsichord . In der Bibliothek des Konser- 
vatoriums zu Florenz wird von C. ein handschrift- 
licher Trattato teorieo e pratico delUaccompagnamento 
del cimbalo aufbewahrt. 

Lit.: C. Floros, C. A. C. als Instrumentalkomponist, 
Diss. Wien 1955, maschr. 

Campoy Zabaleta, Conrado del, * 28. 10. 1879 
und t 16. 3. 1953 zu Madrid; spanischer Kompo- 
nist, Schüler des Madrider Konservatoriums (E. 
Serrano) und von Chapf, war Leiter der Harmonie- 
und Kompositionsklassen des Königlichen Kon- 
servatoriums. C. schrieb die Opern: El final de 
Don Alvaro (1911), La tragedia del beso (1915), El 
Avapits (1919), sämtlich am Madrider Königlichen 
Theater aufgeführt; ferner La Doma desconocida, La 
Culpa, Leonor Ttllez , Romeo y Julieta, Dies Irae, 
La Malquerida (Text von Benavente), Einakter 
Fantochines, La flor del agua, Paole e Francesco, El 
rey trovador, Lady Godiva, Lola la Piconera (1950); 
die symphonischen Dichtungen La Divina Comedia, 
Granada, Don Juan de Espaha sowie eine 4sätzige 
orientalische Fantasie Kasida ; EvocaciSn Medieval 
und Aires, airinos, aires für Chor und Orch.; 
8 Streichquartette, darunter das in Spanien be- 
rühmte Caprichos Romdnticos; kirchliche Werke 
und kleinere Stücke. Im Gegensatz zu M. de Falla 
und Turina, die vom französischen Impressionis- 
mus beeinflußt sind, steht C. der deutschen Schule 
(Liszt, Strauss) als Orchesterkomponist nahe. Er 
schrieb zahlreiche kritische Artikel und hielt Vor- 
trage über spanische Musik. 

C^mpoli, Alfredo, * 20. 10. 1906 zu Rom; eng- 
lischer Violinist italienischer Herkunft, lebt in Lon- 
don. Schon mit 10 Jahren gab der von seinem 
Vater, einem Geigenlehrer an der Accademia di 
Santa Cecflia zu Rom, Ausgebildete in Rom seine 
ersten Konzerte. 1919 erspielte er sich die Gold- 
medaille des London Music Festival. In der Folge- 
zeit gründete er ein kleines Orchester, das bis zum 
Ausbruch des Krieges bestand. Er konzertierte mit 
führenden Orchestern, unternahm Konzertreisen 
durch Europa und nach 1950 auch nach Australien, 
Asien, den USA, K a n ada, Ost- und Südafrika, der 
UdSSR, Südamerika und tritt im Rundfunk und 
Fernsehen auf. 

Campra (käpria), Andrd, getauft 4. 12. 1660 zu 
Aix-en-Provence, t 29« 6. 1744 zu Versailles; der 
bedeutendste französische Opemkomponist der 
Zeit zwischen Lully und Rameau, Sohn eines aus 
Turin eingewanderten Chirurgen, 1674 Chorknabe 
an S. Sauveur in Aix, Schüler von Poitevin, 1678 
Priester, wurde 1681 Kapellmeister von S. Tro- 

{ jhime in Arles und 1683 von S. Etienne in Tou- 
ouse. Anfang 1694 nahm er einen viermonatigen 
Urlaub nach Paris, wo er schon am 21. 7. 1694 als 
Kapellmeister an NotreDame angestellt wurde. 
Aber schon 1697 brachte er anonym eine Ballett- 


oper VEurope galante mit durchschlagendem Er- 
folg auf die Bühne (1698 umgearbeitet), brachte 
1693 ein Divertissement Vtnus, feste galante zur 
Aufführung und 1699 das Ballett Le camaval de 
Vetiise unter dem Namen seines Bruders Joseph 
(C. cadet, Violaspider an der Oper). Er trat 1700 
von der Stellung an Notre-Dame zurück, da sie 
sich nicht mit der Tätigkdt für die Bühne vertrug. 
Auch die 1698-1700 in den Airs sirieux et ä boire 
veröffentlichten Lieder von C. le cadet sind ver- 
mutlich von Andrö C. 1723 wurde er Königlicher 
Kapellmeister und Direktor der Musikpagen. 
Seine Opern haben die Titd: VEurope galante 
(1697, einige Nummern von Destouches), Le cama- 
val de Venise (1699), Htsione (1700), Arithuse (1701), 
Tancrtde (1702), Les Muses (1703), Iphigtnie en 
Tauride (1704, mit Desmarets), Tiltmaque (1704), 
Alcine (1705), Hippodamie (1708), Les fites vtni- 
tiermes (1710), Momente (1712), Les amours de Vtnus 
et de Mars (1712), Ttlkphe (1713), Camille (1717), 
Les dges (1718, Ballcttoper), Achille et Dtidamie 
(1735), wozu eine Anzahl Divertissements und 
Heinere Opern für die Hoffeste zu Versailles kom- 
men, sowie (gedruckt) 3 Bücher Kantaten (1708 
bis 1728), 5 Bücher Motetten 1-3 v. mit Instru- 
menten (1695-1720) und eine 4st. Messe (1699). 

Ausg.: im Kl.-A. erschienen d. Opern L’Europe ga- 
lante, hrsg. v. Th. Lajarte, Paris (1879), sowie 
Tancrfede u. Les ffites v6nitiennes, hrsg. v. A. Guil- 
mant, Paris (1881 u. 1883). - Zu Einzelausg. v. Arien 
(z. T. aus Kantaten) u. Motetten vgl. d. Aufzählung 
in MGG. 

Lit.: A. Pougin, A. C., in: Revue et Gazette Musicale 
de Paris 1861; L. de La Laurencie, Notes sur la 
jeunesse d’A. C., SIMG X, 1908/09; ders., A. C. Mu- 
sicien profane, in: Annöe Musicale 1913; ders., 
»L’Orfeo neirinferi« d’A. C., Rev. de Musicol. 1928; 
P.-M. Masson, Les fStes vönitiennes de C., Rev. de 
Musicol. 1932; M. Barth£lemy, L’orchestre et 
l’orchestration des oeuvres de C., in: RM, Sonder-Nr 
226, 1955. 

Cam^ssi, Ezio, * 16. 1. 1883 zu Florenz; italie- 
nischer Komponist, Schüler von Sgambari in Rom 
und Massenet in Paris, Komponist der Opern La 
Du Barry (Maüand 1912), I Juochi di San Giovanni 
(Mailand 1920); H donzello; Scampolo (Triest 1925) ; 
Prindpessa lontana; außerdem schrieb er: Baletto 
sinfonico, Pantomima romantica, Rifiessi Goldoniani, 
5 Pezzi lirici für Orch.; Fantasticherie für kleines 
Orch.; GV Intermezzi giocosi für Puppentheater; 
Scene medioevali für V. und Orch. 

Can^l, Marguerite, * 29. 1. 1890 zu Toulouse; 
französische Komponistin, ab 1903 Schülerin des 
Pariser Conservatoire (Paul Vidal), gewann 1920 
den 1. Rompreis für ihre dramatische Ton- 
dichtung Don Juan ; seit 1919 Titularprofessor am 
Conservatoire. Sie schrieb gegen 100 Lieder, Vio- 
Jin-, Klavier- und Violoncellstücke, Violinsonate. 

Cannes, Manuel, * 22. 3. 1747 und f 1784 zu 
Toledo; spanischer Komponist, von dem man 
zwei gestochene Sammlungen von Streichquar- 
tetten, Seis Cuartetos op. 1 und op. 3, kennt. 

Lit. : J. Subirä, La müsica en la casa de Alba, Madrid 
1927. 

Can?li, Floriano (Canale); Komponist italie- 
nischer oder franko-flämischer Herkunft, 1581 bis 
1603 Organist an San Giovanni Evangelista in 


272 



Canobbio 


Brescia, gab heraus ein Buch 4st. Messen, Introitus 
und Motetten (1588), je ein Buch 4st., 5st. und 6st. 
Sacrae cantiones (1581, 1602 und 1603), Psalmodia 
4-5 v . (1575), 3st. Kanzonetten (1601) und 4-8st. 
Canzoni da sonor (1600). 

Canali, Isabella -> Andreini. 

Canav^sso, die Brüder Alessandro und Joseph, 
lebten um 1735-53 in Paris. Alessandro gab Vio- 
loncellosonaten op. 2 heraus, Joseph Violinsonaten 
mit B. op. 1 und 2 sowie Sonaten für V., Va, Vc. 
und B.c. 

Candael (k'andarf), Karel, * 4. 9. 1883 zu Ant- 
werpen, f 27. 3. 1948 zu Rotterdam; belgischer 
Komponist und Dirigent, betrieb seine Musik- 
studien am Konservatorium von Antwerpen, an 
dem er 1919 als Lehrer angestellt wurde (Solftge, 
1925 Theorie, 1934 Kontrapunkt). 1911-19 leitete 
er das Orchester am Niederländischen Theater in 
Antwerpen, wirkte dort später auch als Dirigent 
an der Königlich Flämischen Oper und wurde 
1937 musikalischer Leiter der flämischen Sen- 
dungen des belgischen Rundfunks. Sein Schaffen 
umfaßt ein Oratorium La vie de Marie (1943), 
Bühnenmusiken, eine choreographische Phantasie 
Le Cantique des Cantiques (1935), eine Symphonie de 
danse (1941, unvollendet), Konzertsuite aus dem 
Ballett Les sept pkhis capitaux (1927), Potme en 
forme de rhapsodie für Orch. (1931), Kantaten und 
a-cappella-Chorwerke, kleinere Instrumentalstücke 
und 114 Lieder. Als Dirigent setzte sich C. nach- 
drücklich für das Werk von P. Benoit ein. 

Candeüle (kad'ga), Amdlie-Julie (Simons-C.), 
* 31. 7. 1767 und 1 4. 2. 1834 zu Paris; französische 
Komponistin, Tochter des Opemkomponisten 
Pierre-Joseph C. (* 8.12.1744 zuEstaire, "f2A. 
4. 1827 zu Chantilly), debütierte 1782 als Iphigenie 
in Glucks Iphigenie en Aulide mit großem Erfolg an 
der Pariser Opdra, verließ diese aber schon 1783, 
um als Schauspielerin an das Thdätre fran^ais über- 
zugehen, welchem sie bis 1796 angehörte. Ab 1802 
lebte sie, von ihrem als Wagenfabrikant erfolglosen 
Gatten Simons geschieden, als Musiklehrerin in 
Paris und vermahlte sich 1821 mit einem Maler 
Pi6ri6 (f 1833), dem sie die Direktorstelle der Zei- 
chenschule in Nimes verschaffte. Frau C. brachte 
1792 ein Singspiel La belle fermibre , das sie gedichtet 
und komponiert hatte, im Th6ätre fran$ais mit Er- 
folg zur Aufführung; sie spielte darin die Titelrolle, 
sang und begleitete sich am Klavier und mit Harfe. 
1807 erlebte sie mit einer komischen Oper Ida, 
Vorpheline de Berlin Fiasko. Im Druck erschienen 3 
Klaviertrios, 4 Klaviersonaten, eine Sonate für 
2 Kl., die Lieder aus der Belle fermibre und einige 
Romanzen und Klavierphantasien. 

Gauls, Cornelius (de Hondt), * wahrschein- 
lich zu Gent, f 15.2.1561 zu Prag; franko- 
flämischer Komponist, wurde als Nachfolger Gom- 
berts 1542 maistre des enffans der grame chapelle 
Kaiser Karls V. Zusammen mit den eb enf a l ls dort 
tätigen Komponisten Crecquillon und Payan er- 
scheint er in einer von S. Salminger herausgegebe- 
nen Sammlung Cantiones selectissimae (Augsburg 
1548). 1555 legte er in Brüssel sein Amt nieder und 
zog sich nach Gent zurück, trat aber später in den 


Dienst Kaiser Ferdinands I. Von C., der sich stili- 
stisch Gombert anschließt, sind bis jetzt in Hand- 
schriften und Sammeldrucken (1542-69) bekannt: 
eine 6st. Messe, 25 4-6st. Motetten und 24 4-5st. 
Chansons. 

Lit : E. Van der Straeten, La musique aux Pays- 
Bas, 8 Bde, Brüssel 1867-88; A. W. Ambros, Gesch. 
d. Musik III, Breslau 1868, hrsg. v. O. Kade, Lpz. 
^1893 ; A. Sandberger, Beiträge zur Gesch. d. baye- 
rischen Hofkapelle III, Lpz. 1895; D. v. Bartha, 
Probleme d. Chansongesch. ZfMw XIII, 1930/31; 
J. Schmidt-Görg, N. Gombert, Bonn 1938; H. 
Albrecht, Zwei Quellen . . ., Mf I, 1948. 

C^nnabich, - 1) Johann Christian, getauft 28. 
12. 1731 zu Mannheim, f 20. 1. 1798 zu Frankfurt 
am Main; deutscher Komponist. Sein Vater Mat- 
thias Franz C. (f 1773 zu Mannheim) war Flö- 
tist im Mannheimer Hoforchester und Flötenlehrer 
des Kurprinzen Karl Theodor. Christian C. trat 
schon mit 13 Jahren in das Hoforchester ein, war 
Schüler von J. Stamitz und studierte 1753 bei Jom- 
melli in Rom. Nach seiner Rückkehr aus Italien 
wurde er 1758 Konzertmeister des Mannheimer 
Orchesters, 1774 Direktor der Instrumentalmusik 
und siedelte 1778 in gleicher Eigenschaft mit dem 
Hofe Karl Theodors nach München über. Er 
schrieb die Opern Azakia (Mannheim 1778) und 
La Croisie (Paris 1788), ein Melodrama Elektra 
(Mannheim 1780), ungefähr 40 Ballette und 90 
Symphonien, auch Violinkonzerte, Orchestertrios, 
Quartette und Quintette. C. führte den Stil J. 
Stamitz* weiter; wenn er auch nicht über dessen 
Originalität verfügte, so war er doch der aner- 
kannte Führer der jüngeren Mannheimer Genera- 
tion und der Vermittler der Errungenschaften die- 
ser Schule besonders gegenüber Mozart. Er ist 
weniger in der Form über die Symphonien seiner 
Vorgänger hinausgegangen als vielmehr in der In- 
strumentation, da er alle Instrumente gleichmäßig 
am thematischen Aufbau beteiligt. Sein Sohn - 2) 
Carl August C. (getauft 11. 10. 1771 zu Mann- 
heim, f 1. 5. 1806 zu München) war ebenfalls 
Violinist und Kapellmeister, ab 1800 Hof-Musik- 
direktor in München; er schrieb Opern, Sympho- 
nien, Klavierstücke und eine Kantate Mozarts Ge- 
daechtnis Feyer (München 1797). 

Ausg. : Sinfonia a 12 B dur u. Ouvertüre C dur, hrsg. 
v. H. Riemann, DTB VIII, 2; Streichquartett Emoll 
op. 5 Nr 2, hrsg. v. H. Riemann, DTB XV. 

Lit: Thematischer Kat. d. Symphonien, v. H. Rie- 
mann, DTB III, 1; Thematischer Kat d. Kammer- 
musik, v. H. Riemann, DTB XV ; Thematischer Kat 
d. Werke v. M. Fr. C., v. H. Riemann, DTB XVI. - 
H. Hofer, Chr. C., Diss. München 1921, maschr.; 

R. Kloiber, Die dramatischen Ballette v. Chr. C., 
Diss. München 1927; A. Sandberger, Chr. C., Die 
Propyläen (Beilage zur Münchener Ztg), XXIX, 1932; 
E. L. Stahl, Mozart am Oberrhein, Straßburg 1942, 

S. 16 f. u. 43, darin auch ein Bild C.s. 

Cangbbio, Carlo; italienischer Komponist des 
18. Jh., schrieb 1773^83 drei Ballette für Venedig, 
war 1779-1800 Kammerviolinist am Kaiserlichen 
Theater in St. Petersburg und schrieb dort die Bal- 
lette Ariadne und Bacchus (1789), Pyramus und 
Thisbe (1791) und gemeinschaftlich mit Sarti und 
Paschkewitsch die Musik der historischen Vorstel- 
lung Olegs erste Regierungszeit (1791 gedruckt, 
Text von Katharina II.). Außerdem komponierte er 


18 


273 



Cantelli 


2 Symphonien, 6 Sonaten für Gitarre und V. (als 
op. 2 in Petersburg erschienen) und einige Arien 
und Duette. 

Cant$Ui, Guido, * 27. 4. 1920 zu Novara, f 24. 
11. 1956 bei Orly (Paris, Flugzeugabsturz) ; italie- 
nischer Dirigent, absolvierte 1942 das Mailänder 
Konservatorium (Ghedini und Pedrollo) und be- 
gann 1943 seine Laufbahn als Orchesterleiter. Vor- 
übergehend in einem deutschen Arbeitslager inter- 
niert, nahm er 1945 seine Dirigententätigkeit von 
Mailand aus wieder auf und konzertierte seitdem 
in den Hauptstädten Europas und der USA. 1951 
wurde er zum Leiter des Philharmonia Orchestra 
nach London berufen, 1956 zum Direktor des Mai- 
länder Scala-Orchesters bestellt, mit dem er wie- 
derholt Auslandstoumeen unternahm, überall als 
einer der hervorragendsten Dirigenten der neue- 
sten Zeit gefeiert. 

Canteloube (käfc>l'u:b), Joseph, * 21. 10. 1879 
zu Annonay (Ard&che), f 5. 11. 1957; französischer 
Komponist, wurde 1901 Schüler von d’Indy an der 
Schola Cantorum; daneben sammelte er franzö- 
sische Volkslieder, als deren bester Kenner er noch 
heute gilt. In vielen seiner Kompositionen verarbei- 
tete »Volkslieder. Er schrieb: Colloque sentimental für 
Singstimme und Streichquartett (1903); sympho- 
nische Dichtung Vers la princesse lointaine (1911); 
Oper Le Mas (geschrieben 1910-13, aufgeführt 
Paris 1929) ;Lauriers für Orch. (1929) ; Oper Verdn- 
gitorix (geschrieben 1930-32, auf geführt Paris 1933) ; 
Pihesfrangaises für Kl. und Orch. (1935) ; Pobne für 
V. und Orch. (1937) ; Bläsertrio Rustiques (1946) ; 
Klavierstücke; Lieder und Gesänge. - Ferner viele 
Volksliedausgaben in verschiedenen Besetzungen, 
die umfassende Anthologie des chants populairesjran- 
f ais (4 Bände, Paris 1951 und die Bücher: Les 
chants des provinces francaises (Paris 1946), Vincent 
d’Indy (Monaco 1949), Vincent d'Indy (Paris 1949) 
und Ddodat de Sdverac (Paris 1951). 

Lit: L. G. Boursiac, C, Toulouse 1941. 

Capdevieüe 0capcbyj'el), Pierre, * 1. 2. 1906 zu 
Paris; französischer Dirigent und Komponist, ab 
1924 Schüler des Pariser Conservatoire (G&lalge, 
VIdal), ab 1926 Privatschüler von V. d*Indy und 
M. Emmanuel. Lange Zeit als Musikkritiker beim 
Monde musical und der Revue musicale tätig, Vam 
C. 1944 als Dirigent zum französischen Rundfunk. 
Seine Kompositionen umfassen eine Oper (mythe 
lyrique) Les amants captifs (1950), Bühnenmusiken, 
Chorwerke {Pirigrinos 1941, VUe rouge 1946), Or- 
chesterwerke (symphonische Dichtung Incantation 
pour la mort i funjeune Spartiate 1931, Suite Moliba: 
Alceste, Agrite , Scapin, 1947), Kammermusik, 
Lude für KL (1943), Lieder nach Gedichten von 
Ap ol l in a ir e, Baudelaire, Drouot, Suarfcs und Rilke. 

Cape (ke:p), Safford, * 28. 6. 1906 zu Denver; 
amerikanischer Dirigent, lebt seit 1925 in Brüssel, 
wo er Komposition bei Moulaert und Musik- 
geschichte bei van den Borren studierte. In den 
Jahren 1928-32 ist C. vor allem als Komponist her- 
vorgetreten (ein Klaviertrio, ein Streichtrio, Kla- 
vierstücke, Lieder und Gesänge). Seit 1932 leitet 
er die Gruppe Pro Musica Antiqua, mit der er vor- 
nehmlich Musik des 12. bis 16. Jh. in verschiedenen 
Besetzungen aufführt. Die Tätigkeit der Gruppe 
wurde in den Kriegsjahren 1940-44 unterbrochen. 


hat aber seitdem mit vielen Auslandsreisen und 
Schallplattenaufnahmen einen erhöhten Auf- 
schwung genommen. Ihr Ruf ist begründet in der 
außerordentlichen Kultiviertheit, mit der Sänger 
und Instrumentalsten die Werke zugleich Stil- und 
effektvoll vortragen, die C. selbst (in Zusammen- 
arbeit mit seinem Schwiegervater Ch. van den 
Borren) bearbeitet. 

Capell (k'e:psl), Richard, * 23. 3. 1885 zu Nort- 
hampton, f 21. 6. 1954 zu London; englischer Mu- 
sikkritiker, war ab 1911 Kritiker der Daily Mail, 
ab 1933 des Daüy Telegraph. Er schrieb: Schu- 
bert^ Songs (London 1928) und Opera (London 
1930, erweiterte Neuauflage 1948). 1937 erwarb 
Capell die von A. H. Fox Strangways gegründete 
und herausgegebene Zeitschrift Music & Letters, 
die er ab 1950 selbst herausgab. 

Lit.: R. C. 23. 3. 1885 - 21. 6. 1954, in: ML XXXV 
1954; G. Willner, R. C. in Egypt, in: ML XXXVI 
1955. 

Capelia, Martianus Minneus Felix-* Mar tianus 
Minneus Felix Capelia. 

Capellen, Georg, * 1.4.1869 zu Salzuflen 
(Lippe), f 19. 1. 1934 zu Hannover; deutscher Mu- 
siktheoretiker, studierte in Tübingen, Göttingen 
und Berlin zuerst Phüosophie, dann Jura, legte 
die beiden Staatsexamina ab und war 2 l h Jahre als 
lippescher Beamter tätig, trat aber von 1901 an als 
Musiktheoretiker an die Öffentlichkeit, der vor 
allem den exotischen Stil in seiner Bedeutung für 
die Musikpraxis der Gegenwart gewürdigt hat. Er 
lebte ab 1914 in Hannover als Redakteur und Mu- 
sikreferent. Seine Hauptwerke sind: Die Freiheit 
oder Unfreiheit der Töne und Intervalle (Leipzig 1904), 
Ein neuer exotischer Musikstil (Stuttgart 1906) und 
Fortschrittliche Harmonie- und Melodielehre (Leipzig 
1908). 

Capet (kap'e), Lucien, * 8. 1. 1873 und f 18. 12. 
1928 zu Paris; französischer Violinist, war 1888 bis 
1893 am Pariser Conservatoire Schüler von J.-P. 
Maurin, einem Schüler Baillots und Habenecks, 
wurde 1896 Sologeiger im Orchester von Charles 
Lamoureux, 1899 Lehrer am Conservatoire de Ste- 
Cdcile in Bordeatnc, 1907 Leiter einer Kammermu- 
sik-Klasse am Pariser Conservatoire. 1924 wurde er 
zum Direktor des Institut de Violon in Paris er- 
nannt. Daneben trat er (bis 1921) als Solist auf und 
führte ab 1893 ein Streichquartett, das besonders 
mit der Interpretation Beethovenscher Quartette 
Weltruhm erlangte. Als Lehrer hat C. besonders 

mit dem Buch La Technique supirieure de Varchet 
(Paris 1916). Er komponierte 5 Streichquartette; 

2 Violinsonaten; Aria für V., Va und KL; Violin- 
etüden; Pobne für V. und Orch.; Devant la mer für 
Singstimme und Orch. ; PrHude religieux für Orch. ; 
symphonische Dichtung Le Rouet; Psalm XXIII 
für Soli, Chor und Orch. 

Caplet (kapl'e), Andrd, * 23. 11. 1879 zu Le 
Havre, f 22. 4. 1925 zu Paris ; französischer Kompo- 
nist und Dirigent, lernte zuerst in Le Havre Violin- 
spiel und spielte dort schon mit 12 Jahren im Thea- 
terorchester, wurde 1896 am Pariser Conservatoire 
Schüler von Lenepveu, Leroux und P. Vidal, 1901 
Rompreisträger. Daneben dirigierte er bereits in den 
Concerts Colonne. Nach seiner Rückkehr aus Rom 


274 




Caprioli 


arbeitete er noch unter Anleitung Debussys. 1910 
bis 1914 war er Dirigent der Boston Opera Com- 
pany. Die Folgen einer im Kriege erlittenen Gas- 
vergiftung zwangen ihn später, die Dirigenten- 
laufbahn aufzugeben. Er senrieb: Quintett für Kl. 
und Bläser (1898) ; Orchester suite nach persischen 
Volksmelodien (1900); Kantate Myrrha (für den 
Rompreis, 1901) ; La masque de la mort rouge (nach 
E. A. Poe) für Harfe und Orch. ; Septett für Streichr 
quartett und 3 Frauenst. (1909) ; Messe für 3 Frau- 
enst. a cappella (1922) ; Conte Fantastique für Harfe 
und Streichquartett (1923); Epiphanie für Vc. und 
Orch. (1923); weitere Kammermusik, Klavier- 
stücke (auch zu 4 Händen), Lieder sowie Bearbei- 
tungen von Werken Debussys. 

Lit.: Y. Marc, A. G, Paris (1924); D. Sordet, 
Douze chefs d’orchestre, Paris 1924; G. Samazeuilh, 
Musidens de mon temps, Paris 1947. 

Capocci (kap'ottfi), - 1) Gaetano, * 16. 10. 1811 
und f 11. 1. 1898 zu Rom; italienischer Komponist, 
war zuerst Organist an Santa Maria in Vaflicdla, 
ab 1839 an Santa Maria Maggiore, wurde 1865 
Kapellmeister von San Giovanni in Lateran o und 
schrieb viel Kirchenmusik, darunter die Oratorien 
Battista (1833) und Assalone (1842). - 2) Filippo, 
* 11. 5. 1840 und f 25. 7. 1911 zu Rom, Sohn und 
Schüler von Gaetano C.; italienischer Komponist, 
wurde 1875 Organist und 1898 als Nachfolger sei- 
nes Vaters Kapellmeister an San Giovanni in Latc- 
rano. Außer einem Oratorium San Atanasio (1863) 
schrieb er zahlreiche Orgelwerke, darunter 6 So- 
naten. 

Lit. : A. de Santi, II M° F. C., Rom 1888 ; C. Zandotit, 
G. C., Rom 1898. 

Cappa, Goffredo (Jofredus), * um 1644, f 6. 8. 
1717 zu Saluzzo (Piemont); italienischer Geigen- 
bauer, Schüler von Nicola Amati, wirkte in Sa- 
luzzo und gründete dort eine Geigenbauerschule. 
Lit: W. L. v. Lütgendorff, Die Geigen- u. Lau- 
tenmacher, Ffm. 1904, 3-61922. 

Cappi, - 1) Giovanni (Jean), f 1816; Österreichi- 
scher Musikverleger, war 1793-1801 mit T. Mollo 
Teilhaber der Firma Artaria & Comp., gründete 
aber 1802 mit Pietro C. einen eigenen Musikver- 
lag, den nach seinem Tode die Witwe Magdalena 
C. und 1822-24 ein Sohn Karl C. weiterführten. 
Dann trat wiederum Pietro C. als Partner ein 
(Cappi &Comp.), 1826 Joseph Czerny (Cappi 
& Czerny). 1832 kaufte Matthias Trentsensky 
den Verlag (ab 1833: Trentsensky und Vie- 
weg), der sich 1837 mit Eduard Mollo (f 8. 5. 
1842) assoziierte. Unter dessen Teilhaber und Nach- 
folger Adolf Othmar Witzendorf erlangte der 
Verlag wieder einige Bedeutung, verlor sie aber 
nach dessen Tode unter der Leitung von W.s 
Witwe Ernestine W. und deren Nachfolger C. 
Lacom (ab 1851), bis er um 1866 von C. A. Spina 
(s. u.) übernommen wurde. - 2) Pietro (Peter); 
Österreichischer Musikverleger, 1802-05 und wie- 
der 1824-28 Teilhaber der Firma seines Vetters 
(oder Onkels) Giovanni C., war 1805-16 Teilhaber 
bei Artaria & Comp, und gründete 1816 den Ver- 
lag »Peter Cappi«. 1818 trat A. Diabelli als Part- 
ner ein (Cappi & Diabelli), der nach C.s Austritt 
(1824) C. A. Spina als Teilhaber aufnahm (Dia- 
belli & Comp.), 1851 übernahm dieser den Verlag 
allein und firmierte 1857-72 »C. A. Spina«. Ihm 


folgte Friedrich Schreiber, dessen Verlags- 
bestände 1879 an A. Cranz in Hamburg (nach 3- 
jähriger Teilhaberschaft) übergingen. Diabelli & 
Comp, erwarben um 1833 die Verlage von Mat- 
thias Artaria und von Anton Pennauer, Spina 
1857 die Firma Pietro Mecchetti quondam 
Carlo. 

Lit.: O. E. Deutsch, Music Publishers’ Numbers, 
The Journal of Documentation I— II, 1946-47, separat 
London 1946; A. Weinmann, Wiener Musikverleger 
... bis gegen 1860, SB Wien CCXXX, 4, 1956. 

Capra, Marcello, * 27. 4. 1862 und f 1. 7. 1932 
zu Turin; italienischer Musikverleger, war zuerst 
Offizier, ging aber 1889 zur Musik über, war 1895 
noch Schüler von Haberl, M. Haller und J. Renner 
junior an der Regensburger Kirchenmusikschule 
und gründete 1896 die Edmone Marcello Capra in 
Turin (später in eine Aktiengesellschaft umgewan- 
delt als Sodeta Tipografico-Editrice Nazionale = 
STEN). Ab 1899 gab er die Zweitschrift Santa Ceri- 
lia heraus; er selbst schrieb: Psicofisiologia delpiano- 
forte (Turin 1920). 

Capricpmus, Samuel Friedrich (Bockshorn), 
* 21. 12. 1628 zu Schertitz (Böhmen), f 10. 11. 
1665 zu Stuttgart; war Sohn eines Pfarrers, der 
kurz nach seiner Geburt nach Ungarn fliehen 
mußte, studierte erst Theologie in Schlesien, um 
1649 aber in Wien Musik, wurde 1651 Musikdirek- 
tor in Preßburg, 1657 Hofkapellmeister in Stutt- 
gart. C. ist einer der bemerkenswertesten deut- 
schen Komponisten des 17. Jh. für Gesang mit In- 
strumenten. Seine Hauptwerke sind: Opus musi- 
cum, l-8st. mit Instrumenten (Nürnberg 1655); 2 
Teile l-3st. Geistliche Concerten (Nürnberg 1658 
und 1665) ; 3 Teile Geistliche Harmonien , 2-3st. mit 
2 V. (Stuttgart 1659, 1660 und 1664); Jubilus Ber - 
nardi, 5st. mit Instrumenten (Nürnberg 1660); So- 
naten und Canzonen, 3st. (Nürnberg 1660); 2 
Teile Theatrum Musicum , 3st. mit Instrumenten 
(Würzburg 1669); Scelta musicale (Frankfurt 1669); 
Opus aureum Missarum (Frankfurt 1670); 2 Teile 
Neu angestimmte und erfreuliche Tafelmusik , 1. Teil 
für 2-5 Singst, und B.c., 2. Teil für 3-4 Instr. 
und B.c. (Frankfurt 1670 und 1671); Sonus 
redactus cum Basso ad Organum (Frankfurt 1670). 
Ferner schrieb er Messen, ein Miserere, Geistliche 
Konzerte, Sonaten, 6 Orgelpraeludien sowie eine 
Oper Raptus Proserpinae (Stuttgart 1662 und ein 
Ballett. 

Ausg.: Der Gerechten Seelen, Geistliches Konzert f. 
4 St., Streicher u. Org., hrsg. v. B. Grusnick, Kassel 
u. Basel 1952. 

Lit.: J. Sittard, Zur Gesch. d. Musik u. d. Theaters 
am Württembergischen Hofe, 2 Bde, Stuttgart 1890; 
ders., S. C. contra Ph. F. Böddecker, S1MG III, 
1901/02; M. Brenet, Les Oratorios de Carissimi, 
RMI IV, 1897; H. Büchner, S. F. C., Diss. München 
1921, maschr. 

Capripli, Carlo (Caproli) auch Carlo dd Violino 
genannt; italienischer Komponist des 17. Jh., 
wurde 1653 von Mazarin nach Paris berufen, wo er 
die Oper Le nozze di Peleo e Teti am 14. 4. 1654 zur 
Aufführung brachte (Text von Buti). Er ging dann 
wieder nach Rom zurück, wo er 1683 ein Orato- 
rium Davide schrieb. Ferner komponierte er un- 
gefähr 65 Kammerkantaten und -duette. 

Ausg.: Navicella ch’a bei vento, Aria f. 3 S. u. B.C., 
Torchi V, S. 216. 


18 * 


275 



Capron 


Lit: H. PRUNifeRES, L’opära Italien en France..., 
Bibi, de l’Inst Fr?, de Florence I er sdrie, t. III, 
Paris 1913, darin: Chi puö, Nina, Canzone f. S. u. 
B.c., Anh. S. 13, u. Werkverz. S. 390; A.Tessier, 
G. Torelli a Parigi e la messa in scena delle Nozze di 
Peleo e Teti di C. C., Rass. mus. 1, 1928. 

Capron (kapr'S), Nicolas, * um 1740, f 14. 9. 
1784 zu Paris; französischer Violinist, in Paris 
Schüler von Gavini&s, gehörte 1755 dem Orchester 
der Opdra Comique an und debütierte 1761 im 
Concert spiritud, wo er in der Folge auch eigene 
Konzerte aufführte, 1762 die Führung der 2. Vio- 
linen übernahm und 1765 als Nachfolger seines 
Lehrers Konzertmeister wurde. C. schrieb im ga- 
lanten Stil ein Buch Violinsonaten (1768), eine 
Romance mit Orch. (1768), Streichquartette (1771 
und 1772), Violinkonzerte op. 2 (1776) und Duos 
für 2 V. op. 3 (1777). 

Lit.: G. Cucuel, Le baron de Bagge, Ann6e mus. I, 
1911; ders., La Pouplinifcre et la musique . . ., Paris 
1913; L. de La Laurencie, L’Ecole fr?, de violon 
II, Paris 1923. 

Capsir-Tanzi, Mercedes, * um 1899 zu Bar- 
celona; italienische Sängerin (Sopran) von spa- 
nischer Geburt, Schülerin des Konservatoriums in 
Barcelona, wo sie 1914 als Gilda in Rigoletto debü- 
tierte. Sie wirkte in Madrid, Lissabon, Buenos 
Aires und Paris und feierte danach Triumphe auf 
den italienischen Bühnen (u. a. an der Mailänder 
Scala). Frau C.-T. übernimmt vorwiegend Rollen 
des italienischen und französischen Repertoires. 

Capu 9 n&» Franco, * 29. 9. 1894 zu Fano 
(Marche); italienischer Dirigent, lebt in Rom. Er 
war Schüler des Conservatorio San Pietro a Ma- 
jella in Neapel, begann seine Opemlaufbahn 1915 
und kam über Genua, Brescia, Turin und Kairo 
1930 an das Teatro San Carlo in Neapel, wo er 
auch die Orchestra Stabile Sinfonica leitete. Seit 
1937 ist er vor allem als Gastdirigent tätig und er- 
scheint häufig in Mailand, Rom, Neapel, Wien, 
London und Buenos Aires. C. ist ein hochange- 
sehener Verdi- und Wagner-Interpret, hat aber 
auch eine Anzahl neuerer Werke in Erstauffüh- 
rungen herausgebracht (u. a. JanäSeks »Jenufa«, 
Hindern iths »Hin und zurück« und Honeggers 
»Judith«). 

C&pyzzi, Giuseppe Antonio, * 1. 8. 1755 zu 
Brescia, f 18.3.1818 zu Bergamo; italienischer 
Violinist, war Schüler von Bertoni, Violinist an 
San Marco in Venedig und ging 1796 nach Lon- 
don, wo er sein Ballett La Viuageoise auf führte. Zu- 
letzt war er Lehrer am Konservatorium und Kapell- 
meister an Santa Maria Maggiore in Bergamo. Er 
schrieb viele Ballette, 5 Opern, eine Sinfonia concer- 
tante op. 1, Streichquartette und -quintette und Di- 
vertimenti für V. und B.c. 

Lit: S. Mayr, Cenni biogr. di A. C., Bergamo 1819. 

Cara, Marco (Marchetto), aus Verona; italie- 
nischer Komponist um 1500, ist 1495-1525 im 
Dienste der Gonzaga in Mantua bezeugt. Neben 
anderen kurzen Aufenthalten außerhalb Mantuas 
war er 1503 und 1509 in Venedig, 1512 in Mailand. 
1525 wurde er Bürger von Mantua. C. schrieb 
über 100 Frottole und einige geistliche Sätze und 
ist damit neben Trombondno ein Hauptmeister 
der Frottola. Die meisten seiner Stücke wurden bei 
Petrucci gedruckt. 


Ausg.: 28 Frottole in: Le Frottole nell’edizione prin- 
cipe di O. Petrucci, Bd I - Buch I— III, hrsg. v. G. 
Cesari, R. Monterosso, u. B. Djsertori, Instituta et 
monumenta Serie I N. I, Cremona 1954; 20 Frottole 
in: O. Petrucci, Frottole, Buch I u. IV, hrsg. v. R. 
Schwartz, PäM VIII; Non 6 tempo (Petrucci I, 3) 
f. eine Singst, u. Laute bearb. bei F. Bossinensis, 
Tenori . . . intabulati, Venedig 1509, in: Schering 
Beisp. 72; Forsi che sl (Petrucci III, 34) in: A. Della 
Corte, Scelta di musiche, Mailand 1928, 2 1939, 
31949; Per dolor (Petrucci XI, 24) mit d. Orgelbearb. 
aus: Frottole intabulate . . . Libro Primo, Rom 1517 
(gedruckt von A. Antico) in: Die ital. Orgelmusik am 
Anfang d. Cinquecento, hrsg. v. K. Jeppesen, Kopen- 
hagen 1943, S. 9*; 8 Stücke ä 4 v. aus: Canzoni 
Sonetti Strambotti et Frottole, Libro tertio (A. An- 
tico, 1517), in: Smith College Music Archives, Nr IV, 
hrsg. v. A. Einstein, 1941 ; 3 Laude v. C., eine unter 
seinem u. Tromboncinos Namen überlieferte u. eine v. 
beiden gemeinsam geschriebene in: Die mehrst, ital. 
Laude, hrsg. v. K. Jeppesen, Lpz. u. Kopenhagen 
1935. 

Lit: R. Schwartz, Die Frottole, Vf Mw II, 1886; 
ders.. Nochmals d. Frottole, JbP XXXVI, 1924; 
ders., Zum Formproblem d. Frottole, Fs. Kroyer, 
Regensburg 1933; A. Bertolotti, La musica in 
Mantova, Mailand 1890; A. Einstein, The Italian 
Madrigal I, Princeton 1949; ders., A. Antico’s Can- 
zoni Nove, MQ XXXVII, 1951; K. Jeppesen, Über 
einige unbekannte Frottolenhs., AMI XI, 1939; 
F. Ghisi, I canti camascialeschi, Florenz-Rom 1937; 
E. Kiwi, Studien zur Gesch. d. ital. Liedmadrigals, 
Diss. Heidelberg 1937. 

Carab?lla f Ezio, * 3. 3. 1891 zu Rom; italie- 
nischer Komponist, studierte bei Storti, Ferroni 
und Falchi und schrieb: Impressione sinfonica für 
kleines Orch. (1913) ; Variazioni sinfoniche für Orch. 
(1921); Operetten Don Gil dalle calze verdi (nach 
Tirso deMolina, Rom \922),Bambü (Florenz 1923), 
und La linea del cuore (Rom 1924) ; Oper II candc- 
liere (Florenz 1939); weitere Schauspielmusiken, 
Orchesterwerke, Klavierstücke sowie Critiche, po- 
tentielle e curiositä musicali (Rom 1953). 

Car 9 fa(deColobrano),Michele Enrico, *17. 
11. 1787 zu Neapel, f 26. 7. 1872 zu Paris; italie- 
nischer Komponist, war zuerst Offizier der neapo- 
litanischen Armee, ab 1806 Adjutant Murats. Nach 
Napoleons Sturz widmete er sich ganz der Musik 
und schrieb nun eine Anzahl Opern für Neapel, 
M ai l a n d, Venedig und Paris, wo er sich 1827 end- 
gültig niederließ. 1838 wurde er Direktor des Gym- 
nase musical militaire, 1840 als Nachfolger Le 
Sueurs Kompositionslehrer am Conservatoire. Er 
schrieb 36 Opern (zum Teil zusammen mit ande- 
ren Meistern), 2 Ballette, 2 Kantaten, Romanzen, 
Solf&ges und Kirchenmusik. 

Lit. : F. Bazin, Notice sur la vie . . . de M. C. de C., 
Paris 1873. 

Caramuel de Lobkowitz (karamu' d), Juan , * 23. 
5. 1606 zu Madrid, f 8. 9. 1682 als Bischof von 
Vigevano (Lombardei); Schüler des Mönchs Fray 
Pedro de Urefia, ein heftiger Gegner der Solmisa- 
tion, schrieb VT, RE, MI, FA, SOL, LA, BL Ars 
nova Musicae (Wien 1646), spanisch als Arte nueva 
de musica (Rom 1666), später aufgenommen in den 
2. Band seiner Architectura (Vigevano 1678). Auch 
seine Mathesis audax (Loewen 1642, 2 1644) und die 
Mathesis biceps (Campagna 1670) behandeln musi- 
kalische Fragen. 

Lit : J. A. Tardisi, Memorie della vita dl Mons. G. 
C di L., Venedig 1760. 


276 



Carisch 


Carapetyan, Armen, * 11. 10. 1908 zu Isfahan 
(Iran); amerikanischer Musikforscher, studierte 
Musik und Philosophie in Paris und New York und 
promovierte 1945 an der Harvard University zum 
Ph. D. mit einer Arbeit The Musica nova of A. 
Willaert (2 Bände). C. gründete 1945 das American 
Institute of Musicology (Cambridge-Rom), dessen 
Leitung er innehat. Er ist Herausgeber der großen 
Unternehmungen des Corpus Mensurabilis Musicae, 
des Corpus Scriptorum de Musica , der Musicological 
Studies and Documents , der wertvollen Zeitschrift 
Musica Disciplina und besorgt die Gesamtausgabe 
der Werke von Brumel. Er schrieb : The Concept of 
the tlmitazione della natura « in die XVIth Century 
(Journal of Renaissance and Baroque Music 1, 1946/ 
1947) und A Fourteenth^Century Treatise in the Vema- 
cular (MD IV, 1950) und gab heraus: Anonimi No - 
titia del valore delle note del conto misurato (CSM V, 
1957). 

Cardon (kard'3), Jean-Baptiste, *um 1760 zu 
Rethel (Champagne), f 11. 3. 1803 zu St. Peters- 
burg; französischer Harfenist. Sein Vater, Jean- 
Guillain C. (* 18. 1. 1732 zu Mons, f 18. 10. 1788 
zu Versailles), war Violinist der königlichen Ka- 
pelle in Versailles und schrieb Triosonaten und an- 
dere Kammermusik. Jean-Baptiste C. lebte als 
Harfenlehrer zuerst in Paris, ab 1791 in St. Peters- 
burg und hat die Entwicklung des virtuosen Har- 
fenspiels mit seinen Sonaten für Harfe und V. und 
dem Lehrbuch Vart dejouer de la harpe (Paris 1784) 
gefördert. Er wird meistens verwechselt mit sei- 
nem Bruder Louis C. 

Ausg.: l öre Sonate pour harpe ou piano, et violon ad 
lib., op. I, Paris 1905; Pour la Harpe. Sonate Bril- 
lante de C., op. VII, 1, bearb. u. mit einem neuen 
Rondo versehen v. Vernier, Paris o. J. 

Cardonne (kard'on), Jean Baptiste (genannt 
Philibert), * 26. 6. 1730 zu Versailles, f nach 
1792; französischer Komponist, war Schüler von 
Colin de Blamont und komponierte bereits 1743 
ein Motet für den Hof. 1745 trat er als Violinist in 
die Hofkapelle ein, der er bis zur Auflösung 1792 
angehörte, mit Ausnahme der Jahre 1768-77. In 
dieser Zeit wandte er sich der Opernkomposition 
zu ( Omphale , 1769), jedoch ohne Erfolg, da seine 
epigonalen Kompositionen sich in den damaligen 
Parteikämpfen nicht durchzusetzen vermochten. 
Außer den Bühnenwerken und Motets schrieb C. 
Triosonaten, Sonaten für Kl. mit Violinbegleitung, 
Symphonien und Konzerte sowie Arietten. 

Lit. : A. Pouoin, Hist, du Th6ätre de Mme de Pompa- 
dour, Paris 1874. 

CardQSO, Frei Manuel, * im März 1571 zu Fron- 
teira (Provinz Alentejo),f 24. 11. 1650 zu Lissabon; 
portugiesischer Komponist, studierte in Evora 
Theologie und bei M. Mendes Kontrapunkt und 
wurde dort Kapellmeister der Kathedrale. 1588 trat 
er in das Karmeliterkloster von Lissabon ein, dessen 
Kapellmeister und später Subprior er wurde. Von 
seinen Werken erschienen im Druck: Magnificat, 
4-5st. (Lissabon 1613); 3 Bücher 4-6st. Messen 
(Lissabon 1625-36); Livro qm comprehende tudo 
quanto se canta un Semana Santa (Lissabon 1648). 

Ausg.: 4st. Missa Filipina (aus Buch HD u. 3 Mo- 
tetten, in: A polifonfa clässica portuguesa I, hrsg. v. 
J. E. dos Santos, Lissabon 1937; Motetten Cum 


audisset (4st.) u. Angelis suis (4st.), hrsg. v. C. Proske, 
Musica Divina I, 2, Regensburg 1845. 

Lit.: A. T. Luper, Portuguese Polyphony . . ., JAMS 
UI, 1950. 

Caresljni, Giovanni, genannt Cusanino, *um 
1705 und f um 1760 zu Filottrano (Provinz An- 
cona); italienischer Alt-Sänger (Kastrat), trat zu- 
erst 1721 in Rom auf, dann in Prag, Mantua, Ve- 
nedig, 1733-35 an Handels Oper in London (wäh- 
rend dessen Gegner Farinelli engagiert hatten), 
dann wieder in Venedig, München, Turin, Mai- 
land, Berlin und zuletzt 1754-56 in St. Petersburg. 
Quantz lobte seine kräftige, schöne und umfang- 
reiche Stimme. C. war auch als guter Darsteller 
berühmt. 

Carey (k's: ri), Henry, f 4. 10. 1743 zu London 
im Alter von 56 Jahren, also * um 1687; englischer 
Dichter und Komponist, war vielleicht ein natür- 
licher Sohn von Henry Savile (Lord Eland), denn 
er wird 1708 auch Henry SavÜe genannt. Den Na- 
men Carey scheint er erst um 1710 angenommen 
zu haben. In der Musik war er Schüler von Gemi- 
niani und Roslingrave. Ein Band Cantatas (Worte 
und Musik von C.) erschien London 1724, 21726 
als The Works of Mr. H. C. Das berühmteste Iied 
daraus ist Sally in our Alley; C.s Melodie wurde in 
die Beggar’s Opera übernommen; mit einer an- 
deren Melodie ist das Iied heute noch volkstüm- 
lich. Später schrieb C. Singspiele, von denen The 
Contrivances (1729), The Honest Yorkshire-Man 
(1735) und Nancv (1739) sehr bekannt wurden. 
Eine zweite große Liedersammlung erschien in 
London 1737-40 in 2 Bänden unter dem Titel The 
Musical Century (21740, 31743). Sein Sohn George 
Savile C. (1743-1807) hat ihm fälschlicherweise 
die Melodie God Save the King zugeschrieben. 
Ausg. : The Poems of H. C., hrsg. v. F. T. Wood, 
London 1930. 

Lit : F. Chrysander, H. C. u. d. Ursprung d. engl. 
Königsgesanges, Jb. f. musikalische Wiss. I, 1867; 
W. H. Cummings, God save the King, London 1902; 
P. A. Scholes, God save the King, Oxford 1942. 

Carillo (kar'Lto), Juli in (Camllo), * 28. 1. 1875 
zu Ahualulco; mexikanischer Komponist, der sich 
vor allem durch sein Eintreten für die Verwendung 
kleinerer als der Halbton-Intervalle bekannt 
machte. Er konstruierte selbst Instrumente mit 
Achtel- und Sechzehnteltönen und führte sie in 
Konzerten vor (u. a. New York 1926). C. schrieb 
einen Tratado sintdtico deHarmonia (1913-15), Opern, 
Orchestermusik (Symphonien), Chorwerke, Kam- 
mermusik und Lieder. 

Carisch S. p. A., italienischer Musikverlag in 
Mailand, gegründet 1887 von Giovanni Andrea 
Carisch (* 14. 5. 1834 zu Poschiavo, Schweiz, 
f 1. 5. 1901 zu Mailand) und seinem Schwieger- 
sohn Arturo Jänichen (* 24. 5. 1861 und f 21. 12. 
1920 zu Leipzig), zunächst Instrumenten- und Musi- 
kalienhandlung unter dem Namen Carisch & 
Jänichen. Die Firma blieb im Besitz der Familie 
und stand unter der Leitung von Otto, Adolfo, 
Guido und Renzo Carisch, 1938 erfolgte die Um- 
wandlung in eine Aktiengesellschaft, der gegen- 
wärtig Igino Robbiani vorsteht. Neben einem 
ausgedehnten Instrumenten- und Musikalienhandel 
(auch mit dem Ausland) entwickelte sich der Mu- 


277 



Carissimi 


sikverlag, der sich vor allem der Musik für den 
Unterricht widmete. 1936 erfolgte die Gründung 
einer Bibliothek für Leihmatenal von Bühnen- 
und Orchesterwerken, später wurde auch die Pro- 
duktion von Schallplatten und Reproduktionsge- 
räten in das Programm der Firma aufgenommen. 

Carissimi, Giacomo, getauft 18. 4. 1605 zu 
Marino (Kirchenstaat), f 12. 1. 1674 zu Rom; ita- 
lienischer Komponist, war 1624-27 erst Sänger, 
dann 1. Domorganist in Tivoli, 1628-29 Kapell- 
meister an San Rufino in Assisi und seitdem Kapell- 
meister an San Apollinare, der Kirche des Colle- 
gium Germanicum-Hungaricum in Rom. C. ist 
neben Luigi Rossi, Mario Savioni, Carlo Caprioli 
und anderen römischen Meistern einer der eisten 
Förderer der Kantate und der erste große Meister 
des Oratoriums; doch ist er auch in der Kantate 
zum mindesten der primus inter pares, der sich 
durch ein ruhiges Ebenmaß und eien besonderen 
Adel seiner rief empfundenen Melodik auszeichnet. 
Durch die Verwendung der von der Florentiner 
Camerata, Monteverdi und Cavalieri entwickelten 
dramatischen Formen bei der Komposition geist- 
licher Texte leitet er die Entwicklung einer nicht 
liturgisch gebundenen affektdarstellen den Kirchen- 
musik ein. Zu seinen Schülern zählen M.-A. Char- 
pentier, Chr. Bernhard, J. K. Kerll und vielleicht 
A. ScarlattL Von C.s Werken erschienen gedruckt: 
Missae quinque et novem vocum (Köln 1665); Arion 
Rommus siveLib. I Sacrarum Cantionum, l-5st. (Kon- 
stanz 1670); Sacri concerti ; 2-5st. (Rom 1675); fer- 
ner eine Ars Cantandi in deutscher Übersetzung 
als Anhang zu der 3. Auflage des anonymen Ver- 
mehrten Wegweisers (1. Auflage als Kurtzer je- 
doch gründlicher Wegweiser 1689) Augsburg 
1692. Die 16 erhaltenen Oratorien und Historien 
sind: Abramo e Isacco , Balthazar , Daniele , Diluvium 
Universale , Dives Malus , Extremum Dei Judicium, 
Ezechia , Felicitas beatorum , Jephte (daraus ein Teil 
in Kirchers Musurgia , Rom 1650, gedruckt), Job , 
Jonas t Judicium Salomonis (gedruckt als Werk Capri- 
comus* in dessen Continuatio Theatri Musici , Würz- 
burg 1669), Lamentatio Damnatorum , Lucifer , Mar- 
tyres. Vir frugi et pater familias . 

Ausg.: Jephte, Jonas, Balthazar, Judicium Salomonis, 
hrsg. v. Fr. Chrysander, Denkmäler der Tonkunst 
II; Jephte, Jonas, Judicium Salomonis in Auszügen, 
hrsg. v. F. Balilla Pratella, Mailand (1919), I 
Classic! della Musica Ital. V (— Raccolta Nazionale 
delle Musiche ItaL 13-18); Jephte, hrsg. v. M. Faisst, 
Lpz. 1878 ; dass., hrsg. u. bearb. v. V. Gui, Wien o. J. ; 
dass., hrsg. v. M. Passer, London o. J.; Historia di 
Job. Historia di Ezechia, hrsg. v. C. Dall’ Argine, 
F. Ghisi il R. Lupi, Rom 1951 ; Kantate »11 Ciar- 
latano« f. 3 S, u. B.c. u. 3 Sätze aus einer Messe in: 
Torchi V; 4 Arien in: L. Landshoff, Alte Meister d. 
Bel canto, 2 Bde, Lpz. o. J.; 6 Arien in: La Flora I, 
hrsg. v. K. Jeppesen, Kopenhagen 1949; ein Duett in: 
La Flora III, hrsg. v. K. Jeppesen, Kopenhagen 1949; 
2 Solomotetten in: Musique d’gglise des XVII* & 
XVIII® s.s, hrsg. v. Ch. Pineau = Repertoire dass, 
de musique reügieuse I, Paris 1914; je 2 Chöre, hrsg. 
v. V. Novello, The Fitzwilliam Music I u. IV, Lon- 
don (1825); ein Chor, ebenda Bd V; eine Motette, 
hrsg. v. L. Niedermeyer, Recueil des morceaux de 
musique ancienne VI, Paris (1844); ein Chor u. ein 
Terzett, ebenda Bd VIII (1844). 

Ut. : J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, 
Hbg 1740, hrsg. v. M. Schneider, Bin 1910; F. Chry- 
sander, C.s Oratorien, MfM XXIX, 1897; M. Bre- 


net, Les Oratorios de C., RMI IV, 1897; A. Cametti, 
Primo contributo per una biogr. di G. C., RMI 
XXIV, 1917; F. Balilla Pratella, G. C., RMI 
XXVII, 1920; R. Haas, Musik d. Barocks, Bücken 
Hdb.; M. F. Bukofzer, Music in the Baroque Era, 
NY (1947); F. Ghisi, Due Cantate dei Giudizio Uni- 
versale di G. C., Rass. mus. XVIII, 1948; ders., The 
Oratorios of G. C. in Hbg Staatsbibi., Kgr.-Ber. Lüne- 
burg 1950; ders., II lamento in morte di Maria 
Stuarda di C., Rass. mus. XXI, 1951 ; G. Massenkeil, 
Die oratorische Kunst in d. lat. Historien und Ora- 
torien G. C.s, Diss. Mainz 1952, maschr.: ders.. Die 
Wiederholungsfiguren in d. Oratorien G. C.s, AfMw 
XIII, 1956, S. 42 ff. 

Carles y Amat, Jo an -»■ Amat. 

Carlez (karl'es), Jules Alexis, * 10. 2. 1836 und 
f 24. 5. 1922 zu Caen; französischer Musikschrift- 
steller, war Organist an Saint-Jean und Direktor 
des Konservatoriums von Caen, schrieb außer ei- 
nigen Kompositionen eine Reihe historischer Ar- 
beiten, vor allem zur Musikgeschichte der Nor- 
mandie im 17. und 18. Jh. Seine Schriften erschie- 
nen zum größten Teil in den »Mdmoires de l'Aca- 
d&nie des Sciences . . .« und »Bulletins de la So- 
d6te des Beaux-Arts« von Caen. 

Carlsen, Camillo Alphonzo Johannes Peter, * 19. 
1. 1876 zu Kopenhagen, f 1948; dänischer Kom- 
ponist, studierte in Kopenhagen und Leipzig, wurde 
1900 Organist an der Kristkirken in Kopenhagen 
und 1911 Domkirchenorganist in Rosldlde. Er 
schrieb: Davids 80. Psalme für S., Chor, Streicher 
und Org. ; Kantaten, Motetten, Lieder, eine sym- 
phonische Suite, eine Orgelsymphonie, Kammer- 
musik, Violin- und Klavierstücke. 

Carmen, Johannes, einer der drei in Martin le 
Francs Champion des dames (um 1440) erwähnten 
Pariser Meister des frühen 15. Jh. vor Binchois und 
Dufay (Tapissier, C. und Cesaris), von dem eine 
Motette Pontijici decori speculi (in Cod. Oxford, 
Bodl. Can. misc. 213) und zwei weitere Sätze (Ve- 
nite adoremus - Salve sancta aetema trinitas; Salve 
pater - Felix et beata) aus Cod. Q 15 des Liceo mu- 
sicale in Bologna bekannt sind. 

Ausg.: die Nikolaus-Motette Pontifid decori spe- 
culi (in Faks. u. Übertragung) veröff. bei J. F. R. 
Stainer u. C. Stainer, Dufay and his contempo- 
raries, London 1898; Motette Venite adoremus - 
Salve sancta aetema trinitas bei Ch. van den Borren, 
Polyphonia sacra, Bumham 1932. 

Carner (k'a:no), Mosco (eigentlich Cohen), 
* 15. 11. 1904 zu Wien; englischer Dirigent und 
Musikforscher, erhielt seine musikalische Ausbil- 
dung am Neuen Wiener Konservatorium und stu- 
dierte Musikwissenschaft bei Adler und Lach an 
der Universität in Wien. 1928 promovierte er dort 
mit Studien zur Sonatenform bei Robert Schumann. 
Er wirkte anschließend als Opernkapellmeister in 
Troppau (1929/30) und am Staatstheater Danzig 
(1930-33) und Heß sich 1933 in London als Musik- 
schriftsteller, Kritiker und Dirigent nieder. Dort 
leitete er Konzerte mit dem BBC Symphony, dem 
P h il h a r monia, dem Royal Philharmonie und dem 
London Philharmonie Orchestra und ist Musik- 
kritiker von »Time and Tide«. VerÖflfentHchungen: 
Dvoidk (London 1940), A Study of Twentieth-Cen- 
tury Harmony (London 1941, 21944 , New York 


278 



Carpenter 


1955), Of Men and Music (London 1944), The 
Waltz (London 1948), Puccini: The Man - The 
Artist - The Work (London 1957). 

Carnicer (kamiG'er), Ram6n, * 24. 10. 1789 zu 
Tärrega (Katalonien), f 17.3.1855 zu Madrid; 
spanischer Komponist, erhielt seine Ausbildung in 
Urgel und Barcelona; 1818-20 Kapellmeister der 
Italienischen Oper in Barcelona, 1828 Kapellmei- 
ster der Königlichen Oper in Madrid und 1830 
Kompositionsprofessor am neugegründeten Kon- 
servatorium; komponierte mehrere italienische 
Opern: Adela di Lusignano , Elena e Costantino , Don 
Giovanni Tenorio, Cristoforo Colombo , Eufemio di 
Messina, Ismalia , Morte ed Amore , Symphonien, 
Kirchenmusik und Lieder (Chilenische National- 
hymne). 

Lit. : A. PeAa y Gofti, La öpera espafiola, Madrid 
1881; G. Chase, The Music of Spain, NY 1941, 
span. v. J. Pahissa, Buenos Aires 1943. 

Caro, Paul, * 25. 10. 1859 und f 23. 6. 1914 zu 
Breslau; deutscher Komponist, schrieb Kammer- 
musik (34 Streichquartette, je ein Klavierquintett 
und -quartett, mehrere Trios), 5 Symphonien, 
symphonische Dichtungen und andere Orchester- 
werke, die Opern Hero und Leander (Breslau 1912, 
Text nach Grillparzer, Klavier-Auszug gedruckt) 
und Die Hochzeit von Ulfosti (Text von Max Kal- 
beck) sowie eine Reihe von Karchenmusikwerken. 

Carol-BSrard (kar'ol-ber'arr), * 1885, f 13. 12. 
1943 zu Paris; französischer Komponist, Schüler 
von Albdniz, befaßte sich besonders mit chinesi- 
scher, arabischer und Negermusik und suchte das 
Geräusch des modernen Lebens für die Musik zu 
verwerten, hat auch zahlreiche Artikel zur Vertei- 
digung seiner Theorien veröffentlicht. Sein fast 
ganz unveröffentlichtes Schaffen umfaßt: Sym- 
phonie dansie; Symphonie des forces micaniques (1910) ; 
4 Suiten; Bühnenmusik zu Peladans Semiramis ; 
ein kleines Ballett Les amants de Tong-ho; ein 
Stück VOiseau des lies; Bruchstücke rur einen 
Film La terrasse de Babylone; viele Klavierstücke 
und Lieder. 

Carolan (k'aeiolaen), Turlough, * 1670 zu Nob- 
ber (County Meath), f 25. 3. 1738 zu Alderford 
House bei Kilronan; irischer Harfenist und Kom- 
ponist, genoß als Knabe bei einer Dame, die sich 
seiner annahm, eine gute Ausbildung, erblindete 
aber im Alter von 18 Jahren und bildete sich dar- 
aufhin innerhalb von 3 Jahren zu einem allgemein 
geschätzten Harfenisten. Von seinen Liedern, die 
in zahlreichen Sammlungen des 18. Jh. Aufnahme 
fanden, sind die späteren von italienischen Kom- 
ponisten beeinflußt (Corelli, Geminiani, Vivaldi). 
Drei ausschließlich C. gewidmete Sammlungen er- 
schienen um 1721, 1748 und um 1780. 

Ausg.: Gedichte von C. f hrsg. v. TomAs O’Mäille, 
Irish Texts Soc., 1916. - Eine Ausg. v. 220 Liedern 
ist vorbereitet. 

Caron (kar'3), Philippe (Tinctoris neimt ihn 
1477 in seinem Liber de arte contrapuncti Firminus 
C.); franko-flämischer Komponist der 2. Hälfte 
des 15. Jh., Zeitgenosse von Ockeghem, Busnoys 
und Regis, vielleicht Schüler von Dufay in Cam- 
brai (er wird in Compäres Sängergebet genannt). 
Von seinen Kompositionen sind vier 4st. Messen 
und etwa 20 Chansons vorwiegend zu 3 und 4 St. 


handschriftlich erhalten. Eine Chanson Hilas que 
pourra ist 1501 in Petruccis Odhecaton gedruckt. 
Ausg.: 2 Chansons bei G. Adler u. O. Koller, 
Sechs Trienter Codices, DTÖ VII; eine weitere in 
DTÖ XI, 1 ; Chanson Vive Carloys bei O. Gombosi, J. 
Obrecht, Lpz. 1925; eine Chanson bei E. Droz, Y. 
Rokseth u. G. Thibault, Trois Chansonniers du 
XV® s., Paris 1927; 2 textlose Kompositionen u. Ave 
sidus, ein 3st. Kontrafaktum zu Hälas que pourra 
devenir bei H. Ringmann, Das Glogauer Liederbuch, 
RD IV; Agnus dei d. Missa L’homme arm6 bei A. 
Smjjers, Van Ockeghem tot Sweelinck II, Amster- 
dam 1939; je eine Chanson bei H. Hewitt, Harmo- 
nice Musices Odhecaton A, Cambridge, Mass., 1946, 
u. bei V. Disertori, II Ms. 1947-4 di Trento e la 
canzone »J’ay prins aroours«, RMI XLVIIl, 1946; 
Missa super L’homme arme in: Monumenta poly- 
phoniae liturgicae, Serie 1, Bd I, III, Rom 1948. 

Carpso, Mario Fabrizio, * um 1526 (zu Sermo- 
neta ?), f um 1600; italienischer Tanzmeister, über 
sein Leben ist nichts Genaueres bekannt. Sein Buch 
U ballerino (Venedig 1581) ist eines der wichtigsten 
Quellen werke zur Geschichte des Tanzes im 16. 
Jh. Es enthält Regeln über die Tanzkunst, Abbil- 
dungen von Tanzstellungen und die Musik zu den 
Tänzen im Lautensatz. Eine zweite, wesentlich er- 
weiterte Ausgabe erschien 1600 in Venedig unter 
dem Titel Nobiltä di dame . Ein Nachdruck des Bal- 
lerino erfolgte 1630 in Rom unter dem Titel Rac- 
colta di varij balli. 

Ausg. : die Musik d. Ausg. Nobiltä di dame, hrsg. v. 
O. Chilesotti in: BibL di Raritä Mus. I, Mailand 
(1883). 

Caroubel (karub'el), Pierre Francisque, f vor 
1619 zu Paris; französischer Violinist, ab 1576 in 
Paris ansässig, ging um 1610 nach Wolfenbüttel; 
er ist bald nach seiner Rückkehr gestorben. M. 
Praetorius nahm 78 der von C. 5st. bearbeiteten 
französischen Tanzweisen in seine Terpsichore 
(Wolfenbüttel 1612) auf. Handschriftlich sind 
Airs de ballet von C. erhalten. 

Ausg.: M. Praetorius, Terpsichore, hrsg. v. G. 
Oberst, Praetorius-GA XV. 

Lit.: Fr. Lesure, Die »Terpsichore« v. M. Prae- 
torius, Mf V, 1952. 

Carppni, Giuseppe Antonio, * 28. 1. 1752 zu 
Villalbese (Como), f 22. 1. 1825 zu Wien; italie- 
nischer Schriftsteller und Librettodichter (Paers 
Camilla ist von ihm), lebte in Mailand, ab 1797 mit 
kaiserlicher Pension in Wien. Er übersetzte Haydns 
Schöpfung ins Italienische. C. ist hauptsächlich be- 
kannt durch seine Schriften: Le Haydine ovvero 
Lettere sulla vita e le opere del celebre maestro Giuseppe 
Haydn (Mailand 1812, 2. Ausgabe Padua 1823; 
französisch von Monde 1836 und 1837, -> Stend- 
hal), Le Rossiniane ossia Lettere musico-teatrali (Padua 
1824). Seine Schrift Le Majeriane ovvero Lettere sul 
Bello ideale ist eine Erwiderung auf Andreas Majers 
Deila imitazione pittorica (1818 m Biblioteca italiana; 
21820 separat, 31824). 

Carpenter (k'a:ponto), John Alden, * 28. 2. 
1876 zu Park Ridge (Chicago), f 26. 4. 1951 zu 
Chicago; amerikanischer Komponist, Schüler von 
Eigar (in Rom 1906) und Ziehn in Chicago, ver- 
einigte seine Tätigkeit als modern gerichteter Kom- 
ponist mit der des Großindustriellen. 1922 Mag. 
artium h. c. der Harvard University. Er schrieb: 
Ballett-Pantomime TheBirthday of the Infanta (1919, 


279 



Carpentras 


nach O. Wilde), Jazz-Pantomime Krazy Kat (1921), 
Ballett Skyscrapers (1926), 2 Symphonien (1940, 
1941), Orchestersuiten ( The Seven Ages , 1945) ; ein 
Concertino für Kl. und Orch. (1917), Violinkonzert 
(1937), eine Violinsonate, Chorwerke, Streich- 
quartett (1928), Klavierquintett (1934); Lieder- 
zyklen Water Colours (1918) und Gitanjali (1932, 
nach Rab. Tagore) für Mezzo-S. und Kammerorch. 
sowie zahlreiche Lieder. 

Lit: F. Borowski, J. A. C., MQ XVI, 1930; O. 
Downes, J. A. C.: American Craftsman, MQ XVI, 
1930; J. Howard, Our American Music, NY 31954. 

Carpentras (karpätr'a), italienisch II Carpen- 
trasso, eigentlich Elzdar Genet, * gegen 1475 zu 
Carpentras (Vauduse), 1 14. 6. 1548 zu Avignon; 
französischer Komponist, 1508 päpstlicher Kapell- 
sänger unter Julius II., dann eine Zeitlang am Hofe 
Ludwigs XII. in Frankreich; 1513-21 Mitglied, ab 
1518 Kapellmeister der päpstlichen Kapelle, ging 
mit einem Auftrag PapstLeosX. 1521 nach Avignon, 
wo er, von einem nochmaligen Aufenthalt in Rom 
abgesehen, bis zu seinem Tode blieb. Von C. er- 
schienen 1532-37 zu Avignon im Verlag von Jean 
de Channay 5 4st. Messen, Lamentationen, je ein 
Buch Hymnen, Magnificats und 3st. Cantica, mit 
runden Notenformen und ohne Ligaturen als Chor- 
buch gedruckt (-* Briard). Einzelne Kompositio- 
nen finden sich in gedruckten und handschriftlichen 
Sammelwerken der Zeit. 

Ausg.: die ersten 7 Stücke aus d. Lamentationen bei 
A. W. Ambros, Gesch. d. Musik V, Lpz. 31911; ein 
Stück aus d. Lamentationen bei A. Gastou£, Motets 
choisis des maitres du XV e au XVIII® s., Paris 1930; 
Missa A l’ombre d’un buissonet in: Anth. des maitres 
religieux, Livre des messes, 3® ann6e, in ders. SIg, 
Livre des motets, 3« annte eine Motette; 3 ital. Kom- 
positionen bei A. Einstein, Canzoni, sonetti, stram- 
botti e frottole, Smith College Music Archives IV, 
1941. 

Lit: H. Quittard, E. G. dit C., in: Tribüne de St. 
Gervais 1899; J. Tiersot, E. G. dit C. et la Chanson 
»A l’ombre d’ung buissonet«, in: Tribüne de St. Ger- 
vais 1899; Requin, E. G., dit II Carpentrasso, in: 
M6moires de l’Acad. de Vaucluse, 2® s6rie, t. XVIII, 
1918; Auszug aus d. letzten Werk v. M. L. Pereyra, 
E. G. dit il C., Rev. de Musicol. II, 1918. 

Carpio Valdüs, Roberto, * 23. 2. 1900 zu Are- 
quipa (Peru) ; peruanischer Komponist, bildete sich 
zum Pianisten aus, ist als Komponist Autodidakt. 
Er wirkte 1935-45 als Klavierlehrer am Instituto 
de Müsica »Bach« in Lima, trat 1937-46 im Radio 
Nadonal von Peru auf, war 1943-46 Sekretär der 
Academia Nadonal de Müsica »Alcedo«, 1946-54 
Sekretär des Conservatorio Nadonal de Müsica in 
Lima und ist sdt 1954 dessen Direktor. Im Mittel- 
punkt seines Schaffens steht die Klavierkomposi- 
tion (darunter Noctumo , Tres Estampas de Are- 
quipa, Suite del Hospital , Triptico , Suite), ferner 
schrieb er Gesänge mit IGavierbegldtung und ein 
Allegro für Streichquartett. 

Carr (kau), Howard, * 26. 12. 1880 zu Man- 
chester; englischer Dirigent und Komponist, 
wirkte in London, 1928-38 in Sydney, wo er Lehrer 
für Kontrapunkt am Konservatorium und Leiter 
der Philharmonie Sodety war; schrieb 2 Sympho- 
nien in E moll und C dur, eine Orchestersuite The 
Jolly Roger, eine Reihe von Ballettsuiten und an- 


dere Orchesterwerke; eine Ode für Baritonsolo, 
Männerchor und Orch. The Bush ; Klavierskizzen, 
gern. Chöre, 2 Operetten Under the Green - 
wood Tree (für Kinder) und Master Wayfarer sowie 
Filmmusiken. 

Carraud (kar'o), Gaston, * 1869, j* 15. 6. 1920 
zu Paris; französischer Musikkritiker und Kompo- 
nist, Schüler des Conservatoire, 1890 Rompreis- 
träger mit der Kantate Cliopatra ; hat, ähnlich wie 
Emile Vuillermoz, zwischen Komposition und 
Kritik geschwankt, bis er sich schließlich der letz- 
teren zuwandte. Er schrieb über 20 Jahre lang mit 
Freimut, historischem Sinn und echtem Talent für 
die Zeitung »La Iibertü« sowie für die »Revue 
Bleue«. Kompositionen: eine Messe, Symphonie 
für Soli, Chor und Orch. Les Nuits (1892), Ouver- 
türe Buona Pasqua (1898), symphonische Dichtung 
La Chevauchie de la Chimhe (1905) und Lieder. Ne- 
ben einem ungedruckten Werk über Schubert 
schrieb er La vie et V oeuvre d'Albhic Magnard (Paris 
1921). 

Carrefto (karr'epo), Teresa, * 22. 12. 1853 zu 
Caracas (Venezuela), f 12- 6. 1917 zu New York; 
venezolanische Pianistin, Schülerin von L. Gott- 
schalk in New York, eine der besten Pianistinnen 
ihrer Zdt, konzertierte berdts 1865-66 in Europa, 
doch datierte ihr großer Ruf erst ab 1889. Sie war 
verheiratet mit dem Violinvirtuosen Emile Säuret, 
später mit dem Baritonisten Giovanni Taglia- 
pietra, 1892-95 mit E. d* Albert. Außer einem 
Streichquartett gab sie eine ganze Reihe brillanter 
Klavierstücke heraus. Die ihr irrtümlich zuge- 
schriebene Nationalhymne von Venezuela stammt 
von Juan Josü Landaeta (um 1780-1814). Frau C. 
war auch Sängerin und sah sich als Unternehmerin 
einer Italienischen Oper zeitweilig sogar gezwun- 
gen, den Dirigentenstab zu schwingen. Sie lebte 
zuletzt, bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs, in 
Berlin. 

Lit.: Juan B. Plaza, T. C., Caracas 1938; M. Mili- 
nowski, T. C., New Haven, Conn., 1940; I. PeRa, T. 
C., Caracas 1953. 

Carrillo, Julian -> Carillo. 

Carroll (k'aeaol), Walter, * 4. 7. 1869 zu Man- 
chester; englischer Musikerzieher und Komponist, 
studierte in Manchester, 1900 Mus.D., 1893-1920 
dort Lehrer für Harmonielehre, Komposition und 
Pädagogik am College of Music und 1904-20 Do- 
zent und Examinator an der Universität. Er hat die 
Stellung der Musik in der Schule und die Methode 
der Musikpädagogik in England sehr gehoben. Er 
schrieb eine große Anzahl von Musikstücken für 
Kinder (1909-23) und ein Buch The Training of 
Children’s Voices, 

Carse (k'a:s), Adam, * 19. 5. 1878 zu New- 
castle-on-Tyne; englischer Komponist und Musik- 
schriftsteller, studierte 1892 in Deutschland, 1893 
bis 1902 an der Royal Academy of Music in Lon- 
don bei Corder und Bumett; war 1908-22 Hilfs- 
Musiklehrer am Winchester College, 1922-40 
Lehrer für Harmonie und Komposition an der 
Royal Academy of Music in London. Als Kompo- 
nist strebt er mehr nach gefestigtem Bau als nach 
originellen oder stimmungsmäßigen Wirkungen. 
Er hat viel Musik für Lehrzwecke geschrieben. 


280 



Caruso 


Werke: Oper Fritiof (1915), Symphonien Cmoll 
(1906) und G moll (1909) ; symphonische Dichtun- 
gen The death of Tintagiles (1902 nach Maeterlinck) 
und In a balcony (1905); Sinfonia in D (1950) und 
Variationen in F (1953) für Streichorch. ; Orche- 
stervariationen und -suiten, Two Sketches für 
Streichorch. (1924), Norwegian Fantasia für V. und 
Orch.; Judas Iscariot*s paradise , Ballade für Bar., 
Chor und Orch. (1922) ; dramatische Kantate The 
Layof the Brown Rosary ; Kammermusik, Chöre, Lie- 
der, Klavier- und Violinstücke, Klavieretüden und 
Schulwerke. Bücher: Practical Hints on Orchestration 
(London 1919) ; Harmony Exercises (2 Bände, 1923) ; 
The History of Orchestration (London 1925); Tlie 
School of Orchestra (London 1926) ; Orchestral Con - 
ducting (London 1929); Musical Wind Instruments 
(London 1939); The Orchestra in the XVIIIth Cen- 
tury (Cambridge 1940); The Orchestra from Beet- 
hoven to Berlioz (Cambridge 1948); The XVIIIth 
Century Symphony (London 1951); The Life of 
Jullien (Cambridge 1951). C. überließ seine reiche 
Sammlung alter Blasinstrumente dem Homiman 
Museum (South London). Ein Catalogue of the 
Adam Carse Collection of Musical Wind Instruments 
at the Homiman Museum (London 1951) wurde 
vom London County Council veröffentlicht. 

Garste* Hans, * 5. 9. 1909 zu Frankenthal 
(.Pfalz) ; deutscher Unterhaltungskomponist, Schü- 
ler der Musikakademie und der Universität in 
Wien, wurde 1948 Rundfunkdirigent in Berlin 
und schrieb Filmmusiken, zahlreiche Orchester- 
stücke und eine Operette Lump mit Herz (Nürn- 
berg 1952). 

Cartan (kart'ä), Jean-Louis, * 1. 12. 1906 zu 
Nancy, f 26. 3. 1932 zu Bligny; französischer 
Komponist, am Pariser Conservatoire Schüler 
Paul Dukas*. Werke: Kantate Pater für Solostim- 
men, Chor und Orch. (1928/29), Hommage ä Dante 
für 2 Chöre, Introduction und Allegro für Bläser und 
Kl. (1926), 2 Streichquartette (I: 1927, II: 1930), 
Sonatine für Kl. (1925), Sonatine für Fl. und Klar. 
(1930), Psalm XXII für Singstimme und Kl. (1925) 
sowie Vertonungen von Texten von Tr. Klmgsor 
(1926), Fr. Villon (1928) und Mallarmd (1930) und 
Trois chants d'iti (1927). 

Carter (k'a:te), Charles Thomas, * um 1735 
zu Dublin, f 12. 10. 1804 zu London; irischer 
Komponist, studierte in Italien Musik, brachte 
1775-92 am Drurylane-Theater 6 Opern heraus, 
wurde 1787 musikalischer Direktor des neugegrün- 
deten Royalty Thcatre, für das er mehrere Inzidenz- 
musiken zu Schauspielen schrieb. Außerdem 
schrieb er auch Klavierkonzerte und Übungen für 
Kl. sowie Lieder, die zum Teü sehr populär wurden. 

Carter (k'a:to), Benny (Bennet), * 8.8. 1907; 
amerikanischer Jazzmusiker, spielt vor allem Alt- 
saxophon, aber auch Tenorsaxophon, Klarinette, 
Trompete, Posaune und Klavier. C. spielte zu- 
nächst in den führenden Jazzbands der USA, 1935 
bis 1937 meist in Europa und leitet seit 1938 eine 
eigene Band in New York, für die er selbst 
Arrangements und Kompositionen schafft. C.s be- 
kannteste, durch ihre unsentimentale Virtuosität 
bestechenden Stücke sind: Bügle Call Rag , Lazy 
Aftemoon, Dream Lullaby und Harlem Mooa. 


Carter (k'a:!»), Elliott, * 11. 12. 1908 zu New 
York; amerikanischer Komponist, trat 1926 in das 
Harvard College ein, graduierte 1930 zum Bache- 
lor und studierte anschließend an der Harvard 
University, die er 1932 als Master of Arts in Music 
verließ. 1932-35 betrieb er in Paris bei N. Bou- 
langer noch private Kompositionsstudien und 
wüte 1937-39 als Musikalischer Direktor der 
Ballet Caravan. Während des Krieges war er als 
Musikoffizier tätig. Er war 1953-54 Fellow der 
Amerikanischen Akademie in Rom und lebt heute 
als freischaffender Komponist, Dozent und Musik- 
schriftsteller in den Vereinigten Staaten. Sein Werk- 
verzeichnis reicht bis 1933 zurück, umfaßt anfangs 
vor allem Bühnen- und Chormusik (zum Teü für 
den Harvard Glee Club), später zunehmend auch 
Konzert- und Klammermusik. 1955 schrieb er für 
Louis ville Orchester-Variationen. 

Lit.: A. Skulsky, E. C., in: Bull, of American Com- 
posers Alliance, voi. III, Nr 2, 1953 ; R. Fr. Goldman, 
The Music of E. C., MQ XLIII, 1957. 

Cartesius -»■ Descartes. 

Cartier (kartj'e:), Jean-Baptiste, * 28. 5. 1765 
zu Avignon, f 1841 zu Paris; französischer Vio- 
linist, Schüler von Viotti, später Akkompagnist der 
Königin Marie Antoinette, 1791-1821 Violinist der 
Großen Oper, 1804 in der Kaiserlichen und 1815 
bis 1830 in der Königlichen Kapelle, seitdem pen- 
sioniert; hat außer Violinvariationen, Etüden, So- 
naten und Duos 2 Symphonien und 2 Opern ge- 
schrieben und eine wertvolle S ammlu ng älterer 
Violinmusik herausgegeben: Hart du violon (Paris 
1798 und 1801). 

CarulH, - 1) Ferdinando, * 10. 2. 1770 zu 
Neapel, f im Februar 1841 zu Paris, wo er ab 1818 
lebte ; italienischer Gitarren virtuose und Komponist 
für Gitarre: Gitarreschule op.241, ursprünglich 
op. 27, um 1810 in Paris erschienen; Konzerte und 
Sonaten, Noktumen für Gitarre und Kl., desglei- 
chen für Fl., V. und Gitarre, Les trois jours op. 331 
(Programm-Musik, auf die Julirevolution bezüg- 
lich). Schrieb: V Harmonie appliquie ä la guitarre 
(1825). - 2) Gustavo, * 20. 6. 1801 zu Livorno, 
f Oktober oder November 1876 zu Boulognc-sur- 
Mer; italienischer Komponist und Gesanglehrer, 
Sohn des vorigen, brachte 1825 an der Scala in 
Mailand eine Oper I tre mariti zur Aufführung, 
lebte dann in Paris und London. Er gab instruktive 
Gesangswerke heraus. 

Ausg.: Gitarre-Schule, hrsg. v. E. Hülsen, Mainz 
1927; 3 Sonaten, hrsg. v. H. Ritter, Mainz 1891. 

Caruso, Enrico, * 25. 2. 1873 und + 2. 8. 1921 
zu Neapel (in einem Glassarg bestattet) ; italienischer 
Opernsänger, Tenor von einmaliger Weitbe- 
rühmtheit, Schüler von Guglielmo Vergine, trat 
zum ersten Male am 16. 11. 1894 am Teatro Nuovo 
in Neapel auf, erregte Aufsehen 1899 in Mailand 
als Loris bei der Premiere von Giordanos »Fedora«, 
faßte 1902 in London festen Fuß, wurde aber erst 
1903 nach einer Amerika-Tournee zum ersten Te- 
nor seiner Zeit. Zentrum seiner Tätigkeit war von 
da an das Metropolitan Opera House in New York. 
Mit dem strahlenden Add. des Organs verband er 
neben schauspielerischen Gaben äußerste Schlicht- 
heit und Kultur des Vortrags, die man noch heute 
an neu reproduzierten Platten beobachten kann. 

C. schrieb eine kleine Gesangslehre. 


281 



Caruso 


Lit.: D. Caruso u. T. Goddard, Wings of Song, 
London 1928, deutsch als Das Leben E. C.s v. E. 
Baronin Werkmann, Dresden 1929; D. Caruso, E. 
C, NY 1945; dies., A Personal History, NY (1952); 
dies., E. C., Sa vie, sa mort, übers, v. H. Claireau, 
Paris 1952. - S. Fucrro u. B. J. Beyer, C. and the 
Art of Singing, NY 1922; P. U. R. Key u. B. Zirato, 
E. C, London u. Boston 1923, deutsch v. CThesing, 
München 1924 (zusammen mit dem Buch v. Fucito u. 
Beyer; beide einzeln in neuer Ausgabe Bin 1928); 
A. Grignaffini, C. Parma 1923; U. Daspuro, E. C., 
Mailand 1938; Th. R. Ybarra, E. C., NY (1953). - 
J. H. Wagenmann, E. C. u. das Problem der Stimm- 
bildung, Lpz. 1911, 31924; P. M. Marafioti, C.’s 
Method of Voice Production, London 1922; P. 
Bruns, C.’s Technik, Charlottenburg (1922); G. 
Bilancioni, Sull’ali del canto, Genua 1923; G. 
Armin, E. C., Bin 1929. 

Caruso» Luigi, * 25. 9. 1754 zu Neapel, f 1822 zu 
Perugia; einer der fruchtbarsten italienischen 
Opernkomponisten seiner Zeit, von 1790 bis zu 
seinem Tode Kapellmeister an der Kathedrale von 
Perugia, schrieb 56 Opern und 5 Oratorien. 

Carvaille, Ldon -+■ Carvalho, Caroline. 

Carvajal (karvax'al), Armando, * 7. 6. 1893 zu 
Santiago; chilenischer Violinist und Dirigent, 
Schüler des Conservatorio Nadonal de Musica in 
Santiago, dem er, nach Reisen mit dem Trio 
Penha, 1919-27 als Violinprofessor angehörte und 
1928-43 als Direktor verstand. 1931-38 war er 
Dekan der Fakultät der Schönen Künste der Uni- 
versität von Chile. A ls Dirigent übernahm er 1925 
die Leitung des Städtischen Orchesters von Sant- 
iago, 1932 die des Orchesters der Asoriacdön 
Nadonal de Condertos Sinfönicos und dirigierte 
1940-48 die Orquesta Sinfönica Nadonal C. 
schrieb Orchesterwerke ( Sinfonia de la trilla), Chor- 
kompositionen und Klavierstücke. 

Carvalho (karv'aÄo), Caroline, geh. Fdlix- 
Miolan, * 31. 12. 1827 zu Marseille, t 10. 6. 1895 
zu le Puys bei Dieppe; französische Bühnensänge- 
rin (Sopran, lyrische Partien), ab 1853 vermählt 
mit Ldon Carvaille, genannt C., * 1825, f 29. 12. 
1897 zu Paris, erst Opernsänger bis 1855, dann bis 
1869 Direktor des Thditre Lyrique, ab 1876 Di- 
rektor der Opdra Comique, wegen deren entsetz- 
licher Brandkatastrophe am 25. 5. 1887 er ange- 
klagt, aber in letzter Instanz freigesprochen wurde. 
Mme. C. war erst an der Opdra Comique enga- 
giert, ging dann zum Thdätre Lyrique über, 1869 
zur Großen Oper, 1872 wieder zur Komischen 
Oper und 1875 nochmals an die Große Oper. 
Lit: E. A. Spoll, Mme C., Paris 1885. 

Carvalho (karv'aito), Eleazar de, * 28. 6. 1915 
zu Iguatu (Ceara); brasilianischer Komponist, ist 
als Dirigent vom Brasilianischen Symphonieor- 
chester und am Teatro Munidpal in Säo Paulo 
verpflichtet Als Gastdirigent leitete er Orchester 
in Nordamerika und England. Werke: die Opern 
A descoberta do Brasil (2aktig, 1939) und Tira- 
dentes (1941), auch zahlreiche Orchesterkompo- 
sitionen (A retirata da Laguna) und Kammermusik. 

Carvalho (karv'aKo), Joäo de Sousa, *22.2. 
1745 zu Estremoz, f 1798 wahrscheinlich zu Borba; 
portugiesischer Komponist, in Italien gebildet, 
1778 als Nachfolger von Perez Musiklehrer am 
Hof in Lissabon, Lehrer von Bomtempo und M. 


A. Portugal, schrieb mehrere Opern, Kantaten, 
Kirchenmusik und einen Band Sonate per Clavi - 
cembalo . 

Ausg.: je ein Stück für Kl. in: Alte portugiesische 
Meister, hrsg. v. M. S. Kästner, Mainz 1935, und 
in: Silva Ib&ica, hrsg. v. dems., Mainz 1954. 

Carver (k'a:v3), Robert, * 1487, f nach 1546; 
schottischer Komponist, gehörte etwa 36 Jahre der 
Abtei Scone (Pertshire) an. Seine bekannten Werke 
umfassen 5 Messen (2 zu 4, je eine zu 5, 6 und 10 
St.) und 2 Motetten (je eine zu 5 und 19 St.). 
Ausg.: Motette O bone Jesu 19 v., hrsg. v. J. A. 
Füller Maitland, London 1926. 

Cary (k's:ii), Annie Louise, * 22. 10. 1842 zu 
Wayne (Maine), t 3. 4. 1921 zu Norwalk (Con- 
necticut) ; amerikanische Opemsängerin (Alt), bil- 
dete sich in Boston und Mailand aus und debütierte 
1867 als Azucena in Kopenhagen. Neben ihren 
Engagements an den großen europäischen Bühnen 
studierte sie weiter bei P. Viardot-Garcia und in 
Paris und kehrte 1870 in die Vereinigten Staaten 
zurück. 1877 sang sie bei der ersten amerikanischen 
Aufführung des Lohengrin die Ortrud. Sie zog sich 
1881, auf (fern Höhepunkt ihres Ruhmes, von der 
Öffentlichkeit zurück. 

Casatyna, Francisco, * 16.10.1894; brasili- 
anischer Komponist, Schüler des Konservatoriums 
in Neapel, ist jetzt als Leiter des Konservatoriums 
in Säo Paulo tätig. Seine italienisch beeinflußten 
Werke sind die komischen Opern Godiamo la vita 
(Rom 1917) und Principessa delV Atelier (Neapel 
1918), Kompositionen für Orch.: Symphonie 
D dur (1937), symphonische Dichtungen Noite de 
Säo Joäo , Nero und Crepuscuo sertanejo ; Streich- 
quartett Gmoll (1937), weitere Kammermusik, 
Werke für Kl. (Sonate, Suite) und zahlreiche Kla- 
vierlieder (u. a. Clair de tune, Baigneuse , Cangäo das 
duas folhas). 

Casadesus (kazads'ü), - 1) Francois Louis 
(Francis), * 2. 12. 1870 zu Paris, f 27. 6. 1954 zu 
Suresnes bei Paris; französischer Dirigent, leitete 
1890-92 die Provinztoumee der Opdra und Opdra 
Comique und trat in der Folge vielfach als Dirigent 
in Paris und anderwärts auf (Moskau, Turin, 
Brüssel). 1907-14 schrieb er die Musikberichte für 
die »Aurore«. Als Mitgründer des amerikanischen 
Konservatoriums von Fontainebleau wurde er 
1921 zu dessen Ehrendirektor ernannt. C. kompo- 
nierte die Opern Cachaprbs (1914), La Chanson de 
Paris (1924) und La Fite des Giants (1944), Musik 
zu Le Moissonneur (1909) und andere Bühnenmu- 
siken, die musikalische Allegorie Au beau jardin de 
France (1918), mehrere Ballette, eine Symphonie 
scandinave (1909) und viele andere symphonische 
Werke, Kammermusik sowie zahlreiche Chöre 
und Lieder. - 2) Henri-Gustave (Pseudonym: 
Christian Riquet), * 30. 9. 1879 und t 31. 5. 1947 
zu Paris, Bruder von Frangois C.; französischer 
Bratschist, absolvierte 1899 das Pariser Conser- 
vatoire. 1901 gründete er die Sociiti des Instruments 
Andens, in der er die Viola d’amore spielte. Bis 
1914 wirkte C. auch als Bratschist im Capet- 
Quartett. Er schrieb zahlreiche ungedruckt ge- 
bliebene Operetten. - 3) Marius, * 24. 10. 1892 
zu Paris, Bruder von Frangois und Henri-Gustave 
C.; französischer Violinist, Schüler des Pariser 


282 



Caseüla 


Conservatoire, widmete sich dem Spiel alter 
Streichinstrumente (Quinton, Diskantgambe) und 
war 1920-40 Mitglied der Sociite des Instruments 
Andern. Er rief das Ensemble Violes et Violons 
(alte Streichinstrumente mit Streichquartett) ins 
Leben und führt ein Streichquartett. Als Solist 
trat er außer in Frankreich in vielen Landern 
Europas, Nordamerikas und des Nahen Ostens 
auf. Etwa 15 Jahre lang konzertierte er in Sonaten- 
abenden mit seinem Neffen Robert C. Er schrieb: 
Chorwerk Et nunc et semper , Orchesterwerke, 
Filmmusiken, Werke für V. mit Orchester- und 
Klavierbegleitung, Streichquartette, Klaviermusik 
und Lieder. - 4) Robert Marcel, * 7. 4. 1899 zu 
Paris, Sohn von Francis C.; französischer Pianist, 
studierte am Pariser Conservatoire Klavier und 
Komposition und tritt seit 1920 als Pianist (be- 
sonders angesehener Mozartspieler) in allen Haupt- 
städten Europas und Amerikas auf. Seit 1947 ist er 
Direktor des Amerikanischen Konservatoriums in 
Fontainebleau bei Paris. Als Komponist machte er 
sich mit einer Reihe von Konzert- und Kammer- 
musikwerken sowie 3 Klaviersonaten einen Na- 
men. Zu den Klavierkonzerten von Mozart und 
Beethoven veröffentlichte er Kadenzen; außerdem 
legte er eine Neuausgabe der Klavierkompositionen 
von Cimarosa vor. Die Universität Lawrence 
(Wisconsin) ernannte ihn zu ihrem Ehrendoktor. 
Lit.: zu Fr. C.: Hommage ä Fr. C., Paris 1950. 

Cas?!!, Giovanni Battista, * um 1715 und 
t 6. 7. 1792 zu Rom; italienischer Komponist, 
1759-92 Kapellmeister am Lateran, war ein tüch- 
tiger Kirchenkomponist im Geiste der römischen 
Schule, schrieb auch 4 Opern und 5 Oratorien, 
diese allerdings im neapolitanischen Stile. 

Casals, Pablo (Pau), * 29. 12. 1876 zu Vendrell 
(Katalonien) ; spanischer Cellist, Dirigent und 
Komponist, erlernte von seinem Vater, dem Or- 
ganisten Carlos C. (1850-1908), verschiedene Blas- 
und Streichinstrumente, entschied sich aber end- 

S tig für das Violoncello; nahm Unterricht bei 
$ Garcfa in Barcelona, bis ihm die Königin 
rfa Cristina den Besuch des Konservatoriums 
in Madrid ermöglichte, wo er die Kammermusik- 
klasse von Monasterio absolvierte; 1895-98 war er 
Solocellist der Pariser Opöra, wurde 1897 Lehrer 
am Konservatorium in Barcelona und gründete 
mit dem belgischen Geiger Crickboom ein Streich- 
quartett. 1898 debütierte er in Paris und London. 
1905 verband er sich mit T. Thibaud und A. Cortot 
zu einem Trio, 1919 rief er in Barcelona das Or- 
questa Pau Casals ins Leben. Seit Beendigung des 
spanischen Bürgerkrieges lebt C. in Prades (fran- 
zösische Pyrenäen), wo er seit dem Bachjahr 1950 
noch jährlich mit bekannten Solisten musiziert. 
C. ist imbestritten nach Technik und Musikalität 
der größte zeitgenössische Violoncellist. Werke: 
symphonische Dichtung La Vision de Fray Martin 
für Org., Soli, Chor und Orch. ; geistliche Kompo- 
sitionen (Miserere) und Orchesterwerke; Stücke 
für Vc. und Kl. und V. und KL 
Lit.: A. C. Boult, C. as Conductor, ML IV, 1923; 
L. Ljttlehales, P. C., NY 1929, neue Auflage Lon- 
don 1948; A. Borissjak, Grundriß d. Pablo-Casals- 
Schule, Moskau 1929 (russisch); R. v. Tobel, P. C., 
Zürich 1941, 21943; A. Conte, La legende de P. C., 
Perpignan 1950; J. M. Corredor, Conversations 


avec C., Paris (1955), deutsch Bern (1954), engl. Lon- 
don 1956; P. Moeschun u. A. J. P. Sailer, C., Olten 
u. Freiburg L Br. 1956. 

Casamor?ta, Luigi Fernando, * 15.5.1807 
zu Würzburg von italienischen Htern, f 24. 9. 
1881 zu Florenz; italienischer Musikkritiker und 
Komponist, schrieb für die Florentiner und Mai- 
länder »Gazzetta musicale« und komponierte Bal- 
lette, eine Oper sowie Kirchen- und Instrumental- 
musik. C. war der Organisator und erste Direktor 
des R. Istituto musicale in Florenz (1860-81). 

Lit.: R. Gandolfi, L. F. C., 1906-07 in: Ricordi 
musicali Fiorentini; A. Damerinj, Gii arbori della 
critica musicale ital.: L. F. C., Rass. mus. VI, 1933. 

CasanQves, Narcfs (Casanovas), * 17. 11. 
1747 zu Sabadell (Provinz Barcelona), f 1. 4. 1799 
im Kloster Montserrat; katalanischer Komponist, 
Benediktiner von Montserrat, schrieb Messen, 
Responsorien für die Karwoche, Psalmen, Anti- 
phonen und Motetten sowie Orgelmusik im 
italienischen StiL 

Ausg.: 15 Pasos, 8 Sonaten u. ein Rondo f. Org., 
hrsg. v. Dom D. Pujol, Mestres de l'Escolania de 
Montserrat, Müsica instrumental I, Montserrat 1934; 
eine Sonate, hrsg. v. J. Nin, Dix-sept sonates et 
pifcces . . . dauteurs espagnols II, Paris 1928. 

Cas$ti, Gasparo, jung gestorben 1643 zu No- 
vara; italienischer Komponist, Franziskanermönch, 
war Kapellmeister am Dom von Novara, gab heraus 
3 Bücher Sacri concerti 1-4 u. c. B.c . (Venedig 1641 
bis 1642, mehrfach nachgedruckt), Messa e Sahnt 
concertati 4-5 v. 1644 und Scieha d'ariosi vaghi et 
concertati Motetti 2-4 v. 1645 mit 2 V. und B.c. 

Casdolini (kajol'ini), Claudio, *um 1670 und 
f zu Rom; italienischer Komponist, zu Anfang 
des 18. Jh. in Rom Kapellmeister an S. Lorenzo in 
Damaso. Seine im Manuskript zahlreich erhaltenen 
Kirchenwerke (Messen, Requiem, Motetten) zei- 
gen ihn als einen der römischen Meister, die in 
einfachem Stil das Ideal des a-cappdla-Gesangs 
hochhielten; doch fehlen kleine »konzertierende« 
Neigungen auch bei ihm nicht. 

Ausg.: einige Motetten in Proske, Musica Divina; 
eine 4st. Messe hrsg. v. Jansen; je ein Requiem zu 
3 u. zu 4 St. hrsg. v. F. X. Haberl; ein Satz (8st.) in: 
Musica Sacra XVI, hrsg. v. R. v. Hertzberg, Bin u. 
Posen. 

Case (ke:z), John, f 23* 1- 1599 oder 1600; eng- 
lischer Gelehrter, wurde 1564 Student an St. Johns 
College in Oxford, wo er bis zum Professor auf- 
stieg und außer philologischen Arbeiten veröffent- 
lichte: The Praise of Musicke (1586) und Apologia 
Musices (1588). 

Cas$lla, Alfredo, * 25. 7. 1883 zu Turin, f 5. 3. 
1947 zu Rom; italienischer Komponist, Pianist und 
Dirigent, studierte am Pariser Conservatoire bei 
Dimmer Klavier und bei Faurd Komposition. Er 
konzertierte dann als Pianist, dirigierte 1912 die 
Concerts Populaires des Trocaddro in Paris und 
leitete 3 Jahre lang eine Klavierklasse am Conser- 
vatoire. 1915-23 war er Lehrer am Liceo musicale 
di S. Cecilia in Rom. Er war Musikkritiker des 
Monde Musical, der S. I. M., des Homme En- 
chain6; italienischer Korrespondent des Christian 
Science Monitor (Boston) und der Frankfurter 


283 



Casella 


Zeitung. 1917 gründete er in Rom die Socictä 
Nationale di Musica (später die Socictä Italiana di 
Musica Modema, 1923 als Corporazione delle 
Musiche Nuove ital. Sektion der Internationalen 
Gesellschaft für zeitgenössische Musik neu gegrün- 
det); auch vielfach als Reisedirigent (Amerika) 
tätig. C., der Typ des »internationalen« Musikers, 
kannte alle Stile und bediente sich ihrer gelegent- 
lich mit Virtuosität. Sein Ziel war die Schöpfung 
eines modernen, zugleich europäischen und natio- 
nal-italienischen Stils, der sich auf die italienischen 
Meister des 18. und 17. Jh. stützt. Werke (unvoll- 
ständiges Verzeichnis): Bühnenwerke: La donna 
serpente (Libretto von C. Lodovici nach Gozzi, 
1928-31), La favola <TOifeo (einaktige Kammeroper, 
1932), einaktiges Mysterium H deserto tentato (1936 
bis 1937); Ballette: h convento veneziano (1912-13), 
La Giara (nach L. Pirandello, 1924), La rosa del 
sogno (1943); Missa solemnis *Pro Pace « für S., Bar., 
Chor, Orch. und Org. (1944); Orchesterwerke: 
1. Sinfonie E moll (1905-06), 2. Sinfonie D moll 
(1908-10), Rhapsodie Mia (1909), Suite C dur 
(1909), Le Couvent sur Veau (1911-12; sinfonische 
Suite nach dem gleichnamigen Ballett, Mailand, 
Scala 1924), Elegia eroica (1916), Pagine di guerra 
(1918), Pupazzetti (5 Stücke für Marionetten, 1920), 
Concerto für Streicher (1927), Concerto Romano für 
Org., 3 Trp., 3 Pos., Streicher und Schlagzeug 
(1925), Introduzione , Aria e Toccata (1926), Sinfonia 
(1939-40), Divertimento Paganiniana (1942), Con- 
certo für Streicher, Kl. und Schlagzeug (1943), 
Violinkonzert A moll (1928), Konzert für V., Vc. 
und KL (1933), Cellokonzert (1934-35) ; Kammer- 
musik: Barcarola e Scherzo für Fl. und Kl. (1904), 
Sonate für Vc. und Kl. (1907), Siciliana e burlesca 
für V., Vc. und Kl. (1914-17), Cinque pezzi für 
Streichquartett (1920), Concerto für Streichquartett 
(1924), Sonata C dur für Vc. und Kl. (1927), Sere- 
nata für KL, Fag., Trp., V. und Vc. (1927), Sinfonia 
für Klar., Trp. und KL (1932), Siciliana e burlesca 
für V., Vc. und KL (1937), Sonata a tre im V., Vc. 
und KL (1938); Kompositionen für Klavier: Toc- 
cata (1904), Sarabanda (1908), Berceuse triste (1909), 
Barcarola (1910), Nove pezzi (1914), Pagine di 
guerra (4händig, 1915), Pupazzetti (4händig, 1916), 
Sonatina (1916), A notte alta , poema für KL und 
Orch. (1917), Inezie , tre pezzi facili (1918), Deux 
contrastes: 1. Grazioso - Hommage ä Chopin , 2. 
Antigrazioso (1918), Tre pezzi per Pianola: Prelu - 
dio 9 Valse , Ragtime (1918), 11 pezzi infantili (1920), 
Foxtrott (4händig, 1920), Partita für KL und Orch. 
(1925), Scarlattiana für KL und Orch. (1926), Due 
ricercari sul nome di B.A.C.H. (1932), Sinfonia , 
arioso e toccata (1936), Ricercare sul nome di G. M . 
Gatti (1942), Sei studi (1944); Lieder: Cinq lyriques 
(1903), Trois lyriques (1906), Sonnet (Pierre de 
Ronsard, 1910), Due conti (Carducd, 1913), V adieu 
ä la t ne (Rab. Tagore, Übersetzung von Andrd 
Gide, 1915), Tre canzoni trecentesche (1923), La sera 
fiesolma (Gabr. d’Annunzio, 1923), Notte di maggio 
für Gesang und Orch. (Carducd, 1913), Tre conti 
saori für Bar. und Org. (1943). C. bearbeitete zahl- 
reiche Werke anderer Komponisten, darunter 
solche von Monteverdi, Bassani, A. und D. Scar- 
latti, Vivaldi, J. S. Bach, Sammartini, Clementi, 
Beethoven, Rossini, Schubert und Mahler. Da- 
neben gab er heraus Werke von Frescobaldi, Bach, 
Mozart, Beethoven, Chopin, Mussorgskij. Bücher: 


Uevoluzione della musica a traverso la storia della 
cadenza perfetta (1919), Igor Strawinski (1929), 
21 + 26 (Gesammelte Aufsätze bis 1930; 1931), 
Le Sinfonie de Muzio Clementi (1935), H pianoforte 
(1937), I segreti della giara: autobiografia (1941), 
J. S. Bach (1942), Beethoven intimo (1949), Stra- 
winski, (Brescia 1951), Music in my Time , ins Eng- 
lische übersetzt von S. Norton (Oklahoma 1955). 

Lit. : L. Cortese, A. C., Genua 1935; M. Mila, La 
donna serpente: guida critica, Mailand 1942; vgl. 
auch d. Sonder-Nr Mai-Juni 1943 d. Rass. mus. zu 
C.s 60. Geburtstag (enthält neben verschiedenen Auf- 
sätzen eine Biogr. und Bibliogr.); G. M. Gatti, In 
Memory of A. C., in : MQ XXXIII, 1947 ; F. D’Amico, 
Sulla »Messa« di C., in: Rass. mus. XXII, 1952. 

Casella, Pietro, aus Pistoia, f vor 1300; der 
älteste dem Namen nach bekannte italienische 
Madrigal-Komponist, befreundet mit Dante, von 
dem er einige Canzonen und Ballate vertonte, dar- 
unter Amor che ne la mente mi ragiona (Convivio 
ID). Dante hat ihm im 2. Gesang des Purgatorio 
ein Denkmal gesetzt. 

Lit.: C. Perinello, G, Triest 1904; E. Pistelu, II 
canto di G, 1907. 

Casella, Pietro, * 1769 und f 12. 12. 1843 zu 
Pieve (Umbrien); italienischer Komponist, machte 
sich zuerst durch eine Reihe Opern bekannt, 
schrieb aber später (1817-43) als Professor am 
Konservatorium und Kirchenmusikdirektor in 
Neapel eine große Zahl Messen, Motetten, Ves- 
pern und andere Kirchenwerke. 

Caserta, Anthonello da ; süditalienischer Kom- 
ponist um 1400, von dem eine Anzahl 3st. Stücke 
im französischen Balladenstil in den Codices Mo- 
dena 568 und Paris 6771 (Reina) erhalten sind. 
Ausg.: 5 Balladen, ein Virelai u. 2 Rondeaux in: 
French Secular Music of the Late Fourteenth Cent., 
hrsg. v. W. Apel, The MA Acad. of America, Publ. 
LV, Cambridge, Mass., 1950. 

Caserta, Philippus de (Filipoctus, Philippot), 
Komponist und Mensuraltheoretiker des ausgehen- 
den 14. Jh., wahrscheinlich zu Neapel. Da von ihm 
nur 6 französische Werke im Codex Chantilly 
1047 vorliegen (2 davon auch in Modena lat. 568 
und in Paris n. a. fr. 6771), gehört er trotz der 
Herkunft aus Süditalien zur Tradition der franzö- 
sischen Ars nova. Seine 3st. Kantilenensätze, z. B. 
die Ballade auf Papst Clemens VII. (1378-94), ver- 
treten mit ihrer komplizierten Rhythmik die 
Epoche nach Machaut. Ihre Notation entspricht 
Philipps Tractatus de diversisßguris . 

Ausg.: GA der bekannten Kompositionen in: French 
Secular Music of the Late Fourteenth Cent., hrsg. 
v. W. Apel, The MA Acad. of America, Publication 
LV, Cambridge, Mass., 1950. - Tractatus de diversis 
figuris, in: CS III. 

Lit : J. Wolf, Gesch. der Mensurainotation, 3 Bde, 
Lpz. 1904 (darin auch Kompositionen C.s). 

Casjmjri, Raffaele Casimiro, * 3. 11. 1880 zu 
Gualdo Tadino (Umbrien), f 15.4.1943 zu Rom; 
italienischer Musikpädagoge und Komponist, 
Schüler von L. Bottazzo in Padua; 1899 Lehrer an 
der Schola cantorum des Seminars von Nocera 
Umbra, 1901 in Rom Leiter der Zeitschrift 
»Rassegna Gregoriana«, 1903-04 Kapellmeister an 
den Seminaren und Kirchen von Calvi und Teano, 
dann von Capua, 1905-08 von Perugia, 1909-11 


284 



Ca sado 


von Vercdli; ab Dezember 1911 Kapellmeister an 
S. Giovanni in Laterano in Rom, ab 1912 gleich- 
zeitig Kompositionslehrer an der Hochschule für 
Kirchenmusik. Außer einer großen Zahl von Kir- 
chenwerken (Messen, Litaneien, Motetten, Offer- 
torien usw.) schrieb C. 2 Oratorien (San Pan- 
crazio und Santo Stefano ), Madrigali e Scherzi für 
gern. Chor, ist aber vor allem als Wiedererwecker 
der klassischen Kirchenmusik hervorgetreten. 1922 
gründete er den Kirchenchor »Societä polifonica 
romana«, mit dem er internationale Reisen unter- 
nommen hat. Er gründete 1907 die Monats- 
schrift »Psalterium« (Perugia, seit 1912 in Rom), das 
Jahrbuch »Sacri Concentus« und die »Bibliotechina 
Cedliana«; gab als Anhang zum Psalterium den 
Tesoro delle melodie religiöse popolari dei sec . XV e 
XVI heraus, rief 1924 eine weitere, der Erforschung 
der älteren Kirchenmusik gewidmete Vierteljahrs- 
schrift »Note d’Archivio« ins Leben, war Heraus- 
geber des »Sodetatis polyphonicae romanae re- 
pertorium« und veröffentlichte außer vielen Zeit- 
schriften- Artikeln : G. P. da Palestrina, Nuovi docu- 
rnenti biografici (1918 und 1922); Nuove ricerche 
sul Palestrina (1923); II nodice 59* delVarchivio 
musicale lateranense , autografo di G. Pierl. da Pale- 
strina (1919), La rinascitä della musica sacra nel secolo 
XVI (Rom 1924) ; Gli oratori a Roma del 1 675 (1936) ; 
La polifonia vocale nelle regole dei teorici (1939); 
Musica e Musicisti alla Cattedrale di Padoa (1941); 
ferner biographische Schriftchen über O. di Lasso 
(1920), Ercole Bemabei (1920), Firmin Le Bel (1922), 
Vittoria (1934) ; Cantantibus Organis! . . . (Aufsatz- 
sammlung, 1924). 

Casjjni, Giovanni Maria, * um 1670 und + nach 
1714 zu Florenz; italienischer Komponist, Schüler 
von Pasquini in Rom, war ab 1703 Kathedral- 
organist in Florenz. Gab heraus 4st. Canzonette 
spirituali (1703), 4st. Motetten ( Moduli op. 1, 1706), 
4st. Responsorien für die Karwoche op. 2 (1706) 
und Orgelstücke (Pensieri op. 3). C. war einer der 
Enthusiasten für die Wiederbelebung der antiken 
drei T ongeschlechter und konstruierte ein Klavier 
mit 31 Tasten in der Oktave. 

Ausg.: eine Motette bei Proske, Musica Divina I, 
2; 2 Pensieri per organo in Torchi III, 417-30; Pensie- 
ri per Forgano, in Guilmant-Pirro X; Terzo Tempo 
(da »I pensieri per Organo«), in: Ant. Organistica 
Ital., hrsg. v. P. Ferrari, Mailand 1954. 

Caspar, Helene, * 3. 9. 1857 zu Zittau, f im 
Juli 1918 zu Leipzig; deutsche Musikschriftstellerin, 
arbeitete über klaviermethodische Fragen, Schü- 
lerin des Leipziger Konservatoriums; sie schrieb: 
Technische Studien, für den modernen Klavierunter- 
richt zusammengestellt (Leipzig 1901), Die moderne 
Bewegungs - und Anschlagslehre im Tonleiter - und 
Akkordstudium (Leipzig 1910), Praktischer Lehrgang 
des Klavierspiels für den Elementarunterricht mit An- 
wendung der modernen Bewegungs - und Anschlagslekre 
(2 Bände, mit Erläuterungen für den Lehrer, Leip- 
zig 1914); Klavier-Unterricht , ein Wegweiser und 
Ratgeber für Lehrende und Lernende (Leipzig 1914). 

Caspar]ni (eigentlich Caspari), deutsche Orgel- 
bauerfamilie, in Sorau (Niederlausitz) ansässig, in 
der zuerst Adam Caspari (um 1590 bis nach 
1665) hervortritt. Der bedeutendste Vertreter ist 
- 1) Johann Caspari, der sich später Eugenio 
Casparini (Gasparini) nannte, * 14. 2. 1623 zu 


Sorau, begraben 17. 9. 1706 zu Niederwiesa bei 
Greiffenberg (Schlesien). Er ging in Augsburg in 
die Lehre und wanderte um 1642 über Regensburg 
nach Italien. Wahrscheinlich hat er dort die ersten 
10 Jahre in Görz verbracht, nachweislich 1656 
in Triest und 1660 in Isola (Istrien) gearbeitet. Dann 
wirkte C. einige Jahre in Venedig und ließ sich 
Ende der 60er Jahre in Padua nieder, von wo aus er 
Orgeln baute für: Kloster Marienberg bei Burgeis 
(Südtirol; 1678), 2 Orgeln für S. Giustina in 
Padua (1679 und 1681), S. Maria Maggiore in 
Trient (1686), St. Paul in Eppan (Südtirol; 1687), 
Dom in Brixen (1689), Stift Neuzelle bei Brixen 
(1694). Kaiser Leopold I. berief C. zu Ausbesse- 
rungsarbeiten (wahrscheinlich 1685) nach Wien, 
wo er für die Kunstkammer ein Positiv mit Papier- 
feifen baute. Zum Bau der großen Orgel von 
t. Peter und Paul in Görlitz (1697-1703) kehrte er 
nach Deutschland zurück. Die berühmte Görlitzer 
Orgel zeigt die für C. charakteristische Verbindung 
italienischer und deutscher Bauprinzipien, wobei 
als seine Besonderheiten die zahlreichen Schnurr- 
pfeifereien, die Einbeziehung klingender Pfeifen 
m Prospektomamenten (den »Sonnen«) und eine 
kanzellenlose Schleiflade, in der für jede Pfeife ein 
besonderer Gang zum Spielventil gebohrt war, 
hervorzuheben sind. Der Klang der Orgel wurde 
bestimmt von den ungewöhnlich reich disponierten 
Prinzipal-Gruppen der selbständig gestalteten 
Werke, denen nur wenige Zungenstimmen gegen- 
überstanden. - 2) Adamo Orazio, * 1676 zu 
Padua, f 11. 8. 1745 zu Breslau, Sohn von Eugenio 
C.; er unterstützte seinen Vater beim Bau der 
großen Görlitzer Orgel und baute selbst Orgeln 
für die katholische Pfarrkirche Hirschberg (Riesen- 
gebirge; 1706, noch mit seinem Vater), St. Bem- 
hardin Breslau (1709), evangelische Kirche Wohlau 
(1716), Kloster Czenstochau (1725), Kloster Wahl- 
Statt (1731), 11000-Jimgfrauen-Kirche Breslau 
(1735), St. Adalbert Breslau (1737), Lissa (Polen; 
1737), Dominikanerkirche Glogau (1740). 

Lit. : Chr. L. Boxbero, Ausführliche Beschreibung d. 
Grossen Neuen Orgel, Görlitz 1704; Chr. D. Brück- 
ner, Hist Nachricht v. d. Orgeln d. St Peter- u. 
Paulkirche, Görlitz 1766; D. T. Nicolai, Kurtze . . . 
Beschreibung d. grossen Orgel . . ., Görlitz 1797; L. 
Haupt, Gesch. d. berühmten Orgel... in Görlitz, 
Neues Lausitzisches Magazin XXXVI, 1860; O. 
Wangemann, Gesch. d. Orgel II, Demmin 1881; 
L. Hartmann, Die Orgel, Lpz. 1904; E. F. Richter, 
Katechismus d. Orgel, Lpz. 1907; R. Lunelli, Uh 
geniale innovatore . . ., Scritti di storia organaria, 
Trient 1925; ders., E. Gasparini, Musica sacra LVH» 
1934; L. Burgemeister, Der Orgelbau in Schlesien, 
Studien zur deutschen Kunstgesch. CCXXX, Straß- 
burg 1925; E. Flade, Der Orgelbauer G. Sübermann, 
Lpz. 1926, 21953 ; ders., E. C. . . ., Fs. J. Biehle, 
Lpz. 1930; anon., Nella solenne inaugurazione del 
nuovo . . . organo della Basilica di S. Giustina, Padua 
1928. 

Cassadö, - 1) Jo a quin, * 30. 9. 1867 zu Matar6 
bei Barcdona, f 25- 5. 1926 zu Barcelona; spa- 
nischer Komponist, erst Chordirektor an Nuestp. 
Senora de la Merced in Barcelona, dann Organist 
an S.Josd und Dirigent eines 1890 von ihm ge- 
gründeten Chorvereins, der Capilla Catalana.- 
Schrieb: eine Sinfonia dramatica , symphonische 
Dichtungen, eine Phantasie für Kl. und Orch. 
Hispania, eine komische Oper und Kirchenmusik. 

- 2) Gaspar, * 30. 9. 1897 zu Barcelona; spani- 


285 



Cassimir 


scher Cellist und Komponist, Sohn des vorigen, 
studierte ab 1904 am Konservatorium »Las Mer- 
cedes« in Barcelona und ab 1908 unter der Leitung 
von Casals in Paris, unternahm seit 1918 zahlreiche 
Konzertreisen in Europa, Nord- und Südamerika, 
C., der zu den besten Cellisten der Gegenwart ge- 
hört, ist Professor an der Accademia Musicale 
»Chigiana« in Siena und bildete ein Trio mit Y. 
Menuhin und Louis Kentner. Er schrieb ein Cello- 
konzert D moll, kleine Stücke und Sonaten für 
Vc., Kammermusik (3 Streichquartette, ein Kla- 
viertrio), Violinsonate, ein Oratorium über zwei 
Psalmen Davids (1946) und bearbeitete Werke von 
Mozart, Weber und Schubert. 

Cgssimir, Heinrich, * 23. 1. 1873 zu Hassen- 
bach (Rhön), 1 30. 4. 1946 zu Karlsruhe; deutscher 
Komponist, Schüler der Königlichen Musikschule 
Würzburg, studierte an den Universitäten Frei- 
burg und Heidelberg, als Theaterdirigent tätig 
1898-1912, danach in Karlsruhe Lehrer am Badi- 
schen Konservatorium und Akademischer Musik- 
direktor an der Technischen Hochschule. Schrieb : 
Lieder, Chöre, Sonaten für Kl. und für V., ein 
Melodram Deutsches Recht , eine unveröffentlichte 
Biographie Draesekes und Lebenserinnerungen 
Von der Rhön zum Rhein . 

Lit.: C.-Gedächtnisheft, «= Vereinsbote Karlsruher 
Liederkranz V, 1, Januar 1953. 

Cassiodgrus Senator, Flavius Magnus Aure- 
lius, * um 485, f um 580; römischer Schriftsteller, 
stammte aus einer angesehenen Familie, die nahe 
dem heutigen Squillace ein Landgut besaß. C. ge- 
langte am Hofe der Gotenkönige schnell zu hohen 
politischen Ämtern: 506-11 hatte er als Quaestor 
die Erlasse Theoderichs zu stilisieren; dazu gehört 
506 ein Brief an Boethius, der für den Franken- 
könig Chlodwig einen Kitharoeden aussuchen soll, 
mit einem geleinten Exkurs C.s. 514 war er Consul, 
523-27 Magister offlriorum und 533-37 Praefectus 
practorio. Später muß er einige Zeit als Emigrant 
in Konstantmopei gelebt haben, ehe er auf dem 
Erbgut seiner Familie das Kloster Vivarium (heute 
Stallen) gründete, dessen Mönchen er die Pflege 
der Wissenschaft als Hauptaufgabe vorschrieb. Er 
selbst verbrachte dort den Rest seines Lebens. Von 
den Schriften dieser Zeit sind zu nennen die 
Expositio in psalterium (um 540) und die Institutiones 
divinarum et saecularium lectionum , von denen das 
5. Kapitel des 2. Buches die Musik im Anschluß 
an Gaudentius Varro und Alypios behandelt. C.s 
Darstellung hatte auf Isidor und im Mittelalter 
starken Einfluß. 

Ausg.: GA in Migne, Patr. lat. LXDC u. LXX. - 
Variae, hrsg. v. Th. Mommsen, MGH Auctores anti- 
qui XII (der Brief an Boethius = Variae II, 40); 
Institutiones, hrsg. v. R. A. B. Mynors, Oxford 1937; 
der Abschnitt über d. Musik daraus in GS I, S. 14. 
Lit.: allgemein: M. MANrnus, Gesch. d. lat. Lit. d. 
MA, 3 Bde, München 1911-31 ; P. Lehmann, Cassio- 
dor-Studien, Philologus LXXI-LXXTV, 1912-17; A. 
van der Vyver, C., Speculum VI, 1931; ders., Les 
institutiones de C., Rev. B6n6dictine LIII, 1941; 
L. W. Jones, The Influence of C. on MA Culture, 
Speculum XX, 1945; G. I. Pachali, Untersuchungen 
zu C.s Institutiones, Diss. Marburg 1947, maschr. - 
Zur Musik: W. Brambach, Die Musiklit d. MA, 
Mitt. aus d. Großherzoglich Badischen Hof- u. Lan- 
desbibL IV, Karlsruhe 1883 ; C. Holzer, Varro über 

286 


Musik, Programm Ulm 1890; K. Schmidt, Quae- 
stiones de mus. script. Romanis, Diss. Gießen 1899; 
H. Abert, Zu C., SIMG III, 1901-02; ders.. Die 
Musikanschauung d. MA, Halle 1905; G. Pietzsch, 
Die Klassifikation d. Musik, Halle 1929; ders.. Die 
Musik im Erziehungs- u. Bildungsideal . . ., Halle 
1932; M. L. W. Laistner, The MA Organ and a C. 
Glossary, Speculum V, 1930; Th. G£rold, Les pfcres 
de Piglise et la musique, Paris 1931; O. Gombosi, 
Studien zur Tonartenlehre d. frühen MA, AMI X, 
1938; ders., Tonarten u. Stimmungen d. antiken 
Musik, Kopenhagen 1939, 21950; G. Sowa, Die Mu- 
sikanschauung C.s, Diss. Bin 1953, maschr. 

Cassirer, Fritz, *29. 3. 1871 zu Breslau, *j* 26. 11. 
1926 zu Berlin; deutscher Dirigent und Musik- 
schriftsteller, studierte 1889-92 in Berlin und Frei- 
burg im Breisgau Philosophie, ging aber 1894 zur 
Musik über und studierte zunächst in München, 
1897-98 am Stemschen Konservatorium in Berlin 
Komposition bei Pfitzner und Orchesterdirektion 
bei G. Hollaender. In Berlin gründete er einen 
Orchesterverein, wirkte dann als Opemdirigent 
in Lübeck, Posen, Saarbrücken, Elberfeld und an 
der Berliner Komischen Oper unter Gregor, mit 
dem er nach London ging. Dort blieb er 1905-07 
als Konzertdirigent, zog sich dann aber aus der 
Öffentlichkeit zurück, um philosophischen Studien 
zu leben. Er lebte in München, wo er nur noch 
gelegentlich (1917) als Dirigent hervorgetreten ist. 
Schriften : Beethovens Briefe. Ein Essay (1909 in : Mk) ; 
Beethoven und die Gestalt. Ein Kommentar (Stuttgart 
1925). 

Castagna (kast'ajia), Bruna, * 15. 10. 1908 zu 
Mailand; italienische Opemsängerin (Alt), debü- 
tierte 1925 in Mantua als Marina in Boris Godunow , 
sang an der Scala in Mailand, am Teatro Colön in 
Buenos Aires, seit 1934 auch in den USA, wo sie 
etwa 10 Jahre lang am Metropolitan Opera House 
in New York auftrat. Sie vertritt vorwiegend 
Rollen des italienischen Opemrepertoires. 

Castagnone (kastaji'o:ne), Riccardo, * 10.9. 
1906 zu Brunate (Como) ; italienischer Komponist, 
Schüler von Paribeni (Komposition) und Scher- 
chen (Dirigieren), schrieb u. a. Passacaglia , Preludio 
giocoso und Suite d*Antiche Danze für großes Orch., 
Toccata für Kl. und Orch., Tre canzoni für S. und 
Streicher. 

Castel (kastiel), Louis Bertrand, * 11. 11. 1688 
zu Montpellier, f 11. 1. 1757 zu Paris; französischer 
Musiktheoretiker, griff die von Newton angeregte 
Idee der Farbenharmonie auf und konstruierte 
theoretisch ein Farbenklavier (Clavecin oculaire), 
dessen Beschreibung in einem Privatbriefe eines 
Pariser Freundes Telcmann ins Deutsche übersetzte 
(Hamburg 1739). Er schrieb ferner: Lettres d'un 
acadhniden de Bordeaux sur le fond de la musique 
(London und Paris 1754) sowie auch eine anonyme 
Entgegnung darauf: RJponse critique d 9 un academi - 
den de Rouen . . . fParis 1754). feine Sammlung 
seiner Schriften erschien nach seinem Tode: Esprit , 
saillies et singularitis du P. Castel (Amsterdam 1763). 
Lit. : A. Wellek, Farbenharmonie u. Farbenkl. Ihre 
Entstehungsgesch. im 18. Jh., in: Arch. f. d. gesamte 
Psychologie 94, 1935; ders.. Das Doppelempfinden 
im 18. Jh., DVjs. XIV, 1936. 

Cast$lli, Ignaz Franz, * 6. 3. 1781 und f 5. 2. 
1862 zu Wien; österreichischer Librettist, befreun- 



Castülo 


det mit Beethoven und C. M. von Weber, Text- 
dichter von Weigls Schweizerfamilie und anderen 
beliebten Opern, auch Übersetzer vieler auslän- 
discher Opern ins Deutsche für den Bühnenge- 
brauch, wurde 1811 zum Hoftheaterdichter für das 
Kärntnertor-Theater ernannt, 1829-40 Gründer 
und Herausgeber des »Allgemeinen musikalischen 
Anzeigers«. Seine Memoiren meines Lebens . Geän- 
dertes und Empfundenes (1861, 4 Bände) enthalten 
mancherlei über Beethoven, ebenso die Erzählung 
gen in allen Farben (1839-40) und Bären (Anekdoten, 
1826). Eine Auswahl seiner Werke erschien 1844 
(16 Bände; 21848, neue Folge 1858, 6 Bände). 
Ausg.: NA d. Memoiren v. Bindter, München 1912. 
Lit.: A. Weiss, Dr. I. Fr. C., in Jb. d. Schubertbundes 
1912; Th. Frimmel, Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926. 

Castülo» Dario; italienischer Komponist des 
16.-17. Jh., um 1629 Konzertmeister an der Mar- 
kuskirche in Venedig, gab heraus l-4st. Sonate 
concertate in Stile modemo mit B.c. (2 Bücher, so- 
wohl in Stimmen als auch in Orgelpartitur ge- 
druckt 1621-44). 

Lit.: A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Berlin 1923, 
56 ff. 

Castelnuovo-Tedesco, Mario, * 3.4. 1895 zu 
Florenz; italienischer Komponist, studierte am 
Istituto Musicale Cherubim in Florenz Kompo- 
sition bei I. Pizzetti, seit 1939 in den Vereinigten 
Staaten ansässig. Werke: Opern, La Mandragola 
(1921-23), Bacco in Toscana (szenische Kantate, 
1925-26), Aucassin et Nicolette (für Solo, kleines 
Orch. und Marionetten, 1938); Filmmusiken: 
And Then There Were None , Down to Earth, Loves 
of Carmen , Everybody Does It; Bühnenmusiken; 
Ballette: The Birthday of the Infanta (1944), The 
Octoroon Ball (1947), Naomi and Ruth (1947) ; Or- 
chesterwerke: Cielo in settembre (1910), Cipressi 
(1921), Hebräische Rhapsodie Le danze del re David 
(1925), 9 Ouvertüren zu Schauspielen Shake- 
speares; Noah 9 s Ark (1944); 3 Violinkonzerte, 
Symphonische Variationen (1930), Poem für V. 
und Orch. (1942), 2 Klavierkonzerte, ein Cello- 
konzert (1936), Harfenkonzert (1937), Konzert für 
Guitarre und kleines Orch. (1939); Serenade für 
Gitarre und Kammer-Orch. (1956) ; Tre Fioretti di 
San Francesco für Gesang und Orch. (1919); Kam- 
mermusik: Cellosonate (1928), Klaviertrio (1928), 
Streichquartett (1929), Klavierquintett (1934), So- 
nata quasi una fantasia für V. und Kl. (1929), Suite 
über Themen von Donizetti und andere Stücke 
für V. und KL, Divertimento für 2 FL (1943), 
Sonate für V. und Va (1945), Klarinettensonate 
(1945), Fagottsonate (1946); Sonate C moll für Va 
und Vc. (1953). -Werke für Klavier: U raggio verde 
(1916), Alghe (1919), 1 NaviganH (1919), Cipressi 
(1920), La Sirenetta e il pesce turchino (1920), Can- 
tico (1920), Vitalba e biancospino (1921), Epigrefe 
(1922), Alt-Wien (1923), Piedigrotta (1924), Le 
Stagioni (1924) ; Le danze del Re David (1925), Tre 
poemi campestri (1926), 3 Corali su melodie ebraiche 
(1926), Fantasia e fuga sul nome di I. Pizzetti ; Sonate 
(1932); 3 vocalizzi nello Stile modemo ; 6 Illustra- 
tionen zu Voltaires Cartdide (1944) ; 6 Pieces (Ka- 
nons; 1954). - Lieder: Le Roy Loys (1914), Ninna 
Noma (1914), Fuori i Barbari (1915), Stelle cadenti 
(1915), Coplas (1915), Briciole (1916), Girotondo dei 
gelosi (1917), Piccino-Picdb (1918), Vlnfinito (1921), 


La barba bianca (1923), Etoile filante (1921), Due 
preghiere per i bimbi d'Italia (1923), 1830 (Müsset, 
1924); 4 Scherzi per musica (1924-25); 41 Shake- 
speare Songs (1921-26); Indian Serenade (1925); 
Cadix (1926); 3 Sonnetsfiom the Portuguese (1926); 
Sei odi di Orazio (1930); Dos romances viejos (1933 
bis 1935); Leaves of Grass (W. Whitman, 1936); 
27 Shakespeare Sonnets (1945); - 4st. Chöre a 
cappella: Due madrigali a Galatea (1914); Due 
canti greci (1917). 

Castdra (kaster'a), Rend d’Avezac de, * 3. 4. 
1873 und f 9. 10. 1955 zu Dax (Landes) ; franzö- 
sischer Komponist, Schüler der Pariser Schola Can- 
torum (d’Indy, la Tombelle, Guilmant, J. Albd- 
niz), betätigte sich schriftstellerisch an der Tribüne 
de St. Gervais und gründete 1902 den Autoren- 
Verlag Edition mutudle. Von C.s Kompositionen 
sind zu nennen: eine 4aktige Oper Berteretche 9 Bal- 
lett Nausicaa , Jour de ßte au pays basque für Orch., 
Klaviertrio D dur, Violinsonate E moll, Klavier- 
stücke, Lieder. 

Castdl-Blaze (kastil-bra:z), Frangois-Henry- 
Joseph Blaze, genannt C.-B., * 1. 12. 1784 zu 
Cavaillon (Vauduse), f 11. 12. 1857 zu Paris; fran- 
zösischer Musikschriftsteller, erhidt den ersten Mi*- 
sikunterricht von seinem Vater H. Sdbastien Blaze 
(1763-1833), der neben seiner Tätigkeit als Notar 
ein fleißiger Komponist (Opern, Sonaten) und 
Dichter (Roman Julien ou Le pritre) war. Auch der 
Sohn, Fr.-H.-J., wurde Advokat, besuchte aber als 
Student in Paris zugleich das Conservatoire und 
eignete sich eine tüchtige musikalische Bildung an. 
1820 entsagte er der Advokatur und ging nach Pa- 
ris, wo er sich schnell einen Namen als Musik- 
schriftsteller und Kritiker (in der Revue de Paris, 
dem Journal des Ddbats und anderen Zeitungen) 
machte. Außer historischen Aufsätzen, die teil- 
weise auch separat erschienen, schrieb er: De Vopira 
en France (Paris 1820, 21826), Dictionnaire de mu- 
sique moderne (Paris 1821, 21825 ; neu herausgegeben 
mit einem Abriß der neueren Musikgeschichte und 
einem Anhang mit Biographien flämischer Musi- 
ker von J. H. Mdes, Brüssd 1828); Chapelle- 
musique des rois de France (Paris 1832); La danse et 
les ballets , depuis Bacchus jusqu'ä Mademoiselle Taglio- 
ni (Paris 1832); Molibre musicien (Paris 1852); 
Thidtres lyriques de Paris (Paris 1847-56, 3 Bände, 
eine Geschichte der Großen Oper und der Italie- 
nischen Oper) ; Sur Vopira frangais , viritis dures mais 
utiles (Paris 1856) und Vart des vers lyriques (1858). 
Sehr fragwürdig sind seine französischen Überset- 
zungen (besser: Einrichtungen) deutscher und ita- 
lienischer Opemtexte (Don Juan , Figaro , Zauber- 
flöte 9 Fidelio 9 Freischütz , Barbier , Euryanthe). An 
Kompositionen hinterließ C.-B. 3 Opern, Kir- 
chen- und Kammermusikwerke. Sein Sohn ist 
Henry Blaze de Bury. 

Castileti, Johannes Guyot,Jean. 

Castülo (kast'LCo), Diego del ; spanischer Orga- 
nist des 16. Jh., wirkte an der Kathedrale von Se- 
villa, später in der Königlichen Kapelle, war Lehrer 
von Correa de Arauxo und soll eine Orgdtabula- 
tur geschrieben haben. 

Ausg. : 2 5st. Motetten, hrsg. v. D. H. Eslava, Lira 
Sacro-Hispana, serie II, t. 1, Madrid (1869). 


287 



Castilion 


Lit.: M. S. Kästner, Contribuciön al estudio de la 
müsica espafiola . . Lissabon 1941. 

Castxllon de Saint-Victor (kastiA'5), Alexis (Vi- 
comte de), * 13. 12. 1838 zu Chartres, f 5. 3. 1873 
zu Paris; französischer Komponist, ging von der 
militärischen Laufbahn zum Studium der Musik 
über, zuerst unter V. Massd, dessen handwerks- 
mäßige Lehrweise ihn aber abstieß, so daß er unter 
C. Franck, auf den ihn H. Duparc hinwies, noch- 
mals von neuem anfing, all seine früheren Kom- 
positionen vernichtete und ein neues op. 1 (Kla- 
vierquintett) schrieb. C. ist mit Bussine, Duparc 
und Saint-Saens Gründer der Sod6t6 nationale de 
musique (1871). Seine Werke sind außer dem 
Klavierquintett: ein Streichquartett op. 3, ein 
Klavierquartett, 2 Klaviertrios, eine Violinsonate, 
ein Klavierkonzert (das Saint-Saens in Pasddoups 
Konzert spielte, aber mit gänzlichem Mißerfolg, so 
daß er es nicht zu Ende spielen durfte), 1. Sympho- 
nie in F (1865, V. Masse gewidmet), eine 2. Sym- 
phonie blieb unvollendet, ebenso eine Messe; Es- 
quisses symphoniques , Marche scandinave (G. Bizet 
gewidmet), 2 Orchestersuiten, Ouvertüre zu Tor- 
quato Tasso, Psalm 84 für Soli, Chor und Orch. 
sowie Klavierstücke und Lieder. 

Castro, Jean de, * um 1540 zu Evreux, f am An- 
fang des 17. Jh.; französischer Komponist, 1582 
bis 1584 Vize-Hofkapellmeister in Wien, später in 
Düsseldorf, Cleve und Köln, bemerkenswerter 
Komponist von Kirchenmusik ( Missae 3 v. 1599, 
Sacrae cantiones 5-8 v. 1571 und 1588, 5 v. 1591, 3 v. 
1593 und 1596, 5-8 v. 1588, Tricinia sacra 1574, 
Bidrtia sacra 1593) und auch von weltlichen Gesän- 
en (Madrigale, Chansons zu 3, doch auch zu 4-8 
t.) und einer Reihe von Werken, welche sich mit 
dem Problem der strengen musikalischen Wieder- 
gabe poetischer Metren beschäftigten ( Chansons , 
Ödes et Sonnets composies par P . Ronsard zu 4-8 St. 
1576, Chansons , Stances, Sonnets et Epigrammes ä 
2 v., livr . 2 1592, Quintines , Sextines, Sonnets ä5v. 
1594). 

Lit: M. Oebel, Beiträge zu einer Monographie über 
Jean de Castro, Diss. Bonn 1926, Regensburg 1928. 

Castro, - 1) Juan Tosd, * 7. 3. 1895 zu Avel- 
laneda (Buenos Aires); argentinischer Komponist, 
war nach Musikstudien in Buenos Aires noch Schü- 
ler von d’Indy in Paris. Nach seiner Rückkehr ver- 
band er sich mit anderen Komponisten zum Grupo 
Renovadön. 1929 übernahm C. die Leitung der 
Orquesta Renadmiento und dirigierte ab 1930 
Ballett-Aufführungen am Teatro Colön, dem er 
1933/34 als Direktor Vorstand. 1934-43 dirigierte 
er dann das Opemorchester und stand daneben der 
Asodaddn Sinfönica de Buenos Aires vor. Werke: 
Musiken zu Martin Fierro (1947) und La zapatera 
prodigiosa (1948), die Opern Proserpina (1951), 
Bodas de sangre (»Die Bluthochzeit«, Buenos Aires 
1956); die Ballette Mekhano und OJfenbachina ; 
zahlreiche Orchesterwerke (Sinfonla Btblica, Sin- 
fonla Argentina f Sinfonla de los campos) 9 ein Klavier- 
konzert (1941), Kammermusik (Streichquartett, 
Trio für V., Klar, und Kl.; eine Violin- und eine 
Cellosonate), Stücke für KL (Sonate 1917) und Lie- 
der. -2) Josd Maria, *17. 11. 1892 zu Avellaneda 
(Buenos Aires); argentinischer Violoncellist und 
Komponist, Bruder von J. J. C., war zunächst als 


Cellist (Kammermusiker) tätig, leitete ab 1933 die 
Banda Munidpal in Buenos Aires und ist jetzt als 
Gastdirigent sehr geschätzt. Werke: Ballett Georgia 
(1939), Obertura para una opera comica (1935), Con- 
certo grosso (1933), Konzert für Orch. (1945), ein 
Klavier- und ein Cellokonzert, Kammermusik, 
Klavierstücke und Lieder. - 3) Wa shing t o n , * 13. 
7. 1909 zu Buenos Aires; Bruder von Juan Tosd und 
Jose Maria C., als Violoncellist Schüler des letzteren 
und von M. Mardchal, in der Komposition Schüler 
Siccardis, hat sich seit 1947 vor allem dem Diri- 
gieren zugewandt und wurde 1956 Leiter des Sym- 
phonieorchesters von Santa Fd. Als Lehrer wirkte 
er 1949-56 am Konservatorium von La Plata (Vio- 
loncello und Kammermusik), seitdem am Konser- 
vatorium von Santa Fd (Violoncello und Dirigie- 
ren). Werke: 4 Ouvertüren ( Festiva 1941, Trägica 
1946, Jubilosa 1957), 2 Orchestersuiten (1947 und 
1952), Sinfonla Primaveral (1956), Concierto Ele- 
glaco für Va und Orch. (1950), Comentarios SinfSni - 
cos d la PasiSn de Nuestro Sehor für Sprecher und 
Orch. (1955), Kammermusik (2 Streichquartette 
1945 und 1950), Klavierstücke (Sonate 1944), 
Lieder. 

Castrucci (kastriuttfi), Pietro, * 1679 zu Rom, 
f 29. 2. 1752 zu Dublin; italienischer Komponist 
und Violinist, Schüler von Corelli, kam 1715 nach 
England als Konzertmeister von Handels Opem- 
orchester. Er war ein etwas auf Effekte ausgehen- 
der Virtuose, auch auf der von ihm konstruierten 
Violetta marina (Händel hat in Orlando und So- 
sarme Soli für die Violetta marina geschrieben). 
1750 kam er nach Dublin und starb dort in dürfti- 
gen Verhältnissen. Er hat mehrere Bücher Violin- 
sonaten mit B.c. und 12 Concerti grossi heraus- 
gegeben. 

Ausg. : Concerto G moll, hrsg. v. A. Moffat, Mainz 
(1926). 

Lit.: A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923. 

Ca t al$ n i, Alf redo, * 19. 6. 1854 zu Lucca, f 7. 8. 
1893 zu Mailand; italienischer Komponist, Schüler 
des Conservatoire in Paris und des Konservato- 
riums in Mailand, an dem er ab 1890 als Nachfol- 
ger von Ponchielli Kompositionslehrer war; kom- 
ponierte die Ekloge La Falce (für 2 St. und Chor, 
Text von A. Boito; Mailand 1875), die von 
Verdi hochgeschätzten, nur an ihren hyperroman- 
tischen und geschmacklosen Texten gescheiterten 
Opern Elda (Turin 1880), Dqanice (Mailand 1883), 
Edmea (Mailand 1886), Loreley (Rom 1890), La 
Wally (1892) sowie eine symphonische Dichtung 
Ero e Leandro . 

Lit.: G. Depanis, A. C., Turin 1893; C. Gatti, C. 
(vita e opere), Mailand (1953); J. W. Klein, A. C. 
1854-93, in: ML XXXV, 1954. 

C ata l g n i, Angelica, * 10. 5. 1780 zu Sinigaglia, 
1 12. 6. 1849 zu Paris (an der Cholera) ; italienische 
Sängerin (Koloratursopran), erhielt ihre Ausbil- 
dung im Kloster Santa Luda zu Gubbio, debütierte 
1795 in Venedig am Fenice-Theater, sang 1799 an 
der Pergola in Florenz, 1801 an der Scala in Mai- 
land, weiter in Triest, Rom, Neapel, nahm 1801 
ein Engagement bei der Italienischen Oper in Lissa- 
bon an (unter M. Portugal) und verheiratete sich 
mit Valahr&gue, einem Attache der französischen 
Gesandtschaft, der nun ihre Laufbahn unter dem 


288 



Caturla 


Gesichtspunkt der möglichsten Einträglichkeit diri- 
gierte. Zunächst wandten sie sich nach Paris, wo 
die C. nur in Konzerten auftrat; 1806 schlug sie 
ein Engagement-Angebot Napoleons aus und ging 
mit einem glänzenden Kontrakt nach London. 
Nach Napoleons Sturz 1814 kehrte sie nach Paris 
zurück, und König Ludwig XVIII. übergab ihr die 
Direktion des Th6ätre Italien mit einer Subvention 
von 160000 Franken. Während der Hundert Tage 
räumte sie vor Napoleon abermals das Feld und 
kehrte erst nach der Gefangennahme des Kaisers 
nach Paris zurück. 1817 gab sie die Direktion auf, 
führte die nächsten 10 Jahre ein unruhiges Wander- 
leben, das mit ihrem Auftreten in Hannover 31. 5. 
1828 seinen Abschluß fand. In der C. verbanden 
sich mit außerordentlichen Stimm-Mitteln eine 
imposante körperliche Schönheit und eine hohe, 
königliche Haltung. Ihre Stimme war voll, beweg- 
lich und von großem Umfang. Zuerst pflegte sie 
den getragenen Gesang, für welchen ihr jedoch die 
innere Wärme fehlte; erst als sie sich dem Bra- 
vourgesang widmete, stieg sie zu ihrer wahren 
Größe auf. 

Lit.: L. S. Sievers, Über Madame C. als Sängerin, 
Schauspielerin u. mimische Darstellerin, Lpz. 1816. 

Catel (kat'el), Charles-Simon, * 10. 6. 1773 zu 
Laigle (Ome), f 29. 11. 1830 zu Paris; französischer 
Komponist, kam jung nach Paris, wo sich Sacchi- 
ni für ihn interessierte und seine Aufnahme in 
die Ecole royale de chant (das spätere Konser- 
vatorium) bewirkte. Gobert und Gossec wur- 
den dort seine Lehrer. Schon 1787 wurde er 
zum Akkompagnisten und Hilfslehrer ernannt. 
1790 Akkompagnist der Großen Oper und 
2. Dirigent des Musikkorps der Nationalgarde 
(Gossec war erster). 1795 wurde er Harmonie- 
professor am Conservatoire und mit der Ausarbei- 
tung eines Traiti d’harmonie beauftragt, welcher 
1802 erschien, 1810 wurde er neben Gossec, Mdhul 
und Cherubim Inspektor des Conservatoire, trat 
aber 1814 von allen Ämtern zurück, als der ihm be- 
freundete Sarrette seinen Abschied erhielt. 1815 
wurde er zum Akademiker gewählt. C. hat sich 
als Opernkomponist versucht und schrieb : Sdmira- 
mis (1802), Uauberge de Bagnhres (1807), Les baya- 
dbres (1810), Les aubergistes de qualiti (1812), Wal- 
lace ou le Minestrel Eccossais (1817), Zirphile et Fleur 
de Myrthe (1818), daneben auch nationale Fest- 
musiken und einige Kammermusikwerke. Sein 
Hauptwerk ist der Traiti d'harmonie (1802, italie- 
nisch von Alfieri 1840), der 20 Jahre für das Con- 
servatoire maßgebend war und. bis in die franzö- 
sische Musik der Gegenwart praktisch fortgewirkt 
hat. C. war auch bei der Redaktion der Solfeges du 
Conservatoire beteiligt. 

Ausg. : Les bayad&res, K1.-A., hrsg. v. V. d'Indy, 
Chef s-d’ oeuvre classiques de l’op6ra fr$. (s6rie V), 
Paris (1883). 

Lit.: J. Carlez, C., 6tude biogr. et critique, Caen 
1894; F. Hellouin u. J. Picard, Un Musicien oubli6, 
Catel, Paris 1910. 

Cate4ni, Angelo, * 30. 3. 1811 zu Guastalla, + 5. 
9. 1866 zu San Martino di Mugnano; italienischer 
Musikhistoriker, war 1831 am Konservatorium in 
Neapd Schüler von Zingarelli, Privatschüler von 
Domzetti und Crescentini, 1834 Opemkapellmei- 
ster in Messina, 1837 Städtischer Musikdirektor in 


Correggio, lebte ab 1838 in Modena, wo er nach- 
einander zum Städtischen, Hof- und Hauptkirchen- 
Kapellmeister und 1859 zum 2. Bibliothekar der 
vormals estensischen Bibliothek ernannt wurde. 
C. hat einige Opern geschrieben, ist aber verdien- 
ter als Musikhistoriker. Er schrieb biographische 
Notizen über Pietro Aron (1851), Nicolo Vincentino 
(1851), Orazio Vecchi (1858), Claudio Merulo (1859) 
und Alessandro Stradella (1866), gab Briefe von 
berühmten älteren Musikern heraus (1852-54) und 
berichtete über die beiden von Gaspari in Bologna 
aufgefundenen ältesten Drucke Petrucds (Biblio- 
grafia di due stampe ignote . . ., 1856). 

Catelinet (k'ertlainat), Philip Bramwell, * 3. 12. 
1910; englischer Komponist, seit 1926 Mitglied 
der Heilsarmee, schrieb Vokal- und Instrumental- 
werke, darunter Happy Service (1933), A sunbeam 
(1937), Cheer up 9 Hallelujah to the Lamb , Herolds of 
Salvation (1940). 

Cathalg, Jean (Cathalas); französischer Kom- 
ponist des 17. Jh., ist in Paris 1646-52 als Sänger 
und Zinkenist nachweisbar, wirkte 1656-58 als 
Kathedral-Kapellmeister gleichzeitig in Amiens 
und St. Quentin, später in Auxerre und wird 1665 
in Troyes genannt. Von ihm erschienen 5 4-5st. 
Messen 1666-80 in Paris. 

Lit : M. Brenet, Les Musiciens de la Sainte Chapelle, 
Paris 1910; G. Durand, La Musique de la Cathidrale 
d’ Amiens, Amiens 1922. 

Cato, Diomedes, * um 1570 zu Venedig, f kurz 
nach 1615; italienisch-polnischer Komponist, ab 
etwa 1590 als Lautenist in Polen, schrieb 4st. Lieder 
mit polnischem Text und Lautenstücke (Tänze und 
Fantasien). 

Ausg.: einige Kompositionen veröff. in d. unter Lit 
angegebenen Studien. 

Lit.: O. CmLESOTTi, Di Giovanni Batt. Besardo e del 
suo Thesaurus harmonicus, in: Gazetta musicale, 
Mailand 1886; J. Surzy^ski, Sacred Music, War- 
schau 1910; J.W. Reiss, Asprillo Pacelü - D. C., 
Krakau 1929. 

Catoir (katu'ar), Georgij Lwowitsch (Katuar), 

* 27. 4. 1861 und f 21. 5. 1926 zu Moskau; russi- 
scher Komponist französischer Herkunft, 1917 bis 
zu seinem Tod Professor am Moskauer Konserva- 
torium. C. veröffentlichte eine Symphonie C moll 
op. 7, die symphonische Dichtung Mzyri (nach 
Lermontow) op. 13, eine Kantate Russalka (Ler- 
montow) op. 5, ein Trio op. 14, 2 Violinsonaten 
op. 15 und 20, Streichquartett op. 23, Klavierquin- 
tett op. 28, Klavierquartett op. 31, Klavierkonzert 
op. 21, Klavierstücke, Lieder op. 19, 22, 32, 33 
und Frauenchöre op. 18 - alles Musik von eigen- 
artigem und äußerst gepflegtem Stil; er gab auch 
einen Theoretischen Kursus der Harmonielehre (2 
Bände, 1924/25) heraus, sowie eine Formenlehre 
Musykdlnaja forma (2 Bände, Moskau 1924-25, 
Band 1 21937). 

Lit.: V. Beuajew, G. C., Moskau 1926 (russ. u. 
deutsch). 

Catyrla, Alejandro Garcfa, * 7.3.1906 und 
1 12. 11. 1940 zu Remedios; kubanischer Kompo- 
nist, erhielt seine musikalische Ausbildung zunächst 
in Habana, dann bei N. Boulanger in Paris, grün- 
dete 1932 in Kuba die von ihm selbst geleitete Or- 
questa de Condertos de Caibari&i. Unter häutiger 


19 


289 



Cauchie 


Verwendung kubanischer Volksmelodien und 
-rhythmen schrieb er zahlreiche Orchesterwerke, 
darunter die 3 datizas cubanas : Danza del tambor , 
Motivos de danzas und Danza lucumi ; die Suite 
Bembi für KL, Blaser und Schlagzeug (1929), 
Yamba-O für Singstimmen und Orch., Printern 
suite cubana für Kl. und 8 Blaser (1930), Klavier- 
stücke und Lieder. 

Lit.: N. Slonimsky, C., in: Modem Music 1940; 
A. Carpentter, Müsica en Cuba, Mexico 1946. 

Cauchie (koj'i), Maurice, * 8. 10. 1882 zu Paris; 
französischer Musikforscher, trat nach naturwissen- 
schaftlichen Studien in den Staatsdienst. 1906-14 
nahm er an der künstlerischen Leitung des Cercle 
musical von Annecy teü und brachte sdten gehörte 
alte und moderne Werke zur Aufführung, so 1913 
in Annecy und 1919 in Paris (Concert s Pasdeloup) 
eine Anzahl Orchesterstücke Lullys in originaler 
Orchestration. Er war 1928-31 Hauptschriitleiter 
der Zeitschrift »L’opera-comique«. Ab 1917 wid- 
mete er sich historischen Forschungen; seine Ar- 
beiten beziehen sich auf die französische Litera- 
tur der 1. Hälfte des 17.Jh. sowie die französische 
Musik des 16. und 17. Jh.: Artikel im Bull, de la 
Soc. frg. de musicologie, in der Rev. de MusicoL 
und im M6nestrel über Ockeghem, das Odhecaton, 
Attaingnant, Janequin, Clereau, Costeley, die Fa- 
milie Boesset, Couperin, Gluck, Beethoven; Neu- 
ausgaben von Deux chansons ä 5 v. de Clement 
Janequin (1925), von Quinze chansons frangaises du 
XVI' sikcle ä 4 et 5 v. (1926) und von Trente chan- 
sons de CUment Janequin (1928), Oeuvres complhes de 
Frangois Couperin (12 Bände, Paris 1932r-33), Quinze 
pikes pour Clavecin ou piano de Couperin (1934), 
Thematic index of the works of Frangois Couperin 
(1949). 

Caulery (kolrii:), Jean ; französischer Komponist 
des 16. Jh., war 1556 Kapellmeister der Königin 
Katharina von Frankreich, als diese in Brüssel resi- 
dierte. Er schrieb weltliche und geistliche Chansons, 
darunter Vertonungen Marotscher Psalmen. 13 
seiner 19 bekannten Sätze finden sich in: Jardin mu- 
sical II (Antwerpen 1556). 

Lit.: G. Becker, J. C., Paris 1880, darin eine Chanson. 

du Caurroy (koru'a, eigentlich korö'e), Fran£ois 
Eustache, sieur de St. Fr6min, getauft 4. 2. 1549 
zu Beauvais, *f* 7. 8. 1609 zu Paris; französischer 
Komponist, Stand etwa ab 1569 im Dienst der fran- 
zösischen Könige als Kapellsanger, später als Ka- 
eUmeister; 1599 wurde (nach Fdtis) für ihn die 
teile des Surintendant de la Musique du Roi ge- 
schaffen. Von seinen Werken sind eine 5st. Missa 
pro dejunctis (1633), 2 Bücher 4-7st. Preces ecclesiasti - 
cae (1609), ferner Meslanges de musique (1610, 4-6st. 
Chansons, Psalmen, Noels) und 3-6st. instrumen- 
tale Fantaisies (1610) erhalten. Einige Stücke finden 
sich noch in Sammelwerken (1583-97), ein 6st. 
Kanon in Mersennes »Harmonie universelle«. 

Ausg.: teilweiser Neudruck d. Meslanges in Expert 
Maftres XVII; 5 3st. Fantaisies, hrsg. v, H. Expert, 
Pans 1910; Missa pro defunctis, hrsg. v. E. Martin 
u. J.Burald, Paris 1951; eine 6st. Chanson u. ein 
7st Dialogue in: D. P. Walker u. Fr. Lbsure, Anth. 
de la chanson . . ., Paris^ 1952; ein 4st. Noel, hrsg. v. 

L. Niedermeyer, Recueil des morceaux de musique 
ancienne X, Paris (1845); ein Orgelstück, hrsg. v. F. 
Raugel in: Les Maitres franqais de l’Orgue II, Paris 
(1933; Neudruck 1949). * ’ 


Lit: H. Quittard, E. du C.: les »Meslanges«, RM 
IV, 1904; ders., France Musique instrumentale, in: 
Encycl. de la musique 1, 3, hrsg. v. A. Lavignac, Paris 
(1914), darin teüweiser Abdruck v. 3 Fantaisies; N. 
Dufourcq, A propos d*E. du C, Rev. de MusicoL 
XXXII, 1950 (— t. XIX); Fr. Lesure, La carrifere . . . 
de du C., Rev. de Musicol. XXIV, 1952 (- t. XXXI). 

de Caus (kaus), Salomon, um 1576-1626, nieder- 
ländischer Ingenieur, Baumeister und Musiktheore- 
tiker, 1614 von Friedrich V. von der Pfalz zur An- 
lage der Schloßgarten nach Heidelberg gezogen, 
war vorher in London; er schrieb: Institution har - 
monique . . . (Frankfurt 1615) sowie einen interes- 
santen Traktat über Orgelbau (mit Illustrationen, 
das 3. Buch von: Les raisons des Jones mouvantes , 
Frankfurt 1615). 

Lit. : vgl. Mitt d. Heidelberger Schloßvereins I, 144. 

Cavaccio (kav'attfo), Giovanni, ♦um 1556 und 
1 11. 8. 1626 zu Bergamo; italienischer Komponist, 
ab 1581 Kapellmeister an S. Maria Maggiore in 
Bergamo, schrieb 4-5st. Messen, 4st. Hymnen, 4st. 
Magnificat, 4- und 8st. Psalmen, 5$t. Madrigale 
(6 Bücher 1583-99), 3st. Kanzonetten sowie in 
Stimmen gedruckt Sudori musicali, Toccate, Ricer - 
cari e Canzoni jrancese 3-8st. (1626). 

Ausg.: 3 Stücke (Toccata, Ricercare, Canzon fran- 
cese) bei Torchi III, 191-200. 

Cavailld-Coll (kavaijVkol), Aristide, * 2.2. 
1811 zu Montpellier, f 12. 10. 1899 zu Paris; fran- 
zösischer Orgelmacher, einer alten Orgelbauer- 
familie entstammend, kam 1833 nach Paris, wo er 
bei der Konkurrenz um den Bau einer neuen Orgel 
für St. Denis erwählt wurde, in der er zuerst Ban- 
kers pneumatischen Hebel anbrachte (die Orgel 
wurde 1841 vollendet). Auch baute er die berühm- 
ten Werke von St. Sulpice, Ste. Madeleine und sehr 
viele andere in Paris und der Provinz, auch in Bed- 
ien und Holland. Der Orgelbau verdankt C. be- 
eutende Verbesserungen, so z. B. die überblasen- 
den Flöten (Flütes octaviantes) oder die Anwendung 
gesonderter Windkasten mit verschiedener Wind- 
stärke nicht nur fürs Pedal und die einzelnen Ma- 
nuale, sondern auch für die tiefere, mittlere und 
höhere Partie derselben Klaviatur. C.-C. schrieb : 
Etudes experimentales sur les tuyaux d’orgue (Berichte 
der Acaddmie des Sciences 1849) ; De Vorgue et de 
son architecture (in: Revue gdn&ale de Parchitecture 
des travaux publics 1856) und Projet d'orgue monu- 
mental pour la basilique de St Pierre de Rome (1875). 

Lit.: A. Peschard, Notices sur A. C.-C. et les orgues 
ölectriques, Paris 1899; C. u. E. Cavaillä-Coll, A. 
C.-C., Paris 1928; G. L. J. Alexis, A. C.-C. et ses 
amis beiges, in: M61ange$ E. Closson, Brüssel 1948. 

Cavalieri, Emilio de* (oder del Cavaliere), * um 
1550 und 1 11. 3. 1602 zu Rom; italienischer Kom- 
onist, war längere Jahre Leiter (Organizzatore) 
er mus ik alischen Fasten-Aufführungen des Ora- 
torio del S. Crocifisso in S. Marcello zu Rom und 
wurde 1588 von Ferdinando de* Medici als »Gene- 
ralinspektor« der Künste und Künsder (Intendant) 
nach Florenz gezogen. Ein Hinweis auf C. in der 
Vorrede von Peris Euridice scheint ihn zum Erfin- 
der des Basso continuo zu stempeln. Jedenfalls ist 
C. einer der ersten Vertreter des Stile recitativo in 
seiner ganzen Primitivität in der Allegorie Rappre- 
sentazione di anima e di corpo (im Februar 1600 auf- 
geführt in dem Oratorio S. Maria in Vallicella des 


290 



Cavazzon 


F. Neri, Text von P. Agostino Manni) ; dieses Werk 
hat einen Basso continuato (Continuo) mit Bezif- 
ferung, und der Herausgeber, Guidotti, fügt eine 
Erklärung der Bedeutung der letzteren bei. Wie es 
scheint, ist diese Rappresen tazione aber weder text- 
lich noch musikalisch ein ganz neues Werk, son- 
dern vielmehr die Bearbeitung eines von Agostino 
Manni gedichteten und von Dorisio Isorelli kom- 
ponierten mit Durchführung des neuen Stils. C.s 
nicht erhaltene dramatische Szenen Disperazione di 
Fileno , II Satiro (1590, beide gedichtet von Laura 
Guidicdoni) und Giuoco della cieca (1595, Guarinis 
Pastor fido entnommen) zahlen zu den Anfängen der 
Oper. Der Stoff der Disperazione di Fileno scheint 
zurückzugehen auf eine Ecloga des Juan del Endna, 
»Egloga de tres pastores « (entstanden zwischen 1507 
und 1509, gedruckt 1509). Del Encinas Vorbüder 
waren wohl italienische: der Filolauro des Bemardo 
Füostrato (gedruckt 1520) und eine Ecloge von B. 
Taccone, in der Taccone selber den Füeno spielte, 
endlich eine anonyme Eglogapastorale di Flavia (ge- 
druckt 1528). In Chr. Malvezzis 1591 gedruckten 
Intermedien zur Vermahlung Ferdinands von Me- 
dici mit Christine von Lothringen (1588) sind 3 
mehrst, weltliche Gesänge von C. enthalten, hand- 
schriftlich sind Lamentationes Hieremiae Prophetae 
und Responsi überliefert (Bibi. Vallicelliana). 
Ausg.: Rappresentazione di anima e di corpo, hrsg. 
im Faks. v. F. Mantica in: Collezione di prime fio- 
riture del melodramma ital., Rom 1912; Kl.-A. hrsg. 
v. G. Tebaldini mit Vorw. v. D. Alaleona, Turin 
1915; Teile im Kl.-A., bearb. v. G. Fr. Maupiero, 
I Classici della musica ital. X, Mailand (1919; — 
Raccolta Nazionale H. 35-36); 2 Stücke in Sche- 
ring Beisp. 169/170; vgl. auch H. Goldschmidt, 
Studien zur Gesch. d. ital. Oper im 17. Jh., Lpz. 1901. 
Lit. : R. Gandolfi, Appunti di storia musicale, in 
Rassegna Nazionale 1893; A. Solerti, Laura Guidic- 
cioni Lucchesini ed E. del Cavaliere, RMI IX, 1902; 
ders., Gli albori del Melodramma, 3 Bde, Mailand 
1904; D. Alaleona, Su E. C. . . ., in: Nuova musica, 
Florenz 1905; H. Pruni&res, Une lettre inddite d’E. 
de C., RM VIII, 1923; U. Rolandi, E. de’ C., ü 
Granduca Ferdinando e l’»Inferigno«, RMI XXXVI, 
1929 ; B. Becherini, La musica nelle Sacre Rappresen- 
tazioni fiorentine, RMI LIII, 1951; zum Text der 
Disperazione di Fileno vgl. E. Köhler, Sieben span, 
dramatische Eklogen, Ges. f. romanische Lit. XXVII, 
1911; N. Pirrotta, Temperaments and Tendencies 
in the Horentine Camerata, in: MQ XL, 1954. 

Cavallesco, Enrico -* Grimm, Friedrich Karl. 

Cav^tUi, Francesco (eigentlich Pier Francesco 
Caletti-Bruni), * 14. 2. 1602 zu Crema, f 14. 1. 
1676 zu Venedig; italienischer Komponist, Sohn 
des Kirchenkapellmeisters an der Kathedrale von 
Crema, Giambattista Caletti, genannt Bruni; F. C. 
wurde von Federigo Cavalli, einem venezianischen 
Edlen, der Podesta zu Crema war, seines musika- 
lischen Talents wegen zu künsderischer Ausbildung 
nach Venedig gezogen und nahm nach der in Ita- 
lien so häufigen Sitte den Namen seines Patrons an. 
1617 fungierte er unter den Sängern der Markus- 
kirche mit dem Namen Bruni, 1628 als Caletti 
und 1640 als 2. Organist Caletti detto C. Ein Ve- 
nezianer Druck von 1636 (Simonettis Motetten- 
sammlung) nennt ihn Organist an S. Giovanni e 
Paolo. 1665 wurde er 1. Organist und 1668 
Kapellmeister der Markuskirche. Zu seiner Toten- 
feier wurde sein eigenes, nicht lange vorher kom- 


poniertes Requiem aufgeführt. C. war ein geschätz- 
ter Organist, guter Kirchenkomp onist, vor allem 
aber ein Opernkomponist (42 Opern) von hoher 
Bedeutung, der Schüler und würdige Geisteserbe 
Monteverdis; er hat die venezianische Oper mit 
einer Melodik von stärkerer Sinnlichkeit und leich- 
terer Anmut erfüllt, ohne ihrem dramatischen Ge- 
halt Abbruch zu tun. Welchen Ruf C. genoß, kann 
man daran ermessen, daß er mit der Komposition 
der Festoper zur Vermählungsfeier Ludwigs XIV. 
betraut wurde (1662, Ercole amante) und daß bereits 
zur Feier des Pyrenäischen Friedens (1660) seine 
1654 zuerst in Venedig gegebene Oper Serse in 
Paris aufgeführt wurde. San Giasone ging mit 
größtem Erfolg (1649-62) über die italienischen 
Bühnen. Die Liste seiner Opern umfaßt nach Wiel: 
Le nozze di Peleo e Teti (1639), Gli amori di Apollo 
e di Dafiie (1640), Didone (1641), Amore innamorato 
(1642), La virtu degli strali di amore (1642), Nardso ed 
Eco immortalati (1642), Egisto (1643), La Deidamia 
(1644), L'Ormindo (1644), La Doriclea (1645), H 
Titone (1645), Romolo e Remo (1645), La prosperitä 
infelice di Giulio Cesare dittatore (1646), La Torilda 
(1648), Giasone (1649), VEuripo (1649), Bradamante 
(1650), VOrimonte (1650), VOristeo (1651), Ales- 
sandro vindtor di se stesso (1651), VArmidoro (1651), 
LaRosinda (1651), La Calisto (1651 \VEritrea (1652), 
Veramonda (1652), VOrione (1653), Elena rapita da 
Teseo (1653), Serse (1654), Giro (1655 ),Statira (1655), 
Erismena (1655), Artemisia (1656), Ipermestra (1658), 
Antioco (1658), Elena (1659), La pazzia in trono , 
ovvero Caligola delirante (1660), Ercole amante (1662), 
Sdpione Africano (1664), Muzio Scevola (1665), 
Pompea Magno (1666), Coriolano (1669). C.s Musi- 
che sacre (Messen und Psalmen mit Instrumenten) 
von 1656 enthalten 6 3-12st. Sonaten. Vesperi a otto 
vod erschienen 1675, einige Motetten in Sammel- 
werken. 

Ausg.: der 1. Akt v. Giasone hrsg. v. R. Eitner in 
PGfM XII (Die Oper, Bd 2), 1883; M. Zenon, Venti 
Arie tratte dai diammi musicali di F. C., Wien u. 
Triest o. J.; 6 Stücke bei K. Jeppesen, La Flora I u. 
III, Kopenhagen 1949; 2 Stücke, Schering Beisp. 
200/201 ; ein Stück bei L. Torchi, Canzoni ed Arie 
del XVII s., Mailand; eine Kantate bei H. Riemann, 
Kantatenfrühling, H. I, Lpz. ; 4 Marianische Anti- 
phonen bei B. Stäblein, Musica Divina, H. 1-4, 
Regensburg 1950. 

Lit. : H. Kretzschmar, Die Venetianische Oper u. d. 
Werke C.s u. Cestis, Vf Mw VIII, 1892; ders., Bei- 
träge zur Gesch. d. venetianischen Oper, JbP 1907; 
H. Goldschmidt, C. als dramatischer Komponist, 
MfM 25, 1893 ; ders., Studien zur Gesch. d. ital. Oper 
im 17. Jh., 2 Bde, Lpz. 1901-04; E. Wellesz, C. u. d. 
Stil d. venetianischen Oper von 1640-60, StMw I, 
1913; T. Wiel, F. C., Venedig 1914; H. Pruni^res, 
Notes sur une partition faussement attribude k C. 
(L’Eritrea, 1686), RMI XXVII, 1920; ders., C. et 
POpdra italien du XYIII e s. in: Maitres de la musique 
ancienne et moderne, Paris 1929; ders., F. C. et 
l’opdra vdnitien au XVII e s. in: Maitres de la musique 
ancienne et moderne VIII, Paris 1931; ders., Les 
opdras de F. C., RM XII, 1931 ; H. Chr. Wolff, Die 
venezianische Oper in d. 2. Hälfte d. 17. Jh., Diss. 
Bin 1932; A. A. Abbrt, Claudio Monteverdi u. d. 
mus. Drama, Lippstadt 1954; S. T. Worsthorne, 
Venetian Opera, Oxford 1954. 

Cavazzgni, - 1) Marco Antonio (da Bologna, 
detto d’Urbino), * um 1490, t nach 1559 wahr- 
scheinlich zu Venedig; italienischer Organist, stand 
1512-17 wahrscheinlich im Dienste des Francesco 


19* 


291 



Cavelti 


Comaro in Venedig, wirkte 1520-21 am Hofe 
Leos X. in Rom, dann wieder bei Comaro, war 
um 1525 Organist des Kardinals Pietro Bembo in 
Padua, 1528 wieder in Venedig, 1536-37 Organist 
der Kathedrale von Chioggia und wird 1558 und 
1559 als Sänger an San Marco genannt. Von ihm 
erschien 1523 in Venedig ein Buch Recerchari Mo - 
tetti canzoni für OrgdL - 2) Girolamo (da Bo- 
logna), * um 1525 zu Padua, 1 1560 wahrscheinlich 
zu Venedig, Sohn von Marco Antonio C.; ita- 
lienischer Organist, gab 1543 in Venedig heraus: 
Intavolatura ciok Recercari Canzoni Himni Magnificat 
sowie Intabolatura d*organo cioe Misse Himni Magni - 
ficat, Libro secondo , aus dem die 3 Messen als 
i mo libro de intavolatura von A. Gardano nachge- 
druckt wurden. 

Ausg.: M. A. C., J. Fogliano u. a., Ricercari, hrsg. 
v. G. Benvenutt, I Classici musicali ital. I, (Mailand) 
1941; dies. u. eine Missa Domini M. A. in: K. 
Jeppesen, Die ital. Orgelmusik am Anfang d. Cinque- 
cento, Kopenhagen 1943. - G. C.: die 3 Messen u. 
22 Stücke, hrsg. v. G. Benvenuti, I Classici della 
musica italiana VI, Mailand (1919, = Raccolta 
Nazionale H. 23-27); 16 Stücke in: Torchi III; 
Kyrie u. Gloria der Missa Apostolorum u. 2 weitere 
Sätze in: Davison-Apel Anth. 1, 1 1 6-1 8 ; ein Hymnus 
in: Schering Beisp. 103. 

Lit.: C. Sartori, in: RMI XLIV, 1940; Th. Dart, 
C. and Cabezön, ML XXXVI, 1955; K. Jeppesen, 
C.-Cabezon, in: JAMS VHI, 1955. 

Cavelti, Elsa, * 4. 5. 1914 zu Rorschach; Schwei- 
zer Sängerin (Alt), lebt in Basel. Sie studierte Ge- 
sang und Klavier in Zürich, Frankfurt am Main 
und Wien. Bis 1945 war sie als dramatische Al- 
tistin Mitglied des Stadttheaters Zürich und ist seit 
1946 ständiger Gast an der Mailänder Scala sowie 
an den bedeutendsten Opernhäusern Europas (auch 
Nord- und Südamerikas). Auch mit Liederabenden 
machte sie sich durch Uraufführungen zeitgenössi- 
scher Werke einen Namen. 

Cavendish (k'aevandij), Michael, * um 1565, 
t 5. 7. 1628 zu Aldermanbury (London) ; eng- 
lischer Komponist, entstammte einer hochadeligen 
Familie und lebte bei Hofe. 1598 veröffentlichte er 
ein Buch Tabletorie to the Lute , das 14 Airs mit 
Laute und 8 5st. Madrigale enthält. Außerdem 
schrieb C. mehrstimmige Psalmen und ein Madri- 
gal für The Triumphs of Oriana (1601), alles in 
einem unkomplizierten, an das Vorbild der Ita- 
liener und Morleys angelehnten Stil. 

Ausg. : die Airs aus d. Tabletorie, hrsg. v. E. H. Fel- 
lowes, The Engl School of Lutenist Song Writers 
VII, London 1925; sämtliche Madrigale C.s, hrsg. 
v. dems., The Engl. Madrigal School XXXVI, Lon- 
don 1924; 6 4st Ayres, hrsg. v. P. Warlock u. P. 
Wilson, London 1922. 

Lit. : E. H. Fellowes, The Engl Madrigal Composers, 
London 1921, 2194 g. 

Cavos, Catterino, * 1776 zu Venedig, f 10. 5. 
1840 zu St. Petersburg; italienischer Komponist, 
war zuerst Korrepetitor am Teatro La Fenice in 
Venedig, dessen Direktor sein Vater, Alberto C., 
war, und «ine Zeitlang Theaterkapellmeister in 
Padua, schrieb 1797 eine Kantate Ueroe auf den 
Einzug der österreichischen Truppen in Venedig, 
kam um 1800 mit einer italienischen Opemtruppe 
nach St. Petersburg und wurde im gleichen Jahr* 
Kapellmeister am Kaiserlichen Theater. Ab 1803 


leitete er auch die russische Oper und ab 1806 
ausschließlich diese, schrieb aber Opern und Bal- 
lette für drei Truppen, die französische, italienische 
und russische. Seine ersten größeren Erfolge hatte 
er mit französischen Singspielen und mit Fort- 
setzungen von Kauers (als Lesta t die Dnjepr-Nixe , 
Furore machendem) Donauweibchen (1804-07). Ab 
1805 schrieb er Opern auf russische Texte, in denen 
er russische Volksweisen verwendete: Knjas newi - 
dimka (Der unsichtbare Fürst, 1805); Ljuboumaja 
potschta (Die Liebespost, 1806); Beglez ot swojej 
newesty (Der Flüchtling vor seiner Braut, 1806); 
Hja Bogatyr (Text von I. A. Krvlow, 1807) ; Kosak - 
stichotwoge rez (Der Kosakendichter, 1812); Iwan 
Sussanin (1815); außer weiteren Opern schrieb 
Cavos noch Ballette, Bühnenmusiken und vide 
Bearbeitungen. 1828-31 war er Kapellmeister der 
italienischen und französischen, ab 1832 der russi- 
schen und deutschen Oper und Direktor der Kai- 
serlichen Theater; er dirigierte am 9. 12. 1836 die 
Uraufführung von Glinkas Oper Ein Leben för den 
Zaren. 

Lit. : G. Bloch, K. A. Kawos, Jeschegodnik Impera- 
torskich teatrow VII, 2, St. Petersburg 1898, russisch; 
R.-A. Mooser, Annales de la musique . . . en Russie, 

3 Bde, (Genf 1948-51). 

Caylus (kel'ü), Anne-Claude Philippe de Tu- 
bifcres, Comte de, * 31. 10. 1692 und f 5. 9. 1765 
zu Paris; französischer Musikschriftsteller, hat in 
seinem Recueil d'antiquitis dgyptiennes , itrusques , , 
grecques, romaines et gauloises (Paris 1752 ff., 

7 Bände) und den Memoires de VAcadimie des 
inscriptions (t. XXI) über die Musik des Altertums 
geschrieben. 

Cazden (k'aezcbn), Norman, * 23.9.1914 zu 
New York; amerikanischer Komponist und 
Pianist, Schüler des Institute of Musical Art und 
der Juilliard School studierte noch am New York 
City College und bei Piston und Copland an der 
Harvard University, wo er M. A. wurde. Nach 
einer Tätigkeit als Klavierbegleiter bei der New 
Dance Group und als Konzert-Pianist unterrichtet 
C. jetzt in Klavier und Theorie an der Juilliard 
School. Werke: Operette Frederick the Great 
(1933), Bühnenmusiken, Chor-Symphonie SSSR 
(1933), eine Symphonie (1937), Preamble (1938), 
On the Death of a Spanish Child (1939) und Three 
Dances (1940) für Orch., Konzert für 10 Instr. 
(1937), Six Ddfinitions (1939) für Kammerorch., 
Streichquintett (1941), Streichquartett (1936), 
Quartett für Klar., V., Va und Vc. (1939), American 
Suite für Vc. und Kl. (1940), Suite für V. und Kl. 
(1943), je eine Horn-, Flöten- und Klaviersonate 
sowie Klavierstücke (Metro). 

Cazz$ti, Mauritio, * um 1620 zu Guastalla, 
t 1677 zu Mantua; italienischer Komponist, war 
zuerst Organist und Kapellmeister an San Andrea 
in Guastalla, wurde 1641 Kirchenkapellmeister in 
Mantua, 1647 Kammer-Kapellmeister des Duca di 
Sabioneta zu Bozzolo, 1650 der Accademia H*11a 
Morte in Ferrara, 1653 an Santa Maria maggiore in 
Bergamo, 1657-71 an San Petronio in Bologna, 
wo G. B. Vitali sein Schüler war, und 1673 bis zu 
seinem Tode Kapellmeister der Herzogin Anna 
Isabella von Mantua. C. ist vor allem als Instru- 
mentalkomponist bemerkenswert, da er die bis zu 
seiner Zeit uneinheitliche Sonatenkomposition zu 


292 



Cellier 


größeren und gedrungeneren Formen leitete. Von 
ihm erschienen 1641-77 66 Werke: Messen, Psal- 
men, Hymnen, 8 Bücher Solo-Motetten, 2-8st. 
Motetten a cappella und mit Instrumenten, Solo- 
kantaten, Duette, Madrigale; 4 Bücher l-5st. So- 
naten op. 8, 18, 35 und 55; Canzoni für 2 V. und 
B.c. op. 2; Correnti e Balletti, 5st., op. 15; Correnti 
e Balletti per spinetta op. 30; Trattenimenti für 2 V. 
und B.c. op. 22; Vari e diversi capricci op. 50. Ferner 
schrieb er 1652 2 Opern, die in Padua aufgeführt 
wurden, und 1664-69 9 Oratorien für Bologna. 
Ein Indice delle opere in musica sin' hör a stampate da 
MC.... erschien bereits 1663. 

Ausg.: Triosonate D moll op. 18, Nr 9, hrsg. v. W. 
Danckert, HM XXXIV, Kassel; Violinsonate D 
moll op. 55, Nr 1, Davison-Apel Anth. II, 219; 
2 Kantaten, hrsg. v. H. Reemann in: Kantaten- Früh- 
ling I, Lpz. o. J. 

Lit. : L. Torchi, La musica strumentale in Italia, 
Mailand 1901 ; A. Schering, Gesch. d. Instrumental- 
konzerts, Lpz. 1905; F. Vatielli, Arte e vita musicale 
a Bologna I, Bologna 1927; A. Schlossberg, Die 
ital. Sonata für mehrere Instr., Diss. Heidelberg 1932. 

Cebotari (tjebot'ari), Maria, * 10. 2. 1910 zu 
KischinefF (Bessarabien), f 9.6.1949 zu Wien; 
österreichische Opemsängerin (Sopran) russischer 
Herkunft, betrieb zunächst Tanz- und Gesangs- 
studien und kam 1926 als Schauspiderin an das 
Moskauer Künstlertheater, dessen Direktor A. v. 
WirubofF sie 1927 heiratete. 1929 wechselte sie in 
Berlin zum Opemfach über und debütierte 1930 
unter Fr. Busch an der Dresdner Staatsoper als 
Mimi in Boheme. Ab 1935 Mitglied der Berliner, 
ab 1947 der Wiener Staatsoper, gastierte sie auch 
in England und Nordamerika. Die hervorragende 
Mozart- und Strauss-Sängerin wurde auch zu zeit- 
genössischen Opern-Uraufführungen verpflichtet 
und wirkte in deutschen und italienischen Musik- 
filmen mit. Die aus ihrer Ehe (1938) mit dem in- 
zwischen verstorbenen österreichischen Filmschau- 
spider Gustav Diessl hervorgegangenen beiden 
Söhne wurden 1954 von dem englischen Pianisten 
ClifFord Curzon adoptiert. 

Lit.: A. Mingotti, M. C., Salzburg 1950. 

Cecchetti (tjskk'stti), Enrico, * 1850, t 1928; 
italienischer Tänzer und Ballettmeister, stammte 
aus einer Tänzerfamilie. Sein Vater, Cesare C., 
war Schüler von Blasius. Zusammen mit den El- 
tern und 2 Geschwistern trat Enrico C. schon als 
7jähriger öffentlich auf, bildete sich an der Tanz- 
akademie in Florenz wdter und wurde 1870 an der 
Scala in Mailand engagiert. 1887 ging er an die 
Kaiserlichen Theater nach St. Petersburg, wo er 
1890 2. Ballettmeister und 1892 Lehrer an der 
Ballettschule wurde. Nach 3jähriger Wirksamkdt 
in Warschau (1902-05) gründete er in St. Peters- 
burg eine eigene Ballettschule, schloß sich aber 
bald den Ballets russes Diaghilews an. Zu seinen 
Schülern gehören Nijinsky, A. Pavlova, T. Karsa- 
wina, N. de Valois, Lifar, Massin und Dolin. 1923 
ging er wieder nach Mailand, wo er die Ballett- 
schule der Scala neu aufbaute. Sein technisches 
System gilt heute als grundlegend. 

Lit.: Gr. Cecchetti, Traitä g6n6ral . . . de danse 
acad&nique . . . d’aprös la mäthode E. C., hrsg. v. F. 
Reyna, Paris (1956). - J. Racster, The Master of the 
Russian Ballet, London 1922; C. W. Beaumont, E. 
G, London 1929. 


La Cecchina ->» Caccini, Francesca. 

Cecchino (tfskk'ino), Tomaso, * wahrscheinlich 
um 1590 zu Verona; italienischer Komponist, war 
1613 Domkapellmeister in Split (Spalato) und ist 
1616-17 an der Kathedrale von Liesena nachweis- 
bar. Vielleicht hat er sich später in Portugal auf- 
gehalten. In Venedig erschienen bis um 1628 
27 Werke C.s, wovon 5-8st. Messen, 5-8st. Psal- 
men, 5st. Madrigale sowie l-4st. konzertierende 
Messen, Motetten und Madrigale erhalten sind. 

Gdansk^ (tf'danski:), Ludvfk VitSzslav, *17. 
7. 1870 zu Deutsch Brod, f 27. 10. 1931 zu Prag; 
tschechischer Dirigent und Komponist, war zuerst 
Schullehrer, studierte 1892-94 am Prager Konser- 
vatorium und wurde dann Theaterkapellmeister in 
Pilsen, Agram und Prag, wo er 1901 das Tsche- 
chische Philharmonie-Orchester gründete. Später 
dirigierte er in Lemberg, Kiew und Paris und lebte 
zuletzt wieder in Prag. Er komponierte eine Oper 
Kamila (1897), eine Symphonie (1915), die sym- 
phonische Trilogie Adam , Noe, Moj£(s (1915-19), 
ein Te Deum (1916) und die symphonische Dich- 
tung Hymnus slunci (Hymne an die Sonne, 1920). 

Celibidache (tjelibid'ake), Sergiu, * 26. 6. 1912 
zu Roman; rumänischer Dirigent, studierte 1939 
bis 1945 an der Hochschule für Musik in Berlin 
(K. Thomas, Gmeindl und Fr. Stein) und hörte 
gleichzeitig die musikwissenschaftlichen Vorlesun- 
gen der Universität (Schering, Schünemann). Als 
ihm 1945 die Leitung der Berliner Philharmoniker 
anvertraut wurde, machte er sich mit erfolgreichen 
Konzerten innerhalb sehr kurzer Zeit bekannt. Er 
wirkt jetzt in Italien und dirigiert als Gast in Eu- 
ropa, Süd- und Nordamerika. 

CeH?rius, Simon (eigentlich Hausskeller), 
f 1544 zu Kohren (Sachsen); deutscher Kantor, 
war nach Einführung der Reformation in Zwickau 
1521-22 Kantor an St. Marien, später Pfarrer. 
C. vertonte einige Psalmen und Hymnen, die zum 
Teil in Rhaws Sammlungen aufgenommen wur- 
den. 

Ausg. : 2 4st. Hymnen, hrsg. v. R. Gerber, RD XXI 
(== Abt. Motetten u. Messen III), Lpz. 1942. 

Lit : W. Brennecke, Die Handschrift A. R. 940/41. . ., 
Schriften d. Landesinst. . . . Kiel I, Kassel u. Basel 
1953. 

Cellier (ssA'e:), Alexandre, * 17. 6. 1883 zu 
Moli&res-sur-C&ze (Gard); französischer Kompo- 
nist und Organist, Schüler von Di6mer, Leroux, 
Guilmant und Widor; seit 1910 Organist und 
Chorleiter an der Eglise Rdformde de l’feoile in 
Paris; 1912-39 auch Organist der Soddte J. S. 
Bach. Schrieb: 2 symphonische Suiten für Org.; 
2 Streichquartette; Klavierquintett; zahlreiche Or- 
gel- und Klavierstücke; Sonate für Vc. und KL; 
Sonate für Va und KL ; Paysages chenols für 2 Kl. ; 
Orchesterwerke und Bearbeitungen von Werken 
anderer Komponisten. Bücher: VOrgue moderne 
(Paris 1913), Les Passions et VOratorio de Noel de 
J. S. Bach , andere blieben noch Manuskript. C. ist 
Mitarbeiter zahlreicher Musikzeitschriften. 

Cellier (ssA'e:), Alfred, * 1. 12. 1844 zu Hackney 
(London), f 28. 12. 1891 zu London; englischer 
Komponist von französischer Herkunft, war 1855 
bis 1860 Singknabe der Chapel Royal, erhidt be- 


293 



Celtis 


reits 1862 einen Organistenposten, wurde 1866 
Dirigent der Ulster Hall Concerts und der Phil- 
harmonie Society in Belfast, 1868 Organist an 
St. Alban’s Church, Holbom (London), war 1871 
bis 1875 Dirigent des Prince’s Theatre in Man- 
chester, 1877-79 der Opera Comique in London 
und neben Sullivan der Promenadenkonzerte des 
Covent Garden, lebte längere Zeit in Amerika und 
Australien und kehrte 1887 nach London zurück. 
C. schrieb eine größere Zahl Operetten, von denen 
The Sultan of Mocha (Manchester 1876), Dorothy 
(London 1886; Neubearbeitung von Nell Gwynne, 
Manchester 1876), Doris (London 1889) und The 
Mountebanks (London 1892) viel Erfolg hatten, 
ferner eine große Oper The Masque of Pandora 
(Text von Henry W. Longfellow, Boston 1881) 
und eine Suite symphonique. 

Celtis, Conradus (C. Celtes Protucius, ei- 
gentlich Bickel oder Pickel), * 1. 2. 1459 zu 
Wipfdd am Main (Unterfranken), t 4-. 2. 1508 zu 
Wien; deutscher Humanist, studierte in Köln und 
Heidelberg Philosophie, Philologie, Rhetorik und 
Poesie sowie, nach Reisen in Deutschland und 
Italien und der Krönung zum Poeta laureatus 
(Nürnberg 1487), in Krakau Mathematik. Nach 
weiteren Wandeijahren wurde er 1492 Professor 
für Rhetorik und Poesie in Ingolstadt und lehrte ab 
1497 in Wien. C., der Begründer des deutschen 
Humanismus, hat in seinen Ingolstädter Horaz- 
Vorlesungen die Anregung zur — * Odenkomposi- 
tion in 4st. homorhythmischem Satz (zunächst als 
Unterrichtsmittel) gegeben. Seine Bühnenspiele 
Ludus Dianae (1500) und Landes Maximiliani (1504) 
sehen in gleicher Art komponierte Chöre an den 
Aktschlüssen vor. 

Ausg.: The Ludus Dianae . . ., hrsg. v. V. Gemgerick, 
The Germanic Review XV, 1940; De origine . . . 
Norimbergae, hrsg. v. A. Werminghoff in: C. C. u. 
sein Buch über Nürnberg, Freiburg i. Br. 1921, darin 
Nachrichten über Meistersinger; Der Briefwechsel 
d. C.C., hrsg. v. H. Rupprich, München 1934, darin 
Briefe v. Heinrich Finck u. Tritonius. 

Lit.: E. Klüpfel, De vita et scriptis C. C., hrsg. v. 
J. C. Ruef u. C. Zell, 2 Bde, Freiburg i. Br. 
1827; F. Moth, C. C., Diss. Kolding 1898; J. Man- 
tüani, Gesch. d. Musik in Wien I, Wien 1904; W. 
Kahl, Die Musik an d. alten Kölner Univ., Köln 
1938; H. Rupprich, Die Frühzeit des Humanismus 
u. der Renaissance in Deutschland, 1938. 

Cererols (öcrerials). Jo an, OSB, *9. 9. 1618 zu 
Martordl, f 28. 8. 1676 im Kloster Montserrat; 
katalanischer Komponist, gehörte von Jugend auf 
dem Kloster Montserrat an, wo er wahrscheinlich 
lange Zeit den MusikunterTicht leitete. Er schrieb 
2 Messen, 2 Requiem und eine Anzahl Antiphonen, 
Hymnen, Psalmen, Villancicos und Tonos. 

Ausg.: GA (außer 4 kleinen Stücken), hrsg. v. D. D. 
Pujol, in: Mestres de l’Escolania de Montserrat, 
Montserrat 1930-32. 

Lit. : H. ANGiis, La müsica en Espana, Barcelona 
1934; J. Subirä, Hist, de la Müsica II, Barcelona 1947. 

£ernohorsk£ (tj'emohorski:), Bohuslav (Padre 
Boemo), getauft 16. 2. 1684 zu Nimburg (Böh- 
me p)» t 1. 7. 1740 zu Graz (auf einer Reise nach 
Italien); böhmischer Komponist, Franziskaner- 
mönch, war Regens chori an S. Antonio in Padua, 
später (um 1715) Organist an der Klosterkirche in 
Assisi (dort wahrscheinlich Lehrer Tartinis), 1739 


Musikdirektor an St. Jakob in Prag (wo Tuma, 
Seeger, Zach seine Schüler waren). £. war ein 
hochgeschätzter Kirchenkomp onist, leider sind fast 
alle seine Werke 1754 durch den Brand des Mino- 
ritenklosters vernichtet worden. Erhalten sind ein 
4st. Offertorium Laudetur Jesus, 3 Motetten; Lita- 
niae lauretanae , Vesper ae minus solemnes ; ein Regina 
coeli für S., obligates Vc. und Org.; mehrere 
Orgelfugen, davon 3 mit Präludien. 

Ausg.: 7 Fugen u. eine Toccata für Org., hrsg. v. 
Fr. MichAlek u. Vl. Helfert, MAB III; Orgelwerke 
hrsg. v. K. F. Pietsch, Museum f. Orgelspieler, Prag 
1832; O. Schmid, Ausgew. Orgel- Werke altböh- 
mischer Meister, H. 1, Bin o. J.; Fr. Michälek, 
B. 0., Varhannl skladby, Prag u. Brünn 1937; R. 
Quoika, Orgelwerke altböhmischer Meister, Wies- 
baden 1948; eine Orgelfuge bei A. Guilmant, 
Ecole Classique de POrgue, Nr 18; Regina coeli, 
hrsg. v. E. Trolda, Ceska hudba XXIII. 

Lit. : O. Schmid, Die mg. Bedeutung d. altböhmischen 
Schule Cz., SIMG II, 1900/01 ; ders.. Die böhmische 
Altmeisterschule Cz.s u. ihr Einfluß auf d. Wiener 
Classicismus, Lpz. 1901. 

Cernf (tf'scni:), Ladislav, * 13. 4. 1891 zu Pil- 
sen; tschechoslowakischer Bratschist, studierte als 
Geiger 1906-12 am Prager Konservatorium, war 
1916-21 Solobratschist an der Kömglicheü Oper in 
Laibach (Jugoslawien), dort auch Lehrer am Kon- 
servatorium. 1920 gründete er das Prager Streich- 
quartett, erhielt 1940 eine Professur am Staatlichen 
Konservatorium in Prag und wirkt seit 1952 an der 
Prager Musikakademie. 

Cerone (tJer'o:ne), Don Pietro (Ceroni), * 1566 
zu Bergamo, f 1625 zu Neapel; italienischer 
Sänger und Musikforscher, war zuerst Sänger an 
der Kathedrale von Oristano (Sardinien), ging 
1592 nach Spanien, war Kapdlsänger Philipps II. 
und Philipps HL, kam wahrscheinlich 1603 nach 
Neapel, wo er 1609 Lehrer des Chorals an der 
Spita Casa dell* Annunziata, 1610 Sänger der kö- 
niglichen Kapelle wurde. Er verfaßte Le Regolepiä 
necessarie perVintroduttione del Canto Fermo (Neapel 
1609) und in spanischer Sprache den an Aufschlüs- 
sen über die Musikübung der Zeit reichen Traktat 
El Melopeo (Neapel 1613). 

Lit. : F. Pedrell, Los müsicos espafioles . . . en sus 
libros I, Barcelona 1888; R. Hannas, C., MQ XXI, 
1935; dies., C.*s Approach to the Teaching of Coun- 
terpoint, PAMS I, 1937. 

Cerreto (tjerr'eto), Scipione, * um 1551 und 
t um 1633 zu Neapd; italienischer Musiktheore- 
tiker, hat drei bedeutende theoretische Werke ge- 
schrieben, von denen zwei im Druck erschienen: 
Deila prattica müsica (Neapel 1601, 2 1611), Del - 
Varbore musicale (Neapd 1608) ; ein drittes, Diälogo 
harmonico , ist in zwei Fassungen von 1626 und 1631 
handschriftlich erhalten. Von den 3st. Madrigalen 
C.s ist das 3. Buch mit dem Titd UAmarillide 
op. 18 (Neapd 1621) unvollständig erhalten. 3 4st. 
Madrigale finden sich in einem 1608 in Neapd er- 
schienenen Nachdruck von Arcaddts H primo libro 
di Madrigali a quattro voci . 

Lit.: G. Kataoka, Die musiktheoretischen Schriften 
des Sc. C., Diss. Kiel 1956, maschr. 

Cerrito, Fanny Saint-Ldon. 

Certain (sert'l), Marie-Fran 9 oise, * 1661 oder 
1662, f 1. 2. 1711 zu Paris; französische Clave- 


294 



Cesaris 


dnistin, Schülerin Lullys, war als Virtuosin so an- 
gesehen, daß sie mit L. Marchand verglichen 
wurde. Ihr Salon war ein berühmter Sammelpunkt 
von Musikern und Literaten. 

Lit.: E. Titon du Tillet, Le Pamasse francais, Paris 
1732; ders., Ddscription du Pamasse francais, Paris 
1760. 

Certon (sert'3), Pierre, f 23. 2. 1572 zu Paris; 
französischer Komponist, wurde 1529 dericus ma- 
tutdnorum an Notre-Dame von Paris, 1532 Kleriker 
(Sänger) der Pariser Ste. Chapelle, in der er min- 
destens von 1542 bis zu seinem Tode die Stelle 
eines Magister puerorum einnahm; war einer der 
bedeutendsten Repräsentanten der von Janequin 
geschaffenen französischen a-cappella-Chanson, 
aber zugleich ein bedeutender Kirchenkomponist. 
Erhalten sind 8 4st. Messen in Drucken 1540-68; 
24 Motetten in den Moduli 3-6 v. lib. 2 (Paris 1542), 
weitere 3-6st. Motetten in Sammelwerken 1534 
bis 1569; eine große Sammlung Meslanges (Canti- 
ques, Chansons spirituelles usw. 5-13 v., 1570); 
Premier und Second livre de Chansons (1552, 1554; 
mit zum Teil recht delikaten Texten) sowie eine 
sehr große Zahl von Chansons in Sammdwerken 
(1533-73, mit zum Teil späteren Nachdrucken). 

Ausg. : 4 Chansons, hrsg. v. R. Eitner in PGf M 
XXIII, Lpz. 1899; Chansons in folgenden Ausg. v. 
H. Expert: 2 in La fleur des musiciens de P. de Ron- 
sard, Paris 1923; eine in Concerts du XVI® s., in: 
Anth. chorale des maltres musiciens de la Renaissance 
fr$., Paris 1938; eine Chanson in: 15 chansons du 
XVI® s., hrsg. v. M. Cauchie, Paris 1926. - 3 u. eine 
Messe in den f. Ausg. v. H. Expert: 3 Messes ä 4 v. 
de P. C., in: Expert Monuments, H. 2, Paris 1925; 
Repertoire populaire de la musique de la Renaissance. 
Lit. : M. Brenet, Les musiciens de la Sainte-Chapelle 
du Palais, Paris 1910; F. Lesure, P. Attaingnant. No- 
tes et documents, MD III, 1949. 

Cerveau (serv'o), Pierre, * zu Angers; franzö- 
sischer Komponist um 1600, zeitweilig in Orleans 
und Troyes genannt, widmete dem Bischof von 
Angers 1599 ein Buch 4st. Airs , von dem nur der 
Superius erhalten ist; doch rinden sich 2 Airs 
daraus in G. Batailles Airs de difßrents auteurs m 
(1611), ein weiteres im Amphion sacri (1615). 
Ausg.: Superius v. 5 Airs, in: Chansons populaires 
du XVe et du XVIe s., hrsg. v. Th. Gerold, Straß- 
burg o. J. 

Lit. : P. Leroy u. H. Herluison, Notes artistiques 
sur les auteurs . . . dans l’Orläanais, R6union des 
Soci6t6s des Beaux-Arts des Departements, Paris 
1897; Th. G£rold, L’art du chant en France au 
XVIIe s., Straßburg 1921; P.-M. Masson, J. Mau- 
duit . . ., Rev. de Musicol. IX, 1925 (— t. VI). 

Cerven^ (tj'erveni:), V äclav FrantiSek, *27.9. 
1819 zu Dube£ (Böhmen), f 19. 1. 1896 zu 
Königgrätz; tschechischer Blechblasinstrumenten- 
fabrikant. Nachdem er den Instrumentenbau in 
Prag, Wien, Budapest und Brünn erlernt hatte, 
gründete er 1842 in Königgrätz seine Fabrik, die 
ab 1876 V. F. Cerveny und Söhne firmierte und 
später eine Filiale in Kiew unterhielt. Er verbes- 
serte die Ventilsysteme und baute zahlreiche neue 
Typen von Blechblasinstrumenten. C. schrieb: 
Notice sur les progrls rialisis dans la fabrkation des 
instruments de cuivre par la maison V. F. Cerveny et 
fils (Paris 1889). 

Lit.: J. Cerven*, Ehrenkranz f. V. F. C., Prag 1883. 


Cervetti Gelinek, H. A. 

Cervetto (tjerv'stto), - 1) Giacomo (Bassevi, ge- 
nannt C.), * um 1682 in Italien, f 14. 1. 1783 zu 
London; italienischer Violoncellist, ging 1728 nach 
London und trat ins Orchester des Drurylane 
Theatre ein, dessen Direktor er später einige Jahre 
hindurch war. Er schrieb 6 Divertimenti für 2 Vc. 
op. 4, Cello-, Flöten- und Triosonaten. -2) James, 
* 1747 und f 5. 2. 1837 zu London, Sohn und 
Schüler von Giacomo C. ; englischer Violoncellist, 
studierte bei C. F. Abel, wirkte zuerst in London, 
reiste 1763-70 auf dem Kontinent und wurde 1771 
Mitglied der Queen’s Band. Nach seines Vaters 
Tod gab er die praktische Tätigkeit auf. Er schrieb 
Duette für 2 Vc. op. 2, 5 und 6 und Sonatinen für 
Vc. und B. op. 4. 

Ausg. : v. G. C. 2 Cellosonaten B dur u. C dur, hrsg. 
v. A. Schroeder u. E. Rapp, Cello-Bibl. XXIII, 
Mainz o. J. 

Lit.: E. S. J. van der Straeten, Hist, of the Vc., 
London 1915. 

Cesari (tjez'ari), Gaetano, * 24. 6. 1870 zu Cre- 
mona, f 21. 10. 1934 zu Sale Marasino; italieni- 
scher Musikforscher, studierte Violoncello und 
Komposition zuerst am Mailänder Konservato- 
rium, 1894 kurze Zeit in Hamburg, ab 1904 an der 
Akademie der Tonkunst in München, wo er zu- 
gleich an der Universität bei Sandberger und 
Kroyer Musikgeschichte studierte und mit einer 
Arbeit über Die Entstehung des Madrigals promo- 
vierte (gedruckt Cremona 1908, italienisch als Le 
origini del madrigale in RMI XIX, 1912). Nach 
Mailand zurückgekehrt, wurde er Musikkritiker 
des Corriere della sera und des Secolo und 1917 
Bibliothekar des Konservatoriums. Weitere Schrif- 
ten: VOrfeo di Claudio Monteverdi (RMI XVII, 
1910), Giorgio Giulini musicista (Mailand 1916), Sei 
Sonate notturne di G. B. Sammartini (RMI XXIII, 
1917), Musica e musicisti alla Corte sforzesca (Mai- 
land 1922), Amilcare Ponchielli (Cremona 1934). 
Zusammen mit A. Luzio gab er heraus: I copialet- 
tere ... di G. Verdi (Mailand und Leipzig 1913). 
Aus seinem Nachlaß erschien: La musica in Cre- 
mona, Istituzioni e Monumenti delTArte Musicale 
Italiana VI (Mailand 1939) und Le Frottole nelVedi - 
zione principe di Ottaviano Petrucd , Band I (Buch 
I-m), Instituta et monumenta, Serie I, 1 (Cre- 
mona 1954), herausgegeben vom Istituto G. C. bei 
der Biblioteca govemativa e dvica di Cremona, 
wo C.s Bibliothek aufbewahrt wird; ferner 
Scritti inediti , herausgegeben von F. Abbiati (Mai- 
land 1937). 

C$saris, Johannes, franko-fiämischer Kompo- 
nist des frühen 15. Jh., bekannt durch die rüh- 
mende Erwähnung neben Tapissier und Carmen 
in M. Le Francs »Champion des dames« (1440). 
Von seinen Kompositionen sind erhalten eine iso- 
rhythmische Doppelmotette A virtutis - Ergo beata 
und 8 französische Chansons (2 Balladen und 
6 Rondeaux). Dabei erscheint der Cod. Oxford, 
Bodl. Can. misc. 213 mit 6 Werken als Haupt- 
quelle. 

Ausg. : Rondeau Mon seul voloir - Certes m’amour 
bei J. F. R. und C. Stainer, Dufay and his Contem- 
poraries, London 1898; Ballade Bont6, bialt6 bei 
J. Wolf, Hdb. d. Notationskunde I, Lpz. 1913, 
347-51, - auch in: Sing- u. Spielmusik aus älterer 


295 



Cesi 


Zeit, Lpz. 1926, 21931; die Doppelmotette bei Ch. 
van den Borren, Polyphonia sacra, Bumham 1932; 
die beiden Rondeaux Se par plour u. Pour la doulour - 
Qui dolente bei E. Dannemann, Die spätgotische 
Musiktradition in Frankreich u. Burgund vor d. Auf- 
treten Dufays, Straßburg 1936. 

Lit.: außer d. oben zitierten Werken vgl.: A. Ga- 
stod , Les primitifs de la musique fr?., Paris 1922; 
A. Pirro, La musique & Paris sous le regne de Charles 
VI (1380-1422), Straßburg 1930; H. Besseler, Die 
Musik d. MA u. d. Renaissance, Bücken Hdb.; ders., 
Bourdon u. Fauxbourdon, Lpz. 1950; ders., Artikel 
C., MGG. 

Cesi (tj'ezi), - 1) Beniamino, * 6. 11. 1845 und 
t 19. 1. 1907 zu Neapel; italienischer Pianist, 
wurde mit 20 Jahren Lehrer am Conservatorio di 
San Pietro a Majella, war 1885-91, von A. Rubin- 
stein berufen, Lehrer am Konservatorium in Pe- 
tersburg, bis ihn eine Lähmung der linken Hand 
zur Rüdekehr zwang. 1894 begann er trotzdem 
wieder seine Lehrtätigkeit am Konservatorium 
von Palermo und wenige Jahre später in Neapel, 
wo er bis zu seinem Tode eine Kammermusik- 
klasse leitete. Schrieb: Metodo per pianoforte 
(3 Teile, Mailand). - 2) Napoleone, * 6. 8. 1867 zu 
Neapel; italienischer Komponist und Pianist, Sohn 
des vorigen, schrieb Opern (< Cecilia , 1904), sym- 
phonische Dichtungen, Klavierkonzert, Konzert- 
stücke für Kl. und Orch. sowie zahlreiche Klavier- 
stücke. -3) Sigismondo, *24. 5. 1869 und f 1. 9. 
1936 zu Neapel; italienischer Pianist, Bruder des 
vorigen, gründete 1898 mit E. Mardano das Liceo 
musicale di Napoli (Privatinstitut); schrieb Ab- 
handlungen über die Geschichte des Klaviers und 
der Klaviermusik und veranstaltete Ausgaben von 
Werken Schumanns und Clementis. 

Lit.: A. Longo, B. C., in: L’arte pianistica, 1. 1. 1914. 

Cesti (tj'esti), Marc* Antonio (eigentlich Pietro), 
getauft 5. 8. 1623 zu Arezzo, f 14. 10. 1669 zu Flo- 
renz; italienischer Opemkomp onist, war 1635-37 
Sängerknabe an Santa Maria delle Pieve in Arezzo, 
1637 trat er als Frate Antonio in den Franziskaner- 
Orden ein. 1645-49 war er Magister musices und 
Domkapellmeister in Volterra. Am 20. 1. 1649 
wurde m Venedig seine erste Oper - VOrontea - 
aufgeführt, 1651 ebenda II CesareAmante ; er scheint 
in jener Zeit viele Reisen unterno mm en und an 
Opemaufführungen mitgewirkt zu haben. 1652 
wurde er Kapellmeister des Erzherzogs Ferdinand 
in Innsbruck, wo 1655 seine Argia zur Aufführung 
gelangte; doch blieb er ständig in Verbindung mit 
Italien und ließ 1654 in Lucca dem mit M. Bigon- 
giari geschriebenen Altssandro vincitor di se stesso , 
1661 in Floren zLaDori und 1662 eine Serenata auf- 
führen, war auch 1659-62, ohne das Innsbrucker 
Amt aufzuceben, Tenorist der Cappella Sistina. 
Von den folgenden Opern wurde La magnanimith 
d* Alessandro 1662 in Innsbruck, U Tito 1666 in Ve- 
nedig aufgeführt. Im gleichen Jahre wurde C. 
Vizekapellmeister am kaiserlichen Hofe in Wien, 
für den er fortan schrieb: Nettuno (1666); La Se- 
miramide (1667); Le disgrazie d t Amore (1667) ; II 
pomo d*Oro (1667); die vokalen Teile des Festspiels 
La Germania trionjante (1667). C. ist einer der be- 
deutendsten Opernkomponisten des 17. Jh., der 
sich von CavalH durch die weichere Melodik und 
einen sensibleren Stil unterscheidet; der Nach- 
druck liegt bei ihm nicht auf der dramatischen Ent- 

296 


wicklung, sondern auf den Arien. Sein Schaffen 
erreichte den Höhepunkt in der Prunkoper H pomo 
d'Oro. Außer den Opern schrieb er Kantaten und 
einige Motetten. 

Ausg. : La Dorf im Auszug sowie Teile aus anderen 
Opern, hrsg. v. R. Eitner, PGfM XII; II pomo d’Oro, 
hrsg. v. G. Adler, DTÖ III, 2 u. IV, 2; Rezitativ u. 
Arie Addio Corindo! aus Orontea, in: Alte Meister d. 
Bel Canto I, hrsg. v. L. Landshoff, Lpz. o. J. ; So- 
nata aus II pomo d’Oro u. Arie Alma mia aus 1’ Argia, 
in: Schering Beisp. 202/203; Chor Di bellezza e di 
valore aus II pomo d’Oro, in: Davison-Apel Anth. 
II, 221; Kantate La Corte di Roma, in: Kantaten- 
frühling II, hrsg. v. H. Riemann, Lpz. 1912; Kantate 
Tu m’aspettasti, hrsg. v. A. Einstein, in: Adler Hdb. 
Lit: H. Kretzschmar, Die Venetianische Oper, 
Vf Mw VIII, 1892; ders., Beitr. zur Gesch. d. vene- 
tianischen Oper, JbP XIV, 1907; E. Wellesz, Zwei 
Studien zur Gesch. d. Oper . . ., SIMG XV, 1913/14; 
ders., Essays in Opera, London 1949; F. Coradini, 
P. A. C., RMI XXX, 1923; A. Sandberger, Be- 
ziehungen d. Königin Christine v. Schweden zur 
ital. Oper u. Musik. . ., in BUM V, 2, 1925, schwedisch 
in STMf VI-VII, 1924-25; P. Nettl, Ein verschol- 
lenes Toumierballett v. M. A. C., Zf Mw VIII, 1925/ 
1926; A. Tessier, L’Orontöe . . ., RM IX, 1928; 
R. Haas, Die Musik d. Barocks, in: Bücken Hdb.; 
H. C. Wolff, Die venetianische Oper, = Theater u. 
Drama VII, Bin 1937; A. De Rinaldis, Lettere in- 
edite di S. Rosa, Rom 1939; S.T. Worsthorne, Vene- 
tian Opera, Oxford 1954. 

Cesti (tj'esti), Don Remigio; italienischer Kom- 
ponist des 17. Jh., Organist am Dom von Pisa, ist 
der Komponist der Oper II principe generoso , die 
1653 in Innsbruck auf dem Theater im Ballhause 
und 1665 in Wien aufgeführt wurde, vielleicht 
auch der M. A. Cesti zugeschriebenen Serenade 
von 1662 (nach Wellesz). Von C.s weiteren Kom- 
positionen ist nur eine Motette Beatus vir (2 v. con 2 
ist.) in Tarditis Sacri concentus 1655 erhalten. Ob er 
ein Verwandter von M. A. Cesti war, ist nicht 
bekannt. 

Lit. : E. Wellesz, Zwei Studien zur Gesch. d. Oper 
im 17. Jh., SIMG XV, 1913/14. 

CETRA, italienische Schallplattengesellschaft, ge- 
gründet 1933 in Turin. Generaldirektor der Firma 
ist Edgardo Trinelli. Die Gesellschaft, die in den 
8 bedeutendsten Städten Italiens eigene Filialen 
unterhält, ist besonders mit 65 kompletten Opem- 
aufnahmen hervorgetreten. Generalkatalog zuletzt 
1956. 

Chabanon (Jaban'3), Michel Paul Guy de, 

* 1729 zu San Domingo, f 10. 7. 1792 zu Paris; 
französischer Schriftsteller, war auch ein angesehe- 
ner Violinist, befreundete sich mit Rameau und 
schrieb eine Oper Sdmdld, die jedoch nicht auf- 
geführt wurde. 1759 wurde er in die Acadömie des 
Inscriptions aufgenommen, 1780 in die Acadömie 
Franpise. Von seinen Kompositionen ist nur eine 
Klaviersonate mit Violinbegleitung erhalten. Ch.s 
ästhetische Schriften wurden dadurch bedeutsam, 
daß sie an die Stelle der einseitigen Nachahmungs- 
ästhetik Dubos’ und Batteux* eine auf Rameaus 
Theorien gestützte autonome Musikästhetik setz- 
ten, die auch der Gluckschen Opemreform und der 
neu entstehenden symphonischen Instrumental- 
musik gerecht wurde. Hauptschriften: Eloge de 
M Rameau (Paris 1764) ; Observation stir la Musique 
ä propos de Castor (Mercure de France, April 1772) ; 



Chailley 


Lettre ... sur les propriitis musicales de la langue 
frangaise (Mercurc de France, Januar 1773); Obser - 
vations sur la Musique (Paris 1779, erweitert als De 
la Musique considirie eti elle-mime . . . 1785, deut- 
sche Übersetzung der ersten Fassung von J. A. 
Hiller als »Über die Musik«, Leipzig 1781). 

Lit. : E. van der Straeten, Voltaire musicien, Paris 
1878; M. Lussy, Ch. prScurseur de Hanslick, Gazette 
musicale de la Suisse romande, 1896; H. Gold- 
schmidt, Die Musikästhetik d. 18. Jh., Zürich u. Lpz. 
1915; W. Seraxjky, Die musikalische Nach ahmun g^- 
Ästhetik, Universitas- Arch. XVII, Münster 1929. 

Chabran (Jabr'ä) oder Ciabrano (tjabr'ano), 
Francesco, * 1723 zu Piemont; italienischer 
Violinist, Neffe und Schüler von Somis, 1747 
in der Hofkapelle zu Turin, trat ab 1751 in 
Paris und London mit großem Erfolg als Virtuose 
auf und scheint später in London für die Verleger 
Handlangerdienste geleistet zu haben (1790 4 Hdte 
Favourite Opera Dances), 3 Bücher Violinsona- 
ten und ein Buch Konzerte von Ch. erschienen in 
Paris. 

Ausg. : Proben aus Ch.s Kompositionen in J. B. 
Cartier’s L’art du violon, Paris 1798 u. 1801, sowie 
in J. D. Alard’s Maitres classiques du violon. 

Chabxier (fabri'e), Alexis Emanuel, * 18. 1. 
1841 zu Ambert (Puy de D6me, 1912 Denkmal), 
t 13. 9. 1894 zu Paris; französischer Komponist, 
studierte Jura und war im Ministerium des Innern 
zu Paris angestellt, hatte aber bei Ed. Wolff Klavier 
und bei Semet und Hignard Komposition studiert, 
als er nach einigen nicht an die Öffentlichkeit ge- 
kommenen Opemversuchen ( Vaucochard etfils T , 
1864; Fisch-tonr-kan , 1865 ; Jean Hunyadi , um 1867) 
1877 seine erste Operette Vitoile brachte; dieser 
folgte 1879 Une iducation tnancjuie, 1885 eine Szene 
mit Chor La Sulamite , 1886 eine Oper Gwertdoline 
(Brüssel) und 1887 in der Komischen Oper zu 
Paris Le roi malgri lui (als »Der König wider 
Willen« 1889 in Dresden, 1931 in Hamburg). Der 
erste Akt einer nicht beendeten Oper Briseis wurde 
zuerst 1897 im Concert Lamoureux aufgeführt. 
Auch gab Ch. Klavierstücke heraus, darunter die 
bekannte Rhapsodie EspaHa. 1884-85 war er Chor- 
direktor am Chiteau d’Eau und half Lamoureux 
Tristan und Isolde einstudieren. Er gehört zu den 
originellsten Humoristen in der Musik und zu den 
frühesten und begabtesten »Wagnerianern« in 
Frankreich. 

Lit.: Lettres d’E. Ch., RSIM 1909 u. 1911; Chabrier, 
Lettres ä Nanine, mit einem Vorw. v. Legrand-Cha- 
brier, Paris 1910; J. Desaymard, E. Ch. d’aprfcs ses 
lettres, Paris 1934; J. G. Prod’homme, Ch. in His 
Letters, MQ XXI, 1935; A. Sandberger, E. Ch.’s 
Gwendoline, München 1893; J. Desaymard, Un ar- 
tiste auvergnat: E. Ch., Paris 1908; R. Martineau, 
E. Ch., Paris 1910; G. ServiSres, E. Ch., Paris 1912; 
A. Cortot, L’ceuvre pianistique de E. Ch., RM 1926; 
R. Gorer, E. Ch., MR II, 1941; vgl. auch d. Pro- 
gramm d. Inauguration du monumcnt d’E. Ch., 
Ambert 1912. 

Chadwick (tj'acdwik), George Whitefield, * 13. 
11. 1854 zu Lowell (Massachusetts), f 4. 4. 1931 zu 
Boston; amerikanischer Komponist, war Schüler 
von D. Buck und Emery in Boston sowie 1877-79 
am Leipziger Konservatorium von Richter, Rei- 
necke und Jadassohn, danach kurze Zeit von Rhein- 
berger in München. Nach seiner Rückkehr nach 


Boston wurde er Organist und 1882 Kompositions- 
lehrer am New England Conservatory, dessen Di- 
rektor er 1897-1930 war. Er leitete aucn die Musik- 
schulen von Springfield und Worcester (Mass.). 
Zu seinen Schülern zählen H. W. Parker, A. B. 
Whiting, Goodrich, Converse, D. G. Mason und 
E. B. Hül. Eine stattliche Reihe großer Werke 
weist Ch. eine bedeutende Stellung unter den ame- 
rikanischen Komponisten an, die der deutschen 
akademischen Richtung folgten; es sind die Opern 
The Quiet Lodging (1892), Tabasco (1893), Judith 
(1900), The Padrone (1915), Love y s Sacrifice (1917); 
3 Symphonien, eine Sinfonietta, 6 Ouvertüren, 
symphonische Dichtungen und Orchestersuiten; 
Thema, Variations and Fugue für Org. und Orch., 
Stücke für eine Singstimme und Orch., Chor- 
werke, Lieder, 5 Streichquartette, ein Klavierquin- 
tett, Orgel- und Klavierstücke. 

Lit.: C. Engel, G. W. Ch., MQ X, 1924 (mit Werk- 
verz.) ; A. L. Langley, Ch. and the New England 
Cons., MQ XXI, 1935; H. Leichtentritt, S. Kous- 
sevitzky . . ., Cambridge, Mass., 1947. 

Chailley (Jaj'e), Jacques, * 24. 3. 1910 zu Paris; 
französischer Musikforscher und Komponist, Theo- 
rie- und Kompositionsschüler von N. Boulanger 
und Delvincourt, 1933-35 Kompositionsschüler 
von Busser am Pariser Conservatoire, studierte Mu- 
sikwissenschaft bei Pirro, Smijers und Y. Rokseth, 
französische Literaturgeschichte des Mittelalters 
bei G. Cohen. 1953 erwarb er den Grad eines Doc- 
teur &s-lettres mit zwei »th&ses« über L’icole musi- 
cale de St-Martial de Limoges jusqu'ä la fin du XI‘ s. 
und Les chansons de Gautier de Coind . Er wirkte 
1936/37 am Lycee Pasteur, wurde 1937 General- 
sekretär des Conservatoire von Paris und 1947 des- 
sen Subdirektor, leitete am Conservatoire eine vo- 
kale Ensembleklasse, bis er 1953 zum Professor für 
Musikgeschichte an der Sorbonne und zum Direk- 
tor des musikwissenschaftlichen Instituts der Uni- 
versität von Paris ernannt wurde. Von seinem kom- 
positorischen Schaffen seien genannt: die 4aktige 
Oper Thyl de Flandre , die lyrische Szene Pan et la 
Syrinx (1946), das Ballett La Dame ä la Licome (J. 
Cocteau, 1957); Bühnenmusiken, darunter Les 
Perses (Aschylus, 1936), Antigone (Sophokles, 1939), 
Le Malade Imaginaire (Moli&res, 1944), Agamemnon 
(Äschylus, 1947) und La Belle au Bois (Supervielle, 
1951); Scherzetto für Streicher (1941) und eine 
Symphonie (1947); Streichquartett (1939), Trois 
pilces contemplatives für Streichquartett (1942), 
Bratschensonate (1941), Klaviersuite Le Jardin 
Nuptial (1947); a-cappella-Chöre (»Symphonie 
vocale« La Tentation ae St-Antoine 1936, Kyrie des 
Gueux 1946, Missa Solemnis 1947, Aux Morts pour 
la Patrie 1953) und Chöre mit Instrumentalbeglei- 
tung (Jeanne devant Reims) sowie mehrere Lieder 
und Bearbeitungen. Literarische Werke: neben 
zahlreichen Studien (besonders in der Revue Inter- 
nationale de Musique, deren Herausgeber er war) 
veröffentlichte Ch. eine Reihe selbständiger Schrif- 
ten, darunter Petite Histoire de la chanson frangaise 
(Paris 1942), Theorie de la musique (mit Challan, 2 
Bände, Paris 1947, 1951), Histoire musicale du 
moyen äge (Paris 1950), Traiti historique d’analyse 
musicale (Paris 1951), La musique miaifaale (Paris 
1951, Les grands musidens 1), Les notations musi- 
cales nouvelles (Paris), Formation et transformation 


297 



Chflix: 


du langage musical (Paris). Zu nennen sind auch 
seine Neuausgaben alter Musik, darunter die Messe 
von Machaut und die 3st. Rondeaux von Adam 
de la Halle. 

Ghaix (Je), Charles, * 26. 3. 1885 zu Paris; fran- 
zösischer Komponist, 1903/04 Schüler der Ecole 
Niedermeyer in Paris, 1904-08 des Genfer Con- 
servatoire (Orgel), an dem er seit 1910 als Theorie- 
lehrer wirkt. 1924-50 war Ch. auch Professor für 
Harmonie und Kontrapunkt am Konservatorium 
in Lyon. Er versieht gegenwärtig das Organisten- 
amt an der römisch-^molischen Kirche St. Fran- 
gois in Genf. Seine Kompositionen zeigen den Ein- 
fluß der Cdsar-Franck-Schule: 2 Symphonien 
D dur op. 3 (1920) und C dur op. 8 (1929) ; Scherzo 
für Orch. op. 2 (1910), Choral für Ob. und Strei- 
cher (1944), Polmt funlbre für Soli, Chor und Orch. 
op. 5 (1923), 2 a-cappdla-Motetten op. 4 (1916), 
Klavierquintett op. 11 (1942), Streichquartett op. 
13 (195p), Six chorals figurh für Org. op. 1 (1907), 
eine Klaviersonate op. 12 (1945) und Lieder. Ch. 
veröffentlichte eine Harmonielehre Elements d'icri- 
ture musicale (Genf 1935) und eine revidierte Or- 
chesterpartitur von J. J. Rousseaus Devin du village 
(Genf 1924). 

Chglabala, ZdenSk, * 18. 4. 1899 zu Uherskd 
Hradistö; tschechischer Dirigent, studierte am Kon- 
servatorium in Brünn, an dem er 1925-36 neben 
seiner Kapellmeistertätigkeit am Theater als Leh- 
rer wirkte, war 1936-45 Kapellmeister am Natio- 
naltheater in Prag, bis 1949 Operndirektor in Mäh- 
risch-Ostrau, wechselte dann in eine entsprechende 
Stellung nach Brünn über, bis er schließlich 1952 
1. Opemdirigent am Slowakischen Nationalthea- 
ter in Preßburg wurde. 

Ghallier (JaÄ'e:), - 1) Carl August, f 17. 7. 1871 
zu Berlin; deutscher Musikverleger, gründete 1835 
in Berlin mit Karl Gaillard den Musikverlag C. A. 
Challier & Co. -2) Willibald, * 29. 7. 1841 und 
f 25. 1 . 1926 zu Berlin, Sohn von Carl August Ch. ; 
deutscher Musikverleger, übernahm 1865 das Ge- 
schäft seines Vaters, das ab 1919 von Richard Bim- 
bach geführt wurde. - 3) Ernst, * 9. 7. 1843 zu 
Berlin, t 19. 9. 1914 zu Gießen, Sohn von Carl 
August Ch.; deutscher Musikalienhändler, ver- 
faßte eine Anzahl wichtiger Kataloge: Doppel- 
Handbuch der Gesangs - und Clavierlitteratur . Ein al- 
phabetisch geordnetes Verzeichnis aller transcribierten 
Lieder . . . mit allen ihren Clavier- Transcriptionen 
(Gießen 1881, 7. Nachtrag 1910); Special-Hand- 
buch . Ein alphabetisch geordnetes Verzeichnis sämtli- 
cher gemischter Potpourris . . ., melodramatischer Werke 
(mit Pianofortebegleitung), Werke Jur die linke Hand , 
sowie Werke für die Begleitung von Kinderinstrumen- 
ten (Berlin 1883, 6. Nachtrag 1910) ; Grosser Lieder - 
Katalog (Berlin 1886, 15. Nachtrag 1914) ; Verzeich- 
nis sämmtlicher komischer Duette und Terzette (Gießen 
1887, 6. Nachtrag 1901); Tabellarische Übersicht 
sämmtlicher Claviersonaten von Ludwig van Beethoven 

S Berlin 1887) ; Katalog der Gelegenheits-Musik (Gie- 
en 1897, 2. Nachtrag 1907); Grosser Duetten*- 
Katalog (Gießen 1898, 3. Nachtrag 1911); Grosser 
Männergesang-Katalog (Gießen 1900, 6. Nachtrag 
1912); Sonaten-Tabelle. Eine nach Tonarten alphabe- 
tisch geordnete Aufstellung sämmtlicher Clavier-Sona- 
ten von Clementi, Haydn, Mozart (Gießen 41907); 


Grosser Chor-Katalog (Gießen 1903, 3. Nachtrag 
1913); Grosser Frauenchor - und Kinderchor-Katalog 
(Gießen 1904, 1. Nachtrag 1909; mit einem An- 
hang Terzette) ; Verlags-Nachweis (Gießen 1908, 2. 
Nachtrag 1913). Ferner schrieb er: Das Urheber- 
recht an Werken der Tonkunst (Gießen 1905). 

Chamaterb (tjamater'o), Hippolito (Ch. di 
Negri); italienischer Komponist des 16. Jh., ent- 
stammte einer römischen Familie und ist nachweis- 
bar in: Padua (1560-61), Cremona, Udine (1569 
bis 1575), Bergamo (1580), Venedig (1586) und 
Rom (1592). Er gehörte der Accademia Filarmo- 
nica in Verona an. Werke: 6 Bücher 4— 5st. Madri- 
gale (Venedig 1560-69); Liber I. Missarum, 5-7st. 
(Venedig 1569); Salmi corista, 8st. (Venedig 1573); 
Li Introiti , 4-6st. (Venedig 1574); Li Magnificat, 
8-12$t. (Venedig 1575); Introitus et Alleluja, 4-6st. 
(1578, handschriftlich). 

Lit.: M. Schneider, Die Anfänge d. B.c., Lpz. 1918, 
darin 2 Sätze v. Ch. ; E. Ferand, Die Improvisation, 
Zürich 1938. 

Chamberlain(tJ'e:mbolin), Houston Stewart, 
* 9. 9. 1855 zu Portsmouth, + 9. 1. 1927 zu Bay- 
reuth; englischer Musikschnftsteller, wurde in 
Versailles erzogen, besuchte dann das Cheltenham 
College in London und sollte Soldat werden, 
wurde aber für untauglich erklärt und ging 1870 
nach Stettin. In Genf studierte er 1879-81 Natur- 
wissenschaften und trieb daneben einige musika- 
lische Studien. 1885 übersiedelte er nach Dresden, 
1889 nach Wien; in dieser Zeit begann er mit Auf- 
sätzen und Schriften über Wagner, den er 1882 in 
Bayreuth noch persönlich kennengelemt hatte, 
hervorzutreten: Das Drama Richard Wagners (Leip- 
zig 1892); Richard Wagner (München 1896, ins 
Französische und Englische übersetzt und vielfach 
neu aufgelegt). 1899 und 1901 erschien in München 
sein 2bändiges Hauptwerk: Die Grundlagen des 19. 
Jahrhunderts, dem weitere Schriften allgemeinen 
Inhalts folgten. In zweiter Ehe heiratete er 1908 
Wagners Tochter Eva und lebte seitdem in Bay- 
reuth. Die Gefährlichkeit - aber auch der große Er- 
folg - von Ch.s Schriften beruht darauf, daß er, 
ähnlich wie vor ihm Graf Gobineau, wissenschaft- 
liche Erkenntnisse mit politischen Wunschträumen 
zu einem phantastischen Weltbild verquickt, in 
dem der Pangermanismus mit einer Konfusen 
»Rassenlehre« begründet wird. Es ist daher nur 
konsequent, daß er sich im 1. Wdtkrieg als Pro- 
pagandist im alldeutschen Sinne betätigte und 
schon 1923 zu Hitler und Ludendorff bekannte, 
wie er auch die Wagner-Bewegung dem National- 
sozialismus zuführte. Seine Gesammelten Haupt- 
werke erschienen in 9 Bänden (München 1923), 
Erinnerungen unter dem Titel Lebenswege meines 
Denkens (München 1919). 

Lit.: Briefe 1882-1924 u. Briefwechsel mit Kaiser 
Wilhelm II., München 1928; Cosima Wagner u. 
H. St. Ch. im Briefwechsel 1898-1908, hrsg. v. P. 
Pretzsch, Lpz. 1934, 21935. - L. v. Schroeder, H. 
St. Ch., München 1918; G. Schott, Auf des Lebens 
Höhe. Zum Gedächtnis H. St. Ch.s, München 1934; 
D. Breitenstein, H. St. Ch., ein Wegbereiter d. 
rassischen Weltbildes, =* Die religiöse Entscheidung 
X, Warendorf 1936; G. Frischmuth, H. St. Ch. als 
Christ, Gütersloh 1937; M. Dippel, H. St Ch., Mün- 
chen 1938; A. Geprägs, Germanentum u. Christen- 
tum bei H. St Ch., Diss. Tübingen 1938. 


298 



Chandoschkin 


Chambonni&res (fäbojiV.r), Tacques Cham- 
pion, seigneur de, * um 1602, f um 1672 zu Paris 
(Chambonni&res?) ; französischer Cembalist und 
Komponist, folgte um 1640 seinem Vater (Jacques 
-> Champion) als Cembalist der Königlichen Kam- 
mermusik nach. Da fast alle Werke der franzö- 
sischen Cembalisten des 16. Jh. und der 1. Hälfte 
des 17. Jh. verlorengegangen sind, pflegt man zu 
sagen, Ch. sei der Begründer der französischen 
Klavierschule. Seine Werke, die wahrscheinlich 
von denen Cabezöns und der englischen Virgina- 
listen mit beeinflußt sind, waren schon vor 1640 
handschriftlich weit verbreitet und wurden 1670 
von Ch. selbst herausgegeben (Pieces de clavessin , 2 
Bücher). Er war der Lehrer fast aller großen fran- 
zösischen Cembalisten vom Ende des 17. Jh., so 
von d’Anglebert, den ersten drei Couperins, le 
B&gue, Cambert, Hardel, Nivers. Auch im Aus- 
land (Holland, England, Schweden, Deutschland) 
war er sehr berühmt, und sein sehr persönlicher Stil 
übte einen unbestreitbaren Einflu ß auf bestimmte 
deutsche Cembalisten, wie Froberger, aus. 

Ausg.: Oeuvres complites de Ch., hrsg. v. P. Bru- 
nold u. A. Tessier, Paris 1925; die 2 Bücher Pieces 
de clavessin schon bei A. Farrenc, Le Tresor des 
Pianistes, Paris 1861-72; verschiedene Stücke bei 
Tagliapietra Ant; eine Sarabande in Schering 
Beisp. 218; 2 Stücke, in: Musik aus früher Zeit 
f. Kl., hrsg. v. W. Apel, Bd II, Mainz u. Lpz. (1934) ; 
eine Chaconne in Davison-Apel Anth. II, 212. 

Lit. : H. Quittard, Un claveciniste fr?. du XVII« s. : 
J. Champion de Ch., in: Tribüne de St. Gervais VII, 
1901 ; vgl. auch d. Vorw. zur GA (s. o.) v. A. Tessier; 
F. Lesure, Ch. Organisateur de concerts, RBM III, 
1949. 

Chambure, Comtesse de -*■ Thibault, G. 

Chaminade (famin'a:d), Cdcile Louise Stepha- 
nie, * 8. 8. 1857 zu Paris, f 18. 4. 1944 zu Monte 
Carlo; französische Komponistin und Pianistin, 
war Schülerin von Le Couppey, M. G. A. Savard 
und B. Godard, unternahm ab 1875 Konzert- 
reisen und schrieb : Ballett CallirhoS (Marseille 1888), 
Les Amazones für Chor und Orch., Konzertstück 
für Kl. und Orch., kleinere Orchesterstücke, 2 
Klaviertrios, Lieder und über 200 Salonstücke für 
KL 

Ghamlee (tjaeml'i:), Mario, * 29. 5. 1892 zu Los 
Angeles; amerikanischer Opernsänger (Tenor), 
sang 1920-28 und später wiederholt als Gast am 
Metropolitan Opera House in New York, längere 
Zeit auch in Europa, so in Prag, Wien, Paris und 
Brüssel. 

Champagne (fäp'aji), Claude, * 27. 5. 1891 zu 
Montreal; kanadischer Komponist, studierte an- 
fangs in Montreal, 1921-29 am Pariser Conserva- 
toire als Kompositionsschüler von Gddalge und 
Koechlin und lehrte ab 1930 Komposition am Kon- 
servatorium, der Universität und anderen Einrich- 
tungen in MontreaL 1942 wurde er stellvertreten- 
der Direktor des Conservatoire de musique et d’art 
dramatique von Montreal. In Werken wie der 
Suite Canadietme , den Images du Canada Frangais , der 
Danse Villageoise und Paysattne findet sich ein Nie- 
derschlag der kanadischen Folklore. Weitere 
Werke: Symphonie Gaspisienne , ein Klavierkon- 
zert, ein Streichquartett, eine Missa brevis und klei- 
nere Instrumentalstücke. 


Lit. : Fr. Brassard, Une date pour la musique ca- 
nadienne, in: Revue de rUniversitö Laval, Vol. V, 
No 8, 1951. 

Champein (fäp'e:), Stanislas, * 19. 11. 1753 zu 
Marseille, f 19. 9. 1 830 zu Paris ; französischerKom- 
ponist, war bereits mit 13 Jahren Kapellmeister der 
Stiftskirche in Pignon-en-Provence und kam 1776 
nach Paris, wo er sich zuerst durch einige kirchli- 
che Werke bekannt machte. Seitdem schrieb er 
über 40 Singspiele und Opern für das Thöätre de 
Monsieur und die Große Oper, von denen La Mi- 
lomanie (1781) und Le Nouveau Don Quichotte (1789) 
am meisten gefielen, aber auch nicht weniger als 16 
unaufgeführt blieben. 

Champion (Jäpj'3), Jacques, seigneur de laCha- 
pelle, * um 1555, f um 1640, Sohn von Thomas 
Ch., Vater von Jacques Ch. seigneur de Chambon- 
nifcres. Er ist von etwa 1580 bis 1638 als Organist 
und Cembalist in Paris im Dienste Heinrichs IV. 
und Ludwigs XE. nachweisbar. 

Champion (Jäpj'5), Thomas, genannt Mithou, 
t um 1580, Großvater von Jacques Champion sei- 
gneur de Chambonnifcres. Er war Organist und 
Cembalist in Paris und schrieb ein Buch Pseaumes 
de David (1561) und Chansons in den Sammelwer- 
ken. 

de Champ8 (fä), Ettore, * 8. 8. 1835 undf 12.4. 
1905 zu Florenz; italienischer Pianist und Kompo- 
nist, studierte Komposition bei Mabellini und 
schrieb Opern, Ballette, 2 Messen a cappella, Chöre 
und Klavierstücke. 

de Chancy (Jäs'i), Francois, * um 1600, f Ai>- 
gust 1656; französischer Lautenist, war zunächst 
im Dienste des Kardinals Richelieu, wurde späte- 
stens 1635 Leiter der königlichen Kammermusik, 
1644 dazu Knabenkapellmeister der königlichen 
Kapelle. Er schrieb: Tablature de mandore (Paris 
1629) ; Lautenstücke ; 2 Bücher 4st. Airs de cour (Pa- 
ris 1635 und 1644) ; 5 Bücher l-3st. Equivoques bzw. 
Chansons (Paris 1640, 1647, 1649, 1651 und 1655, 
Buch 2-5 in Neuausgabe 1699); zahlreiche Airs in 
Sammelwerken. Zusammen mit Boesset, Cambe- 
fort und Moulinid schrieb er einige Ballets de cour. 
Ausg. : Allemanda f . Laute, hrsg. v. H. Quittard, in : 
A. Lavignac, Encycl. de la musique, I 6r ® partie, t III, 
S. 1231. 

Lit.: H. Prund&res, Le Ballet de cour, Paris 1914; 
Th. G£rold, L’art du chant en France au XVII® s., 
Straßburg 1921 ; L. de La Laurencie, Les Luthistes, 
Paris 1928; ders., Les cr6ateurs de l’op6ra fr?., Paris 
1930. 

Chandpschldn, Iwanjewstawiewitsch, * um 
1746 wahrscheinlich zu St. Petersburg, 1 17. oder 
18. 3. 1804 zu St. Petersburg; russischer Violinist, 
war Leibeigener, trat um 1765 ins Hoforchester 
ein und brachte es bis zum Konzertmeister und 
Dirigenten der Ballettaufführungen. 1785 wurde er 
auf Antrag des Fürsten Potemkin freigelassen und 
sollte Direktor einer von diesem geplanten Musik- 
akademie in Jekaterinoslaw (Südrußland) werden, 
doch kam es nicht zur Gründung der Anstalt. 
Werke: Chansons russes variies für V. und B. (Am- 
sterdam 1781); 6 Sonaten für 2 V. (Amsterdam 
1781); Six chansons russes avec des variations für V. 
und Va (St. Petersburg 1783) ; Six chansons russes . . . 


299 



Chanot 


avec Variations op. 1, für 2 V. (St. Petersburg 1794) ; 
Chansons Russes variies op. 2, für 2 V. (St. Peters- 
burg und Gotha 1796) ; 3 Solosonaten für V. op. 3; 
handschrifdidh ein Bratschenkonzert. Für eine 
Schülerschaft Ch.s bei Lolli und (in Italien) Tardni 
finden sich keine sicheren Belege. 

Ausg.: die Solosonaten op. 3, Moskau 1887. 

Lit.: S. Fesetschko, I.J. Ch., Sowjetskaja musyka 
1950, Nr 12 ; R. A. Mooser, Annales de la musique . . . 
en Russie, 3 Bde (Genf 1948-51). 

Chanot (Jan'o), französische Geigenbauerfamilie: 
- 1) Franqois, * 1787 zu Mirecourt, t 1823 zu 
Brest; Sohn eines Lautenmachers, Marineinge- 
nieur, konstruierte eine eigenartige Geige, die ohne 
Bügel und Saitenhalter mit parallel zu den Saiten 
laufenden geraden Schallöchem gebaut war, wo- 
bei Decke und Boden aus einem Stück bestanden. 
Als er wieder in Dienst gestellt wurde, setzte sein 
Bruder -2) Georges (* 1801 zu Mirecourt, f 1883 
zu Courcelles bei Paris) die Herstellung dieses In- 
strumentes fort, jedoch ohne sich damit durchset- 
zen zu können. G. Ch.s Sohn -3) Georges (* 1831 
zu Paris, *f 1895 zu London) ging 1851 in die eng- 
lische Hauptstadt und ließ sich dort als Geigen- 
bauer nieder. 

Lit.: W. L. v. Lütgendorff, Die Geigen- u. Lauten- 
macher vom MA bis zur Gegenwart, Ffm. 5-61922. 

Chantavoine (Jätavu'an), Jean, * 17. 5. 1877 zu 
Paris, t 16.7.1952 zu Mussy-sur-Seine (Aube); 
französischer Musikforscher, studierte Philosophie 
und 1898 und 1901-02 in Berlin unter Friedlaender 
Musikgeschichte, war 1903-20 Musikreferent der 
»Revue hebdomadaire« und 1911-21 daneben des 
»Excdsior« und anderer Zeitschriften, vor allem 
des »Mdnestrel«. 1923-37 war er Secrdtaire gdn&ral 
des Pariser Conservatoire, nachdem er 1921-23 
Mitglied der Interalliierten Kommission für die 
Rhemprovinz in Wiesbaden war. Ab 1906 redi- 
gierte er eine Sammlung einbändiger Musikerbio- 
graphien im Verlage von Alcan in Paris Les maitres 
de la musique , für die er selbst Lebensbilder Beet- 
hovens (1906) und Liszts (1910, 4 1920) und Musi- 
ciens et Pohes (7 Aufsätze, 1912; mit Bericht über 
die von Ch. wiederentdeckte Jugendoper Liszts 
»Don Sanche«) sowie De Couperin ä Debussy (1921) 
beisteuerte. In der Sammlung Les chefs-d 9 oeuvre de 
la musique expliquds veröffentlichte er Les Sympho - 
nies de Beethoven (1932). Für die Sammlung Les 
villes d*art cilkbres schrieb er den München behan- 
delnden Band (Paris 1908), auch war er Mitredak- 
teur des Jahrbuchs *L'annie musicäle « (1911-13). 
Ch. gab ausgewählte Briefe Beethovens in fran- 
zösischer Übersetzung heraus ( Correspondance de 
Beethoven , Paris 1904) und veröffentlichte erst- 
mals (Paris 1906, KL-A. 1903) die 1872 von R. 
v. Perger aufgefundenen 12 Orchestermenuette 
Beethovens vom Jahre 1799. Von seinen Schriften 
seien noch genannt Beethoven (Paris 1948), Saint- 
Saens (Paris 1948), Mozart dans Mozart (Paris 1948), 
Mozart (Paris 1949) und Le pohne symphonique 
(Paris 1950). Texte von Werken Mozarts ( Cosijdn 
tutte), Bra hms *, Wagners (Parsifal), Strauss* (Ro- 
senkavalier) und Respighis übersetzte er ins Fran- 
zösische. 

Ghapi y Lorente (tjap'i), Ruperto, * 27. 3. 
1851 zu Villena (Alicante), f 25. 3. 1909 zu Madrid ; 


spanischer Komponist, Schüler des Konservato- 
riums von Madrid und als Stipendiat der Spanischen 
Akademie 1874 zu weiteren Studien in Rom, nach 
entbehrungsreicher Jugend eine Zeitlang Militär- 
kapellmeister, der populärste Zarzuela-Komponist 
der neueren Zeit, schrieb zuerst einige Opern: 
Las naves de Cortis (1874), La hija de Jefti (1876), 
La muerte de Garcitaso (1876), Roger de Flor (1878), 
ging aber dann zur Zarzuela über (nur noch 2 
Opern: Circe 1902 und Margarita la tomera 1909) 
und brachte bis 1909 im ganzen 155 Zarzuelas 
heraus. Seine beliebtesten Zarzuelas sind: Miisica 
cldsica (1880); La tempestad (1882); La bruja (1887); 
El rey que rabiö (1891); La Czarina (1892) ; La 
revoltosa (1897); Curro Vargas (1898); El puitao 
de rosas (1902) ; außerdem schrieb er Musik jeder 
Gattung (erwähnenswert die Orchestersuite La 
Corte de Granada und die musikalische Legende Los 
gnomos de la Alhambra sowie 4 Streichquartette). 
Lit. : A. S. Salcedo, R. Ch. : su vida y sus obras. 

Chappell Sc Co., Ltd», (tj'acpel), Londoner Mu- 
sikverlag, gegründet 1811 von Samuel Ch., J. B. 

Cramer und F. T. Latour. Cramer trat 1819 aus, 
Latour 1826. Nach dem Tode Samuel Ch.s (1834) 
übernahm sein Sohn William (* 20. 11. 1809, 
f 20. 8. 1888 zu London) die Leitung. Dieser rief 
1840 die Musical Antiquarian Society ins Leben, 
für welche er Dowlands Gesänge und eine Samm- 
lung National English Airs redigierte, die sich 1855 
bis 1859 zu der Populär Music of the Olden Time 
erweiterte (2 Bände, Harmonisierung von G. A. 
Macfarren; neue Ausgabe mit teüweiser Neuhar- 
monisierung und Aufnahme vieler schottischer 
Lieder von H. E. Wooldridge, 1893). Von einer 
History of Music erschien der 1. Band (Altertum) 
1874. Ein jüngerer Bruder Thomas Patey Ch. 
(* 1819, f 1. 6. 1902 zu London) gründete die po- 
pulären Montags- und Samstagskonzerte, die unter 
Leitung des jüngsten Bruders Samuel Arthur 
(* 1834, f 21. 12. 1904 zu London) zu einem be- 
deutenden Faktor des Londoner Musiklebens wur- 
den, bis sie 1905 endeten. Um die Jahrhundert- 
wende wurde der Verlag unter seinem Direktor 
William Boosey führend auf dem Gebiet der 
Operette und des Singspiels, ein Monopol, das er 
bis heute unter Führung seiner leitenden Direk- 
toren Max und Louis Dreyf us in enger Fühlung- 
nahme mit der amerikanischen Produktion leich- 
ter Musik innehat. Auch die Klaviere der Firma 
Ch. sind ein wohlbekanntes englisches Fabrikat. 

Chapuis (fapü'i), Auguste-Paul-Jean-Baptiste, 
* 20. 4. 1868 zu Dampierre-sur-Salon, f 6. 12. 1933 
zu Paris; französischer Komponist, Schüler von 
Dubois, Massenet und C. Franck am Pariser Con- 
servatoire, 1882-87 Organist an Notre-Dame-des 
C h amps, 1888-1906 an Saint-Roch, 1894-1929 
war er Harmonielehrer am Pariser Conservatoire. 
Er schrieb: eine Fantasie für Orch., Sonate für V. 
und Orch., Violinsonate, Cellosonate; Streich- 
quartett, Klayiertrio, viele Klavierwerke (Esquisses 
flamandes), Lieder, Chöre, Messen, ein Oratorium 
Les sept paroles und mehrere Bühnenwerke: 
Enguerrande (Opdra Comique 1892) ; Les Demoiselles 
de Saint-Cyr (Monte Carlo 1921) ;Jamed. Ch. war 
Mitarbeiter der Rameau-Gesamtausgabe (Castor et 
Pollux). 


300 



Charpentier 


Chardavoine (Jardavu'an, eigentlich Jardavo'ena), 
Jehan, * 2. 2. 1537 zu Beaufort (Anjou), f wahr- 
scheinlich 1580; französischer Komponist, gab 
1576 in Paris heraus: Le Recueil des plus helles . . . 
chansons en forme de voix de ville t erhalten nur in 
einer Ausgabe von 1588. Die darin einstimmig ver- 
öffentlichten Melodien sind zum Teil volkstüm- 
lich, zum Teil als Superius-S timmen älterer Chan- 
sons nachweisbar. 

Lit. : J. Denais, Un Musiden du XVI e s. J. Ch., Paris 
1889; J. Tiersot, Hist de la chanson populaire en 
France, Paris 1889; Cl. Frissard, A propos d’un 
recueil . . ., Rev. de Musicol. XXX (= t. XXVI I), 
1948. 

Chardon de Croisilles (Jard'3), nordfranzö- 
sischer TrouvÄre vom Anfang des 13. Jh., dem 
5 Lieder zugeschrieben werden können. 

Ausg. u. Lit : H. Suchier, Der Minnesänger Ch., 
ZRPh XXXI, 1907 (Ausg.); V. de Bartholomaeis, 
II trovero Ch. de Cr., in: Studi romanzi IV, 1906. 

Charpentier (Jarpätj'e), Gustave, * 25. 6. 1860 
zu Dieuze (Lothringen), f 18. 2. 1956 zu Paris; 
französischer Komponist, Schüler der Succursale 
in Lille und des Pariser Conservatoire (Massart, 
Pessard, Massenet), Rompreis von 1887 (Kantate 
Didon), wurde zuerst bekannt durch seine Orche- 
stersuite Impressions d*Italie; es folgte La i ne du 
polte für Soli, Chöre und Orch. (Symphonie- 
Drama in 4 Abteilungen, eigene Dichtung, 1892) ; 
Les fleurs du mal , Gesänge mit Kl. (Orch.) nach 
Dichtungen Bauddaires, zum Teil mit Chor; 
Impressions fausses (1895, Chor und Orch.), die 
auch in Deutschland viel gespielte Volksoper 
(Roman musical) Louise (Paris, 2. 2. 1900, Opdra 
Comique) und das 5aktige lyrische Drama Julien 
(Paris, 4. 6. 1913, Opdra Comique). Ein weiteres 
Musikdrama Vamour aux faubourgs hatte Ch. ge- 
plant. 1900 gründete Ch. ein Volks-Konserva- 
torium (Conservatoire populaire de Mimi Pinson), 
dessen Direktor er war. 

Lit. : J. Drion, Louise de G. Ch., Notes et impressions 
recueillies par Jules Nordi, Brüssel 1901 ; O. S6 r£, Mu- 
siciens franqais d’aujourd’hui, Paris 1911; A. Himo- 
net, Louise de G. Ch., Chäteauroux 1922 ; M. Delmas, 
G. Ch. et le lyrisme frq., Coulommiers 1931. 

Charpentier (Jarpätj'e:), Marc- Antoine, * 1636 
(1634?) und f 24- 2. 1704 zu Paris; französischer 
Komponist, Schüler Carissimis in Rom, gegen 1684 
Kapellmeister der Kirche St.-Louis und Musik- 
lehrer am College Louis-le-Grand, ab 1698 an der 
Ste. Chapelle in Paris. In Ch. wäre vielleicht Lully 
ein gefährlicher Rivale entstanden, wenn Lully ihn 
öfter hätte zu Worte kommen lassen. Nach Fest- 
stellungen M. Brenets schrieb aber Ch. überhaupt 
nur 2 Opern (Acis et Galaihle 1678 und Midie 
1693) und einige Musiken zu Dramen von Mo- 
li£re und Corneille (Ouvertüren, Tänze, Chöre); 
doch ist neuerdings auch La descente cTOrphie aux 
enfers von 1688, unvollständig erhalten, als Oper 
reklamiert worden. Gedruckt wurden von Ch. nur 
die Airs de la comldie de Circl (mit Gb., 1671 bei 
Ballard), die Partitur der Midie (1694 bei Ballard 
und (posthum) Motetz melez de symphonies (1709, 
Paris, J. Edouard). Seine handschriftlich erhaltenen 
Werke füllen aber 28 Foliobände und mehrere 
Kartons in der Pariser Nationalbibliothek; sie zei- 
gen, daß der Schwerpunkt von Ch.s Schaffen 


durchaus auf dem Gebiete der kirchlichen Kompo- 
sition liegt (8 Messen, 30 Psalmen mit Orch., 
Tedeums, Magnificats, Tenebrae-Lektionen, Mo- 
tetten, 18 Oratorien in der Art derjenigen Carissi- 
mis, 6 Kantaten mit lateinischem Text und eine 
Anzahl Instrumentalwerke). Am größten ist Ch. 
in seinen Oratorien; das Werk Le reniement de St. 
Pierre ist mit großem Erfolg wieder in Paris auf- 
geführt worden. 

Ausg.: GA, hrsg. v. Guy-Lambert, Paris seit 1948. - 
4 l-3st. Motetten, hrsg. v. Ch. Pineau u. H. Expert, 
Paris o. J. ; 2 3st. Motets, hrsg. v. Ch. Bordes, Paris 
o. J.; 2 3st. Motetten, hrsg. v. H. Quittard, Paris 
o. J.; ein doppelchöriges De profundis in: Motets 
choisis, hrsg. v. A. Gastou£, Paris o. J.; ein 3st. 
Tantum ergo, hrsg. v. J. Gelineau, Paris 1948; Messe 
de minuit sur des airs de Noel, hrsg. v. Letocart, 
Paris 1927; 4st. Messe G moll, hrsg. v. L. Souber- 
bielle, Paris 1951; Dialogue entre Madeleine et 
J6sus, La Peste ä Milan u. Le Reniement de Saint- 
Pierre, hrsg. v. H. Quittard, Paris o. J. ; Le Jugement 
de Salomon, hrsg. v. Letocart, Paris o. J. ; Te Deum 
für Soli, Chor u. Orch., hrsg. v. W. Kolneder, Wien 
1 957 ; Noels pour les instruments, hrsg. v. A. Gastou£, 
Paris 1939; 2 Airs in: Airs frangais, hrsg. v. H. 
PRUNifeRES, Paris 1925; Polichinelle (1. Intermedium 
aus Le Malade imaginaire), hrsg. v. J. Tiersot, Paris 
1925. 

Lit.: M. Brenet, Les oratorios de Carissimi, RMI 
IV, 1897; dies., M. A. Ch., in: Tribüne de St-Ger- 
vais VI, 1900; dies., Les musiciens de la Sainte-Cha- 
pelle du Palais, Paris 1910; H. Quittard, Note sur 
un ouvrage in6dit de M. A. Ch., ZIMG VI, 1904/05; 
ders., »Orph6e descendant aux Enfers«, RM IV, 
1904; G. de Froberville, L’Actdon de M. A. Ch., 
Rev. de Musicol. 1928; L. de La Laurencie, La des- 
cente d’Orphöc aux Enfers, Rev. de Musicol. 1929; 
K. Nef, Das Petrus-Oratorium v. M.-A. Ch. u. die 
Passion, JbP XXXVII, 1930; A. Gastouä, Notes sur 
les mss. et sur quelques ceuvres de M. A. Ch., in: 
M61anges La Laurencie, Paris 1933; C. Crussard, 
M. A. Ch., Rev. de MusicoL XXVII, 1945; ders., 
Un musiden fr$. oubliö, M. A. Ch., Paris 1945; Y. 
Rokseth, Un magnificat de M. A. Ch., in: Journal 
of Renaissance and Baroque Music I, 1946; M. 
Barth£l£my, Notes sur M. A. Ch. ä propos d’un 
article du M. G. G., RBM VH, 1953, S. 51 ff.; H. W. 
Hitchcock, The Latin Oratorios of M. A. Ch., in: 
Diss. abstracts XIV, S. 684, Ann Arbor April 1954. 

Charpentier (Jarpätj'e), Raymond, * 14. 8. 1880 
zu Chartres ; französischer Komponist, Schüler von 
Gddalge, 1921-46 Musikdirektor und 1. Dirigent 
der Comddie Fran 9 aise in Paris, wirkte 1943-50 bei 
der Radio diffusi on Fran 9 aise, bei der er 1945 den 
»Service Phonographique« gründete, nebenher als 
Musikkritiker (u. a. seit 1908 bei »Musica«). Ch. 
ist Herausgeber des 1927 von ihm gegründeten 
»Chanteder«, seit 1930 des »Courrier Musical et 
Th 6 ätral« und übernahm 1948 das Ressort Musik 
bei der Wochenzeitung »Arts«. Er schrieb über 20 
R iihn<*nmnri 1 ren für die Comddie Fran 9 ai.sc, eine 
Buffo-Oper Girard et Lobelie (mit J. Jourdan und 
A. Morhange, Thdätre des Arts, Paris 1912); für 
Orch. 3 symphonische Stücke, eine Konzertsuite 
Coriolan ; 3 Chansons ä dire für Frauenterzett und 
Orch. (1926) ; Le rideau de ma voisine (Müsset) für 
gemischten a-cappdla-Chor (1923); Kammermu- 
sik: 2 Streichquartette (1901, 1909), Enluminure s 
(8 Stücke für Streichquartett, FL und Ob., 1949), 
Bläserquintett (1923), Bratschensonate (1933); 
Klavierstücke und Lieder (u. a. auf Texte von Ron- 
sard und Baudelaire). 


301 



Charrat 


Charrat flarfa), Janine, * 1923; französische 
Tänzerin und Choreographin, wurde an der Bal- 
lettschule der Pariser Großen Oper in Paris aus- 
gebildet und machte sich zuerst 1940 in dem Bal- 
lettfilm La mort du cygne bekannt. Als ungewölm- 
lich vielseitige Begabung trat sie 1945-47 im 
Ballett von Monte Carlo hervor, danach in R. 
Petits »Ballets de Paris«, für die sie 1948 die Choreo- 
graphie von Milhauds ’adame Miroir entwarf. In 
Deutschland wurden ihre Choreographien von 
Egks Abraxas und Ein Sommertag (beide für Berlin) 
bekannt. Die Künstlerin tritt jetzt mit einer eigenen 
Truppe in Paris und auf vielen Gastspielreisen auf. 


Chase (tje:z), Gilbert, * 4. 9. 1906 zu Habana 
(Cuba); amerikanischer Musikforscher, studierte 
an der Columbia University und an der Univer- 
sity of North Carolina, Musik privat in New York 
und Paris. 1929-35 lebte er als Musikkritiker für 
die Continental Daily Mail in Paris und war nach 
Verlags- und Rundfunktätigkeit amerikanischer 
Kultur-Attache in Lima (1951-53) und Buenos 
Aires (1953-55). Seit 1955 ist Ch. Professor für 
Musikgeschichte und Direktor der School of Mu- 
sic der Universität von Oklahoma. Schriften: The 
Music of Spain (New York 1941 ; spanisch Buenos 
Aires 1943), A Bibliography of Latin American Folk 
Music (Washington 1942), A Guide to Latin Ameri- 
can Music (Washington 1945), Music and Radio 
Broadcasting (New York 1946), America 9 s Music: 
From the Pilgrims to the Present (New York 1955). 


Chasins (tj'eizanz), Abram, * 17. 8. 1903 zu 
New York; amerikanischer Komponist und Pia- 
nist, erhielt seine Ausbildung als Pianist bei Hut- 
cheson und J. Hofmann, als Komponist am Insti- 
tute of Musical Art der Juilliard Graduate School 
(Rubin Goldmark) und dem Curtis Institute of 
Music. 1927-47 unternahm er als Pianist Konzert- 
reisen in Europa und Amerika, richtete innerhalb 
eigener Rundfunksendungen 1932-39 einen Mei- 
sterkursus ein, hielt Vorlesungen an mehreren 
Universitäten und publizierte zahlreiche Aufsätze. 
1943 übernahm er seine heutige Stellung als Leiter 
der Radio-Stationen AM und FM der New York 
Times und schenkte seine Aufmerksamkeit weit- 
gehend pädagogischen Aufgaben. Er gehörte 1926 
bis 1935 als Klavierlehrer dem Curtis Institute, 
1940 dem Berkshire Music Center in Tanglewood 
an und schrieb Orchesterwerke, 2 Klavierkonzerte 
(1929, 1932), Kammermusik und zahlreiche Kom- 
positionen für ein und 2 KL 


Chastelain de Cond -*■ Guy de Coucy. 

Chatschaturj^n, Aram Hjitsch, * 6. 6. 1903 zu 
Tiflis; armenischer Komponist, studierte 1922-29 
an der Gnessh>-Musikschule in Moskau Violon- 
cello und Komposition, dann bis 1937 am Mos- 
kauer Konservatorium bei Mjaskowskij. Ab 1938 
(»Verdienter Kunstschaffender der Armenischen 
Sowjetrepublik«) mit zahlreichen Orden und 
Ehrentiteln bedacht und ab 1939 als Stellvertreten- 
der Vorsitzender des Organisationskomitees des 
Sowjetischen Komponistenverbandes in führender 
Stellung tätig, wurde Ch. 1948 in die Verurteilung 
»formalistischer« Musik durch das Zentralkomitee 
der Sowjetischen Kommunistischen Partei ein- 
bezogen. Seit 1951 tritt er als Professor für Kompo- 
sition am Moskauer Konservatorium und als Diri- 


gent wieder in den Vordergrund. Ch. muß als 
einer der begabtesten Fortsetzer der russischen Tra- 
dition des 19. Th. bezeichnet werden, deren Sprache 
er um neue Züge bereichert. Mit seiner Vorliebe 
für tänzerische Formen wie auch in seiner Rhyth- 
mik und der immer eingängigen Melodik über- 
nimmt er gern Anregungen aus der armenischen 
Folklore, so auch in seinem bekanntesten Werk, 
dem Ballett Gajaneh (darin der »Säbeltanz«). 
Werke: 6 Klavierfugen (1929); Violinsonate 
(1932); Klaviertokkata (1932); Trio für V., Klar, 
und Kl. (1932); Doppelfuge für Streichquartett 
(1932); Tanzsuite für Orch. (1932); Schauspiel- 
musik zu Shakespeares »Macbeth« (1934; 4 Kla- 
vierstücke daraus 1955); I. Symphonie E moll 
(1935); 2 Tänze für Orch. (1935); Klavierkonzert 
(1937) ; 7 Märsche für Blasorch. (1937); Chorwerk 
Poema o Staline (»Ode an Stalin«, 1938); Ballett 
Stschastje (»Das Glück«, 1939; daraus 2 Orchester- 
suiten 1940); Violinkonzert (1940); Schauspiel- 
musik zu Lope de Vegas »Viuda de Valencia« 
(1940; daraus eine Orchestersuite 1953) und zu 
M. Lermontows »Maskarad« (1941; daraus eine 
Orchestersuite 1944) ; Ballett Gajaneh (unter Ver- 
wendung von Motiven aus dem Ballett »Stscha- 
stje«, 1942, 2. Fassung 1952; 3 Orchestersuiten 

1943) ; Schauspielmusik zu N. Pogodins Krem - 
lewskije kuranty (»Das Glockenspiel des Kreml«, 
1942) ; II. Symphonie A moll (1943, 2. Fassung 

1944) ; Suite für 2 Kl. (1944); Russische Phan- 
tasie für Orch. (1944); Cellokonzert (1946); 
Kinderalbum für Kl. (1946); Suite für Kammer- 
orch. (1946); 3 Konzertarien (1946); Symphoni- 
sches Poem für Orch. mit Org. und 15 zusätzlichen 
Trp. (1947) ; Traumaja oda pamjati W. I. Lenina 
(»Trauerode zum Gedenken W. I. Lenins«) für 
Orch. (1948) ; Feierliches Poem für Orch. (1950) ; 
Ballett Spartak (»Spartacus«, 1956); Filmmusiken, 
Lieder (darunter die Armenische Nationalhymne, 
1944). 

Chaumet (Jom'e), William, * 26. 4. 1842 zu 
Bordeaux, t Ende Oktober 1903 zu Gajac bei St- 
M^dard-en-Jalles (Gironde) ; französischer Kompo- 
nist, wandte sich nach dem Mißerfolg einer Oper 
Le Coche (1865) der Kammermusik zu (Streich- 
quartette, Stücke für IQ. und V.), brachte jedoch 
schon 1872 in Paris am Th6ätre Lyrique des Ath6- 
n&s eine einaktige komische Oper Le picht de 
M. Gironte zur Aufführung; es folgten die Opern 
Bathylle (1877) und Fitrode (1885) sowie die Ope- 
retten Idia (1873), Mamselle Piou-piou (1889) und 
Lapetite maison (1903). 

Chausson (fos'5), Ernest, * 21. 1. 1855 zu Paris, 
t 10. 6. 1899 auf seiner Besitzung zu Limay bei 
Mantes (verunglückt beim Radfahren); franzö- 
sischer Komponist, Schüler Massenets am Conser- 
vatoire und später Cdsar Francks, war längere Zeit 
Sekretär der Soddtö nationale de musique. Die 
Kompositionen Ch.s, den man wohl als einen der 
Begründer des impressionistischen Stils ansehen 
kann, erregten durch ihre distinguierte individuelle 
Faktur ein lebhaftes Interesse: Symphonie B dur 
symphonische Dichtungen Viviane, Soir de ßte, 
Hymne vidique (für Chor und Orch.), Pohne de 
Vamour et de la mer (Gesang mit Orch.), Klavier- 
konzert (mit Begleitung des Streichquartetts) op. 
21, Violinkonzert Es dur (Pohme) op. 25, Streich- 


302 



Chdard 


quartett C moll op. 35 (nicht beendet), Klavier- 
quartett op. 30, Musik zu Shakespeares Sturm und 
M. Bouchors Ugende de Sainte Cicile, lyrische 
Szene Jeanne d’Arc sowie die Opern Hähne (2aktig) 
und Le roi Arthus (Brüssel 1903, Text vom Kom- 
ponisten) und eine Anzahl Lieder und Klavier- 
stücke, auch einige Motetten. 

Lit. : O. S£r£, Musiciens fr?, d’aujourd’hui, Paris 
1911 ; vgl. auch d. Ch. gewidmete H. d. RM, Dezem- 
ber 1925 (mit Werkverz.); Ch. Oulmont, Musique de 
l’amour. I : E. Ch. et la »Bande k Franck«, Paris 1935; 
G. Crankshaw, The Songs of Ch., in: MMR 
LXXXI1I, 1953 ; Y. G£rard, Lettres de Henri 
Duparc k E. Ch., in: Rev. de Musicol. XXXVIII, 
1956; J.-P. Barricelu vl L. Weinstein, E. Ch., the 
Composers Life and Works, Norman (1955, mit Bi- 
bliogr. u. Werkverz.). 

Chauvet (fov'e), Charles-Alexis, *7.6.1837 
zu Marines (Seine-et-Oise), f 28. 1. 1871 zu Argen- 
tan (Ome) ; französischer Komponist, ab 1850 am 
Pariser Conservatoire Schüler von Benoist (Orgel) 
und Ambroise Thomas (Komposition), erhielt 1860 
den 1. Preis der Orgelklasse und wurde dann 
Organist, zunächst an einigen kleinen Pariser 
Kirchen, 1869 aber an der neuerbauten groß«! 
Trinitd. Eine Reihe vortrefflicher Klavier- und 
Orgelkompositionen von ihm wurden gedruckt. 

Chauvird (fovir'e), Yvette; französische Tänze- 
rin, Schülerin der Ballettschule an der Pariser 
Gruppe, stieg dort zur danseuse dtoile auf, gehörte 
1946-47 dem zu dieser Zeit von Lifar geleiteten 
Ballett von Monte Carlo an und kehrte dann nach 
Paris zurück, wo sie zunächst als premidre dan- 
seuse dtoile tätig war und heute als Gastballerina 
auftritt. Sie erlangte besondere Berühmtheit als 
Interpretin klassischer Ballette wie Giselle und 
Schwanensee . 

Chauvon (Jov'o), Frangois; französischer Kom- 
ponist des 18. Jh., war Schüler Couperins und ver- 
öffentlichte 3 Sammlungen Les Mille-et-un Airs 
(Paris 1712, 1713 und 1725; 1 — 4st. unbegleitete 
Potpourris modischer Lieder). Ferner schrieb er: 
Les Tibiades , Sonaten für V., Fl. oder Ob. (Paris 
1717); 2 Cantates frangaises für T. und Orch. 
(Paris 1717); Les Charmes de VHarmonie (ein »con- 
cert de voix et d’instruments«, Paris 1723); Pa- 
storale Les Agriments Champitres (Paris 1736). 

Ghavarri, Eduardo L6pez -► L6pez Cha- 
varri, Eduardo. 

Ch&vez (tf'aveG), Carlos, *13. 6. 1899 zu Mexi- 
co (D. F.) ; mexikanischer Komponist, von folk- 
loristischen Gesängen und Tänzen stark beeinflußt. 
Kompositorisch Autodidakt; seine frühen Werke 
zeigen schon starke rhythmische Formkraft: El 
Fuego Nuevo, ein aztelosches Ballett (1921) und 
Los Cuatro Soles , ein Indio-Ballett (1926), beide 
nach eigenen Sujets. Auf ausgedehnten Reisen 
durch Europa (1922-23) und die USA (1926-28) 
vom »Maschinenzeitalter« beeindruckt, schreibt er 
»abstrakte« Kompositionen wie Energia (für 9 
Instr., 1925), Espiral (1933) und Exdgonos (1923-24) 
für V. bzw. Singstimme und EIL, PoUgonos (1923) 
für Kl. ; Ballette wie HP (. Horsepower , 1927) greifen 
arbeiter-revolutionäre Probleme auf. 1928 nach 
Mexiko zurückgekehrt, wurde er Leiter des Na- 
tional-Konservatoriums (bis 1952) und der Or- 


questa Sinfönica de Mexico (bis 1948). Er gründete 
Arbeiterkonzerte, für die er u. a. ein Sinfonfa Pro- 
letaria (für Chor und Kammerorch., 1934) und 
eine Obertura Republicana komponierte (1935). 
Für Eingeborenenorchester schrieb er Cantos de 
Mixico (1933) und ein dem mexikanischen Musik- 
gott gewidmetes Stück Xochipilli Macuilxochitl 
(1940), auch eine Toccata für 6 Schlagzeuger (1942). 
Von seinen 5 Symphonien reflektiert die erste 
( Sinfonia de Antigona , 1933, nach Cocteaus Schau- 
spiel) Ch.s Auseinandersetzung mit dem europä- 
ischen Neoklassizismus, die zweite ( Sinfonia India , 

1936) seine Beschäftigung mit der Folklore; in den 
drei späteren (III, 1954; IV, 1953; V, für Streich- 
orch., 1953) erfährt dar Klassizismus Ch.s seinen 
Niederschlag, ebenso in Werken wie Orchestrie- 
rungen von Stücken Vivaldis und Buxtehudes, 
einem Violin- (1950) und einem Klavierkonzert 
(1940), einem Konzert für 4 Hörner (1938) sowie 
3 Sonaten (1918, 1920, 1928) und zahlreichen Fu- 
gen, Präludien, Etüden für Kl., aber auch in dem 
Opemdreiakter Panfilo and Lauretta (1956, Libretto 
von Chester Kallman). Für seine Neuerungsten- 
denzen trat Ch. auch als Publizist ein, u. a. mit 
der Kampfschrift Toward a New Music (New York 

1937) . 


ChSdeville (Jedv'il), drei Brüder: Pierre (* 1694 
zu Oulins, t 1725 zu Paris), Esprit-Philippe 
(* 1696 zu Oulins, f 9. 3. 1762 zu Paris) und Nico- 
las (* 1705 zu Sdrez, f 6. 8. 1782 zu Paris); fran- 
zösische Virtuosen auf der Musette, über ihre 
Mutter mit den Hotteterre verwandt, von diesen 
nach Paris gerufen und dort musikalisch ausgebil- 
det; Espr. Ph. und N. Ch. gaben pastorale Kom- 
positionen für Musette heraus: Sonatilles galantes , 
Amüsements champitres , Galanteries amüsantes und 
ähnliche Sammlungen, auch Bearbeitungen von 
Werken Dall’Abacos und Vivaldis. 

Ausg. : Werke v. Espr. Ph. u. N. Ch. wurden bei d. 
ff. Verlagen hrsg.: Senart-Paris (1913 u. 1929), Le- 
moine-Paris (1925), Nagel-Hannover (1932), Rouart- 
Lerolle-Paris (1941), Zum Pelikan-Zürich (1946), 
Richü-Genf (1949), Hug-Zürich (1948 u. 1949), Bären- 
reiter-Kassel (1951 u. 1952). 

Lit.: E. Thoinan, Les Hotteterre et les Ch., Paris 
1894. 


Chein (Je), Louis, * 1635 oder 1636 zu Paris 
(oder Beatme), f 17. 6. 1694 zu Paris; französischer 
Komponist, war bis 1657 Chorknabe an der 
Sainte-Chapelle in Paris, wo er ab 1674 wieder als 
Kaplan und Serpentbläser nachweisbar ist, auch 
Kaplan der Kathedrale von Quimper. Von Ch.s 
Messen ist nur die 4st. über Pulchra ut luna erhalten 
(Paris 1689, 21729). 

Lit. : M. Brenet, Les musiciens de la Sainte-Chapelle, 
Paris 1910. 


Chelard (Jal'a:r), Hippolyte Andrd Jean Bap- 
tiste, * 1. 2. 1789 zu Paris, \ 12. 2. 1861 zu Wei- 
mar; französischer Komponist, hatte zuerst Ge- 
sangsunterricht bei Fdtis und studierte ab 1803 am 
Conservatoire Komposition bei Gossec und Vio- 
line bei R. Kreutzer. Nach Erlangung des Prix de 
Rome studierte er 1811-13 bei Bairn, dann noch 
in Neapel bei Zingardli und Paisiello. 1816 wurde 
er Violinist der Pariser Oper. Sein Macbeth (Text 
von Rouget de Iisle) brachte es dort 1827 nur auf 
5 Aufführungen, hatte aber in München großen 


303 



Chdius 


Befolg und trug ihm den Titel, jedoch nicht die 
Stellung eines Bayerischen Hofkapellmeisters ein. 
Ch. ging 1830 ganz nach München, leitete 1832-33 
eine deutsche Opemtruppe in London und fand, 
nachdem er 1835-40 in Augsburg gewirkt hatte, 
eine feste Stellung als Nachfolger Hümmels in 
Weimar; doch wurden die Verhältnisse mit dem 
Dazutreten des zum Außerordentlichen Kapell- 
meister ernannten Liszt unerquicklich. 1847-48 
und (nach seiner Pensionierung) 1853-56 hielt sich 
Ch. wieder in Paris auf, konnte aber dort nicht 
mehr Fuß fassen. Hauptwerke (außer dem genann- 
ten): Opern Mitternacht (München 1831, umgear- 
beitet Weimar 1839) und Die Hermannsschlacht 
(München 1835, sein bedeutendstes Werk über- 
haupt); szenische Kantate Les Aigles Romains 
(Paris 1853, italienisch Mailand 1864); Kantate 
Chant grec (London 1826); Große Messe (München 
1831) ; Vokal-SymphonieLe vieux drapeau für Man- 
nerchor (Paris 1848) ; Tondichtung La Symphoniide 
in 8 Sätzen (1848). - Die falsche Schreibweise des 
Namens (»Ch&ard«, so noch neuerdings) findet 
sich nicht in Ch.s autographen Briefen. 

Lit: W. Schwinger, Das Opemschaffen A. H. Ch.s, 
Diss. Bin 1954, maschr. (mit Werkverz.) ; ders., 
Schumann u. Ch., in: R. Schumann, hrsg. v. H. J. 
Moser u. E. Rebling, Lpz. 1956. 

Chdius, Oskar von, * 28. 7. 1859 zu Mannheim, 
1 12. 6. 1923 zu München; deutscher O ffizi er und 
Komponist, wurde 1911 Generalmajor, Flügel- 
adjutant Kaiser Wilhelms II. und 1914 Militär- 
attache der deutschen Botschaft in St. Petersburg, 
hi der Musik war er Schüler von E. Steinbacn 
(damals in Mannheim), K. Reiß in Kassel und 
Jadassohn in Leipzig. Er schrieb die Opern Haschisch 
(Dresden 1897; unter dem Pseudonym S. Berger), 
Die vernarrte Prinzeß (Schwerin und Wiesbaden 
1905), Magda-Maria (Dessau 1920), die sympho- 
nische Dichtung Und Pippa tanzt (nach Gerhart 
Hauptmann; 1922), Psalm 121 und Requiem (Text 
von Hebbel) für Chor und Orch., eine Violin- 
sonate, Lieder und Klavierstücke. 

Chdleri (k'ekri), Fortunato, * Juni 1690 zu 
Parma, *j* 11. 12. 1757 zu Kassel; italienischer Kom- 
ponist von deutscher Abkunft (der Vater hieß 
Keller), studierte bei seinem Onkel Francesco 
Maria Bazzani, Domkapellmeister in Piacenza, 
Komposition, Orgel und Gesang und schrieb 1707 
bis 1722 17 Opern für norditalienischc Bühnen, 
besonders Venedig. 1716—19 war er Kapellmeister 
am Hofe der Pfälzischen Kurfürstin Maria Anna 
Luise in Florenz, lebte dann in Venedig, wurde 
1722 Hofkapellmeister in Würzburg, wo er einige 
Oratorien komponierte, hielt sich 1723 einige Zeit 
in Heidelberg auf und ging 1725 als Hofkapell- 
meister nach Kassel Landgraf Friedrich L, der zu- 
gleich König von Schweden war, zog Ch. 1732 
nach Stockholm, von wo dieser aber bereits 1734 
wieder nach Kassel zurückkehrte, weil er dag nörd- 
liche Klima nicht vertrug. Außer Opern und Ora- 
torien schrieb er Solokantaten, 12 Orchestersuiten, 
Ka mm ermusik, Klavierwerke, 2 Messen und an- 
dere Kirchenmusik. 

Lit: W. Eckert, F. Ch., Diss. Heidelberg 1922, 
maschr. 

Ghernin, Nicolas du ->» Du Chemin. 

304 


Chemin-Petit (fme-pt'i), - 1) Maurice, * 4. 3. 
1832 zu Leipzig, f 3* 4. 1885 zu Ulm; deutscher 
Kapellmeister, besuchte die Thomasschule in Leip- 
zig, studierte dann Mathematik und war ab 1856 
Kapellmeister in Halle, Rostock und schließlich 
Ulm. Ch.-P. schrieb die Opern König Alfred (1858) 
und Meister Thomas (1883). - 2) Hans, * 12. 7. 
1864 zu Rostock, + 11. 1. 1917 zu Potsdam; deut- 
scher Kapellmeister, Sohn und Nachfolger (Ulm 
1885) von Maurice Ch.-P., war 1887-94 Hofka- 
pellmeister in Altenburg, dann Musiklehrer in 
Potsdam, wo er 1900 eine eigene Musikschule 
gründete. Er schrieb Chöre und 5 Opern. - 
3) Hans Helmuth, * 24. 7. 1902 zu Potsdam, Sohn 
des vorigen; deutscher Komponist, studierte 1920 
bis 1926 an der Berliner Musikhochschule Violon- 
cello bei H. Becker und Komposition bei P. Juon 
und war dann als Violoncellist tätig. In dieser Zeit 
schrieb er einen Nekrolog für Orch. (1926), die 
Kammeroper Der gefangene Vogel (1927), 3 Hym- 
nen (Hölderlin) für Bar. und Orch. (1929) sowie 
Lyrische Suite für S. und 6 Instr. (1929). 1929 wurde 
Ch.-P. Theorielehrer an der Staatlichen Akademie 
für Kirchen- und Schulmusik in Berlin, 1942 auch 
Lehrer für Chorleitung. In seinem Schaffen 
wandte er sich nun bestimmter seinen Haupt- 
arbeitsgebieten zu, der Chormusik und größeren 
Orchesterwerken: 6st. Motette Schönheit dieser 
Welt (M. Opitz; 1931), I. Symphonie Amoll 
(1932), Bühnenmusik zum Puppenspiel Dr. Paust 
(1932; Kleine Suite daraus für 9 Instr. 1938), 8st. 
Chortriptychon (M. Claudius; 1933), Kantate Von 
der Eitelkeit der Welt (A. Gryphius) für Bar. und 
Kammerorch. (1936). 1939-43 hatte Ch.-P. neben 
seiner Berliner Tätigkeit die Leitung von Dom- 
chor und Reblingschem Gesangverein in Magde- 
burg; seit 1944 ist er Dirigent des Philharmo- 
nischen Chors in Berlin, seit 1948 auch Theorie- 
lehrer an der Musikhochschule. Mit dem Orchester- 
Prolog (1939), beginnt die Reihe seiner großen 
Werke, die ihn als Meister polyphoner Gestaltung 
bekannt gemacht haben: Konzert für Orch. (1944), 
Kantate Werkleute sind wir (Rilke) für S., Bar., 4st. 
Chor und Orch. (1944), II. Symphonie Cdur 
(1949), Psalm 90 (1953) und 150 (1954) für Chor 
iind Orch. Ferner schrieb Ch.-P. Chöre (3 Sile- 
siussprüche 1946), Gesänge, Orchesterstücke und 
Kammermusik (Bläserqmntett 1948), bearbeitete 
J. S. Bachs Präludium und Fuge G dur (BWV 541) 
für Orch. (1942) und gab heraus: Kommt ihr 
Gspielen , Chorbuch zu deutschen Volksliedern 
(6 Hefte, Berlin 1949, 21951). 


Cherbuliez (ferbüit'e:), Antoine-Elisde, * 22. 
8. 1888 zu Bern; Schweizer Musikforscher, erhielt 
den ersten Musikunterricht von A. Köckert (Genf), 
dann von N. S alter und Albert Schweitzer in 
Straßburg, studierte 1907-08 an der Straßburger 
Universität Philosophie und Naturwissenschaften, 
1907-11 an der Universität und der Eidgenös- 
sischen Tec hn ischen Hochschule in Zürich, gleich- 
zeitig am Konservatorium Zürich unter Fr. Hegar 
und W. de Boer und wurde 1911 Diplom-Ingeni- 
eur. 1911—13 war er Assistent an der Technischen 
Hochschule in Darmstadt und promovierte 1914 
zum Dr.-Ing. 1913-16 war er noch Schüler von 
Reger in Meiningen und Jena und spielte 1913-14 
in der Mei nin ger Hofkapelle, 1915-16 in der 



Cherubim 


Dresdner Hofoper, 1916—17 im Philharmonischen 
Orchester und der Charlottenburger Oper in Ber- 
lin Violoncello; in Berlin war er zugleich Assistent 
von S. Ochs beim Philharmonischen Chor. 1917 
bis 1921 war er Musikdirektor und evangelischer 
Organist in Wattwil (St. Gallen, Schweiz), 1918 
bis 1942 zugleich Lehrer für Klavier, Violoncello 
und Theorie an der Musikschule Chur, Dozent an 
den Volkshochschulen in Chur und Zürich sowie 
Dirigent verschiedener Chöre in Chur und Arosa. 
1923 habilitierte er sich als Dozent für Musik- 
wissenschaft an der Universität Zürich mit der 
Schrift Gedankliche Grundlagen der Musikbetrach- 
tung (Zürich 1924), gründete dort 1931 das Musik- 
wissenschaftliche Seminar und wurde 1932 zum 
Professor ernannt. 1938-48 war Ch. Präsident des 
Schweizerischen Musikpädagogischen Verbandes. 
1942 wurde er Dozent an der Eidgenössischen 
Technischen Hochschule in Zürich. Er schrieb 
ferner: Über die Anwendung der Sieversschen Theo- 
rien auf die musikalische Interpretation (Kgr.-Ber. 
Basel 1924, Leipzig 1925); Die Schweiz in der 
deutschen Musikgeschichte (= Die Schweiz im deut- 
schen Geistesleben XVIII, Frauenfeld und Leipzig 
1932) ; Zur Kontroverse über die Herkunft von Lud- 
wig Senj 7 (AMI V, 1933) ; Geschichte der Musikpäd- 
agogik in der Schweiz (Bern 1945); Otto Barblan 
(Bündner Jahrbücher I, 1945); Johann Sebastian 
Bach (Olten 1946); Edvard Grieg (Rüschlikon- 
Zürich 1947) ; Tschaikowsky und die russische Musik 
(Rüschlikon-Zürich 1948) ; Fryderik Chopin (Rüsch- 
likon-Zürich 1948); Giuseppe Verdi (Rüschlikon- 
Zürich 1949) ; Georg Friedrich Händel (Olten 1949) ; 
ferner viele Aufsätze zur musikalischen Pädagogik 
und Folklore sowie zur Musikgeschichte der 
Schweiz, besonders Graubündens. Kompositionen: 
Streichtrio, Streichquartett, Lieder, Hymnus auf die 
Kunst für gern. Chor und Orch. 

Chdri (fer'i), Victor (Cizos, genannt Ch.), * 14. 
3. 1830 zu Auxerre, f 11. 11. 1882 zu Paris durch 
Selbstmord; französischer Komponist, Schüler des 
Pariser Conservatoire, war ein vortrefflicher Diri- 
gent zuerst am Th6ätre des Vari6t6s, dann am 
Chätelet und einige Jahre am Gymnase, kompo- 
nierte graziöse Ballettmusiken und ein komische 
Oper Une aventure sous la Ligue (Bordeaux 1857). 

Cherici (k'eritjl), Don Sebastiano, * 1647 und 
t wahrscheinlich 1704 zu Pistoia; italienischer 
Komponist, nennt sich 1672 Domkapellmeister 
und Kapellmeister der Accademia dello Spirito 
Santo in Ferrara, 1686 Mitglied der Accademia 
Filarmonica in Bologna, 1698 Domkapellmeister 
in Pistoia. Ch. schrieb Kirchenstücke im konzer- 
tierenden Stil der Bologneser Schule, Kamm er- 
duette op. 5 (1688) sowie eine Orgelsonate (in 
Arrestis Sammeldruck, Bologna 1687). 

Cherkassky (tjerk'askij), Shura, * 7. 10. 1911 zu 
Odessa ; amerikanischer Pianist russischer Herkunft, 
wuchs in Baltimore (USA) auf, studierte Klavier 
bei seiner Mutter und bei Josef Hof mann am Cur- 
tis Institute in Philadelphia, konzertiert seit seinem 
9. Lebensjahr, spielte in allen Kulturstaaten, lebt 
jetzt in Frankreich. Ch. ist ein ungewöhnlicher 
Techniker, der Werke von Liszt und Rachmaninow 
im vollen Glanz des Virtuosentums spielt. Aber er 
erschöpft sich nicht im Virtuosen, sondern hat 


auch die Gabe, Tonfarben und Anschlagsnuancen 
aufs feinste zu differenzieren sowie im polyphonen 
Spiel Stimmen deutlich voneinander abzugrenzen. 
So reicht sein Repertoire vom Barock über Klas- 
sik und Romantik bis zu dem mit stählerner Ener- 
gie des Anschlags auch unter der Leitung des Kom- 
ponisten gespielten Concerto für Kl. und Blasorch. 
von Strawinsky. 

Chemi^vsky, drei russische Musiker, Brüder, die 
sich 1900 zu einem Trio vereinigten, alle in Odessa 
geboren: - 1) Leo, * 30. 8. 1890, Violinist, Schü- 
ler von Auer und Wilhdmj, - 2) Jan, * 25. 6. 1892, 
Pianist, Schüler seines Vaters, der Essipowa und 
Leschetizkys, - 3) Michail, * 2. 11. 1893, Cellist, 
Schüler von Popper. Als Klavier-Trio bereisten sie 
bis 1903 Rußland, gingen 1904 nach Deutschland, 
Frankreich und Holland und wurden durch Kon- 
zerte in allen Weltteilen bekannt. Sie leben heute 
in London. 

Ch6ron (Jer'ä), Andre, getauft 6. 2. 1695 und 
begraben 7. 10. 1766 zu Paris; französischer Kom- 
ponist, entstammte einer Instrumentenmacher- 
familie und war Patenkind Campras, ab 1702 
Chorknabe an der Sainte-Chapdle, wo er 1713 
auch Hilfsorganist wurde. 1729 unterrichtete er den 
nur wenig jüngeren Leclair. Ch. trat 1734 als 
Clavecinist in die Oper ein und rückte 1739 zum 
batteur de mesure auf. Ab 1727 wurden zahlreiche 
Motets von ihm bei Hofe und im Concert spirituel 
aufgeführt, erhalten sind jedoch nur Triosonaten 
op. 1 (1727) und Sonates en duo et en trio op. 2 
(1729). 

Lit: M. Brenet, Les concerts en France . . Paris 
1900; dies., Les musiciens de la Sainte-Chapelle, 
Paris 1910; L. de La Laurencie, L’Ecole frangaise 
de violon, 3 Bde, Paris 1922-24. 

Cherubini (kerab'ini), Maria Luigi Zenobio 
Carlo Salvatore, * 8. 9. 1760 zu Florenz, *f 15. 3. 
1842 zu Paris. Seine ersten Lehrer waren sein Vater, 
Maestro al cembalo am Teatro della Pergola, 
Bartolommeo Felici und Alessandro Fdid und 
nach deren Tode Pietro Bizairi und Giuseppe 
Castrucd. 1778 sandte ihn der Großherzog, nach- 
mals Kaiser Leopold II., auf 4 Jahre nach Vene- 
dig zu Sarti; ohne Zweifel verdankt Ch. ihm die 
völlige Beherrschung des polyphonen Stils. Bis 
1779 hat er (auch in Florenz) nur Kirchenmusik- 
werke geschrieben; mit Quinto Fabio (Alessandria 
1780) betrat er das Gebiet der Oper. Es folgten 
schnell 1782: Armida (Florenz), Ädriano in Siria 
(Livorno), Mesenzio (Horenz), 1783: Lo sposo di 
tre (Venedig); 1784: Idalide (Florenz), Alessandro 
nelVIndie (Mantua). 1784 wurde er nach London 
gezogen, wo er La finta prinäpessa (1785) und 
Giulio Sabino (1786) schrieb und die Stellung eines 
Königlichen Hofkomponisten erhielt. Sein Ruf 
stand bereits fest, und auch in Paris, wo er zuerst 
das Jahr 1786-87 verbrachte, erntete er große An- 
erkennung. Im Winter 1787-88 schrieb er in Turin : 
Ifigenia in Aulide und ließ sich 1788 auf Anraten 
Viottis endgültig in Paris nieder. Der Gegensatz 
der Gluckisten und Picdnnisten war wohl geeignet, 
einen Mann von der Begabung Ch.s zu ernstem 
Nachdenken zu bringen. Bisher hatte er seine 
Opern im italienischen Stile geschrieben, aber seit 


20 


305 



Cherubini 


der Übersiedlung nach Paris wurde er ein anderer. 
Es wäre falsch zu sagen, daß er sich Gluck an- 
schloß; er griff etwas tiefer in das Füllhorn seines 
Könnens, vertiefte seine musikalische Arbeit: seine 
Werke erschienen daher ebenso den Gluckisten 
wie den Pic dnnis ten als etwas Neues. Er ist einer 
der größten Meister des obligaten Akkompagne- 
ments, das heißt sein Satz, obwohl homophon, ist 
bis ins kleinste motivisch belebt - kein wunder, 
daß Beethoven ihn unter allen Zeitgenossen am 
höchsten stellte. In seinem dramatischen Ausdruck 
steht er auf der Schneide der klassizistischen Ab- 
geklärtheit und der sensibleren, farbigeren, er- 
regteren Romantik. Seine ersten Pariser Schöpfun- 
gen waren: Dimophoon (1788), Lodolska (1791), 
Elisa (1794), Midie (1797, deutsch Berlin 1800), 
L'hStellerie portugaise (1798), La punition (1799), 
Emma (La prisonni&re, 1799), am bekanntesten Les 
deux journies (Der Wasserträger, 1800, deutsch 
Mannheim 1802), Epicure (1800), Anacrion (1803) 
und das Ballett Achille ä Scyros (1804). Alle diese 
Werke, mit Ausnahme des Dimophoon, der für die 
Große Oper geschrieben war, aber keinen Effekt 
machte, wurden am Thdätre de la Foire St. Ger- 
main gegeben; Ch. dirigierte selbst 1789-92 mit 
Viotd und Mestrino dieses kleine, von Ldonard 
Astid, dem Friseur Marie Antoinettens, gegründete 
Theater. Am 12. 4. 1794 heiratete er Anne Cdcile 
Tourette, die Tochter eines Altisten der ehemaligen 
Königlichen Kapelle. 1795 wurde er bei der Or- 
ganisation des Conservatoire einer der Inspektoren 
des Instituts. Andere Anerkennungen blieben ihm 
versagt, und die Pforten der Großen Oper waren 
ihm verschlossen, weil Napoleon, der immer 
höher emporstieg, Ch. nicht gewogen war. 1805 
wurde er aufgefordert, eine Oper für Wien zu 
schreiben, und reiste daher dorthin. Nachdem zu- 
erst Lodoiska inszeniert war, folgte im Februar 1806 
am Kämtnertor-Theater die auf einen deutschen 
Text geschriebene Faniska. Die Ereignisse von 1806 
führten ihn in Wien mit Napoleon zusammen, der 
ihn nach Schönbrunn als Dirigenten seiner Hof- 
konzerte befahl; doch blieb Ch. in Ungnade. Ent- 
mutigt gab er sich danach längere Zeit der Un- 
tätigkeit hin. 1806-08 hat er so gut wie nichts ge- 
schrieben; er zeichnete Kartenblätter und tneb 
Botanik. Erst bei einem Aufenthalt auf dem 
Schlosse des Fürsten von Chimay im Sommer 1808 
konnten ihn seine Gastgeber wieder zum Kompo- 
nieren bewegen. Die herrliche Messe in F dur (zur 
Weihe der Kirche in Chimay) war die Frucht; Ch. 
entfaltete darin seine Kunst in der Beherrschung 
des strengen Stils und betrat damit wieder einen 
Boden, den er seit 18 Jahren verlassen hatte. Übri- 
gens entsagte er der Tätigkeit für die Bühne noch 
nicht ganz: es folgten noch: Pimmälione (1809), 
Crescendo (1810), Les Abencirages (1813 in der 
Großen Oper), zwei Gelegenheitswerke in Ge- 
meinschaft mit anderen Operakomponisten: 
Bayard h Mizibres (1814) und Blanche de Provence 
(1821), und endlich sein letztes größeres Werk: 
Ali Baba (1833, die Bearbeitung einer 1793 liegen 
gebliebenen Oper Konkourgt ). Doch bestärkte der 
Erfolg der Messe den Entschluß, seine Kraft mehr 
auf andere Gebiete zu konzentrieren. 1815 weilte 
er einige Monate in London und schrieb für die 
Phi l har monische Gesellschaft eine Symphonie in 
D dur, eine Ouvertüre und eine 4st. Hymne au 


printemps mit Orchester. Die Unterdrückung des 
Conservatoire zu Beginn der Restaurations-Ära 
brachte ihn um seine Inspektorstelle; er wurde aber 
noch 1816 als Kompositionsprofessor angestellt und 
zum Surintendant der königlichen Kapelle er- 
nannt, für die er seitdem bis zu ihrer Auflösung im 
Jahre 1830 Messen und Motetten schrieb. 1821 
wurde er Direktor des Conservatoire und blieb bis 
zum 4. 2. 1842 in diesem Amte. Ein eigenhändiger 
Titelkatalog von Ch.s Werken wurde 1843 durch 
Bottde de Toulmon veröffentlicht; er weist auf : 11 
große Messen (5 gedruckt), 2 Requiem, viele Mes- 
senteile (zum Teü gedruckt), ein 8st. Credo mit 
Org., 2 Dixit, je ein Magnificat, Miserere, Tedeum 
mit Orch., 4 Litaneien, 2 Lamentationen, ein Ora- 
torium, 38 Motetten, Gradualien, Hymnen mit 
Orch., 20 Antiphonen, 15 italienische und 14 fran- 
zösische Opern, viele Arien und Duette als Ein- 
lagen in Opern, ein Ballett, 17 Kantaten und an- 
dere Gdegenheitskompositionen mit Orch., 77 
Romanzen, italienische Gesänge, Notturnos, 8 
Hymnen und Revolutionslieder mit Orch., viele 
Kanons und Solfeggien, je eine Ouvertüre und 
Symphonie, mehrere Manche und Kontertänze, 6 
Streichquartette, unter denen das in Es dur hervor- 
ragt, ein Quintett, 6 Klaviersonaten, eine Sonate 
für 2 Orgeln, eine große Phantasie für Kl. 1869 
wurde ihm in Horenz ein Denkmal errichtet; 
das dortige Konservatorium trägt seinen Namen. 
Das unter Ch.s Namen erschienene Lehrbuch des 
Kontrapunktes Cours de contrepoint (deutsch von Fr. 
Stöpel, 1835/36 als Theorie des Kontrapunkts und der 
Fuge; englisch von J. A. Hamilton 1837 und C. 
Clarke 1854, auch italienisch) galt als nach den 
Schulheften von seinem Schüler Haldvy ausgear- 
beitet, ist aber durchaus eigene Arbeit Ch.s (neue 
Ausgaben von G.Jensen 1896 und R. Heuberger 
1911). In neuerer Zeit hat man den Dramatiker Ch. 
wieder der Gegenwart nahezubringen versucht; 
mehr Erfolg haben Aufführungen der beiden Re- 
quiem, der Symphonie und der Ouvertüren zu 
Les deux joumies, Les Abenciranges , Midie und Lo- 
dolska. 

Ausg. : Kl.-A. v. Opern bei Breitkopf & Härtel u. 
Peters (Lpz.); Partituren v. Ouvertüren bei Salabert 
u. Choudens (Paris); Kirchenmusik bei Hamelle, 
Leduc, Graff u. Richault (alle Paris), Ricordi (Mai- 
land) u. Schott (Mainz); Kammermusik bei Eulen- 
burg (Lpz. u. London), Hansen (Kopenhagen), 
Litoiff (Braunschweig), Peters (Lpz.), Taschenparti- 
turen bei Eulenburg (Lpz.). 

Lit.: Werkverz.: Bott£e de Toulmon, Notice des 
mss. autogr. de la musique compos6e par feu Ch., 
Paris 1843, wieder ab gedruckt in: E. Bellasis, Memo- 
rials illustratives, Paris 1876, 21906. - Lom£nie (unter 
d. Pseudonym Ün homme de rien), Ch., Paris 1841 ; 
E. F. Miel, Notice sur la vie et les ouvrages de Ch., 
Paris 1842; Place, Ch., Paris 1842; Picchiantt, 
Notizie sulla vita e sulle opere di L. Ch., Mailand 
1843; Raoul-Rochette u. J. F. HAiiw, Sdance 
publique de l’Acad. Royale, 7 oct. 1843, notice sur la 
vie et les ouvrages de Ch., Paris 1843; A. Stierlin, 
Ch., 39. Neujahrsblatt d. Allg. Musikges., Zürich 
1851; D. Denne-Baron, Ch., Paris 1862; Gamucci, 
Intomo alla vita ed alle opere di L. Ch., Florenz 1869 ; 
Crowest, Ch., London 1890; H. Kretzschmar, Über 
d. Bedeutung v. Ch.s Ouvertüren und Hauptopern f. 
d. Gegenwart, JbP XII, 1906; R. Hohenemsbr, L. 
Ch., Lpz. 1913; ders., Cherubiniana, Zf Mw IX, 
1926/27; M. Quatrelles-L’Epine, Ch., Lille 1913; 
L. Schemann, Ch., Stuttgart, Bin u. Lpz. 1925; G. 


306 



Chevreuille 


Confalonieri, Prigionia di un artista (II Romanzo di 
L. Ch.), 2 Bde, Mailand 1949; M. Stomne Selden, 
Napoleon and Ch., JAMS VIII, 1955. 

Chessin, Alexander Borisowitsch, * 19. 10. 
1869 zu St. Petersburg; russischer Dirigent, absol- 
vierte 1893 das juristische Studium und studierte 
dann an den Konservatorien von St. Petersburg 
und (1895-1900) Leipzig (Nikisch). Ch. wirkte zu- 
nächst (mit Ausnahme der Jahre 1903-08) als Kon- 
zert- und Opemdirigent in St. Petersburg, ging 
aber 1921 nach Moskau, wo er 1924 eine leitende 
Stellung am Opernhaus einnahm. 

Chester (tf'esto), J. & W., Ltd.; englischer Mu- 
sikverlag, gegründet von John und William 
Chester 1860 in Brighton (Sussex) als Musikalien- 
handlung und -Leihbibliothek. Die Firma erlangte 
bald Bedeutung als Vertreterin französischer und 
russischer Verlage, doch hielt sich die eigene Ver- 
lagstätigkeit in engem Rahmen, bis 1915 Otto 
Marius Kling (ein Sohn von H. Kling) das Ge- 
schäft erwarb, das 1918 nach London verlegt und 
in eine Private Limited Company umgewandelt 
wurde. Nach O. M. Klings Tod übernahm 1924 
sein Sohn Harry Kling die Verlagsleitung; die- 
sem folgte 1936 W. A. Chenery, diesem 1938 
R. Douglas Gibson; als zweiter Direktor wirkt 
seit 1943 Sydney Armstrong. 1957 erwarb der 
W. ->■ Hansen Musik-Forlag Kopenhagen einen 
Mehrheitsanteil. Der Verlag Ch. hat seit dem 1. 
Weltkrieg Werke bedeutender zeitgenössischer 
Komponisten veröffentlicht, zunächst vorzugs- 
weise ausländischer (J. Jongen, Malipiero, Strawin- 
sky, Poulenc), aber auch solche von Bax, Bo wen, 
Moeran, Ireland und Berkeley. Eine Zeitschrift 
The Chesterian erschien 1915-40 monatlich und 
wurde 1947 als Vierteljahrsschrift wieder aufge- 
nommen. 

la Chevardifere (fovardj'eir), Roullfcde de, be- 
deutender Pariser Musikverlag um die Zeit des 
Aufschwungs der Orchestermusik durch die Mann- 
heimer; alle die vorher mit Ledere und Huberty 
gezeichneten Werke gingen 1761 in den Besitz la 
Chevardi&res über. Um 1775 zeichnet Leduc als 
sein Nachfolger (Symphonien von Karl Stamitz) ; 
Leducs Nachfolger wurde 1816 G. J. Sieber. 
Lit.: C. Hopkinson, A Dictionary of Parisian 
Music Publishers 1700-1950, London 1954. 

Ghev£ (Jov'e), Emile-Joseph-Maurice, * 1804 
zu Douamenez (Finistfcre), f 26. 8. 1864 zu Paris; 
französischer Gesangspädagoge, war Arzt, hei- 
ratete Nanine Paris (f 28. 6. 1868) und ver- 
öffentlichte in Gemeinschaft mit ihr und ihrem 
Bruder Aimd Paris (* 19. 6. 1798 zu Finistdre, f 29. 
11. 1866 zu Paris) eine Reihe Schriften über Pierre 
Galins Methode des Elementar-Musikuntemchts, 
zu deren Hauptrepräsentanten er damit wurde: 
Methode Galin-Cnevi-Paris , Mithode ilimentaire 
d* Harmonie (1846), Mithode iUmentaire de musique 
vocale (1844, 6 1854, deutsch von F. T. Stahl als 
Blätter zur Vorbereitung der Chevischen Elementar - 
Gesanglehre 1878), Exercices iUmentaires de lec - 
ture musicale ä Vusage des icoles primaires (1860). 
Vergebliche Versuche, das Conservatoire zu ei n em 
Wettkampf der Methoden zu reizen, führten zu 
einer Reihe polemischer Broschüren. Die Methode 
gründet sich hauptsächlich auf die Anwendung von 


Ziffern statt der Noten nach Art der Idee Rousseaus ; 
die Aufzeichnung des Liedes »Der Mond ist aufge- 
gangen« wäre danach die folgende: 1/2143/2.13/ 
3365/4.33/3343/2.0 . . ., höhere oder tiefere Oktave 
wird durch einen Punkt über oder unter der Ziffer 
angegeben. Die Demonstration der Tonbewegung 
erfolgt durch Fortbewegung eines Stabes auf einem 
leeren Liniensystem (wie bei der Krauseschen W an- 
demote). Ein Sohn E. Ch.s, Amand, führte die 
Methode mit vermittelnden Kompromissen weiter, 
redigierte ab 1866 eine Zeitschrift Uavenir musical 
und schrieb einen Rapport sur Venseignement du 
chant (1881). 

Chevillard (Javij'arr), Camille, * 14. 10. 1859 
und f 30. 5. 1923 zu Paris; französischer Diri- 
gent und Komponist, Sohn des Cellisten Pierre 
Alexandre Francois Ch. (* 15. 1. 1811 zu Antwer- 
pen, f 18- 12. 1877 zu Paris; Professor am Conser- 
vatoire), Schüler des Pariser Conservatoire, schrieb 
ein Klavierquintett op. 1, Streichquartett op. 16 
(ein zweites op. 2 blieb Manuskript) und Klavier- 
trio op. 3, eine Violinsonate op. 8, Cellosonate op. 
15, Symphonische Phantasie op. 10, Symphonische 
Ballade op. 6, Charakterstück für Orch. Le chhte 
et le roseau op. 7, Allegro op. 18 für Horn und KL, 
Klavierstücke und Lieder. Ch. war der Schwieger- 
sohn von Lamoureux, assistierte ihm bei der ersten 
Aufführung von Wagners Lohengrin in Paris 1887 
und wurde 1899 sein Nachfolger als Dirigent der 
Concerts Lamoureux. 1903 erhielt er den Prix 
Chartier für Kammermusik. Ch. war Vorsitzen- 
der der Pariser Soadtd fran^aise de musique de 
chambre; 1913 wurde er Musikchef der Großen 
Oper. 

Lit. : R. Rolland, Musiciens d’aujourd’hui, Paris 
1908; O. S£r£, Musiciens fr$. d’aujourd’hui, Paris 
1911, 91921 (mit Werkverz.). 

Chevreuille (Jevr'ceij), Raymond, * 17. 11. 1901 
zu Brüssel-W atermad; belgischer Komponist, stu- 
dierte nach dem Anfangsunterricht an einer Ele- 
mentar-Musik schule vorübergehend am Brüsseler 
Conservatoire Harmonielehre und arbeitete auto- 
didaktisch weiter. Tonmeister beim Belgischen 
Rundfunk in Brüssel, beschäftigten ihn seit je aku- 
stische und aufführungspraktische Probleme. Seine 
Kompositionen kamen auf den Jahresfesten der 
IGNM seit 1935 vor eine breitere Öffentlichkeit. 
1944 erhidt er den »Prix de FArt Populaire«, 1950 
für seine radiophonische Erzählung D'un Diable de 
Briquet den Prix Italia. 1952 wurde sein 2. Klavier- 
konzert beim Internationalen Musikwettbewerb in 
Brüssd ausgezeichnet. 1953 bestellte die Kusse- 
witzky-Stiftung der Library of Congress in 
Washington eine Symphonie bd ihm, es wurde 
seine 5., eine Symphonie Printanihe . Außer den 
Symphonien und mehreren Suiten schrieb er je 2 
Konzerte für V., Vc., Kl. sowie ein Konzert für 
Trp., Horn, Altsaxophon, zudem ein Doppelkon- 
zert für Va, Kl. und Orch., ein weiteres für Alt- 
saxophon, Kl. und Orch. und ein Tripelkonzert 
für Ob., Klar., Fag. Unter seiner Kammermusik 
sind außer 6 Streichquartetten die Musiques Lilli - 
putiennes für 4 Fl. zu nennen. Neben einer Kam- 
meroper nach Heines Atta Troll Balletten und 
Hörspielmusiken schrieb er 2 geistliche Chorwerke : 
Le Cantique du Soleil (Franz von Assisi) und Prilre 
pour les Condamnis ä Mort (1944; P. de Clairmont). 


20 * 


307 



Ch6zy 


Chdzy (Jez'i), Helmina (Wilhelmine) von (geb. 
von Klenke), * 26. 1. 1783 zu Berlin, f 28. 1. 1856 
zu Genf; deutsche Schriftstellerin, Librettistin von 
Webers Euryanthe; Enkelin der Dichterin Anna 
Luise Karsch, lebte zunächst in Paris, dann in Hei- 
delberg, wo sie für den Fürsten von Leiningen in 
Amorbach ihr erstes Libretto Emma und Eginhard 
schrieb (komponiert von Hettersdorf), dann in Ber- 
lin, Dresden und Wien, überall einer reichlichen 
Schriftstellerei ergeben. Auch später führte die 
phantastische und heftige Frau noch ein unruhiges 
Leben. Von ihren vielen Schriften seien außer dem 
unglückseligen Libretto zur Euryanthe (1823) noch 
ihre unter dem Titel Unvergessenes herausgegebenen 
Memoiren (2 Bände, Leipzig 1856) angeführt. 

Lit. : M. M. v. Weber, C. M. v. Weber II, Lpz. 1864; 
H. Holland, H. v. Ch., ADB III, Lpz. 1876; C. 
Valentin, »Ach wie ist’s möglich dann« v. H. v. Ch. 
u. seine erste Melodie, Liliencron-Fs., Lpz. 1910; E. 
Reitz, H. v. Ch., Diss. Ffm. 1923. 

Chiabrera (kjabr'erra), Gabriello, *8. 6. 1552 
zu Savona, + 19. 10. 1637; italienischer Textdich- 
ter, der Lyriker der Zeit der Monodie und Libret- 
tist der ersten Florentiner und Mantuaner Musik- 
dramatiker. Seine Musikdramen hat A. Solerti 
(G/i albori del melodramma HI) gesammelt. 

Lit. : F. Neri, II Ch. e la pleiade francese, Turin 1920. 

Chiarini (kjar'ini), Pietro (II Brescianino), 

* um 1717 zu Brescia; italienischer Komponist, 
schrieb 1738-44 4 Opern und ein Oratorium für 
Venedig, darunter Statira auf einen Text Goldonis 
(1741). Zu dieser Oper bearbeitete Ch. Pergolesis 
Intermezzo »La Contadina Astuta« mit einem neuen 
Text Goldonis: II Finto Pazzo; das Stück wurde im 
folgenden Jahre von den beiden Autoren noch ein- 
mal umgearbeitet zu Amor Ja VUomo Cieco , wobei 
Ch. nur drei Arien Pergolesis übernahm. Eben- 
falls unter dem Namen Pergolesis lief lange Zeit 
das Intermezzo II Geloso Schemito (1746), das höchst- 
wahrscheinlich ein Werk Ch.s ist. Zuletzt hielt 
sich Ch. in Cremona auf, wo 1754 sein Intermezzo 
La Donna Dottoressa gegeben wurde. Noch 1765 
bezeichnete ihn U. Hafiner, der eine Klaviersonate 
Ch.s in seiner Raccolta op. 5 veröffentlichte, als 
Kapellmeister der Stadt Cremona. 

Ausg.: II Geloso Schemito, hrsg. v. F. Caffarelli, 
Pergolesi-GA III, Rom (1939; die darin veröffent- 
lichte Ouvertüre stammt von Galuppi). 

Lit.: Lettere di C. Goldoni, hrsg. v. E. Masi, Bologna 
1880; G. Radiciotti, G. B. Pergolesi, Rom 1910; 
C. Goldoni, Opere complete XXVI, hrsg. v. G. Or- 
tolani, Venedig 1928; A.Dblla Corte, Pergolesi, 
Turin 1936; Fr. Walker, Two Centimes of Pergolesi 
Forgeries, ML XXX, 1949. 

Chiaromonte (kjarom'onte), Francesco, * 20. 

7. 1809 zu Castrogiovanni (Sizilien), 1 15. 10. 1886 
zu Brüssel; italienischer Komponist, Schüler von 
Donizetti und P. Raimondi in Palermo, kompo- 
nierte Opern und Kirchenmusiken, wurde kom- 
promittiert bei den Unruhen 1848, zwei Jahre ein- 
gekerkert und 1850, während er mit einer neuen 
Oper Caterina di Cleves Erfolg hatte, ausgewiesen. 
Er wandte sich zuerst nach Genua, wo er mit ab- 
nehmendem Erfolg Opern aufführte, darm nach 
Paris und London und ließ sich schließlich als Ge- 
sanglehrer in Brüssel nieder, wo er 1871 Anstel- 


lung am Conservatoire erhielt. Größere Kir- 
chenkompositionen und 1884 eine biblische Oper 
Hiob wurden im Conservatoire auf geführt; auch 
erschien eine Mithode de chant. 

Chickering & Sons (tfikadn), amerikanische 
Pianofortefabrik zu Boston (uncl New York), ge- 
gründet 1823 von Jonas Ch., * im April 1798 zu 
New Ispwich (Newhampshire), f 8. 12. 1853 zu 
Boston. Jonas Ch. war der Sohn eines Schmieds, 
lernte die Möbeltischlerei und begann selbständig 
seine Versuche im Klavierbau. 1823 fand er in J. 
Mackay einen kapitalkräftigen kaufmännischen 
Sozius. Durch Verbesserung der zuerst von Samuel 
Babcock unternommenen Eisenrahmenkonstruk- 
tion wurde er epochemachend für die fernere Bit- 
wicklung des Pianofortebaues. Seine drei Söhne 
wurden seine Geschäftserben, Thomas E. Ch. 
(f 1871), C. Frank Ch. und George H. Ch. 1867 
wurde die Fabrik auf der Pariser Weltausstellung 
mit einem ersten Preis ausgezeichnet und ihr Ver- 
treter Frank Ch. zum Ritter der Ehrenlegion er- 
nannt. Sie ging 1908 in der American Pianoforte 
Company auf. 

Child (tfaild), auch Chylde, englischer Komponist 
um 1400, von dem sich Tonsätze in dem Cod. 
Bodl. Seiden 26 zu Oxford befinden. 

Child (tjaüd), William, * 1606 zu Bristol, f 23. 3. 
1697 zu Windsor; englischer Komponist, 1632 Or- 
ganist der Georgs-Kapelle, 1661 Nachfolger von 
Ferrabosco als Königlicher KapeUorganist; 1663 
Dr. of Music von Oxford. Ch. veröffentlichte 3st. 
Psalmen (1639, 3. Ausgabe 1656) ; einzelne An- 
thems und Catches seiner Komposition finden sich 
in Sammelwerken (Hilton, Bamard, Playford, 
Boyce, Arnold, Smith); eine größere Anzahl von 
Services und Anthems ist handschriftlich überlie- 
fert. 

Chilesotd (küez'otti), Oscar, * 12. 7. 1848 und 
t 23. 6. 1916 zu Bassano; italienischer Musikfor- 
scher, studierte in Padua die Rechte (1871 Dr. jur.), 
widmete sich aber dann ganz musikhistorischen Ar- 
beiten. Besonders bemühte er sich, die alte Lauten- 
Iiteratur zu erschließen. Auch übersetzte er Werke 
Schopenhauers ins Italienische. Er gab heraus: Bi- 
blioteca di raritä musicdli (9 Bände, Mailand 1883 bis 
1915) mit Werken von F. Caroso und C. Negri (I), 
G. Picchi (II), G. Stefani (m), B. Marcello (TV), H. 
Vecchi (V), G. Frescobaldi (VI), J. S. Besard (VH 
und IX) ; Capried armonid sopra la chitarra spagnuola 
del Conte Ludovico Roncalli (Mailand 1881) ; Da un 
codice *Lautenbuch « dal Cinquecento (Leipzig 1890); 
Lautenisten des 16. Jh. (Leipzig 1891); Canzonette 
del sec . XVI für Singstimme und Kl., aus der Tabu- 
latur rekonstruiert (Mailand 1896); dazu kommen 
die historisdien und ästhetischen Arbeiten: I nostri 
tnaestri (Mailand 1882, auch deutsch); Sulla lettera 
critica di Benedetto Marcello contro Antonio Lotti (Bas- 
sano 1885) ; Di Giovanni Battista Besardo (Mailand 
1888) ; Saggio sulla melodia popolare del Cinquecento 
( M ai l a n d 1889) ; Di Hans Newsidler (RMI 1, 1894) ; 
Sülle gamme e sui suoni di combinazione (Turin 1898) ; 
Note drea alcuni liutisti italiani (Turin 1902) ; Le scale 
arabo-persane e indh (Leipzig 1902) ; La mia direzione 
nel rnuseo di Bassano (Turin 1902) ; V evoluzione nella 
musica (Turin 1911) ; Di Nicola Vicentino e deigeneri 


308 



Chme 


greci secondo Vincenzo Galilei (RMI XIX, 1912); 
Giacomo Gorzanis (RMI XXI, 1914); zahlreiche 
Aufsätze, besonders in RMI und SIMG. 

Chilston (tf'ilston), englischer Musikschriftsteller 
um 1375-1420, Verfasser eines englischen Trak- 
tats Of musical proportions (London, Brit. Mus., 
Lansdowne 763) ; ein in derselben Handschrift über- 
lieferter Traktat über den Fauxbourdon, den man 
ihm bisher ebenfalls zuschrieb, kann nach Besseler 
nicht für Ch. beansprucht werden. 

Ausg. : der Traktat »Of musical proportions« bei B. 
Meech, Three musical treatises in Engl, from a 
fifteenth-cenL ms-, in: Speculum X, 1935; der Faux- 
bourdontraktat bei J. Hawkins, A General Hist, of 
the Science and practice of music II, London 1776, 
227 ff. 

Lit. : M. Bukofzer, Gesch. d. engl. Diskants u. d. 
Fauxbourdons nach d. theoretischen Quellen, Straß- 
burg 1936; Thr. Georgiades, Engl. Diskanttraktate 
aus d. 1. Hälfte d. 15. Jh., München 1937; H. Bes- 
seler, Bourdon u. Fauxbourdon, Lpz. 1950; ders., 
Artikel Ch., MGG. 

Chintzer (k'intssr), Giovanni, * um 1695, f um 
1750; italienischer Komponist deutscher oder 
schweizerischer Herkunft, vermutlich 1731-42 in 
Horenz tätig, veröffentlichte um 1740 in Paris viele 
Triosonaten a 2 V. und B.c. (op. 1-3, 7, 8, 11) so- 
wie 4st. Sinfonien op. 6, auch Duette für H. oder 
V. und Sonaten und Soli für V. und B.; einige kirch- 
liche Werke und Arien mit Instrumenten sind 
handschriftlich erhalten. Auch schrieb er 8 Operet- 
ten (1727-42) und 2 Oratorien. 

Chipp (tjip), Edmund Thomas, * 25. 12. 1823 
zu London, f 17. 12. 1886 zu Nizza; englischer 
Komponist, bekleidete verschiedene Organisten- 
posten in England, Schottland und Irland, bis er 
1867 Organist und Chormeister an der Kathedrale 
von Edinburgh wurde. Er komponierte 2 Tedeum, 
ein Service, ein Gloria (für Männerst.), ein Orato- 
rium Job , ein biblisches Idyll Naomi und gab ein 
Buch Orgelstücke, kleine Chorwerke und eine 
Sammlung Kirchenmusik heraus (Music for the 
Church Service). 

Ghisholm (tj'izholm), Erik, * 4. 1. 1904 zu Cath- 
cart (Glasgow) ; schottischer Komponist und Diri- 
gent, studierte Komposition an der Edinburgh Uni- 
versity, an der er 1934 Mus. Doc. wurde. In Glas- 
gow, wo er als Organist und Musiklehrer wirkte, 
gründete er eine Gesellschaft zur Verbreitung mo- 
derner Musik, wurde 1930 Kapellmeister bei der 
Glasgow Grand Opera Society und ist seit 1945 als 
Professor an der Universität von Kapstadt (Süd- 
afrika) tätig. Werke: Opern Isle ofYouth , The Wob 
fings , Simoon f Dark Sonnet , Before Breakfast und The 
Inland Women; Ballette The Forsaken Mermaid , The 
Pied Piper of Hamelin, TheEarth Shapers; Sympho- 
nien (The Tragic und Ossian), weitere Orchester- 
werke (Ouvertüre The Friars ofBerwick ), 2 Klavier- 
konzerte, Straloch Suite für Kl. und Streicher, Kam- 
mermusik (Doppeltrio für Bläser und Streicher) 
und Klavierstücke. 

Chitz, Arthur, * 5. 9. 1882 zu Prag; Musik- 
schriftsteller, studierte Naturwissenschaften und 
Musik in Wien, Prag und Dresden (DipL-Ing.), 
promovierte zum Dr. phil. unter Heinrich Rietsch 
auf Grund der Arbeit Die Hofmusikkapelle Kaiser 


Rudolf II. (ungedruckt), war 1918-33 Kapellmeister 
am Schauspielhaus in Dresden. Er befaßte sich 
besonders mit Studien über Beethovens erste 
Schaffensperiode: Beethovens Kompositionen für 
Mandoline (Der Merker III, 1912), Une ceuvre m- 
connue de Beethoven (Revue musicale S. I. M. VÜI, 
1912), Beethovens Prager Aufenthalt im Jahre 1796 
(in: Deutsche Arbeit XTV, 1915). 

Ghladiri (kl'adni), Ernst Hörens Friedrich, * 30. 
11. 1756 zu Wittenberg, f 3. 4. 1827 zu Breslau; 
deutscher Physiker, studierte in Wittenberg und 
Leipzig Jura, promovierte 1780 und dozierte in 
Wittenberg, ging nach dem Tode seines Vaters 
(Professor der Rechte) zum Studium der Natur- 
wissenschaften über, das er schon vorher aus Lieb- 
haberei betrieb. Ch. hielt in der Folge Vorträge 
über Akustik, in ganz Europa reisend und seine 
Entdeckungen vorführend. Eine feste Stellung hat 
er nicht bekleidet. Seinen Namen tragen dauernd 
die »chladnischen« Klangfiguren, d. h. die eigen- 
tümlichen regelmäßigen stemartigen Formen, wel- 
che der auf eine Glasplatte gestreute Sand annimmt, 
wenn man diese mit einem Bogen anstreicht. Seine 
Erfindung sind auch das Euphon (Glasstabharmo- 
nika) und der Klavizylinder (Glasstabklavier). Seine 
wichtigsten akustischen Schriften sind: Die Aku- 
stik (Leipzig 1802, 21830; als Traiti d'aeoustique , 
Paris 1809); Neue Beyträge zur Akustik (Leipzig 
1817); Beyträge zur praktischen Akustik (Leipzig 
1821); Kurze Übersicht der Schalb und Klanglehre 
(Mainz 1827) ; ferner die Früher erschienenen klei- 
neren: Entdeckungen über die Theorie des Klanges 
(Leipzig 1787) und Über die Longitudinalschwingung 
gen der Saiten und Stäbe (Erfurt 1796) sowie Mittei- 
lungen in den Zeitschriften: Reichardts Musika- 
lische Monatsschrift (1 792), Neue Schriften der Ber- 
liner Naturforscher (1797), Voigts Magasin, Guil- 
berts Annalen (1800) und Leipziger AmZ (1800/01). 
Lit.: Ch.s Autobiogr. abgedruckt in Caecilia VI, 
1827; W. Bernhardt, Dr.iE. Ch., Wittenberg 1856; 
F. Melde, Über Ch.’s Leben u. Wirken, Marburg 
1866, 21888 (mit chronologischem Verz.); V. Kohl- 
schütter, E. FL Fr. Ch., in: Slg gemeinverständücher 
wiss. Vorträge, N. F., Serie XI, H. 261, (1897). 

Chlubna (xl'ubna), Osvald, * 22. 7. 1893 zu 
Brünn; tschechischer Komponist, Schüler von L. 
Janidek, 1919-35 Lehrer am Konservatorium in 
Brünn. Von seinen Werken sind zu erwähnen: 6 
Opern, 5 Symphonien, symphonische Dichtungen, 
Klavierkonzert (1937), Cellokonzert (1938), Kan- 
taten, Kammermusikwerke, Klavierstücke und 
Lieder. 

Chmel, Otto, * 30. 8. 1885 zu Gröbming (Steier- 
mark) ; deutscher Musikschriftsteller, studierte erst 
in Graz klassische Philologie (1909 Dr. phil.), da- 
neben aber Musik. 1913 wurde er Korrepetitor in 
Graz, 1914 am Deutschen Landestheater in Prag, 
wo er bei Rietsch Musikwissenschaft studierte und 
1915-18 Schriftleiter der Zeitschrift des musikpäd- 
agogischen Verbandes war. 1918 ging er als Lehrer 
für Klavier und Theorie ans Konservatorium Kai- 
serslautern, seit 1922 in Mannheim tätig, erst am 
Nationaltheater, ab 1924 an der Hochschule für 
Musik, 1928-37 Musikkritiker der Neuen Mann- 
heimer Zeitung, nach einem 1937-45 von den Na- 
tionalsozialisten verhängten Berufsverbot 1946 bis 
1955 am Mannheim er Morgen. C. wirkt jetzt noch 


309 



Chominski 


als Musikpädagoge, Konzertbegleiter und Mitar- 
beiter von Musikzeitschriften. Er schrieb: Musik 
zum Braunschen Schauspiel Erlösung (Kaiserslau- 
tern 1921) ; Sonate E dur für V. und Kl. ; Klavier- 
stücke und Lieder. 

GhomMski (xom'kjnski), Jozef Michal, * 24. 8. 
1906 zu Ostrow; polnischer Musikforscher, stu- 
dierte als Schüler Chybinskis Musikwissenschaft an 
der Universität Lemberg, promovierte 1931 zum 
Dr. phil., habilitierte sich 1949 an der Universität 
Posen und wurde 1950 Professor für Musikge- 
schichte und -theorie an der Universität Warschau. 
Er veröffentlichte u. a.: Technika imitacyjna XIII i 
XIV wieku (Kwartalnik Muzyczny 1933), mehrere 
Studien über K. Szymanowski und Chopin (dar- 
unter Preludia F. Chopina, = Analyzi i objainienia 
dziel wszystkich Fryderyka Chopina IX, Krakau 
1950), Ewolucja harmoniku wspölczesnej (Die Evo- 
lution der zeitgenössischen Harmonik, in: Muzyka 
Polska 1937), mehrere Abhandlungen über Fragen 
der musikalischen Form, vor allem das 2bän- 
dige Werk Formy muzyczne (I: Krakau 1954, II: 
Krakau 1956). Mit Z. Lissa gab Ch. den Denkmä- 
lerband Muzyka Polskiego Odrodzenia (Krakau 
1953) heraus. 

Chop (ko :p), Max (Pseudonym: M. Charles), * 17. 
5. 1862 zu Greußen (Thüringen), + 20. 12. 1929 zu 
Berlin; deutscher Musikschriftsteller und Kompo- 
nist, studierte Jura, ging aber bereits 1885 auf Liszts 
Rat ganz zur Munk über, und zwar zunächst als 
feuilletonistischer Schriftsteller (1885-88 in Ber- 
lin, dann in Neuruppin als Redakteur der Mär- 
kischen Zeitung, ab 1902 wieder in Berlin). 1912 
Professor. Schrieb: Zeitgenössische Tondichter (1880 
bis 1890, 2 Bande), A. Bungert (Berlin 1899 und 
1916), F. Delius (Berlin 1907), E. N. v. Reznicek 
(1923), einen Führer durch die Musikgeschichte (Ber- 
lin 1912), Führer durch die Opemmusik (Berlin 1912), 
ein Vademecum fiir den Konzertsaal (Berlin 1904 ff), 
R. Wagner im Spiegel der Kritik seiner Zeit (1906) 
und Erläuterungen zu Meisterwerken der Tonkunst in 
36 Bänden in Redams Universal-Bibliothek; gab 
auch Nohls Musikgeschichte daselbst 1919 neu her- 
aus. Von 1911-15 redigierte Ch. das Organ des 
Bungert-Bundes (Der Bund), von 1920 an leitete er 
als Nachfolger A. Spanuths die Signale fiir die mu- 
sikalische Welt Kompositionen: 3 Klavierkonzerte, 
2 Orchester-Suiten (Heimat und Italien), Die See- 
jungfrau für Soli und Frauenchor, zahlreiche Kla- 
vierstücke und Lieder. 

Chopin (f'opä), Fryderyk Frandszek (Fr&l&ic 
Francois), *1.3. 1810 zu Zelazowa-W ola bei War- 
schau, f 17. 10. 1849 zu Paris; polnischer Kompo- 
nist und Pianist, sein Vater war eingewanderter 
Franzose (Nicolas Ch., 1771—1844, aus Marainville, 
Vosges; da mal s Erzieher im Hause der Gräfin Skar- 
bek, ab 1810 Lehrer des Französischen am Gymna- 
sium und 1812 in gleicher Eigenschaft an der Artil- 
lerieschule in Warschau), seine Mutter, eine Polin, 
Tekla Justyna Krzyzanowska (1782-1861). Be- 
reits mit 8 Jahren spielte Ch. öffentlich und 
wurde als Wunderkind angestaunt. Seine Lehrer 
waren ein Böhme namens Adalbert Zywny und 
Joseph Elsner, Direktor der Musikschule in War- 
schau. 1827 trat er zuerst nach soeben absolvierten 
Gymnasialstudien öffentlich als Pianist in Warschau 


auf, und 1829 gab er mit großem Erfolg zwei Aka- 
demien im Opernhaus zu Wien. Inzwischen waren 
bereits seine Rondos op. 1 (1825) und op. 5 (1828) 
im Druck erschienen. 1830 verließ er als vollende- 
ter Pianofortevirtuose seine Vaterstadt und wandte 
sich nach Paris, unterwegs in Wien und München 
konzertierend. In Paris fand Ch. schnell einen 
Freundeskreis höchsten Ranges: Liszt, Berlioz, 
Heine, Balzac, Emst, Meyerbeer - Menschen, de- 
ren Verständnis ihm genügte. Ch. wurde, nach- 
dem er sich als Pianist und Komponist eingeführt 
hatte, schnell ein überaus gesuchter Lehrer. In Pa- 
ris stellten sich bei ihm bald Symptome eines be- 
denklichen Brustleidens ein, die ihn 1838 zu einer 
Kur nach Mallorca führten. George Sand, die von 
ihm schwärmerisch verehrte Dichterin, begleitete 
und pflegte ihn, ließ ihn aber die letzten Jahre seines 
Lebens im Stich. Im Frühjahr 1848 schien eine Bes- 
serung des unheilbaren Leidens einzutreten, undCh. 
führte einen lange gehegten Wunsch aus, indem er 
nach London reiste und mehrere Konzerte gab; 
ohne Rücksicht auf sein körperliches Befinden 
machte er verschiedene Gesellschaften mit, besuchte 
auch noch Schottland und kam völlig erschöpft 
wieder nach Paris zurück. Im Herbst des folgenden 
Jahres starb er; zu seiner Totenfeier wurde auf sei- 
nen Wunsch Mozarts Requiem auf geführt; sein 
Grab ist auf dem Pfcre Lachaise nahe den Gräbern 
Habenecks, Cherubinis und Boieldieus. 1880 wurde 
Ch. in der Heiligengeistkirche in Warschau, in die 
man sein Herz übergeführt hatte, eine Votivtafel ge- 
setzt und 1894 in Zelazowa-W ola, 1926 in. War- 
schau ein Denkmal errichtet. Eine 1911 in Paris ge- 
gründete Ch.-Gesdlschaft (Präsidium M®* de Po- 
Egnac) bezweckte die Errichtung eines Ch.-Muse- 
ums. Ch. als Komponist ist der Gründer eines vor- 
her ganz unbekannten Genres, eines neuen Kla- 
vierstils, den Liszt auf genommen und fortgepflanzt 
hat, aber ohne ihn eigentlich fortzubilden. Er ist 
der geborene Virtuose, aber seine Virtuosität steht 
im Dienste des feinen und empfindlichen Ge- 
schmacks, des poetischen Gefühls. Es reizt ihn, 
über dem beschwingten Rhythmus des nationalen 
Tanzes die geschmeidigste und zarteste Linie zu 
ziehen, sie in den dunkelsten und strahlendsten Ton- 
arten mit klangreichen und kühnen Modulationen 
zu spannen und zu füllen, aber zugleich dem alten 
Wechsel von Tonika und Dominante tausendfach 
neue Reize abzugewinnen. Sein rhythmisches Ge- 
fühl ist von unerhörter Feinheit, sein Reichtum an 
Figuren und Arabesken unerschöpflich; und sein 
Kla n gsinn erlaubt ihm, Poesien im allerkleinsten 
Rahmen zu schaffen. Das Elementare der nationa- 
len Mittel durchdringt er mit persönlichem Aus- 
druck; sein Besonderes ist dabei die eigentümliche 
Mischung aus Melancholie und dämonischer Lei- 
denschaft, die bis zum pathologischen Versinken 
im Klang, zum Überreizten gehen kann. Aus dem 
Heer seiner Nachahmer und Nachfolger ragen 
Skrjabin, Rachmaninow, Szymanowski am meisten 
hervor. Seine Werke, ausschließlich Klavierwerke 
oder Werke mit Klavier, sind (wenn nicht anders 
angegeben für Klavier zweihändig; - die Angaben 
über das Jahr der Entstehung erfolgten nach Cze- 
slaw R. Haiski in Grove) : Rondeau op. 1 (1825) ; Lä 
ci darem la mono, Variationen mit Orch. op. 2 
(1827) ; Introduction und Polonaise für Vc. und KL 
op. 3 (1829/30) ; Sonate C moll op. 4 (1827) ; Ron- 


310 



Chopin 


deau ä la Mazur op. 5 (1826); 4 Mazurkas op. 6 
(1830/31) ; 5 Mazurkas op. 7 (1830/31) ; Klaviertrio 
G moll op. 8 (1828/29) ; 3 Nocturnes op. 9 (1830/31) ; 
12 grandes Etudes op. 10 (1829-32) ; Konzert für KL 
und Orch. Emoll op. 11 (1830); Variations bril- 
lantes sur le Rondeau favori de *Ludovic « de Herold 
op. 12 (1833) ; Grande Fantaisie sur des airs polonais 
mit Orch. op. 13 (1828) ; Krakowiak, Konzertrondo 
mit Orch. op. 14 (1828); 3 Nocturnes op. 15 (Nr 1 
und 2: 1830/31, 3: 1833); Rondeau Es dur op. 16 
(1832) ; 4 Mazurkas op. 17 (1832/33) ; Walzer Es dur 
op. 18 (1831) ; Boliro C dur op. 19 (1833); Scherzo 
H moll op. 20 (1831/32) ; Konzert für Kl. und Orch. 
F moll op. 21 (1829) ; Grande polonaise Es dur mit 
Orch. op. 22 (1830/31); Ballade GmoU op. 23 
(1831-35); 4 Mazurkas op. 24 (1834/35); 12 Etudes 
op. 25 (1832-36); 2 Polonaises op. 26 (1834/35); 
2 Nocturnes op. 27 (1834/35); 24 Priludes op. 28 
(1836-39); Impromptu As dur op. 29 (1837); 4 Ma- 
zurkas op. 30 (1836/37) ; Scherzo B moll op. 31 
(1837); 2 Nocturnes op. 32 (1836/37); 4 Mazurkas 
op. 33 (1837/38); 3 Valses brillantes op. 34 (Nr 1: 
1835, 2:1831, 3: 1838); Sonate B moll op. 35 
(1839) ; Impromptu Fis dur op. 36 (1839) ; 2 Noc- 
turnes op. 37 (1838 und 1839) ; Ballade F dur op. 38 
(1836-39); Scherzo Ci s moll op. 39 (1839); 2 Polo- 
naises op. 40 (1838/39) ; 4 Mazurkas op. 41 (Nr 1 : 
1838, 2-4: 1839); Walzer As dur op. 42 (1840); 
Tarantella As dur op. 43 (1841) ; Polonaise Hs moll 
op. 44 (1840/41); Prilude Cis moll op. 45 (1841); 
Allegro de concert A dur op. 46 (1840/41) ; Ballade 
As aur op. 47 (1840/41) ; 2 Nocturnes op. 48 (1841) ; 
Fantaisie F moll op. 49 (1840/41) ; 3 Mazurkas op. 
50 (1841); Impromptu Ges dur op. 51 (1842) ; Bal- 
lade F moll op. 52 (1842) ; Polonaise As dur op. 53 
(1842); Scherzo E dur op. 54 (1842); 2 Nocturnes 
op. 55 (1843); 3 Mazurkas op. 56 (1843); Berceuse 
op. 57 (1843); Sonate Hmoll op. 58 (1844); 3 
Mazurkas op. 59 (1845) ; Barcarolle op. 60 (1845/4 6) ; 
Polonaise-Fantaisie As dur op. 61 (1845/46) ; 2 Noc- 
turnes op. 62 (1846) ; 3 Mazurkas op. 63 (1846) ; 3 
Valses op. 64 (1846/47) ; Cellosonate G moll op. 65 
(1845/46); Fantaisie-Impromp tu Cis moll op. 66 
(1834); 4 Mazurkas op. 67 (Nr 1 und 3: 1835, 2: 
1849, 4: 1846); 4 Mazurkas op. 68 (Nr 1 und 3: 
1829, 2: 1827, 4: 1849); 2 Valses op. 69 (Nrl: 
1835, 2: 1829); 3 Valses op. 70 (Nrl: 1835, 2: 
1842, 3: 1829); 3 Polonaises op. 71 (Nr 1: 1827, 2: 
1828, 3: 1829); Nocturne , Marche Funkbre et 3 Ecos- 
saises op. 72 (1827, 1829, 1826) ; Rondeau C dur für 
2 Kl. op. 73 (1828); 17 polnische Lieder op. 74 
(1829-47). - Ohne Op.-Zahl blieben folgende 
Werke: Polonaise Gmoll (1817); Polonaise B dur 
(1817) ; Marche militaire (nicht von Ch. instrumen- 
tiert, 1817) ; Polonaise As dur (1821) ; Polonaise Gis 
moll (1822); Mazurka (1824); Variationen E dur 
für FL und Kl. über ein Thema aus Rossinis Cene- 
rentola (1824); Mazurka G dur (1825); Mazurka 
Bdur (1825); Polonaise Bmoll (* Adieu«, 1826); 
Variationen E dur über ein deutsches Lied (1826) ; 
Walzer C dur (1826); Variationen F dur für KL 
4händig (1826); Contredanse Ges dur (1827); An- 
dante dolente B moll (1827); 2 Walzer As dur und 
Es dur (1827); Rondeau C dur (1828); Souvenir de 
Pagmini A dur (1829) ; Polonaise Ges dur (1829) ; 
Mazurka G dur (1829) ; Mazurka D dur (1829, neu 
bearbeitet 1832) ; Walzer E dur (1829) ; Enchante - 
rnents für Gesang und Kl. (1830) ; Mazurka C dur 


(1830); Walzer Emoll (1830); Mazurka Bdur 
(1832); Grand Duo für Vc. und KL über Themen 
aus Meyerbeers Robert le Diable (mit Franchomme, 
1832); Mazurka Cdur (1833); Mazurka As dur 
(1834); Cantabile Bdur (1834); Prilude As dur 
(1834); Variation VI E dur im Hexamdron: Mor~ 
ceau de concert. Grandes Variations de bravoure sur la 
Marche des *Puritains* de Bellini, composies par MM. 
Liszt , Thalberg , Pixis, H. Herz , Czerny et Chopin 
(1837); Nocturne Cmoll (1837); Marche fimbbre 
B moll (1837); 3 nouvelles Etudes für die Mithode 
von Moscheies und Fdris (1839); Mazurka A moll 
(1840); Mazurka Amoll (1841); Fugue Amoll 
(1841); Albumblatt Edur (1843); Walzer Hdur 
(1848); Largo Es dur. 

Ausg. : GA d. Werke v. F. Ch., brsg. v. Bargiel, 
Brahms, Liszt, Reinecke u. Rudorff* 13 Bde u. 
Supplement, Lpz. 1878-80; die Ausg. von O. Mikuli 
trägt den Vermerk: »zum größten TheÜ nach des 
Autors Notierungen«; E. Ganche, The Oxford Ori- 
ginal Ed. of Ch., 3 Bde, London 1936; eine GA v. 
Ch.s Werken u. eine Faks.-Ausg. d. Ch.-Hs. erscheint 
z. Z. in Warschau. Über ältere Ausg. d. Klavier- 
werke vgL A. Prosnitz, Hdb. <L Klavierlit. 1830 bis 
1904, Lpz. u. Wien 1907; A. Ruthardt, Wegweiser 
durch d. Klavierlit., Lpz. u. Zürich 9 1918. 

Lit.: Briefe: M. Karlowicz, Niewydane dotychczas 
Pamiatki po Chopinie, Warschau 1904 (frz. als 
»Souvenirs inädits de Ch.«, übers, v. L. Disäre, Paris 
1904); F. Ch.s gesammelte Briefe, hrsg. u. übers, v. 
B. Scharutt, Lpz. 1911; F. Hoesick Chopiniana I, 
Warschau 1912; Gesammelte Briefe, übers, u. hrsg. 
v. A. v. Guttry, München 1928; H. Opienski, Col- 
lected Lettern of Ch., NY 1931; Lettere intime, 
übers, v. L. Cortese, Mailand 1946. - Thematisches 
Verz. d. im Druck erschienenen Kompositionen, Lpz. 
1888; B. E. Sydow, Bibliogr. F. F. Chopina, War- 
schau 1949; Verz. v. Schallplattenaufnahmen Ch.’ 
scher Werke v. A. Panigel u. M. Beaufils, L’Oeuvre 
de F. Ch., Paris 1949. - M. Karasowski, F. Ch., 
Sein Leben, seine Werke u. seine Briefe, 2 Bde, Dres- 
den 1877; F. Niecks, Frederick Ch. as a man and 
musician, 2 Bde, London u. NY 1888 (deutsch v. W. 
Langhans, Lpz. 1890); J. Huneker, Ch., The man 
and his music, NY 1900 (deutsch v. L. Lorme u. 
H. Glücksmann, München 1914); F. Hoesick, Ch., 
iycie i twörczo$6, 3 Bde, Warschau 1904-11; Ch. 
w kraju, hrsg. v. Kr. Kobylai&ka, Krakau 1955, auch 
deutsch als »Ch. in d. Heimat«. 

F. Liszt, F. Ch., Paris 1852, Lpz. 2 1879, neu hrsg. v. 
J.-G. Prod’homme, Paris 1941, engL v. M. Walker 
Cooke London 1877, deutsch v. La Mara als F. 
Liszts Ges. Schriften I Lpz. 1880, 4 1924, deutsch v. 
H. Kühner Basel 1948 ; J. C. Hadden, Ch., London 
1903; H. Leichtentritt, Fr6d6ric Ch., Bin 1905; E. 
Pond, Ch., Paris 1907; A. Weissmann, Ch., Bin u. 
Lpz. 1912; E. Ganche, Fr6d6ric Ch., sa vie et ses 
ceuvres, Paris 1913; B. Scharlitt, Ch., Lpz. 1919; 
H. Bidou, Ch., Paris 1925; Zdz. Jachimecki, Ch., 
Krakau 1927; G. de Pourtaläs, Ch. ou le poöte, 
Paris 1927 (deutsch als Der blaue Klang, übersetzt v. 
H. Fauler, Freiburg LBr. 1928); B. Maine, Ch., 
London 1930; G. Mariotti, Ch., Florenz 1933; L. 
Binental, Ch., Paris 1934; W. Murdoch, Ch.: his 
Life, London 1934; P. Egert, F. Ch., Potsdam 1936; 
A. Hedley, Ch., London 1947 ; J. A. Kremlew, Fr. 
Ch., jego zyzü i tworzystwo, Moskau u. Leningrad 
1947; A. E. Cherbuliez, F. Ch., Zürich 1948; A. 
Cortot, Aspects de Ch., Paris 1949, Übers, als Ch., 
Wesen u. Gestalt, Zürich 1954; Z. Lissa, Ch., 
Materialy do uiytka §wietlic, Warschau 1949; W. u. 
P. Rehberg, Ch., sein Leben u. seine Werke, Zürich 
1949; H. Weinstock, Ch., the man and his music, 
NY 1949; R. E. Pool, Een handvol Poolse aerde, 
Het leven van F. Ch., 1810-49, Tüburg 1950; R. Bory, 


311 



Chorley 


Lavie de F. Ch. par l’image, Genf 1951 ; B. E. Sydow, 
Um Ch.s Geburtsdatum, Mf III, 1950; K. R. Jütt- 
ner, Um Ch.s Geburtsjahr, Mf VII, 1954; ders., 
Kleine Chopiniana, Mf IX, 1956; ders., Ch.s Vater, 
Mf X, 1957. 

J. W. Davison, An Essay - on the works . . ., Lon- 
don 1843; J. Kleczynski, F. Ch., De l’interprötation 
de ses oeuvres, Paris 1880; ders., Ch.s größere Werke, 
wie sie verstanden werden sollen, Lpz. 1898; W. 
Chrzanowski, Die Rondos v. F. Ch., Lemberg 1921 ; 
J. P. Dünn, Omamentation in the works of F. Ch., 
London 1921; H. Leichtentritt, Analyse d. Ch. 
sehen Klavierwerke, 2 Bde, Bin 1921-22; H. Winda- 
kiewiczowa, Wzory ludowej muzyki polskiej w 
mazurkach Fryderyka Chopina, Krakau 1926; S. 
Barbao, Studjum opie§nach Chopina, Lemberg 1927; 

E. Meister, Stilelemente u. geschichtliche Grund- 
lagen d. Klavierwerke F. Ch.s, Diss. Hbg 1936; M. 
Ottich, Die Bedeutung d. Ornaments im Schaffen 

F. Ch.s, Diss. Bla 1936, Bin u. Wolfenbüttel 1937; 

G. E. H. Abraham, Ch.s musical Style, London 
1939; E. M. Schneider, Studien über Stil u. Wieder- 
gabe d. Klavierwerke Ch.s, Diss. Erlangen 1940; 
B. v. Pozniak, Ch., Praktische Anweisung f. d. Stu- 
dium d. Klavierwerke, Halle 1949; J. Miketta, 
Analyse v. Ch.s Mazurken (polnisch), Krakau 1949. 

Chorley (tf'o:li), Henry Fothergill, * 15. 12. 
1808 zu Blackley Hurst (Lancashire), f 16. 2. 1872 
zu London; englischer Musikkritiker, war 1830 bis 
1868 Musikreferent des Londoner Athenaeum. Mit 
F. Mendelssohn-Bartholdy und Charles Dickens 
war er befreundet. Schriften: Music and Marners in 
France and Germany (3 Bände, London 1841, um- 
gearbeitet als Modem German Music, 2 Bände, Lon- 
don 1854); Handel Studies (2 Hefte, London 1859) ; 
The National Music of the World (herausgegeben 
von H. G. Hewlett, London 1880, 319H). Seine 
Erinnerungen erschienen unter dem Titel Thirty 
Years Musical Recollections (2 Bände, London 1862, 
neu herausgegeben von E. Newman, London 1926) . 
Ferner gab H. G. Hewlett heraus: Autobiography , 
Memoirs, and Leiters (London 1873). 

Choron (foriö), Alexandre Etienne, * 21. 10. 
1771 zu Caen, + 28. 6. 1834 zu Paris; französischer 
Musi ks chriftsteller und -pädagoge, studierte zuerst 
Sprachwissenschaft und Mathematik, widmete sich 
aber dann der Musik und galt als »der gründlichst 
gebildete Theoretiker, den Frankreich je besessen« 
(F6tis). Mit seiner Ernennung zum korrespondie- 
renden Mitglied der Classe des Beaux-Arts des In- 
stitut de France beauftragte ihn 1810 das Ministe- 
rium, die Einrichtungen der Kirchenchöre (Kan- 
toreien) und ihrer Alumnate (maitrises) zu reorga- 
nisieren. Auch wurde er zum musikalischen Diri- 
genten der kirchlichen und nationalen Festlichkei- 
ten ernannt. 1816 übernahm er die Direktion der 
Großen Oper und bewirkte nun die Wiedereröff- 
nung des 1815 geschlossenen Conservatoire als 
Ecole royale de chant et de ddclamation. 1817 als 
Opemdirektor ohne Pension verabschiedet, grün- 
dete und leitete er nun die Institution royale de 
musique dassique et rdigieuse, die zu großer Blüte 
gelangte und bis zur Julirevolution bestand (->■ Nie- 
dermeyer). Aus der großen Zahl von Ch.s Schrif- 
ten sind hervorzuheben: Principes d'accompagne- 
ment des icoles dTtalie (mitfioccfai, Paris 1804) ; Prin- 
cipes de composition des icoles (Tltalie (Paris 1808/09, 
3 Bände, 2 1816, 6 Bände); Dictionnaire historique 
des musiciens ... (in der Hauptsache von F.-J. 
Fayolle; Paris 1810/11, 2 Bände; darin eine Auto- 

312 


biographie von Ch.); Mithode ilimentaire de mu- 
sique et de plain-cnant (Paris 1811); Francceurs 
Traiti giniral des voix et des instruments d 9 orchestre 
(revidiert und vermehrt, Paris 1812); französische 
Übersetzungen von Albrechtsbergers Gründliche 
Anweisung zur Komposition und Generalbaßschule 
(Paris 1814, 1815; neue vereinigte Ausgabe als Mi- 
thodes d'harmonie et de composition . . . pwrT. G. Al- 
brechtsberger, Paris 1830) und von Azoparcüs Musico 
pratico (Paris 1818) ; Mithode concertante de musique 
ä plusieurs parties (Paris 1815) ; Mithode de plain- 
chant (Paris 1818) ; Liber choralis collegii S. Ludovici 
tribus vocibus (Paris 1824) und der unvollendet 
hinterlassene (->■ Lafage) Manuel complet de musique 
vocale et instrumentale , ouEnciclopidie musicale (Paris 
1836-38, 8 Bände). Seine Kompositionen - vor- 
wiegend Kirchenmusikwerke - wurden nur zum 
Teil gedruckt, eine größere Zahl ist im Manu- 
skript überliefert. 

Lit. : A. de La Fage, Eloge de Ch., Paris 1843; L. E. 
Gautier, Eloge d*A. Ch., Paris 1845; H. R£ty, No- 
tice historique sur Ch. et son 6cole, Paris 1873; J. 
Carlez, Ch., sa vie et ses travaux, Caen 1882 (mit 
vollständigem Werkverz.); R. Wangerm£e, Les Pre- 
miers concerts historiques k Paris, in: Mdlanges 
E. Closson, Brüssel 1948; W.Kahl, in Fs. J. Schmidt- 
Görg, Bonn 1957. 

Ghotz]noff, Samuel, * 4.7. 1889 zu Witebsk; 
amerikanischer Musikkritiker und Pianist, Schwa- 
ger von J. Heifetz, studierte an der Columbia Uni- 
versity in New York und war dann Konzertbeglei- 
ter von Heifetz, Zimbalist und Alma Gluck. Als 
Kritiker schrieb er 1925-30 bei der New Yorker 
Zeitung »World«, seit 1934 bei der »Post«, hielt 
Vorlesungen bei der Carnegie Foundation, unter- 
richtete am Curds Institute in Philadelphia und 
wurde 1943 Direktor der Chatham Square Music 
School in New York. Er schrieb zahlreiche Bei- 
träge für Musikzeitschriften. 

Choudens (Jud'ä), Pariser Musikverlag, im Juni 
1845 gegründet von Antoine de Ch. (f 1888), 
wurde ab 1888 von dessen Söhnen Paul und An- 
tony de Ch. geleitet, ab 1890 vom ersten allein bis 
zu seinem Tode (6. 10. 1925), danach von dessen 
Schwiegersöhnen Gaston Chevrier (bis 1952) und 
Andrd Leroy, der gegenwärtig (1958) mit Andrd 
Chevrier die Leitung der Firma teilt. Die Veröffent- 
Hchungen des Verlages, die mit einer über 200 Vo- 
kalstücke zählenden Sammlung I canti d’Italia ein- 
setzen, umfassen einen Großteil der Werke von 
Berlioz, Bizet (Carmen), Bruneau, Gounod 
(Faust), I. de Lara, F. le Borne, X. Leroux, Messa- 
ger, Rever und anderen französischen Komponi- 
sten, neuerdings auch Werke der Filmmusik. 

Chouquet (Juk'e), Adolphe-Gustave, * 16. 4. 
1819 zu le Havre, f 30. 1. 1886 zu Paris; franzö- 
sischer Musikschriftsteller, lebte 1840-56 als Mu- 
sikdirektor in Amerika, seitdem in Paris mit histo- 
rischen Arbeiten beschäftigt. 1868 erhielt er den 
Prix Bordin für eine Arbeit über die dramatische 
Musik in Frankreich: Histoire de la musique drama- 
tique en France depuis ses origines jusqu'ä nos jours 
(Paris 1873). Ab 1871 war Ch. Konservator der 
Instrumentensammlung des Conservatoire und 
veröffentlichte einen Katalog derselben: Le Musie 
du Conservatoire National de Musique (Paris 1875, 
2 1884; Supplemente von L. Pillaut 1894, 1899, 



Christina 


1903). Auch berichtete er über die Musikinstru- 
mente der Weltausstellung von 1878: Rapport sur 
les Instruments de musique et les tditeurs de musique ä 
V Exposition de 1878 (Paris 1880). 

Chr$nnikow, Tichon Nikolajewitsch, * 10. 6. 
1913 zu Jelez (Gouvernement Orel); russischer 
Komponist, studierte am Moskauer Konservato- 
rium, war 1941-54 musikalischer Berater des Zen- 
traltheaters der Sowjetischen Armee und wurde 
1948 Generalsekretär des Sowjetischen Komponi- 
stenverbandes, da seine melodienreiche und gefühl- 
volle Musik mit der zu dieser Zeit verkündeten 
offiziellen Musikanschauung im Einklang steht. 
Werke: Klavierkonzert (1933), I. Symphonie 
(1935), Oper W burju (»Im Sturm«, 1939, umgear- 
beitet 1952), II. Symphonie (1943, umgearbeitet 
1944), Oper Frol Skobejew (1949), Filmmusiken, 
Schauspielmusiken, Lieder, Klavierstücke; viele 
Aufsätze in »Sowjetskaja musyka« und anderen 
Zeitschriften. 

Chr£tien de Troyes (kreti'e), * wahrscheinlich 
in den 20er Jahren des 12. Jh., möglicherweise zu 
Troyes; nordfranzösischer Trouvöre, die bedeu- 
tendste und einflußreichste Dichterpersönlichkeit 
der altfranzösischen Literatur. Von seinen näheren 
Lebensumständen ist so gut wie nichts bekannt. Er 
fand in Marie de Champagne (f 1198), einer Toch- 
ter Eleonores von Aquitanien, die in Troyes resi- 
dierte, eine Gönnenn. Die letzten Jahre seines 
Lebens mag er in der näheren Umgebung des 
Grafen Philipp von Flandern (f 1191) verbracht 
haben; ihm hat er sein letztes, imvollendetes Werk 
Perceval gewidmet. Die übrigen Versromane 
(Guillaume d'Angleterre, Erec , Cligh , Lancelot , 
Yvain) sind wohl in den Jahren 1155-80 entstan- 
den. Seinen Ruhm verdankt Chr. seinem Roman- 
werk. Von den wenigen (5) ihm zugeschriebenen 
Liedern stammen mit Sicherheit nur 2 von ihm, 
deren literarhistorische Bedeutung weniger in 
ihrer Qualität als vielmehr in der Tatsache zu 
suchen ist, daß es sich um die ersten Zeugnisse 
altfranzösischer Autorenlyrik aus dem 12. Jh. han- 
delt und in Chr. der Begründer der nordfranzö- 
sischen Trouv&rekunst gesehen werden kann. 
Wahrscheinlich sind es Jugendgedichte, die formal 
und thematisch der Troubadourlyrik verpflichtet 
sind. Für authentisch gelten: Amours, tenson et 
bataille (R. 121) und uAmours qui m*a tolu a moi 
(R. 1664). Unsicher ist die Zuweisung von R. 66, 
1380 und 2020. 

Ausg. u. Lit. : W. L. Holland, Crestien v. Troyes, 
eine literaturgesch. Untersuchung, Tübingen 1854 
(Texte v. R 121, 1664, 1380 u. 2020 nach d. Mss. M, 
R, T, U); W. Foerster, Kristian v. Troyes, Wörter- 
buch zu seinen saemtlichen Werken, Halle 1914 
(Texte v. R 121 u. 1664); Fr. Gbnnrich, Sieben Me- 
lodien zu mittelhochdeutschen Minneüedem, ZfMw 
VII, 1924/25, S. 96 (Melodie zu R 1664); V. Crescini, 
Per le canzoni di Chr. de Troies, in: Studi lett. a P. 
Rajna, Florenz 191 1 ; J. R. Reinhard, Chr. de Tr., 
A bibliographical Essay, Ann Arbor 1932; G. Cohen, 
Un grand romancier d’amour et d’aventure au XII* s., 
Chr. de Troyes et son ceuvre, Paris 21948; R. R. Bez- 
zola, Le sens de l’aventure et de Tamour (Chr. de 
Tr.), Paris 1947. 

Christ, Wilhelm, * 2. 8. 1831 zu Geisenheim 
(Rheingau), f 8. 2. 1906 zu München; deutscher 
Altphilologe, war 1860-1902 Professor an der Uni- 


versität in München und förderte die Erforschung 
der byzantinischen Musik durch seine Anthologia 
graeca carminum christianorum (mit M. Paranikas, 
Leipzig 1871), eine Ausgabe byzantinischer Hym- 
nen mit Melodien. Zur Theorie der antiken Musik 
schrieb er die wichtigen Werke Metrik der Griechen 
und Römer (Leipzig 1874, 21879) und Grundlagen 
der melischen Metrik der Griechen (München 1902). 
Auch die Geschichte der griechischen Utteratur in I. v. 
Müllers Handbuch der klassischen Altertumswissen- 
schaft und einige seiner Aufsätze in den Sitzungs- 
berichten der Bayerischen Akademie der Wissen- 
schaften behandeln musikalische Fragen. 

Christian IV., König von Dänemark, * 12. 4. 
1577 auf Schloß Frederiksborg bei Hillerod, f 28. 
2. 1648 auf Schloß Rosenborg, Kopenhagen; seit 
seiner Regierungsübemahme widmete er der Hof- 
kapelle besondere Aufmerksamkeit und verstärkte 
sie durch bedeutende Künstler aus ganz Europa. 
Eine enge Verbindung bestand mit dem Braun- 
schweiger Hof, wo Chr.s Schwester Elisabeth mit 
Herzog Heinrich Julius verheiratet war: M. Prae- 
torius widmete dem König seine Motectae et Psalmi 
(1607), 1617 wurde die heute noch erhaltene Com- 
penius-Orgel aus Schloß Hessen von ihrem Erbauer 
in Schloß Frederiksborg bei Kopenhagen aufge- 
stellt, auch der Violinist Schop und der Organist 
M. Schildt gingen von Braunschweig an den dä- 
nischen Hoi, an dem unter anderen H. Schütz, M. 
Borchgrevinck und M. Pedersen als Kapellmeister 
tätig waren. Ferner wirkten zeitweise an Chr.s Hof 
J. Dowland, Brade und Th. Simpson. 

Lit: A. Hammerich, Musiken ved Christian IV’ Hof, 
Kopenhagen 1892, deutscher Auszug v. K. Elling in 
Vf Mw IX, 1893; ders., Mus. Relations between Eng- 
land and Danmark, SIMG XIII, 1911/12; ders., 
Dansk Musikhistorie, Kopenhagen 1921 ; ders.. 
Niederländische Musiker . . ., Fs. Scheurleer, Den 
Haag 1925; C. Thrane, Fra Hofviolonemes Tid, 
Kopenhagen 1908; K. Fischer, G. Voigtländer, 
SIMG XU, 1910/11. 

Christiansen, Fredrik Melius, * 1.4.1871 zu 
Eidsvold; norwegischer Dirigent, ging 1888 nach 
Amerika, studierte am Northwestern Conservatory 
in Minneapolis und am Leipziger Konservatorium 
und war 1903-41 Direktor der School of Music an 
St. Olafs College in Northfield (Minnesota). Er 
schrieb Kantaten und Werke für gern. Chor und 
Männerchor, von denen eine große Zahl in der 
St. Olaf Choir Series (6 Bände) veröffentlicht sind. 
Lit: L. N. Bergmann, Music Master of the Middle 
West, Minneapolis 1944. 

Christina (nach der Konversion: Chr. Alexan- 
dra), Königin von Schweden, * 6. 12. 1626 zu 
Stockholm, 1 19. 4. 1689 zu Rom; sie bestieg 1644 
den Thron und förderte als bedeutende und eigen- 
willige Kunstfreundin nicht nur die Hofkapelle 
durch Heranziehung italienischer (z. B. Albrici) 
und französischer Musiker, sondern berief auch 
Gelehrte nach Stockholm wie Descartes, der 1649 
ein Ballett für den Hof entwarf, und Meibom, der 
ihr 1652 seine Ausgabe griechischer Musikschrift- 
steller widmete. 1654 dankte sie ab und konver- 
tierte in Brüssel; die Veröffentlichung ihres Ent- 
schlusses wurde in Innsbruck im Herbst des folgen- 
den Jahres mit einem zehntägigen prunkvollen 
Fest begangen, bei dem Cestis Oper VArgia auf- 


313 



Christmann 


geführt wurde. Die Königin ließ sich in Rom nie- 
der, wo ihr Palast wieder zu einem Sammelpunkt 
von Künstlern und Gelehrten wurde (darunter A. 
Kircher). Sie veranlaßte die Gründung eines öffent- 
lichen Opernhauses in Rom und stiftete zwei Aka- 
demien, aus deren einer nach ihrem Tode die Ar- 
cadia hervorging. In ihrem Dienste standen zeit- 
weilig Pasq umi, Marazzoli, CoreUi (der ihr sein 
opus 1 widmete) und A. Scarlatti. 

Lit.: G. Gualdo Priorato, Hist, ddla sacra Real 
maestä di Cristina A., Rom 1656; Arckenholtz, 
Mdmoires concemant Chr. ...» 2 Bde, Amsterdam 
u. Lpz. 1751-60; L. v. Ranke, Die römischen Päpste 
III, Lpz. 6 1874; A. Ademollo, I teatri di Roma . . ., 
Rom 1888; L. Grottanelli, La regina di Svezia in 
Roma, Rivista nazionale XII, 1889 (auch separat); 
R. Rolland, Hist, de l’Opdra . . ., Paris 1895; Baron 
de Bildt, Chr. de Su&de et le Cardinal Azzolino, 
Paris 1899; E. Daniels, Chr. v. Schweden, Preußische 
Jb.er XCVH, 1899; T.Norlind, Die Mg. Schwe- 
dens . . SIMG I, 1899/1900; ders., Svensk musik- 
historia, Stockholm 1901, 2 191 8; A. Cametti, Cri- 
stina di Svezia . . ., Nuova Antologia 191 1 ; A. Pirro, 
D. Buxtehude, Paris 1913; H. Prunäres, L’Op6ra 
italien en France, Paris 1913 ; A. Sandberger, 
Drottning Kristinas förhallande tili italiensk opera. . ., 
STfM VI— VII, 1924-25, deutsch als: Beziehungen d. 
Königin Chr. v. Schweden zur ital. Oper . . ., in BUM 
V, 2, 1925; W. Senn, Musik u. Theater am Hof zu 
Innsbruck, Innsbruck 1954; A. Liess, Neue Zeug- 
nisse . . ., AfMw XIV, 1957. 

Christmaim, Johann Friedrich, * 10. 9. 1752 
zu Ludwigsburg, t 21. 5. 1817 zu Heutingsheim; 
deutscher evangelischer Geistlicher, Komponist 
von Kirchenliedern und Kammermusikwerken. 


und Kontrapunkt an der Birmingham School of 
Music. Ch. schrieb Werke für Kirchenmusik (An- 
thems, Motetten), A Hymn of Nature für S., Bar., 
Chor und Orch. (1940), Kantate A New Heaven 
(1948) und Oratorium Via Crucis (1955) für Soli, 
Chor und Org., symphonische Orchesterwerke, 
ein Klavierquartett (1941), Fantasy-Trio für Klar., 
V. und Kl. (1939), Trio für Ob., Fag. und Kl. 
(1954), eine einsätzige Violinsonate (1937), eine 
Oboen-Sonate (1956), Klavier- und Orgelstücke. 

Christov (xr'istov), Dobri, * 14. 12. 1875 zu 
Warna, f 24. 1. 1941 zu Sofia; bulgarischer Kom- 
ponist, war zunächst Schullehrer und trieb auto- 
aidaktisch Musik, studierte 1900-03 am Prager 
Konservatorium bei Dvorik und wurde Chordiri- 
gent in Warna. 1907 kam er als Musiklehrer nach 
Sofia, war 1922-33 Professor für Theorie und Di- 
rigieren an der Musikakademie und übernahm 
1935 die Leitung des Domchors. Ch. schrieb im 
national-bulgarischen Stil viele Chöre und Lieder, 
Kirchenmusik und Orchesterwerke, aus denen die 
Festouvertüre Iwajlo (1907), 2 Liturgien für Chor 
(1925 und 1934) und die Fuge über das Lied Dafinka 
(im 7/16-Takt) für Chor und Streichorch. her- 
vorragen. Schriften: Die rhythmischen Grundlagen 
des bulgarischen Volkslieds (1911) und Der technische 
Bau der bulgarischen Volksmusik (Sofia 1928, bul- 
garisch). 

Lit.: I. Kamburov, D. Chr., Sofia 1942 (bulgarisch); 
V. Krustev, D. Chr., Sofia 1954 (bulgarisch, mit russ. 
u. frz. Zusammenfassung.). 

Chrysander, Karl Franz Friedrich, * 8. 7. 1826 


Er gab heraus: Elementarbuch der Tonkunst (Speyer 
1782, 2. Teil 1789, Beispielbuch 1782) und mit J. 
H. Knecht eine Vollständige Sammlung . . .vierstim- 
miger Choralmelodien (Stuttgart 1799). Einige Lie- 
der und Klavierstücke erschienen in Boßlers Samm- 
lungen. Ch. war mit Abbö Vogler befreundet. 
Lit.: K. Haering, Fünf schwäbische Liederkompo- 
nisten, Diss. Tübingen 1925, maschr. 

Christoff, Boris, * 18. 5. 1919 zu Plovdiv (Bul- 
garien); bulgarischer Sänger (Baß), lebt in Rom. 
Aus seiner anfänglichen juristischen Laufbahn (Dr. 
jur.) kam Ch., der schon früh in Chören Solopar- 
tien übernahm, 1942 endgültig zum Gesang, bü- 
dete seine Stimme in Italien bei Stracciari aus, 
nahm während des Krieges an den Kursen am Mo- 
zarteum (Salzburg) teil, wurde bis zum Kriegsende 
interniert und nahm dann seine Studien in Italien 
wieder auf. Nach einem Konzerterfolg in der Acca- 
demia di Santa Cedlia 1946 sang er in Kammer- 
musikkonzerten und Oratorien und stand im glei- 
chen Jahr zum ersten Mal als Opernsänger auf der 
Bühne. Das nächste Jahr sah ihn als Gast der Mai- 
länder Scala im Deutschen Requiem von Brahms. 
1950 wurde ihm die Einreise nach den USA zur 
Eröffnung der Metropolitan Opera verweigert, 
erst 1956 trat er in San Francisco in seiner Lieb- 
lingsrolle als Boris Godunow auf. 

Ghristopher, Cyril Stanley, * 23. 6. 1897 zu 
Oldbury (Worcestershire); englischer Komponist 
und Organist, wurde 1930 Organist und Chorleiter 
an Carr’s Lane Church in Birmingham, wo er, 
nach Stellungen als Musiklehrer und Chorleiter, 
seit 1947 Vorlesungen an der Universität hält; da- 
neben ist er seit 1956 Lehrer für Harmonielehre 


zu Lübtheen (Mecklenburg), + 3. 9. 1901 zu Berge- 
dorf bei Hamburg; deutscher Musikforscher, war 
Lehrer in Doberan und Schwerin, komponierte 
eine Oper, wandte sich aber dann der Musikfor- 
schung zu und promovierte 1855 in Rostock nach 
Vorlage der bereits 1853 gedruckten Schriften 
Über die Molltonart in den Volksgesängen und Über 
das Oratorium zum Dr. phil. 1866 nahm er seinen 
dauernden Wohnsitz in Bergedorf bei Hamburg. 
Ch.s ganzes Leben war der Händelforschung ge- 
widmet. Die monumentale Gesamtausgabe der 
Werke Händels in 94 Bänden (1859-94; Band IL 
ist nicht erschienen) ist sein eigenstes Werk; einzig 
Band XLV (Messias) und 2 der 6 Supplement- 
bände mit Werken, die Händel als Vorlagen be- 
nutzte, sind von M. Seiffert 1902 hinzugefügt wor- 
den. Chr. hat, als die von ihm mit Gervinus 1856 
ins Leben gerufene Deutsche Händelgesellschaft 
nach kurzer Scheinexistenz 1860 einging, tatsäch- 
lich die Riesenarbeit der Herstellung der Druck- 
vorlagen und (ab Band XIX) sogar größtenteils des 
Stichs und Drucks persönlich allein durchgeführt, 
und zwar in einer zu dem Zweck errichteten ei- 
enen kleinen Druckerei in seinem Hause in Berge- 
orf . Anfangs trug der allein ausharrende Gervinus 
das pekuniäre Risiko, 1859 bewilligte König Ge- 
org V. von Hannover einen Zuschuß von 1000 Ta- 
lern jährlich, der 1866 aufhörte, aber später vom 
preußischen Staat übernommen wurde. Nach Ger- 
vinus’ Tode (1871) verkörperte sich das ganze Un- 
ternehmen in Ch. allein und wäre ohne seine Ener- 
gie sicher ins Stocken gekommen. Für die Beschaf- 
fung der Druckvorlagen waren wiederholt Auf- 
enthalte in England erforderlich, wo die im 
Buckingham-Palast zu London verwahrten Auto- 


314 



Chybiriski 


graphe der Werke Handels und die im Besitz V. 
Schölchers befindlichen (aus dem Nachlaß von 
Handels Amanuensis Ch. Schmid s tamm enden) 
Handexemplare Handels (150 Bände) zu kopieren 
bzw. zu kollationieren waren. Letztere erwarb 
1870 Ch. für die Hamburger Stadtbibliothek. 1894 
nahm Ch. noch eine neue für die Praxis der Gegen- 
wart bearbeitete gekürzte Ausgabe ausgewählter 
Oratorien in Angriff, zu deren Ermöglichung sich 
unter dem Protektorat der Kaiserin Friedrich eine 
Neue Handel-Gesellschaft in London konstituierte, 
welche seine große Ausgabe ankaufte. Ch. selbst 
konnte noch einigen Aufführungen Handels eher 
Oratorien in der originalen Instr um entierung (mit 
begleitendem Klavier auf Grund der Continuo- 
Stimme) und mit »stilgerechten« Verzierungen der 
Sologesänge beiwohnen, die eine lebhafte Polemik 
entfachten. Neben den Handel-Ausgaben steht, 
dieselben ergänzend, die leider nicht zu Ende ge- 
führte Biographie Handels (2 Bände und ein 
Halbband, bis 1740 reichend; Leipzig 1858, 1860, 
1867, alle 3 Teile 21919) und Handels biblische Ora- 
torien in geschichtlicher Entwicklung (Hamburg 1897, 
41922). Wertvolle Spezialstudien gab Ch. noch in 
den von ihm gegründeten Jahrbüchern für musika- 
lische Wissenschaft (1863 und 1867) und in der 
1868-71 und 1875-82 von ihm redigierten AmZ. 
Wie die Jahrbücher als Vorläufer der von Ch. mit 
Ph. Spitta und G. Adler gegründeten VfMw (1885 
bis 1894), so sind Ch.s Denkmäler der Tonkunst (5 
Bände, Bergedorf 1869-71) Vorläufer der seit 1892 
folgenden Denkmäler deutscher Tonkunst (deren 
Komitee er angehörte), so daß man auf Ch.s An- 
regungen den lebhaften Aufschwung zurückführen 
muß, den die musikhistorische Forschung um 1900 
genommen hat. Ch. war auch Mitarbeiter der All- 
gemeinen deutschen Biographie. 

Lit.: R. Schaal, Fr. Ch.s Abhandlungen (Schriften- 
verz.), Mf IV, 1951 ; Lit-Veiz. v. K. Taut in Händel- 
Jb. VI, 1933, S. 150 f.; O. Fleischer, Fr. Ch., ZIMG 
HI, 1901/02; H. Kretzschmar, Fr. Ch., JbP IX, 
1903; G. Adler, Fr. Ch., Bettelheims Biogr. Jb. u. 
deutscher Nekrolog 1904; ders.. Fr. Ch., ZfMw VIII, 
1925/26; R. Franz, Gesammelte Schriften, hrsg. v. 
R. Bethge, Lpz. 1910; J. Schaeffer, Fr. Ch. in 
seinen Kl-A. zur deutschen Händelausg., Lpz. 
1876; W. Weber, G. F. Händels Oratorien, 3 H., 
Augsburg 1898-1902; Fr. Volbach, Die Praxis d. 
Händel- Aufführungen, Diss. Bonn 1 899 ; M. Seeffert, 
Händels Oratorien in Ch.s Neugestaltung, CaecOia 
LX, 1903; E. Krause, Ch.s GA d. Werke Händels, 
MfM XXXVI, 1904; E. Bernoulli, Oratorien-Texte 
Händels, Zürich 1905; A. Beyschlag, Ein Beitr. zur 
Händel-Ch.-Frage, Mk XI, 1911/12. 

Ghrysantos von Madytos, Erzbischof von Du- 
razzo in Albanien ab 1845, vorher (ab 1815) Lehrer 
des Kirchengesangs in Konstantmopei, ersetzte für 
die liturgischen Gesänge der griechischen Kirche 
die imverständlich gewordene byzantinische No- 
tenschrift durch eine neue, für die er teilweise die 
alten Zeichen benutzte. Seine beiden in griechischer 
Sprache geschriebenen Werke: Eloaycoyi} elg rö 
QecüQrftixöv Tzqaxrcixöv zfjq ixxfajotaoTixfjs povcu- 
xfjg (Paris 1821) und GecoQrjrixdv p&ya rrjg /llovol- 
xrjg (Triest 1832). 

Chueca (tju'eka), Federico, * 5. 5. 1848 und 
t 20. 6. 1908 zu Madrid; spanischer Komponist 
von volkstümlichen Zarzuelas im sogenannten 
gdnero chico, schrieb aber selbst nur die Melodien 


und überließ die kompositorische Ausarbeitung 
einem Mitarbeiter (in den meisten Fällen J. Val- 
verde). Seine erfolgreichsten Stücke sind: La gr an 
via; La CandSn de la Lola; La alegria de la huerta; 
Agua , azucarillos y aguardimte; Cdaiz; Caramelo; La 
caza del oso; El aho pasado por agua . 

Chv£la (xv'aila), Emanuel, * 1. 1. 1851 und 
f 28. 10. 1924 zu Prag; tschechischer Musikschrift- 
steller und Komponist, war Oberinspektor der 
österreichischen Bahnen und zugleich Musikrefe- 
rent an den Zeitungen Dalibor, Lumir, Politik und 
Närodnf politika. Seine Kompositionen umfassen: 
eine Oper Zdboj (Text von Jaroslav Vrchlicky, 
1907, Prag 1918), eine Sinfonietta und weitere Or- 
chesterwerke, 2 Streichquartette, ein Klavier- 
quintett, ein Klaviertrio, Violinstücke, Klavier- 
stücke, Lieder und Chöre. Ferner schrieb er: Ein 
Vierteljahrhundert böhmischer Musik (Prag 1887). 

Chwatal (xv'atal), Franz Xaver, * 19. 6. 1808 
zu Rumburg (Böhmen), f 24. 6. 1879 zu Bad 
Eimen; böhmischer Pianist und Komponist, ring 
schon 1822 nach Merseburg, von wo er 1835 als 
Musiklehrer nach Magdeburg übersiedelte. Er 
schrieb: 3 Sonatinen, viele Salonstücke und Etüden 
für Kl. sowie Männerquartette, im ganzen etwa 
250 Opera. Sein Bruder Josef Ch leitete die Orgel- 
baufirma Chwatal & Sohn in Merseburg. 

Chybiäski (^b'i:jnski), Adolf, * 29. 4. 1880 zu 
Krakau, f 31. 10. 1952 zu Posen; polnischer Mu- 
sikforscher, studierte 1898-1903 Germanistik und 
klassische Philologie, setzte 1902-03 und 1904-08 
seine Studien in München fort (Christ, Kroyer, 
Lipps, Paul, Sandberger, Wölfflm), wo er 1908 
mit einer Arbeit Beiträge zur Geschichte des Takt- 
schlagens (Leipzig 1912) promovierte. 1905-07 war 
er noch Theorieschüler von L. Thuille. 1912 habili- 
tierte er sich an der Universität Lemberg (Die Men - 
suraltheorie in der polnischen Musikliteratur der ersten 
Häjjte des 16. Jh., 1911, polnisch), wurde 1917 
außerordentlicher, 1921 ordentlicher Professor, 
war 1916-28 auch Professor für Musikgeschichte 
und Harmonielehre am Konservatorium, ab 1945 
Professor an der Universität Posen, arbeitete haupt- 
sächlich über polnische Musik: Chopin und Dela- 
croix (Lemberg 1907); Richard Wagners Meister- 
singer von Nürnberg (Warschau 1908); Das Verhält- 
nis der polnischen Musik zur abendländischen im XV. 
und XVI. Jh. (Krakau 1909); Über die polnische 
mehrstimmige Musik des XVI. Jh. (in Riemann-Fest- 
schrift, Leipzig 1909) ; Über die Methoden der Ord- 
nung von Volksliedmelodien (Lemberg 1909); Ma- 
terialien zur Geschichte der Rorantisten-Hofkapelle auf 
dem Königlich polnischen Schloß zu Krakau (3 Teile, 
Krakau 1910-25); Tabulaturajana zLublina (Kwar- 
talnik Muzyczny 1911/14); Die Musikinstrumente 
des polnischen Volkes im Podhale (1924); Gregorius 
Gervasius Gorczycki (Lemberg 1928h Über die Kir- 
chenkonzerte von Martin Mieiczewski (1928); Eine 
Warschauer Orgeltabulatur aus dem 17. Jh. (1936); 
Mieczyslaw Karlowicz (1: 1939, 21949; II: war 1952 
in Vorbereitung) ; Lexikon der Musiker Altpolens bis 
1800 (Krakau 1949). Zahlreiche Aufsätze von Ch. 
erschienen in polnischen und deutschen Zeitschrif- 
ten. Er war Hauptschriftleiter des Kwartalnik Mu- 
zyczny (Musikalische Vierteljahrsschrift), der in 10 
Bänden geplanten Analysen und Erläuterungen der 


315 



Chylinski 


Werke von Fr. Chopin (bisher erschienen 3 Bände) 
und Editionsleiter des Wydawnictwo Dawnej 
Muzyki Polskiej (Publikationen älterer polnischer 
Musik). 

Lit.: Gedenkbuch zu Ehren v. Prof. Dr. A. Ch. aus 
Anlaß seines 50. Geburtstages . . ., Krakau 1930; 
M. Szczepanska u. J. Dunicz, Bibliografia prac 
muzykologicznych dra Adolfa Chybiflskiego, War- 
schau 1937; Ksiega pami^tkowa ku czci Prof. Adolfa 
Chybidskiego w 70-lecie urodzin (Fs. f. A. Ch. zum 
70. Geburtstag), Krakau 1950 (mit Bibliogr. d. Arbei- 
ten u. Editionen Ch.s). 

Chylifisld (<£Ti:jnski), Andreas, polnischer 
Komponist, Franziskanermönch, war 1630-35 
praefectus musicorum an S. Antonio in Padua und 
gab 1634 Cemottes XVI (Antwerpen bei B. Mo- 
rette) heraus. 

Giabrano, Francesco Chabran. 

della Ciaja, Azzolino Bernardino, -* Deila Caj a. 

Clampi(tJämpi),VincenzoLegrenzio, * 1719 
bei Piacenza, f 1762 zu Venedig; italienischer 
Komponist, studierte in Neapel bei Fr. Durante 
und L. Leo, war Cembalist in Palermo und Paris 
und lebte 1748-60 in London. Dann ging er als 
Kapellmeister des Ospizio degli Incurabni nach 
Venedig. Er schrieb 22 Opern (davon 6 für Neapel, 
9 für Venedig und 4 für London), 4 Oratorien, 
Kirchen- und Kammermusik. Historisch bedeut- 
sam wurde die Opera bufFa Bertoldo alla Corte (Pia- 
cenza 1747) auf einen Text Goldonis; dasWerkchen 
- teils Pasticdo, teüs Parodieoper - erregte 1754 in 
Paris solchen Beifall, daß Favart den Text in seiner 
Ninette h la cour nachahmte (von Duni 1755 ver- 
tont), die ihrerseits dem Text von J. A. Hillers 
Singspiel Lottchen am Hofe (Leipzig 1767) zum Vor- 
bild diente. 

Lit : O. G. Sonneck, C.s Bertoldo . . ., SIMG XII, 
1910/11, auch in: Miscellaneous Studies on the Hist 
of Music, London - NY 1921 ; C. Anguissola, V. 
L. C., Piacenza 1934, Monza 21936. 

Ciccolini (tjikkorini), Aldo, * 15. 8. 1925 zu 
Neapel; italienischer Pianist, lebt in Paris. Mit 9 
Jahren begann er sein Studium am Konserva- 
torium San Pietro a Maielia in Neapel und legte 
1940 und 1944 seine Prüfungen ab. Seine Konzert- 
laufbahn begann 1941. 1949 erhielt C. den Premier 
Grand Prix für Klavier im Concours International 
Marguerite Long - Jacques Thibaud zu Paris. Mit 
dem Jahr 1949 begann eine ausgedehnte Reisetätig- 
keit als Konzertpianist in Europa, im Nahen Osten, 
in Afrika, Süd-, Mittel- und Nordamerika. 

Cicognini (tjikoji'ini), Giacinto Andrea, * 1606 
(?) zu Florenz, *f* vor 1651 zu Venedig; italienischer 
Dichter, Sohn des Florentiner Juristen und Thea- 
terdichters Jacopo C. (1577-1633), studierte in 
Pisa Jurisprudenz, ließ sich dann in Florenz nieder 
und schloß sich später wahrscheinlich einer reisen- 
den Truppe an. Er verfaßte viele Dramen, oft nach 
anischen Vorbildern, darunter die Libretti II 
iasone für Cavalli (Venedig 1649) und L'Orontea 
für Cesti (Venedig 1649). 

Lit.: L. Allacct, Drammaturgia, Rom 1666, erwei- 
tert Venedig 1755; St. Arteaga, Le Rivoluzioni del 

Teatro Mus 2 Bde, Bologna 1783-85, in 3 Bden 

Venedig 21785, Bd II— III erweitert Bologna 1785-88, 
deutsch v. J. N. Forkel, 2 Bde, Lpz. 1789; A. Lisoni, 


Un famoso Commediografo, Parma 1896; M. Sterzi, 
Jac. C, Giomale Stör, e Letterario della Liguria III, 
1903; M. Grashey, G. C.s Leben u. Werke, Mün- 
chener Beitr. zur romanischen u. engl. Philologie 
XLIII, 1909; A. Sandberoer, Zur Venetianischen 
Oper, JbP XXXII, 1925. 

Ciconia, Johannes, * um 1335 zu Lüttich, f im 
Dezember 1411 zu Padua; Lütticher Komponist 
und Musiktheoretiker. In Avignon gehörte er 1350 
zum Gefolge von Alienor von Cominges-Turenne, 
einer Nichte des Papstes Clemens VI. Er begleitete 
den Kardin al Gilles d’Albomoz in seine zweite 
italienische Gesandtschaft und lernte dabei die italie- 
nische Ars nova kennen, deren Neuerungen er 
seinem in französischer Ausbildung erworbenen 
Können verband. 1359-62 war er Canonicus in 
Cesena, 1362 gewährte ihm Urban V. ein Kanoni- 
kat an der Kirche Saint-Jean l’Evangdliste in Lüt- 
tich. Um 1370 in seine Heimat zurückgekehrt, 
lebte er dort bis 1402, blieb aber in ständiger Ver- 
bindung mit Italien, besonders mit Padua. Seit 
April 1403 ist seine Anwesenheit in diesem Ort 
nachweisbar. In der Eigenschaft als »custos« übte 
er an der Kathedrale die Funktionen eines Cantors 
aus. Er hinterließ Schüler in Lüttich wie in der 
Region Padua-Venedig. - Als Theoretiker ver- 
faßte er eine Nova Musica , die in 2 Handschriften 
erhalten blieb (Rom, Vat. lat. 5320 und Florenz, 
Ricc., Ms. 734). Das Hauptkapitel dieses Traktats, 
De Proportionibus , wurde von C. in Padua umgear- 
beitet und dem Cantor von Vicenza, Johannes 
Casparo, gewidmet. - Die bisher bekannt gewor- 
denen Werke umfassen: 11 Meßfragmente (Et in 
terra und Patrem ), 11 Motetten, 2 Virelais, 11 italie- 
nische Balladen, 4 Madrigale, 2 Canons und einige 
Fragmente. Sie finden sich in den folgenden Hand- 
schriften: Rom, Urbin. 1411 ; Bologna, Liceo mus.. 
Ms. Q 15 (olim 37); Bologna, Bibi. Univ. 2216; 
Modena, Bibi. Estense, lat. 568; Oxford, Bodl. 
Mise. Can. 213 und 229; Padua, Bibi. Univ., Frag- 
mente 1106, 1115, 1475, 684; Paris, Bibi. Nat., gr. 
nouv. acq. 4917, fr. 4379 und it. 568; Trient, 
Codd. 87-93; Parma, Arch. ; Lucca, Arch. di 
stato; Perugia, Bibi. Äug., Cod. Manrini; Strcsa 
(Domodossola, Calvario, cod. 14). 

Ausg.: Meßfragmente in DTÖ XXXI, - Schering, 
Beisp. 29, - Davison-Apel Anth. I, 55 und van den 
Borren, Polyphonia sacra, S. 82 und 88. -Motetten: 
Ut te per omnes und O felix templum jubila bei van 
den Borren, Geschiedenis van de Muziek in de 
Nederlanden I, S. 180 und 243; O virum omnimoda 
(Ausschnitt) bei Ch. van den Borren, ebenda 
S. 78 f.; Ausschnitte aus O felix templum jubila, O 
Petre Christi discipule und Venecie mundi splendor 
bei S. Clercx, Musique instrumentale de la Renais- 
sance, Paris 1955, S. 321 ff.; Regina gloriosa bei 
S. Clercx, RBM VIII, 1954, Fasz. 3-4. - Das Vire- 
lais Sus un fontayne bei W. Apel, French secular 
music of the late fourteenth Century, Cambridge, 
Mass., 1950, - Nr 66. - Madrigale: Per quella strada 
lactea del cielo, I cani sono fuora, Cacciando un 
giomo (nur eine Stimme), Una panthera bei F. Ghisi, 
Italian ars nova music, in: Journal of Renaissance 
and Baroque Music I, 1946, Fasz. 3. - Balladen: O 
dolce fortuna bei J. Wolf, Gesch. d. Mensural- 
Notation II-IU, Nr 30 und H. Riemann, Hdb. II, 1, 
S. 89 ff. ; Chi vuol amar (eine Stimme), Gli atti col 
danzar frances, Chi nel servier antice, Lizadra donna, 
Benche da voi bei F. Ghisi, a. a. O.; O rosa bella in 
DTÖ VII, s. 227. - Canons: Quod jactatur bei J. 
Wolf, Nied. Einfluß . . ., S. 208 und W. Körte, RMI 


316 



Cima 


1932, S. 150; Le ray au soleyl bei F. Ghisi, a. a. O. 
(fehlerhaft) und M. Bukofzer, MD II, 1948, S. 169 
(fehlerhaft). 

Lit. : H. Besseler, Bourdon u. Fauxbourdon, Lpz. 
1 950, S. 79-82 ; ders., Artikel »Ars nova« u. »Ciconia« 
in MGG ; ders. : J. C., Begründer der Chorpolyphonie, 
im Bericht des Congresso Intern, di Musica Sacra, 
Rom 1950 (1952); S. Clercx, J. C. de Leodio, in 
Kgr.-Ber. Utrecht 1952 (1953), S. 107-26; dies.: 
J. C. th6oricien, in: Annales Musicologiques 1955, 
S. 39-75; F. Ghisi, Frammenti di un nuovo codice 
musicale delT ars nova italiana, in: La RinascitaV, 
1942, - deutsche Übers, in AfMf VII, 1942; W. 
Körte, Contributione alla storia della musica in 
Italia I, 1400-1425, RMI 1932; N. Pirrotta und E. 
Li Götti, II codice di Lucca, MD III (1949), IV (1950) 

u. V (1951); D. Plamenac, Another paduan fragment 

of trecento music, JAMS VIII, 1955; J. Wolf, Der 
niederländische Einfluß in der mehrstimmigen ge- 
messenen Musik bis zum Jahre 1480, TVer VI, 1900. - 
Die originalen Quellen und Texte der Archive werden 
in einem im Erscheinen begriffenen Werk von S. 
Clercx aufgeführt sein (J. C., un musicien li6geois et 
son temps, ca. 1335-1411, Bruxelles, Acad&mie des 
Beaux-Arts). SC 

Cifra (tj'ifra), Antonio, * 1584 im Kirchenstaat, 
t 2. 10. 1629 zu Loreto; italienischer Komponist, 
war als Chorknabe an San Luigi dei francesi in 
Rom, 1594-96 Schüler von G. Bernardino Nanini, 
wirkte 1609 als Kapellmeister am Deutschen Kol- 
leg in Rom, 1609-22 an der Santa Casa in Loreto, 
1622-25 an San Giovanni in Laterano zu Rom, von 
1626 bis zu seinem Tode wieder in Loreto. C. war 
einer der besten Komponisten der römischen 
Schule, dabei einer der frühesten römischen Ver- 
treter der Monodie und des konzertierenden Stils, 
wovon eine stattliche Reihe erhaltener Druckwerke 
Zeugnis ablegt: 4-6st. Messen Buch I— HE und V 
(1619-25); 9 Bücher l-4st. Motetten (1600-19); 
2-5st. Antiphonen und Motetten (1625) ; 2 Bücher 
2-8sl Motetten (1629-38) ; 4-8st. Motetten (1620) ; 
8st. Motetten (1629); 12st. Motetten (1629); 
8-12st. Litaneien (1615) ; 6 Bücher 3-8st. Vesper- 
salmen (1601-20) ; zahlreiche Madrigali, Arie und 
cherzi; 2 Bücher Ricercari et Canzonette francese 
(1619). 

Ausg.: eine Arie u. ein Duett in: La Flora III, hrsg. 

v. K. Jeppesen, Kopenhagen 1949. 

Lit: A. Cametti, La scuola dei pueri cantus di S. 
Luigi dei francesi . . ,, RMI XXII, 1915; F. Ghisi, 
Alle fonti della monodia, Mailand 1940. 

Cigna (siji'a), Gina, * 1904 bei Paris; französische 
Opemsangerin (Sopran) von italienischer Geburt, 
Schülerin des Pariser Conservatoire, wurde 
1929/30 von Toscanini an die Mailänder Scala 
verpflichtet, sang danach in Rom und als Gast auf 
europäischen, süd- und nordamerikanischen Büh- 
nen (Metropolitan Opera 1937). Sie vertritt vor- 
wiegend Rollen des italienischen Repertoires. 

Cikker (ts'iker), Jdn (Johann), * 29. 7. 1911 zu 
Banski Bystrica (Tschechoslowakei) ; slowakischer 
Komponist, studierte 1930-35 Musik am Konser- 
vatorium in Prag, 1935/36 an der Meisterschule 
in Prag und 1936/37 an der Musikakademie in 
Wien. Er wirkte 1939-49 als Professor der Theorie 
und Komposition am Konservatorium in Preß- 
burg, dort gleichzeitig 1945-48 als Dramaturg der 
Oper des Nationaltheaters und ist seit 1949 Pro- 
fessor der Komposition an der Hochschule der 
musischen Künste in Preßburg. Werke: die Opern 


Juro Jdnosik (Preßburg 1954) un dBegBajasid (Preß- 
burg 1957), Bühnen- und Elmmusiken, Frühlings- 
Symphonie (1940), symphonische Dichtungen, ein 
Concertino für IQ. und Orch. (1942), Slowakische 
Suite (1944), 9 slowakische Tänze, 2 Streichquar- 
tette und andere Kammermusik, Klaviermusik und 
Lieder. 1945-48 veröffentlichte er zahlreiche mu- 
sikästhetische Studien. 

Cilea (tJiTe:a), Francesco, *26. 7. 1866zuPalmi 
(Kalabrien), f 20. 11. 1950 zu Varazza (Savona); 
italienischer Opemkomponist, war Schüler von 
Cesi und Serrao am Conservatorio di San Pietro a 
Majella in Neapel, 1890-92 Klavierlehrer an dieser 
Anstalt, 1896-1904 Professor für Theorie am 
Istituto Musicale von Florenz, 1913-16 Direktor 
des Konservatoriums in Palermo, dann bis 1935 in 
gleicher Stellung am Konservatorium in Neapel 
tätig, dem er 1928 als neue Abteilung das Museo 
storico hinzufügte. Opern: Gina (Neapel 1889), 
Tilda (Florenz 1892), L'Arlesiana (Mailand 1897, 
umgearbeitet Neapel 1912), Adriana Lecouureur 
(Mailand 1902), Gloria (Mailand 1907, umgearbei- 
tet Neapel 1932). Auch schrieb C. Kammermusik 
und Orchesterwerke. 

Lit. : M. Pilati, F. C., Bibliogr. delle opere musicali, 
in: BolL Bibi. Mus. VII, 1932; E. Moschino, Sülle 
opere di F. C., Mailand 1932; Gaianus (eigentlich C. 
Paglia), F. C. e la sua nuova ora, Bologna 1939. 

CilenSek (tsTtenJek), Johann, * 4. 12. 1913 zu 
Groß-Durbau bei Bautzen; deutscher Komponist, 
erhielt auf das Kirchenmusikstudium in Leipzig 
(Komposition bei J. N. David und Orgel bei Fr. 
Högner) 1945 eine Anstellung als Dozent für Mu- 
siktheorie und Komposition am Konservatorium 
Erfurt. 1947 wurde er Professor an der Hochschule 
für Musik in Weimar. Bekannt sind Kammer- und 
Orchestermusik (darunter 2 Violinkonzerte und 
3 Symphonien). 

Cima (tj'ima), - 1) Andrea; italienischer Kom- 
ponist des 17. Jh., um 1617 Organist an Santa 
Maria della Rosa in Mailand, war später Domka- 
pellmeister in Bergamo. Er ist bekannt als Ver- 
fasser geistlicher Konzerte (Buch I Mailand 1614, 
II Venedig 1627). - 2) Gian Paolo, Bruder von 
Andrea C.; italienischer Komponist des 17. Jh., 
war Kapellmeister und Organist an San Ceiso in 
Mailand Werke: Motetti , 4st. (Mailand 1599), 
Ricercate per Vorgano (Mailand 1602), Partito de 
Ricercari & Canzoni alla Francese für Org. (Mai- 
land 1606), Concerti ecclesiastici , l-8st., mit 4-8st. 
Messen, Magnificat und Falsobordoni und 2-4st. 
Sonaten (Mailand 1610). Es ist ungewiß, ob die 
beiden genannten verwandt sind mit zwei gleich- 
zeitigen Musikern des Namens: Giovanni Bat- 
tista C., Organist in Mailand, und Tullio C., 
Sänger in Rom. 

Ausg.: G. P. C.: eine 4st. Motette in Musica sacra 
IX, 1874; 2 Motetten in Fr. Commers Musica sacra 
XXIII, Mainz 1882; ein. Ricercar in: G. B. Martini, 
Esemplare ossia saggio fondamentale di contrap- 
punto, Bologna 1774; ein Ricercar, Torchi III; eine 
V.-Sonate in: G. Beckmann, Das Violinspiel in 
Deutschland ... 12 Sonaten (Beispiel-Bd), Bin (1921). 
Lit : G. Beckmann, Das Violinspiel in Deutsch- 
land . . ., Lpz. 1918; A. Adrio, Die Anfänge d. geist- 
lichen Konzerts, Neue deutsche Forschungen XXXI 
(= Abt. Mw. I), Bin 1935, darin ein Solokonzert 


317 



Cimara 


Cimara (tjim'ara), Pietro, * 10. 11. 1887 zuRom; 
italienischer Dirigent, am liceo di Santa Cedlia in 
Rom Schüler von Respighi, debütierte, nachdem 
er als Pianist auf getreten war, 1916 als Dirigent am 
römischen Teatro Costanzi. Er dirigierte dann an 
verschiedenen italienischen Bühnen, bis er 1931 an 
das Metropolitan Opera House in New York ver- 
pflichtet wurde. C. schrieb einige italienische 
Lieder. 

Cimarosa (tfimar'o:sa), Domenico, * 17. 12. 
1749 zu Aversa (Neapel), f 11. 1. 1801 zu Venedig; 
italienischer Komponist, besuchte die Armen- 
schule der Minoriten in Neapel und 1761-72 das 
Conservatorio Santa Maria ai Loreto, wo er bei 
Gennaro Manna (einem Schüler F. Durantes), 
Inazio Galli (einem Sdiüler A. Scarlatds), Sacchini, 
Fenaroli und wahrscheinlich auch N. Piccinni Un- 
terricht erhielt. Während dieser Zeit schrieb C. 
einige Messen und Motetten. 1772 trat er als dra- 
matischer Komponist auf mit Le str avaganze del 
conte und Le magie di Merlina e Zoroastro für das 
Teatro de’ Fiorentini in Neapel, und es gelang ihm 
schnell, sich neben Paisiello einen Namen zu 
machen. In den nächsten Jahren lebte er abwech- 
selnd in Neapel und Rom, nach damaliger Sitte 
imme r an dem Ort seine Opern schreibend, wo sie 
aufgeführt werden sollten, darunter LTtaliana in 
Londra (Rom 1778), H pittore parigino (Rom 1781), 
La ballerina amante (Neapel 1782), I due haroni di 
Rocca Azzurra (Rom 1783, für deren Aufführung 
in Wien 1789 Mozart die Sopranarie Alma granae 
K.-V. 578 als Einlage schrieb), H marito disperato 
(Neapel 1785), Vimpresario in angustie (Neapel 
1786) ; doch schrieb er auch für Verona, Venedig 
(II convito 1781), Mailand, Nizza, Florenz, Vicenza 
( VOlimpiade 1784), Turin (Artaserse 1784). 1789 
reiste er mit glänzenden Engagementsb edingimgen 
nach St. Petersburg, wo vor mm 1777-84 Paisiello 
die Italienische Oper mit Novitäten versorgt hatte, 
und schrieb dort außer kleineren Werken ein 
Requiem (1787) und die Opern Cleopatra und La 
vergine del Sole (beide 1789). Auf die Dauer konnte 
er indessen das russische Klima nicht vertragen und 
wandte sich 1792 zunächst wieder nach Wien, wo 
er an Stelle Salieris Hofkapellmeister wurde. Er 
schrieb dort sein berühmtestes Werk: II matrimonio 
segreto (Die heimliche Ehe; Text von G. Bertati 
nach der Komödie The Clandestine Marriage von 
Colmanimd Garrick), sein größter Erfolg ; es wurde 
1793 auch in Neapel gespielt und 67mal wieder- 
holt, und es folgten ihm noch einige andere Opern, 
von welchen besonders Le astuzie femminili (Nea- 
pel 1794) und Gli Orazi e i Curiazi (Venedig 1796, 
für Crescentini komponiert) hervorzuheben sind. 
C. hatte sich 1799 am neapolitanischen Aufstand 
beteiligt und war verhaftet, aber von König Ferdi- 
nand IV. begnadigt und in Freiheit gesetzt worden ; 
in der Absicht, nach Rußland zu gehen, segelte er 
nach Venedig, erkrankte und starb dort, wie man 
sagte, an Gut. Es bedurfte einer amtlichen Be- 
kanntmachung des Leibarztes Pius* VE., der in 
Venedig residierte, um die Gerüchte zu zerstreuen 
und eine natürliche Todesart zu konstatieren. 
Außer 64 Opern und Kirchenmusik (5 Oratorien) 
komponierte C. auch 10 dramatische Kantaten 
und 105 kleinere Gesangstücke sowie ein Konzert 
für 2 FL G dur (1793) und 32 einsätzige Klavier- 


sonaten. U matrimonio segreto, Vimpresario in angustie 
und Le astuzie femminili erscheinen noch heute hier 
und da auf der Bühne; die Musik ist einfach, aber 
frisch und voller Humor; bei aller Leichtigkeit der 
Erfindung ist sie doch stets sorgfältig durchgearbei- 
tet und zeigt auch in den Ensembles eine deutliche 
Charakteristik der handelnden Personen. Eine 
Büste C.s von Canova, im Aufträge des Kardinals 
Consalvi ausgeführt, wurde im Pantheon zu Rom 
neben denen von Sacchini und Paisiello aufgestellt. 
Arthur Benjamin hat 1942 ein Konzert für Ob. 
und Streicher aus Klaviersonaten C.s zusammen- 
gestellt. 

Ausg.: 32 Klaviersonaten, hrsg. v. F. Boghen, Paris 
1926; II Matrimonio segreto, K1.-A., Lpz. o. J.; 
Giannina e Bemardone, K1.-A., Lpz. o. J. ; Libera me, 
zu 4 St mit Instr., Rom 1844. 

Lit. : Werkverz. v. E. M. D., D. C., Boll. Bibi. Mus. 
V, 1930. - F. Florimo, Cenno storico sulla scuola 
musicale di Napoli, Neapel 1871; A. Tari, D. C., 
Neapel 1875 ; P. Rattoni, A proposito di D. C., Mai- 
land 1885; M. Storni Trevisan, Nel primo cente- 
nario di D. C., Venedig (1900); P. Cambiasi, Noti- 
zie sulla vita e sulle opere di D. C., Mailand 1901 ; 
Aversa a D. C., Neapel 1901 ; Centenarium D. C., 
mit Biogr. v. R. Hirschfeld u. Ausstellungskat. 
v. J. Mantuani, Wien 1901 ; F. Polidoro, La vita e 
le opere di D. C., Neapel 1902; A. Della Corte, 
L’opera comica ital. nel 1700, 2 Bde, Bari 1923 ; ders., 
D. C., Urbino 1937; B. Raschi, L’opera comica ital. 
e ü »Matrimonio segreto«, Annuario del R. Ist 
Magistrale R. Bonghi V, Assisi, 1926/27; R. Vitale, 
D. C., Aversa 1929; M. Ch. Tibaldi, C., Mailand 
1939 (mit Werkverz.); C. Engel, A Note on D. C.s 
»II matrimonio segreto«, MQ XXXIII, 1947; L. 
Chailly, II matrimonio segreto, Mailand 1949; Per 
ü bicentenario della nascita di D. C. (Fs.), Aversa 
1949. 

Cinti, Mademoiselle Damorcau-, Laure- 
Cinthie. 

Cipra (ts'ipra), Milo, * 13. 10. 1906 zu Vareä 
(Bosnien); jugoslawischer Komponist, studierte 
1924-31 moderne Sprachen und Philosophie an der 
Universität und Komposition an der Musikaka- 
demie Zagreb, an der ihm seit 1940 der Komposi- 
tionsunterricht obliegt; vorher Gymnasiallehrer, 
jetzt Professor. Kammer- und Orchesterwerke 
(4 Streichquartette), Film- und Bühnenmusik. 

Cirri (tj'irri), Giovanni Battista, * um 1740 zu 
Forli; italienischer Violoncellist und Komponist, 
lebte lange in London im Dienste des Duke of 
Gloucester, ging aber schließlich nach Italien zu- 
rück. Von seinen Werken sind erhalten: Cello- 
sonaten op. 3, 5, 7, 11, 15; Triosonaten op. 4; 
Duette für 2 Vc. op. 8 und 12; 2 Cellokonzerte 
op. 9; Quartette für Fl., 2 V. und B.c. op. 10, für 
2 V., Va und B.c. op. 13 und 17; Streichtrios 
op. 18. Von seinem Vater, Ignazio C. (* um 1716 
zu Forli, Kapellmeister der Kathedrale daselbst, 
1759 Mitglied der Accademia filarmonica) erschie- 
nen 12 Orgelsonaten op. 1. 

Ciruelo (Öiru'elo), Pedro, * um 1470 zu Daroca 
(Aragbn), f 4. 11. 1548 zu Salamanca; spanischer 
Gelehrter, studierte in Alcald de Henares und Paris, 
lehrte an diesen beiden Universitäten Theologie, 
Philosophie sowie die quadrivialen Fächer. Von 
seinen Schriften sind zu nennen: Expositio libri 
missalis (Alcald 1528) und Cursus quatuor mathe- 
maticarum artium liberalium (Alcald 1516, 2 1523, 


318 



Clarke 


31526, 4 1548, 51577). Der Abschnitt über Musik 
im Cursus ist lediglich ein Abdruck der Elemente 
musicalia von J. Faber Stapulensis mit Kommentar 
und einer Vorrede C.s. 

Civitate, Antonius de -► Antonius de Civi- 
tate. 

Oagget (kl'aegot), - 1) Charles, * um 1740 zu 
Waterford, f um 1795; irischer Komponist und 
Instrumentenbauer, war ab 1762 Violinist in Dub- 
lin, 1771-73 in Liverpool, dann bis 1775 in Man- 
chester, ab 1776 in London, wo er sich fortan mit 
Experimenten im Instrumentenbau beschäftigte. 
So erfand er das »TeKochordon«(ein Klavier mit 
Unterteilung der Oktave in39 Stufen), eineDoppel- 
trompete und das »Aiuton« (einKkvierinstmment, 
bei dem Stimmgabeln an Stelle der Saiten traten). 
Er berichtet darüber in: A Discourse on Musick 
(London 1793) und Musical Phaenomena (London 
1793). Um 1760 erschienen in Edinburgh Six Duets 
of Messrs. Clagget. - 2) Walter C., * um 1741, 
f 1798, wahrscheinlich ein Bruder von Charles 
C., irischer Komponist. Er schrieb 1767 für Dublin 
die Oper The Power of Sympathy, 1780 für London 
The Cabinet of Fancy , 1787 die Musik zu der Pan- 
tomime The Dumb Cake . Ferner wurden von ihm 
Scots Airs und Arrangements berühmter Weisen 
aus englischen Opern und Werken Haydns für 

2 Fl. gedruckt. 

Qamer, Andreas Christoph, erzbischöflicher 
Hofkantor in Salzburg, gab 1682 zu Salzburg 
heraus: Mensa harmonica 42 varioribus sonatinis 
instructa VII in partes seu tomos, 4 aut 2 v. (Kammer- 
sonaten). 

Glapisson (klapis'3), Antoine Louis, * 15.9. 
1808 zu Neapel, f 19. 3. 1866 zu Paris; französi- 
scher Komponist und Violinist, Schüler von Ha- 
beneck und Reicha, schrieb gern gesungene Ro- 
manzen und über 20 komische Opern und Ope- 
retten, von denen La promise (1854) und La Fancho - 
nette (1856) den größten Erfolg hatten. Seine wert- 
volle Sammlung alter Musikinstrumente verkaufte 
er dem Conservatoire (Katalog 1866 gedruckt als 
Collection de sifflets . . .), an dem er als Theorie- 
lehrer und Konservator angestellt war. 1854 wurde 
er in die Akademie gewählt. 

Oari, Abbate Giovanni Carlo Maria, * 27. 
9. 1677 und t 16. 5. 1754 zu Pisa; italienischer 
Komponist, studierte bei G. P. Colonna in Bo- 
logna und schrieb dort 1695 die Oper II savio deli- 
rante. Um 1712 wurde er Kapellmeister in Pistoia, 
1720 in Bologna und 1736 in Pisa. Ferner schrieb 
er 11 Oratorien (zum größten Teil für Pistoia), 
Messen, Psalmen, Requiem, Te Deum, Stabat 
Mater und Hymnen, ist aber besonders berühmt 
eworden durch seine in vielen Handschriften ver- 
reiteten Duetti e Terzetti da camera (op. 1 gedruckt 
Bologna 1720). 5 dieser Duette hat Händel in 
seinem Oratorium Theodora verwendet. 

Ausg.: 3 Sätze aus d. Stabat Mater in: R. Schlecht, 
Gesdi. d. Kirchenmusik, Regensburg 1871; 5st. 
Gratias agimus, hrsg. v. L. Niedermeyer, Recueü des 
morceaux de musique andenne VIII, Paris (1844); 
Fünf ital. Duette, hrsg. v. Fr. Chrysander, = 
Supplemente... IV (zur Händel-GA), Lpz, 1892; 

3 Duette in: S. Dehn, Lehre vom Kontrapunkt, hrsg. 
v. B. Scholz, Bin 1859, 2 1883 ; 2 Duette u. ein Terzett, 


hrsg. v. L. Niedermeyer, Recueil des morceaux de 
musique andenne III, Paris (1843); 10 Solfeggi per 
due, hrsg. v. G. W. Teschner, Lpz. o. J. 

Clark (kla:k), Reverend Frederick Scotson, 
* 16. 11. 1840 und f 5. 7. 1883 zu London; eng- 
lischer Komponist und Organist, war Schüler von 
Hopkins und der Royal Academy of Music in 
London, später noch des Leipziger und des Stutt- 
garter Konservatoriums. 1865 gründete er in Lon- 
don ein College of Music. C. schrieb über 500 
Stücke für Org., Harmonium und KL und eine 
Method of the Harmonium (London 1858). 

Clarke (kla:k), Hugh Archibald, * 18. 8. 1839 
zu Toronto, f 16. 12. 1927 zu Philadelphia; kana- 
discher Organist und Dirigent, ab 1859 in Phila- 
delphia tätig. Er schrieb Musik zu den Achamern 
des Aristophanes, zu Euripides* Iphigenie auf Tauris , 
ein Oratorium Jerusalem und Lehrbücher der Har- 
monie und des Kontrapunkts. 

Clarke (kla:k), James Hamilton Smee, * 25. 
1. 1840 zu Birmingham, f 9. 7. 1912 zu Banstead; 
englischer Organist und Dirigent, wirkte 1862-72 
als Organist an verschiedenen Orten Irlands und 
wurde dann Opemdirigent in London und bei rei- 
senden Operntruppen. 1889-91 dirigierte er das 
Victorian National Orchestra in Melbourne, kam 
dann nach London zurück und war 1893-1901 
Dirigent der Carl Rosa Opera Company. C. 
schrieb 2 Symphonien (F dur 1873, G moll 1879), 
ein Klavierkonzert, 6 Ouvertüren sowie Schau- 
spielmusiken zu Dramen Shakespeares, ferner eine 
Instrumentationslehre A Study of the Orchestra 
(London 1897). 

Clarke (kla:k), Jeremiah, * um 1674, f 1- 12. 
1707 zu London (Selbstmord) ; englischer Kompo- 
nist, war Singknabe der Chapd Royal, 1692-95 
Organist am Winchester College, dann Organist 
an St. Paul’s Cathedral in London und wurde dort 
1703 als Nachfolger Blows Knabenchormeister. 
Im folgenden Jahre wurde er zusammen mit Croft 
Organist der Chapd Royal. C. schrieb 2 Services, 
20 Anthems und 10 Chorkantaten, darunter Ale- 
xander' s Feast (1697, nicht erhalten) auf John Dry- 
dens später von Händel vertonten Text. Gedruckt 
sind über 30 Lieder in Sammelwerken (die meisten 
aus Schauspidmusiken) sowie Choice Lessons For 
the Harpsichord (London 1711). 

Ausg. : Cembalostücke, hrsg. v. J. A. Füller Matt- 
land in: The Contemporaries of Purcell V, London 
1921, und: At the Court of the Queen Anne, London 
1923. 

Clarke (kla:k), John (Clarke-Whitfdd), * 13. 
12. 1770 zu Gloucester, f 22. 2. 1836 zu Holmer 
bei Hereford; englischer Organist, nacheinander 
Organist in Ludlow, Dublin und Armagh, verließ 
zufolge des Aufstandes 1799 Irland und wurde Or- 
ganist und Chormeister am Trinity und St. John’s 
College in Cambridge, vertauschte jedoch diese 
Ämter 1820 mit solchen an der Kathedrale in 
Hereford. 1832 trat er in Ruhestand. Von 1821 bis 
zu seinem Tode war er in Cambridge Professor der 
Musik. C. gab 1805-22 4 Bände Cathedral Music 
(Services und Anthems eigener Komposition) 
heraus, auch eine Sammlung Anthems neuerer 
Meister; außerdem hat er ein Oratorium The Cru- 
ciflxion and the Resurrection sowie Glees, Lieder und 
viele Bearbeitungen geschrieben. 


319 



Clarke 


Clarke (kla:k), Mason, schrieb A Biographical 
Dictionary ofFiddlers (London 1895). 

Clarke (kla:k), Rebecca, * 27. 8. 1886 zu Har- 
row; englische Bratschistin und Komponistin, 
studierte Komposition bei Stanford und Viola 
bei Tertis. 1944 heiratete sie J. Friskin und lebt seit- 
dem in New York. Werke: Lullaby und Grotesque 
für Va und Vc. (1918), Bratschensonate (1919), 
P salm für Singstimme und Kl. (1920), Psalm für 
Chor a cappella (1920), IQaviertrio (1921), Rhap- 
sody für vc. und KL (1923), Midsummer Moon für 
V. und Kl. (1924), Passacaglia für Va und Kl., Lie- 
der. Ferner schrieb sie den Abschnitt über Brat- 
schenmusik in W. W. Cobbetts Cyclopedia of 
Chamber Music (Oxford 1929). 

Glarus, Max, * 31. 3. 1852 zu Mühlberg an der 
Elbe, f 6. 12. 1916 zu Braunschweig; deutscher 
Kapellmeister, war Schüler von Haupt, J. J. Schnei- 
der und Löschhom am Königlichen Institut für 
Kirchenmusik in Berlin. 1882 ging er als Kapell- 
meister an das Hoftheater Braunschweig und 
wurde 1900 zum Hofmusikdirektor ernannt. C. 
schrieb 2 Opern, Märchenspiele und zahlreiche 
Männerchöre. 

Clasing, Johann Heinrich, * im Januar 1779 
und f 8- 2. 1829 zu Hamburg; deutscher Pianist 
und Kapellmeister, bearbeitete Oratorien von Hän- 
del und komponierte die Opern Micheli und sein 
Sohn (Fortsetzung von Cherubinis Les deux jour- 
nies) und Welcher ist der Rechte ?, die Oratorien 
Belsazar und Die Tochter Jephtha , geistliche Chor- 
werke, ein Klaviertrio, ein Klavierquartett und 
Variationen für Kl. und Fl. 

Lit. : J. Sittard, Gesch. d. Musik- u. Concertwesens 
in Hbg, Altona u. Lpz. 1890. 

Claus$tti, Pietro, * 2. 1. 1904 zu Neapel; italie- 
nischer Komponist, Sohn von Carlo Cl. (-► Ri- 
cordi), lebt in Rom, war Schüler von Orefice und 
R. Bossi am Mailänder Konservatorium. Von 
seinen Werken sind zu nennen: Das musikalische 
Märchen Ali Babh (Mailand 1935), Filmmusiken, 
Tre danze e Finale für kleines Orch. (1936), eine 
Violinsonate, die mit großem Erfolg aufgeführte 
Kantate in römischem Dialekt San Giuvanni Latte - 
rano (Assisi 1949, Mailänder Scala 1951) für Chor 
und Orch., 2 5st. Kanzonen und zahlreiche Kla- 
vierlieder. 

Oaussen, Julia, * 11. 6. 1879 und f 1. 5. 1941 zu 
Stockholm; schwedische Opemsängerin (Mezzo- 
sopran), studierte 1898-1902 am Konservatorium 
in Stockholm und - nach ihrem Debüt im König- 
lichen Theater in Stockholm - 1903-05 noch ui 
Berlin. Bis 1912 trat sie in Stockholm auf, danach 
als Gast auf verschiedenen amerikanischen und 

ments 1913-17 bei der Chicago Grand Opera^o. 
und 1917-32 am Metropolitan Opera House in 
New York. Die Schönheit ihrer Stimme wurde 
ebenso geschätzt wie ihre große Darstellungs- 
fähigkeit. 

Clauß n i t zer, Paul, * 9. 12. 1867 zu Nieder- 
Schöna bei Freiberg, t 6. 4. 1924 zu Borna bei 
Leipzig; deutscher Organist, war Schüler von 
Draeseke und Schulz-Beuthen am Dresdner Kon- 
servatorium, wurde 1889 S em i n a r m nyj VI pfr in 


Grimma, 1894 in Nossen, 1910 Königlicher Mu- 
sikdirektor und Professor am Seminar Borna. Er 
schrieb vorwiegend Orgelstücke, aber auch Kla- 
vierstücke, Mannerchöre, Lieder und gab Volks- 
lieder (mit Klavierbegleitung) heraus. 

Clavd, ]os6 Anselmo, * 21. 4. 1824 und f 25. 2. 
1874 zu Barcelona; spanischer Komponist, hatte 
das Drechsler-Handwerk erlernt, mußte es aber 
wegen Kränklichkeit aufgeben, wandte sich dann 
der Musik zu und gelangte trotz mangelnder Fach- 
büdung zu großer Popularität als Komponist volks- 
tümlicher Lieder, Chöre und einiger Zarzuelas. Er 
ist der Gründer der Männergesangvereine in 
Spanien nach dem Muster der französischen Or- 
phdons (seit 1850) und veranstaltete auch Sänger- 
feste dieser Socicdades Euterpenses. 

Lit.: C. Barallat, Lo poeta A. C., Barcelona 1874; 

A. Mestres,C., Barcelona 1876 ;J. Aladern,J. A. C., 
Barcelona 1917; J. Subirä, El Müsico-Poeta C., Ma- 
drid 1924; Tomäs y Cl6s, J. A. C., Barcelona 1950. 

Clavijo del Castillo (klav'ixo), Bernardo (Cla- 
bixo), f 1. 2. 1626 zu Madrid; spanischer Organist. 
In der Vorrede zu seinem Motettenbuch (Rom 
1588) nennt er sich Organist des Vizekönigs von 
Neapel, dessen Kapellmeister er schon vorher ge- 
wesen war. 1594-1604 war C. Professor an der 
Universität Salamanca, später Organist der könig- 
lichen Kapelle in Madrid. 

Ausg.: Tiento f. Org., in: F. Pedrell, Ant. de 
organistas cläsicos espaüoles I, Madrid 1908; dass, 
in: P. L. Villalba, Ant. de organistas cläsicos I, 
Madrid (1914). 

Lit. : A. Huarte, Datos para la biografia del Maestro 

B. C., Salamanca 1917; H. Angl^s, Vorwort zu 
MMEsp II. 

Clay (kle:i), Fredäric, *3. 8. 1838 zu Paris, f 24. 
11. 1889 zu Great Marlow; englischer Komponist, 
erhielt seine musikalische Erziehung in Paris, trat 
1859/60 in London zuerst als Opernkomponist pri- 
vatim mit 2 kleinen Stücken ( The Pirat s Isle und 
Out of Sight) auf und brachte dann eine Reihe 
von Opern und Operetten heraus: Court and Cot- 
tage (1862), Constance (1865), AgesAgo (1869), The 
Gentleman in Black (1870), Happy Arcadia (1872), 
Cattarina (1874), Princess Toto und Don Quixote 
(1875), The Merry Duchess (1883), The Golden Ring 
(1883). Außerdem schrieb er einige Musiken zu 
Dramen und die Kantaten : The Knights of the Cross 
(1866) und Lalla Rookh (1877). 

Clemens, Adolf, * 15. 2. 1909 zu Köhi, vermißt 
im Dezember 1942 bei Stalingrad; deutscher Chor- 
komponist, studierte in Köln Komposition (H. 
Lemacher) und Orgel, war als Chorleiter und 
-komponist tätig und für die Erneuerung des rhei- 
nischen Männerchorwesens von nachhaltiger Be- 
deutung. ln seinen Kantaten und a-cappella- 
Chören (Jakob Kneip-Texte) zeigt er sich von 
Hindemitn und Bartök nicht unbeeinflußt. 

Clemens non Papa, Jacobus (eigentlich Jacques 
Cl&nent), * um 1510, + um 1556 zu Dixmuiaen; 
franko-flämischer Komponist, hat einige Zeit in 
Ypern gelebt; die Bezeichnung non Papa legte er 
sich vermutlich bei, um sich von dem ebenfalls in 
Ypern lebenden Dichter Jacobus Papa zu unter- 
scheiden. Im März 1544 wird er als »Sangmeister« 
an Sankt Donatian in Brügge genannt, Oktober 


320 



Clementi 


bis Dezember 1550 als Gast der Brüderschaft Onze 
Lieve Vrouwe in VHertogenbosch. Er gehört unter 
die bedeutendsten Komponisten der Epoche von 
Josquin bis Palestrina und zeichnet sich durch die 
Kraft seiner Melodik und die Klan gfülle seines 
kontrapunktisch einfachen Satzes aus. 4 4st., 5 5 st. 
und eine 6st. Messe erschienen 1556-59 bei Phal&se 
in Löwen, 6 Bücher mit insgesamt 93 4st. und einer 
Ist. Motette (ebenda 1559 und in Neuauflagen bis 
1572). Ein Buch 5st. Motetten von 1546 ist ver- 
loren, ein »5. Buch« mit 11 5st. Motetten von 1556 
erhalten. 1556-57 erschienen bei Susato in Ant- 
werpen 4 Bände Souterliedekens - zusammen 146 
3st. h oll ä n dische Psalmlieder. Weitere 4-5st. Mes- 
sen, 4-8st. Motetten und 3-8st französische und 
niederländische Chansons sind in Sammelwerken 
von 1538-1625 und handschriftlich erhalten. 
Ausg.: GA hrsg. v. K. Ph. Bernet Kempers, CMM, 
Reihe 4, ab 1951. - In: F. Commer, Collectio operum 
musicomm Batavorum, 12 Bde, Bin (Bd V-VIII 
Mainz) 1844-58 ; Bd III (8Motetten) u. XI (die Souter- 
liedekens) nur Werke v. C. non Papa; in 1 3 Motetten, 
in II 3 Motetten, in V 5 Motetten, in VIII eine Mo- 
tette, in X 14 Motetten, in XII 3 frz. Chansons; in: 
Maldeghem Tresor, Jg. I, Musique profane, eine 
frz. Chanson; eine Motette, hrsg. v. E. Reeser u. 
S. Dresden, in: Drie Oud-Nederlandsche Motetten, 
= Uitgave van oudere Meesterwerken XLIV; eine 
frz. Chanson, hrsg. v. R. Eitner, PGfM XXIII; 
nid. Chansons in: Een duytsch musyck boek, hrsg. 
v. F. van Duyse, = Uitgave van ondere Meesterwer- 
ken XXVI; 15 3st Liedsätze, hrsg. v. W. Blanke, 
Alte flämische Volkslieder. Aus den Souterliedekens 
1566, Wolfenbüttel 1929. 

lit.: J. Schmidt, Die Messen des C. non Papa, Diss. 
Bonn 1926, gedruckt ZfMw IX, 1926-27; K. Ph. 
Bernet Kempers, Zur Biogr. C. non Papas, ZfMw 
IX, 1926-27; ders., C. non Papa, Augsburg 1928; 
ders., A Composition by C. non Papa in a 16th-Cent 
Painting, MD VIII, 1954; M. van Crevel, Het 
sterfjaar van C. non Papa, TVer XVI, 1942; K. Ph. 
Bernet Kempers, Die Messe »En Espoir« d. J. C. non 
Papa, in Fs. J. Schmidt-Görg, Bonn 1957. 

Clemens, Johannes, * 16. 12. 1893 zu Löbau 
(Sachsen); deutscher Kapellmeister, besuchte die 
Kreuzschule in Dresden (in dieser Zeit auch Orgel- 
schüler von A. Sittard), studierte in Leipzig Diri- 
gieren bei Nikisch und Sitt, Orgel bei Straube, 
Klavier bei Ruthardt und C. A. Martienssen sowie 
Komposition bei Reger und Krehl. Als Theater- 
kapellmeister wirkte er in Döbeln, Gera, Berlin, 
Tilsit, Bamberg, 1925-29 als Generalmusikdirektor 
in Halberstadt, war dann an verschiedenen Rund- 
funkstationen tätig, bis er sich 1931 als Organist in 
Berlin niederließ. Kompositionen: Lieder, Chor- 
werke, Opern ( Die Richterin, nach C. F. Meyer, 
Karlsbad 1941), Klavierstücke, Kammermusik 
(Fantasiesonate für V. und KL 1926, 2 Kirchenso- 
naten für V. und Org. 1946-47) und Orchester- 
werke (2 Verlaine-Suiten mit Solostimme 1926, 
Serenade 1947). 

Cldment (klem'ä), Charles Francois, * um 
1720 in der Provence, f nach 1782 zu Paris; lebte 
in seinen späteren Jahren als Klavierlehrer in Paris; 
er gab heraus: Essai sur Vaccompagnement du clavecin 
(Paris 1758), Essai sur la hasse fondamentale (Paris 
1762), auch beide genannten Werke vereinigt Da- 
neben hat er 2 aus Bühnenwerken anderer Kompo- 
nisten zusammengesetzte kleine Opern in Paris auf- 
geführt, Klavierstücke mit V. und ein Journal de 


Clavecin 1762-73 herausgegeben (Favoritstücke aus 
Opern ohne Nennung der Komponisten). 

Ausg.: die Sonate op. 1, 6 bei E. Reeser, De Klavier- 
sonate met Vioolbegeleiding, Rotterdam 1939. 

Odment (klem'ä), Edmond, * 28.3.1867 zu 
Paris, f 23. 2. 1928 zu Nizza; französischer Opern- 
sänger (Tenor), Schüler des Pariser Conservatoire, 
debütierte 1889 als Vincent in Gounod’s Mireille an 
der Opdra Comique, der er bis 1910 angehörte. 
Danach sang er mit unvermindertem Erfolg auf 
Reisen in den USA. 

C16meiit (klem'ä), Felix, * 13. 1. 1822 und f 22. 

I. 1885 zu Paris; französischer Musikschriftsteller 
und Komponist wurde 1843 Musiklehrer und 
Organist am College Stanislas und daneben nach- 
einander Kapellmeister der Kirchen St. Augustin 
und St. Andre d’Antin, zuletzt Organist und Ka- 
pellmeister an der Kirche der Sorbonne. 1849 diri- 
gierte er die kirchlichen Festaufführungen in der 
Ste-Chapelle du Palais, wobei er eine Reihe Kom- 
positionen aus dem 13. Jh. in Partitur brachte und 
vorführte (veröffentlicht als Chants de la Sainte Cha- 
pelle , 1849, 31875). 1861 gab er eine Auswahl mit- 
telalterlicher Sequenzen mit Orgelbegleitung her- 
aus. Hauptsächlich auf seine Anregung entstand 
das Institut für Kirchenmusik (-► Nieoermeyer). 
Von seinen vielen Schriften sind die bedeutendsten: 
Mithode compllte de plainchant (Paris 1854, 2 1872), 
Mdthode de musique vocale gradude et concertante 
(Paris 1871), Mithode d'orgue, d*harmonie et d*accom- 
pagnement (Paris 1873, 2 1894), Histoire ginirale de 
la musique religieuse (Paris 1860), Les musiciens cd- 
llbres depuis le XVI‘ diele . . . (Paris 1868, 4 1887, 
holländisch von Westrheene), Dictionnaire lyrique, 
ou Histoire des opiras (Paris 1867-69, mit P. La- 
rousse, mit vier Supplementen bis 1881; mit wei- 
teren Supplementen von A. Pougin 1899 bzw. 
1905) und Histoire de la mudque (Paris 1885). An 
Kompositionen hinterließ er 2 Opern sowie Werke 
von Kirchen- und weltlicher Vokalmusik. 

dement, Franz Joseph, * 17. 11. 1780 und f 3. 

II. 1842 zu Wien; österreichischer Violinist, trat 
schon am 11. 4. 1788 in Wien auf und unternahm 
dann 3 Jahre lang Konzertreisen durch Deutschland, 
Belgien und England. 1802-11 und wieder 1817-21 
war er Konzertmeister des Theaters an der Wien. 
1806 spielte er die Uraufführung von Beethovens 
Violinkonzert, das im Manuskript ihm (im Druck 
1808 jedoch St. von Breuning) gewidmet ist. 1811 
reiste er nach Rußland und wurde 1813 unter C. 
M. von Weber Konzertmeister in Prag. C. galt als 
ein hervorragender Violinist von unfehlbarer Tech- 
nik und Intonation; doch bewirkten zunehmende 
Nachlässigkeit des Spiels und Neigung zu exzen- 
trischen Kunststücken, daß er seinen Ruhm weit 
überlebte. Er komponierte Violinstücke, Kam- 
mermusik, Violin- und Klavierkonzerte, Ouver- 
türen, eine Messe und Bühnenstücke. 

Lit : A. W. Thayer, L. van Beethovens Leben, bearb. 
v. H. Deiters, Bd EL u. in, bearb. v. H. Riemann, 
Lpz. 21910-H; R. Haas, The Viennese Violinist F. 
C., MQ XXXIV, 1948. 

Clem^nti, Muzio, * 23. 1. 1752 (nach der Alters- 
angabe des Eintrags in die Kirchenregister bei sei- 
nem Tod e), f 10. 3. 1832 auf seinem Landsitz in 
Evesham (W orcestershire) ; italienischer Kompo- 


21 


321 



Clementd 


nist, war der Sohn eines Goldschmieds Nicola C., 
die Mutter, geborene Kayser, war wahrscheinlich 
eine Deutsche. Den ersten Klavierunterricht erhielt 
C. bei einem Verwandten, dem Organisten Boroni, 
Unterricht im Generalbaß ab 1759 bei dem Organi- 
sten Cordicelli, ferner bei Carpini in Kontrapunkt 
und bei Santarelli in Gesang; nebenher versah er 
schon ab 1761 ein Organistenamt. 1766 erwirkte 
ein Engländer namens Peter Beckford von dem 
Vater <ne Erlaubnis, den Knaben mit nach England 
nehmen zu dürfen. Bis 1773 lebte er im Hause sei- 
nes Gönners in Fonthill Abbey (Wiltshire), bildete 
sich zum vollendeten Pianofortevirtuosen aus und 


gelangte dann in London zu ausgezeichnetem Ruf 
als Meister und Lehrer seines Instruments. 1773 gab 
er die ersten Klaviersonaten heraus. 1777-80 fun- 
gierte er als Cembalist (Kapellmeister) an der Ita- 
lienischen Oper und unternahm 1781 seine erste 
Reise auf dem Kontinent über Paris, Straßburg und 
München nach Wien, wo er einen Wettstreit mit 
Mozart ehrenvoll bestand. 1784 reiste er abermals 
in Frankreich und der Schweiz. In der Zwischen- 


und Folgezeit bis 1802 wirkte er in London mit 
stets steigendem Ansehen als Solist, Kapellmeister 
und Lehrer, beteiligte sich an demMusikverlag und 
der Pianofortefabrik vonLongman & Broderip und 
errichtete nach deren Bankrott 1798 ein gleiches 
Geschäft, bis 1801 zusammen mit Longman, dann 
unter der Firma C., Banger, Hyde, Collard & Da- 
vis (auch M. C. & Co.), ab 1810 C., Banger, 
Collard, Davis & Collard, ab 1819 C., Collard, 
Davis & Collard, 1822 bis zu C.s Austritt aus der 
Firma 1830: C., Collard & Collard. Die Firma 


entwickelte wahrend C.s Mitarbeit einige Verbes- 
serungen der Klaviermechanik; der Verlag brachte 
zahlreiche Werke und Bearbeitungen von seiner 
Hand. Die berühmtesten unter seinen zahlreichen 
Schülern sind J. B. Gramer und Fidd. 1802 ging er 
mit Field über Paris und Wien nach St. Petersburg, 
wo Fidd blieb, während sich dafür K. T. Zeuner 
an C. anschloß; in Berlin und Dresden gesellten 
sich L. Berger und A. Klengd zu ihnen. Audi Mo- 
scheies und Kalkbrenner waren in Berlin einige 
Zeit C.s Schüler. Dort vermählte er sich mit Ca- 
roline Lehmann, Tochter des Kantors an der Ber- 
liner Nicolai-Kirche, J. G. G. Lehmann, verlor 
aber seine junge Frau schon nach ememjahr, reiste 
in tiefer Depression mit seinen Schülern Berger und 
Klengd nach St. Petersburg und kehrte 1810 über 
Wien und Italien nach London zurück. Beethovens 
persönliche Bekanntschaft machte er im Frühjahr 
1807 in Wien; C. übernahm damals für En glan d 
den Verlag von Beethovens op. 59-62. Mit Aus- 


nahme einiger Reisen auf dem Kontinent (1817/18 
in Paris, Frankfurt, 1821/22 in München und Leip- 
zig — in beiden Städten kamen Symphonien von 
ihm zur Aufführung 1827 in Italien und Wien) 
blieb er fortan in London, sdt 1811 zum zwtiten- 
mal verheiratet mit Emma Gisbume. Die Akade- 
mie von Stockholm wählte ihn 1814 an Stelle Grd- 
trys zum Mitglied. C. nimmt in der Geschichte der 
Klaviermusik eine bedeutende Stellung ein; im 

S ensatz zu Mozart schätzte ihn Beethoven hoch 
verdankt ihm viel Hatte er in jüngeren Jahren 
vor allem durch die Geläufigkeit seines Spiels - na- 
mentlich in Terzenpassagen —Bewunderung erwor- 
ben, so schuf er sich später in Anpassung an die 
Weiterentwicklung des Klavierbaues einen stärker 


gefühlshaften und gesanglichen Stil. C. hat - ge- 
stützt auf Anregungen D. Scarlattis und anderer 
italienischer Meister, aber weitgehend unabhängig 
von seinen Wiener Zeitgenossen - die klassische 
Klaviersonate im virtuosen Stile ausgeprägt und ist 
damit für Webers Sonatenschaffen vorbildlich ge- 
worden; seine Themen sind oft konventionell, die 
Durchführung stets interessant und groß angdegt; 
zuweilen wird ein Thema polyphon verarbeitet. 
Die reizvollen Sonatinen werden im Unterricht oft 
verwendet. Auch die erhaltenen Symphonien er- 
weisen C. als einen Meister von großen Gaben, in 
dem man zu unrecht nur den Virtuosen und Päd- 
agogen gesehen hat. Seine Hauptwerke sind: 106 
Klaviersonaten (46 mit V., Vc. und H.), eine Me- 
thode pour le pianoforte (1801), ferner der Gradus 
ad Pamassum (1817, noch heute in Gebrauch), 
weiter 2 Sonaten für 2 Kl., Charakterstücke, ein 
Klavierkonzert und 4 Symphonien. Zum festen 
Bestand des Klavierunterrichts gehören auch C.s 
Sonatinen op. 36 und op. 38. 

Ausg.: Klavierwerke in viden NA bei d. Verlagen 
Breitkopf & Härtel, Cotta, Iitolff, C. F. Peters, Ri- 
cordi, B. Schott’s Söhne u. Universal-Ed. ; Gradus ad 
Pamassum, 3 Bde, hrsg. v. B. Mugeluni, Lpz. 1908, 
neu bearb. v. A. Longo, Mailand-Lpz. o. J,; ders., 
hrsg. v. E. Schmdd, Lpz. o. J.; ders., in Ausw. hrsg. 
u. bearb. v. K. Tausig, o. J.; ders., hrsg. u. bearb. v. 
H. Riemann, o. J.; ders., bearb. v. H. Schüngeler 
in 2 Bden als »Der neue Gradus ad Pamassum«, 
Mainz (1939); Sinfonia in Do, hrsg. v. A. Casella, 
Mailand 1938; Sinfonia in Re, hrsg. v. A. Casella, 
Mailand 1938; die 6 Sonatinen f. Kl. op. 36 erschienen 
auch mit hinzugefügter Violinstimme v. M. Reger 
(London 1895, Neudruck Mainz 1911); Seena pa- 
tetica, in Tagliapietra Ant XXIII. 

Lit.: G. Frojo, M. C, Mailand 1876; M. Unger, 
M. Cs Leben, Diss. Lpz. 1913, Langensalza 1914; 
G. Paribeni, M. C, Mailand 1922; G. de Saint- 
Foix, M. C, MQ IX, 1923; ders., Les symphonies 
de C., Rev. de Musicol. Vm, 1923/24; ders., C., 
Forerunner of Beethoven, MQ XVII, 1931; ders., 
Haydn and C., MQ XVm, 1932; A. Casella, M. C. 
et ses symphonies, RM XVII, 1926; H. Engel, Die 
Entwicklung d. deutschen Klavierkonzerts, Lpz. 1928 ; 
A. Stauch, M. Cs Klaviersonaten, Diss. Köln 1930; 
R. Giraldi, M. C., RMI XXXIX, 1932; E. di Laura, 
L’estetica neU’arte di M. C., Rom 1934; V. Terenzio, 
Intomo a M. C., Rass. mus. XXI, 1951. 

Cterambanlt (kleräb'o:), Louis Nicolas, * 19. 
12. 1676 und •}■ 26. 10. 1749 zu Paris; französischer 
Organist. Sein Vater, Dominique C. (* 1647, 
t 24. 5. 1704 zu Paris), gehörte ab 1670 den 24 
Violons du roi an. Louis Nicolas C. war Schüler von 
Raison und wurde sein Nachfolger als Organist an 
St. Jacques. Vorher war er Surintendant der Musik 
der Madam e de Maintenon sowie als Nachfolger 
von Niyers Organist an St. Sulpice in Paris und an 
der Maison Royale de Saint-Louis in St. Cyr ge- 
worden. Er gab heraus: I* r Livre de Pikees de Clave~ 
ein (Paris 1704), I tr Livre d’Orgue (Paris ohne Jahr), 

5 Bücher Cmtates fiangoises (Paris 1710-26), 5 Kan- 
taten ei nze l n (Paris 1715-21), 5 Bücher Motetten 
(nur V gedruckt erhalten), eine 2bändige Motetten- 
sammlung für die Schule von St. Cyr (Paris 1733, 
enthält auch Stücke anderer Meister), ferner Airs 
und geistliche Gesänge in Sammelwerken. Hand- 
schriftlich erhalten sind noch einige Motetten, 
kleine Bühnenwerke sowie Violin- und Triosona- 

und 


ten. Auch C.s Söhne Cdsar Francois Nicola 
Evrard Dominique wurden Organisten. 


322 



Cleve 


Ausg. : Pföces de clavedn, hrsg. v. P. Brunold, Paris 
o. J.; I er Livre d*Orgue, in: Guilmant-Pirro III, Paris 
1899; Capriccio, in: Liber Organi, Bd U, hrsg. v. 
£. Kaller, Mainz; 2 Orgelsätze in: Anth. des Mai- 
tres de FOrgue, hrsg. v. M. Dupr£, Paris 1942; So- 
nate La F61idt6 f. 2 V. u. B.c., hrsg. v. E. Wagner, 
Paris 1923; Sonate La Magnifique Emoll f. 2 V. u. 
B.c., hrsg. v. Peyrot u. Rebupat, Paris o. J.; Sonate 
G dur, hrsg. v. E. Wagner, Paris 1914; Pr&ude et 
allegro in G dur f. V. u. Kl., hrsg. v. A. Mangeot u. 
G. Dandelot, Paris 1924; Courante G dur f. V. u. 
KL, hrsg. v. G. Dandelot, Paris 1926; Kantate 
L’Amour piquö par une abeille, hrsg. v. Ch. Bordes, 
Paris 1908; Kantate Orphde, hrsg. v. Ch. Bordes, 
Paris o. J.; Kantate M6d6e, KL-A. v. M. J. Roesgen- 
Champion, Paris 1925; Kantate La Sagesse, K1.-A. 
v. J. Pillois, Paris 1935; Kantate La Resignation, 
K1.-A. v. J. Pillois, Paris o. J. ; 7 Arien aus Kantaten 
in: La Cantate au XVII® et XVIII® s., hrsg. v. J. 
Arger, Paris; eine Motette u. 2 Teile v. Motetten 
in: Musique d*6glise des XVII® & XVTH® s., hrsg. v. 
Ch. Pineau, = Repertoire dass, de musique reli- 
gieuse 1 er ® ann6e, Paris 1914; Motette O mysterium 
ineffabüe, in: Concerts spirituels, alte Serie VI, hrsg. 
v. H. Quittard, Paris; Motette Esse panis in: 124 
Pieces d’orgue. 

Lit.: L. de La Laurencie, La musique fr?, de Lulli 
ä Gluck, in A. Lavignac, Encycl. de la musique I, 3, 
Paris (1914); ders., L’Ecole ftp. de violon I, Paris 
1922; A. Pirro, Les clavednistes, Paris (1925). 

Glercx, Suzanne (vermählte Lejeune), * 7. 6. 
1910 zu Houdeng-Aimeries (Hennegau) ; belgische 
Musikforscherin, studierte an der Universität Lüt- 
tich Kunstgeschichte und Archäologie sowie Mu- 
sikwissenschaft (van den Borren). Sie erwarb 1939 
den Doktorgrad, war 1941-49 als Nachfolgerin van 
den Borrens Bibliothekarin des Königlichen Kon- 
servatoriums in Brüssel und erhielt 1945 einen 
Lehrauftrag an der Universität Lüttich, an der sie 
jetzt als Professor für Musikgeschichte tätig ist. 
VeröffentKchungen: Johann Kuknau et la Sonate 
(RM 1934), La Forme du Rondo chez Carl-Philipp- 
Emanuel Bach (Rev. de Musicol. 1935), Du Baroque 
au Classique (RIM 1, 1938), Les clavednistes beiges et 
leurs emprunts ä Vart de Francois Couperin et de Jean- 
Philippe Rameau (RM 1939), La Cnapelle Musicale 
de Charles de Lorraine (Revue Gdndrale 1940), 
Henri-Jacques De Croes , Compositeur et Mattre de 
Musique du Prince Charles de Lorraine ('1705-1786 ) 
(2 Bände, Brüssel 1940), La Chapelle Royale de 
Bruxelles sous V Anden Rigime (in: Annuaire du 
Conservatoire Royal de Musique de Bruxelles, 
1942), Les Boutmy , Une dynastie de Musidens beiges 
au XVIII* sihle (m: Revue Beige d* Archäologie et 
d’Histoire de FArt, 1943), Gritry (Brüssd. 1944), 
La Musique instrumentale en Europe du XIII* sihle au 
dibut du XVII* (in: La Musique des origines ä nos 
jours, Paris 1946), Pierre van Maldere (Brüssel 1948), 
Les Godecharles, musidens bruxellois du XVW* sihle 
(in: M&anges Emest Closson, Brüssel 1948), Le Ba- 
roque et la Musique , Essai d'esthitique musicale (Brüs- 
sel 1948), Le *retour ä Vantique* et le baroque musical 
(Polyphonie I, 1949), Terminologie et RJalitis, In- 
troduction ä VHistoire de la Musique enBelgique (RBM 

V, 1951), Jean Brassart et le dibut de sa carrnre (RBM 

VI, 1952), Johannes Ciconia de Leodio (Ker.-Ber. 
Utrecht 1952, Amsterdam 1953), Jacques d’Auder- 
naerde ou Jacques de Lüge? (RBM vT, 1953), VEs- 
pagne du XVI* stiele , source d 9 inspiration du ginie 
neroique de Monteverdi (in: Musique et Podsie au 
XVI* s&de, Paris 1954), La Toccata, prindpe du style 


symphonique (in: Musique instrumentale du XVI® 
si£cie, Paris 1954), D'une ardoise aux partitions du 
XVI* sihle (in: M&anges Paul-Marie Masson, Pa- 
ris 1955), Propos sur VArs Nova (RBM EX und X, 
1955 und 1956), Johannes Ciconia thioriden (Ann. 
mus. m, 1955), Les Editions musicaks anversoises du 
XVI* sihle et leur röle dans la vie musicale des Pays- 
Bas (in: Actes du Congrfcs Plantin Antwerpen 
1955, gedruckt 1956), Jean De Macque et Vivolution 
du maärigalisme ä la fin du XVI* sihle (Schmidt- 
Görg-Festschrift, Bonn 1957), Un Munden liigeois 
et son temps: Johannes Ciconia (im Druck). Ausga- 
ben: Josse Boutmy, Werken voor Klavecimbel 
(MMBelgV, 1943); Dieudomi Raick (1703-1764), 
Charles-Joseph van Helmont (1715-1790), Werken 
voor Klavedmbel of Orgel (MMBelg VI, 1948). 

Cldreau (kler'o:), Pierre; französischer Kompo- 
nist des 16. Jh., 1554 Meister der Chorknaben der 
Kathedrale von Toul, schrieb 6 4st. Messen und 2 
Motetten (Paris 1554-57), Cantiques spirituels (Paris 
1567) je ein Buch 3st. und 4st. Chansons (Paris 
1559) und 2 Bücher Ödes de Ronsard (3st., Paris 
1566) ; weiteres in Sammelwerken. 

Lit.: P. Wagner, Gesch. d. Messe I, Lpz. 1913; M. 
Cauchie, Les chansons ä trois v. de P. C., Rev. de 
Musicol. XI («* Tome VIII), 1927 ; G. Thibault u. L. 
Perseau, Bibliogr. des chansons de Ronsard mises en 
musique au XVI®“ 1 « s., Paris 1941; F. Lesure, Le 
musicien P. CI. et ses sources poötiques, in: Bibi. 
d’Humanisme et Renaissance, t XVI, 1954. 

Cldricy Blanc du Collet (kleris'i), Marie, * 24. 
6. 1850 zu Puget-ThÄoiers bei Nizza; französische 
Sängerin und Gesangspädagogin, verlor mit 40 
Jahren die Stimme, erlangte sie aber wieder durch 
Übung der Kehlkopf-Muskulatur und erregte in 
Paris Aufsehen durch ihre Vorträge im Conserva- 
toire über die Behandlung kranker Stimmen. Sie 
eröfinete eine £cole Orthophonique in Paris und 
schrieb : La voix amplifiie (Paris 1899), Exposi de la 
mithode de riiducation de la voix (Paris 1907) und La 
voix posie fortijüe (Paris 1912). 

Cleve, Half dan, *5. 10. 1879 zu Kongsberg; nor- 
wegischer Komponist und Pianist. Sein Vater war 
der Organist Andreas Klewe (1832-1903), Kom- 
ponist von Liedern und Klavierstücken. Halfdan 
C. erhielt den ersten Unterricht von ihm, studierte 
1895-98 bei Winter-Hjehn in Odo und dann bis 
1903 bei X. und Ph. Scharwenka in Berlin. Er 
schrieb Gesänge mit Orch., eine Violinsonate 
E moll op. 21, über 100 Klavierstücke und 5 Kla- 
vierkonzerte. 

Cleve, Johannes de, * um 1529 (zu Cleve?), f 14. 
7. 1582 zu Augsburg; franko-flämischer Kompo- 
nist, war 1553-64 Tenorist der Hofkapelle Kaiser 
Ferdinands I. in Wien, dann bis 1570 Kapellmeister 
am Hofe des Erzherzogs Karl in Graz. Ab 1579 ist 
er in Augsburg nachzuweisen. Er schrieb ausschließ- 
lich Kirchenmusik im traditiondien Niederländer- 
stiL Gedruckt wurden 3 Bücher 4-10st. Cantiones 
sacrae (Augsburg 1559-76) und 20 4st. Cantional- 
sätze (ohne Text) in Andreas Giglers Gesang Postill 
(2 Bände, Graz 1569 und 1574); weitere Motetten 
in Sammelwerken von 1553-86. 

Ausg.: A. Gigler, Gesang Postill, Faks., Graz 1950; 
in Maldeghem Trtsor: Missa Dum transisset, 6st, 
Jg. XTV, 1878; Missa Tribulatio, 5sL, Jg. XV, 1879; 

3 6st Motetten in Jg. 1, 1865; eine 4st. u. 3 6st. Mo- 


21 * 


323 



Clewing 


tetten in Jg. IX, 1873; eine 4st u. eine 6st Motette 
in Jg. XD, 1876; 3 4st u. 6 5st. Motetten in Jg. XIII, 
1877; 3 4st u. eine 6st. Motette in Jg. XIV, 1878; 
3 4st u. eine 5st Motette in Jg. XV, 1879; 2 5s t. u. 
2 6sL Motetten in Jg. XVI, 1880; Missa Vous perdes 
temps, in: Musik alter Meister I, hrsg. v. H. Feder- 
hofer, Graz-Innsbruck-Wien (1949); Officium in 
festo corporis Christi, in: DTÖ, Bd 90. 

Lit.: L. v. Köchel, Die Kaiserliche Hofkapelle in 
Wien, Wien 1869; H. Osthoff, Die Niederländer u. 
d. deutsche Lied, Neue Deutsche Forschungen 
CXCVH (= Abt. Mw. VH), Bin 1938; H. J. Moser, 
J. de C. als Setzer v. Zehn lutherischen Melodien, 
TVer XVI, 1941; H. Federhofer, Zur NA d. 4st. 
A-cappella-Messe »Vous perdes temps« v. J. de C., 
Aus Arch. u. Chronik II, 1949; ders., Jugendjahre u. 
Lehrer R. Michaels, AfMw X, 1953. 

Clewing, Carl, * 22. 4. 1884 zu Schwerin, f 15. 5. 
1954 zu Badenweiler; deutscher Sänger (Tenor), 
war ab 1905 Schauspider in Bromberg, Stoßburg 
und Berlin, wurde dann noch Schüler von F. d* An- 
drade und W. Grüning und 1922 als Heldentenor 
an die Berliner Staatsoper verpflichtet, sang auch 
in Bayreuth. 1927 ging er von der Bühne ab und 
wurde 1929 Professor an der Staatsakademie in 
Wien. 1932-45 war er künstlerischer Produktions- 
leiter der Schallplattenfirma Tdefunken, daneben 
auch als Forscher und Herausgeber von Volks- 
liedern tätig. Er gab heraus: Denkmäler deutscher 
Jagdkultur (3 Bände, Neudamm u. Kassel 1937-38, 
Band 1: Musik und Jägerei). 

Clicquot (klik'o), berühmte französische Orgel- 
macherfamilie; - 1) Nicolas, f vor 1672. Er hatte 
den Orgelmacher Etienne Hdnocq zum Schwieger- 
sohn. Dieser ließ seinen Schwager - 2) Robert, 

* um 1645 zu Reims, + 1719 zu Paris, um 1678 nach 
Paris kommen. R. CL kann ohne Zweifd als der 
größte französische Orgdmacher angesehen wer- 
den. Nachdem er 10 Jahre lang sein Handwerk in 
Reims ausgeübt hatte, wirkte er noch 40 Jahre in 
Paris und versah die Stadt wie die Provinz mit be- 
wunderungswürdigen Werken zu 2, 3 und 4 Ma- 
nualen. Besonders zu nennen sind die Orgeln der 
Kapdle von Versailles (1679-1711), von Saint- 
Jean-des-Vignes in Soissons, Saint-Quentdn,Rouen, 
von Saint-Jean-des-lhvalides, von Blois und Laon. 
Ab 1679 führte er den Titd eines »facteur d’orgues 
du roif. - 3) Jean-Baptiste-Simon, * 3. 11. 
1678, t Ende 1744; ältester Sohn von R. - 4) L oui s- 
Alexandre, * um 1682 und 1 25. 1. 1760 zuParis; 
jüngster Sohn von R., übernahm, die Nachfolge 
seines Vaters, ohne jedoch dessen Bedeutung zu er- 
reichen. Ebenfalls Orgdmacher des Königs, ar- 
beitete er in Mitry-Mory, Chevreuse und Houdan, 
an Saint-Paul und Saint-Roch in Paris und an 
Saint-Louis in Versailles. - 5) Fran?ois-Henri, 

* 1732 und f 24. 5. 1790 zu Paris; der dritte Sohn 
von L.-A., beendete die von seinem Vater begon- 
nenen Werke, baute zahlreiche neue Orgeln und 
restaurierte diejenigen, die schon sein Großvater 
bearbeitet hatte (Jakobinerkirche, heute Saint- 
Thomas d’Aqtdn, Saint-bücolas-des-Champs und 
Saint-Sulpice in Paris, weitere Orgeln in Nantes, 
Souvigny undPoitiers). Auch er königlicher Orgd- 
macher, wurde er häufig als Gutachter herangezo- 
gen, versah die Orgdn mit Flöten- und Oboen- 
stimmen und vergrößerte Aufschnitt und Auf- 
schlagskraft der Zungen. Als Manuskript hinter- 
ließ er eine Thiorie pratique de lafacture de Vorgue 

324 


(1789). - 6) Francois, * 1762, f 1801; Sohn von 
Fr.-H., setzte noch einige Zdt das Handwerk sei- 
nes Vaters fort. 

Lit: N. Dufourcq, Les CI., Paris 1942. ND 

Cliffe (klif), Frederick, * 2. 5. 1857 zuLowmoor 
bei Bradford, f 19. 11. 1931 zu London; englischer 
Pianist und Organist, bekleidete berdts Organisten- 

f osten, bevor er 1876 an der National Training 
chool of Music in London Komposition bd Sulli- 
van und E. Prout, Orgd bd John Stainer und Kla- 
vier bd F. Taylor zu studieren begann. 1883 wurde 
er Klavierlehrer am Royal College of Music und 
1901 an der Royal Academy of Music, versah aber 
auch fortgesetzt Organistenämter an Kirchen, in 
Konzerten und im Theater und unternahm erfolg- 
rdche Konzertreisen als Pianist außerhalb Europas. 
Seine Kompositionen sind 2 Symphonien C moll 
(1889) und E moll (1892), symphonische Dichtung 
Cloud and Sunshine (1890), Violinkonzert D moll 
(1896), The Triumph of Alcestis für A. und Orch. 
(1902) und Ode to the North-East Wind für Chor 
und Orch. (1905). 

Clifford (kl'ifod), Hubert John, * 31. 5. 1904 zu 
Baimsdale (Australien) ; australischer Dirigent und 
Komponist, studierte am Konservatorium, an der 
High School und der Universität in Melbourne 
sowie am Royal College of Music und an der Uni- 
versität in London. C. wirkte 1941-44 bd der 
BBC, bis 1946 als iLehrer am Royal College of 
Music, dann bis 1950 als musikalischer Ldter bd 
den London Film Productions. Sdtdem widmet er 
sich ausschließlich seinem kompositorischen Schaf- 
fen. Er schrieb mehrere Orchesterwerke (beson- 
ders für Strdchorch.) und ein Buch The School 
Orchestra (London 1939). 

Clifford (kl'ifed), James, * 1622 zu Oxford, f im 
September 1698 zu London; englischer Geistlicher, 
wirkte ab 1661 an St. PauTs Cathedral in London 
und wurde 1682 deren Senior Canon. C. gab her- 
aus The Divine Services and Anthems (London 1663, 
21664), eine Zusammenstellung der Texte von Ser- 
vices und Anthems der englischen Komponisten 
des 17. Jh., 1. Auflage mit einer Einldtung Briefe 
Directions for the understanding of thatpart of the Di- 
vine Service performed with the Organ . . ., 2. Auflage 
mit Mdodien für das Venite, die Psalmen und das 
Credo . 

Cliftcm (kl'iften), Chalmers Dancy, * 30. 4. 1889 
zu Jackson (Mississippi); amerikanischer Dirigent, 
studierte 1903-08 am Konservatorium in Cincin- 
nati, dann an Harvard University und 1912-14 in 
Paris bei d’Indy und G^dalge. An den MacDowell 
Festivals in Peterboro (New Hampshire) 1910 und 
1914 nahm er führenden Anteil. 1915-17 war er 
Dirigent der Cedlia Society in Boston, 1922-31 
musikalischer Leiter der American Orchestral So- 
ciety in New York. CL ist seitdem auf organisato- 
rischem und verlegerischem Gebiete sowie als Diri- 
gent vielseitig tätig. Kompositionen: 3 Pageants 
(of Peterboro 1910, ofLexingtm 1916, of Plymouth 
1921); The Poppy für T. und Orch.; Trompeten- 
suite; Klarinettenstücke; 2 Klaviersonaten; Lieder. 

Gliftcm (kl'iften), John Charles, * 7. 11. 1781 zu 
London, t 18. 11. 1841 zu Hammersmith; eng- 
lischer Kapellmeister, war zuerst Musiklehrer und 



Cobbold 


Chordirigent in Bath, 1802 in Dublin, 1816 in Lon- 
don, wo er nach Logiers Methode unterrichtete, 
komponierte Glees, Chansons, auch eine Oper: 
Edwin (mit John Stevenson, Dublin 1816) und kon- 
struierte das Eidomusicon, eine Art Melograph. 

Clodius, Christian (Clöde), * 18. 10. 1647 und 
t 1717 zu Neustadt bei Stolpen (Sachsen), wo er 
Lehrer und ab 1675 Rektor der Stadtschule war. 
C. studierte 1665-69 in Leipzig, war Vorsteher der 
Paulinischen Tischgenossenschaft und legte in die- 
ser Zeit ein Liederbuch an, das mit 91 Melodien 
eine wichtige Quelle der Geschichte des Volks- 
liedes und des Generalbaßliedes bildet. 

Lit. : W. Ndbssbn, Das Liederbuch d. Stud. C., VfMw 
VII, 1891 ; E. Blümml, Zwei Lpz.er Liederhs. ...,*= 
Teutonia X, Lpz. 1910; H. Kretzschmar, Gesch. d. 
Neuen deutschen Liedes I, « Kleine Hdb. d. Mg. IV, 
Lpz. 1911. 

Closson (klos'3), Ernest (Pseudonym: Paul An- 
toine), * 12. 12. 1870 zu Saint Josse ten Noode 
(Brüssel), f 21. 12. 1950 zu Brüssel; belgischer Mu- 
sikforscher, wurde 1896 Assistent und 1924 Nach- 
folger von Mahillon als Konservator des Instrumen- 
tenmuseums, 1912 auch Lehrer derMusikgeschichte 
am Conservatoire Royal de Musique in Brüssel. 
Daneben lehrte er ab 1917 Musikgeschichte am 
Konservatorium von Mons und war 1920-40 Mu- 
sikreferent der Zeitung LTndipendance Beige. Außer 
zahlreichen Zeitschriftenaufsätzen veröffentlichte 
er: Siegfried de R. Wagner (Brüssel und Paris 1891) ; 
Edvara Grieg (Paris, Brüssel und Leipzig 1892) ; 
Sainte Godelive de E. Tinel (Leipzig 1897); Les 
Concerts populaires de Bruxelles (Brüssel 1898) ; Les 
origines ligendaires de *Feuersnoth* de R. Strauss 
(Brüssel 1902) ; Les chansons populaires des provinees 
beiges (Brüssel 1905, 2 1913, 31920); Les Rückers 
(Brüssel 1908) ; Les Noels wallons (mit A. Doutre- 
pont, Lüttich 1909, Paris und Lüttich 21938 mit 
M. Delbouille) ; Le manuscrit dit des Basses Danses 
(Brüssel 1912) ; Elements d'esthiüque musicale (Brüs- 
sel 1916, 2 1920) ; Roland de Lassus (Tumhout und 
Brügge 1919); Ausgabe von Grdtrys »Rdflexions 
d*un solitaire« (4 Bände, Brüssel und Paris 1919 bis 
1922, mit L. Solvay); Andri-Modeste Gritry (Tum- 
hout und Brügge 1920); Esthitique musicale (Brüs- 
sel 1921); Cisar Franck (Charleroi 1923); Litemmt 
flamand dans Beethoven (Brüssel 1928, 21946, eng- 
lisch von M. Füller als The Fleming in Beethoven 
Oxford 1936); Gevaert (Brüssel 1929); La Facture 
des Instruments de Musique enBelgique (Brüssel 1935) ; 
Histoire du piano (Brüssel 1944). Zu seinem 75. Ge- 
burtstag wurde ihm eine Festschrift überreicht: 
MilangesE . C. (Brüssel 1948, mitSchriftenverzeich- 
nis). 

Lit. : Ch. vak den Borren, E. C., in Mtlanges E. C., 
Brüssel 1948; ders., E. C, RBM V, 1951. 

Clough-Leighter (kb:-l'e:te), Henry, * 13. 5. 
1874 zu Washington, f 15. 9. 1956 zu Milton bei 
Boston (Massachusetts); amerikanischer Organist 
und Komponist, Organist und Lehrer in Washing- 
ton, Providence, Boston, 1901-08 Mitleiter der 
Firma O. Ditson & Co., ab 1908 Mitleiter der 
E. C. Schirmer Boston Music Co. Er schrieb zahl- 
reiche kirchliche und weltliche Gesänge, zum Teil 
mit Orch., und ist der Herausgeber vieler pädago- 
gischer und technischer Werke. 


Quer (klu :a), J ohn, f 1728 zu London, englischer 
Musikaracker. Die Firma ist ab 1715 nachweisbar. 
C. druckte 1720 Handels Suites de Pieces und ab 
1724 9 Opern Händds. Nach seinem Tode über- 
nahm C.s Stecher Thomas Cobb die Firma, ver- 
kaufte sie aber 1736 an seinen Schwager William 
Dicey, dessen Sohn Cluer Dicey sie bis 1764 führte. 
J. C. nahm die Erfindung des Notenstichs mit 
Stempeln auf Pewterplatten (Mischung von Zinn 
und Blei) für sich in Anspruch; sie ist jedoch 
Walsh und Hare zuzuschreiben. 

Lit : F. Kidson, Brit Music Publishers, London 1900. 

Quytens (kliiit'ä, flämisch: kl'aitons), Andrd, 

* 26. 3. 1905 zu Antwerpen; französischer Diri- 
gent belgischer Geburt, erhielt seine musikalische 
Ausbildung am Konservatorium in Antwerpen 
und war danach Kapellmeister in Antwerpen, 
Toulouse und Lyon. 1941 leitete er das Orchester 
der Grand Op&ra in Paris, an der er wieder wirkt, 
nachdem er 1947 die Leitung des Orchesters der 
Op6ra Comique übernommen hatte. Q. dirigiert 
auch bei den Bayreuther Festspielen. 

Coates (ko:ts). Albert, * 23. 4. 1882 zu St Pe- 
tersburg, f 11. 12. 1953 zu Milnerton bei Kapstadt; 
englischer Dirigent, war Schüler der Konservato- 
rien in St. Petersburg und Leipzig, hier besonders 
von Nikisch, wurde zuerst Korrepetitor am Leip- 
ziger Opernhaus, dann Opemdirigent in Elberfeld 
(1906), Dresden (1908), Mannheim (1910), St. Pe- 
tersburg (1911). Ab 1919 dirigierte er in London 
an Covent Garden und in den Konzerten des Lon- 
don Symphony Orchestra, außerdem 1922 und 
1925 bei den Festspielen in Leeds. Die letzten Le- 
bensjahre verbrachte er in Johannesburg und Kap- 
stadt. Er komponierte: die Opern Assurbanipal 
(nicht aufgeführt), Samuel Pepys (München 1929) 
und Mr. Pickwick (London 1936); eine sympho- 
nische Dichtung The Eagle (1925), Klavierstücke 
und Lieder. 

Lit.: A.Buesst, A. C., 1882-1953, in ML XXXV, 
1954. 

Coates (ko:ts), Eric, * 27. 8. 1886 zu Hucknall 
(Nottinghamshire), f 21. 12. 1957 zu Chichester; 
englischer Komponist (nicht mit Albert C. ver- 
wandt), studierte in Nottingham Violine und 
Komposition, 1906 mit Stipendium an der Royal 
Academy of Music in London Viola bei Tertis und 
Komposition bei F. Corder. Ab 1907 gehörte er 
verschiedenen Streichquartetten an, bis er 1912 
1. Bratschist im Queen’s Hall Orchestra wurde. 
Ab 1918 widmete er sich nur mehr der Komposi- 
tion. Außer zahlreichen Liedern schrieb er ein- 
gängige kleine Orchesterwerke, die zum Teil sehr 
erfolgreich waren, darunter Miniature Suite, Joyous 
Youth Suite , Ouvertüre The Merry-Makers r, Dance 
Interlude sowie eine Autobiographie: Suite in four 
Movements (Melboume-London-Toronto 1953). 

Cobbold (k'obold), William (Cobhold, Cobold), 

* 5. 1. 1560 zu Norwich, f 1639 zu Beecks; eng- 
lischer Kirchenmusiker, ist 1599-1608 als Organist, 
dann als Sänger an der Kathedrale von Norwich 
nachweisbar. Von ihm erschienen im Druck: 
11 4st. Sätze in Th. Easts The Whole Booke of 
Psalmes (London 1592), ein Madrigal in The 
Triumphs of Oriana (London 1601). Handschrift- 


325 



Cocchi 


lieh erhalten sind eine Violen-Phantasie New 
Fashions sowie unvollständig Instrumental- und 
Kirchenmusik und 5 Madrigale. 

Ausg.: Th. East, The Whole Booke . . hrsg. v. E. 
F. Rimbault, Bd XII d. Ausg. d. Mus. Antiquarian 
Soc., London (1844); The Triumphs of Oriana, hrsg. 
v. E. H. Fellowes, EMS XXXII. 

Lit.: Ch. Burney, A General Hist, of Music, 4 Bde, 
London 1776-89, neu hrsg. v. F. Mercer in 2 Bden, 
London 1935; J. E. West, Past and Present Cathedral 
Organists, London 1899, 2 1921 ; E. H. Fellowes, The 
Engl. Madrigal Composers, Oxford 1921, 2 1948. 

Cocchi (k'okki), Claudio, * in Genua, Franzis- 
kanermönch, italienischer Kirchenkomponist, trat 
1626 in den Dienst des Kardinals Dietrichstein in 
Olmütz, wurde 1627 Kapellmeister an der Kathe- 
drale in Triest, war dann in San Severino (Marche), 
Avignon und Assisi tätig, ehe er 1632 Kapellmeister 
an San Francesco in Mailand wurde. Von ihm sind 
erhalten: Armonici concentus (5st. Vesperpsalmen, 
Venedig 1626), 3 5st. Messen und ein Te Deutn 
(Venedig 1627), Ghirlanäa sacra . . . Lib. 2 op. 10 
(4st. Psalmen, Mailand 1632). 

Cocchi (k'okki), Gioacchino, * um 1715 zu 
Padua, t 1804 zu Venedig; italienischer Kompo- 
nist, wird bereits 1735 in Neapel als Kirchenkom- 
ponist genannt, schrieb 1743-53 für Rom und 
Neapel, die folgenden Jahre für Venedig, wo er 
Kapellmeister am Ospedale degli Incurabin wurde, 
1757-71 für London, wo er auch 2 Jahre die 
Abonnementskonzerte der Mrs. Comelys leitete 
und dann als Lehrer wirkte, im ganzen 42 Opern 
und 2 Oratorien. 1773 kehrte er nach Venedig 
zurück. 

Cocda (k'ottja), Carlo, * 14.4. 1782 zu Neapel, 
1 13. 4. 1873 zu Novara; italienischer Komponist, 
war Schüler von Fenaroli und Paisidlo, schrieb im 
ganzen 40 Opern, 4 davon 1820 für Lissabon. 1820 
bis 1828 war er Opemdirigent in London, ab 1822 
zugleich Kompositionslehrer an der neugegrün- 
deten Royal Academy of Music. 1840 wurde er als 
Mercadantes Nachfolger Kapellmeister in Novara. 
Außer Opern schrieb er Kantaten und Kirchen- 
musik. 

Lit: G. Carotti, Biogr. di C. C., Asti 1929. 

Coccpn, Nicol6, * 10. 8. 1826 und f 4. 8. 1903 
zu Venedig; italienischer Komponist, gab schon 
mit 15 Jahren Motetten heraus und wurde 1856 
1. Organist und 1873 1. Kapellmeister an San 
Marco. 1883 ernannte ihn die Accademia di Santa 
Cedlia in Rom zum Ehrenmitglied. Er schrieb 
über 400 Werke, darunter 8 Requiem, 30 Messen, 
ein Oratorium Saul und 2 Opern. 

Cochlaeus, Johannes (Cocleus, eigentlich Dob- 
neck; den Humanistennamen C. formte er nach 
seinem Geburtsort), * 10. 1. 1479 zu Wendelstein 
bei Nürnberg;, + 10. 1. 1552 zu Breslau; deutscher 
Musiktheoretiker, genoß in Nürnberg den. Unter- 
richt von Johann firkhdbner und Heinrich Grie- 
ninger, wurde am 26. 4. 1504 an der Kölner Ar- 
tistenfakultät immatrikuliert, wo er 1505 zum 
Baccalaureus, 1507 zum Magister und 1509 zum 
Professor aufstieg. C. ist in Köln vielleicht Schüler 
des Adam Folkmar von Boppard (nicht des Adam 
von Fulda!) gewesen; nachweislich zählen B. Bo- 
gentantz und Glarean zu C.s Kölner Hörem. 1510 


wurde er als Rektor der Lorenzschule nach Nürn- 
berg berufen und bekleidete das Amt bis 1515. 
Dann begab er sich nach Italien, studierte 1516 in 
Bologna Theologie und Jura, promovierte 1517 in 
Ferrara zum Doktor der Theologie und empfing 
im gleichen Tahre in Rom die Priesterweihe. Nach 
Deutschland zurückgekehrt, trat C. fortan als 
Gegner der Reformation hervor, so vor allem in 
Disputationen mit Luther (Worms 1521) und 
Mefanchthon (Augsburg 1530) sowie mit pole- 
mischen Schriften (ab 1523). Seine kirchliche Lauf- 
bahn führte ihn über Frankfurt am Main, Mainz, 
Dresden und Meißen 1539 nach Breslau, das er nur 
1543-45 zu einem Aufenthalt in Eichstätt sowie 
1541 und 1546 zur Teilnahme an den Regens- 
burger Religionsgesprächen verließ. C.s Musik- 
traktat erschien zuerst in 2 anonymen Ausgaben 
(Nürnberg vor 1505 und Köln zwischen 1504 und 
1506), dann in einer auf die Bedürfnisse des Uni- 
versitäts-Lehrgangs zugeschnittenen Bearbeitung 
(Köln 1507 und 1515). Epochemachend wurde die 
zweite Bearbeitung, die als Tetrachoräum musices 
pro iuventutis Laurentianae emditione zuerst 1511 in 
Nürnberg erschien und bereits 1526 in 7. Auflage 
herauskam. Die 4 Bücher dieser Fassung handeln 
De musicae elementis. De musica plana , De octo tonis 
meli und (zum ersten Male in einem Trivialschul- 
Lehrbuch) De musica mensurali ; angehängt ist in 
einigen Ausgaben eine Einführung in den huma- 
nistischen Odengesang mit Beispielen, die wahr- 
scheinlich von C. komponiert wurden. Den von 
C. geschaffenen Typus der humanistischen Kom- 
positionslehre setzen die Schriften von Omitho- 
arch, Glarean, Lusdnius, Rhaw und C.s Nüm- 
erger Schüler Sebald Heyden fort. Das gesamte 
literarische Werk C.s umfaßt ferner eine Gramma - 
tica (Nürnberg 1511), theologische und historische 
Schriften. 

Ausg. : die 2. Ausgabe der anonymen Fassung, hrsg. 
v. H. Riemann als: Anonymi introductorium musi- 
cae, MfM XXIX, 1897, und XXX, 1898. 

Lit: U. de Weldige Cremer, De J. Coclei vita et 
scriptis, Münster 1865; C. Otto, J. C., Breslau 1874; 
M. Spahn, J. C., Bin 1898; W. Friedensburg, Bei- 
träge zum Briefw. der kath. Gelehrten .... Zs. für 
Kirchengesch. XVIII, 1898; J. Mantuani, Ein un- 
bekanntes Druckwerk, Mitt. d. österreichischen Ver. 
für Bibliothekswesen VI, 1902; O. Clemen, Zur 
Biogr. des J. C., Neues Arch. für sächsische Gesch. 
XXTV, 1903; G. Schünemann, Gesch. d. deutschen 
Schulmusik I, Lpz. 1928, 2 1931; G. Pietzsch, Zur 
Pflege d. Musik an d. deutschen Universitäten . . ., 
AfMf III, 1938, V, 1940, VI, 1941; W. Kahl, Die 
Musik an d. alten Kölner Univ. . . ., Fs. zur Erinne- 
rung an d. Gründung d. alten Kölner Univ., Köln 
1938, neu bearb. in Beiträge zur rheinischen Mg. III, 
Köln und Krefeld 1953; H. Höschen, Der Musik- 
traktat des B. Bogentantz, Diss. Köln 1943, maschr.; 
W. Gurlitt, Musik u. Rhetorik, Helicon V, 1944; 
ders.. Die Kompositionslehre d. deutschen 16. und 
17. Jh., Kgr.-Ber. Bamberg 1953. 

Cpclico, Adrianus Petit, * um 1500 in Flan- 
dern, f um 1563 zu Kopenhagen; flämischer Kom- 
ponist und Musiktheoretiker, nennt sich Schüler 
Josquins und behauptet, er habe im Dienste des 
Papstes und des Kömgs von Frankreich gestanden. 
Nachweisbar ist er zuerst im September 1545 in 
Wittenberg als Musiklehrer; sein Versuch, an der 
Universität als Dozent anzukommen, schlug fehl. 
Daher zog er 1546 nach Frankfurt an der Oder, 


326 



Coeme 


1547 nach Stettin und weiter nach Königsberg, 
wo er der Kapelle Herzog Albrechts angehörte, 
1550/51 nach Nürnberg, wo er 1552 bei Montanus 
und Neuber seine Motettensammlung Musica Re- 
servata und das Compendium musices herausbrachte 
und mit Unterstützung des Rats eine Privatschule 
für Musik, Italienisch und Französisch eröfihete, 
die jedoch keinen Erfolg hatte. 1555 ist C. in 
Wismar nachweisbar; im folgenden Jahre wurde 
er Sänger der Kopenhagener Hofkapelle. 3 Mo- 
tetten und ein Lied C.s sind handschriftlich erhal- 
ten. C.s Kompositionen zeigen einen manieristi- 
schen, ganz auf Wortausdeutung berechneten Stil. 
In seinen Druckwerken begegnet der Ausdruck 
Musica Reservate zum ersten Male. Im Compen- 
dium beruft er sich mehrfach auf Josquin; ob dieser 
wirklich C.s Lehrer gewesen ist, bleibt ungewiß. 

Ausg: Compendium Musices, Faks. hrsg. v. M. F. 
Bukofzer, = Documenta Musicologica 1, 9, Kassel 
u. Basel 1954. 

Lit : J. Voigt, Deutsche Musik im 16. Jh., Germania 
II, 1852; E. Pasqu£, A. Petit, Niederrheinische Musik- 
zeitung IX, 1861; O. Kade, Nachtrag zu A. Petits 
Lebensskizze, Niederrheinische Musikzeitung IX, 
1861 ; ders., A. P. C, MfM XXIX, 1897; M. Fürste- 
nau, Zwei Briefe v. A. P. G, MfM VII, 1875; V. G 
Ravn, Koncerter og mus. Selskaber i aeldre Tid, 
Festskrift ... af Musikforeningens Halvhundred- 
aarsdag, Kopenhagen 1886; R. Schwartz, Ein neuer 
Brief a. A. P. C., VfMw X, 1894; E. Praetorius, 
Mitt. aus norddeutschen Arch., SIMG VII, 1905/06; 
M. Federmann, Musik u. Musikpflege zur Zeit 
Herzog Albrechts, Königsberger Studien zur Mw. 
XTV, Kassel 1932; M. van Crevel, A. P. G, Den 
Haag 1940, darin d. 4st Motette Vidi impiuxn 
superexaltatum aus d. Musica Reservata u. d. 4st 
Lied Disce bone clerice sowie d. Dokumente; vgl. 
dazu d. Rezension v. H. Zenck in AfMf VII, 1942; 
E. Lowinsky, Secret Chromatic Art in the Nether- 
lands Motet, NY 1946; dazu M. van Crevel in 
TVer XVI, 1946. 


le Cocq, Jean Le Cocq. 


Cocteau (fc>kt'o), Jean, * 5. 7. 1891 zu Maisons- 
Laffitte (bei Paris); französischer Schriftsteller, der 
für die Musik vor allem durch seine Verbindung 
mit der Gruppe der »Six« (Milhaud, Honegger, 
Poulenc, Aunc, Durey, Taüleferre) Bedeutung ge- 
wonnen hat. Zunächst ein Freund Debussys, 
wandte er sich bald von diesem ab und E. Satie zu, 
mit dem er in wechselseitiger Beeinflussung zu- 
sammenarbeitete. Nach dem 1. Weltkrieg war 
C. einer der eifrigsten Vertreter der Bewegung 
gegen Wagner, Debussy und Ravel und machte 
sich mit der Organisation von Konzerten und Vor- 
trägen sowie als Schriftsteller zum Wortführer der 
von der Gruppe der »Six« vertretenen Bestre- 
bungen. Seine Verbindung mit diesen Musikern 
fand ihren Niederschlag m mehreren Bühnen- 
werken, besonders der zwanziger Jahre: Parade 
(Satie, 1919), Le Bceuf-sur-le-toH (Milhaud, 1920; 
eine »Fantasie«, betitelt nach dem von C. mit dem 


Pianisten und Komponisten T. Wiener um 1918 in 
Paris gegründeten Nachtlokal), Les Mariis de la 
Tour Eiffel (Musik von den »Six«, 1921), Le Pauvre 
Matelot (Milhaud, 1921), Les Biches (Poulenc, 
1924), Les Fdcheux (Auric und Laloy, 1924), Oedi - 
pus Rex (Strawinsky, 1928), Antigone (Honegger, 
1928), Phkdre (Auric, 1952), La Dame ä la JUcome 
(Chaflley, 1957). Zu C.s Filmen (darunter Orphie , 


1951) schrieb Auric die Musik. Von den Schriften 
von C. seien hier genannt: Le Coq et VArlequin 
(Paris 1918), Carte Blanche (Paris 1920), Fragments 
d*une Conßrence sur Satie (RM V, 1924), Le Rappel 
ä VOrdre (Paris 1926), La Voix Humaine , Le 
triomphe de Berthe Bovy ä la Comidie Frangaise (Paris 
1930), Maurice Ravel sahU par J. C. (Paris 1946), 
Danse (Paris 1947). 

Lit. : V. RaSin, »Les Six« and J. G, ML XXXVIII, 
1957. 

Coelho (ko'e^o), Padre Manuel Rodrigues, 
* vor 1583 zu Elvas, j* nach 1623 wahrscheinlich 
zu Lissabon; portugiesischer Organist und Kom- 
p onist, war zuerst Organist der Kathedrale von Elvas 
und ging 1603 nach Lissabon, wo er Domorganist 
und Mitglied der Königlichen Kapelle wurde. 
Seine Flores de musica (Lissabon 1620) enthalten 
28 »V ersos«, die - von der Norm abweichend - für 
eine Singstimme und Klavierinstrument (oder 
Harfe) gesetzt sind. Es ist das erste gedruckte In- 
strumentalwerk der portugiesischen Musik. 

Ausg.: ein Ricercar im l.Ton in: Cravistas portu- 
gfcses I, hrsg. v. S. Kästner, Mainz 1935; 5 Tentos, 
hrsg. v. S. Kästner, Mainz 1936; ein Verso, Davison- 
Apbl Anth. II, 200. 

Lit.: S. Kästner, Müsica hispänica, Lissabon 1936; 
ders., Contriburiön al estudio de la müsica espafiola, 
Lissabon 1941. 

Coelho (ko'eÄo), Ruy, * 3. 3. 1892 zu Lissabon; 
portugiesischer Komponist, studierte Musik in 
Lissabon und Berlin (Humperdinck), gewann als 
Musikkritiker des »Diario de Notirias« großen Ein- 
fluß und gilt als der Schöpfer der modernen portu- 
giesischen Oper. Werke: die Opern Ines de Castro , 
Belkiss , Crisfal , Entre gestas , Td-Mar, Rosas de todo 
ano, Auto da barca do infemo ; Ballette A princesa dos 
sapatos de ferro, Dom Sebastiäo , Bailado do encanta- 
mento ; ein Oratorium Fatima ; Orchesterwerke 
(Sinfonia Camoniana, symphonische Dichtungen), 
ein Klavierkonzert, Noites da Mouraria für IQ. und 
Orch., Kammermusik, Klavierstücke und Lieder. 

Coenen (k'urnon), Johannes Meinardus, * 28. 
1. 1824 im Haag, f 9. 1. 1899 zu Amsterdam; nie- 
derländischer Kapellmeister, studierte am Haager 
Konservatorium, war zuerst Fagottist, wurde 1851 
Kapellmeister des Theaters Van Iicr in Amster- 
dam, nach van Brees Tod 1857 Dirigent der Ge- 
sellschaft Felix Meritis. 1865 gab er dieses Amt ab 
und übernahm die Leitung der Konzerte im Paleis 
voor Volksvlijt, die er bis 1896 behielt. C. schrieb 
eine Ojper Bertha en Siegfried, Kantaten, Ballette, 
Schauspielmusiken, 2 Symphonien, kleinere Or- 
chesterwerke, eine Sonate für Fag. (oder Vc.), 
Klar, und KL sowie ein Bläserquintett. 

Coerne (kce:n), Louis Adolphe, * 27 . 2. 1870 zu 
Newark (New Jersey), j* 11. 9. 1922 zu Boston; 
amerikanischer Kapellmeister und Komponist, 
wurde 1888 Schüler von Paine an der Harvard 
University in Boston und studierte 1890-93 an der 
Münchner Akademie der Tonkunst bei Rhein- 
berger. In der Folgezeit bekleidete er verschiedene 
Posten in Buffalo (New York), Columbus (Ohio), 
Northampton (Massachusetts), Boston und Madi- 
son (Wisconsin) und ging noch zweimal auf je 
2 Jahre nach Deutschland. Ab 1915 war er Pro- 
fessor der Musik am Connecticut College for 


327 



Coeuroy 


Women in New London. C. schrieb die Opern 
A Woman of Marblehead op. 40, Zenobia op. 66 
(Bremen 1905), Sakuntala op. 67 und The Maiden 
Queen op. 69, die symphonische Dichtung Hia- 
watha (nach Henry W. Longfellows Epos) op. 18, 
eine Messe D moll op. 53, Chöre, Lieder, Kam- 
mermusik sowie Klavier- und Orgelstücke; ferner: 
The Evolution of Modem Orchestration (New York 
1908). 

Coeuroy (kce:rü'a), Andrd (eigentlich Jean Be- 
lime), * 24. 2. 1891 zu Dijon; französischer Mu- 
sikforscher, studierte 1910-14 neuere Philologie an 
der Ecole Normale Supdrieure in Paris und war 
1910 Schüler von M. Reger in Leipzig. 1920 be- 
teiligte er sich an der Gründung der von H. 
Pruniöres geleiteten Revue musicale, deren Chef- 
redakteur er bis 1937 blieb. Daneben war er als 
Musikkritiker bei verschiedenen Zeitungen tätig 
und ist Mitarbeiter zahlreicher Zeitschriften. 1929 
bis 1939 war C. Generalsekretär und Leiter der 
Musikabteilung des Instituts für geistige Zusam- 
menarbeit beim Völkerbund. Schriften (alle in 
Paris erschienen): La musique frangaise moderne 
(1921), Musique et litthature (1923), Weber (1925), 
Le Jazz (mit A. Schaeffher, 1926), Appels d’Orphde 
(1927), Panorama de la musique contemporaine (1928), 
Le phonographe (mit G. Clarence, 1929), Panorama 
de la radio (1930), Histoire de la musique par le disque 
(mit R. Jardillier, 1931), Petite histoire des Concerts 
Colonne (1931), La musique et le peuple (1941), 
Histoire genirale du Jazz (1942), Les lieder de Schubert 
(1948), R. Schumann (1950), La musique et sesformes 
(1951), Chopin (1952), La musique de chambre (1953), 
Histoire de ta musique (1954), Dictionnaire aritique de 
la musique andenne et moderne (1956). Als Kompo- 
nist trat er hervor mit einer Symphonie H moll 
(1917), einem Klarinettenquintett (1919), dem Bal- 
lett Jeunesse (1930) und weiterer Kammermusik. 
192o schrieb C. eine neue französische Bearbei- 
tung des Freischütz für die Große Oper (Paris 1927). 

Coffey (k'ofi), Charles, * 1746; irischer Drama- 
tiker, verfaßte 5 Bailad Operas: The Beggar’s 
Wedding (1729), The Female Parson (1730), The 
Devil to Pay (1731, nach The Devil of a Wife von 
Jevon, 168o), The Boarding-School (1733) und The 
MerryCobler (1735, als 2. Teil des Devil to Pay). 
The Devil to Pay wurde als Der Teufel ist los in der 
Übersetzung des preußischen Gesandten in Lon- 
don C. W. von Borck 1743 in Berlin mit den ur- 
sprünglichen Melodien gespielt; die Bearbeitung 
des Textes von Weiße komponierte Standfuß für 
Leipzig 1752 neu, ebenso für Lübeck 1759 The 
Merry Cobler als Der lustige Schuster . Die beiden 
Stücke wurden in der Bearbeitung von Standfuß' 
Musik durch J. A Hillcr (Leipzig 1766) zum Aus- 
gangspunkt des deutschen Smgspidls. 

Cohen (k'oin), Harriet, * 2. 12. 1895 zu London; 
englische Pianistin, Schülerin der Royal Academy 
of Music und der Matthay School, an der sie 1922 
Lehrerin wurde. Auf Konzertreisen in Europa und 
Amerika machte sie sich als Interpretin moderner 
englischer Klaviermusik bekannt, besonders mit 
Werken von A. Bax und R. Vaughan Williams, 
die mehrere Kompositionen (Bax u. a. das Con- 
certino für die linke Hand, nachdem sie sich 1948 
die rechte Hand verletzt hatte) für sie geschrieben 

328 


haben. Sie behandelt Interpretationsfragen zu den 
von ihr gespielten Werken in der Schüft Music 9 s 
Handmaid (London 1936). 

Cohen, Hermann, * 4. 6. 1842 zu Coswig (An- 
halt), f 4. 4. 1918 zu Berlin; deutscher Philosoph, 
studierte in Breslau und Berlin, promovierte 1865 
in Hille und habilitierte sich 1873 in Marburg, wo 
er (1876-1912 ordentlicher Professor) als führender 
Vertreter des neukantianischen Idealismus und als 
Mitgründer der »Marburger Schule« hervortrat. 
Die letzten Lebengahre verbrachte er in Berlin. 
Hauptwerk: System der Philosophie (Logik-Ethik- 
Ästhetik, 4 Bände, Berlin 1902-12). Ferner schrieb 
er: Die dramatische Idee in Mozarts Opemtexten (Ber- 
lin 1915). 

Lit: G. Falter, H. C.s Ästhetik, Arch. f. Gesch. d. 
Philosophie, N. F. XVIII, 1912; P. Natorp, H. C. als 
Mensch, Lehrer und Forscher, = Marburger aka- 
demische Reden XXXIX, Marburg 1918; P. Moos, 
H. C. als Musikästhetiker, Fs. H. Kretzschmar, Lpz. 
1918; ders.. Die deutsche Ästhetik d. Gegenwart, 
Bin 1920; A. W. Cohn, Das Erwachen d. Ästhetik, 
ZfMw I, 1918/19; R. A. Fritzsche, H. C. aus per- 
sönlicher Erinnerung, Bin 1922. 

Cohen (ko'2), Jules Emile David, *2. 11. 1835 zu 
Marseille, f 13. 1- 1901 zu Paris; französischer 
Komponist, studierte am Pariser Conservatoire bei 
P. J. G. Zimmermann und A F. Marmontel Kla- 
vier, bei Benoist Orgel und bei Halövy Kompo- 
sition. Er erhielt zuerst eine Stelle als Hilfslehrer 
und 1870 als ordentlicher Lehrer des Ensemble- 
gesangs am Conservatoire und war zugleich Chor- 
meister der Großen Oper. C. schrieb viele Opern, 
darunter: Maitre Claude (1861) ; Jost Maria (1866) 
und Les Bleuets (1867); mehr Erfolg hatten seine 
Messen, Klantaten, Symphonien und Ouvertüren. 

Cohen, Karl Hubert, * 18. 10. 1851 zu Laurens- 
berg bei Aachen, f 11- 11. 1938 zu Köln; deutscher 
Kirchenmusiker, studierte in Bonn Theologie, 
wurde 1875 zum Priester geweiht, war 1876-79 in 
Regensburg Stiftsvikar der alten Kapelle und Leh- 
rer an der Musikschule, wurde 1879 Domkapell- 
meister in Bamberg und war 1887-1909 Dom- 
kapellmeister in Köln. 1888 wurde er zum Präses 
des Caedlienvereins der Erzdiözese Köln ernannt. 
C. war Mitglied des Referentenkollegiums für den 
CaeciEenvereins-Katalog und gab das Gregorius- 
blatt heraus. Er schrieb Messen, ein Requiem, 
Hymnen und geistliche Lieder, ein Manuale chori 
(Regensburg 1901) und viele Aufsätze. 

Cohn, Arthur, * 6. 11. 1910 zu Philadelphia; 
amerikanischer Komponist, studierte am Combs 
Conservatory in Philadelphia und an der Tuilliard 
School (Goldmark), ist Later der Musikabteilung 
an der Philadelphia School of Social Science and 
Art Kompositionen: Producing Units (1934) und 
Satire Tnal für Tanzensemble und Kl. (1934), 
Bühnenmusik zu Too Late to Die (Chr. Wood; 
1935), mehrere Suiten für Orch., Retrospections 
(1933), Four Symphonie Documents (1939), Histrionics 
für Streicher (1941), Suite für 4 Va und Orch. (1937), 
Konzert für 5 Solo-Instrumente und Orch. (1940), 
Flötenkonzert (1941), Variationen für Klar, und 
Streicher (1945), Kammermusik (darunter meh- 
rere Streichquartette), Klavierstücke (Machine 
Music für 2 Kl, 1937). 



Coleras 


Coignet (küaji'e), Horace, * 13. 5. 1735 und f 29. 
8. 1821 zu Lyon; französischer Komponist, war 
Stickereiwarenhandler und trieb nebenher Munk. 
1770 führte er Rousseau seine Oper Le midecin de 
Vamour (1758) vor, die dessen Beifall fand. Im glei- 
chen Jahr schrieb C. die Musik zu Rousseaus Mo- 
nodram Pygmalion (nur das Andante der Ouver- 
türe und ein Ritomell sind von Rousseau), mit 
welcher das Werk 1775 in Paris öffentlich auf- 
geführt wurde. 

Lit: A. Mahul, Annuaire archöologique II, 1822; 
A. Jansen, J. J. Rousseau als Musiker, Bin 1884; 
E. Istel, Studien zur Gesch. d. Melodramas I, BIMG 
I, 1, 1901. 

Colart li Boutellier (kal'arr), nordfranzösischer 
Trouv&re aus der Mitte des 13. Jh., gehörte dem 
Pui d’Arras an. Ober die näheren Umstande seines 
Lebens ist nichts bekannt. Ihm werden 12 Lieder 
zugeschrieben, zu denen die Melodien mehrfach 
handschriftlich überliefert sind. 

Ausg. u. Lit.: A. Dinaux, Les Trouvfcres art&iens, 
Paris 1843; A. LAngfors, Recueil g6n6ral des Jeux 
partis frangais, Paris 1926; H. Petersen Dyggve, 
Chansons fran^aises du XIII« s., in: Neuphilologische 
Mitt XXX, 1929; J. u. L. Beck, Le Manuscrit du 
Roi, Fonds fr?. Nr 844 de la BibL nat, «= Corpus 
Cantilenarum Medii Aevi II, London-Oxford-Phila- 
delphia 1938 (Faks.); A. Hoffmann, Robert de le 
Pierre, Robert le Clerc, Robert de CasteL Zur Arraser 
Literatur gesch. d. 13. Jh., Diss. Halle 1917; Fr. 
Gennrich, MGG II (Faks. d. Melodie R 1875 »Je 
n’ai droit© ochoison«); ders.. Die altfranzösische 
Liederhandschrift London Brit. mus. Egerton 274, 
ZRPh XLV, 1925, S. 415 f. (Melodie zu R 1730 
»Loiaus amours et desiriers de joie«) ; G. Gröber, 
Grundriß d. romanischen Philologie II, 1, Straßburg 
1902, S. 949 ff. 

Colasse Collasse. 

Colassis, Byron, * 20. 3. 1921 zu Konstantino- 
pel; griechischer Violinist und Dirigent, studierte 
am Konservatorium Athen, das er mit 16 Jahren 
absolvierte. Seit 1941 leitet er das Radio-Sympho- 
nieorchester Athen und ist daneben seit 1946 Kon- 
zertmeister des Staats-Symphonieorchesters. Als 
für seine Virtuosität geschätzter Solist konzertiert 
C. in West- und Osteuropa und Ägypten. Er 
schrieb eine Sonate, Capricen und Etüden für sein 
Instrument. 

Colbrän, Isabella Angela, * 2. 2. 1785 zu Ma- 
drid, f 7. 10. 1845 zu Bologna; spanische Sängerin 
(dramatischer Sopran), Schülerin von Crescentini, 
war 1809 »prima donna seria« in Mailand, ging 
dann nach Venedig, Rom und endlich auch nach 
Neapel, Geliebte des Impresarios Dom. Barbaja 
und auch bei Hof sehr gut angeschrieben; am 16. 3. 
1822 heiratete sie Rossini und gab, schon damals 
stimmlich völlig »passde«, bald danach ihre Büh- 
nenlaufbahn auf. 

Lit. : G. Radiciotti, G. Rossini I, Tivoli 1927. 

Cole (ko:l), Rossetter Gleason, * 5. 2. 1866 zu 
Clyde (Michigan), f 18. 5. 1952 zu Lake Bluff 
(Illinois); amerikanischer Komponist, studierte 
1890-92 bei M. Bruch in Berlin, bekleidete Lehrer- 
steilen für Musik in Ripon, Grinnell, Chicago und 
Madison und lebte ab 1909 in Chicago. Er schrieb : 
Kantate The Passing of Summer (1902), Bdüade für 
Vc. und Orch. (1909), Symphonie Prehide (1915), 


Pioneer Overture (1919), Kantate The Rock of 
Liberty (1920), Heroie Piece für Org. und Orch. 
(1924), Oper The Maypole Lovers (1927-31), Or- 
chestersuite daraus (1936); Lieder, Klavier- und 
Orgelstücke. 

Coleman (k'oilmaen), - 1) Charles, f Anfang 
Juli 1664 zu London; englischer Komponist, trat 
1625 in den Dienst Charles* I., beteiligte sich 1656 
an der Komposition der ersten englischen Opern 
The First Day's Entertainment und The Siege of 
Rhodes. Ihm werden 13 Generalbaß-Lieder zuge- 
schrieben (die meisten inj. Playfords Select Musicall 
Ayres, 1625-53 gedruckt), ferner 5-6st. Fandes 
und Tänze für Va und B.c. - 2) Charles, f nach 
1694; Sohn des vorigen, war Hofmusiker und hat 
ebenfalls Generalbaß -Lieder veröffentlicht. - 
3) Edward, f 29. 8. 1699 zu London; englischer 
Sänger und Lautenist, Bruder des vorigen, wirkte 
mit seiner Frau Catherine 1656 bei der Auffüh- 
rung des Siege of Rhodes in den Hauptrollen, war 
auch ein angesehener Gesanglehrer. Seine 4 ge- 
druckten Lieder fanden zum Teil weite Verbrei- 
tung. 

Lit: H. C. de Lafontaine, King’s Musick, London 
1909; E. J. Dent, Foundations of Engl. Opera, 
Cambridge 1928. 

Coleridge-T aylor (k'olmkk-t'erb) Samuel, 

* 15. 8. 1875 und t 1. 9. 1912 zu London; eng- 
lischer Komponist, war der Sohn eines aus Sierra 
Leone stammenden Arztes und einer Engländerin. 
Er wurde 1890 in das Royal College of Music auf- 
genommen, studierte dort 1893-97 bei Stanford 
Komposition und wurde 1898 Violinlehrer an der 
Anstalt, 1904 auch Dirigent der Handel Society. 
Schon 1892 druckte Novello sein erstes Anthem 
In Thee t o Lord , schnell folgte eine stattliche Reihe 
größerer Werke, ein Nonett F moll op. 2 für KL 
mit Streich- und Blasinstrumenten (1894), Fanta- 
siestücke für Streichquartett op. 5 (1895), Sym- 
phonie Amoll op. 8 (1896), Klarinettenquintett 
Fis moll op. 10 (1895), Streichquartett D moll op. 
13 (1896), Song of Hiawatha (nach H. W. Long- 
fellow) für Soli, Chor und Orch. in 3 Teilen op. 30 
(1898-1900, sein erfolgreichstes Werk), Ballade 
A moll für Orch. op. 33 (1898), Solemn Prelude für 
Orch. op. 40 (1899), Oratorium The Atonement 
op. 53 (1903), 5 Balladen (von H. W. Longfellow) 
für Chor und Orch. op. 54 (1905), Symphonie 
Variations on an African Ahr op. 63 (1906), Endy~ 
mion 9 s Dream (von John Keats) für Soli, Frauen- 
chor und Orch. op. 65 (1910), A Tale of Old Japan 
(von Alfred Noyes) für Soli, Chor und Orch. op. 
76 (1911), Violinkonzert Gmoll op. 80 (1911). 
Ferner schrieb er Schauspielmusiken, Anthems und 
ein Service, Lieder, Violinstücke, Klavier- und 
Orgelstücke, insgesamt 82 opera. Sein Ziel war, 
auf dem Gruna des Negergesangs eine Kunst- 
musik aufzubauen; doch weist seine Musik nach 
heutigem Empfinden wenig Ursprünglichkeit auf 
und ist eher abhängig von Gneg, MacDowell, 
Tschaikowsky, Goldmark und PuccinL 
Lit: W. C. Berwick Sayers, S. C.-T., London 1915, 
21926; H. Antclifee, Some Notes on C.-T., MQ 
Vm, 1922; H. l’Anson Fausset, S. C.-T., London 
1926; J. Coleridge-Taylor, S. C.-T., London 1942; 
dies., C.-T., London 1943. 

Coleras ->» Köler, Martin. 


329 



Colin de Blamont 


Colin de Blamont (kole da blam'3), Francois, 

* 22. 11. 1690 und t. 14. 2. 1760 zu Versailles; 
französisdier Komponist, war Schüler von M.-R. 
Delalande, hatte verschiedene Ämter bei Hofe und 
schrieb: ein Ballett Les Festes grecques et romaines 
(1723) und andere Bühnenwerke; 3 Bücher Can- 
tatesfrangaises ä voix seule (Paris 1723, 1729, 1732), 
Motetten und ein Tedeum mit Orch. sowie einen 
Essai sur les goüts anciens et modernes de la musique 
jrangaise (Pans 1754). 

Lit.: P. Fromageot, Les compositeurs de musique 
versaillais, Versaille 1906. 

Colin Muset (kal'e), nordfranzösischer Trouv&rc, 
einer der ersten Menestrds aus der 1. Hälfte des 
13. Jh. C. entstammt wahrscheinlich dem cham- 
pagnisch4othringischen Raum. Die wenigen (15) 
ihm mit Sicherheit zugeschriebenen Liedertexte 
bezeugen eine reiche formale und metrische Be- 
gabung und eine seltene Beherrschung der ver- 
schiedenen lyrischen Gattungen. 

Ausg. u. Lit : J. B£dier, De Nicolao Museto (gal- 
lice: Colin Muset) franco-gallico carmimim scriptore, 
(Thfcse) Paris 1893; ders., Les chansons de C M., 
avec la transcription des mdlodies par J. Beck, = 
CFMA VII, Paris 1912, 2. korrigierte u. vervoll- 
ständigte AufL Paris 1938 (enthält 15 Liedertexte, 
kommentierte Übertragung v. 8 Melodien); A. 
Jranroy u. A. LAngfors, Chansons satiriques et 
bachiques du XIII 8 s., = CFMA XXIII, Paris 1921 ; 
P. Aubry, Trouvdres et troubadours, Paris 1909 (Me- 
lodie zu R 476 »Sire cuens, j’ai vield«) ; Fr. Gennrich, 
Grundriß einer Formenlehre d. ma. Liedes, Halle 
1932 (Melodie zu R 893 »Quant je voi iver retoumer«) ; 
ders., Troubadours, Trouvdres, Minne- u. Meister- 
gesang, » Das Musikwerk, Köln (1951), (Melodie zu 
R 967 »En mai, quant li rossignolet«). 

Colin (kal'e), Pierre; französischer Komponist, 
war um 1550 Maitre des enfants der Kathedrale 
von Autun. Von ihm erschien: Liber octo missarum 
(Lyon 1542, 2 1552, 4-6st., enthält auch 8 Motetten 
und 8 Magnificat) ; Les cinquante pseauhnes de David , 
traduictz par Clement Marot , 4st. (Paris 1550) und 
einzelne Messen. 

Ausg.: 2 4st Chansons in: 60 Chansons, hrsg. v. R. 
Ettner, PGfM XXIII. 

Collen, Karl, * 3. 1. 1828 zu Iisalmi (Finnland), 

* 12. 9. 1871 zu Helsinki; finnischer Musikforscher 
und Komponist, war ab 1849 Lehrer in Helsinki, 
promovierte dort 1860 mit einer Arbeit översigt qf 
Serviens historika folk sänger und wurde 1867 Bi- 
bliothekar der Universitätsbibliothek. Er gab 
Volksliedsammlungen heraus und schrieb volks- 
tümliche Solo- und Choriieder. 

Collard (k'olari), Londoner Pianofortefabrik, ur- 
sprünglich Longman & Broderip (gegründet 
1767); 1798 trat Clementi als Partner ein, der sich 
1801 mit W. F. C. und anderen zu «ncm neuen 
Unternehmen assoziierte. 1830 trat Clementi aus 
der Firma aus. W. F. C.s Erbe Charles Lukey C. 
starb am 9. 12. 1891 in Ravensworth. 

Collasse (kal'as), Pascal (Colasse), getauft 22. 1. 
1649 zu Reims, *f* 17. 7. 1709 zu Versailles; fran- 
zösischer Komponist, war Chorknabe der Pariser 
Kirche Saint Paul und wurde von Lully ausgebil- 
det, welcher ihm das Ausschreiben der Begleit- 
stimmen seiner Opern auf Grund der bezifferten 


Bässe übertrug. C. erhielt 1683 eine der 4 Musik- 
meisterstellen der königlichen Kapelle und wurde 
1696 als Nachfolger von Michel Lambert einer der 
2 Kanmermusikmeister. Mit dem ihm von Louis 
XIV. erteilten Privileg für ein Opemuntemehmen 
in Lille hatte er Unglück, da das Opernhaus mit 
allem Inventar abbrannte. Der König unterstützte 
ihn, aber C. verfiel nun darauf, den Stein der 
Weisen finden zu wollen, ruinierte sich total und 
starb geistesschwach. Der Stil seiner Musik ist eng 
an den Lullys angelehnt, so daß ihm sogar der Vor- 
wurf des Plagiats gemacht wurde. C. schrieb den 
2.-5. Akt der von Lully begonnenen Oper Achille 
et Polyxhne (1687), 9 weitere Opern (darunter 
Thitis, 1689), 2 Divertissements, 2 Ballette, Canti - 
ques spirituels (Paris 1695) sowie Airs. 

Lit: J.-G. Prod'hommb, L*Op6ra, Paris 1925; P.-M. 
Masson, L’op&ra de Rameau, Paris 1930. 

Colles (kalz), Henry Cope, * 20. 4. 1879 zu 
Bridgnorth (Shroshirej, f 4. 3. 1943 zu London; 
englischer Musikforscher, studierte 1895-98 am 
Londoner Royal College of Music Musikgeschichte 
bei Ch. H. Parry sowie Kontrapunkt bei Davies 
und war 1899-1902 am Worcester College in 
Oxford Orgelschüler von Parratt. Als Füller 
Maitlands Assistent trat er 1905 in die Musik- 
redaktion der Times ein, deren Chef kritiker er von 
1911 bis zu seinem Tode war. Daneben dozierte er 
ab 1919 Musikgeschichte am Royal College of 
Music und eine Zeitlang am Ladies’ College in 
Cheltenham. Er schrieb: Brahms (London 1909, 
21920; deutsche Bearbeitung von A. W. Sturm, 
Bonn 1913), The Growth of Music (3 Bände, Ox- 
ford 1912-16), Voice and Verse (London 1928), The 
Chamber Music of Brahms (London 1933), Sym- 
phony and Drama 1850-1900 (= Band VII der 
Oxford History of Music, London 1934), On 
Leaming Music (Oxford 1940), Walford Davies 
(Oxford 1942). Eine Aufsatzsammlung Essays and 
Lectures gab H. C. C. 1945 heraus (Oxford). C. war 
der Herausgeber der 3. (5 Bände, London 1927) 
und 4. (5 Bände und ein Supplement-Band, 1940) 
Auflage von Grove’s Dictionary of Music and 
Musicians . 

Collet (kol'e), Henri, * 5. 11. 1885 und f 27. 11. 
1951 zu Paris; französischer Musikforscher und 
Komponist, studierte in Bordeaux und unter Me- 
ndndez Pidal in Madrid manische Literatur und 
trieb Musik unter Jos. Thibaud, Bar&s und Ferd. 
Olmeda. Ab 1931 gab er bei Delagrave eine 
Bücherreihe heraus: Les grands musiciens par les 
maitres d’aujourd’hui. Er schrieb Contribution a Vitude 
des *Cantigast d t Alphonse le Savant (Bulletin hispa- 
nique Xlfl, 1911, mit Villalba), XJn tratado de conto 
de Organo (Madrid 1913), Le mysticisme musicäl 
espagnol au XVI* sihle (Paris 1913), Victoria (Paris 
1914), Älbdniz et Granados (Paris 1925), Uessor de la 
musique espagnole (Paris 1929). Kompositionen: 
Castellanas , Suite für Klavierquintett (1921), Sonate 
castiüane für V. und KL (1922), Klaviertrio (1925), 
La Perra Mora für Orch. (1926), Ballett Clavelitos 
(um 1928), Messe de St-Christophe für Soli, Frauen- 
chor, Orch. und Org. (1928), Ballett Los Toreros 
(1933), komische Oper LaChbre d 9 or (1936), Zar- 
zuela Valcalde de Zalamea (1946), Concerto Fla- 
menco für KL und Orch. (1947), Lieder, Klavier- 
stücke sowie Schauspiel- und Filmmusiken. 


330 



Combarieu 


Collingwood (k'oligwud), Lawrance Arthur, 
* 14. 3. 1887 zu London; englischer Komponist, 
wurde 1897 Orgelschüler von Sir Frederick 
Bridge, dann der Guildhall School o£ Music, 1908 
bis 1911 am Exeter College in Oxford und stu- 
dierte 1912-17 in St. Petersburg bei Steinberg, N. 
N. Tscherepnin und Wihtol; daneben war er dort 
an der Oper als A. Coates* Assistent tätig. Seit 1918 
lebt er in London als Opemdirigent, 1920-34 am 
Old Vic, 1934-45 an der Sadlers Wells Opera 
tätig. C. schrieb die Opern Macbeth (1927) und 
The Death of Tintagiles (1950), eine symphonische 
Dichtung und Klavierwerke. 

Collum» Herbert, * 18.7.1914 zu Leipzig; 
deutscher Kirchenmusiker und Komponist, stu- 
dierte 1930-34 am Leipziger Konservatorium 
(Straube, Ramin, David, Maxtienssen) und wurde 
1935 Organist an der Kreuzkirche in Dresden, wo 
er seit demselben Jahr auch Kammerkonzerte ver- 
anstaltet. 1946 gründete er den von ihm geleiteten 
Collum-Chor. Kompositionen: Konzerte für Org. 
und Orch. sowie Cemb. und Orch., Flötenkonzert, 
symphonische Variationen Es ist ein Schnitter ; Jo- 
hannes-Passion, Kantaten und geistliche Konzerte, 
Orgelkompositionen, Sonaten für Solo-V., Kla- 
vierlieder, Te Deum für S. und Org. (1947). 

ColQmbi, Giuseppe, * 1635 und f 27. 9. 1694 
zu Modena; italienischer Komponist, wurde um 
1660 herzoglicher Konzertmeister, 1674 Unter- 
kapellmeister, 1678 als Nachfolger von G. M. Bo- 
noncini Domkapellmeister in Modena. Von ihm 
wurden in Bologna gedruckt: Delle Sinfonie da 
Camera op. 1 (Triosonaten, 1668 ), La Lira Armonica 
op. 2 (Triosonaten, 1673), Balletti , Correnti , Gigke , 
Sarabande op. 3 (Triosonaten, 1674), Triosonaten 
op. 4 (1676) und op. 5 (1689); 22 Bücher Sonaten, 
Suiten und Toccaten werden handschriftlich in 
Modena verwahrt. 

Lit. : E. Pancaldi u. G. Roncaglia, Maestri di 
Cappella del Duomo di Modena: G. C., Sonderdruck 
Reggio-Emilia 1941, aus: Studi e Documenti V, 4, 
1941 ; G. Roncaglia, G. C. e la vita musicale mo- 
denese durante il regno di Francesco II d’Este, Mo- 
dena 1952. 

Colgnna, Fabio, * um 1567 zu Bologna, j* 1650 
zu Neapel; italienischer Musikforscher, war Mit- 
glied der Accademia dei Lincei in Rom und gab 
heraus La Sambuca Lincea, ovvero delVIstromento 
Musico perfetto libri III (Neapel 1618). Das Buch 
enthält die Beschreibung eines von ihm konstruier- 
ten Cembalos Pentekontachordon (50 Seiten), das 
die Oktave in 17 Teile teilt bzw. den Ganzton in 
3 Teile. C. gehörte zu den Leuten, welche wie 
Vicentino und Doni die drei antiken Tonge- 
schlechter wieder zum Leben erwecken wollten. 

Colpnna, Giovanni Paolo, * 16. 6. 1637 und 
t 28. 11. 1695 zu Bologna; italienischer Kompo- 
nist, war der Sohn eines venezianischen Orgel- 
bauers und verwandt mit Zarlino, Schüler von 
Abbatini und Benevoli in Rom, wurde zuerst Or- 
ganist an San Apollinare in Rom (unter Carissimi), 
1659 Organist und 1674 als Nachfolger Cazzatis 
Kapellmeister an San Petronio in Bologna. C., 
Mitgründer und wiederholt Vorsitzender der 
Accademia filarmonica, war einer der bedeutend- 
sten italienischen Kirchenkomponisten des 17. Jh. 


und ein berühmter Lehrer. Zu seinen Schülern 
zählen G. B. Bononcini und Clari. Von seinen 
Werken wurden in Bologna gedruckt: Sahni a 8 
voci op. 1 (1681, weitere Auflagen 1686, 1694 und 
1701), Motetti op. 3, 2-3st. (1681, 21698), Messa 
a 8 voci op. 5 (1684), Messe, Sahni e Responsorie 
a 8 voci op. 6 (1685), Sacre Lamentazioni a voce sota 
op. 9 (1689), Messe e Salmi concertati op. 10, 3-5st. 
(1691) ; ferner Solomotetten, Litaneien und Vesper- 
psalmen. Handschriftlich erhalten sind viele wei- 
tere Kirchenwerke und 6 seiner 13 Oratorien. 1672 
bis 1692 wurden 3 Opern von C. in Bologna auf- 
geführt. 

Ausg.: Duett Parto, o bella f. 2 S. in: La Flora IH, 
hrsg. v. K. Jeppesen, Kopenhagen 1949; Sst. Motette 
Domine ad adjuvandum, in: Recuefl des morceaux 
de musique ancienne VIII, hrsg. v. L. Niedermeyer, 
Paris (1844). 

Colonne (kol'on), Edouard (eigentlicher Vor- 
name Judas), * 23. 7. 1838 zu Bordeaux, f 28. 3. 
1910 zu Paris; französischer Dirigent, studierte am 
Pariser Conservatoire Violine bei Girard und 
Sauzay sowie Komposition bei Eiwart und Am- 
broise Thomas; daneben war er Violinist im 
Opemorchester und im Lamoureux-Quartett. 1873 
gründete C. das Concert national, aus dem 1874 
die Association artistique hervorging, die später 
den Namen Concerts Colonne annahm. C. hat 
sich besondere Verdienste erworben durch Auf- 
führung von Werken zeitgenössischer französi- 
scher Komponisten (Massenet, C. Franck, Lalo) 
und durch eine vollständige Aufführung der gro- 
ßen Werke von Berlioz. 1892-93 war er 1. Kapell- 
meister der Opdra. 

Columbia Phonograph Company» amerika- 
nische Schallplattenfabrik in Bridgeport (Con- 
necticut), gegründet 1887. Die Firma, die früher 
auch Grammophonapparate herstellte, unterhält 
Filialen in New York und 6 anderen Großstädten 
der USA. 1927 erwarb sie das kurz zuvor (im 
gleichen Jahre) gegründete . »Columbia Broad- 
casting System«, das sich zu einem der bedeutend- 
sten kulturellen Sender Amerikas entwickelt hat. 
Bereits in der Frühzeit der Schallplattenherstellung 
hat die Gesellschaft Aufnahmen bedeutender 
Künstler, so von M. Garden, E. Schumann-Heink 
und Fr. Kreisler, herausgebracht, die jetzt zum 
Teil neu reproduziert werden. Tochterfirmen be- 
stehen in England (»Columbia Ltd.«), Österreich 
(»österreichische Columbia Graphophon G.m. 
b.H.«) und einigen anderen Ländern. Die deutsche 
Vertretung der Gesellschaft liegt bei der Electr ola 
Gesellschaft mub.H. Köln. Die englische Co- 
lumbia Ltd. brachte 1930-38 eine von P. A. Scho- 
les herausgegebene Columbia History of Music in 
5 Bänden zu je 8 Platten, in neuerer Zeit viele Auf- 
nahmen mit dem Philharmonia Orchestra London. 

Combarieu (kSbag'0:), Jules lion Jean, * 3. 2. 
1859 zu Cahors (Lot), f 7. 7. 1916 zu Paris; fran- 
zösischer Musikforscher, studierte in Paris, 1888 
unter Spitta in Berlin, wurde Professor an den 
Lyzeen Louis-le-Grand und Condorcet in Paris, 
war 1904-10 Professor der Musikgeschichte am 
College de France und Mitglied des Conseil supd- 
rieur des beaux arts. Er schrieb Les rapports de la 
musique et de la poisie (Paris 1894), De Parabaseos 
partibus et origine (Paris 1895), Vinfluence de la 


331 



Combe 


musique allemande sur la musique fiancabe (TbP n, 
1895), Etudes de philologie musicale : 1. Theorie du 
rythme (Paris 1896), 2. Fragments de V&idide en 
musique (Faksimile, Obertragung und Einleitung, 
Paris 1898), 3. La musique et la tttagie (Paris 1909) ; 
La musique , ses lois , so« Evolution (Paris 1907, 21911) 
und Histoire de la musique (3 Bände, Paris 1913-19). 

Combe (kob), Edouard, * 23. 9. 1866 zu Aigle, 
t 21. 11. 1942 zu Genf; Schweizer Komponist, 
Schüler von Guilmant in Paris, wo er 1891-93 
Sekretär von Lamoureux war, 1895-96 Dirigent 

• Tr * i. nns t t ■ 


mille pianos et d*une solle de concert (1890) und La 
musique de chambre , recueil des eoncerts de la solle 
Plevel (mit Henry Eymieu und H. Gauthier- 
Villars, 7 Bände, 1893-99). 

Commer, Franz, * 23. 1. 1813 zu Köln, 1 17. 8. 
1887 zu Berlin; deutscher Kirchenmusiker und 
Musikforscher, wurde bereits 1828 Organist der 
Karmeliterkirdie und Domkapellsänger in Köln, 
ging 1832 zu weiterer Ausbildung nach Berlin und 
studierte unter Rungenhagen, Marx und A. W. 
Bach. Der Auftrag, die Bibliothek des Königlichen 

r .«.i rr- t j , 


«stU :4T75 .TJifiiUNI L W.i 7. rTS JJ U 


am Genfer Konservatorium. Dank seiner An- 
strengungen wurde 1899 der Schweizerische Ton- 
künstierverein gegründet, dessen Vorstandsmit- 
glied er 18 Jahre lang war. 1902-14 Dozent für 
Musikgeschichte in Lausanne. Er schrieb zahlreiche 
Aufsätze sowie: Moisson (Text von Paul Verlaine) 
für Chor und Orch.; symphonische Dichtung Les 
Alpes ; Tdlouvertüre; Suite de la grotte auxfies für 
Orch.; Adagio symphonique ; Sologesänge und 
Männerchöre. 

Comes, Juan Bautista, * 29. 2. 1568 und f 5. 1. 
1643 zu Valencia; spanischer Komponist, war 
Schüler von Gin6s Pdrez, wurde Kapellmeister der 
Kathedrale von Ldrida, 1605 des Real Colegio de 
Corpus Christi und 1613 der Kathedrale in Valen- 
cia. 1619 folgte er einem Rufe als 2. Kapellmeister 
an den Hof zu Madrid, kehrte aber 1629 nach Va- 
lencia zurück und nahm 1632 seine Stelle an der 
Kathedrale wieder ein. C. schrieb 4-12st. Messen 
und Motetten; Passionen, Hymnen, Psalmen und 
Vfllanricos. 

Ausg.: Obras mus. del insigne maestro espaüol . . . 
J. B. G, 2 Bde, hrsg. v. J. B. Guzmän, Madrid 1888; 
Hodie nobis, 12st., in Lira Sacro-Hispana, II, 1, 
hrsg. v. M. H, Eslava, Madrid 1869; Danzas del 
Santisimo Corpus Christi, hrsg. v. V. Garcia Julbe 
u. M. Palau, Barcelona 1952. 

Lit: M. Palau, La obra del mü&ico valenciano J. B. 
C., Valencia 1943. 

Comettant (kamet'ä), Jean Pierre Oscar, * 18. 4. 
1819 zu Bordeaux, f 24. 1. 1898 zu Montivilliers 
bei Le Havre; französischer Komponist und Mu- 
sikschriftsteller, war ab 1839 Schüler von Eiwart 
und Carafa am Pariser Conservatoire, lebte 1852 
bis 1855 in Amerika, seitdem in Paris, wo er 1871 
eine Musikschule gründete. Er hat sich weniger 
durch seine Kompositionen (Männerchöre, Kla- 
vierphantasien und Salonstücke, Etüden, einige 
Kirchengesänge) als durch seine schxiftstdlerische 
Tätigkeit einen Namen gemacht. C. repräsentierte 
als Mitarbeiter einer ganzen Reihe von Zeitungen 
eine den neueren Strömungen abholde Richtung. 
In Buchform veröffentlichte er (alles in Paris er- 
schienen) : La propriiti intellectuelle (1858), Trois ans 
aux Etats-Unis (1858), Histoire d*un inventeur au 
XIX 4 sikcle: Adolphe Sax (1860), Musique et musi- 
ciens (1862), Le Dänemark (1865), La musique , les 
Musiciens et les instruments de musique chez les dif- 
ßrentspeuples du rnonde (1869, auf Grund der Pa- 
riser Weltausstellung 1867)» Les musiciens ; les philo- 
sophes et les gaietis de la musique en chiffies (1870), 
Francis Planti (1874), Enseignement du piano: le 
Guide-mains W. Bohrer (1877), Les compositeurs 
illustres de notre sikcle (1883), Un nid d t autographes 
(1885, 2 1886), Pleyel , Wolf & Cie, Histoire de cent 


Schätze aus Forkels Nachlaß enthielt, und die Be- 
kanntschaft mit Winterfeld regten ihn zu histo- 
rischen Studien an, deren Frucht die Sammel- 
werke älterer Kompositionen sind: Collectio operum 
musicorum Batavorum saeculi XVF (12 Bände, Ber- 
lin o. J.), Musica sacra (28 Bände, Band V-XII ent- 
hält Werke von R. Lassus, Band XHI-XIV von 
H. L. Häßler, Berlin 1839-87, Band I, Orgel- 
werke, neu herausgegeben von FL F. Redlich Ber- 
lin 1931), Cantica sacra (geistliche Arien, 2 Bände, 
Berlin o. J.), Geistliche und weltliche Lieder ... 
aus dem 16.-17. Th. t 3-6st. (Berlin 187 0). 1844 
wurde C. zum Musikdirektor ernannt, im folgen- 
den Jahre zum Regens chori der Hedwigskirche, 
1850 zum Gesanglehrer des Französischen Gymna- 
siums und Repetitor der Oper. 1868 gründete er 
mit Eitner die Gesellschaft für Musikforschung, an 
deren Publikationen er mitwirkte, ebenso wie an 
der Palestrina-Gesamtausgabe. Der Musikfor- 
schung hat C. mit unermüdlichem Fleiß wert- 
volles Material zugänglich gemacht; seine Kom- 
positionen - Lieder, Männerquartette und Chor- 
werke - sind vergessen. Geistliche Lieder C.s fin- 
den sich auch in dem von ihm herausgegebenen 
ermländischen Diözesangesangbuch Cantate Do- 
mino (Braunsberg 1878, 21885). 

Comp$nius, deutsches, aus dem Hessischen stam- 
mendes Orgelmachergeschlecht mit Heinrich d. 
Ä. (f 2. 5. 1611 zu Nordhausen) und seinen beiden 
Söhnen Esaias (f 1617 zu Frederiksborg bei Ko- 
penhagen) und Heinrich d. J. (f 22. 9. 1631 zu 
Halle an der Saale) sowie dessen Sohn Ludwig 
(f 11. 2. 1671 zu Erfurt). Der berühmteste der Fa- 
milie, Esaias C. (* um 1560) war Lehrling seines 
Vaters, ging 1589 ah Meister nach Magdeburg und 
wurde 1605 »Fürstlicher Orgel- und Instrumenten- 
macher« am Hof Herzogs Heinrich Julius in Wol- 
fenbüttel. Hier war er befreundet mit Michael 
Praetorius, der ihn bei der Abfassung seiner Orga- 
nographia zu Rate zog und zur Niederschrift eines 
Traktates über Orgeln Verdingnis , Baw und Liefe- 
rung, sowohl in newer Verfertigung ab alter Orgeln 
revision anregte. Esaias C. baute 1615 die große 
Orgel in der Stadtkirche zu Bückeburg (48 Re- 
gister auf 3 Manualen und Pedal) und die kostbare 
Kleinorgel für Schloß Hessen bei Wolfenbüttel 
(27 Register auf 2 Manualen und Pedal) ; letztere, 
die ganz aus hölzernen Pfeifen besteht, kam 1617 
nach Schloß Frederiksborg bei Kopenhagen, wo 
sie noch heute als einzige vollständig erhaltene und 
vollkommen spielbare Compenius-Orgel steht. 
Lit: E. Compenius, Kurzer Bericht, was bei Überlie- 
ferung einer klein- und großverfertigten Orgel zu 
observieren, hrsg. v. F. Blume, Kieler Beiträge zur 
Mw., Heft 4, Wolfenbüttel-Berlin 1936; Th. Schnei- 


332 



Conon de Bdthune 


der. Die Orgelbauerfamilie C., AfMf II, Lpz. 1937; 
E. Bangert, C.-Orgelet paa Frederiksborg Slot, in: 
Medlemsblad for Dansk Organist- og Kantorsam- 
fund af 1905, Jg.IV, Roskilde 1938, S. 69 ff.; J. 
Wörsching, Die C.-Orgel auf Schloß Frederiksborg, 
Orgel-Monographien Nr 16, Mainz 1946; N. Fros, 
Orgel Bygning i Danmark, Kabenhavn 1949. 

Comp&re (k3p's:r), Loyset, * wohl um 1450, 
vielleicht zu St. Omer, f 16. 8. 1518 als Kanonikus 
zu St. Quentin; franko-flämischer Komponist, 
war 1474-75 Kapellsanger der Sforza in Mailan d^ 
1486 Hofkapellsänger in Paris; 1498 erhielt er eine 
Präbende in Cambrai, 1500 in Douai. In Drucken 
(vor allem bei Petrucd) und Handschriften sind 
erhalten: 2 Messen, 4 Messenteile, 3 Motetten- 
zyklen, 23 Motetten, 5 Motettenchansons, 49 
Chansons und 2 Frottolen. Eine Gesamtausgabe ist 
in Vorbereitung. - Viele, vor allem frühe geistliche 
Werke C.s geben sich ganz »italienisch« und neh- 
men manche Stilzüge des späten Josquin voraus; 
die übrigen sind stärker traditionsgebunden und 
eher Obrecht als Ockeghem verpflichtet. Die 
Chansons sind z. T. überfeinerte spätburgundische 
Hofkunst, bereiten aber zum anderen Teil der 
volkstümlichen französischen Chanson des 16. Jh. 
den Weg. 

Ausg.: (Auswahl): Missa Alles regrets, 4sL, hrsg. v. 
L. Finscher, Chw. LV; Kyrie (4st.) aus d. Missa 
L'homme arm6, 4st. Motette O bone Jesu u. 2 Chan- 
sons, hrsg. v. A. Smuers in: Van Ockeghem tot Swee- 
linck, Vierde aflevering, Amsterdam 1942; 4st Mo- 
tette Omnium bonorum, hrsg. v. G. Adler, DTÖ 
VII ; 3st. Motetten Circumdederunt, Corpusquemeum, 
Regina celi u. 13 Chansons, hrsg. v. H. Hewitt in: 
Harmonice Musices Odhecaton A, The MA Acad. of 
America Publ. XLII (Studies and Documents V), 
Cambridge, Mass., 1946; die beiden 4st. Frottole 
(Petrucd Buch IV), hrsg. v. R. Schwartz in PäM 
VIII; dies., hrsg. v. G. Cesari, R. Monterosso u. 
B. Disertori in: Instituta et monumenta I, 1, Cre- 
mona 1954. 

lit.: A. W. Ambros, Gesch. d. Musik m, Breslau 
1868, hrsg. v. O. Kade, Lpz. 21881, 31893; Riemann 
Hdb. II, 1 (darin eine Chanson u. eine Frottola); O. 
J. Gombosi, Ghizeghem u. C., Fs. G. Adler, Wien 
1930; W. Stephan, Die burgundisch-niederländische 
Motette, Heidelberger Studien zur Mw. VI, Kassel 
1937 ; A. Pirro, Hist, de la musique de la fin du XIV® 
s. ä la fin du XVI®, Paris 1940; Ch. van den Borren, 
Geschiedenis van de muziek in de Nederlanden I, 
Amsterdam- Antwerpen 1949; L. Finscher, Die Mes- 
sen u. Motetten L. C.s, Diss. Göttingen 1954, maschr. 

LF 

ConcQue» Giuseppe, * 12.9.1801 und f 6.6. 
1861 zu Turin; italienischer Organist und Gesang- 
lehrer, lebte 1837-48 in Paris und wurde nach 
seiner Rückkehr nach Turin Organist der König- 
lichen Kapelle. Er schrieb 2 Opern und 5 Hefte 
Solfeggien; letztere werden auch in neuerer Zeit 
noch verwendet und sind in vielen Ausgaben er- 
schienen. 

Confoloni^ri, Giulio Melian, * 23. 5. 1896 zu 
Mailand; italienischer Komponist und Schrift- 
steller, studierte am Iiceo musicale in Bologna 
Komposition und an der Universität Mailand Li- 
teraturgeschichte. 1922 ging er zu weiteren Studien 
bei Dukas nach Paris, von dort für 3 Jahre nach 
London. Seit seiner Rückkehr nach Mailan d wid- 
met er sich mehr der Musikkritik*an verschiedenen 
Zeitschriften und am Rundfunk und setzt sich be- 


sonders für die Wiederbelebung der Werke Cheru- 
binis ein. C. schrieb die Opern Rosaspina und 
L’habit neuf du rigent, das Ballett Une nuit de 
Versailles, symphonische Dichtungen, Violinstücke, 
Klavierstücke und Lieder; literarische Werke: La 
Cenerentola di Rossini (Mailand 1946), Prigionia di 
un artista (über Cherubim, 2 Bande, Mailand 1949), 
Guida alla musica I (Mailand 1950). 

Confqrti, Giovanni Luca (Conforto), * um 
1560 zu Milet o; italienischer Sänger, war um 1580 
bis 1585 und wieder ab 1591 Falsettist der päpst- 
lichen Kapelle, dazwischen in seiner Heimatstadt 
tätig. C. galt als einer der größten Künstler 
im Passeggieren; schrieb: Brette et facile maniera 
d'essercitarsi . . . a far passaggi (gestochen, Rom 
1593) und Passaggi sopra tutti li salmi (Venedig 
1607). 

Ausg.: Breue et facile maniera, Faks. mit deutscher 
Übers, v. J. Wolf, Veröff. d. MusikbibL P. Hirsch II, 
Bin 1922. 

Lit.: M. Kuhn, Die Veraerungskunst . . ., BIMG I, 
7, 1902; R. Lach, Studien zur Entwicklungsgesch. 
d. ornamentalen Melopöie, Lpz. 1913; E. Ferand, 
Die Improvisation . . ., Zürich 1938. 

Conn, C. G., Ltd.; amerikanische Blasmstrumen- 
tenfabrik in Elkhart (Indiana), gegründet 1875 von 
Charles G. Conn. Das Unternehmen hat sich 
seither zu ansehnlicher Größe entwickelt; ange- 
schlossen sind die Conn Organ Company und 
die Continental Music Company (Chicago). 
Die Leitung haben zur Zeit Paul Gazlay (Presi- 
dent) und L. B. Greenleaf (Vice-President). Die 
Firma hat ein elektronisches Frequenzmcssungs- 

S t entwickelt und unterhält einen Auskunfts- 
st in allen Fragen der Musikerziehung. 

Conn, John Peebles, * 15.9. 1883 zu Midlo- 
thian; schottischer Violinist und Dirigent, stu- 
dierte bei Niecks in Edinburgh, gewann 1902 das 
Bucher-Stipendium und besuchte 1902-06 das 
Kölner Konservatorium, wo er bei W. Heß und 
Eldering Violine, bei F. Steinbach Dirigieren und 
bei von Baußnem Komposition studierte; dann 
war er noch Schüler von §ev££k in Prag. Er war 
Konzertmeister des Dortmunder Philharmonischen 
Orchesters, 1909-14 Konzertmeister und stellver- 
tretender Dirigent des Städtischen Orchesters in 
Bielefeld, 1919-22 Vize-Konzertmeister des Schot- 
tischen Orchesters und ab 1919 Lehrer an der 
Athenaeum School of Music in Glasgow. 

Conon de Bdthune (kon'5), monseigneur, nord- 
französischer Trouv&re, Sohn Roberts V. (genannt 
»le Roux«) von B&hune, Schirmvogt der Abtei 
Saint-Vaast in Arras. C. de B. ist urkundlich seit 
1180 bezeugt und gehörte zu den nordfranzösi- 
schen groJßen Herren, die maßgeblich an der 
Kreuzzugsbewegung gegen Ende des Jahrhunderts 
beteiligt waren. Von seiner Teilnahme am 3. und 
4. Kreuzzug berichtet ViUehardouins Chronik 
(c. 124). 1219 ist C. de B. im Orient gestorben, 
nachdem er zu hohen Würden (Seneschall, kaiser- 
licher Oberkämmerer) gelangt war. Die 11 ihm 
zugeschriebenen Lieder sind handschriftlich mehr- 
fach überliefert. Besondere Erwähnung kommt 
seinen beiden Kreuzzugsliedem zu, die aus dem 
Jahre 1188 stammen mögen: Ahi, Amours, con dure 
deparüe (R 1125) und Bien me deusse targier (R 1314). 


333 



Conrad 


Ausg. u. lit: A. Wallensköld, Chansons de C de 

B. , trouveur art&ien de la fin du XII® s., 6dition cri- 
tique, Diss. Hdsingfors 1891 ; ders., Les chansons de 

C. de B., - CFMA XXIV, Paris 1921 ; A. Jeanroy, 
Sur deux chansons de C. de B., in: Romania XXI, 
1892; J. BtoiER u. P. Aubry, Les chansons de croi- 
sade, Paris 1909 (Melodie d.Mss. MKR zu R 1125); 
Fr.-J. F£tis, Hist. göndrale de la musique V, Paris 
1876, S. 43 (Melodie zu R 112 5); Fr. Gennrich, Zu 
den Liedern d. C. de B., in: ZRPh XLII, 1922 (Melo- 
die zu R 1125 nach den Mss. M, a); ders., Sieben Me- 
lodien zu mittelhochdeutschen Minneliedem, ZfMw 
VH, 1924/25, S. 93/94 (Melodie zu R 1125 nach Ms. 
M); ders., Troubadours, Trouvfcres, Minne- u. 
Meistergesang, = Das Musikwerk, Köln (1951), (Me- 
lodie zu R 1837 »Mout me semont Amors que je 
m’envoise«) ; ders., MGG n (Melodie zu R 1574 
»L’autrier avint en cel autre pais«); Th. G£rold, 
Hist, de la musique des origines k la fin du XTV e s., 
Paris 1936 (Melodie zu R 1125 nach Ms. M); Ph. A. 
Becker, Die Kreuzzugslieder v. C. de B. u. Huon 
d'Oisi, in: Zs. f. frz. Sprache u. Lit LXIV, 1941 ; J. u. 
L. Beck, Le Manuscrit du Roi, Fonds fr?. Nr 844 de 
la Bibi, nat, — Corpus Cantilenarum Medii Aevi II, 
London-Oxford-Phfladelphia 1938 (Faks.-Ausg.)< 

Conrad von Zabern, f tun 1480; deutscher Mu- 
siktheoretiker, studierte in Heidelberg und beklei- 
dete dort die Stelle eines Magister artium und 
Universitatspredigers. Sein "Wirken als Musik- 
lehrer und Reformer führte ihn von dort um 
1460/70 an die Universitäten Freiburg im Breisgau 
und Basel (?) sowie Ingolstadt (1472), wo er Cho- 
ralvorlesungen hielt. Außerdem bemühte er sich 
in zahlreichen Stiften und Klöstern, die chorische 
Vortragsweise des Choralgesanges zu reformieren. 
Zeitgenössische Quellen rühmen C. als bedeuten- 
den Theologen, Prediger und Musiker. Seine 
wichtigsten Schriften sind: Novellus musicae artis 
tractatus (um 1460/70 vollendet); Opusculum de 
monodtordo (zwischen 1462 und 1475); De modo 
bene cantandi (1474). 

Lit: K.W. GÜmpel, Die Musiktraktate C. v. Z., 
Abh. d. geistes- u. sozialwiss. Klasse der Akad. d. 
Wiss. u. d. Lit in Mainz 1956, Nr 4; ders.. Das 
Tastenmonochord C.s v. Z., AfMw XII, 1955. 

Conrad, Do da, * 19. 2. 1905 zu Breslau; ameri- 
kanischer Liedersänger (Baß), lebt in Paris. Nach 
seinem Gesang- und Musikstudium in Paris, Mai- 
land und New York trat er 1932 zum ersten Male 
in Paris auf und unternahm in der Folge Konzert- 
reisen in Europa, den USA und im Famen Osten. 
Als Musikschriftstellcr veröffentlichte er Studien 
über Werke von Bach, Chopin und Brahms. 

Conradi, August, * 27. 6. 1821 und f 26. 5. 1873 
zu Berlin; deutscher Kapellmeister, war Schüler 
Rungenhagens, weilte 1841 in Weimar bei Liszt 
und half diesem beim Instrumentieren seiner 
Werke, 1843 Organist des Invalidenhauses in Ber- 
lin, 1849 Thcatcrkapdlm eistcr in Stettin, 1850 am 
Königsstädtischen Theater in Berlin, dann in Düs- 
seldorf und Köln und ab 1856 wieder in Berlin, 
wo er nacheinander am Krollschen, neuen Königs- 
städtischen, WaUnertheater und Viktoriatheater 
als Kapellmeister wirkte. C. schrieb die Opern 
Rübezahl, Muza Haireddin , Die Braut des Flußgottes, 
Das schönste Mädchen im Städtchen ; Possen; ein Bal- 
lett; 5 Symphonien; Ouvertüren (darunter: Berlin, 
wie es weint und lacht), Streichquartette; Lieder und 
viele Potpourris für Salonorch. 


Conradi, Johann Georg; deutscher Opemkom- 
ponist um 1700, war 1683-86 Kapellmeister in 
Ansbach, 1687-90 in Römhild, dann bis 1693 Ka- 
pellmeister der Hamburger Oper, welche seine 
Opern Ariadne (1691), Diogenes (1691), Carolus 
Magnus (1692), Die Zerstörung Jerusalems (2 Teile, 
1692), Sigismunius (1693), Gensericus (1693), Pyg- 
malion (1694) brachte. Kirchliche Gesänge von C. 
sind handschriftlich erhalten. 

Conradi, Johann Gottfried, * 1820 zu Töns- 
berg bei Oslo, f 28. 11. 1896 zu Oslo; norwegi- 
scher Dirigent, studierte zuerst Medizin, gründete 
ab 1843 mehrere Chöre in Oslo, war 1853-54 Ka- 
pellmeister an Det norske Theater, studierte 1855 
bis 1856 in Deutschland Musik, leitete 1857-59 das 
Orchester der Abonnementskonzerte in Oslo und 
lebte fortan dort als Chordirigent und Musik- 
lehrer. C. schrieb Männerchöre, Kantaten, Lieder 
und Klavierstücke, gab Liederbücher heraus und 
verfaßte die Abhandlung: Kortfattet historisk Over- 
sigt over Musikern Udvikling . . . i Norge . . . (Chri- 
stiania 1878). 

Conrado del Campo ->» Campo y Zabaleta. 

Conseil (kSs'si), Jean (Johannes Consilium), 
* 1498 zu Paris, f wahrscheinlich am 11. 1. 1535 zu 
Rom; französischer Komponist, ist 1509 als Sänger- 
knabe der Saintc-Chapdle in Paris bezeugt und 
gehörte ab 1514 der Päpstlichen Kapelle in Rom 
an, für die er 1528 und 1531 Sänger zu werben 
hatte. 1534 wird er maestro di cappella genannt. 
Motetten und einige Chansons von C. sind in 
Sammelwerken 1529-59 gedruckt; 3 Motetten, 
eine Chanson und ein Lautensatz sind handschrift- 
lich erhalten. 

Ausg.: 2 Chansons in Trente et une chansons, Paris 
1529, in Expert Maitres V, Paris 1897. 

Lit.: K. Frey, Studien zu Michelagniolo Buonarotti 
HI, Jb. d. Preußischen Kunstslg XXX, 1909, Beiheft; 
A. Pirro, Pour l’hist de la musique, AMI HI, 1931 ; 
H.-W. Frey, Michelagniolo u. d. Komponisten seiner 
Madrigale, AMI XXIV, 1952; ders., Regesten zur 
päpstlichen Kapelle . . Mf VHI, 1955. 

Consilium -> ConseiL 

Constantin (kastät's), Louis, * um 1585, f bn 
Oktober 1657; französischer Violinist, stand im 
Dienste König Ludwigs XIII. und wurde am 12. 
12. 1624 zum Roy et Maistre de Menestriers er- 
nannt. Von ihm sind einige Violinstücke erhalten. 
Lit: F. Thoinan, L. C., Chronique musicalc XI, 
1876 ; ders., L. C. roi des violons 1624-1657, Paris 1878. 

Constantin^scu, Paul, * 30. 6. 1909 zu Ploesti; 
rumänischer Komponist, wirkte nach Musikstu- 
dien in Bukarest und Wien am rumänischen Rund- 
funk. Sein Schaden umfaßt eine Oper, ein Ballett, 
Kirchen-, Orchester- und Kammermusik, Chöre 
und Lieder. 

Le Conte de Bretagne, nordfranzösischer Trou- 
vfcre, wahrscheinlich Jean I* (»le Roux«), Graf der 
Bretagne von 1237 bis 1250. Von ihm sind 6 Iieder- 
texte bekannt. 

Ausg. u. Lit : J. B&dier, Comte de Br., Chansons, in: 
M61anges . . . A. Jeanroy, Paris 1928; H. Spanke, 
Zur Gesch. d. altfrz. jeu-parti, in: Zs. f. frz. Sprache 
u. Lit LH, 1929. 


334 



Cooke 


Conti» Carlo, * 9. 10. 1796 zu Arpino, *j* 10. 7. 
1868 zu Neapel; italienischer Opemkomponist, 
wurde 1846 Professor des Kontrapunkts und 1862 
stellvertretender Direktor (für den erblindeten 
Mercadante) am Konservatorium von Neapel. 
Den bedeutendsten Erfolg errang von seinen 
11 Opern Olimpia (1829). C. hat auch 6 Messen, 
2 Requiem und andere kirchliche Kompositionen 
geschrieben. 

Conti, - 1) Francesco Bartolommeo, * 20. 1. 
1682 zu Florenz, + 20. 7. 1732 zu Wien; italieni- 
scher Theorbist und Komponist, wurde 1701 Hof- 
theorbist und 1713 Hofkomponist in Wien. C. 
war als Virtuose und als Komponist - als solcher 
besonders wegen seiner treffsicheren Komik - sehr 
angesehen. Sein bedeutendstes Werk war die Oper 
Don Chisciotte (Wien 1719). Er hat 17 Opern, 
2 Favole pastoraü und 9 weitere dramatische 
Werke, 10 Oratorien, Kirchenmusik und über 
50 Solokantaten geschrieben. - 2) Ignazio, 
* 1699, f 28. 3. 1759 zu Wien, Sohn von Fran- 
cesco C.; italienischer Theorbist und Komponist, 
schrieb 1727-39 7 dramatische Serenate und 6 Ora- 
torien für den Wiener Hof, wurde aber trotz Fux* 
Fürsprache nicht zum Hofkomponisten ernannt 

Conti, Gioacchino, genannt Gizziello (nach 
seinem Lehrer Gizzi), * 28. 2. 1714 zu Arpino 
(Neapel), f 25. 10. 1761 zu Rom; italienischer 
Sänger (Kastrat), sang 1729-31 in Rom, dann in 
Neapel, 1736-37 als Rivale Farinellis an Händels 
Oper in London, später in Lissabon. 1753 zog er 
sich, nach Arpino zurück. 

Contjno» Giovanni, * um 1513 zu Brescia, 
f 1574; italienischer Komponist, war Sängerknabe 
am Dom von Brescia, 1541-51 im Dienst des Kar- 
dinals Cristoforo Madruzzo in Trient und Brixen, 
1551-60 und wieder ab 1565 wahrscheinlich bis 
1569 Maestro di Cappella am Dom in Brescia, 1560 
wieder in Trient, ab 1561 Kapellmeister an Santa 
Barbara in Mantua. Aus der Zeit nach 1567 sind 
keine Nachrichten über ihn vorhanden. Wahr- 
scheinlich war Marenzio sein Schüler. Von seinen 
Kompositionen sind gedruckt erhalten: je ein 
Buch 5st Motetten, Jntroiti e Graduali , Introitus e 
Halleluja, 5st. Madrigale (alle 1560), 4st. Messen, 
6st. Motetten, Hymni (alle 1561), Threni Jeretniae 
(Passion, 1561, 21588). 

Lit: P. Guerwni, G. C, Note d’arch. I, 1924; H. 
Engel, L. Marenzio, Rass. mus. III, 1930. 

Contrfras, Salvador, * 10. 11. 1912 zu Cuerd- 
maro (Guanaiuato) ; mexikanischer Violinist und 
Komponist, Schüler von Chdvez und Revueltas, 
war als Violinprofessor 1933-42 bei den Centros 
de Inidatiön Artfstica, 1946-53 am Conservatorio 
National de Müsica, gehörte als Violinist der Or- 
questa Sinfönica de Mexico (ab 1934), danach der 
Orquesta Sinfönica National an (bis 1955), wirkt 
jetzt als Pädagoge und Dirigent bei der Escuela 
Superior Nocturna de Müsica und ist daneben 
Subdirektor der Academia de la Opera. Er schrieb 
mehrere Orchesterwerke, darunter 3 Symphonien 
(1944, 1945, 1957), Müsica para Orquesta Sinfönica 
(1940), Obertura en tiempo de Danza (1942), Or- 
chestersuiten, die Ballette Provincianas (1950) und 
Titeresca (1953), Filmmusik, Corridos für Chor und 


Orch. (1941), Tres poemas für S. und Kammer- 
orch. (1936), Kammermusik und Klavierstücke. 

Conus» Georg Eduardowitsch Konius, 
Georgij Eduardowitsch. 

Converse (k'onvce:s), Frederick Shepherd, 
* 5. 1. 1871 zu Newton (Massachusetts), f 8. 6. 1940 
zu Westwood bei Boston; amerikanischer Kompo- 
nist, besuchte die Harvard University bis 1896, 
studierte dann noch bis 1898 bei Rheinberger in 
München, war 1899-1901 Theorielehrer am New 
England Conservatory in Boston, 1901-04 Kom- 
positionslehrer, 1904-07 Assistant Professor an 
Harvard University, 1911-14 Vizepräsident der 
Boston Opera Company, 1921-38 Kompositions- 
lehrer am New England Conservatory. C.s 
Schaffen steht im Zeichen der Spätromantik; in 
den 20er Jahren suchte er einen speziell amerika- 
nischen Stil. Er schrieb: 7 Symphonien, 3 Streich- 
quartette, weitere Kammermusik, Klavierstücke 
und Lieder; La belle darrte sans rnerci für Bar. und 
Orch. (1902), Oratorium Job (1908), Opern The 
Pipe of Desire (1906), The Saarißce (1911), Sindbad 
(1913) und The Immigrants (1914), Pageant and 
Masque of St. Louis (1940); Fantasy für KL und 
Orch. (1922), Flivver Ten Million (Der zehn- 
millionste Fordwagen) für Orch. (1927), Orche- 
stersuiten California (1928) und American Sketches 
(1933). 

Conv$rsi, Girolamo, * zu Correggio; italieni- 
scher Komponist des 16. Jtu, stand um 1584 im 
Dienst des Cardinais Granveüa, Vizekönigs von 
Neapel, und schrieb 5st. Canzoni (Venedig 1572, 
oft aufgelegt) und 6st. Madrigale (L Buch Vene- 
dig 1584). 

Conz» Bernhard, * 1. 6. 1906 zu Karlsruhe; 
deutscher Dirigent, studierte an der Hochschule 
für Musik in Karlsnihe und am Stemschen Kon- 
servatorium in Berlin (Kwast, Klatte, v. Rditz) 
Klavier, Tonsatz und Dirigieren. 1933-42 1. Ka- 
pellmeister in Königsberg und Nürnberg, dann 
Städtischer Musikdirektor in Heidelberg, 1947 
GMD des Pfalzorchesters Ludwigshafen, wirkt 
sdt 1951 als Leiter der Symphoniekonzertc und 
der Oper in Bielefeld. 

Cotnze» Johannes, * 29.5.1875 zu Lippstadt 
(Westfalen), f 9. 1. 1946 zu Berlin; deutscher Mu- 
sikpädagoge und Komponist, studierte bei Nekes 
an der Kirchenmusikschule »Gregoriushaus« in 
Aachen, dann am Seminar in Rütnen und nach 
kurzer Tätigkeit als Lehrer 1903-05 mit Stipen- 
dium Theone bei Eyken, Violoncello bei R. Haus- 
mann, Gesang bei M. Stange und Musikgeschichte 
bei C. Krebs an der Königlichen Hochschule für 
Musik in Berlin, zuletzt bis 1911 an der Meister- 
schule Gernsheims, lebte als Gesangs- und Theorie- 
lehrer in Berlin und schrieb: 4 Messen, Orchester- 
werke, 3 Streichquartette, ein Klavierquartett, eine 
Cellosonate, eine Violinsonate, Orgelwerke, Lie- 
der und einige Männerchöre. 

Cooke (kuk), Arnold, * 4. 11. 1906 zu Gomersal 
(Y orksbire) ; englischer Komponist, studierte nach 
Besuch des Caius College in Cambridge 1929-32 
bei Hmdemith an der Berliner Hochschule für 
Musik Komposition undKontrapunkt. 1933 wurde 
er als Professor für Theorie und Komposition an 


335 



Cooke 


die Royal Manchester School of Music berufen. 
1938 wechselte er nach London über und über- 
nahm 1947 eine Kompositionsprofessur am Trinity 
College of Music in London. Cambridge verlieh 
ihm 1948 den Doktorgrad der Musik. C. schrieb 
hauptsächlich Kammerkompositionen aller Beset- 
zungen und Gattungen. Passacaglia, Scherzo und 
Finale für Bläser und Streicher, ein in der kontra- 
punktischen Behendigkeit typisches Werk aus sei- 
ner Berliner Zeit, arbeitete er später für Streich- 
orch. um. Unter weiteren Orchesterwerken sind 
eine Symphonie, ein Oboen- und ein Klarinetten- 
Konzert zu nennen. Neben Bühnen-, Hörspiel- 
und Filmmusiken entstand eine Oper Mary Barton 
nach einer Gaskell-Novelle über die Industrie- 
revolution im Manchester des 19. Jh. 

Cooke (kuk), Benjamin, * 1734 und 1 14. 9. 1793 
zu London; englischer Komponist, wurde Schüler 
Pepuschs und 1752 dessen Nachfolger als Dirigent 
der Academy of Andent Music, 1757 Chormeister, 
1758 Lay Vicar und 1762 Organist der Westmin- 
ster Abbey. 1782 wurde er Organist an St. Mar- 
tin Vin-tho-Relds. Die Direktion der Akademie 
gab er 1789 an S. Arnold ab. C. ist in England be- 
sonders berühmt als Komponist von Glees, Kanons 
und Catches, für die er vom Catchklub wiederholt 
Preise erhielt. Außerdem schrieb er Anthems und 
andere Kirchenstücke, auch Oden für die Academy 
of Andent Music und Instrumentalwerke. 

Lit: H. Cooke, Some Account of Dr. C., London 
1937. 


Cooke (kuk), Henry, * tun 1615, 1 13. 7. 1672 zu 
Hampton Court (London); englischer Komponist 
und Sänger, kämpfte im Bürgerkrieg mit und er- 
warb den Rang eines Captain. Nach dem Regie- 
rungsantritt Karls II. 1660 wurde C. Baßsänger 
und Master of the Children der Chapel Royal. Er 
brachte die Kapelle zu neuer Blüte; zu seinen 
Schülern gehören Purcell, Blow, Humfrey und 
Tudway. C. schrieb Anthems und Oden. 

Lit.: L C. Bridge, A Great Englisch Choir-trainer : 
Captain H. C, in the Mus. Antiquary II, 1910/11. 


Cooke (kuk), Thomas Simpson (Tom C.), 
* 1782 zu Dublin, f 26. 2. 1848 zu London; irischer 
Kapellmeister, war zuerst Theaterkapellmeister in 
Dublin, in der Komposition Schüler von T. Gior- 
dani, 1806-12 auch als Verleger tätig. Nachdem er 
in Dublin auch als Sänger erfolgreich aufgetreten 
war, ging er 1814 nach London und wurde 1815 
für beinahe 20 Jahre Tenorist am Drury Lane 
Theatre. Daneben wirkte er als Kapellmeister und 
Gesanglehrer. C. schrieb zahlreiche Opern, freie 
Bearbeitungen von Webers Abu Hassan und Oberon 
sowie von Opern von Auber, Boieldieu, Hdrold 
und Rossini, Schauspielmusiken und viele Lieder. 


Coolidge (k'ulid 3 ), Elizabeth Sprague, * 20. 
10. 1864 zu Chicago, f 4. 11. 1953 zu Cambridge 
(Massachusetts); amerikanische Mäzenatin, war 
Pianistin und Ensemblespielerin, komponierte auch 
und schuf 1925 hei der Library of Congress in 

xrr j:_ nii i jl . o ' j i- 


dation, mit deren Hilfe der Music Division der Bi- 
bliothek u. a. die Veranstaltung von Konzerten 
und Festivals ermöglicht wird. Die schon 1918 von 
ihr in Pittsfidd (Massachusetts) eingerichteten 
Berkshire Festivals of Chamber Music wurden spä- 


ter ebenfalls nach Washington verlegt. Zahlreiche 
Werke zeitgenössischer Komponisten entstanden 
in ihrem Auftrag, darunter solche von Strawinsky, 
Prokofjew, Pizzetti, Bartök, Piston, Schönberg 
und Malipiero. Seit 1932 wird auch eine E. S. 
Coolidge-Medaille »for eminent Services to cham- 
ber music« verliehen. 


Cools, Eugene, * 27. 3. 1877 undf 5. 8. 1936 zu 
Paris; französischer Komponist, war Schüler von 
Gddalge, Faurd und Widor am Pariser Conserva- 
toire und gewann 1906 für eine Symphonie C moll 
den Prix Cressent. 1907-23 war er Assistent von 
Gddalge am Conservatoire, ab 1919 Lehrer an der 
£cole Normale de Musique. 1928 wurde er Leiter 
des Verlags Max Eschig, nachdem dessen Gründer 
gestorben war. C. schrieb Opern und Ballette, eine 
Musik zu Hamlet, Orchesterwerke, zahlreiche Be- 
arbeitungen, Klavierstücke und Kammermusik, 
darunter: Streichquartett op. 62, Flötensonate op. 
64, Klavierquintett op. 76 und Violinsonate op. 79. 


Coperario (korpi'eiijo), John (eigentlich Coo- 
per), * um 1575, f um 1626; englischer Komponist, 
war am englischen Hofe um 1606-26 als Lautenist, 
Gambist und Komponist tätig, außerdem Lehrer 
des späteren Königs Charles I. und von W. Lawes. 
Die italienische Form des Namens hat zu der Ver- 
mutung Anlaß gegeben, C. habe sich einige Zeit 
in Italien aufgehalten; doch liegt dafür kein Be- 
weis vor. Von seinen Werken wurden gedruckt: 
Ftmeral Teares (London 1606), Songs of Mouming 
(London 1613), 2 Psalmen in W. Leightons The 
Teares (London 1614), 4 3st. Fandes in XX Ko - 
nincklyche Fantasien (Amsterdam 1648). Hand- 
schriftlich erhalten sind über 100 Fandes, 21 3st. 
Villanellen, weitere Gesänge und JR xiles how to 
Compose. C. ist vor allem als Instrumentalkompo- 
nist bedeutend. Er bildet gern 3sätzige Suiten mit 
der Satzfolge Fantasia, Annan, Galuard. ln den 
Werken mit Gb. ist die Orgelstimme oft vollstän- 
dig ausgesetzt. 

Ausg.: Rules how to Compose, Faks. hrsg. v. M. F. 
Bukofzer, Los Angeles 1952 (mit Biogr.); ein 2st, 

2 3st, 2 4st, 4 5st, 2 6st Fantasias f. Violen, 2 Suiten 
u. 2 Fantasias f. 2 Streicher u. Orgel u. 2 Suiten f. 

3 Streicher u. Org. in: Jacobean Consort Music, 
hrsg. v. Th. Dart u. W. Coates, = Mus. Brit IX; 
4st Fantasie, hrsg. v. A. Mangeot, London 1936; 
How like a Golden Dream, hrsg. v. P. Warlock, 
London 1929; je ein Lied in Engl. Ayres IV u. V, 
hrsg. v. P. Warlock u. Ph. Wilson, London 1930-31. 
Lit: P. Warlock, The Engl. Ayre, London 1922; J. 
Pulver, Giov. C., MMR LVH, 1927; E. H. Meyer, 
Die mehrst. Spielmusik, « Heidelberger Studien zur 
Mw. II, Kassel 1934, darin ein unvollständiges Verz. 
d. Instrumentalwerke; ders.. Engl. Chamber Music, 
London 1946, 21951, darin eine Fantasia f. 4 Violen; 
B. Pattison, Music and Poetry of the Engl Renais- 
sance, London 1948; B. Schoeield u. Th. Dart, 
Tregian’s Anth., ML XXXH, 1951. 

Copland (Copland), Aaron (dgentiieh A. Cap- 
lan), * 14.11.1900 zu Brooklyn (New Jersey); 
amerikanischer Komponist, Schüler von R. Gold- 
mark in New York und 1921-24 von N. Boulan- 
ger in Paris, lebt seit 1924 wieder in New York. 
1928-31 veranstaltete er mit Roger Sessions Kon- 
zerte mit Werken zeitgenössischer Komponisten. 
1927-37 las er an der New School for Social Re- 
search in New York, 1935-44 und 1951/52 an der 


336 



Corbet 


Harvard University. Die Zustimmung, die C. 
schon früh gefunden hat, zeigt sich auch darin, daß 
ihm zahlreiche organisatorische Ämter übertragen 
wurden. C.s frühe Werke beweisen eine gründ- 
liche Auseinandersetzung mit dem Jazz; 1926 folgt 
eine Zeit u nr u h i g en Experimentierens. Ab etwa 
1934 bemüht sich C., seine Aussage in möglichst 
einfacher, allgemein verständlicher Form einem 
breiten Publikum mitzuteilen, doch stehen die 
3. Symphonie und andere Werke der letzten Jahre 
wieder in strengerem Stil. Auf dem Gebiet der 
Filmmusik hat C. Überragendes geleistet (Of Mice 
and Men , Our Town, The Heiress). Werke: The Cat 
and the Mouse , Scherzo für KL (1920) ; 4 Motetten 
a cappella (1921) ; Passacaglia für Kl. (1922) ; Sym- 
phonie für Org. und Orch. (1924); Dance Sym- 
phony (1925) ; Music for the Theatre fürKammerorch. 
(1925) ; BallettGrofyg (1925) ;Klavierkonzert (1926) ; 
VocaHse für Singstimme und KL (1928) ; 2 Stücke 
für Streichquartett (1928); I. Symphonie (1928); 
Symphonie Öde (1929, umgearbeitet 1955) ; Klavier- 
trio Vitehsk (1929); Elegies für V. und Va (1932); 
IL Symphonie (1933) ; Statements für Orch. (1934) ; 
Ballett Hear Ye! Hear Yel (1934); El Sal6n Mlxico 
für Orch. (1936) ; Saga of the Prairie für Radioorch. 
(1937); Schuloper The Second Hurricane (1937); 
Sextett für Klar., Kl. und Streichquartett (1937) ; 
Lark für Bar. und Chor a cappella (1938) ; An Out - 
door Overture (1938); Ballett Billy the Kid (1938); 
Filmmusik Of Mice and Men (nach J. Steinbeck; 
1939) und The City (1939); Quiet City für Trp., 
Englisch Hom und Streicher (1940) ; John Henry 
für Kammerorch. (1940); Filmmusik Our Town 
(nach Th. Wilder; 1940); Klaviersonate (1941); 
Danzon Cubano für 2 Kl. (1942) ; Lincoln Portrait für 
Sprecher und Orch. (1942); Ballett Rodeo (1942); 
Fanfare for the Common Man mit Schlagzeug (1942) ; 
Music for Movies für Kammerorch. (1942) ; Violin- 
sonate (1943); Filmmusik North Star (1943); Let- 
ter from Home für Orch. (1944) ; Ballett Appalachian 
Spring (1944); HI. Symphonie (1946); In me Beginn 
ning für Mezzosopran und Chor a cappella (1947) ; 
Klaxinettenkonzert (1948); Filmmusik The Red 
Pony (1948) und The Heiress (nach H. James; 1949) ; 
Preamble (der Charta der Vereinten Nationen) 
für Sprecher und Orch. (1949); Klavierquartett 
(1950) ; Oper The Tender Land (1954) ; Canticle of 
Freedom für Chor und Orch. (1955) ; Kbvierphan- 
tasie (1957); Klavierstücke, Lieder, Schauspiel- 
musiken. Schriften: What to Listen for in Music 
(New York 1938); Our New Music (New York 
1941, deutsch München 1947 und Wien 1948, darin 
eine Autobiographie); Music and Imagination (New 
York und London 1953). 

Lit.: A.V. Berger, The Music of A.C., MQ XXXI, 
1945; ders., A. C, NY 1953; Fr.W. Sternfeld, C 
as a Film Composer, MQ XXXVH, 1951 ; K.H. Wör- 
ner. Neue Musik in der Entscheidung, Mainz 1954, 
2(1956). 

Cpppola,Pier Antonio, *11. 12. 1793 zu Castro- 
giovanni (Sizilien), *J“ 13. 11. 1877 zu Catania; ita- 
lienischer Opemkomponist, studierte am Real Col- 
legio di Musica in Neapel und brachte 1816 seine 
erste Oper, II ßglio del bandito , heraus. Im ganzen 
schrieb er 14 italienische, eine französische und 3 
portugiesische Opern sowie Messen und andere 
Kirchenwerke. Seine beliebtesten Opern waren La 


pazza per amore (Rom 1835, Paris 1839 als Eva) 9 
GH Illinesi (Turin 1835) und Inis de Castro (Lissabon 
1841). 

Lit.: R. Cavellaro, Elogio storico-biogr. di P. A. 
C., Palermo 1857; U. P. Coppola, P. A. C., Catania 
1899. 

Cpppola, Piero, * 11. 10. 1888 zu Mailand; italie- 
nischer Dirigent, war bis 1909 Schüler des Mailän- 
der Konservatoriums, als Dirigent erst an der Scala 
in Mailand und in anderen italienischen Städten 
tätig, 1912-13 am Th&tre de la Monnaie in Brüs- 
sel, ab 1914 in London, von wo aus er Tourneen 
nach Skandinavien unternahm, seit 1919 in Paris. 
Er schrieb: die Opern Sirmione und Nikita, 2 Poe- 
metti für Orch., Symphonie für kleines Orch., 
Interlude dramatiaue für großes Orch., Pobne für 
KL und Orch., Danses symphoniques und Klavier- 
stücke. 

Ausg.: ein Notturno, in Tagliapietra Ant XVHI. 

Coquard (kok'a:r), Josqph Arthur, * 26. 5. 1846 
zu Paris, f 20. 8. 1910 zu Noirmoutier (Vendde); 
französischer Komponist und Musikkritiker, 1862 
bis 1866 Schüler Cdsar Francks, studierte Jura, 
promovierte 1870 und nahm nach dem deutsch- 
französischen Kriege seine Musikstudien wieder 
auf. 1876 debütierte er als Komponist mit einem 
Chant de Vdpie (für Bar. und Orch.) in Colonnes 
Konzerten, brachte 1884 in Angers seine erste 
Oper L'ipie du roi (2 Akte) heraus, der weiter 
folgten Le mari Tun jour (Paris Opdra Comique, 
1886, 3 Akte), Voiseau bleu (Opdra Comique 1894), 
La Jacquerie (I. Akt von Ei Lalo nachgelassen, 
Monte Carlo 1895), Jahel (Lyon 1900) und La 
troupe Jolicceur (Opdra Comique 1902). C. war 
auch Musikreferent der Vdritd, der Quinzaine und 
zuletzt des Echo de Paris, Vizepräsident der 
Soddtd des compositeurs de musique und der Asso- 
ciation de la entique dramatiaue et musicale und 
schrieb eine kleine Biographie C6sar Francks (1890) 
sowie De la musique en France depuis Rameau (1891, 
preisgekrönt 1892) und eine Biographie Berlioz’ 
(in den Musidens cd&bres, Paris 1910). Die Liste 
seiner Kompositionen verzeichnet noch zahlreiche 
größere Chorwerke (auch kirchliche), Orchester- 
werke, kleinere Instrumentalstücke und Gesänge 
für eine St. mit KL 

Lit: N. Dufourcq, A. de Coquard, C6sar Franck, 
Vincent d'Indy, Paris 1952. 

Corbet» August L. M., * 7. 3. 1907 zu Antwer- 
pen; belgischer Musikforscher, studierte zunächst 
Kunstgeschichte und Archäologie, dann in Cam- 
bridge bd E. Dent Musikgeschichte. Nach Tahren 
journalistischer Tätigkdt war er 1935-47 Admini- 
trator des KoninkHjk Vlaams Muziekconserva- 
torium in Antwerpen, auch Mitherausgeber des 
Vlaamsch Jaarboek voor Muziekgeschiedenis. 1949 
bis 1951 verwaltete er die Bibliothek des Conser- 
vatoire in Brüssel und ist seit 1952 im belgischen 
Unterrichtsministerium tätig. Schriften: Het Mw- 
ziekdrama in de XVI' en XvU' eeuwen in Italie ge- 
zien in het licht van H. Woljflins *Kunstgeschicnt- 
lichen Grundbegriffen* (Antwerpen 1936); Het Ko- 
ninkUjk Vlaamsch Conservatorium (Antwerpen 1941) ; 
Ausgabe Geschrißen van P. Benoit (Antwerpen 
1942) ; P. Benoit (Antwerpen 1944); De Vlaamsch 
Muziek (in: »Viaanderen door de Eeuwen heen«, 
Brüssel 1952). 


22 


337 



Corbett 


Corbett (k^:bst), Samuel, * 29. 1. 1852 zu 
Wellington (Shropshire) ; englischer Organist, von 
früher Kindheit an blind, war Schüler von G. A. 
Macfarren in London, promovierte 1879 in Cam- 
bridge zum Mus. D. und bekleidete verschiedene 
Organistenposten, ab 1892 in Boumemouth. Er 
komponierte verschiedene Vokal- und Instrumen- 
talstücke. 

Corbett (k'oibet), William, f 7. 3. 1748 wahr- 
scheinlich zu London; englischer Violinist, wurde 
1705 Konzertmeister bei der Eröffnung des Opern- 
hauses in Haymarket, war zugleich Konzertmeister 
am Lincoln’s Inn Heids Theatre, für das er schon 
1700 komponierte, dann Mitglied der Queen’s 
Band. 1711-13 lebte er in Rom; 1716-47 gehörte 
er zur Royal Band o£ Music, war iedoch vielfach 
auf Reisen in Italien, wo er Musikalien und Instru- 
mente sammelte. Außer Bühnenmusiken verfaßte 
er 36 Concertos . . . Composed on All the New Gustos 
(Band I 4st., Band II 7st., London um 1729) und 
2 Bücher Triosonaten. 

Corb?tta, Francesco, * um 1620 zu Pavia, f im 
März 1681 zu Paris; italienischer Lauteinst, war 
nach weiten Virtuosenreisen im Dienst des Herzogs 
von Mantua, der ihn 1656 an den französischen 
Hof schickte, dann in dem Karls II. von England, 
1669 wieder in Paris, dann wieder in London. Er 
veröffentlichte 3 Tabulaturbücher für spanische 
Gitarre: Scherzi armonici (1639), Vari capricd (1643) 
und La Guitarre Royalle (1670). 

Lit: M. Schulz, F. C. u. d. Gb.-Spielen, Mf IV, 
1951. 

Cordans, Bartolommeo, * um 1700 zu Vene- 
dig, f 14. 5. 1757 zu Udine; italienischer Kompo- 
nist, trat jung in den Franziskanerorden, den er 
jedoch mit päpstlichem Dispens wieder verließ. 
Nachdem er 1727—34 5 Opern, 2 Intermezzi i-md 
ein Oratorium in Venedig mit mäßigem Erfolg zur 
Aufführu ng gebracht hatte, übernahm er 1735 die 
Kap dlmeis terstcllc am Dom von Udine und schrieb 
in der Folge über 60 Messen und über 100 Psalmen, 
zum Teil doppdchörig, sowie zahllose Motetten. 
Ferner sind 24 Triosonaten von ihm erhalten. 
Chry sander schreibt ihm die Oper Ormisda zu, die 
H an de l 1730 in London aufführte, aber schon 1728 
in Venedig gehört hatte. 

Lit: F. Chrysander, G.F. Händel II, Lpz. 1860, 
21919, S. 239. 

Cordula, Giacomo, * 25. 7. 1783 und f 2. 5. 
1847 zu Neapel; italienischer Komponist, war 
Schüler von Fenaroli und Paiaello, Kapellmeister 
und Konservatorium sichrer in Neapel, schrieb für 
Neapel, Venedig, Rom und Mailand 18 Opern, 
einige Kantaten und viel Kirchenmusik, 

Corder (k'ordo), - 1) Frederick, * 26. 1. 1852 
zu London, *f 21. 8. 1932 zu Hampstead; englischer 
Kapellmeister und Komponist, trat zuerst in ein 
kauf m ännisch e s Geschäft ein, wurde dann aber 
Schüler der Royal Academy of Music, erhielt da< 
Mendelssohn-Stipendium und studierte weiter bei 
F. Hiller in Köln. Nach seiner Rückkehr wurde er 
Kapellmeister in Brighton, lebte dann in East- 
boume, wurde 1888 Kompositionslehrer und 1889 
Kurator an der Royal Academy of Music in Lon- 
don. Von seinen Werken sind hervorzuheben: 
Evening on the Seashore für Orch. (1876), Orchester- 

338 


suite Im Schwarzwald (1876), Operetten A Storm 
in a Teacup (1880) und Philomel (1880), Nocturne für 
Orch. (1882), Ouvertüre Ossian (1882), Operette 
The Nabob’s Pichle (1883), Ouvertüre Prospero 
(1885), Operette The Noble Savage (1885), Kantate 
The Brideof Triermain (1886), Oper Nordisa (1887), 
Kantate The Sword of Argantyr (1889), Pippa Passes 
für Orch. (1897), Elegy für 24 V. und Ore. (1908), 
Melodramen sowie die Bücher: The Orchestra and 
How to Write for It (London 1895, 2 1902), Modem 
Musical Composition (London 1909) und A History 
of the Royal Academy of Music (London 1923). 
C. übersetzte auch R. Wagners Ring, Meistersinger 
und Rienzi ins Englische. - 2) Paul W., * 14. 12. 
1879 und f 6. 8. 1942 zu London, Sohn und Schü- 
ler von Frederick C.; englischer Komponist, 
wurde 1907 Lehrer für Harmonie und Kompo- 
sition an der Royal Academy of Music in London. 
Seine Werke umfassen Opern und Ballette, A 
Song ofBattle für Chor und Orch., 4 Sea-Songs für 
Bar. und Orch., eine gälische Orchesterphantasie 
Morar und Klavierwerke. 

Cordes, Marcel (Pseudonym von: Kurt Schu- 
macher), * 11. 3. 1920 zu Stelzenberg (Rheinpfalz) ; 
deutscher Sänger (Bariton), war nach seinem Stu- 
dium, das er 1935-38 am Konservatorium Kai- 
serslautern und 1938-40 an der Musikhochschule 
Mannheim absolvierte, 1941/42 in Eger, 1948-50 
in Kaiserslautem, 1950/51 in Mannheim, 1951-54 
in Karlsruhe und wurde 1954 an die Bayrische 
Staatsoper München verpflichtet. Er pflegt auch 
Lied- und Oratoriengesang. 

Cordier (kordj'e:), Baude ; französischer Kompo- 
nist um 1400, gebürtig aus Reims. Von seinen 
Kompositionen sind bisher bekannt ein 3st. Gloria 
(überliefert in den Handschriften Bologna, Liceo 
musicale 15 und Apt) und 10 Chansons, die, von 
einer 4st. Ballade abgesehen, alle 3st. sind (über- 
liefert in den Handschriften Oxford, BodL Can. 
misc. 213, - Chantilly 1047 und dem Bologneser 
Codex). C. gehört zur Generation vor Dufay und 
ist neben Carmen, Cesaris und Tapisner zu stellen. 
Ausg.: das ganze Gloria ist nach der Hs. Apt (dort 
anon.) veröff. bei A. Gastou£, Le ms. de musique du 
tr6sor d’Apt, Paris 1936, S. 83-86 (= Nr XXXI); 
m Dävison-Apel Anth. sind veröffentlicht: als Nr 
48a d. 3 st. Rondeau Amans, am£s secretement, als 
Nr 48b d. 3 st. Rondeau Belle bonne; bei H. RemInn, 
Hdb. d. Mg. I, 2, Lpz. 1905, d. 3st. Kanon mit d. 
Anweisung Tout par compas suy composds (S. 351 
bis 353) u. d. 3st Rondeau Belle bonne (S. 354-56). 

Cordon (k'ordon), Norman, * 20.1.1904 zu 
Washington; amerikanischer Opernsänger (Baß- 
Bariton), erhielt seine Ausbildung am Nashvüle 
Conseryatory of Music und debütierte 1933 als 
Scarpia in Tosca bei der Civic Opera in Chicago, 
der er bis 1936 an gehörte. Danach ging er an das 
Metropolitan Opera House nach New York, sang 
bei Gastspielen und tritt auch als Konzertsänger, 
h ä ufig mit Negro-Spirituals, an die Öffentlichkeit. 

Cordpne, Mario, * 17.4.1895 zu Cortona 
(Arezzo); ita lienis c he r Dirigent und Komponist; 
am M ailänder Konservatorium G. Verdi, das er 
1922 mit Kompositions-Diplom verließ, Schüler 
von Orefice und Paribeni, dirigierte ab 1925 in 
Deutsc hland , 1932 in P aris , danarh in Italien und 
Spanien, war 1951—53 ständiger Dirigent qt« Na- 



Corfe 


tionaltheater in Amsterdam, 1954-56 beim Nord- 
deutschen Rundfunk Hamburg. Von seinen Kom- 
positionen seien die auf Wettbewerben preisge- 
krönten angeführt: eine Kantate für Chor und 
Orch. (1932), ein Klaviertrio (1922) und eine Vio- 
linsonate (1923). 

Cords, Gustav, * 12.10.1870 zu Hamburg, 
+ 18. 2. 1951 zu Berlin; deutscher Violinist und 
Komponist, war 1887-91 Schüler H. Riemanns an 
den Konservatorien in Hamburg, Sondershausen 
und Wiesbaden, 1894—1911 Violinist im Theater- 
orchester von Wiesbaden, 1911-19 Präsident des 
Allgemeinen Deutschen Musikverbandes in Ber- 
lin, dann Kammermusiker an der Berliner Staats- 
oper. Als Komponist trat er auf mit Liedern, Kam- 
mermusik, 2 Ouvertüren, einem Cellokonzert, der 

S honischen Dichtung Gudrun , der sympho- 
m Phantasie Hellas in 4 Sätzen, einer Sym- 
phonie in A moll und einer Oper Sormu/endnacht 
(Nürnberg 1919). 

Cor^lli, Arcangelo, * 17. 2. 1653 zu Fusignano 
bei Ravenna, f 8. 1. 1713 zu Rom; italienischer 
Komponist. Über seine frühere Lebenszeit ist we- 
nig bekannt; wahrscheinlich erhielt er Unterricht 
in Faenza, Lugo und Bologna, wo er 1670 in die 
Accademia Filarmonica auf genommen wurde, und 
bei G. Benvenuti und L. Brugnoli Violine stu- 
dierte, vermutlich auch bei B. G. Laurenti; hin- 
gegen ist nicht anzunehmen, daß der 4 Jahre jüngere 
G. B. Bassani sein Lehrer gewesen seL Ebensowenig 
läßt sich für die Jahre 1671-75 ein Aufenthalt in 
Frankreich nachweisen. Spätestens 1675 kommt C. 
nach Rom, wo er Anfang 1679 im Orchester des 
Teatro Capranica nachweisbar ist und Komposi- 
tionsschüler von M. Simonelli wurde; es scheint, 
daß er 1679-80 in Deutschland lebte (München, 
Heidelberg, Hannover). 1681 ließ er sich wieder in 
Rom nieder, wo er in Kardinal Benedetto Panfili 
und Kardinal Pietro Ottoboni Mäzene fand. In den 
letzten Lebensjahren verfiel er in Melancholie. 
Ottoboni ließ ihm ein Grabdenkmal errichten, 
dessen Inschrift die 1713 von Ottoboni erwirkte 
Erhebung C.s in den Adelstand (Marchese von 
Ladenburg) durch den Kurfürsten Johann Wil- 
helm von der Pfalz verzeichnet. C., der typische 
Repräsentant der klassischen italienischen Violin- 
musik und als solcher von starkem Einfluß auf alle 
jüngeren Zeitgenossen, darunter E. F. DalFAbaco 
und Handel, war ein ausgezeichneter Violinist, 
pflegte aber einen einfachen ausdrucksvollen Stil 
und verstand sich weniger auf die von den deut- 
schen Virtuosen kultivierte Kunst des doppelgrif- 
figen Spiels. Als Komponist ist er das Schlußglied 
einer sich durch das ganze 17. Jh. ziehenden Kette 
italienischer Komponisten von Solo- und Trio- 
sonaten; der Geist der altklassischen »undrama- 
tischen« KantabiHtät hat in seinen Werken den 
reinsten Ausdruck gefunden. Auch ist er nach dem 
Zeugnis Georg Muffäts (1701) der eigentliche 
Schöpfer des Concerto grosso, mit dem er bereits 
1682 in Rom Aufsdien erregte und ToreDi zum 
Vorbild diente. Seine Werke sind: 48 Triosonaten 
op. 1-4 (je 12 Sonaten Rom 1681, 1685, 1689, 
1694); die Baßstimme ist neben dem Violone bei 
den Kirchensonaten op. 1 und op. 3 mit Org., bei 
den Kammersonaten op. 2 und op. 4 mit Cemb. 
zu besetzen; 12 Sonate a Vtolino e Violone o Ciwbalo 


op. 5 (Rom 1700), und sein größtes Werk: 12 Con- 
certi grossi eon duoi Violini e Violoncello di Concertino 
obligati e duoi altri Violini , Viola e Basso di Concerto 
Grosso ad arbitrio , che si potranno radoppiare , op. 6, 
herausgegeben von M. Fomari (Amsterdam 1714). 
Die 48 Triosonaten op. 1-4 und die Concerti 
grossi op. 6 erschienen außer den mancherlei son- 
stigen Nachdrucken auch in Partiturausgabe zu 
London bei Walsh, revidiert von Pepusch ; von den 
Bearbeitungen sind die wichtigsten: 6 Sonaten aus 
op. 3 als VI Concerti grossi herausgegeben von F. 
Geminiani (London 1735); XII Concerti grossi (op. 
5), herausgegeben von demselben (London 1735). 
Das berühmte Concerto fatto per la notte di natale ist 
das achte aus op. 6, die Variationen über die Follia 
bilden das 12. Stück von op. 5. Ferner werden C. 
zugeschrieben: XII Sonata* s, In three Parts . . . 
Opera Ith (London, um 1765) ; 6 Sonate a tre . . . 
Ouvrage posthume (Amsterdam, um 1715) ; XII So - 
natas jor Two Violins and Violoncello with a Thorough 

Bass . . . The Author . . . supposed tobe A. Corelli 

(London, um 1755). 

Ausg. : Les Oeuvres de A. C. (op. 1-6), 3 Bde, hrsg. 
v. J. Joachim u. Fr. Chrysander, London (1888-91), 
Bd I (op. 1-4) bereits als Denkmäler d. Tonkunst Ul, 
Bergedorf 1869; Sonate XII (Follia) op. 5, Sonate I, 
op. 5, in: Les Maltres classiques du violon . . ., hrsg. 
v. D. Alard, Mainz, Nr 1 u. 21 ; Sonata da chiesa, 
op. 3, 7, in: Coli, mus., hrsg. v. H. Riemann, Nr 54; 
Pastorale aus d. Weihnachtsmusik: Concerto grosso 
Nr 8, in: Perlen alter Kammermusik, hrsg. v. A. 
Schering, 3. Folge, Nr 3, 1913. 

Lit: Bibliogr.: F. T. Arnold, A. C. Forgery, Proc. 
Mus. Ass. XL VII, 1920/21; Cl. Sartori, Le qua- 
rantaquattro edizioni ital. delle sei opere di C., RMI 
LV, 1953. - allgemein: C. M. Crescimbeni, A. C., 
Notizie istoriche, degli Arcadi morti I, Rom 1720; 
L. Orsini, A.G, Turin 1915; M. Pincherle, C., 
Paris 1933, erweitert 1954, mit Veiz. d. Ausg.; M. 
Rinaldi, A. G, Mailand 1953 (unzuverlässig); G. 
Pannain, A. C., Rass. mus. XXIII, 1953. - Zur Biogr. : 
F. Pasini-Frassoni, La famiglia di A. C., Rivista 
Araldice V, 1907; A. Einstein, Ital. Musiker am 
Hofe d. Neuburger Wittelsbacher, SIMG IX, 1907/ 
1908; C. Piancastelli, In Onore di A. C, Bologna 
1914; Fr. Vatieixi, fl C. e i maestri bolognesi del 
suo tempo, RMI XXIII, 1916, auch in dessen »Arte e 
vita mus. in Bologna« I, Bologna 1927; A. Moser, 
A. G u. A. Lolli, ZfMw ffl, 1920/21; A. Cametti, 
A. C. k Saint-Louis-des-Fran$ais ä Rome, RM 1922. - 
Zu d. Werken: J. Hawüns, The General Hist, and 
Peculiar Character of the Works of A. C., Universal 
Magazine of Knowledge and Pleasure LX, 1777; W. 
H. Riehl, A. C. im Wendepunkt zweier mg. Epochen, 
SB München 1882; A. Moser, Zur Frage d. Orna- 
mentik in ihrer Anwendung auf C.s op. 5, ZfMw I, 
1918/19; H. G. Mishken, The Solo-violin Sonata of 
the Bolognese School, MQ XXIX, 1943; M. Bukof- 
zer, Music in the Baroque Era, NY 1947; St. Deas, 
A. C., ML XXXIV, 1953; Cat. della Mostra Corel- 
liana, Rom 1953; Nel III centenario della nascitä 
di A. C., hrsg. v. Comitato Fusignanese, Ravenna 
1953; L. Montalto, A. C. nell’ambiente musicale 
romano fra ü 1671 e Ü1713, RMI LVI, 1954; W. S. 
Newman, Ravenscroft and C., ML XXXVHI, 1957. 

Corfe (ka:f), englische Organistenfamilie. - 1) 
Joseph, * 25. 1271740 und f 29. 7. 1820 zu Salis- 
bury, war Chorsänger an der Kathedrale von 
Salisbury, 1783-92 Mitglied der Chapd Royal und 
1792-1804 Organist und Chordirektor in Salis- 
bury. Er schrieb 11 Anthems, ein Service, ein Te- 
deum und 3 Bücher Glees. Auch gab er eine Gene- 


22 * 


339 



Corkine 


ralbaßschule heraus : Thorough Bass Simplified (Lon- 
don o. J.). - 2) Arthur Thomas, * 9. 4. 1773 und 
f 28. 1. 1863 zu Salisbury, Sohn von Joseph C., 
wurde 1783 unter B. Cooke Chorknabe an der 
Westminster Abbey in London, dann Klavier- 
schüler Clementis, 1804 Nachfolger seines Vaters 
als Organist und Chordirektor der Kathedrale von 
Salisbury. Er schrieb Anthems, Klavierstücke und 
ein Lehrbuch The Prindples of Harmony and 
Thoroughr-Bass. 

Corkine (k'o : kin), William; englischer Laute- 
nist des 17. Jh., ließ 1610 und 1612 in London 

2 Bücher Ayres zur Laute (mit Tanzen und Grounds 
für Lyra Viol) drucken, die dem Spätstil des eng- 
lischen Lautenlieds zugehören. 

Ausg.: Ayres, hrsg. v. E. H. Fellowes, The Engl. 
School of Lutenist Song-Writers II, 12, London (192$ ; 
4 Sätze für Lyra Viol, hrsg. v. Th. Dart u. W. Coates, 
Mus. Brit. IX, London 1955. 

Cora^go, Johannes, Komponist der 2. Hälfte 
des 15. Jh., wahrscheinlich von spanischer Ab- 
kunft, lebte lange Zeit am Hofe von Neapel, wo 
er 1466 Almosenpfleger wurde. 1473 ist er als 
Sänger am Hofe König Ferdinands V. von Arag6n 
nachweisbar. Er schrieb eine 3st. Messe, eine 4st. 
Motette und 17 3-4st. Chansons. Zu dem 3st. 
Qu es mi vida preguntdis schrieb Ockeghem eine 
4. Stimme. 

Ausg. : Gentü dama, 3st., Faks. hrsg. v. H. Angläs in 
MGG II, Sp. 1681-82; 2 Chansons in: Cancionero 
Musical . . hrsg. v. F. A. Barbierl Madrid 1890, 
NA als Cancionero Musical de Palacio v. H. Angl£s, 

3 Bde, = La Müsica en la Corte de los Reyes Cat6- 
licos II-IV, = MMEsp V, X u. XTV. 

Commis, Evert, * 5. 12. 1884 zu Amsterdam, 
1 23. 11. 1931 zu Bilthoven; niederländischer Pia- 
nist und Kapellmeister, studierte am Amsterdamer 
Konservatorium Klavier und Orgel, wurde 1906 
in Antwerpen an der Flämischen Oper Solorepeti- 
tor und 1908 Kapellmeister der Niederländischen 
Oper in Amsterdam. 1910-19 war er 2. Dirigent 
des Concertgebouw Orchesters unter W. Mengel- 
berg, ab 1922 Leiter des Städtischen Orchesters 
in Utrecht, spater auch Dirigent der Chorvereini- 
gungen der Gesellschaft zur Förderung der Ton- 
kunst in Rotterdam, Haarlem und Utrecht. 1927 
wurde er Dirigent des Niederländischen Bach- 
Vereins. 

Cornelius, Peter, * 24. 12. 1824 und f 26. 10. 
1874 zu Mainz; deutscher Komponist, war ur- 
sprünglich Schauspider, wandte sich der Musik zu 
und studierte 1844-46 Kontrapunkt unte r D ehn 
in Berlin. Während dieser 2&t und in den ersten 
Weimarer Jahren entstanden vor allem eine Reihe 
Kirchenwerke von Reife und Eigenart: ein Domine 
salvum fac regem für Männerchor, ein »großes« 
Domine für Chor und Orch., eine 4-6st. Messe 
a cappella A dur, eine Messe über den »Cantus 
firmus in der dorischen Tonart« und ein Stabat 
Mater für Soli, Chor und Orch. Ihnen waren 
seit 1837 eine Ouvertüre, Lieder, Duette, Chöre, 
Violinstücke und Klavierwerke vorausgegangen, 
die in der Mehrzahl unveröffentlicht blid>en. 1851 
schrieb er in Berlin Musikkritiken. 1852 ging er 
nach Weimar zu Liszt und war in der NZfM einer 
der eifrigsten Vorkämpfer der neudeutschen Schule. 
1853 entstand sein op. 1 Sechs kleine Lieder zu 


eigenen Weisen (Mainz 1854); im gleichen Jahre 
lernte er in Weimar Berlioz kennen, für den er 
deutsche Übersetzungen machte. In Weimar 
schrieb er 1854 die Liederzyklen Vaterunser op. 2 
(Berlin 1856) und Trauer und Trost op. 3 (Mainz 
1858), 1856 die beliebt gewordenen Weihnachts- 
lieder op. 8 (Leipzig 1870), 1856-59 die Braut- 
lieder (Leipzig 1878) und 1857-58 sein Meister- 
werk, Der Barbier von Bagdad, der am 15. 12. 1858 
in W eimar durch Liszt aufgeführt, aber durch die 
Dingdstedtsche Clique zu Fall gebracht wurde, 
was Liszt so verstimmte, daß er von da ab keine 
Oper mehr dirigierte und 1861 Weimar verließ. 
C. ging 1859 nach Wien: dort komponierte er 
seine Hebbel-Lieder, übersetzte Liszts Buch über 
die Musik der Zigeuner (Pest 1861) und dichtete 
und komponierte 1860-65 seinen Cid, der am 21. 
5. 1865 in Weimar unter Stör aufgeführt wurde. 
Im gleichen Jahre folgte er Wagner nach München, 
wo er 1867 Anstellung als Kompositionslehrer an 
der neugegründeten Königlichen Musikschule 
fand. In diese Zeit fällt die Arbeit an seinen großen 
Chören: Trauerchöre op. 9 (1869), Beethovenlied 
op. 10 (1870), 3 gern. Chöre op. 11 (1871), 3 Man- 
nerchöre op. 12 (1873), Psalmenlieder op. 13 (1872), 
Reiterlied op. 17 (1873), 3 Liebeschöre op. 18 (1872), 
Die Vätergruft op. 19 (1874). Auch übersetzte er den 
Text von Pergolesis La serva padrona und andere 
Opemtexte. 1867 vermählte sich C. mit Bertha 
Jung; ihr ist der Liederzyklus An Bertha op. 15 
(geschrieben 1865) gewidmet, wie auch sein letztes 
Opemwerk Gunlöd nach einem Stoffe der Edda; 
die Musik dazu blieb Fragment und wurde 1905 
von W. von Baußnem ergänzt. C. ist eine durch 
und durch vornehme Künstlernatur, die bei näherer 
Bekanntschaft immer mehr gewinnt, einer der 
feinsinnigsten Lyriker und ein Dichterkomponist 
von Bedeutung, mit einer ganz persönlichen, auch 
von Wagner nicht beeinflußten Eigenart. Der Bar- 
bier ist nächst Wagners Meistersingern die beste 
deutsche heitere Oper des 19. Jh., aus feinem Hu- 
mor und lyrischer Wärme gewoben. Eine Auto- 
biographische Skizze C.s ist im 3. Band seiner Lite- 
rarischen Werke abgedruckt. Sämtliche Opern 
C.s wurden um die Jahrhundertwende in verschie- 
denen Bearbeitungen aufgeführt. 

Ausg.: GA, hrsg. v. M. Hasse u. W. v. Baussnern, 

5 Bde, Lpz. 1905-06 (Bd I-II Lieder u. Gesänge, III-V 
Opern); Messe D moll f. 4st. gern. Chor u. Org. ad 
lib., hrsg. v. M. Hasse, Mainz 1930; Das große Do- 
mine f. T.-Solo, gern. Chor und Orch., hrsg. v. M- 
Hasse, Mainz 1930; Stabat Mater f. S., A., T. u. B.. 
Solo, gern. Chor, Männerchor u. Orch., hrsg. v. M. 
Hasse, Mainz 1930. Literarische Werke hrsg. v. C. 
M. Cornelius, E. Istel u. A. Stern, 4 Bde, Lpz. 
1904-05; Ausgew. Schriften u. Briefe, hrsg. v. P. 
Egert, Bin 1938. 

Lit: A. Sandberger, Leben u. Werke d. Dichter- 
musikers P. C., Diss. Würzburg 1887; M. Hasse, 
P. C. u. sein »Barbier v. Bagdad«, Lpz. 1904; ders.. 
Der Dichtermusiker P. C., 2 Bde, Lpz. 1922-23; E. 
Sulger-Gebing, P. C. als Mensch u. Dichter, Mün- 
chen 1908; K. G. Roger, P. C. als Liederkomponist, 
Diss. Wien 1921 ; E. Janowitzer, Die Opern v. P. C., 
Diss. Wien 1921; H. Patjlig, P. C. u. sein Barbier 
v. Bagdad, Diss. Köln 1923, maschr.; C. M. Cor- 
nelius, P. C., 2 Bde, = Deutsche Musikbücherei 
XLVI/XLVH, Regensburg (1925); H. Müller 
(-Eschborn), Das Verhältnis C.-Wagner, Diss. 
Rostock 1933. 


340 



Correa 


Corner, David Gregor, * 1585 zu Hirschberg 
(Schlesien), f 9. 1. 1648 zu Göttweig (Nieder- 
österreich); verdienter Sammler von weltlichen 
und geistlichen Volksliedern, gab heraus: Groß 
catholisch Gesangbuch (Nürnberg 1625, 71676) und 
Geistliche Nachtigall den catholischen Deutschen 
(Wien 1631, 41676). 

Lit. : P. R. Johand, D.G.C. u. sein Gesangbuch, AfMw 
II, 1919/20. 

Comet, Christoph (Comett), * wahrscheinlich 
7. 4. 1580 und + 2. 8. 1635 zu Kassel; deutscher 
Kapellmeister, ist 1600 als alumnus symphoniacus 
der Kasseler Hofschule und Kapellknabe der Hof- 
kapelle nachweisbar. 1605 schickte ihn der Land- 
graf Moritz zur weiteren Ausbildung nach Italien; 
1607 ist er in Kassel als Hof öconomus der Hof schule 
und Kammerdiener angestellt, 1618 wurde er 
Nachfolger des Kapellmeisters Georg Otto, wel- 
ches Amt er bis 1627 innehatte. C. war befreundet 
mit H. Schütz, der ihm ein Canticum Simeonis für 
B., 2 V. und B.c. (gedruckt als 12. Stück des 
2. Teils der Sinfoniae sacrae Dresden 1647, Schütz- 
Gesamtausgabe VH) widmete, 
lit.: E. Zulauf, Beitr. zur Gesch. d. Landgräflich- 
Hessischen Hofkapelle zu Cassel, Diss. Lpz. 1902, 
Kassel 1902. 

Comet, Julius, * 1793 zu Santa Candida (Süd- 
tirol), f 2. 10. 1860 zu Berlin; österreichischer 
Sänger und Theaterdirektor, war Schüler Salieris 
in Wien, machte zuerst Furore als Tenorist, war 
mit Mühling 1841-47 Direktor des Hamburger 
Theaters, dann Direktor der Wiener Hofoper, 
konnte aber keine Autorität über sich ertragen und 
nahm seine Entlassung. Engagiert als Direktor des 
Berliner Viktoria-Theaters, starb er vor dessen 
Vollendung. C. schrieb ein vortreffliches Werk: 
Die Oper in Deutschland (Hamburg 1849) und über- 
setzte französische Opemtexte ins Deutsche. 

Comet, Pieter (Cometta) ; niederländischer Or- 
ganist, war um 1593-1626 HofkapeUorganist in 
Brüssel, vielleicht ein Nachkomme von Severin C. 
1633 bezog er eine Pension. C. schrieb Phanta- 
sien, Tanzstücke und Variationen für Org. nach 
Art der gleichzeitigen englischen Virginalisten. 
Ausg.: 5 Fantasie, eine Toccata, 2 Couranten u. 5 
weitere Orgelstacke in Guilmant-Pirro X. 

Lit : Ch. van denBorren: J.P. Sweelinck (1562-1 621) 
en P. C. (f ca. 1626), De Praestant, 1952. 

Comet (kom'e), Sdverin, * um 1530 zu Valea- 
deunes, f März oder April 1582 zu Antwerpen; 
französischer Komponist, studierte in Neapel, ist 
ab 1559 in Antwerpen nachweisbar, ab 1567 
Meister der Chorknaben des Doms in Mecheln 
und ab 1572 wieder in Antwerpen als Kapell- 
meister der Kathedrale. Er war im Begriff, in den 
Dienst des Erzherzogs Mathias in Innsbruck zu 
treten, als er starb. Von seinen Werken kennt man 
nur: 4st. Canzoni napolitane (1563), 5-8st Madri- 
gale (1581), 5-8st. französische Chansons (1581) 
und in Sammelwerken einige 3— 4st. französische 
Chansons. 

Lit: G.Van Doorslaer, S. C., in: Compas d’or, 
Antwerpen 1925. 

Comyshe (k^nif), William, * um 1468, f 
wahrscheinlich Ende 1523 zu London; englischer 
Komponist, trat 1492 in den Dienst Henrys VH., 


wurde 1496 Gentleman der Chapel Royal, 1504 
wegen eines Pamphlets für einige Zeit gefangen- 
gesetzt, aber dann wieder in den Hofdienst auf- 
genommen und 1513 zum Master of the Children 
ernannt. 3 Lieder und die Baßstimme einer Phan- 
tasie von C. finden sich in W. de Wördes XX 
Songs (1530); handschriftlich sind weitere Lieder 
und Kurchenmusikstücke erhalten. 

Ausg.: 5st. Salve Regina, hrsg. v. F. Ll. Harrison, 
Mus. Brit. X; 2 3st Sätze, hrsg. v. H. B. Briggs in: 
A Collection of Songs ... of the Fifteenth Cent, 
London 1891; ein 3st Satz, Davison-Apel Anth. I, 
86a. 

Lit: W. H. Grattan Flood, Early Tudor Compo- 
sers, London 1925. 

Corqna, Leonora (eigentlich Leonore Cohrone), 
* 14. 10. 1900 zu Dallas (Texas) ; amerikanische 
Sängerin (dramatischer Sopran), studierte am 
Southwestem Conservatory of Music in Dallas, 
danach in Berlin und Mailand und debütierte 1922 
als Elena in Boitos Mefistofde in Castellamare. Da- 
nach gehörte sie 1924/25 der Mailänder Scala, an- 
schließend der Oper in Monte Carlo, der Opdra 
Comique in Paris und 1927-35 dem Metropolitan 
Opera House in New York an. 

Coron^tro, eine Familie von Opemkomponisten 
aus Vicenza. - 1) Antonio, *29.6.1851 und f 24. 
3. 1933 zu Vicenza; war Lehrer und Organist in 
seiner Vaterstadt und schrieb die Opern Leih 
(Venedig 1880) und Falco di Calabria (Vicenza 
1901), auch Kirchenwerke, Klavierstücke und 
Lieder. - 2) Gaetano, * 18. 12. 1852 zu Vicenza, 
t 5. 4. 1908 zu Mailand; war Schüler von Faccio 
am Mailänder Konservatorium, wurde später 
Theorie- und 1893 als Nachfolger Alfredo Ca- 
talanis Kompositionslehrer an dieser Anstalt. Er 
schrieb die Opern La Creola (Bologna 1878), Mala- 
came (Brescia 1894) und Un curioso accidente (Turin 
1903) sowie das Chorwerk Un tramonto (Mailand 
1873), eine Symphonie und Kammermusik. - 
3) Gellio Benvenuto, * 30. 11. 1863 zu Vicenza, 
f 26. 7. 1916 zu Mailand; versah schon mit 9 Jahren 
Organistendienst. 1882-83 studierte er bei Man- 
cinelli, Busi und Parisini am Liceo filarmonico in 
Bologna. Er schrieb die Opern Jolanda (Mailand 
1883), Festa a marina (Venedig 1893), Minestrone 
Napoletano (Messina 1895), Claudia (Mailand 1895), 
Bertoldo (Mailand 1910), 2 Messen, ein Streichquar- 
tett, Klavierstücke und Lieder. - 4) Arrigo, Sohn 
von Antonio C., * 1880 und f im Oktober 1906 
zu Vicenza; schrieb die Oper Turridu (Turin 1905). 
Lit: E. Oddone, Gaetano C., Rom 1921. 

Coxr$a, Fray Manuel, Karmditermönch, f 1* 8. 
1653 zu Zaragoza; manischer Komponist, war 
Domkapellmeister in Siguenza und (1650-53) Za- 
ragoza , angesehener Verfasser von Messen und 
Psalmen sowie vieler Motetten, Vülandcos und 
Tonos. 

Ausg.: Baüete, 4st, hrsg. v. F. Pedrell, Teatro 
Lirico Espanol III, La Coruna 1897, auch in: F. 
Pedrell, Canrionero musical populär espanol IV, 
Valls (1922). 

Lit: A. Lonzano Garoa, La Müsica . . . en Zara- 
goza, Zaragoza 21895; H. Angl&s, Hist de la müsica 
espaüola (Anh. zur span. Ausg. v. J. Wolfs Kleiner 
Mg.), Barcelona 1934, 21944; G. Chase, The Music 
of Spain, NY 1941, span. v. J. Pahissa, Buenos 
Aires 1943. 


341 



Correa de Arauxo 


Corr$ade Arauxo, Francisco (C. de Araujo), 
* um 1575, f vielleicht 1663 ; spanischer Komponist, 
wuchs in Sevilla auf, wo er 1598-1633 als Organist 
an San Salvador nachweisbar ist. Hochbedeutend 
ist sein Libro de tientos y discursos de musica practica , 
y theorica de orgarto , intitulado Facultad organica 
(Alcala 1626), eine Orgelschule mit 70 Tonsätzen 
in Tabulatur. Die darin angekündigten Casos mo- 
rales de musica und Versos sind nicht erhalten. 
Ausg.: GA des Libro de tientos v. M. S. Kästner, 
2 Bde, = MMEsp VI u. XII. - je ein Tiento in Anto- 
logia de Organistas Cläsicos Espafioles II, hrsg. v. 
F. Pedrell, Barcelona 1908, u. Hist. Organ Recitals 
VI, hrsg. v. J. Bonnet, NY 1940. 

Lit.: H. AngiIs, Orgelmusik d. Schola Hispanica..., 
Fs. P. Wagner, Lpz. 1926; M. S. Kästner, Müsica 
Hispänica, Lissabon 1936. 

Correa de Azevedo, Luiz Heitor (mehrere 
Schriften nur mit Luis Heitor gezeichnet), * 13. 
12. 1905 zu Rio de Janeiro; brasilianischer Musik- 
forscher, studierte am Colegio Anchieta in Nova- 
Friburgo (Rio de Janeiro), 1924/25 am Instituto 
Nadonal de Müsica in Rio, an dem er nach Studien 
bei P. Silva und einer langen Tätigkeit als Musik- 
kritiker 1932 zum Bibliothekar und 1939 zum Pro- 
fessor für nationale Folklore ernannt wurde. Seit 
1937 ist er Lehrer für Musikgeschichte am Kon- 
servatorium in Rio de Janeiro. 1943 gründete er 
das »Centro de Pesquisas folkloricas« an der Escuela 
Nadonal de Müsica und leitet seit 1947 die Musik- 
abteilung bei der UNESCO in Paris. Neben zahl- 
reichen Artikeln in Zeitschriften veröffentlichte 
er: Dois Pequenos Estudos de Folclore Musical (Rio de 
Janeiro 1938), Escala, Ritmo e Melodia na Müsica 
dos Indios Brasileiros (R. de J. 1938), Relagdo das 
Operas de Autores Brasileiros (R. de J. 1938), A Mü- 
sica Brasileira e Seus Fundamentos (Washington 
1948), Müsica do Tempo Desta Cosa (R. de J. 1950), 
Müsica e Müsicos do Brasil (R. de J. 1950), Biblio- 
grafia Musical Brasileira (R. de J. 1952), 150 Anos de 
Müsica no Brasil (R. de J. 1956). 1934-42 gab er die 
Revista Brasileira de Müsica und 1932-36 das 
Arquivo de Müsica Brasileira heraus. Bei der 
UNESCO veröffentlichte er in 6 Bänden die Ar- 
chive* de la Musique Emegistrie. 

Correia (karr'eza), Louren^a Nunes, * 1771 zu 
Lissabon; portugiesische Sängerin, sang um 1790 
bis 1810 in Madrid, Venedig, Neapel, Mailand und 
Paris mit ungeheurem Erfolg. Nächst der Todi 
war sie die bedeutendste dramatische Sängerin 
Portugals. 

Corrette (kor'et), Michel, * 1709 zu Rouen, 
t 22. 1. 1795; französischer Komponist, war 1737 
Organist des Großpriors von Frankreich, dann, 
ebenfalls als Organist, im Dienst der Jesuiten, des 
Prinzen von Condü (1759) und des Herzogs von 
AngoulSme (1780). Er veröffentlichte zahlreiche 
Werke für Musette, Vielle, Flöte, Violine oder 
Oboe (Les ricriatums du berget fortuni, Fantaisies ä 3, 
Concertos comiques . . 3 Bücher Pikes eTorgue, 

ferner Pikes de Clavecin, Les amusements du Pamasse 
(für Kl.), auch Messen und Motetten sowie einige 
vorzügliche Schulwerke: Flötenschule (vor 1753), 
Viellenschule, Klavierschule (1753), Celloschule 
(1741), Singschule (1758), Mandolinenschule 
(1772), Haifenschule (1774), Violinschule 0cole 
d'Orphie 1738). Sehr wertvoll ist die als Fortsetzung 


der letzteren von C. veröffentlichte Sammlung 
älterer Violinmusik Vart de se perfectionner dans te 
viobn. Schon 1727 hatte Mr. C., maitre de musique, 
das Privileg zur Herausgabe von Sonaten erhalten. 
Lit.: A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; 
L. de La Laurencie, L’6cole fran$aise de violon III, 
Paris 1924; K. Gerhartz, in ZfMw VH, 1924/25, S. 
6 ff. u. 560 ff. 

Corri, Domenico, * 4. 10. 1746 zu Rom, f 22. 
5. 1825 zu London; italienischer Komponist, war 
in Neapel Schüler von Poipora, kam 1771 als 
Kapellmeister nach Edinburgh, wo er einen Mu- 
sikverlag eröfihete, ging um 1790 nach London. 
Seine Tochter Sophia heiratete J. L. Dussek, mit 
dem C. 1792 einen Musikverlag gründete, der 
aber 1800 fallierte. Außer vielen Liedern, Rondos, 
Arien und Sonaten schrieb C. die Opern Alessandro 
neUTndie (London 1774), The Cabinet (London 
1802), The Travellers (London 1806); ferner: The 
Singer 9 s Preceptor (2 Bände, London 1810) ; A Com - 
plete Musical Grammar (Edinburgh 1787) und ein 
Musical Dictionary (London 1810). - C.s Sohn 
Montague C. (* 1784 zu Edinburgh, f 19. 9. 
1849 zu London) übernahm 1804 den Musikverlag 
seines Vaters in London, der ab 1808 unter der 
Firma Peara & Co. weitergeführt wurde. 

Corsi, Giuseppe, nach seinem Geburtsort Ce- 
lano genannt; italienischer Komponist des 17. Jh., 
war 1659-61 Kapellmeister an Santa Maria Mag- 
giore in Rom, 1661-66 an San Giovanni in Late- 
ran©, 1668-74 an der Santa Casa in Loreto, dann 
wieder in Rom tätig, das er vor 1678 wegen Ver- 
breitung verbotener Bücher verlassen mußte; 1681 
und 1683 ist er am Hofe von Parma nachweisbar. 
Jacopo Peri war sein Schüler. 

Ausg. : Gloria zu 8 St. aus d. Missa La luna piena in: 
Jos. Ktlling, Kirchenmusikalische Schätze d. Bibi, 
d. Abbate F. Santini, Düsseldorf (1910); ein Satz in: 
Musica Sacra V, hrsg. v. A. Netthardt, Bin u. Posen. 

Corsi, Jacopo, f 1604 zu Florenz; italienischer 
Edelmann, in dessen Hause sich nach Bardis Weg- 
gang nach Rom (1592) die Camerata versammelte. 
C. sähst komponierte 2 Gesänge der nachher von 
Peri ganz komponierten Dame Rinucdnis und 
wirkte wahrscheinlich bei deren Uraufführung 
1594 als Cembalospieler mit. 

Ausg.: A. Wotquenne, Cat de la BibL du Cons. 
Royal de Musique Bruxelles . . ., Brüssel 1901 ; M. 
Schneider, Die Anfänge d. B.c., Lpz. 1918; F. 
Gmsr, Alle fonti della monodia, Mailand 1940. 

Lit. : A. Solerti, Le origini del melodramma, Turin 
1903; ders., GH albori del melodramma, Mailand 
1905. 

Corteccia (kort' ettfa), Francesco (Cortidus), ge- 
tauft 30. 7. 1504 zu Arezzo, f 7. 6. 1571 zu Ho- 
renz; italienisch e r Komponist, lebte in Florenz, 
wo er 1531 Organist an San Lorenzo und 1539 
Kapellmeister Cosimos L de* Medid wurde; er war 
auch Kanonikus an San Lorenzo. C. schrieb 2 
Bücher 4st. Madrigale (I Venedig 1544, 2 1547 ver- 
ändert; H Venedig 1547), ein Buch 5-6st. Madri- 
gale (V enedig 1547), 2Bände Responsoria (Venedig 
1570) und je ein Buch 5- und 6st. Motetten (Ve- 
nedig 1571). C. komponierte auch 1539-65 Musik 
zu mehreren Intermedien. Handschriftlich erhalten 
ist in Florenz ein Hmnario di Fr. C . secondo Vuso 
della chiesa Romana et Fiorentina, 3-6 st (um 1543). 


342 



Cossmann 


Ausg.: Frammento del Cantico di Zaccaria, 5st., u. 
2 4st. Madrigale in Torchi I; ein 4st Madrigal, = 
Schering Beisp. 99 ; Hinnario, hrsg, v. Gl. Haydon,* 
Monumenta Polyphoniae Italicae III. 

Lit.: O.G. Sonneck, Miscellaneous Studies, NY 
1921; F. Coradini, F. C., Note d’arch. XI, 1934; A. 
Einstein, The Italian Madrigal, 3 Bde, Princeton 
1949, darin 3 4st. Madrigale. 

Cort$se, Luigi, * 19. 11. 1899 zu Genua; italie- 
nischer Pianist und Komponist, bildete sich zu- 
nächst zimi Pianisten aus, studierte dann 1920-22 
Komposition an der Universität Rom bei Casella, 
promovierte 1924 in Mathematik zu Genua und 
vervollkommnete sich musikalisch 1925/26 bei 
Gddalge in Paris und wiederum bei Casella 1929. 
Von 1930 an schrieb er Musikkritiken und hielt 
Vorträge, trat als Pianist und Komponist hervor 
und wirkte gleichzeitig als Musiklehrer. 1939 er- 
hielt er von der Stadt Genua den Auftrag, ein 
Musikarchiv in Gemeinschaft mit einem Paganini- 
Haus einzurichten. Die Arbeit wurde aber durch 
den Krieg unterbrochen. Nach dem Krieg grün- 
dete er die Sodetä Filarmonica di Genova und war 
1945/46 deren künstlerischer Leiter. Seit 1951 ist 
er Direktor des Liceo Musicale Nicolo Paganini 
in Genua. Er veröffentlichte Arbeiten über Casella, 
Chopin und Ravel, außerdem Übersetzungen der 
»Lettres d’un bachelier« von Liszt, Bride von 
Chopin und Debussys »Monsieur Croche antidilet- 
tante«. Seine Kompositionen umfassen Lieder, 
Klammer- und Klaviermusik, das Oratorium David , 
die Opern Prometeo und La Notte Vetieziana, Werke 
für Orchester, Film- und Bühnenmusiken. 

Cort$si 9 Francesco, * 11. 9. 1826 und f 3. 1. 
1904 zu Florenz; italienischer Opemkomponist, 
war Schüler Rossinis in Bologna, wurde Theater- 
kapellmeister und ließ sich um 1880 in Florenz als 
Gesanglehrer nieder. Neben anderen Opern schrieb 
er: U Trovatore (Triest 1852). 

Cortis, Marcello, * 23. 11. 1915 zu Prag; öster- 
reichischer Opern- und Konzertsanger (Bariton), 
lebt in Mailand. Nach Klavier- und allgemeinen 
Musikstudien in Prag nahm er Gesangsunterricht 
bei Giovanni Binetti in Mailand, debüderte dort 
1940 und sang seitdem außer in der Mailänder 
Scala an zahlreichen Zentren des europäischen 
Musiklebens. Seit 1950 ist C. auch als Opem- 
regisseur tätig. 

Cortol$ris 9 Fritz, * 21. 2. 1878 zu Passau, f 13. 
3. 1934 zu Bad Aibling; deutscher Kapellmeister, 
studierte 1899-1902 in München bei Thuille Kom- 
position und bei Hans Bußmeyer Klavier, wirkte 
dann in Schwerin, Berlin, Regensburg und Nürn- 
berg und wurde 1907 auf Mottls Empfehlung Hof- 
kapellmeister in München sowie Dirigent des 
Mixer-Gesangvereins und des Akademischen Ge- 
sangvereins. 1912 wurde er Kapellmeister an der 
Kurfürstenoper in Berlin und war 1913-24 GMD 
am Hoftheater in Karlsruhe, dann (1925-28) Opem- 
dirigent am Stadttheater in Breslau. C. schrieb 
Bühnenwerke und: Gedanken Über eine stilgerechte 
Aufftlhnmg des fFidelio* (Neues Beethoven-Jahr- 
buch m, 1926). 

Cortot (kort'o), Alfred Denis, * 26. 9. 1877 zu 
Nyon bei Genf; französischer Pianist, Schüler des 
Pariser Conservatoire (Didmer), machte sich zur- 


erst in den Lamoureux- und Colonne-Konzerten, 
dann auch in Deutschland als einer der besten fran- 
zösischen Pianisten, vor allem als Schumann-, 
Chopin- und Debussy-Interpret, bekannt. Seit 
1902 war er auch als Dirigent tätig und setzte sich 
nachdrücklich für die neuere Musik ein, gründete 
1902 die Sodetd des Festivals Lyriques, 1903 die 
Societe des Concerts C. und wurde 1904 Dirigent 
der Socidtd Nationale, leitete auch 4 Jahre die 
Concerts Populaires in Lille. 1907-17 war er als 
Nachfolger von Pugno und Marmontel Lehrer 
einer höheren Klavierklasse am Conservatoire von 
Paris, gründete 1919 mit A. Mangeot die ficole 
normale de musique, 1943 die Societd de Musique 
de chambre de la Soddtd des Concerts du Conser- 
vatoire. 1905 büdete er zusammen mit J. Thibaud 
und P. Casals eine Triovereinigung. Er schrieb Ar- 
tikel über Klavierwerke von JDebussy, Faure, 
Franck, Chabrier, dTndy in der RM 1920-23, die 
er gesammelt unter dem Titel La musique frangaise 
de piano veröffentlichte (3 Bände, Paris 1930, Band 
I 5 1948, Band II und IE 31948; auch englisch) und 
gab Chopins Etüden und Pr&udes heraus. Ferner 
schrieb er Principes ratiomels de la Technique pia- 
nistique (Paris 1928, auch englisch und deutsch) 
und Aspects de Chopin (Paris 1949, auch englisch, 
spanisch und deutsch). Von J. Thieffray wur- 
den 2 Bände A. C., Cours d 9 Interpretation recueilli 
et ridigi par J. Th. (Paris 1934) herausgegeben. 
Vom Katalog seiner wertvollen Bibliothek er- 
schien bisher: Biblioth&que A.C. Premthre partie: 
Thdorie de la musique , Traitds et autres ouvrqges 
thdoriques des XV\ XVI* XVIP et XVHP s&cles 
(Argenteuil 1936). 

Lit : B. Gavoty, A. C, Monaco u. Genf 1953. 

Corvinus, Johannes ->■ Ravn, Hans Mikkdsen. 

Cosme, Luis, * 1908 zu Porto Alegre; brasilia- 
nischer Komponist, erhielt seine musikalische Aus- 
bildung in den USA, schrieb Ballette, Orchester- 
werke, Kammermusik und Lieder. 

Gosset (kos's), Fran 5 ois, f um 1673; franzö- 
sischer Komponist, aus der Picardie stammend, 
wurde 1628 Succentor an der Kathedrale von 
Samt-Quentin, dann nacheinander Kathedial- 
Kapdlmeister in Laon, Senlis, Paris (1643-44), 
Reims (1644-52) und Amiens (1658-64). C. 
schrieb 3 4st., 2 5st und 3 6st. Messen über grego- 
rianische Cantus firmi, von denen eine noch 1725 
wiederaufgelegt wurde. 

Ausg.: 2 4st Messen, hrsg. v. H. Expert in: Antho- 
logie de Musique Sacrde . . ., Paris 1926. 

Lit: F. L. Charter, L’anden Chapitre de Notre- 
Dame de Paris, Paris 1897; G. Durand, La Musique 
de la CatMdrale d’ Amiens, Bull, de la Soc. des Anti- 
quaires de la Picardie 1922; F. Raugel, Fr. C., 
Sainte C6cüe 1929. 

Cossmann, Bernhard, * 17. 5. 1822 zu Dessau, 
f 7. 5. 1910 zu Frankfurt am Main; deutscher Vio- 
loncellist, spielte ab 1840 im Orchester der Italie- 
nischen Oper zu Paris, 1847-49 im Gewandhaus- 
orchester zu Leipzig, dann in London und unter 
Liszt in Weimar, wurde 1866 Celloprofessor am 
Konservatorium in Moskau, lebte 1870-78 in Ba- 
den-Baden ohne Anstellung und war seitdem Cel- 
loprofessor am Hochsdien Konservatorium in 
F rankf urt. C. war ebenso angesehen als Quartett- 


343 



Cossoul 


Spider wie als Konzertspieler. Als Komponist ist 
er nur mit einigen Cellostücken (V c.-Studien, 
1876; mit Ergänzungen 1912) hervorgetreten. - 
Sein Sohn Paul Nikolaus C., Herausgeber der 
»Süddeutschen Monatshefte« in München, war 
einer der nächsten Freunde Pfitzners, der einige 
Gedichte von ihm vertonte und ihm den »Armen 
Heinrich« widmete; er verfaßte die erste Biogra- 
phie Pfitzners (München 1904). 

Cossoul (ko:s'ul), Guilherme Antonio, * 22. 4. 
1828 und 1 26. 5. 1880 zu Lissabon ; portugiesischer 
Komponist, studierte in Lissabon und bei A. Adam 
am Conservatoire in Paris. Nach seiner Rückkehr 
wurde er 1860 Kapellmeister am Theater San 
Carlos und 1861 Cellolehrer am Konservatorium 
in Lissabon. 1864-73 war er Direktor des Theaters 
San Carlos. Er schrieb 3 einaktige komische Opern, 
6 Ouvertüren, ein Klaviertrio und Kirchenmusik. 

Costa, Alessandro, * 19. 3. 1857 zu Rom; ita- 
lienischer Komponist, war Schüler des Iiceo di 
Santa Cedlia in Rom, später einige Jahre Lehrer 
für Harmonie und Kontrapunkt an dieser Anstalt 
und Leiter der von ihm gegründeten Bach-Gesell- 
schaft. Nach deren Eingehen trieb er in Mompeo 
(Umbrien) philosophische und buddhistische Stu- 
dien. C. schrieb eine Oper Sumitri , ein Oratorium 
Leggenda deW Anima, eine Kantate Visione, Danza 
degli scheletri für T. und Orch., ein Vorspiel zu 
Shakespeares Richard III. , 2 Symphonien, eine Or- 
chesterphantasie und 2 Klavierquintette, ferner: 
Cosdenza e progresso (Rom 1885), Pensieri sulla 
storia della musica (Turin 1900), Schopenhauer e 
Wagner (RMI XXXIX, 1932). 

Costa, Luiz, * 25. 9. 1879 zu Faxdäes (Barcdos); 
portugiesischer Pianist und Komponist, studierte in 
München (Ansorge) und Berlin (da Motta, An- 
sorge, Busoni), konzertierte dann in Portugal, Spa- 
nien und England, war Professor und Direktor am 
Konservatorium von Porto und ist gegenwärtig 
(1957) Leiter der Konzertvereinigung »Oipheon 
Portuense«. Er schrieb Phantasie für KL und Orch., 
Kammermusik, Klavierstücke und Lieder. 

Costa, Pasquale Mario, * 26. 7. 1858 zu Tarent, 
t 27. 9. 1933 zu Monte Carlo; italienischer Kom- 
ponist, war Schüler des Conservatorio in Neapel, 
lebte 1881-85 in London, zuletzt wieder in Rom. 
Er komponierte Operetten, Klavierstücke und 
neapolitanische Romanzen. 

Iit: N. T. Porsacct, M. C., Tarent 1934. 

Costa, (Sir) Michele Andrea Agnus, * 4. 2. 1808 
zu Neapel, f 29. 4. 1884 zu Hove (England) ; eng- 
lischer Dirigent von italienischer Herkunft, war 
Schüler seines Großvaters Giacomo Tritto, Zinga- 
rellis, Fumos und Crescentinis. Mit 15 Jahren 
schrieb er eine Kantate Uimmagine, 1826 die Oper 
U delitto punito, 1827 II sospetto fimesto, 1828 iZ car- 
cere dBdegonda und 1829 Malvma (als Mdlek Adhel 
Paris 1837), ferner 3 Symphonien, das Oratorium 
La Passione und eine 4st. Messe. 1829 ging C. im 
Auftrag Zingarellis nach Birmingham imH blieb 
von da an in England, zunächst als Op crndirig wit 
in London, wo er 4 Ballette schrieb sowie die Oper 
Don Carlos (1844). 1846-54 leitete er das Philhar- 
monie Orchestra, ab 1847 zugleich die Royal 
ItaKan Opera in Covent Garden; später wirkte er 

344 


vor allem als Chordirigent in London und auf den 
Musikfesten von Birmingham, wo er auch seine 
Oratorien Eli (1855) und Naaman (1864) aufführte. 
Ein Halbbruder C.s, Carlo C. (* 1826 und f im 
Januar 1888 zu Neapel) war am Konservatorium 
in Neapel Theorielehrer. 

Costa y Nogueras, Vicente, * 1852 zu Alcoy 
(Alicante), f 1919 zu Barcelona; spanischer Pianist, 
war Schüler von Liszt und Leiter der Meisterklasse 
am Conservatorio del Iiceo in Barcelona. Er schrieb 
die Zarzuela Flor de almendro (Barcelona 1901), die 
Oper Inh de Castro (Barcelona 1905), eine Suite 
espagnole für Orch. und eine Symphonie. 

Costantjni, Fabio, * um 1575 zu Staffbio (An- 
cona), f nach 1644 wahrscheinlich zu Tivoli; italie- 
nischer Komponist, war tun 1610 Kapellmeister in 
Rom, dann in Ancona, wurde 1614 Domkapell- 
meister in Orvieto, 1616 an Santa Maria in Tivoli, 
1618 wieder in Orvieto, 1625-29 an der Santa Casa 
in Loreto, 1642-44 am Dom von Tivoli. Er schrieb 
2 Bücher l-4st. Arien und Madrigale: Ghirlandetta 
amorosa (Orvieto 1621) und Vaurata cintia (Orvieto 
1622). 1614-18 gab er 4 Sammelwerke mit Mo- 
tetten heraus. 

Ausg.: 2 4st Motetten in Musica Divina I, 2. 

Coste, Napoldon, * 28. 6. 1806 im Departement 
Doubs, f 17. 2. 1883 zu Paris; französischer Gitar- 
rist, kam 1830 von Valendennes nach Paris, wo er 
mit den größten Meistern in Wettbewerb trat, bis 
ein Unfall ihn 1863 am öffentlichen Auftreten hin- 
derte. Erschienen sind von ihm 53 Werke, auch gab 
er Sors Gitarrenschule neu heraus. 

Ausg.: 25 Etüden op. 38, hrsg. v. H. Ritter, Gitarre- 
Arch. XXXIV, Mainz (1926). 

Lit.: J. Zuth, Hdb. d. Laute u. Gitarre, Wien 1926. 

Costeley (ko : tal's), Guillaumc, * um 1531 wahr- 
scheinlich zu Pont-Audemer (Normandie), f 1. 
oder 2. 2. 1606 zu Evreux; französischer Kompo- 
nist, mindestens ab 1560 Hoforganist Kails IX. von 
Frankreich, gründete in Evreux 1575 den Puy de 
musique en rhonneur de S t0 C6dle, der alljährlich 
Preise für Komposition verlieh. Ein Druck, der nur 
Werke von C. enthält (2 Motetten zu 5 und eine zu 
4 St., eine Chanson zu 6 St., 7 zu 5 St. und 95 Chan- 
sons zu 4 St.) erschien als Musique de G. C. (Paris 
1570, A. Le Roy und R. Ballard). Zahlreiche Chan- 
sons erschienen in Sammelwerken von 1554 bis 
1633. C. ist einer der führenden Chansonkompo- 
nisten der Generation nach Janequin. Er stand in 
enger Verbindung mit Baif und dessen Kreis. 

Ausg.: Chansons sind veröffentlicht in: Expert Mal- 
tres (62) ; H. Expert, Florilöge du concert vocal de 
la Renaissance (3), La fleur des musidens de P. de 
Ronsard (6); eine Chanson bei M. Caucheb, XV 
chansons du XVI* s., Paris 1926; eine Chanson in 
Davison-Apel Anth. 1, 147. 

Lit*: M. Brenet, G. C. et son essai de musique en- 
harmonique, in: Guide Musical 1892; M. Cauchqdb, 
Documents pour servir k une biogr. de G. C., Rev. 
de MusicoL IX, 1926; K. J. Levy, »C.’s Chromatic 
Chanson«, Arm, mus. III, 1955. 

Coayn -*• Cancionero musicaL 

Cosyn (k'oizin), Benjamin, * um 1570, f nach 
1644; englischer Organist und Virginalist, wirkte 
1622-24 am Dulwich Collie, 1626-43 am Char- 
terhouse als Organist. Er schrieb eine wichtige 



Couperin 


Sammlung mit 90 Virginalstücken von Bull, Byrd, 
Gibbons, Tallis sowie von C. selber (jetzt in der 
Queen’s Library). In das Manuskript wurden später 
noch 4st. Services eingetragen, darunter ein Venite 
von C. Vielleicht ist er verwandt mit John C., der 
1585 Musicke — upon ... the Psahnes (5-6st.) in 
Druck gab. 

Ausg.: Twentyfive Pieces . . . from . . . C.’s Virginal 
Book, hrsg. v. J. A. Füller Maitland u. W. Barc- 
lay Squire, London 1923. 

Cot^pos, Acario, * 1889 zu Valdivia; chilenischer 
Komponist, bildete sich zunächst autodidaktisdi, 
wurde dann Schüler von Bloch. 1918-27 lebte er 
in New York, 1928-39 in Frankreich und Spanien 
und wurde nach seiner Rückkehr nach Chile 1940 
Sekretär des Conservatorio National (bis 1946). 
1949 wurde er zum Inspektor des Institute de Ex- 
tensiön Musical in Santiago ernannt. Werke: Mu- 
sikdrama Voces de gesta, Bühnenspiel El päjaro 
burlön, Orchesterwerke (4 preludios sinßnicos, 
Suite Voces de gesta), Streichquartett, Klavierstücke. 

Cotar$lo y Mori, Emilio, * 12. 5. 1857 zu Vega 
de Rivadeo (Asturien), + 27. 1. 1936 zu Madrid; 
spanischer Historiker, wurde 1898 zum Mitglied 
der Real Academia Espaiiola gewählt, 1911 ihr Bi- 
bliothekar und 1913 ihr Secretario perpetuo. Von 
seinen zahlreichen Schriften sind hier zu nennen: 
Juan del Encina y los origenes del teatro espahol (Ma- 
drid 1901), Colecdön de entremeses , loas, bailes . . . 

YZll'^OHgenes y establecimiento de la Opera en Es- 
pana hasta 1800 (Madrid 1917), Faksimile-Ausgabe 
von: El Cancionero de Juan del Encina (Madrid 1928), 
Historia de la Zarzueta I (Madrid 1934). 

Cotes, Ambrosio C. (de), f 3. 9. 1603 zu Sevilla; 
spanischer Komponist, wurde Kapellmeister in 
Granada, 1596 an der Kathedrale von Valencia, 
1600 an der Kathedrale von Sevilla. Eine bedeu- 
tende 5st. Missa De plagis und Motetten sind im 
Kathedral-Archiv zu Valencia im Manuskript er- 
halten. 

Iit: F. Pedrell, Diccionario bio-bibliogr. de los 
müsicos cspaüoles I, Barcelona 1897; H. Collet, Le 
mysticisme musical espagnol, Paris 1913. 

J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger 
GmbH.; deutscher Bucht-Verlag, gegründet 1659 
in Tübingen, jetzt in Stuttgart. Der Verlag brachte 
die Werke der größten deutschen klassischen und 
romantischen Dichter heraus. Nachdem 1889 
Adolf Kröner das Unternehmen erworben hatte, 
traten wissenschaftliche Werke mehr in den Vor- 
dergrund, darunter auch eine Anzahl musikge- 
schichtlicher Bücher. Eine große Rolle spielte die 
bekannte Instruktive Ausgabe klassischer Klavier- 
werke, die (unter Gesamtleitung von S. Lebert) in 
Bänden und Einzelausgaben Werke der folgenden 
Komponisten erschließt: Beethoven (Lebert, ab 
op. 53: Bülow), Chopin (Speidel), Clementi (Le- 
bert), J. L. Dussek (Lebert), Held (Pruckneri, 

J. Haydn (Lebert), T. N. Hummel (Pruckner), 
Mendelssohn (Goetschius), Mozart (Lebert), Schu- 
bert (Liszt), Weber (Liszt), J. S. Bach (d* Albert). 
Ebenfalls aus der Arbeit des Stuttgarter Konser- 
vatoriums hervorgegangen ist die 4bändige Große 
theoretisch-praktische Klavierschule von S. Lebert 
und L. Stark (1858, Band I— HI spater bearbeitet 


von M. v. Pauer), deren letzter Teil 4 Etüden 
Liszts im Erstdruck brachte. Seit 1956 leiten Dr. 
Dr. Hans Joachim Störig und Dr. Hermann 
Maier den Verlag. 

Lit.: A. Schaffle, C., Stuttgart 1895. 

Cotte (kot), Roger, * 21. 7. 1921 zu Clamart bei 
Paris; französischer Musikforscher, studierte am 
Pariser Conservatoire (M. Martenot, Dufourcq, 
Chailley, Brunold), war musikalischer Leiter der 
Studentenbühne »Les Thdophiliens« und ist seit 1944 
für den Rundfunk und Schallplattenfirmen tätig, 
außerdem Organist der lutherischen Kirche St-Jean. 
C. bearbeitete Werke von Rousseau, Blavet, Cor- 
rette, Campra, Beaujoyeulx und Dumont und be- 
sorgte eine Plattenserie Musidens Francs-Ma^ons 
mit Werken von Mozart, Qdrambault, Naudot und 
Pr^vost. Schriften: Discographie ginirale de J. S. 
Bach (Paris 1951), Les musidens dans Vhistoire de la 
francmaqonnerie (LaRevue Internationale deMusique 
XI, 1951), La musique dans VEncyclopidie (La Vie 
musicale 1, 1951), Louis XIII musiden (La Vie musi- 
cale n, 1952). 


Cotto, Johannes Johannes Affligemensis. 

Cottrau, Guillaume Louis, * 9. 8. 1797 zu 
Paris, f 31. 10. 1847 zu Neapel, wo er ab 1806 
lebte; populärer französischer Komponist neapoli- 
tanischer Kanzonetten (einige verwertete Liszt in 
Venezia e Napoli). Seine Söhne Teodoro (*27. 11. 
1827 und f 30. 3. 1879) und Giulio (*29. 10. 1831 
zu Neapel, f 25. 10. 1916 zu Rom) erlangten auf 
demselben Gebiete wie der Vater große Populari- 
tät. Teodoro ist wahrscheinlich der Komponist von 
Santa Lucia und Addio mia bella Napoli. Giulio hatte 
besonders Erfolg mit den Opern Griselda (Turin 
1878), La Lega Lombarda (Rom 1907, bereits 1891 
privat in Horenz als Imelda) und Cordelia (Padua 


Couperin (kupr'i), französische Familie von Or- 
ganisten, Qavednisten und Komponisten. - 1) 
Louis, * um 1626 zu Chaumes-en-Brie, f zwischen 
dem 10. und dem 22. 11. 1661 zu Paris, war dort 
ab 1653 Organist an St-Gervais, ab 1656 auch Hof- 
musiker Louis* XTV. (dessus-de-viole?) ; er soll auch 
Organist bei der Chapelle Royale gewesen sein. 
Schnell berühmt geworden, starb er zu jung, als 
daß seine Begabung hätte ausreifen können. Einige 
Orgelstücke, 2 Fantasien für 2 Violen, 3 Sympho - 
nies für verschiedene Instrumente und etwa 100 
Clavecinstücke (kurze Tänze, Chaconnen) sind von 
ihm erhalten; C. überragt Chambonni&res an 
Größe der Auffassung und Kühnheit der Harmonie. 
- 2) Francois, * um 1630 zu Chaumes, f 1701 zu 
Paris, Bruder von Louis C., Organist und Clave- 
cin-Lehrer. Er ist der Ahnherr aller C.s, die nach 
seinem Neffen Francois C. le grand die musikalische 
Tradition der Familie weitergeführt haben. - 3) 
Charles, getauft 9. 4. 1638 zu Chaume^ f An- 
fang Januar 1679 zu Paris, Bruder und Schüler von 
Louis C., dessen Nachfolge er als Organist an 
St-Gervais antrat. - 4) Francis, sieur de Crouilly 
(C. le grand), * 10. 11. 1668 und 1 12. 9. 1733 zu 
Paris, Sohn von Charles C. Der große Komponist 
verbrachte sein ganzes Leben in Paris. Als Kind von 
seltener Frühreife erhidt er bis zu seinem 11. Jahre 
den Unterricht seines Vaters und lernte dann bei 
Thomelin, scheint aber keine weiteren Musikstu- 


345 



Coupexin 


dien getrieben zu haben. 1685 übernahm er die Or- 
ganistenstelle an St-Gervais, die nach dem Tode 
seines Vaters zu zeitweiser Vertretung Delalande 
übertragen worden war. C. heiratete 1689 Marie- 
Anne Ansault, die ihm 4 Kinder schenkte. Ab 1690 
ließ er - zunächst unter einem italienischen Pseu- 
donym, dann unter seinem eigenen Namen - Trio- 
sonaten an die Öffentlichkeit gelangen, die den 
italienischen Kammerstü von Corellis Kirchen- 
sonaten und die Besetzung der Triosonate mit 2 
Violinen in Frankreich einführten. 1693 wurde er 
Hoforganist und Lehrer der Prinzen. Sein Ruf ver- 
schaffte ihm Konzert- und Unterrichtsaufträge in 
allen Kreisen. 1714-15 entzückten seine Concerts 
den alternden Louis XTV. C. war dann Lehrer der 
Bräute Louis' XV. Krank und erschüttert durch 
den Tod seines einen Sohnes und das Verschwinden 
des anderen, mußte er 1723 die Organistenstelle an 
St-Gervais aufgeben und zog sich in den letzten 
Jahren ganz aus dem Musikleben zurück. In den 
Konzerten wurde er wenig aufgeführt; sein Tod 
blieb unbemerkt. Sein Werk geriet für über 100 
Jahre in Vergessenheit und blieb noch länger un- 
verstanden.Chry sander veranstaltete die erste große 
Neuausgabe, Debussy und - vor allem - W. Lan- 
dowska verschafften ihm wieder die gebührende 
Beachtung. Aufgewachsen in der französischen 
Tradition, aber auch von Italien beeinflußt, gelangt 
C. zu einer Verschmelzung beider Stile (Goüts 
R&tmis , Apothioses). Das Schwergewicht seines 
Schaffens liegt auf der Musik für kleine Besetzun- 
gen (keine Orchester- und Chorwerke, keine 
Opern), in denen die seltenen fortissinn um so stär- 
ker wirken und Konzentration, Tiefe und Emp- 
findung stets den Vorrang vor äußerem Glanz, 
Überraschungseflekten und Virtuosität haben. Die 
Meisterschaft C.s zeigt sich auf drei Gebieten: a) 
die Legons de Tdt&bres, deren Stil an der Gregoria- 
nik orientiert ist, sind Ausdruck einer tiefen religiö- 
sen Inbrunst; b) in der Kammermusik sind zwar 
einige frühe Sonaten und Konzerte etwas dünn, 
doch zeichnen sich La Sultane , Vlmpiriale und die 
Suitespour violes durch einen Adel und eine Größe 
der Erfindung aus, die den Vergleich mit Bach 
nicht zu scheuen braudien; c) vor allem die Clave- 
cinstücke, eingeteilt in ordres, die man - vom 2. 
Buch an - in einem Zug spielen solL Ihre wichtig- 
sten Kennzeichen sind: die programmatischen Ti- 
tel, oft poetisch oder voller Ironie, wie in den 
»musikalischen Porträts«, einem Genre, das C. mit 
Stolz als seine Erfindung bezeichnete; das Vor- 
herrschen der Moll-Tonarten; das beständige ge- 
schmeidige Fließen der Melodie (bei Vermeidung 
großer Sprünge) und ihre häufige Wiederholung; 
zahlreiche verschiedenartige Ornamente, die einen 
untrennbaren Bestandteil der Melodik und des 
Klangbilds darstellen; die neuen Typen langsamer 
Sätze im Lautenstil, in denen die enge Lage und 
häufige Kreuzung der Stimmen die Einhe itli chkeit 
des Klangbilds verbürgt, und schneller Sätze in un- 
unterbrochen durchlaufender Bewegung. Zugun- 
sten solcher Sätze, großer kontrapunktischer Alle- 
manden und burlesker Stücke mit C. mehr tznd 
mehr die französischen Tänze, Schäferstücke und 
italienischen Giguen vernachlässigt; im Laufe der 
Jahre hat er nach und nach die Verzierungstechnik 
vereinfacht und sucht mit Vorliebe chromatische 
Wirkungen, entlegene Tonarten, gewagte, stdlen- 

346 


weise polytonale Harmonien, unverschleierte Dis- 
sonanzen und eine feinnervige Rhythmik. Der Ein- 
fluß C.s hat sich in und außerhalb Frankreichs gel- 
tend gemacht: Rameau und Dandrieu verdanken 
ihm viel, J. S. Bach trägt das Rondeau Les Mois- 
soneurs (aus dem 2. Buch) 1725 im 2. Notenbuch für 
Anna Magdalena Bach ein und rühmt seine Ver- 
zierungskunst, Händel entlehnt Themen und ganze 
Abschnitte aus C.s Werken. Werke: Vokalwerke: 
Motet Laudate pueri (1697) ; Versetten von 4 Motets 
(1703-05) ; 3 Legonsde Tdnbbres (nach 1712, gedruckt 
1715; 6 weitere sind verschollen); 14 Motets und 
E16vations (nicht datiert, vor 1715) ; weltliche Kan- 
taten (verschollen); 10 Chansons (1697-1712). - 
Instrumentalwerke : für Orgel : 2 Messen, für Pfarr- 
kirchen und für Klosterkirchen (1690). - für Clave- 
cin : 240 Stücke, zusammengefaßt in 27 Ordres, die 
in 4 Büchern erschienen (1713, 1717, 1722, 1730) ; 
6Preludes (1716-17). -Kammermusik: Triosonaten 
für 2 V. und B.c. La Pucelle, La Visionnaire, UAstrie 
(um 1690-93); La Steinkerque (1692 oder 1693), La 
Superbe (nach 1700?), La Sultane (für 2 V., 2 Violen 
und B.c. ; zwischen 1704 und 1710?) ; 4 Concerts 
Royaux für V. oder FL, Va, Ob., Fag. und Clavecin 
sowie 10 Concerts Les Goüts R&mis in gleicher Be- 
setzung (nur 2 Konzerte sind für 2 Violen und B. c. ; 
1714-15; gedruckt 1722 und 1724); Triosonaten 
VApothiose de Corelli (1724) und Apotheose de Lülly 
(1725) ; ein Druckwerk Les Nations (1726) enthält 
die 3 frühesten Triosonaten unter dem Titel 
UEspagnole , La PiSmontaise und La Frangaise, dazu 
eine neue Sonate L'Impbriale sowie an jede Sonate 
angehängt eine Folge von Tänzen; 2 Suiten für 2 
Violen und B.c. (1728). Ferner schrieb C. : VArt de 
toucher le clavedn (Paris 1716). - 5) Marguerite- 
Louise, * um 1676 zu Paris, f 30. 5. 1728 zu Ver- 
sailles, Tochter des älteren Francois C., genoß als 
Sängerin hohen Ruf. - 6) Nicolas, getauft 22. 12. 
1680undf 25. 7. 1748 zu Paris, Bruder der vorigen ; 
er wurde als Organist an St-Gervais bekannt, wo er 
1723 die Nachfolge von Francis C. le grand an- 
getreten hatte. - 7) Marie-Madeleine, * 11. 3. 
1690 zu Paris, f 6. 4. 1742 in der Abtei Maubuisson, 
Tochter von Francois C. le grand, war Kloster- 
organistin in Maubuisson. - 8) Marguerite- 
Antoinette, * 19. 9. 1705 zu Paris, f um 1778, 
Schwester der vorigen; sie war eine bemerkens- 
werte Clavecinistin, 1730-41 als Nachfolgerin ihres 
Vaters als Hofdavcdnistin tätig, zugleich Lehrerin 
der Töchter Louis' XV. - 9) Armand-Louis, ge- 
tauft 26. 2, 1725 und 1 2. 2. 1789 zuParis, Sohn von 
Nicolas C. und dessen Nachfolger als Organist an 
St-Gervais, versah zugleich 6 weitere Organisten- 
stellen. Er war nicht nur ein angesehener Organist 
und Orgelexperte, sondern komponierte auch ge- 
schmackvolle, aber nicht sehr gehaltreiche Clave- 
cinstücke und -sonaten sowie Motets. - 10) 
Pierre-Louis, * 15. 3. 1755 und f 10. 10. 1789 
zu Paris, Sohn und für kurze Zeit Nachfolger von 
Armand-Louis C. an St-Gervais und dessen anderen 
Organistenstellen.. - 11) Gervais-Francois, ge- 
tauft 22. 5. 1759 und f 11. 3. 1826 zu Paris, Bruder 
des vorigen, dessen Nachfolge er 1789 antrat. Nach 
den Revolutionsjahren nahm er seine Organistenr- 
tätigkeit mit nicht unbestrittenem Erfolg wieder 
auf. Er schrieb auch Klaviersonaten und -Variatio- 
nen, Romanzen und Symphonien. - 12) Cdleste, 
* 1793 und 1862 zu Paris, Tochter des vorigen; 



Coussemaker 


sie war als Organistin Nachfolgerin ihres Vaters, 
zog sich aber um 1830 zurück und fristete vom Er- 
trage ihrer Unterrichtstätigkeit eine kümmerliche 
Existenz. 

Ausg.: GA der Werke von Fr. C. le grand, unter 
Leitung von M. Cauchie, 12 Bde, Paris (1932-33). - 
Wichtigere Einzelausgaben: Louis C.: Pieces de 
Clavecin in folgenden Slgen: A. Farrenc, Le Tresor 
des Pianistes III; W. Apel, Musik aus früher Zeit 
für KL II; K. Herrmann, Klaviermusik des 17. u. 
18. Jh. I; Francois C. le grand: die4 Bücher Clavecin- 
Stücke (Ordres I-XXVH), hrsg. v. A. Farrenc, Le 
Tresor des Pianistes IV; dies., hrsg. v. J. Brahms 
bzw. Fr. Chrysander, = Denkmäler der Tonkunst 
IV, Bergedorf 1869; dies., hrsg. v. L. Dimmer, Paris 
o. J.; ein Ordre auch Tagliapietra Ant X; Ausge- 
wählte Werke für Cemb., hrsg. v. H. Schultz, = 
Meister des Cembalos III, 1, Lpz. (1938); Musik für 
Cemb., hrsg. v. O. Vrdeslander, NMA XCIV; die 
beiden Orgelmessen in Guilmant-Pirro V (hier unter 
dem Namen von Francois C. dem älteren); 8 Orgel- 
stücke, hrsg. v. E. Kaller in Liber Organi I-H, 
Mainz o. J. ; L*Art de toucher le clavecin, hrsg. mit 
deutscher Übers, v. A. Linde, Lpz. 1933. - Gervais C : 
Variations sur le Ca ira für KL, hrsg. v. P. Brunold, 
Paris 1928. 

Lit: (Auswahl): Ch. Bouvet, Les C., Paris 1919; 
ders., Nouveaux documents sur les C., Paris 1933; 
J. Teersot, Les C., Paris 1926; zahlreiche Artikel vor 
allem in Rev. de Musicol. und RM. - zu Francois C. 
le grand: M. Cauchie, Thematic Index of . . . Fr. C., 
Monaco 1949; A. Tessier, C, Paris 1926; M. Rei- 
mann, Untersuchungen zur Formgesch. der frz. 
Kl.-Suite, Regensburg 1940; P. Brunold, Fr. C., 
engl. v. J. B. Hanson, Monaco 1949; W. H. Mellers, 
Fr. C. and the French Classical Tradition, London 
1950; P. Citron, C., = Solffcges I, (Paris 1956). P C 

Couraud (kur'o), Marcel, * 20. 10. 1912 zu 
Limoges; französischer Dirigent, Schüler der Ecole 
Normale de Musique, daneben Orgelschüler von 
A. Marchal. Nach dem Krieg ließ C. sich in Paris 
nieder, wo er das »Ensemble Vocal Marcel Cou- 
raud« gründete. Die ihn nicht befriedigende Be- 
schränkung im Repertoire führte 1954 zur Auf- 
lösung dieser Vereinigung. C. wandte sich dann 
nach Stuttgart, wo ihm ein weiteres Betätigungs- 
feld geboten wurde. Nach großen Erfolgen über- 
nahm er als Orchesterleiter beim französischen 
Rundfunk die Sendereihe »Opdras oublids« und 
leitet zahlreiche Aufführungen von Chor- und net> 
erdings auch Orchesterwerken für Schallplatten- 
aufnahmen. 

Courbois (kurbu'a), Philippe; französischer 
Komponist des 18. Jh., erregte durch seine Motets 
Aufsehen. Erhalten sind von ihm nur Cantates 
frangaises op. 1 (Paris 1710), der Duchesse de Maine 
gewidmet, sowie Airs sdrieux et ä boire . 

Lit: M. Brenet, Les concerts en France . . ., Paris 
1900. 

Courtois (kurtu'a, eigentlich: kurtö'e), Tehan 
(Cortois, Courtoys, Mourtois); franko-flä- 
mischer Komponist des 16. Jh., war 1540 Kapell- 
meister des Bischofs von Cambrai, schrieb Messen, 
Motetten und Chansons (handschriftlich und in 
Sammelwerken 1529-64). 

Ausg.: 2 4st Chansons, hrsg. v. R. Eitner, PGfM 
XXHI; eine 4st Chanson, Expert Maltres V. 

Courvoisier (kurrvuag'e:), Karl, * 12. 11. 1846 
zu Basel, f 31. 1. 1908 zu Liverpool; Schweizer 
Violinist und Gesanglehrer, war für den kaufmän- 


nischen Beruf bestimmt, wurde aber 1867 am Kon- 
servatorium in Leipzig Schüler von Ferd. David 
und E. Röntgen und vervollkommnete sich 1869 
bis 1870 noch weiter in Berlin Unter joachim. Nach 
kurzer Tätigkeit im Orchester des Thaliatheaters in 
Frankfurt am Main (1871) wirkte er in dieser Stadt 
als Dirigent, nebenher Gesang studierend, wurde 
1875 Dirigent des Städtischen Orchesters in Düssel- 
dorf, ging jedoch 1876 wieder zum Lehrfach und 
der Leitung von Gesangvereinen über. 1885 ver- 
legte er seinen Wohnsitz nach IiverpooL C. ver- 
öffentlichte eine Schrift Die Violintecknik . . . (1878, 
englisch von H. E. Krehbid als Technic of Violin - 
playing , New York 1880, 2 1896) und eine 3spra- 
chige Mitbode de Violott (London 1892). Seine 
Kompositionen umfassen außer instruktiven Stiik- 
ken eine Symphonie und 2 Ouvertüren. 

Courvoisier (ku:rvuazj'e:), Walter, * 7. 2. 1875 
zu Riehen bei Basel, f 27. 12. 1931 zu Locarno; 
Neffe von Kail C., Schweizer Komponist, studierte 
1893-99 in Basel und Straßburg Medizin, promo- 
vierte 1900 zum Dr. mecL, entschloß sich aber 1902, 
die Musik zum Lebensberuf zu machen, in welcher 
ihm Bagge der erste Lehrer gewesen war. Er 
wurde nun Privatschüler Thuillcs in München bis 
zu dessen Tode - er war Schwiegersohn Thuillcs - 
und blieb dann als Theorielehrer in München, wo 
er Ende 1907 Mitdirigent der Volks-Symphonie- 
konzerte des Kaimorchesters, 1910 Theonelehrer 
und 1919 Professor für Komposition an der Akade- 
mie der Tonkunst wurde; einer seiner bekannte- 
sten Schüler war H. Reutter. C.s Hauptstärke lag 
im Stimmungshaften, Elegischen, zu dessen Erzie- 
lung er sich auch moderner, impressionistischer 
Mittel bediente; in Lied und Kammermusik liebte 
er archaistische Wendungen. Werke: Die Muse 
(Text von Heinrich Leuthold) für Bar. und Orch. 
op. 4 (1903) ; Gruppe aus dem Tartarus (Text von 
Fr. Schüler) für Chor und Orch. op. 5 (1904); 
Symphonischer Prolog zu Carl SpitteLers »Olym- 
pischer Frühling« op. 10 (1905); Der Dinurstrom 
(Text von Wilhelm Hertz) für Chor und Orch. 
op. 11 (1906); Das Schlachtschiff Timiraire (Text 
von D. v. Liliencron) für Mannerchor und Orch. 
op. 12 (1906); Passacaglia und Fuge Bmoll für 
KL op. 20 (1909); Variationen und Fuge über ein 
eigenes Thema für KL op. 21 (1909); Totenfeier 
(später Auferstehung genannt) für Soli, Chor, Orch. 
und Org. op. 26 (1915) ; 6 Suiten für V. solo op. 31 
(1922); Chöre a cappella op. 33 und 34 (1931); 
Oper Der Sünde Zauberei (Text von Eichendora 
nach Calderön, Nachlaß); viele Lieder. 

Lit: Th. Kroyer, W. G, München-Bln (1929). 

Coussemaker (kusmak'err oder flämisch k'aus- 
makar), Charles Edmond Henri de, * 19. 4. 1805 
zu Bailleul (Nord), f 10. 1. 1876 zu Lille, begraben 
zu Boubourg; französischer Musikforscher, stu- 
dierte in Paris Jura und nahm gleichzeitig musika- 
lischen Privatunterricht Die erworbenen prak- 
tisch-musikalischen Kenntnisse erprobte er in Kom- 

E * * men verschiedenster Art (Messen, Ogem- 
ente, Ave, Salve regina usw.; bis auf einige 
Romanzen ist alles dies Manuskript geblie- 
ben) . Angeregt durch die von Fdtis redigierte Revue 
musicale wandte er sich mehr und mehr musik- 
historischen Studien zu und wurde einer der ver- 
dientesten Musikhistoriker seiner Zeit. Daneben 


347 



Cousser 


verfolgte er seine juristische Laufbahn, die er als 
Advokat in Douai begann, als Friedensrichter in 
Bergues, Tribunalrichter in Hazebrouck, Verwal- 
tungsbeamter in Cambrai, Richter in Dünkirchen 
und Lille. Seine vorzugsweise das Mittelalter an- 
gehenden musikhistorischen Arbeiten sind: Huc- 
bald, Moine de Saint-Amand et ses trmtis de musique 
(in: Memoires de la Sodetd des Sciences ... de 
Douai VH, 1841); Histoire de Vharmonie au tnoyen- 
äge (Paris 1852); Drames liturgiques du moyen-dge 
(Rennes und Paris 1860) ; Les nartnonistes des XII' et 
XIII 4 siecles (1865); Hart hamionique aux XII 4 et 
XIII 4 sikles (Paris 1865); Les harmonistes du XIV 4 
siede (1869) ; CEuvres compUtes du trouvke Adam de 
la Halle (Paris 1872) ; Joannis Tinctoris Tractatus de 
musica (Lille 1875); ferner das Sammelwerk in 4 
starken Quartbänden: Scriptonim de musica medii 
aevi nova series (Fortsetzung der Gerbertschen 
Scriptores, Paris 1864-76; anastatische Neudrucke 
1908 in Graz und 1931 in Mailand) . Kleinere Schrif- 
ten sind: Traitis inidits sur la musique du moyen-dge 
(1865, 1867, 1869); Notices sur les colleetions must - 
cales de la bibliottäque de Cambrai et d'autres villes du 
ddpartement du Nord (Paris 1843) ; Notice sur un ma- 
nuscrit musical de la bibliothbque de St. Did (Paris und 
Lille 1859); Essai sur les instruments de musique au 
moyen-dge (in Didrons Annalcs archfologiques 
1845-58, mit vielen Abbildungen); Chants popu- 
läres des Flamands de France recueittis et publik avec 
les milodies originales (Gent 1856), Messe du XIII 4 
sikcle (im Bulletin de la Soc. hist, de Toumai Vm 
und im Bulletin de la Soc. antiquaire de Norman- 
die HI)- Eine Anzahl weiterer musikgeschicht- 
licher Studien fand Aufnahme in französischen 
und belgischen Periodica. Wenn auch C.s Über- 
tragungen alterNotierungcn und seine historischen 
Darstellungen heute nicht mehr durchweg zu 
Recht bestdien, so sind doch seine Sammlungen 
von Studienmaterial sehr wertvolL 
Lit: A Desplanque, Etüde sur les travaux d'histoire 
et d’archöologie de M. E. de C., Lille 1870; C. De- 
haisnes, Notice sur la vie et les travaux de M. E. de 
C., Brügge 1876; P. Aubry, La musicologie m6di6- 
vale, Paris 1900. 


Teil Autodidakt. 1876 gründete er in Sheffidd die 
Tonic Sol-fa Association, die er in kurzer Zeit zu 
einem hervorragenden Chor bildete (später 
Sheffidd Musical Union) und bis 1933 leitete. Da- 
neben leitete er mehrere Chöre an anderen Orten. 
1926 wurde er geaddt. Als Komponist trat C. her- 
vor mit den Kantaten Heroes ofFaith , Magna Charta , 
The Story of Bethany, The King 9 s Error , Tubalkain 
und The Fairy Minor, Anthems, Glees und Liedern. 
Er schrieb: Choral Technique and Interpretation 
(London 1914). 

Lit: J. A. Rodgers, Dr. H. C., London 1911. 

Coward (k'auod), James, * 25. 1. 1824 und f 22. 
1. 1880 zu London; englischer Organist, war Or- 
ganist des Kristallpalastes seit dessen Eröffnung 
1857 und verwaltete daneben mehrere kirchliche 
Organistenposten. Eine Zeitlang war er auch Or- 
ganist der Sacred Harmonie Society und der Frei- 
maurer-Großloge. Er schrieb Anthems, Glees, Ma- 
drigale, viele Klavierstücke und Transkriptionen 
von Opemmdodien für OrgeL 

Cowell (k'auel), Henry Dixon, * 11. 3. 1897 zu 
Menlo Park (California); amerikanischer Kompo- 
nist, lebt in Shady (New York), kam nach auto- 
didaktischen Anfängen als Geiger, Pianist und 
Komponist (»tone dusters«, mit Faust und Unter- 
arm anzuschlagende Klavier-Tontrauben) über das 
New Yorker Institute of Applied Music mit einem 
Guggenheim-Stipendium 1931 nach Berlin, wo er 
unter Hornbostel Vergleichende Musikwissen- 
schaft betrieb. Mit Theremin konstruierte er 1932 
ein dektro-akustisches »Rhythmicon«. Auf 5 euro- 
päischen und 25 amerikanischen Musikreisen 
spidte er seine Klavierkompositionen und hidt 
programmatische Vorträge über moderne Musik. 
Gegenwärtig ist C. Professor an der Columbia 
University (New York). Er schrieb 12 Sympho- 
nien, auch für Jugendorch., sowie: New Musical 
Resources (New York 1930); American Composers 
(Stanford 1933); Charles Ives (London 1955). 

Lit : J. T. Howard, Out American Music, NY 31956. 


Cousser -> Kusscr. 


Gousu (kuz'ü), Antoine de, * um 1600 zu 
Amiens, f 11. 8. 1658 zu St. Quentin; französi- 
scher Musiktheoretiker, war in jüngeren Jahren 
Sänger der Pariser Hofkapelle, dann Kirchenchor- 
direktor in Noyon, zuletzt Kanonikus in St. Quen- 
tin, schrieb: La musique universelle , contenant taute la 
practique et toute la thiorie (wahrscheinlich Paris 
1657), welches Werk u. a. (wenn auch nicht zu- 
erst, wie F6tis meint; — *■ Herbst) ausführlich von 
verdeckten Quinten und Oktaven handdt Eine 
4st. Fantasie steht in Mersennes Harmonie univer- 
selle und Kirchers Musurgia (wo der Autor als 
Jean Cousu bezeichnet wird). 


Ausg. : Teildruck der Fantasie in: Recucü de 46 pifcces 
pour orgue, hrsg. v. F. Raugel, Paris o. J. 

Lit: E. Thoinan, A. de C. et les singuli&res destindes 
de son Iivre rarissime »La Musique universelle«, 
Paris 1866. 


Coward (k'auad), (Sir) Henry, * 26. 11. 1849 zu 
Liverpool, 10. 6. 1944 zu Sheffidd; englischer 
Chordirigent, wurde zuerst Messerschmied 
Schullehrer und war in der Musik zum größten 


Cowen (k'auan), (Sir) Frederic Hymen (eigent- 
lich Hymen Fredeiick), * 29. 1. 1852 zu Kingston 
auf Jamaica, f 6. 10. 1935 zu London; englischer 
Dirigent und Komponist, komponierte schon 1860 
eine Operette und wurde im selben Jahre Schüler 
von Benedict und Goss, trat 1863 zum ersten Male 
als Pianist öffentlich auf, studierte 1865-66 noch 
am Leipziger Konservatorium bei Hauptmann, 
E. F. Richter, C. Reinecke, Moschdes und Plaidy, 
1867-68 am Stemschen Konservatorium in Berlin. 
Dann wirkte er in London als Pianist und Dirigent, 
leitete dort als Sullivans Nachfolger 1888-92 und 
wieder 1900-07 die Philharmonie Society, 1896-99 
das Halld Orchestra in Manchester und die Liver- 
pool Philharmonie Society, 1896-1913 Chor und 
Orchester in Bradford, ab 1900 das Scottish 
Orchestra in Glasgow, außerdem vide Festspide. 
1911 wurde er geaddt. C. schrieb 6 Symphonien, 
3 Ouvertüren, Orchestersuiten und -Phantasien, 
2 Klavierkonzerte, ein Streichquartett, ein Klavier- 
trio, Klavierstücke, 4 Opern, 2 Operetten, zahl- 
reiche Oratorien und Kantaten und fast 300 Lieder. 
-Autobiographie : My Art and myFriends (London 


348 



Cranz 


Cowper (k'aupo), Robert (Coper, Couper), 
* wahrscheinlich 1474, f nach 1516; englischer 
Komponist, wirkte 1494-1 515 an der Kathedrale von 
Lincoln und empfing 1516 zwei Pfründen vom 
Erzbischof von Canterbury. In Cambridge promo- 
vierte er 1493 zum Baccalaureus und 1502 zum 
Doktor der Musik. Erhaltene Werke: ein 4st. 
Gloria, 6 Motetten und verschiedene Gesänge zu 
3 Stimmen. 

Ausg.: Gloria, hrsg. v. H. B. Coluns, London 1924; 
I have been a foster, 3st, Davison-Apel Anth. I, 
86b; Alone I live, 3st., hrsg. v. H. B. Briggs in: A 
Collection of Songs . . . of the Fifteenth Cent, Lon- 
don 1891. 

Lit.: W. Nagel, Gesch. d. Musik in England, 2 Bde, 
Straßburg 1894-97; W. H. Grattan Flood, Early 
Tudor Composers, London 1925; J. Stevens, Rounds 
and Canons . . ., ML XXXII, 1951. 

Craen (kram), Nikolaus, franko-flami scher 
Komponist des 16. Jh., der aus ’s-Hertogenbosch 
stammt. Er wurde 1504 Sänger an St. Donatian in 
Brügge. Von ihm sind erhalten 3 Motetten in 
Sammelwerken, eine weitere handschriftlich. 
Ausg. : Si ascendero in caelum, 3sL, in : Van Ockeghem 
tot Sweelinck, hrsg. v. A. Smders, S. 111 (=» 4. Lie- 
ferung), Amsterdam 1942. 

Graft, Marcella, * 11. 8. 1880 zu Indianapolis; 
amerikanische Sängerin (Sopran), studierte Gesang 
in Boston, Mailand und München, sang zunächst 
an kleineren italienischen und deutschen Bühnen, 
1909-14 am Münchener Hof theater, danach in den 
USA (ab 1917 bei der San Carlo Opera Co., ab 
1930 in Kalifornien). 

Gramer, Carl Friedrich, * 7. 3. 1752 zu Qued- 
linburg, f B. 12. 1807 zu Paris; deutscher Verleger, 
war ab 1775 Professor der Philosophie in Kid, ver- 
lor aber 1794 seine Stelle, weil er seine Sympathien 
mit der Französischen Revolution zu offen zur 
Schau trug und ging nach Paris, wo er sich als 
Buchhändler kümmerlich durchschlug. C. gab 
1783 und 1787 in Hamburg je einen Jahrgang eines 
Magazins der Musik heraus; der 3. Jahrgang er- 
schien 1789 in Kopenhagen, eine Fortsetzung unter 
dem Titd Musik ebenfalls 1789 in Kopenhagen; in 
den ersten beiden Jahrgängen sind Neef es Berichte 
über Beethoven gedruckt. Seine Sammlung Flora 
(Kid und Hamburg 1787) enthält Gesänge von 
Gluck, Kunzen, Rdchardt und die Klavierphanta- 
sie C moll von C. Ph. E. Bach mit den beiden von 
Heinrich Wilhelm von Gerstenberg hinzugefügten 
Texten. C. schrieb noch: Kurze Übersicht der Ge- 
schichte der französischen Musik (Berlin 1786) und 
Anecdotes sur W. G. Mozart (Paris 1801) und Kla- 
vierauszüge von Opern Salieris, Naumanns, J. A. 
P. Schulz^ und F. L. Ae. Kunzens. 

Lit : Fr. Chrysander, Eine KL-Phantasie v. K. Ph, E. 
Bach . . ., VfMw VII, 1891; W. Engelhardt, in 
ZfMw VII, 1924/25, S. 456 u. 473 ff. 

Gramer, Johann Baptist, * 24.2.1771 zu 
Mannheim, t 16. 4. 1858 zu London; Sohn von 
Wilhelm C., deutscher Pianist, war Klavierschüler 
von J. S. Schröter und Clementi und nahm 1785 
Theorieunterricht bei C. F. AbeL 1788 begann er 
seine Konzertreisen, die seinen Ruf schnell verbrei- 
teten. Als Heimat und Ruhepunkt betrachtete er 
immer London, und nur 1832-45 hatte er sich in 
Paris festgesetzt. 1824 gründete er mit Addison 


und Beale in London einen Musikverlag, der unter 
der Firma J. B. Cramer & Co., Ltd. noch heute be- 
steht. In Wien machte C. die Bekanntschaft 
Beethovens, der seine Etüden hochschätzte und 
zum Teil mit Anmerkungen versah. C.s Kompo- 
sitionen sind: 105 Klaviersonaten, 7 Konzerte, 
Septett für KL und Streicher op. 61, Klavierquin- 
tett op. 60, Klavierquartett op. 35, Klaviertrios, 
Violin- (Flöten-) Sonaten, Variationen und Rondos. 
Wichtig ist noch heute die Große Pianoforteschule , 
besonders deren 5. Teil, die 84 Etüden, separat als 
op. 50, dazu als Ergänzung 16 Etüdes op. 81, die 
noch heute in der Auswahl H. v. Bülows (60 Etü- 
den) im Klavierunterricht verwendet werden. Sein 
Bruder Franz C., * 1772, 1 1. 8. 1848 zu London, 
war Violinist und ab 1837 Master of the King’s 
Music in London. 

Lit.: J. Pembaur, Die 84 Etüden v. J. B. C., Lpz. 
1901 ; Th. Schlesinger, J. B. C. u. seine Klavier- 
sonaten, Diss. München 1925, gedruckt 1928; P. 
Egert, Die Klaviersonate im Zeitalter d. Romantik 1, 
Bin - Johannisthal, Lpz. 1934. 

Gramer, Johann Thielemann (Johann Tobias), 
* 1713; deutscher Sänger, wurde 1733 Kapell- 
knabe der gothaischen Hofkapelle, Schüler Stöi- 
zels, 1736 zum Discantisten ernannt und war 1749 
bis 1765 Musiklehrer der Kinder des Herzogs. 1784 
war er noch im Dienst. Außer 6 Gesängen und 
Orgelstücken in C. Ph. E. Bachs Musikalisches 
Vielerley (Hamburg 1770) ist nur wenig von ihm 
erhalten. 

Lit: A. Fett, Mg. <L Stadt Gotha, Diss. Freiburg L 
Br. 1951, maschr., Teil II. 

Gramer, Wilhelm, * 1745 zu Mannheim, f 5. 
10. 1799 zu London, Vater von Johann Baptist C., 
deutscher Violinist, war Schüler von Joh. Stamitz 
und Chr. Cannabich, von 1757-72 in der Mann- 
heimer Kapelle und ging dann nach London, wo 
er am 22. 3. 1773 sein erstes Konzert gab. Er wurde 
dort Königlicher Kapellmeister und zugleich Kon- 
zertmeister an der Oper, dem Pantheon, den 
Ancient Concerts und Professional Concerts, 
führte 1784 und 1787 auch bei den Handel-Festen 
die Violinen. Als Solospieler und Dirigent war C. 
sehr angesehen; seine Kompositionen sind: 12 Trios 
für 2 V. und B. op. 1 und 3; 6 Violinsonaten mit 
B.c. op. 2; 6 Streichquartette op. 11; 6 Soli für V. 
und Vc. op. 4 und 3 Violinkonzerte. 

Ausg.: Trio op. 3, 2 B dur für 2 V. u. Vc., hrsg. v. H. 
Riemann, DTB XVI (darin auch Verz. der Kammer- 
musik). 

Lit : C. F. Pohl, Mozart u. Haydn in London n, 
Wien 1867; A. Moser. Gesch. d. Violinspiels, Bin 
1923. 

Cranz, August, deutscher Musikverlag, gegrün- 
det 1814 in Hamburg von August Heinrich C. 
(* 1789, t 1870). Sein Sohn Alwin C. (* 1834, 
j* 10. 4. 1923 zu Vevey) übernahm das Geschäft 
1857, kaufte 1876 dazu noch von Friedrich Schrei- 
ber den Wiener Verlag C. A. Spina und 1886 den 
von T. A. Böhme in Hamburg, gründete 1883 eine 
Filiale (A. C.) in Brüssel und 1890 eine solche 
(C. & Co.) in London. 1896 trat sein Sohn 
Oskar (t 24. 9. 1929 zu Boston) als Teilhaber in 
die Firma ein und verlegte 1897 den Sitz nach 
Leipzig. Jetziger Sitz des Verlages ist Wiesbaden, 
als Leiter zeichnet Oskar Stölzel, in Brüssel Al- 
bert Cranz und Jacques Maus. C. ist Original- 


349 



Crappius 


Verleger der Werke von Josef, Eduard, Johann 
(Vater und Sohn) Strauß (darunter auch Fleder- 
tnaus , Zigeunerbaron und Eine Nacht in Venedig ), von 
Lanner und Millöcker (darunter Bettelstudent und 
Gasparone). 

Crappius, Andreas, * um 1542 zu Lüneburg, 
+ 8. 1. 1623 zu Hannover; deutscher Kantor, war 
bis um 1567 Student in Wittenberg, ab 1568 Kan- 
tor an der Lateinschule und der Marktkirche in 
Hannover, welches Amt er bis 1616 verwaltete. 
Cr. schrieb 3 Messen, 20 Motetten, 26 3st. deut- 
sche geistliche Lieder, Hochzeitsgesänge und ein 
Lehrbuch: Musicae artis Elementa . . . Sampt einer 
Deutschen Atusica (Helmstedt 1599, Leipzig 21608). 

Ausg.: Ausgew. Werke, hrsg. v. Th. W. Werner, LD 
Niedersachsen 11. 

Lit: Th. W. Werner, A. C., AfMw V, 1923. 

Cras (kra), Jean, * 22. 5. 1879 und f 14. 9. 1932 
zu Brest; französischer Komponist, studierte von 
1900 an Komposition bei Henri Duparc, dessen 
Freund er war. C. war ab 1924 Kapitän der fran- 
zösischen Marine; ab 1927 Kommandant des Kreu- 
zers Lamotte Picquet; 1931 wurde er Contre- 
admiral. Werke: 2 Trios; Streichquartett; Quintett 
für Harfe, Fl., V., Va und Vc., auch als Klavier- 
quintett erschienen; Klavier quintett; Sonate für 
Vc. und KL; Sammlungen kleiner Klavierstücke; 
Sammlungen von Liedern; Eldgies für Gesang und 
Orch.; La fldte de Pan, auf einen Text von L. 
Jacques, für Gesang, Panflöte und Streichtrio; Or- 
chestersuiten Ames d r enfants und Journal de Bord ; 
Concerto für KL und Orch.; eine Reihe Kirchen- 
werke. Seine Oper Polyphbne (4aktig nach Albert 
Samain) erhielt 1922 den großen Preis der Stadt 
Paris (Op6ra Comique 1922). 

Crassot (kras'o), Richard, * um 1530 zu Lyon; 
französischer Komponist, war Hugenotte und 
schrieb eine 4st Bearbeitung des Genfer Psalters, 
in der er den Kantionalsatz bevorzugt: Les Pse- 
aumes . . . (Lyon 1564, Genf 21569). 

Lik: F. Bovet, Hist, du Psautier..., Neuenburg 
1872; O. Douen, CI. Marot et le psautier huguenot H, 
Paris 1879, darin 2 Psalmvertonungen C.s ; E. Trexat. 
CL Goudimel . . ., Lyon 1949. 

Crawford (bfof^d), Ruth Porter (Mrs. Ch. 
Seeger), * 3.7.1901 zu East Liverpool (Ohio), 
18.11. 1953 zu Chevy Chase (Maryland); ame- 
rikanische Komponistin, studierte und unterrich- 
tete an der School of Musical Art in JacksonvÜle, 
ab 1921 am American Conservatory und 1925-29 
am E l mhu rst College of Music in Chicago. 1930 
wurde ihr ein Studienaufenthalt in Paris und Berlin 
ermöglicht; nach ihrer Rückkehr lebte sie als Gat- 
tin des Leiters der Music Division of the Pan- 
american Union (Charles Seeger) in Washington. 
Werke: Two Movements für Kammerorch. (1926), 
Three Songs für A. und 17 Instr. (1932), JRissolty 
Rossolty für 10 Bläser, Schlagzeug und Streicher 
(1941), Frauenchöre a cappella, Four Diaphonic 
Suites für R, Ob., 2 Klar, und 2 Vc. (1931), Three 
Movements für Bläser und KL (1928), Streichquar- 
tett (1931), Suite für Streichquartett und KL(1927), 
Violinsonate (1927), 9 Präludien für KL 

Lit: Cat cronologico de las obras de la compositora 
Norteamericana, R. P. Cr.-S., in: Boletin de Müsica 
y Artes Visuales LIV, Washington 1954. 


Crecqulllon (krakij'3), Thomas (Crdquillon, 
Crechillon, Griquillon), Geburtsdatum und -ort 
unbekannt, f wahrscheinlich 1557 zu B6thune; 
franko-flämischer Komponist, Kapellmeister Kai- 
ser Karls V. in Brüssel um 1544, späterPräbendar 
in Löwen, Namur, Termonde und zuletzt in 
Bethune; einer der bedeutendsten Meister der Zeit 
zwischen Joscjuin und Orlandus Lassus, ebenso ge- 
schätzt als Kirchenkomponist wie als Komponist 
französischer Chansons der neuen Art (-> Jane- 
quin). Von seinen Werken wurden gedruckt: 11 
4-5 st. Messen in Sammlungen von 1546 (Susato), 
1568 (Schwertel) und 1570 (Phal&se, 4st. Motetten 
von Clemens non papa), 14 Motetten im Liber 
septimus cantionum sacrarum 4 vocum von 1559 (Pha- 
l£se) ; 58 Motetten (eine 8st., eine 6st., 39 zu 5 und 
17 zu 4 St) im Opus sacrarum cantionum . Thomae 
Criquillon (Löwen 1576, Phalfcse und Bdl£re); 
36 Chansons in Le Tiers livre de chansons ä 4 parties 
composies par Maistre Th . Cr. (Susato, Antwerpen 
1544). Zahlreiche weitere Motetten und Chansons 
in Sammelwerken 1543-1636. Sein GesamtschafFen 
u mf aßt (nach N. Bridgman in MGG) 16 Messen, 
116 Motetten, 5 französische Psalmen und Lamen- 
tationen, 192 Chansons. 

Ausg.: 2 Motetten u. 2 Chansons in: F. Commer’s 
Collectio operurn musicorum Batavorum, X u. XII; 
6 Chansons u. 6 Motetten in: Maldeghem Trdsor I, 
vni, xn, XIV u. XXIV; 3 Chansons in PGfM H; 
eine Chanson Ist mit Laute bei H. Quitt ard, 
»L’Hortus Musarum« de 1552-53 . . SIMG VIII, 
1906/07, 280 ff. u. bei Schering Beisp. 118; eine 
Chanson bei H. Riemann, Hdb. d. Mg. H, 1, Lpz. 
1907, 462 ff. ; eine Messe bei E. E. Stein, Twelve 
Franco- Flemish Masses of the early 16th Century, 
University of Rochester, II, 1941. 

Lit: W. Lueger, Die Messen d. Th. C., Diss. Bonn 
1948, maschr.; ders.. Ein vergessener Meister d. 16. 
s.: Th. C., in: Zs. f. Kirchenmusik LXXTV, 1954. 


Crescentüii (krejsnt'ini), Girolamo, *2. 2. 1762 
za Urbania (bei Urbino), f 24. 4. 1846 zu Neapel; 
i t al i e n ischer Sänger (Kastrat, Sopranist), debütierte 
1783 in Rom und war darauf in Livorno, London 
(1785), Padua (1785), Venedig (1785), Turin (1786), 
Mailand (1787), Neapel (1788-89), Rom (1791 und 
1793), Mailand (1794 und 1797), Venedig (1794 
bis 1796). 1796 komponierte Cimarosa für ihn die 
Oper GH Orazi ed i Curiazi. 1798-1802 sang C. in 
Lissabon, 1803 in Mailand, dann in Piacenza. 1804 
wurde er nach Wien engagiert, wo er auch Ge- 
sanglehrer der kaiserlichen Familie war, bis ihn 
Napoleon 1806 nach Paris holte. 1812 kehrte er 
nach ItaHen zurück und wurde 1816 Lehrer am 
Real Conservatorio di Musica in NeapeL Er kom- 
ponierte Kantaten, Anetten und eine Raccolta di 
esercizj per il conto (Paris 1811, mchrf&dh neu auf- 
gefegt)- 


Creser (ki'iaa), William, * 9. 9. 1844 zu York, 
1 13. 3. 1933 zu London; englischer Organist und 
Komponist, studierte bei G. A. Macfarren Orgel 
und Komposition, war Organist an verschiedenen 
Kirchen, 1881-91 in Leeds, seitdem bis 1902 Orga- 
nist der Chapel Royal in London, 1896 auch Diri- 
gent der Western Madrigal Society. C. schrieb 
ein Oratorium Micaiah, Kantaten, eine Messe, 
2 Psa lmen, Old English Suite für Orch., Kammer- 
musik und Orgelwerke. 


350 



Crivelli 


Creston (ki'eston), Paul, * 10. 10. 1906 zu New 
York; amerikanischer Komponist italienischer 
Herkunft, ursprünglich Bankangestellter, bildete 
sich im Privatunterricht zum Organisten heran, 
war 1927-34 Kinoorganist und ist seitdem Kirchen- 
organist an St. Malachy in New York. 1956 wurde 
er zum Präsidenten der National Association for 
American Composers and Conducton gewählt. 
Als privater Kompositionslehrer und Musikthera- 
peut wird C. sehr geschätzt. Br schrieb mehrere 
Orchester-Messen, Kantaten und Motetten, ferner 
Threnodien und Psalmkompositionen, 5 Sympho- 
nien, 2 Klavierkonzerte (eines für 2 KL), je ein 
Konzert für V., Pos., Saxophon, Marimba, Harfe, 
Tanzsuiten für Orch., KL und andere Instrumente. 


Abisharika für V. und Orch. (1921); Werke für 
Singstimme(n) und Orch., Chorwerke, Klavier- 
stücke und Lieder. 

Lit: J. T. Howard, B. C., NY 1927. 

Cristi^ni, Giuseppe, * 19. 3. 1865 zu Anagni, 
t 15. 12. 1933 zu Rom; italienischer Pianist und 
Komponist, studierte 1879-85 am Liceo musicale 
di Santa Cecilia in Rom bei E. Terziani Kompo- 
sition und bei Sgambati Klavier, gewann 1§86 
einen Preis für eine Symphonie, gründete und 
leitete das Quintetto Romano. Ab 1915 war er 
Klavierlehrer am Liceo musicale di Santa Cecilia. 
Er schrieb noch eine Sonate für V. und KL sowie 
Romanzen. 


Cr. verfaßte eine Schrift über Prindples of Rhythm 
(New York o.J.). 

Lit.: H. Cowell, P. C., MQ XXXIV, 1948. 

Grevel, Marcus van, * 16. 6. 1890 zu Zeist; nie- 
derländischer Musikpädagoge, studierte in Leiden 
Philologie, Geschichte und Ethnopsychologie, zu- 
gleich Musik bei J. Wagenaar und in Amsterdam 
bei D. Schäfer. Seit 1915 gibt er im Haag Schul- 
unterricht in Literatur und Musik und arbeitet mit 
einem 1930 gegründeten Verein für Volkstanz und 
-musik im Sinne der Todeschen Musikpädagogik. 
Schriften: A. P. Coclico (Den Haag 1940; vgL 
dazu H. Zenck in AfMf VH, 1942); Verwmte 
Sequensmodulaties bij Obrecht , Josquin en Coclico 
(TVer XVI, 2, 1941); Het sterffaar van Clemens 
non Papa (TVer XVI, 3, 1942); Secret Chromatic 
Art in the Netherlands Motet? (TVer XVI, 4, 1946, 
zu E. E. Lowinskys gleichnamigem Buch, New 
York 1946). 

Grickboom, Mathieu, * 2. 3. 1871 zu Hodi- 
mont (Lüttich), + 1947 zu Crichboom; belgi- 
scher Violinist, Schüler von E. Yasey und 1888-94 
Mitglied des Ysaye-Quartetts, 1894-96 Prima- 
rius eines Quartetts der Pariser Sod6t6 Natio- 
nale, 1896-1905 Konzertmeister der Sodedad 
Klarmönica und Lehrer am Conservatorio in 
Barcelona, wo er mit Casals ein Streichquartett 
gründete. Ab 1910 war Cr. Violinlehrer am 
Lütticher Konservatorium, 1919-44 am Con- 
servatoire Royal in BrüsseL Er schrieb Violin- 
stücke und -etüden, Lieder, ein Lehrwerk Le violon 


Cristpfori, Bartolommeo, * 4. 5. 1655 zu Pa- 
dua, 1 27. 1. 1731 zu Florenz; italienischer Klavier- 
bauer, war zuerst Klavierbauer in seiner Vater- 
stadt und ging um 1690 nach Florenz, wo er 1698 
am Hofe fest angestellt wurde und ab 1716 zu- 
gleich als Konservator der hastrumentensarn mlung 
Ferdinands von Media fungierte. Seine Erfindung 
wurde 1711 vom Marchese Sapione Maffei im 
Giomale dei Letterad cTItalia V angezeigt und be- 
schrieben; die Beschreibung ist auch in dessen 
Rime e prose (Venedig 1719) übernommen; diese 
Beschreibung wurde, von König übersetzt, in 
Matthesons Critica musica (IE, 1725) aufgenommen 
und dadurch wohl Gottfried Silbermann bekannt, 
der die Erfindung weiter vervollkommnete und zu 
allgemeiner Anerkennung brachte. Die von C. an- 
gewendete Mechanik ist, abgesehen von Verbesse- 
rungen einzelner Teile, bereits dieselbe wie die 
Gottfried Silbermanns, Streichers und Broad- 
woods, die sogenannte englische Mechanik. Ein 
Pianoforte von 1726, ein Spinett und 3 Cembali 
C.s besitzt das Musikwissenschaftliche Instmmen- 
ten-Museum der Universität Leipzig. Das erste 
Werk, das ausdrücklich für C.s Cunbalo di piano 
e forte komponiert wurde, sind wohl Giustmis 
Klaviersonaten. 1876 wurde in Florenz zu Ehren 
C.s eine Gedenktafel im Kloster Santa Croce ein- 
gemauert 

Lit.: F. Casaglia, Per le onoranze di B. G, Florenz 
1876; ders., B.G, Florenz 1894; B. Van Beynum- 
Von Essen, C. en de hamermechaniek. De MuziekVI, 
1931; G. SchÜnemann, Kn Bildnis B. Cs, ZfMw, 
1934; vgL auch R. E. M. Harding, The Piano-Forte, 


thiorique et pratique (5 Bände, Brüssel 1908-11) und 
bearbeitete klassische Violinmusik (Bach, Haydn, 
Mozart, Rode, Spohr). 

Crist, Bainbridge, * 13. 2. 1883 zu Lawrence- 
burg (Indiana); amerikanischer Komponist, wid- 
mete sich an der George Washington University 
in Washington, D. C., dem juristischen Studium 
und wirkte anschließend als Advokat in Boston. 
Schließlich gab er seinen Beruf auf, um in Europa 
(u. a. bei Juon in Berlin) Musik zu studieren. 1915 
bis 1923 lebte er als Musiklehrer in Boston und 
Washington* kehrte für 4 Jahre nach Europa 
zurück und ist jetzt seit langen Jahren als Kompo- 
nist und Musiklehrer in South Yarmouth (Massa- 
chusetts) tätig. Werke: choreographische Dramen 
Le pied de la momie (1915) und The Sorceress (1926L 
javanisches Ballett Pregitva's Marriage (1920); zahl- 
reiche Orchesterwecke, darunter Egyptian Impres - 
sions (1914), Chinese, Arabien and Nautch Dances 
(1922), La nuit revicue (1933), Fite espagnöle (1937) ; 


Cambridge 1933 und D. H. Boalch, Makers of the 
Harpsichord and Clavichord 1440 to 1840, London 
(1956). 

Crivelli, Arcangelo, (Crivdlo, Cribdli), * 21. 4. 
1546 zu Bergamo, t 4. 5. 1617 wahrscheinlich zu 
Rom; italienischer Sänger und Komponist, war 
1568 Sänger und 1569-75 Kapellmeister der Stec- 
casa in Parma, 1578 in Rom nachweisbar, 1583 
Tenorist und 1601 Kapellmeister der Päpstlichen 
Kapelle. Von C. erschienen im Druck je ein Buch 
5-«st. Madrigale (Venedig 1606) und 4-6st. Messen 
(Rom 1615). 

Lit: N. Pbtxtctllt, Note d’arch. Vm, 1931. 

Criv$lli, Giovanni Battista, * zu Scandiano 
(Modena), italienischer Komponist des 17. Jh., war 
zuerst Domorganist in Reggio (Emüia), lebte 1609 
in Rom, wo er bayrischer Resident war. 1626 
nennt er sich Kapellmeister an Spirito Santo in 
Ferrara. 1629-34 war C. Hof kapellmeister in Mün- 
chen, 1638-42 DomkapdJmeister in Mailand, 


351 



Croce 


jann Hofkapellmeister in Modena und schließlich 
1654 Kapellmeister von Santa Maria Maggiore in 
Bergamo. Er schrieb: Motetti concertati, 2-5 st. (Ve- 
nedig 1626, 21628, 31638) und Madrigali concertati , 
2-4st. (Venedig 1626, 21633). 

Croce (kriortje), Benedetto, * 25.2.1866 zu 
Pescasseroli (Aquila), t 20« 11. 1952; italienischer 
Philosoph, Kritiker und Historiker, lebte in Neapel, 
wo er 1903-44 die wichtige Zeitschrift La Critica 
herausgab. 1910 wurde er Senator des Königreichs 
Italien und war 1920-21 Unterrichtsminister sowie 
1944 Minister ohne Portefeuille. Von seinen zahl- 
reichen Schriften sind hier zu nennen: I Teatri di 
Napoli , secolo XV-XVIII (Neapel 1891, Bari 21916, 
31926), Estetica come scienza deWespressione e tin- 
guistica generale (Mailand 1902, Bari 31923; erste 
Fassung als Tesi fondamentali di um estetica — , in 
Atti deuAccad. Pontimana di Napoli XXX, 1900; 
englisch von D. Ainslie als Aestnetic as Science of 
Expression, London 1909, gekürzt, 21922 , voll- 
ständig); Problemi di estetica (Bari 1910, 21923), 
Breviario di estetica (Bari 1913; wieder gedruckt in: 
Nuovi saggi di estetica, Bari 1926; deutsch von Th. 
Poppe als Grundriß der Ästhetik, Leipzig 1913), 
Aneddoti e profili settecenteschi (Palermo 1914, Mai- 
land 21922, darin Kapitel über Paisiello und Per- 
golesi), La poesia (Bari 1936), Storia delVestetica 
(Bari 1942), Unprelato e una cantante del secolo deci- 
mottavo, Enia Silvio Piccolomini e Vittoria Tesi (Bari 
1946). Als Historiker hat sich C. vor allem der 
napoletanischen Geschichte und den Problemen 
der Geschichtsschreibung zugewandt; in der Phi- 
losophie schuf er aus der Kritik an Giambattista 
Vico, Herbart und Hegel ein eigenes System; in 
beiden Disziplinen fallt ihm eine hervorragende 
Rolle bei der Überwindung des Positivismus zu. 
Dies gilt besonders für die Literaturforschung, 
deren Blick er wirksam auf das eigentlich Künst- 
lerischelenkte; die daraus erwachsene »idealistische 
Literaturgeschichte« hat auch italienische Musik- 
forscher beeinflußt. 

Croce (krkKtJe), Giovanni, * um 1557. zu 
Chioggia bei Venedig (daher H Chiozzotto ge- 
nannt), f 15.5.1609 zu Venedig; italienischer 
Komponist, war Schüler Zarlinos und wurde 1565 
Altsänger an San Marco in Venedig, vor 1585 zum 
Priester geweiht, 1594 VizekapeUmeister und 1603 
Nachfolger Donatis als Kapellmeister von San 
Marco. Er ist einer der bedeutendsten und viel- 
seitigsten Komponisten der venezianischen Schule 
und gehört zu den ersten Vertretern des konzer- 
tierenden Stils. Seine auf uns gekommenen Werke, 
von denen viele mehrfach neu gedruckt wurden, 
sind: 3 Bücher 5st. Madrigale (das 3. als Novi pen- 
sieri, 1585, 1592 und 1594); il quarto libro de Mar 
drigaU a 5 et 6 (1607), Üprimo libro de Madrigali a 6 
(1590), Canzonette a quattro (1588), Canzonette a tre 
(1601); 2 Madrigalkomödien : Mascarate, 4-8st. 
(1590) und Triaca tnusicale 4-7st. (1595). - Com- 
pietta a otto (1591), 3 Bücher 8st. Motetten (1594, 
1605 und 1622); 2 Bücher Bst. P salm en (1596 und 
1597), Magnificat omnium tonorum 6st. (1605), 5st. 
Motetten (1601), 4st. Motetten (1597), 2 Bücher 
2-4st Lamentationen (1603 und 1610), Sacre Canti - 
lene concertate 3-6st. (1610), 3 Bücher 5-8st Messen 
(1596 und 1599). 


Ausg. (in Auswahl): Triaca musicale, hrsg. v. A. 
Schinelli = Capolavori polifonici del s. XVI, Bd 
III, Rom 1942, ein Madrigal daraus auch in Torchi 
II; 2 8st. Motetten in Torchi U; 9 4st. Motetten in: 
L. Schoeberlein und F. Riegel, Schatz d. liturg. 
Chor- u. Gemeindegesangs, 3 Bde, Göttingen 1865 
bis 1872; 8 4st Motetten in: K. Proske, Musica 
Divina I, 2, 1855; 3 5st Messen, hrsg. v. Fr. X. Ha- 
berl, ein 5st Stück in: Musica Sacra XV, hrsg. v. 
F. Commer; ein 8st. Satz in: Musica Sacra XVI; 
2 Sätze zu 8 St. : in Musica Sacra XXIII; ein Madrigal 
(6st) in: The Triumphs of Oriana, hrsg. v. Th. Mor- 
ley, 1601, neu veröff. v. Hawes, London o. J. 

Lit.: F. Caffi, Storia della Musica Sacra nella giä 
Cappella Ducale di S. Marco, Venedig 1858; Fr. X. 
Haberl, G. C., KmJb XIII, 1888; G. Dian, Cenni 
storid sulla farmatia veneta, Venedig 1903, darin ein 
Büd C.s; L. Torri, G. C., RMI XVI, 1909; A. A. 
Abert, Die stilistischen Voraussetzungen d. »Can- 
tiones sacrae« v. H. Schütz, Kieler Beitr. zur Mw. n, 
Wolfenbüttel-BIn 1935; A. Einstein, The Italian Ma- 
drigal II, Princeton 1949; D. Arnold, G. C. and the 
Concertato Style, MQ XXXIX, 1953; ders., C. and 
the English Madrigal, in: ML XXXV, 1954. 

de Groes (krus), Henri Jacques, getauft 19. 9. 
1705 zu Antwerpen, f 16. 8. 1786 zu Brüssel; bel- 
gischer Komponist, wurde 1723 Violinist und stell- 
vertretender Kapellmeister an der Jakobskirche in 
Antwerpen, am 4. 9. 1729 am Hofe der Thum und 
Taxis in Regensburg angestellt, ging 1744 nach 
Brüssel und wurde dort zuerst Konzertmeister, 
1749 Kapellmeister der Hofkapelle. C. schrieb 
viele Messen und Motetten, Symphonien, Violin- 
und Flötenkonzerte, Divertimenti und Sonaten. 

Croft, William (Crofts), getauft 30. 12. 1678 zu 
Nether Ettington (Warwickshire), f 14. 8. 1727 zu 
Bath; englischer Organist und Komponist, war 
Chorknabe und später Gentleman der Chapd 
Royal, 1700-12 Organist an St. Anne Church, 
Soho, 1704 mit Jeremiah Clarke und nach dessen 
Tode 1707 allein Organist der Chapel Royal, 1708 
als Nachfolger Blows Organist der Westminster 
Abbev und Master of the Children und Kompo- 
nist der Chapel RoyaL Seine Hauptwerke sind: 
Chor-Oden; Musicus apparatus academicus (London 
1715, enthalt eine englische und eine lateinische 
Ode, C.s Promotionsarbeiten für die Erlangung des 
Doktorgrads Oxford 1713); Musica Sacra (London 
1724, 2 Bände, enthält 30 Anthems und das noch 
heute gebräuchliche Burial Service, die erste in Par- 
titur gedruckte Ausgabe englischer Kirchenmusik) ; 
6 Sonaten für 2 Blockflöten (London 1710), 3 Flö- 
tensonaten (London 1700), Ccmbalostücke und 
Lieder in Sammelwerken. 

Ausg.: 4st. Anthem Put me not to rebuke in: Davi- 
son-Apel Anth.; Sechs Sonaten f. 2 BlockfL, hrsg. v. 
P. Rubardt. 

Lit: F. Chrysander, Dr. C.s Gesänge f. d. Theater, 
VfMw IX, 1893; J. E. Bumpus, A History of Engl. 
Cathedral Music, London 1908; E. H. Fellowes, 
EngL Cathedral Music, London 1941 ; H. W. Shaw, 
Eighteenth Cent. Cathedral Music, London 1952. 

Crome, Fritz, * 6. 5. 1879 zu Kopenhagen, 
*f 1948; dänischer Pianist, studierte in Kopenhagen 
Klavier bei L. dass, Komposition bei O. Mailing 
und H. Panum, ah 1902 in Berlin Klavier bei 
Jedliczka und Komposition hei Loewengard und 
Pfitzner, dann noch in Paris Klavier bei M. 
Moszkowski. C. wirkte danqrb einige Jahre als 
Klavierlehrer am Stemschen Konservatorium in 


352 



Crüger 


Berlin, übersiedelte aber 1917 nach Kopenhagen, 
wo er als Komponist, Pädagoge und Musikkritiker 
tätig war und 1925 Klavierlehrer am Konservato- 
rium wurde. Er schrieb eine Violinsonate, ein Kla- 
viertrio, Klavierstücke, ein Chorwerk Helene , ein 
Melodram Tordenskjold und Madonna-Sange für A. 
und Orch. 

Cronhamn, Johan (Tons) Peter, * 7. 5. 1803 zu 
Öster-Karup (Hailand), f 15.6.1875 zu Stock- 
holm; war ursprünglich Glaser, 1821-25 Lehrer 
und studierte dann in Stockholm Musik. 1829-70 
war er dort Staatsbeamter, daneben aber eifrig 
musikalisch tätig als Organist, Leiter einer Ge- 
sangsschule, Gesanglehrer an der Musikakademie, 
deren Sekretär er 1870 wurde, Chordirigent sowie 
als Komponist und Herausgeber von Männer- 
chören. - Sein Sohn, Frithiof August C., * 26. 
6. 1856 und 28. 4. 1897 zu Stockholm, wurde 
1883 Bibliothekar der Musikakademie, verfaßte 
wertvolle historische Aufsätze. 

Crooks (kiu:ks), Richard Alexander, *26.6. 1900 
zu Trenton (New Jersey); amerikanischer Opem- 
und Konzertsänger (Tenor), Schüler von La Forge, 
trat schon als Konzertsänger auf, bevor er 1927 an 
der Hamburger Oper als Cavaradossi in Tosca de- 
bütierte. Nach einem Engagement an der Staats- 
oper Berlin kehrte Cr. nach den USA zurück, 
sang zunächst bei der Philadelphia Grand Opera 
Company und gehört seit 1933 dem Metropolitan 
Opera House in New York an, ist aber nebenher 
auch weiter als Konzertsänger tätig. 

Crosby (kr'ozbi), Bing (eigentlich Harry Lillis 
C.), * 2. 5. 1904 zu Tacoma (Washington); ameri- 
kanischer Filmschauspieler und Untemaltungs- 
sänger, studierte 1921-24 Jurisprudenz an der Gon- 
zaga University, gründete schon wahrend dieser 
Zeit eine kleine Kapelle mit Al Rinker, in der er 
sich als Schlagzeuger und Sänger betätigte. Ab 
1926 wirkte C. 3 Jahre als Sänger in der Kapelle 
von P. Whiteman und tritt seit 1930 hauptsächlich 
in Rundfunk, Film und neuerdings auch Fern- 
sehen auf. C., der den Titel eines Ehrendoktors der 
Musik trägt, komponierte selbst mehrere Schlager 
(darunter I would if I could but I can't). 

Lit.: E. J. (Ted) Crosby, The Stoiy of B. C., 1946; 
B. Ulanov, The Incredible C., NY 1948. 

Cross, Joan, * 7. 9. 1900 zu London; englische 
Sängerin (Sopran), wurde 1924 an das Old Vic. 
Theatre (Royal Victoria Hall) verpflichtet und 
ging mit der Opemabteilung dieses Theaters, das 
im Krieg schwere Beschädigungen erlitt, zum Sad- 
ler’s Wells Theatre über, dem sie bis 1945 ange- 
hörte. 1946 schloß sie sich der English Opera 
Group an, in der sie eine leitende Rolle spielte. Sie 
gründete 1948 ein Opemstudio, in dem sie sich der 
Ausbildung junger Nachwuchskräfte widmet. 

Crotch (krotj), William, * 5. 7. 1775 zu Nor- 
wich, 1 29. 12. 1847 zu Taunton; englischer Kom- 
ponist, war emWunderkind ungewöhnlichster Art, 
da er schon mit 2% Jahren anfing, auf einer von 
seinem Vater (einem Zimmermann) verfertigten 
kleinen Orgel zu spielen. Bumey berichtete dar- 
über in den Philosophical Transactions von 1779. 
1786 ging C. nach Cambridge, studierte ab 1788 
Theologie in Oxford, wurde dort aber 1790 Or- 


ganist der Christ Church, 1794 zum Bachelor of 
Music graduiert und 1797 Nachfolger von Ph. 
Hayes als Musikprofessor der Universität und Or- 
ganist an St John’s College. Daneben war er Or- 
ganist an St Mary’s Church. Den Doktortitel er- 
warb er 1799 und nidt 1800-04 Vorlesungen an der 
Musikschule. Um 1807 siedelte C. nach London 
über, wo er gelegentlich Vorlesungen hielt und 
1812 sein Oratorium Palestine aufführte. 1822-32 
war er Direktor der neugegründeten Royal Aca- 
demy of Music. Außer 3 Oratorien schrieb er 
Anthems, 2 Symphonien, 2 Ouvertüren, ein Or- 
gelkonzert, Orgelfugen, Klaviersonaten und Kla- 
vierstücke. Von seinen Untemchtswerken sind zu 
nennen: Spedmens of Various Styles (Beispiel- 
sammlung zu seinen Vorlesungen; 3 Bände, Lon- 
don um 1807-22, 3 um 1845); Elements of Musical 
Composition (London 1812, 2 1833, herausgegeben 
von T. Pickering 3 1856) und Substance of Several 
Courses . . . (London 1831). 

Ausg.: Oratorium Palestine, hrsg. v. B. Tours, Lon- 
don 1878; Introduction and Fugue on a Chant by 
Dr. Ph. Hayes f . Org., hrsg. v. J. E. West, London 
1907. 

Lit.: Ch. Burney, Account of an Infant Musidan, 
Philos. Transactions LXIX, Teil I, 1779; J. E. Bum- 
pus, The Compositions of Dr. C., The Music News 
VII, 1897. 

Crouch (kiautp, Frederick Nicholls, * 31.7. 
1808 zu London, t 18. 8. 1896 zu Portland (Marne, 
USA) ; englischer Violoncellist, war S chüler seines 
Vaters, des Cellisten Frederick William C. (um 
1783-1844), später der Royal Academy of Music in 
London, Cellist der Kapelle der Königin Adelaide 
von England bis 1832, einige Zeit als Musiklehrer 
in Plymouth, ging 1849 als Cellist an das Astor 
Place Opera House in New York, dann nach 
Boston, Portland, Philadelphia, gründete später in 
Washington eine Musikschule und lebte zuletzt als 
Gesanglehrer in Baltimore. Er schrieb 2 Opern 
sowie viele Lieder. 

Crüger, Johann, * 9. 4. 1598 zu Großbreesen bei 
Guben, f 23. 2. 1662 zu Berlin; deutscher Orga- 
nist und Komponist, besuchte die Schule in Guben 
und wanderte dann als Schüler nach Sorau, Bres- 
lau, Olmütz, Regensburg (wo er von Hornberger, 
einem Schüler G. Gabrielis, Musikunterricht er- 
hielt), Preßburg und Freiberg. 1615 wurde er 
Hauslehrer in Berlin, begann 1620 in Wittenberg 
Theologie zu studieren und war ab 1622 Kantor an 
der (lutherischen) Nicolaikirche und Lehrer am 
Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin. 
Sone Melodien zu Liedern von Paul Gerhardt 
(der 1657-66 Diaconus an der Nicolaikirche war), 
Johann Heermann und des mit ihm befreundeten 
Bürgermeisters von Guben Joh. Franck zeigen ihn 
als den »bedeutendsten Mdodienschöpfer der 
evangelischen Kirche nach Luther« (Mahrenholz). 
Seine Liedweisen sind die schönsten Zeugnisse des 
Erbauungsliedes, weit entfernt von der später ein- 
brechenden Verflachung und Süßlichkeit. Zum 
Teil sind sie an Goudimds Psalmweisen angelehnt. 
Das deutsche Evangelische Kirchen g esan g buch 
von 1950 bringt 16 Mdodien C.s, zum Beispid: 
»Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen« aus 
Newes vollkömliches Gesangbuch Augspurgischer Con- 
fession (Berlin 1640) ; »Nun danket alle Gott« aus 
Praxis pietatis melica (1647, ist die 2., vermehrte 


23 


353 



Crusell 


Auflage des vorigen, über 40mal neu aufgelegt) ; 
»S chm ücke dich, o liebe Seele« aus Geistliche Kir- 
chen-Melodien (1649); »Wie soll ich dich empfan- 
gen«, »Fröhlich soll mein Herze springen«, »Jesu, 
meine Freude« aus D, M. Luthers und anderer . . . 
Geistliche Lieder und Psalmen (1653). Weitere musi- 
kalische Werke C.s: 2 Bände Meditationum musica - 
rum Paradisus . . 1 3-4st. Motetten, II 2-8st. Ma- 
gnificat (1622 und 1626), Recreationesmusicae (1651), 
Psalmodia sacra , der Goudimeüsche Psalter in Lob- 
wassers Übersetzung für 4 Vocal- und 3 Instru- 
m entalsümme n bearbeitet (1658), dazu in gleicher 
Bearbeitung als 2. Teil D. M. Luthers . . . GeistL 
Lieder (1657), Hymni selecti , 4sl, zum Schul- 
gebrauch (1680). C.sfür die Musikanschauung sei- 
ner Zeit aufschlußreiche theoretische Schriften 
sind: Kurzer und verständlicher Unterricht , recht und 
leichtlieh singen zu lernen (1625), Praecepta musicae 
practicae ßguratis (1625), Synopsis musica (1630, 
2 1654), Quaestiones musicae practicae (1650), Musicae 
practicae praecepta (1660). 

Ausg.: sämtliche Melodien in: J. Zahn, Die Melo- 
dien d. deutschen ev. Kirchenlieder, 6 Bde, Gütersloh 
1889-93, Verz. Bd V, S.416L; 18 Sätze in C. v. 
Winterfeld, Der ev. Kirchengesang II, Lpz. 1845; 
40 Sätze in L. Schoeberlein u. F. Riegel, Schatz d. 
liturg. Chor- u. Gemeindegesangs, 3 Bde, Göttingen 
1865-72; Neun geistL Lieder f. 4st- gern. Chor mit 
zwei Melodie-Instr. u. Gb., hrsg. v. Chr. Mahren- 
holz, Kassel o. J. 

LiL: E. C. G. Langbecker, J. C.s Choralmelodien, 
Bin 1835; C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang 
II, Lpz. 1845; I. F. Bachmann, Zur Gesch. d. Ber- 
liner Gesangbücher, Bin 1856; J. Zahn, Die Kirchen- 
melodien J. C.s, MfM XII, 1880; M. Seiffert in 
VfMw VH, 1891, S. 180 f.; H. Gehrmann in VfMw 
VII, 1891, S. 480 ff.; E. Fischer- Krückeberg, J. C., 
Diss. Bin 1919, maschr., daraus gedruckt: J. C. u. d. 
Kirchenlied d. 17. Jh., MGkK XXXIV, 1929; dies., 
J. C als Musiktheoretiker, ZfMw XII, 1929/30; 
dies.» Zur Gesch. d. reformierten Gesangbücher d. 
Berliner Kantors I. C.» Jb. f. Brandenb. Kirchengesch. 

XXV, 1930; dies., J. C.s Praxis pietatis melica, ebenda 

XXVI, 1931; dies., 3 weltliche Lieder v. J. C., ZfMw 
XIE, 1930/31 ; dies., J.C.S Choralbearbeitungen, ZfMw 
XIV, 1931/32; O. Brodde, J. C., = Welt d. Gesang- 
buchs XIII, Lpz. (1936). 

Crusell, Bernhard Henrik, * 15. 10. 1775 zu 
Nystad (Finnland), f 28. 7. 1838 zu Stockholm; 
fi nn ischer Klarinettist, kam 1791 nach Stockholm 

Hofkapelle. 1798 studierte «noch bei Rausch 
in Berlin Klarinette, 1803 am Pariser Conser- 
vatoire bei Lefcvre Klarinette und bei Gossec 
Komposition. C. schrieb die Oper Den lilla 
slafviman (Stockholm 1824), 12 Lieder aus Tegn&s 
Fnthjofs saga, Klarinettenkonzerte und Kammer- 
musik mit Bläsern. Seine handschriftliche Auto- 
biographie wird von der Königlichen Bibliothek 
in Stockholm verwahrt. 

LiL: Brev frän B. C., hrsg. v. D. Fryklund, Sunds- 
vall 1918; ders., Nägra brev frän B. C., in: STMf 
XXXI, 1949; E. Sundström, Tv& brev frän P. Frigel 
tili B. C., STMf II, 1920; T. Norlind, Ett brev frän 
C. tül Peters* förlag, STMf VII, 1925; M. Ehren- 
ström, Notices sur la littärature et les beaux-arts en 
Suäde, 1826, darin Auszüge d. Autobiogr.; F. Cron- 
hamn, En tonskald . . Svensk musiktidning VII, 
1887; H. Winter, B. H. C. 1 50-vuotismuisto, Hel- 
sinki 1925; T. Haapanen, B. H. C., Vär säng XIV, 
1941. 


Crusius, — 1) Otto, * 20. 12. 1857 zu Hannover, 

] [ 29. 12. 1918 zu München; deutscher Altphilo- 
oge, komponierte einige Lieder und schrieb: Zur 
Nomosfrage (Wochenschrift für klassische Philo- 
logie: II, 1885, Nr 41; IV, 1887, Nr 46; VI, 1889, 
Nr 41); Über die Nomosfrage (Verhandlungen 
der 39. Philologenversammlung Zürich, Leip- 
zig 1888); Ein Liedeifragment auf einer antiken 
Statuenbasis (Philologus L, 1891); Zu neuentdeck- 
ten antiken Musikresten (Philologus LH, 1893); 
Die delphischen Hymnen (Göttingen 1894). Heraus- 
geber des 2. Bandes der Philologica Nietzsches 
(Band XVm, Leipzig 1912), der »Unveröffent- 
lichtes zur Litteraturgeschidite, Rhetorik und 
Rhythmik« enthält. Dieser Band gibt ein ein- 
drucksvolles Bild von Nietzsches wissenschaft- 
licher Arbeit und dem Verhältnis zwischen Nietz- 
sches Lebenswerk und seiner Basler Vorlesungs- 
tatigkeit (1869-75) mit vielen wertvollen Gesichts- 
punkten zur musikalischen Rhythmik. - 2) Otto 
Eduard, * 1. 4. 1892 zu Tübingen, Sohn von Otto 
C.; deutscher Komponist, studierte in München 
1912-14 bei Stoebcr, 1919^-20 bei Gcierhaas, dann 
noch an der Akademie der Tonkunst bei Cour- 
voisier und v. Waltershausen. Crusius lebte als 
Musiklehrer in München. Er schrieb: 200 Lieder 


und viele Chöre auf Texte von Angelus Silesius, 
Dauthendey, Hölderlin, Isolde Kurz, Morgen- 
stern, Schaukal; 4 Schaumielmusiken, Klavier- 
sonate (1919), Atonale Klaviersonatine (1926), 
Cembalosonate (1927), Chaconne für Cemb. 
(1928), Suite für Ob., Hom und Streichorch. 
(1928), Lobgesang des Heiligen Franziskus für 
Mannerchor und Org. (1929) ; Der Baum des Le- 
bens für gern. Chor (1929), Symphonie (1941), 
Höten-Konzertino (1942), Triptychon für Sing- 
stimme und Orch. (1943), Sieben Morgenmusiken 
für KL (1950), Klaviersonate (1951). 


Lit zu 1): R. Pfeiffer in: Deutsches Biogr. Jb., Über- 
leitungs-Bd II f. 1917-1920, Stuttgart 1928. 


Cruz (kraOL Agostinho da, * 1595 zu Braga; 
portugiesischer Komponist, lebte ab 1606 im Klo- 
ster Santa Cruz in Coimbra, später im Kloster San 
Vicente de Fora in Lissabon. Dort erschien 1639 
eine Violinschule von ihm: Lyra de Arco , ou Arte 
de tanger Rabeca ; ferner eine Arte de OrgSo (1632). 

Ausg.: ein Orgelstück in: Süva Ibärica, hrsg. v. M. S. 
Kästner, Mainz (1954). 

Lit: S. Kästner, Contribuciön al estudio de la 
müsica Espaftola y Portuguesa, Lissabon 1941 ; ders., 
Tres libros desconoddos con müsica orgänica . . ., 
Barcelona 1946; ders., CSeixas, Coimbra 1947. 


Cruz (kru0), Ivo, * 19. 5. 1901 zu Corumba (Bra- 
silien); portugiesischer Komponist, studierte in 
Lissabon Jurisprudenz und Musik, gründete 1923 
die Zeitschrift Renasdmento Musical , ging (1924-29) 
zu weiteren Musikstudien nach München und 
Leipzig und gründete nach seiner Rückkehr den 
Chorverein »Duarte Lobo« in Lissabon, ferner 1936 
ein Orchester, aus dem die Orquestra Filarmonica 
entstand, sowie 1951 die Konzerte »Pro Arte«. Zu- 
gleich ist Cr. Präsident des Sindicato national de 
musicos und seit 1938 Direktor des Lissabonner 


Konservatoriums. In seinen Kompositionen knüpft 
er an die altpoitugiesische Tradition an, die er 
auch mit vielen Aufführungen und Bearbeitungen 
älterer Werke neu belebt. Cr. schrieb: Sinfonla de 


354 



Cui 


Amadis, Tondichtung Motivos usitanos und Buc6- 
licas für Orch.; 2 Klavierkonzerte: Lisboa und 
Coimbra; Ballett Pastorat, Kammermusik; Lieder 
und Gesänge; ferner zahlreiche Aufsätze. 

Cserm&k (tf'ermaik), Antal György (Anton), 
* 1774 (oder 1771) in Böhmen, + 25. 10. 1822 zu 
Veszpr&n (Ungarn) ; ungarischer Violinist, nannte 
sich zuweilen Edler von Luid und Rohan und 
wurde für einen natürlichen Sohn des Grafen 
Dldszhäzy gehalten. Er trat zuerst in Wien und 
Preßburg auf und war um 1795 Konzertmeister 
am ungarischen Theater in Pest; Cs., Bihari und 
Lavotta sind die Hauptmeister der Verbunkos- 
Musik, die für die 1. Hälfte des 19. Jh. die Vor- 
stellung von »ungarischer« Musik bestimmt; von 
ihnen besaß Cs. die beste »westliche« Ausbildung 
und wurde als Virtuose hoch geschätzt; dafür zei- 
gen seine Kompositionen jedoch weniger Eigen- 
tümlichkeit. 

Lit. : F. Liszt, Des Bohemiens et de leur musique . . ., 
Paris 1859, deutsche Übers, v. P. Cornelius, Pest 
1861, deutsche Übers, v. L. Ramann als Liszt’s ge- 
sammelte Schriften VI, Lpz. 1883; E. Major, Adatok 
a verbunkos törfenetöhez (Beitr. zur Gesch. d. Ver- 
bunkos), Muzsika I, 1929; B. Szabolcsi, A XIX. 
szäzad magyar romantikus zendje (Ungarische ro- 
mantische Musik d. 19. Jh.), Budapest 1951. 

Cuclin, Dimitrie, * 5. 4. 1885 zu Galatz; rumä- 
nischer Komponist, studierte zunächst am Konser- 
vatorium in Bukarest, dann in Paris Komposition 
bei Widor am Conservatoire und bei d’Indy an der 
Schola Cantorum. 1922-30 war er in New York 
als Musiklehrer tätig, ging dann, jedoch wieder 
nach Bukarest zurück, wo er Professor am Kon- 
servatorium wurde. Er schrieb 4 Opern: Soria, 
Agamemnon , Trojan und Bellerophon ; eine Sym- 
phonie, Ouvertüre mit Chor, symphonisches 
Scherzo, ein Klaviertrio, Violin- und Cellosonaten 
und -suiten, Klavierwerke und Lieder. 

Cucuel (kükü'd), Georges, * 14. 12. 1884 zu 
Dijon, t 28- 10- 1918 zu Grenoble; französischer 
Musikforscher, Schüler Rollands an der Sorbonne 
in Paris, promovierte 1913 mit der Arbeit La 
Pouplinike et la musique de chambre au XVIII 4 sikle 
zum Docteur bs lettres und ging 1914 mit Staats- 
subvention zu musikwissenschaftlichen Studien 
nach Italien. Außer kleineren Aufsätzen schrieb er: 
La vie parisienne des princes de Wurtemberg-Mont- 
biliard (1912), £tude sur m orchestre au XVUI 4 sihcle 
(Paris 1913), Les criateurs de Vopha-comique frangais 
(Paris 1914) und Sources et documents pour servir ä 
Vhistoire de Vopdra-comique en France (in : Les maitres 
de la musique, Paris 1914). 
lit: L. de La Laurencie, G. C., in: BulL de la Soc. 
fr$. de Musicologie 1919* 

Cudworth (k'Adwce:ö), Charles L., *30.10. 
1908 zu Cambridge; englischer Musikforscher, 
trat 1943 in die Musikabteilung der Universitäts- 
Bibliothek Cambridge ein und wurde 1946 Leiter 
von deren Pendlebury Library of Music. Seine 
musikgeschichtlichen Schriften und Ausgaben die- 
nen vornehmlich der Erforschung des 18. Jh. C. 
schrieb: J. Hook (Norwich 1946), The Instrumental 
Works of Pergolesi (ML XXX, 1949), The English 
Symphonists of the 18th Century (Pro c. R. Mus. Ass. 
LXXVm, 1951/52), Pergolesi , Ricdotti and the 
Count ofBentinck (Kgr.-Ber. Utrecht 1952), Berlioz 


and Wiertz (RBM VI, 1952), The English Organ 
Concerto (The Score VRI, 1953), Some New Facts 
about the Trumpet Vohmtary (The Musical Times 
XCIV, 1953), An Essay by J. Marsh (ML XXXVI, 
1955). 

Cuenod (kvan'o), Hugues, * 26. 6. 1902 zu Ve- 
vey; Schweizer Sänger (Tenor), lebt in La Tour de 
Peilz (Waadtland). Die Stationen seines Ausbil- 
dungsganges zum Opern- und Konzertsänger 
waren Lausanne (Institut Ribaupierre), Basel und 
Genf (Konservatorien) und Wien (Singer-Beirian). 
1928/29 als Debütant in Paris und New York, 1930 
bis 1933 in Genf, 1934-37 in Paris bei Bühne und 
Rundfunk, unternahm er 1937-39 mit N. Bou- 
langer eine Konzertreise durch die USA. 1940-46 
war er Lehrer am Genfer Konservatorium und 
tritt seitdem auf Gastspielreisen in den Haupt- 
städten Europas und Nordamerikas, bei den Rund- 
funkanstalten und an den großen Festspielplätzen 
auf. 

Cui (kü'i), Cdsar Antonowitsch, * 18. 1. 1835 zu 
Wilna, f 24. 3. 1918 zu Petrograd; russischer Kom- 
ponist und Musikschriftsteller, war der Sohn eines 
französischen Offiziers, der nach 1812 als Sprach- 
lehrer in Wilna geblieben war, und einer Li- 
tauerin. Während seiner Schulzeit in Wilna erhielt 
C. Musikunterricht bei Moniuszko. 1850-57 be- 
suchte er die Ingenieurschule in St. Petersburg, 
an der er später über das Befestigungswesen las; 
seine Schriften auf diesem Gebiet fanden weit- 
hin Anerkennung. 1856 wurde er mit Balakirew 
bekannt, unter dessen Anleitung er nun, wie in den 
folgenden Jahren auch Borodm, Mussorgskij und 
Rimskij-Korsakow (das »Mächtige Häuffein«), ar- 
beitete. In diesem Kreise wurden Anregungen von 
Chopin, Schumann, Berlioz, Liszt und Glinka 
wirksam. Dazu trat für C. bestimmend der Ein- 
fluß Dargomy schskij s. Um diese Zeit begann C.s 
kompositorisches Schaffen (von einigen Frühr- 
werken abgesehen), das jedoch an Bedeutung hin- 
ter dem der anderen Mitglieder des »Mächtigen 
Häufleins« zurücksteht. Ab 1864 schrieb er auch 
Berichte für russische, belgische und französische 
Blätter.Werke: Kawkasskij plenntk (»DerGefangene 
im Kaukasus«, Text von V. A. Krylow nach 
Puschkin, 1857-82, aufgeführt 1883); Syn manda s- 
rina (»Der Sohn des Mandarins«, 1859); William 
Ratcliff (zum großen Teil Vertonung des Wort- 
lauts der Übersetzung der Heineschen Tragödie, 
1869), Angela (nach Victor Hugo, 1876), Le Fli- 
bustier (Paris 1894), Sarazin (»Der Sarazene«, nach 
Charles VII von A. Dumas Vater, 1899), Pir wo 
wremja kumy (»Das Gelage zur Zeit der Pest«, Ver- 
tonung von Puschkins Drama, 1901), Mam zelle 
Fifi (nach Maupassant, 1903), Matteo Falcone (nach 
M6nm6e, 1907), Kapitanskaja dotschka (Die Haupt- 
mannstochter, nach Puschkin, 1911), 3 Märchen- 
opern für Kinder (1904-11). Ferner Petite Suite für 
V. und KL op. 14; Klaviersuite op. 21 ; Violin- und 
Klavierstücke, zum Teil orchestriert; 4 Orchester- 
suiten op. 20, 38, 40 und 43; Suite concertante für V. 
und Orch. op. 25; Streichquartett op. 45; viele 
Lieder sowie Chöre a cappella. Literarische Werke: 
La musique en Russie (Paris 1880); Russkij romans 
(»Das russische Lied«, St. Petersburg 1896); Mu- 
sykcdnokrititscheskije statt I (Musikkritische Auf- 
sätze, Petrograd 1918). 


23* 


355 



Culp 


Ausg. : NA Izbrannye statt (Ausgew. Aufsätze), hrsg. 
v. L L. Gusin, Leningrad 1952. 

Lit: C. C., Izbrannye pisma (ausgewählte Briefe), 
hrsg. v. I. L. Gusin, Leningrad 1955; N. Findeisen, 
Bibiiogr. Verz. d. musikalischen Werke u. kritischen 
Aufsätze v. C. A. C. (russisch), Moskau 1894. - Com- 
tesse de Mercy-Argenteau, C. C., Paris 1888; A. P. 
Koptjajew, C. A. C. als Klavierkomponist (russisch). 
St Petersburg 1895; P. P. Weimarn, C. A. C. als 
Liederkomponist (russisch). St. Petersburg 1897; M. 
D. Calvocoressi u. G. Abraham, Masters of Rus- 
sian Music, London 1936. 

Culp, Julia Bertha, * 6. 10. 1880 zu Groningen; 
niederländische Konzertsängerin (Mezzosopran), 
studierte bei C. van Zanten am Amsterdamer 
Konservatorium und dann bei E. Gerster in Berlin. 
Ab 1900 reiste sie als Lieder- und Oratorien- 
sängerin in Europa und Amerika, bis 1913 mit E. 
T. Wolff als Begleiter, und gab 1919 ihre künst- 
lerische Laufbalm auf. Sie lebt seit 1938 in Amster- 
dam. 

Cumberland (k'Ambolaend), Gerald, eigentlich 
C. F. Kenyon, * 7. 5. 1881 zu Ecdes, f 14. 6. 1926 
zu Southsea; englischer Musikkritiker, Verfasser 
der Bücher Set Down in Malice (1918), Written in 
Friendship (1923), Imaginary Conversations with Great 
Composers (London 1924). 

Cnmmings (k'aimgz), William Hayman, * 22. 
8. 1831 zu Sidbury (Devonshire), f 6. 6. 1915 zu 
London; englischer Sänger (Tenor), Musikforscher 
und Komponist, war Sängerknabe an St. Paul’s 
Cathedra! in London, dann an der Temple 
Church, wurde 1847 Organist an Waltham Abbey, 
sang später an Temple Church, Westminster 
Abbey und in der Chapel Royal. 1879-96 war ex 
Gesanglehrer an der Royal Academy of Music. 
1882 wurde er Chormeister, 1886 Dirigent der 
Sacred Harmonie Society, daneben Orchester- 
dirigent der Philharmonie Society (1892-96) und 
1896-1911 Direktor der Guüdhall School of Music. 
C. komponierte Chorwerke und Lieder, edierte 
3 Bände der Purcdl-Gesamtausgabe und schrieb: 
Purcett (London 1881), Biographical Dictionary of 
Musicians (London und New York 1892, 21934, 
bearbeitet von W. G. McNaught); God Save the 
King (London 1902); Handel (London 1904); Dr. 
Arne (London 1912). Seine reiche Bibliothek wurde 
zum Teil von der Nanki Musikbibliothek, Tokio, 
zum Teil von der Library of Congress, Washing- 
ton, gekauft 

CundeÜ (k'Andd), Edric, * 29. 1. 1893 zu Lon- 
don; englischer Dirigent und Komponist, begann 
als Hornist und war Orchestermitglied an Covent 
Garden in der Opemsaison 1912, dan-n Klavier- 
schüler am Trinity College of Music, dem er ab 
1919 als Lehrer angehörte. 1920 wurde er Dirigent 
der Westminster Orchestra Society, 1924 Dirigent 
der Stock Exchange Orchestra Society. 1937 wurde 
er nach Glyndeboume berufen, 1938 als Direktor 
der Guüdhall School of Music nach London. 
Nachdem er schon seit 1936 mit dem von ihm ge- 
gründeten Edric Cundell Chamber Orchestra auf- 
getreten war, leitete er seit 1945 in zahlreichen 
Aufführungen die großen englischen Orchester. 
Werke: Symphonie Cmoll op. 21; Suite für 
Streichorch.; Orchestersuite For a Comedy ; sym- 
phonische Dichtungen Serbia (1919) und The 


Tragedy ofDeirdre op. 17 (1922); Hymn to Provi - 
dence für Chor und Orch. ; Sonnet fürT. und Orch. 
Our Dead ; Klavierkonzert; Klavierquartett op. 15 
(1922); Streichquartette; Rhapsodie für Va und 
Kl. op. 19; Streichsextett op. 20; ein Sextett für 
3 vokale und 3 instrumentale St.; Valse Fan - 
tasque für Kl. op. 16 (1922); The Water Babies 
(2 Teile, Klavierstücke für Kinder); Variationen 
über ein Thema von Bach für KL und viele Lieder. 

Cupis (küp'i), - 1) Francois (C. de Camargo), 
* 10. 3. 1719 zu Brüssel, t um 1764 zu Paris; bel- 
gischer Komponist, 1741 Violinist der Großen 
Oper in Paris, Bruder der Tänzerin Maria Anna 
de C. de Camargo (* 15. 4. 1710 zu Brüssd), gab 
1734-38 3 Bücher Violinsonaten mit B.c. heraus. 
-2) Jean-Baptiste, * um 1741 zu Paris, fnach 
1794; französikher Cellist und Komponist, Sohn 
des vorigen, Schüler von Berteau, gehörte dem 
Orchester der Pariser Großen Oper an, bis er ab 
1771 auf Konzertreisen ging. Er gab eine Cello- 
und eine Bratschenschule, 2 Bücher Cello-Sonaten 
und Solostücke für Cello heraus. - 3) Jean-Bap- 
tiste, getauft 23. 11. 1711 zu Brüssel, f 30. 4. 1788 
zu Montreuil; belgischer Violinist und Kompo- 
nist, Bruder von Frangois C., trat 1738 im Concert 
Spiritud auf. Werke: 2 Bücher Violinsonaten mit 
B.c., 3 4st. Symphonies und Bearbeitungen von 
Stücken verschiedener Komponisten für Vc. 

Lit. zu J.-B. C. (1711-88): L. de La Laurencib, 
L’dcole frangaise de violon n, Paris 1923. 

Cursch-Bühren , Franz Theodor, * 10. 1. 1859 
zu Troppau, + 3- 11. 1908 zu Leipzig; deutscher 
Komponist, ließ sich nach einer Kapellmeister- 
tätigkeit in Leipzig als Redakteur und Musikrefe- 
rent nieder. Außer Kompositionen für Orchester 
(Maggiolata für Streichorch.), Klavierstücken und 
Mannerchören sind seine Singspide Das Rosel vom 
Schwarzwald, Ein Tag im Pensionat , Die Wilddiebe , 
Die Schmiede im Walde , Ein Studentenstreich und 
E moll-As (Satire auf R. Strauss* Salome) bekannt 
geworden. 

Curschmann, Karl Friedrich, * 21. 6. 1805 zu 
Berlin, f 24. 8. 1841 zu Langfuhr bei Danzig; stu- 
dierte anfangs Jura, ging aber schon 1825 zur Mu- 
sik über und wurde in Kassd Schüler von Haupt- 
mann und Spohr. 1828 wurde in Kassd seine ein- 
aktige Oper Abdul undErimieh aufgeführt. Von da 
an lebte C. in Berlin als Liederkomponist; seine 
Lieder (eine Gesamtausgabe erschien 1871 in Ber- 
lin) stehen ungefähr auf gleicher Stufe mit denen 
Abts und waren sehr populär. 

Lit: G. Meissner, K. F. C., Dis s. Leipzig 1899; H. 
Rosenwald, Das deutsche Lied zwischen Schubert 
u. Schumann, Diss. Heiddberg 1929; D. Cursch- 
mann-Undenheim, Das Geschlecht C., Oppenheim/ 
Rhein 1937. 

Curti, Franz, * 16. 11. 1854 zu Kassd, f 6. 2. 1898 
zu Dresden; Schweizer Opemkomponist, stu- 
dierte zuerst in Berlin und Genf Medizin, ließ sich 
1880 in Dresden als Zahnarzt nieder und war dort 
Schüler von Edm. Kretschmer und Schulz- 
Beuthen. C. schrieb die Opern Hertha (Altenburg 
1887), Reinhard von Ufenau (Zürich 1889), Erlöst 
(Mannheim, 1894), Lili Tsee (Mannheim 1896) und 
Das Rösli von Säntis (Zürich 1898), eine Musik zu 
W. Kirchbachs Bühnenmärchen Die letzten Men- 


356 



Cusins 


schert (Dresden 1891 im Konzert), eine Kantate 
Die Gletscherjungfrau (1882), Mannerchöre, Lieder 
und Orchesterwerke. 

Lit.: H. Jelmou, F. C., 97. Neujahrsblatt d. Allgem. 
Musikges. in Zürich, 1909. 

Curtis (k'certis), Marie Louise (Mrs. Edward 
Bok), * 6. 8. 1876 zu Boston (Massachusetts); ame- 
rikanische Musikliebhaberin, stiftete 1924 das Cur- 
tis Institute of Music in Philadelphia, dem sie seit- 
her jpräsidiert. Sinn dieser Stiftung ist es, begabten 
Munkstudenten ein freies Studium bei ausgesucht 
guten Lehrkräften zu ermöglichen. Dem Lehr- 
körper dieses Instituts gehörten u. a. E. Zimbalist, 
C. Flesch, L. Auer, M. Rosenthal und M. Sembrich 
an, sein Orchester wurde u. a. von L. Stokowski, 
A. Rodzinski und F. Reiner geleitet. 

Curtis (k'certis), Natalie (Mrs. Paul Burlin), 
* 26. 4. 1875 zu New York, f 23. 10. 1921 zu 
Paris; amerikanische Pianistin und Musikschrift- 
stellerin, studierte die Musik der In dian er und 
Neger und veröffentlichte 1907 ein Indians 9 Book , 
eine Sammlung von 200 Gesängen von 18 Stäm- 
men. Andere werke: Songs of Ancient America 
(1905); Negro Folk-Songs, 4 Folgen (1919-20); 
Songs and Talks jrom the Dark Continent (1920). 1917 
heiratete sie den Maler Paul Burlin. 

Curwen (k'oe:wan), John, * 14.11.1816 zu 
Heckmondwike (Y orkshire), j* 26- 5. 1880 zu 
Manchester; amerikanischer N onkonf onnisten- 
prediger, kam auf seine Methode des Singunter- 
richts - der Tonic Solfa-Methode, deren Begrün- 
der (wenn auch nicht Erfinder) er ist - durch den 
Beschluß einer Konferenz der Sonntagsschullehrer 
1841 in HulL 1843 erschien sein Grammeer of Vocal 
Music , 1853 gründete er die Tonic Solfa-Gesell- 
schaft, 1863 die Tonic-Sol-Fa Agency (den späteren 
Verlag J. Curwen & Sons) und 1879 das Tonic 
Solfa-College. Bereits 1864 gab er sein Prediger- 
amt auf und widmete sich der Ausbildung seiner 
Methode. Von seinen Unterrichtswerken sind 
noch anzuführen: The Standard Course of Lessons 
and Exercises on the Tonic Solfa Method (1861, 
21872); Musical Statics (1874; 1906); The Teacher 9 s 
Manual . . . (1875) ; How to Observe Harmony (1861, 
2 1875); Tonic Solfa-Primer (bei Novello); Musical 
Theory (1879). Auch gab er ab 1851 eine Monats- 
schrift heraus (The 'Tonic Solfa Reporter) und ver- 
öffentlichte viele klassische Werke (Oratorien 
usw.) in Tonic Solfa-Notierung. - Auch sein Sohn 
John Spencer C., * 30. 9. 1847 zu Plaistow, j* 6. 
8. 1916 zu London, schrieb mehr eres über die 
Tonic Solfa-Methode sowie eine Biographie seines 
Vaters (Memorials of John C., 1882) ; er war ab 
1866 Herausgeber des Musical Herald. Inhaber des 
Verlags war 1920 bis zu seinem Tode (25. 2. 1935) 
dessen Sohn John Kenneth C. 

Lit.: K. Mollowitz, Über d. Musikerziehung bei 
Ann Glover und J. C, Diss. Königsberg 1933 ; H. W. 
Shaw, The Musical Teaching of J. C., in: Proc. R. 
Mus. Ass. LXXVH, 1950. 

Curwen, J. & Sons, Ltd. (k'ce:won), englischer 
Verlag, gegründet 1863 von John (->) C. in Lon- 
don, dem 1881 John Spencer C., und 1916 Kenneth 
C. nachfolgte. Ursprüngliche Absicht des Verlags 
war, Musik in Tonic Solfa-Notation zu veröffent- 
lichen. Spencer C. dehnte sie nach der Seite der 
Choral- und pädagogischen Musik aus, die Ken- 


neth C. weiterpflegte, aber um die Förderung des 
Schaffens der jüngsten englischen Komponisten- 
generation bereicherte. Die Firma gibt zwei Zeit- 
schriften heraus: die Wochen- (seit 1927 Monats-) 
schrift Musical News and Herald und die Monats- 
schrift The Sackbut Der Verlag wurde 1897 in eine 
Aktiengesellschaft umgewandelt und nahm im 
Januar 1924 die Firma F. &B. Goodwin in sich 
auf. 

Curzon (k'ce:d»n), Clifford, * 18.5. 1907 zu 
London; englischer Pianist, lebt in London. Er trat 
1919 in die Royal Academy of Music in London 
ein, erwarb die McFarren Goldmedaille für Kla- 
vier und debütierte mit 16 Jahren als Bachspieler 
in den Queen’s Hall Promenade Concerts. 1928 
zog er für 2 Jahre zu A. Schnabel nach Berlin und 
arbeitete anschließend auch noch in Paris bei W. 
Landowska und N. Boulanger. 1932 legte er seine 
Klavierprofessur an der Londoner Akademie nie- 
der, um sich ganz dem Konzertieren zu widmen. 
1936-38 bereiste er unter den Auspizien des 
British Council Europa. Seitdem wirkt er als stän- 
diger Solist bei den prominenten Konzertgesell- 
schaften in England und bei den bedeutendsten 
Festspielen in ganz Europa mit. Beim Festival of 
Britain brachte er 1951 das Klavierkonzert von 
Rawsthome zur Uraufführung. Seit 1952 bildet er 
mit Szigeti, Primrose und Foumier das Edinburgh 
Festival Piano Quartet. In dem Jahrzehnt von 1948 
bis 1957 unternahm er acht Kontinentaltoumeen 
durch die USA. 

de Curzon (kürz'o), Emmanuel Henri Parent, 
*6.7. 1861 zu Le Havre, f 25.2. 1942 zu Paris; 
französischer Musikforscher, Kritiker, Sohn des 
Malers Alfred de C., Docteur bs Lettres, 1882-1926 
Archivar der Archives Nationales in Paris, Musik- 
kritiker der Gazette de France (ab 1889), Mit- 
arbeiter des Guide musical und der Revue inter- 
nationale de musique. Von seinen Arbeiten sind 
hervorzuheben: La ligende de Sigurd dans TEdda; 
V optra de E. Reyer (Paris 1890); Musiciens du ternps 
passt (Paris 1893 ; über Weber, Mozart, Mehul und 
E. T. A. Hoffinann) und Croquis d 9 artistes (Paris 
1898); Les demibes anntes de Piccini ä Paris (Paris 
1890); Biographie critique de Franz Schubert (Revue 
des dtudes historiques 1899); Les Lieder de Schubert 
(Paris 1899); tiat sommedre des pihes et documents 
concemant Je thtdtre et la musique, conservts aux 
Archives Nationales (1899); Revue critique des 
ouvrages relatifs ä W. A. Mozart (Paris 1906) und 
A. E. M. Grttry (Paris 1907, in Musiciens cflebres) ; 
Meyerbeer (Paris 1910, in Musiciens cdlöbres); Mo- 
zart und Rossini (1914 und 1920, in Maitres de la 
musique) ; Reyer (Paris 1923) ; Elleviou (Paris 1930) ; 
Mozart (Paris 1938). Auch übersetzte er Briefe 
Mozarts (1888, Nachlese 1898; neue Ausgabe 
Paris 1928), Hofimanns Phantasiestücke in Callots 
Manier und eine Auswahl von Schumanns Schrif- 
ten ins Französische. Eine große Anzahl von Stu- 
dien erschien in Zeitschriften, vor allem im Guide 
Musical. 

Lit: N. Dufourcq, in: BibL de l’Ecole des Chartes 
1945/46, S. 159 ff. 

Cusanino -»■ CarestinL 

Cusins (kj'u:zanz), (Sir) William George, * 14. 
10. 1833 zu London, f 31. 8. 1893 zu Remon- 


357 



Cuypers 


champs (Ardennen); englischer Komponist, 1844 
Schüler von Feds am Conservatoire in Brüssel, 
wurde 1849 zum Hoforganisten der Königin er- 
nannt, trat zugleich als Violinist ins Orchester der 
Königlichen Oper ein und war ab 1851 Lehrer an 
der Royal Academy o£ Music. Als Nachfolger 
Bennerts war er 1867-83 Dirigent der Harmonie 
Sodetv, 1870 Master of the music to the Queen. 
1892 wurde er geadelt (Sir). C. war Mitarbeiter an 
Groves Musiklexikon. Er ist auch in Deutschland 
(Leipzig, Berlin) als Klaviervirtuose aufgetreten. 
Als Komponist hat er sich betätigt mit einer Sere- 
nade zur Hochzeitsfeier des Prinzen von Wales 
(1863), einem Oratorium Gideon (1871), Te Deum 
(1882), Symphonie (1892), 2 Ouvertüren, einem 
Klavierkonzert, einem Violinkonzert und Kam- 
mermusik. 

Cuypers (k'oipers), Hubert, * 26. 12. 1873 zu 
Baexem bei Roermond (Holland); holländischer 
Komponist, Schüler von Zweers, schrieb Kirchen- 
musik- und Orchesterwerke und wurde bekannt 
durch seine Melodramen Die Wallfahrt nach Keve- 
laer und Das klagende Lied. 

Cuzzpni, Francesca, * 1700 zu Parma, f 1770 
zu Bologna; italienische Sängerin (Alt), Schülerin 
von Lanzi, debütierte 1716 in Bassanis Alarico, 
sang 1722-26 in London mit großem Erfolg unter 
Händel, überwarf sich aber mit ihm und wurde 
durch Faustina -> Bordoni ersetzt. Ein Jahr lang 
rivalisierten die beiden Sängerinnen in der ernste- 
sten Weise, die C. am Theater der Gegner Handels. 
1727 vermählte sie sich mit dem Klaviervirtuosen 
und Komponisten Sandoni und nahm ein Engage- 
ment nach Wien an, ist 1740 in Mingottis Opem- 
truppe nachweisbar. 1748 versuchte sie vergeblich 
in London wieder Fuß zu fassen und starb schließ- 
lich gänzlich ver arm t in Italien. 

Lit: M. Högg, Die Gesangskunst d. F. Hasse u. 
<L Sängerinnenwesen ihrer Zeit, Diss. Bin 1931; 
O. E. Deutsch, Handel, A Documentary Biogr., 
London 1955. 

Czapek (tj'apek), Joseph, * 9. 3. 1825 zu Prag, 
t im Juli 1915 zu Göteborg; tschechischer Kompo- 
nist, Schüler des Prager Konservatoriums, blieb auf 
einer Konzertreise 1847 in Göteborg und wirkte 
dort über 50 Jahre als Organist und Dirigent. Er 
komponierte Symphonien, Messen, Kantaten (Das 
Weltgericht) und wurde 1857 in die schwedische 
Akademie gewählt. 

Lit.: Svensk musiktidning 1886 u. 1905; W. Berg, 
Bidrag tili musikens historia i. Göteborg 1754-1892, 
2 Bde, Göteborg 1914. 

Czapek -»■ Hatton. 

Czarniawski (tjamj'avski), Cornelius, * 30.3. 
1888 zu Czemowitz (Bukowina); deutscher Kom- 
ponist, Schüler des Wiener Konservatoriums und 
Leschetizkys, zeitweilig dessen Assistent, wirkte in 
Wiesbaden 1913-19 als Klavierlehrer am Spangen- 
bergschen Konservatorium, seitdem als freier kon- 
zertierender Künstler und Komponist. Werke: 
Symphonien Fis moil op. 6 und E moQ für Soli, 
Chor, Orch. und Org. op. 31; Symphonische 
Legende nach Gogol’s Zauberer op. 32 und Kam- 
mermusik mit KL 

Czarth Tzarth. 


Czartoryska (tjartor'iska), Marcelline, gebo- 
rene Prinzessin Radziwill, * 18. 5. 1817 zu Wien, 
f 8. 6. 1894 auf ihrem Schloß bei Krakau; pol- 
nische Pianistin, Schülerin Czernys und Chopins, 
lebte ab 1848 in Paris. 

Czemohorsk& Bohuslav Cernohorsk^. 

Czerny (tf'srai), Carl, * 20. 2. 1791 und *j* 15. 7. 
1857 zu Wien; Sohn und Schüler eines tüchtigen 
Pianisten und Klavierlehrers, Wenzel Cz., genoß 
auch 1801-03 Beethovens Unterricht und ent- 
wickelte sich so schnell zum Klavierpädagogen, 
daß er bereits mit 15 Jahren ein gesuchter Lehrer 
war und 1816-18 auch Beethovens Neffen Karl 
unterrichtete. Otto Jahns Nachlaß (in der Berliner 
Bibliothek) enthält Mitteilungen Cz.s über Beet- 
hoven, welche Thayers Beethovenbiographie be- 
nutzt hat. Mit Ausnahme einiger kurzer Reisen, 
so nach Leipzig, Paris, London, hat Cz. immer in 
Wien als Lehrer gelebt und als Komponist über- 
wiegend instruktive Werke geschrieben. Der Er- 
folg seiner Lehrtätigkeit war ein außerordentlicher: 
Liszt, Döhler, Theod. Kullak, Frau von Belleville- 
Oury, Jaell gehörten zu seinen Schülern. Die Zahl 
der Werke Cz.s übersteigt 1000, darunter eine 
große Anzahl Kirchenmusiken, Orchesterkompo- 
sitionen und Kammermusikwerke. Einen Katalog 
von op. 1-798 enthält seine Vollständige theore- 
tisch-praktische Kompositionslehre op. 600. Eine 
dauernde Bedeutung gewannen aber nur seine 
Klavier-Etüdenwerke, besonders 160 achttaktige 
Übungen op. 821, 100 Übungsstücke op. 139; Vor- 
schule der Fingerfertigkeit op. 636, Schule der Ge- 
läufigkeit op. 299, Schule der Fingerfertigkeit op. 740, 
40 tägliche Studien op. 337, Schule des Virtuosen 
op. 365, Schule der linken Hand op. 399 und die 
Tokkata in C dur op. 92 sowie aucn die Schute des 
Legato und Stakkato op. 335, Schule der Verzierungen 
op. 335 und Schule des Fugenspiels op. 400. Bei 
Cocks & Co. erschien unter dem Titel Complete 
Theoretical and Practical Pianoforte School eine Ver- 
einigung von op. 299, 300, 335, 339, 400 und 500 
in 3 Bänden. Als Supplement der Vollständig theore- 
tisch practischen Pianoforte-Schule op. 500 erschien 
Die Kunst des Vortrags der älteren und neueren Klavier- 
kompositionen (um 1846). Die Etüden Cz.s dienen 
besonders der Entwicklung der Geläufigkeit und 
sind zumeist so angelegt, daß sie zu einem sehr 
schnellen Spiel förmlich zwingen (Harmonie- 
Wechsel in weiten Abständen, flüssigste Figuration 
mit Vermeidimg alles dessen, was die Auffassung 
erschwert). Ein Umriß der ganzen Musikgeschichte 
(Mainz 1851) erschien auch italienisch bei Ricordi. 
Lit : vgl. die Werkliste bei A. Prosnitz, Hdb d. Kla- 
vierlit 1450-1830, Lpz. u. Wien 2 1908; H. Steger, 
Beiträge zu Karl Cz.s Leben u. Schaffen, Diss. Mün- 
chen 1924; A Dreetz, Cz. u. Beethoven, Lpz. 1932; 
Cz.s Erinnerungen an Beethoven* hrsg. v. G. Schüne- 
mann, in: Neues Beethoven-Jb. IX, 1939; H. Soönik, 
Die zeitgenössische Überlieferung d. Beethoven-In- 
terpretation, AfMw XI, 1954; R. Haas, C. Cz., Musica 
XI, 1957; P. Egert, Die Klaviersonate im Zeitalter 
d. Romantik I, Bln-Johannisthal, Lpz. 1934. 

Czerny (tfemi), Joseph, * 17. 6. 1785 zu Hor- 
witz (Böhmen), t 7. 1. 1842 zu Wien; österreichi- 
scher Klavierpädagoge, kein näherer Verwandter 
von Carl Cz., war gleichfalls in Wien als Klavier- 
lehrer sehr angesehen und Nachfolger Carl Cz.s 


358 



H-rihnllfa 


als Lehrer von Beethovens Neffen KarL Seine be- 
rühmteste Schülerin ist Leopoldine -> Blahetka. 
Joseph C. wurde 1824 Partner des Musikverlags 
Cappi & Co. (1826 Cappi & Cz.) und führte den- 
selben 1828-32 allein (Firma: J. dz.), verkaufte ihn 
aber 1832 an Mathias Traussen. 

Czerny-Stefaäska (tj'smi-stsf'a : jnska), Halina, 
* 30. 12. 1922 zu Krakau; polnische Pianistin, war 
nach Unterricht bei ihrem Vater Schülerin von 
A. Cortot an der Ecole Normale in Paris, danach 
Schülerin des Warschauer Konservatoriums (J. 
Turczynski) und ab 1945 der Musikh ochschmc 
Krakau (Zb. Drzewiedri). 1949 erhielt sie (neben 
einer Russin) den 1. Preis im 4. Chopin-Wett- 
bewerb in Warschau und konzertiert seitdem in 
Polen, Ost- und Westeuropa. 

Czersky Tschirch. 


Czerveny ->■ Cerveny. 

Czerwinsld (tjerw'inski), Adalbert, deutscher 
Tanzlehrer, schrieb eine Geschichte der Tanzkunst 
(Leipzig 1862), Die Tänze des 16. Jh. und die alte 
französische Tanzschule vor Einführung des Menuett 
(Danzig 1878, mit deutscher Übersetzung von Tei- 
len von Arbeaus Orchisographie) und Brevier der 
Tanzkunst (Leipzig 1879). 

Cziak -> Schack. 

Czibulka (tf'ibülka), Alphons, * 14. 5. 1842 zu 
Szepes-ViraUya (Ungarn), f 27. 10. 1894 zu Wien; 
ungarischer Komponist, Armeekapellmeister in 
Wien, schrieb viel Tanzmusik und brachte 1884-93 
6 Operetten heraus (Pfingsten in Florenz 1884). 
Bekannt geblieben sind Stephanie-Gavotte und Lie- 
bestraum nach dem Ball 


359 



D 


Dadelsen, Georg von, * 17. 11. 1918 zu Dres- 
den; deutscher Musikforscher, studierte ab 1946 
Musikwissenschaft in Kiel (F. Blume) und Berlin 
(W. Vetter, W. Gerstenberg), wo er an der Freien 
Universität 1951 mit einer Dissertation über Alter 
Stil und alte Technik in der Musik des 19. Jahrhun- 
derts (maschinenschriftlich) promovierte. 1952 
wurde er Assistent am Musikwissenschaftlichen In- 
stitut der Universität Tübingen und habilitierte 
sich dort 1958 mit Beitragen zur Chronologie der 
Werke Johann Sebastian Bachs (ungedruckt). Ver- 
öffentlichungen : Bemerkungen zur Handschrift Joh. 
Seb. Bachs, seiner Familie und seines Kreises (= Tü- 
binger Bach-Studien I, Trossingen 1957); Robert 
Schumann und die Musik Bachs (AfMw XTV, 1957) ; 
gab in der Neuen Bach-Ausgabe (Serie V/4) Die 
Klavierbüchlein für Anna Magdalena Bach heraus. 

Daffher, Hugo, *2. 7. 1882 und f 1941 zu Mün- 
chen; deutscher Komponist, Schüler der Münche- 
ner Akademie, studierte Musikwissenschaft bei 
Sandberger und Kroyer und promovierte 1904 
zum Dr. phiL, war auch noch Privatschüler von 
Reger und Stavenhagen. Nach einer Tätigkeit als 
Musikreferent verschiedener Tageszeitungen pro- 
movierte er 1921 zum Dr. med. und lebte ab 1922 
in Berlin. 1914 gründete er die Deutsche Dantc- 
Gesdlschaft, deren Jahrbücher V-IX er herausgab. 
D. schrieb außer Kammermusik, symphonisdien 
Stucken, Liedern und Opern: Die Entwicklung des 
Klavierkonzerts bis Mozart (Leipzig 1908), Musik- 
wissenschaft und Universität (Leipzig 1910), Salome , 
ihre Gestalt in Geschichte und Kunst (München 1912), 
Francesca da Rimini in der Musik (1912) ; auch gab er 
Friedrich Nietzsches Randglossen zu Bizets Carmen 
(= Deutsche Musikbücherei, Band I, Regensburg 
1912) heraus. * 5 

Dagincour, Francois -^d’Agincourt. 

Dagues (dag), Pierre, * zu Montricoux (Tam- 
et-Garonne), *J* zu Genf; französischer Komponist, 
kam 1553 nach Genf und wurde dort 1556 Ge- 
sanglehrcr am Coltege de Rive und Kantor an 
Saint Pierre. 1568 erhielt er das Genfer Bürger- 
recht. Wahrscheinlich ist D. identisch mit dUm 
Maistre Pierre, der für die erste vollständige Aus- 
gabe des Genfer Psalters (1562) neue Melodien 
schrieb. 

Lit: G. Becker, La musique en Suisse, Genf 1874; 
O. Douen, CL Marot et le psautier huguenot, 2 Bde, 
Paris 1878-79; J.Lb Coultre, M. Cordier, Neuen- 
bürg 1926; A.-E. Cherbuuez, Gesch. d. Musikpäd- 
agogik in d. Schweiz, Zürich 1944; P.-A. Gaillard, 
L. Bourgeoys, Lausanne 1948. 

Dahl, Ingolf, * 9. 6. 1912 zu Hamburg; ameri- 
kanischer Komponist, Sohn schwedischer Ekern, 
studierte 1931/32 Musik an der Hochschule Köln, 
1932-36 am Konservatorium und der Universität 
Zürich, war dort 1934-38 Korrepetitor und Kapell- 

360 


meister am Stadttheater. Er wanderte in die USA 
aus, wirkte auf verschiedenen musikalischen Ge- 
bieten und lehrt seit 1945 an der University of 
Southern California in Los Angeles. D. schrieb 
hauptsächlich Instrumentalmusik : Concerto für Sa- 
xophon und Orch. (1949), Symphony Concertante 
für 2 KL und Orch. (1952), symphonische Legende 
(auch Ballett) The Tower of Saint Barbara (Louis- 
ville 1955), Music for Brass Instruments (Quintett) , 
Concerto a tre , Divertimento für Va und Kl., ein Kla- 
vierquartett und Klaviermusik. 

Dahl, Viking, * 8. 10. 1895 zu Osby, f 1. 1. 1945 
zu Varberg; schwedischer Komponist, studierte 
Musik an den Konservatorien in Malmö und Stock- 
holm, dann in London und Paris (bei Vidal, Ravel, 
Vines), auch Tanz bei Isadora Duncan. Werke: 
Ballett Orientalische Suite (1917, Stockholm 1919); 
Maison des fous , Ballettpantomime (Paris 1920, 
Th6ätre des Champs-Elisees; London 1921) ; Pasto- 
rale, Konzertstück für Ob. und Orch. (Kopenha- 
gen 1922); Sinfonietta; Streichquartett; Klavier- 
trio, Suite für VL und KL; Etüden; Lieder; Kla- 
vierstücke. Schriften: Musikundervisning och musik- 
kultur (Lund 1923) ; DetKvinnliga inflytandet i Wag- 
ners liv och konst (Varberg 1939). 

Dahlhaus, Carl, * 10. 6. 1928 zu Haimover; stu- 
dierte Musikwissenschaft an den Universitäten Got- 
tingen und Freiburg im Breisgau und promovierte 
1953 in Göttingen mit Studien zu den Messen Josquins 
des Pris. Seit 1950 ist er Dramaturg am »Deutschen 
Theater« in Göttingen. Aufsätze: Zu Kants Musik- 
ästhetik (AfMw X, 1953), Die Termini Dur und 
Moll (AfMw XII, 1955), Bachs konzertante Fugen 
CBach-Jb. XLB, 1955), Musiktheoretisches aus dem 
Nachlaß des Sethus Calvisius (Mf IX, 1956), Eine 
deutsche Kompositionslehre des frühen 16. Jahrhunderts 
CKmJb XL, 1956) ; War Zarlino Dualist? (Mf X, 

Dahms, Walter, *9. 6. 1887 zu Berlin; deutscher 
Mu sikschrif tsteller, wirkte als Orchestermusiker, 
Chorleiter und Kritiker; lebte in Berlin, später 
in Rom und Paris. D. trat an die Öffentlichkeit 
mit ei nig en Liedern und Chören, mit Biogra- 
phien Schuberts (Berlin 1912, 2. umgearbeitete 
Auflage 1918), Schumanns (Berlin 191Q und Men- 
delssohns (1919) sowie den Schriften Die Offerv- 
barung der Musik. Eine Apotheose Fr. Nietzsches 
(München 1922) und Musik des Südens (Stuttgart 

Dalayrac (dakr'ak), Nicolas (d’Alayrac), * 13. 
6. 1753 zu Muret (Haute Garonne), + 27. 11. 1809 
zu Paris; einer der besten französischen Kompo- 
nisten von komischen Opern, der trotz er- 
staunlichen Fruchtbarkeit und Geschwindigkeit 
der Arbeit (61 komische Opern in 28 Jahren von 
, stets ein eleganter und gewählter 
Mdodiker blieb. Er hat auch Streichquartette 



Dallapiccola 


( Quatuors Concertants , 1777, neben denen von Va- 
chon wohl die ersten französischen Beispiele der 
Gattung) geschrieben. 

Ausg.: Streichquartette Nr 3 und 5, hrsg. v. L. de La 
Laurencie, Paris 1921. 

Lit-: Pk£r£court, Vie de D., Paris 1810; A. Four- 
geaud, Les violons de D., Paris 1856; G. Cucuel, 
Les crdateurs de Topdra-comique fr?., in: Les maitres 
de la musique, Paris 1914. 

Dalberg, Frederick (eigentlich Dalrymple), * 7. 
1. 1908 zu Newcasde-on-Tyne ; sü dafriVamsrh i»r 
Opernsänger (Baß), bildete sich in Johannesburg, 
Dresden und Leipzig (Soomer) aus und debütierte 
1931 am Stadttheater Leipzig. Über Berlin ging er 
1948 als 1. Bassist an die Staatsoper München. Er 
wirkt jetzt am Royal Opera House Covent Garden 
in London. Auch bei den Bayreuther Festspielen ist 
D. mehrfach hervorgetreten. 

Dalberg, Johann Friedrich Hugo Reichsfrei- 
herr von, * 17. 5. 1760 und f 26. 7. 1812 zu Herrns- 
heim bei Worms; deutscher Komponist und Mu- 
sikschriftstener,Domkapitular inTner und Worms, 
komponierte Kammermusikwerke, Sonaten, Va- 
riationen, Kantaten, Melodramen {Evas Klage und 
Der sterbende Christ an seine Seele , beide nach Klop- 
stock) und schrieb: Blicke eines Tonkünstlers in die 
Musik der Geister (Mannheim 1787), Vom Erfinden 
und Bilden (Frankfurt 1791), Phantasien aus dem 
Reich der Töne (Erfurt 1806). - Seine Brüder: 
Karl Theodor von D. (1744-1817) war der letzte 
Kurfürst von Mainz und Erzkanzler, und Wolf- 
gang Heribert von D. (1750-1806) wurde als 
Intendant des Mannheimer Nationaltheaters und 
Förderer von Schiller bekannt. 

D’Albqre, Lilia (eigentlich Emilia), * 4. 1. 1914 
zu S. Maria Capua Vetere (Neapel) ; italienische 
Violinistin, lebt in Grottaferrata (Rom). Sie erhielt 
ab 1922 Gdgenuntemcht in Rom, absolvierte 1929 
das Rossini-Konservatorium in Pesaro mit Aus- 
zeidmung und arbeitet e ^writ CT e 3 Jahrejbei C. 

zertdebüt 1931 in der Römischen Philharmonie 
reist sie als gefeierte Solistin durch ganz Europa. 
1941 wurde sie zum Professor an der Accademia di 
Santa Cedlia in Rom ernannt. Sie ist Mitglied des 
Solisten-Ensembles »Antonio Vivaldi« und Eigen- 
tümerin des Musikverlags »Elle« in Rom. 

Dalcroze -> Jaques-Dalcroze. 

Dale (de:l), Benjamin James, * 17. 7. 1885 und 
t 30. 7. 1943 zu London; englischer Komponist, 
Schüler der Royal Academy of Music, an der er 
bald Lehrer für Komposition wurde. Klaviersonate 
Dmoll op. 1, Violm- und Violastücke, Violin- 
sonate op. 11, Chorwerke mit Orch.: Before the 
PaUng of the Stars op. 7 und Song of Preise op. 12; 
Rosa mystica und Cradle Song für gern. Chor; 2 Lie- 
der aus Was ihr wollt op. 9 ; 6 Stücke für V. und KL 
nach Couperin; Thejtowing Tide für Orch. (1943). 

Daü’^baco, - 1) Evaristo Felice, * 12. 7. 1675 zu 
Verona, f 12. 7. 1742 zu München; italienischer 
Komponist, lebte um 1696-1701 in Modena, wurde 
1704 als Kamme rmusiker (Cellist) am Hofe zu 
München angestellt, von wo er den Kurfürsten 
Max Emanuä nach dessen Niederlage im Spani- 
schen Erbfolgekrieg ins Exil nach Belgien und 


Frankreich begleitete. 1715-40 war er in Mün- 
chen Kammerkonzertmeister und kurfürstlicher 
Rat DalTA.s Werke erschienen zwischen 1705 und 
1735 in 6 Bänden und umfassen 24 Violinsonaten 
(op. 1 und 4), 12 Triosonaten op. 3, 12 Concerti da 
chiesa op. 2, 6 Concerti grossi op. 5 und Violin- 
konzerte op. 6; op. 3 erschien in Paris, alle anderen 
in Amsterdam. Sie repräsentieren den adeligen 
Typus der zu voller Reife gelangten italienischen 
Kammermusik des 17.-18. Jh. und überragen selbst 
die Werke Corellis an Stärke des Ausdrucks und 
immanenter Logik. Die einzelnen Sätze haben 
zum Teil eine erhebliche Ausdehnung und zeigen 
den formalen Aufbau bereits wesentlich fortent- 
wickelt, ohne jedoch den Zeitsttil zu verlassen. 

- 2) Joseph Clemens Ferdinand, * 1708 oder 1709 
zu Brüssel, f 31. 8. 1805 zu Arbizzano di Valpoli- 
cella bei Verona; italienischer Violoncellist, Sohn 
von Evaristo Felice DaJTA., trat 1729 in die kur- 
kölnische Kapelle zu Bonn ein und wurde dort 
1738 Direktor der Kammermusik und kurfürst- 
licher Rat. Um 1765 ging er zurück nachArbizzano, 
dem Stammsitz der Familie. 29 Cellosonaten mit 
B.c. (wohl autograph, im British Museum zu 
London) und eine dramatische Kantate von ihm 
sind handschriftlich erhalten. 

Ausg.: E. F. Dall’A.: Auswahl aus op. 1-4, hrsg. v. 
A. Sandberger, DTB I, Lpz. 1900 (mit Biogr. u. 
Werkverz. im Vorw.) und DTB IX, 1 (op. 1 und 4 
vollständig), auch einzeln in Breitkopf & Härtels 
Kammermusik-Bibi. ; Sechs Sonaten, aus op. 1, hrsg. 
v. W. Kolneder, Mainz (1956); 3 Sonaten aus op. 3, 
hrsg. v. H. Riemann, Coli. mus. XLI u. XLU; Sonate 
op. 3 Nr 7, hrsg. v. dems., London (1895); Concerto 
da chiesa op. 2 Nr 9, hrsg. v. Rhen6-Baton, Paris 
1936; Aria cantabile aus op. 6 Nr 1 1, Schering Beisp. 
277. 

Lit. : zu E. F. Dali* A. : F. Manara, Un musicista poco 
noto, 1908; R. Brenzoni, Un grande musicista vero- 
nese, in: Note d’arch. XII, 1935; A. Bonacorsi, 
Dall’A. e la sonata duotematica, Rass. mus. X, 1940. 

Dallapiccola, Luigi, * 3.2.1904 zu Pisino 
(Istrien); italienischer Komponist, studierte Kla- 
vier und Komposition am Konservatorium von 
Florenz, trat als Pianist auf und bildete mit dem 
Violinisten Materassi ein Duo, das besonders Werke 
zeitgenössischer Musik spielte. Seit 1934 hat er eine 
Professur für Klavier am Konservatorium Florenz 
inne, unterrichtete 1951-52 am Berkshire Music 
Center in Tanglewood (Massachusetts, USA) und 
1956-57 am Queens College in Flushing (New 
York). D. gilt als einer der bedeutendsten italieni- 
schen Zwölftonkomponisten, der Reihentechnik 
im Sinne Schönbergs mit kantabler Melodik und 
Farbigkeit des Klangs vereint, wobei er tonale und 
scheintonale Wendungen nicht ausschließt. Er ist 
Ausdrucksmusiker, der menschliche Aussage und 
humanitäre Forderung zum Mittelpunkt seines 
Schaffens macht Werke: Opern Volo di notte (nach 
A. de Saint-Exupdrys »Vol de nuit«, 1940) und H 
Prigioniero (nach Ph. A. Vlliers de l'He-Adam und 
Ch. de Coster, 1949). - Ballett Marsyas (1948). - 
Chorwerke: Sei cori di Michelangelo Buonarotti (a 
cappella, 1938), Canti di prigionia (1941), Job (sacra 
rappresentazione, 1950), Canti di liberazione (1955). 

- Gesänge: für S. und Kammerorch.: Diverti- 
mento in quattro esserdzi (1934), Tre laudi (1937), 
Liriche greche (Sappho, Anakreon, Alkaios; 1947), 
Tre poemi (1950), An Mathilde (H. Heine, 1955); in 


361 



Dalla Viola 


anderen Besetzungen: Rencesvals (3 Fragmente aus 
der »Chanson de Roland«) für Bar. und KL (1946), 
Quattro liriche di A. Machado für S. und Kl. (1948), 
Goethe-Lieder für S. und 3 Klar. (1953). - Orche- 
sterwerke: Partita (mit Sopransolo im Finale, 
1933); Due pezzi (1947), Piccola tnusica nottuma 
(1954), Variaziotti (1954); Piccolo concerto per M. 
Couvreux für KL und Kammerorch. (1941) ; Tarti- 
niana für V. und Kammerorch. (1952). - Kammer- 
musik: Due studi (1947) und Tartiniana seconda für 
V. und KL (1956) ; Ciaccona, Intermezzo ed adagio 
für Vc. solo (1946). - Klaviermusik: Sonatina 
amonica (über Capricci von Paganim, 1946) ; Qua- 
demo musicale di Annalibera (1952), Musica per tre 
pianoforti (1936). Ferner bearbeitete D. Monte- 
verdis Ritomo cFUlisse 1942 für die moderne 
Bühne, schrieb einen autobiographischen Auf- 
satz The Genesis of the Canti di prigionia and U 
Prigioniero (MQ XXXEX, 1953) und übersetzte zu- 
sammen mit G. M. Gatti Busonis Scritti e pensieri 
sulla musica (Florenz 1941, um den »Entwurf einer 
neuen Ästhetik « erweitert Mailand 21954). 

Dalla Viola, Alfonso und Francesco -* Deila 
Viola. 

Dal Monte, Toti (eigentlich Antonietta Mene- 
gheDi), * 27. 6. 1899 in Venetien; italienische 
Opemsangerin (Koloratursopran), debütierte 1916 
an der Mailänder Scala als Biancofiore in Zando- 
nais »Francesca da Rimini«, sang dann an verschie- 
denen italienischen Bühnen, in Südamerika und an 
der Pariser Oper, ab 1924 am Metropolitan Opera 
House in New York, 1924-26 auch bei der Chicago 
Civic Opera. Sie machte sich auch als Oratorien- 
sängerin bekannt. 

Dalvimare (dalvim'arr), Martin Pierre (d*Al- 
vimare), * 18. 9. 1772 zu Dreux (Eure-ct-Loire), 
1 13. 6. 1839 zu Paris; französischer Harfenvirtuose 
und Komponist für sein Instrument, wurde 1800 
Harfenist der Op6ra in Paris. Seine Werke sind: 
die einaktige Oper Le Mariage par imprudence (Pa- 
ris, Op6ra Comique 1809) ; Konzerte, Sonaten, Va- 
riationen und Solostücke für Harfe sowie zahl- 
reiche Romanzen. 

Dam, Hermann Georg, * 5. 12. 1815 und f 27. 
11. 1858 zu Berlin; deutscher Komponist, Sohn 
des aus Schweden stammenden Violinisten Mads 
Gregers D. (1827-59 Mitglied der Königlichen 
Kapelle in Benin), schrieb Ouvertüren, Zwischen- 
aktmusiken, die Opern Das Fisdiermadchen (1831), 
Der Geisterring (1842); die Oratorien Das Halle- 
lujah der Schöpfung (1847) und. Die Sündfiut (1849). 

Daman (dam'a), Guilleaume (William Dämon), 
* um 1540, 1 1591 zu London; belgischer Kompo- 
nist, kam 1562 nach London und trat 1579 in den 
Dienst der Königin Elisabeth von England. 1579 
erschienen von ihm in London: The Psalmes of 
David ; sie wurden 1591 nach seinem Tode neu auf- 
gelegt; The second Booke of the Musicke of M. Wil- 
liam Dämon in 2 Banden ; in einem singt der Tenor, 
im anderen der Diskant die Liedweise. Ferner 
schrieb D. Motetten und je eine Phantasie für 3 und 
6 Violen. 

Ausg.: Motetten, hrsg. v. G. E. P. Arkwright, The 
Old EngL Edition XXL 


Damance (dam'äs), Paul (D’Amance), * um 
1650, f um 1700; französischer Organist, wirkte in 
Lisieux (Calvados). Von ihm erschienen 1687 bis 
1707 in Paris 12 Messes en Plain-Chant sowie klei- 
nere Kirchenstücke. Mit seinen rhytmisiertcn und 
den neueren Tonarten angeglichenen Choralweisen 
führte D. eine Tradition weiter, deren bekanntester 
Vertreter Dumont war. 

Dambert (däb's:r); französischer Komponist des 
16. Jh., von dem die 4st. Motette Omnis pulchritudo 
und 3 ist. Chansons in zahlreichen Sammeldrucken 
1532-64 überliefert sind, ferner handschriftlich ein 
Lautenstück. 

Damcke, Berthold, * 6. 2. 1812 zu Hannover, 
1 15. 2. 1875 zu Paris; deutscher Kapellmeister und 
Komponist, Schüler von A. Schmitt und F. Ries in 
Fr ankf urt am Main, trat 1834 als Bratschist in die 
Hofkapdle von Hannover ein. Später wurde er 
Dirigent des Musikvereins und dar Liedertafel in 
Kreuznach, wo er ein Oratorium Deborah schrieb, 
1837 in Potsdam Dirigent der Philharmonischen 
Gesellschaft und des Gesangvereins für Opem- 
musik, mit denen er 1840 sein Weihnachtsorato- 
rium, 1841 den 23. Psalm und ein Ave Maria auf- 
führte, 1841 Dirigent in Königsberg, wo 1845 
seine Oper Käthchen von Heilbrom gegeben wurde. 
1845 ging er als Klavierlehrer nach St. Petersburg, 
von da 1855 nach Brüssel 1859 lebte er als Korre- 
spondent russischer und deutscher Zeitschriften und 
als Theorielehrer des Conservatoire in Paris. Seine 
Kompositionen zeigen wenig Originalität. D. war 
ein naher Freund von Berlioz und Mitarbeiter der 
von F. Pelletan veranstalteten Gluckausgabe. 

Damen, Jan, * 30. 6. 1898 zu Breda; holländi- 
scher Violinist, am Königlichen Konservatorium 
im Haag ausgebildet, arbeitete noch bei C. Flesch 
in Berlin, wo er als 1. Konzertmeister an die Phil- 
harmonie berufen wurde. 1924 wechselte er in 
gleicher Stellung an die Dresdener Staatsoper über. 
Während des 2. Weltkrieges kehrte er nach Hol- 
land zurück, war 1946-48 als Konzertmeister in 
Göteborg (Schweden) und ist seitdem als 1. Kon- 
zertmeister beim Concertgebouw-Orchester sowie 
als Violinprof essor am Konservatorium in Amster- 
dam tätig. 

Damerini, Adelmo, * 11. 12. 1880 zu Carma- 
gnino (Florenz); italienischer Musikforscher, war 
in Rom Gcsanglehrer, dann Professor am Konser- 
vatorium in Palermo, Bibliothekar und Lehrer für 
Musikgeschichte und -ästhetik am Conservatorio 
A. Boito in Parma und ist seit 1932 als Nachfolger 
A. Bonaventuras in gleicher Stellung am Conser- 
vatorio L. Cherubim in Florenz tätig. D. kompo- 
nierte eine Humoresque sinfonica (1912), Männer- 
chöre, Lieder, Klavier- und VioHnstücke. Außer 
vielen Arti k eln schrieb er: Origine e svolgimento 
della smfonia (Pistoia 1919) ; Le Sinfonie di Beethoven 
(Rom 1921); Lorertzo Perosi (Rom 1924); Bellini 
nella critica del suo tempo (in: Bellini, hrsg. v. I. Piz- 
zetti, Ma i l a nd 1936); E Conservatorio L. Cherubim 
di Firenze (Florenz 1841) ; Classicismo e romanticismo 
nella musica (Florenz 1942); VIstituto G. Pacini di 
Lucca (Florenz 1942). Ferner gab er heraus: Pen- 
sieri di Boezio sulla musica (Florenz 1949). 

Damm, Gustav-* Steingräber. 


362 



Damrosch 


Damm, Emst Sixten, * 16. 2. 1899; schwedi- 
scher Komponist, studierte nach bestandenem Or- 
ganistenexamen (1919) in Stockholm und Paris 
Komposition. Seine Musik verbindet franzö- 
sischen Einfluß mit skandinavischer Folklore. 
Werke: Violinsonate Emoll (1923); Klaviertrio 
Gmoll (1924); Klavierkonzert Cmoll (1926); 
Sagenspiel Askungen (1927); Orchestersuite By- 
marknaden (1928); Symphonie F moll (1928); Sym- 
fonisk svit (1932) und Ballettsvit für Orch. (1933) ; 
Sagenballett Svensk trottteater (»Zaubermärchen«, 
1936); Sagospelsuvertyr für Orch. (1939); Klavier- 
quartett D dur (1943) ; Skogsfantasi für Orch. 
(1946); Svanoma und En svanesäng für Singstimme 
und Orch. (1947) ; Streichquartette E moll (1947) 
und A moll (1948). 

Dammann, Rolf, * 6. 5. 1929 zu Celle (Aller); 
deutscher Musikforscher, studierte Musikwissen- 
schaft in Freiburg im Breisgau (1948), Kiel (1948 
bis 1950) und wieder in Freiburg (Zenck, Gurlitt), 
wo er 1952 mit Studien zum Motettenwerk von Jean 
Mouton promovierte. D. hat seit 1953 einen Lehr- 
auftrag für Geschichte der evangelischen Kirchen- 
musik und Hymnologie an der Staatlichen Hoch- 
schule für Musik in Freiburg im Breisgau und ha- 
bilitierte sich 1958 an der dortigen Universität mit 
einer Arbeit über Die Struktur des Musikbegriffs im 
deutschen Barock (ungedruckt). Veröffentlichungen: 
Spätformen der isorhythmischen Motette im 16. Jh. 
(AfMw X, 1953); Zur Musiklehre des A. Werck- 
meister (AfMw XI, 1954) ; Die neue Praetorius-Orgel 
in Freiburg i. Br. (MuK XXVI, 1956). D. ist Mit- 
arbeiter an dem vorliegenden Lexikon. 

Dämmert, Udo, * 18. 5. 1904 zu Baden-Baden; 
deutscher Pianist, ausgebildet in Salzburg und 
München, konzertiert seit 1921 vornehmlich mit 
zeitgenössischen Werken. D. leitet in München 
ein privates Klavierseminar und hält Vorträge und 
Kurse über Themen aus allen Gebieten des heu- 
tigen Kunstlebens. 

Dämon von Athen; griechischer Musiktheoreti- 
ker des 5. vorchristlichen Jh., soll Lehrer von Peri- 
kies und Sokrates gewesen sein. D. war der konse- 
quenteste Vertreter der Lehre von der ethischen 
Macht der Musik und hat in einer berühmten Rede 
vor dem Areopag das Ethos aller musikalischen 
Elemente dargestellt. Hauptquelle für seine An- 
schauungen ist das 3. Buch von Platons Politeia. 
Lit. : H. Deiters, De Aristidis Quintiliani fontibus, 
Programm Düren 1870; H. Abert, Die Lehre vom 
Ethos, = Slg mw. Arbeiten II, Lpz. 1899; K. v. Jan, 
Artikel D., Pauly-Wissowa RE IV, 2, Stuttgart 1901 ; 
H. Deels, Fragmente d. Vorsokratiker, Nachtrag, Bin 
1922; W. Jaeger, Paideia n. Bin 1944; M. Wegner, 
Das Musikleben d. Griechen, Bin 1949 ; Fr. Lasserre, 
Plutarque de la musique, Bibi, helvetica romana I, 
Olten u. Lausanne 1954. 

Dämon, William -> Daman, Guilleaume. 

Damoreau (damor'o), Etienne-Grdgoire (D. 
l’aind); französischer Organist des 18. Jh. Seine 

Aufsehen. Bekannt sind von ihm 6 Senates h deux 
violons sans basse op. 1 (Paris 1754). Ein Damo- 

reau le Jeune veröffentlichte Pihes de clavecin (Pa- 
ris). 

Lit.: L. de La Laurencee, L’Ecole fr?, de violon II, 
Paris 1923. 


Damoreau (damor'o), Laure-Cinthie (gebo- 
rene Montalant), * 6. 2. 1801 und f 25. 2. 1863 zu 
Paris; französische Sängerin, Schülerin des Con- 
servatoire, sang zuerst an der Opdra Italien unter 
dem Namen Mademoiselle Cinti, 1822 in London, 
dann wieder in Paris, 1826-35 an der Großen Oper, 
weiter bis 1843 an der Komischen Oper. Dann 
ging sie noch einige Jahre auf Konzertreisen. 1834 
bis 1856 war sie Giesanglehrerin am Conservatoire. 
Rossini und Auber schrieben mehrere große Rollen 
für sie. Ihr Mann war der Sänger Vincent-Charles 
D., * 1793, f 10. 10. 1863 zu Ecouen. 

Damrosch, - 1) Leopold, * 22. 10. 1832 zu Po- 
sen, t 15. 2. 1885 zu New York; deutscher Diri- 
gent und Violinist, promovierte 1854 in Berlin 
zum Dr. med., widmete sich dann ganz der Musik, 
wurde 1855 Konzertmeister in Magdeburg, 1857 
an der Weimarer Hof kapelle angestellt, wo er mit 
Liszt, Bülow, Tausie, Cornelius und Lassen in 
Verbindung trat und die Sängerin Helene von 
Heimburg (* 1835 zu Oldenburg, f 21. 11. 1904 
zu New York) heiratete. 1858-60 setzte er sich als 
Dirigent der Philharmonischen Gesellschaft in 
Breslau für Berlioz, Liszt und Wagner ein, unter- 
nahm dann mit Bülow und Tausig Konzertreisen, 
behielt jedoch seinen Wohnsitz in Breslau, wo er 
bis 1871 als Dirigent des von ihm 1862 gegründeten 
Orchestervereins, des Chorvereins, des Vereins für 
klassische Musik und zeitweise des Stadttheaters tä- 
tig war. 1871 folgte er einem Ruf als Dirigent des 
deutschen Mannergesangvereins »Arion« nach 
New York, gründete 1873 die Oratorio Society 
und 1878 die New York Symphony Society und 
leitete nach dem Bankrott der Italienischen Oper 
im Metropolitan Opera House die erste Saison der 
deutschen Oper 1884/85. Er schrieb: Konzertstück 
für V. und Orch. op. 9, Romanze für V. und Orch. 
op. 12, Festouvertüre op. 15 ; Violinkonzert D moll; 
Ruth und Naomi für Soli, Chor und Orch. (1875); 
Sulamith für Soli, Chor und Orch. (1882); Violin- 
stücke und Lieder. - 2) Frank Heino, * 22. 6. 1859 
zu Breslau, f 22. 10. 1937 zu New York; amerika- 
nischer Dirigent, Sohn von Leopold D., sollte in 
Denver (Colorado) Kaufmann werden, leitete aber 
den Denver Chorus Club und wurde Organist und 
Musiklehrer. 1885-91 war er Chormeister der Me- 
tropolitan Opera in New York, gründete 1892 
Volks-Singklassen, aus denen sich die People’s 
Choral Union mit 1200 Sängern entwickelte, und 
dirigierte 1893 bis zu ihrer Auflösung 1920 die Mu- 
sical Art Society zur Pflege der a-cappeUa-Chor- 
musik. 1905 wurde er Direktor des von James Loeb 
gestifteten Instituts of Musical Art. Fr. D. kompo- 
nierte einige Lieder und Chöre und verfaßte: A 
Populär Method of Sightsinging (New York 1904) 
und Some Essentials in the Teaching of Music (New 
York 1916). - 3) Walter Johannes, * 30. 1. 1862 
zu Breslau, f 22. 12. 1950 zu New York; amerika- 
nischer Dirigent, Sohn von Leopold D., studierte 
in Dresden, Frankfurt am Main und New York, 
war 1884-94 und 1900-02 Kapellmeister an der 
Metropolitan Opera, übernahm nach seines Va- 
ters Tod die Leitung der Oratorio Society (1885-98 
und 1917-21) und der Symphony Society (1885 
bis 1894 und 1903-28). 1894-99 leitete er eine ei- 
gene Opemtruppe, die Damrosch Opera Com- 
pany. 1927 wurde er Berater der National Broad- 


363 



Damse 


casting Company (NBC). Er schrieb 4 Opern, 
Chorwerke, Lieder und eine Violinsonate sowie 
My Musical Life (New York und London 1923, 
21930). 

Lit.: W. J. Henderson, Walter D., MQ XVIII, 1932; 
E. T. Rice, Personal Recollections of Leopold D., 
MQ XXVIII, 1942; ders., A Tribute to Frank D., 
MQ XXV, 1939; L. P. u. R. P. Siebbins, Frank D., 
NY 1945. 

Damse, Joseph, * 23. 1. 1788 zu Sokriow (Ga- 
lizien), f 15. 12. 1852 zu Rudno bei Warschau; 
polnischer Komponist und Klarinettist, schrieb ne- 
ben erfolgreichen Liedern und Tänzen auch 2 Mes- 
sen, ein Ballett Der Unkende Teufel und die Opern 
Der Befehl (1837), Die Amerikanerin (1841), Die 
Zwillinge (1841) und Der Kontrehandist (1844). 

Danbd (dab'e), Jules, * 16. 11. 1840 zu Caen, f 10. 
11. 1905 zu Vichy; französischer Dirigent, Schüler 
des Pariser Conservatoire, begann 1871 eigene 
Konzerte im Grand Hotel (Concerts D.), was 1876 
seine Anstellung als Kapellmeister am Theatre 
Lyrique zur Folge hatte. Bereits 1877 wurde er 
Nachfolger von Lamoureux als Kapellmeister der 
Opera Comique. Er veröffentlichte Violinstücke 
sowie 12 große Etüden und eine Violinschule. 

Danby (d'ambi), John, * 1757 und f 16. 5. 1798 
zu London; englischer Komponist, Kapellorganist 
der spanischen Gesandtschaft. Schrieb La guiaa alla 
musica vocale op. 2 (London 1787), einige hand- 
schriftlich erhaltene Messen und Motetten und gab 
3 Bücher Catches , Canons and Glees (3-5st.) heraus; 
ein 4. Buch erschien 1798. 

Danchet (däj'e), Antoine, * 7. 9. 1671 zu Riom 
(Auvergne), -f 20. Z 1740 zu Paris, Bibliothekar an 
der Königlichen Bibliothek, ist der Textdichter der 
Mehrzahl der Opern Campras. 

Danckert, Werner, * 22.6.1900 zu Erfurt; 
deutscher Musikforscher, studierte zunächst Na- 
turwissenschaften und Mathematik in Jena, dann in 
Leipzig unter Ricmann, Schering, Abert Musik- 
wissenschaft, wurde 1922 Assistent Bedrings am 
Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität 
Erlangen und promovierte dort 1923 mit der Ar- 
beit Geschichte der Gigue (= Verofientüchungen 
des Musikwissenschaftlichen Seminars der Univer- 
sität Erlangen I, Leipzig 1924). 1926 habilitierte er 
sich an der Universität Jena mit der Schrift. Per- 
sonale Typen des Melodiestils (Kassel 1933). An der 
Musikhochschule Weimar lehrte er 1929-31 Mu- 
sikgeschichte, 1931-32 Cembalo. 1933 gründete er 
die MusSrinstniment ensam mlnng des Jenaer Stadt- 
museums sowie die Jenaer »Museumskonzerte«, 
war daneben Musikkritiker, wurde 1937 zum Pro- 
fessor ernannt, ging 1939 nach Berlin und las 1943 
bis 1945 in Graz. 1950-53 wirkte er als Musikpäd- 
agoge und Lehrer für Musikgeschichte an der Lan- 
desfirchenmusikschule Kaiserswerth in Krefeld 
und widmet sich seitdem als Privatgelehrter vor- 
zugsweise Fragen der Volksliedforschung und Mu- 
sikethnologie. Weitere Schriften: Die A dur-Suite 
in Friedetrum Bachs Klavierbuch (ZfMw VH, 1924/ 
1925 ) ; Johann Sebastian Bach und die deutsäte Renais- 
sance (DVjs. VI, 1928) ; Der neue Kunsttanz . . . und 
Liszt ab Vorläufer des musikalischen Impressionismus 
(Mk XXI, 1928/29); Das Wesen des musikalischen 
Impressionismus (DVjs. VH, 1929); Der Klassizis- 

364 


mus Erik Saties (ZfMw XD, 1929/30) ; Ostasiatische 
Musikästhetik (Ostasiatische Zeitschrift, Neue Folge 
VII, 1931); Ursymbole melodischer Gestaltung (Kassel 
1932) ; Beiträge zur Bach-Kritik I (Jenaer Studien zur 
Musikwissenschaft I, Kassel 1934); Musikwissen- 
schaft und Kulturkreislehre (Anthropos XXXII, 
1937); Wandernde Liedweisen (AfMf II, 1937); Das 
europäische Volkslied (Berlin 1939); Grundriß der 
Volksliedkunde (Berlin 1939) ; tEntwicklungsge- 
schichtlichez und organische Volkslied-Betrachtung 
(AfMf VI, 1941); Claude Debussy (Berlin 1950); 
Goethe (Berlin 1951) ; Wesen und Ursprung der Ton- 
welt im Mythos (AfMw XH, 1955); Melodische 
Funktionen (Schneider-Fs., Leipzig 1955); Melo- 
diestile der finnisch-ugrischen Hirtenvölker (in: Studia 
Memoriae Belae Bartök Sacra, Budapest 1956); 
Hirtenmusik (AfMw XIII, 1956); Tonmalerei und 
Tonsymbolik in der Musik der Lappen (Mf IX, 1956) ; 
Melodiestile der Ob-Ugrier (AMI XXVHI, 1956); 
Vorschule der Polyphonie (Klavierschule, Leipzig 
1949). D. gab zahlreiche ältere Werke in prak- 
tischen Neuausgaben heraus. 

Danckerts, Ghiselin -> Dankers. 

Dancla (dakl'a), Jean Baptiste Charles, * 19. 12. 
1817 zu Bagndres-de-Bigorre (Hautes-Pyrdndes), 
1 10. 11. 1907 zu Tunis; französischer Violinist und 
Komponist, Schüler von Baillot, Haldvy und Ber- 
ton am Conservatoire in Paris, schon 1835 2. Solo- 
violinist der Opdra Comique, in der Folge Kon- 
zertmeister der Concerts du Conservatoire, 1857 
Violinprofessor am Conservatoire. D. hat über 200 
Werke (Violinkonzerte, Streichquartette, Trios, 
Violinsonaten usw.) geschrieben und erhielt 1861 
in Gemeinschaft mit Farrenc den Prix Chartier für 
K a mm ermusik. Unter seinen instruktiven Werken 
sind die Methode ilimentaire et progressive de violon , 
die Ecole de Uexpression t die Ecole de la mtlodie und 
V Art de moduler sur le violon hervorzuheben. Auch 
schrieb er Les compositeurs chefs-d'orchestre (Paris 
1873, gegen Gounod), Mbcellanies musicäles (Paris 
1876), die Selbstbiographie Notes et Souvenirs (Paris 
1893, 2 1898 mit W erkverzeichnis) . D.s Quartett- 
soireen hattten einen vorzüglichen Ruf; in ihnen 
wirkten zwei Brüder von D. mit: Arnaud, * 1. 1. 
1819 und 2. 2. 1862 zu Bagndres-de-Bigorre, gu- 
ter Violoncellist und Verfasser einer Celloschule, 
und Ldopold, * 1.6.1822 zu Bagn&res-de-Bi- 
gorre, f 29. 3. 1895 zu Paris als Professor am Con- 
servatoire, Violinist, der Violin-, Klavier- «r>d 
Kammermusikwerke veröffentlicht hat. 

Daaco (däk'o), S uzanne, *22. 1. 1914 zu Brüssel; 
belgische Sängerin (Sopran), Schülerin des Con- 
servatoire von Brüssel, wurde zuerst als Gewinne- 
rin des Bel-canto-Preises in Wien 1936 bekannt 
und tritt seitdem als Opern- und Konzertsängerin 
in ganz Europa, den USA und Australien auf. Ihre 
be kannt esten Rollen sind die Donna Elvira in Mo- 
zarts »Don Giovanni«, Mdlisande in Debussys 
»PeHdas« und Maxie in A. Bergs »Wozzeck«. Ihre 
hervorragend kultivierte, zarte S timm e ihr 
sicherer Geschmack bewähren sich vor al le m auch 
im Vortrag französischer Lieder und in Rundfunk- 
sendungen mit unbekannten älteren Werken. Die 
Künstlerin ist heute in Florenz ansässig. 

Dandelot (dädl'o), Georges, * 2. 12. 1895 zu 
Paris; französischer Komponist, absolvierte 



Daniel 


Musikstudium am Pariser Conservatoire, danach 
privat bei Dukas und Roussel, wurde 1919 Profes- 
sor an der Ecole normale de Musique und wirkt 
seit 1942 als Harmonieprofessor am Pariser Con- 
servatoire. Außer den Opern Midas, VEnnemi und 
dem Oratorium Fax (Paris 1937) schrieb er eine 
Symphonie in D (1943), 2 Klavierkonzerte (1934, 
1953), ein Concerto Romantique für V. (1945), die 
Suite Bazar (1955), Ballette (Le jardin merveilleux), 
3 Streichquartette, ein Streich- und ein Klaviertrio, 
je eine Flöten- und Violinsonatine, Klaviermusik, 
Lieder und Chöre a cappella. Daneben gab D. 
mehrere Unterrichtswerke sowie Bearbeitungen 
von Kompositionen älterer Meister heraus. 

Dando (d'aendo:),JosephHaydonBoume,* 11. 
5. 1806 zu London, j* 9. 5. 1894 zu Godalming; 
englischer Violinist, 1831 Mitglied des Philharmo- 
nie Orchestra, veranstaltete (nach Grove’s Dictio- 
nary) 1835 das erste wirkliche Kammermusikkon- 
zert in London (nur Quartette und Trios für 
Streichinstrumente) mit solchem Erfolg, daß er von 
1836 an regelmäßig derartige Konzertabende ein- 
richtete. Wenn diese Angabe begründet ist, be- 
weist sie, daß die ehemals in England so reich ge- 
pflegte Musik für kleinere Ensembles in der vor- 
ausgegangenen Zeit - vielleicht schon seit dem 
Ende des 17. Jh. - weitgehend zurückgetreten war 
(-> Mace). 

Dandrieu (dadri'o), Jean Francis (d’Andrieu), 

* 1682 und f 16. 1. 1738 zu Paris; französischer 
Cembalist und Komponist, nach Titon du Tillet 
Schüler von Moreau, ab 1704 Organist an St- 
Merry und St-Barth&emy, von 1721 an auch Kö- 
niglicher KapeUorganist, gab 3 Bücher von Cou- 
perin beeinflußter Pikes de clavecin heraus (1724, 
1728 und 1734) sowie ein Buch Pikes d'orgue (1739), 
Principes de V accompagnement de clavecin (Paris 1718), 
Triosonaten op. 1 (2 V. und B.c., 1705), Violin- 
sonaten mit B.c. op. 2 (1710) und Les Caractkes de 
la Guerre ou Suite de Symphonies ajoutie h Vopdra 
(1718). Ein Buch Noels (zwischen 1721 und 1733, 
mehrfach aufgelegt bis um 1764) enthalt Orgel- 
variationen, von denen aus dem Buch Noels von 
D.s Onkel Pierre d’Andrieu (* um 1660, f im 
Oktober 1733 als Organist an St-Barth&emy zu 
Paris) übernommen ist. 

Ausg.: Premier Livre de Pi&ces d’Orgue de J. Fr. D., 
in Guilmant-Pirro VII; 15 Klavierstücke bei P. 
Brunold, in der Slg Les Maltres fr$. du Clavecin du 
xvn* et XVIII« siöcles; 2 Triosonaten, hrsg. v. Jongen 
u. Debroux, Paris 1909 u. 1923. 

Lit.: H. Quittard, Les Principes de l’accompagne- 
ment de D., RM VIII, 1907; L. de La Laurencie, 
L’Ecole fr?, du violon I, Paris 1922; P. Brunold, 
Trois livres de Pikees de clavecin de J.-Fr. D., Rev. 
de Musicol. XVI, 1932 (= Tome XIII); ders., Les 
d’A., in: L’Orgue Nr 76-79, 1955-56; J. Bonpils, Les 
NoSls de P. et J.-Fr. D., ebenda Nr 83, 1957. 

Daneau (dan'o), — 1) Nicolas Adolphe Gustave, 

* 17. 6. 1866 zu Binche, t 12. 7. 1944 zu Brüssel; 
belgischer Komponist, studierte am Genter Con- 
servatoire bei A. Samuel, erhielt 1895 den 2. Rom- 

? reis, war 1896-1918 Direktor der Akademi e (ab 
913 Conservatoire) der Musik in Touraai und 
1919-31 als Nachfolger von Van den Eeden des 
Conservatoire in Mons. Werke: Opern Linario 
(Tournai 1906), Myrtis (Toumai 1908) und Le 


Sphinx ; symphonische Legende Adima et Hevah ; 
Petite suite für Orch., Caprice Walion für Orch.; 
Klavierstücke, Kammermusik, Lieder und Chöre. 
- 2) Suzanne, * 17. 8. 1901 zu Toumai; belgische 
Pianistin und Komponistin, Tochter von Nicolas 
D., war Schülerin ihres Vaters und von Gilson; 
schrieb: die Ballette Le reveil (TEndymion und Le 
diable violoneux; eine Sinfonietta für Streicher; Va- 
riations für 4 Va; Kammermusik, Klavierstücke 
und Lieder. Sie ist Präsidentin der »Jury Interna- 
tional des Etudes Musicales« in BrüsseL 

Dan?l, Louis Albert Joseph, *2.3.1787 und 
t 12. 4. 1875 zu Lille; französischer Buchdrucker, 
zog sich 1856 zurück und widmete die letzten 20 
Jahre seines Lebens der Verbreitung der von ihm 
erfundenen Lrngue des sons , die außer den Ton- 
namen auch die Tondauer sowie die Vorzeichen 
durch Buchstaben ausdrückte, so daß jedem Ton 
eine Silbe entsprach, z. B. bei: b = Ton h, e = 
Wert J, 1 = Erniedrigung durch [>. Man vergleiche 
seine Mithode simplifiee pour Venseignement populaire 
de la musique vocale (Lüle 1853, 61861). 

D’Angeli ('and 3 eli), Andrea, * 9. 11. 1868 zu 
Padua, f 28. 10. 1940 zu San Michele bei Verona; 
italienischer Musikschriftsteller, besuchte die städ- 
tische Musikschule und die Universität in Padua, 
promovierte mit der Arbeit La Musica nel Dramma 
Greco (in: Rivista di füologia dassica XXII, 1894) 
und trat neben seiner Tätigkeit als Lehrer der ita- 
lienischen Literatur auch mit Erfolg als Librettist 
und Komponist hervor: Opern Vinnocente (1896), 
Fiori e Colombi (1929) und Maurizio e Lazzaro 
(1930), Romanzen, Messen, Stabat Mater, Kam- 
mermusikwerke. Ferner schrieb er: G. Verdi (Rom 
21924), B. Marcello (Mailand 1930), La musica a 
Roma nel sec . XZX (Rom 1935). 

Danhauser (danoz'e:r), Adolphe-Leopold, 
* 26. 2. 1835 und f 9. 6. 1896 zu Paris ; französischer 
Gesanglehrer, war Schüler von Bazin, Haldvy und 
Reber am Conservatoire und später dort Gesang- 
lehrer, außerdem Schulgesangsmspektor in Paris. 
Sein Solfige des solßges, 3 Bände, erlebte viele Neu- 
auflagen. 

Danican -> Philidor. 

Daniel, Jehan (genannt Mithou), * um 1480 im 
Poitou, f um 1550 zu Angers; französischer Orga- 
nist, ist 1524—40 als Organist der Kathedrale von 
Angers nachweisbar. Er verfaßte vor allem geist- 
liche Chansons und Noels (Texte und Musik). 
Ausg.: Les Noels de J. D., hrsg. v. H. Chardon, Le 
Mans 1875. 

Lit: L. de Farcy, Notices archfologiques sur les 
orgues de la Cathddrale d’Angers, Angers 1873; Y. 
Rokseth, La musique d’orgue au XV 4 “® s. ...» 
Paris 1930; J. Levron, GL Janequin, Paris 1948. 

Daniel, Salvador, * um 1830, während des Kom- 
muneaufstands am 23. 5. 1871 im Kampfe mit den 
regulären Truppen gefallen; französischer Musik- 
scnriftstdler, wahrend des Aufstands 1871 als Nach- 
folger Aubers einige Tage Direktor des Conserva- 
toire, veröffentlichte 1863 eine Monographie: La 
musique arabe, nebst einem Anhang über die Ent- 
stehung der Musikinstrumente (1863), ferner ein 
Album arabischer, maurischer und kabylischer Ge- 
sänge und eine Abhandlung in Briefen über die 


365 



Daniel-Lesur 


französische Chanson, war einige Zeit musikali- 
scher Mitarbeiter an Rocheforts Marseillaise. 

LiL: ausführliche Mitt. über D. in Pougins Supple- 
ment zu Fetis’ Biogr. universelle I, 236 ff. 

Daniel-Lesur (eigentlich Daniel L.), * 19. 11. 
1908 zu Paris; französischer Komponist, studierte 
am Pariser Conservatoire bei Toumemire und J. 
Gallon, war 1927-37 Organist an Sainte-Clotilde, 
1935-39 Kontrapunkt-Lehrer an der Schola Can- 
torum, 1937-44 Organist der Benediktiner-Abtei 
von Paris und ist seit 1945 Mitarbeiter des fran- 
zösischen Rundfunks, wo er die Sendereihe Nou- 
velles tnusicales leitet. 1957 übernahm er die Direk- 
tion der Schola Cantorum. D.-L. fand sich 1936 
mit Y. Baudrier, A. Jolivet und Messiaen zur 
Gruppe »Jeune France« zu gemeinsamem Wirken 
für die »rehumanisation« der Musik zusammen. 
Mit seinen Kompositionen setzt er eine von C. 
Franck herkommende Tradition fort. Haupt- 
werke: Klaviersuite Les Carillons (1930) ; Scbte de la 
Passion für Org. (1931); Hommage ä J.-S. Bach für 
Streichorch. (1933) ; Suite jrancaise für Orch. (1935) ; 
Hymnes für Org. (1935 und 1938); Pastorale für 
Kammerorch. (1938); Ballett L 9 Infante et Xe monstre 
(mit Jolivet, 1938); Suite für 3 Holzbläser (1939); 
Ricercare für Orch. (1939); Suite für Streichquar- 
tett (1940) ; Orchestersuite UEtoile de Seville (1941) ; 
Variationen für KL und Streichorch. (1943); Suite 
für Klavierquartett (1943); Suite Mediivale für H., 
Harfe und Streichtrio (1946) ; Le village imaginaire , 
choreographische Fantasie für 2 KL (1947); Pasto- 
rale varii und Ballade für KL (1947) ; symphonische 
Dichtung Andrea del Sarto (1947) ; Ouvertüre pour un 
Festival (1947). 

Danjlova, Alexandra; russische Tänzerin, ausge- 
bildet in Petrograd, kam 1924 mit Bai an chine zu 
Diaghilew und gehörte ab 1932 dem in Monte 
Carlo beheimateten Russischen Ballett Col de Ba- 
sils an, trat aber auch oft in London auf. Sie ist be- 
sonders berühmt als Vertreterin klassischer Rollen 
wie in »Schwanensee«, hat sich aber auch dem ko- 
mischen Genre zugewandt (z. B. in »La Boutique 
Fantasque«). 

Iit: A. E. Twysden, A. D., 1947. 

Danjskas, J ohn, * 1. 5. 1907 zu Rotterdam; hol- 
ländischer Musikforscher, studierte 1926-29 Kla- 
vier am Konservatorium in Rotterdam, danach 
bei W. Andriessen und Kontrapunkt bei H. Zag- 
wijn, promovierte in Musikwissenschaft an der 
Universität Utrecht mit einer Arbeit über die 
Grandslagen voor de analytische vormleer der muziek 
(Rotterdam 1948). Nach einer Tätigkeit als Musik- 
pädagoge und -kritiker war er 1936-46 Lehrer für 
Musikgeschi c h t e am Konservatorium UtrechtJLeh- 
rer für Klavier und theoretische Fächer an den Kon- 
servatorien Rotterdam (1940-47) und Tilburg 
(1945-50), 1947—54 Direktor des Konservatoriums 
und der Musikschule Rotterdam, wurde 1954 zum 
Reichsinspektor für den Musikunterricht und zum 
Berater der Regierung in Sachen der staatlich sub- 
ventionierten Orchester ernannt. Er schrieb: Van 
Wagner tot de modernen (Teil VIII der »Algemene 
Muziekgeschiedenis« von A. Smijers, Utrecht 
1938), Hector Berlioz (Amsterdam 1942), Neder- 
landsche componisten van de XDCe en XXie eeutv 
(== Nederland’s Muzieklevcn m, ’s-Gravenhage 


1944), Eeti Bijdrag tot de Geschiedenis der Parodie - 
techniek (TMw XVII, 1948), Analytische Studien 
über die Kompositionstechnik der burgundischen Schule 
(Kgr.-Ber. Utrecht 1952, Amsterdam 1953). 

Danjou (dä3'u),Jean-Louis-F61ix, *21.6.1812 
zu Paris, f 4. 3. 1866 zu Montpellier; französischer 
Musikforscher, Organist an verschiedenen Pariser 
Kirchen, 1840 an Notre-Dame, regte die Frage der 
Restauration des Gregorianischen Kirchengesangs 
an in der Schrift De Vitat et de Vavenir du chant 
ecclesiastique (Paris 1844) und veröffentlichte die 
Ergebnisse seiner Studien über die Geschichte des 
Kirchengesangs in seiner Revue de la musique reli - 
gieuse , populaire et classique (1845-49). Auch gab er 
eine Sammlung Kirchenmusik heraus: Repertoire 
de musique religieuse (3 Bände, 1835). Eine Anzahl 
wichtiger mittelalterlicher Musikmanuskripte 
wurde von ihm entdeckt, darunter das Antiphonar 
von Montpellier (-* Paleographie musicale). Seine 
in der Orgelbautechnik erworbenen Kenntnisse 
ließen ihn sich mit der Pariser Firma Daublaine et 
Callinet assoziieren, wobei er aber sein Vermögen 
einbüßte. 

Dankers, Ghiselin (Danckerts), * zu Tholen 
(Zeeland) ; franko-flämischer Komponist des 16. Jh., 
war 1535-65 päpstlicher Kapellsanger. Von seinen 
Kompositionen sind 2 Motetten, 2 Madrigale und 
3 Kanons erhalten. Für D.s Ansehen zeugt, daß er 
mit Escobedo zum Schiedsrichter in dem Streit 
zwischen Vicentino und Lusitano aufgerufen 
wurde ; seinen handschriftlichen Traktat (von 1551) 
über die Streitfrage verwahrt die Biblioteca Vati- 
cana. 

Lit.: G. Baini, Memorie stor.-crit. della vita ... di 
G. Pierluigi da Palestrina II, Rom 1828; A. de La 
Fage, Essais de diphthdrographie musicale, Paris 
1864; P. J. de Bruun, G. D., TVer 1946; ders., 
G. D., TMw XVI, 1948, u. XVH, 1949. 

Danning, Sophus Christian, * 16. 6. 1867 und 
t 7. 11. 1925 zu Odense; dänischer Komponist, 
ließ sich nach Studien in Kopenhagen, Sonders- 
hausen und Leipzig als Musiklehrer in seiner Vater- 
stadt nieder, bis er auf Griegs Empfehlung 1899 als 
Kapellmeister des Theaters und der Musikgesell- 
schaft Harmonie nach Bergen berufen wurde, diese 
Stellung aber mit einer entsprechenden in Oslo an 
Fahlströms Theater (1907-11) vertauschte. Ab 1914 
lebte er als Städtischer Kapellmeister und Dirigent 
des Musikvereins (1916) in Odense. Er schrieb: 
Opern Gustaf Adolf, Elleskudt und Kynthia, die 
Operette Cohtmbine , Bühnenmusiken , 3 Sympho- 
nien und andere Orchesterwerke, ein Violinkon- 
zert, Chorkompositionen, Klavierstücke und 
Lieder. 

D$nnreuther, - 1) Edward, * 4. 11. 1844 zu 
Straßburg, + 12. 2. 1905 zu London; englischer 
Pianist, wuchs in Cincinnati auf, wo er Schüler 
von F. L. Ritter war. 1859-63 studierte er am Leip- 
ziger Konservatorium bei Moscheies, M. Haupt- 
mann und E. Fr. Richter und lebte danarh in Lon- 
don, wurde 1895 Lehrer an der Royal Academy 
of Music. Er gründete 1872 die London Wagner 
Society, derenKonzerte er bis 1874 dirigierte, über- 
setzte Schriften Wagners ins Englische und schrieb 
außer zahlrei che n Aufsätzen: Richard Wagner and 
the Reform of the Opera (London 1904); Musical 


3 66 



Da Ponte 


Omamentation (2 Bände, London 1893-95); The 
Romantic Period (Oxford History of Music VI, 
herausgegeben von W. H. Hadow, Oxford 1905, 
London 21931). - 2) Gustav, * 21. 7. 1853 zu 
Cincinnati, j* 19. 12. 1923 zu New York; ameri- 
kanischer Violinist, Bruder von Edward D., war 
1871-73 Schüler von Joachim und de Ahna, lebte 
dann in London, ging 1877 nach den USA, wurde 
1880 Mitglied des Boston Symphony Orchestra, 
gründete 1884 ein Streichquartett in New York 
und war dort 1886-89 Konzertmeister der Sym- 
phony Society sowie der Oratorio Society und ab 
1907 Lehrer am Vassar College. 

Dannström, Isidor, * 14. 12. 1812 und f 17. 10. 
1897 zu Stockholm; schwedischer Sänger (Bari- 
ton), Schüler Dehns in Berlin und Gar das in Paris, 
trat 1842-44 als Opernsänger in Stockholm auf 
und wurde dort ein angesehener und gesuchter 
Gesanglehrer. D. komponierte Lieder, 4 Operetten 

£ Doktor Tartaglia) und gab eine Gesangschule 
Leraus. Ferner erschien: Nägra blad ur I. minnes- 
anteckningar (Stockholm 1896). 

Danydl (d'aemel), John (Daniel), * um 1565, 
f 1630; englischer Komponist, stammte aus So- 
mersetshire, Bruder des Dichters Samuel D., dessen 
Werke er posthum 1623 herausgab, promovierte 
1604 in Oxford zum Bachelor of Music, kam 1618 
in den Hofdienst und wird 1625 als einer der 
musidans for the lute and voices des Königs ge- 
nannt. D. gehört zu den bedeutendsten Meistern 
des englischen Lautenlieds und wird an Expressivi- 
tät nur von J. Dowland übertroffen. Er veröffent- 
lichte: Songs zu Laute und Gambe (London 1606). 
Ausg.: Songs, hrsg. v. E. H. Fellowes, The EngL 
School of Lutenist Song Writers II, 8, London (192$ ; 
daraus: Chromatic Times, auch hrsg. v. P. Warlock 
u. Ph. Wilson, London 1925, Stay cruell auch 
Davison-Apel Anth. I, 162. 

Lit: P. Warlock, The Engl. Ayre, London 1926; P. 
Judd, The Songs of J. D., ML XVII, 1936; R. New- 
ton, Engl. Lute-Music of the Golden Age, Proc. 
Mus. Ass. LXV, 1938/39; Br. Pattison, Music and 
Poetry of the EngL Renaissance, London 1948. 

Danzi, Franz, * 15. 5. 1763 zu Mannheim, f 13. 
4. 1826 zu Karlsruhe; deutscher Komponist, Sohn 
des aus Italien stammenden Violoncellisten der 
kurfürstlichen Kapelle Innocenz D. (1754 ange- 
stellt; * um 1730, f 17. 4. 1798 zu München; seit 
1783 pensioniert), Celloschüler seines Vaters und 
Kompositionsschüler von Abbd Vogler, wurde 
schon 1778, als die Kapelle nach München verlegt 
wurde, deren Mitglied, blieb aber bis 1781 als 
Repetitor am Hoftheater in Mannheim und über- 
siedelte erst 1783 als Nachfolger seines Vaters 
nach München. 1780 wurde seine erste Oper Azakia 
aufgeführt. 1790 mit der Sängerin Margarethe 
Marchand, Tochter des bekannten Theaterunter- 
nehmers, verheiratet, erhielt er unbeschränkten 
Reiseurlaub, ging mit ihr nach Hamburg, dann 
mit der Guardasonischen Operntruppe bis 1796 
nach Leipzig, Prag, Venedig und Florenz. Nach 
dem Tode seiner Frau (f 11-6- 1800) trat er mehrere 
Jahre von jeder Tätigkeit zurück (18. 5. 1798 war 
er zum Vizekapellmeister ernannt worden). Die 
Wiederherstellung der Italienischen Oper und die 
Eifersucht Peter Winters verdrängten D., so daß er 
seine Entlassung erbat. 1807-12 wirkte er als Hof- 


kapellmeister und Direktor des kurze Zeit bestehen- 
den Königlichen Konservatoriums in Stuttgart und 
zuletzt als Hofkapellmeister in Karlsruhe. Von den 
16 Opern D.s (darunter: Die Mittemachtsstunde , 
München 1788; Rübezahl , Karlsruhe 1813; Turan - 
dot, Karlsruhe 1815; Singspiel Camilla und Eugen , 
Stuttgart 1807; Duodrain Kleopatra, Mannheim 
1780) sind mehrere verschollen. Außer Opern und 
einem Oratorium hat D. Schauspielmusiken, Bal- 
lette, Kantaten, Messen, ein Te Deum, Magnificats, 
8 Symphonien, mehrere Konzerte (für KL, FL, Fl. 
und Klar., Klar, und Fag., Vc.) sowie Sonaten, 
Kammermusik und Lieder in großer Anzahl ge- 
schrieben. Befreundet mit C. M. von Weber, 
setzte sich D. als Dirigent für dessen Werke ein, 
beeinflußte aber auch in starkem Maße sein kompo- 
sitorisches Schaffen. 

Ausg. : Bläserquintett G moll op. 56, II, hrsg. v. H. 
Riemann in DTB XV; Bläserquintett E moll op. 67, 
hrsg. v. H. Schultz in RD XTV ; Sinfonie concertante, 
hrsg. v. H. Zirnbauer, Mainz 1938; 9 Vesperpsalmen 
für 4 Singst, mit Orch. oder Org., Wien o. J. 

Lit: Themat Verz. d. 8 Sinfonien in DTB VTE, 2, 
S. XXXII; Bibüogr. u. themat Verz. d. Kammer- 
musikwerke in DTB XVI, S.XIII f. u. S. XXXI f.; 
Ergänzung dieses Verz. im Artikel D., MGG. - 
M. M. v. Weber, Carl Maria von Weber I, Lpz. 1864; 

E. Retpschlager, Schubaur, D. u. Poissl als Opem- 
komponisten, Diss. Rostock 1911; M. Herre, Fr. D., 
Ein Beitr. zur Gesch. d. Oper, Diss. München 1924. 

Danzi, Franziska -*• Lebrun, Ludwig August 

Da Ponte, Lorenzo, * 10. 3. 1749 zu Ceneda 
(Venezien), f 17. 8. 1838 zu New York; italie- 
nischer Schriftsteller und Librettist, hieß eigentlich 
Emmanuele Conegliano, wurde im jüdischen 
Glauben erzogen und nahm erst bei der Taufe der 
Familie am 29. 8. 1763 den Namen des ihn taufen- 
den Bischofs von Ceneda Lorenzo da Ponte an, 
trat 1769 ins Priesterseminar von Portogruaro ein, 
wurde 1773 zum Priester geweiht, 1774 Lehrer der 
Beredsamkeit und Musik am Seminar in Treviso, 
aber 1776 wegen Verbreitung Rousseauscher Ge- 
danken entlassen. Nach abenteuerlichen Jahren am 
17. 12. 1779 für 12 Jahre aus der Republik Venedig 
verbannt, ging er über Görz nach Dresden, von da 
1789 nach Wien, wo er Metastasio kennenlemte 
und 1783 von Toseph II. als Theaterdichter ange- 
stellt wurde, schrieb Libretti für Salieri, Martin, y 
Soler, Weigl, Gazzaniga, Piticchio, Righini sowie 
für Mozart: Le nozze di Figaro (nach Beaumar- 
chais), Don Giovanni und Cos 1 fan tutte . 1790 mußte 
er Wien verlassen und ging 1792 nach London, 
1804 nach New York, wo er sich verschiedentlich 
als Opemuntemehmcr versuchte, eine italienische 
Buchhandlung führte und Sprachunterricht gab. 
1825 wurde er Professor für italienische Literatur 
am Columbia College. Er schrieb im ganzen 36 
Libretti, eine Storia compendiosa della vita di Lorenzo 
Da Ponte (New York 1807) und Memorie (4 Bände, 
New York 1823-27, 21829 und 1830). 

Ausg.: Memorie, 2 Bde, hrsg. v. G. Gambarin u. 

F. Nicoiini, 2 Bde, Bari 1918; Denkwürdigkeiten d. 
Venezianers L. Da P. übers, u. hrsg. v. G. Guorrz, 

3 Bde, Dresden 1924-25; M6moires... Suivis de 
lettres inödites de L. Da P. ä J. Casanova, frz. Ausg. 
v. R. VfezE, Paris 1931. 

Lit.: A. Marchesan, Della vita e delle opere di L. 
Da P., Treviso 1900; H. Boas, L. Da P. als Wiener 
Theaterdichter, SIMG XV, 1913/14; H. Abert, W. 


367 



Daquill 


A. Mozart II, Lpz. 1921; J. L. Russo, L. Da P., NY 
1922; E. Maddalena, L. Da P. in America, II Mar- 
zocco XXXIII, 1923; A. Livingston, L. Da P. in 
America, Philadelphia 1930; G. Andrees, Mozart u. 
Da P., Lpz. 1936; A. Loewenberg, L. Da P. in Lon- 
don, MR IV, 1943. 

Daquin (dak'e), Louis-Claude (d’Aquin), * 4. 
7. 1694 und f 15. 6. 1772 zu Paris; französischer 
Organist und Komponist, Schüler March an ds, war 
bereits mit 12 Jahren Organist des Klosters Petit 
Saint-Antoine und ab 1727, nach einem Wettbe- 
werb mit Rameau, Organist an Saint-Paul in Paris, 
1739 auch Königlicher Kapellorganist. D., der zu 
seiner Zeit vor allem als Organist in hohem An- 
sehen stand, hinterließ an Kompositionen nur ein 
Premier Uvre de Pikees de clavedn (Paris 1735), 
Nouveau Uvre de Noelspour Vorgue et le clavecm op. 2 
und eine Kantate La Rose. Sein Sohn Pierre-Louis 
(* 1720 und f 1797 zu Paris) schrieb Lettres sur les 
hommes dlkbres dans les Sciences , la litterature et Vart 
sous le regne de Louis XV (Paris 1752, 2 Bände). 

Ausg.: eine Auswahl aus d. Pitees de clavedn, in: 
H.ExPERT,M&ftresfr£. du clavecm, hrsg. v.P.Brunold, 
Paris 1926; Livre de Noels, in Guilmant-Pirro III; 
Pieces de clavedn, in: Le Tresor des Pianistes, hrsg. 
v. A. Farrenc, Bd IX, Paris 1869; Noel, in: Liber 
Organi II, hrsg. v. E. Kaller, Mainz; 2 Stücke, in: 
Taguapietra AnL XII. 

D’Arcais, Francesco, Marchese di Valverde, 
* 15. 12. 1830 zu Cagliari (Sardinien), 1 14. 8. 1890 
zu Castelgandolfo bei Rom; italienischer Musik- 
kritiker, wuchs in Turin auf, wo er 1851 zum 
Dr.jur. promovierte. Er arbeitete an verschie- 
denen Zeitschriften mit, besonders an L’Opinione 
(ab 1853, zuerst in Turin, dann in Florenz, schließ- 
lich in Rom) und La Nuova Antologia. Von seinen 
Kompositionen sind die Opern I due precettori 
(Turin 1858) und Sganarello (Mailand 1871) hervor- 
zuheben. 

Lit: A. De Angeus, II marchese d’A., Musica d’oggi 
VII, 1925; ders., La musica a Roma nel sec. XIX, 
Rom 1935. 

Dards (dars'i), Francois-Joseph (d’Arcis, 
Darcy) , * um 1760 zu Wien, t nach 1783 in Ruß- 
land (durch Duell oder Selbstmord) ; französischer 
Komponist, Schüler Grdtrys, wurde als Wunder- 
kind vorgekdlt und begann mit 9 Jahren in Lon- 
don und Paris als Pianist und Organist aufzutreten. 
Er schrieb Sonaten und Airs sowie die einaktigen 
komischen Opern Le bal masqui (1772) und La 
f misse peur (1774). Nachdem er seines leidenschaft- 
lichen Lebenswandels wegen Frankreich hatte ver- 
lassen müssen, ging D. nach Rußland und kompo- 
nierte 1778 für Moskau noch eine russische Oper 
»Der Intendantt. 

Dard (da:r); französischer Komponist des 18. Jh., 
war in den 60er und 70er Jahren Fagottist der Cha- 
pelle Royale und des Opemorchesters, veröffent- 
lichte: Flötensonaten op. 1, Fagottsonaten op. 2; 
Arietten; Nouveaux prmdpes de tnusique, auxquels 
Vauteur a joint Vhistoire de la musique (Paris 1769). 

Dargillidres (darpj'err), französische Orgelbauer- 
familie des 16. und 17. Jh., ansässig in Paris. - 
1) Anthoine, f 1572, ab 1540 in Paris tätig, wurde 
vom König 1554 zum Organisten, 1557 zum Or- 
gelmacher der Hofkapelle ernannt. Er ist als Ver- 
fertiger von drei Orgeln in Paris (1550-65) be- 


kannt. - 2) Gabriel, wahrscheinlich Bruder des 
vorigen, wirkte 1559 in Sarcelles bei Paris, 1566 
in Nemours (Ile de France), 1569 in Dammarie-les 
Lys (Brie), 1570 in Paris und 1579 in Chartres. Er 
wird zuletzt 1581 genannt. - 3) Tehan, wahr- 
scheinlich Bruder der vorigen, auch Spinettbauer, 
reparierte 1570 die Orgel der Sainte-Chapdle und 
1573 die der Kirche Saint-Etienne-du-Mont in 
Paris. 1577 arbeitete er in Rouen, 1587 in Monti- 
villiers (Normandie). - 4) Raoul, wahrscheinlich 
Bruder der vorigen, wird 1580 in Rouen genannt. 

- 5) Roch, * 27. 1. 1559 zu Paris, Sohn von 
Anthoine D., reparierte 1591 die von Jehan D. 
gebaute Orgel an Saint-Michel in Rouen, im 
gleichen Jahre eine Orgel in Gisors (Normandie), 
arbeitete 1595-98 in Chartres, fortan in der Nor- 
mandie (Rugles 1603, Evreux und Beaumont-lc- 
Roger 1606, Bemay 1607). Weiter sind bekannt: 

- 6) Paul, 1591 inMantes-sur-Seine (Ile de France), 

- 7) Guillaume, 1617 in Alen^on (Normandie) 
und Saintc-Suzanne bei Le Mans, 1621 in Eu (Nor- 
mandie). 

Lit: M. Brenet, Les Musiciens de la Ste-Chapelle, 
Paris 1910; F. Raugel, Les Grandes Orgues ... de 
Paris, Paris 1927; N. Dufourcq, Documents intdits 
relatifs ä l’orgue fr?. I, Publications de la Soc. fr?, de 
musicologie II, 5, Paris 1934; Fr. Lesure, L’orgue de 
St-Gervais, Rev. de MusicoL XXXIII, 1951 (= t. 
XXX). 

Dargomyschsldj, Alexander Sergejewitsch, *2. 
2. 1813 auf dem Gut seines Vaters im Gouverne- 
ment Tula, t 5. 1. 1869 zu St. Petersburg (nach 
neuem Stil 14.2.1813 - 17.1.1869); russischer 
Komponist, lebte ab 1817 in St. Petersburg, bildete 
sich zu einem glanzenden Pianisten aus und begann 
schon früh zu komponieren. 1831-35 war er 
Beamter und lebte fortan der Komposition. Rat- 
schläge Glinkas, mit dem er 1834 bekannt wurde, 
bildeten seinen einzigen Komporitionsunterricht. 
In seiner ersten Oper Esmeralda (nach Victor Hugo, 
1836-40; 1847), lehnte sich D. noch ganz an Auber 
und Haldvy an. Ihr folgte die Kantate DasBakchus- 
fest (auf einen Text Puschkins, 1843-46, zu einer 
Ballettoper umgearbeitet 1848; 1887), und die 
Oper Rusalka (nach Puschkin, 1845-55, St. Peters- 
burg 1856), die seinen Ruhm begründete, sowie 
3 Orchesterstücke: Baba-jaga (1861-62), Tschu- 
chonskaja fantasija (1862) und Malorossijskij (Klein- 
russischer) Kasatschok (1864). In den 60er Jahren 
kam er mit Balakirew und dessen Kreis zusammen. 
Seine letzte Oper war Kamennyj Gost (Der stei- 
nerne Gast), in dem er unter Verricht auf rein 
m usikal i s che Formen Puschkins Drama wortgetreu 
vertonte; die 1866 begonnene Oper blieb unvoll- 
endet; auf D.s Wunsch schrieb Cui das Vorspiel 
und ergänzte den ersten Akt, während Rimstrij- 
Korsakow die Instrumentation besorgte; das Werk 
wurde 1872 in St Petersburg aufgeführt. Ferner 
schrieb D. ungefähr 90 Lieder, hauptsächlich auf 
Gedichte von Puschkin, Lermontow, Bdranger, 
A. W. Kolzow, P. J. Weinberg und W. S. Ku- 
rotsc hk i n sowie Skizzen zu einer Oper Rogdana . 

Lit: A. S. D., Awtobiografija, hrsg. v. N. Findeisen, 
Petrograd 1921, russ.; A. S. D., Izbrannye pisma I 
(ausgew. Briefe), hrsg. v. M. S. Pekelis, Moskau 
1952. - A. N. Serow, Rusalka-Opera A. S. D., Mos- 
kau 1953; N. Findeisen, A.S.D., Moskau 1904, 
russ. ; O. v. Riesemann, Monographien zur russ. Mu- 
sik I, München 1923; ders., Gesch. d. russ. Musik, 


368 



Dassoucy 


Lpz. 1926; A. N. Drosdow, A. S. D., Moskau 1929, 
russ.; Russkij romans (Das mss. Lied), eine Slg v. 
Aufsätzen, hrsg. v. B. W. Assafjew, Moskau-Lenin- 
grad 1930; M. D. Calvocoressi u. G. Abraham, 
Studies in Russian Music, London (1935); diess., 
Masters of Russian Music, London 1936; G. Abra- 
ham, On Russian Music, London (1939); A. Einstein, 
Music in the Romantic Era, NY 1947; M. Pekelis, 
D. i narodnaja pesnja (D. u. d. Volkslied), Moskau- 
Leningrad 1951. 

D’Arienzo, Nicola d’Arienzo. 

Darke (da:k), Harold Edwin, * 29. 10. 1888 zu 
Highbury (London); englischer Organist und 
Komponist, studierte am Royal College of Music 
Orgel bei Parratt, Komposition bei Stanford und 
Klavier bei H. Sharpe. 1916 wurde er Organist an 
St. MichaeFs Church in Comhill (London) und 
veranstaltete viele Orgel- und Chorkonzerte, auch 
mit der 1924 von ihm gegründeten City of London 
Choral Union. 1941-45 war er Organist am 
King’s College in Cambridge und wirkt jetzt als 
Lehrer am Royal College of Music sowie als Or- 
ganist und Chorleiter an St. MichaePs in Co mhill _ 
D. schrieb: Ye watchers für Frauenchor und Orch. 
(1923); Herbstkantate The Sower (1929); A Hymn 
of Heavenly Beauty (1935); Kantate The Beatitudes; 
A song of David für Chor und Orch. (1956), Sym- 
phonie Switzerland , eine Orchestersuite, eine Ou- 
vertüre, 3 Violinsonaten, Orgel- und Klavierstücke 
sowie Lieder. 

Daraton (d'arnten), Christian, * 30. 10. 1905 
zu Leeds; englischer Komponist, Schüler des Royal 
College of Music und Buttings in Berlin. Er schrieb 
eine Oper Fantasy Fair , mehrere Bühnenmusiken 
für das Londoner Old Vic. Theatre, Filmmusiken, 
Orchesterwerke (Symphonien, Five Pieces ), Sin- 
fonietta für Kammerorch. (1933), ein Klavierkon- 
zert (1933) und ein Concertino für KL und Orch., 
Konzert für Va und Streicher (1935), Suita concer- 
tante per violino solo e diversi istrumenti (1936), 
Swansong (5 Gedichte von R. Nichols) für S. und 
Orch. (1935), Kantate Jet Pilote für Bar., Chor und 
Orch., Kammermusik (Streichquartett 1934, Ok- 
tett 1926, Suite für FL, Va und Harfe 1935), Epic 
Suite für V. und KL und ein Buch You and Music 
(in den Pdican-Series, London 1940). 

Darande&u (dar3d'o), - 1) Bononi, * um 1740 
zu München, f nach 1789 wahrscheinlich zu Paris; 
französischer Gesanglehrer, ab 1782 in Paris tätig, 
komponierte eine Oper Le soldat par amour (1789) 
und Romanzen. - 2) Henry, * 28. 2. 1779 zu 
Straßburg, 30. 7. 1865 zu Paris; französischer 
Komponist, Sohn von Bononi D., studierte am 
Pariser Conservatoire, schrieb noch während seiner 
Lehrzeit die Opern Adkle et Fulbert (1800) und La 
surveillance en difaut (1801), bald darauf Acis et 
Galathie (1806), kleinere Bühnenwerke, Romanzen 
und Duette, lebte bis 1836 und wieder ab 1860 als 
Klavierlehrer in Paris, in der Zwischenzeit in 
Bourges. Er veröffentlichte auch 2 Sonaten, Phan- 
tasien, Potpourris und Variationen für Kl. 

Lit: C. Pierre, Le Conservatoire..., Paris 1900; 
H. Gougelot, La Romance Frp. . . ., Malun 1938. 

Dart (da:t), Thurston, *3. 9. 1921 zu London; 
englischer Musikforscher, Schüler des Royal Col- 
lege of Music, studierte danach Mathematik an der 
Londoner Universität und wirkt seit 1947 als Do- 


zent für Musik an der Universität Cambridge. 
D., der sich auch als Interpret alter Klaviermuak 
einen Namen machte, ist Herausgeber des Galpin 
Society Journal seit seinem ersten Erscheinen 1948 
und Sekretär der Musica Britannica. Neben Neuaus- 
gaben alter Musik schrieb er Beiträge für mehrere 
Zeitschriften (darunter ML, MR, RBM, Proc. 
Mus. Ass.) und The Interpretation of Music (New 
York 1954). 

Daschi (dasj), George, * 14. 5. 1877 zu Cincinnati 
(Ohio), f 12. 4. 1955 zu Chicago; amerikanischer 
Dirigent und Violinist, wirkte nach Studien am 
Cincinnati College of Music als Violinist 1895-98 
beim Cincinnati Symphony Orchestra, 1898-1923 
beim Chicago Symphony Orchestra, leitete ver- 
schiedene Orchester (Little Symphony Orchestra 
in Chicago, Evanston und Joliet Symphony Or- 
chestra) und wirkte in mehreren Quartettvereini- 
gungen (darunter im Philharmonie String Quartet, 
aas später als George Dasch Quartet bekannt 
wurde). D. war Mitarbeiter der Series of Sym- 
phony Programs for School and Community Or- 
ches tras und hinterließ einige Orchesterwerke so- 
wie Bearbeitungen. 

Daser, Ludwig, * um 1525 zu München, f 27. 
3. 1589 zu Stuttgart; deutscher Komponist, wurde 
in der Münchner Hofkantorei erzogen und 1552 
ihr Kapellmeister, aber, jedenfalls um Lasso Platz 
zu machen, 1559 pensioniert. Am 28. 1. 1572 trat 
er das Amt des Hofkapellmeisters in Stuttgart an. 
Gedruckt sind von ihm Passionis Domini nostri . . . 
historia, 4st. (München 1578) und einige Motetten 
in Orgeltabulaturbüchem vonj. PaixundJ. Woltz. 
Handschriftlich sind erhalten: 11 4st., 10 5st. und 
eine 6st. Messe; 2 Proprium szyklen ; 24 4-8st. 
Motetten und 34 deutsche geistliche Lieder. 

Lit: J. Sittard, Zur Gesch. d. Musik u. d. Theaters 
am Württemb. Hofe I, Stuttgart 1890; O. Kade, 
Die ältere Passionskomposition, Gütersloh 1893, da- 
rin Teile d. Passionshistorie; A. Sandberger, Beitr. 
zur Gesch. d. bayer. Hofkapelle I, Lpz. 1894, S. 39 ff-, 
S. 46 ff. 2 Briefe D.s; B. A. Wallner, Musikalische 
Denkmäler d. Steinätzkunst, München 1912; E. 
Schmid, Der Vorgänger O. di Lassos ...» 75 Jahre 
Stella Matutina I, Feldkirch 1931 ; H. Marquardt, 
Die Stuttgarter Chorbücher, Diss. Tübingen 1934, 
gedruckt 1936; K. Kellogg, Die Messen v. L. D., 
Diss. München 1938; A. Schneiders, L. D.: Beiträge 
zur Biogr. u. Kompositionstechnik, Diss. München 
1953, maschr. 

Dassoucy (dasus'i), eigentlich Charles Coypeau 
(Coipeau), * 16. 10. 1605 zu Paris, f nach 1674 
wahrscheinlich zu Paris; französischer Schrift- 
steller und Lautenist, kam nach Jahren des Herum- 
wandems 1635 an den Hof Louis* Xffl. Bei der 
Aufführung von L. Rossis »Orfeo« in Paris (1647) 
wirkte er als Theorbist mit. Ab 1653 wanderte er 
wieder und ging nach Lyon (wo er mit Molifcres 
Truppe arbeitete), Montpellier, Turin, Rom, 
schließlich zurück nach Paris. Von seinen musi- 
kalischen Werken ist nur das Textbuch einer Oper 
Les atnours d 9 Apollon et de Daphni (Paris 1650) und 
eine Sammlung 4st. Airs (Paris 1653, unvollstän- 
dig; darin die von D. zu P. Comeilles »Andro- 
mede« geschriebenen Stücke) erhalten. 

Ausg.: Oeuvres autobiographiques, hrsg. v. E. Co- 
lombey, Paris 1858. 

Lät.: H. Prumäres, L’Opära italien en France, Bibi, 
de Nnstitut frg. de Florence I, 3, Paris 1913; ders.. 


24 


369 



Dattari 


Les singuli&res aventures de Monsieur D., RM XIX, 
1938 ; J. Teeksot, La musique dans les comddies de 
Moliöre, Paris 1921 ; R. Cotte, Un artiste maudit: 
D., Le Courrier des Arts et des Lettres, Paris, 16. 6. 
1948. 

Dattari, Ghinolfo, * um 1540 und f hn Mai 
1617 zu Bologna; italienischer Komponist, war in 
Bologna ab 1555 Sänger an San Petronio, 1577-79 
Vizekapellmeister. Er schrieb Villan eilen, die einen 
spezifischen. Bologneser Stil zeigen: Cemzoni ViU 
Umesche , 4st. (Mailand 1564), Le ViUanelle , 3-5st. 
(Venedig 1568). 

Daube, Johann Friedrich, * um 1733 wahr- 
scheinlich zu Kassel, f 19. 9. 1797 zu Wien; deut- 
scher Theorbist und Musiktheoretiker, wurde 1744 
Hofmusikus in Stuttgart, lebte ab 1770 als Sekretär 
der Augsburger »Fiandsdschen Akademie der 
freyen Künste und Wissenschaften« in Wien und 
schrieb : General-Baß in drey Accordert (Leipzig 1756), 
worin Rameaus Anschauungen für die Praxis ver- 
wertet werden. Der musikalische Dilettant, eine 
Wochenschrift in 3 Jahrgängen (Wien 1770, 1771 
und 1773), die in fortlaufender Folge eine Kompo- 
sitionslehre sowie Lieder und Insmimentalstücke 
enthält, und Anleitung zum Selbstunterricht in der 
musikalischen Compositian (2 Teile, Wien 1797-98). 
Handschriftlich erhalten sind 2 Symphonien und 
ein Trio für Laute, FL und B.c. 

Ausg. : Trio D moll f. Laute, FL u. KL, hrsg. v. H. 
Neemann, Bin 1927. 

Lit.: J. Sittard, Zur Gescb. d. Musik u. <L Theaters 
am Württemberg. Hofe II, Stuttgart 1891; Riemann 
MT h; F. Freude, Die KaiserL Frandsdsche Aka- 
demie . . Zs. d. hist Ver. f. Schwaben u. Neuburg 
XXXIV, 1908; M. Lange, Beiträge zur Entstehung d. 
südwestdeutschen Klaviersonate . . ., Diss. Gießen 
1930, darin Teile einer Sonate von D. 

Daublaine Sc Callinet (dobl'sm e kalin'e), Pa- 
riser Orgelbaufinna, gegründet 1838 als Daublaine 
et Cie.; der Initiator des Geschäfts war F. -* Dann 
jou, der aus einer alten, im Elsaß beheimateten 
Orgelbauerfarnilie stammende Louis Callinet 
{* 1797 zu Rufiäch im Elsaß, emgetreten 1839) 
hatte die technische Leitung, während Daublaine 
der Kaufmann war. Callinet überwarf sich 1843 
mit seinem Assocfe, zerbrach alles, was er von der 
im Bau begriffenen Orgel für St-Sulpice gefertigt 
hatte, trat ans und wurde Arbeiter bei Cavailld. 
An seiner Stelle trat Barker ein. Der Name der 
Firma, die wiederholt in andere Hände überging, 
veränderte sich 1845 in Ducroqnet & Cie., 1855 
in Merklin, Schütze & Cie. J. Meridin war 
lange Zeit allem Leiter der Firma, die ihren Haupt- 
sitz nach Lyon verlegt hatte und in Paris nur noch 
eine Nebenwerkstatt unterhielt. Sie wurde ab 1899 
als Socidtd Guttschenritter & Decoq weiter- 
geführt, stellte dann aber bald den Bau von Orgeln 

dn_ 

Dauprat (dopr'a), Louis Francois, * 24.5. 
1781 undf 16. 7. 1868 zu Paris ; französischer Horrt- 
virtuose und Komponist, Schüler von Kenn und 
1801-05 von Catd und Gossec, 1806 1. Hornist am 
Theater in Bordeaux und 1808 Nachfolger Kenn« 
und Duvemoys an der Pariser Oper, Kammermu- 
siker Napoleons und Ludwigs XVÜL, 1817 Pro- 
fessor des Horns am Conservatoire. Seine Werke 
sind: Miihode pour cor dito et cor hasse (3 Teile, 
Paris o.J.), Homkonzerte und viele Kammer- 


musikwerke mit Hom; Manuskript blieben Sym- 
phonien, ein Traiti d t harmonie und eine Thiorie 
analytique de la musique. 

Dauriac (do g'ak), Lionel Alexandre (d’Auriac), 
* 19. 11. 1847 zu Brest (FinistÄre), 1 26- 5. 1923 zu 
Paris; französischer Philosoph und Musikforscher, 
1881 Professor der Philosophie in Montpellier, ab 
1895 in Paris, wo er an der Sorbonne 1896-1903 
über Ästhetik und Tonpsychologie las. D. war der 
erste Vorsitzende der Pariser Sektion der Inter- 
nationalen Musikgesellschaft (SIM) und ab 1907 
ihr Ehrenpräsident. Außer philosophischen Arbei- 
ten schrieb er: La psychotogie du musicien (Paris 
1895), La psychologie dans Vopdra jrangais (Paris 
1897), Les orgues de Fribourg (Paris 1898), Essai sur 
Vesprit tnusical (Paris 1904), Rossini (in: Les musi- 
aens cd&bres, Paris 1905), Le musitien-polte Richard 
Wagner (fitude de psychologie musicale suivi d’une 
bibfiographie raisonnfe des ouvrages consulfes, 
Paris 1908) und Meyerbeer (in: Les maitres de la 
musique, Paris 1913). 

Daussoigne-Mdhul (do sü'aji-mc'ül) , Louis Jo- 
seph, * 10. 6. 1790 zu Givet (Ardennen), t 10. 3. 
1875 zu Lüttich; französischer Komponist, Neffe 
und Pflegesohn von Et. N. Mdiul, am Pariser Con- 
servatoire Schüler von Catd und Mdiul, erhidt 
1809 den Rompreis und versuchte sich nach der 
Rückkehr aus Italien mit mittelmäßigen Erfolgen 
als Opernkomponist. 1827 wurde er Direktor des 
Konservatoriums in Lüttich, das er bis 1862 leitete. 
In den von ihm beendeten posthumen Werken 
seines Oheims konnte die Kritik nicht unterschei- 
den, was von ihm oder von jenem herrührte. D. 
veröffentlichte musikalische Abhandlungen in den 
Bulletins der Brüsseler Akademie. 

Dauvergne, Antoine -> d’ Auvergne. 

Davaux (da^o), JeanBaptiste (d’Avaux), *19. 
7. 1742 zu la Cöte-St-Andfe (fcdre), f 22. 2. 1822 
zu Paris ; französischer Komponist, einer degenigen, 
wdchte den durch die Mannheimer aufgebrachten 
neum^S^ onies^^ebhaff auf griffen. Eine jjroße 

2 Solo-V. und durch Höröer und Oboen ver- 
stärktem Tutti, zahlreiche Streichquartette, Trios 
und Duette erschienen in Paris, Amsterdam und 
London im Druck, auch wurden in Paris 2 Opern 
von ihm aufgeführt. 

D’Avenant (d'evnaent), Sir William (Dave- 
nant), * im Februar 1606 zu Oxford, 1 7. 4. 1668 
zu London; englischer Dramatiker, erhidt 1639 
ein Patent zur Errichtung eines Theaters (der Plan 
wurde erst nach seinem Tode ausgeführt), hidt 
sich in den folgenden Bürgerkrieg^ ähren auf sei- 
ten des Königs und entging 1650 nur knapp der 
Hinrichtung wegen geheimer Betätigung. D*A. 
wollte den stfle redtativo zur Vertonung heroischer 
Tragödien in England embürgem. Sein wichtigstes 
Unter nehm en in dieser Richtung ist: The Siege of 
Rhodos (1656), Musik zum 1. und 5. Akt von HL 
Lawes, zum 2. und 3. Akt von H. Cooke, zum 
3. Akt von Locke, ferner Instrumentalstücke von 
Ch, Coleman und G. Hudson. Zusammen mit 
einem ebenfalls flh ftnrifnllffndf!« 2. Teil wurde das 
Stück 1661 wiedemufgenommen ( wahrsdheinlicfa 
auch 1659). Das Stück gilt als die erste «nglisrhe 


370 




David 


Oper. Die weiteren Opern D’A.s sind: The Cruelty 
ofthe Spattiards in Peru (1658) und The History of 
Sir Francis Drake (1659, Locke, beide als Episoden 
1662 in The Playhouse to Be Let aufgenommen) 
sowie Circe (auf geführt 1677, J. Banister). 

Ausg.: Collected Dramas, 5 Bde, Edinburgh 1872-74, 
in d. Reihe Dramatists of the Restoration, hrsg. v. 
J. Maidenent u. W. H. Log an. 

Lit. : E. J. Dent, Foundations of Engl. Opera, Cam- 
bridge 1928; E. W. White, The Rise of Engl. Opera, 
London 1951. 

Da Venezia, Franco, * 2. 11. 1876 zu Venedig, 
f 23. 9. 1937 zu Turin; italienischer Komponist, 
war 1904-07 Klavierlehrer am Iiceo musicale, dann 
Leiter einer Privat-Klavierschule in Turin, zuletzt 
Direktor der Accademia Benedetto Marcdlo in 
Venedig. 1904 gewann er den Preis Sonzogno mit 
der Oper II Domino Azzurro, 1908 mit dem Or- 
chesterwerk Tema e variazioni. Ferner schrieb er 
Klavierwerke, Cellosonate, Violinsonate, Klavier- 
konzert, Phantasie für 2 KL und Orch., Suite vene- 
ziana für Orch., symphonische Dichtung La tem - 
pesta. 

Davenport (d'e: vonport), Francis William, 
* 9. 4. 1847 zu Wilderdowe bei Derby, f 1- 4. 1925 
zu Scarborough; englischer Komponist, wurde 
Schüler und später Schwiegersolm von G. A. 
Macfarren, 1879 Professor an der Royal Academy 
of Music und 1882 an der Guildha.ll School of 
Music, schrieb: 2 Symphonien in D moll und C 
dur; Prelude and Fugue für Orch.; Ouvertüre zu 
Shakespeares Twelfth Night ; Klaviertrio B dur; 
Cellostücke, Lieder, Chöre und 3 Lehrbücher. 

D’Avesnes (dav'ern), Pierre Just, f nach 1784; 
französischer Violoncellist und Komponist des 
18. Jh., von dem das Concert Spirituel 1749-51 
3 Motets, 1757 2 Symphonien und 1760 ein Ora- 
torium La conquSte de Jdricho brachte. Ferner er- 
schienen von ihm Six Ouvertures op. 1 (Paris, vor 
1754), Arietten und Tänze. 1750-o6 spielte er im 
Pariser Opemorchester. Er ist nicht zu verwechseln 
mit dem Librettisten Jean Pierre Davesne 
(1714-42). 

Lit.: M. Brenet, Les concerts en France . . ., Paris 
1900. 

Davey (d'e:vi), Henry, * 29. 11. 1853 zu Brigh- 
ton, f 28. 8. 1929 zu Hove (Sussex) ; englischer 
Musikforscher, studierte 1874-77 am Leipziger 
Konservatorium und war dann bis 1903 in Brigh- 
ton als Lehrer tätig. Seine musikalischen, auf ein- 
gehenden Quellenstudien beruhenden Schriften 
sind: The Student 9 s Musical History (London 1891, 
81920); History of English Music (London 1895, 
21921) ; Handel (London 1912, neue Ausgaben 1922 
und 1947). 

D^vico, Vincenzo, * 14. 1. 1889 zu Monaco; 
monegassischer Komponist, studierte erst in Turin, 
dann bis 1911 am Leipziger Konservatorium bei 
Reger, lebte lange in Paris, wo er sich den Anhän- 
gern Debussys anschloß. Jetzt wirkt er beim italie- 
nischen Rundfunk in Rom. Werke: Opern La 
Dogaressa (Monte Carlo 1920), La Prindpessa Pri - 
gioniera (Bergamo 1941) und Berlingaccio (1931) ; 
Konzertoper La Tentazione di S . Antonio (1914), 
Offrande Lyrique (1921) und Euridice (1932) für S. 
und Orch., Cantata breve (1945) für Bar., Chor und 


Orch., Requiem pour la mort (Tun pauvre (1950) für 
Soli, Chor und Orch.; Poliphhne (1910), La Princi- 
pessa lontana (1911), Impressioni romane (1913) und 
Impressioni dal mio diario di viaggio (1949) für Orch.; 
Klavierstücke und etwa 200 französische und italie- 
nische Lieder. 

Lit.: M. Zanotti Bianco, Le Eriche di V. D., Musica 
d’oggi, Maüand 1924; G. C. Gedda, V. D. e ü suo 
impressionismo, RMI XXXVIII, 1931; L. Rocca, 
V. D., Boll. BibL Mus. 1932; E. Marino, Profilo di 
V. D., in: Musica e Dischi, Mailand 1952. 

David, König von Israel im 10. Jh. vor Christus, 
war ein Sohn des Isai (Jesse) und stammte aus Beth- 
lehem. Nach den bibfikhen Berichten wurde er als 
Hirt an den Hof geholt, um mit seinem Harfenspiel 
den Zorn König Sauls zu besänftigen. Daher winde 
er in späterer Zeit als Erfinder verschiedener In- 
strumente angesehen und vorzugsweise mit der 
Harfe dargestellt, gelegentlich auch in Adaptation 
der Orpheus-Sage mit der Leier. 73 der im Buch 
der Psalmen gesammelten Lieder gelten als Psalmen 
Davids. Da die Psalmen Hinweise auf das Musik- 
leben der Juden geben und im Kirchengesang seit 
jeher eine bedeutende Rolle gespielt haben, be- 
rühren die Psalmenkommentare der Kirchenväter 
und des Mittelalters oft musikalische Fragen. In der 
neueren Musik behandeln David eine von Kuhnaus 
»Biblischen Historien« (1700), Opern von Caldara 
(1724), Iiverati (1802), Mennet (1846) und Mil- 
haud (1954) sowie Oratorien von Mozart (»Davide 
penitente«, 1785) und A. Honegger (»Le roi David«, 

Lit.: H. Abert, Die Musikanschauung d. MA, Halle 
1905 ; C. M. Kaufmann, Hdb. d. christlichen Archäo- 
logie, Paderborn 1922; A. Alt, Artikel D., Religion 
in Gesch. u. Gegenwart I, Tübingen 21927 (mit Bi- 
bliogr.); K. Künstle, Ikonographie d. christlichen 
Kunst, Freiburg L Br. 1928; L. Schradb, Die Dar- 
stellungen d. Töne . . ., DVjs. VII, 1929; G. Kinsky, 
Gesch. d. Musik in Bildern, Lpz. 1929; W. Hautt- 
mann. Die Kunst des frühen MA, Bin 1929: Th. 
G£rold, Les pires de l’öglise et la musique, Paris 
1931 ; B. Fischer, Die Psalmenfrömmigkeit d. frühen 
Kirche, Freiburg i. Br. 1949. 

David, Fdlicien Cdsar, * 13. 5. 1810 zu Cadenet 
(Vauduse), *f 29. 8. 1876 zu St-Germain-en-Laye; 
französischer Komponist, zunächst in Aix als Ka- 
pellmeister und Chorleiter tätig, ab 1830 in Paris, 
wo Cherubini seine Aufnahme ins Conservatoire 
veranlaßte. D. wurde Schüler von Fdtis (Kompo- 
sition) und Benoist (Orgel), nebenher Privat- 
schüler bei Reber. 1831 schloß er sich der sozia- 
listisch-religiösen Sekte der Saint-Simonisten an 
und ging, als die Sekte gerichtlich aufgehoben 
wurde, mit einigen anderen Aposteln als Missionar 
der neuen Lehre 1833 nach dem Orient (Konstanti- 
nopel, Smyrna, durch Oberägypten nach dem 
Roten Meer), kehrte aber 1835 nach Paris zurück. 
Seine 1835 veröffentlichte Sammlung orientalischer 
Gesänge machte nicht den erwarteten Eindruck, 
worauf D. sich aufs Land zurückzog, wo er eine 
große Anzahl Instrumentalwerke schrieb, von 
denen einige in Paris zur Aufführung kamen. 1844 
endlich gelang es ihm, seine Ode-Symphonie Le 
disert (Die Wiste) in der Salle du Conservatoire 
zur Aufführung zu bringen, ein Werk, in welchem 
die Eindrücke der orientalischen Reise musikalisch 
fixiert sind. Der Erfolg war außerordentlich, und 
D. wurde als der Schöpfer einer neuen Musik- 


24* 


371 



David 


gattung, der »exotischen Musik«, gefeiert. 1845 be- 
surhte er, Berlioz’ Beispiel folgend, Deutschland, 
erregte aber nur wenig Interesse. In Paris wurde 
sein Oratorium Moise au Sinai (1846) ruhiger auf- 
genommen als Le desert , auch die Ode-symphonie 
Christophe Colomb (1847) und das Mysterium VEden 
(1848) erreichten nicht den Erfolg des früheren 
Werkes, aber D. hatte doch freie Bahn und fand 
auch die Pforten der Opernhäuser für seine Werke 
offen. 1851 brachte er La perle du Brisil (Thdätre 
Lyrique) zur Erstaufführung. La fin du tnonde (»Le 
demier amour«) wurde des seltsamen Sujets wegen 
von der Großen Oper abgelehnt und am Theätre 
Lyrique einstudiert, aber nicht auf geführt ; erst 1859 
brachte es die Große Oper als Herculanum. 1862 
folgte mit großem Erfolg Lalla Roukh und 1865 
Le saphir . Eine fünfte Oper, La captive 9 zog D. 
selbst wieder zurück. Von seinen übrigen Werken 
sind besonders 24 Streichquintette (Les quatre Sai- 
sons) i, 2 Nonette für Blasinstrumente, 4 Sympho- 
nien, Klavierstücke, Chore und Lieder zu nennen. 
D. erhielt 1867 von der Akademie den großen 
Staatspreis von 20000 Franken, wurde 1869 an 
Berlioz’ Stelle zum Akademiker gewählt und war 
auch als Bibliothekar am Conservatoire sein Nach- 
folger. D.s Schaffen, das man stilistisch in die Nähe 
desjenigen von Schumann gestellt hat, ist, unter 
häufiger Verwendung orientalischer Themen, 
weitgehend von der Melodik her geprägt. Ein 
eigenes Verdienst kommt D. in der Schaffung eines 
orientalischen Opemvorwurfs zu, der bis zu Ver- 
dis »Aida« bei vielen Komponisten Nachfolger ge- 
funden hat. 

Lit.: S. Saint-Etienne, Biogr. de F. D., Marseille 
1845; E. de Merecourt, F. D. f Paris 1854, «1856; 
A. Azevedo, F. D., sa vie et ses ceuvres, Paris 
1863; J. G. Prod’homme, F. D. d’aprfcs sa correspon- 
dance inddite et celle de ses amis 1832-64, in: Mer- 
eure mu&ical 1907; R. Brancour, F. D., Paris 1911. 


David» Ferdinand, * 19. 6. 1810 zu Hamburg, 
1 19. 7. 1873 zu Klosters (Schweiz) ; deutscher Vio- 
linist, war 1823-24 Schüler von L. Spohr und M. 
Hauptmann in Kassel, trat bereits 1825 mit seiner 
Schwester Luise, der späteren Frau Duicken, auf, 
wurde 1826 Violinist am Königsstädtischen Thea- 
ter in Berlin, wo er mit F. Mendelssohn bekannt 
wurde, 1829 1. Gtiger im Privatquartett des Land- 
rats von Liphart in Dorpat, mit dessen Tochter er 
sich sjpäter vermählte, und machte sich von Dorpat 
aus einen Namen als Violinist in St. Petersburg, 
Moskau und Riga. 1835 zog ihn Mendelssohn als 
Konzertmeister an das Gewandhaus nach Leipzig; 
seit der Gründung des Konservatoriums 1843 war 


leite am 18. 3. 1845 
von Mendels- 


er dort Violinlehrer. David 
im Gewandhaus die Ural 
sohns Violinkonzert, an dessen Entstehung er seit 
1838 tätigen Anteil genommen hatte. Doch war er 
vor allem als Konzertmeister und Lehrer hoch- 
berühmt. Werke : 5 Violinkonzerte, 2 Symphonien, 
Oper Hans Wacht , Violinstücke und Lieder. Wich- 
tiger waren seine Bearbeitungen und Ausgaben von 
Werken J. S. Bachs (Ausgabe der Violin-Soloso- 
naten und -suiten Leipzig 1843) und anderer, auch 
Sammlungen, vor allem Die hohe Schule des Violin - 
spiels (Leipzig 1867-72, 2 1903, herausgegeben von 

H. Petri), Vorstudien dazu (um 1870), Violinschule 
(Leipzig 1863). Unter D.s Schülern sind Wil- 
hehnj, W. J. v. Wasielewski, G. J. Japha, E. 


Röntgen und J. Joachim zu nennen. D.s Sohn 
Peter Julius Paul, * 4. 8. 1840 zu Leipzig, j* 21. 

1. 1932 zu Oxford, war 1862-65 Konzertmeister in 
Karlsruhe, ließ sich dann als Musiklehrer in Up- 
pingham (England) und 1907 in Oxford nieder. 
1908 wurde er Master of Music in Cambridge. 
Lit.: J. Eckardt, F. D. u. d. Familie Mendelssohn- 
Bartholdy, Lpz. 1888; A. Bachmann, Les grands 
violonistes du pass6, Paris 1913; A. Moser, Gesch. 
d. Violinspiels, Bin 1923. 

David, -1) Johann Nepomuk, *30.11.1895 zu 
Eferding (Oberösterreich); österreichischer Kom- 
ponist, war Chorknabe am Stift St. Florian und 
wurde nach weiteren Schuljahren in Kremsmün- 
ster zunächst Volksschullehrer. Daneben studierte 
er Komposition, zunächst autodidaktisch, 1920 bis 
1923 bei J. Marx an der Wiener Akademie für 
Musik und darstellende Kirnst. 1924-34 war D. 
Organist und Leiter des Bach-Chors in Wels (Ober- 
österreich), dann Kompositionslehrer am Leipziger 
Konservatorium, das er ab 1939 leitete. In gleicher 
Stellung wirkte er 1945-48 in Salzburg, um dann 
als Kompositionslehrer an die Stuttgarter Musik- 
hochschule zu gehen. Wie sein Landsmann Bruck- 
ner verleugnet D. auch als Komponist nicht die 
Herkunft von der Orgel; das Erlebnis der Musik 

J. S. Bachs und der Barockzeit spiegelt sich in sei- 
nem Chorschaffen und dem großangelegten Choral- 
werk für Orgel, das in bisher 12 Heften einen voll- 
ständigen Überblick über die heutigen Möglich- 
keiten der Orgelkomposition und des Orgelspiels 
vermittelt, aber auch in den Symphonien, in denen 
D. - bei reicher kontrapunktischer Arbeit - gern 
allen Sätzen ein einziges »Urthema« zugrunde 
legt. Werke: Ricercare C moll (1925) und Cha- 
conne A moll (1927) für Org.; Stabat mater 
für 6st. Chor (1928); 2 Hymnen, Passamezzo 
und Fuge G moll, Toccata und Fuge F moll (alle 
1928), Fantasia super L’homme arme (1929), Prae- 
ambulum und Fuge D moll (1930) und 2 kleine 
Präludien und Fugen A moll und G dur (1931) für 
Org.; Choralwerk für Org., (12 Hefte, 1932-52); 
Motetten Nun bitten wir den Heiligen Geist (4st.), 
Ein Lammlein geht (4st.) und Herr, nun selbst den 
Wagen halt (5st.; alle 1935); Streichtrio Gdur 
(1935); L Orchester-Partita D moll (1935); 2 Fan- 
tasien und Fugen E moll und C dur für Org. 
(1935); I. Symphonie A moll op. 18 (1936); Mo- 
tetten Ich wollt , daß ich daheime wär (4st.) und Ex 
deo nascimur (8st.; beide 1936); Duo concertante 
für V. und Vc. op. 19 (1937) ; 5st. Ricercare A moll 
für Org. (1937); II. Symphonie Emoll op. 20 
(1938); 2 Motetten op. 23 (4-6st.; 1939); Diverti- 
mento Kume, kum , geselle min für Kammerorch. 
oder für 5 Bläser und KL op. 24 (1939) ; Introitus, 
Choral und Fuge über ein Thema von A. Bruckner 
für Org. und 9 Bläser op. 25 (1939); Sonate 
für FL, Va und Gitarre op. 26 (1939); II. Or- 
chester-Partita Dmoll op. 27 (1940); HL Sym- 
phonie C moll op. 28 (1940); Kantate Fröhlich 
wir nun all fangen an für S., A., B., Ob. und Org. 
(1941); Bach-Variationen für Kammerorch. op. 
29a und Schütz-Variationen für SymphonieorcL 
op. 29b (1942); Gottesminnelieder der Mechthild 
von Magdeburg für S. und Org. (1942); 5 Solo- 
sonaten op. 31 ( I : FL, II: V., HI: Va, IV: Vc., V: 
Laute; 1943-44); 4 Duos op. 32 (I: Sonate für FL 
und Va, II: Variationen über ein eigenes Thema 


372 



Davison 


für Blockflöte und Laute, IH: Sonate für 2 V., IV: 
Sonate für Klar, und Va; 1943-48); 4 Streichtrios 
op. 33 In memoriam: N. Amati (I, G dur), A. Stradi- 
vari (II, E moll), G. Guameri (in, G dur),J. Stainer 
(TV, E moll; 1945-48) ; Motetten op. 34 (4st.; 1945) 
und op. 35 (4-6st.; 1946); Solo-Partita für V. op. 
37, 1 ; IV. Symphonie D moll op. 39 (1948) ; 2 Kon- 
zerte für Streichorch. D moll und E moll op. 40 
(1949-50); V. Symphonie op. 41 (1951); 4st. Deut- 
sche Messe a cappella op. 42 (1953); Sinfonia pre - 
classica op. 44; Violinkonzert op. 45; Sinfonia bre- 
vis op. 47 ; Requiem chorale für Soli, Chor und Orch. 
op. 48; VH. Symphonie op. 49 (1957). Ferner 
schrieb D. : Die Jupiter-Symphonie (Göttingen 1953) 
und Die zweistimmigen Inventionen von Johann Se- 
bastian Bach (= Kleine Vandenhoeck-Reihe 
XXXIV, Göttingen 1957). Auch D.s Sohn - 2) 
Thomas Christian, * 1925, hat sich als Chor- 
leiter und Komponist (Sonate für FL solo 1951; 
3 Streichquartette op. 6; Trios für FL, V. und Va 
op. 1,1 und op. 8) einen Namen gemacht. 

Lit. : Fr. Oeser, J. N. D., Jb. der deutschen Musik 
1943. 

David, Karl Heinrich, * 30. 12. 1884 zu St. 
Gallen, *f 17. 5. 1951 zu Nervi; Schweizer Kompo- 
nist, studierte in Köln und bei Thuille in München, 
war 1910-14 Theorielehrer am Basler Konserva- 
torium, 1915-17 in Köln und Berlin, ab 1918 als 
Kritiker in Zürich tätig und 1928-41 Schriftleiter 
der Schweizerischen Musikzeitung, ab 1944 Mu- 
sikkritiker der »Tat«. Seine zahlreichen Kompo- 
sitionen zeugen von sicherer Gestaltungskraft und 
moderner Haltung ; am glücklichsten gelangen ihm 
kleinere Stücke voll Humor, die an den Stil von 
J. Haas erinnern. D. schrieb: 2 Serenaden (G moll 
1910 und F dur 1911), Ballett (1930), Prilude et 
Scherzo (1940), Sinfonietta (1941), Pezzo sinfonico 
(1945), Sinfonie de la cdte <Targent (1948), Ouvertüre 
Mascarade für Orch. (1950); Partita für Streich- 
orch. und Pauken (1935), Concert drolatique für 
Kammerorch. (1936), Violinkonzert (1941), An- 
dante und Rondo für V. und Orch. (1926), Brat- 
schenkonzert (1944), Cellokonzert (1938), Concer- 
tino für Fag. und Streicher (1941), Konzert für 
Saxophon und Streichorch. (1947), Klavierkon- 
zert (1942); 5 Streichquartette (1911, 1917, 1921, 
1933 und 1947), Streicnquintett (1940), 2 Streich- 
sextette (1915 und 1922), Violinsonate (1939), 
Quartett für Fl. und Streichtrio (1923), 2 Quartette 
für Altsaxophon, V., Vc. und KL (1934 und 1946), 
Duo concertant für Fl. und Gitarre (1943), Duo für 
Hom und KL (1951), 2 Stücke für 2 KL und 9 
Blaser (1926), Klavier- und Orgelstücke; Lieder 
(darunter die 4 Verlaine-Lieder 1944), 3 Kantaten, 
Chorwerke, 2 Festspiele und die Opern Aschen- 
puttel (1921), Der Sizilianer (1924) und Traum- 
wandel (1928). 

Lit: W. Schuh, K. H. D., SMZ XCI, 1951. 

David, Samuel, * 12. 11. 1836 und f 30. 10. 1895 
zu Paris; französischer Komponist, Schüler von 
Bazin und Haldvy am Conservatoire, ab 1872 Mu- 
sikdirektor der Pariser israelitischen TempeL 1858 
erhielt er den Prix de Rome (Kantate Jephtka) und 
1859 einen Preis für ein Männerchorwerk mit 
Orch., Le gdnie de Ja terre, das von 6000 Sängern 
aufgeführt wurde. Neben zahlreichen komischen 
Opern und Operetten, von denen mehrere Ma- 


nuskript blieben, schrieb er auch 4 Symphonien, 
viele kleinere Gesänge und eine Abhandlung Vart 
de jouer en mesure (1862). 

Davidow, Karl und Step an -> Dawydow. 

Davies (d'e:vis), (Sir) Henry Walford, * 6. 9. 
1869 zu Oswestry (Shropshire), f 11. 3. 1941 zu 
Wrington (Somerset); englischer Organist und 
Komponist, wurde 1882 Chorknabe der St. Ge- 
orge’s Chapel in Windsor, 1885 Assistent von 
Walter Panatt, 1890 Schüler von Stanford und 
Parry am Royal College of Music und Organist an 
St. Anne’s, Soho. 1891-98 war er Organist der 
Christ Church, Hampstead, 1895-1903 Nachfolger 
seines Lehrers Rockstro als Kontrapunktlehrer am 
Royal College of Music, 1898-1923 Organist der 
Temple Church, war 1919-26 Professor am Uni- 
versity College of Wales in Aberystwyth, wurde 
1922 geadelt und 1924 Gresham Professor of 
Music. 1924 begann auch seine Mitarbeit an der 
British Broadcasting Corporation, in der er einige 
große Reihen von Vorträgen hielt: 1924-34 Sen- 
dungen für Schüler, 1926-29 Music and the Ordi- 
nary Listener, 1939-41 Everyman's Music. 1927-32 
war D. Organist der St. George’s Chapel in Wind- 
sor, ab 1934 als Nachfolger Elgars Master of the 
King’s Music; ab 1939 lebte er in Bristol. D. 
schrieb einige Bücher, gab englische und walisische 
Liederbücher heraus und komponierte zahlreiche 
Werke: Kirchenmusik, Chorwerke, Lieder, Or- 
chesterstücke, 2 Violinsonaten und ein Streich- 
quintett; hervorgehoben seien: die Kantate Every- 
man auf einen mittelalterlichen Text op. 17 (1904, 
neue Fassung 1934); Ode on Time auf einen Text 
von Milton nir Bar., Chor und Orch. op. 27 (1908, 
neue Fassung 1936); Memorial Suite für KL und 
Orch. op. 50 (1919-23) ; Memorial Melody für Org., 
zum Gedächtnis König Georgs V. (1936) ; Kinder- 
oper What Luck! t Text von F. M. Bridge (1931). 
Femer schrieb er: Music and Christian Worship 
(London 1913). 

Lit.: H. C Colles, W. D., ML XXII, 1941; ders., 
W. D., London 1942, darin Werkverz. v. J. Wison. 

Davis (d'e:vis), John David, * 22. 10. 1867 zu 
Edgbaston, f 20- 11. 1942 zu Estoril (Portugal); 
englischer Komponist, sollte Kaufmann werden, 
wurde 1885 nach Frankfurt und 1886 nach Brüssel 
geschickt, besuchte aber an beiden Orten auch das 
Konservatorium und lebte ab 1889 als Musiklehrer 
in Birmingham. 1893-1904 war er am Midland 
Institute tätig. Werke: Oper The Zaporoges (Bir- 
mingham 1895); Orchesterwerke, 2 Streichquar- 
tette, 2 Violinsonaten, Klavierstücke und Lieder. 

Davison (d'e:vizan), Archibald Thompson, 

* 11. 10. 1883 zu Boston (Massachusetts); ameri- 
kanischer Musikforscher, studierte an der Harvard 
University (A. B., A. M., Ph. D.), an der er bis zu 
seiner Emeritierung 1954 als Professor wirkte, war 
1941-55 Curator der Isham Memorial Library. Er 
schrieb: Music Education in America (New York 
1926), Protestant Church Music in America (Boston 
1933), Choral Conducting (Cambridge, Mass., 1940), 
The Technique of Choral Composition (Cambridge, 
Mass., 1946), Bach and Handel: The Consummation 
of rite Baroque in Music (Cambridge, Mass., 1951), 
Church Music: Illusion and ReaUty (Cambridge, 
Mass., 1952). Mit W. Apel gab er heraus: Historical 


373 



Davison 


Anthology of Music (2 Bande, Cambridge, Mass., 
1946-50). 1958 erschien eine Festschrift »Essays 
on Music in Honor of A. T. D.«. 

Davison (d'ervizan), - 1) James William, * 5. 
10. 1813 zu London, 1 24. 3. 1885 zu Margate (Lon- 
don); englischer Musikkritiker, studierte an der 
Royal Academy of Music bei W. H. Holmes Kla- 
vier und bei G. A. Macfarren Theorie, redigierte 
1842-44 die Wochenschrift The Musical Examiner , 
Annarh bis zu seinem Tode The Musical World , war 
1846-79 Musikreferent der Times, in welcher Stei- 
lung er seiner konservativen Einstellung weithin 
Beachtung verschaffte, und schrieb ferner für The 
Graphic, The Saturday Review und The Pall Mall 
Gazette sowie die Programmhefte für die 1859 auf 
seine Anregung entstandenen Monday Populär 
Concerts. Seine Erinnerungen From Mendelssohn to 
Wagner (London 1912) wurden von seinem Sohn 
Henry D. herausgegeben. D. heiratete 1859 die 
Pianistin Arabella Goddard, * 12. 1. 1836 zu St. 
Servan bei St. Malo, f 6. 4. 1922 zu Boulogne, 
Schülerin von Kalkbrenner, Thalberg und ihres 
Mannes, die auch einige Klavierstücke schrieb. - 
2) William Duncan, * 1816, t 14. 1. 1903 zu 
London, Bruder von James William D., gründete 
1836 die Musikzeitung The Musical World L 

D^visson, Walther, * 15. 12. 1885 zu Frankfurt 
am Main; deutscher Violinist, war 1900-06 Schü- 
ler des Hochschen Konservatoriums, 1906-13 Se- 
kundarius des Rebner-Quartetts, 1908-18 Lehrer 
für Violine am Hochsdien Konservatorium, ab 
1918 am Konservatorium der Musik in Leipzig, 
dort 1924-32 stellvertretender und danach bis 1942 
leitender Direktor. 1947-48 war er Professor an der 
Musikhochschule Halle, wurde 1950 künstlerischer 
Leiter der Musikhochschule in Frankfurt am Main 
und ist nach 1955 erfolgter Pensionierung noch als 
Leiter der Orchesterschule und einer Violinklasse 
tätig. D. veröffentlichte Violinstudien und Werke 
der älteren Violinliteratur. 

Davy (d'e:vi), Gloria, * 29. 3. 1931 zu Brooklyn 
(New York); amerikanische Sängerin (Sopran), 
ausgebildet an der Juilliard Schorn of Music in 
New York, erhielt 1953 den Marian-Anderson- 
Preis. 1954 wurde sie von der »Porgy and Bess 
Company« für die Rolle der Bess verpflichtet und 
erlangte auf der Welttouxnee der Gesellschaft in- 
ternationale Berühmtheit Seither tritt sie viel in 
Europa auf, vor allem an der Scala in Mailand, 
auch im Fernsehen. Bei den Donaueschinger Mu- 
siktagen 1957 sang sie H. W. Henzes »Nachtstücke 
und Arien« in Uraufführung. 

Davy (d'eivi), John, * 23. 12. 1763 zu Upton 
Helions bei Exeter, f 22. 2. 1824 zu London; eng- 
lischer Singspielkomponist, war in Exeter Schüler 
von William Jackson, kam tun 1790 nach London, 
wurde Violinist am Covent Garden und s chrie b 
1796-1820 zahlreiche Singspiele und Ballette (oft 
zusammen mit anderen Komponisten), eine Ode 
for the Anniversary of Nelson 9 s Victory and Death 
(1806), Harfenstücke, eine Klaviersonate und Lie- 
der. 

Davy (d'e: vi), Richard (Davys) ; englischer Kom- 
ponist um 1500, trat 1483 in das Magdalen College 
in Oxford, ein, wurde 1490 dort Organist und in- 


formator choristarum , 1497 zum Priester geweiht und 
stand 1506-16 im Dienste der Familie Boleyn, die 
in Blickling Sali (Norfolk) residierte. Von ihm sind 
eine 4st. Matthäuspassion, 6 5st. und eine 6st. Mo- 
tette sowie ein 3st Carol und einige Fragmente er- 
halten. 

Ausg.: ein Salve regina (6st), in Mus. Brit. X. 

Lit. : W. H. G rattan Flood, Early Tudor Compo- 
sers, Oxford 1925. 

Dawid$nko, Alexander Alexandrowitsch, * 1. 
4. 1899 zu Odessa, f 1. 5. 1934 zu Moskau; rus- 
sischer Komponist, studierte, nach seiner Teil- 
nahme an dien Revolutionsbiegen, in Odessa, 
Charkow und Moskau (hier bei Glifcre und Kastal- 
skij). D. gehörte zu den Mitgüedem des Produk- 
tionskollektivs der Kompositionsstudenten des 
Moskauer Konservatoriums (Prokoll) und schrieb 
1927 einen Teil des Kollektiven Oratoriums Putj 
Oktjabrja (»Der Weg des Oktober«). Nach Verlas- 
sen des Konservatoriums schloß er sich 1929 der 
Russischen Assoziation Proletarischer Musiker 
(RAPM) an und wirkte als Chorleiter. Er hat es in 
Rußland als Komponist von Chören sowie von 
Armee- und Massenliedern zu großer Berühmtheit 
gebracht, schrieb ferner 2 Opern. 

Ausg. : Isbrannyje chory i massowyje pesni, Moskau 
1938, Moskau u. Leningrad 2 1950. 

Lit: I. W. Nest je w, Otscherki sowjetskowo musykal- 
nowo twortschestwa I, Moskau u. Leningrad 1947. 

Dawydow, Karl (Davidow), * 17. 3. 1838 zu Gol- 
dingen (Kurland), f 25. 2. 1889 zu Moskau; rus- 
sischer Violoncellist, war Schüler von K. Schuberth 
in St. Petersburg sowie von F. Grützmachcr und 

M. Hauptmann am Leipziger Konservatorium, 
1860-62 als Nachfolger Grützmachers Solocellist 
am Gewandhaus, 1862-82 in gleicher Stellung an 
den Kaiserlichen Theatern in St. Petersburg. Zu- 
gleich war er bis 1887 Professor (ab 1876 Direktor) 
am Konservatorium, auch als Dirigent tätig. Er 
schrieb 4 Cellokonzerte op. 5, 14, 18 und 31 ; Rus- 
sische Phantasie für Vc. und Orch. op. 7; Streich- 
sextett op. 35; Streichquartett op. 38; Klavier- 
quintett op. 40; Orchesterwerke, viele Cello- 
stücke, Bearbeitungen von Stücken Chopins und 
Moniuszkos und eine Celloschule. Tschaikowsky 
nannte D. den »Zaren der Cellisten«; Arenskij wid- 
mete seinem Gedächtnis das Eliaviertrio op. 25. 

Lit.: W. Gtjtor, KL D., Moskau 1899, neu hrsg. v. 
L. Ginsburg, Moskau-Leningrad 1950, russ; L. 
Ginsburo, K. J. D., Moskau-Leningrad 1950, russ. 

Dawydow, Stepan Iwanowitsch, * 1777, f 10. 5. 
1825 zu Moskau; russischer Komponist, von 
Sarti ausgebildet, war 1800-04 und 1806-10 Ka- 
dimeister der Kaiserlichen Theater in St. Peters- 
urg und ab 1800 Gesanglehrer an der Theater- 
schule in Moskau. D. schrieb TCirrhrnmnoilfj eine 
Ouvertüre, 10 Ballette und bearbeitete Kauers 
»Donauweibchen« für St. Petersburg (als Lesta, 
dneprowskaja rusalka = »Lesta, die Dneprnixe«, 
1803); der ungewöhnliche Erfolg dieses Stückes 
und des 2. Teiles (1804) veranlagten ihn, noch 2 
Fortsetzungen zu schreiben; 3. Teil mit Text von 

N. S. KramopolsHj (St. Petersburg 1805); 4. Teil 
mit Text von A. A. Schachowskij (St. Petersburg 
1807). Ein i g e Mdodien aus diesen Stücken (die D. 
zusammen mit Cavos vertonte) sind in Rußland 
volkstümlich geworden. 


374 



De Boeck 


Lit.: A. S. Rabinowitsch, Die russ. Oper bis Glinka, 
Moskau 1948, russ.; R.-A. Mooser, Annales de la 
musique . . . en Russie in, (Genf 1951). 

Day (de:), Alfred, * im Januar 1810 und f 11. 2. 
1849 zu London; englischer Arzt und Musiktheore- 
tiker, studierte in London, Paris und Heidelberg 
Medizin und lebte als homöopathischer Arzt in 
seiner Vaterstadt. Auf den Rat G. A. Macfarrens 
veröffentlichte er 1845 seinen Treatise of Hartnony 
(London; 21885 herausgegeben von Macfarren). 
D.s in An le hn ung an Rameau entwickelte neue 
Baßbezifferung macht die Identität verschiedener 
Lagen desselben Akkords deutlich; doch beachtet 

haltstöne nicht, sondern erklärt j^te^Akkord für 
sich aus dem Terzenaufbau, den er bis zum Tre- 


buch in 5 Büchern, Libro de Müsica de djras para 
oihuela, intitulado el Pamaso , das Fantasias von D. 
und Bearbeitungen von Motetten, Madrigalen, 
Villandcos und Chansons von R. Cevallos, J. Vas- 
quez, P. Ordonez, J. Navarro, F. und P. Guerrero, 
Villalar, Crecquillon, Richafort, Vasurto, S. Boy- 
leau und Mayuart enthält. 

Ausg.: 11 Stücke aus d. Libro de Müsica in: Les 
Luthistes espagnols du XVI« s. II, hrsg. v. G. Mor- 
phy, Lpz. 1902. 

Lit: R. Mjtjana, Espagne, in: Encyclopädia de la 
musique I, 4, hrsg. v. A. Lavignac, Paris o. J-, darin 
ein Stück v. D. ; H. AnglSs, La Müsica en Espaüa, 
Barcelona 1934; J. Subirä, La Müsica, Barcelona 
1949. 

de Ahna, Heinrich Ahna. 


dezimenakkord durchführt, so daß alle Töne der 
Tonleiter damit erfaßt sind. Macfarrens und Prouts 
Lehrbücher schließen sich an D.s Theorie an. 

Lit: Ch. Stephens, On the Fallades of Dr. D.’s 
Theory of Harmony, Proc. Mus. Ass. 1, 1874/75; G. 
F. Cobb, On Certain Principles of Musical Exposi- 
tion . . ., Proc. Mus. Ass. X, 1883/84; C. W. Pearce, 
in: Proc. Mus. Ass. XIV, 1887/88; G. Haydon, A. 
D. and the Theory of Harmony, Papers Read at the 
Internat Congress of Musicology . . . NY 1939, NY 
1944. 

Day (de:), Charles Rüssel, * 1860 zu Horstead 
(Norwich), f 18- 2. 1900 zu Paarde Berg (Trans- 
vaal); englischer Offizier und Musikforscher, 
wurde in Eton erzogen, trat 1880 in die Armee ein 
und ging bald nach Indien, wo er die indische Mu- 
sik studierte und Handschriften und Musikinstru- 
mente sammelte. Er schrieb: A Descriptive Cata- 
logue of the Musical Instruments . . . atthe Royal Mili- 
tary Exhibition London 1890 (London 1891) und 
The Music and Musical Instruments of Southern India 
and the Deccan (London 1891). 

Day (de:), John, * 1522 zu Dunwich (Suffolk), 
1 23. 7. 1584 zu Waiden (Essex); englischer Druk- 
ker, druckte religiöse Werke und erhielt 1559 ein 
Privileg für den Druck von Gesangbüchern. 1560 
gab er ein Prayer Book Certaine nates mit 4st An- 
thems heraus (21565). 1560-79 verlegte er mehrere 
4st Psalter. 

Dayas (d'erjos), - 1) William Humphrey, * 12. 
9. 1864 zu New York, 1 3. 5. 1903 zu Manchester; 
amerikanischer Pianist, studierte Klavier bei Joseffy 
und Orgel bei S. Warren, war schon mit 14 Jahren 
als Organist tätig, studierte noch in Berlin Klavier 
bei H. Ehrlich und Th. Kullak, Orgel bei EL A. 
Haupt und Komposition bei H. Urban, war einer 
der letzten Schüler Liszts, wurde 1890 Nachfolger 
Busonis als Klavierlehrer am Konservatorium in 
Helsinki, ging dann nach Düsseldorf, Wiesbaden, 
Köln, New York und war ab 1896 als Nachfolger 
Halles Lehrer am Musical College in Manchester. 
D. schrieb 2 Orgelsonaten, 2 Klaviersonaten, rin 
Streichquartett und Klavierstücke. - 2) Karin 
Elin, * 13. 5. 1892 zu Helsinki; Tochter vom Wil- 
liam Humphrey D., amerikanische Pianistin, stu- 
dierte in Weimar und Köln und lebt seit 1914 in 
Berlin, besonders als Interpretin moderner Werke 
bekannt. 

Daza (d'aßa), Esteban (Da 9 a); spanischer Kom- 
ponist des 16. Jh., Bürger von Valladolid, veröf- 
fentlichte 1576 in Valladolid ein Lauten-Tabulator- 


Deakin (d'izkan), Andrew, * 13. 4. 1822 und 
f 21. 1Z 1903 zu Birmingham, lernte das Buch- 
druckergewerbe, bildete sich aber dabei autodidak- 
tisch zum Musiker, wurde Organist und 1871 Mu- 
sikreferent der Birmingham Moroing News. 1876 
bis 1894 schrieb er für The Daily Gazette. D. kom- 
ponierte Messen und ein Stabat Mater und ver- 
faßte einen Katalog der in England vom 15. bis ins 
18. Jh. gedruckten Werke über Musik: Musical Bi - 
bliography (Birmingham 1892; 21900 als Outlines of 
Musical Bibliography). 

De Angelis ('and 3 diz), Alberto, * 4. 9. 1885 zu 
Rom; italienischer Journalist und Musikschriftstel- 
ler, ist der Verfasser einiger Musiker-Biographien 
und des Musiker-Lexikons VItalia musicale (Toggi 
(Rom 1918, 21922, 31928). 

Debain (cbb'e), Alexandre Francois, * 1809 
und f 3. 12. 1877 zu Paris ; französischer Instrumen- 
tenmacher, Erfinder des Harmoniums (orgue ex- 
pressif), arbeitete zuerst bei Sax, später bei Merder 
und etablierte sich 1834 als Pianofortefabrikant. Im 
August 1840 ließ er sich das »Harmonium« paten- 
tieren, das seinen Namen schnell bekannt machte. 
D. konstruierte auch mancherlei automatische Mu- 
sikwerke, verbesserte später noch das Harmonium 
durch die Idee des Profongement, die Aug. Mustel 
dann praktisch ausführte. 

Debefre (cbb'8:f), Jules, * 16. 1. 1863 und f 20. 
9. 1932 zu Lüttich; belgischer Pianist und Kom- 
ponist, Schüler und spater Professor des Lütticher 
Konservatoriums, Mitgründer (1897) und Leiter 
der Populär-Konzcrte in Lüttich, Komponist kirch- 
licher Vokalwerke, schrieb außerdem eine Wallo- 
nische Rhapsodie für Orch., eine Orchestersuite, 
die komische Oper Nini Tauretti, 12 große Klavier- 
etüden. 

Debillemont (dabi:m'5), Jean-Jacques, * 12. 
1Z 1824 zu Dijon, f 14. Z 1879 zu Paris; französi- 
scher Komponist, am Pariser Conservatoire Schü- 
ler von Alard, Lebome und Caiafa, brachte zuerst 
in seiner Vaterstadt einige Opern zur Aufführung 
und Heß sich 1859 in Paris nieder, wo er sich durch 
Operetten, Flerien, auch durch einige größere 
Opern {Astaroth, Thdätre Lyrique 1861) und Kan- 
taten bekannt machte. 

De Boeck (buk), Auguste, * 9. 5. 1865 undf 9. 
10. 1937 zu Merchtem; belgischer Komponist, stu- 
dierte am Brüsseler Konservatorium Orgel bei 
Mailly, Harmonielehre bei J. Dupont und Kompo- 


375 



Debois 


sition bei H. F. Kufferath, lernte 1889 Paul Gilson 
kennen, dem er entscheidende Anregungen ver- 
dankte, war Organist, 1893-1902 Orgellehrer am 
Brüsseler Konservatorium, wurde 1908 Theorie- 
lehrer am Konservatorium in Antwerpen, 1920 
Theorielehrer am Brüsseler Konservatorium und 
1921 Direktor der Musikschule in Mecheln. Die 
letzten Lebensjahre verbrachte er an seinem Ge- 
burtsort. De B. schrieb: Rhapsodie dahomienne für 
Orch. (1893); Symphonie (1896, aufgeführt 1921); 
Fantaisie sur deux airs populaires flamands für Orch. 
(1923); 5 Opern, danmter La Route cTEmeraude 
(1921); 3 Ballette; eine Violinsonate; eine Cello- 
sonate; Orgel- und Klavierstücke; Messen, Motet- 
ten, Kantaten, Chore und Lieder. 

Debois (cbbu'a), Ferdinand, * 24. 11. 1834 und 
1 10. 5. 1893 zu Brünn; war Bankdirektor und Di- 
rigent eines von ihm gegründeten Mannergesang- 
vereins, beliebter Männerchorkomponist, schrieb 
auch Lieder, Duette und Klavierstücke. 

Debrois van Brtxyck, Karl Bruy ck. 

Debussy, Claude Achille, * 22. 8. 1862 zu 
St-Germain-en-Laye, f 25. (nicht 26.) 3. 1918 zu 
Paris; französischer Komponist, studierte 1873-84 
am Pariser Conservatoire Klavier bei Lavignac, 
Durand, Marmontd und Komposition bei Guiraud 
(vorübergehend auch bei C. Franck). 1884 erhielt 
er den Rompreis für seine Kantate Venfantprodigue. 
Nach 3jährigem Aufenthalt in Rom kehrte er nach 
Paris zurück, wo er sich dauernd niederließ. Reisen 
führten ihn nach London,Tuiin, Rußland, Holland 
und Rom. Nach mehrjährigem Zusammenleben 
mit GabrieDe Dupont (Gaby) war D. 1899-1904 
mit Rosalie Texier und ab 1905 mit Emma Bardac 
verheiratet. Aus dieser letzten Ehe ging das Mäd- 
chen Claude Emma (Chouchou) hervor (1905-19). 
Die letzten Jahre D.s standen im Schatten einer 
schweren Krankheit (Darmkrebs). Neben seiner 
kompositorischen Tätigkeit trat D. auch als Pianist 
und Dirigent sowie als Bearbeiter und Revisor von 
Werken verschiedener Komponisten hervor. Fer- 
ner schrieb er ab 1902 eine große Zahl bedeutender 
Kritiken und Aufsätze. (Eine Auswahl davon er- 
schien unter dem Titel Monsieur Croche, Anti- 
dilettante , Paris, 1922 u. ö., deutsch Potsdam 1948, 
31951.) IXs Werk stellt eine der wichtigsten Ver- 
bindungen zwischen der Musik des 19. Th und der 
modernen Musik dar. Sein Schaffen läßt sich in 4 
zeitlich nicht immer streng zu trennende Stilperio- 
den gliedern: Frühwerke (bis 1889), impressio- 
nistische Werke (bis 1903 und verschiedene spätere 
Werke), mittlere Schaffenszeit (1904-1912) und 
Spätwerke (ab 1912). In seinen Frühwerken fußt 
D. einerseits auf der französischen Kunst der 2. 
Hälfte des 19. Jh. (Chabrier, Ddibes, Faurd, Gou- 
nod, Massenet, Lalo), andererseits auf der Musik 
eines Chopin und Schumann. Besonders in bezug 
auf die Harmonik kommt hierzu (zumindest bis 
1889) der Einfluß Wagners (vgL die Baudelaire- 
Lieder). Zu den Frühwerken gehören: Kantate La 
Damoisefle ihte (1887/88); Anettes oubliies (1888), 
Baudelaire-Lieder (1887/89); Petite Suite für KL 
zu 4 Händen (1889), Fantaisie für KL und Orch. 
(1889; veröffentlicht 1919), Suite bergamasque für 
KL (1890; umgearbeitet 1905); ferner Chor-, Or- 
chester« und Kammermusikwerke, weitere Lieder 


und Klavierstücke. Unter dem Einfluß der fran- 
zösischen Kunstästhetik (literarischer Symbolis- 
mus, malerischer Impressionismus, Opdra lyrique 
und Ballett) und bestärkt in seinen Anschauungen 
durch seinen Kontakt mit der russischen Musik und 
der Kunst der Exotik (Weltausstellung, Paris 1889) 
loste sich D. vom Einfluß der deutschen Romantik 
und wurde zum Schöpfer eines impressionistischen 
Musikstils. Hauptmerkmale dieses neuen Stils sind: 
unpathetisches, jeder gedaiiklich-literarisierenden 
Spekulation abholdes Musizieren, Wandlun g des 
romantischen Sentiments zur spezifisch französi- 
schen »Sensation«; Musik als sinnliche Klang- und 
Farbkunst mit Betonung des rhythmischen Ele- 
mentes unter Wahrung der »geheinmisvollen« Ge- 
setze der Schönheit und der Natur (»correspon- 
dance mystdrieuse entre la nature et fimagination«). 
Technisch äußert sich das neue Stilempfinden in 
s chimm ernden, meist durchsichtig-hellen Klang- 
farben, in einer neuartigen, aber stets tonalen Har- 
monik (Dissonanzen als Klang- und Farbwerte, 
ParaHclakkordik) und in einer rhytmisch, dyna- 
misch und agogisch bis in feinste Einzelheiten 
durchgearbeiteten Satztechnik. Das Hauptwerk 
dieses Stils ist das drame lyrique Pellias et Müisande 
(Text von M. Maeterlinck, Uraufführung: Opdra 
Comique, 1902), das als geniales französisches Ge- 
genstück zu Wagners Musikdramen zu betrachten 
ist. Ferner gehören hierhin: Prilude ä VAprhs-midi 
d*un faune (1892-94) und die Trois Nocturnes für 
Orch. (m mit Frauenchor; 1897-99) ; die Lieder 
Fites galantes I (1892), Proses lyriques (1892/93) und 
die Chansons de Bilitis (1897); die Klavierstücke 
Pour le Piano (1896, umgearbeitet 1902), Estampes 
(1903), Images I (1906) ; ferner einige Stücke aus den 
Images II (1907) und aus den Prihdes für KL (1910 
und 1913). Mit dem großen dreiteiligen Orchester- 
werk La Mer (1903-05), vor allem aber mit den 
Images pour orchestre (1906-12) wird eine Stilwand- 
lung beme r kbar: »Jessaie de faire autre chose en 
quelque Sorte des rdalitds« (D. zu den Images pour 
orchestre): K la ng und Umrisse werden härter und 
bestimmter, linear-melodische und zeichnerische 
Elemente treten starker hervor. Deutlich zeigt sich 
dies auch in Childrens comer (1906-08) für Kl. und 
an den Liedern der mittleren Stilperiode (Fites ga- 
lantes II, 1904; 3 Chansons de France ; 1904; 3 BaU 
lades de Fr. Villon, 1910; Le promenoir des deux 
amants > 1904-10). In diesen Zusammenhang gehö- 
ren aber auch Stücke aus den Images II für KL und 
eine große Zahl der 'Khviex-Prihdes (1910-1913). 
Eine gewisse Sonderstellung nehmen die Trois 
Chansons de Ch. cTOrlians (1908) und das Mysterien- 
spiel Le Martyre de St Sibastien (Text von G. D’Art- 
nunzio; 1911) ein. In diesen Werken ist eine Rück- 
schau D.s auf die alte a-cappella-Chorpolyphonie 
festzustellen. Die Spätwerke D.s bringen eine wei- 
tere Verdeutlichung der Tendenz zu zeichnerisch- 
konztsen Umri ssen. Meisterwerke dieses letzten 
Stils sind vor allem die 3 Kflmmcrmii«Vg nnq f*q 
(Sonate für Vc. und KL, 1915; Sonate für FL, 
Harfe und Va, 1915; Sonate für V. und KL, 1916/ 
1917) . Ähnlich wie schon diese Werke knüpfen audn 
die Douze Etudes für KL (1915) und «ne Reihe der 
Prihdes aus Heft II (1910-13) geistig und zum Teil 
auch technisch an den Stil der französischen Clave- 
dnisten an. Im Ballett Jeux (1911) und in den 3 
Mallannd-Liedem (1913) zeigt D. höchste artisti- 


376 



Dedus 


sehe Verfeinerung (eine Art musikalischen Poin- 
tillismus). In einigen Pr&udes und im Kinder- 
Ballett Bote äjoujoux wird der besonders dem spä- 
teren D. oft eigene ironisch-parodistische Humor 
sichtbar. Eine besondere Stellung nehmen die bei- 
den großartigen Klavierwerke Berceuse heroique 
(1914) und En blanc et en noir (für 2 KL ; 1915) ein, 
die, unter dem Eindruck des Krieges geschaffen, 
stellenweise bis zu expressionistischer Dichte vor- 
stoßen. Der Spätzeit gehören ferner an: Six Epi - 
graphes antiques für KL zu 4 Händen (1914), Bal- 
lett Khamma (1912), Skizzen zu einer Ode ä ta 
France (Kantate, 1916/17, vollendet durch M. Fr. 
Gaillard). 

Lit.: A. Liess, Artikel D., MGG (mit Werkveiz. u. 
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D., Florenz 1940, 21951, darin Briefe D.s; H. Strobel, 
CL D., Zürich 1940, frz. v. A. Coeuroy Paris 1952; 
W. Danckert, CL D., Bin 1950, mit ausführlicher 
Bibliogr.; E. R. Schmitz, The Piano Works of CI. 
D., NY 1950; G. u. D.-E. Inghelbrecht, D., Paris 
1953; Spezialnummem der RM, Dez. 1920 u. Mai 
1926. KvF 

De Caix (dok's), Barthdlemy (De C. Taind), 

* 20. 4. 1716 zu Lyon; französischer Komponist, 
wirkte in den 30er Jahren am Hofe von Versailles 
und ist 1740-48 in Lyon ansässig. Danach verliert 
sich seine Spur. Er schrieb VI Sonettes pour deux par - 
dessus de viele ä cinq cordes op. 1 (Pans und Lyon). 
Auch seine Eltern und Geschwister waren als Mu- 
siker tätig. 

Decca, englische Schallplattenfabrik, deren Her- 
stellungsprogramm früher vornehmlich Tanzmu- 
sik umfaßte. Seit dem Ende des 2. Weltkriegs hat 
die Gesellschaft auch ein bedeutendes Programm 
ernster Musik entwickelt und tu a. eine größere 
Zahl von Aufnahmen mit dem Concertgebouw 
Orkest Amsterdam, den Wiener Philharmonikern, 
dem Orchestre de la Suisse Romande Genf und 


dem Stuttgarter Kammerorchester herausgebracht. 
Bemühungen um die Verbesserung der Aufnahme- 
technik fanden ihren Niederschlag in einem eige- 
nen System des »full frequency ränge recording« 
(ffrr). Die Platten der Firma erscheinen in den USA 
mit der Marke London, in Spanien und Indien 
als Columbia. Den Vertrieb in Italien besorgt die 
Fonit, in Deutschland die 1950 gegründete Tele- 
funken-Decca Schallplatten G. m. b. H. Hamburg 
(Teldec). Von der amerikanischen Decca herge- 
stellte Platten werden in Europa mit der Marke 
Brunswick vertrieben, die neuerdings auch von 
der englischen Decca und der neugegründeten 
Brunswick Record Corporation benutzt wird. 
Brunswick bringt vor allem ein breites Jazz-Pro- 
gramm mit wichtigen Aufnahmen von Count 
Basie, Ella Fitzgerald, Lionel Hampton, Earl Hines, 
Jimmie Lunceford, Django Reinhardt, Art Tatum 
u. a. 

Dechevrens (cbjovr'ä), Antoine, SJ, * 3. 11. 
1840 zu Ch€nes bei Genf, f 17. 1. 1912 zu Genf; 
französischer Choralforscher, trat 1861 in den Je- 
suitenorden ein, war Kapellmeister eines Pariser 
Ordenskollegs, später Professor der Theologie und 
Philosophie an der katholischen Universität in 
Angers und lebte dann historischen Studien in Pa- 
ris, besonders auf dem Gebiete des gregorianischen 
Chorals und der Neumennotierung, wo er einer 
der entschiedensten Vertreter der Ansicht war, daß 
den alten Kirchengesängen eine reiche Rhythmik 
eigen gewesen sei. D.s Schriften sind: Du rythme 
dans Vhymnographie latine (Paris 1895), Iztudes de 
Science musictue (3 Bände, Paris 1898: Faksimilesund 
Übertragungen; als Nachtrag zur 2. Studie 1899: 
De la musique arabe) xsndComposition muskaleetcom- 
Position litiiraire (Paris 1911, über Choralrhyth- 
mus). Von seinen Aufsätzen sei die Studie über das 
chinesische Tonsystem hervorgehoben (SIMG II, 
1900/01). Ein nachgelassener Brief an P. Wagner 
zur Frage der Choralrhythmik erschien in ZLMG 
XIV, 1912/13. 

Dechterew, Step an Anikijewitsch Degtja- 
row. 

Dedus, Nikolaus (vom Hoff, Deeg, Tech), 

* um 1485 zu Hof (Saale), f nach 1546; deutscher 
Kantor, wurde 1501 an der Universität Leipzig im- 
matrikuliert und promovierte dort 1506 zum Bac- 
calaureus artium. Später studierte er auch Juris- 
prudenz, trat in ein Kloster ein und ging um 1515 
nach Braunschweig, wo er 1522 Schulmeister 
wurde und 3 niederdeutsche Lieder zum Ersatz der 
Meß teile Credo, Sanctus und Agnus schrieb; auch 
die Melodien bearbeitete D. selbst. Von den Ue- 
dem sind Allein Gott in der Höh sei Ehr und O 
Lamm Gottes unschuldig bis heute Kernstücke des 
Evangelischen Gesangbuches geblieben. D. ging 
dann zu theologischen Studien nach Wittenberg, 
1524 als Prediger nach Stettin, später nach Ost- 
preußen, war 1540-42 Hof prediger und Unterkan- 
tor in Königsberg und ist 1544-46 als Predig» der 
reformierten Gemeinde in Mühlhausen bei Elbing 
nachweisbar. 

Lit : G. Conrad, Beschreibung d. Ev. Pfarrkirche zu 
Mühlhausen, Altpreußische Monatshefte N.F.XXXIV, 
1897; F. Bahlow, Wer war N. Tech?, Arch. f. Reli- 
gionsgesch. IV, 1906/07; H. Hofmann, N.Tech u. 
Fr. Spitta, Die Entstehungszeit d. Liedes: Allein 


377 



Decker 


Gott in d. Höh . . MGkK XXIV, 1919; M. Feder- 
mann, Musik u. Musikpflege zur Zeit Herzog Al- 
brechts, Königsberger Studien zur Mw. XTV, Kassel 
1932; K. Ameln u. C. Gerhardt, Die deutschen 
Glorialieder, MGkK XLHI, 1938; K. Ameln, Sanc- 
tus- u. Agnus Dei- Lieder v. N. D., MGkK XLV, 1940. 

Decker, Carl Max, * 14. 9. 1877 und f 5. 5. 1938 
zu Wien; österreichischer Schriftsteller und Musi- 
ker, war in der Musik Schüler von Josef Piber sen. 
und Krenn. Die 11. Auflage des vorliegenden Lexi- 
kons verdankt ihm wertvolle Angaben. 

Decker, Franz-Paul, * 22. 6. 1923 zu Köln; 
deutscher Dirigent, studierte an der Kölner Musik- 
hochschule Dirigieren (Papst) und Komposition 
(Jarnach); gleichzeitig hörte er an der Universität 
Musikwissenschaft (Bücken, Feilerer). Nach dem 
1944 abgelegten Kapellmeisterexamen war er zu- 
nächst in Gießen und Köln tätig, wurde 1946 
Städtischer Musikdirektor in Krefdd, 1950 1. Ka- 
pellmeister an der Wiesbadener Oper, dort 1953 
Städtischer Musikdirektor und ist seit 1956 GMD 
in Bochum. 


De Croes, Henri Jacques ->-Croes, H. J. de. 

Decsey(d'etjai), Ernst, *13. 4. 1870 zu Hamburg, 
1 12- 3. 1941 zu Wien; österreichischer Schriftstel- 
ler und Musikkritiker, studierte an der Wiener 
Universität Jura, daneben am Konservatorium Kla- 
vier bei Schenner, Harmonielehre und Komposi- 
tion bei Bruckner, R. Fuchs und J. N. Fuchs. 1899 
wurde er Musikreferent der »Tagespost« in Graz, 
1908 deren Chefredakteur, 1920 Musikreferent des 
»Neuen Wiener Tagblatts«; 1938 mußte er diese 
StellunginfoIgederBesetzung Österreichsaufgeben. 
Er schrieb Romane, Erzählungen, Theaterstücke, 
die Libretti zu Salmhofers Dame im Traum und 
Komgolds Kathrin und die Biographien: Hugo 
Wolf (4 Bände, Berlin 1903-06, *1919, 7-121921 ge - 
kürzt in einem Band) ; Anton Bruckner (Berlin 1920) ; 
Johann Strauß (Stuttgart 1924, Wien 21947) ; Franz 
Lehar (Wien 1924) ; Claude Debussy (2 Bände, Graz 
1936-49). 

D$deldnd, Constantin Christian, * 2. 4. 1628 
zu Reinsdorf (Anhalt), begraben 2. 9. 1715 zu 
Dresden; deutscher Komponist und Dichter, Steu- 
ereinnehmer, Poeta laureatus tmd Hofmusikus in 
M ei ße n, in der Musik Schüler von Chr. Bernhard 
in Dres d en, 1666-75 Kurfürstlich Sächsischer Kon- 
zertmeister, komponierte kirchliche Gesänge mit 
Instnimentenbegleitung, die zu ihrer Zeit beliebt 
waren: Geistliche Erstlinge (1662) ; Davidischer Har - 
fen-SchaÜ (1670); Musicalischer Jahrgang und Vesper- 
Gesang (120 Konzerte, 1673); Singende Sonn- und 
Festtags-Ahndachten (1683); auch, weltliche Lieder 
(Aetbianisehe Musen-Lust 1657), die ihn neben Adam 
Krieger als besten liedmeister des 17. Jh. erweisen. 

Ausg.: 3 Lieder aus der Aelbianischen Musen-Lust 
bei H. J. Moser, Alte Meister d. deutschen Liedes, 
Lpz. 1914; 4 Geistliche Konzerte für eine Sing- 
stmune aus Geistliche Erstlinge (1662), hrsg. v. A. 
Rodemann, — NMA XLXIL 
Lit: Fr. Siege, C Chr. D., ein Dichter n. Musiker 
<L 17. Jh., Diss. Bin 1922; ders., C. Chr. D., ZfMw 
Vm, 1925/26. 

Dfdekfeul, Henning, * 30. 12. 1562 zu Neustadt 
am Rübenberge, f 28. 7. 1626 zu Gebesee (bei Er- 
furt); deutscher Komponist, wurde 1586 Kantor 


und später Diakon in Langensalza, 1615 Pastor in 
Gebesee. Er gab heraus: Dodekatonon musicum Tri- 
ciniorum . . . Neue auserlesene Tricinia (1588); Eine 
Kindermusik (1589), Elementarmu si kl eh re, in Frage 
und Antwort abgefaßt; Praecursor metricus musicae 
artis (1590). Die D. bisher zugeschriebenen Werke 
Studentenleben (1613) und Dodekas musicarum deli - 
darum stammen (nach MGG) wahrscheinlich von 
seinem Sohn Friedrich Melchior D. D.s Bruder 
Euricius (1554-1619), Kantor und ab 1594 Pre- 
diger in Lüneburg, veröffentlichte einen 4st. Mo- 
tettenzyklus Antidota adversus octo hominum passiones 
(Ülzen 1589). 

Ausg.: Tricinien v. 1588 bei W. Hermann in d. Slg 
Deutsche Madrigale, Köln o. J.; 2 Stöcke, in: Chor- 
buch VI, hrsg. v. Fr. Jöde, Wolfenbüttel-Bln 1930. 
Lit.: zu E. D.: I. Stare, Ett unikt verk av E. D., in: 
STMf XXXI, 1949. 

Dedler, Rochus, * 15. 1. 1779 zu Oberammer- 
gau, f 15. 10. 1822 zu Oberföhring bei München; 
deutscher Schullehrer, Komponist der bei den 
Oberammergauer Passionsspielen zur Aufführung 
kommenden Musik, die zuletzt von Eugen Papst 
neu bearbeitet wurde (1950). 

Lit.: E. Reicherzer, Der Komponist R. D., Diss. 
München 1956. 

Deering, Richard Dering. 

Deetjen, Gottfried, * 16. 6. 1888 zu Hamburg; 
deutscher Organist, 1907-12 Schüler des Leipziger 
Konservatoriums, 1910-12 Assistent Straubes an 
der Thomaskirche. 1912 wurde er Lehrer an der 
Steiermärkischen Musikschule in Graz, 1913 Or- 
ganist und Vereinsdirigent in Lyck (Ostpreußen), 
war 1914-20 in Verden und Bremen tätig, ab 1920 
Organist an der Alten Kirche in Barmen, Dirigent 
des Bachvereins und des Wupperfelder Kirchen- 
chores. 1926-53 Organist an St. Nicolai in Ham- 
burg, wirkte auch 1943-50 kommissarisch an der 
Hauptkirche St Jacobi. 

De Falco, Michele ; italienischer Komponist des 
18. Jh., lebte in Neapel, wo er 1704-12 Zögling des 
Conservatorio di Sant’Onofrio und in späteren 
Jahren Kirchenkapellmeister und Organist war. Er- 
halten sind von ihm ein Oratorio di San Antonio 
und eine Solokantate Verdi colli im Stile A. Scar- 
lattis. De F. schrieb aber auch neapolitanische Dia- 
lektopem, darunter Lo Lollo pisdaportelle (1709). 
Lit: S. Di Giacomo, H Cons. di S. Onofrio, Palermo 
1924; Cl. Sartori^ Gli Scarlatti a Napoli, RMI 
XLVI, 1942. 

Defatxw (dcf'o:), Ddsird, 5. 9. 1885 zu Gent; bel- 
gischer Violinist und Dirigent, Schüler von J. Smit, 
trat zunächst als Solist aur, gründete 1914 m Lon- 
don das Allied Quartet, das während des 1 .Welt- 
krieges bestand, und wurde danarh Professor am 
Konservatorium in Antwerpen und Leiter der Kon- 
zerte beim Thöätre des Maxais in Brüssel, wo er 
1926-40 und wieder seit 1949 am Konservatorium 
Unterricht in Orchesterleitung erteilt. Nachdem er 
Belgien 1940 verlassen hatte, wirkte er zunächst als 
Direktor des Konservatoriums von Quebec, 1943 
bis 1947 als Dirigent der Philharmonie Society in 
Chicago. 

Lit: M. Herzberg, D. D., Brüssel 1937. 

DcFerr^ri, Serafino Amadeo, * 1824undf27. 
3. 1885 zu Genua; italienischer Opernkomponist, 


378 



Deguide 


war Schüler des Mailänder Konservatoriums, einige 
Jahre Theaterkapellmeister in Amsterdam, auch 
Organist; 1873 wurde er Direktor des Civico Isti- 
tuto musicale in Genua. Opern: Don Carlo , Pipele, 
U menestrello, II cadetto di Guascogna; ferner schrieb 
er Messen und kleinere Kirchenwerke. 


Defffes (def'erz), Louis Pierre, *25. 7. 1819 und 
t 10. 6. 1900 zu Toulouse; französischer Kompo- 
nist; Schüler Haldvys am Conservatoire in Paris, 
erhielt 1847 den Rompreis und war ab 1883 Direk- 
tor der Succursale des Conservatoire in Toulouse. 
Er schrieb zahlreiche komische Opern ( Jessica 1898) 
und Operetten, auch eine große Messe. 


Defossez (dofos'e:), Rend, * 4. 10. 1905 zu Spa; 
belgischer Komponist und Dirigent, studierte an 
der Musikschule in Spa und am Konservatorium in 
Lüttich, erhielt 1935 den Rompreis und wurde spä- 
ter Theorielehrer am Konservatorium in Lüttich, 
übernahm die Orchesterklasse am Konservatorium 
in Brüssel und die musikalische Leitung am Thdätre 
de la Monnaie. Werke: die Opern La conversion de 
St-Hubert, Le vieux Soudart und Le suhterfuge, Bal- 
lette Suite de danses und Lilian , Orchesterwerke 
(Symphonie wallone , 2 • Symphonie , Fantaisie , Images 
sous-marines , Le cülte sans paroles, Trois farces), Va- 
riations für KL und Orch., Chöre und Kamme r- 
musik. 


Degen, Helmut, * 14. 1. 1911 zu Aglasterhausen 
(Baden); deutscher Komponist, studierte 1930-33 
an der Rheinischen Munkschule und der Hoch- 
schule für Musik in Köln Klavier, Komposition 
und Dirigieren. 1933 leitete er ein von ihm gegrün- 
detes »Klammerorchester für Neue Musik« in Köln, 
studierte 1933-37 an der Bonner Universität bei 
Schiedermair und Schrade auch Musikwissenschaft, 
übernahm aber 1937 einen Lehrauftrag für Kom- 
position am Duisburger Konservatorium, wech- 
selte von hier 1942 an das Landeserziehungsheim 
Buchenau/Hersfeld über und folgte 1947 einem 
Ruf an das nachmalige Hochschulinstitut für Musik 
in Trossingen, wo er, 1954 zum Professor ernannt, 
eine Kompositionsklasse leitet. Sein umfangreiches 
Werkverzeichnis weist Kammersymphonien, Sui- 
ten, Serenaden, Divertimenti, eine Reihe kammer- 
konzertanter Instrumentalkonzerte sowie zahlreiche 
Kammer- und Klaviermusik auf. Unter seinen 
Chor- und Bühnenwerken ragen ein Oster-Orato- 
rium, eine Bauemkantate, ein szenisches Oratorium 
Suter, das Tanzspiel Der flandrische Narr und eine 
Konferenz der Tiere (nach Kästner) hervor. Früh 
der Jugend- und Volksmusik verbunden, schrieb 
D. in Trossingen auch Stücke für Akkordeon. 

De Giosa (ded^o^), Nicola, * 5. 5. 1820 und 
1 7. 7. 1885 zu Bari; italienischer Komponist, war 
Schüler von Zingardli und Donizetti in Neapel 
Von seinen 24 Opern hatte nur Don Checco (Neapel 
1850) wirklichen Erfolg; glücklicher war G. mit 
neapolitanischen Romanzen und Kan zoncn, die 
ihm als Salonkomponist Ansehen verschafften. 
Seine Kirchenwerke blieben ungedruckt. Zeitwei- 
lig wirkte De G. als Dirigent an den großen italie- 
nischen Opernhäusern sowie in Kairo und Buenos 
Aires. 

Lit.: M. Incagijah, N. de G. . . ., Bari 1923. 

Degli Antonii, Pietro -*■ Antonii, Pietro degli. 


Degner, Erich Wolf, *8. 4. 1858 zu Hohenstein- 
Emstthal, f 18. 11. 1908 zu Berka bei Weimar; 
deutscher Komponist, wirkte als Lehrer an den Mu- 
sikschulen in Regensburg, Gotha, Pettau (Steier- 
mark) und Graz, wurde 1902 Direktor der Groß- 
herzoglichen Musikschule in Weimar, Lehrer für 
Kirchengesang am Seminar und Musikdirektor der 
Hauptkirchen. Von seinen Kompositionen sind zu 
nennen: eine Symphonie EmoU für Org. und 
Orch., Orch.-, Chor- und Orgelwerke, Klavier- 
stücke und Lieder. Auch gab D. Anleitungen und 
Beispiele zum BÜden von Kadenzen (1. Teil 1902) 
heraus. 

Lit.: R. v. Mojsisovics, E.W. D., AMZ XXXV, 1908. 

De Greef, Arthur, *10. 10. 1862 zu Löwen, f 29. 
8. 1940 zu Brüssel; belgischer Pianist und Kompo- 
nist, Schüler von Brassin am Brüsseler Konserva- 
torium, kurze Zeit auch von Liszt in Weimar. 
Nach langjährigen Konzertreisen in ganz Europa 
wurde er 1887 Lehrer für Klavier am Konserva- 
torium in Brüssel. Sein kompositorisches Schaffen 
umfaßt mehrere Orchesterwerke, 2 Klavierkon- 
zerte, Kammermusik, Klavierkompositionen und 
Lieder. 

Degtjarqw, Step an Anürijewitsch (Dechterew), 

* 1766 zu Borissowka, f 5. 5. 1813 im Kursker 
Gouvernement; russischer Komponist, gehörte als 
Leibeigener dem Grafen Scheremetew, in dessen 
Chor und Theater er als Knabe sang, wurde Kom- 
positionsschüler Sards in St. Petersburg, studierte 
in Italien, dann Konzertmeister des Scheremetew- 
schen Theaters in Kuskowo und Ostanlrino. Nach 
dem Tode des Grafen N. P. Scheremetew (1809) 
lebte D. in Moskau und wurde berühmt als Kom- 
ponist von Kirchenmusik, 60 Konzerten und der 
Oratorien »Minin und Poscharskij oder die Befrei- 
ung Moskaus« für Soli, 3 Chöre, ein Symphonie- 
orch. und ein Blasorch. (1811), »Der Triumph 
Rußlands und die Vernichtung der Feinde« und 
»Die Flucht Napoleons« (unvollendet). Ferner über- 
setzte er Manfredinis »Regole armoniche« ins Rus- 
sische (St. Petersburg 1805). 

Lit.: St. Smolensku, St A. D.s Oratorium »Minin 
u. Poscharskij«, Musykalnaja starina IV, 1907, ross.; 
N. Findeisen, Skizzen zur Gesch. d. Musik in Ruß- 
land ... II, Moskau u. Leningrad 1929, russ.; N. A. 
Jelisarowa, Das Theater d. Scheremetews, Moskau 
1944, russ. ; R.-A. Mooser, Annales de la musique.. . 
en Russie III, (Genf 1951). 

Deguide (<bg'i:d), Richard (de Guide), * 1.3. 
1909 zu Bas&des (Hennegau) ; belgischer Kompo- 
nist, lebt in Brüssel Er studierte zunächst Chemie, 
Harm bei Güson, Candad und Absü Komposition, 
arbeitete 1938-45 (mit Unterbrechung durch eine 
Zeit politischer Gefangenschaft während der Be- 
setzung Belgiens) am Institut National de Radio- 
diffusion und leitet seit 1946 die Musikakademie 
von Woluwd Saint Lambert (Brüssel), an der er 
auch Musikgeschichte lehrt. Zugleich ist er Musik- 
referent der Nouvehe Gazette und Mitarbeiter an 
»Disques« (Paris) sowie der SMZ. Werke: Humo- 
resque für KL op. 1 (1927); Dimanches op. 6 (Lie- 
der, 1936); Mouvements Symphoniques für Orch. 
op. 8a (1938; bearbeitet für Blasorch. ab op. 8b 
1947) ; 4 Priludes brefs für Kl op. 9 (1938) ; Hlustrar- 
tionspour un Jeu de VOie für Singst, oder 2st. Chor 
und KL op. 10a (1939; bearbeitet mit Orch. ab 


379 



De Haan 


op. 10b, 1941); Konzert für 11 Instr. op. 12 (1940); 
Trois Chants de Mort op. 16 (1943); I. Symphonie 
op. 17 (1943); Suite für KL und 5 Blaser Speciosa 
miracula op. 19 (1948) ; Duos für 2 Trp. op. 20 und 
für 2 V. op. 21 (1944-45); Tondichtung Vincti non 
devicti , Frontispice pour un Camp op. 22 (1948; als 
Ballett Brüssel 1958); II. Symphonie mit Org. op. 
24 (1950); Trois nömes für H. solo op. 25 (1951); 
Klavierkonzert Le Temeraire op. 26 (1952) ; Violin- 
konzert op. 27; m. Symphonie op. 31 (1957). 


De Haan, Willem (Dehaan), * 24. 9. 1849 zu 
Rotterdam, t 26. 9. 1930 zu Berlin; holländischer 
Komponist, war nach Studien in Rotterdam und 
Leipzig als Vereinsdirigent tätig und 1878-1914 
Hofkapellmeister in Darmstadt. Er hinterließ zahl- 
reiche Männerchorwerke, Das Grab im Busento für 
gern. Chor, Soli und Orch., die Opern Die Kaisers- 
tochter (Darmstadt 1885) und Die Inkasöhne (Darm- 
stadt 1895), Klavierstücke, Duette und Lieder. 


Dehn, Siegfried Wilhelm, * 25. 2. 1799 zu Al- 
tona, f 12. 4. 1858 zu Berlin; deutscher Musiktheo- 
retiker und -lehrer, studierte 1819-23 in Leipzig 
Jura, nahm aber nebenher Musikunterricht. 1823 
erhielt er in Berlin Anstellung bei der schwedischen 
Gesandtschaft. Als er 1830 sein väterliches Vermö- 
gen verlor, machte er die Musik zum Lebensberuf, 
wurde Schüler B. Kleins und war bald ein durch- 
gebildeter Theoretiker. Meyerbeer verschaffte ihm 
1842 die Stelle des Bibliothekars der musikalischen 


Abteilung der Königlichen Bibliothek, welche 
durch ihn zuerst vollständig geordnet und katalo- 
gisiert wurde und große Bereicherungen erfuhr, da 
er alle Bibliotheken Preußens durchsuchte und die 
gefundenen Schätze der ihm anvertrauten Samm- 
lung einverleibte. Auch setzte er eine große Zahl 
älterer Werke in Partitur (so Lassos Bußpsalmen). 
1842-48 redigierte er die von Gottfried Weber ge- 
gründete Musikzeitschrift Cacilia , für die er selbst 
vieles Wertvolle schrieb. Sein Hauptwerk ist aber 
die Theoretisch-praktische Harmonielehre (Berlin 
1840, 21860, die Einleitung mit historischen Aus- 
führungen); ferner gab er heraus: Analysen dreier 
Fugen aus J. S. Bachs Wohltemperiertem Klavier und 
einer Vomdoppelfitge G. M. Buononcinis (Leipzig 
1858), eine Sammlung älterer Musik aus dem 16 . und 
17. Jh. (Berlin 1837, 12 Hefte); eine Übersetzung 
von Delmottes »Notice biographique sur Roland 
Delattre« (1837). B. Scholz gab 1859 aus seinen 
hinterlassenen Papieren eine Lehre vom Contra- 
punkt, dem Canon und der Fuge heraus (Berlin 1859, 
21883). D. war einer der namhaftesten Komposi- 
tionslehrer; zu seinen Schülern zählen Glinka, Cor- 
nelius, Kiel, Anton Rubinstein und Th. Kullak. 


de Hondt, Cornelius Canis. 


Deiters« Hermann Clemens Otto, * 27. 6 . 1833 
zu Bonn, f 11. 3. 1907 zu Koblenz; deutscher Mu- 
sikschriftsteller, studierte Jura, später Philologie, 
promovierte 1854 zum Dr. jur. und nach kurzer 
Tätigkeit als Auskultator in Berlin und erneuten 
Studien unter Ritschl, Jahn und Welcker in Bonn 
zum Dr. phiL (1858), legte das Staatsexamen ah und 
war nacheinander tätig als Gymnasiallehrer in Bonn 
(1858), Düren (1869), Gymnasialdirektor in Könitz 
(Westpreußen; 1874), Posen (1877) und Bonn 
(1883); 1885 wurde er als Provinzialschulrat nach 
Koblenz versetzt. D. ist neben seiner pädagogischen 


Tätigkeit mit Erfolg als Musikschriftsteller aufee- 
treten; wertvolle Aufsätze aus seiner Feder finden 
sich in Bagges Deutscher Musikzeitung (1861-62) 
und besonders in der Allgemeinen Musikalischen 
Zeitung (1863-82) und der VfMw (1888-1893), 
dzrunteiBeethovens dramatischeKomposiüonen (1865), 
R. Schumann ab Schriftsteller (1865), Otto Jahn 
(1870), Beethovens Säkulaifeier in Bonn (1871), Max 
Bruchs Odysseus (1873) und eine Reihe von Artikeln 
über Brahms; auch die Grenzboten (1866), die Er- 
gänzungsblätter zur Kenntnis der Gegenwart 
(1868-71), die Deutsche Warte (1871-72) und die 
Münchener Propyläen (1869) weisen Arbeiten von 
ihm auf. Eine vortreffliche Charakteristik von 
Brahms, dem D. persönlich nahestand (Brahms* 
Briefwechsel Band III), erschien in Graf Waldersees 
»Sammlung musikalischer Vorträge« (H. 23/24, 
1880, II: 63, 1898), desgleichen eine SkizzeLudwig 
van Beethoven (1882). D. redigierte auch die 3. (Leip- 
zig 1889-91) und 4. Auflage (Leipzig 1905-07) von 
Jahns Mozartbiographie. Seine Hauptleistung aber 
ist die Bearbeitung von A. W. Thayers Beethoven- 
Biographie nach dem englischen (erst 1922 ge- 
druckten) Originalmanuskript (Band I, Berlin 
1866, Leipzig 21900 neu bearbeitet; II 1872, m 
1879; der bei seinem Tode bereits im Druck fertige 
Band IV erschien mit Vorwort, Ergänzungen und 
Register von H. Riemann, Leipzig 1907 ; der als 
Manuskript vorliegende abschließende Band V 
ebenso Leipzig 1908). Eine Abhandlung über die 
Verehrung der Musen bei den Griechen brachte 
1868 das Programm des Bonner, eine über die 
Quellen der Harmonik des Aristides Quintilian 
1870 das des Dürener Gymnasiums. Ferner ist noch 
zu nennen : Über das Verhältnb des Martianus Capella 
zu Aristides Quintilianus (Posener Gymnasialpro- 
gramm 1881). Eine kritische Neuausgabe des Ari- 
steides Quintilianus hinterließ er fast druckfertig. 
Lit. : Nekrolog mit Verz. v. D.s Arbeiten v. J. Asbach 
im Jahresber. f. Altertumswiss., CXLI, 1908 ; W. Kahl, 
H. D., Zf Mw XV, 1932/33; R. Wagner in AfMf IV, 
1939, S. 316. 

De Jong, Marinus, * 14. 8. 1891 zu Oosterhout 
(Niederlande); belgischer Komponist und Pianist, 
studierte am Königlich Flämischen Konservatorium 
in Antwerpen bei Bosquet Klavier und bei Mor- 
telmans Komposition. Er war zunächst als Kon- 
zertpianist tätig, bereiste 1919-22 Amerika und 
widmete sich dann in enger Verbindung mit den 
Benediktinern von Solesmes dem Studium der 
mittelalterlichen Modi und schrieb »ultratonale« 
Klavier- und Kammermusik. 1926 nahm er einen 
Lehrauftrag am Kirchenmusikinstitut von Mecheln 
an, 1932 eine Meisterklasse für Klavier am Ant- 
werpener Konservatorium, wo er seit 1946 auch 
Kontrapunktunterricht erteilt. Für seine Streich- 
quartette erhielt er seit 1952 mehrfach belgische 
und internationale Kompositionspreise. Außer Or- 
chester-, Kammer- und Klaviermusik schrieb er 
auch Orgelwerke und Messen und legte eine 
Harmoniäehre vor. 

De Koven, Henry Louis Reginald, * 3. 4. 1859 
zu ^Middletown (Connecticut), f 16. 1. 1920 zu 
Chicago; amerikanischer Komponist, Schüler des 
Stuttgarter Konservatoriums und Hauffs in Frank- 
furt am Main, studierte noch Gesang bei Vannuc- 
dni in Florenz und Opemkomposidon unter 


380 



De Lange 


Gen6e in Wien und Delibes in Paris. Ab 1891 lebte 
er in New York als Musikreferent und war Mit- 
glied des National Institute of Arts and Letters. 
1902 rief er das Philharmonische Orchester in 
Washington ins Leben, das er bis 1904 leitete. Von 
seinen Kompositionen (unter denen sich auch eine 
Orchestersuite, eine Klaviersonate und Lieder be- 
finden) hatten besonders die Operetten großen Er- 
folg, vor allem: Don Quixote (Boston 1889), Robin 
Hood (Chicago 1890), The Algeriern (Philadelphia 
1893), Roh Roy (Detroit 1894), The Highwayman 
(New Haven 1897) und für New York: The 
Three Dragoons (1899), The Student King (1906), 
The Golden Butterfly (1907), und HerLittle Highness 
(1913). Eine große Oper The Canterbury Pilgrims 
wurde 1917 in New York am Metropolitan Opera 
House aufgeführt, eine weitere Rip van Winkle in 
Chicago 1919. 

Lit.: Mrs. R. de Koven, R. de K., NY 1926. 

Delage (cbl'a^), Charles Maurice, * 13.11. 
1879 zu Paris; französischer Komponist, studierte 
Harmonie, Komposition und Kontrapunkt bei 
Ravel; Werke: 2 Bücher Lieder; Quatre poemes 
hindous und Sept Hai-Kais für Gesang und kleines 
Orch.; Ragamalika und Trois milodies für Gesang 
und großes Orch. ; Schumann für KL ; Tanzdichtung 
über indische Themen; symphonische Dichtung 
Conti par la mer (nach M. G. Morrow). 

De la Hfcle (e:l), Georges (de la Helle), * 1547 zu 
Antwerpen, f zwischen dem 16. 6. 1586 und dem 
19. 2. 1587 wahrscheinlich zu Madrid; franko- 
flämischer Komponist, war Chorknabe an den 
Kathedralen von Antwerpen und Soignies sowie 
1560-70 in der Hofkapelle Philipps II. Nach seiner 
Rückkehr aus Spanien studierte er an der Universi- 
tät Löwen und wurde 1572 als Nachfolger S. Cor- 
nets Kapellmeister an St. Rombaut in Mecheln. 
Beim zweiten Puy d’Evreux gewann er Preise für 
die Motette Nonne Deo (gedruckt in Fr. Sales 
»Sacrarum cantionum . . . Über primus«, Prag 
1593) und die Chanson Mais voyez (gedruckt in 
Phalfcses »Le rossignol musical«, Antwerpen 1597). 
Um 1577 ging er nach Toumai, von wo aus er 
Philipp II. seine Octo missae (5-7st. Parodiemessen 
über Motetten-Tenores von Josquin, Rore, Lasso 
und Crecquillon, Antwerpen 1578) widmete. 1580 
ernannte ihn dieser zum Hofkapellmeister, doch 
trat De la H. das Amt erst 1582 an. 

Lit. : G. Van Doorslaer, G. de la H., Bull, de l’Acad. 
royale d’archäologie de Belgique, 1924; E. Closson, 
Une messe de G. de la H., Rev. mus. beige X, 1934. 

Delair (cbl'e:r),Etienne Denis (de Lair); fran- 
zösischer Musiktheoretiker des 18. Jh., in Paris 
wohnhaft, schrieb einen Traiti d'accompagnement 
pour le thiorbe et le clavessin (Paris 1690, Neuausgabe 
1723). Dieser Traktat enthalt nach J. J. Rousseau 
als erster die -> Regola delTottava, die sonst all- 
gemein F. Campion zugeschrieben wird. 

Lit.: J. J. Rousseau, Dict. de musique, Paris 1768, 
Artikel Rigle de l’octave. 

Delalande (cblal'äd), Michel-Richard (La 
Lande), * 15. 12. 1657 zu Paris, t 18. 6. 1726 zu 
Versailles; französischer Komponist und Organist, 
war als fünfzehntes Kind eines Schneiders zu n äc h st 
Kapellknabe der Maitrise von St-Germain-F Auxer- 
rois in Paris, widmete sich nach dem Stimmbruch 


dem Orgelspiel und war als Organist an verschie- 
denen Pariser Kirchen tätig, darunter auch bei den 
Jesuiten, bei denen er für die Aufführungen von 
Schuldramen des Kollegs die Musik zu schreiben 
hatte. Von Ludwig XTV. mit der musikalischen Er- 
ziehung der Prinzessinnen beauftragt, erhielt er 
1683 eine der vier Stellen des »Surintendant« der 
Königlichen Kapelle. Ab 1704 leitete er diese Ka- 
pelle faktisch allein, wie er auch der Königlichen 
Kammermusik Vorstand. Von seinen Werken er- 
freuten sich besonderer Beliebtheit seine Grands 
motets für Chor, Orch. und Org., die der König 
noch 1729 in Prachtausgaben drucken ließ. Weiter 
sind zu nennen : die Ballette Le Palais de Flore (1689), 
Milicerte (1698), Le ballet des Fies (1699), V Hymen 
Champestre (1700), Le ballet de la Patx (1713), Les 
Folies de Cardenio (1720), Les ilements (1721, mitDes- 
touches); von Instrumentalwerken: Symphonies 
des soupers du Roi, Symphonies desNoeb, Suites eTairs 
de violon. Neben etwa 60 Motetten sind von seinen 
Kirchenkompositionen noch besonders die Messen 
sowie die Legons de thibres anzuführen. 

Ausg.: Les ä&nents, hrsg. v. V. d’Indy, 1883. 

Lit.: Notes et riferences pour servir ä une hist de 
Michel-Richard Delalande, hrsg. unter der Leitung 
von N. Dufourcq, Paris 1957; N. Dufourcq, M.- 
R. D., Rev. de Musicol. XXXV, 1953; A. Celleer, 
Les motets de M.-R. de La Lande, RM XXII, 1946. 

De Laxnarter (di laem'a:te), Eric, * 18. 2. 1880 
zu Lansing (Michigan), f 17. 5. 1953 zu Orlando 
(Florida) ; amerikanischer Komponist und Dirigent, 
1900-36 Organist verschiedener Barchen in Chi- 
cago, 1908-09 Kritiker des Chicago Record-Herold, 
dann der Tribüne und nach 1910 des Inter-Ocean . 
1911-13 leitete er die Musical Art Society und war 
1918-36 Hilfsdirigent des Chicago Symphony 
Orchestra. Werke: 4 Symphonien, Orchester- 
ouvertüren und -suiten, die Ballette The Betrothal, 
The Black Orchid und Dardmus (nach Rameau), 
Ballettsuite The Dance of Life, 2 Orgelkonzerte, 
Psalm 144 für Chor, Kirchen- und Kammermusik. 

Delaney (dil'aeni), Robert Mills, * 24. 7. 1903 
zu Baltimore (Maryland) ; amerikanischer Kompo- 
nist, studierte zunächst in Amerika, dann in Italien 
und 1922-27 in Frankreich (N. Boulanger, Capet 
und Honegger). D. war als Lehrer an verschiede- 
nen Musikschulen tätig, u. a. an der School of Mu- 
sic in Concord (Massachusetts) und an der North- 
western University in Evanston (Illinois). Von sei- 
nen Werken seien genannt eine Symphonie Don 
Quixote (1927), Symphony No . i (1942), Symphonie 
Piece No. I (1935) und No. 2 (1937), Ouvertüre 
Work 22 (1939), Orchestersuite Going to Town 
(1941), Adagio für V. und Streicher (1935), Cho- 
ralsymphonie John Brown 9 s Song (1931) sowie wei- 
tere Chorwerke (Blake Cycle, Night, Choralia No. 1 
und No. 2, My Soul there ts a Country , Western 
Star), Kammermusik (Streichquartette) und eine 
Violinsonate. 

De Lange, Daniel, * 11. 7. 1841 zu Rotterdam, 
f 31. 1. 1918 zu Point Loma (California); hollän- 
discher Komponist, Bruder von Samuel de L., 
Schüler von R. Ganz und A. F. Servais (Cello) so- 
wie VerhüLst und Damcke (Komposition), 1860 
bis 1863 Lehrer an der Musikschule in Lemberg, 
studierte dann noch in Paris Klavier und Orgel, 
wurde Organist der evangelischen Gemeinde von 


381 



De Lange 


Montrouge, der »Freien Gemeinde« und Dirigent 
der »Deutschen Liedertafel«. 1870 siedelte er nach 
Amsterdam über als Lehrer am Konservatorium, 
wurde Sekretär der Maatschappij tot bevordering 
van Toonkunst, war längere Zeit Stellvertreter 
Coenens als Dirigent von »Amstels Mannenkoor«, 
dann Dirigent mehrerer Gesangvereine in Leiden 
und Amsterdam, mit denen er vielfach mit sensa- 
tionellem Erfolg altniederländische a-cappella- 
Murik zur Auffahrung brachte. 1895-1913 war er 
Direktor des Konservatoriums, auch lange Jahre 
Musikreferent der »Nieuws van den Dag«; 1914 
ging er nach Kalifornien. D. komponierte eine 
Oper De val van Kuilenburg , Musik zu Victor 
Hugo’s Hemani , 2 Symphonien, eine Ouvertüre 
Willem van Holland , eine Messe, ein Requiem, 
P salm 22 für Soli, Chor und KL, mehrere Kanta- 
ten, ein Cellokonzert, Lieder und schrieb ein 
Exposi (Tune thiorie de la musique (Paris 1908). 

Lit: H. Viotta, Onze hedendaagsche toonkunste- 
naars, Amsterdam 1894; A. Averkamp, Levensbericht 
van D. de L., Leiden 1918. 

De Lange, Samuel, * 22. 2. 1840 zu Rotterdam, 
f 7. 7. 1911 zu Stuttgart; holländischer Organist 
und Komponist, Bruder von Daniel de L., Sohn 
des Organisten an der St. Lorenzkirche Samuel de 
L. (* 9. 6. 1811 und f 15. 5. 1884 zu Rotterdam, 
Komponist guter Orgelsonaten), erhielt von die- 
sem den ersten Unterricht. Als Orgelvirtuose 
konzertierte er 1858-59 in Galizien, hielt sich 
dann 4 Jahre in Lemberg auf, wurde 1863 Or- 
ganist in Rotterdam und Lehrer an der Musikschule 
der Maatschappij tot bevordering van Toonkunst, 
wirkte 1874-76 an der Musikschule in Basel und 
wurde nach kurzem Aufenthalt in Paris 1877 als 
Lehrer ans Konservatorium zu Köln berufen. 1885 
übernahm er die Direktion des Oratorienvereins 
im Haag. Im September 1893 folgte er einem Ruf 
an das Stuttgarter Konservatorium als Stellvertre- 
ter (1894 Nachfolger) J. Faißts in der Orgel- und 
Kontrapunkt-Professur, übernahm auch den Chor- 
gesang und die Vorträge über Musikgeschichte 
und wurde 1900 Direktor der Anstalt. Von seinen 
Kompositionen sind besonders 8 Orgelsonaten 
hervorzuheben, ferner ein Oratorium Moses (Den 
Haag 1889), 3 Symphonien, Serenade für kleines 
OrcL, Cellokonzert C moll op. 16, je ein Klavier- 
quartett und -quintett, 4 Streichquartette, ein Trio, 
4 Violmsonaten, 2 Cellosonaten, mehrere Kanta- 
ten und Männerchorlieder. De L. gab 1888 Muf- 
fats »Apparates murico-organisticus« mit Anwei- 
sungen für Pedalgebrauch und Registrierung her- 
aus. 

Delannoy (dalanü'a), Marcel F. G., * 9. 7. 1898 
zu La F6rt6 (Seine-et-Oise) ; französischer Kompo- 
nist, studierte ursprünglich Architektur in Paris, 
wo er seit 1923 Kontakt zu A. Honegger fand und 
seine vorher mehr autodidaktischen Musik- und 
Kompositionsstudien systematisch vervoUkomm- 
nete. Die Uraufführung seines Poirier de Mishe an 
der Opera Comique machte ihn 1927 schlagartig 
berühmt. Es folgten eine Operette PhiUppine (zur 
Pariser Weltausstellung 1937), Ginevra (nach Boc- 
caccio) und eine »opdra fteique« Puck (nach 
Shakespeare), an Balletten u. a. Les Noces fantas- 
tiques und Le Fou de la Dame , eine »chanson de 
geste« in einem Akt. Nach seinen Opern und Bal- 

382 


letten schrieb er Orchester-Suiten, außerdem zahl- 
reiche Bühnen-, Hörspiel- und Filmmusiken. D. 
ist Mitglied der Jury des Conservatoire und des 
Rompreis-Instituts. 

De Lara (Cohen), Isidore, * 9. 8. 1858 zu Lon- 
don, f 2. 8. 1935 zu Paris; englischer Sänger und 
Komponist, studierte mit 15 Jahren in Mailand bei 
Mazzucati Komposition und bei Lamperti Gesang, 
später noch Komposition bei Lalo in Paris und 
übersiedelte als Sänger, Komponist und Dirigent 
nach London. 1915/16 gab er eine große Reihe 
englischer Kammermusikkonzerte. Opern: The 
Light of Asia (London 1892) ; Amy Robsart (London 
1893); Molna (Monte Carlo 1897); Messaline 
(Monte Carlo 1899); Le reveil de Bouddha (Gent 
1904) ; Sanga (Nizza 1906) ; Solea (Köln 1907) ; Nail 
(Paris 1912) ; Les trois masques (Marseille 1912) ; Les 
trois mousquetaires (Cannes 1921) ; Prince Marcocana 
(Aix-les-Bains 1927); Le voilier blanc (Budapest 
1933). Sein Opemstil gründet sich auf denjenigen 
von Saint-Saens und Massenet. 

Delatre (cbl'atr), Claude Petit-Jean; franko- 
flämischer Komponist, (die Angabe über seinen 
Tod 1589 in Utrecht ist noch nicht gesichert), um 
1554 Kapellmeister des Bischofs von Lüttich, spä- 
ter wahrscheinlich Chorknabenmeister der Kathe- 
drale zu Verdun. Von seinen Kompositionen er- 
schienen 25 Lamentationen zu 3-6 St. 1554 als La- 
mentationes aliquot Jeremiae harmonicae . . . und 30 
französische Chansons als Sixiesme livre de chansons 
ä 4 parties 1555 bei Phalise. Weitere Chansons und 
Motetten finden sich, zum Teil in handschrift- 
licher Überlieferung, in Sammelwerken. 

Lit.: J. van der Vuet, Jean Petit de Latre (Graf- 
schrift vroeger in de Buurkerk te Utrecht op en 
zwarte plaat aan een der pjjlen), TVer V, 1896. 

Delcroix (dslcrü'a), L6on, * 15. 9. 1880 und f 14. 
11. 1938 zu Brüssel; belgischer Komponist, Schü- 
ler von J. ’Wieniawski, Mailly, V. d’Indy und Theo 
Ysaye. 1911 war er Orchesterleiter in Gent, 1912 in 
Toumai, danach am Trocad&o in Brüssel. Werke: 
Musik zu J. F. Eislanders Le Petit Poucet, Ballett La 
bacchante, symphonische Suite op. 18, Symphonie 
op. 19, mehrere symphonische Dichtungen (Le roi 
Harald op. 26), Quintett op. 23, Klavierquartett op. 
1, Streichquartett op. 35, Quartett für V., Klar., 
Vc. und KL op. 67, Trio op. 4, Violinsonaten op. 34 
und 68 und Cellosonate op. 69. Er schrieb auch 
eine Studie über H. Wieniawski (Brüssel 1908). 

Deldevez (ddebv^z), Edouard Marie Ernest, 
* 31. 5. 1817 und t 5. 11. 1897 zu Paris; franzö- 
sischer Dirigent und Komponist, Schüler von 
Habeneck (Violine), Hal6vy und B ertön am Con- 
servatoire, wo er 1840 ein Konzert mit eigenen 
Kompositionen veranstaltete, das großen Beifall 
fand. Zunächst Geiger in verschiedenen Pariser 
Orchestern, wurde er 1860 2., 1872 1. Dirigent der 
Concerts du Conservatoire, 1873-77 Dirigent an 
der Großen Oper, auch Professor der Orchester- 
klasse des Conservatoire. Von seinen Kompositio- 
nen sind zu neunen: 3 Symphonien, einige Kam- 
mermusikwerke (2 Streichquartette, Klaviertrio), 
Ballette, die lyrischen Szenen La Vendetta und 
VelledOy Kantaten, Kireh^mngflr ora rlcft (Requiem 
zum Gedächtnis Habenecks 1853) und 2 im Manu- 
skript hinterlassene Opern. Daneben gab er ältere 



Delius 


Violinkompositionen heraus: Pikees diverses choisies 
dans les eeuvres des cilkbres violinistes-compositeurs des 
XVH‘ et XVIII* sihcles (4 Bände) und verfaßte auch 
mehrere wertvolle Monographien, darunter Cu- 
riositis musicales (Untersuchung einzelner schwie- 
riger und zweifelhafter Stellen in klassischen Wer- 
ken, 1872), La notation de la tnusique classique com- 
parie ä la notation de la tnusique moderne (über das 
Verzierungswesen), L'art du chef cTorchestre (1878, 
sein Hauptwerk) sowie Mes mhnoires (1890, mit 
einem Verzeichnis seiner Werke) und Le passd apro- 
pos du prisent (1893). 

Delezenne (cbfez'en), Charles Edouard Jo- 
seph, * 4. 10. 1776 und + 20. 8. 1866 zu Lille, wo 
er Professor der Mathematik und Physik war; 
schrieb für die Sitzungsberichte der lüler Gesell- 
schaft der Wissenschaften im 1.-35. Bande eine 
Anzahl auf Musik (Akustik, Intonation, Tonlei- 
tern) bezüglicher Arbeiten von hohem wissen- 
schaftlichem Wert. 

Detgadillo (delgad'iXo), Luis Abraham, *26. 8. 
1887 zu Managua (Nicaragua); nicaraguanischer 
Komponist, erhielt seine musikalische Ausbildung 
am Konservatorium in Mailand, war dann als Or- 
chesterleiter und Musikpädagoge in seiner Heimat 
tätig und beschäftigte sich eingehend mit der süd- 
amerikanischen Volksmusik, aus der er häufig für 
seine Kompositionen schöpfte. 1943-45 war er 
Lehrer am National Conservatory in Panama City 
(Panama). D. schrieb die Opern El final de Norma 
und Mavaltaydn, 4 Operetten und ein Ballett La 
cabeza del Rau/i, zahlreiche Orchesterwecke (dar- 
unter Sinfonla mexicana, Sinfonla Amdrica Central , 
Sinfonla Incaica, Sinfonla serrana ), Kirchenmusik, 
Kammermusik, Stücke für V. und KL und solche 
für KL allein. Als Musikschriftsteller veröffentlichte 
er: El Caso Nietzsche , Mi odisea musical en Amdrica 
Hispdnica, Consideraciones generales sobre la müsica en 
Nicaragua und eine Teorta sintdtica y modema de la 
müsica. 

Lit. : Chronological Cat of the Works of the Nicara- 
guan Composer L. A. D., in: Boletin de Müsica y 
Artes Visuales XUX, Washington 1954. 

Delhasse (cbl'as), Fdlix, * 5. 1. 1809 zu Spa, f 4. 
11. 1898 zu Briiskl; belgischer Musikschriftsteller, 
der Gründer (1854) und langjährige Leiter (bis 
1887) des Guide musical , Mitarbeiter einer großen 
Zahl anderer Zeitungen und Fachzeitsch ri ften, 
1839-47 Herausgeber eines Bühnenkalenders (An- 
nuaire dramatique , mit biographischen Notizen), 
schrieb Beiträge in der Galerie de porträts cTartistes 
musiciens du royaume de Belgique (Brüssel 1842-43; 
biographische Notizen, u. a. über Vieuxtemps, 
Fdtis, Hanssens, de Bdriot, Servais, Prume) und 
kleinere Aufsätze. 

Lit: E. Closson, F. D., V. Hugo et L. Blanc, in: 
Le Flambeau XI, 1928. 

Delibes (dol'i:b), Cldment Phfiibert L6o, * 21. 2. 
1836 zu St-Germain-du-V al (Sarthe), f 16. 1. 1891 
zu Paris; französischer Komponist, wurde 1848 
Schüler des Pariser Conservatoire (speziell von le 
Couppey, Bazin, Adam und Benoist), 1853 Ak- 
kompagnist am Th6ätre Lyrique und 1862-71 Or- 
ganist der Kirche St-Jean-St-Fran^ois. 1855 kam 
seine erste einaktige Operette Deux sous de charbon 
am Theater Folies Nouvelles zur Aufführung, wel- 


cher einige weitere in den Bouffes Parisiens folgten. 
Das Th6atre Lyrique brachte die einaktigen komi- 
schen Opern Mdtre Griffard (1857) vmd Le jardinier 
et son seigneur (1863). Mehr und mehr zeigte sich 
D.s Talent für eine heitere, feine, graziöse Musik. 
1865 wurde er 2. Chordirektor der Großen Oper, 
gab indes 1872 diese Stellung auf, als seine Erfolge 
sich dauernd steigerten. 1866 brachte die Große 
Oper das Ballett La source (in Wien als Naila, die 
Quellenfee ), das D. in Zusammenarbeit mit -> Min- 
kus komponiert hatte; 1870 folgte das Ballett 
Coppilia ou la fille aux yeux d'dmaiU sein bestes 
Werk, noch heute lebendig, und 1876 das Ballett 
Sylvia ou la nymphe de Diane. 1873 war inzwischen 
die komische Oper Le roi Va dit mit Erfolg zur Auf- 
führung gelangt; die weiter folgenden komischen 
Opern Jean de Nivelle (1880) vaxaLdkmd (1883) ver- 
mochten dagegen nicht festen Fuß zu fassen. Seine 
unvollendet hmterlassene Oper Kassya, beendet 
und instrumentiert von Massenet, wurde 1893 in 
Paris aufgeführt Ergänzend sind noch zu nennen 
eine Ballettmusik als Einlage in Adams »Le Cor- 
saire« (1867), Inzidenzmusik zu Le roi s'amuse (1882), 
die dramatische Szene La mort (TOrphde (1878) und 
eine Anzahl ansprechender Romanzen. 1881 wurde 
D. Nachfolger Rebers als Kompositionsprofessor 
am Conservatoire und 1884 Mitglied der Akademie 
(Nachfolger von Mass6). 

Lit: E. Guiraud, L.D., Paris 1892; J. Loisel, 
»Lakmd« de L. D.: ttude historique et critique, ana- 
lyse musicale, Paris 1924; H. de Curzon, L. D., 
Paris 1927; Fr. Noske, La milodie frangaise, Paris 
u. Amsterdam 1954 (mit Verz. <L Romanzen). 

Delius (d'i:ljaz), Frederick, * 29. 1. 1862 zu 
Bradford (England), f 10. 6. 1934 zu Grez-sur- 
Loine; englischer Komponist deutscher Herkunft, 
war für den kaufmännischen Beruf bestimmt, ging 
1883 nach Florida, wo er eine Orangenplantage be- 
wirtschaftete und sich autodidaktisch zum Kom- 

S onisten ausbildete, wurde 1885 Musiklehrer in 
>anville (Virginia), besuchte dann 1886-88 das 
Konservatorium (Jadassohn, Reinecke) in Leipzig, 
wo er sich mit Gneg befreundete - ein Verhältnis, 
das bis zu Griegs Tode dauerte - und lebte ab 1888 
in Frankreich (in Paris und Grez-sur-Loing). 1929 
promovierte ihn die Universität Oxford zum Dr. 
of Music h. c. Seit 1897 wurde D. durch Auffüh- 
rungen seiner Werke (namentlich im Rheinland) 
bekannt, die auf eine verfeinerte, wählerische 
Stimmungsmalerei auf seelischen Untergründen 
ausgehen und eine reine, resignierte Persönlichkeit 
bezeugen. Er schrieb : Fantasie-Ouvertüre Over the 
Hills (Elberfeld 1897), Norwegische Suite für gro- 
ßes Orch. (Entr’acte zu Heibergs »Folkeraadet«, 
1897 in Oslo), Klavierkonzert C moll (1904 von 
Buths in Elberfeld gespielt, in umgearbeiteter Ge- 
stalt 1907 gedruckt), Musikdrama Koanga (Elber- 
feld 1904), Romeo und Julia auf dem Dorfe (Text nach 
Gottfr. Keller, Berlin 1907) und Margot la Rouge 
(einaktig, noch nicht auf geführt); Oper Fermimore 
und Gerda (nach »Niels Lyhne« vonjacobsen; 1919 
in Frankfurt am Main), eine Szenenmusik zu James 
Elrov Fleckers »Hassan« (Darmstadt und London 
1923). Dazu kommen: Poris (Nachtstück für Orch.), 
Lebenstanz für Orch., Legende für V. und Orch., 
Appalachia (Orchestervanationen mit Schlußchor, 
Elberfeld 1904), Sea-drifi (»Im Meerestreiben«, 
nach W. Whitman) für Bar., Chor und Orch. 


383 


Deila Bella 


(Essen 1906), Eine Messe des Leberts für Soli, Chor 
und Orch. (nach Nietzsches »Also sprach Zara- 
thustra«; London 1909), ein Requiem für Soli, Chor 
und Orch. (London 1922), Orchester-Rhapsodie 
Brigg Fair (Zürich 1910), Songs of Sunset für Soli, 
Chor und Orch. (London 1911), A Song of the High 
Hills (für Orch. mit Schlußchor), Orchesterstücke: 
In a Summer-Garden, On Hearing the First Cuckoo in 
Spring (1912), Summemtght on the River (1911), 
Song before Sunrise (1917), 2 Tanzrhapsodien (1908 
und 1916); ein Violinkonzert, 3 Violinsonaten 
(1915, 1923, 1932), Cellosonate (1916); Streich- 
quartett (1917-18) sowie eine Reihe Lieder und 
Chöre. 

Lit: M. Chop, F. D., Lpz. 1907; Ph. Heseltine, F. 
D., London 1923; R. H. Hüll, D., London 1928; 
G. Abraham, D. and his Literary Sources, ML X, 
1929; A. K. Holland, Essay and Notes for the D. 
Society Records, London 1934; Cl. Delius, F. D.: 
Memories of my Brother, London 1935, Ch. ed. 
London 1937; E. Fenby, D. as I knew him, London 
1936; A. Hutchings, Nietzsche, Wagner and D., 
ML XXII, 1941; ders., D.: a Critical Biography, 
London 1948; R. Lyle, D. and the Philosophy of 
Romanticism, ML XXIX, 1948; A. K. Holland, 
The Songs of D., NY 1951 ; P. Warlock, F. D., NY 
195Z 

Deila Bella, Domenico; italienischer Kompo- 
nist um 1700; KirchenkapeHmeister in Treviso, von 
dem gedruckt 12 Sonate da Chiesa op. 1 für 2 V. und 
Gb. (Amsterdam 1704) und handschriftlich eine 
Cellosonate sowie 7 4$t. Messen a cappella, Psalmen 
für Chor und Instrumente und ein 6st. Te Deum 
erhalten sind. 

Ausg. : Cellosonate . . ., hrsg. v. W. Upmeyer, NMA 
lxxxhi. 

Deila Casa-Debeljevic, Lisa, *2.2. 1921 zu Burg- 
dorf (Bern) ; Schweizer Sängerin (Sopran), lebt auf 
Schloß Gottheben (Thurgau). Ihre musikalische 
Grundausbildung erhielt sie am Berner Konserva- 
torium und wurde in Zürich zur Sängerin aus- 
gebildet. Mit ihrem Arabdla-Debüt bei den Salz- 
burger Festspielen 1947 wurde sie international be- 
kannt, ist seitdem Mitglied der Wiener Staatsoper, 
seit 1953 auch der Metropolitan Opera New York. 
Gastspiele führen sie vor allem als gefeierte Mozart- 
und R. Strauss-Sängerin an die Hauptplätze Euro- 
pas und zu den Festspielen in aller Welt. In Gott- 
fried von Emerns Kafka-Oper »Der Prozeß« kre- 
ierte sie bei der Salzburger Uraufführung 1953 alle 
drei Frauenrollen. 

Deila Giaja (tj'aja), Azzolino Bernardino, 

* 21. 5. 1671 zu Siena, f 15. 1. 1755 zu Pisa; italie- 
nischer Ordensgeistlichcr und Musikliebhaber, 
schenkte der Kirche Santo Stefano in Pisa 1738 eine 
große Orgel, deren Disposition er entwarf und an 
deren Bau er selbst mitarbeitete (sie wurde seit 
1839 mehrfach umgebaut) ; er berichtete darüber in 
der Descriztone de IT organo . . . nella Chiesa Conven- 
tuale de 9 Cavalieri di Santo Stefano in Pisa (Pisa 1739). 
Von seinen Werken erschienen im Druck; Sahni , 
5st. mit 2 obligaten V. und einer Violetta ad li bitum 
(Bologna 1700) ; Cantate da camera a voce solo. op. 2 
(Lucca 1701) und op. 3 (Bologna 1702) und Sonate 
per Cemb. op. 4 (Rom 1727). Diese (die 3 von 
Buonamid veröffentlichten bestehen aus Toccata, 
Canzone und 2 zweiteiligen Tanzstücken) sind so- 
wohl in ihrer Rhythmik und Spieltechnik als auch 

384 


für die Entwicklung der Form der Klaviersonate 
von hohem Interesse. Handschriftlich erhalten sind 
Messen, weitere Kirchenmusik, Solokantaten, Ri- 
cercari und Orgelsonaten. 

Ausg. : 3 Sonate per Cemb., hrsg. v. G. Buonamici, 
Florenz 1912; 2 Fugen, in; Tagliapietra, AnL X, 
Mailand 1933. 

Lit.: F. Torrefranca, L’impressionismo ritmico . . 
Vite Mus. 1913; A. Sandberger, Zur älteren itaL 
Klaviermusik, JbP XXV, 1918; dass, in: A. Sand- 
berger, Ausgewählte Aufsätze I, München 1921; G. 
Chigi Saracini, Un organista del sec. XVIII: A. 
Deila C., La Diana III, 1928; ders., A. B. Deila C., 
Boll. delPAcc. Mus. Chigiana III, 1950, u. IV, 1951 ; 
A. Puccianti, Di un opusculo contenente la descri- 
zione dell’organo di A. Deila C. . . ., RMI LHI, 1950. 

Deila Corte, Andrea, * 5. 4. 1883 zu Neapel; 
italienischer Musikforscher, Autodidakt, studierte 
in Neapel Jurisprudenz, ab 1906 Musikreferent an 
verschiedenen Zeitungen in Neapel, seit 1919 (bis 
heute) an La Stampa in Turin, wo er 1926-53 Pro- 
fessor für Musikgeschichte am Liceo Musicale, 
1939-53 auch an der Universität war. Seine wich- 
tigsten Schriften: Paisiello (Turin 1922); Saggi di 
critica musicale (Turin 1922) \V Opera comica italiana 
del settecento (2 Bände, Bari 1923, spanisch Buenos 
Aires 1928); Le opere di G. Verdi: Aida (1923), 
Otello (1924), Falstaff (1925); Piccola antologia set - 
tecentesca (Mailand 1925); zusammen mit G.M. 
Gatti: Dizionario di musica (Turin 1926, *1955); 
Disegno storico delVarte musicale (Turin 1927, *1949) ; 
Antologia della storia della musica (2 Bände, Turin 
1927-29, 41945); Scelta di musiche per lo Studio della 
storia (Mailand 31949); Nicolb Piccinni (Bari 1928); 
zusammen mit G. Pannain: Vincenzo Bellini (Turin 
1936); Pergolesi (Turin 1936); Toscanini (Vicenza 
1946) ; Satire e grotteschi di musiche e di musicisti 
d'ogni tempo (Turin 1947) ; Gluck (Florenz 1948); 

Storia della musica (mit G. Pannain, 3 Binde, Turm 
31953 ; die 3. Auflage 1956 auch in spanischer Über- 
setzung); Libretti italiani nel Seicento (Turin, im 
Druck). 

Della Maria, Pierre-Antoine-Dominique, 

* 14. 6. 1769 zu Marseille, f 6. 3. 1800 zu Paris; 
französischer Komponist, SchülerPaisiellos, brachte 
1792 in Neapel eine Opera buffa II Maestro di cap- 
pella, in Vicenza 1795 Chi vuol non pudte und in Ve- 
nedig 1795 II matrimonio per scommessa sowie in 
Triest eine Kantate Le tre Sirene zur Aufführung, 
ging 1796 nach Paris, wo er sich mit dem Dichter 
Duval verband und bereits 1798 mit der komischen 
Oper Le prisonnier ou la Ressemblance Erfolg hatte. 
In schneller Folge brachte er bis zu seinem Tode 
noch 5 weitere Opern und wurde in Paris beliebt. 
Eine n a c h gel assene Oper La fausse dukgne beendete 
Blangim (gegeben Paris 1802). Kirchenkomposi- 
tionen, k l ein ere Gesangsstücke und Sonaten für 
vers ch i ed ene Instrumente blieben Manuskript. 

Lit: N. E. Fram£ry, Notice sur le musicien D. M., 
mort depuis peu, Paris 1880. 

Della Viola, Alfonso, * um 1508 zu Ferrara, 

1* tim 1570 wahrscheinlich zu Ferrara; itaHwiiyliiM- 
Komponist, stand als Instrumentalist im Dienste 
der Herzoge von Ferrara, erscheint allerdings von 
Herbst 1539 bis 1547 nicht in den Kapellaktcn. Er 
soll 1534 Kape llme ister geworden sein; jedoch ist 
spätestens 1535 Maistre Jhan als Inhaber (fieses Am. 



Delmas 


tes bezeugt. D. V. gab 2 Bücher 4st. Madrigale her- 
aus (Ferrara 1539—40) und schrieb die Musik zu der 
Tragödie Orbecche (1541) und den Favole pastorali 
H Sacrificio (1554), VAretusa (1563) und Lo Sfor - 
tunato (1567), die sämtlich am Hofe zu Ferrara auf- 
geführt wurden. Erhalten ist davon nur eine rezita- 
tivähnliche Szene mit Chor aus II Sacrificio . 

Ausg.: Szene u. Chor aus »II Sacrificio« in: A. So- 
lerti, Gli albori del melodramma I, Mailand (1903/ 
1904). 

Lit. : W. Weyler, Documenten betreffende de mu- 
ziekkapel aan het hof van Ferrara, Vlaamsch jaarboek 
voor muziekgeschiedenis I, 1939; A. Einstein, The 
Italian Madrigal 1, Princeton 1949. 

Deila Viola, Francesco; italienischer Kompo- 
nist des 16. Jh., um 1530 in Modena tätig, vielleicht 
verwandt mit Alfonso D. V., mit dem zugleich er 
in der Hofkapelle von Ferrara als Instrumentalist 
Dienst tat. Beide erscheinen 1535-49 nicht in den 
Kapellakten, Francesco ab 1553 wieder nicht. 
Wahrscheinlich ging er nach Venedig, wo er 1558 
die Musica nova seines Lehrers Willaert herausgab, 
und wurde 1559 als Nachfolger von Cipriano de 
Rore Kapellmeister in Ferrara. Er gab ein Buch 4st. 
Madrigale heraus (Venedig 1550). 

Lit.: W. Weyler, Documenten betreffende de mu- 
ziekkapel aan het hof van Ferrara, Vlaamsch jaarboek 
voor muziekgeschiedenis I, 1939. 

Deller, Alfred George, * 30. 5. 1912 zu Margate; 
englischer Sänger (Alt), sang zunächst im Kirchen- 
chor seiner Heimatstadt una bildete sich autodidak- 
tisch zum Altisten. 1940-47 gehörte er dem Chor 
der Kathedrale von Canterbury an und wirkt seit- 
dem an St. Paul’s Cathedral in London. D., der 
solistisch und als Leiter eines Vokalensembles mit 
hervorragenden Aufführungen älterer englischer 
Musik berühmt geworden ist, hat die vergessene 
Kirnst des Alt-Gesangs mit Männerstimmen zu 
neuem Ansehen gebracht. 

Deller, Florian Johann, getauft Z 5. 1729 zu 
Drosendorf (Niederösterreich), f 19. 4. 1773 zu 
München; Österreichischer Komponist, ab 1751 
Mitglied des Stuttgarter Hoforchesters, genoß hier 
den Unterricht von Jommelli und wurde 1769 
Konzertmeister und Hofkomponist, ging 1771 
nach Wien und von da nach München. D. stand 
besonders als Komponist Noverrescher Ballette 
(Orfeo ed Euridice 1763) in Ansehen, doch hatte er 
auch mit einer Reihe von Singspielen und komi- 
schen Opern Erfolg. 6 Triosonaten erschienen bei 
Welcher in London, einige Sinfonien sind hand- 
schriftlich erhalten. 

Ausg.: die Ballette Orpheus und Eurydice, La Con- 
stance, Ballo polonois und La schiava liberata, hrsg. 
v. H. Abert in DDT 43/44. 

Lit.: H. Abert, Die dramatische Musik, = Herzog 
Karl Eugen und seine Zeit, H. 7, hrsg. v. Württem- 
bergischen Geschichtsver., Eßlingen 1905. 

Delle S$die, Enrico, * 17. 6. 1822 zu Livorno, 
f 29. 11. 1907 zu Garennc-Colombes bei Paris; 
italienischer Opernsänger (Bariton), sollte Kauf- 
mann werden, nahm aber Gesangs- und Schau- 
spielunterricht und debütierte 1851 in Florenz in 
Verdis Nabucco. Als Don Giovanni, Figaro (im 
Barbiere di Seviglia) und vor allem in Verdischen 
Opemrollen gelangte er in ganz Italien und Paris 
bald zu Ansehen. 1867-71 war er Gesanglehrer am 


Pariser Conservatoire, dann Leiter einer eigenen 
Gesangschule in Paris. Delle S.s Stimme war nicht 
bedeutend, er verdankte seinen Ruhm allein seiner 
hervorragenden Charakterisierungskunst. Schrif- 
ten: Arte e filosofia del canto (Mailand 1876), Veste - 
tica del canto (Mailand 1886; beide zusammen in 
einem Bande auch englisch und französisch), Rifles- 
sioni salle cause della decadenza della scuola di canto in 
Italia (Mailand 1881). 

Lit. : E. Gara, L’impresario in angustie, Mailand 
1940. 

D^UInger, Rudolf, * 8. 7. 1857 zu Graslitz 
(Böhmen), f 24. 9. 1910 zu Dresden (nach mehr- 
monatiger Geistesstörung); böhmischer Kompo- 
nist, Schüler des Prager Konservatoriums, wurde 
nach Kapellmeistertätigkeit in Brünn, an kleineren 
Bühnen und in Hamburg (1883-93) 1893 Kapell- 
meister des Residenztheaters in Dresden. Als Kom- 
ponist trat D. hervor mit Operetten: Don Cäsar 
(Hamburg 1885), Lorraine (Hamburg 1886), Kapi- 
tän Fracassa (Hamburg 1889), Saint-Cyr (Hamburg 
1891), Die Chansonette (Dresden 1894), Jadwiga 
(Dresden 1901), Der letzte Jonas (Dresden 1910). 
Lit.: E. Gierach, Biogr. Aufsatz in: Sudetendeutsche 
Lebensbilder, Reichenberg 1930. 

Dello Joio, (d'sllo dj'ojo), Norman, * 24. 1. 
1913 zu New York; amerikanischer Komponist, 
Schüler der Juilliard School und der Yale School 
of Music, Kompositionsschüler von Hindemith, 
war 1934-40 als Organist an St. Ann’s Church in 
New York tätig, 1941-43 musikalischer Leiter des 
Dance Players Ballet, war 1945-50 Kompositions- 
lehrer am Sarah Lawrence College und ist heute 
Professor für Komposition am Mannes College of 
Music in New York sowie Komponist für das Co- 
lumbia Broadcasting System. Er schrieb die Opern 
The Ruby , The Trial at Rouen (1956), das Ballett 
Oti Stage (Metropolitan Opera, 1947), Air Power 
(1957) für Television; Werke für Chor und Orch.; 
Orchesterwerke: New York Profiles, Epigraph, The 
Triumph of St. Joan , Variationen, Chaconne und 
Finale, Concert Music, Serenade; Konzert für Harfe, 
Ricercari für Kl. und Orch., Concertante für Klar., 
Concertino für Harmonika und Orch., Kammermu- 
sik, Klaviersonaten und Lieder. 

Del Mar» Norman, * 31. 7. 1919 zu London; 
englischer Dirigent, am Royal College of Music 
ausgebildet, Kompositionsschüler von Vaughan 
Williams und C. Lambert. 1947-51 war er als As- 
sistant Bcechams am Royal Philharmonie Orchestra 
tätig, 1951-54 Dirigent beim London Philharmo- 
nie und 1954-55 beim Yorkshire Symphony Or- 
chestra. Gleichzeitig stand er der 1949 gegründeten 
English Opera Group (Britten) als musikalischer 
Leiter vor und wirkte bis 1957 auch an der Guild- 
hall School of Music. Er ist ständiger Gastdirigent 
bei BBC London und setzt sich nachhaltig für zeit- 
genössische Musik ein. 

Delmas (delm'a), Jean-Fra^ois, * 14. 4. 1861 
zu Lyon, f 29. 9. 1933 zu St-Alban de Monthel; 
französischer Sänger (Baß), am Pariser Conserva- 
toire Schüler von Bussine, debütierte 1886 an der 
Großen Oper, der er über 30 Jahre angehörte. Er 
war einer der angesehensten Opernsänger seirier 
Zeit und wurde besonders geschätzt wegen seiner 
Interpretation Wagnerscher Opempartien. 


25 


385 



Delmas 


Delmas (ddm'a), Marc, * 28. 3. 1885 zu St. 
Quentin, f 30. 11. 1931 zu Paris; französischer 
Komponist, am Pariser Conservatoire Schüler von 
X. Leroipc, Caussade, Lenepveu und P. Vidal; 1919 
Rompreisträger. Mit dem Oratorium Anne-Marie 
gewann er 191 1 den Prix Rossini; mit der sympho- 
nischen Dichtung Les deux routes den Prix Ambroise 
Thomas; der Prix Chartier wurde ihm 1921 zu- 
gesprochen für seine Kammermusikwerke: ein 
Trio C moll, Ugende et Danse für Streichquartett, 
Klavierstücke (Impressiotis cTAritge; Nostalgie ; 
Suite fiangaise) ; der Prix Crescent für seine lyrische 
Oper Iriam (Bordeaux 1921); der Preis der Stadt 
Paris 1925 für seine Oper Cyrca. Opern: Jean de 
Calais (1907); Stefano (1910); Lais (1909); Cyrca 
(1920, Opera Paris 1927); Anne-Marie (1922); La 
Giaour (1925) ; Operette Sylvette zusammen mit H. 
Fdvrier (Paris 1923); sinfonische Musik: Les deux 
routes (1913); Au pays wallon (1914); Le poete et la 
fie (1920); Du reue au souvenir (1919); Le bateau 
iure (1923); Pefithesilee ; Rhapsodie aritgeoise für Vc. 
und Orch. Er schrieb: Gustave Charpentier et le 
lyrisme frangais (Paris 1931). 

Del Mpnaco, Mario, * 27. 5. 1915; italienischer 
Opernsänger (Tenor), singt an allen großen Büh- 
nen der Welt, mit besonderem Erfolg m den Opern 
Verdis, Bizets und des Verismo. 

Oelsarte (dsls'art), Francois Alexandre Nico- 
las Cheri, * 19. 12. 1811 zu Solesmes, j* 19. 7. 
1871 zu Paris; französischer Sänger, sang kurze 
Zeit an der Opera Comique und den Varietes, 
entsagte aber als begeisterter Saint-Simonist bald 
der Bühne und übernahm die Chordirektorstelle 
an der Kirche des Abbe Chätel, eröffn ete Unter- 
richtskurse, gab historische Konzerte, in denen er 
Begeisterung erweckte durch seine Interpretation 
der Gesänge Lullys, Glucks und Rameaus. Er 
wurde nun ein gesuchter Gesanglehrer, schlug 
aber Engagementsanträge der großen Pariser Thea- 
ter aus. D. gab ein Sammelwerk Les archives du 
chant heraus. 

Lit.: A. Arnaud, D., ses cours et sa mdthode, 1882. 

De Luca, Giuseppe, * 25. 12. 1876 zu Rom; 
it alien ischer Opernsänger (Baßbariton), studierte 
in Rom an der Accademia di Santa Cedlia, de- 
bütierte 1897 in Piacenza und gehörte schon bald 
zu den Spitzenkräften der italienischen Opem- 
bühne, besonders für Werke des Verismo. 1915 bis 
1933 sang er am Metropolitan Opera House in 
NewVbrk. 

Dehme (cbl'ün), Louis, * 15. 3. 1876 zu Charle- 
roi (Belgien), f 5. 1. 1940 zu Paris; belgischer Pia- 
nist und Komponist, Schüler Tinels am Brüsseler 
Konservatorium, erhielt 1900 den Akademiepreis 
für ein Klavierkonzert und 1903 den belgischen 
Rompreis für ein Chorwerk La Mort du rot Rey- 
naud. Wie schon in Charleroi, leitete D. auch in 
Brüssel einen Orchesterverein. Von seinen Kom- 
positionen erschienen im Druck eine Violinsonate, 
eine Cellosonate, ein Gesang Les Cignes mit Vc. 
und Kl. und eine Anzahl Lieder. Unaufgeführt ist 
die Oper Tania (Text von Victor CyiS), aufge- 
führt die Oper Mezrail (Gent 1922), die Ballette 
Le fruit difendu (Paris 1909), Le diabte galant (Brüs- 
sel 1921). 


Delvincourt (dslvgk'u:r), Claude, * 12. 1. 1888 
zu Paris, f 5. 4. 1954 (durch Unfall) zu Bivio di 
Albinia (Orbetello) ; französischer Komponist, stu- 
dierte Jura, in der Musik Schüler erst von L. Boell- 
mann und H. Busser, dann von Widor am Conser- 
vatoire, gewann 1913 mit seiner Kantate Faust et 
Hilhie den Rompreis; 1931 übernahm er die Lei- 
tung des Konservatoriums in Versailles und wurde 
1941 Direktor des Pariser Conservatoire. Werke: 
Lieder; Vokalquartette; eine fesselnde Sonate für V. 
und Kl. (1923); Klavierstücke, darunter Boccacerie 
(auch instrumentiert), noch unveröffentlichte Kam- 
mermusik (Streichtrio, Quartette und Quintette), 
die symphonische Dichtung Typhoon und die 
choreographische Symphonie Voffrande ä Siva 
(Paris 1925); Orchestersuite Pamir (Paris 1935); 
Tanzsuite Le Bai Vinitien für Orch.; musikalische 
Komödie La Femme ä Barbe (Versailles 1938); My- 
sterienspiel Lucifer (nach Byrons »Cain«, Paris 
1948); Musik zu Moli&res Le Bourgeois Gentilhomme 
(Paris 1948). 

Lit. : W.-A.-L. Landowska, L’Oeuvre de CI. D., Paris 
1948 u. 1951. 

Demachi (dem'akki), Giuseppe, *zuAlessandria 
della Paglia (Piemont); italienischer Violinist und 
Komponist, um 1740 im Hof Orchester zu Turin, 
1771 in Genf. Auf dem Manuskript einer seiner 
Symphonien (Es dur) nennt er sich maitre de con- 
cert der Prinzessin von Nassau-W eilburg. 6 »Or- 
chesterquartette« erschienen in London, 6 Violin- 
sonaten op. 1 in Paris, 6 Triosonaten op. 15 und 
konzertante Symphonien in Lyon ; anderes ist hand- 
schriftlich erhalten. 

de Maleingreau, Paul ->■ Maleingreau. 

Dem^ntius, Johannes Christoph (Demant), * 15. 
12. 1567 zu Reichenberg (Böhmen), f 20. 4. 1643 
zu Freiberg (Sachsen); deutscher Komponist, stu- 
dierte 1593 an der Universität Wittenberg, lebte 
dann in Leipzig, wurde 1597 Kantor in Zittau und 
1604 in Freiberg; gediegener und vielseitiger Kom- 
ponist neben H. L. Häßler. Von seinen Komposi- 
tionen wurde ein großer Teil schon zu Lebzeiten 
D.s in eigenen Sammlungen gedruckt. Geistliche 
Werke: Der Spruch Joel, cap. II vers. XII, 5 v. 
(1596); Trias precum Vespertinarum , 4-6 v. (1602); 
Corona harmonica, EvangeHensprüche 6 v. (1610); 
Threnodiae (1611 und 1620); Triades Sioniae Introi- 
tuum , Missarum et Prosarum 5-8 v. mit Nova Bassi et 
Cantus generalis sive continui conjunctio (1619); Deut- 
sche Passion nach dem Evangelisten S. Johanne 6 v. 
(1631); Landes nuptiales 8 v. mit B.c. (1641); Lan- 
des Sioniae 6-8, 10 und 16 v. (1642). Weltliche 
Werke: Neue deutsche weltliche Lieder 5 v. (1595); 
Ungarische Heerdrummel und Feldgeschrei 6 v. (1600) ; 
77 neue auserlesene polnischer und deutscher Art Tänze 
mit und ohne Texten 4 und 5 v. (1601) ; Conviviorum 
deliciae 6st., Sammlung von Tanzstücken (1608); 
Convivalium concentuum Farrago . . . deutsche Madri - 
galia, Canzonette und VillaneUen mit 6 St, zusamt 
einetn Echo und zweien Dialogis mit 8 St (1609) ; Fas- 
ciculus chorodiarum . Neue . . .polnischer und deutscher 
Art Tänze und GaÜiarden mit und ohne Texten 4 und 
5 v. (1613); Erster Teil neuer deutscher Lieder, 3st. 
Sätze von Gregor Lang für 5 St. bearbeitet (1614; 
Ander Teil . . . 1615) ; Tympanum militare 5-10 v. 
(1615). Weiterhin erschienen noch zahlreiche Ge- 
legenneitswerke im Druck. Eine größere Zahl von 


386 



Demuth 


Kompositionen ist daneben in handschriftlicher 
Überlieferung erhalten. Theoretische Schriften: 
Forma musices (1592), Isagoge artis musicae (1602). 
Ausg.: eine intrada 5 v. mit Text in: Schering Beisp. 
154; ein 6st. Satz im Hdb. d. deutschen ev. Kirchen- 
musik, hrsg. v. K. Ameln, Chr. Mahrenholz, W. 
Thomas . . . II, 1. Teil, Göttingen 1935; ein Satz zu 
6 St. in: Musica Sacra XXVIII, hrsg. v. F. Commer; 
4 5st. Galliarden f. Blockfl., hrsg. v. H. Stange, Celle; 
Deutsche Tänze 4st., hrsg. v. D. Dfgen, Kassel; 
Passion nach dem Evangelisten Johannes . . hrsg. 
v. F. Blume, Chw. 27; J. H. Schein/Chr. D.: Der 1 16. 
Psalm 5 v., hrsg. v. A. Aorio, Chw. 36; 4 deutsche 
Motetten zu 6 St., hrsg. v. A. A. Abert, Chw. 39; 
ein Jagdmadrigal (5st.), in: Denkmäler deutscher 
Jagdkultur, Bd 3, hrsg. v. C. Clewing, 1938; ein 
Satz in: Chorbuch, 4. Teil, Nr 4, hrsg. v. F. Jöde, 
Wolfenbüttel-Bln 1931; Neue deutsche weltliche Lie- 
der (1595) und Convivalium concentuum farrago, 
bearb. v. K. Stangl in: LD Sudetenland, Böhmen 
und Mähren, Bd 1, Reichenberg 1939, Nachdruck 
Kassel 1954. 

Lit.: R. Kade, Chr. Demant, Vf Mw VI, 1890; K. 
Stangl, Chr. Demants Lieder 1595 und Farrago 
1609, Diss. Prag 1940 (ungedruckt); H. H. Egge- 
brecht, Ein Musiklexikon v. D., Mf X, 1957. 

Demar, Johann Sebastian, * 29. 6. 1763 zu 
Gauaschach (Bayern), + um 1832 zu Orleans; deut- 
scher Komponist, zuerst Organist in Weißenburg, 
reiste nach Wien und Italien, hielt sich um 1788 in 
Paris auf und wurde 1806 Konzertdirektor in Or- 
leans. Er schrieb Konzerte für KL, für V., für Klar., 
für Horn und zahlreiche Sonatenwerke, ist auch 
Verfasser von Schulwerken für Instrumente. 

de Marchena y Dujarric (martj'ena), Enri- 
que, * 13. 10. 1908 zu Santo Domingo (heute 
Ciudad Trujillo); dominikanischer Komponist, 
studierte Jurisprudenz und politische Wissenschaf- 
ten an der Universität von Santo Domingo, Musik 
am dortigen Liceo Musical. 1927-41 war er Mu- 
sikkritiker des »Listin Diario« und widmete sich 
ab 1929 auch folkloristischen Studien. Er war 
Mitglied des Instituto de Antropologia y Folklore 
der Universität von Santo Domingo, an der er 
1945 zum Vize-Rektor ernannt wurde. 1947-54 
wirkte er als Gesandter der Dominikanischen Re- 
publik in Washington und ist gegenwärtig Dele- 
gierter bei den Vereinten Nationen. Sein von den 
französischen Impressionisten beeinflußtes kompo- 
sitorisches Schaffen umfaßt u. a. eine Suite de 
Imagines (1942) und eine symphonische Dichtung 
Arcoiris (1944) für Orch.; ein Hötenkonzert (1946), 
ein Violinkonzert, Serenata del Amor Trunco für V. 
und Orch.; ein Divertimento für Ob. und Strei- 
cher (1957), eine Violinsonate; 12 Praeludien und 
12 Noctumos impresionistas für KL sowie Lieder für 
Singstimme und KL 

Demarquez (domark'e:), Suzanne, * 5. 7. 1899 
zu Paris; französische Komponistin, betrieb ihre 
Studien am Pariser Conservatoire. Ihr Sc h a ff e n , 
das sie weitgehend der Kammermusik widmet, 
umfaßt eine Sonatine pour orchestre (1932), Varia- 
tions, interlude et taranteile für Quintett, Streichquar- 
tett op. 10 (1927), Rapsodie lyrique für V. und KL 
(auch orchestriert), Sonatinen für Kl., Cellosonate 
op. 6 (1923), 4 Quartette für Frauenstimmen sowie 
eine Reihe von Klavierliedem. 

Dem$lius, Christian, * 1. 4. 1643 zu Schlettau 
bei Annaberg (Sachsen), f 1- 11* 1711 zu Nord- 


hausen; studierte 1666-69 an der Universität Jena 
und wurde Ende 1669 Stadtkantor in Nordhausen. 
Von seinen Werken sind nur bekannt 4st. Motetten 
und Arien (1700) sowie eine Elementarmusiklehre 
Tirocinium musicum . 

Ddmenyi (d'e:mepi), Dezsö, * 29. 1. 1871 und 
1 9. 11. 1937 zu Budapest; ungarischer Komponist, 
1893 zum Priester geweiht, wurde 1897 Königlicher 
Hofkaplan und Gymnasialprofessor, 1913 Chor- 
direktor der St-Stephan-Basilika. Werke: eine 
Operette, Orchesterwerke (Ungarische Tanzsuite), 
8 Messen, mehrere Chorwerke und zahlreiche Lie- 
der. 1902 gründete er die ungarische Musikzeitung 
Zeneközlöny , die bis 1918 und 1924-25 erschien. 

Demessieux (cbmesj'o), Jeanne, * 14. 2. 1921 zu 
Montpellier; französische Organistin, studierte am 
Pariser Conservatoire bei Dupre, machte sich als 
Virtuosin bekannt und lehrt seit 1952 am Conser- 
vatoire von Lüttich. Sie komponierte ein Pobne 
pour orgue et orchestre (1952) sowie Orgelstücke und 
-etüden. 

De Mol (Demol), - 1) Pierre, * 7. 11. 1825 zu 
Brüssel, f 2. 7. 1899 zu Alost; belgischer Kompo- 
nist, Cellolehrer am Konservatorium in Besan^on. 
Von seinen Kompositionen sind zu nennen die 
Kantaten: Les chritiens martyrs (Rompreis 1855), 
Herculanum, Lafete de Belsazar , die Opern Quen- 
tin Metsys, ein Te Deum, eine Messe, das Oratorium 
Sainte Ctoile und 12 Streichquartette. - 2) Fran- 
9 ois-Marie, * 3. 3. 1844 zu Brüssel, ■{* 3. 11. 1883 
zu Ostende; Neffe des vorigen, zunächst Organist 
in Brüssel, dann auf F6tis* Empfehlung in Marseille, 
wo er 1872-75 die Populärkonzerte leitete und Har- 
monieprofessor am Konservatorium war. Nach 
Belgien zurückgekehrt, wurde er zum Direktor 
der Academie de musique von Ostende ernannt. - 
3) Willem, * 1. 3. 1846 zu Brüssel, + 7. 9. 1874 
zu Marseille; Bruder des vorigen, erhielt am Brüs- 
seler Konservatorium den Rompreis für die Kan- 
tate Le sotige de Christophe Colomb. Seine Werke, 
vor allem Kantaten und Lieder, gelangten rasch zu 
großer Beliebtheit. 

Demus, Jo erg, * Z 1Z 1928 zu St. Poelten; 
österreichischer Pianist, lebt in Wien. Er ist Ab- 
solvent der Wiener Staatsakademie, an der er 1940 
bis 1945 Klavier und Dirigieren studierte. Später 
arbeitete er noch mit Benedetti-Michelangek und 
Gieseking. 1943 debütierte D. bei der Gesellschaft 
der Musikfreunde in Wien, deren Ehrenpreis er 
1947 erhielt. Seit 1948 unternimmt er Konzertrei- 
sen durch Europa, Afrika und die USA. 1956 er- 
rang er beim Internationalen Pianisten-W ettbe- 
werb in Bozen den Busoni-Preis. Auch als Lied- 
begleiter (Fischer-Dieskau) machte er sich einen 
Namen. 

Demuth (d'imoO), Norman, * 15.7.1898 zu 
South Croydon (Surrey); englischer Komponist 
und Musikschriftsteller, war kurze Zeit Schüler des 
Royal College of Music in London und wirkte 
später als Organist, Chor- und Orchesterleiter, bis 
er 1930 als Kompositionslehrer an die Royal Aca- 
demy of Music in London berufen wurde. Er ist 
Mitgründer der R. A. M. New Music Society. D., 
der als Komponist Autodidakt ist, ,sduieb: die 
Opern Conte viniüen (1947), Le fiambeau (1948), 


25* 


387 



De Nardis 


Volpone (1949) und The Oresteia (1950); die Bal- 
lette The Temptation of St Anthony (1937), Planeto- 
mania (1940), Complainte (1946), Bai des fantömes 
(1949), La debutante (1949); Bühnen- und Film- 
musiken ; Chorwerke (Pan' s Anniversar/ mit Orch.) ; 
zahlreiche Orchesterwerke, darunter Cortege (1931), 
Partita (1939), Threnody für Streicher (1942), Suite 
champetre (1945), eine Suite Prometheus (1948), eine 
Symphonie (1949), symphonische Stücke und Di- 
vertimenti; Violinkonzert (1937), Saxophonkon- 
zert (1938), 2 Klavierkonzerte (1943, 1947; das 
zweite für die linke Hand) ; Orchesterlieder, Kam- 
mermusik. Bücher: Albert Roussel (London 1947), 
Ravel (London 1947), An Anthology of Musical Cri - 
tieism (London 1948), Cesar Franck (London 1949), 
Paul Dukas (London 1949), The Symphony (Lon- 
don 1950), Gounod (London 1951), Some Trends of 
20th-Century Music (London 1951), Musical Form 
and Textures (London 1954). 

De Nardis, Camillo, * 26. 5. 1857 zu Orsogna 
(Chieti), f 5. 8. 1851 zu Neapel; italienischer Kom- 
ponist, Schüler des Konservatoriums zu Neapel, an 
dem er 1882 Lehrer für Harmonie wurde; 1892 
Kompositionslehrer am Konservatorium von Pa- 
lermo; 1907-29 war er wieder Lehrer und zugleich 
Vizedirektor des Konservatoriums in Neapel Von 
seinen Kompositionen fesseln besonders ehe durch 
abruzzesische Melodien angeregten Orchester- 
werke. Von seinen Opern wurden auf geführt: Un 
bagnofreddo (Neapel 1879) ; Bi ba bu (Neapel 1880) ; 
Un bacio alla Regina (Neapel 1890); Stella (Chieti 
und Mailand 1898); Oratorium I Turchi in Ortona 
(Ortona 1884). Außerdem schrieb er Kirchen- und 
Kammermusik, verfaßte Lehrbücher und veran- 
staltete Neuausgaben besonders von Opemmusik 
des 18. Jh. 

Den£r£az (cbnere'a), Alexandre, * 31. 7. 1875 
und t 25. 7. 1947 zu Lausanne; schweizerischer 
Komponist, ab 1886 Theorielehrer am Konserva- 
torium und ab 1897 Organist an St-Frangois in Lau- 
sanne, ab 1919 Privatdozent (musikalische Ästhe- 
tik) an der Universität. Er schrieb 4 Symphonien 
(davon eine mit Org.), symphonische Dichtungen, 
je ein Konzert für KL, V. und für Vc., Streichquar- 
tette, mehrere Kantaten und Männerchorkomposi- 
tionen, Orgel- und Klavierstücke sowie Lieder. 
Schriften: C Evolution de Vart musical depuis ses ori- 
gines jttsqu’ä Vipoque moderne (Lausanne 1919); mit 
L. Bourgu&s La musique et la vie inthieure , histoire 
psychologique de Vart musical (Paris 1920), dazu als 
Supplement Uarbre ginialogique de Vart musical ; 
Cours d'hamumie (Lausanne 1937). 

Denis (dsn'i) ; französische Instrumentenbauer- 
familie des 16. und 17. Jh., in Paris ansässig: - 1) 
Robert (1), 1 1588 oder 1589 zu Paris, dort So 1544 
nachweisbar. -2) Claude, *27. 5. 1544 und f 1587 
zu Paris, Sohn des vorigen, war hauptsächlich Spi- 
nettbauer und betrieb einen Handel mit hämischen 
und italienischen Streiche und Zupfinstrumenten. 
- 3) Jehan, * 23. 3. 1549 und f nach 1589 zu Paris, 
war Schüler des Orgelbauers G. Dargilli&es, mit 
dem er sich um 1574 so heftig stritt, daß er gefan- 
gengesetzt wurde. - 4) Robert (II), f im Oktober 
1589 zu Paris, Bruder und Mitschüler des vorigen, 
betrieb einen ähnli chen Instrumentenhandel wie 
sein Bruder Claude. Weitere Mitglieder der Fa- 


milie sind : - 5) J e an , f 1672 zu Paris, war Organist 
an Saint-Barthelemy in Paris und wird in Mer- 
sennes »Harmonie universelle« (1636) als hervor- 
ragender Spinettbauer genannt. Er schrieb einen 
Tratte de Vaccord de Vespinette (Paris 21650; die 1. 
Auflage ist nicht erhalten). Er ist vielleicht identisch 
mit Jean D., der um 1670 Organist an Saint- 
Severin war. - 6) Philippe und - 7) Louis waren 
in der 2. Hälfte des 17. Jn. als Spinettbauer tätig; 
letzterer arbeitete 1689-92 für die Hofkapelle. 

Lit. : Fr. Lesure, Les facteurs d'instruments de mu- 
sique ä Paris au XVIe s., Thises Paris 1950, maschr.; 
N. Dufourcq, N. Lebegue, Paris 1954. 

Denis (cbn'i), Valentin, * 18. 9. 1916 zu Löwen; 
belgischer Kunst- und Musikhistoriker, studierte 
Musik am Konservatorium von Löwen, war 1939/ 
1940 Pensionär der Academia Belgica in Rom und 
promovierte 1945 an der Katholischen Universität 
Löwen in Kunstgeschichte und Archäologie. Er 
war nach Tätigkeiten an Kunstinstituten 1951/52 
Professor an der Volksuniversität Rotterdam und 
wirkt jetzt als Professor für Musikwissenschaft und 
Kunstgeschichte an der Katholischen Universität 
Löwen sowie als Professor an der »Provindale Bi- 
bliotheekschool van Brabant« in Brüssel. Musik- 
wissenschaftliche V er öfFentHchungen : La reprdsen- 
tation des Instruments de musique dans les arts figuris du 
XV* sihle en Flandre et en Italie (Bull, de linst, hist. 
Beige de Rome XXI, 1940/41), Het Volkslied in 
Viaanderen tot omstreeks 1600 (Brüssel 1941), De 
muziekinstrumenten in de Nederlanden en in Italie 
naar hun afbeelding in de 15e eeuwsche kunst. L Hun 
vorm en ontwikkeling (Antwerpen, Utrecht, Löwen 

1944) , Guillaume Lekeu et Henri Evenepoel (in: 
Hommage ä Ch. van den Borren, Antwerpen 

1945) , De muziek bij Vondel (in: M&anges Closson, 
Brüssel 1948), De muziek in de schilderkunst (Am- 
sterdam, Antwerpen 1949), Musical Instruments in 
Fißeenth Century Netherlands and Italian Art (The 
Galpin Society Journal II, 1949), Saint Job , patron 
des musiciens (Revue beige d’histoire de Part et 
d’archdologie XXI, 1952). 

Denner, Johann Christoph, * 13. 8. 1655 zu 
Leipzig, f 20. 4. 1707 zu Nürnberg; deutscher In- 
strumentenmacher, Sohn eines Homdrehers, wid- 
mete sich dem Bau von Holzblasinstrumenten. Ver- 
suche, die Konstruktion der alten französischen 
Schalmei (mit zylindrischer Bohrung und ein- 
fachem Rohrblatt) zu verbessern, führten ihn 1700 
(durch Anbringung des Überblaslochs) zur Er- 
findung der Klarinette, die sich seit der Mitte des 
18. Jh. schnell zur Rolle eines Hauptinstruments 
aller Orchester aufschwang. Die von D. gegrün- 
dete Instrumentenfabrik wurde nach seinem Tode 
von seinen Söhnen weitergeführt und gelangte zu 
großer Blüte. D. ist der Held der Oper Der Klari- 
nettenmacher von Fr. Weigmann (Text von G. R. 
Kruse, Hamburg 1913). -+ Flöte; -> Klarinette. 

D^nnerlein, Hanns, * 25. 2. 1902 zu Bamberg; 
deutscher Musikforscher, studierte an den Univer- 
sitäten München, Marburg, Tübingen und Erlan- 
gen, promovierte 1929 mit einer Arbeit über Joh. 
rriedr . Reichardt und seine Klavierwerke (Münster 
1930). Seit 1926 wirkt er als Studienprofessor an 
höheren Schulen in Bamberg. Weitere Veröffent- 
lichungen: Der unbekannte Mozart, Die Welt seiner 
Klavierwerke (Leipzig 1951, 21955 ), Mozart auf der 


388 



Den zier 


Orgel (mit J. Pröger, Berlin 1957); in den Mozart- 
Jahrbüchern: Die Limbacker C-Dur-Messe (1952), 
Zur Problematik von Mozarts Kirchensonaten (1953), 
Die Limbacher B-Dur-Messe (1954), Zum Orgel - 
gebrauch in Mozarts Messen (1955); Musik des 18 . 
Jahrhunderts in Franken (Die Inventare der Futide von 
Ebrach , Burgwindheim, Maria Limbach und Iphofen) 
(im 92. Bericht des historischen Vereins Bamberg, 
1953) ; Einzelaufsätze zur fränkischen Musik- 
geschichte in ZfMw Vm, 1925/26, in den Fränki- 
schen Blättern 1950-52 und im Frankenspiegel 
1950. 

Densmore (d'ensmo:), Frances, * 21. 5. 1867 
zu Red Wing (Minnesota) ; amerikanische Musik- 
forscherin, wurde bekannt durch ihre Schriften 
über die Musik der Indianer. Sie begann ihre For- 
schungen 1893 für das American Bureau of Eth- 
nology und veröffentlichte: Chippewa Music (2 
Bände, = Bulletin of the Bureau of American 
Ethnology XLV und LEI, Washington 1910-13), 
Tetom Sioux Music (ebenda LXI, 1918), Northern 
Ute Music (ebenda LXXV, 1922), The American 
Indians and Their Music (New York 1926, 21936), 
Papago Music (= Bulletin . . . XC, 1929), Paumee 
Music (ebenda XCIII 1929), The Alabama Indians 
and Their Music (Straight Texas XK, 1937), 
Cheyenne and Arapaho Music (PubL of the Southwest 
Museum 1936), Music of Santo Domingo Pueblo, 
New Mexico (ebenda 1938); Seminole Music (— 
Smithsonian Institute, Bureau of American Eth- 
nology, Bulletin CLXI, 1956). 

Lit.: Bibliogr. ihrer Schriften in: Journal of Musi- 
cology IV. 

Denss, Adrian ; niederländischer oder deutscher 
Lautenist um 1600, ließ 1594 in Köln ein Florilegium 
. . . cantionum ... ad testitudinis tabulaturam accom - 
modatarum drucken. Das Werk enthält vornehm- 
lich Intavolierungen italienischer und deutscher 
Motetten und Madrigale, zum Teil mit Beibehal- 
tung der vokalen Oberstimme, aber auch verschie- 
dene Tänze. 

Lit.: L. de La Laurencie, Les Luthistes, Paris 1928. 


English Opera (Cambridge 1928) ; Ferruccio Busoni - 
A Biography (London und New York 1933) ; Handel 
(London 1934) ; für G. Adlers Handbuch der Mu- 
sikgeschichte (Frankfurt a. M. 1924) das Kapitel 
über die moderne englische Musik ; für die Oxford 
History of Music das Kapitel Social Aspects of Me- 
diaeval Music; für Cobbet’s Cydopedia of Chamber 
Music das über Italian Chamber Music in die 17 th 
Century. Außerdem lieferte er englische Überset- 
zungen zahlreicher Opern, darunter von Mozarts 
Zauberflöte, Figaros Hochzeit und Don Giovanni, 
von Beethovens Fidelio, Webers Freischütz, auch 
von Wagners Liebesverbot. 

Lit.: vollständiges Verz. von D.s Schriften bei L. 
Haward, E.J.D.: Bibliogr., MR VII, 1946; J. A. 
Westrup, D. as Translator, MR VII, 1946; L. Ha- 
ward, E. J. D., a Bibliogr. (Cambridge University 
Press, privately printed for King’s College, 1956). 

Deute, Joseph Gottlieb, * 23. 1. 1838 und f 24. 
5. 1905 zu Stockholm; schwedischer Violinist, stu- 
dierte Violine bei H. Ldonard in Brüssel, Kompo- 
sition bei F. Berwald in Stockholm, wurde dort 
1853 Violinist und 1861 Konzertmeister der Hof- 
kapelle, 1872 2. Hofkapellmeister und war 1879 
bis 1885 1. Hofkapellmeister, 1882-1903 Komposi- 
tionslehrer am Konservatorium. Von seinen Wer- 
ken wurden bekannt: Operette I Maroeco (1866); 
Ouvertüre (1885) ; Symphonie D moll (1887). 

Lit.: A. LrNDGREN, J.G. D., J.C.Nordquist, in: Svens- 
ke hofkapellmästare, Stockholm 1882. 

Dentice (d'entitje), - 1) Fabrizio, * zu Neapel, 
italienischer Komponist des 16. Jh., lebte in Rom 
und am Hofe von Parma ; schrieb : Lamentationi a 5 
voci (Mailand 1593) ; Lautenstücke, Madrigale und 
Motetten finden sich in Sammelwerken. - 2) Sci- 
yione, * um 1560 und f 1633 oder 1635 zu Neapel; 
italienischer Komponist, Neffe von Fabrizio D., 
trat in den Orden der Padri delTOratorio Filippino 
ein und ist 1593 in Rom nachweisbar. Von ihm 
erschienen: 5 Bücher 5st. Madrigale (1591-1607), 
ein Buch 5st. Motetten (Alt nicht erhalten; 1594) 
und ein Buch 5st. geistliche Madrigale (1629); 6 
Laudi und weitere Stücke stehen in Sammelwer- 


Dent, Edward Joseph, * 16. 7. 1876 zu Ribston 
(Yorkshire), f 22. 8. 1957 zu London; englischer 
Musikforscher, erhielt seine musikalische Ausbil- 
dung als Schüler des Eton College von C. H. Lloyd 
und als Student zu Cambridge von Ch. Wood und 
Stanford, promovierte 1898 zum Bachelor of arts, 
1899 zum Bachelor of music und wurde 1902 zum 


fellow des Kings College in Cambridge ernannt 
für seine Forschungen über Al. S carlatti (Alessandro 
Scarlatti , hisLife and Works, London 1905) und im 
selben Jahre zum Magister artium promoviert, war 
nach 1918 als Kritiker in London tätig, 1926-41 als 
Nachfolger von Ch. Wood Professor in Cam- 
bridge; Dr. mus. h. c. der Universitäten Oxford 
(1932), Harvard (1936) und Cambridge (1947). D. 
war Mitarbeiter der Encyclopaedia britannica und der 
2. Auflage von Grove’s Musiklexikon, 1919-24 
auch Mitarbeiter der Wochenschrift Athenaeum. 


Er schrieb noch A Jesuit at the Opera 1680 (= G. A. 
Majetta; 1909 in der Riemann-Festschrift), TheBür- 
roque Opera (Musical Antiquary 1910), ItalianCham- 
ber Cantatas (Musical Antiquary 1911), Mozarts 
Operas (London 1913, deutsch Berlin 1922) ; Ter - 
pander, or Music and the Future (1926) ; Foundations of 


ken. - 3) Luigi, * zu Neapel, italienischer Kom- 
ponist, wahrscheinlich Bruder von Scipione D., 
schrieb Due dialoghi della musica (Neapel 1552, Rom 
21553). 

Denza, Luigi, * 24. 2. 1846 zu Castellamare di 
Stabia, f 13. 2. 1922 zu London; italienischer Kom- 
ponist, Schüler von Mercadante und Serrao am 
Real Conservatorio di Musica in Neapel, brachte 
1876 am Teatro Mercadante eine Oper Wallen- 
stein mit mäßigem Erfolg zur Aufführung und 
übersiedelte 1879 nach London. Mit seinen über 
500 Liedern ist er neben Tosti der fruchtbarste Kom- 
ponist volkstümlicher neapolitanischer Lieder; sein 
Funicüll, Funiculä (1880) ist noch heute lebendig 
und behebt. R. Strauss zitiert es im letzten Satz 
seiner Tondichtung »Aus Italien« op. 16 (1886) als 
vermeintliches Volkslied, N. A. Rimskij-Korsakow 
hat es 1907 für großes Orch. bearbeitet. 

Denzler, Robert F., * 19.3.1892 zu Zürich; 
Schweizer Dirigent, Schüler V. Andreaes und des 
Zürcher Konservatoriums, dann des Konservato- 
riums von Köln, wo er an der Oper zugleich als 
Korrepetitor, als solcher später auch bei den Bay- 


389 



De Podio 


reuther Festspielen wirkte, war 1912-15 Städtischer 
Musikdirektor in Luzern, dann Kapellmeister der 
Zürcher Oper. 1927-32 war er Kapellmeister der 
Städtischen Oper Berlin, 1934-46 musikalischer 
Oberleiter der Zürcher Oper, dirigierte dort die 
Uraufführungen von Hindemiths »Mathis der Ma- 
ler« (1934) und Alban Bergs »Lulu« (1937). D., der 
eine weitreichende Tätigkeit als Gastdirigent aus- 
übt, schrieb: 2 symphonische Fantasien und Roman- 
tische Sinfonie für groß« Orch., Bergpsahn für dop- 
pelten Männerchor, Soli und Orch., 5 Lieder für S. 
und Orch., 2 Streichquartette, 16 Klavierlieder und 
Duo für 2 Soloviolinen. 


De Podio. Guillermus ; spanischer Musiktheore- 
tiker des 15. Jh., lebte wahrscheinlich in Valencia. 
Seine Ars musicorum (Valencia 1495) enthält eine 
Notationslehre, die - gegenüber der italienisch- 
niederländischen Praxis - der einfacheren spani- 
schen Notationsweise seiner Zeit entspricht. In den 
zugehörigen Notenbeispielen sind Text und No- 
tenlinien gedruckt, aber sowohl Choral- als auch 
Figuralnoten von Hand eingetragen. De P. schrieb 
außerdem einen Traktat In Enchiridion de principiis 
tnusice . . ., erhalten im Cod. 159 der Bibliothek von 
Bologna, dem sich in der gleichen Handschrift eine 
zweisprachige Inhaltsangabe und Erläuterung eines 
Teils der Ars musicorum anschließt. 


Lit: H. AngiIs, La notariön musical espafiola . . . 
del s. XV, AM II, 1947. 


Deppe, Ludwig, * 7. 11. 1828 zu Alverdissen 
(Lippe), f 5. 9. 1890 zu Bad Pyrmont; deutscher 
Pianist, wurde 1849 in Hamburg Schüler von 
Maixsen, studierte danach noch in Leipzig bei Lobe 
und ließ sich 1857 als Musiklehrer in Hamburg nie- 
der, gründete da auch eine Gesangsakademie, die 
er bis 1868 leitete. Ab 1874 lebte er in Berlin und 
war 1886-88 Kapellmeister der Königlichen Oper, 
leitete die Symphoniekonzerte der Königlichen 
Kapelle und die 1876 vom Grafen Hochberg ge- 
gründeten Schlesischen Musikfeste in Breslau. Als 
Komponist von einer Symphonie F dur, 2 Ouver- 
türen und Liedern hatte er geringen Erfolg, nach- 
haltiger dagegen wirkte er als Klavierlehrer, der 
die speziellen Fingerübungen zurücktreten ließ und 
dafür Wert legte auf den bewußten Einsatz der 
Schulter- und Armmuskeln zur Lenkung des Spiels. 
Er schrieb einen Aufsatz Armleiden der Klavierspieler 
(Der Klavierlehrer VIII, 1885), gab aber selbst 
keine Gesamtdarstellung seines Systems, die in den 
Schriften seiner Schüler H. Klose, F. H. Clark- 
Steiniger, E. Söchting, A. Fay, E. Caland und T. 
Bandmann zu finden ist. 

Lit.: zur Biogr.: K. Johnen, Artikel D., MGG; W. 
Schramm, Artikel Detmold, MGG, mit votlst Werk- 
verz. - zur Methode: A. Fay, Music Study in Ger- 
many, Chicago 1880, London 1886, deutsch Bin 1882; 
F. H. Clark-Steiniger, Die Lehre d. einheitlichen 
Kunstmittels, Bin 1885; H. Klose, Die D.sche Lehre 
d. Klavierspiels, Hbg 1886; E. Caland, Die D^che 
Lehre d. Klavierspiels, Magdeburg 1897, 51921; E. 
Söchting, Die Lehre v. freien Fall, Magdeburg 1898; 
T. Bandmann, Die Gewichtstechnik d. Klavierspiels, 
Lpz. 1907. 


Deprosse, Anton, * 18. 5. 1838 zu München, 
f 23. 6. 1878 zu Berlin; deutscher Komponist, 
Schüler der Münchner Königlichen Musikschule 
und von J. G. Herzog, 1861-64 Klavierlehrer an 
der Königlichen Musikschule, lebte dann in Frank- 


furt, Gotha, 1871 wieder in München und ab 1875 
in Berlin. Seine Werke: ein Oratorium Die Sal- 
bung Davids op. 30, Klavierstücke, Lieder und einige 
Opern. 

D&6, Jean, * 23. 6. 1886 zu Niort; französischer 
Komponist, Schüler von Didmer und Widor, er- 
hielt 1919 den 2. Rompreis am Pariser Conserva- 
toire, an dem er 1937 Lehrer für Solf&ee wurde 
(jetzt im Ruhestand). Symphonische Werke: Dich- 
tung Krishtta; 3 Esquisses für KL und Orch.; 
Streichquartett; Klaviertrio; Violinsonaten und 
-sonarinen; Musik zu Marlowes Dr. Faustus; Kla- 
vierstücke und pädagogische Werke für Kl.; Go- 
sänge. 

De Rensis, Raf faello, * 19. 2. 1880 zu Casaca- 
lenda (Campobasso) ; italienischer Musikschriftstel- 
ler, gründete 1908 die Zeitschrift Musica und den 
gleichnamigen Verlag in Rom, war Kritiker des 
MessaggetOy ab 1926 des Giomale d*Italia und schrieb 
viele Bücher und Aufsätze, darunter: Rivendica- 
zioni musicali (Rom 1917) ; L'»Amleto« di Boito (An- 
cona 1917); II cantore del popolo (B. Gigli; Rom 
1934); Franco Faccio e Verdi (Mailand 1934); Otto- 
rino Respighi (Turin 1935); Arrigo Boito (Florenz 
1942). 

Dering (d'i:iin), Richard (auch Deering, Dear- 
ing), * um 1580, f iai März 1630 zu London; 
englischer Komponist, erhielt seine musikalische 
Ausbildung in England, nahm aber danach bei 
einem Aufenthalt im Süden starke italienische Ein- 
flüsse auf. 1617 war er Organist in einem englischen 
Frauenkloster in Brüssel, kehrte 1625 nach England 
zurück und gehörte als Organist der Kapelle der 
englischen Königin Henriette Marie von Frank- 
reich an. Von seinen Werken sind zahlreiche in 
Manuskripten und Sammelwerken des 17. Jh. er- 
halten. Von den Drucken seien genannt: Cantiones 
sacrae 5 vocum mit Gb. (1617), Canzonette a 3 voci 
(1618), Canzonette a 4 vod (1620) und Cantica 
sacra (2- und 3st. mit Gb., 1662). 

Ausg.: je eine 5st Fantasia u. Pavan in Mus. Brit 
IX, London 1955. 

Lit.: E. H. Meyer, Die mehrst Spielmusik d. 17. Jh. 
in Nord- u. Mitteleuropa, — Heidelberger Studien 
zur Mw. II, Kassel 1934; Ch. Hughes, R. D.’s Fan- 
des for Viols, MQ XXVII, 1941 ; P. Platt, D.’s Life 
and Training, ML XXXIII, 1952. 

d’Erlanger -> Erlanger. 

Derrngta, Anton, * 4. 6. 1910 zu Kropa (Slove- 
nien); österreichischer Sänger (Tenor), Schüler 
des Konservatoriums in Laibach, wurde 1934 in 
Wien zum Solisten ausgebüdet 1936 verpflichtete 
ihn Bruno Walter an die Wiener Staatsoper (Debüt 
als Don Ottavio), deren Mitglied er als 1. Lyrischer 
Tenor bis heute geblieben ist Ständiger Gast der 
Salzburger Festspiele, machten ihn auch zahlreiche 
Au slan d sr eisen vornehmlich als Mozartinterpreten 
bekannt 

De Rog?tis, Pascual, * 16. 5. 1881 zu Teora 
(Italien); argentinischer Komponist von italieni- 
scher Herkunft, ging 1883 nach Buenos Aires, wo 
er das Conservatorio de Musica besuchte und 1906 
mit dem großen Kompositionspreis verließ, setzte 
seine Kompositionsstudien bei Alberto Williams 
fort und ist noch heute Lehrer für K^mm g rmiisilc 


390 



Descartes 


am Conservatorio de Musica de Buenos Aires. 
Opern: Anfioti y zeto (Buenos Aires 1915) ; Huemae 
(ebenda 1916) ; La Novia del Hereje (ebenda 1935) ; 
symphonische Dichtungen: La fiesta dal Chiqui , 
Atipac, Marco y el hada, Belkiss en la selva , Zupay; 
Suite americana für Orch., Suite arabe , Evoeacioties 
indigenas und Danza de las driadas für Streichorch. ; 
Kammermusik, Klavierstücke und Lieder. 

De Roos, Robert, * 10. 3. 1907 im Haag; hol- 
ländischer Komponist, Schüler des Königlichen 
Konservatoriums im Haag (J. Wagenaar) sowie in 
Paris von Ch. Koechlin, Roland-Manuel und P. 
Monteux. Er schrieb: Oratorium Advent, mehrere 
Bühnenmusiken, Orchesterwerke (Sinfonia roman- 
tica), Violin- und Klavierkonzerte, Chontjunkbre , 
Kammermusik (3 Streichquartette, Sextett für Blä- 
ser und Kl.) und Lieder. 

De Rub?rtis, Oreste, * 1889 zu Neapel, f 6. 1. 
1930 zu Rom; italienischer Pianist, war bis 1909 
Schüler von Rossomandi am Real Conservatorio 
di Musica in Neapel, gründete 1915 dort die So- 
detä degli Amid della Musica, deren ständiger 
P i an ist er war, bis er 1921 als Klavierlehrer an das 
Conservatorio di Musica Vincenzo Bellini zu Pa- 
lermo, 1922 an das Conservatorio di Santa Cedlia 
nach Rom ging. Er schrieb die symphonischen 
Dichtungen Leggenda indiana und Aegyptia, eine 
Violinsonate sowie Gesänge. 

Dervaux (dsrv'o:), Pierre, * 1917 zu Paris; fran- 
zösischer Dirigent und Komponist, absolvierte mit 
Ersten Preisen für Klavier und Dirigieren das Pari- 
ser Conservatoire. Nach dem Kriege trat er zu- 
nächst als Stellvertretender Direktor der Concerts 
Pasdeloup hervor, war bis 1954 Kapellmeister an 
der Opdra Comique und ist seit 1956 1. Kapellmei- 
ster der Großen Oper. Gastdirigent beim National- 
orchester, bei den Festspielen in Aix-en-Provence, 
Bordeaux und Straßburg, wurde er auch zu Fest- 
spielen in Italien und Deutschland verpflichtet. Seit 
1954 komponierte er u. a. Sinfonische Etüden für 
KL, ein Cdlokonzert und ein Divertissement für 
Kammerorch. 

De S?bata, Vittorio, * 10. 4. 1892 zu Triest; 
italienischer Dirigent und Komponist, studierte am 
Mailänder Konservatorium bis 1910 bei Saladino 
und Orefice, wurde dann Dirigent an der Oper 
von Monte Carlo, war 1927-57 an der Mailänder 
Scala und machte sich besonders mit Aufführungen 
Verdischer und Pucdnischer Werke auch auf vie- 
len Reisen bekannt. Seine Kompositionen zeigen 
ihn Richard Strauss und den Impressionisten ver- 
wandt: 2 Ouvertüren (A dur und A moll), Orche- 
stersuite (alle 1910); symphonische Dichtungen 
Juventus (1919), La notte di Platon (1924) und Gemse - 
tnani (1925); Opern: H macigno (Text von Alberto 
Colantuoni, Mailand 1916) und Lisistrata (nach 
Aristophanes) ; Ballett Mille e una notte (Mailand 
1931); Musik zu einer FreiHchtaufführung von 
Shakespeares »Kaufmann von Venedig« (Venedig 
1934). 

Desarzens (cbzarz'S), Victor, * 27. 10. 1908 zu 
Chäteau-d’Oex (Waadtland); Schweizer Dirigent 
und Violinist, studierte am Conservatoire von Lau- 
sanne bei Ddndr&z, Fomerod und Gagnebin, spä- 
ter noch bei Fr. von Hoeßlin. Als Violinist spielte er 


im Orchestre de la Suisse Romande und war Lei- 
ter verschiedener Kammermusikvereinigungen, 
bis er 1943 das Orchestre de chambre de Lausanne 
gründete. Seit 1948 leitet D. zugleich das Winter- 
thurer Orchester. Er bearbeitete ältere französische 
Musik für den Konzertgebrauch. 

D£saugiers (dezo-^'e:), Marc-Antoine, * 1742 
zu Frejus, f 10. 9. 1793 zu Paris ; französischer Kom- 
ponist, musikalischer Autodidakt, ging 1774 nach 
Paris und machte sich zuerst durch die Übersetzung 
von Mandnis Werk über den Figuralgesang be- 
kannt ( Reflexions sur Tort du chant figuri, 1776), 
brachte an verschiedenen Pariser Theatern kleinere 
Opern zur Aufführung, die durch ihre Natürlich- 
keit ansprachen. In der Folge begeisterte er sich für 
die Revolution und feierte die Erstürmung der Ba- 
stille in der Festkantate Hi&rodrama. D. war befreun- 
det mit Gluck und Sacchini und komponierte für 
die Totenfeier des letzteren ein Requiem. 

Descartes (dek'art), Rend (Renatus Cartesius), 

* 31. 3. 1596 zu La Haye (Touraine), + 11. 2. 1650 
zu Stockholm; französischer Philosoph. Während 
der Schulzeit in La Fläche (Anjou) lernte er Mer- 
senne kennen, lebte anschließend 1612-17 in Paris 
und schrieb im ersten Jahr seines Militärdienstes in 
Breda für seinen Freund Isaac Beeckmann ein Cotn- 
pendium musicae (1618, gedruckt posthum Utrecht 
1650 und öfter, englisch von W. Brouncker Lon- 
don 1653, französisch von N. Poisson Paris 1668). 
Die Schrift gehört zu den selbständigsten und 
scharfsinnigsten Musikabhandlungen der Zeit; D.* 
Taktlehre hat durch W. C. Printzens Systemati- 
sierung auch in die deutsche Musiklehre Eingang 
gefunden. Von Breda zog D. für mehrere Jahre ins 
Feld, ließ sich 1625 in Paris nieder, ging 1629 nach 
Holland und 1649 — auf Einladung der Königin 
Christine — nach Stockholm, wo er sich an dem 
Ballett La naissance de la Paix mit einig en Versen be- 

Ä . Auch in seinen Briefen, besonders dem 
echsel mit Huygens und mit Mersenne, fin- 
den sich kurze Bemerkungen über Musik 

Ausg.: Compendium, in: Oeuvres de D. X, hrsg. v. 
Ch. Adam u. P. Tannery, Paris 1908. - Correspon- 
dance, hrsg. v. Ch. Adam u. G. Milhaud, 3 Bde, 
Paris 1936-41; Eene conespondentie van D., hrsg. 
v. C. de Waard, Nieuw archief voor wiskunde II, 
1907; Correspondance of D. and G Huygens, hrsg. 
v. L. Roth, Oxford 1926; Correspondance du P. Mer- 
senne, hrsg. v. P. Tannery, C de Waard u. R. Pin- 
tard, Paris seit 1933; Briefe, Auswahl in deutscher 
Ubers, v. Fr. Baumgart, hrsg. v. M. Bense, Köln 
1949. 

Lit: Bibi Nationale, D., Exposition (Kat), Paris 
1937; Fr. Ueberweg, Grundriß der Gesch. d. Philo- 
sophie III, bearb. v. M. Frischeisen-Köhler u. W. 
Moog, Tübingen 131953 . - e. Cassirer, Die Philo- 
sophie im XVII. u. XVIII. Jh„ Paris 1939. - D. I. 
Beeckmanni . . . Meditationum . . . centuria, hrsg. v. 

A. Beeckmann, Utrecht 1644; L Beeckmann, Jour- 
nal . . hrsg. v. G de Waard, Den Haag 1939-42; 

E. Krantz, Essai sur l’esth&ique de D., Paris 1882, 
21898; P. Tannery, La correspondance de D., Paris 
1893; ders., Mömoires sdentifiques VI u. X, Tou- 
louse u. Paris 1926-30; G. Monchamp, L Beeckmann 
et D., Brüssel 1895; G. Lanson, L’mfluence de la 
phüosophie cartösienne . . ., Rev. de m 6 taphysique et 
morale IV, 1896; Riemann MTh; E. Mercadier, Les 
thöories mus. de D., RM I, 1901 ; A. Pirro, D. et la 
musique, Paris 1907; M. Kramer, Gesch. des Affekt- 
begriffs, Diss. Halle 1924; R. Bray, La formation de 


391 



Desch 


la doctrine classique, Paris 1927; J. Racek, Contri- 
bution au Probleme de l’esthötique mus. chez D., 
RM XI, 1930; J. B ranberger, R. D. filosof hudby, 
Prag 1934; A. W. Locke, D. and Seventeenth Cen- 
tury Music, MQ XXI, 1935; T. Samona-Favaro, La 
filosofia della musica, Mailand 1940; H. Heckmann, 
W. C. Printz . . Diss. Freiburg i. Br. 1952 (maschr.); 
ders.. Der Takt in der Musiklehre . . AfMw X, 
1953. 

Desch, Rudolf, * 1. 8. 1911 zu Bockenau; deut- 
scher Chorleiter und -komponist, studierte 1930 
bis 1938 am Konservatorium in Mainz, 1938-42 an 
der Musikhochschule in Frankfurt am Main (Kom- 
position bei H. Reutter). Er lebt als Privatmusik- 
lehrer und Chorleiter in Sobemheim an der Nahe, 
wo er 1940-53 Musiklehrer am Gymnasium war. 
1942-44 wirkte er auch ab Lehrer für Tonsatz am 
Konservatorium in Mainz. H. ist Bundeschor- 
meister des Sängerbundes Rheinland-Pfalz und 
schrieb etwa 180 a-cappella-Chorwerke und Volks- 
liedsatze, eine Messe H moll (1941), ein Requiem 
(Text von Fr. Hebbel, 1952), ein Oratorium Ein 
feste Burg ist unser Gott (1946) sowie die Kantaten 
Herzland der Liebe (1946) und Aus der Tiefe (1954). 

Dcsch9wow, Wladimir Michajlowitsch, *30. 1. 
(11. 2.) 1889 zu St. Petersburg, f 27. 10. 1955 zu 
Leningrad; russischer Komponist, studierte 1908 
bis 1914 am Petersburger Konservatorium bei 
Steinberg und Ljadow. Nach 3jähriger Wirksam- 
keit in Sewastopol war er 1923-33 Lehrer an Lenin- 
grader Musikschulen, weiterhin ab Leiter der Büh- 
nenmusik an mehreren Theatern in dieser Stadt 
tätig. D. wurde vor allem ab Verfasser der Oper 
Led i stal (»Eis und Stahl«, 1930) bekannt; ferner 
schrieb er: Sonate (1922) und Ballade (1923) für 
KL ; Ballett Krasnyj wichr (»Der rote Sturm«, 1924) ; 
Orchestersuite Samarkand (1931); Ballett Bela 
(1941); Orchestersuite Leningrad (1954); weitere 
Orchesterwerke; Kammermusik; Liederzyklen; 
über 100 Schauspielmusiken; 21 Filmmusiken. 

Desdfri, Ettore, * 10. 12. 1892 zu Asti; italieni- 
scher Komponist, studierte am Türmer Polytech- 
nicum bis zur Promotion Architektur; gleichzeitig 
betrieb er bei Perrachio und Pizzetti Kompositions- 
studien, die er unter Alfano am Liceo musicale in 
Bologna abschloß. Er trat zunächst stärker ab 
Schriftsteller für zeitgenössische italienische und 
deutsche Musik (Reger-Monographien) hervor und 
wirkte ab Schriftleiter der RMI 1926-48 nachhal- 
tig auf Musikforschung und Musikleben ein. 1933 
bis 1941 Leiter des Conservatorio G. Verdi in Mai- 
land, ist er seitdem Direktor des Conservatorio G. 
B. Martini in Bologna. Zu seinen Hauptwerken, 
die überwiegend der Kirchenmusik angehören, 
zählt die biblische Kantate Job , eine Missa donapacem 
a cappella, der 87. Psalm und Parabolae zur Geburt 
Christi, für Bar., Chor und Orch. und eine Canzone 
alla Vergine für S., Chor und Kammer orch., ferner 
eine Canzone delTAriosto für S. und Kammerorch., 
3 Orchesterintermezzi zur Antigone , Architetture di 
Cathedrali und Divertimento für Kammerorch. 

Deshayes (ds'ej), Prosper-Didier, f 1815 zu 
Paris; französischer Komponist und Ballettmeister, 
begegnet ab 1764 ab Ballettmeister der Comddie 
Frangaise und ab Choreograph, wandte sich aber 
später der Komposition zu. Im Concert spirituel 
wurden 1770-86 2 Motets und 2 Oratorien von 


ihm auf geführt. Mehr Erfolg hatte er mit 11 ko- 
mischen Opern, besonders Zilia (1791) und La 
Suite de Zilia (1792). D. gehörte auch zu den Kom- 
ponisten von Hymnen für die Feste der Revolu- 
tionszeit. 

Desineer, Gerhard -> Dießener. 

D eslan dres (dsl'ädr), Adolphe Eduard Marie, 
*22. 1. 1840 zu Batignoües-Monceaux (Paris), f 30. 
7. 1911 zu Paris; französischer Komponist, Schüler 
des Pariser Conservatoire, wurde um 1862 Organist 
an Ste-Marie in Batignolles und machte sich durch 
größere Vokalwerke bekannt, darunter Messen 
und »Die sieben Worte am Kreuz«. Daneben schrieb 
er konzertierende Instrumentabtücke, Kantaten, 
auch mehrere kleine Opern: Dimanche et Lundi 
(1872), Le Chevalier Bijou (1875), Fridolin (1876). 

Desmarets (demar'e), Henri, * 1662 zu Paris, 
t 7. 9. 1741 zu Lunöville; Kammermusiker Lud- 
wigs XTV., vermählte sich heimlich mit der Toch- 
ter eines höheren Beamten und wurde auf Klage 
des Vaters wegen Raub und Verführung zum Tode 
verurteilt, floh aber nach Spanien und wurde Ka- 
pellmeister Philipps V., welche Stelle er bald mit 
der eines Musikintendanten des Herzogs von Loth- 
ringen zu Lun6ville vertauschte. 1722 wurde sein 
Prozeß revidiert und die Ehe für gültig erklärt: er 
blieb indessen in Lundville. Seine Opern Didon 
(1693), Cirei (1694), Thiagbie et Chariclie (1695), 
Vinus et Adonis (1697), Iphiginie en Tauride (mit 
Campra, 1704), Renaud (1722) und Ballette Momus 
(1695), Les ßtes galantes (1698), UEurope galante 
(1699) fanden großen Beifall und erschienen im 
Druck. Sein erstes Bühnenwerk war eine Idylle 
sur la naissanee de Mgr. le Duc de Bourgogne (1682). 
Zahlreiche Kompositionen (Motetten, ein Te 
Deum) wurden zunächst unter dem Namen eines 
Abbd Goupillet aufgeführt, für den sie D. gegen 
Bezahlung geschrieben hatte. 

Lit : M. Brenet, D., un compositeur oubliä du XVII e 
s., in: Le M6nestrel II, 1883. 

Desmazures (dsmaz'ü:r), - 1) Charles ; französi- 
scher Organist des 18. Jh., wirkte an der Cathddrale 
Major von Marseille. Von ihm erschienen 1702 in 
Marseille Pihces de Simphonie, eine Sammlung von 
7 nach Tonarten geordneten 4st. Suiten, die zwi- 
schen einer Ouvertüre und einer Passacaillc (oder 
Chaconne) je etwa 10 modische Tanzsätze enthal- 
ten. - 2) Laurent, * zu Marseille, + 29. 4. 1778 zu 
Marseille ; französischer Organist, Sohn des vorigen, 
war 1758-77 Domorganbt in Rouen, dann an 
Saint-Ferrdol in Marseille Titular-Organist. Er 
schrieb eine Ballettoper : Les Fites de Grenade (1752). 

Desormery (dazarmrl), - 1) Ldopold-Bastien, 

* um 1740 zu Bayon (Lothringen), j* um 1810 zu 
Paris; französischer Komponist, wruchs in Nancy 
auf und ging um 1765 nach Paris. Er komponierte 
Vokalm usik, vor allem Opern, von denen Myrtil et 
Lycoris (1777) bedeutenden Erfolg errang. - 2) J e a n - 
B ap ti s t e-Ldopold-Bastien, * 1772 zu Nancy, Sohn 
und Schüler des vorigen, war Pianist in Paris und 
trat 1793-1831 mit Klavierwerken und einigen Ro- 
manzen an die Öffentlichkeit. 

Desormi&re (<bzormj'e:r), Roger, * 13. 9. 1898 
zu Vichy; französischer Dirigent, Schüler des Pari- 
ser Conservatoire und von Ch. Koechlin, war 


392 



Destinn 


1924/25 Kapellmeister beim schwedischen Ballett 
in Paris, 1925-30 beim Diaghilew-Ballett. Nach 
Reisen als Gastdirigent war er 1937-44 an der Pari- 
ser Opdra Comique tätig, dirigierte 1945 auch an 
der Großen Oper und tritt jetzt wieder als Gast- 
dirigent auf. D. schrieb einige Filmmusiken und 
orchestrierte E. Saties »Morceaux en forme de 
poire« sowie die dramatische Kantate »Genevieve 
de Brabant«. 

Despr6s, Josse-*» Jos quin. 

Dessau, Bernhard, * 1. 3. 1861 zu Hamb urg, 
f 28. 4. 1923 zu Berlin; deutscher Violinist, stu- 
dierte unter Schradieck, Joachim und Wieniawski, 
bekleidete nacheinander Konzertmeisterstellen in 
Görlitz, Gent, Königsberg, Brünn, Prag und Rot- 
terdam (dort auch Lehrer am Konservatorium), 
Bremen (Philharmonie), war ab 1898 Konzert- 
meister an der Königlichen Oper in Berlin, zeitwei- 
lig auch Lehrer am Stemschen Konservatorium. 
Zahlreiche Kompositionen, besonders für V. (op. 
9-16, 20, Violinkonzert im alten Stil op. 55) er- 
schienen im Druck. 

Dessau, Paul, * 19. 12. 1894 zu Hamburg; deut- 
scher Dirigent und Komponist, konzertierte als 
Geiger schon mit 11 Jahren, ging 1910 an dasKlind- 
worth-Scharwenka-Konservatorium nach Berlin, 
wandte sich 1912 aber der Kapellmeister-Laufbahn 
zu. Er studierte noch ein Jahr Klavier und Kompo- 
sition bei Behm, kam 1912 als Korrepetitor ans 
Hamburger Stadttheater und wurde Kompositions- 
schüler von Loewengard; nach der Rückkehr aus 
dem Felde 1918 Dirigent und Komponist an den 
Hamburger Kammerspielen, 1919-23 Korrepetitor 
und später Kapellmeister am Opernhaus in Köln, 
darauf ein Jahr lang 1. Kapellmeister in Mainz, ab 
1925 Dirigent an der Berliner Städtischen Oper, 
bis er Deutschland 1933 verließ. Von 1939 an lebte 
er in New York, später in Hollywood, kehrte 1948 
nach Berlin zurück. Werke: die Opern Giuditta 
(1912) und Das Verhör des Lukullus (Brecht, 1949); 
die Oratorien Hagada (in hebräischer Sprache, 
1936) und Deutsches Miserere (Brecht; für Soli, 
Chor, Kinderchor, Trautonium und Orch., 1945) ; 
Bühnenmusiken (darunter solche zu »Lanzelot und 
Sanderein«, 1919, sowie zu Brechts »Mutter Cou- 
rage und ihre Kinder«, 1946, und dem »Kreide- 
kreis«, 1954), zahlreiche Filmmusiken; Orchester- 
werke (Symphonie Cdur, 1926); Kantaten, be- 
gleitete und a-cappdla-Chöre, Orchester- und Kla- 
vierlieder (davon viele auf Texte von Brecht); 
Kammermusik (kleinere Instrumentalstücke; ein 
Streichtrio, 1927; 4 Streichquartette: 1932, 1942, 
1946, 1948). 

Dfssaiier, Josef, * 28. 5. 1798 zu Prag, t 8. 7. 
1876 zu Mödling bei Wien; böhmischer Kompo- 
nist, Schüler von W. J. Tomaschek und Dionys 
Weber, beliebter Liederkomponist, schrieb auch 
Ouvertüren, Streichquartette, Klavierstücke und 
die Opern Lidwina (1836), Ein Besuch in St. Cyr 
(1838), Paquita (1851), Domingo (1860) und Oberon 
(nicht aufgeführt). 

Lit.: P. Hädouin, Mosaique, Paris 1856. 

Dessoff, - 1) Felix Otto, * 14. 1. 1835 zu Leipzig, 
t 28. 10. 1892 zu Frankfurt am Main; deutscher 
Dirigent und Komponist, Schüler des Leipziger 


Konservatoriums, speziell von Moscheies, Haupt- 
mann und Rietz, war 1854-60 Theaterkapellmei- 
ster in Chemnitz, Altenburg, Düsseldorf, Aachen, 
Magdeburg, 1860-75 Hotopernkapellmeister in 
Wien, Lehrer am Konservatorium der Gesellschaft 
der Musikfreunde und Dirigent der Philharmoni- 
schen Konzerte. 1875 wurde er Hofkapellmeister 
in Karlsruhe und 1881 1. Kapellmeister am Stadt- 
theater in Frankfurt am Main. Von seinen Kompo- 
sitionen veröffentlichte er einige Kammermusik- 
werke. - 2) Margarethe, * 11. 6. 1874 zu Wien, 
t 25. 11. 1944 zu Locarno; Tochter von Otto D., 
Schülerin des Hochschen Konservatoriums zu 
Frankfurt am Main, trat zunächst in Deutschland 
(so 1912 beim Brahmsfest in Wiesbaden), ab 1923 
in den USA (New York) als Chorleiterin hervor. 

Lit. : Briefwechsel mit Brahms, hrsg. v. C. Krebs in 
d. Ausg. d. Deutschen Brahmsges., Bd XVI; H. v. 
Kralik, Die Wiener Philharmoniker, Wien 1938. 

Dessoir (dcsu'ar), - 1) Max, * 8. 2. 1867 zu Ber- 
lin, f 19. 7. 1947 zu Königstein im Taunus; deut- 
scher Psychologe und Ästhetiker, Professor der 
Philosophie an der Universität Barlin, hat in sei- 
nen ersten Werken sich vornehmlich mit Psycho- 
logie beschäftigt, späterhin aber der Ästhetik und 
dabei auch der Musikästhetik zugewandt. Sein 
Hauptwerk ist : Ästhetik und allgemeine Kunstwissen- 
schaft (Stuttgart 1906, 21923). D. war auch Grün- 
der (1906) und Herausgeber (bis 1937) der Zeit- 
schrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft, 
in der wertvolle Beiträge zur Musikästhetik er- 
schienen. 1913 veranlaßte D. die Abhaltung eines 
Kongresses für Ästhetik und allgemeine Kunst- 
wissenschaft in Berlin (Bericht und Vorträge ge- 
druckt 1914), der zur Organisation periodisch sich 
wiederholender derartiger Veranstaltungen führte; 
die folgenden von D. geleiteten Kongresse fanden 
1924 in Berlin, 1927 in Halle, 1930 in Hamburg 
statt (Berichte über die 3 Kongresse im Druck er- 
schienen). Er schrieb: Buch der Erinnerung (Stutt- 
gart 1946). - 2) Susanne (geb. Triepel), * 23. 7. 
1869 zu Grünberg (Schlesien), + 24. 6. 1953 zu Kö- 
nigstein; Gattin von Max D., war zunächst Piani- 
stin, bildete sich dann aber zur Oratorien- und 
Konzertsängerin (Sopran) aus und fand als Lieder- 
sängerin große Anerkennung. Mit B. Hinze-Rein- 
hold gab sie eine Sammlung vorschubertscher Ge- 
sänge, Kinderlieder und Volksweisen als D.- Album 
heraus (Berlin 1912 ff., 2 Bände). 

Lit.: Ch. Herrmann, M. D., Mensch und Werk, 
Stuttgart 1929; W. Vetter, M. D. zum Gedächtnis, 
Mf I, 1948. 

Dtstmn, Emmy (E. Kitd), * 26. 2. 1878 zu Prag, 
t 28. 1. 1930 zu Bud weis; tschechische Opemsän- 
gerin (Sopran), studierte zuerst Violinspiel, dann 
aber Gesang unter Marie Löwc-Destinn (der zu 
Ehren sie den Bühnennamen D. annahm), debü- 
tierte 1898 als Santuzza an der Berliner Königlichen 
Oper (Königlich Preußische Kammersängerin), 
der sie bis 1908 als gefeiertes Mitglied angehörte. 
Sie sang 1901 in Bayreuth die Senta, 1907 in Paris 
die Salome (Strauss), trat auch in London auf. 1908 
bis 1916 trat sie in den USA auf und hatte als Star 
des Metropolitan Opera House und auf Gastspiel- 
reisen große Erfolge. Ab 1916 lebte sie wieder in 
der Tschechoslowakei. Sie schrieb auch ein Drama 
Rakel, Gedichte, 2 Opemlibretti und Novellen. 


393 



Destouches 


Lit.: A. Rektorys, Erna Destinnovä, Prag 1936; M. 
MartInkovA, Sträfskä dema pani, Pilsen 1940, 2 1946; 
dies.: 2ivot Emy Destinnovö, Pilsen 1946. 

Destouches (det'uj), Andr6 Cardinal (des Tou- 
ches), getauft 6. 4. 1672 und t 3. 2. 1749 zu Paris; 
französischer Opernkomponist, besuchte die Jesui- 
tenschule in Paris, wurde aber nach einer Missions- 
reise nach Siam (1687) Soldat (bis 1696), dann Kom- 
positionsschüler Campras, für dessen Europe galante 
(1697) er einige Nummern schrieb. Bereits 1697 
wurde auch seine Pastorale Issi mit großem Erfolg 
vor dem König und dem Hofe aufgefiihrt (überar- 
beitet 1708). 1713 wurde D. zum Generalinspektor 
der Acaddmie Royale de Musique (die Opdra) er- 
nannt, 1726 auch Maltre de la Chapelle-musique 
(kirchliche Aufführungen) und 1728 Direktor der 
Acaddmie. Die /ss/ und die weiter folgenden Opern 
Amadis de Grkce (1699), Marthisie (1699), Omphale 
(1700), Callirhoi (1712), TSUtnaqtie et Calypso (1714), 
Semirands (1718), die Ballette Le Camaval et la 
Folie (1704), Les eliments (1721, mit Delalande) und 
Les stratagbnes de Vamour (1726) und 2 Solokantaten 
mit Orch. GEnone (1716) und Simeli (1719) erschie- 
nen im Druck. Auch einige kirchliche Komposi- 
tionen schrieb er, von denen ein Te Deum (1732) 
mehrfach gesungen wurde. Le Professeur de la Folie 
ist der öfters allein oder mit anderen Stücken auf- 
geführte 3. Akt von Le Camaval et la Folie. LucU 
wig XIV. schätzte D. sehr hoch und erklärte ihn 
für den einzigen, der ihn Lully vergessen lasse. D.s 
vom Melodischen stark geprägtes Schaffen setzt 
auf dem Gebiet der Oper die von Lully übernom- 
mene Tradition fort. Eigene Elemente, die sich in 
seinen Werken finden, wurden bald von Rameau 
aufgenommen, so daß D. nicht nur als bloßer Nach- 
ahmer von Lully anzusehen ist, sondern auch einen 
eigenen Platz in der Geschichte der französischen 
klassischen Oper beanspruchen darf. 

Ausg.: Klavierauszüge erschienen in den Chefs 
d’ceuvre dassiques de l’Opdra fr?.: Iss6, hrsg. v. H. 
Salomon, 4p s6rie (1882); Omphale, hrsg. v. H. Salo- 
mon, 5® s6rie (1883); Les Elements, hrsg. v. V. ü’Indy, 
6® s6rie (1883). 

lit.: K. Dulle, A. C. D., Diss. Lpz. 1909; A. Tes- 
sier, Correspondance d’A.C. des Touches et du 
Prince Antoine I« de Monaco (1709-31), RM VIII, 
1926/27; R- Girardon, A. C. D., surintendant de la 
musique du Roi, directeur de l*op6ra. 1672-1749; 
MGG III, 234. 

Destoudies (det'uj), Franz Seraph von, * 21. 1. 
1772 und f 9. 12. 1844 zu München; deutscher 
Opemkomponist, 1787-91 Schüler J. Haydns in 
Wien, wurde 1797 Musikdirektor in Erlangen, 
1799 Konzertmeister und Musiklehrer am Gym- 
nasium in Weimar, 1810 Professor der Musiktheo- 
rie an der Universität Landshut, war 1814-16 Ka- 
pellmeister des Fürsten von Oettingen-Wallerstein, 
1820-41 landgräflich hessischer Kapellmeister und 
lebte dann in München. Er schrieb die Opern: Die 
Thomasnackt (München 1792), Das Mißverständnis 
(Weimar 1805), Die blühende Aloe (um 1805) und 
Der Teufel und der Schneider (1843, aufgeführt Mün- 
chen 1851); Schauspieknusiken zu Schillers Bear- 
beitung von Gozzis »Tuiandot« (1802), »Die Braut 
von Messina« (1803), »Die Jungfrau von Orleans« 
(1803) und »Wilhelm Tdl« (1804), Kotzebues 
»Die Hussiten vor Naumburg« (1804) und Zacha- 
rias Werners »Wanda, Königin der Sarmaten« 

394 


(1808); ferner: ein Oratorium Die Anbetung am 
Grabe Jesu (Text von Herder, 1805), Messen, Kla- 
vierkonzerte, ein Klarinettenkonzert, Ouvertüren, 
ein Klaviertrio, Klaviersonaten, -phantasien und 
-stücke. 

Lit.: L. Schiedermair, Die Blütezeit d. öttingen- 
Wallerstein’schen Hofkapelle, SIMG IX, 1907/08, 
mit Briefen D.s. 

Destranges (detr'ä 3 ), Louis Augustin Etienne 
RouilleS, *29. 3. 1863undf31.5. 1915zuNantes; 
französischer Musikkritiker, ab 1890 Redakteur des 
Ouest-Artiste in Nantes, setzte sich in starkem 
Maße für die Anerkennung Wagners in Frankreich 
ein. Er war Mitarbeiter mehrerer französischer Mu- 
sikzeitungen und schrieb: Le Thidtre ä Nantes de - 
puis ses origines jusqu’ä nos jours (Nouvelle ddition, 
Paris 1902), Voeuvre thidtrale de Meyerbeer (Paris 
1893), Samson et Dalila de C. Saint-Saens (Paris 
1893), Tannhaeuser de R. Wagner (Paris 1894), Vivo- 
lution musicale chez Verdi (Paris 1895), Urte partition 
miconnue: Proserpine de C. Saint-Saens (Paris 1895), 
Consonances et aissonances (Paris 1906), Les femmes 
dans Voeuvre de R. Wagner (Paris 1899), Souvenirs de 
Bayreuth (Paris 1888), Dix jours h Bayreuth (Paris 
1889), V oeuvre lyrique de C. Fronde (Paris 1896) und 
die thematischen Führer durch Le rive (Bruneau, 
Paris 1896), Le chant de la cloche (d’Indy, Paris 1890), 
Brisels (Chabrier, Paris 1897), Fervaal (d’Indy, Pa- 
ris 1896), Les Troyens (Berlioz, Paris 1897), Le 
vaisseau fantSme (Wagner, Paris 1897), Messidor 
(Bruneau, Paris 1897), Sancho (Jaques-Dalcroze, 
Genf 1897), Haensel et Gretel (Humperdinck, Paris 
1899). 

De Sutter, J. Toussaint, * 10. 4. 1889 zu Gent; 
belgischer Komponist, Schüler von P. Lebrun und 
E. Mathieu am Conservatoire in Gent, errang 1913 
den 2., 1919 den 1. Rompreis. Anschließend wurde 
De S. Leiter des Conservatoire von Ostende, spä- 
ter von Gent, wo er daneben das Orchester der 
Konzertvereinigung leitet. Er schrieb Symphonien, 
symphonische Dichtungen und Orchestervariatio- 
nen, Introduction et Danse für V. und Orch., Lamento 
für Vc. und Orch., das Oratorium Vlanderen , Klan- 
taten, Kammermusikwerke mit Kl., Chöre und 
Lieder. 

Desvignes (dev'ip), Victor Francis, * 5. 6. 
1805 zu Trier, f 30. 12. 1853 zu Metz; deutscher 
Komponist, war lange Jahre Kapellmeister an Ope- 
rettentheatern verschiedener französischer Provinz- 
städte und gründete 1835 in Metz ein Konservato- 
rium, das schnell zu hoher Blüte gelangte, so daß 
es 1841 als Succursale des Pariser Conservatoire 
vom Staat übernommen wurde. D. hat eine Anzahl 
Kammermusikwerke, auch kirchliche Chöre, her- 
ausgegeben; viele größere Werke, auch 2 Opern, 
blieben Manuskript. 

Deswert, Jules (de Swert), * 15. 8. 1843 zu Lö- 
wen, t 24. 2. 1891 zu Ostende; belgischer Violon- 
cellist, Schüler von Servais in Brüssel, wurde 1865 
Konzertmeister in Düsseldorf, 1868 1. Cellist der 
Hofkapelle zu Weimar und war 1869 L -73 König- 
licher Konzertmeister und Lehrer an der König- 
lichen Hochschule in Berlin, lebte dann in Wies- 
baden und Leipzig, wurde 1888 Direktor der Mu- 
sikschule in Ostende und Lehrer «m Genter und 
Brügger Konservatorium. Er schrieb die Opern 



De Vocht 


Die Albigenser (Wiesbaden 1878), Graf Hatnmer- 
stein (Mainz 1884), eine Symphonie Nordseefahrt 
(1886), 3 Cellokonzerte und Cellostücke. - Sein 
Bruder Jean Caspar Isidor D. (1830-96) war 
Cellolehrer am Brüsseler Konservatorium. 

Dett, Robert Nathaniel, * 11. 10. 1882 zu 
Drummondville (Quebec, Kanada), f 2. 10. 1943 
zu Batde Creek (Michigan, USA) ; amerikanischer 
(farbiger) Komponist, studierte in New York, Cam- 
bridge (Massachusetts) und bei N. Botdanger in 
Paris, war Musikdirektor an verschiedenenColleees 
und erhielt 1920 den Bowdoin Literary Prize der 
Harvard University für einen Essay The Etnancipa- 
tion of Negro Music . Er schrieb: Klaviersuite In the 
Bottoms (1913) ; Chariot Jubilee für Chor und Orch. 
1921); The Ordering of Moses für Chor und Orch. 
1937); viele Motetten und Lieder sowie Bearbei- 
tungen von Negro Spirituals und gab heraus: Reli- 
gious Folk-songs of the Negro (Hampton, Virginia, 
1927). 

Deutsch, Moritz, * 16. 12. 1818 zu Nikolsburg 
(Mähren), f 27. 2. 1892 zu Breslau; deutscher Kan- 
tor, Schüler von Weiß und Fischhof am Wiener 
Konservatorium und von Baumgart, Mosewius 
und Seidel in Breslau, 1842 2. Kantor (neben Sul- 
zer) am Wiener Tempel, ab 1844 in der gleichen 
Stellung an der Neuen Synagoge in Breslau. D. hat 
den traditionellen jüdischen Ritualgesang kunst- 
mäßig ausgestaltet. Seine Publikationen sind: 
Deutsche Synagogen^ und Schullieder (1867), Vor- 
beterschule (vollständige Sammlung der alten Syn- 
agogen-Intonationen 1872), Anhang zur Vorbeter- 
schule mit dem Nachwort Der Ritualgesang der Syn~ 
agoge (1890), Breslauer Synagogengesänge (1880, mit 
2 Nachträgen). 

Lit.: A. Friedmann, Lebensbilder berühmter Kan- 
toren I, Bin 1918. 

Deutsch, Otto Erich, * 5. 9. 1883 zu Wien; 
österreichischer Musikforscher, studierte Kunst- 
und Literaturgeschichte in Wien und Graz, war 
1908-09 Kunstkritiker der Wiener »Zeit«, 1909-11 
Assistent am kunsthistorischen Institut der Wiener 
Universität, dann Privatgelehrter, einige Zeit auch 
Buchhändler und Verleger in Wien. 1926-35 war 
er Bibliothekar der Musiksammlung Anthony van 
Hoboken. Nach der Besetzung Österreichs ging 
D. (bis 1953) nach Cambridge und lebt seitdem 
wieder in Wien. Außer kunst- und literatur- 
eschichtlichen Arbeiten über Moritz vonSchwind, 
erdinand Kümbereer und D. Spitzer verfaßte D. 
Studien über Haydn, Mozart, Beethoven, Schu- 
mann, Liszt, Händel und besonders Schubert, zu 
dessen Lebensgeschichte er eine umfassende Doku- 
mentensammlung und das thematische Werkver- 
zeichnis beigetragen hat, ferner bibliographische 
Werke: Beethovens Beziehungen zu Graz (Graz 
1907); Schuberts Krankheit (ZfMw IV, 1921/22); 
Das »Advokaten*- Terzett von Schubert . . . (ZfMw 
XI, 1928/29); Mozart-Drucke (mit C. B. Oldman, 
ZfMw XIV, 1931/32) ; Haydns Kanons (ZfMw XV, 
1932/33) ; Mozart und die Wiener Logen (Wien 1932) ; 
Das Wiener Freihaustheater (Wien 1937) ; The First 
Editions of Brahms (MR I, 1940); Music Publishers 
Numbers (London 1946); Schubert. Thematic Cata- 
logue (mit D. R. Wakding; London-New York 
1951); Franz Schubert (Wien 1954); Handel (Lon- 


don 1955) ; handschriftlicher Zettelkatalog Das Re- 
ertoire der Wiener Oper 1641-1938 in der National- 
ibliothek Wien. Ausgaben : Schubert-Brevier (Ber- 
lin 1905); Franz Schubert. Die Dokumente seines Le- 
bens und Schaffens , davon erschienen: Band n, 1: 
Die Dokumente seines Lebens (1797-1828, Mün- 
chen und Leipzig 1914), II, 2: Die Erinnerungen 
seiner Freunde (Leipzig 1957), HI: Sein Leben in 
Bildern (München 1913), erweiterte Neubearbei- 
tung in englischer Übersetzung von Eric Blom als 
Schubert , A Documentary Biograpliy (London 1946), 
amerikanische Ausgabe als The Schubert Reader 
(New York 1947) ; Franz Schubert Briefe und Schrif- 
ten (München und Leipzig 1919, Wien 4 1954; eng- 
lisch: London 1928 und New York 1928); Die 
historischen Bildnisse Franz Schuberts (Wien 1922); 
Schuberts Tagebuch (Wien und New York 1928); 
Neue Schubert-Dokumente (Zürich 1954); Schubert- 
Museum der Stadt Wien (Wien 1954); Leopold Mo- 
zarts Briefe an seine Tochter (mit B. Paumgartner, 
Salzburg-Leipzig 1936); eine Reihe Musikalische 
Seltenheiten (Wien ab 1921, mit Faksimiles und 
Erstausgaben von Haydn, Mozart, Beethoven und 
Schubert); The Harrow Replicas (Cambridge ab 
1943, enthalten Faksimiles, darunter »Parthenia«, 
London 1612, und »Encomium Musices«, Antwer- 
pen um 1600). Ferner wirkte D. mit am Katalog 
der Haydn-Ausstellung (Wien 1932). 

Devienne (cbvj'sn), Francis, * 31. 1. 1759 zu 
Joinville (Haute-Marne), f 6. 9. 1803 im Irrrenhause 
zu Charenton; französischer Komponist, Virtuose 
auf der Flöte und dem Fagott, Mitglied der Musik 
der Schweizergarden in Paris, 1789 im Orchester 
des Thdätre de Monsieur, später Professor am Con- 
servatoire, bei der Reform 1802 pensioniert. Er 
schrieb 11 komische Opern und Singspiele, viele 
Konzertanten für Blasinstrumente mit Orch., Sym- 
phonien, Flötenkonzerte, Quartette, Trios, Duette, 
Soli und Sonaten für oder mit H. (Klar., Ob., 
Fag.) und eine mehrfach nachgedruckte flöten- 
schule (Paris 1795). 

Lit. : A. Pougin, D., in: Revue et Gazette musicale de 
Paris, 1864; E. Humblot, Un musicien Joinvülols de 
l*6poque de la Revolution, F. D., 1759-1803, Saint- 
Dizier 1909; L. de Lorenzo, My Complete Story of 
the flute, NY 1951. 

De Vlto, Gioconda, * 22. 6. 1907 zu Martina 
Franca (Lecce) ; italienische Violinistin, Schülerin 
des Licco Musicale in Pesaxo und des Konservato- 
riums in Rom, gehört seit 1935 als Lehrerin der 
Accademia di Santa Cecüia in Rom an. Auf ihren 
zahlreichen Konzertreisen erwarb sie, besonders 
als Interpretin der klassischen Violinkonzerte, 
schnell Weltruhm. 

De Vocht, Lodewijk (Louis), * 21. 9. 1887 zu 
Antwerpen; belgischer Komponist und Dirigent, 
studierte am Konservatorium in Antwerpen, wo 
er 1912 Kapellmeister an der Kathedrale wurde und 
1916 die Choräle Caedlia gründete. 1920 über- 
nahm er die Leitung der Nouveaux concerts, 
wurde im selben Jahr Lehrer am Konservatorium, 
dem er bis 1952, ab 1944 als Direktor, angehörte. 
Werke: 3 Symphonien (eine mit Chor), mehrere 
symphonische Dichtungen, ein Violin- und ein 
Klavierkonzert, mehrere Messen und Kantaten, 
eine Reihe von Fahles für Singstimme und Orch., 
zahlreiche Chöre, Kammermusik und Lieder. 


395 



Devreesc 


Devreese, — 1) Godfried, * 22. 1. 1893 zu Cour- 
trai; belgischer Komponist, Schüler des Brüsseler 
Conservatoire, 1919-24 Kapellmeister der fran- 
zösischen Oper in Antweiyen und an Waux Hall 
in Brüssel, wurde 1930 Direktor des Konservato- 
riums in Mecheln und lehrt daneben seit 1944 als 
Professor am Konservatorium von Brüssel Er 
schrieb Orchesterwerke ( Gothisclie Symphonie, 
1948; Goethe-Symphonie mit Chor, 1952; Pobne 
heroique , 1925), ein Ballett Totnbelhte , Solokonzerte 
für KL (1939), V. (1936) und für Vc., Kammermusik 
(ein Streichquartett; Klavier-Trio, 1950), Violin- 
und Cellosonaten, Klavierstücke, Kantaten und 
Lieder. Sein Sohn - 2) Freddric, * 2. 6. 1929 zu 
Amsterdam, Schüler der Konservatorien von Me- 
cheln und Brüssel, Pizzettis in Rom und der Wie- 
ner Akademie, schrieb ein Ballett Mascarade (1955), 
eine Symphonie (1953), 3 Klavierkonzerte (1949, 
1952, 1956), ein Violinkonzert (1951), Kammer- 
musik und Lieder. 

Devrient, Eduard, * 11. 8. 1801 zu Berlin, f 4. 
10. 1877 zu Karlsruhe; deutscher Opernsänger und 
Musikschriftsteller, bekannt als Dramaturg, 1819 
Baritonist an der Berliner Königlichen Oper (Schü- 
ler Zelters, Freund Mendelssohns), in der Folge 
Schauspieler, 1 84 4- 46 Oberregisseur am Dresdner 
Hoftheater, 1852-69 Direktor des Hoftheaters in 
Karlsruhe, ist hier zu nennen als Dichter des Textes 
und erster Darsteller der Titelrolle von Marsch- 
ners »Hans Herling« sowie als Dichter einiger an- 
derer Opembücher und Verfasser der Schriften: 
Briefe aus Paris (Berlin 1840), Das Nationaltheater 
des neuen Deutschlands (Leipzig 1849), Das Passions- 
schauspiel in Oberammergau (Leipzig 1851, 4 1890), 
Geschichte der deutschen Schauspielkunst (Leipzig 
1848-74, 5 Bände) und Meine Erinnerungen an Felix 
Mendelssohn-Bartholdy und seine Briefe an mich (Leip- 
zig 1869, 31891). 

Lit.: Briefwechsel zwischen E. D. und Julius Rietz, 


Diab$lli, Anton, * 6. 9. 1781 zu Mattsee bei Salz- 
burg, f 7. 4. 1858 zu Wien; österreichischer Musik- 
verleger und Komponist, Chorknabe im Kloster 
Michaelbeum und in der Domkapelle zu Salzburg 
(Kompositionsschüler Michael Haydns), besuchte 
die Lateinschule in München, trat 1800 in das Klo- 
ster Raitenhaslach ein. Als 1803 die Klöster in Bay- 
ern säkularisiert wurden, ging er nach Wien, zu- 
erst als Klavier- und Gitarrelehrer, war dann mit 
dem Musikverleger P. Cappi assoziiert, 1824 selbst 
firmierend (D. und König). 1852 verkaufte er den 
Verlag an C. A. Spina. D. war ein sehr fruchtbarer, 
leicht schreibender Komponist, von dessen Wer- 
ken jedoch nur die instruktiven Klavierwerke (So- 
natinen, 4händige Sonaten) sich dauernd behauptet 
haben, während seine Opern, Messen, Kantaten, 
Kammermusiken und Lieder nur ephemere Beach- 
tung fanden (doch wird seine Pastoralmesse von 
1830 noch heute aufgeführt). D. war der Haupt- 
verleger Schuberts und stand auch zu Beethoven in 
Beziehung; dessen op. 120, 33 Variationen über einen 
Walzer von D., ist (ursprünglich nur eine Varia- 
tion) als Beitrag zu D.s Sammlung Vaterländischer 
Künstlerverein erbeten. 

Lit.: H. Rietsch, D.s »Vaterländischer Künstler- 
verein«, in: Berichte der Lese- und Redehalle des 
deutschen Studenten VII, Prag 1906; Abdruck auch 
im Beethoven- Jb. I, 1908; O. E. Deutsch, Music 
Publishers* Numbers, The Journal of Documentation 
I-Il, 1945/46-1946/47; separatLondon 1946; A. Wein- 
mann, Wiener Musikverleger, SB Wien CCXXX, 4, 
Wien 1956. 

Diack (d'aiaek), John Michael, * 26. 6. 1869 zu 
Glasgow, f 2. 2. 1946 zu London ; schottischer Mu- 
sikverleger, leitete die Filiale des Verlags Paterson 
& Sons in Glasgow, später die in London. D. 
schrieb : Five Minutes Daily Exercises on Vocal Tech- 
nique (Glasgow 1920), Tone Color and Interpretation 
(1926) und gab heraus: New Scottish Orpheus (2 
Bände) und The Bums Song Book. 


hrsg. v. P. A. Merbach, AfMw III, 1921 ; E. D. u. 
Therese Devrient, Briefwechsel, hrsg. v. H. Devrient, 
München 1922; J. Bab, Die Devrients, Bin 1932. 

Devrient» Wilhelmine -»■ Schröder-D. 

Dez&de (doz'erd), (Alexandre) Nicolas, * um 
1740 in Slawonien, j 11. 9. 1792 zu Paris; franzö- 
sischer Singspielkomponist, der von 1772 ab 
Qutie) in Paris gegen 20 l-3aktige Stücke zur Auf- 
führung brachte (besonders erfolgreich Les troisfer- 
miers, 1777), die zum TeÜ auch in Deutschland ge- 
geben wurden. 

Lit.: A. Pougin, D., Auszug aus: Revue et Gazette 
mus. de Paris, 1862. 

D&zes, Karl, * 11. 4. 1892 zu Bremen; deutscher 
M usikf orscher, wandte sich nach dem Studium der 
Mathematik und Naturwissenschaften unter H. 
Riemann der Musikwissenschaft zu, promovierte 
nach der .Kriegsunterbrechung 1922 in Berlin mit 
der Studie Prinzipielle Fragen auf dem Gebiete der 
fingierten Musik; 1925-27 Assistent von Bedang in 
Erlangen. Veröffentlichungen: Der Mensuralcodex 
des Benediktinerklosters Sancti Emmerami zu Regens- 
burg; Das Dufay zugeschriebene Salve Regina eine 
deutsche Komposition; Rezension: Der Kopenhagener 
Chansonnier (alle drei ZfMw X, 1927/28). D. lebt 
seit 1928 als Schullehrer in Bremen. 


Di^ghilew, Sergej Pawlowitsch, * 19. 3. 1872 im 
Gouvernement Nowgorod, f 19. 8. 1929 zu Vene- 
dig ; russischer Ballett-Impresario, begann nachUni- 
versitäts- und Musikstudien 1897 in St. Petersburg 
eine rege Tätigkeit als Kunstkritiker. 1899 gründete 
er die Zeitschrift »Mir iskusstwa« (Künstlerische 
Welt) und organisierte in den folgenden Jahren 
zahlreiche Gemäldeausstellungen und Konzerte. 
Nach einer russischen Kunstausstellung 1906 in Pa- 
ris veranstaltete er dort 1907 eine Reine von Kon- 
zerten, um die russische Musik zu propagieren. In 
einer hervorragenden Besetzung (Schaljapin in der 
Titelrolle) brachte er am 19.5. 1908 an der Großem 
Oper in russischer Sprache die erste Aufführung des 
»Boris Godunow« außerhalb Rußlands. Nachdem 
er noch weitere russische Opern bekanntgemacht 
hatte, trat er 1909 mit dem Ballet Russe vor die 
Öffentlichkeit, das auf Reisen in Europa und Ame- 
rika innerhalb kürzester Zeit zu Weltruhm ge- 
langte. 1921 reorganisierte er sein Ballett und 
wählte Paris und Monte Carlo als Zentren seiner 
Arbeit. D.s überragende Bedeutung beschränkte 
sich nicht allei n auf das Ballett und die Choreogra- 


Fahigkeit, junge, noch weitgehend unbekannte 
Kü n st ler heranzuziehen. In der Vereinigung von 
Tanz, Musik und Malerei verstand er es, mit gegen- 


396 



Dickie 


sätzlich ausgewählten Kräften seinen Schöpfungen 
durch die Dynamik seiner Persönlichkeit eine Span- 
nung zu verleihen, deren Fruchtbarkeit die Ballett- 
kunst des beginnenden 20. Th. - bei aller Wahrung 
einer aus dem 17. Jh. herkommenden geschicht- 
lichen Kontinuität - aus ihrer konventionellen Hal- 
tung herausführte. Bis zur Gegenwart geht von 
seinem Ballett der entscheidende Einfluß auf die 
westlichen Zentren der Ballettkunst aus, getragen 
von ehemaligen Mitgliedern dieser Truppe (-> Ba- 
lanchine, -► Lifar). Von den Persönlichkeiten, de- 
ren Namen sich mit der Geschichte des Ballet 
Russe verbinden, seien genannt: die Tänzer und 
Choreographen Fokin, Nischinskij, Massin, Ni- 
schinskij’s Schwester Bronislawa, Balan chine und 
Lifar; die Musiker Strawinsky (Feuervogel 1910, 
Petruschka 1911, Le Sacre du Printemps 1913, Pul- 
cinella 1920, Les Noces 1923), R. Strauss (Josephs- 
legende 1914), Satie (Parade 1917), de Falla (Le 
Tricome 1919), Prokofiew (Chout 1921, Prodigal 
Son 1929), Poulenc (Les Biches 1924), Auric (Les 
Fächeux 1924, Les Matelots 1925, La Pastorale 
1926), Dukelskij (Zdphyr et Flore 1925) und Rieti 
(Barabau 1925); J. Cocteau als Autor; die Maler 
Picasso, Matisse, Rouault, Utrillo und Chirico. 
Lit.: A. Benois, S. de D., RM 1930; J. Sazonova, La 
Choreographie des ballets de D., RM 1930; Les Bal- 
lets russes de S. de D. (= Quelques artistes contem- 
porains, 2), Paris 1931 ; C. W. Beaumont, S. D. 
(= Essays on dancing and dancers, 3), London 1933; 
ders., The Diaghilev Ballet in London, London 1952; 
A. L. Haskell u. W. Nouvel, Diaghileff : his artistic 
and private life, London u. NY 1935; P. Michaut, 
Souvenir de D., RM 1938; W. Kujawski, S. de D., 
Ein Leben für den Tanz, in: Der Tanz XII, 1939; 
ders.: Was das russische Ballett von S. D. tanzte, in: 
Der Tanz XII, 1939; S. Lifar, La Danse, Les grands 
courants de la danse acaddmique, Paris 2 1938; ders.: 
S. de D., Monaco (1954). 

Diamond (d'aiaemond), David Lee, * 9. 7. 1915 
zu Rochester (New York) ; amerikanischer Kom- 
ponist, studierte Musik an der Eastman School und 
am Dalcroze Institut in New York, besonders bei 
R. Sessions (Komposition), später auch noch bei 
N. Boulanger am Amerikanischen Konservatorium 
Fontainebleau bei Paris. Sein Schaffen umfaßt 4 
Symphonien und ein symphonisches Porträt 
Timon of Athens , einen Orchesterpsalm, 2 Violin- 
konzerte, ein Cellokonzert, Streichquartette und 
Klaviermusik. Der die konservative Bostoner 
Schule vertretende Komponist schrieb auchBallett-, 
Bühnen- und Filmmusiken und vertonte Debussy- 
Briefe zu einem Liederzyklus (VArne de Debussy). 

Dhgmow, Anton Michailowitsch, * 19. 2. 1882; 
russischer Komponist, Schüler von Konius, Ja- 
worskij und Koreschtschenko in Moskau, wurde 
1920 Direktor des Musikalischen Technikums. 
Werke: Lyrische Fragmente für V. und Kl. op. 10; 
Klaviersonate op. 12; Klavierstücke und Lieder. 


Diaz de la Pefta (d'iaO), Eugenio, * 27. 2. 1837 
zu Paris (Sohn des Malers), f 12. 9. 1901 zu Cole- 
ville; französischer Komponist, Schüler des Pariser 
Conservatoire (Haldvy, Reber), Komponist der 
Opern Le roi de Candaule (1865), La coupe du roi de 


Thule (1867, mit dem großen Staatspreis gekrönt), 
Benvenuto Cellini (1890) und zahlreicher Lieder. 


Diaz de Velasco» Nicoläs— >-Doizi de Velasco. 


D2bbern,Karl, *17. 6. 1855 zu Altona; deutscher 
Opemkomponist, war Kapellmeister in Lübeck 
und Dresden, dann Regisseur an der niederländi- 
schen Oper in Amsterdam und schrieb Text und 
Musik der Opern: Der Bulgare (Magdeburg 1886); 
Der Liebesdiplomat (Karlsruhe 1888); Mosjö Über- 
mut (Stralsund 1891); Kapitän Sander (Dresden 
1892); Am Magdalenenstein (Lübeck 1893); Erik 
Jetisen (Amsterdam 1899) ; Odja (Amsterdam 1900). 

Dibdin, - 1) Charles, getauft 4. 3. 1745 zu South- 
ampton, f 25. 7. 1814 zu London; englischer Kom- 
ponist, war 1756-59 Chorknabe an der Kathedrale 
zu Winchester, begann 1762 in Richmond als Sän- 
ger aufzutreten und wurde bald darauf an das 
Covent Garden Theatre, 1768 an das Drury Lane 
Theatre engagiert, reiste 1776-78 in Frankreich, 
wurde dann Komponist des Covent Garden Thea- 
tre, 1782 Mitdirektor des Royal Circus, für den er 
viele kleine Stücke schrieb; sammelte 1787-88 mit 
einer Konzertreise durch England Geld für eine ge- 
plante (aber nicht ausgeführte) Indienreise (siehe 
sein Buch: The Musical Tour of Mr. D. f Sheffield 
1788) und begann 1789 eine Reihe von Table En- 
tertainments zu veranstalten, deren Textdichter, 
Komponist, Sänger und Sprecher er selbst war. In 
diesen Stücken finden sich eine Reihe Lieder, die 
in der britischen Marine populär wurden. In sei- 
nen letzten Lebensjahren eröffnete er eine Musik- 
schule und eine Musikalienhandlung, machte aber 
Bankrott, so daß 1 810 durch eine öffentliche Samm- 
lung eine Pension für ihn aufgebracht wurde. D. 
schrieb 1766-1811 46 Singspiele auf eigene Texte, 
etwa 75 weitere Singspiele, 3 Libretti, Ballette und 
1789-1809 32 Table Entertainments, viele Lieder, 
Cembalostücke, Romane, A Complete History of 
the English Stage (5 Bände, 1800); Öbservations on a 
Tour tnrough almost the Whole of England (2 Bände, 
1802) ; The Professional Life of Mr. D. (4 Bände, 
1803, 21804 erweitert); Music Epitomized (1808 
und öfter; alle London). - 2) Henry Edward, 

* 8. 9. 1813 zu London, f 6. 5. 1866 zu Edinburgh; 
englischer Kirchenmusiker, Enkel von Charles D., 
ist der Herausgeber des angesehenen anglikanischen 
Gesangbuchs The Standard Psalm-tunebook (1857). 

Ausg. : The Sea Songs of Ch. D., hrsg. v. W. Kitchi- 
ner, London 1823; The Songs of Ch. D., hrsg. v. G. 
Hogarth, 1842, mit einer Biogr. 

Lit : E. R. Dibdin, A Ch. D. Bibliogr., Liverpool 
1937. - W. Kitchiner, A Brief Memoir of Ch. D., 
London 1884; H. G. Thorn, Ch. D., Southampton 
1888. - R. Northeott, Ch. D.’s Masonic Pantomime 
»Harlequin Freemason«, London 1915; E. M. Lock- 
wood, Ch. D.’s Musical Tour, ML XIII, 1932; W. 
Partington, Ch. D., London 1944; M. Sands, Ch. 
D., Musical Opinion LXVIH, 1945; H. G. Sear, 
Ch. D., ML XXVI, 1945. 

Dickie» Murray, * 3. 4. 1924 zu Glasgow 
(Schottland); englischer Sänger (Tenor), studierte 

^^icSi und anderen italienischen Lefrem. 1947 
bis 1949 am Cambridge Theatre und 1949-51 am 
Covent Garden Opera House in London, wech- 
selte er 1951 an die Staatsoper Wien über, deren 
Mitglied als Lyrischer Tenor er seitdem ist. Bei den 
Festspielen in Glyndeboume, Edinburgh, Salzburg, 
Barcelona und an den ersten Opernhäusern Euro- 
pas wirkt er als ständiger Gast. 


397 



Dickinson 


Dickinson (d'ikanzDn), Clarence, * 7. 5. 1873 zu 
Lafayette (Indiana); amerikanischer Komponist 
und Organist, war Schüler von Weidig in Chicago, 
H. Reimann und O. Singer in Berlin, später von 
Guilmant, M. Moszkowski und L. Vieme in Pa- 
ris, ging nach Chicago, wo er die Musical Art 
Society gründete und auch die Chicago English 
Opera Company dirigierte. Seit 1909 lebte er in 
New York als Organist der Brick Presbyterian 
Church und des Temple Emanu-El. Zusammen mit 
seiner Frau, der Kunsthistorikerin Helen Adell 
Snyder D., * 5. 12. 1875 zu Port Elmsley, Ontario 
(Canada), gab er heraus: Troubadour Songs (New 
York 1920). Seine Kompositionen umfassen: 
Operette The Mediane Man (Chicago 1905); Storni 
King Symphony für Org. und Orch. (1920), zahl- 
reiche geistliche Chöre, Lieder und Orgelstücke. 

Diderot (dicbr'o), Denis, * 5. 10. 1713 zu Lan- 
gres, f 30. 7. 1784 zu Paris; französischer Schrift- 
steller, Hauptredakteur der berühmten Encyclopi - 
die ou Dictiomaire raisormd des Sciences , des ans et des 
mkiers (1751-72), die er zusammen mit d’Alembert 
herausgab und für die J. J. Rousseau einen Teil der 
Musikartikel verfaßte; schrieb auch Mhnoires sur 
diffdrenis sujets de mathdmatique (1748). Seine An- 
sichten über Musik hat er in dem Dialog Le neveu 
de Rameati niedergelegt (zuerst aus dem Manuskript 
deutsch von Goethe 1805, dann zurückübersetzt 
und erst 1821 nach dem Original veröffentlicht). 
Auch Grimms »Correspondance littdraire« enthält 
Aufsätze von D. 

Lit.: J. G. Prod’homme, D. et la musique, ZIMG 
XV, 1913/14; L. Werner, D. ab Kunstphilosoph, 
Königsberg 1918; F. Vexler, D. and the »Le$ons de 
clavecin«, in: Todd Memorial Volumes II, NY 1930; 
R. L. Evans, D. et la musique, Diss. Birmingham 
1932; A. R. Oliver, The Encyclopedists as Critics of 
Music, NY 1947; J. Thomas, D., les Encyclopddisteset 
le grand Rameau, in: Revue de synthöse 1951. 

Mdnr, Adam, * 24. 12. 1874 zu Wola S?kowa 
bei Sanok (Galizien), + 7. 1. 1946 zu Kattowitz; 
polnischer Opernsänger (Baß), erhielt seine Aus- 
bildung zunächst in Lemberg, dann in Italien, de- 
bütierte 1894 in Rio de Janeiro und gehörte 4 Jahre 
lang der Mailänder Scala an. 1899-1903 wirkte er 
in Warschau, trat anschließend ab Gast auf Reisen 
durch Europa, Nord- und Südamerika auf und war 
ab 1908 für mehr ab 15 Jahre eine der führenden 
Kräfte am Metropolitan Opera House inNewYork. 
Wieder nach Polen zurückgekehrt, wirkte er dort 
vorwiegend ab Gesangspädagoge. Die Kriegsereig- 
nisse veranlaßten ihn, sich nach der 1939 an das 
Konservatorium in Lemberg »folgten Verpflich- 
tung nach Warschau zu begeben, von wo er nach 
Kriegsende an das Konservatorium in Kattowitz 
berufen wurde. D., dessen Stimmqualitäten seine 
großen Erfolge begründeten, bewies die Breite sei- 
ner Inteipretarionsfähigkeit in den führenden Rol- 
len des russischen, italienischen, deutschen und 
französischen Opemrepertoires. 

Didymos, * 63 v. Chr. zu Alexandria; griechi- 
scher Grammatiker, schrieb ein Werk über Har- 
monik, das nur aus Auszügen bei Porphyrios und 
Zitaten bei Ptolemäus bekannt ist. Die Tetrachor- 
denteilungen des D. sind; 

diatonisch || . h c de). 


. . . 16 25 6 , _ , 

chromatisch — • ttt • -=- (z. B.: h c cis e), 
lo 24 5 — ' 


en harmonisch ^ • ■— (z. B.: h* c_e). 


In allen drei Klanggeschlechtem erscheint hier die 
große Terz ab 4:5 Bestimmt. Der Unterschied des 

9 10 

großen und kleinen Ganztons -g : wird das di- 


dymische (auch das syntonische) Komma (81:80) 
genannt. 

Lit.: W. Dupont, Gesch. d. Temperatur, Kassel 1934. 


Diebold, Johann, * 26.2. 1842 zu Schlatt bei 
Hechingen, f 5. 3. 1929 zu Freiburg im Brebgau; 
deutscher Organist, Schüler von Töpler, wurde 
Organist und Chordirektor an St. Martin zu Frei- 
burg im Brebgau, gab Orgebtücke und Lieder her- 
aus und schrieb etwa 40 Messen, Chorwerke und 
Orgebtücke in einfachem Stil. 

Diedrich, Albert, * 4. 5. 1863 zu Magdeburg- 
Neustadt, f 12. 7. 1918 zu Darmstadt, wo er ab 
1887 der Hofkapelle ab 1. Geiger angehörte. Er 
war Mitgründer (1908) und Leiter des »Deut- 
schen Orchesterbundes«, der bis Ende 1918 eine 
große Reihe deutscher Orchester ab Berufsorgani- 
sation vereinigte. 

Didmer (diem^r), Louis, * 14. 2. 1843undt21. 
12. 1919 zu Paris; französischer Pianbt und Kom- 
ponist, ab 1854 Schüler von Marmontel, Benobt, 
Bazin und A. Thomas am Conservatoire in Paris, 
erhielt schon mit 13 Jahren den 1. Klavierpreb, war 
bald der Hauptpianbt in Alards Kammermusik- 
soireen, machte sich auch ab Komponbt bekannt 
und wurde 1888 Nachfolger Marmontels ab Kla- 
vierprofessor am Conservatoire. Der außerordent- 
liche Erfolg seiner historischen Klaviervorträge 
während der Pariser Ausstellung 1889 veranlaßte 
ihn, sich speziell der älteren Klavierliteratur zu wid- 
men und führte zur Gründung der Sodötö des an- 
dens instruments. Von seinen Kompositionen sind 
ein Klavierkonzert und ein Konzertstück, ein Kon- 
zertstück für V., mehrere Kammermusikwerke, 
za hlr eiche Klavierstücke sowie Lieder und Duette 
mit Kl. zu nennen. Auch gab er eine 4bändige 
Sam m l u n g Clavecinistes jrangais heraus. 

Diemer, Philip Henry, * 18. 7. 1836 und 1 7. 5. 
1910 zu Bedford; englischer Organist und Pianist, 
von deutscher Abkunft, Schüler von W. H. Holmes 
(Klavier) und G. A. Macfarren (Komposition) an 
der Royal Academy of Music zu London, Orga- 
nist der Trinitariskirche und Schul-Gesanglehrer in 
Bedford, gründete 1866 den Bedforder Musikver- 
ein und schrieb Kantaten, Anthems, Chorlieder, 
Lieder und Klavierstücke. 


Diener, Hermann, * 25. 1. 1897 zu Rostock, f 
27. 1. 1955 zu Berlin; deutscher Violinist, wirkte 
schon mit 15 Jahren ab Orchestergeiger in Wismar, 

S päter in Baden-Baden und rianarh in Freiburg frn 
rebgau. Dort erhielt er einen Lehrauftrag am 
Konservatorium, gab die Orchesterlaufbahn auf 
und studierte bei Adolf Busch und Bram Eldering. 
Mit dem 1924 von ihm in Heidelberg gegründeten 
Collegium musicum unternahm er Konzertreisen 
durch Deutschland, die Schweiz und Skandinavien 
und wurde (ab 1928) durch seine Aufführungen 


398 



Dieter 


von Bachs Musikalischem Opfer und Kunst der Fuge 
bekannt. Daneben widmete er sich besonders den 
Spätwerken von Mozart, Beethoven und Schubert. 
1928 wurde er Professor für Violinspiel und Or- 
chesterschulung an der Staatlichen Akademie für 
Kirchen- und Schulmusik in Berlin. Veröffent- 
lichungen: Bachs Musikalisches Opfer und Kunst der 
Fuge (mit H. J. Moser, in: Jb. der Staad. Akad. für 
Kirchen- u. Schulmusik Berlin, 1928/29); Die Vio- 
line und Viola (in: Hohe Schule der Musik HI, 
herausgegeben von J. Müller-Blattau, Potsdam 
1936); Stimmenausgabe und Taschenpartitur der 
Kunst der Fuge (Kassel 1956). 

DJepenbrock, Alphons J. M., * 2. 9. 1862 und 
1 5. 4. 1921 zu Amsterdam; niederländischer Kom- 
ponist, studierte 1880-88 klassische Philologie an 
der Universität Amsterdam, war dann Gymnasial- 
lehrer in ’s-Hertoeenbosch und lebte ab 1894 als 
Privadehrer, Schriftsteller und Komponist in Am- 
sterdam. In der Musik war er Autodidakt, studierte 
hauptsächlich Werke der franko-flämischen und 
italienischen Komponisten des 16. Jh., Beethovens, 
Berlioz', R. Wagners und später Debussys und ent- 
wickelte in seinem überwiegend vokalen Schaffen 
einen ganz persönlichen Stil, der mit reicher Chro- 
matik vor allem auf genaue W Ortverdeutlichung 
abzielt. D. schrieb viele Lieder und Chöre nach 
niederländischen, französischen und deutschen Ge- 
dichten; 2 Hymnen an die Nacht (Novalis), VondeVs 
vaart naar Agrippine (J. J. Alber dingk Thijm), Im 
großen Schweigen (Nietzsche), Die Nacht (Hölderlin) 
und Lydische Nacht (B. Verhagen) für Singstimme 
und Orch.; Stabat Mater für Männerchor; Messe 
für T. solo, Männerchor und Org.; Te Deum für 
Soli, Chor und Orch.; Hymne cum Rembrandt (P. 
H. van Moerkerken) für S., Frauenchor und Orch. ; 
Schauspielmusiken; Zegeklanken für Glockenspiel 
Nach seinem Tode bildete sich ein Alphons D.- 
Fonds, der sämtliche Lieder und die meisten übri- 
gen Werke veröffentlicht hat. 

Ausg.: Verzamelde Geschritten van A. D., hrsg. v. 
E. Reeser, Utrecht 1950. 

Lit. : J. C. Hol, Muzikale Fantasieen en Kritieken, 
Amsterdam 1904; E. v. AdaIewsky, Le Te Deum 
d*A. D., RMI XIX, 1912; S. Dresden, Het Muziek- 
leven inNederland . . ., Amsterdam 1923; P. Sanders, 
Moderne Nederlandsche Componisten, Den Haag 
1930; B. Verhagen, A. D., De Muziek V, 1931; E. 
Reeser, De muzikale handschriften van A. D. (= Ver- 
eeniging voor Nederlandsche Muziekgeschiedenis, 
Uitgave XLIII), Amsterdam und Lpz. 1933; ders., 
A. D., Amsterdam 1935; J. Daniskas, Nederlandse 
componisten van de XIX en XX eeuw, Amsterdam 
1941. 

Dferen, Bernard van, * 27. 12. 1884 zu Rotter- 
dam, t 24- 4. 1936 zu London; niederländischer 
Komponist, wandte sich erst den Naturwissenschaf- 
ten zu, begann um 1904 sich jedoch ausschließlich 
der Musik zu widmen. 1909 kam er als Musikrefe- 
rent des Nieuwe Rotterdamsche Courant nach 
London, wo er dauernd blieb. Sein Kompositions- 
stil ist im Modernen sehr vielgestaltig und haupt- 
sächlich von seinen Freunden Busoni und Delhis, 
aber auch von Schönberg beeinflußt. Werke : Kam- 
meroper The Tailor (R. Nichols) op. 14 (1917); 
Ouvertüre für Kammerorch. op. 9 (1916); Sym- 
phonie für Soli, Chor und Orch. nach chinesischen 
Gedichten op. 11 (1914); Diafonia für Bar. und 


Kammerorch. (3 Sonette Shakespeares) op. 12; 
Serenade für Kammerorch. op. 13; Les Propous des 
beuveurs (Rabelais) für Chor und Orch. op. 15 
(1921) ; Symphonie in 3 Sätzen op. 19 (imvollendet) ; 
12 Variationen über ein eigenes Thema für Kl.; 
20 Niederländische Melodien für Kl., Klavier- 
stücke op. 4 und 7 ; Sonate für V. solo op. 5 ; Sona- 
tine für V. und KL (1927) ; 6 Streichquartette; Lie- 
der und Gesänge in verschiedenen Besetzungen. 
Ferner ein Buch über den Bildhauer Jacob Epstein 
(London 1920) und eine Aufsatzsammlung Doum 
among the Dead Men (London 1935). 

Lit.: C. Gray, A Survey of Contemporary Music, 
Oxford 1924; J. Davenport, B. v. D., The Musical 
Times XCVI, 1955. 

Dies» Albert Christoph, * 1755 zu Hannover, 
f 28. 12. 1822 zu Wien; deutscher Landschaftsma- 
ler, sammelte 1805-08 in 30 Unterredungen mit 
Haydn Stoff für sei ne Biographischen Nachrichten von 
Joseph Haydn (Wien 1810), die neben den auf ähn- 
liche Weise entstandenen Schriften Carpanis und 
Griesingers eine wichtige Quelle der Haydn-Bio- 
graphie büden. 

Lit. : U. Thieme, u. F. Becker, Allgemeines Lexikon 
d. büdenden Künstler IX, Lpz. 1913. 

Djeßener, Gerhard (Disineer), Komponist, 
wahrscheinlich von deutscher Herkunft, war um 
1660 in Kassel tätig, um 1670 offenbar in England. 
Von ihm erschienen gedruckt: Instrumental Ayres 
(10 Suiten für 3-4 Streicher zu 6-21 Sätzen, Lon- 
don ohne Jahr), und 4 Tänze für Cemb. in M. 
Lockes »Melothesia« (London 1673); handschrift- 
lich erhalten sind: eine Triosonate, eine 5 st. Sonate, 
ein Balletto und ein Ground für Cemb. Wahr- 
scheinlich sind auch die 2 mit G. D. gezeichneten 
Suiten der von Ecorcheville nach einem Kasseler 
Manuskript (um 1650) herausgegebenen »Vingt 
suites d’orchestre« (2 Bande, Paris 1906) von D. 
Ausg. : ein Cembalostück, hrsg. v. J. A. Füller 
Maitland in: The Contemporaries of Purcell VI, 
London u. Genf 1921. 

Lit: E.H. Meyer, G. D., ZfMw XVI, 1934, mit 
Werkverz. ; ders., Die mehrst. Spielmusik . . ., Hei- 
delberger Studien z. Mw. II, Kassel 1934. 

Diet (di'e), Edmond Marie, * 25. 9. 1854 und f 
Ende Oktober 1924 zu Paris; französischer Kom- 
ponist, Schüler von C. Franck und Guiraud, Kom- 
ponist der komischen Opern Stratonice (1887), Le 
cousin Placide (1887) und La revancke (Tlsis (Paris 
1906), der Ballette und Pantomimen Scientia (1889), 
La Grhve (1893), Da belle et la Ute (1895), L'Araignde 
(Tor (1896), R&ve de Noel (1896), Watteau (mit 
Pujet, Paris 1900) und der Operetten Fleur de vertu 
(1894), Mme. Putiphar (1897), Gentil Crampton 
(1897), Madame la prisidente (Paris 1902), Le voyage 
de la mariie (1904). 

Dieter» Christian Ludwig, * 13. 6. 1757 zu 
Ludwigsburg, f 15. 5. 1822 zu Stuttgart; deutscher 
Komponist, 1781 1. Violinist und Hofmusiker in 
Stuttgart, schrieb neben zahlreichenKirchenkanta- 
ten mr Stuttgart die Singspiele: Der Schulz im 
Dorfe (1779), Der Irrwisch (1779), Glücklich zusam- 
mengelogen (1788), Die Dorfdeputierten (1786), 
Laura Rosetti (1781), Der Luftballon (1789), die ko- 
mischen Opern Belmonte und Constanze (1784), Der 
Rekruten-Auskub (1785), Das Freischießen (1787), 


399 



Dietmar von Aist 


Der Eremit auf Formentara (1791), Elisinde (1794), 
Des Teufels Luftschloß (1802). Seine Violin-, Hom-, 
Flöten-, Oboen-, Fagottkonzerte, Violinsoli, Kon- 
zertanten für Flöten und für Oboen blieben gro- 
ßenteils Manuskript. 

Lit: H. Abert, Die dramatische Musik, in: Herzog 
Karl Eugen von Württemberg, H. 7, hrsg. v. Würt- 
tembergischen Geschichtsver., Eßlingen 1905; FC 
Haering, Fünf schwäbische Liederkomponisten des 
18. Jh.: Abeille, D., Eidenbenz, Schwegler und Christ- 
mann, Diss. Tübingen 1925 (maschr.); ders.: Chr. 
L. D., Hofmusiker und Singspielkomponist, 1757 bis 
1822, in: Schwäbische Lebensbilder I. Stuttgart 1940. 

Dietmar von Aist, österreichischer Minnesänger, 
wird 1139-71 in Urkunden erwähnt. Sein Lied 
MF 35,15 Der winter tvaere mir ein zit ist ein Kon- 
trafaktum des Lerchenlieds (P-C 70,43) von 
Bemart de Ventadom, von dem die Melodie er- 
halten ist. 

Ausg. u. Lit: H. Besseler, Die Musik d. MAu. d. 
Renaissance, Potsdam (1931), darin d. Melodie nach 
Ms. G; Fr. Gennrich, in Mf I, 1948, S. 239; ders., 
Troubadours, Trouvfcres, Minne- u. Meistergesang, = 
Das Musikwerk, Köln (1951), darin d. Melodie. 

Dietrich, Albert Hermann, * 28. 8. 1829 zu 
Forsthaus Golk bei Meißen, f 20. 11. 1908 zu Ber- 
lin; deutscher Dirigent und Komponist, absolvierte 
die Kreuzschule in Dresden, erhielt dort den ersten 
musiktheoretisdien Unterricht von J. Otto und 
setzte seine Musikstudien 1847-51 in Leipzig am 
Konservatorium (Rietz, Moscheies) und an der Uni- 
versität fort. 1851 ging er zu Schumann nach Düs- 
seldorf und weilte als treuer Schüler bei ihm bis 
zum Ausbruch von dessen Geistesstörung (1854). 
Von 1855 an war D. Dirigent der Abonnements- 
konzerte in Bonn (ab 1859 städtischer Musikdirek- 
tor), bis er 1861 die Berufung in die Stellung als 
Hofkapellmeister in Oldenburg erhielt. 1890 trat 
er in Ruhestand und zog nach Berlin, wurde Mit- 
glied der Königlichen Akademie der Künste und 
1899 Königlicher Professor. Kompositionen: 
Symphonie D moll op. 20, Ouvertüre Normannen^ 
fahrt ; Chorwerke mit Orchester: Morgenhymne, 
Rheinmorgen und Altckristlicher Bittgesang, Violin- 
und Cellokonzert, Klaviertrios, Cellosonate, 4- 
händige Klaviersonate, Romanze für Hom mit 
Orch., Lieder, Duette, Chorlieder, Klavierstücke. 
Seine 3aktige Oper Robin Hood wurde 1879 in 
Frankfurt am Main aufgeführt, eine zweite Das 
Sonntagskind 1886 in Bremen. D. schrieb Erinne- 
rungen an J. Brahms (Leipzig 1898). 

Dietrichs Albert Hermann, * 22. 2. 1908 zu 
Oberkirch (Baden) ; deutscher Bratschist, studierte 
am Konservatorium Dresden (A. Rappoldi) und an 
der Badischen Hochschule für Musik in Karlsruhe, 
an der er seit 1938 lehrt, heute als Leiter der Mei- 
sterklasse für Bratsche, der Streicher-Kammer- 
musikklassen und des Collegium instrumentale. 
1943 gründete er mit R. Schimmer und A. Käs- 
meier das »Süddeutsche Streichtrio« und trat als 
1. Solo-Bratscher in das Orchester des Senders 
München ein. In gleicher Stellung gehört er seit 
1946 dem Symphonieorchester des Südwestfunks 
Baden-Baden an, wo er auch als Solist hervortritt. 

Dietrich, Fritz, * 13. 2. 1905 zu Pforzheim, seit 
Januar 1945 vermißt an der Ostfront; deutscher 
Musikforscher, studierte ab 1925 Musikwissen- 


schaft in Freiburg und Heidelberg (Gurlitt, Besse- 
ler), 1929 Dr. phü., war 1931-34 Assistent am mu- 
sikwissenschaftlichen Seminar der Universität Hei- 
delberg. Als ihm nach seiner 1935 erfolgten Frei- 
burger Habilitation (Die musikalischen Ordnungen , 
ihre Gestaltungsweisen und ihr geschichtlicher Wandel) 
die politischen Verhältnisse die Aufnahme seiner 
Lehrtätigkeit verwehrten, begann D. eine Tätig- 
keit als Lektor beim Bärenreiter-Verlag in Kassel, 
die er bis zu seiner Einberufung fortführte. Ver- 
öffentlichungen: J. S. Bachs Orgelchoral und seine 
geschichtlichen Wurzeln (Bach-Tb. 26, 1929), Ge- 
schichte des deutschen Orgelchorals im 1 7. Jahrhundert 
(= Heidelberger St. zur Mw. I, Kassel 1932), Ana- 
logieformen in Bachs Tokkaten und Präludien für die 
Orgel (Bach-Jb. 28, 1931), Musik und Zeit (Kassel 
1933), Elemente der Orgelimprovisation (Kassel 1935) 
Elemente hochbarocker Musikgestaltung (Zeitschrift 
für Hausmusik V, 1936). D. schrieb mehrere geist- 
liche und weldidie Kantaten, Motetten, Block- 
flötenstücke und Bearbeitungen von Vokal- und 
Instrumentalmusik. 

Lit.: K. F. Rieber, Erinnerungen an F. D., MuK 23, 
1953; W. Blankenburg, F. D. zum Gedenken, MuK 
25, 1955. 

Dietrich, Sixtus (Xistus Theodericus) , * zwischen 
1490 und 1495 zu Augsburg, f 21. 10. 1548 zu St. 
Gallen; deutscher Komponist, war wahrscheinlich 
1504-06 Chorknabe am Münster zu Konstanz, be- 
zog 1509 die Universität Freiburg im Breisgau und 
ging 1517 zu seinem Gönner, dem Domvikar Joh. 
Rudolfinger, nach Straßburg; am 6. 11. 1517 wurde 
er an der Konstanzer Domschule »pro informatore 
choralium« angestellt und war ab 30. 4. 1522 In- 
haber der Hl. Kreuz-Kaplanei. Durch seinen Pro- 
test gegen die erzbischömche Zitation (11. 9. 1527) 
sowie durch seine Beziehungen zu den reformato- 
rischen Kreisen in Basel, Straßburg, Ulm und be- 
sonders zur Universität Wittenberg, wo er 1540/41 
und 1543 Vorlesungen hielt, erscheint D. als An- 
hänger der Reformation. Kurz vor der Erstürmung 
des protestantischen Konstanz durch Karl V. (1548) 
floh er nach St. Gallen. Er gehörte zu den bedeu- 
tendsten deutschen Meistern der Senfl-Generation, 
die unter Rezeption des niederländischen Chorstils 
die bodenständigen deutschen Traditionen weiter- 
bildeten. - Als Sonderausgaben sind gedruckt: 
Epicedion Thomae Sporeri (Straßburg 1534); Magni- 
ficat 4 v. (2 Bände, Straßburg 1535-37) ; innerhalb 
der reformatorischen Gesamtpublikation der 
Rhawschen Offizin in Wittenberg erschienen un- 
ter persönlicher Mitwirkung D.s (Besuche in Wit- 
tenberg 1540 und 1544) 36 Antiphonen zu 4 St. 
(1541) und 3 Bände Hymnen 4st. (1545). Zahl- 
reiche Motetten und Lieder Anden sich in Sammel- 
werken zwischen 1536 und 1568, 5 Sätze in Gla- 
reans »Dodekachordon« (Basel 1547). Die Hand- 
schriften vermehren die Werke nicht erheblich. 

Ausg.: (69) Hymnen (1545) I, hrsg. v. H. Zenck, RD 
XXIII (= Abt. Ausgew. Werke einzelner Meister 
III); 8 Choralbearbeitungen, hrsg. v. J. Wolf, in 
DDT XXXIV; 5 Sätze in: Glarean, Dodekachordon, 
Basel 1547, übers, und hrsg. v. P. Bohn, PGfM XVI; 
Dominus prope est, 3st, Riemann Beisp. 38; 2 Lieder 
aus G. Försters »Ein Außzug guter . . . teutscher 
Liedlein« Nürnberg 1539, hrsg. v. K. Gudewill u. 
W. Heiske in RD XX (- Abt Mehrst. Lied HI); 

2 deutsche Lieder aus Schöffers Liederbuch 1536, 


400 



Dilezkij 


hrsg. v. R. Eitner, in: MfM XXVI, 1894; je ein Satz 
in: Chorbuch I u. V, hrsg. v. Fr. Jöde, Wolfenbüttel 
u. Bin 1930-31. 

Lit.: E. His, Briefe v. S. D. an B. Amerbach, MfM 
VII, 1875. - H. Zenck, S. D., Lpz. 1928, = Publ. d. 
Abt. zur Herausgabe älterer Musik bei d. Deutschen 
Musikges. III, 2; W. Gurlitt, J. Walter u. d. Musik 
d. Reformationszeit, Luther-Jb. XV, 1933; M. van 
Crevel, A. Petit Coclico, Haag 1940 (dazu H. Zenck 
in AfMf VII, 1942). 

D}etrichstein, Moritz Graf, * 19. 2. 1775 und 
t 27. 8. 1864 zu Wien, 1819 Hofmusikgraf, 1821 
Hoftheaterintendant, 1826 Direktor der Hofbiblio- 
thek, 1845-48 Oberstkämmerer, war musikalisch 
gebildet und hat mehrere Hefte Lieder (auch Kir- 
chenlieder für Schulen) und viele deutsche Tänze 
und Menuette (für die Wiener Redouten geschrie- 
ben) herausgegeben. -> Thalberg. 

Lit. : Th. v. Frimmel, Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926 ; R. 
Haas, Die Musikslg d. NationalbibL, JbP XXXVII, 
1930. 

Dietsdh, Pierre Louis Philippe, * 17. 3. 1808 
zu Dijon, f 20. 2. 1865 zu Paris; französischer Or- 
anist, Dirigent und Komponist, mütterlicherseits 
eutscher Abstammung, Schüler Chorons und des 
Pariser Conservatoire, 1844 Kapellmeister an St- 
Eustache, ab 1849 an Ste-Madeleine, Lehrer an 
Niedermeyers Kirchenmusikschule, auf Empfeh- 
lung Rossinis Chordirektor und 1860-63 Kapell- 
meister der Großen Oper (Nachfolger Girards). 
Der Vorwurf, D. habe den von Wagner aus Not 
verkauften Text des »Fliegenden Holländers« kom- 
poniert (als Le vaisseau-fantSme 1842 in der Pariser 
Großen Oper aufgeführt), besteht nicht ganz zu 
Recht, da das von P. Foucher und H. Rdvoil ge- 
schriebene Libretto sich mindestens ebenso stark an 
andere Vorlagen anschließt. Er schrieb 20 Messen 
und zahlreiche weitere Kirchenmusikwerke, gab 
Orgelwerke und Anweisungen für die Orgelbe- 
gleitung des Kirchengesangs heraus. D. dirigierte 
1861 die berüchtigte Pariser Aufführung des »Tann- 
häuser«. Wagner schrieb seinen Namen: Dietzsch. 
Lit.: E. Haraszti, P.-L. D. u. seine Opfer, Mf VIII, 
1955. 

Dietz, Friedrich Wilhelm, * 15. 6. 1833 zu 
Marburg an der Lahn, f 16. 12. 1897 zu Soden; 
deutscher Violinist, Schüler Spohrs und Kraushaars 
in Kassel, geschätzter Violinlehrer in Frankfurt am 
Main, Komponist vonKam m crmusik werken sowie 
zahlreichen Violin- und Cellostücken. 

Dietz» Max, *9. 4. 1857undf5. 8. 1928 zu Wien; 
österreichischer Musikforscher, veröffentlichte eine 
Geschichte des musikalischen Dramas in Frankreich 
während der Revolution (Wien-Leipzig 1886, 21893), 
eine wertvolle Spezialstudie, welche den Spiege- 
lungen des Zeitgeistes in den Opern der Schrek- 
kengahre nachgeht. 1886 habilitierte sich D. als 
Privatdozent für Musikwissenschaft an der Wiener 
Universität und wurde 1908 außerordentlicher Pro- 
fessor. Er veranstaltete Vortragszyklen mit illu- 
strierenden Ausführungen und entfaltete eine rege 
Tätigkeit als Musikreferent, gab 1891 ausgewählte 
Kompositionen Kaiser Leopolds I. (Messen, Stabat, 
Requiem) heraus. Sein Nachlaß gelangte in die 
Nationalbibliothek Wien. 

Dieupart (djop'air), Charles, * in Frankreich, 
t um 1740 zu London; französischer Cembalist und 


Komponist, ging 1707 nach London, fungierte un- 
ter Händel als Cembalist der Oper. Von seinen 
Kompositionen sind erhalten ein Buch Klavier- 
stücke (Select lessons for the harpsichord) 9 eine Suite 
(F moll) in Abschrift nach einer verlorenen Kopie 
von S. Bachs Hand, einige Songs und Six suittes de 
clavessin ( Ouvertures , Allemandes f Courantes , Sara- 
batides, Gavottes , Menuets , Rondeaux et Gigues) . . . 
mises eti concert pour un violon et flute , avec une hasse 
de viole et un archilutL 

Ausg. : Cembalo- Werke, 2 Bde, hrsg. v. P. Brunold, 
Paris o. J. 

Di Giovanni, Edvardo -> Johnson, Edward. 

Djkenmann-Balmer, Lucie, * 21. 10. 1902 zu 
Bern; Schweizer Musikforscherin, studierte Kla- 
vier in Chur und Hamburg, Musikwissenschaft bis 
zu ihrer Promotion 1933 in Bern, wo sie sich 1936 
habilitierte und 1947 zum Professor ernannt wurde. 
Schriften: Tonsvstem und Kirchentöne bei Joh. Tine ;- 
toris (Bern 1935), Orlando di Lassos Motetten (Bern 
1938), Beethovens Missa Solemnis und ihre geistigen 
Grundlagen (Zürich 1952). 

Dilfzkij, Nikolaj Pawlowitsch, * um 1630 zu 
Kiew, f um 1690 zu Moskau; ukrainischer Musik- 
theoretiker, erhielt seine musikalische Ausbildung 
in Warschau (1651-59) und Wilna, wo er 1675 in 
polnischer Sprache seine Gramatyka muzycznq her- 
ausgab. 1677 ließ er in Smolensk seinen Traktat in 
russischer Übersetzung unter dem Titel Bukwar- 
Grammatika penija erscheinen. Ab 1678 lebte er als 
Chorleiter, Kompositions- und Gesanglehrer in 
Moskau und schuf hier zusammen mit dem Diakon 
Joan Korenew 1679 eine gekürzte Fassung seiner 
Schrift, welche nunmehr die Bezeichnung Idea 
grammatikyi musikyjskoj erhielt. Die 1681 entstan- 
dene letzte Redaktion des Werkes wurde ohne 
besonderen Titel an Korenews Traktat Musikyja 
angefügt. D. war in Warschau Schüler von Mid.- 
czewski und Rözydri, deren Werke er zitiert. Seine 
»Musikalische Grammatik« war am Ende des 17. 
und zu Beginn des 18. Jh. das einzige praktische 
Lehrbuch für Komposition in russischer Sprache. 
Die Schrift enthält in Anlehnung an italienische 
und polnische Vorbilder in eigenwilliger Termino- 
logie Angaben über das musiktheoretische Grund- 
wissen der Zeit, vor allem über den konzertanten 
Stil in der geistlichen Chormusik. Nach der Reform 
des russischen Kirchengesangs durch den Patriar- 
chen Nikon hat D.s Schrift entscheidend dazu bei- 
getragen, daß die Vokalpolyphonie in Form des 
sogenannten partesnoje penije (»Reihengesang«) fort- 
an im orthodoxen Kirchengesang gepflegt wurde. 
Die Kompositionslehre D.s, die im Gegensatz zu 
den altrussischen Notenzeichen, den krjuki (»Häk- 
chen«) in der fünflinigen Kiewer Q u a d ratnotation 
gehalten ist, hat der Musikkultur der russisch-ortho- 
doxen Kirche erste entscheidende Kontakte mit der 
westeuropäischen Kompositionspraxis ermöglicht. 
D. komponierte einige geistliche Konzerte. 

Ausg.: Musikijskaja grammatika (1681), hrsg. v. S. 
W. Smolensku, St Petersburg 1910. 

Lit: W. Metallow, Starinnyj traktat . . . 1679 goda, 
Russkaja musykalnaja gaseta IV, 1897; A. W. Pkeo- 
braschensku, Russkaja musykalnaja asbuka 17. b., 
in: De musica , Leningrad 1927; J. Keldysch, Istorija 
russkoj musyki I, Moskau 1948. DL 


26 


401 



Düherr 


Dilherr, Johann Michael, * 14. 10. 1604 zu 
Themar (Thüringen), ^ 8. 4. 1669 zu Nürnberg; 
deutscher Dichter, studierte in Leipzig, Altdorf 
und Jena Theologie und las ab 1631 an der Jenaer 
Universität Beredsamkeit, ab 1634 auch Geschichte 
und Poetik, 1640-42 Theologie. D. ging dann als 
Direktor des Aegidien-Gymnasiums nach Nürn- 
berg, wo er 1646 Pfarrer an St. Sebaldus wurde. 
Er gab das Nürnberger Gesangbuch von 1665 her- 
aus, in das er auch eigene Liedertexte und -melo- 
dien aufnahm. Seine geistliche Lyrik wurde ver- 
tont von: Kindermann: 6st. Dialogus Mosis Plag 
(1642), Deß Erlösers Christi , vnd sündigen Menschens 
heylsames Gespräch , 8st. (1643), Evangelischer Schluß- 
reimen . . . Erster bis Dritter Theil , 3st. (1652) ; S. Th. 
Staden: Seelen-Music, 4st. (2 Telle, 16 4 4 4 8) ; Paul 
Hemlein: 12 Gesänge in D.s Christlichen Betrach- 
tungen (1657, 21665, ^1670). Ferner schrieb Staden 
22 Stücke zur Illustrierung von D.s Rede De ortu et 
progressu, usu et abusu musicae (1643). 

Lit: A. Säubert, D.ische Leichenpredigt, Nürnberg 
1669; F. Schreiber, Einleitung zu DTB XIII; W. 
Kahl, Das Nürnberger hist. Konzert, AfMw XIV, 
1957. 

DJUiger, Johann (Dillin ger), * 30. 11. 1593 zu 
Eisfeld, 1 28. 8. 1647 zu Coburg; deutscher Kom- 
ponist, wahrscheinlich in Magdeburg Schüler von 
M. Praetorius, nach Theologiestudien in Witten- 
berg dort Kantor der Schloßkirche, ab 1625 in Co- 
burg, zunächst im Schuldienst, ab 1634 als Diakon. 
D. gab 1614-42 kirchliche Kompositionen heraus, 
darunter das Sammelwerk Decas I. prodrompi trici - 
niorum sacrorum (1621, 2. Teil 1622, 3. Teil 1623); 
Medulla ex psalmo LXVIIL deprompta et harmonice 6 
v. composita (1614); Exercitatio ntusica J, continens 
XIII selectissimos Concertos sive concentus musicos vet- 
riorum authorum unacum basso generali (1624); Trau- 
erlied auf den Tod eines Knaben 4 v. (1627); Musica 
votiva 2-5 v. (1622); Musica christiana cordialis do - 
mestica 2-4 v. (1630, 1629?) ; Musica concertativa oder 
Schatzkämmerlein neuer geistlicher auserlesener Con - 
zerten 1-15 v. mit B.c. (1632, 1629?); Jeremias 
poenitentiarius (52 Bußsprüche, 2 v., 1640). 

Lit.: H. Thümmler, J. D„ 1593-1647, Kantor in 
Wittenberg und Coburg, Diss. Halle 1941 (maschr. 
mit Werkverz.); O. Wessely, Schönes Trostsprüch- 
lein, ein unbekannter Kasualgesang v. J. D., Mf VIII, 
1955. 

Dilloo, Kraft Thorwald, * 31. 3. 1928 zu Veld- 
hausen (Grafschaft Bentheim); deutscher Flötist, 
1943 Schüler der Kölner Musikhochschule (P. 
Buchelt). Bereits 1946 begann er mit solistischer 
Tätigkeit und wurde 1949 an das Südwestfunk- 
Orchester in Baden-Baden verpflichtet, dem er 
jetzt als 1. Soloflötist angehört. 

Diana, Gheorghe, * 10. 10. 1847 zu Kronstadt, 
f 4. 6. 1925 zu Klausenburg; rumänischer Dirigent 
und Komponist, besuchte das Polytechnikum in 
Karlsruhe, ging aber zur Musik über, Schüler des 
Leipziger Konservatoriums, wurde 1881 Dirigent 
des Rumänischen Musikvereins in Hermannstadt 
sowie Seminarmusiklehrer und Kirchenmusik- 
direktor, 1899Gymnasia3musiklehrerundChordiri- 
gent in Kronstadt, 1919 Direktor des Konservatori- 
ums in Klausei bürg. Eine Reihe Vokalkompositio- 
nen (2 Messen, Requiem, a-cappella-Chöre, Iieder) 


und Instrumental werke vonD .erschienenim Druck ; 
er schrieb auch ein Oratorium Die Mutter Stephans 
des Großen . 

Dimler, Franz Anton (Dimmler.Dümmler), * 14. 
10. 1753 zu Mannheim, f tun 1819 zu München; 
deutscher Komponist, Schüler von Zywny (Horn) 
und Abbe Vogler (Komposition), 1767 Waldhor- 
nist der Hofkapelle, kam 1778 mit der Verlegung 
des Hofes Karl Theodors nach München, wurde 
aber dort Kontrabassist. Symphonien, Konzerte, 
Quartette und Trios von D. sind handschriftlich 
erhalten (die 6 Trios auch bei Falter gedruckt); 
auch schrieb er die Operetten: Der Guckkasten 
(1794), Die Schatzgräber (1798) und Die Zobeljäger, 
war aber besonders berühmt durch seine Ballett- 
musiken, deren er 185 geschrieben haben soll. 

Lit.: Themat Kat. d. Kammermusikwerke bei H. 
Riemann, DTB XVI, 2. 

D’Jndia, Sigismondo, * um 1582 zu Palermo, 
■fnach 1627 wahrscheinlich zu Rom; italienischer 
Komponist, lebte 1600-09 in Horenz, 1609/10 in 
Parma und Piacenza, war 1601-23 Kammermusik- 
direktor des Herzogs Carlo Emanuele I. von Savoyen 
in Turin, widmete 1621, von Venedig aus, dem Prin- 
zen Vittorio Amadeo zur Hochzeit ein Buch Mu- 
siche e balli a 4 , wirkte 1623-24 am Hofe von Mo- 
dena und 1624 im Dienste des Kardinals Maurizio 
von Savoyen in Rom. DT. gab heraus: 8 Bücher 
5st. Madrigale (1606-24), 2 Bücher 3-5st. Villand- 
len (1610, 1612), 5 Büdier l-2st. Musiche (Arien 
und Kantaten, 1609-23, im Stil Cacdnis), aber auch 
2 Bücher 2-6st. Sacri concentus (1610) und ein Buch 
4st. Motetten (1627), unter denen sich die mono- 
dischen Stücke durch Kühnheit der Konzeption 
und harmonische Wagnisse auszeichnen. Eine Rezi- 
tativoper, Zalizura, ist handschriftlich in der Tu- 
riner Nationalbibliothek erhalten. 

Ausg.: Madrigali a 5 v., libro I, hrsg. v. F. Mom- 
pellio, = I classici musicali ital. X, Mailand 1942. 
Lit. : L. Torri, II primo melodramma a Torino, RMI 
XXVI, 1919; S. Cordero di Pamparato, I musid 
alla corte di Carlo Emanuele I . . ., Bibi, della Soc. 
Stör. Subalpina CXXI, Turin 1930; F. Mompeluo, 
P. Vind, Mailand 1937; ders., S. DT. e il suo primo 
libro di »Musiche«, CHM I, 1953; ders., S. D’L, 
Mailand u. London 1956; ders., »Opere recitative, 
balletti et inventioni« di S. DT., CHM II, 1957. 

DTndy, Vincent dTndy. 

Diomedes Cato Cato. 

Dionysos, der Gott, in welchem die Griechen die 
sich immer erneuende Naturkraft personifizierten, 
dessen Kultus aber ebenso das Vergehen wie das 
Werden symbolisch zum Ausdruck brachte. Der 
Dionysoskult muß in früher Zeit aus Thrakien und 
Kleinasien nach Griechenland gekommen sein. 
Seine Kennzeichen sind die nächtlichen Mysterien- 
fdem, an denen nur Frauen teilnahmen; als Stifter 
vieler dieser Mysterien wird Orpheus genannt. Der 
Ursprung des Dithyrambos, aus dem später die atti- 
sche Tragödie erwachsen ist, wird auf D. zurück- 
geführt das zugehörige Instrument ist der Aulos, 
zu dem in den Mysterien noch Schlaginstrumente 
treten, manchmal das Barbiton. Ebenso wurde die 
phrygische Harmonia dem D.-Kult zugeordnet 
und ihr Ethos als enthusiastisch bestimmt. Das Ge- 
gensatzpaar Apollinisch-Dionysisch, von Nietzsche 


402 



Distier 


in der »Geburt der Tragödie« (Leipzig 1872) ent- 
wickelt, gründet in einem zeitbedingten, an R. 
Wagner orientierten Musikbegriff; dabei bezeich- 
net Apollinisch das formal Gebändigte, im engeren 
Sinne Schöne, wie es in der bildenden Kunst, lite- 
rarisch im Epos dargestellt wird. Dionysisch das 
Ekstatische und Expressive, wie es sich in Musik 
und Lyrik ausspricht, und dem Nietzsche persön- 
lich zuneigte. 

Lit. : J. R. Harris, The Origin of the Cult of D., Man- 
chester 1915; W. Fr. Otto, D., Frankfurter Studien 
zur Kultur u. Religion d. Antike IV, Ffm. 1933; H. 
Jeanmaire, D., Hist, du culte de Bacchus. Paris 1951. - 
M. Wegner, Das Musikleben d. Griechen, Bin 1949. 

Dippel, Andreas, * 30. 11. 1866 zu Kassel, 1 12. 
5. 1932 zu Hollywood; deutscher Opernsänger 
(Tenor), war Schüler von Hey in Berlin, 1887-92 
am Bremer Stadttheater engagiert, darauf kurze 
Zeit in Breslau und 1893-98 an der Wiener Hof- 
oper. 1889 sang er in Bayreuth, 1897 in London in 
den Ring-Auffuhrungen. 1908-10 war er Mitdirek- 
tor des Metropolitan Opera House in New York, 
an dem er ab 1891 oft gesungen hatte, 1910-13 
Direktor der Philadelphia-Chicago Grand Opera 
Company. Dann gründete er eine eigene Opem- 
gesellschaft. 

Dir^ta, Agostino, * zu Perugia; italienischer 
Komponist des 17. Jh., Neffe und Schüler von 
Girolamo D., war Augustinermönch, 1620-22 
Kirchenkapellmeister in Asola und 1630-47 an 
Sant’ Agostino in Rom. Er komponierte Messen, 
Motetten, Psalmen, Litaneien und Poesie heroiche. 

Diryta, Girolamo (eigentlich Mancini), * 1561 
zu Deruta (Perugia) ; italienischer Organik, wurde 
am 14. 6. 1574 in das Minoritenkloster Correggio 
aufgenommen, später in Venedig Schüler von C. 
Porta, Zarlino und Merulo. Bis 1593 war D. wahr- 
scheinlich Organist in Venedig; 1597 nennt er sich 
Domorganist von Chioggia; 1609 ging er in glei- 
cher Stellung nach Gubbio. Er schrieb: J7 Transil- 
vano , I. Teil (Venedig 1593, weitere Ausgaben 1597, 
1609, 1612 und 1625), E. Teü (Venedig 1609, 
21622) ; das Werk trägt seinen Titel nach der Wid- 
mung des ersten Teils an den Fürsten von Sieben- 
bürgen, Sigismund Bathory. Der erste Teil bringt 
spieltechnische Anweisungen für Tasteninstru- 
mente und Toccaten verschiedener Meister, der 
zweite Anweisungen zum Intavolieren und Dimi- 
nuieren sowie Inni intavolati verschiedener Meister. 
Ferner erschien von D. Ilprimo Ubro dei Contrapunti 
(Motetten; 1580). 

Lit.: C. Krebs, G. D.s Transüvano, VfMw Vni, 
1892; O. Kinkeldey, Org. u. KL in d. Musik d. 
16. Jh., Lpz. 1910; G. Pannain, Le origini e lo svi- 
luppo dell'arte pianistica in ItaUa . . ., Neapel 1919; 
E. Haraszti, Les rapports italotransylvains de II 
Transilvano de G. D., M61anges de musicol. offerts ä 
M. L. de La Laurencie, Paris 1933; F. Briganti: II 
primo libro dei »Contrappunti« di G. D., Perugia 
1951. 

Di Salvo, Bartolomeo Vito, Jeromonaco di 
Grottaferrata, * 1. 8. 1916 zu Piana degli Albanesi 
(Palermo); italienischer Mönch der griechischen 
Abtei von Grottaferrata (Rom), studierte 1935-41 
Philosophie und Theologie an der Gregorianischen 
Universität in Rom, danach die byzantinische 
Musik in Grottaferrata, 1938-41 und seit 1946 Lei- 


ter der Schola Cantorum seiner Abtei, wirkte 1942 
bis 1945 als Missionar in Albanien (Fieri) und ist 
seit 1952 Professor für byzantinische Musik des Mit- 
telalters und orientalische liturgische Musik am 
Päpstlichen Orientalischen Institut und seit 1953 
Professor für moderne byzantinische Musik am 
griechischen Kolleg St. Athanasius in Rom. Ver- 
öffentlichungen: in den Atti dei Congresso Inter- 
nazionale di Musica Sacra in Roma 1950 (Touraai 
1952) : La notazione Paleobizantina e la sua trascri - 
zione und La tradizione orale dei canti liturgici delle 
Colonie italo-albanesi di Sicilia comparata con quella 
dei codici anticlti bizantini ; im Bollettino della Badia 

E di Grottaferrata, N. S.: La notazione Paleo- 
tina e la sua trascrizione (TV, 1950), La trascri - 
zione della Notazione Paleobizantina, I - 1 Syndesmoi 
e i Syndesmoi con il klasma nel modo 1° und E - II 
Xerdn-kUsma e il kylistna nel modo 1° (V, 1951), La 
tradizione musicale bizantina delle Colonie italoalba - 
nesi di Sicilia e quella manoscritta dei codici antichi (VI, 
1952) ; Lo sviluppo dei modi della musica bizantina dal 
sec. XIII alla riforma di Chrysanthos (in: Atti del- 
l’VTE Congresso Intemazionale di Studi Bizantini, 
Rom 1953); Qualche appunto sulla chironomia nella 
musica bizantina (in: Onentalia Christiana Perio- 
dica, Bd XXEI, Rom 1957). 

Disineer, Gerhard -> Dießener. 

Di Stefano, Giuseppe, * 24. 7. 1921 zu Motta 
S. Anastasia; italienischer Sänger (Tenor), debü- 
tierte nach privaten Studien 1946 in Reggio Emilia 
in Massenets »Manon«. Nach weiterem Auftreten 
in Barcelona (1946), Rom (1947) und Mailand 
(1948) sang er 1948-50 an der Metropolitan Opera 
in New York und gehört seit 1951 der Mailänder 
Scala an. Di St., der zu den führenden Tenören 
unserer Zeit zählt, sang als Gast u. a. in Berlin, 
Wien, Edinburgh, Johannesburg und Mexiko. 

Distier, Hugo, * 24. 6. 1908 zu Nürnberg, t 1. 
11. 1942 zu Berlin; deutscher Komponist, studierte 
1927-31 in Leipzig Orgel bei Ramin, Klavier bei 
C. A. Marrienssen und Komposition bei Grabner. 
Er war dann 6 Jahre Organist der Jakobikirche in 
Lübeck, 1937-40 Leiter des Hochschulchors sowie 
Kompositions- und Orgellehrer an der Stuttgarter 
Musikhochschule. Die gleichen Ämter übernahm 
er 1940 an der Berliner Hochschule, dazu 1941 die 
Leitung des Berliner Domchors. In den Berliner 
Jahren arbeitete er an einem monumentalen Orato- 
rium Die Weltalter , von dem er nur den Text voll- 
endete. Die Aufnahme von D.s Werk war geteilt: 
in den Kreisen der Kirchenmusik hatte er sich feste 
Anerkennung errungen, die offiziellen Lenker des 
deutschen Musiklebens der Zeit jedoch verfemten 
ihn und führten sein Cembalokonzert auf einer 
Wanderausstellung als Musterbeispiel »entarteter 
Kunst« vor. D. betrachtete seine Situation schließ- 
lich als so ausweglos, daß er in den Freitod ging. 
Der Komponist D. kommt von der Gemeinschafts- 
musik der deutschen Jugendbewegung her; unter 
Wiederaufnahme älterer Stilprinzipien hat er (ne- 
ben W. Burkhard, A. Brunner und Pepping) einen 
neuen Chorstil gefunden, der bei größter rhyth- 
mischer und klanglicher Freizügigkeit doch stets 
vokal konzipiert ist. Werke: Konzertante Sonate für 
2 KL op. 1 (1931), Motette Herzlich lieb hob ich 
Dich, o Herr für 2 Chöre op. 2 (1931), 6st. Deutsche 
Choralmesse op. 3 (1932), Kleine Adventsmusik für 


26 * 


403 



Distier 


Sprecher, Chor und Instrumente op. 4 (1932), Der 
Jahreskreis, 52 2-3st. Chormusiken, op. 5 (1933), 
eine geistliche Abendmusik und 3 Choralmotetten 
op. 6 (1933), Choral-Passion für 5st. Chor und 2 Vor- 
sänger op. 7 (1933), 2 Orgelpartiten und Kleine 
Orgelchoralbearbeitungen op. 8 (1933-38), Kan- 
tate An die Natur für S., 4st. Chor und Streicher 
op. 9 (1933), Die Weihnachtsgeschichte für 4st. Chor 
und 4 Vorsänger op. 10 (1933), Choralkantate Wo 
Gott zum Haus nit gibt sein Gunst für Soli, 4st. Chor 
und Instrumente op. 11 (1935), Geistliche Chor- 
musik op. 12 (1934-41), Cembalokonzert op. 14 
(1936), Sonate für 2 V. und KL op. 15 (1938), 
Neues Chorliederbuch op. 16 (1936-38), Geistliche 
Konzerte für hohe St. und Org. op. 17 (1938), Drei- 
ßig Spiebtücke und eine Sonate für Org. op. 18 
(1938-39), Mörike-Chorhederbuch op. 19 (1939), 
Musik für 4 Streichinstr. op. 20 (1939) auch bearbei- 
tet als Konzertstück für 2 KL - Kammermusik für 6 
Instr. (1927), Kleine Sonate für Kl. (1927), Motette 
Nun fieut eiich , lieben Christen g'meiti (1935), Kon- 
zertstück für Kl. und Orch. (1937, unvollendet), 
Ach Herr, ich bin nicht wert für 4st. Chor (1937), 3st. 
Motette Jesus Christus gestern und heute (1938), Kan- 
tate Lied am Herde für Bar. und Kammerorch. 
(1941), Kantate Nun danket all für S., T., 4st Chor 
und Instrumente (1941), Elf kleine Klavierstücke 
(1942), Kleine Sommerkantate für 2 S. und Streicher 
(1942), kleinere Chorsätze und Liedbearbeitungen. 
Schriften: Funktionelle Harmonielehre (Kassel 1940), 
Spielstücke für Positiv (Neues Musikblatt 1939, ab- 
gedruckt in Hausmusik XVI, 1952), Die Orgel un- 
serer Zeit (1933, Abdruck in Musica I, 1947). 

Lit: Br. Grusnick, H. D., ZfM CII, 1935; H. Bor- 
nefeld, H. D., Musica I, 1947; F. Kessler, Neue 
Bestrebungen auf d. Gebiet d. Orgelchorals, Diss. 
Mainz 1949, maschr.; O. Söhngen, Am Grabe H. 
D.s, Musica III, 1949; W. Bieske, Die Orgelwerke 
H. D.s, MuK XXII, 1952; H. Schmolzi, Das Wort- 
Ton- Verhältnis in D.s Choralpassion, Musica VII, 
1953. 

Distier Johann Georg, * 1765 und f 28. 7. 1799 
zu Wien; österreichischer Komponist und Violi- 
nist, erhielt in frühen Jahren den Unterricht T. 
Haydns, wurde 1781 Violinist und 1789 Kapeü- 
direktor in Stuttgart. Wegen einer Erkrankung 
kehrte er 17% nach Wien zurück. Er schrieb vor 
allem Kammermusik, die sich vom Werk seines 
Lehrers durch stärkere Betonung des Solistisch- 
Virtuosen abhebt. Erhalten sind 18 Streichquartette 
und ein Violinkonzert. 

Ditd, Louis, * 26. 3. 1891 zu Wien; österreichi- 
scher Organist und Komponist, studierte 1906-12 
an der wiener Musikakademie, wurde Organist 
der Rudolfsheimer Kirche und wirkte 1917-57 als 
Archivar und Organist der Hofmusikkapelle, 1938 
bis 1944 auch als Konzertorganist der »Ufa«. Er 
schrieb: Introduktion, Passacaglia und Fuge über 
ein Thema von Joseph Haydn für Org. (1912) ; 
Messe D dur für Cnor, Streichorch. und Org. 
(1917); Messe G moll für Chor und Org. (1919); 
Messe F dur für Soli, Chor, Orch. und Org. (1925) ; 
Totengräberhochzeit für Mannerchor, Orch. und 
Org. (1926); Wächterlied für Mannerchor, Bar. 
solo und Blasorch. (1928); Symphonie (1933); 
Messe für Doppelchor a cappella (1941); viele Lie- 
der und Chöre; Klavierstücke und Kammermusik 
(Streichsextett, Bläserquintett, 3 Streichquartette). 


Ditfurth, Franz Wilhelm, Freiherr von, * 7. 
10. 1801 zu Dankersen (Westfalen), 25. 5. 1880 
zu Nürnberg; deutscher Volksliedsammler, stu- 
dierte 1820-25 in Marburg Jurisprudenz, widmete 
sich dann aber in Kassel unter L. Spohr und M. 
Hauptmann musikalischen Studien. D. ließ sich in 
Ober-Theres am Main nieder und sammelte von 
hier aus Fränkische Volkslieder mit ihren zweistimmi- 
gen Weisen (Leipzig 1855). Ab 1858 leitete er die 
Abteilung Alte Musik am Germanischen Museum 
in Nürnberg und sammelte, wohl unter dem Ein- 
druck des Werkes von R. von Liliencron, histo- 
rische Volkslieder aus folgenden Zeitabschnitten: 
30jähriger Krieg (herausgegeben von K. Bartsch, 
Heidelberg 1882); Ende des 30jährigen Krieges bis 
Beginn des 7jähiigen (Heilbronn 1877); 1756 bis 
1871 (2 Bände, Berlin 1871-72); Tjähriger Krieg 
(Berlin 1871); 1763-1812 (Berlin 1872); 1812-15 
(Berlin 1871); 1815-66 (Berlin 1872); 1870-71 (2 
Bände, Berlin 1871-72); 1620-1870, Bayerisches 
Heer (Nördlingen 1871); 1638-1849, österreichi- 
sches Heer (Wien 1874); 1675-1866, Preußisches 
Heer (Berlin 1869); 16.-18. Jh., Volks- und Gesell- 
schaftslicder (Stuttgart 1875); 17.-18. Jh., Volks- 
und Gesellschaftslieder (Nördlingen 1872) ; 16.-18. 
Jh., Balladen (Stuttgart 1874) ; 16. Jh., Balladen und 
Liebeslieder (Heübronn 1877); 16.-17. Jh., 2st. Lie- 
der (Stuttgart 1876). Seine Autobiographie steht in: 
Das deutsche Volkslied III (1901; auch in: Allge- 
meine Deutsche Biographie XL VE). 

Lit: Th. v. Ditfurth, Gesch. d. Geschlechts v. D., 
Quedlinburg 1894; L. v. Ditfurth, Zur Lebensgesch. 
d. Volksliedforschers Fr. W. v. D., Das deutsche 
Volkslied II, 1900; J. v. Pulikowski, Gesch. d. Be- 
griffes Volkslied, Heidelberg 1933; W. Schwinn, 
Studien zur Slg »Fränkische Volkslieder« • . Diss. 
Würzburg 1939. 

Ditson (d'itzan), Oliver, * 20. 10. 1811 und f 21. 
12. 1888 zu Boston; amerikanischer Musikverleger, 
wurde Buchdrucker und gründete 1835 einen ei- 
genen Musikverlag, Noten- und Musikalienhandel 
in Boston, in den er 1857 John C. Haynes als Teil- 
haber aufnahm. Die Firma hieß seitdem Oliver 
Ditson Co. Folgende Filialen wurden eröffnet : 
1860 Boston (Instrumentenhandel John C. Haynes 
Co.); 1860 Cincinnati (John Church Co.); 1864 
Chicago (Lyon and Hesdy) ; 1867 New York (Ch. 
H. Ditson Co.); 1875 Philadelphia (J. Edward 
Ditson Co., bis 1910). Nach Oliver D.s Tod führte 
John C. Haynes das Geschäft bis 1907 weiter, dann 
Dis 1929 Charles H. D. (ältester Sohn von Oliver 
D.), zuletzt H. H. Porter; 1931 kaufte die Firma 
Th. Presser Co., Philadelphia, den Verlag. Zu sei- 
nen Autoren gehören G. E. Bristow, L. Damrosch, 
J. K. Paine und J. C. D. Parker. 

Lit: W. A. Fisher, Notes on Music in Old Boston, 
Boston 1918; ders., One Hundred and Fifty Years of 
Music Publishing in the US., Boston 1933. 

D}ttersdorf, Karl Ditters von, * 2. 11. 1739 zu 
Wien, f 24. 10. 1799 zu Neuhof, Bezirk Pilgram 
(Böhmen); österreichischer Komponist, erhielt 
frühzeitig guten Violinunterricht und wirkte als 
Knabe im Orchester der Benediktmerkirche mit, 
wurde dann Page beim Generalfeldzeugmeister 
Prinz Josef von Hildburghausen, der in umfassend- 
ster Weise für seine Erziehung sorgte, ihn durch 
Bonno in der Komposition unterweisen ließ und 
ihm 1761, als er die Regentschaft in Hildburghausen 


404 



Diviris 


übernahm, eine Stelle im Wiener Hofopemorche- 
ster verschaffte. Nach einer 1763 mit Gluck nach 
Italien unternommenen Reise, auf der D. mit gro- 
ßem Erfolg als Violinvirtuose auftrat, wurde er 
1765 Kapellmeister des Bischofs von Großwardein 
(Ungarn) als Nachfolger M. Haydns. D. schrieb in 
diesem Amt eine große Zahl Orchester- und Kam- 
mermusikwerke sowie mehrere Oratorien. Als 
1769 der Bischof seine Kapelle auflöste, erhielt D. 
nach kurzer Reisezeit Anstellung in Johannisberg 
beim Grafen Schaffgotsch, Fürstbischof von Bres- 
lau; neben der Stellung als Leiter der nur kleinen 
Hausmusik des Bischofs erhielt er die eines Forst- 
meisters des Fürstentums Neiße und avancierte 1773 
zum Amtshauptmann in Freiwaldau. 1770 erhielt 
D. den päpstlichen Orden vom goldenen Sporn 
und 1773 durch Vermittlung eines Agenten den 
Adelsbrief (seitdem D. von Ditterdorf). Die ihm 
1774 vom Kaiser angebotene Nachfolge Gaß- 
manns als Hofkapellmeister schlug er aus. D. hatte 
in Johannisberg ein kleines Theater errichtet, für 
das er fleißig komponierte. Seine bedeutendsten 
Werke schrieb er aber gelegentlich wiederholter 
Aufenthalte in Wien (1773, 1786), nämlich die 
Oratorien: Esther , Isaak und Hiob, und die komi- 
schen »Operetten«: Doctor und Apotheker (1786), 
Betrug durch Aberglauben (1786), Liebe im Narren- 
hause (1787, auch bearbeitet als Orpheus der Zweyte, 
1787 oder 1788), Hironimus Knicker (1787) und 
Das rothe Kaeppchen (1788). Nach dem Tode des 
Fürstbischofs (1796) in bedrängte Lage versetzt, 
fand er bei Ignaz v. Stillfried auf dessen Schloß 
Rothlhotta ein Unterkommen. Die komischen 
Opern D.s wurden in Wien durch diejenigen Mo- 
zarts (besonders nach dessen Tode) in Schatten ge- 
stellt, doch hat sein Doctor und Apotheker sich bis 
heute erhalten; ein gesunder volkstümlicher, ko- 
mischer Humor, frische natürliche Erfindung und 
korrekter, fließender Satz sind D.s Stileigentüm- 
lichkeiten. In seinem Schaffen geht er stärker von 
Wagenseil und der lokalen Wiener Tradition als 
von der Mannheimer Schule aus. Zweifellos ge- 
hört D. geistig (auch in seinen philiströsen Zügen) 
und formal zu den wichtigsten Begründern der 
deutschen komischen Oper. Außer den schon zi- 
tierten, schrieb D. die folgenden Opern: Amore in 
musica (1767) ; H viaggiatore americano (1770) ; V amore 
disprezzato (1771) ; u tutore e lapupilla (1773) ; U tri - 
bunale di Giove (1774) ; H finto pazzo per amore (zwi- 
schen 1770 und 1775) ; H maniscälco (1775, identisch 
mit Der gelehrte Hufschmied 1775?); La contadina 
fedele (1776); La moda o sia gli scompigli domestici 
(1776) ; I I Bar one di Rocca antica (vor 1776) ; L'Arci- 
fanfano (1777) ; Democritto corretto (1787) ; Der Schiffs- 
patron oder Der neue Gutsherr (1789); Hockus- 
Pockus (1790); Der Teufel ein Hydraulikus (1790); 
Das Gespenst mit der Trommel (1794); Don Quixote 
der Zweyte (1795) ; Gott Mars oder Der Hauptmann 
von Bärenzahn (1795); Der Schach von Schiras 
(1795) ; Die befreyten Gwelfen (1795) ; Ugolino (1796) ; 
Die lustigen Weiber von Windsor (1796) ; Der schöne 
Herbsttag (1796); Der Durchmarsch (1796); Der 
Temengewinnst (auch Der Temo secco oder Der ge- 
demütigte Stolz ; 1797); Der Mädchenmarkt (1797; 
als Mercato di ragazze 1798) ; Die opera buffa (um 
1798); Don Coribaldi ossia Uusurpata prepotenza 
(1798) ; Der reisende Schulmeister ; 25000 Gulden oder 
Im Dunkeln ist gut munkeln (1799?) ; Der alte Überall 


und Nirgends ; Democrit der Zweyte; Die Hochzeit des 
Figaro (nach 1789) ; Der Fürst und sein Volk (nach 
1791). Darüber hinaus umfaßt sein Schaffen meh- 
rere Oratorien, Messen und Kantaten, 12 Orchester- 
sinfonien über Ovids Metamorphosen (1785), etwa 
100 weitere Sinfonien, zahlreiche Divertimenti, 
Kassationen, Solokonzerte (Ob., V., Va, Kb., Kl.), 
12 Streichquintette, 2 Quartetti accompagnati (mit 
Orch.), 6 Streichquartette, von denen besonders 
das in Es dur beweist, bis zu welcher Höhe feinster 
diskursiver Arbeit D. sich erheben konnte, 18 Trios 
für 2 V. und B.c., Duette in verschiedener Beset- 
zung, 17 Sonaten und Soli für V. und B.c., eine 
Reihe 4- und 2händiger Klavierkompositionen so- 
wie die Briefe Über die Grenzen des Komischen und 
Heroischen in der Musik und Über die Behandlung 
italienischer Texte bei der Komposition (in der Leip- 
ziger AmZ 1798) und endlich seine eigene Lebens- 
beschreibung. , seittem Sohne in die Feder diktiert (1799). 
Ausg. : Ausgew. Werke zur Centenarfeier v. D.s To- 
destag: 6 Sinfonien nach Ovids Metamorphosen, Sin- 
fonien F und Es, Ouvertüre zum Oratorium Esther, 
Musique pour un petit ballet en forme d’une contre- 
danse, II combattimento delTumane passioni, Le 
camaval ou La redoute, hrsg. v. J. Liebeskind, Lpz. 
1899; eine Serenata u. 3 Sinfonien, hrsg. v. V. Luith- 
len, DTÖ XLIII, 2; Oboenkonzert G dur, 3 Partiten 
f. Bläser, 3 itaL Konzertarien f. S. u. Orch. bearb. 
oder hrsg. v. G. Rhau, Wiesbaden 1948; Cembalo- 
konzert A dur, hrsg. v. W. Upmeyer, NMA XU; 
Streichquintett C dur, bearb. u. hrsg. v. W. Höckner, 
Lpz. 1949 (Pro Musica); 6 Streichtrios, hrsg. v. Fr. 
Noack, HM XCII; Doktor u. Apotheker, Hierony- 
mus Knicker, hrsg. v. R. Kleinmichel, Lpz. u. Wien; 
Betrug durch Aberglauben, hrsg. bei Peters, Lpz. 
Weitere Ausgaben erschienen bei folgenden Verlagen: 
Augener, London; Bisping, Köln; Breitkopf & Här- 
tel, Lpz. u. Wiesbaden; Gerig, Köln; Hofmeister, 
Lpz.; Peters, Lpz.; Schott, Mainz; Vieweg, Bin. 
Lit. : Die Lebensbeschreibung wurde hrsg. v. E. Istel, 
Universal-Bibl., Reclam Nr 5103/04, Lpz. (1908) u. 
v. E. Schmitz, Deutsche Musikbücherei XXII, Re- 
gensburg (1940) und B. Loets, Lpz. 1940. - C. Krebs, 
Dittersdorf iana (mit Werkverz.), Bin 1900; E. Istel, 
D ittersdorf iana, ZIMG IV, 1902/03; H. Kretzsch- 
mar. Vom alten D., in: Gesammelte Aufsätze I, hrsg. 
v. A. Heuss, Lpz. 191 1 ; K. Holl, C. v. D.s Opern f. 
d. wiederhergestellte Johannisberger Theater, Diss. 
Bonn, Heidelberg 1913; L. Riedinoer, D. als Opem- 
komponist (mit Werkverz.), StMw II, Lpz. u. Wien 
1914; G. Rigler, Die Kammermusik D.s, StMw 
XTV, Wien 1927; W. Altmann, Die Streichquintette 
D.s, in : Studien zur Mg., Fs. zum 75. Geburtstag v. 
G. Adler, Wien 1930; F. Souper, The Music of D., 
ML XI, 1930; A. Carse, Stamitz, Toeschi and D., 
MMR LXVI, 1936. - J.T. Hermes, Analyse d. 12 Me- 
tamorphosen-Symphonien, übersetzt u. hrsg. v. G. 
Thouret, Bin 1899. 

Dl V$roli, Manlio, * 12. 4. 1888 zu Rom; italie- 
nischer Pianist, Gesanglehrer und Komponist, stu- 
dierte am Real Conservatorio di Santa Cedlia bei 
Falchi, Renzi und Sgambati, ging 1911 nach Lon- 
don, wo er als Pianist und Leiter einer von ihm ge- 
gründeten Opemgesangsschule tätig ist. Er schrieb 
eine Operette, Orchesterstücke, Seena drammatica 
für S. und Orch., ein Cellokonzert, 3 Cellosonaten, 
ein Streichquartett und über 40 beliebte Romanzen 
auf italienische, französische und englische Texte. 

Divitis, Antonius, (de Rijcke, le Riehe), * zu 
Löwen; franko-fl ämischer Komponist des 16. Jh., 
war 1501-04 Zangmeester an St. Donatien in 


405 



Dixon 


Brügge, wurde 1502 zum Priester geweiht, war 
1504-05 nach kurzem Aufenthalt in Zeeland Sang- 
meister an St. Rombaut in Mecheln, kam 1505-06 
mit der Kapelle Philipps des Schönen nach Spanien, 
war 1515 Kapellsanger des Königs von Frankreich 
und ist vielleicht identisch mit dem 1526 nachweis- 
baren Sänger der Päpstlichen Kapelle Antonius 
Richardus. Von ihm sind 3 Motetten, 3 Birinien, 2 
Magnificat, eine Messe und einzelne Messensäpte 
1514-49 in Sammelwerken von Petrucci, Attain- 
gnant, Rhaw, Gardane, Rotenbucher und Petrejus 
gedruckt. Handschriftlich erhalten sind: 2 Mo- 
tetten, ein Salve Regina, 2 Magnificat, 2 Messen, 2 
Patrem und die 5st. Chanson Fors seulement . 

Uli G. Van Doorslaer, A. D., TVer XIII, 1929; 
ders., La Chapelle musicale de Phil. le Beau, Revue 
Beige d’archtot. et d’hist. de Part IV, 1934; K. E. 
Roediger, Oie geistL Musikhss. d. UB Jena, 2 Bde, 
Jena 1935. 

Dixon, Dean, * 10. 1. 1915 zu New York; ameri- 
kanischer Neger-Dirigent, trat 1932 in die Geigen- 
klasse der Juäliard School in New York ein, um 
Musiklehrer zu werden, und studierte dort 1936 
bis 1939 Orchesterleitung bei Stoessel. 1939 erwarb 
er an der Columbia University New York den 
Titel eines Master of Arts und gründete eine Musik- 
schule, ein Symphonie- und ein Kammerorchester 
in New York, auch ein Liebhaber- und ein Ju- 

j rendorchester sowie in Paris ein Internationales 
ugendorchester. Gastdirigent bei den Spitzen- 
orchestem in Amerika und Europa (seit 1949), 
setzt er sich besonders auch für zeitgenössische ame- 
rikanische Musik ein. An mehreren amerikanischen 
und schwedischen Universitäten und Musikschulen 
hielt er Dirigentenkurse und Musikvorlesungen. D. 
trat auch als Musikschriftsteller hervor. 

Dizi (diz'i), Francois Joseph, * 14. 1. 1780 zu Na- 
mur, f um 1840 zu Paris; belgischer Harfenist, er- 
hielt Violinuntemcht von seinem Vater, einem 
Violinlehrer, war aber auf der Harfe Autodidakt. 
Mit 16 Jahren ging er nach London, wo er mit 
Hilfe von Erard und Clementi. bekannt wurde und 
30 Jahre hindurch neben Bochsa der berühmteste 
Harfenist war. 1830 ging er nach Paris, wo er Har- 
fenlehrer der königlichen Prinzessinnen wurde und 
mit Pleyd eine Harfenfabrik gründete (Pleyd et 
Cie), die aber nicht gedieh. Dm hat auch Harfen- 
stücke und -etüden geschrieben. 

Dlabacz (dl'abatj), Gottfried Johann, * 17. 7. 
1758 zu Cerhenitz bei Kolin, f 4. 2. 1820 zu Prag; 
böhmischer Musikforscher, war Chordirektor und 
Bibliothekar des Praemonstratenserklosters Strahov 
zu Prag und schrieb: Allgemeines Künstlerlexikon 
für Bohnen (3 Bände, Prag 1815-18), ein wenig er- 
giebiges Werk- 

Dhxgoraf (d'ugoraj), Adalbert Wojciech, 
* 1550, f n a ch 1603; polnischer Lautenist und Kom- 
ponist, war ab 1583 Hoflautenist des polnischen 
Königs Stefan Batory. In Besards Thesaurus har- 
monicus (Köln 1603) stehen 6 textlose Villandlen, 
ein Finale und eine Fantasia von D. Mehrere Kom- 
positionen D.s (gezeichnet A. D.) enthält das Ms. 
II. 6. 15. der Leipziger Stadtbibliothek. 

Ausg.: einzelne Viüanellen veröffentlicht bei: W. 
Tappert, Sang u. Klang aus alter Zeit, 1906; O. 
Chilesotii, BibL di Raritä Musicali IX; Schering 
Beisp. 150. 


Lit.: J. Dieckmann, Die in deutscher Lautentabulatur 
überlieferten Tänze des 16. Jh., Diss. Lpz. 1930, ge- 
druckt Kassel 1931. 

Diuski (d'yski), Erazm Szczuczynce, *1857 in 
Podolien, t 26. 2. 1923 zu Otwode bd Warschau; 
polnischer Komponist, studierte in St. Petersburg 
am Konservatorium Komposition (Solowjew, 
Rimskij-Korsakow), lebte zuerst dort als Pnvat- 
lehrer und wurde 1920 Professor der Opemklasse 
am Warschauer Konservatorium. Von seinenKom- 
positionen sind zu nennen: 2 Klaviersonaten, ein 
Streichquartett, eine slawische Rhapsodie für 
Orch., die Opern Romano (1895), Urwasi (Lem- 
berg 1901, St. Petersburg 1902), Narzeczona z Ko- 
ryntu (»Die Braut von Korinth«), Madame Sans - 
Gene (nach Sardou) und zahlrdche Lieder. 

Dobiää, (d'obja:J), Väclav, * 22. 9. 1909 zu Rad- 
äce u 2dezn6ho Brodu (Tschechoslowakei) ; tsche- 
choslowakischer Komponist, absolvierte sein Mu- 
sikstudium, das er 1939 mit einer Kammersympho- 
nie abschloß, an der Meisterschule des Staatlichen 
Konservatoriums in Prag. 1939 wurde er Sekretär 
des tschechischen Vereins für zeitgenössische Musik 
und arbeitete nach dem Krieg maßgeblich in der 
Organisation des Verbandes tschechoslowakischer 
Komponisten, dessen Vorsitz er sdt 1955 innehat. 
Seit 1950 lehrt er als Professor für Komposition an 
der Akademie der musischen Künste in Prag. Er 
schrieb eine Symphonie (1946), eine Kammer- 
Symphonie (1939), eine Sinfonietta (1948), Theater- 
und Filmmusiken, Kantaten (Stalingrad 1945, Be- 
fehl Nr . 368 1946, Tschechoslowakische Polka 1951), 
Chöre, Kammermusik (darunter 4 Streichquartette, 
ein Klavierquartett, ein Blaserquintett, ein Nonett), 
Klavierkompositionen und Lieder. 

Doblci (d'obitfi), Cesare, * 11. 12. 1873 zu Vi- 
terbo; italienischer Komponist, wurde erst Direk- 
tor der Cappella in Viterbo und Lehrer an der 
Chorschule Giosuö Carducd, 1910 Lehrer an der 
Scuola Superiore di musica sacra in Rom, 1911 
daneben Lehrer für Kontrapunkt am Real Conser- 
vatorio di Santa Cedlia. Werke: 5 Messen für Chor 
mit Org., 8st. Requiem für König Umberto (1907), 
Tota Pulchra für 12 St. und 3 Org., Psalmen, Hym- 
nen, Lieder, Kammermusik und eine Oper Cola di 
Rienzo. 

Ludwig Döblinger (Bernhard Herzmansky) 

K. G., Wiener Musikverlag, gegründet 1817 zu- 
nächst als Musikalienleihanstalt von Friedrich 
Mainzer. Vor der Übernahme des Geschäfts durch 
Ludwig Döblinger (1816-76) im Jahr 1857 wurde 
ihm (um 1840) ein Musikalienhandel angeschlos- 
sen. Als 1876 Bernhard Herzmansky sen. (1852 bis 
1921) die Firma kaufte, gliederte er ihr, unter gleich- 
zeitigem Ausbau der Leihanstalt und des Musika- 
lienhandels, einen eigenen Verlag an. Dieser ge- 
wann zunächst besondere Bedeutung als Operet- 
tenverlag (Ziehrer, Reinhardt, Lehär, O. Straus, 

L. Fall, Eysler, Nedbal, Benatzky), doch wurden 
in den folgenden Jahren auch die anderen Abtei- 
lungen mehr und mehr ausgebaut. Von den gegen- 
wärtig erscheinenden etwa 300 Titeln pro Jahr ge- 
hört etwa die Hälfte Neuerscheinungen zeitgenös- 
sischer Komponisten. Diese Förderung der zeit- 
genössischen Musik ist das Verdienst von Bernhard 
Herzmansky jun. (1888-1954), der beim Tode sd- 


406 



Doebler 


nes Vaters die Leitung des Verlages übernahm. 
Seine Nachfolge trat sein Neffe Christian Wolff 
(* 1913) an, der als geschäftsführender Gesellschaf- 
ter die Firma vertritt. 

Lit.: anon., 1876-1926. L. D., Wien (1926); A. Wein- 
mann, Wiener Musikverleger . . ., SB Wien CCXXX, 
4, 1956; S. Weyr, 100 Jahre D., Wien 1957. 

Dobronid (d'Dbranit^), Antun, * 2. 4. 1878 zu 
Jelsa auf der Insel Hvar (Kroatien), f 12. 12. 1955 
zu Zagreb; jugoslawischer Komponist, war Schü- 
ler von Novak am Prager Konservatorium und 
1921-39 Lehrer am Konservatorium in Zagreb. 
Werke: 13 Opern, 6 Ballette, 8 Symphonien, So- 
nate für Harfe und Streicher, Kammermusik, 
Chöre, Kantaten, Lieder und zahlreiche Bearbei- 
tungen. Daneben veröffentlichte er eine große Zahl 
von Beitragen in Musik Zeitschriften (A Study of 
Jugoslav Music, MQ XII, 1926). D. war eine der 
führenden Persönlichkeiten der nationalen kroa- 
tischen Musik. 


Dpbrowen, Issai Alexandrowitsch, * 27. 2. 1894 
zu Nischnij Nowgorod, f 9. 12. 1953 zu Oslo; 
russischer Dirigent und Pianist, Schüler des Mos- 
kauer Konservatoriums, dann von Godowsky in 
Wien. 1917-21 war er Professor der Moskauer 
Philharmonie und wurde 1919 Dirigent des Gro- 
ßen Theaters in Moskau 1923 dirigierte er an der 
Dresdner Staatsoper die erste deutsche Aufführung 
von Mussorgskijs Boris Godunow, wurde 1924 1. 
Kapellmeister der Großen Volksoper in Berlin und 
Leiter der Philharmonischen Konzerte in Dresden, 
war 1927-28 Leiter der bulgarischen Staatsoper in 
Sofia, 1930 Dirigent der Museumskonzerte in 
Frankfurt am Main, 1930-35 Dirigent des San 
Francisco Symphony Orchestra, dann als Gast in 
Mailand, Rom, Venedig und Budapest und wurde 
1939 Dirigent der Göteborger Orchestervereini- 
gung. Ab 1941 wirkte er auch als ständiger Gast- 
dirigent an der Stockholmer Oper. Als Komponist 
gehörte er einer russisch gefärbten Brahms-Nach- 
folge an. Von seinen Kompositionen sind zu nen- 
nen: eine Oper »1001 Nacht« (Moskau 1922), Kla- 
vierkonzert Cis moll op. 20, 3 Klaviersonaten, 2 
Violinsonaten, Klavier- und Violinstücke und Lie- 
der. 


Dobrzyfisld (dab^jnski), Ignacy Feliks, * 25. 
2. 1807 zu Romanow (Wolhynien), t 9. 10. 1867 
zu Warschau; polnischer Pianist und Komponist, 
Schüler von Elsner als Mitschüler und Freund 
Chopins, machte von Warschau aus, wo er Opem- 
und Kapdldirigent war, erfolgreiche Konzertreisen 
nach Deutschland. Werke: Symphonie C moll 
(1834 in Wien preisgekrönt) und Symphonie carac- 
Mstique (Nikolaus I. gewidmet), eine Orchester- 
phantasie, ein Klavierkonzert, ein Streichsextett, je 
2 Streichquintette und -quartette, ein Streichtrio, 
eine VioHnsonate, Noctumo für KL und Vc., Va- 
riationen für KL, Lieder, auch eine Oper Die Fli- 
bustier (Warschau 1861) und Musik zu Konrad WaU 
lenrod (Dichtung von A. Mickiewicz). 


Doche (dof), - 1) Joseph-Denis, * 22. 8. 1766 zu 
Paris, f 20. 7. 1825 zu Soissons; französischer Kom- 
ponist, war Chorknabe in Meaux, 1785-91 Dom- 
kapellmeister in Coutances (Manche), dann im 
Orchester des Vaudeville-Theaters in Paris tätig. 
1815-23 war er hier 1. Konzertmeister und kom- 


ponierte von der Jahrhundertwende an viele Büh- 
nenmusiken und Romanzen für die Aufführungen 
des Hauses, ferner Klavierstücke und Kirchen- 
musik. - 2) Alexandre-Pierre-Joseph, * 1799 
zu Paris, f im August 1849 zu St. Petersburg, Sohn 
des vorigen, war gleichfalls Violinist und ab 1828 
Konzertmeister am Vaudeville-Theater in Paris. 
1848 ging er als Kapellmeister des französischen 
Theaters nach St. Petersburg. Er schrieb wie sein 
Vater Stücke und Einlagen für das Vaudeville- 
Theater sowie Klavierstücke. 

Lit.: H. Gougelot, Cat des romances ...» 2 Bde, 
Melun 1937-42; ders., La Romance fr$., 2 Bde, Me- 
lun 1938-43, darin 3 Romanzen von J.-D. D. 

Dodds, Johnny, * 12. 4. 1892 zu New Orleans 
(USA), f 8. 8. 1940 zu Chicago (USA) ; amerika- 
nischer Jazzklarinettist und Bandleader, war ab 

1920 in der »Creole Jazz Band« von King Oliver, 
leitete 1924-30 eine eigene Kapelle. Mit L. Arm- 
strong machte D. in den 20er Jahren Schallplatten- 
aufnahmen. Seine bekanntesten Aufnahmen ent- 
standen bei der Zusammenarbeit mit King Oliver. 
Sein Klarinettenspiel zeichnete sich durch raschen 
Wechsel von hohen und riefen Lagen und häufige 
Verwendung des Staccato aus. 

Döbber, Johannes, * 28.3. 1866 und f 26. 1. 

1921 zu Berlin; deutscher Kapellmeister und Kom- 
ponist, war Schüler des Stemschen Konservato- 
riums, konzertierte anfänglich als Pianist, wurde 
dann aber Theaterkapellmeister an der Kroll-Oper 
in Berlin, in Darmstadt, Coburg und Hannover 
und lebte ab 1908 als Komponist, Gesanglehrer und 
Musikreferent der Volkszeitung in Berlin. D. 
schrieb eine Anzahl zeitgemäßer Opern und Ope- 
retten, eine Symphonie op. 34, Klavierstücke und 
Lieder. 

Döbereiner, Christian, * 2. 4. 1874 zu Wunsie- 
dd; deutscher Violoncellist und Gambist, war 
1889-95 Schüler der Akademie der Tonkunst in 
München, 1895 Mitglied des Kaimorchesters, 1896 
im Hoforchester in München, 1897/98 Lehrer am 
Konservatorium in Athen, 1898 in Karlsruhe, ab 
1899 Hofmusiker in München. Mit Emst Boden- 
stein gründete er dort 1905 die Vereinigung für alte 
Musik und hat seitdem als Instrumentalist (auch 
auf dem Baryton), Dirigent und 1921-24 auch als 
Lehrer für Viola da Gamba an der Münchner Aka- 
demie der Tonkunst gewirkt. 1934-44 leitete D. 
den Münchner Bach-Verein. Er gab ältere Kam- 
mermusik heraus und schrieb: Schule für die Viola 
da Gamba (Mainz 1936, 2 1954), Über die Viola da 
Gamba und ihre Verwendung bei J. S. Bach (Bach-Jb. 
Vm, 1911), Über die verschiedenen Stimmungen 
(ZfM 1934), Zur Renaissance alter Musik (Berlin 
1950) und 50 Jahre alte Musik in München (München 
1955). 

Doebler, Kurt, * 15. 1. 1896 zu Cottbus; deut- 
scher Kirchenmusiker, war 1919-23 Organist an 
der Herz-Jesu-Kirche in Berlin-Charlottenburg, 
1921-41 und wieder seit 1950 Musiklehrer am Iieb- 
frauen-Lyzeum, studierte 1921-23 an der Staatli- 
chen Akademie für Kirchen- und Schulmusik, an 
der er 1931-45 Dozent für Theorie und Komposi- 
tion war. Seit 1951 ist er neben seinem Lehrerberuf 
auch wieder Organist an der Heilig-Geist-Kirche 
in Berlin-Charlottenburg. D.s Werke, in denen 


407 



Döhler 


sich die polyphone Technik des Palestrinastils mit 
moderner Harmonik verbindet, sind: Messen, 2 
Tantum ergo, ein Stabat mater, 2 Marien-Kantaten, 
2 Geistliche Arien, zahlreiche Motetten, 30 geist- 
liche a-cappella-Chöre für 3st. Frauenchor, Orgel- 
stücke und Kammermusik. 

Lit.: H. J. Moser, Über K. D. u. d. Möglichkeit eines 
heutigen Palestrina-Stils, KmJb XXV, 1932; ders.: 
K.D., CVO, Zs. für Kirchenmusik LXXI, 1951. 

Döhler, Theodor (von), * 20. 4. 1814 zu Neapel, 
+ 21. 2. 1856 zu Florenz; Österreichischer Pianist 
und Komponist, war als Wunderkind Schüler von 
Benedict in Neapel, dann von C. Czerny und 
Sechter in Wien, lebte 1829-34 noch in Neapel, 
reiste 1837-45, setzte sich in St. Petersburg fest und 
widmete sich ganz der Komposition, vermählte 
sich 1846, nachdem ihn der Herzog von Lucca in 
den Adelsstand erhoben hatte, mit einer russischen 
Gräfin und lebte in der Folge in Moskau, Paris und 
ab 1848 in Florenz. Er schrieb eine Oper Tancreda 
(auf geführt Florenz 1880) und viele Klavierstücke. 

Dönsch, Karl, * 8. 1. 1915 zu Hagen; deutscher 
Opernsänger (Baß-Bariton), wirkte nach Studien 
am Konservatorium in Dresden an den Bühnen von 
Görlitz, Reichenberg, Bonn und Salzburg, ging 
1947 an die Staatsoper Wien und 1953 an die Städ- 
tische Oper Berlin. Seit 1946 tritt D. auch bei den 
Salzburger Festspielen auf und sang 1952 und 1953 
am Teatro Colön in Buenos Aires. 

Dörffel, Alfred, * 24. 1. 1821 zu Waldenburg 
(Sachsen), 1 22. 1. 1905 zu Leipzig; deutscher Mu- 
s ik sch r iftsteiler und Musikforscher, kam 1835 nach 
Leipzig, bildete sich dort unter G. W. Fink, Men- 
delssohn und Schumann zum Musiker, wurde Kla- 
vierlehrer und Musikkritiker. Ab 1846 schrieb er 
auch in Schumanns NZfM, 1865-81 für die »Leip- 
ziger Nachrichten«. 1860 "wurde er als Nachfolger 
G. F. Beckers Kustos der Musikabteilung der Leip- 
ziger Stadtbibliothek. Seine 1861 eröfmete musi- 
kalische Leihbücherei (1885 von seinem Sohn über- 
nommen) wurde später vom Verlag C. F. Peters 
gekauft und bildet den Grundstock der 1894 er- 
öfiheten Musikbibliothek Peters. Lange Zeit war er 
auch für die Verlage Breitkopf & Härtel und C. F. 
Peters als Redaktor von Klassikerausgab en tätig. Er 
schrieb (alles in Leipzig erschienen): Katalog der 
Dörffelsdien Musikbibliothek (1861, Nachtrag 1890); 
Thematisches Verzeichnis der Instrumentalwerke von 
Johmm Sebastian Bach (1867, 21882); Führer durch 
die musikalische Welt (anonym, 1868); Literarisches 
Verzeichnis der im Druck erschienenen Werke von Ro- 
bert Schumann (1871); Geschichte der Gewandhaus- 
konzerte (= Festschrift zur 100jährigen Jubelfeier 
I, 1884). Ferner gab er 1868 Rochfitz* »Für 
Freunde der Tonkunst« mit einer biographischen 
Einleitung heraus, übersetzte Berlioz’ Instrumenta- 
tionslehre (1864, dazu extra die Partiturbeispiele 
und den Anhan g Der Orchesterdirigent) und gab 8 
Bände der Bach-Gesamtausgabe heraus. 

Döring, Johann Friedrich Samuel, * 16. 7. 
1766 zu Gatterstedt bei Queifurt, f 27. 8. 1840 zu 
Altenburg; deutscher Organist, wurde 1776 Schü- 
ler der Tho m asschule in Leipzig unter Do les , stu- 
dierte 1788—91 in Leipzig Theologie und kam als 
Kantor 1791 nach Luckau (Niederlausitz), 1793 
nach Görlitz und 1814 nach Altenburg. Er veröf- 

408 


fentlichte 2 Choralbücher (Görlitz 1802 und Al- 
tenburg 1815) und 27 Choralmelodien (Leipzig 
1827). 

Lit.: M. Gondolatsch, Görlitzer Musikleben, Gör- 
litz 1914; ders., Beiträge zur Mg. d. Stadt Görlitz II, 
Af Mw VIII, 1926/27. 

Doflein, Erich, * 7. 8. 1900 zu München; deut- 
scher Musikpädagoge und -Schriftsteller, studierte 
1919-24 in Breslau und München (H. Kaminski, 
M. Schneider) und promovierte 1924 in Breslau 
mit einer Arbeit Über Gestalt und Stil in der Musik. 
Studien bei W. Gurlitt und H. Erpf schlossen sich 
in Freiburg an, wo D. 1928 mit E. Katz und E. Kal- 
ler ein Privatmusiklehrerseminar gründete, das 
1930 nach dem Zutritt J. Weismanns zum »Musik- 
seminar der Stadt Freiburg« ausgebaut wurde und 
bis 1937 bestand. 1941 wurde er als Seminarleiter 
und Dozent für Tonsatz und Musikgeschichte an 
die Landesmusikschule Breslau berufen, 1947 als 
Professor, Seminarleiter und stellvertretender Di- 
rektor an die neugegründete Hochschule für Musik 
in Freiburg. Er ist Mitgründer (1948), bis 1956 2. 
und seitdem 1. Vorsitzender des »Instituts für Neue 
Musik und Musikerziehung«. Als Pädagoge be- 
müht er sich um eine Vertiefung der Privatmusik- 
lehrerausbildung. Seinem Streben, geeignete Un- 
temchtsliteratur bereitzustellen, sind zahlreiche 
Ausgaben älterer Musik ebenso zu verdanken wie 
das in Zusammenarbeit mit seiner Gattin Elma, 
geb. Axenfeld, entstandene Geigenschulwerk (5 
Bände, Mainz 1932-50, englisch als: Doflein Me - 
tlu)d t The Violinist* s Progress , 4 Bände, 1957), das 
eines der bedeutendsten Werke der modernen Vio- 
linpädagogik ist. Zu diesem wie zu der Sammlung 
Spielmusik für Violinen gewann er Bartdk, Hinde- 
mith, OrfF, Seiber, Genzmer als Mitarbeiter. Auf- 
sätze: Hindemiths Lieder für Singkreise (Musikanten- 
gilde 1929), Das Musikseminar (Leipzig 1931, auch: 
Die Musikpflege HI, 1932), Zur Lage der Musik- 
lehre (Melos XI, 1932), Johann Pachelbel , ein deut- 
scher Meister und Die Kammermusik Pachelbels (Zeit- 
schrift für Hausmusik I, 1932), Musik für drei Gei- 
gen und Über Ph. E. Bach (Zeitschrift für Haus- 
musik IX, 1940), Erinnerungen an Kaminski (Musica 
I, 1947), Das Musiktheater Carl Orffs (in: Der Mu- 
sikalmanach, hrsg. v. V. Schwarz, München 1948), 
Bäa Bart6k (mit Werkverzeichnis, Melos XVI, 
1949), Die Klaviermusik J . S. Bachs (Schweiz. 
Musikpädagog. Blätter XL, 1951), Die Violinsona- 
teti von G. Fr. Händel (Musik im Unterricht XLIV, 
1953), BartSk und die Musikpädagogik (Musik der 
Zeit, Heft 3, Bonn 1953), Bela Bartöks Kompositio- 
nen für die Musikpädagogik (Musik im Unterricht 
XLVI, 1955), Die sechs Streichquartette von Paul 
Hindemith und Bila BartSk (SMZ XCV, 1955), Ge- 
winne und Verluste in Neuer Musik und Musikerzie- 
hung (in: Vorträge der 8. Arbeitstagung des Insti- 
tuts für Neue Musik und Musikerziehung, Lindau 

1955) , Gegenwartsfragen der Musikpädagogik und 
Idee eines Schulwerkes (Musik im Unterricht XL VII, 

1956) , Über Bartöks letzte Lebensjahre (Mersmann- 
Festschrift, Kassel 1957). 

Dohn&nyi (d'oxnarnji), Ernst von, * 27. 7. 1877 
zu Preßburg; ungarischer Pianist und Komponist, 
studierte 1893—97 an der Musikakademie in Buda- 
pest Klavier bei Thomän und Komposition bei 
Koessler. Während dieser Zeit entstand, norVid^m 



Doles 


D. schon in Preßburg unter Anleitung des Dom- 
organisten Karl Förster 3 Streichquartette, ein 
Streichsextett, ein Klavierquartett, eine Messe, 
Klavierstücke und Lieder geschrieben hatte, eine 
Symphonie Fdur (1897). Alle diese Früh werke 
wurden von dem Komponisten später verworfen. 
1897 studierte er noch bei d' Albert und begann als 
Pianist aufzutreten, war 1905-15 Klavierlehrer an 
der Berliner Musikhochschule, dann am Budapester 
Konservatorium, 1919/20 dessen Direktor, 1919 
bis 1944 Dirigent der Philharmonischen Gesell- 
schaft in Budapest, lebte 1925-27 in Amerika, 
wurde nach seiner Rückkehr Kompositions- und 
Klavierlehrer der Musikakademie, 1934 deren Di- 
rektor, 1931 Dirigent am ungarischen Rundfunk. 
1948 ließ er sich in Tucuman (Argentinien) nieder; 
seit 1949 ist er an der Florida State University in 
Tallahassee (USA) tätig. Dohninyi hat sich als 
Interpret immer für die Werke seiner größeren 
Landsleute Bart6k und Kodily eingesetzt; in sei- 
nem Schaffen dagegen blieb er der Spätromantik, 
vor allem Brahms, verpflichtet und entwickelte 
keinen eigenen Stil. Sein bekanntestes Werk sind 
die Variationen über ein Kinderlied für Kl. und 
Orch. Er schrieb : Symphonie D moll op. 9 (1902) ; 
II. Symphonie E dur op. 40 (1948); Orchestersuite 
Fis moll op. 19; Ütwepi Nyitany (Festouvertüre zur 
50-Jahr-Feier der Vereinigung von Buda und Pest) 
op. 31 (1923) ; Minutes symphoniques op. 36 (1933) ; 
American Rhapsody für Orch. op. 47 (1954) ; Kla- 
vierkonzerte op. 5 (1899) und op. 42 (1947) ; Va- 
riationen über ein Kinderlied (»Ah, vous dirai-je, 
maman«) für Kl. und Orch. op. 25; Violinkonzerte 
op. 27 (1915) und op. 43 (1949) ; Cellokonzert op. 
12 (1904); Concertino für Harfe und Orch. op. 45 
(1952). - 3 Streichquartette: A moll op. 7, Des dur 
op. 15 und A moll op. 33; Serenade für Streichtrio 
op. 10 ; 2 Klavierquintette : E moll op. 1 und Es moll 
op. 26; Sextett C dur für Klar., Hom, V., Va, Vc. 
und KL op. 37 (1935); Cellosonate B moll op. 8; 
Klavierstücke, darunter die 7sätzige Suite Ruralia 
Hungarica op. 32 a (1926), Orchesterbearbeitung 
op. 32b, 3 Sätze daraus für V. und Kl. op. 32c, 
auch als Musik zu der Pantomime Le flambeau 
saari nach Elsa Gadafres bearbeitet (1934). - Opern: 
Tante Simona op. 20 (Dresden 1913), A Vajaa tor- 
nya (»Der Turm des Wojwoden«) op. 30 (Brüssel 
1922) und A Tenor (»Der Tenor«) op. 34 (Budapest 
1929) ; Pantomime Der Schleier der Pierrette op. 18 
(Dresden 1910). - Missa in dedicatione ecclesiae (1930) 
und Kantate Cantus vitae für Soli, Chor und Orch. 
(1940); Stabat mater für Chor und Orch. op. 46 
(1953); Lieder op. 14 und 16; 3 Orchesterlieder 
op. 22. 

Lit : V. Papp, Dohnänyi Emo (ung., = E. D.), Buda- 
pest 1927. 

Doizi (Diaz) de Velasco (do'iöi), Nicolas, t uni 
1659 zu Madrid; portugiesischer Komponist, stand 
im Dienst des Viaekönigs von Neapel und wurde 
um 1641 Kammermusiker König Philipps IV. von 
Spanien. Von ihm erschien eine wichtige Gitarren- 
Tabulatur: Nuevo modo de cifra (Neapel 1645). 

Doktor, Paul, * 28. 3. 1919 zu Wien; amerika- 
nischer Bratschist, Sohn des mit dem Busch-Quar- 
tett verbundenen Karl D., studierte bei seinem Va- 
ter Geige, an der Wiener Staatsakademie für Mit- 
sik Theorie bis 1938, wechselte im gleichen Jahr 


zur Bratsche über. Bald danach ging er als Solist 
nach England, dann in die Schweiz, wo er 1942 
den 1. Preis für Bratsche auf dem Internationalen 
Musikwettbewerb erhielt, war 1940-46 Solo- 
bratschist des Luzemer Sinfonieorchesters, 1946-47 
des »Orchestre de Chambre de Lausanne« und 
1940-47 des »Collegium Musicum Zürich«. 1947 
übersiedelte D. nach New York und wirkt seit- 
dem als Solist in Sonatenabenden und Konzerten 
mit Orchester in Amerika, Kanada und seit 1951 
wieder in Europa. 1948-51 war er Dozent an der 
Universität des Staates Michigan in Ann Arbor, 
leitet seit 1952 alljährlich eine Meisterklasse an der 
Internationalen Sommerakademie des Mozarteums 
Salzburg, unterrichtet am Mannes College for 
Music in New York und am Colorado College in 
Colorado Springs. 

Dolega-Kamienski, Lucian -> Kamieriski. 

Doles, Johann Friedrich, * 23. 4. 1715 zu 
Steinbach-Hallenberg (Thüringer Wald), f 8.2. 
1797 zu Leipzig; deutscher Kantor, kam mit 
19 Jahren aufs Gymnasium nach Schleusingen und 
bildete mit einigen Mitschülern ein wöchentliches 
Concert , für das er auch selbst komponierte. 1739 
ging er zum Theologiestudium nach Leipzig und 
wurde Schüler von J. S. Bach, dirigierte 1743-44 
das Große Konzert (Vorgänger der Gewandhaus- 
Konzerte) und komponierte 1744 für den ersten 
Stiftungstag eine Kantate Das Lob der Musik. 1744 
bis 1755 war er Kantor in Freiberg, dann Thomas- 
Kantor in Leipzig. 1789 nahm er wegen mannig- 
facher Ärgernisse den Abschied; sein Nachfolger 
wurde J. A. Hiller. D.’ Schreibweise ist leichtver- 
ständlich, er ist so sehr Kind seiner Zeit, daß er, 
obgleich Schüler J. S. Bachs, für die Verbannung 
der Fuge aus der Kirchenmusik plädierte (Vor- 
wort zu der Mozart und Naumann gewidmeten 
Kantate über das Lied des seeligen Geliert » Ich komme 
vor dein Angesicht «, Leipzig 1790). Außer dieser 
Kantate erschienen gedruckt: Neue Lieder (Leipzig 
1750); Melodien zu des Herrn Prof. C. F. Gellerts 
Geistlichen Oden und Liedern — (Leipzig 1758, 
2 1761); Kantate Der Sechs und vierzigste Psahn 
(Leipzig 1758); 40 Singbare und leichte Choralvor- 
spiele (5 Hefte, Leipzig 1794-97); Vierstimmiges 
Choralbuch (Leipzig 1785). Manuskript blieben: 
32 Motetten, 158 Kantaten und ähnliche Stücke, 
3 Matthäus-, eine Markus-, eine Lukas- und 2 Jo- 
hannespassionen sowie 4 Passionsmusiken, 6 Mis- 
sae breves, ein Sanctus. 

Ausg.: ein Lied in: E. O. Lindner, Gesch. d. deut- 
schen Liedes im 18. Jh., hrsg. v. L. Erk, Lpz. 1871; 
Motette Ein feste Burg, hrsg. v. G. Schreck, in: 
Ausgew. Gesänge d. Thomanerchors I; dies, in: Alte 
geistliche Lieder f. gern. St = Chorbuch I, hrsg. v. 
Fr. Jöde, Wolfenbüttel 1931; 3 Choralvorspiele in: 
G. Amft, Berühmte Werke alter Meister f. Org., Lpz. 
o. J. 

Lit. : Selbstbiogr., hrsg. v. B. Fr. Richter, Mf M 
XXV, 1893. - G. Schünemann, Die Bewerber um d. 
Freiberger Kantorat, AfMw 1, 1918/19; R. Sietz, Die 
Orgelkompositionen d. Schülerkreises um J. S. Bach, 
Di ss. Göttingen 1930 (maschr.) u. Bach-Jb. XXXII, 
1935; G. Herz, J. S. Bach im Zeitalter d. Rationalis- 
mus . . ., Kassel 1935; A. Schering, J. S. Bachs Leip- 
ziger Kirchenmusik, Lpz. 1936; ders.. Mg. Lpz.s III 
(J. S. Bach . . .), Lpz. 1941 ; H. Banning, J. Fr. D., 
mit Werkverz., Schriftenreihe d. Staat!. Inst. f. 
Deutsche Musikforschung V, Lpz. 1939. 


409 



Dole&lek 


DoleSälek (d'ok^arkk), Jan Emanud, * 22. 5. 
1780 zu Chotgbof (Böhmen), f 6. 7. 1858 zu Wien; 
tschechischer Liederkomponist, war Schüler Al- 
brechtsbergers, lebte als Klavier- und Gesanglehrer 
in Wien und gehörte ab 1808 zu Beethovens 
Freundeskreis. Seine Erinnerungen an Beethoven 
sind bei Thayer verwertet. 

Lit.: Th. v. Fummel, Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926. 

Dolin (d'o:lin), Anton (Pseudonym von: Patrick 
Healy-Kay), * 1904; englischer Tänzer und Cho- 
reograph, studierte an der Londoner Ballettschule 
der S. Astafiewa, wurde 1924 zum ersten Male als 
Solist in Br. Nijinskas »Train bleu« bekannt, ge- 
hörte dann den Truppen von Diaghilew und von 
N. de Valois an. Ein erstes eigenes Ballett, gegrün- 
det 1927 mit V. Ncmchinova, bestand nur kurze 
Zeit. Von da an wandte D. sich mehr und mehr der 
Choreographie zu: The Nightingale and the Rose 
(1927), Revolution (1928), Capriccioso (auf Musik 
von Cimarosa, New York 1940), Schtes de ballet 
(Musik von Strawinsky, New York 1944), sind 
seine bekanntesten Schöpfungen. Mit dem »Festi- 
val Ballet« in London schuf er sich 1951 eine 
Truppe, die die ästhetischen und normativen Tra- 
ditionen des klassischen Balletts weiterträgt. D. 
schrieb 1938 eine Autobiographie Ballet-go-round. 

Dolmetsch, - 1) Arnold, * 24. 2. 1858 zu Le 
Mans, t 28. 2. 1940 zu Haslemere (Surrey) ; eng- 
lischer Musikforscher, Instrumentenmacher und 
Wiedererwecker älterer Musik, war Sohn eines 
Schweizers und einer Französin, beschäftigte sich 
schon in seiner Jugend mit Klavier- und Orgelbau, 
studierte am Brüsseler Konservatorium Violine 
und Kontrapunkt, dann Komposition und Diri- 
gieren am Royal College of Music in London, wo 
Ihn Grove in die Musikgeschichte einführte, wurde 
1885 Violinlehrer am D ul wich College in London, 
sammelte, reparierte und spielte alte Instrumente, 
arbeitete 1902-09 bei Chickering & Sons in 
Boston, 1910-14 bei Gaveau in Pans und eröffhete 
1914 eine eigene Werkstatt in Haslemere, wo er ab 
1925 alljährlich Musikfeste mit älterer Musik ver- 
anstaltete. 1928 wurde die Dolmetsch Foundation 
zur Unterstützung und Propagierung seiner Ar- 
beiten gegründet, die seit 1929 die Zeitschrift The 
Consort herausgibt. Außer einigen frühen Violin- 
stücken und Ausgaben von Werken Corellis, Han- 
dels und Purcells gab D. heraus : Select English Songs 
<md Dialogues of the 16th and 1 7 th Centuries (2 Hefte, 
London 1898 und 1912) und Select French Songs 
iromthe 12th to the 18th Century (London 1938) und 
schrieb: The Interpretation of the Music of the 17 th 
and 18th Centuries (London 1915, 2 1944). - 2) Ma- 
bel, * 6. 8. 1874 zu London; englische Gambistin 
imd Tänzerin, dritte Frau Arnold D.s, widmete 
sich der Erforschung älterer Tänze und schrieb 
Dances of England and France , 1450-1600 (London 
1949). - 3) Nathalie, verehelichte Carley, * 31. 7. 
1905 zu Chicago; englische Gambistin, Tochter 
von Arnold und Mabel D., schrieb Twelve Lessons 
on the Viola da Camha (London 1950) und gab 
Werke älterer Gambenmusik heraus. - 4) Ru- 
dolph, * 8. 11. 1906 zu Cambridge (Massachu- 
setts), gefallen 6. 12. 1942 auf See; englischer Gam- 
bist und Cembalist, Sohn von Arnold und Mabcl 
D., wandte sich als Komponist und Dirigent der 
neueren Musik zu und schrieb The Art of Orchestral 

410 


Conducting (London 1942). -5) Carl, * 23. 8. 1911 
zu Fontenay-sous-Bois; englischer Violaspieler, 
Blockflötenspieler und Instrumentenmacher, Sohn 
von Arnold und Mabel D., ist heute künstlerischer 
Leiter des Haslemere Festival und der Familien- 
konzerte. Seine Frau Marie, * 16. 2. 1916 zu 
Glasgow, Gambistin und Blockflötenspielerin, 
Schiüerin ihres Mannes, ist die Sekretärin der Dol- 
metsch Foundation. 

Lit. : R. Donington, The Work and Ideas of A. D., 
Haslemere (1932). 

Domaniewski, Boleslaw, * 16. 7. 1857 zu 
Gronöwek, f 11. 9. 1925 zu Warschau; polnischer 
Pianist und Klavierpädagoge, 1871-74 Schüler von 
Wieniawski in Warschau und nach längeren Kon- 
zertreisen als Pianist 1878-87 von Solowjew, 
Ljadow und Sacchetti am Petersburger Konser- 
vatorium, 1890-1900 Klavierprofessor am Kra- 
kauer Konservatorium, ab 1900 in Warschau, wo 
er 1902 Direktor der Musikschule des Musikver- 
eins und 1906 zugleich Direktor der Musikgesell- 
schaft wurde. D. gab viele klaviertechnische Hand- 
bücher heraus, von denen das Vademecum pour le 
vianiste (2 Hefte, Leipzig ohne Jahr) großen Erfolg 
hatte. Er komponierte nur Klavierwerke. 

Dom^rto, Petrus de, Komponist der 2. Hälfte 
des 15. Jh., von welchem lange nur die 4st. Messe 
Spiritus alrnus im Codex 14 der päpstlichen Ka- 
pelle bekannt war, über welche auch Tinctoris (im 
Proportionale) spricht. Haberl (Bausteine I, S. 75 
und 90) wies außer einer zweiten Kopie dieser 
Messe im Codex Trient 88 eine namenlose 3st. 
Messe in demselben Codex und ein 3st. Et in terra 
im Codex B 80 des Kapitelarchivs der Peterskirche 
zu Rom nach. 

Dombrowski, Hansmaria, * 20. 8. 1897 zu 
Reichenberg (Böhmen); deutscher Komponist, 
war nach Studien am Institut für Kirchenmusik 
und bei Pfitzner in Berlin 1920/21 Chorleiter, Or- 
ganist und Kapellmeister in Stettin, dann bis 1934 
freischaffend tätig, wirkte 1935-44 am Deutsch- 
landsender und daneben 1936-44 als Kompositions- 
lehrer an der Musikhochschule Berlin, seitdem 
wieder Mitarbeiter verschiedener Rundfunkan- 
stalten. Er schrieb: Mysterienspiel Die Geburt unter 
dem Kreuze (1927), Oper Brautfahrt (nach Eichen- 
dorffs »Glücksritter«, öberhausen 1941), Tanzoper 
Prinzessin Pirlipat (nach E. Th. A. Hoffmanns 
»Nußknacker und Mäusekönig«, 1944); 3 Sym- 
phonien, Kammermusik (Klaviertrio, Klavier-, 
Violin- und Violoncellsonaten), Memento mori 
(nach Angelus Silesius) für T. solo, Mannerchor 
und Orch. (1927), Kantaten, Messen und geistliche 
Chöre, zahlreiche a-cappella-Chöre, Frauenduette 
und -terzette, etwa 200 Klavierlieder »nd zahl- 
reiche Volksliedbearbeitungen. 

Domenicus Gundissalinus — ► Gundissalinus. 

Domgraf-Fassbänder, Willi, * 19. 2. 1897 zu 
Aachen; deutscher Opernsänger (Bariton), war zu- 
nächst Kapellmeister, debütierte aber 1922 als 
Sänger nac n Studien in Mailan d und Berlin. Nach 
einer Anstellung an der Stuttgarter Oper trat D.-F. 
seit 1930 regelmäßig in Berlin (Staatsoper) auf. 
Auf zahlreichen Gastspielreisen, nicht zuletzt als 
eine der führenden Kräfte bei den Mozart-Festivals 
in Glyndeb oume, erwarb er sich internationalen 



Donato de Floren tia 


Ruf. Seine größten Erfolge hatte er als Figaro in 
Mozarts Oper. D.-F. fühlt auch Regie und ist in 
Nürnberg Oberspielleiter der Oper. 

Dominikaner, eigentlich Ordo fratrum Praedi- 
catorum (OP); ein vom heiligen Dominicus (um 
1170-1221) in Südfrankreich gestifteter Orden, der 
1216 bestätigt wurde und sich nach rascher Aus- 
breitung in ganz Europa bis heute als eine der be- 
deutendsten Ordensgemeinschaften der katho- 
lischen Kirche erhalten hat. Der Orden besitzt seit 
dem Correctorium (1256) des Ordensgenerals Hum- 
bertus de Romanis eine eigene Choraltradition, die 
mit dem Zisterzienserchoral verwandt ist. (Das 
jetzt gültige Graduale erschien 1907, das Missale 
1908.) Entsprechend seinem Charakter als Pre- 
digerorden hat der Orden auf wissenschaftliche 
Tätigkeit großes Gewicht gelegt. Seine im 13. Jh. 
emgerichteten Hochschulen (Studium generale) 
sind vielfach Keimzellen von Universitäten gewe- 
sen, so in Paris, Bologna, Oxford und Köln. Von 
den bedeutenden Gelehrten, die dem Orden an- 
gehörten, sind hier zu nennen: Albertus Magnus, 
Thomas von Aquin, Humbertus, Vincenz von 
Beauvais, Robert Kilwardby, Hieronymus de Mo- 
ra via; ferner die Musiker Antonius de Civitate, 
Michael Vehe, Tomäs de Santa Maria, Francisco 
Correa de Arauxo. 

Lit.: J. Qu£tif u. J. Echard, Scriptores OP, 2 Bde, 
Paris 1719-21, erweitert v. R. Coulon u. A. Pagillon 
Paris 2 1910-34; Monumenta OP, hrsg. v. B. M. Rei- 
chert, 21 Bde, Rom u. Paris 1897-1947; B. M. Hes- 
pers. Der Vortrag d. Chorals im Dominikanerorden, 
Gregoriusblatt XXTV, 1899; R. Molitor, Die nach- 
tridentinische Choralreform, 2 Bde, Lpz. 1901-02; 
W. Scherer, Der selige Albertus Magnus über d. 
Musik, KmJb XXIV, 1911; A. Mortier, La Liturgie 
Dominicaine, 7 Bde, Lille, Paris u. Brügge 1921 ; A. 
M. Walz, Compendium Historiae OP, Rom 1930, 
21948; S. M. Cserba, Über Gesch. u Eigenart d. 
Dominikanerchorals, Musica Sacra 1937. 

Dommer, Arrey von, * 9. 2. 1828 zu Danzig, 
+ 18. 2. 1905 zu Treysa; deutscher Musikschrift- 
steller, war zum Theologen bestimmt, ging aber 
1851 nach Leipzig, wo er Komposition (E. Fr. Rich- 
ter und Lobe) und Orgelspiel sowie ab 1854 an der 
Universität Literatur und Kunstgeschichte stu- 
dierte. 1863 zog er nach Hamburg, hielt Vor- 
lesungen, war 7 Jahre Musikkritiker des Korrespon- 
dent und dann 1873-89 Sekretär der Hamburger 
Stadtbibliothek. Ihm verdankt die Bibliothek einen 
sorgfältig gearbeiteten mehrbändigen handschrift- 
lichen Katalog. 1889 trat er in Ruhestand und zog 
nach Marburg. D.s Hauptwerke sind: Elemente der 
Musik (Leipzig 1862) ; Musikalisches Lexikon (Hei- 
delberg 1865, auf Grund des Kochschen, ein aus- 
gezeichnetes Werk, das aber den reichen Inh al t des 
Kochschen nicht reproduziert); Handbuch der Mu- 
sikgeschichte (Leipzig 1868, 21878; 31914 ganz neu 
bearbeitet von Schering). Auch war D. ein Haupt- 
mitarbeiter der Allgemeinen Deutschen Biographie . 
Er veröffentlichte einen 8st. Psalm a cappella und 
Melodien von J.W. Franck, 4st. gesetzt. 

UL: G. Zedler, A. v. D., In: Lebensbilder aus Kur- 
hessen und Waldeck 1830-1930, 1, hrsg. v. I. Schnack, 
Marburg 1939. 

Domnich, Heinrich, * 13. 5. 1767 zu Würz- 
burg, f 19. 6. 1844 zu Paris; deutscher Hornvir- 
tuose, trat zuerst in die Kapelle des Grafen Öls zu 


Mainz ein und ging von da nach Paris, wo er noch 
Schüler von Punto (-> Stich) war und bei der 
Gründung des Conservatoire 1795 als Lehrer für 
Hom angestellt wurde (bis 1817). 1805 erschien 
seine Homschule Methode de premier et de second cor 
(die offizielle Homschule des Conservatoire) ; auch 
gab er Homkonzerte, Konzertanten für 2 Homer 
und Romanzen für Hom und KL heraus. Auch 

2 Brüder D.s waren Hornisten: Jakob, *1758, der 
nach Amerika ging, und Arnold, * 29. 9. 1771 zu 
Würzburg, f 14. 7. 1834 zu Meiningen. 

Donath, Gustav, * 2. 9. 1878 zu Leoben (Steier- 
mark); österreichischer Musikbibliothekar, lebt in 
Wien. D. promovierte 1904 in Wien bei G. Adler 
mit einer Arbeit über Fl. L. Gassmann als Opern - 
komponist (gedruckt in StMw II, 1914). An der 
Akademie für Musik und darstellende Kunst 
wirkte er 1909-49 als Leiter der Bibliothek sowie 
einer Klasse für Musiktheorie, zeitweise auch als 
Direktor der Abteüung für Kirchenmusik. D., der 
auch Schriftführer der Leitenden Kommission der 
Denkmäler der Tonkunst in Österreich war, wid- 
met sich besonders dem Studium musikpsycho- 
logischer Probleme. Aufsätze: Die Wurzeln der 
musikalischen Begabung (in: Musikerziehung VI, 
1953) ; Gefuhlskontrast in den Themen der klassischen 
Sonatenform (Kgr.-Ber. Wien 1956). Als Kompo- 
nist trat er hervor mit einem Trio für 2 V. und Kl., 

3 Violinsonaten, einem Streichquartett, Präludium 
und Fuge für 2 Kl., Klavierstücken, der Kantate 
Maria durch ein Domwald gierig und kleineren Chor- 
werken. 

Don^ti, Ignazio, gebürtig aus Casalmaggiore bei 
Cremona; italienischer Komponist des 17. Jh., 
Kirchenkapellmeister in Urbino (1612), Ferrara 
(1616), Casalmaggiore (1618), Novara (1623) und 
Mailand (1629-33) ; auch in Lodi und Pesaro hat er 
gewirkt. D. gab heraus (alles in Venedig): Sacri 
concentus , 1-5sl mit B.c. (1612); 2 Bücher Motetti 
a cinque voci in concerto (1616 und 1623) ; 2 Bücher 
Concerti ecclesiastici , l-5st. mit B.c. (1618); Motetti 
concertati , 5-6st. mit B.c. (1618); 2 Bücher 4-6st. 
Messen (1618 und 1633); Salmi boscarecci , 6st., mit 
einer Messe (1623) ; Le Fanfalughe , 3-5st. Madrigale 
(1630); 2 Bücher Motetti a voce sola (1634 und 
1636) ; weitere Stücke in Sammelwerken (1619 bis 
1653). 

Lit: V. Fedeu, in: Isütutioni e momunenti delTarte 
musicale itaL III, S. 58 ff. 

Donald, Pino, * 9. 5. 1907 zu Verona; italieni- 
scher Komponist, war zunächst Geiger in ver- 
schiedenen Theaterorchcstcm, studierte dann aber 
Komposition bei Paribeni. Er schrieb die Opern 
Corradino lo Svevo (Verona 1931) und Landllotto del 
Lago (Bergamo 1938), Orchesterwerke ( Pastorale ), 
Kammermusik (Due acquarelli paesani für Streich- 
quartett, 1933), Cello- und Klaviersonaten und 
Lieder. 

Donato de Florentia (da Casda), einer der äl- 
testen Vertreter der Florentiner Ars nova des 
14. Th., von dem eine 3st. Caccia, eine 2st. Ballata 
und 14 2st. Madrigale in Handschriften der Biblio- 
theken von Florenz, Paris und London erhalten 
sind; Hauptquelle ist der Codex Squarcialupi mit 
15 Kompositionen. 


411 



Donato 


Ausg.: IS Stücke in: Der Squarcialupi-Codex, hrsg. 
v. J. Wolf, Lippstadt 1955 ; Je porte my ablement . . 
in: F. Kämmerer, Die Musikstücke d. Prager Kodex 
XI E9, * Veröff. d. mw. Inst. d. Deutschen Univ. 
in Prag I, Augsburg 1931. 

Lit.: K. v. Fischer, Studien zur ital. Musik d. Tre- 
cento ...» » Publ. d. Schweiz. Musikforschenden 
Ges. II, 5, Bern 1956. 

Don?to, Baidissera (Donati), * um 1530, t An- 
fang 1603 zu Venedig; italienischer Komponist, 
von dem ein 2teiliges Madrigal in Cipriano de 
Rores drittem Buch 5st. Madrigale (1548) auf- 
genommen ist; er war also wahrscheinlich Schüler 
Ciprianos. 1550 nennt er sich Sänger an San Marco ; 
1562-65 war er dort Kapellmeister der »Capelia 
parva«, in der, zu Willaerts Entlastung, die Sänger 
auf den Kapelldienst vorbereitet wurden, dann 
wieder Sänger, 1580 Direktor des Seminars der 
Kapelle, bis er am 9. 3. 1590 als Nachfolger Zar- 
linos zum 1. Kapellmeister ernannt wurde. 1603 
wurde G. Croce sein Nachfolger. D.s Bedeutung 
beruht vor allem auf seinen liedhaften und humor- 
voll charakterisierenden Villanellen. Seine erhal- 
tenen Werke sind: Le Napollitane , 4st. (Venedig 
1550, erweitert als fl Primo Libro di Canzoti 
Villanesche alle Napolitana, 1551 und öfter, darin 
die berühmte Canzon della Gallind ) ; 2 Bücher Ma- 
drigale, I 5-6st. (Venedig 1553 und öfter), II 4st. 
(Venedig 1568); fl primo libro di Motetti , 5-8st. 
(Venedig 1599); viele Madrigale in Sammelwer- 
ken (1548-1613). 

Ausg.: 5 Stücke in Torchi I; Canzon della gallina, 
hrsg. v. W. Barclay Squire, Ausgew. Madrigale, 
Lpz. o. J.; Viva sempre, 4st., in: J. Wolf, Sing- u. 
Spielmusik, = Wiss. u. Bildung CCXVIII, Lpz. 1926, 
31931; eine 5st. Motette, hrsg. v. Fr. Commer in: 
Musica Sacra XXIV. 

Lit.: E. Kiwi, Studien zur Gesch. d. ital. Liedmadri- 
gals, Diss. Heidelberg 1933, gedruckt Würzburg 1937; 
A. Einstein, The Italian Madrigal, 3 Bde, Pnnceton 
1949, in Bd III 2 Madrigale, in Bd I, S.449, eine 
Villanelle. 

Donaudy (don'aüdi), Stefano, * 21. 2. 1879 zu 
Palermo, f 30. 5 1925 zu Neapel; italienischer 
Komponist, Schüler von Zudli, schrieb die Opern 
Folchetto (1892), Scampagnata (1898), Theodor Kör- 
ner (1902), Sperduti net buio (1907), Ramuntcho 
(1921) und La Fiamminga (1922), daneben auch 
Ka mm ermusik, Arie di Stile antico und Klavier- 
stücke. 

DONEMUS (Abkürzung für: Documentatie in 
Nederland. voor Muziek), Stiftung zur Förderung 
niederländischer Musik, mit Sitz in Amsterdam, 
gegründet 1947 von C. Nierstrasz und C. Wiessing. 
Die Stiftung wird unterstützt von der Regierung, 
der Stadt Amsterdam und der Stiftung Nederland- 
scheMuziekbelangen, die ihrerseits von der Hol- 
ländischen Gesellschaft für Musikalische Auffüh- 
rungsrechte gefördert wird. Sie übernimmt Ver- 
waltung und Verbreitung von Werken nieder- 
ländischer Komponisten, die nach 1880 geboren 
sind. Die Stiftung gibt Kataloge ihrer Bibliothek 
und Mitteilungsblätter heraus und unterhalt Ver- 
tretungen im Ausland. 

Donfrid, Johannes (Donfridt, Donfried), * 1585 
zu Veringenstadt (Hohenzollem), f 1654 zu Rot- 
tenburg am Neckar; deutscher Kantor, studierte in 
Dillingen und war (spätestens ab 1610) Kantor an 


der Rottenburger Lateinschule, deren Rektor er 
1622 wurde. Bekannt ist er als Herausgeber von 
4 Sammelwerken, in denen vor allem die Meister 
der italienischen Monodie vertreten sind: Promp- 
tuarii musici . . . Pars Za bis lila, 2-8st. De-tempore- 
Stücke (Straßburg 1622-27); Viridarium Musico - 
Mariantim, 2-8st. (Straßburg 1627); Corolla musica, 
37 l-5st. Messen (Straßburg 1628) ; Jubilus Bethlehe- 
miticus, 4-6st. Motetten (Straßburg 1628). 

Lit.: J. Vleugels, Zur Pflege d. kath. Kirchenmusik 
in Württemberg, Diss. Tübingen 1928 (auch als Ver- 
öfF. d. Musikinst. d. Univ. Tübingen VIII); A. Adrio, 
Die Anfänge d. geistlichen Konzerts, Neue deutsche 
Forschungen XXXI (= Abt. Mw. I), Bin 1935. 

Doni, Antonio Francesco, * Anfang 1513 zu 
Florenz, f im September 1574 zu Monselice bei 
Padua; italienischer Literat, trat sehr jung in das 
Servitenkloster seiner Vaterstadt ein, verließ es 
aber wieder (1540) und führte als literarischer Frei- 
beuter ein imstetes Wanderleben, dessen Haupt- 
station Venedig war. Außer vielen nichtmusika- 
lischen Schriften hat er einen Dialogo della musica 
mit 4-8st. Madrigalen, darunter auch ein paar 
eigene Stücke, geschrieben (Venedig 1544). Seine 
Libraria (2 Bände, Venedig 1550-51) bildet eine 
schätzbare Bibliographie italienischer Bücher über 
Musik und enthält eine Aufzählung der Akade- 
mien. 

Lit.: A. Fr. Doni, I Marmi, hrsg. v. P. Fanfani, mit 
Biogr. u. Werkverz. D.s v. S. Bongi, Florenz 1863; 
A. F. Doni, I Marmi, hrsg. v. E. Chiorboli, 2 Bde, 
Bari 1928, mit einer Bibliogr.; A. Einstein, II Dialogo 
della musica di Messer A. F. D., Rass. mus. VII, 
1934; ders., The »Dialogo della Musica« of Messer 
F. D., ML XV, 1934; ders., The Italian Madrigal I, 
Pnnceton 1949. 

Doni, Giovanni Battista, * 1594 und f 1. 12. 
1647 zu Florenz; italienischer Musiktheoretiker, 
erwarb sich in Bologna und Rom bedeutende 
Kenntnisse der antiken Literatur, wurde aber für 
die Juristenlaufbahn bestimmt. Als 1621 Kardinal 
Ottavio Corsini als päpstlicher Legat nach Paris 
, schloß sich ihm D. an, durchsuchte mi t gro- 
Eifer die Pariser Bibliotheken und befreun- 
dete sich mit Mersenne. Der Tod eines Bruders rief 
ihn 1622 nach Florenz zurück, von wo ihn bald 
darauf Kardinal Barberini, der Neffe Urbans VIII., 
ein großer Musikfreund, nach Rom zog und auch 
auf Reisen nach Paris und Madrid mitnahm. 1629 
bis 1640 war er Sekretär des Kardinalkollegiums . 
In dieser Zeit vertiefte D. seine Studien über die 
Musik der Alten und konstruierte eine Doppel- 
lyra, die er dem Papst widmete (Lyra Barberina, 
Amphichord). Neue Todesfälle in seiner Familie 
riefen ihn 1640 nach Florenz; diesmal blieb er dort, 
verheiratete sich und erhielt von Ferdinand II. 
de* Medici eine Professur der Beredsamkeit. Auch 
in die Accademia della Crusca wurde er auf- 
genommen. Seine auf Musik bezüglichen Schriften 
sind: Compendio del Trattato de * Generi e de 9 Modi 
della Musica (Rom 1635, Auszug eines größeren, 
nicht gedruckten Werkes); Annotazioni Sopra il 
Compendio . . . (Rom 1640); De praestantia musicae 
veteris Ubri tres (Florenz 1647). Das Manuskript 
zweier französisch geschriebenen Traktate von D. 
hat Fdtis in der Biblioth&quc Nationale zu Paris 
aufgefunden. Wichtiger als seine Versuche, das 
Wesen der antiken Musik zu enträtseln und das 



412 



Donostia 


chromatische und enharmonische Tongeschlecht 
der Alten für die moderne Spielpraxis wiederzu- 
gewinnen, sind für uns D.s Berichte und Urteile 
über die ersten Entwicklungsstadien des Stile rap- 
presentativo. 

Ausg.: G. B. D. # Lyra Barberina, Ausw. seiner Schrif- 
ten in 2 Bden, hrsg. v. A. F. Gori u. G. B. Passeri, 
Florenz 1763; Auszüge aus d. Schriften in: A. So- 
lerti, Le origini del melodramma, Turin 1903, u. in: 
H. Kretzschmar, Gesch. d. Oper, = Kleine Hdb. 
d. Mg. nach Gattungen VI, Lpz. 1919. 

Lit. : A. M. Band ini, Commentarium de vita et 
scriptis I.B. D., Florenz 1755; H. Goldschmidt, 
Studien zur Gesch. der ital. Oper im 17. Jh. I, Lpz. 
1901 ; Fr. Vatielli, La Lyra Barberina di G. B. D., 
Pesaro 1909; D.P. Walker, Musical Humanism, MR 
II— III, 1941-42, deutsch als Der musikalische Hu- 
manismus, = Mw. Arbeiten V, Kassel u. Basel (1949) ; 
R. Schaal, Ein unbekannter Brief v. G. B. D., AMI 
XXV, 1953. 

Donington (d'onigton), Robert, * 4. 5. 1907 zu 
Leeds (Y orkshire) ; englischer Gambist und Musik- 
schriftsteller, studierte am Quecn’s CoUege in Ox- 
ford (B. A. 1930, B. Litt. 1946) und war Schüler 
von A. Dolmetsch und E. Wellesz (Komposition). 
1934-38 war er Sekretär der Dolmetsch Founda- 
tion, deren Zeitschrift »The Consort« er 1935-38 
herausgab. D. gehörte 1935-39 dem English Con- 
sort of Viols an, seit 1950 Mitglied des London 
Consort of Viols, leitet das 1955 von ihm gegrün- 
dete Donington Consort (ein Ensemble für Trio- 
sonaten). Daneben ist er als Musikschriftsteller 
tätig. Bücher: The Work and Ideas of Arnold Dol- 
metsch (Haslemere 1932), A Practica l Method for the 
Recorder (mit E. Hunt, 2 Bände, Oxford 1935), 
The Instruments of Music (London 1949). Von zahl- 
reichen Aufsätzen seien genannt: On Interpreting 
Early Music (ML XXVIII, 1947) und The Origin 
of the In Nomine (mit Th. Dart, ML XXX, 1949). 
Er gab mehrere Werke älterer englischer Musik 
(Purcell) heraus. 

Doniz$tti, Gaetano Domenico Maria, * 29. 11. 
1797 und f 8. 4. 1848 zu Bergamo; italienischer 
Opemkomponist, studierte 1806-15 Gesang, Kla- 
vier und Bratsche unter S. Mayr, 1815-17 noch 
Kontrapunkt bei Mattei in Bologna. In den folgen- 
den Jahren lebte er in Bergamo und schrieb mit 
fast unglaublicher Geschwindigkeit Streichquar- 
tette, Symphonien, Kirchenmusik und seine ersten 
Opern, von denen Enrico conte di Borgogna 1818 in 
Venedig aufgeführt wurde. Im ganzen schrieb D. 
1816-44 70 Opern (bis zu 5 in einem Jahr) und 
5 Klantaten; zudem war er als Dirigent tätig. 1827 
verpflichtete er sich in einem Vertrag mit Barbaja, 
für diesen in den 3 folgenden Jahren 12 Opern zu 
schreiben. 1830 stellte er in Mailand Bellinis 
»Sonnambula« seine Anna Bolena gegenüber; als er 
1835 mit seinem Marino Faliero in Paris gegen 
Bellinis »Puritani« unterlag, schrieb er für Neapel 
im gleichen Jahr seine berühmteste Oper: Lucia di 
Lammertnoor . Nach dem Tode Bellinis war D. der 
unbestrittene Herrscher der italienischen Oper. 
1834-39 war er Kontrapunktlehrer am Real Con- 
servatorio di Musica in Neapel, ging dann, da die 
Zensur dort die Aufführung seines Poliuto verbot, 
nach Paris, wo 1840 diese Oper als Le martyr , die 
nachmals weltberühmte komische Oper Lafille du 
rigiment (»Die Regimentstochter«) und La favorite 


auf geführt wurden. 1842 dirigierte er Rossinis 
Stabat Mater in Bologna (Uraufführung) und 
Wien, dort auch seine Linda di Chamotmix , die ihm 
den Titel »Hofcompositeur« eintrug. Seine Buffo- 
oper Don Pasquale , die mit Velisir d*amore (»Der 
Liebestrank«, Mailand 1832) D.s Namen heute 
noch lebendig hält, wurde 1843 in Paris aufgeführt. 
Kurz nach der Aufführung der Catarina Comaro in 

S ei wurde D. 1844 von einem Anfall von 
yse getroffen; er wurde in einer Anstalt zu 
Ivry bei Paris gepflegt und 1847 nach Bergamo 
gebracht. Im Vergleich mit Bellim, dessen Größe 
er neidlos anerkannte, schreibt D. einen einfache- 
ren und glatteren Stil und bleibt oft im Routine- 
mäßigen stecken, doch bringt er - einem Zuge der 
Zeit folgend - in die komisdie Oper gefühlvollere 
Klänge und steht mit diesen »opere semiserie« zwi- 
schen Rossini und Verdi; nur der Don Pasquale ist 
zeitlos, ein spätes Beispiel der echten Opera buffa. 
1897 fand in Bergamo eine D.-Aussteüung statt, 
von deren italiemsdier, österreichischer und fran- 
zösischer Sektion Kataloge gedruckt wurden. 

Lit. : G. D., Lettere inedite, hrsg. v. F. Marchetti 
u. A. Parisotti, Rom 1892; G. D„ Lettere inedite, 
hrsg. v. A. de Eisner-Eisenhof, Rom 1897; Lettere 
inedite di G. D., hrsg. v. G. Morazzoni, Mailand 
1930, mit Ikonographie; A. Luzio, Carteggi verdiani 
IV, Rom 1947. - F. Cicconetti, Vita di G. D., Mai- 
land 1864; F. Alborghetti u. M. Galli, G. D. e S. 
Mayr, Bergamo 1875; E. C. Verzino, Contributo ad 
una biografia di G. D., Bergamo 1896; ders., Le 
opere di G. D., Bergamo 1897; A. Calzado, D. e 
l’opera itaL in Spagna, Paris 1897; Grus. Donizetti, 
Ricordi di G. D., Bergamo 1897; A. Cameto, D. a 
Roma, Turin 1907; V. Epifanio, Per il carteggio di 
G. D., Boll. della civica bibl. di Bergamo IV, 1915; 
G. Donati-Petteni, Studi e documenti donizettiani, 
Bergamo 1929; ders., G. D., Mailand 1930, 21948; 
G. Gavazzena, G. D., Mailand 1935; G. Monaldi, 
G. D., Turin 1938; G. Zavadini, G. D., Vicende della 
sua vita artistica et catalogo delle musiche su docu- 
menti inediti, Bergamo 1941 ; ders., D., Vita, Musiche, 
Epistolario, Bergamo 1948; A. Fraccaroli, D., Mai- 
land 1944; A. Einstein, Music in the Romantic Era, 
NY u. London 1947, deutsch ab: Die Romantik in 
d. Musik, München (1950); G. Barblan, L’opera di 
D., Bergamo 1948; O. Tiby, Una stagione lirica di 
125 anni fa. G. D. a Palermo, Rom 1951; Fr. Wal- 
ker, D., Verdi and Mme Appiani, ML X5ÖCII, 1951 ; 
Fr. Schützer, L’ereditä di G. D., in: Quademi del- 
l’Accad. Chigiana XX, 1954. 

Donostia, Padre Josd Antonio de (eigentlich 
Jose Gonzalo Zulaica y Arregui, D. ist sein Ördens- 
namc), * 10. 1. 1886 zu San Sebastian, f 30. 8. 1956 
zu Lecdroz; baskischer Komponist und Volkslied- 
sammlcr, erzogen im Colegio der Padres Capuchi- 
nos von Lecdroz, trat mit 16 Jahren in den Kapu- 
zinerorden ein und wurde Lehrer und Organist am 
Colegio. Seine Vortragstätigkeit und die Arbeit 
für das katholische Theater führten ihn nach Barce- 
lona, Madrid und Paris. Wegen des Bürgerkriegs 
ging er 1936 nach Toulouse, lebte 1939-40 m 
Paris, 1941-43 ab Organist und Chorleiter in 
Bayonne. Mit der Gründung des Instituto Espanol 
de Musicologfa in Barcelona (1943) wurde er zum 
Leiter der folkloristischen Abteilung berufen. Von 
seinen Kompositionen sind vor allem Gesänge und 
Chöre bekanntgeworden sowie: Preludios vascos 
für KL (4 Hefte, 1912-23); die Bühnenwerke Les 
Trois Miracles de Sainte Cidle (1920), La Vie 
Profonde de Saint Frangois (1926), Socorri (1935), Le 


413 



Donovan 


Noel de Greecio (1936, alle für Chor und Orch.) und 
La Q uite heroique du Graal (1938, für 4 Ondes 
Marthenot und Kl.); Requiem für 4st. Chor und 
Org. (1945). Seine wichtigeren Schriften zur baski- 
schen Musik sind: La tnüsica populär vasca (Bilbao 
1918), Euskel Eres-Sorta (Bilbao 1922; Sammlung 
von 493 Liedern), Essai d'une Bibliographie musicale 
populaire basque (Bayonne 1932), Musica y Müsicos 
en el Pots Vasco (San Sebastian 1951), El » Motu 
Proprio « y la Cancidn populär religiosa (San Se- 
bastian 1954), Euskal-Erriko otoitzak (San Se- 
bastian 1956), Aufsätze im Anuario MusicaL 1953 
gab er heraus: Müsica de Tecla en el Pats Vasco. 

Lit. : P. J. de Riezu, Vida, obra y semblanza espiritual 
del P. J. A. de D. Capuchino, Boletin oficial de la 
provintia capuchina de Navarra... LXV, 1956, 
separat Pamplona 1956. 

Donovan (d'onovam), Richard, * 29. 11. 1891 zu 
New Haven (Connecticut); amerikanischer Kom- 
ponist, erhielt seine musikalische Ausbildung an 
der Yale School o£ Music und dem Institute o£ 
Musical Art in New York. 1920-23 war er Musik- 
direktor der Taft School, gehörte 1923-28 der 
Fakultät des Smith College an und kam 1928 zur 
Yale School of Music, wo er Komposition, Or- 
chestrierung und Dirigieren lehrt. Er leitete Chöre, 
dirigierte das New Haven Symphony Orchestra 
und wirkt als Organist an Christ Church. D. 
schrieb Orchesterwerke, so eine symphonische 
Dichtung Smoke and Steel (1932), eine Kammer- 
symphonie (1936), Symphonie in D (1956) ; Kam- 
mermusik, darunter Serenade für Ob., V., Va und 
Vc, Terzetto für 2 V. und Va, Quartett für Holz- 
bläser, Soundings für Trp., Fag. und Schlagzeug, 
ferner Klavierwerke und Lieder (Five Elizabethan 
Lyrics für hohe Stimme und Streichquartett, 1957). 
Lit: A. Frankenstein, R. D., in: Bull, of American 
Composers Alliance V, 4, 1956 (mit Werkverz.). 

Dont, Jakob, * 2. 3. 1815 und f 17. 11. 1888 zu 
Wien; österreichischer Violinlehrer und Kompo- 
nist, Sohn des Cellisten Josef Valentin D. (* 15. 4. 
1776 zu Georeenthal in Böhmen, f 14. 12. 1833 zu 
Wien), besuchte das Konservatorium in Wien als 
Schüler von Joseph Böhm und Hellmesb erger 
(Vater) und trat 1831 ins Orchester des Hofburg- 
theaters und 1834 in die Hofkapelle ein. Er schrieb 
über 50 Werke für sein Instrument, von denen die 
Etüden (gesammelt als Gradus ad Pamassum ), vor 
allem die 24 Etüden und Capricen op. 35 sowie die 
24 Vorübungen für Kreutzer und Rode op. 37, 
noch heute em hohes Ansehen genießen. Pädago- 
gisch wirkte D. am Pädagogium bei St. Anna und 
ab 1873 am Konservatorium. 

Door, Anton, * 20. 6. 1833 und f 7. 11. 1919 zu 
Wien; österreichischer Pianist, Schüler von C. 
Czerny und S. Sechter, war nach erfolgreichen 
Konzertreisen 10 Jahre lang als Klavierle&er am 
Konservatorium in Moskau tätig und bekleidete 
1869-1901 eine Professur am Konservatorium der 
Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. 

Döpper, Cornelis, * 7.2. 1870 zu Stadskanaal 
bei Groningen, f 18. 9. 1939 zu Amsterdam; hol- 
ländischer Komponist und Dirigent, in der Haupt- 
sache Autodidakt, 1887-90 Schüler des Leipziger 
Konservatoriums. 1908-31 war er 2. Dirigent des 
Concertgebouw-Orkest in Amsterdam. Er schrieb 
die Opern: Die Blinde von CastellCuilli; Fridtjof; 

414 


Het Eerekruis (Amsterdam 1894); William Ratclijf 
(Weimar 1912); 7 Symphonien (Nr 3 Rembrandt, 
Nr 6 Amsterdam , Nr 7 Zuiderzee) und andere 
Orchesterwerke, Cellokonzert, Kammermusik 
(Streichquartett 1914), Violin- und Cdlosonaten, 
Chorwerke, Lieder und Klavierstücke. 

Doppler, Adolf, * 1. 5. 1850 und f 30. 11. 1906 
zu Graz; Österreichischer Musikpädagoge, war ab 
1878 Direktor einer eigenen Musikschule in Graz, 
auch Musikreferent und Komponist von Liedern, 
Männerchören, Klaviersonaten und der Oper Viel 
Lärm um Nichts (Leipzig 1806). 

Doppler, - 1) Albert Franz, * 16. 10. 1821 zu 
Lemberg, f 27. 7. 1883 zu Baden bei Wien; öster- 
reichischer Flötenvirtuose, wurde nach Konzert- 
reisen mit seinem jüngeren Bruder Karl 1. Flötist 
am Theater in Budapest, wo 1847 seine erste Oper 
Benyovsky aufgeführt wurde; 1849 folgten Ilka, 
Die beiden Husaren , weiterhin Wanda und Erzsdbet 
(mit seinem Bruder Karl und Franz Erkel). 1858 
wurde D. als 1. Flötist und 2. Ballettdirigent an die 
Hofoper nach Wien gezogen, avancierte später 
zum 1. Ballettdirigenten und 1865 zum Lehrer des 
Flötenspiels am Konservatorium. Außer den be- 
reits genannten Opern, 15 Balletten, Orchester- 
werken und mehreren Flötenkonzerten schrieb er 
1870 eine deutsche Oper Judith für Wien. - 
2) Karl, * 12. 9. 1825 zu Lemberg, f 10. 3. 1900 
zu Stuttgart, ebenfalls Flötenvirtuose, Bruder des 
vorigen, war Musikdirektor am Landestheater in 
Budapest und 1865-98 Hofkapellmeister in Stutt- 
gart. Außer Flötenstücken schrieb auch er mehrere 
ungarische Opera und Musik zu ungarischen 
Volksstücken. - 3) Arpad, * 5. 6. 1857 zu Buda- 
pest, f 13. 8. 1927 zu Stuttgart, Sohn von Karl D., 
Schüler und später auch Lehrer am Stuttgarter 
Konservatorium, daneben 1889 auch Chordirektor 
an der Hofoper, 1880-83 Lehrer am Grand Con- 
servatory in New York, Komponist von Orche- 
sterwerken, Liedern und Chorliedem. 

Dprati, Antal, * 9. 4. 1906 zu Budapest; ameri- 
kanischer Dirigent und Komponist, ging aus der 
Budapester Musikakademie hervor, an der er bei 
Bartok, Kodily, Sz£kely und Weiner Klavier, 
Komposition und Dirigieren studierte. 1924 debü- 
tierte er als Opemdirigent in Budapest. 1933 emi- 
grierte er nach Frankreich, wo er Leiter des Russi- 
schen Balletts in Monte Carlo wurde, und siedelte 
1938 über Australien (Sender ABC Sydney) nach 
den USA über. Dort war er bis 1945 als Opern- und 
Ballettdirigent in New York tätig, 1945-49 Leiter 
des Dallas Symphony Orchestra und betreut seit- 
dem als musikalischer Direktor das Minneapolis 
Symphony Orchestra. Als Komponist legteer u. a. 
eine Kreuzzugs-Kantate (nach Claudel), eine Sym- 
phonie, ein Cellokonzert und Kammermusik vor. 

Dor^ti, Nicolo, * um 1513 und f 1593 zu Lucca; 
italie n ischer Komponist, war von 1557 bis min- 
destens 1579 städtischer Kapellmeister in Lucca, gab 
zu Venedig heraus: ein Buch 6st. (1579), 4 Bücher 
5st. (1549, 1559, 1561, 1567) und rin Buch 4st. 
Madrigale (1571, Stanzen der Vittoria Colonna). 

Doret (dar's), Gustave, * 20. 9. 1866 zu Aigie 
(Waadtland), j* 19. 4. 1943 zu Lausanne; Schweizer 
Dirigent und Komponist, studierte in Lausann e 



Domei 


Medizin, dann Violine bei Joachim in Berlin und 
Marsick in Paris sowie Komposition unter Dubois 
und Massenet am Pariser Conservatoire, war auch 
Schüler von Saint-Saens. 1891 wurde in Lausanne 
seine Kantate Voix de la patrie aufgeführt. D. war 
1893-95 2. Dirigent der Concerts Harcourt, orga- 
nisierte 1893-94 mit Ch. Bordes historische Kon- 
zerte und wurde Nachfolger von Gabriel Marie als 
Orchesterchef der Societe nationale de musique, 
in der er am 23. 12. 1894 mit großem Erfolg die 
Uraufführung von Debussys »Prelude a PAprfcs- 
midi d*un faune« leitete, war auch ab 1907 Dirigent 
an der Opera Comique. 1914 kehrte er in die 
Schweiz zurück und lebte seitdem an verschiede- 
nen Orten des Waadtlands, zuletzt im Schloß 
Lutry. Er war ein eifriger Vorkämpfer einer spe- 
ziell schweizerischen Musikkultur. Als Komponist 
trat er hervor mit den Opern En prison (1892), 
Maedeli (1901), Les Armaillis (1906, umgearbeitet 
1913), Le Nain du Hasli (1908), Loys (1911), Nhine 
(Ms.) und La tisseuse <LOrties (1926); Musik zu 
Julius Cäsar und zu mehreren Dramen von R. Mo- 
rax: Henriette (1908), Alidnor (1910), La Nuit des 
Quatre-Temps (1912), Teil (1914), Davel (1923), 
La terre et Veau (1933), La servante cTEvolhie (1937) ; 
einem Oratorium Les sept paroles du Christ (1895) ; 
einer protestantischen Liturgie für Soli, Chor und 
Org., einer Missa Dona nobis pacem für Chor 
a cappella (1940), Festspielmusiken, einer Suite 
Tessinoise für Orch., einem Streichauartett, einem 
Klavierquintett, vielen Liedern und Chören. Bü- 
cher: Musique et musiciens (Lausanne-Paris 1915); 
Lettres ä ma nxkce sur la musique en Suisse (Genf und 
Paris 1919); Pour notre indipendance musicale (Genf 
19191; La musique en Suisse romande (Lausanne 
1930); Temps et contretemps (Erinnerungen, Frei- 
burg/Schweiz 1942). 

Lit: J. Dup&uer, G. D., Lausanne-Paris 1932, mit 
Werkverz. ; V. Vincent, Le Thäätre du Jorat, Neuen- 
burg 1933; W. Tappolet, G. D., SMZ LXXXIII, 
1943. 

Dorian (d'orjaen), Frederick (eigentlich Friede 
rieh Deutsch), * 1. 7. 1902 zu Wien; amerikani- 
scher Musikforscher, studierte Musik an der öster- 
reichischen Staatsakademie und amAmold-Schoen- 
berg-Seminar in Wien, privat bei A. Webern und 
E. Steuermann, Musikwissenschaft an der Uni- 
versität Wien (Adler), promovierte 1925 mit einer 
Arbeit über Die Fugenarbeit in den Werken Beetho- 
vens (StMw XTV, = Fs. zur Beethoven-Zentenar- 
feier, Wien 1927). Zunächst Kapellmeister und 
Chorleiter, war D. 1930-33 Musikkritiker der 
Berliner Morgenpost und ist seit 1936 Musiklehrer 
(1948 Professor) am Carnegie Institute of Techno- 
logy in Pittsburgh (USA). Veröffentlichungen : 
T ne History of Music in Performance (New York 
1942), The Musical Workshop (New York 1947, 
London 1947). 

Dom, - 1) Heinrich Ludwig Egmont, * 14. 11. 
1804 zu Königsberg, f 10. 1. 1ö92 zu Berlin; deut- 
scher Dirigent, Musikschriftsteller und Kompo- 
nist, studierte Jura, obgleich die Wahl der Musik 
als Lebensberuf bereits teststand. Nach einer länge- 
ren Reise ließ er sich in Berlin nieder und wurde 
Schüler von L. Berger (Klavier), Zelter und B. 
Klein. Nach kurzer Tätigkeit als Musiklehrer in 
Frankfurt am Main begann er seine Laufbahn als 


Kapellmeister 1828 in Königsberg, kam von da 
1829 nach Leipzig an das Hoftheater, 1832 als 
Stellvertreter von Krebs nach Hamburg und kurz 
darauf nach Riga, wo er zugleich das Amt eines 
Kirchenmusikdirektors verwaltete und eine aus- 
gedehnte Tätigkeit als Lehrer entfaltete. 1843 
wurde er nach Köln als Kapellmeister des Stadt- 
theaters und Städtischer Musikdirektor berufen, 
gründete dort 1845 eine Musikschule, aus der 1850 
das Konservatorium hervorging, dirigierte die 
Niederrheinischen Musikfeste von 1844 und 1847 
und wurde endlich 1849 als Nachfolger Nicolais 
Hofopemkapellmeister in Berlin (bis zu seiner 
Pensionierung 1869) und später Mitglied der Aka- 
demie der Künste. D. schrieb die Opern: Die Ro- 
landsknappen (Berlin 1826), Der Zauberer und das 
Ungetüm (Berlin 1827), Die Bettlerin (Königsberg 
1828), Abu Kara (Leipzig 1831), Der Schöffe von 
Paris und Das Banner von England (Riga 1838 und 
1841), Die Nibelungen (Berlin 1854), Ein Tag in 
Rußland (Berlin 1856), Der Botenläufer von Pirna 
(1865), die Operette Gewitter bei Sonnenschein 
(Dresden 1865) und das Ballett Amors Macht (Leip- 
zig 1830). Sehr verbreitet waren seine Lieder, be- 
sonders die humoristischen; auch schrieb er Or- 
chester- und Klavierstücke. D. war lange Jahre als 
Kritiker für die »Neue Berliner Musikzeitung« und 
die »Post« tätig; auch veröffentlichte er in 7 Bän- 
den autobiographische Skizzen und gesammelte 
Aufsätze: Aus meinem Leben perlin 1870-86). D. 
war, trotz gemeinsamer Tätigkeit in Riga, einer 
der absprechendsten Gegner Wagners in Berlin. - 
2) Alexander Julius Paul, * 8. 6. 1833 zu Riga, 
1 27. 11. 1901 zu Berlin, Sohn von H. D., war zu- 
nächst als Musiklehrer und Vereinsdirigent, ab 
1869 als Klavierlehrer an der Königlichen Hoch- 
schule in Berlin tätig. Er schrieb 3 Messen, Chor- 
und Orchesterwerke, Klavierkonzerte, Klavier- 
stücke und Lieder. - 3) Otto, * 7. 9. 1848 zu Köln, 
8. 11. 1931 zu Wiesbaden, Sohn von H. D., 
chüler des Stemschen Konservatoriums, reiste als 
Stipendiat der Meyerbeerstiftung in Frankreich 
und Italien und lebte ab 1884 als Kritiker in Wies- 
baden. Werke: Opern Afiraja (Gotha 1891), Näro- 
dal (Kassel 1901) und Die schone Müllerin (Kassel 
1906), Orchesterwerke (Symphonie Prometheus), 
Klavierkompositionen und Lieder. 

Lit: A. Rauh, H.D. als Opemkomponist, Diss. 
München 1939. 

Domei, Antoine, * um 1685, f 1765 zu Paris; 
französischer Organist, der in Paris 1706 (im Wett- 
bewerb mit Rameau) die Organistenstelle an 
Sainte-Madeleine-en-la-Citd erhielt. 1716 wurde er 
Stellvertreter, 1719 Nachfolger Raisons an Sainto- 
Genevifcve. Als Maitre de musique der Acaddmie 
Fran^aise hatte er 1725-42 für deren jährliche Fest- 
sitzung Motets zu komponieren. Diese sind nicht 
erhalten, dagegen kennt man von D.: Airs sirieux 
et ä boire ; Livre de Symphonies en trio (Paris 1709); 
Sonates ä violon seul et suites pour la flüte traversiere 
avec la hasse op. 2 (Paris 1711); Triosonaten op. 3 
(Paris 1713); P&ces de clavecin (Paris 1731); Le tour 
du clavier sur tous les Ums (Paris 1745); handschrift- 
lich eine Kantate Les Caracthes de la musique und 
Orgelstücke. 

Lit: L. de La Laurencie, L’Ecole fr$. de violon I, 
Paris 1922; N. Dufourcq, La musique d’orgue frg., 
Paris 1941, 21949. 


415 



Dorumsgaard 


Dorumsgaard (d'orumsga:rd), Arne, * 7. 12. 
1921 zu Glemmen (Norwegen); norwegischer 
Komponist, lebt in Paris. Er erhielt seine musika- 
lische Ausbildung in Norwegen und Paris, wirkt 
heute als freischaffender Komponist, Musikschrift- 
steller, Sänger und Dichter. Nur vorübergehend 
(1942-46) war er als Lehrer für Harmonielehre und 
als Musikkritiker (1945/46) tätig. Er schrieb meh- 
rere Liedersammlungen und befaßte sich später 
vorwiegend mit der Herausgabe von Volksweisen 
und Liedern des 12. bis 18. Jh., die er mit Klavier- 
begleitungen versah. 

Dorus, Vincent Joseph Steenkiste. 

Doß, Adolf von, SJ, * 10. 9. 1825 zu Pfarrkir- 
chen (Niederbayem), f 13. 8. 1886 zu Rom; deut- 
scher Komponist, studierte in München, trat 1843 
in den Jesuitenorden ein und wirkte in Münster, 
Bonn, Mainz, Lüttich und Rom. D. schrieb neben 
einigen Opern fast ausschließlich kirchenmusika- 
lische oder geistliche Werke: Messen, Kantaten, 
Oratorien, Heinere Chorkompositionen und Lie- 
der. Alle seine Kompositionen werden im College 
St-Servais zu Lüttich aufbewahrt. 

Lit.: O. Pfülf, Erinnerungen an P. A. v. D., Freiburg 
1888; J. Ilias, Un Jdsuite musicien: Ie P&re de D., 
Lüttich 1938. 

Dostal, Nico, * 27. 11. 1895 zu Komeuburg 
(Niederösterreidi) ; österreichischer Komponist, 
war zunächst Kirchenmusiker, dann Theaterka- 
pellmeister in Innsbruck, Salzburg und Berlin, wo 
er 1933 mit Clivia seinen ersten Operettenerfolg 
hatte. Von seinen späteren Stücken erfreuen sich 
Monika (Stuttgart 1937), Die ungarische Hochzeit 
(Stuttgart 1939;, Martina (Berlin 1942) und Doktor 
Eisenbart (Nürnberg 1952) besonderer Beliebtheit. 

D^tzauer,- 1) Justus Johann Friedrich, * 20. 
1. 1783 zu Häselrieth bei Hildburghausen, f 6. 3. 
1860 zu Dresden; deutscher Cellist, 1801-05 Mit- 
glied der Meininger Hofkapelle, studierte ab 1806 
noch in Berlin B. Rombergs Spielweise und wurde 
1811 in der Hofkapelle zu Dresden angestellt, 1821 
1. Cellist und blieb dort auch nach seiner 1852 er- 
folgten Pensionierung. K. Schubert und K. Drechs- 
ler gehören zu seinen Schülern. Die Celloliteratur 
verdankt ihm Konzerte (Doppelkonzert für 2 Vc. 
op. 85), Variationenwerke, Duette und eine noch 
heute sehr geschätzte Celloschule; außerdem 
schrieb er Symphonien, Ouvertüren, Messen und 
eine Oper Graziosa . Seine Söhne sind: - 2) Justus 
Bernhard Friedrich, * 12. 5. 1808 zu Leipzig, 
f 30. 11. 1874 zu Hamburg als Klavierlehrer, und 
- 3) Karl Ludwig (Louis), * 7. 12. 1811 zu Dres- 
den, f 1. 7. 1897 zu Kassel, Schüler seines Vaters, 
1830-97 1. Cellist der Hof kapelle in KasseL 

Doubrava, Jaroslav, * 25. 4. 1909 zu Chrudim 
(Böhmen); tschechoslowakischer Komponist, stu- 
dierte in Prag Violine, Gesang und Komposition 
(JeremiäS, 1931-37), war 1931-45 als Musüdehrer, 
1945-55 beim tschechoslowakischen Rundfunk in 
Prag tätig und wirkt heute als freischaffender Kom- 
ponist. Er schrieb eine Oper Sommemachtstraum 
(nach Shakespeare, 1948), die Ballette König Lawra 
(1951) und Don Quijote (1955), Suiten aus den ge- 
nannten Balletten, 2 Symphonien, eine Violm- 
sonate, eine Sonate für Solovioline, Klaviermusik, 
Chöre und Lieder. 


Douel (du'sl), Jean, * 21. 9. 1906 zu Paris; fran- 
zösischer Musiktheoretiker, Sohn des Musik- 
schriftstellers Martial D. (1874—1952, Mitarbeiter 
der Revue musicale, Pseudonym: Pierre Soccane). 
Jean D. war Schüler von Alexandre-Georges, H. 
Libert und Rhene-Baton, Theorielehrer an der 
Schola Cantorum, am Conservatoire International 
de Musique und an der Ecole Normale de Musique 
und wurde 1946 Direktor des Conservatoire Na- 
tional de Musique et d’Art Dramatique in Saint- 
Etienne (Loire). Er entwarf ein eigenes System der 
allgemeinen Musikerziehung auf psychologischer 
Grundlage, das er in einigen Schriften erläuterte: 
Essai de pidagologie musicale; Pricis d’harmonie ex- 
perimentale; Tratte pratique de rialisation harmonique; 
Traiti ilimentaire de contrepoint comparL 

Douglas (d'Aglaez), Robert; schottischer Kom- 
ponist aus der 1. Hälfte des 16. Jh., von dem Mo- 
tetten und eine Messe in einem Antiphonarium 
Ecclesiae Dunkeldensis erhalten sind. 

Lit.: J. A. Füller Maitland, Some Early Scotch 
Composers, Musical Antiquary XI, 1919/20; H. G. 
Farmer, A Hist, of Music in Scotland, London 1947. 

Dounias, Minos, * 26. 9. 1900 zu Cetate (Ru- 
mänien) von griechischen Eltern; griechischer Mu- 
sikpädagoge, studierte 1921-25 Violine an der 
Berliner Hochschule für Musik (Kulenkampff), 
1925-32 Musikwissenschaft an der Universität 
Berlin (H. Abert, Schering), promovierte 1932 mit 
einer Arbeit über Die Violinkonzerte Giuseppe Tor - 
tinis (Wolfenbüttel, Berlin 1935). Seit 1935 ist er 
Musikprofessor am Pierce College und seit 1936 
am Athens College in Athen, seit 1949 auch Mu- 
sikkritiker an der führenden Athener Zeitung 
»Kathimerini«. Er war 1946-52 Leiter des Athener 
Musikkreises und 1937-40 Musikkritiker der Zeit- 
schrift »Neohellenika Grammata«. 


Dourlen (durTs), Victor Charles Paul, * 3. 11. 
1780 zu Dünkirchen, f 8. 1. 1864 zu Les Batignol- 
les bei Paris; französischer Komponist, Schüler des 
Pariser Conservatoire, gewann 1805 den Prix de 
Rome, nachdem er schon 1800 Repetitor einer Ele- 
mentargesangsklasse geworden war, erhielt 1812 
die Ernennung zum Hilfsprofessor der Harmonie 
und 1816 die ordentliche Lehrerstelle, die er bis zu 
seiner Pensionierung 1842 innehatte. D. hat meh- 
rere kleine Opern für das Feydeau-Theater, ein 
Klavierkonzert und einige Kammermusikwerke 
(Klavier-, Violin-, Flötensonaten, Trio) veröffent- 
licht und seine an Catd anlehnende Harmonie- 
Lehrmethode in den Principes d'harmonie (Paris 
o.J.), einem Traiti d'harmonie (Paris 1834) und 
Traiti (Taccompagnement (Paris 1840) niedergelegt. 
Lit.: J. Carlier, V. D., Dünkirchen 1864. 


DouSa (d'u:Ja), Karel, * 28. 1. 1876 zu Zlonice 
(Böhmen), f 3. 4. 1944 zu Prag; tschechischer 
Komponist, absolvierte das Prager Konservato- 
rium, war nach einer Tätigkeit als Musiklehrer 

Orgelspiels am Prager Staatichen Konservatmium 
und Kapellmeister des St.-V eits-Domes in Prag. 
Er komponierte zahlreiche Kirchenmusikwerke, 
daneben aber auch Orchester- und Klavierstücke, 
Chöre und Lieder. 


Dow (do:), Daniel, * 1732 zu Perthshire, f 20. 1. 
1783 zu Edinburgh; schottischer Musikpädagoge, 


416 



Draber 


lebte ab 1765 in Edinburgh und gab 2 Samm- 
lungen alter schottischer Melodien (Ports, Salu- 
tations, Pibrochs, Reels, Strathspeys) heraus (dar- 
unter viele selbstkomponierte). 

Dowell, Edward Mac Mac Dowell. 

Dowland (d'aulaend), John, * Dezember 1562 zu 
Dalkey in der Nähe von Dublin, f 21. 1. 1626 zu 
London; englischer Komponist und Lautenist, 
stand 1579-84 im Dienste des englischen Gesandten 
zu Paris, kehrte dann nach England zurück und 
promovierte 1588 in Oxford zum Baccalaureus der 
Musik, weilte 1594-95 am Wolfenbütteier und 
Kasseler Hofe sowie in Venedig und Florenz und 
war, nach erneutem Aufenthalt in London (1597 
Mus. D. Cambridge), 1598—1606 in Dänemark als 
Königlicher Kammerlautenist, danach wieder in 
London als Lautenist des Lord Waiden und 1612 
einer der sechs Königlichen Lautenisten. Die von 
Th. East 1592 veröffentlichten 4st. Psalmen sind 
teilweise von ihm gesetzt; sein Hauptwerk ist aber 
eine große Sammlung 4st. Gesänge in Partitur 
nebst Lautenarrangement, deren erster Teil 1597 
erschien (The first booke of Songes or Ayres . . . ; 1600, 
1606, 1608 und 1613 neu aufgelegt); der zweite 
Teil kam 1600, der dritte 1603 heraus. 1605 publi- 
zierte er: Lachrymae, or seven Teares figured in seven 
passionate Pavans (für Laute und Violen oder Violi- 
nen, 5st.). Auch gab er noch heraus: A Pilgrims 
Solace (3-5st. mit Instr., 1612). D. übersetzte Or- 
nithoparchs Micrologus ins Englische (London 
1609). Kompositionen D.s finden sich in vielen 
Lautenwerken zu Anfang des 17. Jh. (so bei Bar- 
ley, Rüde, Hove, Fuhrmann, Besardus). Er ist einer 
der größten Musiker Englands, ausgezeichnet 
durch den Wohllaut, die Anmut und die feine 
Satztechnik seiner Werke. 

Ausg.: die Lieder d. 3 Slgen v. 1597, 1600 u. 1603, 
aus A Pilgrims Solace u. aus Robert D.s A Musicall 
Banquet, hrsg. v. E. H. Fellowes, in: The Engl. 
School of Lutenist Song Writers I, II, V, VI, X-XII 

u. XIV, London 1920-24; das First Book of Songes 
als: Altengl. Madrigale zur Laute, hrsg. v. H. D. 
Bruoer, Bin u. Lpz. 1923; dass, als: The Ayres, in 
Einzel-H. hrsg. v. Ch. K. Scott, London 1939; 10 
4sL Ayres u. Flow my tears (2 St u. Laute), hrsg. v. 
dems., Euterpe H. 12-22, London (1929, auch Eu- 
terpe Bd III, V, VII, X, XII, XHI, London 1906-12); 
Ayres for four v., übertragen v. E. H. Fellowes, hrsg. 

v. Th. Dart u. N. Fortune, Mus. BriL VI; 7 Hymn- 
tunes, hrsg. v. E. H. Fellowes, London 1934; 2 Ayres, 
Davison-Apel Anth. I, 163. - J. D.s Solostücke f. 
d. Laute, hrsg. v. H. D. Bruger, Bin u. Lpz. 1923; 
Lachrymae or seven teares . . hrsg. v. P. Warlock, 
London 1927; dies., hrsg. v. F. J. Giesbert, NMA 
CLXXIII; 2 Stücke, hrsg. v. M. H. Glyn in: Thirty 
Virginal Pieces, London (1927); 5 Stücke f. 5 Strei- 
cher, hrsg. W. Pudelko, Kassel o. J. 

LiL : E. H. Fellowes, The EngL Madrigal Composers, 
London 1921, 21948; ders., The Songs of J. D., Proc. 
Mus. Ass. LVI, 1929/30; W. H. Grattan Flood, Irish 
Ancestry . . ., ML III, 1922; R.J. Manning, La- 
chrymae: a Study of J. D., ML XXV, 1944; J. 
Handschin, Mg. im Überblick, Luzern (1948), S. 269 ; 
O. H. Mies, D.’s Lachrymae Tune, MD IV, 1950; 
D. Poulton, The Lute Music of J. D., in: The Con- 
sort VIII, 1936; ders., D.’s Songs and their Instru- 
mental Fonns, MMR LXXXI, 1951. 

Dowland (d'aulaend), Robert, * 1588, f vor dem 
1. 12. 1641 zu London, Sohn von John D., gleiche 
falls hervorragender Lautenspieler, wurde 1626 


Nachfolger seines Vaters am englischen Hofe, gab 
1610 zwei Lautenwerke heraus: A Musicall Banquet 
und Varietie ofLute-Lessons; letzterem Werke sind 
instruktive Bemerkungen über das Lautenspiel von 
J. B. Besard und John D. beigegeben. 

Ausg. : ein 4sL Ayre, hrsg. Ch. K. Scott, Euterpe 
XIII, London (1912; 1929 als Euterpe H. 23). 

Lit: W. Barclay Squire, R. D.'s Musicall Banquet, 
1610, in: Musical Antiquary I, 1909/10. 

Downes (dauns), Edwin Olin, * 27. 1. 1886 zu 
Evanston (Illinois), f 22. 8. 1955 zu New York; 
amerikanischer Munkkritiker und -Schriftsteller, 
war nach Musikstudien 1906-24 Kritiker der »Bo- 
ston Post«, danach 1. Musikkritiker der »New York 
Times«. D. hielt auch Vorlesungen über die Oper 
an der Boston University. Von seinen Büchern 
seien genannt: TheLure of Music (New York 1918), 
Symphonie Broaäcasts (New York 1931), Symphonie 
Master pieces ( 2 1935). Er gab heraus Select Songs of 
Russian Composers und bearbeitete mit Elie Sieg- 
meister A Treasury of American Song (1940). 

Doyen (düaj'e), Albert, * 3.4.1882 zu Ven- 
dresse (Ardennen), f 22. 10. 1935 zu Paris; franzö- 
sischer Komponist, war in Paris Orgelschüler 
Widors und beteiligte sich an G. Charpentiers 
Volksmusikschule »Mimi Pinson«. Als Mitarbeiter 
der Zeitschrift »L’Art dramatique« und ab 1918 als 
Gründer und Leiter der Fites du Peuple , für die er 
auch eine Reihe von Chorwerken schrieb und be- 
arbeitete, wirkte D. für eine volkstümliche Musik- 
pflege. Hauptwerke: Oper Ahasverus (1903-33); 
Chorwerke Le Triotnphe de laUberti (1913), Chant 
de midi (1918), Les Voix du vieux monde (1925-29). 
LiL: R. Dumesnil, Portraits de musiciens fr?., Paris 
1938; G. Samazeuilh, Musiciens de mon temps, 
Paris 1947; P. Bertrand, Le monde de la musique, 
Genf 1947. 

D’Oyly Carte, Richard, * 3. 5. 1844 und f 2. 4. 
1901 zu London; englischer Impresario, der auch 
selbst einige Operetten und Lieder komponierte. 
1875 gab er bei w . S. Gilbert und A. Sullivan eine 
Operette Trial by Jury in Auftrag, deren Erfolg ihn 
ermutigte, im folgenden Jahre eigens für die Gil- 
bert-Sullivanschen Operetten die Comedy Opera 
Company zu gründen. Ab 1881 fanden die Auffüh- 
rungen im Savoy Theatre statt, von dem die ganze 
Gattung den Namen Savoy Opera trägt. D’O. 
baute 1891 das New English Opera House und er- 
öffhete es mit Sullivans einziger ernster Oper 
Ivanhoe , verkaufte es jedoch nach wenigen Mona- 
ten an ein Varidtd-Untemehmen. 

Lit.: S. J. A. Fitzgerald, The Story of the Savoy 
Theatre, London 1924; F. Cellter u. C. Bridgeman, 
Gübert, Sullivan and D’O., London 21927; H. Pear- 
son, Gilbert & Sullivan, London 1935. 

Draber, Hermann Wilhelm, * 20. 9. 1878 zu 
Niederleppersdorf (Schlesien), f 1942 zu Winter- 
thur; deutscher Musikschriftsteller, wirkte nach 
Musikstudien in Breslau, Köln und bei Busoni als 
Musikreferent 1903-09 in London, ab 1910 in Ber- 
lin. Er war (mit O. Fried und O. Schwalm) Mit- 
gründer des Blüthnerorchesters in Berlin (1909). 
1920-25 leitete er die Internationalen Festspiele in 
Zürich und lebte ab 1927 als Musikreferent und 
-schriftsteiler in der Schweiz. In deutscher Über- 
setzung veröffentlichte er die Flötensdiule von 
Taffanel und Gaubert (Paris 1928). 


27 


417 



Dräger 


Dräger, Hans-Heinz, * 6. 12. 1909 zu Stral- 
sund; deutscher Musikforscher, studierte ab 1931 
Musikwissenschaft an der Universität Berlin und 
promovierte 1937 mit einer Arbeit über Die Ent- 
wicklung des Streichbogens und seine Anwendung in 
Europa (Kassel 1937). Im gleichen Jahr wurde er 
Assistent an der Historischen Abteilung des Staat- 
lichen Instituts für Deutsche Musikforschung in 
Berlin, 1938 Assistent am Berliner Musikinstru- 
mentenmuseum, dessen kommissarische Leitung er 
1939 über nahm, hielt 1939 Vorlesungen über In- 
strumentenkunde an der Hochschule für Musik 
Berlin. 1946 habilitierte er sich in Kiel, wurde 1947 
Dozent und Professor an der Universität Greifs- 
wald, übernahm daneben 1948 eine Vertretung an 
der Universität Rostock, vertrat ab 1949 die Syste- 
matische Musikwissenschaft an der Humboldt- 
Universität Berlin und ist seit 1953 in gleicher 
Eigenschaft an der Freien Universität Berlin tätig. 
Veröffentlichungen : Führer durch das Berliner Mu- 
sikinstrumentenmuseum (mit A. Ganse und K. Rein- 
hard, Berlin 1939), Anschlagsmöglichkeiten beim 
Cembalo (AfMf VI, 1941), Prinzip einer Systematik 
der Musikinstrumente (Kassel 1948), Der heutige 
Bach-Hörer und die gleichschwebende Temperatur (in: 
Bach-Probleme, Leipzig 1950), Zur mitteltönigen 
und gleichschwebenden Temperatur (in: Bericht über 
die wissenschaftliche Bachtagung Leipzig 1950, 
Leipzig 1951), Begriff des Tonkörpers (AfMw IX, 
1952), Das Instrument als Träger und Ausdruck des 
musikalischen Bewußtseins (Kongreß-Bericht Bam- 
berg 1953, Kassel 1954), Zur Frage des Wort-Ton - 
Verhältnisses im Hinblick auf Schuberts Strophenlied 
(AfMw XI, 1954), Abschnitt Musikwissenschaft in: 
Universitas Iitterarum, Handbuch der Wissen- 
schaftskunde (Berlin 1955), Die Bedeutung der 
Sprachmelodie (Kongreß-Bericht Hamburg 1956). 

Draeger, Walter, * 14. 12. 1888 zu Batzlow 
(Brandenburg); deutscher Komponist, betrieb zu- 
nächst historische und sprachwissenschaftliche Stu- 
dien an den Universitäten Berlin, Paris, Grenoble 
und war nach Staatsexamen und Promotion bis 
1945 als Philologe an Berliner Schulen tätig. Kom- 
positionsstudien betrieb er in Berlin bei O. Taub- 
mann und Fr. Schreker. Seine Kompositionen blie- 
ben meist unauf geführt und gingen im Krieg ver- 
loren. Erst nach Quittierung des Schuldienstes 
wirkte er kompositorisch und musikerzieherisch 
in der öffendicnkeit, übernahm 1948 eine Kom- 
positionsklasse am Konservatorium in Quedlin- 
burg, 1952 an der Hochschule für Musik in Halle 
und ist seit 1955 Kompositions-Professor an der 
Franz-Liszt-Hochschulc in W eimar . Dr. bezeich- 
net seine Musik als dem Stil von Carl Orff ver- 
wandt. Kompositionen: Sinfonietta für Saiten- 
instrumente (2 KL, 2 Harfen, Streicher), Violin- 
konzert, Cellokonzert, je ein Konzert für ein und 
2 KL, Bauemlegenden für Mannerchor, Solostimme 
und Bläser, Schäferliederzyklus Deris und Dämon für 
S., Solo-Ob. und Orch., ferner 2 Streichquartette, 
ein Bläserquintett und Quedlinburger Klavierbuch . 

Draeseke, Felix August Bernhard, * 7. 10. 1835 
zu Coburg, f 26. 2. 1913 zu Dresden; deutscher 
Komponist, studierte 1852-55 am Leipziger Kon- 
servatorium bei J. Rietz Komposition, schrieb Kri- 
tiken für die NZfM und schloß sich dem Kreise um 


Liszt an (besonders Brendel und Bülow). 1855 
ging er nach Berlin, 1856 nach Dresden, war 1863 
bis 1874 Klavierlehrer am Konservatorium in Lau- 
sanne, 1875 als Klavierlehrer in Genf tätig. 1876 
kehrte er nach Dresden zurück, wo er 1884 als 
Nachfolger Wüllners Kompositionslehrer am 
Konservatorium wurde. Anerkennung in weiteren 
Kreisen blieb Dr. versagt, da er, der mit Werken 
neudeutscher Richtung begonnen hatte, im Laufe 
der Zeit einen sehr persönlichen neuklassizistischen 
Stil entwickelte und so in dem das Musikleben der 
Zeit beherrschenden Kampf zwischen die Parteien 
geriet. Auch zwang ihn ein sich steigerndes Gehör- 
leiden zu persönlicher Zurückhaltung. Dagegen 
entfesselte sein Aufsatz Die Konfusion in der Musik 
(gegen R. Strauss; Neue Musik-Zeitung XXVII, 
1906, auch separat Stuttgart 1906) eine heftige Po- 
lemik. Werke: Sonata quasi Fantasia Cis moll für 
KL op. 6 (1863-67); I. Symphonie Gdur op. 12 
(1869-72) ; Requiem Hmoll für Soli, Chor und 
Orch. op. 22 (1875-80); II. Symphonie F dur op. 
25 (1870-76); I. Streichquartett CmoU op. 27 
(1880) ; Adventlied (Fr. Rückert) für Soli, Chor und 
Orch. op. 30 (1871-75); II. Streichquartett E moll 
op. 35 (1886) ; Klavierkonzert Es dur op. 36 (1886) ; 
Klarinettensonate B dur op. 38 (1887); Osterszene 
(aus Goethes Faust) für Bar., Chor und Orch. 
op. 39 (1863-87) ; HI. Sinfonia tragica C moll op. 40 
(1886); Ouvertüre zu Calderöns Das Leben ein 
Traum op. 45 (1868-88); Quintett B dur für Hom, 
Streichtrio und KL op. 48 (1888) ; Orchestersere- 
nade D dur op. 49 (1888); Vorspiel zu Kleists 
Penthesilea op. 50 (1888); Cellosonate D dur op. 51 
(1890); Kantate Columbus (auf eigenen Text) für 
Soli, Mannerchor und Orch. op. 52 (1889) ; Große 
Messe Fis moll für Soli, Chor und Orch. op. 60 
(1891); Akademische Festouvertüre op. 63 (1889); 
Jubelouvertüre op. 65 (1898); UL Streichquartett 
Cis moll op. 66 (1895); Mysterium Christus in 
einem Vorspiel (Die Geburt des Herrn) und 3 Ora- 
torien (Christi Weihe , Christus der Prophet und Tod 
und Sieg des Herrn) op. 70-73 (1895-99); Streich- 
quintett F dur op. 77 (1901) ; Große Messe A moll 
für Chor a cappella op. 85 (1909) ; Requiem E moll 
für 5st. Chor (1910); IV. Sinfonia comica Emoll 
(1912); symphonische Dichtungen Julius Cäsar 
(1860), Frithjof (1859-65) und Thuner See (1903); 
Ouvertüre zu Grillparzers Der Traum ein Leben 
(1904); Festouvertüre (1862); Violinkonzert E moll 
(1881) ; Streichquintett A dur (mit Violotta ; 1897) ; 

2 Sonaten für Va alta und KL (C moll 1892 und 
F dur 1902); Lieder und Balladen, Chorwerke, 
Klavierstücke. Opern: König Sigurd (1853-57), 
Herrat (1877-79), Gudrun (1879-84), Bertram de 
Born (1892-94), Fischer und Kalif (1895), Merlin 
(1900-05), Der Waldschatzhauser (1876-82) ; Musik 
zu Kleists Hermannsschlacht (1860). Bücher: An- 
weisung zum kunstgerechten Modulieren (1875); Die 
Beseitigung des Tritonus (Leipzig 1880); Die Lehre 
von der Harmonia (inVersen, Leipzig 21886) ; Der ge- 
bundene Stil (2 Bände, Hannover 1902). Eine 
F.-Dr.-Gesellschaft wurde am 31. 5. 1931 in Dres- 
den gegründet; Vorsitzender war H. Stephani. 

Lit. : O. zur Nedden, Die Opern u. Oratorien F. Dr.s, 
Diss. Marburg 1925; E. Roeder, F. Dr. als Pro- 
grammusiker, Diss. Heidelberg 1926; ders., F. Dr., 

2 Bde, Dresden 1932 u. Bin 1937, mit Werkverz.; H. 
Stephani, F. Dr., ZfMw XVII, 1935. 


418 



Dranischnikow 


Draghi (dr'agi), - 1) Antonio, * 1635 zu Rimini, 
t 16. 1. 1700 zu Wien; italienischer Opern- und 
Oratorienkomponist, war um 1657 Bassist an der 
venezianischen Oper und ging 1658 nach Wien, zu- 
erst als Hofmusiker der Kaiserinwitwe Eleonore, 
wurde jedoch 1669 Kapellmeister, 1673 Intendente 
delle Musiche teatrali des Kaisers Leopold I., 1682 
Hofkapellmeister. Er schrieb 1663-99 172 Opern 
und kleinere Bühnenwerke, 43 Oratorien und 
Kantaten, 2 Messen, ein Stabat Mater und einige 
Hymnen. Die Opemtexte sind zumeist von Nicolö 
Minato, doch verfaßte Dr. selbst 1661-69 4 Opem- 
und ein Oratorienlibretto. Dr.s Stil ist dem von 
Cesti nachgebildet; mit Vorliebe bringt er kurze, 
strophisch gegliederte Arien und tonmalende 
Wendungen. - 2) Carlo Domenico, * 21.5. 
1669 und f 2. 5. 1711 zu Wien; italienischer Orga- 
nist, Sohn von A. Dr., war in Wien Schüler von 
F. T. Richter, ging 1692 zu weiteren Studien nach 
Italien, wurde am 1. 10. 1698 Organist der Wiener 
Hofkapelle und schrieb einige Arien als Einlagen 
zu Opern seines Vaters. 

Ausg.: Kirchenwerke (2 Messen, eine Sequenz, 2 
Hymnen), hrsg. v. G. Adler, DTÖ XXIII, 1 (— Bd 
46); Szene aus La pazienza di Socrate (1680), Sche- 
ring Beisp. 226; 2 Arien aus Psiche (1688), Riemann 
Beisp. 115-116. 

Lit: M. von Weilen, Zur Wiener Theatergesch., 
Wien 1901; M. Neuhaus, A. Dr., StMw I, 1913, mit 
Werkverz., 5 Stücken aus Achille in Sciro (1663) u. 
5 Stücken aus La Mascherata (1666); G. Adler, Zur 
Gesch. d. Wiener Meßkomposition . . ., StMw IV, 
1916. 

Draghi (dr'agi), Giovanni Battista, * um 1640; 
italienischer Cembalist und Organist, vielleicht 
Bruder von Antonio Dr., wird zuerst 1667 als 
Komponist einer in London privat aufgeführten 
italienischen Oper erwähnt, 1675 Master of the 
Italian Musick to the King genannt, nach Lockes 
Tod 1677 dessen Nachfolger als Organist der 
Königin Catharina von Braganza, später Musik- 
lehrer der nachmaligen Königinnen Mary und 
Anne. Er schrieb Gesänge zu Theaterstücken, Ode 
for the Cecilia's Day (16ö 7; der später von Händel 
vertonte Text Drydens) und Six selected Suites of 
Lessons for the Harpsichord (London o. J.). Vielleicht 
ist Dr. 1692 der Königin Catharina in ihre Heimat 
Portugal gefolgt 

Drag9iu, Sabin, * 19. 6. 1894 zu Saliste; rumä- 
nischer Komponist, studierte an den Konservato- 
rien von Jassi und Prag (Novak) und wurde 1938 
Direktor des Konservatoriums von Timisoara (Ba- 
nat). Von seinen unter Verwendung rumänischer, 
siebenbürgischer und Banater Folklore geschrie- 
benen Werken sind zu nennen die Opern Napasta 
und Constantin Brandcovan , die Orchesterwerke 
Divertissement rustique , Le Noel de ehez nous und 
Le pohme de la Nation . Daneben entstanden mehrere 
Messen, Chorwerke, Kammermusik, Klavier- 
stücke und Lieder. Dr. veröffentlichte mehrere 
Sammlungen von rumänischen Volksliede rn . 

Dragon$tti, Domenico, * 7. 4. 1763 zu Vene- 
dig, f 16. 4. 1846 zu London; italienischer Kon- 
trabassist und Komponist, war in der Hauptsache 
Autodidakt, spielte mit 13 Jahren am Teatro San 
Bcnedetto, ab 1787 an San Marco mit, lehnte einen 
Ruf nach St. Petersburg ab, ging aber 1794 nach 


London, wo er an der Oper, in den Anrient Con- 
certs, später auch in den Konzerten der Philhar- 
monie Society mitwirkte. Mit Lindley verband ihn 
enge Freundschaft; 1795 lernte er in London Haydn 
kennen, 1798 in Wien Beethoven, dem er seine 
Cellosonate op. 5, II vorspielte (wie er überhaupt 
gern Cellostimmen spielte, auch in Streichquar- 
tetten). Beim Bonner Beethovenfest 1845 war er 
1. Kontrabassist. Dr. schrieb Konzerte, Sonaten 
und Stücke für Kb. (solo und mit KL), Streich- 
quartette, 3 italienische Canzonetten und richtete 
Bachsche Orgelwerke für Kb. und KL ein (Lon- 
don 1836). 

Lit: F. Caffi, Biogr. di D. Dr., Venedig 1846; F. 
Warnecke, Der Kontrabaß, Hbg 1911 ; C. F. Pohl, 
Mozart u. Haydn in London II, Wien 1867 ; Th. Frim- 
mel, Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926. 

DragQni, Giovanni Andrea, * um 1540 zu 
Mendola, f 1598 zu Rom; italienischer Kompo- 
nist, war Schüler Palestrinas, ab 1576 Kapellmei- 
ster am Lateran, schrieb Motetten und Madrigale, 
die von den Äußerlichkeiten der Werke vieler 
Zeitgenossen frei sind: ein Buch 6st. Madrigale 
(1583); 4 Bücher 5st. Madrigale (1575-94); ein 
Buch 5 st ViU an eilen (1588); ein Buch 4st Madri- 
gale (1581) ; ein Buch 5st. Motetten (Rom 1600). 
Im Madrigalbuch von 1594 befindet sich ein Stück 
Palestrinas. 

Drake (dria^), Erik, * 8. 1. 1788 zu Föllinysö 
(Schweden), f 9. 6. 1870 zu Stockholm; schwedi- 
scher Musiktheoretiker, lebte 1810-25 in Föllinysö, 
hauptsächlich mit Komponieren und Sammeln 
von Volksliedern beschäftigt. Nachdem er 1818 
zum Assod6 und 1822 zum Mitglied der Stock- 
holmer Musikakademie gewählt worden war, ließ 
er sich 1826 als Theorielehrer dieser Anstalt in 
Stockholm nieder. D.s VolksHedsammlung wurde 
von Afzelius und Arwidsson benutzt; seine Kom- 
positionen umfassen: Sappho für Sprecher und 
Chor (1813); Operette Bergguhbeti (1817); Violin- 
sonate; 2 Streichquartette; Klavierstücke und Lie- 
der. Ferner schrieb er: Elementar-Cours i Harmonie - 
Läran (2 Bände, Stockholm 1839-40, 21840-45, 
31857). 

Lit.: M. Tegen, E. Dr., STMf XXV, 1943. 

Drangosch, Ernesto, * 22. 1. 1882 und f 26. 7. 
1925 zu Buenos Aires; argentinischer Komponist, 
Schüler von Barth, Max Bruch, C. Ansorge und 
Humperdinck in Berlin, lebte nach Konzertreisen 
ab 1905 in Buenos Aires als Pianist, Dirigent und 
Klavierlehrer an einem von ihm gegründeten 
Konservatorium. D. hat einige Klaviersonaten 
und -stücke geschrieben, ferner ein Klavierkonzert, 
Orchester- und Bühnenwerice. 

Dranischnikow, Wladimir Alexandrowitsch, 
* 29. 5. 1893 zu St. Petersburg, f 6. 2. 1939 zu 
Kiew; russischer Kapellmeister, wurde 1903 Zög- 
ling der Kaiserlichen Sängerkapelle, 1909 Klavier- 
Schüler von A. N. Essipowa am Konservatorium, 
gleichzeitig Student der Mathematik an der Uni- 
versität, studierte Komposition bei Ljadow, Stein- 
berg und WihtoL Dirigieren bei Tscherepnin und 
wurde 1914 Korrepetitor, 1918 Dirigent und 1925 
Chefdirigent am Marientheater (später Akade- 
misches Opern- und Ballett-Theater 5. M. Kirow). 
In dieser Stellung leitete er die ersten russischen 


27* 


419> 



Draud 


Aufführungen von R. Strauss’ »Salome« und Schre- 
kers »Der ferne Klang« und setzte sich für die 
Werke von Alban Berg, Milhaud und anderer 
westlicher Komponisten ein. 1936 wurde er künst- 
lerischer Leiter und Chefdirigent des Staatlichen 
Opern- und Ballett-Theaters T. G. Schewtschenko 
in Kiew. Er schrieb 2 symphonische Dichtungen, 
Klavierstücke, Lieder und Chorwerke. 

Draud, Georg (Draudius), * 9. 1. 1573 zu 
Dauemheim (Hessen), *f um 1636 zu Butzbach; 
deutscher Pfarrer, wirkte nacheinander in Groß- 
Karben, Ortenberg und Dauemheim, ist der Her- 
ausgeber der auch für die musikalische Bibliogra- 
phie wichtigen Kataloge (alle in Frankfurt am 
Main erschienen): Bibliotheca exotica (anonym, 
1610; nach Sprachen geordnet, nennt auch Musik- 
drucke) ; Bibliotheca classica (1611, 2 1625, nennt auch 
deutsche Musikalien; jedoch ist der bibliographi- 
sche Wert dadurch vermindert, daß die nicht la- 
teinischen Titel in lateinischer Übersetzung ge- 
bracht werden); Bibliotheca librorum germanicorum 
classica (1611, erweitert 2 1625; enthält einen Ab- 
schnitt Teutsche Musicalische Bücher mit deutschen 
Titeln, bei denen zum Teil statt des Originalver- 
legers der Frankfurter Vertreter genannt wird). 

Ausg.: Verzeichnisse deutscher mus. Bücher (d. Mu- 
sikabschnitte aus beiden Auflagen d. Bibi, librorum 
germanicorum), Faks., hrsg. v. K. Ameln, Bonn (1957). 

Drdla, Franz, * 28. 11. 1868 zu Saar (Mähren), 
1 3. 9. 1944 zu Bad Gastein; tschechischer Violinist, 
war 1880-88 Schüler des Prager und Wiener Kon- 
servatoriums (Hellmesberger und Bruckner), lebte 
in Wien, zuletzt in New York. D. komponierte 
gegen 250 Salonstücke für V. und Kl., von denen 
eine Serenade A dur (KubeKk-Serenade)und Sou- 
venir, aber auch Vision noch heute zu den belieb- 
testen Stücken der Unterhaltungsmusik gehören- 
außerdem schrieb er ein Violinkonzert, ein Kla- 
viertrio, 2 Operetten, Lieder und Chöre. 

Drechsler, - 1) Hermann, * 30. 11. 1861 und 
f 27. 12. 1935 zu Bremen; deutscher Liederkompo- 
nist, Sohn, Nachfolger als Geschäftsinhaber (1391) 
und 1912 Erbe des gleichnamigen Bremer Tabak- 
fabrikanten, schrieb im Stil H. Wolfs und R. 
Strauss*, besonders auf Texte von D. von Lilien- 
cron, R. Dehmd und O. J. Bierbaum, ferner Salon- 
stücke für Orch. und für KL -2) Carl- Wilhelm, 
♦ 23. 9. 1900 zu Dresden; Sohn von Hermann Dr., 
schrieb gleichfalls Lieder, 2 Melodramen, Kam- 
mermusik und Klavierstücke. 

Drechsler, Joseph, * 26. 5. 1782 zu Wällisch- 
Birken (Böhmen), f 27. 2. 1852 zu Wien; böhmi- 
scher Kapellmeister, studierte in Prag Jura und 
Musik, ging 1807 nach Wien, wurde 1810 Chor- 
meister an der Hof oper, dann Theaterkapellmeister 
in Baden (bei Wien) und Prcßburg, später Organist 
der Servitenkirche in Wien, wo er 1815 eine Musik- 
schule gründete, 1816 Chorregent in St. Anna, 
1823 Kapellmeister an der Universitätskirche und 
Hofpfarrkirche, war 1822-30 Kapellmeister des 
Leopoldstädter Theatep, ab 1844 als Nachfolger 
Gänsbachers Kapellmeister am Stephansdom. Wie 
seine praktische Karriere war auch seine Komposi- 
tionstätigkeit zugleich der Bühne und Kirche ge- 
widmet. Neben etwa 30 Opern, Singspielen und 
Zauberpossen schrieb er 10 große und 6 kleine 


Messen, ein Requiem, 2 Tedeinn, Hymnen, Gra- 
dualien und Offertorien, 3 kirchliche Kantaten, 
auch Sonaten, Quartette und Lieder und verfaßte 
eine Harmonie - und Generalbaßlehre (Wien 1816). 
Lit: K. Preiss, J. D., Graz 1910. 

Drei Masken- Verlag, Theater- und Musikverlag 
in Berlin-München-Wien, gegründet 24. 11. 1910 
in München; doch siedelte der Musikverlag und 
sehr bedeutende Bühnenvertrieb bald nach Berlin 
über. 1920 wurde in München ein Buchverlag ge- 
gründet, 1922 ein weiteres Haus in Wien. Der Thea- 
ter- und Musikverlag in Berlin pflegt in erster Linie 
die Oper, Operette, Tanz- und Schlagermusik, 
auch die Unterrichtsliteratur ; die Münchener Ver- 
lagsabteilung unter anderem Musikwissenschaft 
und Musikliteratur, u.a. die Musikalischen Stunden t- 
bücher mit sorgfältigen Ausgaben kleinerer Werke 
von Händel, Haydn, Weber usw. 

Dresden, Sem, * 20. 4. 1881 zu Amsterdam, f 31. 
7. 1957 im Haag; holländischer Komponist, be- 
trieb seine Studien in Amsterdam (Zweers) und 
Berlin (Pfitzner) und wurde nach seiner Rüdekehr 
nach Holland 1919 Lehrer für Komposition und 
Musiktheorie am Konservatorium in Amsterdam. 
Als Chorleiter errang er große Erfolge mit Auf- 
führungen älterer und zeitgenössischer Chorwerke 
mit der 1914 von ihm gegründeten Madrigalver- 
eeniging. Ab 1924 war er Direktor des Konserva- 
toriums in Amsterdam, bis er 1937 als Nachfolger 
von Wagenaar die Leitung des Königlichen Kon- 
servatoriums im Haag übernahm. Er behielt sie, 
unterbrochen durch die Zeit der deutschen Beset- 
zung, bis 1949. Mit seinen Werken, die stark von 
den französischen Impressionisten, besonders von 
Debussy beeinflußt sind, erlangte er den Ruf eines 
der führenden holländischen Komponisten der Ge- 
genwart. Genannt seien (mit dem Jahr der Urauf- 
führung) : Oratorium Saint Antoine (1954, in neuer 
Bearbeitung 1955), Thema und Variationen für 
Orch. (1914), 2 Violinkonzerte (1936, 1946), Sym- 
phonietta für Klar, und Orch. (1938), Oboenkon- 
zert (1939), Klavierkonzert (1942), Flötenkonzert 
(1950), Orgelkonzert (1953); Chorus tragicus für 
gern. Chor, Blechbläser und Schlagzeug (1929), Cho- 
rus sinfonicus für S. undT. solo, gern. Chor und Orch. 
(1956), Psalm 99 für gern. Chor, 4 Pos. und Org. 
(1950), Psalm 84 für gern. Chor, Soli und Orch. 
(1954), »Saul und David« für S. solo und Orch. 
(1956), Catena musicale für S. solo, 7 Soloinstr. und 
Orch. (1956), St Joris für S. solo, gern. Chor und 
Orch. (1956); 3 Sextette für Bläser und Kl., ein 
Streichquartett (1924), ein Klaviertrio (1943), 2 
Cellosonaten, Sonate für H. und Harfe (1918), 
Sonate für V. solo (1942), Suite für Vc. solo (1943) 
und kleinere Klavierstücke. Neben zahlreichen 
Artikeln in Zeitschriften veröffentlichte er: Het 
Muziekleven in Nederland sinds iSOO (Amsterdam 
1923), Algemeene Muziekleer (Groningen 1931, 
^1956), Stromingen en Tegenstromingen in de Muziek 
(Haarlem 1953). 

Drese, Adam, * im Dezember 1620 in Thürin- 
gen, 1 15. 2. 1701 zu Amstadt; deutscher Kompo- 
nist, auf Kosten des Herzogs Wilhelm IV. von 
Weimar von Marco Scacchi in Warschau ausgebil- 
det, mindestem ab 1652 Hofkapellmeister in Wei- 
mar, nach 1662 in Jena, 1683 in Arnstadt, gab 1672 


420 



Dretzel 


ein Buch mehrstimmiger Suiten heraus, ist aber 
besonders bekannt als Komponist einer Anzahl 
Choralmelodien in G. Neumarks »Musikalischem 
Lustwäldlein« (1652—57). Ein Kompositionstraktat 
von Dr. (Mattheson, Ehren-Pforte S. 108) scheint 
nicht erhalten zu sein. 

Lit. : H. Koch, A. Dr., ein thüringischer Komponist, 
in: Thüringisch Fähnlein IV, Jena 1935. 

Dresel, Otto, * 20. 12. 1826 zu Geisenheim am 
Rhein, f 26- 7. 1890 zu Beverly bei Boston; deut- 
scher Pianist, Schüler von Ferd. Hiller und Men- 
delssohn, ging 1852 nach den USA, wo er z unächs t 
in New York und ab 1854 in Boston als Pianist und 
Komponist wirkte. 1879/80 war er am Konserva- 
torium, bis 1883 als Privatlehrer in Leipzig tätig. 
Kammermusikwerke, Lieder, Klavierstücke von 
ihm erschienen im Druck, auch redigierte er zu- 
sammen mit R. Franz eine Ausgabe von Bachs 
Wohltemperiertem Klavier und allein ein 4händi- 
ges Arrangement der Symphonien Beethovens. 

Dressdl, Alfons, * 26. 9. 1900 zu Essen, f 4. 12. 
1955 zu Nürnberg; deutscher Dirigent, wurde 
nach seinem Musikstudium bei Max Fiedler 1918 
Korrepetitor an der Essener Oper, stieg dort 1925 
zum 1. Kapellmeister auf. Als Dirigent beim Kam- 
mermusikfest 1928 in Baden-Baden brachte er 
Hindcmiths Lehrstück zur Uraufführung. 1929 
wurde er 1. Kapellmeister an der Nürnberger Oper, 
1932 deren musikalischer Oberleiter und Dirigent 
der »Philharmonischen Konzerte« Nürnberg, 1938 
zum GMD ernannt. 

Dressei, Erwin, *10. 6. 1909 zu Berlin; deutscher 
Komponist, lebt in Berlin. Nach Musikstudien bei 
Klatte und an der Berliner Hochschule für Musik 
(P. Juon) war er 1927/28 Musikleiter am Städ- 
tischen Schauspielhaus Hannover, arbeitete dann 
freiberuflich als Pianist und Arrangeur für Rund- 
funksender, war 1946-48 Musikleiter bei der »Jun- 
gen Bühne« in Hamburg, 1948/49 an der »Deut- 
schen Staatsoper« Berlin Solorepetitor und ist 
seitdem als freier Mitarbeiter für den Rundfunk 
tätig. Er schrieb Bühnenwerke, Orchestermusik (4 
Symphonien), Kammermusik, Lieder und Unter- 
haltungsmusik. 

Dressei, Heinz, * 23. 6. 1902 zu Mainz; deut- 
scher Dirigent, studierte bei Abendroth und Uzielli 
in Köln, war 1926-30 Theaterkapellmeister und 
Leiter des Musiklebens in Plauen, 1930-41 GMD 
in Lübeck, wo er das Staatskonservatorium (jetzt 
Landesmusikschule Schleswig-Holstein) gründete. 
1941 wurde D. GMD in Münster, 1951 in Frei- 
burg im Breisgau (1953 Professor). Seit 1956 ist er 
Direktor der Folkwangschulen der Stadt Essen und 
wirkt daneben als Gastdirigent im In- und Ausland. 

Dreffler, Ernst Christoph, * 1734 zu Greußen 
(Thüringen), f 6. 4. 1779 zu Kassel; deutscherKom- 

? onist und Sänger, Kammermusikus in Bayreuth, 
763 in Gotha, 1767 fürstlich Fürstenbergischer 
Kapelldirektor in Wetzlar, 1771-74 Opernsänger 
in Wien, danach in Kassel, gab Lieder heraus: 
Meine Lieder (1755), Melodische Lieder für das schöne 
Geschlecht (1771), Freundschaft und Liebe (1774, 
Fortsetzung 1777) und schrieb: Fragmente einiger 
Gedanken des musikalischen Zuschauers , die bessere 
Aufnahme der Musik in Deutschland betreffend (Gotha 


1767), Gedanken, die Vorstellung der Aleeste be- 

treffend (1774) und The atersc hule für die Deutschen 
(Hannover und Kassel 1777). 

Lit.: J. G. Meusel, Miscellaneen artistischen Inhalts, 
1784, H. 20. 

Dreßler, Gallus, * 16. 10. 1533 zu Nebra an der 
Unstrut, f zwischen 1580 und 1589 zu Zerbst; 
deutscher Komponist und Musikpädagoge, trat 
nach Studien zu Jena (1557), denen wahrscheinlich 
eine Reise in die regio Belgica vorausgegangen war, 
als Nachfolger von M. Agricola 1558 in den Lehr- 
körper des Magdeburger Gymnasiums ein und 
wurde Kantor, ging aber 1575 als Diakonus an St. 
Nikolai nach Zerbst, wo er sich zum zweiten Male 
verheiratete (ein gedrucktes Epithalamium von 
Leonhard Schröter 1577 erhalten). Die erhaltenen 
Kompositionen Dr.s neben wenigen Gelegenheits- 
werken sind: Aliquot Pscdmi latini etgermatiiei 4-6 v. 
(1560) ; Zehen deudscher Psalmen 4-5 v. (1562) ; Cm- 
tiones sacrae zu 4 und mehr St. in 5 Büchern (1565, 
1567, 1568, 1569 und 1570); 16 Gesetig zu 4 und 
mehr St. (1570) ; Magnificat octo tonorum 4 v. (1571) ; 
Opus selectissimum sacrarum cantionum zu 4 und mehr 
St. (1574); Außerlesene teutsche Lieder 4-5 v. (1575). 
Weiterhin schrieb er die folgenden Traktate: 
Practica modorum explicatio (mit 10 Sätzen zu 4 St., 
1561) ; Praecepta musicae poeticae (im Manuskript 
überliefert) ; Musicae practicae elementa (1571, Öfter 
aufgelegt). Dr.s Kompositionen weisen eine ge- 
wisse Nähe zu den Werken von Lasso und Clemens 
non Papa auf. Daß ihnen seine Vorliebe galt, er- 
weist die Bevorzugung dieser beiden Meister bei 
der Auswahl der Beispiele für seine theoretischen 
Schriften. 

Ausg. : Praecepta, hrsg. v. B. Engelke in: Geschichts- 
blätter f. Stadt u. Land Magdeburg, IL/L, 1914/15. - 
11 Sätze zu 4 St. bei L. Schoeberlein, Schatz des 
liturgischen Chor- und Gemeindegesangs . . . ITT, 
Göttingen 1872; XVII Cantiones sacrae 4 u. 5 v. 
(1565), hrsg. v. A. Halm tu R. Eitner, PGfM XXTV; 
Fünf Motetten, hrsg. v. M. Rufirz, Chw. 28; mehrere 
Sätze auch im Hdb. <L deutschen ev. Kirchenmusik II, 
Göttingen 1935; 2 Sätze, in: Chorbuch II, hrsg. v. 
Fr. JÖde, Wolfenbüttel u. Bin 1931. 

Lit. : B. Engelke, Gesch. d. Musik im Dom v. d. 
ältesten Zeiten bis 1631, Geschichtsblätter f. Stadt u. 
Land Magdeburg XLVÜI, 1913 ; ders., Einige Bemer- 
kungen zu Dr.s »Praecepta musicae poeticae«, ebenda 
IL/L, 1914/15; W. M. Luther, G. Dr., Ein Beitr. zur 
Gesch. d. prot. Schulkantorats im 16. Jb., =- Göttin- 
ger mw. Arbeiten I, Kassel 1941. 

Dretzel (Drcchsd, Trctzd, Trexd), Nürnberger 
Musikerfamilie : - 1) Michael, getauft 23. 7. 1576 
und begraben 13. 9. 1635 zu Nürnberg, war Lai*- 
tenist. - 2) Valentin, getauft 30. 5. 1578 und be- 
graben 23. 3. 1568 zu Nürnberg, Bruder von Mi- 
chael D. Er wirkte als Organist 1616 an der Spital- 
kirche, ab 1618 an St Lorenz und von 1634 bis zu 
seinem Tode an St. Sebald. Werke: Vier Teutsche 
Geistliche Gesänglein, 4-5st. (Nürnberg 1618); Ma- 
gnificat . . . Teutsch, 8st. (Nürnberg 1620, mit J. 
Staden) ; Sertulum Musicale , 3-8st. Motetten (Nümr- 
berg 1620); viele Gelegenheitsgesänge bis 1651. - 
3) Wolf gang, getauft 11. 1Z 1585 und begraben 
1. 4. 1655 zu Nürnberg, Bruder der vorigen, musi- 
cus Instrumentalis. - 4) Georg, * zwischen 1608 
und 1612, f nach 1676 wahrscheinlich zu Schwä- 
bisch Hall, Sohn von Wolf gang D.; Organist, 
wirkte 1640-51 in Schwäbisch Hall, wird aber 


421 



Dreves 


auch später als Organist dieser Stadt bezeichnet. Er 
ist bekannt durch Gelegenheitsgesänge (Schwäbisch 
Hall 1642 und Nürnberg 1655).— 5) Hieronymus, 
getauft 11. 12. 1620 und begraben 8. 3. 1682 zu 
Nürnberg, Sohn von Valentin D., wurde 1646 
Jakobs- und 1655 Spitalorganist. - 6) Johannes, 
getauft 13. 1. 1629 und begraben 1. 12. 1705 zu 
Nürnberg, Sohn von Valentin, war Schüler S. Th. 
Stadens, vielleicht auch Frobergers, studierte in Alt- 
dorf und wurde Kanzleiregistrator. Vielleicht war 
er der Cembalolehrer J. Ph. Kriegers. - 7) Corne- 
lius Heinrich, getauft 18.9.1697 und f 7.5. 
1775 zu Nürnberg, Sohn des Organisten Georg 
Heinrich (f 1716) und Enkel von Georg D., versah 
bereits ab 1712 Organistendienst in Nürnberg, zu- 
letzt 1764-72 an St. Sebald. Vidieicht hat er 1716 
bis 1717 in Weimar den Unterricht J. S. Bachs ge- 
nossen. D. war bekannt als Komponist von Orgel- 
und Chorwerken, der noch am polyphonen Satz 
festhielt. 1731 gab er in Nürnberg ein Choralbuch 
mit 907 mit B.c. notierten Melodien heraus, dar- 
unter 43 von D. selbst, andere von H. L. Häßler, 
A. Krieger, J. und S. Th. Staden: Des Evangelischen 
Zions Musicalische Harmonie , Oder: Evangelisches 
Choral-Buch, 

Lit: G. A. Will, Nümbergisches Gelehrten-Lexicon, 
IV-V, Nürnberg 1758-1802; J. S. Gruber, Beytraege 
zur Litteratur d. Musik, Nürnberg 1785 ; ders., Biogr. 
einiger Tonkünstler, Ffm. u. Lpz. 1786; Chr. D. Fr. 
Schub art, Ideen zu einer Ästhetik d. Tonkunst, hrsg. 
v. L. Schubarth, Wien 1806, in Auswahl hrsg. v. P. A. 
Merbach, Lpz. (1924); C. v. Winterpeld, Der ev. 
Kirchengesang III, Lpz. 1847 ; J. Zahn, Die Mdodien 
d/ deutschen ev. Kirchenlieder, 6 Bde, Gütersloh 
1889-93; R. Wagner, Beiträge zur Lebensgeschichte 
J. Ph. Kriegers, ZfMw VIII, 1925/26; ders.. Die 
Gesch. d. Orgeln in d. Spitalkirche..., Zs. f. ev. 
Kirchenmusik VI, 1928; ders., Bach u. Nürnberg, 
Bachfestbuch Nürnberg 1928; ders.. Die Organisten 
d. Kirche zum Heiligen Geist . . ZfMw XII, 1929/ 
1930; Vorworte zu DTB 13, 1 (Sandberger), V, 1 
(Sandberger), VI, 1 (M. Seeffert), VII, 1 (E. 
Schmitz), XII, I u. XIII (F. Schreiber). 

Dreves, Guido Maria (auch Pseudonym: Ulrich 
von Uhlenh o rst), SJ, * 27. 10. 1854 zu Hamburg, 
t 1. 6- 1909 zu Mitwitz bei Kronach; deutscher 
Hymnologe, lebte abwechselnd in Wien und 
Exaeten (Holland), bis er 1907 S chloßgeistlichex 
der Frdherm von Würtzburg in und um Mitwitz 
(Erzdiözese Bamberg) wurde. Die Münchner Uni- 
versität ernannte ihn zum Dr. phiL h. c. Für die 
Mu sikg eschichte besonders wertvoll ist seine 
Sa mmlung Analecta hymnica medii aevi ; er sdbst 
bearbeitete in diesem seinem Hauptwerk die Bände 

i-xxiv, xxvi, xxvm, xxx, xxxn, xxxv 
bis XXXVI, xxxvm, xn a und b, XLm, XLV 

a und b, XLVm, L und IH; von Band XXV bzw. 
XL ab wirkten CL Blume und H. M. Bannister 
mit. Weiter sind hier zu nennen: Ein Wort zur Ge- 
sangbuchfrage (Freiburg 1884), O Christ, hie merk! 
Ein Gesangbüchlein (Freiburg 1885), Cantiones Bohe- 
micae (1886), Die Hymnen des Johannes vonjenstein 
(Prag 1886), Archaismen im Kirchenliede (Freiburg 
1889), Aurelius Ambrosius (Freiburg 1893), Psaf- 
teria rhythmica (1901), Die Kirche der Lateiner in ihren 
Liedern (Kempten 1908). Aus dem Nachlaß gab CL 
Blume eine 2bändige Auswahl aus den Analecta 
heraus: Ein Jahrtausend lateinischer Hymnendichtunj? 
(Leipzig 1909). * 


DreyerJohannMelchior, *24. 6. 1746zuRöt- 
tingen (Kreis Ochsenfurt, Franken), f 22. 3. 1824 
zu Ellwangen (Württemberg) ; deutscher Organist, 
war ab 1779 am Rdchsstift Ellwangen tätig. Auch 
als Kapellmeister wirkte er 1790-1803 für das Stift, 
nach der Säkularisation für die Stadt Ellwangen. 
Mit seinen (zum Teil deutschen) Messen und klei- 
neren Werken hat er anspruchslose Beispide or- 
chestral begleiteter Kirchenmusik hinterlassen. 

Lit. : J. W. Alt, Zur Gesch. d. Musik in Ellwangen, 
Ellwanger Jb. 1915/16. 

Dreyfüfi, Charlotte-»* Alexandre. 

Dreyschock, - 1) Alexander, * 15. 10. 1818 zu 
2ak (Böhmen,) f 1. 4. 1869 zu Venedig; böhmi- 
scher Pianist und Komponist, Schüler von Toma- 
schek in Prag, reiste längere Zeit von Prag aus mit 
großen Erfolgen durch Europa. 1862 wurde er Pro- 
fessor an dein von A. Rubinstein gegründeten 
Petersburger Konservatorium und Direktor der 
Theatermusikschule. Das russische Klima schädigte 
aber seine Gesundheit, und auf einem Erholungs- 
urlaub starb er in Venedig an der Schwindsucht. 
Seine zahlreichen Klavierkompositionen (Konzert 
D moll op. 137) sind brillante Salonmusik. - 2) 
Raimund, * 30. 8. 1824 zu 2ak, t 6. 2. 1869 zu 
Leipzig; Bruder von A. Dr., als Violinist Schüler 
von Pixis in Prag, war ab 1850 2. Konzertmeister 
am Gewandhaus und Violinlehrer am Konservato- 
rium inLeipzig. Seine FrauElisabeth (1832-1911), 
eine geschätzte Konzertsangerin (Alt), siedelte nach 
seinem Tode mit ihrem 1867 in Leipzig errichteten 
Gesangsinstitut nach Berlin über. - 3) Felix, * 27. 
12. 1860 zu Leipzig, f 1. 8. 1906 zu Berlin, Sohn 
von R. D., war nach einer Tätigkeit als Konzert- 
pianist Lehrer am Stemschen Konservatorium. Er 
gab Klavierkompositionen, Lieder (op. 13) und 
eine Violinsonate (op. 15) heraus. 

Drieberg, Friedrich von, * 10. 12. 1780 und 
1 21. 5. 1856 zu Charlottenburg; deutscher Musik- 
schriftsteller und Komponist, war bis 1804 preu- 
ßischer Offizier, studierte dann bei Spontini in Pa- 
ris Komposition, lebte in Berlin und Wien, zuletzt 
auf seinen Besitzungen in Po mm ern. Dr.s Schriften 
über die Musik der Griechen sind im höchsten 
Grade dilettantisch; daß sie nach dem Erscheinen 
von Boeckhs Pindar-Ausgabe (1811) überhaupt 

lieh. Erst die Schriften Fr. Beife rm arm s und Fort- 
Iages (1847) haben dem ein Ende gemacht. Dr. 
schrieb, nachdem er zuerst 1817 in der Leipziger 
AmZ seine Ideen vorgetragen hatte: Die mathema- 
tische Intervallenlehre der Griechen (Berlin 1818); 
Aufschlüsse über die Musik der Griechen (Leipzig 
1819) ; Die musikalischen Wissenschaften der Griechen 
(Berlin 1820); Die praktische Musik der Griechen 
(Berlin 1821); Wörterbuch der griechischen Musik 
(Berlin 1821); Die pneumatischen Erfindungen der 
Griechen (Berlin 1822); Die griechische Musik , auf 
ihre Grundsätze zurückgefukrt (B erlin 1841); Die 
Kunst der musikalischen Komposition . . ., nach grie- 
chischen Grundsätzen bearbeitet (posthum, Berlin 
1858). Auch mehrere Opern hat Dr. geschrieben, 
von denen eine ( Alfons von Castilien ) 9 die aber nicht 
aufgeführt wurde, »nach griechischen Grundsätzen« 
komponiert sein sollte. 


422 



Drobisch 


Lit.: vgl. A. W. Thayer, L. van Beethovens Leben 
III, Lp z. 21911; Th. v. Frimmel, Beethoven-Hdb. I, 
Lpz. 1926. 

Driesch, Kurt, * 15.5.1904 zu Heidelberg; 
deutscher Komponist, studierte am Leipziger Kon- 
servatorium (Krehl) und an der Kölner Hochschule 
für Musik (Braunfels, Jamadi) Komposition. An- 
fangs Korrepetitor imd Kapellmeister, ist er seit 
den 30er Jahren freischaffender Komponist, lebt 
seit 1948 in Köln. Unter den etwa 90 N umm ern 
seines Werkverzeichnisses befinden sich nahezu 
alle Gattungen: von der Oper bis zur Filmmusik, 
von der Symphonie bis zum Lied. Seine Begeg- 
nung mit Fortner blieb ebenso wie seine Verbun- 
denheit mit der Kunst der Moderne, vor allem mit 
der Malerei des deutschen Expressionismus, nicht 
ohne Nachwirkung auf sein kompositorisches 
Schaffen. Unter den seit Kriegsende geschriebenen 
Werken befindet sich eine Symphonie, ein Cello- 
und ein Violinkonzert, ein Divertimento und eine 
Cassation für Kammcrorch., ein Zwölfton-Streich- 
quartett und Drei Reihen für Orch. (1957), auch 
eme Kammeroper Der Großindustrielle (Köln, Dres- 
den 1953). Die Mehrzahl der Werke entstand als 
Auftragsarbeiten (Kölner Rundfunk, Oper, Gür- 
zenich). 

Driessler, Johannes, *26. 1. 1921 zu Friedrichs- 
thal (Saar); deutscher Komponist, erhielt während 
der Gymnasialjahre in Saarbrücken Instrumental- 
untemcht am Konservatorium sowie Unterwei- 
sung in Orgelspiel, Chorleitung und Kontrapunkt 
bei Karl Rahner. 1939-40 studierte er an der Kölner 
Hochschule Schulmusik. W. Maler, sein damaliger 
Theorielehrer, Direktor der Nordwestdeutschen 
Musikakademie, berief ihn 1946 vom Landerzie- 
hungsheim Schondorf zum Aufbau einer Kirchen- 
musikabteilung nach Detmold. Hier wirkt er seit- 
dem als Lehrer für Tonsatz. Sein Beitrag zur zeit- 
genössischen Kirchenmusik umfaßt die Oratorien 




Darum seid getrost (1954), eine Altenberger Messe 
und eine Markus-Passion (beide 1955), ferner die 
Weihnachtskantate Denn Dein Licht kommt und die 
a-cappella-W erke Sinfonia Sacra und Christe Eleison 
(Passionsmotette). Werke für Streichtrio, für Vc., 
für Waldhorn und für KL mit Orch. bilden den 
Hauptteil seiner symphonischen Musik, Orgel-, 
Klavier- und Kammermusikwerke schließen sich 
an. D. trat auch mit einer lyrischen und einer Mär- 
chenoper hervor ( Claudia Amata und Prinzessin 
Hochmut, beide 1952). 

Drigo, Riccardo, * 30. 6. 1846 und f 1. 10. 1930 
zu Padua; italienischer Dirigent und Komponist, 
war ab 1878 Kapellmeister der Oper in St. Peters- 
burg, übernahm dort 1886 die Leitung des Balletts 
und kehrte erst 1917 in seine Vaterstadt zurück. 
Von seinen Werken sind vor allem die Ballette zu 
nennen: Laforit enchantie , H talismano (1889) und 
La perle merveilleuse (1894). Dr. ist noch heute be- 
kannt durch die oft gespielte Serenade aus dem 
Ballett Millionen des Harlekin . 

Lit: S. Travaglia, R. Dr., l’uomo e Tartista, Padua 
1929 (mit Werkverz.). 

Drinker, H enry Sandwith, * 15. 9. 1880 zu Phila- 
delphia (USA); amerikanischer Jurist, studierte an 
der Harvard University und an der University of 


Pennsylvania und machte sich um die Musik ver- 
dient durch seine im Privatdruck veröffentlichten 
und in den Vereinigten Staaten weitverbreiteten 
Textübersetzungen in die englische Sprache, so der 
Chorwerke von J. S. Bach, der Vokalwerke von 
Schütz, Schumann und Brahms und der Solo- 
Lieder von H. Wolf, N. Medtner, Mussorgskij 
und Schubert Ebenfalls im Privatdrude erschienen : 
The Chamber Music of Johannes Brahms (1932) und 
BacWs Use of Slurs in Recitativo Secco (1946). 

Drjnkwelder, Otto, * 9. 5. 1880 zu Krems (Nie- 
derösterreich) ; österreichischerMusikforscher, 1902 
Regens chori in Preßburg, 1904 Gesanglehrer und 
Organist am bischöflichen Seminar in Trawnik 
(Bosnien), Dr. theol. und nach weiteren Studien 
unter P. Wagner in Freiburg*(Schweiz) 1913 Dr. 
phiL, 1912-13 Organist und Musikdirektor an der 
Benediktinerabtei Seckau, lebt jetzt in Schwaz. Er 
schrieb: Wegweiser zur Erlernung des traditionellen 
Choralgesangs (Graz 1906), Praktische Winke zur 
Einführung der neuen ChoraU)ücher (Innsbruck 1909), 
Ein deutsches Seauentiar aus dem Anfänge des 12. Th. 
(= Veröffendicnungen der Gregorianischen Aka- 
demie zu Freiburg in der Schweiz VIII, Graz und 
Wien 1914), Gesetz und Praxis in der Kirchenmusik 
(Regensburg 1914). 

Drobisch, - 1) Moritz Wilhelm, * 16. 8. 1802 
und t 30. 9. 1896 zu Leipzig; 1826 außerordent- 
licher Professor der Mathematikfond 1842-ordent- 
licher Professor der Philosophie an der Universi- 
tät, hat außer vielen verdienstvollen mathemati- 
schen und philosophischen Werken mehrere in- 
haltreiche Abhandlungen über die mathematische 
Bestimmung der Tonhöhenverhaltnisse, zumeist in 
den Berichten der mathematisch-physikalischen 
Klasse der Königlich Sächsischen Gesellschaft der 
Wissenschaften, doch auch separatTherausgegeben: 
Über die mathematische Bestimmung 'der musikalischen 




und Temperatur (1852); Nachträge zur Theorie der 
musikalischen Tonverhältnisse (1855) ; Über ein zwi- 
schen Altem und Neuem vermittelndes Tonsystem 
(AmZ 1871); Über reine Stimmung und Temperatur 
der Töne (1877). Dr., vorher von der Herbart- 
schen Philosophie aus ein Verfechter des Zwölf- 
halbtonsystems, anerkannte in der letzten Schrift 
die prinzipielle Bedeutung der »reinen Stimmung«. 
Seine Arbeiten sind sehr wertvoll und besonders 
instruktiv zur Orientierung im musikalischen 
Rechnungswesen (Logarithmen auf Basis 2). - 2) 
Karl Ludwig, * 24. 12. 1803 zu Leipzig, t 20. 
8. 1854 zu Augsburg; Bruder von M. W. Dr., 
1826 Musiklehrer in München, ab 1837 Kapell- 
meister der evangelischen Kirchen. Neben zahl- 
reichen Kirchenmusikwerken schrieb Dr. die Ora- 
torien Bonifadus, Des Heilands letzte Stunden und 
Moses auf Sinai - 3) Eugen, * 11. 6. 1839 zu 
Augsburg, t 30. 1. 1901 zu Osnabrück; Sohn 
von K. L. Dr., Schüler Fr. Lachners in München, 
war als Dirigent in Rotterdam, Landau und Min- 
den tätig, schrieb Chorwerke, Lieder und Klavier- 
stücke. 

Lit: W. H. Riehl, K. L. Dr., in: Musikalische Cha- 
rakterkopfe n, Stuttgart 71899; C. Hermann, M. Dr., 
in: Biogr. Jb. u. Deutscher Nekrolog, hrsg. v. A. 
Bettelheim, 1, 1897; Riemann MTh. 


423 


Droste-Hülshoff 


Droste-Hülshoff, - 1) Maximilian Friedrich, 
Freiherr von, * 22. 10. 1764 zu Hülshoff bei Mün- 
ster (Westfalen), f 8* 3. 1840 zu Alst (Westfalen); 
deutscher Komponist, wurde zuerst Domherr in 
Münster, gab aber dieses Amt bald auf, um ganz 
der Musik zu leben. Von seinen an Haydn geschul- 
ten Werken erschienen im Druck: 3 Streichquar- 
tette op. 1 (Augsburg 1796) ; Das große Halleluja 
(Berlin um 1840). Ferner schrieb er Kammermusik, 
darunter 11 Streichquartette, 3 Divertimenti für 
Streichquartett und 5 Streichquintette, 4 Sympho- 
nien, 4 Konzertante Werke, eine Konzert-Arie, 2 
Messen, 3 Te Deum, Chorwerke, geistliche Lieder, 
3 Opern und Klavierstücke sowie Einige Erklärun- 
gen über den Generalbaß (1821) für seine Nichte - 2) 
Annette, Freiin von, * 14. 1. 1797 zu Hülshoff, 
t 24. 5. 1848 zu Meersburg am Bodensee; deutsche 
Dichterin, die sich auch mit Komponieren beschäf- 
tigte. 3 Opern blieben unvollendet, doch sind eine 
Anzahl Lieder und Volksliedbearbeitungen, beson- 
ders die Bearbeitungen der Weisen des Lochamcr 
Liederbuchs erhalten. 

Ausg. : A.v. D.-H.: Lieder mit Klavier-Begleitung, 
hrsg. v. Chr. B. Schlüter, Münster 1877; Lieder u. 
Gesänge, hrsg. v. K. G. Fellerer, Münster 1954. 

Lit.: K. G. Fellerer, M.v. D.-H., AfMf II, 1937; 
ders., M. Fr. v. D.-H., Jb. d. Droste-Gesellschaft II, 
1950. - E. Ahrens u. K. Schulte-Kemminghausen, 
Droste-Bibliogr., Münster 1932; dies., Droste-Biblio- 
graphie 1932-48, Jb. d. Droste-Ges. II, 1950. - Der 
Freiin A. E. v. D.-H. Gesammelte Werke, 2 Bde, 
hrsg v. W. Kreiten, Paderborn 2 1900; Die Briefe d. 
A. v. D.-H., 2 Bde, hrsg v. K. Schulte-Kemming- 
hausen, Jena 1944. - J. Blaschke, A. v. D.-H. u. ihre 
Beziehungen zur Musik, Neue Musikzeitung XXIII, 
1902; M. Krass, Die Musik in A. v. D.s Leben u. 
Dichtung Münsterische Heimatblätter II, 1919; E. 
Ahrens, D.s Lieder u. Kompositionen, Der Gral 
VIII, 1915; C. Droste zu Hülshoff, Prof. Chr. B. 
Schlüter u. A. v. D.-H., Der Gral XVII, 1923; J. 
Meier u. E. Seemann, Volkslied-Aufzeichnungen d. 
Dichterin A. v. D.-H., Jb. f. Volkslied-Forsch ung I t 
1928; K. G. Fellerer, Das Lochamer Liederbuch in 
d. Bearb. d. A. v. D.-H., Mf V, 1952; ders., A. v. 
D.-H. als Musikerin, AfMw X, 1953. 

Drouet (dru'e), Louis Francois Philippe, * 1792 
zu Amsterdam, f 30. 9. 1873 zu Bern; französischer 
Flötist, Schüler des Pariser Conservatoire, war 
1808 Soloflötist des Königs von Holland (Ludwig 
Bonaparte), 1811 in gleicher Emenschaft am Hofe 
Napoleons, dann 1. Flötist der Hofkapelle Ludwigs 
XVIIL, ging 1817 nach London, wo er eine Höten- 
fa bri k errichtete, die sich aber nur bis 1819 halten 
konnte, reiste dann als Konzertspicler in fast allen 
europäischen Ländern und wurde 1840 als Hofka- 
pellmeister in Coburg angestellt, ging 1854 nach 
New York und lebte dann längere Zeit in Frank- 
furt am Main, zuletzt in Bern. Unter den etwa 150 
von Dr. für die Flöte geschriebenen Werken 
sich 10 Konzerte, Variationen und Phantasien über 
Opemarien, Kammermusikwerke und Etüden. 

Llt. : L. de Lorenzo, My Complete Story of the Flute, 
NY 1951, 

Droz (dro:), Eugdnie, * 21. 3. 1893 zu la Chaux- 
de-Fonds (Schweiz); Schweizer Musikforscherin, 
studierte in Neuchätel (Schweiz) und Paris (jeanroy 
und Prinet), erhielt das Diplom der Ecole pratique 
des hautes-dtudes und wirkte dann in Frankreich. 
Von ihren Veröffentlichungen ist zu nennen: 
Pottes et Musidens du XV* sihcle (mit G. Thibault, 

424 


= Documents artistiques du XV* sifccle I, Paris 1 924) 
sowie Trois Chansonniers Frangais du XV* stiele I 
(mit G. Thibault und Y. Rohseth, = Band IV der 
gleichen Reihe) ; auch hat sie wertvolle Beiträge 
für die Revue de Musicologie geliefert. Sie leitet 
jetzt einen Verlag von vornehmlich philologischen 
und literarhistorischen Werken in Genf. Dr. phil. 
h. c. Freiburg im Breisgau 1958. 

Druffel, Peter, * 8. 10. 1848 zu Wiedenbrück 
(Westfalen), f 27. 7. 1903 zu Münster; deutscher 
Musikschriftsteller und Komponist, schrieb Lieder 
und Balladen, ein altdeutsches geistliches Lieder- 
spiel Der Erlöser für Soli, Chor und Orch., kirch- 
liche Gesänge, einen Schwank Der Heilige von Ep - 
pelbrink. Er gründete 1878 einen Wagnerverein in 
Münster. 

Drulaeus, Christian -> Engelke. 

Drusfna, Benedictus de; deutscher Lautenist 
des 16. Jh., studierte in Frankfurt an der Oder und 
lebte, nach Studienreisen in Italien, in Elbing. 1573 
erscheint er an der Universität Wittenberg. Er gab 
heraus: Tabulatura (Frankfurt an der Oder 1556) 
sowie eine deutsche Bearbeitung der beiden italie- 
nischen Tabulaturbücher M. Newsidlers (Frank- 
furt an der Oder 1573). 

Ausg.: ein deutscher Tanz in: W. Tappert, Sang u. 
Klang aus alter Zeit, Bin 1906.. 

Drux, Herbert, * 20.4. 1923 zu Velbert; deut- 
scher Musikforscher, studierte 1950-52 Gesang an 
der Musikhochschule in Köln, 1950-54 Musik- 
wissenschaft an der dortigen Universität und pro- 
movierte mit Studien zur Entwicklung des öffent- 
lichen Musiklebens in Ost-Niederberg (= Beiträge 
zur rheinischen Musikgeschichte XV, Köln 1956). 
1954 wurde er Assistent, 1957 Leiter des Collegium 
musicum und 1958 Lektor am Musikwissenschaft- 
lichen Institut der Universität Köln. 

Drydea (cb'aicbn), John, * 9. 8. 1631 zu Nort- 
hampton, f 1. 5. 1700; der bedeutendste englische 
Dra m ati ke r der Barockzeit. Zu 8 Schauspielen Dr.s 
schrieb Pur cdl musikalische Finlagwi, der auch 
mit seinen Opern King Arthur , The Indian Queen 
und The Tempest (nach Shakespeare) Dr.sche Texte 
vertonte. Dr. verfaßte ferner eine Ode auf den Tod 
Purcdls, komponiert von Blow, sowie zum Caed- 
lientag 1697 die Ode Alexander *s Feast f unter deren 
vielen Vertonungen diejenige Handels (aufgeführt 
am 17. 2. 1736) die berühmteste ist. 

Lit. : W. Nagel, Gesch. der Musik in England, 2 Bde, 
Straßburg 1894-97; E. J. Dent, Foundations of Engl. 
Opera, Cambridge 1928; L. Schrade, Studien zu 
Handels »Alexanderfest«, Händel-Jb. V, 1932; J. A. 
Westrup, Purcell, London 1937, 2 1943, 31947. 

Drysdale (d/aisderi), Learmont, * 3. 10. 1866 
und ■f 18. 10. 1909 zu Edinburgh; schottischer 
Komponist, studierte erst Baukunst, war schon in 
dieser Zeit Organist an der Pfarrkirche in Green- 
side, wurde 18o7 Suborganist an All Saints’, Ken- 
sington, und ging mm ganz zur Musik über. 1888 
trat er in die Royal Academy of Music ein, war 
1906/07 Leiter des berühmten Glasgow Select 
Choir, für den er 2 Chorballaden komponierte. 
Werke: The Spirit of Gien für Orch. (London 1889) ; 
Konzert-Ouvertüre Tarn o* Shanter (1890), sein 
verbreitetstes Werk; Kantaten, darunter TheKelpie 



Dubos 


(Edinburgh 1894); Orchesterstücke; Opern, als 
deren bedeutendste Fiontt and Tera gilt (zusammen 
mit dem Herzog von Argyll); Tamlane für Chor 
und Orch.; Barbara Allan, Chorballade; viele Kla- 
vierstücke; Lieder; Bearbeitungen schottischer Lie- 

Drzewiecki (dsevj'etski), Zbigniew, * 8.4. 
1890 zu Warschau; polnischer Pianist, bekannt als 
Interpret moderner Musik, war ab 1916 Lehrer der 
höheren Klavierklassen am Warschauer Konserva- 
torium, später Direktor der Staatlichen Hochschule 
für Musik in Krakau. Er gehörte zu den einfluß- 
reichsten Persönlichkeiten des polnischen Musik- 
lebens. 

Ds$gelenok, Alexander Michajlowitsch, * 24. 
8. 1891 zu Moskau; russischer Komponist, war 
Schüler von Koreschtschenko und schrieb: Or- 
chestersuite Aegypten op. 6, Hiawatha (nach Long- 
fellow) für Singstimme und Klaviertrio op. 7, 2 
Klaviertrios op. 9 und op. 11, Klavierstücke und 
Lieder. 

Dsersdrinskij, Iwan Iwanowitsch, * 9. 4. 1909 zu 
Tambow; russischer Komponist, studierte zunächst 
an der Staatlichen Moskauer Musikschule, 1929 
bis 1930 an der Musikschule von M. F. Gnessin, ab 
1930 in Leningrad (1932-34 am Konservatorium). 
In Rußland errang er schnell offizielle Anerkennung 
mit seinen Opern Tichij Don (»Der stille Don«, Le- 
ningrad 1935) und Podnjataja zelina (»Neuland un- 
term Pflug«, Moskau 1937) nach den Romanen von 
M. Scholochow. Weitere Werke: die Opern 
Wolotschajewskije dni (»Die Tage von Wolotscha- 
jew«, 1939), Grosa (»DasGewitter«, nach A. Ostrow- 
skij, 1940), Krow natoda (»Des Volkes Blut«, Tschka- 
low 1942), Nadeschda Swetlowa (Tschkalow 1943), 
Knjas-oscro (»Der Fürst vom See«, Leningrad 1947) ; 
die komische Oper Daleko ot Moskwy (»Fern von 
Moskau«, nach W. Aschajew, Leningrad 1954), 
die komische Oper W simjuju notsch (»In der Win- 
temacht«, nach Puschkins »Schneesturm«, Lenin- 
grad 1946), 3 Klavierkonzerte, Orchester- und 
Chorwerke, Klavier- und Liederzyklen, Schau- 
spiel- und Filmmusiken. 

Dub^nskij, Arkadij, * 15. 10. 1890 zu Wiatka; 
russisch-amerikanischer Komponist, erhielt ab 1904 
seine Ausbildung am Konservatorium in Moskau, 
nach deren Beendigung er als Geiger im Kaiserli- 
chen Opemorchester tätig war. 1921 ging er nach 
New York und wurde dort Mitglied des New York 
Philharmonie Symphony Orchestra. Er schrieb 4 
Opern, Bühnen- und Filmmusiken, Orchester- 
werke (Symphonie Gmoll, Suite für Streicher), 
Caprice für Piccoloflöte und Orch., Kammermusik. 

Dubjska, Irena, * 1899 zu Ino wroclaw; pol- 
nische Violinistin, erhielt ihre Ausbildung am 
Stemschen Konservatorium in Berlin und unter- 
nahm als Solistin Konzertreisen durch ganz Europa. 
Nach dem 1. Weltkrieg wirkte sie als Lehrerin am 
Konservatorium in Warschau und ist auch heute 
noch pädagogisch tätig. 

Lit.: J. Ross, Polskie skrzypee i polscy skrzypkowie, 
1946. 

Dubois (dübü'a), Francois C16ment Theodore, 
* 24. 8. 1837 zu Rosnav (Marne), f 11. 6. 1924 zu 
Paris; französischer Organist und Komponist, 


Schüler des Pariser Conservatoire, speziell von 
Marmontel (Klavier), Bazin (Harmonie), Benoist 
(Orgel) und A. Thomas (Fuge und Komposition). 
1861 erhielt er für die Kantate Atala den Rompreis, 
wurde nach der Rückkehr aus Italien zuerst Ka- 
pellmeister an der Kirche Ste-Clotilde, ab 1869 
Chordirigent und 1877-96 als Nachfolger von 
Saint-Saens Organist an der Madeleinc-Kirche, 
1871 Professor der Harmonie am Conservatoire, 
später neben Massenet Professor der Komposition, 
1894 auch Mitglied der Akademie, 1896-1905 als 
Nachfolger von A. Thomas Direktor des Conser- 
vatoire. Ab Komponist hat D. sich besonders auf 
dem Gebiet der Orchester- und Chorkomposition 
hervorgetan, doch auch nicht ohne Glück ab 
Opemkomponbt versucht. In erster Linie sind zu 
nennen die Oratorien: Les sept paroles du Christ und 
Le paradis perdu (letzteres von der Stadt Paris 1878 
preisgekrönt), die komischen Opern: La guzla de 
Vhnir (1873) und Le pain bis (»Das Schwarzbrot«, 
auch La Lilloise betitelt, 1879), die großen Opern 
Aben Harnet (1884), Fridtjof (1892), die komische 
Oper Xavxhe (Paris 1895), das Ballett La Farandole 
(1883), mehrere Orchestersuiten, ein Klavierkon- 
zert, symphonische Dichtungen (Adonis), ein 
Doppelquintett, 2 Streichquartette, die Komposi- 
tion der lateinischen Ode Le baptkme de Clovis 
(Dichtung von Papst Leo XIH-, aufgeführt in 
Reims 1899, für Solo, Chor und Orch.) sowie viele 
Motetten, Messen, Klavierstücke und Lieder. Dar- 
neben hinterließ er Schriften zur Harmonielehre 
und Choralbegleitung. 

Du Bois (dü bü'a), L6on (Dubois), * 9. 1. 1859 zu 
Brüssel, t 19. 11. 1935 zu Boitsfort; belgischer 
Komponist, Schüler des Brüsseler Conservatoire, 
erhielt 1885 den Rompreb, war Theaterdirigent in 
Nantes, Lüttich und Brüssel (la Monnaie), 1899 bis 
1912 Direktor der Musikschule in Löwen, dann bb 
1926 des Brüsseler Conservatoire. Er schrieb Opern 
(La manche de Sganarelle 1890, Eddnie 1912), Bal- 
lette (Smylis 1891), Musik zum Mimodrama Le 
mort (1894, sein charakteristischstes Werk), das 
Oratorium UAveugle-ni (1922), symphonische 
Dichtungen, Chöre, Lieder und hinterließ auch 
eine Harmonielehre. 

Lit : L. Solvay, Notice sur L6on D. B., in: Annuaire 
de l'Acad. royale de Belgique CV, auch separat 
Brüssel 1938. 

Dubos (düb'o), Abbd Jean Baptiste, * im De- 
zember 1670 zu Beauvab, f 23. 3. 1742 zu Paris; 
französischer Diplomat und Ästhetiker, studierte 
in Paris an der Sorbonne, beriet eine Zeitlang den 
Opemdirektor und trat 1695 in den diplomatischen 
Dienst. 1719 veröffentlichte er sein 3bändiges 
Hauptwerk: Riflexions critiques sur la poesie, la 
pdnture et la musique (Paris, 6 l/55, zitiert wird nach 
der Ausgabe Utrecht 1732; deutsche Übersetzun- 
gen Kopenhagen 1750 und Breslau 1768). Im fol- 
genden Jahre wurde er zum Mitglied, 1722 zum 
Secr&airc perp6tuel der Acad&nie franqaise ge- 
wählt. D.s klassizistische Ästhetik, die das künst- 
lerische Urteil dem goüt zuwebt, ist für die Auf- 
klärungszeit grundlegend, bereitet aber auch die 
Empfindsamkeit mit der Forderung vor, daß der 
Künstler einen »rührenden Stoff« nachahmen solL 

Lit: A. Morel, Etüde sur l*abb6 D., Paris 1849; 
Lombard, L*abb6 D., Paris 1913; H. Goldschmidt, 


425 



Dubs 


Die Musikästhetik d. 18. Jh., Zürich u. Lpz. 1915; E. 
Teuber, Die Kunstphilosophie d. Abb6 D., Zs. f. 
Ästhetik XVII, 1924; W. Serauky, Die musikalische 
Nachahmungsästhetik, Universitas- Arch. XVII, Mün- 
ster 1929; R. Schafke, Gesch. d. Musikästhetik, Bin 
1934. 

Dubs» Hermann, * 23.3.1895 zu Zürich; 
Schweizer Chorleiter, Schüler von Andreae, S. 
Ochs, Isler, W. Fischer und Messchaert, ist seit 
1923 Lehrer für Solo- und Chorgesang am Kon- 
servatorium Zürich. Er wurde vor allem bekannt 
als Leiter des von ihm 1923 übernommenen Häu- 
sermannschen Privatchors in Zürich, mit dem er 
auf Reisen im In- und Ausland mit großem Erfolg 
Werke älterer und moderner Chormusik zur Auf- 
führung brachte. 

Lit.: H. Häusermann u. d. Häusermannsche Privat- 
chor, Zürich 1929. 

Duc (dük), Philippe, frahko-flämischer Kompo- 

lebte in Ita^i^Padua?). Seine Dedikationenwei- 
sen auf Beziehungen zum Hof des Erzherzogs 
Karl hin. In Venedig gab er heraus je ein Buch 
Madrigale zu 4 St. (1570), 6 St. (Le Vergini ... con 
un dialogo a 8 v., 1574) und 5-6 St. (1586). Weitere 
Madrigale, Motetten und Messen Enden sich in 
Sammeldrucken und in handschriftlicher Über- 
lieferung. 

Ducauge (dük'äs), Charles Dufresne, Sieur 
(du Cange), * 18. 12. 1610 zu Amiens, f 23. 10. 
1688 zu Paris; französischer Gelehrter, gab 1678 
heraus: Glossarium ad scriptores mediae et infimae 
latinitatis (3 Bände), neu herausgegeben durch die 
Benediktiner von St-Maur 1733-36 (6 Bände) und 
1840-50 (7 Bände), zuletzt von Favre 1882-87 
(10 Bände), das für den Musikforscher wichtige 
Erklärungen von Musikinstrumenten und Kunst- 
ausdrücken des Mittelalters enthalt. 

Lit.: H. Hardouin, Essai sur la vie et les ouvrages de 
D., Amiens 1849. 

Ducasse, Roger-Jean-Jules-Aimable -> Ro- 
ger-Ducasse. 

Du Caurroy, Eustache -* Caurroy, Eustache 
du. 

Duchambge (düf'a 3 ), Charlotte Antoinette Pau- 
line geh. du Montet, * um 1778 auf Martinique, 
f 23. 4. 1858 zu Paris; französische Komponistin, 
studierte Harmonielehre und Komposition bei 
Cherubim, Dussek, später bei Auber. Als erfolg- 
reiche Romanzenkomponistin war sie mit den fran- 
zösischen Romantikem wie A. de Vigny, Chateau- 
briand, Lamartine, Bdranger, Delavigne und Victor 
Hugo bekannt und befreundete sich um 1815 eng 
mit der Dichterin Marceline Deshordes-V almore. 
Insgesamt verfaßte sie etwa 400 Romanzen. 

Lit.: M. Desbordes-Valmore, Correspondance in- 
time, hrsg. v. B. Rivfere, Paris 1896; A. Pougin, La 
jeunesse de M. Desbordes-Valmore, Paris 1898; 
Oeuvres manuscrites de M. Desbordes-Valmore, Al- 
bums & Pauline, hrsg. v. Boyer d’Agen, Paris 1921 ; 
J. Boulanger, M. Desbordes-Valmore, Paris 1926. 

Ducht (düf'e), J oseph Francois, Sieur de Vancy, 
*29. 10. 1668 undf 14. 12. 1704 zu Paris; franzö- 
sischer Librettist, ist der Dichter einer Reihe von 
Opemtexten für Desmarets, auch von biblischen 
Tragödien. 

Lit.: H. E. Johnson, D. de Vancy, Paris 1952. 


Du ffoemm (dü Jms), Nicolas, * um 1510 zu 
Sens, f 1576 vor dem 25. 7. zu Paris; 1540-76 
Pariser Musikdrucker und Verleger, der ab 1549 
etwa 100 Verlagswerke veröffentlichte, u. a. eine 
große Chans on sammlu ng in 16 Büchern (1549-67; 
zierliche, saubere Typen des Schriftgießers Pierre 
Han Irin, einfacher Druck), aber auch Messen und 
Motetten, zum Teil mit größeren derberen Typen 
(von DeviUiers und Danfrie). 1551-55 war Claude 
Goudimel mit ihm assoziiert. Du Ch. gehört mit 
Attaingnant und Ballard zu den bedeutendsten 
Pariser Musikdruckem des 16. Jh. 

Lit: Fr. Lesure und G. Thibault, Bibliogr. des 
6ditions musicales publiäes par N. Du Ch., Annales 
musicologiques I, 1953. 

Duds, Benedictus (auch Benedikt Herzog), 
* um 1485 in der Nähe von Konstanz, f Ende 1544 
zu Schalkstetten bei Ulm; deutscher Komponist, 
über dessen Tätigkeit - von seinen späteren Jahren 
abgesehen - nichts Sicheres bekannt ist. Wahr- 
scheinlich hielt er sich nach 1520 in Österreich auf, 
vielleicht um dort seinen Studien nachzugehen. 
Nach seinem Anschluß an die Reformation be- 
warb er sich 1532 vergeblich um eine Pfarrstelle in 
Ulm, versah ab 1533 die in Stubersheim (bei 
Geislingen), bis er 1535 Pfarrer in Schalkstetten 
wurde. Die Annahme , D. habe in früheren Jahren 
in Antwerpen und London gewirkt, stützte sich 
auf die Identifizierung von B. D. mit Benedictus 
de Opitiis, die aber nach neueren Forschungen, 
wenn auch nicht als widerlegt, so doch als imwahr- 
scheinlich zu gelten hat. Seine erhaltenen Kompo- 
sitionen finden sich in Sammeldrucken, vorwie- 
gend bei Rhaw, Petrejus und Montanus, so 4 Sätze 
in Petrejus’ »Trium vocum cantionest (1541), 6 Sätze 
in Rhaws »Tridnia« (1542), 10 Sätze in Rhaws 
»Newe deudsche geistliche Gesenge« (1544) und 
6 Sätze in EgenolSs »Geminae undeviginta Oda- 
rum Horatii mdodiae« (15511. Die Harmoniae in 
odas P. Horatii Flacci Poetae clarissimi et plura alia 
carminum genera . . . composita per Benedictum Ducem 
(Ulm 1539) sind nicht erhalten. Die Kompositionen 
weisen weniger auf das früher angenommene 
Schülerverhältnis D.s zu Josquin als auf seine Nähe 
zu Heinrich Isaac und Sixtus Dietrich hin. 

Ausg.: die 10 Choralsätze v. 1544 hrsg. v. J. Wolf, 
in DDT, XXXIV; ein Stück in: Chorbuch V, hrsg. v. 
Fr. Jöde, Wolfenbüttel m Bin 1930. 

Lit.: Fr. Spitta, B.D., MGkK XVm, 1912; W. 
Barclay Squire, Who was »Benedictus«?, SIMG 
Xm, 1911/12; Ch. van den Borken, Benedictus de 
Opitiis, Musica Sacra XXXIV, Toumai 1927; D.v. 
Bartha, B. D. u. Appenzeller, Wolfenbüttel 1930; 
H. Albrecht, Artikel D., MGG. 

Duddes (d'Akbz), Vincent, * 21. 9. 1913 zu 
Boston (Massachusetts); amerikanischer Musik- 
forscher, studierte an der Columbia University 
und an der University of California (Bukofzer), 
wirkte 1937-44 als Musiklehrer, wurde an der 
University of California 1947 Leiter der Music 
Library und 1957 Associate Professor. Zu Studien- 
zwecken besuchte er 1950/51 England und 1957/58 
Deutschland. Schriften: The Gamble MS as a 
Source of Contimto Song in England (JAMS 1, 1948), 
The tCurious* Art ofjohn Wihon (JAMS VH, 1954) 
sowie die unveröffentlichte Dissertation John 
Gambiers Commonplace Book: a Critical Edition of 
New York Public Library Drexel 4257 . 


426 



Ducroquet Daublaine & Callinet. 

Düben, - 1) Andreas, * 27. 5. 1558 zu Lützen, 
f 19. 5. 1625 zu Leipzig; deutscher Organist, Sohn 
des Lützener Musikers Michael D. (um 1536 - 
um 1600), wurde Organist in Wurzen, 1595 Tho- 
masorganist in Leipzig. - 2) Andreas (der ältere), 
* um 1590, 7. 7. 1662 zu Stockholm; Sohn des 

vorigen, deutscher Organist, war 1614-20 Schüler 
Sweelincks und ging dann nach Stockholm, wo er 
Hoforganist, 1625 auch Organist der deutschen 
Kirche und 1640 Hofkapellmeister wurde. Zur 
Beerdigung des Königs Gustaf H Adolf 1634 
schrieb er eine Pugtia triumphalis für 8st. Doppel- 
chor, zu der des Königs Karl X. Gustaf 1660 ein 
5st. Miserere (mit B.c.); ferner komponierte er 
4-5st. Tänze. - 3) Gustaf (der ältere), * 1624 und 
+ 19. 12. 1690 zu Stockholm; Sohn des vorigen, 
schwedischer Komponist, wurde 1647 Mitglied 
der Hofkapelle, 1663 als Nachfolger seines Vaters 
Hofkapellmeister und Organist der deutschen 
Kirche. Er schrieb: Ode Sveticae für eine St. und 
B.c. (Stockholm 1674); ferner Chöre, 10 Hoch- 
zeitsarien und Tänze. Gustaf D.s M usiksammlu ng, 
die seit 1732 der Universitätsbibliothek Uppsala 
gehört, ist eine der reichhaltigsten ihrer Zeit; sie 
enthält Autographe von Buxtehude und Chr. 
Bernhard sowie Werke von Tunder, Weckmann, 
Carissimi, Foggia, Rovetta und Albrici, die er zum 
Teil auf Auslandsreisen selbst kopiert hatte. - 4) 
Gustaf (derjüngere), * 6. 8. 1659 undf 5. 12. 1726 
zu Stockhohn, Sohn des vorigen, war 1690-99 
Hofkapellmeister, wurde 1698 geadelt, 1712 Kam- 
merherr. -5) Andreas (derjüngere), *28. 8. 1673 
und f 23. 8. 1738 zu Stockholm, Bruder des vori- 
gen, 1699-1726 als dessen Nachfolger Hofkapell- 
meister, war 1686 als Diskantist in die Hofkapelle 
eingetreten, und 1689 Instrumentalist geworden. 
Er wurde 1707 geadelt, 1721 Hof marschall, schrieb 
Gelegenheitsstücke und Klavierwerke. 

Ausg.: Andreas D. d. ältere: Pugna triumphalis, hrsg. 
v. N. Franz£n, Stockholm 1932; Miserere, hrsg. 
(unter Gustaf D.s d. älteren Namen) v. T. Norlind 
in SIMG 1, 1899/1900; Gustaf D. d. ältere: Tre danser, 
hrsg. v. S. E. Svensson, Stockholm 1940; Andreas D. 
d. jüngere: 3 Klavierstücke, in: Svensk Klassisk 
musik VI, hrsg. v. K. Brodin, Stockholm 1937. 

Lit.: C. Stiehl, Die Familie D. „ . MfM XXI, 1889; 
T. Norund, Die Mg. Schwedens . . ., SIMG 1, 1899/ 
1900; ders., Familjen D., STMf XXIV, 1942; R. 
Wustmann, Mg. Lpz.s I, Lpz. u. Bin 1909; B. Lund- 
gren, Tre brev frän G. D. . . ., STMf XXVII, 1945. 

Dülon» Friedrich Ludw ig, * 14. 8. 1769 zu 
Oranienburg, f 7. 7. 1826 zu Würzburg; deutscher 
Hötist, von Jugend an erblindet, unternahm große 
Reisen, war 1796-1800 am Hofe zu St. Petersburg 
angestellt, lebte dann in Stendal und ab 1823 in 
Würzburg. Die von ihm diktierte Selbstbiographie 
gab Wieland heraus: D~s, des blinden Flötenspielers 
Leben ... (2 Bände, Zürich 1807/08). Ferner 
schrieb er cm Flötenkonzert und Hötenstücke. 

Lit : L. de Lorenzo, My Complete Story of the Flute, 
NY 1951 ; R.Sietz, Der Flötenvirtuose Fr. L, D., Mf 
VH, 1954. 

Dünfcelfeind -*» Nichelmann. 

Dürr, Alfred, * 3. 3. 1918 zu Berlin-Charlotten- 
burg; deutscher Musikforscher, studierte 1945-50 
Musikwissenschaft an der Universität Göttingen 


Dufay 

und promovierte 1950 mit Studien übet die frühen 
Kantaten J. S. Bachs (Leipzig 1951). Seit 1951 ist D. 
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Johann-Se- 
bastian-Bach-Institut Göttingen, seit 1953 (Jg. XL) 
mit W. Neumann Herausgeber desBach-J ahrbuchs. 
Von der neuen Bach-Gesamtausgabe veröffent- 
lichte er mehrere Bände: Serie I, Band 1 (Advents- 
kantaten, 1954), Seriell, Band 3 (Magnificat, 1955), 
Serie I, Band 10 (Kantaten zum 2. und 3. Ostertag, 

1955) , Serie I, Band 2 (Kantaten zum 1. Weih- 
nachtstag, 1957), daneben Zeitschriftenartikel und 
Besprechungen zur Bachforschung und zur evan- 
gelischen Kirchenmusik, darunter: Neues über die 
Möller’scke Handschrift (Bach-Jb. XLI, 1954), Ge- 
danken zu J. S . Bachs Umarbeitungen eigener Werke 
(ebenda XXIII, 1956, u. Kongreßbericht Hamburg 

1956) ; Zur Chronologie der Leipziger Vokalwerke 
J. S. Bachs (ebenda XLIV, 1957; grundlegend). 

Du?to, Antonio, aus dem Piemont gebürtig, 
italienischer Komponist des 16. Jh., ist 1583 als 
Kapellmeister und 1584-94 als Canonicus am Dom 
von Genua nachweisbar; er gab in Venedig heraus : 
je 2 Bücher 6st. Madrigale (1583-84), 5st. Madri- 
gale (1584-85) und 4st. Madrigale (1586-94). Eine 
5st. Motette ist handschrifdich in der Christkirche 
zu Oxford erhalten; 6 4st. Madrigale sind in Sam- 
melwerken gedruckt. 

Dütsch, - 1) Otto Johann Anton, * 1823 zu 
Kopenhagen, f 1863 zu Frankfurt am Main; däni- 
scher Kapellmeister, war Schüler von J. P. E. Hart- 
mann und 1842-47 des Leipziger Konservatoriums, 
ging 1844 nach St. Petersburg, wurde später Ka- 
pellmeister am Kaiserlichen Theater, Chormeister 
der Italienischen Oper und 1862 Theorielehrer am 
neugegründeten Konservatorium. Er schrieb 
Schauspielmusiken, Operetten, 70 Lieder, eine So- 
nate für 2 Kl. und Orch., eine Cellosonate und 
Klavierstücke. - 2) Georg, * 20. 1. 1857 und 
1 1891 zu St. Petersburg; russischer Dirigent, stu- 
dierte 1866-75 am Petersburger Konservatorium 
Violine, Fagott, Klavier und Komposition, leitete 
1880-83 das Orchester der »Petersburger musi- 
kalisch-dramatischen Vereinigung«, ab 1889 die 
»Russischen Symphoniekonzerte« und die Or- 
chesterklasse des Konservatoriums. 

Lit : N. Findeisen, D., Vater u. Sohn, Russkaja musy- 
kalnaja gaseta III, 1896. 

Du Fault (düf'o:); französischer Lautenist des 
17. Jh., der sich tim 1669 in England aufgehalten 
haben soll 12 Stücke von ihm erschienen in der 
TabUOure de luth difßrents autkeurs (Paris 1631), wei- 
tere sind handschrifdich erhalten. 

Lit: H. Quittard, France, Musique instrumentale. 
In: EncycL de la Musique I, 3, hrsg. v. A. Lavignac, 
Paris (1914), darin ein Präude; J. Wolf, Hdb. d. 
Notationskunde II, Lpz. 1919, darin eine Sarabande; 
J. Zuth, Hdb. d. Laute u. Gitarre, Wien 1926; L. de 
La Laurenoe, Les Luthistes, Paris 1928. 

DufSay (düfa'i), Guillaume (du Fay), f 27- H- 
1474 zu Cambrai. D. stammt vielleicht aus Fay, 
einig e Kilometer südlich von Cateau-Cambr&is, 
obwohl »natus est ipse Fay« (Motette Salve flos 
Tuscae genüs) nicht genauer bestimmt, um welches 
»Fay« es sich handelt Auf jeden Fall empfing er 
seine erste Ausbildung in der Kathedrale von 
Cambrai. Ab August 1409 gehörte »Wi21emet« zu 
den unter Leitung von Nicolas Malin stehenden 


427 



Dufay 


Kapellknaben. Er muß dann seine Studien bei 
Richard de LocqueviUe fortgesetzt haben und ver- 
ließ noch sehr jung seine Heimat. Ob er mit in 
Konstanz war, wo Pierre Dailly, der Bischof von 
Cambrai mit einem zahlreichen Gefolge 1417-18 
dem Konzil beiwohnte, ist nicht bewiesen, aber 
sehr wahrscheinlich. - In der Zeit von 1420-26 
nacheinander entstanden, zeigen 3 Kompositionen 
seine Beziehungen zu der Familie Malatesta an: 
die Motette Vassilissa ergo (1420), die die Verbin- 
dung von Cleofe Malatesta mit Theodoros Palaio- 
logos, dem Despoten des Peloponnes feiert, die 
Ballade Resvellies vous zu Ehren der Vermählung 
von Victoria Colonna, einer Nichte des Papstes 
Martin V., mit Carlo Malatesta (1423) und die Mo- 
tette Apostolo glorioso , geschrieben für Pandolfo 
Malatesta, der 1426 zum Bischof von Patras ge- 
wählt wurde. Muß man den Musiker in jenem 
Kleriker von St-Germain l’Auxerrois in Paris er- 
kennen, der im August 1420 in eine Diebstahls- 
affeire verwickelt, dann aber für unschuldig erklärt 
wurde? Pirro glaubte, daß die 1425 von einem 
italienischen Schreiber (Oxf. 2131 kopierte Ballade 
Je me complairts piteusement bei dieser Gelegenheit 
entstanden ist. Ein Aufenthalt in seiner Heimat, 
wo ihm einige Pfründen übertragen wurden (stän- 
diger Kaplan von St-Fiacre, der Kirche in Laon; 
Kaplan von St-Jean-Baptiste, der Kirche von 
Nouvion-le vineux, Diözese von Laon; präben- 
dierter Canonicus von St-Pierre in Toumai), ist 
nicht mit einem ohne Zweifel häufig unterbroche- 
nen Dienst bei den Malatesta unvereinbar: die 
Chanson Adieu ces bons vins de Lartnoy , vom Schrei- 
ber des Ms. 213 von Oxford 1426 verzeichnet, 
wäre der Hinweis auf eine neue Abreise nach 
Italien. Jedenfalls war D. 1427 in Bologna, von 
wo ein Abwesenheitsprivileg zur Kirche St-G6ry 
von Cambrai gesandt wurde. War er damals noch 
Diakon, so wurde er 1428 Priester und erhielt seine 
Weihe ohne Zweifel in Bologna. Vor Oktober 
1428 war er Kapellsanger Martins V. Zu den Vor- 
zügen, die ihm die Zugehörigkeit zum päpstlichen 
Hofe eintrug, gehörte ein Kanonikat an dar Kirche 
von Lausanne (22. 8. 1431), das vielleicht ein erster 
Hinweis auf Verbindungen mit der Familie von 
Savoyen ist. Obwohl er Rom im August 1433 
verlassen haben dürfte, vermeldet ihn erst ein 
Text vom 1. Februar im Dienste Am6d£es VHL 
von Savoyen. Ein Jahr später war er dessen Kapell- 
meister. Im Laufe dieses Aufenthalts wurde ihm 
eine neue Anerkennung mit der Übertragung einer 
Pfarrpfründe in Vcrsoye zuteiL - Indessen nahm 
er von Juni 1435 bis Mai 1437 seinen Dienst in der 
päpstlichen Kapelle wieder auf, die zunächst in 
Florenz, dann in Bologna Aufenthalt nahm. Als 
Sänger und Angehöriger des Hofes Eugens IV. 
erhielt er ein Kanonikat mit Präbende in dar Kathe- 
dralkirche von Cambrai. Für dieses Kanonikat 
wurde er am 3. 9. 1436 bezeichnet, am 12. 11. in 
Cambrai empfangen, nahm aber erst viel später 
von diesem Benefiz wirklich Besitz. Nach seinem 
Austritt aus der päpstlichen Kapelle begab er sich 
zu Nikolaus m. nach Ferrara, wo ein Text (Mai 
1437) und eine Ballade, Cest bien raison , seine An- 
wesenheit belegen. Im folgenden Jahr wurden 
seine Verbindungen mit dem Hause Savoyen wie- 
der stärker. Die Motette Magnanimae gentis , die die 
Festigung des Friedens zwischen Freiburg und 


Bern feiert, impliziert D.s Anwesenheit bei Lud- 
wig von Savoyen, als dieser sich im Mai 1438 in 
die beiden Städte begab. Von diesem Augenblick 
an datiert ohne Zweifel der 7 Jahre währende 
Aufenthalt am Hofe von Savoyen, von dem D. in 
seinem Testament spricht und den die zu spär- 
lichen Texte nicht näher zu bestimmen gestatten. 
Zahlreiche andere Dokumente verweisen auf häu- 
fige Abwesenheit vom Hofe, und sicher ver- 
säumte er es nicht, sich mitunter nach Norden zu 
wenden, wo ihn seine Pfründen erwarteten. 1439 
erhielt er eine Präbende an St-Donatien in Brügge, 
die er 1446 gegen ein Kanonikat an Ste-Waudru 
in Mons tauschte. In dem auf das letztere bezüg- 
lichen Text trug er die Titel eines »Baccalaureus 
des kanonischen Rechts« und eines »Kaplans des 
Herzogs von Burgund«. Der erste Titel muß auf 
vier Studienjahren gründen: wo und wann hat er 
sie absolvieren können? Ohne dokumentarische 
Stützen, hat man Paris, Bologna oder Turin in 
Betracht gezogen. Mehrere längere Aufenthalte in 
Bologna würden die zweite Hypothese annehm- 
bar machen. Muß man aber notwendigerweise 
diese Studien »kurz vor 1446« ansetzen? Daß ihm 
in der Folge dieser Titel nur noch auf seinem Grab- 
mal gegeben wurde, weist darauf hin, daß man 
ihn nicht immer erwähnte. Der zweite Titel wird 
durch D.s Beziehungen zum burgundischen Hof 
hinreichend erklärt. Zweifelsohne waren sie nur 
vorübergehender Natur, doch rechtfertigen Begeg- 
nungen zwischen dem Herzog und dem Musiker 
in Dijon, Brüssel und im Hennegau sowie die Be- 
ziehungen, die D. mit Binchois, dem Kaplan 
Philipps des Guten unterhielt, einen Titel ehrenden 
Charakters. - Ab 1451 lebte D. in Cambrai, war 
aber häufig abwesend. Sein Ruf war schon zu 
diesem Zeitpunkt überaus groß. Seine Werke, vor 
allem die Gelegenheitsmotetten, der Brief, den 
ihm 1467 von Florenz A. Squardalupi, der Or- 
ganist von P. de* Medici schrieb, und zahlreiche 
andere Zeugnisse bestätigen seine Geltung auf dem 
Gebiet der Musik und die Achtung, die ihm die 
Großen seiner Zeit entgegenbrachten. D.s Werk, 
vorwiegend in Handschriften italienischer Her- 


kunft erhalten, umfaßt nahezu 200 Kompositionen : 


Motetten (geistliche und weltliche), französische 
Chansons ^Balladen, und Rondeaux), italienische 
Chansons. Diese Werke sind aufgezeichnet in einer 
großen Anzahl von Handschriften, von denen die 
folgenden die bedeutendsten sind: Oxford, Can. 
Mise. 213; Bologna, Liceo mus. Q 15 (olim 37) 
und BibL Univ., Ms. 2216; Trient, Codd. 87-92; 
Aosta, BibL Sem.; Rom, Bibi. Vat. Cod. 49, Cap. 
SixL 14, Urb. 1411, Arch. Cap. S. Pietro, Cod. 80 
B ; Pavia, BibL Univ. ,Ms. 362; Florenz, BibL Naz., 
Mis. XIX. 176 sowie BibL Ricc., Mss. 2356 und 
2794; Modena, BibL Est 471 (olim A.X.11); 
Madrid, Escorial, Mss. IV, a. 24 und V. m. 24; 
Sevilla, BibL Columb. 5. 1. 43; Paris, Bibi. Nat., 
Ms. 6771 (Reina) und Ms. fr. 4379; Cambrai, BibL 
Mun., Mss. 6 und 11 ; Washington, Libr. of Congr., 
M$.Laborde; Brüssel, BibL Royale, Ms. 5557. 

Die ältesten Werke von D. (Mss. Oxf., BoL Q. 15 
und Trient) zeigen ihn noch den Formen der fran- 
zösischen ars nova verbunden, die ihn seine Cam- 
braier Meister gelehrt hatten, aber auch die Bin- 
dung an eine neuere Strömung, die im Norden 


428 



Dugan 


Italiens durch Ciconia gegeben worden war. Bai* 
laden und Rondeaux, Meßfragmente und Motet- 
ten neigen noch zu den Melodiebögen der italie- 
nischen Ballade, zu den Künsten des Caccia-Stils, 
zu Fanfareneffekten und isorhythmischer Struktur. 
Seine Notation verschmäht nicht die der ausgehen- 
den französischen ars nova eigene Vermischung 
der Tempora und Prolationen, von der Ciconia 
sich noch nicht völlig gelöst hatte. In den Werken, 
die man in die Zeit seiner zweiten Zugehörigkeit 
zur päpstlichen Kapelle verlegen kann, weitet sich 
sein Stil aus. Die weiße Notation bringt eine grö- 
ßere Einfachheit mit sich, die musikalische Struk- 
tur impliziert eine Dialektik, die den Text zur 
Geltung bringt, während der Gebrauch des Faux- 
bourdon und das Suchen der »frisque concor- 
dance« (der gleichzeitigen Fortschreitung der 
Stimmen) eine Weichheit der Akzente verlkhen, 
die von nun an den Stil D.s bes timm en wird (der 
oft zitierte Einfluß Dunstables und der Engländer, 
die zu dieser Zeit in Italien leben, wäre noch zu 
beweisen). Später gewinnen seine Werke noch 
mehr an Weite: einheitliche Messen, die auf ein 
einziges Thema gegründet und gebaut sind, 3st. 
Chansons mit einem prägnanten Superius, Motet- 
ten, deren Absicht jeweils durch eine erprobte 
musikalische Technik unterstrichen ist, wo die 
liturgische Grundmelodie mit einer erstaunlichen 
Sicherheit koloriert und entwickelt wird, - diese 
Werke lassen D. als eine der größten Musiker- 
persönlichkeiten aus der 2. Hälfte des 15. Jh. er- 
scheinen. Die Einführung einer Stimme, die tiefer 
ist als der Tenor und die Ausweitung des Ton- 
raums nach oben und unten hin, die seine in Cam- 
brai entstandenen Werke auszeichnen, kündigen 
bereits die volle KlangHcfakeit der Meister aus der 
Generation Josquins an. 

Ausg.: GA: Opera omnia, hrsg. v. G. de Van u. H. 
Besseler, «* CMM I, Rom 1947. - Auswahl, hrsg. v. 

G. Adler, O. Koller, R. v. Ficker u. A Orel in: 
DTÖ VH, XI, 1, XIX, 1 (« Bd 38), XXVII, 1 (- Bd 
53), XXXI (- Bd 61) u. XL (- Bd 76); Auswahl, 
hrsg. v. L. Feininoer in: Documenta polyphoniae 
liturgicae Serie I, H. 1, 3, 4, 7, 10, u.: Monumenta 
polyphoniae liturgicae I, 1 ; 19 Chansons in: J. F. R. 
u. C. Stainer, D. and his Contemporaries, London 
u. NY 1898; Einzelausgaben in: J. Wolf, Gesch. der 
Mensurainotation H-IH, Lpz. 1904; K. Däzes, Mes- 
sen u. Motettensätze des 15. Jh., Augsburg 1927; 
Schering Beisp. 38-50; Davison-Apel Anth. I, 65 
bis 68; Capella I-ü, hrsg. v. H. Besseler, Kassel u. 
Basel 1950-51. 

Ut: J. Houdoy, Hist artistique de la cathädrale de 
Cambrai, Paris 1880; Fr. X. Haberl, Wilhelm Du 
Fay, VfMw I, 1885, u.: Bausteine. . . I, Lpz. 1885; 

H. Besseler, Studien zur Musik des MA I, Af Mw 

VH, 1925; ders., Musik des MA . . Potsdam 1931 
bis 1934; ders., Bourdon u. Fauxbourdon, Lpz. 1950; 
ders.. Neue Dokumente zum Leben u. Schaffen D.s, 
AfMw IX, 1952; ders., Artikel D. in MGG, mit er- 
schöpfender Bibliogr.; Ch. van den Borken, G. D., 
Brüssel 1925; ders., G. D., centre de rayonnement de 
la polyphonie europäene . . ., BulL de l’Institut hist 
beige de Rome XX, 1940; ders., Etudes sur le XV« 
s. musical, Antwerpen 1941 ; Fr. Baix, La carriäre 
»bdndficiale« de G. D., Bull, de l’Institut hist, beige 
de Rome VIH, 1928; A. Pnuto, Hist de la musique 
de la fin du XIV« ä la fin du XVI« s., Paris 1940; M. F. 
Bukofzer, Studies in Medieaeval and Renaissance 
Music, NY (1950); ders., Caput Redivivum, JAMS 
IV, 1951. SC 


Dufonrcq (düf'urk), Norbert, * 21.4. 1904 zu 
Saint-Jean-de-Braye (Loiret); französischer Musik- 
forscher, studierte 1922-24 an der Sorbonne, 1924 
bis 1928 an der Ecole Nationale des Chartes in 
Paris, die er als Archiviste-Paleographe verließ. 
1935 erwarb er den Grad eines Docteur es-lettres 
mit einer Esquisse (Tune Histoire de VOrgue en France 
(Paris 1935). Seit 1923 ist D. Organist der Kirche 
St. Merry in Paris, wirkt seit 1928 im Verlag La- 
rousse, war 1936-45 als Geschichtslehrer am Col- 
lege Stanislas tätig und wurde 1941 zum Professor 
für Musikgeschichte am Pariser Conservatoire er- 
nannt Er ist Generalsekretär der Amis de Torgue 
(seit 1927) und Präsident der S ödete Frangaise de 
Musicologie (seit 1956). Veröffentlichungen (wo 
nicht anders angegeben, in Paris erschienen) : Essai 
d*une Bibliographie de VHistoire de VOrgue en France 
(1929), Le Grand Orgue de St. Jean de Pizenas (1932), 
Documents inidits relatifs ä VOrgue fiangais (2 Bände, 
1935), Orgues Comtadines et Provengales (1935, Er- 
gänzung 1955), Trots Südes de Musique d'Orgue 
(1936), Les grandes formes de la musique d'Orgue 
(1937), La tris Curieuse histoire d'un Orgue bigourdan 
(1938), La Musique d'Orgue frangaise de Jehan Ti- 
telouze ä Jehan Alain (1941, 2 1949), Les Clicquot, 
facteurs <T Orgues du Roy (1942), Le Grand Orgue du 
Palais de Chaillot (1943), Petite histoire de la Musique 
en Europe (1943, 61954), Du Prilude et Fugue au 
thhne libre (1944), Le Grand Orgue et les Organistes 
de Saint-Merry de Paris (1947), Jean-Sibastien Back , 
genie latin* gertie allemand? (1947, 2 1949), VOrgue 
(In der Sammlung »Que sais-je?«, 1948),/. <S. Bach , 
le Mentre de VOrgue (1948), La Messe en si mitieur de 
J. S . Bach (1948), Cisar Fronde (1948), Pour servir 
ä la Connaissance de Vhistoire de la Musique (1948), 
Le Clavecin (1949), La Musique jrangaise (1949), 
J. S. Bach: la Musique de Chambre (Brüssel 1950), 
Introduction d la publication du Livre d'Orgue de 
Gilles Julien (1952), L'Orgue de la Chapelle du Chä- 
teau des Tuileries et VOrgue du Conservatoire (1952), 
Autour de Coquard, C. Fronde* dVJndy (1952), Nicolas 
Lebkgue , Organiste de la Chapelle-Royalc (1954). 
Unter seiner Leitung erschienen: La Musique , des 
Origines ä nos Jours (1946), Notes et Rißrences sur 
Michel Richard Delalande (1957), Dix annies ä la 
Chapelle Royale de Musique , d'aprhs une correspon- 
dance inidite (mit M. Benoit, 1957) ; hervorzuheben 
ist das Lexikon Larousse de la Musique (2 umfang- 
reiche Bände 1957/58). Ausgaben: Cent Versets de 
Magnificat (mit N. Pierront, 1949, 2 1952), Les 
Grames Heures de la Musique d'Orgue (mit N. 
Pierront: Grigny, 1953, Clcrambault, 1954, Da- 
quin, 1955, G. NIvers, 2. Orgelbuch, 1957), G. 
Nivers* Troisibne Livre d'Orgue (1957), VOrgue 
parisien sous le rlgne de Louis XJV (Kopenhagen 
1957). Er gab heraus die Sondernummer der Re- 
vue Musicale: Aspects inidits de Vart instrumental en 
France (1955). 

Dugan» Franjo, * 11.9.1874 zu Krapinica, 
f 12. 12. 1948 zu Zagreb; kroatischer Komponist, 
studierte Mathematik und Physik in Zagreb, war 
aber auch Schüler der Berliner Hochschule, Pro- 
fessor in Zagreb und Osij'ek, dann Direktor und 
Lehrer an der Musikakademie sowie Domorganist 
in Zagreb, schrieb: 2 Streichquartette, Sonate für 
V. und KL, Andante für Orch., Orgelstücke, 
kirchliche und profane Chöre. 


429 



Duggan 


Duggan (d'Agan), John Francis, * 10. 7. 1817 
zu Dublin, + 1900 zu London; irischer Pianist und 
Kapellmeister, war zuerst Akkompagnist der 
Italienischen Oper in New York, später Opem- 
kapellmeister unter Wilson und an einem deutschen 
Opernunternehmen, lebte dann als Musiklehrer in 
Baltimore, Washington und 1841 als Direktor 
eines Musikinstituts in Philadelphia, 1844-45 in 
Paris, dann in Edinburgh, endlich in London, wo 
er 1854 Musikdirektor am Marylebone Theatre 
und später Gesanglehrer an der Guildhall School 
of Music wurde. D. komponierte die Opern Pierre 
(London 1853) und Uonie (London 1854), 2 Sym- 
phonien, 6 Streichquartette, Lieder und Vocalisen. 

Dugud (düg'e), Jean, f vor 1570 zu Paris; fran- 
zösischer Organist und Spinettspieler, Sohn des 
1539-57 in Paris nachweisbaren Organisten und 
Instrumentenbauers Pierre D., erschien 1538 als 
Organist in Paris und trat 1546 in königlichen 
Dienst. Seine Tochter Lucr&ce heiratete 1559 
Robert Ballard. D. ist wahrscheinlich verwandt 
mit 5 weiteren Instrumentisten Dugud, die im 16. 
Jh. am Hofe beschäftigt waren. 

Lit.: M. Brenet, Notes sur rhist. du luth, RMI VI, 
1899; Fr. Lesure, Les facteurs d’instruments k Pa- 
ris These Paris 1948, maschr. 

Dishan, Hans, * 27. 1. 1890 zu Wien; österrei- 
chischer Opernsänger (Bariton), sang 1910-11 am 
Stadttheater Troppau, 1913-14 in Teplitz-Schönau 
und wirkte 1914-40 an der Wiener Staatsoper. 
D. schrieb ein Singspiel Mozart (Wien 1923), eine 
Messe, Kammermusik und Lieder. Seit 1933 ist er 
Professor für Opemdramatdk an der Akademie für 
Musik und darstellende Kunst in Wien, gelegent- 
lich auch als Regisseur und Dirigent hervortretend. 

Duiffoprogcar Tieff enbrucker. 

Dukas (dük'a), Paul, * 1. 10. 1865 und f 17. 5. 
1935 zu Paris; französischer Komponist und Mu- 
sikkritiker, Schüler von Th. Dubois, G. Mathias 
und Guiraud am Pariser Conservatoire, erhielt 
1888 den 2. Rompreis für seine Kantate Vellida. 
2 bei seinem Abgang vom Conservatoire (1889) 
schon vorliegenden Ouvertüren (zu »King Lear« 
und »Götz von Berlichingen«) folgte eine zu Cor- 
neÜles »Polyeucte«, die 1892 mit großem Erfolg 
aufgeführt wurde. Mit Saint-Saens vollendete er 
die von Guiraud skizzierte Oper Fridigonde, die 
bei ihrer Aufführung in der Großen Oper ebenso 
zurückhaltend aufgenommen wurde wie die 1897 
aufgeführte I. Symphonie C dur. Dagegen wurde 
noch im selben Jahr das Orchesterstück L'apprenti 
sorcier (»Der Zauberlehrling«, nach Goethe) zu 
ei nem großen Erfolg. Um die Jahrhundertwende 
entstanden die Sonate Es moll und Variations, Inter- 
lude et Finale sur m Thbne de Rameau , die zu den 
bedeutendsten Werken der französischen Klavier- 
literatur gehören. In diesen Jahren unternommene 
Opemversuche (Horn et Rmenhild und Uarbre de 
Science) führten zu keinem Abschluß. Erst 1907 
brachte die Op&a Comique das 3aktige lyrische 
Märchen Ariane et Barbe-Bleu (M. Maeterlinck), 
für das d’Indy und Faurd nachdrücklich emtraten. 
Nachdem noch 1912 die Tanzdichtung La Phi mit 
großem Beifall aufgenommen wurde, ließ D. nur 
noch vereinzelt Werke an die Öffentlichkeit ge- 
langen und vernichtete mehrere seiner Komposi- 


tionen, darunter eine II. Symphonie, eine sym- 
phonische Dichtung Lefil de la Parque 9 ein lyrisches 
Drama Le nouveau mottae und Ballette. Außer den 
angeführten sind von seinen Kompositionen noch 
zu nennen: Villanelle für Horn und KL (1906), 
Prilude elegiaque sur le nom de Haydn für Kl. (1909), 
La plainte au loin du faune für Kl. (zum Gedächtnis 
für CL Debussy, 1920), Sonnet de Ronsard für Ge- 
sang und KL (1924). Als Musikkritiker schrieb D. 
in <Ter Revue Hebdoma daire (1892-1901), der Ga- 
zette des Beaux-Arts (1894-1902), im Quotidien 
(1923/24) und in der Revue Musicale (1923-32). 
Er war Lehrer an der Ecole normale de musique 
und ab 1928 Leiter einer Kompositionsklasse am 
Conservatoire. D., der sich stilistisch an C. Franck 
anschloß und auch von Wagner starke Eindrücke 
aufnahm, gehört durch die Stärke seiner melodi- 
schen Empfindung, die bewußte Meisterschaft der 
Arbeit, durch den Klangadel seines Orchesters zu 
den hervorragenden Musikern Frankreichs im 1. 
Drittel dieses Jh. 

Ausg. : Ecrits sur la musique, Paris 1948. 

Lit.: G. Samazeuilh, P. D., Paris 1913; V. dTndy, 
Emmanuel Chabrier et P. D., Paris 1920; O. S£r£, 
Musiciens fr?, d’aujourd’hui, Paris 1921; A. Cortot, 
La musique fr?, de piano II, Paris 1930; P. Lan- 
dormy, La musique frangaise aprfcs Debussy, Paris 
1943; G. Favre, P. D., Paris 1948; ders., Une lettre 
de P. D. k V. d’Indy, RM 1949; vgL auch das D. 
gewidmete H. der RM, Mai 1936. 

Duke, Vernon Dukelsky. 

Dykelsky, Vladimir (Vernon Duke), * 10. 10. 
1903 zu Pskoflf (Rußland) ; amerikanischer Kompo- 
nist russischer Herkunft, lebt in Los Angeles. Als 
Kompositionsschüler von Gli£re studierte er 1917 
bis 1920 in Kiew, lebte 1920/21 in Konstantinopel, 
ging 1922 nach den USA, wo er mit Gershwin in 
Verbindung trat 1924 kam er nach Paris und er- 
hielt von Diaghilew nach dem Vorspiel seines A. 
Rubinstein gewidmeten Klavierkonzertes C dur 
den Auftrag, das Ballett Ziphvre et Flore zu schrei- 
ben. 1929 ging er in die USA zurück, studierte 
1934/35 bei Schillinger in New York Orchestra- 
tion, ließ sich 1936 naturalisieren, gründete 1948 
die »Society for Forgottcn Music«, deren Präsident 
er ist. Er schrieb außer dem erwähnten noch die 
Ballette Jardin Public (1934), Entr 9 acte (1938), Le 
Bat des Blanchisseuses (1946), Souvenir de Monte 
Carlo (1948-56), 3 Symphonien (1928, 1929, 1946), 
Didicaces für S., IG. und Orch. (1934), das Orato- 
rium The End of St Petersburg (1937), Ode to the 
Milky Way für Orch. (1946), mehrere Kimmusiken 
und Musical Shows, ein Violin- und ein Cello- 
konzert, Kammermusik (Streichquartett, 1956) 
und zahlreiche Unterhaltungsmusik. D. veröffent- 
lichte eine Autobiographie Passport to Paris. 

Dulcken, Luise, geborene David, * 20. 3. 1811 
zu Hamburg, + 12. 4. 1850 zu London; deutsche 
Pianistin, Schwester Ferdinand Davids, Schülerin 
von Grund, trat schon als Kindjmit ihrem Bruder 
auf und kam 1828 nach London, wo sie zu hohem 
Ansehen gelangte und u. a. Lehrerin der Königin 
Victoria wurde. 

Dulichius, Philippus (Deulich, DeiHch, Teilich, 
Dulichs), getauft 19. 12. 1562 zu Chemnitz, be- 
graben 25. 3. 1631 zu Stettin; deutscher Kantor, 
war Sohn eines Chemnitzer Tuchmachers, stu- 


430 



Dumont 


dierte ab 1579 an der Universität Leipzig und 
wurde 1587 Kantor des fürstlichen Pädagogiums 
und der Marienkirche in Stettin. Er schrieb gegen 
250 5— 8st. Motetten, in denen sich die imitatorische 
Technik Lassos mit dem Klangsinn der veneziani- 
schen Meister vereinigt ; für R. Schwanz* Annahme, 
er sei Schüler von G. Gabrieli gewesen, liegt jedoch 
kein Beweis vor. Hauptwerke: Cantiones ; 5-6st. 
(Stettin 1589); Philomusids . . . hasce . . . cantiones 
sacras consecrat . . ., 4 8st. Motetten (Stettin 1590); 
Harmonias aliquot , 5 7st. und 4 8st. Motetten (Stet- 
tin 1593); Sex cantiones sacrae , 5st. (Stettin 1593); 
Fasciculus noyus continens Dicta insigniora , 5st. Mo- 
tetten (Stettin 1598, 2 1609); Novum opus musicum 
(Stettin 1599, weitere Auflagen Leipzig 1609, 1610, 
1611) ; 2 verschiedene Hymnenaeus VH vocum (Stet- 
tin 1605); Prima bis Quarta Pars Centuriae octonum 
et septenum vocum . . . (Stettin 1607-12, die meisten 
dieser Motetten sind schon vor 1604 entstanden); 
Primus Tomus Centuriae senum vocum . . . (Stettin 
1630). 

Ausg.: Prima Pars Centuriae octonum et septenum 
vocum . . ., hrsg. v. R. Schwartz, DDT XXXI; Se- 
cunda Pars . . ., hrsg. v. dems., DDT XLI; Vier 8st 
Chöre aus d. Centurien d. Ph. D., hrsg. v. dems., Lpz. 
(1897); Ph. D., Weihnachtsgesang »Also hat Gott d. 
Welt geliebet«, 6st, aus d. Primus Tomus Centuriae 
senum v. (1630), hrsg. v. dems., Lpz. (1899); Ph. D., 
Fünf geistliche Chöre, 5-8st, hrsg. v. dems.,Lpz.( 1 926). 
Lit. : R. Schwartz, Ein pommerscher Lassus, MGkK 
I, 1896; ders., Zum Stand d. D.-Forschung, MGkK 
V, 1901, hier mit Ausg. eines Abendmahls-Gesangs, 
dass., in Monatsblätter, hrsg. v. d. Ges. f. Pommer- 
sche Gesch. ... I, 1900, dass., in AMz XXVIII, 1901 ; 
H. Engel, Spielleute u. Hofmusiker im Alten Stettin, 
Musik in Pommern I, 1932; G. Kittler, Die pom- 
merschen Notendrücke . . ., Musik in Pommern IV, 
1935; ders., Fortsetzung dazu in Musik in Pommern 
V, 1936; der s., Ph. D., Monatsblätter, hrsg. v. d. 
Ges. f. Pommersche Gesch. ... LI, 1937. 

Dulan, Friedrich Ludwig Dülon. 

Dulot (düTo), Francois, * zu Saint-Omer; fran- 
zösischer Komponist des 16. Jh., war 1523-31 Ka- 
pellmeister der Kathedrale von Rouen. Bekannt 
sind von ihm 4 4st. Chansons (1529-35), ein 4st. 
Magnificat und eine 4st. Motette (beide 1534 in 
Sammeldrucken) . 

Ausg.: eine Chanson in Expert Mahres V. 

Lit: A. R. Collette u. A. Bourdon, Hist, de la 
maitrise de Rouen, Rouen 1892, darin d. Motette. 

Du Mage, Pierre -»• Mage, Pierre du. 

Dumanoir (dümaiiü'arr), Guillaume, * 16. 1. 
1615 zu Paris, f gegen 1690; französischer Violinist 
und Komponist, wurde 1657 Nachfolger Louis 
Constantins als roi et mattre des m&nitriers (D. än- 
derte diesen Titel in roi des violons um; -*► Zunft- 
wesen), ist der Verfasser einer Schrift Mariage de la 
musique avec la dance . (Paris 1664). Die nur G. D. ge- 
zeichneten Suiten des von Ecorcheville herausgege- 
benen Kasseler Manuskripts sind wahrscheinlich 
nicht von D., sondern von Gerhard Dießener (nach 
T. Norlind - SIMG VE, 1905/06 - von Gustaf 
Düben). Kompositionen von D. finden sich in 
handschriftlicher Überlieferung in den Bibliothe- 
ken von Paris, Uppsala und Benin. 1668 bestimmte 
er seinen Sohn Guillaume Michel D. zu seinem 
Nachfolger, der das Amt des roi des violons bis 1685 
versah. 


Ausg.: Le Mariage de la Musique et de la Dance, 
hrsg. v. J. Gallay, Paris 1870. 

Lit. : J. Ecorcheville, Vingt suites d’orchestre du 
XVTi e s.. Bin u. Paris 1906. 

Dumas (düm'a), Louis, * 24. 12. 1877 zu Paris, 
t 9. 5. 1952 zu Dijon; französischer Komponist, 
Schüler des Pariser Conservatoire (X. Lcroux, Ch. 
Lenepveu), 1906 Rompreisträger mit seiner Kantate 
Ismail. Ab 1919 war D. Direktor des Konservato- 
riums von Dijon. Seine Hauptwerke sind: eine 2- 
aktige lyrische Legende La Vision de Mona (Paris 
1931), Musik zu Ch. Dumas* Stellus ;, Symphonie 
romaine , Fantaisie für Kl. und Orch., Rhapsodie für 
Vc. und Orch., Klavierquintett und -trio, Streich- 
und Klavierquartette, 3 Violinsonaten, eine Cello- 
sonate. 

Lit.: P. Landormy, La musique fran$aise aprös De- 
bussy, Paris (1948). 

Dumesml (dümen'il), Rene, * 19.6.1879 zu 
Rouen; französischer Musikschriftsteller, studierte 
an der Sorbonne in Paris Literaturwissenschaft. 
Gleichzeitig nahm er hier Fühlung mit der musika- 
lischen Avantgarde auf; sie spiegelt sich seitdem in 
seinen Musikkritiken und in seinen Büchern zur 
zeitgenössischen französischen Musik: La Musique 
contemporaine en France (2 Bände, 1930); La Mu- 
sique Jrangaise entre les guerres (1946). Außerdem 
schrieb er: Le Rythme musical (1921, erweitert 
2 1949;) La Musique romantique Jrangaise (1945); 
UHistoire du thidtre lyrique (1953), Neubearbeitung 
von Band 3 der Histoire de la musique von Comba- 
rieu (1955). Für Tomasi entwarf er 1938 ein Ballett 
Les Sautous, 1948 Nautios für Jeanne Leleu, für Dd- 
vincourt schrieb er 1948 das Mysterienspiel Lucifer. 
1949 erhidt D. für seine quellenkritische Neuaus- 
gabe der Werke von Flaubat den Prix National de 
Litdrature. 

Dumont (düm'3), Henri (D. de Thier), * 1610 zu 
Villers l’Eväque bd Lüttich, f 8. 5. 1684 zu Paris; 
wallonischer Komponist, war Chorknabe in Maest- 
richt, 1639-84 Organist an St. Paul zu Paris (Grab- 
denkmal), 1665 Musikdirektor der Pariser Hof- 
kapelle und Kanonikus der Kathedrale von Maest- 
richt. Bd Ballard in Paris erschienen von ihm 5 
Messes Royales enplain chant (Paris 41701), 5 Bücher 
2-4st. Motetten mit Instrumenten (1652-86), 2st. 
Motetten, herausgegeben von Philidor 1* aine (1690), 
3 Bücher 2-5st. Meslanges (1649-61; Chansons, 
Motetten, Magnificats, Prdudes für Org. oder 
Violen). 

Ausg.: eine Allemande, hrsg. v. F. Raugel in: Les 
Maitres francais^de l’Orgue II, Paris (1933, 2 1949). 
Lit: H. Qutttard, Un’musiden en France au XVII® 
s.: Henry Du Mont, Paris 1906; A. Gastou£, Les 
Messes Royales de^Henri Du Mont, Paris 1912. 

Dumont (düm'sQ, Jacques, * 18. 11. 1913 zu Or- 
leans; fr anz ösischer Violinist und Komponist, lebt 
in Neuilly. 1934 ging er mit Erstem Preis aus der 
Violinklasse J. Boucherit des Pariser Conservatoire 
hervor und wurde 1941 Primgeiger des Pascal- 
Quartetts, mit dem er u. a. alle Streichquartette 
Mozarts und Beethovens auf Schallplatten spidte. 
Als Komponist trat er mit Streich q ua r tetten, einem 
Bläserquintett und Liederzyklen hervor. Außerdem 
schrieb er Kadenzen zu klassisch e n Violinkonzer- 
ten. 


431 



Dunajewskij 


Dunafewskij, Isaak Ossipowitsch, * 30. 1. 1900 
zu Lochwiza bei Poltawa, 1 25. 7. 1955 zu Moskau; 
russischer Komponist, 1910-19 Schüler des Kon- 
servatoriums von Charkow (I. Achron), wandte 
sich der Komposition von Theatermusik zu, zu- 
nächst in Charkow, später in Leningrad (1929-41) 
und Moskau (1924-29 und ab 1944). Von seinen 
Operetten waren vor allem Sobtaja dolina (»Das 
goldene Tal«, 1937, neue Fassung 1955) und 
Wolnyj weter (»Frischer Wind«, 1947) erfolgreich. 
Ab 1932 wandte er sich auch der Filmmusik zu. Br 
hatte hier mit betont volkstümlichen Kompositio- 
nen seine größten Erfolge, was sich besonders in 
der Übernahme zahlreicher Massenlieder und 
Märsche in den allgemeinen Gebrauch ausdrückt. 
Mit der Verquickung von Elementen der russischen 
Musik mit solchen des Jazz wurde er zum Schöpfer 
des sogenannten »sowjetischen Jazz«. Filmmusiken: 
Tri towarischtscha (»Drei Kameraden«, 1935), Zirk 
(»Zirkus«, 1936), Bogataja newesta (»Die reiche 
Braut«, 1937), Wolga-Wolga (1938), Swetlyj putj 
(»Der helle Weg«, 1940), Kubanskije kosaki (»Kuban- 
Kosaken«, 1949), Sapasnoj igrok (»Der Ersatzspie- 
ler«, 1954). 

Duncan (d'Ankon), Isadora, * 27. 5. 1878 zu San 
Francisco, t 14. 9. 1927 zu Nizza; amerikanische 
Tänzerin, die um die Jahrhundertwende, als das 
klassische Ballett erstarrt war und an Boden ver- 
loren hatte, den vorgeblich »natürlichen Ausdrucks- 
tanz« propagierte, dessen Ideal vorgeblich »natür- 
licher« Bewegung sie zu Unrecht aus der Antike 
ableitete. Der weltweite Erfolg der D. hat vor allem 
in Deutschland die weitere Entwicklung des Tanzes 
nachhaltig beeinflußt. Sie schrieb : The Dance of the 
Future (1903), MyLife (1927) und Berits sur la danse 
(1927; alle auch in Übersetzungen erschienen). 

Lit.: E. M. v. Hornbostel, Melodischer Tanz, Z3MG 
V, 1903/04; J.-P. Lahtte, Les danses de I. D., Paris 
1910; S. Stokes, L D., London 1928; Irma Duncan 
u. A. R. MacDougall, I. D.’s Russian Days, Lon- 
don 1929; A. Genthe, I. D., London 1929; W. Bo- 
lttho (Pseudonym für W. B. Ryall), Twelve against 
the Gods, NY 1929; M. Desti, L D.’s End, London 
1929, als: The Untold Story NY 1929; A. Genthe, 
I. D., London 1929; Irma Duncan, The Technique 
of L D., NY 1937; D. Magriel, I. D., NY 1948. 

Duncan (d'Ankon), William Edmondstoune, 
* 22. 4. 1866 undf 26. 6. 1920 zu Sale (Cheshire); 
englischer Organist und Komponist, war Schüler 
des Royal College of Orgamsts in London und 
wurde 1883 Freischüler des neugegründeten Royal 
College of Music, dann noch Privatschüler von G. 
A. Macfarren, blieb einige Jahre als Musikkritiker 
in London, ging aber dann in seine Heimatstadt 
zurück; eine Zeitlang war er Lehrer an der Musik- 
schule in Oldham. Er schrieb: Ouvertüre D moll 
op. 4 (1888) ; Ode Ye Mariners of England für Chor 
und Orch. (1890); Messe Fmoll (1892); Oper 
Perseus (1892); Ode to Music (Swinbume) für Chor 
und Orch. (1893) ; Klaviertrio E moll op. 28 (1895) ; 
To a Nightingak (Sonett von Milton) für S. und 
Orch. (1895); Klavier- und Orgelstücke. Bücher: 
The Story of Minstrelsy (London-New York 1907) ; 
The Story of the Corot (London 1911) ; Encychpedia 
of Musical Terms (London 1913). 

Dunhill (d'Anhfl), Thomas Frederick, * 1.2. 
1877 zu Hampstead (London), f 13. 3. 1946 zu 


Scunthorpe (Lincolnshire) ; englischer Komponist, 
studierte ab 1893 am Royal College of Music Kom- 
position bei Stanford und Klavier bei F. Taylor, 
war 1899-1908 Assistent von Lloyd am Eton Col- 
lege, ab 1905 zugleich Theorielehrer am Royal Col- 
lege o£ Music und begann in London 1907 Kon- 
zerte mit Werken zeitgenössischer britischer Kom- 
ponisten zu veranstalten. Seine Kompositionen sind 
gefällig und immer schulgerecht: The Wind among 
the Reeds für T. und Orch. (1912) ; Elegiac Variations 
on an Original Theme für Orch., zum Gedächtnis 
Sir H. Parrys (1922); Symphonie Amoll (1923); 
Oper The Enchanted Garden, einaktig (1925); ko- 
mische Opern Tantivy Towers (1931) und Happy 
Families (1933); Ballett Gallimaufry (aufgeführt 
Hamburg 1937 als »Die Eiskönigin«) ; Kammermu- 
sik; Lieder; 3 Kinderkantaten. Bücher: Chamber 
Music (London 1913) ; Sullivan*s Comic Operas (Lon- 
don 1928); Sir Edward Eigar (London 1938). 

Duni, Egidio Romoaldo (Duny), * 9. 2. 1709 
zu Matera (Neapel), f 11. 6. 1775 zu Paris; italie- 
nischer Opemkomponist, war in Neapel Schüler 
des Conservatorio di Santa Maria di Loreto, später 
des Conservatorio ddla Pieta de* Turchini und 
wurde mit Fr. Durante befreundet. Um 1730 be- 
gann er seine Laufbahn als Opemkomponist und 
wurde Kirchenkapellm eistcr in Bari. 1737 führte 
er seinen Demofoonte in London auf, wo im folgen- 
den Jahre die Minuetti & contridanze erschienen. 
Ebenfalls 1738 ließ er sich an der Universität Leiden 
immatrikulieren; aus dieser Zeit stammen wohl die 
Sei Sonate a tre op. 1 (Rotterdam ohne Jahr). 1739 
war D. wieder in Italien, begegnete bei der Auf- 
führung seines Ciro 1748 in Genua dem Infanten 
Don Felipe von Spanien, der ihn an seinen Hof 
nach Parma zog. Dort wurde er mit der Komposi- 
tion französischer Opern beauftragt (Favart, Le Ca- 
price amoureux , ou Ninette d la cour 1755, La Cher - 
cheuse d'esprit 1756), schrieb 1756 2 Buffoopern auf 
Texte Goldonis (La Caseina mit Scolari für Vene- 
dig, La buonaßgliuola für Parma). 1757 brachte er 
in Paris Le Peintre amoureux heraus und wurde mit 
18 weiteren erfolgreichen Werken einer der Be- 
gründer der französischen Opdra Comique; die 
wichtigsten davon sind: La Pille mal gar die und 
Nina et Lindor (1758); Visb des foux (1760); Les 
deux chasseurs . . . (1763) ; Uicole de lajeunesse und 
Lafie Hrglb (1765) ; La Clockette (1766) ; Les Mois - 
sonrteurs und Les Sabots (1768). 

Lit.: F. v. Biedenfeld, Die komische Oper, Lpz. 
1848; A. Pougin, D., Gazette musicale 1859; ders., 
D., Le Mdnestrei XLVIII, 1880; O. G. Sonneck, 
Ciampi’s »Bertoldino e Cacasenno« and Favart’s 
»Ninette k la cour«, SIMG XII, 1910/1 1 ; G. Cucuel, 
Les cr6ateurs de l’opgra-comique &$., Paris 1914; 
P. Ge nest, L’opdra-comique . . ., Paris 1925; T. 
Gueulette, Notes et Souvenirs du thdätre italien . . ., 
Paris 1938; A. Loewenberg, Annals of Opera, 
Cambridge 1943, Genf 21951. 

Dunld» Johann Nepomuk, * 6. 8. 1832 und 
t 29. 1. 1910 zu Budapest; ungarischer Pianist, 
Schüler von Liszt und Anton Riminstein, ab 1863 
Teilhaber des Musikverlags Rözsavölgyi & Cie. in 
Budapest, berichtete Über sein Verhältnis zu Liszt 
in : Aus den Erinnerungen eines Musikers (Wien 1876). 

Dünn (dAn), John, * 10. 2. 1866 zu Hüll, 1 18. 12. 
1940 zu Harrogate; englischer Violinist, war Schü- 


432 



Duparc 


ler von Schradieck am Leipziger Konservatorium 
und lebte dann in London« D. war mehr für seine 
Virtuosität als für seinen guten Geschmack be- 
rühmt; vor allem glänzte er in den Konzerten von 
Gade, T schaiko wsky und Eigar. Er schrieb auch 
Violinstücke. 

Dimn (cUn), John Petrie, * 26. 10. 1878 und f 4. 
2. 1931 zu Edinburgh; schottischer Pianist, stu- 
dierte Klavier bei Matthay in London und M. 
Pauer in Stuttgart, Komposition bei Niecks in 
Edinburgh und S. de Lange in Stuttgart. Ab 1904 
machte er sich als Begleiter J. Kubelfks in Deutsch- 
land und England bekannt und wirkte klavierpäd- 
agogisch an den Konservatorien von Stuttgart (ab 
1902) und Kiel (1909-14) ; 1914 kehrte er nach Bri- 
tannien zurück und wurde 1920 Dozent für Musik 
an der Universität Edinburgh. Er schrieb : Das Ge- 
heimnis der Handfuhrung beim Klauierspiel (Leipzig 
1914) ; Omamentation in the Works of Fr. Chopin 
(London 1921) und The Basis of Pianoforte Playing 
(London 1933). 

Dunstable (d'Anstobl), John, * um 1380, + 24. 12. 
1453 (pridie Natale sidus laut Grabschrift), beigesetzt 
in der Stephanskirche zu Walbrook (London) ; eng- 
lischer Komponist der 1. Hälfte des 15. Jh., nach 
dem Zeugnis des Tinctoris der älteste Komponist 
einwandfreier Musik, älterer Zeitgenosse von Bin- 
chois und Dufay. Die Hypothese, D. sei mit Leonei 
Power identisch, hat sich als unzutreffend erwiesen. 
Dagegen wird der Vermerk, D. sei zugleich Astro- 
nom und Mathematiker gewesen, durch mehrere 
von ihm eigenhändig kopierte Traktate bestätigt. 
Im Besitzvermerk eines Traktates heißt D. canoni- 
cus und musicus des Herzogs von Bedford. Dieser 
war der Bruder König Heinrichs V., der nach des- 
sen Tode 1422 bis zum eigenen Tode 1435 als Re- 
gent von Frankreich gewirkt hat. Seine Kapelle be- 
fand sich in Frankreich, oft in Paris, so daß D. mit 
der französischen Musik jener Zeit vertraut gewe- 
sen sein muß. Daß D. auch Beziehungen zu Italien 
gehabt haben dürfte, wird durch seine Musik und 
Sire besonders starke Verbreitung in italienischen 
Handschriften nahegelegt. Von ihrem Einfluß auf 
Dufay und Binchois berichtet um 1440 Martin le 
Franc im »Champion des Dames«, wo das Neu- 
artige jener Musiker mit ihrem Anschluß an die 
englische Art erklärt wird (ils . . . ontpris de la Con- 
tenance angloise). Daß D. der bedeutendste, aber 
nicht der einzige Vertreter dieser englischen Art 
gewesen ist, zeigen die Quellen, deren vollständi- 
ger Vergleich eine Zukunftsaufgabe darstellt. - Die 
seit 1953 vorliegende D .-Gesamtausgabe enthält 55 
Stücke; sie werden durch 9 zweifelhafte Komposi- 
tionen ergänzt. Hier spielt die gesellige Kunst mit 
nur 2 Stücken eine Nebenrolle, obwohl die 3st 
italienische Ballata O rosa bella oft kopiert und be- 
arbeitet wurde. Das Schwergewicht hegt für D. in 
der liturgischen Musik und in der Motette mit la- 
teinischem Text, womit er die Tradition En gla n ds 
fortführt. Das bedeutet eine Abkehr von der 
Grundrichtung der französischen Musik nach Ma- 
chaut. Englisch ist vor allem das Festhalten am 
homogenen Conductussatz, den D. gern zur Wort- 
deklamation steigert, wie im berühmten Quam 
pulchra es. Der Choral spielt eine führende Rolle, 
und zwar nicht nur als Motettentenor, sondern vor 
allem auch in Gestalt frei kolorierter Melodiestim- 


men. Die ruhig fließende, kantable Melodik ver- 
wendet als Gerüst gern den aufsteigenden Durdrei- 
klang mit großer Sexte, was für die Engländer ty- 
pisch ist. In den reifsten 3st. Sätzen, z. B. Sancta 
Maria non est, erreicht D. durch Ausmerzen der 
freien Synkopendissonanz den Wohlklang eines 
»pankonsonanten« Stils, der für das 15. Jh. schnell 
vorbüdlich wurde. Obwohl solche Stücke im Kan- 
tilenensatz der Zahl nach überwiegen, betrachtet 
D. als eigentlichen Hochstil die isorhythmische 
Motette. In dem frühen 4st. Meisterwerk Veni 
sancte spiritus greift der Choraltenor auf das Ober- 
stimmenmelos über. Den Tenor selbst, ausnahms- 
los lateinisch-geistlich, beläßt D. als Grundstimme, 
verzichtet oft sogar auf einen Kontratenor, so daß 
die Musik sich auf dem Choral aufbaut. Ordina- 
riumsätze, anfangs verschiedenartig vertont, folgen 
bald nur noch dem Vorbild der 3st. Tenormotette. 
Den Tenor behandelt D. hier isorhythmisch, dann 
freier, vereinigt Gloria-Credo- und Sanctus-Agnus- 
Paare durch gemeinsamen Cantus firmus, schließ- 
lich den ganzen Ordinariumszyklus, wie in der 
Messe Rex seculorum. So entstand die Tenormesse, 
die als musikalischer Großzyklus im 15. Jh. allge- 
meine Anerkennung fand. 

Ausg.: GA, hrsg. v. M. F. Bukofzer, Mus. Brit. 
VIII. - Werke in Auswahl, hrsg. v. G. Adler, O. 
Koller, R. v. Ficker u. A. Orel, DTÖ VII, XXVII, 

1 (= Bd 53), XXXI (= Bd 61) u. XL (=* Bd 76); ein 
Credo u. 3 Motetten, Faks. hrsg. v. H. E. Woold- 
ridge. Early Engiish Harmony I, London 1897 (in 
Bd II, London 1913, Übertragung des Credo u. einer 
Motette v. H. V. Hughes); Gloria u. Credo super 
Jesu christe, hrsg. v. L. Feinenger, Documenta poly- 
phoniae liturgicae I, 8, Rom 1950; Veni Sancte Spiri- 
tus, Riemann Beisp. 8 ; dass., hrsg. v. A. Ramsbotham 
in : The Old Hall MS. II, Nashdom Abbey 1935 ; dass., 
hrsg. v. D. Stevens, London 1953; Motette Quam 
pulchra, hrsg. v. H. Besseler, Capelia I, Kassel u. 
Basel 1950; dies., Chanson Puisque m’amour und 
deren Orgelintavolierung, Schering Beisp. 34-36; 
Motette Sancta Maris u. Ballata O rosa bella, Davi- 
son-Apel Anth. I, 61-62; 4 Orgelintavolierungen aus 
dem Buxheimer Orgelbuch, Faks. hrsg. v. B. A. Wall- 
ner, Documenta musicologica II, 1, Kassel u. Basel 
1955. 

Lit.: R. v. Ficker, Die frühen Messenkompositionen 
der Trienter Codices, StMw XI, 1924; M. F. Bukof- 
zer, Über Leben u. Werke v. D., AMI VIII, 1936; 
ders., Studies in MA and Renaissance Music, NY 
(1950); ders., J. D., MQ XL, 1954 (dazu R.L. 
Greene, ebenda); H. Besseler, Bourdon und Faux- 
bourdon, Leipzig 1950. HB 

Dunstan (d'/mston), Ralph, * 17. 11. 1857 zu 
Camon Downs (Truro), f 2. 4. 1933 zu Truro; 
englischer Musikschriftsteller und Komponist, war 
Autodidakt, wurde 1892 Mus. D. in Cambridge 
und schrieb anglikanische Kirchenmusik, 21 Mes- 
sen auf gregorianische Cantus firmi, Schulkantaten 
und -lieder sowie eine Anzahl Lehrbücher. 

Duparc (düp'ark), Marie’' Eugene Henri (Fou- 
ques-D.), * 21. 1. 1848 zu Paris, f 13. 2. 1933 zu 
Mont-de-Marsan ; französischer Komponist, Schü- 
ler von Cdsar Franck (1872-75), mußte bereits 1885 
wegen einer Nervenlähmung aller künstlerischen 
Tätigkeit entsagen. Erhalten und gedruckt sind nur 
die symphonische Dichtung Unore (1875 kompo- 
niert, nach Bürgers Ballade, 1877 von Pasdeloup 
aufgeführt, für 2 KL bearbeitet von Saint-Sacns, 
4händig von C. Franck), Feuilles volantes (6 Klavier- 


28 


433 



Dup&ier 


stücke), La Jiiite (Duett für S. und T.), Petit tioc- 
tume: Aux etoiles für Orch. und eine Anzahl durch- 
aus individuell geprägter Lieder mit Orch. (Chan- 
son triste , die Invitation au voyage von Baudelaire, 
La vague et la cloche) oder KL (j Extase , Testament , 
Lamento * La vie antdrieure von Baudelaire). D. ver- 
nichtete selbst mehrere seiner Werke. 

Lit: O. S£r£, Musidens fr?. d’aujourd’hui, Paris 
1921; C. Oulmont, Un D. inconnu, RM XVI, 1935; 
ders., H. D., ou de »L’invitation au voyage« ä la Vie 
Iteraelle, Paris 1935; ders., Musique de l’amour II, 
Paris 1935; S. Northcote, The Songs of H. D., Lon- 
don 1949; H. Schouten, Drie franse liederencompo- 
nisten: D., Faur6, Debussy, Amsterdam 1950; F. 
Noske, La M61odie fr?, de Berlioz k D., Paris u. 
Amsterdam 1954. 

Dup£rier (düpeij'e), Jean, * 17. 6. 1886 zu Genf; 
Schweizer Komponist, studierte Komposition am 
Genfer Konservatorium, wo er 1913-28 als Harmo- 
nielehrer wirkte. Seit 1929 lebt er als Mu sikkri tiker 
in Paris. Seine Werke zeigen in Sensitivität und 
Form den Einfluß der französischen Schule. Opern : 
Zadig (nach Voltaire, Paris 1938) und Le malade 
imaginaire (Genf 1943); für Orch.: Concert joour 
NinetteouNinon (1922), Images d'Epinal (1930),Con- 
cert en fa (1931; 2. Fassung als Trois jours de prin- 
tenipSy 1953), Vdtang , la carpe et le moustique (1932), 
Tombeau (1934), Histoire de la flöte (1950), Voyage 
en Suissc (1950), 2 Symphonien (1953 und 1954); 
Violonie für V. und Orch. (1946) ; Musique ä deux 
sous für kleines Orch. (1921) ; Trois sonnetspour Hd- 
Ihte für Singstimme und Orch. (1918); Chöre, 
Kammermusik und Lieder. Literarische Veröffent- 
lichungen: Seigneur Barabas et sa fille (Paris' 1953), 
Lettres h un sourd (Paris 1954), Mdmoires d*une flöte 
(Paris 1955), Ddcouverte du vieux monde (Paris 1956). 

Duphly (düfl'i), Jacques (Du Phly, Duflitz), * 12. 
1. 1715 zu Rouen, f 15. 7. 1789 zu Paris; franzö- 
sischer Ckvednist, Schüler von Dagincourt, war 
kurze Zeit Organist in Rouen, lebte etwa ab 1743 in 
Paris, wo er 1744-68 4 Bücher Pikees de clavecin her- 
ausgab. 

Ausg.: Stücke für Cemb., hrsg. v. A. Farrenc in Le 
TWsor des pianistes XTV, Paris 1871. 

Dupin (düp'e), Paul (Pseudonym: Louis Lothar), 
* 14. 8. 1865 zu Roubaix, f 5. 3. 1949 zu Paris; 
französischer Komponist, war zunächst in der In- 
dustrie tät%, bis er 1887 nach Paris ging, wo er sich 
an den Abhandlungen von Bazin, Heber und Ge- 
vaert allein in der Musik zu bilden suchte. 1894 bis 
1911 war er, durch die Not getrieben, Buchhalter, 
bis Freunde ihm die Muße zum Musikstudium er- 
möglichten. Er ist ein Autodidakt origineller und 
volkstümlicher Prägung. Werke: lyrisches Drama 
Lyszelle (früher: Marcelle), Oratorium Les Suppli- 
antes (nach Aischylos), Symphonie populaire , 40 
Poemes für Streichquartett, ein Klaviertrio, Es- 
quisses Jugudes für KL, Klavier- und Violinsonate, 
zahlreiche Vokalwerke, darunter etwa 500 Kanons 
für 3-12 Stimmen. 

Lit: R. Rolland, P. D., BulL de la SIM IV, 1908; 
Ch. Koechun, P. D., RM IV, 1923; P. Landormy, 
La musique fr?, aprfcs Debussy, Paris 1943. 

Dupont (düp'o), Auguste, * 9. 2. 1827 zu Ensi- 
val bei Lüttich, f 17. 12. 1890 zu Brüssel; belgischer 
Pianist, besuchte 1838 das Lütticher Konservato- 
rium und wurde nach längeren Reisen 1850 Kla- 


vierprofessor am Conservatoire in Brüssel. D. 
schrieb 4 Konzerte, eine Polonaise, Stücke und 
Etüden für Kl, Lieder und eine unvollendete Oper 
Crotnwell . Die Opern La Ugende humaine (Brüssel 
1898), Morgane (Antwerpen 1905) und Alcee (Ant- 
werpen 1913) stammen von seinem gleichnamigen 
Sohn, * 19. 11. 1864 zu Ixelles. 

Dupont (düp'o), Gabriel, * 1. 3. 1878 zu Caen, 
f 2. 8. 1914 zu Vesinet; französischer Komponist, 
Schüler von Massenet und Widor am Pariser Con- 
servatoire, erhielt 1901 den 2. Rompreis, schrieb 
die Opern La Cabrera (Mailand 1904, preisgekrönt), 
La Glu (Cannes 1910), La force du cuvier (Brüssel 
1912), Autor (Text von Chekri Ganem, Paris 1921) ; 
ferner die Orchesterwerke Les heures dolentes, 
Poktnes d’automne ; Le chant de la destinde ; ein Pokme 
für Klavierquintett, wertvolle Klavierstücke sowie 
Lieder. 

Lit.: M. Dumesnil, G. D., MQ XXX, 1944; P. Lan- 
dormy, La musique fr?, de Franck ä Debussy, Paris 
(1948). 

Dupont (düp'5), Joseph (der ältere), * 21. 8. 1821 
und f 13. 2. 1861 zu Lüttich; belgischer Violinist, 
war am Lütticher Conservatoire Schüler von 
Prume, später Lehrer an dieser Anstalt, schrieb 2 
Opern, Lieder und Violinstücke, wovon jedoch 
wenig veröffentlicht wurde. 

Dupont (düp'3), Joseph (der jüngere), * 3. 1. 
1838 zu Ensival, f 21. 12. 1899 zu Brüssel; belgi- 
scher Dirigent und Musiklehrer, Bruder von Au- 
guste D., studierte an den Konservatorien von Lüt- 
tich und Brüssel, erhielt 1863 den Rompreis, wurde 
1867 Kapellmeister in Warschau, 1871 am Kaiser- 
lichen Theater in Moskau, 1872 Theorielehrer am 
Brüsseler Konservatorium, war zugleich Kapell- 
meister am Thdätre de la Monnaie und als Nach- 
folger Vieuxtemps* Leiter der Concerts populaires. 
Er setzte sich besonders für R. Wagner, Brahms, 
R. Strauss und russische Komponisten rin, schrieb 
eine Ouvertüre Hector und Kirchenmusik. 

Dupont (düp'5), Wilhelm, * 22. 11. 1905 zu 
Nürnberg; deutscher Musikpädagoge, studierte 
1928-33 Musikwissenschaft in München, Berlin 
(Schünemann) und Erlangen (Steglich), in Berlin 
zugleich Klavier bei Lamond und Theorie bei 
Klatte. 1933 promovierte er mit einer Arbeit über 
die Geschichte der musikalischen Temperatur (gedruckt 
Nördlingen 1935). D. lebt in Nürnberg als Direk- 
tor des Konservatoriums und 1. Vorsitzender des 
Ortsverrins des Landesverbands Bayerischer Ton- 
künstler. 

Duport (düp'o:r),-l) Jean Pierre, *27. 11. 1741 
zu Paris, f 31. 12. 1818 zu Berlin; französischer 
Cellovirtuose, Schüler von Berteau, wurde nach 
Konzertreisen 1773 als 1. Violoncellist der Hof- 
kapelle in Berlin angestellt und war später Direktor 
der Hofkonzerte. Beethoven spielte mit ihm oder 
seinem Bruder Jean Louis vor Friedrich Wilhelm 
II. die diesem gewidmeten beiden Cellosonaten 
op. 5. D. hinterheß ein Doppelkonzert D dur für 
V. und Vc., zahlreiche Sonaten für Vc. und B.c. 
sowie Duos für 2 Vc.- 2) Jean Louis, *4. 10. 1749 
und f 7. 9. 1819 zu Paris; Bruder und Schüler des 
vorigen, ebenfalls Cellovirtuose, debütierte als So- 
list im Concert spiritud 1768, war Solocellist der 


434 



Dupuis 


Op6ra, ging beim Ausbruch der Französischen Re- 
volution zu seinem Bruder nach Berlin, kehrte aber 
1806 nach Paris zurück, erhielt Anstellung beim 
Exkönig von Spanien (Karl IV.) in Marseiile und 
1812 bei der Kaiserin Marie Luise, wurde endlich 
Solocellist der Kaiserlichen Kapelle und Lehrer am 
Pariser Conservatoire. Diese Stelle verlor er zwar 
schon 1815 durch die Unterdrückung des Conser- 
vatoire, blieb aber als Solocellist in der Königlichen 
Kapelle. Sein Violoncello (Stradivari) kaufte Fran- 
chomme für 25000 Franken. D. schrieb Konzerte, 
Sonaten, Variationen und Duos für Vc. sowie die 
durch die neue Applikatur (Daumenaufsatz) epo- 
chemachende Celloschule: Essai sur le doigter du 
violoneelle et la conduite de Varchet (1770). 

Ausg.: J. P. D.: Cellosonate A dur, hrsg. v. P. Baze- 
laire, Paris 1922. - J. L. D.: Cello-Schule neu hrsg. 
v. H. Becker, F. Grützmacher, R. Hausmann, J. 
Klengel, J. Klingenberg, W. Schulz, P. Such und 
Sulzer. 

Lit.: F. Kohlmorgen, Die Brüder D., Diss. Bin 1922, 
maschr. 

Duprato (düprat'o), Jules-Laurent, * 26.3. 
1827 zu Nimes, f 20. 5. 1892 zu Paris; französischer 
Komponist, Schüler von Lebome am Pariser Con- 
servatoire, erhielt 1848 den Rompreis, komponierte 
Lieder, Klantaten und Operetten, fand aber für 
einen energischen Aufschwung seines Talentes zu 
wenig Ermutigung und Entgegenkommen seitens 
der Theater. Er schrieb auch Rezitative zu Balfes 
Bohemian Girl und Herolds L* Illusion. 1866 wurde 
er als Hilfslehrer, 1871 als Professor der Harmonie 
am Conservatoire angestellt. 

Lit.: P. Clauzel, J. D., in: Mömoires de l’Acad. de 
Nimes 1894, separat Nimes 1895. 

Dupr6 (düpr'e), Marcel, 3. 5. 1886 zu Rouen; 
französischer Organist und Komponist, stammt 
aus einer Familie von Musikern und Organisten, 
war Schüler seines Vaters Albert D. (Organist an 
St-Ouen, Rouen), später von Guilmant, Didmer 
und Widor; erhielt zahlreiche erste Preise am Con- 
servatoire und 1914 den Rompreis für seine Kan- 
tate Psychd. 1926 wurde er als Nachfolger Gigouts 
Lehrer für Orgel am Conservatoire, 1934 Nachfol- 
ger Widors als Organist an St-Sulpice, fungierte 
4 Jahre lang auch als Substitut Louis Viemes an 
Notre Dame, unterrichtete auch an der Ecole Nor- 
male de Musique, übernahm 1946 die Leitung des 
Conservatoire Am&icain in Fontainebleau und 
war 1954-56 Direktor des Pariser Conservatoire. 
D., der als Improvisator und Bachspieler interna- 
tionalen Ruf genießt, trat auf zahlreichen Konzert- 
reisen in den meisten europäischen Ländern, in Au- 
stralien sowie mehrmals in den Vereinigten Staaten 
und Kanada auf. Werke für Org. : 3 Priludes et Fu - 
gues op. 7 (1912) ; 15 Versets sur les VSpres de la Ste- 
Vierge (1919); Variations sur un vieux Noel (1922); 
Symp onie-Passion op. 23 (1924); Deuxihne Sym- 
phonie in Cis moll op. 26 (1929) ; 79 Chorals op. 28 
(1931); Le Chemin de la Croix op 29 (1931/32); 
symphonische Dichtung Evocation op. 37 (1941); 
Le Tombeau de Titelouze (1942/43); Suite op. 39 
(1944); Offrande ä la Vierge (1944); Vision op.44 
(1947) ; PsaumeXVIU(C&<$L enarrant, op. 47, 1950); 
24 inventions op. 50 (1956) ; - für Org. und Orch. : 
Cortkge etLitanie op. 19 (1921) ; Symphonie G moll 
op. 25 (1927/28); Konzert EmoU op. 31 (1934); 
Verdun: pobne hdroique (mit Blechbläsern, op. 33, 


1936); - für Kl. und Org.: Ballade op. 30 (1932); 
Variations ä deux themes op. 35 (1938) ; Sinfonia op. 
42 (1946). - 4 Motetten für Chor und Org. (1916) ; 
De profattdis für Soli, Chor, Org. und Orch. op. 17 
(1917) ; Oratorium La France au Calvaire für Soli, 
Doppelchor, Orch. und Org. op. 49 (zur Wieder- 
eröffnung der Kathedrale von Rouen am 25. 6. 
1956); Klavier- und Cellostücke, Violinsonate 
(1909). Weiterhin schrieb er mehrere Unterrichts- 
werke, darunter einen Traiti d* Improvisation ä VOr- 
gue (Paris 1924) und eine Mithode cTorgue (Paris 
1927). D. konzertiert zuweilen mit seiner Tochter, 
der Pianistin M ar g ueri te D. (Schülerin des Pariser 
Conservatoire und von Medtner). 

Lit.: R. Delestre, L’ceuvre de M. D., Paris 1952. 

Duprez (düpr'e:z), Gilbert Louis, *6. 12. 1806 
und f 23. 9. 1896 zu Paris ; französischer Opernsänger 
(Tenor), zeigte sich bereits als Knabe stimmbegabt, 
weshalb ihn Choron in sein Musikinstitut aufnahm ; 
während der Mutation studierte er Theorie und 
Komposition und setzte, als er in den Besitz einer 
schönen Tenorstimme gelangt war, seine Gesang- 
studien fort. 1825 debütierte er am Oddontheater, 
sein Ruf datiert jedoch erst von 1836, wo er nach 
mehgährigen Studien in Italien neben Nourrit an 
der Pariser Großen Oper als 1. Tenor auftrat. 1842 
bis 1850 war er zugleich Gesangsprofessor am Con- 
servatoire und gründete dann eine eigene Gesang- 
schule. 1855 nahm er seine Entlassung von der 
Bühne und trat nun als Komponist auf, jedoch mit 
wenig Glück (Opern, Messe, Requiem, Oratorium, 
Lieder). Eines großen Rufs erfreuen sich seine Gc- 
sangschulen: Uart du chatit (1845, deutsch 1846) 
und Lj melodie; dtudes complimentaires usw. Außer- 
dem schrieb er: Souvenirs (Tun chanteur (1888) und 
Ricrdations de mm grand äge (2 Bände). 

Lit.: A.-A.-E. Elwart, D., Paris 1838. 

Dupuis (düpü'i), Albert, * 1.3. 1877 zu Ver- 
viers; belgischer Komponist, studierte am Conser- 
vatoire in Verviers, bei d’Indy und Guilmant an der 
Schola Cantorum in Paris und am Brüsseler Con- 
servatoire, dessen Rompreis er 1903 für die lyrische 
Legende Chanson cTHaleuryn erhielt. 1907-47 war 
D. Direktor des Conservatoire seiner Heimatstadt. 
Er schrieb die Opern LTdylle (1896), Bilitis (1899), 
Jean-Michel (1903), Martille (1906), Fidelaine (1911), 
Le Chäteau de la Bretdche (1914), La Passion (1915), 
La DdHvrance (1921), La Victoire (1923), La Capti- 
viti de Babylone , die Chorwerke Les Cloches mp- 
tialesy Oedipe ä Colone , Cbrtege lyrique, 3 Ballette, 2 
Symphonien, Konzerte für Vc, Vc. und KL,^V., 
Horn, KL, Kammermusik und Lieder. 

Dupuis (düpü'i), Jacques, * 21. 10. 1830 und 
f 20. 6. 1870 zu Lüttich; belgischer Violinist, Schü- 
ler Prumes, in der Komposition Daussoigne-M6- 
huls, 1850 Violinlehrer am Lütticher Conservatoire, 
Komponist wertvoller Violinkonzerte und -Sona- 
ten. 

Dupuis (düpü'i), Sylvain, * 9. 10. 1856 zu Lüt- 
tich, f 28. 9. 1931 zu Brügge; belgischer Dirigent, 
Schüler des Lütticher Conservatoire, erhielt 1883 
für die Kantate Le Chant de la erdation den belgi- 
schen Rompreis, wurde 1886 Theorielehrer am 
Lütticher Conservatoire, gründete 1888 die Nou- 
veaux concerts symphoniques, war 1900-11 Diri- 
gent am Th£atre de la Monnaie und der Concerts 


28 * 


435 



Dupuis 


populaires in Brüssel, von da an Direktor des Lüt- 
ticher Konservatoriums. D. schrieb 2 Opern, die 
Kantaten Judas 9 La cloche de Roland und Camoens , 
symphonische Dichtung Macbeth , Prilude et danse 
und Invocation für V. und Orch., Concertino für 
Ob. und Orch., Violin-, Cello- und Klavierstücke, 
Lieder und Mannerchöre. 

Dupuis (düpü'i), Thomas Sanders, * 5. 11. 
1730 und f 17. 7. 1796 zu London; englischer Or- 
ganist, war Chorknabe der Chapel Royal, um 1773 
Organist der Charlotte Street Chapel und wurde 
1779 als Nachfolger von Boyce Organist der Chapel 
Royal. D. schrieb Konzerte, Sonaten und Lessons 
für Org. oder Cemb. und 6 Duette für 2 Vc. Eine 
3bändige Auswahl seiner Kirchenwerke veröffent- 
lichte John Spencer: Cathedrdle Music (London 
1797). 

Du Puy (düpü'i), Jean-Baptiste-Edouard,. * 
um 1770 wahrscheinlich zu Corcelles bei Concise 
(Waadtland), f 3. 4. 1822 zu Stockholm; Schwei- 
zer Komponist, studierte in Paris Violine bei Cha- 
bran und Klavier bei Dussek, wurde 1785 Violinist 
und 1787 als Nachfolger J. A. P. Schulz* Konzert- 
meister des Prinzen Heinrich von Preußen in 
Rheinsberg, nahm noch Kompositionsunterricht 
bei J. C. Fasch, wurde 1793 Konzertmeister in 
Stockholm, wo er ab 1799 auch als Sänger auftrat, 
aber im gleichen Jahre ausgewiesen, weil er ein 
Lied zu Ören Napoleons gesungen hatte. Er ging 
nach Kopenhagen, wurde 3. Konzertmeister und 
begann 1802 wieder auf der Bühne aufzutreten. 
1806 schrieb er das Singspiel Ungdom og Galskab 
(»Jugend und Tollheit«), das lange Zeit beliebt 
blieb, wurde 1809 auch aus Dänemark ausgewie- 
sen, ging nach Paris und 1812 wieder als Hofkapell- 
meister nach Stockholm. Er schrieb auch ein Flö- 
tenkonzert, Violinstücke, Chöre und Lieder. 

Lit: C. Palmstedt, E. Du P., Stockholm 1866; A. 
Buntzen, E. Du P., 1902; P. Long des Clavi£res, 
La vie aventureuse d’un compositeur neuchätelois, 
SJbMw IV, 1929; S. Lunn, D. P. som balletkompo- 
nist, DMT XXVII, 1952; A. Kjerulf, Nordens Don 
Juan, E. Du P., o. O. (1954). 

Durdn, Domingo Marcos, * zu Garrovillas de 
Aconetar (Estremadura); spanischer Musiktheore- 
tiker um 1500, verfaßte die spanischen Traktate 
Lux bella (Sevilla 1492, 2 1518), Comento sobre Lux 
&etf<£(Salamanca 1498). und Siimula de conto de or - 
gano (Salamanca, Ende des 15. Jh.). 

Ausg.: Lux bella, Faks. hrsg. v. J. Subirä, Barcelona 
1951. 

Lit.: H. Collet, Le mysticisme musical espagnol, 
Paris 1913; H. Angläs, La Müsica Espaflola, Barce- 
lona 1941. 

Durand (dür'ä), Emile, * 16. 2. 1830 zu St. 
Brieuc (Cotes-du-Nord), t 6. 5. 1903 zu Neuilly; 
französischer Komponist, Schüler des Pariser Con- 
servatoire, wurde schon 1850, als er noch Kompo- 
sitionsschüler war, als Lehrer einer Elementar- 
gesangsklasse angestellt und avancierte 1871 zum 
Harmonieprofessor. D. hat Lieder und einige Ope- 
retten sowie ein Lehrbuch der Harmonie und des 
Akkompagnements geschrieben. 

Durand (dür'ä), - 1) Marie Auguste, * 18. 7. 
1830 und f 31. 5. 1 909 zu Paris ; französischer Kom- 
ponist und Musikverleger, Orgelschüler von Be- 


noist, ab 1849 nacheinander Organist an den Kir- 
chen St-Ambroise, Ste-Genevieve, St-Roch und 
St-Vincent de Paul (1862-74), auch als Musikkriti- 
ker tätig, assozüerte sich 1870 mit Schönewerk und 
kaufte den Musikverlag von Flaxland. Der Name 
der Firma Durand & Schönewerk (jetzt D. & 
C ie ) ist auch in Deutschland wohlbekannt, da sie 
einen großen Teil der besten französischen Novi- 
täten brachte (fast sämtliche Werke von Saint- 
Saens, weiter zahlreiche Kompositionen von Bizet, 
Debussy, Dukas, Faure, Franck, Guy-Ropartz, 
d’Indy, Lalo, Massenet, Messiaen, Poulenc, Ravel, 
Roussel, H. Schmitt, Vieme, Widor). D. hat vieles 
komponiert: Messen, Lieder, Tanzstücke in alter 
Manier und Stücke für Harmonium, sein Lieblings- 
instrument, für dessen Verbreitung er sehr tätig 
war. Der Inhaber der Firma war später sein Sohn 
- 2) Jacques D., * 22. 2. 1865 zu Paris, + 22. 8. 
1928 zu Bel-Etat; er schrieb: Cours professionel ä 
Vusage des employis du commerce de musique (2 Bände, 

1923) ; Quelques Souvenirs d'un iditeur de musique (2 
Bände, 1924-26) ; Abrigi de Vhistoire de la musique 

1924) ; EUtnents cTharmonie (1919) und Abrigi 
historique et technique de Vidition musicale (1924). 
Die jetzigen Direktoren sind Mme. J. Durand, R. 
Dommange und A. Raveau. 

Lit. : R. Bern ard, Un dtfenseur de la musique fran- 
$aise, J. D., Genf 1929. 

Dur^uite, Francesco, * 31. 3. 1684 zu Fratta 
Maggiore bei Neapel, f 13. 8. 1755 zu Neapel; 
italienischer Komponist, Schüler des Conserva- 
torio di Sant’Onofrio a Capuana in Neapel, dessen 
Kapellmeister und Rektor sein Onkel Angdo D. 
war, studierte wahrscheinlich um 1700 bei Pitoni 
in Rom. Die Behauptung, er sei auch Schüler A. 
Scarlattis gewesen, trifft vermutlich nicht zu. 1710 
bis 1711 war er Lehrer am Conservatorio di 
Sant’Onofrio a Capuana, 1728-39 Kapellmeister 
am Conservatorio de’ Poveri di Gesu Cristo, wurde 
1742 als Nachfolger Porporas Lehrer am Conser- 
vatorio di Santa Maria di Loreto, 1745 als L. Leos 
Nachfolger zugleich Lehrer am Conservatorio di 
Sant’Onofrio a Capuana. D., obgleich zur neapo- 
litanischen Schule zählend, hat keine Opern ge- 
schrieben, sondern vornehmlich Kirchenmusik im 
Palestrinastil und Cembalostücke mit reicher poly- 
phoner Arbeit. Die Bibliothek des Conservatoire 
in Paris verwahrt 62 Bände mit Werken D.s; diese 
enthalten: 9 Messen, 2 Credo, 2 Requiem, 14 
Psalmen, 2 Magnificat, ein Te Deum, 14 Motetten, 

6 Antiphonen, 4 Litaneien, 3 Hymnen, die Kantate 
Dopo sentird, 12 Madrigale nach A. Scarlatti, 11 
Solfeggi für 2 St., 6 Cembalosonaten und Parti - 
menti pel Cembalo. Ferner sind erhalten Chöre zur 
Tragödie Flavio Valente , Otto quartetti concertanti für ' 
Streicher, weitere Kirchenmusik und Cembalo- 
werke, und gedruckt: Sei Sonate für Cemb. (Nea- 
pel 1732). 

Ausg.: Kirchenmusik: Christe eleison, 4st., hrsg. v. 
L. Niedermeyer, Recueü des morceaux de musique 
ancienne VI, Paris (1844); Christus factus est, 3st, 
in: H. Expert-Ch. Pineau, Repertoire classique de 
musique religieuse s6rie A (1™ annde) = Musique 
d*6glise des XVII® & XVIII® s., Paris 1914; 3 Stücke 
in: R. Schlecht, Gesch. d. Kirchenmusik, Regens- 
burg 1871; ein 2sL Salve Regina u. eine 3st. Messe, 
hrsg, v. Fr. Commer, Musica Sacra II; je ein Stück 
in Musica Sacra IV, V, VII, u. XVI, hrsg. v. A. Neit- 
hardt u. R. v. Hertzberg; je ein Stück, hrsg. v. V. 


436 



Duron 


Novello in: The Fitzwilliam Music I u. IV, London 
<1825, 2 um 1854); Ingemisco, für A. u. Kl., bearb. v. 

A. G. Ritter, Magdeburg (1870). - 2 Duette in: 
La Flora III, hrsg. v. K. Jeppesen, Kopenhagen 1949; 
je ein Duett bei Riemann Beisp. 136, Davison-Apel 
Anth. II, 273. - für Cemb.: Studi, divertimenti e 
toccate, hrsg. v. A.Toni, I Classici della Musica 
Italiana X (« Raccolta Nazionale 40-42 u. 303), 
Mailand (1920); Sei Studi e sei Divertimenti, hrsg. v. 

B. Paumgartner, Kassel o. J.; 8 Toccate, hrsg. v. 
G. Pannain, Mailand 1915; 6 Sonaten, in: Le Tresor 
des Pianistes, hrsg. v. A. Farrenc, Bd IX, Paris 1861 ; 
6 Stücke, hrsg. v. G. Tagliapietra, Aut di musica 
antica e moderne per il pianoforte XI, Mailand 1932 
(deutsche Ausg. v. W. Apel, Mailand 1934). 

Lit: F. Florimo, La scuola musicale di Napoli II, 
Neapel 1882; F. Parisini, Carteggio inedito del P. 
Giambattista Martini, Bologna 1888; E. Dent, A. 
Scarlatti, London 1905; ders., L. Leo, SIMG VIII, 
1906/07; B. Croce, I teatri di Napoli, Bari 1916; G. 

C. Paribeni, F. D. cembalista, II pianoforte I, 1921 ; 
S. Di Giacomo, I quattro antichi conservatori di mu- 
sica a Napoli, 2 Bde, Palermo 1928; R. Fimmanö, 
Per la posa della prima pietra del monumento a F. 

D. . . ., Neapel 1930; ders., F. D., Musica d’oggi 
XVIII, 1936; F. Torrefranca, Le origini italiane del 
romanticismo musicale, Turin 1930; A. Lualdi, Mu- 
siche sconosdute ... (di F. D.), RMI LI, 1949; J.-M. 
Auerbach, Die Messen des F. D., Diss. München 
1954, maschr. 

Dur^nte, Ottavio, aus Rom, italienischer Kom- 
ponist des 17. Jh., Kapellmeister zu Viterbo, war 
einer der frühesten Komponisten in dem von 
Caccini begründeten ariosen Stil. Er gab heraus 
Arie devote le quali contengono in se la maniera di 
cantar con grazia Vimitazione delle parole e il modo di 
scriver passagi ed altri affetti (Rom 1608), mit einer 
an Caccini anlehnenden Einleitung. 

Ausg.: Vorrede zu d. Arie devote mit deutscher 
Übers, in: H. Goldschmidt, Die ital. Gesangsme- 
thode . . ., Breslau 1890, 2 1892. 

Dur$zzo, Conte Giacomo, * 27. 4. 1717 zu 
Genua, f 15. 10. 1794 zu Venedig; italienischer 
Adliger, der an der Opemreform des 18. Jh. be- 
deutenden Anteil hatte. Er kam nach einem Aufent- 
halt in Paris 1749 als genuesischer Gesandter nach 
Wien und erlangte schon bald durch seine Heirat 
Verbindung zum höchsten österreichischen Add. 
1752 wurde er Assistent des zum Oberdirektor der 
kaiserlichen Theater ernannten Grafen Franz 
Eszterhäzy und bewirkte zunächst die Einführung 
des französischen Theaters in Wien. Im folgenden 
Jahre trat er in kaiserliche Dienste über und wurde 
1754 zum Generalspektakddirektor ernannt. In 
den 10 Jahren seiner Wirksamkeit setzte er sich - 
in Zusammenarbeit vor allem mit Gluck und dem 
Ballettmeister Angiolini sowie in enger Fühlung 
mit dem Geschehen in Paris - für die Reform des 
musikalischen Theaters ein, wie sie in Glucks Don 
Juan und Orfeo , für die Op&a Comique in La wir 
contre imprevue, verwirklicht wurde. Infolge von 
Intrigen fand D.s Tätigkeit für die Oper 1764 ein 
Ende; er wurde zum österreichischen Gesandten 
in Venedig ernannt. 

Lit.: J. B. De La Borde, Essais sur la musique an- 
tienne et moderne, 4 Bde, Paris 1780; N. Battilana, 
Genealogie delle faxniglie di Genova, Genua 1825; 

R. Haas, Gluck u. D Wien (1925); ders., Die 

Wiener Oper, Wien 1926; ders.. Der Wiener Bühnen- 
tanz. .., JbP XLV, 1938; L. M. Levati, I Dogi 
biennali, Genua 1930; R. Henn, Das Wiener Th6ätre 
frq. . . ., Diss. Wien 1937. 


Durey (dür's), Louis Edmond, * 27. 5. 1888 zu 
Paris; französischer Komponist, ursprünglich zur 
Gruppe der Six gehörig, trieb seine musikalischen 
Studien unter Leitung von Leon Saint-Requier und 
trat ab 1914 mit Kompositionen hervor, die zum 
größten Teil ungedruckt blieben. Seit 1938 ist er 
Generalsekretär der Federation Musicale Popu- 
laire. Werke: einaktiges lyrisches Drama L'Occa- 
sion (nach Merimee), Musik zu »LTntruse« von 
Maeterlinck, Filmmusiken, Fantaisie cotieertante für 
Vc. und Orch. (1947), Concertino für KL und 
Bläser (1956), 3 Streichquartette, ein Klavier- und 
ein Streichtrio, Trio-Serenade für V., Va und Vc. 
zum Gedächtnis von Bartök (1955), Klavierstücke 
(Trois Preludes 1920, Dix inventions 1924, Dix 
Basquaises 1951, Six pihes nie rautomne 53* 1953), 
Chöre a cappella mit Klavier- oder Orchester- 
begleitung, Le Navire für Gesang und Orch. (Gide, 
1916), Le Printemps au find de la Mer für Gesang 
und Blasinstrumente (Cocteau, 1920) und zahl- 
reiche Gesänge mit KL, darunter L' Offrande lyrique 
(Tagore, 1914), Le Bestiaire (Apollinaire, 1919), 
Vergers (Rilke, 1931), Grh/e de la faim (Nazim 
Hikmet, 1950), Deux pohmes (Ho Chi Minh, 1951). 
Von dem zunächst angeschlagenen Weg abwei- 
chend, unterwarf sich D. in neuerer Zeit den Forde- 
rungen des 1948 in Prag diktierten kommunisti- 
schen Manifests nach Aufgabe einer »individua- 
listischen« zugunsten einer »volkstümlichen« Mu- 
sik. Seit 1950 ist er Musikkritiker der Humaniti. 
Lit.: P. Landormy, La musique frangaise apr&s De- 
bussy, Paris (1948). 

d’Urfey ('ce:fi), Thomas, * 1653 zu Exeter, 
f 26. 2. 1723 zu London; englischer Bühnen- 
dichter und Komponist, Herausgeber mehrerer 
Liedersammlungen, zu denen er die Texte ge- 
dichtet hat, auch Komponist des Yorkshire Feast 
Song. 

Lit.: C. L. Day, The Songs of Th. D’U., Cambridge, 
Mass., 1933. 


Dur|go, Ilona, * 13. 5. 1881 und f 25. 12. 1943 
zu Budapest; ungarische Sängerin (tiefer Mezzo- 
sopran), war Schülerin von Forstdn, Stockhausen 
und Bellwidt, zuerst Opemsängerin, widmete sich 
dann ganz dem Oratorien- und Liedgesang. 1921 
bis 1937 war sie Lehrerin am Zürcher Konserva- 
torium. Sie ist vor allem für das Schaden Mahlers 
und O. Schoecks eingetreten. 

Lit.: J. Weidenmann, I. D., St Gallen (1944). 


Durme, Jef van ->■ Van Durme. 


Durön, Sebastian, * um 1650 zu Brihuega 
(Neu-Kastilien), f nach 1716 wahrscheinlich zu 
Cambo (Frankreich); spanischer Komponist, war 
zuerst Kapellmeister in Las Palmas (Kanarische 
Inseln), wurde 1691 Organist der Königlichen 
Kapelle in Madrid, stand während des spanischen 
Erbfolgekrieges auf Seiten des Erzherzogs Karl von 
Ö s t e rr e ich und wurde daher 1706 verbannt. 1715 


verfaßte er in Bayonne sein Testament, einen Nach- 
trag dazu 1716 m Cambo (Pyrenäen). D. schrieb 
ein Requiem für 2 Chöre, weitere Kirchenmusik 
sowie 6 Zarzuelas, deren Melodik an spanische 
Volkslieder angelehnt ist. 


Ausg.: 7 StückeTin: Teatro Llrico Espaäol IEE-V, 
hrsg. v. F. Pedrell, La Coruüa 1897/98; 2 Stücke in: 
Candonero Musical IV, hrsg. v. dems., Valls (1922). 


437 



Durow 


Lit: R. Mitjann, Espagne, in: Encyclop6die de la 
musique I, 4, hrsg. v. A. Lavignae, Paris o. J., darin 
ein Stück v. D.; G. Chase, The Music of Spain, NY 
1941, spanisch v. J. Pahissa, Buenos Aires 1943. 

Durow, Sachar Sacharowitsch, * zu Moskau, 
t 23. 1. 1886 zu St. Petersburg; russischer Musik- 
forscher. Sein »Grundriß der Musikgeschichte 
Rußlands«, der als Beilage zur Übersetzung der 
Musikgeschichte von Dommcr 1884 erschien, er- 
regte Aufmerksamkeit. D. wurde als Lehrer der 
Geschichte des russischen Kirchengesanges an das 
Petersburger Konservatorium berufen. Seine Stu- 
die über die Geschichte des russischen Kirchen- 
gesanges wurde nicht gedruckt. 

Durra, Hermann, * 17-6.1871 zu New York, f; 
deutscher Gesanglehrer und Komponist, studierte 
in Breslau und am Leipziger Konservatorium und 
ging 1903 nach Berlin, wo er lange Jahre wirkte. 
D. schrieb Opern, eine Symphonie C moll, Chor- 
werke, Lieder und Gesänge sowie Klavierstücke. 

Durufld (düriifTe), Maurice, * 11. 1. 1902 zu 
Louviers; französischer Komponist und Organist, 
studierte 1920-29 am Pariser Conservatoire. Aus- 
gedehnte Konzertreisen führten ihn auf die ersten 
Orgelbänke in Frankreich, England, Deutschland, 
Österreich und der Schweiz. Er hat eine Pro- 
fessur für Harmonielehre am Pariser Conservatoire 
und ist ständiger Organist an St. Etienne-du-Mosel 
in Paris. D. schrieb Choralvariationen und Suiten 
für Org., 1943 auch ein Prilude et fitgue auf den 
Namen seines gefallenen Meisterschülers, des 
Komponisten J. Alain. Mit seinem Requiem für 
Soli, Chor, Org. und Orch. (1952) wurde er auch 
in England und Deutschland bekannt. 

Durutte (dür'üt), Francois Camille Antoine, 
Comte, * 15. 10. 1803 zu Ypern, t 24. 9. 1881 zu 
Pari s; französischer Musiktheoretiker, Urheber 
eines neuen theoretischen Systems, das er zuerst 
ausemandersetzte in seiner Esthiüque musicalc: 
technie ou lois gtnbrdles du systhne harmonique (1855). 
Späterhin ergänzte er es durch das Rhumi 
taire de la technie harmonique et compUment . . . (1876). 
Das System ist jedoch für die Praxis unfruchtbar 
und in mathematischen Spekulationen verirrt. 

Du Saar, Johannes — > Saar, Johannes du. 

Dusart -> Sarto, Johannes de. 

Dusch (dü:s), Phons, * 13. 7. 1895 zu Zutphen 
(Holland); holländischer Dirigent, studierte zu- 
nächst am Konservatorium Aachen, hei J. 
Wagenaar, E. Comelis, C. Friedberg und R. Ca- 
sadesus, wirkte 1913/14 am Held-Konservatorium 
in New York, wurde 1918 Klavierlehrer am Kon- 
servatorium Rotterdam, 1925 an der Akademie 
für Kirchenmusik in Utrecht. Nach Konzertreisen 
als Pianist übernahm er 1936 die Leitung des Ora- 
tonen-Vereins Excdsior in Rotterdam, wurde 1945 
Direktor des Konservatoriums Tilburg, leitet seit 
1946 die Gesangvereinigung der »Maatschappy 
Toonkunst« in Breda und Tilburg und ist daneben 
noch als Konzertpianist tätig. In ein^m von C. 
Franck und der Schola Cantorum beeinflußten 
Stil schrieb er e i nig e Chorwerke, Kammermusik, 
Klavierstücke und Lieder. 


Duschek (d'ujek), Franz Xaver (DuSek), * 8. 
12. 1731 zu Choteborek (Böhmen), f 12. 2. 1799 
zu Prag; böhmischer Pianist, Klavierpädagoge und 
Komponist, schrieb Symphonien, Klavierkon- 
zerte, Kammermusikwerke, Klaviersonaten und 
-stücke sowie Lieder. 

Ausg.: Klaviersonate (Prag 1796), Lpz. o. J. (== Edi- 
tion Breitkopf 5956); 8 Klaviersonaten, hrsg. v. A. 
N£mec u. J. Racek, MAB VIII; 2 Sätze für KL, hrsg. 
v. V. J. Sykora u. J. Racek, MAB XIV. 

Dushldn (d'ujkin), Samuel, * 13. 12. 1897 zu 
Suwalki (Rußland); amerikanischer Violinist, lebt 
in New York. 1903 ging er mit seinen Eltern nach 
Amerika, studierte in New York bei Auer, in 
Paris bei Rdmy und Kreisler, debütierte 1918 in 
Paris und London, 1924 in New York unter Dam- 
rosch. Seitdem unternimmt er Konzertreisen durch 
Europa, Amerika und den Vorderen Orient, 1931 
bis 1937 vielfach mit I. Strawinsky. Das für ihn 
geschriebene Violinkonzert Strawinskys führte er 
1931 unter Leitung des Komponisten erstmals im 
Berliner Rundfunk aut im gleichen Jahr ebenfalls 
mit Strawinsky in Berlin auch dessen »Duo Con- 
certant«. D. komponierte Etüdenwerke für V. und 
legte zahlreiche Transkriptionen alter und neuer 
Musik für sein Instrument vor. 

Dussek (d'ufdc), Johann Ladislaus (DuSek, im 
Taufregister Wenzel Toh. Dusik), * 9. 2. 1760 zu 
Tschaslau (Böhmen), f 20. 3. 1812 zu St-Germain- 
en-Laye bei Paris ; böhmischer Pianist und Kompo- 
nist, erzogen im Jesuitenstift zu Iglau, studierte 
Theologie in Prag, wo er zum Baccalaureus pro- 
movierte, hatte sich aber zugleich in der Musik so 
weit ausgebildet, daß ihm sein Protektor, Graf 
Männer, eine Organistenstelle in Mecheln ver- 
schaffte, von wo er in eine ähnliche Stelle nach 
Bergen op Zoom und 1782 nach Amsterdam ging; 
später wurde er als Erzieher der Söhne des Statt- 
halters nach Den Haag berufen. Bald darauf trat 
er in Berlin und St. Petersburg als Klavier- und 
Harmonikavirtuose auf (-> Glasharmordka) und 
wurde vom Fürsten Radztwill für 2 Jahre mit nach 
Litauen genommen. 1786 spielte er in Paris vor 
Marie Antoinette, ging nach Italien, kehrte nach 
Paris zurück, flüchtete aber vor dar Revolution 
nach London, wo er mit seinem Schwiegervater 
Com 1792 einen Musikverlag errichtete, der fal- 
lierte und ihn in Schulden stürzte, so daß er 1800 
nach Hamburg gehen mußte. Dort knüpfte er ein 
Liebesverhältnis mit einer fürstlichen Dame an und 
lebte mit ihr 2 Jahre auf einem nahe der 

d änis chen Grenze, besuchte 1802 seinen alten Vater 
in Böhmen, schloß sich dem Prinzen Louis Ferdi- 
nand von Preußen, nach dessen Tode dem Prinzen 
von Isenburg an und kam endlich 1808 nach Paris 
als Konzertmeister des Fürsten Talleyrand. D. 
wird als einer der ersten gerühmt, die das Piano- 
forte zum »Singen« brachten; er spielte mit gro- 
ßem, vollem Ton und machte mit seiner Spiel- 
weise sta rk en Eindruck. Von seinen Klavierkompo- 
sitionen sind einige kleine Stücke (La consolation) 
sowie die Sonaten und Sonatinen noch heute be- 
liebt. Er schrieb 2 Opern, eine große Messe, 12 
Klavierkonzerte und ein Doppelkonzert, 80 VIo- 
linsonaten, 53 Klaviersonaten zu 2 und 9 zu 4 Hän- 
den, 10 Trios, je ein Klavierquartett, -quintett und 
viele Solostücke für KL Auch hat er 1796 eine 


438 



Dvofik 


Klavierschule geschrieben, die in englischer, deut- 
scher und französischer Ausgabe erschien. D.s 
Tochter Olivia, vermahlte Buckley (1797-1847), 
ab 1840 Organistin an Kensington Parish Church, 
schrieb Musical Trutks (1843) und komponierte 
Kinderlieder, Klavier- und Harfenstücke. 

Ausg.: Klaviersonaten op. 35, 1-3, u. op. 64 (Le 
Retour k Paris), hrsg. v. A. Farrenc in: Le Tresor 
des Pianistes XVIII; (8) Sonaten u. andere Werke für 
das Pianoforte, 2 Bde, hrsg. v. I. Faisst u. S. Lebert, 
Stuttgart o. J.; Klaviersonaten op. 10, 2, op. 35, 3, 
op. 44 (The Farewell, Es dur) u. op. 45, 1, hrsg. v. 
H. Albrecht, = Organum, Reihe V, H. 3, 22, 6 u. 
12; Sonatina op. 20, 5 u. Elegia armonica op. 61, 
hrsg. in Taguapietra Ant. XTV ; 12 Le?ons Progres- 
sives für Kl. op. 16, als Dvanäct melodickych etud, 
hrsg. v. J. Racek u. J. S'jfreoRA, MAB XXI; Allegro 
für V. u. KL, hrsg. v. J. u. B. §t£dron in MAB XL - 
6 Harfensonaten, MAB XXII. 

Lit.: L. Schiffer, J. L. D., Diss. München 1914; M. 
Unger, Beiträge zur Lebensbeschreibung J. L. D.s, 
Neue Musikzeitung XXXV, 1914; P. Egert, Die Kla- 
viersonate im Zeitalter d. Romantik I, Lpz. 1934; H. 
Truscott, D. and the Concerto, MR XVI, 1955. 

Dutertre (düt'ertr), Etienne, französischer Chan- 
sonskomponist, von dem die großen Chans on- 
sammlungen von Attaingnant, du Chemin und 
Le Roy et Ballard von 1543-59 über 60 4st. Chan- 
sons brachten; auch komponierte er zahlreiche 
Tänze zu 4 St., darunter Pavanen, Gaillar den, 
Branles (7* livre de danceries, Paris 1557, Attaing- 
nant). Der von Eitner mit D. identifizierte Tetart 
dürfte dagegen wohl der 1578 vom Puy de mu- 
sique zu Evreux mit der silbernen Orgel preisge- 
krönte Organist der Sainte ChapeSe Etienne 
Testart sein. 

Ausg.: je eine Chanson bei R. Eitner, PGfM XXIII, 
u. M. Cauchie, Quinze chansons fr?. du XVI« s., 
Paris 1926; 2 Pavanen mit anschließenden Gaillarden 
u. 2 Bransles d’Escosse in: Expert Maltres, Danceries 
(I er voL), Paris 1908. 

Dutflleux (dütij'o), Henri, * 22. 1. 1916 zu 
Angers; französischer Komponist, studierte bei 
Busser und J. und N. Gallon am Pariser Conser- 
vatoire. 1938 erhielt er den Großen Rompreis. 
D., der keiner der Schulen neuerer französischer 
Musik angehört, schrieb vorwiegend Instrumental- 
musik: Klaviersonate Suite de Danses (1947); 1. 
Symphonie (1951); Ballett Le Loup (1953); 2. 
Symphonie (1956). 

Duval (düVal), Francois, * um 1673, f 27. 1. 
1728 zu Versailles; französischer Violinist, war 
1695 als Instrumentist und Tanzmeisterin Paris und 
trat später in die Hofkapelle ein. 1714-23 gehörte 
er den 24 violons an. Mit seinen 6 Büchern Violin- 
sonaten gehört D. neben Brossard und Rebd zu 
den frühesten französischen Komponisten, die 
diese Gattung gepflegt haben. Ferner schrieb er ein 
Buch Triosonaten (1706). 

lit: L. de La Laurencie, L’Ecole fr?, du violon I, 
Paris 1922. 

Duvernoy (düvsmü'a), Frdddric (Duvemois), 
* 16. 10. 1765 zu Montb&iard, f 19. 7. 1838 zu 
Paris; französischer Hornvirtuose, 1796-1817 1. 
Hornist der Großen Oper und Professor des Horns 
am Conservatoire bis zu dessen Suspendierung 
(1815), schrieb viele Hornkonzerte und Kamm er- 
musiken mit Horn sowie eine Mithode pour le cor 
(um 1802). 


Duvernoy (düvsmü'a), Victor Alphonse (Du- 
vemois), * 30. 8. 1842 und f 7. 3. 1907 zu Paris; 
französischer Pianist und Komponist, Schüler von 
Marmontel und Barin am Conservatoire, an dem 
er später Professor wurde, gründete 1869 ständige 
Kammermusiksoireen mit Ldonard als 1. Violi- 
nisten; schrieb: die Opern Sardanapal (1882 in 
Lamoureux’ Konzerten), Helli (Paris 1896), die 
lyrische Szene CUopatra, ein Chorwerk La tempete, 
das Ballett Bacchus (Paris 1902), Ouvertüre Hemani, 
Kammermusikwerke, Stücke für KL mit und ohne 
Orch. 

Ehrvosel (düvoz'sl), Seraphien Lieven, * 14. 12. 
1877 zu Gent; belgischer Komponist, studierte an 
den Konservatorien von Gent und Antwerpen und 
am Pariser Conservatoire, lebte dann in Berlin, 
später im Haag, schrieb Oratorien und Kantaten, 
symphonische Dichtungen, Chöre und Lieder. 

Lit.: F. van Durme, L.D., Antwerpen 1943; E. 
Collumbien, Lijst der werken van D., Gent 1950. 

Dux, Claire, * 2. 8. 1885 zu Witkowicz; pol- 
nische Sängerin (Sopran), studierte bei T. Arkel 
und A. Deppe in Berlin, debütierte 1906 in Köln 
als Pamina in Mozarts »Zauberflöte«, war 1911-18 
Mitglied der Berliner Staatsoper, 1918-20 in Stock- 
holm tätig, 1921-23 an der Chicago Civic Opera 
Company, als Eva in R. Wagners »Meistersinger« 
und als Sophie in R. Strauss’ »Rosenkavalier« ge- 
feiert, wandte sich später aber mehr der Operette 
zu; ihr Ausdrucksbereich beschränkte sich auf das 
Gefällige. 

Duyse, Florimond van -* Van Duyse. 

Duysen (d'oizan), Jes Lewe, * 1. 8. 1820 zu 
Dagebüll (Kreis Tondem), f 30. 8. 1903 zu Berlin, 
gründete 1860 in Berlin eine Pianofortefabrik. 

Dvofdk (dv'arjark), Antonfn, * 8. 9. 1841 zu 
Mühlhausen an der Moldau (Nehalozeves), -f* 1. 5. 
1904 zu Prag; tschechischer Komponist. Er sollte 
zunächst die Gastwirtschaft des Vaters übernehmen. 
Auf Zureden seines Lehrers A. Liehmann jedoch, 
bei dem Dv. die erste musikalische Ausbildung er- 
hielt, sandte ihn sein Vater 1857 nach Prag an die 
Orgelschule zu Fr. Blazck. Er spielte als Bratschist 
in verschiedenen Orchestern, 1873 unter Smetana 
im Interimstheater. Für die ersten Werke waren 
Mozart und Beethoven wegweisend: Streichquin- 
tett A moll op. 1 (1861), Streichquartett A dur, 
ursprünglich op. 2 (1862), erste Symphonie C moll, 
ursprünglich op. 3 a (1865), Lieder Cypressen spätere 
Opuszahl 2 (1865), zweite Symphonie B dur, ur- 
sprünglich op. 4 (1865), ferner Ouvertüren, Büh- 
nen- und Kirchenmusik, das^Cellokonzert A dur 
ohne OpuszahL Hier schon zeigt sich Dv. als der 
künftige Meister der Instrumental- und Klammer- 
musik. Liszts und Wagners Schaflfensprinripien be- 
einflussen seine Oper Alfred (nach Th. Körner, 
1870) und die Streichquartette D dur, ursprünglich 
op. 9 (1870) und E moll op. 10 (1870). Die Oper 
Krdl a uHJlr (»König und Köhler«) op. 14 (1871) 
wurde erst 1929 aufgeführt. Der Hymnus Die 
Erben des Weißen Berges für Chor und Orch. op. 30 
(1872) brachte ihm nicht nur Anerkenn u n g , son- 
dern auch eine ständige Organistenstelle ein, so daß 
er 1873 mit der Altistin A. fiermäk (f 1931) einen 
Hausstand gründen konnte. Im Familienkreise erst 


439 



Dvorak 


entstanden die Werke, in denen er sich selbst fand, 
nicht ohne Einwirkung Smetanas und Brahms*: 
Streichquartette Fmoll, ursprünglich op. 9, und 
A moll, ursprünglich op. 12 (beide 1873) ; die 
dritte Symphonie Es dur, ursprünglich op. 10 
(1873) ; die vierte Symphonie D moll, ursprünglich 
op. 13 (1874) ; Neufassung der Oper Kral a uhlir 
(1874) und die Oper Turde palice (»Dickköpfet, 
1874). In den Jahren 1874-78 bekam er über 
Brahms* Vorschlag ein Staatestipendium von 400 
fl. Dv.s Anstieg zur Meisterschaft kennzeichnen 
die Werke: Streichquintett G dur op. 77 (ursprüng- 
lich op. 18), Serenade E dur für Streichorch. op. 22, 
Klaviertrio B dur op. 21, Klavierquartett D dur 
op. 23, alle aus dem Jahre 1875. Noch mehr nähert 
er sich dem Höhepunkt in den Werken des Jahres 
1876: der fünften Symphonie F dur op. 76 (= Nr 

III, ursprünglich op. 24), der Oper Vanda op. 25, 
dem Klaviertrio G moll op. 26, Klavierkonzert 
G moll op. 33, Streichquartett E dur op. 80 (ur- 
sprünglich op. 27). Schon im Stabat Mater für 
Soli, Chor und Orch. op. 58 (1877) zeigt sich seine 
reife Meisterschaft, die durch das Leid um den 
Verlust seines Sohnes und seiner Tochter geläutert 
wurde, deren er im Streichquartett D moll op. 34 
(1877) gedenkt. Aus dem Jahre 1877 sind ferner 
zu nennen die Oper Selma sedldk (»Der Bauer ein 
Schelm«) op. 37 und die Symphonischen Varia- 
tionen über ein eigenes Thema op. 78 (ursprüng- 
lich op. 40). Folgende Werke machten Dv.s Namen 
in der ganzen Welt bekannt: Klänge aus Mähren 
(Duette für S. und A.) op. 32 (1876) , Werke mit 
slawischem Charakter, zu denen er die Anregungen 
aus der Volksmusik schöpfte, besonders in har- 
monischer und formgestaltender Hinsicht. An 
Stelle des Adagios tritt in seinen kammermusika- 
lischen Werken die Dumka: Streichquartett mit 
Dumka Es dur op. 51 (1878-79), 3 slavische Rhap- 
sodien für Orch. op. 45 (1878), Slavische Tänze für 
Kl. zu 4 Händen (auch für Orch.) op. 46 (1878) 
und op. 72 (1886), Streichsextett Adur op. 48 
(1877, mit Furiant). Den Höhepunkt dieser skvi- 
schen Richtung in seinem Schaffen bedeuten die 
Oper Dimitrij (1881-82, Aufführung Brünn 1926) 
und das Klaviertrio Dumky op. 90 (1889-90). Auf 
Bestellung schuf er folgende Werke: Violinkon- 
zert A moll op. 53 (1880, für J. Joachim), 10 Le- 
genden für KL zu 4 Händen op. 59 (1881), die 
sechste Symphonie D dur op. 60 (= Nr I, 1881, 
von H. Richter in London urauf geführt), Streich- 
quartett C dur op. 61 (1881, für Hellmesberger). 
Für England schrieb er das Oratorium Die heilige 
Ludmilla op. 71 (1886), ferner das Requiem op. 89 
(1890) und die siebente Symphonie D moll op. 70 
(= Nr H, 1884). Aus der Blütezeit seiner Meister- 
schaft stammen ferner: Klaviertrio F moll op. 65, 
Scherzo capriccioso Des dur für Orch. op. 66, die 
Ouvertüre Husitskd op. 67 (alle 1883), die Chor- 
kantate (mit Soli und Orch.) Die Geisterbraut op. 69 
(1884), das Klavierquintett Adur op. 81 (1887), 
die Oper Jakobin (»Der Jakobiner«) op. 84 (1887 
bis 1888), Dreizehn poetische Stimmungsbilder für KL 
op. 85 (1889), das Klavierquartett Es dur op. 87 
(1889), die achte Symphonie G dur op. 88 (= Nr 

IV, 1889), 3 Ouvertüren: In der Natur op. 91, 
Karneval op. 92, Othello op. 93 (1891-92), in denen 
Ideenreichtum und Pracht der Klangfarbe ihren 
Höhepunkt erreichen. Mehrere Werke hat Dv. 


selbst in den Jahren 1884-96 uraufgeführt. 1890 
wird er Dr. h. c. von Cambridge, 1§91 von Prag 
und gleichzeitig zum Mitglied der Tschechischen 
Akademie ernannt. 1892-95 ist er künstlerischer 
Leiter des National Conservatory of Music in 
New York. Mit dem Te Deum für S., B., Chor 
und Orch. op. 103 (1892) und der Kantate The 
Atnerican Flag für T., B., Chor und Orch. op. 102 
(1893) grüßt er den neuen Kontinent. Das Haupt- 
werk, das in den USA entstand, ist die neunte 
Symphonie E moll op. 95 Aus der Neuen Welt 
(== Nr V, 1893). Das Streichquartett F dur op. 96 
und das Streichquintett Es dur op. 97 (beide 1893) 
bezeugen seine Liebe zur Heimat in der Feme. Die 
10 Biblischen Lieder op. 99, die Violinsonatme 
G dur op. 100 und die Orchestersuite A dur op. 98 
sind gleichfalls Früchte des Jahres 1893. Acht Hu- 
moresken für Kl. op. 101 (die berühmte in Ges dur 
ist Nr 7) bekunden seine glückliche Heimkehr im 
Sommer 1894; das Cellokonzert H moll op. 104 
(1894, wieder in den USA), die Streichquartette 
As dur op. 105 und G dur op. 106 (1894-95) 
setzen sein Schaffen fort. Als 60iähiiger wurde er 
Mitglied des Herrenhauses und Direktor des Kon- 
servatoriums in Prag. Schon in der Heimat ent- 
standen seine 5 symphonischen Dichtungen nach 
Balladen von K. J. Erben: Der Wassermann op. 107, 
Die Mittagshexe op. 108, Das goldene Spinnrad op. 
109, Die Waldtaube op. 110 und Heldenlied op. 111, 
in dem schon impressionistische Einflüsse bemerk- 
bar sind. Nun suchte er auch den Ruhm als Opem- 
komponist. Nach Öert a K&ca (»Teufelskäthe«) op. 
112 (1898-99) komponierte er die Oper Rusalka 
(»Nixe«, Libretto von J. Kvapil) op. 114 (1900), 
dann Artnida op. 115 (Libretto von J. Vrchlicky, 
1902-03), nach deren Premiere der Meister nach 
kurzer Krankheit 1904 in Prag starb. Seine Fröm- 
migkeit kommt in seinen Adagio-Sätzen zum 
Ausdruck, seine Fröhlichkeit und Heiterkeit in 
seinen Scherzi und den Slavischen Tänzen. Mit 
seinen Oratorien, Instrumentalkonzerten und Bal- 
laden schuf er neue Formen in der tschechischen 
Musik. Er konnte aber seine musikalischen Gedan- 
ken am besten in festen Formen ausdrücken (Sym- 
phonie und Kammermusik). Dv. ist ein geborener 
Melodiker, was die Themen seiner Vokal-, noch 
mehr aber der Instrumentalwerke bezeugen. Seine 
Instrumentation ist mit allen Finessen der Klang- 
farben versehen. Dv.s Werke bildeten neben denen 
Smetanas die Grundlage der modernen tschechi- 
schen Musik, wie sie seine Schüler Novdk, Suk 
und Klare! repräsentieren. 

Ausg.: GA, Prag seit 1954. 

Lit.: Werkverz.: O. Sourek, Dv.s Werke, Bin 1917. - 
Erschöpfende Bibliogr. in: Pazdirküv hudebni lexikon 
II, Brünn 1937, und: O. Sourek, A. Dv., Prag 1947. - 
Dv. ve vzpominkäch a dopisech (»Dv. in Erinnerungen 
u. Briefen«), 2 Bde, hrsg. v. O. Sourek, Prag 1938, 
21951, deutsch v. Fr. Eben in einem Bd, Prag 1955; 
A. Dv. pfätelüm doma (Briefe an seine Freunde), 
hrsg. v. dems., Prag 1941. - A. Dv. Sein Leben u. 
Werk in Büdem, hrsg. v. A. Hofej§, Prag 1955. - 
J. ZubatSt, A. Dv., Lpz. 1886; J. BartoS, A. Dv., 
Prag 1913; L. BrafovÄ, Rieger, Smetana, Dv., Prag 
1913 ; K. Hoffmeister, A. Dv., engl. hrsg. v. R. New- 
march, London 1928; O. Sourek, 2ivot a dilo A. 
Dv.a, 4 Bde, Prag 1929-33, I-II, 31955, deutsch auf 
einen Bd verkürzt v. P. Stefan Wien-Lpz.-Prag 1935, 
in engl. Übersetzung v. Y. W. Vance, NY 1941 ; 
ders., Dv. ova dtanka, Prag 1929 u. ö., frz. u. engl. 


440 



Dyson 


Prag 1952, deutsch Prag 1953; ders., Werkanalysen 
(Dv. ovy skladby komomi, Dv. ovy skladby orche- 
strälni, Dv. ovy symfonie), deutsch v. P. Eisner in 
2 Bden, Prag (1955) ; ders., A. Dv. a H. Richter, Prag 
1942; Vl. Helfert, Ceskä modemi hudba, Olmütz 
1936, deutsch als: Die Entwicklung d. tschecho- 
slowakischen Musik, Prag 1937; H. Sirp, A. Dv., 
Potsdam 1939; M. Carner, Dv., London 1940; A. 
Dv., hrsg. v. V. Fischl, London 1943; A. Robertson, 
Dv.’s Songs, ML XXIV, 1943; ders., Dv., London 
1945, neue Ausg. NY 1949, deutsch Zürich 1947; 
H. Kull, Dv.s Kammermusik, Bern 1948; W. 
Kautzky, Tschechisches Erbe in A. Dv.s Werk, Diss. 
Bonn 1954, maschr.; V. Holzknecht, A. Dv., Prag 
1955; J. Clapham, Dv.’s First Cello Concerto, ML 
XXXVII, 1956. FZ 

Dwigkt (dw'ait), John Sullivan, * 13.5. 1813 
und t 5. 9. 1893 zu Boston; amerikanischer Mu- 
sikkritiker, gründete 1852 eine Musikzeitung; 
Dwighfs Journal of Music, die nicht allein die am 
längsten bestehende (bis 1881), sondern auch die 
beste amerikanische Musikzeitung war und u. a. 
historische Essais von Thayer gebracht hat. 

Iit.: G. W. Cooke, J. S. D., Boston 1899; E. N. 
Waters, J. S. D., MQ XXI, 1935. 

Dybeck, Richard, * 1.9.1811 zu Odensvi (Väst- 
manland), f 28. 7. 1877 zu Södertälje; schwedischer 
Folklorist und Sänger (Baß), Herausgeber von 
Svenska vallvisor o. homlätar (1846), Svenska visor 
(1847-48), Svenska folkmelodier (1853—56) und 
Svenska gänglätar (o. J.), veranstaltete 1844-62 in 
Uppsala musikalische Unterhaltungsabende, auf 
deren erstem er das zum Nationalgesang gewor- 
dene Du gamla , du jria erstmals sang. Vgl. seine 
eigenen Berichte in der Zeitschrift Runa 1865-76, 
in der er auch viele Volkslieder zuerst brachte. 

Lit.: A. Kerfstedt, En sängarc och en säng, in: Idun 
1908; C. Manoard, R. D., Stockholm 1937; C.-A. 
Moberg, R. D. och svensk folkmusik, in: Arv 1949. 

Dyer, Louise B. M. ->■ Oiseau Lyre. 

Dykes (d'aiks), John Bacchus, * 10. 3. 1823 zu 
Kingston upon Hüll, f 22. 1. 1876 zu Ticehurst 


(Sussex) ; englischer Komponist, 1847 Pfarrer in 
Malton (Y orkshire), 1849 an der Kathedrale in 
Durham, 1862 dort Vikar an St. Oswald, 1861 
Mus. Dr. (Durham), geschätzter Komponist eng- 
lischer Kirchenmusik, besonders zahlreicher 
Hymns, unter ihnen Nearer , my God, to Thee , auch 
Jesu t Jover of my soul und The day is past and over . 

Dyxnmek (d'imek), Zbigniew, * 29. 3. 1896 zu 
Warschau, f 20. 4. 1948 zu Kattowitz; polnischer 
Pianist und Komponist, Schüler von Michalowski 
und Melcer, studierte Theorie bei P. Graener in 
Leipzig und errang 1919 den 1. Preis des Pade- 
re wski-W ettbc werbs für Pianisten in Lublin. Er 
schrieb Klavier- und Orchesterwerke sowie viele 
Lieder. 

Dyson (d'aizan), (Sir) George, * 28. 5. 1883 zu 
Halifax; englischer Komponist, Musikpädagoge 
und -Schriftsteller, Schüler des Royal College of 
Music in London, war Musikdirektor an verschie- 
denen Colleges, 1918 Mus. D. in Oxford, wurde 
1921 Lehrer am Royal College of Music, dessen 
Leitung er 1938-52 innehatte, 1924-37 Musik- 
direktor am College in Winchester. Er schrieb: 
eine Symphonie G dur (1937), eine Orchestersuite 
(1920), Prelude, fantasy and chaconne für Vc. und 
Heines Orch. (1936), ein Violinkonzert (1942), 
Concerto da camera und Concerto da chiesa für Strei- 
cher (beide 1949), Concerto leggiero für KL und 
Streicher (1951), Kirchenmusik, Chorwerke: In 
Honour of the City (1928), The Canterbury Pilgrim 
(1931), St PauVs Voyage to Melita (1933), Nebu- 
chadnezzar (1935), Quo vadis (1939), Sweet Thames 
(1954), Agincourt (1955); Kammermusikwerke, 
Heinere Instrumentalstücke, Chöre und Lieder. 
Daneben veröffentlichte er: The New Music (Lon- 
don 1924), The Progress of Music (London 1932, 
französisch Paris 1933, japanisch 1950, italienisch 
als Storia della miisica 1953) und seine gesammelten 
Essays Fiddling While Rome Bums (London 1954). 


441 



E 


Easdale ('i:zde:l), Brian, * 10. 8. 1909 zu Man- 
chester; englischer Komponist, erhielt seine Aus- 
bildung am Royal College of Music in London 
(Komposition bei A. Gibbs und G. Jacob, Klavier 
bei E. Mitchell). Gemeinsam mit B. Britten hatte 
er 1937-39 die musikalische Leitung des Group 
Thcatre. Nach einem Aufenthalt in Indien (1942 
bis 1946) übernahm E. die musikalische Direktion 
der Archers Hlm Unit (1947-49). E. schrieb die 
Opern Rapunzel (1927), The Com King (1935), 
The Sleeping Children (1951), Bühnen- und Film- 
musik, aas Ballett The Phoenix , Orchester- und 
Kammermusik, 3 Liederzyklen. 

Bast (i:st), Michael (Easte, Est, Este), * um 1580 
zu London, f 1648; englischer Komponist, wahr- 
scheinlich Sohn von Thomas East. Ein Madrigal 
von M. E. ist in die von Morley herausgegebene 
Sammlung The Triumphs of Oriana (London 1601, 
veröffentlicht erst 1603) aufgenommen. 1606 
wurde er in Cambridge Bachelor of Music, 1618 
Chormeister an der Kathedrale von Iichfield. Er 
veröffentlichte 7 sets Stimmbücher: I und II ent- 
halten 3-5st. Madrigale (1604 und 1606), m 5-6st. 
Pastorais, Anthems , Neapolitanes, Fancies and Ma- 
drigals (1610), IV 4-6st. Anthems und Madrigale 
(1619), V 3st. Madrigale ohne vollständigen Text 
(für Violen und zum Singen, 1618), VI 5-6st. An- 
thems (1624), VH 2-4st. Violenstücke (1638). Glees 
von E. Enden sich in Sammelwerken der Zeit. 
Ausg.: Buch I— II u. Teile v. III-IV, hrsg. v. E. H. 
Fellowes, The EngL Madrigal School XXIX-XXXI ; 
And I as Well as Thou f. 3 Violen aus Buch V, hrsg. 
v. Th. Dart u. W. Coates, Mus. Brit. IX. 

Lit.: E. H. Fellowes, The EngL Madrigal Compo- 
sers, London 1921 ; E- H. Meyer, Engl. Chamber 
Music, London 1946, 2 1951, darin ein 4st. Fancy. 

East (i:st), Thomas (Easte, Est, Este), * um 1535, 
t wahrscheinlich 1608 (oder im Januar 1609) zu 
London; englischer Muakdrucker, sicherte sich die 
Ausnutzung des Byrd und später Morley gewahr- 
ten Monopols für den Druck von Noten und 
Notenpapier. Sein erster Musikdruck ist Byrds 
Psahnes , Sonets and Songs (1587, 21588); von be- 
sonderem Interesse ist noch The Whote Booke of 
Psahnes (1592, neue Auflagen 1594 und 1604), 
ein Sammelwerk im Partiturdruck mit 4st. Sätzen 
von Alison, Dowland, Famaby, Kirbye und 
anderen. 

Ausg.: The Whole Booke of Psalmes, hrsg. v. E. 
Rjmbault. London 1844. 

Eastcott ( , i:stkot), Richard, * 1749 in Exeter, 
t Ende 1828 zu livery Dale (Devonshire) ; eng- 
lischer Gastlicher, gab heraus: Sketches of the Ori- 
gin, Progress and Effects of Music urith an Account of 
the Andent Bords and Minstrels (Bath 1793), schrieb 
auch Lieder The Harmony of the Muses und 6 Kla- 
viersonaten. 


Easton ('i:stan), Florence, * 24.10.1884 zu 
Middlesbrough-on-Tees ; englische Sängerin (So- 
pran), studierte in London am Royal College of 
Music und in Paris. 1907-13 war sie Mitglied der 
Königlichen Oper in Berlin, ging dann über Ham- 
burg (1914-16), Chicago an die Metropolitan 
Opera nach New York (1917—29). Anschließend 
unternahm sie Konzertreisen, trat auch in England 
auf und kehrte 1936 nach New York zurück. 
Fl. E. war besonders wegen ihres umfangreichen 
Repertoires berühmt. Sie beherrschte weit über 
100 Rollen, darunter die Kundry, Isolde, Elektra, 
Turandot, Madame Butterfly. 

Ebd, Arnold, * 15. 8. 1883 zu Heide (Holstein); 
deutscher Komponist, war zunächst Lehrer und 
Organist in Tingleff* (Nordschleswig), 1906-09 auf 
Empfehlung R. v. Liliencrons zur weiteren Aus- 
bildung an der Königlichen Hochschule für Musik 
und bei Max Bruch, danach Chordirektor und 
Organist des Johanniterordens in Berlin, wurde 
1920 Vorsitzender des Berliner Tonkünstler-V er- 
eins sowie der Vereinigten Musikpädagogischen 
Verbände, 1921 als Nachfolger von Egidi Organist 
an der Paul-Gerhardt-Kirche in Berlin-Schönc- 

Berfin und wsufl930-45 Lehrer an der Akademie 
für Kirchen- und Schulmusik. Werke: Chorlieder 
op. 3, 10 für Männerchor und op. 9 für gern. Chor; 
Requiem op. 17 für S.-Solo, Chor und Orch. 
(nach Hebbel) ; Die Weihe der Nacht op. 19 und 
Freiheitsgesang op. 40 (nach Hölderlin) für Bar., 
Chor und Orch.; Symphonische Ouvertüre (Ap- 
passionata) op. 13; Sinjonietta giocosa op. 39; Kla- 
vierwerke (Fantasia espansiva ) ; Lieder und Balladen. 

Ebel von Sosen, Otto, * 26. 2. 1899 zu Rends- 
burg; deutscher Dirigent, studierte an der Münch- 
ner Akademie der Tonkunst, war ab 1920 Kapell- 
meister an verschiedenen Theatern, stand ab 1926 
mit dem Sender Hannover, dann auch mit anderen 
Sendern in ständiger Verbindung. 1931 rief er die 
in Hannover noch bestehenden Schloßkonzerte ins 
Leben und leitet seit 1955 die Pyrmontkonzerte 
des von ihm 1928 gegründeten Niedersächsischen 
Symphonieorchesters. Er komponierte Orchester- 
werke (Deutsches htterludium op. 7, Aus dem Lande 
Calenberg op. 11), Chorwerke, Kammermusik und 
Lieder. 

Ebeling, Christoph Daniel, * 20. 11. 1741 zu 
Garmissen bei Hildesheim, f 30. 6. 1817 zu Ham- 
burg; deutscher Bibliothekar und Musikschrift- 
steller, stu dierte in Göttingen Theologie und 
schöne Wissenschaften, wurde 1769 Lehrer an der 
Handelsakademie in Hamburg, 1784 Professor am 
H am b urger Gymnasium und städtischer Biblio- 
thekar, übersetzte Bumeys Reise-Tagebücher, 
Cbastellux* Über die Vereinigung von Musik und 
Poesie (1769), mit Klopstock Handels Messias und 


442 



Eberlin 


lieferte wertvolle Beiträge für die 1766-70 (10 
Bände) von ihm herausgegebenen Hamburger Un- 
terhaltungen und das Hannoversche Magazin (Über 
die Oper; Versuch einer auserlesenen musikalischen 
Bibliothek). 

£beting, Johann Georg, * 8. 7. 1637 zu Lüne- 
burg, ■f 4. 12. 1676 zu Stettin; deutscher Kompo- 
nist, 1662 Musikdirektor an der Hauptkirche und 
Kantor an St. Nikolai in Berlin, 1668 Professor der 
Musik und des Griechischen am Gymnasium Caro- 
linum in Stettin. Sein Hauptwerk: Pauli Gerhardt 
geistliche Andachten , bestehend in 120 Liedern auf alle 
Sonntage . . . (4st. mit 2 V. und B.) erschien zuerst 
(in Folio) in 10 Heften 2u Berlin 1666/67, auch. 
1669, 1670 und öfter (auch mit Änderung des 
Titels 2st.: Melodie und Baß). Von E. sind die 
Melodien zu Die güldene Sonne und Warum sollt 
ick mich denn grämen. Von seinen sonstigen Werken 
sind bekannt: ’ÄQxeuoÄoyieu *Og<pixa[ sive Anti - 
quitates musicae (1675, unbedeutend), ein 6st. Be- 
gräbnisgesang (1666) und handschriftlich einige 
Kantaten. 

Ausg.: J.G. Ebeling, Zwölf geistliche Lieder Paul 
Gerhardts 4st. f. gern. Chor, 2 V. u. Gb., Kassel 1934; 
J. Crüger u. J. G. Ebeling, 12 Choralsätze f. 4 ge- 
mischte St. u. 2 Instrumentaloberst. , Stuttgart 1951. 

Eb$U, Heinrich Karl, * 30. 12. 1775 zu Neu- 
ruppin, f 12. 3. 1824 zu Oppeln; deutscher Kom- 
ponist, Regierungsrat in Oppeln, zugleich tüch- 
tiger Musiker, unterbrach 1801-04 seine juristische 
Karriere, um in Breslau als Theaterkapellmeister 
zu fungieren. E. komponierte 10 Opern und Sing- 
spiele, auch ein Oratorium sowie Arien, Lieder 
und viele Instrumentalwerke. 

Eberhard von Freising, Benediktinermönch, 
Musikschriftsteller des 11. Jh., unter dessen Namen 
2 kleine Abhandlungen (De mensurajistularum und 
Regulae ad fimdendas nolas, id est, organica tintin- 
nabula) handschriftlich erhalten sind. 

Ausg.: Tractatus de mensura fistularam, GS II, 279 
bis 282; Regula ad fundendas Nolas, GS II, 282. 

Eberhard, Johann August, * 31. 8. 1739 zu 
Halberstadt, f 6. 1. 1809 zu Halle; wurde 1778 
Professor der Philosophie in Halle, verfaßte außer 
vielem nicht auf Musik Bezüglichen: Theorie der 
schönen Künste und Wissenschaften (Berlin 1783, 
31790); Allgemeine Theorie des Denkens und Emp- 
findens (Berlin 177 6); Handbuch der Ästhetik in 
Briefen (Berlin 1803-05, 4 Bände) und einige klei- 
nere Abhandlungen (in seinen Gemischten Schriften, 
1784-88, und im Beniner Musikalischen Wochen- 
blatt 1805). 

Lit: G. Draeger, J. A. E.s Psychologie u. Ästhetik, 
Diss. Halle 1914; W. Serauky, Die musikalische 
Nachahmungsästhetik, = Universitas- Arch. XVII, 
Münster 1929; R. SchXfke, Gesch. d. Musikästhetik, 
Bin 1934. 

Eberhardt, Anton, * 1857, f Anfang Mai 1922 
zu Frankfurt am Main; deutscher Komponist, 
schrieb die Opern Der Halling (Mainz 1895), Das 
Gelübde (Aachen 1905),DieEisjungfrau (Manuskript) 
und Die Stumme von Geroma (Koblenz 1916). 

Eberhardt, - 1) Goby (eigentlich Johann Jakob 
E.) * 29. 3. 1852 zu Hattersheim bei Frankfurt am 
Main, + 13. 9. 1926 zu Lübeck; deutscher Violinist 
und Violinpädagoge, Schüler von F. W. Dietz, 


Heermann und A. Wilhelmj, Konzertmeister in 
Bern, dann in Bremen, hierauf Konzertmeister in 
Hamburg und auf Virtuosenreisen. Durch einen 
Nervenschlag linksseitig lange Jahre gelähmt, wid- 
mete er sich der Theorie der Geigentechnik und 
lehrte die Methode des stummen Übens nach Paga- 
ninis Vorbild. Schriften: Violinschule ; Sekunden- 
system ; Virtuosenschule ; Melodienschule op. 86, 5 
Hefte; Beiträge zur Vtolintechnik, 5 Hefte; Tägliche 
Violm-Übungen für Anfänger op. 84; Schule der 
Doppelgriffe ; Schule der Geläufigkeit ; Mein System 
des Ubens für V. und Kl.; Der natürliche Weg zur 
höchsten Virtuosität, 1 Hefte; Schule der Vtolintechnik , 
5 Hefte; viele Violinstücke. Er schrieb ferner: JEr- 
innerungen an bedeutende Männer unserer Epoche 
(Lübeck 1926). - 2) Siegfried, *19. 3. 1883 zu 
Frankfurt am Main, Sohn des vorigen, ebenfalls 
Violinist, Schüler von B. Dessau am Stemschen 
Konservatorium, an dem er 1908-35 als Lehrer 
tätig war (1933-35 Direktor). E. gründete 1945 
die Hochschule für Theater und Musik in Halle 
sowie die Robert-Scbumann-Akademie in Z wik- 
kau, deren Leitung er übernahm, und lebt jetzt 
als Musiklehrer in Zwickau. Er setzt sich für eine 
technische Bewegungslehre ein, die den Schüler 
von der Praxis der Finger auf die ursächlichen 
Bewegungen des Körpers zu führen sucht. Seine 
Ideen, die er in zahlreichen Schriften verbreitete, 
gipfeln in der Aufstellung eines Gesetzes der kör- 
perlichen Disposition als Bedingung der schöpfe- 
rischen Ausdnir.ksun mittelbarkeit des Künstlers. 
Lit.: K. Schröter, Flesch-Eberhardt, Naturwidrige 
oder natürliche Violintechnik?, München 1924. 

Eberl, Anton, * 13. 6. 1765 und 1 11- 3. 1807 zu 
Wien; österreichischer Pianist und Komponist, soll 
nach zeitgenössischen Quellen mit Mozart be- 
freundet gewesen sein und als Knabe die Aufmerk- 
samkeit Glucks erregt haben, unternahm Konzert- 
reisen durch Deutschland (so 1795 mit Mozarts 
Witwe), weilte 1796-1800 in St. Petersburg, dann 
wieder in Wien. Außer 7 Opern (Melodrama Py- 
ramus und Thisbe, Wien 1794; Zauberoper Die Kö- 
nigin der schwarzen Inseln, Wien 1801) hat E. haupt- 
sächlich Instrumentalwerke geschrieben: Sympho- 
nien, Klavierkonzerte, Kantaten, Kammer-Ensem- 
bles vom Sextett mit KL bis zur Klaviersonate mit 
begleitender V. oder FL, auch Streichquartette 
(op. 13), Kkviervariationea, -fantasien und -Sona- 
ten. Einige seiner Variationenwerke, auch eine Kla- 
viersonate C moH, sind zuerst unter Mozarts Na- 
men erschienen. Seine Es-dur-Symphome wurde 
gleichzeitig mit Beethovens »Eroica« urauf geführt 
und erhielt im Gegensatz zu dieser großen BeifalL 
Lit.: Fr. J. Ewens, A. E., Diss. Köln 1923, Dresden 
1927 (mit thematischem Katalog); R.-A. Mooser. 
Annales de la musique . . .en Russie. . 3 Bde 
(Genf 1948-51); R. Haas, A. E., in: Mozart-Jb. 1952. 

Eberlin* Daniel, * um 1630 zu Nürnberg, f nach 
1692; deutscher Komponist, kämpfte als Ippjtän 

kenf war dann Bibliothekar in Nürnberg,' später 
Kapellmeister in Kassel, 1676 Geheimsekretär und 
Kapellmeister in Eisenach, in der Folge Bankier in 
Hamburg und ging 1678 nach Kassel zurück. Ab 
1685 leitete er wieder in E ise na c h die Kirch enmu s ik . 
Fehlbeträge bei dem ihm 1690 anvertrauten Münz- 
wesen führten 1692 zu seiner Flucht, nach der sich 


443 



Eberlin 


seine Spur nicht weiter verfolgen läßt. Er war nach 
dem Urteil G. Ph. Telemanns, der eine Tochter 
von E. zur ersten Frau hatte, ein starker Geiger und 
guter Kontrapunktist. Von seinen Werken ist nur 
ein Heft Triosonaten gedruckt (1675), ein Choral 
und Kantaten sind handschriftlich erhalten. Cem- 
balovariationen über eine »Aria Eberliniana« schrieb 
Johann Christoph Bach. 

Eberlin, Johann Ernst (Eberle), * 27. 3. 1702 zu 
Jettingen (bayrisch Schwaben), f 21. 6. 1762 als 
Kapellmeister des Erzbischofs Sigismund HI. von 
Salzburg, wohin er schon 1724 gekommen sein 
soll und wo er 1729 Hof- und Domorganist und 
1749 Hof- und Domkapellmeister wurde, war ein 
fruchtbarer Komponist von barocker Stärke des 
Ausdrucks. Gedruckt wurden nur 9 Orgeltoccaten 
und -fugen, von denen eine Fuge lange für eine 
Badische galt (Augsburg 1747). In handschrift- 
licher Überlieferung sind erhalten über 50 Messen, 
12 Requiem, eine große Zahl von Psalmen, Offer- 
torien und kleineren Kirchenmusikwerken, meh- 
rere Oratorien (Christus verurteilt, Augustinus , Der 
blutschwitzende Jesus), Motetten, zahlreiche Schul- 
dramen und Instrumentalmusik. Seine Opern De- 
mofoonte , Demetrio und Ipermnestra sind verschollen. 
Leopold Mozart würdigte E. in den Kritischen Bei- 
trägen EI von Marpurg (1757) und stellte ihn mit 
der Fülle seines Schaffens neben A. Scarlatti und 
Telemann. In seinem Lexikon rühmte ihn E. L. 
Gerber »wegen seiner Gründlichkeit Leichtig- 

keit und Behendigkeit, mit der er komponiert«. 
Ausg.: Oratorium »Der blutschwitzende Jesus« nebst 
Anhang: Stücke aus anderen Oratorien, hrsg. v. R. 
Haas, DTÖ XXVIII, 1 ; 2 Motetten, hrsg. v. K. A. 
Rosenthal und C. Schneider in DTÖ XLIII, 1 ; 
6 Toccaten u. Fugen bei A. u. L. Farrenc, Le Tresor 
des Pianistes XI; 9 Toccaten u. Fugen Musica Sacra 
I, hrsg. v. Fr. Commer fNeuausg. v. H. F. Redlich 
Bin 1931). 

Lit: R. Haas, E.s Schuldramen u. Oratorien, StMw 
VIII, 1921 ; C. Schneider, Gesch. d. Musik in Salz- 
burg, Salzburg 1935. 

Ebert, Hans, * 15. 5. 1889 und + 31. 8. 1952 zu 
Berlin; deutscher Komponist, Schüler von Klatte 
und Jamach, war 1925-28 Kapellmeister am Schau- 
spielhaus in Düsseldorf, anschließend an den Sen- 
dern Köln, Berlin und Hamburg. Er schrieb Lieder, 
Film- und B ühnenmusiken, Orchester- und Kam- 
mermusik. 

Eberwels, - 1) Alexander Bartholomäus, * 
um 1750, t 30. 5. 1811 zu Weimar, war ab 1771 
Hof- und Stadtmusikus in Weimar. - 2) Tr augo tt 
Maximilian, * 27. 10. 1775 zu Weimar, f 2. 12. 
1831 zu Rudolstadt; deutscher Kapellmeister, Sohn 
und Schüler von Alexander E., studierte noch in 
Mainz und Frankfurt am Main, trat 1797 (als Violi- 
nist) in die Hof kapelle zu Rudolstadt ein und wurde 
dort 1810 Kammermusikus, 1817 Kapellmeister. 
Von seinen zahlreichen Werken waren die beiden 
auf Goethes Texte komponierten Singspiele Clou- 
dine von Villa belk (1815) und Der Jahrmarkt zu 
Plundersweilen (1818) zeitweilig beliebt. - 3) Lud- 
wig, * 1782 und 1832 zu \Veimar, Sohn und 
Schüler von Alexander E., war Oboist der Weima- 
rer Hofkapelle. - 4) Karl, * 10. 11. 1786 und f 2. 
3. 1868 zu Weimar; deutedier Komponist, Sohn 
von Alexander E, wurde 1803 Violinist in der Wei- 
marer Hofkapelle, studierte 1808-10 bei Zelter in 


Berlin, wurde nach seiner Rückkehr 1810 zum 
Kammermusikus, 1818 zum Kapellmeister der 
Stadtkirche und 1826 zum Musikdirektor ernannt. 
Mit Goethe kam er oft zusammen und schrieb 
außer vielen Liedern zu Goethes Texten Musik zu 
Faust I und II und zur Proserpina. Bekannt wurde 
ferner die Musik zu Holteis Lenore. Von den Lie- 
dern ist das Ergo bibamus lebendig geblieben. - 5) 
Maximilian Karl, * 1814 zu Weimar; deutscher 
Pianist, Sohn von Karl E., war Schüler von J. N. 
Hummel, lebte später in Dresden, wo Hans von 
Bülow sein Schüler war, und schrieb einige Kla- 
vierstücke. 

Lit.: W. Bode, Goethes Schauspieler u. Musiker, Bin 
1912, darin Erinnerungen v. Carl E.; H. J. Moser, 
Goethe u. d. Musik, Lpz. 1949. 

Ebner, Wolf gang, * um 1610 zu Augsburg, f 
12. 2. 1665 zu Wien; deutscher Organist, wurde 
1634 Organist am Stephansdom in Wien, 1637 Or- 
ganist der Hofkapelle und 1663 Kapellmeister am 
Stephansdom. Zusammen mit seinem BruderMar- 
kus E. (* 1612 zu Augsburg, t 18. 6. 1681 zu 
Wien, dort 1655-80 als Organist der Hofkapdle 
nachweisbar) gab er dem nachmaligen Kaiser Leo- 
pold I. Musikunterricht. Von ihm sind erhalten: 
Variationen für Cemb. über eine Aria Kaiser Fer- 
dinands HL, Sonatina a tre, einige 4st. Tänze, Bal- 
lettstücke und eine Motette. 

Ausg. : ein Stück in Tagliapietra Ant. VII. 

Eccard, Johannes, * 1553 zu Mühlhausen (Thü- 
ringen), t im Herbst 1611 zu Berlin; deutscher 
Komponist, war 1567-71 unter D. Köler Chor- 
knabe der Weimarer Hofkapelle, als Sänger der 
Münchner Hofkapelle 1571-73 Schüler von Lassus. 
Den Winter 1573/74 verbrachte er in Mühlhausen 
und überwachte die ersten Drucke seiner Werke, 
stand dann (1578) im Dienste der Fugger in Augs- 
burg, wurde 1580 Vizekapellmeister der Königs- 
berger Hofkapelle, 1586 als Nachfolger Ricaos 
deren Leiter, aber erst 1604 zum Kapellmeister er- 
nannt. 1608 siedelte er als Kurfürstlicher Kapell- 
meister nach Berlin über. E., der ungefähr 250 
geistliche und weltliche mehrstimmige Lieder 
schrieb, ist ein bedeutender Meister des evangeli- 
schen Kirchenliedsatzes; doch hat ihn Winterfeld 
isoliert gesehen und überschätzt: an allgemeiner 
Bedeutung und Ausdruckstiefe wird E. von seinem 
Zeitgenossen Lechner übertroffen. Von ihm wur- 
den gedruckt : 20 neue christliche Gesang ; 4st. (Texte 
von Ludwig Hdmbold, Mühlhausen 1574); 24 
Newe deutsche Lieder, 4-5st. (Mühlhausen 1578) ; 25 
Newe Lieder , 4-5st. (Königsberg 1589); XX. Odae 
sacrae, 4st. (Text von L. Hdmbold, Mühlhausen 
1596) ; Der erste und Der Ander Theil geistlicher Lie- 
der, 51 5st. Lieder (Königsberg 1597). Handschrift- 
lich erhalten sind mehrere Messen, ein Kyrie und 
vide Lieder. 77 Gdegenhdtskomposiüonen sind 
bekannt. Zusammen mit Werken von Joachim von 
Burck, dessen Schüler E. wahrscheinlich in frühen 
Jahren war, erschienen: IUI. Odae Ludovid Helm - 
boldi, 4st. (davon sind 3 von E., Mühlhausen 1574) ; 
Crepundia sacra, 4st (Text von Helmbold, darin 3 
Lieder E.s, Mühlhausen 1578, 2 1596, 31626); 30 
geistliche Lieder, 4st. (davon 4 von E., Mühlhausen 
1594); 40 deutsche christliche Lieder , 4st. (Text von 
Helmbold, darin 18 Lieder von E., Mühlhausen 
1599). Zusammen mit Werken von Stobaeus er- 


444 



Eckardt 


schienen: Geistliche Lieder, 5st. (darin die 51 Lieder 
von 1597 und 6 weitere von E., Danzig 1634) ; Er- 
ster und Ander Theil Der Preussischen Fest-Lieder , 
5-8st. (darin 27 Lieder von E., Elbing 1642 und 
Königsberg 1644). 

Ausg. : Newe Lieder (1 589), hrsg. v. R. Eitner, PGfM 
XXI (= Jg. XXV); Geistliche Lieder (1597), hrsg. v. 
G. W. Teschner, Lpz. (1860), I. Teil hrsg. v. F. v. 
Baussnern, Wolfenbüttel-Bln 1928; Preussische Fest- 
lieder (1642-44, mit Stobäus), hrsg. v. G. W. Tesch- 
ner, Lpz. (1858); ein 6st Adventslied daraus, Sche- 
ring Beisp. 159; 12 vier- u. fünfst. Gesänge, hrsg. v. 

G. W. Teschner, Magdeburg (1870); Neun ausgew. 
preussische Festlieder, bearb. v. C. Riedel, Lpz. 
(1874); 56 Sätze in: L. Schoeberleem u. Fr. Riegel, 
Schatz des liturgischen Chor- u. Gemeindegesangs, 
3 Bde, Göttingen 1865-72; einzelne Sätze in Musica 
Sacra, den Chorbüchem v. Grote, Jöde, Lipphardt 
u. vielen anderen Ausg. 

Lit.: C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang I— II, 
Lpz. 1843-45, darin 45 Sätze E.s; J. Müller, Die mu- 
sikalischen Schätze d. Univ.- u. Staatsbibi, zu Königs- 
berg, Bonn 1870; E. Pasqtj£, Die Weimarer Hofka- 
pelle..., MfM XXIX, 1897; A. Mayer-Reinach, 
Zur Gesch. d. Königsberger Hofkapelle . . ., SIMG 
VI, 1904/05; E. Praetorius, Ein unbekanntes Erst- 
lingswerk J. E.s, SIMG VH, 1905/06; G. Reichmann, 
J. E.s weltliche Werke, Diss. Heidelberg 1922, 
maschr., mit Verz. d. Gelegenheitskompositionen; 
Fr. Blume, Das monodische Prinzip . . ., Lpz. 1925; 

H. J. Moser, Das deutsche Chorlied, JbP XXXVI, 
1929 ; E. Brinkmann, Neue Forschungen zum Leben d. 
großen Mühlhäuser Musiker, Fs. A. Tille, Weimar 
1930; H. Osthoff, Die Niederländer u. d. deutsche 
Lied, Neue Deutsche Forschungen CXCVH (= Abt. 
Mw. VII), Bin 1938 ; A. Adrio, J. E., in: Der Kirchen- 
musiker IV, 1953; ders., J. E.s »Preussische Fest- 
lieder«, MuK XXIH, 1953. 

Eccarius-Sieber, Artur, * 23. 5. 1864 zu Gotha, 
1 30. 6. 1919 zu Berlin; deutscher Musikpädagoge, 
studierte am Gothaer Konservatorium, ging als 
Musiklehrer 1886 nach Zug, 1888 nach Zürich, wo 
er 1891 die »Schweizerische Akademie der Ton- 
kunst« gründete, deren Leitung er bei seinem Weg- 
gang nach Düsseldorf 1900 an G. Angerer abgab. 
1897-1901 redigierte er die Zeitschrift Die Kam- 
mermusik (mehr Jahrgänge sind nicht erschienen). 
Ab 1916 lebte er als Klavierlehrer in Berlin. Er ver- 
faßte mehrere violin- und klavierpädagogische 
Werke sowie: Die musikalische Gehörbildung (Berlin 
1898, 21902). 

Eccles ('ekdz), - 1) Solomon, * 1618, f H.2. 
1683 zu London; englischer Musiker, war um 1647 
Musiklehrer in London, wurde 1659 Quaker, ver- 
brannte daraufhin seine Instrumente und Bücher 
und wurde Schuhmacher. 1667 erschien seine 
Schrift A Musick-Lector, die in sehr polemischer 
Form seine neue Musikanschauung wiedergibt. In 
den 70er Jahren hielt E. sich in Amerika auf. 1682 
schrieb er, wieder in London, Gesänge zu 2 Büh- 
nenstücken. - 2) John, * 1668 zu London, f 12. 1. 
1735 zu Kingston-on-Thames ; englischer Kompo- 
nist, Sohn von Solomon E., war Schüler seines Va- 
ters und begann 1690 (nicht schon 1681) seine Lauf- 
bahn als erfolgreicher Londoner Theaterkompo- 
nist. 1694 wurde er Mitglied der Königlichen Ka- 
pelle, 1700 Master of the King*s Music. 1715 zog er 
sich zurück. Von seinen Werken wurden 3 große 
Sammlungen von Gesängen gedruckt: Tneatre 
Music (3 Bände, London 1698-1700); A Collection 
of Songs for 1, 2, and 3 voices (London 1704); Col- 


lected Songs (London 1710); ferner: A set of Lessotis, 
for the Harpsichord (London 1702) und kleinere Aus- 
gaben. - 3) Henry, * um 1670 zu London, f wahr- 
scheinlich 1742 zu Paris; englischer Violinist, Sohn 
von Solomon E., war Violinist in The King’s Band, 
ging aber 1710 nach Paris. Er veröffentlichte 2 
Bücher Violinsonaten (Paris 1720 und 1723); von 
den 12 Sonaten des zweiten Bandes sind 7 ganz oder 
teÜweise Plagiat von G. Valentinis »Allettamenti« 
op. 8 (1714); ein weiterer Satz ist aus Bonportds 
»Invenzioni« op. 10 übernommen. 

Ausg. : ein Catch v. J. E., Schering Beisp. 248 b. 

Lit.: J. Jeffreys, The E. Family, Ilford 1951; A. 
Moser, Mus. Criminalia, Mk XV, 1922/23. 

Eck, - 1) Georg, böhmischer Waldhomist, ge- 
hörte ab 1766 zum Mannheimer Orchester und ging 
1778 mit dem Hof nach München. - 2) Johann 
Friedrich, * 1766 zu Mannheim, f 1809 oder 
1810 zu Bamberg, Sohn von Georg E.; deutscher 
Violinist, wurde bereits 1778 Accessist der Hof- 
kapelle in München, 1780 Hofmusikus und 1788 
Konzertmeister. 1793-1801 war er Musikdirektor 
des kleinen Hoftheaters, verließ dann München 
und soll später in Frankreich gelebt haben. E. 
schrieb 6 Violinkonzerte und eine konzertanteSym- 

f honie mit 2 V. - 3) Franz * 1774 zu Mannheim, 
1804 zu Straßburg, Sohn von Georg E. ; deutscher 
Violinist, gehörte 1789-1801 der Münchner Hof- 
kapelle an, ging 1802 über Berlin, Braunschweig - 
wo sich ihm Spohr als Schüler anschloß -, Ham- 
burg und Strelitz nach St. Petersburg, wo er zum 
Soloviolinisten der Hofkapelle ernannt wurde, fiel 
aber zuletzt in geistige Umnachtung. 

Lit. : W. J. v. Wasielewski, Die V. u. ihre Meister, 
Lpz. 1869,7*81927; A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, 
Bin 1923. - zu Franz E. : L. Spohr, Selbstbiogr., 2 Bde, 
Kassel u Göttingen 1860-61, Neudruck hrsg. v. E. 
Schmitz, Kassel u. Basel 1954-55. 

Eckard, Johann Gottfried, * 21. 1. 1735 zu 
Augsburg, f 24. 7. 1809 zu Paris; deutscher Pianist 
und Komponist, lebte ab 1758 in Paris, wo er neben 
Schobert der angesehenste Klavierspider und Kla- 
vierkomponist war; von vielen (z. B. Baron 
Grimm und Bumey) wurde er über Schobert ge- 
stellt, weil er im Stil herber, mehr orgelmäßig war. 
Im Druck erschienen nur 6 Klaviersonaten op- 1 
(1763), 2 Klaviersonaten op. 2 (1764) und ein Me- 
nuet d'Exaudet avec des variations pour le claveän 
(1764). 

Ausg.: GA d. Klavierwerke, hrsg. v. E.Reeser, 
Amsterdam 1956. 

Lit. : E. Reeser, De klaviersonate met vioolbegelei- 
ding, Rotterdam 1939; ders., J. G. E., TMw XVII, 
1949. 

Eckardt, Hans, * 9. 10. 1905 zu Magdeburg; 
deutscher Musikforscher, studierte 1925-32 Musik- 
wissenschaft in Leipzig, Berlin, Paris und Heidel- 
berg, war 1932-35 Dozent an der Staatlichen Hoch- 
schule und an der Kaiserlichen Universität in Fu- 
kuoka (Japan), nach einem Studium 1936/37 an der 
Universität Tokio 1938-45 wissenschaftlicher Lei- 
ter des Japanisch-Deutschen Forschungsinstituts für 
Kulturgeschichte und 1946/47 Dozent an der St. 
Thomas-Akademie für Scholastische Philosophie 
in Kioto. Nach einer Tätigkeit als freier Schrift- 
steller habilitierte sich E. 1954 für Japanologie an 
der Freien Universität Berlin. Von seinen Arbeiten 


445 



Eckhardt-Gramatte 


seien genannt: Die Musikanschauung der französi- 
schen Romantik (= Heidelberger Studien zur Musik- 
wissenschaft HI, Kassel 1935), Das Kokonchomonshü 
des Tachibana Narisve als musikgeschichtliche Quelle 
(= Göttinger Asiatische Forschungen VT, Wies- 
baden 1956), Artikel Japanische Musik in MGG. 

Eckhardt-Gramattd, Sophie-Carmen (gebo- 
rene de Fridman-Kochevskoi) , * 6. 1 . 1902 zu Mos- 
kau; österreichische Komponistin, lebt in Winni- 
peg (Kanada). Sie verbrachte ihre Jugend in Eng- 
land und in Paris, wo sie am Conservatoire Violine 
und Klavier studierte und im Tonsatz unterwiesen 
wurde. Ihre frühen Kompositionen brachte sie als 
konzertierende Violinistin und Pianistin auf Reisen 
durch Westeuropa zur Aufführung. Seit 1935 wid- 
mete sie sich ganz ihrem kompositorischen Schaffen 
und besuchte noch die Meisterklasse für Komposi- 
tion bei der Preußischen Akademie der Künste in 
Berlin (Max Trapp). Ihre seither entstandene zahl- 
reiche Konzert- und Kammermusik berücksichtigt 
auch entlegene Instrumental ztisam m enstellungcn. 
1939-53 lebte sie in Wien. 

Eckel, Matthias, deutscher Komponist der 1. 
Hälfte des 16. Jh., war 1516 Rentschreiber in Dres- 
den. Von ihm sind in der Handschrift Bdrtfa 22 
(erhalten nur Tenor und Vagans) 24 Sätze erhalten 
(datiert 1518-1537). 4-5st. deutsche Lieder sowie 
einige Motetten, Psalmen und Hymnen finden sich 
in Sammelwerken um 1537-45 (und bis 1569). H. 
J. Moser vermutet, er sei mit dem 1482 an der Leip- 
ziger Universität immatrikulierten Matthias Hecke! 
de Redwitz identisch; danach müßte E. um 1468 
geboren sein. 

Ausg.: 4 deutsche Lieder, hrsg. v. R. Eitner, L. Erk 
u. O. Kade in PGfM I— III; Gesell, wis Urlaub, 4st., 
in: G. Förster, Ein anßzug guter. . . liedlein (Nürn- 
berg 1539), hrsg. v. K. Gudewill u. W. Heiske, RD 
XX; ein 4st. Hymnus in G. Rhaws Sacrorum hymno- 
rum über primus, Wittenberg 1542, hrsg. v. R. Ger- 
ber, RD XXI. 

Lit.: A. W. Ambros, Gesch. d. Musik III, Breslau 
1868, Lpz. 21893; R. Eitner, Das alte deutsche 
mehrst. Lied, MfM XXVI, 1894; H. J. Moser, P. 
Hofhaimer, Stuttgart u. Bin 1929; O. Gombosi, Die 
Musikalien d. Pfarrkirche zu St. Aegidi in Bärtfa, Fs. 
J. Wolf, Bin 1929; H. Airrecht, Zwei Quellen zur 
deutschen Mg. d. Reformationszeit, Mf 1, 1948. 

Eckelt, Johann Valentin (Eckold), getauft 8. 5. 
1673 zu Werningshausen bei Langensalza, f 18. 12. 
1732 zu Sondenhausen; deutscher Organist, war 
1690 in Erfurt Schüler Pachdbels, 1697-1703 Or- 
ganist in Wernigerode, von da an in Sondershau- 
sen Organist dar Dretfeltigkeitskirche. Von ihm 
sind handschriftlich erhalten : Prolegomena de Musica 
und ein OxgeUTabulaturbuch mit Sätzen von Pa- 
chdbeJ, Eriebach, Froberger, A. N. Vetter und an- 
deren, sowie nicht gezeichneten Stücken, die viel- 
leicht von E. stammen. Seine Bibliothek erwarb 
später E. L. Gerber; dieser nennt in seinem Lexi- 
kon an weiteren Werken eine Passion, geistliche 
Arien und 4 Schriften. 

Lit.: E. Jacobs, Der Orgdspieler u. Musikgelehrte 
J. V. E., VfMw IX, 1893; F. W. Beinroth, Mg. d. 
Stadt Sondershausen, Diss. Innsbruck 1941, gedruckt 
1943. 

Eckerberg Axel Sixten Leimart, * 5. 9. 1909 zu 
Hjältevad (Ingatorp, Smäland); schwedischer Diri- 
gent, Schüler des Königlichen Konservatoriums in 

446 


Stockholm, studierte danach an der Akademie für 
Musik und darstellende Kunst in Wien bei Sauer 
(Klavier) und Kabasta (Dirigieren), am Basler Kon- 
servatorium bei Weingartner (Dirigieren), ferner 
in Paris und Rom. Seit 1937 ist er Dirigent des 
Radio-Orchesters Göteborg und dirigiert von 1939 
an auch das Göteborger Symphonieorchester. Er 
komponierte 2 Symphonien (1942, 1945), 2 Kla- 
vierkonzerte (1943, 1949) und andere Orchester- 
werke, Lieder und Klaviermusik. 

Eckert, Karl Anton Florian, * 7. 12. 1820 zu Pots- 
dam, f 14. 10. 1879 zu Berlin; deutscher Kompo- 
nist, war in Berlin Schüler von Greulich, Rungen- 
hagen und H. Ries, komponierte schon 1828 einige 
Lieder, schrieb 1830 die Oper Das Fischermädchen 
und 1833 das Oratorium Ruth. Nach längeren Stu- 
dienreisen, die ihm Gönner ermöglichten, wurde 
er 1851 Akkompagnist am Thdätre Italien in Paris 
und, nach einer Reise mit Henriette Sontag (nach 
Amerika), Kapellmeister an demselben Theater, 
ging 1853 nach Wien, wo er Kapellmeister und 
später technischer Direktor der Hofoper wurde, 
vertauschte 1860 diese Stellung mit der als Hof- 
kapellmeister in Stuttgart, aus welcher er 1867 
plötzlich entlassen wurde, lebte einige Zeit ohne 
Anstellung in Baden-Baden und wurde 1869 als 1. 
Hofkapellmeister nach Berlin berufen. Er schrieb 
weitere Opern und Oratorien, Kirchenmusik, 
Kammermusik und einige Lieder. 

Ausg.: Lied Der König in Thule (Goethe) aus Vier 
Lieder, 1828, in: Gedichte v. Goethe in Komposi- 
tionen II, hrsg. v. M. Friedlaender, » Schriften der 
Goethe-Ges. XXXI, 1916. 

Eckold, Johann Valentin -► Eckelt. 

Eckstine ('skstain), Billy (eigentlich: William 
Clarcnce Eckstein), * 8. 7. 1914 zu Pittsburgh 
(USA); amerikanischer Jazzsänger, wuchs in Wa- 
shington auf und kam über Buffalo und Detroit 
nach Chicago, wo er ab 1939 in E. Hines’ Orchester 
mitwirkte (neben Ch. Parker). 1944-47 leitete E., 
der gelegentlich auch als Trompeter und Posaunist 
auf tritt, eine der wichtigsten Bands des Be-bop- 
Stils, in der Miles Davis, Gillespie und Ch. Parker 
mitspielten, nach ihrer Auflösung kurze Zeit eine 
kleine Combo, ging aber 1948 zum Schlagergesang 
über. 

£coFcheviIle, Jules Armand, * 18. 3. 1872 zu Pa- 
ris, f (gefallen) 19. 2. 1915 zu Perthes-lös-Hurlus; 
französischer Musikforscher, 1887-90 Schüler C. 
Francks, studierte Literatur und Kunstgeschichte in 
Paris (1906 Dr. ös lettres) und Leipzig (1904-05) 
und lebte in Paris, war Redakteur der Revue musi- 
cale S. I. M. und mit der Katalogisierung der 
Schätze alter Musik in der Pariser Nationalbiblio- 
thek beauftragt. Sein Catdogue du fonds de musique 
ancienne der Bibliothöque Nationale (nur vor 1750 
geschriebene Werke verzeichnend) ist in 8 Bänden 
erschienen (Paris, 1910-14). E. führte sich als her- 
vorragender Musikforscher ein mit De Lulli ä Ra- 
meau, 1690-1730 , L’esthttique musicale (Paris 1906), 
Corneille et h musique (Paris 1907), Actes cTötat-civil 
de musictens insinues au Chdtelet de Paris 1539-1650 
(Paris 1907), Un livre inconnu sur la danse (in: Fs. 
Ricmann, Leipzig 1909) und gab auch eine Kasseler 
Handschrift heraus: Vingt suites d’orchestre du XVII‘ 
sihle francais (Paris und Berlin 1906, Faksimile und 



Edwards 


Übertragungen). ->■ G. Dumanoir. - Zahlreiche 
Abhandlungen von E. finden sich in Zeitschriften. 

Eddy, Clarence H., * 23. 6. 1851 zu Greenfield 
(Massachusetts), *J“ 10. 1. 1937 zu Chicago; amerika- 
nischer Organist, war Schüler von D. Buck, 1871 
bis 1873 von Haupt und Löschhom in Berlin, 1876 
bis 1893 Organist der ersten presbyterianischen 
Kirche in Chicago, wurde 1875 auch Direktor der 
Hershey-Musikschule, mit deren Gründerin, Mrs. 
S. B. Hershey, er 1879-1906 verheiratet war, 1908 
bis 1910 Kirchenorganist in Brooklyn, lebte A>rm 
in San Francisco, zuletzt in Chicago. E. schrieb 
Orgelstücke und eine Orgelschule. 

Eddy, Nel s o n, * 29. 6. 1901 zu Providence (Rhode 
Island, USA); amerikanischer Sänger (Bariton), 
studierte in New York, Dresden und Paris. Er war 
Mitglied der Philadelphia Civic Opera Company 
und der Philadelphia Grand Opera Company. E. 
ist bekannt als Konzert- und Filmsanger. Seit 1939 
lebt er in Kalifornien. 

Edelhagen, Kurt, * 5. 6. 1920 zu Herne (West- 
falen) ; deutscher Bandleader, erhielt Klavier- und 
Klarinettenunterricht an der Folkwang-Schule in 
Essen. E. gründete 1946 eine kleine Tanzkapelle. 
Sein zur Big-Band erweitertes Orchester wurde 
1949 vom Sender Nürnberg, wo er sich vor allem 
der kommerziellen Tanzmusik widmete, und 1952 
als Rundfunk-Tanzorchester nach Baden-Baden 
verpflichtet. 1957 ging E. mit einem Teil seiner 
Band an den Westdeutschen Rundfunk Köln. Da- 
neben ist er Leiter der 1957 errichteten Jazz-Klasse 
an der Kölner Musikhochschule. Für sein Tanz- 
orchester übernahm E. den großorchestralen »pro- 
gressive Jazz« StanKentons, während er mit der klei- 
nen Combo »Edelhagen All Stars« Experimente, 
wie die Verwendung von Zwölftonreihen in der 
Jazzmusik, unternahm. 

Edelmann, Johann Friedrich, * 6. 5. 1749 zu 
Straßburg, guillotiniert 17. 7. 1794 zu Paris; dsäs- 
sischer Komponist, widmete sich nach juristischen 
Studien (Dr. jur.) der Musik und wurde ein be- 
liebter Klavierspieler und Klavierkomp onist, 
schrieb Konzerte, viele Sonaten für Kl. und V. (bei 
Götz in Mannheim, Andrd in Ofienbach, Schott in 
Mainz und in Paris und London gedruckt), brachte 
1782 auch eine Oper Ariane dans Usle de Naxos zur 
Aufführung und war der Komponist von einem 
Akt des Balletts Les Elements (1782), auch Mitarbei- 
ter an Adams Klavierschule. E. wird ein großer 
Einfluß auf die Aufnahme und Verbreitung des 
Klaviers in Paris zugeschrieben. 

Ausg.: die Klavier-Violinsonaten op. II, 1 und IV, 3 
bei H. Riemann, Mannheimer Kammermusik d. 18. 
Jh. II, = DTB XVI; Davison-Apel Anth. II, 304, 
1. Satz der Klavier-Violinsonate op. 1, 1 ; eine Sonate 
bei H. E. Reeser, De klaviersonate met vioolbegelei- 
ding, Rotterdam 1939. 

Lit: Verz. d. Druckausg. u. thematischer Kat bei 
H. Riemann (siehe Ausg.), S. XTV/XV u. XXXHI bis 
XXXTV ; M. Vogeleis, Quellen u. Bausteine zu einer 
Gesch. d. Musik u. d. Theaters im Elsaß 500-1800, 
Straßburg 1911; G.de Saint-Fodc, Les Premiers 
pianistes parisiens III: J. F. E., RM V, 1924; E. 
Reeser (siehe Ausg.). 

Edelstein, Heinz, * 5. 6. 1902 zu Bonn; deut- 
scher Musikpädagoge, bildete sich als Violoncellist 
aus, studierte Musikwissenschaft in Freiburg im 


Breisgau, Bonn und Köln und promovierte 1928 in 
Freiburg mit einer Arbeit über Augustins Musik- 
anschauung nach seiner Schrift *De tnusica « (Freiburg 
i. Br. 1929). Bis 1936 war E. als Violoncellist und 
Musikkritiker in Freiburg tätig, von 1937 an als 
Leiter der Jugendmusikschule sowie als Violoncel- 
list im Staatlichen Symphonieorchester in Reykja- 
vik; seit 1957 wirkt er an der Odenwaldschule in 
Heppenheim an der Bergstraße. 

Edgcumbe ('sdjkAinb), Richard, Earl of 
Mount-E., * 13. 9. 1764, t 26. 9. 1839 zu Rich- 
mond; englischer Komponist, war ein eifriger Mu- 
sikfreund, brachte 1800 am Königlichen Theater 
eine Oper Zenobia zur Aufführung und veröffent- 
lichte Musical Reminiscences . . . (London 1823, 
4 1834), ein Buch, das Anekdoten über die Catalani, 
Grassini, BiUington und andere Sängerinnen und 
Sänger enthalt. 

Edler, Hans, * 16. 1. 1889 zu München; deut- 
scher Geigenbauer, wirkt in der 1850 von Fr. Chr. 
E. (* 5. 3. 1819, t 23. 3. 1872) gegründeten Mün- 
chener Geigenbaufirma. Er ist öffentlich bestellter 
Sachverständiger und amtlicher Schätzer für Gei- 
genbau. E. bearbeitete die 5. Auflage von A. 
Fuchs* Taxe der Streichinstrumente (Frankfurt am 
Main 1955). 

Edström, Liva Järnefelt, Annas. 

Edwards ('sdwotdz), Henry Sutherland, * 5. 
9. 1829 zu Hendon, f 21. 1. 1906 zu London; eng- 
lischer Musikschriftsteller, schrieb: History of ine 
Opera . . .front Monteverdi to Verdi (2 Bände, 1862) ; 
Life of Rossini (1869); The Lyric Drama (2 Bände, 
1881) ; The Prima Donna . . .jrom the 1 7th to the 19th 
Century (2 Bände, 1888; alle Bücher erschienen in 
London). E. war lange Musikkritiker der St. James 
Gazette. 

Edwards ('edwo:dz), Julian, * 11. 12. 1855 zu 
Manchester, f 5. 9. 1910 zu Yonkers (New York) ; 
angloamerikanischer Dirigent und Komponist, 
Schüler von Oakeley und Macfairen, brachte als 
Kapellmeister am Covent Garden Thcatre seine 
Opern Corinna (1880) und Victoria (1883) heraus 
und ging 1888 nach Amerika, wo 2 einaktige tra- 
gische Opern folgten: King RenTs Daughter (1893) 
und The Patriot (, 1907), aber auch (1892-1909) 17 
komische Opern und Operetten und die Chor- 
werke Lazarus (1910), The Lord of Light and Love 
(1909), The Mermaid (1907) und The Redeemer 
(1906). 

Edwards ('8dwa:dz), Richard, * um 1522 bei 
Yeovü (Somersetshire), f 31. 10. 1566 zu London; 
englischer Dichter und Komponist, studierte in 
Cambridge und Oxford und wurde 1561 Master of 
the Chüdren der Chapel Royal. 1565-66 schrieb er 
für seine Schüler die Dramen Dämon and Pithias 
(gedruckt 1571) und Palamon and Arcite. E. ist der 
Komponist eines Vaterunser (in Days The Whole 
Psalter > London 1563) und von wahrscheinlich 5 
mehrst. Liedern. 

Ausg.: Intavolierungen v. 3 Liedern in: The Mul- 
inier Book, hrsg. v. D. Stevens, Mus. Brit. I, davon 
»In going to my naked bed« auch hrsg. v. E. H. Fel- 
lowes in EMS XXXVI, »Whea May is in his primc«, 
hrsg. v. P. Warlock, London 1927. - Gedichte in 
The Paradise of Dainty Devices, 1576, neu hrsg. 
Cambridge (Mass.) 1927. 


447 



van den Eeden 


Lit.: J. Hawkins, A General Hist of the Science and 
Practice of Musick, 5 Bde, London 1776, in 3 Bden 
London 1853 und 1875, darin 2 Lieder; W. Nagel, 
Gesch. der Musik in England, 2 Bde, Straßburg 
1894-97; H. Davey, Hist, of Engl. Music, London 
1891 ; E. H. Fellowes, The Engl. Madrigal Compo- 
sers, Oxford 1948; D. Stevens, The Mulliner Book, 
London (1952); E. E. Lowinsky in MQ XXXIX, 
1953, S. 377. 

van den Eeden, Gilles, begraben 20. 6. 1782 zu 
Bonn; deutscher Musiker, bereits 1722 Vokalist, 
um 1726 2. Organist, spater 1. Organist und 1774 
Hofkomponist am Bonner Hofe, ab 1780 im Ruhe- 
stand, war einer der ersten Lehrer Beethovens. 
Lit.; A. W. Thayer, L. v. Beethovens Leben I, bearb. 
v. H. Deiters u. H. Riemann, Lpz. 31917; Th. v. 
Frimmel, Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926. 

van denEeden, Jean Baptiste, *24. 12. 1842 zu 
Gent, f 4. 4. 1917 zu Mons; belgischer Komponist, 
Schüler des Genter und des Brüsseler Konservato- 
riums, errang 1869 den 1. Rompreis für seine Kan- 
tate Fausts lautste nacht und wurde 1878 Nachfolger 
Hubertis als Direktor der Musikschule in Mons. 
Von seinen Kompositionen sind zu nennen die 
Oper Rhena (Brüssel 1912), die Oratorien Jacoba 
van Beieren , Jacques van Artevelde , Brutus , Le juge- 
ment dernier, eine große Trioszene Judith (= Le 
siege deBethulie ), Kantaten Het Woua und De Wind 
für Soli, Chöre und Orch., symphonische Dich- 
tung De Geuzenstrijd der XVIe eeuw , Orchester- 
werke (Suiten, Scherzo, Marche des esclaves ), Kir- 
chenmusik, Chöre und Lieder. 

Lit.: P. Bergmans, Notice sur J. van den E., in: 
Annuaire de FAcad. royale de Belgique 1924 (mit 
Werkverz.); M. Delsaux, J. van den E., Mons 1925. 

Effrem, Muzio, * wahrscheinlich um 1555 zu 
Neapel; italienischer Komponist, stand zu Neapel 
bis 1615 im Dienste des Fürsten Gesualdo da Ve- 
nosa, war 1617 am Hofe zu Mantua mit dem Titel 
eines (wahrscheinlich stellvertretenden) Kapellmei- 
sters, 1622 am Hof zu Florenz, 1626 wieder in Nea- 
pel, ist hauptsächlich bekannt durch seine Kritik 
des 6. Buches der Madrigale des Marco da Gagüano 
( Censure di Mutio Effrem . . . 1623), eine Kritik von 
rigoros konservativem Standpunkt, der sich für 
einen Gesualdo nahestehenden Musiker seltsam ge- 
nug ausnimmt (er gab noch 1626 die 6st. Madrigale 
Gesualdos heraus). Von E.s eigenen Kompositionen 
sind nur wenige Madrigale in Sammelwerken von 
1574-1619 bekannt. E. war mit einem Duett be- 
teiligt an der Komposition der Sacra Rappresenta- 
zione Maddalena (Mantua 1617, -> Monteverdi). 
Lit.: E. Vogel, Marco da Gagliano, VfMw V, 1889. 

Egedacher, deutsche OrgdmadierfanuHe. Aus 
den im 17. und 18. Jh. in Bayern und Österreich 
wirkenden Orgelmachem dieses Namens ragen 
hervor: - 1) Christoph oder Joseph Christoph, 
* zu Straubing, + 5. 4. 1706 zu Salzburg; in Mün- 
chen fertigte er 1662 für den Hof ein Orgelwerk 
und arbeitete 1667 an der Orgel der Frauenkirche. 
Nachdem er 1668 für Kitzbühel ein emmanualigcs 
Werk mit 10 Registern gebaut hatte, wurde er 
1673 Hoforgelmacner in Salzburg, wo E. die Dom- 
orgel baute, deren Vollendung er jedoch nicht mehr 
erlebte. Sein größtes erhaltenes Werk (2 Manuale, 
38 Register) steht im Zisterzienserstift Waldsassen. 
- 2) Johann Christoph, * 1664 zu München, f 
1747 zu Salzburg, Sohn von 1), war 1704-43 Hof- 


orgelmacher in Salzburg. Hier brachte er den von 
seinem Vater begonnenen Bau der Domorgel 1706 
(3 Manuale, 42 Register; erweitert 1718 auf 44 Re- 
gister) zum Abschluß. Die Orgel der Hauptkirche 
in der Zisterzienserabtei Salem von 1714 zeigt eine 
reichere Behandlung der Zungenstimmen, die E. 
an der von Casparini erstellten Orgel der Trienter 
Konzüskirche Maria Maggiore studiert hatte. In 
Salem lernte er A. Silbermann kennen, den er 1716 
in Straßburg auf suchte, um seine Kenntnisse zu ver- 
vollkommnen. Seine Nachfolger in Salzburg als 
Hoforgelmacher waren die Söhne Rochus, * 1714, 
t 14. o. 1785 zu Salzburg, und Johann Joseph, 
f 1787 zu Salzburg. - 3) Johann Ignaz, * 1675, 
1 1744 zu Passau, Sohn von 1), übernahm mit sei- 
nem Bruder Johann Georg nach dem Tode L. 
Freundts 1727 dessen Orgelmacherwerkstatt. Sie 
wirkten besonders im mederbayrisch-niederöster- 
reichischen Gebiet: so erstand 1733 die große Orgel 
im Passauer Dom mit 3 Manualen und 39 Registern. 
Lit.: J. B. Samber, Continuatio ad manuductionem 
organicam, Salzburg 1707; W. M. Schmid, Zur Pas- 
sauer Mg.,ZfMwXIII, 1930/31 ; ders., Die große Org. 
im Passauer Dom, Passau 1928; H. Spies, Die Salz- 
burger großen Domorg., Augsburg 1929; O. Eber- 
staller, Die Org. der Ostmark, in: Musica Divina 
XXVI, 1938; R. Quoika, österreichisches Orgel- 
barock, in: MuK XIX, 1949; ders.. Zur Entstehung 
der itaL-österreichischen Barockorg., in: Atti del 
Congresso Internationale di Musica sacra Roma 
1950, Toumai 1952; ders., österreichische u. schwä- 
bische Orgelbaukunst, in Tagungsber. Ochsenhausen, 
Dannstadt 1952; ders.. Die alt-österreichische Org. 
der Renaissance u. des Barock, Kassel 1953; A. 
Dawidowicz, Die Egedacher-Org. in der Kajetaner- 
kirche zu Salzburg, in: Alpenländischer Kirchenchor, 
1951; A. Kellner, Mg. des Stiftes Kremsmünster, 
Kassel u. Basel 1956. 

EgenolfF, Christian (Egenolphus), * 22. 7. 1502 
zu Hadamar, f 9. 2. 1555 zu Frankfurt am Main; 
einer der ersten deutschen Notendrucker, der 1530/ 

1531 seine Druckerei eröffnete, sich aber durch einen 
sehr schlechten Druck im Vergleich mit den gleich- 
zeitigen italienischen und französischen Druckern 
unvorteilhaft auszrichnet, auch einer der ersten, 
die fast nur vom Nachdruck lebten, weshalb die 
meisten Kompositionen in seinen Musiksammel- 
werken keine Automamen tragen. So druckte er 

1532 und 1551 (1552) die Horazischen Oden von 
P. Tritonius, die öglin bereits 1507 herausgab, 
anonym nach. Origmalverlag sind aber die 4st. 
Liederbücher Gassenhawerlin und Reutterliedlin 
(beide 1535) sowie Grassliedlein (Tenor fehlt). Die 
Firma existierte nach E.s Tod noch bis zum Ende 
desjh. 

Ausg.: Faks.-NA d. Gassenhawerlin und Reutter- 
liedlin, hrsg. u. eingeleitet v. H. J. Moser, Augsburg 
u. Köln 1927. 

Eger, Heinrich (Egher, Aeger, Henricus Calca- 
riensis, Henricus de Calcaria), OCart, * 1328 zu 
Kalkar (Niederrhein), f 20. 12. 1408 zu Köln; 
deutscher Gelehrter, studierte an den Universitäten 
Köln und Paris. Hier erwarb er 1355 den Doktor- 
grad der Artisten- und Theologenfakultät, wurde 
1356 Magister, 1359 Professor und 1362 Dekan. 
Nachdem E. 1363 wieder die Sorbonne verlassen 
hatte, trat er 1365 in den Kartäuser-Orden ein. E. 
wirkte als Prior 1367-96 in den Kartausen Arnhem, 
Roermond, Köln und Straßburg und wurde mit 


448 



Eggert 


dem Titel eines päpstlichenBeichtvaters ausgezeich- 
net, bis er sich schließlich in das Kölner Ordenshaus 
zurückzog. Von seinen 14 dem Titel nach bekann- 
ten Schritten behandeln 4 die Artes liberales. Das um 
1380 in Köln entstandene Cantuagium sive de musica 
Uber I bildet ein wichtiges Dokument der Choral- 
theorie um 1400 (erhalten in einer Handschrift des 
15. Jh.). E. stützt sich auf Augustinus, Boethius, 
Hieronymus de Mora via und Johannis de Muris, 
dessen Schüler er vermutlich noch in Paris war. 
Ausg.: Das Cantuagium des H. E., hrsg. v. H. 
Hüschen, Beitr. zur Rheinischen Mg. II, Köln u. 
Krefeld 1952; Het tractat »Ortus et decursus Ordinis 
Cartusiense« van Hendrik van Kalkar, hrsg. v. W. 
Vermeer, Diss. Leiden 1929. 

Lit. : P. Dorlandus OCart, Chronicon Cartusiense 
V u. VI, Köln 1608; F. T. Petrejus, Bibliotheca 
Cartusiana sive illustrium Sacritorum catalogus, 
Köln 1609 ; J. Hartzheim, Bibliotheca Coloniensis, 
Köln 1747; J. A. Wolff, Gesch. d. Stadt Kalkar, 
Ffm. 1893; C. G. N. de Vooys, De handschriften van 
Hendrik van Kalkars werken, in Nederlandsch Archief 
voor Kerkgeschiedenis, Nieuwe Serie II, Haag 1903; 
J. B. Klein, Der Choralgesang d. Kartäuser, Diss. 
Bin. 1910; C. Schneider, Die Kölner Kartause von 
ihrer Gründung bis zum Ausgang d. MA, Diss. Bonn 
1932. 

Egge, Klaus, * 19. 7. 1906 zu Granskerad (Tele- 
mark) ; norwegischer Komponist, studierte in Odo 
und Berlin. E. war 1935-38 Herausgeber der Zeit- 
schrift »Tonekunst« und ist seit 1945 Präsident des 
norwegischen Komponistenverbands. Seine Be- 
schäftigung mit der norwegischen Volksmusik hat 
besonders auf seine Vokalmusik eingewirkt. Wei- 
terhin schrieb er Orchester-, Kammer- und Kla- 
viermusik. 

Eggebrecht, Hans Heinrich, * 5. 1. 1919 zu 
Dresden; deutscher Musikforscher, studierte nach 
dem Kriegsdienst Schulmusik in Berlin und Wei- 
mar, danach Musikwissenschaft bei R. Münnich, 
H. J. Moser und M. Schneider und promovierte 
1949 in Jena mit einer Studie über M. Vulpius. 
1949-51 war er wissenschaftlicher Assistent von 
W. Vetter am musikhistorischen Seminar der 
Humboldt-Universität Berlin, 1951-54 in Frei- 
burg im Breisgau als Mitarbeiter der Mainzer Aka- 
demie am Handwörterbuch der musikalischen 
Terminologie (Herausgeber W. Gurlitt), Lehrbe- 
auftragter für Musikwissenschaft an der Universi- 
tät Freiburg, an der er sich 1954 habilitierte. Im 
selben Jahr wurde er Privatdozent an der Universi- 
tät Erlangen und vertrat daneben 1956-57 den Lehr- 
stuhl für Musikwissenschaft an der Universität 
Heidelberg. Er schrieb: Studien über Melchior 
Vulpius (MuK XX, 1950, und XXm, 1953; Mf 
m, 1950; Schneider-Fs., Leipzig 1955), Terminus 
*Ricercar « (AfMw IX, 1952), Zur Geschichte des 
Konzert-Begriffs (Jb. der Niederrheinischen Musik- 
feste 1952), Aus der Werkstatt des terminologischen 
Handwörterbuchs (Kgr.-Ber. Utrecht 1952, Amster- 
dam 1953), Johann Pachelbel als Vokalkomponist 
(AfMw XI, 1954), Das Ausdrucks-Prinzip im musi- 
kalischen Sturm u. Drang (DVjs.XXDC, 1955), Studien 
zur musikalischen Terminologie (Abhandlungen der 
geästes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der 
Akad. der Wiss. und Lit. Mainz, Jg. 1955, Nr 10), 
Zum Wort- T on-Verhältnis in der Musica poetica von 
J. A. Herbst (Kgr.-Ber. Hamburg 1956), Walthers 
Musikalisches Lexikon in seinen terminologischen Par- 


tien (AMI XXIX, 1957), Eine Musiklehre von Chri- 
stoph Demantius (Mf X, 1957), Über Bachs geschicht- 
lichen Ort (DVjs. XXXI, 1957), Ars musica, Musik - 
anschauung des Mittelalters und ihre Nachwirkungen 
(in der Zs. »Die Sammlung«, 1957), Zwei Nürn- 
berger Orgel-Allegorien des 17. Jahrhunderts (MuK 
XXVH, 1957), Arten des Generalbasses im frühen und 
mittleren 1 7. Jahrhundert (AfMw XIV, 1957), Barock 
ab musikgeschichtliche Epoche (in: Aus der Welt des 
Barock, Stuttgart 1957). Er bearbeitete den Bericht 
über che wissenschaftliche Bachtagung Leipzig 
1950 (Leipzig 1951) und gab heraus: Sonntägliche 
Evangeliensprüche von M. Vulpius (Kassel 1950) und 
das Vokal werk von J. Pachelbel (Kassel und St. 
Louis 1954 ff.). Er ist Mitarbeiter von MGG und 
NDB. 

Eggen, - 1) Arne, * 28. 8. 1881 zu Trondheim ; 
norwegischer Komponist, studierte an den Konser- 
vatorien in Oslo und Leipzig, war 1908-24 Or- 
ganist an der Bragemes-Kurche in Drammen, 1927 
bis 1945 Präsident des norwegischen Komponisten- 
verbandes. Er beschäftigte sich mit der Aufzeich- 
nung und dem Arrangement norwegischer Volks- 
musik. Seine Musik trägt nationale Färbung, nicht 
ohne persönliche Prägung: Opern Olav Liljekrans 
(nach Ibsen), Cymbelin (nach Shakespeare) und 
Musik zum Märchenspiel IM Kersti, Oratorium 
Kong Olav , Symphonie Gmoll, eine Cello- und 
2 Violinsonaten, Chöre und Lieder. - 2) Erik, 
* 17. 11. 1877 zu Trondheim, Bruder des vorigen, 
Folklorist, war 1906-13 Tugendschullehrer im süd- 
norwegischen Hochland, wo er die Volksmusik 
studierte, unternahm 1920/21, 1925 und 1930 
Studienreisen. 1910-17 war er Redakteur der Mu- 
sikzeitschrift Norsk Toneblad. Neben einigen Kom- 
positionen schrieb er: Edvard Grieg (Oslo 1911), 
Skalastudier (Studien über die Entstehung der 
Skala auf westnordischem Gebiet; Oslo 1923). 

Egger, Max, * 26. 11. 1863 zu Wien; österrei- 
chischer Komponist, Enkel Simon Sechters, wirkte 
als Lehrer in Steiermark und übersiedelte dann 
nach Wien. Schrieb : Opern auf eigenen Text: Der 
Trentqjäger , Frau Holda (Wien 1908), Der Pate des 
Todes , Truggold, Hexenliebe; eine große Festmesse 
in E dur unoeine Reihe Chorwerke mit Orch. bzw. 
Org. (Deutsche Seele - Deutsches Lied 1933, öster- 
reichisches Helden-Requiem 1945, Das Hohelied der 
Arbeit 1952); Chöre mit oder ohne Begleitung, 
Lieder mit KL und Orch. 

Eggert, Joachim Georg Nikolas, getauft 25. 2. 
1779 zu Gingst (auf Rügen), *f 14.4.1813 zu 
Thometorp (Ostgothland) ; schwedischer Kompo- 
nist deutscher Herkunft, ging 1803 nach Stock- 
holm, wurde Violinist im Hoforchester und 1808 
Vizekapellmeister (bis 1812). In seinen letzten Le- 
bensjahren beschäftigte er sich mit der Sammlung 
schwedischer Balladen (mit E. Drake), kompo- 
nierte mehrere Bühnenmusiken, 5 Symphonien, 
Gdegenheitswerke (Begräbnis- und Krönungfr- 
muak), Kantaten, 9 Streichquartette, Klavierquar- 
tett op. 3, 2 Sextette (eines mit Klar, und Horn). 
E. führte, zum ersten Male in Schweden, 1812 Mo- 
zarts Zauberflöte auf, wie auch allgemein auf ihn 
die Einführung und Verbreitung klassischer Mu- 
sik, besonders Beethoveascher Werke, in Schwe- 
den zurückgeht. 


29 


449 



Egghard 


Lit: T. Norund u. S. Broman, E. och Küster, Kon- 
sertverksamhet och kompositioner, STMf VII, 1925 
(mit Werkverz.); I. Leux-Henschjen, J. (G.) N. E., 
STMf XXIV, 1942. 

Egghard, Jules, anagrammadsches Pseudonym 
von Graf Hardegg, * 24. 4. 1834 und f 22. 3. 1867 
zu Wien ; österreichischer Pianist (Schüler Czernys) 
und Komponist beliebter Salonstücke. 

Egtdi, Arthur, * 9. 8. 1859 und t 3. 6. 1943 zu 
Berlin; deutscher Organist und Komponist, 1874 
bis 1884 Schüler der Königlichen Hochschule, von 
F. Kid und W. Taubert, war 1885-92 Lehrer am 
Hochschen Konservatorium in Frankfurt am Main 
und lebte anschließend in Berlin als Organist der 
Apostd-Paulus-Kirche, von 1913-21 an der Paul- 
Gerhardt-Kirche, Dirigent eines a-cappella-Chors 
und bis 1925 Lehrer am Institut für Kirchenmusik 
(Orgel, Klavier, Theorie). Von seinen Komposi- 
tionen erschienen im Druck Psalm 84 für 6st. Chor, 
Kamme rmusik für Bläser op. 18, Orgdstücke, 
Lieder und Chorlieder. Zur Aufführung kamen 
die Chorwerke Königin Luise und Huldigung der 
Stände ; die Bühnenwerke Ein Sommerabetidsp iel, 
Sonnenstrahl und Herzeleid, eine Ouvertüre. 

Egk, Werner, * 17. 5. 1901 zu Auchseshdm bei 
Augsburg; deutscher Komponist, wuchs in Augs- 
burg auf, besuchte dort das Konservatorium, stu- 
dierte in Frankfurt und bei OrfF in München, wo 
er sdt 1929 seinen ständigen Wohnsitz hat. 1930-33 
war E. freier Mitarbeiter des Bayerischen Rund- 
funks, 1936-40 Kapellmeister an der Staatsoper 
Berlin, 1941-45 Later der Fachschaft Kompo- 
nisten, 1950-53 Direktor der Musikhochschule in 
(West-) Berlin. Sdt 1950 ist E. Präsident des deut- 
schen Komponistenverbandes, Vorsitzender des 
Aufsichtsrates der GEMA und hat sdt 1951 einen 
Gastvertrag als Dirigent an der Staatsoper Mün- 
chen. E. ist Mitglied der Bayerischen Akademie 
der Schönen Künste und der Akademie der Künste 
in (West-) Berlin, erhielt 1936 die Goldene Olym- 
pische Medaille für Orchestermusik und die Mu- 
sikpreise der Städte Berlin und München. Er hat 
besonders symbolhafte und legendäre Stoffe von 
Wdtgdtung (Columbus, Peer Gyn/, Don Juan, 
Faust) vertont, deren Texte er selbst bearbdtete. 
Er begann als Komponist von Hörspiden und 
Funkopem und wandte sich sdt 1935 namentlich 
der Oper und später auch dem Ballett zu. Gegen- 
über den Bühnen- und Vokalwerken treten die 
rein instrumentalen zahlenmäßig zurück. E.s Mu- 
sik, welche die Tonalität zwar erweitert, aber nie 
aufgibt, zdchnet sich durch große Farbigkdt aus 
und benutzt in Harmonik und Instrumentation 
Anregungen von R. Strauss, Strawinsky und den 
neueren Franzosen. Dazu treten namentlich in der 
Zaubergeige rhythmische und mdodische Anleh- 
nungen an bajuwarische Folklore. Kraft seines 
Theatersinnes gehört E. zu den wenigen Kompo- 
nisten der Neuen Musik, deren Werke Breiten- 
wirkung erzidten. E. schrieb auch zahlrdche Auf- 
sätze in Zeitungen, Zdtschriften und Programm- 
heften. - Werke: Opern: Columbus (Funkoper, 
1933, Bühnenbearbdtung 1942); Die Zaubergeige 
(1935); Peer Gynt (1938); Circe (1949); Irische Le- 
gende (1955); Der Revisor (1957); Ballette: Joan 
von Zarissa (1940); Abraxas (1947); Ein Sommertag 
(1950) ; Die chinesische Nachtigall (1953).-Orchester- 


und Konzertwerke: Quattro Canzoni für T. und 
Orch.; Georgica, Gdgenmusik mit Orch. (1936); 
Olympische Festmusik (1936) ; Kantate Natur-Liebe- 
Tod (nach Gedichten von Hölty) für B. und Kam- 
merorch.(1937); Mein Vaterland für Ist. Chor und 
Orch. (1937; nach Klopstock); Variationen über 
ein altes Wiener Strophenlied für Koloratursopran 
und Orch. (1938; als Einlage in Rossinis Barbier 
von Sevilla ) ; La Tentation de Saint Antoine für A. 
und Streichquartett (1947); Orchestersonate (1948), 
Kaviersonate (1948); Französische Suite für Orch. 
(1950; nach Rameau), Allegria für Orch. (1953); 
Chanson et Romance für Koloratursopran und 
kleines Orch. (1953); als »Parergon« zu Calderöns 
»El major encanto amor« (woraus E. bereits den 
Stoff zur Oper Circe nahm) schrieb er eine Komö- 
die, Das Zauberbett (1958). H S-G 

EgH, Johann Heinrich, * 4. 3. 1742 zu See- 
gräben bd Wetzikon (Zürich), f 19. 12. 1810 zu 
Zürich; Schweizer Liederkomponist, lebte ab 1760 
in Zürich als Violinist und angesehener Gesang- 
und Klavierlehrer. In der Komposition hatte er 
sich autodidaktisch durch das Studium von Wer- 
ken der Berliner Schule gebildet. Von ihm er- 
schienen: Sammlung geistlicher Lieder (Zürich 1779, 
21791); Geistliche Gesänge (Zürich 1780); Schwei- 
zerlieder (Zürich 1787, 2 1798); Gellerts geistliche 
Oden (1789); Zwölf Kinderlieder (Zürich 1789); 
Lieder der Weisheit und Tugend (Zürich 1790); Ge- 
sänge über Leben, Tod und Unsterblichkeit (Zürich 
1797). Weitere Lieder erschienen in Einzddmcken, 
den Neujahrsstücken der Musikgesellschaften und 
den von E. und Johann Jakob Wälder herausgege- 
benen Sammlungen, darunter: Schweizerische 
Volkslieder (Zürich 1788), 40 Lieder als J.H.Ej 
M usikalischen Nachlasses erste Abtheilung (Zürich 
1816). 

Lit.: A. Stierun, J. H. E., XLV. Neujahrsstück d. 
Allgemeinen Musikges. Zürich, Zürich 1857; A. Nef, 
Das Lied in d. deutschen Schweiz, Zürich 1909. 

Ehinger, Hans, * 27. 12. 1902 zu Basd; Schwei- 
zer Musikforscher, studierte Musikwissenschaft an 
den Universitäten Basel und Berlin und promo- 
vierte 1927 mit einer Arbeit über Friedrich Rochlitz 
als Musikschriftsteller (Leipzig 1929) und trat 1931 
als Musik- und Sport-Redaktor bei den »Basler 
Nachrichten« ein. Weitere Veröflfentlichungen : 
Die Rolle der Schweiz in der » Allgemeinen musikali- 
schen Zeitungt 1798-1848 (Nef-Fs., Zürich und 
Leipzig 1933), Klassiker der Musik (Basd 1946, 
2 1948), Meister der Oper (Basd 1947), Große Kom- 
ponisten im Spiegel ihrer Worte (Zürich und Stutt- 
gart 1951), E. Th. A. Hqffmann als Musiker und 
Musikschriftsteller (Olten und Köln 1954). E. ist 
Mitherausgeber der Nef-Festschrift (Zürich und 
Leipzig 1933), der Aufsätze von Karl Nef (Basd 
1936) und von E. Refardts ausgewählten Auf- 
sätzen Musik in der Schweiz (Basel 1952). 

Ehlers, Alice, * 16. 4. 1893 zu Wien; amerika- 
nische Cembalistin, erhidt in Wien Klavierunter- 
richt von Leschetizky, war 1913-18 Schülerin von 
W. Landowska an der Berliner Hochschule für 
Musik, dann - mit dem Wohnsitz in Berlin - vid- 
fach auf Konzertreisen. Seit 1936 lebt sie in den 
USA und wurde 1942 Professor der University of 
Southern California in Hollywood. 


450 



Ehrlich 


Ehlers, Wilhelm, * 1774 zu Hannover, f 29. 11. 
1845 zu Mainz; deutscher, von Goethe geschätzter 
Liederkomponist und Sänger zur Gitarre in Wei- 
mar, auch Opernsänger in Wien, Breslau, 1829 
Regisseur in Frankfurt am Main, zuletzt Theater- 
direktor in Mainz, veröffentlichte Gesänge mit Be- 
gleitung der Chitarra (Tübingen 1804, darin von 
Goethe Der Rattenfänger, Schäfers Klage und Jägers 
Abendlied ). 

Ehlert, Louis, * 23. 1. 1825 zu Königsberg, f 4. 

l. 1884 zu Wiesbaden (Schlaganfall während eines 
Konzertes); deutscher Komponist und Musik- 
schriftsteller, 1845 Schüler des Leipziger Konser- 
vatoriums unter Mendelssohn und Schumann, 
weiter ausgebildet in Wien und Berlin, ließ sich 
1850 als Musiklehrer und Referent in Berlin nieder. 
Mehrere Jahre in Italien, dirigierte er in Florenz den 
1869 von H. v. Bülow übernommenen Gesang- 
verein Sodetä Cherubim, lehrte 1869-71 an Tau- 
sigs Schule für das höhere Klavierspiel in Berlin, 
war einige Jahre in Meiningen als Musiklehrer der 
herzoglichen Prinzen tätig und lebte zuletzt in 
Wiesbaden. Von seinen Kompositionen sind 
hauptsächlich Klavierstücke, Lieder und Chorlie- 
der im Druck erschienen, auch eine Ouvertüre 
Hafis. Aufgeführt wurden eine Frühlingssinfonie, 
eine Ouvertüre zum »Wintermärchen« und ein Re- 
quiem für ein Kind . E. schrieb außer vielen Bei- 
trägen für Zeitungen (Neue Berliner Musikzeitung, 
Deutsche Rundschau) : Römische Tage (Reiseerin- 
nerungen, Berlin 1867, Neudruck 1898) ; Briefe über 
Musik an eine Freundin (Berlin 1859, 31879, auch 
ins Französische und Englische übersetzt) ; Aus der 
Tonwelt (Essais, 2 Bände, Berlin 1877-84, I 21882, 
I-II Neudruck 1898). 

Efunann, Wilhelm, * 5. 12. 1904 zu Freistatt; 
deutscher Musikforscher, studierte an den Uni- 
versitäten Freiburg im Breisgau und Leipzig, pro- 
movierte 1934 in Freiburg, wo er sich 1937 habili- 
tierte. 1940-45 war er Leiter des musikwissen- 
schaftlichen Instituts der Universität Innsbruck, 
1939-43 als Hauptschriftleiter der »Deutschen 
Musikkultur« tätig. Seit 1948 ist er Landeskirchen- 
musikwart der Evangelischen Kirche von West- 
falen und leitet die von ihm gegründete West- 
fälische Landeskirchenmusikschule in Herford. 
1949-54 versah er einen Lehrauftrag an der Uni- 
versität Münster. Schriften: Adam von Fulda (Neue 
deutsche Forschungen XCIV, = Abt Mw. II, 
Berlin 1936), Die Choiführtmg (2 Bände, Kassel 
1949, 31956 ), Tibilustrium , das geistliche Blasen 
(Kassel 1950), Erziehung zur Kirchenmusik (Güters- 
loh 1951), Erbe und Amrag musikalischer Erneuerung 
(Kassel 1951), Die bläserische Kunst . . . (Kassel 
1951), Bläserfibel, Anleitung für Blechbläser (Kassel 
1951, 31955), JT. S.Bach in unserem Leben (Wolfen- 
büttel 1952), "Das Chorwesen in der Kulturkrise (Re- 
gensburg 1953), Gegenwärtige Aufgaben der Sing- 
bewegung (Kassel 1953), Chorische Stimmbildung 
(Kassel 1953, 21956). Aufsätze: Das Schicksal der 
deutschen Reformationsmusik (MGkK XL, auch sepa- 
rat Göttingen 1935), Was guett auf Posaunen (ZfMw 
XVE, 1935), Der Thibaut-Behaghel-Kreis (AfMf 

m, 1938), Das Musizierbild der deutschen Kantorei 
im 16. Jahrhundert (in: Musik und Bild, Fs. für M. 
Seiffert, Kassel 1938), Musikwissenschaft und musi- 
kalische Volkskunde (Deutsche Musikkultur IH, 


1938/39), Barocke Gestaltungstnittel in Werken W. 
A. Mozarts (Schiedermair-Fs. 1946), Aufjührungs - 
praxis Bachscher Motetten (MuK XXI, 1951), Hein- 
rich Schütz , Die Psalmen Davids, 1619, in der Auf 
führuttgspraxis (MuK XXV, 1955). E. gab zahl- 
reiche Werke älterer Vokal- und Instrumental- 
musik neu heraus. 

Ehrbar, Friedrich, * 26. 4. 1827 zu Hildesheim, 
1 23. 2. 1905 zu Gute Hart bei Gloggnitz (Nieder- 
österreich); deutscher Klavierbauer, Lehrling des 
Orgelbauers Friederid in Hildesheim, ging 1848 
nach Wien, wo er vom Arbdter allmählich zum 
Geschäftsführer der Eduard Seuffertschen Piano- 
fortefabrik aufrückte, die er schließlich 1857 über- 
nahm. Schnell stieg das Ansehen seiner Fabrikate, 
die viele erste Preise erhielten (so in München 1854, 
London 1862, Paris 1867, Wien 1873). Geschäfts- 
erbe war sein gleichnamiger Sohn (* 1873, f 1- 2. 
1921 zu Wien), der auch als Komponist hervortrat* 

Ehrenberg, Carl Emil Theodor, * 6. 4. 1878 zu 
Dresden; deutscher Kapellmeister und Komponist, 
studierte 1894-98 am Dresdener Konservatorium 
Kontrapunkt bei Rischbieter und Komposition bei 
Draeseke, wurde Kapellmeister an den Stadtthea- 
tem in Dortmund (1898), Würzburg (1899), Kor- 
repetitor der Münchner Hofoper (1900), Theater- 
kapellmeister in Posen (1905), Augsburg (1907), 
Metz (1908), Dirigent des Symphonieorchesters in 
Lausanne (1909), Qpemkapellmeister in Augsburg 
(1915), Dirigent der Symphoniekonzerte in Baa 
Homburg vor der Höhe (1918) und Kapellmeister 
an der Berliner Staatsoper (1922). Dann wirkte er 
als Leiter einer Orchesterklasse 1925 am Stemschen 
Konservatorium in Berlin, 1925-35 an der Kölner 
Musikhochschule und 1935-45 an der Akademie 
der Tonkunst in München. Er schrieb: Streich- 
quartette I-IV (1912-49; 2 weitere bereits 1896 
bis 1898); Sinfonische Skizzen (1896); 2 Sympho- 
nien (1897-98); Ouvertüre Maria Stuart (1897); 
Tondichtung Wald (1898) ; 2 Orchestersuiten 
(1900-14); Sonnenaufgang für Chor und Orch. 
(1901) ; Oper Und selig sind . . . (1904) ; Violinsonate 
(1906) ; Musik zu einem Heldengedenkspiel (1916) ; 
Oper Anneliese (nach Hans Christian Andersen; 
1922, neue Fassung 1934) ; Psalm XIII für Chor und 
Orch. (1930); Bauer bin ich für Mannerchor und 
Orch. (1934) ; Musik zu einem Münchner Festspiel 
(1938); Musik zu einem alten Faustspiel (1939); 
Bläserquartett (1943); Streichtrio (1950); Sinfo- 
nietta (1950), Cellokonzert (1951) sowie zahlreiche 
Lieder und Gesänge. 

^ärenhofer, Walther Edmund, * 15. 3. 1872 
zu Hohenelbe (Böhmen); österreichischer Musik- 
schriftsteller, bildete sich gleichzeitig zum Ingenieur 
und Musiker aus, ist ein gründlicher Kenner des 
Orgelbaues (wiederholt zum Orgelrevisor beru- 
fen) und redigierte die Zeitschrift für Orgel- und 
Harmoniumbau (Graz). Er schrieb: Grunazüge der 
Orgelbaurevision (1904) und Taschenbuch des Örgel- 
revisors (Graz 1909), komponierte Klaviersonaten, 
Duette und Männerchöre. 

Ehrlich, A . . . Unter diesem Decknamen gab Al- 
bert Payne heraus: Berühmte Pianisten der Ver- 
gangenheit und Gegenwart (1893, auch englisch und 
holländisch), Berühmte Geiger der Vergangenheit und’ 


29 * 


451 



Ehrlich 


Gegenwart (1893), Berühmte Sängeritinen (1895), Das 
Streichquartett in Wort und Bild (1898) und Die 
Geige in Wahrheit und Fabel (1899). 

Ehrlich, Heinrich, * 5. 10. 1822 zu Wien, f 29. 
12. 1899 zu Berlin; deutscher Pianist und Musik- 
schriftsteller, bildete sich unter Henselt, Bocklet 
und Thalberg zum Klaviervirtuosen aus (Theorie 
bei S. Sechter), war 1852-55 Hofpianist König 
Georgs V. von Hannover, 1864-72 und 1886-98 
Lehrer des Klavierspiels am Stemschen Konserva- 
torium, zugleich als Musikreferent für das »Berliner 
Tageblatt«, die »Gegenwart« sowie die »Neue Ber- 
liner Musikzeitung« und als Privatlehrer tätig. E. 
komponierte ein Konzertstück in ungarischer 
Weise, Variationen über ein Originalthema (Le- 
bensbilder), eine Cellosonate, verfaßte das Unter- 
richtswerk Der musikalische Anschlag und gab Tau- 
sigs »Technische Studien« heraus. Theoretische Ar- 
beiten E.s sind: Wie übt man Klavier? (1879, 2 1884; 
englisch 2 1901) , Musikstudien beimKlavierspiel (1891, 
über Rhythmik im Vortrag), Die Ornamentik in 
Beethovens Sonaten (1896), Die Ornamentik in Seb. 
Bachs Klavierwerken (18%, beide 1898 französisch 
und englisch). Am bekanntesten sind aber E.s 
ästhetische und belletristische Schriften, darunter 
Schlaglichter utid Schlagschatten aus der Musikwelt 
(Berlin 1872), Aus allen Tonarten (Studien über Mu- 
sik, Berlin 1888), Wagner sehe Kunst und wahres 
Christentum (1888), Modernes Musikleben (Berlin 
1895) sowie eine kurzgefaßte Musik-Ästhetik in 
ihrer Entwicklung von Kant bis auf die Gegenwart 
(Leipzig 1882) und ein Roman Kunst und Handwerk 
(Benin 1861). 

Ehrling, Evert Sixten, * 3. 4. 1918 zu Malmö; 
schwedischer Dirigent, lebt in Stockholm. Nach 
umfassender Ausbüdung als Organist und Musik- 
lehrer sowie nach Klavier- und Orchesterleiter- 
studium an der Musikhochschule Stockholm 1936 
bis 1940 erhielt er seine erste Anstellung 1940 als 
Korrepetitor am Königlichen Opernhaus Stock- 
holm, wurde dort 1944 Kapellmeister, 1953 musika- 
lischer Leiter des Opernhauses, ging 1941 studien- 
halber an die Dresdener Staatsoper, 1946 nach Lon- 
don und Paris. Seit 1942 dirigiert er regelmäßig im 
Stockholmer Konzertverein. 1954 leitete er den 
Orchesterdirigentenkurs der Internationalen Som- 
merakademie des Mozarteums Salzburg. Als Pia- 
nist interpretierte er besonders in den Jahren 1940 
bis 1950 in Schweden moderne Klavierkonzerte, 
setzte sich als Dirigent ebenfalls entschieden für 
zeitgenössische Musik ein (Uraufführung von Hü- 
ding Rosenbergs Oper »Das Porträt«, Blomdahls 
Oratorium »Anabase«, Aufführung von Bergs 
»Wozzeck«, Schönbergs »Fünf Orchesterstücken«) . 
1953 wurde er Hofkapellmeister, 1956 Mitglied 
der Königlichen Musikakademie. 

Ehrmann von Falkenau, Richard Leonhard, 
* 29. 3. 1894 zu Baden bei Wien; österreichischer 
Komponist, studierte in Lausanne und in Wien 
bei H. Grädener, A. Schönberg, R. Stöhr und an 
der Universität, wo er 1919 promovierte. E. war 
Organist in Baden,, Kapellmeister in Wien, Bad 
Hafi, Saaz-Komotau und Iinz. Er schrieb Kirchen- 
musik, Orchester- und Kammermusikwerke, 
Chore und Lieder. 


Eibenschütz, Albert, * 15. 4. 1857 zu Berlin, 
1 15. 11. 1930 zu Wien; deutscher Pianist, 1874-76 
Schüler des Leipziger Konservatoriums, 1877 in 
Charkow, 1878 Lehrer am Leipziger und 1880-93 
am Kölner Konservatorium, aann am Stemschen 
Konservatorium in Berlin, kurze Zeit Leiter eines 
eigenen Konservatoriums in Wiesbaden, Kompo- 
nist von Liedern, Klavierstücken, auch einer Sym- 
phonie und einer Operette Liebessport (München 
1917). 

Eibenschütz, Josd, * 8. 1. 1872 zu Frankfurt am 
Main; deutscher Violinist und Dirigent, studierte 
am Hochschen Konservatorium in Frankfurt, 1894 
bis 1905 Orchesterdirigent in Abo (Finnland), 1905 
bis 1908 Musikdirektor in Görlitz, 1908-21 Diri- 
gent des Philharmonischen Orchesters in Hamburg 
und 1921-27 in Oslo, 1928-33 musikalischer Ober- 
leiter des Rundfunks in Hamburg, emigrierte dann 
nach den USA Werke: eine Oper, Orchesterstücke. 

Eichberg, Julius, * 13.6. 1824 zu Düsseldorf, 
f 19. 1. 1893 zu Boston; deutscher Violinist und 
Komponist, Schüler von J. Rietz, besuchte 1843-45 
das Brüsseler Konservatorium, wurde 1846 Violin- 
lehrer am Konservatorium in Genf, ging 1857 nach 
New York und 1859 nach Boston als Dirigent der 
Museumskonzerte, wurde Direktor des Boston 
Conservatory und Inspektor der Musikschulen und 
gründete dort 1867 eine eigene Violinschule. E. hat 
eine größere Anzahl Kompositionen, besonders für 
V. (Etüden, Duos, Charakterstücke) sowie 4 eng- 
lische Operetten The Doctor of Alcantara , The Rose 
of Tyrol , The Two Cadis und A Night in Rome ge- 
schrieben. 

Eichbora, Hermann Ludwig, * 30. 10. 1847 zu 
Breslau, f 15. 4. 1918 zu Gries bä Bozen; deutscher 
Musikschriftsteller und Komponist, Dr. jur., wid- 
mete sich aber ganz der Musik. Sein Lehrer war E. 
Bohn (dessen Breslauer Bibliotheks-Kataloge auf 
E.s Kosten gedruckt wurden). 1891 übersiedelte E. 
nach Gries bei Bozen (Besitzer eines Weingutes) 
und unterhielt dort ein kleines Orchester, mit dem 
er Symphonie-Konzerte veranstaltete. Außer Kla- 
vierstücken und Liedern schrieb E. einige Solo- 
stücke für Waldhorn und KL (Sonate op. 7, Rondo 
op. 11, Suite op. 12) und für andere Instrumental- 
kombinationen, auch Charakterstücke, Märsche 
und Tänze für Orch., mehrere komische Opern 
und Singspiele (Drei auf einen Schlag , Zopf und 
Krummstab , Blaue Kinder ). Wertvolle Monogra- 
phien E.s sind: Die Trompete in alter und neuer Zeit 
(Leipzig 1881), Zur Geschichte der Instrumentalmusik; 
eine produktive Kritik (Leipzig 1885) ; Über das Ok- 
tavierungsprinzip bei Blechinstrumenten (Leipzig 
1889) ; Das alte Klarinblasen auf Trompeten (Leipzig 
1894) und Die Dämpfung beim Horn (Leipzig 1897). 
Ein Ergebnis der Ermhiungen seiner Bozener Diri- 
gententatigkeit ist die Broschüre Militarismus und 
Musik (Berlin 1909). E. erfand mit dem Instrumen- 
tenbauer E. G. Heidrich eine neue Art Waldhorn, 
die in Höhe und Tiefe besonders ausgiebig ist, das 
Oktav-Waldhorn, das zunächst bei schlesischen 
Militär musiken Eingang fand. E. war Mitarbeiter 
von Paul de Wits Zflb. 

Eichendorff, J o s ep h Karl Benedikt, Freiherr von, 
* 10. 3. 1788 zu Lubowitz (Oberschlesien), f 26. 11. 
1857 zu Neiße; deutscher Dichter, einer der Haupt- 


452 



Eilenberg 


Vertreter der Romantik. Seine Gedichte wurden u. 
a. vertont von R. Schumann ( Liederkreis op. 39, 
1840 ; 4 weitere Lieder und 6 Chöre), Mendelssohn- 
Bartholdy, Brahms, H. Wolf (20 Gedichte von E. 
aus den Jahren 1880-87, darunter Die Zigeunerin ), 
M. Reger (Der Einsiedler op. 144 a, für Gesang und 
Orch.), H. Pfitzner (Weckruf op. 40 No 6, ftir Ge- 
sang und Orch.), R. Strauss (Die Jahreszeiten op. 
76, Chorzyklus mit Orch., 1928), Kaminski (3 
Männerchöre a cappella, 1924), A. Knab (EL-Lie- 
der), E. Pepping (a-cappdla-Chöre in Sprüche und 
Lieder , 1930). Opern nach Novellen E.s schrieben 
B. Paumgartner (Aus dem Leben eines Taugenichts, 
München 1929) und O. Schoeck (Das Schloss Dü - 
rande op. 53, nach der gleichnamigen Novelle be- 
arbeitet von H. Burte, Berlin 1943). 

Ausg.: Historisch-kritische GA, hrsg. v. W. Kosch, 
Regensburg seit 1908. 

Lit.: A. J. Boruttau, E. in d. Tonkunst, in: Kunst- 
wart 1907; K. v. Eichendorff, Ein Jh. E-Lit., Re- 
gensburg 1921; G. Müller, Gesch. d. deutschen 
Liedes, München 1925. 

Eichhorn, Kurt Peter, *4. 8. 1908 zu München; 
deutscher Dirigent, lebt in München. Am Konser- 
vatorium Würzburg erhielt er als Meisterschüler 
von H. Zilcher seine Ausbildung, kam 1932 als 
Chordirigent und Kapellmeister ans Stadttheater 
Bielefeld, ging 1938 als musikalischer Leiter nach 
Tepütz-Schönau, 1940 nach Karlsbad, wurde 1941 
musikalischer Leiter der Städtischen Oper Dresden 
und ständiger Dirigent der Dresdner P hilhar monie. 
1945 leitete er <Se Münchner Philharmoniker, 
wurde 1946 Dirigent an der Staatsoper München, 
leitet außerdem die Oper am Theater am Gartner- 
platz und lehrt an der Musikhochschule. 

Eichner» Ernst, * 9. 2. 1740 zu Mannheim, f An- 
fang 1777 zu Potsdam; deutscher Fagottist, wurde 
1762 am Pfalz-Zweibrückener Hofe angestellt und 
1768 Konzertmeister, verließ 1772 heimlich seine 
Stellung, ging zuerst nach Paris, wo er Symphonien 
und andere Werke herausgab, trat 1773 in London 
mit Erfolg auf und wandte sich dann nach Potsdam, 
wo er Anstellung in der Kapelle des Prinzen von 
Preußen (nachmals König friedlich Wilhelm II.) 
fand. E.s Symphonien (sämtlich gedruckt, Auto- 
graphen in der Berliner Königlichen Hausbiblio- 
thek) gehören zu den besseren Werken der jünge- 
ren Mannheimer Komponisten. Auch Klavierkon- 
zerte, Quartette für Fl., V., Va und Vc. op. 4 und 
für V., Va, Vc. und Kb. op. 11, Trios mit obliga- 
tem KL op. 1, 2, 3, 8, Sonaten für KL und V. op. 
9, Klaviersonaten op. 6, 7, Duette für V. und Va 
op. 10 erschienen im Druck. Handschriftlich waren 
in der Königlichen Hausbibliothek 2 Quintette für 
Fl. und Streichquartett sowie Sextett- bzw. Quin- 
tett-Arrangements Gr6try scher und Trialsicher 
Opemmelodien erhalten (wahrscheinlich im letzten 
Kriege vernichtet). 

Ausg. : Symphonie D dur, op. 7, 5, hrsg. v. H. Riemann, 
DTB VIII, 2; Flöten-Quartett D dur, op. 4, 4, hrsg. 
v. H. Riemann, DTB XV ; Klaviertrios op. 1, 3 u. op. 
2, 1, hrsg. v. H. Riemann, DTB XVI; 6 Duette f. V. u. 
Va, hrsg. v. W. Altmann, NMA CXXV u. CXXVm. 
Lit: Thematischer Kat. v. 31 Sinfonien bei H. Rie- 
mann, DTB VH. 2, S. XXXI/XXXH; Verz. d. 
Druckausg. u. thematischer Kat seiner Kammermu- 
sik bei H. Riemann, DTB XVI, S. XV u. XXXTV bis 
XXXV; A. Volk, E. E., Diss. Köln 1943. 


Eichom, Johann, * 1524 zu Nürnberg, 21. 8. 
1583 zu Frankfurt an der Oder; deutscher Musik- 
verleger, studierte an der Universität Frankfurt an 
der Oder, wo er 1549 die Druckerei von N. 
Wolrab erwarb. In Stettin errichtete E. 1568-69 
eine Zweiganstalt, die 1572 sein Schwiegersohn 
Andreas Kellner übernahm. Ab 1581 leitete sein 
Sohn Andreas (f 1615) und 1615-42 dessen Sohn 
Johann das Frankfurter Verlagshaus. Die Familie 
E. zählt zu den wichtigsten Musikdruckern und 
-Verlegern des 16./17. Jh. Sie verlegte Lautentabu- 
laturen von M. Waissei (1573, 1591 und 1592), B. 
Drusina (1573), Gr. Krengd (1584), Sätze von Ph. 
Duüchius, A. Musculus, W. Figulus, Gesangbücher 
und Traktate von H. Faber und N. Listenius. 

Lit: K. Regung, J. E., in Mitt des Hist. Ver. zu 
Frankfurt an der Oder XXXVI, Frankfurt/Oder 
1930; W. Maushacke, Frankfurt an der Oder als 
Druckerstadt, Frankfurt/Oder 1936; H. Grimm, Von 
d. Druckerzeichen des . . . J. E., Frankfurt/Oder-Bln 
1939; ders., Meister d. Renaissance-Musik an d. 
Viadrina, Frankfurt/Oder-Bln 1942. 

Eickemeyer, Willy, * 3. 6. 1879 und f 24. 9. 
1935 zu Saalsdorf (Braunschweig); deutscher Pia- 
nist und Komponist, bezog 1899 die Leipziger Uni- 
versität und gleichzeitig das Konservatorium, wur- 
de 1903 Lehrer für Klavier am Konservatorium in 
Dortmund. 1913 gründete er mit Fr. Stein das 
Jenaer Konservatorium, 1922 die Bachgemeinde 
in Jena zur Pflege alter Meister. Er schrieb Kammer- 
musik, Orgel- und Klavierwerke sowie Lieder. 

Eidens, Joseph, * 29. 6. 1896 zu Aachen; deut- 
scher Komponist, war 1919-21 Schüler des Kölner 
Konservatoriums und lebt seither, als Kritiker tä- 
tig, in Aachen. Er schrieb: die Opern Die Liebes- 
briefe, Tartüff, Das Wunder , Tödliche Wünsche , Der 
Glückstag, Genoveva, Das Gewitter, Singspiel Liebe 
in Uniform , Märchenoper Kalif Storch, die Kinder- 
opern Die Schaubude und Kinderkreuzzug ; Bühnen- 
musiken, Chorwerk Zeitlied der Jugend (1933), 2 
Symphonien (1947 und 1952), symphonische 
Stücke, Concertino für KL und Orch., Kammermu- 
sik und etwa 170 Lieder. 

van Eijken, Jan Albert, * 25. 4. 1822 zu Amers- 
foort (Holland), f 24. 9. 1868 zu Elberfeld; hollän- 
discher Organist und Komponist, Sohn eines Orga- 
nisten, studierte Orgelspiel und Komposition 1845 
bis 1846 am Leipziger Konservatorium, wurde 1848 
Organist an der Remonstrantcnki rchc in Amster- 
dam, 1853 an der Zuyderkirche und Orgellehrer 
an der Musikschule in Rotterdam und war von 
1854 bis zu seinem Tode Organist der reformierten 
Kirche in Elberfeld. Als Komponist hat sich E.*be- 
sonders durch seine Orgelwerke einen Namen ge- 
macht (3 Sonaten, 150 Choräle mit Vorspielen, 25 
Präludien, Tokkata und Fuge über BACH, Be- 
arbeitungen Bachscher Klavierfugen für Orgel; 
auch schrieb er Balladen, Lieder, gemischte Quar- 
tette, eine Violinsonate und Musik zu dem Trauer- 
spiel Lucifer. 

EHenberg, Richard, * 13. 1. 1848 zu Merseburg, 
f 6. 12. 1925 zu Berlin; deutscher Komponist von 
Märschen und Tänzen für Orch. oder Militärmu- 
sik (die Idylle Mühle im Schwarzwald op. 52), auch 
Salonkomponist für KL (Petersburger Schlittenfahrt 


453 



Eimert 


op. 57), schrieb ein Ballett Die Rose von Schiras und 
mehrere Operetten: Comteß Cliquot , König Midas , 
Der tolle Prinz, Marietta. 

Eimert, Herbert, *8. 4. 18972a Bad Kreuznach; 
deutscher Musikkritiker und Komponist, 1919-23 
Schüler der Musikhochschule Köln(H. Abendroth), 
studierte anschließend an der Universität Köln Mu- 
sikwissenschaft und promovierte 1930 mit einer 
Arbeit über Musikalische Fortnstrukturen im 1 7. und 
18. Jahrhundert (Augsburg 1932). 1927-33 wirkte er 
beim Westdeutschen Rundfunk, war dann Musik- 
kritiker, 1936-45 Redakteur der »Kölnischen Zei- 
tung« und ist seitdem Kulturredakteur und Leiter 
des »Musikalischen Nachtprogramms« sowie des 
1951 von ihm gegründeten »Studios für elektro- 
nische Musik« am Westdeutschen Rundfunk Köln. 
Kompositionen: Streichquartett (1925), Tanzmusik 
für Saxophon, FL und mechanische Instrumente 
(1926), 2 Chöre mit Orch. (1929), 2 Streichquar- 
tette (1944); elektronische Musik: Glockenspiel 
(1953), Etüden über Tongemische (1954), 5 Stücke 
(1956), Requiem für Aikichi Kuboyama für Sprech- 
sthnme, Mundharmonika und elektronische Klange 
(1957). Schriften: Atonale Musiklehre (Leipzig 
1924), Lehrbuch der Zwölftontechnik (Wiesbaden 
1950, 31954; italienisch Mailand 1954). E. ist Her- 
ausgeber der Schriftenreihe Die Reihe (Wien- 
Zürich-London, seit 1955). 

Einarsson, Sigfüs, * 30. 1. 1877 auf Eyrarbakki 
(Island), f 1939 zu Reykjavik; isländischer Kom- 
ponist, in der Hauptsache Autodidakt, lebte als Ge- 
sanelehrer, Dirigent und Domorganist in Reyk- 
javik, schrieb gemischte und Frauenchöre mit Soli 
und Kl. (Lofgjörd, Svanimir), Männerchöre, Lieder, 
eine Festkantate zum Besuch König Frederiks auf 
Island (1907), Klavier- und Violinstücke. 

Einem, Gottfried von, * 24. 1. 1918 zu Bern; 
österreichischer Komponist, besuchte die Gymna- 
sien in Plön (Holstein) und Ratzeburg, hielt sich zu 
Sprachstudienin England auf, wurde 1938 Korrepe- 
titor an der Berliner Staatsoper, war musikalischer 
Assistent bei den Bayreuther Festspielen und stu- 
dierte 1941-42 Komposition bei Blacher. 1944 
wurde E. als Hauskomponist und musikalischer Be- 
rater von der Dresdner Staatsoper engagiert. Er 
lebt in Wien und ist Vorsitzender des Kunstrates 
der Salzburger Festspiele sowie Lektor der Wiener 
Konzerthausgesellschaft. E. ist ein gemäßigt moder- 
ner Komponist, dessen Harmonik die Grenzen einer 
erweiterten Tonalität nicht überschreitet. In seiner 
farbigen und rhythmisch lebhaften, bisweilen auch 
unbekümmert eklektizistischen Musik lassen sich 
Einflüsse von Mahler und Puccini bis zu Strawin- 
sky, Blacher und dem Jazz feststellen. Seine wich- 
tigsten Werke gehören dem Theater an. Werke: 
Opern Dantons Tod op. 6 (1947, daraus Orchester- 
suite op. 6a 1949) und Der Prozeß op. 14 (1953); 
Ballette Prinzessin Turandot op. 1 (1944, daraus 4 
Episoden für Orch. 1954), Rondo vom goldenen 
Kalb op. 13 (1952), Pas de Coeur oder Tod und Auf- 
erstehung einer Ballerina op. 16 (1952, daraus Or- 
chestersuite 1954), Glück, Tod und Traum op. 17 
(= Alpbacher Tanzserenade, 1954), Medusa (1957) ; 
Orchesterwerke: Capriccio op.2 (1943), Concerto op. 
4 (1944), Orchestermusik op. 9 (1948), Serenade für 
doppeltes Streichorch. op. 10 (1950), Meditationen 


op. 18 (1954), Symphonische Szenen op. 22 (1957), 
Klavierkonzert op. 20 (1956), Wandlungen op. 21 
(1956) ; Hymmts (A. Lemet-Holenia) für A., Chor 
und Orch. op. 12 (1951), Das Stundenlied (Bert 
Brecht) für 4st. gern. Chor und Orch. (1958); 
Violinsonate op. 11; 4 Stücke op. 3 und 2 Sona- 
tinen op. 7 für Kl. ; Lieder op. 5 (Hafis), 8 (aus dem 
Chinesischen), 15 (Japanische Blätter) und 19. 

Lit.: H. Rutz, Neue Oper, Wien 1947. H S-G 

Einstein, Alfred, * 30. 12. 1880 zu München, 
f 13. 2. 1952 zu El Cerrito (California) ; amerika- 
nischer Musikforscher von deutscher Geburt, Vet- 
ter des Physikers Albert E., wandte sich nach ein- 
jährigem Rechtsstudium der Musikwissenschaft zu 
(Schüler von Sandberger) und promovierte 1903 
mit der Studie Zur deutschen Literatur für Viola da 
Gamba (gedruckt als BIMG H, 1, Leipzig 1905). Ab 
1918 redigierte er die Zeitschrift für Musikwissen- 
schaft, lebte bis 1927 in München, wo er Musik- 
kritiker der Münchener Post war, dann als Musik- 
referent des Berliner Tageblatt in Berlin bis 1933. 
In diesem Jahr emigrierte er nach London, lebte 
1935-38 in Mezzomonte bei Florenz, ging Anfang 
1939 nach New York, wurde im selben Jahr Visit- 
ing Professor of Music on theW. A.NeilsonFounda- 
tion am Smith College in Northampton (Massa- 
chusetts) und zog sich erst 1950 aus gesundheitlichen 
Rücksichten von dieser Tätigkeit zurück. 1947 Dr. 
h. c. der Universität Princeton. Er gehörte zu den 
führenden Musikkritikern in München und Berlin, 
indem er um die Geschichtlichkeit von Musik und 
Musizieren wußte, wonach die moderne Musik 
nicht immer die zukünftige, ja nicht einmal immer 
die gegenwärtige ist, sondern es eine Aktualität 
alter Musik gibt, die gegenwärtiger sein kann als 
die neue. So konnte er gleichermaßen dem Fort- 
schritt wie der Überlieferung gerecht werden. Seine 
Forschungen zur italienischen und deutschen Musik- 
geschichte zeichnen sich durch weiten Umblick 
und Gründlichkeit aus. Sie fanden darin ihre be- 
sondere Anerkennung, daß H. Riemann ihm die 
Herausgabe der 9. Auflage seines Musiklexikons 
anvertraute. Noch die vorliegende Neubearbei- 
tung durfte die umfänglichen Vorarbeiten aus E.s 
Nachlaß verwerten. Er schrieb : Geschichte der Mu- 
sik, dazu Beisp ielsammlung zur älteren Musikgeschichte 
(= Aus Natur und Geasteswelt 438-39, Leipzig 
1917-18, 41930, 51934 , auch mehrere englische 
Ausgaben; wiederum erweiterte Neuausgabe in 
einem Band Zürich und Stuttgart 1953); Heinrich 
Schütz (Kassel 1928); Gluck (London 1936, italie- 
nisch Mailand 1946, deutsche Ausgabe Zürich und 
Stuttgart 1954); Greatness in Music (New York 
1941, deutsche Ausgabe als »Größe in der Musik« 
Zürich 1951); Mozart (New York 1945, deutsche 
AusgabeStockholm 1947, italienischMailand 1952) ; 
Music in the Romantic Era (New York 1947, deut- 
sche Ausgabe als »Die Romantik in der Musik« 
München 1950, italienisch Florenz 1952); The Ita- 
Uan Madrigal (2 Bände und ein Beispielband, Prince- 
ton 1949); Schubert (New York 1951, deutsche 
Ausgabe Zürich 1952). E. war Herausgeber der 
9.-11. Auflage des vorliegenden Lexikons (Berlin 
1919, 1922 und 1929), das er in der 11. Auflage auf 
2 Bände erweiterte. Desgleichen bearbeitete er A. 
Eaglefidd-Hulls »Dictionary of Modem Music and 
Mu siri a ns « neu als: Das Neue Musiklexikon (Berlin 


454 



Eisfeld 


1926) und war Mitarbeiter der Encyclopaedia Judaica 
(Berlin 1928-34). Weiter gab er heraus : Lebensläufe 
deutscher Musiker von ihnen selbst erzählt (Hüller, 
Neefe, Gyrowetz, Leipzig 1914-15); Benedetto 
Marcello, Das Theater nach der Mode (deutsche Über- 
setzung, München 1917); L. von Kochel , Chronolo- 
gisch-thematisches Verzeichnis sämtlicher Tonwerke 
W. A. Mozarts (als 3. Auflage des Köchelschen 
Werks Leipzig 1937; Neudruck mit Berichtigun- 
gen und Zusätzen E.s, Ann Arbor 1947); Briefe 
deutscher Musiker (Amsterdam 1939, Zürich und 
Stuttgart 21955) ; E. Vogel, Bibliography of Italian 
Secular Vocäl Music Printed Between me Years 
1500-1700 Revised and Enlarged (in Notes, Series 2, 
II-V, 1945-48). Von seinen Aufsätzen seien nur die 
folgenden genannt: Claudio Merulo’s Ausgabe der 
Madrigale des Verdelot (SIMG Vm, 1906/07) ; Italie- 
nische Musiker am Hofe der Neuburger Wittelsbacher , 
1614-1716 (SIMG DC, 1907/08); Eine Caccia im 
Cinquecento jJdliencron-Festschrift, Leipzig 1910); 
Agostino Steßmi (Kmjb XXIII, 1910); Augenmusik 
im Madrigal (ZIMG XIV, 1912/13) ; Dante im Madri- 
gal (AfMw III, 1921) ; The Position of Modem Music 
in Germany (The Sackbut IV, 1923) ; The Madrigal 
(MQ X, 1924); Die mehrstimmige weltliche Musik 
von 1450-1600 und Der »Stile nuovo « auf dem Ge- 
biet der profanen Kammermusik (Adler Hdb.); Beet- 
hoven und die Polyphonie (Kongreß-Bericht Wien 

1927) ; Filippo di Monte als Madrigalkomponist (Kon- 
greß-Bericht Li&ge 1930) ; Mozarts Four String Trio 
Preludes to Fugues of Bach (The Musical Times 
LXXVII, 1936); Two Missing Sonatas by Mozart 
(ML XXI, 1940) ; Narrative RJiythm in the Madrigal 
(MQ XXIX, 1943) ; The Greghescha and the Giusti - 
niana of the 1 6th Century (Journal of Renaissance and 
Baroque Music 1, 1946/47) ; AndreaAnticos » Canzoni 
Nove « of 1510 (MQ XXXVII, 1951) ; Ein Kirchen- 
werk J. C. F. Fischers (AMI XXm, 1951) ; The Con- 
flict of Word and Tone (MQ XL, 1954). Von zahl- 
reichen kleineren Aufsätzen und Notizen abgese- 
hen, finden sich weitere Studien in den folgenden 
Zeitschriften: SIMG IV (1902/03), XDI (1911/12); 
ZIMG Vm (1906/07), XV (1913/14) ; Krnjb XXIV 
(1911); Gluck-Jb. H (1915), m (1917); ZfMw H 
(1919/20), m (1920/21), IV (1921/22), V (1922/23), 
VH (1924/25), X (1927/28), Xm (1930/31) ; Jb. für 
die Kunst m (1921) ; JbP XXVm (1921) ; Der Auf- 
takt H (1922); ZfM XCH (1925); Jb. Ganymed 
(1925); Modem Music m (1926), VI (1928), XH 
(1935), XVm (1940); AMI m (1931), VI (1934), 
Vm (1936); StMw XXI (1934); ML XV (1934), 
XVI (1935), XVm (1937), XIX (1938), XXV 
(1944) ; Rass. mus. VH (1934), IX (1936), X (1937) ; 
MQ XX (1934), XXm (1937), XXV (1939), 
XXVH (1941); MMR LXV (1935), LXVI (1936); 
La Bibliofilia XXXVm (1936), XL (1938); Proc. 
Mus. Ass. LXm (1937) ; RMI XU (1937); Rev. de 
MusicoL XXI (= Bd XVm, 1937); MR I (1940), 
m (1942) ; JAMS m (1950). Unter einer Reihe von 
Musikausgaben finden sich folgende größere Pu- 
blikationen: L. Marenzio , Sämtliche Werke I und 
II, = 5st. Madrigale, Buch I-VI (PäM IV, 1 und 
VI); W. A. Mozart, Don Giovanni (Leipzig 1931); 
Italienische Musiker und das Kaiserhaus , 1567-1625 
(DTÖ XU); Chr. W, Gluck, Uinnocenza giustifi- 
cata (DTÖ XLTV); Canzoni, Sonett! , Strambotti et 
Frottole, Libro tertio aus dem Verlag des A. Antico, 
1517 (Smith College Music Arcmves IV, 1941); 


W. A. Mozart , The Ten Celebrated String Quartets . 
First Authentic Edition in Score Based ott Autographs 
in the British Museum and on Early Prints (London 
1945). Zu einer in den USA geplanten verbesser- 
ten und erweiterten Neuausgabe der Mozart- 
Gesamtausgabe bearbeitete er noch die Bände 
I-IV. 

Ausg.: Essays on Music, hrsg. v. P. H. Lang, NY 
1956; Von Schütz bis Hindemith, Zürich u. Stutt- 
gart (1957); Nationale u. Universale Musik, Zürich 
u. Stuttgart (1958). 

Lit : E. Hertzmann, A. E. and C. Sachs, MQ XXVII, 
1941 ; O. Kinkelpey, To A. E., Notes, Series 2, VHI, 
1950; M. F. Bukofzer, A. E., AMI XXIV, 1952; L 
Cazeaux, A.E., Rev. de MusicoL XXXIV, 1952 
(=• Tome XXXI); F. Ghisi, In memoria di A.E., 
Rass. mus. XXII, 1952; H. F. Redlich, A. E., Mf 
V, 1952; Cl. Sartori, Ommaggio a A. E., RMI LIV, 
1952. 

Eisbrenner, Werner, * 2. 12. 1908 zu Berlin, 
deutscher Komponist, Schüler der Akademie für 
Kirchen- und Schulmusik in Berlin. E. schrieb 
Orchestermusik. Unter seinen Filmmusiken sind 
die zu den filmen Träumerei, Berliner Ballade und 
Herrliche Zeiten hervorzuheben. 

Eisenberg, Maurice, * 24. 2. 1902 zu Königs- 
berg; amerikanischer Violoncellist, lebt in Maple- 
wood (New Jersey/USA). Er studierte Violoncello 
in Leipzig (Klengel), Berlin, Paris und Barcelona 
(Casals), Komposition bei N. Botdanger in Paris. 
1929-39 war er Lehrer an der Casah-Klasse der 
Ecole Normale de Musique in Paris, während des 
Krieges Concert Lecturer an verschiedenen ameri- 
kanischen Universitäten, 1945-52 betreute er die 
Meisterklasse an der Philadelphia Musical Academy 
und am New York College of Music, seitdem 
wirkt er an der Longy School of Music in Cam- 
bridge (Massachusetts). E. ist ständiger Solist bei den 
Konzerten der amerikanischen Spitzenorchester 
(Boston, Philadelphia, New York). Er veröffent- 
lichte ein Buch über Cello Playing of Today (Lon- 
don 1957, mit Vorwort von P. Casals). 

Easenhut, Georg, * 25. 12. 1841 und f 2. 4. 1891 
zu Zagreb; kroatischer Komponist, Schüler des 
Wiener Konservatoriums, schrieb die kroatischen 

S em Sejslav und Peter Patschitsch und andere Vo- 
werke, auch Tänze. 

Eisenmann, Will, * 3.3.1906 zu Stuttgart; 
deutscher Komponist, studierte 1927-29 an der 
Stuttgarter Musikhochschule und 1932-33 in Paris 
bei P. Dukas und Ch. Koechlin. E. lebt seit 1935 in 
der Schweiz und ist seit 1952 in der Abteilung Mu- 
sik des Deutsch-Schweizer Kulturaustausches tätig. 
Er schrieb Bühnenmusiken, Chöre, Lieder, Or- 
chester- und Kammermusik. 

Eisfeld, Theodor, * 11. 4. 1816 zu Wolfenbüt- 
tel, f 2. 9. 1882 zu Wiesbaden; deutscher Dirigent, 
1839-43 Leiter der Concerts Vivienne in Paris. 
Nach kurzem Aufenthalt in Deutschland ging er 
als Dirigent der Philharmonischen Gesellschaft 
nach New York. 1858 erlitt er auf einer Besuchs- 
reise nach Deutschland Schiffbruch, wurde zwar 
gerettet, war aber seitdem durch ein schweres 
Nervenleiden in der Ausübung seines Berufs be- 
hindert 


455 



Eisler 


Eisler, Hanns, * 6. 7. 1898 zu Leipzig; deutscher 
Komponist, studierte in Wien bei Schönberg und 
Webern, begann mit Zwölftonkompositionen her- 
vorzutreten (Duo für V. und Vc. op. 7, 1925) und 
stieß dann zur Gruppe »proletarischer« Komponi- 
sten (Symphonische Suite, 1933). Als Komponist 
zahlreicher politischer Songs (unter Aufnahme von 
Jazzelementen) kam er in Verbindung mit Brecht, 
für den er in der Folge Musik zu einigen 'Hieater- 
stücken und Kantaten schrieb. In der Emigration 
entstanden die Deutsche Symphonie op. 56 (1937) 
und 3 Kantaten (1939), 1942-48 in Hollywood 
viele Filmkompositionen. Seine Erfahrungen auf 
diesem Gebiet legte E. auch in dem Buch Compos - 
ing for the Films (New York und London 1947, 
auch deutsch) nieder. Seit 1948 lebt E. in Berlin, 
wo er an der Akademie der Künste (im sowjeti- 
schen Sektor) eine Meisterklasse für Komposition 
übernahm. Neben zahlreichen Massenliedern (dar- 
unter der Nationalhymne der »Deutschen Demokra- 
tischen Republik«), die seinen früheren Songstil in 
gemilderter Form fortsetzen, sind in letzter Zeit 
nur wenige größere Werke E.s bekannt geworden ; 
er knüpft in ihnen an die Tradition der deutschen 
Neuromantik an. 

Eisner, Bruno, * 6. 12. 1884 zu Wien; österrei- 
chischer Pianist, Schüler der Wiener Akademie, 
1910-14 Lehrer am Stemschen Konservatorium in 
Berlin, 1914 am Hamburger Vogtschen Konserva- 
torium, konzertierte dann im In- und Ausland, 
lehrte 1930-33 an der Berliner Musikhochschule, 
lebt seit 1933 als Klavierlehrer in New York. 

Eitner, Robert, * 22. 10. 1832 zu Breslau, f 2. 2. 
1905 zu Templin (Uckermark); deutscher Musik- 
forscher, Schüler von M. Brosig, ging 1853 nach 
Berlin als Musiklehrer, eröffnete 1863 eine eigene 
Musikschule und hat seine Erfahrungen als Lehrer 
in dem Hilfsbuch beim Klavierunterricht (Berlin 
1871) niedergelegt. Einige Kompositionen von 
ihm sind im Druck erschienen (hervorzuheben 
eine 4händige Klavierfantasie). Bei einer von der 
Amsterdamer Gesellschaft zur Beförderung der 
Tonkunst ausgeschriebenen Konkurrenz wurde er 
1867 preisgekrönt für ein Lexikon der holländi- 
schen Tondichter (nicht gedruckt); auch redigierte 
er für diese Gesellschaft die Neuausgabe einiger 
Orgelwerke Swedincks und einer Messe Obrechts. 
Der Schwerpunkt von E.s Tätigkeit liegt aber in 
seinen bibliographischen Arbeiten, besonders auf 
dem Gebiete der Musik des 16.-17. Th. 1868 trat 
hauptsächlich auf E.s Anregung und durch ihn or- 
ganisiert die Gesellschaft fiir Musikforschung ins Le- 
ben, deren Organ Monatshefte Jur Musikgeschichte 
mit einer Subvention der preußischen Regierung 
unter seiner Redaktion 1869-1904 erschien (die 
letzten Nummern nach seinem Tode). Desgleichen 
redigierte E. die von dieser Gesellschaft heraus- 
gegebene Publikation älterer praktischer und theore- 
tischer Musikwerke und war Mitarbeiter der All- 
gemeinen Deutschen Biographie. Von seinen son- 
stigen Schriften sind hervorzuheben: Verzeichnis 
neuer Ausgaben alter Musikwerke aus der frühesten 
2Zeit bis zum Jahre 1800 (Beilage der MfM II— LEI, 
1870-71; Nachträge in MfM IX, 1877); Bibliograf 
phie der Musiksatnmelwerke des 16 . u. 17. jh. (Berlin 
1877, mit Haberl, Lagerberg und C.F. Pohl); 
Chronologisches Verzeichnis der gedruckten Werke von 


Hans Leo Häßler und Orlandus de Lassus (Beilage zu 
MfM V-VI, 1873-74) ; Büclterverzeichnis der Musik- 
Literatur aus den Jahren 1839-46 (Leipzig 1885); 
Quellen - und Hilfewerke beim Studium der Musik- 
geschichte (Leipzig 1891); Buch - und Musikalien- 
händler , Buch- und Musikaliendrucker nebst Noten- 
stecher . . . (Beilage zu MfM XXXVI— XXXVII, 
1904-05) sowie das große Biographisch-Bibliogra- 
phische Quellett-Lexikon der Musiker und Musik- 
gelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des 
19. Jh. (Leipzig 1900-04, 10 Bände). In den Jah- 
ren 1913-16 (3 Jahrgänge, je 4 Hefte) erschienen 
Nachträge und Verbesserungen unter dem Titel 
Miscellanea Musicae Bio-bibliographica, herausgege- 
ben von H. Springer, Max Schneider und W. 
Wolffheim. E.s großes Verdienst um die Musik- 
wissenschaft beruht vor allem auf einer breiten Er- 
schließung des Quellenmaterials, die noch heute 
durch kein anderes Quellenwerk übertrofFen ist 
und die Grundlage schuf, auf der eine systematische 
musikgeschichdiche Forschung ermöglicht wurde. 
Sein Werk wird in einem Internationalen Quellen- 
lexikon weitergeführt, an dem die Internationale 
Gesellschaft für Musikwissenschaft und die Inter- 
nationale Vereinigung der ->• Musikbibliotheken 
seit 1952 arbeiten und das demnächst zu erscheinen 
beginnt. 

Eitz, Carl Andreas, * 25. 6. 1848 zu Wehrstedt 
bei Halberstadt, f 18- 4. 1924 zu Eisleben; deut- 
scher Musikpädagoge und -forscher, war 1878 
bis 1911 Bürgerschullehrer in Eisleben, wurde 1918 
Königlich Preußischer Professor und 1922 Dr. 
phiL h. c. der Universität KieL Akustische Unter- 
suchungen führten ihn zur Konstruktion eines 
Remhannoniums in 2 Ausführungen mit 36 bzw. 
104 Tönen in der Oktave, an dem sich die verschie- 
denen Temperaturen und Stimmungen demon- 
strieren lassen. Für den Schulgesangsunterricht 
schuf er zur Erlangung eines sicheren Vom-Blatt- 
Singens die Tonwort-Methode, in der 21 Stufen 
innerhalb einer Oktave unterschieden werden, so 
daß auch kompliziertere Tonbeziehungen und mo- 
dulierende Sätze damit in reinen Intervallen dar- 
gestellt werden können. Die Übersichtlichkeit 
bleibt gewahrt, da diatonische Halbtonschritte 
durch Silben mit gleichem Vokal, die in der gleich- 
schwebenden Temperatur möglichen enharmoni- 
schen Verwechslungen durch Silben mit gleichem 
Konsonanten bezeichnet werden. E. schrieb: Das 
mathematisch-reine Tonsystem (Leipzig 1891) ; Bau- 
steine zum Schulgesangunterrichte (Leipzig 1911; 
21928 herausgegeben von Fr. Bennedik als Das 
Tonwort); Ratschläge zur Verbesserung des Schul - 
Gesangunterrichts (in: Sprechen, Singen, Musik, 
herausgegeben von R. Wicke, Leipzig 1914); Der 
Gesangunterricht als Grundlage der musikalischen Bil- 
dung (= Band II der Reihe »Pädagogium«, Leipzig 
1914). Ferner gab er 1893 in Eideben das Schul- 
choralbuch der Provinz Sachsen von 1892 als Hutv- 
dert geistliche Liedweisen in Tonsilben gesetzt heraus 
sowie 1899 eine Deutsche Singfibel. E.’ Methode 
fand in den 20er Jahren in Deutschland weite Ver- 
breitung. 1927-32 erschien unter Redaktion von 
Fr. Bennedik undW. Stolte eine Zeitschrift »Das 
Tonwort« (Jahrgang I-V, VI 1932 unter dem Titel 
»Musikalische Volksbildung«). 

Lit.: G. Bouchers, CK, Stimme UI, 1908; H. 
Stephani, C E., ZfMw VI, 1923/24; W. Stolte, C. 


456 



Electrola Gesellschaft 


E., 1951. — M. Planck, Ein neues Harmonium in 
natürlicher Stimmung, Verhandlungen d. physika- 
lischen Ges. Bin XII, 1893. - G. Lange in SIMG I, 
1899/1900, S. 617 ff- ; G. Borchers, Die Lpz.er 
Ferienkurse..., Bin 1906; O. Messmer, Die Ton- 
wortmethode v. C. E., Würzburg 1911; R. Wicke, 
Musikalische Erziehung u. Arbeitsschule, Lpz. 1912; 
ders.. Einheitliche Tonnamen, Braunschweig 1937; 
Fr. Bennedik, Hist. u. psychologisch-musikalische 
Untersuchungen über d. Tonwortmethode, Langen- 
salza 1914 (= Diss. Jena 1914); Fr. Bennedik u. 
A. Strube, Hdb. f. d. Tonwortunterricht, Lpz. 1926, 
5 1932; M. Koch, Kurzgefaßte Einführung in d. E.sche 
Tonwort, Würzburg 1925; H. Stephani, Grundfra- 
gen d. Musikhörens, Lpz. 1926; W. Stolte, Tonwort- 
Taschenbuch, Detmold 1951 ; ders., Das E.sche Ton- 
wort im Dienste musischer Erziehung, 1953. - Schulen 
nach E.* Tonwort-Methode: G. Götze, Deutsche 
Gesangschule, Bin 1913; R. Silberschmidt, Violin- 
fibel. Bin (1927); R. Junker u. R. M. Breithaupt, 
Vom Singen zum Klavierspielen, Lpz. 1933. 

Ek, Fritz Gunnar Rudolf, * 21. 6. 1900 zu Aasa- 
rum; schwedischer Komponist, war 1920-26 Schü- 
ler des Konservatoriums in Stockholm und wurde 
Violoncellist (1928-37). Seit 1942 ist er Organist in 
Lund. E. schrieb Orchesterwerke, darunter 3 Sym- 
phonien, Orgelmusik und Chöre mit Begleitung 
des Orchesters oder der Orgel. 

Ekier, Jan Stanislaw, * 29. 8. 1913 zu Krakau; 
polnischer Pianist und Komponist, lebt in War- 
schau. Sohn des gleichnamigen populären Kom- 
ponisten, nahm er neben Gymnasial- und Universi- 
tätsstudien in Krakau bis 1933 an der Zeledski- 
Muriksdhule Unterricht in Klavier und Kompo- 
sition. 1934-39 studierte er die gleichen Fächer am 
Warschauer Konservatorium, erhielt 1937 beim 
Internationalen Chopin-Wettbewerb in Warschau 
einen Klavierpreis. Er unternahm seit 1945 Kon- 
zertreisen durch Osteuropa und erhielt 1955 eine 
Professur an der Warschauer Hochschule für Mu- 
sik. Jury-Mitglied bei den Warschauer Chopin- 
Wettbewerben, bereitet er auch die Neuausgabe 
der Werke von Chopin vor. Unter seinen Kom- 
positionen befinden sich die Orchestersuite Die 
Bergbewohner , ein Klavierkonzert (1949) und zahl- 
reiche Klavierstücke. 

Ekkehard, 5 Mönche dieses Namens lebten zwi- 
schen dem 10. und dem 13. Th. im Benediktiner- 
kloster St. Gallen. - 1) E. L (Decanus), * um 900, 
t 14. 1. 973 zu St. Gallen, wo er als Schulmeister 
und (nach einer Romreise 957) 958-64 als Dekan 
wirkte. E. ist der Verfasser des Waltharius-Licdcs 
sowie einiger Hymnen und Sequenzen. - 2) E. II. 
(Palatinus), * um 920, f 23. 4. 990 zu Mainz, Neffe 
und Schüler von E. I., wirkte als Erzieher in St. 
Gallen, am Hofe der Kaiserin Adelheid und unter- 
richtete ab 973 Herzogin Hadwig von Schwaben 
auf dem Hohentwiel. (Diese Zeit ist dargestellt in 
J. V. v. Scheffels E.-Roman.) Zuletzt war er Dom- 
propst in Mainz. Er soll außer einigen Epigrammen 
auch 2 Sequenzen verfaßt haben. -3) E. ÖL, eben- 
falls Neffe und Schüler von E. I., ging 973 mit E. JL 
auf den Hohentwiel und war später 30 Jahre lang 
Dekan in St. Gallen. - 4) E. IV., * um 980 vielleicht 
im Elsaß, + um 1060 an einem 21. 10. zu St. Gallen; 
er war Schüler des Notker Labeo und ging nach 
dessen Tod als Leiter der Schola cantorum nach 
Mainz (1022-31). Nach der Einführung der clunia- 
zensischen Reform durch Abt Nortpert hielt E. 


die Erinnerung an die glanzvolle Vergangenheit 
St. Gallens in der von 883 bis um 975 reichenden 
Fortsetzung von Ratperts Casus Sancti Galli fest; 
der anekdotisch gefärbte und tendenziöse Bericht 
behandelt auch die Einführung des gregorianischen 
Gesangs in St. Gallen durch den legendären Mönch 
Romanus sowie das Sequenzscharfen des Notker 
Balbulus. Unter den poetischen Werken und Be- 
arbeitungen E.s ragt aer Uber benedictionum hervor. 
- 5) E. V., Schriftsteller der 1. Hälfte des 13. Jh., 
verfaßte auch eine Vita Notkeri Bälbuli (allerdings 
von geringem Quellenwert). 

Ausg.: E. I.: Waltharius, zuverlässigste Ausg. v. K. 
Strecker, Bin 1907, 21924, mit deutscher Ubers, v. 
P. Vossen 1947; Gedichte in: Analecta hymnica. . . 
L, hrsg. v. G. M. Dreves; Ein Jahrtausend Lateinischer 
Hymnendichtung, hrsg. v. G. M. Dreves u. Cl. 
Blume, Lpz. 1909; Monumenta Germaniae Histo- 
rica, Carmina Cantabrigensia, hrsg. v. K. Strecker, 
Bin 1926. - E. IV.: Casus sancti Galli, hrsg. v. M. 
Goldast, Reram Alemannicarum Scriptores I, Ffm. 
1606 (darin auch die Notker-Biogr. E.s V.); dies., 
hrsg. v. I. v. Arx in Monumenta Germaniae Histo- 
rica, Scriptorum Tomus II, Hannover 1829; dies., 
hrsg. v. G. Meyer v. Knonau, Mittheilungen zur 
vaterländischen Gesch., hrsg. v. Hist. Ver. in St. 
Gallen XV/XVI, 1877 (ebenda XXXI, 1909, der 
Liber benedictionum, hrsg. v. J. Egli) ; deutsche Ubers, 
der Casus v. G. Meyer v. Knonau als Bd XXXVIII 
(= X. Jh., Bd XI) der »Geschichtschreiber der deut- 
schen Vorzeit« Lpz. 1878, hrsg. v. PL Büttler 21925. 
Lit: A. Schubiger, Die Sängerschule St. Gallens, 
Einsiedeln 1858; ders., Die Pflege d. Kirchenge- 
sangs... in der... Schweiz, Einsiedeln 1873; W. 
Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen..., 
Bin 1858, neueste Bearbeitung v. R. Holtznaann, 
Deutsche Kaiserzeit I, 2, Tübingen 21948; E. Dümm- 
ler, E. IV., Zs. für deutsches Altertum XIV, 1869; 
G. Meyer v. Knonau, Die Ekkeharde v. St Gallen, 
Basel 1876; G. Meier, Gesch. d. Schule v. St Gallen, 
Jb. für Schweizer Gesch. X, 1885; P. Wagner, Ein- 
führung in d. gregorianischen Melodien, Lpz. 1895, 
neue Ausg. des 1. Teils als: Ursprung u. Entwickelung 
d. liturgischen Gesangsformen, 21905, 21911, engl. 
1907; ders.. St Gallen, in d. Mg., in: Die Dichter- 
schule v. St Gallen, hrsg. v. S. Singer, Lpz. 1922; M. 
Manitius, Gesch. d. lat Lit des MA, 3 Bde, = Hdb. 
der klassischen Altertums- Wiss. IX, 2. Abt, München 
1911-31; Dom R. Van Doren, Etüde sur Finfluence 
musicale de Fabbaye de St-Gall, M6moires de FAcad. 
royale de Belgique, Classe des Beaux-Arts, 1925, Bd II; 
J. Handschin, St Gallen in d. ma. Mg.,SMZ LXXXV, 
1945; H. Husmann, Die St Galler Seqiienztradition, 
AMI XXVI, 1954. 

Eklöf, Joel Ejnar, * 20. 1. 1886; schwedischer 
Komponist, studierte am Konservatorium in Stock- 
holm und wurde Gesanglehrer und Organist Er 
schrieb Chöre und Lieder, auf die der schwedische 
Volksgesang eingewirkt hat 

Qlderlng, Bram, * 8. 7. 1865 zu Groningen, f 17. 
6. 1943 zu Köln; niederländischer Violinist, war 
Schüler von Poortman in Groningen und Hubay 
am Brüsseler Conservatoire, zuletzt von Joachim 
an der Berliner Königlichen Hochschule, ab 1887 
in Budapest, Berlin, Meiningen, Amsterdam tätig, 
1903-34 in Köln Konzertmeister des Gürzenich- 
Orchesters, Lehrer am Konservatorium und Führer 
eines Streichquartetts. Zu seinen Schülern zählen 
A. Busch, M. Strub, W. Stroß und S. Bornes. 

Electrola Gesellschaft m. b. HL -> His Ma- 
ster’s Voice. 


457 



Eier 


Eier, Andre-Freddric, * um 1764 im Elsaß, 
t 21. 4. 1821 zu Paris; französischer Komponist, 
lebte in Paris, wo 1787 ein Werk von ihm im Con- 
cert spirituel aufgeführt wurde. Am Conservatoire 
wirkte er seit dessen Gründung, 1795-97 als Bi- 
bliothekar, 1798-1800 als Lehrer für Begleitung, 
dann bis 1816 als Gesanglehrer, von da an als Leh- 
rer für Kontrapunkt. E. schrieb: 4 Opern, eine re- 
publikanische Hymne, Kirchenmusik, eine Ouver- 
türe für Blasorch., ein Oboenkonzert, 2 Homkon- 
zerte und Kammermusik. 

Lit: A. Blondeau, Hist, de la musique moderne, 
Paris 1847; G. Chouquet, Hist, de la musique dra- 
matique en France, Paris 1873; M. Brenet, Les con- 
certs en France . . Paris 1900. 

Elers, Franz (Elerus), * um 1500 zu Ülzen, f 22. 
2. 1590 zu Hamburg; deutscher Kantor, wurde 
um 1530 Kantor am Johanneum in Hamburg, spä- 
ter Musikdirektor am Dom und gab 1588 ein 2- 
bändiges Gesangbuch heraus, dessen I. Teil (Cm- 
tica saara) die Kollekten und Responsorien, der II. 
(Psalmi D. Martini Lutheri) die Kirchenlieder ent- 
halt; es war in Hamburg bis 1700 in Gebrauch. 

Lit: J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, 
Hbg 1740, S. 325, Faks. hrsg. v. M. Schneider, Bin 
1910; C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang I, 
Lpz. 1843; H. Leichsenring, Hamburgische Kirchen- 
musik, Diss. Bin 1922; L. Krüger, Die hamburgische 
Musikorganisation . . ., = Slg mw. Abh.en XII, 
Straßburg, Lpz., Zürich 1933. 

Elewijck, Xavier Victor Fid&le, Chevalier 
van -> Van Elewyck. 

Eigar ('dga:), (Sir) Edward William, * 2. 6. 
1857 zu Broadheath bei Worcester, t 23. 2. 1934 
zu Worcester; englischer Komponist, war zuerst 
Violinist im Orchester von Birmingham, wurde 
1882 Konzertmeister in Worcester und war 1885 
bis 1889 als Nachfolger seines Vaters Organist an 
der römisch-katholischen Kirche Saint George. In 
der Folge lebte er als freier Komponist, ab 1891 zu- 

Nach dem großen Erfolg seines Oratoriums The 
Dream of Gerontius «rang er allgemeine Anerken- 
nung als erster englischer Komponist seiner Zeit; 
zum Ehrendoktor ernannten ihn die Universitäten 
Cambridge (1900), Durhain (1904), Leeds (1904), 
Oxford (1905), Yale (1905), Aberdeen (1906) und 
Pennsylvania (1907). 1904 wurde er geadelt. Im 
gleichen Jahre fand in London ein 3tägiges E.-Fest 
statt. E. fielt 1905-06 Vorlesungen an der Univer- 
sität Birmingham; 1924 wurde er Master of the 
King’s Music. E. ist ein Spätromantiker von aus- 

f eprägter Eigenart, dessen Schaßen sich durch Star- 
en Fonnsmn und das Anknüpfen an die ältere 
Musik und Folklore Englands von dem der Zeit- 
genossen abhebt. Nur am Rande schrieb er ein Un- 
terhaltungsstück Salut d*amour t das als Standard- 
werk dieser Gattung in der ganzen Welt bekannt 
wurde. Werke: Kinderoper The Wand of Youth 
(um 1869), daraus 2 Orchestersuiten als op. la und 
lb; Romanze für V. und KL op. 1 (gedruckt 1885); 
Sevillana für Streichorch. op. 7 (1884) ; 3 Stücke für 
Kammerorch. op. 10 (1881) ; Sursum corda für Strei- 
cher, Blechbläser und Org. op. 11 (1894) ; 2 Chan- 
sonsfrn Orch. op. 15 (1901) ; Ouvertüre Froissart op. 
19 (1890) ; Serenade E moll für Streichorch. op. 20 
(1892); Kantate The Black Knight (nach U h fan d) 


für Chor und Orch. op. 25 (1893) ; 5 Lieder The 
Bavarian Highlands (nadi Volkstexten) für Chor 
und KL oder Orch. op. 27 (1895); Orgelsonate 
G dur op. 28 (1895) ; Oratorium The Light of Life 
(»Lux Christi«) op. 29 (1896) ; Chorkantate King 
Olaf op. 30 (1896) ; Imperial March für Orch. op. 32 
(1897) ; Ballade The Banner of St. George für Chor 
und Orch. op. 33 (1897) ; Te Deum und Benedictus 
für Chor und Orch. op. 34 (1897); Kantate Carac- 
tacus für Soli, Chor und Orch. op. 35 (1898) ; 
Enigma Variations über ein eigenes Thema für 
Orch. op. 36 (1899) ; 5 Sea Pictures für A. und Orch. 
op. 37 (1899); Oratorium The Dream of Gerontius 
(Text: Kardinal Newman) op. 38 (1900); 4 Or- 
chestermärsche Pomp and Circumstance op. 39 (1902 
bis 1907, berühmt vor allem Nr 5, 1930) ; Ouver- 
türe Cockaigne (»In London Town«) op. 40 (1901) ; 
Schauspi elmusik Grania and Diarmid op. 42 (1902); 
Dream Children , 2 Stücke für Kammerorch., op. 43 
(1902); Coronation Ode für Soli, Chor und Orch. 
op. 44 (1901) ; Introduction und Allegro für 
Streichquartett und Streichorch. op. 47 (1905) ; 
Oratorium The Apostles op. 49 (1903); Ouvertüre 
In the South (»Alassio«) op. 50 (1903) ; Oratorium 
The Kingdom op. 51 (1906); I. Symphonie As dur 
op. 55 (1908) ; Elegy für Streichorch. op. 58 (1909) ; 
Violinkonzert H moll op. 61 (1910) ; Romanze für 
Fag. und Orch. op. 62 (1910); II. Symphonie Es 
dur op. 63 (1910); Coronation March für Orch. op, 
65 (191 1) ; Masque The Croumoflndia op. 66 (1912) ; 
symphonische Studie Falstaff op. 68 (1913) ; The 
Music Makers für A., Chor und Orch. op. 69 
(1912); Sospiri für Streichorch., Harfe und Org. 
op. 70 (1914); Melodramen Carillon op. 75 (1914) 
und Une voix dans le disert op. 77 (1915); Schau- 
spielmusik The Starlight Express op. 78 (1915); 
Melodrama Le drapeau beige op. 79 (1917) ; Kan- 
tate The Spirit of England für S., T., Chor und Orch. 
op. 80 (1916) ; Ballett The SanguineFan op. 81 (1917) ; 
Violinsonate E moll op. 82 (1918) ; Streichquartett 
E moll op. 83 (1918); Klavierquintett A moll op. 
84 (1918) ; Cellokonzert Emoll op.85 (1919); 
Severn Suite für Blasorch. op. 87 (1930) ; Nursery 
Suite für Orch. (1931); unvollendet blieben eine 
HL Symphonie und Opern skizzen. 

Lit.: L. B. M. Dyer, Music by British Composers, 
A Series of Complete Cats, II, E. E., London 1931 ; 
P. J. Perie, Bibliografia delle opere mus. di Sir E. E., 
BolL BibL Mus. VI, 1931. - Letters of E. E., hrsg. v. 
P. Young, London 1956; E. E., My Friends Pictured 
Within. The subjects of the »Enigma Variations« as 
portrayed in Contemporary photographs and E.'s 
Manuscript, London 1946. - R. J. Buckley, Sir E. 
E., London 1904, 21925; E. Newman, E., London u. 
NY 1906; J. F. Porte, E., London 1921; ders., E. 
and his Music, London u. NY 1933; F. H. Shera, 
K: Instrumental Works, Oxford 1931; A. J. Shel- 
don, E. E., London 1932; B. Maine, E., 2 Bde, Lon- 
don 1933; W. H. Reep, E. as I Knew Him, London 
1936; ders., E., London 1939; Mrs. R.Powell, E. 
E., London 1937, 21947 ; W. R. Anderson, Intro- 
duction to the Music of E., London 1949; D. M. 
McVeaoh, E., London 1955; P. M. Young, E., Lon- 
don 1956. 

Elias Salomonis, französischer Musiktheoretiker 
des 13. Jh., war Geistlicher in St. Astier (Dordogne) 
und schrieb 1274 am päpstlichen Hofe in Rom eine 
Scientia artis musicae , die über die Leitung eines 
mehrsti mmig en Gesanges und den Cantus supra 


458 



Eller 


librum , eine mehrstimmige Improvisation nach 
Art des Quarten- und Quintenorganums, berichtet. 
Ausg.: GS III, S. 16 ff. 

Lit.: G. Schünemann, Gesch. d. Dirigierens, Lpz. 
1913, Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen X, 
hrsg. v. H. Kretzschmar; E. T. Ferand, Die Improvi- 
sation . . ., Zürich (1939). 

Eifas, Alf onso de, * 30. 8. 1902; mexikanischer 
Komponist, war Schüler am Konservatorium 
M&rico D.F. E. schrieb Orchesterwerke, darunter 
2 Symphonien (1926 und 1935) und das Tripty- 
chon El jardin enamtado (1924) sowie ein Ballett 
Las Biniguendas de Plato (1940). 

Elias, Josd, t 1749 zu Madrid; katalanischer 
Komponist, war um 1690 Schüler von J. Caba- 
nilles. 1715 war E. Organist an Santos Justo y 
Pastor in Barcelona, später am Barfiißerinnen- 
kloster in Madrid. E. galt seiner Zeit als Vater der 
spanischen Organisten. Seine Orgelstücke liegen 
handschriftlich in Barcelona (BibHoteca Central) 
und Madrid (Biblioteca National). Hervorgehoben 
seien die Obras de organo , entre el antiguo y modetno 
estilo (12 Stücke, die Handschrift Barcelona ist 
1749 datiert). Die Duetti a voce sola di Soprano e B. 
P. de Gippeuse Elia im Conservatorio G. B. Mar- 
tini von Bologna sind wahrscheinlich auch E. zu- 
zuschreiben. 

Ausg.: 5 Stücke, hrsg. v. F. Pedrell in Antologfa de 
Organistas Cläsicos Espaüolas II, Madrid 1908, da- 
von Intento Cromätico auch hrsg. v. dems. in Catä- 
lech de la Bibi. Mus. de la Diputadö Barcelona II, 
Barcelona 1909; Octavo Preludio, hrsg. v. dems., — 
Salterio Sacro-Hispano CXYI, Barcelona 1905. 

Lit.: H. Eslava, Breve Memoria Histörica de los 
Organistas Espaüoles, Madrid 1853. 

Elizglde, Federico, * 12. 12. 1908 zu Manila; 
philippinischer Komponist, studierte in Madrid 
(P. Gasais), San Francisco (A. Hertz und E. Bloch) 
und Paris (E. Haifiter). E. ist Orchesterleiter; er 
dirigierte das San Francisco Symphony Orchestra 
und besaß in London eine eigene Jazzband. Seine 
Kompositionen umfassen Orchesterwerke und die 
Oper Paul Gauguin . 

Elkus, Albert L, * 30. 4. 1884 zu Sacramento 
(California); amerikanischer Musikpädagoge und 
Komponist, ging nach Absolvierung der Univer- 
sity or California zu weiterem Musikstudium nach 
Berlin, Wien, Paris und London. Am San Fran- 
cisco Conscrvatory of Music lehrte er 1923-25 
und 1930-34 Theorie, unterrichtete 1929-33 Mu- 
siktheorie und Komposition am Dominican Col- 
lege, San Rafael (California), lehrte 1929-40 am 
Mills College, Oakland, und gehörte 1934—51 dem 
Lehrkörper der University oi California als Leiter 
des Universitätsorchesters, Vorsitzender des De- 
partment of Music und seit 1935 als Professor an. 
1951—57 war er Direktor des San Francisco Con- 
servatory of Music. Er schrieb Orchesterwerk 
( Impressions from a Greek Tragedy 1920, Concertino 
on Lezione II of Attilio Arosti 1921, On a Merry 
Folk Tune 1923), Chorkompositionen, Klavier- 
stücke und Lieder. E. ist Mitherausgeber der Lei- 
ters and Papers of Oscar Weil (1923). 

Ella, John, * 19. 12. 1802 zu Leicester, f 2. 10. 
1888 zu London; englischer Violinist und Musik- 
schriftsteller, studierte ab 1825 an der Royal Aca- 


demy of Music in London, 1826 bei Attwood Har- 
monielehre, 1827 noch Kontrapunkt bei Fetis in 
Paris, war in verschiedenen Orchestern tätig. 
1845-80 veranstaltete er Kammermusikauffüh- 
mngen (The Musical Union), zu denen er analy- 
tische Programme schrieb. Auch als Musikkritiker 
an The Moming Post und durch einige Bücher 
wurde er bekannt. 

Lit.: J. Ravell, J. E., ML XXXIV, 1953. 

Ellberg, Ernst Henrik, * 11. 12. 1868 zu Söder- 
hamn (Schweden), *f 14. 6. 1948 zu Stockholm; 
schwedischer Komponist, studierte am Stockhol- 
mer Konservatorium Violine bei C.J. Lindberg 
und Komposition bei Dente, spielte 1887-95 im 
Hoforchester, war Ballettdirigent, 1904-33 Lehrer 
für Kontrapunkt und Instrumentation am Konser- 
vatorium, dann bis 1943 Lehrer für Instrumentation 
an der Musikakademie. Zu seinen Schülern ge- 
hören G. Nordquist, H. Rosenberg und Dag 
Wiren. E. schrieb Kamm er- und Orchestermusik, 
darunter eine Symphonie D dur (1897), 2 Ballette, 
die Oper Rassa (1948) sowie Mannerchöre. 

fülegaard, France, *10. 10. 1913; dänische Piani- 
stin, erhielt ihre Ausbildung am Conservatoire in 
Paris und debütierte 1927 in Kopenhagen. Sie 
konzertierte in ganz Europa, besonders mit Wer- 
ken Mozarts, der Romantik und der französischen 
Impressionisten. 

Eller, Heino, * 8. 3. 1887 zu Dorpat; estnischer 
Komponist, studierte in St. Petersburg Jura und 
gleichzeitig am Konservatorium bei Kalafati und 
Wihtol Komposition. 1920 wurde er Lehrer an der 
Musikschule in Dorpat, später am Konservatorium. 
E. komponierte u. a. eine Sinfonia in modo mixolydio , 
kleinere impressionistische Orchesterwerke, 3 
Streichquartette, eine Violinsonate, eine Klavier- 
sonate und Klavierstücke. 

Eller, Louis, * 9. 6. 1820 zu Graz, f 12. 7. 1862 
zu Pau; österreichischer Violinist, wurde 1842 
Konzertmeister in Salzburg, unter n a hm große 
Konzertreisen und schrieb viele Violinstücke. 

Lit.: A. Reichel, Zur Erinnerung an L. E., Dresden 
1864. 

Eller, Rudolf, * 9. 5. 1914 zu Dresden; deutscher 
Musikforscher, studierte 1934—36 am Konserva- 
torium Dresden, 1934-41 Musikw i ssenscha f t an 
den Universitäten Leipzig und Wien und promo- 
vierte 1947 in Leipzig mit einer Arbeit über/. S. 
Bachs Konzertfonn (ungedruckt). 1948-53 war er 
Assistent am musikwissenschaftlichen Institut der 
Universität Le ipz ig, 1947-53 Lehrbeauftragter, seit 
1953 mit der W anmehmung einer Dozentur für 
Musikwissenschaft an der Universität Leipzig be- 
auftragt, leitet seit 1952 kommissarisch das musik- 
wissenschaftliche Institut der Universität Rostock. 
Veröffentlichungen: Bruckner und Bach (in: Bericht 
über die wissenschaftliche Bachtagung Leipzig 
1950, Leipzig 1951), Nationale Bedingtheiten des 
europäischen Instrumentalstiles (Kgr.-Ber. Bamberg 
1953, Kassel und Basel 1954), Geschichtliche Stellung 
und Wandlung des Vivaldischen Konzertes (Kgr.-Ber. 
Wien 1956), Zur Frage Bach^Vivaldi (Kgr.-Ber. 
Hamburg 1956), Das Instrutnentalkonzert Antonio 
Vivaldis (Leipzig, im Druck). E. gab die Instru- 
mentenkunde von H. Schultz neu heraus (Leipzig 

459 



Ellerton 


1954) und veröffentlichte eine kritische Ausgabe 
der 3 Dresdner Konzerte Vivaldis (Leipzig 1957). 
Er habilitierte sich 1957 an der Universität Leipzig. 

EUerton ('ebtan), John Lodge, * 11. 1. 1801 zu 
Chester, f 3. 1. 1873 zu London; englisdier Kom- 
ponist von irischer Abkunft, studierte in Oxford, 
dann noch 2 Jahre Kontrapunkt in Rom und 
schrieb: 7 italienische, 2 deutsche und 2 englische 
Opern, ein Oratorium Paradise Lost nach Milton 
(1857), 6 Messen, 6 Anthems, 17 Motetten, viele 
Lieder, Glees und Chöre; 6 Symphonien, 4 Ouver- 
türen, 54 Streichquartette, 5 Quintette, 8 Klavier- 
trios, 3 Streichtrios und viele weitere Stücke. 

EUeviou (dvj'u), Jean, * 14. 6. 1769 zuRennes, 
f 5. 5. 1842 zu Paris; französischer Sänger (Teno- 
rist), debütierte 1790 in der Comedie Italienne im 
Deserteur (Monsigny) und sang bis 1813, zuletzt 
mit 84000 Franken Gage. Mehuls Joseph in 
Ägypten (1807) und Boieldieus Johann von Paris 
(1812) sind für E. geschrieben. 

Lit.: E. H. P. de Curzon, J. E., Paris 1930. 

Ellicott, Rosalind Frances, * 14. 11. 1857 zu 
Cambridge, t 5.4.1924 zu London; englische 
Komponistin, studierte 1874-81 an der Royal Aca- 
demy of Music bei Th. Wingham und schrieb: 
Kantaten Radiant Sister of the Daum (1887), Elysium 
(1889), The Birth of Song (1892), Henry of Navarre 
für Männerchor (1894) ; Phantasie A moll für Kl. 
und Orch. (1895), 3 Ouvertüren, Kammermusik, 
Lieder, Duette und Chöre. 

Effing, Catharinus, * 13.9.1858 und f 8.1. 
1942 zu Oslo; norwegischer Komponist und 
Volksliedsanimier, war 1877/78 Schüler des Leip- 
ziger Konservatoriums, 1886-89 H. v. Herzogen- 
bergs an der Berliner Musikhochschule, lebte dann 
in Berlin, wurde 1896 Theorielehrer am Osloer 
Konservatorium, daneben Dirigent der Drammens 
sangforening, begann 1898 mit Unterstützung des 
Staates Volkslieder zu sammeln (er sammelte ins- 
gesamt etwa 1400 Lieder) und war 1909-26 an 
Gamlebyens kirka in Oslo. Er schrieb die Oper 
Kosakkeme (1897), Orchesterwerke, Oratorien, 
Männerchöre, 2 Streichquartette, ein Klavierquar- 
tett, Violin- und Klavierstücke, etwa 200 Lieder, 
Bearbeitungen von Volksliedern und Bücher über 
das norwegische Volkslied. 

Effingford, Herbert Frederick, * 8. 2. 1876 zu 
London; englischer Organist, studierte 1893-98 
am Royal College of Music bei Parratt, Gladstone 
und Sir J. F. Bridge, war 1906-12 in Belfast Or- 
ganist der Kirche St. George’s und des Earl of 
Shaftesbury, 1913-43 an St. George’s Hall in 
Liverpool, wo er ausschließlich Konzerte zu geben 
hatte, 1944-54 Orgellehrer am Trinity College of 
Music in London. Er schrieb Kirchenmusik, Orgel- 
und Klavierstücke, Arrangements für Org., Chöre, 
Lieder und einige Lehrbücher. 

Ellington ('dirjten), Duke (Edward Kennedy), 
* 29. 4. 1899 zu Washington (D. C., USA) ; ameri- 
kanischer Jazzmusiker, begann als Pianist in ver- 
schiedenen Bands seiner Heimatstadt und ging 
1923 nach New York mit einer eigenen 5-Mann- 
Combo, die sich nach einem halben Jahr wieder 
auflöste. Mit einer neuen Band begann 1926 E.s 
Aufstieg zu weltweiter Anerkennung; Europa- 


Tourneen 1933, 1939 und 1950. Die Arrangements 
besorgt E. selbst, in neuerer Zeit vielfach auch 
Billy Strayhorn (* 29. 11. 1915 zu Dayton, 
Ohio; seit 1939 Pianist bei E.). E. knüpft an den 
späten Ragtime und an den Orchesterstil Hender- 
sons an; er hat mit seinem Orchester repräsentative 
Beispiele für die wichtigsten Möglichkeiten groß- 
orchestraler Jazzmusik geschaffen: im »jungle 
style« die Black and Tan Fantasy , in dem vom Blues 
herkommenden »mood style« Mood Indigo und 
Solitude, im konzertanten Stil, der Elemente der 
lateinamerikanischen Tanzmusik und der sym- 
phonischen Musik aufnimmt, mehrsätzige Werke 
wie die Suiten Deep South Suite (1946), Liberian 
Suite (1947, zum 100jährigen Bestehen der afri- 
kanischen Republik Liberia), Black , Brown and 
Beige und Harletn (im Auftrag Toscaninis geschrie- 
ben) sowie eine Jazz-Suite über Gestalten, Szenen 
und Sonette von Shakespeare (1957), ferner 
Concerto for Cootie (für E.s Trompeter Cootie 
Williams, * 24.7.1908 zu MobÜe, Alabama, 
1929-40 bei E., seit 1942 Leiter einer eigenen 
Big Band). E. schrieb auch eine Oper Boola. 

Lit.: J. de Trazegnie, D. E., Brüssel 1946; H. Hess 
(Pseudonym v. A. Bosman), Het leven van D. E., 
Rotterdam 1946; B. Ulanov, D. E., NY 1946. 

Effinwood ('elinwud), Leonard, * 13. 2. 1905 zu 
Thomaston (Connecticut) ; amerikanischer Musik- 
forscher, studierte in Aurora (Illinois) sowie an der 
Eastman School of Music der University of Ro- 
chester (Ph. D. 1936) und wurde 1948 zum Diakon 
der Protestant Episcopal Church ordiniert. Er war 
1927-32 Lehrer an der Mount Hermon School, 
1934-36 an der Eastman School of Music, 1936-39 
Lehrer für Musikwissenschaft am Michigan State 
College, las 1946-52 an der Evergreen School of 
Church Music, arbeitet seit 1940 in der Katalog- 
Abteilung der Library of Congress in Washington 
und ist daneben seit 1948 Assistant minister der 
Washington Cathedral. Neben einzelnen Studien 
in Fachzeitschriften erschienen von ihm: Musica 
Hermanni Contracti (Rochester 1936), The Works 
of Francesco Landini (Cambridge, Mass., 1939 und 
1945), The History of American Church Music (New 
York 1953). E. ist der Herausgeber von The Hymnal 
1940 Companion (New York 1949, 1951 und 1955). 

Effis, Alexanderjohn (eigentlich Sharpe), * 14. 
6. 1814 zu Hoxton (London), f 28. 10. 1890 zu 
Kensington (London); englischer Akustiker, stu- 
dierte in Cambridge zuerst Jurisprudenz, wandte 
sich aber 1843 der Phonetik zu und schuf eine neue 

Ä che Orthographie (Phonotypy), für die er 
lit Lehrbüchern, Ausgaben und Zeitschriften 
einsetzte, jedoch ohne Erfolg. Ergebnis seiner pho- 
netischen Studien ist auch das große Werk On 
Early English Pronunciation (5 Bände, London 1869 
bis 1889, Neuausgabe 1929-30). Akustische Inte- 
ressen führten ihn zum Studium der M usikt heorie 
und zur Lektüre von Hdmholtz’ »Die Lehre von 
den Tonempfindungen«, die er ins En glis che über- 
setzte (On the Sensation of Tone , Übersetzung der 
dritten Auflage, London 1875, 21885, mit Anmer- 
kungen E.’). Auch übersetzte und bearbeitete er 
W. Th. Preyers Buch Ȇber die Grenzen der Ton- 
wahmehmung« (On the Sensitiviness of the Ear, 
Pro c. Mus. Ass. H-ID, 1875-77). Mit seinem 
Assistenten A. J. Hipkins erforschte E. besonders 


460 



Elsner 


die Probleme einer reinen Stimmung und die Ge- 
schichte des Kammertons ( The History of Musical 
Pitch , Journal of the Society of Arts, auch separat 
London 1880). Mit den Tonometrical Observations 
on Existing Non-Harmonic Scales (Proceedings of 
the Royal Society, 1884) »wurde E. zum eigent- 
lichen Begründer der vergleichenden Musikwis- 
senschaft«. Zur Verdeutlichung seiner Intervall- 
messungen führte E. die Cents ein, d. h. er teilte 
den gleichschwebend temperierten Halbton in 100 
gleiche Teile; aufgrund dieser Bere chnun g ist es 
möglich, auch kleinste Intervalle in ganzen Zahlen 
darzustellen und die Unterschiede nahe beiein- 
anderliegender Intervalle auf den ersten Blick 
deutlich zu machen: z. B. entspricht die gleich- 
schwebend temperierte Quinte 700 Cents, die reine 
Quinte 702 Cents. 

Ausg.: Tonometrical Observations..., deutsch v. 
E. M. v. Hornbostel, Sammelbde f. vergleichende 
Mw. I, 1922. 

Elman, Mischa, * 21. 1. 1891 zu Talnoi; russi- 
scher Violinist, studierte in Odessa und 1901-04 am 
Petersburger Konservatorium Violine bei L. Auer, 
Komposition bei Cui, debütierte 1904 in Berlin, 
trat 1908 in New York auf, wo er sich dann nieder- 
ließ. E. schrieb Violinstücke (La Gondola, Ro - 
tnance), Bearbeitungen für V. und Lieder. 

Lit : S. Elman, Memoirs of M. E.’s Father, NY 1933 ; 
Mac Donnel Carpenter, M. E. and J. Szigeti, NY 
(1955). 

Rima«, Stephan, * 24. 12. 1864 zu Smyrna; 
griechischer Pianist und Komponist, studierte auf 
Anraten Liszts am Konservatorium der Gesell- 
schaft der Musikfreunde in Wien Klavier bei Door 
und Harmonielehre bei Krertn, kehrte nach 
Smyrna zurück, begann 1886 Konzertreisen und 
ließ sich in Genf nieder. E. schrieb 4 Klavierkon- 
zerte, ein Klavierquartett, ein Klaviertrio, 4 So- 
naten und Salonstücke für KL 

Elmendorff, Karl, * 25. 1. 1891 zu Düsseldorf; 
deutscher Dirigent, wurde nach anfänglichen Phi- 
lologiestudien 1913 Schüler des Kölner Konser- 
vatoriums, an dem er sich unter Fr. Steinbach und 

H. Abendroth auf die Dirigentenlaufbahn vorbe- 
reitete. Frühen Kapdlmeisterjahren in Düsseldorf 
und Mainz folgten Stellungen als musikalischer 
Oberleiter in Hagen und Aachen, 1925-32 als 

I. Kapellmeister an den Staatsopem in Berlin und 
München, anschließend die Berufung zum GMD 
der Hessischen Staatstheater in Wiesbaden und 
Kassel, dann (bis 1945) in Mannheim (Natio- 
naltheater) und Dresden (Staatsoper). 1948-56 
wirkte er wieder an den beiden Staatsopem 
in Hessen, zuletzt in Wiesbaden. Opern- und 
Konzertgastspiele führten ihn durch ganz Europa. 
1927-42 war er als ständiger Gast auch Dirigent 
der Bayreuther Festspiele. 

Elmenhorst, Hinrich, * 19. 10. 1632 zu Par- 
chim (Mecklenburg), f 21. 5. 1704 zu Hamburg; 
deutscher Pfarrer und Liederdichter, studierte ab 
1650 in Jena, Wittenberg und Leipzig Theologie 
und war ab 1660 in Hamburg tätig, war einer der 
Förderer der Hamburger Oper, für die er mit der 
Schrift Dramatologia antiquo-hodiema (Hamburg 
1688) eintrat und einige Libretti schrieb, ist aber 


vor allem durch seine Lieder bekannt, die zuerst 
1681 in Hamburg mit Melodien von J. W. Franck 
erschienen; die vollständigste Sammlung ist: M. 
Henrich Elmenhorsts / Predigers in Hamburg / Geist- 
reiche Lieder , herausgegeben von J. Ch. Jauch, 
Lüneburg 1700, mit Melodien von J. W. Franck, 
G. Böhm und Peter Laurentius Wockenfuß (+ 1721 
zu Kiel, wo er ab 1708 Kantor der Nikolaikirche 
war, vorher in Regensburg nachweisbar). 

Ausg. : M. H. E.s . . . Geist-reiche Lieder, Lüneburg 
1700, hrsg. v. J. Kromolicki u. W. Krabbe, DDT 
XLV; Ausgew. geistliche Lieder, hrsg. v. M. Seiffert, 
Organum II, 9, Lpz. o. J. 

Eloy d’Amerval, Komponist des ausgehenden 
15. JL, wahrscheinlich französischer Abstammung, 
war 1483 Musikmeister an Ste-Croix zu Orleans, 
von Tinctoris und Gafurius als gediegener Meister 
zitiert, von dessen Werken aber nur eine 5st. Messe 
Dixerunt discipuli im Ms. 14 der Cappella Sistina 
in Rom und ein Patrem im Ms. Trient 92 erhallen 
zu sein Schemen. Seine Dichtung Le liure de la 
deablerie (Paris, um 1508) enthält Bemerkungen zur 
Musik. 

Lit: M. Brenet, Un po&te-musiden fr?, du XVe s.: 
E. d’A.: Rev. dhist. et de critique musicales I, 1904. 

Elsbeth, Thomas, * zu Neustadt (Franken), 
f nach 1624 zu Jauer (Oberschlesien); deutscher 
Komponist, lebte um 1600 in Frankfurt an der 
Oder, 1602 in Coburg, 1606 in Liegnitz und 1616 
bis 1624 vermutlich als Kantor in Jauer. Wahr- 
scheinlich hat sich E. vor 1599 auch in Breslau auf- 
gehalten. Zwischen 1599 und 1624 erschienen 12 
größere und verschiedene kleinere Veröffentli- 
chungen mit 4-8sL lateinischen und deutschen 
Motetten (darunter 60 deutschsprachige Evanr- 
gelien-Vertonungen) und deutsche geistliche Lied- 
sätze für 3-5 St. 

Ausg. : 2 3st Sätze, hrsg. v. Fr. Jöde im 5. Teil seines 
Chorbuchs, Wolfenbüttel-Bln 1930; ein 5st Satz, 
hrsg. v. dems. im 2. Teü des Chorbuchs, ebenda 1931 ; 
von den 3 st. Sätzen einer auch hrsg. v. G. Grote in 
Chorbuch für gleiche St, Bln-Dahlem u. Gelnhausen 
(1951). 

Lit: Fr. Blume, Die ev. Kirchenmusik, Potsdam 
(1931); H.J. MopR, Die mehrst Vertonung des 
Evangeliums I, Leipzig (1931); ders.. Die ev. Kirchen- 
musik in Deutschland, Bin u. Darmstadt (1954); N. 
Hampel, Deutschsprachige prot Kirchenmusik Schle- 
siens bis zum Einbruch der Monodie, Diss. Breslau 
1937; H. Grimm, Meister der Renaissancemusik an 
der Viadrina, Frankfurt/Oder 1942. 

Elsner, Joseph Xaver, * 1. 6. 1766 zu Grottkau 
(Schieden), f 18. 4. 1854 zu Warschau; polnischer 
Komponist und Dirigent, der Lehrer Chopins, 
trat, nachdem er Me dizin studiert hatte, 1791 als 
Violinist in die Br unn er Theaterkapelle ein, wurde 
1792 Theaterkapellmeister in Lemberg und 1799 
in Warschau, wo er 1815 auf Anregung der Gräfin 
Sophia Zamojska eine Gesellschaft zur Erhaltung 
und Förderung der Tonkunst gründete und 1816 
die Direktion einer Gesangs- und Deklamations- 
Schule übernahm, aus der sich 1821 das War- 
schauer Konservatorium entwickelte. E. kompo- 
nierte 19 Opern (hervorzuheben Leszek der Weiße 
1809 und König Lokietek 1818, beide in Warschau), 
mehrere Ballette, Duodramen (Ahrahams Opfer), 
Schauspielmusiken, 3 Symphonien, Polonaisen für 
Orch., 6 Streichquartette, 2 Klavierquartette, eine 


461 



Elson 


4händige Klaviersonate, Konzerte für verschiedene 
Instrumente, Kantaten, 105 kirchliche Werke (Pas- 
sionsoratorium, Messen, Requiem auf den Tod 
Alexanders I., Motetten) und schrieb die Abhand- 
lungen über die Fügsamkeit der polnischen Sprache 
zur Musik und Rhythmus und Metrum der polnischen 
Sprache . 

Lit.: F. Hoesick, Aus J. E.s Memoiren, Warschau 
1901 (polnisch); J. Ross, Sl$zak J. X. E., Kattowitz 
1936 (polnisch); M. Nowak, Sonaty Elsnera, Roz- 
prawy i notatki muzykologiczne, Warschau 1936. 

Elson, Louis Charles, * 17. 4. 1848 und 1 14. 2. 
1920 zu Boston; amerikanischer Musikkritiker, 
studierte Gesang und Klavier in Boston, dann noch 
Theorie am Leipziger Konservatorium, war Kri- 
tiker an Bostoner Zeitungen (ab 1888 an The 
Boston Advertiser) und wurde 1882 Theorielehrer 
am New England Conservatory. Von seinen zahl- 
reichen Schriften sind zu nennen: The History of 
American Music (New York 1904, 2 1915) und 
Curiosities of Music (Boston 1908). Sein Sohn 
Arthur E., * 18, 11. 1873 zu Boston, f 24. 2. 1940 
zu New York, war gleichfalls Musikschriftsteller. 
Der L. Ch. R Memorial Fund bei der Library of 
Congress in Washington veranstaltet jährlich eine 
R-Gedächtnis-Vorlesung, die auch im Druck 
erscheint. 

Elßler, - 1) Joseph, * zu Kieslingen (Schlesien), 
1 1782 zu Eisenstadt, Musiker und Kopist an der 
Fürstlichen Esterhdzyschen Hofkapelle in Eisen- 
stadt. E. war von etwa 1760 bis zu seinem Tode 
auch als Kopist J. Haydns tätig. - 2) Joseph, * 7. 
8. 1767, f 6. 10. 1843 zu Wien, Sohn von 1), 
wurde 1796 Oboist in der Fddharmonie, 1800 in 
der Kapelle der Fürsten Esterhdzy. Er arbeitete 
vermutlich als Kopist für den Hof und für J. Haydn. 
- 3) Johannes (Florianus), * 3. 5. 1769 zu Ersen- 
stadt, f 12. 1. 1843 zu Wien, Sohn von 1), beglei- 
tete J. Haydn auf dessen 2. Londoner Reise 1794-95 
und blieb dann bei Haydn in Wien als dessen ver- 
trauter Kammerdiener und Kopist. E. schrieb 1805 
das als »Haydn-Verzeichnis« bekannte *Verzeichniß 
aller derjenigen Compositionen welche ich mich bei- 
läufig erinnere von meinem 18ten bis in das 73te Jahr 
verfertiget zu haben*. - 4) Therese, * 5. 4. 1808, 
1 19. 11. 1878 zu Meran, Tochter von 3), bekannte 
Tänzerin, 1848 in morganatischer Ehe dein Prinzen 
Adalbert von Preußen vermählt als Gräfin von 
Barnim. - 5) Fanny (eigentlich Franziska), * 23. 
6. 1810 zu Gumpendorf bei Wien, f 27. 11. 1884 
zu Wien, Tochter von 3), berühmte Tänzerin an 
den Bühnen in Wien (1825), Berlin (1832), Lon- 
don, Paris und in Amerika bis 1851. 

Ausg.: zu Job. E.: Drei Haydn Kataloge, hrsg. v. 
J. P. Lausen, Kopenhagen 1941. 

Lit.: C. F. Pohl, Joseph Haydn I, Leipzig 1878; J. P. 
L arsen. Die Haydn-Überlieferung, Kopenhagen 
1939; H. C. Robbins Landon, The Symphonies of 
Joseph Haydn, London (1955). - zu Fanny E. : J. 
Gregor, Kulturgesch. des Balletts, Wien (1944). 

Elster, Daniel, * 16. 9. 1796 zu Benshausen bei 
Schleusingen, f 19. 12. 1857 zu Wettingen (Aar- 
gau); deu t sch er Kapellmeister, wurde nach aben- 
teuerlichen Studienjahren 1825 Musiklehrer am 
Lehrerbildungsinstitut Lenzburg, wo er sich Nägeli 
und dessen Bestrebungen anschloß, und wirkte ab 
1826 glei chze i tig in Baden (Aargau). 1829-33 lebte 


er als Landwirt, Komponist und Schriftsteller in 
Hildburghausen, war dann an verschiedenen Orten 
Theaterkapellmeister, wurde 1843 Schullehrer in 
Muri (Aargau), 1845 Nachfolger Pfeiffers in Lenz- 
burg und genoß auch als Männerchordirigent An- 
sehen. Er verfaßte: Oper Richard Löwenherz (um 
1830) ; Sechs Lieder für Männerchor (Hüdburghausen 
1833); Psalm 100 für Mannerchor (Baden, um 
1845); Volbtändige Volksgesangschule (Baden 1846); 
Meßgesänge für Männeratöre (2 Hefte, Wettingen 
1850-56); eine musikalische Novelle Des Nacht- 
wächters Tochter (Frauenfeld 1853); autobiogra- 
phisch: Das Bataillon der Philhellenen (Baden 1828) 
und Neue Fahrten des alten Musikanten (Chemnitz 
1841). 

Lit : L. Bechstein, Fahrten eines Musikanten, 3 Bde, 
Schleusingen 1837, Ffm. 2 1 854-55, 2 Bde, ergänzt 
unter Benutzung d. Aufzeichnungen E.s, neu bearb. 
als: H. M. Elster, Die Irrfahrten des D. E., 2 Bde, 
— Memoirenbibliothek IV, 5-6, Stuttgart 1910. 

Elvey ('slvi), - 1) (Sir) George Job, * 27. 3. 1816 
zu Canterbury, f 9. 12. 1893 zu Windlesham 
(Surrey) ; englischer Komponist, Schüler seines 
Bruders Stephen E., 1835-82 Organist der St. 
Georgskapelle in Windsor, 1838 Baccalaureus, 
1840 D. Mus. zu Oxford, 1871 geadelt, war Kom- 
ponist vorwiegend kirchlicher Werke. 1894 gab 
seine Witwe seine Selbstbiographie heraus: The 
Life and Reminiscences of Sir G.E. -2) Stephen, 
* 27. 6. 1805 zu Canterbury, t 6. 10. 1860 zu Ox- 
ford, Bruder des vorigen, wurde in Oxford 1830 
Organist am New College, 1831 Baccalaureus, 
1838 D. Mus. und 1840 Musikdirektor des College. 
Er schrieb einige Lieder und Kirchenmusik. 

Eiwart (dv^r), Antoine Aimable Elie, * 18. 
11. 1808 und 1 14. 10. 1877 zu Paris; französischer 
Musiktheoretiker und Komponist von polnischer 
Herkunft, wurde 1825 am Pariser Conservatoire 
Schüler von F6tis und Le Sueur. 1828 rief er mit 
mehreren Mitschülern die Concerts d’dmulation 
im kleinen Saal des Conservatoire ins Lebern 1834 
erhielt er den Rompreis, nachdem er schon 2 Jahre 
Hilfslehrer an Reichas Kompositionsklasse gewesen 
war; nach der Rückkehr aus Italien nahm, er zu- 
nächst seine Stelle als Hilfslehrer wieder ein und 
war dann 1840-71 Titularprofessor einer von 
Cherubim neu errichteten zweiten Hannonicklassc. 
E. hat eine Reihe großer Werke geschrieben: 
Messen, Oratorien, Tedeum, Kantaten, lyrische 
Szenen, 5 Symphonien, darunter eine Chorsym- 
phonie Le deluge 9 mehrere Opern, von denen aber 
nur Les Catalans aufgeführt wurde (Rouen 1840). 
Eine weit hervorragendere Stellung nimmt er je- 
doch als Theoretiker und Musikschriftsteller ein. 
Schriften: Duprez , sa vie artistique , avec urte bio- 
graphie authentique de son mattre A. Choron JJParis 
1838) ; Petit manuel (T Harmonie (Paris 1839) ; Thdorie 
musicale ( Solßge progressif. . .; Paris 1840); Feuille 
harmonique (Akkordlehre; Paris 1841); Le chanteur 
accompagnateur (Generalbaß, Verzierungen, Orgel- 
punkt; Paris 1844); Le contrepoint et lafugue appli - 
quis au style ididl (Paris 1840); Lutrin et orpnion 
(theoretisch-praktisches Gesangstudienwerk; Paris 
1865); Histoire de la Sociiti des concerts du conserva- 
toire (Paris 1860, *1863; Deldevez) ; Petit traiti 
d' Instrumentation (Paris 1864, 101903); Histoire des 
concerts popülaires . . . (Paris 1864). 1866-70 unter- 


462 



Bmsheimer 


nahm er eine Sammelausgabe von Werken eigener 
Komposition, die aber nur bis zum dritten Bande 
gedieh. 

Elwes, Gervase, * 15. 11. 1866 zu Billing Hall 
(Northampton), *{• (bei einem Eisenbahnunglück) 
12. 1. 1921 zu Boston (USA); englischer Sänger 
(Tenor), 1891-95 im diplomatischen Dienst tätig, 
studierte dann Gesang und debütierte 1903 in Ken- 
dal in Humperdincks Wallfahrt nach Kevelaar. Er 
errang plötzlich Berühmtheit mit Elgars Gerontius, 
in dem er den Tenorpart über 150mal sang ; ähnlich 
geschätzt war er als Evangelist in Bachs Passionen 
und als Brahmssänger. 

Lit.: W. u. R. Elwes, G. E., London 1935. 

Emborg,TensLaurs 0 n, *22. 12. 1876 zu Ringe, 
f 18. 4. 1957 zu Vordingborg; dänischer Kom- 
ponist, wurde erst Lehrer, studierte dann M usik 
als Schüler von O. Mailing in Kopenhagen. 
1906 legte er am Konservatorium sein Orga- 
nistenexamen ab, war 1906-52 Organist und 
1897-1939 Seminarmusikdirektor in Vordingborg 
(Süd-Seeland). 1939-48 war er staatlicher Inspektor 
für den dänischen Schulgesang. E. schrieb die 
Opern Telse, Den gyldne Hemmelighed , die Schul- 
oper Koerestefolkene , eine Ballett-Pantomime Den 
grenne Lanteme , eine große Reihe symphonischer 
und Kammermusikwerke sowie kleinere und grö- 
ßere Vokalwerke. 

Emerson ('emazon), Luther Orlando, * 3. 8. 
1820 zu Parsonsfidd (Maine), f 29. 9. 1915 zu Hyde 
Park (Massachusetts) ; amerikanischer Komponist, 
war Musiklehrer und Vereinsdirigent in Salem 
(Massachusetts), später lange Zeit Organist und 
Musikdirektor einer Bostoner Kirche. Er verfaßte 
über 70 in Amerika sehr verbreitete Sammlungen 
von Kirchengesängen, darunter The Romberg Col- 
lection (1853), The Golden Wreath (1857), The Gol- 
den Harp (1860), The Sabbath Harmony (1860), The 
Harp of Juda (1863), schrieb auch Unterrichts- 
bücner für Orgel- und Klavierspiel und kompo- 
nierte viele Lieder, Chorlieder, Klavierstücke, 
Anthems und 3 Messen. 

Emery ('emari), S tephen A., *4. 10. 1841 zu Paris 
(Maine), f 15. 4. 1891 zu Boston; amerikanischer 
Komponist, wurde 1867 Lehrer am New England 
Conservatory in Boston und in der Folge am 
Musikkolleg der Bostoner Universität, war Mit- 
herausgeber des Musical Herald, schrieb : Foundation 
Studies in Pianoforte-Playing ; Elements of Harmony 
(1880, 21907) und komponierte Klaviersonaten, 
Streichquartette und Chorlieder. 

Emery ('emariL Walter, * 14. 6. 1909 zu Tils- 
head (Wiltshire) ; englischer Organist und Musik- 
forscher, Schüler der Royal Academy of Music in 
London, war 1931-39 Organist und Chormeister 
der Kirche St. Giles in Cripplegate (London) und 
ist seit 1937 als musikalischer Berater im Verlag 
Novdlo and Co. tätig. Er schrieb eine Reihe von 
Chorkompositionen, gab Werke älterer Musik 
(vorwiegend für Org.) heraus und veröffentlichte: 
The St Matthew Passion , its Preparation and Perfor- 
mance (mit Sir A. BouLt, London 1949), Bach's 
Ornaments (London 1953), Notes on Bach's Organ 
Works (London 1953 ff.), Editions and Musicians 
(London, im Druck). - A Neglected Bach Manuscript 
(BWV 545) (MR XI, 1950), An IntroducHon to the 


Textual History of the Clavierubung , Part II (Musi- 
cal Times XCII, 1951), Bach's Keyboard Partitas: 
a set of Composer' s Corrections? (Musical Times 
XCin, 1952), The Lottdoti Autograph of the >Forty- 
Eighu (ML XXXIV, 1953), An American Manuscript: 
Two Unknoum Pieces by Bach? und A Rationale of 
Bach's Symbolism (Musical Times XCV, 1954). 

Emmanuel, Maurice, * 2. 5. 1862 zu Bar-sur- 
Aube, t 14. 12. 1938 zu Paris; französischer Mu- 
sikforscher und Komponist, Schüler des Pariser 
Conservatoire (Savard, Dubois, Delibes, Bour- 
gault-Ducoudray) und speziell für Musikgeschichte 
des Altertums noch von Gevaert in Brüssel, pro- 
movierte an der Sorbonne mit der Arbeit L'Or- 
chestique grecque (1895). An Ste-Clotilde war er 
1904-07 Kapellmeister und als Nachfolger von 
Bourgault-Ducoudray 1907-36 Lehrer für Musik- 
geschichte am Conservatoire. 1911 erhielt E. von 
der Akademie den Prix Kastner-Bourgault für 
seine bedeutende Histoire de la langue musicale (2 
Bände, Paris 1911, 21928). 1912 folgte der Traite 
de la musique grecque (im Rahmen der von Lavignac 
redigierten Encydop6die de la musique des Con- 
servatoire). Audi legte er in der Grande Revue 
1910-11 die Grundzuge eines neuen Systems für 
den Schulgesan guntcmcht dar (Le chant ä Vecole). 
Weitere Schriften sind: Traite de Y accompagnement 
modal des psauntes (Lyon 1913), La polyphonie saorie 
(mit R. Moissenet, Dijon 1921), PelUas et Meli - 
sande de CLDebussy (Paris 1926), Cisar Franck 
(Paris 1930), Anton Reicha (Paris 1937). Eine Reihe 
von Aufsätzen erschien in verschiedenen Zeit- 
schriften. Nach Malherbes Tode trat E. mit Teneo 
in die Redaktion der Gesamtausgabe der Werke 
Rameaus ein. Kompositionen: Pantomime Pierrot 
peintre , die lyrischen Tragödien Promithie enchatne 
und Salamine , Musik zu Plautus* Amphitryon, 2 
Symphonien, Suite fiangaise für Orch., sympho- 
nische Dichtung Le Pohne du Rh$ne t 2 Streichquar- 
tette, Trio für Klar., FL und Kl., Cellosonate, Vio- 
linsonate und Violinstücke, 6 Sonatinen für KL, 
mehrere Vokalwerke, darunter die Trente chansons 
bourguignonnes du Pays de Beaune und der Zyklus 
Musiques (12 Lieder). 

Lit: B^clard-d’Harcourt, L’ceuvre mus. de M.E., 
RM XVI, 1935 ; J.-G. Prod’homme, M. E., RMI XLHI, 
1939; H. F. Stewart, M. R, ML XX, 1939; P. Lan- 
dormy, La musique franqaise aprfcs Debussy, Paris 
(1948); vgl. auch das E. gewidmete H. d. RM 1947 
(mit Bibliogr.). 

gmsheimer , Ernst, * 15. 1. 1904 zu Frankfurt 
am Main; schwedischer Musikforscher deutscher 
Geburt, studierte Musikwissenschaft an den Uni- 
versitäten Wien und Freiburg im Breisgau, promo- 
vierte 1927 in Freiburg mit einer Arbeit über Johann 
Ulrich Steigleder (Kassel 1928). 1932-36 war E. 
Mitarbeiter der Russischen Akademie der Wissen- 
schaften in Leningrad, unternahm 1936 eine Expe- 
dition in den Nordkaukasus, war 1937—49 Mitar- 
beiter am Staatlichen Ethnographischen Museum 
in Stockholm, wo er seit 1949 als Direktor des 
Musikhistorischen Museums wirkt. Veröffent- 
lichungen: Lucas Osimder als Orgelbauer (MuK m, 
1931), Musikethnographische Bibliographie der nicht - 
slavischen Völker in Rußland (AMI XV, 1943), Pre- 
liminary Remarks on Mongolian Music und Music of 
Eastem Mongolin (in: »The Music of the Mongols« 

I, = Reports from the Scientific Expedition to the 

463 



Enacovid 


North-Westem Provinces o£ China under the 
Leadership o£ Dr. Sven Hedin XXI, Stockhohn 
1943), Lappischer Kultgesang (Kgr.-Ber. Lüneburg 
1950); in der Zeitschrift tEthnost: Drei Tanzge- 
sange der Akmnba (II, 1937), über das Vorkommen 
und die Anwendungsart der Maultrommel in Sibirien 
und Zentralasien (VI, 1941), Zur Ideologie der lap- 
pischen Zaubertrommel (IX, 1944), Schamanentrom- 
mel und Trommelbaum (XI, 1946), A Lapp Musical 
Instrument (XU, 1947), Eine sibirische Parallele zur 
lappischen Zaubertrommel? (XIII, 1948). 

Enacoyjci, Ghiorghe, * 22. 4. 1891 zu Foqani; 
rumänischer Violinist, absolvierte 1912 das Buka- 
rester Konservatorium als Schüler von G. v. Kresz 
und war bis 1918 Schüler von Armand Parent 
und d*Indy an der Schola Cantorum in Paris. 1915 
erhielt er den 1. Enescu-Preis für Komposition. 
1919 wurde er Lehrer für Violine am Bukarester 
Konservatorium. Werke: 2 Po&nes für V. und 
Orch.; Streichquartett C dur; Klaviersonate E dur ; 
Violinstücke und Lieder. 

Encinft (enO'ina), Juan del, eigentlich de Fer- 
mose Ile, * 12. 7. 1468 zu Salamanca, f vor dem 10. 
1. 1530 zu Leön; spanischer Dichter und Kompo- 
nist, war der Sohn eines Schusters in Salamanca 
und jüngerer Bruder des Diego de Fermoselle, der 
Professor der Musik an der Universität Salamanca 
war. Juan wurde 1484 Chorknabe an der Kathe- 
drale von Salamanca, studierte dort an der Univer- 
sität und erfreute sich der Protektion des Kanzlers 
der Universität und späteren Bischofs von Plasen- 
cia Don Gutierrez de Toledo. Um 1492 trat er in 
den Dienst von dessen Bruder Don Fadrique Alvarez 
de Toledo, Herzog von Alba, in dessen Palast Alba 
de Tonnes bei Salamanca er 1492-98 Eglogas auf- 
führte, Schauspiele, deren Texte und Gesänge er 
selbst schrieb; sie gehören zu den frühesten Thea- 
terstücken Spaniens. Die Texte von 8 der 11 Stücke 
erschienen 1496 in Salamanca als Cancionero de las 
obras de Juan del enzina. 1498 bewarb sich E. um die 
Stelle dies Kapellmeisters der Kathedrale von Sala- 
manca und reiste, da er die Stelle nicht erhielt, 
nach Rom, wo ihm der Papst 1500 eine Pfründe an 
der Kathedrale von Salamanca verlieh, ihn 1509 
zum Archidiakon der Kathedrale von Mälaga rmd 
1519 zum Prior der Kathedrale von Leön ernannte. 
E. lebte abwechselnd in M älaga und in Rom, wurde 
1519 zum Priester geweiht, zelebrierte seine erste 
Messe im gleichen Jfahre injerusalem und verbrachte 
die letzte Lebenszeit wahrscheinlich in Leön. Über 
60 Kompositionen E^ finden sich in dem um 1500 
wahrscheinlich von oder für ihn gesammelten 
-*• Cancionero del Palacio. 

Ausg.: Cancionero musical, hrsg. v. Fr. A. Bar- 
bieri, Madrid (1890), nen hrsg. v. H. AngiAs, 3 Bde, 
MMEsp V, X, XIV ; davon 3 VÜlandcos, auch Davi- 
son-Apel Anth. 1, 98. - Text : Cancionero (Salamanca 
1496), Faks. v. E. Cotarelo y Mori, Madrid 1928; 
Teatro completo de J. del E., hrsg. v. M. CaSetb tu 
Fr. A. Barbieri, Madrid 1893. 

Lit: zur Musik: R. Mitjana, Sobre J. del E., Ma- 
drid-Barcelona 1895; ders., Estudios sobre algunos 
müsicos espafioles del s. XVI,Madrid 1918; J. SubirA, 
La müsicaen la casa de Alba, Madrid 1927; G. Chase, 
Origms of the Lyrical Theatre in Spain, MQ XXV, 
1939; ders., J. de E., ML XX, 1939. - Zu <L Texten 
u. zur Biogr.: E. Cotarelo y Mori, Estudios de 
historia literaria de Espafia, Madrid 1901; E. Diaz- 

464 


Jim^nez, J. del E. en Leon, Madrid 1909; R. Espinosa 
Maeso, Nuevos Datos biogräficos de J. del E., Boletin 
de la Real Acad. Espanola VIII, 1921 ; P. Mezei, 
Contributo allo Studio delle fonti ... del Teatro di 
J. del E. . . , Lucca 1922; A. J. Battistesa, Sobre las 
Canciones de J. del E., Buenos Aires 1941 ; G. Cirot, 
Le Theätre religieux d’E., Bull. Hispanique XLIII, 
1941 ; E. JuliA MartInez in: Historia general de las 
literaturas hispänicas, hrsg. v. G. Diaz Plaja, Bd II, 
Barcelona (1951). 

Enck-Gottschall, Liselotte, * 16. 7. 1918 zu 
Linz; österreichische Sängerin (Sopran) von per- 
sischer Staatsangehörigkeit, studierte an der Mu- 
sikhochschule in Köln und in Rom. Sie ist Mitglied 
der Staatsoper in Dresden. 

{Lnderle, Wilhelm Gottfried (Enderlein), * 21. 
5. 1722 zu Bayreuth, f 18. 2. 1790 zu Dannstadt; 
deutscher Violinist und Komponist, war in der 
Hauptsache Autodidakt, wurde 1748 Kammermu- 
sikus in Würzburg, 1753 Konzertmeister in Darm- 
stadt und 1762 als Nachfolger Endlers Kapellmei- 
ster. Erhalten sind von ihm: 7 Symphonien, ein 
Cembalo- und 2 Violinkonzerte, 20 Trios sowie 
Gelegenheitswerke. 

Lit : W. Nagel, Zur Gesch. d. Musik am Hofe v. 
Dannstadt MfM XXXII, 1900; R. Laugg, Studien 
zur Instrumentalmusik im Zisterzienserkloster Eb- 
rach . . ., Diss. Erlangen 1953, maschr. 

Endler,JohannSamuel,f 23. 4. 1762 zu Darm- 
stadt; deutscher Komponist ist ab 1729 in Darm- 
stadt nachweisbar, 1740 als Konzertmeister, 1744 
als Vizekapellmeister unter Graupner, nach dessen 
Tod (1760) als Kapellmeister. Von ihm sind erhal- 
ten: 31 Symphonien, 7 Ouvertüren, 2 Pifcces für 
Orch., eine Cembalo-Partita, 3 Kantaten und Ka- 
nons. 

Lit: W. Nagel, Zur Gesch. d. Musik am Hofe v. 
Dannstadt MfM XXXH, 1900; Fr. Noack, Chr. 
Graupners Kirchenmusiken, Lpz. 1916. 

F . n^ s c u, George (Enesco), * 19. 8. 1881 zu Li- 
veni, f 4. 5. 1955 zu Paris; rumänischer Kompo- 
nist und Violinist studierte von seinem 7.-11. 
Jahre am Wiener Konservatorium bei Bachrich 
und J. Hellmesberger (Sohn) Violine, Theorie bei 
R. Fuchs. 13jährig kam er nach Paris, wo er Violine 
bei Marsick, Komposition bei Gödalge, Massenet 
und schließlich bei Faurö studierte. E. reiste dann 
als Geiger und stiftete 1912 einen Preis für rumä- 
nische Komponisten. Später war er auch als Lehrer 
tätig; zu seinen Schülern zählt Yehudi Menuhin. 
E. wurde zum führenden rumänischen Kompo- 
nisten ; seine Orchesterrhapsodien haben weite Ver- 
breitung erlangt Als Violinist ist er besonders 
durch sein Bachspiel berühmt geworden. Haupt- 
werke: Oper Oedipe (1916-33, aufgeführt Paris 
13. 3. 1936) ; Pobne roumain für Orch. op. 1 (1897) ; 

I. Violinsonate op. 2 (1897); Suite dans le style <m- 
den für KL op. 3 (1897) ; Variationen für 2 KL op. 5 
(1898); II. Violinsonate op. 6 (1899); Streichoktett 
op. 7 (1900); Symphonie concertante für Vc. und 
Orch. op. 8 (1901); I. Orchestersuite op. 9 (1903); 
IL Klaviersuite op. 10 (1903); 2 Khapsodies rou- 
mainesBi Orch. op. 11 (1901) ; I. Symphonie Es dur 
op. 13 (1905) ; Dixtuor für Bläser op. 14 (1906) ; H. 
Symphonie A dur op. 17 (1905) ; II. Orchestersuite 
op. 18 (1915); L Streiquartett op. 22 (1920) ; 3 Kla- 
viersonaten op. 24 (1924); m. Symphonie C dur 
mit Chor und Org. op. 25 (1924) ; HL Violinsonate 



Engel 


op. 26 (1935; auch für Vc.); Suite villageoise für 
Orch. op. 27 (1937) ; Klavierquintett op. 29 (1941) ; 
Klavierquartett op. 31 (1943); Ouvertüre op. 32 
(1948); II. Streichquartett (1951). 

Lit.: F. Brulez, G. E., Bukarest 1947; R. Hauert u. 
B. Gavoty, Menuhin et Enesco, Monte Carlo u. Genf 
1953; G. E. mit B. Gavoty, Les Souvenirs de G. E., 
Paris 1955. 

Engel, A. Lehman, * 14. 9. 1910 zu Jackson 
(Missouri, USA) ; amerikanischer Komponist und 
Dirigent, studierte in Cincinnati und New York an 
der Juilliard Graduate School bei R. Goldmark und 
Sessions. E. leitete Konzerte mit The Madrigal Sin- 
gers und steht der Kompositionsklasse am Master 
Institute of United Arts in New York vor. Er 
schrieb Opern, darunter Pierrot of the Minute (1927) 
und Medea (1935), Bühnenmusiken, Orchester- 
werke, ein Streichquartett und Chöre. 

Engel, Carl, * 6. 7. 1818 zu Thiedewiese bei Han- 
nover, t 17.11.1882 zu Kensington (London); 
deutscher Musikforscher, war Schüler von Hum- 
mel und Lobe in Weimar, lebte in Hamburg, War- 
schau und Berlin, siedelte 1846 nach Manchester 
über, 1850 nach London, wo er eine Autorität auf 
dem Gebiet der Geschichte der Musikinstrumente 
und der Musik außereuropäischer Völker wurde. 
Er schrieb: The Pianist ’s Hand-book (1853); Reflec- 
tions on Church Music (1856) ; The Music of the Most 
Ancient Nations (1864, weitere Auflagen 1879, 1909 
und 1929); An Introduction to the Study of National 
Music (1866); Musical Myths and Facts (2 Bande, 
1876); The Literature of National Music (1879); 
Researches into the Early History of the Violin Family 
(1883) ; ferner für das South Kensington Museum zu 
London: Catalogue of the Special Exhibition of An- 
cient Musical Instruments (1872); A Descriptive Cato- 
logue of the Musical Instruments (mit einem Vorwort 
über die Geschichte der Musikinstrumente, 21874) ; 
Musical Instruments (= South Kensington Museum 
Art Handbooks V, 1876, 21908; sämtliche Bücher 
erschienen in London). 

Engel, Carl, * 21. 7. 1883 zu Paris, f 6. 5. 1944 zu 
New York; amerikanischer Musikbibliothekar und 
-Schriftsteller, studierte an den Universitäten in 
Straßburg und München, dort auch Komposition 
bei ThuiUe, ging 1905 nach den USA und war 
1909-21 Herausgeber und musikalischer Berater der 
Boston Music Company, 1922-34 als Nachfolger 
von Sonneck Leiter der Musikabteilung der Library 
of Congress in Washington, ab 1929 Redakteur des 
MQ, 1929-32 und 1934-44 Präsident des Verlags 
G. S chir mer in New York. Von ihm erschi e nen 
einige Kompositionen und 2 Aufsatzsammlungen: 
Atta Breve (New York 1921) und Discords Mingled 
(New York 1931) ; weitere Aufsätze in MQ. Mit 
O. Strunk gab er heraus: Music from the Days of 
George Washington (Washington 1931, 2 1932). Zu 
seinem 60. Geburtstag gab G. Reese eine Fest- 
schrift heraus: A Birthday Ojfering to C. E. (New 
York 1943). 

lit: H. Bauer, C. E., MQ XXX, 1944; G. Reese, A 
PostScript, MQ XXX, 1944; H. Putnam u. E. S. 
Cooudge, Tributes to C. E., MQ XXXI, 1945. 

Engel, Gustav Eduard, * 29. 10. 1823 zu Königs- 
berg, f 19. 7. 1895 zu Berlin; deutscher Gesang- 
lehrer und M usikkritike r, studierte Philologie, 


hörte in Berlin musikwissenschaftliche Vorlesun- 
gen bei Marx, wirkte als Sänger in der Singakade- 
mie und im Domchor mit, wurde 1853 Musik- 
kritiker der Spenerschen, 1861 der Vossischen Zei- 
tung, 1862 Gesanglehrer an Kullaks Akademie, 
1874 an der Königlichen Hochschule für Musik, 
schrieb außer Büchern zur Gesangslehre eine auf 
Helmholtz* Theorien fußende, die K la ngf a r be 
stark in den Vordergrund stellende Ästhetik der 
Tonkutist (Berlin 1884), Das mathematische Harmo- 
nium (Berlin 1881) sowie die Aufsätze Der Begriff 
der Fortn (VfMw E, 1886) und Eine tnathematisch - 
harmonische Analyse des Don Giovanni (VfMw in, 
1887). 


Engel, Hans, * 20. 12. 1894 zu Kairo; deutscher 
Musikforscher, studierte an der Münchner Akade- 
mie der Tonkunst Dirigieren bei H. Röhr und 
Komposition bei Fr. Klose, daneben an der Univer- 
sität bei Sandberger Musikgeschichte (Promotion 
1924), war 1922-24 Theaterkapellmeister, habili- 
tierte sich 1926 in Greifswald, lehrte 1935-45 in 

Schrieen :^)cr angeblich Beethovensche Konzertsatz 
(Neues Beethoven-Jahrbuch II, 1925); Die Ent- 
wicklung des deutschen Klavierkonzertes von Mozart 
bis Liszt (Leipzig 1927) ; Musik und Musikleben in 
Greifswalds Vergangenheit (Greifswald 1929); L. 
Marenzio (Rass. mus. ID, 1930); Musiksoziologie 
und musikalische Volkskunde (Kongreßbericht Salz- 
burg 1931); Das Instrumentalkonzert (= Führer 
durch den Konzertsaal, begonnen von H. Kretzsch- 
mar. Die Orchestermunk, Band IE, Leipzig 
; C. Loewe (Greifswald 1934) ; Musik y Gesell- 
Gemeinscnqß und Marenzios Madrigale 
Aw XVE, 1935); Fr. Liszt (Potsdam 1936); 
renzios Madrigale und ihre dichterischen Grund- 
lagen (AMI Vm-IX, 1936-37) ; Die Bedeutung Kon- 
stitution*- und psychologischer Typologien . . . (AfMf 
VE, 1942); Der Musiker , Beruf und Lebensformen 
(Festschrift Peter Raabe, Leipzig 1942) ; Deutschland 
und Italien in ihren musikgeschiaitlichen Beziehungen 
(Regensburg 1944); Deuten , Erklären und Verstehen 
von Musik (Schriften der Königsberger Gelehrten 
Gesellschaft 1944) ; Grundlegung einer Musiksoziolo- 
gie (Der MusikaJ manach, München 1948); J. 5. 
Bach (Berlin 1950); Über Mozarts Jugendsymphotüen 
(Mozart-Jahrbuch 1951) ; Der Tanz in MozartsKom- 
positionen (ebenda 1952); Musik der Völker tmd Zei- 
ten (Darmstadt-Hannover-Boppard 1952); Grunde 
Probleme der Musiksoziologie (Kongreßbericht Wien 
1952); Die Entstehung des italienischen Madrigals und 
die Niederländer (Kongreßbericht Utrecht 1952); 
Mozart in der philosophischen und ästhetischen Literar- 
tur (Mozart-Jahrbuch 1953) ; Die Finali der Mozart- 
sdien Opern (ebenda 1954); Wagner und Spontini 
(AfMw XE, 1954); V opera Agnese di Hohenstau - 

Spontinianij FaEriano 1954) ; Smaller Orchestral 
Works (The Mozart Companion, herausgegeben 
von H. C. Robbins Landen und D. Mitchell, Lon- 
don 1956) ; JL Marenzio (Florenz 1956) ; Mozarts In- 
strumentation (Mozart-Jahrbuch 1956), Die Musik- 
pflege der Philipps-Universität zu Marburg seit 1527 
(Marburg 1957). Ferner schrieb er zahlreiche Re- 
zensionen in Mf, ist Mitarbeiter der MGG, grün- 
dete und leitete die Blätter Musik in Pommern (1932 
bis 1935) und Ostpreussische Musik (1937-39), gab 


30 


465 



Engel 


Werke von Marenzio, J. Fischer, Telemann und 
Torelli heraus sowie Denkmäler der Musik in Pom- 
mern (4 Bände, Kassel 1930-36, dazu Landschafts- 
denkmale Mecklenburg und Pommern I), 2 Mo- 
tetten von H. Schütz (Berlin 1950), Das mehrstim- 
mige Lied (Das Musikwerk, Köln 1952) und J. Ku- 
gelmann , Concentus novi (Das Erbe deutscher Musik, 
Sonderreihe II, Kassel und Basel 1955). - Musik- 
soziologie (Berlin 1958). 

Engel, Joel (Julius) Dmitrewitsch, * 16. 4. 1868 zu 
Berdjansk (Taurien), f 13. 2. 1927 zu Tel Aviv; is- 
raelischer Musikforscher und Komponist von rus- 
sischer Herkunft, studierte in Charkow Jura, in 
Moskau 1893-97 bei Tanejew und Ippolitow- 
Iwanow Musik, war Musikkritiker und der Her- 
ausgeber der durch eine vollständig neu geschrie- 
bene russische Abteilung ergänzten russischen Aus- 
gabe des Riemannschen Lexikons (Moskau 1902, 
eine 2. Auflage sollte 1915 erscheinen). E.s Haupt- 
interesse galt ab 1900 dem jüdischen Volkslied. Er 
gründete 1908 in St. Petersburg die »Gesellschaft 
nir jüdische Volksmusik« und sammelte eine An- 
zahl jüngerer Komponisten um sich (J. Achron, 
M. Gnessin, A. Krejn, L. Zeitlin), die sich um die 
Entwicklung einer spezifisch jüdischen Musik be- 
mühten, die auf dem jüdischen Volkslied basiert. 
1922-24 lebte E. in Berlin, wo er die »Verlagsgesell- 
schaft für jüdische Musik« gründete, von da an in 
Tel Aviv. Er schrieb: Musik zur dramatischen Le- 
gende Kadibuk; Suite daraus für 7 Instr.; ein Kla- 
viertrio; Harfen-, Orgel-, Violin-, Cello- und Kla- 
vierstücke sowie Lieder, Chöre und Bearbeitungen 
von Volksliedern. 

Engel, Johann Jakob, * 11. 9. 1741 und f 28. 6. 
1802 zu Parchim (Mecklenburg) ; deutscher Schrift- 
steller, beschäftigte sich schon während seines Theo- 
logiestudiums in Leipzig mit dem Theater, wurde 
1775 Professor am Jna rnim sth alsrhen Gymnasium 
in Berlin, Erzieher der Brüder Alexander und Wil- 
helm von Humboldt sowie des nachmaligen Kö- 
nigs Friedrich Wilhelm HI. und war 1787-94 mit 
Ramler Leiter des Berliner Nationaltheaters. Er ist 
hier zu nennen als Verfasser des Singspiels Der Apo- 
theker (1771, Musik von Neefe) und der Schritten 
lieber die musikalische Malerey (Berlin 1780, fran- 
zösisch von H. Jensen, Paris 1789) und Ideen zu 
einer Mimik (2 Bände, Berlin 1785-86, italienisch 
von G. Rasori mit Zusätzen von L. Riccoboni, 
Mailand 1820). Er unterscheidet darin zwischen 
dem Malen von Gegenständen, das er nur in der 
Vokalmusik für zulässig hält, und dem Ausdrücken 
von subjektiven Vorstellungen. Beethovens Be- 
merkung zu seiner VI. Symphonie: »Mehr Aus- 
druck der Empfindung als Malerei« geht auf E. zu- 
rück. 

Ausg.: J. J. E.s Schriften, 12 Bde, Bin 1801-06. 

LiL: Fr. Nicolai, Gedächtnisschrift auf J. J. E., Bin 
1806; K. Schroeder, J. J. E., Schwerin 1897; H. 
Dafhs, J.J.E als Dramatiker, München 1899; F. 
Hoffmann, J. J. E. als Aesthetiker u. Kritiker, Diss. 
Breslau 1922, maschr. ; A. Sandberger, Zu den gesch. 
Voraussetzungen der Pastoralsmfonie, Ausgew. Auf- 
sätze H, München 1924; W. Serauky, Die musika- 
lische Nachahmungsaesthetik, Münster 1929; R. 
Schafke, Gesch. d. Musikaesthetik . . Bin 1934. 

Engelbert von Admont, * um 1250 zu Volkers- 
dorf (Steiermark), f 1331 als Mönch im Benedikti- 


nerkloster Admont (Oberösterreich); vielseitiger 
konservativer Kompilator, studierte 1271—74 an der 
Kathedralschule von St. Veit in Prag, ab 1277 an 
der Universität Padua; von 1278 an war er wieder 
in Österreich, 1297-1327 Abt von Admont und be- 
freundet mit dem Wiener Magister Ulrich, dem 
Rektor der bedeutenden Lateinschule von St. Ste- 
phan in Wien. 

Ausg.: De musica in GS II (nach einer Handschrift d. 
Klosterbibl. Admont - um 1300), 4 Traktate: 1) Defi- 
nition u. Klassifikation d. Musik, Beschreibung d. 
antiken Tetrachord- und d. ma. Hexachordsystems, 
2) Orgel- u. Glockenlehre, 3) Solmisation, Mutation, 
Oktavgattungen, 4) Die Lehre v. d. modi (Tonarten). 
Schrieb auch einen Boethius-Kommentar. 

Lit.: G. B. Fowler, Intellectual Interests of E. of A. 
Oxford 1947. 

Engelbrecht, Christiane, * 6. 1. 1923 zu Er- 
winen (Ostpreußen); deutsche Musikforscherin, 
studierte 1942-44 an den Universitäten Straßburg, 
Königsberg und Prag, 1950-56 Musikwissenschaft 
an der Universität Marburg, wo sie mit einer Ar- 
beit über Die Kasseler Hofkapelle im 17. Jh. und 
ihre anonymen Musikhandschriften aus der Kasseler 
Landesbibliothek (= Musikwissenschaftliche Arbei- 
ten XIV, Kassel 1958) promovierte. 1956-58 war 
sie Assistentin von H. J. Moser und arbeitet seit- 
dem in der Redaktion der im Verlag B. Schott’s 
Söhne, Mainz, erscheinenden Musikzeitschriften. 
Veröfiendidumgen: Ein Fund aus der Kasseler Lan- 
desbibliothek (Mf IX, 1956); Eine *Sonata con voce « 
von Giovanni Gabrieli (Kgr.-Ber. Hamburg 1956) ; 
Die Hofkapelle des Landgrafen Carl von Hessen- 
Kassel (in: Zeitschrift für Hessische Geschichte und 
Landeskunde, 1957); Die Psalmensätze des Jenaer 
Chorbuches 34 (Kgr.-Ber. Köln 1958). Siegab Werke 
von G. Gabrieli und H. Schütz heraus. 

Engelke, Bernhard, * 2. 9. 1884 zu Braun- 
schweig, f 16. 5. 1950 zu Kirchbarkau bei Kiel; 
deutscher Musikforscher, studierte in Halle und 

movierte dort 1908 bei Riemann mit einer Arbeit 
über Johann Friedrich Fasch. Dann studierte er noch 
an der Berliner Musikhochschule und war 1912 bis 
1925 Musiklehrer in Magdeburg, zugleich Orga- 
nist, Leiter des Domchors und Musikkritiker der 
»Magdeburger Zeitung«. 1925 wurde er Studienrat 
in Kiel und habilitierte sich 1927 mit einer Arbeit 
über Fr. Weißensee. Weitere Veröffentlichungen: 
Johann Friedrich Fasch (SIMG X, 1908/09); in: Ge- 
schichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg: 
Johann Scheibe (XLVII, 1912), Malachias Siebenhaar 
mit Ausgabe von dessen »Himmlisch lechzendes 
Hirschenhertz« (Magdeburg 1663) und Geschichte 
der Musik im Dom . . . (XLV&I, 1913), Ausgabe von 
G. Dresslers »Praecepta Musica« (DL /L, 1914/15); 
Die Rudolstädter Hofkapelle . . . (AfMw 1, 1918/19) ; 
Gerstenberg und die Musik seiner Zeit (Zeitschrift der 
Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 
LVT, 1927); Das Lautenbuch des P. Fabricius (Die 
Heimat XXXDC, 1929); Christian Drulaeus (Zeit- 
schrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische 
Geschichte LIX, 1930) ; Musik und Musiker am Got- 
torfer Hofe I (= VeröfiditEcbiingen der Schleswig- 
Holsteinischen UniversitätegeseBschaft Nr 15, 1, 
S chr i ft en der Baltischen Kommission zu Kiel, 
Band XII, 1 ; Breslau 1930, darin Tänze von Chr. 


466 



Engländer 


Hildebrand, Z. Füllsack undW. Brade) ; Carl Fried- 
rich Cratner . . . (Nordelbingen Vm, 1930/31, und 
Xm, 1937); Aus den entscheidenden Entwicklungs- 
jahren der Opera-comique (Festschrift Arnold Sche- 
ring, Berlin 1937). Ferner übersetzte er A. Pirros 
»Johann Sebastian Bach« (Berlin 1910) und gab 
werke von L. Schröter, J. A. P. Schulz, J. Haydn 
und W. A. Mozart heraus. 

Engelmann, Georg, * zu Mansfeld, beerdigt 11. 
11. 1632 zu Leipzig; deutscher Komponist, wurde 
1593 an der Leipziger Universität immatrikuliert, 
um 1596 Organist der Paulinerkirche, war auch 
Univeratätsmusikdirektor und ab 1625 Thomas- 
organist, schrieb außer Gelegenheitswerken 3 Hefte 
5st. Paduanen und Galliarden für Streicher (Leip- 
zig 1616-22) und veröffentlichte ein Sammelwerk 
Quodlibeticum (5 St. und B.c., Leipzig 1620). 

Lit.: R. Wustmann, Mg. Lpz.s I, Lpz. u. Bin 1909; 
A. Werner, Die alte Musikbibi, an St Wenzel in 
Naumburg, AfMw VIII, 1926. 

Engdmann, Hans Ulrich, *8. 9. 1921 zu Darm- 
stadt; deutscher Komponist, lebt in Darmstadt. Er 
betrieb als Gymnasiast bereits für sich Studien in 
Klavier und Komposition, die durch den Krieg un- 
terbrochen wurden. 1946 nahm er das systematische 
Kompositionsstudium bei Fortner in Heidelberg 
auf, am Kranichsteiner Musikinstitut außerdem 
Kompositionskurse bei Leibowitz und Krenek. 
Gleichzeitig studierte er an der Universität Frank- 
furt 1946-52 Musikwissenschaft (Gennrich, Ost- 
hoff) und Philosophie (Adorno) und promovierte 
mit einer Dissertation über Bila Bartöks Mikrokos- 
mos (Würzburg 1953). Sein kompositorischesSchaf- 
fen umfaßt bisher die Funkoper Doctor Faust' s Höl- 
lenfahrt op. 4 (nach Klabund, Hamburg 1951), das 
Hörspiel-Melodram Atlantische Ballade (Darmstadt 
1955), die szenische Kantate Die Mauer op. 13 (nach 
Langston Hughes, Hamburg 1955), Kantate Die Frei- 
heit für S.,T.,B., Sprecher, Chor und Orch. (1957), 
die Kantate Metall, »Chronik« für Solisten, Chor 
und Orch. (1958) und ein Ballett Colori op. 3b, 
ferner Orchestermusik (darunter die Strukturen 
op. 15,»DenTaten derneuen Bildhauer« gewidmet) , 
und Fünf Orchesterstucke , aus »Magog«, Stuttgart 
1958) Kammer- und Klaviermusik, auch frühe 
Chöre und Lieder. Seit 1949 entwickelt E. eine 
Zwölftontechnik sowohl als »totale Chromatik« 
(Feldtechnik) wie als rhythmisch disziplinierte 
serielle Reihentechnik. Aufsätze von ihm erschie- 
nen in der Zeitschrift »Melos«. 

Engelsberg» E. S., Pseudonym von Eduard 
Schön, * 23. 1. 1825 zu Engelsberg (Schlesien), 
1 27. 5. 1879 zu Deutsch-Jassnick (Mahren); öster- 
reichischer Regierungsbeamter in Wien, hatte bei 
StorchMusiktheorie studiert und schrieb Orchester- 
werke, Streichquartette und Klaviersonaten, die 
nicht veröffentlicht wurden. Bekannt wurde er 
durch humoristische Männerquartette. 

Lit.: A. v. Wouvermans, E. S. E., Freudenthal 1882; 
J. Machanek, Engelsbergiana, Wien 1883; V. June, 
Rede auf E. S. E., Wien 1909. 

Engelsmann, Walter, *12. 12. 1881 zuFouraies 
(Frankreich), f 17. 6. 1952 zu Flensburg; deutscher 
Musikforscher, studierte Musikwissenschaft bei 
H. Riemann in Leipzig und ab 1911 Komposition 
bei Draeseke in Dresden. E. promovierte 1929 in 


Erlangen bei Beckine mit einer Arbeit über Beet- 
hovens Kompositionspläne (Augsburg 1931). Weiter- 
hin sind von E. erschienen: Goethe und Beethoven 
(Augsburg 1931, 2 1936) ; Wagners klingendes Uni- 
versum (Potsdam 1933) ; Von keinem Weib kam mir 
der Reif (in Bayreuther Festspielführer 1937) ; Beet- 
hoven and the Creative Law in Symphonie Art (in 
MQ XXm, 1937); Erlösung dem Erlöser (Leipzig 
1937) ; Der Muttergedanke in Wagners Werk (in RMl 
XLrV, 1940); Beethovens Werkthematik, dargestellt 
an der » Eroica « (in AfMf V, 1940). 

Engl, Johann Evangelist, f 18. 5. 1921 zu Salz- 
burg; österreichischer Musikforscher, war 1870-99 
Sekretär des Mozarteums und Redakteur von des- 
sen Jahresberichten (ab 1881), in denen er Beiträge 
zur Mozartforschung veröffentlichte, wurde 1893 
Archivar und Administrator des Mozartmuseums, 
schrieb ferner: Genesis der Internationalen Mozart- 
Stiftung (Salzburg 1873); Mozart in der Schilderung 
seiner Biographen (Salzburg 1887); Joseph Haydn, 
handschriftliches Tagebuch (Salzburg 1909). 

Engländer, Richard, * 17. 2. 1889 zu Leipzig; 
deutscher Musikforscher, war Schüler der Thomas- 
schule, studierte dann am Leipziger Konservato- 
rium Violoncello, Klavier und Komposition, zu- 
gleich Musikwissenschaft bei Riemann und Sche- 
ring, später bei Kretzschmar, J. Wolf, Stumpf und 
Friedlaender in Berlin, wo er 1916 mit einer Ar- 
beit über Johann Gottlieb Naumann promovierte; 
eine erweiterte Fassung der Dissertation erschien in 
Leipzig 1922 (Teildruck Leipzig 1916). 1919-39 
lebte E. als Pianist, Cembalist und Musikschriftstel- 
ler sowie als Assistent von Fritz Busch an der Staats- 
oper in Dresden; mußte Deutschland verlassen und 
ging nach Uppsala, wo er 1948 Dozent an der Uni- 
versität wurde. 1952 versah er den musikwissen- 
schaftlichen Lehrstuhl an der Universität Aarhus. 
Er komponierte Lieder und Chöre, Cello- und 
Gambensonaten, gab Werke von T. A. Hasse und 
C. Fr. Abel heraus und schrieb : Aufsätze zur Dresd- 
ner Musikgeschichte um 1800 in der ZfMw (1919 
bis 1933), im Neuen Archiv für sächsische Ge- 
schichte (1918-33) und in der STMf (1945-48); 
ferner Glucks tCinesi « und *Oifano della China « 
(Gluck-Jahrbuch 1, 1913); Paers » Leonora « und Beet- 
hovens » Fidelio « (Neues Beethoven-Jahrbuch IV, 
1930); Das musikalische Plagiat als ästhetisches Pro- 
blem (Archiv für Urheber-, Film- und Theaterrecht 
EI, 1930); Les sonates de violon de Mozart et les 
»Duetti« de J. Schuster fRev. de MusicoL XX, 1939) ; 
JI Paride in musica (1662) di G. A. Bontempi (Note 
d’archivio XVII, 1940) ; Zur Frage der *Dafhe « f 1671) 
von G. A. Bontempi und M. G. Peranda (AMI XIII, 
1941) ; The Sketches for *The Magic Flutet at Upsala 
(MQ XXVII, 1941); J. M. Kraus . . . (= Skrifter 
utgivna av KgL Humanistica Vetenskaps-Samfun- 
det i Uppsala XXXVI, 1, Uppsala-Leipzig 1943); 
Instrumentalmusik i Dresden urner wienklassisk Üd 
(STMf XXVII, 1945, XXIX, 1947, und XXX, 
1948) ; Problem hing Mozarts violinsonat i E-tnoll, K. 
304 (STMf XXXm, 1951); Gluck und der Norden 
(AMI XXTV, 1952); Die Mozartskizzen der Uni- 
versitätsbibliothek Uppsala (STMf XXXVII, 1955, 
und Mf IX, 1956) ; Die Echtheitsfrage in Mozarts Vio- 
Unsonaten KV 55-60 (Mf VIII, 1955), Die Skizzen 
zur Zauberflöte (österreichische Musikzeitung XI, 
1956), Die Dresdner Instrumentalmusik in der Zeit der 


30* 


467 



Englert 


Wiener Klassik (= Uppsala Universitets Ärsskrift 
1956:5, Uppsala -Wiesbaden 1956) ; Bellmans tnusi - 
kalisk-poetiska teknik (in: Samlaren, 1957). 

Englert, Anton, * 4. 11. 1674 zu Schweinfurt, 
t nach 1739; deutscher Kantor, war wahrend seiner 
Leipziger Studentenzeit Schüler von Strungk und 
Kunnau, wurde 1697 Kantor in seiner Vaterstadt, 
1717 Konrektor, 1729 Rektor des Gymnasiums, 
laut Gerber 1729 auch Organist. Von seinen zahl- 
reichen Kompositionen waren 21 Kantaten be- 
kannt, die aber wieder verschollen sind. 

Lit: J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, 
Hbg 1740, Neudr. hrsg. v. M. Schneider, Bin 1910; 
K. Schmidt, Beiträge zur Kenntnis d. musikalischen 
Lebens d. freien Reichsstadt Friedberg, Lpz. 1918. 

England, Sven Einar, * 17. 6. 1916 auf Gotland 
(Schweden); finnischer Komponist, studierte 1933 
bis 1941 an der Sibelius-Akademie in Helsinki und 
ging 1949 als Schüler von Copland nach Amerika. 
Seine symphonische Dichtung Epinikia, die für das 
finn ische Sportfest 1947 entstand, wurde mit einem 
1. Preis ausgezeichnet. E. schrieb außerdem 2 Sym- 
phonien (1946 und 1948), Musik zu The Chinese 
Wall (1949), Klavierkonzert (1951) und Kammer- 
m usik , 

Bnna, August, * 13. 5. 1859 zu Nakskov, f 3. 8. 
1939 zu Kopenhagen; dänischer Komponist, bildete 
sich autodidaktisch zum Musiker, brachte 1880 
eine Operette Eine Dorfgeschichte auf kleinen Thea- 
tern zur Aufführung und ging im selben Jahr mit 
einer kleinen Musikantentruppe als Geiger nach 
Fin n la n d. Nach seiner Rückkehr 1881 setzte er in 
Kopenhagen diese Tätigkeit fort und wurde 1883 
Dirigent der Kapelle einer Provinzial-Schauspieler- 
geseQschaft Allmählich wurden Kompositionen 
von ihm bekannt und erregten die Aufmerksam- 
keit Gades, der ihm das Anckersche Stipendium 
zum Musikstudium in Deutschland (1888-89) ver- 
schaffte. 1890-91 war er Kapellmeister am Dag- 
mar-Theater in Kopenhagen; von dieser Zeit an 
lebte er ganz der Komposition. Nach 2 unbedeu- 
tenden Opemversuchen (Areta 1882 und Agleija 
1884) brachte er 1892 in Kopenhagen seine Oper 
Heksett im Königlichen Opernhaus zur Auffüh- 
rung und wurde dadurch auch in Deutschland be- 
kannt. Seitdem folgten, doch mit minder entschie- 
denem Erfolg (alle in Kopenhagen): Kleopatra 
(1893), Aucassin og Nicolete (1896), Den Wie Pige 
med Svolvstikkeme (1897), Nattergalen (1912), Gloria 
Aisina (1917), Komedianter (nach V. Hugo, 1920), 
Don Juan Marana (1922), die Ballette Hyrdinden og 
Skorstensfejeren (1901), St. Caeciliens Goldschuh 
(1904), Kysset (1927), das Chorwerk Mutterliebe 
(1908), eine Festouvertüre (1905), symphonische 
Bilder, ein Violinkonzert D dur, 2 Symphonien, 
Klavierstücke und Lieder. 

EnneHn (snTa), Sdbastien, * um 1660, f hn De- 
zember 1747 zu Saint-Quentin ; französischer Kom- 
ponist, wurde 1680 Chormeister an der Stiftskirche 
von Saint-Quentin, 1697 an der Kathedrale von 
Laon, gegen 1700 Kapellmeister an der Kathedrale 
von Noyon und 1713 in Saint-Quentin. Seine 
Werke, die hier aufbcwahrt waren, find seit 1914 
verloren. Darunter befanden rieh Motetten, Re- 
quiem und 7 Messen. Ln Juni 1687 erschien im 
»Mercure de France« ein wir sdrieux «. 


Enriquez de Valderr&bano -> Valderr abano. 

Enthoven, Emile, * 18. 10. 1903 zu Amsterdam, 
f 26. 12. 1950 zu New York; niederländischer 
Komponist, Schüler in Komposition von T. Wage- 
naar im Haag und Schreker in Berlin, als Pianist 
von Andriessen und Eisner, studierte in Amster- 
dam und Utrecht erst Jura, dann Philosophie (Dr. 
phil.). Er schrieb : Musik zu dem ägyptischen Büh- 
nenfestspiel Ichnaton (Utrecht 1926), 3 Symphonien, 
3 Orchestersuiten, symphonische Phantasie für V. 
und Orch., Klavierwerke op. 7 und 11, Violinso- 
nate op. 4, Orchesterlieder op. 16 a und Lieder 
op. 16. 

Envallsson, Carl Magnus, * 24. 10. 1756 zu 
Växholm (Schweden), f 14. 7. 1806 zu Stockholm; 
schwedischer Dichter von Opemtexten, Verfasser 
eines technologischen Musiklexikons Svenskt musi- 
kaliskt lexikon . . (Stockholm 1802). 

Ephraim der Syrer (auch Aphrem, Ef&em, 
Ephraem), der heilige, * um 310 zu Niribis, + 9. 6. 
973 zu Edessa, wo er ab 365 als Diakon und Lehrer 
an der von ihm gegründeten »Schule der Perser« 
lebte. E. ist der Verfasser von Kommentaren zu den 
meisten Büchern des Alten Testaments, vor allem 
aber der bedeutendste Dichter der östlichen Kirche 
vor dem heiligen Romanus. Sein sehr umfangrei- 
ches poetisches Werk ist in 3 Formen gefaßt: die 
memrä, eine zur Cantillation bestimmte Predigt- 
dichtung, bei E. meist in 5- oder 7rilbigen reim- 
losen Versen (die Tradition der memrä reicht bis ins 
2. Jh. zurück) ; die mädräfä, eine strophische Dich- 
tung, deren Zeilen jeweils von einem Solisten vor- 
getragen und vom Chor wiederholt werden, Vor- 
bild des byzantinischen Kontakion (die frühen 
mädräSä E.s sind meist apologetischen Inhalts) ; die 
sogithä, entstanden aus der Darstellung biblischer 
Personen in direkter Rede, gesungen wahrschein- 
lich von 2 Solisten und 2 Chören im Wechselge- 
sang; die sogithä ist meist akrostichisch, im Inhalt 
dramatisch; sie hat stark auf den antiphonalen Ge- 
sang der Westkirche eingewirkt. 

Ausg.: S. Ephraimi Syri Opera, hrsg. v. S. J. Mer- 
cati, Rom ab 1915; S. Ephraemi Hymni de Virgini- 
tate, hrsg. mit lat Übers, v. Ignatius Ephraem il 
Rahmani, Beirut 1906. — M61odies liturgiques 
syriennes et chaldiennes, 2 Bde, hrsg. v. Dom J. 
Jeannin (mit J. Puyade u. A. Ch. Lassalle), Paris u. 
Beirut 1924-25 (die Melodien sind in neuerer Zeit 
gesammelt). 

Lit : W. Meyer, Anfang u. Ursprung der lat u. 
griech. rhythmischen Dichtung, Abh.en der Bayeri- 
schen Akad. der Wiss. XVII, 1884; K. Krumbacher, 
Gesch. der byzantinischen Lit, München 1890, 

2 1897; H, Grimme, Der Strophenbau in d. Gedich- 
ten E.s, Freiburg i. Br. 1893; D. H. Müller, Die 
Propheten in ihrer ursprünglichen Form, Wien 1896; 
Th. Wehofer, Untersuchungen zum Lied des Ro- 
manos . . hrsg. v. A. Ehrhard u. P. Maas, SB Wien 
CLTV, 5, 1907; C. Emereau, St Ephrem, Paris 1919; 
A. Baumstark, Gesch. der syrischen Lit, Bonn 1922; 
ders., Liturgie comparie, Amay 1939; E. Wellesz, 

A Hist of Byzantine Muric . . Oxford 1949 (in 
engem Anschluß hieran M. Stöhr in MGG). 

EpiscQpius, Ludovicus (de Bisschop), * um 
1520 zu Mecheln, f 29. 4. 1595 zu Straubing (Nie- 
derbayem); franko-flämischer Komponist, wahr- 
scheinlich Sängerknabe an St Rombaut in Mecheln, 
wurde 1538 an der Universität Löwen immatrikur- 


468 



Erard 


liert, nach Artes- und Theologiestudium zum Prie- 
ster geweiht, ist 1545-64 und wieder ab 1577 als 
Kantor an St Servais in Maastricht nachweisbar, 
ging 1582 nach München. Ab 1591 lebte er als 
Chorherr in Straubing. E. schrieb 2 4st. Messen, 
ein 4st. Salve Regina und 4 4-5st. Motetten; Haupt- 
quellen seiner stark auf akkordische Wirkung zie- 
lenden 3-8st. niederländischen Lieder sind Sammel- 
drucke von 1554 (»Dat ierste boeck vanden nieuwe 
duytsche liedekens«, Maastricht, Baethen) und 
1572 (»Een duytsch musyck boeck«, Antwerpen, 
Phaläse). 

Ausg.: 4 4st. Lieder, hrsg. v. Fl. Van Duyse in Uit- 
gave XXVI der Vereeniging voor Nederlandsche 
Muziekgeschiedenis, 1903. 

Lit.: G. Van Doorslaer, L. E., Bull, du Cercle 
Archäologique ... de Malines XXXVI, 1931, separat 
Mecheln 1932; R. Lenaerts, Het Nederlands poli- 
fonies lied, Mecheln u. Amsterdam 1933; H. Ost- 
hoff, Die Niederländer u. d. deutsche Lied, — Neue 
Deutsche Forschungen CXCVII (Abt Mw. VII), Bin 
1938; J. Behner, Beiträge zur Straubinger Mg., in: 
Jahresbericht d. hist. Ver. Straubing 1941 ; A Schar- 
nagl, L. E., KmJb XXXIV, 1950. 

Eppert, Carl, * 5. 11. 1882 zu Carbon (Indiana, 
USA); amerikanischer Komponist, studierte am 
American Conservatory in Chicago und bei Kaun, 
Kunwald und A. Nikisch in Berlin. Anschließend 
lehrte er Musiktheorie in Berlin und Wisconsin 
(1921-23). Daneben trat E. als Orchesterdirigent 
auf und gründete die Milwaukee Civic and Sym- 
phony Orchestras, die er 1923-26 leitete. Er schrieb 
die Oper Kaintuckee (1917), Orchester- und Kam- 
mermusik, Chorwerke. 

Eppstein, Hans, * 25. 2. 1911 zu Mannheim; 
schwedischer Musikforscher und -pädagoge deut- 
scher Geburt, studierte, neben einer musikpädago- 
gischen Ausbildung, ab 1929 Musikwissenschaft an 
den Universitäten Heidelberg, Freiburg im Breis- 
gau und Bern, promovierte 1934 in Bern mit einer 
Studie über Nicolas Gombert ab Motettenkomponist 
(Würzburg 1935). Nach einer Tätigkeit als Schul- 
musiklehrer 1934-36 verließ er Deutschland und 
lebt seitdem in Schweden, dort als Musikpädagoge 
und -Schriftsteller tätig. Seit 1949 ist E. Mitarbeiter, 
seit 1953 Hauptredakteur des Musiklexikons Ton- 
künsten (2 Bände, Stockholm 1955-57). Neben Auf- 
sätzen in der STMf und anderen schwedischenFach- 
zeitschriften veröffentlichte er ein Werk über 
Brahms (schwedisch, Stockholm 1948). 

Epstein, Julius, * 7. 8. 1832 zu Zagreb, f 1- 3. 
1926 zu Wien ; österreichischer Pianist, Schüler von 
Rufinatscha und Anton Halm in Wien, lebte dort 
als Pianist und hochgeachteter Lehrer (1867-1901 
Professor am Konservatorium). E. gab ältere Kla- 
viermusik neu heraus, war Mitarbeiter der Gesamt- 
Ausgabe von Schuberts Werken und gehörte zum 
Freundeskreis von Brahms. Sein Sohn Richard, 
* 26. 1. 1869 zu Wien, 1 1. 8. 1919 zu New York, 
war ebenfalls Pianist, Schüler seines Vaters, von G. 
Mahler und G. Peters. 

Lit: H. Schuster, J. E., Wien 1902. 

Epstein, Peter, * 12. 11. 1901 zu Straßburg, f 9. 
6. 1932 zu Breslau; deutscher Musikforscher, stu- 
dierte von 1919 an in Frankfurt, Leipzig, Breslau 
und Berlin, promovierte 1923 in Breslau mit der 


Arbeit Die Frankfurter Kapelhnusik zur Zeit des Joh. 
Attdr. Herbst (AfMw VI, 1924), setzte dann bis 1926 
seine praktischen Musikstudien an der Akademie 
für Kirchen- und Schulmusik in Berlin fort. 1927 
habilitierte er sich an der Universität Breslau mit 
der Arbeit Beiträge zur italienischen Frühmotiodie des 
1 7. Jh. (teilweise in AfMw VIII, 1926 und ZfMw 
X, 1927/28). Weitere Schriften: Katalog der kirch- 
lichen Musikhandschrifien der Stadtbibliomek Frank - 
furt a. M. (mit C. Suß; 1926); Katalog der Musik- 
instrumente im Historischen Museum der Stadt Frank- 
furt a. M, (Frankfurt am Main 1927) ; Der Schulchor 
vom 16, Jh. bis zur Gegenwart (Leipzig 1929) ; Apelles 
von Löwenstem (Schriften des Musikalischen Insti- 
tuts der Universität Breslau I, Breslau 1929); Zur 
Geschichte der deutschen Choralpassion (JbP XXXyi, 
1929) ; Führer und Katalog zur Sammlung alter Musik - 
itistrumente (Schlesisches Museum f ürKunstgewerbe 
und Altertümer zu Breslau; mit E. Scheyer, Bres- 
lau 1932). 

Lit: A. Schmitz, P. E., ZfMw XIV, 1931/32. 

Erard (er'a:r), Sdbastien, * 5. 4. 1752 zu Straß- 
burg, f 5- 8- 1831 zu La Muette bei Passy; franzö- 
sischer Klavierbauer, einer deutschen Familie (Er- 
hard) entstammend, Sohn eines Tischlers, trat 1768 
als Arbeiter in die Werkstätte eines Pariser Klavier- 
bauers, wuchs aber seinem Prinzipal bald über den 
Kopf, so daß er entlassen wurde; doch lenkte eine 
geschickte Arbeit die Aufmerksamkeit seines neuen 
Arbeitgebers auf den jungen Mann. Größeres Auf- 
sehen erregte sein Clavecin mecanique, ein kom- 
pliziertes Instrument, auf dem u. a. eine Transposi- 
tion in die höhere Oktave möglich war, indem ein 
Steg die Saiten durch einen Peaaltritt auf die Hälfte 
verkürzte. Mit 20 Jahren hatte er bereits einen aus- 
gezeichneten Ruf, und die Marquise von Villeroy 
stellte ihm in ihrem Schlosse Räumlichkeiten zur 
Errichtung einer Werkstatt zur Verfügung. Hier 
entstand 1777 sein erstes Pianoforte, aas erste in 
Frankreich überhaupt gebaute (jedoch -> Silber- 
mann). Um dieselbe Zeit kam sein Bruder Jean- 
Baptiste nach Paris, und beide gründeten nun ein. 
eigenes Unternehmen in der Rue de Bourbon. Ein 
durch den König in anerkennendster Weise zu- 
gunsten E.s entschiedener Prozeß mit Konkurren- 
ten machte Paris vollends aufmerksam. Seine näch- 
sten Taten waren die Konstruktion des Piano Orga- 
nist (Orgelklavier, Verbindung eines Pianoforte 
mit einem kleinen Positiv, 2klavierig) und der 
Harpe ä fourchette. E. errichtete bereits 1786 in 
London eine Filiale, meldete Patente an und brachte 
seine neuen Instrumente zu großer Berühmtheit. 
1810 baute er die Doppelpedalharfe (ä double 
mouvement), welche mit einem Male allen Unzu- 
länglichkeiten dieses Instruments ein Ende machte; 
der Erfolg war überaus groß, und E. verkaufte in 
einem Jahre für 25000 Pfund Sterling Harfen. Alle 
seine Erfindungen übertraf er jedoch mit dem 
double tchappement (Repetitionsmechanik) für 
das Pianoforte (-*- Auslösung). Sein letztes Werk 
war die Expressivorgel für die Tuilerien. Nach dem 
Tode S. E.s ging das Unternehmen auf seinen Nef- 
fen Pierre 17(* 1796 zu Paris, f 18. 8. 1855 zu La 
Muette bei Passy) über; es besteht noch heute als 
Erard, Guichard & Cie. Succ. 

Lit.: FR.-J.F6ns, Biogr. universelle des musiciens, 
III; P. Erard, Perfectionnements apportäs dans le 


469 - 



Eratosthenes 


mdcanisme du piano par les E., Paris 1834; anon., 
Notice sur les travaux de MM. E., Paris 1855; P. u. 
S. Erard, S. et P. E., Paris 1878. 

Eratosthenes von Kyrene, * um 280 zu Kyrene, 
t um 195 v. Chr. zu Alexandria; griechischer Ge- 
lehrter, Philosoph und Dichter, war in Athen Schü- 
ler des Zenon und wurde um 245 als Prinzenerzie- 
her nach Alexandria berufen, wo er später Biblio- 
thekar wurde. Von ihm sind einige Notizen über 
Musik erhalten; seine Tetrachordeinteilung ist bei 
Claudius Ptolemaios überliefert. 

Ausg.: G. Bernhardy, Eratosthenica, Bin 1822; E. 
Hiller, Eratosthenis canninum reliquiae, Lpz. 1872; 
Po well, Collectanea Alexandrina, Oxford 1925. 

Erb, Karl, * 13. 7. 1877 und 1 13. 7. 1958 zu Ra- 
vensburg; deutscher Sänger (Tenor), bildete sich 
autodidaktisch und war als Gemeindebeamter tätig, 
bis er Sänger wurde. 1907 debütierte er im*Evangeli- 
mann« am Hoftheater Stuttgart, erwarb sich die 
nötige Bühnenerfahrung 1908-10 am Stadttheater 
in Lübeck, um dann 1910-13 dem Stuttgarter Hof- 
theater, 1913-25 dem Hof- und Nationaltheater 
München und 1925 der Städtischen Oper in Berlin 
anzugehören. Danach unternahm er Gastspiel- und 
Konzertreisen, machte rieh einen besonderen Na- 
men als Lied- und Oratoriensänger und war vor 
allem geschätzt für seine Gestaltung Bachscher Par- 
tien (Evangelist). Eine unverbildete Musikalität, 
gepaart mit einer Stimme von makelloser Schön- 
heit und weicher, dabei aber klarer Führung selbst 
in den höchsten Lagen, verliehen seinen durchgei- 
stigten Interpretationen noch nach dem letzten 
Krieg den Rang begnadeter Größe. 

Lit.: M. Müller-Goegler, K. E., Das Leben eines 
Sängers, Offenburg 1948. 

Erb, Marie-Joseph, *23. 10. 1860 zu Straßburg, 
t 9. 7. 1944 zu Andlau; elsäsrischer Komponist, 
Schüler des Niedermey ersehen Instituts für Kir- 
chenmusik in Paris, konzertierte als Organist und 
Pianist, 1883 Organist in Schlettstadt, war 1910 
bis 1937 Lehrer für Klavier, Orgel und Komposi- 
tion am Straßburger Konservatorium und Orga- 
nist derjohanmskirche. Werke: Opern Der glück- 
liche Taugenichts (1893), Abendglocken (1900), 
Vhomnte de fer , 3 Symphonien (davon die zweite 
mit Orgel), symphonische Dichtungen ( Images 
d* Alsace 1920) und Orchestersuiten, zahlreiche Kir- 
chenmusikwerke (darunter 16 Messen sowie Mo- 
tetten und Kantaten), ein Oktett, 2 Streichquartette, 

3 Violinsonaten, Orgelwerke ( Suite liturgique ), Kla- 
vierkompositionen (Images et Ugendes <T Alsace), 
zahlreiche Chöre und Ljrder ramrmnng en ‘ 
Lit.: P. de Br£vxllb u. a., Un grand musicien frc.: 
M.-J. Straßburg 1948. 

Erbach, Christian, * 1570 zu Gau-Algesheim 
(Rhein), "f im Sommer 1635 zu Augsburg; deut- 
scher Komponist, war ab etwa 1596 (bis 1614) in 
Augsburg Organist der Kapelle von Marx Fugger 
dem Jüngeren, 1602-25 Organist am Stift St. Mo- 
ritz, ebenfalls ab 1602 als Nachfolger H. L. Häß- 
lers Stadtorganist und wurde 1625 Organist am 
Dom. Er schrieb 3 Bücher 4-10st. Motetten (L 
1600; n, 1604; m, 1611), Meie sive candones sacrae 
ad modutn canzonette, 4-6st. (1603) und 3 Bücher 
5st. Propriumssätze (1604-06). Weitere Komposi- 
tionen finden sich in Sammlungen, desgleichen ist 
eine große Zahl von Orgelkompositionen erhal- 


ten. E., in dessen Werken sich eine Anlehnung an 
die venezianische Praxis zeigt, war als Lehrer sehr 



Zeit. 

Ausg.: Ausgewählte geistliche Chorwerke (12 4~8st. 
Motetten), hrsg. v. A. Gottron, Mainz 1943; 5 Mo- 
tetten, hrsg. v. Fr. Commer in: Musica Sacra 20CVIII, 
1878. - Ausgewählte Werke für Org. u. Kl. I, hrsg. v. 
E. v. Werra, DTB IV, 2; einzelne Orgelstücke hrsg. 
v. W. Hillemann (NMA LXXXVII), E. Kaller 
(Uber Organ! VI) u. Tagliapietra Ant. III. 

Erbach, Friedrich Karl, Graf zu (französiriert 
zu Frederic Charles d’Erpac), * 21. 5. 1680 und 
f 20.2.1731 zu Erbach (Odenwald); deutscher 
Komponist, wurde Offizier und 1720 regierender 
Graf. In der Komposition erhielt er wahrscheinlich 
Unterweisung von Telemann, der ihn, wie auch 
Uffenbach, gäegendich besuchte. E. hielt sich eine 
Hofkapelle, die nir größere Konzerte durch Darm- 
städter Bläser verstärkt wurde. Von seinen Wer- 
ken sind erhalten Divertimenti Armonici mit zwei- 
mal 12 3st. Sinfonien sowie 6 Duette für Vc. und 
Fag. 

Ausg.: VI Duetti per ü Vc. o Fag., hrsg. v. Fr. 
Noack, - HM CXXU, Kassel u. Basel 1954. 

Ut.: G. Simon, Gesch. der Dynasten u. Grafen zu 
Erbach, 1858; E. Preussner, Die musikalischen Rei- 
sen des Herrn v. Uffenbach, Kassel u. Basel 1949. 

Erben, Balthasar, * 1628, f 1686 zu Danzig; 
deutscher Komponist, 1657 Organist der Stadt- 
kirche in Weimar, 1658-86 Kapellmeister der Ma- 
rienkirche in Danzig. Eine Reme von kirchli chen 
Gesängen mit Instrumenten ist handschriftlich er- 
halten (Uppsala und Berlin). 

Erbse, Heimo, * 27. 2. 1924 zu Rudolstadt (Thü- 
ringen); deutscher Komponist, studierte Kompo- 
sition in Weimar und ab 1947 bei Blacher in Ber- 
lin. 1947-50 war er an verschiedenen B ühn en als 
Opemregisseur tätig und lebt seitdem als Haus- 
komponist des Kurfüstendamm-Theaters und meh- 
rerer Filmgesellschaften in Berlin. Für die Berliner 
Festwochen 1952 schrieb er eine Kammeroper 
Fabel in C, für die Olympische Gesellschaft 1954 
eine Hymne für Gesang und Orch., für die Jeu- 
nesses Muricales 1955 Miniaturen für Streichorch., 
zum Frankfurter Musikfest 1956 eine unter Eck 
uraufgeführte Sinfonietta giocosa, Praehidium nir 
Orch. (1957), Ballett Ruth (1958) und für die Salz- 
burger Festspiele 1959 die Oper Julietta. Sein Werk 
u mfaß t daneben Kammermusik (Streichquartett, 
Klaviertrio), Klaviermusik und Lieder. 

Erdlen, Hermann, * 16. 7. 1893 zu Hamburg; 
deutscher Komponist und Musikpädagoge, Schü- 
ler des von Bemuthschen Konservatoriums inHam- 
burg und Emil Krauses, zunächst als Theater- und 
Konzertdirigent tätig, dann Musikkritiker (ab 1921 
Hamburger Correspondent, ab 1929 Hamburger 
An zei g er) und Dozent in Hamburg (1928 am In- 
stitut für Lehrerfortbildung, 1936 an der Hansi- 
schen Hochschule für Lehrerbildung, 1942 am Päd- 
agogischen Institut der Hansestadt Hamburg). Seit 
1945 geht E. einer freien künstlerischen Tätigkeit 
nach. Er vernichtete 1925 selbst einen Teil seiner 
seit 1910 entstandenen Kompositionen. Werke: 
einaktige Pantomime Der Gaukler und das Klingel- 
spiel (Hamburg 1929), mehrere B ühnenmusiken 


470 



Erhardt 


(Die schöne Lilofee , 1939); Orchesterwerke, dar- 
unter Passacaglia und Fuge (1925), Variationen 
über eine altmdische Weise Indiana (1956); Intro- 
duktion und Chaconne für V. und Orch. (1938); 
Solokantate Zwischen Tag und Traum (nach Eichen- 
dorff) für S. und Orch. (1938); Chorwerke mit 
Orch.: Requiem für die Gefallenen (1931), Von 
deutscher Art (1936), Das hohe Tor (1951), All My 
Hearts This Night Rejoices (1954) ; zahlreiche klei- 
nere begleitete und a-cappdla-dhorwerke, darun- 
ter Seemannsleben für Männerchor und Akkordeon ; 
Kammermusik: Violinsonate (1926, Neufassung 
1948), Streichquartett D moll (1926), Variationen 
für Kl., Chaconne für V. und Org. (1934), Diver- 
timento für FL, V. und Vc. (1946) ; über 300 Lieder, 
u. a. auf Texte von Löns, Claudius und Eichen- 
dorff. 

Erdmann, Eduard, *5. 3. 1896 zu Wenden (Liv- 
land), j* 21. 6. 1958 zu Hamburg; deutscher Pianist 
und Komponist, bis zur Übersiedlung nach Berlin 
(1914) in Riga Harmonie- und Kontrapunktschüler 
vonH.Creutzburg, 1915-18 noch Schüler vonTies- 
senin der Komposition, von C. Ansorge im Klavier- 
spieL 1925-35 war er Leiter einer Meisterklasse für 
Klavierspiel an der Hochschule für Musik in Köln, 
widmete sich dann ausschließlich dar Konzerttätig- 
keit und war ab 1950 Professor an der Musikhoch- 
schule in Hamburg. Als Pianist setzte sich E. nach- 
haltig für die zeitgenössische Musik ein ; seine Kom- 
positionen gehörten in den 20er Jahren zu den meist- 
beachteten Leistungen derNeuen Musik inDeutsch- 
land: Violinstück An den Frühling op. 1, Klavier- 
stücke op. 5, Rondo op. 9 für Orch., I. Symphonie 
op. 10 für großes Orch. (Weimar 1920), II. Sym- 

? honie op. 13 (Bochum 1924), HL Symphonie op. 
9 (Essen 1951), IV. Symphonie op. 20 (Hamburg 
1954), Klavierkonzert op. 15, Ständchen für kleines 
Orch. op. 16; Konzertstück für KL und Orch. op. 
18, Capricci für Orch. op. 21, Serenade Mono- 
gramme für Orchester op. 23 (1955), Sonate für V. 
allein op. 12 und Lieder op. 2, 3, 7, 8 und 11. 

grdmannsdörfer, Max (von), * 14. 6. 1848 zu 
Nürnberg, f 14. 2. 1905 zu München; deutscher 
Dirigent, Schüler des Leipziger Konservatoriums 
und von Rietz in Dresden, 1871-80 Hofkapellmei- 
ster in Sondershausen, wo er durch Aufrührung 
zahlreicher Werke von Liszt, Bedioz, Brahms, 
Raf£ Saint-Saens den schon früher als Pflegestätte 
der neudeutschen Richtung berühmten Loh-Kon- 
zerten einen neuen Aufschwung zu geben wußte. 
Eine Zeitlang lebte E. in Leipzig, übernahm dann 
1882 die Direktion der Konzerte der Kaiserlich 
Russischen Musikgesellschaft in Moskau. 1889-95 
leitete er die Philharmonischen Konzerte und die 
Singakademie in Bremen, übersiedelte dann nach 
München, dirigierte in den Wintern 1895-96 und 
1896-97 die Konzerte der Kaiserlich Russischen 
Musikgesellschaft in St. Petersburg, wurde 1897 
Hofkapellmeister in München und Lehrer an der 
Akademie der Tonkunst, trat aber von beiden Äm- 
tern schon Ende 1898 zurück. Auch die 1897 über- 
nommene Leitung der Akademiekonzerte gab er 
auf. 1886 wurde er von der Universität Warschau 
zum Professor ernannt. 1903 erhielt er den mit dem 
persönlichen Adel verbundenen bayerischen Kro- 
nenorden. Seine Kompositionen (Chorwerke: 
Prinzessin Ilse, Schneewittchen , Traumkönig und sein 


Lieb , Seelinde , Ouvertüre zu Narziß op. 17, Lieder, 
Klavierstücke) vermochten keine dauernden Er- 
folge zu erringen. Seine Gattin war die Pianistin 
Pauline Fichtner, geborene Oprawill (1847 
bis 1916). 

Lit.: P. v. Erdmannsdörfer-Fcchtner in: Biographi- 
sches Jb. hrsg. v. A. Bettelheim X, 1907. 

Er?de, Alberto, * 8. 11. 1909 zu Genua; italie- 
nischer Dirigent, studierte an denMusikhochschulen 
in Genua, Mailand, Basel und bei Weingartner. E. 
wurde bekannt als Opemdirigent in Glyndeboume 
und Salzburg. 1945-46 leitete er das Symphonie- 
Orchester des Senders Turin und ging anschließend 
nach London als Dirigent der New London Opera 
Company am Cambridge Theatre. Mit der Spiel- 
zeit 1958/59 übernahm er die musikalische Leitung 
der deutschen Oper am Rhein (Düsseldorf-Duis- 
burg). 

Eremjta» Giulio (Heremita, eigentlich G. Gius- 
berti oder Iusberti); italienischer Komponist um 
1600, stammt aus Ferrara, schrieb ein Buch 6st. 
(1584) und 2 Bücher 5st. (1586-89) Madrigale. Wei- 
tere Madrigale finden sich in Sammelwerken 1582 
bis 1619, 2 8st Motetten in deutschen Drucken 
1603-09. 

Lit. : A. Superbi, Apparate de gli Huomini illustri..., 
Ferrara 1620; A Solerti, Ferrara e la Corte Es- 
tense . . ., Cittä di CasteLlo 1891, 21899; A. Lazzari, 
La musica alla corte ... di Ferrara, Ferrara 1928. 

Erfurth, Arno, * 31. 1. 1908 zu Berlin; deut- 
scher Pianist, lebt in Stuttgart. An der Staatlichen 
Hochschule für Musik in Berlin studierte er Kla- 
vier und Komposition (P. Hindemith) und unter- 
richtete dort 1935-43, seitdem an der Stuttgarter 
Musikhochschule, deren stellvertretender Direktor 
er 1952 wurde. In deutscher Erstaufführung spielte 
er 1947 das 3. Klavierkonzert von Bart6k (Essen), 
1954 das 2. Klavierkonzert vonKrenek (Hamburg). 
Er komponierte Kammermusik, Klavierwerke und 
Lieder. 

Ergo, Emil, * 20. 8. 1853 zu Selzaete (Belgisch 
Ostflandem), f um 1925 ; belgischer Musiktheoreti- 
ker und Chordirigent, war Lehrer an der Musik- 
hochschule von Ixelles, lebte zuletzt in Antwerpen. 
Die Bekanntschaft mit den Schriften von C. Fuchs 
und H. Riemann regte ihn zu theoretischen Arbei- 
ten an, deren Ergebnisse er in zahlreichen Veröffent- 
lichungen und Vorträgen vorlegte. 

Erhard, Laurentius (Erhardi), * 5. 4. 1598 zu 
Hagenau (Elsaß), f 6. 11. 1669 zu Frankfurt am 
Marti; deutscher Komponist und Musiktheoreti- 
ker, Magister in Saarbrücken, Straßburg und Ha- 
nau, wurde 1625 Kantor der Katharinenkirche und 
des Gymnasiums in Frankfurt am Main, schrieb: 
Compendium musices (1640, 2 1660) sowie ein Harmo- 
nisches Choral- und Figural-Gesangbuch (1659). 

Erhardt, Otto, (eigentlich Martin Ehrenhaus), 
*18. 11. 1888 zu Breslau, ursprünglichals Geiger aus- 
gebildet, studierte in Breslau und München Angli- 
stik, Musik- und Kunstgeschichte und promovierte 
1911 mit der Studie Die Opemdichtung der deutschen 
Romantik (erweitert im Druck), wirkte zunächst 
als Geiger und begann 1911 seine Laufbahn als 
Schauspiel- und Opemspiefleiter: 1918-20 Düssel- 
dorf-Duisburg, 1920-27 Stuttgart, dort ab 1923 
auch Leiter der Opemschule an der Hochschule für 


471 



Jingena 


Musik, 1927-31 an der Dresdner Staatsoper, seit- 
dem an der Civic Opera in Chicago. Er hat meh- 
rere Opemregiebücher veröffentlicht sowie: R. 
Strauss (Musikerreihe XIII, Olten 1953). 

Erigena -> Scotus. 

Eriksson, Josef, * 8. 12. 1872 zu Söderfors 
(Schweden); schwedischer Komponist, Schüler des 
Stockholmer Konservatoriums, war in Uppsala 
als Musiklehrer, Musikschriftsteller und Organist 
tätig. Werke: Suite Bukolika für Streichquartett, 
Orgel-, Klavier- und Violinstücke, mehrere Chor- 
werke, Männerchöre und etwa 200 Lieder. 

Lit.: K. Häkanson, J. E., Musik (Kopenhagen) IV, 
1920. 

Erk, - 1) Adam Wilhelm, * 10. 3. 1779 zu 
Herpf bei Meiningen, f 31. 1. 1820 zu Dreieichen- 
hain (bei Dannstadt) ; deutscher Organist, in Wetz- 
lar, Worms, Frankfurt am Main und Dreieichen- 
hain tätig, gab Orgelstücke heraus und schrieb Schul- 
lieder. - 2) Ludwig Christian, * 6. 1. 1807 zu 
Wetzlar, 1 25. 1 1 . 1 883 zu Berlin ; deutscher Volks- 
liedsammler, 1826-35 Seminarmusiklehrer in Mors 
(unter Diesterweg), anschließend Musiklehrer am 
Seminar für Stadtschulen in Berlin, 1836 Dirigent 
des liturgischen Chorgesangs der Domkirche (auch 
1836-38 Musiklehrer in der Familie des Prinzen 
Friedrich Karl), trat aber 1838 von dieser Stellung 
zurück, als Friedrich Wilhelm IV. den Domchor 
nach dem Muster der Petersburger Hofsänger- 
kapelle einrichtete, gründete 1843 den Erkschen 
Männergesangverein, 1852 den Erkschen Gesang- 
verein für gemischten Chor und wurde 1857 zum 
Königlichen Musikdirektor, 1876 zum Professor 
ernannt. E. wurde sehr bekannt durch seine zahl- 
reichen, vielfach aufgelegten Schulliederbücher 
(darunter Liederkranz, Singvögelein, Deutscher Lie- 
dergatten , Musikalischer Jugendfreund, Sängerhain , 
Siona, Tumerliederbudt, Frische Lieder ); viäe von 
ihnen sind in Gemeinschaft mit seinem Bruder 
Friedrich und seinem Schwager Greef verfaßt. 
Außerdem veröffentlichte er: Die deutschen Volks- 
lieder mit ihren Singweisen (Berlin 1838-45) ; Volks- 
lieder, alte und neue, Jur Männerstimmen (Essen 1845 
bis 1847); Deutscher Liederhort, ein klassisch gewor- 
denes und noch nicht wieder erreichtes Standard- 
werk (Volkslieder, Berlin 1856, neu bearbeitet und 
fortgesetzt von Fr. Böhme, Leipzig 1893/94, 21925, 
3 Bände); Deutscher Liederschatz (für Singst, und 
KL, 3 Bände, 1859-72); Mehrstimmige Gesänge für 
Mämterstbnmen (Essen 1833-35); Volksklänge (für 
Männerchor 1851-60); 4st. Choralgesänge der vor- 
nehmsten Meister des 16. und 17. Jh. (mit F. Fiütz; 
Essen 1845); Die bekanntesten Choräle, 3st. gesetzt 
zum Gebrauch der Schulen (1847); 7. S. Bachs mehr- 
stimmige Choralgesänge und christliche Arien (Leipzig 
1850-65); Vierstimmiges Choralbuch Jur evangensche 
Kirchen (1863); Choräle Jur Männerstimmen (1866) 
sowie Übungsstücke für KL und einen Methodi- 
schen Leitfaden für den Gesangunterricht in Volks- 
schulen (Krefeld 1834). Mit O. Tiersch gab er eine 
Allgemeine Musiklehre heraus (1885). Seine wert- 
volle Bibliothek wurde von der Regierung ange- 
kauft und in der Königlichen Bibliothek zu Benin 
aufgestdlt. Ein von E. selbst verfaßtes Chronologi- 
sches Verzeichnis der musikalischen Werke und litera- 
rischen Arbeiten von L. E. für Freundeshand erschien 


1867 (Berlin). - 3) Friedrich Albrecht, * 8. 6. 
1809 zu Wetzlar, f 7. 11. 1878 zu Düsseldorf; 
Realschullehrer, war Mitarbeiter an den Schul- 
liederbüchem seines Bruders L. E. und gab heraus: 
das weitverbreitete Lahrer Kommersbuch (1858, mit 
Fr. Sücher, 1551958), das Allgemeine deutsche Tumer- 
liederbuch (mit M. Schauenburg) und ein Frei- 
maurer-Liederbuch. 

Ausg.: L. E. u. W. Inner, Die deutschen Volkslieder 
(1838-45), hrsg. v. J. Koepp, 2 Bde, Potsdam 1938. 
Lit: K. Schultze, L. E., Bin 1876; H. Schmeel, 
L. E., Gießen 1908; W. Hansen u. J. Koepp, Die 
deutschen Volkslieder mit ihren Singweisen v. L. E., 
Bin 1934. 

Erkel,Ferenc (Franz), *7. 11. 1810zuGyula(Ko- 
mitatBekds),tl5. 6. 1893 zuBudapest; ungarischer 
Komponist und eigentlicher Schöpfer der ungari- 
schen Nationaloper, um 1830 Kapellmeister in 
Klausenburg, wurde 1838 Kapellmeister des Buda- 
pester Nationaltheaters (später dessen Musikdirek- 
tor), Ehrendirigent der Mannergesangvereine Un- 
garns, war 1875-89 Direktor der Landesmusik- 
akademie, gleichzeitig vielgerühmter Leiter einer 
Klavierausbildungsklasse,komponierte 8 ungarische 
Opern, von denen besonders Hunyadi LdszlS (1844) 
und Bank Ban (1861) begeisterte Aufnahme fanden. 
Die anderen sind: Bathory Mdria (1840), Sarolta 
(komische Oper, 1862), DSzsa György (1867), 
Brankovics György (1874), Ndvtelen hösök (1880), 
Istvdn kirdly (1885). Er ist der Schöpfer der noch 
heute gültigen ungarischen Nationalhymne (1845). 
Im Jahre 1853 rief er die Philharmonischen Kon- 
zerte ins Leben. E. war ein eifeiger Förderer jeder 
nationalen und musikkulturellen Bewegung und 
blieb von den Einwirkungen des Zeitgeistes (Wag- 
ner) fast imberührt; seine Opern sind rassige unga- 
rische Musik. 1896 wurde ihm in Bdkdsgyula ein 
Denkmal errichtet. - Seine Söhne sind: Gyula 
(Julius), * 7. 8. 1842 zu Budapest und f 22. 3. 1909 
zu Neupest, war 1856-60 Mitglied des National- 
theater-Orchesters, 1863-89 dessen Kapellmeister, 
1880 Professor an der Landesmusikakademie, grün- 
dete 1891 in Neupest ein Konservatorium und 
schrieb eine Bühnenmusik zu Maddchs Die Trar- 
gödie des Menschen. -Elek (Alexis), * 2. 11. 1843 und 
t 10. 6. 1893 zu Budapest; schrieb die Operetten 
Szikelykatalin, Tempefii, Der Student von Kassau . 
- Ldszld (Ladislaus), * 9. 9. 1844 zu Budapest, f 3. 
12. 1896 zu Preßburg, Klavierlehrer und Chordiri- 
gent in Bdkdsgyula und Szeghalom; ging 1870 nach 
Preßburg. - Sdndor (Alexander), * 2. 1. 1846 zu 
Budapest, f 14. 10. 1900 zu Bdkdscsaba; 1861-74 
Mitglied des Nationaltheater-Orchesters, 1874 
Chordirigent, 1875 1. Kapellmeister und 1876 
Opemdirektor, Nachfolger seines Vaters als Musik- 
direktor der Philharmoniker, komponierte eine 
Ungarische Ouvertüre, das Singspiel Csobdncz 
(1865) und Männerchöre. 

Lit. : K. Äbranyi, F. E.s Leben u. Wirken, Budapest 
1895 (ungarisch). 

Erkin, Ferhunde, * 1909 zu Istanbul; türkische 
Pianistin, lebt in Ankara. Als Wunderkind trat sie 
in der Türkei mit ihrem Bruder Necdet Atak zu- 
erst auf, studierte 1928-31 bei Wemrich in Leipzig 
und wirkt als Interpretin türkischer Komponisten. 
Sie hat eine Professur am Staatlichen Konservato- 
rium in Ankara. 


472 



Erlemann 


Erkm, Ulvi Cemal, * 14. 3. 1906 zu Istanbul; 
türkischer Pianist, Dirigent und Komponist, stu- 
dierte in Paris am Conservatoire und an der Ecole 
Normale de Musique (J. und N. Gallon, N. Bou- 
langer). 1930 wurde er Professor für Klavier und 
Harmonielehre an der Musikschule von Ankara, 
dem späteren staatlichen Konservatorium, und war 
1949-51 Direktor dieses Instituts. Heute leitet er 
neben seiner Lehrtätigkeit das Orchester des Kon- 
servatoriums und der Oper von Ankara. Er schrieb 
2 Symphonien (1945 und 1951), eine Sinfonietta 
für Streichorch. (1951), ein Concertino (1932) und 
ein Konzert (1943) für Kl. und Orch., ein Violin- 
konzert (1946), ein Streichquartett (1934), ein Kla- 
vierquintett (1943), Klaviermusik, Lieder sowie Be- 
arbeitungen von Volksweisen. 

Erlanger (srU^'e), Camille, * 25. 5. 1863 und 
f 24. 4. 1919 zu Paris; französischer Komponist, 
Schüler des Pariser Conservatoire (Delibes), erhielt 
1888 den großen Rompreis (Kantate Vellidd ), 
schrieb ein Requiem für Doppelchor und Orch., 
einige Orchesterwerke (La chasse fantastique, 1893; 
Sdrenade camavalesque ; symphonische Dichtung 
Maitre etserviteur , nach Tolstoi), auch Klaviermusik 
und Lieder (Po&mes russes), trat aber besonders als 
Bühnenkomponist hervor mit der dramatischen 
Legende Saint Julien VHospitalier (1894 im Kon- 
zert) und den Opern Kermaria (Paris 1897), Le juif 
polonais (Paris 1900), Le fils de Vitoile (Paris 1904), 
Aphrodite (Paris 1906), Bacchus triomphatit (Bordeaux 
1909), Haube rouge (Rouen 1911), La sordfre (Paris 
1912), Forfaiture (Paris 1921). 

Lit. : P. Landormy, La musique frangaise de Franck 
ä Debussy, Paris (1948). 

cPErlanger (srlä^e), Baron Fred6ric (Pseud- 
onym F. Regnal), * 29. 5. 1868 zu Paris, j 23. 4. 
1943 zu London; anglo-französischer Komponist 
deutsch-amerikanischer Herkunft, trieb in Paris 
literarische und musikalische Studien, lebte dann in 
London (naturalisierter Engländer). Lange Jahre 
war er einer der Direktoren von Covent Garden, 
schrieb die Opern Jehan de Saintri (Aix4es-Bains 
1893), Inh Mendo (London 1897), Tess (Neapel 
1906), Noel (Paris 1910), ein Requiem für Soli, 
Chor und Orch. (1931), aber auch Instrumental- 
werke: Suite sytnphonique (1895), Andante sympho- 
nique für Vc. und Orch., Violinkonzert op. 17, 
Concert sytnphonique für KL und Orch., Klavier- 
quintett, ein Streichquartett, eine Violinsonate. 

d’Erlanger (erläfr'e), Baron Rodolphe, * 1872 
zu Boulogne-sur-Seine, j* 29- 10. 1932 zu Sidi-bou- 
Said (Tunesien) ; französischer Maler, beschäftigte 
sich nebenher auch mit Komposition. Um 1910 
ließ er sich in Tunesien nieder und begann um 
1924 mit Hilfe zweier arabischer Gelehrter (’Abd 
al-’AzIz B akkush und M uhamma d al-Maxmubi al 
Samusa) und des Arabisten Baron Carra de Vaux 
ein intensives Studium der arabischen Musikge- 
schichte, deren wichtigstes Ergebnis eine Quellen- 
sammlung La musique arabe bildet: Band I-IV 
(Paris 1930-39) enthalten Traktate des 10. bis 16. 
Jh. in französischer Übersetzung (ab Band m über- 
nahm H. G. Farmer die Herausgabe), Band V eine 
Darstellung der zeitgenössischen Musiktheorie und 
Skalen, weitere Publikationen: Chants populaires 
de VAfrique du Nord (Biblioth&que musicale du 
musde de la parole I, 4, Paris 1931); Mibdies 


tunisiennes: Hispano- arabes - Arabo - herberes- Juives - 
Nkgres (Paris 1937). Auf Veranlassung d’E.s berief 
König Fu’ad von Ägypten 1932 einen Kongreß für 
arabische Musik nach Kairo, an dem Musiker aller 
arabischen Länder und europäische Forscher teil- 
nahmen; das von d*E. hierfür vorbereitete Ma- 
terial über die melodischen (maqämat) und rhyth- 
mischen (tqä ’ät) Modelle verschiedener Länder er- 
schien 1934 im »Recueü des travaux du Congr£s 
de musique arabe«. HGF 

grlebach, Philipp Heinrich, getauft 25.7. 
1657 zu Esens (Ostfriesland), f 17. 4. 1714 zu Ru- 
dolstadt; deutscher Komponist, ist 1679 als gräf- 
licher Musiker in Rudolstadt nachweisbar und 
wurde 1681 Kapellmeister. Seine Werke sind im 
Lullyschen Stil gehalten; die Lieder und Arien 
(z. B. I, 14: Meine Seufzer , meine Klagen) fallen 
durch Stärke der Affektdarstellung auf. Erhalten 
sind: VI Ouvertures , 5-6st. (Nürnberg 1693); VI 
Sonate für V., Gambe und B.c. (Nürnberg 1694); 
Harmonische Freude (2 Bände, 50 und 25 Lieder mit 
instrumentalen Ritomellen; Nürnberg I 1697, 
21710, II 1710); Gott-geheiligte Sing-Stunde (12 Lie- 
der mit Instrumenten; Rudolstadt 1704); hand- 
schriftlich einige Kantaten, 2 Motetten und in 
Eckelts Tabulaturbuch einige Stücke. Einige 
Opern, Oratorien und viele geistliche und weltliche 
Kantaten sind verschollen. 

Ausg. : aus den VI Ouvertures 1693 Nr 3 u. 4 hrsg. v. 
M. Seiffert, Organum III, 15 u. 16; aus den VI So- 
nate 1 694 Nr 1 u. 3 hrsg. v. F. Zobeley, HM CXVU, 
CXVIII, Nr 2 hrsg. v. M. Seiffert, Organum III, 5; 
Harmonische Freude I u. II, hrsg. v. O. Kinkeldey 
u. O. Schmidt, DDT XLVI/XLVH; 12 Lieder daraus 
hrsg. v. M. Seiffert, Organum n, 8; je eine Arie 
daraus Schering Beisp. 262 u. Davison-Apel Anth. 
II, 254; 2 Motetten, hrsg. v. M. Seiffert in DDT 
IL/L. 

Lit : A. Einstein, Zur deutschen Lit f. Va da Gamba, 
BIMG II, 1, darin d. Sonate Nr 2 v. 1694; M. Fried- 
laender. Das deutsche Lied im 18. Jh., 3 Bde, Stutt- 
gart u. Bin 1902, darin 7 Lieder aus d. Harmonischen 
Freude; E. Schmitz, Gesch. der weltlichen Solokan- 
tate, Lpz. 1914, 21955. 

^rlebach, Rupert Oswald, * 16. 11. 1894 zu 
Islington (London); englischer Komponist und 
Pianist, studierte am Roy al Co llege ol Music bei 
Stanford und R. Va ughan Williams Komposition, 
bei F. Taylor und H. Jones Klavier, pflegt alle 
Kompositionsgattungen und verwendet mit Vor- 
liebe das Volkslied. 1928-39 war E. Bibliothekar 
des Royal College of Music, 1930-56 Sekretär der 
Royal M usical Association. Er widmet sich jetzt 
der Erforschung älterer Musik und bearbeitet das 
Ms. Eton 178 für die Plainsong and Mediaeval 
Music Society. Werke: Aubade für Orch. op. 22; 
A Memory für Orch. op. 25; Kammermusik, dar- 
unter ein Septett; Orgel- und Klavierstücke, Lie- 
der. 

Erlexnaiin, Gustav, * 29.3. 1876 zu Neuwied, 
f 5. 10. 1936 zu Trier; deutscher Musikpädagoge, 
war Schüler des Königlich Akademischen. Instituts 
für Kirchenmusik und von Bruch in Berlin, grün- 
dete, vorübergehender Tätigkeit als Klavier- 
lehrer am Stemschen Konservatorium 1903/04, die 
TT |rrh<>nmnci1fsrhn le in Trier. Er schrieb Lieder, 
Chöre, Klavier- und Orgelmusik, Chor- und Or- 
chesterwerke, von denen genannt seien: Der Nibe - 


473 



jmer 


lungert Überfahrt für Bar., Chor und Orch. op. 11 
(1900); Bailade G moll für KL und Orch. op. 22 
(1903); Römische Suite für Orch. op. 40 (1921); 
Symphonische Dichtung Das Lied vom Lebert op. 
52 (1921); Klavierkonzert Esdur op. 53 (1922). 

Erler, Hermann -*■ Ries & Erler. 

Erlih, Devy, * 5. 11. 1928 zu Paris; französischer 
Violinist, lebt in Paris. 1945 absolvierte er das Pa- 
riser Conservatoire. Seine Karriere als Solist führte 
ihn seitdem durch ganz Westeuropa, 1955 nach 
Japan. E.s Repertoire umfaßt die Violinliteratur 
auch der Moderne, die er vielfach auf Schallplatten 
gespielt hat. 

grmatitiger, Erhärt, * 16. 2. 1900 zu Winter- 
thur; Schweizer Komponist, studierte 1918-21 bei 
Jamach am Zürcher Konservatorium, 1921/22 in 
Berlin, war Musiklehrer in Zürich, hielt 1925/26 
am Musikwissenschaftlichen Seminar der Univer- 
sität Freiburg im Breisgau einen Kurs für Harmo- 
nielehre und Analyse zeitgenössischer Musik, war 
1926-30 Musikreferent in Berlin, lebte dann bis 
1934 in Heesden (Holland), seitdem in Zürich, wo 
er seit 1945 Theorielehrer am Konservatorium und 
an der Musikhochschule ist. Kompositionen: 1. 
Symphonie op. 1; Streichquartett op. 2; 3 Hym- 
nen von Christian Morgenstern für S. und Kam- 
merorch. op. 3; Klavierkonzert op. 4; Fuge für 
Strdchorch. op. 9; II. Symphonie op. 12; 3 Kan- 
taten op. 14, 15 und 21; Das große Hdlelujah 
(Klopstock) für Mannerchor und Orch. op. 17; 
Die Worte des Glaubens (Schiller) für Chor und 
Orch. op. 18; Oper Gysbredit van Amsiel op. 20; 
HI. Symphonie (1955) für Blasorch.; Chöre und 
Orgelstücke. Ferner schrieb er außer vielen Auf- 
sätzen: Bildhafte Musik (Tübingen 1928); Zerfall 
und Krise des nachklassischen Musiklebens (Bern 
1939). 

Ermelfnda -*• Maria Antonia. 

Erncst, Gustav, eigentlich Scdigsohn, * 5.7. 
1858 zu Marienwerder bei Berlin, f 1941 zu Am- 
sterdam; deutscher Musikschriftsteller, studierte in 
Berlin Jura, daneben Klavier bei Th. Kullak, dann 
am Scharwenkaschen Konservatorium, lebte 1883 
bis 1909 als Pianist und Komponist in London, 
dann in Berlin, wo er 1910 Dozent der Musik- 
wissenschaft an der Humboldt-Hochschule wurde. 
Er komponierte 2 Violinkonzerte, Klavierstücke, 
Kantaten und Lieder und schrieb: Richard Wagner 
(Berlin 1915); Beethoven (Berlin 1920, 21922, 
31926); Johannes Brahms (Berlin 1930); Wilhelm 
Berger (Barlin 1931). 

Emst IL (IV.), Herzog von Sachsen-Coburg- 
Gotha, * 21. 6. 1818 zu Coburg, f 22. 8. 1893 auf 
Schloß Reinhardsbrunn, beschäftigte sich von Tu- 
gend auf viel mit Musik und komponierte Lieder, 
Kantaten, Hymnen sowie Opern und Operetten. 

Ernst Ludwig, Großherzog von Hessen 
Hessen. 

Emst, Franz Anton, * 3. 12. 1745 zu Georgen- 
thal (Böhmen), f 13- 1- 1805 zu Gotha; böhmi- 
scher Violinist, wurde 1778 Hofkonzertmeister in 
Gotha. Er schrieb ein Violinkonzert Es dur und 
Über den Bau der Geige (AmZ VÜI, 1805). 


Emst, Heinrich Wilhelm, * 6. 5. 1814 zu 
Brünn, f 8. 10. 1865 zu Nizza; tschechischer Violi- 
nist, war Schüler von Böhm und Mayseder in 
Wien, begann mit 16 Jahren als Virtuose zu reisen 
und hatte nur 1832-38 festen Wohnsitz in Paris. In 
der Art seines Spiels nahm er sich Paganini zum 
Vorbüd. Er schrieb für V.: Deux Nocturnes op. 1, 
Eligie op. 10, Concertino D dur op. 12, Polonaise 
de Concert op. 17, Concerto pathitique Fis moll op. 
23, Rondo Papagerto op. 30; ferner Kammermusik. 
Sein Sohn Alfred E., * 9. 4. 1860 zu Pdrigueux, 
f 16. 5. 1898 zu Paris, trat als Musikschriftsteller 
für Berlioz und R. Wagner ein und übersetzte den 
»Ring des Nibelungen« und »Die Meistersinger« 
ins Französische. 

Ausg.: Concerto op. 23, hrsg. v. H. Marteau, Lpz. 
1913. 

Lit.: A. Heller, H. W. E, Wien 1904; A. Moser, 
Gesch. des Violinspiels, Bin 1923. 

Erpf, Hermann, * 23. 4. 1891 zu Pforzheim; 
deutscher Musikpädagoge, war Schüler von Wolf- 
rum in Heidelberg, ab 1911 von Riemann in Leip- 
zig, wo er 1913 mit der Arbeit Der Begriff der musi- 
kalischen Form feedruckt Stuttgart 1914) promo- 
vierte, wurde 1919 Lehrer für Klavier, Theorie und 
Musikgeschichte am Konservatorium Röhmeyer 
in Pforzheim, 1922 Lektor für Musiktheorie an der 
Universität Freiburg, 1925 in Münster stellvertre- 
tender Direktor der Westfälischen Akademie für 
Bewegung, Sprache und Musik, 1927 Leiter der 
Musikabteüung der Folkwang-Schulen in Essen, 
1935 Direktor der Folkwang-Schulen und ging 
1943 nach Stuttgart an die Staatliche Hochschule 
für Musik, deren Direktor er bis 1945 und wieder 
1952-56 war. Er komponierte Orchester- und 
Chorwerke, Kammermusik und Klavierstücke und 
schrieb: Entwicklungszüge in der zeitgenössischen 
Musik (= Wissen und Wirken I, Karlsruhe 1922); 
Studien zur Harmonie - und Klangtechnik der neueren 
Musik (Leipzig 1927); Harmonielehre in der Schule 
(Leipzig 1930); Lehre von den Instrumenten und der 
Instrumentation (in: Hohe Schule der Musik H, 
Potsdam 1936) ; Vom Wesen der neuen Musik (Stutt- 
gart 1949, japanisch Tokio 1955) ; Neue Wege der 
Musikerziehung (Stuttgart 1953); Gegenwartskunde 
der Musik (Mainz 1954); Tagesfragen des Musik- 
lebens (Stuttgart 1957). 

Erskine ( , oe:skin), John, * 5. 10. 1879 und * 1. 
6. 1951 zu New York; am erikanis cher Pianist und 
Schriftsteller, Schüler in Komposition und Instru- 
mentation von MacDowelL Er studierte an der Co- 
lumbia-Universität und war hier Professor für 
E ng l i sch 1909-37. Sein schon als Kind begonnenes 
Klavierspiel brachte E. bis zur Konz ertreu e, nach- 
dem er 1923 Schüler von Hutcheson geworden 
war. 1928-37 war er Präsident der Juilliard School 
of Music, der er auch später in Ehrenämtern ver- 
bunden blieb. Neben literarhistorischen Arbeiten 
und Romanen, von denen Jade and the Beanstalk 
(1931) die Vorlage der gleichnamigen Oper von L. 
Gruenberg (1931) und der Oper Helen Retires von 
Antheil (1934) bildete, schrieb er Is There a Career 
in Music (New York 1929); Song Without Words: 
The Story of Felix Mendelssohn (New York 1941) ; 
What is Music? (Philadelphia 1944) ; The Memory of 
Certain Persons (Philadelphia 1947); My life as a 
Teacher (Philadelphia 1948) ; My Life in Music (New 


474 



Eschmann 


York 1950) ; The Philharmonic-Symphony Society of 
NY; Its First Hundred Years (New York 1943). 
Außerdem war er Herausgeber von A Musical Com- 
panion (New York 1935, 21948 ). 

Ertel, Jean Paul, * 22. 1. 1865 zu Posen, f 11. 2. 
1933 zu Berlin; deutscher Komponist, war in Po- 
sen Kompositionsschiiler von E. Tauwitz, studierte 
Klavier bei L. Brassin, später bei Liszt, studierte in 
Berlin Jurisprudenz, promovierte 1898 zum Dr. 
jur. und lebte von da an in Berlin als M usiklehr er 
und Kritiker des Berliner Lokalanzeigers. 1929 bil- 
dete sich eine Paul-Ertel-Gesellschait zur Förde- 
seines Schaffens. Hauptwerke: symphonische 
tung Maria Stuart op. 1; Harald-Symphonie 
op. 2; symphonische Dichtungen Der Mensch op. 9, 
Die nächtliche Heerschau op. 16, Hero und Leander 
op. 20, Pompeji op. 40; Opern Gudrun op. 45, Die 
heilige Agathe op. 52; 2 Streichquartette: D moll 
op. 14, nach hebräischen Melodien, und H moll 
op. 59; Suite für V. und KL op. 38; Violinsonate 
C moll op. 50. 

Ertel, Sebastian (Ertdius, Erthel); deutscher 
Komponist des frühen 17. Jh., gehörte zunächst 
dem Kloster Weihenstephan in Freising an, zeich- 
nete 1611 als Mönch von Gersten (Oberösterreich), 
wo er spätestens ab 1613 als Chorpräfekt waltete. 
Werke : Symphoniae sacrae 6-lOst. (München 1611) ; 
ein Buch 6-10st. Messen mit B. c. (München 1613), 
ein Buch 8st. Magnificat-Falsobordoni (München 
1615), 8st. Vesperpsalmen (München 1617). E. 
gehört zu den ersten Vertretern der generalbaß- 
begleiteten Chorpolyphonie in Deutschland. 

Lit.: K. G. Fellerer, Beiträge zur Mg. Freisings, 
Freising 1926. 

Ertmann, Dorothea von, geborene Graumann, 
* 3. 5. 1781 zu Offenbach am Main, f 16. 3. 1849 
zu Wien; deutsche Pianistin, heiratete 1798 in 
Frankfurt den österreichischen Offizier Stephan 
Freiherr von Ertmann und lebte von da an in Wien, 
1824-35 in Mailand. Spätestens 1803 wurde sie 
Schülerin Beethovens und bildete sich zu einer her- 
vorragenden Interpretin von dessen Klaviersona- 
ten, allgemein bewundert wegen der Ausdrucks- 
tiefe ihres Spiels. Beethoven widmete ihr die So- 
nate A dur op. 101 mit einem Brief vom 23. 2. 
1817. 

Lit.: Th. v. Fummel, Beethoven-Forschung VI-VTI, 
Mödling 1916; ders., Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926; 
J.-G. Prod’homme, Les sonates pour piano de Beet- 
hoven, Paris 1937, 21950, deutsch v. W. Kuhlmann 
als: Die Klaviersonaten Beethovens, Wiesbaden 1948 ; 
G. Kinsky - A. Halm, Das Werk Beethovens (Beet- 
hoven-Verz.), München-Duisburg (1955), S. 281. 


liturgischen Chor- u. Gemeindegesangs, 3 Bde, Göt- 
tingen 1865-72; 8 Sätze, hrsg. v. L. Erk u. Fr. Feutz 
in: ViersL Choralsätze, Essai 1845. 

Lit: C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang I, 
Lpz. 1843; W. Blankenburg in MGG. 

Eschenburg, Johann Joachim, * 7. 12. 1743 zu 
Hamburg, f 29. 2. 1820 zu Braunschweig; deut- 
scher Gelehrter, studierte in Leipzig und Göttingen, 
wurde 1767 Hofmeister am Carohneum in Braun- 
schweig und las dort ab 1773 Literaturgeschichte, 
später auch Philosophie undArchäologie, übersetzte 
Shakespeares sämtliche Werke ins Deutsche und 
gab den Nachlaß Lessings heraus. Auch schrieb er 
einige Opemtexte und Gedichte und übersetzte 
Schriften -> Bumeys und ästhetische Untersu- 
chungen anderer englischer Autoren ins Deutsche 
und schrieb wertvolle Beiträge für J. F. R. Rei- 
chardts Musikalisches Wochenblatt. 

Escher, Rudolf George, * 8. 1. 1912 zu Am- 
sterdam; holländischer Komponist, lebt in Am- 
sterdam. E. studierte nach anfänglichem Privat- 
unterricht in Klavier, Violine und Harmonielehre 
1931-37 am Tonkunst-Konservatorium in Rotter- 
dam, wo er 1934 Kompositionsschüler von W. Pij- 
per wurde. In der Folge veröffentlichte er als 
Schriftsteller u. a. Tosccmini en Debussy (Rotterdam 
1938) und Maurice Ravel (in Groot Nederland, 
Juli 1939) und schrieb Aufsätze über Musik und 
bildende Kunst. Er komponierte Orchesterwerke: 
Musique pour Vesprit en aeuil op. 6 (1943), Passa- 
caglia op. 10 (1945), Concerto für Streichorch. 
op. 14 (1948), Hymne du Grand Meaulnes op. 19 
(1951), eine Symphonie op. 26 (1954); Bühnen- 
musik, Kammermusik, Klavierwerke, Chöre und 
Lieder. 

Edidons Max Eschig S. A. R. L., französischer 
Musikverlag in Paris, gegründet 1907 durch Max 
Eschig, zunächst als internationale Musikalien- 
handlung und Verlagsvertretung ; nach Eschigs 
Tode (1927) wurde das inzwischen zur Soä&6 
anonyme umgebildete Unternehmen fortgeführt 
durch Eug&nc Cools und nach dessen Tode (1936) 
durch die Brüder Jean und Philippe Marietti, 
heute Directeur Gdndtal und Directeur Gdndral 
Adjoint. Die Firma hat sich durch Ankauf der 
Kataloge Demetz, Broussan et Cie, Jeanne Vieu, 

und durch eigene Produktion im Laufe der Zeit 
zu einem bedeutenden Verlagsuntemehmen auf 
allen Gebieten entwickelt. Unter den von ihr ver- 
tretenen ausländischen Verlegern befinden sich vor 
allem Schott Mainz und London. 



Eryfhraeus, Gotthard (eigentlich Roth), * um 
1560 zu Straßburg, f 1617 zu Altdorf bei Nürnberg ; 

gister artium) unefwurde dort an der Lateinschule 
1595 Kantor, 1609 oder 1610 Rektor. E. ist bekannt 
als Verfasser des Kantionais Herrn D. Martini Lu - 
theri und anderer gottesßrchtiger Männer Psalmen und 
geistliche Lieder . . . in vier Stimmen gebracht (Nürn- 
berg 1608), von dessen 85 Sätzen einer bereits in 
M. Praetorius’ Musae Sioniae VH (1609) übernom- 
men ist. 


Ausg.: 13 Sätze, hrsg. v. G. Freiherr v. Tücher in: 
Schatz des ev. Kirchengesangs n, Lpz. 1 848 ; 1 2 Sätze, 
hrsg. v. L. S choeb erlein u. Fr. Riegel in : Schatz des 


Eschmann, Carl (E.-Dumour), * 1835 zu Wä- 
denswil bei Zürich, f 28. 1. 1913 zu Lausanne; 
Schweizer Pianist, Vetter und -Schüler von Johann 
Karl E., war Klavierlehrer am Institut de musique 
in Lausanne und verfaßte einen Guide du jeune 
piamste (Lausanne 1884, 21888) und Rythme et agi- 
liti (Leipzig o. J., deutsche Ausgabe von A. Rut- 
hardt, englische von G. Tyson-WolfF). 

Esch man n, Johann Karl, * 12. 4. 1826 zu Win- 
terthur, f 27. 10. 1882 zu Zürich; Schweizer Klar- 
vierpädagoge, veröffentlichte einen Wegweiser 
durch die Klavierliteratur (Zürich 1879; vielfach 
wiederaufgelegt, herausgegeben von A. Ruthardt 


475 



Escobar 


Leipzig 4 '&1898-1914, 10 1925, die letzten Auflagen 
allein unter Ruthardts Namen), zahlreiche instruk- 
tive Klavierwerke, Lieder und Violinstücke. 

Escobar» Christo ual de, spanischer Musiktheo- 
retiker um 1500, verfaßte eine Introduccion de canto 
llano (Salamanca um 1498). 

Lit. : J. Wolf, Der Choraltraktat des Chr. de E., 
Gedenkboek aangeboden aan Dr. D. F. Scheurleer, 
’s-Gravenhage 1925. 

Escobgr, Maria Luisa, * 1903 zu Valencia 
(Estado de Carabobo) ; venezolanische Komponi- 
stin, erhielt ihre Ausbildung bei Roger-Ducasse in 
Paris. 1931-42 war sie Präsidentin des von ihr ge- 
gründeten »Ateneo de Caracas« und wurde künst- 
lerische Leiterin des venezolanischen Rundfunks. 
M. L. E. beschäftigt sich mit der musikalischen Ju- 
genderziehung und Volksmusik. Aus ihren Kom- 
positionen sind hervorzuheben die Ballette Or- 
quideas azules, Ruptura de relaciones und Citico Agui - 
las blancas. 

Escobar, Pedro de (auch Scobar), * 1513 oder 
1514 zu Sevilla; spanischer Komponist, war 1507 
ab Kapellmeister an der Kathedrale von Sevilla, 
wo er 1513 als »magister puerorum« erwähnt wird. 
E. sind wahrscheinlich auch die geistlichen Kompo- 
sitionen zuzuschreiben, die unter dem Namen Sco- 
bar ohne Nennung eines Vornamens überliefert 
sind. 

Ausg.: 28 ViUancicos, in Cancionero Musical, hrsg. 
v. Fr. A. Barbieri, Madrid (1890), neu hrsg. v. H. 
ANGLfes als La Müsica en la Corte de los Reyes Catö- 
licos II u. IV = MMEsp. V u. X; eine Messe sowie 
ein Sanctus und Agnus, hrsg. v. H. Angl£s, in La 
müsica en la Corte de los Reyes Catölicos I — 
MMEsp. I; Clamabat autem mulier, hrsg. v. J. B. de 
Elüstiza u. G. Castrillo, in Ant. mus., Barcelona 
1933. 

Lit. : H. ANGLfes, La polyphonie religieuse p£ninsu- 
laire antirieure ä la vennue des musiciens flamands en 
Espagna, Kgr.-Ber. Lüttich 1930. 

Escob?do, Bartolomd (Scobedo), * zu Zamora 
zu Anfang des 16. Jh., *f 1564 zu Segovia; spani- 
scher Komponist, war Sänger an der Kathedrale 
von Salamanca, gehörte 1536—41 und wieder von 
1545 wahrscheinlich bis 1548 der Päpstlichen Ka- 
pelle an, war dann bis 1552, als Nacbtolger M. Fle- 
chas, in der Kapelle der Infantin Donna Juana von 
Kastilien und wurde 1552 Kanonikus in Segovia; 
schrieb 2 6st. Messen und einige Motetten, von de- 
nen eine in N. Gomberts »Müsica quatuor vocum« 
(Venedig 1541) gedruckt wurde. 

Ausg.: 3 4sL Motetten in Lira sacro-hispana I, 1, 
hrsg. v. H. Eslava, Madrid 1869, eine davon auch in: 
A. W. Ambros, Gesch. d. Musik V, hrsg. v. O. Kade, 
Lpz. 1882,21887,31911. 

Escribgno, Juan (Scribano), * um 1480, + 7. 10. 
1558 zu Rom; spanischer Komponist, ist 1507-39 
als Sänger der Päpstlichen Kapelle nachgewiesen. 
Von ihm sind ein Magnificat, einige Lamentatio- 
nen, eine Motette und 2 Kanzonen bekannt. 

Escudier (ssküdj'e), die Brüder: Marie, * 29. 6. 
1819 zu Castelnaudary, f 17. 4. 1880 zu Paris, und 
L6on, * 17. 9. 1821 zu Castelnaudary, f 22. 6. 1881 
zu Paris; französische Musikschriftsteller, kamen 
jung nach Paris und entwickelten eine lebhafte 
journalistische Tätigkeit, gründeten 1838 die Mu- 
sikzeitung La France musicale, errichteten einen 


Musikverlag (Werke von Verdi), waren Mitarbei- 
ter verschiedener politischer Zeitungen, redigierten 
1850-58 Le Pays (Journal de Tempire) und verfaß- 
ten gemeinschaftlich die Werke: Etudes biograr - 
phiques sur les chanteurs eontetnporains (Paris 1840) ; 
Dictionnaire de tnusique d'apres les theoriciens 7 histo - 
riens et critiques les plus celebres (Paris 1844, 2 Bände; 
2. Auflage unter dem Titel: Dictionnaire de musique 
theorique et historique , Paris 1854, 51872); Rossini 
(Paris 1854); Vie et avetitures des cantatrices celkbres 
precedees des musiciens de Vempire et suivies de la vie 
anecdotique de Paganini (Paris 1856). 1862 trennten 
sich die Brüder, und Leon, der die Verlagsfirma be- 
hielt, gab eine neue Musikzeitung VArt musical 
heraus, die nach seinem Tode einging. Die von 
Marie fortgeführte France musicale ging schon 
1870 ein. Leon E. gab auch heraus: Mes Souvenirs 
(Paris 1863, 21868) und führte 1876 kurze Zeit die 
Direktion des Thditre Italien. 

Esl?va, Miguel Hilariön (Eslaba), * 21. 10. 1807 
zu Burlada (Navarra), f 23. 7. 1878 zu Madrid; 
spanischer Komponist, war Chorknabe der Kathe- 
drale in Pamplona, 1824-27 dort Violinist, wurde 
1828 Domkapellmeister in Burgo de Osma, 1832 
zum Priester geweiht, Kapellmeister derMetropoli- 
tankirche in Sevilla und 1847 Hofkapellmeister in 
Madrid sowie 1854 als Nachfolger Camicers Har- 
monieprofessor und 1866 auch Direktor des Kö- 
niglichen Konservatoriums. E. schrieb viel Kir- 
chenmusik, die italienischen Opern U Solitario 
(Cadiz 1841), La tregua di Ptolomaide (Cädiz 1842) 
und Pietro il Crudele (nach Lope de Vega, Sevilla 
1843), einige Lehrbücher, gab ab 1855 die Gaceta 
musical de Madrid heraus sowie eine Sammlung 
spanischer Kirchenmusik des 16.-19. Th. Lira sacro- 
hispana (11 Bände, Madrid 1869) und eine Samm- 
lung Orgelwerke Museo orgdnico (Madrid 1856). 
Lit. : A. PeSa y Goni, La öpera espafiola, Madrid 
1881 ; G. Chase, M. H. E., MQ XXIV, 1938. 

Espagne (esp'ajie), Franz, * 21. 4. 1828 zu Mün- 
ster (Westfalen), f 24. 5. 1878 zu Berlin; deutscher 
Musikbibliothekar, war 1851-54 Schüler von 
Dehn in Berlin, 1858 kurze Zeit Musikdirektor in 
Bielefeld, wurde aber nach Dehns Tod noch im 
gleichen Jahre Assistent und bald darauf Kustos der 
Musikabteüung der Königlichen Bibliothek in Ber- 
lin, die unter seiner Leitung durch den Erwerb 
wichtiger Sammlungen wesentlich vergrößert 
wurde; zur gleichen Zeit war er Chordirektor der 
Hedwigskirche. E. war Mitarbeiter derBeethoven-, 
Mozart- und Palestrina-Gesamtausgaben, gab in 
der Bach-Gesamtausgabe Band XHI, 2 die Engli- 
schen und Französischen Suiten anonym heraus, 
die in Band XLV von A. DörfFd noch einmal ediert 
wurden, ferner 3 Symphonien von C. Ph. E. Bach 
(Leipzig 1860) und verfaßte ein Verzeichnis sämt- 
licher Werke Dr. Carl Loewes (Berlin 1870). 

Lit.: W. Altmann, Die Musikabt d. Preußischen 
Staatsbibi., ZfMw III, 1920/21 ; H. Becker, Ein un- 
bekannter Herausgeber d. Bach-GA, Mf VI, 1953. 

Espinqsa, Guillermo, * 9. 1. 1905 zu Cartagena; 
kolumbianischer Dirigent, studierte an der Musik- 
hochschule in Cartagena, bei R. Bossi in Mailand, 
Prüwer in Berlin und Weingartner in Basel. 1928 
gründete E. in Berlin das Fremden-Symphonie- 
orchester, mit dem er besonders lateinamerikani- 
sche Musik aufführte. Er kehrte 1932 nach Kolum- 


476 



Esser 


bien zurück und rief 1936 die Orquesta Sinfonica 
Nacional de Bogota ins Leben, deren ständiger Di- 
rigent er ist. 

Espinpsa, Juan de, spanischer Musiktheoretiker 
des 16. Jh., stand im Dienste des Kardinals Pedro 
Gonzdles de Mendoza und später in dem des Erz- 
bischofs von Sevilla, Diego Hurtado de Mendoza, 
lebte 1520 in Toledo. Er schrieb : Retraetationes de 
los errores y Jalsedades que escribio Gonzälo Martinez 
de Biscargui (Toledo 1514), Tractado de principios de 
müsica prdctica e theörica (Toledo 1520) und Trac- 
tado breve de principios de Canto llano (Toledo, um 
1520). 

Ausg.: 2 Villancicos in: Cancionero musical, hrsg. v. 
Fr. A. Barbieri, Madrid (1890), neu hrsg. v. H. 
Angl&s, La Müsica en la Corte de los Reyes Catölicos 
II, = MMEsp V. 

Esplü Triay, Oscar, * 5. 8. 1886 zu Alicante; 
spanischer Komponist, war ursprünglich Ingenieur, 
studierte dann Philosophie und Munk (u. a. bei 
Saint-Saens und Reger), war 1931-36 Vorsitzender 
der Junta Nacional de Müsica, wurde 1936 Direk- 
tor des Madrider Konservatoriums, ging aber wäh- 
rend des Bürgerkriegs ins Exil nach Brüssel und 
kehrte erst 1951 nach Spanien zurück. Er vertritt 
Spanien im IntemationalenMusikrat der UNESCO 
und ist Präsident der spanischen Sektion der Inter- 
nationalen Gesellschaft für Neue Musik. E. gilt 
neben M. de Falla als Hauptrepräsentant der zeit- 
genössischen Musik Spaniens, doch ist die nationale 
Haltung seiner Musik nicht so sinnfällig wie die 
Übernahme andalusischer Formen bei de Falla. E. 
verwendet Skalen (z. b. c-des-es-e-f-ges-as-b) und 
Harmonien, die er aus der Beschäftigung mit 
Volksliedern der spanischen Südostküste gewonnen 
hat (daher spricht man bei ihm von der »Escuela 
levantina«), Werke: Tondichtung El sueno de Eros 
(1910) ; Suite levantina für Orch. (1911), umgearbei- 
tet als Poema de nihos (1915); I. Streichquartett 
(1920, unveröffentlicht) ; La pdjara pinta (1923, Kla- 
vierstücke zu einem Marionettenspiel, umgearbei- 
tet für Orch. 1955) ; Tondichtung Don Quijote ve- 
lando las armas (1924) ; szenische Kantate La noche- 
buena del diablo (1926); Ballett El contrabandista 
(1928); 2 folkloristische Suiten für Kammerorch. 
(1931 und 1933); Oper La Balteira (1933); Ballett 
Ciclopes de Ifach (1937) ; Sonatina del Sur für Kl. und 
Orch. (1943); Chorsymphonie (1947-50); Sonate 
espagnole für KL (1949) ; JL Streichquartett (1956) ; 
Kammermusik (darunter ein Klavierquintett und 
ein Klaviertrio); Klavierstücke; Chorwerke (dar- 
unter ein Hinrno republicano t 1931); Lieder. Ferner 
schrieb er ästhetische und historische Schriften. 
Auch bearbeitete E. 1924 die Musik des aUjähriich 
aufgeführten Misterio de Elche . 

Lit.: A. Salazar, Müsica y müsicos de hoy, Madrid 
1928; ders., La müsica en la sociedad europea IV, 
Mexico 1946; G. Chase, O. E., MMR LXIX, 1939; 
L. GarcIa-Abrines, Un Musicien Espagnol: O. E., 
La Rev. Internationale de Musique IX, 1951. 

Egppsito, Michele, * 29. 9. 1855 zu Castel- 
lammare bei Neapel, t 23. 11. 1929 zu Florenz; 
italienischer Pianist und Komponist, 1865-73 Frei- 
schüler des Königlichen Konservatoriums von Nea- 
pel, das er mit einem Komponistenstipendium ver- 
ließ. 1878 ließ er sich in Paris nieder, von wo er 
1882 als Klavierprofessor an die Königliche Musik- 


Akademie nach Dublin berufen wurde (Dr. h. c. 
1917). Dort trat er zuerst als Konzertpianist, be- 
sonders als Kammermusikspieler auf. Der Erfolg 
seiner 1897 preisgekrönten Kantate Deirdre op. 38 
auf dem ersten inschen Musikfest (Feis Ceoil) er- 
mutigte ihn zur Gründung der Dublin Orchestral 
Society (1899), die sich schnell entwickelte und die 
er bis zur Auflösung 1914 (März 1927 wieder ge- 
gründet) leitete. Auch als Komponist hatte E. Er- 
folg und wurde noch mehrmals preisgekrönt (Cel- 
losonate D dur op. 43, Streichquartett D dur op. 
33, Orchesterstück Poem op. 44). Außer diesen Wer- 
ken schrieb er die Opern Catnorra (Petersburg 1903), 
II gentiluomo (Moskau 1905), The Tinker and the 
Fairy (Dublin 1910), eine Operette The Post Bag 
(Dublin 1902), 2 Symphonien, eine Irische Or- 
chestersuite op. 55, Neapolitan Suite für Streich- 
orch. op. 69; 2 irische Rhapsodien für V. und 
Orch., ein 2. Streichquartett C moll op. 60, 3 Vio- 
lin sonaten, eine Fantasie für 2 KL 

Ausg.: Ballade f. KI. op. 59, 2, in: Taguapietra 
Ant XVII. 

Esquivel, Juan (auch Esquivel Barahona), * viel- 
leicht um 1565 zu Ciudad Rodrigo, f nach 1613; 
spanischer Komponist, war um 1608 Kapellmeister 
an der Kathedrale von Salamanca, 1611-13 in 
Ciudad Rodrigo. Von ihm wurden gedruckt : Mis- 
sarum Joannis Esquivelis . . . liber primus (Salamanca 
1608 ); Johannis Esquivel Motecta (Salamanca 1608); 
Tomo Segundo de los Salmos , Himrtos , Magnificat 
(Salamanca 1613; die Bezeichnung *2. Band« ver- 
weist wahrscheinlich auf eines der vorhergenann- 
ten Bücher). 

Lit.: H. Collet, Le mysticisme musical espagnol, 
Paris 1913; A. Geiger, J. E., Fs. Sandberger, Mün- 
chen 1918. 

Esquivel Navarro, Juan de, * zu Sevilla, ver- 
öffentlichte 1642 in Sevilla Discursos sobre el arte del 
Dancado, in denen er die Hoftänze beschreibt. 

Esser, Karl Michael (Ritter von), * um 1740 zu 
Aachen; deutscher Violinist, war 1763 Mitglied 
der Kasseler Hofkapelle und reiste dann als gefeier- 
ter Virtuose in Deutschland, der Schweiz, Italien, 
den Niederlanden und England. 1783 wurde in 
Gotha sein Singspiel Die drei Pächter aufgefühlt. 
Erhalten sind von E.s Werken: Triosonaten, 2 Se- 
rien mit je 6 Symphonien (die erste mit Widmung 
an den König von Dänemark) und 6 Violinduette. 

Esser, Heinrich, * 15. 7. 1818 zu Mannheim, 
f 3. 6. 1872 zu Salzburg; deutscher Kapellmeister, 
wurde 1838 Konzertmeister, später Kapellmeister 
am Mannheimer National-Theater, weiterhin Diri- 
gent der Liedertafel in Mainz, 1847 als Nachfolger 
O. Nicolais Kapellmeister am Hofopemtheater in 
Wien, 1862 Vorstand der Tonkünsder-Sodetät so- 
wie einige Zeit Dirigent der Philharmonischen 
Konzerte. 1869 zog er sich nach Salzburg zurück. 
Er war Musikberater von Fr. Schott und stellte 
1859 auf dessen Wunsch die Verbindung zu R. 
Wagner her. E. schrieb die Opern: Silas (Mann- 
heim 1840), Rlquiqui (Frankfurt 1843) und Die bei- 
den Prinzen (München 1845), ein Streichquartett 
op. 5, 2 Symphonien op. 44 und 47, 2 Ordiester- 
suiten op. 70 und 75, viele Männerquartette und 
Lieder. 


477 



Essipow 


Lit.: E. Hansuck, Suite, Wien u. Teschen (1884); E. 
Istel, R. Wagner im Lichte eines zeitgenössischen 
Briefwechsels, Bin 1902; L. Strecker, R. Wagner 
als Verlagsgefährte, Mainz 1951. 

Essipow (j'esipav), Annette, * 1. 2. 1851 und 
1 18. 8. 1914 zu St. Petersburg; russische Pianistin, 
war am Petersburger Konservatorium Schülerin 
von Leschedzky, mit dem sie 1880-92 verheiratet 
war, und lehrte ab 1893 an diesem Institut. Zu 
ihren Schülern zahlen L. Kreutzer und Prokofjew. 

Est (Este), Michael und Thomas -► East. 

Estanisl^o, Aurelio, * 14. 9. 1926 zu Manila; 
philippinischer Sänger (Bariton), studierte an der 
philippinischen Universität, danach 1951-53 am 
Conservatoire und an der Sorbonne in Paris. Mit 
Erfolg trat er in Europa und auf den Philippinen 
als Sänger auf und unterrichtet jetzt am College of 
Liberal Arts der Philippinischen Universität. 

Esteb^n, Fernando, * um 1375 zu Sevilla; spa- 
nischer Musiktheoretiker, nennt sich in seinem 
1410 verfaßten Traktat über den Cantus planus 
Sakristan der Kapelle von Sant Clemente zu Se- 
villa; die mehrstimmige Musik wird in dem Trak- 
tat nur nebenher erwähnt. 

Lit.: B. J. Gallardo, Ensayo de una Bibi. Espa- 
Sola ... IX, Madrid 1866, darin Teile des Traktats; 
H. Collet, Le mysticisme musical espagnol, Paris 
1913; H. Angl£s, Vorw. z. NA v.: J. Vazquez, So- 
netos y Viilancicos, Barcelona 1946. 

gsterh&zy von Galintha, ungarisches Adelsge- 
schlecht, berühmt für sein Mäzenatentum. Hier 
sind zu nennen: - 1) Paul, * 1635, f 1713, wurde 
1687 zum Fürsten erhoben, spielte selbst Cembalo 
und komponierte. Seine Harmonia Caelestis (Wien 
1711), die ziemlich vielseitig ist und in der älteren 
ungarischen Musikgeschichte einzig dasteht, ent- 
hält 55 geistliche Gesänge: Soli, Duette und Chöre 
mit Orchesterbegleitung. - 2) Paul Anton, * 22. 
4. 1711, f 18. 3. 1762, Enkel von Paul E., trat 1734 
die Regierung an, war später Gesandter in Neapel 
und legte eine bedeutende Musikaliensammlung 
an. Auf den 1. 5. 1761 ernannte er Josejph Haydn zu 
seinem Vizekapellmeister. (Kapellmeister war seit 
1728 G. J. Werner). -3) Nikolaus Joseph, * 18. 
12. 1714, f 28. 9. 1790, genannt »der Prachtlie- 
bende«, Bruder und Nachfolger von Paul Anton 
E., österreichischer Feldmarschall, spielte das -* 
Baryton, verstärkte die Kapelle auf 35 Musiker und 
zog sie zu Opern und Schauspieknusiken in 
seinem neuerbauten Schloßtheater heran. Sein 
Nachfolger wurde sein Sohn Paul Anton, * 11. 
4. 1738, f 22. 1. 1794, der die Kapelle auflöste, je- 
doch Haydn weiterhin eine ansehnliche Pension 
zukommen Heß. Diesem folgte sein Sohn - 4) 
Nikolaus, * 12. 12. 1765, f 25. 11. 1833; er war 
noch ein Gönner Haydns, wenn auch beider Ver- 
hältnis nicht ganz ungetrübt war; Beethoven gab 
er die Messe C dur op. 86 (1807) in Auftrag. 1804 
bis 1811 warj. N. Hummel sein Kapellmeister; die 
1794 neu eingerichtete Kapelle wurde mehr und 
mehr verkleinert (1848 dann ganz aufgelöst). 
Andere Mitglieder der weitverzweigten Familie 
spielen in der Lebensgeschichte Schuberts, Weigls 
und Liszts eine Rolle. 

lit.: allgemein: C. v. HorvLth u. E. v. Hajnik, Das 
forstliche Haus Esterhäzy, österr. Revue m, Bd IV, 


1863; L. Mer£nyi u. Zs. Bubics, Herczeg Esterhäzy 
Päl . . ., Budapest 1895. - Zur Musik: C. F. Pohl, 
J. Haydn, 2 Bde, Bin u. Lpz. 1875-82, Bd HI v. H. 
Botstiber, Lpz. 1927; B. Szabolcsi, Probleme d. 
alten ungarischen Mg., ZfMw VII-VIII, 1924/25 bis 
1925/26; J. Harich, Der erste Kapellmeister d. 
E.schen Kapelle, Muzsika 1, 1929; A. Csatkai, Beitr. 
z. Gesch. d. Musikkultur in Eisenstadt, Mitt. d. Bur- 
genländischen Heimat- u. Naturschutzver. V, 1931; 
Ch. Abelmann, Der Codex Vietoris, Diss. Wien 1946, 
maschr.; L. Novak, J. Haydn, Wien 1951; F. Kor- 
cak, L. Tomasini, Diss. Wien 1952, maschr. 

Est$ve, Pablo, f 4. 6. 1794 zu Madrid; spanischer 
Komponist, kam 1760 nach Madrid und schrieb 
mehrere hundert Tonadillas und Zarzuelas, bear- 
beitete auch italienische Opern wie Picdnnis »La 
buona figHola«. 1778-90 war er maestro compo- 
sitor einer Theatertruppe, für die er jährlich 62 
Tonadillas zu schreiben hatte. 

Ausg.: viele Stücke hrsg. v. F. Pedrell in: Teatro 
Lfrico Espaüol H, La Corufia (1897), u.: Cancionero 
musical populär espaöol IV, Valls (1922). 

Estfeve (est/eiv), Pierre, * zu Montpellier; fran- 
zösischer Musikschriftsteller des 18. Jn., Mitglied 
der Sorietä Royale des Sciences von MontpelHer, 
kam um 1750 nach Paris und veröffentlichte einige 
dilettantische ästhetische Schriften: Nouvelle dicou- 
verte du principe de V Harmonie (Paris 1752; gegen 
Rameau); Vesprit des beaux-arts ( 2 Bände, Paris 
1753) ; Justification de la musiquefrangaise (Den Haag 
1754; gegen Rousseau); Dialogue sur les arts (Am- 
sterdam 1756). 

d’Estrde (estr'e), Jean, f wahrscheinHch 1576 zu 
Paris; französischer Oboist, spielte am Hofe und 
1552-58 mit zehn seiner Kollegen bei festlichen 
Gelegenheiten in Paris. E. Heß 1559-64 4 Samm- 
lungen mit 58, 56, 45 und 24 4-6st. Tänzen bei 
N. de Chemin in Paris als Premier (-Quart} livre 
de danseries erscheinen. Auffallend ist dann die 
große Anzahl von Bransles , die auch zu Suiten zu- 
sammengefaßt sind. Mehrere sind in der Orch6so- 
graphie des Arbeau von 1588 enthalten. 

Lit: J. Ecorcheville, 20 Suites d’orchestre du 
XVH e sifccle fran$ais, Paris 1906; F. Lesure u. G. 
Thibault in Ann. mus. I, Paris 1953, S. 279 u. 328 ff. 

^Streicher, Zygmunt, * 3. 12. 1917 zu Frei- 
burg (Schweiz) ; polnischer Musikforscher, stu- 
dierte Musik am Konservatorium Zdedski in Kra- 
kau, Musikwissenschaft 1937-39 an der Universität 
Krakau, danach in Freiburg (Schweiz) und pro- 
movierte dort 1946 bei Fr. Brenn. Seit 1948 leitet 
er die ethno-musikologische Sektion des Musöe 
d’Ethnographie in Neuchätel und wurde an der 
dortigen Universität 1951 Privatdozent, 1954 Lehr- 
beauftragter, 1957 Professor. VeröfFendichungen: 
Zur Polyrhyümik in der Musik der Eskimos (SMZ 
LXXXVII, 1947), La Musique des Esquimaux Cari- 
bous ( collection Gabus) (BulL de la Soc. Neuchäte- 
loise de Geographie XLTV, 1948), Teoria dwutono - 
wyeh melodii (Kwartalnik Muzycny VI, 1947), La 
Polyphonie chez les Esquimaux (Journal de la Soc. 
des Am6ricanistes XXXVII, 1948), Die Musik der 
Eskimos ( Anthr opos XLV, 1950), Chants et rytkmes 
de la danse (Thommes Bororo (enreg. H. Brandt) (BulL 
de la Soc. Neuchäteloise de Geographie LI, 
1954/55), Cinq chants des Esquimaux Anearmiut (in: 
G. van den Steenhoven, Research-Report on Cari- 
bou E skim o Law, den Haag 1956), Une tecknique de 


478 



Euler 


transcription de la musique exotique (in: Bibliotheques 
et Musees de la Ville de Neuchatel 1956, Neuchätel 
1957). 

Estrflla, Arnaldo, * 14. 3. 1908 zu Rio de Ja- 
neiro; brasilianischer Pianist und Musikpädagoge, 
studierte zunächst am Institute Nacional de Mü- 
sica seiner Vaterstadt, danach bei Yves Nat in 
Paris, später noch Harmonielehre und Kontra- 
punkt wieder in Rio. Seit 1935 unterrichtet E. an 
der Universität von Rio, wurde 1943 auch Pro- 
fessor am dortigen Konservatorium und 1947 an 
der Nationalen Musikschule der Universität von 
Brasilien. Als Solist machte er sich auf zahlreichen 
Konzertreisen in Süd- und Nordamerika sowie 
in Europa bekannt. 

EszterMzy -+ Esterhäzy. 

Ett, Caspar, * 5. 1. 1788 zu Eresing bei Lands- 
berg (Bayern), + 16. 5. 1847 zu München; deut- 
scher Kirchenmusiker, studierte am Kurfürstlichen 
Seminar in München und wurde 1816 dort Hof- 
organist an der Michaelskirche. Er hat große Ver- 
dienste um die Wiederbelebung der kirchlichen 
Musik des 16.-18. Jh., die er sich für seine eigenen 
Kompositionen zum Muster nahm (Messen mit 
und ohne Orch., mehrere Requiem, Miserere, Sta- 
bat Mater, die aber Manuskript blieben; auch eine 
Generalbaß- und Harmonielehre ist erhalten). Ge- 
druckt wurden nur Cantica sacra in usum studiosae 
juventutis (1827). Auf dem Gebiete der Geschichte 
des gregorianischen Chorals bildet E. mit seiner 
Vereinfachung der alten Melodien bis zur Be- 
schränkung auf einen Ton für jede Silbe das Schluß- 
glied der im 16. Jh. beginnenden Bestrebungen, 
welche in der Editio Medicea zuerst feste Form an- 
nahmen. E. schrieb auch Musik für den griechisch- 
orthodoxen und den jüdischen Kultus. 

Lit.: R. Schlecht, Gesch. d. Kirchenmusik, Regens- 
burg 1871 ; Fr. Witt, Beitr. z. Reform . . . d. kath. 
Kirchenmusik, Musica Sacra XXI, 1888; ders., Aus 
einer Messe v. C. E., Musica Sacra XXVI, 1893; 
K. F. E. v. Schafhautl, Erinnerungen an C. E., 
KmJb 1891; F. Bierling, C. E., EUbach 1906, mit 
Werkverz.; B. A. Wallner, Zum 50. Todestag J. K. 
Aiblingers . . . u. zum 70. Todestag K. E.S, Musica 
Sacra L, 1917; O. Ursprung, Restauration u. Pa- 
lestrma- Renaissance . . ., Augsburg 1924; ders., 
Münchens musikalische Vergangenheit, = Kultur u. 
Gesch. II, hrsg. v. P. Dirr, München 1927. 

$ttinger, Max, * 27. 12. 1874 zu Lemberg, f 19. 
7. 1951 zu Basel; deutscher Komponist, erhielt 
1899 in Berlin den ersten Unterricht in Harmonie- 
lehre und zog 1900 nach München, wo er das Kon- 
servatorium absolvierte. 1930 übersiedelte er nach 
Berlin, 1933 nach Ascona (Tessin). Als dramati- 
scher Komponist, der mit Vorliebe bereits litera- 
risch geprägte Stoffe in Musik setzte, pflegte er ei- 
nen flüssigen Deklamationsstil mit vollerer oder 
leichterer orchestraler Untermalung, ist aber auch 
als Lyriker und Kammermusik-Komponist beach- 
tenswert Werke: Violin- und Cellosonate; 
Streichquartett op. 32; Quintett für 4 Holzbläser 
und Kl. op. 20; zahlreiche Lieder; Suite nach alten 
englischen Meistern für großes Orch. op. 30; 
Träume, 3 Lieder ohne Worte für großes Orch. op. 
31; Weisheit des Orients (Omar Cnrijam) für Soll, 
Chor und Orch. op. 24 (1921); Der eifersüchtige 
Trinker op. 14 (tragikomischer Einakter nach Boc- 


caccio, 1925); tragische Oper Judith op. 28 (3aktig, 
nach Hebbel, 1921); Juana op. 33 (einaktig, nach 
Georg Kaiser, 1925); Clavtgo op. 34 (nach Goethe, 
1926); Frühlings Eru/achen op. 36 (3aktig, nach Fr. 
Wedekind, 1928); Dolores (3ak tig, auf eigenen 
Text 1931); Oratorien Das Lied von Moses (1934/ 
1935), Königin Esther (1940/41), Jiddisch Lehn (1942), 
Jiddisch Requiem (1947). 

Eukleides (Eudid), griechischer Mathematiker, 
der um 300 v. Chr. in Alexandria lebte. Sein 
Hauptwerk, die »Elemente der Geometrie« in 13 
Büchern, ist bis zu Descartes das Grundbuch der 
Geometrie geblieben; nach Cassiodor soll es von 
Boethius ins Lateinische übersetzt worden sein. Die 
Bücher V und VII-IX behandeln in Anlehnung an 
den Mathematiker Eudoxos von Knidos (um 408 
bis 355 v. Chr.) die Proportionenlehre. Außer an- 
deren mathematischen und optischen Abhandlun- 
gen schrieb E. noch eine Kaxaxofx^i xavövog (über 
die Teilung des Monochords) ; seine »Elemente der 
Musik« sind verschollen; eine ihm bisweilen zuge- 
schriebene »Einleitung in die Harmonik« stammt 
wahrscheinlich von Kleoneides. 

Ausg. : Euclidis opera omnia, hrsg. v. J. L. Heiberg 

u. H. Menge, 8 Bde, Lpz. 1883-1916, SuppL-Bd 1899, 
mit lat. Übersetzung; Les ceuvres d’E., en grec, en 
latin et en fr?., hrsg. v. F. Peyrard, 3 Bde, Paris 
1814-18; The Elements of E., engl. Übersetzung v. 
R. Simson, London 261844; E., Die Elemente, deutsch 

v. C. Thaer, 2 Bde, = Ostwalds Klassiker d. exakten 
Wiss. CCXXXV/CCXXXV I, Lpz. 1933; Collection 
de j auteurs grecs reiatifs k la musique, hrsg. v. Ch.-E. 
Ruellb, Paris 1884, mit frz. Übersetzung; Musici 
scriptores graeci, hrsg. v. C. v. Jan, Lpz. 1895. 

Lit: allgemein: J. L. Heiberg, Literargesch. Studien 
über E., Lpz. 1882; F. Hultsch in Pauly-Wissowa 
RE VI, 1 (= 11. Halbbd), Sp. 1003 ff.; H. G. Forda, 
The Foundations of Euclidian Geometry, Cambridge 
1927; K. Reidemeister, Das exakte Denken cL Grie- 
chen, Hbg 1949; E. B. Plooy, E.’s Conception of 
Ratio..., Diss. math.-nat, Leiden 1950. - Zu d. 
musikalischen Schriften: L. Laloy, Un passage d’E., 
Revue de phflologie XXIV, 1900; Ch.-E. Ruelle, 
Sur l’authenticitd probable de la division . . ., Revue 
des 6tudes grecques XIX, 1906; S. Wantzloeben, 
Das Monochord, Diss. Halle 1911. 

Eulenburg, Ernst, * 30. 11. 1847 zu Berlin, f 11. 
9. 1926 zu Leipzig; deutscher Musikverleger, Schü- 
ler von Th. Kullak und S. Dehn, dann des Leipziger 
Konservatoriums, gründete am 1. 2. 1874 den sei- 
nen Namen tragenden Musikverlag, der vorzugs- 
weise pädagogische und musikwisscTi schafdichc 
Literatur pflegte, aber seit der Übernahme von 
Paynes Kleiner Partitur-Ausgabe 1892 vor allem 
ernste Musik herausgibt. E. erweiterte die ur- 
sprünglich auf klassische Kammermusik ohne Kla- 
vier beschränkte Sammlung durch Aufnahme von 
früheren Werken und Werften neuerer Komponi- 
sten, von Orchester- und Chorwerken. Sie um- 
faßt jetzt etwa 1000 Werke. Seit 1. 7. 1911 ist sein 
Sohn, Dr. Kurt Eulenburg Teilhaber der Finna, 
die er 1939 nach London verfegte (Ernst Eulen- 
bure Ltd.). 1957 wurden die Anteile der Gesell- 
schaft von Schott (London) übernommen. 

Euler, Leonhardt, * 4. 4. 1707 zu Basel, f 18. 9. 
1783 zu St. Petersburg; Schweizer Mathematiker, 
war Schüler von Bemoulli, 1730 Professor der Ma- 
thematik in St. Petersburg, 1741 in Berlin, wo er 
1744 Direktor der mathematischen Klasse der Aka- 


479 



d’Eve 


demie wurde, kehrte 1766 nach Petersburg zurück. 
Kurz darauf erblindete er. E. hat eine große An- 
zahl akustischer Abhandlungen für die Berichte der 
Berliner und der St. Petersburger Akademie ge- 
schrieben; auch seine Lettres a une princesse d'Alle- 
magtie (1768-74, deutsch von J. J. Engel 1773-80) 
erörtern akustisch-musikalische Probleme. Sein auf 
Musik bezügliches Hauptwerk aber ist: Tentanieti 
novae theoriae musicae (St. Petersburg 1739), dessen 
negative Resultate evident beweisen, daß dieMathe- 
matik zur Begründung eines musikalischen Systems 
nicht ausreicht. Ergänzende Gedanken bringen die 
Schriften Conjecture sur la raison de quelques dis - 
sonances und Du veritahle caractbe de la musique mo- 
derne (1764). E. führte als erster zur bequemeren 
Veranschaulichung der Tonhöhendifferenzen Lo- 
garithmen ein. 

Ausg.: die musikalischen Schriften, in: Opera omnia 
III, 1, hrsg. v. E. u. R. Bernoulu, F. Rudio u. A. 
Speiser, Lpz. u. Bin 1926. 

Lit.: S. Schulz-Euler, L. E., Ffm. 1907; L. G. Du 
Pasquier, L.E. et ses amis, Paris 1927; A. D. 
Fokker, Rekenkundige Bespiegeling der Muziek, 
Gorinchem 1944; J. Handschin, Der Toncharakter, 
Zürich 1948. 

Euterpe, in der griechischen Mythologie die Muse 
der lyrischen Dichtung; ihr Attribut ist ein Aulos. 
Lit. : M. Wegner, Das Musikleben d. Griechen, Bin 
1949. 

Eut2ng, Ernst, * 7. 2. 1874 zu London, f 21. 4. 
1925 zu Berlin; deutscher Musikforscher, besuchte 
1892-96 die Hochschule für Musik in Berlin, stu- 
dierte dann an der Berliner Universität Musikwis- 
senschaft und promovierte dort 1899 mit einer Ab- 
handlung Zur Geschichte der Blasinstrumente im 16. 
und 1 7. fl i. Im selben Jahr gründete E. die Deutsche 
Instrumentenbau-Zeitung, die er redigierte, und 
zeichnete 1902-03 mit A. Mayer-Reinach neben 
O. Fleischer als Herausgeber der ZIMG. 
Evangdgtos, Antiochos, * 25. 12. 1903 zu I i- 
xurien (auf Kcphallinia) ; griechischer Dirigent und 
Komponist, 1923-28 Schüler des Leipziger Kon- 
servatoriums. Studienreisen führten ihn nach Wien, 
Berlin und Basel, wo er Dirigentenkurse bei F. 
Weingartner besuchte. Seit 1932 in Athen ansässig, 
wirkt er hier als Leiter des Konservatoriums »Hel- 
lenikon Odeon«, als Chefdirigent des Rundfunks 
und an der Staatsoper. Er ist Generalsekretär des 
Griechischen Komponistenverbandes. E. schrieb 
Musik zu altgriechischen Tragödien, eine Kantate 
In Memoriam auf die Gefallenen des 2. Weltkrie- 
ges, Orchestergesänge und Kammermusik für Strei- 
cher. 

Evans ('svanz), David, * 6. 2. 1874 zu Resolven 
(Glamorganshire), f 17. 5. 1948 zu Rhos-on-Sea 
bei Wrexham; walisischer Komponist, 1895 Mus. 
Bac. zu Oxford, später Mus. Doc.; 1900-03 Orga- 
nist an der New Jewin Presbyterian Church in Lon- 
don, übte danach eine Lehrtätigkeit aus an den Col- 
leges von S. Wales, Monmouthshire und Cardiff. 
Werke: Orchestersuite (1901 preisgekrönt) ; Ou- 
vertüre (1906) ; RmtzteLlawenhewch y» yrlor (»Ver- 
traue auf Gott«; 1906); dramatische Kantate The 
Coming of Arthur (1907); 2 Oden für Chor und 
Orch. Dejfro, mae 9 n ddydd und Carmen (1909) ; Kin- 
deroperette Bro y bugeilicdä ; Chöre, Anthems und 
Services. E. ist Herausgeber dreier walisischer 
Sammlungen von Kirchenmusik. 


Evans ('svanz), David Emlyn, * 21. 9. 1843 zu 
Newcastle Emlyn (Cardiganshire), f im April 1913 
zu London; walisischer Komponist, gab mehrere 
Musikzeitungen heraus und redigierte die gälische 
Zeitung Y Cerddor (»Der Musiker«) ; 1887 wurde 
sein biographisches Lexikon gälischer Musiker 
preisgekrönt. Sein Hauptwerk ist die Sammlung 
von 500 vorher ungedruckten gälischen Melodien 
Alawon Fy Ngwlad (2 Bände, 1896, für Kl.) ; außer- 
dem veröffentlichte er viele Anthems und andere 
kirchliche Kompositionen, auch weltliche Chor- 
lieder und Kantaten. 

Evans ('evonz), - 1) Edwin sen., * 1844 und 1 21. 
12. 1923 zu London; englischer Organist und Mu- 
sikschriftsteller, von dessen Veröffentlichungen be- 
sonders A Historical, Descriptive and Analytical 
Account of the Entire Works of Johannes Brahms (4 
Bände, London 1912-36) und Beethoven' sNine Sym- 
phonies (2 Bände, London 1923/24) zu nennen sind. 
- 2) Edwin i’un., * 1. 9. 1874 und f 3. 3. 1945 zu 
London; englischer Musikkritiker, Sohn des vori- 
gen, war, mit Ausnahme des Elementarunterrichts 
bei seinem Vater, Autodidakt, begann 1901 über 
Musik zu schreiben und veröffentlichte 1902 Ar- 
tikelreihen über moderne russische Komponisten, 
1902/03 über moderne englische Musiker; später 
hielt er ausgedehnte Vorträge über moderne fran- 
zösische Musik und setzte sich nachdrücklich für 
Debussy, Ravel und Strawinsky ein; 1919-23 er- 
schien von ihm eine neue Artikelreihe über mo- 
derne englische Komposition in den Musical 
Times. 1914-23 war er Kritiker der Pall Mall Ga- 
zette, 1933-45 der Daily Mail; 1921-22 gab er die 
Musical News and Herald heraus sowie von Ok- 
tober 1927 bis Anfang 1930 die Monatsschrift The 
Dominant und 1931-34 die Wochenschrift The 
Music Lover. Er war 1922 einer der Mitgründer 
der Internationalen Gesellschaft für zeitgenössische 
Musik und 1938-45 ihr Präsident. Bücher: The 
Margin of Music (Oxford 1924); Tchaikovsky 
(revised edition, New York 1935); Music and the 
Dance (posthum, London 1948). 

Evans ('evonz), Harry, * 1. 5. 1873 zu Dowlais 
(Süd-Wales), f 23. 7. 1914 zu Liverpool; walisi- 
scher Chordirigent, erst Lehrer, wurde 1902 Diri- 
gent des walisischen Chorvereins in Liverpool, 
1906 Organist an St. George, St. Congregational 
Church Liverpool; schrieb ein Chorwerk Victory 
of St. Qarmon (Cardiff 1904). 

cFEve (e:v), - 1) Honor6 Eugene, ab 1652 als 
Sänger der Brüsseler Hofkspdle nachgewiesen, 
1644 lieutenmt de musique , wurde wahrscheinlich als 
Nachfolger des 1666 gestorbenen J. Tichon Hof- 
kapellmeister. - 2) Alphonse, getauft 20. 8. 1666 
zu Brüssel, begraben 10. 10. 1727 zu Antwerpen, 
Sohn von Honord d’E.; belgischer Komponist, soll 
in Courtrai und Audenarde gewirkt haben, ließ 2 
Bücher Kirchenstücke zu 1-5 St. erscheinen (Ge- 
nius musicus op. 1, Amsterdam o. J., und Plulomela 
delectans op. 3, Antwerpen 1708) und bewarb sich 
1708 von Brüssel aus um die Domkapellmeister- 
stelle in Antwerpen, die er bis 1725 verwaltete. Die 
unter dem Namen d’E. han d$rhrift1frh erhaltenen 
umfangreichen Kirchenwerke und eine Suite sind 
wahrscheinlich zum Teil Kompositionen von 
Honore d’E. 


480 



Expert 


Lit. : A. E. Schroeder, Mededeling over A. D’E., 
RBM 1, 1946-47; S. Clercx-Lejeune, Le XVIIe et le 
XVIIIe s., in: La musique en Belgique, Brüssel 1950; 
H. Langley, The Newly Discovered Ame Mass, 
MMR LXXXI, 1951 (es handelt sich um die Messe 
aus »Genius musicus«). 

Evers, Carl, * 8. 4. 1819 zu Hamburg, f 31. 12. 
1875 zu Wien; deutscher Pianist, studierte bei C. 
Krebs in Hamburg und F. Mendelssohn-Bartholdy 
in Leipzig, dann noch in Paris, wurde 1841 Kapell- 
meister in Graz, wo er 1858 auch eine Musikalien- 
handlung eröffnete, und Heß sich 1872 in Wien nie- 
der; schrieb 4 Sonaten, Chansons (Tornow, Phanta- 
sien und Fugen für KL sowie Lieder und Chöre. 

Ewens, Franz Josef, * 17.2.1899 zu Köln- 
Mülheim; deutscher Musikschriftsteller, studierte 
zuerst Jura, dann bei Schiedermair und Bücken 
Musikwissenschaft, promovierte 1923 in Köln mit 
einer Arbeit über Anton Eberl (Dresden 1927), war 
1923-25 in Köln Lehrer für Theorie und Musik- 
geschichte an verschiedenen Privatmusikschulen, 
zuletzt am Engdbert-Haas-Konservatorium. Seit 
1926 ist er Schriftleiter der Deutschen Sängerbun- 
deszeitung und des Jahrbuchs des Deutschen Sän- 
gerbundes; ferner war er als Musikkritiker 1933 
bis 1938 an der Germania, 1938-44 am Berliner 
Lokal-Anzeiger und 1950-52 an der Bergischen 
Rundschau tätig sowie Redakteur der Zeitschriften 
Lied und Spiel (1939-44) und Die Volksmusik 
(1941-44). Bücher: Mathieu Neumann (Dresden 
1926); Erinnerungen einer Komponistin (Dresden 
19291; Das deutsche Sängerbuch (Karlsruhe 1930); 
Lexikon des deutschen Chorwesens (Mönchen-Glad- 
bach 1954). 

Ewer Sc Co. (j'uo), englischer Musikverlag in 
London, um 1823 vonjohn Jeremiah E. gegrün- 
det, der um 1825-29 Julius Johanning zum Part- 
ner hatte (E. &Johanning). Nach dessen Aus- 
scheiden hieß che Firma J.J. E. &Co., wurde 
später von E. Bur ton übernommen und 1860 von 
William Witt ; 1867kam sie zum VerlagNovello 
(Novello,E. &Co.). E. & Co. besaßen die eng- 
lischen Verlagsrechte der meisten Werke Mendels- 
sohns. 

Ewsejew (jevs'ejev), Sergei Wasilje witsch, 
* 24. 1. 1893 zu Moskau; russischer Pianist und 
Komponist, war Schüler von L. Konius, A. Gol- 
denweiser und S. Tanejew, veröffentlichte: Lieder 
op. 1, Symphonie Eis moll op. 4, Dithyrambe für 
Singst., V., Vc. und KL op. 10, Idylle für V. und 
Kl op. 11, Klavierstücke und Chöre. 

Exaudet (egzod's) Andrd Joseph, * um 1710 zu 
Rouen, f um 1762 zu Paris; französischer Violinist, 
wirkte an der Acaddmie de musique in Rouen, spä- 
ter an der Op6ra und am Concert Spiritud in Paris. 
Von ihm erschienen 2 Bücher Violinsonaten (Paris 
1744 und 1760) und ein Buch Triosonaten (Paris 
1751); ein Violinkonzert ist handschriftlich erhal- 
ten. Das Menuett der ersten Triosonate wurde all- 
bekannt und mit den verschiedensten Texten ver- 
sehen. 

Lit.: L. de La Laurenoe, L’Ecole fran$aise de violon 
n, Paris 1923. 

Eximfno y Pujades, Antonio, SJ, * 26. 9. 1729 
zu Valencia, f 9. 6. 1808 zu Rom; spanischer Mu- 


sikforscher, wurde 1763 wissenschaftlicher Direk- 
tor der Artillerieschule in Segovia, ging 1767, als 
der Jesuitenorden in Spanien unterdrückt wurde, 
nach Italien und kehrte erst 1798 nach Spanien zu- 
rück. Sein Buch DelTorigine e delle regole (Rom 
1774; spanisch von F. A. Gutidrrez als De Torigin y 
reglas, 3 Bände, Madrid 1796) wendet sich gegen 
die Ableitung musikalischer Regeln aus mathe- 
matischen Sätzen und rief eine lebhafte Polemik 
(z. B. des Padre Martini) hervor, der E. mit U 
Dubbio di D. Antonio Eximeno sopra il Saggio fonda- 
tnentale . . . (Rom 1775; spanisch von F. A. Gu- 
tierrez als Duda de D. Antonio Eximeno Madrid 
1797) begegnete. Weitere Schriften: Lo spirito di 
Macchiavelli (Rom 1795) ; Institutiones philosophicae 
et mathematicae (Madrid 1796) ; Apologia de Miguel 
de Cervantes (Madrid 1806); Don Lazarillo Vizcardi 
(satirischer Musikerroman, im Nachlaß). 

Ausg.: Don lazarillo Vizcardi, hrsg. v. Fr. A. Bar- 
bieri, 2 Bde, Madrid 1872-73. 

Lit.: F. Pedrell, P. A. E., Valencia 1921 ; J. Subirä, 
Hist, de la müsica II, Barcelona 1927; N. OtaSo, 
HP.A.E., Madrid 1943. 

Expert (sxp's:r), Henry, * 12. 5. 1863 zu Bor- 
deaux; f 18. 8. 1952 zu Tourrettes-sur-Loup (Alpes- 
Maritimes) ; französischer Musikforscher, kam 1881 
nach Paris als Schüler von Niedenneyers Kirchen- 
musikschule, studierte in der Folge noch unter C. 
Franck und Gigout, doch wandte sich sein Haupt- 
interesse der Musik des 15.-16. Jh. zu. Nach seiner 
Tätigkeit an der Biblioth&que Sainte-Genevi&ve 
übernahm E. 1909 beim Rücktritt Weckerlins, 
neben Tiersot als 1. Bibliothekar, die 2.BibHo- 
thekarstelle am Pariser Conservatoire und war 
1920-33 leitender Bibliothekar. E. stellte seine 
ganze Arbeitskraft in den Dienst eines großen na- 
tionalen Unternehmens, das man nur mit den 
Den km äl cr-Publikationen in Parallele stellen kann, 
nämlich der Herausgabe eines Corpus der franko- 
flamischen Musik des 15.-16. Jh. Er selbst glie- 
derte anfangs sein Unternehmen in 6 Teile: L Les 
Maitres musiciens de la renaissance frangaise (Partitur- 
ausgaben in modern verkürzter Notierung, mit 
Faksimil es, 23 Bände, -* Denkmäler). II. Biblio- 
graphie thimatique (thematischer Katalog der ge- 
samten in Betracht kommenden Literatur, mit 
Faksimiles; nur 2 Hefte sind erschienen, Paris 
1900). HL Les thioriciens de la musique au temps de la 
Renaissance (L Michel de Menehou, Nouvelle in- 
struction familiäre; Paris 1900). IV. Sources du 
Corps de Part de musique franco-flamande des 
XV* et XVI* sifcdes (Faksimile-Ausgabe ganzer 
Werke; angekündigt waren Petracds Odhecaton 
und Missae Josquin, Antiquus* Lib. XV missarum 
und 2 der ersten Drucke Attaingnants; leider ist 
aber nichts erschienen). V. Commentaires (Ab- 
handlungen über die Grundlagen der Musik der 
Renaissance, über Goudimels Psalter, über lejeunes 
Printemps; nichts erschienen). VL Extraits des Mai- 
tres musiciens . . . (Ausgabe ausgewählter Stücke der 
Sammlung in Stimmen für den heutigen Gebrauch ; 
etwa 150 Stücke erschienen). Außerdem gab E. den 
Hugenotten-Psalter neu heraus (Paris 1902) und 
bereitete eine Ausgabe der lutherischen Psalmen 
und Kirchenlieder des 16. Jh. vor. 1923 erschien 
La Fleur des Musiciens de Pierre Ronsard (7 Hefte). 
1924 begann E. eine neue Sammlung französischer 


31 


481 



Eybler 


Werke des 16. Jh. : Monuments de la musique firm - 
gaise au temps de la renaissance (Partiturausgabe in 
moderner Notierung, 10 Bande, -> Denkmäler). 
Dazu kommen ferner eine reichhaltige Samm- 
lung weltlicher Gesänge des 17.-18. Jh. (Brünettes, 
Chansons ä danser en rond, Chansons tendres, ga- 
lantes, bacchiques, de morale galante, cridques, 
satiriques - 81 Nummern 35 Airs de cour von 
Boesset, 4 von Guedron, 2 von Tessier), 3- und 
4st. instrumentale Fantasies von lejeune (1) und du 
Caurroy (5), Les maitres fiangais du clavedn des 
XVII ■ et XVIII * sikles (-»- Neuausgaben), Amüse- 
ments des musiciens frangeds du XVIII* sikle (Muset- 
tenstücke von Chddeville, J. Aubert und Baton) 
und ein Repertoire classique de musique religieuse et 
spirituelle (Campra, Charpentier, H. Dumont, 
Lully, Bender, Fr. Couperin le grand, Cleram- 
bault, Delalande, Rameau und die Italiener Monte- 
verdi, A. Grandi, Carissimi). E. war auch Lehrer 
an der ficole nationale de musique classique und 
hielt Vorträge an der £cole des hautes dtudes so- 
ciales. 

Eybler, Josef Leopold (1834 Edler von), * 8. 
2. 1765 zu Schwechat bei Wien, f 24. 7. 1846 zu 
Wien ; österreichischer Komponist, war Sohn eines 
Schulmeisters und Chorregenten, 1776-79 Schüler 
Albrechtsbergers, begann Jurisprudenz zu stu- 
dieren, widmete sich aber 1782 ganz der Musik und 
gab Unterricht im Klavier- und Violinspiel; auch 
spielte er Orgel, Waldhorn, Bratsche und Baryton 
und trat als Sänger auf. J. Haydn und W. A. Mo- 
zart schätzten ihn sehr. 1792 wurde E. Chorregent 
der Karmeliterkirche ; 1794-1824 war er Regens- 
chori am Schottenstift, daneben ab 1801 Musik- 
lehrer am Hof, ab 1804 Vice-Hofkapcllm cister. 
Nach Salieris Tod wurde er 1824 zum Hofkapell- 
meister ernannt und verwaltete dieses Amt, l ns er 
1833 einen Schlaganfall erlitt. Er schrieb ein Re- 
quiem (1802), die Oratorien Die Hirten an der 
Krippe (1793) und Die vier letzten Dinge (1810), 
32 Messen, 7 Tc Deum, Psalmen, Symphonien, 
Streichquartette, Oboenquintette, Lieder. 

IiL: A. Schmidt, Denksteine, Wien 1848; J. Gaude- 
froy-Demombynes, Un oratorio in£dit d’E., Paris 
1940; R. Haas, J. L. Edler v. E., Mozart-Jb. 1952. 


van Eyken, Heinrich, * 19. 7. 1861 zu Elberfeld, 
f 28. 8. 1908 zu Berlin; deutscher Musiktheore- 
tiker, Sohn von Jan Albert van Eijken, war Schü- 
ler H. von Herzogenbergs und wurde 1902 Theo- 
rielehrer an der Königlichen Hochschule für Musik 
in Berlin. Als Komponist trat er mit wirkungs- 
vollen Uedem hervor und schrieb auch Männer- 
chöre, einen Psalm, eine Serenade; ferner eine 
Harmonielehre (aus dem Nachlaß herausgegeben 
von H. Leichtentritt und O. Wappenschmidt 
Leipzig 1911). Sein Hauptwerk ist die Ausarbei- 
tung des musikalischen Teils von R. von Iilien- 
crons Chorordnung (Gütersloh 1900; Kassel 21929 
herausgegeben von H. J. Moser). 

Eylenstein, Johann Friedrich Adam, * 1757 
und f 1830 zu Weimar; war Violinist, Repetitor an 
der Oper, Mitglied der Hofkapelle, Großherzog- 
licher Kammermusikus und Organist an der Stack- 
kirche. Er veröffentlichte 25 Lieder von beliebten 
Dichtem Teutschlands (Weimar 1782) und eine 
Klaviersonate op. 1 (Speyer 1782). 

UL: E. Herrmann, Das Weimarer Lied in d. 2. 
Hälfte d. 18. Jh., Diss. Lpz. 1925, maschr. 

Eysler, Edmund S. (eigentlich Eisler), * 12. 3. 
1874 und f 4. 10. 1949 zu Wien; österreichischer 
Operettenkomponist, war am Konservatorium der 
Gesellschaft der Musikfreunde Schüler von A. 
Door, R. Fuchs und J. N. Fuchs. E. schrieb 3 
Opern, ein Ballett und 60 Operetten, die den tradi- 
tionellen liedhaften Wiener Stil fortfuhren, sowie 
Tänze, Ueder und Klavierstücke. Seine berühm- 
testen Operetten sind: Bruder Straubinger (darin das 
Ued Küssen ist keine Sund 1903); Die Schützen- 
Hesel (darin das Mutterl-Lied ; 1905); Kimstierblut 
(1906); Der unsterbliche Lump (1910) ; Der Frauen k 
jresser (1911) ; Der lustige Ehemann (darin das Wein- 
Lied; 1913); Der Aushilfsgatte (1917); Bella Mam - 
mina (= Die schöne Mama; Rom 1921) ; Der König 
heiratet (1924) ; Die goldine Meisterin (1927) ; Wiener 
Musik (1947). 

UL : O. Keller, Die Operette, Lpz. 1926; K. Wester- 
meyer, Die Operette . . München 1931 ; K. Ewald, 

E. E., Wien 1934; R. M. Prosl, E. E., Wien 1947; 

F. Hadamowsky u. H. Ottb, Die Wiener Operette, 
Wien 1947; A. Bauer, 150 Jahre Theater a. d. Wien, 
Wien 1952. 


482 




Faber, Benedict, * zu Hilpertshausen bei Würz- 
burg; deutscher Komponist des 1. Drittels des 17. 
Jh., nennt sich 1607-31 Musiker am Coburgischen 

Hofe. Von F. erschienen: Cantionum Saararum 

4— 8st. (Coburg 1604, 2 1610); Natalitia Christi , 
4-8st. Weihnachtsgesänge (Coburg 1630); ferner 
einzelne Stücke und Gelegenheitswerke, davon 
5 mit solchen von Melchior Franck. 

Ausg.: ein 4st. deutsches Lied in: L. Schoeberlein - 
Fr. Riegel, Schatz d. liturgischen Chor- u. Gemein- 
degesangs 11, 2, Göttingen 1872. 

Faber, Gregor, * um 1520 zu Lützen (Kreis 
Merseburg), f nach 1554; deutscher Musiktheore- 
tiker, studierte 1545-47 in Leipzig die Artes, wurde 
1549 in Tübingen immatrikuliert und promovierte 
dort 1554 zum Doktor der Medizin. F. hielt an der 
Tübinger Artisten-Fakultit Vorlesungen über Mu- 
sik, aus denen sein Traktat Musices Practicae Ero - 
tematum Libri II (Basel 1553) hervorgegangen ist. 
F. vermittelt dann eine traditionelle Musiklehre 
und einige humanistische Probleme, ohne eine 
Verbindung zwischen beiden Anschauungen her- 
zustellen. 

Lit: G. Peetzsch in AfMf Hl, 1938, u. VI, 1941. 

Faber, Heinrich (Sigel: MHF = Magister Hern 
ricus Faber), * um 1520 zu Iichtenfels, f 26. 2. 1552 
zu Ölsnitz (V ogtland) ; deutscher Kantor, studierte 
ab 1542 in Wittenberg, wo er 1545 zum Magister 
artium promovierte, und wirkte - stets im Sinne 
der reformatorischen Bewegung - als Schulmeister 
15 4 4 -4 5 und ab 1549 in Naumburg, in der Zwi- 
schenzeit in Braunschweig. Hier entstanden 1548 
seine Schriften Compenaiolum musicae (Braun- 
schweig 1548, zahlreiche Neuauflagen, Über- 
setzungen von Christoph Rid 1572 und Johannes 
Colhardt 1605, zweisprachige Ausgaben von Mel- 
chior Vulpius 1610 und - mit Rids Übersetzung - 
Adam Gumpcl zhai m er 1591, dessen Bearbeitung 
1675 zuletzt erschien) und Ad musicam practicam 
introductio (Nürnberg 1550 und öfter). Der Schluß- 
teil der Introductio , eine reichhaltige Musica goetica 
(mit Beispielen aus Josquin und Isaac) wurde in den 
Druck nicht angenommen. 1551 las F. an der 
Universität Wittenberg; im folgenden Jahre ist er 
als Schulrektor in Ölsnitz gestorben. An Kompo- 
sitionen sind von ihm erhalten: 2 4st. Sätze, der 
Baß von 3 weiteren, eine Anzahl kurzer Stücke für 
den liturgischen Gebrauch (alles handschriftlich). 
Lit: G. Peetzsch in AfMf VH, 1942; W. Gurlitt, 
Der Begriff der Sortisatio, TVer XVI, 1942; ders.. 
Die Kompositionslehre d. deutschen 16. u. 17. Jh., 
Kgr.-Ber. Bamberg 1953; H. Albrecht, Zwei Quel- 
len ..., Mf I, 1948; H. Kätzel, Musikpflege ... in 
der Stadt Hof . . Diss. Erlangen 1951, maschr.; W. 
Brennecke, Die Hs. A. R. 940/941 . . ., ® Schriften 
des Landesinst f. Musikforschung Kiel I, Kassel 
1953 ; B. Meier in MfXI, 1958, S. 76. 

Faber Stapulensfs, Jacobus (Jacques Lefeb- 
vre d’Etaples), * um 1435 oder 1455 zu Etaples 


(Pas-de-Calais), 1 1536 oder 1537 zu Nerac (Lot- 
et-Garonne) ; französischer Theologe und Mathe- 
matiker, kam 1475 nach Paris, reiste 1486-92 in 
Italien und lehrte dann in Paris. 1520-25 war er 
Generalvikar der Diözese Meaux, mußte dann aber 
nach Straßburg fliehen, da ihn sein Wirken und 
seine exegetischen Schriften der Hinneigung zur 
Reformation verdächtig machten. 1526 wurde er 
an den Hof Franz* I. nach Blois berufen, bald darauf 
an den der Königin Marguerite von Navarra in 
Ndrac. Langjährige Studien der aristotelischen 
Philosophie führten F. zu Boethius, in Anlehnung 
an den er eine Arithmetica und Elementa musicalia 
schrieb; diese erschienen zuerst zusammen mit der 
Arithmetik des Jordanus Nemorarius (Paris 1496, 
mehrere weitere Auflagen bis 1553). 

Lit: H. Dörries, Artikel J. F. St., in: Religion in 
Gesch. u. Gegenwart II, Tübingen 21928 ; E. Amann, 
Artikel J. L. d’E., in: Dictionnaire de thtologie ca- 
tholique IX, Paris 1926; Riemann MTh. 

Faber, Nikolaus, einer der ältesten dem Namen 
nach bekannten deutschen Orgelbauer, erbaute 
1359-61 die für die Geschichte des Pedals bedeut- 
same Orgel im Dom zu Halberstadt, welche von 
M. Praetorius (Syntagma H 98 ff.) beschrieben 
wird. 

Lit.: Praetorius Synt II, 1619, Faks. hrsg. v. W. 
Gurlitt, Kassel 1929. 

Faber, Magister Nikolaus aus Bozen, um 1516 
Kantor am herzoglich bayerischen Hofe, Verfasser 
der von Johannes Aventinus Thurinomarus heraus- 
gegebenen Musicae rudimenta admodum brevia 
(Augsburg 1516), in denen er Gafori folgt. 

Lit.: A. v. Dommer, N. F., MfM I, 1869; E. Prae- 
torius. Die Musiktheorie d. F. Gafurius, BIMG H, 
2; O. Ursprung, Münchens musikalische Vergangen- 
heit, = Kultur u. Gesch. H, hrsg. v. P. Dirr, München 
1927. 

Faber, Stephan, * wahrscheinlich um 1580 zu 
Lonnerstadt (Oberfranken), f 1632 zu Giengen an 
der Brenz (Württemberg); deutscher Kantor, ab 
1605 Praeceptor der Lateinschule in Giengen, 
schrieb für seinen Schülerchor ein Buch wertvoller 
Tridnien: Cantiones aliquot sacrae (Nürnberg 1607). 
Lit: G. Reichert, E. Widmann, Stuttgart 1951. 

Fab|ni, Eduardo, * 18. 5. 1883 zu Solls de Ma- 
taojo (Departement Lavalleja); uruguayischer 
Komponist, erhielt Geigenunterricht in Monte- 
video und am Conservatoire in Brüssel. 1907 
gründete er gemeinsam mit A. Banos und V. Pablo 
aas Konservatorium in Uruguay, 1910 die »Aso- 
dadön de musica de cämara«, in deren Konzerten 
F. bis 1913 als Solist mitwirkte. Seitdem tritt er nur 
noch bei gelegentlichen Konzertreisen auf. F. 
schrieb das Ballett Mburucuyd (1932), die sympho- 
nischen Dichtungen Campo (1911), La isla de los 
Ceibos (1925), Melga sinfonica (1930), Lieder und 
Chöre. 


31* 


483 



Fabricius 


Fabricius, Georg (eigentlich G. Goldschmidt), 

* 23. 4. 1516 zu Chemnitz, f 13- 7. 1571 zu Mei- 
ßen; deutscher Dichter und Schulmann, studierte 
in Wittenberg und Bologna. 1546 wurde F. Rektor 
der 1544 gegründeten Fürsten- und Landschule in 
Meißen, an der als Kantoren M. Voigt (1549-51) 
und Figulus (1551-88) wirkten. Von seinen Prosa- 
schriften und lateinischen Dichtungen wurden be- 
sonders die in den Hymnorum libri V de historia et 
tneditatione mortis Christi . . . (Basel 1567) erschie- 
nenen Werke vertont von evangelischen Kompo- 
nisten des 16. Jh., wie M. Agricola, J. Walter, 
Scandelli, Le Maistre, Figulus und Reusch (»Melo- 
diae odarum Georgii Fabridi«, erschienen 1554). 
Lit.: J. A. Möller, Versuch einer vollständigen 
Gesch. d. Chursächsischen Fürsten- u. Land- 
schule zu Meißen, Lpz. 1787; J. A. Fabricius, Cen- 
turia Fabridorum, Hbg 1709; J. D. Schreber, Vita 
Clarissimi Viri Georgii Fabridi Chemnicensis, Lpz. 
1717; D. C. G. Baumgarten-Crusius, De Georgü 
Fabridi . . . Vita et Scriptis, Meißen 1 839 ; H. Funck, 
Martin Agricola, Diss. Freiburg i. Br., Wolfenbüttel 
1933; G. Peetzsch in AfMf III, 1938, S. 314 f. 

Fabr|cius, Jacob, schrieb Justa Gustaviana zur 
Leichenfeier Gustav Adolfs von Schweden in Wol- 
gast am 16. 6. 1633, gedruckt zu Nürnberg. 

Fabricius, Jacob Christian, * 3. 9. 1840 zu Aar- 
hus, f im Juni 1919 zu Kopenhagen, Justizrat und 
Bankdirektor in Kopenhagen, stiftete 1871 einen 
Fonds für Herausgabe dänischer Musik, den er 
selbst verwaltete, war auch Mitgründer (1873) und 
Vorstandsmitglied des Konzertvereins sowie 1884 
bis 1900 Vorstandsmitglied der Palaiskonzerte. Er 
komponierte: Oper Skön Karen , Gammel Dagvise 
für S. und OrcL, En Vaamat für T. und Orch., eine 
Symphonie, eine Serenade für V. und Kl., Klavier- 
stücke, Lieder und Chöre. 

Fabricius, Petrus (eigentlich Peter Schmidt), 

* 1687 zu Tondem (Nordschleswig), f 1651 zu 
Warnitz (Nordschleswig) ; deutscher Geistlicher, 
studierte in Rostock Mathematik und evangelische 
Theologie. Vermutlich hier lernte er Burmeister 
kennen, dessen Musica poetica, Rostock 1606 (Faks. 
hrsg. v. M. Ruhnke = Documenta Musicologica I, 
X, Kassel und Basel 1955) ein Lobgedicht von F. ent- 
hält. Ab 1617 war er Pastor in Warnitz. Während 
seiner Studienzeit in Rostock, zwischen 1603 und 
1608, stellte F. mit Unterstützung von Petrus Lau- 
remberg ein Lieder- und Lautenbuch zusammen, 
das auch nach seinem zeitweiligen Besitzer J. E. 
Ripensis benannt wurde (heute in der Königlichen 
Bibliothek Kopenhagen, Ms. Thott. 40 , 841). Die 
Sammlung enthält 196 ein- und mehrstimmige 
Gesellschafts- und (meist niederdeutsche) Volks- 
lieder, etwa gleichviel Tänze und 26 evangelische 
Kirchenlieder, die, wie die Tänze, in Lautentabu- 
latur notiert sind. Dazu kommen ohne Vertonung 
aufgezeichnete Reime, Rätsel und Scherzgedichte. 
Bei den Lautenbearbeitungen der Lieder hat F. der 
aus mehrstimmigen Sätzen entnommenen Mdo- 
lodiestimme eine neue Lautenbegleitung unterlegt. 
Ausg. : 23 Lieder, hrsg. v. J. Bolte in: Das Liederbuch 
des P. F. — Jb. des Ver. f. niederdeutsche Sprach- 
forschung, 1887. 

Lit: J. Bolte, Aus & Liederbuch des P. F., in: 
Alemannia, Zs. f. Sprache, Litteratur u. Volkskunde 
d. Elsasses, Oberrheins u Schwabens XVII, 1889; 
A. Kopp, Die Liederhandschrift des P. F., Arch. f. 


d. Studium d. neueren Sprachen u. Lit.en CXVII 
(Neue Serie XVII), 1906; B. Engelke, Das Lauten- 
buch des P. F., in: Die Heimat XXXIX, 1929. 

Fabricius, — 1) Werner, * 10. 4. 1633 zu Itzehoe, 
1 9. 1. 1679 zu Leipzig; deutscher Komponist, war 
1645-50 Schüler von Seile und Scheidemann in 
Hamburg, studierte dann in Leipzig die Rechte 
und wurde dort Advokat, versah aber zugleich 
nebenbei das Organistenamt an der Nicolaifirche 
und das des Musikdirektors der Paulinerkirche. 
Von ihm sind erhalten: Deliciae harmotiicae, 5st. 
Suiten (Leipzig 1657) ; JE. C. Homburgs Geistlicher 
Lieder 1. Theil (Jena 1659); Geistliche Arien . . 
4-8st. (Leipzig 1662); Unterricht , wie man ein neu 
Orgelwerk . . . examinieren . . . soll (Frankfurt und 
Leipzig 1756; soll vielleicht 1656 heißen); ferner 
Gelegenheitskompositionen und kleinere Werke. - 
2) Johann Albert, * 11. 11. 1668 zu Leipzig, 
f 30. 4. 1736 zu Hamburg als Professor der Bered- 
samkeit, Sohn von Werner F., gab wichtige Nach- 
schlagewerke heraus, die alle in erweiterten Neu- 
auflagen erschienen: Bibliotheca Latina (Hamburg 
1697) ; Bibliotheca Graeca (3 Bände, Hamburg 1705 
bis 1707) ; Memoriae Hamburgenses (7 Bände, Ham- 
burg 1710-30) ; Bibliotheca Latina mediae et infimae 
aetatis (6 Bände, Hamburg 1712-22) ; Curiöses Anti - 
quitatenrLexikon (Leipzig 1719). 

Lit.: Biogr. Notiz in d. Leichenpredigt v. J. Thilo 
(Musica Davidica), hrsg. v. Beyer, MfM VII, 1875. - 
C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang II, Lpz. 
1845, darin 2 Lieder aus E. C. Homburgs Geistlicher 
Lieder 1. Theü; A. Schering, Mg. Lpz.s II, Lpz. 1926, 
darin 2 Melodien aus E. C. Homburgs Geistlicher 
Lieder 1 . Theil, eine 4st. Trauermotette f . J. B. Carpzov 
u. Gigue belle f. Cemb. 

Fabritius, Albinus (auch Fabricius), * nach 1550 
zu Görlitz, 1 19. 12. 1635 wahrscheinlich zu Bruck 
an der Murr (Steiermark); deutscher Komponist, 
wurde nach einem 2jährigen Aufenthalt in Däne- 
mark Sekretär und 1597 Verwalter am Benedik- 
tänerstift St. Lambrecht in der Obersteiermark. F. 
schrieb 6st. Cantiones sacrae und ein 6st. Magnificat. 
Lit.: O. Kade, in: MfM XX, Beilage; E. Bohn, Die 
musikalischen Handschriften d. 16. u. 17. Jh. in d. 
Stadtbibi, zu Breslau, Breslau 1890; F. Bischoff, 
Steiermärkischer Notendruck im 16. Jh., in: Zs. des 
hist. Ver. f. Steiermark XIV, 1916. 

Faccio (f'attfo), Franco, * 8. 3. 1840 zu Verona, 
f 21. 7. 1891 in der Irrenanstalt zu Monza; italie- 
nischer Dirigent und Komponist, studierte 1855-61 
am Konservatorium in Mailand, freundete sich mit 
Arrigo Boito an und ging mit ihm nach Paris, 
schrieb die Opern I prqfughi fiamminghi (Mailand 
1863) und Amleto (Text von Boito, Genua 1865), 
kämpfte 1866 in Garibaldis Armee, reiste 1867-68 
nach Skandinavien und schrieb um diese Zeit eine 
Symphonie F dur, wurde 1868 Professor für Har- 
monielehre am Mailänder Konservatorium und 
Dirigent des Teatro Carcano, später der Scala. 
F. galt seinerzeit als der beste Dirigent Italiens; er 
leitete die erste europäische Aufführung der »Aidaf 
(1872) und die Uraufführung des »Otello« (1887) 
von Verdi 

Lit.: R. De Rjbnsis, F. F. e Verdi, Mailand 1934. 

Facco, Giacomo (Jaime Faco), * um 1670 zu 
Venedig, + wahrscheinlich 1757 zu Madrid; italie- 
nischer Komponist, kam , über Sizilien um 1700 
nach Madrid, wo er 1720 Violinist der Hofkapelle 


484 



Fairchild 


und Kapellmeister des Principe de las Asturias 
wurde. Im gleichen Jahre erschienen in Amster- 
dam seine 12 Pensieri Adriarmonici Concerti . 1721 
schrieb er eine Oper Amor es todo Ymbenzion (Ju- 
piter y Amph(trion) im neapolitanischen Stil. F. war 
1731-39 auch Kapellmeister des Infanten Don 
Carlos. 

Lit.: J. SubirA, J. F AM III, 1948. 

Fachiri (fak'iri), Adila, geb. d’Aranyi, * im Fe- 
bruar 1888 zu Budapest; ungarische Geigerin, 
Schülerin ihres Großonkels J. Joachim, mit dem 
sie auch öffentlich auftrat. Sie ließ sich in London 
nieder. Ihr Ruf gründet sich vor allem auf ihr vor- 
bildliches Spiel in verschiedenen Kammermusik- 
vereinig^ingen und den Konzerten, die sie gemein- 
sam mit ihrer Schwester, der Geigerin Jelly 
d’Aranyi, veranstaltete. 

Fährmann, Emst Hans, * 17. 12. 1860 zu Beicha 
bei Lommatzsch, f 29. 6. 1940 zu Dresden; deut- 
scher Organist, war 1890-1926 Kantor und Orga- 
nist an der Johanniskirche in Dresden, wurde 1891 
auch Orgeflehrer am Konservatorium und schrieb : 
Klaviersonate op. 6; Streichquartett op. 20; 3 Kla- 
viertrios op. 37, op. 43 und op. 57; Symphonie 
C dur op. 47; Orgelkonzert op. 52; Heldenrequiem 
für Soli, 8st. Chor und Orch. op. 72; Oratorium 
Heimkehr op. 81 ; 14 Orgelsonaten, Orgelstücke, 
Kammermusik und Lieder. 

Fagan, Gideon, * 3. 11. 1904 zu Somerset West; 
südafrikanischer Dirigent und Komponist, stu- 
dierte, nach erster Ausbildung am College of Mu- 
sic in Kapstadt, am Royal College of Music in 
London, war dann Kapellmeister verschiedener 
Theater- und Filmgesellschaften, 1949-52 Leiter 
des Johannesburger City Orchestra, 1952-54 mu- 
sikalischer Direktor der African Consolidated 
Theaters, ist seither Gastdirigent des Südafrikani- 
schen Rundfunks und gehört dessen Head Office 
an. F. komponierte 2 symphonische Dichtungen, 
Orchestersuiten, Orchesterlieder und Filmmusik. 

Fago, Nicola, * vermutlich 26. 2. 1677 zu Tarent 
(daher il Tarentino genannt), f 18. 2. 1745 zu Nea- 
d; italienischer Komponist, wurde in Neapel 1693 
chüler des Conservatorio clella Pieti dei Turchini, 
war 1704-08 als Nachfolger von Angelo Durante 
Kapellmeister am Conservatorio di Sant’ Onofrio 
in Neapel, 1705-40 Lehrer am Conservatorio della 
Pietä dei Turchini, auch Kapellmeister am Tesoro 
di San Gennaro (1709-31) und an der Kirche San 
Giacomo dei Spagnuoli (ab 1736). Zu seinen Schü- 
lern gehören Leonardo Leo, G. de Majo, Sala, Feo 
und auch noch Jommelli. F. war ein fruchtbarer 
Kirchenkomponist und schrieb auch ein Oratorium 
Faraone sommerso , Kantaten sowie mehrere Opern. 
Die meisten seiner Werke finden sich in den Biblio- 
theken der Konservatorien von Neapel, Horenz, 
Paris und BrüsseL 

Lit.: Werkverz.: E. Carducci Augustint, Elenco 
delle opere di N. F. . . . esistenti a Parigi, Taras IL - 
S. Di Giacomo, I quattro antichi Conservatori di 
Napoli I, Palermo 1924; E. Faustini-Fasini, N. F., 
Tarent 1931. 

Fahrbach, österreichische Musikerfamilie: - 1) 
Joseph, * 25. 8. 1804 und t 7. 6. 1883 zu Wien, 
Flöten- und Gitarrenvirtuose, war Militärkapell- 
meister, später Flötist der Hof kapelle und am Thea- 


ter an der Wien, schrieb Opemphantasien und 
Schul werke für Blasinstrumente. - 2) Philipp 
(der ältere), * 25. 8. 1815 und f 31. 3. 1885 zu 
Wien, Bruder von Joseph F., war Violinist einer 
Wirtshauskapelle, wurde 1825 Flötist bei Johann 
Strauß (Vater), gründete 1835 eine eigene Kapelle, 
mit der er 1838-56 verschiedentlich zu den Hof- 
bällen spielte, war 1856-65 Militärkapellmeister. 
Er schrieb beliebte Walzer, Potpourris und Mär- 
sche; weniger Erfolg hatten einige Operetten. - 
3) Anton, * 10. 2. 1819 und f 1. 12. 1887 zu 
Wien, Bruder von Joseph F., war Rötist, zuerst bei 
Johann Strauß (Vater), dann bei Joseph Lanner, 
zuletzt am Burgtheater; schrieb einige Walzer. 
Ein weiterer Bruder, Friedrich F. (1811-67), 
war auch Hötist bei J. Strauß (Vater), hatte dann 
seine eigene Kapelle, wurde 1848 Militärkapell- 
meister und eing 1855 nach Ala, später nach 
Verona, schrieb Walzer und Märsche. - 4) Wil- 
helm, * 8. 9. 1838 und f 13. 6. 1866 zu Wien, 
Sohn von Joseph F., war Theaterkapellmeister in 
Teschen und Lemberg, schrieb 6 Singspiele, 
3 Opern sowie Lieder. - 5) Philipp (der jüngere), 
* 16. 12. 1843 und f 15. 2. 1894 zu Wien, Sohn 
von Philipp F. (dem älteren), war Violinist und 
Kapellmeister, auch Militärkapellmeister, schrieb 
viel Tanz- und Unterhaltungsmusik. 

Lit.: Ph. Fahrbach (<L ältere). Alt- Wiener Erinne- 
rungen, hrsg. v. M. Singer, Wien 1935. 

Faignient (feji'ä), Noel, * zu Cambrai; franko- 
flämischer Komponist des 16. Jh., wurde 1561 
Bürger von Antwerpen, wo er noch 1577 gelebt 
hat. In seinen Werken schließt er sich dem Stil 
Lassos an: Chansons ; madrigales & rnotetz , 4-6st. 
(Antwerpen 1568); weitere Motetten und Chan- 
sons in Sammelwerken 1569-1640; Messen sind 
nicht erhalten. 

Ausg.: 2 Madrigale in: Maldeghem Tresor, XIII. 
Jg., Musique profane, Brüssel 1877; 2 Chansons, 
ebenda XXVHL Jg., Musique profane, Brüssel 1892; 
2 Motetten in: Een duytsch musyck boeck, Löwen 
1572, hrsg. v. F. van Duyse, Uitgave van oudere 
Meesterwerken XXVI. 

Lit. : R. Lenaerts, Het Nederlands polifonies lied . . ., 
Mecheln-Amsterdam 1933, darin 2 Lieder aus d. 
Chansons, madrigales . . . 1568; Ch. van den Borren, 
Geschiedenis van de muziek in de Nederlanden I, 
Antwerpen 1948. 

Fairdbdld (f'e:tjaild), Blair, * 23. 6. 1877 zu 
Beimont (Massachusetts), f 23. 4. 1933 zu Paris; 
amerikanischer Komponist, war Schüler der Har- 
vard University und von Buonamici in Florenz, 
wandte sich zunächst dem kaufmännischen Beruf, 
dann der diplomatischen Laufbahn zu und ent- 
schied sich 1903 für die Musik; nach neuen Studien 
in Paris bei Widor lebte er abwechselnd in New 
York und Paris. Er schrieb: Two Novelettes für 
Streichquartett op. 10; I. Violinsonate op. 16; 
symphonische Dichtung East and West op. 17 
(1908) ; Concert de Chambre für V., Kl. und Streich- 
quartett op. 26 (1912) ; Streichquartett op. 27 (191 1) ; 
2 Bible Lyrics für S., Chor und Orch. op. 29 (1911) ; 
symphonische Dichtungen Zäl op. 38 und Shah 
FSridoün op. 39 (1915); II. Violinsonate op. 43 
(1919); Etüde symphonique für V. und Orch. op. 45 
(1922); Ballett Dame Libellule (1921) ; Ballett BeU - 
bat (beendet von L. Aubert 1938) ; Lieder und Kla- 
vierstücke. 


485 



Fairfax 


Fairfas:, Robert Fayrfax. 

Faißt, Clara Mathilde, * 22. 6. 1872 und f 22. 11. 
1948 zu Karlsruhe; deutsche Komponistin, stu- 
dierte in Berlin Klavier bei RudorfF, Komposition 
bei Bruch und Kahn, hat vielfach mit eigenen 
Werken konzertiert, lebte in Karlsruhe und schrieb : 
Lieder und Balladen, Chorwerke, Kammermusik, 
Klavierstücke; ferner viele Aufsätze über Kunst 
und Literatur. 

Faißt, Immanuel Gottlob Friedrich, * 13. 10. 
1823 zu Eßlingen (Württemberg), f 5. 6. 1894 zu 
Stuttgart; deutscher Organist, Pianist und Kom- 
ponist, studierte in Tübingen Theologie, wählte 
1844 auf den Rat Mendelssohns, dem er Kompo- 
sitionen vorlegte, die Musik als Lebensberuf, blieb 
aber musikalischer Autodidakt, abgesehen von 
einem kurzen Unterricht bei Dehn und Haupt in 
Berlin. 1846 ließ er sich als Klavier- und Orgel- 
lehrer in Stuttgart nieder, gründete hier 1847 den 
Verein für klassische Kirchenmusik, 1849 den 
Schwäbischen Sängerbund und 1857 mit Lebert das 
Konservatorium, an dem er zunächst als Lehrer des 
Orgelspiels und der Komposition wirkte; 1859 
übe rnahm er die Direktion der Anstalt, die unter 
ihm eine der bedeutendsten Deutschlands wurde. 
Daneben wurde er Organist der Stiftskirche und 
Mitglied des Ausschusses des Allgemeinen deut- 
schen Sängerbundes. Von seinen Kompositionen 
sind Orgelstücke, Lieder und Männerchöre zu 
nennen; ferner stammen von ihm ein Teil der 
Übungsstücke und eine Doppelfuge in der Großen 
Klavierschule von S. Lebert und L. Stark (Stutt- 
gart 1859). Mit S. Lebert und Bülow redigierte 
er die bei Cotta erschienene Instruktive Ausgabe 
klassischer Klavierwerke , mit Stark veröffentlichte 
er eine Elementar- und Chorgesangschule (2 Bände, 
Stuttgart 1880-82). Ferner schrieb er Beiträge zur 
Geschichte der Claviersonate (Cacilia XXV- XXVI, 
1846-47, wieder abgedruckt in: Neues Beethoven- 
Jahrbuch I, 1924). 

Lit: P. Goetschius, The Material Used in Musical 
Composition, Stuttgart 1882, eine Darstellung v. F.s 
Harmonielehre; A. Eisenmann, Schwäbische Lebens- 
bilder II, Stuttgart 1941. 

Falchi (f'alki), Stanislao, * 29. 1. 1851 zu Temi, 
f 14. 11. 1922 zu Rom; italienischer Musikpäd- 
agoge undKomponist, 1877 Lehrer für Chorgesang 
am Liceo di S. Cedlia in Rom, 1883-1916 Chor- 
gesangsdirektor der römischen Kommunalschulen, 
ab 1890 Kompositionslehrer und 1902-15 als 
Nachfolger von Marchetti Direktor des liceo di 
S. Cedlia. Als Komponist ist er hervorgetreten 
mit den OpemLorhefia (Rom 1877), Giuditta (Rom 
1887), Tartini o II Trillo del diavolo (Rom 1899), 
ein e m Requiem (1883), Chor-, Orchester- und 
Kammermusikwerken. 

Fal c fnelli (faltjin'sli), Rolande, * 12. 2. 1920 zu 
Paris; französische Komponistin, studierte am 
Conservatoire in Paris, erhielt 1941 den Kompo- 
sitionspreis Rossini und den 2. Rompreis. Sie ist seit 
1946 Organistin an Sacrd-Coeur de Montmartre, 
seit 1951 Professor am Amerikanischen Konser- 
vatorium in Fontainebleau. Außerdem war sie mit 
der Vertretung von Duprd an der Orgelklasse des 
Conservatoire und an Saint-Sulpice beauftragt. R. 
F. schrieb eine Messe, eine Kantate und 2 Oratorien, 


Orgel- und Klaviermusik, ein Streichquartett, 
Lieder und Chöre. Am Conservatoire übernahm 
sie 1955 die Klasse ihres Lehrers Duprd. 

Falck, Georg, * um 1630 und f 11. 4. 1689 zu 
Rothenburg ob der Tauber; deutscher Komponist, 
ab 1655 Cantor Primarius und Organist an der 
Hauptkirche in Rothenburg, schrieb Fugae must - 
cales in unisono pro juventute scholastica Rotenburgensi 
(1671), Andacnt-erweckende Seelen-Cymbeln (4st. 
Choralsätze; 1672), Idea boni cantoris (1688). 

Falcon (falk'3), Marie Corn^lie, * 28. 1. 1812 
und f 2o. 2. 1897 zu Paris; französische Opem- 
sängerin (Sopran), sang 1832-37 an der Großen 
Oper, verlor dann ihre Stimme und trat nur noch 
einmal 1891 (!) auf. Sie glänzte als Alice in Robert 
der Teufel und Valentine in den Hugenotten, aber 
auch als Donna Anna in der Pariser Aufführung 
des Don Giovanni von 1834. Ihr Rollenfach trug 
in Paris noch lange ihren Namen. 

Lit.: Ch. Bouvet, C. F., Paris 1927. 

Falconieri, Andrea, * 1586 und f 1656 an der 
Pest zu Neapel; italienischer Lautenist und Kom- 
ponist, 1610-14 Lautenist am Hofe zu Parma, dann 
in Florenz und Rom, 1620-21 am Hofe von Mo- 
dena tätig, danach in Spanien und Frankreich (?) 
auf Reisen, 1629-35 wieder in Parma, danach in 
Modena und (1642) als Lehrer am Collegio S. 
Brigida in Genua, 1650 bis zu seinem Tode König- 
licher Kapellmeister in Neapel, veröffentlichte 1616 
in Rom l-3st. Villan eilen (mit alphabetischer Gi- 
tarrentabulatur), 1619 in Florenz und Venedig 
2 Bücher Musiche zu 1-3 St., 1619 in Venedig 5- 
und 6st. Motetten; ferner im gleichen Jahre ein 
Buch 5- und lOst. Madrigale und 1650 wertvolle 
l-3st. Instrumentalstücke mit B.c. F. gehört durch 
die Frische und Ursprünglichkeit seiner Melodik 
zu den hervorragendsten italienischen Meistern der 
1. Hälfte des 17. Jh. 

Ausg. : 7 Instrumentalwerke bei Torchi VII, Mailand 
1907; Villanellen für eine St hrsg. v. Parisotti, Mai- 
land; Diciassette Arie, hrsg. v. G. Benvenuti, Mai- 
land 1922; 4 Arien in: La Flora II u. HI, hrsg. v. K. 
Jeppesen, Kopenhagen 1949. 

Fglkenhagen, Adam, * 17. 4. 1697 zu Groß- 
Daltzig bei Leipzig, f 1761 zu Bayreuth; deutscher 
Komponist, lebte in Knauthain bei Leipzig (1707 
bis 1715), Merseburg, Weißenfels, Dresden, Jena 
und ging 1729 als Kammersekretär des Markgrafen 
von Brandenburg nach Bayreuth. F., der ein be- 
deutender Lautenspider war, schrieb für dieses 
Instrument Sonaten, darunter 6 für 13chörige 
Laute, Concerti, Partiten und Suiten. Dazu kommen 
geistliche Lieder mit Lautenbegleitung, Diverti- 
menti, Concerti und Bearbeitungen von Opem- 
arien für Laute und Streicher. 

Falkner (f'o:kno), Keith, * 1.3. 1900 zu Saw- 
ston (Cambridge); englischer Sänger, lebt in 
I thact (New York). Nach seiner musikalischen 
Ausbildung am Londoner Royal College of Music, 
in Berlin, Wien und Paris wirkt er seit 1923 in 
Europa, den USA, Südafrika und Neuseeland, auch 
in 3 Musikfilmen, war 1935-39 und 1945 Professor 
am Royal College und lebt seit 1950 an der Cor- 
nell University in Ithaca. 

Fall, Leo, * 2. 2. 1873 zu Olmütz, t 16. 9. 1925 
zu Wien; österreichischer Komponist, Schüler von 


486 



Famintzin 


R. Fuchs und J. N. Fuchs am Wiener Konserva- 
torium, Kapellmeister an Bühnen zu Berlin, Ham- 
burg und Köln, lebte ab 1906 in Wien nur mehr 
der Komposition. 1904 heiratete er eine Tochter 
Jadassohns. Er ist in der Grazie der melodischen 
Erfindung und dar Sauberkeit seiner technischen 
Arbeit der beste derWiener Operettenkomponisten 
seiner Zeit, an Popularität nur von Lehir und Kai- 
ro, än übertroffen. Ohne jeden Erfolg blieben seine 
Opern Frau Denise (Berlin 1902), Irrlicht (Mann- 
heim 1905) und Der goldene Vogel (Dresden 1920). 
Dagegen verhalfen ihm seine Operetten, deren er 
etwa 20 schrieb, zu weltweitem Ruf, besonders: 
Der Rebell (Wien 1905) in der Umarbeitung als 
Der liebe Augustin (Berlin 1912); Der fidele Bauer 
(Mannheim 1907) ; Die Dollarprinzessin (Wien 
1907); Singspiel Brüderlein fein (Wien 1909); Eter- 
nal Wdltz (London 1911); Die Rose von Stambul 
(Wien 1916); Die Kaiserin (Berlin 1916); Madame 
Pompadour (Wien 1923) ; Jugend im Mai (Dresden 
1926); Rosen aus Florida (bearbeitet von E. W. 
Komgold, Wien 1929). 


Falla (f'aÄa), Manuel de, * 23. 11. 1876 zu Cä- 
diz, f 14. 11. 1946 zuAlta Grada (Provinz Cördoba, 
Argentinien); spanischer Komponist, Schüler des 
Konservatoriums von Madrid, studierte bis 1904 
privat Komposition bei PedrdL 1905 gewann er 
bei einem nationalen Opemwettbewerb der Aca- 
demia de Bellas Artes den Preis mit seiner Oper La 
Vida breve , die seinen Ruf begründen sollte. Vorher 
hatte er gegen seine Neigung andere Bühnenwerke 
leichteren Charakters komponiert, die er später 
verleugnete. 1907 kam er nach Paris, wo er meh- 
rere Jahre kümmerlichen Unterhalt als Musiklehrer 
fand, aber sich der Freundschaft von Debussy, Ra- 
vel, FL Schmitt, Dukas und Alb<£niz erfreute. Hier 
entstanden seine symphonischen Impressionen für 
KL und Orch. Noches en los jardines de Espana 
(»Nächte in spanischen Gärten«) sowie die Siete 
canciones populäres espanolas. 1914 kehrte er nach 
Spanien zurück und ließ sich in Granada nieder. 
Von einer Konzertreise, die ihn 1939 nach Argen- 
tinien führte, kam er nicht mehr nach Europa zu- 
rück. Er nimmt als Komponist in Spanien ungefähr 
die künstlerische Stellung ein wie Bart6k in Un- 
garn; als Mdodiker stützt er sich auf die andalu- 
sische Volksmusik mit ihren an die Kirchentonar- 
ten erinnernden harmonischen Grundlagen; er ist 
ein Musiker zugleich nationalistischer und mysti- 
zistischer Tendenz, kommt von Debussy her und 
ist dem atonalen Prinzip eines Schönberg abhold. 
Die größten internationalen Erfolge hatte er mit 
seinen Balletten: El Amor brujo (»Liebeszauber«, 
Madrid 1915; mit Altsolo) ; El Corregidor y la tnoli - 
nara (nach da: Novelle von Alarcön, die auch H. 
Wolfe Oper zugrunde liegt; Madrid 1917), seit der 
Londoner Aufführung 1919 bekannt als Le tricome 
(»El sombrero de tres picos«, »Der Dreispitz«), F.s 
weitere Werke sind: Oper Li Vida breve (»Ein kur- 
zes Leben«, 1905, Uraufführung Nizza 1913) ; Pup- 
penspiel El Retablo de Moese Pedro (»Meister Pedros 
Puppenspiel«, Sevilla 1923, noch im gleichen Jahr 
in Paris im Theater der Princesse PoHgnac aufge- 
führt); das unvollendete Oratorium AiMntida; 
Balada de Mallorca für Chor a cappella (über Cho- 
pins F moll-Ballade, 1934) ; Concerto für Cemb. und 
5 Instr.; für KL: Quatre pilcjes espagnoles, Fantasia 


betica , Pour le tombeau de Paul Dukas (1935), Pedrel- 
liana ; für Gitarre: Homenaje , zum Gedächtnis 
Debussy s; Lieder: Siete canciones populäres es- 
panolas. Schriften: Ci Debussy et VEspagne (RM I, 
1920); El conto jondo (Granada 1922); F. Pedrell 
(RM IV, 1923). 

Ausg.: Escritos, hrsg. v. F. SopeSa, Madrid 1947. 
Lit.: J. B. Trend, M. de F. in »Arabia«, ML III, 
1922; ders., M. de F., NY 1929; Rolajto-Manuel, 
M. de F., Paris 1930; R. Villar, F. y su »Concerto 
da cämara«, Madrid 1932; O. Mayer-Serra, F.’s 
Mus. Nationalism, MQ XXIX, 1943; A. SagardIa, 
M. de F., Madrid 1945; J. Pahissa, Vida y obra de 
M. de F., Buenos Aires 1947; J. M. Thomas, M. de F. 
en la isla, Palma de Mallorca 1947; J. Jaenisch, M. 
de F„ Zürich u. Freiburg L Br. 1952 (mit Werk- und 
Schallplattenverz.); K. Pahlen, M. de F., Olten u. 
Freiburg i. Br. 1953 (mit Werkverz.). 

Faltin, Friedrich Richard, * 5. 1. 1835 zu Dan- 
zig, f 1- 6. 1918 zu Helsinki; finnischer Musiker 
deutscher Herkunft, Schüler von Markull, Fr. 
Schneider und des Leipziger Konservatoriums, 
Orgelvirtuose, 1856-69 Muaklehrer an einem In- 
stitut in Wiborg, wo er einen Gesang- und Orche- 
sterverein gründete, wurde 1869 in Helsinki Ka- 
pellmeister am schwedischen Theater und Dirigent 
der Symphomekonzerte, 1870 Organist der Niko- 
laikirche und Universitätsmusikdirektor, 1873-83 
Kapellmeister der finnischen Oper, 1882 Orgel- 
lehrer am Konservatorium. Von F. wurden ver- 
öffentlicht: Lieder, Männer-, Frauen- und ge- 
mischte Chöre, 3 Choralbücher (1871, 1888, 1897), 
Orgelpräludien und Nachspiele. 

Lit.: K. Flodin und O. Ehrström, R. F., Helsinki 
1934. 

Faltis, Emanuel, * 28. 5. 1847 zu Lanzau (Böh- 
men), 1 14. 8. 1900 zu Breslau; deutscher Dirigent, 
wirkte als Kapellmeister an den Stadttheatem von 
Ulm, Riga, Lübeck, Stettin, Basel, 14 Jahre als Hof- 
kapellmeister in Coburg und zuletzt am Stadtthea- 
ter in Bremen. 1897 erblindete er. F. hat Lieder und 
für Coburg Kirchenmusikwerke (Messen) kompo- 
niert. 


Faltis, Evelyn, * 20. 2. 1890 zu Trautenau (Böh- 
men), f 19. 5. 1937 zu Wien; österreichische Kom- 
ponistin, im Kloster (PAssomption) in Paris erzo- 
gen, war Schülerin der Wiener Akademie, absol- 
vierte dann noch die Dresdner Hochschule, wo sie 


emenKompoätionspreisfüremePhantastische Sym- 
phonie erhielt. Als erster weiblicher Solorepetitor 
fungierte sie bis 1933 bei den Bayreuther Festspie- 
len; ab 1924 wirkte sie an der Städtischen Oper 
Berlin. Werke: Klaviertrio D moll; Klavierkon- 
zert mit Orch. ; Lieder mit Kammerorch. ; Streich- 
quartett op. 15. Erschienen sind: Fantasie und Dop- 
pelfuge mit dem Dies irae für Org. op. 12; Klavier- 
trio op. 4; Adagio für V. und KL op. 5 ; Sonate für 
V. und KL op. 6; Lieder op. 7, 8, 10, 14; 6 Zigeu- 
nerlieder op. 13; Chorwerk a cappella op. 9. 


Famjntzin, Alexander Sergejewitsch (Famin- 
zyn, Famitsin), * 5. 11. 1841 zu Kaluga (Rußland), 
t 6. 7. 1896 zu Ligowo bei St. Petersburg; russi- 
scher Musikschriftsteller und Komponist, Schüler 
von Jean Vogt in Petersburg, 1862-64 von Haupt- 
mann, Richter und Riedel in Leipzig und 1864-65 
von M. Seifriz in Löwenberg, war 1865-72 Pro- 
fessor der Musikgeschichte am Petersburger Kon- 


487 



Faning 


servatorium und 1870-80 Sekretär der Russischen 
Musikgesellschaft. F. nimmt als Komponist (Rus- 
sische Rhapsodie für V. mit Orch., 2 Streichquar- 
tette, Opern Sardanapal, 1875, und Uriel Acosta, 
1883, Klavierwerke) wie als Schriftsteller eine be- 
achtliche Stellung ein, redigierte 1869-71 die »Mu- 
sikalische Saison« (russisch) und übersetzte E. F. 
Richters theoretische Werke, Draesekes »Anleitung 
zum kunstgerechten Modulieren« und Marx’ »All- 
gemeine Musiklehre« ins Russische, redigierte rus- 
sische VolksKedsammlungen (»Russisches Kinder- 
liederbuch« l-3st., westeuropäische Melodien mit 
russischem Text). Ferner schrieb er Ȇber den Bau 
der russischen V olksliedennelodien« (1881, an- 
knüpfend an Schafronows Werke), »Die alte indo- 
chinesische Tonleiter und ihr Auftreten in den rus- 
sischen Volksliedern« (1889), Gusli (1890) und 
»Die Domra und verwandte Instrumente«! (1891), 
sämtlich russisch. Sein »Russisches Musiklexikon« 
blieb unvollendet; das wertvolle Material befindet 
sich in der öffentlichen Bibliothek zu Leningrad. 

Faning (f'ernig), Eaton, * 20. 5. 1850 zu Helston 
(Cornwall), f 28. 10. 1927 zu Brighton; englischer 
Komponist und Chordirigent, Schüler von Ben- 
nett an der Royal Academy of Music in London, 
erhielt 1873 das Mendelssohnstipendium und 1876 
die Lucas-Medaille für Komposition, 1894 Bacca- 
laureus, 1900 Mus. Dr. (Cambridge), bekleidete 
Lehrerstellen an der National Training School, 
Guildhall School of Music and Drama und dem 
Royal College of Music, war 1885-1901 Musik- 
direktor in Harrow, 1904-09 Examinator an der 
Universität Cambridge, dann an der Universität 
London. Außer Chorwerken schrieb F. eine Sym- 
phonie C moll, eine Ouvertüre The Holiday , 2 
Quartette, 3 Operetten, Lieder und Kirchenmusik. 

Fano, Guido Alberto, * 18. 5. 1875 zu Padua; 
italienischer Komponist und Pianist, Schüler von 
C. Pollini in Padua und Martucri in Bologna, pro- 
movierte 1901 in Bologna zum Dr. jur. und wurde 
als Klavierlehrer am Liceo musicale in Bologna an- 
gestellt, 1905 Direktor des Konservatoriums in 
Parma, 1912 in Neapel und 1917 in Palermo, 1921 
bis 1938 Klavierlehrer am Mailänder Konservato- 
rium. F. gründete in Parma und Neapel Konzert- 
gesellschaften. Werke: Cellosonate (1898); Kla- 
viersonate Edur (1920); symphonische Dichtung 
La tentazione di Gesä; Konzertstück für KL und 
Orch.; mehrere Orchesterwerke; Klavierquintett; 
Violin- und Klavierstücke; Lieder mit Orchester- 
wnd Klavierbegleitung ; mudkd r smg rische Trilo- 
gie: Astrea, Vigilia dtRoma, Jutuma (nach Virgil). 
Bücher: Pensieri sulla tnusica (Bologna 1903) ; Nella 
vita del ritmo (Neapel 1916) ; La musica contemporanea 
(in: BolL BibL Mus. 1930). 

Fantjni, Girolamo, * um 1600 zu Spoleto; ita- 
lienischer Trompeter, ab 1630 Oberhoftrompeter 
des Großherzogs Ferdinand II. von Toscana, in 
dessen Gefolge er vermutlich größere Reisen unter- 
nommen hat. F. war berühmt für die Virtuosität 
seines Spieles; so berichtet der Arzt Bourddot in 
einem Brief an Mersenne, daß F. bei einer Auf- 
führung alle chromatischen Stufen geblasen habe, 
wobei ihn Frescobaldi auf der Orgel begleitet habe. 
Er schrieb die Trompetenschule Modo per imparare 
a sonore di Tromba (Frankfurt am Main 1638). 


Ausg.: Faks. der Trompetenschule in: Collezione di 
Trattati e Musiche Antiche edite in Fac-Simile, Mai- 
land 1934. 

Lit: M. Mersenne, Harmonicorum libri XII, Paris 
1648, Buch II; H. Eichborn, Girolamo Fantini, MfM 
XXII, 1900; ders., Das alte Clarinblasen auf Trom- 
peten, Lpz. 1894. 

al-Färäbi (El Farad, Alfarabi, Alpharabius), * um 
870 zu Wasig (Transoxiana), + uni 950 zu Damas- 
kus; arabischer Musiktheoretiker türkischer Her- 
kunft. Was von seinen Schriften erhalten blieb 
f» Größeres Buch über Musik«, nur der erste Band ist 
überliefert; »Buch über die Einteilung der Wissenschaf- 
ten«), bildet heute die wichtigste Quelle für cfie 
Kenntnis der arabisch-islamischen Musik jener Zeit, 
aber auch des griechischen Tonsystems, das A. ver- 
geblich bei seinen Landsleuten einzuführen suchte. 
Ausg.: »Größeres Buch über Musik«, Teile daraus 
in: 1) J. G. L. Kosegarten, Alü Ispahanensis Liber 
cantilenarum magnus I, Greifswald 1840; 2) Zs. f. 
d. Kunde d. Morgenlandes V, Bonn 1844; 3) J. P. N. 
Land, Recherches sur la gamme arabe, Leiden 1884; 
4) M. Soriano Fuertes, Musica Ärabe-Espafiola, 
Barcelona 1853; vollständige frz. Übers, v. R.d*Er- 
langer, La musique arabe I u. II, Paris 1930 u. 1935 ; 
»Buch über d. Einteilung d. Wiss.«, deutsche Übers, 
bei E. Weedemann in Sb. d. physicalisch-medicmi- 
schen Societät in Erlangen XXXIX, 1907; span. 
Übers, bei A. GonzAlez Palencia, Alfarabi Catä- 
logo de las Cicncias, Madrid 1932; H. G. Farmer, 
Al-F.’s Arabic-Latin Writings on Music, Glasgow 
1934 (Text mit lat. Fassungen, engl. Übers, u. Kom- 
mentar). 

Lit: M. Steinschneider, Al-F., St Petersburg 1869; 
E. A. Beichert, Die Wiss. d. Musik bei Alfarabi, 
Diss. Freiburg i. Br. 1930, gedruckt in KmJb 1932; 
Fr. H. Hamoudi, Alfaraby’s Philosophy, Sydney 
1933; J. Madkour, La Place d’AI-F. dans l’Ecole 
Philosophique Musulmane, Paris 1934; vgL oben 
Land, d’Erlanger u. H. G. Farmer, v. letzterem 
auch Hist of Arabian Music, London 1929; The 
Sources of Arabian Music, Bearsden 1940; ders. auch 
in MGG. 

Farjna, Carlo (Farini), * um 1600 zu Mantua, f 
um 1640; italienischer Violinist, einer der ersten 
Komponisten, die virtuos für die Violine schrieben. 
Er war als Kammermusiker am kursächsischen Hofe 
in Dresden, später (1637) in der Ratsmusik in Dan- 
zig angestellt. F. gab in Dresden 5 Bücher 2-4st 
Pavane, Gagliarde, Brandt, Mascherate, Arie francesi, 
Volte , Balletti , Sonate e Canzoni heraus (1626-28). 
Ausg.: Torgauer Gagliarde u. 20 Brandi zu 4 St, 
hrsg. v. H. Diener, in: H. J. Moser, Das Musik- 
Kränzlein, Lpz. 1932. 

Lit: G. Beckmann, Das Violinspiel in Deutschland 
vor 1700, Lpz. 1918; A, Moser, Gesch. d. Violin- 
spiels, Bin 1923. 

Farin$l, - 1) Michel, getauft 23. 5. 1649 zu 
Grenoble; italienischer VioKnist, konzertierte 1668 
in Lissabon, 1672 in Paris, 1675—79 am englischen 
Hofe. Er ist der Komponist der damals berühmten 
Folies cTEspagne (->■ Follia), die um 1680 gedruckt 
wurden. Playfords »Division Violin« ^ a. 

FaroneUs (sic!) dtvision on a ground. - 2) Jean 
B ap tiste (Giovanni Battista FarineMi), * 15. 1. 1655 
zu^ Grenoble, f um 1720; italienischer Vio- 
linist und Komponist, Bruder des vorigen, ™ 
1680 Konzertmeister in Hannover, war 1691-95 in 
der Hofkapelle von Osnabrück, dann wieder in 
H a nn over, vom König von Dänemark geadelt. 


488 



Farmer 


wurde von Georg I., als dieser 1714 den englischen 
Thron bestieg, als Minister-Resident nach Venedig 
geschickt. F. komponierte Flötenkonzerte undBüh- 
nenmusiken. 

Farin$lli t (eigentlich Carlo Broschi), * 24. 1. 
1705 zu Andna, f 15. 7. 1782 zu Bologna; italie- 
nischer Sänger (Kastrat), entstammte einer edlen 
neapolitanischen Familie, erhielt seine künstlerische 
Ausbildung durch Porpora und erlangte schon als 
halbwüchsiger Junge Berühmtheit in Italien unter 
dem Namen it ragazzo (»der Bube«). Einen Tri- 
umph ohnegleichen feierte er 1722 zu Rom in Por- 
poras Oper Eumene ; seine Messa di voce soll bei- 
spiellos gewesen sein sowohl hinsichtlich der Dauer 
als auch der Tongebung, desgleichen seine Triller 
und Koloraturen. Seinen letzten Schliff erhielt er 
noch 1727 bei Bemacchi in Bologna, nachdem die- 
ser ihn im Wettkampf geschlagen hatte. Wieder- 
holt ging er auch nach Wien und studierte auf per- 
sönliches Zureden Karls VI. mit größtem Erfolg 
den getragenen Gesang. Als er 1754 auf Porporas 
Rat von Handels Gegnern nach London gezogen 
wurde, mußte Handel das Opemuntemehmen von 
Haymarket aufgeben und seine Tätigkeit auf das 
Oratorium beschränken. Mit Gold beladen wandte 
sich F. im Juni 1737 nach Spanien, wo sein Gesang 
auf den Trübsinn Philipps V. günstig einwirkte. F. 
wurde festgehalten, blieb auch nach dem Tode 
Philipps als Günstling Ferdinands VI., mit bedeu- 
tendem Einflüsse selbst auf die große Politik. Erst 
der Regierungsantritt Karls EOL (1759) vertrieb ihn 
aus Spanien. 1760 kehrte er nach Italien zurück. 
1761-4>3 erbaute er sich in Bologna ein herrliches 
Palais und starb dort im Alter von 77 Jahren. An 
Kompositionen hinterließ er mehrere Arien und 
einige (verschollene) Instrumentalwerke. 

Lit.: G. Sacchi, Vita del cavaliere Don C. B., Vene- 
dig 1784; C. Ricci, Buraey, Casanova e F. in Bologna, 
Mailand (1890); J. Desastre, C. B„ Zürich 1903; L. 
Frau, F. a Bologna, in: La cultura musicale 1, 1922; 
ders.: Metastasio e F., RMI XX, 1913; E. Scribe, 
C. B., Paris o. J.; F. Haböck, Die Gesangskunst <L 
Kastraten I: Die Kunst des Cavaliere C. B. F., Wien 
1923; R. Bouveer, F., le Chanteur des Rois, Paris 
1943. 

Faringlli, Giuseppe, * 7. 5. 1769 zu Este, f 12. 
12. 1836 zu Triest; italienischer Komponist, Schü- 
ler des Conservatorio della Pietä in Neapel, Opem- 
komponist im Stil von Cimarosa, dessen Matri- 
monio segreto mit einem Duett von F. wiederholt 
auf geführt wurde, ohne daß ein Unterschied in der 
Faktur aufgefallcn wäre, komponierte 20 seriöse, 
38 komische Opern, ein Oratorium und 8 drama- 
tische Kantaten, auch zahlreiche Kirchenwerke (5 
große Messen, 2 Te Deum, Stabat Mater). F. lebte 
1810-17 in Turin, dann in Venedig und wurde 1819 
Kapellmeister in Triest. 

Farjeon (f'aidjan), Harry, * 6. 5. 1878 zu Ho- 
hokus (New Jersey), t 29* 12. 1948 zu London; 
englischer Komponist, 1892 Schüler von Ronald, 
1895-1901 der Royal Academy of Music in Lon- 
don, brachte 1899 eine Oper Florette in diesem In- 
stitut zur Aufführung und wurde 1903 als Theorie- 
lehrer angestellt. Er brachte zunächst noch die 
Operetten The Registry Office und A Gentleman of 
the Road heraus, ist aber in der Hauptsache Klavier- 
komponist. Ab 1927 schrieb er auch für Daily Tele- 


graph und The Musical Times. Werke: Melodra- 
men (La Belle Dame sans Merci , Christ' s Eve), ein 
Ballett, Klavierkonzert (1903) und Plumtasy concerto 
für KL und Orch. (1926), Orchesterwerke ( Hans 
Andersen Suite , 1905), Messe St. Dominic , Kammer- 
musik (2 Streichquartette), 2 Cellosonaten, Orgel- 
und Klavierstücke, Stücke für V. und Va, Lieder. 

Farkas (f'arkaj), Edmund, * 1851 zu J£sz-Mo- 
nostor, f 11. 9. 1912 zu Klausenburg; ungarischer 
Komponist, Direktor des Städtischen Konserva- 
toriums, schrieb für Budapest die ungarischen 
Opern Die Bajadere (1876), Der Büßer (1893), 
Balassa Balint (1897), Das Bahrgericht (1900). Da- 
neben hinterließ er 3 Messen, Chor- und Orchester- 
werke, ein Violinkonzert (1903), Kammermusik: 
Klaviertrio, 5 Streichquartette, Klavierquintett, ein 
Sextett; Klavierstücke und Lieder. 

Farkas (f'arkaj), Ferenc, * 15. 12. 1905 zu Nagy- 
kanizsa; ungarischer Komponist, studierte 1922-28 
an der Budapester Musikhochschule Komposition 
bei Weiner und Siklös, als Rompreisträger 1929-31 
noch bei Respighi und unternahm anschließend 
Studienreisen durch Italien, Afrika und Spanien. 
1933-35 arbeitete er für Filmstudios in Wien und 
Kopenhagen und kehrte 1936 als Kompositions- 
lehrer nach Ungarn zurück. Bis 1941 wirkte er an 
der Höheren Musikschule in Budapest, bis 1944 
als Professor, zuletzt als Direktor am Konserva- 
torium in Kolozsvär. 1946-48 hatte er die Leitung 
des Konservatoriums in Szekesfehdrvär und nahm 
1949 einen Ruf für Komposition und Instrumenta- 
tion bei der Budapester Musikhochschule an. Der 
Schwerpunkt seines kompositorischen Schaffens 
liegt auf f olkloristisch fundierter Musik. Unter sei- 
nen Bühnenwerken ragt die komische Oper Der 
Wunderschrank (1942) neben Ballett- und Singspiel- 
musiken hervor. Neben Volkstanzsuiten schrieb er 
an Orchestermusik ein Concertino für Harfe, ein 
weiteres für KL, eine Musica Pentatonica für Streich- 
orch. Auch seine Chor-, Kammer-, Lied- und Kla- 
viermusik kreist um folkloristische Motive. 

Farmer (f'a:ma), Henry George, * 17. 1. 
1882 zu Birr, Ofialy (Irland); englischer Musik- 
forscher, studierte Musik in seiner Heimatstadt und 
London und betrieb, nach einer in London be- 
gonnenen, aber wieder abgebrochenen theologi- 
schen Ausbildung, Studien an der Universität von 
Glasgow (1926 Ph. D., 1941 D. Litt.). In London 
gdiörte F. zunächst als Violinist, 1902-10 als 1. 
Hornist dem ZavertaTs Orchestra an, wurde dann 
Kapellmeister am Broadway Theatre in London, 
später des Empire Theatre in Leeds, 1914 des Empire 
Theatre in Glasgow, dem er bis 1947 angehörte. 
1933 wurde er als Cramb Lecturer für Musik an 
die Universität Glasgow berufen und leitet gegen- 
wärtig die Musikabteilung der Universitätsbiblio- 
thek von Glasgow. Unter seinen bis 1916 geschrie- 
benen Kompositionen finden Bühnenmusiken, 
Orchesterwerke, Kammermusik undKlavicrstücke. 
Für die Musikwissenschaft gewann F. besondere 
Bedeutung durch seine zahlreichen Veröffent- 
lichungen über die Musik des Nahen Orients, vor 
allem die arabische. Bücher: The Rbe and Develop- 
tnent of Military Music (London 1912), The Music 
and Musical Inhruments of the Arab (London 1916), 
Heresy in Art (London 1918), The Arabien Influence 


489 



on Musical Theory (London 1925), The Arabic Musi- 
cal Manuscripts in the Boäleian Library (London 
1925), The Influence of Music: Front Arabic Sources 
(London 1926), A History of Arabian Music to the 
Thirteenth Century (London 1929), Historical Facts for 
the Arabian Musical Influence (London 1930), Stuaies 
in Oriental Musical Instruments (2 Serien, London 
1931 und 1939), The Organ of the Ancients: From 
Eastem Sources (London 1931), An Old MoorishLute 
Tutor (Glasgow 1933), Äl-FäräbVs Arabic-Latin 
Writings on Music (Glasgow 1934), Turkish Instru- 
ments of Music in the i7tn Century (Glasgow 1937), 
The Sources of Arabian Music: An Annotated Biblio - 
graphy (Bearsden 1940), Maimonides on Listening to 
Music (Bearsden 1941), Music: The Priceless Jewel 
(Bearsden 1942), Sa'adyah Gaon on the Influence of 
Music (London 1943), The Minstrelsy of the Arabian 
Nights (London 1945), A History of Music in 
Scotland (London 1947), Music Making in the Olden 
Days (London 1950), Handels Kettledrums and 
Omer Papers on Military Music (London 1950), Mili- 
tary Music (London 1950), Cavaliere Zavertal and 
the Royal Artillery Band (London 1951), Oriental 
Studies: Mainly Musical (London 1953), The History 
of the Royal Artillery Band (Woolwich 1954). 

Lit.: Bibliogr. d. Veröff. über d. Nahen Orient in: 
Music Library Association Notes V, 1947/48, u. VII, 
1950. 

Farmer (f'armo), John, * gegen 1560; eng- 
lischer Komponist, erst in London, um 1595 Ka- 
thedralorganist in Dublin, um 1599 wieder in Lon- 
don, wo er ein Buch 4st. Madrigale herausgab 
(1599). In den »Triumphs of Oriana« 1601 ist er mit 
einem 6st. Madrigal vertreten, auch war er einer der 
Hauptmitarbeiter an East’s 4st.Psalmenbuch (1592) . 
Sein Erstlingswerk (1591) war mehr ein Lehrwerk: 
Divers and sundry waies of two parts in one ... uppon 
orte playn Song. Jhstrumentalkompositionen in den 
Sammlungen von Rosseter (1609) und Simpson 
(1610). 

Ausg.: The first set of English Madrigals von 1599 
bei E. H. Fellowes, The English Madrigal School 
Vni, London 1914; The whole Booke of Psalms von 
Th. Este, hrsg. v. E. F. Rjmbault, London 1844. 

Farmer (farma), John, * 16. 8. 1836 zu Not- 
tingham, f 17. 7. 1901 zu Oxford; englischer Kom- 
ponist, Schüler des Leipziger Konservatoriums und 
A. Späths in Coburg, war Lehrer an der Musik- 
schule in Zürich, 1862 Musiklehrer an der Erzie- 
hungsanstalt in Harrow on the Hill, 1885 Organist 
am Balliol College in Oxford, wo er regelmäßige 
Konzertaufführungen einrichtete. F. komponierte 
u. a. ein Oratorium Christ and his Soldiers (1878), 
ein Requiem, eine Märchenoper Cinderella (1882), 
Chorgesänge mit Orch., gab auch mehrere Samm- 
lungen Schulgesänge heraus. 

Farmer (f'a:ma), Thomas, * zu London (?), 
1 1689 oder 1690; englischer Komponist, ab 1671 
im Dienste des englischen Königs, 1684 Bacca- 
laureus zu Cambridge. Purcell komponierte eine 
Elegie auf seinen Tod. F. gab heraus A Consort of 
Musick in 4 parts (2 Teile 1686 und 1690, der erste 
mit einer Ouvertüre, der zweite mit Variationen 
über einen Basso ostinato beginnend). Einzelne 
Stücke (auch vokale) Enden sich in Sammelwerken 
derZeit. 


Farnaby (f'a:nahi), Giles, * um 1560 zuTruro 
(Cornwall), f uni 1620 zu London; englischer 
Komponist, 1587 in London nachweisbar, 1592 
Baccalaureus der Musik (Oxford). Er und sein Sohn 
Richard F. gehören zu den ältesten englischen Kla- 
vierkomponisten. Von beiden stehen Stücke (52 
bzw. 4) im Fitzwilliam Virginal Book. Von Giles 
F. erschienen 4st. Canzonets 1598 im Druck, einige 
geistliche Vokalsätze finden sich in Sammelwerken. 
Ein Manuskript-Band mit 4st. Psalmen und Motet- 
ten ist in Privatbesitz erhalten. 

Ausg. : die Canzonets bei E. H. Fellowes, The Eng- 
lish Madrigal School XX; Fitzwilliam Virginal Book, 
hrsg. v. J. A. Füller Maitland und W. Barclay 
Squire, Lpz. 1899; einige Phantasien hrsg. v. H. F. 
Redlich, Virginalmusik der Elisabethanischen Zeit, 
Wien 1938, *1953. 

F$rnadi, Edith, * zu Budapest; österreichische 
Pianistin, bereits 9jährig von der Franz Liszt-Aka- 
demie in Budapest aufgenommen, debütierte 12- 
jährig mit Beethovens C dur-Klavierkonzert, das 
sie vom Klavier aus dirigierte, löjährig diplomierte 
sie, zweimal mit dem Lisztpreis ausgezeichnet, und 
erhielt eine Klavierprofessur an der Musikakademie 
neben Ilonka Deckers, Szdkely, Weiner und Bar- 
t6k, die ihre Lehrer waren. Sie unternimmt seit- 
dem Konzertreisen durch ganz Europa. Kammer- 
musikpartnerin Hubays bis zu dessen Tod (auch 
Hubermanns), duettiert sie zurzeit vielfach mit den 
Geigern Gertler, Taschner, Zathurezky und betreut 
eine Mcisterklasse für Klavier am Grazer Konser- 
vatorium. 

Farrant (f'ausent), Richard, * um 1530, 1 1580 
oder 1581 zu Windsor; englischer Organist und 
Komponist, abwechselnd in Stellungen an St. Ge- 
orge’s Chapd in Windsor und der Chapel Royal in 
London. Seine Services und Anthems zeichnen 
sich durch Ausdruck und Feinheit des Satzes aus; 
2 Orgelstücke von F. stehen im Mulliner Book 
(Mus. Brit. I). Die Zuschreibung des berühmten 
4st. Anthems Lord for Thy tender merctfs sähe an F. 
ist zweifelhaft. 

Lit.: G. E. P. Arkwright, The Authorship of the 
Anthem »Lord for Thy tender Mercy’s sake«, SMG 
VII, 1905/06 (mit Ausg.); ders., Early Elizabethan 
Stage Music, in: The Musical Antiquary I u. IV, 1909 
u. 1912; ders., Elizabethan Choirboy Plays, Proc. 
Mus. Ass. XXXIX, 1913/14. 

Farrar (f'aia:), Ernest Bristow, * 7. 7. 1885 zu 
Blackheath, gefallen in der Sommeschlacht 18. 9. 
1918 ; englischer Komponist, 1908 Organist der 
Englischen Kirche in Dresden, 1910 in South 
Shields, 1912 an Christ Church, Harrogate. Werke: 
zahlreiche Orchesterwerke (Suite English Pastoral 
Impressions), Kantaten, Chöre, Orgel-, Klavier- 
una Violinstücke sowie Lieder. 

Farrar (f'aia:), Geraldine, * 28. 2. 1882 zuMel- 
rose (Massachusetts); amerikanische Sängerin (So- 
pran), war 1901-07 nach erfolgreichem Debüt als 
Gretchen in Gounods »Faust« an der Berliner Kö- 
niglichen Oper engagiert, wo sie sich der Freund- 
schaft des deutschen Kronprinzen erfreute, ging 
dann an das Metropolitan Opera House nach New 
York. 1934 verließ sie die Bühne, nachdem sie in 
Amerika wie in Europa, wiederholt neben Caruso, 
die größten Erfolge gehabt hatte. Sie schrieb eine 
Autobiographie (1916), eine zweite unter dem Titel 


490 



Fasch 


Such Sweet Compulsion (New York 1938) und lebt 
jetzt in Ridgefield (Connecticut). Ein Teil ihrer 
Korrespondenz ging 1954 in den Besitz der Library 
of Congress (Washington) über. 

Lit.: G. F., Memoiren, übers, u. bearb. v. A. Sacer- 
doti-Thomin, Mainz 1928; E. Wagenknecht, G. F., 
Seattle 1929. ^ 

Farrenc (far'ä), - 1) Jacques Hippolyte Aristide, 
* 9. 4. 1794 zu Marseille, f 31. 1. 1865 zu Paris; 
französischer Musikschriftsteller, 1815 2. Flötist des 
Thdätre Italien in Paris, 1816 Schüler des Conser- 
vatoire, dann als Musiklehrer und Komponist (be- 
sonders für Flöte) tätig, gründete einen Musikver- 
lag, gab ihn aber 1841 wieder auf und widmete sich, 
angeregt durch Fetis’ Revue musicale und Biogra- 
phie universelle, musikhistorischen Studien, so daß 
er Fdtis bei der Abfassung der 2. Auflage des großen 
Werks hilfreiche Hand leisten konnte. F. schrieb: 
Les concerts historiques de Mr. Fitis ä Paris (o. J.). 
Auch war er lange Jahre Mitarbeiter der France 
musicale und der Revue de musique andenne et 
moderne. Sein Hauptwerk ist Le Trisor des pia- 
nistes (1861-72, Neuausgaben). Seine reiche Mu- 
sikbibliothek wurde nach seinem Tode versteigert 
( Catalogue defeuM.F... ., Paris 1866). - 2) Louise 
(geb. Dumont), * 31. 5. 1804 und f 15. 9. 1875 zu 
Paris; ab 1821 Gattin von Aristide F., Schülerin von 
Reicha, war eine hochgeschätzte Pianistin und 
Komponistin; 1842-73 lehrte sie am Conservatoire. 
Werke: 3 Symphonien, ein Nonett, ein Sextett, 
Quintette, Quartette, Trios, zahlreiche Klavier- 
kompositionen. Sie war an der Herausgabe des 
Trisor des pianistes maßgeblich mitbeteiligt und 
schrieb: Traiti des abriviations (signes d'agriments et 
omements) employies par les clavecinistes des XVII • 
et XVIII* Stieles (Paris 1897). 

Farwell, Arthur, * 23. 4. 1872 zu Saint Paul 
(Minnesota), f 20. 1. 1952 zu New York; amerika- 
nischer Komponist, studierte zuerst Elektrotechnik, 
dann Musik in Boston bei Norris, in Berlin bei 
Humperdinck und Pfitzner und in Paris bei Guil- 
mant. 1899-1901 war er Dozent für Musik an der 
Comell University in Ithaca (New York), gründete 
1901 die Wa-Wan-Press in Newton Centre (Mas- 
sachusetts) zur Veröffentlichung der Werke ameri- 
kanischer Komponisten, wobei solche, die ihre me- 
lodische Haltung der Musik der nordamerikani- 
schen Indianer, Neger und dem amerikanischen 
Lied entnahmen, bevorzugt wurden : die Reihe ent- 
hielt Werke von 37 Komponisten (darunter H. F. 
Gilbert, Gilman, E. B. Hill, E. Stillman, Kelley, 
H. W. Loomis und C. Troyer); G. Schirmer in 
New York hat 1912 die Veröffentlichung über- 
nommen. 1905 gründete F. die American Music 
Society, war 1909-15 Mitredakteur der New Yor- 
ker Wochenschrift Musical America, 1915-18 Di- 
rektor des Music School Settlement in New York, 
1918-19 Vorstand der Musikabteilung der Univer- 
sity of California in Berkeley, 1921-25 an der Music 
and Art Association in Pasadena (California), 1927 
bis 1939 Vorstand der Abteilung Musiktheorie am 
Michigan State College in East La nsin g. Seine 
Werke gehören der Spätromantik an: Ichibuzzh 
und The Domain of the Hurakan für Orch. (1902), 
Daum für Kl. (1904; 1923 bearbeitet für Kl. und 
Kammerorch.), Bühnenspiele Caliban (1916), The 
Gods of the Mountain (1916, Orchestersuite daraus 


1927, auch für Klaviertrio), A Pilgrimage Play (1921) 
und Grail Song (1925), 6 Symbolistic Studies für 
Orch. (1922-31), Violinsonate (1927), Mountain 
Song für Chor und Orch. (1931), Prelude to a Spiri- 
tual Drama für Orch. (1932), Rudolph Gott Sym - 
phony (1934), Sonate für V. solo (1934), Klavier- 
quintett (1937), Klavierstücke, Lieder und Chöre. 
Lit.: J. T. Howard, Our American Music, NY 1931, 
2 1939, 31946 ; C. Reis, Composers in America, NY 
1947. 

Fas$no, Renato, * 21. 8. 1902 zu Neapel; italie- 
nischer Dirigent, studierte am Konservatorium in 
Neapel Klavier bei Rossomandi, Komposition bei 
Savasta. Unter dem Einfluß von Malipiero wandte 
er sich frühzeitig dem Studium, der Herausgabe 
und Aufführung der italienischen Musik des 16. 
und 17. Jh. zu und betreut die Publikationsreihe 
»Antiche Musiche Strumentali Italiane«. 1947 grün- 
dete er in Rom zur Aufführung alter Musik das 
»Collegium Musicum Italicum«. Gegenwärtig ist 
er als Nachfolger Malipieros Direktor des Konser- 
vatoriums in Venedig, auch Präsident der Vereini- 
gung Europäischer Musikhochschul-Direktoren 
(UNESCO). 

Fasch, - 1) Johann Friedrich, * 15. 4. 1688 zu 
Büttelstedt bei Weimar, f 5. 12. 1758 zu Zerbst; 
deutscher Komponist, wurde 1700 Diskantist der 
Hofkapelle in Weißenfels, 1701 Alumnus der 
Thomasschule in Leipzig unter Kuhnau, begann in 
Nachahmung Telemanns zu komponieren und be- 
zog 1707 die Universität, errichtete ein Collegium 
musicum, das zu großer Blüte gelangte und ihn in 
Konflikt mit Kuhnau brachte (wahrscheinlich ging 
aus diesem Collegium musicum das spätere Große 
Konzert hervor), schrieb unter Vermittlung Hei- 
mchens für Naumburg und Zeit z die Opern 
Clomire (1711), Lucius Verus (1711) und Dido (1712), 
trieb jedoch 1713 bei Graupner und Grunewald in 
Darmstadt noch regelrechte Kompositionsstudien; 
auf der Rückreise blieb er 1714 in Bayreuth als 
Violinist und brachte dort wahrscheinlich die 
Oper Margenis zur Aufführung, war 1714-19 Kam- 
merschreiber und Sekretär in Gera, dann bis 1721 
Organist in Greiz und ging noch 1721 nach Luka- 
veö in Böhmen als Kapellmeister des Grafen Mor- 
zin, desselben Kunstmäzens und ausübenden Musi- 
kers, der später J. Haydn engagierte. Von dort 
lehnte er zweimal die Berufung als Hofkapellmei- 
ster nach Zerbst ab, nahm sie aber schließlich im 
Sommer 1722 an. Kurz darauf wurde ihm durch 
Leipziger Protektoren von früher her nahegelegt, 
um die Nachfolge Kuhnaus zu konkurrieren, was 
er aber konsequent ablehnte. Noch 1755 aber be- 
warb er sich um das Kantorat in Freiberg. F. ist 
einer der bedeutendsten Zeitgenossen Bachs, be- 
sonders als Instrumentalkomponist; Bach schätzte 
ihn hoch und machte sich selbst eine Abschrift von 
5 Orchestersuiten F.s. Ein Katalog der Werke F.s 
vom Jahre 1743 zählt 7 Jahrgänge Kirchenkantaten, 
12 Messen, 69 Ouvertüren, 21 (V.-, Fl.-, Ob.-, 
Fag.-) Konzerte. Erhalten sind ferner Triosonaten, 
Quartette, Symphonien und Motetten. Die Kan- 
tatentexte schrieb F. zum Teil selbst. Eine genaue 
Übersicht über die erhaltenen Werke ist noch nicht 
möglich. - 2) Carl Friedrich (eigentlich: Chri- 
stian Friedrich Carl), * 18. 11. 1736 zu Zerbst, 1 3. 
8. 1800 zu Berlin; deutscher Komponist, Sohn und 


491 



Faßbaender 


Schüler von Johann Friedrich F., wurde 1756 neben 
C. Ph. E. Bach als 2. Cembalist Friedrichs II. nach 
Berlin berufen, war 1774-76 interimistisch Kapell- 
meister der Königlichen Oper, dann aber wieder 
wie vorher auf Privatunterricht angewiesen. Die 
Gründung der Berliner Singakademie durch F. 
1791 bedeutete das Wiederaufleben der Pflege des 
Chorgesangs in Deutschland und den Beginn einer 
neuen Ära des Konzertwesens, auch in der von den 
ersten Jahren an geübten Pflege J. S. Bachscher 
Werke. F. leitete die Singakademie bis zu seinem 
Tode. Sein Nachfolger wurde sein Schüler Zelter. 
Nur wenige Kompositionen F.s sind erhalten, dar- 
unter eine löst. Messe, ein Requiem, 4 Kantaten, ei- 
nige Motetten, Lieder, Klaviersonaten und -stücke 
sowie eine Sinf onia. Viele Manuskripte ließ er kurz 
vor seinem Tode durch Zelter verbrennen. Erhal- 
ten sind noch (handschriftlich in der Berliner 
Staatsbibliothek) ein Verzeichnis der Opern, die in 
Berlin 1742-86 gegeben wurden (mit den Namen 
der Mitwirkenden), und einige akustische Aufsätze. 
Ausg.: zu J. F. F.: Kantate Siehe, daß deine Gottes- 
furcht nicht Heuchelei sei, hrsg. v. A. Eoidi, Bin 
1930; Orchestersuiten B dur und G dur, hrsg. v. H. 
Rebmann, Lpz. o. J.; Orchestersuite Emoll, hrsg. v. 
G. Hausswald, Lpz. (1951); Konzert F dur f. Orch., 
hrsg. v. K. M. Komma, RD XI; 5 Triosonaten und 
Sonata k 4, hrsg. v. H. Rebmann, Coli. mus. VIII- 
XIH, Lpz. o. J. ; Triosonate, hrsg. v. L. Schäffler, 
NMA LVI; Triosonate, hrsg. v. G. Hausswald, 
NMA CLXIX, Kassel (1954); Sonata ä 4, hrsg. v. 
E. Dancker-Langner, NMA CXLVIII; dies., hrsg. 
v. W. Woehl, HM XXVI. - zu C. F. F.: Sämtliche 
Werke v. K. Chr. F. F., hrsg. v. d. Singakademie in 
Bin, 7 Bde, Bin 1839 (nur d. Chorwerke I) ; Klavierstük- 
ke, hrsg. v. L. Landshoff, NMA XXXVIII; Sonate 
G dur u. La Cecchina f. KL, in: Deutsche Klavier- 
meister d. 17. u. 18. Jh., hrsg. v. H. Fischer, Bin 
1936; 2 Sonaten u. »La Cecchina«, in: Le Tr6sor des 
Pianistes, hrsg. v. A. Farrenc, Bd XV, Paris 1868. 
Lit.: zu J. F. F.: Autobiogr. in F. W. Marpurgs 
Hist.-Krit. Beytr. HI, 1757; dies, in: J. A. Hiller, 
Lebensbeschreibung . . H. Riemann, J. F. F. u. d. 
freie Instrumentalstil, Blätter f. Haus- u. Kirchen- 
musik IV, 1900; H. Wäschke, Die Zerbster Hof- 
kapelle unter F., Zerbster Jb. 1906; C. Mennicke, 
Hasse u. d. Brüder Graun . . ., Lpz. 1906 ; B. Engelke, 
J. F. F., Diss. Lpz. 1908, mit thematischem Verz. d. 
Vokalwerke; ders., J. F. F., SIMG X, 1908/09; G. 
Schünemann, Die Bewerber um d. Freiberger Kan- 
torat, AfMw I, 1918/19; A. Schering, Mg. Lpz.s II, 
Lpz. 1926; C. A. Schneider, J. F. F., Diss. München 
1932, mit thematischem Verz. d. Sonaten (unvoll- 
ständig); P. Tryphon, Die Sinfonien v. J. F. F., Diss. 
Bin 1954, mit Verz. d. Symphonien. - zu C. F. F. : 
C. F. Zelter, K. F., Bin 1801; C. v. Winterfeld, 
Über K. F. Chr. F.s geistliche Gesangswerke, Bin 
1839; M. Blumner, Gesch. d. Singakademie . . ., Bin 
1891 ; E. Sulz, Die Berliner Klaviersonate . . ., Diss. 
Bin 1929; G. Schünemann, Die Singakademie zu 
Berlin 1741-1941, Regensburg 1941. 

Faßbaender, Peter, * 28. 1. 1869 zu Aachen, 
t 27. 2. 1920 zu Zürich; deutscher Kapellmeister, 
war Schüler des Kölner Konservatoriums (Jensen, 
Wüllner, Sdß), wurde 1890 Dirigent des Sänger- 
vereins »Harmonie« und des Instrumentalvereins in 
Saarbrücken, 1895 städtischer Musikdirektor sowie 
Leiter der Symphoniekonzerte und der städtischen 
Musikschule in Luzern, 1911 Dirigent des Männer- 
chors »Harmonie« in Zürich. F. schrieb: 8 Sym- 
phonien, 3 Klavierkonzerte, 2 Violinkonzerte, ein 


Cellokonzert, Sonaten für V. solo, für V. und Kl., 
3 Streichquartette, Klavierstücke und Lieder; 2 
Messen, 4 Opern, viele Chöre. 

Faugues (Fagus), Vincent (nach Tinctoris: 
Guillermus), franko-flämischer Komponist des 
15. Jh., von dem nur einige Messen erhalten sind 
(super Basse Dance , Uhomme armi> Le serviteur). Die 
Messe Le serviteur galt früher als ein Werk Ocke- 
ghems. 

Ausg.: Missa Le serviteur, in DTÖ XIX, 1. 

Lit. : R. G. Kiesewetter, Gesch. d. europäisch- 
abendländischen . . . Musik, Lpz. 1834, darin Kyrie 
aus d. Missa L’homme arm6; Ch. Van den Borren, 
Etudes sur le XV e s. musical, Antwerpen 1941 ; ders., 
Geschiedenis van de muziek in de Nederlanden I, 
Antwerpen 1951; M. Bukofzer, Studies in Medieval 
and Renaissance Music, NY 1950. 

Faur6 (for'e), Gabriel Urbain, * 12. 5. 1845 zu 
Pamiers (Ari&ge), f 4. 11. 1924 zu Paris; franzö- 
sischer Komponist, empfing 1854-64 an Nieder- 
meyers Ecole de musique religieuse et classique 
eine historisch vertiefte, umfassende Ausbildung, 
wobei ihn die Kurse Saint-Saens* auch mit der zeit- 
genössischen Musik bis hin zu R. Wagner vertraut 
machten. 1866-70 war er Organist an Saint-Sau- 
veur in Rennes, dann in Paris Hilfsorganist an 
Notre-Dame de Clignancourt. Nach seiner Teil- 
nahme am Krieg wurde er 1871 Lehrer an der Ecole 
Niedermeyer, Organist an Saint-Sulpice, Saint- 
Honord d’Eylau und 1877 Kapellmeister an der 
Madeleine. Hatte er in frühen Jahren fast ausschließ- 
lich Lieder komponiert, so machten ihn nun zwei 
größere Werke berühmt: die Violinsonate A dur 
op. 13 (1876) und das Requiem op. 48 (1888). Meh- 
rere Deutschlandreisen dienten vor allem der nähe- 
ren Bekanntschaft mit R. Wagners Werken. Zwei 
Verlaine-Liederzyklen (De Venise op. 58, 1891, 
und La Bonne Chanson op. 61, 1893) bezeichnen die 
Hinwendung zu einem konzentrierteren Stil von 
echt romanischer Feinnervigkeit. Im Jahre 1892 
wurde F. Inspecteur de rEnseignement musical, 
vertauschte 1896 seinen Kapellmeisterposten an der 
Madeleine mit dem des Organisten und übernahm 
im gleichen Jahre als Nachfolger Massenets eine 
Kompositionsklasse am Conservatoire; durch seine 
Schüler Koechün, Fl. Schmitt, Roger-Ducasse, Ra- 
vel, Laparra, L. Fr. M. Aubert, Ladmirault, Vuil- 
lermoz und N. Boulanger gewann er entscheiden- 
den Einfluß auf die Entwicklung der neueren fran- 
zösischen Musik. 1898 dirigierte er in London die 
Uraufführung seiner Musik zu M. Maeterlincks 
Pellias et Mäisande, 1900 in B&riers die seiner Oper 
Promithie. 1903 übernahm er die musikalische Be- 
richterstattung für den Figaro, hatte aber von dieser 
Zeit an unter zunehmender Gehörerkrankung zu 
leiden. Dennoch unternahm er in den folgenden 
Jahren größere Konzertreisen und hatte 1905-20 
als Nachfolger Th. Dubois’ die Leitung des Con- 
servatoire in Paris inne. Unbeirrt war er auch wei- 
terhin kompositorisch tätig und schuf neben zahl- 
reichen gewichtigen Kammermusikwerken in sei- 
nen Altersjahren noch sein umfangreichstes (die 
Oper Pinilope , 1907-13) und sein bekanntestes 
Werk (die Orchestersuite Masques et Bergamasques , 
aus der Musik zu R. Fauchois’ gleichnamigem 
Drama, op. 112, 1919). F. gehört, obwohl nicht 
Schüler von C. Franck, doch zu dessen künsderi- 


492 



Favaretto 


sehen Nachfolgern. Seine frühe Kammermusik 
zeigt starke Annäherung an die von der Wiener 
Klassik herkommende Tradition des Kammerstils 
in der Umformung, durch R. Schumann; steht in 
diesen Stücken die Harmonik etwas einseitig im 
Vordergrund, so ist an den späteren Werken ein 
größeres Streben nach stilistischer Abklärung und 
Deutlichkeit zu beobachten, mit dem F. an der 
Wiedererweckung der französischen Kunst und 
Kunstanschauung des 18. Jh. teilnimmt, ohne sich 
jedoch dem Impressionismus anzuschließen.Werke : 
Chorwerke Cantique de Racine op. 11 (1864) und 
LesDjinns (V. Hugo) op. 12 (1874); 1. Violinsonate 
A dur op. 13 (1876) ; Violinkonzert op. 14 (1878, 
unvollendet); 1. Klavierquartett Cmoll op. 15 
(1879) ; Ballade Fis dur für Kl. und Orch. op. 19 
(1881; auch für Kl. allein); Suite d'orchestre (oder: 
Symphonie) F dur op. 20 (1873; der 1. Satz auch als 
Allegro symphonique für Kl. zu 4 Händen op. 68, 
bearbeitet von L. Bodlmann); Le Ruisseau für 2st. 
Frauenchor op. 22 (1881) ; Romance B dur für V. 
und Orch. op. 28 (1882; auch für V. und Kl.); 
Chorwerk La Naissance de Vdnus op. 29 (1882) ; Ma- 
drigal für 4 Solisten (oder Chor) und Orch. op. 35 
(1884) ; Symphonie D moll op. 40 (1884) ; 2. Kla- 
vierquartett Gmoll op. 45 (1886); Messe de Re- 
quiem für Soli, Chor, Org. und Orch. op. 48 (1888) ; 
Pavane für Orch. mit Chor ad libitum op. 50 
(1887) ; Musik zu A. Dumas* Caligula op. 52 (1888), 
und zu E. Haraucourts Shylock op. 57 (1889); 
Hymne ä Apollon (Bearbeitung einer der in Delphi 
gefundenen altgriechischen Melodien) für Chor, 
Harfe, Fl. und 2 Baßklar. op. 63bis (1894); Fan- 
tasie für Fl. und Kl. op. 79 (1898); Musik zu M. 
Maeterlincks PelUas et Mdlisande op. 80 (1898; dar- 
aus eine 3sätzige Orchestersuite) ; Oper Promdthde 
op. 82 (1900) ; Impromptu für Harfe op. 86 (1901) ; 
Musik zu G. Clömenceaus Le votle du bonheur op. 88 
(1901) ; 1. Klavierquintett D moll op. 89 (1906) ; 2. 
Violinsonate E moll op. 108 (1916); 1. Cellosonate 
D moll op. 109 (1917) ; Une chdtelaine ... für Harfe 
op. 110 (1918); Fantasie G dur für Kl. und Orch. 
op. 111 (1918); Musik zu R Fauchois’ Masques et 
Bergamasques op. 112 (1919; daraus eine 4sätzige 
Orchestersuite) ; 2. Klavierquintett C moll op. 115 
(1921); 2. Cellosonate G moll op. 117 (1921); Kla- 
viertrio D moll op. 120 (1923); Streichquartett 
E moll op. 121 (1924); Oper Pdndlope (1913); 
Chant fundraire zum 100. Todestag Napoleons I. 
(1921); Klavierstücke: 13 Barcarofles, 13 Noctur- 
nes (VI Des dur op. 63, 1894, VH Cis moll op. 74, 
1897, Xm H moll op. 119, 1921), 6 Impromptus, 
4 Valse-Caprices, ferner Trois Romances sans paroles 
op. 17, Mazurka op. 32, Thfcme et Variations op. 
73 (1897), Huit pifcces braves op. 84, Neuf Prdludes 
op. 103 (1910) und 6 Stücke Dolly zu 4 Händen op. 
56; Kadenzen zu Beethovens 3. Klavierkonzert 
(1869) und Mozarts C moll-Konzert KV 491 (1902) ; 
außer Duetten und geistlichen Gesängen zahlreiche 
Lieder, darunter: op. 1-8 (1860-79) gesammelt als: 
20 Mdlodies (um 1880), darin: Lydia op. 4, 2 und 
Aprh un rive op. 7, 1; Nell op. 18, 1 (1880); Le 
Secret op. 23, 3 (1882); Aurore op. 39, 1 und Les 
Roses d 9 Is$jahan op. 39, 4 (1884) ; Les prdsents op. 46, 
1 und Claire de lune op. 46, 2 (1887) ; Lames op. 51, 
1, Au cimetidre op. 51, 2 und Spleen op. 51, 3 (1889) ; 
Zyklus De Venise (P. Verlaine) op. 58 (1891) ; Zy- 
klus La Bonne Chanson op. 61 (1893) ; Le parfum irn- 


pdrissable und Arpdge op. 76 (1897) ; Prison und Soir 
op. 83 (1898) ; La fleur qui va sur Veau op. 85, 2 
(1902); Le don silencieux op. 92 (1906); Zyklus La 
chanson d’Eve (Ch. van Lerberghe) op. 95 (1910); 
Zyklus Le jardin clos (Ch. van Lerberghe) op. 106 
(1915); Zyklus Mirages (Baronne de Brimont) op. 
113 (1919); Zyklus Vhorizon chimdrique (J. de Ja 
Ville de Mirmont) op. 118 (1921). 

Lit.: Lettres ä une fiancöe (1877), hrsg. v. C. Bellai- 
gue in: Rev. des deux mondes 1928; Lettres intimes 
(1885- 1925), hrsg. v. Ph. Faur£-Fremiet, Paris 1951; 
Opinions mus. (Kritiken), hrsg. v. P. B. Gheusi, Paris 
1930. - O. S£r£, Musiciens frangais d’aujourd’hui, 
Paris 1911 ; L. Vuillemin, G. F., Paris 1914; G. Jean- 
Aubry, La musique frangaise d’aujourd’hui, Paris 
1916 (mit Vorwort F.s); A. Dujet, G. F., Paris 1921 ; 

E. V uillermoz, Musiques d’aujourd’hui, Paris 1923 
(mit Vorw. F.s); A. Bruneau, La vie et les Oeuvres de 
G. F., Paris 1925; Ch. Koechlin, G. F., Paris 1927, 
21949; Ph. Faur£-Fremiet, G. F., Paris 1929; R. 
Bern ard, Les tendances de la musique frangaise mo- 
derne, Paris 1930; A. Cortot, La musique frangaise 
de piano I, Paris 1930; G. Mariotti, G. F., Florenz 
1930; G. Servi&res, G. F., Paris 1931; Vl. Jank£iJ- 
vitch, G. F., Paris 1938, 21951 ; G. Faure, G. F., 
Paris 1945; Cl. Rostand, L’ceuvre de F., Paris 1945, 
deutsch v. A. Brockhaus u. W. Ehrenfels Lindau 
1950; N. Ch. Suckxjng, F., London 1946, 21951 ; 
W. L. Landowski, Fr. Chopin et G. F., Paris 1946; 
Sammelband: G. F., Paris 1946; G. Samazeuilh, 
Musiciens de mon temps, Paris 1947; M. Favre, G. 

F. s Kammermusik, Zürich 1949; Fr. Noske, La 
m61odie frangaise, Paris u. Amsterdam 1954 (mit 
Verz. d. Lieder); Sondernummern d. »Musica« Fe- 
bruar 1909 u. d. RM Oktober 1922 (darin Souvenirs 
v. G. F.). 

Faure (f'o:r), Jean-Baptiste, * 15. 1. 1830 zu 
Moulins (Allier), t 9. 11. 1914 zu Paris; französi- 
scher Sänger (Bariton), Chorknabe an St-Nicolas- 
des-Champs, später an der Madeleine, wo er in dem 
Kapellmeister Trdvaux einen ausgezeichneten Leh- 
rer fand. Nach seiner Mutation erhielt er nach einem 
zweijährigen Kursus am Conservatoire den 1. Preis 
der Gesangsklasse für komische Oper und wurde 
1852 zunächst neben Battaille und Bussine, nach 
beider Rücktritt aber als 1. Baritonist an die Opdra 
Comique engagiert, ging 1861 an die Große Oper 
und gelangte nun zu einem Ansehen, wie es nach 
Duprez kem zweiter genossen. 1876 zog er sich von 
der Bühne zurück. 1857 wurde er zum Gesangs- 
professor am Conservatoire ernannt, gab jedoch 
diese Stellung bald wieder auf. 4 Hefte mit 93 Lie- 
dern von F. erschienen im Druck, desgleichen ein 
Studienwerk La voix et le chant ; traitd pratique (1886) 
und ein Auszug daraus Aux jeunes chanteurs (Paris 
1898). 

Lit: H. de Curzon, J.-B. F., MQ 1918; ders., Une 
gloire de Part lyrique frg., J.-B. F., Paris 1923. 

Favargtto, Giorgio, * 2. 3. 1902 zu Venedig; 
italienischer Pianist, studierte Klavier und Kompo- 
sition am Konservatorium in Venedig, dann Kom- 
position und Orchesterleitung in Neapel. Seit 1935 
spielte er in der Mailänder Konzertreihe »Un’ora di 
musica«, seit 1942 als Hauspianist beim RAI (Radio 
Audizioni Italia), wo er seit 1952 die Sendereihe 
»Microfono d’argento« leitet. An den Akade m ie n 
in Rom (S. Cecrna) und Siena (Chigiana) versieht 
er Lehraufträge für Kammermusik und Klavier- 
lied-Interpretation. Er tritt als Begleiter der interna- 
tionalen Gesangsprominenz hervor. 


493 



Favart (faVair), Charles Simon, * 13. 11. 1710 
und f 18. 5. 1792 zu Paris; französischer Dichter 
von Lust- und Singspielen, einer der Schöpfer des 
französischen Singspiels (. Annette etLubin , Bastieti et 
Bastieme, Nirtette ä la cour, schrieb im ganzen etwa 
150 Stücke), weshalb das Haus der Opdra Comique 
in Paris den Beinamen »Salle Favartt erhielt. An 
seinen Arbeiten soll seine Frau stark beteiligt sein: 
Marie Justine Duronceray, * 15. 6. 1727 zu 
Avignon, f 21. 4. 1772 zu Paris, bekannt als Mme. 
Favart, eine durch Schönheit und Grazie ausge- 
zeichnete Schauspielerin und Sängerin, welche in 
den naiven Hauptrollen der Operetten F.s glänzte. 

Ausg.: eine Slg d. Hauptstücke F.s erschien als 
Th&tre de Mr. F., 8 Bde, Paris 1763 ; dass, in 10 Bden, 
Paris 1772; Mönoires et correspondance de Ch. S. F., 
hrsg. v. A. P. C. Favart, 3 Bde, Paris 1808. 

Lit: A. Font, F., l’opdra-comique et la comödie- 
vaudeville aux XVII« et XVIII« s., Paris 1894; M. 
Dumoulin, F. et Mme. F., un manage d’artistes au 
xvm« s., Paris o. J.; G. Letainturier-Fradin, Les 
amours de Mme. F., Paris 1907; A. Pougin, Mme. F., 
6tude thdätrale, Paris 1912; L. de La Laurencie, Le 
Thöätre de la Foire, Ann6e musicale 1, 191 1. 

Favre (f'avre) Georges, * 26. 7. 1905 zu Saintes; 
französischer Komponist und Musikforscher, stu- 
dierte in Paris am Conservatoire und an der Sor- 
bonne, wo er 1944 mit einer Arbeit über Boieldieu 
(erschienen in 2 Bänden, Paris 1944-45) zum 
Docteur-^s-lettres promovierte. Seit 1956 ist F. 
Inspecteur de rinstruction publique. Er gab heraus 
Amen Boieldieu , Sonates pour Xe Piano-Forte 
(= Publications de la Soc. Fran$aise de Musicolo- 
gie I, 11, 2 Bände, Paris 1 9 444 7 ). Weiterhin 
schrieb er: in »La Musique des origines ä nos 
jours« (herausgegeben von N. Dufourcq, Paris 
1946) die Abschnitte L’Opdra-Comique en France 
au XVIIIe s&cle und UArt dramatique en Europe 
depuis lafin du XVIIIe stkcle jusqu'ä Wagner ; Paul 
Dukas (Paris 1948); La Musique fran$aise de Piano 
avant 1830 (Paris 1953); Musidens fr anqais modernes 
. . ., par le Disque (Paris 1953), Band II ais : Musidens 
frartqais contemporains (1956); jR. Wagner, par le 
Disque (Paris 1958). F. ist auch als Komponist her- 
vorgetreten, u. a. mit Cantate du jardin vert (1955) 
und Gouachespour Trio d'anches (1957). 

Favre (f'avro), Waldo, * 22. 4. 1895 zu St. Peters- 
burg; Schweizer Chorleiter, studierte in St. Peters- 
burg Violine und ging nach Orchestertätigkeit dort 
und in Reval 1921 nach Berlin, wo er bis 1925 noch 
Komposition bei Juon, Dirigieren bei Brecher, 
Fielitz und E. Praetorius studierte. 1927-31 war er 
Filmkapellmeister und gründete dann den Kam- 
merchor Berliner Solisten-Vereinigung, mit dem er bis 
1945 in Konzerten, Rundfunksendungen und Hi- 
rnen vielseitig tätig war, besonders erfolgreich in 
der Interpretation von Werken J. S. Bachs und des 
19. Ih. bis zu Reger. Nach Kriegsende lebte F. zu- 
nächst in Genf, arbeitete 194749 in einem Zürcher 
Sippenforschungsinstitut, gründete 1950 die Ham- 
burger Solistenveremigung und ist seit 1952 wieder 
in Berlin als Dirigent eines Kammerchors tätig. 

Fawcett (fojset), John, * 8. 12. 1789 zu Wen- 
nington (Lancashire), f 26.10.1867 zu Bolton 
(Lancashire), war ursprünglich Schuhmacher, wid- 
mete sich aber später der Musik und brachte es zu 
einem guten Ruf als Kirchenkomponist, schrieb 


ein Oratorium Paradise (1853), etwa 90 Anthems, 
viele geistliche Lieder, Streichtrios und Klavier- 
stücke. Sein gleichnamiger Sohn (1824-57), Bacca- 
laureus der Musik (Oxford), war Organist, schrieb 
auch eine Kantate, Anthems, Glees, Lieder und Kla- 
vierstücke. 

Fay, Amy -> Deppe, Ludwig. 

Fayolle (faj'ol), Francis Joseph Marie, * 15. 
8. 1774 und f 2. 12. 1852 zu Paris; französischer 
Musikschriftsteller, lebte 1815-29 in London, sonst 
in Paris. Er gab mit Choron ein Dictionnaire histo - 
rique des musidens . . . heraus (2 Bände, Paris 1810/ 
1811), zu welchem jedoch Choron nur einzelne Ar- 
tikel und die Einleitung lieferte, während F. das 
meiste aus Gerbers altem Lexikon mit zahlreichen 
Übersetzungsfehlern übernahm. Er veröffentlichte 
außerdem: Notices sur Corelli , Tartini , Gavinils , 
Pugnani et Viotti (Paris 1810, mit wertvollen histo- 
rischen Notizen, so über die Anwesenheit von Jo- 
hann Stamitz in Paris im Jahre 1754) ; Sur les drames 
lyriques et leur exicution (Paris 1813) ; Paganini et Bi- 
riot (Paris 1831). 

Fayrfax (f'srfaeks), Robert, getauft 23. 4. 1464 
zu Deeping Gate (Lincolnshire), f 24. 10. 1521 
wahrscheinlich zu St. Albans; englischer Kompo- 
nist, war 1496 Gentleman of the King*s Chapel, 
1502 Organist an St. Alban’s Abbey, behielt aber 
seine Stellung in der Chapel Royal bei, bewarb sich 
im gleichen Jahre mit der Messe O quam Glorifica 
um die Doktorwürde von Cambridge, die er 1504 
erhielt, wurde 1511 auch Doktorin Oxford, schrieb 
5 5 st. und eine 4st. Messe, 2 Magnificat, Motetten 
und englische weltliche Chöre. 

Ausg.: Missa O quam suavis, hrsg. v. H. B. Collins, 
Bumham 1927 (vgl. dazu M. F. Bukofzer in Mus. 
Brit VIII, S. 174). 

Lit.: H. E. Wooldridge, The Polyphonic Period II, 
= The Oxford Hist, of Music H, Oxford 1905, 21932; 
Dom A. Hughes, The Works of R. F., ML XXX, 
1949; ders.. An Introduction to F., MD VI, 1952; J. 
H. Stevens, Rounds and Canons . . ., ML XXXII, 
1951 ; E. Walker, A Hist of Music in England, hrsg. 
v. J. A. Westrup, London 1952; E. B. Warren, The 
Masses of R. F., Diss. Univ. of Michigan 1952, 
maschr. 

Fechner, Gustav Theodor, * 19.4.1801 zu 
Groß-Särchen (Niederlausitz), f 18. 11. 1887 zu 
Leipzig ; deutscher Physiker, Psychologe und Philo- 
soph, wurde 1834 ordentlicher Professor der Phy- 
sik in Leipzig, ist hier zu nennen nicht nur wegen 
seiner physikalischen Werke, welche vieles die 
Musik Angehende gründlich abhandeln ( Reperto- 
rium der Experimentalphysik, Leipzig 1832, 3 Bände), 
sondern auch wegen seiner philosophischen Schrif- 
ten, besonders der Elemente der Psychovhysik (1861, 
2 Bände, 31907) und der Vorschule aer Ästhetik (Leip- 
zig 1876, 2 Bände, 31925), die von grundlegender 
Bedeutung für den Aufbau einer rationalen musika- 
lischen Ästhetik sind. Als satirischer Dichter schrieb 
er unter dem Pseudonym Dr. Mises. 

Lit.: J. E. Kuntze, G. Th, F., Lpz. 1892; KLass- 
wrrz, G.Th. F„ Stuttgart 1896, 31910; S. Mitro- 
vics, Das Grundprinzip d. ästhetischen Gefallens 
u. d. F.schen Prinzipien, in: Arbeiten moderner 
Philosophie, 1910 (ungarisch); M. Wbntscher, F. 
und Lotze, München 1925; F. M. Gatz, Musik- 
Aesthetik in ihren Hauptrichtungen, Stuttgart 1929. 


494 



Fddorov 


Fede, Jehan (auch als Fed£, Phede, Jo. Fcde alias 
Sohier und Jon. Sohier alias Fede bekannt); Kom- 
ponist des 15. Jh., vermutlich von französischer 
Herkunft, war 1443-45 Sänger in der päpstlichen 
Hofkapelle, 1449-50 Sänger und Chapdam an der 
Sainte-Chapelle in Paris, 1473-74 in der Hofkapelle 
Ludwigs XL Unter F.s Namen sind im Codex 
Modena a. X. 1. 11 zwei Kompositionen (Magne 
pater sancte und O lumen ecclesiae) erhalten. 

Lit. : P. Lodi, Catalogo delle Opere Musicaü ... di 
Modena, =* Bollettino dell’Associazione dei Musico- 
logi Italiani, Serie VIII, Parma o. J.; Fr. X. Haberl, 
Bausteine I u. III, Lpz. 1885 u. 1888 (auch in VfMw 
I u. III); M. Brbnet, Les Musiciens de la Sainte- 
Chapelle, Paris 1910; dies., Musique et Musiciens de 
la vieille France, Paris 1911; J. Mark, Hist de la 
Musique ... de la cour de Bourgogne, Straßburg 
1939. 

Fed$li 9 Rugeiero, * um 1655 zu Venedig, be- 
graben 30. 1. 1722 zu Kassel; italienischer Kompo- 
nist, Sohn von Carlo F., maestro dei concerti an 
der Kapelle von San Marco (f 1685); 1673-77 
Bassist an San Marco, bis 1681 am Bayreuther, 
1687-88 am Dresdener Hof angestellt, 1691 Hof- 
komponist in Berlin, komponierte 1705 die Trauer- 
musik für die Königin Charlotte, war aber bereits 
ab 1700 Hofkapellmeister in Kassel. Von seinen 
Kompositionen sind hauptsächlich Kantaten in 
größerer Zahl erhalten, auch eine Messe mit Orch., 
Messenteile, ein Magnificat und andere Kirchen- 
stücke sowie eine Oper Almira (Braunschweig 
1703). 

Lit. : E. J. Luin, La famigHa F., RMI XXXVIII, 1931. 

Fed$li, Vito, * 19. 6. 1866 zu Foligno, t 23. 6. 
1933 zu Novara; italienischer Komponist und Mu- 
sikschriftsteller, ab 1904 Direktor des Städtischen 
Musikinstituts in Novara, schrieb die Opern 
Ivanhoe , La Vergifte della montagna und Varsavia, 
Messen a cappella, mit Org. und mit Orch. sowie 
andere Kirdhenkompositionen, auch Orchester- 
stücke, Orgelstücke, Chöre und Lieder. Schrift- 
stellerisch betätigte er sich mit Aufsätzen (La Musi - 
calitä di Dante) nir die RMI, die SIMG und ZIMG. 
Lit.: G. Bustico, Bibliogr. di un musico novarese, 
Vercelli 1925. 

F$derhofer 9 Hellmut, * 6. 8. 1911 zu Graz; 
österreichischer Musikforscher, erhielt seine musi- 
kalische Ausbildung in Graz, später an der Aka- 
demie in Wien, auch privat bei A. Berg und E. v. 
Sauer, studierte Musikwissenschaft an der Uni- 
versität Wien (Ord, Lach) und promovierte 1936 
mit einer Arbeit über Akkordik und Harmonik in 
frühen Motetten der Trienter Kodices (ungedruckt). 
F. ist seit 1937 Staatsbibliothekar im österreichi- 
schen Bibliotheksdienst und wurde 1944 Privat- 
dozent für Musikwissenschaft an der Universität 
Graz, nach 1945 Leiter des musikwissenschaft- 
lichen Instituts dieser Universität, 1951 Professor. 
V eröfFendichungen : Zur Pflege mittelalterlicher 
Mehrstimmigkeit im Benediktinerstift St. Lambrecht 
(Anzeiger der phiL-hist. Klasse der österreichischen 
Akad. der Wiss., 1947), Zwei deutsche Lieder des 
IS. Jahrhunderts (ebenda 1948), Eine neue Quelle zur 
Organumpraxis des späten Mittelalters (AMI XX, 
1948), Ein Beitrag zur Biographie von Giovanni Fran- 
cesco Anerio (Mf n, 1949, Ergänzung Mf VI, 1953), 
Lambert de Sayve an der Grazer Hofkapelle (RBM 


DI, 1949), Zur Musikpflege der Jesuiten in Graz im 
17. Jahrhundert (in: Aus Archiv und Chronik II, 
1949), Beiträge zur musikalischen Gestaltanalyse 
(Graz- Wien-Innsbruck 1950), Denkmäler der ars 
nova in Voran Cod. 380 (AMI XXH, 1950), Etats de 
la chapelle musicale de Charles V et de Maximilien 
(RBM IV, 1950), Ein Beispiel spätmittelalterlicher 
Organumpraxis in Voran Cod . 22 (in: Aus Archiv 
und Chronik m, 1950), Die Musikpflege an der St. 
Jacobskirche in Leoben (Steiermark) (Mf IV, 1951), 
Alte Musikinventare der Klöster St. Paul (Kärnten) 
und Goß (Steiermark) (Kmjb 35, 1951), Eine neue 
Quelle der musica reservata (AMI XXIV, 1952), Bio- 
graphische Beiträge zu Erasmus Lapicida und Stephan 
Mahu (Mf V, 1952), Alessandro Tadei ', a Pupil of 
Giovanni Gabrieli (MD VI, 1952), Zur Chiavetten- 
Frage (Anzeiger der phiL-hist. Klasse der österrei- 
chischen Akad. der Wiss., 1952), Matthia Ferrabosco 
(MD VH, 1953), Jean deChaynee (mitj. Quirin, RBM 
VH, 1953), Jugendjahre und Lehrer Rogier Michaels 
(AfMw X, 1953), Die Figurenlehre nach Christoph 
Bernhard und die Dissonanzbehandlung in Werken 
von Heinrich Schütz (Kgr.-Ber. Bamberg 1953, 
Kassel und Basel 1954), Annibale Perini (Mf VH, 
1954), Pietro Antonio Bianco und seine Vorgänger 
Andreas Zweiller und Pietro Ragno an der Grazer 
Hof kapelle (Kmjb 38, 1954), Graz Court Musicians 
and tneir Contribution to the »Pamassus musicus Ferdi - 
nandaeus « (1615) (MD IX, 1955), Vincenz Jelich 
(AfMw XH, 1955), Italienische Musik am Höfe des 
Fürstbischofs von Gurgk t Johann Jakob von Lamberg 
(1603-30) (CHM II, 1957), Ein thematischer Katalog 
der Dorothea Graumann (Freiin von Ertmann) 
(Schmidt-Görg-Fs., Bonn 1957). F. ist Herausgeber 
der »Musik alter Meister. Beiträge zur Musik- und 
Kulturgeschichte Innerösterrcichs« (Graz-Wien- 
Innsbruck). Er gab heraus: Niederländische und 
italienische Meister der Grazer Hof kapelle Korb II. 
(1564-1590) (DTÖ, Bd 90, 1954) sowie die Klavier- 
quartette und -quintette in der Neuen Mozart- 
Ausgabe (Serie. VIII, Werkgruppe 22, Abt. 1, Kas- 
sel und Basel 1957). 

FederidL (federiitfi), Vincenzo, * 1764 zu Pesaro, 
1 26. 9. 1826 zu Mailand; italienischer Opemkom- 

! )onist, schrieb 14 seriöse und eine komische Oper 
La locandiera scaltra, Paris 1812) sowie mehrere 
Kantaten. F., der sich längere Zeit in London auf- 
hielt (bis 1802), war Professor des Kontrapunkts 
und von 1812 an Zensor (Studiendirektor) am 
Konservatorium in Mailand. 

Fddorov, Vladimir, * 5. 8. 1901 zu Tschemigow 
(Rußland) ; französischer Bibliothekar und Musik- 
forscher, betrieb Universitätsstudien in Rostow 
und Paris, weitere Studien an der Ecole des hautes 
ftudes, der Ecole des chartes und dem Institut d’art 
et d’archdologie in Paris, erhielt seine musikalische 
Ausbildung an den Konservatorien von Dresden 
und Leipzig und am Conservatoire in Paris. 1933 
erhielt er sein Bibliothekarsdiplom, war dann bis 
1943 Bibliothekar an der Universität von Paris, 
1943-45 Bibliothekar der Bibliothfcque de docu- 
mentation internationale contemporame, seit 1946 
an der Musiksammlung der Pariser Nationalbiblio- 
thek. 1950-55 war er Generalsekretär der Assodar- 
tion internationale des bibliothfcques musicales 
(seitdem Vizepräsident) und ist seit 1954 Haupt- 
schriftleiter da: »Fontes arris musicae«. Von seinen 


495 



V eröflfentlichungen seien genannt: Sur un memuscrit 
de Moussorgskij, Les differentes iditions de ses lieder 
(Rev. de musicol. XVI, 1932), Les annies d’appren - 
tissage de Moussorgskij (RM XTV, 1933), Moussorg- 
skij , Biographie criüque (Les Musidens cd&bres, Paris 
1935), A propos de Moussorgskij (Rev. de Musicol. 
XX, 1939), Peut-on parier aune ecole bourguignonne 
de musique au XV* sibcle? (Les Cahiers techniques de 
l’art II, 1949), Andri Pirro und Yvonne Rokseth 
(Mf EU, 1950), Bach en France (RIM 1950), Inter - 
ßrences (Musique russe I ) und Rossica (Musique 
russe II) (Bibliothfcque Internationale de Musico- 
logie, Paris 1953), Correspondance inidite de P. I. 
Cajkovskij aveeson iditeur francais (Kgr.-Ber. Oxford 
1955), Le voyage de M. L Glinka en Italie (CHM 
II, 1957). 

Ffhenberger, Lorenz, * 24. 8. 1912 zu Ober- 
weidach (Oberbayem); deutscher Opern- und 
Konzert-Tenor, bereitete sich bei der Kammer- 

laufLahn vor. Sein erstes Engagement erhielt er 
1939 an der Grazer Oper, 1941-45 war er an der 
Dresdner Staatsoper tätig und wirkt seitdem als 
1. lyrischer Tenor an der Staatsoper München. Er 
tritt auch als Oratorien- und Lieder sanger auf. 

Fdir, Max, * 17. 6. 1887 zu Bülach (Kanton Zü- 
rich) ; Schweizer Musikforscher, promovierte 1912 
in Zürich unter E. Bemoulli mit der Arbeit Apo- 
stolo Zeno und seine Reform des Opemtextes , war 
1912-18 Lehrer des Französischen und Italienischen 
am Gymnasium Zürich, 1918-52 an der Kantons- 
schule Winterthur, ist seit 1917 Bibliothekar, seit 
1923 Vorsitzender der Allgemeinen Musikgesell- 
schaft Zürich, in deren Neujahrsblattem er einige 
Abhandlungen veröffentlichte, 1919-32 als Nach- 
folger von H. Suter Vorsitzender der Neuen 
Schweizerischen Musikgesellschaft und ab solcher 
Mitherausgeber des SJbMw. F. widmete sein 
Interesse dem Grenzgebiet von Sprache und Mu- 
sik, der Zürcher Munkgeschichte und R. Wagner. 
Weitere Schriften: Die Meistersinger von Zürich 
(Zürich 1916); Spielleute im alten Zürich (= Zürich 
als Musikstadt I, Zürich 1916) ; Unter Wagners Takt- 
stock (Winterthur 1922) ; Achtzehn Briefe von Hektar 
Berlioz (SJbMw n, 1927); Datierung eines alt-zür- 
cherischen Konzertgemäldes (SJbMw V, 1931); Alter 
Orgelbau im Zürichbiet (Winterthur 1928); Das 
Musikkollegium Winterthur 1629-1837 (Winterthur 
1929) ; Richard Wagners Schweizer Zeit (2 Bände, 
Aarau 1934-53) ; Die wandernden Theatertruppen in 
der Schweiz (Einsiedeln 1949). 

Fdxringer, Franz, * 7. 9. 1910 zu Nußloch (bei 
Heidelberg); deutscher Sänger (Tenor), erhielt 
seine Ausbildung an der Musikhochschule in 
Karlsruhe und gehörte ab 1934 dem dortigen Ba- 
dischen Staatstheater, ab 1938 dem Deutschen 
Theater in Wiesbaden an. 1946-48 hatte er einen 
Gastspielvertrag mit dem Nationaltheater Mann- 
heim und wirkt seitdem als Konzertsanger. 

Fehrmann, Paul, * 12. 10. 1859 zu Dresden, f 27. 
6. 1938 zu St. Gallen; deutscher Kapellmeister, stu- 
dierte am Dresdner Konservatorium und bei H. 
Ricmann, kam 1884 als Theaterkapellmeister nach 
St Gallen und wurde dort 1888 Organist der Fran- 
zösischen und der Linsenbühlkirche, 1892 Mitgrün- 
der und Leiter des Evangelischen Kirchengesang- 

496 


Vereins, 1907 Singlehrer der Realschule und 1921 
Organist der St. Laurenzenkirche. Er veröffent- 
lichte Chorwerke mit Orch. sowie geistliche und 
weltliche Chöre und Lieder. 

Feicht, Hieronim, * 1894 zu Mogilno bei Po- 
sen; polnischer Musikforscher, studierte zunächst 
Theologie, nach seiner Priesterweihe Musikge- 
schichte bei Chybihski und P. Wagner und pro- 
movierte 1924 in Lemberg mit einer Arbeit über 
die Kompozycje religijne B.Pqkiela (maschinen- 
schriftlich, Auszüge in Przegl^d muzyczny 1925 
und Kwartalnik muzyczny 1929). F. war 1924-26 
Assistent Chybihskis in Lemberg, 1926-27 Direk- 
tor des Missions-Seminars in Wilna, 1928-30 Theo- 
rielehrer am Krakauer Konservatorium, 1930-32 
an der Warschauer Musikhochschule, 1946-52 an 
der Musikhochschule und Universität Breslau und 
lehrt seitdem Musikgeschichte an den Universi- 
täten Warschau und Posen. Sein Schaffen umfaßt 
neben geistlichen Kompositionen zahlreiche Auf- 
sätze, darunter: W. Debotycki (Przegl^d Teolo- 
gyczny VE, 1926); Przyczynki do dziejöw kapeli 
krölewskiej w Warszawie . . . (Kwartalnik Mu- 
zyczny 1928-29) ; O mszy wielkanocnej M. Leopolity 
(ebenda 1930); Do biografii G. G. Gorczyckiego 
(in: Polski Rocznik Muzykologiczny n, 1936); 
ferner Neuausgaben von Werken Pudels und 
Gorczydris. 

Feinberg, Samuel Jewgeniewitsch, * 26. 5. 1890 
zu Odessa; russischer Pianist und Komponist, ab- 
solvierte 1911 das Moskauer Konservatorium als 
Pianist, besitzt indes als Komponist keine geregelte 
Büdung. F. ist einer der Vertreter der fortschritt- 
licheren Gruppe der russischen Komponisten und 
einer der bemerkenswertesten Nachfolger (nicht 
aber Nachahmer) Skrjabins; ein Musiker, der sich 
seit 1915 in kürzester Zeit als Pianist und Kompo- 
nist in die erste Reihe gestellt hat. Seit 1922 ist er 
Professor am Moskauer Konservatorium. Werke: 

2 Klavierkonzerte, Kammermusik, 10 Klavier- 
sonaten und andere Klavierkompositionen sowie 
Lieder. 

LiL: V. Beuajew, S. F., Moskau 1927 (russisch und 
deutsch). 

Feind, B arthold (Pseudonym Aristobulos Eutro- 
pius oder Wahrmund), * 1678 und f 15. 10. 1721 
zu Hamburg; deutscher Schriftsteller, studierte 
Jura in Wittenberg und Halle und wurde Anwalt 
in Halle, 1719 Vikar am Hamburger Dom. Als 
Librettist bemühte sich F. um die Verwendung 
deutscher Stoffe und die treffende Charakterisie- 
rung der handelnden Personen. Von seinen Texten 
wurden von Keiser 5 und von Graupner einer für 
die Hamburger Oper vertont. Seine Gedanken von 
der Opera sind enthalten in Deutsche Gedichte , I. Teü 
(Stade 1708). 

Lit.: Fr. Chrysander, G. F. Händel, Lpz. 1858-67, 

3 Bde; G. Fr. Schmidt, in ZfMw VI, S. 129 ff.; L. 
ScHTEDERMAiR, Die Deutsche Oper, Lpz. 1930; H. 
Ohr. Wolff, Die Barockoper in Hamburg, Wolfen- 
büttel 1957, 2 Bde. 

Fcininger, Laurence, * 5.4.1909 zu Berlin; 
amerikanischer Musikforscher, Sohn des Malers 
Lionel F., studierte Musikwissenschaft an der Uni- 
versität Heidelberg und promovierte dort mit einer 
Arbeit über Die Frühgeschichte des Kanons bis Josquin 



Feilerer 


des Prez (Emsdetten 1937). Danach widmete er sich 
ausschließlich eigenen Arbeiten über die liturgische 
Polyphonie des Mittelalters, der Renaissance und 
des Barock und war 1946-49 wissenschaftlicher 
Mitarbeiter an der Musikabteilung der Vatikani- 
schen Bibliothek. Priester der römisch-katholi- 
schen Kirche, arbeitet er auch mit dem Istituto 
Pontifido di Musica Sacra in Rom zusammen. Ein 
von ihm in Trient geleiteter Coro del Condlio 
(Knaben- und Männerstimmen) widmet sich be- 
sonders der Aufführung mehrchöriger Barock- 
musik. Mit Monsignore Carlo Respighi (f 1947) 
gründete er zur Sichtung, Erhaltung und Veröflfent- 
Echung alter Kirchenmusik die »Societas Univer- 
salis Sanctae Ceciliae«; unter deren Namen ver- 
öffentlichte er die »Monumenta Polyphoniae Li- 
turgicae Sanctae Ecclesiae Romanae« (3 Bände), 
die »Monumenta Liturgiae Polychoralis Sanctae 
Ecdesiae Romanae« (6 Bände, dazu 6 Hefte Psal- 
men von O. Benevoli) sowie die »Documenta 
Polyphoniae Liturgicae Sanctae Ecdesiae Ro- 
manae« (bisher 12 Hefte). 

F$lbermayer, Anny, * zu Wien; österrdchische 
Opemsängerin, absolvierte in Wien die Staats- 
akademie für Musik und darstellende Kunst, wurde 
in Wien mit dem Cebotaripreis ausgezeichnet und 
erhielt weitere Preise in Genf und Verviers. Ihr 
erstes Engagement erhidt sie an die Staatsoper 
Wien, der sie als lyrischer Sopran angehört. 

Felderhof, Jan Reindert Adriaan, * 25. 9. 1907 zu 
Bussum; niederländischer Komponist, Schüler der 
Konservatorien Amsterdam und Utrecht (Violine, 
Komposition und Schulmusik), lehrte 1934-44 am 
Konservatorium und der Volksmusikschule Am- 
sterdam, war 1944-54 Direktor der »Tonkunst «- 
Musikschule in Bussum, unterrichtet heute am 
Unrechter Konservatorium. Er komponierte die 
komische Oper Een Serenade in St.Jansnacht , Or- 
chesterwerke (eine Sinfonietta, eine Symphonie, 
eine Suite für FL und Orch., eine Rhapsodie für 
Ob. und Kammerorch., ein Konzert für Streich- 
orch.), Werke für Chor und Orch., 3 Streichquar- 
tette, zahlreiche andere Kammermusik, Klavier- 
musik, Chöre und Lieder. 

Fddmann, Fritz, * 18. 10. 1905 zu Gottesberg 
(Schlesien); deutscher Musikforscher, studierte ab 
1924 Munkwissenschaft an der Universität Bres- 
lau und promovierte 1932 mit einer Studie: Der 
Codex Mf 2016 des Musikalischen Instituts bei der 
Universität Breslau (1. Band Darstellung, 2. Band 
Verzeichnisse und Übertragungen, Breslau 1932). 
Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent 
am musikwissenschaftlichen Institut und als Lehrer 
für Musikgeschichte an der Kirchenmusikschule 
Breslau, habilitierte er sich 1937 mit einer Arbeit 
über Musik und Musikpflege im mittelalterlichen 
Schlesien (Breslau 1938). 1939-41 war er stellver- 
tretender Direktor des musikwissenschaftlichen 
Instituts und des Hochschulinstituts für Kirchen- 
und Schulmusik Breslau. Nach Kriegsdienst wirkte 
er 1948-52 als Studienrat in Hamburg, habilitierte 
sich an die dortige Universität um, 1952 Professor, 
1954 auch Professor an der Staatlichen Musikhoch- 
schule Hamburg. Aufsätze: Zwei weltliche Stücke 
des Breslauer Codex Mf. 2016 (ZfMw Xm, 1930/31), 
Ein Quintenorganum aus einer Breslauer Handschrift 


des i % ruhen 16. Jahrhunderts (Kmjb 27, 1932), Ein 
Tabulaturfragment des Breslauer Dominikanerklosters 
aus der Zeit Paumanns (ZfMw XV, 1933), Chr. 
Gottlob Wecker , ein Schüler Bachs als schlesischer Kan- 
tor (Bach-Jb. 31, 1934), Reste eines handschriftlichen 
und eines gedruckten cechischen Kanzionals (mit P. 
Diels; Jb. für Gesch. und Kultur der Slawen X, 

1934) , Evangelische Kirchenmusik in schlesischer Land- 
stadt (Schneider-Fs., Halle 1935), Bilder aus der Mu- 
sikgeschichte Oberschlesiens (Zs. »Der Oberschlesier« 

1935) , Ein unbekanntes Denkmal der Neisser und 
Glatzer Musikpflege aus der Zeit des dreißigjährigen 
Krieges (ebenda, 1936), Neue Einblicke in alte Neisser 
Musikkultur (ebenda, 1937), Zur Frage des Lieder- 
jahres bei Robert Schumann (AfMw EX, 1952), Bres- 
lau und die musikalische Romantik im Spiegelbild ihrer 
führenden Musiker (Zs. für Ostforschung 2, 1953), 

Untersuchungen zum Wort- Ton-Verhältnis in den 
Gloria-Credo-Sätzen von Dufav bis Josquin (MD 
VIII, 1954), Alte und neue Probleme um Cod. 2016 
des Musikalischen Instituts bei der Universität Breslau 
(Schneider-Fs., Leipzig 19551, Die Zahlensymbolik 
und ihre Anwendung in der Meßkomposition von Dufay 
bis Josquin (Kgr.-Ber. Oxford 1955), Mattheson und 
die Rhetorik (Kgr.-Ber. Hamburg 1956), Diver- 
gierende Überlieferungen in Isaacs »Petructi-Messen « 
(CHM II, 1957), Numerorum mysteria (AfMw XTV, 
1957). Er gab heraus: Missa anonyma II aus dem 
Codex Breslau Mf 2016 (Chw 56, 1956). 

Felis, Stefano, * um 1550 zu Bari, f nach 1603; 
italienischer Komponist, wurde Kapellmeister und 
Kanonikus am Dom von Bari, ging nach Prag, wo 
er Ph. de Monte kennen lernte, und wurde schließ- 
lich Domkapellmeister in Neapel. Er schrieb Mes- 
sen, Motetten, Madrigale und Villan eilen, Ricer- 
cari und Fantasien. 

Lit.: A. Einstein, The Italian Madrigal, 3 Bde, 
Princeton 1949, ders., in: ML XXV, 1944, S. 66 ff. 

Feilerer, Karl Gustav, * 7. 7. 1902 zu Freising; 
deutscher Musikforscher, absolvierte die Regens- 
burger Kirchenmusikschule und war in München 
Privatschüler von H. K. Schmid und J. Haas; seine 
musikwissenschaftlichen Studien betrieb er in 
München (Sandberger) und Berlin (Abert, Wolf, 
Sachs). 1927 habilitierte er sich in Münster, wurde 
1932 als Nachfolger von P. Wagner Professor an 
der Universität Freiburg in der Schweiz und ging 
1939 als Nachfolger Th. Kroyers nach Köln. Seit 
1930 gibt er das Krnjb als Vereinsorgan des All- 
gemeinen Cäcilienvereins heraus, dessen wissen- 
schaftlicher Kommission und Orgelbeirat er an- 
gehört. F. ist Mitgründer und Präsident der Joseph- 
Haas-Gesellschaft. Schriften: Beiträge zur Musik- 
geschichte Freisings (Freising 1926); Die Deklama- 
tionsrhythmik . . . (Düsseldorf 1928) ; Orgel und Or- 
gelmunk (Augsburg 1929); Der Palestrinastil — 
(Augsburg 1929) ; Grundzüge der Geschichte der ka- 
tholischen Kirchenmusik (Paderborn 1929); Palestrina 
(Regensburg 1930) ; Studien zur Orgelmusik des aus- 
gehenden IS. und frühen 19. Jh. (= Münsterische 
Beiträge zur Munk Wissenschaft m, Kassel 1932); 
Beiträge zur Choralbegleitung ... (= Sammlung 
musikwissenschaftlicher Abhandlungen VI, Straß- 
burg 1932) ; Die Aufführung der katholischen Kirchen- 
musik (Einsiedeln 1933); Mittelalterliches Musik- 
leben der Stadt Freiburg im Uechtland (= Freiburger 
Studien zur Musikwissenschaft m, Regensburg 


32 


497 



Fdlowes 


1934) ; Das deutsche Kirchenlied im Ausland (Münster 

1935) ; Der gregorianische Choral . . . (= Kirchen- 
musikalische Reihe m, Regensburg 1936); Gia- 
como Puccini (Potsdam 1937) ; Musik in Haus , Schule 
und Heim (Olten 1938); Geschichte der katholischen 
Kirchenmusik (Düsseldorf 1939, 2 1949); Deutsche 
Gregorianik im Frankenreich (Regensburg 1941); 
Edvard Grieg (Potsdam 1942); Einführung in die 
Musikwissenschaft (Berlin 1942, 2 1953); Die Musik 
im Wandel der Zeiten . . . (Münster 1948); einige 
Abschnitte in dem von ihm mit H. Lemacher 
herausgegebenen Handbuch der katholischen Kirchen- 
musik (Essen 1949); Der gregorianische Choral (Dort- 
mund 1951); Die Messe ... Portmund 1951); 
Handel (Hamburg 1953); Mozarts Kirchenmusik 
(Salzburg 1955); W. A. Mozart (Krefeld 1956); 
zahlreiche Aufsätze, meist in kirchenmusikalischen 
Zeitschriften. Ferner gibt er heraus: Das Musik- 
werk , eine Beispiclsamrnlung zur Musikgeschichte 
(Köln seit 1951). 

Fellowes, Edmund Horace, * 11. 11. 1870 zu 
London, f 21. 12. 1951 zu Windsor; englischer 
Musikforscher, war Schüler von P. C. Buck, 1897 
bis 1900 Precentor an der Kathedrale von Bristol, 
ab 1900 Minor Canon und 1923-27 Kapellmeister 
an St. George’s Chapel in "Windsor Castle und 
1918-48 Bibliothekar an St. Michad’s College 
Tenbury. Sein großes Verdienst besteht in der 

Madrijdisten und der sämtlichen WerLc W. 
Byrds. F. war auch als Violinist und Lautenist tätig 
und komponierte ein Streichquartett C dur (1892), 
ein Moming and Evening Service, Chöre, Lieder 
und Orgelstücke. Schriften: English Madrigal Verse 
(London 1920, 2 1931); The English Madrigal Com- 
posers (Oxford 1921, 2 1948) ; William Byrd (Oxford 
1923, 2 1928), ein zweites Buch gleichen Titels 
(London 1936, 2 1948); Orlando Gibbons (Oxford 
1925, London 2 1951); The English Madrigal (Lon- 
don 1925); The Catalogue of Manuscripts in me Li- 
brary of St. MichaeVs College , Tenbury (Paris 1934) ; 
English Cathedral Music (London 1941); My Ladye 
NevellsBooke (ML XXX, 1949) ; auch: A History of 
Winchester CHchet (Winchester 1930). Ausgaben: 
The English Madrigal School (36 Bände, London 
1913-24); The English School of Lutenist Song- 
Writers (32 Bände, London 1920); The Collected 
Works of William Byrd (20 Bände, London 1937 bis 
1950). Auch war er Mitherausgeber der Tudor 
Church Music (10 Bände, London 1922-29, 
Supplement 1947). Seine Übertragungen vonj. 
Dowlands Ayres for Four Voices wurden von Th. 
Dart und N. Fortune herausgegeben (Mus. Brit. 
VI, 1953). 

Iit : H. F. Redlich, In memoriam E. H. F., Mf V, 
1952. 

F$lsenstein, Walter, * 30. 5. 1901 zu Wien; 
österreichischer Opemregisseur, lebt in Berlin. F. 
nahm nach einer technischen Ausbildung Schau- 
spielunterricht am Wiener Burgtheater. Als Re- 
gisseur wirkte er zuerst 1932-34 am Opernhaus 
Köln, dann in Frankfurt am Main, 1938-40 am 
Stadttheater Zürich, seitdem in Berlin, wo er seit 
1947 die Komische Oper leitet. Hier erstrebt er 
eirie Reform des Aufführungsstils von Opern im 
Sinne stärkerer schauspielerischer Durchformung; 


durch Zurückgreifen auf den musikalischen Urtext 
und die früheste Fassung des dramatischen Stoffes 
gelangen ihm (zum Teüin freier Bearbeitung und 
mit neuer Textübersetzung) Neuinszenierungen 
von außerordentlicher Frische und Originalität, 
die vieles in den Schatten stellen, so von »Orpheus 
in der Unterwelt« (1948), »Carmen« (1949), 
»Freischütz« (1951), »Zaubertlöte« (1954), »La Tra- 
viata« (1955), »Das listige Füchslein« (1956) und 
»Hofmanns Erzählungen« (1958). 

Felsztyn (fslftin), Sebastian von (de Feistin, 
Felstinensis, Fdsztyriski), * um 1485 zu Felsztyn 
(Galizien), f nach 1543; polnischer Musiktheoreti- 
ker, studierte 1507-09 in Krakau die Artes, war 
später Kaplan in Felsztyn (vielleicht auch an der 
Kathedrale von Przemyfl) und Probst in Sanok 
(Galizien). F. veröffentlichte ein Opusculum utriusque 
musicae (Krakau um 1515) und ein Kompendium 
des gregorianischen Gesanges Opusculum musices 
(Krakau um 1518), welche beide 1519 und 1522 in 
Sammelausgabe erschienen, auch 1534 und 1539 
mit einem Anhang von Mardn Kromer : De musica 
figurativa ; ferner: Modus regulariter accentuandi (Kra- 
kau 1518, 2 1525), Directiones musicae ad cathedralis 
ecclesiae Premisliensis usum (Krakau 1543), und eine 
Ausgabe Divi Aurelii Augustini ...De musica dialogi 
(Krakau 1536). Von seinen Heinrich Finck nahe- 
stehenden Kompositionen sind bekannt: Aliquot 
hymni (Krakau 1522); 2 Alleluia und eine 4st. Se- 
quenzvertonung (handschriftlich). 

Ausg.: Virgini Mariae laudes, hrsg. v. J. Surzy£ski 
in: Monumenta Musices Sacra in Poloma II, Posen 
1887. 

Lit : A. Sowntao, Les musicicns polonais, Paris 1857 ; 
ders., Slownik Muzyköw polskich, Paris 1874; J. 
Surzynski, Muzyka figuralna, Posen 1889; A. Po- 
uäsKi, Dzieje muzyki polskiej, Warschau 1907; A. 
Chybinskl Stosunek muzyki polskiej do zachodniej, 
Krakau 1909; ders., Teoria mensuralna . . SB Kra- 
kau 1910; ders., Do biografii S. azF.a, Kwartal- 
nyk Muzyczny 1932; ders., Ziemia CzerwieÄska w 
polskiej kulturze muzycznej . . in: Ziemia Czer- 
wieÄska, 1936; St. Lobaczewska, O utworach S. a z 
F. a, Kwartalnik Muzyczny 1929. 

Felton (f'sltan), William, * 1715 zu Drayton, 
t 6. 12. 1769 zu Herford; englischer Komponist, 
studierte ab 1735 an St John’s College in Cam- 
bridge und wurde hier 1741 zum Priester geweiht. 
Im gleichen Jahr war er »vicar-choral« und »sub 
cantor« an der Kathedrale in Herford. F. starb 1769 
als Kustos des Kollegiums der »vicars-choral«. Er 
schrieb 32 Concerti für Org. oder Cemb., 16 Sui- 
ten für Cemb. und ein 3st. Lied 

Ausg. : Concerto op. 1, Nr 5, hrsg. v. J. E. West, Lon- 
don 1904; Concerto op. 2, Nr 3, hrsg. v. E. P. Bioos, 
NY 1942; Three Movements frorn Concertos, hrsg. 
v. H. Wall, Oxford 1939. - Gavot, hrsg. v. Craxton 
& Motfat, London 1928, auch hrsg. v. H. Wall, 
London 1928; Alman, Siciliana and Jig, hrsg. v. 
dems., London 1938; Minuet and Variations, hrsg. 
v. dems., London 1936. 

Lit : Ch. Burney, A General History of Music IV, 
London 1789, in der Neuausg. v. F. Mercer, Bd II, 
London 1935; J. Venn, Alumni Cantabrigienses I, 2, 
Cambridge 1922. 

Feluxrib, Svend Christian, * 25. 12. 1898 zu Ko- 
penhagen; dänischer Oboist und Dirigent war 
Schüler von L. Nielsen in Kopenhagen und P. A. 
Vidal in Paris, wurde 1919 Oboist im Philharmo- 


498 



Ferchault 


nischen Orchester Kopenhagen, gründete 1921 die 
Vereinigung Ny Musik und war 1924-47 Solo- 
Oboist der Königlichen Kapelle; seitdem ist er 
Musikchef an Tivolis Koncertsal. Er wirkt vor- 
nehmlich für die Verbreitung neuerer Musik. Als 
Professor am Königlichen Konservatorium Kopen- 
hagen leitete er 1932-56 die Oboenklasse. Gegen- 
wärtig ist er Leiter der Orchesterschule, der Diri- 
gentenklasse und der Kamm firrn ugiklclas ^ (für 
Bläser). 

Fenargli Fedele, * 25. 4. 1730 zu Landano 
(Abruzzen), f 1. 1. 1818 zu Neapel; italienischer 
Komponist, war Schüler von Durante und Leo in 
Neapel, wurde 1762 Kapellmeister am Conserva- 
torio Santa Maria di Loreto, das 1808 in das neu- 
gegründete Conservatorio San Pietro a Majella 
eingegliedert wurde, komponierte Messen, Mo- 
tetten und Hymnen in einem schlichten, prunk- 
losen Stil, ferner Intavolature e Sonate per cembalo 
(1793), war aber vor allem als Lehrer geschätzt. 
Zu seinen Schülern zählen Cimarosa, Zingarelli, 
V. Lavigna (der Lehrer Verdis) und Mercadante. 
Lehrwerke: Regole musicali (Neapel 1775; fran- 
zösisch von E. ßnbibo als Cours complet d’harmonie 
et de haute composition , Paris ohne Jahr) ; Studio 
del contrappunto und Partimenti ossia Basso numerato 
(beide Rom ohne Jahr, um 1800; alle drei auch 
in vielen Neuauflagen und Bearbeitungen). Einen 
Teil der Partimenti nahm Choron in seine Prindpes 
de composition I (Paris 1803) auf. 

Lit : T. Consalvo, La teoria musicale del F., Neapel 
1826; C. di Villarosa, Memorie dei Compositori di 
musica del Regno di Napoli, Neapel 1840; G. Tram- 
bush, Storia della musica, Velletri 1865; S. Di Gia- 
como, 1 quattro antichi Conservatori di Napoli I, Pa- 
lermo 1924; G. De Napoli, F. F., Musica d’oggi XII, 
1930; ders., G. Tritto, V. Lavigna, S. Mercadante, 
Mailand 1931. 

Fenmen, Mithat, * 24. 1. 1916 zu Istanbul; tür- 
kischer Pianist und Komponist, Sohn amerikani- 
scher Eltern, studierte in Paris bei R. Casadesus, 
Cortot, N. Boulanger, in München bd J. Haas und 
Li Stadelmann. Er wurde 1939 Lehrer für Klavier 
am Nationalkonservatorium in Ankara und war 
1951-54 dessen Direktor, gründete dann mit seiner 
Gattin das »Fenmen Ballett-Studio«. F. schrieb: ein 
Ballett, 5 Gesänge für S., Fl. und Kl. nach eigenen 
Texten (1938), ein Concertino für KL und Dreh. 
(1954), The Handbook of the Pianist (1947) und 
Leam Easily to Read Notes (1951). 

Feo, Francesco, * wahrscheinlich 1685 und 
1 1761 zu Neapel; italienischer Komponist, Schü- 
ler von Gizzi, Fago und von Pitoni in Rom, war 
1723-38 Kapellmeister am Conservatorio Sant’ Ono- 
frio, 1739-43 am Conservatorio dei Poveri di 
Gesü Cristo und hatte JommeUi und Pergolesi zu 
Schülern. F., einer der namhaftesten Vertreter der 
neapolitanisdhen Schule, schrieb 1713-33 eine 
Reihe Opern, unter denen Siface (1723) und Iper- 
mestra (1724) hervorragen, 2 Oratorien, 6 Messen, 
ein Requiem und weitere Kirchenmusik. 

Lit: H. Abert, NT. Jommelli, Halle 1908; S. Di Gia- 
como, I quattro antichi Conservatori di Napoli I, Pa- 
lermo 1924; K. G. Fellerer, Der Palestrinastü, 
Augsburg (1929); U. Prota-Giurleo, Breve storia 
del teatro di Corte, Neapel 1952. 

Ferabosco Ferrabosco. 


Feragut, Beltrame (Feragu, Ferracutius), 
französischer (vielleicht provenzalischer) Kompo- 
nist der 1. Hälfte des 15. Jh. 1430 ist er als Sänger 
am Dom von Mailand nachweisbar und wird 1449 
als Mitglied der Hofkapelle des Königs Rend von 
Sizilien genannt Seine 3st. Motette Excelsa civitas 
vincencia wurde 1433 zur Begrüßung des Bischofs 
Francesco Malipiero geschrieben. Ferner sind von 
ihm 4 Ordinariumssätze, 2 Motetten, ein Hymnus, 
ein Magnificat (alle 3st.) und ein 4st. Rondeau be- 
kannt. 

Ausg. : Excelsa civitas vincencia in: Polyphonia sacra, 
hrsg. v. Ch. van den Borren, Bumham 1932. 

Lit : J.F.R.U. C. Stainer, Dufay and his Contempo- 
raries, London 1898; H. Besseler, Studien zur Musik 
d. MA I, AfMw VII, 1925; ders., Bourdon u. Faux- 
bourdon, Lpz. 1950; A. Pirro, Hist, de la musique de 
la fin du XIV® s. fc la fin du XVF, Paris 1940. 

Ferand, Ernest T., * 5. 3. 1887 zu Budapest; 
amerikanischer Musikforscher ungarischer Geburt, 
studierte 1904-08 an der Technischen Hochschule 
in Budapest, 1907-11 Musik an der Budapester 
Hochschule (H. Koessler, V. v. Herzfeld). Nach 
Studien 1910-12 an der Universität Budapest war 
er 1913/14 Schüler von Jaques-Dalcroze in Hel- 
lerau bei Dresden, 1919/20 des Institut Jaques-Dal- 
croze in Genf. Ein musikwissenschaftliches Stu- 
dium 1933-35 an der Universität Wien (Lach, 
Haas) schloß er 1937 mit der Promotion ab (Dis- 
sertation über die Geschichte der Improvisation). 
Neben einer Tätigkeit als Musikkritiker war er 
1912-19 Lehrer am Fodorschen Konservatorium 
in Budapest, Direktor und Professor an der Neuen 
Schule Hellerau bei Dresden (1920-25) und der 
Schule Hellerau-Laxenburg, Schloß Laxenburg 
bei Wien (1925-38). Nach seiner Emigration in 
die USA ist er seit 1939 Assodate Professor 
of Music an der New School for Social Research 
in New York. Bücher: összhangzattan (Har- 
monielehre, Budapest 1914), Die Improvisation in 
der Musik (Zürich 1938), Die Improvisation in 
Beispielen aus neun Jahrhunderten abendländischer Mu- 
sik (Das Musikwerk, Köln 1956). Aufsätze: Musik- 
verständnis und Musikgenuß (Signale für die musika- 
lische Welt 76, 1918), Rhythmus und Tanz (Musik- 
blätter des Anbruch 1926), Bewegung in Klang und 
Raum (Die Musik XXIII, 1931), Ein neuer Frottole- 
Fund (AMI X, 1938), The »Howling in Seconds « of 
the Lombards (MQ XXV, 1939), Improvisation in 
Music History and Education (Proceeaings, Music 
Teachers National Association, 1940; veränderte 
Fassung in PAJMS, Annual Meeting 1940, gedruckt 
1946), Two Unknown Frottole (MQ XXVTI, 1941), 
»Zufallsmusik « und » Komposition « in der Musiklehre 
der Renaissance (Kgr.-Ber. Basel 1949, Basel o. J.), 
»Sodaine and Unexpectedt Music in the Renaissance 
(MQ XXXVH 1951), Improvvisazioni e compo- 
sizioni polifiniche (RMI 54, 1952), What is »res 
facta*? (JAMS X, 1957), Über verzierte » Parodiekan- 
taten « im frühen 18. Jahrhundert (Kgr.-Ber. Wien 
1956, englisch in MQ XLIV, 1958), Improvised 
Vocal Counterpoint in the Late Renaissance and Early 
Baroque (Ann. Mus. IV, 1956) ; Artikel Improvisation 
in MGG. 

Ferchault (ferj'o :), Guy, * 16. 8. 1904 zu Mer 
(Loir-et-Cher) ; französischer Musikforscher, war 
ab 1935 an der Universität von Paris Schüler von 


32* 


499 



Ferdinand III. 


Pirro, Masson und Ch. Lalo, wirkte ab 1942 als 
Lehrer an verschiedenen Schulen und Konserva- 
torien. Er ist gegenwärtig Lehrer für Musikge- 
schichte am Konservatorium von Versailles (ab 
1942) und hält musikgeschichtliche Vorlesungen 
im Rahmen der Cours de Civilisation Fran^aise an 
der Sorbonne (ab 1953). Veröffentlichungen: Henri 
Duparc, Une amitii mystique d'aprh ses lettres ä Fran- 
cis Jammes (Paris 1944), Les criateurs du Dratne musi - 
cd: de Monteverdi ä Wagner (mit Vorwort von A. 
Boschot, Paris 1944), Introduction ä VEsthitique de la 
Milodie (Essai sur les fondements psychologiques d’une 
esthiüque musicale) (Gap 1946), Claude Debussy , mu- 
sicien Jrangais (Paris 1948), Faust , une Ugende et ses 
musiciens (Paris 1948), Richard Wagner (Paris 1956) ; 
Rameau, les Philosophes Jrangais et la musique dratna- 
tique au 18* sikcle , Gluck, Le Singspiel, Wagner (in: 
La Musique des origines ä nos jours, Paris 1946), 
Jean Sibastien Bach et V esthitique frangaise de son 
temps (Bach-Gedenkschrift 1950, Zürich 1950). 

Ferdinand DL, deutscher Kaiser, * 13. 7. 1608 zu 
Graz, 1 2. 4. 1657 zu Wien; Kaiser ab 1637, schuf 
der italienischen Oper in Wien zuerst eine Pflege- 
stätte, komponierte selbst ein Drama musicum (1649), 
eine 6st. und eine 8st. Messe, 4 Motetten, 10 Hym- 
nen, ein Miserere und ein Stabat Mater. 

Ausg.: in: Musik-Werke d. Kaiser Ferdinand III., 
Leopold I. u. Joseph I., hrsg. v. G. Adler, 2 Bde, 
Wien 1892. 

Lit.: R. Haas, Die Wiener Oper, Wien 1926. 

Fere, Wladimir Georgijewitsch, * 20. 5. 1902 
zu Kamyschin (Gouvernement Saratow); russi- 
scher Komponist, studierte bis 1930 am Moskauer 
Konservatorium Komposition bei Mjaskowskij, 
Catoir und Gli&re sowie Klavier bei Goldenweiser, 
war dann Mitarbeiter verschiedener Schulen, des 
Rundfunks und des Verlags Musgis und wurde 
1936 künstlerischer Leiter der Kirgisischen Phil- 
harmonie in Frunse. Seit 1945 unterrichtet er Kom- 


können, wobei anstelle der Orgel auch ein Chi- 
tarrone als zweites Generalbaßinstrument treten 
dürfe. 

Ferguson» Howard, * 21. 10. 1908 zu Belfast 
(Nordirland); englischer Komponist, besuchte die 
Westminster School und ab 1922 das Royal Col- 
lege of Music in London, wo er bei R. O. Morris 
Tonsatz studierte, während er Klavierunterricht 
privat bei Harold Samuel nahm, und widmet sich 
seitdem der Konzert- und Lehrtätigkeit. An der 
Royal Academy of Music bekleidet er eine Kom- 
positionsprofessur. Schrieb hauptsächlich Kammer- 
und Klaviermusik (Bläseroktett 1933), Orchester- 
gesänge, 1956 eine Kantate auf altenglische Texte. 
Er gab barocke Kammermusik heraus und schrieb 
zusammen mit R. O. Morris Preparatory Exercises 
in Score-Reading (London 1931). 

Fermoselle, Juan de -> Encina. 

Fernanden (fem'andeö), Antonio, * zu Souzel 
(Portugal) ; portugiesischer Musiktheoretiker, war 
Kapellmeister an S. Catarina de monte Sinai in 
Lissabon und gab dort 1626 das Duarte Lobo ge- 
widmete theoretische Werk heraus: Arte de Musica 
de Canto d’organo e Canto chäo et Proporgoes de Mu- 
sica divididasharmonicamente. 

Feradndez (fem'andeö), Oscar Lorenzo, * 4. 
11. 1897 und t 1948 zu Rio de Janeiro; brasiliani- 
scher Komponist, studierte am Konservatorium 
seiner Heimatstadt, an dem er später Lehrer und 
1936 Direktor wurde. 1930 gründete er die Zeit- 
schrift Illustragäo Musical Seine Kompositionen 
sind meist auf folkloristischen oder der Folklore 
nachempfundenen Themen aufgebaut: Suite Sin - 
fönica (1925); Tondichtungen Imbapara (1929) und 
R.eisado de Pastoreio (1930) ; Oper Malazarte (1933) ; 
ein Klavierkonzert; Kammermusik, darunter ein 
Trio Brasileiro (1924); Klavierstücke und Lieder. 


Position am Moskauer Konservatorium. Werke: 
2 Klaviersonaten (1925 und 1928); Klaviersuite 
Pereschitoje (1926); Orchestersuite Kraj ljubimy 
(»Geliebtes Land«, 1928) ; Sinfonietta (1929) ; Sym- 
phonie Kirgisstan (1947); etwa 50 Massenlieder, 
darunter die Nationalhymne der Kirgisischen 
Sowjetrepublik (1946); ferner mit Wl. A. Wlas- 
sow und A. Maldybajew mehrere Ballette, Opern 
und Kantaten. 


Ferencsik (f'ersntfik), Jdnos, * 18. 1. 1907 zu 
Budapest; ungarischer Dirigent, lebt in Budapest. 
Am NationaC-Konservatonum in Budapest stu- 
dierte er Orgel und Komposition und ging 1927 
als Korrepetitor an die Ungarische Staatsoper, wo 
er 1930 Kapellmeister wurde. 1930-31 war er Mu- 
sikalischer Assistent bei den Bayreuther Festspielen, 
wirkte 1948-50 neben der Ungarischen Oper als 
Kapellm e i s ter an der Wiener Staatsoper. Er ist 
heute leitender Kapellmeister der Ungarischen 
Staatsoper und des Staatlichen Konzertorchesters. 


Femdndez Arb 6s (fem'andeö), Enrique, * 25. 
12. 1863 zu Madrid, 2. 6. 1939 zu S. Sebastian 
(Spanien) ; spanischer Geiger und Dirigent, Schüler 
von Monasterio in Madrid, Vieuxtemps in Brüssel 
und Joachim in Berlin, war kurze Zeit Konzert- 
meister der Philharmonie in Berlin, dann Violin- 
lehrer am Hamburger Konservatorium, auch zeit- 
weilig am Madrider Konservatorium, ab 1891 aber 
am Londoner Royal College of Music. 1904 wurde 
er Leiter des Orquesta Smfonica in Madrid und 
Violinlehrer am Konservatorium, auch Konzert- 
meister^ des Orchesters der Königlichen Kapelle. 
Von seinen Kompositionen seien genannt: Trois 
Pikees originales dans legenre espagnol für Klaviertrio, 
Violinstücke, Musikalische Komödie Viaje al centro 
de la tierra (Madrid 1895), Orchester-Bearbeit un g 
der Iberia-Suite von Albeniz und Lieder. Audi gab 
er Werke von Vieuxtemps neu heraus. 

Lit.: V. Espinos Molto, El maestro A. (al hüo del 
recuerdo), Madrid 1942. 


Ferggsio, Giovanni Battista, *Ende des 16. Jh. 
in Piemont; italienischer Komponist, lebte 1612 
als Advokat in Savigliano (Piemont). In dem Vor- 
wort zu seinen 42 Motetti e Dialoghi per concertar a 
una sino a nove voci , con il suo Basso continuo per 
Vorgano (V enedig 1612) erklärt F., daß die S timm en 
auch auf verschiedene Chöre aufgeteilt werden 


Femdndez Bordas (fem'andeö), Antonio, *12. 
1. 1870 zu Orense, f 18. 2. 1950 zu Madrid; spani- 
scher Violinist, hat in Madrid gleichzeitig Jura u nd 
Musik studiert, widmete sich nach kurzer Tätigkeit 
im Zivildienst ganz der Musik. Nach längeren Kon- 
zertreisen wurde er Stellvertreter seines Lehrers 
Jesus de Monasterio als Konzertmeister der König- 


500 



liehen Kapelle zu Madrid sowie als 1. Violinlehrer 
am Real Conservatorio de Musica, 1921 als Bretöns 
Nachfolger dessen Direktor. 

Fe nrindez Caballero (fem'andeG), Manuel, 
* 14. 3. 1835 zu Murcia, f 26. 2. 1906 zu Madrid; 
spanischer Komponist, war Schüler von Soriano 
Fuertes und Eslava am Konservatorium in Madrid, 
einer der beliebtesten spanischen Komponisten von 
Zarzuelas ; 1854-1905 hat er Musik zu über 220 
solchen Stücken geschrieben, aber auch Kirchen- 
musik. Seine bekanntesten Zarzuelas sind: El salto 
del pasiego; Los hijos del Capitdn Grant; El Mo de la 
Africana; Gigantes y cabezudos ; La Viejecita und El 
sefior Joaquin. 

Feraström, John Axel, * 6. 12. 1897 zu Itschang 
(China); schwedischer Komponist, 1914/15 Schü- 
ler des Musikkonservatoriums in Malmö, studierte 
Violine und Komposition in Kopenhagen, 1922/23 
Violine in Berlin und 1929/30 Dirigieren am Kon- 
servatorium Sondershausen. 1916—39 war er Or- 
chestergeiger in Hälsingborg, ab 1932 dort auch 
Leiter der Studienkonzerte, wirkte 1939-41 als 
Kapellmeister des Rundfunkorchesters Malmö, 
übernahm dann die Leitung des akademischen 
Chores und ist seit 1948 Direktor der städtischen 
Musikschule, Leiter des städtischen Orchesters und 
der von ihm gegründeten musikalischen Sommer- 
kurse der Universität in Lund. Seine Kompositio- 
nen umfassen : 3 Opern : Achnaton (1931), Isissystrar- 
nas bröllop (1942) und Livet en dröm op. 83 ; Biümen- 
musiken; 12 Symphonien; 2 Violinkonzerte op. 5 
und op. 95 (1952) ; Bratschenkonzert op. 34 (1937) ; 
Klarinettenkonzert op. 30 (1936); Fagottkonzert 
op. 80 (1946); Werke für Chor und Orch., Kam- 
mermusik und Lieder. 

Ferrab?sco (Ferabosco), - 1) Domenico 
Maria, * 14. 2. 1513 und t im Februar 1574 zu Bo- 
logna; italienischer Komponist, war 1540 Sänger 
und wurde 1547 Kapellmeister an S. Petronio in 
Bologna. Vielleicht ist er identisch mit dem gleich- 
namigen Sänger, der 1546 Kapellmeister der Pe- 
terskirche in Rom, 1551-55 Sänger der päpstlichen 
Kapelle war und als Kapellmeister von San Lorenzo 
e Damaso gestorben sein soll. Von F. erschien: II 
Primo Libro di Madrigali , 4st. (Venedig 1542). Wei- 
tere Madrigale in Sammelwerken 1542-1654; die 
4st. Ballata Io mi son giovinett'e volontiere (Text von 
Boccaccio, aus »Primo libro d’i Madrigali de di- 
versi eccellentissimi autori«, Venedig 1542) über- 
traf an Beliebtheit noch Arcadelts »Bianco e dolce 
cigno«. - 2) Alfonso (I), getauft 18. 1. 1543 und 
1 12. 8. 1588 zu Bologna; italienischer Komponist, 
Sohn von Domenico F., stand 1559 im Dienst des 
Kardinals von Lothringen, 1562-78 der Königin 
Elisabeth I. von England, dann in dem des Herzogs 
von Savoyen. Von ihm erschienen 2 Bücher 5st. 
Madrigale (Venedig 1587), einzelne Madrigale und 
Motetten in Sammelwerken (1552-85), 2 Lauten- 
sätze in Dowlands »Varietie of Lute-lessons« (Lon- 
don 1610); handschriftlich erhalten sind Motetten, 
Madrigale und Violinstücke. F.s Stil ist traditionell, 
seine Bedeutung beruht darauf, daß er den italie- 
nischen Madrigalstil in England bekannt machte. 

- 3) Alfonso (fi), * vermutlich 1572 und begraben 
11. 3. 1628 zu Greenwich, Sohn des vorigen (daher 
Alfonso der jüngere genannt, aber auch Alfonso 


der ältere im Hinblick auf seinen eigenen Sohn, der 
ebenfalls Alfonso hieß) ; englischer Komponist, war 
ab 1604 Violist der Königlichen Kapelle, Musik- 
lehrer des Prinzen Henry und nach dessen Tode 
1612 des späteren Königs Charles I. und wurde 
1626 als Nachfolger Coperarios Composer of the 
King’s nusic. F.s Violenstücke gehören zu den 
wertvollsten ihrer Zeit. Er schrieb: Ayres (London 
1609) ; 28 Lieder mit Laute und Baß-Viole, zum 
großen Teil aus den 5 Masques von Ben Jonson, 
die F. 1605-09 vertonte; Lessons for i. 2. and 3. 
Viols (London 1609); 3 Anthems in W. Leightons 
»The Teares« (London 1614); etwa 50 Fandes und 
Tänze für 2-6 Violen. 

Ausg. zu A. F. (I): 9 Madrigale, hrsg. v. E. G. P. 
Arkwright, Old Engl. Edition XI-XII, London 
1894; zu A. F. (II): 15 Stücke in: Jacobean Consort 
Music, hrsg. v. Th. Dart u. W. Coates, Mus. Brit. 
IX. 

Lit., allgemeine: G. E. P. Arkwright, Notes on the 

F. Family, The Mus. Antiquary III-IV, 1911-12; 

G. Livi, The F. Famüy, The Mus. Antiquary IV, 
1912/13; E. H. Meyer, Engl. Chamber Music, Lon- 
don 1946, 2 1951, darin eine Fantasia f. 4 Violen v. 
A. F. (II); zu D. F.: O. Chilesottt, Una canzone 
celebre.. . »Io mi son giovinetta«, RMI, 1894; A. 
Bonaventura, II Boccaccio e la musica, RMI XXI, 
1914, darin die Ballata »Io mi son . . .«; A. Einstein, 
The Italian Madrigal I u. III, Princeton 1949, in 
Bd III die Ballata »Io mi son. . .«; zu A. F. (I): 
G. E. P. Arkwright, »Master Alfonso« and Queen 
Elizabeth, ZIMG VIII, 1906/07; A. Obertello, Ma- 
drigali ital. in Inghilterra, Mailand 1949; B. Scho- 
field u. Th. Dart, Tregian’s Anth., ML XXXII, 
1951; J. Kerman, Elizabethan Anthologies . . ., 
JAMS IV, 1951 ; ders., Master Alfonso and the Engl. 
Madrigal, MQ XXXVIU, 1952; zu A. F. (II): E. van 
der Straeten, The Romance of the Fiddle, London 
1911, darin 2 Pavanen in Faks.; E. B. Helm, Ital. 
Traits in the Engl. Madrigal, MR VII, 1946; E. H. 
Fellowes, The Engl. Madrigal Composers, London 
1921, 21948. 

Ferrabpsco, Matthia, getauft 16. 7. 1550 zu Bo- 
logna, f 23. 2. 1616 zu Graz; italienischer Kompo- 
nist, vielleicht Sohn von Domenico Maria F., 
wurde 1581 Altist der Grazer Hofkapelle, 1588 
Praeceptor der Kapdlknaben und 1603 Vizekapell- 
meister. Von ihm sind bekannt: Canzonette a 
quattro (Venedig 1585), 22 Stücke, 9 davon und eine 
Galliarda auch in A. Den ss* Lautenbuch »Florile- 
gium« (Köln 1594). 

Ausg.: 2 Canzonetten, hrsg. v. H. Federhofer in: 
DTÖ Bd 90. 

Lit.: F. Bischoff, Beitr. zur Gesch. d. Musikpflege 
in Steiermark, Mitt des hist. Ver. f. Steiermark 
XXX VII, Graz 1889; B. A. Wallner, Musikalische 
Denkmäler d. Steinätzkunst, München 1912; G. Lrvi, 
The F. Family, The Mus. Antiquary IV, 1912/13; 
A. Einstein, Ital. Musik u. ital. Musiker am Kaiser- 
hof . . ., StMw XXI, 1934; H. Federhofer, M. F., 
MD VII, 1953; ders., Graz Court Musicians, MD 
IX, 1955. 

Ferrandjni, Giovanni, * 1710 zu Venedig, 1 29. 

9. 1791 zu München; italienischer Komponist, trat 
1722 als Oboist in die Dienste des Münchner Ho- 
fes, wurde 1732 Kammerkomponist und 1737 Di- 
rektor der Klammermusik. Ab 1735 lebte F. in 
Padua, wo auch W. A. Mozart bei einer Akademie 
konzertierte, die F. in seinem Hause veranstaltete. 
Er war weiterhin als Komponist für den kurbayeri- 
schen Hof tätig, an den er 1790 zurückkehrte. F., 


501 



Ferraresi 


der vermudich Schüler von Torri und G. A. Ber- 
nabei war, stand als ein zu seiner Zeit gefeierter 
Opemkomponist ganz unter dem Einfluß der italie- 
nischen Musik. Von seinen Werken sind erhalten: 
mehrere Opern, darunter auf Libretti von Metasta- 
sio Demofoonte, Adriano in Siria > Catone in Utica und 
Artaserse, ein geistliches Oratorium, geistliche und 
weltliche Kantaten, Arien und Kammermusik. 
Ut: Fr. M. Rudhart, Gesch. d. Oper am Hofe zu 
München, Freising 1865; M. Zenoer, Gesch. d. 
Münchner Oper, hrsg. v. Th. Kroyer, München 1923. 

Ferrarfsi, Cesare, * 12. 10. 1918 zu Ferrara; 
italienischer Violinist, Schüler von Tufari am Mai- 
land«: Konservatorium, wurde 1950 Konzertmei- 
ster des Mailänder Rundfunkorchesters. Als Lehrer 
für Quartettspiel wirkte er 1951-55 am Conserva- 
torio A. Boito in Parma, seitdem am Conservato- 
rio G. Verdi in Mailand. 

Ferrari, Benedetto, *1597 zu Reggio (Emilia), 
1 22. 10. 1681 zu Modena; italienischer Theorbist, 
Komponist und Librettist, erhielt den Beinamen 
della Tiorba, studierte in Rom, pachtete 1637 mit 
Francesco Manelli das Teatro San Cassiano in Ve- 
nedig, wurde Hofkapellmeister in Modena, ging 
aber 1651 nach Wien, wurde 1653 nach Modena 
zurückberufen, 1662 beim Regierungswechsel ver- 
abschiedet und erst 1674, als Franz II. die Regierung 
übernahm, wieder eingesetzt. Mancllis Andromeda 
(Venedig 1637), zu der F. den Text geschrieben 
hatte, war die erste in einem öffentlichen Theater 
auf geführte Oper; die Kosten trugen die beiden 
Autoren. 6 Libretti F.s erschienen als Poesie dram- 
matiche (Mailand 1644). Von seinen Kompositionen 
sind erhalten: Oratorium II Sansone und Instrumen- 
tal-Einleitung zum Ballett Dajhe (handschriftlich) ; 3 
Bücher Musiche varie (Solokantaten, Venedig 1633 
bis 1641) . In den Solokantaten mit ihrer pathetischen 
Melodik verbindet er stilistische Einflüsse Monte- 
verdis und St. Landis. 

Ausg.: Solokantaten Premo ü giogo u. Voglio di vita 
uscir, hrsg. v. H. Riemann, Kantatenfrühling I, Lpz. 
o. J. 

Lit.: A. Schering, Gesch. d. Oratoriums, Lpz. 1911 ; 
H. Riemann, Hdb. d. Mg. II, 2, Lpz. 1912; E. 
Schmitz, Gesch. d. weltlichen Solokantate I, Lpz. 1914, 
21955; F. Vahelli, Operisti-librettisti..., RMI XLIII, 
1939; A. A. Abert, C. Monteverdi, Lippstadt 1954. 

Ferrari, -1) Carlo, *uml710zuPiacenza,t 1789 
zu Parma; italienischer Violoncellist, lebte in den 
50er Jahren in Paris und ist ab 1765 als Mitglied der 
Hof kapelle von Parma bezeugt. F. soll der erste ge- 
wesen sein, der in Italien den Daumenaufsatz ean- 
führte. Er schrieb Cdlosonaten. - 2) Domenico, 
* um 1722 zu Piacenza, f 1780 zu Paris; italieni- 
scher Violinist, Bruder von Carlo F., war Schüler 
Tartinis und ließ sich als bedeutender Virtuose, nach 
erfolgreichen Reisen und einigen Jahren Aufent- 
halt als Konzertmeister in Stuttgart, Ende der 50er 
Jahre in Paris nieder ; schrieb Violin- und Triosona- 
ten sowie ein Violinkonzert B dur. 

Lit.: zu C. F.: W. J. v. Wasielewski, Das Violoncell, 
Lpz. 1889, 31925. - zu D. F. : W. J. v. Wasielewski, 
Die V. XL ihre Meister, Lpz. 1869, 6 1920; A. Moser, 
Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; C. Ditters v. Dit- 
tersdorf, Lebensbeschreibung, hrsg. v. E. Schmitz, 
=* Deutsche Musikbücherei XXII, Regensburg (1940). 

Ferrari, Carlo tta, * 27. 1. 1837 zu Lodi, f 23. 
11. 1907 zu Bologna; italienische Komponistin und 


Dichterin, war Schülerin von Mazzucato am Mai- 
länder Konservatorium und schrieb die Opern: 
Ugo (1857), Sofia (1866), Eleonora d 9 Arbocea (1871), 
eine große Festmesse (1868), ein Requiem (1868) 
und viele Lieder auf eigene Texte. 

Ferrari, Emilio, * im Oktober 1851 zu Alagna 
(Lomdlina), f hn Juli 1933 zu Mailand; italieni- 
scher Opernkomponist, schrieb: II pazzo d 9 Evora 
(1878), U bandito (1880), Notte d 9 aprile (1887), H 
cantico dei cantici (1898), Primavera (1907) und 
L’avaro (1913) ; fast alle in Mailand aufgeführt. 

Ferrari» Gabriella (geb. Colombari de Mon- 
tfcgre), * 14. 9. 1851 und j* 4. 7. 1921 zu Paris; fran- 
zösische Komponistin, studierte bei Serrao und 
Micdi in Neapel, 1895 noch bei Gounod in Paris, 
schrieb die Opern Sous le masque (Vichy 1898), 
Dernier amour (einaktig, Paris 1895), Le Tartare 
(Paris 1906) und Le cobzar (Monte Carlo 1909), 
auch Romanzen und Orchesterstücke. 

Ferrari, GiacomoQacopo) Gotifredo, getauft 
2. 4. 1763 zu Rovereto (Südtirol), f im Dezember 
1842 zu London; italienischer Komponist, erhielt 
seine erste musikalische Ausbildung im Kloster 
Mariaberg bei Chur, später durch Latdlla und Pai- 
siello in Neapel, wohin er als Reisebegleiter des 
Fürsten Liechtenstein gekommen war, wurde dann 
Akkompagnist der Königin Marie-Antoinette und 
später am Th&Ltre Feydeau. 1792 ließ er sich in Lon- 
don als Musiklehrer nieder, das er nur zu längeren 
Reisen nach Paris und Italien und 1823-27, wo er 
Musiklehrer in Edinburgh war, wieder verließ. 
Außer vielen Werken für KL, Gesang, Harfe, Fl., 
5 Opern, 2 Balletten und einem Oratorium schrieb 
er kleinere Gesangsstücke sowie: A Concise Treatise 
on Italian Singing (2 Bände, London 1818-25, fran- 
zösisch als Art de Chant, Paris 1827) ; Studio di musica 
pratica, teorica (London um 1830) und Aneddotipiace - 
voli (2 Bände, London 1830). 

Ausg. : Aneddoti, hrsg. v. S. Di Giacomo, Palermo 
1920. 

Lit.: E. Zaniboni, J. G. F., Trient 1907; A. Toni, 
Musicisti trentini, Mailand 1912; R. Lunelu, Mo- 
zart nel Trentino, Trient 1925; D. G. Fino, J. G. F., 
Trient 1928; G. de Saint-Fodc, A Music Traveller, 
MQ XXV, 1939. 

Ferrari, Gustave, * 28. 9. 1872 und f 29. 7. 1948 
zu Genf ; Schweizer Pianist, war Schüler des Genfer 
Konservatoriums und von Gigout in Paris, lebte ab 
1901 zumeist in London. Mehrere Jahre reiste er 
mit der berühmten Diseuse Yvette -> Guilbert, 
deren Sammlung alter französischer Chansons er 
ausarbeitete. Von seinen eigenen Kompositionen 
sind zu nennen Musik zu H. B. Irvings Hamlet (Lon- 
don 1905), eine Rousseau-Kantate (Genf 1912), 
Lieder, Chöre und Orgelstücke. 

Ferrari, Serafino Amadeo de -* De Ferrari. 

Ferrari Trecate, Luigi, * 25. 8. 1884 zu Ales- 
sandria (Piemont); italienischer Komponist, war 
Schüler der Konservatorien zu Parma und Pesaro, 
in Loreto, Pompeji und Rimini tätig, Lehrer für 
Orgelspjel und Orgelkomposition am Konserva- 
torium in Parma, 1930-32 am Konservatorium in 
Bologna, 1929-55 Direktor des Conservatorio di 
Musica »Arrigo Boito« in Parma. Schrieb die Opern 
La regina Ester (1900), Galvina (1904), Fiorella 
(1904), H piccolo montanaro , Ciottolino (Kinderoper, 


502 



Ferner 


1922), Pierozzo (1926), La hella e il mostro (1930), 
Le astuzie di BertoUo , Ghirlino (1944), Buricchio 
(1948), Vorso re (1950), La capanna detio Zio Tom 
(1952); ferner: II Corsaro (nach Byron) für Gesang 
und Orch. (1903); ein Streichquartett; Klavier- 
stücke und Kirchenwerke. Er ist noch jetzt Orga- 
nist an S. Giovanni in Parma, Präsident der Acca- 
demia Filarmonica in Bologna und Vizepräsident 
der Accademia di S. Cedlia in Rom. 

Lit. : E. Campooalliani, L. F.Tr. Operista, Verona o. J. 

Ferres, Christian, * 17. 6. 1933 zu Le Touquet; 
französischer Violinist, wurde an den Konservato- 
rien von Nizza (Bistesi) und Paris (Calvet), an- 
schließend noch bei Enescu ausgebildet. Früh schon 
mit Violin- und Kammermusikpreisen ausgezeich- 
net, debütierte er mit 13 Jahren in einem Orchester- 
konzert zu Paris. Sein rascher Aufstieg als Konzert- 
solist führte ihn unter den ersten Dirigenten an die 
Hauptplätze Europas. Als Interpret der klassischen 
Violinkonzerte machte er sich einen besonderen 
Namen. 

Ferr?ta, Giuseppe, * 1. 1. 1865 zu Gradoli 
(Romagna), f 28. 3. 1928 zu New Orleans; italie- 
nischer Pianist und Komponist, war Schüler von 
Sgambati (Klavier) und E. Tcrziani (Komposition) 
am Liceo musicale der Accademia di Santa Cedlia 
in Rom, nahm 1885 noch Unterricht bei Liszt, ging 
1892 nach den USA und wurde 1916 Leiter der Ab- 
teilung Klavier und Kompositionslehrer am New- 
comb College, Tulane University, New Orleans. 
Er schrieb: Klavierkonzert D moll op. 5; Messe 
solenneile E dur für Soli, Chor und Orch. op. 15 ; 
Messe für Mannerchor und Org. op. 18; Streich- 
quartett G dur op. 28; Suite für V. und KL op. 31 ; 
Dies Irae für 8st. Chor op. 35; Chorsymphonie 
Des dur op. 40; Klavierstücke und -etüden, Lieder 
und Chore. 

Lit.: V. Raeu, G. F., RMI XXXVin, 1931. 

Ferreira da Costa (fer^ra), Rodrigo, * 13. 5. 
1776 zu Setubal, 1 1- 11. 1825 zu Lissabon; Doktor 
der Rechte und der Mathematik, portugiesischer 
Musiktheoretiker, schrieb: Prindpios de musica 
(1820-24, 2 Bände), die sich den Theorien Momi- 
gnys anschließen. 

Ferreira Veiga (ferieira), Josd Augusto da, 
Vizconde de Ameiro, * 22. 11. 1838 zu Macao 
(China), tim Juli 1903 zuSanRemo ; portugiesischer 
Komponist, studierte Jura in Coimbra, ab 1859 
Musik. 1866 führte das Theater San Carlos in Lissa- 
bon sein Ballett Gina auf. Sein Hauptwerk ist ein 
Te Deum , das 1871 in der Paulskirche zu Lissabon 
und später in Paris zur Aufführung kam. 1876 
brachte das Carlos-Theater in Lissabon seine Oper 
Elixis da moddade , die 1885 als La derelitta in neuer 
Fassung zur Aufführung gelangte; seine letzte 
Oper ist Don Bibas. 

Ferr$r, Guillermo, spanischer Komponist des 
18. Jh., schrieb eine Anzahl sehr beliebter tonadi- 
llas sowie die Musik zu sainetes und alias, auch eine 
Symphonie (1790). 

Ausg.: Tonadilla El remedo del gato, hrsg. v. F. 
Pedrell, Teatro Lfrico Espaüol ... II, Corufia 1897. 
lit.: E. Cotarelo y Mori, Don Ramön de la Cruz, 
Madrid 1899; ders., Orfgenes y establecimiento de la 
Opera en Espafla, Madrid 1917; J. Subhl^ La mü- 
sica en la Casa de Alba, Madrid 1927. 


Ferr^td, Giovanni, * um 1540 zu Venedig, f 
wahrscheinlich Anfang des 17. Jh. zu Loreto; ita- 
lienischer Komponist, ist 1519 in Ancona nachweis- 
bar, ab 1575 als Domkapellmeister, 1580-82 und 
1596-1603 als Kapellmeister der Santa Casa zu Lo- 
reto bezeugt, deren Archiv eine Messe, ein Magni- 
ficat, Motetten und Hymnen von ihm verwahrt. 
Gedruckt wurden in Venedig 1567-91 5 Bücher 
5st. und 2 Bücher 6st. Canzoni allaNapoletana sowie 
ein Buch 5st. Madrigale. 

Ausg. : Canzone a 5 vod bei : A. Einstein, The Italian 
Madrigal UI, Princeton 1949. 

Lit: A Einstein, The Italian Madrigal U, Princeton 
1949. 

Ferr$tti, Don Paolo, * 3. 12. 1866 zu Subiaco, f 
23. 5. 1938 zu Bologna; italienischer Choralfor- 
scher, absolvierte seine theologischen Studien am 
Benediktiner-Kolleg San Anseuno in Rom, wurde 
1901 Abt von San Giovanni Evangelista in Parma, 
1913 von Pius X. an die Pontificia scuola superiore 
di musica sacra nach Rom berufen, 1922 von 
Pius XI. zum Direktor dieser Anstalt ernannt, 
schrieb: Prmdpii theorid e pratid di conto gregoriano 
(Rom 1905) ; II cursus metrico e il ritmo delle melodie 
gregoriane (Rom 1913) ; Etüde sur la notation aqui - 
taine . . ., als Einleitung zu Paläographie Musicale 
XIII; Estetica Gregoriana I (Rom 1934, französisch 
von A. Agaesse als Esthdtitjue grdgorienne I, Tour- 
nai 1938, vermehrt um em Kapitel Caract&re de 
Taccent tonique . . .). 

Ferr$tto, Andrea, * 31. 10. 1864 zu Barbarano 
(Vicenza); italienischer Komponist, war Schüler 
von R. Grazzini am Liceo B. Marcello in Venedig, 
schrieb die Opern Vamore di un angelo (Vicenza 
1893), I Zingari (Modena 1900, erweitert als La 
violinata, Vicenza 1908), Idillio tragico (Venedig 
1906) und Fantasma (Vicenza 1908), ferner 2 sym- 
phonische Dichtungen, Kirchenmusik und Ro- 
manzen. 1908 erfand er eineNotenschreibmaschine. 

Ferri, Baldassare, * 9. 12. 1610 und f 3. 9. 1680 
zu Perugia; italienischer Sänger (berühmter Ka- 
strat), wurde mit 11 Jahren Kapdlknabe des Kardi- 
nals Crescenzio in Orvieto, trat 1625 in den Dienst 
des Warschauer Hofs, 1655 in den des kaiserlichen 
Hofs zu Wien, unternahm große Reisen und kehrte 
1675 mit einem beträchtlichen Vermögen in seine 
Vaterstadt zurück. Die Zeitgenossen bewunderten 
seine Atem- und Trillertecnnik als etwas nahezu 
Unglaubliches. 

Lit.: A. Bontempi, Hist Musica, Perugia 1695; G. B. 
Mancini, Riflessioni pratiche sul canto figurato, Mai- 
land 1767; St. Arteaga, Le rivoluzioni del Teatro 
Musicale Ital. II, Venedig 1785; G. Conestabile, 
Notizie biogr. di B. F., Perugia 1846; G. Monaldi, 
Cantanti evirati . . ., Rom 1919. 

Ferrier (feiTrr), Kathleen, * 22.4.1912 zu 
Higher Walton (Lancashire), 1 3. 10. 1953 zu Lon- 
don; englische Sängerin (Alt), wurde zunächst 
Klavierlehrerin und begann erst 1940 mit dem Ge- 
sangstudium, wurde aber nach dem Kriege in kur- 
zer Zeit als die hervorragendste Altistin ihrer Ge- 
neration berühmt, deren hohe Gesangskunst im 
Dienste einer außerordentlich tiefgründigen musi- 
kalischen Bildung und Einfühlung stand. Bekannt 
ist sie vor allem als Darstellerin von Glucks Orfeo 
und von Gesängen G. Mahlers (die sie oft zusam- 


503 



Ferroni 


men mit Br. Walter aufführte). Auch wirkte sie 
bei der Uraufführung von Brittens »Lucretia« mit. 

Lit: K. F.: A Memoir, hrsg. v. N. Cardus, London 
1954; W. Ferrier, The Life of K. F., London 1955. 

Ferroni, Vincenzo, * 17. 2. 1858 zu Tramutola 
(Potenza), + U. 1» 1934 zu Mailand; italienischer 
Komponist, studierte am Pariser Conservatoire 
1876-83 Harmonielehre bei Savard und Komposi- 
tion bei Massenet, war dann an diesem Institut und 
1888-1930, als Nachfolger von Ponchielli, Kom- 
positionslehrer am Konservatorium in Mailand, 
schrieb die Opern Rudello (Rom 1890), Ettore Fiera- 
mosca (Como 1896), H Carbonaro (Mailand 1900), 
ferner 2 Symphonien, Orchestersuiten, sympho- 
nische Dichtungen, ein Violinkonzert, Kammer- 
musik, Klavierstücke und -etüden. 

Ferroud (fer'u:), Pierre-Octave, * 6. 1. 1900 zu 
Chasselay bei Lyon, f 17. 8. 1936 zu Debrecen 
(Ungarn) bei ememAutounfall ; französischer Kom- 
ponist, studierte an der Universität Lyon (Licendd 
fcs-sdences), in der Musik Schüler seiner Mutter, 
dann von Ropartz in Straßburg und in Lyon von 
Florent Schmitt, der ihn am stärksten beeinflußte. 
Er lebte ab 1923 in Paris und war dort maßgeblich 
an der Gründung der Kammermusikgese&chaft 
»Le Triton« (1930) beteiligt, die sich in ihren Ko n» 
zerten ausschließlich der modernen Musik wid- 
mete. An »Musique et Th&tre« und »Chantecler« 
war er als Kritiker tätig. Werke: Buffo-Oper Chir- 
urgie (Monte Carlo 1928), Ballette Le porcher (1924) 
und Jeunesse (1931), die Orchesterwerke Sara- 
bande (1920, umgearbeitet 1926), Au Pore Monceau 
(1921, timgearbeitet 1925), Foules und eine Sym- 
phonie in A (1931), Streichquartett, Trio für Blä- 
ser, je eine Violin- und Cellosonate, 3 Stücke für 
FL allein (1921) ; für KL : Priludes et Forlanes (1922), 
Trois ituaes (1923), Types (1924), Sonatine in Cis 
(1928), Tables (1931) sowie mehrere Vokalwerke: 
A eontre-cceur (1925), Cinq pohnes de P.J. Toulet 
(1927), je 3 Lieder von P. Valdry (1929), Goethe 
(1932) und J. SupervieUe (1932). 


bilder V, Magdeburg 1930; ders., Magdeburgs Mg., 
Geschichtsblätter f. Stadt u. Land Magdeburg 
LXVIII/LXIX, 1934. 

de Fesch, Willem, (de Veg, d Feghg, du Feche), 
* 1687 zu Alkmaar, f 3. 1. 1761 zu London; nieder- 
ländischer Komponist, ist ab 1710 als Violinlehrer 
in Amsterdam nachweisbar, 1725-30 Kapellmeister 
der Kathedrale von Antwerpen und ab 1732 in 
London ansässig, wo er seine Oratorien Judith 
(1733), Love and Friendship und Joseph (1744) auf- 
führte (alle drei nicht erhalten). Ferner schrieb er 
viele Canzonetten und Lieder, die dem englischen 
Geschmack der Handel-Zeit entsprachen und ihn 
schnell populär machten, sowie Instrumentalwerke : 
VI Duetti a due violini op. 1 (Amsterdam 1716); 
Sonates ä deux violoncelles op. 1 (Paris 1738) ; Con- 
certi op. 2 (Amsterdam 1717 ; verschollen) ; VI Con- 
certs op. 3 (Amsterdam 1717) ; XII sonate (6 Violin- 
sonaten und 6 Sonaten für 2 Vc. op. 4, Amsterdam 
1725 und Öfter, der 2. Teil auch als VI sonates ä 
deux violoncelles op. 3, Paris 1738); Six Concertos 
op. 5 (London ohne Jahr, verschollen) ; VI sonate a 
violino o Jlauto traversiere op. 6 (Brüssel 1725-31, 
Antwerpen um 1732) ; 10 Triosonaten op. 7 (Lon- 
don 1733-36, auch Amsterdam); XII sonates (6 
Violinsonaten und 6 Sonaten für 2 Vc. op. 8, Lon- 
don 1736-38, der 2. Teil als VI Sonates a deux vio- 
loncelles, Paris 1738) ; 6 Triosonaten op. 9 (London 
1739 und öfter) ; VIII concertos op. 10 (London 1741 
und öfter) ; The Musical Amüsements (London 1744, 
1747 als Thirty duetsfor two german flutes op. 11) ; 
12 Triosonaten op. 12 (London 1748) ; 6 Cellosona- 
ten op. 13 (London um 1750). 

Ausg. : die 6 Sonaten f. 2 Vc. aus op. 8, hrsg. v. L. 
Schäffler, Moecks Kammermusik XIX/XX; 6 So- 
naten f. V. ( Fl., Ob., Va) u. B.c., hrsg. v. W. Woehl, 
HM CXX\TI/CXXVIII; Drei leichte Sonaten f. 2 V. 
oder FL, hrsg. v. E. Doflein, Mainz 1953. 

Lit : F. van den Bremt, W. de F., Löwen-Brüssel 
1949. 

Feschotte (fesk'at), Jacques, * 8. 10. 1894 zu 
Meaux; französischer Schriftsteller, lehrte zunächst 


Lit: R. Dumesnil, P.-O. F., RM 1931. 

Fesca, - 1) Friedrich Ernst, * 15. 2. 1789 zu 
Magdeburg, f 24. 5. 1826 zu Karlsruhe; deutscher 
Violinist und Komponist, erhielt seine erste Aus- 
bildung in Magdeburg, wo er schon 1800 auftrat, 
studierte 1805 noch in Leipzig, indem er gleich- 
zeitig im Theater- und Gewandhausorchester mit- 
wirkte. 1806 erhielt er Anstellung in der oldenbur- 
gischen Hofkapelle und 1808 als Soloviolinist in 
der Kapelle König J6r6m.es zu Kassel, 1814 in der 
Hofkapelle zu Karlsruhe, wo er 1815 zum Kon- 
zertmeister aufrückte. Als Komponist hat er sich 
besonders durch Kammermusikwerke bekannt ge- 
macht: 19 Streichquartette, 4 Flötenquartette, ein 
Flöten^uintett, ferner 3 Symphonien, eine Ouver- 
türe, ein Violinkonzert, Lieder, Chöre sowie die 
Opern Cantemir a und Omar und Leila. - 2) Alexan- 
der Ernst, * 22. 5. 1820 zu Karlsruhe, f 22. 2. 
1849 zu Braunschweig; deutscher Pianist, Sohn 
von Friedrich Emst F., war Schüler Rungenhagens 
in Berlin, schrieb Lieder und die Opern Marietta , 
Die Franzosen in Spanien, Der Troubadour, Ulrich 
von Hutten . 

Lit.: F. Rochutz, Für Freunde d. Tonkunst HI, Lpz. 
1830; E. Valentin, F. E. F., Mitteldeutsche Lebens- 


Kunstgeschichte und 1924-29 Musikgeschichte am 
Konservatorium in Troyes. F. setzte sich besonders 
für die Jeunesses Musicales de France ein. Die Studie 
Les Hauts-lieux de la musique (Straßburg 1950) wid- 
mete er der Geschichte der europäischen Musik- 
feste bis 1939. Weitere Werke sind Hector Berlioz 
(Paris 1951); Albert Schweitzer (Paris 1952). Seine 
Frau Colette Wyss ist als Sängerin zeitgenössischer 
Musik bekannt. 

Festa, Costanzo, * um 1480 zu Piemont (wird 
clericus Thaurinensis diocesis genannt), + 10.4. 
1545 zu Rom; italienischer Komponist, der erste 
n a mh afte italienische Vertreter des durchimitieren- 
den Motettenstils, aber auch einer der allerersten 
Madrigalkomponisten (mit Willaert) im a-cap- 
pella-StiL 1517 trat er in den Dienst der päpstlichen 
Kapelle zu Rom. Seine erhaltenen Werke sind ein 
Buch 3st. Madrigale (1537 und öfter), 4st. Magni- 
ficat (1554) und i ist. Litaneien (1583) sowie Messen 
und Messenteüe und eine größere Zahl von Motet- 
ten (schon in Petrucds Motette della Corona , 1519), 
Hymnen, Magnificats und 8 Lamentationen vor- 
wiegend in handschriftlicher Oberlieferung. Die 
hohe Zahl seiner weltlichen Werke (Madrigale) 
verteilt sich im wesentlichen auf (Sammel-)Drucke 


504 



F&is 


von 1531-67. Sein Te Deum wird noch heute bei 
großen Festlichkeiten im Vatikan gesungen. Viel- 
leicht ist Sebastiano F. sein Bruder, der mit C. F. 
gemeinsam in der Handschrift Bologna Q 19 
vertreten ist und von dem Motetten, Madrigale 
und Lieder in verschiedenen Sammeldracken zwi- 
schen 1520 und 1566 erschienen sind. 

Ausg.: Te Deum (4st.) sowie ein Satz f. 4 St. in: 
Musica Sacra VI, hrsg. v. A. Neithardt, Bin u. 
Posen; 15 Motetten, 2 Hymnen, ein Magnificat in 
Sacrae Cantiones 3-6 v., hrsg. v. E. Dagnino, *= 
Monumenta Polyphoniae Italicae II, Rom 1936; eine 
Motette, eine Frottola und Teile des Te Deum bei 
Torchi I, Mailand 1 897 ; 2 Madrigale bei A. Einstein, 
The Italian Madrigal III, Nr 20 u. 21, Princeton 1949 ; 
ein Madrigal bei Davison-Apel Anth. I, 129; P. G. 
Pistone, Madrigali scelti, 1935. 

Lit. : A. Cametii, Per un precursore del Palestrina il 
Compositore piemontese C. F., BoIL Bibi. Mus. VI, 
1931 ; W. H. Rubsamen, Literary Sources of Secular 
Music in Italy, Berkely 1943 (darin ein Madrigal von 
S. F.); A. Einstein, The Italian Madrigal I, Princeton 
1949. 

Festa, Giuseppe Maria, * 1771 zu Trani (Nea- 
pel), f 7. 4. 1839 zu Neapel; italienischer Violin- 
virtuose, der auch in Paris auftrat, war Kapellmeister 
des San Carlo-Theaters und Königlicher Hof kapell- 
meister in Neapel; von ihm sind einige Violin- 
werke (Quartette) erhalten. 

Festtag, Michael Christian, * um 1680 (in 
Deutschland?), f 24. 7. 1752 zu London; englischer 
Violinist und Komponist, Schüler von R. Jones 
und Geminiani, Königlicher Kammermusiker, 
wurde 1737 Kapellmeister des Orchesters der Italie- 
nischen Oper, 1742 Kapellmeister an Ranelagh 
Gardens, gründete (mit Greene) die Londoner 
Society of Musidans (1738) zur Unterstützung ver- 
armter Musiker und ihrer Familien. Seine Kompo- 
sitionen sind Violinwerke (Soli, Sonaten, Konzerte) 
sowie einige Oden, Kantaten und Lieder. 

F£tis (feit'i), Francois-Joseph, * 25. 3. 1784 zu 
Mons (Hennegau), f 26. 3. 1871 zu Brüssel; bel- 
gischer Musikforscher und Komponist Die Fa- 
milie stammt aus der alten Grafschaft Hennegau, 
jener franko-flämischen Musiklandschaft, aus der 
die großen altniederländischen Meister Dufay, 
Binchois, Josquin und Lassus hervorgegangen sind. 
Der Vater, An t oin e-J o s ep h F., Sohn eines Orgel- 
machers und Organisten, wurde 1779 Organist an 
der spätgotischen Kathedrale St. Waltrudis in 
Mons, spielte auch Clavecin und Geige, Oboe und 
Klarinette und war als »musiden de profession« die 
Seele des Musiklebens in Mons. Er hatte ein paar 
Stunden Unterricht bei C. Stamitz genossen, als 
dieser auf der Reise von Mannheim nach Paris 1770 
in Mons konzertierte, und spielte mit Vorliebe die 
Violinkonzerte von Pugnani, Jamowick und Viotti. 
Fr.-J. F. war zeitlebens für die Geigenkunst der 
italienisch-französischen Schule besonders interes- 
siert und mit Baillot, Leonard, B&iot und Vieux- 
temps persönlich befreundet. In seinen Jugend- 
erinnerungen entwirft F. ein reizvolles Bild von der 
Musikkultur des österreichisch-josephinischen An- 
den Regime seiner Vaterstadt. Im elterlichen Hause 
gab es noch kein Hammerklavier; nur zwei Stifts- 
damen vom österrdchischen Add besaßen ein sol- 
ches modernes Instrument, wahrend der junge F. 
die zeitgenössischen Klaviersonaten von Wagen- 


seil, Haydn, Edelmann, Kozeluch, Clementi, Pleyd 
und nicht zuletzt Mozart auf dem alten Clavecin 
des Vaters studierte. Die regelmäßigen Konzerte im 
väterlichen Hause bildeten die Grundlage seiner 
praktisch-musikalischen Erziehung. Hier lernte er 
die Kammermusik und (als Generalbaßspider) die 
Symphonie- und Konzertmusik seiner Zeit kennen. 
Es war die Wiener-Mannheimer Instrumentalmu- 
sik, deren Siegeszug durch Europa er miterlebt 
hatte und worin seine musikalische Bildung wur- 
zelt. Zudem verfolgte er die politischen, kirchli- 
chen und sozialen Bewegungen seiner Zdt mit 
lebhaftem Interesse: die Reformpolitik Kaiser Jo- 
sephs II., die Unterdrückung des katholischen Kul- 
tus und die Zerstörung der Musikpflege in den Kir- 
chen durch die Französische Revolution, die Auf- 
lösung der altständischen Gesellschaft, die Vereini- 
gung der südlichen Niederlande mit dem revolu- 
tionären Frankreich, die Auswanderung der vor- 
nehmen Kreise nach Deutschland und das Ein- 
rücken des französischen Bürgertums in die Stel- 
lung der Emigranten. Einen Widerschein von alle- 
dem fand F. in dem veränderten Musikleben seiner 
Vaterstadt und seines Elternhauses. Seine geistigen 
Interessen reichten darüber hinaus in die Philoso- 
phie und Literatur. Einem französischen Grafen 
verdankte er die Bekanntschaft mit der modernen 
Moralphilosophie. Eine Schülerin von Fr. J. He- 
rold, der, bevor er nach Paris ging, in Hamburg 
Schüler von C. Ph. E. Bach war, empfahl den jun- 
gen F. nach Paris. In der Begleitung seines Vaters 
reiste F. 1799 zur Aufnahmeprüfung am Pariser 
Conservatoire, wo Cherubim und Boieldieu sich 
des begabten Schülers annahmen und ihn später 
mit dem Rompreis auszeichneten. 1806 heiratete F. 
die 14jährige Tochter des einflußreichen und wohl- 
habenden Redakteurs des Mercure national, F. P. J. 
Robert (eines Freundes von Danton) und dessen 
Frau, der Gräfin de Kdralio, die eine intime Freun- 
din von Robespierre gewesen war. Aus dieser Ehe 
gingen zwei Söhne hervor, die beide Musiker wur- 
den: Fr anfoisF. (*16. 5. 1812zuBouvignes,t31. 
1. 1909 zu Brüssel) und Adolphe Louis Eug&ne 
F. (* 20. 8. 1820, t 20. 3. 1873 zu Paris). Bei dem 
Zusammenbruch eines Pariser Bankhauses verlor 
F. das ganze Vermögen seiner Frau und geriet in 
Schulden. Deshalb zog er sich 1811 nach Bou- 
vignes bei Dinant zurück. 1813 wurde er in Douai 
Organist der Peterskirche, wo ihm eine große Orgel 
zur Verfügung stand, und Lehrer für Gesang und 
Harmonielehre an der dortigen Musikschule. 1818 
kehrte er nach Paris zurück und fand 1821 eine 
Stellung als 2. Professor für Kontrapunkt und Fuge 
am Conservatoire; zugleich war er ab 1826 als 
Musikkritiker am Journal des Dlbats tätig. 1827 
gründete er die Revue musicale , ein Fachblatt mit 
musikhistorischer und -theoretischer Tendenz, wie 
es bisher in Frankreich noch nicht existierte und 
für das F. fast alle Beiträge selbst schrieb. Sie wurde 
1835 mit der von dem Verleger Schlesinger heraus- 
gegebenen Gazette musicale de Paris verschmolzen, 
an der Berlioz und Liszt mitarbeiteten, und bestand 
in dieser Form bis 1880. Nachdem F. 1832 einen 
glänzenden Plan d 9 Organisation de la musique dans le 
royaume de Belgique vorgelegt hatte, berief ihn die 
Regierung des neuen belgischen Staates 1833 zum 
Direktor des neugegründeten Conservatoire Royal 
de musique nach Brüssel Die König Leopold I., 


505 



Prinzen von Sachsen-Coburg, vorgelegte Vor- 
schlagsliste für diese Berufung nennt neben F. die 
Namen Habeneck, Haldvy, Herold, Mendelssohn 
und Reicha. Dieses Amt bekleidete F. bis zu seinem 


Tod, 39 Jahre lang, und war in Brüssel als Gelehrter 
und Lehrer, Hofkapellmeister und Organisator un- 
gemein vielseitig und fruchtbar tätig. Sein Nach- 
folger wurde Fr. A. Gevaert. Außerdem war F. ab 


1845 aktives Mitglied der Classe des Beaux-Arts 
der Acad^mie Royale deBelgique und ab 1846 deren 
Direktor. Der Katalog seiner über 7000 kostbare 
Bände umfassenden Bibliothek, die vom belgischen 
Staat angekauft wurde und noch heute einen der 
reichsten Fonds der Königlichen Bibliothek inBrüs- 
sd bildet, erschien in Paris 1877 im Drude. - A. W. 
Ambros, der F. persönlich begegnet ist, schildert 
den Seigneur des Anden Regime folgendermaßen : 
»F. war eine gedrungene, kräftige, vom Alter kaum 
gebeugte Gestalt, sem halbkahles Haupt schien wie 
von Eisen gehämmert. Unter einer mächtig aus- 
gearbeiteten Stirn, welche an jene der antiken Rö- 
merbüsten erinnerte . . ., funkelten zwei tiefdunkle 
Augen in etwas düsterem Feuer . . . Auch in dem 
Benehmen des alten Herrn blitzte überall ein Feuer 


durch, welches nur von einer des Mannes ganzes 
Wesen mildernden, echt altfranzösischen Höflich- 
keit gezügelt wurde. So redete F. in der Conversa- 
tion immer gemessen, ernst, halbgedämpften To- 
nes, mit feiner Wahl des Ausdrucks und mit einem 
gewissen Numerus oratorius.« Das Julikönigtum 
von 1830 war in Frankreich die Epoche des Durch- 
bruchs der revolutionären Romantik im Theater 
und in der Musik (V. Hugos »Hemani«, Berlioz’ 
»Symphonie fantastique«) sowie der visionären 
Synthesen, der Utopien und der Verquickung aben- 
teuerlicher Verstiegenheit mit weitblickenden 
Ideen im Bereich der Wissenschaft (Comte, Saint- 
Simon). Es war auch der Boden, auf dem F.s gigan- 
tischer Plan d’un systbne ghteral de la ihdorie de la 
musique , considSrie comtne art et comme Science erwach- 
sen ist. Dieses große Lehrgebäude der Musik sollte 
dem allgemeinen Zweck dienen, die furchtbare 
Krise beenden zu helfen, in die die europäische 
Menschheit und mit ihr die Musikkultur durch die 
stürmischen Ereignisse der Französischen Revolu- 
tion geraten war. Es sind vornehmlich drei Ge- 
sichtspunkte, um die sich die Ideen von F. grup- 
pieren lassen: 1) eine Neufassung des Begriffs der 
Musik als Kunst und des musikalischen Kunst- 
werks, 2) eine vergleichende Lehre von der tonalen 
Harmonik, 3) emcPhilosophie dorMusikgeschichte. 
ad 1) Indem F. die Funktion der Musik als Wirk- 
Hchkeits-Nachahmung und als Sprache verwirft, 
erhöht er ihre Funktion als Ausdruck: »la musique 
n’est ni un art d’imitation, ni une l^n gne, mai« un 
art d’expression ou plutöt l’art d’dmouvoir«. Ent- 
sprechend seinem Ideal der Musik als Ausdrucks- 
kunst rühmte F. zum Beispid die 1827 von S. Erard 
in Paris erfundene »orgue express# « und stellte ihre 
Vorzüge gegen die alte Orgel, die der »sensibilit6« 
e rm an g ele. - ad 2) In der bedeutenden Vorrede zur 
3 ; Auflage seines Tratte de Vharmonie schildert F. 
eindrucksvoll, wie ihm, dem Liebhaber einsamer , 
nachdenklicher Spaziergänge, an einem schönen 
Maitag des Jahres 1831 im Bois de Boulogne die Er- 
leuchtung zu einer Philosophie der Musik gekom- 
men und dabei der Begriff der tonaliti als eines har- 
monikalen Ordnungsprinzips ein gefallen Auf der 


Gesetzlichkeit von Tonalität (die Bezeichnung er- 
scheint hier zum ersten Mal in der Musikgeschichte) 
und ihrer »Umformungen« ( transformations) sowie 
in einer Klassifikation ihrer historischen Typen in 
der Stufenfolge des ordre unitonique, transitonique, 
pluritonique und omnitonique gründet F.s zukunft- 
weisende Lehre von der tonalen Harmonik. - ad 3) 
Das 222 Seiten umfassende Risumi philosophique de 
Vhistoire de la musique , das F. der 1. Auflage seiner 
Biographie universelle vorausschickt, stellt eine groß- 
zügige methodologische Besinnung auf die Wis- 
senschaft der Musikgeschichte dar. In den Jahren 
1832/33 kamen ergänzend öffentliche Historische 
Konzerte hinzu, die F. im Saal des Conservatoire 
mit systematisch geordneten Programmen und 
Erläuterungen für diejenigen veranstaltete, »qui 
aiment ä observer les transformations du gdnie des 
artistes et les rdvolutions des arts«. Bei der Wieder- 
erweckung alter Musik ließ er sich von der Treue 
gegen das Original auch im Klangbild leiten, indem 
er alte Musikimtrumente zu den Aufführungen hin- 
zuzog. Die Idee der Historischen Konzerte ist seit- 
dem aus dem Musikleben nicht mehr wegzuden- 
ken, weil sie dartut, wie die Musik jeder Epoche 
»a eu les beautds d’un ordre particulier, qui, pour 
n’Stre pas ä notre usage habitud, n’en sont pas 
moins reelles«. Dabei konnte es nicht ausbleiben, 
daß F., als er das Eigengesetz der alten Kunst be- 
tonte und für die bewahrenden Kräfte in der Musik 
Partei ergriff, sich der Kritik der lebenden Kompo- 
nisten, besonders Berlioz*, aussetzte. Später ver- 
suchte F. dann auch die Völkerkunde in die Ge- 
schichte der Musik einzubeziehen, wobei er aller- 
dings nachdrücklich die Einzigartigkeit der abend- 
ländischen Musik als geistgeborener Kunst gegen 
ihre zeitliche, Volks- und völkermäßige Bedingt- 
heit hervorhob: »l’art vdritable, art pur, ideal, 
complet, existant par lui-m&me et inddpendant de 
toute relation extdrieure«. In einem Pariser Vortrag, 
den er im Anschluß an Forschungen des Anthropo- 
logen Boca im Jahre 1867 Sur un nouveau mode de 
Classification des races humaines d’aprfo leurs Systeme* 
musicaux gehalten hat, erweist F. sich als der Be- 
gründer der Musik-Ethnologie. Als ein besonders 
schweres Hindernis für das Verständnis der Eigen- 
art der Geschichte der Musik brandmarkt er die 
Lehre vom Fortschritt, wonach in der Aufeinander- 
folge der Formen der Musik die je zeitlich spätere 
zugleich als die je wertmäßig höhere erscheint und 
in unaufhörlichem Fortschreiten immer je eine 
durch eine je fortgeschrittenere überholt, ja über- 
wunden wird. Dagegen lehrt F.: »la musique se 
transforme et ne progresse que dans ses d&nents 
mat&iels«. Durch diese Einsicht, daß es in der Mu- 
sikgeschichte keinen Fortschritt, sondern nur Um- 
formungen gebe, habe F., wie er 1860 berichtet, 
sich anfangs die heftigsten Polemiken zugezogen. 
Jetzt aber widerspreche ihm deswegen niemand 
mehr. Dagegen stoße er jetzt auf Widerspruch mit 
einer andren Einsicht, daß nämlich gewisse musi- 
kalische Erscheinungen, die als Fortschritt geprie- 
sen worden sind, sich als Erscheinungen einer 
»dpoque d’dgarement« (der Verirrung) zeigen. Auf 
die »gesegnete« Epoche der »idealen«, vollendeten 
Musik von 1775 bis 1830 sah F. eine Epoche der 
»wechselnden Moden« in der Musik folgen, die 
durch das Eindringen der szenischen und dramati- 
schen Kunst in alle Gattungen der Musik und vor 


506 



Feuermann 


allem dadurch bestimmt seien, daß der Glaube der 
Musiker an die Eigenständigkeit der Musik er- 
schüttert sei. In der Zeit nacn l830 herrsche viel- 
mehr der praktische Materialismus, das industrielle 
und fina n zielle Fieber, Wohlleben und Luxus, die 
ihren künstlerischen Ausdruck im Schein und in 
der Illusion fänden. Vergleichsweise erwähnt F. 
das damals beliebte Diorama, ein eben erst (von 
Daguerre) erfundenes »Durchscheinbild« von einer 

f ewissen zeitgeschichtlichen Repräsentanz, das bei 
estimmter Beleuchtung, durch ein Guckloch ge- 
sehen, eine plastische Wirklichkeitswirkung vor- 
täuscht. - 

Schriften: Mes premihes annies 1784-1798 (Ju- 
genderinnerungen, um 1856 niedergeschrieben, 
hrsg. von M. Pincherle, in der Monatsschrift Mu- 
sique n, Paris 1928/29) ; Mithode ilimentaire et ab - 
rigie d i harmonie et d'accompagnement (Paris 1823, 
21836); Traiti de contrepoint et de la fugue (Paris 
1824, 21846, mehrfach aufgelegt); Solfiges progres- 
siv — (Paris 1827); Verhandetingen over de vraag: 
Welke Verdiensten hebben zieh de Nederlanders vooral 
in de 14*, 15* en 16* eeuw in het vak der toonkunst 
verworven . . .? (zusammen mit R. G. Kiesewetter, 
Amsterdam 1829) ; Traiti de V accompagnement de la 
partition sur le piano ou Vorgue (Paris 1829) ; La mu- 
sique mise h la portie de tout le monde (Paris 1830, 
mehrfach aufgelegt und übersetzt, deutsch von K. 
Blum 1830) ; Curiositi historique de la musique , com - 
pliment nicessaire de la Musique mise ä la portie de 
tout le monde (Paris 1830) ; Biographie universelle des 
musiciens et bibliographie ginirale de la musique (8 
Bände, Brüssel 1837-44, Paris 21860-65, Supple- 
ment et compliment, hrsg. von A. Pougin, 2 Bände, 
Paris 1878/81); Mithode des mithodes de piano (Paris 
1837); Manuel des principes de musique (Paris 1837, 
für Musik- und Volksschulen) ; Mithode ilimentaire 
de plain-chant (Paris 1843); Traiti complet de la thiorie 
et de la pratique de Vharmonie (Paris 1844, 121879, 
mehrfach übersetzt); Histoire ginirale de la musique 
(5 Bände, Paris 1869-76, reicht bis ins 15. Jh.). Au- 
ßerdem schrieb F. sehr zahlreiche geistvolle und 
stoffreiche Aufsätze in Fachzeitschriften und in den 
Abhandlungen der Brüsseler Akademie. - Von sei- 
ner frühen Jugend bis in sein hohes Alter hat F. 
fleißig komponiert. Mit 9 Jahren schrieb er ein 
Violinkonzert, das sein Vater in Mons zur Auffüh- 
rung brachte; im Alter von 15 Jahren 2 Klavier- 
konzerte, eine konzertante Symphonie, Klavier- 
sonaten, Fantasien für Kl. zu 4 Händen, 3 Streich- 
quartette, eine Messe und ein Stabat mater. Mit 
op.-Zahlen gab er heraus: Piices d*harmonie pour 
Instruments ä vent (op. 1, 1810), Fantasien für KL 
op. 2 und 3 (1818), Präludien für Kl. op. 4 (1818L 
Streichquartett mit Kl. zu 4 Händen op. 5 (1819), 
Chromatische Fantasie für Kl. op. 6 (1819), 3 
leichte KL-Sonaten op. 7 (1819), Duo für V. und 
Kl. op. 8 (1821), Variationen für Kl. zu 4 Händen 
op. 9 (1823). Dazu kommen weitere Klavier- und 
Orgelkom p o sitionen aller Art, 6 leichte Orgel- 
messen (1839) und Orgdvespem (1843), Lieder 
sowie 6 Opern, die in den Jahren 1820-32 aufge- 
führt wurden, während eine weitere ( Phidias , 1824) 
liegenblieb. Von den späteren neoklassizistischen 
Kompositionen mit romantischer Färbung sind 
hervorzuheben: ein Requiem mit großem Orch. ä 
la Meyerbeer, zum Tod der belgischen Königin 
(1850), eine Konzertouvertüre (1854), einTeDeum 


(1856), 2 Symphonien (1861/63), 3 Streichquartette 
(1865), ein Salvum fac regem für 4st. Chor u. Orch. 
(1865), eine Symphonische Fantasie für Org. u. 
Orch. (1866), ein Flötenkonzert (1869). 

Lit. : A. W. Ambros, F., in: Bunte Blätter, Lpz. 1872; 
L. Alvin, Notice sur F., Annuaire de l’Acad. Royale 
de Belgique IV, Brüssel 1874; Fr. A. Gevaert, Dis- 
cours prononcö ä l’ocassion du centi&me anniversaire 
de la naissance de Fr. J. F., Gent 1884; W. Gurlitt, 
Fr. J. F. u. seine Rolle in d. Mw., Kgr.-Ber. Lüttich 
1930; D. Fryklund, Eine schwedische Slg v. Briefen 
v. u. an F. (ebenda); ders., Contribution ä la 
connaissance de la correspondance de F., STMf XII, 
1930; ders., Nogra F.-abrev, STMf XXXV, 1953; 
J. G. Prod’homme, F., bibliothdcaire du conser- 
vatoire, RM XII, 1931; E. Haraszti, F., fonda- 
teur de la musicologie comparöe, AMI IV, 1932; 
R. Wangerm£e, Fr. J. F., musicologue et com- 
positeur, Brüssel 1951 (Acadtoie Royal de Bel- 
gique, Classe des Beaux-Arts, M6moires VI, 4); 
ders., Les Premiers concerts historiques ä Paris, in: 
M&anges E. Closson, Brüssel 1948. 

Fett, Ar min Wilhelm Karl, * 19. 11. 1911 zu Ohr- 
druf (Thüringen); deutscher Harmonika-Schrift- 
steller, studierte 1929-35 an der Musikhochschule 
und an der Universität in Leipzig, promovierte 
1952 in Freiburg im Breisgau mit einer Arbeit über 
die Musikgeschichte der Staat Gotha, 1. Teil: Von den 
Anfängenbis zum Tode G. H. Stölzels (1749). Seit 
1936 arbeitet er, unterbrochen durch Kriegsdienst, 
bei der Harmonikafabrik Matth. Hohner AG in 
Trossingen, wurde 1945 dort Dozent an der Städti- 
schen Musikschule (1949 stellvertretender Direktor) 
und am Hochschulinstitut für Musikerziehung (bis 
1947). Seit 1949 gehört er der Edition Hohner an 
und wurde 1953 Produktionsleiter. Er veröffent- 
lichte Kompositionen, Schul- und Untemchts- 
werke für Harmonika-Instrumente, ist Redakteur 
der Zeitschrift Der Harmonika-Lehrer und Heraus- 
geber des Harmonika-Jahrbuches (Trossingen 1950 
ff.) sowie der Hugo-Herrmann-Festschrift (Trossin- 
gen 1956), schrieb zahlreiche Aufsätze m Fachzeit- 
schriften. 

Feudel, Elfriede (geb. Thurau), * 30. 10. 1881 
zu Preußisch-Stargard; deutsche Pädagogin, be- 
trieb nach Hochschulstudien ein Studium der 
rhythmischen Gymnastik bei Jaques-Dalcroze in 
Hellerau bei Dresden. Sie war 1916-19 Musikleh- 
rerin in Essen, 1927-35 Lehrerin und Seminarleite- 
rin für Rhythmische Erziehung am Städtischen 
Konservatorium Dortmund, dann in gleicher Stel- 
lung 1935-43 an den Folkwangschulen in Essen, 
1943-45 an der Musikhochschule in Leipzig und 
1947-49 an der Musikhochschule in Stuttgart, lebt 
seitdem in Freiburg im Breisgau. Für den Gedanken 
der rhythmischen Erziehung gewann Frau F. große 
Bedeutung durch die Ausbildung zahlreicher 
Nachwucnslehrkräfte sowie durch ihre Schriften: 
Rhythmik (München 1926), Rhythmisch-musikalische 
Erziehung (Wolfenbüttel 1939, 31956), Durchstoß 
zum Rhythmischen in der Erziehung (Stuttgart 1949). 

Feuermann, Emanuel, * 22. 11. 1902 zu Kolo- 
myja, f 25. 5. 1942 zu New York; österreichischer 
Violoncellist, kam 1909 mit seiner Familie nach 
Wien, wo er vom Vater den ersten Violoncell- 
Unterricht erhielt, Schüler dann von Anton Wal- 
ter, trat 1913 an die Öffentlichkeit, studierte aber 
noch bei J. Klengel in Leipzig und wurde mit 16 1 /» 
Jahren Lehrer am Konservatorium und Solocellist 


507 



Feuillet 


des Gürzenich-Orchesters sowie Mitglied des Bram 
Eldering-Quartetts in Köln. 1923 übersiedelte er 
nach Wien, war 1929-33 Professor an der Musik- 
hochschule in Berlin, lebte dann wieder in Wien 
und emigrierte 1938 nach den USA. 

Feuillet (fog'e), Raoul Auger, * um 1660; fran- 
zösischer Tanzmeister in Paris, gab heraus: Choreo- 
graphie ou Yart de dicrire la danse par caratihres,figures 
et signes dimonstratifs (Paris 1699), ein Werk, das im 
18. Jh. weite Geltung hatte und wahrscheinlich auf 
dem System des Tanzmeisters Charles-Louis Beau- 
champs (1636-1705) beruht. In englischer Überset- 
zung erschien es als Orchesography or the Art of 
Dancing by Characters and Demonstrations 1706 bei 
Walsh in London. Andere Ausgaben der Choreo- 
graphie erschienen 1701 und 1709 in Paris (chez 
rauteur) und 1713 in Paris (chez le Sieur Dezais; 
im Titel ist Dezais neben F. als Verfasser genannt). 
Auch gab F. noch mehrere Sammlungen choreo- 

n hisch notierter Tänze heraus, darunter: Recueil 
mces composdes par Adr. Pdcour , pensionnaire des 
menus plaisirs du Roy et compositeur des balets de VAca - 
ddmie Royale de Musique de Paris et tnises sur le papier 
par M. Feuillet (Paris, chez l’auteur 1709). In Lon- 
don erschienen 1706 zwei Übersetzungen der 
Choreographie, die eine von J. Weaver (bei Walsh), 
die andere von P. Siris. Eine deutsche Übersetzung 
findet sich in G. Tauberts »Rechtschaffener Tanz- 
meister oder gründliche Erklärung der Französi- 
schen Tante-Kunst« (Leipzig 1717). 

Julius Feurich Pianofortefabrik G. m. b. EL, 

gegründet 1851 von Julius Feurich (1821-1900) 
in Leipzig. F. etablierte sich in seiner Vaterstadt, 
nachdem er bei guten Meistern, so Pleyel, Wolff & 
Co. in Paris, gearbeitet hatte, und erlangte besonde- 
ren Ruf durch seine Pianinos. Sein Sohn und Erbe 
Hermann (1854-1925) wandte sich mehr dem Bau 
von Konzertflügeln zu und eröffnete eigene Kon- 
zertsäle in Leipzig und Berlin. Die Leitung wurde 
dann von dessen Söhnen Julius Adolf und Erich 
übernommen, die die Firma 1932in eine G. m. b.H. 
umwandelten und den 1943 durch Bombenangriff 
völlig zerstörten Betrieb wieder aufbauten und 
auch heute noch führen. 

Fevin (fav'e), Antoine de, * um 1473 wahrschein- 
lich zu Arras, f Ende 1511 oder Anfang 1512 zu 
Blois; französischer Komponist, stand als Sänger 
einige Zeit im Dienste Louis* XII. zu Orleans 
und Blois. Von seinen Werken sind erhalten etwa 
9 Messen, Messenteile und ein Requiem, gegen 
20 Motetten sowie Magnificats, Lamentationen 
und Chansons. In Drucken finden sich seine Werke 
zwischen 1515 und 1578, vorwiegend bei den Ver- 
legern Antiquus, Attaingnant, Montanus, Petrucd 
und Rhaw. F. steht in seinem Schaffen Josquin sehr 
nahe (nach Glarean Felix Jodod aemulator) und 
geht mitunter so weit, notengetreu Partien von 
diesem zu übernehmen. Über eine persönliche 
Verbindung beider Meister ist nichts bekannt. 
Ausg.: Messe Mente tota, Expert Maitres X, d. 
Agnus daraus auch Davison-Apel Anth. I, 106; 
Messe Ave Maria, hrsg. v. J. Delporte, Toumai 
1934; Motette Sancta Trinitas, hrsg. v. Y. Rokseth, 
Treize motets, Paris 1930. 

Lit.: J. Delporte, A. de F., Revue liturgique et mu- 
sicale 1934/35; B. Kahmann, A. de F., MD IV, 1950, 
u.V, 1951. 


Fevin (fev'e), Robert de, * zu Cambrai; franzö- 
sischer Komponist des 15.-16. Jh., war Kapellmei- 
ster des Herzogs von Savoyen. Von seinen Werken 
sind erhalten 3 Messen (Le vilayn jaloux, La sol Ja re 
rni , Ave Maria), ein PatremLö belle se siet und einige 
Motetten. Über eine verwandtschaftliche Verbin- 
dung mit A. de F. ist nichts bekannt. 

Fdvrier (fevri'e), Henri, * 2. 10. 1875 zu Paris, 
t 8. 7. 1957 zu Paris; französischer Komponist, 
Schüler von H. Woollett, des Conservatoire 
(Pugno, X. Leroux, Massenet) und außerhalb des 
Instituts von A. Messager; wandte sich erst der 
Kammermusik zu (Viofinsonate, Cellosonate, Kla- 
viertrio), schrieb Klavierstücke, Lieder, Chöre, vor 
allem aber die Opern Le roi aveugle (Paris 1906), 
Monna Vanna (Paris 1909, nach Maeterlinck), Gis- 
monda (nach Sardou, Chicago 1919), La Damnation 
de Blanche-Fleur (Monte Carlo 1920), LTle ddsen- 
chantie (1925) und die Operetten Agnds, dame ga- 
lante (Paris 1912), Carmosine (Paris 1912), Sylvette 
(zusammen mit M. Delmas, Paris 1932), La femme 
nue (Paris, Opera Comique 1932) sowie das Mär- 
chenspiel La princesse et le porcher (Paris 1912). 

Fdvrier (fevri'e), Henri Louis, * zu Abbeville, 
f um 1780 zu Paris; französischer Komponist, gab 
2 Bücher Pikes de clavecin heraus (1734, 1755). 

Fezandat (fozäd'a), Michel, Pariser Musikver- 
leger, der 1538-66 seinen Handel betrieb, war 1550 
bis 1552 mit Robert Granjon assoziiert. Er druckte 
14 Bücher Lauten- und Gitarrentabulaturen sowie 
je 2 Bücher Psalmen und Chansons; sie erschienen 
in den Jahren 1551-58. 

Ffrangcon-Davies (fi'aenkan), David Thomas, 

* 11. 12. 1855 zu Bethesda (Caemarvon), f 13. 4. 
1918 zu Hampstead; walisischer Sänger (Bariton), 
war zunächst Priester, büdete sich dann aber zum 
Konzertsänger aus, trat 1890 zuerst öffentlich auf 
und erlangte schnell großen Ruf. 1898-1901 wohnte 
er in Berlin, kehrte dann nach England zurück und 
wurde 1903 Gesanglehrer an der Londoner Royal 
Academy of Music. Er schrieb: The Singing of the 
Future (London 1905, mit Vorwort von E. Eigar). 

Lit: M. Ffrangcon-Davies, D. Fr.-D.; his Life and 
Book: the Singing of the Future, London 1938. 

Fiala, Joseph, * 3.2. 1748 (nach dem Donau- 
eschinger Totenbuch: um 1754) zu Lochowitz 
(Westböhmen), f 31. 7. 1816 zu Donaueschingen; 
tschechischer Komponist, wurde in Prag zum 
Oboisten und Violoncellisten ausgebildet. 1774 
wurde F. Oboist in der fürstlich Öttingen-Waller- 
steinschen Hofkapelle, 1777 in der Münchner Hof- 
kapelle. Nach deren Auflösung 1778 empfahl ihn 
L. Mozart auch als Gambisten an die fürsterz- 
bischöfliche Kapelle in Salzburg. 1785 ging F. nach 
Wien, wo ihn W. A. Mozart freimdsdnafdich auf- 
nahm, und St. Petersburg. Nach Konzertreisen 
trat er 1792 in die fürstlich Fürstenbergische Hof- 
kapelle in Donaueschingen ein. F., der als Oboist 
und Gambist gefeiert war, galt als tüchtiger Kom- 
ponist, dessen Blasmusik W. A. Mozart lobend er- 
wähnt. Sein Werkverzeichnis umfaßt außerdem 
12 gedruckte Streichquartette, Kammermusik ver- 
schiedener Besetzung, Sinfonien, Divertimenti und 
mehrere Solokonzerte. F. ist vielleicht auch der 


508 



Ficker 


Komponist von vier als zweifelhafte Werke W. 
A. Mozarts (KV Anh. 210-213) geltenden Streich- 
quartetten. 

Lit.: L. Schiedermair, in: SIMG IX, 1907, S.91 f.; 
ders.. Die Briefe W. A.- Mozarts u. seiner Familie, 
München u. Lpz. 1914; H. Burkard, in: Badische 
Heimat, 1921, S. 89 f. ; A. Bopp, Das Musikleben in 
d. freien Reichsstadt Biberach, Kassel 1930; O. E. 
Deutsch u. B. Paumgartner, Leopold Mozarts 
Briefe an seine Tochter, Salzburg u. Lpz. 1936; L. 
von Köchel, Chronologisch-thematisches Verz. sämt- 
licher Tonwerke W. A. Mozarts, hrsg. v. A. Einstein, 
Lpz. 31937, Neudruck Ann Arbor 1947. 

Fibich, ZdenSk (Zdenko), * 21. 12. 1850 zu 
Scheboritz bei Tschaslau, t 15- 10. 1900 zu Prag; 
tschechischer Komponist, erhielt seine Ausbildung 
in Prag, 1865-67 am Leipziger Konservatorium 
und durch V. Lachner in Mannheim, war 1875-78 
2. Kapellmeister am Nationaltheater und 1878-81 
Chordirektor der russischen Kirche in Prag, war 
Mitglied der Franz Joseph-Akademie für Kunst 
und Wissenschaft. F. ist einer der namhaftesten 
tschechischen Komponisten, dessen Schaffen nach 
Smetana und Dvorak wieder eine Abkehr von den 
nationalen Tendenzen bedeutet. Von seinen Wer- 
ken sind hervorzuheben die tschechischen Opern: 
Bukovln (1874), Bionik (1881), Die Braut von Mes- 
sina (1884), das szenische Melodram (Trilogie) 
Hippodamia (1. Pelops* Brautwerbung 1890, 2. Die 
Söhne des Tantalus 1891, 3. Hippodamias Tod 1891), 
Der Sturm (1895), Hedy (Prag 1897), Sdrka (Prag 
1898) und Der Fall Arconas (Prag 1900), Hochzeits- 
szene und Windsbraut (für Chor und Orch.), Ou- 
vertüren zu: Der Prager Jude , Die Nacht auf Karl- 
stein , Festouvertüre Comenius op. 34, Oldnch und 
Bo£ena op. 52, symphonische Dichtungen: Othello , 
Toman und die Nymphe , Frühling (Vesna), Zaboj , 
Slavoj und Ludik, Vigiliae op. 20 und Am Abend 
op. 39, Orchestervariationen (nachgelassen) ; Melo- 
dramen: Der Wassermann, Der Blumen Rache , Der 
Weihnachtstag , Die Ewigkeit , Königin Emma , Hakon, 
3 Symphonien ohne Programm (Fdur, Esdur, 
E moll), Orchestersuite Im Freien, 2 Streichquar- 
tette, eine Frühlingsromanze für Chor und Orch., 
Chorlieder, ein Klavierquintett op. 42 (mit V., 
Vc., Klar, und Horn), ein Klavierquartett E moll 
op. 11, Klavierlieder, Klavierstücke (Stimmungen, 
Eindrücke und Erinnerungen, gegen 400 Stücke, 
darunter »Pofcme« aus der IdyJle »Ein Sommer- 
abend«, op. 41 Nr 6, das einzige noch bekannte 
Stück), auch eine Klavierschule. 

Lit.: C. L. Richter, Zdenko F., Prag 1899; Zd. 
Nejedly, Zd. F., Prag 1900 (tschechisch); O. Ho- 
sriNSKtf, Vzpominky na Fibicha (Erinnerungen an 
F.), Prag (1909); J. BartoS, Zd. F., Prag 1914 
(tschechisch); B. Knittl, Zd. F., Prag 1944 (tsche- 
chisch); K. B. Jiräk, Zd. F., Prag 1947 (tschechisch). 

Fiby, Heinrich, * 15. 5. 1834 zu Wien, 1 23. 10. 
1917 zu Znaim; österreichischer Komponist, Schü- 
ler des Wiener Konservatoriums, wurde 1857 zum 
Städtischen Musikdirektor in Znaim ernannt, wo 
er die Städtische Musikschule organisierte und bis 
1902 leitete. Als Komponist machte F. sich durch 
zahlreiche Chorwerke und Lieder, auch Orchester- 
werke und Kammermusik bekannt. 

Fieber (f'ifer), Jacobo, * 15. 1. 1896 zu Odessa; 
argentinischer Komponist von russischer Herkunft, 
studierte 1912-17 Violine am Petersburger Kon- 


servatorium (L. Auer), war dort 1919-23 Konzert- 
meister am Opernhaus und lebt seitdem als Vio- 
linist, Lehrer und angesehener Komponist in 
Buenos Aires. F. schrieb: 2 einaktige Kammer- 
opem nach Tschechow El Oso op. 75 (1952) und 
Pedido de Mono op. 84 (1955); Ballette; 6 Sym- 
phonien (NrV: Asi hablö Isaias op. 63, 1947), 
4 Orchestersuiten, die 4sätzige Tondichtung Ham- 
let op. 67 (1948), 2 Ouvertüren, Tres Bocetos sin- 
fSnicos inspirados en el Talmud op. 17 (1930) ; Kon- 
zerte für V. (op. 46, 1942), Kl. (op. 53, 1945 und 
op. 81, 1954) und Harfe (op. 85, 1955); 4 Streich- 
quartette, Sonaten in vielfältigen Kammerbesetzun- 
gen; Klavierwerke, darunter 4 Sonaten; Chor- 
musik ( Salmo de Alegria mit Soli und Orch. op. 69, 
1949) ; Rhapsodie mit 4 Saxophonen op. 88, 1957. 

Fichtner, Pauline -> Erdmannsdörfer. 

Ficino (fitf'ino), Marsilio, * 19.10.1433 zu 
Figline (V aldamo), *f* 1- 10. 1499 zu Florenz; italie- 
nischer Humanist, der (nach Studien in Florenz, 
Pisa und Bologna) unter der Protektion der Medici 
durch Übersetzungen, Kommentare und Vorle- 
sungen für die Verbreitung griechischer Dichtung 
sowie der Platonischen und neuplatonischen Philo- 
sophie, später (nach der Priesterweihe 1473) für 
deren Verschmelzung mit der Theologie (Haupt- 
werk Theologia platonica) eintrat, betätigte sich 
auch musikalisch, behandelt die Musik in seinem 
Kommentar zu Platons »Timaios« und gibt in der 
Schrift De triplici vita (Horenz 1498) die erste hu- 
manistische musikalische Affektenlehre. 

Lit.: allg.: G. Saitta, La filosofia de M. F., Messina 
1923 ; ders., L’educazione dell'umanesimo . . ., Vene- 
dig 1928; O. Kristeller, The Philosophy of M. F., 
NY 1943. - zur Musik: O. Kristeller, Music and 
Leaming . . ., Journal of Renaissance and Baroque 
Music I, 1946/47; O. Kinkeldey, Fr. Gafori and 
M. F., Harvard Library Bull. 1, 1947 ; D. P. Walker, 
F.'s Spiritus and Music, Ann. mus. I, 1953. 

Fickenscher, Arthur, * 9. 3. 1871 zu Aurora 
(Illinois), f 15.4. 1954 zu San Francisco; ameri- 
kanischer Komponist, studierte an der Münchner 
Musikhochschule, trat zunächst als Pianist auf und 
lehrte dann in Oakland, San Francisco und (ab 
1920) Charlottesville (Virginia). Werke: Willow- 
wave and Wellaway für Orch. (1925) ; Dies Irae für 
Kammerorch. (1927) ; Day of Tudgment für Orch. 
(1927) ; Evolutionary Quintet (1933) ; Out of the Gay 
Nineties für Orch. (1934); Mimodrama The Cham- 
ber Blue (1935) ; Orchestervariationen »in Medieval 
Style« (1937). 

Ficker, Rudolf von, * 11. 6. 1886 zu München, 
f 2. 8. 1954 zu Igls (Tirol) ; österreichischer Musik- 
torscher, erhielt während seiner Gymnasialstudien 
in Innsbruck Musikunterricht, studierte 1905-12 
Musikwissenschaft bei G. Adler in Wien, Kompo- 
sition bei Thuille und Courvoisier in München, 
promovierte 1913 mit der Arbeit Die Chromatik im 
italienischen Madrigal des 16. Jh. und habilitierte 
sich 1920 an der Universität Innsbruck; 1923 ao. 
Professor. 1927 wurde er ao. Professor an der 
Wiener Universität und Mitleiter des Musikwis- 
senschaftlichen Seminars, 1931 Nachfolger Sand- 
bergers auf dem Münchner Lehrstuhl für Musik- 
geschichte. Seine vorwiegend dem Mittelalter zu- 
gewendeten Arbeiten sind: Beiträge zur Chromatik 


509 



Fiebach 


des 14.-16. Jh . (StMw II, 1914); Die Kolorierungs- 
technik der Trienter Messen (StMw VH, 1920); Die 
frühen Messenkompositionen der Trientiner Codices 
(StMw XI, 1924); Formprobleme der mittelalterlichen 
Musik (Z£Mw VE, 1924/25) ; Die Musik des Mittel- 
alters und ihre Beziehungen zum Geistesleben (DVjs. 
m, 1925); Polyphonic Music of the Gothic Period 
(MQ XV, 1929); Primäre Klangformen (JbP 1929); 
Die Musik des Mittelalters (Das Mittelalter, Wien 
1930); Der Organumtraktat der Vatikanischen Biblio- 
thek (Ottob. 3025; Kmjb 1932); Agwillare , a piece 
of late Minstrelsy (MQ XXII, 1936); Wandlungen 
des Mozarthildes (in: Mozart und München, 1941) ; 
G. Adler und die Wiener Schule der Musikwissenschaft 
(Österreichische Musikzeitschrift 1, 1946) ; Probleme 
der modalen Notation (AMI XVTO/XIX, 1946/47) ; 
Probleme der Editionstechnik (Kongreß-Bericht Basel 
1949); Zur Schöpfungsgeschichte des Fauxbourdon 
(AMI XXm, 1951); Grundsätzliches zur mittelalter- 
lichen Auffuhrungspraxis (Kongreß-Bericht Utrecht 
1952); Epilog zum Faburdon (AMI XXV, 1953). 
Er gab heraus: die Festschrift für G. Adler (Wien 
1930); Schriftenreihe des musikwissenschaftlichen 
Seminars der Universität München (7 Bände, 1935 
bis 1940); Trienter Codices: Missa von R. Liebert 
(DTÖ XXVII, 1) ; Messen und Messensätze (DTÖ 
XXX, 1); 58 Motetten (DTÖ XL); Perotinus 
»Sederunt prindpes« (Wien 1930). - Zur Würdi- 
gung siehe den Nachruf seines Münchner Nach- 
folgers, Thr. Georgiades, R. vonF. (1886-1954), 
(Mf VIR, 1955). 

Fiebach, Otto, * 9. 2. 1851 zu Ohlau (Schlesien), 
1 10. 9. 1937 zu Königsberg; deutscher Komponist, 
Universitätsmusikdirektor und Organist in Kö- 
nigsberg, schrieb die Opern: Prinz Dominik (Dan- 
zig 1885), Loreley (Danzig 1886), Bei frommen Hirten 
(Dresden 1891), Der Offizier der Königin (= Die 
Herzogin von Marlborough , Dresden 1900), Robert 
und Bertram (Danzig 1903); die komische Oper 
Der Rodensteiner; die Oratorien Die neun Musen , 
Maria und Martha (Königsberg 1917), Luther im 
Kloster (Königsberg 1917) sowie ein Männerchor- 
werk Xenophon und eine 8st. Choralmesse für 
gern. Chor und Orch. Schriften: Die Physiologie 
der Tonkunst (Leipzig 1891) und Die Lehre vom 
strengen Kontrapunkt (Berlin 1921, *1927). 

Fiebig, Kurt, * 28. 2. 1908 zu Berlin; deutscher 
Komponist, studierte an der Berliner Musikhoch- 
schule Orgel und Komposition (Rathaus und 
Schreker). 1926-36 war er Organist in Berlin, 
1936-38 Domorganist in Quedlinburg und Dozent 
an der Evangelischen Kirchenmusikschulc Aschers- 
leben, 1939-51 Direktor der Evangelischen Kir- 
chenmusikschule Halle und dort Kantor an der 
Ulrichslrirche, 1947/48 Dozent an der Musikhoch- 
schule Weimar, kam 1951 als Kantor und Organist 
nach Hamburg. Er schrieb: geistliche V okalmusik 
a cappella: Markuspassion (1952), Deutsches Ma- 
gnincat (1952), Osteroratorium (1954), Messe 
Media vita (1956), Motetten: Adventsoratorium 
Die Verkündigung , mit Org. (1954), Choralkantaten, 
geistliche Konzerte, ferner weltliche Vokalmusik, 
Orgelwerke, Kammermusik, Bühnen-, Film- und 
Spielmusik, gab (mit Max Schneid») Handels 
»Psalmkantaten«, ferner Choralvorspiele alter und 
neuer Meister heraus. 


Fiedler, Arthur, * 17. 12. 1894 zu Boston (Mas- 
sachusetts); amerikanischer Dirigent, zog mit 
seinen Eltern zum Studium der Musik nach Wien 
und Berlin. 1911-15 studierte er an der Königlich 
Preußischen Musikakademie in Berlin Violine, 
Kammermusikspiel und Dirigieren. Nach Boston 
zurückgekehrt, wurde er Mitglied des dortigen 
Symphonieorchesters, bei dem er bis 1929 als Geiger, 
später als Bratscher, außerdem als Celestaspider, 
Pianist und Organist tätig war. Seit 1930 leitet er 
die volkstümlichen Konzerte des Boston Pops Or- 
chestra, das sich aus Mitgliedern des Bostoner Sym- 
phonieorchesters zusammensetzt. Mit diesem Or- 
chester unternahm er Konzertreisen durch die USA 
und Canada, vornehmlich mit Programmen für 
Jugend und Volk. Die Universität Boston promo- 
vierte ihn zum Doctor of Music. 


Fiedler, August Max, * 31. 12. 1859 zu Zittau, 
f 1. 12. 1939 zu Stockholm; deutscher Dirigent 
und Komponist, 1877-80 Schüler des Leipziger 
Konservatoriums als Stipendiat der Holstein-Stif- 
tung, wurde 1882 Lehrer am Konservatorium in 
Hamburg, nach Bemuths Tode 1903 Direktor, 
1904 auch Nachfolger von R. Barth als Dirigent 
der Philharmonischen Konzerte. 1908 folgte er 
einem Rufe nach Boston als Dirigent der Sym- 
phoniekonzerte, kehrte aber 1912 nach Deutsch- 
land zurück und nahm seinen Wohnsitz in Berlin; 
1916 wurde er Städtischer Musikdirektor in Essen, 
ging 1933 wieder nach Berlin an den Rundfunk 
und dirigierte gelegentlich auch das Philharmo- 
nische Orchester. Er schrieb eine Symphonie 
(Hamburg 1886), Ouvertüren, Serenade für kleines 
Orch., Kammermusik (Quintett, Streichquartett), 
eine Cellosonate, Klavierstücke und Lieder. 

Lit.: G. Dejmek, M. F., Werden und Wirken, Essen 
1940 (mit Werkverz.). 


Field (fi:ld), John, * 26. 7. 1782 zu Dublin, f 11. 
1. 1837 zu Moskau; irischer Pianist und Kompo- 
nist, einer Familie von Musikern entstammend, 
debütierte 1792 in Dublin, wurde früh Schüler 
Clementis, mit dem er 1802 nach Paris und von da 
nach St. Petersburg ging. Dort ließ er sich als 
Lehrer nieder und gelangte zu außerordentlichem 
Ruf. Nach langjährigem Aufenthalt in St. Peters- 
burg kehrte er 1832 nach London zurück, wo er 
mit größtem Erfolg konzertierte, reiste in Belgien, 
Frankreich, der Schweiz und Italien. Unregelmä- 
ßiges Leben zerrüttete seine Gesundheit und warf 
ihn in Neapel aufs Krankenbett; eine russische 
Familie brachte ihn nach Moskau zurück. F.s be- 
sonderer Ruhm gründet sich auf seine Nocturnes , 
welche für Chopin Vorbild wurden (von den 20 
jetzt so genannten Nocturnes hat F. selbst nur 12 
diesen Namen gegeben) ; außerdem schrieb er für 
KL : 7 Konzerte, 4Sonaten, ein Quintett, 2 Divertis- 
sements für Kl., 2 V., EL, Va und B., Variationen 
zu 2 und 4 Händen, Rondos und zahlreiche klei- 
nere Stücke. F. kann als einer der spezifischen Kla- 
viermeister wie D. Scarlatti und Chopin gelten. 
Lit. : F. Liszt, J. F. u. seine Nocturnes, Gesammelte 
Schriften IV, hrsg. v. L. Ramann, Lpz. 1882; H. 
Dessauer, J. F., sein Leben u. seine Werke, Diss. 
Lpz., Langensalza 1912; W, H. Grattan Flood, J. F. 
of Dublin, the inventor of the noctume, Dublin 1921. 


Fielitz, Alexander von, * 28. 12. 1860 zu Leip- 
zig» t 29. 7. 1930 zu Bad Salzungen; deutscher 


510 



Elke 


Komponist und Dirigent, Schüler von J. Schulhoff 
und E. Kretschmer in Dresden, Theaterkapell- 
meister in Zürich, Lübeck und Leipzig, lebte aus 
Gesundheitsrücksichten zeitweilig im Süden 
(Capri), war dann längere Zeit Lehrer am Stem- 
schen Konservatorium in Berlin, ging 1905 tiarb 
Chicago als Lehrer an Ziegfelds Konservatorium 
und wurde 1906 Dirigent des Chicagoer Sym- 
phonieorchesters. 1908 kehrte er nach Deutsch- 
land zurück und wurde Lehrer am Stemschen 
Konservatorium in Berlin, Ende 1915 als Nach- 
folger Gustav Holländers Leiter dieses Instituts. 
Von seinen Kompositionen wurden zuerst Lieder 
bekannt (op. 21 Toskanische Lieder , op. 91), auch 
eine Romanze für KL und V. Auf der Bühne ver- 
suchte er sich mit den Opern Vendetta (Lübeck 
1891) und Das stille Dorf (Hamburg 1900). 

Figner, Nikolai Nikolajewitsch, * 1857 zu 
St. Petersburg, Todesdatum und -ort unbekannt; 
russischer Sänger (Tenor), studierte am Peters- 
burger Konservatorium, dann in Italien, debütierte 
1882 in Neapel, sang dann in Mailand, Madrid, 
Bukarest, 1887-1903 am Petersburger Marienthea- 
ter (kreierte hier den Hermann in »Pique Dame« 
von Tschaikowsky). Seine Gattin Medea F. 
(* 1859 zu Florenz), dramatischer Sopran, war an 
vielen Bühnen Italiens (unter ihrem Mädchen- 
namen MLMey) engagiert, folgte 1887 ihrem 
Gatten und wurde eine der gefeiertsten Sängerin- 
nen Petersburgs. 

Fjgulus, Wolf gang (eigentlich Töpfer), * um 
1525 zu Naumburg, j um 1591 zu Meißen; deut- 
scher Klantor, wurde 1546 Kantor in Lübben, 1547 
an der Universität Leipzig immatrikuliert, war 
1549-51 Thomaskantor, dozierte auch an der Uni- 
versität und war 1551-88 Kantor der Fürstenschule 
in Meißen, schrieb : Elementa musicae (1550, erhalten 
nur in der erweiterten Bearbeitung Nürnberg 
1565), De musica practica Uber primus (Nürnberg 
1565), Precationes , 18 4st. Motetten (Leipzig 1553), 
Tricinia (Nürnberg 1559, unvollständig erhalten), 
Cantionum sacrarum . . . decas prima, 4-8st. (Frank- 
furt an der Oder 1575), Amorum filii Dei hyrnni 
sacri de natali Domini (Wittenberg 1587, unvoll- 
ständig erhalten), Melodiae in Prudentium . . . (er- 
halten nur in einer späteren Auflage: Hymni sacri, 
herausgegeben von F. Birck, Leipzig 1604; 61 
Hymnen) ; ferner Einzeldrucke und Stücke in Sam- 
melwerken; F. gab heraus: erweiterte Fassung von 
M. Agricolas »Sangbuchlein« (Magdeburg 1541) 
als »Deutsche Musica und Gesangbüchlein« (Nürn- 
berg 1560, weitere Auflagen 1563 und 1568); Ve- 
tera nova carmina . . . de natali Domini (Frankfurt 
an der Oder 1575, 21 4st. Sätze, davon 10 von F.). 
Ausg.: Ach Gott vom Himmel sieh darein, Tridnium, 
in: Luthers Kirchenlieder in Tonsätzen seiner Zeit, 
hrsg. v. K. Ameln, Kassel 1934; Und du, Kindlein, 
Tridnium, in: Hdb. d. deutschen ev. Kirchenmusik, 
hrsg. v. K. Ameln, Ch. Mahrenholz u. W. Thomas, 
Bd II, 1, Göttingen 1935. 

UL: R. Ettner, W. F., MfM IX, 1877; R. Wust- 
mann, Mg. Lpz.s I, Lpz. u. Bin 1909; O. Clemen in 
ZfMwXI, 1928/29, S. 441. 

FlguS Bystr£ (f'iguj), Viliam, * 28. 2. 1875 und 
1 11. 5. 1937 zu Banski Bystrice (Slowakei); slo- 
wakischer Komponist, wirkte als Organist und 
Musiklehrer an der Lehranstalt seiner Geburtsstadt, 


sammelte und harmonisierte slowakische Volks- 
lieder und gab in 5 Bänden eine Sammlung S/o- 
venski ludovi piesne (1906-15) heraus; eine weitere, 
1000 slovenskych ludovych piesni, erschien 1928. Er 
komponierte die erste slowakische Nationaloper 
Detvan (Preßburg 1928), mehrere Orchesterwerke, 
Kammermusik, die Kantate Slouenskd pieseft für 
Soli, Chor und Orch., Klavier- und Violinstücke 
sowie Lieder. 

Fili?si, Lorenzo, * 25. 3. 1878 zu Neapel; italie- 
nischer Komponist, war Schüler von S. Quaranta 
und C. de Nardis, dann am Conservatorio di San 
Pietro a Majdla von d’Arienzo, schrieb die Opern 
Pierrot et Bluette, Ü sogno, Manuel Menendez, Fior 
di neve, Messidoro (umbenannt in Gli infemali ) und 
L’aurora piä bella ; eine Orchestersuite I diletti com- 
pestri , Visioni romantiche für Orch., Le tre glorie für 
Soli, Chöre und Orch., La preghiera del marinaio für 
Männerchor und Orch., Sologesänge mit Orch. 
und Kirchenmusik. 

Filippi, Filippo, * 13. 1. 1830 zu Vicenza, f 24. 
6. 1887 zu Mailand; italienischer Musikschrift- 
steller, studierte Jura an der Universität Padua, 
wurde Musikkritiker und trat 1858 in die Leitung 
der Gazzetta musicale di Milano ein. F. setzte sich 
leidenschaftlich für Verdi und Wagner ein. Die 
Frucht einer Deutschlandreise 1870 sind die Bücher 
Musica e musicisti (Mailand 1876), mit gesammelten 
Konzertberichten für die Mailänder Zeitung Per- 
severanza, und Richard Wagner, eine musikalische 
Reise in das Reich der Zukunft (Leipzig 1876 in der 
Übersetzung von F. Furchheim), fortgesetzt nach 
einem Besuch in Bayreuth 1876 in Secondo vtaggio 
nelle regione delVavvenire (in: G. Marsillach Leo- 
nardt, Ricardo Wagner, Mailand 1881). Außerdem 
schrieb F. Deila vita e delle opere di Adolfo Fumagalli 
(Mailand 1857); Atessandro Stradella e VArmivo 
musicale dei Contarini allaBibl. di S. Marco in Venezia 
(Mailand 1866); Le Belle Arti a Torino (Mailand 
1880) ; H primo passo, Note autobiografiche (in: BibL 
della Domenica Letteraria, Rom 1882). 

Lit: G. Ricordi, Necrologio di F. F., in Gazzetta 
mus. di Milano, 1887; G. Noufland, F. F. et l’6vo- 
lution mus. en Italie, in: L’Indäpendence mus., 1887; 
G. Gasparblla, F. F., in: Atti dell’Acad. Olimpica 
di Vicenza, 1899-1900; A. De Angelis, H critico F. F. 
e ü wagnerismo, in: Musica d’oggi, 1933; A. Della 
Corte, Le critiche mus. di F. F., RMI LVI, 1954. 

Filippi, Giuseppe dt 9 , * 12. 5. 1825 zu Mailand, 
t 23. 6. 1887 zu Netrilly bei Paris, Sohn des 1856 
gestorbenen gleichnamigen Arztes (Verfassen eines 
Saggio sulVestetica musicale, 1847), lebte ab 1846 in 
Paris als Schriftsteller, war Mitarbeiter von Pou- 
gins Supplement zu Fdtis’ Biographie universelle 
und gab heraus: Guide dans les thedtres (1857, ge- 
meinschaftlich mit dem Architekten Chaudet) und 
Parallele des thddtres modernes de VEurope (1860). 

Ulke, Max, * 5. 10. 1855 zu Steubendorf-Leob- 
schütz (Schlesien), f 8. 10. 1911 zu Breslau; deut- 
scher Kirchenm usik er, studierte als Domsänger in 
Breslau bei Brosig, 1877 an der Regensburger Kir- 
chenmusikschule bei Haberl, war 1878-79 Kantor 
in Duderstadt, dann noch Schüler Piuttis am Leip- 
ziger Konservatorium, wurde 1881 Chordirigcnt 
in Straubing, 1890 Dirigent des Sängerkreis in 
Köln, 1891 Domkapellmeister in Breslau, zugleich 


511 



Fillcul 


Gesanglehrer am Priesterseminar, 1893 auch Lehrer 
am Königlich Akademischen Institut für Kirchen- 
musik, 1899 Königlicher Musikdirektor. In seinen 
Kirchenwerken bemühte er sich um eine Annähe- 
rang an den seinerzeit modernen Stil: Messen für 
Chor und Orch.: Beatae Mariae Virginis op. 47, 
E moll op. 55, Es dur op. 58, G dur op. 80, F dur 
op. 87 (Lourdes-Messe), Sancti Antonii de Padua 
D dur op. 90; Oriens ex alto D dur op. 106; ferner 
Litaniae Lauretanae op. 98; Te Deum op. 101; Re- 
quiem op. 111; kleinere Werke und weltliche 
Mannerchöre. 

FHleuI (fy'od), Henry, * 11.5. 1877 zu Laval; 
französischer Komponist, Schüler des Pariser Con- 
servatoire (Lavignac, Casadesus), ab 1908 Direktor 
der £cole nationale de musique in St. Omer; 
Offider de l’Instruction Publique. Hauptwerke: 
Motetten (1910), Männerchöre (1911), Stücke für 
V. und Org. (1912), Symphonie Gdur (1914), 
Orchestersuite (1915), symphonische Episode 
Scbies flamandes (1916), Ouvertüre (1918), Kon- 
zert für Vc. und Orch. (1922), komische Oper Le 
Jugement de Triboulet (1923), biblische Dramen mit 
Chor, Soli und Szenenmusik Marie Madeleine 
(1924) und Le Christ vainqueur (1925). 

Fillmore (f'ilmou), John Comfort, * 4. 2. 1843 
und f 15. 8. 1898 zu New London (Connecticut) ; 
amerikanischer Musikpädagoge, studierte ab 1862 
in Oberlin (Ohio), 1865-67 am Leipziger Konser- 
vatorium, wurde dann Leiter der Musikabteilung 
des Oberlin College, 1868 des Ripon College, 1878 
des Milwaukee College for Women. 1884 grün- 
dete er die Milwaukee School of Music, deren Di- 
rektor er war, bis er 1895 die Leitung der Musik- 
schule des Pomona College in Claremont (Cali- 
fornia) übernahm. F. schrieb: Pianoforte Music 
(Chicago 1883), theoretische Schriften und Unter- 
suchungen über die Musik der Indianer. 

Kitz, Anton (Fils), * um 1730 (Böhmen?), be- 
erdigt 14. 3. 1760 zu Mannheim ; ab 1754 Cellist 
im Mannheimer Orchester, Schüler von Johann 
Stamitz, genialer, aber leider nicht zur vollen Reife 
gelangter Komponist, dessen Symphonien sich der 
allergrößten Beliebtheit erfreuten. F. ist in der 
thematischen Erfindung originell und überrascht 
durch frappante Kontraste und starken Ausdruck, 
erreicht aber in der Konsequenz und Feinheit der 
Arbeit nicht entfernt seinen Lehrer. Trotz seines 
kurzen Lebens sind 41 Symphonien von ihm nach- 
weisbar, gedruckt zu je 6 op. I (a 4, eigentlich dem 
Stil nach Quartette), op. 2 (mit 2 Corni) und op. 5 
(a 8) und eine Anzahl weiterer einzeln in den Samm- 
lungen von Huberty, Boyer bzw. Bayard, la Che- 
varai&re und Bremner, außerdem aber bezüglich 
der Gediegenheit der Arbeit gegenüber den Sym- 
phonien erheblich höher stehende große 4satzige 
Streichtrios, Triosonaten op. 2 und solche mit so- 
Kstischem Vc. op. 6 und 6 posthume (a 2 V., B.c.), 

6 (sehr einfache) Klaviertrios op. 4, 3 Cellosonaten 
mit B.c. op. 5, Cello- und Hötenkonzerte. Seine 
Werke erschienen zuerst in Paris, wurden aber in 
Amsterdam und London nachgedruckt. Im Stift 
Strahov zu Prag sind 2 Messen handschriftlich 
erhalten. 

Ausg. : 3 Symphonien (Sinf. p6riodique No 2, V u. 2, 
VI), hrsg. v. H. Rebmann, DTB III, 1 ; Sinf. p6rio- 


dique No 10, hrsg. v. H. Riemann, DTB VII, 2; 
Streichtrio op. 3, II u. Klaviertrio op. 4, III, hrsg. v. 

H. Rebmann, DTB XVI. 

Lit.: Verz. d. Druckausg. d. Symphonien in DTB III, 

I , S. XXXV ; Thematischer Kat. d. Symphonien in DTB 
III, 1, S. XLIII-XLIV, Ergänzung in DTB VII, 2, 
S. XXIX; Verz. d. Druckausg. u. thematischer Kat. 
d. Kammermusik in DTB XVI, S. XV-XVI u. S. 
XXXV-XXXVI; H. Riemann, Vorworte zu DTB 
III, 1, VII, 2 u. XV. 

Fin^gin, Alexej Wassiljewitsch, *17. 3. 1890; 
russischer Musikforscher, studierte an der St. Pe- 
tersburger Universität Jura und am Russischen 
Kunsthistorischen Institut Musikwissenschaft (As- 
safjew, Preobrashensky); veröffentlichte: E. M. 
Fomin , sein Leben und Schaffen (Dissertation), Das 
Formproblem in der Musik (De musica, Petersburg 

1923) , Systematik des musikwissenschaftlichen Wis- 
sens (ebenda). Das russische Volkslied (Leningrad 

1924) und zahlreiche Aufsätze in verschiedenen 
Zeitschriften. 

Finck, - 1) Heinrich, * wahrscheinlich 1444 oder 
1445 zu Bamberg, 1 9. 6. 1527 zu Wien; deutscher 
Komponist. Die Beschreibung seines Lebens stützt 
sich im wesentlichen auf den unbestätigten Bericht 
seines Großneffen Hermann F. in der Vorrede zu 
dessen Practica Musica. Danach war F. vermutlich 
Mitglied der Krakauer Hofkapelle, ehe er, schon 
»bonus cantor« genannt, 1482 an der Universität 
Leipzig immatrikuliert wurde. Anschließend wird 
er eine Anstellung gesucht haben bei den Königen 
von Polen und von Ungarn, vielleicht auch in Tor- 
gau. 1510 wurde er Kapellmeister der Stuttgarter 
Hofkapdle. Nach deren Auflösung 1514 ging F. 
nach Augsburg oder Innsbruck, wohl als Kompo- 
nist in der Hotkapelle Maximilians I. 1524 war er 
Komponist des Salzburger Domkapitels, 1527 Ka- 
pellmeister Ferdinands I. F. starb im Schotten- 
kloster in Wien, dessen Kantorei er 1517 mitge- 
gründet hatte. F. gilt als erster deutscher Groß- 
meister der Musik. In wenigen erhaltenen und da- 
tierbaren Werken zeigt sich der Stilwandel von 
einer meist 3st. Polyphonie mit C. f. -Technik zum 
vollklingenden bis zu 7st. Satz. Auf seine frühe, 
stark traditionsgebundene Satzweise bezieht sich 
wohl Bräteis Charakterisierung von F.s »seltzam 
arth, verkarth auff fremd manier« in dem Lied »So 
ich betracht und acht der alten gsangk« (1536), 
während sein Großneffe von seinem geistvollen 
und gelehrten, jedoch harten Stil spricht. Von F.s 
Werken sind erhalten 4 Messen zu 3, 4 und 6 St., 
ein 4st. Magnificat, ein 4st. Introitus, Hymnen 
und lateinische Sätze zu 2-7 St., 4-5st. deutsche 
Lieder, textlose Sätze und Intavolierungen in der 
Tabulatur des Jan von Lublin und bei Newsidler, 
Ein Newgeordnet Lautenbuch (Nürnberg 1536). — 
2) Hermann, Großneffe von 1), * 21. 3. 1527 zu 
Pirna, f 28* 12. 1558 zu Wittenberg; deutscher 
Komponist, immatrikulierte sich 1545 an der Uni- 
versität in Wittenberg, wo er ab 1554 Vorlesungen 
über Musik hielt und 1557 Organist wurde. Neben 
4-5st. lateinischen Sätzen, einem 4st, deutschen 
Lied imd einem Instrumental-Carmen steht als sein 
wichtigstes Werk Practica Musica (Wittenberg 
1556). Aus diesem 5bändigen Kompendium ver- 
dienen das 4. und 5. Buch, die über die Toni, In- 
strumentalmusik und Gesangspraxis handeln, be- 
sondere Aufmerksamkeit. 


512 



Finger 


Ausg.: zu 1): 35 Sätze, hrsg. v. R. Eitner in PGfM 
VIII; ein Lied davon auch hrsg. v. dems. in PGfM 
XXIX; 22 Hymnen, hrsg. v. R. Gerber in RD XXI 
u. XXV; 8 Hymnen, hrsg. v. R. Gerber in Chw. IX; 
7 Sätze, hrsg. v. H. Leichtentritt in: Meisterwerke 
Deutscher Tonkunst I, Lpz. 0905): 3 Lieder u. 
3 Instrumentalsätze, hrsg. v. L. Nowak u. A. Ko- 
czirz in DTÖ XXXVII; 6 Sätze, hrsg. v. R. Gerber 
in EDM XXXII; 2 Hymnen, hrsg. v. dems. in Chw. 
XXXII; Missa in summis, hrsg. v. K. Hasse in: 
Chw. XXI ; ein 5st. Carmen, hrsg. v. H. J. Moser u. 
Fr. Ptersio in: NMA LIII. - zu 2): 2 Epithalamia, 
hrsg. v. R. Eitner in: PGfM VIII. - 5. Buch der 
Practica Musica in Übers, hrsg. v. R. Eitner in: MfM 
XI, S. 130 ff., 135 ff. u. 151 ff. 

Lit. : zu 1) : R. Eitner,« MfM XXI, 1889, S. 93 ff. ;ders., 
ebenda XXV, 1893, S. 172 ff.; ders., ebenda XXXV, 
1903, S. 167 ff.; ders., ebenda XXXVIL, 1905, S. I ff.; 
B. Hirzel, in SIMG X, 1908/09, S. 151 ff; A. Chy- 
binski, ebenda XIII, 1911/12, S. 463 ff.; G. Bossert, 
in Vierteljahresschrift für Landesgesch. XXV, Stutt- 
gart 1916; Z. Jachimecki, in ZfMw II, 1919/20, S. 
206; Th. W. Werner, ebenda, S. 689 f.; H. J. Moser, 
Paul Hofhaimer I, Stuttgart 1929; ders.. Mg. in 100 
Lebensbildern, Stuttgart (1952); A. Koczirz, in 
ZfMw XIII, 1930/31, S. 531 ff; G. Pietzsch, in 
AfMf III, 1938. S. 315; H. Albrecht, in Mf l, 1948, 
S. 242 ff.; H. Federhofer, in Mf V, 1952, S. 37 ff.; 
W. Brennecke. Die Handschrift A. R. 940/41 d. 
Proske-Bibl. zu Regensburg, — Schriften d. Landes- 
inst. f. Musikforschung Kiel I, Kassel 1953; P. Mohr, 
Die Handschrift B 21 1-21 5 der Proske-Bibl. zu Regens- 
burg, Bd VII derselben Reihe, Kassel u. Basel 1955. 
- zu 2:) L. Erk, N. Selneccer u. H. F., MfM XI, 1877; 
P. Matzdorf, Die Practica Musica . . ., Diss. Ffm. 
1957. 

Finck, Henry Theophilus, * 22. 9. 1854 zu Bethel 
(Missouri), t 1-10. 1926 zu Rumford Falls (Min- 
nesota); amerikanischer Musikschriftsteller, Schü- 
ler von J. K. Paine in Boston, studierte in der 
Folge noch Anthropologie und vergleichende Psy- 
chologie in Berlin und Heidelberg, wurde 1881 
Musikredakteur der Evening Post und Lehrer der 
Musikgeschichte am Nation-Konservatorium in 
New York. Er veröffentlichte: Chopin and other 
Essays (New York 1889), Wagner and his Works 
(2 Bände, London 1893, deutsch von G. von Skai, 
Breslau 1897), Paderewski and his Art (New York 
1895), Songs and Song- Writers (New York 1900), 
Grieg and his Music (New York 1906 und 1909, 
deutsch von A. Laser, Stuttgart 1908), Success in 
Music and how it is won , London 1909), Massenet 
and his Operas (New York 1910), Rieh. Strauss 
(Boston 1917), My Adventures in the Golden Age 
of Music (New York 1926). 

Finck, Hermine, * 1. 1. 1872 zu Baden-Baden, 

J * 1. 11. 1932 zu Berlin; deutsche Sängerin, Schü- 
erin des Hochschen Konservatoriums und von J. 
Stockhausen in Frankfurt am Main, sang ab 1892 
an der Weimarer Oper, war 1895-1911 mit d’ Al- 
bert verheiratet und lebte dann als Gesangspäd- 
agogin in Berlin. 

Findeisen, Nikolaj Fedorowitsch, * 24. 7. 1868 
und f 20. 9. 1928 zu St. Petersburg; russischer Mu- 
sikforscher, besuchte bis 1888 das Petersburger 
Konservatorium (Theorieschüler von Philipp und 
Nik. Sokolow) und widmete sich musikalisch- 
schriftstellerischer Tätigkeit. 1894 gründete er die 
Russische Musikzeitung, war auch ab 1892 musi- 
kalischer Mitarbeiter anderer russischer Zeitschrif- 
ten und ausländischer Musikzeitungen, unternahm 


Studienreisen ins Ausland und beschäftigte sich mit 
der älteren Geschichte der Musik in Rußland. 
Seine (soweit nichts angemerkt, russisch abgefaß- 
ten) Schriften sind: A. N. Werstowski (Petersburg 
1890), Glinka in Spanien (Petersburg 1896), M. L 
Glinka (Petersburg 1896), Katalog der Noten, Bücher, 
Autographen und Portraits des Glinka-Museums im 
Konservatorium zu St. Petersburg (Petersburg 1898), 
Glinka und seine Oper Rußlan und Ludmilla (Mün- 
chen 1899, deutsch), E . Fr. Napraumik (Petersburg 
1898), A. N. Serow (Petersburg 1900), Musikalische 
Skizzen und Schattenrisse (Petersburg 1891), Die 
mittelalterlichen Meistersinger (Petersburg 1897), Das 
musikalische Altertum (Sammlung musikalisch- 
historischer Aufsätze, 1903), Das russische Kunstlied 
(1905), Glinkas gesammelte Briefe (2 Bände, 1907/08), 
Rimskij-Korsakow (Petersburg 1908), Geschickte 
der St. Petersburger Sektion der Kaiserlich Russischen 
Musikgesellschaß 1859-1909 (Petersburg 1909), Ab- 
riß der Geschichte der russischen Musik von der ältesten 
Zeit bis Ende des 18. Jh. (2 Bände, Moskau und 
Leningrad 1928/29), The Earliest Russian Operas 
(MQ XIX, 1933). F. war Hauptmitarbeiter der 
russischen Ausgaben dieses Lexikons von 1901 und 
1916. 

Findeisen, Otto, * 23. 12. 1862 zu Brünn, f 23. 
1. 1947 zu Leipzig; deutscher Komponist, Ope- 
rettenkapellmeister am Leipziger Stadttheater, 
schrieb die Operetten Der alte Dessauer (Magdeburg 
1890), Hennings von Treffenfeld (Magdeburg 1891), 
Kleopatra (Hamburg 1897), Der Spottvogel (Bremen 
1898), Der Sühneprinz (Leipzig 1904), ’s Poussier - 
schlößl (Leipzig 1907), Sonnenguckerl (Wien 1908), 
Meister Pinkebank (Wien 1909), Die goldene Gans 
(Leipzig 1910), Jung Habenichts und das Silberprin- 
zeßchen (Dresden 1913), von denen sich aber nichts 
durchsetzte, und das Mirchenspiel Frau Holle (Ber- 
lin 1904). 

Fine (fain), Irving, * 3. 12. 1914 zu Boston 
(Massachusetts); amerikanischer Komponist, stu- 
dierte zunächst an der Harvard University Klavier, 
Chorleitung, Dirigieren (Kussewitzky) und Kom- 
position bei Piston (Baccalaureat 1937, Magister 
1938), ab 1939 bei N. Boulanger in Paris Kompo- 
sition. Während des Krieges war er Instruktor und 
Hilfschorleiter des Glee Club, ab 1945 Assistant 
Professor an der Harvard University. 1950 wech- 
selte er zur Brandeis University über, bei der er 
seit 1952 Chairman of the School of Creative Arts 
ist (1954 Professor of Music). 

Finger, Gottfried, * um 1660 zu Olmütz, f nach 
1723; mährischer Komponist, um 1682 in Mün- 
chen, ging 1685 nach London, dort kurze Zeit in 
der Kapelle Jakobs 0. tätig. Mißerfolge mit seiner 
Musik zu Maskenspielen und Dramen veranlaßten 
1702 seine Rückkehr nach Deutschland. In Berlin 
wurde er 1702 Kammermusiker der Königin Sophie 
Charlotte und schrieb mehrere deutsche Opern. 
1707 war er Kammermusiker und ab 1708 Kon- 
zertmeister der Hofkapelle in Innsbruck, 1717-23 
schrieb er als kurpfälzischer Konzertmeister und 
Kammerrat Bühnenstücke für Düsseldorf und 
Mannheim. Wichtiger als seine deutschen und eng- 
lischen Bühnenwerke sind seine Instrumental- 
Kompositionen: 12 Sonaten op. 1 (1688, 1-3 für 
V., Gambe und B.c., die übrigen für 2 V., Va und 


33 


513 



Fink 


B.c.), 6 Sonaten für V. (Fl.) und B.c. (1690), 
Ayres, Chacones , Divisions and Senates for Violins 
and Flutes (1691, mit Banister) und 5st. Sonaten für 
Flöten und Oboen (mit Gottfried Keller). Die 
Amsterdamer Ausgaben von Trios, Flötensonaten 
usw. sind wohl Nachdrucke der genannten Lon- 
doner. 

Ausg.: Sonate f. FL, Ob. oder V. u. B.c., hrsg. v. 
P. Rubardt, Hannover 1932; 2 Sonaten f. 2 unbe- 
gleitete Alt-Blockfl. (Querfl.), hrsg. v. A. Rodemann, 
Celle 1939; eine Triosonate, hrsg. v. W. T witten- 
hoff, * Musica practica XXV. 

Fink, Gottfried Wilhelm, * 7. 3. 1783 zu Sulza 
(Thüringen), f 27. 8. 1846 zu Leipzig; deutscher 
Theologe und Musikschriftsteller, begann schon 
früh Lieder zu komponieren, studierte 1804-09 in 
Leipzig Theologie und fungierte dort 1809-16 als 
Prediger; 1812-27 leitete er eine Erziehungsanstalt. 
Als Redakteur der AmZ, an der er schon seit 1808 
mitarbeitete, nahm er 1827-41 in der deutschen 
Musikkritik eine beherrschende Stellung ein. F. 
war ein umfassend gebildeter Musiker, besaß aber 
kein eigenes Urteilsvermögen und steigerte sich 
schließlich in eine unfruchtbare Polemik gegen die 
Neuromantik hinein. 1838-43 hielt er Vorlesungen 
an der Universität Leipzig, die ihn 1842 zu ihrem 
Musikdirektor ernannte. Liederhefte: Häusliche 
Andachten (2 Hefte, Leipzig 1811-14); Volkslieder 
(5 Hefte, Leipzig 1812-15); Romanzen und Balladen 
(Leipzig 1812); Kindergesangbuch (2 Hefte, Leipzig 
1815) ; Neue häusliche Andachten (Leipzig 1834). Die 
meisten Texte schrieb F. selbst. M usikalis che 
Schriften: Erste Wanderung der älteren Tonkunst 
(Essen 1831); Musikalische Grammatik (Leipzig 
1836, 21839, Langensalza 31862); Wesen und Ge- 
schichte der Oper (Leipzig 1838) ; Der neumusikalische 
Lehrjammer (Leipzig 1842, gegen A. B. Marx); 
System der musikalischen Harmonielehre (Leipzig 
1842); Der musikalische Hauslehrer (Leipzig-Pesth 
1846, 2 1851); Musikalische Kompositionslehre (her- 
ausgegeben von Theodor Cocaus, Leipzig 1847). 
Manuskript blieb ein Handbuch der allgemeinen 
Geschichte der Tonkunst . Ferner gab er heraus: 
Musikalischer Hausschatz , Liedersammlung (Leip- 
zig 1844/45 und viele Neuauflagen) und Die 
deutsche Liedertafel (Leipzig 1845 und öfter). 

Lit: H. H. Rosenwald, Das deutsche Lied zwischen 
Schubert u. Schumann, Diss. Heidelberg 1929; M. 
Bigenwald, Die Anfänge d. Leipziger AmZ, Diss. 
Freiburg i. Br. 1934; K. Dounskv, Die Anfänge d. 
musikalischen Fachpresse . . ., Diss. Bin 1940. 

Finke, Fidelio Fritz, *22. 10. 1891 zu Josefsthal 
(Nordböhmen); deutscher Komponist, besuchte 
erst das Lehrerceminar in Reichenberg, studierte 
1910-11 bei V. Novdk am Prager Konservatorium, 
wo er 1915-20 als Lehrer für Komposition wirkte. 
1919 wurde er Mitglied der deutschen Staatsprü- 
fungskommission für Musik, 1920 Staatsinspektor 
der deutschen Musikschulen in der tschechoslowa- 
kischen Republik und Lehrer für Komposition an 
der Deutschen Akademie für Musik in Prag, 1927 
Direktor dieser Musikakademie und Leiter der 
Kompositions-Meisterklasse, 1928 mit einem 
Staatspreis ausgezeichnet, 1946 Direktor und Kom- 
positionslehrer der Staatlichen Akademie für Musik 
und Theater in Dresden, 1951 Professor für Ton- 
satz an der Staatlichen Hochschule für M usi k in 
Leipzig. Seine Entwicklung führte von Brahms 

514 


über Reger und Schönberg zu einem Personalstil, 
der traditionsverbundenes böhmisches Musikanten- 
tum geistvoll mit polyphoner Satzkunst ver- 
schmilzt. Hauptwerke: Eine Schauspiel-Ouvertüre 
(1908) ; Eine Reiterburleske für Kl. (1913) ; I. Streich- 
quartett (1914); Variationen und Fuge für Kam- 
merorch. (1915); Symphonie Pan (1919); Klavier- 
Musik für Kinder (1921, als i9 kleine Klavierstücke 
1950 neu gedruckt) ; 8 Stücke für Streichtrio (1923) ; 
Der zerstörte Tasso für S. und Streichquartett (1925) ; 
II. Klaviersuite (1926); II. Streichquartett (1928); 
Fantasie, Variationen und Doppeltuge Aus tiefer 
Not und 7 Choralvorspiele für Org. (1928) ; Suite 
und Toccata und Fuge für Org. (1930); Klavier- 
konzert (1930); Konzert für Orch. (1931); Con- 
certino für 2 Kl. (1931) ; Oper Die Jakobsfahrt (1935) ; 
Deutsche Kantate (1940); Sonate für Harfe solo 
(1945) ; Tanzspiel Das Lied der Zeit (1946) ; Hom- 
sonate (1946); II. Orchestersuite (1947); III. Or- 
chestersuite (1949) ; Klarinettensonate (1949) ; Oper 
Der Schlagfertige Liebhaber (1953) ; Capriccio für KL 
und Orch. (1953) ; IV. Orchestersuite für 16 Blä- 
ser und Schlagwerk (1954); V. Orchestersuite für 
11 Bläser (1955). 

Lit: E. K. Pohl, F. F. F., ZfM CVI, 1939; K. M. 
Komma, Schicksal u. Schaffen sudetendeutscher Kom- 
ponisten, Stifter-Jb. III, 1953. 

Finke, Romeo, * 9. 3. 1868 zu Heinersdorf (Böh- 
men) ; böhmischer Komponist, Onkel und Lehrer 
von Fidelio F. Finke, besuchte das Prager Konser- 
vatorium und studierte bei Proksch Klavier, wirkte 
im Institut Proksch 15 Jahre, wurde 1909 ans Pra- 
ger Konservatorium als Klavierprofessor berufen 
und leitete 1920-27 die neugegründete Deutsche 
Akademie für Musik. 

Finney (f'ini), Ross Lee, * 23. 12. 1906 zu 
Wells (Minnesota); amerikanischer Komponist, 
Schüler von Ferguson, N. Boulanger und A. Berg, 
ist Assodate Professor of Music an Smith College 
in Northampton (Massachusetts). Er schrieb: Chor 
John Brown (1929); Klaviertrio (1931); 2 Klavier- 
sonaten (1932 und 1933); Violinsonate (1934); 1. 
Konzert für Orch. (1934); 1. Streichquartett F moll 
(1935); 2. Konzert für Orch. (1936); Tanzdrama 
Masse Mensch (1936); 2. Streichquartett D moll 
(1937). Er ist General Editor der Smith College 
Music Archives, in denen er Band I (Geminiani) 
herausgab (1935). 

Finney (f'ini), Theodore M., * 14. 3. 1902 zu 
Fayette (Iowa) ; amerikanischer Musikforscher, stu- 
dierte 1924 an der University of Minnesota (Min- 
neapolis), 1926 am Conservatoire Amdricain in 
Fontainebleau, 1927/28 am Stemschen Konserva- 
torium und an der Universität Berlin, danach an 
der University of Pittsburgh (1938 Litt. M.). F. war 
1925-32 Assistant Professor of Music am Carleton 
College in Northfield (Minnesota), wirkte 1930-38 
m der Summer School of Music des Smith College 
in Northampton (Massachusetts) und ist seit 1936 
Leiter der Abteilung für Musikgeschichte und Lite- 
ratur an der University of Pittsburgh. Veröffentli- 
chungen: A History of Music (New York 1935, re- 
vidiert 1941), Hearing Music (New York 1941; 
spanisch: Aprenda a Oir Musica, Buenos Aires 
1943), We Haue Made Music (Pittsburgh, Pennsyl- 
vania, 1955). 



Fiorillo 


Fino, Giocondo, * 3. 5. 1867 zu Turin, t 1950; 
italienischer Komponist, studierte Theologie und 
orientalische Sprachen, wurde Priester, entschied 
sich aber dann für das Musikstudium bei Bolzoni 
in Turin und lebte dort als Priester, Lehrer und 
Komponist; schrieb die Opern: H Battista (1906), 
La festa delgrano (1910), Parej deV59 (1915), Campane 
agloria (1916), Debora und La bisbetica dornata ; die 
Oratorien: Noemi e Ruth (1908) und 14 stazioni 
della Via Crucis (1929); Messen, Motetten, Musik 
zu religiösen Filmen, Orchester- und Kammermu- 
sik, Violin-, Orgel- und Klavierstücke. 

Finscher, Friedrich Ludwig (auch Lutz), * 14. 3. 
1930 zu Kassel (Hessen) ; deutscher Musikforscher, 
studierte ab 1949 Musikwissenschaft an der Uni- 
versität Göttingen (Gerber) und promovierte 1954 
mit einer Arbeit über Die Messen und Motetten 
Loyset Compbres (ungedruckt). 1955/56 war er Mit- 
arbeiter von W. Wiora am Deutschen Volkslied- 
archiv in Freiburg im Breispu und wirkt seit 1956 
als wissenschaftliche Hilfskraft am Musikwissen- 
schaftlichen Seminar der Universität Göttingen. F. 
ist Herausgeber der gesammelten musikalischen 
Werke von Fr. Gafurius (Rom 1955 ff.) und der 
Gesamtausgabe von L. Compfcre (Rom 1957 ff). 
Weitere Ausgaben: Leonhard Lechner , Motectae sa- 
crae 1575 (Band I der GA, Kassel 1956) und L. Com- 
pbre , Missa Alles regrets (Chw. LIV, 1956). 

Finzi, Gerald, * 14. 7. 1901 zu London, t Ende 
September 1956 zu Ashmansworth; englischer 
Komponist, erhielt 1918-22 seine musikalische 
Ausbildung bei E. Bairstow in Yorkminster, später 
vorübergehend auch bei R. O. Morris. 1930-33 
hatte er eine Kompositionsprofessur an der Royal 
Academy of Music in London. Seitdem lebte er 
freischaffend als Komponist, Dirigent und Gast- 
dozent. Während des Krieges war er im Verkehrs- 
ministerium tätig, gründete und leitete ein Lieb- 
haberorchester, nach Kriegsende auch einen Laien- 
chor. Das brachte ihn in aufführungspraktische Be- 
rührung mit altenglischer V okal- unef Instrumental- 
musik. Er besorgte daher zahlreiche Neuausgaben 
englischer Meister des 18. Jh. wie Stanley, Mudge, 
Bond und Wesseley. Sein eigenes Werkverzeichnis 
umfaßt 40 Opuszahlen, darunter Anthems, Solo- 
und Chorkantaten. Unter seiner Kammermusik 
finden sich mehrere Hardy-Zyklen und Klarinet- 
tenkompositionen, denen ein Klarinettenkonzert 
folgte, zuletzt auch noch ein Cellokonzert. 

Lit.: H. Ferguson, G. F., ML XXXVIII, 1957. 

Fiocco, belgische Komponistenfamilie von italie- 
nischer Herkunft. - 1) Pierre-Antoine, * 1650 
zu Venedig, t 3. 11. 1714 zu Brüssel; 1681 führte 
er in Haimover seine Oper Alceste auf und ließ sich 
dann in Brüssel nieder, wo er in dem von ihm 1694 
gegründeten Opernhaus Lullysche Opern mit neuen 
Prologen eigener Komposition brachte. - 2) Jean- 
Joseph, getauft 15. 12. 1686 und t 30. 3. 1746 zu 
Brüssel, Sohn von Pierre-Antoine F.; er schrieb 9 
Requiem, 5 Oratorien, Psalmen und Motetten, von 
denen nur die Sacri concentus für 4 Singstimmen und 
31nstr. erhalten sind.-3)Joseph-Hector, *1703 
und 1 22. 1. 1741 zu Brüssel; Sohn und Schüler von 
Pierre-Antoine F., war der bedeutendste unter den 
3 Komponisten, ging 1731 nach Antwerpen und 


wurde später Kapellmeister an Sainte-Gudule in 
Brüssel. Außer zahlreichen Kirchenwerken schrieb 
er Pikees de Clavecin . 

Ausg.: J.-H. F.: Piöces de Clavecin, hrsg. v. J. Wate- 
let, MMBelg III. 

Lit: C. Stellfeld, Les F., Brüssel 1941. 

Fiorav$nti,-l) Valentino, * 11.9. 1764 zu Rom, 
1 16. 6. 1837 auf einer Reise zu Capua; italienischer 
Komponist, Privatschüler von Sala in Neapel, de- 
bütierte als Opemkomponist mit Le avventure di 
Bertoldino (Rom 1784) und wurde einer der nam- 
haftesten Komponisten auf dem Gebiete der italie- 
nischen komischen Oper. Längere Zeit wirkte F. 
als Kapellmeister am San-Carlo-Theater in Lissa- 
bon, hielt sich einige Zeit in Paris auf und wurde 
1816 zum Päpstlichen Kapellmeister an der Peters- 
kirche ernannt, in welcher Eigenschaft er eine An- 
zahl Kirchenmusikwerke, auch Kantaten, schrieb, 
die aber hinter seinen des Humors und der Frische 
nicht entbehrenden Opern zurückstehen. 1784 bis 
1824 komponierte er 77 Opern für: Neapel (36), 
Rom (16), Lissabon (9), Venedig, Mailand, Turin, 
Florenz und Paris. - 2) Vincenzo, * 5. 4. 1799 zu 
Rom, f 28. 3. 1877 zu Neapel, Sohn des vorigen, 
wurde 1839 Kapellmeister an der Kathedrale von 
Lanciano, ließ sich dann in Neapel nieder und wurde 
1867 Direktor des Albergo da poveri. Er war, wie 
sein Vater, ein in Italien angesehener Komponist 
komischer Opern, debütierte 1819 mit J7 Putcinello 
molinaro am Kleinen Carlotheater in Neapel und 
schrieb gegen 40 Opern, zumeist für das Teatro 
nuovo von NeapeL 

Lit: G. Roberti, L’autobiografia di V. F., in: Gaz- 
zetta Musicale, Mailand 1895; A. Della Corte, 
L’opera comica italiana nel* 700, 2 Bde, Bari 1923, 
spanisch Buenos Aires 1928. 

Fiore, Andrea, * 1686 zu Mailand, * 6. 10. 1732 
zu Turin; italienischer Komponist, in Rom ausge- 
bildet, schon 1699 in der Kapelle des Herzogs von 
Turin, die er ab 1709 leitete, schrieb 1707-30 27 
seriöse Opern für Turin (11), Mailand (7), Genua 
(4), Wien und Reggio nelTEmilia (je 2), Venedig 
(1). Als op. 1 erschienen 12 Kirchensonaten 1699 im 
Druck. 

Fior]llo, Dante, * 4.7.1905; amerikanischer 
Komponist, Lehrer an verschiedenen New Yorker 
Musikschulen und Verlagsleiter bei Educational 
Music Publishers, schrieb: 12 Symphonien (1928 
bis 1948k Music for Strings (1926); Prelude and Pas- 
sacaglia für Orch. (1927); Konzert für Ob., Horn, 
Kl., Pauken, Sousaphon und Streicher (1935); 11 
Streichquartette (Gregorian String Quartet 1927). 

Ftarjllo, - 1) Ignazio, * 11. 5. 1715 zu Neapel, 

+ im Juni 1787 zu Fritzlar; italienischer Komponist, 
Schüler von L. Leo und Durante, debütierte 1736 
in Venedig als Opemkomponist mit der seriösen 
Oper Mondäne, wurde 1754 als Hofkapellmeister 
nach Braunschweig und 1762 nach Kassel berufen 
und zog sich nach seiner Pensionierung 1780 nach 
Fritzlar zurück. Außer 20 Opern schrieb er auch 
ein Requiem, 3 Te Deum, ein Oratorium Isacco 
sowie mehrere Instrumentalwerke. - 2) Federig o, 

* Ende Mai 1755 zu Braunschweig, f nicht vor 
1823; italienischer Violinist und Komponist, Sohn 
von I. F., wurde nach Konzertreisen 1782 Kapell- 


33* 


515 



FirkuSny 


meister in Riga, trat 1785 in Paris auf und ging 
1788 nach London, wo er sich mehr der Bratsche 
zugewandt zu haben scheint, da er in Salomons 
Quartett dieses Instrument spielte und auch in den 
Anden c Concerts als Solist auf der Bratsche auf- 
trat (1794). Von ihm ist eine große Anzahl Kom- 
positionen erhalten, darunter vor allem Werke für 
Violine und Kammermusik, aber auch einige für 
London geschriebene Ballette. Seine Etüde pour 
violon formant 36 Caprices (von denen eine in die 
andere überleitet) gilt als anerkanntes Studienwerk 
und wurde von Spohr mit einer begleitenden zwei- 
ten Violine herausgegeben, seitdem in zahlreichen 
Ausgaben. 

Firku$n£ (f'irkufni:), Rudolf (Ruda), * 11. 2. 
1912 zu Napajedl (Mähren); amerikanischer Pia- 
nist, besuchte die Masaryk-Universität in Brünn 
und gleichzeitig das Konservatorium, an dem er 
Klavier bei W. Kurz, Komposition bei Janätek 
studierte, wechselte dann an die Prager Meister- 
schule über, wo er Komposition bei Suk belegte. 
In Tremezzo und New York arbeitete er später 
noch bei Artur Schnabel. Sein Prager Debüt mit 
der Tschechischen Philharmonie lag bereits im 
Jahre 1922. Seine Laufbahn als Konzertpianist 
führte ihn von 1933 an (London) durch ganz Eu- 
ropa, seit 1938 (New York) auch durch Nord- und 
Südamerika; sein Repertoire umfaßt auch zeit- 
genössische tschechische Musik. Seit 1946 im Vor- 
stand des Berkshire Music Center Tanglewood, 
wurde er auch als Komponist durch Berufungen, 
Aufträge und Ehrungen wiederholt ausgezeichnet. 
Sein Werkverzeichnis umfaßt vornehmlich Kam- 
mermusik, Liederzyklen und Klaviermusik (auch 
ein Klavierkonzert). Er ist ständiger Mitarbeiter 
von Modem Music, Musical Quarterly und der New 
York Times. 1948 schrieb er: >The Story of Twen - 
tieth Century Music«. 

Fischer, Adolf, * 23. 6. 1827 zu Uckermünde, 
f 7. 12. 1893 zu Breslau; deutscher Organist, 
wirkte an Kirchen in Berlin und Frankfurt an der 
Oder, ging 1870 nach Breslau, wo er 1880 das 
Schlesische Konservatorium gründete. Er schrieb 
einige Orchester- und Vokalwerke. 

Hschetr, Annie, * 5. 7. 1914 zu Budapest; unga- 
rische Pianistin, trat 1922 zum ersten Male in der 
Öffentlichkeit auf und war dann Schülerin Dohni- 
nyis und Szdcelys und begann eine glänzende Kar- 
riere auf Reisen in ganz Europa. 1937 heiratete sie 
den künstlerischen Leiter der Budapester Oper, 
Ala dar von Toth. 1941 nach Schweden emigriert, 
lebt sie seit 1946 wieder in Budapest, wo sie an der 
Musikakademie unterrichtet. Frau F. ist besonders 
als Liszt- und Schumannspielerin international be- 
kannt. 

Fischer, Anton, getauft 13. 1. 1778 zu Ried 
(Schwaben), f 1. 12. 1808 zu Wien; deutscher 
Komponist, Kapellmeister am Josephstädter Thea- 
ter, ab 1800 am Theater an der Wien (unter Schi- 
kaneder), schrieb zahlreiche Singspiele, eine Pan- 
tomime, eine Kinderoperette und bearbeitete Gr6- 
trys Raoul , der Blaubart und Die beiden Geizigen für 
die Neuinszenierung in Wien. Weiter wurden 2 
Messen, 2 Kantaten, Eliavierstücke und Lieder be- 
kannt. 


Fischer, Carl, Inc., amerikanischer Musikverlag 
in New York, gegründet 1872 von Carl Fischer 
(* 7. 12. 1849, f 14. 2. 1923) als Musikinstrumen- 
tengeschäft, das sich zu einer der bedeutendsten 
Musikinstrumentenfirmen in den USA entwickelt 
hat. Wenig später fügte F. einen Verlag hinzu, der 
zunächst einen umfangreichen Orchester- und 
Blasorchesterkatalog führte, dem sich eine große 
klassische Edition anfügte. Außerdem veröffent- 
licht der Verlag heute Werke von Bax, E. Bloch, 
Godowsky, Violintranskriptionen von Auer, 
Heifetz sowie Werke von zahlreichen jüngeren 
amerikanischen Komponisten. 1923 übernahm 
Carl F.s Sohn Walter S. Fischer die Leitung der 
Firma und nach dessen Tod Frank H. Connor. 

Fischer, Carl August, * 25.7. 1828 zu Ebers- 
dorf bei Chemnitz, f 25* 1 2. 1892 zu Dresden; 
deutscher Komponist, Organist an der englischen 
und St. Annenkirche, dann an der Dreikönigs- 
kirche in Dresden, war ein bedeutender Orgelvir- 
tuose und schrieb 2 Orgelsymphonien mit Orch. und 
mehrere Einzelsätze, 3 Orgelkonzerte Weihnachten^ 
Ostern und Pfingsten , je eine Fantasie mit Orgel- 
begleitung für Vc. f V. und Pos., auch 3 Festmessen, 
eine Oper Loreley (Text von Geibel), eine Musik 
zu Schillers Tell f eine Orchestersuite sowie Stücke 
für V. und Org. bzw. Vc. und Org. 

Fischer, Edwin, * 6. 10. 1886 zu Basel; Schwei- 
zer Pianist, Sohn eines Musikers aus Prag, Schüler 
von H. Huber am Basler Konservatorium und ab 
1904 von Martin Krause am Stemschen Konserva- 
torium in Berlin, an dem er 1905-1914 als Lehrer 
wirkte. 1931 trat er als Nachfolger Schnabels in den 
Lehrkörper der Akademischen Hochschule für Mu- 
sik in Berlin ein. Als Dirigent leitete er ab 1926 den 
Lübecker Musik verein, 1928-32 den Bach verein 
München, in der Folge für einige Jahre ein eigenes 
Orchester. Um 1942 kehrte er in die Schweiz zu- 
rück und ist in Zürich ansässig. F. veröffentlichte 
eine Sonatine für Kl. und Lieder, gab Bachs Kla- 
vierwerke und eine Sammlung unbekannterer Kla- 
vierwerke heraus (beides Berlin o. J.) und schrieb: 
Johann Sebastian Bach (Potsdam 1945), Musikalische 
Betrachtungen (Wiesbaden 1949, in viele Sprachen 
übersetzt) und Ludwig van Beethovens Klaviersona- 
ten (Wiesbaden 1956). Er ist einer der bedeutend- 
sten und universellsten Pianisten der Gegenwart, 
besonders Bach- und Beethovenspieler, von ele- 
mentarer Kraft und feinster Sensitivität zugleich, 
dessen in reicher Farbigkeit leuchtendes Spid stets 
Ausdruck einer großen persönlichen Auffassung 
ist. Dr. phiL h. c. Basd 1956. 

Fischer, Erich, * 8. 4. 1887 zu Kreuz! ingen am 
Bodensee; deutscher Musikforscher, studierte in 
Berlin bei Stumpf, Kretzschmar und Friedlaender, 
promovierte 1909 mit einer Arbeit Beiträge zur Er- 
forschung der chinesischen Musik (Teüdruck in SIMG 
XE, 1910/11), war 1907-10 Assistent am Phono- 
gramm-Archiv des Psychologischen Instituts, 
schrieb auch: Patagonische Musik (in Anthropos III, 
1908). 1910-14 bereiste er Süddeutschland im Auf- 
trag der Kommission zur Herausgabe der Denk- 
mäler deutscher Tonkunst. Die Winterhalbjahre 
1911-13 war er Solorepetitor am Hannoverschen 
Hoftheater, wo 1913 seine Oper Das heilige Käpp- 
iein aufgeführt wurde. 1914 begann er ein Unter- 


516 



Fischer 


nehmen zur Wiederbelebung alter wertvoller Me- 
lodien: Kleine Hauskomödien mit Musik: einfach 
aufzuführende Singspiele, die jeweils mehrere Mu- 
siknummem aus vergessenen Werken eines älteren 
Komponisten in einen neuen Text einpassen. F. 
gab heraus: J. A. Sixt, 12 Lieder (Berlin 1932). 

Lit. : W. Altmann, Führer durch E. F.s mus. Haus- 
komödien, Bin 31924. 

Fischer, Franz (von), * 29. 7. 1849 und f 8. 6. 
1918 zu München; deutscher Violoncellist und Di- 
rigent, wurde 1870 Solocellist am Pester National- 
theater unter Hans Richter, dann in München und 
Bayreuth bei Wagper, war 1877-79 Hofkapell- 
meister in Mannheim, dann bis 1912 in gleicher 
Stellung in München (mit persönlichem Adel). 

Fischer, Georg, * 6. 2. 1836 und f 2. 4. 1921 zu 
Hannover; Geheimer Sanitätsrat, Oberarzt am 
Krankenhaus der Stadt Hannover in Linden, gab 
wertvolle Beiträge zur Musikgeschichte in den 
Schriften : Opern und Concerte im Hofiheater zu Han- 
nover (Hannover 1899; als Musik in Hannover 21903, 
vermehrte Auflage) ; Hans von Bülow in Hannover 
(Hannover 1902); Marschner-Erinnerungen (Han- 
nover 1918) und Aus meinem Leben (Hannover 
1921). Auch gab er Briefe von Theodor BiUroth 
heraus (Hannover und Leipzig 1895, 81910). 

Fischer, Gottfried Emil, * 28. 11. 1791 und 
f 14. 2. 1841 zu Berlin, Sohn des Lehrers der Phy- 
sik am Grauen Kloster, Emst Gottfried F. (* 17. 7. 
1754 zu Hoheneiche bei Saalfeld, f 21. 1. 1831 zu 
Berlin, Verfasser von: Versuche über die Schwingun- 
gen gespannter Saiten , Berlin 1824), war 1817-25 
Mathematiklehrer an der Kriegsschule und ab 1818 
Gesanglehrer am Grauen Kloster in Berlin. Er 
komponierte Motetten, Choräle, Schullieder und 
verfaßte die Abhandlung über die Melodien der 
Minnesänger im 4. Band von F. H. v. d. Hägens 
Minnesinger. 

Fischer, Jacob, * 20. 8. 1849 zu Pohrlitz (Mäh- 
ren); österreichischer Violinist und Komponist, 

g ng 1864 nach Wien, wo er bei C. G. P. Grädener 
omposition und bei J. Hellmesberger und Dont 
Violine studierte, war als Grädeners Nachfolger 7 

g hre lang Theorielehrer und Chorleiter an den 
orakschen Klavierschulen, wurde 1900 Lehrer 
für Erziehungslehre am Wiener Konservatorium 
und 1908 als solcher von der neugegründeten Aka- 
demie für Musik übernommen, schrieb: Lieder, 
Chorlieder und Klaviersonaten. 

Fischer, Johann, * 25. 9. 1646 zu Augsburg, 
t um 1716 zu Schwedt; deutscher Violinist und 
Komponist, war Sohn eines Stadtpfeifers, Schüler 
von Capricomus, wurde 1665 in Paris auf 5 Jahre 
Notist Lullys, gehörte 1673 der Stuttgarter Hof- 
kapelle an, ging 1674 nach Augsburg zurück, wo 
er 1677 an der Barfüßerkirche angestellt wurde, 
war 1683-85 Violist der Hofkapelle Ansbach, 
1690-97 Kapellmeister des Herzogs von Kurland, 
1701-04 des Herzogs von Mecklenburg in Schwe- 
rin, lebte dann in Kopenhagen, Schwerin, Stral- 
sund, Stettin und Stockholm und war zuletzt mark- 
gräflicher Kapellmeister in Schwedt. F. bürgerte 
mit als erster den Lullyschen Orchesterstü in 
Deutschland ein. Nach Gerber liebte er die-* Scor- 
datura und war sehr um die Einführung der Brat- 


schen (statt der Violen) bemüht. Von ihm sind er- 
halten: Musikalische Mayen-Lust , 7 Partiten für 2 
V. und B.c. (Augsburg 1681) ; Himmlische Seelen s- 
Lust, Lieder mit Instrumenten (Nürnberg 1686); 
Musicalisch Divertissement , Ouvertüren (Dresden 
1699); Neuverfertigtes Musicalisches Divertissement , 
Ouvertüren (Augsburg 1700); Tafel-Musik , Ou- 
vertüren, Chaconnen, Suiten und ein Anhang mit 
polnischen Tänzen (Hamburg 1702), als Musica- 
tische Fürsten-Lust mit einem Anhang (auch einzeln 
erschienen) Feld- und Heldenmusik auf die Schlacht 
bei Höchstädt (Lübeck 21706, Lübeck 31708) ; fer- 
ner eine Trauennotette. Handschriftlich erhalten 
sind: Ensemblesuite Musicalische Composition über 
die weltberühmte Lüneburger Sültze ; Das Eirts-Drey, 
eine Suite, die ein Violinist ausführen soll, indem 
er abwechselnd auf 2 Violinen und einer Bratsche 
(alle in verschiedener Scordatura) spielt; eine Flö- 
tensuite. 

Ausg.: Lustige Suiten u. Tänze für 3 Streichinstr. aus 
d. Tafel-Musik, hrsg. v. H. Engel, Kassel (1928); 
Tafelmusik für 4 Streichinstr., hrsg. v. H. Engel, 
HM XVII, Kassel (1950); Marsch für 4 Instr. aus d. 
Tafel-Musik, Schering Beisp. 255; Vier Suiten für 
Blockfl. u. B.c., hrsg. v. W. Woehl, HM LIX, Kassel 
o. J. 

Lit.: J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, 
Hbg 1740, neu hrsg. v. M. Schneider, Bin 1910; B. 
Wöjciköwna, Diss. Lemberg 1914, Auszüge daraus: 
Tance polskie J. Fischera, Kwartalnik Muzyczny II, 
1914; dies., J. F. als Suitenkomponist, Zf Mw V, 
1922/23 ; dies., Un disdple de J.-B. Lully: J. F., Rev. 
de Musicol. XIII, 1929 (= Tome X); G. Beckmann, 
Das Violinspiel in Deutschland vor 1700, Lpz. 1918, 
dazu als Beilage V Das Eins-Drey (1920). 

Fischer, Johann Caspar Ferdinand, ♦vermut- 
lich um 1665, f wahrscheinlich 27. 3. 1746 zu Ra- 
statt; deutscher Komponist, ist als Kapellmeister des 
Markgrafen von Baden 1692-1716 in dessen Resi- 
denz Schlackenwerth (Böhmen), 1720-41 in Ra- 
statt nachzuweisen, »gehörte unter die stärksten 
Klavierspieler seiner Zeit« (Gerber) ; er ist einer der 
feinsten, durch die französische Suite beeinflußten 
Klavierkomponisten des Bach-Zeitalters und hat 
mit seiner Ariadne musica der Idee nach und nicht 
selten auch thematisch Bach die Anregung zum 
Wohltemperierten Klavier gegeben. Von ihm er- 
schienen: Le Journal du Printems op. 1, 5st. Airsund 
Ballette mit Trompeten (Augsburg 1695); Les 
Pihces de Clavessin op. 2 (Schlackenwerth 1696, als 
Musicalisches B lumen-Büsch lein, Augsburg 1699); 
4st. Vesperpsalmen op. 3 (Augsburg 1701); Lita- 
niae Lauretanae op. 5, 4st. (Augsburg 1711); Ariadne 
Musica (Augsburg 1715, nach J. G. Walther schon 
Schlackenwerth 1702 erschienen); Blumen-Strauss, 
8 Klaviersuiten (Augsburg um 1733) ; Musicalischer 
Pamassus, 9 Klaviersuiten (Augsburg 1738); auch 
einige Bühnenstücke hat F. geschrieben. Hoff* 
mann-Erbrechts Vermutung, der Pamassus sei von 
J. C. F. F. und seinem Sohn J. C. F. geschrieben, 
läßt sich nicht zureichend begründen. 

Ausg. : Sämtliche Werke f. Kl. u. Org., hrsg. v. E. v. 
Werra, Lpz. 1901; Ariadne, hrsg. v. E. Kaller, 
Liber Organi VII, Mainz 1935; Le Journal du Prin- 
tems, hrsg. v. E. v. Werra, in DDT X; Notenbüch- 
lein f. KL, hrsg. v. F. Ludwig, Mainz 1940, die mei- 
sten Stücke darin wahrscheinlich nicht von J. C. F. 
F.; 2 Stücke, Taguapietra Ant X; viele Einzelausg. 
u. Bearb. 


517 



Fischer 


Lit.: M. Seiffert, Gesch. d. Klaviermusik, = 3. 
Ausg. v. C. F. Weitzmanns Gesch. d. Klavierspiels, 
Lpz. 1899; R. Hohenemser, J. K. F. F. als Klavier- 
u. Orgelkomponist, MfM XXXIV, 1902; O. Hau- 
deck, J. K. F. Fischer, Mitt. d. Ver. f. d. Gesch. d. 
Deutschen in Böhmen XLIV, 1906; F. Ludwig, Neue 
Forschungen über . . . J. K. F. F., ebenda IL, 1911; 
R. Oppel, Über J. K. F. F.s Einfluß auf J. S. Bach, 
Bach-Jb. VII, 1910; L. Schiedermair, Die Oper an 
d. badischen Höfen, SIMG XIV, 1912/13; A. Ein- 
stein, Ein Kirchenwerk J. C. F. F.s, AMI XXIII, 
1951 ; L. Hoffmann-Erbrecht, J. K. F. F. d. jüngere, 
Mf V, 1952. 

Fischer, Johann Christian, * 1733 zu Freiburg 
im Breisgau, f 29. 4. 1800 zu London; deutscher 
Oboist, war um 1760-64 Mitglied der Dresdener 
Hofkapelle, unternahm große Studien- und Kon- 
zertreisen in Italien. 1768 trat er zuerst in London 
auf in demselben Konzert, in welchem J. Chr. 
Bach zuerst Öffentlich auf einem Pianoforte spielte, 
und war fortan in England tätig, reiste aber ab 1786 
wieder auf dem Kontinent und ließ sich erst 1790 
in London nieder. Er starb während des Vortrags 
eines Oboesolos an einem Schlaganfall. Außer 10 
Oboekonzerten schrieb er Flötensonaten, Diverti- 
menti für 2 Fl. und Quartette für Fl. und Streich- 
instrumente. Sein Schwiegervater, der Maler 
Gainsborough, hat ihn zweimal porträtiert. Über 
ein Menuett F.s hat Mozart Variationen für Kl. ge- 
schrieben (K.-V. Nr 179). 

Ausg.: Menuett f. Ob. u. Vc., hrsg. v. E. H. Hunt, 
London 1937. 

Lit.: M. Kelly, Reminiscences, London 1826; W. T. 
Parke, Musical Memoirs, London 1830; C. F. Pohl, 
Mozart u. Haydn in London II, Wien 1867 ; C. Papen- 
diek, Journals, London 1887. 

Fischer, Johann Ignaz Ludwig, * 19. 8. 1745 zu 
Mainz, f 10. 7. 1825 zu Berlin; deutscher Sänger 

Ö , war Schüler von Raaflf, zuerst an der Kur- 
chen Kapelle in Mainz, dann an den Bühnen 
in Mannheim (München) und Wien engagiert, 
trat mit außerordentlichem Erfolg 1783 in Paris 
und anschließend in Italien auf, n ahm 1785 eine 
Stelle in Regensburg an und wurde 1788 auf Le- 
benszeit in Berlin angagiert, 1815 pensioniert. Der 
Osmin in Mozarts Entführung ist für ihn geschrie- 
ben. Fischer, dessen Stimmumfang von D bis a 1 
gereicht haben soll, ist der Komponist von Im 
tiefen Keller sitz 9 ich hier (1802). 

Lit.: H. Theinert, Jahrhundertfeier eines deutschen 
Trinkliedes, Mk II, mit F.s Autobiogr. (bis 1790 
reichend). 

Fischer, Kurt von, *25. 4. 1913 zu Bern; Schwei- 
zer Musikforscher, studierte Klavier am Konser- 
vatorium Bern, danach privat bei C. Marek in Zü- 
rich, Musikwissenschaft bei E. Kurth an der Uni- 
versität Bern, promovierte 1938 mit einer Arbeit 
über Griegs Harmonik und die nordländische Folk- 
lore (= Berner Veröffentlichungen zur Musik- 
forschung XD, Bern 1938). 1939 wurde er Lehrer 
für Klavier und Stilkunde am Konservatorium in 
Bern, habilitierte sich an der dortigen Universität 
1948 für Musikwissenschaft, erhielt 1951 einen 
Lehrauftrag und wirkte 1956/57 als Gastdozent an 
der Universität Basel. 1957 wurde er als ordent- 
licher Professor an die Universität Zürich häufen. 
Bücher: Die Beziehungen von Form und Motiv in 
Beethovens Instrumentalwerken (Habilitationsschrift, 


Straßburg 1948), Studien zur italienischen Musik des 
Trecento und frühen Quattrocento (= Publikationen 
der Schweizerischen Musikforschenden Gesell- 
schaft H, 5, Bern 1956). Ausgabe: Die Variation 
(Das Musikwerk, Köln 1956). Aufsätze: In memo - 
riam Emst Kurth (Musikalmanach, München 1948), 
Eine Neubearbeitung von L. Mozarts Violinschule aus 
dem Jahre 1804 (Mf II, 1949), Eroica-Variationen 
op.35 undEroica-Finale (SMZ LXXXIX, 1949), Zum 
Formproblem bei J. S. Bach (Bach-Gedenkschrift 
1950, Zürich 1950), Zur Satztechnik von Bachs Kla- 
viersuiten (Kgr.-Ber. Lüneburg 1950, Kassel und 
Basel o. J.), Frank Martin, Überblick über Werk und 
Stil (SMZ XCI, 1951), C. Ph. E. Bachs Variationen- 
werke (RBM VI, 1952, gekürzte Fassung in Kgr.- 
Ber. Utrecht 1952, Amsterdam 1953), Zur Geschichte 
der Passionskomposition des 16. Jahrhunderts in Italien 
(AfMw XI, 1954), Kontrafakturen italienischer Tre- 
centowerke (Kgr.-Ber. Oxford 1955). 

Fischer, Lore, * zu Stuttgart; deutsche Altistin, 
lebt in München-Gräf eifing, studierte am Stuttgar- 
ter Konservatorium Violine und Gesang, abschlie- 
ßend seit 1933 bei Maria Philippi an der Kölner 
Hochschule für Musik Lied- und Oratoriengesang. 
1936 erhielt sie den erstmals verliehenen Musik- 
preis der Stadt Berlin. Als Konzertaltistin unter- 
nahm sie seitdem ausgedehnte Reisen im In- und 
Ausland. Seit 1942 ist sie mit dem Bratschisten Ru- 
dolf Nel verheiratet, mit dem sie gemeinsam mit 
dem Komponisten Hermann Reutter das Lore- 
Fischer-Trio gründete, das sich durch Kammerlied- 
aufführungen alter und neuer Musik einen Namen 
gemacht hat. 

Fischer, Michael Gotthard, * 3. 6. 1773 zu 
Alach bei Erfurt, f 12. 1. 1829 zu Erfurt; deutscher 
Organist, war Schüler von J. Chr. Kittel, Organist 
der Barfüßer-, später der Predigerkirche in Erfurt, 
auch als Dirigent und Seminarlehrer tätig, schrieb 
Orgelstücke, Motetten, Kammermusik, Sympho- 
nien und Konzerte. In den Orgelwerken versucht 
F. einen Ausgleich des homophon-melodischen 
Stils seiner Zeitgenossen mit dem ihm durch Kittel 
überlieferten Stil J. S. Bachs. 

Lit.: G. Frotscher, Gesch. d. Orgelspiels II, Bln- 
Schöneberg (1936). 


Fischer, Res (Maria Theresia), * 8. 11. 1896 zu 
Berlin; deutsche Sängerin (Alt), Schülerin von 
Lilli Lehmann, studierte in Berlin, Prag und Stutt- 
gart und wirkte an den Theatern von Basel (1927 
bis 1935) und Frankfurt am Main (1935-41). Seit 
1941 ist sie als dramatischer Alt Mitglied der Stutt- 
garter Staatsoper. Mit großem Erfolg trat sie als 
Gast an den Zentren des europäischen Musik- 
lebens auf und sang auch am Teatro Col6n in 
Buenos Aires. 


Fischer, Rudolf, * 13. 7. 1913 zu Leipzig; deut- 
scher Pianist, lebt in Leipzig. Am Konservatorium 
in Leipzig ausgebildet, wirkt er in erster Linie als 
Beethoveninterpret. 1943 wurde er Leiter der Mei- 
sterklasse am Horak-Konservatorium in Wien; 
heute ist er Professor für Klavierspiel und Rektor 
der Hochschule für Musik in Leipzig. 

Fischer, Wilhelm, * 19. 4. 1886 zu Wien; öster- 
reichischer Musikforscher, war Schüler von H. 
Graedener, G. Adler, O. Koller und Koczirz, wurde 


518 



Fisher 


nach seiner Promotion (Dissertation: Matthias Ge- 
org Monn als Instrumentalkomponist) 1912 Assistent 
am musikhistorischen Institut und habilitierte sich 
1915 an der Wiener Universität mit der grundle- 
genden Studie Zur Entwicklungsgeschichte des Wie- 
ner klassischen Stils (StMw III, 1915). 1928 wurde er 
Professor an der Universität Innsbruck, nach der 
Besetzung Österreichs 1938 entlassen und aus Tirol 
ausgewiesen, war während des Krieges Metall- 
arbeiter in Wien. 1945 wurde er Direktor der Mu- 
siklehranstalten in Wien, 1948 wieder Professor in 
Innsbruck, 1951 auch Präsident des Zentralinstituts 
für Mozartforschung der Internationalen Stiftung 
Mozarteum in Salzburg. Weitere Veröffentlichun- 
gen: Wiener Instrumentalmusik im XVIII. Jh. II 
(Monn; DTÖ XIX, 2, 39. Band); Zur Kennzeich- 
nung der mehrstimmigen Schreibweise um 1500 
(StMw V, 1917); Eine wiedergefundene Jugendsym- 
phonie Mozarts (Mozart-Jahrbuch I, 1923) ; Zur ent- 
wicklungsgeschichtlichen Wertung der Kirchenfuge A. 
Bruckners , In memoriam A. Bruckner (Wien 1924) ; 
die Abschnitte Geschichte der Instrumentalmusik 1450 
bis 1880 und Geschichte der Musikwissenschaft in G. 
Adlers Handbuch der Musikgeschichte (Frankfurt 
am Main 1924; Berlin 21931, 2 Bände); Tanzbre- 
vier (Wien 1925) ; Der welcher wandelt diese Straße 
voll Beschwerden (Mozart-Jahrbuch 1950) ; Das La- 
crimosa in Mozarts Requiem (ebenda 1951); Zu 
Mozarts Tonartenwahl und Harmonik (ebenda 1952); 
Das Lied des Seikilos (Festschrift H. Ammann, Inns- 
bruck 1953) ; Piccinni , Gluck und Mozart (Mozart- 
Jahrbuch 1953); Lessing über das » rührende « und das 
» weinerliche « Lustspiel (ebenda 1954) ; Eigenzeugnisse 
Mozarts über die AuJJührungsweise seiner Werke 
(ebenda 1955); Mozarts Weg von der begleiteten 
Klaviersonate zur Kammermusik mit Klavier (ebenda 
1956) ; Mozart der Symphoniker (Neues Augsburger 
Mozartbuch 1956). In der Neuen Mozart-Ausgabe 
gab F. Symphonien, Band 3 (Kassel und Basel 
1956) heraus. F. verfaßte auch einen stilkritischen 
Anhang zu: A. Schnerich, J. Haydn und seine 
Sendung (Zürich, Leipzig, Wien 2 1926). 

Fischer-Dieskau, Dietrich, * 28. 5. 1925 zu 
Berlin; deutscher Sänger (Bariton), begann mit 16 
Jahren Gesangsstudien bei G. A. Walter, später, 
mit Unterbrechung durch Kriegsdienst und Ge- 
fangenschaft, bei Hermann Weißenbom, ist seit 
Sommer 1948 Mitglied der Städtischen Oper Ber- 
lin, wirkt regelmäßig bei den Bayreuther, Salz- 
burger, Edinburgher, Luzemer und Ansbacher 
Festspielen mit. F.-D. besitzt einen Bariton lyri- 
schen Charakters von großem Stimmumfang, be- 
strickender Wärme und vorbildlicher Atemtech- 
nik, der Kraft und Fülle mit höchster Zartheit und 
Tragfähigkeit im Piano vereint. Durch sein un- 
trügliches Stilgefühl und seine Gestaltungskraft hat 
er die fast schon unpopulär gewordene Form des 
Liederabends zu neuer Geltung gebracht. Unter 
seinen Bühnenrollen ist der Wolfram in »Tann- 
häuser« besonders bedeutend; von seinen Liedinter- 
pretationen beeindruckt vor allem die Darstellung 
der Zyklen Schuberts und H. Wolfs. F.-D. ist auch 
als Bach-Sänger sowie in Uraufführungen von 
Werken H. Reutters, Formers und Henzes hervor- 
getreten. 

Fischhof, Joseph, * 4. 4. 1804 zu Butschowitz 
(Mähren), f 28. 6. 1857 zu Wien; österreichischer 


Pianist, wurde nach mehrjähriger Tätigkeit als 
Privatmusiklehrer 1833 als Klavierlehrer am Kon- 
servatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in 
Wien angestellt. Außer verschiedenen Klavier- 
werken und Ensemblestücken schrieb er: Versuch 
einer Geschichte des Klavierbaues (Wien 1853, veran- 
laßt durch die Londoner Ausstellung 1851), berich- 
tete über Aloys Fuchs* musikalische Sammlungen 
in den Mitteilungen aus Wien (Wien 1835) und gab 
Klassische Studien für Pianoforte heraus (aus dem 17. 
und 18. Jh.). Wichtig für die Lebensbeschreibung 
Beethovens ist das sogenannte Fischhofsche Manu- 
skript in der Berliner Staatsbibliothek, Materialien 
für die von Hotschewar, dem Vormund von Beet- 
hovens Neffen Karl, geplante Beethovenbiographie, 
die in F.s Besitz kamen und von ihm ergänzt wur- 
den. 

Fischhof, Robert, *31. 10. 1856 und f 2. 4. 1918 
zu Wien; österreichischer Komponist, war lange 
Jahre Professor am Konservatorium in Wien. Seine 
Oper Der Bergkönig wurde 1906 in Graz auf geführt. 

Fischietti (fiski'eti), Domenico, * gegen 1725 zu 
Neapel, f angeblich nach 1810 zu Salzburg; italie- 
nischer Komponist, Schüler des Konservatoriums 
Sant’Onofrio in Neapel, debütierte 1742 am Teatro 
Fiorentini mit Armindo, war ab 1755 als Buffo- 
komponist in Venedig tätig, wurde dann Dirigent 
der Opemtruppe Bustellis (1764 in Prag nachweis- 
bar) und war 1766-72 Nachfolger Hasses in Dres- 
den, 1772-79 Hofkapellmeister, dann (bis 1783) 
Leiter des Instituts der Domsängerknaben in Salz- 
burg. Außer Kirchenwerken schrieb F. hauptsäch- 
lich eine Anzahl von erfolgreichen Buffoopern. 
Lit: R. Engländer, D. F. als Buffokomponist in 
Dresden, ZfMw II, 1919/20. 

Fisher (f'ijb), John Abraham, * 1744 zu Dun- 
stable, f im Mai 1806 zu London; englischer Kom- 
ponist, Violinschüler von G. F. Pinto in London, 
schrieb für das Covent Garden Theatre, dessen 
Mitbesitzer er durch Heirat wurde, einige Panto- 
mimen, reiste nach dem Tode seiner Frau wieder 
als Geiger, ging 1794 in Wien eine kurze zweite 
Ehe ein, wurde deswegen ausgewiesen und lebte 
in der Folge in Dublin und London. Er komponierte 
auch ein Oratorium, Präludium, einige Sympho- 
nien und Kompositionen für V. (Konzerte). 

Lit. : C. F. Pohl, Mozart u. Haydn in London I,Wien 
1867. 

Fisher (f'ija), William Arms, * 27. 4. 1861 zu 
San Francisco (California), f 18. 12. 1948zuBrook- 
line (Massachusetts) ; amerikanischer Komponist 
und Verlagsleiter, Schüler von H. Parker (Kontra- 
punkt) und Dvoräk (Komposition) in New York 
sowie von William Shakespeare (Gesang) in Lon- 
don, war bis 1895 Harmonielehrer am National 
Conservatory of Music in New York und ging 
hierauf nach Boston, wo er 1897-1937 Publishing 
Manager (ab 1926 Vize-Präsident) bei Oliver Ditson 
Co. war. F. schrieb Anthems und über 100 Lieder 
und gab heraus: Ye Olde New England Psalme- 
Tunes ; 70 Negro Spirituals; 60 irische Lieder; A 
Course of Study of Music Understanding. Bücher: 
Notes on Music in Old Boston (Boston 1918, erwei- 
tert als One Hundred and Fifty Years of Music Pu- 
blishing in the United States , 1933) ; Music Festivals in 
the United States (Boston 1934). 


519 



Rstoulari 


Fistoul^ri, Anatole, * 20. 8. 1907 zu Kiew; eng- 
lischer Dirigent von russischer Herkunft, lebt m 
London. Nach Auftreten als dirigierendes Wun- 
derkind (1914-17) studierte F. bei seinem Vater, 
dem Komponisten und Dirigenten Grigorij F. 
(Direktor des Philharmonischen Konservatoriums 
in Petrograd, Schüler A. Rubinsteins und Rimskij- 
Korsakows) sowie in Frankreich und Deutschland, 
dirigierte 1929 an einer russischen Operntruppe, 
1933-36 an Schaljapins Grand Opfra Russe in Paris, 
1937-39 an Massins Ballets Russes de Monte Carlo. 
1940 ging er nach London, trat zunächst vor allem 
mit dem London Symphony Orchestra auf, wurde 
1943 Hauptdirigent des London Philharmonie Or- 
chestra und gründete 1946 The London Internatio- 
nal Orchestra, auch auf zahlreichen Reisen beson- 
ders als Interpret Brahms*, Tschaikowskys und an- 
derer russischer Komponisten geschätzt. F. ist ver- 
heiratet mit einer Tochter G. Mahlers. 

Fitdberg,-1) Grzegorz (Gregor), * 18. 10. 1879 
zu Dünaburg (Livland), + 10. 6. 1953 zu Kattowitz; 
polnischer Dirigent und Komponist, Schüler des 
Warschauer Konservatoriums, erhielt 1896 den 
Paderewski-Preis für eine Violinsonate und 1901 
den Preis des Grafen Zamoyski für ein Klaviertrio. 
F. avancierte 1908 vom Konzertmeister zum Kapell- 
meister der Warschauer Philharmonie, war 1912 
vorübergehend Kapellmeister an der Wiener Hof- 
oper, kehrte aber 1913 in die Warschauer Stellung 
zurück; 1914-21 war er Opern- und Konzertdiri- 
gent in Petersburg und Moskau, auch Dirigent des 
Russischen Balletts von Diaghilew in Westeuropa, 
1921-34 wieder Kapellmeister der Philharmonie in 
Warschau. Als Komponist war er einer der Vor- 
kämpfer einer modernen narionalpolnischenMusik, 
der 1905 auch mit Szymanowski, Rozycki und 
Szeluta die Gesellschaft jungpolnischer Komponi- 
sten gegründet hat. 1935 wurde er Leiter des Sym- 
phonieorchesters am Polnischen Rundfunk in War- 
schau, dirigierte während des 2. Weltkriegs in Por- 
tugal und Amerika und kehrte 1947 nach Polen 
zurück, wo er in Kattowitz tätig war. Werke: 2 
Symphonien, die symphonischen Dichtungen Das 
Lied vom Falken (nach Gorki, 1906), Protesilaos und 
Laodamia (1908) und In der Meerestiefe (1914), 2 Or- 
chesterouvertüren, 2 polnische Rhapsodien, Violin- 
konzert (1901), 2 Violinsonaten, Klaviertrio und 
Lieder op. 19 und op. 21-23. Sein Sohn - 2) Jerzy, 

* 20. 5. 1903 zu Warschau, f 25. 4. 1951 zu New 
York, ausgebildet in Moskau, Warschau und (1922 
bis 1926) an der Hochschule für Musik in Berlin, 
lebte in Paris, ab 1940 in New York. Er schrieb ein 
Bläseroktett (1925), Rhapsodie für 4 Kl. (1926), 
Konzerte für V. (1928 und 1935), Vc. (1931), KL 
(1935), 3 Orchestersuiten, 5 Streidiquartette, Kla- 
viermusik und ein Ballett. 

Fitzenhagen, Wilhelm Karl Friedrich, * 15. 9. 
1848 zu Seesen (Braunschweig), f 14. 2. 1890 zu 
Moskau; deutscher Cellist, machte sich als Virtuose 
bekannt, komponierte auch und gab vieles für sein 
Instrument heraus. F. war Konzertmeister der Kai- 
serlich Russischen Musikgesellschaft in Moskau 
und Professor am Konservatorium. 

Fitzgerald (f'itsgorseld), Ella, * 25. 4. 1918 zu 
Newport News (Virginia, USA); amerikanische 
Jazzsängerin, trat 1935 in die Kapelle von Ch. 


Webb ein. Nach dessen Tod leitete sie die Band bis 
1942 und trat anschließend in verschiedenen ande- 
ren Orchestern auf. E. F. ist vor allem als Blues- 
und Be-bop-Sängerin bekannt. Mit ihrer Stimme 
ahmt sie Klang, Phrasierung und Beweglichkeit 
der Jazzinstrumente nach. 

Fitzwilliam» Richard, Viscount, * im August 
1745, 1 4. 2. 1816 zu London; vermachte der Uni- 
versität Cambridge seine Gemäldesammlung und 
seine Bibliothek, welche auch Musikschätze äußer- 
ster Seltenheit enthielt, die nun im F.-Museum zu 
Cambridge aufbewahrt werden (-*» Virginal- 
Book). 

Flaccomio» Giovanni Pietro, * zu Milazzo 
(Provinz Messina), f 1617 zu Turin; italienischer 
Priester, war Kapellmeister Philipps H. in Madrid, 
später Almosenier des Herzogs von Savoyen, Her- 
ausgeber einer 5st. Madrigalsammlung Le risa a 
vicenda (Venedig 1598), die zum größten Teil 
Stücke sizilianischer Komponisten enthält. 2 5st. 
Madrigale FLs fanden Aufnahme in der Mailänder 
Neuausgabe (1608) von Monteverdis »Secondo 
Libro della musica a 5 v.«. Ferner erschienen von 
Fl.: Liber primus in duos distincti choros (Marien- 
vespem. Messen und Motetten) und Primo Libro 
de * Madrigali a 3 v. col b.c. (beide Venedig 1611). 

Flade» Ernst, * 13. 5. 1884 zu Bemstadt (Sachsen), 
f 26. 5. 1957 zu Plauen; deutscher Musikforscher, 
1907-09 Schüler des Leipziger Konservatoriums 
(Straube, Emil Paul, Reger), wirkte 1910-49 als 
Musiklehrer und Studienrat (1927) an den Ober- 
schulen in Plauen (Vogtland). Er schrieb: Der Or- 
gelbauer Gottfried Silbermann (= Veröffentlichun- 
gen des Fürstlichen Institutes für musik wissenschaf t- 
fiche Forschung zu Bückeburg, 5. Reihe, 3. Band, 
Leipzig 1926; erweiterte Neuauflage als: G. 5., 
Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Orgel - und 
Klavierbaus , Leipzig 1953), Hermann Raphael Rot- 
tenstein-Pock, Ein niederländischer Orgelbauer des 16 . 
Jh- in Zwickau i. S. (ZfMw XV, 1932/33), Gottfried 
Silbermann als Orgelbauer (Bericht über die Frei- 
burger Tagung für deutsche Orgelkunst 1926, 
Augsburg 1926), 2000 Jahre Schrifttum der Orgel 
(DMK 1942), Bachs Stellung zum Orgel - und Klavier- 
bau seiner Zeit (in: Bericht über die Wissenschaft- 
liche Bachtagung Leipzig 1950, Leipzig 1951), Li- 
terarische Zeugnisse zur Empfindung der * Farbe « und 
* Farbigkeit « bei der Orgel und beim Orgelspiel (AMI 
XXII, 1950), Literarische Zeugnisse . . , und beim 
Orgelspiel in Deutschland ca. 1500-1620 (AMI 
XXVin, 1956). Er gab heraus: A. Schlick, Spiegel 
der Orgelmacher und Organisten (übertragen in 
modernes Deutsch, Mainz 1932, Kassel 21951) und 
hat ein Orgelbauerlexikon (Deutschland und Nach- 
barländer) vorbereitet. 

Flagstad» Kirsten Malfrid, * 12.7.1895; nor- 
wegische Sängerin (Sopran), entstammt einer Mu- 
sikerfamilie, debütierte 1913 am Osloer National- 
theater, sang bis 1927 in Oslo (auch Operetten- 
rollen), 1928-30 in Göteborg, wurde bei ihrem 
ersten Auftreten bei den Bayreuther Festspielen 
1933 mit einem Schlage weltberühmt und sang 
hinfort an den größten Opernhäusern der Welt: 
1935-42 Metropolitan Opera House New York (in 
den gleichen Jahren auch in San Francisco, Chicago, 
London, Zürich und Buenos Aires), nach einer 


520 



Fleischer 


Konzerttournee durch die USA (1947-48) 1948-51 
vor allem an Covent Garden in London. In London 
beteiligte sie sich auch (als Dido) an der epoche- 
machenden Aufführung von Purcells »Dido and 
Aeneas« (1951). Die Künstlerin ist besonders als W ag- 
nersängerin von großer Stimmkraft und unfehl- 
barer Technik berühmt geworden. Sie übernahm 
1958 den Vorsitz eines Gre miums zur Errichtung 
eines Opernhauses in Oslo. 

Flament (flam'ä), Edouard, * 27. 8. 1880 zu 
Douai; französischer Komponist, Klavier- und 
Fagottvirtuose, am Pariser Conservatoire Schüler 
von Caussade, Lenepveu (Komposition), Vidal und 
Bourdeau (Fagott), Fr. Plantd (Klavier), zeitweise 
Dirigent der Concerts Rouge und am Trianon- 
Lyrique in Paris sowie an den Opernhäusern in 
Nantes, Angers, Algier, Lille und Monte Carlo. 
1930-39 dirigierte er Rundfunkorchester. Er 
schrieb: mehrere Bühnenwerke (3aktige Oper 
Lydiric et RosHe), 7 Symphonien (davon die 3. avec 
chceurs, die 7. mit Org.), symphonische Dichtun- 
gen und zahlreiche weitere Orchesterwerke, 4 Kla- 
vierkonzerte, Kammermusik und kleinere Instru- 
mentalstücke, Chöre, Lieder und Unterrichtswerke 
für Fag. und für Kl. 

Flammius, Joannes Antonius Aaron. 

Flatau, Theodor S., * 4. 6 . 1860 zu Lyck (Ost- 
preußen), f 29. 10. 1937; deutscher Stimmphysio- 
loge, Dr. med., studierte 1878-83 Median und 
lebte als praktischer Arzt (Sanitätsrat) in Berlin, 
widmete sich aber 1897-1901 noch musikwissen- 
schaftlichen Studien, wurde 1901 Dozent für 
Stimmphysiologie bei dem staatlichen Kursus für 
Seminarlehrer, hielt auch am Klind worth-S char- 
wenka-Konservatorium Vorträge über Gesang- 
physiologie und Stimmhygiene, war Generalsekre- 
tär des Wissenschaftlichen Zentralvereins der Hum- 
boldt-Akademie, 1912 Professor und gab 1906-12 
die Musikzeitung Die Stimme heraus. Von seinen 
zahlreichen gesangshygienischen Schriften seien ge- 
nannt: Intonationsstörungen und Stimmverlust (Berlin 
1899, 31908, schwedisch von E. Euren 1912), Das 
habituelle Tremolieren der Singstimme (Berlin 1902, 
31908),Dieß4nktionelleStimmenschwäche(Ch2Lr\oX£en- 
bürg 1906), Die Bauchrednerkunst (mit H. Gutzmann, 
Leipzig 1894) sowie Spezialstudien ähnlichen In- 
halts in seiner Zeitung und im Archiv für Laryn- 
gologie. 

Flaxland, Gustave Alexandre, * 1815 zu Straß- 
burg, f 11. 11. 1895 zu Paris; französischer Musik- 
verleger, Schüler des Pariser Conservatoire, war 
mehrere Jahre Musiklehrer, gründete 1847 einen 
Musikverlag, der sich sehn elf zu einem der best- 
renommierten inParis auf schwang, besonders nach- 
dem F. das Eigentum Schumannscher und einiger 
früher Wagnerscher Werke für Frankreich erwor- 
ben hatte, ein damals ziemlich gewagtes Unter- 
nehmen. 1870 verkaufte er seinen Verlag an Durand 
und Schönewerk und errichtete mit seinem Sohn 
eine Pianofortefabrik. 

Lit.: A. Dubuisson, Wagner et son 6diteur parisien, 
RM IV, 1923. 

Flecha (fl'etja), - 1) Mateo, * 1481 zu Prades (Tar- 
ragona), + 1553 im Zisterzienserkloster zu Pöblet 
(Tarragona); spanischer Komponist, Lehrer der 
Töchter Karls V.; seine Ensaladas veröffentlichte 


1581 sein Neffe Mateo F. - 2) Fray Mateo (Flexa, 
Fleccia), * 1530 zu Prades (Tarragona), t 20. 2. 
1604 im katalonischen Kloster Portelia (Solsona) ; 
spanischer Komponist, Neffe des vorigen, Abt zu 
Tihanny und Kapellan der Kaiserin Maria, Gattin 
Maximilians II., in Wien und Prag, kehrte 1599 
nach Spanien zurück. Er gab 1581 in Prag seines 
Oheims Mateo F. Las Ensaladas (Quodlibets) nebst 
eigenen Kompositionen und solchen von Chac6n 
und P. A. Vila heraus. 1568 druckte Gardano in 
Venedig 4-5 st. Madrigale; ein Buch Divinarum 
completarum Psalmi , Lectio brevis , et Salve regina cum 
aliquibus Motetis erschien in Prag 1581 ; auch ist eine 
Gedichtsammlung von ihm bekannt (Prag 1593). 
Lit. : L. Karl, Der Benediktinerabt M. F. u. seine 
Werke, in: Arch. für d. Studium d. neueren Sprachen 
u. Literaturen, Jg. 81, Bd 150, 1926; H. Angl£s, 
Estudis Universitaris C&talans XI, 1926; E. Hara- 
szn, M. F. le jeune, Abb6 de Thyon, AMI VII, 1935. 

Fleck, Fritz, * 24. 10. 1880 zu Sch wetz (West- 
preußen), 1 31. 5. 1933 zu Köln; deutscher Kompo- 
nist, 1910 kurze Zeit Musikreferent der Kölnischen 
Zeitung, ab 1926 der Rheinischen Zeitung. F. ver- 
öffentlichte Lieder (zum Teil mit V. und Kl.). Ma- 
nuskript blieben Kammermusikwerke und Gesänge 
mit Orch.; Märchenoper Die Prinzessin auf der 
Erbse (1918, Krefeld); Pantomime Aischa (1920, 
Elberfdid); Tanzdramen Die Nabya (1922, Köln) 
und Bathyllus (1927, Köln). 

Fleischer, Anton, * 30. 5. 1891 zu Mak6; unga- 
rischer Komponist und Dirigent, Schüler von Kö- 
nig, Herzfela und Koddly, war zuerst Korrepeti- 
tor und Kapellmeister an der Volksoper, wurde 
1915 Dirigent der Königlichen Oper und 1918 Pro- 
fessor am Nationalkonservatorium in Budapest. 
Fl. schrieb eine komische Oper, 2 Symphonien (die 
erste mit Chor), Orchesterballade Nächtlicher 
Zweikampf, Kammermusik und Lieder. 

Fleischer, Eva, * 5. 5. 1922 zu Breslau; deutsche 
Konzertsäneerin, lebt in Markkleeberg bei Leip- 
zig, in Breslau aufgewachsen, studierte seit Kriegs- 
ende in Leipzig an der Hochschule für Musik Ge- 
sang. Sie unternimmt ausgedehnte Konzertreisen 
durch die Ostländer Europas, gastiert auch an den 
Opern in Weimar und Leipzig, wo sie an der Mu- 
sikhochschule eine Dozentur für Gesang innehat. 

Fleischer, Friedrich Gottlob, * 14. 1. 1722 zu 
Köthen, f 4. 4. 1806 zu Braunschweig; deutscher 
Organist, wurde um 1746 Organist der Martins- 
kirche und Mitglied des Hoforchesters in Braun- 
schweig. F. war einer der angesehensten Vertreter 
der trockenen und hausbackenen Liedkomposition 
der 2. Hälfte des 18. Jh., doch einer von den ersten, 
welche statt des bezifferten Basses akkordische Be- 
gleitung gaben und die Melodien mit Verzierun- 
gen reichlich verbrämten, zudem ein virtuoser Pia- 
nist. Seine Publikationen sind: Oden und Lieder (2 
Teile, Braunschweig und Hildesheim 1756-57, 
Teil I auch 1762, 1775 und 1776); Cantaten zum 
Scherz und Vergnügen (Braunschweig 1763) ; Samm- 
lung größerer und kleinerer Singstücke (Braunschweig 
1788); Singspiel Das Orakel (nur Klavierauszug, 
Braunschweig 1771); Clavier-Ubung I , eine Sonate 
(Nürnberg 1745); Sammlung einiger Sonaten ... für 
Kl. (Braunschweig 1769). 

Lit; M. Fried laender, Das deutsche Lied im 18. 
Jh., 3 Bde, Stuttgart u. Bin 1902. 


521 



Fleischer 


Fleischer, Hans, * 10. 11. 1896 zu Wiesbaden; 
deutscher Komponist, studierte 1919-21 bei C. 
Kittel in Bayreuth, lebte dann in Wiesbaden, ab 
1949 in Bayreuth. Unter seinen sehr zahlreichen 
Werken befinden sich: 9 Symphonien, 2 K amm er- 
Symphonien, Kleine Symphonie op. 85, Orchester- 
konzert op. 112; Missa sinfonica für Orch. und Org. 
op. 60; Trauermusik für Orch. und Org. op. 68; 2 
Musiken für Streicher, Org. und Chor, Violinkon- 
zert op. 95, Klavierkonzert op. 44, Romantische 
Fantasie für Kl. und Orch. op. 110, Bläsersympho- 
nie op. 120, Triptychon für Streichorch. op. 147 ; 
Kammermusik; Klavierwerke (auch 4handig), 9 
Triptycha für 2 Kl.; Messen, Kantaten, Männer- 
chöre, Lieder und Gesänge, besonders nach Gedich- 
ten von Ricarda Huch. 

Fleischer, Oskar, * 2. 11. 1856 zu Zörbig (Pro- 
vinz Sachsen), f 8. 2. 1933 zu Berlin; deutscher 
Musikforscher, studierte 1878-82 in Halle Germa- 
nistik und Philosophie, dann in Berlin Musikwis- 
senschaft bei Ph Spitta, wurde 1888 mit der Ein- 
richtung, Katalogisierung und Verwaltung der Kö- 
niglichen Sam mlun g alter Musikinstrumente in 
Berlin beauftragt, war ab 1892 Privatdozent und 
1895-1925 Professor an der Universität Berlin. An 
der Gründung der Internationalen Musikgesell- 
schaft 1899 war er führend beteiligt. Schriften: 
Das Accentuationssystem Notkers (Dissertation Halle 
1882, vollständig gedruckt in Zeitschrift für deut- 
sche Philologie XVI, 1882); Denis Gaultier (VfMw 
Et, 1886); Königliche Hochschule für Musik zu Berlin , 
Führer durch die Sammlung alter Musikinstrumente 
(Berlin 1892); Neumenstudien: I, Über Ursprung und- 
Entzifferung der Neumen (Leipzig 1895), LT, Das alt - 
christliche Recitativ (Leipzig 1897), III , Die spät- 
griechische Tonschriü (Berlin 1904); Die Reste der 
altgriechischen Tonkunst , für Singstimme und Kl. 
bearbeitet (Leipzig 1899) ; Geschichte des Klaviers (in : 
M. Seifert, Geschichte der Klaviermusik, = 3. Aus- 
gabe von C. F. Weitzmanns Geschichte des Kla- 
vierspiels, Leipzig 1899); Mozart (Geisteshelden 
XXXIH, Berlin 1899); Musikalische Bilder aus 
Deutschlands Vergangenheit (Berlin 1913) ; Die ger- 
manischen Neumen (Frankfurt am Main 1924) ; Auf- 
sätze in ZIMG und SIMG 1899-1903, deren Mit- 
herausgeber er in dieser Zeit war. Unveröffentlicht 
blieb ein Werk über den antiken Sprachgesang. 

Fleischer, Reinhold, * 12. 4. 1842 zu Dahsau 
bei Hermstadt (Schlesien), f 1. 2. 1904 zu Görlitz; 
deutscher Organist, war Schüler des Königlichen 
Instituts für Kirchenmusik in Berlin und wurde 
1870 Organist der Hauptkirche und Dirigent der 
Singakademie in Görlitz, schrieb Orgelstücke, Lie- 
der, Motetten und die Kantate Holda . 

Fleischmann, Aloys Georg, * 13. 4. 1910 zu 
München; irischer Komponist, studierte an der 
Münchner Musikhochschule bei J. Haas und ist seit 
1934 Appointed Professor of Music am University 
College m Cork, wo er auch das von ihm gegrün- 
dete Cork Symphony Orchestra und den College 
Choir leitet. EL, der auch als Musikschriftsteller 
hervortritt (Die Iren in der Neumen - und Choralfor- 
schung , ZfMw XVI, 1934; Herausgabe des Bandes 
Music in Ireland , Cork 1952), komponierte: Klavier- 
suite (1935, unter dem Pseudonym Maurice Ronan) ; 
Klavierquintett (1944); Chorsuiten The Three See 


Captains (1956) und The Planting Stick (1957, mit 
Kammerorch.), Gesänge mit Orch., Orchester- 
werke, 3 Ballette. 

Fleischmaim, Johann Friedrich Anton, * 19. 7. 
1766 zu Marktheidenfeld bei Würzburg, f 30. 11. 
1798 zu Meiningen; deutscher Komponist, Schü- 
ler von Holzbauer und Abbö Vogler in Mannheim, 
studierte an der Universität Würzburg Jura und 
Philosophie, trat 1786 in die Dienste der Fürsten 
Thum und Taxis und 1789 des Herzogs Georg I. 
von Sachsen-Meiningen. Hier übernahm Fl. 1790 
die Leitung der Hofkapelle. Er schrieb die Oper 
Die Geisterinsel Lieder, 3 Symphonien, ein Klavier- 
konzert und eine 4händige Klaviersonate sowie 
Was ist erforderlich zu einem vollkommenen Compo - 
nisten? (in AmZ 1, 1798). 

Lit.: E. F. Schmid, Musik am Hofe d. Fürsten v. 
Löwenstein- Wertheim-RosenbergO 720-1 750) = Main- 
fränkische Hefte XVI, Würzburg 1953. 

Flem, Paul le Le Flem. 

Flesch, Carl, * 9. 10. 1873 zu Wieselburg (Mo- 
son), t 15. 11. 1944 zu Luzern; ungarischer Violi- 
nist, 1890-94 Schüler Sauzays und M. P. J. Mar- 
sicks am Pariser Conservatoire, debütierte 1895 in 
Wien, war 1897-1902 Professor am Konservato- 
rium in Bukarest und Leiter des Streichquartetts 
der Königin von Rumänien, 1903-08 Lehrer am 
Konservatorium in Amsterdam und lebte 1908-26 
in Berlin, dann in Baden-Baden. 1921-22 und wie- 
der ab Herbst 1928 leitete er Sonderkurse an der 
Staatlichen Hochschule für Musik in Berlin, 1924 
bis 1928 auch die Violinabteüung des Curtis Insti- 
tute in Philadelphia, ab 1926 Sommerkurse in Ba- 
den-Baden. 1934 verließ er Deutschland und ging 
nach London, dann nach Amsterdam, von wo er 
während des Krieges über Ungarn nach Luzern 
fliehen konnte; 1943-44 gab er dort Meisterkurse. 
F. war einer der vorzüglichsten Geiger seiner Zeit, 
mit geschliffener Technik, gleich hervorragend als 
Solist und Kammermusikspieler. Mit H. Becker 
und A. Schnabel (später C. Friedberg) war er zu 
einem Trio vereinigt. Er veröffentlichte: Urstudien 
(Berlin 1911); Etüden-Sammlung für V. (3 Bände, 
Kopenhagen 1921); Die Kunst des Violinspiels 
(2 Bände, Berlin 1923-28, Band I 21928, als An- 
hang dazu: Das Skalensystem , Berlin 1926) ; Meister- 
weisen (Leipzig 1931); Das Klangproblem im Geigen- 
spiel (Berlin 1931). Ferner gab er Violinkonzerte 
und -etüden heraus sowie die Solosonaten und 
-partiten von T. S. Bach und die Violinsonaten von 
Brahms und (mit A. Schnabel) Mozart. 

Lit.: W. Brederode, C. F., Haarlem 1938. 

Fleta, Miguel B., * 1. 12. 1897 zu Albalate dd 
Cinca, + 31. 5. 1938 zu La Coruna; spanischer 
Sänger (Tenor), studierte an den Konservatorien 
von Barcelona und Mailand, debütierte 1919 in 
Triest und sang ab 1922 vor allem in Madrid, 
Barcelona, New York und Mailand, wo er bei der 
Uraufführung von Pucdnis »Turandot« (1926) 
mitwirkte. Seine Hauptrollen waren Radames in 
»Aida« und Don Josd in »Carmen«. 

Fletcher, Alice Cunningham, * 15. 3. 1838 zu 
Cuba, f 6. 4. 1923 zu Washington; amerikanische 
Ethnologin, war ab 1882 am Peabody Museum of 
American Archaeology and Ethnology in Cam- 


522 



Floridia 


bridge (Massachusetts) tätig und erforschte beson- 
ders die Kultur der Omaha-, Winnebago- und Nez 
Percd-Stämme. Schriften: A Study of Omaha Indian 
Music (mit F. La Flesche und J. C. Fillmore, Ar- 
chaeological and Ethnological Papers of the Pea- 
body Museum, Harvard University, I, 5, Cam- 
bridge, Massachusetts, 1893) ; Indian Story and Song 
(Boston 1900) ; The Hako (mit J. R. Murie und 
E. S. Tracy, U. S. Bureau of American Ethnology, 
XXn. Annual Report, 1900-01, Washington 
1904) ; The Omaha Tribe (mit F. La Flesche, ebenda 
XXVÜ, 1905-06, Washington 1911); The Osaga 
Tribe (ebenda XXXVI, 1914-15); Indian Games 
and Dances (Boston 1915). . 

Fletcher, Percy Eastman, * 12. 12. 1879 zu 
Derby, f 10. 9. 1932 zu London; englischer Kom- 
ponist, war in der Hauptsache Autodidakt, kam 
1899 als Komponist und Dirigent nach London, 
wo er 1915-25 Dirigent an His Majesty’s Theatre 
war, schrieb 4 Orchestersuiten und eine Reihe 
anderer Orchesterwerke, eine Kantate The Pas- 
sion of Christ , Kammermusik, Klavierstücke und 
viele Werke leichterer Haltung. 

Fleury (flcer'i:), Andrd, * 25. 7. 1903 zu Neuilly- 
sur-Seine; französischer Organist, studierte am 
Pariser Conservatoire, wurde 1930 Organist an 
Saint-Augusdn in Paris und 1941 Professor der 
Ecole Normale de Musique. Seit 1949 ist Fl. Orga- 
nist an der Kathedrale und Lehrer am Konserva- 
torium in Dijon. Er schrieb hauptsächlich Orgel- 
musik. 

Fleury (floerii:), Louis Francois, * 24. 5. 1878 zu 
Lyon, 1 11. 6. 1926 zu Paris; französischer Flötist, 
war Schüler von TafFanel am Pariser Conservatoire, 
wurde 1902 Mitglied und 1905 Leiter der Sodtetd 
Moderne d’Instraments ä Vent und 1906 der So- 
dötö des Concerts d’autrefois, mit denen er be- 
sonders häufig in England konzertierte. F. hat So- 
naten und Stücke von Blavet, Purcell, J. Stanley 
und L. Vinci neu herausgegeben. 

Flipse, - 1) Eduard, * 26. 2. 1896 zu Wissekerke 
(Zeeland) ; holländischer Dirigent, erhielt den 
ersten Musik- und Orgelunterricht bei seinem Va- 
ter, dann Klavier- und Theorieunterricht bei Otto 
Lies in Goes und bei Verhey und Zagwijn in Rot- 
terdam. Später betrieb er weitere Kompositions- 
studien bei Roussel und Albert in Paris. Seit 1919 
in Rotterdam als Chordirigent und Konzertpianist 
tätig, übernahm er 1927 die Stelle des 2. und 1930 
die des 1. Dirigenten beim Rotterdam er Philhar- 
monischen Orchester, die er bis heute innehat. 
Gastspielreisen führten ihn durch ganz Holland, 
durch West- und Osteuropa, neuerdings auch nach 
Deutschland. Beim Holland Festival setzt er sich 
seit 1952 besonders für die Symphonien Mahlers 
und für zeitgenössische holländischeMusik ein. Seine 
eigenen Kompositionen, Chor-, Orchester- und 
Bühnenwerke, gingen bei der Bombardierung 
Rotterdams im Mai 1940 verloren. - 2) Marinus, 

* 28. 8. 1908 zu Wissekerke; holländischer Pianist, 
Bruder des vorigen, lebt in Rotterdam, in Wien 
und Paris zum Konzertpianisten ausgebüdet, debü- 
tierte unter seinem Bruder und brachte in Holland 
eine große Reihe neuerer Klavierkonzerte zur 
Erstaufführung. Seine Konzertreisen führten ihn 


durch Westeuropa, Nord- und Südamerika, auch 
nach Afrika und Indonesien. Er ist ständiger Be- 
gleiter von Herman Krebbers. 

Flodin, Karl Theodor, * 10. 7. 1858 zu Vaasa 
(Finnland), t 29. 11. 1925 zu Helsinki; finnischer 
Musikschriftsteller, Schüler Faltins und des Leip- 
ziger Konservatoriums, war längere Zeit Musik- 
referent der Nya Pressen in Helsinki, 1900-03 der 
Musikzeitschrift Euterpe und 1902-05 Redakteur 
der Helsingfors Posten, 1908-21 Musikkritiker der 
Zeitung La Plata in Buenos Aires, lebte aber dann 
wieder in Finnland. 1900 heiratete er die Sängerin 
(Sopran) Ad6e Leander (* 29. 5. 1873 undf 6. 7. 
1935 zu Helsinki). F. schrieb: Finska musiker (Hel- 
sinki 1900) ; Martin Wegelius (= Skrifter utg. av 
Svenska Litteratursällskapet i Finland CLXI, Hel- 
sinki 1922); Richard Faltin (ergänzt und herausge- 
geben von O. Ehrström, Helsinki 1934) ; Kompo- 
sitionen: Szene Helena (Goethes Faust) für S. und 
Orch., Musik zu G. Hauptmanns »Hannele«, Cor - 
tige für Blasorch., Chöre und Lieder. 

Flood (flud), William Henry Grattan, * 1. 11. 
1859 zu Lismore, Grafschaft Wateiford (Irland), 
f 7. 8. 1928 zu Enniscorthy; irischer Organist und 
Musikforscher, nahm die niederen Weihen, wählte 
aber dann die Musik zum Lebensberuf und wurde 
1877 Organist und Chordirektor an der Prokathe- 
drale in Belfast, studierte noch Musiktheorie bei 

R. P. Stewart in Dublin, ging 1881 als Musik- 
lehrer an das Jesuitenkolleg nach Tullabeg, wurde 
1882 Kathedralorganist in Thurles, 1884 Musik- 
lehrer am Clongowes Wood College, 1886 am 

S. Keran’s College in Kilkenny, 1890 am S. Wil- 
frid’s College in StafFordshire (England), 1894 Or- 
ganist der Kapuzinerkirche in Cork und 1895 
Kathedralorganist und Chordirektor in Enniscor- 
thy (Irland). F. komponierte 2 Messen, Motetten 
und Hymnen, war Mitarbeiter des Dictionary of 
National Biography, der Catholic Encydopedia, 
von Grove’s Dictionary of Music und vieler Zeit- 
schriften; Schriften: History of Irish Music (Dublin 
1905, weitere Auflagen 1906, 1913 und 1927); 
Irish Musical Bibliography (Report of the Fourth 
Congress of the International Musical Society Lon- 
don 1911, London 1912; dasselbe in SIMG XIII, 
1911/12); Early Tudor Composers (London 1925). 
Ferner gab er irische Lieder und Volkslieder heraus. 

Flor, Christian, * 1626 und f 1697 zu Neukir- 
chen bei Eutin; deutscher Organist, ab 1652 in 
Lüneburg tätig, schrieb 164 Melodien zu J. Rists 
Neuem Musikalischem Seelenparadies (2 Bände, Lü- 
neburg 1660-62), 36 Melodien zu Chr. v. Stockens 
Heiliger Nachtmahlsmusik (Plön 1676). Handschrift- 
lich erhalten sind: Teile einer Matthäus-Passion, 

3 Orgelstücke und 2 Cembalosuiten. 

Lit.: J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, 
Hamburg 1740, Neudruck hrsg. v. M. Schneider, Bin 
1910; C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang II, 
Lpz. 1845, darin 8 Lieder; W. Junghans, J. S. Bach 
als Schüler ... in Lüneburg, Programm Johanneum 
Lüneburg 1870; W. Wolffheim, Die Möllersche Hs., 
Bach-Jb. IX, 1912; P. Epstein, Ein unbekanntes Pas- 
sions-Oratorium v. Chr. Fl., Bach-Jb. XXVII, 1930. 

Floridia, Pietro, * 5. 5. 1860 zu Modica (Sizi- 
lien), f 16. 8. 1932 zu New York; italienischer Pia- 
nist und Komponist, 1873-79 Schüler von Cesi, 
Lauro -Rossi, Serrao und Polidoro in Neapel, war 


523 



Horimo 


1888-92 Lehrer am Konservatorium in Palermo, 
lebte dann in Mailand, ging 1904 nach den USA, 
wo er 1906-08 am Cincinnati College of Music 
unterrichtete; später lebte er in New York, wo er 
1913 die Leitung des Italienischen Symphonie- 
orchesters übemanm; schrieb: 6 Opern, eine Sym- 
phonie (1889), Festival Overture , Klavierstücke und 
Lieder und gab heraus: Early Italian Songs and Airs 
(2 Bände, Philadelphia 1923). 

Flerimo, Francesco, * 12. 10. 1800 zu San Gior- 
gio Morgeto bei Reggio, + 18. 12. 1888 zu Neapel; 
italienischer Bibliothekar und Komponist, 1817 
Schüler des Real Collegio di Musica in Neapel, 
wurde 1826 Bibliothekar am Archiv dieses Insti- 
tuts. F.s Hauptwerk ist der Cetino storico sulla scuola 
musicale di Napoli (2 Bände, Neapel 1869-71; 2. 
Auflage in 4 Bänden 1880-84 als La scuola musicale 
di Napoli ed i suoi Conservatorii , eine Geschichte der 
neapolitanischen Konservatorien, der an diesen 
tätig gewesenen Lehrer und der von ihnen aus- 
gebildeten Schüler); außerdem schrieb er: Riccardo 
Wagner ed i Wagneristi (Neapel 1876); Trasporto 
delle ceneri di Bellini a Catania (F. selbst geleitete 
1876 Bdlinis Asche aus Paris nach Catania) und 
Bellini, memorie e lettere (Florenz 1882). Als Kom- 
ponist ist F. mit Kirchenwerken, Orchesterwerken, 
Kantaten sowie einigen Heften Lieder im neapoli- 
tanischen Dialekt mit beigegebenen italienischen 
Versionen aufgetreten. Seine Gesangschule (Me- 
todo di conto ) wurde am Konservatorium in Neapel 
eingeführt. 

Lit. : G. Megau, F. F. Tamico di Vincenzo Bellini, 
Neapel 1901. 

La Florinda -► Andreini. 

Flothuis (floth'ois), Marius, * 30. 10. 1914 zu 
Amsterdam; holländischer Komponist, studierte 
Musikwissenschaft und Altphilologie an den Uni- 
versitäten Amsterdam und Utreät, gleichzeitig 
nahm er Klavierunterricht bei Arend Koole und 
Unterweisung im Tonsatz bei Hans Brandts-Buys. 
1937-42 wirkte er als künstlerischer Mitarbeiter in 
der Direktion des Concertgebouw in Amsterdam. 
1943-45 in deutscher Gefangenschaft, arbeitete ab 
1946 als Musikkritiker bei der Amsterdamer Tages- 
zeitung »Het vrije Volk« und als Lektor bei der 
Musikstiftung »Donemus« für Publiziening zeit- 
genössischer holländischer Komponisten. 1953 trat 
er wieder in die Leitung des Concertgebouw ein, 
dessen Musikalischer Direktor er seit 1955 ist. Sein 
Werkverzeichnis umfaßt außer der Oper alle Mu- 
sik-Gattungen, darunter vor allem Kammerkon- 
zerte. Er schrieb: W. A. Mozart (den Haag 1940); 
Englische Komponisten der Gegenwart (Amsterdam 
1949, auch englisch). 

Flotow, Friedrich, Freiherr von, * 26. 4. 1812 
auf dem Rittergut Teutendorf (Mecklenburg), f 24. 
1. 1883 zu Darmstadt; deutscher Komponist, stu- 
dierte 1828-30 in Paris unter Reicha Komposition, 
ging bei Ausbruch der Julirevolution nach Meck- 
lenburg zurück, aber im nächsten Jahre aufs neue 
nach Paris, wo seine ersten musikdramatischen Ver- 
suche auf kleinen Bühnen zur Aufführung kamen 
(1836); auch ist er der Komponist von größeren 
Teilen der unter A. Grisars Namen 1838 und 1839 
aufgeführten Opern Lady Melvil und Leau mer- 
veiUeuse. Den ersten namhaften Erfolg erzielte er 

524 


1839 im Renaissancetheater mit der Oper Le Nau~ 
jrage de la Miduse (mit Pilati und Grisar), die 1842 
in Hamburg gegeben werden sollte, aber bei dem 

S großen Brande unterging, so daß sie F. 1845 neu 
oniert als Die Matrosen zur Aufführung 
:e. Seine nächsten Opern waren: La Duchesse 
de Guise (Paris 1840), Der Förster (in Paris als Vdme 
en peine 1846, in London englisch als Leoline) ; die 
Opdra Comique brachte 1843 Lesclave de Camoens. 
Seine großen Erfolge waren jedoch die Opern: 
Alessandro Stradella (Hamburg 1844) und vor allem 
Martha (Wien 1847). Die Märzrevolution vertrieb 
F. wieder aus Paris; 1850 brachte er im Berliner 
Opemhause Die Großfürstin , die wenig Erfolg 
hatte, 1853 mit mehr Glück Indra (Neubearbeitung 
von Lesclave de Camoens ), während die folgenden 
wieder zurückblieben: Rübezahl (1854), Albin (Der 
Müller von Meran , 1856). 1863 ging F. wieder nach 
Paris und brachte dort die Operetten: Veuve Gra- 
pin (Witwe Grapin 1859) und Pianella (1860) sowie 
die komischen Opern: Zilda (1866) und Lombre 
(Sein Schatten , 1870, mit gutem Erfolg). 1868 ver- 
legte F. seinen Wohnsitz auf ein Rittergut bei 
Wien, während der Saison bald in Wien, Paris oder 
in Italien weilend. Die Wiener Hofoper brachte 
von ihm das Ballett Die Libelle (1866, schon 1856 
zu Doberan aufgeführt), die Darmstädter das 
Ballett Tannkönig (1867, schon Schwerin 1861), 
Prag die Oper Am Runenstein (1868, mit Gende). 
Bearbeitungen älterer nicht aufgeführter Opern 
sind: Nalda (Mailand 1873) und II fior d’ Hartem 
(Turin 1876). Seine letzten Werke waren: Len- 
chanteresse (ital. Alma Vincantatrice 1878, deutsch Die 
Hexe , Neubearbeitung von Indra) und Rosellana 
(nachgelassen). Auch schrieb F. eine Musik zu 
Shakespeares »Wintermärchen«. Seine Musik ist 
mehr französisch als deutsch, eine pikante, graziöse 
Rhythmik und schlichte, leichtfaßliche, manchmal 
seichte Melodik sind ihre wesentlichsten Eigen- 
schaften. Außer den Opern hat F. auch einzelne 
Kammermusikwerke und kleinere Gesangstücke 
geschrieben, die nicht hervorragend sind. 

Lit.: W. Neumann, Fr.v. F., Kassel 1855; Fr.v. 
Flotow, Erinnerungen aus meinem Leben, in: J. 
Lewinsky, Vor den Coulissen II, Bin 1882 und in: 
Deutsche Revue VIII, 1883; R. Svoboda, Fr. v. F.s 
Leben; von seiner Witwe, Lpz. 1892; B. Bardi- 
Poswiansky, F. als Opemkomponist, Diss. Königs- 
berg 1924. 

Flower (fl'aua), Sir Newman, * 8.7. 1879 zu 
Fontmell Magna (Grafschaft Dorset); englischer 
Verleger, seit 1906 im Buchverlag Cassell & Co, 
Ltd., der 1927 in seinen Besitz überging. Fl. be- 
sitzt eine reiche Handel-Sammlung und veröffent- 
lichte: Catalogue of a Handel Collection (Sevenoaks 
1922) ; George Frederic Handel (London 1923, 21947). 
Außerdem schrieb er: Sir Arthur Sullivan: His Live, 
Letters and Diaries (London 1927); Franz Schubert 
(London 1928). 

Flügel, - 1) Gustav, * 2. 7. 1812 zu Nienburg an 
der Saale, j* 15. 8. 1900 zu Stettin; deutscher Orga- 
nist und Komponist, lebte und lehrte narhrinanHw 
in Nienburg, Bemburg, Köthen, Magdeburg, 
Schönebeck und 1840-50 in Stettin, wurde 1850 
Seminarmusiklehrer in Neuwied, 1859 Kantor und 
Organist der Schloßkirche in Stettin. Von F.s Or- 
gelkompositionen ist sein Präludienbuch hervor- 
zuheben (112 Choialvorspiele); außerdem schrieb 



Förster 


er viele Orgelstücke (Konzertstücke op. 99-113), 
Klavierwerke aller Art (5 Sonaten), kirchliche und 
weltliche Chorlieder für gemischten und Manner- 
chor und für Schulzwecke, Klavierlieder. - 2) 
Ernst Paul, * 21. 8. 1844 zu Halle an der Saale, 
■j* 20. 10. 1912 zu Breslau; deutscher Organist und 
Komponist, Sohn des vorigen, 1862/63 Schüler des 
Königlichen Instituts für Kirchenmusik und der 
Kompositionsschule der Akademie, Privatschüler 
von Bülow, FL Geyer und Kiel, war zunächst Mu- 
siklehrer in Treptow an der Trebel und Greifswald, 
1867 Organist und Gymnasiallehrer in Prenzlau, 
1879 Kantor der Bernhardinkirche in Breslau. Von 
seinen veröffentlichten Kompositionen seien ge- 
nannt die geistlichen a-cappella-Chöre, der 121. 
Psalm, Maftomets Gesang , Einem Freunde für Chor 
und Orch., Klaviertrio Es dur, Klavier- und Orgel- 
stücke sowie Lieder. 

Flury, Richard, *26. 3. 1896 zu Biberist; Schwei- 
zer Komponist, studierte Musikwissenschaft in Ba- 
sel, Bern und Genf, daneben Theorie und Kom- 
position bei E. Kurth, H. Huber, J. Lauber, Miche 
und J. Marx, wurde Dirigent des Stadtorchesters 
(1919-49), Lehrer an der Städtischen Musikschule 
(1920-31) und an der Kantonsschule (ab 1931) in 
Solothurn. Er schrieb: 7 Symphonien; 2 Klavier- 
konzerte; 3 Violinkonzerte; Ouvertüren und klei- 
nere Orchesterwerke; ein Klavierquintetc; ein 
Klavierquartett; 5 Streichquartette; 2 Cellosonaten; 
9 Violinsonaten; Klavier- und Violinstücke; Lieder 
und Gesänge; Chöre; 2 Messen; ein Te Deum so- 
wie 3 Festspiele, 3 Opern und 2 Pantomimen; fer- 
ner: Lebenserinnerungen (Derendingen 1950, mit 
Werkverzeichnis). 

Fock, Dirk, * 18. 6. 1886 zu Batavia; holländi- 
scher Dirigent und Komponist, studierte in Am- 
sterdam und Berlin, leitete 1913-15 die Orchester- 
vereinigung in Göteborg, gastierte dann in Stock- 
holm und 1917-19 am Concertgebouw in Am- 
sterdam, 1919-24 wirkte er in den USA (New 
York), 1924-28 Dirigent des Wiener Konzertver- 
eins und Leiter der Dirigentenklasse an der Musik- 
akademie, lebt seit 1940 in Amerika. Werke: eine 
Oper Hero und Leander (nach Grillparzer), musika- 
lisches Festspiel From Acon to Acon, Ein hohes Lied 
für Sprechstimme und Orch., ein Violinkonzert 
und Kompositionen für Kl. (Sonaten). 

Fock, Gustav, * 18. 11. 1893 zu Hamburg- 
Neuenfelde; deutscher Musikforscher, studierte 
1919/20 an der Akademie für Kirchen- und Schul- 
musik in Berlin-Charlottenburg, danach Musik- 
wissenschaft an den Universitäten Berlin, Ham- 
burg und Kiel und promovierte 1931 in Kiel mit 
einer Arbeit über Hamburgs Anteil am Orgelbau im 
niederdeutschen Kulturgebiet (gedruckt in: Zeit- 
schrift des Vereins für Hambur gische Geschichte, 
1939). 1955 fand er die Zellerfelder Orgeltabula- 
tur. Veröffentlichungen: Arp Schnitger (MuK 
XVin, 1948) ; Die Wahrheit über Bachs Aufenthalt in 
Lüneburg (Hamburg 1949) ; Der junge Bach in Lüne- 
burg (Hamburg 1950); Brahms und Chry sonder (in: 
Beiträge zur Hamburger Musikgeschichte, heraus- 
gegeben von H. Husmann, Hamburg 1956) ; Kata- 
log der Brahms-Ausstellung (Hamburg 1958). Aus- 
gaben : Hanseatische Triosonaten des Barock (Leip- 
zig); G. PK Telemann , Der Harmonische Gottes- 


dienst, 72 Solokantaten ... (= G. Ph. Telemann, 
Musikalische Werke, Band II-V); Joh. Steffens * 
5st. Madrigale , Hamburg 1619 (= EDM XXIX). 

Fodor, - 1) Josephus Andreas, * 21. 1. 1751 zu 
Venloo, f 3. 10. 1828 zu St. Petersburg; holländi- 
scher Violinist und Komponist, Schiller von Fr. 
Benda in Berlin, unternahm erfolgreiche Konzert- 
reisen, ließ sich 1787 in Paris nieder, siedelte aber 
1794 nach St. Petersburg über. Er schrieb 9 Violin- 
konzerte, zahlreiche Violinsoli, Duette und Quar- 
tette. - 2) Josephine (F.-Mainvielle), * 13. 10. 
1789 zu Paris, f 14. 8. 1870 zu St-Genis bei Lyon; 
Sängerin (Sopran), Tochter von J. A. F., trat 1810 
in St. Petersburg in Fioravantis »Cantatrid vil- 
lane« auf, heiratete 1812 den Schauspieler Main- 
vielle, wurde 1814 an der Op6ra Comique und 
bald darauf an der Italienischen Oper engagiert, an 
der sie nach Auftritten in Venedig und an den gro- 
ßen Bühnen Europas noch einmal 1819-22 sang. 
Sie hatte überall die größten Erfolge und wurde zu 
den besten Sängerinnen ihrer Zeit gezählt. 1857 er- 
schienen ihre RJßexions et conseils sur Vart du chant 
(Paris). 

Lit.: C. Unger, J. Mainvielle-Fodor, Wien 1823. 

Földes (f'oeldej), Andor, * 21. 12. 1913 zu Buda- 
pest; amerikanischer Pianist, erhielt ersten Musik- 
und Klavierunterricht von seiner Mutter, einer aus- 
übenden Pianistin. An der Liszt-Akademie in Bu- 
dapest studierte er bis 1933 Klavier bei Dohn&uyi, 
Komposition bei Weiner. Ab 1930 konzertierte er 
in Westeuropa, 1940 debütierte er in New York, 
wo er bis 1957 wohnhaft blieb (1948 naturalisiert). 
Neben und nach Konzerttoumeen durch Nord- 
amerika reist er seit 1948 auch wieder in Europa, 
seit 1953 zudem in Südamerika und Südafrika. F. 
tritt besonders für das Klavierwerk Bartöks und 
Beethovens ein. Mit Bart6k erarbeitete er sich in 
Budapest und New York dessen gesamtes Klavier- 
werk. Er wurde 1957 Nachfolger Giesekings an 
der Musikhochschule in Saarbrücken. F. ist Ver- 
fasser des in viele Sprachen übersetzten Lehrbuches 
Keys to the Keyboard (New York 1948, auch Lon- 
don; deutsch als »Wege zum Klavier«, Wiesbaden). 
Außerdem komponierte er eine Streichersuite, 
Klavierstücke und Kadenzen zu Klavierkonzerten 
von Mozart. 

Förner, Christian, * 1610 zu Löbejün, 1 1678 zu 
Wettin bei Halle (Saale) ; deutscher Orgelmacher, 
von dem die Orgeln im Dom zu Halle (1667) und in 
der Schloßkirche der Augustusburg zu Weißen- 
fels erbaut wurden. Er entwarf die Orgel für die 
St. Ulrichskirche in Halle, die dann von L. Com- 
penius ausgeführt wurde (1673-75). F. ist der Er- 
finder der -► Windwage. 

Lit.: W. Serauky, Mg. d. Stadt Halle II, 1, Halle- 
Berlin 1939. 

Förster» Adolph Martin, * 2. 2. 1854 und f 10. 8. 
1927 zu Pittsburgh (Pennsylvania) ; amerikanischer 
Komponist, Schüler des Leipziger Konservatori- 
ums, schrieb Orchester- und Kammermusik, zahl- 
reiche Lieder (mit Orchester- oder Klavierbeglei- 
tung), Orgel- und Klavierstücke. 

Förster, August, * 30. 7. 1829, f 18. 2. 1897 zu 
Löbau (Sachsen), mündete 1859 in Löbau eine Kla- 
vierfabrik und ließ seine Erfindung der vollen Ei- 


525 


Förster 


senpanzerplatte patentieren; sein Sohn und Nach- 
folger Franz Cäsar F. (* 7. 2. 1864, f 20. 2. 1915) 
errichtete 1900 in Georgswalde (Tschechoslowakei) 
eine zweite Fabrik. Nach seinem Tod führte seine 
Gattin den Betrieb,bis sie ihn an Manfred (f 30. 6. 
1953) und Gerhard F. übergab. Die Fabrik wird 
jetzt noch in Löbau weitergeführt und machte 
durch den 1924/25 konstruierten Vierteltonflüge] 
von sich reden. 

Lit.: Firma A. F., Der Vierteltonflügel, Löbau u. 
Georgswalde o. J; A. Förster, Den Freunden des 
Hauses .... Löbau u. Georgswalde 1924. 

Förster (Förster, Foerster), - 1) Caspar (sen.), 
* um 1574, f 1652 zu Danzig (begraben am 16. 5. 
im Kloster Oliva); deutscher Kantor, trat um 1602 
als Musiker in den Dienst der Stadt und wurde 
1607 Kantor am Gymnasium und der Trinitatis- 
kirche, eröfinete um 1617 auch einen Buchladen 
und wurde 1627 Kantor der Marienkirche. In die- 
ser Stellung setzte er sich besonders für die Musik 
der venezianischen Schule ein und geriet in ständi- 
gen Zwist mit seinem Organisten P. Siefert. Von 
seinen offenbar nicht zahlreichen Kompositionen 
ist nichts erhalten. - 2) Caspar (jun.), getauft 28. 2. 
1616 zu Danzig, begraben 1. 3. 1673 zu Oliva bei 
Danzig (das in Knausts »Gedenk-Seule« angegebene 
Todesdatum 2. 2. ist ein Druckfehler) ; deutscher 
Komponist, war Schüler seines Vaters, dann von 
dessen Freund Scacchi in Warschau, wurde Barito- 
nist und Chordirigent der Hofkapelle, war eine 
Zeitlang in Italien, 1652-55 und 1660-61 Hof- 
kapellmeister in Kopenhagen, 1655-57 als Nach- 
folger seines Vaters Kantor der Marienkirche in 
Danzig und in den folgenden Jahren Hauptmann 
der venezianischen Armee, nach 1661 in Hamburg 
tätig; die letzten Jahre verbrachte er in Oliva bei 
Danzig. Von ihm sind 6 Triosonaten, geistliche 
Konzerte und Kantaten erhalten. Ein gleichnami- 
ger Vetter von ihm war eine Zeitlang Gehilfe im 
Buchladen Caspar F.s des älteren. 

Ausg.: ein Satz aus einer Triosonate v. C. F. jun. in: 
Hansische Triosonaten, hrsg. v. G. Fock, = Peters* 
Hausmusikstunde V, Lpz. 1944. 

Lit.: J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, 
Hbg 1740, Neudr. hrsg. v. M. Schneider, Bin 1910; 
M. Seiffert, P. Siefert, VfMw VII, 1891 ; K. Thrane, 
Fra Hof-Violonemes Tid, Kopenhagen 1908; A. 
Pirro, D. Buxtehude, Paris 1913; W. Wolffheim, 
Gedenk-Säule C. F.s . . ., AfMw II, 1919/20; H. 
Rauschning, Gesch. d. Musik u. Musikpflege in 
Danzig, = Quellen u. Darstellungen zur Gesch. West- 
preußens XV, Danzig 1931 ; E. H. Meyer, Die mehrst. 
Spielmusik . . ., Heidelberger Studien zur Mw. II, Kas- 
sel 1934. 

Förster» Christoph, * 30. 11. 1693 zu Bibra bei 
Laucha (Thüringen), f 6. 12. 1745 zu Rudolstadt; 
deuttcher Komponist, Schüler von Heimchen in 
Weißenfels und G. Fr. Kauffmann in Merseburg, 
wo er Kammermusiker und später Herzoglich 
Sächsischer Kapellmeister wurde, sechs Wochen 
vor seinem Tode Hofkapellmeister in Rudolstadt. 
In C. Ph. E. Bachs Nachlaß befand sich ein Jahr- 
gang Kantaten, der über Pölchau in den Besitz der 
Berliner Königlichen Bibliothek kam (22 Kanta- 
ten). Im ganzen sind erhalten: 26 Kirchenkantaten, 
der 117. Psalm, eine Messe und ein Sanctus sowie 
4 weltliche Kantaten, 6 Orchestersuiten (französi- 
sche Ouvertüren), 12 Sinfonien ( 6 Sinfonien a 2 V., 
Via., Cemb. e. Vc. con. rip. sind in Nürnberg ge- 


druckt), 6 Konzerte, 6 Violinsonaten mit ausgear- 
beitetem Klavierpart (!) und ein Trio für 2 V. und 
B.c. 

Ausg. : eine frz. Suite, hrsg. v. H. Riemann, Coli. mus. 
XXII; Ouvertüre d. Orch.-Suite Adur, Riemann 
Beisp. 139; Trio f. 2 V., Vc. u. Cemb., bearb. v. M. 
Seiffert, Organum III, 14. 

Lit.: H. Riemann, Die frz. Ouvertüre in d. 1. Hälfte 
d. 18. Jh., in: Musikalisches Wochenblatt XXX, 
1899; A. Hartung, Chr. F., Diss. Lpz. 1914. 

Förster» Emanuel Aloys (eigentlich Emanuel 
Joseph Antonius Ignatius), * 26. 1. 1748 zu Nieder- 
steine bei Glatz, f 12. 11. 1823 zu Wien; öster- 
reichischer Komponist, war 1766-68 Militärmusi- 
ker, lebte dann in Prag und ab 1779 als Musiklehrer 
in Wien. Er büdete sich in der Hauptsache autodi- 
daktisch durch das Studium der Werke von J. S. 
und C. Ph. E. Bach, Clementi und W. A. Mozart. 
Beethoven, mit dem er oft zusammen war, hat ihn 
hoch geschätzt und einige Schüler an ihn verwiesen ; 
F. seinerseits zitiert in seiner Anleitung zum Gene- 
ralbaß viele Beispiele Beethovens ; Beethovens frühe 
Kammermusik steht F. stilistisch nahe. F. schrieb: 
48 Streichquartette, 4 Streichquintette, ein Diverti- 
mento für 2 V. und Vc., 6 Klavierquartette, 7 Di- 
vertimenti und 5 Sonaten für Kl., 2 V. und Vc., 6 
Klaviertrios, weitere Kammermusik; Sonaten, Di- 
vertimenti, Variationen und Konzerte für KL; ei- 
nige Lieder und Gesänge; Anleitung zum General- 
baß (Wien 1805 und öfter, auch in tschechischer 
Sprache) ; Praktische Beyspiele als Fortsetzung seiner 
Anleitung ... (3 Hefte, Wien 1820) ; ferner Prae- 
ludien und Fugen für Org., ebenfalls als Beispiele 
zur Anleitung. 

Ausg.: Zwei Quartette, Drei Quintette, hrsg. v. K. 
Weigl, DTÖ XXXV, 1 (Bd 67), mit »Thematischem 
Verzeichnis d. Kammermusikwerke« v. F. Högler. 
Lit.: K. Weigl, E. A. F., SIMG VI, 1904/05; F. 
Ludwig, Zwei Briefe E. A. F.*s, ZIMG X, 1908/09; 
A. Saltscheff, E. A. F., Diss. München 1914; H. J. 
Wedig, Beethovens Streichquartett op. 18 Nr 1, = 
Veröff. d. Beethovenhauses II, Bonn 1922. 

Foerster (Förster), - 1) Joseph, * 22. 2. 1833 zu 
Wosenitz (Böhmen), f 3. 1. 1907 zu Prag; tsche- 
chischer Organist, studierte 1850-52 an der Prager 
Organistenschule, war dann Organist der Vyse- 
broder Klosterkirche, kehrte 1857 nach Prag zu- 
rück, wurde 1858 Organist der Nikolauskirche, 
1862 Chordirektor der Dreifaltigkeitskirche, 1866 
bei St. Adalbert, 1887 auch am Dom. Daneben war 
er Theorielehrer am Konservatorium; er schrieb 
Messen, Requiem, Orgelstücke und eine Harmo- 
nielehre und war ein eifriger Pfleger der polypho- 
nen a-cappella-Musik. - 2) Anton, * 20. 12. 1837 
zu Wosenitz (Böhmen), f 17. 4. 1926 zu Novo 
mesto (Unterkrain) ; tschechischer Organist, Bru- 
der von Joseph F., war Organist in Zengg (Kroa- 
tien), 1868-1909 Domkapellmeister in Laibach, ab 
1877 zugleich Leiter der neugegründeten Orgel- 
schule des Laibacher Cäcilienvereins. 1878-1908 
gab er die kirchenmusikalische Zeitsdhrif t Cerkveni 
Glasbenik heraus; komponierte die Oper Gorenjski 
slaylek (»Oberkrainer Nachtigall«, Laibach 1872), 
Kirchenwerke, schrieb Lehrbücher und gab slo- 
venische Volkslieder heraus. - 3) Anton, * 23. 5. 
1867 zu Zengg (Kroatien), f 9. 1. 1915 zu Triest; 
tschechischer Pianist, Sohn des vorigen, war Schü- 
ler des Leipziger Konservatoriums, wurde 1898 


526 



Foggia 


Lehrer am Stemschen Konservatorium und 1904 
am Scharwenka-Konservatorium in Berlin, 1908 
an Ziegfelds Chicago Musical College. 

Foerster, Joseph Bohuslav (Förster), * 30. 12. 
1859 zu Prag, f 29. 5. 1951 zu Nov^ Vestec bei 
Mladd Boieslava; tschechischer Komponist, Sohn 
von Joseph Förster, studierte in Prag Naturwissen- 
schaften an der Technischen Hochschule, dann am 
Konservatorium Musik, heiratete 1888 die Opem- 
sangerin Bertha Lauterer (* 11. 1. 1869 und f 9. 4. 
1936 zu Prag; dramatischer Sopran), folgte ihr 
1892 nach Hamburg, wo er als Kritiker der Ham- 
burger Nachrichten, ab 1901 auch als Lehrer am 
Konservatorium tätig war und mit Mahler be- 
kannt wurde, ging 1903 nach Wien, wo er Kriti- 
ker der Zeit und Lehrer am Neuen Konservato- 
rium war, übersiedelte aber 1918 nach Prag und 
wurde dort zunächst Lehrer am Konservatorium, 
1921 Professor an der Meisterschule für Komposi- 
tion, war 1922-31 Rektor des Konservatoriums, 
1931-39 Präsident der Tschechischen Akademie. 
F. ist als Komponist ein Übergangsmeister zwi- 
schen Smetana und Dvor dk und der Moderne, der 
Lehrer mehrerer tschechischer Musikergeneratio- 
nen. Er schrieb: die Opern (alle in Prag auf geführt) 
Deborah op. 41 (1893), Marjar-Eva op. 50 (1899), 
Jessika op. 60 (1905), Nepfemozeni (»Die Überwin- 
der«) op. 100 (1918), Srdce (»Das Herz«) op. 122 
(1923), Bl&zeü (»Der Tor«) op. 158 (1936); Schau- 
spielmusiken; Chorwerke: Hymnus der Engel op. 13 
(1889), Stabat Mater op. 56 (1892-1908), Mortuis 
Jratribus op. 108 (1918), Missa Glagolytica op. 123 
(1923), Oratorium Svaty Vaclav (»Der heilige 
Wenzel«) op. 140 (1928), Kantate Mai op. 159 
(1936), Kantate 1945 op. 187 (1945), Missa in ho- 
norem Sancti Adalberti op. 188 (1947), weitere 
Messen, kleinere Kirchenwerke und Männerchöre; 
Melodramen und Lieder, besonders auf Gedichte 
von J. Vrchlicky, R. M. Rilke und G. Falke; 5 
Symphonien: D moll op. 9 (1888), F dur op. 29 
(1893), D dur op. 36 (Das Leben, 1895), C mofi op. 
54 (1905), D moll op. 141 (1929) ; Orchestersuiten, 
symphonische Dichtungen, Ouvertüren; 2 Violin- 
konzerte: op. 88 (1911) und op. 104 (1918-26), 
Ballade für V. und Orch. op. 92 (1914), Cellokon- 
zert op. 143 (1931) ; 3 Violmsonaten, 2 Cellosona- 
ten, 3 Klaviertrios, 4 Streichquartette, ein Streich- 
quintett, ein Bläserquintett, ein Klavierquintett, 
ein Nonett ; Orgel- und Klavierstücke. Eine Samm- 
lung Erinnerungen und Aufsätze gab J. Kvfct 1920 
unter dem Titd Stül £ivota heraus. Seine Auto- 
biographie erschien unter dem Titel Der Pilger 
in deutscher Übersetzung von P. Eisner (Prag und 
Kassel 1955). 

Lit.: Zd. Nejedl*, J. B. F., Prag 1910; J. BartoS, 
J. B. F., Prag 1923; Foerstrüv pamätnfk (»F.-Alma- 
nach«), hrsg. v. A. Rektorys, Prag 1929; J. Seidel, 
Narodnl um61ec J. B. F., Prag 1948; Fs. J. B. F., 
hrsg. v. J. BartoS, J. Plavec u. P. Pra2ak, Prag 1949. 

Förtseh, Johann Philipp, getauft 14. 5. 1652 
zu Wertheim am Main, f 14. 12. 1732 zu Eutin; 
deutscher Komponist und Arzt, studierte 1671-74 
in Jena und Erfurt Medizin und Jurisprudenz, 
wurde nach ausgedehnten Reisen, auf denen er 
(wahrscheinlich in Bayreuth) bei J. Ph. Krieger 
Kompositionsunterricht genommen hatte, Teno- 
rist des Ratschores in Hamburg. An der dort 1678 


gegründeten Oper beteiligte er sich von Anfang an 
als Sänger und Übersetzer von Textbüchern, 1684 
bis 1690 auch mit der Komposition von 12 Opern. 
Als Nachfolger Theiles hatte er 1680-89 den Rang 
eines Hofkapellmeisters in Gottorf, promovierte 
aber 1681 in Kiel zum Lizentiaten der Medizin, 
praktizierte fortan in Schleswig und Husum, 
wurde 1689 Hofarzt in Schleswig und 1692 Leib- 
arzt des Bischofs von Lübeck, an dessen Hof in 
Eutin er auch politisch eine bedeutsame Stellung 
einnahm. Die Berliner Staatsbibliothek verwahrt 
von ihm handschriftlich: 82 Konzerte (Kantaten 
in verschiedenen Besetzungen), um 1687 für Got- 
torf geschrieben; Kanons und Kontrapunktstu- 
dien, darunter 32 Canones . . . über »Christ, der du 
bist der helle Tag« für 2-8 Instrumente (1680); 
Musicalischer Compositions Tractat und Von den 
dreyfachen Contrapunkten. 

Lit.: J. Mattheson, Der Musicalische Patriot, Hbg 
1728; Fr. Zelle, J. Ph. F., Beilage zum Jahresber. <L 
Vierten Städtischen Realschule, Bin 1893, darin d. 
Kantate Herzlich tut mich verlangen; A. Soltys, G. 
Oesterreich, AfMw IV, 1922; W. Stahl, Die Lü- 
becker Abendmusiken, Lübeck 1937; ders.. Mg. Lü- 
becks II, Kassel-Basel 1952; H. Chr. Wolff, Die 
Barockoper in Hbg, Habil.-Schrift Kiel 1942, ge- 
druckt Wolfenbüttel 1957, in Bd II 3 Opernarien; C. 
Weidemann, Leben u. Wirken d. J. Ph. F., Schriften 
d. Landesinst. für Musikforschung Kiel VI, Kassel u. 
Basel 1955; H. Kümmerling, J. Ph. F. als Kantaten- 
komponist, Diss. Halle 1956, maschr. 

Foetisch, Schweizer Musikverleger. Charles F. 
(* 24. 11. 1838 zu Ballenstaedt in Anhalt, f 13. 10. 
1918 zu Pully) erwarb in Lausanne die Musikalien- 
handlungen Delavaux und Hoffmann. Vier seiner 
Söhne übernahmen das Geschäft und firmierten 
zunächst als Verlag Foetisch Fr&res, ab 1905 als 
Foetisch Fr&res S. A., in dem seit 1950 keine 
Mitglieder der Familie F. mehr tätig sind. Der Ver- 
lag widmet sich vorwiegend der Herausgabe von 
Chormusik. Maurice (* 1.5. 1905) und Pierre 
(* 13. 8. 1911) F. gründeten 1947 die Musikalien- 
handlung und 1949 den Musikverlag Maurice et 
Pierre Foetisch, in dem sie neben musikhistori- 
schen Arbeiten hauptsächlich Chorwerke und zeit- 
genössische Schweizer Komponisten verlegen. 

Fogg, Eric, * 21. 2. 1903 zu Manchester, f 19. 12. 
1939 zu London; englischer Komponist, war 1917 
bis 1919 Organist in Manchester, wurde 1924 Pia- 
nist und später Musical Director bei der British 
Broadcasting Company in Manchester, war zuletzt 
in gleicher Stellung in London tätig, schrieb zahl- 
reiche Werke gemäßigter Richtung: Orchester- 
suiten Scenes fiom Grimm (1918) und The Golden 
Valley (1919) ; Ouvertüre zu Shakespeares Comedy 
of Errors (1922); Fagottkonzert D dur; Ballette 
Hattsel and Gretel (1918) und The Golden Butterfly 
(1919); Chorwerke The Hillside (1921) und The 
Seasons (1931); Kammermusik, Klavierstücke, 
Chöre und Lieder. 

Foggia (f'oddja), - 1) Francesco, * 1605 und f 8. 
1. 1688 zu Rom; italienischer Komponist, war 
Schüler von Cifra, angeblich auch noch von Bern. 
Nanino (t 1623) und P. Agostini (f 1629), zunächst 
an den Höfen von Bonn, München und Wien 
tätig, wurde Kirchenkapellmeister in Narai, Monte 
Fiascone, dann in Rom, 1636 an San Giovanni in 
Laterano, 1661 an San Lorenzo in Damaso und 


527 



Fogliano 


1677 an Santa Maria Maggiore. F. schrieb die Ora- 
torien San Giovanni Battista , Tobias und David , 
viele 3-9st. Messen, 2-5st. Motetten, OfFertorien, 
Psalmen und Litaneien, unter denen Beispiele des 
traditionellen Palestrina-Stils neben solchen mono- 
discher Schreibweise stehen. -2) Antonio, * um 
1650 und f Mai 1707 zu Rom; Sohn von Francesco 

F. , italienischer Komponist, wurde 1677 zur Un- 
terstützung seines Vaters an Santa Maria Maggiore 
angestellt, 1688 sein Nachfolger, schrieb eine Messe, 
Motetten und Oratorien. 

Ausg.: 2 4st. Motetten in St. Lück, Slg ausgezeich- 
neter Compositionen II, Trier 1859; Salve Regina, 
3st., hrsg. v. W. Widmann, Regensburg 1900. 

Lit.: G. Baini, Memoire storico-critiche della vita e 
delle opere di G. P. da Palestrina, 2 Bde, Rom 1828; 
H. Leichte ntri tt , Gesch. d. Motette, « Kleine 
Hdb. d. Mg. nach Gattungen, hrsg. v. H. Kretzsch- 
mar II, Lpz. 1908; A. Schering, Gesch. d. Orato- 
riums, *= Kleine Hdb. ... III, Lpz. 1911; D. Ala- 
leona, Storia dell’oratorio . . ., Mailand 1945. 

Fogliano (foÄ'ano), Giacomo(Fogliani,Folianus), 
* 1468 und f 10. 4. 1548 zu Modena; italienischer 
Komponist, war 1489-97 und ab 1504 Organist am 
Dom in Modena. Von ihm erschien 1547 Primo 
Ubro di Madrigali a 5 v.; zahlreiche Frottole und 
Madrigale sowie einige Laude und Orgelricercari 
sind in gedruckten und handschriftlichen Samm- 
lungen (1504-51) erhalten. 

Ausg.: eine 4st. Frottola, hrsg. v. K. Westphal, in 
Chw. XLH1; 2 4st. Laude in: K. Jeppesen, Die mehrst, 
ital. Laude . . ., Lpz. u. Kopenhagen 1935, eine davon 
auch Davison-Apel Anth. I, 94; ebenfalls von F. 
(vgl. Bridgman S. 249) ist das anonym veröffentlichte 
4st. Madrigal L’amor donna ch io te porto, in: Can- 
donero müsical, hrsg. v. F. A. Barbieri, Madrid 
(1890), neu hrsg. v. H. AnglIs als La Müsica en la 
Corte de los Reyes Catölicos II— III, — MMEsp V u. 
X, Barcelona 1947-51. - 4 Ricercari f. Org., hrsg. v. 

G. Benvenuti in: I Classici Musicali Italiani I, Mai- 
land (1941). 

Lit: K. Jeppesen, Über einige unbekannte Frottolen- 
handschriften, AMI XI, 1939: ders., Die älteste ital. 
Orgelmusik, Actes du congr&s international de mu- 
sique sacrte, Toumai 1952; A. Einstein, The Italian 
Madrigal, 3 Bde, Princeton 1949, in Bd III eine 4st 
Frottola u. ein 3st. Madrigal; N. Bridgman, Un Ms. 
Italien..., Annales Musicologiques l, 1953; W. 
Brennecke, Die Handschrift A. R. 940/41 d. Proske- 
Bibl Kassel 1953. 

Fogliano (foX'ano), Lodovico (Fogliani, Folia- 
nus), * zu Modena, f daselbst um 1538 ; italienischer 
Musiktheoretiker, ist vielleicht verwandt mit Gia- 
como F., war 1513-14 Sänger der Päpstlichen Ka- 
pelle in Rom, später Chordirigent am Dom in Mo- 
dena, schrieb Psalmen, einen 4st. Centone Fortuna 
d*un gran tempo sowie Musica Theorica (Venedig 
1529), das Werk, in welchem die zuerst von O ding- 
ton erkannte und von B. Ramis de Pareja breiter 
dargelegte Notwendigkeit der Unterscheidung 
der Qumtverwandtschaft und T erzverwandtschaft 
der Töne in der noch heute festgehaltenen Form 
normiert wird. 

Lit.: ein Brief an L. F. in: P. Aretino, II primo libro 
delle lettere, hrsg. v. F. Nicolini, Bari 1913. - Rie- 
mann MTh; J. N. Forkel, Allgemeine Litteratur d. 
Musik, Lpz. 1792, mit Verz. d. Kapitelüberschriften d. 
Traktats; A. J. Ellis, The Hist, of Musical Pitch, 
London 1880; Fr. X. Haberl, Die römische »schola 
cantorum« . . ., Vf Mw in, 1887, separat als: Bau- 
steine . . . III, Lpz. 1888; F. Torrefranca, 11 segreto 


del quattrocento, Mailand 1939, darin d. Centone 
Fortuna d’un gran tempo; K. Jeppesen, Venetian Folk- 
Songs of the Renaissance, in: Papers Read at the Inter- 
national Congress of Musicology NY 1939, NY 
(1944): J. Barbour, Tuning and Temperament, East 
Lansing (Michigan) 1953. 

Fohström, - 1) Alma, * 2. 1. 1856 und ■j* 20. 2. 
1936 zu Helsinki; finnische Sängerin (Koloratur- 
sopran), studierte bei H. Nissen-Saloman, Fr. Lam- 
perti und D. Artöt, debütierte 1878 in Helsinki als 
Margarethe, war 1890-1900 Primadonna der Kai- 
serlichen Opera in Moskau und St. Petersburg, 
unternahm Reisen durch Europa und Amerika; 
1904 trat sie zum letzten Male öffentlich in Hel- 
sinki auf. Sie wurde 1909 Lehrerin am Petersburger 
Konservatorium, nach der Revolution am Muak- 
insritut von Helsinki und 1920 am Stemschen Kon- 
servatorium in Berlin. - 2) Karl Ossian Heliodo- 
rus, * 21. 11. 1870 und f 10. 11. 1952 zu Helsinki; 
Bruder von Alma F., finnischer Violoncellist, stu- 
dierte am Musikinstitut in Helsinki und am Brüsse- 
ler Conservatoire, war 1897-1903, 1905-08 und 
1911-35 Solocellist der Philharmonischen Gesell- 
schaft in Helsinki (seit 1914 Stadtorchester genannt), 
zugleich Lehrer am Musikinstitut, 1908-11 Kapell- 
meister in Vaasa, seitdem auch 2. Dirigent der 
Philharmonischen Gesellschaft in Helsinki. Eine 
zweite Schwester F.s, Elin Anima Althild F. (1868 
bis 1949), trat ab 1887 unter dem Pseudonym Elina 
Vandir als Sopranistin auf und war Gesanglehre- 
rin in Helsinki. 

Lit.: P. Ervä, Alma F. (Helsinki 1920; finnisch u. 
schwedisch). 

Foignet (füaji's), - 1) Jacques, * um 1755 zu 
Lyon, f im Mai 1836 zu Paris; französischer Kom- 
ponist, ging 1779 nach Paris, wo er ab 1790 als 
Komponist für zahlreiche Bühnen wirkte, anfangs 
zusammen mit Louis Victor Simon. Zeitweise war 
er auch Direktor des Thdätre Montausier, des 
Thdätre des Victoires Nationales und des Th<£ätre 
des Jeunes Ardstes. Von F.s Bühnenkompositionen 
war der einaktigen Komischen Oper Vorage (Paris 
1798) der stärkste Erfolg beschieden. (Die nier ge- 
gebenen Nachrichten nach A. Loewenberg in 
Grove; nach anderen hieß F.: Charles Gabriel.) - 
2) Francois, * 17. 2. 1782 zu Paris, f 22. 7. 1845 
zu Straßburg, Sohn von 1); französischer Kompo- 
nist; als Schauspieler und Opernsänger trat er auf 
in Paris und nach 1806 in der Provinz und in Bel- 
gien. Er schrieb mehrere komische Opern (vor 
allem Feenstücke). Sein Bruder Gabriel (* 1790 
zu Paris) schrieb Harfenmusik. 

Lit. : H. Gougelot La romance frangaise, Melun 
1938. 

Fokin» Michail Michajlowitsch, * 26. 4. 1880 zu 
St. Petersburg, f 22. 8. 1942 zu New York; russi- 
scher Choreograph, 1890-98 Schüler der Ballett- 
schule am Petersburger Marientheater, studierte 
nach seinem Debüt noch in Stockholm bei Chri- 
stian Johansson, einem Schüler VestrisL Seine 
erste Choreographie schuf er 1905 mit Acis et Gala- 
tie. Im gleichen Jahr folgte La mort du cygne (»Der 
sterbende Schwan«), ein pas seul für A. Pawlowa, 
der bald weltberühmt wurde. 1909-14 arbeitete F. 
gleichzeitig für Diaghüews Pariser Ballet Russe und 
für St. Petersburg, ging 1918 nach den USA und 
kehrte nur 1936-39 (für die Ballets Russes de Monte 


528 



Fomin 


Carlo) nach Europa zurück. Mit Les Sylphides (Pa- 
ris 1909, 1. Fassung als Chopiniana St. Petersburg 
1908) schuf F. ein klassisches Werk des modernen 
Ballet blanc, in dem ihm die Synthese der traditio- 
nellen Technik mit den durch I. Duncan neu er- 
schlossenen Formen tänzerischer Bewegung ge- 
lang. Die für Diaghilew geschaffenen Choreogra- 
phien büden in dem genauen Eingehen auf die Mu- 
sik, der konsequenten Weiterentwicklung des 
neuen Ausdrucksprinzips und dem Aufbau der 
Handlung aus der Gegenüberstellung verschiedener 
charakteristischer Bewegungen (ballet de carac- 
t&re) die anerkannte Grundlage der modernen 
choreographischen Kirnst, vor allem Petruschka 
(1912, Musik von Strawinsky, mit Nijinsky und 
T. Karsawina), ferner: Le pavillon d'Armide (1909, 
Musik von N. Tscherepnin), CUopatra (1909, 
Arenskij), Polowetzer Tänze (1909, aus Borodins 
»Fürst Igor«), Shihirazade (1909, Rimskii-Korsa- 
kow), VOiseau de feu (»Feuervogel«, 1910 Strawin- 
sky), Camaval (1911, nach R. Schumanns Klavier- 
zyklus), Daphnis et Chloi (1912, Ravel) und Josephs- 
legende (1914, R. Strauss). Von F.s späteren Arbei- 
ten sind zu nennen: Le spectre de la rose (Monte 
Carlo 1911, nach C. M. v. Webers »Aufforderung 
zum Tanz«); Don Juan (1936, Gluck); Vöpreuve de 
Vamour (1936, Mozart); Cendrillon (1938, Fr. d’Er- 
langer); Paganini (1939, Rachmaninow), La belle 
Häene (1942, nach Offenbach). F.s Frau Vera 
Petrovna Fokina (1886-1958) gehörte ebenfalls 
Diaghilews Ensemble an und wirkte bei der Ur- 
aufführung der »Josephslegende« mit. 

Lit. : L. Kirstein, F., London 1934; C. W. Beaumont, 
M. F., London 1935; A. Haskell u. W. Nouvel, 
Diaghileff, London u. NY 1935; I. Strawinsky, 
Chroniques de ma vie I, Paris 1935, auch engl, 
spanisch u. deutsch; S. Lifar, La danse, Paris 2 1938; 
O. Fr. Regner, Das Ballettbuch, Fischer-Bücherei 
LXVI, Ffm. u. Hbg (1950). 

Fokker, Adriaan Daniel, * 17. 8. 1887 zu Bui- 
tenzorg (heute Bogor, auf Java); holländischer 
Musikforscher, promovierte 1913 als Physiker an 
der Universität Leiden, erhielt eine weitere Aus- 
bildung bei Albert Einstein, William H. Bragg 
und Emest Rutherford. 1921-23 war er Gymna- 
siallehrer, 1923-27 Professor an der Technischen 
Hochschule in Delft, 1927-55 Curator des physika- 
lischen Kabinetts an der Teyler-Stiftung in Haar- 
lem, 1928-55 Professor an der Universität Leiden. 
Veröffentlichungen: Rekenkundige Bespiegeling der 
Muziek (Gorinchem 1944/45), Les mathimatiques et 
la musique (den Haag 1947), Just Intonation and the 
Combination of Harmonie Diatonic Melodie Groups 
(den Haag 1949), Recherches musicales thioriques et 
pratiques (den Haag 1951). F. stellte 1943 eine 12- 
tastige PfeifenorgdT her mit rein gestimmten ein- 
fachsten Generibus musicis nach Euler (Teyler-Mu- 
seum, Haarlem) ; 1950 eine Orgel mit 31 Stufen in 
der Oktave in gleichschwebender Temperierung 
nach Christiaan Huygens (2 Manuale, Pedal, 4 
Register und Baß). 

Foldes, Andor Földes. 

Folquet de Marseille (folk'e), * um 1155, f 1231; 
provenzalischer Troubadour, entstammt einer be- 
güterten Kaufmannsfamilie, verbrachte seine Ju- 
gend in Marseille. Er stand mit Johannes de Gar- 
Jandia in Verbindung und hatte Umgang mit den 


namhaftesten Persönlichkeiten des zeitgenössischen 
Südfrankreichs. Die ihm zugeschriebenen 19 Lie- 
dertexte finden sich in zahlreichen Handschriften 
und umfassen 14 Minnelieder, 2 Kreuzzugslieder, 
ein Toc partit, eine Cobla und ein Planh. Von den 
Melodien sind 13 bekannt, zum Teil in mehr- 
facher Fassung. F. trat gegen 1195 mit seiner Frau 
und den beiden Söhnen in das Zisterzienserkloster 
Toronet-en-Provence ein, gegen 1201 wurde er 
Abt und 1205 Bischof von Toulouse, als der er die 
Universität von Toulouse gründete, an der ab 1229 
Johannes de Garlandia lehrte. 

Ausg. u. Lit: St. Stronski, Le Troubadour F. de M., 
Edit critique, Krakau 1910 (maßgeblich); H. Angl&s, 
La Müsica a Catalunya Ans al segle XIII, « Bibi, de 
Catalunya, Publicacions del Departement de Müsica 
X, Barcelona 1935 (Melodie zu P-C 155, 5 »Ben an 
mort mi e lor« nach d. Mss. G, R); Fr. Gennrich, 
Sieben Melodien zu mittelhochdeutschen Minnelie- 
dern, ZfMw VII, 1924/25 (Melodien zu P-C 155, 8 
»En chantan m’aven a membrar« u. zu 155, 21 »Si tot 
me sui a tart aperceubutz«); ders.. Der deutsche 
Minnesang in seinem Verhältnis zur Troubadour- u. 
Trouvfcre-Kunst, in: Zs. f. deutsche Bildung II, 1926; 
ders., Troubadours, Trouvfcres, Minne- u. Meister- 
gesang, = Das Musikwerk, Köln (1951), (Melodie zu 
P-C 155, 27 »Us volers outraeuidatz«); ders., MGG 
IV (Melodien nach Ms. G zu P-C 155, 3 »A! quan gen 
vens et ab quan pauc d’afan« u. zu 155, 23 »Tan mou 
de corteza razo«); ders.. Der musikalische Nachlaß 
der Troubadours, — Summa Musicae Medii Aevi 
III, Darmstadt 1958 (alle Melodien). 

Foltz, Karl, * 9. 7. 1918 zu Süchtdb (Nieder- 
rhein); deutscher Musikpädagoge, studierte 1935 
bis 1938 an der Folkwangschule in Essen und 1938 
bis 1940 an der Else Lang-Schule (Gymnastik und 
Tanz) in Köln. Seit 1946 leitet er die »Musische 
Bildungsstätte Karl Foltz« in Köln, ist Mitleiter der 
Berufsfachschule für Gymnastikpädagogen von 
Else Lang (-Foltz) und Dozent am Pädagogischen 
Institut der Stadt Köln. F. legte seine Lehre in der 
Schrift Organik der Musik nieder; Rufe, Lieder, 
Spiele und Spielstücke faßte er in der Sammlung 
Hörst du nicht den feinen Ton zusammen. Zum größ- 
ten Teil auf eigene Texte schrieb er Chöre volks- 
tümlicher Art und Lieder. 

Folville (folv'irl), Juliette, * 5. 1. 1870 zu Lüt- 
tich, f 28. 10. 1945 zu Dourgne (Tarn); belgische 
Komponistin, erhielt ihre erste musikalische Aus- 
bildung durch ihren Vater, einen Rechtsanwalt, 
studierte Violine bei C. Thomson und O. Musin, 
Komposition bei J.-Th. Radoux am Lütticher 
Konservatorium, trat als Pianistin, Cembalistin 
und Violinistin auf, besonders in Konzerten mit 
älterer Musik, und war 1897-1919 Klavierlehrerin 
am Konservatorium in Lüttich, schrieb eine Oper 
Atäla (Lille 1892), Orchesterwerke, Kammermu- 
sik, Orgel- und Klavierstücke sowie Lieder in 
einem an Massenet gemahnenden Stil. 

Fomin, Jewstignej Ipatowitsch, * 16. 8. 1761 
und f im April 1800 zu St. Petersburg; russischer 
Komponist, ging aus dem Stande der Leibeigenen 
hervor, war an der St. Petersburger Kunstakademie 
Schüler von Raupach, wurde 1782 zur Ausbildung 
bei Padre Martini nach Bologna geschickt, dort 
1785 zum Mitglied der Accademia marmonica ge- 
wählt und kehrte 1786 nach St. Petersburg zurück. 
1796 wurde er dort Repetitor am Staatstheater. 


34 


529 



Fbnseca 


Außer Kirchenmusik und dem bedeutenden Melo- 
drama Orfeo i Euridice (1788) schrieb er die noch 
lange beliebt gebliebenen Opern: Noiugorodskij 
bogatyr Bojeslawowitsch (»Boj eslawo witsch, der Heia 
von Nowgorod«, Text von Katharina S., 1786); 
JamschtschiKi na podstawe (»Die Kutscher an der 
Station«, 1787); Wetscherinka (»Die Abendgesell- 
schaft«, 1788); Koldun , woroscheja i swacha (»Der 
Zauberer, die Wahrsagerin und die Heiratsvermitt- 
lerin«, 1791) ; Amerikanzy (»Die Amerikaner«, 1800, 
schon 1788 geschrieben) ; Klorida i Milon (»Clorida 
und Milon«, 1800); Solotoje jabloko (»Der goldene 
Apfel«, auf geführt 1803). 

Ausg.: Stücke aus dem Orfeo, den Jamschtschiki und 
Amerikanzy in: S. L. Ginsburg, Istorija russkoj mu- 
syki w notnych obraszach (Gesch. d. russ. Musik in 
Notenbeispielen) I, Leningrad 1940. 

Lit.: A. Finagin, J. F., Musyka i musykalnij byt 
staroj Rossii (Musik u. Musikleben des alten Ruß- 
lands), Leningrad 1927, mit einem Entr’acte aus d. 
Solotoje jabloko; N. Findbisen, Otscherki po istorii 
musyki w Rossii (Skizzen zu einer Gesch. d. Musik in 
Rußland) II, Moskau u. Leningrad 1929; T. Liwa- 
nowa, Istorija russkoj musyki (Gesch. d. russ. Musik) 
L hrsg. v. M. S. Pekelis, Moskau u. Leningrad 1940; 
A. S. Rabinowitsch, Russkaja opera do Glinki (Die 
russ. Oper bis Glinka), Moskau 1948; J. Keldysch, 
Istorija russkoj musyki (Gesch. d. russ. Musik) I, 
Moskau u. Leningrad 1948; R.-A. Mooser, Annales 
de la musique . . . en Russie 3, Bde, (Genf 1948-51). 

Fonscca, Juli o, * 22. 5. 1885 zu San Jos6; costa- 
ricanischer Komponist, studierte 1902-06 an den 
Konservatorien von Mailand und Brüssel (E. Tinel) 
und lebt seitdem als Organist und Theorielehrer in 
seiner Heimat. F. schrieb 4 Messen, kleinere geist- 
liche Vokalwerke und Gesänge, symphonische 
Stücke, Kammermusik sowie viäe Stücke und Be- 
arbeitungen für Blaskapellen. 

Fontaine, Henri Louis Stanislas Mortier de 
-y Mortier de Fontaine. 

Fontaine (fat/ern), Pierre (Fonteine, Fontayne), 
* gegen Ende des 14. Jh. zu Rouen, f um 1450; 
französischer Komponist, zunächst Chorknabe an 
der Kathedrale von Rouen, trat 1404 in die burgun- 
dische Hofkapelle ein, wirkte 1420-27 in der päpst- 
lichen Kapelle und von 1428 bis zu seinem Tode 
wieder am burgundischen Hof. Die von ihm erhal- 
tenen 7 Chansons finden sich in der Handschrift 
Oxford, Bodl. can. misc. 213, Konkordanzen in 
jüngeren Handschriften der Zeit. 

Ausg.: 5 Chansons bei J. Mark, Les musiciens de la 
cour de Bourgogne au XV« s., Paris 1937; je eine bei 
J. Wolf, Gesch. d. Mensuralnotation U-III, Lpz. 
1904, P. Aubry, Iter Hispanicum II, S1MG VUI, 
1906/07, u. Riemann Beisp. 6. 

Lit. : J. Mark, Hist, de la Musique et des Musiciens 
de la Cour Bourgogne sous le rögne de Philippe le 
Bon, — Slg mw. Abh.en XXVIII, Straßburg 1939; 
H. Besseler, Bourdon u. Fauxbourdon, Lpz. 1950. 

Fontgna, Giovanni Battista, * zu Brescia, f 
1630 an der Pest zu Padua; italienischer Violinist, 
einer der besten älteren Komponisten für Violine 
und Mitförderer des Kammermusikstils. Schon 
1608 widmete C. Gussago dem F. ein Sonaten- 
werk; erst 1641 erschienen F.s 18 Sonaten für Vio- 
linen mit Violondno (= Vc.), zum Teil für 2 V. 
mit Fag., eine für 3 V. (herausgegeben von Reghino 
zu Venedig). Die ersten 6 sind Solosonaten mit B.c. 


Ausg.: eine Trio- und eine Solosonate in: J. W. v. 
Wasielewski, Instrumentalsätze vom Ende des XVI. 
bis Ende des XVII. Jh., Bin (1874); eine Sonate und 
Balletto e pass’e mezzo in: Torchi VII. 

Lit.: D. J. Iselin, B. Marini, Diss. Basel 1930, darin 
eine Solosonate v. F., dieselbe auch Davison-Apel 
Anth. II, 198. 

Fontgna, Julian, * 1810 zu Warschau, f 31. 12. 
1869 zu Paris (durch Selbstmord); polnischer Pia- 
nist, Mitschüler Chopins bei Elsner, studierte Jura, 
trat 1830 in die Reihe der Auf ständischen und mußte 
fliehen, lebte in der Folgezeit als Klavierlehrer in 
London, konzertierte mit Erfolg in Paris, 1841-50 
in den USA (mit Sivori) und ließ sich dann wieder 
in Paris nieder. F. gab Chopins nachgelassene Kom- 
positionen heraus. Von ihm selbst erschienen gute 
Klavierstücke. 

Fonteyn (font'e:n), (Dame) Margot (eigentlich 
Margaret Hookham), * 18. 5. 1919; englische Tän- 
zerin, ausgebüdet in Schanghai und London (N. de 
Valois), debütierte als Solistin 1934 und stieg seit- 
dem am Sadler’s Wells Ballet zur Prima Ballerina 
Assoluta auf, gleichermaßen bewundert in klassi- 
schen Stücken wie »Giselle« und »Le Tricome« wie in 
neuen Schöpfungen. 1947 tanzte sie mit R. Petits 
Ballets de Paris in »Les Demoiselles de la nuit«, 1953 
in Fr. Ashtons »Homage to the Queen« die Königin 
der Lüfte. 1956 wurde sie geadelt. 

Lit. : G. Anthony, M. F., London 1941 ; A. Haskell, 
The National Ballet, London 1943; C. W. Beaumont, 
M. F., London 1948. 

Foote (Furt), Arthur William, * 5.3. 1853 zu 
Salem (Massachusetts), f 8. 4. 1937 zu Boston; 
amerikanischer Organist und Komponist, erhielt 
seine Ausbildung in den USA und lebte als Musik- 
lehrer und als Senior der neuenglischen Komponi- 
sten in Boston. 1909-12 war F. Vorsitzender der 
Guild of Organists, 1919 Dr. h. c. des Trinity Col- 
lege in Hartford, 1925 des Dartmouth College, 
wurde 1921 Klavierlehrer am New England Con- 
servatory. Kompositionen: 2 Orcnestersuiten 
(D moll op. 36 und E dur op. 63), Streichersere- 
nade E dur op. 25, Ouvertüre Tn the Mountains op. 
14, Vorspiel zu Francesca da Rimini op. 24, 4 Cha- 
rakterstücke für Orch. nach dem Rubdiydt von 
Omar Khayjdm op. 48, 3 Streichquartette G moll, 
E dur, D dur (op. 70), 2 Klaviertrios (C moll op. 5 
und op. 65 B dur), Klavierquartett C dur op. 23, 
Klavierquintett A moll op. 38, Klaviersuiten 
D moll und C moll, mehrere Chorballaden mit 
Orch. (The Wreck of the Hesperus , The Skeleton in 
Armour , Farewell of Hiawatha) sowie viele kleinere 
Klavierstücke und Lieder. F. gab mit W. R. Spal- 
ding heraus: Modem Harmony in its Theory and 
Practice (Boston und New York 1905, 21936); al- 
lein: Modulation and Related Harmonie Questions 
(Boston 1919); seine Autobiographie wurde ver- 
öffentlicht von K. Foote Raffry: A. K, An Auto- 
biography (Norwood, Massachusetts, 1946). 

Lit.: J. T. Howard, Our American Music, NY 1931, 
31956. 

Robert Forberg, Musikverlag, o. H. G., ge- 
gründet 1862 in Leipzig von Robert Forberg (1833 
bis 1880). Der Verlag, der u. a. Werke von Rhein- 
berger, Reinecke, Raff und Tensen in seinen Kata- 
log aufnahm, erlangte schnell einen guten Namen. 
Nach dem Tod des Gründers übernahm sein älte- 


530 



Forino 


ster Sohn Robert Max F. (1860-1920) den Verlag 
und das bereits gegründete Kommissionsgeschäft. 
Dessen Witwe, Franziska F., geborene Gumpel 
(f 1942), nahm 1922 ihren Neffen Hont von Roe- 
bel als Teilhaber in die Firma auf, die dieser noch 
heute, zusammen mit Frau Toni Schuetze (als 
Teilhaberin), leitet. 1943 wurde der Verlag in Leip- 
zig vollständigausgebombt, nach dem 1945 schon 
begonnenen Wiederaufbau 1949 zunächst nach 
Bonn, dann nach Bad Godesberg verlagert und 
1957 in eine o. H. G. umgewandelt. Der Katalog 
enthält Kammermusikwerke, Schul- und Etüden- 
werke (besonders für Violine), Werke russischer 
Autoren, Klavier- und Orchestennusik. 

Forchhammer, - 1) Ejnar, * 19. 6. 1868 zu Ko- 
enhagen, f 15.8. 1928 zu München; dänischer 
änger (Tenor), studierte zunächst Mathematik, 
anschließend Gesang in Kopenhagen, Berlin, Leip- 
zig und Paris. Nachdem F. bald äs Wagnersänger 
bekannt geworden war, wirkte er an den Opern- 
häusern in Dresden (1896-1902), Frankfurt am 
Main (1902-12) und Wiesbaden (1912-16). 1919 
ging F. als Operninstrukteur und Musikkritiker 
nach Dänemark und 1926 endgültig nach Mün- 
chen. - 2) Jorgen, * 24. 6. 1873 zu Kopenhagen, 
Bruder von 1); dänischer Stimmpädagoge, ur- 
sprünglich Ingenieur, wandte sich dann phoneti- 
schen und stimmphysiologischen Fragen zu. Für 
diese Fächer erhielt F. 1921 einen Lehrauftrag der 
Universität München, 1939 wurde er zum Profes- 
sor ernannt. Er schrieb Den mennesklige Stemme 
(Kopenhagen 1920) ; Theorie und Technik des Siti- 
gens und Sprechens (Leipzig 1921 ; gemeinsam mit 
Viggo F.) ; Die Grundlagen der Phonetik (Heidelberg 
1924); Entspannungsübungen für stimmbildnerische 
Zwecke ausgearbeitet (München 1927); Stimmbil- 
düng auf stimm - und sprachphysiologischer Grundlage 
(3 Bände, München 1937-38). -3) Viggo, *26. 11. 
1876 zu Kopenhagen, Bruder von 1); dänischer 
Stimmpädagoge, studierte Naturwissenschaften, 
beschäftigte sich dann mit Problemen der Stimm- 
bildung und lehrte 1907-41 in Kopenhagen, 1925 
bis 1941 als Lektor für Sprechen und Gesang an der 
Universität. Er schrieb Kortfattet Tale - og Sangteori 
(Kopenhagen 1943). 

Forchhammer, Theophil Traugott, * 29. 7. 
1847 zu Schiers (Graubünden), f 1. 8. 1923 zu Mag- 
deburg; deutscher Kirchenmusiker, war Schüler 
des Stuttgarter Konservatoriums und wurde nach 
längerer Tätigkeit in Wismar und Quedlinburg 
1886 Nachfolger G. A. Ritters als Domorganist in 
Magdeburg. F. gab mit B. Kothe einen Führer 
durai die Orgelliteratur heraus (Leipzig 1890, neu 
herausgegeben von O. Burkart 21909, von Br. 
Weigl 31931), komponierte ein Oratorium Köni- 
gin Luise (1886-1905), 130. Psalm für Soli, Chor 
und Orch. (1886), ein Orgelkonzert B dur (1873), 
Orgelsonaten G moll op. 8 (1886) und Zur Toten- 
feier op. 15 (1886), Orgel- und Klavierstücke, Lie- 
der und Kammermusik. 

Lit.: P. Schmidt, Th. F., Kiel 1937, mit Werkverz.; 
ders., Th. F., Kiel 1948. 

Ford (fo:d), Ernest A. C., * 17. 2. 1858 zu War- 
minster, t im Juni 1919 zu London; englischer Di- 
rigent und Komponist, Schüler von Sullivan an 
der Royal Academy of Music zu London und von 


Lalo in Paris, war Akkompagnist der populären 
Samstagskonzerte und Kapellmeister am Empire 
Theatre in London, 1917 Gesanglehrer an der 
Guildhall School of Music; Komponist mehrerer 
Opern und Operetten ( Daniel O'Rourke 1884; 
Joan 1890; Mr. Jericho 1893 ; Jane Annie 1893), einer 
Kantate The Eve of the Festa (Frauenstimmen), von 
Ballettmusiken, Liedern, Duetten und Kammer- 
musik. Er schrieb: Short History of Music in Eng- 
land (London 1912). 

Ford (fa:d), Thomas, * um 1580, begraben 17. 
11.1 648 zu London ; englischer Lautenist und Kom- 
ponist, Kammermusiker des Prinzen Heinrich von 
Wales, 1626 Mitglied des Königlichen Orchesters, 
gab heraus Musicke of Sundrie Kindes (1607, 2 Teile, 
Aires mit Laute oder Va und Tanzstücke für 2 Va). 
Einige Gesänge von ihm stehen in Leightons 
»Tears or Lamentacions« (1614) und Hiltons »Catch 
that Catch Can«. Weitere Vokal- und Instrumen- 
talkompositionen sind handschriftlich erhalten. 
Ausg.: Musicke of Sundrie Kindes 1, hrsg. v. E. H. 
Fellowes in: The English School of Lutemst Song 
Writers, series I, London 1921 ; 3 Instrumentalstücke, 
hrsg. v. Th. Dart u. W. Coates in: Mus. Brit. IX 
(Nr 40, 126 und 127). 

Forest (f'ojrast), f 25- 3. 1446 zu Wells; englischer 
Komponist, wahrscheinlich 1414 Archidiäton in 
Surrey und 1425 Dekan in Wells. Von 7 Motetten 
und 2 Meßsätzen können F. noch nicht alle Stücke 
mit Sicherheit zugeschrieben werden. Er war ein 
Zeitgenosse von Power und Dunstable. 

Forestier (forsstj'e), Mathurin (auch Forestyn); 
Komponist um 1500, niederländischer oder fran- 
zösischer Herkunft. Sein Lebenslauf ist bisher un- 
bekannt. Unter dem Namen Mathurin erschien eine 
Chanson La hault dalemagne bei Petrucd, Canti C. 
(Venedig Februar 1503, d. i. 1504), unter dem 
Namen F. ein weiteres Frere bidault in Moderne, 
Le Parangon des Chansons (Lyon 1541). In Hand- 
schriften sind Messen und Chansons überliefert. 
Lit.: A. W. Ambros, Gesch. der Musik III, Breslau 
1868; F. X. Haberl, Bibliogr. u. thematischer Musik- 
kat. des päpstlichen Kapellarch. im Vatikan zu Rom, 
Lpz. 1888; O. Gombosi, Jacob Obrecht, Lpz. 1925; 
K. E. Roediger, Die geistlichen Musikhandschriften 
der Univ.-Bibl. Jena, 2 Bde, Jena 1935; M. van Crb- 
vel, Adrianus Petit Coclico, den Haag 1940; Cl. 
Sartori, Bibliogr. delle Opere Musicali stampata da 
Ottaviano Petrucci, = Bibi, di Bibliogr. Ital., Florenz 
1948. 

Forgeron und Forgeron-Mar6chal, Charles -*■ 
Kovarovic, KareL 

For}no, Luigi, * 20. 8. 1868 und f 5. 6. 1936 zu 
Rom; italienischer Violoncellist und Komponist, 
1890 Lehrer für Kontrapunkt und Violoncello am 
Conservatorio Nadonä de Musica in Buenos 
Aires, 1894/95 Kapellmeister an der Kathedrale von 
Viterbo und Direktor des städtischen Musikinsti- 
tutes; 1895-1901 Direktor des Istituto Musicale di 
S. Cecilia in Buenos Aires, 1901 Nachfolger seines 
Vaters am Liceo di S. Cecilia in Rom. Schrieb: 
Chorwerke Baccus (Buenos Aires 1898), Pomeriggio 
nella campagna romana (Buenos Aires 1913); viele 
Stücke für Orch.; ein Concerto Romantico für Vc. 
und Orch.; Cello- und Klavierstücke sowie Lieder, 
Studienwerke und 22 Violoncello , il violoncettista, ed i 
violoncellisti (Mailand 1905, 21930). 


34* 


531 



Forkel 


Forkel, Johann Nikolaus, * 22. 2. 1749 zu 
Meeder bei Coburg, f 20. 3. 1818 zu Göttingen; 
deutscher Musikforscher. Sein Vater war Schu- 
macher, auch Zöllner und Kastenmeister. Den er- 
sten Musikunterricht erhielt F. vom Kantor J. H. 
Schulthesius in Meeder. Mit 17 Jahren ginger nach 
Lüneburg, wo er in den Schulchor des Johanneums 
aufgenommen wurde. Schon 1767 übernahm er in 
Schwerin die Stelle eines Präfekten am Domchor, 
vervollkommnete sich im Orgelspiel und vertiefte 
sich in die Schriften Matthesons. 1769 wurde er als 
stud.jur. an der Universität Göttingen immatriku- 
liert und nach ȟberaus wohl ausgefallener Probe 
seiner Geschicklichkeit« Organist der Universitäts- 
kirche. 1772 begann er Privatvorlesungen über 
Musik zu halten, wurde 1779 Universitäts-Musik- 
direktor und hatte als solcher die allwöchentlichen 
öffentlichen Akademischen Winterkonzerte zu lei- 
ten. Dabei führte er als zugkräftige Neuerung ein, 
daß der Student für sein Abonnementsbillett eine 
Dame ins Konzert umsonst mitbringen durfte. Aus 
Anlaß ihrer 50-Jahrfeier (1787) verlieh ihm (gleich- 
zeitig mit dem Göttinger Dichter und Ästhetiker 
G. A. Bürger) die Universität die Würde ihres 
Ehrendoktors. Eine Bewerbung um die Nachfolge 
C.Ph.E. Bachs in Hamburg 1789 verlief erfolglos 
und F. blieb, mit Unterbrechung durch eine halb- 
jährige Studienreise, die ihn 1801 in alle größeren 
Bibliotheken bis nach Wien führte, bis an sein Le- 
bensende in Göttingen. F. hatte 1781 die frühreif 
begabte 17jährige Tochter des Göttinger Theolo- 
gen Wedekind geheiratet, der später wegen Lie- 
beshändeln aus Göttingen geflüchteten Weggenos- 
sin der Caroline Schlegel-Schelling. Die Ehe, aus 
der ein Sohn hervorgegangen ist, wurde 1793 ge- 
schieden und »Madame Forkel«, wie sie in den 
Briefen der Romantiker hieß, heiratete später den 
bayrischen Appellationsrat Liebeskind und entfal- 
tete weiterhin ihre Tätigkeit als Schriftstellerin und 
Übersetzerin. Unter F.s Schülern ragen die nach- 
maligen Repräsentanten der romantischen Kunst- 
lehre, die in Göttingen studiert hatten, hervor, vor 
allem A. W. Schlegel, W. v. Humboldt, Wackcn- 
roder und Tieck. Nach F.s Tod wurden sein Haus 
und seine wertvolle Bibliothek versteigert; der 
von seinem Sohn verfaßte Katalog umfaßt 2305 
Bände Musikbücher und 1592 Bände Musikalien, 
die u. a. eine Quelle verschollener Werke von J. S. 
Bach sind, und erschien 1819 in Göttingen im 
Druck. 

Die Verdienste F.s um die Wissenschaft der Musik- 
geschichte sind sehr bedeutend. Angeregt durch 
das universalhistorische und philosophisch-kriti- 
sche Denken, wie es an der jungen Universität 
Göttingen herrschte, und durch die musikalische 
Historiographie der Padre Martini und M. Gerbert 
sowie Englands (Hawkins und Bumey) unternahm 
F. den fesselnden Versuch einer Methaphysik der 
Tonkunst, einer musikhistorischen Prinzipienlehre, 
die er dem I. Band seiner Allgemeinen Geschichte der 
Musik als Einleitung (S. 1-68) voranstellte. Nach 
rationaler Methode und dem Göttinger Ideal eines 
»in historia philosophus« entwirft er ein »natürli- 
ches System« der Musik, das eine in der mensch- 
lichen Natur und dem vernünftigen Menschen- 
geist gründende regelhafte Norm herausstellt. F. 
entnahm sie dem »gebildeten Stil des 18. Jahrhun- 
derts«, worunter er die Musik von C. H. Graun, 


C. Ph. E. Bach und J. Haydn, nicht zuletzt von 
Dittersdorf verstand. In seinen späteren Lebens- 
jahren erhob er dann immer mehr die Musik von 
J. S. Bach zur dogmatischen Norm. Indem er einen 
normativen Maßstab an die Erscheinungen der 
Musikgeschichte anlegte, wurde dasjenige, was der 
Norm gemäß ist, zu einem Stück Gegenwart in 
der Vergangenheit, einem Stück »Aufklärung in 
der Barbarei«. So findet er z. B. einen 4st. Lied- 
satz von H. Isaac normgemäß, womit der Kom- 
ponist einen »Riesensprung über den Geist seines 
Zeitalters hinaus gemacht« habe. F.s aufgeklärtes 
Denken ringt mit dem neuen geschichtlichen Sinn, 
der mit dem Zeitalter der Frühromantik gegen den 
Rationalismus der Aufklärung vordringt. Kenn- 
zeichnend dafür ist auch die systematische Gliede- 
rung seiner Musiklehre in 5 HauptteÜe: 1.) Physi- 
kalische Klanglehre, 2.) Mathematische Klanglehre, 
3.) Musikalische Grammatik (Zeichenlehre, Ton- 
arten, Harmonik, Prosodie), 4.) Musikalische Rhe- 
torik (Periodologie, Stilarten, Gattungen, ästhe- 
tische Anordnung musikalischer Gedanken, musi- 
kalisch-rhetorische Figuren), 5.) Musikalische Kri- 
tik (innerer Charakter der Tonarten, Schreibarten 
und Gattungen, Geschmack und Vortrag.) Der 
3. Band seiner »Allgemeinen Geschichte der Mu- 
sik« sollte eine Specialgeschichte der deutschen Musik 
werden mit Berücksichtigung von Gegenwarts- 
fragen. Darauf hatte bereits die Einleitung (S. 1 bis 
79) zum 2. Band Bezug genommen, indem ihr 3. 
bis 5. Abschnitt handelt »Von den Ursachen des 
jetzigen Verfalls des gesamten kirschlichen Musik- 
wesens« und »Von den Mitteln, wodurch der ver- 
fallenen Kirchenmusik wieder aufgeholfen werden 
kann«. Hier dargelegte Ideen haben stark auf die 
entsprechenden Reformpläne Zelters eingewirkt. 
Hierzu gehört auch F.s hervorragende Schrift 
Ueber Johann Sebastian Bachs Leben , Kunst und 
Kunstwerke , eine erste musikhistorische Monogra- 
phie über den Meister, die ihn im Licht der Früh- 
romantik als »Originalgenie« feiert, zugleich aber 
seine Kunst im Sinne der Aufklärung als Norm der 
Musikgeschichte würdigt und vor allem Bachs 
musikalische Oratorie hervorhebt. 

Schriften: Über die Theorie der Musik insofern sie 
Liebhabern und Kennern notwendig und nützlich ist, 
eine Einladungsschrift zu musikalischen Vorlesungen 
(Göttingen 1777); Musikalisch-kritische Bibliothek 
I-m (Gotha 1778-79); Ankündigung seines akade- 
mischen Winterconcerts (Über die beste Einrichtung 
öffentlicher Konzerte), (Göttingen 1779); Genauere 
Bestimmungen einiger musikalischer Begriffe (Göttin- 
gen 1780) ; Musikalischer Almanach für Deutschland 
auf das Jahr 1782, desgleichen 1783, 1784 und 1789 
(Leipzig) ; Allgemeine Geschichte der Musik (2 Bände, 
Leipzig 1788 und 1801; das Werk reicht nur bis 
en 1550, Materialien zur Fortsetzung gingen in 
Besitz des Leipziger Verlegers Schickert über) ; 
Allgemeine Litteratur der Musik oder Anleitung zur 
Kenntniß musikalischer Bücher (Leipzig 1792; ein 
epochemachendes Werk, das 3000 Titel systema- 
tisch ordnet und kurz charakterisiert); Ueber Jo- 
hann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke 
(Leipzig 1802). F. übersetzte: St. Arteaga, Le Ri- 
voluzioni del Teatro Musicale Italiano (Bologna 
1783-85; al s Geschichte der italienischen Oper, 2 
Bände, Le ipzi g 1789). - Gemeinsam mit J. Sonn- 
leithner in Wien plante F. eine Geschichte der Musik 


532 



Foroni 


in Denkmälern von der ältesten bis zur neuesten Zeit . 
Das Unternehmen war auf 50 Bände in Folio zu je 
60 Bogen berechnet. Der Notenteil des I. Bandes 
war 1804 in Wien fertig gestochen und zur Kor- 
rektur nach Göttingen an F. gegangen, als im No- 
vember 1805 (kurz nach Austerlitz) Wien von den 
Franzosen besetzt wurde und ein französischer 
Offizier die 27 Bleiplatten des Stichs zu Flinten- 
kugeln einschmelzen ließ. Erhalten blieb nur F.s 
Vorbericht und seine ausführliche Einleitung mit 
den kritischen Bemerkungen zum I. Band der aus- 
gewählten altniederländischen Musik, hauptsäch- 
lich Messen-Sätze aus den Sammelwerken des Pe- 
trejus (1538) und Graphäus (1539) sowie der Kor- 
rekturabzug des Notenteils aus F.s Besitz. F.s Auto- 
graph Von der wahren Güte der Clavichorde ist (leider 
gekürzt) abgedruckt in: H. Neupert, Das Clavi- 
chord (Kassefl948). - Als Komponist zu gelten hat 

F. nicht ernsthaft beansprucht; dennoch sind seine 
Kompositionen charakteristisch für die Nähe zum 
Wiener Klassizismus: Klaviersonaten (1771-83), 
Herrn Gleims Neue Lieder mit Melodien fürs Clavier 
(Göttingen 1773) ; 24 Veränderungen fürs Clavier oder 
Fortepiano auf God save the King (Göttingen 1791) ; 
handschriftlich u. a. eine Sinfonia (1780), 9 Klavier- 
konzerte, Fugen, Pröludes, mehrere Kantaten, dar- 
unter eine Ostercantate von Bürger (1789) und ein 
Oratorium Hiskias (1780, Neubearbeitung 1789). 

Ausg.: Ueber J. S. Bachs Leben . . hrsg. v. J. Mül- 
ler-Blattau, Augsburg 1925, Kassel u. Basel 4 1950; 
dass., engl. v. A. Fr. Chr. Kollmann, London 1820; 
dass., engl. v. Ch. S. Terry, London 1920; dass., frz. 
v. F. Grenier, Paris 1876. 

Lit. : J. L. Chr. in: Zeitgenossen IV, 1, Lpz. 1818; 
C. Trümmer, J. N. F. in: Die Musik Vormals u. 
Jetzt, Ffm. 1856 (Tr. war 1811-13 Schüler F.s u. er- 
warb einen Teil v. F.s Nachlaß); Fr. v. Raumer, 
Lebenserinnerungen u. Briefwechsel I, Lpz. 1861 ; W. 

G. Wackenroder, Werke u. Briefe, hrsg. von v. d. 
Leyen, Jena 1910; F. J. Körner, Briefe v. u. an A. 
W. Schlegel, Zürich u. Lpz. 1930; M. Schneider, 
Denkmäler d. Tonkunst vor 100 Jahren, Fs. Lilien- 
cron, Lpz. 1910; W. Gurutt in ZfMw I, 1919, S. 
574 ff.; Th. Krieg, Das geehrte u. gelehrte Coburg, 
I u. III (mit ausführlicher Bibliogr.), Coburg 1927-31 ; 

H. Schleder, Rede zur Weihe d. Gedenktafel für 
J. N. F., Zs. für ev. Kirchenmusik VII, 1929; ders.. 
Aus d. Leben J. N. F.s, ebenda VIII, 1930; H. 
Osthoff, Die Anfänge d. Musikgeschichtsschrei- 
bung in Deutschland, AMI V, 1933; G. Kinsky, Aus 
F.s Briefen an Hoffmeister & Kühnei, JbP XXXIX, 
1932; H. Edelhoff, J.N. F. (= Vorarbeiten zur 
Gesch. der Göttinger Universität), Göttingen 1935; 
W. Emery, The Englisb Translator of F., ML 
XXVIII, 1947; W. Franck, Musicology and its 
Founder J. N. F., MQ XXXV, 1949. 

Formd, Nicolas, * 26. 4. 1567 und f 27- 5. 1638 
zu Paris; französischer Komponist, war 1590 ch andre 
ordinaire der Hofkapelle (unter du Caurroy), in 
deren Dienst er sein Leben lang blieb. 1609 stieg er 
vom Altisten zum sous-maitre auf. Von sei n en 
Kompositionen sind eine doppelchörige Messe 
(Paris 1638; eingefügt sind 2 Sätze) und 8 4st. Ma- 
gnificat erhalten. F.s Messe ist nicht, wie lange Zeit 
angenommen, das erste Beispiel mehrchöriger 
Schreibweise in Frankreich, da bereits 1619 du 
Caurroys mehrchörige Preces ecclesiasticae erschie- 
nen waren. 

Ausg.: Sanctus u. Agnus aus d. Messe, hrsg. v. A. 
GastouB, Paris o. J. 


Lit.: M. Brenet, N. F., Arch. hist, et littdrairc I, 
1889 ; dies., Les musiciens de la Sainte-Chapelle, Paris 
1910; H. Quittard, Un chanteur compositeur . . . : 
N. F., RM III, 1903; ders., Une composition . . . ä 2 
choeurs, RM IV, 1904; M. Le MoBl, Recherches sur 
les musiciens du Roi, 1600-1650, Thöses Paris (Ecole 
des chartes) 1954, maschr. 

Formschneyder, Hieronymus (eigentlich H. 
Andre; latinisiert H. Graphaeus),^ * 7.5. 1556 zu 
Nürnberg; deutscher Drucker, ist seit 1515 in 
Nürnberg nachzuweisen, wo er Dürers Ehrenpforte 
für Maximilian I. in Holz schnitt und 1535 städti- 
scher Münzeisenschneider wurde. Wegen Beleidi- 
gung des Bürgermeisters mußte F. 1542 fliehen, 
durfte jedoch nach 2 Jahren zurückkehren und 
trat als Setzer bei G. Wächter ein, ehe er 1550 
wieder als selbständiger Formschneider tätig sein 
konnte. F., dessen erster Musikdruck 1532 erschien, 
benutzte den 1525 in Paris von Haultin erfundenen 
einfachen Typendruck. Als musikalischer Berater 
diente ihm H. Ott, doch hat F. seinen Sammeldruck 
von 1538 selbst zusammengestellt. Außerdem ver- 
legte er Werke von H. Gerle, Heinr. Finck, Senfl 
und Isaacs Choralis Constantinus (3 Bände, 1550 und 
1555). 

Ausg.: Schöne außerlesene Lieder des hoch berümp- 
ten Heinrici Finckens von 1536, in Auswahl hrsg. 
v. R. Eitner, in: PGfM VIII; Ott, 121 newer Lieder 
von 1534, daraus die 82 Lieder v. Senfl, hrsg. v. 
A. Geering u. W. Altwegg, * RD XV ; Isaac, Cho- 
ralis Constantinus I von 1550, hrsg. v. E. Bezecny u. 
W. Rabl, =« DTÖ V; dasselbe II von 1555, hrsg. v. 
A. von Webern, — DTÖ XVI; dasselbe III von 1555, 
hrsg. v. L. Cuyler, Ann Arbor 1550. 

Lit.: P. Cohen, Die Nürnberger Musikdrucker im 
16. Jh., Diss. Erlangen 1927; R. in: Wagner, Mitt. des 
Ver. f. Gesch. d. Stadt Nürnberg XXX, Nürnberg 
1931, S. 124; Th. Hampe, in: Quellen für Kunst- 
gesch. u. Kunsttechnik des MA u. der Neuzeit 
N.F. XI, Wien u. Lpz. 1904; Kl. Holzmann, H. F.s 
Sammeldruck Trium vocum Carmina, Diss. Freiburg 
i. Br. 1956, maschr. 

Fomerod (fomor'o:), Aloys, * 16.11.1890 zu 
Montet-Cudrefm; Schweizer Komponist, stu- 
dierte Violine und Komposition am Konservato- 
rium von Lausanne und an der Schola Cantorum 
in Paris, wurde Theorielehrer am Konservatorium 
von Lausanne und Kritiker der Tribüne de Lau- 
sanne und Semaine Litteraire de Gcnöve. Er ist Di- 
rektor des Konservatoriums in Freiburg (Schweiz). 
Werke : I. Symphonie in F op. 1 ; Suite aans le mode 
dolien für Streichorch. op. 5; II. Symphonie E dur 
op. 8 ; Elaine für Soli, Männerchor und Orch. op. 9; 
Violinsonate op. 11; 4st. Messe hrlve a cappella op. 
12; Konzert für 2 V. und Kl. op. 16; Pastorale für 
V. und Orch. op. 19; Messe brhve für 3st. Chor und 
Org. op. 23; Cellosonate op. 24; Messe im 7. Ton 
a cappella op. 25; Le Voyage de Printemps für Orch. 
(1941); ein Klavierkonzert (1943); Tondichtung 
Promtthie (1948); II. Konzert für Kammerorch. 
(1949); komische Oper Genevilve (1954); Chor- 
werke, Lieder, Klavier- und Orgelstücke. Ferner 
schrieb F. eines Biographie über H. Opienshi (Lau- 
sanne 1942). 

Forgni, Tacopo, * 25. 7. 1825 zu Verona, •}* (an 
der Cholera) 8. 9. 1858 zu Stockholm, wo er als 
Dirigent einer italienischen Opemtruppe auf tauchte 
und 1849 Hof kapellmeister wurde, Komponist der 


533 



Forqueray 


Opern Margherita (Mailand 1847), Cristitta di Sue - 
zia t I gladiatori und Advokat Pathelin (1850), auch 
von Ouvertüren, einer Messe, eines Streichquartetts 
und von Klavieretüden. 

Forqueray (forkr'e), - 1) Antoine, * im Septem- 
ber 1672 zu Paris, f 28. 6. 1745 zu Mantes; fran- 
zösischer Komponist, berühmter Gambist und Ne- 
benbuhler von Marin Marais, Maitre de musique 
des Herzogs von Orleans, schrieb Piices de viole, die 
von seinem Sohn Jean-Baptiste herausgegeben 
wurden. - 2) Jean-Baptiste, * 3. 4. 1699 und f 
15. 8. 1782 zu Paris; Sohn von A. F., ebenfalls 
Gambist, Kammermusiker des Königs, stand 1761 
bis 1776 im Dienst des Prinzen von Conti, gab die 
Pikes de viole seines Vaters, auch in einer Bearbei- 
tung für Clavedn, heraus. - Zu einem anderen 
Zweig der Familie gehören die beiden Pariser Or- 
ganisten - 3) Michel (* 15. 2. 1681 zu Chaumes- 
en-Brie, f 30. 5. 1757 zu Montfort-rAmaury) und 
sein Neffe - 4) Nicolas-Gilles (* 15. 2. 1703 und 
1 22. 10. 1761 zu Chaumes-en-Brie). 

Lit.: J.-G. Prod’homme, Les F., RMI 1903; L. de La 
Laurencie, Deux vioüstes c&dbres, in: Bull, de la 
SIM 1908/09; L. Forqueray, Musidens d’autrefois; 
Les F. et leurs descendants, Paris 1911. 

Fors?ll» Carl Johan (John) Jacob, * 6. 11. 1868 
und f 30. 5. 1941 zu Stockholm; schwedischer Bari- 
ton, studierte in Stockholm am Konservatorium 
und in Paris, wurde nach seinem Debüt 1896 als 
Figaro und Barbier sofort an die Königliche Oper 
Stockholm verpflichtet, der er bis 1901, 1903-09 
und auch später noch angehörte. Bald darauf mach- 
ten Gastspiele in Paris (1900 in den »Schwedischen 
Orchesterkonzerten«), Berlin (Hofoper) und den 
nordischen Hauptstädten in seinen Hauptrollen 
(Don Juan, Fliegender Holländer, Alfonso, Al- 
maviva, Tonio) F. auch auf dem Kontinent als 
Bühnen- und später auch als Konzertsänger rasch 
berühmt; 1909-10 gehörte er dem Metropolitan 
Opera House in New York an. 1924-39 war er Di- 
rektor der Stockholmer Oper. Sein Sohn Björn 
Axel Isak (* 31. 5. 1915) studierte bei seinem Vater 
Gesang, trat in Innsbruck, Wien, Nürnberg und 
Zürich auf und ist seit 1946 Regisseur in Innsbruck, 
lit: E. Ljungberger, J. F., Stockholm 1916; Boken 
om J. F., hrsg. v. F. Gustavson, Stockholm 1938. 

Förster» Georg, * um 1510 zu Amberg, f 12. 11. 
1568 zu Nürnberg; deutscher Komponist, neben J. 
vom Brandt, Othmayr und Zirler Schüler Lorenz 
Lemlins in der Heidelberger Hofkantorei, 1531 
Student der Medizin in Ingolstadt, 1534-39 in 
Wittenberg (in Beziehungen zu Luther und Me- 
lanchthon), erwarb 1544 den Doktorgrad in Tü- 
bingen und war Arzt in Amberg, Würzburg, Hei- 
delberg und Nürnberg, Herausgeber eines großen 
Sammelwerkes in 5 Teilen: Ein Außzug guter alter 
und neuer teutscher Liedlein ; der ander ( dritte , vierdte, 
fünffte) theil . . . teutscher Liedlein 1539, 1540, 1549, 
1556 (4. und 5.), weltliche 4st. (5. Teü 5st.) Lieder 
von N. Bauldewijn, Blanckemüller, Caspar Bohe- 
mus, G. Botsch, G. Brack, Jobst vom Brandt, A. 
von Bruck, Th. Crequillon, S. Dietrich, Ben. Du- 
cis, M. Eckel, M. Eytelwein, G. Förster, Joh. 
Frosch, Joh. Fuchswild, Wolf Grefinger, M. Grei- 
ter, L. Heidenhamer, Wolf Heintz, Math. Herr- 
mann, P. Hofhaimer, H. Isaak, J. Kilian, Joh. 
Leonh. von Langenaw, Er. Lapidda, Lor. Lemlin, 


Machinger, Steph. Mahu, G. Müller, K. Othmayr, 
L. Paminger, Gr. Pesch, Nik. Pütz, Sampson, L. 
Senfl, Schönfelder, Stahel, Stoltzer, Tenglin, Un- 
terholtzer, Vogelhuber, Wenck, Willaert, Mart. 
Wolff, Zirler. Weiter gab er heraus Selectissimarum 
mutetarum partim 5, partim 4 vocum tomus primus 
(Nürnberg 1540) und Tomus tertius psalmorum 
selectorum (Nürnberg 1542; die Teüe I und n, 
nicht von F. herausgegeben, erschienen 1538 und 
1539). Kompositionen von F. finden sich in seiner 
Sammlung deutscher Lieder wie auch in anderen 
Sammelwerken der Zeit. 

Ausg.: GA der Texte, hrsg. v. E. Marriage in: 
Neudrucke deutscher Litteraturwerke d. 16. u. 17. Jh., 
Nr 203-06. Halle 1903; Ein Außzug guter alter u. 
neuer teutscher Liedlein (1539), hrsg. v. K. Gudewill 
u. W. Heiske, =■ RD XX, 1942; Der ander theil, 
kurtzweiliger guter frischer Teutscher Liedlein (1540), 
hrsg. v. R. Eitner, - PGfM XXIX, Jg. XXXIII, 
1905; Einzelsätze bei: R. Eitner, Das alte deutsche 
mehrst. Lied u. seine Meister, MfM XXV/XXVI, 
1893/94: G. Rhaw, Newe Deudsche Geistliche Ge- 
senge, hrsg. v. J. Wolf, «■ DDT XXXIV, 1908; Fr. 
Jöde, Chorbuch, 6 Teile, Wolfenbüttel u. Bin 1927 
bis 1931 ; W. Lipphardt, Gesellige Zeit, 2 Bde, Kas- 
sel 1933-35. 

Lit. : R. Eitner, G. F., der Arzt, u. G. F., der Kompo- 
nist, MfM 1, 1869; A. Leckerscheidt, Das a cap- 
pella-Problem in F.s Liederbüchern, Diss. Heidel- 
berg 1923; H. Kallenbach, G. F.s frische teutscho 
Liedlein, Gießener Beitr. zur deutschen Phüologie 
XXIX, Gießen 1931; vgl. auch d. Vorwort zu RD 
XX. 

Förster, Georg, j* 16. 10. 1587 zu Dresden; deut- 
scher Kantor, wurde 1564 Kantor in Annaberg 
(Sachsen), dann in Zwickau, um 1568 Bassist, 1581 
Vizekapellmeister und 1586 Kapellmeister der Kur- 
fürstlichen Hofkapelle in Dresden. 

Lit.: R. Eitner, G. F., der Arzt, u. G. F., der Kom- 
ponist, MfM I, 1869. 

Förster, Josef , * 20. 1. 1838 zu Trofaiach (Steier- 
mark), t 23. 3. 1917 zu Wien; österreichischer 
Komponist, lebte, nachdem er in Graz Technik 
studiert hatte, als Komponist in Wien. Er schrieb 
Opern (darunter: Die Rose von Ponte vedra , Gotha 
1893, und Der Dot Mon nach Hans Sachs, Wien 
1902), Ballette, Kirchenmusik, Lieder, eine Sym- 
phonie C moll (1871, nicht erhalten) und Kammer- 
musik. 

Lit : A. Hickl, Ein steirischer Tondichter, Leoben 
1907; C. Nemeth, J. F., Diss. Wien 1949, maschr., 
mit Werkverz.; ders., Deutscher Verismus, Musik- 
erziehung VI, 1952/53. 

Förster, Karl, * 1. 8. 1904 zu Großklenau (Ober- 
pfalz); deutscher Kirchenmusiker, absolvierte die 
philosophisch-theologischen Studien in Regens- 
burg und bezog die Akademie der Tonkunst und 
die Universität in München, wo er Kirrhfinmngilr 
und Musikwissenschaft studierte (Promotion 1933). 
1934 als Domkapellmeister nach Berlin berufen, 
leitet er den von ihm aufgebauten Gemischten 
Chor der St. Hedwigs-Kathedrale, mit dem er auch 
Au s la n dsreisen unternimmt. 1952 wurde er zum 
Universitätsmusikdirektor an der Freien und an der 
Technischen Universität Berlin berufen, wo er 
auch als Honorarprofessor wirkt. F. schrieb mehrere 
Messen und Motetten. 1948 wurde er zum Päpst- 
lichen Gehernikäm merer ernannt. 


534 



Fortunatus 


Forsyth (f'o:sai0), Cecil, * 30. 11. 1870 zu 
Greenwich, f 7. 12. 1941 zu New York; englischer 
Komponist, studierte in Edinburgh und London 
(Stanford, Parry), wurde zunächst Bratschist und 
Opemkapellmeister in Manchester und London 
und ließ sich 1914 in New York nieder. Komposi- 
tionen: Chorwerke mit Orch. (The Last Supper 
1916) und a cappella, 2 Messen, Orchesterstücke, 
Konzert G mofl und Chant Celtique für Va und 
Orch., Kammermusik sowie 2 Opern. F. schrieb: 
Music and Nationalism (London und New York 
1911), Orchestration (London und New York 1914, 
21936, gilt als das beste englische Werk auf seinem 
Gebiet), A History of Music (mit Ch. Stanford, Lon- 
don und New York 1916, 21922), Choral Orchestra- 
tion (London und New York 1922); Clashpans 
(New York 1933) ; A Digest of Musical History (mit 
E. C. Krohn, Saint Louis 1938). 

Forda de Piles,Alphon$e-Toussaint-Joseph- 
Andr6-Marseille, Comte de, * 18. 8. 1758 zu 
Marseille, f 18. 2. 1826 zu Sisteron; französischer 
Komponist, wurde Offizier und erhielt bei dem 
Durante-Schüler Ligori Kompositionsunterricht. 
Nach Ausbruch der Französischen Revolution 
mußte er außer Landes gehen, bereiste Ost- und 
Nordeuropa, kehrte 1792 als Journalist nach Paris 
zurück und ließ sich 1801 in Sisteron nieder. Als 
Opemkomponist war F. Anhänger Glucks und 
Mdhuls. Seine Musikanschauung legte er nieder in 
Quelques rtflexions d'un homme du tnonde sur les spec- 
tacles , la musique . . . (Paris 1812) und A bas les 
masques (Paris 1813). 

F^rtlage, Arnold Rudolf Karl, * 12. 6. 1806 zu 
Osnabrück, f 8. 11. 1881 zu Jena; deutscher Philo- 
soph und Musikforscher, promovierte 1829 in Mün- 
chen mit einer Arbeit Uber die Denkweise der äl- 
testen Philosophen und lehrte in Heidelberg, ab 
1842 in Berlin, ab 1846 in Jena, wo er 1873 den 
Lehrstuhl Kuno Fischers erhielt. Er veröffentlichte 
außer philosophischen Werken (darunter System 
der Psychologie, 2 Bände, Leipzig 1855): Das musi- 
kalische System der Griechen in seiner Urgestalt (Leip- 
zig 1847), eine gründliche Untersuchung des alt- 
griechischen Notensystems und der Skalenlehre, 
die mit der gleichzeitig erschienenen Schrift F. 
Bellermanns »Die Tonleitern und Musiknoten der 
Griechen« in den Resultaten übereinstimmt, auch 
deren Fehler teilt, daß sie nicht die dorische, son- 
dern die hypolydische Tonart als Grundskala an- 
nimmt. 

Fortner, Wolfgang, * 12. 10. 1907 zu Leipzig; 
deutscher Komponist, studierte in Leipzig am Kon- 
servatorium Komposition bei H. Grabner und an 
der Universität bei H. Driesch (Philosophie) und 
Th. Kroyer (Musikwissenschaft), wurde 1931 Leh- 
rer für Komposition und Musiktheorie am Kirchen- 
musikalischen Institut der badischen Landeskirche 
in Heidelberg und übernahm 1954 eine Professur 
für Komposition an der Nord westdeutschen Musik- 
akademie in Detmold, 1957 an der Staatlichen 
Hochschule für Musik in Freiburg im Breisgau (als 
Nachfolger von H. Genzmer). F. leitet alljährlich 
Kompositionskurse bei den Kranichsteiner Ferien- 
kursen für Neue Musik, trat auch als Dirigent her- 
vor und gründete 1935 das Heidelberger Kammer- 
orchester, mit dem er ältere und jüngste Musik auf- 


führte und Konzertreisen unternahm. In Heidel- 
berg führte er eine Konzertreihe Musica viva durch, 
die er 1958 in Freiburg i. Br. fortsetzte. 

F. gehört in Ton und Wort zu den markantesten 
Erscheinungen der deutschen zeitgenössischen Mu- 
sik. Sein Werkverzeichnis umfaßt nahezu alle Gat- 
tungen und Besetzungsarten. Durch seine Lehr- 
tätigkeit übt er einen starken Einfluß auf die junge 
Generation aus; zu seinen Schülern zählt u. a. H. 
W. Henze. F. trat zunächst mit Werken hervor, 
die sich unter dem Einfluß von Reger, Strawinsky 
und Hindemith an alte VorbÜder anlehnen, und 
komponierte bis 1945 streng tonal. Später griff er 
die Zwölftontechnik auf und versuchte, sie selb- 
ständig weiter zu entwickeln, zuerst in dem 3. 
Streichquartett (1 948), dann vor allem in den form- 
gebändigten Werken des Jahres 1950. 
Orchestermusik: Sweelinck-Suite (1930, Bearbei- 
tung von 5 Orgelstücken Sweelincks, darunter der 
7 Liedvariationen über Est-ce Mars), Konzert für 
Org. und Streichorch. (1932, bearbeitet als Cemb.- 
Konzert 1935), Konzert für Streichorch. (1933), 
Concertino für Va undkleinesOrch. (1934), Schwä- 
bische Volkstänze (1936), Capriccio und Finale 
(1939), Ernste Musik (1940), Klavierkonzert (1942), 
Streichermusik II (1944), Symphonie (1947), , Phantasie 
über die Tonfolge b-a-c-h für 2 Kl., 9 Soloinstr. und 
Orch. (1950), Violinkonzert (1951), Mouvements für 
KL und Orch. (1954), Bläsermusik zur 500-Jahrfeier 
der Universität Freiburg im Breisgau (1957, Prä- 
ludium und Hymnus für 16 Bläser), Impromptus 
(1957) , Prflude (1958) . - Szenische Musik : Schulspiel 
Creß ertrinkt (1930), Bühnenmusik zu Lysistrata 
(1945), Ballett Die weiße Rose (1950), Oper Blut- 
hochzeit (nach Garcia Lorca; 1957), Opera buffa 
Corinna (1958). - Kammermusik: 3 Streichquartette 
(1929, 1938, 1948) Suite für Vc. solo (1933), Sonatina 
für Kl. (1934, mit Rondo nach schwäbischen Volks- 
tänzen), Blockflötenwerk (1934), Kammermusik für 
KL solo (1944), Violinsonate (1945) ; Serenade für 
F1., Ob., Fag. (1948), Sieben Elegien für Kl. (1950), 
Streichtrio (1951), New Delhi Music für H., V., 
Vc. und Cemb. (1956) ; Toccata und Fuge für Org. 
(1930), Praeambel und Fuge für Org. (1935). - 
Vokalmusik: Kantate Die vier marianischen Anti- 
phonen (1929), Kammerkantate Fragment Mariä 
(1930), Festkantate Grenzen der Menschheit (1930, 
nach Goethe), 3 Psalmen (1930), 3 geistliche Ge- 
sänge (1932), eine Deutsche Liedmesse (1934), Nup- 
tiae Catulli (1937), Herr , bleibe bei uns, geistliche 
Abendmusik (1945), Zwei Exerzitien (1948), Kan- 
tate Mitte des Lebens (1951), Isaaks Opferung, ora- 
torische Szene (1952), Kantate The Creation (1954), 
Kantate Chant de Naissance (1958); Lieder und 
Gesänge, darunter die wertvollen 4 Gesänge 
nach Hölderlin (1933) und Shakespeare-Songs 
(1946). Ausgaben: 6 Flötenkonzerte von Vivaldi; 
J. Mattheson, Große Generalbaßschule, Bearbeitung 
des praktischen Teils I (1956). Ferner schrieb er Auf- 
sätze in »Melos«, »Musik und Kirche« und anderen 
Zeitschriften. 

Fortunatus, Venantius Honoris Clementianus, 

* um 530/540 bei Treviso, f um 600 in Gallien; 
studierte in Ravenna und ging als Bischof nach 
Poitiers. F. ist einer der bedeutendsten Hymnen- 
dichter. Seine Hymnen, die mit neuen Weisen ver- 
sehen oder bekannten Melodien angepaßt wurden, 


535 



Foss 


drangen teilweise in die mittelalterliche Liturgie 
ein. Bekannt sind Pange lingua gloriosa, VexiUa regis 
prodeunt , Crux benedicta nitet , Salve festa dies , Tibi 
laus perermis auctor, Agnoscat omne saeculum , Quem 
terra pontus aethera . 

Ausg.: J. P. Migne, in: Patr. lat; G. M. Dreves, in: 
Analecta hymnica L, Lpz. 1907; Br. Stäblein, 
Monumenta Monodica Medii Aevi I, Kassel u. Basel 
1956. 

Lit.: G. M. Dreves, Ein Jahrtausend lateinischer 
Hymnendichtung, 2 Bde, Leipzig 1909; M. Sigl, in: 
Die Kirchenmusik XI, 1910, S. 58 ff.; P. Wagner, 
Einführung in d. gregorianischen Melodien III, Lpz. 
1921 ; Br. Stäblein, Zur Gesch. d. choralen Pange 
lingua-Melodie, in: F. Tack, Der kultische Gesang 
d. abendländischen Kirche, Köln 1950. 

Foss, Hubert James, * 2. 5. 1899 zu Croydon, f 
27. 5. 1953 zu London; englischer Musikschrift- 
steller und Komponist, war 1924-41 Leiter der 
Musikabteilung der Oxford University Press und 
gründete 1926 den Bach Cantata Club, den er ge- 
legentlich dirigierte, komponierte Seven Poems by 
Thomas Hardy für Bar., Männerchor und Instru- 
mente, eine Violinsonate und Lieder. Schriften: 
Music in my Time (London 1933) und Ralph 
Vaughan Williams (London 1950). 

Foss, Lukas (ursprünglich: Fuchs), * 15. 8. 1922 
zu Berlin; amerikanischer Komponist studierte 
Musik am Pariser Conservatoire bis 1937, anschlie- 
ßend bis 1940 am Curds Institute in Philadelphia, 
außerdem in Tanglewood bei Kussewitzky Diri- 
gieren und in Yale bei Hindemith Komposition. 
Ab 1944 Pianist des Bostoner Symphonieorche- 
sters, trat seitdem auch als Solist und als Dirigent 
auf. 1950-52 studierte er in Europa, besonders in 
Rom. Seitdem wirkt er als Kompositionsprofessor 
und Leiter des Studentenorchesters an der Califor- 
nia-Universität in Los Angeles. Als Gastdirigent 
mehrerer amerikanischer Orchester brachte er zahl- 
reiche Werke zeitgenössischer europäischer Kom- 
ponisten in den USA zur Erstaufführung. Von sei- 
nen zahlreichen Kompositionen wurden die Chor- 
Orchester-Kantate The Prairie (1942), Recordare für 
Orch. (1948) und sein II. Klavierkonzert (1951) in 
Amerika am bekanntesten. Für NBC schrieb er 
1955 eine Femsehoper Griffelkin; sein BufFo-Ein- 
akter Calaveras wurde auch in Deutschland auf- 
geführt. 

Lit: M. Gräter, L. F., in: Melos XXII, 1955. 

Fossa, Johannes de, f um 1603 zu München; 
Komponist, vermutlich niederländischer Herkunft, 
wurde 1569 Unterkapellmeister am bayerischen 
Hof. 1594 wurde er hier Nachfolger Lassus* und 
1597 mit dem Titel des Oberkapellmeisters ausge- 
stattet. Vermutlich ist F. identisch mit Jean des 
Fosses, der Sänger in der Kapelle des Herzogs 
Emanucl Phiübert von Savoyen war und von die- 
sem 1557 in einem Brief erwähnt wird. Er schrieb 
4-5st. Messen und geistliche Werke sowie 4-5st. 
deutsche Lieder. 

Ausg.: Litaniae de Beata Virgine, hrsg. v. K. Proske, 
in: Musica Divina IV, 1853; auch in Maldeghem 
Trösor, 1868. 

Lit: F.X. Haberl, in: KmJb 1893, S. 61 ff.; K. 
Walter, in: KmJb 1894, S. 59 ff.; A. Sandberger, 
Beitr. zur Gesch. der Bayerischen Hofkapelle II, Lpz. 
1895; A. Auda, La musique ... de Fanden Pays de 
Ltege, Brüssel-Paris-Li6ge (1930). 


Foster (f'osta), Arnold Wilfred Allen, * 6. 12. 
1898 zu Sheffield; englischer Komponist, lebt in 
London, wo er Schüler des Royal College of Music 
(Klavier, Horn, Harmonielehre) und von Vaughan 
William s (Komposition) war. Mit zahlreichen Be- 
arbeitungen von Volksweisen und älterer Musik 
fördert F. die Arbeit der English Folk Dance and 
Song Society sowie der Liebhaberchöre und -Or- 
chester, denen der größte Teil seiner Tätigkeit galt: 
Music Master (1926-39) bzw. Director of Music 
(seit 1939) der Westminster School; Music Direc- 
tor des Morley College (1928-40); Leiter des von 
ihm gegründeten English Madrigal Choir (1928 
bis 1940) ; Lecturer am London University Institute 
of Education (seit 1945); Leiter des von ihm ge- 
gründeten A. F. Choir and Orchestra am West- 
minster Technical College (seit 1945). F.s Kompo- 
sitionen gründen zum Teil auf englischer Volks- 
musik und der Melodik der Tudor-Zeit: Three 
Moods für Kl. (1925); Fantasy für Klavierquartett 
(1927, umgearbeitet 1929) ; Autumn Idyll für Kam- 
merorch. (1927, umgearbeitet 1930); 3 Violin- 
stücke (1929) ; Klavierkonzert auf Country-Dance- 
Weisen (1930); Suite für Streicher nach englischen 
Volksliedern (1930) ; Ballett MidsummerEve (1936) ; 
A Suite of Morris Dance Tunes und A Sword Dance 
Suite für Orch. (1936); Three Festive Carols für 
Chor und Orch. (1946); The Fairy Island für Frau- 
enchor und Orch. (1947); Ballad Opera Lord Bote - 
man (1955) ; A Playford Suite für Orch. (1956) ; Varia- 
tions on Elizabethan Airs by G. Famaby für 5 Blä- 
ser (1957). 

Foster (f'osto), Myles Birket, *29. 11. 1851 und 
f 18. 12. 1922 zu London; englischer Organist, war 
Schüler von James Hamilton Clarke und der Royal 
Academy of Music in London, bekleidete verschie- 
dene Organistenstellen in London, war als Heraus- 
geber für Boosey & Co. (heute B. & Hawkes) bis 
1900 tätig, komponierte eine Symphonie Fis moll 
(Isle of ArranJ, Ouvertüren, Kammermusik, Kir- 
chenwerke, Kantaten, Chöre und Lieder; auch 
schrieb er: History of the Philharmonie Society (Lon- 
don 1913). 

Foster (f'osto), Stephen Collins, * 4. 7. 1826 zu 
Pittsburgh (Pennsylvania), f 13. 1. 1864 zu New 
York; amerikanischer Komponist, schrieb etwa 
200 Lieder, in denen ein spezifisch amerikanischer 
Volkston angeschlagen ist und von denen viele 
volkstümlich wurden. 

Ausg.: GA: M. Foster, Biogr., Songs and Mus. 
Compositions of St. C. F., Pittsburgh 21896, ein Aus- 
zug als: My Brother Stephen, Indianapolis 1932. - 
Songs of St. F., hrsg. u. bearb. v. W. Earhart u. 
E. B. Birge, Indianapolis 1934; The Songs of St. F., 
hrsg. v. A. E. Wier, NY 1935. 

Lit.: H. V. Milligan, St. C. F., NY 1920; J. T. Ho- 
ward, St. F., NY 1934, 21935, 31943 mit Bibliogr., 
4 1953; G. P. Jackson, St. F.’s Debt to American 
Folk-song, MQ XXII, 1936; R. Walters, St. F., 
Princeton 1944; E. F. Morneweck, Chronicles of 
St. F.’s Famüy, 2 Bde, Pittsburgh 1944. 

Foucquet (fuk'e), französische Musikerfamilie des 
18. Jh. Daraus ragen hervor: - 1) Antoine, f 1708 
zu Paris, war Organist um 1658 an St-Josse in Pa- 
ris, 1669 der Königin Maria-Thdrfcse und ab 1681 
an St-Eustache. Gemeinsam mit vier Organisten 
des Königs war F. an dem Prozeß der Organisten 


536 



Fonmet 


und Clavecinisten gegen die Zunft der Spielleute 
beteiligt. - 2) Pierre, f um 1734 zu Paris, Sohn 
von 1), war 1707-08 Organist an St-Honor^ in 
Paris. Von ihm erschienen 1703 und 1711 3 airs 
serieux et ä boire. Seine Sonaten dagegen gelten als 
verloren. - 3) Pierre-Claude, * 1694 und + 13. 
2. 1772 zu Paris, Enkel von 2), wurde Organist an 
St-Eustache, St-Honorö, der Abtei St-Victor, 1758 
an der königlichen Kapelle und 1761 an Notre- 
Dame. Wie sein Urgroßvater war er an dem Pro- 
zeß gegen die Spielleute beteiligt. Er schrieb Stücke 
für Clavecin und Lieder. 

Lit. : A. Pirro, Les clavecinistes, Paris o. J. ; G. Ser- 
vi&res, Documents inddits sur les organistes fran$ais 
des XVIIe et XVIIIe sidcles, Paris o. J.; F. Rauoel, 
Les grands orgues des dglises de Paris, Paris 1927; 
Ch. Bouvet, Musiciens oublids, Musique retrouvde I, 
Paris o. J. 

Fougstedt, Nils-Eric, * 24. 5. 1910 zu Turku; 
finnischer Komponist, lebt in Helsinki. Nach an- 
fänglichem Musikstudium an der Sibelius-Akade- 
mie Helsinki studierte er Dirigieren in Salzburg 
(1934), Komposition in Berlin (M. Trapp) und 
Italien, unternahm zu weiterer Ausbildung Reisen 
nach Frankreich und den USA. Seit 1933 ist er 
Lehrer an der SibeHus-Akademie, kam 1938 als 
Dirigent an den finnischen Rundfunk, dessen Chef- 
dirigent er seit 1951 ist. Als Gastdirigent bereiste er 
verschiedene europäische Länder. Kompositionen: 
2 Symphonien (1938, 1949), ein Konzert für Vc. 
und Orch. (1942), ein Klavierkonzert (1944), Pas- 
sacaglia (1941), Suite romatttique (1943), Variationen 
über ein finnisches Soldatenlied (1943), Werke für 
Streichorch., Kammermusik (darunter ein Kla- 
viertrio, 1933, und ein Divertimento für Bläser, 
1946), Kantaten, Lieder und Mannerchöre. 

Foulds (fu:ldz), John Herbert, * 2. 11. 1880 zu 
Manchester, f 24. 4. 1939 zu Kalkutta; englischer 
Dirigent und Komponist, wurde mit 14 Jahren Or- 
chestermusiker, dann Bühnenmusik-Dingent unter 
Richter und Bühnenmusik-Komponist, 1918 Mu- 
sikdirektor der London Central Y. M. C. A., 1921 
Lektor an der University of London und Dirigent 
ihrer Music Society. Hauptwerke: Konzertoper 
Vision of Dante op. 7 (1904); A World Requiem op. 
60 (1923); Schauspielmusiken, ein Cellokonzert, 
Orchesterwerke, Kammermusik, Klavierstücke, 
Lieder und Gesänge. Ferner schrieb er: Music 
Today (London 1934). 

Fouqul (fuk'e), Friedrich Freiherr de la Motte, 

* 23. 8. 1874 zu Hannover, f um 1945; deutscher 
Offizier und Komponist, Enkel des gleichnamigen 
Dichters, studierte 1911-14 in Karlsruhe und 1920 
bis 1922 in Berlin, wo er bis 1944 lebte. Die meisten 
seiner im Stile Regers geschriebenen Werke blie- 
ben Manuskript und wurden im Kriege zerstört; 
genannt seien: Streichtrio op. 10 (1923); Zigeuner - 
Tieder op. 16 (1926) ; Violinsonate op. 18 (1925) ; 
Streichquartett op. 19 (1926) ; Symphonie Cis moll 
op. 22 (1928). 

Fouqud (fuk'e), Friedrich Heinrich Karl Frei- 
herr de la Motte, * 12. 2. 1777 zu Brandenburg, 
1 23. 1.1843 zu Berlin; deutscher Dichter, Verfasser 
zahlreicher Schauspiele und Romane, stand in en- 
ger Beziehung zu vielen Musikern seiner Zeit, vor 
allem zu dem Dresdner Kreis um J. A. Apel, Kind 


und Miltitz. Für E. Th. A. HofFmann arbeitete er 
sein Schauspiel Undine (Berlin 1810) nach dessen 
Angaben 1813-14 zum Opemtext um; später be- 
arbeitete er das Libretto nooi einmal für den Kom- 
ponisten K. F. J. Girschner (Danzig 1837). Dieser 
Text wurde weiterhin von Lortzing (Magdeburg 
1845), H. Th. Smart und Tschaikowsky (1869, 
nicht auf geführt) vertont; G. T. Strong schrieb eine 
Tondichtung Undine. Auch schrieb F. den Text zu 
Miltitz’ Oratorium Die Frauen am Grabe des Hei- 
lands. Ein Aufsatz über Melodie und Harmonie findet 
sich in Cacilia IV (1827). 

Ausg. : Werke, hrsg. v. W. Ziesener, 3 Bde, o. 0. 1908. 
Lit. : Briefe an F. v. F., hrsg. v. A. de la Motte 
FouquS, Bin 1848. - W. Pfeiffer, F.s Undine, Heidel- 
berg 1903; C. Schaeffer, Die Bedeutung d. Musika- 
lischen ... in E.T. A. Hofimanns literarischem Schaf- 
fen, = Beitr. zur deutschen Literaturwiss. XIV, Mar- 
burg 1909. 

Fouque (fu:k), Pierre Octave, * 12. 11. 1844 zu 
Pau, t 22. 4. 1883 zu Paris; französischer Kompo- 
nist und Musikforscher, wurde 1869 am Pariser 
Conservatoire Kompositionsschüler von A. Tho- 
mas, 1874 an der Bibüoth&que du Conservatoire 
angestellt und war daneben als Musikkritiker tätig, 
komponierte 3 Operetten, ein Prdlude für Orch., 
Klavierstücke und Lieder. Schriften: Michael Iva- 
novich Glinka (Paris 1881); Histoire du Thidtre Ven- 
tadour 1829-1879 (Paris 1881); Les rdvolutionnaires 
de la musique (Paris 1882, über Lesueur, Berlioz, 
Beethoven, Wagner und russische Musik). 

Fourdrain (fu:rdr'e), Fdlix, *3. 2. 1880 undf 23. 
10. 1923 zu Paris; französischer Komponist, Schü- 
ler von Massenet und Widor am Conservatoire, 
Komponist der Opern La ligende du point d 9 Argen- 
ton (Paris 1907), La glaneuse (Lyon 1909), Vercingi- 
torix (Nizza 1912), Madame Roland (Rouen 1913), 
Les contes de Perrault (Märchenspiel, Paris 1913), 
Les maris de Ginette (Paris 1916), des Zweiakters La 
griffe (Paris 1923), Musik zu George Sands La mare 
au diable und Cains Le secret de Polichinelle (Cannes 
1922), der Operetten Dolly (Paris 1922) ; L'Amour 
en Cage (Paris, Gaitd), Le million de Colette (Paris, 
Apollo), La hussarde (Paris, Gaitd Lyrique 1925). Er 
hinterließ daneben mehrere Orchesterwerke, klei- 
nere Instrumentalstücke und Lieder. 

Fouresder (furastj'e), Louis, * 31. 5. 1892 zu 
Montpellier; französischer Dirigent und Kompo- 
nist, studierte am Konservatorium in Montpellier 
das Violoncellspiel und Harmonie, war von 1909 
an Schüler des Pariser Conservatoire (Leroux, G6- 
dalge). 1925 erhielt er für seine Kantate La mort 
d' Adonis den großen Rompreis, verließ aber vor- 
zeitig die Villa Medici, um die Kapellmeisterstelle 
an der Op£ra Comique zu übernehmen, die er 
1927-32 bekleidete. Auf Reisen in Frankreich und 
dem Ausland wurde er weit bekannt und übernahm 
1938 die musikalische Leitung der Großen Oper in 
Paris. Als Nachfolger Ch. Münchs wurde er 1945 
Leiter der Dirigentenklasse am Conservatoire und 
dirigierte 1946/47 an der Metropolitan Opera in 
New York. Er schrieb mehrere Orchesterwerke, 
Gesänge mit Orchesterbegleitung und ein Streich- 
quartett. 

Foumet (fum'e), Jean, * 14. 4. 1913 zu Rouen; 
französischer Dirigent, lebt in Paris, wo er 1930-36 
am Conservatoire Flöte (Ph. Gaubert), Dirigieren 


537 



Foumicr 


und Komposition studierte. Nach Engagements als 
Opemdingent in Rouen 1938 und Marseille 1940 
wurde er 1941 Dirigent an Radio Paris und wirkt 
seit 1944 auch an der Opera Comique, der Op&a 
sowie den großen Symphonieorchestem von Paris. 
F. leitet eine DirigentenKlas.se an der Ecole Normale 
de Musique. 


Songs Translated (2 Bände, London 1929, mit St. 
Wilson) ; Folk-Song (im Introductory Volume der 
Oxford History of Music, herausgegeben von P. C. 
Buck, London 1929); Cedi Sharp (London 1933, 
mit M. Karpeles); Music Observed (London 1936, 
gesammelte Aufsätze, herausgegeben von St. Wil- 
son). 


Fournier (fumj'e), Pierre, * 24. 6. 1906 zu Paris; 
französischer Violoncellist, Schüler des Pariser Con- 
servatoire, war 1941-49 Lehrer an dieser Anstalt. 
Er lebt in Genf und unternimmt Konzertreisen 
durch alle Erdteile. F. ist einer der hervorra- 


gendsten zeitgenössischen Violoncellisten; Große 
der Auffassung und feinster Nuancenreichtum der 
Spieltechnik lassen ihn für die Interpretation der 
großen Sonaten (Beethoven, Brahms, Debussy) 
prädestiniert erscheinen. Außer solis tischen Auf- 
gaben (Konzerte von Dvorik und Saint-Saens) 
pflegt F. auch das Kammermusikspiel: eine Zeit- 
lang verband er sich mit Szigeti und A. Schnabel 
zu einer Trioveremigung. 


Fournier (fumj'e), Pierre Simon, * 15. 9. 1712 
und f 8. 10. 1768 zu Paris; französischer Schrift- 
gießer, führte statt der bis dahin seit 225 Jahren von 
den -*■ Ballards geführten Notentypen solche von 
einer zeitgemäßen, mit den geschriebenen und an- 
derweit gestochenen Notenformen übereinstim- 
menden Gestalt in Frankreich ein (runde Köpfe). F. 
beschrieb seine Verbesserung in einem Essai (Tun 
nouveau caractbe de fonte pour Vimpression de la mu- 
sique (1756); auch veröffentlichte er einen Traiti 
historique et critique sur Vorigine et les progrbs des ca - 
ractbres de fonte pour Vimpression de la musique (1765). 
Die Firma existierte noch bis ins 19. Jh. 

Lit.: P. Beaujon, P. S. F., London 1926. 


Fox, Charles Warren, * 24. 7. 1904 zu Glovers- 
ville (New York, USA); amerikanischer Musik- 
forscher, studierte Psychologie an der Comell Uni- 
versity und an der Universität von Illinois. Ab 1929 
lehrte er Psychologie an Universitäten in Philadel- 
phia und New York, wo er daneben bei O. Kin- 
keldey musikwissenschaftliche Vorlesungen hörte, 
nach 1932 auch an der Eastman School of Music. 
1941-42 war F. Redakteur der Zeitschrift Notes, 
1950-52 Vizepräsident der American Musicologi- 
cal Society. F. ist seit 1952 Schriftleiter des Journal 
of the American Muacological Society. Neben 
zahlreichen Zritschriftenartdkeln, die sich vorwie- 
gend mit musikpsychologischen Fragen beschäfti- 
gen, schrieb er gemeinsam mit R. B. MacLeod, 
The World of Colour (London 1935). 


Fox Strangways, Arthur Henry, * 14. 9. 1859 
zu Norwich, f 2. 5. 1948 zu Dinton bei Salesbury; 
englischer Musikforscher, studierte in Oxford Ge- 
schichte und Philosophie, 1882-84 an der Berliner 
Hochschule für Musik, war 1893-1910 Musikdirek- 
tor am Wellington College in London, wo er je- 
doch vor allem neue Spradien lehrte, reiste 1910 zu 
musikalischen Studien nach Indien, wurde 1911 
M usikkri tiker der Times als Assistent von H. C. 
Colles, gründete 1920 die Zeitschrift Music and 
Letters, die er bis 1936 herausgab, und war 1925-39 
Musikkritiker des Observer, schrieb: The Music of 
Hmdustan (Oxford 1914); Schubert ’s Songs Trans- 
lated (London 1924, mit St. Wilson); Schumann’ s 


Fracgssi, Almdrico, * 19. 12. 1874 zu Lucito 
(Campobasso), 1 12. 10. 1930 zu Buenos Aires; ita- 
lienischer Pianist, kam als Kind nach Buenos Aires, 
studierte aber am Konservatorium in Neapel bei 
Rossomandi Klavier und d’Arienzo Komposition, 
konzertierte ab 1896 in Italien und Argentinien und 
übernahm nach dem Tode des Gründers Bagnati 
das Konservatorium von Almagro; er leitete es zu- 
sammen mit Cav. Gennaro d* Andrea. Werke: ein 
Klavierkonzert, Suite für Kl. und Orch., eine Vio- 
linsonate; Etüden für Chöre. 

Fracassjni, Aloisio Lodovico, * 1733 zu Or- 
vieto, f 9. 10. 1798 zu Bamberg; italienischer Kom- 
ponist, war Violinschüler von Tartini und Ferran- 
dini, kam 1757 zur Hofkapelle des Fürstbi- 
schofs von Würzburg und Bamberg, wo er bald 
darauf als Konzertmeister eine leitende Stellung 
einnahm. Ab 1779 lebte Fr. ganz in Bamberg und 
brachte die dortige Kapelle zu hohem Ruf. Er 
schrieb eiiie Oper 17 natal di Giove , ein Oratorium, 
Symphonien, eine Serenata und Arien. 

Lit. : J. H. Jack, Leben u. Werke der Künstler Bam- 
bergs I, Erlangen 1821; E. Freiherr v. Marschalk, 
Die Bamberger Hofmusik, Bamberg 1885; H. Den- 
nerlein, J. Umstatt, Fränkische Blätter XV u. XVI, 
Bamberg 1952. 

Fränzl, - 1) Ignaz, * 3. 6. 1736 und t 1811 zu 
Mannheim; deutscher Violinvirtuose, wurde 1747 
Mitglied der Mannheimer Kapelle, 1774 Konzert- 
meister. Bei der Verlegung des Hofes nach Mün- 
chen (1778) blieb er in Mannheim, wo er 1790 
Musikdirektor am Hoftheater wurde (bis 1803). 
Vorher ging er mit seinem Sohn Ferdinand auf 
Konzertreisen. Von seinen Kompositionen erschie- 
nen einige Symphonien, Violinkonzerte, Trios und 
Quartette im Druck. - 2) Ferdinand, * 24.5. 
1770 zu Schwetzingen, -f" 19.11. 1833 zu Mannheim ; 
Sohn und Schüler von I. F., überragte seinen Vater 
als Violinspieler und Komponist und konzertierte 
mit ihm in München, Wien und Italien, studierte 
in Bologna bei Padre Martini Komposition, wurde 
1789 Hofkonzertmeister in München, 1792 Musik- 
direktor am Nationaltheater in Frankfurt am Main, 
1795-99 Dirigent der Kammerkapelle des Kauf- 
manns Bemard in Offenbach, konzertierte 1799 in 
London, Hamburg, Wien, reiste 1803 in Rußland 
und wurde 1806 Nachfolger Cannabichs als Hof- 
kapellmeister und Direktor der Deutschen Oper in 
München, reiste aber wiederholt auch von dort 
aus, so 1823 nach Italien. 1824 legte er die Leitung 
der Oper in München nieder und dirigierte nur 
noch aas Hoforchester; 1827 pensioniert, zog er 
sich zuerst nach Genf, später nach Mannheim zu- 
rück. Er schrieb mehrere Opern bzw. Singspiele, 
Das Reich der Töne für Solostimmen, V., Chor und 
Orch., eine Symphonie und andere Orchester- 
werke (Ouvertüren), 9 Violinkonzerte, ein Doppel- 
konzert für 2 V., Streichquartette, Terzette und 
Duette für Violinen sowie Klavierlieder. 


538 



Franchoxnmc 


Lit.: Verz. d. Druckausg. u. thematischer Kat. d. 
Kammermusik v. J. u. F. Fr. in DTB XVI, S. XVI u. 
XXXVII/XXXVIII ; A. Moser, Gesch. d. Vioünspieis, 
Bin 1923. 

Fragerolle (frajor'ol), George Auguste, * 11. 3. 
1855 und f 21. 2. 1920 zu Paris; französischer Kom- 
ponist, Schüler Guirauds, schrieb patriotische Lie- 
der sowie eine Anzahl kleiner in Paris aufgeführter 
komischer Opern (La fiancie du Tonkirt 1886, La 
fleur de Lotus 1889, A la piche 1895), die biblische 
Szene Venfant prodigue (1895), die Fderie Clairs de 
lune (1897) und eine Pantomime La Ste-Pierrot 
(1890). 

Framery, Nicolas Etienne, * 25.3.1745 zu 
Rouen, f 26. 11. 1810 zu Paris; französischer Dich- 
ter, Komponist und Musikschriftsteller, Surinten- 
dant der Musik des Grafen von Artois. Seine ko- 
mische Oper La sorcihre par hasard wurde 1783 auf- 
geführt. Mit seiner Lettre ä Vauteur du Mercure (1776) 
nahm Fr. gegen Gluck Partei. Er verfaßte mit 
Ginguend und Feytou den ersten Band des Musik- 
teils der Encyclopddie mdthodique (1791, 2. Band von 
Momigny 1818). 1788-89 gab F. einen Calendrier 
musical universel heraus. Außer kleinen Arbeiten 
(über J. Haydn 1810, über deUa Maria 1800, über 
das Pariser Konservatorium 1795, über die Pariser 
Theater 1791) schrieb er noch: Le tnusicien pratique 
(1786, 2 Bände, über den Kontrapunkt), De la 
ndcessitd du rythme et de la cdsure dans les hytnnes ou 
ödes destindes ä la musique (Paris 1796) und eine preis- 
gekrönte Lösung der Aufgabe Analyse des rapports 
qui existent entre la musique et la ddclamation (Paris 
1802). Auch übersetzte er Azopardis *11 Musico 
prattico« ins Französische (Paris 1786). 

Franc (frä), Guillaume (Le Franc), * um 1505 zu 
Rouen, f Anfang Juni 1570 zu Lausanne; französi- 
scher Musikpädagoge, zog 1541 nach Genf, war 
dort bis 1545 Sänger und Knabenmeister an der Pe- 
terskirche, dann in gleicher Stellung an der Kathe- 
drale zu Lausanne. Die Annahme, daß er die Melo- 
dien zu dem ersten Psalter Calvins (1542) kompo- 
niert habe, scheint durch die Forschungen von O. 
Douen widerlegt. 1565 gab er heraus : Les Pseaumes 
mis en rime frangois, par Cldment Marot et Thiodore de 
Bdze, avec le chant de VEglise de Lausanne. 

Lit.: O. Douen, C16ment Marot et le Psautier Hu- 
guenot, 2 Bde, Paris 1878-79. 

Fran$aix (fräs's), Jean, * 23. 5. 1912 zu Le Mans; 
französischer Komponist, studierte in Paris Kom- 
position bei N. Boulanger und Klavier bei I. Phi- 
lippe und lebte von da an in Le Mans, jetzt bei 
Paris, auch als Pianist (besonders mit eigenen 
Werken) hervortretend. Von seinem vielseitigen 
Schaffen sind besonders jene Stücke bekannt ge- 
worden, in denen Fr. mit spielerischer Grazie (oft 
auch leichter Ironie) und sparsamer Verwendung 
der kompositorischen Mittel knappe Sätze von 
ausgeprägter Charakteristik aneinander fügt, un- 
terhaltsam ohne je in die Schablone der Unter- 
haltungsmusik zu verfallen. Fr. schrieb : Kammer- 
musik, darunter Huit Bagatelles für Kla vier quin tett 
(1931), Blaserquintett (1951), ein Streichquartett 
und ein Streicntrio; Klavierstücke, darunter die 
bekannten Cinq portraits de jeunes fiUes und für 2 
Kl. Huit danses exotiques (1958); Orchesterwerke 
(Sinfonietta 1932, Symphonie, Symphonie für 
Streichorch. 1948, Sdrdnade BEAfüx Streichorch. 


1955); Orchesterkonzerte mit Kl. (Concertino 
1932, Konzert 1936), V., Va, Vc. sowie ein 
Quadruple Concerto mit FL, Ob., Klar, und Fag. ; 
Vokalmusik: Lieder und Gesänge, Oratorium 
VApocalypse selon Saint Jean (1942); Bühnen- 
musik: Opern (La main de gloire 1950) und 8 
Ballette, darunter he roi nu (nach H. Chr. Ander- 
sens »Des Kaisers neue Kleider«), Les Zigues de 
Mars , Les demoiselles de la mit , Les malheurs de 
Sophie , Le Roi Midas (1957) und Madame dans la 
lune (1958), ferner Filmmusiken (zu den großen 
historischen Filmen von Sascha Guitry). 

Francescatd (frantjesk'atti), Ren 6 (Künstlername: 
Zino F.), * 9. 8. 1905 zu Marseille; französischer 
Violinist, lebt in New York. Weltreisen führten 
ihn an die ersten Plätze des internationalen Konzert- 
und Festspiel-Lebens. Aus der französisch-belgi- 
schen Schule hervorgegangen, setzt er ihre Tra- 
dition in der Interpretation der virtuosen Violin- 
konzerte von Paganini bis Prokofjew fort. 

Francesco cieco Landino. 

Francesco da Milano» * vermutlich 18. 8. 1497 
zu Monza, f vermutlich 1543; italienischer Laute- 
nist, war um 1510 im Dienst des Herzogs Francesco 
Gonzaga von Mantua, um 1530 am Hofe des Kar- 
dinals Ippolito de Medici, dann unter Paul m. am 
päpstlichen Hof. Er gab heraus: Intavolatura di 
liuto . . . lib. 1° (1536, 21546 mit Übertragungen 
von Janequins Chant des oiseaux und Guerre; 
31566); lib. II 0 (1546 mit einigen Stücken seines 
Schülers Perino); lib. III (1547) ; ist aber auch in 
vielen Lautensammelwerken der Zeit vertreten. 
Lit.: O. Chilesotti, Fr. da M., SIMG IV, 1902/03 
(mit 10 Fantasien, die zehnte f. 2 Lauten); L. Dorez, 
Fr. da M. et la musique du pape Paul III, RM XI, 
1930; O. Gombosi, A la recherche de la forme . . ., in: 
La musique instrumentale de la Renaissance, hrsg. v. 
J. Jacquot, Paris 1955. 

Franchetti (frank'etti), Alberto Baron, * 18. 9. 
1860 zu Turin, f 4. 8. 1942 zu Viareggio; italieni- 
scher Komponist, Schüler von Rheinberger in 
München und Draeseke in Dresden, war 1926-28 
als Nachfolger Setacdolis Direktor des Real Con- 
servatorio Luigi Cherubim in Florenz, komponierte 
als Eklektiker: Symphonie E moll (1886); Inno für 
Soli, Chor und Orch. zur 800-Jahrfeier der Uni- 
versität Bologna (1888); symphonische Dichtun- 
gen, Kammermusik und die Opern: Asrael (1888); 
Cristoforo Colombo (1892); Fior d'Alpe (1894); II 
Signor di Pourceaugnac (1897); Gertnania (1902); La 
Figlia di Jorio (1906) ; Notte di legenda (1915) ; Glauco 
(1921) ; II Finto paggio und H Gonfaloniere (nicht auf- 
geführt) ; ferner mit U. Giordano zusammen Giove 
a Pompei (1921). 

Lit.: L. Torchi, Germania di A. F., RMI IX, 1902; 
L. Tomblleri, D’Annunzio e la musica, Turin 1940. 

Franchinus ->» Gaff ori. 

Franchois -> Gemblaco und -> LebertouL 

Franchomme (fräf'om), Auguste, * 10. 4. 1808 
zu Lille, t 21. 1. 1884 zu Paris; französischer Vio- 
loncellist und Komponist, 1825 Schüler des Pariser 
Conservatoire (Levasseur und Norblin), erhielt be- 
reits 1826 den 1. Preis der Celloklasse und trat als 
Violoncellist in das Orchester des Ambigu comique, 
1827 in das des Thiätre Italien ein, errichtete mit D. 


539 



Frandscus 


Alard und Ch. HaJld Kammermusiksoireen und 
war mit Chopin eng befreundet. 1846 wurde er 
als Lehrer seines Instruments am Conservatoire an- 
gestellt. Nadi Duports Tode kaufte er dessen Stra- 
divari-Cello für 25000 Franken. Fr. war als einer 
der hervorragendsten Cellovirtuosen anerkannt. 
Komponiert hat er nur wenig für Vc. (ein Kon- 
zert, Adagios, Variationen, Caprices und Etüden). 
Ausg.: Zwölf Capricen, hrsg. f. 2 Vc. v. H. Becker, 
Mainz 1916; Zwölf Etüden, hrsg. f. 2 Vc. v. dems., 
Mainz 1913. 

Lit.: W. J. v. Wasielewski, Das Vc. u. seine Gesch., 
Lpz. 1889, hrsg. v. W. v. Wasielewski 2191 1, 31925. 

Frandscus, Magister, Komponist der 2. Hälfte 
des 14. Jh., nach Fr. Ludwig identisch mit Francesco 
Landini. Von Fr. sind zwei 3st. Balladen erhalten: 
De Narcissus und Phiton , Phiton , beste tres venimeuse , 
der mit den ersten 3 Takten der Ballade Machauts 
Phyton, le mervilleus serpent beginnt. Fr.s Sätze sind 
um 1375 entstanden und in mehreren Handschrif- 
ten überliefert. 

Ausg.: De Narcissus, hrsg. v. W. Apel, in: French 
Secular Music of the Late Fourteenth Cent., = 
The MA Acad. of America Publ.s LV, Cambridge 
(Mass.) 1950. 

Lit.: Fr. Ludwig, in SIMG IV, 1902, S. 43; ders., 
Einleitung zu Guillaume de Machaut, Mus. Werke, 
GA II, - PäM III, 1, Lpz. 1928; J. Handschin, in 
AML X, 1938, S. 27 f.; G. Reaney, in MD VI, 1952, 
S. 33 ff.; ders., in MD VIII, 1954, S. 59 ff. 

Frandsque (fräs'isk), Antoine, * um 1570 zu 
Saint-Quentin, beerdigt 5. 10. 1605 zu Paris; fran- 
zösischer Lautenist, gab heraus Le trisor d'Orphde, 
livre de tablature de Mth (Paris 1600, Ballard) mit 
einer Instruction pour reduire toutes sortes de tablature 
en musique et reciproquement. Das Werk enthält eine 
größere Zahl von Branles, Courantes, Volten, Prd- 
ludes, Pavanen, Passemaises, GaiUarden, Fantasien, 
Gavotten und ein Ballett. 

Ausg.: Le trtsor d’Orphde, in Übertragung f. Kl. 
hrsg. v. H. Quittard, Publ. de la Soc. Internationale 
de Musique, Paris 1906. 

Lit: L. de La Laurencie, Les luthistes Charles 
Bocquet, A. Fr. et J. B. Besard, Rev. de Musicol. 
X, 1926. 

Franck, Cdsar, * 10. 12. 1822 zu Lüttich, f 9. 11. 
1890 zu Paris; französischer Komponist, studierte 
in Lüttich bei dem Kirchenkapellmeister Jean 
Jacques Deruyts (1790-1871) und am Konserva- 
torium, 1835-36 in Paris bei Reicha, dann am Pa- 
riser Conservatoire bei Zimm ermann (Klavier), 
Benoist (Orgel) und Leborae (Kontrapunkt), er- 
hielt erste Preise der Klavierklasse (1838), in der 
Fugenkomposition (1840) und der Orgelklasse 
(1841). Nach 2jährigem Aufenthalt in Lüttich ließ 
er sich 1843 als Klavierlehrer in Paris nieder, führte 
1846 sein Oratorium Ruth auf, wurde Organist an 
Notre-Dame-de-Lorette und heiratete 1 ö 48 F6H- 
dtd Desmousseaux. 1851 wurde er Organist an 
Saint-Jean-Saint-Fran^ois, 1853 Kapellmeister und 
1859 Organist (an der neuen Cavaül6-Coll-Orgel) 
an Sainte Clotilde. Nach Benoists Rücktritt (1872) 
folgte er diesem als Orgelprofessor am Conserva- 
toire und erwarb 1873 die französische Staats- 
bürgerschaft (unnötigerweise, da sie Fr.s Vater be- 
reits 1837 zuerkannt worden war). Zu seinen Schü- 
lern zählen Castillon, Coquard, Duparc, d’Indy 
(der seine Fr.-Tradition an die Schola Cantorum 


weitergab), Chausson, Breville, Debussy (kurze 
Zeit Improvisationsunterricht), Bordes, G. Piemd, 
Ropartz, H. Libert, Lekeu, Toumemire und L. 
Vieme. Jedoch reicht seine Wirkung weit über die- 
sen Kreis hinaus : auch Komponisten wie Chabrier, 
Faur6, Roussel und Ravel sind Fr. verpflichtet. 
Fr. ist trotz oder gerade wegen seiner deutschen Her- 
kunft - sein Vater Nicolas Joseph Fr. aus Moresnet 
war Deutsch-Belgier und ließ sich erst nach dem 
Wiener Kongreß in Lüttich nieder, die Mutter 
(Maria Barbara Frings) stammte aus Aachen - für 
die neuere französischeMusik eine epochemachende 
Persönlichkeit und hervorragender Schulbildner; 
in ihm verkörpert sich die bewußte Hinwendung 
zur Pflege der reinen Instrumentalmusik. Soweit 
J. S. Bachs Werke auf den romanischen Geist 
fruchtbar einwirken konnten, haben sie es bei Fr. 
getan, ohne daß das kontrapunktisch-polyphone 
Prinzip über das romantisch-harmonische den Sieg 
davongetragen hätte. Seine Harmonik schafft mit 
kühner Chromatik und häufigem Modulieren eine 
musikalische Sprache von verhaltener Reizsamkeit, 
deren weicher, gelöster Fluß sich an den Orgelstil 
des auch als Improvisator berühmten Komponisten 
anlehnt. Den klassischen Bau der Sonate und Sym- 
phonie sucht Fr. zu erneuern, indem er alle Sätze 
eines Werkes aus einem einzigen Grundthema ent- 
wickelt. Fr. hat seine frühen Werke bis op. 22 
(1862) mit Opuszahlen versehen, allerdings die mei- 
sten Zahlen mehrfach verwendet. Eine erste Werk- 
reihe beginnt um 1834, mit Salonstücken, Fanta- 
sien und 2 Sonaten für Kl.; ihr gehören auch ein 
Klaviertrio op. 6 (1834), Variations brillants für Kl. 
und Orch. op. 8 (1835) und ein 2. Klavierkonzert 
G moll ojp. 11 (um 1835) an. Die 4 Klaviertrios 
op. 1 und 2 (1841-42, op. 2 gewidmet Ȋ son ami 
Fr. Liszt«) eröffnen eine zweite Reihe, die außer 
Kammermusik wiederum Salonstücke für Kl. 
(darunter mehrere Opemfantasien und die 4 Tran- 
skriptionen von Schuberdiedem op. 8, 1844) sowie 
die 1. Symphonie G dur op. 13 (1841) enthält; die 
Klavierstücke op. 12, 16 ( Trois petits riens , 1845) 
und op. 17 werden später für die Messe op. 12 
(1860; für S., T., B., Org., Harfe, Vc. und Kb.; 
1872 um ein Tenorsolo Panis salutaris erweitert) 
und die ersten 2 Nummern der 6 Orgelstücke op. 
16-21 (1860-62) verwendet, op. 22 ist ein Quasi 
marcia für Harmonium (1862). Jedoch erschienen 
bereits das Oratorium Ruth (1845, gedruckt 1872) 
und die Messe für B. und Org. (1858) wie alles fol- 
gende ohne Opuszahl: Trois antiennes für Org. 
(1859); Ave Maria für 3 Singst, und Org. (1863); 
Oratorium La tour de Babel (1865); Redemption für 
Mezzosopran, Chor, Sprecher und Orch. mit sym- 
phonischem Zwischenspiel (1871, umgearbeitet 
1874) ; Tondichtung Les Eolides (1876) ; 3 Konzert- 
stücke für Org. (1878); Oratorium Les Biatitudes 
(1869-79, erste vollständige Aufführung Dijon 
1891) ; Streichquintett F moll (1879) ; Scönebiblique 
RAbecca (1881, erste Aufführung Paris 1911); Ton- 
dichtung Le chasseur maudit (1882, nach G. A. Bür- 
gers Ballade) ; Prilude , Choral et Fugue für Kl. (1884) ; 
Les Djinns für Kl. und Orch. (1884, nach V. Hugo) ; 
Variations symphoniques für Kl. und Orch. (1885); 
Oper Hulda (1885, Uraufführung Monte Carlo 
1894) ; Violinsonate A dur (1886); Prilude , Aria et 
Final für Kl. (1887) ; Tondichtung Psychi mit Chor 
(1888); Symphonie D moll (1889); 150. Psalm für 


540 



Franck 


Chor, Orch. und Org. (1888); La Procession für S. 
und KL oder Orch. (1888); Streichquartett D dur 
(1889); Oper Ghiselle (1890; Uraufführung Monte 
Carlo 1896; die Instrumentierung wurde von Fr. 
nur bis zum Ende des 1. Aktes ausgeführt); Trois 
Chorals E dur, H moll und A moll für Org. (1890) ; 
Lieder, Chöre, kleinere Orgel-, Harmonium- und 
Klavierstücke. Auch gab Fr. Philidors »Emdinde« 
im Klavierauszug heraus (in: Chef s-d’ceu vre clas- 
siques de l'opdra frangais, sdrie V, Paris 1883). - 
Fr.s Bruder Joseph, *31. 10. 1825 zu Lüttich, f 20. 
11. 1891 zu Issy bei Paris, Organist und Musiklehrer 
in Paris und (1868-74) Nancy, hat Messen, Kanta- 
ten, Motetten, Lieder sowie Orgel- und Klavier- 
stücke herausgegeben, ferner '.Manuel de la transposi - 
Hon et de V accompagnement du plainchant , Traiti Har- 
monie, L*art de V accompagnement du plainchant und 
Nouvelle mithode de piano facile . 

Lit.: A. Coquard, C. Fr., Paris 1891; H. Imbert, 
Portraits et 6tudes, Paris 1894; E. Destranoes, C. 
Fr. t Paris 1896; G. Derepas, C. Fr., Paris 1897, 
21904; G. Servl&res, La musique frangaise moderne, 
Paris 1897; A. Meyer, Les critiques de C. Fr., Or- 
leans 1898; P. L. Garnier, L’hdroisme de C. Fr., Pa- 
ris 1900; F. Baldensperger, C. Fr., Paris 1901 ; R. 
Canudo, C. Fr., in: Nuova Ant. 1905; V. d’Indy, 
C. Fr., Paris 1906, 16 1930 (wertvolles Dokument 
aus dem Schülerkreis Fr.s); Ch. van den Borren, 
L’ceuvre dramatique de C. Fr., Brüssel 1907; ders., 
C. Fr., Brüssel 1950; M. de Rudder, Tumhout 
1920; J. Tiersot, Les ceuvres inddites de C. Fr., 
RM III, 1922, darin das O salutaris für Chor u. Org. 
von 1835; E. Closson, C. Fr., Charleroi 1923; A. 
Cortot, L’ceuvre pianistique de C. Fr., RM VII, 
1926, auch in: La musique frangaise de piano I, 
Paris 1930; R. Jardillier, La musique de chambre 
de C. Fr., Paris 1929; M. Emmanuel, C. Fr., Paris 
1930; Ch. Tournemire, C. Fr., Paris 1931 ; H. Haag, 
C. Fr. als Orgelkomponist, Heidelberger Studien zur 
Mw. IV, 1936; P. Kreutzer, Die sinfonische Form 
C. Fr.s, Diss. Köln 1938; W. Mohr, C. Fr., Stuttgart 
1942; E. Ysayb, C. Fr., Brüssel 1942; J. Horton, C. 
Fr., London 1948; N. Demuth, C. Fr., London 1949; 
N. Dufourcq, C. Fr., Paris 1949; ders., Autour de 
Coquard, C. Fr. . . ., Paris 1952; M. Monnikendam, 
C. Fr., Amsterdam 1949; A. Colling, C. Fr., Paris 
1952; L. Vallas, La vdritable hist, de C. Fr., Paris 
(1955); F. Raugel, Artikel C. Fr. in: Larousse de 
la musique 1, Paris (1957). 

Franck, - 1) Eduard, * 5. 12. 1817 zu Breslau, f 
5. 10. 1893 zu Berlin; deutscher Pianist, war zuerst 
Lehrer des Klavierspiels am Konservatorium in 
Köln, 1859 an der Musikschule von Bern, ging 
1867 nach Berlin an das Stemsche Konservatorium 
und 1886 auch an E. Breslaurs Seminar, war ver- 
heiratet mit der Pianistin Toni Thiede mann. 
Fr. schrieb: Konzertouvertüre op. 12, Orchester- 
phantasie op. 16, Ouvertüre Der römische Karneval 
op. 21, Symphonie op. 47, Kammermusik und Kla- 
vierstücke. - 2) Richard, * 3. 1. 1858 zu Köln, 
1 23. 1. 1938 zu Heidelberg; deutscher Pianist, Sohn 
von Eduard F., Schüler des Stemschen Konserva- 
toriums in Berlin und 1878-80 von G. Reinecke, 
E. Wenzel und Jadassohn am Leipziger Konserva- 
torium, war Klavierlehrer in Basel, Berlin, Magde- 
burg, 1887-1900 wieder in Basel, 1900-09 Leiter 
des Lehrergesangvereins in Kassel, dann in Heidel- 
berg tätig, schrieb: 3 Klavierkonzerte, Orchester- 
werke, Kammermusik und Klavierstücke sowie 
Musikalische und unmusikalische Erinnerungen (Hei- 
delberg 1928). 


Franck, Johann Wolf gang, * vielleicht um 
1641 zu Nürnberg, f nach 1696 ; deutscher Kompo- 
nist, wurde 1665 Hofmusikus und 1673 Fürstlicher 
Kapellmeister in Ansbach, wo er wahrscheinlich 2 
Opern schrieb, flüchtete im Januar 1679, weil er 
einen Kapellmeister aus Eifersucht erstochen und 
seine eigene Frau verwundet hatte, nach Hamburg, 
wo er 1679-86 14 Opern schrieb und 1682-85 Kan- 
tor am Dom war; hier schrieb er insgesamt 73 Me- 
lodien zu Elmenhorsts Gedichten (vollständige 
Ausgabe: Geistliches Gesangbuch, Hamburg 1685, 
und Geistreiche Lieder , Lüneburg 1700; in den frü- 
heren Ausgaben zum Teil abweichende Fassungen), 
ferner: Erster Theil Musicalischer Andachten (Ham- 
burg 1687, Kantaten für eine Singstimme und 
B.c.). 1690-93 veranstaltete er in London mit Ro- 
bert King »Conserts of vocal and instrumental 
music« und schrieb noch 1695 einen Gesang zu 
Colley Cibbers Comedy »Love’s Last Shift«. In 
London erschien von ihm 1690 Remedium melan- 
choliae (25 Lieder); 13 weitere Lieder sind in The 
Gentleman’s Journal 1691-94 aufgenommen. 5 
Sammlungen Arien aus Fr.s Opern erschienen 
1680-86 in Hamburg im Drude. 

Ausg.: Die drey Töchter Cecrops, hrsg. v. G. F. 
Schmidt u. A. Beer-Walbrunn, LD Bayern II (= 
DTB Jg. XXXVII/XXXVIII, - Bd. XXXVIII); 
Arien in Deutsche Barockarien I, hrsg. v. H. Chr. 
Wolff, Kassel 1943 ; 72 Lieder u. Liedsätze in: H. 
Elmenhorsts geistliche Lieder, hrsg. v. W. Krabbe u. 
J. Kromoucki, DDT XLV; Geistliche Melodien . . . 
zu geistlichen Dichtungen v. Elmenhorst, f. Chor 
bearb. v. A. v. Dommer, Winterthur (um 1870); 10 
Lieder in: C. Schmidt, Geistliches Liederbuch, Lpz. 
1904, 21912, 31926. 

Lit.: A. Werner, Briefe v. J.W.Fr., SIMG VH, 
1905/06 ; ders., J. W. Fr.’s Flucht aus Ansbach, SIMG 
XIV, 1912/13. - Fr. Zelle, J. W. Fr., Programm d. 
Humboldts-Gymnasiums zu Bin 1889; C. Sachs, Die 
Ansbacher Hofkapelle, SIMG XI, 1909/10; H. 
Kretzschmar, Gesch. d. Neuen deutschen Liedes, 
Lpz. 1911 ; W. Barclay Squire, J. W. Fr. in England, 
in: The Mus. Antiquary IV, 1912; H. Mersmann, 
Chr. L. Boxberg (Beitr. zur Ansbacher Mg.), Diss. 
Bin 1916; J. Schreiber, Dichtung u. Musik der 
deutschen Opemarien 1680-1700, Diss. Bin 1934; 

G. Fr. Schmidt, Die frühdeutsche Oper . . ., Regens- 
burg 1934; R. Klages, J.W.Fr., Diss. Hbg 1937; 

H. Chr. Wolff, Die Barockoper in Hbg, 2 Bde, 
Wolfenbüttel 1957, in Bd II zahlreiche Stücke v. Fr. 

Franck, Joseph -► Franck, Cdsar. 

Franck, Melchior, * um 1580 zu Zittau, f 1. 6. 
1639 zu Coburg; deutscher Komponist, war vid- 
ldcht in Zittau Schüler von Demantius, gehörte 
dann der Augsburger Kantorei unter Guxnpdzhai- 
mer an, wurde 1602 Schuldiener in Nürnberg, war 
aber schon 1603 Kapellmeister am Coburger Hof, 
dem er bis zu seinem Tode diente. Von seinen über- 
aus zahlreichen Werken sind die wichtigsten: Sa- 
crae Melodiae , 3-12st. (4 Teile, 1601-07) ; Contra- 
puncH compositi , 4st. deutsche Kirchenlieder (1602) ; 
Musicaliscne Bergkreyen, 4st. (1602); Reuterliedlein , 
4st. (1603); Newe Pavanen , Galliarden und Intraden , 
4-6st. (1603) ; Deutsche weltliche Gesang und Täntze , 
4-8st. (2 Teile, 1604-05); Geistliche Gesang, 5-8st. 
(1608); Der 121. Psalm, 5st. (1608); Neue musicalt- 
sche Intraden , 6st. (1608); Musicalische Fröligkeit, 
4-8st. Gesänge und Tänze (1610) ; Flores musicales, 
4-8st. Gesänge (1610); Tridnia nova, Gesänge 
(1611); Opusculum etlicher neuer geistlicher Gesang , 


541 



Franck 


4-8st. (1611) ; Viridarium musicum , 5-10st. Motetten 
(1613); Recreationes musicae, 4-5st. Gesänge und 
Tänze (1614) ; Delitiae amoris , 6st. Gesänge (1615) ; 
Threnodiae Davidicae , 6st. (1615) ; Geistlichen Musi- 
calischen Lustgartens Erster Theil , 4-9st. Motetten 
(1616) ;Lilia musicalia , 4st. Lieder und Tänze (1616) ; 
Newes teutsches musicalisches . . . Convivium , 4-8st. 
Gesänge (1621); Laudes Dei vespertinae, 4-8st. (4 
Teile, 1622); Musicalischer Grillenvertreiber (1622), 
enthält die 10 Quodlibets von Fr. ; Gemmulae Evan- 
geliorum , 4st. Motetten (1623); Neives liebliches 
musicalisches Lustgärtlein, 5-8st. Gesänge und Intra- 
den (1623); Viertzig newe deutzsehe . . . Täntze , 4 
bis 6st., vokal und instrumental (1623); Newes 
musicalisches Opusculum , 5st. Intraden (1625); Deli- 
ciae convivales , 4-6st. Intraden (1627) ; Cythera eccle- 
siastica , 4st. Motetten (um 1628); Rosetulum musi- 
cum , 4-8st. geistliche Sätze (1628); Sacri convivii 
musica, 4-6st. Motetten (1628); ProphetiaEvangelica, 
4st. (1629) ; Votiv a columbae sioneae suspiria, 4-8st. 
(1629); Dulces mundani exilii delitiae, l-8st. (1631); 
Psahnodia sacra, 4-5st. Kirchenlieder (1631) ; Para- 
disus musicus, 2-4st. (2 Teile, 1636). Fr. gehört zu 
den Meistern, welche in der Zeit der »Nuove mu- 
siche« am voll ausgearbeiteten Satz fcsthielten. 
Deutlich spürbar ist der Einfluß Häßlers und der 
Mehrchorigkeit G. Gabridis. 

Ausg. (Auswahl): geistliche Chorwerke: Fünf Hohe- 
liedmotetten aus »Geistliche Gesäng« 1608, 5-6st., 
hrsg. v. A. A. Abert, Chw. XXIV; ein Satz zu 4 St 
sowie ein Satz zu 5 St. in: Musica Sacra XXIV, hrsg. 
v. Fr. Commer; ein Satz zu 5 St in: Musica Sacra 
VII, hrsg. v. A. Neithardt; 3 Sätze zu 4 St. in: Mu- 
sica Sacra XII, hrsg. v. A. Neithardt; ein Satz (5st.) 
in: Musica Sacra XVI, hrsg. v. R. v. Hertzberg; 
Gemmulae Evangeliorum (1623), 4st, in: L. Schoe- 
berlein u. Fr. Riegel, Schatz d. liturgischen Ge- 
meindegesangs III, Göttingen 1872; dies., als »Deut- 
sche Evangeliensprüche f. d. Kirchenjahr« hrsg. v. 
K. Ameln, Kassel 1937; Der 116. Psalm, 5st., aus 
B. Großmanns »Angst d. Hellen« 1623, hrsg. v. A. 
Adrio, Bin 1947. - weltliche Chorwerke: Musika- 
lische Bergreihen (1602), 4st., hrsg. v. Br. Grusnick, 
Chw. XXXVIII, einer davon auch Davison-Apel 
Anth. I, 138; 4st. Quodlibet In illo tempore u. 4st. 
Tanzlied Zart schöne Jungfräulein aus »Newes . . . 
Convivium« 1621, in: J. Wolf, Sing- u. Spielmusik, 
= Wiss. u. Bildung CCXVIII, Lpz. 1926; 8 Inter- 
sccnia zu d. Schauspiel Von d. Tierstörung Jerusalems, 
1630, 3-5st., in d. Notenbeilage zu A. Reissmann, 
Allgemeine Gesch. d. Musik II, Lpz. 1864. - Tänze: 
Ausgew. Instrumentalwerke, hrsg. v. Fr. Bölsche in 
DDT XVI; 6 4st. Tänze, hrsg. v. R. Steouch in 
NMA LXXX; 3 Tänze, Riemann Beisp. 63-65; 3 
Tänze, in: 15 Aufzugsmusiken, hrsg. v. A. Hoff- 
mann, Wolfenbüttel 1937; 2 Intraden, hrsg. v. A. 
Schering, Perlen alter Kammermusik II, 6, 1917. 
Lit.: Werkverz. in: R. Eitner, M. Fr., MfM XVII, 
1885. - C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang II, 
Lpz. 1843, darin 8 Chorsätze; A. Obrist, M. Fr., 
Diss. Bin 1892; A. Sandberger, Einleitung zu DTB 
V, 1, Lpz. 1904; K. Nef, Gesch. d. Sinfonie u. Suite, 
Lpz. 1921; O. Ursprung, Vier Studien zur Gesch. d. 
deutschen Liedes IV, AfMw VI, 1924; H. Knorr, 
Bilder aus d. heimatlichen Mg., Coburger Heimat- 
blätter X, 1928; H. J. Moser, Die mehrst. Vertonung 
d. Evangeliums I, = Veröff. d. Staatl. Akad. f. Kir- 
chen- u. Schulmusik Bin II, Lpz. (1931); ders., Cory- 
don I, Braunschweig 1933; ders., Tönende Volks- 
altertümer, Bin 1935; ders., M. Fr. als Förderer mu- 
sikalischer Volkskunde, in: Germanien..., 1939; 
ders., Brauchtümliches im thüringischen Chorlied..., 
Fs. Fr. Stein, Braunschweig 1939; A. A. Abert, Die 

542 


stilistischen Voraussetzungen d. »Cantiones sacrae« 
v. H. Schütz, Kieler Beitr. zur Mw. II, Wolfenbüttel- 
Bln 1935; G. Kraft, Die thüringische Musikkultur 
um 1600 I, Würzburg 1941; K. Ameln, M. Fr., Der 
Kirchenchor XI V, 1954; Fr. Peters-Marquardt, M. 
Fr., Oberfränkischer Heimatkalender 1954. 

Franck, Richard Franck, Eduard. 

Franck, Salomon (auch Franc, Francke, Franke), 
* Anfang März 1659 und f 11. 6. 1725 zu Weimar; 
deutscher Dichter, studierte in Jena und wurde 
1701 in Weimar Konsistorialsekretar und Verwal- 
ter der herzoglichenBibliothek. Daneben veröffent- 
lichte er Gelegenheitsgedichte, geistliche Schriften 
und Dichtungen. 20 seiner Kantatentexte vertonte 

t S. Bach zwischen 1714 und 1717. Fr.s geistliche 
eder erfuhren große Verbreitung, zum Teil durch 
ihre Aufnahme in evangelische Kirchengesang- 
bücher. 

Ausg. : R. Wustmann, J. S. Bachs Kantatentexte, 
Lpz. 1913. 

Lit. : J. K. Schauer, S. Fr.s geistliche Lieder, Halle 
1885; A. Dürr. Über Kantatenformen in den geist- 
lichen Dichtungen S. Fr.s, Mf III, 1950; ders., Stu- 
dien über die frühen Kantaten J. S. Bachs, Lpz. 1951 ; 
L. Hoffmann-Erbrecht, Bachs Weimarer Text- 
dichter S. Fr., in: J. S. Bach in Thüringen, Weimar 
1950; A. Bach, S. Fr. als Verfasser geistlicher Dich- 
tungen, ebenda. 

Fr^nckensteiii, Clemens Freiherr von und 
zu, * 14. 7. 1875 zu Wiensentheid (Unterfranken), 
t 22. 8. 1942 zu Hechendorf bei München; deut- 
scher Dirigent und Komponist, war in München 
Schüler Thuilles, dann am Hochschen Konserva- 
torium in Frankfurt am Main Schüler Knorrs, als 
Opemdirigent 1901-02 in den USA, 1902-07 in 
London, 1907-08 am Wiesbadener Hof theater und 
1908-12 an der Hof oper in Berlin tätig. 1912 wurde 
er Hofmusikintendant in München und war dort 
1914-18 und 1924-34 Generalintendant. Von sei- 
nen Kompositionen wurden außer zahlreichen Lie- 
dern und Gesängen bekannt: die Opern Griseldis 
op. 6 (Troppau 1898); Fortunatus op. 16 (Budapest 
1909); Rahab op. 32 (Hamburg 1911); Des Kaisers 
Dichter (Li-Tai-Pe) op. 43 (Hamburg 1920); eine 
Pantomime Die Biene op. 37 (Darmstadt 1916); 
Orchesterwerke: 3 Suiten op. 10, 19 und 26; Sere- 
nade für Kammerorch. op. 20; Tondichtung Sa- 
lome op. 22; Ouvertüre Prinzessin Brambilla op. 25; 
Festliche Musik op. 35 ; Variationen über ein Thema 
von G. Meyerbeer op. 45; Rhapsodie op. 47; Sere- 
nade op. 48; Präludium op. 50; Vier Tänze op. 52. 

Francmesnil (främen'il), Roger de, * 2. 12. 1884 
undt 1. 1. 1921 zu Paris; französischer Komponist, 
war Schüler von Di&ner am Pariser Conservatoire 
und schrieb : Chant de la Victoire für Orch.; Loca- 
tion symphonique ; Kammermusik, und Lieder. 

Franco von Köln, Musiktheoretiker aus der Mitte 
des 13. Jh. Die ursprüngliche Annahme von der 
Existenz zweier gleichnamiger Musiktheoretiker 
- Franco von Paris und Franco von Köln - wird 
von H. Besseler (MGG) abgelehnt. Die erst aus dem 
15. Jh. überlieferte Bezeichnung Franco Parisiensis 
läßt sich als Hinweis auf eine Tätigkeit in dieser 
Stadt deuten. Nach dem ExpHdt einer verscholle- 
nen Handschrift von Saint-Diö war Fr. päpstlicher 
Kaplan und preceptor des Ordenshauses der Jo- 
hanniter in Köln. Seine um 1260 abgefaßte Ars 



Frank 


cantus tnensurabilis hat ihre große Bedeutung als 
eine bis ins 15. Jh. überlieferte Kodifizierung der 
Satzregeln, die gleichzeitig den vorher herrschen- 
den Willkürlichkeiten und Zweideutigkeiten der 
Notengeltung ein Ende machte. Nach dem Trak- 
tat des Hieronymus de Moravia (um 1480) handelt 
es sich bei der Ars cantus tnensurabilis um ein Werk 
»Johannis videlicet de Burgundia, ut ex ore ipsius 
audivimus, vel secundum vulgarem opinionem 
Franconis de Colonia«. Ein mit »Ego Franco de 
Colonia« beginnendes Compendium discantus , das 
den Charakter einer Kompilation hat, hält Besseler 
für unecht. 

Ausg.: die Ars cantus mensurabilis bei GS III, 1-16 
und CS I, 117-136, besser in: Hieronymus de Mo- 
ravia, Tractatus de Musica, hrsg. v. S. M. Cserba 

0. P., = Freiburger Studien zur Mw. II, Regensburg 
1935, S. 230-59; Neudruck der Ausg. in CS l, nebst 
2 handschriftlichen Fassungen, hrsg. v. Fr. Genn- 
rich. Musikwissenschaftliche Studienbibi. XV/XVI, 
Darmstadt 1957; Magistri Franconis Ars cantus men- 
surabilis . . ., übersetzt u. erklärt v. P. Bohn, Trier 
1880 (nicht in MfM XII, 1880, wie wiederholt fälsch- 
lich angegeben); das Compendium discantus bei CS 

1, 154-156. 

Lit.: R. G. Kiesewetter, Über Fr. v. Cöln u. d. äl- 
testen Mensuralisten, AMz XXXI, 1828; H. Beller- 
mann, Franconis de Colonia artis cantus mensurabilis 
caput XI, Separatabdruck aus der Fs. d. Berliner 
Gymnasiums zum grauen Kloster, Bin 1874; O. 
Koller, Versuch einer Rekonstruktion der Noten- 
beispiele zum 11. Kapitel .. ., Vf Mw VI, 1890; E. 
Kurth, Kritische Bemerkungen zum V. Kapitel . . ., 
KmJb XXI, 1908; Riemann MTh, S. 1 14 f. ; H. Bes- 
seler, Studien zur Musik des MA II, Die Motette v. 
Fr. v. K. bis Philipp v. Vitry, AfMw VIII, 1926; 
ders.: Artikel Ars Antiqua und Fr. v. K., MGG. 

Franco von Paris Franco von Köln. 

Franco, Johan, * 12. 7. 1908 zu Zaandam (Hol- 
land) ; amerikanischer Komponist, studierte 2 Jahre 
an der Universität Amsterdam und nahm 1928-33 
Unterricht bei W. Pijper. Bald nach der Auffüh- 
rung seiner 1. Symphonie (Rotterdam 1934) ging 
er nach den USA, wurde 1942 amerikanischer Bür- 
ger und lebt als freischaffender Komponist in Vir- 
ginia Beach. Zu seinem umfangreichen komposito- 
rischen Werk gehören 4 Symphonien, das Ballett 
Know Thyself (1952), eine Osterkantate As the 
Prophets Foretold (1956), ein Weinachtsoratorium 
The Stars look down (1957), Concerto Lirico für V. 
und Orch. (1937), 5 Streichquartette, 2 Violinsona- 
ten und Werke für andere Kammerbesetzungen, 
Klaviermusik, Kompositionen für Carillon und 
Lieder. Fr. schrieb auch einen Aufsatz über The 
Count o/Sf. Cermain (MQ XXXVI, 1950). 

Francoeur (fräk'oeir), - 1) Francois, * 8. 9. 1698 
und f 5. 8. 1787 zu Paris; französischer Violinist 
und Komponist, trat schon früh ins Orchester der 
Opdra ein, wo er Francois Rebel kennenlemte, mit 
dem er lebenslang in innigster Freundschaft stand. 
Allmählich stieg er zum Kammervirtuosen (Mit- 
glied der 24 ViolonsduRoi), Kammerkomponisten, 
Opeminspektor, Direktor der Oper und endlich 
(1760) zum Königlichen Obermusikintendanten 
auf. Fr. schrieb 2 Bücher Violinsonaten und mit Fr. 
Rebel 10 Opern; erhalten blieben noch einige Vo- 
kal- und Instrumentalwerke. - 2) Louis-Joseph, 

* 8. 10. 1738 und 1 10. 3. 1804 zu Paris, Neffe von 
Fr. Fr.; französischer Komponist und Violinist, 


machte dieselbe Karriere wie sein Onkel, verlor 
aber durch die Revolution seine Stellung als Di- 
rektor der Oper und Obermusikintendant. Er 
schrieb gleichfalls mehrere Opern (nur eine auf- 
geführt) sowie eine der ersten Instrumentations- 
lehren: Diapason gdniral de tous les Instruments ä 
vent (Paris 21772, überarbeitet von Choron 1813 
als Traiti gdniral des voix . . .). Eine Studie Essai 
historique sur V Etablissement de Vopira en France ver- 
wahrt handschriftlich die Pariser Opdra. 

Ausg.: eine Sonate von Fr. Fr., hrsg. v. D. Alard in: 
Les Mattres classiques du violon. 

Lit.: zu Fr. Fr.: L. de La Laurencie, L’Ecole fran- 
9aise du violon I, Paris 1922. - zu L.-J. Fr. : L.-B. 
Francoeur, Notice sur . . . L.-J. Fr., par son fils, 
Paris 1853. 

Francois (fräsü'a), Samson, * 18. 5. 1924 zu 
Frankfurt am Main; französischer Pianist, studierte 
in Paris an der Ecole Normale de Musique 1936-38 
bei Y. Lefdbure, dann auf Anraten Cortots bis 1943 
bei M. Long. Seit 1945 hat er sich internationalen 
Ruf erworben, besonders als Interpret Chopins, 
Liszts, Schumanns und ProkoQews. Fr. kompo- 
nierte ein Klavierkonzert (1951). 

Lit. : B. Gavoty u. R. Hauert, S. Fr., Monaco u. 
Genf 1955. 

Frandsen, John, * 10. 7. 1918 zu Kopenhagen; 
dänischer Dirigent, lebt in Kopenhagen. In Orgel, 
Klavier, Theorie und Instrumentation am König- 
lich Dänischen Musikkonservatorium ausgebildet, 
wurde er 1940 Dirigent der Jungen Tonkünstler, 
wirkte 1945-53 als 2. Organist am Dom in Kopen- 
hagen, 1955-56 als Chorleiter am dänischen Rund- 
funk und ist seit 1956 Kapellmeister an der König- 
lichen Oper Kopenhagen. Fr. leitet die staatliche 
Opemakademie Kopenhagen und lehrt dort an 
der Orchesterschule des Konservatoriums. 

Frank, Ernst, * 7. 2. 1847 zu München, f 17. 8. 
1889 zu Oberdöbling bei Wien (geistig gestört) ; 
deutscher Dirigent und Komponist, studierte in 
München Klavier bei Mortier de Fontaine und 
Komposition bei Fr. Lachner, wurde Hoforganist 
und Korrepetitor der Hofoper, 1868 Kapellmeister 
in Würzburg, 1869 Chordirektor der Wiener Hof- 
oper und später Dirigent des Singvereins und des 
Akademischen Gesangvereins, war 1872-77 Hof- 
kapellmeister in Mannheim, 1877-79 1. Kapellmei- 
ster am Frankfurter Stadttheater und ging 1879 als 
Nachfolger Bülows nach Haimover. Von seinen 
Kompositionen sind besonders Lieder, Duette und 
Chorlieder bekannt geworden; ferner schrieb er 
die Opern Adam de la Halle (Karlsruhe 1880), Hero 
(Berlin 1884), Der Sturm (nach Shakespeare, Han- 
nover 1887) und beendete H. Götz’ »Francesca da 
Rimini« (Mannheim 1877); 1874 dirigierte er in 
Mannheim die Uraufführung von Götz’ »Der 
Widerspenstigen Zähmung«. 

Lit: A. Einstein, Briefe v. Brahms Zf Mw IV 
1921/22. 

Frank, Marco, * 24. 4. 1881 zu Wien; österrei- 
chischer Komponist, studierte am Konservatorium 
von Neapel und, nach Aufführung seiner ersten 
Oper Die drei Musketiere (1897), bei Massenet in 
Paris, wo er auch mit Debussy bekannt wurde. 
Nach Jahren konzertierenden Wirkens mit einem 
von ihm 1900 gegründeten Streichquartett wurde 


543 



Frank 


er 1904 Bratschist an der Wiener Volksoper, lebte 
1939-48 als Emigrant in New York, wurde dann 
Bratschenlehrer am Konservatorium der Stadt 
Wien und lebt dort seit 1952 als freischaffender 
Komponist. Seine dramatischen und symphonischen 
Werke sind durch effektvolle Gestaltung und glän- 
zende Instrumentation bekannt geworden, beson- 
ders die Opern Eroica (1917), Das Bildnis der Ma- 
donna (1923) und Die fremde Frau (1937). Ferner 
schrieb er ein Reqiem (1911), ein Stabat Mater 
(1935), kleinere Chorstücke, Orchesterwerke (3 
Symphonien, ein Violin- und 2 Klavierkonzerte), 
Kammermusik, darunter 4 Streichquartette, Lieder 
und Klavierstücke sowie eine Praktische Viola- 
Schule (Wien 1952). 

Frank, Maurits, * 29. 7. 1892 zu Rotterdam; 
holländischer Violoncellist, studierte an den Kon- 
servatorien in Rotterdam und Amsterdam. 1911 
bis 1929 lehrte er an der Heidelberger Musikakade- 
mie, dem Hochschen Konservatorium in Frank- 
furt am Main und der Deutschen Staatsakademie 
für Musik in Prag. Während dieser Zeit spielte Fr. 
auch im Rebner- und im Amarquartett (1921-33). 
1934 ging er nach Holland und gründete dort das 
Amsterdamer Streichquartett (1945—51). Seit 1949 
ist Fr. Professor für Violoncello und Kammermur- 
sik an der Musikhochschule Köln, wo er auch das 
Rheinische Kammerorchester leitet. 

Franke, Friedrich Wilhelm, * 21. 6. 1861 zu 
Barmen, f 3. 4. 1932 zu Köln; deutscher Organist, 
studierte ab 1879 an der Berliner Musikhochschule 
Orgel bei K. Haupt, Klavier bei H. Barth, Theorie 
bei Succo und Komposition bei Bargid, wurde 
Organist in Stralsund und Preetz und war 1891 bis 
1924 Lehrer für Orgel, Harmonielehre und Kon- 
trapunkt am Konservatorium sowie Organist der 
Gürzenichkonzerte in Köln, wo er reformierend auf 
die Pflege der liturgischen Kirchenmusik wirkte; 
schrieb: Theorie und Praxis des harmonischen Ton- 
satzes (Köln 1899) ; Das Orgelspiel (Trier ohne Jahr, 
beide in mehreren Neuauflagen); Praktische Übun- 
gen in der Harmonielehre (Köm 1920). Als Kompo- 
nist trat er hervor mit Orgelstücken, Liedern, Chö- 
ren und Kantaten. 

Iit: H. J. Moser, Fr. W. Fr., Muk IV, 1932. 

Franke, Hermann, * 9. 2. 1834 zu Neusalz an der 
Oder, t 1919 zu Sorau; deutscher Kantor, war 
Schüler von A. B. Marx, wurde Kantor in Crossen 
und 1869 an der Hauptkirche von Sorau, schrieb 
ein Oratorium Isaaks Opferung , Chor- und Or- 
chesterwerke, 2 Klaviertrios op. 27 und 65 und eine 
Cellosonate G moll op. 69. 

Frankd (f/acnkol), Benjamin, * 31. 1. 1906 zu 
London; englischer Komponist, zunächst lange 
Zeit als Musiklehrer, Arrangeur, Pianist und Vioß- 
nist für Jazzkapellen tätig, schrieb 1931-44 viele 
Schauspielmusiken für die Theater im Londoner 
West End, auch Filmmusiken (The Years Between, 
The Man in the White Suit, London Belongs to Me) 
und ist erst seit 1944 als ernsthafter Komponist 
hervorgetreten, dessen Werke neue Möglichkeiten 
zur Weiterentwicklung der traditionellen Formen 
zeigen : Streichtrio op. 3 (1944) ; Trio für Klar., Vc. 
und Kl. op. 10; Youtn Musiciui Streichorch. op. 12; 
The Aftermath für T., Trp., Streicher und Pauken 
op. 17 (1947) ; Orchesterpraeludium Mayday op. 22 

544 


(1950) ; Violinkonzert op. 24 (1951) ; Mephistophe- 
les * Serenade and Dance für Orch. op. 25 (1951); 
weitere Kammermusik, darunter 4 Streichquar- 
tette, und Klaviermusik. 

Fr^nkenberger, Heinrich Friedrich, * 20. 8. 
1824 zu Wümbach (Schwarzburg-Sondershausen), 
t 22. 11. 1885 zu Sondershausen; deutscher Kom- 
ponist, wurde 1847 als Geiger in der Fürstlichen 
Kapelle von Sondershausen angestellt, 1852 Musik- 
lehrer am Lehrerseminar, später 2. Dirigent der 
Hofkapelle. F. war auch ein geschätzter Harfen- 
spieler. 3 Opern Fr.s: Die Hochzeit zu Venedig , 
Vineta und Der Günstling wurden mit Erfolg auf- 
geführt, einzelne Nummern daraus veröffentlicht. 
Ferner erschienen von ihm eine Anleitung zur In- 
strumentierung, eine Harmonielehre, eine Orgel- 
schule, Vor- und Nachspiele, ein Choralbuch, Kla- 
vierstücke und Lieder. 

Frankenburger, Paul -* Ben-Haim. 

Frankenstein, Alfred, * 5. 10. 1906 zu Chicago; 
amerikanischer Kunst- und Musikforscher, stu- 
dierte an der University of Chicago und ist seit 
1934 in San Francisco tätig als Kritiker am San 
Francisco Chronicle, Verfasser der Programmhefte 
des San Francisco Symphony Orchestra (seit 1935) 
sowie Lecturer an der University of California at 
Berkeley (seit 1950) und am Mills College (seit 
1955). Fr., der auch zur Redaktion des High Fidelity 
Magazine gehört, schrieb zahlreiche Aufsätze zur 
neueren amerikanischen Musikgeschichte; sein 
wichtigster Beitrag zur Musikgeschichte ist V. 
Hartmann and M. Moussorgsky (MQ XXV, 1939), 
worin er die Mussorgskijs »Bildern einer Ausstel- 
lung« zugrunde liegenden Werke Hartmanns be- 
kannt macht. 

Franko Franco von Köln. 

Franko (fi'aenko), Sam, * 20. 1. 1857 zu New- 
Orleans (Louisiana), f 6. 5. 1937 zu New York; 
amerikanischer Violinist, Violinschüler von Blecha 
in Breslau und de Ahna in Berlin, studierte 1876 
bis 1878 noch bei J. Joachim, de Ahna und A. Hol- 
länder (Komposition) in Berlin, 1878-80 bei 
Vieuxtemps und Leonard in Paris. 1880 wurde er 
Mitglied des Thomas-Orchesters in New York 
und war 1884-91 Konzertmeister, 1891-97 1. Brat- 
schist im New Yorker Philharmonischen Orche- 
ster. 1900-09 veranstaltete er in New York Kon- 
zerte mit Musik aus dem 17. und 18. Jh. 1910-14 
setzte er diese Konzerte in Berlin fort, wo er am 
Stemschen Konservatorium eine Violin-Meister- 
klasse und die Orchesterklasse leitete. Ende 1914 
kehrte er nach New York zurück und richtete ne- 
ben den Konzerten mit alter Musik 1919/20 auch 
Kammermusikkonzerte und Singspielaufführun- 
gen ein. Er lebte zuletzt als Violinlehrer in New 
York. Gab heraus : Bearbeitungen von Violinmusik 
und alteren Orchesterwerken, namentlich von Per- 
golesi und Vivaldi (Concerti grossi) ; viele Stücke 
für V. und Kl. Posthum erschien eine Selbstbiogra- 
phie Chords and discords (New York 1938). 

Franz, J. H. -»■ Hochberg, Bolko von. 

Franz, Robert (ursprünglich Knauth, welchen 
Namen aber sein Vater, Christoph Franz Knauth, 
1847 mit königlicher Erlaubnis gegen den Namen 



Franziskaner 


Franz vertauschte), * 28. 6. 1815 und f 24. 10. 1892 
zu Halle an der Saale ; deutscher Komponist, konnte 
den Widerstand der Eltern gegen seine musikali- 
schen Neigungen überwinden und wurde Schüler 
Fr. Schneiders in Dessau (1835). 1837 ging er nach 
Halle zurück und widmete nun all seine Zeit dem 
Studium Bachs und Handels. 1841 wurde er Orga- 
nist an der Ulrichskirche, 1842 Dirigent der Sing- 
akademie, 1859 auch Umverritätsmusikdircktor. 
1843 erschien das erste Heft seiner Lieder, das zwar 
zunächst nur von wenigen, aber desto bedeutende- 
ren Männern (Schumann, Liszt) voll gewürdigt 
wurde; schnell folgten nun weitere Hefte, und Fr. 
nahm bald als Lyriker insofern eine eigenartige 
Stellung ein, als sich in ihm Sch umanns Romantik 
mit einer an Bach gemahnenden kontrapunktischen 
Setzweise verbindet. Im ganzen hat er über 350 
Lieder geschrieben. 1843 stellte sich bei ihm bedeu- 
tende Schwerhörigkeit ein, die, verbunden mit 
einem Nervenleiden, allmählich einen solchen 
Grad erreichte, daß er 1867 zur Niederlegung seiner 
Ämter gezwungen war. Materielle Sorgen wurden 
durch eine von Freunden zusammengebrachte 
Ehrengabe (30000 Taler) behoben. Ein mm vom 
Ministerium 1867 bewilligter Ehrensold für seine 
Verdienste um Bachs Werke wurde ihm 1877 
durch Intrigen seiner Gegner wieder entzogen. Fr. 
war verheiratet mit Marie Hinrichs (1828-91), die 
wie ihr Gatte als Liederkomponistin hervortrat. 
1861 verlieh die Universität Halle Fr. den Dr. 
phiL h. c. Am 28. 7. 1903 wurde ihm als einem der 
besten Musiker seiner Zeit in Halle ein Denkmal 
(von Fritz Schaper) errichtet. Ein Verdienst für ihre 
Zeit waren seine Bearbeitungen Bachscher und 
Händelscher Werke, nämlich von Bach: Matthäus- 
passion, Magnificat, Trauerode, 10 Kantaten 
sowie viele Arien und Duette; von Händel: Mes- 
sias, Jubilate, L’allegro, il pensieroso, il moderato, 
36 Opemarien und Duette. Hervorzuheben sind 
besonders auch die Bearbeitungen von Astorgas 
Stabat Mater und Durantes Magnificat. Von Franz* 
eigenen Kompositionen verdienen noch Erwäh- 
nung: der 117. Psalm für Doppelchor, ein Kyrie 
für Chor und Soli sowie Chorlieder für gemischten 
und für Männerchor. Er schrieb: Mitteilungen über 
J. S. Bachs Magnificat (Leipzig 1863, 2 1889) und 
Offener Brief an Ed. Hanstick Bearbeitungen älterer 
Tonwerke (Leipzig 1871). 

Ausg.: R. Franz, Gesammelte Schriften über d. Wie- 
derbelebung Bachscher u. Händelscher Werke, hrsg. 
v. R. Bethoe, Lpz. 1910; R. Franz, Gespräche aus 
10 Jahren, hrsg. v. W. Waldmann, Lpz. 1895; R. 
Franz u. A. Freiherr Senfft von Pilsach, Briefwechsel 
1861-88, hrsg. v. W. Golther, Bin 1907. 

Lit: Fr. Liszt, R. Fr., Lpz. 1872; R. Freiherr Pro- 
häzka, R. Fr., Lpz. 1894; R. Bethoe, R. Fr., Halle 
1908; D. LofiN, R. Fr.-Brevier, Lpz. 1915; G. E. Bar- 
bag, Die Lieder v. R. Fr., Diss. Wien 1922; H. v. d. 
Pfordten, R. F., Lpz. 1923 ; W. Serauky, R. Fr. als 
Meister deutschen Liedes, in: Mg. d. Stadt Halle II, 
2, Halle 1942. 

Franziskaner, eigentlich Ordo Fratrum Mino- 
ram (OFM) ; der 1209 gegründete Orden hat in 
Armen- und Krankenpflege, Predigt, Mission, 
Lehre und Forschung stets eine bedeutende Tätig- 
keit ausgeübt. Sein Stifter, der heilige Frandscus 
von As^i (* 1181/82 und 1 13. 10. 1226 zu Assisi; 
Pater Seraphicus), hieß eigentlich Giovanni Ber- 


nardone; unter der Wirkung einer Vision lebte er 
ab 1206 als Einsiedler und begann 1209 den Orden 
aufzubauen, dessen Regel 1223 bestätigt wurde und 
der sich schnell in ganz Europa ausbreitete. Jedoch 
legte er 1220 die Ordensleitung nieder, um sich 
wieder einem beschaulichen Leben zu widmen. 
1228 wurde er heiliggesprochen. Sein Canticum 
solis wurde mehrfach vertont (am bekanntesten das 
Oratorium von Suter, 1924); Tinels Oratorium 
»Frandscus« (1888) und Hindemiths BallettiNobilis- 
siina Visione« (1938) bringen Szenen aus dem Le- 
ben des Heiligen. Noch zu Lebzeiten des Stifters 
wurde 1220 ehe Provinz Teutonia gegründet, die 
1230 in eine rheinische und eine sächsische, 1239 in 
die Sächsische, Kölnische und Straßburger Provinz 
geteilt wurden. Der Orden, der in der nachhaltigen 
Förderung des geistlichen Volksgesangs und in der 
Forschung (als Scotisten im Gegensatz zu den tho- 
mistischen Dominikanern) eigene Wege einschlug, 
hielt sich in seiner Choralpflege nach dem Willen 
des Gründers streng an den römischen Gesang. 
Seinem Einfluß ist ehe allgemeine Einführung des 
römischen Offiziums und im 14. Jh. die Verbrei- 
tung der Quadratnotation in den gregorianischen 
Handschriften zu verdanken, doch zeigt bereits ein 
um 1400 geschriebenes Graduale starke Reform- 
tendenzen. Die heute gültigen liturgischen Ge- 
sangbücher des Ordens sind: Graduale Romano- 
Seraphicum (Toumai-Paris-Rom 1924, 31932), An- 
tiphonale Romano-Seraphicum (ebenda 1928) und 
Liber Missarum Propriarum OFM (Toumai 1903), 
ferner Rituale Romano-Seraphicum (ebenda 1929, 
21931). Für die Musikgeschichte bedeutsame An- 
gehörige des Ordens sind: R. Bacon, Bartholo- 
maeus Anglicus, Julian von Speyer, Aegidius Zamo- 
rensis, Jacopone da Todi, Tunstede, Bonaventura 
de Brixia, C. Porta, Bermudo, L. Balbi, T. Gra- 
ziani, Mortaro, V. Bona, G. Diruta, Viadana,Ghiz- 
zolo, B. Strozri, CI. Cocchi, Casati, Mersenne, 
Kdjoni, Souhaitty, A. Predieri, Fr. A. Calegari, 
Öernohorsky, Cordans, Padre Martini, Paolucd, 
L. A. Sabbatini, P. Singer. Ebenfalls die Franzis- 
kanerregel befolgt der 1528 gegründete selbständige 
Kapuzinerorden (OFM Cap), dem u. a. Zarlino 
und Donostia angehörten. 

Lit: Salimbene db Adam, Chronica, hrsg. v. O. 
Holder-Egger, Monumenta Germaniae Historica 
Scriptores XXXII, Hannover 1913; L. Wadding 
OFM, Annales Minorum, 8 Bde, I-VH Lyon 1625 bis 
1648, VIII Rom 1654, hrsg. v. J. R. da Fonseca in 
16 Bden Rom 21731 - 36 , neu hrsg. Quaracchi seit 
1930; D. de Gubernahs a Sospitello OFM, Orbis 
Seraphicus, 5 Bde, Lyon 1682, Bd VI Quaracchi 
1887; BuUarium Franciscanum, 7 Bde, Rom 1759 bis 
1904; Monumenta Franriscana, hrsg. v. J. S. Brewer 
OFM, 2 Bde, London 1858-82; E. Clop des Sori- 
NtfeRES, De cantu in ordine seraphico, Solesmes 1900; 
ders., Il sanctorale . . Studi Francescani I, 1914; 
ders., Saint Francois et la liturgie de la chapelle pa- 
pale, Arch. Franciscanum HisUXIX, 1926 ; H. Felder 
OFMCap, Gesch. der wiss. Studien im Franziskaner- 
orden . . Freiburg i. Br. 1904, frz. Paris 1924; H. 
Holzapfel, Hdb. der Gesch. des Franziskaner- 
ordens, Freiburg L Br. 1909; P. Wagner, Neumen- 
kunde (= Einführung in die g regorianischen Melo- 
dien H), Lpz. 21912 ; L. C. Mohlberg, Radulph de 
Rivo, Münster 1915; H. Dausend OFM, Die Ent- 
wicklung der Liturgie im Franziskanerorden, Fran- 
ziskanische Studien XI, 1924, auch separat Münster 
1924; A. Le Carou OFM, L’office divin chez les 
frfcres mineurs... Paris 1928; EL Workman, Li- 


35 


545 



Fraser 


turgy in the Franciscan Order, in: The Franciscan 
Educational Conference XXI, 1939; V. Kennedy, 
The Franciscan Ordo Missae . . ., Mediaval Studies 
II, 1940; St. J. P. van Ddk, Notae quaedam de litur- 
gia Frandscana . . ., Bibliotheca »Ephemerides litur- 
gicae« LUI, 1940; ders., II carattere della correzione 
liturgica di Fra Aimone da Faversham, ebenda 
LIX-LX, 1945-46; ders., The Litany of the Saints..., 
Franciscan Studies VII, 1947; ders., The Breviary of 
Saint Francis, ebenda IX, 1949; R. M. Huber, A 
Documented Hist of the Franciscan Order, Milwau- 
kee 1944; Monumenta monodica medii aevi I, hrsg. 
v. Br. Stäblein, Kassel u. Basel 1956; H. Hüschen 
in MGG (grundlegende Zusammenfassung aller die 
Musik betreffenden Fragen). 

Fraser (fi'e:zo), Norman, *26. 11. 1904 zu Val- 
paraiso; englisch-chilenischer Pianist und Kompo- 
nist, erhielt seine musikalische Ausbildung in Val- 
paraiso, Lausanne und London, unternahm Kon- 
zertreisen in Europa, lehrte an der Universität Sant- 
iago (1934-36), war längere Zeit selbständig und 
ist seit 1954 European Supervisor an BBC. Er 
schrieb hauptsächlich Klaviermusik, Kammermu- 
sik mit Kl. und Lieder. 

Frauenlob (eigentlich Heinrich von Meißen), 
* zu Meißen, f 29. 11. 1318 zu Mainz, beerdigt im 
Dom von Mainz, nach der Sage von Frauen zu 
Grabe getragen; einer der letzten Minnesänger, 
wurde zunächst in großer Nähe zum Meisterge- 
sang und sogar als Gründer der ersten Meister- 
singerschule in Mainz gesehen, weist aber nach neu- 
eren Forschungen in seinen Liedern noch stark kon- 
servative Züge auf, die ihn mit dem klassischen 
Minnesang verbinden. Seine Lieder sind überlie- 
fert in der Handschrift Wien 2701, den Liederhand- 
schriften von Jena, Colmar und Donaueschingen 
und dem Singebuch von Adam Puschmann. 

Ausg.: (Texte) L. Ettmüller, Heinrich von Meißen, 
des Frauenlobes Leiche, Sprüche, Streitgedichte und 
Lieder, — BibL der gesamten deutschen National- 
ist. XVI, Quedlinburg-Lpz. 1843. - (Melodien) G. 
Holz, Fr. Saran, E. Bernoulli, Die Jenaer Lieder- 
handschrift, 3 Bde, Lpz. 1901; H. Rietsch, Gesänge 
v. F., Reinmar v. Zweter u. Alexander, DTÖ XX, 2 
(= Bd 41); P. Runge, Die Sangesweisen d. Colmarer 
Handschrift u. d. Liederhandschrift Donaueschingen, 
Lpz. 1896; G. Münzer, Das Singebuch d. Adam 
Puschmann, Lpz. 1906. 

Iit: H. Kretschmann, Der Stil Fr.s, Jenaer germa- 
nistische Forschungen XXIII, Jena 1933 ; A. Reich, 
Der Vergessene Ton Fr.s, Mf in, 1950; H. Enke, Der 
vergessene Ton Fr.s, Mf IV, 1951. 

Frauenholtz, Johann Christoph, * 19. 10. 
1684 zu Coburg, *[■ 9. 11. 1754 zu Straßburg; deut- 
scher Komponist, studierte in Straßburg Jura und 
wurde 1714 Kapellmeister an der Neuen Kirche. 
Fr. schrieb Kantaten, eine Leichenmusik und Arien. 
Außerdem hinterließ er Kantaten-, Arien- und 
Liedertexte. 

LiL: R. Wennagel, Les cantates strasbourgeoises du 
18* s., Diss. Straßburg 1948, maschr. 

Frazzi, Vito, * 1. 8. 1888 zu San Secondo Par- 
mense; italienischer Komponist, studierte am Kon- 
servatorium in Parma, lebt als Kompositionslehrer 
des Conservatorio L. Cherubim in Florenz, unter- 
richtet auch an der Accademia Musicale CWiana 
in Siena. Fr. schrieb die Opern U giardinocniuso, 
Re Lear (1939) und Dan Chisciotte (1951), Chor- 
werke, Lieder, Orchesterwerke, Kammermusik, 


Klavierstücke sowie eine Abhandlung Scale alter- 
nate (auch deutsch), in der er sein eigenes Harmo- 
niesystem begründet. 

Fredrfci» Gustaf, * 1770 zu Stockholm, ‘J* 1801 
zu Wien; schwedischer Komponist, Schüler von 
J. M. Kraus und Abbd Vogler in Stockholm, ging 
1790 nach Wien, wo er noch bei Haydn und Mo- 
zart studiert haben soll und mit dem Musiker Jo- 
seph Müller befreundet wurde. Von Fr.s Komposi- 
tionen sind in Klavierauszügen Müllers erhalten: 
unvollendete Symphonie D moll, Klavierkonzert 
Amoll und Klavierquintett B dur. Originalmanu- 
skripte des Komponisten, der sich als natürlicher 
Sohn des Prinzen Fredrik Adolf von Schweden be- 
zeichnet haben soll, sind nicht erhalten. 

Ausg.: Adagio der Symphonie, orchestriert v. Sv. E. 
Svensson, Stockholm o. J. 

Lit.: Sv. E. Svensson, G. Fr., STMf XX, 1938. 

Freed (fii:d), Isadore, * 26.3. 1900 zu Brest- 
Litowsk; amerikanischer Komponist, lebt in New 
York. Als Pianist, Organist una Komponist wurde 
er am Philadelphia Conservatory, der University 
of Pensylvania, der Schola Cantorum Paris, am 
Mannes College of Music, New York, u. a. von 
E. Bloch und alndy ausgebildet. Er lehrte an ver- 
schiedenen Schulen in Philadelphia (1923-28), war 
bis 1933 in Paris, ist seitdem wieder in den USA 
und lehrt am Hartt College of Music, Hartford, 
und am Hebrew Union College, New York, wirkt 
als Organist und Dirigent. 1942 wurde er Doctor 
of Music des New York College of Music und ist 
seit 1950 Vorsitzender des Institute of Contempo- 
rary American Music am Hartt College. Sein Werk 
enthält die Opern Homo sum und The Princess and 
the Vagabond, das Ballett Vibrations , das Oratorium 
Prophecy of Micah, 2 Symphonien und andere Or- 
chesterwerke, ein Vioiin- und ein Cello-Konzert, 
Kammermusik, Klavier- und Orgelmusik, geist- 
liche Lieder, Chöre. Fr. gab Werke zeitgenössischer 
Komponisten heraus. 

Frege, Livia, geb. Gerhard, * 13. 6. 1818 zu 
Gera, t 22. 8. 1891 zu Leipzig; deutsche Sängerin 
(Sopran), Schülerin von Pohlenz, trat zum ersten 
Male 1832 in einem Konzert von Clara Wieck auf, 
1833 als Jessonda am Leipziger Stadttheater. 1835 
nahm sie ein Engagement an der Berliner König- 
lichen Oper an, heiratete aber bereits 1836 
Dr. jur. Woldemar Fr. in Leipzig. Ihr Haus 
war dauernd eine Stätte sinnigster Musikpflege; 
auch einen Chor von 50 Mitgliedern versammdte 
sie zu regelmäßigen Obungen. Besonders standen 
ihr David und Mendelssohn nahe. 

Lit: F. Schmidt, Das Musikleben d. bürgerlichen 
Ges. Lpz.s im Vormärz, *= Musikalisches Magazin 
XLVH, 1912. 

Freitas (fr^tas), Frederico de, * 15. 11. 1902 
zu Lissabon; portugiesischer Dirigent und Kom- 
ponist, studierte am Lissaboner Nationalkonserva- 
torium Geige, Klavier und Komposition und setzte 
seine Studien in Frankreich und Deutschland fort. 
Zu n ä ch st Leiter eines Kammerorchesters, führte er 
1940-47 die von ihm gegründete Lissaboner Chor- 
gesellschaft, ab 1947 das Symphonieorchester von 
Porto und übernahm 1956 die neugegründete staat- 
liche Orquesta de Conderto, die er seitdem neben 
der Direktion des Balletts Verde-Gayo betreut. In 


546 



Frescobaldi 


seinen Kompositionen vereinen sich folkloristische 
Elemente mit dem Einfluß Strawinskys. Am be- 
kanntesten wurden seine Ballettmusiken sowie 
weltliche und geistliche Chorwerke. 

Freitas Branco (fr'ertas), Luiz de, * 12. 10. 
1890 zu Lissabon; portugiesischer Komponist und 
Musikschriftsteller, studierte Musik bei Humper- 
dinck in Berlin, dann in Paris, lebt als Komponist 
in Lissabon. 1916 wurde er Lehrer und 1919 Vize- 
direktor am Konservatorium, 1924 Musikrat, 1926 
Direktor des San Carlo-Theaters. 1939 wurde er 
als Professor des Konservatoriums entlassen und 
seitdem nach und nach aller Öffentlichen Ämter 
entkleidet. Werke: 5 Symphonien, Symphonische 
Dichtungen und Orchesterstücke, Violinkonzert, 
Balada für KL und Orch., Cena Urica für Vc. und 
Orch., einige Kirchenmusik- und zahlreiche Chor- 
werke (dramatische Symphonie Manjredo für Soli, 
Chor, Org. und Orch.; nach Byron), Orchester- 
lieder, Streichquartett, 2 Violinsonaten, Cellosonate, 
Klavier- und Orgelstücke sowie zahlreiche Lieder. 
Fr. veröffentlichte eine Reihe von Aufsätzen und 
Schriften und ist Herausgeber der Gazeta Musical, 
die er 1950 gründete. 

Fremstad, Anna Augusta Olivia (eigendich Pet- 
terson), * 14. 3. 1871 zu Stockholm, f 21. 4. 1951 
zu Irvington-on-Hudson (New York); amerika- 
nische Opemsängerin (Sopran), bildete sich erst 
zur Pianistin, dann zur Altistin aus. 1893 ging sie für 
2 Jahre zu Lilli Lehmann nach Berlin, die ihr die 
großen Sopranpartien einstudierte, sang 1893-96 
an der Kölner Oper, 1896 zum ersten Male bei den 
Bayreuther Festspielen, 1900-03 in München, dann 
bis 1914 am Metropolitan Opera House in New 
York. 1920 gab sie ihr Abschiedskonzert. Sie sang 
1907 die Salome bei der einzigen New Yorker Auf- 
führung und in Paris, 1910 Glucks Armida (unter 
Toscamni), war aber vor allem als Carmen (1906 in 
New York mit Caruso) und in Wagner-Rollen 
(Isolde, Brünnhilde, Kundry) gefeiert. 

Frenkd, Stefan, *21. 11. 1902 zu Warschau; pol- 
nischer Violinist, war zuerst Schüler seines Onkels 
Moritz Fr., eines Schülers von L. Auer, studierte 
in Berlin 1919-21 bei A. Busch, 1921-24 bei 
Flesch, zugleich Komposition bei Fr. E. Koch. Seit- 
dem wirkte er als Konzertmeister beim Philhar- 
monischen Orchester Dresden (1924-27), ab 1929 
am Rundfunkorchester Königsberg, 1935 am Or- 
ches tre de la Suisse Romande, 1936-40 am Metro- 
politan Opera House in New York, seit 1947 an 
der Städtischen Oper von Rio de Janeiro; reist als 
hervorragender Virtuose. Werke: Sonate für V. 
solo op. 1 ; Suite für 2 V. op. 3; Violinkonzert op. 
9; Violinstücke, Kammermusik, Klavierstücke. 

Frere (M:j), Walter Howard, * 23. 11. 1863 
zu Dungate bei Cambridge, + 2. 4. 1938 zu Mir- 
field; englischer Gastlicher und Musikforscher, 
wurde 1887 zum Priester geweiht, trat 1892 in die 
Community of the Resurrection ein, war 1902-13 
und 1916-22 deren Superior, 1923-35 Bischof von 
Truro; außer kirchengeschichtlichen und litur- 
gischen Werken schrieb er: Bibliotheca musica litur - 
gica (London 1894-1901, 2 Bände), ein be- 
schreibendes Verzei chnis der mittelalterlichen mu- 
sikalischen und liturgischen Handschriften in den 
Bibliotheken von England, Schottland und Irland; 


The Sarum Graduale and the Gregorian Antiphonale 
Missarum (1896) ; Einleitung zu Hymns Ancient and 
Modem (London 1909) ; Key-Relationship in Early 
Medieval Music (Proc. Mus. Ass. XXXVII, 1910/ 
1911); ferner gab er heraus: Graduale Sarishuriense 
(London 1894); The Winchester Troper (London 
1894) ; Antiphonale Sarishuriense (London 1901-25). 

Fresdhi (fr'eski), Giovanni Domenico, * 1640 
zu Bassano, f 1690 zu Vicenza; italienischer Kom- 
ponist, nennt sich 1660 und 1673 Domkapellmei- 
ster in Vicenza, schrieb 1671-85 13 Opern für Ve- 
nedig, denen 1694 in Vicenza noch Rosälinda folgte, 
die Oratorien H miracolo del Mago (1680) und Giu - 
ditta sowie 3-6st. Messen und Psalmen (Venedig 
1660 und 1673). 

Frescobaldi, Girolamo, getauft 9.9.1583 zu 
Ferrara, f 1. 3. 1643 zu Rom; italienischer Kom- 
ponist, war in Ferrara Schüler von Luzzaschi. 1604 
wurde er Organist und Sänger an der Congrega- 
zionc und Accademia di Santa CedHa in Rom, 
war dort vom 1. Januar bis Ende Mai 1607 Orga- 
nist an Santa Maria in Trastevere und ging dann 
im Gefolge des päpstlichen Nuntius Guido Benti- 
voglio nach Brüssel. Dort hat er nach seiner eigenen 
Aussage die Madrigale des 1° Libro de Madrigali a 5 
voci komponiert (Vorwort vom 14. 6. 1608 zu der 
bei P. Phal£se in Antwerpen erschienenen Ausgabe) . 
Doch waren dies nicht seine ersten Kompositionen, 
denn in der an Fr. Borghese, Duca di Regnano, ge- 
richteten Widmung seines U 1° Libro delle Fantasie 
a 4 (Mailand 1608, Erede di Simon Tini e Filippo 
Lomazzo) nennt er diese: »meine ersten Arbeiten«. 
Da die Widmung mit: »Feixara, 8. 11. 1608« da- 
tiert ist, muß Fr. zu dieser Zeit wieder in Italien ge- 
wesen sein. Im gleichen Jahre 1608 wurde er zum 
Organisten der Peterskirche in Rom gewählt und 
verah diese Stelle bis kurz vor seinem Tode, 
stand jedoch gleichzeitig im Dienste des Kardinals 
Aldobrandini und lebte mehrmals für einige Zeit 
auswärts. So ging er im Februar 1615 als Hof orga- 
nist nach Mantua, gab aber die Stelle bald wieder 
auf ; 1628-33 war er beurlaubt und hielt sich wäh- 
rend dieser Zeit in Florenz als Organist des Her- 
zogs auf. Wie groß Fr.s Ansehen war, geht daraus 
hervor, daß Froberger aus seiner Stellung als Hof- 
organist in Wien 1637-41 beurlaubt war, um in 
Rom bei Fr. zu studieren. Alle Berichte stimmen 
darin überein, daß Fr. ein glänzender Sänger, ein 
hervorragender Orgel- und Cembalospider, ein 
ausgezeichneter Improvisator und der Erfinder 
eines neuen Orgelstüs war. »Wer heute nicht nach 
seinem Stile spielt, wird nicht geschätzt«, schreibt 
Bonini. In Wirklichkeit jedoch schuf Fr. keine 
neue Technik und keine neuen instrumentalen For- 
men, sondern faßte alle äußeren Merkmale der 
italienischen Schulen (Neapel, Venedig und Fer- 
rara) zusammen und erneuerte sie mit der unver- 
gleichlichen Genialität seines Schöpfertums. Er 
führte die italienische Instrumentalmusik von der 
akademischen Formstrenge der Renaissancezeit zu 
der Ausdruckskraft, Lebendigkeit und fein geglie- 
derten Struktur des frühen Barockstils. In der ita- 
lienischen Instrumentalmusik hat Fr. ebenso epo- 
chemachend gewirkt wie Monteverdi in der Vo- 
kal- und Bühnenmusik; wie dieser sein Schaffen 
ganz auf die Vokalmusik konzentrierte, so be- 
schränkte sich Fr. fast ausschließlich auf die Instru- 


35 * 


547 



Frescobaldi 


mental musik; wenigstens war er nur hier wirklich 
ein Neuerer. Aus der Toccata macht er das Gefäß 
großer Affektspannungen, indem er das Abwech- 
seln von Akkorden und fugierten Teilen in einen 
genau berechneten dramatischen Kontrast ver- 
wandelt, den die für ihn charakteristischen Disso- 
nanzen (Durezze) noch verstärken. In der Orgel- 
improvisation über ein Choralthema (Fiori tnusi- 
cali) geht er vom traditionellen Kontrapunkt zu 
einer farbenreichen harmonischen Sprache über, 
die mit reicher Chromatik, einer glänzenden Tech- 
nik und dem Gebrauch des Tempo rubato verbun- 
den ist, womit Fr. in die Nähe desualdos rückt. Im 
Ricercar prägt er die beiden Formen der rhythmi- 
schen und melodischen Variation fest aus, kombi- 
niert aber das Thema mit immer neuen Kontra- 
subjekten. In die Canzone führt er statt der Kon- 
trasttechmk der Renaissance-Canzone die Variation 
als Baumittel ein. Mit all dem schafft er einen ech- 
ten Instrumentalstil, den er von jeder Unterord- 
nung unter die Vokalmusik befreit. In der italie- 
nischen Musik hat sein Vorbild nur vereinzelt 
Nachahmung gefunden (Pasquini), hingegen durch 
Froberger, Buxtehude, Bach und Muffat in 
Deutschland und Österreich stark nachgewirkt. 
Außer den beiden genannten Werken veröffent- 
lichte Fr.: Recercari et Canzoni franzese in partitura 
lib. i° (Rom 1615, weitere Ausgaben 1618, 1626, 
1642) ; Toccate e Partite d’Intavolatura di cembalo lib. 
1° (Rom 1615, 58 Seiten; weitere Ausgaben mit 
68 Seiten 1615/16, 1616, 1628, mit 94 Seiten 1637), 
lib. 2° (Rom 1627, 90 Seiten; mit 86 Seiten 1637) ; 
II 1° lib. di Capricci fatti sopra diversi soggetti et Arie in 
partitura (Rom 1624; zusammen mit den Recercari 
von 1615 Venedig 1626, 1628, 1642) ; Liber secun- 
dus diversarum modulationum, l-4st. (Rom 1627) ; H 
1° lib. delle Canzoni at,2,3e4v. (Rom 1623; 1628, 
auch eine Partiturausgabe von G. B. Grassi 1628, 
veränderte Ausgabe mit Tempovorschriften Vene- 
dig 1634) ; Arie musicaliper cantarsi nel Gravicembalo 
(2 Bücher, Florenz 1630); Fiori musicali di diverse 
compositioni toccate , Kirie , Canzoni , Capricci e Re- 
cercari in partitura op. 12 (V enedig 1635) ; aus dem 
Nachlaß veröffentlichte A. Vincenti ein IV. Buch 
Canzoni alla francese (Rom 1645) ; einzelnes in Sam- 
melwerken 1608-25; 2 8st. Messen mit B.c. befin- 
den sich handschriftlich in der Biblioteca Vaticana 
(Rom), eine Gründonnerstags-Lamentation und 
ein doppdchöriges In te domine speravi im Liceo 
musicale von Bologna (letzteres auch in Regens- 

a ; ein 4chöriges Magnificat besaß einst die 
rucker Hofkapelle. 

Ausg.: GA der Orgel- u. Klavierwerke, 5 Bde, hrsg. 
v. P. Pddoux, Kassel u. Basel (1950-54); Ausgewählte 
Orgelsätze, 2 Bde, hrsg. v. Fr. X. Haberl, Lpz. 1888, 
2. AufL v. B. Fr. Richter o. J.; Ausgewählte Orgel- 
werke, 2 Bde, hrsg. v. H. Keller, Lpz. (1943-48); 
Fiori mus. u. Toccate e partite, 2 Bde, hrsg. v. F. 
Germani, Rom 1936-37; Fiori mus., hrsg. v. J. 
Bonnet u. A. Guilmant, Paris 1922; 25 Canzoni, 

7 Toccate u. Correnti, hrsg. v. F. Boghen, Mailand 
1918; 16 Ricercari u. 15 Capricci, hrsg. v. dems., 
Paris 1922; 20 Stücke in Toacrn HI; 16 composizioni, 
hisg. v. G. Picaou, Bologna 1939; Toccate, Ricer- 
can, Canzoni u. andere Stücke, hrsg. v. A. Casella, 

= I Classid ddla musica ital. XH (Heft 43-47), Mai- 
land 1919; eine Partita, Toccate u. Ricercari» hrsg. 
v. A. Santini, Rom 1939; ausgewählte Stücke, hrsg. 
v. J. B. Litzau, 2 H., Rotterdam 1873-74; Quatre 
Hymnes, hrsg. v. A. Guilmant, Paris 1895; Partite, 

548 


hrsg. v. O. CfflLESOTn, = Bibi, di Raritä Mus. VI, 
Maüand 1910; weitere Orgelstücke hrsg. v. A. Far- 
renc (Tr6sor des pianistes II), A. G. Ritter (Zur 
Gesch. d. Orgelspiels II, Lpz. 1884), A. Guilmant 
(Ecole Classique de l’Orgue, Paris u. Mainz 1900-02\ 
Tagliapietra Ant. IV-V, H. Riemann Beisp. 71-72, 
Schering Beisp. 196, Davison-Apbl Anth. II, 192 
bis 194. - Canzoni f. 2 Instr. u. B.c., hrsg. v. H. 
David, Mainz (1933). - Primo libro d’arie, hrsg. v. 
F. Boghen u. A. Bona Ventura, Florenz 1933; eine 
Ausg. beider Bücher, hrsg. von H. Spohr, MMD IV, 
Mainz 1958; einzelne Arien hrsg. v. G. Benvenuti 
(35 Arie di vari autori, Maüand o. J.), A. Parisottt 
(Piccolo album di musica antica, Mailand o. J.), K. 
Jeppesen (La Flora I u. III, Kopenhagen 1949); 
6 Madrigale, hrsg. v. F. Boghen, London 1922. 

Lit.: Fr. X. Haberl, H. Fr., KmJb II, 1887; L. 
Torchi, La musica istrumental© in Italia, Turin 1908; 
N. Bennaii, Ferrara a Fr., Ferrara 1908; A. Ca- 
metti, Fr. in Roma, RMI XV, 1908; ders.. Fr. sunto 
bio-bibliografico, Boll. Bibi. Mus. II, 1927; A. Pirro, 
Fr. et les musidens de la France et des Pays-Bas, 
Mercure mus. et bulletin fran$ais de la SIM 1908; 
F. Boghen, Alcune prefazioni e indici frescobaldiani, 
Neapel 1919; G. Benvenuti, Notereila circa tre fughe 
attribuite a Fr., RMI XXVII, 1920; ders., Fresco- 
baldiana, BolL bibl. mus. VI, 1931; A. Lazzari, La 
musica alla corte dei duchi di Ferrara, Ferrara 1928; 
A. Sostegni, L’opera e ü tempo di G. Fr., 1929, nicht 
im Handel; L. Ronga, G. Fr., Turin 1930; ders., 
Grandezza e solitudine di G. Fr., RMI LVI, 1954; 
R. Casimiri, G. Fr., Note d’areh. X, 1933, XI, 1934, 
u. XIV, 1937; ders., G. Fr. ferrarese, Atti della terza 
settimana d’arte sacra, Rom 1936; W. Apel, Neapoli- 
tan Links between Cabezon and Fr., MQ XXIV, 
1938; Fr. Morel, G. Fr., Winterthur 1945; C. Riess, 
Fr.-Buxtehude, Dansk musiktidskrift XXI, 1946; M. 
F. Bukofzer, Music in the Baroque Era, NY (1947); 
C. Sartori, Le 7 edizioni delle Toccate di Fr., in: 
La bibliofila, Florenz 1948; H. F. Redlich, The Mu- 
sic of Fr., The Score H, 1950; A. Machabey, G. Fr., 
Paris (1952). ClS 

Fresneau (fre:n'o), Henry, französischer Kom- 
ponist des 16. Jh.; sein Leben liegt völlig im Dun- 
keln. Von Fr. erschienen eine 4st. Motette und 
zwischen 1538 und 1554 24 Chansons. Jedoch ist 
von 13 komischen Chansons nur der Alt erhalten. 

Fresneau (fre:n'o), Jean (auch Fresnau, Frasnau), 
französischer Komponist der 2. Hälfte des 15. Jh.; 
Guillaume Crdtin zählt ihn unter die Schüler 
Ockeghems. 1470-75 ist Fr. als »chapelain ordi- 
naire« der königlichen Hofkapelle in deren Rech- 
nungen verzeichnet. Er schrieb 6 3st. Chansons und 
eine 4st. Missa quarti toni. 

Lit.: M. Brenet, Musique et musiciens de la vieille 
France, Paris 1911. 

Fresneuse, Sieurde-^Lecerf de la Vidville. 

Freudenberg, Wilhelm, * 11. 3. 1838 zu Rau- 
bacher Hütte bei Neuwied, *j* 22. 5. 1928 zu 
Schweidnitz; deutscher Dirigent und Komponist, 
studierte zunächst in Heidelberg Theologie, dann 
aber auf Anraten H. M. Schletterers 1858-60 Mu- 
sik am Leipziger Konservatorium bei Moscheies, 
M. Hauptmann und E. Fr. Richter, wurde Theater- 
kapellmeister in Würzburg, Gera, Altenburg, 
Stralsund, M ai nz, 1865 Dirigent des Cäcilienver- 
eins und Synagogenvereins in Wiesbaden, wo er 
die Sin g ak a demie und 1870 das Konservatorium 
gründete, ging 1886 nach Berlin und eröffhete dort 
mit seinem Schüler K. Mengewein Musik- 
schule, wirkte dann wieder als Theaterkapellmci- 



Freylinghauscn 


ster in Augsburg und Reeensburg, war 1895-1908 
Chordirigent der neuerbauten Kaiser- Wilhelm- 
Gedächtnis-Kirche in Berlin und zog sich später 
nach Schweidnitz zurück, schrieb mehrere Opern, 
Schauspielmusiken, Orchesterwerke, Chöre, Lie- 
der, Klavierstücke und Kammermusik sowie: Die 
Lehre von den Intervallen (Berlin 1902) und Was ist 
Wahrheit (gesammelte Aufsätze, Regensburg 1919). 

Freudenthal, Heinz, * 25. 4. 1905 zu Danzig; 
schwedischer Dirigent, studierte bis 1927 in Würz- 
burg Musik am Konservatorium und Musikwissen- 
schaft an der Universität. 1928 ging er als Solobrat- 
scher nach Göteborg in Schweden, wo er bald als 
Dirigent am Schauspielhaus und als Gastdirigent 
des Rundfunkorchesters tätig war. 1936-53 wirkte 
er als Chefdirigent des Rundfunk-Symphonie- 
orchesters in Norrköping, von wo aus er ausge- 
dehnte Konzertreisen durch Skandinavien unter- 
nahm. Seit 1954 ist er 1. Dirigent des Rundfunk- 
orchesters in Jerusalem, mit dem er auch in Europa 
konzertiert. 

Freund, Robert, * 1. 4. 1852 und f 8. 4. 1936 zu 
Budapest; ungarischer Pianist, war 1865-68 Schü- 
ler von Moscheies und Cocdus am Leipziger Kon- 
servatorium, 1869-70 von Tausig in Berlin, 1870 
bis 1872 noch von Liszt in Budapest. 1875-1913 
lebte er in Zürich, wo er 1876 Lehrer an der neu- 
gegründeten Musikschule wurde. Einige Lieder 
und Klavierstücke Fr.s erschienen im Druck sowie 
Memoiren eines Pianisten (herausgegeben von Max 
Fehr, CXXXIX. Neujahrsblatt der Allgemeinen 
Musikgesellschaft Zürich, Zürich 1951). 

Freundt, Cornelius (Freund), * um 1540 zu 
Plauen (Vogtland), begraben 26. 8. 1591 zu 
Zwickau; deutscher Kantor, war um 1564 Kantor 
in Borna und wurde 1565 Kantor in Zwickau. Er 
schrieb Motetten und Gelegenheitsgesänge; von 
den 28 Sätzen des von ihm gesammelten 4st. 
Weihnachtsliederbuches verfaßte er 15 selbst. 
Ausg.: Das Weihnachtsliederbuch d. Zwickauer Can- 
tors C. F-, hrsg. v. G. Göhler, Lpz. (1897); dass, 
als Weihnachtsliederbuch v. C. F., hrsg. v. K. Ameln, 
Kassel u. Basel 1950; daraus: Heut ist unser Heiland 
u. Meine Seel erhebet den Herren, in Hdb. d. deut- 
schen ev, Kirchenmusik, hrsg. v. K. Ameln, Chr. 
Mahrenholz, W. Thomas u. C. Gerhardt, Bd I, 2, 
Göttingen 1942. 

Lit.: G. Göhler, C. F., Diss. Lpz. 1896; W. Bren- 
necke, Zwei Beitr. zum mehrst Weihnachtslied . . ., 
Mf V-VI, 1952-53. 

Frey, - 1) Emil, * 8. 4. 1889 zu Baden (Aargau), 
t 20. 5. 1946 zu Zürich; Schweizer Pianist, war 
Schüler von R. Freund in Zürich, Willy Rehberg 
und Barblan in Genf, Didmer und Widor (Kom- 
position) in Paris, gewann 1910 mit einem Klavier- 
trio in St. Petersburg den Rubinsteinpreds, lebte 
als Hofpianist 1907-12 in Berlin, war 1912-17 Pro- 
fessor am Konservatorium in Moskau und kehrte 
1918 nach Zürich zurück, wo er ab 1922 am Kon- 
servatorium die Meisterklasse für Klavier leitete. 
Als Komponist blieb er der Spätromantik verhaf- 
tet: Variationen für KL op. 1; Cellosonate op. 8; 
Klavierkonzert op. 17; Violinsonate op. 22; Kla- 
viertrio op. 23; Konzertstück für KL und Orch. 
op. 24; Messe für Soli, Chor und Orch. op. 26; 
Sonata drammatica für Kl. op. 27 ; Streichquartett op. 
28; Violinkonzert op. 31 ; Schweizerische Festouver - 


ture op. 32; Choralphantasie für Kl. op. 33; Sym- 
phonie Hmoll (mit Chor) op. 35; Klaviersonate 
op. 36; Fuge für 2 Kl. op. 40; Cellokonzert op. 42; 
Bläserquintett op. 47; Cellosonate op. 48; Violin- 
sonate op. 51 ; Bekränzter Kahn für S., Kl., FL und 
Streichorch. op. 54; Streichquartett op. 57; Kon- 
zertstück für KL und Orch. op. 60; Fuge für Org. 
und Streichorch. op. 65; Klavierquintett op. 67; 
Orgeltoccata op. 73; Toccata für 2 KL op. 76; Ca- 
priccio für KL und Kammerorch. op. 78; Sympho- 
nie Gis moll op. 82; Suite für Vc. solo op. 91 ; Sere- 
nade für 2 V. op. 94; Klaviersuiten und -stücke, 
Lieder und Gesänge, Chöre, Kammermusik. Fer- 
ner schrieb er: Bewußt gewordenes Klavierspiel (2 
Teile, Zürich 1932) und gab heraus (mit W. Schuh) : 
Schweizerische Klaviermusik aus der Zeit der Klassik 
und Romantik (Zürich 1937). - 2) Walter, * 26. 
1. 1898 zu Basel; Schweizer Pianist, Bruder von 
Emil Fr., studierte 1906-13 bei Fr. Niggli und 
Andreae am Zürcher Konservatorium, 1913-16 
bei Willy Rehberg am Hochschen Konservatorium 
in Frankfurt am Main, ließ sich 1916 in Zürich nie- 
der, wurde 1921 Lehrer an der Musikschule Win- 
terthur und 1925 an das Zürcher Konservatorium 
berufen, wo er auch eine Kammermusik-Klasse 
leitet. 

Frey, Martin Alfred, * 23. 1. 1872 zu Crossen an 
der Elster, j- 18. 1. 1946 zu Halle; deutscher Kom- 
ponist und Musikkritiker, studierte 1893-99 in 
Leipzig Klavier bei M. Krause, Theorie bei Th. 
Wiehmayer, Jadassohn und H. Riemann. Ab 1899 
lebte er als Musikkritiker der Saale- und Allge- 
meinen Zeitung in Halle. Fr. schrieb eine Oper Der 
Amtmann von Giebichenstein , Lieder (besonders 
Kinderlieder), Kanons, Chöre, Klavier- und Vio- 
linstücke, 3 Violinsonaten op. 26, 31, 68; Etüden 
und instruktive Ausgaben für Kl., von denen be- 
sonders die Schule des polyphonen Spiels op. 52 zu 
nennen ist: Heft I Klavierbüchlein, II Bachbüch- 
lein, m Präludien und Stücke von J. S. Bach, IV 
Ausgewählte Präludien und Inventionen; dazu: 
Klavierbüchlein , Vorstudien im polyphonen Stile für 
Kl. 4händig op. 70. Ferner gab er Tänze, Sonatinen 
und Sonaten der Vorklassik und Klassik heraus. 

Frey, Walter -> Frey, Emil. 

Freylinghausen, Johann Anastasius, * 2. 12. 
1670 zu Gandersheim, f 12. 2. 1739 zu Halle; deut- 
scher Theologe, studierte ab 1689 in Jena Theolo- 
gie, wurde Hauslehrer in Erfurt, 1695 August Her- 
mann Franckes Mitarbeiter am Waisenhause und 
Pädagogium in Halle, 1727 nach Franckes Tod 
dessen Nachfolger als Direktor beider Anstalten 
und Oberpfarrer an St. Ulrich in Halle. Für die 
Kirchenmusik ist er von Bedeutung durch die Her- 
ausgabe der beiden nach ihm benannten Gesang- 
bücher von 1704 und 1714: Geistreiches Gesangbuch , 
den Kern alter und neuer Lieder, wie auch die Noten der 
unbekannten Melodeyen in sich haltend, Halle, ge- 
druckt und verlegt im Waisenhause (Halle 1704) 
und Neues Geistreiches Gesangbuch, auserlesene, so 
alte ab neue, geistliche und liebliche Lieder nebst den 
Noten der unbekannten Melodeyen (Halle 1714). Beide 
Bücher, das erste 683 Lieder enthaltend, das zweite 
815, haben als wichtigste Liedersammlung des Pie- 
tismus bestimmenden Einfluß auf den Kirchenge- 
sang im 18. und bis ins 20. Jh. ausgeübt. Das von 


549 



Freystädder 


1704 erschien in 19, das von 1714 in 4 Ausgaben, 
beide in einem Buch 1741 (1771). Von den 174 
Melodien des 1. Buches sind 43 aus dem Darm- 
städter Gesangbuch von 1698 entnommen, 82 tre- 
ten hier zum ersten Male auf; das Buch von 1714 
hat 158 Melodien, davon 128 neu auftretende. Die 
Gesamtausgabe von 1741 (1771) hat 600 Melodien, 
darunter 17 zuerst sich findende. In den Ausgaben 
von 1705 und 1708 waren 42 Melodien hinzuge- 
kommen. Das Werk ist also für 269 Melodien die 
älteste Quelle. Die Melodien haben bezifferte 
Bässe; sie sind arienhaft, voll Schwung und Ge- 
fühl, mit ihren vielen V erschnörkelungen und ih- 
rem weiten Stimmumfang, auch durch manche 
rein instrumentenmäßige Bewegung, nur für den 
Einzelgesang gedacht und geeignet. Einige wurden, 
meist in vereinfachter Form, in den Kirchengesang 
auf genommen und sind bis heute darin verbßeben; 
das Evangelische Kirchen-Gesangbuch von 1951 
enthält die Lieder: Macht hoch die Tür , Fahre fort , 
fahre fort , O Durchbrecher aller Bande , Es glänzet der 
Christen inwendiges Leben und Morgenglanz der 
Ewigkeit. 

Lit. : C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang III, 
Lpz. 1847; W. Serauky, Musikgesch. der Stadt Halle 
II, Halle/Saaie-Bln 1939. 

Freystädder, Franz Jakob, * 13. 9. 1768 zu 
Salzburg, f 1841 zu Wien; österreichischer Kom- 
ponist, wurde in Salzburg erzbischöflicher Sänger- 
knabe und 1786 in Wien Schüler W. A. Mozarts, 
der ihn in dem Kanon »Lieber Fr., lieber Gauli- 
mauli« K.-V. 232 verewigte. Fr. erteilte in Wien 
Musikunterricht und starb in ärmlichen Verhält- 
nissen. Er schrieb Lieder, Klavier- und Kammer- 
musik. 

Lit.: E. Alberti-Radanowicz, in: StMw X, 1923, 

S. 41 ff. 

Friberth, Karl, * 7. 6. 1736 zu Wullersdorf (Nie- 
derösterreich), t 6. 8. 1816 zu Wien; österreichi- 
scher Sänger (Tenor), war Schüler von Bonno und 
Gaßmann, wurde 1759 beim Fürsten Esterhäzy in 
Eisenstadt angestellt, wo er auch als Textdichter 
für Haydn arbeitete, 1776 zum Kapellmeister der 
oberen und unteren Jesuitenkirche und der Mino- 
ritenkirche in Wien ernannt, schrieb Messen, Of- 
fertorien, Gradualien sowie Lieder. 

Ausg.: 9 Lieder, hrsg. v. M. Ansion u. I. Schlaffen- 
berg in DTÖ XXVII, 2 (= Bd LIV). 

Lit.: C. F. Pohl, J. Haydn I, Lpz. 1878. 

Fricke, Richard, * 21. 4. 1877 zu Oschersleben 
(Provinz Sachsen) ; deutscher Komponist, studierte 
1894-1904 in Berlin am Königlichen Akademischen 
Institut für Kirchenmusik und der Akademie der 
Künste (Herzogenberg, Humperdinck), war Or- 
ganist und Dirigent mehrerer Chöre in Insterburg, 
1914-45 Kantor und Organist der Martin-Luther- 
Kirche in Dresden, auch Dirigent des Reichsbahn- 
chors sowie des Kammerorchesters Dresdner 
Künstlerinnen, ab 1924 Lehrer an der Orche- 
sterschule der Staatskapelle. Fr. schrieb gegen 200 
Werke, darunter die Operette Das Bad im Kaukasus 
(Wilna 1918), ein Streichquartett F dur op. 1, eine 
8st. Messe a cappella sowie die volkstümlichen Or- 
chesterstucke Variationen über ein russisches Volks- 
lied und Ouvertüre Fröhlicher Auftakt . 

Fricker (fi'ika), Herbert Austin, *12.2.1868 
zu Canterbury, f 11. 11. 1943 zu Toronto; eng- 

550 


lischer Organist, wurde mit 16 Jahren Hilfsorganist 
an der Holy Trinity Church in Folkestone, lebte 
1898-1917 in Leeds, nacheinander als Stadtorga- 
nist, Organist und Chorleiter der Musikfeste, zu- 
gleich Gründer und Dirigent des Leeds Symphony 
Orchestra und Dirigent der Chorvereine in Brad- 
ford, Halifax und Morley. 1917 ging er nach To- 
ronto als Organist der Metropolitan Church und 
Dirigent des Mendelssohn-Chors. Er schrieb An- 
thems, die Kantaten A Song of Thanksgiving und 
The Shield of Faith sowie Orgelwerke und Ar- 
rangements für Org. 

Fricker (fi'iko), Peter Racine, * 5. 9. 1920 zu 
Wood Green (London); englischer Komponist, 
Schüler des Royal College of Mu sic (Morris, 
Bullock) und 1946-48 von Seiber. Er gilt als eine 
der großen Hoffnungen der englischen Musik. 
Sein kompositorisches Schaffen konzentriert vor 
allem auf Instrumentalmusik: 2 Symphonien op. 9 
und 14, die viel aufgeführt werden, Tanzszene für 
Orch. op. 22, ein Violinkonzert op. 11, ein Brat- 
schenkonzert op. 18, ein Klavierkonzert, Concer - 
tonte für 3 Kl., Streicher und Schlagwerk, Concer- 
tante für Englisch Horn und Streicher op. 13, ferner 
Kammermusik (2 Streichquartette op. 8 und 20, 
Violinsonate op. 12), Oratorium The Vision of 
Judgement (1957), 2 Kammerliedzyklen auf alte 
Texte und Klavierstücke. Als Nachfolger von 
Tippett wurde er 1952 zum Musikdirektor des 
Morley College in London berufen. 

Frickhoeffer, Otto, * 29. 3. 1892 zu Bad Lan- 
genschwalbach; deutscher Komponist, studierte in 
München und Heidelberg erst Medizin, ging 1913 
auf Anraten Wolf rums zur Musik über; Schüler 
des Hochschen Konservatoriums in Frankfurt am 
Main, der Mannheimer Hochschule, im Sommer 
1914 und von Kriegsende bis 1920 Schüler der Ber- 
liner Hochschule. Er lebte dann in Berlin als Kom- 
positionslehrer und Gastdirigent. Von 1933 an lei- 
tete er das Orchester des Senders Berlin, 1936-45 
das zu Frankfurt am Main. Werke: Fantasie über 
BACH für Org., Lieder, Klaviertrio, Streichquar- 
tett, Violinsonate, Klavierstücke, 2 Gesänge für A. 
und Orch., symphonische Improvisationen für 
großes Orch., Motette für 5st. Chor a cappella, 
Epimeleia (aus Goethes Pandora) für 5st. Chor und 
Orch. 

Fricsay (friitfaj), Ferenc, * 9. 8. 1914 zu Buda- 
pest; ungarischer Dirigent, studierte Komposition, 
Dirigieren und Klavier an der Musikhochschule in 
Budapest, war 1934-44 Leiter der Oper und der 
P hilh a r monie in Szeged, 1945 Dirigent an der 
Staatsoper Budapest und Leiter des Budapester 
Philharmonischen Orchesters. 1947 ging er an die 
Staatsoper Wien, war 1948-52 GMD der Städti- 
schen Oper Berlin und Leiter des RIAS-Sym- 

S honie- Orchesters, ist seit 1956 (bis 1959) GMD 
er Staatsoper München. Fr. dirigierte auf den 
Festspielen in Salzburg, Edinburgh, gastierte in 
Italien, Holland, England, Nord- und Südamerika 
und machte zahlreiche S challplatt enaufnahmen . 

Er ist auf Präzision und sorgfältige Ausarbeitung 
des Details bedacht, bedeutend als Interpret Verdis, 
Mussorgskijs und Bartöks. 

Frid, G6za, * 25. 1. 1904 zu Mdramaros-Sziget; 
niederländischer Komponist und Pianist von un- 



Friedend 


garischer Herkunft. Nach einem ersten Auftreten 
1910 wurde er 1912-24 an der Budapester Musik- 
akademie bei Koddly (Komposition) und Bartök 
(Klavier) ausgebildet. In der Folge unternahm er 
Konzertreisen in Europa und dem Femen Osten. 
Seit 1929 in Amsterdam ansässig, wurde er 1948 
Niederländer. Er schrieb ein Divertimento für 
Streichorch. op. 11 (1933), eine Symphonie op. 13 
(1933), die symphonische Fantasie Paradou op. 28 
(1949), Eiudes Symphoniques op. 47 (1954), die Bal- 
lette Fite Champltre op. 38 und Luctor et Emergo op. 
43, Werke für Blasorch., ein Konzert für KI. und 
Chor op. 14 (1935), ein Violinkonzert op. 7 (1930), 
ein Konzert für 2 V. und Orch. op. 40 (1950), Kam- 
mermusik, darunter 3 Streichquartette (op. 2, 
1927; op. 21, 1939; op. 30, Fantasia tropica , 1951), 
Klavierwerke, Chöre, Lieder. 

Friderjci, Daniel, * 1584 zu Klein-Eichstedt bei 
Querfurt, 1 23. 9. 1638 zu Rostock; deutscher Mu- 
siktheoretiker und Komponist, Schüler von V. 
Hausmann und Weißensee, ließ sich noch 1612 an 
der Universität Rostock einschreiben, wurde 1614 
Kantor in Oldenburg, 1618 an der Marienkirche in 
Rostock, wo er seine Universitätsstudien weiter- 
betrieb und 1619 zum Magister promovierte. Daß 
er sich großer Beliebtheit erfreute, beweisen die 
zahlreichen Auflagen seiner Werke. Er schrieb: 
Musicajiguralis oder newe . . . Unterweisung der Singe 
Kunst (1618, ö 1677). Seine Kompositionen sind: 
Sertum musicale (Musicalisches Kräntzlein , 3st., 2 
Teile: 1614, 41629 und 1619, 31637), Servia musica- 
lis ( Musicalisches Sträußlein , 2 Teile: 3-4st., 1614, 
41629, 4-5st., 1617, 31630), Amores musicales ( lustige 
weltliche Liedlein, 3-8st., 2 Teile 1624 und 1633), 
Newes, gantz lustiges vnd kurtzweiliges Quodlibet mit 
5 St neben einem anmutigen musicalischen Dialogo 
mit 6 St (1622), Bicinia sacra (1623, 21642), Honores 
musicales (4-6st., 1624), Viridarium musicum sacrum 
(4-5st., 1625), Amuletum musicum contra melancho - 
liam (5st., 1627), Hilarodicon d. i. gantz artige vnd 
sehr lustige newe Vinetten oder Wein Liederlein ( 5st., 
1632) und Deliciae juveniles (4st. geistliche Lieder, 
2 Teile, 1630, 21654). Außerdem gab er heraus Th. 
Morley’s lustige vnd artige drey stimmige weltliche Lied- 
lein (mit deutschen Texten von J. v. Steinbach, 
1624). 

Ausg. : E. Langelütje, Die Musica figuralis d. D. 
Fr., Progr amm d. Grauen Kloster-Gymnasiums zu 
Bin, Bin 1901 ; 14 ausgew. geistliche Gesänge, bearb. 
v. E. Schenk u. W. Voll, * LD Mecklenburg u. 
Pommern, H. 2; einzelne Sätze bei Fr.Jöde, Alte 
Madrigale, Wolfenbüttel 1921, 21939 u. Hausmusik, 
H. 14-16, Wolfenbüttel 1926; W. Vetter, Das früh- 
deutsche Lied II, Münster 1928; H. J. Moser, Cory- 
don II, Braunschweig 1933 u. Hdb. d. ev. Kirchen- 
musik II, 1, Göttingen 1935. 

Lit: W. Voll, D. F., sein Leben u. seine geistlichen 
Werke, Diss. Rostock 1933, Kassel 1936; auch in der 
Schriftenreihe Niederdeutsche Musik, H. 1, Hanno- 
ver 1936. 

Fr}dzeri, Alessandro Maria Antonio (Fnzer, 
Frixer), * 15. 1. 1741 zu Verona, 1 16. 10. 1825 zu 
Antwerpen; italienischer Komponist und Violinist, 
war zuerst Organist in Vicenza, ließ sich 1771 in 
Paris als Instrumenten- und Musikalienhändler nie- 
der, zuletzt Musiklehrer in Antwerpen. Er kom- 
ponierte Singspiele (Les deux miUciens, Paris 1771; 
Les souliers mordoris , Paris 1776), auch eine Messe 


und andere Kirchenkompositionen sowie Violin- 
duette op. 7; 6 Sonates pour mandoline op. 3; 3 
Streichquartette op. 10; o Quartetti da camera op. 
1; eine Symphonie concertante op. 12; 2 Violin- 
konzerte op. 5; 2 Sammlungen Airs mit Harfe op. 
6 und 13 und eine mit Kl. op. 9; 12 Hymnes oder 
Ödes r£volutionnaires. 

Fried, Oscar, * 10. 8. 1871 zu Berlin, f Anfang 
Juli 1942 zu Moskau; deutscher Dirigent und Kom- 
ponist, Schüler von Humperdinck und Ph. Schar- 
wenka, war 1904-10 Dirigent des Stemschen Ge- 
sangvereins und ab 1907 Dirigent der Gesellschaft 
der Musikfreunde (mit dem Stemschen Gesang- 
verein) in Berlin, 1925/26 Dirigent des Berliner 
Sinfonie-Orchesters, emigrierte 1934 nach Tiflis, 
wo er als Opem-Kapellmeister wirkte. Von seinen 
Kompositionen erregten einst Aufmerksamkeit 
die Chorwerke: Das trunkene Lied (Nietzsche) op. 
11, Erntelied (Dehmd) op. 15, ferner Präludiu m und 
Doppelfuge für großes Streichorch. op. 10, Adagio 
und Scherzo für 13 Bläser, Pauken und 2 Harfen 
op. 2, Lieder (op. 1, 3, 4, 5, 7, 13), Verklärte Nacht 
für Soli und Orch. (Dehmd) op. 9, Frauenchöre 
op. 12 und 14 sowie sieben 4händige Klavierstücke 
op. 6. 

Lit: H. Leichtentritt, Das trunkene Lied aus d. 
Zarathustra v. Fr. Nietzsche, AMz 1904; ders., O. F., 
NZfM 1905; P. Bekker, O. F., Bin 1907; P. Stefan, 
O. F., Bin 1910 (engl. 1911). 

Friedberg, Carl, * 18.9.1872 zu Bingen am 
Rhein, f 8. 9. 1955 zu Meran; deutscher Pianist, 
Schüler von Kwast, I. Knorr, B. Scholz und Clara. 
Schumann am Hochschen Konservatorium in 
Frankfurt am Main, besuchte auch die Heidelber- 
ger Universität, konzertierte mit Erfolg als Pianist 
und Klammermusikspider, wurde 1904 Meister- 
lehrer und Professor für Klavier am Kölner Kon- 
servatorium, ging 1914 nach den USA, lebte aber 
1918-24 in München. 1924 wurde er Lehrer an der 
Juilliard School of Music, 1928 Direktor der Kla- 
vierabteilung am Institute of Musical Art in New 
York. Fr. war Pianist der Triovereinigung Fr., 
Flesch, Becker. Seine Schwester Annie (1868 bis 
1952) war zunächst Sängerin, ab 1913 in New York 
als Konzertmanagerin tätig. 

Friederid, deutsche Klavier- und Orgelmacher- 
familie. - 1) Christian Ernst, * 8. 3. 1709 zu 
Meerane (Sachsen), 1 4. 5. 1780 zu Gera; war 1 730 
Schüler G. Silbermanns in Freiberg, 1736 Orgd- 
baugebilfe von G. H. Trost in Altenburg. Fr. Keß 
sich 1737 in Gera nieder, wo er, sdt 1744 gemein- 
sam mit seinem Bruder Christia n G ottfried 
(* 21. 3. 1714 zu Meerane, f 6. 3. 1777 zu Gera), 
vornehmlich als Klavierbauer bekannt wurde. 1745 
baute er erstmals einen Pyramidenflügel, 1779 das 
»Fortbien«. L. Mozart, C.Ph.E. Bach und die Eltern 
Goethes besaßen Instrumente Fr.s. - 2) Christian 
Gottlob, * 23. 8. 1750 und 1 21. 1. 1805 zu Gera, 
Sohn von Christian Gottfried Fr., studierte Jura, 
lernte nach dem Tode seines Vaters den Klavierbau 
und übernahm 1780 die Firma Fr. 1798 machte er 
die Konstruktion eines »Sordin-Fortpianos mit 6 
Veränderungen« b ekannt . Sein Sohn Christian 
Ernst Wilhelm (* 19. 4. 1782 bei Liebschwitz in 
Thüringen, t 3. 2 - 1872 zu Gera) und dessen Sohn 
Ernst Ludwig (* 27. 11. 1806 und f 7. 5. 1883 zu 
Gera) führten die Firma bis 1883. 


551 



Friedheim 


Lit: P. de Wrr, Ein aufrechtes Hammerkl. von Fr. 
in Gera aus dem Jahre 1745, in: Zflb XXI, 1901, 
S. 700 ff.; G. Kinsky, Das Musikhist Museum von 
Wilhelm Heyer, Bd I, Köln 1910; Fr. A. Goehlinger, 
Gesch. d. Clavichords, Basel 1910; W. Weber, Zur 
Gesch. d. Geraer Musiklebens = Beitr. zur Gesch. 
der Stadt Gera, Gera 1937; E. Flade, Gottfried 
Silbermann, Lpz. 1953; Fr. J. Hirt, Meisterwerke 
d. Kl.-Baus, Olten 1955; D. H. Boalch, Makers of 
the Harpsichord and Clavichord, London (1956). 

Friedheim, Arthur, * 26. 10. 1859 zu St. Peters- 
burg, f 19. 10. 1932 zu New York; deutscher Pia- 
nist und Komponist, entwickelte sich früh zum 
Virtuosen, absolvierte das Gymnasium und wurde, 
nachdem er zunächst mehrere Jahre kleinere Thea- 
terorchester dirigiert hatte, Schüler Liszts. Als Pia- 
nist überall geschätzt, war er vor allem für seine 
Interpretation Lisztscher Werke bekannt. Er lebte 
lange in den USA, dann in London, siedelte 1908 
nach München über, kehrte aber 1913 nachAmerika 
zurück, ging 1921 nach Toronto als Lehrer an die 
Canadian Academy of Music, bald darauf aber wie- 
der nach New York. Als Komponist trat er mit 
einem Klavierkonzert B dur und einer Oper Die 
Tänzerin (Karlsruhe 1897) hervor. 


Friedlaender, Max, * 12. 10. 1852 zu Brieg 
(Schlesien), j* 2. 5. 1934 zu Berlin; deutscher Mu- 
sikforscher, studierte unter M. Gar da in London 
und J. Stockhausen in Frankfurt am Main Gesang, 
debütierte 1880 in London und wurde schnell als 
ein gebildeter Sänger (Baß) bekannt. 1881-83 
wohnte er in Frankfurt am Main, Hann in Berlin, 
wo er sich unter Ph. Spittas Leitung historischen 
Studien zuwandte. 1887 promovierte er in Rostock 
mit Beiträgen zur Biographie Franz Schuberts (Berlin 
1887) und habilitierte sich 1894 als Privatdozent für 
Musik an der Berliner Universität. 1903 wurde er 
zum außerordentlichen Professor (Nachfolger H. 
Bellermanns als akademischer Musikdirektor), 
1908 zum Geheimen Regierungsrat, 1918 zum or- 
dentlichen Honorar-Professor ernannt. 1911 ging 
Fr. als »Austauschprofessor« nach den USA, hielt an 
20 Universitäten Vorträge und wurde von der 
Harvard Universitv Cambridge (Massachusetts) 
zum juristischen Ehrendoktor e rnann t. Fr. hat bei 
den Arbeiten für die Biographie Franz Schubert 
(Leipzig 1928) wertvolle Funde gemacht und eine 
Reihe bisher ungedruckter Lieder Schuberts erst- 
mals veröffentlicht. Er redigierte Neuausgaben der 
Lieder Schuberts, Schumanns und Mendelssohns, 
der schottischen Lieder Beethovens, der ersten Fas- 
sung von Bra hms * »Deutschen Volksliedern«, gab 
eine Chorschule, eine Sammlung teilweise vorher 
m^edruckter Volkslieder heraus, arbeitete mit an 
J. Stockhausens »Gesangstechnik« und schrieb eine 
größere Zahl Aufsätze zur neueren Liedkunst. Als 
R- v. Lüiencron starb, wurde F. Vorsitzender der 
Kommission für das von Kaiser Wilhelm n. ange- 
regte Volksliederbuch für Männerchor (1906) und re- 
digierte auch das Volksliederbuch für gemischten Chor 
(1916) sowie das Volksliederbuch für die Jugend (3 
Bänd e , 1930). Mit J. Bolte und J. Meier sammelte er 
die noch im Volke lebendigen Volkslieder. Beson- 
ders sei noch hervorgehoben seine Sammlung 
Gedichte von Goethe in Kompositionen (Band I, ent- 
haltend zeitgenössische Vertonungen, *= Schriften 
der Goethe-Gesellschaft XI, 1896; n, bis 1900 rei- 
chend, ebenda XXXI, 1916). Fr.s Hauptwerk ist 


552 


Das deutsche Lied im 18. Jh. (2 Bände und ein Band 
Musikbeispiele, Stuttgart 1902, mit Bibliographie). 
Für die Liliencron-Festschrift (Leipzig 1910) 
schrieb er über Mozarts Lieder , für die Kretzschmar- 
Festschrift (Leipzig 1918) über Das Großvaterlied , 
im Goethe-Jahrbuch (1896) über Goethes Gedichte 
in der Musik , in der Deutschen Rundschau (1905) 
über Kompositionen zu Schillers Werken , ferner 
zahlreiche Aufsätze in der VfMw und im Peters- 
Jahrbuch (u. a. 1918: Zuccalmaglio und das Volks- 
lied), in Buchform noch: Brahms 9 Lieder (Berlin 
1922, englisch 1928). Das Peters-Jahrbuch 1922 ist 
der im Druck erschienene Teil einer Fr.-Fest- 
schrift (mit Schriftenverzeichnis von G. Schüne- 
mann). 

Friedlaender, Walter, * 29. 10. 1 922 zu Berlin, 
t 30. 11. 1957 zu Frankfurt am Main; deutscher 
Musikkritiker, studierte zunächst in Berlin privat 
Klavier (W. Thiele) und Musikwissenschaft (Mers- 
mann), 1948-53 in Frankfurt Musikwissenschaft 
(Osthoflp, Philosophie (Adorno, Gadamer und 
Horkheimer) und Germanistik. 1950-55 war er 
Musikreferent der Frankfurter Allgemeinen, da- 
nach als Mitarbeiter für Rundfunk und Zeitschrif- 
ten tätig, vor allem mit Beiträgen über zeitgenös- 
sische Musik. 

Friedland, Martin, * 9. 12. 1881 zu Stargard 
(Pommern) ; deutscher Musikkritiker, studierte in 
Berlin Komposition und Musikwissenschaft, pro- 
movierte 1930 in Köln mit einer Arbeit über Zeit- 
stil und Persönlichkeitsstil in den Variationenwerken 
der musikalischen Romantik (gedruckt = Sammlung 
musikwissenschaftlicher Einzeldarstellungen XIV). 
1926 wurde er Musikreferent des Kölner Tage- 
blatts. Fr. schrieb ferner: Kreislerphantasie für Orch. 
(1913), ein Violinkonzert, Kammermusik, Lieder 
und Chöre; Kritik als kulturphilosophisches Problem 
(AMz LE, 1925, auch Berlin 1925); Das Konzert- 
buch (mit P. Schwere und H. Eimert, 3 Bände, 
1926-31) ; zahlreiche Aufsätze. 

Friedman, Ignaz (Freudmann), *14. 2. 1882 zu 
Podgorze bei Krakau, f 26. 1. 1948 zu Sydney; 
polnischer Pianist, war Schüler seines Vaters und 
von Leschetizky und reiste ab 1904 mit größtem 
Erfolg in ganz Europa, Amerika und Australien, 
besonders als Chopinspieler hoch angesehen. Er 
lebte in Berlin, ab 1918 in Kopenhagen, Hann in 
Tacoma (Washington). Als Komponist trat er mit 
Klavierstücken, Kammermusik und Liedern her- 
vor; ferner redigierte er eine Chopin-Ausgabe so- 
wie eine Schumann- und Liszt-Ausgabe. 

Friedmann, Aron, * 22. 8. 1855 zu Schaki (Li- 
tauen) ; deutscher Kantor, lebte ab 1878 in Berlin, 
wo er das jüdische Seminar absolvierte und Schüler 
von Lewandowski war, daneben in Gesang Schüler 
von F. Sieber, in Komposition von Bußler und 
Blumner. 1882-1923 war er Kantor der alten Syn- 
agoge in Be r l in , 1909 Königlicher Musikdirektor. 
Musikalische Werke: Schur Lisch 9 lomo (Kantoral; 
1901, 2 1930), Kantaten, Psalmen, Balladen, Lieder. 
Fenier leitete er die Herausgabe des Gesangbuchs 
für die jüdischen Religionsschulen Deutschlands 
und veröffentlichte (alles in Berlin erschienen): 
Der synagogale Gesang (1908) ; Denkschrift zum 200- 
jährigen Bestehen der Berliner alten Synagoge (1914); 
Lebensbilder berühmter Kantoren (3 Bände, 1918-28, 



Fries 


mit ausführlichen Biographien M. Deutschs und 
Lewandowskis) ; Dem Andenken E. Birnbaums. 
Sammlung kantoral-wissenschaftlicher Aufsätze , Teil I 
(1922); 50 Jahre in Berlin (1929; Erinnerungen). 

Friedrich IL (der Große), König von Preußen, 
* 24. 1. 1712 zu Berlin, 17. 8. 17o6 zu Sanssouci, 
nahm Unterricht im Hötenspiel bei Quantz und 
gründete als Kronprinz in Rheinsberg 1732 eine 
Kapelle mit C. H. Graun als Kapellmeister (ab 
1757 J. Fr. Agricola, ab 1775 J. Fr. Reichardt), J. G. 
Graun (ab 1732) und Fr. Benda (ab 1733) als Kon- 
zertmeister, in der C. Ph. E. Bach (1746-67) und 
Nichdmann (1744-56) als Cembalisten wirkten. 
Zu den ersten Regierungsgeschäften F.s gehörte 
die Errichtung des Berliner Opernhauses, das am 
7. 12. 1742 mit C. H. Grauns »Cesare e Cleopatra« 
eröffnet wurde; das Repertoire blieb einseitig auf 
italienische Opern im Stile Hasses und C.H. 
Grauns beschränkt. Der König spielte fast nur 
Werke von Quantz und eigene Kompositio- 
nen. Von den zahlreichen ihm zugeschriebenen 
Werken gdten heute noch als echt: 121 Höten- 
sonaten, 4 Flötenkonzerte, eine Symphonie G 
dur, die Ouvertüre zur Serenata II re pastore, 
einige Opemarien, 3 wdtliche Kantaten (nicht er- 
halten) und 3 Armeemärsche. Sein Interesse an der 
Oper bezeugen auch die Textentwürfe für C. H. 
Grauns Silla (1753), Montezuma (1755), Merope 
(1756), I fratelli nemici (1756) und Coriolano (1749), 
letzterer von Villati, die anderen von Tagliazucchi 
ausgearbdtet. Seine Anschauung in Opcmfragen 
wurde von Algarotd beeinflußt; Gluck blieb ihm 
fremd, obgleich er Graun veranlaßt hatte, das Da 
capo der Arie aufzugeben. 

Ausg.: Musikalische Werke, hrsg. v. Ph. Spitta, 4 
Bde, Lpz. 1889, mit themat Verz. d. Flötensonaten 
in Bd I; d. Vorw. aus Bd I auch gekürzt in VfMw V, 
1889, S. 350 ff.; vgL auch VfMw VI, 1890, S. 430 ff.; 
Kompositionen, hrsg. v. G. Lenzewskl 9 H., Bin 
1925; Ausgew. Sonaten f. Fl. u. KL, hrsg. v. K. Bar- 
tuzat u. P. Graf Waldersee, Lpz. 1929, 21934; Das 
Flötenbuch Fr.s d. Großen (100 Etüden v. Fr. II. u. 
J. J. Quantz), hrsg. v. E. Schwarz-Reiflingen u. P. 
Luther, Lpz. 1934; Symphonie D dur, hrsg. v. H. 
Osthoff, NMA CX. 

Lit: Oeuvres de Fräd&ic le Grand XVIII, = Cor- 
respondance III, hrsg. v. Preuss, Bin 1851 (Brief- 
wechsel mit Algarotti) ; F.s d. Zweiten Briefwechsel 
mit d. Grafen Algarotti, hrsg. v. F. Förster, Bin 
1837. - F. Förster, F.s d. Großen Jugendjahre, Bin 
1823 ; C F. Müller, F. d. Große als Kenner u. Dilet- 
tant auf d. Gebiete d. Tonkunst, Potsdam 1847; W. 
Kothe, F. d. Große als Musiker, Braunschweig 1869; 

E. Bratuschek, Die Erziehung F. d. Großen, Bin 
1885 ; G. Thouret, F. d. Großen Verhältnis z. Musik, 
Lpz. 1895; dbrs., F. d. Große als Musikfreund u. 
Musiker, Lpz. 1898; R. Batka, F. II. als Musiker, 
Der Kunstwart XXV, 1912; E. Wbllesz, F. Alga- 
rotti u. seine Stellung zur Musik, SIMG XV, 1913/14; 
R. Rolland, Voyage musical au pays du passd, Paris 
1919, deutsch v. L. Andro als Musikalische Reise . . 
Ffm. 1921, Potsdam 21950; G.Lbnzewski, Die Hohen- 
zollem in d. Mg. d. 18. Jh., Bin 1926; G. Müller, 

F. d. Große, seine Flöten u. sein Flötenspiel, Bin 
1932; H. Osthoff, F. d. Große als Komponist, ZfM 
CIII, 1936; J. Bourque, Frederick the Great as Music 
Lover and Musidan, ML XXVIII, 1947 ; P. Tryphon, 
Die Symphonien v. J. F. Fasch, Diss. Bin 1954 
(maschr.); L. de Lorenzo, My Complete Story of the 
Hute, NY 1951. 


Friedrich von Hausen, f 6. 5. 1190 bei Philome- 
lium (Kleinasien) ; deutscher Minnesänger, stand in 
Verbindung mit dem Mainzer Erzbischof und fiel 
beim dritten Kreuzzug Kaiser Friedrichs I., dem er 
als »iudicator« und »secretarius« diente. In der 
Manesseschen und der Weingartner Handschrift 
finden sich etwa 15 Liedertexte: 5 dieser Lieder hat 
Fr., der enge Beziehungen zur gleichzeitigen ro- 
manischen Dichtung aufweist, französischen Vor- 
lagen nachgedichtet, deren Melodien erhalten sind. 
Ausg.: die Texte in: Des Minnesangs Frühling, neu 
bearb. v. C. v. Kraus, Lpz. 1944; 4 Lieder, hrsg. v. 
Fr. Gennrich, in: Troubadours, Trouvdres, Minne- 
u. Meistersang, =* Das Musikwerk, Köln (1951); 
3 Lieder, hrsg. v. demselben, in: Zf Mw VII, 1924-25, 
S. 88 ff.; ein Lied, hrsg. v. H. Angl&s, in H. Spanke, 
in: Zs. für romanische Phüogie IL, 1929, S. 209. 
Lit: K. Bartsch, in: Germania I, 1856, S. 480; Fr. 
Gennrich, Formenlehre des ma. Liedes, Halle 1932; 
H. Husmann, in: Mf VI, 1953, S. 8 ff. 

Friedrich, Karl, * zu Wien; österreichischer Sän- 
ger, lebt in Wien. Seine Ausbildung erhielt er an 
der Akademie für Musik und darstellende Kunst 
in Wien, hatte Engagements in Magdeburg, Düs- 
seldorf, Hamburg und ist seit 1938 Mitglied der 
Wiener Staatsoper, seit 1949 Kammersänger. 

Friemann, Witold, * 20. 8. 1889 zu Konin bei 
Kalisch; polnischer Pianist und Komponist, war 
Schüler des Warschauer Konservatoriums bis 1910 
(Michalowski und Noskowski), dann bis 1913 von 
Reger in Leipzig und Meiningen, 1921-29 Lehrer 
für Klavierspiel und Komposition am Konserva- 
torium sowie ab 1922 Lektor für Musiktheorie an 
der Universität in Lemberg, dann Direktor des 
Konservatoriums in Kattowitz, 1934-39 am War- 
schauer Rundfunk tätig und ist seit 1945 Leiter des 
Musikunterrichts an der Blindenanstalt LaskL Fr. 
schrieb : 3 Opern; Konzerte für KL (4), V., Va und 
Klar.; 3 Symphonien; CieA Chopina (»Chopins 
Schatten«) für KL, Bar. und Orch. ; 2 Psalmen und 
andere Chorwerke; 3 Streichquartette; 2 Klavier- 
quintette; ein Klavierquartett; Sonaten für V. und 
für Klar, mit KL, besonders aber viele Klavierstücke 
und Lieder. 

Fries, Hans (Johannes Frisius), * 1505 zu Greifen- 
see, Kanton Zürich (oder: zu Grüningen als Sohn 
eines Bürgers von Greifensee), t 28. 6. 1565 zu 
Zürich; Schweizer Schulmann, studierte in Zü- 
rich reformierte Theologie, ging 1533 zu weiteren 
Studien nach Paris (bis 1535) und war 1536 Philo- 
logie-Professor in Basel, danach Rektor der Schola 
Carolina in Zürich, für die er u. a. eine Synopsis 
isagoges musicae (Zürich 1552) verfaßte. Die zweite 
Auflage der durchweg kompilierten Schrift er- 
schien 1554 unter dem Titd Brevis Musicae isagoge 
und bringt im Anhang humanistische Odenkom- 
positionen, deren Tenores Fr. älteren Vertonungen 
entnahm; dazu soll Henricus Textor 3 Stimmen 
in gleicher Lage geschrieben haben. 

Lit: J. H. Hotunger, Schola Tigurinorum Carolina, 
Zürich 1664; J. H. Zedler, Großes... Universal- 
lexikon IX, Halle u. Lpz. 1735; E. Bernoulu, J. Fr., 
P. Dasypodius, Ae. Tschudi..., Zwingliana IV, 
1924; ders.. Der Zürcher Humanist H. Fr. . . , SJbMw 
II, 1927, mit 6 Tenores aus der Isagoge; A. Geering, 
Die Vokalmusik in der Schweiz . . ., — SJbMw VI, 
1933. 


553 



Friess 


Friess, Hans, * 11. 6. 1910 zu Mainz-Bischofs- 
heini; deutscher Komponist und Kapellmeister, 
erhielt 1935-38 an der Hochschule für Musik in 
Berlin eine Kapellmeisterausbildung und war 1938 
bis 1945 Militärkapellmeister in München und 
Berlin. Nach einer Tätigkeit 1947-55 als Chor- 
leiter sowie als Lehrer an der Akademie für Ton- 
kunst in Darmstadt und am Konservatorium, in 
Mainz und gleichzeitigen weiteren Studien wurde 
er 1955 als Hauptmann Leiter des 1. Musikkorps 
der Bundeswehr in Bonn. Kompositionen: Sym- 
phonie bch (1953), Kammersymphonie cfg, 
Reihenmodi für Blasorch. (1954), Quintett für H. 
und Streichquartett, Bläserquintett, Musik für 4 
Saxophone, Suite für Saxophon und Kl., eine 
Hötensonate, eine Kinderkantate sowie zahlreiche 
Chöre. 

Frigdl (frij'el), Pehr, * 2. 9. 1750 zu Kalmar, f 24. 
11. 1842 zu Stockholm; schwedischer Komponist, 
studierte 1770-76 an der Universität Uppsala, dann 
noch bei Naumann, J. M. Kraus und Uttini in 
Stockholm Komposition, trat 1779 in den Staats- 
dienst, wurde 1796 zugleich Sekretär der Musikali- 
schen Akademie (Mitglied seit 1778), war 1811-34 
Inspektor der Unterrichtsanstalt der Akademie und 
1814-30 Lehrer für Musiktheorie, schrieb die Oper 
Zoroaster (1788), Musik zu dem Singspiel Afventy- 
raren (1790) und zu Kotzebues Drama Eremiten (mit 
sieben anderen Komponisten, 1797), das Orato- 
rium Försonaren pä Oljoberget (1810), Kantaten, 
Lieder, Chor- und Orchesterwerke im strengen 
klassischen, an Bach, Händel, Gluck und Haydn 
gebildeten Stil. 

Lit: B. v. Beskow, P. F., Stockholm 1843, auch in 
Minnesbilder II, Stockholm 1866; E. Sundström, 
Tvä brev frän P. F. och B. Crasell, STMf II, 1920; 
O. Morales u. T. Norund, Kungl. Musikaliska aka- 
demien 1771-1921, Stockholm 1921; C.-A. Moberg, 
Kyrkomusikens historia, Stockholm 1932; St. Walin, 
Den musikteoretiska undervisningen i Sverige . . ., 
STMf XV, 1933. 

Friis, Niels, * 4. 11. 1904 zu Kopenhagen; däni- 
scher Musikschriftsteller, lebt in Kopenhagen. 1923 
bis 1932 betrieb er in seiner Heimatstadt und in 
Viborg juristische und musikalische Studien (be- 
sonders im Orgelspiel). Seit 1929 ist er Mitglied 
des Redaktionsstabs der »Berlingske Tidende« Ko- 
penhagen. Er schrieb Militaermusikken (Viborg 
1941), Det kongelige Teater (Kopenhagen 1943), 
Diderik Buxtehude (Kopenhagen 1945), Det Danske 
Hoftrompeterkorps (Kopenhagen 1947), Det kon- 
gelige Kapel (Kopenhagen 1948), Werke über den 
Orgelbau in Dänemark (1949 und 1956), Orgel- 
monographien und kleinere Aufsätze. 

Friml, Rudolf, * 7. 12. 1879 zu Prag; amerika- 
nischer Komponist und Pianist von tschechischer 
Herkunft, lebt in Hollywood. Er kam als Begleiter 
J. Kubeliks nach den USA und ließ sich 1906 dort 
nieder. Fr. schrieb viele Orchester-, Violin-, Cello- 
und Klavierstücke sowie THlmmnsikfm, wurde je- 
doch vor allem durch seine Operetten bekannt, 
darunter The Firefly (1912; für die Verfilmung 
1937 komponierte Fr. die Donkey Serenade hinz u) 
und Rose Marie (1924). 

Frimmei, Theodor von, * 15. 12. 1853 zu Am- 
stetten (Niederösterreich), f 25. 12. 1928 zu Wien; 


österreichischer Beethovenforscher, promovierte 
1879 in Wien zum Dr. med., beschäftigte sich da- 
neben aber eingehend mit den bildenden Künsten 
und der Musik. F. war 1884-93 am Hof museum in 
Wien angestellt und später Gräflich Schönbom- 
Wiesentheidscher Galeriedirektor sowie Dozent an 
der Akademie »Athenäum« in Wien. Seine Haupt- 
werke sind ein Handbuch der Gemäldekunde (Leip- 
zig 1902, 21904), eine stattliche Reihe Kleine Gate- 
riestudien und eine Geschichte der Wiener Gemälde- 
sammlungen (München 1901). Seine ersten musik- 
historischen Schriften waren Beethoven und Goethe 
(Wien 1883), Neue Beethoveniana (Wien 1888, mit 
neun authentischen Bildnissen Beethovens, eine 
getreue Darstellung des »Menschen« Beethoven; 
21890), Beethovens Wohnungen in Wien (1894), Jo- 
sef Danhauser und Beethoven (Wien 1892), Ritratti e 
caricature di Beethoven (RMI IV, 1897). In Reimanns 
Sammlung Berühmte Meister erschien von Fr. 
eine kleine Biographie Beethovens (Berlin 1901, 
21922) ; Beethoven im zeitgenössischen Bildnis (Wien 
1923). Die Beethovenstudien (1. Teil: Beethovens 
äußere Erscheinung , München und Leipzig 1905, 2. 
Teil: Bausteine zu einer Lebensgeschichte des Meisters, 
1906) sind eine abermalige Erweiterung und Er- 
gänzung der Neuen Beethoveniana. 1908 und 1909 
gab Fr. ein Beethoven-Jahrbuch heraus ; eine zwang- 
lose Fortsetzung bildeten ab 1911 seine Losen Blätter 
zur Beethovenforschung (bis 1928 zehn Hefte) ; die 
Ergebnisse seiner Beethoven-Forschungen hat er in 
seinem Beethoven-Handbuch (2 Bände, Leipzig 
1926) zusammengefaßt. Neu bearbeitete er die 
Bände II und HI von: Beethovens sämtliche Briefe 
(herausgegeben von A. Chr. Kalischer, Berlin und 
Leipzig 1910 und 1911). 

Frischenschlager, Friedrich, * 7. 9. 1885 zu 
Groß-St. Florian (Steiermark); österreichischer 
Komponist, lebt in Salzburg. Er studierte 1903-09 
Musik in Graz, war 1908/09 Musiklehrer an der 
Staatlichen Lehrerbildungsanstalt in Graz, und 
1909-15 Schüler der Berliner Hochschule (Juon) 
sowie der Meisterschule für Komposition (Hum- 
perdinck); 1918-25 Bibliothekar und 1918-45 
Theorie- und Kompositionslehrer am Mozarteum 
in Salzburg. Werke: Kinderopern: Der Schweine- 
hirt op. 3; Die Prinzessin und der Zwerg op. 41 und 
Der Kaiser und die Nachtigall op. 53; mehrere Or- 
chesterwerke (Symphonische Aphorismen op. 14, 
Vaterländische Festmusik op. 9) ; Triumpf des Lebens 
für Soli, Chor, Orch. und Org. op. 2; Kantaten, 
Chöre und Lieder (bzw. Bearbeitungen) für Sol- 
daten-, Arbeiter- und Kinderchöre ; Kammermusik. 

Friskin*, James, * 3. 3. 1886 zu Glasgow; schot- 
tischer Pianist und Komponist, 1900-07 Schüler 
des Royal College of Music in London, siedelte 
1914 nach New York über und wurde Lehrer am 
Institute of Musical Art, 1925 auch an der Juilliard 
School. Werke: Streichquartett; Fantasy-Trio 
Emoll, Quintett Cmoll, Fantasy-Quintet Fmoll 
(alle für KL und Streicher); Violinsonate Gdur; 
Orchestersuite; Motetten; Ballade C dur für Kl., 
Klaviersonate. Er schrieb: The Principles of Piano- 
forte Practice (New York 1921, 21937) und ist Her- 
ausgeber von Klaviersonaten D. Scarlattis (2 Bände, 
New York). Fr. heiratete 1944 die Bratschistin 
Rebecca Clarke. 


554 



Fritzsche 


Fritsch, Balthasar, * zwischen 1570 und 1580 
zu Leipzig; deutscher Komponist, lebte in Leipzig, 
gab heraus: Primitiae musicales (Pavanen und Gaü- 
larden, Frankfurt am Main 1606); Newe deutsche 
Gesänge nach art der welschen Madrigalien (5st., 
Leipzig 1608). 

Fritz, Gaspard->» Friz. 

Fritze, Wilhelm, * 17. 2. 1842 zu Bremen, f 7. 
10. 1881 zu Stuttgart; deutscher Komponist, Schü- 
ler des Leipziger Konservatoriums, studierte auf 
Anraten Liszts noch weiter in Berlin unter H. v. 
Bülow und Weitzmann. 1867-77 leitete er die 
Singakademie in Liegnitz, studierte dann in Berlin 
noch unter Kiel und zog 1879 nach Stuttgart. Fr. 
hat Werke aller Gattungen (Symphonie Die Jahres- 
zeiten , Oratorien Fingalund David t Violinkonzert, 
Klavierkonzert, Musik zu Faust) geschrieben, auch 
vieles veröffentlicht (Klaviersonate op. 2, Sanctus, 
Benedictus und Agnus für gern. Chor, Soli und 
Orch., 2- und 4händige Klavierstücke, Lieder, 
Chorlieder). 

Lit. : R. Musiol, W. Fr., Demmin 1883. 


Fritzsch, Ernst Wilhelm, * 24. 8. 1840 zu Lüt- 
zen, f 14. 8. 1902 zu Leipzig; deutscher Musikver- 
leger, 1857-62 Schüler des Leipziger Konservato- 
riums, übernahm 1866 in Leipzig die Bromnitz- 
sche Musikalienhandlung (später P. Pabst) und 
gründete einen Musikverlag (Werke von Rhein- 
berger, Svendsen, Grieg, Herzogenberg, Cornelius, 
Wagners und Nietzsches Gesammelte Schriften), 
der 1903 an C. F. W. Siegel überging, und re- 
digierte vom zweiten Quartal an das 1870 von O. 
Paul gegründete Musikalische Wochenblatt . Ab 1. 
10. 1875 gab er auch die Blätter für Hausmusik her- 
aus, denen Brahms sein »Regenlied« und den Kanon 
»Mir lächelt kein Frühling« zum Erstdruck über- 
ließ. Mit Fischer leitete er ab 1883 mehrere Jahre 
eine Adiaphon- und Pianofortefabrik. 


Fritzsche, - 1) Gottfried, * 1578 zu Meißen 
(Sachsen), f 1638 zu Ottensen (bei Hamburg); 
deutscher Orgelmacher. Sein Vater, der Gold- 
schmiedjobst Fr. (Sohn des Professors der Univer- 
sität Leipzig und Stiftssyndikus am Meißener Dom, 
Johann Fr.), war ab 1574 Bürger von Meißen, wo 
er 1585 starb. Als Lehrmeister Fr.s gilt der aus Wes- 
selburen gebürtige Orgelmacher Hans Lange, der 
bei Hans Scherer d. Ä. in Hamburg gelernt hat, be- 
vor er sich in Kamenz (Sachsen) niederließ, dort 
1587 Bürger wurde und 1616 starb. Er hatte die 
Orgel im Dom zu Meißen 1580 erbaut. G. Fr. baute 
1603 eine neue Orgel im Dom und wird in den 
Konventsakten als »Orgelmacher von Meißen« ge- 
führt. Nach einer Studienreise an den kaiserlichen 
Hof zu Prag siedelte Fr. 1612 nach Dresden über 
und erwarb als »Churfürstlich-S ächsischer Hof- 


orgelmacher« ein Grundstück und eigenes Haus. 
Um der Schreckenszeit des Dreißigjährigen Krie- 
ges zu entgehen, verkaufte Fr. im Frühjahr 1629 in 
Dresden sein Haus, um seinen Wohnsitz nach Ot- 
tensen, bei Hamburg, das von den Kriegswirren 
verschont blieb, zu verlegen, wo er bis zu seinem 
Tode lebte. Hier heiratete er die Witwe des Pastors 
Kaspar Rist, die Mutter des Dichters Johann Rist 
(1607-67) in Wedel bei Hamburg. 

Gottfried Fritzsche gehörte neben Esaias Compe- 
nius und Hans Scherer d. J. zu den bedeutendsten 


und am meisten beschäftigten Orgelmachem seiner 
Zeit. Die Zusammenarbeit mit den besten zeitge- 
nössischen Komponisten, wie Hans Leo Häßler, 
Michael und Jacob Praetorius, Heinrich Schütz, 
Samuel Scheidt mehrte denRuhmseinesKunsthand- 
werks, das vor allem auf den norddeutschen und 
dänischen Orgelbau bis zu Aip Schnitger (1648 bis 
1717) eingewirkt hat. Die von Fr. erbauten Orgel- 
werke zeichneten sich durch sorgfältige handwerk- 
liche Arbeit aus, besonders bei der Behandlung des 
stark zinnhaltigen Pfeifenmaterials, und durch die 
Vorliebe für den »niederländischen Chorton« 
(Ganzton oder Sekunde unter dem bisherigen), 
charakteristische Mensuren, einfüßige Stimmen, 
hohe Mixturen und Zimbeln, sowie für selbstän- 
dige Prinzipalchöre und reich besetzte Zungen- 
chöre (bis zum 16' in den Manualen und 32' im 
Pedal). Zudem erweiterte Fr. ab 1619 die bisher 
zweimanualige Orgel um ein 3. Manual und 1635/ 
1636 die Orgä derHamburger Jakobi- undKathari- 
nenkirche um ein Brustwerk auf einem 4. Manual. 
Von seinen zahlreichen Orgelwerken sind die be- 
deutendsten in: Meißen, Dom 1603; Glashütte 
1608; Meißen, Frauenkirche 1610, eingeweiht 
durch den Dresdener Kammerorganisten H. L. 
Häßler; Dresden, Schloßkapelle 1612, mit 33 Stim- 
men (St.) auf 2 Manualen (Man.) ; Freiberg, Petri- 
kirche 1613; Sondershausen, Trinitatiskirche 1615/ 
1617, mit 32 St. auf 2 Man., eingeweiht durch den 
Torgauer Organisten P. Gilbertus; Schöningen, 
Schloßkapelle 1617, mit 23 St. auf 2 Man.; Bay- 
reuth, Stadtkirche 1618/19, mit 23. St. auf 2 Man., 
eingeweiht durch den Hallenser Organisten S. 
Scheidt; Wolfenbüttel, Hauptkirche 1619/23, mit 
35 St. auf 3 Man., eingeweiht durch den Hambur- 
ger Organisten Jacob Praetorius; Torgau, Marien- 
kirche 1624/31 im Auftrag von H. Schütz; Braun- 
schweig, Ulridkirche 1626/27 mit 26 St. auf 3 Man., 
Springladen »auf niederländische Art«, eingeweiht 
durch den Hamburger Organisten H. Scheide- 
mann; Dresden, Scbdoßkapdle 1627/28, Emeue- 
rungsauftrag von H. Schütz, erweitert um 4 neue 
Stimmen »nach der Niederländer Art«; Hamburg, 
Maria - Magdalenenkirche 1629 / 30, Bauleitung 
durch Fr.s Meistergesellen T. Brunner, eingeweiht 
durch die Hamburger Organisten J. Praetorius und 
H. Scheidemann; Braunschweig, Martinikirche 
1630/31, mit 24 St. auf 2 Man., Bauleitung durch 
Fr.s Meistergesellen J. Weigel, eingeweiht durch den 
Hannoverschen Organisten M. Schildt; Husum, 
Stadtkirche 1632; Neugamme 1634; Allermöhe 
1637. - Unter Fr.s Meistergesellen ragen hervor: 
J. Appeldohm aus Hamburg (+ um 1645), T. Brun- 
ner aus Lunden (f 1654), Claus Dohausen aus Braun- 
schweig (f 1666), C. Ibach aus Meißen, später in 
Stade, Th. Kretzschmar aus Schwerin (+um 1645), 
J. Weigel aus Böhmisch Leipa, später in Braun- 
schweig (t um 1660), T. Weller aus Dresden, führte 
als chursächsischer Orgel- und Instrumentenmacher 
die Arbeiten seines Meisters fort (t um 1665), nicht 
zuletzt Fr.s Schwiegersohn Fr. Stellwagen aus 
Halle (Saale), ab 1635 in Lübeck (t 1659). - 2) 
Hans Christoph, Sohn des Gottfried Fr., 
1 1674 zu Hamburg, spätestens ab 1651 als Orgel- 
macher in Hamburg seßhaft, führte die Arbeiten 
seines Vaters im niederländischen Raum und in Dä- 
nemark fort und war Schwager des Chr. Bernhard 
in Hamburg und Schwiegervater des Hans Hen- 


555 



Fritzsche 


ric -*■ Cahman. H. Chr. Fr. machte sich erneu 
Namen durch den Bau der Orgel mit 42 Stimmen 
auf 3 Manualen in der Trinitatiskirche zu Kopen- 
hagen (1655) und in der Marienkirche zu Helsingor 
(1&62/63), an der ab 1657/58 der junge Dietrich 
Buxtehude Organist war. 

Lit.: Praftorius Synt II; W. Gurlitt, Zwei archi- 
valische Beiträge zur Gesch. d. Orgelbaues in Braun- 
schweig aus d. Jahren 1626 u. 1631, Braunschweigi- 
sches Magazinl913; ders.. Der kursächsische Hof- 
orgelmacher G. Fr., Fs. A. Schering, Bin 1937; ders.. 
Der Schülerkreis des G. Fr., MuK X, 1938 ; E. Flade, 
Der Orgelbauer Gottfried Silbermann, Lpz. 1926, 
-1953; P. S mets. Die Dresdener Handschrift Orgel- 
disposition, Kassel 1931; G. Fock, Hamburgs Anteil 
am Orgelbau..., Zs. d. Ver. f. Hamburgische Gesch. 
XXXVIII, 1939; H. Pfeiffer-Dürkop, Die Gesch. 
d. Fr.-Orgel in St Katharinen zu Braunschweig 
(=* Orgel-Monographien XIX), Mainz 1956. 

Fritzsche, Gustav, * 27. 6. 1893 zu Leipzig; 
deutscher Violinist lebt in Dresden. Noch wäh- 
rend seiner Studienzeit begann der Meisterschüler 
von 5ev&k seine Solistenlaufbahn, war Primgeiger 
der HofkapeHe in Schwerin, 1920-22 Konzert- 
meister in Stavanger und übernahm 1923 die Lei- 
tung des »Dresdner Streichquartetts«. 1937 grün- 
dete er das »Fritzsche-Quartett Dresden«, war 1944 
bis 1946 Konzertmeister im »Berliner Kammer- 
Orchester«, danach Dozent (1947 Professor) für Vio- 
line und Kammermusik und Abteilunpleiter der 
Streicherklassen an der Musikhochschule Dresden. 

Friz, Kaspar (Fritz), *18. 2. 1716und f 23. 3. 1783 
zu Genf; schweizerischer Violinist und Kammer- 
musik-Komponist, Schüler von Somis in Turin, 
gab je 6 Sinfonien (op. 6), Quatuors für 2 V., Va, 
Vc. mit B.c. (op. 1, 1742), Triosonaten für 2 V. 
und B.c. (op. 4) und Violinduette sowie 12 Violin- 
sonaten mit B. und ein Klavierkonzert heraus. 
Ausg.: Sinfonia B dur, hrsg. v. H. Scherchen, — 
Das Kammerorch. II, Zürich o. J. 

Frobcrger,^hann Jacob, getonit^l9. 5^.1616 

18. (oder 7.) 5. 1667 auf Schloß H&icourt 

bei Montböliard; deutscher Komponist, Sohn des 
Stuttgarter Hofkapellmeisters Basilius Fr. (* 1575 
zu Halle an der Saale, t 20. oder 22. 8. 1637 zu 
Stuttgart, wo er 1599 Tenorist und 1621 Kapell- 
meister geworden war). Fr.s erste Lehrer waren 
vermutlich sein Vater und Steigleder in Stuttgart. 
Von Januar bis Oktober 1637 wirkte er als Hof- 
organist in 'Wien und lebte dann auf Kosten des 
Wiener Hofes in Rom, wo er als Schüler Fresco- 



chungen . . ., Seite 13). Sein Stil verbindet Italieni- 
sches (Frescobaldi) mit Französischem (Gaultier) 
und Englischem (Virginalisten) in glücklicher 
Weise; überwiegt Frescobaldis Einfluß in den Toc- 
caten und Canzonen, die vornehmlich für Orgel 
geschrieben sind, so schafft Fr. in den Suiten einen 
ausgesprochenen Cembalosatz, dessen »verfloch- 
tene« (G. Adler) Freistimmigkeit im Dienste af- 
fektvoller Klanggestaltung steht. Die Lamentations , 
Tombeaux und Plaintes bürgern den Stile recitativo 
in der deutschen Cembalokunst ein; sie sind zu 
spielen: »fort lentement ä la discretion sans obser- 
ver aucune mesure«. G. Adlers Gesamtausgabe der 
Werke für Org. und Kl. enthalt 25 Toccaten, 18 
Capriccios, 14 Ricercare, 8 Fantasien, 6 Canzonen, 
30 Suiten und 4 Suitensätze; außerdem sind be- 
kannt eine Allemande trls bonne und zwei 3st. Sätze 
für 3 Singst., 2 V. und B.c. Mit Ausnahme der 
Plainte faite a Londres sind alle erhaltenen Stücke 
Fr.s offenbar vor seinem Weggang aus Wien 
(1657) geschrieben worden. Sie stellen an den Spie- 
ler besondere und ungewohnte Aufgaben, so daß 
der Komponist selbst auf ihre Verbreitung durch 
den Drude nicht bedacht gewesen zu sein scheint. 
So wurden zu Fr.s Lebzeiten nur je ein Stück in 
Kirchers »Musurgia« (Band I, S. 466 ff., Rom 1650) 
und in Roberdays »Fugues et caprices« (Paris 1660) 
gedruckt; die übrigen waren in einer großen Zahl 
von Handschriften verbreitet, bis das Werk Fr.s in 
den beiden Mainzer Drucken von 1693 (Diverse 
ingegnosissime, rarissime et non maj piu viste curiose 
Partite . . .) und 1695 (Diverse curiose e rarissime 
partite ) erschien. Der Einfluß Fr.s erstreckt sich noch 
auf das Cembalo-Schaffen J. S. Bachs und Händels. 
Ausg.: GA der Werke für Org. u. Kl., hrsg. v. G. 
Adler, DTÖ IV, 1, VI, 2 u. X, 2, separat Wien u. Lpz. 
1903; zahlreiche weitere Ausg., so von A. Farrenc 
(Le Tr6sor des pianistes HI), K. Matthaei (Ausge- 
wählte Orgelwerke, Kassel 1931, 31951), M. Seiffert 
(Organum IV, 11), Tagliapietra Ant. VI, K. Schu- 
bert (Ausgewählte Klavierstücke, Mainz 1936). 

Lit : ein handschriftliches Werkverz. v. A. Fuchs 
(1838) in d. Deutschen Staatsbibi. Bin. - N. Bin- 
ninger, Observationum . . . centurias quinque, Mont- 
böliard 1673 ; C. Huygens, Correspondance et oeuvre 
musicales, hrsg. v. W. J. A. Jonckbloet u.J. P. Land, 
Leiden 1882. - J. Mattheson, Grundlage einer 
Ehren-Pforte, Hbg 1740, neu hrsg. v. M. Schneider, 
Bin 1910 (der Bericht M.s unzuverlässig); E. Sche- 
bek, Zwei Briefe über J. J. Fr., Prag 1874; G. Notte- 
bohm. Etwas über J. J. Fr., Mus. Wochenblatt V, 
1874; A. W. Ambros, Gesch. der Musik IV, hrsg. v. 
G Nottebohm, Lpz. 1878, bearb. v. H. Leichtentritt 
31909; Fr. Beier, Über J. J. Fr.s Leben u. Bedeu- 
tung . . ., Slg mus. Vorträge 5. Reihe, Nr LIX/LX, 
Lpz. 1884; A. G. Ritter, Zur Gesch. d. Orgelspiels, 
2 Bde, Lpz. 1884, in Bd II 2 Stücke Fr.s, neue Bearb. 
v. G. Frotscher Bin 1935-36; C. Krebs, J. J. Fr. in 
Paris, Vf Mw X, 1894; C. Fr. Weitzmann - M. Seif- 
fert, Gesch. d. Klaviermusik, Lpz. 1899; K. Nef, Alte 
Meister d. Klavierspiels HI, J.J. Fr., Mk VIH, 1908/09; 
H. Riemann, Hdb. d. Mg. II, 2, Lpz. 1912; W. 
Danckert, Gesch. d. Gigue, Veröff. d. mw. 
Seminars . . . Erlangen I, Lpz. 1924; A. Pirro, Les 
clavecinistes, Paris 1925; E. Emshbimer, J.U. Steig- 
leder, Kassel 1928; K. Sbidler, Untersuchungen über 
Biogr. u. Klavierstil J. J. Fr. ’s, Diss. Königsberg 1930 
(nur der biogr. Teil gedruckt); E. H. Meyer, Die 
mehrst. Spielmusik . . ., Heidelberger Studien zur 
Mw. II, Kassel 1934; M. Reimann, Untersuchungen 
zur Formgeschichte der französischen Klaviersuite, 
Regensburg 1940. 


556 



Fromm 


Fröberg, Carl Johan, *28. 1. 1812 zu Stockholm, 
■f 15. 5. 1884 zu Westerwik; schwedischer M usik - 
Pädagoge, Violoncellist im Hoforchester, 1842-46 
im Theaterorchester, 1846-63 als Musiklehrer in 
Uppsala, 1863-68 in Stockholm, wo er eine Musik- 
schule gründete, schrieb eine Harmonielehre 
(Stockholm 1878) und einige andere theoretische 
Schulbücher. 

Lit. : St. Walin, C. J. Fr., En svensk musikteoretiker, 
STMf XVI, 1934. 

Fröhlich, vier Schwestern, mit denen Schubert 
und Grillparzer befreundet waren: Anna (Na- 
nette), * 19. 11. 1793 und f 11. 3. 1880 zu Wien, 
1819-54 Gesanglehrerin am Wiener Konservato- 
rium (Schülerin von Hummel und Siboni) ; Bar- 
bara, * 30. 8. 1797 und f 30. 6. 1879 zu Wien, 
Sängerin (Alt) und Malerin, verheiratet mit dem 
Flötisten Ferdinand Bogner (f 24. 6. 1846);Katha- 
rina, * 10. 6. 1800 und t 3. 3. 1879 zu Wien, die 
spezielle Freundin Grillparzers; Josephine, * 12. 
12. 1803 und f 7. 5. 1878 zu Wien, eine 1821-35 
auch in Skandinavien und Italien geschätzte Kon- 
zertsängerin. 

Lit. : Briefe v. K. Fr. an ihre Schwestern, hrsg. v. A. 
Sauer, Jb. der Grillparzer-Ges. IV, 1894. - A. Sauer, 
Grillparzer u. K. Fr., Jb. der Grillparzer-Ges. V, 
1895. 

Fröhlich, Johannes Frederik, * 21. 8. 1806 und 
t 21. 5. 1860 zu Kopenhagen; dänischer Kompo- 
nist, Sohn eines deutschen Musikers, im Violin- 
spiel Schüler von Claus Schall, doch auch ein tüch- 
tiger Hötist und Pianist, wurde 1827 Chordirigent 
am Königlichen Theater und 1836 1. Konzert- 
meister und interimistischer Vertreter des 1 . Kapell- 
meisters in Kopenhagen, mußte jedoch 1836 aus 
Gesundheitsrücksichten seinen Beruf aufgeben. 
Seine Musiken zu Boumonvilles Balletten Valde- 
mar (1835), Festen i Albano , Erik Menveds Bamdom 
(1843), Raphael sind die unmittelbaren Vorläufer 
der Hartmannschen Ballettmusiken; außerdem 
schrieb er 3 Violinkonzerte und kleinere Komposi- 
tionen für V. und Orch., 3 Streichquartette, Violin- 
und Hötensonate, Flöten-Duette und -Trios, auch 
eine Symphonie op. 33 und eine Reihe weiterer 
Orchesterwerke. 

Fröhlich, Joseph, * 28. 5. 1780 und t 5. 1. 1862 
zu Würzburg; deutscher Musikpädagoge und 
Komponist, studierte an der Universität in Würz- 
burg, wo er 1801 Mitglied der Kurfürstlichen Hof- 
kapelle wurde und einen Gesangs- und Instrumen- 
talverein der Studenten gründete (die »Akademische 
Bande«), der 1804 als Akademisches Musikinstitut 
anerkannt wurde; gleichzeitig wurde er Privat- 
dozent für Musikgeschichte und Universitäts- 
musikdirektor. Allmählich wurde durch Zulassung 
von Gymnasiasten und anderen musikalisch be- 
gabten Jünglingen das Institut erweitert, auch die 
Seminaristen zu seinem Besuch verpflichtet und 
damit die spätere Königliche Musikschule geschaf- 
fen. Fr. wurde 1812 außerordentlicher Professor 
für Ästhetik, 1819 auch für Pädagogik und Didak- 
tik, 1821 ordentlicher Professor. 1820 wurde eine 
allgemeine Singschule mit der Anstalt verbunden. 
1844 trat Fr. zunächst von der Leitung der Orche- 
sterübungen und Aufführungen, 1854 von der Uni- 
versitatsprofessur zurück und legte 1858 auch die 


Leitung der Anstalt nieder. Als Komponist schrieb 
Fr. Messen, ein Requiem, Symphonien und einige 
Orchesterwerke, eine Oper Scipio, Sonaten, Chor- 
gesänge, Lieder, Duette und Terzette, als Schrift- 
steller, außer Aufsätzen in der Cacilia sowie in 
Ersch und Grubers Enzyklopädie, eine Biographie 
von Abbd Vogler (Würzburg 1845); außerdem 
verfaßte er eine Munklehre mit Anweisungen fürs 
Spiel aller gebräuchlichen Instrumente (in vier Ab- 
teilungen) und separate Schulen für jedes einzelne 
Instrument von der Violine bis zum Serpent sowie 
eine Singschule. 

Fröhlich, Friedrich Theodor, * 20. 2. 1803 zu 
Brugg (Aargau), f (Selbstmord) 16. 10. 1836 zu 
Aaarau; Schweizer Komponist, studierte 1823-24 
und wieder 1826-30 in Berlin bei Zelter und B. 
Klein, war dann in Aarau Musiklehrer an der Kan- 
tonsschule und Dirigent eines Gesangvereins und 
DÜettantenorchesters. Von seinen Kompositionen 
erschienen zahlreiche Lieder (darunter Persische 
Lieder nach Rückert op. 12, Berlin 1834), Männer- 
chöre (darunter Lieder im Volkston op. 13, Berlin 
1834, die die volkstümlich gewordene Melodie zu 
Eichendorffs Wanderlied Wem Gott will reckte 
Gunst erweisen enthalten) und einige Klavier- 
stücke im Druck. Handschriftlich erhalten sind 
eine Symphonie A dur, 3 Ouvertüren, Kammer- 
musik sowie geistliche Chorwerke. 

Ausg. : Walzer für 9 Bläser, hrsg. v. H. Scherchen, 
Zürich o. J. 

Lit : E. Refardt, Aus Briefen F. Th. F.s, Basler Jb. 
1945. - E. Refardt, Th. F., Amerbach-Musikbibl. I, 
Basel 1947, mit Werkverz. u. Bibliogr. 

Froidebise (fruadb'i:z), Pierre, * 15. 5. 1914 zu 
Ohey (Provinz Namur); belgischer Komponist, 
Schüler von R. A. E. Barbier in Namur sowie 
Moulaert, L. Jongen und Maleingreau am Brüsse- 
ler Conservatoire, lebt als Organist an Saint- 
Jacques und Theorielehrer des Conservatoire in 
Lüttich. Er schrieb: Chorwerke Justorum Animae , 
Antigone und Puer natus est % Tondichtung La 
legende de Saint-Julien VHospitalier , Orchesterstücke, 
Orgelwerke, Klavier- und Violinstücke, Lieder 
und geistliche Gesänge. 

Frolow, Markian Petrowitsch, * 24. 11. (6. 12.) 
1892 zu Bobrujsk, f 30. 10. 1944 zu Swerdlowsk; 
russischer Pianist und Komponist, studierte 1913 
bis 1924 an den Konservatorien von St. Petersburg 
und Kiew, wurde Konzertpianist und Klavierleh- 
rer am Kiewer Konservatorium und ging 1928 
nach Swerdlowsk, wo er zunächst Klavier- und 
Theorielehrer am musikalischen Technikum, nach 
dessen Umwandlung zum Konservatorium 
1934-37 und 1943-44 auch Direktor war. 
Seine Kompositionen übernehmen zum Teil The- 
men aus der Musik osturalischer Völker, so die 
Oper Enche (1940). Weitere Werke: Kleine Suite 
für Streichquartett (1920); Klavierkonzert (1924); 
Oratorium Poema ob UraU (»Gedicht vom Ural«; 
1932); Tondichtung Sedoj Ural (»Grauer Ural«; 
1936); Klaviersonate (1941); Ouvertüre auf 3 
burjat-mongolische Themen (1943) ; Klavierstücke; 
Solo- und Massenlieder. 

Fromm, Andreas, * 1621 zu Planitz (Kreis Rup- 
pin), f 16. 10. 1683 zu Prag; deutscher Geistlicher, 
war 1648-51 Kantor am fürstlichen Pädagogium in 


557 



Fromm-Michads 


Stettin, wo 1649 sein Actus musicus de di vite et 
Lazaro . . . wie auch Dialogus Pentecostalis (beide 
doppdchörig) erschien, eines der frühesten be- 
kannten deutschen Oratorien, das sich von denen 
Carisfiimis vor allem durch den Einbau selbständi- 
ger Instrumentalsatze und evangelischer Kirchen- 
lieder unterscheidet. F. wurde 1654 Propst in Cöln 
an der Spree, hielt Vorlesungen an der Universität 
Wittenberg, trat aber dann zur katholischen Kirche 
über und vedebte seine letzten Jahre im Kloster 
Strahov in Prag. 

Ausg.: Vom Reichen Manne u. Lazaro, hrsg. v. H. 
Engel, Denkmäler d. Musik in Pommern V, Kassel 
1936. 

Lit. : R. Schwartz, Das erste deutsche Oratorium, 
JbP V, 1898; A. Schering, Gesch. d. Oratoriums, 
Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen, hrsg. v. H. 
Kretzschmar III, Lpz. 1911 ; H. Engel, Drei Werke 
pommerscher Komponisten, Greifswald 1931. 

Fromm-Michaels, Ilse, 41 30. 12. 1888 zu Ham- 
burg; deutsche Pianistin und Komponistin, lebt in 
H amburg, Sie studierte 1902-15 bei J. Kwast und 
C. Friedberg Klavier, bei Pfitzner und Steinbach 
Komposition, trat als Pianistin bis 1933 vornehm- 
lich mit zeitgenössischen Werken auf, widmete 
sich dann vor allem pädagogischer Tätigkeit und 
wurde 1946 Dozentin an der Hamburger Musik- 
hochschule. Werke: Vier Puppen iixr Kl. op. 4 (1908, 
später für 5 Bläser bearbeitet), Klaviersonate E moll 
op. 6 (1917), Variationen über ein eigenes Thema 
für KL op. 8 (1919), Stimmungen eines Fauns für 
Klar, solo op. 10, Suite für Vc. solo op. 15 (1931), 
Passacaglia F moll für Kl. op. 16 (für Orch. be- 
arbeitet von Fr. Wohlfahrt 1932), Marien-Passion 
op. 18 (1933), Symphonie C moll op. 19 (1938), 
Musica larga für Klar, und Streichquartett (1944), 
Klavierstücke und Lieder. 

Lit: Fr. Wohlfahrt, I. Fr.-M., Musica n, 1948. 

Frommel, Gerhard, * 7. 8. 1906 zu Karlsruhe; 
deutscher Komponist, studierte am Leipziger Kon- 
servatorium bei Grabner und an der Preußischen 
Akademie der Künste in Berlin bei Pfitzner Kom- 
position. SeineTätigkeitalsHochschullehrer (Theo- 
rie, Komposition) führte ihn von den Essener Folk- 
wangschulen 1933 nach Frankfurt und nach dem 
Kriege von Trossingen 1947 nach Heidelberg, von 
wo er 1956 einen Ruf nach Stuttgart annahm. Sein 
Werkverzeidhnis umfaßt 2 Symphonien (Edur 
1943 und G moll 1947), eine Suite für kleines Orch. 
(1937), eine Rhapsodische Streichemusik (1946), eine 
Sinfonietta für Streichorch. (1947), auch ein Kon- 
zertstück für Kl., Klar, und Streichorch. (1940), 
eine Ballettoper Träumen verboten , eine Tanzlegende 
Der Gott und die Bajadere (1936), Chorkantaten, 
Liederzyklen (St. George und Baudelaire), eine 
Suite für 8 Bläser (1943), 2 Violinsonaten, 6 Kla- 
viersonaten und Klavierstücke. Er schrieb Der 
Geist der Antike bei R. Wagner (Berlin 1933) und 
Neue Klassik in der Musik (Darmstadt 1937). 

Frontini, Francesco Paolo, * 6. 8. 1860 und f 
28. 7. 1939 zu Catania; italienischer Komponist, 
war Schüler von Platania in Palermo und L. Rossi 
in Neapel, lebte als Direktor des Istituto musicale 
in Catania, schrieb die Opern Nella (Catania 1881), 
DonBucefälo (Palermo 1889), Malia (Bologna 1893), 
Medio-Evo (Neapel 1898) und H falconiere (Catania 
1899), das Oratorium Sansone (1882), eine Messa da 

558 


Requiem, Orchesterstücke, Kammermusik und 
gab heraus: Canti popolari sieiliani (2 Sammlungen, 
Mailand 1883 und 1890), Ciuscinä (Volkslieder; 
Mailand 1928), Canti religiosi del popolo siciliano 
(Mailand 1938). 

Lit.: L. Mastrigli, La Sicilia musicale, Triest 1891; 
G. C. Balbo, Note critico-biogr. su Fr. P. Fr., Ca- 
tania 1905; S. Salomone, La Sicilia intelettuale con- 
temporanea, Catania 1911; F. Brusca, Libro d'oro 
di Catania, Catania 1914. 

Frosch, Johannes (auch Froschius; latinisiert 
Rana), * um 1480 zu Bamberg, f 1533 zu Nürn- 
berg; deutscher Theologe und Komponist, war 
1504 als Karmelitermönch an der Universität Er- 
furt immatrikuliert, studierte dann vermutlich in 
Toulouse, ab 1514 in Wittenberg, wo er 1516 Li- 
centiat der Theologie wurde. 1517 war er Prior des 
Karmeliterklosters St. Anna in Augsburg, ging 
aber schon 1518 mit Luther nach Wittenberg. Ab 
1522 wirkte Fr. als lutherischer Prediger, nach 1525 
als Weltgeistlicher an St. Anna in Augsburg, das er 
1531 wegen der Gegnerschaft der reformierten 
Prediger verlassen mußte. Er wandte sich nach 
Nürnberg und wurde dort 1533 Pastor an St. Se- 
bald. Neben theologischen Schriften und Um- 
dichtungen lateinischer geistlicher Texte schrieb er 
den Traktat Rerum musicarum opusculum ramm ac 
insigne (Straßburg 1535), der sich stark auf antike 
Theoretiker stützt. Von seinen Kompositionen 
sind erhalten: 2 Evangelienmotetten zu 4 und 6 St., 
ein 4st. lateinischer Psalm, ein 6st. lateinischer Satz, 
ein Kanon und vier 4st. weltliche deutsche Lieder. 
Ausg.: ein Lied, hrsg. v. K. Gudewill in: RD XX. 
Lit.: R. Eitner, in: MfM XXVI, 1894, S.25; G. 
Pietzsch, in: AfMf VII, 1942, S. 98; P. Mohr, Die 
Handschrift B 211-215 der Proske-Bibl. zu Regens- 
burg, => Schriften d. Landesinst. f. Musikforschung 
Kiel VII, Kassel u. Basel 1955. 

Frost, Charles Joseph, * 20. 6. 1848 zu West- 
bury-on-Trym, f 13. 10. 1918 zu Brockley (Lon- 
don) ; englischer Organist, war Schüler seines Va- 
ters sowie von Cooper, Goss und Ch. SteggaU, war 
ab 1865 als Organist tätig, ab 1884 an St. Peter’s in 
Brockley, gründete 1885 einen Chorverein und 
war ab 1880 Lehrer an der Guildhall School of 
Music in London. Werke: Kantate By the Waters 
of Babylon (1876), Oratorium Nathan' s Parable 
(1878), Harvest Cantata (1880), ein Te Deum, 
Psalmen, Services, Chöre, Lieder, eine Symphonie, 
Orgel- und Harmoniumstücke. 

Frotscher, Gotthold, * 6. 12. 1897 zu Ossa 
(Sachsen) ; deutscher Musikforscher, studierte Mu- 
sikwissenschaft, Germanistik und Philosophie in 
Leipzig und Bonn, war während des Studiums Re- 
ferent der Leipziger Abendpost und der Neuen 
Musikzeitung, leitete 1920-22 in Leipzig die Akade- 
mische Orchestervereinigung zur Pflege alter Mu- 
sik, promovierte 1922 mit einer Arbeit über Die 
Ästhetik des Berliner Lieds (auszugsweise gedruckt in 
ZfMw VI, 1923/24), habilitierte sich 1924 an der 
Tech n ischen Hochschule Danzig, wurde 1930 zum 
außerordentlichen Professor ernannt und las 1936 
bis 1945 an der Universität Berlin. 1950 wurde er 
Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Hochschule 
Berlin. Er schrieb: Die Orgel (Leipzig 1927), 
Sekkiermachers Musikästhetik (ZfMw XI, 1928/29), 
Geschichte des Orgelspiek (Umarbeitung des Wer- 



Frykberg 


kes von A. G. Ritter, 2 Bände, Berlin 1935-36), 
Deutsche Orgeldispositionen aus 5 Jahrhunderten (W ol- 
fenbüttel 1939), J. S. Bach und die Musik des 17. 
Jahrhunderts (Wädenswil 1939), Goethe und das 
deutsche Lied (Wädenswil 1941), Aufsätze zu Orgel- 
fragen und über Volksmusik. Ausgaben: Orgel- 
choräle um Joh . Seb. Bach t RD Band IX; einzelne 
Werke v. D. M. Gronau, Stölzel, Händel, Hasse, 
Löhlein, Türk, J. S. Bach, Telemann und A. Scar- 
latd. 

Früh, Huldreich Georg, * 16. 6. 1903 und + 
1945 zu Zürich; Schweizer Komponist, studierte 
am Zürcher Konservatorium bei Andreae, W. Frey 
und P. Müller, war Lehrer für Klavier und Theorie 
an der Volksklavierschule und zuletzt Leiter der 
Musikabteilung an Radio Zürich. Fr. schrieb ein 
großes Chorwerk Der neue Columbus (1939), fer- 
ner eine Schuloper Ferien juchhe (1934), Lieder und 
Gesänge, eine Sonate (1932) und eine Sonatine 
(1935) für Kl., ein Streichquartett (1934), eine Vio- 
linsonate (1938), ein Blasertrio (1938), Orchester- 
werke, 2 Ballette ( Annoncenaufgabe , 1934, und 
Yvette , 1937) und Filmmusiken. 

Frühling, Carl, * 28. 11. 1868 zu Lemberg, f 25. 
11. 1937 zu Wien; österreichischer Pianist, stu- 
dierte 1887-89 am Konservatorium der Gesell- 
schaft der Musikfreunde in Wien Klavier bei A. 
Door, Kontrapunkt und Komposition bei Fr. 
Krenn, trat als Begleiter und Kammermusik- 
pianist mit Ondri£ek, Huberman, Burmester, Sara- 
sate und dem Rosd-Quartett auf, lebte dann in 
Wien als Klavier- und Kompositionslehrer, schrieb 
Klavierstücke, ein Klavierkonzert op. 12, eine 
Phantasie für Fl. und Orch. op. 55, Orchesterwerke, 
Kammermusik, Lieder, eine Große Messe G dur 
op. 6, eine Kantate nach Angelus Silesius op. 54, 
Chöre und Melodramen. 

Fruggtta, Giuseppe, * 26. 5. 1860 zu Bergamo, 
t 30. 5. 1933 zu Mailand; italienischer Pianist, er- 
hielt seine erste Ausbildung von seinem Vater und 
studierte ab 1873 am Mailänder Konservatorium, an 
welchem er 1891-1930 Klavierlehrer war, schrieb: 
Klaviersonate (1892), Klaviertrio (1893), Streich- 
quartett (1898), Quintett für Kl., V., Klar., Horn 
und Vc. (1899), Violinsonate (1910), Klavierstücke 
und Lehrwerke. 

Frvmeiie, Per Gunnar Fredrik de, * 20. 7. 1908 
zu Nacka; schwedischer Komponist und Pianist, 
trat mit 10 Jahren zum ersten Male mit ein e m Kon- 
zert vor die Öffentlichkeit, studierte bei Ellbcrg 
unri Lundberg am Stockholmer Konservatorium 
sowie bei Sauer in Wien und bei Cortot in Paris . 
Seit 1945 ist er Klavierlehrer an der Musikhoch- 
schule Stockholm. Sein kompositorisches Schaf- 
fen beginnt im Zeichen des Neoklassizismus; seit 
1940 treten die großen Formen spätromanüscher 
Tradition mehr in den Vordergrund. Er schrieb : I. 
Klavierkonzert H moll (1929) ; Suite für Kammer- 
orch. (1930); Melodram Historien om en moder 
(1932); Variationen und Fuge für KL und Orch. 
(1932) ; Pastoralsuite für Fl. und KL (1933, 1941 be- 
arbeitet für Fl., Streichorch. und Harfe); II. Kla- 
vierkonzert Amoll (1935); Violinkonzert (1936) ; 
Partita für Streichorch. (1937); Oper Singoalla 
(1940) ; Symphonische Variationen (1941) ; Klavier- 
quartett (1941) ; Symfonisk bailad für Kl. und OrcL 


(1944); Chorwerk Fader vär (1945); Ballett Johan- 
nesnatten (1948); Divertimento für Orch. (1951); 
Konzert für 2 Kl. und Orch. (1952) ; Kammermu- 
sik und Lieder. 

Fruytiers (fn>it / i:rs), Jan (Fruitier); niederländi- 
scher Dichter, ist 1559 und wieder 1574 in Leiden 
nachweisbar und hielt sich 1561 in Rijnsburg, 1564 
in Antwerpen auf; er gab 3 geistliche Liederbücher 
heraus, für die er zu Psalmweisen, aber auch zu 
Tanzmelodien jeweils ein Buch der Bibel in Lieder 
umgedichtet hatte: Ecclesiasticus (Antwerpen 1565), 
Schrift metige Gebeden op deersteBoeck Moysi (Emden 
1573), Den Sendtbrief Pauli tot den Romeynen . . . 
(Leiden 1582). 

Ausg.: Ecclesiasticus, hrsg. v. D. F. Scheurleer, 
Amsterdam 1898. 

Fry (fiai), William Henry, * 10. 8. 1813 zu Phi- 
ladelphia, f 21. 9. 1864 zu Santa Cruz; amerikani- 
scher Musikkritiker, war lange Jahre Musikreferent 
der New York Tribüne und schrieb im italienischen 
Stil, aber unter Verwendung amerikanischer The- 
men, die Opern Leonora (Philadelphia 1845), Notre 
Dame of Paris (Philadelphia 1864), ein Stabat Mater, 
Kantaten, Lieder und symphonische Dichtungen. 
Lit.: J. T. Howard, Our American Music, NY 1931, 
31956. 

Frye (fiai), Walter; englischer Komponist des 
15. Jh., stand vermutlich in Verbindung mit dem 
burgundischen Hof. In der Brüsseler Handschrift 
5557 sind eine 4st. und zwei 3st. Messen überliefert. 
Außerdem sind bekannt fünf 3st. Motetten, ein 
Rondeau und zwei Balladen. 

Ausg.: Motette »Ave Regina«, hrsg. v. G. Reese, in: 
Music in the Renaissance, NY (1954); Ballade »Alas, 
alas is my chief song«, hrsg. v. M. Bukofzer, in: 
MQ XXVin, 1942, S. 42; Rondeau »Tout aparmoy«, 
hrsg. v. Dr. Plamenac, in: MQ XXXVII, 1951, 
S. 530 f. 

Lit. : W. Stephan, Die burgundisch-niederländische 
Motette, — Heidelberger Studien zur Mw. VI, Kassel 
1937; Ch. van den Borren, Etudes sur le XV« siicle 
musical, Antwerpen 1941; E. Reeser in TVer XVI, 
1942; M. F. Bukofzer, Studies in Medieval and Re- 
naissance Music, NY 1950; S. W. Kenney, in RBM 
VI, 1952, S. 75 f.; Dr. Plamenac, in: MQ XXXVHI, 
1952, S. 106 f. 

Fryer (fi'aia), George Herbert, * 21. 5. 1877 
und f 7. 2. 1957 zu London; englischer Pianist, 
1893-95 Schüler der Royal Academy of Music, 
1895-1900 des Royal College of Music, dann noch 
von O. Beringer und F. Taylor, 1900 von Busoni 
in Weimar, in der Komposition von Stanford, war 
1914—16 Lehrer am Institute of Musical Art in New 
York und 1917-47 am Royal College of Music in 
London. Von ihm wurden veröffentlicht : ein In- 
termezzo op. 1, Suite im alten Stil op. 11, Country- 
side Suite op. 16 und kleinere Klavierstücke. 

Frykberg, Sten Orvar, * 19. 2. 1910 zu Göte- 
borg; schwedischer Dirigent, war Klavierschüler 
von Kn. Bäck in Göteborg, studierte 1933 am Kon- 
servatorium in Sondershausen und unte rn a hm 
Studienreisen nach den USA, nach Frankreich und 
England. Nach Tätigkeiten als Kapellmeister in 
Göteborg, Gävle und Hälsingborg wurde er 1945 
Kapellmeister beim schwedischen Rundfunk 
(Radiotjänst) in Stockholm. Als Gastdirigent reiste 
er vor allem in Europa, auch in Japan und Israel. 


559 



Fryklöf 


Fryklöf, Harald Leonard, * 14. 9. 1882 zu Upp- 
sala, f 11- 3. 1919 zu Stockholm; schwedischer 
Komponist und Organist, war 1901-05 Schüler des 
Konservatoriums in Stockholm, studierte 1905 
noch bei Ph. Scharwenka in Berlin, wurde 1908 Or- 
ganist an der Nikolaikirche (Storkyrkan) und 1914 
Theorielehrer am Konservatorium in Stockholm. 
Als Komponist trat er hervor mit einer Konzert- 
ouvertüre (1907), einer Violinsonate, Orgel- und 
Kkvierstücken, Liedern und Chören. 

Lit.: W. Seymer, Fyra nyromantiker, STMf XXIII, 
1941. 

Frykluad, Lars Axel Daniel, * 4. 5. 1879 zu 
Västeräs; schwedischer Musikforscher, studierte in 
Uppsala Romanistik und wurde 1910 Lehrer in 
Sundsvall, 1921-44 in Hälsingborg, in der Musik 
Schüler von J. Hedenblad und L. Zetterqvist. Er 
baute sich eine reiche Sammlung von etwa 800 
Musikinstrumenten und 10000 Autographen sowie 
eine Marseillaise-Sammlung (6000 Nummern) auf ; 
durch Auswertung dieser Sammlungen und durch 
etymologische Forschungen hat er besonders für 
die Instramentenkunde neue Ergebnisse gewon- 
nen; auch zur Biographie schwedischer Musiker 
und von Fdtis brachte er neues Material bei. Schrif- 
ten: Vergleichende Studien Über deutsche Ausdrücke 
mit der Bedeutung Musikinstrument (Uppsala 1910), 
AJrikanska musikinstrument . . . (Sundwall 1915), 
Etymologische Studien über geige-gigue-jig (Studier i 
modern Spräkvetenskap VI, 1917), Studien über die 
Pochette (Sundsvall 1917), Bläsinstrument au glas 
(Hälsingborg 1934), Spikharmonikan (Slöjd och ton 
V, 1934), La Marseillaise dans les pays scandinaves 
und La Marseillaise en Allemagne (Hälsingborg 
1936), Att samla musikinstrument und En samling 
Marseljäsen . . . (Hälsingborg 1937), Studier över 
galoubetn und Le Goloubet provengal (Hälsingborg 
1939), Sämlingen av musikinstrument i Hälsingborgs 
museum (Hälsingborgs Museums Arsskrift 1939, 
auch deutsch als Die Sammlung der Musikinstn *- 
mente im Städtischen Museum . . Hälsingborg 
1939), Marseljäsen und Exposition de la Marseillaise 
(Hälsingborg 1942), Urte Lyre-guitarre d f Ory (Häl- 
singborg 1957); zahlreiche Aufsätze in STMf. Der 
Katalog der Collection Fryklund erschien 1929 im 
Jahrbuch Musica (separat Hälsingborg 21949). 

Fuchs, Albert, * 6. 8. 1858 zu Basel, 1 15. 2. 1910 
zu Dresden; deutscher Komponist, 1876-79 Schü- 
ler des Leipziger Konservatoriums, 1880 Musik- 
direktor in Trier, lebte 1883-89 in Oberiößnitz bei 
Dresden und übernahm dann das von W. Freuden- 
berg gegründete Konservatorium in Wiesbaden, 
das unter seiner Leitung schnell emporblühte (H. 
Riemann unterrichtete dort 1890-95). 1898 gab er 
es ab, trat in den Lehrkörper des Dresdener Konser- 
vatoriums ein und übernahm 1901 die Direktion 
der Rob. Schumann sehen Singakademie. Werke: 
Lieder, Duette, Klavierwerke (Sonate Fmoll), 
Cellosonate, Violinsonaten, Streichquartett, Vio- 
linkonzert op. 25, Chorlieder, 4- und 8st. Motetten, 
eine Choralsammlung, Ungarische Suite für Orch. 
und zuletzt große kirchliche Tonwerke für Soli, 
Chor und Orch. (Selig sind , die in dem Herrn ster- 
ben, 1906 und Das tausendjährige Reich, 1908). Auch 
gab er einige ältere italienische Vokalkompositio- 
nen heraus und schrieb Taxe der Streich-Instrumente 


(Leipzig 1907; 51955 neubearbeitet von H. Edler). 
Im Nachlaß fand sich eine Oper Nirvana . 

Lit.: F. A. Geissler, A. F., in: Monographien Mo- 
derner Musiker III, Lpz. 1909. 

Fuchs, Aloys, *6. 6. 1799zuRaase (österreichisch 
Schlesien), f 20. 3. 1853 zu Wien als Konzept- 
adjunkt im Hofkriegsrat, war ein hervorragender 
Musikkenner und passionierter Sammler von Mu- 
sikmanuskripten und Tonkünstlerporträts, ab 1836 
auch Sänger der Hofmusikkapelle. Die Resultate 
seiner Forschungen teilte er in Wiener und Berliner 
Fachzeitschriften mit. Seine in ihrer Art einzigen 
Sammlungen wurden nach seinem Tode zum grö- 
ßeren Teil von der Königlichen Bibliothek in Ber- 
lin erworben; der Rest kam in die Stiftsbibliothek 
GÖttweig. 

Lit.: siehe R. Schaal in MGG. 

Fuchs, Arno, * 1. 8. 1909 zu Dresden; deutscher 
Musikforscher, studierte Musikgeschichte (E. 
Schmitz, Steglich) und Orgel und promovierte 

1935 in Erlangen mit einer Arbeit über Musik- 
darstellungen am Sebaldusgrab (gedruckt Kassel 1935). 

1936 ging er als Lehrer nach M&rico und über- 
nahm dort 1949 die Einrichtung der Divisiön de 
Musica an der Escuela de Graduados der Universi- 
dad National. Zugleich wirkt er als musikalischer 
Leiter des deutschen »Convivium musicum«, Or- 
ganist und Kantor der lutherischen Good Shepherd 
Church sowie als Orgelexperte. F. schrieb ferner: 
El ABC de la Miisica (M6aco 1947) und Aufsätze 
über mexikanische Musik. Als Komponist trat er 
hervor mit einer Klaviersonate H moll, Klavier- 
stücken, Liedern und Chören sowie mit Bearbeitun- 
gen mexikanischer Volkslieder. 

Fuchs, Carl Dorius Johannes, * 22. 10. 1838 zu 
Potsdam, f 27. 8. 1922 zu Danzig ; deutscher Pianist 
und Musikforscher, bezog 1859 die Universität 
Berlin als Student der Theologie, wurde aber 
gleichzeitig Privatschüler H. von Bülows. Nach 
längerem Schwanken ging F. ganz zur Musik über 
und studierte Generalbaß bei Weitzmann und Kom- 
position bei Kiel. 1868 trat er in das Lehrerkolle- 
gium der Kullakschen Akademie ein, übernahm 
1869 die Organistenstelle an der Nikolaikirche in 
Stralsund und promovierte 1871 in Greifswald mit 
Praeliminarien zu einer Kritik der Tonkunst, einer 
Analyse des Kunstgenusses in der Musik auf Grund 
der Schopenhauerschen Philosophie. Dann zog er 
wieder nach Berlin, trat als Pianist auf und schrieb 
für das Musikalische Wochenblatt; in diese Zeit 
fällt der Beginn seiner Bekanntschaft mit Nietzsche. 
1875 verschlug ihn eine Konzertreise nach Hirsch- 
berg in Schlesien, wo er einen Musikverein grün- 
dete und als Dirigent tätig war. 1879 vertauschte 
er Hirschberg mit Danzig, leitete 1882-83 die Dan- 
ziger Singakademie, wurde Musiklehrer am Vik- 
toria-Seminar und 1886 Organist der Petrikirche 
sowie Orgelrevisor. Auch war er lange Jahre Or- 
ganist der Synagoge. Nach Markulls Tode (1887) 
wurde F. Musikreferent der Danziger Zeitung, de- 
ren Feuilleton durch ihn zu Bedeutung gelangte. 
F. schloß sich 1882 als erster den Bestrebungen H. 
Riemanns um die Verfeinerung der Notenschrift 
durch Bezeichnung der Phrasierung an und schrieb 
dazu: Die Zukunft des musikalischen Vortrags (2 
Bände, Danzig 1884); Die Freiheit des musikalischen 


560 



Fuchswild 


Vortrags Panzig 1885); auch gab er mit H. Rie- 
m a n n heraus: Praktische Anleitung zum Phrasieren 
(Berlin 1886). Weitere Schriften: Virtuos und Dilet- 
tant (Leipzig 1871); Thematikon zu Peter Gasts Oper 
*Die heimliche Ehe* panzig 1890) ; Takt und Rhyth- 
mus im Choral (Berlin 1911, dazu der Beispielband 
Der taktgerechte Choral 1923); viele Aufsätze. Von 
dem Briefwechsel Nietzsche-F. sind bisher nur die 
Briefe Nietzsches im Druck erschienen sowie ein 
Brief F.s in: W. Gurlitt, »H. Riemann«, Abhand- 
lungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen 
Klasse der Akademie der Wissenschaften und der 
Literatur in Mainz (1950, Nr 25). 

Lit.: H. Fuchs, Briefe v. C. F., Ostdeutsche Monats- 
hefte IV, 1923. — Fs. z. 100. Geburtstag v. C. F., Dan- 
zig 1938. 

Fuchs, Carl, * 3. 6. 1865 zu Offenbach, f Juni 
1951 zu Manchester; deutscher Violoncellist, Schü- 
ler von Cossmann am Hochschen Konservatorium 
in Frankfurt am Main und (ab 1886) Dawydow in 
St. Petersburg, ließ sich in Manchester nieder, wo 
er Lehrer am Royal College of Music, Solist im 
Halld Orchestra und Mitglied des Brodsky-Quar- 
tetts war. Er veröffentlichte eine 3bändige Violon- 
cello Method (1906), Cellostücke und -etüden sowie 
Musical and Other Recollections (London 1937). 

Fuchs, Georg Friedrich, *3. 12. 1752 zu Mainz , 
f 9. 10. 1821 zu Paris; deutscher Klarinettist und 
Komponist, Schüler von Cannabich in Mannheim, 
zuerst Militarmusikmeister in Zweibrücken, ging 
1784 nach Paris, wurde 1795 bei der Gründung des 
Conservatoire einer der zwölf zur Ausbildung der 
Militärmusiker angestellten Klarinettenlehrer und 
komponierte viele Werke für Blasinstrumente, 
auch zahlreiche Kammermusikwerke (Quartette, 
Trios, Duos) für und mit Klarinetten. 

Lit. : vgl. d. Vorworte v. H. Riemann zu DTB XV u. 
XVI; Verz. d. Druckausg.n u. Thematischer Kat. in 
DTB XVI, S. XVI f. u. XXXVIII. 

Fuchs, Johann Nepomuk, * 5. 5. 1842 zu Frau- 
enthal (Steiermark), f 5. 10. 1899 zu Vöslau bei 
Wien; österreichischer Dirigent und Komponist, 
Bruder von Robert F., studierte in Wien die 
Rechte und Musik (Sechter), wurde 1864 Opem- 
kapellmeister in Preßburg und wirkte in gleicher 
Eigenschaft an verschiedenen Bühnen, zuletzt in 
Köln, Hamburg, Leipzig (Carolatheater), ab 1880 
an der Wiener Hofoper. 1888 wurde F. Komposi- 
tionslehrer am Konservatorium der Gesellschaft 
der Musikfreunde und übernahm 1893 die Direk- 
tion der Anstalt. 1894 wurde er zum kaiserlich- 
königlichen Vizehofkapellmeister ernannt. Neben 
einer Oper Zingara (Brünn 1872) hinterließ er zahl- 
reiche Lieder und einige Klavierstücke. Er bear- 
beitete Handels »Almira« für die Neuinszenierung 
in Hamburg (1878), Schuberts »Alfonso und 
Estrella« und Glucks »Le cadi dupd« sowie die fälsch- 
lich Gluck zugeschriebene »Maienkönigin« für 
Wien. 

Fuchs, Marta, * 1. 1. 1898 zu Stuttgart; deutsche 
Opern- und Konzert-Altistin, studierte Gesang an 
der Stuttgarter Hochschule für Musik, in München 
und in Mailand. Vom Konzert- und Oratorien- 
gesang wechselte sie 1928 zur Opembühne über 
und war 1930-45 Mitglied der Staatsoper Dresden 
(ab 1935 als Hochdramatische Altistin). Gleichzei- 


tig wirkte sie an der Staatsoper Berlin und bei den 
Bayreuther Festspielen. Die zur Kammersängerin 
ernannte gefeierte Altistin lebt in Stuttgart. 

Fuchs, Robert, * 15. 2. 1847 zu Frauenthal, f 19. 
2. 1927 zu Wien; österreichischer Komponist, Bru- 
der von Johann Nepomuk F., Schüler des Wiener 
Konservatoriums, 1875-1912 Harmonieprofessor 
an demselben Institut, auch kaiserlich-königlicher 
Hoforganist, veröffentlichte 2 Messen (F dur 1897), 
3 Klaviersonaten, 6 Violinsonaten, 5 mit größten 
Erfolgen aufgeführte Serenaden (op. 9, 14, 21 und 
51 für Streichorch., op. 53 für kleines Orch.), 3 
Symphonien (op. 37, 45, 79), Andante und Capric- 
cio für Orch., Ouvertüre op. 59 Des Meeres und der 
Liebe Wellen (Grillparzer), Klavierkonzert op. 27, 
Elfen und Zwerge und Gestillte Sehnsucht für Frauen- 
chor und Orch., Klaviertrios op. 22 und 72, Fanta- 
siestücke für Klaviertrio op. 57, Streichquartette 
E dur op. 58, A moll op. 62 und C dur op. 71, Kla- 
vierquartette Gmoll op. 15 und H moll op. 75; 
Klarinettenquintett op. 102, 2 Fantasien für Org., 
2 Terzette für 2 V. und Va op. 61, Geigenduette, 
fein gearbeitete 2- und 4händige Klavierstücke, 
Variationen und Klavierlieder. Als dramatischer 
Komponist versuchte er sich mit Die Königsbraut 
(Wien 1889) und Die Teufelsglocke (Leipzig 1893). 
Für seine Bedeutung als Pädagoge legen seine zahl- 
reichen Schüler Zeugnis ab, zu denen H. Wolf, G. 
Mahler und Schreker gehören. 

Lit.: A. Mayr, Erinnerungen an R. F., Graz 1934; 

F. Hagbnbucher, Die originalen Klavierwerke zu 2 
u. 4 Händen v. R. F., Diss. Wien 1940. 

Fuchs, Sibylle Ursula, * 8. 9. 1921 zu Konstanz- 
Wollmatingen; deutsche Sängerin (Sopran), stu- 
dierte zunächst an der Hochschule für Musik in 
Frankfurt am Main, war später noch Schülerin von 

G. Hüsch und Frau M. Haas. 1943 wurde sie als 
Lehrerin für Sologesang an das Konservatorium 
nach Mainz berufen, betätigte sich ab 1946 nur 
noch als Konzertsängerin und ist seit 1952 Lehrerin 
an der Musikhochschule Saarbrücken. Sie erwarb 
sich einen großen Ruf, u. a . auch durch ihr Ein- 
treten für die moderne Musik. 

Fuchs, Teodoro, * 15. 3. 1908 zu Chemnitz; ar- 
gentinischer Dirigent, studierte Musik in Leipzig, 
dann in Wien (CI. Krauss), wo er 1927 zum Kapell- 
meister diplomierte. Danzig und Stuttgart waren 
bis 1933 seine Bühnenstationen. 1933-37 bereiste er 
den Vorderen Orient von Istanbul aus und veröf- 
fentlichte musikfolkloristische Studien. 1937 wan- 
derte er nach Südamerika aus, organisierte und lei- 
tete ein Symphonieorchester in Cördoba und ist 
seit 1948 in Buenos Aires ansässig, wo er das Na- 
tional-Symphonieorchester dirigiert. Er leitet an 
der Höheren Musikschule bei der Universität 
Buenos Aires die Kapellmeisterklasse. 

Fuchswild, Johannes, *zuEllwangen; deutscher 
Komponist um 1500, vielleicht identisch mit dem 
Johannes Fochß (Vulpius) aus Ellwangen, der 1483 
bis 1485 an der Leipziger Universität studierte. 
1508 trat er in die Stuttgarter Hofkapelle ein. Von 
F. kennt man 4 4st. Lieder im Stil der Hofweisen- 
Lieder und (vermutlich) einen Satz in Sichers 
Tabulaturbuch. 

Ausg.: Schöffers Liederbuch 1513, Faks.-Ausg. Mün- 
chen 1909, darin 2 Lieder; dies. hrsg. v. K. Hasse in 


36 


561 



FucSk 


Chw. XXIX; eines davon auch in Egenolffs Gassen- 
hawerlin 1535, Faks. hrsg. v. H. J. Moser, Augsburg 

u. Köln 1927; ein Lied bei Förster 1, 1539, neu hrsg. 

v. K. Gudewill u. W. Heiske, RD XX. 

LiL: R. Ettner, Das alte deutsche mehrst. Lied, MfM 
XXV, 1893, darin ein Lied aus Schöffer; G. Bossert 
in Württembergische Vierteijahrshefte für Landes- 
kunde XXV, 1916, S. 394; W. Merian, B. Amerbach 
u. H. Kotter, Basler Zs. für Gesch. u. Altertumskunde 
XVI, 1917; H. J. Moser, Drei wiedergefundene Sing- 
weisen, Musikantengilde 1927 ; W. R. Nef, Der St. 
Galler Organist Fr. Sicher, ** SJbMw VII, 1938; 
G. Reichert in MGG. 

Fuiäk, Julius, * 18. 7. 1872 zu Prag, 1 25. 9. 1916 
zu Berlin; tschechischer Komponist, Schüler von 
Dvoräk, war Armeekapellmeister in österreichi- 
schen Diensten und verfaßte gegen 240 Unterhal- 
tungsstücke, darunter Einzug der Gladiatoren und 
Florentinermarsch. 

Füchs, Ferdinand Karl, *11. 2. 1811 und f 7. 1. 
1848 zu Wien; Österreichischer Komponist, Schü- 
ler des Wiener Konservatoriums, beliebter Liedcn- 
komponist, schrieb die Opern: Gutenberg , Der Tag 
der Verlobung und Die Studenten von Salamanca . 

Füger, Kaspar, * um 1562 und f 24. 7. 1617 zu 
Dresden; deutscher Komponist, Sohn des gleich- 
namigen Dresdener Hof predigers, war an der Für- 
stenschule in Meißen ab 1575 Schüler von Figulus, 
bezog 1581 die Universität Leipzig, war 1585 
kurze Zeit Kantor an der Kreuzkirche in Dresden 
und wurde 1591 wieder als solcher eingesetzt (für 
die Zwischenzeit ist seine Lebensgeschichte un- 
bekannt), ging aber um 1603 ins geistliche Amt 
über und wurde Diakon an der Kreuzkirche. F. gab 
heraus: Christliche Verß und Gesenge . . . von dem 
groswichtigen hochnöthigem Werck der auffgerichteten 
Concordien (Dresden 1580). 

IiL: K. Held, in: VfMw X, 1894. 


Führer, Robert, * 2. 6. 1807 zu Prag, f 28. 11. 
1861 zu Wien; böhmischer Organist und Kompo- 
nist, Schüler von Vitdsek, war zuerst Organist in 
Strahov (Prag), 1830 erster Lehrer an der Prager 
Organistenschule und 1839 Nachfolger Vitdseks 
als Domkapellmeister in Prag. 1843 wurde ihm 
diese Stellung entzogen; er begab sich nun nach 
Bayern, lebte um 1851 in Braunau am Inn, 1853 
bis 1855 als Organist in Gmunden, dann in Ried 
(Innkreis), wo er wieder entlassen wurde; 1860 
ging er nach Wien. F. schrieb gegen 100 Messen 
und viele andere Kirchengesänge ftCarfreitagsmu- 
sik) und Orgelwerke, gab ein Präludienbuch Der 
Landorganist (1860) heraus, auch theoretische 
Werke: Die Tonleitern der Griechen (Prag 1847), 
Der Rhythmus (Prag 1847) ; Praktische Anleitung zu 
Orgelkompositionen . . . (Prag, um 1850). 


Führich, Carl, * 24. 10. 1865 zu Jamnitz (Mäh- 
ren); österreichischer Komponist, lebt in Wien, 
wo er am Konservatorium Komposition (Bruck- 
ner, Krenn) und Klavier studierte. 1891 wurde er 
Regens chori der Basilika Maria Treu als Nachfol- 
ger Weinzierls. F. war ein beliebter Männerchor- 


dirigent, Pianist und Musiklehrer. Er schrieb die 
Chorwerke Wintersonnenwende op. 57 (1907) und 
Bergpsalm op. 131 (1939), eine Messe E moll op. 55, 
Motetten, 2 Opern, viele Chöre und Lieder, eine 
Kleine Tanzsuite für Orch. op. 121 und Kammer- 
musik. 


Füllsack, Zacharias (Füllsach), f 1616; deutscher 
Komponist, um 1600-12 Posaunist der Ratskapelle 
von Hamburg, wo er sich 1610 verheiratete (der 
Kurfürst von Sachsen spendete dazu 100 Gulden); 
gab mit Christ. Hildebrand in Hamburg eine 
Sammlung 5sl Tanzstücke heraus, Außerlesene Pa - 
duanen und Galliarden : 1. Teil 1607 mit 24, 2. Teil 
(von Hildebrand allein herausgegeben) 1609 mit 
18 solcher Tanzpaare von Rob. Bateman, M. 
Borchgrevink, W. Brade, J. Dowland, Nie. Gistou, 
B. Grep, Jak. Harding, Ant. Holbom, Edw. John- 
son, M. Merker, Thom. Mons, P. Philippe Jac. 
Schultz, J. Sommer, Joh. Stephani. 

Ausg.: Außerlesener Paduanen u. Galliarden Erster 
u. Ander TheÜ bei B. Engelke, Musik u. Musiker am 
Gottorfer Hofe I : Die Zeit der engl. Komödianten, — 
Veröff. d. Schleswig-Holsteinischen Univ.-Ges. XV, 
1, Breslau 1930. 

Fuenllana (fuenj'ana), Miguel de, *um 1500 zu 
Navalcamero (Madrid); spanischer Lautenvirtuose 
und Komponist, wie Salinas und Cabezdn von Ge- 
burt blind, Kammermusiker der Marquesa de 
Tarifa, widmete 1554 Philipp II. von Spanien ein 
in Sevilla gedrucktes Lautenwerk, das wegen der 
Solidität des Tonsatzes zu den bedeutsamsten Zeug- 
nissen für den hohen Stand der Musikliteratur des 
16. Jh. in Spanien gehört: Libro de Müsica para 
vihuela intitulado OrpnenicaLyra ... Es enthält Lau- 
tenbearbeitungen von Vokalsätzen von Juan Vaz- 
quez. Morales, Pedro Guerrero, Francisco Guer- 
rero, den beiden Flecha, Ravaneda und Bemal 
sowie berühmten niederländischen Meistern (u. a. 
Arcadelt, Gombert, Tosquin, Willaert) ; von hohem 
Interesse sind aber besonders die Fantasias von F. 
selbst. 

Ausg.: 10 Stücke bei A. Koczntz, Die Gitarrekom- 
positionen in M. de F.s Orphdnica lyra (1554), AfMw 
IV, 1922; eine Fantasia, Riemann Beisp. 41; aus 
»Orph&iica lira« (1554) 13 Vokalstücke, in: G. 
Morphy, Les Luthistes espagnols du XVI® s., Bd 2; 
eine Fantasia in: Tagliapietra Ant. I; ein Stück, 
hrsg. v. W. Apel in: Musik aus früher Zeit für Kl., 
Mainz u. Lpz. (1934); ein Lied zur Laute, Davison- 
Apel Anth. I, 123. 

LiL: H. Riemann, Das Lautenwerk des M. de F. 
(1554), MfM XXVII, 1895 (hier auch eine Fantasia 
a 4 v. F.); A. Koczirz, siehe Ausg.; J. Bal, F. and 
the transcription of Spanish Lute-Music, AMI XI, 
1939. 

Fu$ntes, Francisco de Santa Maria de, Franzis- 
kanermönch zu Madrid, gab ein theoretisches 
Werk heraus: Dialectos müsicos (Madrid 1778). 

Fu$ntes, Pascual, * zwischen 1718 und 1724 zu 
Albaida (Valencia), f 26. 4. 1768 zu Valencia; spa- 
nischer Komponist, 1746 Tenor an der Kathedrale 
von Albarradn, dann der Kirche San Andrds in 
Valencia, wo er 1757 Kapellmeister der Kathedrale 
wurde. Er schrieb : Messen, Magnificat, Te Deum, 
mehrere Miserere, Hymnen und weit über 100 
VÜlandcos. 

Ausg. : ein lOsL Beatus vir bei H. Eslava, Lira Sacro- 
Hispana 1, 1. 

Fürstenau, - 1) Kaspar, * 26. 2. 1772 zu Münster 
(W estfalen), + 11. 5. 1819 zu Oldenburg; deutscher 
Flötenvirtuose, gehörte 1794-1811 der Oldenbur- 
ger Hofkapelle an, schrieb zahlreiche Komposi- 
tionen für und mit FL sowie einige weitere Instru- 
mentalstücke und Lieder. — 2) Anton Bernhard, 


562 



Fuleihan 


* 20. 10. 1792 zu Münster, f 18. 11. 1852 zu Dres- 
den, Sohn von Kaspar F., Kammermusiker in 
Dresden, war einer der bedeutendsten Flötenvir- 
tuosen seiner Zeit und schrieb eine große Zahl von 
Kompositionen für sein Instrument. - 3) Moritz, 

* 26. 7. 1824 und f 27. 3. 1889 zu Dresden, Sohn 
von Anton Bernhard F., ebenfalls ein geschätzter 
Flötenvirtuose, wurde 1842 Mitglied der Dresde- 
ner Hofkapelle, 1852 Kustos der Königlichen Mu- 
siksammlung und 1856 Lehrer am neugegründeten 
Dresdener Konservatorium. F. besaß bedeutende 
musikhistorische Kenntnisse und schrieb: Beiträge 
zur Geschichte der Königlich sächsischen musikalischen 
Kapelle (Dresden 1849), Zur Geschichte der Musik 
und des Theaters am Hofe zu Dresden (2 Bände, Dres- 
den 1861/62), J. Tichatschek (1868), Die musikali- 
schen Beschäftigungen der Prinzessin Amalie (Dresden 
1874), Die Fabrikation musikalischer Instrumente . . . 
im königlich sächsischen Vogtlande (mit Th. Berthold, 
Leipzig 1876), Das Konservatorium für Musik in 
Dresden (Festschrift zur 25jährigen Jubelfeier, Dres- 
den 1881) sowie zahlreiche kleinere Abhandlungen. 
Ausg.: K. F.: je 12 Original-Kompositionen f. FL u. 
Guitarre op. 34 u. 35, hrsg. v. O. Hoffmann, NMA 
CXVIII u. XXXI. 

Lit.: zu A.B. F.: L. de Lorenzo, My Complete 
Story of the Flute, NY 1951. 


Fiirstner, Adolph, * 2. 4. 1833 zu Berlin, f 6. 6. 
1908 zu Bad Nauheim; deutscher Musikverleger, 
gründete 1868 den seinen Namen tragenden Ver- 
lag in Berlin und erwarb dazu 1872 den Verlag von 
C. F. Meser in Dresden (Wagners Rienzi, Hollän- 
der und Tannhäuser). Die Firma verlegte vornehm- 
lich Bühnenwerke, soR. Strauss* Feuersnot, Salome, 
Elektra, Rosenkavalier, Frau ohne Schatten, Inter- 
mezzo, Ägyptische Helena, Pfitzners Palestrina, 
Massenets Manon, Delibes’ Coppelia. Nach F.s 
Tod wurde der Verlag von seiner Gattin und sei- 
nem Sohn Otto (* 17. 10. 1886 zu Berlin, f 18. 6. 
1958 zu London) weitergeführt, in dessen Allein- 
besitz er 1922 überging. Schon 1910 hatte Otto 
F. in Paris ein Zweiggeschäft gegründet, das 1914 
geschlossen werden mußte. Als O. F. 1935 nach 
England emigrierte, wurde der Verlag zunächst von 
einem Mitarbeiter der Firma, J. Oertel, treuhän- 
derisch verwaltet, später aber im Handelsregister 
gdöscht. Die Leitung desHausesFurstner Limi t- 
ed in London hat jetzt Otto F.s Gattin Ursula. 


Fug£re (fü^srr), Lucien, * 22. 7. 1848 und f 15. 
1. 1935 zu Paris; französischer Bühnensänger (Bari- 
ton), Schüler von Raguenau, debütierte 1870 im 
Cafd-Concert Ba-ta-dan, ging 1877 zur Opdra 
Comique, dann bis 1919, ans Gaitd und anschlie- 
ßend wieder zur Opdra Comique. Besonders er- 
folgreich war er in den Rollen des Papageno (Zau- 
bernöte), des Figaro (Figaros Hochzeit) und des 
Bartolo (Barbier von Sevilla). 

Lit.: H. de Curzon, Croquis d’artistes, Paris 1897; 
R. Duhamel, L. F., Paris 1929. 


Fugger, Augsburger Patriziergeschlecht, beson- 
ders seit Erhebung m den Reichsadel (1504) und in 
den Grafenstand (1530) bedeutsame Förderer der 
Künste und speziell der Musik. Das Verzaicknuß 
Rayd. (Raymund) Fuggers Instrument und Musica 
1566 , noch Manuskript, ist ein für die Kunstliebe 
des Hauses F. besonders bezeichnendes Dokument. 
Namentlich ist zu nennen Hans Jakob Fugger, der 


für das Münchener Kunstleben so bedeutsam 
wirkte und u. a. Orlando di Lasso nach München 
brachte. Ein TeÜ der F.schen Musik-Sammlung 
befindet sich'heute in der Nationalbibliothek Wien. 
Lit : B. A. Wallner, Musikalische Denkmäler der 
Steinätzkunst des 16. u. 17. Jh. . . ., München 1912; 
dies.. Die Gründung d. Münchener Hofbibi, durch 
Albrecht V. u. J. J. F., ZfMwII, 1919/20; W. Maasen, 
Hans Jacob F., ZfMw II, 1919/20; R. Haas, Die 
Musikslg d. Nationalbibi., JbP XXXVH, 1930; E. 
Fr. Schmid, Artikel F., MGG. 

Fuhrmann, Georg Leopold, deutscher Laute- 
nist, Kupferstecher und Buchhändler, wirkte etwa 
1606-16 in Nürnberg und gab heraus: Testudo 
Gallo-Germanica (Nürnberg 1615), ein Lautenwerk 
in deutscher und französischer Tabulatur. Die 
Sammlung enthält Stücke verschiedener Kompo- 
nisten, darunter solche von Dowland und H. L. 
Häßler. 

Fuhrmann, Martin Heinrich, getauft 29. 12. 
1669 zu Templin (Uckermark), f nach 1745 wahr- 
scheinlich zu Berlin; deutscher Musiktheoretiker, 
studierte um 1692 in Halle und wurde in Berlin 
1695 Kantor der Neustadt und 1704 Kantor am 
Friedrich- W er derschen Gymnasium. F., einer der 
besten Theoretiker und Kritiker seiner Zeit, gab 
die Mehrzahl seiner Schriften in Pseudonymen her- 
aus: Musikalischer Trichter (Frankfurt an der Spree 
= Berlin 1706), Musica Vocalis in Nuce (Berlin 
1715), Musicalische Strigel (Athen an der Pleiße = 
Leipzig o.J.), Gerechte Wag-Schal (in dem Streit 
zwischen J. Meyer und Mattheson, Altona 1728), 
Das in unsem Opem-Theatris und ComoedienrBühnen 
Siechende Christenthum (Canterbury, d. h. in dem 
Wohnorte des Kantors, 1728), Die an der Kirchen 
Gotts gebauete Satans Capelle (Cölln am Rhein = 
Cölln bei Berlin, 1729), Die von den Iforten der 
Höllen bestürmete, Aber vom Himmel beschirmete 
Evangelische Kirche (Berlin 1730). 

Lit : C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang III, 
Lpz. 1847; A. C. Müller, Gesch. d. Friedrich-Wer- 
derschen Gymnasiums, Bin 1881 ; H. Reimann, Mu- 
sikalische Rückblicke I, Bin 1900; C. Sachs, Mg. d. 
Stadt Bin, Bin 1908; G. Schünemann, Gesch. d. 
deutschen Schulmusik I, Lpz. 1928, 21931. 

Fukui, Naoaki, * 17. 10. 1877 zu Toyama-Ken; 
japanischer Musikerzieher, studierte Musikerzie- 
hung und Musiktheorie an der Kaiserlichen Akade- 
mie. 1929 gründete er die Musashino-Hochschule 
für Musik, der er noch heute als Direktor vorsteht. 
F. ist Präsident der Gesellschaft der japanischen 
Musikhochschulen. Er schrieb eine Elementar- 
Harmonielehre (1908), ein Lehrbuch der Harmonie 
(1911) und eine Kontrapunktlehre (1930). 

Fulda, Adam von -* Adam von Fulda. 

Fuleihan (fule:h'a:n), Anis, * 2. 4. 1900 zu Ky- 
renia (Cypem) ; amerikanischer Komponist, er- 
hielt Klavierunterricht bei A. Jonis in New York 
und ging dann auf Konzertreisen in den USA und 
im Vorderen Orient. Nach seiner Rückkehr wirkte 
er ab 1931 als Dirigent. 1939 erhielt F. die Guggen- 
heim Fellowship zugesprochen. Er hat eine Pro- 
fessur für Komposition und Klavier an der Univer- 
sität von Indiana inne. F. schrieb Orchestermusik, 
darunter 2 Symphonien und Werke für KL, Va 
und Vc. mit Orch. sowie Klavierwerke, ein Strcich- 
und ein Bläserquartett. 


36* 


563 



Füller Maitland 


Füller Maitland (f'ufe), John Alexander, * 7. 
4. 1856 zu London, f 30. 3. 1936 zu Borwick Hall 
in Camforth (Lancashire) ; englischer Musikfor- 
scher, wurde 1879 Baccalaureus, 1882 Mag. art. 
(Cambridge), war 1889-1911 als Nachfolger Huef- 
fers Musikreferent der Times, Mitarbeiter von 
Groves Musiklexikon (Herausgeber des Supple- 
ments der 1. Auflage 1889 und Redakteur der 2. 
Auflage in 5 Bänden, 1904-10), hielt Vorlesungen 
über die Geschichte der englischen Musik, trat als 
Pianist in den Konzerten des Bach Choir auf und 
spielte das Harpsichord in historischen Konzerten. 
Mit W. Barclay Squire gab er 1899 das Fitzwilliam 
Virginal Book neu heraus (London und Leipzig 
21904). Weitere Ausgaben: English Carols of the 
15th Century (London 1891), English County Songs 
(mit L. Broadwood, London 1893) The Contempo - 
raries of Pureell (7 Hefte Cembalostücke; London 
und 'Genf 1921), At the Court of Queen Anne (20 
Cembalostücke; London 1923), Twenty-Five 
Pieces . . . fiom B. Cosyn 9 s Virginal Book (mitW. 
Barclay Squire, London 1923). Schriften : Schumann 
(London 1884), Catalogue of Music in the Fitzwilliam 
Museum (London 1893), Masters of German Music 
(London 1894), English Music of the 19th Century 
(London 1902), The Ageof Bach and Handel (= Band 
IV der Oxford History of Music, London 1904, 
21931), Joseph joachim (London 1905), Brahms (Lon- 
don 1911, deutsch von A. W. Sturm, Berlin 1912), 
The Suites of Bach (London 1924), The Music of 
Parry and Stanford (London 1934), A Door-Keeper 
of Music (Erinnerungen, London 1929). 

Lit. : H. C. Colles, J. A. F. M., Musical Times 
LXXVU, 1936. 

FumagglH, - 1) Disma, * 8. 9. 1826 zu Inzago 
(Mailand), f 9. 3. 1893 zu Mailand; italienischer 
Pianist, studierte am Mailänder Konservatorium 
und wurde 1857 Klavierlehrer an dieser Anstalt. 
Er schrieb über 300 Klavierwerke - meist Etüden -, 
darunter ein Grande Concerto As dur mit Streich- 
orch. op. 83, und Klavierauszüge. - 2) Adolfo, 

* 19. 10. 1828 zu Inzago, f 3. 5. 1856 zu Florenz; 
italienischer Pianist, Bruder von Disma F., studierte 
1837-47 bei Angeleri und Ray am Mailänder Kon- 
servatorium, wurde dann schnell als Virtuose be- 
rühmt. Er schrieb über 100 Klavierstücke, darunter 
viele Transkriptionen von Opemmdodien. - 3) 
Polibio, * 26. 10. 1830 zu Inzago, f 21. 6. 1900 
zu Mailand; italienischer Organist, Bruder der 
vorigen, studierte am Mailänder Konservatorium 
und wurde 1873 Orgellehrer an dieser Anstalt. Er 
schrieb Klavier- und Orgelstücke sowie Kammer- 
musik. - 4) Luca, * 29. 5. 1837 zu Inzago, t 5. 6. 
1908 zu Mailand; italienischer Pianist, Bruder der 
vorigen, wirkte eine Zeitlang am Konservatorium 
von Philadelphia, dann in Mailand. Er schrieb 
außer virtuosen Klavierstücken eine Oper Luigi XI 
(Florenz 1875) und eine Sinfonia marinaresca. Ein 
weiterer Bruder, Vincenzo F., war Komposi- 
tionslehrer am Mailänder Konservatorium. - 5) 
Mario, * 4. 9. 1864 zu Mailand, f 17. 9. 1936 zu 
Rom; italienischer Baritonist und Schauspieler, 
Sohn von L. F., war Regisseur und lehrte Musik- 
geschichte am Conservatorio di Santa Cedlia in 
Rom. 

Fumet (füm'e), Dynam-Victor, * 4. 5. 1867 zu 
Toulouse, f 2. 1. 1949 zu Paris ; französischer Kom- 


ponist, ging 1885 nach Paris, wo er am Conserva- 
toire Unterricht bei C. Franck (Orgel) und Guiraud 
(Komposition) erhielt, wurde 2. Organist an 
Sainte-Clotüde, dann Kapellmeister des Cabaret 
»Chat Noir«, Organist in Lescar (Basses-Pyr6ndes) 
und Juilly bei Paris, bis er 1910 die Organisten- 
stelle an Saint-Anne in Paris erhielt. F. schrieb in 
einem persönlichen, von den Zeitströmungen we- 
nig beeinflußten Stil: ein Oratorium Sainte-Gene- 
vieve (1918), ein Requiem (1948), Motetten, Chöre 
und Ueder, Orchesterwerke (Les trois dmes 1917; 
Transsubstantiation 1920; Vinus sortant des eaux 
1934; Voie lactie 1941; La prison glorifiie 1943), 
Kammermusik, Orgel- und Klavierstücke. 

Funck, D a vid (auch Funcdus), * um 1630, f nach 
1690 bei Amstadt; deutscher Komponist, studierte 
1673 in Jena die Rechte und Musik und war 1677 
Sekretär der Herzogin Eleonore von Holstein- 
Norburg. F., der Violine, Viola, Clavichord und 
Gitarre vorzüglich beherrscht haben soll, wurde 
dann Organist und Lehrer an einer Mädchenschule 
in Wunsiedel. Zeitweise soll er auch Kantor in sei- 
nem vermutlichen Geburtsort Reichenbach im 
Vogtland gewesen sein. F. schrieb Stricturae Viola- 
di Gambicae (Leipzig-Jena-Rudolstadt 1677), mit 
43 Tänzen und Instrumentalstücken für 4 gleiche 
Gamben, sowie Disputationem Academicam (Jena 
1673). Sein Compendium Musices ist nicht erhalten. 
Ausg. : Allemande, hrsg. v. E. Mohr, Die Allemande 
II, Zürich 1932; Sonaten-Suite, hrsg. v. M. Seiffert, 
= Organum III, 34, Lpz. 1938. 

Lit. : K. Nef, Gesch. der Sinfonie u. Suite, = Kleine 
Hdb. d. Mg. nach Gattungen XIV, Lpz. 1921. 

Funtek, Leo, * 21. 8. 1885 zu Laibach; finnischer 
Violinist von österrdchischer Herkunft, studierte 
am Konservatorium in Ldpzig, ging 1906 nach 
Helsinki als Konzertmeister des Philharmonischen 
Orchesters, war 1909-10 Dirigent in Wiipuri 
(Viborg), 1911-14 und wieder ab 1919 Violin- 
lehrer am Konservatorium in Helsinki, 1914-19 
Konzertmeister an der Hofkapelle in Stockholm, 
srit 1925 1. Kapellmeister an der Finnischen 
Oper in Helsinki. F. wirkt in Helsinki auch als 
Musikkritiker und angesehener Konzertbegleiter 
und setzt sich als Dirigent besonders für Bruckner 
ein. Er schrieb: Arrangements für Kl., V. und Kl. 
sowie zahlrdche Arrangements und Transkriptio- 
nen für Orch., darunter eine Bearbdtung von 
Mussorgskijs »Bilder einer Ausstellung«. 

Furchheim, Johann Wilhelm (Forchheim), 

* um 1635 wohl zu Dresden, f 22. 11. 1682 zu 
Dresden; deutscher Komponist, wurde in Dresden 
1651 Orchesterschüler, 1655 als Violinist einge- 
stellt, 1666 Hoforganist, 1680 Konzertmeister und 
1681 Vizekapdlmdster. F. ist einer der bedeuten- 
deren Violinkomponisten seiner Zdt; im Druck 
erschienen Musicalische Taffel-Bedienung für 2 V., 

2 Violen, Vc. und B.c. (Dresden 1674) und Aus- 
erlesenes Violin-Exercitium , 5st. Kammersonaten 
(Dresden 1687, nicht erhalten). Handschriftlich 
erhalten sind fünf 3-7st. Sonaten in Uppsala und 
eine Choralarbeit mit Instrumenten in der Berliner 
Bibliothek. F. schrieb auch Ritomelle zu einem 
Teil der nachgelassenen Arien von A. Krieger. 
Ausg.: 2 Sonaten aus der »Mus. Taffeibedienung«, 
hrsg. v. H. Riemann, Coli. mus. LX. 

Lit.: H. Osthoff, A. Krieger, Lpz. 1929. 


564 



Furtwängler & Hammer 


Furlan^tto, Bonaventura, mit dem Beinamen 
Musin, * 27. 5. 1738 und f 6. 4. 1817 zu Venedig; 
italienischer Komponist, wurde frühzeitig Gesang- 
lehrer, 1768 Dirigent der Aufführungen des Os- 
pedale della Pietä und erregte als Dirigent, Orgel- 
spieler und als Komponist von Kirchenmusik gro- 
ßes Aufsehen. 1794 wurde er provisorischer, 1797 
wirklicher 2. Kapellmeister und wenig später 
Nachfolger Bertonis als 1. Kapellmeister an San 
Marco, 1811 auch Lehrer für Fuge und Kontra- 
punkt am Istituto Filarmonico. Er schrieb viele 
Messen, Magnificat, Lamentationen, Oratorien und 
Kantaten sowie einen Trattato di contrappunto . 

Lit.: F. Caffi, Della vita e del comporre di B. F., 
Venedig 1820. 

Furlan$tto,PierLuigi,*27. 2. 1849zuMogliano 
(V enezien), "f 7. 9. 1880 zu Venedig; italienischer 
Komponist, schrieb Messen, Kantaten und Opern. 

Furno, Giovanni, * 1. 1. 1748 zu Capua, f 20. 
6. 1837 zu Neapel; italienischer Komponist, wurde 
ausgebildet am Conservatorio di Sant’Onofrio in 
Neapel und war ab 1775 lange Jahre Komposi- 
tionslehrer an den Konservatorien di Sant’Onofrio, 
della Pietä und die San Sebastiano sowie ab 1808 
am Real Collegio di Musica, zu welchem die ge- 
nannten Anstalten vereinigt wurden. Zu seinen 
Schülern zählen Mercadante, Bellini, Costa und 
Lauro Rossi. Er schrieb 2 Opern, ein Miserere, eine 
Symphonie und kleinere Stücke. 

Furstner, Otto Fürstner. 

Fyrtwängler, Wilhelm, * 25. 1. 1886 zu Berlin, 
f 30. 11. 1954 zu Baden-Baden; deutscher Diri- 
gent, Sohn des Archäologen Adolf F., verließ früh 
die Schule und wurde durch Privatunterricht bei 
W. RiezLer und dem Archäologen Ludwig Curtius 
sowie durch einen längeren Aufenthalt bei dem 
Bildhauer Adolf Hildebrand in Horenz in die 
Geisteswelt des deutschen Idealismus eingeführt; 
Musik studierte er zuerst bei Beer-W albrunn, 
dann bei Rheinberger und Schillings, war 1908 bis 
1909 Korrepetitor unter Mottl, Kapellmeister in 
Straßburg, 1911-15 in Lübeck. 1915-20 war er als 
Nachfolger Bodanzkys Opemdirektor in Mann- 
heim, 1919-24 auch Dirigent des Wiener Ton- 
künstler-Orchesters, 1920-22 Nachfolger von R. 
Strauss als Dirigent der Symphoniekonzerte der 
Berliner Staatsoper sowie als Leiter der Frank- 
furter Museumskonzerte Nachfolger von W. 
Mengdberg, ab 1921 auch Konzertdirektor der 
Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Er wurde 
1922 Nachfolger von Nikisch als Dirigent der 
Leipziger Gewandhauskonzerte (bis 1928) und des 
Berliner Philharmonischen Orchesters, mit dem er 
vide Reisen unternahm. 1927 verlieh ihm die Uni- 
versität Hdddberg den Dr. phil. h. c. Die Stadt 
Berlin ernannte ihn 1928 zum »Städtischen Gene- 
ralmusikdirektor«. F. übernahm 1931 die musika- 
lische Ldtung der Bayreuther Festspide, wurde 
1933 Direktor der Berliner Staatsoper, Vizepräsi- 
dent der Rdchsmusikkammer und Preußischer 
Staatsrat, trat aber, weil er sich in seinen künsde- 
rischen und organisatorischen Rechten gehindert 
sah, am 4. 12. 1934 von allen Ämtern zurück. Den 
unmittelbaren Anlaß hierzu gab sein Eintreten für 
Hindemith. Mit einem Beethoven-Konzert am 
25. 4. 1935 nahm er seine öffentliche Tätigkeit 


wieder auf, in der Meinung, er könne sich von der 
Politik seiner Zeit femhalten. Bei seinem ersten 
Auftreten nach 1945 in Berlin am 25. 5. 1947 diri- 
gierte er das gleiche Beethoven-Programm. In der 
Folge entfaltete er wieder eine rege Tätigkeit als 
Dirigent der Berliner (deren Dirigent auf Lebens- 
zeit er 1952 wurde) und Wiener Philharmoniker 
sowie des London Philharmonia Orchestra (mit 
allen auch vide Schallplattenaufnahmen und Rd- 
sen), der Wiener Staatsoper, der Scala in Mailand 
und an den Festspielen von Salzburg, Luzern, 
Besancon und Edinburgh. F. hat die technischen 
Einzelheiten des Dirigierens weniger beachtet, 
doch verstand er in hohem Maße, seine künstle- 
rischen Vorstellungen durch suggestive Zdchen- 
gebung auf das Orchester zu übertragen. Vor 
allem setzte er sich für die Opern Mozarts und 
Wagners und die symphonischen Werke Beetho- 
vens, Schumanns, Bruckners und Brahms* (von 
den großen Meistern neuerer Musik nur für Hinde- 
mith) ein, die er in nachromantischem Verständnis 
als dramatische Kunstwerke interpretierte, bei ein- 
dringlicher Nachzeichnung aller Stimmungsnuan- 
cen. F.s faszinierende Persönlichkeit verkörpert 
eindrücklich die Größe, aber auch Gefährdung des 
deutschen Künstlertums in der jüngsten Ver- 
gangenheit. In der Lebensarbeit F.s nehmen seine 
Kompositionen einen bedeutenden Platz ein, mit 
denen er an den späten Beethoven und das Sym- 
phonie- und Sonatenschaffen der Spätromantik 
anknüpft: I. Symphonie D dur (1903), 2 Faust- 
Chöre (1904), Adagio Hmoll für Orch. (1906), 
Te Deum für Soli, Chor und Orch. (1910), Kla- 
vierquintett (1935), Symphonisches Konzert H 
moll für Kl. und Orch. (1937), I. Violinsonate 
D moll (1937), II. Violinsonate D dur 1940), 
II. Symphonie Emoll (1947), I II. Symphonie 
Cismoll (1954). Schriften: Der Fall Hindemith 
(Deutsche Allgemeine Zeitung 25. 11. 1934); 
Brahms , Bruckner (Reclams Universal-Bibliothek 
7515, Leipzig 1941; 21952) ; Gespräche über Musik 
(herausgegeben von W. Abendroth, Zürich 1948, 
21949, englisch als »Conceming Music« London 
1953); Ton und Wort (gesammelte Aufsätze und 
Vorträge, Wiesbaden 1954) ; Der Musiker und sein 
Publikum (herausgegeben von M. Hürlimann, 
Zürich und Freiburg im Breisgau 1955); Ver- 
mächtnis (herausgegeben von S. Brockhaus, Wies- 
baden 1956). 

Lit.: R. Specht, W. F., Wien 1922; A. Einstein, W. 
F., in : Von Schütz bis Hindemith, Zürich u. Stuttgart 
(1957); O. Schrenk, W. F., Bin 1940; Fr. Herzfeld, 
W. F., Lpz. 1941, stark verändert 21950; ders., Magie 
d. Taktstocks, Bin 1953 ; B. Geissmar, The Baton and 
the Jackboot, London 1944, deutsch als Musik im 
Schatten d. Politik, Zürich (1945), viele Neuauflagen 
u. Übersetzungen; L. Curtius, Deutsche u. antike 
Welt, Stuttgart 1950; W. Sdbbert, F., Buenos Aires 
1950; C. Riess, F., (Bern 1953), engl. Übers, v. M. 
Goldsmith, London 1955; B. Gavoty-R. Hauert, 
W. F., Genf (1954); W. F., im Urteil seiner Zeit 
(mit Beiträgen v. A. Schweitzer, E. Ansermet, A. 
Honegger, P. Hindemith, W. Riezler u. a.), hrsg. v. 
M. Hürlimann, Zürich-Freiburg i. Br. (1955). - Die 
Programme d. Konzerte mit d. Berliner Philharmo- 
nischen Orch. 1922-1954, hrsg. v. P. Wackernagel, 
Wiesbaden 1958. 

Fyurtwängler & Hammer, norddeutsche Orgel- 
bauanstalt, gegründet 1838 von Philipp F. (* o. 4. 
1800 zu Furtwangen im Schwarzwald, f 14. 11. 


565 



Furuhjelm 


1868 zu Elze bei Hannover), fortgeführt von dessen 
Söhnen Wilhelm F. (t 1883) und Pius F. (* 14. 
7. 1841, 1 16. 1. 1910). 1883 wurde die Fabrik nach 
Hannover verlegt, wo sie seit dem Eintritt des 
Orgelbauers Adolf Hammer (* 6. 4. 1854 zu 
Herzberg am Harz, f 5. 3. 1921 zu Hannover) 
als P. Furtwängler & Hammer firmiert. 
Ihr Hauptwirkungskreis ist Norddeutschland; 
doch baute und baut sie auch für das Ausland, be- 
sonders für Schweden. Bis jetzt gingen aus der 
Werkstatt über 1000 Orgelwerke hervor, darunter 
über 50 mit 40 und mehr Stimmen. Einige der be- 
deutendsten Werke sind: Wohlenbüttel (Haupt- 
kirche, 60 St.), Bremen (St. Ansgarii, 52 St.), 
Braunschweig (Dom, 86 St.), Hildesheim (Dom, 
54 St.), Berlin-Schöneberg (Paul-Gcrhardt-Kirche, 
67 St.), Berlin-Wilmersdorf (Auen-Kirche, 62 St.), 
Celle (Stadtkirche, 74 St.), Kassel (Stadthalle, 65 
St.), Hannover (Stadthalle, 124 St. mit elektri- 
schem Femwerk), Verden an der Aller (Dom, 
54 St.). Die Werke der Firma, die sich auch eigene 
Erfindungen (Registerschweller, double-acting) 
patentieren ließ, zeichnen sich durch den weichen 
und fundamentgebenden, auf klassischer Grund- 

S s (anlehnend an Silbermann, Arp Schnitger und 
debrandt) beruhenden Prinzipalton aus. - Neu- 
erdings baut die Anstalt im Verein mit E. F. 
Walcker & Cie., Ludwigsburg, und W. Sauer, 
Frankfurt an der Oder, die von Dr. Hans Luedtke 
erfundene »Oskalyd-Orgel«. Nach dem alten 
»Werk«-prinzip im Sinne der Orgelreform gebaute 
Instrumente sind die Orgel der Marienkirche in 
Göttingen und die Pauluskirchenorgel in Han- 
nover. 

Lit: Die neue Orgel in der St. Marienkirche zu Göt- 
tingen, hrsg. v. Chr. Mahrenholz, Göttingen 1926, 
Kassel 21931. 

Fgruhjelm, Erik Gustaf, * 6. 7. 1883 zu Helsinki; 
finnischer Komponist, studierte bei Sitt (Violine), 
Sibdius (Komposition) und Wegdüus sowie 1906 
bis 1908 mit Staatsstipendium in Wien (R. Fuchs), 
München und Paris. 1909-35 war er Theorie- und 
Kompositionslehrer, 1920-35 auch Prodirektor am 
Konservatorium in Helsinki. F. wirkte als Musik- 
kritiker 1912-14 an Dagens Tidning und 1915-20 
an Dagens Press. Er. schrieb: 2 Symphonien, Ro- 
mantische Ouvertüre, Orchester-Suite Fern bilder 
(früher Exotica genannt), Intermezzo und Pastorale 
für Orch., Konzertstücke für V. und für Kl. mit 
Orch., Klavierquintett C moll und ein Streichquar- 
tett. Er ist der Verfasser eines Buches über Jean 
Sibelius (Stockholm 1917). 

Fussan, Werner, * 25. 12. 1912 zu Plauen; deut- 
scher Komponist, lebt in 
An der Staatlichen Hochschule für Musik in 
Berlin studierte er Komposition bei Gmeindl 
und Hofier. 1946 ging er als Lehrer für Ton- 
satz und Komposition nach Wiesbaden, 1948 
in gleicher Stellung ans Staatliche Institut für 
Munk nach Mainz. Erschienen sind von ihm Musik 
Jur Streichorch. (1943), Musik Jür Orch. (1947), Vor- 
spiel für Orch. (1947), 2. Sonatine für EL 
(1947), Musik JUr FL und Kl. (1947), Capriccio für 
Orch. (1949), Musik jür V. und KL (1949), Musik 
für Streicher , KI, Schlagzeug und Pauken (1950), 
Suite für Streicher (1951), Streichtrio Nr 1 (1953), 


Concertino für Fl. und Streichorch. (1957), Kleine 
Suite für Streichorch. (und Bläser ad libitum; 
1958), Chor- und Schulmusik. 

Fetterer, Carl, * 21. 2. 1873 zu Basel, "f 5. 11. 
1927 zu Ludwigshafen; Schweizer Komponist, 
Theorieschüler von Hans Huber, lebte erst in Basel, 
wurde 1925 Lehrer für Theorie und Komposition 
an der Mannheim-Ludwigshafener Musikhoch- 
schule. Er schrieb : Mannerchöre, Lieder, das Melo- 
dram Der Gott und die Bajadere , Orchesterstücke 
sowie die Opern Der Geiger von Gmünd , Don Gil 
von den grünen Hosen , Das Damenduell und Rosario. 

Fux, Johann Joseph (Fuchs), * 1660 zu Hirten- 
feld bei St. Marein (Steiermark), f 14. 2. 1741 zu 
Wien; Österreichischer Komponist und Musik- 
theoretiker, 1696-1702 Organist am Schottenstift 
in Wien, 1698 Hofkompositeur des KLaisers, 1705 
2. Kapellmeister am Stefansdom, 1713 Vizehof- 
kapellmeister und 1715 1. Hof kapellmeister (Nach- 
folger Zianis), daneben 1713-15 noch Kapellmei- 
ster der Kaiserin Amalie. F. hat eine große Anzahl 
kirchlicher Werke geschrieben, so über 70 Messen, 
mehrere Requiem, 57 Vespern und Psalmen, Hym- 
nen, Einzelsätze des Ordinarium und Propnum 
Missae, ferner 11 Oratorien, 18 Opern ( Elisa, diri- 
giert von Karl VI.) und eine große Zahl von In- 
strumentalwerken (Partiten, Sinfonie, Sonaten, 
Klavierstücke). Nur ein kleiner Teil davon er- 
schien im Druck, nämlich die Festoper Elisa , der 
Concentus musico-instrumentalis (1701, 7 Orchester- 
suiten), Missa canonica (ein kontrapunktisches 
Prunkstück), 38 Triosonaten für 2 V. und B.c. 
(handschriftlich erhalten in der Bibliothek des Brüs- 
seler Konservatoriums) und vor allem sein berühm- 
tes theoretisches Werk Gradus ad Pamassum , sive 
manuductio ad compositionem musicae regulärem, me- 
thode nova . . . (lateinisch Wien 1725; deutsch von 
Mizler, mit Anmerkungen, Leipzig 1742; italie- 
nisch von Manfredi, Carpi 1761 ; französisch von 
Denis, Paris 1773; englisch von Preston, 1770), das 
noch heute, vor allem in Deutschland, im Kontra- 
punktunterricht verwendet wird. Seine Modi (sechs 
authentische und fünf plagale) sind von Dur und 
Moll aus rekonstruiert, sein Kontrapunkt ist vom 
Generalbaß her gewonnen. Während F. in seinem 
Opemschafien ältere Züge und die Wiener Lokal- 
tradition mit Neuerungen der neapolitanischen 
Oper verbindet, sind seine Instrumentalwerke stark 
von Corcllischen Stilelementen bestimmt. Seine 
kirchlichen Werke dagegen knüpfen an ältere, tra- 
ditionelle Kontrapunkttechniken an und erweisen 
F. darüber hinaus als Vertreter einer Palestrina- 
Renaissance, was im 19. Jh. zu einer einseitigen Ver- 
kennung von F.s Stellung als größtem Repräsen- 
tanten des musikalischen Barock in Österreich 
führte. 

Ausg.: (zitiert werden nur d. Denkmäler- Ausg. ; An- 
gaben über Einzelausg. vgl. in MGG). - 4 Messen 
(2 a cappella, 2 mit Instr.n) hrsg. v. J. E. Habert, 
DTÖ I, 1 ; 27 Motetten für 4 oder 5 Singst, allein, 
oder mit Org. u. Instrumentalbegleitung a cappella, 
hrsg. v. J. E. Habert, DTÖ II, 1 ; Zwei Kirchensona- 
ten u. zwei Ouvertüren (Suiten), hrsg. v. G. Adler, 
DTÖ IX, 2; die Oper Costanza e fortezza, hrsg. v. 
E. Wellesz, DTÖ XVII; dies., hrsg. v. G. P. Smith, 
Smith College Music Archives II; Concentus musico- 
instmmentalis, hrsg. v. H. Eietsch, DTÖ XXIII, 2; 
Ausgew. Werke für Tasteninstrumente (7 Sonaten), 


56 6 



Fuzelier 


hrsg. v. E. Schenk, DTÖ 85; eine deutsche Teil- 
ausg. d. Gradus ad Pamassum v. A. Mann erschien 
1938 in Celle; engl. Übers, v. A. Mann, Steps to 
Pamassus, NY 1943. 

Ut.: L. v. Köchel, J. J. F., Wien 1872 (darin Werk- 
verz. u. thematischer Kat); C. Schnabl, J. J. F., d. 
österreichische Palestrina, in: Jb. d. Leo-Ges., Wien 
1895; H. Rietsch, Der »Concentus« v. J. J. F., 
StMw IV, 1916; V. Halpern, .Die Suiten v. J. J. F., 
Diss. Wien 1917; K. Jeppesen, J. J. F. u. d. moderne 
Kontrapunkt-Lehre, Kgr.-Ber. Lpz. 1925; Fr. Brenn, 
Die Meßkomposition d. J.J. F., Diss. Wien 1931; 
A. Liess, Die Triosonaten v. J. J. F., Bin 1940; ders., 
J. J. F., ein steirischer Meister d. Barock, nebst Verz. 
neuer Werkfunde, Wien 1947; ders.. Neues aus 
d. biogr. J. J. F.-Forschung, Mf V, 1952; H. Birt- 
ner, J. J. F. u. d. musikalische Historismus, DMK 


VII, 1942; K. H. Holler, G. M. Bononcini’s musico 
prattico . . ., Diss. Mainz 1955 (maschr.); vgl. auch 
die Vorworte in den zitierten Bden der DTÖ. 

Fuzelier (füzdlj'e), Louis, * wahrscheinlich 24. 
10. 1674 und f 19. 9. 1752 zu Paris; französischer 
Textdichter, leitete mit la Bru&re ab 1744 den Mer- 
cure de France, an dem er schon seit 1721 als Re- 
dakteur tätig gewesen war, und schrieb eine große 
Zahl (etwa 200) Opern, Lustspiele mit Musik, 
Marionettenstücke und Dramen ohne Musik, dar- 
unter den Text zu Rameaus Les Indes galantes . F. 
schrieb bzw. bearbeitete die Musik (oder musi- 
kalischen Einlagen) zu einer großen Anzahl seiner 
Stücke, doch sind davon nur einige Melodien er- 
halten. 


567 



G 


Ga&l, Jenö, * 1906 zu Zölyom; ungarischer 
Komponist, war an der Musikhochschule Buda- 
pest Schüler von Koddly. Er schrieb zahlreiche 
Orchesterwerke (darunter 2 Suiten), 2 Klavierkon- 
zerte, Chorwerke und Kammermusik (2 Streich- 
quartette). 

Gabitschw^dse, Rewas Kondratjewitsch, * 29. 
5. (11. 6.) 1913 zu Tiflis; georgischer Komponist, 
1931-34 in Tiflis als Theaterkapellmeister tätig, 
lehrt seit 1938 am dortigen Konservatorium In- 
strumentation. Sein Schaffen gilt vornehmlich 
populären Kunstformen (Operette Strekosa 1952), 
doch schrieb er auch eine Sonate für V. solo (1936), 

2 Streichquartette (1946 und 1955), Konzerte und 
Orchesterstücke sowie ein Nationaloratorium 
Witjas w tigrowoi schkure (»Wirias im Tigerfell«, 
1938). 

Gabler, Joseph, * 6. 7. 1700 zu Ochsenhausen, 
t 8. 11. 1771 zu Bregenz; deutscher Orgelmacher, 
Sohn des aus Ochsenhausen gebürtigen Zimmer- 
manns Johann G., war ab 1719 in Mainz in der 
Lehre bei dem Orgelmacher J. P. Geißel, dem 
Hofzimmermeister A. Ziegenhom (f 1720) und 
dessen Sohn und Nachfolger (t 1726). G. heiratete 
1729 die Witwe Ziegenhoms d.J., hatte wohl 
dessen Werkstatt übernommen und lebte dann, in 
Ochsenhausen, auch wieder in Mainz, in Wein- 
garten (bei Ravensburg), Memmingen, 1763-68 
in Ravensburg, zuletzt in Bregenz, wo er über dem 
Bau der Stadtkirchenorgel starb. - Von seinen 
Orgelbauten sind erhalten: Klosterkirche Ochsen- 
hausen (1729) mit 49 St. auf 3, ursprünglich 4 
Manualen, Münster Weingarten (1737-50) mit 
66 St. auf 4 Manualen, Wallfahrtskirche Maria- 
Stainbach bei Memmingen (1755-59) mit 20 St. 
auf 2 Manualen (stark verändert), Teile der jetzigen 
Orgel in der Schloßkirche von Zeil (über Leut- 
kirch). - G. gilt neben Riepp als der bedeutendste 
Orgelmacher Oberschwabens. Er baute reich aus- 
gestattete Prinzipal-, Streich- und Mixturchöre 
und besaß eine Vorliebe für Nebenzüge (Glocken- 
spiele, Kuckuck, Nachtigall usw.). Seine Kornette 
gehören zum Prinzipalchor und damit zum Ple- 
num. Statt der älteren Registemamen (z. B. Bär- 
pfeife und Krummhora) wählte er die neueren 
(Vox Humana und Oboe). Anstelle des Spiel- 
schrankes baute er den frei stehenden Spieltisch. 
Das barocke Gruppenprinzip der Disposition gab 
er weitgehend auf und entwickelte eine offene 
Form des Prospektes, die mit dem schlesischen 
Orgelbau (Engler) verwandt ist. Seine phantasie- 
vollen Orgelgehäuse machen der Kunst des Zim- 
mermeisters alle Ehre, vor allem der viertürmige, 

3 großflächige Fensterpaare umschließende Auf- 
bau der Hauptorgel in Weingarten mit dem Con- 
trabaß 32' im Prospekt, den 3 brückenartigen Frei- 
werken, 2 Brüstungspositiven und dem über den 
beiden Mitteltürmen gespannten Kronpositiv (mit 


4 Registern). J. A. Sübermann freilich wollte es 
nicht gutheißen, wenn der Prospekt einer Orgel 
»in der ganzen Kirche herumgestreut wird«. Die 
Orgelbauart G.s wurde fortgeführt durch den 
Riepp-Schüler Holzhay und durch J. Höß. 

Lit.: Fr. BÄrnwik, Die große Org. im Münster zu 
Weingarten, Weingarten (1922), Kassel 4 1947; P. 
Smets, Die große Org. der Abtei Weingarten, Mainz 
1940; W. Supper u. H. Meyer, Barockorgeln in 
Oberschwaben, =■ VeröfF. d. Württ. Landesamts f. 
Denkmalpflege VHI, Kassel (1941); Der Barock, 
seine Orgeln u. seine Musik in Oberschwaben (zu- 
gleich Ber. über d. Orgeltagung in Ochsenhausen), 
hrsg. v. W. Supper, Bln-Darmstadt 1952, darin: A. 
Gottron, J. G. in Mainz. 

Gabriel!» Andrea, * um 1510 zu Venedig im 
Stadtteil Canareggio (daher G. da Canareio ge- 
nannt), f Ende 1586 zu Venedig ; italienischer Kom- 
ponist, nach früherer, jedoch nicht bewiesener An- 
nahme Schüler Willaerts, 1536 Kapellsänger an der 
Markuskirche, in den 1540er Jahren wohl im Um- 
kreis von V. Ruffo in Verona, in den 1550er Jahren 
Organist an St. Geremia in Venedig, 1564 Nach- 
folger von Merulo als 2. Organist, 1585 als 1. 
G. ist einer der einflußreichsten und größten Mei- 
ster der Renaissance-Zeit überhaupt; er hat wohl 
am meisten dazu beigetragen, einem harmonisch 
flüssigeren und architektonisch flächigeren Stil 
zum Siege zu verhelfen, vor allem einer farbigeren 
Dur- und Mollharmonik im modernen Sinne. 
Seine Vielseitigkeit erstreckt sich auf alle Gebiete, 
wobei er in der Kirchenmusik der Mehrchörigkeit 
bereits breiten Raum gewahrte; an diese Vokal- 
kunst mit Instrumenten konnte der Neffe Gio- 
vanni G. unmittelbar ariknüpfen. Ebenso einfluß- 
reich war G. in der geselligen Musik, da seine 
Madrigale, besonders auch die heiteren Lieder, 
stark beachtet wurden; die Chöre zum Edipo Ti - 
ranno deklamieren homophon. Ebenso vorzüglich 
ist die Instrumentalmusik vertreten, zunächst für 
Orgel, dann für Instrumentenensemble. Auf allen 
Gebieten richtunggebend hat G. auch durch seine 
Schüler gewirkt. Die bedeutendsten sind: der 
Neffe Giovanni G., der nach A. G.s Tode 1587 
die vielbeachteten Concerti zusammen mit eigenen 
Werkern herausgab, die Deutschen H. L. Häßler 
und Aichinger; auch zur Familie Fugger hatte A. 
G. Beziehungen. Erhaltene Werke (alle in Vene- 
dig erschienen) : 5st. Sacrae cantiones (1565) ; 3 Bü- 
cher 5st. Madrigale (1566, 1570, 1589); 3st. 
Greghesche et lustiniane (1571) ; 6st. Messen (1572) ; 
2 Bücher 6st. (1574 und 1580) und ein Buch 3st. 
Madrigale (1575); ein Buch 4st. Ecclesiasticarum 
cantionum (1576); 6st. Psalmi Davidici (1583); 
6-1 6st. Concerti di Andrea et di Gio: Gabrieli (1587) ; 
3-6st. Chori in musica . . . della Tragedia di Edipo 
Tiran.no (1588; nach der Übersetzung von Orsatto 
Giustinian); 4st. Madrigali et Ricercari (1589); In- 
tonationi d'organo (1593, mit 4 Tokkaten; enthalten 


568 



Gabrieli 


auch Stücke Giovanni G.s); Buch II, IE, V und VI 
der Instrumentalstücke erschienen mit dem Titel 
Ricercari (II, 1595; DI, 1596), Canzoni allaßancese 
et Ricercari ariosi (V, 1605) und Canzoni alla francese 
(VI, 1605; erstmals vermutlich 1571 erschienen). 
Einz el n es findet sich in P. Phalfcses Harmonia celeste 
(1593), Symphonia angelica (1594) und Musica divina 
(1595), 2 5st. Sonette inZuccarinis Corona di dodeci 
sonetti (1586). Seine doppelchörigen Festgesänge 
für den Empfang Heinrichs HI. von Frankreich 
(1574) stehen in Gardanos oben erwähnten Con- 
certi di Andrea et di Giov: Gabrieli (1587), 3 Masche- 
raten und 3 Giustiniane in Mascherate de A. G. et 
altri autori (1601). Viele Motetten wurden in deut- 
sche Sammlungen übernommen, so 17 in Fr. 
Lindners Continuatio cantionum sacrarum (1588), 6 in 
Lindners Corollarium (1590), 3 in E. Bodenschatz’ 
Florilegium (1603), 16 in C. Häßlers Sacrae sym - 
phoniae (1603), 5 in E. Bodenschatz’ Florilegium 
Portense (1618). 

Ausg.: eine 5st. Motette, ein 6st. Psalm, ein 8st. und 

7 4st. Ricercari sowie 2 8st. Battaglie, hrsg. v. G. 
Benvenuti in: Istituzioni e monumenti dell'arte mus. 
in Italia I (darin auch Biogr. u. Werkverz.). - GA d. 
Orgelwerke, hrsg. v. P. Pidoux, 3 Bde, Kassel 1941-43 ; 

8 Intonazioni f. Org. in Guilmant-Pirro X; 4 Orgel- 
stücke in Taoliapietra Ant. I u. V; 3 Orgelstücke in 
Torchi III; 2 Orgelstücke in Davison-Apel Anth. 
I, 135-136, je eines hrsg. v. J. Bonnet (Hist. Organ 
Recitals I, Boston 1917) u. J. Wolf (Sing- u. Spiel- 
musik, = Wiss. u. Bildung CCXVIII, Lpz. 1926, 
21931). - Je eine Instrumentalkanzone hrsg. v. H. 
Riemann (in: Alte Kammermusik) u. M. Wailes 
(London 1948). - 13 Motetten u. eine Missa Brevis, 
hrsg. v. C. Proske u. J. Schrems in Musica Divina I, 
1, I, 2, II, 2, davon d. Motette Maria Magdalena, 
auch Della Corte Scelta 49; eine 6st. Messe, hrsg. 
v. C. Proske in Selectus novus Missarum II, 2; Die 
sieben Bußpsalmen, hrsg. v. Br. Grusnick, Kassel 
1936; 5 Kirchenwerke aus d. Concerti (1587), 5-1 6st, 
hrsg. v. G. D’Alessi, = I Classici mus. ital. V; 
3 Motetten in Torchi III; einzelne Motetten in 
Schering Beisp. 130, hrsg. v. H. B. Collins (London 
1921) u. Ch. S. Terry (London 1931); je 3 Madrigale 
in Torchi III u. hrsg. v. A. Einstein in DTÖ XLI 
(« Bd 77); 2 Madrigale, hrsg. v. M. Zanon, Turin 
1922, je eines hrsg. v. A. Einstein (in: The Golden 
Age of the Madrigal, New York 1942) u. H. Engel 
(in: Das mehrst. Lied, = »Das Musikwerk«, Köln 
1952). 

LiL: W. J. v. Wasielewski, Gesch. d. Instrumental- 
musik, Bin 1878, darin 7 Stücke v. G.; A. G. Ritter, 
Zur Gesch. d. Orgelspiels, 2 Bde, Lpz. 1884 (in Bd II 
eine Fantasia G.s), neue Bearb. v. G. Frotscher als: 
Gesch. d. Orgelspiels, Bd I Bin 1935; H. Leichten- 
tritt, Gesch. d. Motette, = Kleine Hdb. d. Mg. 
nach Gattungen II, Lpz. 1908; O. Kinkeldey, Org. 

u. Kl Lpz. 1910, darin G.s Intavoüerung einer 

Lassus-Chanson; A. Einstein, Ital. Musik... am 
Kaiserhof, StMw XXI, 1934; ders., The Greghesca, 
Journal of Renaissance and Baroque Music I, 
1946/47; ders., The Ital. Madrigal, 3 Bde, Princeton 
1949, in Bd III 6 Stücke G.s; H. Schultz, Das Ma- 
drigal als Formideal, — PäM X, Lpz. 1939; L. 
Schrade, »L'Edipo Tiranno« ...» in: Musique et 
po6$ie au XVI e s., Colloques intemationaux du Centre 
National de la Recherche Sdentifique, Sciences hu- 
maines, V, Paris 1954. HB 

Gabrieli, Giovanni (in Briefen: Gabrielli), 

* 1557 und f 12. 8. 1613 (das Datum 1612 beruht 
auf einer venezianischen Lokaldatierung) zu Vene- 
dig, Neffe von Andrea G.; italienischer Kompo- 
nist, lebte 1575-79 am Hofe in München, so daß er 


mit Lassus’ Musik vertraut war. 1584 wurde er 
Nachfolger Memlos als 1. Organist der Markus- 
kirche, erhielt 1607 wegen Krankheit einen Ver- 
treter. G. ist einer der bedeutendsten Meister seiner 
Zeit, Lehrer auch von Musikern aus dem Norden, 
vor allem von H. Schütz. Mit besonderer Vorliebe 
und großer Wirkung schrieb er für Doppelchor 
und Tripelchor, und zwar für getrennt aufgestellte 
Chöre (Cori spezzati), hierzu wohl (wie schon 
Wlllaert) dadurch veranlaßt, daß die Markuskirche 
2 einander gegenüberliegende große Orgeln hatte, 
vor denen jeweils ein Sängerchor auf gestellt wer- 
den konnte. Die alte Praxis der Antiphonie lebte 
also hier wieder auf. G. hat in der Regel lateinische 
Prosatexte vertont, die sich dem Rahmen des Kul- 
tes, besonders der Staats- und Kirchenfeste in der 
Markuskirche einfügten. Seine Musik ist im Sinne 
der niederländischen Polyphonie Wortausdeutung. 
Diesem Zweck dienen alle Mittel, besonders eine 
neuartige Kunst des Klanges, die den Hörer über- 

bis zum Einsatz von 4 Chören, sogar von 5 Instru- 
mentalgruppen gesteigert. G. kennt jedoch nicht 
den Gegensatz von »prima« und »seconda prattica« 
im Sinne Montevercfis, sondern benutzt einen Ge- 
samtstil, der alle Sprachmittd der Musik umfaßt, 
zuletzt auch Monodie und Generalbaß (z. B. in der 
Motette In Ecdesiis). Mit dieser Haltung hat er auf 
H. Schütz und die evangelische Kirchenmusik bis 
J. S. Bach eingewirkt. Folgenschwer war auch, 
daß G. in jeder nur denkbaren Form Instru- 
mente mit dem Gesang verknüpfte. Öfter 
tritt an die Stelle einer ad-libitum-Besetzung 
bereits der Name des Instrumentes, das obligat 
vorgeschrieben ist. Die vollstimmige Schreibweise 
G.s markiert übrigens einen Wendepunkt in der 
Geschichte des Tonsatzes, nämlich die Übertra- 

r l des Begriffs der Oktawerdoppdungen von 
Orgel auf den Vokal- und Instrumentalchor 
und damit die Auffindung des Prinzips der Or- 
chesterbesetzung, das M. Praetorius 1613 vollbe- 
wußt von ihm übernahm. So angesehen G. als 
Vokalkomponist ist, in der Geschichte der Musik 
erscheint er besonders epochemachend und bahn- 
brechend als Meister der durch ihn und seinen 
Oheim zuerst in Angriff genommenen Sonaten- 
Kompositionen für ein Ensemble von Instrumen- 
ten (Canzon da sonar). Seine Sonate für 3 Violinen 
wurde noch 50 Jahre nach seinem Tode nachge- 
ahmt. Überhaupt ist der Einfluß G.s auf die Pro- 
duktion (vor allem die deutsche) viel größer als der 
der Florentiner Komponisten. Seine Werke sind 
(alle in Venedig gedruckt): Ecclesiasticae cantiones 
4-6v. (1589); Sacrae Symphoniae I, 6-16st., für 
Gesang und Listrumente (1597); Symphoniae sacrae 
II, 6-19st. (1615); Canzoni et sonate, 3-22st. (1615). 
10 Stücke seiner eigenen Komposition nahm er 
auf in die Ausgabe der 6-16st. Concerti di Andrea et 
di Gio: Gabrieli (1587), 7 Stücke in das von ihm 
herausgegebene 3. Buch der 5$t. Madrigale Andrea 
G.s (1589); auch enthalten die unter Andrea G. 
genannten Intonazioni und Ricercari per Vorgano 
(1593-95) zahlreiche Stücke von Giovanni G. 
Einzelne Werke finden sich in fast allen Sammel- 
werken der Zeit bis nach 1620, zuerst im II. libro 
de madrigali a 5 v. defioridi virtuosi del Serenissimo 
Duca di Baviera (Venedig 1575). Nach dem Tode 
G.s gab sein deutscher Freund Georg Gruber in 


569 



GabrieUi 


Nürnberg einige Motetten heraus, zusammen mit 
solchen des gemeinsamen dritten Freundes EL L. 
Häßler ( Reliquiae Sacrorum Concentuum , 1615). 

Ausg.: GA, hrsg. v. D. Arnold, = CMM XII, Rom 
seit 1957; 8st Madrigal Lieto godea, 2 Arie für 8 Instr. 
u. d. 16 Instrumentalstücke aus d. Sacrae Sympho- 
niae I, hrsg. v. G. Benvenuti in Istituzioni e monu- 
menti dell’arte mus. in Italia I-II, davon d. Sonata 
pian e forte auch bei Davison-Apel Anth. I, 173, u. 
Schering Beisp. 148; Sonata pian e forte, Sonata a 
tre V. u. 2 Canzoni da sonar, hrsg. v. W. J. v. Wasie- 
lewski in: Instrumentalsätze v. Ende d. XVI. bis 
Ende d. XVII. Jh., Bonn 1874, Neudruck 1905 (Bei- 
lage zu: DieV. u. ihre Meister); Sonata a treV. u. 
eine 8sL Canzon da sonar, hrsg. v. H. Reemann in: 
Alte Kammermusik; Sonata pian e forte u. Teil 
einer Canzon da sonar, Della Corte Scelta 60-61 ; 
eine Canzone u. ein Orgelricercar, in: D. v. Bartha, 
A Zenetörtdnet Antöllogiäja, Budapest 1947; Sonata 
a tre V., hrsg. v. W. Dankkert, Kassel 1950; Can- 
zoni a sonar, 4st, hrsg. v. A. Einstein, Mainz 1930; 
ein 4st Ricercar, Riemann Beisp. 52. - Orgelstücke 
in Torchi III; Tagliapietra Ant. II, sowie hrsg. v. 
W. Hillemann (*» NMA LXXXVH) u. W. Apel 
(in: Musik aus früher Zeit f. KL I). - Viele Vokal- 
werke in Sammlungen ; 1 1 Werke hrsg. v. Fr. Commer 
in: Musica Sacra HI, XV, XVI, XXI, XXIII, XXVHI; 
Drei Motetten f. 8st Doppelchor hrsg. v. H. Besseler 
(=» Chw. X), eine weitere Einstein Beisp. 20; ein 
Magnificat, hrsg. v. J. Schrems in Musica divina 
II, 3; 4 Madrigale u. eine Motette in Torchi H. 

Lit: C. v. Winterfeld, Johannes G. u. sein Zeit- 
alter, 2 Bde u. ein Bd Musikbeispiele (daraus eine 
Motette auch Davison-Apel Anth. I, 157), Bin 1834 
(grundlegend); W. J. v. Wasielewskj, Gesch. d. In- 
strumentalmusik . . ., Bin 1878, darin 2 Instrumental- 
sätze; A. G. Ritter, Zur Gesch. d. Orgelspiels, 
2 Bde, Lpz. 1884, in Bd H 2 Orgelstücke, neue 
Bearb. v. G. Frotscher als: Gesch. d. Orgelspiels, 
Bd I, Bin 1935; H. Leichtentritt, Gesch. d. Mo- 
tette, = Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen H, 
Lpz. 1908; M. Schneider, Die Anfänge d. B.c., 
Lpz. 1918, darin eine lOst Canzon da sonar; A. 
Schlossberg, Die ital. Sonata f. mehrere Instr. im 
17. Jh., Diss. Heidelberg 1935; E. Gerson-Kiwi, 
Studien zur Gesch. d. itaL Liedmadrigals, Diss. Hei- 
delberg 1937; A. Einstein, The ItaL Madrigal II, 
Princeton 1949; R. Wiesenthal, G. G., Diss. Jena 
1954, maschr. HB 

Gabri$lU> Catterina (Gabridi), * 12. 11. 1730 
und f 16. 2. 1796 zu Rom; italienische Koloratur- 
sopranistin, Schülerin des Padre Garda (lo Spa- 
gnoletto) in Rom imd Porporas, debütierte 1747 zu 
LuccainGaluppis Sofonisba, sang 1751-65 inWien, 
dann in Parma, 1772-75 in St. Petersburg, danach 
in London, ab 1777 in Venedig, 1780 in Mailand 
und lebte ab 1781 zurückgezogen in Rom. C. G. 
war die gefeiertste Sängerin ihrer Zeit und erfreute 
sich der Anerkennung großer Musiker (Gluck, 
Dittersdorf, Mozart, Traetta; auch Bumey) ebenso 
wie einer durch kapriziöse Allüren noch geförder- 
ten Popularität. 

lit: H. de Koch, La G., Paris 1878, ital Mailand 
1887; A. Thurner, La G., in: Les reines du chant, 
Kap. III, Paris 1883; A. Ademollo, La piü famosa 
delle cantanti, Mailand 1890; vgL auch R.-A. Moo- 
ser, Annales de la musique et des musiciens en 
Russie au XVHP s. n, Genf (1951). 

GabrifUi, Domenico (Gabridi; genannt Min- 
ghino dal Violoncdlo), * 1659 und t 10. 7. 1690 
zu Bologna; italienischer Komponist und Violon- 
cellist, Kompositionssdiüler von Legrenzi, gehörte 
von 1680 bis zu seinem Tode dem Orchester von 


S. Petronio in Bologna an, unterbrochen nur 
durch eine Tätigkeit 1688 am herzoglichen Hof in 
Modena. G. schrieb 7 Opern für Venedig, 2 Opern 
und 2 Oratorien für Bologna, je eine Oper für 
Modena und Turin sowie ein Oratorium für Flo- 
renz. Im Druck erschienen BalletH, Gighe , Correnti , 
Allemande , e Sarabande op. 1 (1684), Cantate a voce 
sola (1691), eine Sammlung Motetten Vexillum 
pacis (posthum, 1695). Handschriftlich sind erhal- 
ten: Rdcercari per Violoncello solo . . . sowie mehrere 
Instrumentalstücke im Archiv von S. Petronio. 
Ausg.: Kantate »Poiche ad Irene« für S. u. B.c., 
Einstein Beisp. 28. - 2 Cellosonaten, hrsg. v. L. 
Landshoff, 1930; Ricercar D moll für Vc. solo, 
Schering Beisp. 228. 

Lit : E. Albini, D. G., il Corelli del Violoncello RMI 
XLI, 1937. - Fr. Vatielu, Arte e vita mus. a Bo- 
logna I, Bologna 1927. - W. J. v. Wasielewski, Das 
Vc. u. seine Gesch., Lpz. 1889, bearb. v. W. v. Wasie- 
lewski 21911, 31925. 

G&bri?lli, Nicolo, Conte (Gabridi), *21. 2. 1814 
zu Neapel, t 14.6.1891 zu Paris; italienischer 
Komponist, Schüler von Zingardli und Donizetti, 
lebte ab 1854 in Paris. Seine 22 Opern und 60 
Ballette kamen u. a. an den Theatern von Neapel, 
Mailand, Paris, Lyon und Wien zur Aufführung. 
Sie brachten ihm beim Publikum einige Erfolge, 
sind aber musikalisch nur von minderer Bedeutung. 

Gabrielski, Johann Wilhelm, * 27.5.1791 
und f 18. 9. 1846 zu Berlin; deutscher Flötenvir- 
tuose, ab 1814 am Stadttheater in Stettin, ab 1816 
als Königlicher Kammermusiker in Berlin tätig. 
G. unternahm als Flötenvirtuose große Kunstreisen 
und hinterließ Solo- und Ensemblewerke für sein 
Instrument. Auch sein Bruder Julius (* 4. 12. 1806 
und f 26. 5. 1878 zu Berlin) widmete sich speziell 
der Höte. 

Gabrilpwitsch, Ossip Salomonowitsch, * 7. 2. 
1878 zu St. Petersburg, t 14. 9. 1936 zu Detroit; 
russischer Pianist und Dirigent, 1888-94 Schüler 
des Petersburger Konservatoriums (A. Rubinstein; 
in der Komposition Ljadow und Glasunow), setzte 
1894-96 seine Studien in Wien unter Leschetizky 
(Klavier) und Nawratil (Theorie) fort und trat 
1896 in Berlin zum ersten Male öffentlich auf. Er 
bereiste dann Deutschland und Österreich, Ruß- 
land, Frankreich und England, mehrmals auch die 
USA. 1909 heiratete er die Altistin Clara Clemens, 
die Tochter Mark Twains, mit der er Konzerte 
gab. Ab 1910 hatte G. seinen Wohnsitz in Mün- 
chen, wo er gelegentlich das Konzertvereins-Or- 
chester dirigierte. Ab Ende 1914 lebte er in den 
USA; 1917 gab er in New York Orchesterkon- 
zerte und wurde im folgenden Jahr Dirigent des 
Symphonie-Orchesters in Detroit, das er bis 1935 
leitete. G. war ein Spider von höchstem Geschmack 
und lyrischem Feinsinn, vor allem ein berufener 
Interpret Chopins. Er veröffentlichte Lieder, Kla- 
vierstücke, eine Elegie für Vc. und KL 
Lit: CL C. Gabrilo witsch, My Husband G., NY 
u. London 1938. 

Gace Brüll (ga:s brül'e), Monseigneur, * um 
1159 in der Gegend von Meaux (Champagne), 
t nach 1212; nordfranzösischer Trouvfcre, wirkte 
zeitweilig am Hof der Marie de Champagne (-* 
Chrltien de Troyes) und war auch möglicherweise 


570 



Gade 


an den Kreuzzügen beteiligt. Seine ersten Gedichte 
stammen aus den 70er Jahren des 12. Jh. Er war 
einer der bedeutendsten Lyriker seiner Zeit und 
sein umfangreiches Opus (als authentisch gelten 
allein 69 Lieder - neben 15 Liedern, deren Zuwei- 
sung umstritten ist) verteilt sich auf 25 Handschrif- 
ten. Die Mehrzahl der Texte ist mit Melodien 
überliefert, so daß insgesamt 57 authentische Lie- 
dertexte mit Melodien (zum Teil in mehreren 
Fassungen) erhalten sind. 

Ausg. u. Lit.: H. Petersen Dyggve, G. Br., Trou- 
vfere champenois, Edition des chansons et Etüde cri- 
tique, in: Mömoires de la Soc. Näophilologiqiie de 
Helsinki XVI, Helsinki 1951 (maßgeblich); P. Aubry, 
Le Chansonnier de l’Arsenal, Paris (1910), (Lieder d. 
Ms. K im Faksimile u. in Übertragung) ; J. u. L. Beck, 
Le Manuscrit du Roi, Fonds fransais 844 de la Bibi, 
nat., = Corpus Cantilenarum Medii Aevi H, London- 
Oxford-Pennsylvania 1938 (Lieder d. Ms. M); ders., 
Le Chansonnier Cang6, = Las Chansonniers des 
Troubadours et des Trouv&res I, Paris 1927 (Lieder d. 
Ms. O); Fr. Gennrich, Sieben Melodien zu mittel- 
hochdeutschen Minneliedem, Zf Mw VII, 1924/25 
(Melodie zu R 1102 »De bone Amour et de loial 
amie«); ders.. Zwei altfranzösische Lais, in: Studi 
Medievali XV, 1942 (Melodie zu R 719 »Douce dame, 
grös et graces vous rent«); ders., Troubadours, Trou- 
vöres, Minne- u. Meistergesang, = Das Musikwerk, 
Köln (1951), (Melodie zu R 857 »En cel tens que voi 
frimer«); ders., MGG IV (Melodie zu R 1579 »Les 
oisetes de mon pais«; zu R 361 »De la joie que desir 
tant«; zu R 171 »Ire d’amour qui en mon euer re- 
paire«) ; Th. G£rold, Hist, de la musique des origines 
k la fin du XIV® s.. Paris 1936 (Melodie zu R 1102 
»De bone Amour et de loial amie«; unsichere Zuwei- 
sung von R 1918 »Li plus desconfortts du mont«); 
G. Huet, Chansons de G. Br., Paris 1902; R. Faw- 
teer, Thibaut de Champagne et G. Br., in: Romania 
LIX, 1933. 

Gade, Niels Wilhelm, * 22. 2. 1817 und j* 21. 12. 
1890 zu Kopenhagen; dänischer Komponist, war 
der^ Sohn eines In^umaitenmachers und wuchs 

Musiktheorie als halber Autodidakt auf; nur im 
Violinspiel, in welchem er es zu erheblicher Fer- 
tigkeit brachte, erhielt er regelmäßigen Unterricht 
bei Wexschall und trieb daneben noch Gitarre- 
und Klavierspiel. Später fand er in Weyse und 
Berggreen Lehrer, ehe sein Talent zu fördern ver- 
standen, und wurde Mitglied der Hofkapelle in 
Kopenhagen. Als Komponist machte er zum 
ersten Male mit der Ouvertüre Nachklänge aus 
Ossian op. 1 auf sich aufmerksam, die bei der vom 

kurrenz 1*841 den 1. Preis erhielt Ein königliches 
Stipendium ermöglichte ihm, in der Nähe bedeu- 
tender Meister, in einer bewegteren musikalischen 
Atmosphäre Eindrücke zu sammeln. Er ging 1843 
nach Leipzig, wo ihm Mendelssohn durch die 
Aufführung der Ossian-Ouvcrtüic und der ersten 
Symphonie C moll einen guten Empfang ge- 
sichert hatte. Mendelssohn und Schumann wurden 
seine Freunde, und G. nahm viel von beider Eigen- 
art an, ohne darum die seine einzubüßen. Nach 
einem kurzen Aufenthalt in Italien kehrte er 1844 
nach Leipzig zurück und wurde für den abwesen- 
den Mendelssohn mit der Leitung der Gewand- 
hauskonzerte betraut, blieb auch im Winter 1845 
bis 1846 neben Mendelssohn als 2. Dirigent und 
wurde nach dessen Tode (4. 11. 1847) san Nach- 


folger, freilich nicht für lange, da er schon im 
Frühjahr 1848 bei Ausbruch des Schleswig-Hol- 
steinischen Krieges in seine Vaterstadt zurück- 
kehrte, wo er bald die Direktion der Konzerte des 
Kopenhagener Musikvereins und eine Anstellung 
als Organist erhielt. Die Musikvereinskonzerte 
nahmen unter seiner Leitung einen so großen Auf- 
schwung, daß sie, wie die des Pariser Conserva- 
toire, in zwei Serien gegeben werden mußten. 
1861, nach dem Tode Gläsers, versah er vorüber- 
gehend die Stelle des königlidi-dänischen Hofka- 
pellmdsters. G. war der Schwiegersohn J. P. E. 
Hartmanns und folgte diesem im Anstimmen eines 
nationalen Tons, der aber nicht aufdringlich wirkt. 

G. schrieb ein Singspiel Mariotta (Kopenhagen 
1850), die Ballette Faedrelandets Muser (1840, mit 
J. F. Frölich), Napoli (1842, mit H. S. Paulli und 

H. C. Lumbye) und Etfolkesagn (1853, mit J. P. E. 
Hartmann), Musik zu Ochlen Schlägers Aladdin 
(1843) ; für Orch.: 8 Symphonien: L C moll op. 5 
(1842), H. E dur op. 10 (1843), m. A moll op. 15 
(1847), IV. B dur op. 20 (1850), V. D moll op. 25 
(1852; mit Kl.), VL G moll op.32 (1857), VH. 
F dur op. 45 (1864), VDL H moll op. 47 (1871); 
7 Ouvertüren, darunter Nachklänge aus Ossian op. 1 
(1840), Im Hochland op. 7 (1844), C dur op. 14, 
Hamlet op. 37 (1861), Michel Angela op. 39 (1861) ; 
die Suiten Ein Sommertag auf dem Lande qp. 55 
(1879) und Holbergiana op. 61 (1884), Noveüetten 
für Streichorch. op. 53 (1874); Violinkonzert op. 
56 (1880); Kammermusik: je ein Streichquartett 
op. 63 (1889), -quintett op. 8 (1845), -sextett op. 44 
(1863) und -oktett op. 17 (1848), Klaviertrios op. 
42 (1863) und Noveüetten op. 29 (1853); Fantasie- 
stücke für Klar. (V.) und KL op. 43; 3 Violinso- 
naten op. 6 (1842), op.21 (1849), op.59 (1885); 
für KL : Sonate op. 28 (1840, Neufassung 1854), 
Aquarellen op. 19 (1850, 2 Bücher) und 57 (1881), 
Volkstänze op. 31 (1855), Idyllen op. 34 (1857), 

4 Fantasiestücke op. 41 (1862); 3 Orgelstücke op. 
22 (1851); die auch in Deutschland ernst gern ge- 
hörten Werke für Chor, Soli und Orch.: Kantate 
Comala op. 12 (1846), Frühlingsphantasie op. 23 
(1852), Erlkönigs Tochter op. 39 (1853), Die heilige 
Nacht op. 40 (1861), Kalimus op. 48 (1869), Zion 
op. 49 (1878; für Bar., Chor und Orch.), Die 
Kreuzfahrer op. 50 (1866), Psyche op. 60 (1882), 
Der Strom op. 64 (nach Goethes Mahomet), Baldurs 
Traum (1858, erst 1897 gedruckt, ohne op.), Lieder, 
Chorgesänge mit Orch., Chorlieder für Männer-, 
gemischten und Frauenchor; auch eine Anzahl Ge- 
legenheitskompositionen (darunter Trauermarsch 
für Friedrich VH., Jubiläumsmarsch für Christian 
IX.). Sein Sohn Axel Wilhdm, * 28. 5. 1860 und 
t 9. 11. 1921 zu Kopenhagen; dänischer Violinist, 
Schüler von Tofte und Joachim, wurde 1911 
Konzertmeister der Königlichen Kapelle in Kopen- 
hagen und galt als einer der ersten dänischen 
Geiger. G. betätigte sich auch als Violinlehrer am 
Königlichen Konservatorium und war später dessen 
Dirdmonsmitglied. Er schrieb Kammermusik, ein 
Violinkonzert und eine Oper Venezias nat (Kopen- 
hagen 1919), auch viele Lieder. 

Ausg.: K1.-A. d. Balletts »Et Folkesagn« in: Sam- 
fundet til udgivelse of dansk musik n, 8; KL-A. v. 
»Baldurs Drem«, ebenda II, 10; »Sanct Hansaften 
Spü«, ebenda II, 37; Selected Piano-Compositions, 
hrsg. v. I. Greisen, Kopenhagen o. J. 


571 



Gadsby 


Lit.: Lebensbeschreibung G.s v. seiner Tochter Dag- 
mar Gade, N. W. G., Optegnelser og Breve, 1892, 
deutsch als »Aufzeichnungen u. Briefe«, Basel 1894, 
21912 (mit Werkverz.); Werkverz. zusammengestellt 
v. A. Nielsen im Aarbog for Musik 1924 u. 1926, 
ergänzt v. K. Atlung in: DMT XII, 1937; C. Kje- 
rulf, N. W. G. i Hundredaare, Kopenhagen u. Oslo 
1917; W. Behrend, N. W. G., Lpz. 1917; ders., 
Minder om N. W. G.: Kendte Moends og kvinders 
Erindringer, Kopenhagen 1930. 

Gadsby (g'sedzbi), Henry Robert, * 15. 12. 1842 
zu Hackney (London), f 11. 11. 1907 zu London; 
englischer Komponist, 1849-58 als Chorknabe an 
der Paulskirche Schüler von Bayley, bildete sich 
im übrigen als Lehrer weiter, wurde Organist einer 
Londoner Kirche und 1884 Nachfolger Hullahs als 
Theorielehrer am Queen’s College und Professor 
an der Gmldhall School of Music. Werke: Psalm 
130, die Chorwerke Alice Brand (1870), The Lord 
of the Lies (1879), Columbus und Die Zyklopen für 
Mannerchor, Anthems, Services, Musik zu Alcestis 
(1876) und Tassos Aminta (1898); für Orch.: 3 
Symphonien, Intermezzo und Scherzo , The Forest 
of Arden, mehrere Ouvertüren ( Andromeda ); Or- 

§ dkonzert F dur; ein Streichquartett (1875), 
tücke für FL und KL, Chorlieder, Lieder, schrieb 
auch eine Harmonielehre (1884). 

Gadschib?kow, Useir Abdul Gusejn ogly, * 5. 
(17.) 9.1885 zu Agdschabedy (Aserbeidschan), 
f 23. 11. 1948 zu Baku; aserbeidschanischer Kom- 
ponist, zunächst literarisch tätig, studierte 1911-14 
in Moskau und am Petersburger Konservatorium 
(Kalafati) Komposition und widmete sich nach der 
Revolution der Modernisierung des aserbeidschani- 
schen Musiklebens, das er durch Hinrichtung einer 
Musikschule (später Konservatorium), eines Volks- 
instrumenten- und eines Symphonieorchesters so- 
wie durch seinen Kompositionsunterricht am Kon- 
servatorium nachhaltig beeinflußte. Außer insge- 
samt 7 Opern schrieb er 2 Ouvertüren, Kammer- 
musik und Klavierstücke, 2 Kantaten, Lieder und 
Massengesänge, darunter die aserbeidschanische 
Nationalhymne (1945), ferner eine Abhandlung 
Osnowv aserbajdschanskoj narodnoj musyki (»Grund- 
lagen der aserbeddschanischen Volksmusik«, Baku 
1945). 

Lit: W. Winogradow, U. G. ...» Moskau 1938; 
ders., U. G., Moskau u. Leningrad 1947; K. Kasi- 
mow, U. G., Baku 1945; S. Korew, U. G. i jewo 
opery (»U. G. u. seine Opern«), Moskau 1952. 

G&dschijew, Achmed Dschewdet Ismail ogly, 

* 18.6.1917 zu Nuch (Aserbeidschan); aserbei- 
dschanischer Komponist, studierte 1936-38 in Baku 
(Gadschibekow), anschließend in Moskau bei A. 
Alexandrow. 1941-45 und 1947-48 leitete er die 
Bakuer Philharmonie. G., der 1945-47 seine kom- 
positorische Ausbildung unter Schostakowitsch 
vervollständigte, unterrichtet seitdem am Konser- 
vatorium Baku. Er schrieb 3 Tondichtungen, 

3 Symphonien (1944, 1946, 1947), ein Streich- 
quartett (1941), 24 Präludien (1937) und eine Bal- 
lade (1950) sowie die Oper Weten (»Heimat«, 
1945, mit K. Karajew). 

Gadsky, Johanna Emilia Agnes, * 15. 6. 1872 zu 
Anklam, f 22. 2. 1932 zu Berlin ; deutsche Sängerin 
(hochdramatischer Sopran), Schülerin von Frau 
Schroeder-Chaloupka in Stettin, debütierte 1889 


am Krollschen Theater in Berlin, dem sie bis 1893 
angehörte, war dann in Mainz, Stettin, Bremen und 
wieder in Berlin tätig, ab 1896 in den USA, 
1899-1901 an Covent Garden in London, bis 1904 
am Metropolitan Opera House in New York, auch 
in Bayreuth und München bei den Festspielen. 
1917 verließ sie die Bühne. Sie war in ihrer Zeit 
eine der führenden Wagnersängerinnen. 

Gaehle, Henry -> Knabe & Cie. 

Gänsbacher, - 1) Johann Baptist, * 28. 5. 1778 
zu Sterzing (Tirol), f 13. 7. 1844 zu Wien; öster- 
reichischer Komponist, war Sängerknabe in Inns- 
bruck, wo er 1795 auch die Universität besuchte, 
trat 1796 in den Landsturm ein und brachte es bis 
zum Leutnant, ging aber 1801 nach Wien und 
studierte Musik unter Abb6 Vogler und Albrechts- 
berger, wurde Musiklehrer in Wien, Prag, Dres- 
den, Leipzig, ging 1810 nochmals zu Abbd Vogler 
nach Darmstadt und war dort Mitschüler und 
Freund von C. M. v. Weber und Meyerbeer. 
Nachdem er Weber nach Mannheim und Heidel- 
berg gefolgt, zeitweilig in Wien und Prag gelebt, 
auch 1813 den Krieg mitgemacht hatte und danach 
noch im Militärdienst verblieben war, fand er 1823 
eine befriedigende feste Stellung als Kapellmeister 
am Stephansdom in Wien (Nachfolger von 
Preindl). Als Komponist zeigte G. große Frucht- 
barkeit, aber wenig Originalität; er schrieb beson- 
ders Kirchenwerke (darunter über 30 Messen, 
7 Requiem, Offertorien, Vespern, Hymnen), von 
denen aber nur ein kleiner Teil im Druck erschien, 
ferner Serenaden, Märsche, eine Symphonie, Kla- 
vierwerke, Kammermusiken, Lieder, ein Liederspiel 
Des Dichters Geburtsfest (Fr. Treitschke), Kantaten, 
Musik zu Kotzebues Kreuzfahrer usw. Im Manu- 
skript hinterließ er eine Autobiographie Denkwür- 
digkeiten. G. war einer der 8 Kapellmeister, welche 
bei Beethovens Begräbnis die Zipfel des Bahrtuches 
trugen. Sein Sohn - 2) Joseph, * 6. 10. 1829 und 
t 5. 6. 1911 zu Wien, studierte in Wien bis zur 
Promotion 1855 Jurisprudenz, betätigte sich aber 
daneben, von 1868 an ausschließlich als Musik- 
lehrer und gehörte 1875-1904 als Gesanglehrer 
dem Konservatorium der Gesellschaft der Musik- 
freunde an. Brahms* Cellosonate op. 38 ist G. ge- 
widmet; Schüler von ihm waren Marie Wilt und 
L. Demuth. Er schrieb vorwiegend Liedwerke, 
daneben auch einige Klavierstücke und Chöre. 

Lit. : (zu J. B. G.) C. Fischnaler, J. G., Innsbruck 
1878; J. G. Woerz, J. G., Innsbruck 1894; zu J. B. 
u. Jos. G. vgl. d. Artikel G. v. W. Senn in MGG. 

Gärtner, Joseph (Gärtner), * 30. 8. 1796 zu 
Tachau, f 30. 5. 1863 zu Prag; böhmischer Orgel- 
macher, wirkte vor allem in Prag, wo sich viele 
von ihm und seinen Vorfahren gebaute Orgeln 
befinden. Sein Urgroßvater Anton G. (1708-71) 
war der Erbauer der großen Orgel in der St. Veits- 
Kirche in Prag. G. gab heraus: Kurze Belehrung 
über die innere Einrichtung der Orgeln . . . (Prag 183? 
21841, 31855). 

Gaffi, Bernardo (auch Caffi), * um 1670 und 
t 11. 2. 1744 zu Rom; italienischer Komponist, 
Schüler von B. Pasquini, wirkte als Organist nach- 
einander an den römischen Kirchen S. Maria in 
Vallicella, Del Gesü (um 1700) und als Nachfolger 
seines Lehrers Pasquini an S. Maria in Aracoeli. 


572 



Gaffori 


G. schrieb eine Reihe als vortrefflich ger ühm ter 
weltlicher Kantaten (gedruckt die 12 Cantate da 
camera a voce sola op. 1, Rom 1700) sowie mehrere 
Oratorien, von denen sich noch 6 nachweisen 
lassen. 

Ausg.: »Luci vezzo« aus op. 1, Nr 9, bei L. Torchi, 
Eleganti canzoni ed arie italiane del s. XVII, Mailand 
1893 ; Kantate »Giä vincitor del vemo« (op. 1, Nr 10) 
bei H. Riemann, Ausgew. Kammer-Kantaten II, 
Lpz. o. J. 

Lit. : A. Cametti, Organi, organisti ed organari . . . 
in S. Maria in Aracoeli, RMI XXVI, 1919. 

Gaffqri, Franchino (Franchinus Gaffurius, Ga- 
fori), * 14. 1. 1451 zu Lodi, f 25. 6. 1522 zu Mai- 
land; italienischer Musiktheoretiker und Kompo- 
nist, studierte im Benediktinerkloster S. Pietro in 
Lodivecchio Theologie und bei J. Godendach 
(Bonadies) Musik, empfing 1473 die Priesterweihe 
und ging im folgenden Jahre an den Hof von Man- 
tua, wo sein Vater, der Söldnerhauptmann Bettino 
G., seit 1451 im Dienste der Gonzaga stand. G. 
machte sich durch sein musikalisches Wissen schnell 
berühmt, wurde von dem Dogen Prospero Adorno 
1477 nach Genua berufen und floh mit diesem, 
nach einem niedergeschlagenen Aufstand des 
Dogen gegen die Sforza, 1478 an den Hof des 
Königs Fernando I. von Aragön in Neapel. Dort 
schloß er Freundschaft mit Guilelmus Guamier, 
Bemardus Ycaert und Tinctoris und schrieb 1478 
bis 1479 seinen ersten gedruckten Traktat Theori - 
cum Opus , doch bewogen ihn Pest und Türken- 
krieg, 1480 nach Lodi zurückzukehren. G. leitete 
1480-82 die Schola cantorum des Bischofs von Lodi 
auf Schloß Monticdli d’Ongina (nahe Cremona), 
1483 die Kapelle der Kathedrale S. Maria Maggiore 
von Bergamo und wurde am 22. 1. 1484 zum Kapell- 
meister am Mailänder Dom mit einem Gehalt von 
8 Lire imperiali pro Monat ernannt. Im Mailänder 
Gebiet war der nunmehr als Theoretiker wie als 
Komponist hochberühmte G. wahrend seines 
28jährigen Wirkens als höchste musikalische Auto- 
rität anerkannt. Er bewirkte durch eine strenge 
neue Kapellordnung die Reform der Domkapelle 
(die aus 10 Sängern und 10 Kapellknaben bestand), 
nahm auch auf die Geschicke der von Gaspar van 
Weerbeke geleiteten Hofkapelle Einfluß, las über 
Musik am Gymnasium des Lodovico il Moro 
(1492-97) und erhielt, als die Franzosen Mailand 
eroberten, den Titel eines Regius musicus. Leo- 
nardo da Vinci malte ein Portrait des ihm befreun- 
deten G., das heute in der Pinacoteca Ambrosiana 
in Mailand hängt. Die erhaltenen Kompositionen 
G.s sind fast alle in den ab 1490 unter seiner Auf- 
sicht entstandenen 4 Chorbüchem des »Liber 
capeile eedesie maioris milani« (heute im Archivio 
des Duomo, Mailand) auf gezeichnet; es sind 14 
4st. und eine 3st. Messe, 8 4st. und 3 3st. Magni- 
ficat, ein 4st. Stabat mater sowie 30 4st., 3 3st. und 
3 5st. Hymnen und Motetten; wievid weitere 
Kompositionen G.s sich noch aus den erhaltenen 
Resten des 1906 teilweise verbrannten »Iibrone 
n. 4« gewinnen lassen, ist ungewiß. Weitere 2 
Hymnen finden sich im Ms. 871 der Bibliothek 
von Monte Cassino, 4 wdtliche und 2 texdose 
Kompositionen (alle 3st.) im Ms. 1158 der Biblio- 
teca Palatina von Parma. In seinem komposito- 
rischen Schaffen sucht G. eine Synthese von franko- 
flämischer polyphoner Satzkunst und dem Klang- 


stil der Italiener, der auf die stilistische Ausgegli- 
chenheit Palestrinas hinführt. Größeren Ruhm ge- 
noß er jedoch unter den Zeitgenossen als Theore- 
tiker; als solcher strebte er danach, die Propor- 
tionenlehre und die Notation zu vereinfachen, und 
wandte sich entschieden der Untersuchung der 
Akkorde und der Tonalität zu. Handschriftlich er- 
halten sind von ihm: Extractus parvus musicae und 
Tractatus brevis cantus plani (beide im Ms. 1158 von 
Parma); Tractatus praticabilium proportionum (Ms. 
in Bologna; geschrieben zwischen 1481 und 1483) ; 
Glossemata quaedam super normullas partes Theoricae 
Johannis de Muris (autograph im Ms. H. 165 inf. 
der Biblioteca Ambrosiana Mailand; datiert 1499). 
Im Druck erschienen: Theoricum Opus Musicae 
Disciplinae (geschrieben 1478-79; Neapd 1480, 
als: »Theorica Musicae« Mailand 1492); Practica 
Musice (geschrieben 1481-84; Mailand 1496, als: 
»Musicae utriusque cantus Practica« Brescia 1497, 
1502, 1508, Venedig 1512, 1517, 1522; Auszug als: 
»Angelicum ac divinum opus musice« Mailand 
1508 ; ein weiterer Auszug unter dem Namen von 
G.s Schüler Francesco Caza als: »Tractato vulgare 
de canto figurato« Mailand 1492); De Harmonia 
Musicorum Instrumentorum Opus (geschrieben 1500; 
Mailand 1518) ; in diesen 3 Büchern, die neuerdings 
auch als »Trilogia gaffuriana« bezeichnet werden, 
hat G. eine Gesamtdarstellung seiner Musiktheorie 
gegeben. Polemisch sind 3 kleinere Schriften: 
Apologia adversum loannem Spatarium (Turin 1520) ; 
Epistma prima in solutiones obiectorum Io. Vaginarii 
(Mailand 1521) ; Epistula secunda apologetica (Mai- 
land 1521). 

Ausg.: GA d. Kompositionen, hrsg. v. L. Finscher, 
Rom seit 1955 (= CMM X). - Theorica musice 
(1492), Faks. hrsg. v. G. Cesari, Rom 1934 (mit 
Collation d. Textes v. 1480); Fr. Caza, Tractato 
vulgare, neu hrsg. in Faks. u. deutscher Übers, v. 
J. Wolf, = Veröff. d. Musik-Bibl. P. Hirsch I, Bin 
1922. - 5 Seiten aus d. Ms. Parma 1158, Faks. in: 
Cat. Generale delle Opere Mus. . . . nelle Bibi, e 
negli Arch. d’Italia I, Cittä di Parma, hrsg. v. G. 
Gasperini u. N. Pellicelli, Parma 1911. 

Lit.: P. Hirsch, Bibliogr. d. musiktheoretischen 
Drucke d. Fr. G., Fs. J. Wolf, Bin 1929; C. Caver- 
sazzi, Per la biografia di Fr. G.: un ms. della »Prac- 
tica Musices«, in: Bergomum, Bergamo 1928; Fr. 
Unterkircher, Eine Eis. aus d. Besitze J. Grolliers 
in d. österreichischen Nationalbibi., in: Libri I, 
1950. - K. Jeppesen, Die 3 G.-Kodizes d. Fabbrica 
del Duomo, Milano, AMI III, 1931 (mit Inhalts- 
verz.); CI. Sartori, II quarto codice di G., CHM I, 
1953 (mit thematischem Verz.). 

A. Caretta, L. Cremascou u. L. Salamina, Fr. G. 
(Lodi) 1951, mit Lit-Verz. u. Ausg. d. 4st. Motette 
»Omnipotens aeteme Deus«; I. Younq, Fr. G., Diss. 
Los Angeles 1954. - G. Cesari, Musica e musicisti 
alla Corte Sforzesca, RMI XXIX, 1922, mit Kompo- 
sitionen G.s, auch in: F. Malaguzzi Valeri, La 
Corte di Lodovico il Moro IV, Mailand 1923; L. 
Beltrame, Fr. G. »il musicista« di Leonardo, in: 
Miscellanea Vinciana H, 1923; A. Einstein, The 
Italian Madrigal I, Princeton 1949 ; R.Giazzotto, La 
musica a Genova, Genua 1951 ; Ö. Barblan, Nel V 
centenario della nasdta . . ., Rass. mus. XXII, 1952; 
CI. Sartori, Fr. G. a Milano, in : Universitas Europae I, 
1952/53; P. Bondioli, Per la biogr. di Fr. G., CHM I, 
1953; F. Fano, Note su Fr. G., RMI LV, 1953. - 
G. Spataro, Errori di Fr. G., Bologna 1521 ; ders., 
Dilucide, et probatissime Demonstratione, Bologna 
1521, neu hrsg. in Faks. u. deutscher Übers, v. J. 
Wolf, - Veröff. d. Musik-BibL P. Hirsch VH, Bin 


573 



Gagliano 


1925 ; G. Gaspari, Ricerche e documenti risguardanti 
la storia delTarte mus. in Bologna, in: Atti e Memorie 
della Deputazione di Storia Patria, Bologna 1867; 
E. Praetorius, Die Mensuraltheorie d. Fr. G., 
B1MG II, 2, Lpz. 1905; J. Handschin, Anselmi's 
Treatise on Music Annotated by G., MD II, 1948. 

ClS 

Gagliano (gaÄ'ano) ; italienische Geigenbauerfa- 
milie, die vom Ende des 17. bis zum Ende des 19. 
Jh. in Neapel tätig war und deren Instrumente sich 
großer Beliebtheit erfreuen. Der älteste Vertreter 
dieser Familie, Alessandro (1660-1725), bezeich- 
nete sich als Schüler Stradivaris, bei dem er bis 1690 
arbeitete. Seine Söhne sind Nicola (1695-1740) 
und Gennaro (1700-1770), bekannt wurden auch 
die Enkel (Söhne von Nicola) Fernando (1724 
bis 1781), Giuseppe (1725-93), Antonio (1728 
bis 1795) und Giovanni (1740-1806). 

Lit: W. L. v. Lütgendorff, Die Geigen- u. Lauten- 
macher vom MA bis zur Gegenwart, 2 Bde, Ffm. 
1904, 5^1922; K. Jalovec, Italienische Geigenbauer, 
deutsch v. B. Wiener, (Prag 1957). 

Gagliano (gaX'ano), Marco da, * um 1575 zu 
Gagliano (Toscana), f 24. 2. 1642 zu Florenz; 
italienischer Komponist, Schüler von L. Bad, dem 
Kapellmeister von S. Lorenzo in Florenz, wurde 
früh als Priester an dieser Kirche angestellt, rückte 
aber allmählich in die Stellungen seines Lehrers 
ein, der 1606 auch Hofkapellmeister geworden 
war, und wurde bei dessen Tode 1608 sein Nach- 
folger an S. Lorenzo und 1611 auch Hofkapell- 
meister. 1607 gründete G. die Accademia degli 
Elevati, schrieb im gleichen Jahr für den Hof der 
Gonzaga in Mantua seine erste Oper Dafiie (der 
alte Text Rinucdnis ein wenig umgearbeitet, auf- 
geführt Anfang 1608 zur Hochzeitsfeier des Erb- 
prinzen mit Margarita van Savoyen). Während 
der Festlichkeiten in Mantua wurde G. in Florenz 
durch J. Peri vertreten (der ihn über sich selbst 
stellte). Als Kapellmeister an S. Lorenzo erlangte 
G. zugleich ein Kanonikat und wurde 1614 zum 
apostolischen Protonotar ernannt. Die von G. 
komponierten Opern U Medoro (1619 für Florenz 
zur Feier der Thronbesteigung Kaiser Ferdinands II.) 
und Cmditta (Bologna 1621, Text von Guidetti) 
sind nicht erhalten, wohl aber die 1628 gl eichfalls 
für Florenz geschriebene La Flora (mit Peri); von 
einem Oratorium La Regina Sant’Orsola (1624) nur 
der Text G. ist unter den ersten Komponisten im 
Stile rappresentativo eine bedeutsame Erscheinung, 
hat aber auch noch vielfach, unter dem Einfluß 
seines Lehrers stehend, im alten Stil geschrieben: 

6 Bücher 5st Madrigale (1602, 1604, 1605, 1606, 
1608, 1617; -> Effrem), Officium defimetorum (1607 
für 4 gleiche St), Missa et Sacrae cantiones (1. Buch 
1614, enthaltend eine Messe und 15 Motetten; 
2. Buch 1-6 voc. mit Gb., 1622, 23 Komposi- 
tionen), Musiche a una t due et tre voci (1615), 
Responsoria tnajoris hebdomadae (1630, für 4 gleiche 
St, im Autograph in Bologna, Accademia filar- 
monica, erhalten), ein 8st Lauda Sion in seines 
Bruders Giov. Battista da G. zweitem Buch der 
6-8st Motetten (1643), auch einige Madrigale in 
Sammlungen. Eine Reihe von Werken, darunter 
auch Messen, ist nur handschriftlich überliefert 
Ausg.: Teile aus »La Dafne«, hrsg. v. R. Ettner, 
PGfM X (■* Jg. IX); ein 4st Benedictus sowie je ein 
5- u. 8st Stück aus d. 6. Madrigalbuch bei Torchi 

574 


IV; je eine Arie in La Flora I u. II, 3 Duette in La 
Flora III, hrsg. v. K. Jbppesen, Kopenhagen 1949; 
je ein 5st Madrigal u. Sonett bei A. Einstein (Bd III; 
siehe Lit); Drachenkampf u. Solo d. Apollo aus »La 
Dafne«: Schering Beisp. 175; »O sia quest’aura o 
sia« aus »La Flora« in: L. Landshoff, Alte Meister d. 
Bel canto, Eine Slg v. Arien . . ., Lpz. o. J.; »Vergine 
chiara« bei L. Landshoff, Alte Meister d. Bel canto, 
Ital. Kammerduette d. 17. u. 18. Jh., I, Lpz. 1927; 
Teüe aus »La Flora« bei H. Goldschmidt (siehe Lit). 
Lit.: E. Vogel, M. da G., VfMw V, 1889; H. Gold- 
schmidt, Studien zur Gesch. d. ital. Oper I, Lpz. 
1901 ; A. Solerti, Musica, Ballo e Drammatica alla 
Corte Medicea, Florenz 1905; F. Ghisi, An early 
seventeenth Cent, ms., AMI XX, 1948; ders., La 
Musique Religieuse de M. da G. k Santa Maria del 
Fiore Florence, Kgr.-Ber. Basel 1949; A. Einstein, 
The Italian Madrigal, 3 Bde, Princeton 1949; A. A. 
Abert, CI. Monteverdi u. d. mus. Drama, Lippstadt 
1954. 

Gagnebin (gajwb's), Henri, * 13. 3. 1886 zu 
Lüttich; schweizerischer Komponist, studierte Or- 
gel und Komposition in Lausanne, Berlin, Genf 
und an der Pariser Schola Cantorum (d’Indy, L. 
Vieme), war 1910-16 Organist an der lutherischen 
Kirche der Redemption in Paris, 1916-25 Organist 
an St. Jean in Lausanne, wo er am Konservatorium 
auch Musikgeschichte dozierte, 1923-25 auch Pro- 
fessor am Konservatorium von Neuenburg. Seit 
1925 ist G. Direktor des Genfer Konservatoriums 
und neuerdings Präsident der Concours intema- 
tionaux d’execution musicale in Genf. Werke: 
Bühnenmusiken zu Th. de B£zes Tragödie Abra- 
ham sacrifiant (1939) und Hofmanns thaL Jedermann 
(1942); Oratorium Saint Francois d f Assise (1933), 
Requiem des Vanitis du Monde (1939), Kantate Chant 
pour lejour des morts et la Toussaint (1943), Psaume 
139 (1952); 3 Symphonien (1911, 1921, 1955), 
Trois Tableaux symphoniques d'aprh F. Hodler 
(1942), eine »Symphonie chor^ographique« Prin- 
tempsy ou lejeune komme admiriparles femmes (1948), 
Orchestersuitc auf Hugenottenpsalmen (1954), 
Cellokonzert (1937), Klavierkonzert (1952); 3 
Streichquartette (1917, 1924, 1927), Trio für H., 
V. und KL (1941), a-cappdla- und begleitete Chöre, 
zahlr eiche Lieder, Klavier- und andere kleinere 
Instrumentals tücke. 

Lit: Cat. des oeuvres de H. G. 6tabli en 1950 k 
l'occasion de ses 25 ans de Direction du Conserva- 
toire de musique de Genöve, Genf 1950; 40 Schweizer 
Komponisten d. Gegenwart, hrsg. v. Schweizeri- 
schen Tonkünstlerverein, Amriswü 1956. 

Gaietane, Fabrice Marin -> Caietain. 

Gml (ga:j), Edm6c Sophie (geborene Garre), 

* 28. 8. 1775 und f 24. 7. 1819 zu Paris; franzö- 
sische Komponistin und geschmackvolle Lieder- 
sängerin, Schülerin u. a. von F&is, kurze Zeit ver- 
mählt mit dem Altphilologen Jean-Baptiste G., 
komponierte Lieder, Romanzen, Notturni (für 
Gesang) sowie die komischen Opern (alle in Paris 
aufgeführt) Les deux jaloux (1813), Mademoiselle de 
Launay ä la Bastille (1813), Angela (1814; mit Boid- 
dieu), La Mdprise (1814) und La Sir&nade (1818). Ihr 
Sohn Jean-Fran^ois (1795-1845) versuchte sich 
ebenfalls als Komponist und schrieb Rtfiexions sur 
le goüt musical en France (Paris 1832). 

Gailhard (gaj'arr), - 1) Pierre, * 1. 8. 1848 zu 
Toulouse, t 12. 10. 1918 zu Paris; französischer 
Sänger (Baß), Schüler des Pariser Conservatoire, 



Gajard 


debütierte 1867 an der Pariser Op6ra Comique, 
ging 1872 zur Op6ra über und stand dieser 1884-91 
mit Ritt, 1893-99 mit E. Bertrand als Mitdirektor, 
1899-1907 als Direktor vor. Sein Sohn - 2) Andr 6, 
* 29. 6. 1885 zu Paris, war am Conservatoire Schü- 
ler von Massenet, Leroux, Vidal und Lcnepveu, 
erhielt 1908 für seine Kantate La Sirhte den großen 
Rompreis und schrieb mehrere Opern, darunter 
Amaryllis (1906), Le sortikge (1913), Les heiles de 
Cadix (1923) sowie das lyrische Spiel La batailk 
(1931). 

Gaillard (gaj'a:r), Jacques, * 4. 4. 1875 zu En- 
siva, f 2. 10. 1940 zu Brüssel; belgischer Violon- 
cellist, studierte am Brüsseler Konservatorium. Als 
Lehrer wirkte er an den Konservatorien von Genf 
(1896/97), Mons (1898-1902), Lüttich (1912-21) 
und Brüssel (ab 1922). G., der auch als Solist reiste, 
war Mitgründer und 15 Jahre lang Mitglied des 
Brüsseler Quartetts und gehörte 1912-27 dem 
Zimmer-Quartett an. 

Gaillard (gaj'arr), Marius-Francis, * 1900 zu 
Paris; französischer Pianist, Dirigent und Kompo- 
nist, Schüler des Pariser Conservatoire, besonders 
geschätzt als Interpret der Werke von Debussy. Er 
schrieb: ein Ballett La danse pendant le festin (Paris 
1925), Bühnenmusik zu A. Mussets Les caprices de 
Marianne *, 3 Symphonien, Orchester-Suite Ordre 
jrangais (als »Hommage äCouperin«, 1933); Images 
d 9 Epinal für KL und Orch.; Kantate Passion noire , 
Trois pobnes de Mallarmi für Singstimme und 
Orch.; eine Vlolinsonate und Klavierstücke ( Suite 
anglaise). 

Gaillard (gaj'arr), Paul-Andrd, * 26.4.1922 
zu Montreux; Schweizer Komponist und Musik- 
forscher, studierte 1936-38 in Lausanne und bis 
1942 an der Musikschule in Winterthur, schließ- 
lich an der Universität in Lausanne, dem Genfer 
Konservatorium und an Konservatorium und 
Universität Zürich, wo er 1947 mit einer Arbeit 
über den Hugenotten-Psalter promovierte. Als 
Komponist ist G. Schüler von P. Hindemith und 
W. Burkhard. Kompositionen: Bühnenmusiken 
zu den Stücken von M. L. Trdpey Entre vigne et 
jardin und Chantemoineau ; Chanson de la Glu für 
Sprecher, V. und Streichquintett; ein Streichquar- 
tett; Violinstücke; Klavierwerke und Lieder. 
Schriften (Auswahl): Die Formen der Troubadours- 
Melodien (Zürich 1945); Analyses compaxies de la 
Sonate de violon, du Quatuor ä cordes et de la Sym- 
phonie de C. Fronde (Zürich 1945) ; Loys Bourgeoys 
(Lausanne 1948); Alcool et Musique (Lausanne 
1949) ; Le rdpertoire choral (Lausanne 1951) ; La Messe 
en do de Beethoven (Lausanne 1952); La Riforme 
ehante (Lausanne 1953) sowie zahlreiche Zeit- 
schriftenaufsätze. 

Lit: E. Cherix, P.-A. G., Nyon 1953. 

Gaisser, Hugo Athanasius OSB (eigentlich 
Josef Anton G.), * 1. 12. 1853 zu Aitrach bei Leut- 
lrirch (Württemberg), f 26. 3. 1919 im Kloster 
Ettal (Oberbayem); deutscher Musikforscher, trat 
1872 in das Benediktinerkloster Beuron ein, wo er 
Geschichte des Chorals (bei A. Kienle und B. 
Sauter) und Theologie studierte, kam 1875 zufolge 
der Maigesetze nach Volders in Tirol und übersie- 
delte 1876 in das von Beuron aus gegründete Klo- 
ster von Maredsous (Namur), wo er, 1878 zum 


Priester geweiht, als Hauslehrer der Söhne des 
Druckers Desclde in Toumai, Lehrer an der Klo- 
sterschule und Leiter des Mönchchors wirkte, bis 
er 1898 als Professor des griechischen Chorals an 
das Collegio greco Sant’ Atanasio nach Rom be- 
rufen wurde. Eine Studienreise nach Griechenland 
führte ihn 1905 in die Athosklöster. G. leitete 1906 
bis 1912 das Collegio greco, war dann Prior in 
Brügge und kehrte 1914 nach Deutschland zurück. 
Zur Erforschung der byzantinischen Musik hat er 
mit einem (wenn auch unvollkommenen) Versuch 

tation imd C dem" Hinweis auf vo^tümliche Über- 
lieferungen des griechischen Kirchengesangs Be- 
deutendes geleistet. G. schrieb u. a.: Les alterations 
chromatiques dans le plainchant (Revue bdnddictine 
XIV-XV, 1897-98, ausführliche Rezension des 
Buches von Jacobsthal); Le systbne musical de 
Viglise grecque (ebenda XVI-XVTH, 1899-1901, 
separat Rom und Maredsous 1901) ; I conti eccle- 
siastid italo-gred (in: Atti del Congresso intema- 
zionale di scienze storiche Rom 1903, Band VIR, 
Rom 1905, mit 9 Beispielen; auch in Rassegna 
Gregoriana IV, 1905) ; Les *heirmoi « de pdques dans 
V Office grec (Rom 1905); Die acht Kirchentöne in der 
griechisch-alabanesischen Überlieferung (Kongreßbe- 
richt Wien 1909) ; Die Antiphon Nativitas tua und 
ihr griechisches Vorbild (Festschrift H. Ricmann, 
Leipzig 1909); Das Alma redemptoris (Gregorius 
Blatt XLH, 1917); Der rhythmische Bau der Prose 
»Victimae paschali « und Das Ave regina coelorum 
(ebenda XLIV, 1919). 

Lit.: Dom PL Demeester, Voyage de deux b6n6dic- 
tins aux monastfcres du Mont Athos, Paris u. Toumai 
1908. 

Galto (g'ajto), Constantino, * 3. 8. 1878 und 
t 14. 12. 1945 zu Buenos Aires; argentinischer 
Komponist, zeigte solche Zeichen von Frühreife, 
daß man ihn aufs Konservatorium in Neapel 
schickte, wo er Schüler von Platania war. Er unter- 
nahm als Pianist und Dirigent eine erfolgreiche 
Konzertreise durch Italien, kehrte 1900 nach Bue- 
nos Aires zurück, wo er sich der Komposition und 
der Lehrtätigkeit widmete. Er schrieb: mehrere 
Opern, darunter Shaffias (1907), Caio Petronio 
(1919), Flor de nieve (1922), Ollantay (1926), Ldzaro 
(1929), La sangre de las guitarras (1932); lyrische 
Komödie Los pqjes de Su Majestad ; Ballett Flor del 
Irupi (1927); Oratorium San Francisco Solano ; 
zahlreiche Orchesterwerke (darunter 4 sympho- 
nische Dichtungen, 3 Suiten, 5 Ouvertüren) ; Kam- 
mermusik, Klavierstücke und Lieder sowie die di- 
daktischen Werke Solfeos y Jugas (3 Bände); für 
KL: Album de la juventad (3 Bände) und Mitodo de 
escalas y arpegios. 

Gajard (ga 3 'a:r), Dom Joseph (OSB), * 25. 6. 
1885 zu Sonzay (Ihdre-et-Loire) ; französischer 
Choralforscher, betrieb seine Studien an den Semi- 
naren von Tours, wurde 1909 zum Priester ge- 
weiht, trat im selben Jahr als Novize in die Abtei 
von Solesmes ein, in der er 1911 Profeß ablegte. 
Dom Mocquereau als Mitarbeiter beigegeben, be- 
teiligte er sich noch an der Abfassung des 2. Bandes 
des Nombre Musical Grigorien. 1914 wurde G. zum 
Chormeister der Abtei ernannt, übernahm nach 
Mocquereaus Tod 1930 die Leitung der Paläo- 
graphie Musicale und ist Herausgeber der Revue 


575 



Gajdry 


Gr6gorienne seit 1946 und der Etudes Gr^goriennes 
seit ihrer Gründung 1954. Werke: Vorworte zu 
den Bänden XIV-XVI der Paläographie Musicale; 
in den »Monographies Grdgoriennes«: Le chant 
» authentique « du Credo (IE, 1922), La tradition ryth - 
mique dans les manuscrits (IV, 1924, mit Dom 
Mocquereau; englisch als The Rhythmic Tradition 
in the Manuscripts, 1952), La musicaliti du chant 
grigorien (X, 1931), Pourquoi les iditions rythmiques 
de Solesmes ? (XI, 1935), Le tNombre Musical Gri- 
gorien<t (XE, 1935); Notions sur la Rythmique Gri- 
gorienne (Solesmes 1935, 2 1944; deutsch als Der 
Rhythmus im Gregorianischen Gesang Toumai 1953; 
auch englisch, holländisch und spanisch), Les dibuts 
de la restauration grigorienne ä Solesmes (Solesmes 
1939), La Mithode & Solesmes . . . (Toumai 1951 ; 
deutsch als: Die Methode von Solesmes . . ., 1954), 
Notre Dame et VArt Grigorien (in: Maria, Band E, 
1952), Les ricitations modales des 3° et 4° modes et les 
manuscrits biniventains et aquitains (Etudes Grdgo- 
riennes I, 1954), Memorandum an die römische hl. 
Ritenkongregation (im Bericht des 2. Internatio- 
nalen Kongresses für Katholische Kirchenmusik, 
Wien 1955), zahlreiche Artikel über Rhythmus 
und Ausführung der gregorianischen Melodien in 
der Revue Grigorienne. Dom G. ist an der Aus- 
gabe der seit 1916 erschienenen Bücher der Editio 
Vaticana beteiligt und veröffentlichte außerdem 
für den Benediktinerorden: Antiphonale Monasti - 
cum (1934), Antiphonale Solesmense (1935), In 
agendis Mortuorum (1941), In Nativitate Domini 
(1926), In Nocte Nativitatis Domini (1936) und Ritu- 
ale Vestitionum et Professionum (1952). 

Gajdry (g'ajarg), Istvän von (Stephan), * 22. 11. 
1884 und f 13. 2. 1939 zu Budapest; ungarischer 
Komponist/ studierte Jurisprudenz (Promotion 
1906) und wirkte danach als Musikkritiker des 
politischen Tagesblatts »Az Ujsdg«. Er schrieb die 
Oper Der widerspenstige Prinz , mehrere Operetten, 
ein 3aktiges Ballett Prinz Argyrus, Orchesterstücke, 
Chorwerke mit Orch. (Bacchanal), Kammermusik 
(3 Streichquartette), Violin- und Klavierstücke 
sowie Lieder. 

G?)gerowa, Warwara Adrianowna, * 4.(17.) 
10. 1903 zu Orecho wo-Suj ewo, f 6. 4. 1944 zu 
Moskau; russische Pianistin, wirkte ab 1917 als 
Korrepetitorin in Moskau, ab 1936 am Großen 
Theater. In der Komposition war sie Schülerin von 
Catoir und Mjaskowskij. Sie schrieb 2 Streich- 
quartette (das 2. auf jakutische Themen 1947), 
Klavierstücke, 3 Symphonien (die 2. auf kalmük- 
kische Themen 1934), 2 Orchestersuiten, 3 Streich- 
quartette (das 2. auf jakutische Themen 1947), 
Klavierstücke, Lieder und eine Oper nach Ler- 
montow (1940). Auch bearbeitete sie russische 
(1930) und kalmückische (1932) Volkdieder mit 
Klavierbegleitung. 

Gal, Hans (eigentlich Gäl), * 5. 8. 1890 zu Brunn 
am Gebirge (jetzt eingemeindet in Wien); öster- 
reichischer Komponist, in Wien Schüler von 
Mandyczewski, studierte Musikwissenschaft bei 
Adler und promovierte 1913 mit einer Arbeit über 
Die Stileigentumlichkeiten des jungen Beethoven 
(StMw IV, 1916). G. wirkte 1918-29 als Lektor 
für Musiktheorie an der Universität Wien, war 
1929-33 Direktor der Musikhochschule in Mainz, 

576 


lebte dann bis 1938 als Dirigent in Wien (Madri- 
galvereinigung, Konzertorchester, Bachgemeinde) 
und ist seit 1945 Dozent für Kontrapunkt und 
Komposition an der Universität Edinburgh und 
Leiter des Edinburgh Chamber Orchestra. G. gilt 
als einer der besten Repräsentanten der Wiener 
Tradition in der Musik. Werke: Opern Der Arzt 
der Sobeide (Breslau 1919), Die heilige Ente (Düssel- 
dorf 1923), Das Lied der Nacht (Breslau 1926), Die 
beiden Klaas (Mainz 1930) und Weihnachtsmärchen 
Der Zauberspiegel (Wien 1930) ; 3 Symphonien und 
weitere Orchesterwerke, darunter Ballettsuite 
Scaramuccio op. 36 (1930), A Pickwickian Overture 
op. 45 (1940), Kaleaonische Suite für kleines Orch. 
op. 54 und Orchestersuite Mäander op. 69 (1955) ; 
Violinkonzert op. 39, Klavierkonzert op. 57, Cello- 
konzert op. 67; Concertini für Kl. (op. 43), für V. 
(op. 52) und Org. (op. 55), jeweils mit Streichern; 
zahlreiche Chorwerke ( Requiem für Mignon für 
Bar., Chor und Orch., op. 26, 1923; Kantaten De 
profundis op. 50, 1948, und Lebenskreise , 1957); 
Kammermusik, darunter 2 Streichquartette, ein 
Klavierquartett und ein Klaviertrio ; Klavierstücke 
und Lieder. G. gab in den DTÖ Walzer von 
Johann Strauß Vater (XXXV, 2, = Band 68) und 
Sohn (XXXE, 2, = Band 63) heraus, bearbeitete 
zu mehreren Bänden den Continuo und ver- 
öffentlichte neben zahlreichen Zeitschriftenauf- 
sätzen: Anleitung zum Partiturlesen (Wien 1923), 
Musikgeschichte (Wien 1935, mit O. Kurt-Schaab) 
und The Golden Age of Vienna (London 1948). 
G. war Mitarbeiter an R. Stöhrs »Formenlehre 
der Musik« (Leipzig 1933, Neudruck 1954). 

Gale^zzi, Francesco, * 1758 zu Turin, f im 
Januar 1819 zu Rom; italienischer Violinist, 
wirkte als Orchestergeiger beim Teatro Valle in 
Rom und machte sich verdient als Verfasser der 
Elementi teorico-pratici di Musica , con un saggio sopra 
Varte di suonare il violino ... (2 Bände, Rom 1791 
bis 1796; Band 1 : *1817). 6 Trios für 2 V. und Va 
von G. finden sich handschriftlich in der Biblio- 
thek des Mailänder Konservatoriums. 

GaleQtti, Cesare, * 5. 6. 1872 zu Pietrasanta 
(Lucca), 1 19. 2. 1929 zu Paris; italienischer Pianist, 
Schüler des Pariser Conservatoire (Franck), Kom- 
ponist der Opern Anton (Mailand 1900) und La 
Dorise (Brüssel 1910). G. schrieb auch eine Kantate 
La visione di Saul , mehrere Motetten sowie Kam- 
mer- und Orchestermusik ( Endimione , Nella 
foresta). 

Lit.: A. de Hevesi, C. G., RM XI, 1930. 

Galeqtti, Salvatore, italienischer Komponist 
des 18. Jh., schrieb Concerti und Sonaten für 2 V. 
und Gb. Die englischen Titel und London als Er- 
scheinungsort der um 1768 gedruckten 6 Sonaten 
lassen vermuten, daß G. in dieser Stadt tätig war 
(-> Stefano G.). 

Galeptti, Stefano, * 1723 zu Livorno; italie- 
nischer Violoncellist und Komponist, ausgebildet 
in Neapel. Aus den Druckorten seiner Werke 
schließt man auf Amsterdam, London und Paris 
als Stätten seines Wirkens, doch legen sie in glei- 
cher Weise Reisen des als Solisten tätigen Musikers 
nahe. Von den zwischen 1760 und 1785 gedruck- 
ten Kompositionen wurden bekannt: Sonaten und 
Soli für ein und 2 Va mit Gb. (op. 1, 3 und 4), 



Gail 


6 Sonaten für 2 V. und Gb. op. 2 sowie 20 italie- 
nische Menuette für 2 V. und Gb. Die vereinzelte 
Zeichnung von Werken mit Sigr. Galeotti läßt 
Verwechdungen mit Salvatore G. zu. 

Galilei, Vincenzo, * um 1520 zu Santa Maria a 
Monte bei Florenz, begraben 2. 7. 1591 zu Florenz; 
italienischer Komponist und Musiktheoretiker, 
war zunächst Lauten- und Violenspieler, trieb um 
1560 auf den Rat des Conte Bardi Theoriestudien 
bei Zarlino in Venedig und Mei in Rom und ließ 
sich dann als Lautemehrer in Pisa nieder. Zur 
Drucklegung seiner Schrift Fronimo. Dialogo sopra 
Varte del bene intavolare ging er 1568 nach Venedig 
(2. Auflage 1584), nachdem er bereits 1563 ein 
Buch Intavolature de lauto (Rom) veröffentlicht 
hatte. Ein weiteres Libro d'intavolatura di liuto (von 
1584) blieb Manuskript und liegt auf der Biblio- 
teca Nazionale von Florenz; es enthält Passemezzi, 
Romanesche, Saltarelli, Gagliarde et altre cose 
ariose; ein Exemplar des Fronimo (ebenfalls in Flo- 
renz) enthält handschriftlich nachgetragene Solo- 
gesänge zur Laute. G. gab auch 2 Bücher 4-5st. 
Madrigale heraus (Venedig 1574 und 1587), jedoch 
beruht seine historische Bedeutung auf seiner Mit- 
wirkung an der Florentiner Camerata und an der 
Entstehung des stile redtativo. Der Dialogo della 
musica antica et della modema (Florenz 1581, 2 1602) 
bringt in Form eines Dialogs zwischen Bardi und 
G. eine Kritik des temperierten Tonsystems sowie 
der zeitgenössischen Polyphonie und Instrumental- 
musik. Als erste Versuche der nach den Grund- 
sätzen antiker Musikanschauung neugebildeten 
Monodie trug G. 1582, sich selbst auf der Viola 
begleitend, 2 Klagen des Jeremias und die Klage 
des Ugolino (aus Dantes Inferno . . .) vor (alle 
drei nicht erhalten). Stehen schon die Anschau- 
ungen des Dialogo von 1581 ganz im Gegensatz zu 
denen Zarlinos, so verfaßte G. zur Widerlegung 
seines Lehrers noch einen eigenen Discorso intomo 
alVopere di messer G. Zarlino (Venedig 1589, auch 
in die 2. Auflage des Dialogo auf genommen). Eine 
Anzahl weiterer Traktate sind in Florenz hand- 
schriftlich erhalten. Im Anhang des Dialogo von 
1581 brachte G. die 3 Mesomedes-Hymnen mit 
antiken Noten, die erste Veröffentlichung alt- 
griechischer Musik in neuerer Zeit; die Entziffe- 
rung der Hymnen gelang jedoch erst Bellermann 
und Fortlage. Ein Sohn G.s war der Physiker 
Galüeo G. (1564-1642); korrespondierte u. a. mit 
Mersenne. 

Ausg.: Dialogo della musica antica . . ., Faks. hrsg. 
v. F. Fano, Rom 1934, Auszüge hrsg. v. F. Fano 
(Mailand 1947) u. engl. v. O. Strunk (in: Source 
Readings . . NY 1950); Discorso intomo alPopere 
di messer G. Zarlino, Faks. Mailand 1933; Briefe u. 
Dokumente in: Edizione Nazionale delle opere di 
Galileo Galilei XIX, Florenz 1907. - Das 2. Madri- 
galbuch, 18 Stücke aus d. Fronimo, 17 aus d. hand- 
schriftlichen Tabulaturbuch u. eine 4st. Cantilena, 
hrsg. v. F. Fano, * Istituzioni e monumenti delParte 
mus. ital. IV; Contrapunti a due voci, hrsg. v. L. 
Rood, * Smith College Music Arch. VIII; 9 Stücke, 
hrsg. v. O. Chilesotti in: Lautenspieler d. XVI. Jh., 
Lpz. 1891 ; 3 Madrigale aus d. 2. Madrigalbuch, hrsg. 
v. F. Boghen, (Florenz 1930). 

Lit.: W. J. v. Wasielewski, Gesch. d. Instrumental- 
musik, Bin 1878 (darin ein Ricercar); A. Bertolottt, 
Artisti in relazione coi Gonzaga, in: Atti e memorie 
delle R. R. Deputazioni di storia patria per le Pro- 


vincie Modenesi e Parmenesi III, 3, 1885, darin 
2 Briefe (davon einer auch in A. Solerti, Albori del 
melodramma, Mailand 1904); O. Chilesotti, Saggio 
su Ha melodia popolare del Cinquecento, Mailand 
1889, darin 3 Sätze G.s; ders., Trascrizioni da un 
codice . . ., in: Atti del Congresso intemazionale di 
scienze stör., Rom 1903, Bd VIII, Rom 1905, darin 
ein Faks. u. 14 Sätze G.s; ders., II primo Ubro di 
liuto di V. G., RMI XV, 1908, darin ein Satz G.s; 
ders., Di N. Vicentino . . ., RMI XIX, 1912; O. 
Kinkeldey, Org. u. Kl Lpz. 1910, darin 3 Ricer- 

car i; O. Fleissner, Die Madrigale V. G.s u. sein 
Dialogo . . ., Diss. München 1921, maschr.; A. Ein- 
stein, V. G. and the Instructive Duo, ML XVIII, 
1937, ital. in Rass. mus. XI, 1938; ders., The Ital. 
Madrigal, 3 Bde, Princeton 1949, in Bd III ein 
Madrigal; F. Fano, Alcuni chiarimenti su V. G., 
Rass. mus. X, 1937; D. P. Walker, Mus. Huma- 
nism, MR II— III, 1941-42, deutsch als Der mus. 
Humanismus, = Mw. Arbeiten V, Kassel u. Basel 
(1949); J. M. Barbour, Tuning and Temperament, 
East Lansing 1951 ; CI. V. Palisca, G. Mei, MQ XL, 
1954; N. Pirrotta, Temperaments and Tendencies 
in the Florentine Camerata, MQ XL, 1954. 

Galin (gal'e), Pierre, * 1786 zu Samatan (Gers), 
t 31. 8. 1821 zu Bodeaux; französischer Mathe- 
matiklehrer, eröffnete 1817 Kurse einer verein- 
fachten Musiklehrmethode, welche er auseinander- 
setzte in der Schrift Exposition d 9 une nouvelle m6 - 
thode pour l’enseignement de la musique (Bordeaux 
und Paris 1818, holländisch 1821). 10 Jahre nach 
G.s Tod veranstaltete sein Schüler Lemoine eine 
3. Auflage von G.s Lehrbuch (2. und 3. Auflage 
mit dem Titel Methode du Meloplaste, 1824 und 
1831), und noch später gelangte diese Methode 
durch Emile ->• Chevd als Methode Galin-Chevd- 
Paris zu weiter Verbreitung. 

Galjndo Dimas, Blas, * 3. 2. 1910 zu San Ga- 
briel Jal; mexikanischer Komponist, lebt in M&rico 
(D. F.). Als Meisterschüler für Komposition stu- 
dierte er am Berkshire Music Center in Tangle- 
wood (Massachusetts) und war 1941-42 Schüler 
von Copland. Am Conservatorio Nacional de 
Musica von Mdxico erhielt er 1944 den Titel 
»Maestro en Composiciön«, lehrte 1944-47 dort 
Musikgeschichte, ebenfalls seit 1944 musikalische 
Analyse, seit 1946 Komposition und ist seit 1947 
Direktor der Anstalt. Mit seiner Cantata a la Patria 
für Orch. (1946) und seiner 4sätzigen Sinfonfa 
(1956) errang er Kompositionspreise. Er schrieb 
außerdem Sones de Mariachi für großes und kleines 
Orch. (1940/41), ein Klavierkonzert (1942), eine 
Orchestersuite Homenaje a Cervantes (1947), 8 Bal- 
lette (von El Zanate, 1947, El Sueno y la Presencia 9 
1951, und El Maleficio , 1954, Konzertbearbeitun- 
gen), Sinfonia Breve für Saiteninstrumente (1953), 
Kammermusik : Celloquartett (1936), Bläsersextett 
(1941), Violinsonate (1945), Cellosonate (1948), 
Klaviermusik, Concertino für 2 Kl. (1938), Lieder. 

Galizin, Fürst Nikolaj Borissowitsch und Fürst 
Jurij Nikolaj ewitsch -»■ Golizyn. 

Gail, Jan Karol, * 18. 8. 1856 zu Warschau, f 30. 
10. 1912 zu Lemberg; polnischer Iiederkomponist, 
Schüler von Krenn in Wien und Rheinberger in 
München, 1880 Direktor des galizischen Musik- 
vereins in Lemberg, 1888-96 Gesanglehrer am 
Krakauer Konservatorium, trieb dann noch Ge- 
sangstudien bei Fr. Lamperti in Mailand und wurde 
1896 Dirigent des Lemberger Chorvereins »Echo«. 


37 


577 



Gail 


G. komponierte über 70 Solo- und etwa 40 Chor- 
lieder, Vokalterzette und -quartette. Hervorzu- 
heben sind seine zahlreichen (über 250) Manner- 
chor-Bearbeitungen polnischer Volkslieder. 

Lit.: F. Starczewski, J. G., in d. Zs. »Chör«, 
1937 (Nr 2-6) u. 1938 (Nr 7/8). 

Gail, Rudolf, * 13. 4. 1907 zu Esslingen; deut- 
scher Klarinettist, bis 1928 Schüler der Stuttgarter 
Musikhochschule, wirkte nach Stellungen in Bar- 
men-Elberfeld und Bern als Soloklarinettist 1933 
bis 1942 im Concertgebouw-Orchester in Amster- 
dam, 1942r-51 bei den Münchener Philharmoni- 
kern. Seitdem ist G. Mitglied des Symphonie- 
orchesters des Bayerischen Rundfunks und betätigt 
sich daneben solistisch sowie als Kammermusiker, 
u. a. im Münchener Bläserquintett und Bläser- 
oktett. 

Gallay (gal'e), Jacques-Francois, * 8. 12. 1795 
zu Perpignan, + 18. 10. 1864 zu Paris; französischer 
Horn virtuose, Schüler von Dauprat am Pariser 
Conservatoire, 1825 Mitglied der Königlichen 
Kapelle und zugleich der Orchester des italieni- 
schen und des Odeontheaters, 1832 Kammermusi- 
ker von Louis-Philippe, 1842 Professor am Conser- 
vatoire. G. komponierte Solo- und Ensemblewerke 
für Hom (darunter Konzerte, Nocturnes, Etüden, 
Duette, Trios, Quartette) und hat eine Methode 
complhte pour le cor (Paris o. J.) herausgegeben. 

Gallay (gal'e), Jules, * 1822 zu St. Quentin, f 2. 
11. 1897 zu Paris; französischer Musikliebhaber 
(Violoncellist), schrieb: Les instruments h archet ä 
l’exposition universelle de 1867 (Paris 1867), Les 
luthiers italiens aux XVII • et XVIII • sikles , nouvelle 
Edition du » Parfait luthier« (la Chelonomie) de Vabbe 
Sibire , suivie de notes sur les maitres des diverses koles 
(Paris 1869), gab auch G. Dumanoirs Mariage de la 
musique avec la dance von 1664 neu heraus (Paris 
1870, mit Kommentar), berichtete über die Musik- 
instrumente auf der Wiener Weltausstellung 1873 
( Rapport sur les instruments de Musique , Paris 1875), 
war Mitarbeiter an Pougins Supplement zu Fetis 
Biographie universelle und schrieb noch Les instru- 
ments des koles italiennes (Paris 1872, Katalog mit 
Anmerkungen). 

Gillenberg, Wenzel Robert Graf von, * 28. 
12. 1783 zu Wien, f 13. 3. 1839 zu Rom; öster- 
reichischer Komponist, Schüler von Albrechts- 
berger, vermählt seit 1803 mit der Gräfin Giu- 
lietta Guicciardi, welcher Beethoven dieCis- 
moll-Sonate op. 27, 2 widmete (-* Beethoven), 
schrieb 1806 in Neapel zu Ehren Joseph Bon apartes 
Festmusiken, war 1822/23 mit Barbaja assoziiert, 
als dieser die Direktion der Hofoper in Wien hatte, 
übernahm 1829 für eigene Rechnung das Kämtner- 
tor-Theater, verlor jedoch dabei bald sein Vermö- 
gen und stand dann wieder in Neapel mit Barbaja 
in Verbindung als Komponist und Direktor. Er 
schrieb ungefähr 50 Ballette, 3 Orchesterouver- 
türen op. 20, viel leichte Klaviermusik, einige 
Harfenstücke sowie 12 deutsche Gesänge op. 36. 
Lit.: A. Wh. Thayer, L. van Beethovens Leben, II, 
Lpz. 21910 (bearb. v. H. Deiters, neu bearb. u. er- 
gänzt v. H. Riemann); H. C. Robbins Landon, Ar- 
tikel G., MGG. 

Galli, Amintore, * 12. 10. 1845 zu Talamello 
bei Rimini, f 8. 12. 1919 zu Rimini; italienischer 
Musikschriftsteller und Komponist, 1862-67 Schü- 


ler des Konservatoriums in Mailand (Mazzucato), 
war zuerst Musikdirektor in Amelia (Umbrien), 
dann Direktor einer Musikschule in Finale nel- 
rEmilia. Längere Zeit lebte er in Mailand, war dort 
im Hause Sonzogno redaktionell tätig (Arrange- 
ments von Klavierauszügen usw.), hielt Vorträge 
über Musikgeschichte am Konservatorium, -wirkte 
ab 1872 auch als Musikreferent des Secolo, ab 1878 
als Lehrer am Conservatorio Verdi und redigierte 
die Musikzeitungen II teatro illustrato und Musica 
popolare. Kompositionen : die Opern U como d'oro 
(Turin 1876) und David (Mailand 1904) ; die Ora- 
torien Espiazione (nach Moores Paradies und Peri , 
1877) und Cristo al Golgata ; Goethes Totentanz für 
Bar. und Orch.; Streicnquintett E moll. Von selb- 
ständigen Studien und Kenntnis älterer Musik 
zeugen seine Etnografia musicale (Maüand 1898), 
Estetica della musica . . . (Turin 1900, überwiegend 
historischen Inhalts) und Storia e teoria del sistema 
musicale modemo (Mailand 1901) sowie ein Piccolo 
lessico del musicista (Mailand 1891, 2. Auflage ohne 
Jahr, Neue Ausgabe 1902). 

Galli-Curci, Amelita, * 18. 11. 1882 zu Mai- 
land; italienische Koloratursopranistin, als Pia- 
nistin Schülerin des Mailänder Konservatoriums, 
büdete sich autodidaktisch zur Sängerin aus und 
debütierte 1909 am Costanzi-Theater in Rom als 
Gilda in Rigoletto, gastierte mit größten Erfolgen 
in Europa, Südamerika und 1916 unter Campanini 
in Chicago. Seitdem war sie in Nordamerika eine 
der gefeiertsten Sängerinnen und 1921-30 eine der 
führenden Kräfte der Metropolitan Opera in New 
York. Sie lebt seit 1940 in Beverly Hills (Kali- 
fornien). 

Lit.: C. E. Le Massena, G.-C.’s Life of Song, NY 
1945. 

Galli-Mari£, Cölestine (Mariö de l’Isle, ver- 
mählte Galli), * im November 1840 zu Paris, 
t 22. 9. 1905 zu Nizza; französische Opemsängerin 
(Mezzosopran), Tochter eines Opernsängers, debü- 
tierte 1859 in Straßburg, sang danach in Toulouse 
und Lissabon und war 1862-78 und 1883-85 an der 
Pariser Opera Comique engagiert, besonders ge- 
feiert in den Titelrollen von Mignon und Carmen, 
die sie beide (1866 und 1875) kreierte. 1866 sang sie 
mit großem Erfolg auch in London. 

Galliard (gaÄ'a:r), Johann Ernst (Gaillard, John 
Emest), * um 1680 zu Celle, f Anfang 1749 zu 
London; englischer Komponist, Sohn eines fran- 
zösischen Friseurs, Schüler von Farinelli und Stef- 
fani in Hannover, trat 1698 in die Hofkapelle ein, 
ging 1706 als Kammermusiker (Oboist) des Prin- 
zen Georg von Dänemark nach London und wurde 
Nachfolger von G. B. Draghi als Kapellmeister der 
Königin Anna von England. G. komponierte 
Opern, Pantomimen, Schauspielmusiken, An- 
thems, ein Te Deum, Jubilate, The Hymn of Adam 
and Eve (nach Miltons Paradise lost), Six English 
Cantatas after the Italian manner , Sonaten für Vc., 
für Fag. oder Vc. sowie für Fl. und B.c. Er über- 
setzte Tosis Opinioni de 9 cantori antiche e modemi ins 
Englische ( Observations on the Florid Song , London 
1742) und ist nach Hawkins* Ansicht auch der Ver- 
fasser der anonymen Schriften: A Comparison be- 
tween the French and Italian Music and Operas (1709, 
Abb6 Raguenets Parallele . . .) und A Critical Dis- 
course upon Operas in England. 


578 



Gallot 


Ausg.: Observations on the Florid Song, London 
1926; 6 Sonaten f. Fag. oder Vc. mit Kl., hrsg. v. 
J. Marx u. E. Weiss-Mann, NY 1946; 6 Sonaten f. 
Altblockflöte u. Gb. (hier versehentlich J. Chr. 
Schickhardt zugeschrieben), hrsg. v. F. J. Giesbert, 
Mainz o. J. 

G^llico, Paolo, * 13. 5. 1868 zu Triest, f 6. 7. 
1955 zu New York; amerikanischer Komponist 
und Pianist, studierte am Wiener Konservatorium 
bei J. Epstein, bereiste Italien, Österreich, Deutsch- 
land und lebte ab 1892 als Lehrer und Herausgeber 
in New York. Werke: komische Oper Harlekin; 
Operette Johannistraum ; dramatisches Oratorium 
The Apocalypse (1921) ; Euphorien für Orch.; Kam- 
mermusik (darunter ein Sextett); Klavierstücke; 
Lieder und Arien. G. hat auch ältere Klaviermusik 
herausgegeben. 

GaUjculus, Johannes (auch Alectorius ge- 
nannt, in der neueren Literatur gelegentlich auch 
als »Hähne!« bezeichnet), deutscher Komponist 
und Musiktheoretiker, wahrscheinlich * gegen 
1490 zu Dresden und identisch mit dem 1505 in 
Leipzig immatrikulierten Johannes Herrn el de 
Dreßden. Er war, wie angenommen wird, um 
1520-50 in bisher noch nicht ermittelter Stellung 
in Leipzig tätig und gab dort 1520 ein kleines, G. 
Rhaw gewidmetes Kompendium Isagoge de com - 
positione cantus heraus (die folgenden Auflagen bei 
Rhaw: 2 1538 und 31542 oder 1546 unter dem Titel 
Libellus de compositione cantus: 4 1548 mit dem Titel 
der 1. Auflage, mit Notenbeispielen in Holzschnitt; 
51551 und 61553 wieder als Libellus . . .). Von den 
Kompositionen des G., dem kein Individualdruck 
vergönnt war, wurde ein Teil in den folgenden 
Sammelwerken gedruckt (alles 4st.) : bei Rhaw in 
den Selectae Harmoniae ... de passione Domini 
(1538; Passio Domini nostri Jesv Christi secundum 
Marcum), Officia paschalia (1539; 2 Messen, 2 Mo- 
tetten), Vesper arum precum officia (1540; ein Magni- 
ficat), Postremum vespertini officii opus (1544; ein 
Magnificat), Officia de nativitate (1545; ein Kyrie 
und eine Motette) ; ein Psalm in Otts Novum et 
insigne opus musicum (1537; derselbe auch in Pe- 
trejus* Tontus primus psalmorum selectorum , 1538); 
3 lateinische Sätze bei W. Figulus, Vetera nova car - 
mina sacra (1575). Einige weitere Werke sind hand- 
schriftlich überliefert. Die motettisch angelegte 
lateinische Passion (trotz ihrer Bezeichnung als 
Markuspassicn eine Evangelienharmonie) scheint 
an die von Obrecht anzuschließen und ist in der 
1. Hälfte des 16. Jh. eines der bedeutendsten Werke 
dieser Art in Deutschland. Nach den bisher unter- 
suchten Werken dürfte G., eine der führenden 
Persönlichkeiten im Kreis der frühprotestantischen 
Musiker, in die Nachfolge von H. Isaac einzuglie- 
dem sein. Daneben läßt seine Satztechnik, die an 
der auch in der Abhandlung stark befürworteten 
Vierstimmigkeit festhält, starke Einwirkungen von 
Josquin erkennen. 

Ausg. : Ostermesse über d. Lied »Christ ist erstanden«, 
hrsg. v. F. Blume u. W. Schulze, Chw. XLIV, 1937. 
Lit.: O. Kade, Die Ältere Passionskomposition bis 
zum Jahre 1631, Gütersloh 1893; W. Schulze, Die 
mehrstimmige Messe im frühprotestantischen Gottes- 
dienst, * Kieler Beiträge zur Mw. VIII, Wolfenbüttel/ 
Berlin 1940. - Zu Michael Muris (Galliculus, aus 
Heinichen i. Sa.), den als Musiker geschätzten Mönch 


des Zisterzienserklosters Altzelle bei Nossen i. Sa., 
der mit J. G. zusammengebracht worden ist, vgl. 
Weimarer Luther- Ausg., Briefe II, S. 198 ff. 

Gallicus, Johannes Johannes Gallicus. 

Galliern, Alceo, * 3. 5. 1910 zu Mailand; italie- 
nischer Komponist und Dirigent, ist als Dirigent 
mit zahlreichen bedeutenden Orchestern aufgetre- 
ten und lebt seit 1932 in Mailand als Kompositions- 
lehrer an der Musikhochschule. Von seinen Kom- 
positionen sind hier zu nennen ein Ballett Le vergini 
savie e le vergini folli, die Orchesterwerke Poema 
delVala und Scherzo-Tarantella sowie ein Klavier- 
trio, weitere Kammermusik und Lieder. 

Gallignani (gallin'ani), Giuseppe, * 9. 1. 1851 
zu Faenza, f (Selbstmord) 14. 12. 1923 zu Mai- 
land; italienischer Komponist, Schüler des Kon- 
servatoriums in Mailand, wurde dort 1884 Dom- 
kapellmeister, war 1891-97 auch Direktor des 
Konservatoriums in Parma, ab 1897 Direktor des 
Mailänder Konservatoriums und leitete 1886-94 
die Zeitschrift Musica sacra. G. schrieb die Opern 
H grillo del focolare (Genua 1873), Atäla (Mailand 
1876), Nestorio (Mailand 1888), In alto (Triest 1921) ; 
lyrische Dichtung Qiiare? für Chöre und Orch. 
(Mailand 1903); zahlreiche kirchenmusikalische 
Werke, darunter Messen, Offertorien, Antiphonen, 
Hymnen, Litaneien, Motetten (zum größten Teil 
ungedruckt); daneben auch einige Gesänge mit 
Klavierbegleitung. 

Lit.: M. Anzoletti, G.G., in: Musica d’oggi VI, 1924. 

Gallois-Montbrun (galü'a), Raymond, * 15. 8. 
1918 zu Saigon; französischer Komponist, stu- 
dierte am Conservatoire in Paris, wo er mit meh- 
reren Preisen ausgezeichnet wurde, und reiste als 
Geiger durch Europa, Afrika und Japan. Er schrieb : 
Filmmusiken; eine Symphonie Concertante für V. 
und Orch.; Tableaux indochinois für Streichquar- 
tett; Violinstücke; Klavierwerke; Stücke für Kl. 
und ein Soloinstrument; Lieder. 

Gallon (gal'3), - 1) Jean, * 26. 6. 1878 zu Paris; 
französischer Komponist, Schüler des Pariser Con- 
servatoire, leitete 1906-14 dessen Konzertgesell- 
schaft, wirkte 1909-14 an der Opdra und war 1919 
bis 1949 Harmonielehrer am Conservatoire. 
Werke: Ballett Hansli-le-Bossu (mit seinem Bruder 
Noel G., Paris 1914), eine Messe, 6 Antiphonen für 
Streicher und Org., einige Lieder sowie 3 Unter- 
richtswerke Exercices et thkmes (Tharmonie (dar erste 
Teil mit seinem Bruder N. G.; Paris 1928, 1932, 
1944). - 2) Noel, * 11. 9. 1891 zu Paris; franzö- 
sischer Komponist, Bruder des vorigen, studierte 
am Pariser Conservatoire, erhielt 1910 den Großen 
Rompreis (Acis et Galathee), war am Conservatoire 
1920-26 Lehrer für Solf&ge, ab 1926 Lehrer für 
Kontrapunkt und leitet seit 1935 den Concours 
G6n6ral de Musique et de Dddamation. Werke 
(auch -► J. G.) : lyrisches Drama Paysans et Soldais 
(Paris 1911); eine Orchestersuite (1909), Phantasie 
für Kl. und Orch. (1913), Concerto für Bläsertrio 
und Orch. (1935); Kammer- und Klaviermusik 
{Priludes 1954), Chöre und Lieder, Unterrichts- 
werke. 

Gallot (gal'o), französische Lautenistenfamilie - 
1) Antoine, * Ende des 16. Jh., f-1647 zu Wilna; 
war Mitglied der Hofkapelle Sigismunds III. und 


37* 


579 



GaUotti 


Wladislaws IV. in Warschau. - 2) Jacques (I), 
* vermutlich nach 1600, t um 1685 zu Paris; war 
in Paris Lehrer von Brossard. Von ihm wie von 
seinem Bruder Antoine sind einige Lautenstücke 
erhalten. - 3) Jacques (II), * um 1640 und + nach 
1700 zu Paris; wahrscheinlich Sohn des Jacques (I), 
war Schüler D. Gaultiers, lebte ab 1683 ständig in 
Paris. Er gab heraus Pieces de Luth Composees sur 
differens Modes par J. G. (Paris um 1673). 

GallQtti, Salvatore, * 19.4. 1856 zu Gallarate 
(Mailand), f 11.6. 1928 zu Mailand; italienischer 
Komponist, bis 1888 Schüler des Mailänder Kon- 
servatoriums, nach Studienreisen nach Paris und 
Deutschland in Mailand erst Kapellmeister an San 
Carlo, ab 1884 Vizedirektor am Dom, ab 1892 
Direktor als Nachfolger von Gallignani. Er war 
einer der tätigsten Förderer der kirchenmusikali- 
schen Reform in Italien. Werke: Oper Ginevra , 
Chorsymphonie, Magnificat, Messen, darunter vor 
allem ein 6st. Requiem zum Andenken an die 
Könige Vittorio Emanuele II und Umberto (Rom 
1911, Pantheon), Hymnen und Vespern. 

Lit.: R. Bossi, La vita e le opere de S. G., Gallarate 
1955. 

Gallus, Jacob us (Handl, Händl, Hähnel, eigent- 
lich Petefin), * zwischen dem 15. 4. und 31. 7. 1550 
zu Reifniz (Unterkrain), f 18. 7. 1591 zu Prag; 
österreichischer Komponist slowenischer Herkunft, 
lebte gegen 1568 als Kapdlsänger im Kloster Melk, 
ist 15/4 als Mitglied der Wiener Hofkapelle nach- 
weisbar und wirkte nach Reisen in Mähren und 
Schlesien (mit Aufenthalt in Breslau) 1579-85 als 
bischöflicher Chordirektor in Olmütz. Ab 1585 
lebte G. in Prag, wo er das Kantorat an der Kirche 
St. Johann übernahm und bis zu seinem Tode ver- 
waltete. Von Kaiser Rudolph II. waren ihm zwei 
Privilegien für die Herausgabe seiner Werke ver- 
liehen worden (1587, 1588). G. ist einer der be- 
deutendsten Vertreter der Musik der Gegenrefor- 
mation nördlich der Alpen. Läßt er sich auch keiner 
bestimmten Schule zuweisen, so zeigen seine 
Werke die Verschmelzung des durchimitierenden 
niederländischen Stils mit der venezianischen 
MehrchÖrigkeit, wobei die klangliche Wirkung 
durch eine nicht mehr ganz kirchentonartliche, 
aber auch noch nicht moderne Harmonik ver- 
stärkt wird. Gedruckte Werke (mit Ausnahme von 
Gelegenheitskompositionen und der für G. weni- 
ger bedeutenden Sammelwerke) : Selectiores quae - 
dam Missae (1580, 16 Messen in 4 Büchern zu 7/8, 
6, 5 und 4 St.) ; Moralia 5, 6 et 8 vodbus concinnata 
(1586); Opus musicum harmoniarum 4, 5, 6, 8 et 
plurium vocum (Motetten zum Offizium des ganzen 
Kirchenjahres: I-HI Proprium de tempore, IV 
Proprium Sanctorum. - Teil I: 1586; Ü/III: 1587; 
IV : gedruckt 1590, Widmung vom 1. 1. 1591 da- 
tiert. - Der 2. Band enthält je eine Passion zu 4/5 
und zu 8 St secundum Johannem sowie eine 6st. 
Passio . . . secundum Mathaeum , doch handelt es sich 
bei allen drei Werken um Evangelienharmonien) ; 
Epicedion harmonicum . . . Caspari Abb. Zabrdovi - 
censis (1589) ; Quatuor vocum Liber fl, n, ID) Har- 
moniarum moralium (3 Teile: I, 1589, II und m, 
1590), damit in Verbindung die Harmoniae 4 vo- 
cum (1591); Moralia Jacobi Handl Camioli .. .5,6 et 
8 vodbus (1596); Sacrae cantiones de praedpuis 
Jestis . . . 4-6, 8 et plurium vocum (1597) ; Jacobi 


Handelii Musid opera Motectarum quae prostant omnia 
(bei N. Stein, Frankfurt a. M., angekündigt für 
1610; Druck nach dem Opus musicum ); Pars aesti - 
valis Cantionum Ecclesiasticarum 4, 5, 7, 8 et plurium 
vocum (bei Th. Schönwetter, Frankfurt a. ML, an- 
gekündigt für 1631 ; Nachdruck von Teil III und 
IV des Opus musicum); 19 Motetten in Boden- 
schatz* Florilegium Portense ; eine Reihe von Messen 
und Motetten ist handschriftlich erhalten. 

Ausg.: »Opus musicum«, hrsg. v. E. Bezeczny u. J. 
Mantuani, DTÖ VI, 1, - XII, 1, - XV, 1, - XX, 1 
(« Bd 40), - XXIV (* Bd 48) und XXVI (- Bd 
51/52); 6 Messen bearb. v. P. A. Pisk, DTÖ XLII, I 
(— Bd 78); 12 Sätze bei F. Commer, Musica sacra 
(XV: 3 zu 8 St.; XXI: 2 zu 8 St.; XXII: 4 zu 4 St.; 
XXVII: 3 zu 8 St.); je ein Satz in d. Bden V, VI, XI, 
XII u. XVI der Musica sacra, Slg . . . f. d. König- 
lichen Berliner Domchor; 18 Sät 2 e in: K. Proske, 
Musica divina (1, 2: 1 1 zu 4 St.; 1, 4: 7 zu 4 St.: II, 2: 
1 zu 5 St.); je ein Satz zu 8, 6 u. 4 St. im Recueil des 
morceaux de musique ancienne ... VI; 2 Sätze in: 
F. JÖde, Chorbuch II; ein 6st. Satz in: Mehrstim- 
mige Gesänge ... des 16. Jh., II, hrsg. v. C. F. 
Becher; 4st Motette »Ecce quomodo moritur« bei 
Riemann Beisp. 48, Schering Beisp. 131 u. Davison- 
Apel Anth. I, 156. 

Lit.: J. Richter, Ein 24st. Psalm v. J. Handl, MfM 
XI, 1879; E. W. Naylor, J. Handl (Gallus), Proc. 
Mus. Ass. XXXV, 1908/09; ders., J. Handl (GaUus) 
as Romanticist, S1MG XI, 1909/10; P. Pisk, Das 
Parodieverfahren in d. Messen d. J. G., St Mw V, 
1918: P. Wagner, Gesch. d. Messe I, = Kleine 
Hdb. d. Mg. nach Gattungen XI, 1 , hrsg. v. H.Kretzsch- 
mar, Lpz. 1913; H. Leichtentritt, Gesch. d. Mo- 
tette, = Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen II, hrsg. 
v. H. Kretzschmar, Lpz. 1908; vgl. auch d. Einleitung 
zu DTÖ VI, 1. 

Gallus, Johannes le Cocq. 

Gallus Mederitsch. 

Galpin (g'adpon), Rev. Canon Francis William, 
* 25. 12. 1858 zu Dorchester, f 30. 12. 1945 zu 
Richmond (Surrey); englischer Geistlicher, Ar- 
chäologe und Musikforscher auf dem Gebiet der 
Instrumentenkunde, studierte Orgelspiel bei W. 
St. Bennett und am Trinity College Cambridge 
bei Garrett. Er war 1891-1915 Vikar in Hatfield 
Regis, 1915-21 in Witham und wurde 1917 zum 
Ehrenkanonikus an Chelmsford Cathedral ernannt. 
Er machte sich in besonderer Weise durch seine 
umfassende Sammlung von Musikinstrumenten 
verdient, die eine der wichtigsten in England wurde. 
1917 ging sie in den Besitz des Museum of Fine 
Arts in Boston über. G. wurde 1938 zum Präsi- 
denten der Musical Association gewählt. Die 1946 
gegründete Galpin Sodety macht sich die Förde- 
rung der Instrumentenkunde zum Anliegen und 
veröffentlicht seit 1948 die Zeitschrift »The Galpin 
Society Journal«. Von G.s Veröffentlichungen seien 
angeführt: Catalogue of the Crosbv Broum Collection, 
Europe, Metropolitan Museum of Art (New York 
1902); The Whistles and Reed Instruments of the 
American Indians of the North- West Coast (Proc. 
Mus. Ass. XXIX, 1902/03) ; Notes on a Roman Hy- 
draulus (in: The Reliquary, 1904); The Sackbut , 
its Evolution and History (Proc. Mus. Ass. XXXIII, 
1906/07) ; Old English Instruments of Music (London 
1910, 31932); The Viola Pomposa (ML XIII, 1931); 
The Music of the Sumerians and . . . the Babylonians 
and Assyrians (London 1937); A Textbook of Euro- 
pean Musical Instruments (London 1937) ; The Music 


580 



Gambale 


ofElectricity (Proc. Mus. Ass. LXIV, 1937/38); 1914 
veröfFentlichte G. eine erweiterte Neuauflage von 
J. Stainers The Music of the Bible. 

Lit.: G. Kinsky, in: ZfMw III, 1920/21, S. 639 f.; 

F. G. Rendall, F. W. G. 1858-1945, in: The Galpin 
Soc. Journal I, 1948; S. Godman, F. W. G. - Music 
Maker, MMR LXXXIV, 1954. 

Galston, Gottfried, * 31. 8. 1879 zu Wien, 
t 2. 4. 1950 zu St. Louis; österreichischer Pianist, 
Schüler von Leschetizky in Wien (1895-99) und 
Jadassohn am Leipziger Konservatorium (1899 bis 
1900), war 1903-05 Lehrer am Stemschen Konser- 
vatorium in Berlin, lebte ab 1910 in Planegg bei 
München, ab 1921 in Berlin, bis er 1927 aß Kla- 
vierpädagoge nach St. Louis ging. G. machte sich 
besonders mit Zyklen historischer Konzertabende 
(von Bach bis Brahms) bekannt, deren Plan er in 
seinem Studienbuch (Berlin 1910, München 21921) 
erläuterte. 

Gatyppi, Baldassare (auch nach seinem Geburts- 
ort fl Burandlo genannt), * 18. 10. 1706 auf der 
Insel Burano bei Venedig, f 3. 1. 1785 zu Venedig; 
italienischer Komponist, nach dem Mißerfolg 
seiner ersten Oper (La Jede nelVinconstanza , 1722) 
Schüler Lottis in Venedig. G., der 1740 Maestro di 
coro des Ospedale dei Mendicanti geworden war, 
ging (1741-43) nach London, wo er für das Hay- 
market (bzw. King’s) Theatre komponierte, kehrte 
dann nach Venedig zurück und wurde dort 1748 
Vizekapellmeister, 1762 1. Kapellmeister an San 
Marco, 1762 auch Direktor des Ospedale degPln- 
curabili. 1765-68 wirkte er als Hofkomponist und 
-kapellmeister in St. Petersburg. Von G.s Opere 
serie hatten nur Alessandro nelVIndie (Mantua 1738) 
und VOlitnpiade (Mailand 1747 ; beide nach Me- 
tastasio) größeren Erfolg. Einen bedeutenden Platz 
behauptet er in der Geschichte der Opera buffa, 
vor allem mit seinen in 15jähriger Zusammenar- 
beit mit Goldoni (beginnend mit VArcadia in 
Brenta, 1749) entstandenen Stücken, besonders: 
12 mondo della luna (1750; der Text wurde später 
auch von N. Piccinni, J. Haydn und Paisiello kom- 
poniert); U mondo alla roversa (1750; Klavierauszug 
gedruckt Leipzig 1758); Le virtuose ridicole (1752; 
nach Moli&res »Les pr6deuses ridicules«) ; Ilfilosofo 
di campagna (1754; eine der beliebtesten Bufio- 
Opem überhaupt, gekürzt als »La serva astuta« 
Rom 1757, auch unter den Titeln »La campagna« 
und »II tutore burlato«, deutsche Bearbeitung von 
Kurz als »Der Philosoph auf dem Lande« Wien 
1770, englische Bearbeitung von Ch. Dibdin als 
»The Wedding Ring« London 1773); Le nozze 
(Bologna 1775) ; La aiavolessa (1755). Die Texte zu 
Uamante di tutte (1760) und Li tre amanti ridicoli 
(1761) schrieb der Sohn des Komponisten, Antonio 

G. 1728-73 gelangten in Venedig 45, Turin 6, 
London 6, Mailand 7, Rom 10, Wien 2, Neapel 2, 
Padua 4 und einzelne in Mantua, Modena, Verona, 
Madrid, Reggio (Emilia), Bologna, St. Petersburg, 
Burano una Florenz, im ganzen 91 Opern von 
ihm zur Aufführung, ferner Bearbeitungen, 
Pasticd sowie 10 Serenate und dramatische Kan- 
taten. G. schrieb auch 2 Opern zusammen mit 
Pescetti sowie je eine mit Bertoni und Buini, 27 
Oratorien (vor allem für die Ospedali von Vene- 
dig), zahlreiche Kirchenwerke, 51 l-4sätrige Sonate 
für Cemb. (nach Shedlock ist das Manuskript einer 


derselben mit 1754 bezeichnet), 7 Concerti a quattro 
für Streicher, 3 Konzerte für Querflöte und Orch., 
2 Klavierkonzerte und eine Triosonate. 

Ausg.: 2 Arien aus Adriano in Siria (1740), hrsg. v. 

H. E. Krehbiel in: Aus d. goldenen Zeitalter d. Bel 
Canto ; Arien, hrsg. v. Fr. A. Gevaert in : Les gloires 
de ITtalie. 2 Bde, Paris 1868; eine Arie aus II mondo 
della luna, hrsg. v. A. Della Corte in: Piccola ant. 
settecentesca, Mailand 1925; 11 filosofo di campagna, 
Kl.-A. hrsg. v. V. Mortari, Mailand 1938; sämtliche 
Arien aus ders. Oper, Kl.-A. hrsg. v. G. Fr. Mali- 
piero, I Classici della musica ital. XIII (=> Raccolta 
Nazionale 54-58), davon eine Arie auch Davison- 
Apel Anth. II, 285. - eine 4st. Messe, hrsg. v. St. 
Lück, Slg ausgezeichneter Compositionen f. d. 
Kirche I, Trier 1859; dies., hrsg. v. H. Bäuerle, 
Altklass. Messen VII, Lpz. 1927. - 12 Sonaten f. 
Cemb., hrsg. v. G. Benvenuti, Bologna 1920; 2 So- 
naten, hrsg. v. dems. in: Cembalist! ital. del sette- 
cento, Mailand o. J.; 4 Sonaten, hrsg. v. G. Picciou, 
Mailand 1951; 3 Sonaten in Taoliapietra Ant. XII; 
2 Sonaten, hrsg. v. E. Pauer in: Alte Meister d. 
Klavierspiels III, Lpz. o. J.; eine davon auch hrsg. v. 
dems. in: Alte Klaviermusik I, Lpz. 1866; je eine 
Sonate bei : L. Köhler, Les Maftres du Clavecin VII, 
Braunschweig u. NY o. J. (dies, bei W. Niemann, 
Alte Meister d. Klavierspiels, Lpz. o. J.) u.: P. 
Ferrari, Ant Organistica, Mailand 1954. 

Lit: Fr. W. Marpurg, Kritische Briefe über d. 
Tonkunst I— II, Bin 1760-63; Ch. Burney, The 
Present State of Music in France and Italy, London 
1771; E. Arteaga, Le Rivolutioni del Teatro Mus. 
Ital., 2 Bde, Bologna 1783, in 3 Bden Venedig 2 1785, 
II— III erweitert Bologna 1785-88, deutsch in 2 Bden 
v. J. N. Forkel, Lpz. 1789; Fr. Caffi, Storia della 
musica sacra nella giä cappella ducale di S. Marco I, 
Venedig 1854; J. S. Shedlock, The Pianoforte So- 
nata, London u. NY 1895, deutsch v. O. Steglitz 
Bin 1897; T. Weel, I teatri mus. veneziani, Venedig 
1897; A. Molmenti, 11 Buranello, Gazzetta Mus. di 
Milano LV, 1899; A. Wotquenne, B. G., Etüde 
bibliogr. sur ses oeuvres dramatiques, RMI VI, 1899, 
erweitert separat, Brüssel 1902; Fr. Piovano, B. G., 
note bio-bibliogr., RMI XIII-XV, 1906-08; A. 
Della Corte, L’opera comica... I, Bari 1923, 
span. Buenos Aires 1928; ders., B. G., Quademi 
dell’Accad. Chigiana XVIII, Siena 1948; Ch. van 
den Borren, Contribution au cat. th6matique des 
sonates de G., RMI XXX, 1923; F. Raabe, G. als 
Instrumentalkomponist, Diss. München 1929 (mit 
Verz. der Sonaten); W. Vetter, Zur Entwicklungs- 
gesch. d. opera seria . . ., ZfMw XIV, 1931/32, auch 
in: Mythos-Melos-Musica I, Lpz. 1957; G. G. 
Bernardi, II mondo alla roversa, in: Musica d’oggi 
XVI, 1934, darin eine Arie; W. Bollert, Die Buffo- 
opern B. G.s, Diss. Bin 1935; A. Lobwenberg, 
Annals of Opera, Cambridge 1943, Genf 21955 ; 
R.-A. Mooser, Annales de la musique . . . en Russie 
... II, Genf (1951). 

Gamble, Emmanuele ; italienischer Musikpäd- 
agoge des 19. Jh., wirkte in Mailand. G. entwarf 
ein neues System der Notenschrift im Sinne einer 
Gleichberechtigung der 12 Halbtöne (ohne Vor- 
zeichen) und mit Benutzung der rhythmischen 
Zeichen J.-J. Rousseaus, das er in 2 Schriften dar- 
stellte: La riforma musicdle (Mailand 1840, deutsch 
von A. F. Häser Leipzig 1841) und Prima parte 
della riforma musdeale (Mailand 1846). Ferner ver- 
öffentlichte G. Umschriften bekannter Klavier- 
etüden und -stücke in seine Notation sowie eine 
Übersetzung von Fdris* »Grand Trait6 d’harmo- 
nie«. -> Chromatisches Tonsystem. 

Lit.: J. Wolf, Hdb. d. Notationskunde II, » Kleine 
Hdb. d. Mg. nach Gattungen VIII, 2, Lpz. 1919. 


581 



Gambke 


Gambke, Fritz, * 1. 4. 1871 zu Daubitz (Ober- 
lausitz), f 11. 1. 1956 zu Deutsch-Evern bei Lüne- 
burg; deutscher Chorleiter, studierte in Berlin, 
Leipzig und München, war zunächst Chorleiter 
und Orchesterdirigent sowie Leiter des von ihm 
gegründeten Konservatoriums in Posen. 1919 ging 
er als Leiter des Lehrersangerchors nach Frankfurt 
am Main, gründete dort 1921 den Motettenchor 
und 1922 <Se Singakademie, lehrte auch zugleich 
am Hochschen Konservatorium und ab 1927 an 
der Hochschule für Lehrerbildung. Außer der 
Bachpflege setzte er sich vor allem für zeitgenössi- 
sche Meister ein (Schönberg, Suter, Zilcher, Stra- 
winsky). Ab 1940 wohnte er in Krossen an der 
Oder, ab 1945 in Deutsch-Evem. Unter seinen 
Kompositionen befindet sich ein Zyklus Vom Tage 
für Männerchor. Sein Bruder Martin (1872 bis 
1939) komponierte ebenfalls Männerchöre. 

Gamble (g'aembal), John, * um 1615, f 1687; 
englischer Komponist, Zinkenist und Violinist, 
wirkte in London zunächst als Theatermusiker, 
dann in der Chapel Royal. G.s Ayres and Dialogues 
(1-3 st.), die in 2 Sammlungen erschienen (London 
1656-59), sind stilistisch von H. Lawes abhängig; 
eine dritte Sammlung wird handschriftlich im 
British Museum aufbewahrt (Ms. Add. 32, 339). 
J. G.s Commonplace Book (Ms. Drexel 4257 der 
New York Public Library), datiert 1659, bildet 
mit 240 Solo-Ayres eine wichtige Quelle der eng- 
lischen Liedkunst des 17. Jh.; das Repertoire der 
im 2. Teil autographen Handschrift nennt außer 
G. (mit 19 Ayres) u. a. H. Lawes (52), W. Lawes 
(19), J. Wilson (18) und Laniere (8). 14 Avres aus 
dem Manuskript finden sich auch in J. Playfords 
»English Dancing Master«. 

Lit.: W. Chappell, Populär Music of the Olden 
Time II, London 1859, neu hrsg. v. H. E. Woold- 
ridoe 1893, darin 3 Ayres aus d. Commonplace 
Book: Ch. W. Hughes, J. G.’s Commonplace Book, 
ML XXVI, 1945; V. H. Duckles, The G. Ms., 
JAMS I, 1948; ders., J. G.’s Commonplace Book, a 
Critical Edition, Doctoral Diss. Berkeley (California) 
1953. 

Gan^ssi, Silvestro (dal Fontego, wahrschein- 
lich nach seinem Geburtsort), * 1492 zu Fontigo 
bei Venedig; italienischer Musiker, bezeichnet sich 
1535 als »sonatore della Illustrissima Signoria di 
Venctia«. Er verfaßte: Opera Intitulata Fontegara 
(1535), eine Anweisung für das Spiel der Block- 
flöte mit 8 Grifflöchern, deren Diminutionslehre 
jedoch auch für Spieler anderer Instrumente und 
für Sänger gedacht ist (das Wolfenbütteler Exem- 
plar enthält einen Anhang mit 175 weiteren »ca- 
dentie ... su un sugieto«); Regola Rubertina (so 
nach der Widmung an G.s Schüler Ruberto 
Strozzi; 1542, 2. Teil als Lettione Seconda 1543 mit 
Widmung an Neri Capo), ein Lehrbuch des Spiels 
auf der Viola mit Bünden, das einen Überblick 
über alle Gebiete der damaligen Gambenpraxis 
gibt. Beide Werke wurden in Venedig in G.s 
Druckerei gedruckt, mit deren Typen wahrschein- 
lich auch G. Cavazzonis »Intavolatura do& Ricer- 
cari . . .« von 1543 hergestellt wurden. 

Ausg.: Opera Intitulata Fontegara, Faks. d. Boll. 
Bibi. Mus., Mailand 1934; dass., in deutscher Übers, 
hrsg. v. E. Dahnk-Baroffio u. H. Peter, Bin (1956), 
auch engl.; Regola Rubertina, Faks. hrsg. v. M. 
Schneider, 2 Teüe, = Veröff. d. Fürstlichen Inst. f. 


mw. Forschung II, 3, Lpz. 1924, daraus 2 Ricercari 
Davison-Apel Anth. I, 119; ein Ricercar, hrsg. v. 
W. Tappert in: Sang u. Klang aus alter Zeit, Bin 
1906. 

Lit.: R. Eitner, Schulwerke v. 1535, MfM XX, 1888, 
darin 5 Beisp. aus d. Opern Intitulata Fontegara; 
M. Kuhn, Die Verzierungs-Kunst, BI MG I, 7, Lpz. 
1902, mit Beisp. aus d. Opera Intitulata Fontegara; 
M. Schneider, Zur Gesch. d. begleiteten Solo- 
gesangs, Fs. Kretzschmar, Lpz. 1918, darin ein Ma- 
drigal aus d. Lettione Seconda; J. Wolf, Hdb. d. 
Notationskunde II, — Kleine Hdb. d. Mg. nach 
Gattungen VIII, 2, Lpz. 1919, darin 2 Ricercari aus 
d. Lettione Seconda; E. Albini, La Va da gamba, 
RMI XXVIII, 1921; A. Moser, Gesch. d. Violin- 
spiels. Bin 1923; J. Bacher, Die Va da gamba, 
Kassel (1932), darin 3 Ricercari aus d. Regola Ru- 
bertina sowie 2 aus d. Lettione Seconda; M. Greu- 
lich, Beiträge zur Gesch. d. Streichinstrumenten- 
spiels, Diss. Bin 1934, darin ein Madrigal (s. o. 
Schneider); E. Ferand, Die Improvisation, Zürich 
(1938); H. Peter, Die Blockflöte, Bin (1953); M. W. 
Riley, Sixteenth-cent. String Pedagogy, JAMS VI, 
1953. 

Ganche (gäj), Edouard, * 13. 10. 1880 zu Bauion 
(flle-et-Vüaine), f 31. 5. 1945 zu Paris; franzö- 
sischer Arzt und Musikschriftsteller, gründete 1911 
die Socidtd Frdddric Chopin in Paris, als deren 
Präsident er sich ganz der Verbreitung Chopin- 
scher Musik widmete und neues Material zur Bio- 

S phie Chopins sammelte. Veröffentlichungen 
e in Paris erschienen) : La vie de Chopin dans ses 
oeuvres (1909); Frddiric Chopin (1913, 21949); Frt- 
diric Chopin et la Pologne (1921) ; La vie musicdle de 
Fridbric Chopin h Paris (RM XII, 1931); Voyages 
avec Fridhic Chopin (1934); Dokumentensamm- 
lung Dans le Souvenir de Frid&ric Chopin (1921); 
Ausgaben der Walzer (mit R. Pugno; 1912) und 
(im Faksimile) von 3 Manuskripten (mit A. Cor- 
tot; 1932). Einen nicht durchweg zuverlässigen 
Neudruck der französischen Originalausgaben mit 
handschriftlichen Verbesserungen Chopins (nach 
Exemplaren aus dem Besitz von dessen Schülerin 
J. Stirling) bot G. in The Oxford Original Edition of 
Frederic Chopin (3 Bände, London 1928-33; vgl. 
W. Apel in ZfMw XVI, 1934, S. 562ff.). 

Gando (gäd'o), französische Schriftgießer-Familie 
von Schweizer Herkunft. - 1) Nicolas, * zu 
Genf, f um 1767 zu Paris, ging 1736 nach Paris und 
arbeitete dort ab 1760 zusammen mit seinem Sohn 
- 2) Pierre-Fran^rois, * 1733 zu Genf, + 1800 zu 
Paris. In beider Observations sur le Traiti ... de 
Monsieur Foumier (Paris 1766, Foumier, P. S.) 
sind Proben eines von den G. wiederbelebten 
(-* Notendruck IV) Druckverfahrens enthalten, 
wonach zuerst die Notenlinien, dann in einem 
2. Arbeitsgang die Noten (mit runden Köpfen) 
gedruckt werden. 

Lit. : VI. Fj§dorov, Artikel G., MGG, mit einer Ab- 
bildung. 

GandQlfi, Riccardo Cristoforo Daniele Dio- 
mede, * 16. 2. 1839 zu Voghera (Provinz Pavia), 
1 5. 2. 1920 zu Florenz; italienischer Musikforscher, 
machte sich nach Studien in Neapel und Florenz 
zuerst als Opemkomponist bekannt (Aldina 1863, 
H Paggio 1865, H Conte di Monreale 1871, Caterina 
di Guisa 1872), wandte sich aber von der Bühne ab 
und schrieb Instrumentalwerke, kirchliche Vokal- 
werke (Requiem 1866) und Lieder. Ab 1868 dem 


>82 



Garat 


Istituto Musicale von Florenz angehörend, wurde 
er 1889 Oberbibliothekar an dieser Anstalt und 
verfaßte historische Studien, besonders zur floren- 
tinischen Musikgeschichte, darunter: in den Atti 
delTAccademia del R. Istituto Musicale di Firenze: 
Rapporti della poesia con la musica melodrammatica 
(VI, 1868); Una riparazione a proposito di Fr. Lan- 
dino (XXVII, 1889); Ulustrazioni di alcuni cimeli 
pOCX, 1892; mit Faksimilia von Caccie und Ma- 
drigali aus dem Trecento); Dell* opera in musica 
(XXXIII, 1895); Onoranze fiorentine a G. Rossini 
(XL, 1902); in der Rassegna Nazionale: G. Rossini 
(1887); Cr. Malvezzi ; E. De* Cavalieri (1893); In 
onore di antichi musicisti ßorentini (1906); in der 
RMI: Alaine considerazioni intomo alla rifomia me- 
lodrammatica (III, 1896); La Cappella musicale della 
corte di Toscana (XVI, 1909) ; Intomo al codice mem - 
branaceo di ballate e canzoncine . . . nella biblioteca 
del R. Istituto Musicale di Firettze , ti° 2440 (XXI, 
1914) ; ferner separat: Biblioteca del R. Istituto Musi- 
cale — (Florenz 1901); Indice di alcuni cimeli 
esposti , appartenenti alla biblioteca del R. Istituto Mu- 
sicale . . . (Florenz 1911). 

Ganne (gan), Louis Gaston, * 5. 4. 1862 zu 
Buxi&res-les-Mines (Allier), f 13. 7. 1923 zu Paris; 
französischer Komponist, Schüler von Dubois und 
C. Franck am Pariser Conservatoire, schrieb popu- 
läre Ballette (Les sources du Nil 1882, La fin d*un 
monde 1892, La puce 1894, Phrynt 1896, Cythkre 
1900), eine komische Oper Rabelais (1892), die 
Operetten Les colles des Jemmes (1893), Les saltim - 
banques (1899, deutsch als Zirkus Malicome), Hans , 
le joueur de flüte (1906), Rhodope (1910), Cocorico 
(1915), La belle de Paris (1921), Lieder, Märsche 
und Klavierstücke. 

Lit.: P. Landormy, La musique frangaise de Franck 
ä Debussy, Paris (1948). 

Gantez (gät'e:z), Annibal, * um 1600 zu Mar- 
seille, f nach 1668 vielleicht zu Auxerre; fran- 
zösischer Kirchenmusiker als maitre d’enfants 
nachweisbar an den Kathedralen von Grenoble 
(1628-29 und 1656), Rouen (1629), Aix-en-Pro- 
vence (1636-38), Arles (1638-40) Auxerre (1643 
und 1661, dort 1643 mit einer halben Pfründe be- 
liehen) und Nevers (1656). 1665 war er am loth- 
ringischen Hof in Nancy. Man kennt von G. 
2 Messen und eine Chanson ä boire sowie die 
Schrift Ventretien des musiciens (Auxerre 1643), in 
denen er sich über die bedeutendsten französischen 
Musiker seiner Zeit ausspricht. 

Ausg,: L’entretien, hrsg. v. E. Thoinan, Paris 1878. 

Ganz, Name einer deutschen Musikerfamilie, zu- 
nächst der 3 Brüder: - 1) Adolf, * 14. 10. 1796 zu 
Mainz, f 11. 1. 1870 zu London, ab 1825 Groß- 
herzoglich Darmstädtischer Hofkapellmeister, 1840 
bis 1842 Dirigent der deutschen Oper in London. - 
2) Moritz, * 13. 9. 1806 zu Mainz, f 22. 1. 1868 
zu Berlin, Violoncellist, der ab 1826 in der Berliner 
Hofkapelle spielte und viele Stücke für sein In- 
strument schrieb. - 3) Leopold, * 28. 11. 1810 zu 
Mainz, f 15. 6. 1869 zu Berlin, Violinist, der oft 
mit seinem Bruder Moritz zusammen auf trat und 
ebenfalls ab 1826 der Berliner Hofkapelle ange- 
hörte. Söhne von Adolf G. waren: - 4) Eduard, 
* 29. 4. 1827 zu Mainz, t 24. 11. 1869 zu Berlin, 
Pianist, Schüler von Thalberg und Moscheies, der 


1862 in Berlin eine eigene Musikschule gründete. 
- 5) Wilhelm, * 6. 11. 1833 zu Mainz, f 12. 9. 
1914 zu London, Pianist, Gesanglehrer und Diri- 
gent, lebte ab 1850 in London, wurde ab 1856 als 
Begleiter von Jenny Lind bekannt und dirigierte 
ab 1879 Konzerte, in denen Werke von Berlioz 
und Liszt zum ersten Male in London aufgeführt 
wurden. Er schrieb Memories of a Musician (Lon- 
don 1913). 

Ganz, Rudolph, * 24. 2. 1877 zu Zürich; ameri- 
kanischer Dirigent und Komponist schweizerischer 
Herkunft, studierte in Zürich, Lausanne, Straß- 
burg und Berlin. Mit 12 Jahren trat er als Violon- 
cellist, mit 16 als Pianist auf. Im Winter 1899/1900 
debütierte er in Berlin als Pianist und Komponist 
(Symphonie op. 1 E dur). 1901-05 leitete er die hö- 
heren Klavierklassen am Chicago Musical College, 
bereiste 1906-15 Europa, die USA, Canada und 
Cuba als Klaviervirtuose, war 1921-27 Dirigent 
des Symphonieorchesters in St. Louis (Missouri/ 
USA) und wurde 1928 künstlerischer Leiter des 
Chicago Musical College, dem er von 1933 bis zu 
seiner Emeritierung 1954 als Präsident Vorstand. 
In den Jahren 1920-53 wirkte G. als Gastdirigent in 
allen Hauptstädten der USA, desgleichen auch in 
Paris, London, Toronto, Habana. G. setzte sich 
als Konzertspieler besonders für die französische 
Klaviermusik (Debussy, Ravel, Franck, d’Indy) 
ein. Werke: Sinfonische Variationen über ein 
Thema von Brahms op. 21, Orchestersuite Animal 
Pictures (20 Stücke), 4 Orchesterstücke zur De- 
monstration der 4 Instrumentengruppen, Klavier- 
konzert Es dur, Konzertstücke für Kl. und Orch. 
op. 4, etwa 200 Lieder zu deutschen, französischen, 
englischen, Schweizer und Elsässer Dialekt-Ge- 
dichten, Klavierstücke, Männerchöre. 

Garaguly (g'araguj), Carl, * 28. 12. 1900 zu Bu- 
dapest; schwedischer Dirigent und Violinist von 
ungarischer Herkunft, studierte Violine bei J. 
Hubay in Budapest, bei G. von Kresz in Berlin 
sowie bei H. Marteau in Lichtenberg. 17jährig 
begann er als Geiger bei den Berliner Philharmo- 
nikern, kam 1923 als Solist nach Schweden, wo er 
bis 1930 das Symphonieorchester in Göteborg leite- 
te. Weiterhin wirkte er am Philharmonischen Or- 
chester tKonsertfoereningen« in Stockholm, zu 
dessen ständigem Leiter er 1941 als Nachfolger von 
Fritz Busch gewählt wurde. 1951 bestdlte ihn die 
»Harmonien Society« in Bergen (Norwegen) zum 
Chefdirigenten. 

Garat (garia), Pierre Jean, * 26. 4. 1762 zu Bor- 
deaux, f 1. 3. 1823 zu Paris; französischer Konzert- 
sänger (Tenorbariton) und Gesanglehrer, Schüler 
von Fr. Beck in Bordeaux, bezog 1782 zu juristi- 
schen Studien die Pariser Universität, geriet aber 
in ernstliche Differenzen mit seinem Vater, als er 
mehr und mehr die Ausbildung seiner Stimme zur 
Hauptsache machte. Eine Anstellung als Privat- 
sekretär des Grafen von Artois beseitigte die 
Schwierigkeit dieser Situation; auch musizierte 
Marie- Antoinette mit ihm und bezahlte mehrmals 
seine Schulden. 1792 ging er nach Rouen, wo er 
eine Zeitlang gefangengehalten wurde, dann mit 
Rode auf eine Kunstreise nach Hamburg, den Nie- 
derlanden und England. 1794 kehrten sie nach 
Paris zurück, und G. trat 1795 zum erstenmal in 


583 



Garaudd 


den Concerts Feydeau mit solchem Erfolg auf, daß 
er 1796 am Conservatoire als Gesangsprolessor an- 
gestellt wurde. Eine Reihe hervorragender Schüler 
(Garaudd, L. A. E. Ponchard, N. Pr. Levasseur, 
Nourrit) zeugen für sein ausgezeichnetes Lehr- 
talent. Bis zu seinem 50. Jahre genoß G. bei den 
Parisern Bewunderung wegen seiner herrlichen 
Stimme von enormem Umfang, seiner seltenen 
Virtuosität im kolorierten Gesang und seines stu- 
penden Gedächtnisses. G. komponierte einige Ro- 
manzen, zum Teil auf eigene Texte. 

LiL: P. Lafond, G., Paris 1899; B. Miall, P. G., 
London 1913; 1. de Fagoaga, P. G., Bayonne 1944. 

Garaud£ (garod'e), Alexis de, * 21. 3. 1779 zu 
Nancy, + 23.3.1852 zu Paris; französischer 
Sänger, Musikschriftsteller und Komponist, Schü- 
ler von Cambini, Reicha, Crescentini und Garat in 
Paris, 1808 Kaiserlicher Kapellsänger, blieb nach 
der Restauration in der Königlichen Kapelle und 
wurde 1816 zum Gesangsprofessor am Conser- 
vatoire ernannt, 1841 pensioniert. Er schrieb eine 
Reihe didaktischer Werke, darunter: Methode com - 
pikte de chant (Paris 1809); L' Harmonie rendue facile 
(Paris 1835); Methode complkte de piano (Paris 1840) 
und L'Espagne en 1851 (Reisebericht, Paris 1852). 
1810/11 redigierte er den Musikerkalender »Ta- 
blettes de Polymnie«. Außerdem gab er Solfeg- 
gien, Lieder, Duette, Arien und kleinere Instru- 
mentalwerke heraus, so Klaviersonaten und -Va- 
riationen und 3 Streichquintette. 

Garbrecht, Fr. F. W., deutsche Notenstich- und 
-druckanstalt in Leipzig, gegründet 1862 von 
Friedrich Wilhelm G. (* um 1820, t 1874). 
Nach dem Tode des Gründers wurde sie einige 
Jahre von seinem Bruder Gustav G. und dann von 
Otto Säuberlich für die G.schen Erben fortge- 
führt, die sie am 1.3.1880 an Oscar Brand- 
stetter (* 7. 3. 1846 und f 15. 7. 1915 zu Leipag) 
verkauften. Auch unter dem neuen Besitzer blieb 
die technische Leitung in den Händen Otto Säu- 
berlichs, seines Schwagers. Im Jahre 1887 wurde 
der Musikaliendruckerei eine Buchdruckerei an- 
gegliedert, die sich schnell zu einem der angesehen- 
sten Großbetriebe ihrer Art entwickelte und be- 
sonders auch den typographischen Notendruck 
pflegt. Im Jahre 1902 trat Dr. Raymund S chmidt, 
Schwiegersohn Brandstetters, in das Geschäft ein 
und übernahm die Leitung der Musikaliendruck- 
Abteilung der Firma. Die Sohne Brandstetters, 
Willy und Justus Brandstetter, traten 1906 
bzw. 1910 in das Geschäft ein. Nach dem Tode 
O. Brandstetters war die Inhaberschaft der Firma 
auf seine beiden Söhne, seinen Schwiegersohn und 
seinen Schwager übergegangen. Eine bedeutende 
Erweiterung erfuhr das Geschäft noch 1918 durch 
den Ankauf der Firma W. Moeser, Buchdrucke- 
rei, Verlag, Schriftgießerei und Stereotypie in 
Berlin. Die Firma Oscar Brandstetter wurde 1943 
durch Kriegseinwirkung schwer getroffen und 
1948 in einen volkseigenen Betrieb »Deutsche gra- 
phische Werkstätten Leipzig! umgewandelt. 

Garbusidski (garbuz'irinski), Kazimierz, * 25. 
2. 1883 zu Opatowiec, f 1945 zu Krakau; polni- 
scher Komponist, 1904-08 Schüler von Zeledski 
am Krakauer Konservatorium, wurde 1908 Orga- 
nist und Chordirektor an St. Anna, 1927 Gymna- 


siallehrer am IX. Gymnasium in Krakau. Werke: 
5 Messen für Männerchor; Psalmen; Kantaten; 
Siedern slow Chrystusa (»Die sieben Worte Christi«) ; 
Pastoialsuite (aufgeführt durch den von G. ge- 
gründeten Krakauer Oratorienverein); 100 Vor- 
spiele für Org. sowie eine Reihe weiterer Orgel- 
stücke; auch weltliche Chöre und Lieder. 

G$rbusow, Nikolaj Alexandrowitsch, * 5.7. 
1880 zu Moskau; russischer Musikforscher, stu- 
dierte zunächst Bergbau, 1906-16 an der Musik- 
schule der Moskauer philharmonischen Gesell- 
schaft bei Koreschtschenko und Kastalskij Kompo- 
sition. 1921-31 war er Direktor des Staatsinstituts 
für Musikwissenschaft in Moskau und lehrt seit 
1923 Akustik am Moskauer Konservatorium. 
Schriften: Teorija mnogoosnowosti ladow soswutschij 
(»Theorie der Vielfältigkeit der Tonarten und 
Klänge«, 2 Bände, Moskau 1928-32); O mnogo - 
glosii russkoj narodnoj pesni (»Ober die Mehr- 
stimmigkeit des russischen Volkslieds«, Moskau 
und Leningrad 1939); Drewnerusskoje narodnoje 
mnogogolosije (»Altrussxsche volkstümliche Mehr- 
stimmigkeit«, Moskau und Leningrad 1948) ; 
Sonnaja priroda swukowysotnowo slucha (»Die Zo- 
nennatur der T onhöhen Wahrnehmung«, Moskau 
und Leningrad 1948); Sonnaja priroda tempa i 
ritma (»Die Zonennatur von Tempo und Rhyth- 
mus«, Moskau und Leningrad 1950); er gab das 
Sammelwerk Musykalnaja akustika (»Musikalische 
Akustik«, Moskau und Leningrad 1940) heraus. 

Garbuazova, Raja (Garbouso va), * 12.(25.) 9. 
1905 zu Tiflis; russische Violoncellistin, studierte 
am Tifliser Konservatorium, debütierte 1923 in 
Moskau und ging zu weiteren Studien (H. Becker) 
nach Berlin. Sie konzertierte von da an in West- 
europa, seit 1934 in Amerika, wo sie u. a. die Ur- 
aufführung von S. Barbers Cellokonzert (1946) 
spielte. 

Garcia (garÖ'ia), Don Francisco Xavier (Padre 
G.; italianisiert Francesco Saverio), * 1731 zu 
Nalda (Spanien), f an der Pest 26. 2. 1809 zu Sara- 
gossa; spanischer Gesanglehrer (lo Spagnoletto), 
m Spanien und Italien ausgebildet, war ab 1756 
Domkapellmeister in Saragossa. Von seinen Kom- 
positionen sind zu nennen die Oper Pompeo Magno 
in Armenia (Rom 1755) sowie die Intermedien La 
jinta schiava (Rom 1754), La pupilla (Rom 1755, 
auch Mannheim 1755), Lo scultore deluso (Rom 
1756) und das Oratorium Tobia (Temi 1773). 

Ausg. : je eine Lamentation zu 8 u. 7 St. jeweils mit 
Orch. in: H. Eslava, Lira Sacro-Hispana, Siglo XIX, 

I, 1. 

Garcia (garÖ'ia), Juan Francisco, * 16.6. 1892 
zu Santiago de los Caballeros; dominikanischer 
Komponist, leitet das Stadtorchester seiner Vater- 
stadt und ist Direktor des Conservatorio Nadonal 
de Ciudad Trujillo. Er schrieb 3 Symphonien, 
Scherzo clasico und weitere Orchesterwerke, F<w- 
tasla concertante für KU. und Orch. sowie kleinere 
Klavierstücke. 

Garcia (garÖ'ia), Manuel Patrido Rodriguez, 

* 17. 3. 1805 zu Madrid, f 1. 7. 1906 zu London; 
spanischer Sänger und Gesangspädagoge, Sohn von 
Manuel del Popolo Vic. G., begleitete seinen Vater 
nach Amerika, entsagte aber schon 1829 der Bühne 


584 



Gardano 


(seine Baßstimme war von untergeordneter Quali- 
tät), widmete sich ausschließlich dem Gesang- 
unterricht und gelangte als Lehrer in Paris zu gro- 
ßem Ansehen. Er ist der Erfinder des Laryngoskops 
(Kehlkopfspiegels; 1855) und wurde dafür von 
der Königsberger Universität zum Dr. med. h. c. 
ernannt. Zu seinen Schülern zählten Jenny Lind 
und J. Stockhausen. 1840 überreichte er der fran- 
zösischen Akademie ein Mimoire sur la votx hu - 
maine (deutsch Wien 1878, danach wieder fran- 
zösisch von Schiffers 1904), das zwar nicht Ent- 
deckungen, aber eine geschickte Zusammenstel- 
lung von Untersuchungen über die Funktionen des 
Kehlkopfs enthielt und ihm Anerkennung seitens 
der Akademie und 1842 die Ernennung zum Ge- 
sangsprofessor am Conservatoire einbrachte. In 
dieser Stellung verfaßte er seinen Traitt complet de 
Vart du chant (Paris 1847; deutsch von Wirth und 
Mangold, Mainz o.J.; in abgekürzter Form als 
Gareia-Schule von F. Volbach 1899, als Gesangs- 
sehule oder Die Kunst des Gesanges , in 2 Bänden, 
Mainz 1911 ; englisch von Beata Garcia als Hints of 
Singing , London 1895). 1848 ging er nach London, 
wo er bis 1895 als Gesanglehrer an der Royal 
Academy of Music wirkte. Seine Schülerin und 
Gattin Eugdnie (geborene Mayer), * 1818 und 
1 12. 8. 1880 zu Paris, wirkte zuerst mehrere Jahre 
an italienischen Bühnen, 1840 an der Opdra 
Comique in Paris, 1842 in London, lebte dann von 
ihm geschieden als Gesanglehrerin in Paris. 

Lit.: M. Sterling Mackinlay, G. the Centenarian 
and bis Times, London 1908; G. Tapia, M. G., su 
influencia en la laringologia y en el arte del canto, 
Madrid 1905; R. Lach, M. G. u. d. Erfindung d. 
Kehlkopfspiegels, in: Wiener Medizinische Wochen- 
schrift LXXVI1, 1927; J. M. Levien, The G. Family, 
London 1932, revidierte Ausg. in: Six Sovereigns of 
Song, London 1948. 

Garcia (garO'ia), Manuel del Popolo Vi- 
cente, * 21. 1. 1775 zu Sevilla, f 9. 6. 1832 zu 
Paris; spanischer Opernsänger (Tenor), Gesangs- 
pädagoge und Komponist, der Sohn von Jerönimo 
Rodriguez und Mariana geborene Aguilar, 
nahm nach dem frühen Tode seines Vaters den 
Namen seines Stiefvaters G. an. Er erhielt seine 
erste Ausbildung von Antonio Ripa und Juan 
Almarcha in Sevilla und wurde schon mit 17 Jah- 
ren nach Cadiz gezogen, um dort zugleich als 
Sänger und Komponist in der Oper zu debütieren, 
trat auch in Madrid und Malaga auf und ging 1808 
nach Paris, wo er durch seine Erfolge am Tndatre 
Italien den Grund zu seinem Weltruf legte. 1811 
bis 1816 brillierte er an italienischen Bühnen, be- 
freundete sich in Neapel mit Rossini, wurde 1816 
im Thdätre Italien mit außerordentlichem Beifall 
wieder aufgenommen, überwarf sich jedoch mit 
der Catalani, die damals Eigentümerin dieses 
Theaters war, und ging 1817 nach London. Seine 
Glanzperiode fällt in die Zeit 1819-24, wo er nach 
dem Fallissement der Catalani wieder am Thdätre 
Italien sang. 1824 kehrte er als 1. Tenor der König- 
lichen Oper nach London zurück, wurde 1825 von 
dem Impresario Price mit seinen beiden Töchtern, 
seinem Sohne, dem jüngeren CrivelH, Angrisani, 
Rosich und der Barbieri für New York engagiert, 
wo sie begeisterte Aufnahme fanden. Nachdem er 
mit seiner Familie 1827/28 auch noch in Mexiko 
18 Monate lang aufgetreten war, ging er nach 


Europa zurück. Von neuem in Paris, widmete er 
sich ganz dem Unterricht und der Komposition. 
G. schrieb nicht weniger als 22 spanische, 21 ita- 
lienische und 8 französische Opern, außer den von 
Fdtis genannten die spanischen: El farfalla und El 
Ho y la Ha (beide Madrid 1804), Una hora de ma- 
trimonio , No hay guarda para el arnor und La donzella 
de Raab , und die italienischen: La Cenerentola, 
Romeo und Tancredo (alle New York 1826), auch 
mehrere Tonadillas, viele Ballette und eine 3 st. 
Kantate Endimion. Seine berühmtesten Schüler sind 
seine beiden Töchter Marie (Malibran) und 
Pauline (Viardot) sowie sein Sohn Manuel. 

Lit.: N. A. Solar-Quintes, M. G. Intimo, AM II, 
1947; J. M. Levien, The G. Family, London 1932, 
revidierte Ausg. in: Six Sovereigns of Song, London 
1948. 

Garcia-Morcillo (g'aröja), Fernando, * 25. 2. 
1916 zu Valdemoro Madrid; spanischer Orchester- 
leiter und Komponist, Schüler des Real Conser- 
vatorio de Musi ca y Declamadön in Madrid, lei- 
tete zunächst ein eigenes Orchester und ging 1940 
zum spanischen Rundfunk. Er ist jetzt musikali- 
scher Leiter der R. C. A. Espanola. Er schrieb zahl- 
reiche musikalische Komödien, darunter La voz 
amada (Madrid 1943), Vacadones Forzosas (Madrid 
1946), Las Alegres Cazadoras (Madrid 1950), Abra- 
cadabra (Madrid 1953), Una cana al aire (Madrid 
1955) und Carambola (Madrid 1957) ; Filmmusiken 
und Unterhaltungs-Chansons. 

Garcia Robles (garö'ia), Josd, * 2. 7. 1835 zu 
Olot, f 28. 1. 1910 zu Barcelona; katalanischer 
Komponist, bildete sich als Komponist und Pianist 
in Reus, Vieh und Barcelona, wurde Zeichenlehrer 
am Colegio Valdemia in Matar6 und ließ sich 
dann als Musiklehrer in Barcelona nieder, wo er an 
der Gründung des Orfe6 Catalä beteiligt war. 
Kompositionen: Schulopem El Angel de Puig- 
cerdd , Las Coronas , El Olimpo en Narbona und 
Charles VI; Oratorien, darunter Santa Isabel de 
Hungria für 4 Chöre, Orch. und Org.; Kammer- 
und Kirchenmusik. 

Gardgno, Antonio (oder Gardane, wie er sich 
bis 1557 schrieb), * um 1500, f wahrscheinlich 1570 
zu Venedig; einer der bedeutendsten älteren ita- 
lienischen Musikdrucker, arbeitete mit P. Haultins 
Punzen im einfachen Typendruck (-► Noten- 
druck). Er druckte viele anderweit erschienenen 
Werke nach und brachte selbst vortreffliche Novi- 
täten, in den MotetH del frutto (1538) und den 
Canzoni francesi (1538) u. a. auch Stücke eigener 
Komposition. Von seinem kompositorischen 
Schaffen sind 2 Messen sowie zahlreiche Motetten, 
Madrigale und Chansons erhalten. Sein mutmaß- 
lich erster Druck ist datiert von 1537. Ab 1570 fir- 
mierten an seiner Stelle seine beiden Söhne Ange- 
lo und Alessandro als »Li figliuoli di A. G.«, die 
zusammen bis 1575 druckten, sich dann aber 
trennten. Um 1584 datierte Alessandro von Rom 
aus (1587-89 assoziiert mit Francesco Coattino), 
während Angelo bis zu seinem Tode (1610) in 
Venedig druckte und seinen Verlag zu hohem An- 
sehen brachte; seine Erben firmierten noch bis 1650 
unter seinem Namen. Kataloge der Verlagswerke 
erschienen 1591, 16i9 und 1649. Zu den Autoren 


585 



Garden 


des Hauses G. gehörten u. a. Willaert, C. Festa, 
Janequin, Arcadelt, C. de Rore, Lasso, Marenzio 
und Merulo. 

Ausg. : Kat v. 1591, hrsg. v. G. Thibaült, Rev. de Mu- 
sicol.Xu.XI, 1929 u. 1930; Kat v. 1619 u. 1649,hrsg.v. 
R. Eitner u. F. X. Haberl als Beilagen v. MfM XIV 
u. XV, 1882 u. 1883. - 2 Duos v. Antonio G. bei 
H. Expert, Florilfcge du concert vocal de Ia Renais- 
sance VIII, 1928. 

Garden (g'a:dan), Mary, * 20.2.1877 zu 
Aberdeen; schottische dramatische Sängerin, 
wuchs in den USA auf und wurde dann von Tra- 
badello und Fug&re in Paris ausgebildet. 1900 de- 
bütierte sie an der Pariser Opdra Comique in 
Charpentiers Louise und wurde sofort engagiert. 
Sie kreierte u. a. die Mdlisande Debussys (1902); 
1907 sang sie zum ersten Male in New York; ab 
1910 war sie Mitglied der Chicago Opera Com- 
pany, deren Generaldirektion sie 1922/23 inne- 
hatte. In den USA übte sie noch in den letzten 
Jahren eine umfangreiche Vortragstätigkeit aus 
und debütierte noch 1954 im Fernsehen. Zusam- 
men mit L. Biancolli schrieb sie M. G.’s Story 
(London 1951). 

Gardiner (g'aidino), Henry Balfour, * 7. 11. 
1877 zu London, f 28. 6. 1950 zu Salisbury; eng- 
lischer Komponist, war mit 17 Jahren Schüler 
Knorrs und Uziellis in Frankfurt am Main, 1895 
am New College in Oxford, dann wieder in 
Frankfurt und in Sondershausen. Kurze Zeit 
wirkte er als Schulmusiklehrer für Klavier in 
Winchester, widmete sich dann, meist auf dem 
Lande lebend, ganz der Komposition. Sein 
Shepherd FenneVs Dance ist in England ein beliebtes 
Orchesterwerk. Er schrieb Orchesterwerke (Sym- 
phonie Ddur, English Dance, Fantasy ), Ballade 
News from Whydah für Chor und Orch. (1912), 
Gesänge für Singstimme und Orch., Kammer- 
musik (Streichquintett C moll, einsätziges Streich- 
quartett B dur), Klavierstücke und Lieder. 

Gardiner (g'a:dino), William, * 15. 3. 1770 
und + 16. 11. 1853 zu Leicester; englischer Musik- 
schnftsteller, war Sohn und Geschäftserbe eines 
Strumpfwirkers, aber ein begeisterter Musik- 
freund. G. versuchte den englischen Kirchengesang 
durch Unterlegung von Texten englischer Dichter 
unter Kompositionen berühmter Meister zu heben 
und veröfientüchte 6 Bände Sacred Melodies from 
Haydn , Mozart and Beethoven, Adopted to the 
English Poets (1812ff.). Weiter gab er H. Beyles 
(Stendhals) Vie de Haydn in der Übersetzung von 
C. Berry, und Schlichtegrolls Mozartbiographie 
in der Übersetzung von R. Brewin heraus (The 
Life of Haydn , . . .followed by the Life of Mozart, 
London 1817) und schrieb : The Music of Nature 
(London 1832), Music and Friends (3 Bände, Lon- 
don: I und II, 1838; III, 1853; mit Aufschlüssen 
über Beethovens Streichtrio op. 3, die dies Werk 
als 1792 komponiert erweisen) und Sights in Italy 
(London 1847). 

Gardner» Samuel, *25. 8. 1891 zujelisawetgrad 
(Gouvernement Cherson, Südrußland); amerika- 
nischer Violinist und Komponist russischer Her- 
kunft, Violinschüler von C. M. Loeffler und F. 
Wintemitz in Boston sowie von F. Kneisel am 
Institute of Musical Art in New York, wo er auch 


Komposition studierte und ab 1922 als Violin- 
lehrer wirkte. Er betätigte sich längere Zeit als 
Solist und Kammermusiker (Kneisel-Quartett) 
und schrieb : Orchesterwerke (symphonische Dich- 
tung New Russin, 1917; Broadway , 1924; Country 
Moods für Streicher, 1946); ein Violinkonzert 
(1924); ein Klavierquintett, Hebraic Fantasie für 
Klavierquintett; ein Streichquartett, Variationen 
(1919), Praeludium und Fuge sowie Intermezzo 
quasi Fantasia für Streichquartett; auch Klavier- 
stücke und Lieder. 

Garlandia, Johannes de (Gallandia), Musik- 
theoretiker des 13. Jh., wahrscheinlich identisch 
mit dem Grammatiker J. de G. Danach wäre er 
um 1190 in England geboren, nach Studien in Ox- 
ford um 1210-15 nach Paris gekommen, dort 
Schüler des Alanus ab Insulis gewesen und hätte 
um 1229-32 in Toulouse, dann in Paris (im clos de 
Galand) gelehrt, wo er 1272 gestorben sein soll. 
G.s De musica mensurabili positio (überliefert u. a. 
durch Hieronymus de Mora via) wurde vermutlich 
gegen 1240 geschrieben; sie enthält noch Reste 
älterer modaler Leseweisen der Ligaturen, wo- 
gegen für die Geltung der einzelnen Noten und 
der Pausen bereits das von Franco von Köln be- 
folgte System eingehalten wird. Eine Ars cantus 
plani von G. besitzt die Library of Congress in 
Washington, eine Introductio musicae ist noch in 
3 weiteren Handschriften erhalten. Eine um 1300 
verfaßte Optima introductio in contrapunctu wurde 
von Coussemaker nach dem Manuskript Einsie- 
deln 689 ebenfalls unter dem Namen J. ae G. (des 
»jüngeren«) herausgegeben, steht dort jedoch (nach 
Bukofzer) anonym. Der Dictionarius des Gramma- 
tikers J. de G., eine nach Sachgruppen geordnete 
Sammlung von Termini, enthalt einige Zeilen 
über Musik, besonders Namen von Musikinstru- 
menten. 

Ausg.: De musica mensurabili positio in CS I, sowie 
hrsg. y. P. S. M. Cserba OPr in: Hieronymus de 
Moravia . . ., « Freiburger Studien zur Mw. II, 
Regensburg 1935; Introductio musicae in CS I; 
Optima introductio in CS III; Dictionarius, hrsg. v. 
A. Scheler in: Lexicographie latine . . Lpz. 1867. 
Lit. : E. de Coussemaker, Hist, de l’harmonie . . ., Paris 
1852; G. Jacobsthal, Die Mensuralnotenschrift..., 
Bin 1871; W. Niemann, Über d. abweichende Be- 
deutung d. Ligaturen..., BIMG I, 6, Lpz. 1902; E. 
Habel, J. de G., in: Mitt. d. Ges. f. deutsche Erzie- 
hung- u. Schulgesch. XIX, 1909, L. J. Paetow, The 
Life and Works, of J. of G., = Memoirs of the Univ. 
of California IV, 2, 1927; G. Pietzsch, Die Klassifi- 
kation d. Musik, Halle 1929; M. F. Bukofzer, Gesch. 
d. engl. Diskants, - SIg mw. Abhandlungen XXI, 
1936; G - Reese > Musik the MA, NY 
1940, W. Apel, The Notation of Polyphonic Music, 
Cambridge (Mass.) 1942, 41953; A. Machabey, J. de 
G., compositeur, RM Nr 221, 1953. 

Garms (xarms), Johan Hendrik, * 3. 12. 1867 
zu Amsterdam, f 27. 7. 1933 zu Velsen; nieder- 
ländischer Musikpädagoge, war 1889-93 Schüler 
des Leipziger Konservatoriums. Er schrieb: Tbon- 
ladder-, interyal - en akkoordwijzer (Amsterdam 
1887); Inleiding in de theorie der muziek (Amster- 
sow * e Aufsätze und Rezensionen im 
»Weekblad voor Muziek«, war auch Komponist 
und sammelte niederländische Volkslieder. G. 
lebte als geschätzter Theorielehrer in Amsterdam, 
wo er mit Ary Bclinfante den Niederländischen 


586 



Gascud 


Musikpädagogischen Verband gründete. Ab 1923 
war G. auch Redakteur des »Muziekpaedagogisch 
Maandblad«. 

Garnier (garji'e), Joseph, f 1. 11. 1779; fran- 
zösischer Komponist, war 1760-69 Kapellmeister 
am Münster in Straßbure und in dieser Stellung 
Vorgänger von F. X. Richter. Um 1772 wirkte er 
noch als maitre de musique in Beatme (Cöte- 
d’Or). Von ihm sind mehrere a-cappella- und 
Orchestermessen sowie Motetten bekannt. 

Garnier (garji'e), Joseph-Francois, * 18. 1. 
1755 und f um 1825 zu Lauris (Vaucluse); fran- 
zösischer Oboist und Komponist, Schüler von 
Sallantin, 1778 2., 1786 1. Oboist der Pariser Gro- 
ßen Oper, veröffentlichte Oboenkonzerte, Kon- 
zertanten für 2 Ob., für FL, Ob. und Fag., Duette 
für Ob. und V. sowie eine vortreffliche Methode 
raisonnie pour le hautbois (Paris o. J.). 

Ausg.: die »Methode« in deutscher Ausg. als »Oboen- 
schule«, hrsg. v. P. Wieprecht, Offenbach o. J. 

Garratt (g'aeraet), Percival, * 21. 5. 1877 zu 
Iittle Tew Grande (Oxon) ; englischer Komponist 
und Pianist, war m Berlin Schüler von Klindworth 
und konzertierte in Europa und Südafrika. Er 
schrieb einige Orchesterwerke, Bühnenmusiken, 
zahlreiche Klavier- und mehrere Violinstücke so- 
wie Lieder. 

Garr$ra, Julio, * 12. 3. 1875 und f 2. 12. 1925 
zu San Feliu de Guixols (Gerona); spanischer 
Komponist, Autodidakt, schrieb eine große Reihe 
von sardanas für Cobla und für Orch., Orchester^ 
stücke ( Impressions simfdniques um 1901, Preludi 
Mediterrani 1918, symphonische Dichtungen Pa- 
storal 1922 und Les illes Medes 1923), ein Violin- 
konzert (1925), ein Klavierquartett, eine Sonate 
F dur für Vc. und IG.; Klaviersonate in C sowie 
eine Reihe katalanischer Lieder. G. gilt als einer 
der bedeutendsten Vertreter der katalanischen Mu- 
sik nach 1900. 

Lit. : L. Millet, J. G. i la nostra müsica, - und M. 
Vinyas, J. G., L’home i artista, in: Revista Musical 
Catalana, XI/XII, 1925. 

Garrett (g'aeiet), George Mursell, * 8. 6. 1834 
zu Winchester, f 8. 4. 1897 zu Cambridge; eng- 
lischer Organist und Komponist; Schiller von 
Elvey und Wesley, 1854-56 Organist der Kathe- 
drale von Madras (Indien), 1857 Organist am St. 
John’s College in Cambridge, im selben Jahre 
Baccalaureus, 1867 Mus. Dr., 1875 Universitäts- 
organist, 1878 Magister artium propter merita. G. 
war ein geschätzter Komponist und hinterließ ein 
Oratorium The Shunammite (1882), Kantaten, be- 
sonders aber viel Kirchenmusik sowie Orgel- 
stücke. 

Garrjdo, Pablo, * 26. 3. 1905 zu Valparaiso; 
chilenischer Komponist, setzte sich schon früh für 
die zeitgenössische europäische Musik ein, grün- 
dete 1929 das Symphonieorchester von Antofa- 
gasta, betrieb danach folkloristische Studien in 
Chile sowie in anderen süd- und mittelamerika- 
nischen Staaten. Studienreisen führten ihn nach 
Frankreich, Spanien und England. 1944-48 leitete 
er die Volksmusikabteilung bei der Informations- 
und Kulturabteilung des Innenministeriums in 
Santiago und lebt seit 1949 in Puerto Rico. Werke : 


die Ballette Cowboy und Escenas de otoho ; für 
Orch. : Fantasia militar, Rapsodia ehilena und Ballet 
mecdnico ; Fantasia submarina für Kl. und Orch.; 
Kammermusik: Apunto afrocubano für FL, Va und 
Vc., Interludio dramdtico für Streichtrio, Ventana de 
jazz für Saxophon und Kl., Violinsonate, Klavier- 
stücke. Er schrieb: Biografia de la Cueca ehilena 
(Santiago 1943). 

Garrigues, Malwine -* Schnorr von Ca- 
rolsfeld. 

Garsi, Santino (S. G. da Parma, S. detto la 
Garsa oder detto Valdes), f hn Januar 1604 zu 
Parma; italienischer Lautenist, stand von 1594 bis 
zu seinem Tode im Dienste des Herzogs von 
Parma, zur gleichen Zeit wie CL Merulo. Etwa 30 
qualitativ hochstehende Lautenstücke von G. sind 
in den Lautenbüchem Berlin Mus. mss. 40032 und 
40 153 sowie Brüssel Ms. II 275 enthalten. 

Lit.: H. Osthoff, Der Lautenist S. G. da Parma, 
= Slg mw. Einzeldarstellungen VI, Lpz. 1926; darin 
alle erhaltenen Stücke in Übertragung. 

Gärtner -> Gärtner. 

Gasco, Alberto, * 3. 10. 1879 zu Neapel, f 11. 7. 
1938 zu Rom; italienischer Komponist, trieb ju- 
ristische Studien und gleichzeitig musikalische bei 
R. Terziani und V. d’Indy in Rom. Er war Kritiker 
der »Tribuna« in Rom. Werke: die Opern La 
leggenda delle sette torri (Rom 1913), Astrea (nicht 
amgeführt); Oratorium San Francesco ; die von 
Gemälden angeregten Werke Venere dormente 
(Streichquartett), La visione di Sant'Orsola (V. und 
Kl.), Primavera fiorentina (Klaviersuite), Le danza- 
trici di Jodhpur (nach Besnard, KL), ein Scherzo 
orgiastico für Orch., eine symphonische Dichtung 
Presso le fonti del Clitumno , Buffalmacco (lustiges 
Vorspiel für Orch.), Gesangsstücke und Stücke für 
V. und Kl. 

Gascongne (gask'ojio), Mathieu (Gascogne, 
Guascogne, Guascogna) ; französischer Komponist 
des 16. Jh., ist 1518 als Priester in Cambrai er- 
wähnt und stand vermutlich zeitweise im Dienste 
Franz* I. Von G. sind erhalten: 3 gedruckte und 
5 handschriftlich überlieferte Messen (3 in Cam- 
brai 3, 2 in Cambrai 4); ein 4st. Magnificat; 
30 4st. (davon 17 gedruckt), eine 2st. und 2 3 st. 
Motetten; 6 4 st. und 15 3 st. Chansons. G. ist ver- 
mutlich nicht identisch mit Johannes G. (oder 
Gascoing), von dem 3 Messen, eine davon auch in 
Cambrai 4, erhalten sind. 

Ausg.: Je ne saurais chanter, hrsg. v. Ch. Bordes, 
Chansonnier du XVI e s., Paris o. J.; Bone Jesu, (als 
Orgelbearbeitung) hrsg. v. Y. Rokseth, Treize Mo- 
tets d’Attaingnant ■» Soc. Fran$aise de musicologie 
V, 1930; 5 Motetten, hrsg. v. A. Smuers, in: Treize 
livres de motets parus chez P. Attaingnant I u. II, 
Paris 1934 u. 1936. 

Lit. : M. Brenet, Les musiciens de la Sainte-Chapelle 
du Palais, Paris 1910. 

Gascu£, Francisco, * 4. 10. 1848 und f H- 3. 
1920 zu San Sebastian; Forscher auf dem Gebiete 
der baskischen Volksmusik, war ein gelehrter Mu- 
sikfreund und von Beruf Bergingenieur in San 
Sebastian. Veröffentlichungen: La müsica populär 
vascongada (Renteria 1906); La Spera vascongada 
(Renteria 1906) ; Ensayos de critica musical (1909/10; 
über die baskischen Opern »Maitena« vonC. Colin, 


587 



Gaspar 


»Mendi-Mendiyan« von J. Usandizaga, »Mirentxu« 
von J. Guridi, »Lide eta Isidor« von S. de In- 
chausta); Historia de la sonata (San Sebastiän 1910); 
El compds quebrado del zortzico (Revista Musical de 
Bilbao 1911); Bayreuth y Munich (San Sebastiin 
1911); Laurrescu basque (Bull. SIM 1912); Origen 
de la Mäsica populär vascongada (Revue des £tudes 
basques VH, 1913, auch separat); El Aurresku en 
Guipuzcoa a fines del siglo XVIII (San Sebastiin 
1916); La simetria y el compds 518 (San Sebastiin 
1916); Influencia de la mtisica drohe en la müsica 
castellana (Bilbao 1917); Las gamas cilticas y las 
melodiös populäres eüskaras (Madrid 1919); Ma- 
teriales para el estudio del folklore müsico vasco (Ma- 
drid 1920). 

Gaspar van Weerbeke, * gegen 1440 wahr- 
scheinlich zu Oudenaarde (Flandern), f nach 1515; 
flämischer Komponist, wirkte ab 1472 neben 
Tosquin und Compfcre am Hof der Sforza in Mai- 
land, war 1481-89 päpstlicher Kapellsanger in 
Rom, worauf er wieder in Mailänder Diensten 
stand. Nach einem Aufenthalt 1495-98 am bur- 
gundischen Hof kehrte er nach Mailand zurück, um 
dann 1499 abermals in die päpstliche Kapelle nach 
Rom zu gehen, wo er noch 1515 nachweisbar ist. 
Stilistisch ist G.s Schaffen in stärkster Weise von 
der italienischen Musik beeinflußt. Das Schwerge- 
wicht liegt dabei auf der Motetten- und Meß- 
komposition, in der die Vierstimmigkeit die Regel 
ist (nur 2 Motetten sind 5 st.). Übersichtlicher Auf- 
bau der Kompositionen, ein klarer (nicht nieder- 
ländisch irrationaler) Verlauf der Stimmen und 
eine einfache harmonische Anlage charakterisieren 
seine Werke im einzelnen. Das kompositorische 
Schaffen von G. umfaßt, soweit es bisher bekannt 
wurde, 8 Messen (alle 4st.), 2 Credosätze, 28 Mo- 
tetten, 2 Motettenzyklen (Motetti missales) zu je 
8 Motetten, 5 Chansons. Die gedruckten Werke 
erschienen alle bei Petrucd: 5 Messen in den 
Misse Gaspar (1507), eine Messe im Missarum 
diversorum auctorum Liber primus (1508), die beiden 
Credosätze in den Fragmenta Missarum (1505 ; hier 
auch eine Motette); Motetten in den Motetti A 
(9; 1502), Motetti B (5; 1503), Motetti Libro quarto 
(8; 1505), Lamentationum Über Secundus (eine La- 
mentatio; 1506), Laude Libro secondo (2; 1508) und 
in den Motetti a cinque Libro primo (eine Motette; 
1508); eine Chanson in Harmonice Musiees Odhe- 
caton A (1501). Daneben ist eine reiche handschrift- 
liche Überlieferung zu verzeichnen, die eine Reihe 
nicht gedruckter Werke umfaßt. 

Ausg.: Kyrie d. Messe »Princesse d’amourette« sowie 
d. Motetten »Verbum caro factum est« u. »Tenebrae 
factae sunt« bei A. Smuers, Van Ockeghem tot 
Sweelinck VI, Amsterdam 1951 (Nr 49-51); Motetten 
»Virgo Maria«, »Mater digna dei« u. »Verbum caro 
factum est« hrsg. v. J. Delporte, Rev. liturgique et 
musicale 1931; die zweiten Fassungen d. Motetten 
»Panis angelicus« (Ave panis angelorum) u. »Verbum 
caro factum est« (O inextimabilis dilectio caritatis) 
bei K. Jeppesen, Die mehrst, ital. Laude um 1500, 
Lpz. u. Kopenhagen 1935 (Nr 9 u. 52); Beginn der 
»Lamentatio Jeremiae« in Schering Beisp. 58; Mo- 
tette »Virgo Maria« bei A. W. Ambros, Gesch. d. 
Musik V, hrsg. v. O. Kade, Lpz. 3191 1. 

Lit. : G. Croll, G. van W., an outline of his life and 
works, MD VI, 1952; ders.. Das Motettenwerk G.s 
van W., Diss. Göttingen 1954 (maschr.); W. Wegner, 
Analyse d. Messe »O venus banth«, Diss. Marburg 
1940 (maschr.); G. Cesari, Musica e müsicisti aila 


corte sforcesca, in: F. Malaguzzi Valeri, La corte di 
Lodovico il Moro, IV, Mailand 1923, - vgl. auch 
RMI XXIX, 1922. 

G$spari, Gaetano, * 15. 3. 1807 und *J* 31. 3. 
1881 zu Bologna; italienischer Musikforscher, 
1820 Schüler von Benedetto Donelli am Liceo 
musicale in Bologna, war Städtischer Kapell- 
meister in Cento, 1836 Kirchenkapellmeister in. 
Imola, gab jedoch diese Stelle auf, um Donelli in 
seinem Lehrberuf zu assistieren. 1855 wurde er 
Konservator der reichen Bibliothek des Liceo 
musicale und 1857 Kapellmeister an San Petronio. 
G. war in dar Folge eine der bedeutendsten musi- 
kalischen Autoritäten Italiens. Veröffentlichungen : 
La musica in Bologna (Gazzetta Musicale di Milano 
1858); RagguagU sulla cappella musicale della basilica 
di S. Petronio (Bologna 1869); in den Acti e Me- 
morie della R. Deputazione di Storia Patria per le 
provinde della Romagna die eingehenden Studien 
(die auch separat erschienen) : Ricerche, documenti e 
memorie . . . (Bologna 1867, 1868, 1871), Dei mu - 
sicisti bolognesi del XVI° sec . . . . (ebenda, II, 2) ; 
Continuazione delle memorie ... sui müsicisti bo- 
lognesi del XVI 0 secolo (Imola 1875) ; Continuazione 
e fine delle Memorie . . . dei müsicisti bolognesi del 
sec . XVI° (Atti e Memorie della Deputazione di 
Storia Patria delTEmilia, Nuova Serie II); Dei 
müsicisti bolognesi nella seconda metä del sec. XVI° 
(Modena 1877) und Dei müsicisti bolognesi nel sec. 
XVII 0 (Modena 1878-80). 

Lit.: Cat. della Bibi, di G. G., venduta a Parigi, 1862; 

F. Parisini, Elogio funebre del professore G. G., 
Bologna 1882. 

Gasp&rjni, Francesco (Guasparini), * 5.3. 
1668 zu Camajore bei Lucca, t 22. 3. 1727 zu 
Rom; italienischer Komponist, Schüler von Co- 
relli und Pasquini in Rom, war 1700-1713 Musik- 
lehrer am Ospedale della Pietä in Venedig, ab 1717 
Kapellmeister an S. Lorenzo in Ludna in Rom, 
1725 Kapellmeister am Lateran. G., der als Büh- 
nen- und Kirchenkomponist zu seiner Zeit hoch 
angesehen war und Benedetto Marcello zu seinen 
Schülern zählte, schrieb 61 Opern und Intermezzi 
(vorwiegend für Venedig und Rom), mehrere 
Oratorien, viele Messen, Psalmen, Motetten und 
Kammerkantaten sowie eine Generalbaßschule 
Larmonico pratico al cimbalo (Venedig 1708, 61802), 
die noch bis in die Mitte des 19. Jh. in Italien im 
Gebrauch war. 

Gasparjni, Michelangelo, * zu Lucca, f um 
1732 zu Venedig; italienischer Sänger (Altist) und 
Komponist, vielleicht ein Bruder von Francesco 

G. , Schüler von Lotti, gründete in Venedig eine 
Gesangschule, aus der u. a. Faustina Hassc-Bor- 
doni hervorging. Er komponierte mehrere Opern 
für Venedig, ein Oratorium Santa Vittoria und 
kleinere Gesangsstücke. 

Gasparini, Quirino, * zu Bergamo, f 11- 10. 
1778 zu Turin; italienischer Violoncellist und Kom- 
ponist, in Bologna Schüler des Padre Martini, war 
zunächst Hof-, dann Kathedralkapellmeister in 
Turin, schrieb einige Opern sowie eine Reihe von 
Vokal- und Instrumentalkompositionen. Von ihm 
stammt das 4 st. Adoramus, aas lange als Werk 
Mozarts galt (K.-V. 327). 

Lit: F. Raugel, Qu. G., Rev. de Musicol. XIII 
(«= Tome X), 1931. 


588 



Gaßner 


G^sparo da Salö, eigentlich Gasparo di Berto- 
lotti, getauft 20. 5. 1540 zu Salo am Gardasee, 
begraben 14. 4. 1609 zu Brescia; italienischer In- 
strumentenbauer in Brescia, wohin er 1562 über- 
gesiedelt war. Er baute besonders ausgezeichnete 
Violen, Baßviolen, Kontrabaßviolen, aber auch 
Violoncelli. Seine Violinen, deren nur wenige noch 
existieren, scheinen weniger beliebt gewesen zu 
sein (Oie Bull besaß eine vorzügliche Violine von 
ihm). Das Favoritinstrument des berühmten Kon- 
trabassisten Dragonetti war eine Kontrabaßviole 
von G., die er zu einem Kontrabaß hatte umwan- 
deln lassen. Fdtis (Artikel »Dragonetti«) nennt irri- 
gerweise G. als Lehrer von Andrea Amati. 

Lit.: G. Livi, G. da S., in: Nuova Ant., 1891; A. 
Berenzi, Di alcuni strumenti fabbricati da G. da S., 
Brescia 1906; A. M. Mucchi, G. da S.: la vita e 
l’opera, 1540-1609, Mailand 1940; W.L.v. Lütgen- 
dorpp. Die Geigen- u. Lautenmacher v. MA bis zur 
Gegenwart, Ffm. 5 -*1922. 

Gasper}ni, Guido, * 7. 6. 1865 zu Florenz, f 20. 
2. 1942 zu Neapel; italienischer Musikforscher, 
hielt Vorträge über Musikgeschichte mit Illustra- 
tion durch aufgeführte Werke (1899-1903 in Flo- 
renz, Rom und Parma). Er war ab 1902 Biblio- 
thekar und Lehrer für Musikgeschichte am Kon- 
servatorium in Parma, ab 1924 Bibliothekar am 
Konservatorium von Neapel. 1908 gründete G. 
die »Assodazione dei musicologi Italiani«. Im 
Druck erschienen: Storia della musica (Florenz 
1899; 10 Vortrage); Dell' arte di interpretare la 
scrittura della musica vocale del Cinquecento (Florenz 
1902); Storia della semiografia musicale (Mailand 
1905); II real Conservatorio di musica in Parma 
(Parma 1913); I caratteri peculiari del melodramma 
italiano (Parma 1913) ; Musicisti celebri alla corte dei 
Famesi (Aurea Parma IV, 1920); Le sonanti fucine 
delV arte (Parma 1923). G. war mitbeteiligt an der 
Herausgabe des grundlegenden Catalogo generale 
delle musiche antiche esistenti nelle biblioteche d'Italia 
(Parma 1911 ff). 

Gaßmann, Florian Leopold, * 3. 5. 1729 zu 
Brüx (Böhmen), f 20. 1. 1774 zu Wien; böh- 
mischer Komponist, erlernte die Anfangsgründe 
des Violin- und Harfenspiels beim Brüxer Regens 
chori Johann Voboril, flüchtete zwischen 1742 und 
1745 aus dem Elternhaus und begab sich nach 
Italien. Seine Studien bei Padre Martini in Bologna 
sowie seine erste Anstellung beim Grafen Veneri in 
Venedig konnten bisher nicht nachgewiesen wer- 
den. Möglicherweise war G. vor 1757 Chorleiter 
des Mäddienkonservatoriums »degl’Incurabili« in 
Venedig. 1757 komponierte er für das venezia- 
nische »Teatro S. Moisfc« die Oper Merope und 
schrieb dann bis 1762 jedes Jahr eine Oper für die 
Kamevalsaison. Von 1763 an wirkte er als Ballett- 
komponist in Wien, wurde 1764 zum Kammer- 
komponisten und 1772, nach dem Tode Georg 
Reutters d. J., zum Hofkapellmeister ernannt. 1766 
und 1769/70 unternahm er Reisen nach Italien und 
führte in Venedig seinen Achille in Sciro (1766), in 
Rom den Ezio (1770) auf. Von der ersten dieser 
Reisen brachte er seinen Schüler Salieri nach Wien 
mit. 1771 regte er die Gründung der »Musika- 
lischen Sozietät der Witwen und Waisen« (Ton- 
künstlersozietät) an, deren erste Akademie (29. 3. 
1772) die erste öffentliche Konzertveranstaltung in 
Wien war. Als Hofkapellmeister machte sich G. 


besonders um die Reorganisation der unter seinem 
Vorgänger stark reduzierten und verfallenen Hof- 
kapelle verdient. Gaßmanns Kirchen-, Kammer- 
und Orchesterwerke kennzeichnet die Gegensätz- 
lichkeit einer tiefen Verwurzelung in der Kontra- 
punktik des Spätbarocks und einer Neigung zur 
liedhaften Melodik des klassischen Stils. In seinen 
Kirchenwerken folgt G. der kontrapunktischen 
Wiener Tradition Caldaras und Reutters. Nur auf 
dem Gebiete der Oper schuf er Werke von blei- 
bendem Wert, obwohl er erst im Ezio, seiner 
letzten »opera seria«, Anschluß an Glucks Opem- 
reform fand. Ein genialer Wurf gelang ihm mit 
dem »dramma giocoso« La Contessina, in dem er 
mit sicherem Sinn für komische Wirkungen die 
gegensätzlichen Welten des kaufmännischen und 
adeligen Standes musikalisch treffend charakteri- 
sierte. Sein Schaffen umfaßt 25 Opern, Kantaten, 
über 50 Kirchenwerke, zahlreiche Triosonaten, 
Quartette und 54 teils konzertante, teils aus Opern 
stammende Symphonien. - G.s Töchter Maria 
Anna (1771-1852) und Therese (1774-1837) 
waren Schülerinnen Salieris und in Wien als 
Opemsängerinnen engagiert. 

Ausg.: »La Contessina«, bearb. v. R. Haas, DTÖ 
XXI (= 42.-44. Bd), 1914; Ausgew. Kirchenwerke, 
bearb. v. F. Kosch, DTÖ XLV (= Bd 83), 1938; 
Sinfonia h, hrsg. v. K. Geirinobr, Wien 1934; ein 
Trio, bearb. v. G. Kint, Lpz. 1937; ein Divertimento 
für 2V.il B.c., hrsg. v. E. Schenk, Wien 1953. 

Lit.: F. M. Pelzel, Abbildungen böhmischer u. 
mährischer Gelehrter u. Künstler, II, Prag 1775; 

E. Steinhard in: Deutsche Arbeit VII, Prag 1908; 
G. Donath u. R. Haas, F. L. G. als Opemkompo- 
nist, StMw II, 1914; E. Leuchter, Die Kammer- 
musikwerke F. L. G.s, Diss. Wien 1926; F. Kosch, 

F. L. G. als Kirchenkomponist, StMw XIV, 1927; 

K. M. Komma u. J. La Rub, Artikel G., MGG (aus- 
führliches Werkverz. u. Bibliogr.); J. NEmeöek, 
Nästin £esk6 hudby XVIII. stoleti, Prag 1955, S. 
159 ff. CSch 

Gaßner, Ferdinand Simon, * 6. 1. 1798 zu 
Wien, f 25. 2. 1851 zu Karlsruhe; deutscher Mu- 
sikschriftsteller und Komponist, kam früh nach 
Karlsruhe, trat zuerst als Akzessist in die Hof- 
kapelle ein, wurde 1816 Violinist, später Korrepe- 
titor am Mainzer Nationaltheater, 1818 Universi- 
tätsmusikdirektor in Gießen, erhielt 1819 den 
Doktortitel und die Facultas legendi für Musik, 
trat aber 1826 wieder in die Karlsruher Hof- 
kapelle ein und wurde in der Folge Gesanglehrer 
und Chordirektor am Hoftheater. Er schrieb: 
Partiturkenntnis, ein Leitfaden zum Selbstunterricht ... 
(Karlsruhe 1838, 21842; französisch Paris 1851: 
Traitd de la partition), Dirigent und Ripienist 
(Karlsruhe 1844), gab 1822-35 in Mainz den »Mu- 
sikalischen Hausfreund« heraus (Musikerkalender), 
redigierte eine Musikzeitung »Zeitschrift für 
Deutschlands Musikvereine und Dilettanten« 
(Karlsruhe 1841-45), verfaßte 1842 einen Nach- 
trag zum Supplement von Schillings »Universal- 
lexikon der Tonkunst« und einen Auszug dieses 
Werks als Universallexikon der Tonkunst (Stuttgart 
1849). Auch komponierte er u. a. einige Opern, 
Ballette und Kantaten. 

Lit. : G. Schünemann, Gesch. d. Dirigierens, = Klei- 
ne Hdb. d. Musikgesch. nach Gattungen, hrsg. v. H. 
Kretzschmar, X, Lpz. 1913 ; H. Giehne in: Badische 
Biogr. I, Heidelberg 1875. 


589 



Gast 


Gast, Peter Peckname für Heinrich Köse- 
litz), * 10. 1. 1854 und *j* 15. 8. 1918 zu Annaberg 
(Erzgebirge); deutscher Komponist, Sohn eines 
angesehenen Kaufmanns, studierte ab 1872 in 
Leipzig am Konservatorium und privat bei E. Fr. 
Richter praktische Musik und Komposition, stu- 
dierte 1875-78 an der Universität Basel (Jac. 
Burckhardt, Fr. Overbeck, Fr. Nietzsche), lebte 
dann auf Reisen (10 Jahre in Venedig), wirkte 1900 
bis 1908 an dem von ihm eingerichteten Nietzsche- 
Archiv in Weimar und zog sich 1910 nach Anna- 
berg zurück. Von seinen Werken erschienen im 
Druck: Lieder für S. op. 1, 2, 5, 6, 8; für Baß-Bar. 
op. 3 (Lethe nach C. F. Meyer, mit Orch.), 4, 7 ; 
für T. op. 9; Gesang Deutsches Schwert 1914 (nach 
Is. Kurz) für Bar. mit Orch.; Duett Nachfeier für S. 
und B.; 4 Heeresmärsche für symphonisches Orch. 
und der Klavierauszug zur komischen Oper Der 
Löwe von Venedig (1901 ; aufgeführt bereits 1891 als 
Die heimliche Ehe in Danzig). G.s handschriftlicher 
und kunstästhetischer Nachlaß liegt im P. G.- 
Archiv in Annaberg. Von seinen Kompositionen 
seien noch genannt: Singspiel Scherz , List und 
Rache (1881, nach Goethe); Symphonie Helle 
Nächte (aufgeführt im Gewandhaus zu Leipzig); 
Begleitmusik zu Wachlers Freilichtfestspiel Wal- 
purgis (1903); ein Streichquartett, ein Csardas, eine 
Walzersuite (1918, unvollendet); eine Kirchen- 
hymne, Solo- und Chorgesänge. Andere Opern 
(Williram und Sigeher , König Wenzel) blieben Ent- 
wurf. G.s Musik ist von liebenswürdigem Schwung 
und südlichem Einschlag in der Melodik, weist 
aber in ihrer formalen Gebundenheit einen retro- 
spektiven Zug auf; ihr Schwerpunkt liegt in der 
Lyrik. Im Löwen von Venedig versuchte G. mit be- 
wußter Abkehr von Wagners leitmotivischer 
Technik eine Neubelebung der unreflektierten 
Buffooper. - Die Freundschaft Nietzsches, dem G. 
als Vorleser, Korrektor und musikalischer Berater 
unentbehrlich wurde, steigerte G.s Vielseitigkeit, 
doch konnte er die durch Nietzsches überschätzen- 
des Urteil erweckten übertriebenen Erwartungen 
nicht erfüllen. 

Lit.: Die Briefe Nietzsches an P. G. erschienen als 
Teil IV der Gesammelten Briefe, Bin u. Lpz. 21908, 
hrsg. ebenso wie Teil I (u. III, 2 unter Mitwirkung) 
von G. selbst; Briefe G.s an Nietzsche, 2 Bde, hrsg. 
v. A. Mendt, München 1923/24. - F. Götz, P. G., 
Annaberg i. Erzgeb. 1934; C. Fuchs, Thematikon 
zur »Heimlichen Ehe«, Lpz. 1890; Nachruf auf P. G. 
v. G. Schünemann in AMz 1918; J. Hofmiller, 
Nietzsche, Süddeutsche Monatshefte XXIX, 1931, 
bes. S. 84 ff.; E. Podach, Gestalten um Nietzsche, 
Weimar 1932; L. Schiedermair, Mus. Begegnungen, 
(Köln u. Krefeld 1948). 

Gastaldpn, Stanislao, * 7. 4. 1861 zu Turin, 
f 6. 3. 1939 zu Florenz; italienischer Komponist, 
war eine Zeitlang Kritiker am »Nuovo Giomale« 
in Florenz, schrieb eine Reihe von Bühnenwerken 
und zahlreiche Klavierstücke, von denen La musica 
proihita und Ti vorrei rapire besonders großen Er- 
folg hatten. 

Gastin$l, L6on-Gustave-Cyprien, * 15. 8. 
1823 zu Villers-les-Pots (C6te-d*Or), f im No- 
vember 1906 zu Paris; französischer Komponist, 
am Pariser Conservatoire Schüler von Halevy, er- 
hielt 1846 für die Kantate Velasquez den großen 
Prix de Rome und wandte sich überwiegend der 
Chor- und Orchesterkomposition zu. Er schrieb: 


die komischen Opern Le miroir (einaktig, 1853), 
Vopira aux fenitres (1857), Titus et Birinice (1860), 
Le buisson vert (1861), Le roi barde (Nizza 1896), La 
kermesse , La daine des pris 9 La tulipe bleue 9 Bianco 
Capello und Eutaths (die letzten tünf nicht auf- 
getührt) ; ein Ballett Le rive (Paris 1890); 3 große 
Messen; die Oratorien Le jugement demier, Saul , 
La fie des eaux 9 Jehovah 9 Laßt du monde , Les sept 
paroles du Christ ; über 20 Motetten; 2 Sympho- 
nien, eine Konzertante für 2 V. mit Orch., 
2 Ouvertüren und zahlreiche Kammermusik- 
werke. 

Gastyldi, Giovanni Giacomo, * um 1550 zu 
Caravaggio, f 1622; italienischer Komponist, 
wirkte 1581 als Kapeüsänger am Hofe der Gon- 
zaga in Mantua und wurde dort 1582 als Nach- 
folger von Giaches de Wert Kapellmeister an der 
Hofkirche Santa Barbara. So wirkte G. in Mantua 
u. a . neben Monteverdi und Pallavicino. Seine 
Stellung behielt er mindestens bis 1609 und soll 
noch im gleichen Jahr als Kapellmeister der Kathe- 
drale in Mailand nachweisbar sein. Dabei gibt aber 
zu denken, daß 1615 der Mailänder Drucker 
Lomazzo (im Nachdruck des 2. Kanzonetten- 
Buches) G. noch als »maestro di capella nella 
Chiesa Ducale di S. Barbara di Mantova« nennt. 
Von seinen Werken erlangten die Balletti di cantare 
(1591), melodiöse und graziöse Tanzlieder von 
streng paarigem Bau mit geträllertem Refrain, in 
Italien und noch mehr in Deutschland (Häßler, 
Schein u. a.) und England (Th. Morley) eine 
außerordentliche Beliebtheit und verdrängten bei- 
nahe das feinere Madrigal. In Italien gewannen die 
Balletti Bedeutung für die Madrigalkomödie, wie 
sie etwa bei Vecchi und Banchieri begegnet, und 
auch Monteverdi mag manche Anregung von G. 
aufgenommen haben. G.s Werke erschienen in 
einer Reihe von Individualdrucken, die zum Teil 
(wie die 5 st. Ballettt) zahlreiche Nachdrucke er- 
fuhren, und fanden Eingang in sehr viele Sammel- 
werke. Genannt seien hier nur die Individual- 
drucke: 5 st. Canzoni (1581), 4 Bücher 5 st. Madri- 
gali (1588, 1589, 1598, 1602), 5st. Balletti di cantare , 
sonore e ballare (1591), 2 Bücher 3 st. Canzonette 
(1592, 1595), II primo libro de Madrigali a 6 vod 
(1592), 3 st. Balletti (1594), 8 st. Concenti musicali 
con le sue Sinfonie (Madrigali; 1604); - Sacre lodi zu 
5 St. (1587), 4st. Psalmi ad vesperas (1588), Com- 
pletorium ad usum S. Romanae Ecclesiae perfectum 
zu 4 St. (2 Bücher Laudes: 1589, 1597), Messe a 5 
et a 8 vod (1600), Integra omnium solemnitatum 
Vespertina psalmodia zu 5 St. (nur in der 2. Auflage 
von 1600 bekannt; das 2. Buch als Vespertina 
omnium solemnitatum psalmodia 5 vocum Über secun- 
dus 9 1602), Tutti li Salmi che nelle solennitä delVatmo 
al Vespro si cantano a 8 vod (1601), 4st. Officium 
defunctorum integrum (1607), 8 st. Messe et Motetti 
(1607), Salmi intieri che nelle solennitä delVanno al 
Vespro si cantano zu 6 St. (1607), Salmi per tutti li 
vespri a 2 vod (1609), Missarum 4 vocum Uber primus 
(1611). Zu Guarinis Idropica schrieb G. das zweite 
Intermedium (die anderen stammen von CI. und 
G. C. Monteverdi, S. Rossi, Monco und P. Biat; 
1608). 

Ausg.: 5st. Viver lieto voglio, 8st. Magnificat u. 6st. 
Al mormorar de’liquidi cristalli, Torchi II; 6st. 
Viva sempre e scolpita u. 5st. Se ben vedi, A. Ein- 
stein, The Italian Madrigal III, Princeton 1949, 


590 



Gatti 


Nr 77/78; 5st. Vezzosette Ninfe e belle, Einstein 
Beisp. 21 ; 5st. Viver lieto voglio, J. Wolf, Sing- u. 
Spielmusik, = Wiss. u. Bildung CCX VI II, Lpz. 1926, 
21931, Neudruck NY 1949, Nr 47; 5st. Piü d’ogn’altro 
Clori, Davison-Apel Anth. I, 158; 2 4st. Sätze bei 
F. Jode, Alte Madrigale u. andere a cappella-Ge- 
sänge, Wolfenbüttel 1925; 2 Sätze in F. Jödes Chor- 
buch VI, 1930. 

Lit.: B. Naudin, Ballet italien de J. J. G. di Cara- 
vaggio (1592), Extrait d’un cahier de musique du 
XVI e s., Paris 1935; A. Bertolotti, Musici alla corte 
dei Gonzaga in Mantova, Mailand 1890; E. Kiwi, 
Studien zur Gesch. d. ital. Liedmadrigals im 16. Jh., 
Diss. Heidelberg 1937, Würzburg 1937; A. Einstein, 
The Italian Madrigal 1 u. II, Princeton 1949; ders., 
Bibliogr. of Italian Secular Vocal Music, Notes II-V, 
1945-48; A. Obertello, Madrigali italiani in Inghil- 
terra, Mailand 1949; R. Schwartz, H. L. Hassler 
unter d. Einfluß d. italiänischen Madrigalisten, 
VfMw IX, 1893. 

Gastoul (gastu'e), Amödde, * 13. 3. 1873 zu 
Paris, f 1. 6. 1943 zu Clamart (bei Paris); franzö- 
sischer Musikforscher, Schüler von A. Deslandres, 
Lavignac, Guilmant und Magnard, war Kapell- 
meister an St. Jean-Baptiste de Belleville (Paris), 
Lehrer des Gregorianischen Gesangs an der Schola 
Cantorum und an der katholischen Universität, 
hielt auch Vorträge an der Frole des hautes 6tudes 
sociales. Außer zahlreichen Aufsätzen in der »Re- 
vue du Chant Gr6gorien«, der »Tribüne de St. 
Gervais«, »Rassegna Gregoriana« und »Ri vista rau- 
sicale« schrieb G. u. a. : Etüde sur la polyphcnie du 
IX' au XV e sikles (Paris o. J.), La traditicn ancienne 
dans le chant by zantin (Paris 1899), La musique ä 
Avignon (Avignon 1900), Inventaire des anciens 
manuscrits liturgiques conservis ä l'iglise d'Apt 
(Avignon 1900), Les anciens chcrnts liturgiques des 
iglises d'Apt et du Comtat (Grenoble 1902), Histoire 
au chant liturgique ä Paris (1. Band bis zur Zeit der 
Karolinger; Paris 1904), La musique ä Avignon et 
dans le Comtat du XIV' au XVIII' sikles (Turin 
1904), Le drame liturgique (Paris 1906), Les origines 
du chant romain: L'antiphonaire grigorien (Paris 
1907), Catalogue des manuscrits de musique byzantine 
... des bibliothiques publiques en France (Paris 1907), 
Recherches sur les tinors latins dans les motets du XIII' 
sikle (Paris 1907), Les vigiles noctumes (Paris 1908), 
Cisar Franch (Paris 1908), L'art grigorien (Paris 
1911), La musique d'iglise (Lyon 1911), La musique 
grecque (Lyon 1911), L'iducation musicale (Paris 
1911), Variations sur la musique d'iglise (Paris 1912), 
Le Graduel et V Antiphonaire romains (Paris 1913), 
L'orgue en France de Vantiquiti au dibut de la piriode 
classique (Paris 1921), Les primitifs de la musique 
franqaise (Paris 1922), Le Cantique populaire en 
France: ses sources , son histoire (Lyon 1924), La vie 
musicale de l'iglise (Paris 1929), Musique et musiciens 
frangais dans les anciens manuscrits (in: Les Tresors 
des Bibliothfcques de France, Paris 1934), L'iglise 
et la musique (Paris 1936), Catalogue des livres de 
musique manuscrite et imprimie de la Bibliothique de 
V Arsenal ä Paris (mit L. de La Laurencie, Paris 
1936), Le chant gallican (Grenoble 1939), Chant 
grigorien (Sept-Foi s o.J.), La musique grigcrienne 
(Paris o.T.). G. gab u. a. heraus: Le manuscrit de 
musique au trisor d'Apt (= Publ. de la Soc. Fran- 
$aise de Musicologie, I, 10, Paris 1936). An Kom- 
positionen hinterließ er Bühnen- und zahlreiche 
kirchenmusikalische Werke, Orchesterstücke, 
Kammermusik, Orgel- und Klavierstücke. 


Gatayes (gat'ej), Guillaume Pierre Antoine, 
* 20. 12. 1774 und f im Oktober 1846 zu Paris; 
französischer Virtuose auf Gitarre und Harfe, 
schrieb: Trios für Gitarre, Fl. und V., Duos für 
2 Gitarren, für Gitarre und Kl., Gitarre und V. 
oder Fl., für Harfe und Horn, Harfe und Gitarre, 
Gitarrensoli und Harfensonaten sowie Mithode de 
guitare , Nouvelle mithode de guitare (auch deutsch, 
Oflfenbach o.J.), Petite mithode de guitare und 
Mithode de harpe (alle Paris o.J.). Sein Sohn Jo- 
seph-Leon (* 25. 12. 1805 und t 1. 2. 1877 zu 
Paris) war ein bedeutender Harfenvirtuose und 
komponierte viele Solostücke, Duos und Etüden 
für Harfe. 

Gathy (gat'i), August, * 14. 5. 1800 zu Lüttich, 
1 8.4. 1858 zu Paris; belgischer Musikschriftsteller, 
war anfänglich Buchhändler in Hamburg, 1828-30 
Schüler von Fr. Schneider in Dessau, lebte 1830-41 
wieder in Hamburg, wo er ein »Musikalisches Con- 
versations-Blatt« redigierte und 1835 ein geschickt 
abgefaßtes kleines Musikalisches Conversations-Lexi - 
kon t Encyclopaedie der gesamten Musik-Wissenschqfi 
. . ., herausgab (1835, Leipzig, Hamburg und Itze- 
hoe 21840; 31871 sehr oberflächlich revidiert von 
A. Reißmann). 1841 ging er als Musiklehrer nach 
Paris. Er übersetzte Berlioz’ Voyage musical en 
Allemagne ins Deutsche (Hamburg 1844). 

Gatscher, Emanuel, * 1. 12. 1890 zu Heilbrunn 
(Österreich), f 1. 7. 1946 zu München; deutscher 
Musikpädagoge, 1909-14 Schüler des Leipziger 
Konservatoriums (Reger, Wendling) und Karl 
Straubes, zugleich Student der Musikwissenschaft 
an der Universität (Riemann, Prüfer, Schering). 
1915-19 war er Lehrer für Orgel, Klavier, Theorie 
am Krefelder Konservatorium, trieb dann 1919-22 
erneut Studien an der Universität Bonn (Schieder- 
mair) und promovierte mit der Arbeit Die Fugen- 
technik Max Regers in ihrer Entwicklung (Stuttgart 
1925); 1923 ging er nochmals zum Studium des 
Orgelspiels nach Leipzig, wurde im gleichen Jahre 
Lehrer für Orgel, Theorie und Musikgeschichte an 
der Akademie der Tonkunst in München und be- 
hielt diese Stellung bis zu seinem Tod. Seine Orgel- 
kompositionen wurden beim Brand der Münche- 
ner Akademie vernichtet. 

Gatti, Carlo, * 19. 12. 1876 zu Florenz; ita- 
lienischer Musikschriftsteller, studierte Komposi- 
tion am Mailänder Konservatorium, dem er 1898 
bis 1948 als Lehrer angehörte. Seit 1911 leitet G. 
das von ihm gegründete Teatro del Popolo in 
Mailand, leitete 1941-44 die Mailänder Scala, war 
1918-51 Musikkritiker der »Dlustrazione Italiana«, 
auch Mitarbeiter des italienischen Rundfunks. Er 
schrieb: die Opern Verbania (Locarno 1931), U 
dono dell'amore (Locarno 1932), Bella terra del Ticino 
(Locarno 1933); Orchesterwerke; Canti popolari 
Ticinesi für Chor und Kl. (1933), Canti Fratemi für 
Singstimme und Kl. (1942); die Biographien 
Verdi (2 Bände, Mailand 1930, 31953; auch eng- 
lisch, spanisch, französisch) und Catalani (Mailand 
1953). Eine Arbeit über die Mailänder Scala ist in 
Vorbereitung. 

Gatti, Guido Maria, * 30. 5. 1892 zu Chieti; 
italienischer Musikschriftsteller, studierte Inge- 
nieurwissenschaften und daneben Musik, widmete 
sich aber ganz der Musikkritik und -schriftstellerei, 


591 



Gatti 


vor allem der Förderung zeitgenössischer Musik. 
1913-15 war er Chefredakteur der Turiner Zeit- 
schrift La Rifonna Musicale, leitete von 1920 an 
die von ihm gegründete Monatsschrift II Piano- 
forte (Turin; seit 1928 unter dem Namen La 
Rassegna Musicale). In Turin, wo er 1925-31 Di- 
rektor des Theaters war, organisierte er moderne 
Orchester- und Kammermusikabende. G. ist seit 
1954 Präsident der Accademia Filarmonica Ro- 
mana und gehört außerdem der Accademia di S. 
Cecilia an. Er schrieb: viele Artikel in italienischen, 
englischen und französischen Zeitschriften; Guida 
musicale della Giovanna tTArco di Enrico Bossi ; Bio - 
grafia critica di Giorgio Bizet (Turin 1914) ; Figure di 
musicisti francesi (Turin 1915, Bibüoteca de la 
Rifonna musicale); Musicisti modemi dTtalia e di 
Juori (Bologna 1920, 21925); Debora e Jaele di 
L Pizzetti (Mailand 1922); Le Barbier de Seville de 
Rossini (Paris 1925); Dizionario Musicale (zusam- 
men mit A. Deila Corte, Turin 1925, 51955), 
Udebrando Pizzetti (Turin 1934, 21955; englisch 
London 1951). G. gab eine Auswahl Scritti e pen- 
sieri sulla musica di F. Busoni heraus (Florenz 1941 ; 
mit L. Dallapiccola), gründete und leitete die 
Sammlung I Maestri della Musica (Turin 1941-43). 

Gatti, Teobaldo di, *um 1650 zu Florenz, f im 
August 1727 zu Paris; italienischer Komponist, 
Schüler und Freund Lullys, war 50 Jahre Gambist 
des Orchesters der Pariser Oper, brachte bereits 
1677 eine Oper heraus (Titel nicht bekannt); es 
folgten Coronis (1691, Manuskript erhalten) und 
Scylla (1701 gedruckt, noch 1732 auf geführt). 
Auch ein Recueil d'airs italiens erschien im Druck 
(1696). 

Gatti-Casazza, Giulio, * 3. 2. 1869 zu Udine, 
f 2. 9. 1940 zu Ferrara; italienischer Theaterleiter, 
war ursprünglich Ingenieur, ab 1893 Impresario, 
als ihm das Muniripio von Ferrara die Direktion 
des Stadttheaters und der übrigen städtischen Mu- 
sikveranstaltungen übertrug. 1898 wurde er ar- 
tistischer und administrativer Direktor der Scala 
in Mailand, 1908 als Nachfolger Conrieds des Me- 
tropolitan Opera House in New York und behielt 
diese Stellung bis 1935. Sein Nachfolger wurde 
Herbert Witherspoon. 

Gatty (g'ari), Nicholas Comyn, * 13.9.1874 
zu Bradneld (Sheffield), j* 10. 11. 1946 zu London; 
englischer Komponist, Schüler des Royal College 
of Music, war einige Jahre lang Organist an der 
Duke of York’s Royal Military School in Chelsea 
und assistierte daneben als Dirigent an Covent 
Garden. 1907-14 war er Musikkritiker an der 
»Pall Mall Gazette«, danach an der »Times«. Er hat 
hauptsächlich Opern komponiert: Grey Steel (Shef- 
field 1906); Duke or Devil (Manchester 1909); The 
Tempest (London 1920); Prince Ferelon (London 
1921); Macbeth (nicht aufgeführt); King Alfred and 
the Cakes . Für Chor und Orch.: Milton’s Ode on 
Time (1905), 3 Short Ödes (1915), Anthem of the 
Sister Nations (1920); Orchestervariationen über 
Old King Cole ; Suite für Streichorch. ; Variationen 
für Streichquartett; ein Klaviertrio; neben Klavier- 
stücken schrieb er Werke für V. und KU. (Sonate, 
1913), Vc. und Kl. sowie eine Reihe von Liedern. 

Gaubert (gob'e:r), Philippe, * 4.7.1879 zu 
Cahors, f 8. 7. 1941 zu Paris; französischer Kom- 


ponist, Flötist und Dirigent, Schüler von TafFanel, 
Caussade, Leroux und Lenepveu am Pariser Con- 
servatoire, erhielt 1905 den 2. Rompreis. 1919 
wurde er Nachfolger Messagers als Dirigent der 
Sod&d des Concerts du Conservatoire (bis 1938), 
im gleichen Jahr Lehrer für Röte am Conserva- 
toire, 1920 1. Dirigent an der Opdra. Als fast aus- 
schließlicher Orchester- und Kammermusikkom- 
ponist pflegte er klassizistische, doch modern be- 
handelte Formen. Er schrieb: eine Oper Sonia 
(Nantes 1913), die Legenden Josiane (Paris 1921) 
und Mafia (Paris 1927) sowie die Ballette Philotis , 
danseuse de Corinthe (Paris 1914), Alexandre le 
Grand (Paris 1937) und Le Chevalier et la damoiselle 
(Paris 1941); für Orch. u. a.: Rhapsodie sur des 
thhnes populaires (1908), Pokme Pastoral (1910), Le 
cortkge d { Amphitrite (1911), symphonische Suite 
Fresques (1924), Triptychon Les chants de la mcr 
(1929), Les chants de la terre (1931), Symphonie in 
F (1936), Pobme des champs et des villages (1939); 
Kammermusik (mit starker Beteiligung der H.), 
u. a. Suite Sur Veau (1910), 2 Sonaten (1925, 1934) 
und Sonatine (1937) für R. und Kl., Sonate (1917), 
Quatre esquisses (1927) und Habanera (1931) für V. 
und Kl., Trois pihes (1928) für Vc. und Kl. ; zahl- 
reiche Lieder, darunter L« f teures d'aprks-midi (1913), 
Au jardin de V infame (1914), J'ai fleuri Vombre 
odorante (1926) und La verdure dorie (1933). G. gab 
auch Unterrichtswerke für R. heraus. 

Lit. : P. Landormy, La musique franpaise aprfes De- 
bussy, Paris 1943; G. Samazeuilh, Musiciens de mon 
temps, Paris 1947. 

Gauby, Josef, * 17. 3. 1851 zu Lankowitz (Steier- 
mark), f 10. 11. 1932 zu Graz; österreichischer 
Komponist, wirkte als Lehrer an der Lehrerbil- 
dungsanstalt in Graz. G. war Lyriker gut boden- 
ständiger Richtung und gab viele Lieder, Männer- 
chöre und Klavierstücke heraus, schrieb auch 
Streichquartette und Gesangseinlagen zu Volks- 
stücken. 

Lit.: W. Kienzl, Ein musikalischer Lyriker, in: 
Miscellen, Lpz. 1886. 

Gaucelm Faidit (gaus'elm), provenzalischer 
Troubadour aus Uzerche (Ddp. de la Corrdze), 
der 1180-1215 tätig war. Er hat den Grafen Boni- 
face de Montf errat auf dem vierten Kreuzzug 
begleitet. Unter den ihm zugeschriebenen Lie- 
dern (etwa 70) finden sich Kanzonen, Tenzonen, 
Planhs (so das berühmte Klagelied auf den Tod 
von Richard Löwenherz Fortz cauza es que tot lo 
major dan, PÜlet-Carstens 167, 22). Von den Melo- 
dien sind in den Manuskripten G, R, W und X 
insgesamt 14 überliefert. 

Ausg. u. Lit.: Fr. Gennrich, Der musikalische Nach- 
laß d. Troubadours, = Summa Musicae Medii Aevi 
III, Darmstadt 1958 (alle Melodien); ders., Trouba- 
dours, Trouvfcres, Minne- u. Meistergesang, = Das 
Musikwerk, Köln (1951), (Melodie zu P-C 167,22); 
A. Tobler, Ein Minnesänger der Provence, in: Neues 
Schweizerisches Museum V, Basel 1865 (auch in: A. 
Tobler, Vermischte Beiträge, 5. Reihe, Lpz. 1912); 
R. Meyer, Das Leben d. Trobadors G. F., Diss. Hei- 
delberg 1876: V. Crescini, Canzone francese d’un 
trovatore provenzale, in: Atti e Memorie della Real 
Accademia di scienze, lettere ed arti in Padova XXVI, 
1910; J. Mouzat u. J. Chailley, MGG IV; J.-B. 
Beck, Die Melodien d. Troubadours, Straßburg 1908. 


592 



Gaultier 


du Gaucquier (gokj'e), Alard (Dunoyer, ge- 
nannt du G., auch latinisiert Nuceus), * zu LiSe, 
(daher Insulanus), fEnde 1582 oder Anfang 1583; 
französischer Komponist, war etwa 1658-78 als 
Tenorist Mitglied der Hofkapelle Maximilians II. 
und trat dann als Kapellmeister in den Dienst des 
Erzherzogs (nachmaligen Kaisers) Matthias. Ge- 
druckte Werke: 4-6 st. Magnificat 8 tonorum (1574) 
und Quatuor missae 5, 6 , et 8 vocum (1581). 

Gaud?ntios, griechischer Musikschriftsteller, lebte 
vermutlich im 4. Jh. n. Chr. ; seine auf Aristoxenos* 
Lehre basierende imvollständig überlieferte 'Aqjuo- 
vixi) elcrayaryij (»Einführung in die Harmonik«) 
enthält besonders in der Tonartenlehre eigene 
Gedanken. Die Schrift soll (nach Cassiodorus) zu 
Anfang des 6. Jh. von Mudanus ins Lateinische 
übersetzt worden sein. 

Ausg.: in: Musid scriptores Graeci, hrsg. v. K. v. 
Jan, Lpz. 1895; mit lat. Ubers, in: Antiquae musicae 
auctores septem, hrsg. v. M. Meibom, Amsterdam 
1652; frz. Übers, in: Collection des auteurs grecs 
relatifs ä la musique, hrsg. v. Ch. E. Ruellb, Paris 
1895. 

Lit: Graf, Artikel G. in Pauly-Wissowa RE VII, 1 
(= 13. Halbband), Stuttgart 1910; W. v. Christ, 
Gesch. d. griechischen Lit., bearb. v. W. Schmid u. 
O. Stählin, Bd II, 2, » Hdb. d. Altertumskunde be- 
gründet v. I. v. Müller VII, 2, 2, München 1924; 
O. Gombosi, Studien zur Tonartenlehre d. frühen 
MA I, AMI X, 1938; ders., Tonarten u. Stimmungen 
d. antiken Musik, Kopenhagen 1939, Neudruck 1950; 
ders., Key, Mode, Species, JAMS IV, 1951; G. 
Reese, Music in The Middle Ages, NY (1940); 
J. Handschin, Mg. im Überblick, Luzern 1948; 
ders., Der Toncharakter, Zürich (1948); G. Reaney, 
The Greek Background of MA Mus. Thought, MMR 
LXXXVII, 1957. 

Gaudio Mell soll nach der Darstellung des Antimo 
Liberati (in einer 1685 erschienenen Streitschrift) 
in Rom eine Musikschule gegründet haben, aus 
welcher Palestrina hervorging ( Lettern in risposta ad 
una del Sig. Ovidio Persapeggi; ein Exemplar in der 
Bibliothek des Conservatoire zu Paris). Pitoni er- 
zählt, daß dieser G. M. später Kapellmeister des 
Königs von Portugal wurde und 1580 nach Rom 
ging, um sich des Ruhmes seines Schülers Palestrina 
zu freuen. Durch Konfundierung dieses schlecht 
verbürgten G. M. mit Goudimel ist die Legende 
entstanden, Palestrina sei Schüler Goudimels und 
dieser der Begründer der berühmten Römischen 
Schule gewesen. 

Lit.: M. Brenet, Claude Goudimel, Besangon 1898. 

Gaultier (gotj'e), Abbd Aloysius-Edouard- 
Camille, * gegen 1755 in Italien, f 19. 9. 1818 zu 
Paris; französischer Musikschriftsteller, stellte eine 
neue Methode für den musikalischen Elementar- 
unterricht auf, die er beschrieb in: JaUments de 
musique propres ä faäliter aux enfants la connaissance 
des notes , des mesures et des tons , au moyen de la 
mithode des jeux instruetifs (Paris 1789), also für das 
18. Jh. ein Vertreter der Methode des musika- 
lischen Elementarunterrichts mit Hilfe der Fröbel- 
spide (wie später de Sonnaville, Ev. Fletcher, 
Luise Krause). 

Gaultier (gotj'e), - 1) Ennemond (auch G. le 
Vieux oder G. de Lyon), * um 1575 zu Villette 
(Dauphind), f 17. 12. 1651 zu Nfcves; französischer 
Lautenvirtuose, Vetter von Denis G., war Page der 


Duchesse de Montmorency, bei der er auch das 
Lautenspiel erlernte. Nachdem er sich in Lyon und 
Paris bekanntgemacht hatte, wurde er 1620 »valet 
de chambre« von Maria von Medici, der Königin 
von Frankreich. In den 30er Jahren zog er sich auf 
seine Besitzungen in N&ves zurück. Abgesehen 
vom Livre de tablature des pihes de lutk de Ms 
Gaultier Ss de Neue et de Ms Gautier son cousin sur 
plusieurs diffirents modes . . . (Paris o. J.) sind seine 
Kompositionen nur in Sammelwerken überliefert. 
-2) Denis (auch G. le Jeune oder G. de Paris), 
* um 1603 (zu Marseille?), f Januar 1672 zu Paris; 
französischer Lautenvirtuose und Komponist, Vet- 
ter von Ennemond G., lebte wahrscheinlich schon 
seit den 20er Jahren in Paris, wo er auch, wie es 
scheint ohne größere Unterbrechung, sein ganzes 
weiteres Leben verbrachte. Sein Tätigkeitsbereich 
waren die großen Pariser Salons, u. a. der von 
Anne de Chambrd. Für sie war die Sammlung 
Rhitorique des Dieux (Codex Hamilton des Ber- 
liner Kupferstichkabinetts; wahrscheinlich er- 
folgte die Zusammenstellung der Sammlung eben- 
sowenig durch G. wie ihre Benennung) bestimmt, 
die 62 nach den 12 Modi geordnete Lautenstücke 
enthält (illustriert von E. Le Sueur, A. Bosse und 
R. Nanteuü). G.s große musikgeschichtliche Be- 
deutung geht aus dem nachhaltigen Einfluß her- 
vor, den er auf die europäische Lautenmusik bis 
weit in das 18. Jh. nahm, in gleicher Weise aber 
auch auf die Musik der Clavednisten (-* »Stile 
brisd«), darunter auf Chambonnifcres, d’Anglebert 
und Froberger (-> Suite). Als wichtigste Quellen 
sind neben der Rhhorique des Dieux zu nennen: 
Pikes de luth sur trois dijßrents modes nouveaux 
(Paris 1669) und Livre de tablature des pihes de luth 
de Ms Gaultier , Ss de Neüe et de M. r Gautier son 
cousin sur plusieurs diffhents modes , avec quelques 
rlgles qu'il jaut observer pour le bien toucher (posthum, 
Paris o. T.). Einzelne Stücke finden sich in reicher 
Überlieferung in gedruckten und handschrift- 
lichen Sammelwerken. 

Ausg.: zu E. G.: eine Courante bei W. Tappert, 
Sang u. Klang aus alter Zeit. . ., Bin (1906); Alle- 
mande au Tombeau de Mdzangeau in: Tagliapietra 
Ant VII, Nr 15 (hier fälschlich Jacques G. zuge- 
schrieben). - zu D. G.: La Rhdtorique des Dieux et 
autres piöces de luth, hrsg. v. A. Tessier, Publications 
de la Soc. Frangaise de Musicologie, Premiere s6rie, 
Bd VI (Faks.) u. VII (Übertragung), Paris 1932/33; 
die Rhdtorique des Dieux u. 7 weitere Stücke bei 
O. Fleischer, D. G., Vf Mw II, 1886; 2 Stücke in 
Schering Beisp. 215, a u. b; je ein Stück bei Davi- 
son-Apel Anth. II, 211 u. W. Apel, Musik aus 
früher Zeit f. Kl. II, 1934. 

Lit: O. Fleischer, a.a. O.; W. E. Häfner, Die 
Lautenstücke d. D. G., Diss. Freiburg i. Br. 1939, 
Endingen 1939; M. Brenet, Notes sur l’histoire du 
luth en France, RMI V/VI, 1898/99; J. Ecorcheville, 
Le luth et sa musique. Bull. SIM 1908; L. de La 
Laurencie, Les luthistes, Paris 1928. 

Gaultier (gop'e), Jacques (auch G. d’Angle- 
terre), französischer Lautenist des 17. Jh., dessen 
verwandtschaftliche Verbindung mit Ennemond 
und Denis G. noch nicht festgestellt ist 1622-47 
wirkte er als Lautenist am englischen Hof in 
London, trat aber auch in Holland und am Hof in 
Madrid auf. Einige wenige Kompositionen sind in 
handschriftlicher Überlieferung erhalten. 

Lit: L. de La Laurencie, Le luthiste J. G., RM V, 
1924. 


38 


593 



Gaultier 


Ganltier (gotj'e), Pierre (auch G. d* Orleans), 
französischer Lautenist des 17. Jh., wahrscheinlich 
aus Orleans gebürtig. In Rom stand er im Dienst 
von Urban VIII. und veröffentlichte dort 1638 Les 
ceuvres de P. G. orUanois. 

Gauntlett (g'ointiet), Henry John, * 9. 7. 1805 
zu Wellington (Salop), t 21. 2. 1876 za London; 
englischer Organist, betrieb die Musik zunächst 
nur neben seiner Tätigkeit als Advokat, ab 1827 
als Organist an St. Olave’s, Southwark, ab 1836 
auch als Organist der Abendgottesdienste an 
Christ Church, Newgate Street. Dieser Orgel ließ 
er, angeregt durch den älteren kontinentalen Or- 
gelbau, durch William Hill ein Pedal mit dem Um- 
fang C-gi hinzufügen (das allerdings nur für die 
tieJ&e Oktave eigene Pfeifen erhielt). Die Neuerung 
war zunächst heftig umstritten, setzte sich aber 
schließlich durch gegenüber dem älteren englischen 
Oreeltypus ohne Pedal und mit G als tiefstem Ton 
und ermöglichte erst die Einbürgerung der Orgel- 
musik J. S. Bachs in England. G., der auch Vor- 
lesungen über Musik hielt sowie Schriften, Auf- 
sätze und Sammlungen kirchlicher Gesänge ver- 
öffentlichte, wurde 1842 vom Erzbischof von Can- 
terbury zum Doctor of music ernannt. Ab 1846 
wirkte er an Union Chapd, Islington, ab 1854 an 
All Saints, Notting Hill, zuletzt an St. Bartholo- 
mew the Less, Smithfield. 

Gauß, Otto, * 29. 12. 1877 zu Dorfmerkingen 
(Württemberg); deutscher Kirchenmusiker, als 
stud. theol. in Tübingen (1897-1900) Schüler E. 
Kauffmanns, 1902 Priester, 1903-10 Repetent für 
Musik am Wilhelmstift in Tübingen, dann Dom- 

5 räbendar in Rottenburg, ab 1914 Pfarrer in 
’igerfdd bei Zwiefalten, wurde 1931 Diözesan- 
präses des Cäcilienvereins der Diözese Rottenburg. 
G. gab heraus: die Sammlung Orgelkompositionen 
aus alter und neuer Zeit (4 Bände), eine zweite 
Sammlung Orgelkonzert (Regensburg, bisher 24 
Lieferungen), Kleine Orgelstücke aus drei Jahrhun- 
derten und Altitalienische Orgelmusik . Mit A. Möh- 
ler schrieb er ein Kompendium der katholischen 
Kirchenmusik (Augsburg 1909). Sein komposito- 
risches Schaffen ist weitgehend der Kirchenmusik 
gewidmet: 22 Messen, dazu zahlreiche Gradualien, 
Offertorien, Hymnen, Psalmen, lateinische und 
deutsche Kirchengesänge, deutsche Passion. Für 
außerkirchlichen Gebrauch veröffentlichte er 
Chöre und mehrere Liederbücher (Jugendlust, Ge- 
sellenfreud, Arbeitersang). 

Gauthier (gotj'e), Gabriel, * 1808 im Depart- 
ment Sadne^et-Loire, f um 1875; französischer 
Organist, erblindete im ersten Lebensjahr, wurde 
1818 Schüler und später (1827-40) Musiklehrer des 
Blindeninstituts in Paris und Organist an St. 
Etienne du Mont und gab heraus: Repertoire des 
mattres de chapelle (5 Bände, Paris 1842-45); Con- 
siddrations sur la question de la ri forme du plaint-chant 
(Saint-Denis 1843) und Le mecanisme de la compo- 
sition instrumentale (Paris 1845). 

Gauthier- Villars (gotj'c-vil'air), Henry, (Pseud- 
onyme u. a.: Willy und L’ouvreuse du Cirque 
d*6t€), * 10. 8. 1859 zu Villier-sur-Orge (Seine-et- 
Oise), f 12. 1. 1931 zu Paris; französischer Schrift- 
steller, Sohn eines Verlegers, 1893-1907 verheiratet 
mit der Schriftstellerin Colette, mit der zusammen 


er eine Reihe beliebter Romane verfaßte. G.-V. 
schrieb ab 1889 witzige Musikberichte für ver- 
schiedene Pariser Blätter, die starken Einfluß auf 
die öffentliche Meinung ausübten. Der wirkliche 
Anteü G.-V.s an diesen Aufsätzen ist noch un- 
geklärt. Sie erschienen in Bänden gesammelt (alle 
in Paris): Lettres de Vouvreuse (1890); Bains de sons 
(1893); La mouche des croches (1894) ; Rythmes et 
rires (1894); Entre deux airs (1895); Notes sans 
portdes (1896); Accords perdus (1898); La colle aux 
quintes (1899); Gargon, Vaudition! (1901); La ronde 
des Manches (1901) ; Anchesetembouchures (1905). Fer- 
ner schrieb G.-V. eine thematische Analyse von 
d’Indys Fervaal (1897, 21909; mit P. de Brdville), 
Bizet (1912) und Souvenirs (1925). 

Lit.: L. Vallas, V. d’Judy II, Paris (1950). 

Gauthiez (gotj'ez), Cdcile, * 8. 3. 1873 zu Paris; 
französische Komponistin, studierte bei Saint- 
R6quier, Bret und besonders d’Indv an der Schola 
Cantorum, an der sie 1920 als Lehrerin für Har- 
monie wirkte; 1926 wurde sie Kapellmeisterin an 
Notre Dame d’Auteuil in Paris. Sie schrieb in der 
Hauptsache Kirchenmusik: Messen, Motetten, 
Orgelstücke, ferner ein Streichquartett, eine Kla- 
viersuite Sur les chemins, Chorwerke, Lieder und 
Lehrbücher. 

Gautier de Coinci (gautj'sr), * um 1178 zu 
Coinci (D6p. Aisne), f 1236; nordfranzösischer 
Dichter, trat 1193 in das Benediktinerkloster 
Saint-M6dard in Soissons ein, wurde 1214 Prior 
des Klosters Vic-sur-Aisne (bei Soissons) und 1233 
Großprior in Saint-Mödard. Seinen literarischen 
Ruhm verdankt er den Miracles Nostre-Dame, einer 
umfangreichen (etwa 30000 Verse) versifizierten 
Bearbeitung lateinischer Marienlegenden in fran- 
zösischer Sprache. Die von G. de C. bekannten 
Lieder (37) sind Einla g e n , die den laufenden Text 
der Miracles unterbrechen und wahrscheinlich bei 
der Lesung in Kloster und Kirche gesungen wur- 
den. Thematisch sind diese Lieder der lateinischen 
Mariologie der Kirche verpflichtet, formal jedoch 
der weltlichen volkssprachlichen Lyrik nachge- 
bildet. Ähnlich verhält es sich mit den Melodien, 
von denen wahrscheinlich keine von G. selbst 
komponiert wurde, sondern die Kontrafakta welt- 
licher Lieder sind. 

Ausg. u. Lit.: Abb£ Poquet, Les Miracles de la Sainte 
Vierge traduits et mis en vers par G. de C., Paris 1 857 
(GA) ; A. LAngfors. M Klanges de Poesie Lyrique fran- 
$aise II, G. de C., in: Romania LUI, 1927, u. III, in: 
Romania LVI, 1930 (Liedertexte); ders.. Miracles de 

G. de C„ Extraits du Manuscrit de l’Ermitage, in: 
Annales Academiae Scientiarum Fennicae XXXIV, 
Helsinki 1927 (diplomatischer Abdruck aller Lieder 
d. Ms. - XIX, - R, «■ Leningrad, Bibi, publ.. Fr. F. v. 
XIV 9, anc. Ermitage 47. 5. 3); - A. P. Ducrot-G an- 
der yb, Etudes sur les Miracles Nostre-Dame de G. de 
C., in: Annales Academiae Scientiarum Fennicae 
XXV 12, Helsinki 1932; Fr. Ludwig, Repertorium 
organorum recentioris et motetorum vetustissimi 
stili, Halle 1910; - zu Ausg. einzelner Melodien vgl. 

H. Spanke, Bibliogr. d. altfrz. Liedes I, =■ Musicolo- 
gica I, hrsg. v. H. Husmann, Leiden 1955. - P. Meyer, 
Types de quelques chansons de G. de C., in: Romania 
XVII, 1888; M. A. Stadtmüller, Die Marienlieder 
d. G. de C., in: Zs. f. frz. Sprache u. Lit. LIV, 1931 ; 
H. Spanke, Zu d. lyrischen Einlagen in d. Versmira- 
keln G.’s v. C., in: Neuphilologische Mitt. XXXIV, 
1934; Fr. Gennrich, MGG IV; ders., Altfrz. Lieder 


594 



Gauzargues 


II, = Slg Romanischer Übungstexte XLI, Tübingen 
1956 (Melodie zu R 491 a »Hui matin a rajoumee«); 
ders., Troubadours, Trouvfcres, Minne- u. Meister- 
gesang, *= Das Musikwerk, Köln (1951), (Melodie 
zu R 83 »Entendez tuit ensamble et li clerc et li Iai«, 
— »Beata viscera«); J. Beck, La musique des trouba- 
dours, Paris (1910), (Melodie zu R 491 a); - P. Ver- 
rier, La »Chanson de Notre Dame« de G. de C M in: 
Romania LIX, 1933, u. LXI, 1935; E. Lommatzsch, 
G. de C. als Satiriker, Halle 1913; T. Marullo, 
Osservazioni sulle Cantigas di Alfonso X e sui Mirac- 
les di G. de C, in: Archivum Romanicum XVIII, 
1934, separat Florenz 1935. 

Gautier de Dargies (gautj'er), Monseigneur, 
nordfranzösischer Trouvexe, wirkte in der 1. 
Hälfte des 13. Jh. Von ihm sind 27 Lieder über- 
liefert, davon sicher 19 mit ihren Melodien. 

Ausg. u. Lit. : G. Huet, Chansons et Descorts de 

G. de D., Paris 1912; E. Vaillant, Les origines de la 
chanson frangaise, La langue d’oll, Les trouvfcres, 
Chansons in6dites de G. d’Argies, trouvfere picard du 
XIII e s., Paris 1922; E. Lanolois, Remarques sur les 
Chansonniers fr?.: I, A propos de G. de D., in: Ro- 
mania XLV, (1918/19); H. Petersen Dyogve, Per- 
sonnages hist, figurant dans la poösie frangaise des 
XH e et XIIJ« s., G. de D., in: Neuphilologische Mitt. 
XLVI, 1945; W. Bittinger, Studien zur musikalischen 
Textkritik d. ma. Liedes, in: Literarhistorisch-mw. 
Abhandlungen XI, Würzburg (1953); ders.. Fünfzig 
Jahre Mw. als Hilfswissenschaft d. romanischen Phi- 
lologie, ZRPh LXIX, 1953 (Melodien zu R 1575 »Se 
j*ai est6 lonc tens hors du päis« u. zu R 684 »H6 
Dieus. tant sont mais de vilaine gent«); Fr. Genn- 
rich, MGG IV (Melodie zu R 1223 »Ainc mais ne fis 
changon jour de ma vie«). 

Gautier d’Espinal (gautj'sr), nordfranzösischer 
Trouv&re aus Epinal (Ddp. des Vosges), wirkte in 
der 1. Hälfte des 13. Jh. Gesicherte Nachrichten 
über Person und Lebensumstände sind noch nicht 
ermittelt. Von seinen Liedern sind 16 überliefert. 

Ausg. u. Lit.: J. B£dier, Les plus anciennes danses 
frangaises, in: Revue des deux mondes 1906; U. 
Lindelöf u. A. Wallensköld, Les chansons de G. 
d’Ep., Edit. critique, in: Mdmoires de la Soc. ndo- 
phiMogique k Helsingfors III, 1901 (normalisierter 
Text v. 15 authentischen u. 8 fraglichen Gedichten); 

H. Petersen Dyogve, Personnages hist, figurant dans 
la Poesie Lyrique franpaise II, G. d*Ep., in: Neuphilo- 
logische Mitt. XXXVI, 1935; M. de Pange, Les Lor- 
rains et la France au moyen äge, Paris 1919, S. 124 
bis 155; Fr. Gennrich, Grundriß einer Formenlehre 
d. ma. Liedes, Halle 1932 (Melodie zu R 1059 »Se par 
force de merci« u. zu R 2067 »Quant je voi l’erbe 
menue«); ders., MGG IV (Melodie zu 590 »Comen- 
cement de douce saison bele«); H. Pruni£re, Nou- 
velle Hist, de la musique 1, Paris 1934 (Melodie zu 
R 2067); Th. G£rold, Hist de la musique des ori- 
gines ä la fin du XIV 6 s., Paris 1936 (Melodie zu 
R 590). 

Gautier (gotj'e), Jean-Fransois-Eugfcne, *27. 
2. 1822 zu Vaugirard bei Paris, f 3- 4. 1878 zu 
Paris; französischer Komponist, Schüler von Ha- 
beneck (Violine) und Haldvy (Komposition) am 
Conservatoire von Paris, 1848 2. Kapellmeister an 
A. Adams Theatre National (später Thdätre Lyri- 
que), dann Gesanglehrer, Organist und Kirchen- 
kapellmeister, 18&4 Harmonieprofessor, ab 1872 
Geschichtsprofessor am Conservatoire, Musik- 
kritiker verschiedener Pariser Zeitungen, kompo- 
nierte 13 komische Opern, meist Einakter, die am 
Thdätre Lyrique und der Opdra Comique aufge- 
führt wurden, ferner eine Ballettoper, ein Orato- 


rium La mort de J&sus, ein Ave Maria und eine Kan- 
tate. G. schrieb: Un musicien en vacanees . £tudes et 
Souvenirs (Paris 1873). 

Gautier (gotj'e), Pierre (G. de Marseille), * um 
1643 zu La Ciotat, f (untergegangen beim Schiff- 
bruch vor S&te im September 1697); französischer 
Komponist, kaufte von Lully 1685 das Patent eines 
Opern Unternehmens für Marseille und gab dort 
Vorstellungen, bis er 1689 sein Patent finanzieller 
Schwierigkeiten wegen wieder verkaufte. In Mar- 
seille brachte G. zwei eigene Opern, Le Triomphe 
de la Paix (1685) und Le Jugement du soleil (1687), 
zur Aufführung. Im Druck erschienen ein Recueil 
de trios nouveaux pour le violon, hautbois , fiüte . . . 
(Paris 1699) und Symphonies de Jeu Ms Gauthier de 
Marseille , divisies par Suites de tons (Paris 1707), 
Einige Airs sind im Recueil d’airs sirieux et ä boire 
(Paris 1694), mehrere Stücke handschriftlich er- 
halten. 

Ausg.: Suite f. Blockflöte u. Kl., hrsg. v. G. Favre, 
« Musique franpaise XIII, Genf o. J. 

Lit.: L. de La Laurencie, Un 6mule de Lully: P. G. 
de Marseille, S1MG XIII, 1911/12; vgl. auch SIMG 
X, 1908/09, S. 173. 

Gautier (gotj'e), - 1) Thdophile, 31. 8. 1811 zu 
Tarbes, f 23. 10. 1872 zu Paris; französischer 
Schriftsteller, war lange Jahre Redakteur des dra- 
matischen Feuilletons der »Presse«, des »Moniteur 
universel« und des »Journal officiel«, für die er auch 
Musikkritiken schrieb. Von seinen Werken be- 
treffen die Musik: Les beautis de Vopdra (Paris 1845, 
mit J. Janin), Histoire de Fort dramatique en France 
depuis vingt-cinq ans (Paris 1858, 6 Bändchen). 
Diese sowie seine nachgelassenen Werke Histoire 
du romantisme (Paris 1872), Portraits contemporains 
(Paris 1875) und Souvenirs de thidtre (Paris 1883) 
enthalten interessante Einzelheiten über Sänger 
und Komponisten. - 2) Judith, * 25. 8. 1845 zu 
Paris, f 26. 12. 1917 zu Saint-Enoyat (Bretagne), 
Tochter von Thdophile G.; französische Schrift- 
stellerin und Schauspielerin, war 1866-74 mit dem 
Pariser Schriftsteller und Wagnerverehrer Catulle 
Mend&s (* 22. 5. 1841 zu Bordeaux, f 7. 2. 1909 zu 
Paris) verheiratet. Jüngerin und Freundin R. Wag- 
ners, schrieb u. a. Richard Wagner et son ceuvre 
podtique depuis RJenzi jusqu'h Parsifal (Paris 1882) 
und Erinnerungen Le collier des jours (3 Bände, 
Paris 1902-09). 

Lit : zu Th. G. : H. de Curzon, Th. G. et la musique, 
in: Le M6nestrel LXXXIV, 27. 10. 1922, S. 421 ff.; 
Fr. Noske, La m&odie frangaise, Paris u. Amster- 
dam 1954. - zu J. G.: Lettres frangaises de R. Wag- 
ner, hrsg. v. J. Tiersot, Paris 1935; Die Briefe R, 
Wagners an J. G., hrsg. v. W. Schuh (mit Einleitung 
über »Die Freundschaft R. Wagners mit J. G.), 
Zürich u. Lpz. (1936). - D. Camacho, J. G. f Paris 
1939 (mit Schriftenverz.); L. Barthou, R. Wagner 
et J. G., Revue de Paris 1932. 

Gauzargues (goz'arg), Charles, * um 1725 zu 
Tarascon, f 1799 zu Paris; französischer Kompo- 
nist war Domkapellmeister in Nimes, dann noch 
Schüler von Rameau in Paris und 1758-75 einer 
der 4 Sous-Maitres de la Chapelle bzw. nach der 
Reorganisation der Kapelle 1761 Mahres de la 
Musique bei Hofe. Er schrieb: Motets (Paris 1775); 
Tratte de composition (Paris 1797; darin zahlreiche 
5 st. Beispiele). 


38* 


595 



Gavazzeni 


Gavazzeni, Gianandrea, * 25. 8. 1909 zu Ber- 
gamo; italienischer Dirigent, Komponist und Mu- 
sikologe, lebt in Bergamo, studierte Musik 1921 
bis 1924 an der Cadlienakademie in Rom, 1925-31 
am Verdi-Konservatorium in Mailand, wo er 
Kompositionsschüler von Pizzetti war. 1932-40 
entfaltete er zunächst eine musikkritische und 
kompositorische Tätigkeit. Seitdem betätigt er sich 
vornehmlich auch als Konzert- und in zunehmen- 
dem Maße als Opem-Dirigent. Unter seinen 
schriftstellerischen Arbeiten stehen Studien über 
Pizzetti und Donizetti (Mailand 1937 und Turin 
1939), die Oper, zeitgenössische und slawische 
Musik im Vordergrund. Sein Kompositionsver- 
zeichnis umfaßt Opern und Ballette, Bergamas- 
kische Orchesterstücke und Chorwerke, ferner 
Kammer- und Klaviermusik. Er schrieb Lebens- 
erinnerungen: La casa di Arlecchino (Mailand 1956). 

Gaveau (gav'o), französische Klavierbauer-Fami- 
lie. - 1) Joseph, * 1824 zu Romorantin (Loire-et- 
Cher), f 1903 zu Paris, gründete 1847 eine Werk- 
statt in Paris. G. führte 1848 im Pianino-Bau die 
micanique ä lames ein. - 2) Gabriel, * 1866 zu 
Paris, Sohn von Joseph G., gründete 1911 in Paris 
eine eigene Firma. - 3) Etienne, * 7. 10. 1872 
und 1 26. 5. 1943 zu Paris, Sohn und (1893) Nach- 
folger von Joseph G., verlegte 1896 die Fabrik 
nach Fontenay-sous-Bois bei Paris. Er errichtete 
auch 1908 die Salle Gaveau in der Rue de la Boetie. 
Unter Leitung von Marcel und Andr6 G. (Söh- 
nen von Etienne G.) baut die Firma heute auch 
Cembali, Clavichorde und Spinette. 

Lit.: H. de Reuilly, Les pianos G., Rev. d’hist et de 
critique mus. III, 1903. 

Gaveaux (gav'o), Pierre, * im August 1761 zu 
B&iers (Horault), f 5. 2. 1825 zu Passy bei Paris; 
französischer Sänger (Tenor) und Komponist, sang 
zunächst in Bordeaux, wo er auch Unterricht von 
Fr. Beck erhielt, 1788 in Montpellier, 1789-1812 
in Paris. G. komponierte 33 Bühnenstücke ein- 
facher Haltung, darunter Les deux Suisses (bekann- 
ter als: L'amour filial, 1792), Le petit matelot (1796), 
Uonore (1798; die erste Vertonung des Fidelio- 
Stoffs) ; Le bouffe et le tailleur (1804) ; M. des Chain- 
meaux (1806); Uenfrnt prodigue (1811), ferner ein 
.Ballett L'amour ä Cythere (1805), Romanzen und 
Ouvertüren. Einen großen Teil seiner Werke ver- 
öffentlichte G. in dem 1793 mit seinem Bruder 
Simon gegründeten Verlag G. Fr&res. 1812 war 
G. vorübergehend, ab 1819 unheilbar geistes- 
gestört. 

Lit.: R. C£leste, Les socidtös de Bordeaux. Mus6e 
phüomatique, in: Rev. phüomatique de Bordeaux 
1900; J.-G. Prod’homme, L6onore . . ., SIMG VII, 
1905/06; L. Scwedermair, Über Beethovens »Leo- 
nore«, in: ZIMG VIII, 1906/07; A. Sandberger, in: 
AfMw II, 1919/20, S. 399 ff.; ders., Ltonore v. 
Bouilly . . ., in: Ausgewählte Aufsätze zur Mg. II, 
München 1924, darin Abdruck d. Librettos zu 
»Uonore«; W. Hess, Beethovens Oper Fidelio . . 
Zürich 1953. 

Gavini&s (gavinj'e:z), Pierre (Gavigni&s, Gavi- 
nid, Gaviniez), * 11. 5. 1728 zu Bordeaux, f 8. 9. 
1800 (22.Fructidor An VIB) zu Paris; französischer 
Violinist, Sohn des Geigenbauers Francis G., der 
1734 nach Paris zog. Pierre G., einer der bedeu- 
tendsten französischen Geiger des 18. Jh., den 
Viotti als den »französischen Tartini« bezeichnete, 

596 


war in der Hauptsache Autodidakt. 1741 trat er 
erstmals in den Pariser Concerts spirituels auf und 
imponierte besonders durch seinen seelenvollen 
großen Vortrag. Nach mehl jähriger Pause gehörte 
er 1748-65 zu den ständigen Solisten der Concerts 
spirituels, die er 1773-77 mit Gossec und Leduc 
(zugleich als Konzertmeister die Aufführungen 
dirigierend) leitete. Von 1796 bis zu seinem Tode 
fungierte er als Violinprofessor am Conservatoire. 
G. komponierte je 6 Violinsonaten op. 1 (1760) 
und op. 3 (1764), 6 Violinkonzerte op. 4 (1764), 
6 Triosonaten op. 5 (ohne Jahr), ferner: komische 
Oper Le pritendu op. 2 (1760), Recueil d'Airs, 3 st. 
(um 1763), Vingt-Quatre Matinies (1800; Etüden in 
allen Tonarten, die noch heute zur Standardliteratur 
des virtuosen Violinspiels gehören); Trois Sonates 
pour le violon avec accompagnement de Violoncelle , 
dont l'une dite son Tombeau (um 1800); weitere 
Konzerte, Suiten und Kammermusik sind hand- 
schriftlich erhalten. Die gehäuften technischen 
Schwierigkeiten in seinen Werken geben eine hohe 
Vorstellung von G.s Virtuosität. Er hat besonders 
die Bogentechnik gefördert. 

Ausg.: zahlreiche Ausgaben d. Vingt-quatre mati- 
n£es; Konzert E dur, hrsg. v. M. Reuchsel, Paris 
o. J. - 6 Sonaten op. 1, hrsg. v. Englebert, Paris 
o. J.; Sonate op. 1, II, hrsg. v. D. Alard, = Les 
Maitres classiques du violon VII, Mainz o. J.; 6 So- 
naten op. 3, hrsg. v. Gallon, Paris o. J. 

Lit.: C. Pipelet Princesse de Salm, Eloge hist, de G., 
Paris 1801; Fr. Fayolle, Notices sur Corelli, Tar- 
tini, G. . . ., Paris 1810; C. Pierre, Le Conservatoire 
de Musique . . ., Paris 1900; M. Brenet, Les con- 
certs en France, Paris 1909; L. de La Laurencie, 
G. et son temps, RM III, 1922; der s., L’äcole 
fran$aise de violon II, Paris 1923. 

Gavoty, Bernard (Pseudonym: Clarendon), * 2. 
4. 1908 zu Paris; französischer Musikkritiker, 
schreibt für »Le Figaro« in Paris. G. studierte an der 
Sorbonne und am Conservatoire, ist Organist an 
Saint-Louis-des-Invalides und Mitarbeiter der Jeu- 
nesses Musicales. Er schrieb: L. Vieme (Paris 1943), 
/. Alain (Paris 1945, 2 1950), Les Franqais sont-ils 
musiciens? (Paris 1948), Deux capitales romantiques: 
Vienne-Paris (Paris 1954), eine Serie Les grands 
interprites (13 Bände, Monaco 1954-55, mit Pho- 
tographien von R. Hauert, auch deutsch ab: »Die 
großen Interpreten«, Genf). Ferner arbeitete G. mit 
an: A. Honegger, Je suis compositeur (Paris 1948) 
und Les Souvenirs de G. Enesco (Paris 1955). 

Gay (ge:), John, * 30.6.1685 zu Bamstaple 
(Devonshire), f 4. 12. 1732 zu London; englischer 
Dichter, befreundet mit Pope und Swift, schrieb 
Gedichte, 8 Schauspiele sowie 3 Ballad Operas: 
The Beggar's Opera (1728; gedruckt mit den Melo- 
dien London 1728, unter Hinzufügung von Pe- 
puschs Ouvertüre 2 1728, dazu dessen Generalbaß 
zu den Melodien 3 1729) stellt mit ihrer Satire auf 
die politischen und theatralischen Zustände der 
Zeit (besonders im Hinblick auf die Opera seria 
Handels und Bonondnis) das erste Beispiel des 
Genres dar; 5 der Liedtexte stammen nicht von G., 
die »tunes«, teils Volkslieder teils bdiebte Melo- 
dien verschiedener Meister (u. a. Händel) wurden 
von Pepusch harmonisiert, der auch die Ouvertüre 
schrieb. Der ungeheure Erfolg veranlaßte G. zu 
einer Fortsetzung Polly, deren Aufführung jedoch 
verboten wurde (gedruckt 1729 mit den Melodien, 



Gazzaniga 


erste Aufführung 1777 mit Musik von S. Arnold). 
Aus seinem Nachlaß erschien 1733 noch Achilles in 
petticoats (1. Aufführung 1773 mit Musik von Th. 
A. Arne). In verschiedenen Neubearbeitungen ist 
die Beggar’s Opera auf der Bühne des 20. Jh. wieder 
heimisch geworden (Fr. Austin London 1920, um- 
gearbeitet 1726; Britten Cambridge 1948; E. J. 
Dent London 1954; Milhaud Paris 1937) ; eine neue 
Zeitsatire nach dem Modell des Stückes schuf 
Brecht 1928 mit der »Dreigroschenoper« (Musik 
von Weill), eine Filmbearbeitung A. BHss. G. ist 
vielleicht auch der Librettist von Handels Acis and 
Galatea (um 1720). 

Ausg.: The Plays of J. G., 2 Bde, London 1923 (mit 
Melodien zu »Beggar’s Opera« u. »Polly«); The 
Poetical Works of J. G., hrsg. v. G. C. Faber, Lon- 
don 1926; J. G.’s Singspiele, hrsg. v. Gr. Sarrazin, 
Engl. Textbibi. II, Weimar 1898 (nur Text); Ein- 
zelausg. mit Melodien: Beggar’s Opera London 1920; 
Polly London 1923; Textausg. beider Stücke v. 
O. Doughty, London 1920 u. 1922, der Beggar’s 
Opera v. F. W. Bateson (London 1934) u. A. P. 
Herbert (Paris 1937); Beggar’s Opera mit Musik u. 
deutscher Übers., in: Zwei Opemburlesken, hrsg. v. 
G. Calmus, Bin 1912; K1.-A. Die Bettleroper, bearb. 
v. O. Erhardt u. K. Elwenspoek, Mainz 1928. 
Lit.: Fr. Chrysander, G. F. Händel II, Lpz. 1860, 
21919; G. Calmus, Die »Beggar’s Opera«, SIMG 
VIII, 1906/07; L. Melville, J. G.: His Life and 
Letters, London 1921; W. H. Grattan Flood, The 
Beggar’s Opera, ML III, 1922; Fr. Kidson, The 
Beggar's Opera, Cambridge 1922; Ch. E. Pearce, 
Polly Peachum, London 1923; W. E. Schultz, G.’s 
»Beggar’s Opera«, New Haven 1923; J. A. Westrup, 
French Tunes in the »Beggar’s Opera« and »Polly«, 
Mus. Times LXIX, 1928; C. Tolksdorf, J. G.s 
Beggar’s Opera u. Brechts Dreigroschenoper, Diss. 
Bonn 1934; G. Handley-Taylor u. Fr. Granvillb 
Barker, J. G. and The Bailad Opera, hrsg. v. M. 
Hinrichsen, = Music Book IX, 1956. -* Ballad 
Opera. 

Gay (gaj), Marfa, * 13. 6. 1879 zu Barcelona, 
t 29.7.1943 zu New York; spanische Opem- 
sängerin (Alt), wollte zuerst Bildhauerin, dann 
Violinistin werden, bildete sich autodidaktisch im 
Gesang aus und debütierte 1902 in Brüssel als 
Carmen. Danach studierte sie in Paris und sang 
1908-27 am Metropolitan Opera House New 
York sowie in Boston und Chicago. 1913 heiratete 
sie G. Zenatello. Ihre bekanntesten Rollen waren 
Orfeo, Brangäne, Azucena, Amneris, Dalila und 
Santuzza. Sie kreierte die Hauptrollen in Moreras 
»La Gitana«, Laparras »Habanera« und Campos 
»El Avapids«. 

Gaynor (g'e:no), Jessie Love (geb. Smith), 
* 17. 2. 1863 zu St. Louis, 1 20. 2. 1921 zu Webster 
Groves (Missouri); amerikanische Liederkompo- 
nistin und Pianistin, Schülerin von Cady und Wei- 
dig, unterrichtete in Chicago, St. Louis und St. 
Joseph (Missouri). Von ihren etwa 50 Liedern fan- 
den vor allem die Kinderlieder Verbreitung. Fer- 
ner schrieb sie 7 Operetten (davon eine für Kin- 
der), Klavieretüden und Elements of Musical Ex- 
pression (1907). 

G?zimihdl, Mahmut Ragip (Kösemihal), * 27. 
3. 1900 zu Istanbul; türkischer Musikforscher, lebt 
in Ankara. Seine Ausbildung erhielt er in Istanbul, 
1921-24 bei Barmas (Violine) und A. v. Fiehtz 
(Theorie) in Berlin, 1925-28 bei E. Borrel (Vio- 


line, Theorie und Musikgeschichte) in Paris. Seit 
1932 unterrichtet er Musiktheorie und -geschichte 
am Konservatorium Ankara. Schriften: Btla Bart 6k 
(Ankara 1936); Türk halk musikilerin tonal kusu- 
siyetleri meselesi (»Tonale Eigentümlichkeit der 
türkischen Volksmusik«, Istanbul 1936) ; Balkarin 
larda Musiki IlerUyichi (»Das Musikschaffen der 
Balkanländer«, Ankara 1937); Ankara Bölgesi 
Musiki Folkloru (»Musikalische Folklore der Region 
Ankara«; mit H. S.Karsel, Istanbul 1939); Türkiye - 
Avrupa Musiki münasebetleri (»Musikalische Be- 
ziehungen zwischen der Türkei und Europa«, 
Istanbul 1939) ; Türk Askert Muzikalari Tariki (»Ge- 
schichte der türkischen Militärmusik«, Istanbul 
1955). 

Gaztambide y Garbayo (gaGtamb'ide), Joaqufn 
Romualdo, * 7. 2. 1822 zu Tudela (Navarra), 
t 18. 3. 1870 zu Madrid; spanischer Komponist, 
1842-45 Schüler des Konservatoriums in Madrid, 
komponierte 1849-68 eine große Anzahl Zarzuelas 
(44, davon 32 allein und 12 zusammen mit Her- 
nando, Inzenga, Barbieri und Oudrid). Die erste 
war La mensajera ; den meisten Erfolg hatten : Tribu - 
laciones (1851) ; El estreno de un artista (1852) ; Cata- 
lina (1854); Los Magyares (1857); El juramento 
(1858); Las hijas de Eva (1862); La conquista de 
Madrid (1863). 1868 unternahm er mit seiner 
Truppe vom Teatro de la Zarzuela eine Tournee 
nach Süd- und Mittelamerika. 

Lit.: A. PeSa y Goni, La öpera espafiola, Madrid 
1881; E. Cotarelo y Mori, Hist, de la zarzuela, 
Madrid 1934. 

Gazzanfga, Giuseppe, * Oktober 1743 zu Ve- 
rona, f 1- 2. 1818 zu Crema; italienischer Kompo- 
nist, in Neapel 1761-70 Schüler von Porpora und 
Picrinni, ging dann nach Venedig, wo er mit 
Sacchini Freundschaft schloß. G. schrieb 1768 bis 
1807 44 Opern, für Venedig (18), Neapel (5), Rom 
(5), Wien (3), Florenz (3), Mailand, Bologna, 
Dresden, Palermo, Vicenza, Ferrara, Padua und 
Turin, unter denen einige gefällige Buffo-Opern 
stärkere Beachtung fanden: La locanda (Venedig 
1771); La donna soldato (Wien 1774); La vendem- 
mia (Florenz 1778, hervorgegangen aus dem 1778 
in Rom gespielten Intermezzo U marchese di Verde 
Antico von G. und Piticchio); ü serraglio di Os~ 
martno (Venedig 1784); II finto cieco (Wien 1786; 
Libretto von Da Ponte); Don Giovanni o sta II con - 
vitato di pietra (Venedig 1787; einige Monate vor 
Mozarts »Don Giovanni«; von Da Ponte 1794 
einem in London aufgeführten Pasticdo »Don 
Giovanni« zugrunde gelegt); Fedeltä ed amore alla 
prova (Venedig 1798). 1791 wurde G. Domkapell- 
meister in Crema und schrieb von da an vor allem 
Kirchenmusik. Ferner sind von ihm eine Sympho- 
nie und 3 Concerti für EU. erhalten. 

Lit.: L. Da Ponte, Memorie, 4 Bde, NY 1823-27,. 
21829-30, neu hrsg. v. G. Gambarin u. F. Nicolini, 

2 Bde, Bari 1918, deutsch v. G. Guorrz, 3 Bde, 
Dresden 1924-25, frz. v. R. VfezE, Paris 1931; Fr. 
Chrysander, Die Oper Don Giovanni, VfMw IV, 
1888 (darin d. Libretto d. Oper G.s); L. Schieder- 
mair, Briefe ... an S. Mayr, SIMG VIII, 1906/07 
(darin ein Brief G.s); E. J. Dent, Mozart’s Operas, 
London 1913, 2 1947, deutsch Bin 1922; H. Abert, 
W. A. Mozart II, Lpz. 1921, neue Ausg. 1956; 
A. Della Corte, L’opera comica . . ., 2 Bde, Bari 
1923, spanisch Buenos Aires 1928; S. Di Giacomo, 


597 



Gebauer 


D Conservatorio di Sant’Onofrio . . ., Palermo 1924; 
G. de Saint-Foix, W.-A. Mozart IV, (Brügge 1939); 
A. Loewenberg, Annals of Opera, Cambridge 1943, 
2 Bde Genf 2(1955). 

Gfbaaer, französische Musiker, Nachkommen 
eines wohl aus Deutschland stammenden Militär- 
musikers. - 1) Michel Joseph, **11763 zu La Ffcre 
(Aisne), f Dezember 1812 im russischen Feldzug, 
Oboist, diente ab 1777 in der Schweizergarde, ab 
1791 in der Nationalgarde, zuletzt in der Garde 
Impdriale. 1794-1802 lehrte er am Conservatoire. 
Von ihm sind eine Anzahl meist 2sätziger Duos in 
verschiedenen Besetzungen sowie über 200 
Märsche bekannt. - 2) Francois Ren 6, * 15. 3. 
1773 zu Versailles, f 28. 7. 1845 zu Paris, Bruder 
und Schüler des vorigen, Fagottist, 1795-1802 und 
1824-38 Lehrer am Conservatoire, 1801-26 Fa- 
gottist der Opera, schrieb Fagottkonzerte, Sym- 
phonies concertantes für Fl., Fag. und Orch., 
Ouvertüren, Märsche, Kammermusik und eine 
Faeottschule. - 3) Pierre Paul, * 1775 zu Ver- 
sailles, f bi jungen Jahren zu Paris, Bruder der 
vorigen, Hornist, schrieb 20 Homduette. - 4) 
Etienne Francois, * 1777 zu Versailles, t 1823 
zu Paris, Bruder der vorigen, 1801-22 Flötist der 
Op6ra Comique, schrieb Duos sowie Flötenstücke 
und -etüden. - 5) Michel Joseph, Sohn des 
vorigen, Bratschist, ist der Verfasser einer Me- 
thode (Talto (Paris 1820) und schrieb Violinduette 
op. 10. 

Lit.: C. Pierre, Musique des FStes . . . de la Revo- 
lution, Paris 1899, darin je 2 Märsche v. M. J. u. Fr. 
R. G.; ders., Le Conservatoire National, Paris 1900. 

Gebel, Franz Xaver, * 1787 zu Fürstenau bei 
Breslau, f 1843 zu Moskau; deutscher Komponist, 
Dirigent und Pianist, Schüler von Abb6 Vogler 
und Albrechtsberger, war Theaterkapellmeister in 
Wien (ab 1810, Leopoldstädter Theater), Buda- 
pest und Lemberg und ging 1817 nach Moskau, 
wo er sich als Musiklehrer und Veranstalter von 
Kammermusik-Konzerten eine geachtete Stellung 
verschaffte. Er komponierte mehrere Opern, eine 
Messe, Symphonien, Ouvertüren, Streichquintette 
und -quartette, Flöten-, Gitarren- und viele Kla- 
vierstücke. 

Lit.: vgL d. russ. Beethoven-Gedenkbuch, Moskau 
1927. 


in Rudolstadt über 100 Symphonien, Kor 
2 Passionen, 2 Weihnachtskantaten, mehrere 
gange Kantaten, 12 Opern und Cembalos 
- 3) Georg Sigmund, * um 1715 und T 
Breslau, Bruder des vorigen, war in Breslau al 
Unterorganist an St. Elisabeth, ab 1744 an St. 
Magdalena, 1748 Organist der Dreifältig 
kirche, 1749-62 Organist an St. Maria Magd 
Seine Kantaten (ein Jahrgang) und OrgeL 
blieben ebenso wie die Werke der obigen h 
skript. 

Ausg.: G. G. (Sohn): 2 Triosonaten, hrsg. 
Seiffert, Organum III, 12-13. 

Lit.: G. G. (Vater), Autobiogr. in: J. Matti 
Grundlage einer Ehren- Pforte, Hbg 1740, neu 
v. M. Schneider, Bin, 1910; eine anonyme Bi< 
G. G. (Sohn) in: Fr. W. Marpurg, Hist.-kr 
Beytraege I, Bin 1754; J. A. Hiller, Lebensbes 
bungen berühmter Musikgelehrten, Lpz. 178 
Starke, Die Orgelwerke d. Kirche zu St. Eli! 
in Breslau, MfM XXXV, 1903; B. Engelke in < 
I, 1918/19, S. 605; 1. Sass, Die mus. Einrichtun 
drei ev. Haupt- u. Pfarrkirchen d. Stadt Breslau 
Breslau 1921. 

Gebhard, Hans, * 26. 9. 1882 zu Mülhause 
saß), f 9. 10. 1947 zu Marburg; deutscher IV 
pädagoge, Schüler erst von Eugen Münch, 19 
Hörer an der Straßburger Universität (W: 
band, Dehio), wandte sich dann aber aussc 
lieh der Musik zu, speziell dem Violoncellsp 
den Konservatorien in Straßburg und Frai 
am Main, 1904-07 an der Berliner Hochschu 
Komposition. Er wurde 1913 von Jaques-DaJ 
als Klavierlehrer an die Bildungsanstalt He 
verpflichte^ blieb nach deren Zusammen 
1914 erst in Hellerau, schuf sich aber don 
eigene Unterrichtsweise, die »Einheitliche IV 
lehre*, die er ab 1918 in München, zuletzt in 
bürg pflegte; in der Elementarstufe verwen< 
Tonsilben, die nicht nach der Tonleiter, so; 
nach H. Riemanns Lehre von den Klangfunkt 
geordnet sind. G. schrieb: Körperstudien ß 
Ausdruck am Klavier (München 1932); Grün . 
der logischen Modulation (München 1934); 
Sätze; Lieder, Chorwerke, Kammermusik 
Klavierstücke. Ferner gab er Volkslieder mit 
Vierbegleitung heraus. 

Liu: Nachruf in: Musica 1, 1947, S. 331 f. 


Gebel, - 1) Georg (Vater), * 1685 und f um 1750 
zu Breslau; deutscher Organist, entlief als Schnei- 
derlehrling seinem Meister und wurde Musikus, 
1709 Organist in Brieg, wo er noch bei Stölzel 
studierte und doppelchorige Werke sowie Kanons 
schrieb, wurde 1713 Organist, 1714 Musikdirektor 
an St. Christophori in Breslau. G., der auch ein 
Viertelton-Clavichord konstruierte, schrieb ferner 
eine Passion, Messen, Kantaten, Motetten, Kon- 
zerte, Orgelchoräle und Cembalostücke. - 2) 
Georg (Sohn), * 25. 10. 1709 zu Brieg, f 24. 9. 
1753 zu Rudolstadt, Schüler seines Vaters, Orga- 
nist und Violinist, wurde 1729 2. Organist an 
St. Maria Magdalena in Breslau, 1733 zugleich 
Kapellmeister des Herzogs von Oels und ging 1735 
zur Gräflich Brühlschen Kapelle nach Warschau 
und Dresden, 1746 als Konzertmeister nach Ru- 
dolstadt, wo er 1750 zum Kapellmeister aufrückte. 
Er schrieb in Breslau 2 Jahrgänge Kantaten, eine 
Messe, viel Kammermusik und eine Symphonie, 


Gebhard, Heinrich, * 25. 7. 1878 zu So 
heim (Nahe); amerikanischer Pianist von 
scher Herkunft, Schüler von CI. Johns in B 
und Leschetizky in Wien, ließ sich 1900 in B 
nieder. Als Pianist spielt er besonders neuere 
zösische und amerikanische Konzertwerke : 
Kammermusik. Als Komponist trat er hervoi 
Fantasia für Kl. und Orch. (1925); Divertui 
für Kl. und Kammerorch. (1927); Tondicl 
Across the Hills (1940); Kammermusik; Lie 
Klavierstücken. 

Gebhard, - 1) Max, * 28. 3. 1896 zu Di 
buhl; deutscher Komponist, in München S< 
von J. Haas, wirkte als Musiklehrer in Eic 
und Nürnberg, war 1934-45 Direktor des s 
sehen Konservatoriums in Nürnberg, um dai 
1949 einer freiberuflichen musikalischen Tät 
nachzugehen. Seit 1949 gehört er wieder als 1 
positions- und Theorielehrer dem Nümt 


598 



Gee ring 


Konservatorium an. Er schrieb : eine symphonische 
Suite (1941), Suite im alten Stil für Holzbläser und 
Streicher (1943), Serenade für Vc. und Orch., 
Kammermusik (Streichquartett, 1931); zahlreiche 
Chorwerke, darunter symphonische Kantate Durch 
Nacht zum Licht (1935), Kantate Deutsches Volk 
(1936), Dafhis für Soli, Chor und Orch. (1954), 
Passion nach Lukas und Missa gregoriana ; weiter 
zahlreiche Lieder für Singstimme und IG. - 2) 
Hans, * 18. 8. 1897 zu Dinkelsbühl; Komponist, 
Bruder des vorigen, studierte an der Akademie der 
Tonkunst in München (Komposition bei Haas), 
war bis 1936 Organist, Musiklehrer und Lehrer in 
Dinkelsbühl, seitdem, unterbrochen durch Kriegs- 
dienst, Lehrer an verschiedenen Instituten für 
Lehrerbildung. Von seinen gedruckten Werken 
seien genannt: Missa Gotica (1933), Symphonie 
op. 39 (1950), Klavierkonzerte op. 25 (1936) und 
op. 62, Cellokonzert op. 51 (1952). G. schrieb da- 
neben weitere Orchester- und Chorwerke, Kam- 
mermusik und Liederzyklen. - 3) Ludwig, * 7. 3. 
1907 zu Dinkelsbühl, Bruder der vorigen, studierte 
ebenfalls als Schüler von Haas an der Münchener 
Akademie und wirkt jetzt als Musik-Studienrat 
und Vereinsdirigent in Nürnberg. Er schrieb eine 
Jugendoper Wer reitet auf meinem Esel , Diverti- 
mento für Orch. op. 24, Kantaten, Chorkompo- 
sitionen, Kammermusik und Lieder. 

Gebhardt, Ferry, * 28. 6. 1909 zu Blackpool 
(Lancastershire) ; deutscher Pianist, begann bereits 
1921 öffentlich aufzutreten und setzte seine 1919 in 
Berlin begonnenen Studien 1921-23 in Basel bei 
Willy Rehberg, 1923-29 in Berlin bei Edwin 
Fischer fort. An der Musikhochschule Köln nahm 
er 1929-30 noch Unterricht in Theorie bei Jamach 
und in Musikgeschichte bei H. Unger. 1942-45 
und wieder seit 1949 lehrt er an der jetzigen Mu- 
sikhochschule Hamburg (1950 Professor), 1942-44 
auch Leiter einer Meisterklasse an der Nordmark- 
schule in Kiel. 

G6dalge feed'aty, Andrd, * 27. 12. 1856 zu 
Paris, f 5. 2. 1926 zu Chessy; französischer Musik- 
pädagoge, bis 1884 im Buchverlag und -handel 
tätig, wurde dann Schüler Guirauds am Conser- 
vatoire, Repetitor in den Klassen Guirauds und 
Massenets, schließlich Professor für Kontrapunkt. 
Seine undogmatische Methode, die von der Melo- 
dieführung ausgeht und in eine ungewöhnliche 
Vielfalt kompositorischer Stilmittel einführt, be- 
währte sich bei so bedeutenden Schülern wie 
Koechlin, Fl. Schmitt, Roger-Ducasse, Rabaud, 
Ravel, Laparra, Grovlez, Enescu, Ibert, A. Honeg- 
ger und Milhaud; sie fand ihren Niederschlag in 
seinem Traitt de la fiigue I (Paris 1901 ; deutsch von 
E. Stier, Braunschweig 1907) und, nachdem er als 
Inspecteur de l’enseignement musical den Ele- 
mentarmusikunterricht an den Succursales des 
Conservatoire beobachtet hatte, Uenseignement de 
la musiaue par Viducation mfthodique de Voreille 
(2 Bänae, Paris 1921-23). Von seinen KomDosi- 
tionen wurden bekannt: Oper Pris au Ptkge (1890), 
Pantomime Le petit Savoyard (1891), Opern HMbie 
(18931 und La force du cadi (1897), Ballett Phoebt 
(1900); 4 Symphonien; ein Klavierkonzert; Kam- 
mermusik; Lieder und Klavierstücke. Die Schrif- 
ten Les gloires musicales du monde (Paris 1898) und 


Principes de la musique (2 Bände, Paris 1905) stam- 
men nicht von ihm, sondern von Madame Amelie- 
Andre G. 

Lit.: anon., A. G., Paris 1926; Sondernummer d. RM 
in Jg. VII, 1926. 

Gedda (d^edda), Giulio Cesare, * 16. 4. 1899 zu 
Turin; italienischer Dirigent und Komponist, stu- 
dierte in Turin Komposition (bei Alfano), Violon- 
cello und Orgel, trat zunächst konzertierend auf, 
wurde 1932 Dirigent der Societä dei Concerti sin- 
fonid in Turin und lebt jetzt dort als Komposi- 
tionslehrer am Conservatorio G. Verdi. G. schrieb 
eine Oper Vamoroso fantasma (Turin 1931), Or- 
chesterwerke, ein Cellokonzert, ein Konzert für 
4 Saxophone, Kl., Streicher und Schlagzeug (1954), 
Kammermusik (Bläsertrio 1935), Chorwerke und 
Lieder. 

Gedda (d^sdda), Nicolai, * 11.7. 1925 zu Stock- 
holm; schwedischer Opernsänger (Tenor) von 
russischer Abkunft, studierte bei seinem Vater (der 
zeitweüig dem Donkosaken-Chor angehörte) und 
an der Stockholmer Musik-Akademie. 1952 debü- 
tierte er in S tockholm im »Postillon de Long jumeau« 
und errang schnell internationale Anerkennung, 
besonders in Gounods »Faust« und Mussorgskijs 
»Boris Godunow«. 

Gedepnow, - 1) Alexander Michajlowitsch, 

* 1790 und f 1867 zu St. Petersburg, war dort 1835 
bis 1848 Direktor der Kaiserlichen Theater. Unter 
seiner Leitung erlebte die russische Oper die erste 
Periode des Aufschwungs (Werstowskij, Glinka, 
Dargomyschskij). - 2) Step an Alexandrowitsch, 

* 1816 und f 1878 zu St. Petersburg, Sohn des 
vorigen; russischer Schriftsteller und Historiker, 
war 1867-75 Direktor der Kaiserlichen Theater. 
Er förderte das russische Opemschaffen, besonders 
das der Komponisten des »Mächtigen Häufleins«. 
Von G. stammt der Plan der BaUettoper Mlada, zu 
der Borodin, Cui, Mussorgskij und Kimskij-Kor- 
sakow die OpemteÜe, Minkus die Tänze schreiben 
sollten, die aber schließlich 1892 von Rimskij- 
Korsakow allein vertont wurde. 

Geehl (gi:I), Henry Emest, * 28. 9. 1881 zu Lon- 
don; englisdier Komponist, war hauptsächlich 
Schüler seines Vaters, wirkte 1902-08 als Theater- 
kapellmeister, wurde 1918 Professor für Kompo- 
sition und Instrumentation am Trinity College. 
Als Komponist ist G. besonders bekannt geworden 
durch Klavierwerke für den Unterricht und durch 
Lieder; außerdem schrieb er: Symphonie D moll; 
Vioünkonzert; Klavierkonzert; 3 Orchestersuiten; 
Cromwell , Comish Rhapsody und Stücke für Blech- 
blasinstrumente. 

Geering, Arnold, * 14. 5. 1902 zu Basel; Schwei- 
zer Musikforscher, studierte in Basel bei K. Nef, 
Handschin und W. Merian, promovierte 1931 mit 
der Arbeit Die Vokalmusik in der Schweiz zur Zeit 
der Reformation (gedruckt als SJbMw VI, 1933), 
war Konzertsänger und lehrte an der Schola Can- 
torum Basiliensis sowie 1944-50 an Basler Ober- 
schulen. 1947 habilitierte er sich in Basel mit einer 
Studie über Retrospektive Mehrstimmigkeit . . ., ge- 
druckt als: Die Organa und mehrstimmigen Conductus 
in den Handschriften des deutschen Sprachgebietes vom 
13, bis 16, Jahrhundert (= Publikationen der 


enn 



Gehot 


Schweizerischen Musikforschenden Ges ellsch a f t 
II, 1, Bern 1952). G. war 1948-51 Sekretär der Inter- 
nationalen Gesellschaft für Musikwissenschaft, 
folgte 1950 einem Ruf als Nachfolger E. Kurths an 
die Universität Bern, übernahm 1956/57 die Re- 
daktion der Acta musicologica und ging 1957 als 
Austauschprofessor in die USA. Er schrieb ferner: 
Homer Herpol und Manfred Barbarini Lupus (in: 
Festschrift K. Nef, Zürich und Leipzig 1933) ; Von 
der Reformation bis zur Romantik (in: Schweizer 
Musikbuch I, Zürich 1939); Textierung und Be- 
setzung in Ludwig Senßs Liedern (AfMf IV, 1939) ; 
Die Nibelungenmelodie in der Trierer Marienklage 
(in: Kongreß-Bericht Basel 1949); Vom speziellen 
Beitrag der Schweiz zur allgemeinen Musikforschung 
(Mf m, 1950); Quelques problhnes touchant la 
chanson populaire en Suisse (Journal of the Inter- 
national Folk Music Council n, 1950); Von der 
Tessiner Volksmesse (in: Heimat und Humanität, 
Festschrift K. Meuli, Basel 1951). Ausgaben: 
Psalmen und geistliche Gesänge von J. Wannen- 
macher und C. Alder (Genf 1934) sowie mit W. Alt- 
wegg in der Senfl-Gesamtausgabe die Bände II 
(auch = RD X, 1939), IV (auch - RD XV, 1940) 
undV. 

Gehot Öq'o), Joseph, * um 1756 in Belgien, 
t um 1820 in den USA; belgischer Violinist und 
Komponist, lebte zeitweilig in London und reiste 
als Solist in Europa, bis er 1792 nach New York 
übersiedelte. In Philadelphia wirkte er 1792/93 in 
den City Concerts und danach in der Orchester- 
gesellschaft von Wignell und Reinagle. Von seinen 
Kompositionen sind bekannt: die Bühnen werke 
The Maid 9 s Last Shift , or Any Rather than Fail sowie 
(alle 1789) The Marriage by Stratagem , or The 
Musical Amateur , The Royal Naval Review at 
Plymouth, She Would be a Soldier und The Enraged 
Musidan. Gedruckt wurden neben Violinkonzer- 
ten (in Ausgaben zu je 6 Werken) Streichquartette 
op. 1, 7, Streichtrios op. 2, 5, und Duette für V. 
und Vc. op. 3, 9, weiter Twentyfour Military 
Pieces . . . für 2 Klar., 2 Hörner und Fag. sowie 
Overture in twelve movements , expressive of a voyage 
from England to America. Theoretische Schriften: 
A Treatise on the Theory and Practice of Music (1784), 
Complete Instrudions for Every Musical Instrument 
(Teilnachdruck des vorhergehenden Werkes, 1790) 
und Art ofBowing the Violtn (1790). 

Gehring, Jacob, * 24. 7. 1888 zu Glarus; Schwei- 
zer Musikpädagoge, studierte 1909-12 bei H. Hu- 
ber am Basler Konservatorium, 1913/14 bei Stein- 
bach in Köln. Nach einjährigem Studium an der 
Universität Zürich und dreijährigem Aufenthalt 
in Berlin unterrichtete er 1918/19 in Schiers, ab 
1919 an der Höheren Stadtschule Glarus. Zugleich 
leitete er dort 1919-34 den Cäcilienverein und den 
Männerchor Frohsinn, 1938-50 die Konzert- und 
Vortragsgesellschaft. Er schrieb: Eine Jugendkantate 
J. S. Bachs (SMZ LXV, 1925); J. 5. Bachs früheste 
Kantaten und Grillparzer und die Musik (SMZ 
LXVI, 1926); Grundprinzipien der musikalischen 
Gestaltung (= Sammlung musikwissenschaftlicher 
Einzeldarstellungen XI, Leipzig 1928); Tonkunst 
und Dichtkunst (SJbMw JH, 1928); J. C. Goethes 
Viaggio in Italia 1740 (SMZ LXXIV, 1934); 
Glamerisches Musikleben in den ersten Jahrzehnten des 

600 


XIX. Jahrhunderts (Glarus 1935); Glamerische Mu- 
sikpflege im Wandel der Zeiten (Glarus 1939) ; Haus- 
orgel und Harfe (SMZ LXXIX, 1939). 

Gehrkens, Karl Wilson, * 19. 4. 1882 zu Kel- 
leys Island (Ohio); amerikanischer Musikpäd- 
agoge, studierte am Oberlin College und an der 
Columbia University, war 1907-42 Lehrer und 
Vorstand der Schulmusikabteilung am Oberlin 
Conservatory of Music in Ohio. Veröffent- 
lichungen: Music notation and terminology (New 
York 1914; revidierte Auflage Chicago und New 
York 1930), Essentials in conducting (New York 
1919), An introduction to school music teaching 
(Boston 1919), The fine art of teaching (New York 
1921), The Jundamentals of music (Boston und New 
York 1923), Handbook of musical terms (Boston 
1927), Twenty lessons in conducting (Chicago 1930), 
Music in the grades schools (grades 1-6) (Boston 1934) 
und Music in the junior high school (grades 7-9) 
(Boston 1936). Er gab heraus: 1923-30 die Uni- 
versal school music series (mit W. Damrosch und 
G. Gardan), 1933-35 die New universal school 
music series , mit P. W. Dykema The teaching and 
administration of high school music (1941). 

Carl Gehrmans musikforlag, schwedischer Mu- 
sikverlag, gegründet 1893 von Carl Gehrman 
(1867-1946) in Stockholm. 1930 wurde der Ver- 
lag von Einar Rosenborg (* 26. 10. 1882) erwor- 
ben, der 1943 auch noch A. Hirschs förlag an- 
kaufte und jetzt das in eine Aktiengesellschaft (Ab. 
Carl Gehrmans musikförlag) umgewandelte Un- 
ternehmen (als dessen Hauptteilhaber) leitet. Das 
Verlagsprogramm umfaßt u. a. Gehrmans kvar- 
tettbibliotek (Männerquartett), Gehrmans kör- 
bibliotek (für gern. Chor), Studienpartituren sowie 
musiktheoretische und musikpädagogische Litera- 
tur. 

Gehrmann, Hermann, * 22. 12. 1861 zu Wer- 
nigerode, t 8. 7. 1916 zu Kassel, studierte 1883 bis 
1889 in Leipzig und Berlin an Universität und 
Konservatorium, promovierte unter Spitta mit der 
Arbeit Johann Gottfried Walther als Theoretiker 
(VfMw VH, 1891). Als Musikreferent schrieb er 
ab 1897 für die »Allgemeine Zeitung« in Königs- 
berg und 1901-11 für die »Frankfurter Zeitung« in 
Frankfurt am Main, lebte zuletzt in Berlin und 
Kassel. Weitere Veröffentlichungen: Artikel A. 
Werckmeister (in der ADB 41, 1896), C. M. von 
Weber (Berlin 1899); gab heraus: H. L. Häßlers 
Cantiones sacrae für 4 bis 12 Stimmen (DDT II, 
1894) sowie die Kompositionsregeln Sweelincks 
(Band X der Gesamtausgabe der Werke von 
Sweelinck, Leipzig 1901). 

Geierha&8, Gustav, * 26. 3. 1888 zu Neckar- 
hausen bei Mannheim; deutscher Komponist, stu- 
dierte erst in Heidelberg germanische und klas- 
sische Philologie, daneben Kontrapunkt bei Wolf- 
rum, war 1913-15 Schüler der Münchner Akade- 
mie der Tonkunst, der er 1920-53 als Lehrer für 
Harmonielehre und Komposition angehörte, 1928 
Professor. Werke: Variationen für großes Orch. 
(1927), Sinfonische Musik (1937), Symphonie für 
Streichorch. (1954) ; Streichsextett D moll (1928), 

3 Streichquartette und 3 Sätze für Streichtrio 
(1926) ; eine Sonatine (1914) und eine Sonate (1920) 
für KL, Orgelstücke (Introduktion, Choralphan- 



Geiser 


tasie und Fuge über »Mitten wir im Leben sind«, 
Choralvorspiele) ; daneben 3 kleine Kantaten und 
mehrere Lieder. 

Geijer (j'ejer), Er *k Gustaf, * 12. 1. 1783 zu 
Ransäter (Wermland), j* 23.4.1847 zu Stock- 
holm; schwedischer Historiker, Dichter und Korn- 
onist, war 1817-47 Professor der Geschichte an 
er Universität Uppsala. Er gab mit Lindblad eine 
Sammlung neuerer schwedischer Lieder heraus 
(Musik för sdng och fortepiano, 1824; darin ein Di- 
vertimento für Kl. von G. selbst), veröffentlichte 
auch ein Klavierquartett Emoll, eine 4 händige 
Klaviersonate, Lieder, Duette, Terzette und gern. 
Männerchöre (zum Teil auf selbstgedichtete 
Texte). Ein Klavierquintett F moll, ein Quartett, 
Violin- und Violoncellosonaten sowie Klavier- 
sonaten zu 2 und 4 Händen blieben Manuskript. G. 
war der Hauptredakteur des musikalischen Teils 
der von ihm mit A. A. Afzelius herausgegebenen 
altschwedischen Voll siieder (Svenska folkvisor frän 
fomtiden , 3 Bände, 1814-16, musikalische Redak- 
tion von J. C. Haeffner; neue Ausgabe von 
R. Bergström und L. Höijer, 1880). 

Lit. : T. Norund, E. G. G. soro musiker, Stockholm 
1919; J. Landquist, G., Stockholm 1954. - E. Nor- 
berg, G.s väg frän romantik tili realism, Diss. 
Uppsala 1944. 

Geilsdorf, Hermann Paul, * 10. 6. 1890 zu 
Plauen (Vogtland); deutscher Komponist, 1913-16 
Schüler des Konservatoriums in Leipzig (Krehl, 
Straube, Ruthardt), wurde 1917 Kantor an St. 
Pauli in Chemnitz, wo er jetzt als Kirchenmusik- 
direktor (seit 1935) und als Kantor an St. Petri 
(seit 1947) tätig ist. G. schrieb gern. Chöre, 
Mannerchöre, Sololiedcr und eine Passacaglia für 
Org. 

Geiringer, Karl, * 26. 4. 1899 zu Wien; ameri- 
kanischer Musikforscher österreichischer Herkunft, 
studierte in Wien Theorie bei R. Stöhr, Musik- 
geschichte bei G. Adler, Kunstgeschichte bei 
J. Schlosser, Instrumentenkunde bei C. Sachs in 
Berlin. 1923 promovierte er mit der Dissertation 
Die Flankenwirbelinstrumciite in der bildenden Kunst 
des XIV., XV. und der ersten Hälfte des XVI. Jahr- 
hunderts . 1930-38 war er Kustos an Archiv, Biblio- 
thek und Museum der Gesellschaft der Musik- 
freunde in Wien, 1939/40 Gastprofessor am Royal 
College of Music in London, 1940/41 Gastpro- 
fessor am Hamilton College in Clinton (New 
York). Seit 1941 ist G. Ordinarius für Musik- 
wissenschaft an der Universität von Boston (Mas- 
sachusetts) und an deren »School of Fine and 
Applied Arts« seit 1952 Vorstand der Abteilung 
für Musikgeschichte, Musikwissenschaft und Mu- 
siktheorie sowie der »Division of Graduate Stu- 
dies«. Veröffentlichungen: Alte Musikinstrumente 
im Museum Carolino Augusteum Salzburg (Leipzig 
1932), Joseph Haydn (Potsdam 1932), Johannes 
Brahms (Wien 1935; 2. revidierte und erweiterte 
Auflage: englisch New York 1947, London 1947; 
italienisch Rom 1952; japanisch Tokio 1954; 
hebräisch Tel Aviv 1954; deutsch Zürich 1955), 
Musical Instruments , Their History in Western Cut - 
ture flLondon 1943, New York 1945), Haydn , a 
Creative Life in Music (New York 1946, London 
1946; schwedisch Stockholm 1953), The Lost Por- 


trait of J. S. Bach (New York 1950), The Bach 
Family (New York 1954, London 1954; franzö- 
sisch Paris 1955; holländisch Arnhem 1956; 
deutsch in Vorbereitung); dazu eine Anthologie 
Music of the Bach Family (Cambridge, Mass., 1955). 
- Aufsätze: Sketches to Haydn 9 s » Creation « (MQ 
XVm, 1932), Haydn als Musikdramatiker (ZfM C, 
1932), Haydn as an Opera Composer (Proc. Mus. 
Ass. LXVI, 1939/40), Haydn and the Oratorio (Mu- 
sical Opinion LXII, 1938), Haydn and the Folksong 
ofthe British Isles (MQ XXXV, 1949) ; Brahms as a 
Reader and Collector (MQ XIX, 1933), Brahms im 
Briefwechsel mit E. Mandyczewski (ZfMw XV, 
1932/33), Brahms and Wagner (MQ XXII, 1936), 
Brahms 9 Family (Musical Opinion LX, 1936), 
Brahms and Chrysander (MMR LXVH, 1937/38); 
Der Instrumentenname » Quinteme « . . . (AfMw VT, 
1924), Musikinstrumente (in G. Adlers »Handbuch 
der Musikgeschichte«, Frankfurt am Main 1924, 
erweitert in Band I der 2. Auflage, Berlin 1930), 
Vorgeschichte und Geschichte der europäischen Laute 
(ZfMw X, 1927/28); Paul Peuerl (StMw XVI, 
1929), Isaac Posch (StMw XVII, 1930), Schumann 
in Wien (ZfM XCVH, 1930), Christoph Strauß 
(ZfMw XIII, 1930/31), The Society of Friends of 
Music (MQ XXIV, 1938), Artistic Interrelations of 
the Bachs (MQ XXXVI, 1950), Unbeachtete Kom- 
positionen des Bückeburger Bach (Festschrift W. 
Fischer, Innsbruck 1956), The Church Music of 
Mozart (in: The Mozart Reader, herausgegeben 
von H. C. Landon und D. Mitchell, London 1956). 
G. gab zahlreiche Werke älterer Musik heraus, 
darunter mehrere von J. Haydn und Kompositio- 
nen von P. Peuerl und I. Posch (DTÖ XXXVI, 2, 
= Band 70) und von A. Caldara (DTÖ XXXIX, 
= Band 75; aus dem Nachlaß von E. Mandy- 
czewski). 

Geiser, Walther, * 16.5.1897 zu Zofingen; 
Schweizer Komponist, ab 1917 Schüler des Basler 
Konservatoriums (Violine: Fr. Hirt, Komposition: 
Suter), dann von Bram Eldering in Köln und Bu- 
soni in Berlin. 1924 wurde er Violin- und En- 
semblelehrer am Konservatorium in Basel, wo er 
heute Komposition und Dirigieren lehrt; ist auch 
Leiter des Bach-Chors Basel. G. schrieb eine Reihe 
von Werken gemäßigt modernen Stils, unter 
denen die Symphonie op. 44 bisher die stärkste 
Beachtung gefunden hat: Concertino für Fl. und 
Orch. op. 2 (1921); Ouvertüre zu einem Lustspiel 
op. 5 (1922); Nocturne für Orch. op. 12 (1927); 
Violinkonzert op. 16 (1930) ; Concertino für Horn 
und kleines Orch. op. 22 (1934); Stabat mater für 
Bar., Chor, Orch. und Org. op. 23 (1936); Kon- 
zertstück für Org. und Kammerorch. op. 30 
(1941) ; 3 Orchesterfantasien op. 31 (1942), op. 34 
(1945) und op. 39 (1949); Festspiel Inelyta Basilea 
op. 40 (1951); Symphonie op. 44 (1953); Festliches 
Vorspiel für Orch. op. 47 (1955); Concerto da 
camera für 2 V., Cemb. und Orch. (1957) ; Chöre, 
Lieder und Gesänge; Kammermusik (2 Streich- 
quartette op. 3 und 6, Streichtrio op. 8, Sonatinen 
für Fl. solo op. 33b, für Ob. und Kl. op. 38, für 
Va und Org. op. 46) ; Klavier- (Suite op. 41) und 
Orgelwerke. 

Lit.: 40 Schweizer Komponisten d. Gegenwart, hrsg. 
v. Schweizerischen Tonkünstlerverein, Amriswil 
1956. 


601 



Geisler 


Geisler, Christian, * 28. 4. 1869 und f 1951 zu 
Kopenhagen; dänischer Organist und Komponist, 
war 1887-90 Schüler des Konservatoriums in 
Kopenhagen (N. W. Gade, J. P. E. Hartmann), 
1895/96 Meisterschüler von Max Bruch .an der 
Berliner Hochschule. Als Organist wirkte er 1893 
bis 1911 an der Reformierten Kirche und an der 
Gamisonskirche in Kopenhagen. Er schrieb eine 
Oper, Orchester- und Kammermusik, Chöre 
(Kantaten) und Lieder. 

Geisler, Johann Gottfried, * 1776, f 13.2. 
1827 zu Zittau; deutscher Schriftsteller, verfaßte 
u. a. eine Beschreibung und Geschichte der neuesten 
und vorzüglichsten Instrumente und Kunstwerke für 
Liebhaber und Künstler (4 Bände, Zittau 1792-1800, 
21811; darin auch einiges über das Bogenklavier). 

Geisler, Paul, * 10. 8. 1856 zu Stolp (Pommern), 
+ 3. 4. 1919 zu Posen; deutscher Komponist; Schü- 
ler seines Großvaters, der Musikdirektor in Ma- 
rienburg war, sowie einige Zeit von Konstantin 
Decker. Er war 1881/82 Korrepetitor am Leipziger 
Stadttheater, 1882/83 an Angelo Neumanns Wan- 
dertheater, 1883-85 Kapellmeister in Bremen (ne- 
ben Anton Seidl), lebte in der Folge in Leipzig und 
Berlin, zuletzt in Posen, wo er ein Konservatorium 
gründete und Symphoniekonzerte der Posen er 
Orchestervereinigung dirigierte. G., einst als Neue- 
rer begrüßt, aber bald wieder vergessen, kompo- 
nierte mehrere Opern, 4 Symphonien (Sinfonische 
Fresken ), die symphonischen Dichtungen Der 
Rattenfänger von Hameln und Till Eulenspiegel, 
Chorwerke (Samara, Golgatha), Klavierstücke und 
Gesänge. 

Geist, Christian, * um 1640 zu Güstrow (Meck- 
lenburg), f 1711 zu Kopenhagen; deutscher Kom- 
ponist, Sohn des Güstrower Domkantors Joachim 
G., wirkte zunächst einige Jahre in der mecklen- 
burgischen Hofkapelle, 1670 als Bassist kurz in der 
Hofkapelle in Kopenhagen und 1670-80 in der 
Kapelle des schwedischen Königs. Danach wieder 
in Dänemark, war er (mindestens ab 1686) bis zu 
seinem Tod Organist an der Heiliggeist-Kirche in 
Kopenhagen, daneben ab 1689 auch an der Hol- 
mans-Kirche. Matthesons »Ehrenpforte« zufolge 
hatte sich G. nach Seiles Tod (1663) um dessen 
Nachfolge in Hamburg beworben. Seine Kompo- 
sitionen sind ausnahmslos im Manuskript erhalten 
(Universitätsbibliothek Uppsala, Sammlung Dü- 
ben): etwa 56 geistliche Konzerte, überwiegend 
auf lateinische und deutsche Texte, 2 weltliche 
Werke und 3 Orgelchoräle. 

Ausg.: Motette »Verbum caro factum est« f. 2st. 
Chor, 2 V., Gambe (oder Vc.) u. B.c., hrsg. v. J. Foss, 
* Dansk mensural cantori XVIII, Kopenhagen 
1948; Motette »Laudet Deum mea gloria«, hrsg. v. 
B. Lundgren, Stockholm 1953; die 3 Orgelchoräle 
hrsg. v. dems., Stockholm 1943. 

Lit.: C. Thrane, Fra Hofviolonemes Tid, Kopen- 
hagen 1908; C.-A. M oberg, Frän kyrko- och hov- 
musik tili offentlig konsert, Uppsala 1942; T. Nor- 
ltnd, Frän Tyska kyrkans glansdagar UI, Stockholm 
1945. 

Gelbke, Hans, * 18. 2. 1875 zu Davos-Platz 
(Schweiz), f 5.2. 1944 zu Dresden ; deutscher 
Kapellmeister und Komponist, ab 1893 Schüler des 
Kölner Konservatoriums, wurde 1896 Organist an 
der Christaskirche in Aachen und 1898 Dirigent 


des Städtischen Gesangvereins Cäcilia in Mönchen- 
Gladbach, wo er 1904 ein Konservatorium grün- 
dete und außer den Cadlienk onzerten auch die 
Symphoniekonzerte des Städtischen Orchesters 
dirigierte (1923 GMD). Von seinen Kompositionen 
fanden Chöre und Lieder Verbreitung. 

Gelinek(j'sli:nsk), - 1) Hermann Anton (Jelinek, 
italianisiert Cervetti), * 8. 8, 1709 zu Horindves 
(bei Smirice, Böhmen), f 5. 12. 1779 zu Mailand; 
war Violinist und Organist im Prämonstratenser- 
stift Seelau (Zeliv), studierte an der Wiener Uni- 
versität und wirkte bis 1760 in Seelau als Regens 
chori. 1760 ist er in Paris als Violin- und Orgel- 
virtuose nachweisbar (eine Verwechslung mit dem 
Vater des Harfen virtuosen Guillaume G. ist jedoch 
möglich) ; 1779 hielt er sich auf einer zweiten Kon- 
zertreise in Mailand auf, von wo Venceslaus Pichl 
sein Sterbedatum nach Böhmen berichtete. Von 
seinen angeblich zahlreichen Kompositionen 
scheint nichts erhalten zu sein. Kirchenwerke und 
Orgelkompositionen befanden sich im Seelauer 
Archiv, Violinkonzerte und Sonaten erbte Pichl. - 
2) Ivan (Jan, Johann), f 1780 (?) zu Prag; Bruder 
von Anton G., war um 1754 Organist der Vences- 
lauskirche in Prag und ist noch 1780 an der Bene- 
diktkirche nachweisbar. Er war ein bekannter 
Lautenist, dessen Werke in einem Band mit Musica 
sopra il liuto im Nationalmuseum Prag aufbewahrt 
werden. Dlabaf berichtet allerdings von einem 
Mönch des gleichen Namens, der um 1700 im 
Prager Kloster St. Johannes unter dem Felsen 
lebte und als Lautenspieler bekannt war. 

Lit.: E. Trolda in: Hudebni Revue X, 1916/17; 
Th. Frimmel. Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926; J. Racek, 
Ceskä hudba, Prag 1958. 

Gelinek (j'di:nsk), Josef, Abbe (Jelinek), * 3. 12. 
1758 zu Sek' bei Beroun (nach anderen zu Sedlec 
bei Täbor, Böhmen), f 13. 4. 1825 zu Wien; böh- 
mischer Komponist und Klaviervirtuose, studierte 
1783 am Prager Generalseminar (1786 Priester), 
daneben Orgel und Komposition bei J. N. Seger, 
später mit Unterstützung des Grafen Ph. Kinsky 
bei Albrechtsberger in Wien, wo er als Musik- 
lehrer und Hauskaplan des Grafen Kinsky lebte 
und freundschaftliche Beziehungen zu Haydn, 
Mozart und Beethoven (vgl. Variationen Nr 94 
über das Andante der Beethovenschen 7. Sympho- 
nie) unterhielt. Er war als Klavierlehrer des Adels 
und als Komponist von Klaviervariationen sehr 
beliebt. Sein überwiegend aus Variationen be- 
stehendes Werk zeigt nach Ausscheidung der zahl- 
reichen unterschobenen Machwerke nicht nur dem 
Publikumsgeschmack schmeichelnde modische, 
sondern auch bemerkenswert fortschrittliche, ro- 
mantisch-virtuose Züge. Neben Variationen 
schrieb G. auch Klaviersonaten, Trios (op. 10, op. 
21) und Violinsonaten. Ein thematisches Verzeich- 
nis aller Variationen gab der Wiener Verleger 
Steiner heraus. 

Lit. : K. M. Komma u. Fr. Vernillat, Artikel G.,MGG 
(dort weitere Lit. und Werkverz.); J. Racek, Ceskä 
hudba, Prag 1958. 

Geller-Wolter, Luise, * 27. 3. 1859 auf dem 
Rittergut Hohenborn (Hessen-Kassel), + 27. 10. 
1934 zu Berlin; deutsche Sängerin (Alt), studierte 
Gesang in Kassel und bei M. Marchesi in Paris, 
sang zuerst an den Bühnen in Bremen, Magdeburg, 


602 



Geminiani 


Berlin (Kroll) und Dessau, wandte sich dann aber 
dem Konzertgesang zu und erschien auf der 
Bühne nur noch gelegentlich als Gast (auch in 
Bayreuth). 

Geliert, Christian Fürchtegott, * 4.7.1715 
zu Hainichen (Erzgebirge), f 13. 12. 1769 zu Leip- 
zig; deutscher Dichter, studierte an der Universität 
Leipzig und lehrte dort ab 1744 Beredsamkeit, 
Philosophie und Moral. Er verfaßte einige Bühnen- 
stücke, darunter das Singspiel Das Orakel , das von 
Fr. G. Fleischer vertont wurde (Braunschweig 
1771). Seine eigentliche dichterische Leistung liegt 
in den weltlichen (. Fabeln , 2 Bücher, 1746-48) und 
geistlichen ( Geistliche Oden und Lieder , 1757) Lie- 
dern, die sofort großen Anklang fanden. Die 
früheste Vertonung eines G.schen Gedichts stammt 
von A. C. Kunzen (1748), dann folgen vor allem 
Berliner und Leipziger Komponisten: Quantz, 
Grafe, C. Ph. E. Bach ( Herrn Professor G.s geistliche 
Oden , 1758, 51784), Doles, Marpurg, J. H. Rolle, 
Kimberger, J. E. Bach ( Sammlung auserlesener Fa- 
beln 1, 1742), T. A. Hülcr (Choral Melodien zu Herrn 
Prof. G.s Oden . . ., 1761, Neubearbeitung 1792), 
V. Herbing ( Musikalischer Versuch , 1759). Spätere 
Zeugnisse für das Ansehen G.s sind die Vertonun- 
en durch Egli in Zürich (1789) sowie in Wien 
urch Abt Stadler (1785), J. Haydn (4 mehrstim- 
mige Gesänge, 1803) und Beethoven (6 Lieder op. 
48, 1803, darin als Nr 4 Die Ehre Gottes aus der 
Natur »Die Himmel rühmen«), schließlich 2 Lieder 
C. Loewes und eines von Tschaikowsky. 

Lit. : K. Goedeke, Grundriß zur Gesch. d. deutschen 
Dichtung IV, I, Dresden -51916, darin Verz. d. Werke, 
Ausgaben u. Lit. - J. Coym, G.s Lustspiele, Bin 1899; 
M. Friedlaender, Das deutsche Lied im 18. Jh., 
3 Bde, Stuttgart u. Bin 1902; M. Schneiderwirth, 
Das kath. deutsche Kirchenlied unter d. Einfluß G.s 
u. Klopstocks, Münster 1908; H. Kretzschmar, 
Gesch. d. Neuen deutschen Liedes 1, = Kleine Hdb. 
d. Mg. nach Gattungen IV. L Lpz. 1911 ; P. Sturm, 
Das ev. Gesangbuch d. Aufklärung, Barmen 1923; 
G. Müller, Gesch. d. deutschen Liedes II, » Gesch. 
d. deutschen Lit. nach Gattungen III. München 1925; 
R. Giessler, Die geistliche Lieddichtung d. Katho- 
liken im Zeitalter d. Aufklärung, Augsburg 1928; E. 
Werth, Untersuchungen zu G.s Geistlichen Oden 
u. Liedern, Diss. Breslau 1936; F. Helber, Der Stil 
G.s in d. Fabeln u. Gedichten, Diss. Tübingen 1937. 

Gembl$co» Johannes Franchois Qohannes de 
G.), franko-flämischer Komponist der Zeit um 
1400, wahrscheinlich aus Gembloux (bei Namur) 
herkommend. Möglicherweise ist er mit dem 1404 
am burgundischen Hof wirkenden Jean Francois 
identisch. Von ihm sind bekannt: je 2 Gloria- und 
Credo-Sätze zu 3 St., eine 5sc. Motette Ave virgo 
lux Maria (mit 4 st. Nebenform) sowie 3 3 st. fran- 
zösische Chansons. 

Ausg.: je ein Gloria u. Credo bei Ch. van den 
Borren, Polyphonia sacra, Bumham u. London 1932 
(Nr 13, 14 u. 14 bis); Motette »Ave virgo lux Maria« 
in DTÖ XL (- Bd 76), 1933; die 3 Chansons bei 
Ch. van den Borren, Pfcces polyphoniques de pro- 
venance lilgeoise, « Publications de la Soc. Beige de 
Musicologie, Flores Musicales Belgicae 1, Brüssel 
1950 (Nr 33-35); eine Chanson bei J. Wolf, Gesch. 
d. Mensurainotation II u. UI, Lpz. 1905 (Nr 34). 
Lit.: H. Besselbr, Bourdon u. Fauxbourdon, Lpz. 
1950. 

Geminiani» Alessandro, Pseudonym für Ab- 
bate Alf ieri, Pietro. 


Geminiani ^emiji'ani), Francesco Saverio, 
* vielleicht 1680 (getauft 5. 12. 1687) zu Lucca, 
t 17. 9. 1762 zu Dublin; italienischer Violinist, 
Komponist und Musikschriftsteller, Sohn des Vio- 
linisten Giuliano G. (+ 1707), Schüler von C. A. 
Lonati (»il Gobbo«) und Corelli, in der Kompo- 
sition von A. Scarlatti in Neapel. Er kehrte 1707 
nach Lucca zurück, wo er bis 1710 im Theater- 
orchester wirkte, war ab 1711 in Neapel tätig und 
ging 1714 nach London, wo er als Virtuose und 
Lehrer schnell zu hohem Ansehen gelangte. Nach 
einem Aufenthalt 1749-55 in Paris kehrte G. wie- 
der nach London zurück. Die letzte Zeit seines 
Lebens verbrachte er bei seinem in Dublin als Ka- 
pellmeister tätigen Schüler Dubourg. Für England 
hat G. neben F. M. Veracini das Verdienst, das da- 
mals sehr zurückgebliebene Violinspiel wieder ge- 
hoben zu haben. Seine ersten Werke (bis op. 4) 
folgen in manchem, so im häufig verwendeten fu- 
gierten Stil, dem Beispiel seines Lehrers Corelli, um 
sich aber späterhin davon zu lösen. In der virtuosen 
Behandlung der Violine ist er zurückhaltender als 
der ebenfalls bei Corelli ausgebildete Locatelli. Für 
die Geschichte der Violine gewann er größte Be- 
deutung durch sein Lehrwerk The Art of Playing 
on the Violin , das für die moderne Technik des 
Violinspiels grundlegend wurde. Die hier auf- 
tauchenden Zeichen ► bedeuten -* rinfor- 
zando, das Schwellen eines einzelnen Tones. 
Werke: op. 1: 12 Sonate a violino solo (ohne Baß, 
1705; 1757 bearbeitet als zweimal 6 Sonatasfor 
two violins and a Violoncello or harpsichord with a 
ripieno hass , wahrscheinlich 1750); op. 1 (zum 
zweiten Male verwendete Zählung) : 12 Violin- 
sonaten mit B.c. (1716; neue Ausgabe mit Vor- 
tragszeichen, Verzierungen und Fingersatz als Le 
prime sonate a violino , e basso . . ., 1739); op. 2 und 
3: je 6 Concerti grossi (1732, 1733; beide opera 
stark verändert in Partitur 1757); op. 4: 12 Vio- 
linsonaten (um 1735; davon Nummer 1, 11, 2, 
5, 7 und 9 in Bearbeitung als Concerti grossi , 1743) ; 
op. 5: 6 Cellosonaten (1739; auch in G.s Bearbei- 
tung als Violinsonaten, 1742); op. 6 und 7: je 
6 Concerti grossi (1741, 1746); The Inchanted 
Fönest, An Instrumental Composition Expressive of 
the same Ideas as the Poem of Tasso of that Title 
(1761; in Concerto-grosso-Besetzung) ; G. bear- 
beitete Corellis Violinsonaten op. 3 (6) und op. 5 
(12) als Concerti grossi (1735). Lehrwerke: Rules for 
Playing in a true Taste on the Violin, German Flute , 
Violoncello and Harpsicord op. 8 (London 1739); 
The Art of Playing on the Violin op. 9 (London 
1751, erste Ausgabe vielleicht um 1740; französisch 
Paris 1752, deutsch Wien zwischen 1785 und 1805; 
eine gekürzte englische Fassung als An Abstract of 
G.'s Art of Playing on the Violin , Boston 1769; er- 
weiterte völlige Umarbeitung als L'Art du violon . . . 
Composie primitivement par . . . G., Paris 1803) ; 
Guida armonica , o Dizionario armonico . Being a sure 
guide to harmony . . . op. 10 (London 1742, zwei- 
sprachige französisch-niederländische Ausgabe als 
Dictionnaire harmonique - Dictionarium harmonicum , 

Amsterdam 1756); A Treatise of Good Taste 

(London 1749); The Art of Accompaniament op. 11 
(2 Bände, London 1756-57, französisch als L'Art 
de bien accompagner bereits Paris 1754); The Art of 
Playing the Guitar . . . (Edinburgh 1760). Ein in den 
40er Jahren veröffentlichter »Compleat Tutor for 


603 



Gemünder 


the Violin« und eine Reihe (6-10) und 1775-1800 
gleichfalls in London, jedoch unter Nennung G.s 
als Autor, gedruckte Schriften gleichen oder ähn- 
lichen Titels sind Elementar-Violinschulen (im 
Gegensatz zu G.s op. 9) ; ihre gemeinsame Quelle 
ist der 5. Abschnitt aus P. Preneurs »The Modem 
Musick-master« (London 1731), ihr einziger nach- 
weislicher Zusammenhang mit G. die Übernahme 
seiner Verzierungstabelle aus der Art of Playing on 
the Violin . 

Ausg.: Faks. d. »Art of Playing on the Violin« (1751), 
hrsg. v. D. D. Boyden, London, NY u, Toronto 
(1952); 12 Violinsonaten hrsg. v. L. R. Finney, 
Smith College Music Archives 1, 1935; Violinsonate 
op. I, 12 (1716) hrsg. v. E. Pente, Mainz 1924, u. v. 
A. Moffat, Lpz. 1929; eine Solo-Sonate aus op. 1 
(1705), frei bearb. u. harmonisiert v. M. Corti, I 
dassici violinisti italiani II, 9, Mailand 1930; die 
Concerti grossi op. II, 1-6 bearb. v. H. J. Moser, 
Lpz. 1937; Concerto grosso op. II, 2 hrsg. v. P. Mies, 
München o. J.; Concerto grosso op. II, 3 hrsg. v. 
W. Upmeyer, Bin 1930; Concerti grossi op. III, 
1-6 eingerichtet v. R. Hernried in Eulenburgs Par- 
titurausgaben 361-66, Lpz. 1936; Concerto grosso 
op. III, 5 hrsg. v. A. Schering, Perlen alter Kammer- 
musik, Lpz. 1918; Concerto grosso op. VI, 1 hrsg. v. 
A. Egidi, Bin 1927; Concerti grossi n. 1, 9 e 12 
(Foüia) dalle sonate op. V di A. Corelli, hrsg. v. 

V. Mortari, Mailand 1937. 

Lit.: A. Betti, La vita e l’arte di F. G., Lucca 1933; 

W. H. G rattan Flood, G. in England and Ireland, 
SIMG XII, 1910/11; R. Hernried, F. G.s Concerti 
grossi op. 3, AMI IX, 1937; D. D. Boyden, Prelleur, 
G., and Just Intonation, JAMS IV, 1951.- W. J. v. 
Wasielewski, Die V. u. ihre Meister, Lpz. 7 1927; 
A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; A. 
Schering, Gesch. d. Instrumentalkonzerts, = Kleine 
Hdb. d. Musikgesch. nach Gattungen I, Lpz. 1905, 
21927; F. T. Arnold, The Art of Accompaniment 
from a Thorough-Bass, London 1931. 

Gem$nder, August Martin Ludwig, * 22. 3. 
1814 zu Ingelfingen (Württemberg), f 7. 9. 1895 
zu New York; deutscher Geigenbauer (Schüler sei- 
nes Vaters), zuerst in Regensburg, ab 1846 in 
Springfield (Massachusetts) und etwa ab 1852 in 
New York tätig. Er war bekannt durch seine ge- 
schickten Nachahmungen alter Instrumente. 

Genast, Doris -► Raff. 

Genast, Eduard Franz, * 15. 7. 1797 zu Weimar, 
t 4. 8. 1866 zu Wiesbaden; deutscher Sänger (Ba- 
riton) und Schauspieler, Sohn des Schauspiders 
Anton G., debütierte 1814 in Weimar als Osmin 
in der Entführung, war 1828 Theaterdirektor in 
Magdeburg und wurde 1829 auf Lebenszeit an der 
Hofbühne in Weimar engagiert. In jüngeren Jah- 
ren exzellierte er ebenso als Sänger wie als Schau- 
spider, später trat er nur noch als Schauspider auf. 
G. komponierte vide Lieder und 2 Opern Die 
Sonnenmänner und Die Verräter auf den Alpen; auch 
veröffentlichte er seine Memoiren Aus aem Tager- 
buch eines alten Schauspielers (4 Bände, Leipzig 1862 
bis 1866). 

Gendron feädr'o), Maurice, * 16. 12. 1920 zu 
Nizza; französisch«: Violoncellist, lebt in Paris. In 
Nizza und am Pariser Conservatoire ausgebildet, 
unterbrach der Krieg seine bereits 1936 begonnene 
Konzertlaufbahn, die er 1945 mit der euro- 
päischen Erstaufführung des Cellokonzertes von 
Prokofjew in London wiederaufnahm. Seitdem 


führten ihn seine Tourneen durch ganz Europa, 
Nord- und Südamerika, nach Israel, Südafrika und 
Japan. Mit Jean Fran^aix am Klavier unternahm er 
auch ausgedehnte Kammerkonzertreisen. Die 
Staatliche Musikhochschule Saarbrücken berief 
ihn zum Professor und Leiter einer Cdlo-Meister- 
klasse. G. veranstaltete Neuausgaben und Tran- 
skriptionen alter Musik für Violoncello. Sein Lehr- 
buch des Cellospiels befindet sich in Vorbereitung. 

Gen£e feon'e), - 1) Franz Friedrich Richard, 
* 7. 2. 1823 zu Danzig, f 15. 6. 1895 zu Baden bei 
Wien; deutscher Komponist und Librettist, Sohn 
des Bassisten und langjährigen Direktors des Dan- 
ziger Theaters Friedrich G. (1795-1856), stu- 
dierte zuerst Medizin, ging aber bald zur Musik 
über. 1848-67 war er Theaterkapellmeister in Re- 
val, Riga, Köln, Aachen, Düsseldorf, Danzig, 
Mainz, Schwerin, Prag, 1868-78 am Theater an 
der Wien; ab 1878 lebte er in Preßbaum bei Wien 
nur der Komposition und Dichtung. G. ist be- 
kannt als Komponist von komischen Opern und 
Operetten, für die er die Texte selbst dichtete 
(manche mit F. Zell); Libretti hat er auch für 
J. Strauß (Eine Nacht in Venedig), Suppd (Boccaccio) 
und Millöcker (Der Bettelstudent , Gasparone) ver- 
faßt. Seine bekanntesten bzw. letzten Stücke sind: 
Der Geiger aus Tirol (1857), Der Musikfeind (1862), 
Die Generalprobe (1862), Rosita (1864), Der schwarze 
Prinz (1866), Am Runenstein (mit Flotow, 1868), 
Der Seekadett (1876), Nanon (1877), Im Wunder - 
lande der Pyramiden (1877), Die letzten Mohikaner 
(1878), Nisida (1880), Rosina (1881), Zwillinge (mit 
Roth, 1885), Die Piraten (1886), Die Dreizehn 
(1887). Auch in zahlreichen Männerchorliedem, 
Klavierliedem, Duetten usw. zeigte sich G.s Ta- 
lent für das humoristische Genre. Sein Bruder ist 
der Literaturhistoriker - 2) Rudolf G., * 12. 12. 
1824 und + 19. 1. 1914 zu Berlin, der als Gründer 
der »Mozartgemeinde« in Berlin und Herausgeber 
ihrer Mitteilungen (1895-1912) zu nennen ist. 
Noch unter seines Vaters Direktion trat er in Dan- 
zig als Sarastro auf. Er schrieb über Musik in Hans 
Sachs und seine Zeit (Leipzig 1894, 2 1902), Der Tod 
eines Unsterblichen (Mozart; Berlin 21895, 31911), 
Zeiten und Menschen (Berlin 1899) und Promemoria 
(Berlin 1913). 

Generali ^ener'ali), Pietro (sein Vater legte 
seinen eigentlichen Namen Mercandetti ab), 

* 23. 10. 1773 zu Rom, f 3. 11. 1832 zu Novara; 
italienischer Komponist, debütierte in Rom 1802 
mit Gli amanti rnicoli und schrieb in der Folge 
52 Opern, u. a. für Rom, Venedig, Mailand, 
Neapel, Bologna, Turin, Florenz und Lissabon, 
von denen besonders I baccanali di Roma (Venedig 
1815) großen Erfolg hatte. Das Glanzgestim Rossi- 
nis verdunkelte indes bald sein Licht. 1817-21 war 
er Theaterkapellmeister in Barcelona und starb als 
Kapellmeister der Kathedrale von Novara. Zu 
Anfang und am Schluß seiner Laufbahn als Kom- 
ponist hat G. auch viele kirchliche Werke ge- 
schrieben (darunter ein Oratorium H voto di Jefte, 
Messen, Psalmen). Ein unmäßiger Lebenswandel 
ließ ihn zu ernsthafter Arbeit nicht kommen. 

Lit: L. Schiedermair, Eine Autobiographie P. G.s, 
in: Fs. Liliencron, Lpz. 1910. - C. Piccou, Elogio del 
maestro di Cappella P. G., Novara 1835. 

Genet, Elzdar Carpentras. 


604 



Genzmer 


Genetz (j'ensts), Karl Emil Moritz, * 24. 10. 1852 
zu Impilahti, t 1- 5. 1930 zu Helsinki; finnischer 
Chorkomponist, Schüler von Wegelius und des 
Dresdener Konservatoriums, lebte als deutscher 
Sprachlehrer in Tammerfors, Helsinki, Fredriks- 
hamn und wieder Helsinki, wurde danach Vor- 
steher der Theaterschule am Finnischen National- 
theater. Er gab eine Reihe Hefte mehrstimmiger 
finnischer Gesänge meist patriotischen Inhalts her- 
aus. In Fredriksnamn gründete er einen Chor- 
verein, mit dem er Konzertreisen unternahm. Er 
gehört zu den meistgesungenen finnischen Man- 
nerchor-Komponisten. 

Gengenbach, Nicolaus, * zu Colditz (Sachsen), 
f 4. 9. 1636 zu Zeitz; deutscher Kantor, war ab 
1606 Schüler von Calvisius an der Thomasschule 
in Leipzig. Er wirkte als Kantor ab 1613 in Roch- 
litz, ab 1616 an der Stadtschule in Zeitz und 
schrieb Musica nova , Newe Singekunst , So wol Nach 
der alten Solmisation , als auch newen Bobbation vnd 
Bebisation (Leipzig 1626). 

Lit.: A. Werner, Städtische u. fürstliche Musikpflege 
in Zeitz, = Veröff. d. Fürstl. Inst. f. mw. Forschung 
zu Bückeburg IV, 2, Bückeburg u. Lpz. 1922; 
E. Preussner, Die Methodik im Schulgesang . . 
AfMw VI, 1924; G. Schünemann, Gesch. d. deut- 
schen Schulmusik I, Lpz. 1928, 21931 . 

Gennrich, Friedrich, * 27. 3. 1883 zu Colmar 
(Oberelsaß); deutscher Musikforscher, studierte ab 
1903 in Straßburg und Paris romanische Philologie 
(Gröber, Bddier) und Musikwissenschaft (Lud- 
wig), promovierte 1908 in Straßburg, war nach 
dem Staatsexamen bis 1919 Oberlehrer in Straß- 
burg, ab 1921 Studienrat in Frankfurt am Main. 
1927 habilitierte er sich an der Universität Frank- 
furt am Main, erhielt 1929 auch die Venia legendi 
für romanische Philologie und wurde 1934 zum 
apl. Professor ernannt. G. hat speziell über die 
Musik des Mittelalters eingehende Quellenstudien 
getrieben und veröffentlichte Arbeiten über die 
mittelalterliche Monodie (Troubadour-, Trou- 
v£re- und Minnesänger-Kunst). Seit 1938 ist G. 
Herausgeber der »Literarhistorisch-musikwissen- 
schaftlichen Abhandlungen« (Würzburg). Selb- 
ständige Schriften (ohne die ausschließlich roma- 
nistischen Publikationen): Musikwissenschaft und 
romanische Philologie (Halle 1918), Der musikalische 
Vortrag der altfranzösischen Chansons de Geste (Halle 
1923), Die altfranzösische Rotrouenge (Halle 1925), 
Rondeaux , Virelais und Balladen (in: Gesellschaft für 
romanische Literatur XVIII, Bd43, 1921, und XXII, 
Bd 47, 1927), Grundriß einer Formenlehre des mittel- 
alterlichen Liedes (Halle 1932), Die Straßburger 
Schule Jur Musikwissenschaft (Würzburg 1940), 
Troubadours , Trouvbres , Minne - und Meistergesang 
(Das Musikwerk, Köln 195D, Altfranzösische Lieder 
(Sammlung romanischer Übungstexte I: Halle 
1953, n und III: Tübingen 1955 und 1956), Publi- 
kationsreihe »Musikwissenschaftliche Studien-Bi- 
bliothek« seit 1946 (Heft 1-4, Nieder-Modau 1946 
bis 1948; seit Heft 5/6, 1953, in Dannstadt, bisher 
14 Hefte zur Musik des Mittelalters), - Auf- 
sätze (in Auswahl) in: Zeitschrift für romanische 
Philologie: Die Musik ab Hilfswissenschaft der ro- 
manischen Philologie (39, 1918), Zu den Liedern des 
Conon de Bdthune und Das Frankfurter Fragment einer 
altfranzösbchen Liederhandschrift (42, 1922), Die alt- 


französische Liederhandschrift London , Brit. Mus . 
Egerton 274 (45, 1925), Der Chansonnier d'Arras und 
Zu den altfranzösbchen Rotrouengen (46, 1926), La- 
teinische Kontrafakta altfranzösbmer Lieder und Zur 
Machaut-Forschung (50, 1930), Grundsätzliches zu 
den Troubadour- und Trouvhre-Weisen (57, 1937), 
Der Sprung ins Mittelalter , Zur Musik der altfran- 
zösischen und altprovenzalbchen Lieder (59, 1939), 
Simon d'Authie (63, 1951), Refrain-Studien (71, 

1955) . - in : Zeitschrift für französische Sprache und 
Literatur: Zur Rhythmik des altprovenzalbchen 
Liedverses (46, 1919), Die Repertoire-Theorie (66, 

1956) . - in: ZfMw: Sieben Melodien zu mittelhoch- 
deutschen Mimeliedem (VII, 1924/25), Trouvhe- 
Lieder und Motettenrepertoire und Zur Musikinstru - 
mentenkunde der Machaut-Zeit (IX, 1926/27), Inter- 
nationale mittelalterliche Melodien (XI, 1928/29). - 
in: Zeitschrift für deutsche Bildung: Der deutsche 
Minnesang in seinem Verhältnb zur Troubadour - und 
Trouvbre-Kunst (II, 1926). - in: Deutsche Viertel- 
jahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistes- 
geschichte: Zur Ursprungfrage des Minnesangs (VII, 
1929), Das Formproblem des Minnesangs (IX, 1931). 
- in: Studi Medievali (Nuova serie): Zwei alt - 
französbehe Lais (XV, 1942), Refrain-Tropen in der 
Musik des Mittelalters (XVI, 1943-50), Die Melodie 
zu Walthers von der Vogelweide Spruch » Philippe , 
Kunec höre* (XVII, 1951). - in: Zeitschrift für 
deutsches Altertum: Melodien Walthers von der 
Vogelweide und Zu den Melodien Wizlaws von 
Rügen (80, 1943), Liedkontrafaktur in mittelhoch- 
deutscher und althochdeutscher Zeit (82, 1948), Zur 
Liedkunst Walthers von der Vogelweide (85, 1954). - 
in: Romanische Forschungen: Bemerkungen zu 
Spankes System der lateinisch-romanischen Strophen- 
kunst (58, 1944). - in: Mf: Perotins Beata viscera 
Mariae virginb und die * Modaltheorie* (I, 1948), 
Grundsätzliches zur Rhythmik der mittelalterlichen 
Monodie (VH, 1954). - in: AfMw: Mittelalterliche 
Lieder mit textloser Melodie (DC, 1952), Vier deutsche 
Lieder des 14. und 15. Jahrhunderts (XI, 1954). - 
in: Cultura Neolatina: Ist der mittelalterliche Liedvers 
arhythmisch ? (XV, 1955). Zu nennen sind auch Gs. 
Artikel in MGG. Er ist ferner Herausgeber von 
Summa musicae medii aevi (Darmstadt): I: G. de 
Machaut , Messe, Faksimile (1957), II: Bibliographie 
der ältesten französischen und lateinischen Motetten 
(1957), IR: Der musikalbche Nachlaß der Trouba- 
dours (Gesamtausgabe; 1958). 

Genfi, Hermann, * 6. 1. 1856 zu Tilsit, t 6. 10. 
1940 zu San Francisco; deutscher Musikpädagoge, 
Schüler der Berliner Königlichen Hochschule für 
Musik, ließ sich 1877 in Lübeck als Musiklehrer 
nieder, übersiedelte 1880 nach Hamburg, wurde 
1890 Klavier- und Theorielehrer am Konser- 
vatorium Sondershausen, 1891 Direktor des Schu- 
macherschen Konservatoriums in Mainz und 1893 
Mitdirektor des vereinigten Scharwenka-Klind- 
worthschen Konservatoriums in Berlin. Ab 1899 
war G. Lehrer, ab 1905 Direktor des Irving Insti- 
tute in San Francisco. Er schrieb die Opern 
Hunold der Spielmann (San Francisco 1914) und 
Manuel Venegas, Orchester- und Chorwerke, 
Kammermusik und Lieder. 

Lit.: E. Zabel, H. G., Bin 1896. 

Genzmer, Harald, * 9. 2. 1909 zu Blumenthal 
bei Bremen; deutscher Komponist, studierte neben 


605 



Georg Rudolph. 


und nach -den Gymnasialjahren bis 1928 Orgel, 
Klavier und Tonsatz bei H. Stephanie in Marburg 
an der Lahn. 1928 bezog er die Hochschule für 
Musik in Berlin, wo er bei Hindemith bis zu dessen 
Weggang von Berlin Komposition studierte, 
außerdem bei C. Sachs und G. Schünemann Ver- 
gleichende Musikwissenschaft und Instrumenten- 
kunde. 1934-37 war er Studienleiter an der Bres- 
lauer Oper. Von 1938 bis Kriegsende lebte er in 
Berlin seinem kompositorischen Schaffen, das 
durch seine Lehrtätigkeit an der Volksmusik- 
schule Neukölln vor allem auf Jugendmusik aus- 
gerichtet war. In die gleiche Zeit fiel seine Zu- 
sammenarbeit mit O. Sala, für den er 2 Trau- 
tonium-Konzerte schrieb (1939, 1952). 1946 wurde 
ihm eine Kompositionsprofessur an der neuge- 
gründeten Hochschule für Musik in Freiburg im 
Breisgau übertragen, 1957 wechselte er in gleicher 
Eigenschaft an die Akademie der Tonkunst nach 
München über. Seine handwerkliche, in der 
strengen Lehre Hindemiths erworbene Meister- 
schaft läßt ihn alle Formen beherrschen : Jugend- 
und Spielmusik. Kammer- und Klaviermusik, eine 
Messe in E (1953), Kantaten, Chor- und Orgelmusik 
sowie eine Reihe von Instrumentalkonzerten (2 
Hötenkonzerte 1954, 1955; Oboenkonzert 1957; 
Klavierkonzert 1948), Suiten für Orch., eine Bremer 
Sinfonie und I. Symphonie (1957). 

Georg: Rudolph, Herzog von Liegnitz, 
Brieg und Goldberg, * 22. 1. 1595 zu Ohlau, 
t 14. 1. 1653 zu Breslau; deutscher Komponist, 
Gründer der Bibliotheca Rudolphina, für die er 
eine umfangreiche Sammlung von Musik-Hand- 
schriften und Drucken zusammentrug. Er stand in 
Verbindung mit führenden Komponisten seiner 
Zeit, die, wie Schütz und Schein, ihm Werke zu- 
sandten. Von G. R. sind 4-5 st. geistliche Sätze 
erhalten. 

Lit.: W. Scholz, Beitr. zur Mg. d. Stadt Liegnitz 
bis zum Jahre 1800, Liegnitz 1941. 

Georges (3013), Alexandre (Alexandre-Ge- 
orges), * 25. 2. 1850 und f 18. 1. 1938 zu Arras; 
französischer Komponist, erhielt seine Ausbildung 
in der Niedermeyerschcn Kirchenmusikschule, an 
welcher er als Theorielehrer angestellt wurde. Spä- 
ter war G. auch Kapellmeister an Saintc-Clotüde 
und ab 1899 Organist an Saint- Vincent-de-Paul in 
Paris. Werke: die Opern Le Printemps (Rouen 
1890), Myrrha (Paris 1895), Charlotte Corday (Paris 
1901), Miarka (Paris 1905), Sangre y sol (Nizza 
1912), La Marseillaise (Paris 1923), Balthazar (1925), 
La Maison du picht und Aucassin et Nicolette (die 
beiden letzten nicht aufgeführt) ; Oratorium 
Notre-Dame de Lourdes (1900), Mysterienspiel La 
Passion (1902); 2 Requiem (beide 1925) und eine 
Messe ä la gloire de Notre-Dame des Flots (1926); 
Orchester- und kleinere Instrumentalwerke (Kla- 
viertrio), Chöre und eine größere Reihe von Lie- 
dern (darunter Chansons de Miarka, 1888, später 
auch orchestriert; Chansons de Leilah, 1907). 

Georgescu (d^rd^ssku), Georges, * 16. 9. 1887 
zu Sulina; rumänischer Dirigent, studierte erst 
Violoncello am Bukarester Konservatorium, da- 
nach bei H. Becker, Nikisch und R. Strauss in 
Berlin und war dann 3 Jahre Mitglied des Marteau- 
Quartetts. 1918 widmete er sich noch Studien bei 


A. Kleffel, wandte sich dem Dirigieren zu und 
leitete Konzerte mit dem Philharmonischen und 
Blüthner-Orchester in Berlin. 1920 kehrte er nach 
Bukarest zurück und wurde Dirigent des neu- 
egründeten Philharmonischen Orchesters. 1922 
is 1926 und 1932-34 war er Direktor des rumä- 
nischen Opernhauses. 

Geprgi, Yvonne; deutsche Choreographin, lebt 
in Hannover. In Dresden bildete sie sich unter M. 
Wigman aus, war 1924-25 Solotänzerin in Mün- 
ster und wurde dann Ballettmeisterin in Gera. 1926 
bis 1931, 1933-36 und seit 1953 wirkt sie am 
Opernhaus Hannover. In Amsterdam gründete sie 
1931 eine Tanzschule, 1936 ein eigenes Ballett, das 
1940 von der Niederländischen Oper übernom- 
men wurde. 1951-53 leitete sie das Ballett an der 
Düsseldorfer Oper. Früher auch mit Kammer- 
tänzen bekannt geworden, pflegt sie das Erbe der 
expressionistischen Tanzkunst weiter und hat 
Choreographien zu Berlioz’ »Symphonie phan- 
tasrique« sowie zu Rimskij-Korsakows »Schehera- 
zade« geschaffen, auch zur Uraufführung von G. v. 
Einems Balletten »Pas de cceur« (1953) und 
»Glück, Tod und Traum« (1954). 

Georgi^des, Thrasybulos G., * 4. 1. 1907 zu 
Athen; deutscher Musikforscher griechischer Her- 
kunft, studierte 1923-28 Bau-Technik, daneben 
1921-26 Klavier am Odeon in Athen, 1930-35 
Musikwissenschaft an der Universität München, 
an der er mit einer Arbeit über Englische Diskant- 
traktate aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts 
(Würzburg 1937) promovierte. 1931-35 betrieb er 
praktisch-musikalische Studien bei Orff. Zunächst 
wirkte G. ab 1936 als Professor für Formenlehre 
am Odeon in Athen, dem er 1939-41 als Direktor 
Vorstand, habilitierte sich 1947 an der Universität 
München, wurde 1948 mit einer Vertretung an der 
Universität Heidelberg betraut, an der er 1949 
zum pl. ao. Professor, 1955 zum o. Professor er- 
nannt wurde. 1956 ging G. als Ordinarius an die 
Universität München. Schriften: Bemerkungen zur 
Erforschung der byzantinischen Kirchenmusik (By- 
zantinische Zeitschrift XXXIX, 1939), Volkslied als 
Bekenntnis (in: K. Huber zum Gedächtnis, Regens- 
burg 1947), Der griechische Rhythmus , Musik , Rei- 
gen, Vers und Sprache (Hamburg 1949), Zur Anti- 
gone-Interpretation von Carl Orff (österreichische 
Musikzeitschrift IV, 1949), Aus der Musiksprache 
des Mozart-Theaters (Mozart-Jb. 1950, Salzburg 
1951), Zur Musiksprache der Wiener Klassiker (Mo- 
zart-Jb. 1951, Salzburg 1953), Musik und Sprache 
(— Verständliche Wissenschaft L, Berlin-Göttin- 
gen-Heidelberg 1954), *Das Wirtshaus* von Schu- 
bert und das Kyrie aus dem gregorianischen Requiem 
(in: Gegenwart im Geiste, Festschrift für R. Benz, 
Hamburg 1954), Die musikalische Interpretation 
(Studium Generale VH, 1954), R. v. Ficker (Mf 
Vm, 1955), Musik und Rhythmus bei den Griechen 
(== Rowohlts Deutsche Enzyklopädie LXL Ham- 
burg 1958). 

Georgic$us, Athanasius (Georgijevid), * um 
1590 zu Split (Spalato), t um 1640; kroatischer 
Dichter, Musiker und Schriftsteller, studierte in 
seiner Vaterstadt und am Ferdinandeum in Graz. 
Ferdinand II. schickte ihn als Gesandten nach 
Polen, Rußland und Bosnien. Außer vielen ande- 


606 



Gerber 


ren Schriften, meist philosophischen und theolo- 
gischen Inhalts, veröffentlichte er die 12 kroatische 
geistliche Gesänge enthaltenden Pisni za naypogla- 
vitiye, naysvetiye i nayveselye dni svega godischia 
(Lieder für die wichtigsten, heiligsten und fröh- 
lichsten Tage des ganzen Jahres . . Wien, bei 
Matthaeus Formica, 1635). G. war Schüler der 
Jesuiten und stand unter dem Einfluß des späteren 
Kaiserlichen Hoforganisten Giov. Valentini, wel- 
cher schon 1616 Hoforganist des Erzherzogs (spä- 
teren Kaisers) Ferdinand (II.) war. 

Lit.: J. Mantuani, Hrvatska crkvena pjesmarica iz 
god. 1635, in: Sveta Cecilya IX, Zagreb 1915 (mit 
Neudruck der 12 Lieder). 

Gegrgii, Walter, * 23.11.1887 zu Stuttgart; 
deutscher Pianist und Musikschriftsteller, Schüler 
des Stuttgarter Konservatoriums (Max Pauer), 
wirkte 1910-12 als Lehrer an der Kaiserlich Rus- 
sischen Musikschule in Woronesch, promovierte 
1914 in Halle mit der Dissertation C. M. von 
Weber als Klavierkomponist (Leipzig 1914) und 
machte sich seit 1911 in Deutschland, der Schweiz, 
Österreich, Rußland und Jugoslawien als Pianist 
bekannt. In Köln war er 1914-25 Lehrer am Kon- 
servatorium, 1925-30 an der Rheinischen Musik- 
schule, 1930-38 Professor an der Hochschule für 
Musik, 1946-55 Professor an der Münchner 
Hochschule. Seitdem ist G. freiberuflich als Pianist, 
Musikschriftsteller und Herausgeber tätig. Er 
schrieb: Klaviermusik , Geschichte dir Musik für K la- 
vier zu 2 Händen von den Anfängen bis zur Gegen- 
wart (Berlin und Zürich 1941, 21950 mit Einbe- 
ziehung der 4 händigen Klaviermusik sowie einer 
»Übersicht über die Musik für Klavier zu einer 
Hand, zu 3, 5 und 6 Händen«; 31956); Klavier- 
spielerbüchlein (Zürich und Freiburg i. Br. 1953, 
21955); Die Verzierungen in der Musik (Zürich, 
Freiburg 1957). Von seinen Ausgaben ist besonders 
zu nennen: 400 Jahre europäische Klaviermusik (in: 
Das Musikwerk, Köln 1950), ferner nach dem 
Urtext bearbeitete Einzelausgaben von Klavier- 
werken von Händel, Mozart und Schubert sowie 
von Weber und Muffet (Mainz). 

Gdrard foeria.T), Henri Philippe, *9.11.1760 
zu Lüttich, f H-9. 1848 zu Versailles; belgischer 
Komponist, Schüler von Ballabene am Lütticher 
Kolleg in Rom, ging 1788 als Gesanglehrer nach 
Paris. 1802-16 und 1818-28 wirkte er als Lehrer 
am Conservatoire. Er gab heraus: Methode de chant 
(2 Teüe, Paris o. J.) ; Considirations sur la musique en 
gMral et particulierement sur tout ce qui a rapport ä la 
vocale (Paris 1819) und Traitd mithodique d* Harmonie 
(Paris 1834; anlehnend an JRameau). 

Gerber, Ernst Ludwig, * 29. 9. 1746 und f 30. 
6. 1819 zu Sondershausen; deutscher Lexikograph 
und Organist, Sohn von Heinrich Nikolaus G., 
erhielt seine musikalische Ausbildung vom Vater, 
ging zu juristischen Studien nach Leipzig, wählte 
aber bald die Musik zum Beruf und wirkte als 
Cellospieler bei privaten und öffentlichen Auffüh- 
rungen mit. Die wankende Gesundheit seines Va- 
ters rief ihn zu dessen Stellvertretung nach Son- 
dershausen zurück, und 1775 wurde er sein Nach- 
folger als fürstlicher Hoforganist. Geringe peku- 
niäre Mittel erlaubten G. keine größeren Reisen 
für seine schon früh begonnenen lexikalischen Ar- 


beiten; in der Hauptsache sah er sich auf die Aus- 
beute seiner eigenen Bibliothek und Musikalien- 
sammlung sowie auf die Werke angewiesen, 
welche ihm sein Verleger Breitkopf zur Verfügung 
stellte. So entstand unter außerordentlich er- 
schwerenden Umständen in einer kleinen, vom 
Weltverkehr seitab hegenden Stadt sein Histo- 
risch-Biographisches Lexicon der Tonkünstler (2 
Bände, Leipzig 1790, 1792), das zunächst nichts 
anderes als eine Fortsetzung des biographischen 
Teils von I. G. Walthers »Musicalischem Lexicon« 
(Leipzig 1732) sein sollte und daher nur im Verein 
mit diesem auf einige Vollständigkeit Anspruch 
erheben kann. Die Arbeit war aus kurzen biogra- 
phischen Notizen für eine allmählich zu statt- 
lichem Umfang angewachsene Sammlung von 
Tonkünstlerbüanissen hervorgegangen ; G. nat da- 
her in einem besonderen Anhang zum Lexikon 
ein Verzeichnis der ihm bekanntgewordenen Ton- 
künstlerbildnisse in Holzschnitt, Kupferstich, Sü- 
houette, Gemälde, Medaille, Büste, Statue gege- 
ben; eine weitere Zugabe sind Berichte über be- 
rühmte Orgelwerke, von denen Risse oder Zeich- 
nungen existieren, sowie ein Verzeichnis der wich- 
tigsten neueren Erfindungen auf dem Gebiete des 
Instrumentenbaues mit Hinweis auf die Biogra- 
phien. Nachdem G. durch dieses (jetzt sogenannte 
alte) Tonkünstlerlexikon die Aufmerksamkeit auf 
sich gelenkt hatte, floß ihm immer reichlicheres 
Material zu Nachträgen oder einer zweiten Auf- 
lage zu; eine Fülle neuen Stoffes lieferte ihm For- 
kels »Allgemeine Litteratur der Musik« (Leipzig 
1792). So kam es, daß er statt einer neuen Auflage 
ein Ergänzungswerk veröffentlichte, welches aber 
das zu ergänzende erheblich an Umfang über- 
traf, nämlich sein Neues historisch-biographisches 
Lexikon der Tonkünstler (4 Bände, Leipzig 1812-14). 
Auch diesem ist wieder ein Bilderverzeichnis und 
Instrumentenregister beigegeben. G.s Lexika haben 
noch heute einen bedeutenden Wert, da sie durch 
neuere Werke dieser Art nur ungenügend repro- 
duziert worden sind. Als Komponist hat sich G. 
mit Klavier- und Orgelstücken und einigen Har- 
moniemusiken versucht. Seine ansehnliche Biblio- 
thek verkaufte er bei Lebzeiten für 200 Louisdor 
an die Gesellschaft der Musikfreunde zu Wien, 
behielt sich jedoch den Nießbrauch bis zu seinem 
Tode vor, sie in uneigennützigster Welse weiter 
vergrößernd, veröffentlichte selbst deren Katalog: 
Wissenschaftlich geordnetes Verzeichnis einer Samm- 
lung von musikalischen Schriften (Sondershausen 
1804). Neben Aufsätzen in den »Annalen Deutsch- 
lands« (1794), dem »Literarischen Anzeiger« (1797) 
und der »Allgemeinen musikalischen Zeitung« 
(I-XX, 1798-1817) veröffentlichte G. 1792 in 
Boßlers Musikalischer Korrespondenz einen Ver- 
such eines vollständigen Verzeichnisses von Haydns 
gedruckten Werken . 

Lit. : F. Rochlitz, Für Freunde d. Tonkunst II, Lpz. 
1825; M. Schneider, E. L. G. u. d. Mw., in: Fs. 
d. Hochschule f. Musik Sondershausen, Sonders- 
hausen 1933. 

Gerber, Heinrich Nikolaus, * 6. 9. 1702 und 
t 6. 8. 1775 zu Wenigen-Ehrich bei Sondershau- 
sen; deutscher Organist und Komponist, Vater 
von Emst Ludwig G., studierte 1724-27 Jurispru- 
denz in Leipzig, m der Musik Schüler von J. S. 
Bach. Ab 1728 war er Organist in Heringen, ab 


607 



Gerber 


1731 fürstlicher Hoforganist in Sondershausen. Er 
schrieb zahlreiche Klavierwerke (Konzerte, Suiten, 
Menuette) und Kompositionen für die Orgel 
(Trios, figurierte Choräle, Präludien und Fugen, 
Konzerte, Inventionen), die Manuskript blieben. 
Audi beschäftigte er sich mit Verbesserungen der 
Orgel und konstruierte eine Strohfiedel (Xylo- 
phon) mit Klaviatur. 

Ausg.: 2 Choralbearbeitungen f. Org. in RD IX. 
Lit.: Ph. Sputa, J. S. Bach II, Lpz. 3 1921. 

Gerber, Rend, * 1908 zu Travers (Neuenburg); 
Schweizer Komponist, lebt in Peseux-NeuchäteL 
Er studierte 1928-30 an der Universität Zürich, 
dann 1930-33 dort am Konservatorium bei P. 
Müller und Andreae, 1934 an der Ecole Normale 
de Musique in Paris bei Dukas. 1947-51 war er 
Direktor des Konservatoriums von Neuenburg und 
wirkt seitdem als Komponist, Schriftsteller 
(Histoire de Vorchestre , De Vuniciti des arts) und Or- 
ganisator von Gemäldeausstellungen. Er schrieb: 
Orchesterwerke UHommage h Ronsard (1933), 
Aucassin et Nicolette (1933), Les Heures de France 
(1934), 3 Suites Jranqaises (1933-39), Trois Paysages 
de Breughel (1942), 3 spanische Tänze (1945), Le 
Sablier , Le Terroir animi , Konzerte für verschie- 
dene Instrumente, Ballett Les Heures vdnitiennes , 
Kammermusik, Vokalmusik für Chor und Solo- 
stimmen, Klaviermusik. 


Gerber, Rudolf, * 15. 4. 1899 zu Flehingen 
(Baden), f 6* 5. 1957 zu Göttingen; deutscher 
Musikforscher, erhielt 1912-17 seine musikalische 
Ausbildung am Munzschen Konservatorium in 
Karlsruhe, studierte Musikwissenschaft 1918-22 in 
Halle und Leipzig (H. Abert). Neben seiner Tätig- 
keit als Assistent am Musikwissenschaftlichen Se- 
minar der Universität Berlin 1923-28 betrieb G. 
noch ein Violinstudium bei H. Bassermann und 
H. Rutkowski. 1928 Privatdozent an der Universi- 
tät Gießen, übernahm er dort schon im folgenden 
Jahr die Leitung eines musikwissenschaftlichen Se- 
minars, wurde 1932 zum apl. ao. Professor, 1937 
zum pl. ao. Professor ernannt und versah da- 
neben in Frankfurt am Main 1933-35 einen Lehr- 
auftrag an der Universität und 1938 an der Hoch- 
schule für Musik einen Lehrauftrag für Geschichte 
der Kirchenmusik. G. wurde 1943 als Ordinarius 


an die Universität Göttingen berufen. Er ver- 
öffentlichte an selbständigen Schriften: Der Opem- 
typus J. A. Hasses und seine textlichen Grundlagen 
(= Berliner Beiträge zur Musikwissenschaft II, 
Leipzig 1925), Das Passionsrezitativ bei Heinrich 
Schütz und seine stilgeschichtlichen Grundlagen (Gü- 
tersloh 1929), Johannes Brahms (Potsdam 1938), 
Christoph Willibald Gluck (Potsdam 1941, 21950), 
Bachs Brandenburgische Konzerte (Kassel 1951). Auf- 
sätze: Harmonische Probleme in Mozarts Streich - 

r fetten (Mozart-Jb. II, 1924), Wort und Ton in 
*Cantiones sacraet von Heinrich Schütz (in der 
Gedenkschrift für H. Abert, Halle 1928), Der deut- 
sche Frühbarock in der Musik (Zs. für deutsche Bfl- 
dung VI, 1930), Die deutsche Passion von Luther bis 
Bach (Jb. der Luther-Gesellschaft, 1931), Über Geist 
und Wesen von Bachs h-moll-Messe (Bach-Jb. 
XXIX, 1932), Formprobleme im Brahmsschen Lied 
(JbP XXXIX, 1932), Zu Richard Wagners Persön- 
lichkeit und Kunst (Zs. für deutsche BÜdung IX, 
1933), Die » Musikalischen Exequien f von Heinrich 


Schütz (MuK VI, 1934), Zu Luthers Liedweisen (Fs. 
für Max Schneider, Halle 1935), Die Hymnen des 
Apelschen Codex (Fs. für Arnold Schering, Berlin 
1937), Neue Beiträge zur Gluckschen Familien- 
geschichte (AfMf VI, 1941), Brahms und das Volks- 
lied (Die Sammlung IE, 1948), Die Sebalduskompo- 
sition der Berliner Handschrift 40021 (Mf II, 1949), 
Klassischer Stil in der Musik (Die Sammlung IV, 
1949), Über Formstrukturen in Bachs Motetten (Mf 
IE, 1950), Vom Wesen der italienischen Musik 
(DVjs XXIV, 1950), Unbekannte Instrumentalmusik 
von Gluck (Mf IV, 1951), Die Textwahl in der 
mehrstimmigen Hymnenkomposition des späteren Mit- 
telalters (Kgr.-Ber. Lüneburg 1950), Gesetz und 
Freiheit in der älteren und neueren Musik (Ber. des 
Wiener Musikkongresses 1952), Spanische Hymnen- 
sätze um 1500 (AfMw X, 1953), Römische Hym- 
nenzyklen des 15. Jahrhunderts (AfMw XII, 1955), 
Zur Geschichte der italienischen Hymnenkomposition 
im 15. Jahrhundert (AMI XXVIII, 1956), Die Hym- 
nen der Handschrift Monte Cassino (AM XII, 1956), 
Johannes Brahms (in: Die großen Deutschen, 1957). 
- Ausgaben älterer Musik: die Bände 1, 2, 10, 12 
(1928-39) der Praetorius-Gesamtausgabe; die Hefte 
9, 16, 26, 32, 35, 46, 49 und 60 der Sammlung 
Das -v Chorwerk; J. A. Herbst, 3 mehrchörige 
Festkonzerte (LD Rhein-Main I) ; G. Rhau, Sacro- 
rum Hymnorum Liber Primus (2 Teile, RD XX3 
und XXV) ; J. A. Hasse, Arminio (bisher Teil 1 
erschienen, EDM XXVII); Der Mensuralkodex 
des Nikolaus Apel (bisher Teil 1 erschienen, EDM 
XXXII). G. besorgte die Gesamtausgabe derWerke 
von Gluck (begonnen 1951, mit Mitarbeitern). 

Lit.: W. Boetticher, R. G. zum Gedächtnis, Mf X, 
1957. 

Gerbert, Martin II., OSB, Fürstabt von St. Bla- 
sien (eigentlich Franz Dominik Bernhard G., 
den Namen Martin nahm er erst beim Eintritt ins 
Kloster 1737 an; der Adebtitel G. von Hornau, den 
G. selbst nie geführt hat, stand einem anderen 
Zweig der Familie zu), * 12. 8. 1720 zu Horb am 
Neckar, f 13. 5. 1793 zu St. Blasien; deutscher 
Theologe, empfing 1744 die Priesterweihe, ver- 
waltete ab 1755 die reiche Klosterbibliothek, 
schrieb Principia theologiae (8 Bände, Augsburg, 
Freiburg im Breisgau, St. Blasien 1757-59), ver- 
tiefte sich aber dann besonders in Studien zur 
Kirchengeschichte und zur Geschichte der Kir- 
chenmusik. 1760 unternahm er eine Studienreise, 
besonders zu den Klosterbibliotheken in Frank- 
reich, Deutschland, Österreich, Italien und der 
Schweiz, auf der er in Bologna den Padre Martini 
kennenlemte. 1764 zum Fürstabt von St. Blasien 
gewählt, erhob er das Kloster nach dem Vorbild 
der Mauriner-Kongregation zu einem Forschungs- 
zentrum. Musikalische Fragen behandeln folgende 
Schriften G.s: Iter Alemannicum , accedit Italicum et 
Gallicum (St. Blasien 1765, 2 1773, deutsch von 
J. L. Köhler, Ulm-Frankfurt am Main-Leipzig 
1767), De cantu et musica sacra , a prima ecclesiae 
aetate usque ad praesens tempus (2 Bände, St. Blasien 
1774), Monumenta veteris liturgiae Alemannicae 
(2 Bände, St Blasien 1777-79), Scriptores eccle - 
siastici de musica sacra potissimum (3 Bände, St. Bla- 
sien 1784). Ferner gab G. ein deutsches Gesang- 
buch mit 35 Liedern (davon 8 von Geliert) heraus: 
Die Christliche Lehre in Liedern (Bonndorf 1773). 


608 



Gerhardt 


In De cantu . . . dient G. die historische Darstellung 
noch dazu, die Reformbedürftigkeit der zeit- 
genössischen Kirchenmusik zu zeigen, wobei Cal- 
dara und Eberlin als Vertreter echten Kirchenstils 
genannt werden; am Schluß bringt er eine eigene 
8 st. Missa in Coena Domini . Die unter demselben 
Gesichtspunkt begonnene Sammlung der Scriptores 
macht die Schriften zahlreicher Musiktheoretiker 
des 9.-15. Jh. zum ersten Mal im Druck zugäng- 
lich. Das Erscheinen des Werkes erregte außer- 
ordentliches Aufsehen und schuf die sachlichen 
Voraussetzungen für das Studium der mittelalter- 
lichen Musikgeschichte, bewirkte allerdings (zu- 
sammen mit der Fortsetzung der Sammlung durch 
-> Coussemaker 1864-76), daß das Interesse der 
Forscher bis zu Fr. ->■ Ludwigs Arbeiten weit- 
gehend auf die Musiktheorie beschrankt blieb. 
Ausg.: Scriptores, Faks. Graz 1905 u. Mailand 1931.- 
Korrespondenz d. Fürstabtes M. II. G. I— II, hrsg. v. 
G. Pfeilschifter, Karlsruhe 1931-34 reicht bis 1781); 
Briefe u. Akten I (= Politische Korrespondenz 1782 
bis 1793), hrsg. v. W. Müller, Karlsruhe 1957. 

Lit. : Fr. Fr. S. A. Böcklin zu Böcklinsau, Beyträge 
zur Gesch. d. Musik, Freiburg i. Br. 1790; A. H. Fr. 
v. Schlichtegroll, Musiker-Nekrologe, neu hrsg. 
v. R. Schaal, Kassel u. Basel (1954); E. Klüpfel, 
Necrologium . . ., Freiburg i. Br. u. Konstanz 1809; 

L. Kastle, M. G., Lahr 1868; J. Bader, Fürstabt 

M. G., Freiburg i. Br. 1875; W. Baumker, Das kath. 
deutsche Kirchenlied III, Freiburg i. Br. 1891, darin 
ein Teil d. Vorrede zu G.s Gesangbuch; C. Krieg, 
Fürstabt M. G., Freiburg i. Br. 1896; A. Lamy, 

M. G., Reims 1898; G. Pfeilschifter, Fürstabt M. 
G., Köln 1912, auch in Zs. f. d. Gesch. d. Oberrheins 

N. F. XXVIII, 1913; ders., Die St. Blasianische 
Germania Sacra, = Münchener Studien zur hist. 
Theologie I, Kempten 1921; A. Brinzinger, Fürst- 
abt G. von St. Blasien, Horb 1916; Chr. Grossmann, 
Fürstabt M. G. als Musikhistoriker, KmJb XXVII, 
1932; E. Hegar, Die Anfänge d. neueren Musik- 
geschichtsschreibung, = Slg mw. Abh.en VII, Lpz.- 
Straßburg-Zürich (1932); A. Lederle, Die Abstam- 
mung d. Fürstabts M. II. G., in: Badische Heimat 
XXXVI, 1956. 

Gerbid (g'erbit^), Franz, * 5. 10. 1840 zu Zirk- 
nitz (Innerkrain), f 29. 3. 1917 zu Laibach; jugo- 
slawischer Gesangspädagoge und Komponist, wid- 
mete sich dem Lehrerberuf und wurde 1861 Lehrer 
in Domegg; Musik studierte er in Laibach und am 
Prager Konservatorium. Er war erst Heldentenor 
in Prag, Agram, Ulm und Lemberg, 1882-86 Pro- 
fessor des Sologesangs in Lemberg, ab 1887 in 
Laibach Dirigent und Pädagoge, zuletzt Direktor 
der Musikschule des Vereins Glasbena Matica. Als 
Komponist pflegte er vor allem das Lied und hin- 
terließ 3 theoretische Werke. 

Gerhard, Roberto, * 25. 9. 1896 zu Valls (Tarra- 
gona); Schweizer Komponist, studierte Kompo- 
sition in Barcelona bei F. Pedrell, als dessen letzter 
Schüler, 1923-28 in Wien und Berlin bei Schön- 
berg. In Barcelona war er zunächst Musiklehrer 
an der Escola Normal de la Generalität, dann Bi- 
bliothekar an der Biblioteca de Catalunya, bis er 
1939 nach Cambridge (England) übersiedelte, wo 
er jetzt freiberuflich tätig ist. Trotz seiner Schwei- 
zer Abkunft wird er zur spanischen Schule gerech- 
net, dieser durch Temperament und Neigung ver- 
bunden. Werke: Oper The Duenna (1947); die 
Ballette Ariel (1934), Soirdes de Barcelone (1938), 
Don Quixote (1941), Alegrias (1942) und Pandora 


(1945); Bühnen-, Rundfunk- und Filmmusiken; 
L'Alta Naixenga del Rei en Jautne für Soli, Chor und 
Orch. (1931), Six Cangons Populars Catalanes (1931) 
und Candonero de Pedrell (1941) für Singstimme 
und kleines Orch.; 2 Symphonien (1941, 1953; die 
erste: Homenaje a Pedrell); Violinkonzert (1945), 
Konzert für KL und Streicher (1951), Konzert für 
Cemb., Streicher und Schlagzeug (1956); Bläser- 
quintett (1928), Streichquartett (1955), Klaviertrio 
(1918), Bratschensonate (1950); Klavierlieder, Kla- 
vierkompositionen zu 2 und 4 Händen. 

Lit. : mehrere Beiträge in d. ausschließlich G. gewid- 
meten September-H. 1956 v. »The Score«. 

Gerhardt, Carl, * 1. 4. 1900 zu Straßburg, ver- 
mißt seit 29. 4. 1945 bei Berlin; deutscher Kirchen- 
musiker, studierte am Konservatorium Würzburg 
und, nach kürzerer Tätigkeit als Chordirigent am 
Stadttheater Würzburg, bei Pfitzner an der Preu- 
ßischen Akademie der Künste sowie 1930-33 an 
der Universität Berlin. G. war 1928-31 Mitarbeiter 
von Jöde, 1930-33 Kompositionslehrer an der 
Kirchenmiisikschule in Berlin, ab 1931 Mitarbeiter 
am »Handbuch der deutschen evangelischen Kir- 
chenmusik« und ab 1934 Organist der Arndt- 
Gemeinde in Berlin. Kompositionen: Orchester- 
und B ühnenmusik ; Kammermusik; weltliche und 
geistliche Vokalwerke, darunter eine Messe (nur 
Kyrie, Credo und Sanctus) und Choräle für ver- 
schiedene Choralsammlungen. Er verfaßte eine 
Dissertation über Die Torgauer Walter-Handschriften 
(— Musikwissenschaf tHche Arbeiten IV, 1949) 
und schrieb gemeinsam mit K. Ameln Die deutschen 
Gloria-Lieder (MGkK XLm, 1938) und J. Walter 
und die ältesten Deutschen Passionshistorien (MGkK 
XLIV, 1939). 

Lit.: O. Söhngen, C. G. t» in MuK XXII, 1952. 
Gerhardt, Elena, * 11. 11. 1883 zu Leipzig; 
deutsche Sängerin (Mezzosopran), Schülerin des 
Leipziger Konservatoriums, ab 1903 sehr geför- 
dert durch A. Niki sch, den sie 1912 nach den USA 
begleitete. Sie war eine der anziehendsten Lieder- 
sängerinnen Deutschlands, in der Vollendung alles 
Gesanglichen, der Schönheit der Stimme, der Be- 
seeltheit des Vortrags; unübertroffen vor allem 
im Vortrag Brahmsscher Lyrik. 1933 verließ sie 
Deutschland und lebt seitdem in London. Sie 
schrieb eine Autobiographie Recital (London 1953; 
mit Vorwort von M. Hess und einem Verzeichnis 
der Schallplatten von E. G.). 

Gerhardt, Paul, * 12. 3. 1607 zu Gräfenhainichen 
(Sachsen), t 27.5.1676 zu Lübben; deutscher 
Dichter, studierte nach dem Besuch (1622-27) der 
Fürstenschule Grimma 1628-34 Theologie in Wit- 
tenberg. Nach einer Tätigkeit als Hauslehrer, die 
er auch nach der 1643 erfolgten Übersiedlung nach 
Berlin fortsetzte, wurde er 1651 Propst von Mit- 
tenwalde und 1657 Diakon der Nikolaikirche in 
Berlin. G.s Festhalten an den in der Concordien- 
formel festgelegten Grundsätzen der lutherischen 
Kirche brachte ihn in Konflikt mit der Kirchen- 
politik des reformierten Kurfürsten Friedrich Wil- 
helm I. und führte 1666 zu seiner Amtsenthebung. 
Die Zeit seines Wirkens in Berlin (bis 1662 neben 
J. Crüger) nahm damit trotz einer kurzen Wieder- 
einsteüung 1667 ihr Ende. 1668 wurde er als Archi- 
diakon nach Lübben gewählt und trat 1669 dieses 
Amt an. Neben Luther ist G. der bedeutendste 

609 


39 



Gerhardt 


Dichter protestantischer Kirchenlieder. Von seinen 
133 Liedern, die 1645-68 erschienen, fanden 32 
feste Aufnahme im Evangelischen Kirchen- 
Gesangbuch, darunter: Fröhlich soll mein Herze 
springen , Ich steh an deiner Krippe hier 9 O Haupt voll 
Blut und Wunden^ Du meine Seele singe , Befiehl du 
deine Wege , Die güldne Sonne 9 Lobet den Herren alle 9 
Nun rühm alle Wälder und Geh aus mein Herz und 
suche Freud. 

Ausg.: K. E. P. Wackernagel, P. G.s geistliche Lie- 
der, Stuttgart 1843, 9 1907 hrsg. v. W. Tümpel; E. C. 
Langbecker, Paulus G.s Geistliche Lieder, Bin 1866; 
K. Goedeke, Gedichte v. Paulus G., Lpz. 1877; 
K. Gerok, Paulus G.s Geistliche Lieder, Lpz. 1890, 
«1907; A. Ebeung, Die Gedichte v. Paulus G., 
Hannover u. Lpz. 1898; W. Nelle, P. G.s Lieder u. 
Gedichte, Hamburg 1907; Dichtungen tu Schriften, 
hrsg. v. E. v. Cranach-Siechart, München 1957. 
Lit.: H. Petrich, P. G., Gütersloh 1914; E. Kochs, 
P. G., Lpz. 21926; F. Seebass, P. G., Gießen 1951; 
W. Trillhaas, P. G., in: Die großen Deutschen I, 
Bin 1956; - E. Aellen, Quellen u. Stil d. Lieder 
P. G.s, Bern 1912; P. Gabriel, Das deutsche ev. 
Kirchenlied v. Martin Luther bis zur Gegenwart, 
Bin 2 1951; W. Nelle, Gesch. d. deutschen ev. Kir- 
chenliedes, Lpz. 31928; F. Blume, Die ev. Kirchen- 
musik, Podsdam (1931); K. Ihlenfeld, Huldigung für 
P. G., Bin 1957. 

Gerhardt, Paul Friedrich Emst, * 10. 11. 1867 zu 
Leipzig, f 23* 9. 1946 zu Oberhohndorf bei 
Zwickau; deutscher Organist und Komponist, 
studierte 1888-92 am Konservatorium (Ruthardt, 
Homeyer, Jadassohn) und an der Universität Leip- 
zig, war 1893-98 Organist der Marienkirche in 
Leipzig-Plagwitz, danach bis 1933 Organist und 
Kirchenmusikdirektor in Zwickau, wo er ständige 
Orgelkonzerte einrichtete. G., der sich auch äs 
Konzertorganist und Pädagoge einen Namen 
machte, schrieb u. a. : Deutsche Passion für A., klei- 
nes Orch., gern. Chor und Org.; Requiem für 
Blasorch., Harfe und Org.; Heldenfeier und Totere 
klage für großes Orch.; Legende für V. und Orch.; 
Klavierquintett Gdur; symphonische Phantasie 
Ein feste Burg für großes Orch. und Org. ; Phantasie 
und. Fuge Gmoll für Org.; Choralvorspiele, 
-Phantasien und Pradudien für Org.; zahlreiche 
Klavierwerke; Kantaten, Motetten, Chorsätze und 
Lieder, 

lit: H. Stephani, P. G., AMz, 4. 10. 1918. 

Gfxicke, Wilhelm, * 18. 4. 1845 zu Graz, f 27. 
10. 1925 zu Wien; österreichischer Dirigent und 
Komponist, Schüler von DessofF, wurde 1874 Ka- 
pellmeister der Hof oper in Wien, war 1880-84 
auch Dirigent der Gesellschaftskonzerte. 1884-89 
und 1898-1906 leitete G. die Symphoniekonzerte 
in Boston, in der Zwischenzeit 1890-95 wieder die 
Gesellschaftskonzerte in Wien. Von G.s Kompo- 
sitionen erschienen Lieder, Männerchöre und ein 
Huldigungschor zur Vermählung des Kronprinzen 
Rudolf im Druck. Eine Operette Schon Hannchen 
wurde 1865 in Linz aufgeführt 
Lit. : J. N. Burk, W. G., MQ XXXI, 1945. 

Gerig, Dr. Hans, Bühnen- und Musikverlag, mit 
dem Verlagssitz in Köln 1946 von H. G. gegrün- 
det;^ ihm sind folgende Verlage angeschlossen: 
Edition Rialto H. G. K. G., Mondial-Verlag H. G. 

K. G., Edition Excelsior H. G. K. G., Edition 
Capeüa H. G. K. G. Er übe rnahm die Verlage 
Willi Ostermann (1952), Paul Raasch (1954), Ger- 

610 


hard Ebeler (1956) und Arno Volk (1957) und ver- 
treibt hauptsächlich Tanz- und Unterhaltungs- 
musik, in neuerer Zeit auch Schul- und Spiel- 
musik. 

Gerigk, Herbert, * 2.3.1905 zu Mannheim ; 
deutscher Musikschriftsteller, wuchs in Frankfurt 
am Main, Elbing und Leipzig auf, studierte ab 1923 
in Königsberg Musikwissenschaft (J. Müller-Blat- 
tau), war 1925-28 Assistent am musikwissenschaft- 
lichen Seminar und promovierte 1928 dort. Er 
wurde 1935 »Leiter der Hauptstelle Musik beim 
Beauftragten des Führers für die Überwachung der 
gesamten geistigen und weltanschaulichen Schu- 
lung und Erziehung der NSDAP«. G. lebt als 
Musikkritiker im Rheinland. Er schrieb: Musik- 
geschichte der Stadt Elbing (Elbinger Jahrbuch VIII, 
1929), G. Verdi (Potsdam 1932) und gab heraus: 
Meister der Musik und ihre Werke (Berlin 1936), 
Unsterbliche Tonkunst (11 Bände, Potsdam 1936 bis 
1944), Klassiker der Musik (5 Bände, 1937-45) und 
bearbeitete zusammen mit Th. Stengel, Referent 
in der Reichsmusikkammer, das berüchtigte Lexi- 
kon der Juden in der Musik , mit einem Verzeichnis 
jüdischer Werke (= Veröffentlichungen des Instituts 
der NSDAP zur Erforschung der Judenfrage, 
Frankfurt am Main, H, Berlin 1940). 

Gerl, Franz Xaver, * 30. 11. 1764 zu Andorf 
(Oberösterreich), f 9. 3. 1827 zu Mannheim; öster- 
reichischer Opernsänger (Baß), 1777-82 Altist im 
Salzburger Kapellhaus, wo zu jener Zeit L. Mozart 
unterrichtete, studierte noch an der Artistenfakul- 
tät der Salzburger Universität und ging 1785 zu 
einer Schauspieler-Gesellschaft. 1787-89 gehörte 
er, bereits ein berühmter Darsteller des Osmin in 
Mozarts »Entführung«, Schikaneders Tr upp e in 
Regensburg an und zog dann mit an das wiener 
Freihaustheater, wo er in der Uraufführung der 
»Zauberflöte« 1791 den Sarastro sang und Bühnen- 
musiken zu anderen Stücken Schikaneders bei- 
steuerte. Mozart komponierte für ihn die Arie 
KV 612 »Per questo mano«. 1794-1801 wirkte G. 
in Brünn, dann in Mannheim. 1789 heiratete er die 
Sopranistin B arb ara Reisinger (* wahrscheinlich 
1770 zu Wien oder Preßburg, j* 25. 5. 1806 zu 
Mannheim), die bei der Uraufführung der »Zau- 
berflöte« als Papagena mitwirkte. 

Lit: A. Orel, Sarastro . . . Hr. G Mozart- Jb. 

1955; ders., Artikel G., MGG (mit Kompositions- 
verz.). 

Gerlach, Dietrich, * zu Erding, f 17. 8. 1575 zu 
Nürnberg; deutscher Musikdrucker, heiratete 1565 
die Witwe des Nürnberger Druckers Johann vom 
-► Berg und blieb, wie vorher Berg, mit Neuber 
assozüert, bis dieser 1567 aus dem Unternehmen 
ausschied. Ab 1575 leitete G.s Witwe die Drucke- 
rei, die nach ihrem Tode (1591) in den Besitz der 
Familien Dietrich und Kaufmann, 1601 in den 
Alleinbesitz von Paul Kaufmann überging. In G.s 
Druckerei erschienen u. a. Kompositionen von 
Lasso, Kerle, Paminger, Regnart, Dreßler und 
Ammerbach sowie theoretische Schriften von 
Listemus, Wilphlingseder, Lossius, H. Fab er und 
Beurhusius. 

Lit.: P. Cohen, Die Nürnberger Musikdracker im 
16. Jh., Diss. Erlangen 1927; R. Wagner, Nachträge 
zur Gesch. d. Nürnberger Musikdracker, in: Mitt. 
d. Ver. f. Gesch. d. Stadt Nürnberg XXX, 1931. 



Germani 


Gerlach, Theodor, * 26. 6. 1861 zu Dresden, 
f 4. 11. 1940 zu Kid; deutscher Komponist, 
stammte aus einer Freiberger Buchdrucker- und 
Juristenfamilie, war ab 1879 Schüler des Konser- 
vatoriums in Dresden, wo Fr. Wüllner und Nicodd 
seine Lehrer waren, studierte vorübergehend an 
den Universitäten Leipzig und Berlin, wirkte als 
Kapellmeister in Sondershausen, Coburg und Kas- 
sel, lebte sodann in Dresden und war 1904-10 
Direktor der Musikbildungsanstalt in Karlsruhe, 
die 1910 mit dem Großherzoglichen Konserva- 
torium verschmolzen wurde, Theaterdirektor in 
Kaiserslautem und Regensburg, zuletzt Direktor 
des Konservatoriums in Kiel In seinen Kompo- 
sitionen suchte G. im Anschluß an die spätroman- 
tische Tradition einen eigenen Weg abseits der 
herrschenden neudeutschen Richtung. Er schrieb 
Variationen über ein eigenes Thema für Vc. und 
Kl. op. 1 (Fr. Grützmacher gewidmet), zahlreiche 
Klavierwerke (Suite 1883, Nippsachen op. 17, 
Romanzen op. 20) und Lieder ( Zur Weihnachtsfeier 
1889, 5 Lieder 1897, je 4 Lieder op. 18 und 26), eine 
Serenade für Streichorch. in 6 Sätzen op. 3, 
Stücke für Waldhorn und KL op. 5, eine Orgel- 
sonate, eine Chorkantate Luthers Lob der Musik 
(1883), Vaterlandslied für Männerchor und Bläser 
op. 7 (1887), Militärmarsch für Bläser (1890), eine 
Miniatur-Suite für Streichquartett (1901); eine 
Oper Matteo Falcone wurde 1898 in Hannover auf- 
geführt. Die von G. eingeführte Gattung des »Ge- 
sprochenen Liedes« (op. 16 und 25) begegnete 
Mißverständnissen; sie war als lyrisches Gegen- 
stück zum Melodram von der Art des »Enoch 
Arden« von R. Strauss (1898) gedacht. Darbie- 
tungen gesprochener Lieder durch G.s Bruder, den 
Schauspieler und Rezitator Otto G., fanden Be- 
achtung, besonders in Breslau in den Jahren um 
1907. Eine »gesprochene Oper« Liebeswogen wurde 
1903 in Bremen, umgearbeitet als Das Seegespenst 
1914 in Altenburg aufgeführt. 

Gerle, Conrad, f 4. 12. 1521 zu Nürnberg; 
deutscher Lautenmacher, wahrscheinlich der Vater 
von Hans G., war bereits um 1469 für seine Instn*- 
mente berühmt. 

Gerle, Hans, * Ende des 15. Jh. und f 1570 zu 
Nürnberg; deutscher Lautenist, wahrscheinlich ein 
Sohn von Conrad G., war schon um 1523 als 
Violen- und Lautenmacher sowie als Lautenschlä- 
ger in Nürnberg berühmt. Er ist der Verfasser 
einiger historisch sehr wertvoller Tabulaturwerke: 
Musica Teusch auf die Instrument der großen unnd 
kleinen Geygen auch Lautten . . . (Nürnberg 1532, 
enthält eine Anweisung für das Geigenspiel; 2 1537 ; 
31546 als Musica und Tabulatur auffdie Instrument . . . 
Gemeret mit 9 Teutscher und 38 Welscher , auch 
Frantzösischer Liedern unnd 2 Mudeten) ; ferner Tabu- 
latur aujf die Laudten . . . (Nürnberg 1533) und Ein 
newes sehr künstlichs Lautenbuch . . . (Nürnberg 
1552, mit Stücken von Francesco da Milano, Ant. 
Rotta, Rosseto, Joan Maria da Crema, Gintzier). 
Ausg.: 4 Stücke aus d. Lautenbuch v. 1552 bei 
R. Eitner, Taenze d. 15. bis 17. Jh., = Beilage zu d. 
MfM VII, 1875, Nr 38-41; 5 Stücke aus d. Lauten- 
buch v. 1552 bei W. J. v. Wasielewski, Gesch. d. 
Instrumentalmusik im XVI. Jh., Bin 1878, Musik- 
beilage, Nr 7-11; 2 Stücke bei W. Tappert, Sang u. 
Klang aus alter Zeit, Bin (1906), Nr 10 u. 17 ; 2 Stücke 
aus d. »Musica Teusch« in Lautentabulatur bei J. 


Wolf, Hdb. d. Notationskunde II = Kleine Hdb. 
d. Mg. nach Gattungen VIII, 2, hrsg. v. H. Kretzsch- 
mar, Lpz. 1919, S. 222f. 

Lit. : W. Tappert, Die Lautenbücher d. H. G., MfM 
XVIII, 1886; R. Eitner, Lautenbücher d. XVI. Jh., 
MfM IV, 1872; H. Sommer, Die Lautentraktate d. 
16. u. 17. Jh., Diss. Bin 1922 (maschr.). 

Gerlin (dgerl'in), Ruggero, * 5. 1. 1899 zu Ve- 
nedig; italienischer Cembalist, zunächst Klavier- 
student am Mailänder Konservatorium, 1920-40 
als Schüler und Mitarbeiter von W. Landowska in 
Paris, übernahm 1941 eine Professur am Konser- 
vatorium von Neapel und lehrt seit 1947 zugleich 
an der Accademia Musicale Chigiana in Siena. G., 
der sich auch durch zahlreiche Schallplatten (u. a. 
für L* Anthologie Sonore und L’Oiseau Lyre) einen 
Namen machte, gab italienische Cembalomusik 
heraus, darunter in der Reihe »I dassid musicali 
italiani« die Bände XII (Grazioli, 12 Sonate) und 
Xm (A. Scarlatti, 10 Toccate), sowie 10 Sonaten 
von Marcello. 

German (djoermaen), (Sir) Edward, (eigentlich 
Edward German Jones), * 17. 2. 1862 zu Whit- 
church (Shropshire), f 11. 11. 1936 zu London; 
englischer Komponist, trat 1880 als Orgelschüler 
in die Royal Academy of Music in London ein, 
ging 1881 zur Violine über und schrieb noch als 
Zögling eine Operette The Rival Poets (1886, St. 
George’s Hall). 1887 verließ er die Anstalt, wurde 
Geiger in Operettenorchestem, 1888 Dirigent am 
Globe Theatre, schrieb dort für Richard Mans- 
fields Aufführungen von Shakespeares Richard HI. 
die Schauspielmusik; später komponierte er die 
Musik zu Sir Henry Irvings Heinrich VIII. (1892, 
Lyceum), arbeitete Sullivans unvollendete Oper 
The Emerald Isle aus (1901, Savoy Theatre), der er 
Operetten im Stil Sullivans folgen ließ: Metrie 
England (1902, Savoy), A Princess of Kensington 
(1903, Savoy), Tom Jones (1907, Apollo), Fallen 
Fairies (1909, Savoy). Weitere Werke: Bühnen- 
musiken zu H. A. Jones* The Tempter (1893), zu 
Shakespeares Romeo und Julia (1895), Wie es euch 
gefillt (1896) und Viel Lärm um nichts (1898), zu 
A. Hopes Nell Gwynn (1900) sowie zu der Her- 
zogin von Sutherlands The Conmeror (1905) ; für 
Orch. u. a. : 2 Symphonien (1890, 1893), Gypsy 
Suite (1892), symphonische Suiten D moll (1895) 
und The Seasons (1899, Neufassung 1914), sym- 
phonische Dichtung Hamlet (1897), Welsh Rhap- 
sody (1904) und Therne and Six Diversions (1919) ; 
über 80 Lieder. 

Lit. :^W. H. Scott, Sir E. G„ London 1932. 

Germani (djerm'ani), Fernando, * 5. 4. 1906 
zu Rom; italienischer Organist, studierte Klavier, 
Orgel und Gregorianischen Gesang an der Acca- 
demia di S. Caedlia und am Päpstlichen Kirchen- 
musikinstitut in Rom. Bereits mit 15 Jahren wurde 
er Organist beim Augusteo-Orchester und begann 
seine Laufbahn als Orgel-Virtuose 1927 in Ame- 
rika, wo er auch mehrere Jahre am Curtis Institute 
in Philadelphia Orgelkurse durchführte. 1932 Do- 
zent an der Musikakademie von Siena, 1935 Pro- 
fessor am Konservatorium in Rom, wurde er 1948 
zum 1. Organisten der Vatikanischen Peterskirche 
berufen. In Rom führte er als erster mehrmals das 
gesamte Orgelwerk von Bach auf, was ihm eine 


39* 


611 



Gernsheim 


Einladung zu dem gleichen Zyklus an der West- 
minster-Kathedrale und bei BBC in London ein- 
brachte. Er spielte seitdem auf den bedeutendsten 
Orgeln Europas. Außer einer revidierten Neuaus- 
gabe der Orgelwerke von Frescobaldi (seit 1936) 
fegte er einen bisher auf 4 Bände gediehenen Me- 
toäo per organo vor (seit 1942). 

Gernsheim» Friedrich, * 17. 7. 1839 zu Worms, 
+ 10./11. 9. 1916 zu Berlin; deutscher Komponist, 
1852 Schüler des Leipziger Konservatoriums, ging 
zu weiterer Ausbildung 1855 nach Paris. Er wurde 
1861 Musikdirektor in Saarbrücken, war 1865-74 
Lehrer am Konservatorium in Köln, ab 1874 Diri- 
gent der Maatschappij-Konzerte in Rotterdam, 
1890-97 Lehrer am Stemschen Konservatorium 
und bis 1904 Dirigent des Stemschen Gesang- 
vereins in Berlin. Daneben wirkte er ab 1897 als 
Dirigent der Eruditio musica in Rotterdam. 1897 
wurde er Senatsmitglied der Königlichen Akade- 
mie der Künste in Berlin und 1901 Vorsteher einer 
akademischen Meisterschule für Komposition. G. 
war vor allem auf dem Gebiet der Kammermusik 
produktiv. Er schrieb u. a.: 4 Symphonien (op. 32, 
1875; op. 46, 1882; op. 54 Mirjam, 1888; op. 62, 
18%), Tondichtung Zu einem Drama (1910); ein 
Klavierkonzert (1869), 2 Violinkonzerte (1880, 
1914), ein Cellokonzert (1907), Fantasiestück für V. 
und Orch. (1876) ; zahlreiche Chorwerke (teil- 
weise mit Solostimmen), darunter Wächterlied aus 
der Neujahrsnacht 1200, Römische Leichenfeier, Odins 
Meeresritt (1884), Das Grab im Busento (1887), 
Phöbos Apollon (1894), Ein Preislied (1893), Der 
Nomen Wiegenlied (1899), Der Nibelungen Über- 
fahrt (1902), Nänie (op. 92, Schiller); Szene für 
Mezzosopran und Grch. Agrippina (1881, 2. Fas- 
sung etwa 1906) ; je 2 Klavier- und Streichquin- 
tette, 3 Klavier- und 5 Streichquartette, 2 Klavier- 
trios, 4 Violin- und 2 Cellosonaten, eine große 
Zahl von Klavierstücken und Liedern. 

Lit.: J. Brahms im Briefwechsel mit H. Levi, F. G. 
sowie d. Familien Hecht u. Fellinger, hrsg. v. 
L. Schmidt, — J. Brahms Briefwechsel VII, Bin 1910; 
K. Holl, F. G., Leben, Erscheinung u. Werk, Lpz. 
1928. 

Gero ( 331 ^ 0 ), Ihan (Jehan), flämischer oder wallo- 
nischer Komponist des 16. Jh., wirkte in bisher 
nicht ermittelter Stellung in Italien. Er war ein zu 
seiner Zeit sehr angesehener Madrigalist, wurde 
später vielfach mit Jean Le Cocq (Mestre Jehan, 
Johannes Gallus) verwechselt. Von ihm erschienen: 
2 Bücher 4st. Madrigale (1549), 2 Bücher 3 st. 
Madrigale (1553, 21559, 31570; 1556) und ein 
Buch 2 st. Madrigale und französische Kanzonen 
(1541-1687 immer wieder aufgelegt); 31 Madri- 
gale in Petrejus* Trium vocum cantiones centum 
(1541), 40 Madrigale in Di Constantio Festa II primo 
libro de Madrigalt a tre voci , Con la Gionta de qua- 
ranta MadrigaU di Ihan Gero . . . (1541), 14 Madri- 
gale zu 4 St. in 21 secondo libro de U MadrigaU de 
Diversi Eccellentissimi Autori a misura di breve . . . 
(1543); andere Sammelwerke enthalten eine Rohe 
weiterer Madrigale und mehrere Motetten. 

Ausg.: 3 4 st. Madrigale u. eine 4st. Motette bei 
Torchi I (die dort G. zugeschriebene 5 st. Motette 
»Ave Maria« stammt v. J. Le Cocq) ; 3 4 st. Madrigale 
bei P. Wagner, Das Madrigal u. Palestrina, VfMw 
VIII, 1892; die 3 st. Madrigale »Altro non h il mio 


amor, Quel dolce foco, Tanta beltade. Ah che vuoi 
piü cruciarmi« als Werke v. C. Festa hrsg. v. P. G. 
Pistone, Madrigali scelti di C. Festa, Turin 1935. 
Lit.: A. Einstein, The Italian Madrigal I, Princeton 
1949; P. Wagner siehe Ausg. 

Gdrold ( 3 er'o:l), Jean Theodore, * 26. 10. 1866 
zu Straßburg, f 15. 2. 1956 zu Alienweiler (Unter- 
Elsaß); französischer Musikforscher, Schüler des 
Musikkonservatoriums (Violine, Theorie, Gesang) 
seiner Vaterstadt, studierte Theologie an der Uni- 
versität Straßburg (Staatsexamen 1890), besuchte 
zugleich die Vorlesungen über Musikgeschichte 
von G. Jacobsthal. Er widmete sich darauf dem 
Studium der Gesangskunst bei J. Stockhausen und 
in Paris bei Bussine und bei Giraudet. An der 
Gesangsschule von Stockhausen war er mehrere 
Jahre als Lektor tätig. Nebenbei nahm er noch 
Kompositionsunterricht bei A. Urspruch und 
widmete sich dem Studium der Musikgeschichte 
und der romanischen Philologie. Im Jahre 1909 
romovierte er zum Dr. phil. an der Universität 
traßburg mit einer Arbeit Zur Geschichte der fran- 
zösischen Gesangskunst . 1916 wurde er Privatdozent 
für Musikwissenschaft an der Universität Basel, 
1919 Chargd de cours de musicologie an der neuen 
Universität Straßburg. 1921 erwarb er den Titel 
des Docteur bs lettres (Thdses: Le manuscrit de 
Bayeux und Dort du chant en France au XVII* sihle, 
Publications de la facultd des lettres de Funiversitd 
de Strasbourg, Straßburg und Paris 1921, Fasz. 1 
und Fasz. 2). Außer den genannten Werken er- 
schienen im Druck: Kleine Sängerfibel (Mainz 
1908) ; Das Liederbuch einer französischen Provinz- 
dame um 1620 (in der Festschrift zum 15. Neu- 
Philologentage, Frankfurt am Main 1912); Chan- 
sons populaires des XV * et XVI* sihles avec leurs 
miloaies (Bibliotheca romanica, Straßburg 1913); 
Les psaumes de CL Marot (ebenda 1919) ; Schubert 
(in: Les maitres de la musique, Paris 1923); J. S. 
Bach (in: Les musidens cdfebres, Paris 1925), Les 
lus anciennes milodies de VEglise protestante de Stras- 
ourg et leurs auteurs (Publications de la facultd de 
Thdologie, Paris 1928); Les pbes de Viglise et la 
musique (Paris 1931); V Evolution des idies de Goethe 
sur la musique (Publications de la facultd des lettres, 
Straßburg und Paris 1931); La musique au moyen 
dge (Paris 1932) ; Histoire de la musique des origines ä 
lajin du XIV* sihcle (Paris 1936) ; Les drames liturgi - 
ques midiivaux en catalogue (Revue d’histoire et de 
phüosophie religieuses, Straßburg 1936) ; La musi- 
que religieuse en France au XV* sihle (RM 1954). 

Gersbach, - 1) Joseph, * 22. 12. 1787 zu Säckin- 
gen, f 3. 12. 1830 zu Karlsruhe; deutscher Kom- 
ponist, wirkte als Musiklehrer am Seminar in 
Karlsruhe und veröffentlichte die Schullieder- 
bücher: Singvöglein (30 2st. Lieder) und Wander- 
vöglein (60 4 st. Lieder). Aus seinem Nachlaß ver- 
öffentlichte sein Bruder Anton: Reihenlehre oder 
Begründung des musikalischen Rhythmus aus der all- 
gemeinen Zahlenlehre (Karlsruhe 1832) und Lieder- 
nachlaß . - 2 ) Anton, * 21. 2. 1803 zu Sädringen, 
1 17. 8. 1848 zu Karlsruhe; Bruder von Joseph G. 
und 1831 sein Nachfolger als Seminarmusiklehrer 
in Karlsruhe. Er veröffentlichte instruktive Klavier- 
werke, Männerquartette, gemischte Quartette, 
Schullieder und eben Anhang zu seines Bruders 
Singvöglein. 


612 



Gerstberger 


Lit: Biogr. d. Brüder G. v. A. Stierlin im 52. Neu- 
jahrsstück d. Allgemeinen Musik-Ges. in Zürich, 
Zürich 1864. 

Gershwin (g'ce:Jwin), George, * 26. 9. 1898 zu 
Brooklyn (New York), f 11- 7. 1937 zu Holly- 
wood; amerikanischer Komponist, aus bescheide- 
nen, musikfremden Verhältnissen kommend, blieb 
seine frühe Berührung mit großstädtischer Unter- 
haltungsmusik bestimmend für seine Laufbahn. 
Unter dem Einfluß des Operettenkomponisten R. 
Goldmark und durch seine Tätigkeit als jugend- 
licher Gutachter für Tanzlieder bei dem Verlag 
Renick & Co. in New York, der auch I. Berlin 
verlegte, wurde G.s kompositorischer Instinkt für 
Songs und Tanzschlager geweckt. Von seinen 
mehr als 20 Evergreens wurden, besonders durch 
den Jazz, am bekanntesten: The man I love , Oh 
Lady be good , Embraceabte you, Fascinating rhythm , 
Liza, I got rhythm , Someone to watch over me, Clap 
yo* hands. Den Zugang zum Broadway-Theater 
erschloß ihm der Verleger M. Dreyfus, bei dem 
1918-33 über 20 Kompositionen G.s erschienen. 
P. Whiteman veranlaßte ihn unterdessen, »sinfo- 
nischen Jazz« zu schreiben: auf die weltbekannt 
gewordene Rhapsody in Blue (1924, noch von 
Whitemans Arrangeur Grofd instrumentiert) folg- 
ten als weitere Orchesterwerke ein von W. Dam- 
rosch angeregtes Klavierkonzert in f (1925 unter 
Damrosch mit G. als Solisten in der Carnegie Hall 
urauf geführt), ferner auf einer Europareise An 
American in Paris (1928) sowie nach einer 2. Rhap- 
sody (1931) auf einer Cuba-Reise die Cuban-Ouver- 
ture (1932). Begegnungen mit Kdlmdn in Wien, 
mit Ravel, JMimaud, Poulenc und Strawinsky in 
Paris, die G.s spezifische Begabung erkannten und 
schätzten, wurden bedeutungsvoll für seine weitere 
Entwicklung, die zwischen unterhaltender und 
ernster Musik auf jungamerikanische Art zu ver- 
mitteln suchte. G.s Hauptwerk, die Neger-Oper 
Porgy and Bess, entstand 1935 nach ausgedehnten 
Folklore- und Slum-Studien in den Südstaaten. In 
farbiger Besetzung wurde sie nach dem Kriege 
durch Reisebühnen zu einem Welterfolg. In seinen 
letzten Lebensjahren auch dem Musikfilm stark 
verpflichtet ( The Goldwyn Follies, 1937), erreichte 
den rastlos Tätigen 1937, 38jährig, auf einer 
Hollywoodreise der Tod (Gehirntumor). 

Lit.: J. T. Howard, G. G., in: The Book of Modem 
Composers, NY 1924; J. Goldberg, G. G., NY 1931 ; 
M. Armttage, G. G., NY 1938; O. Levant, A 
Smattering of Ignorance, NY 1940; D. Ewen, The 
Story of G. G., NY 1943, 21950, deutsch: Zürich- 
Lpz.-Wien 1954; R. Chalupt, G. G., Paris 1949; 
B. Schoorl, G. G., = Meesters der melodie IX, 
Amsterdam 1952; B. Schipke, G. G. u. d. Welt 
seiner Musik, Lörrach (1955). HL 

Gerson ( 3 srs'S), Jean Charlier de, * 14. 12. 1363 
zu Gerson bei Rethel, f 12. 7. 1429 zu Lyon; fran- 
zösischer Theologe (Doctor christianissimus), stu- 
dierte 1382-92 an der Sorbonne in Paris, an der er 
1395-97 und 1403-18 als Kanzler und Professor 
wirkte. 1397-1401 hielt er sich in Brügge auf, 
1418/19 in Rattenberg am Inn und in Melk. Er 
schrieb gegen 1413 die Tres tractatus de canticis (De 
canticorum originali ratione, De canticordo und 
Descriptio cantici) sowie das Carmen de laude musicae. 
Ausg.: die »Tres tractatus de canticis« u. d. »Carmen 
de laude musicae« in Bd III d. GA, hrsg. v. L. E l l ie s 
du Pin, Antwerpen 1706. 


Lit.: A. Lafontaine, Jehan G., Paris 1906; J. L. 
Connolly, J. G., Reformer and Mystic, Löwen 1928 ; 
H. D acremont, J. G., Paris 1929; A. Machabey, 
Remarques sur le lexique mus. du De Canticis de G., 
in: Romania LXXIX, 1958. 

Gerson-Kiwi, E. Edith, * 13. 5. 1908 zu Berlin; 
israelische Musikforscherin, Schülerin des Stern- 
schen Konservatoriums in Berlin, Cembalo-Schü- 
lerin von G. Ramin und W. Landowska, studierte 
Musikwissenschaft an den Universitäten Freiburg 
im Breisgau (Gurlitt), Leipzig (Kroyer) und Hei- 
delberg (Besseler), promovierte 1933 in Heidel- 
berg mit einer Arbeit zur Geschichte des Lied- 
Madrigals im 16. Jahrhundert. 1933-35 studierte 
sie Bibliothekswissenschaft an der Universität in 
Bologna, wo sie 1934/35 als musikwissenschaft- 
liche Astistentin am Liceo Musicale tätig war. Seit 
1935 ist E. G.-K. in Palästina (Israel) ansässig. Sie 
hält seit 1937 musikwissenschaftliche Vorlesungen 
an der Israeli und der Jerusalemer Musikakademie 
sowie am Musiklehrerseminar Tel Aviv und ist 
seit 1950 Leiterin des neugegründeten Phono- 
gramm-Archivs für Orientalische und Jüdische 
Musik, zuerst am Israeli Kultus-Ministerium, seit 
1953 an der Hebräischen Universität Jerusalem, wo 
sie eine Research Fellowship for Jewish Musi- 
cology innehat. Gastvorlesungen hielt sie an den 
Universitäten Basel, Amsterdam, Glasgow und 
Edinburgh. Veröffentlichungen: Studien zur Ge- 
schichte des italienischen Liedmadrigals im 16. Jh. 
(Würzburg 1937); The Musicians of the Orient (in: 
Edoth, Jerusalem 1945) ; Wedding Songs and Dances 
of thejews ofBokhara (Journal of the International 
Folk Music Council 1950) ; Migrations and Muta- 
tions of Oriental Musical Instruments (ebenda 1952); 
Zur Vorgeschichte der Klavierinstrumente: die Harfen 
Qanun- und Santur-Instrumente des Vorderen Orients 
(Tel Aviv 1952, hebräisch); Towards an Exact 
Transcription of Tone Relations (AMI XXV, 1953); 
Synthesis and Symbiosis in Musical Folk Styles of the 
Western Orient (in: Bath-Qol, Tel Aviv 1956, 
englisch und hebräisch) ; Musique (dans la Bible; in: 
Dictionnaire de la Bible, Supplement Band V, 
Paris 1957); Bila Bartök - Scholar in Musical 
Folklore (ML XXXVIII, 1957). 

Gerstberger, Karl, * 12. 2. 1892 zu Neisse, f 30. 
10. 1955 zu Bremen; deutscher Komponist, erst 
Jurist (1919 Dr. jur. mit der Arbeit Das Urheber- 
recht an Werken der Tonkunst als Persönlichkeits- 
recht) , 1920 Schüler von Othegraven in Köln, 1921 
bis 1925 von Courvoisier und Haas, besonders aber 
von C. Orff in München. Nach einem Aufenthalt 
1929-31 in Berlin (Mitarbeit an der 11. Auflage 
des vorliegenden Lexikons) übersiedelte G. 
nach Fischerhude bei Bremen, wo er sich seiner 
kompositorischen Tätigkeit widmete. Werke: 
Singspiel Die Bärenritter; Orchestersuite Commedia 
in musica, Konzert für Streichorch. ; ein Streich- 
quartett, 2 Streichtrios (das zweite, op. 10, eine 
Kanonische Suite im alten Stil) ; Orgel- und Klavier- 
stücke; mehrere Konzertkantaten (op. 20 Concerto 
drammatico, 1935), Kammerkantaten, Motetten, 
Orchesterlieder op. 14 und zahlreiche Klavier- 
lieder. G. verfaßte ein Kleines Handbuch der Musik 
(Kassel 1932, 51949). 

Lit.: S. Goslich, K. G., Musica IX, 1955. 


613 



Gerstenberg 


G$r8tenberg, Heinrich Wilhelm von, * 3. 1. 
1727 zu Tondern, *j* 1. 11- 1823 zu Altona; deut- 
scher Schriftsteller, studierte zunächst Jura, ging 
dann im Militärdienst nach Kopenhagen, im 
Staatsdienst 1775 nach Lübeck, Eutin und (1785) 
Altona. G., der Schüler von J. A. Scheibe war und 
in seinen Kopenhagener Hauskonzerten als Geiger, 
Gambist und Sänger mitwirkte, stand in lebhafter 
Verbindung mit den Komponisten seiner Zeit, so 
mit C. Ph. E. und J. Chr. Fr. Bach. Er setzte sich 
für das »redende Prinzip« ein, das er auch auf die 
Instrumentalkomposition übertragen wissen wollte. 
Von den Vertonungen seiner Texte sind hier zu 
nennen Die Grazien (aus Tändeleyen) und Hymne 
an die Harmonie von C. Ph. E. Bach sowie von J. 
Chr. Fr. Bach: Ariadne auf Naxos (Musik ver- 
schollen) und Die Amerikanerin (ursprünglich Das 
Mohrenmädchen). Schriften G.s (Auswahl): Über 
Rezitativ und Arie in der italienischen Sing-Kompo- 
sition (1770; auch unter dem Titel Schlechte Rinn 
Achtungen des Italienischen Singgedichts, in: Briefe 
über Merkwürdigkeiten der Litteratur D, heraus- 
gegeben von C. Fr. Cramer, Hamburg 1770, so- 
wie in: Magazin der Musik H, herausgegeben von 
demselben, Hamburg 1783 f. und in: G.s ver- 
mischte Schriften m, Neudruck Altona 1815); 
Über eine neue Erfindung den Generalbaß zu be- 
ziffern (in: Göttingisches Magazin der Wissen- 
schaft und Litteratur H 1780). 

Lit.: C. H. Bitter, C. Ph. E. Bach u. W. Fr. Bach u. 
deren Brüder I, Bin 1868; La Mara, Musikerbriefe 
aus fünf Jh. I, Lpz. 1886; Fr. Chrysander, in: VfMw 
VD, 1891, S. lff.; O. Fischer, H. W. v. G.s Rezen- 
sionen in d. Hamburgischen Neuen Zeitung 1767 bis 
1771, in: Deutsche Iit.-Denkmale CXXVHI, Bin 
1904; ders.. Zum mus. Standpunkte d. nordischen 
Dichterkreises, in: SIMG V, 1904; H. Goldschmidt, 
Die Musikästhetik d. 18. Jh., Zürich u. Lpz. 1915; 
G. Schünemann, Fr. Bachs Briefwechsel mit G. u. 
Breitkopf, Bach-Jb. XIII, 1916; A. M. Wagner, H. W. 
G. u. d. Sturm u. Drang, Heidelberg 1920; B. 
Engelke, G. tu d. Musik seiner Zeit, in: Zs. d. Ges. f. 
Schleswig-Holsteinische Gesch. LVI, 1927; H. Mies- 
ner, Ph. E. Bach in Hamburg, Heide 1929; ders., 
in: ZfMw XIV, 1931/32, S. 224f.; A. Schering, 
G. Ph. E. Bach u. d. »redende Prinzip« in d. Musik, 
in: JbP XLV, 1939, auch in: A. Scherino, Vom Mus. 
Kunstwerk, hrsg. v. Fr. Blume, Lpz. 1949, 21951. HpB 

G$rstenberg, Johann Daniel, * 26. 3. 1758 zu 
Frankenhausen (Thüringen), f 7. 12. 1841 zu Hil- 
desheim; deutscher Verleger und Buchhändler, 
einer der Pioniere des Musikverlags in Rußland, 
1792-96 Besitzer einer Notendruckerei in St. Pe- 
tersburg, unbedeutender Komponist (Klavier- 
sonaten und Lieder). In seinem Verlag erschien 
eine Reihe von Sammelwerken, ferner Sie Werke 
von Tietz, Kozlowski, Chandoschkin. 1793 ver- 
einigte sich die Firma G. mit Dittmar & Co. und 
wurde dann bis 1808 von Friedrich August Ditt- 
mar weitergeführt. 

Gfrsteoberg, Walter, * 26. 12. 1904 zu Hildes- 
heim; deutscher Musikforscher, studierte 1924-29 
Musikwissenschaft an den Universitäten Berlin 
und Leipzig, besonders bei H. Abert, Th. Kroyer 
und H. Zenck. Nach der Promotion war er 1929 
bis 1932 Assistent am Musikwissenschaftlichen In- 
stitut und am Instrumentenmuseum der Universi- 
tät Leipzig, 1932-38 am Musikwissenschaftlichen 
Institut der Universität Köln, an der er sich 1935 

614 


habilitierte. 1941-48 war G. Professor für Musik- 
wissenschaft an der Universität Rostock, 1948-52 
an der Freien Universität Berlin, 1952-58 an der 
Universität Tübingen und wirkt seitdem an der 
Universität Heidelberg. Schriften: Die Klavier- 
kompositionen Domenico Scarlattis (= Forschungs- 
arbeiten des Musikwissenschaftlichen Instituts der 
Universität Leipzig, II, Regensburg 1933); Bei- 
träge zur Problemgeschichte der evangelischen Kirchen- 
musik (ungedruckte Habilitationsschrift, Köln 
1935) ; Zur Erkenntnis der Bachschen Musik (Berlin 
1951); Die Zeitmaße und ihre Ordnungen in Bachs 
Musik (Einbeck 1951); Eine Neumenhandschrift in 
der Dombibliothek zu Köln (Codex 215) (Festschrift 
Th. Kroyer, Regensburg 1933); Von Luther zu 
Schütz (JbP XLE, 1936) ; Bemerkungen zu Senfls Mo- 
tette (Deutsche Musikkultur IX, 1944); Motetten- 
und Liedstil bei Ludwig Senfl (Kgr.-Ber. Basel 
1949); Zur Verbindung Präludium und Fuge bei j. S. 
Bach (Kgr.-Ber. Lüneburg 1950, Kassel und Basel) ; 
Die Krise der Barockmusik (AfMw X, 1953) ; Zum 
Autograph des Klavierkonzertes KV 503 (C-dur). 
Anmerkungen zu Mozarts Schaffensweise (Mozart- 
Jb. 1953); Generalbaßlehre und Kompositionstechnik 
in Niedts Musikalischer Handleitung (Kgr.-Ber. 
Bamberg 1953) ; Über den langsamen Einleitungssatz 
in Mozarts Instrumentalmusik (Festschrift W. Fi- 
scher, Innsbruck 1956). Ausgaben: Klaviersonaten 
von D. Scarlatti (Regensburg 1933); L. Senfl, 
Motetten I (= RD Xm, Leipzig 1939); seit dem 
Tode von H. Zenck setzt G. die Gesamtausgabe 
der Werke von A. Willaert fort; im »Chorwerk« 
gab er Motetten von Willaert (Heft 59) und Senfl 
(Heft 62) heraus, weiterhin eine Faksimile-Ausgabe 
von J. S. Bach, Singet dem Herrn ein neues Iied 
(Kassel-Basel-London-New York 1958). 

Gerster, Etelka (Frau G.-Gardini), * 25. 6. 1855 
zu Kaschau (Ungarn), f 20. 8. 1920 zu Pontecchio 
bei Bologna; ungarische Bühnensängerin (So- 
pran), 1874/75 Schülerin der Frau Marchesi am 
Wiener Konservatorium, debütierte 1876 in Vene- 
dig als Gilda (Rigoletto) und Ophelia (Hamlet) 
und sang zunächst in Marseille, Genua, Berlin 
(1877 bei Kroll), London. 1877 heiratete sie ihren 
Impresario Carlo Gardini (f 15. 5. 1910 zu Bo- 
logna), der sie auf ihren Tourneen begleitete (1878, 
1883 und 1887 in den USA). 1896 verlegte sie 
ihren Wohnsitz von Bologna nac h Berlin, kehrte 
aber 1917 wieder auf ihren Landsitz bei Bologna 
zurück. Sie war eine sehr geschätzte Gesang- 
lehrerin; schrieb einen Stimmführer (1906, 21908). 

Gerster, Ottmar, * 29.6.1897 zu Braunfels 
(Kreis Wetzlar); deutscher Komponist, war am 
Hochschen Konservatorium in Frankfurt Kompo- 
sitionsschüler von B. S ekles und Violinschüler von 
A. Rebner. 1924—26 war er als Bratschist Mitglied 
des Lenzewski-Quartetts, 1927-47 Dozent an der 
Folkwangschule in Essai, 1947-52 Professor für 
Komposition an der M usikh ochschule Weimar, 
der er von 1948 an als Direktor Vorstand. Seit 1952 
wirkt er als Kompositionslehrer an der Musik- 
hochschule in Leipzig. Kompositionen: die Opern 
Madame Liselotte (Essen 1933), Enoch Ariden (Düssel- 
dorf 1936, sein erfolgreichstes Werk), Die Hexe 
von Passau (Düsseldorf 1941), Das verzauberte Ich 
(Wuppertal 1949); Ballett Der ewige Kreis (Duis- 
burg 1939) ; Orchesterwerke: Kleine Sinfonie (1931) 



Gesius 


und Thüringer Sinfonie (1952), Festliche Musik 
(1936), Oberhessische Bauemtänze (1937), Ernste 
Musik (1939), Festliche Tokkata (1942), 2 Ouvertüren 
für Orch. (1948, 1957); Konzertino für Va und 
Kammerorch. (1928), Cellokonzert (1946), Klavier- 
konzert (1956), Suite Dresdner Bilder für Orch. 
(1956) ; Das Lied vom Arbeitsmann für Chor und 
Orch. (1929), Eisenkombinat Ost für Soli, Chor und 
Orch. (1952), weitere Chöre mit Orchester- 
begleitung und a cappella; 2 Streichquartette 
(1923, 1954), Streichtrio (1957), Violinsonate (1951), 
2 Sonaten für Va und Kl. ; Heitere Musik für 5 Blas- 
instr. (1924); Divertimento für Va und V. (1924); 
Lieder für Singstimme und Kl. 

Gertler, Andrd, * 26. 7. 1907 zu Budapest; bel- 
gischer Geiger, ging aus der Budapester Franz 
Liszt-Akademie hervor, an der er als Violinschüler 
von Hubay und als Kompositionsschüler von 
Kodäly mit 16 Jahren das Konzertexamen ablegte. 
Seitdem unternimmt er Konzertreisen durch Eu- 
ropa und Afrika. Als Interpret der Violinkonzerte 
des 20. Jh. erwarb er sich einen besonderen Namen. 
Mit Bart6k, dem er in langer Freundschaft ver- 
bunden war, konzertierte er vielfach in Ungarn 
und anderen Ländern. Gegenwärtig bekleidet er 
eine Violinprofessur am Brüsseler Konservatorium 
(1952-57 lehrte er gleichzeitig auch an der Kölner 
Hochschule für Musik). Zu Sommerkursen wurde 
er u. a. nach Salzburg, Darmstadt, Stockholm und 
Bloomington (USA) verpflichtet. Er gründete ein 
nach ihm benanntes Streichquartett. 

Gervaise föerv'eiz), Claude, französischer Kom- 
ponist des 16. Jh., wirkte in Paris und war nach 
einer (bisher noch nicht bestätigten) Mitteilung 
von Fdtis Violinist in der Kapelle Franz L von 
Frankreich. Er Heß mehrere 4 st. Chansons in 
Sammelwerken von Du Chemin und Attaingnant 
veröffentHchen, wurde aber vor allem durch seine 
Livres de danceries bekannt, die zum großen Teil 
Bearbeitungen von Werken anderer Komponisten 
enthalten (bekannt das 3.-6. Buch, erschienen in 
den Jahren um 1550 bei Attaingnant). Brossard 
kannte ein Premier livre de violle . . . (Paris 1555), 
ein Second livre wird mit 1547 datiert. Ein Quart 
livre contenant XXVI chansons musicalles a troys 
parties erschien 1550 ebenfalls bei Attaingnant. 
Ausg.: 10 4st. Tänze in: Rev. d’hist. et de critique 
musicale, 1901; 65 Tänze zu 4 u. 5 St in Expert 
Mattres XXIII, 1908; danach 3 Tänze (2 zu 4, einer 
zu 5 St.) bei Davison-Apel Anth. 1, 137; 4 Alleman- 
den bei E. Mohr, Die Allemande, Zürich u. Lpz. 
1932. 

Gervasoni ^srvaz'oni), Carlo, * 4. 11. 1762 
und f 4. 6. 1819 zu Mailand; itaHenischer Musik- 
schriftsteiler, lange Jahre Kirchenmusikdirektor in 
Borgo Taro, Mitglied der itaHenischen Akademie 
der Wissenschaften und Künste, schrieb La scuola 
della musica (allgemeine Musiklehre, Piacenza 
1800), Carteggio musicale (Briefe über das vor- 
genannte Werk, Parma 1804); Nuova teoria di 
musica ricavata dalVodiema pratica (Parma 1812). 

Gervjnus, Georg Gottfried, * 20.5.1805 zu 
Darmstadt, f 18. 3. 1871 zu Heidelberg; deutscher 
Literarhistoriker, Professor in Heidelberg und 
Göttingen, war ein großer Verehrer Handels und 
hat persönliche Verdienste um die Errichtung des 


Handel-Denkmals in Halle sowie um die große 
Handel-Ausgabe Chrysanders. Seiner Begeisterung 
für den großen Meister entsprang das Werk Hän- 
del und Shakespeare . Zur Ästhetik der Tonkunst 
(Leipzig 1868). Seine Witwe Viktoria (* 1820, 
f 2. 6. 1893 zu Heidelberg) veröflfendichte eine 
Auswahl von Gesängen (390 Stücke in 7 Bänden) 
aus Opern und Oratorien Händels, welche 1880 
durch). S chäf f er eine vernichtende Kritik erfuhr, 
ferner eine Naturgemäße Ausbildung in Gesang und 
Klavierspiel (Leipzig 1892), und gab Händels Ora- 
torientexte in der Übersetzung ihres Gatten heraus 
(Berlin 1873). 

Lit. : A. Thorbecke, in Badische Biographien I, hrsg. 
v. F. v. Weech, u. V, hrsg. v. F. v. Weech u. A. Krieger, 
Heidelberg 1875 u. 1901; O. Harnack, in Hessische 
Biographien I, hrsg. v. H. Haupt, Darmstadt 1918. 

Gerwig, Walter, ♦ 26. 11. 1899 zu Frankfurt an 
der Oda:; deutscher Lautenist, lebt in Düsseldorf. 
Nach einer Geigenbaulehre studierte er 1922-24 in 
Hamburg Musik, Laute als Autodidakt, lehrte ab 
1925 in Berlin, war beim Rundfunk tätig und ist 
seit 1952 Dozent an der Kölner Musikhochschule. 
Er unternahm als Interpret alter Lautenmusik Kon- 
zertreisen im In- und Ausland und spielte für die 
Archiv-Produktion der Deutschen Grammophon- 
Gesellschaft. G. schrieb: Das Spiel der Lauten- 
instrumente, 4 Hefte, dazu 5 Spielbücher (Nr 1, 3, 4 
von G.; Berlin o. J.). 

Gesius, Bartholomäus (Gese, GÖß), * um 1560 
zu Müncheberg (Mark Brandenburg), f 1613 zu 
Frankfurt an dar Oder; deutscher Komponist, stu- 
dierte Theologie an der Universität Frankfurt an 
der Oder, war 1582 für kurze Zeit Kantor in 
Müncheberg, später im Dienste des Freiherm von 
Schönaich und versah von 1593 bis zu seinemTode 
das Amt des Kantors an der Marienkirche in 
Frankfurt an der Oder. G. Hieb in seinem ganzen 
Schaffen an die Tradition des 16. Jh. gebunden und 
Hieb dem Stilumbruch um 1600 fern. Seine Werke 
erstrecken sich über alle Gebiete der lutherischen 
Kirchenmusik und zeigen die für diese im 16. Jh. 
kennzeichnende Verbindung des gregorianischen 
Chorals mit der Vokalpofyphonie, gleichzeitig 
auch die vielfältige Verwendung des (Kirchen-) 
Liedes bis zu der audi von Praetorius gepflegten 
Liedmesse hin. Stilistisch ist in seinen Motetten die 
Einwirkung Lassos deutlich erkennbar, während 
die Johannespassion von 1588 an die von Scan- 
dellus anzuknüpfen scheint. Neben einer großen 
Reihe von Gelegenheitskompositionen erschienen 
von G. u.a.: eine 2-5 st .Johannespassion (1588), 

4 st. Teutsche geistliche Lieder (1594), Hymni 5 vocum 
(1595), 5 st. Novae Melodiae (1596), 4st. Hymni 
scholastid (daran anscHießend 3st. precationes 9 1597; 
2. vermehrte Auflage als Melodiae scholasticae , 
1609; 41621 als Handbüchlein ... der Altväter Am- 
brosii , Augustini . . .), Melodiae 5 vocum (1598), 
Psahnodia choralis (1600), 4- und 5 st. Geistliche 
Deutsche Lieder D. Mart. Lutheri Und anderer from- 
men Christen . . . (1601; 21605 in 2 Teilen; 31607 in 

3 Teüen), Enchiridium etlicher deutschen und latei- 
nischen Gesengen zu 4 St. (1603), Hymni patrum cum 
cantu (1603), Christliche Haus - und Tiscn-Musica zu 

4 St. (1605), Concentus ecclesiasticus 4 v.. Darinnen 
alle geistlichen deutschen Lieder D. Mart. Lutheri . . . 
(1607), 4-6 st. Cantiones sacrae chorales (1610), 5 st. 


615 



Gesualdo 


Missae ad imitationem cantionum Orlandi et aliorum 
(1611 ; die Cantiones von 1610 und die Missae von 
1611 z usamme n im Opus plane novum Cantionum 

ecclesiasticarum 1613, darin auch die 6 st. Passio 

Domini nostri Jesu Christi ex evangelista Mattheo ) , 
Christliche Choral - und Figuralgesänge ... hei Lei- 
chenbegängnissen zu gebrauchen (1611), Epithalamia , 
deutsche und lateinische Hochzeitsgesänge (1613), 
Motettae latmo-germanicae . . . (1615), Fasciculus et- 
licher deutscher und lateinischer Motetten auf Hoch- 
zeiten und Ehrentage zu 4-8 St. (1616), Canticum 
B . Mariae virginis sive Magnificat per quintum et 
sextum tonum . . . (1621). Er verfaßte eine Synopsis 
musicae practicae ... in usum scholasticae iuventutis 
Francojurtensis (1609). 

Ausg.: Johannespassion v. 1588 in: Hdb. d. deutschen 
ev. Kirchenmusik I, 3 (S. 92 ff.) u. 4 (S. 56 ff.), hrsg. 
v. K. Ameln, Ch. Mahrenholz u. W. Thomas, 
Göttingen 1935 ff. (als separater Sonderdruck Göt- 
tingen 1939), dies, auch bei F. Commer, Musica sacra 
VI, 1839ff., u. L. Schoeberlein u. F. Riegel, Schatz 
d. liturgischen Chor- u. Gemeindegesangs II, 1868; 
im letzteren Werk finden sich 4- u. 5 st. Sätze in 
den Bänden I: 9, II: 22 (dazu d. Passion), HI: 
30; 6 Sätze bei C. v. Winterfeld, Der ev. Kir- 
chengesang I, Lpz. 1843, Musikbeilage, Nr 60-65; 
»Melodiae scholasticae« bei A. Prüfer, Untersuchun- 
gen über d. außerkirchlichen Kunstgesang in d. ev. 
Schulen d. 16. Jh., Lpz. 1890; 4 4st. Sätze in Musica 
sacra XIII, hrsg. v. G. Rebling; im Hdb. d. ev. 
Kirchenmusik ... 1, 2: 11 Sätze (4- u. 5st), II, 1: 
ein 4 st. Satz, UI, 1: ein 4st. Satz, UI, 2: 10 Sätze 
(4st.); je 2 Sätze bei F. Jöde, Das Chorbuch 1, 1931, 
u. V, 1930; Geistliche Abendlieder, hrsg. v. R. Heyden, 
NMA XLV. 

Lit.: F. W. Schönherr, B. G. Munchbergensis, Diss. 
Lpz. 1920 (maschr.); P. Blumenthal, Der Kantor 
B. G. zu Frankfurt/Oder, Frankfurt a. d. O. 1926 
(mit Werkverz. v. F. Schilling); R. Schwarze, Die 
G.schen Gesangbücher u. ihre Vorläufer, in: Mitt. d. 
Hist.-Statistischen Ver. zu Frankfurt a. d. O., 1873; 
vgl. dens. auch in: Mitt. d. Ver. f. Heimatkunde zu 
Frankfurt/Oder, 1885 (mit Werkverz.); H. Grimm, 
Meister d. Renaissancemusik an d. Viadrina, Frank- 
furt a. d. O. u. Bin 1942; H. Borlisch, B. G., 
MuK XXU, 1952; F. Blume, Die ev. Kirchenmusik, 
Potsdam (1931); O. Kade, Die Ältere Passionskompo- 
sition bis zum Jahre 1631, Gütersloh 1893. 

Gesualdo (dgezü'aldo), Don Carlo, Fürst von 
Venosa, * um 1560 und f 8. 9. 1613 zu Neapel; 
italienischer Komponist, stammte aus einer der 
vornehmsten neapolitanischen Familien, Neffe des 
Kardinals Carlo Borromeo, Freund Torquato 
Tassos. Er ist in der Chronik Neapels bekannt 
durch die sensationelle Ermordung seiner ersten 
Gattin Maria aus dem heute noch in Neapel leben- 
den Geschlecht der d* Avalos samt deren Liebhaber 
Fabrizio Carafa Herzog von Andria (16. 10. 1590) ; 
in zweiter Ehe (1594) vermählte er sich mit [Eleo- 
nora d’Este, stand auch als Musiker in engen Be- 
ziehungen zu Ferrara. Er war angeblich Schüler 
von Pomponio Nenna und ist durch seine har- 
monischen Wagnisse der berühmteste der soge- 
nannten Chromatiker (-* Vicentino), die zu ihren 
Neuerungen auf dem Wege des Versuchs kamen, 
das chromatische und enharmonische Tonge- 
schlecht der Griechen wieder zu beleben. G. schei- 
det in seinen Madrigalen ziemlich reinlich Ton- 
malerei und Affekt; für die Malerei verwendet er 
die melodische Zeichnung, für den Affekt extreme, 
auch die Enharmonik nicht scheuende Akkordver- 


bindungen. Seine uns erhaltenen Kompositionen 
sind 6 Bücher 5 st. Madrigale (1594, 1594, 1595, 
1596, 1611, 1611; alle 6 zusammen 1613 in Parti- 
turausgabe von Simone Molinaro). Nachgelassene 
6 st. Madrigale veröffentlichte (1626) Muzio 
Effrem. G. schrieb noch ein Buch 5 st. und ein 
Buch 6- und 7st. Sacrae Cantiones (beide 1603) so- 
wie ein Buch 6st. Responsoria (1611). Ein Inventar 
der Innsbrucker Hofkapelle (StMw IV, 145) nennt 
von ihm außerdem 6 st. Responsorien, Benedictus, 
Miserere. Einzelne Kompositionen G.s finden sich 
in Sammelwerken 1610-18. 

Ausg.: das 1. il 2. der 5 st. Madrigalbücher, hrsg. v. 
F. Vatielu, C. G., Principe di Venosa, Madrigali, 
=b Istituto Ital. per la Storia della Musica, Monu- 
menti 1, 1, 1942; 14 der 5st. »Sacrae Cantiones« von 
1603, hrsg. v. G. Pannain, Istituzioni e Monumenti 
delTArte Musicale Ital. V, 1934; 14 5st. Madrigale, 
hrsg. v. I. Pizzetti, I Classici della Musica Ital. 59-62, 
1919; 13 5 st. Madrigale (mit ital. u. deutschem Text), 
hrsg. v. W. Weismann, Lpz. 1931; 4 5 st. u. ein 6 st. 
Madrigal in Torchi IV; 2 5st Madrigale in: Recueü 
des Morceaux de Musique Andenne V; 5 st Madrigal 
»Io tacero«, Della Corte Scelta 56; 5 st. Madrigal 
»Dolcissima mia vita«, Schering Beisp. 167; 5 st 
Madrigal »Io pur respiro«, Davison-Apel Anth. I, 
161; »Illumina nos« aus d. »Sacrae Cantiones« mit 
Ergänzung d. fehlenden Sextus u. Bassus durch 
I. Strawinsky, London o. J. 

Lit.: C. Gray u. Ph. Heseltine, C. G., Prince of V., 
Musidan and Murderer, London 1926 (davon d. 
biogr. Teü in Neubearb. bei C. Gray, Contingencies, 
London 1947); F. Vatielu, II principe di V. e 
Leonora d’Este, Mailand 1941 ; F. Keiner, Die Ma- 
drigale G.s v. V., Diss. Lpz. 1914; G. R. Marshall, 
The Hannony Laws in The Madrigals of C. G., Ann 
Arbor 1956 (Mikrofilm); A. Einstein, The Italian 
Madrigal II, Princeton 1949; Th. Kroyer, Die An- 
fänge d. Chromatik im ital. Madrigal d. XVI. Jh., 
BIMG I, 4, Lpz. 1902. 

Geuck, Valentin, * um 1572 und t 3. 11. 1596 
zu Kassel; deutscher Komponist, war ab 1585 Mit- 
glied der Kasseler Hofkapelle, zunächst als Sänger- 
knabe, 1788 bis zu seinem Tode als Tenorist. Er 
verfaßte eine Musiklehre Musica methodid con- 
scripta & in ordinem brevem redacta. Im Aufträge 
des Landgrafen Moritz komponierte er einen Mo- 
tettenjahrgang Novum et insigne opus continens textus 
metricos sacros: ... 8, 6 et 5 v. f der (bei G.s Tod un- 
vollendet) von Landgraf Moritz ergänzt wurde 
(3 Bände, Kassel 1603/04). Ein Band Tridnien 
(Kassel 1603) und deutsche Lieder sind verschollen. 
Ausg.: drei Sätze, hrsg. v. Fr. Blume, in: Geistliche 
Musik am Hofe d. Landgrafen Moritz v. Hessen, 
Kassel 1931. 

Lit.: E. Zulauf, Beitr. zur Gesch. d. Landgräflich 
Hessischen Hofkapelle zu Cassel, Diss. Lpz. 1902, in: 
Zs. d. Ver. f. hessische Gesch. u. Landeskunde, N. F. 
XXVI, 1903. 

Gevaert (xefarrt, französisch: zev / a:r),Fran$ois 
Auguste (Baron), * 31. 7. 1828 zu Huysse bei 
Ouaenarde, f 24. 12. 1908 zu Brüssel; belgischer 
Komponist und Musikforscher, wurde 1841 Schü- 
ler des Konservatoriums in Gent, mit 15 Jahren 
Organist der dortigen Jesuitehkirche, 1847 preis- 
gekrönt für eine vlämische Kantate Belgie , erhielt 
noch im selben Jahr den Prix de Rome, verschob 
aber die Studien im Ausland bis 1849, schrieb noch 
die Opern Hugues de Zomerghem und La comidie ä 
la ville (für Gent und Brüssel), ging 1849/50 nach 
Paris, lebte darauf ein Jahr in Spanien und kehrte 


616 



Ghedini 


nach kurzem Aufenthalt in Italien und Deutsch- 
land 1852 nach Gent zurück, ließ sich aber bald 
darauf in Paris nieder, wo er vor allem als Opem- 
komponist auftrat, am Thdätre Lyrique mit Geor- 
gette (1853), Le bittet de Marguerite (1854) und Les 
lavandihes de Santarem (1855), an der Opdra Comi- 
que mit Quentin Durward (1858), Le dichte au 
mouttn (1859), Le Chdteau Trompette (1860) und Le 
capitaine Henriot (1864). Das Theater in Baden- 
Baden brachte 1861 Les deux amours. Ein der Gro- 
ßen Oper eingereichtes Werk wurde nicht an- 
genommen, obwohl G. 1867 Musikdirektor der 
Großen Oper wurde. Von weiteren Kompositio- 
nen seien noch genannt: Missa pro defiinctis und 
Super flumina Babylonis für Männerchor und Orch., 
Fantasia sobre motivos espanoles für Orch., die Kan- 
taten De Nationale Verjaerdag (1857), Le retour de 
Varmie (1859) und Jacob van Artevelde (1864), die 
Ballade Philipp van Artevelde sowie seine zahl- 
reichen Lieder. Trotz mancher ansehnlichen Er- 
folge als Komponist wandte sich G. mehr und 
mehr dem Studium der Musikgeschichte und 
-theorie zu. Er veröffentlichte: Methode pour Ven- 
seignement du plainr-chant et de la manibre de Vaccom - 
pagner (Gent 1856); Leerboek van den Gregoriaen - 
sehen zang (Gent 1858); Traiti giniral d' Instrumen- 
tation (Gent 1863, vollständig umgearbeitet und 
erweitert als Nouveau traiti d’ Instrumentation, Paris 
und Brüssel 1885, deutsch von Riemann, Leipzig 
1887, auch Paris und Brüssel 1887, spanisch von 
Neuparth 1896, russisch von Rebikow 1899, eng- 
lisch von E. F. E. Suddard, Paris und Brüssel, auch 
London 1906; 2. Teil als Cours mithodique d*or- 
chestration, Paris und Brüssel 1890); Histoire et 
thiorie de la musique de Vantiquiti (2 Bände, Gent 
1875-81), ein glänzend geschriebenes Werk, in 
dem sich G. aber vielfach den unhaltbaren Hypo- 
thesen Westphals über die griechische Musik an- 
schließt; auch Les probIhnes musicaux d’Aristote (mit 
J. C. Vollgraff, 3 Teile, Gent 1899-1903) sind aus 
demselben Grunde nur mit Vorsicht zu benutzen. 
Weiter folgten Les origines du chant liturgique de 
Viglise latine (Gent 1890, deutsch von H. Riemann, 
Leipzig 1891), La milopie antime dans le chant de 
Viglise latine (Gent 1895/96, zugleich Abschluß und 
Ergänzung der Histoire et thiorie . . .), die Vorträge 
vor der Classe des beaux-arts de TAcadömie royale 
de Bdgique La musique, Vart du XIX* sihle (Gent 
1896) und Uexicution musicale (Gent 1906). Weiter 
veröffentlichte G. Les gloires de VItalie (eine Aus- 
wahl von Gesangstücken aus Opern, Kantaten 
usw. von Komponisten des 17. und 18. Jh. mit 
Klavierbegleitung, Paris 1868); Chansons du XV* 
sihle (mit Gaston Paris, Paris 1875), Vademecum de 
Vorganiste (Gent 1871), Traiti d'harmonie thiorique 
et pratique (2 Bände, Paris und Brüssel 1905-07). 
1870 übersiedelte G. nach seiner Heimat; 1871 
wurde er Fdtis* Nachfolger als Direktor des Kon- 
servatoriums in Brüssel, Königlicher Hofkapell- 
meister und 1907 geadelt (Baron). Seine Tätigkeit 
als Konservatoriumsdirektor war sehr verdienst- 
lich; mit besonderer Vorliebe und ausgezeichne- 
tem Verständnis führte er die Werke J. S. Bachs 
seinen Landsleuten vor, veranstaltete aber über- 
haupt allseitig orientierende historische Konzerte. 
Lit.: F. Dufour, Le baron F.-A. G., Brüssel 1909; 
E. Closson, G., Brüssel 1929. 


Geyer, Flodoard, * 1. 3. 1811 und 1 30. 4. 1872 
zu Berlin; deutscher Komponist, gründete (1842) 
und leitete den akademischen Mannergesang- 
verein, war einer der Mitgründer des Berliner Ton- 
künsdervereins und genoß als Musiklehrer und 
Kritiker hohe Achtung. 1851-66 wirkte er als 
Theorielehrer am (Kullak-) Stemschen Konserva- 
torium, schrieb eine Kompositionslehre (1. Teü 
1862), mehrere Opern, ein lyrisches Melodrama 
Maria Stuart , Orchester-, Kirchen- und Kammer- 
musikwerke sowie Lieder (das meiste Manuskript). 

Lit.: Werkverz. in d. Berliner Musikzeitung »Echo«, 
23 / 24 , 1872 . 

Geyer, Ludwig -> Wagner, Richard. 

Ghedini (ged'ini), Giorgio Federico, * 11. 7. 
1892 zu Cuneo (Piemont); italienischer Kompo- 
nist, studierte am Liceo musicale in Turin und Bo- 
logna (M. E. Bossi). Nach vorübergehender Tätig- 
keit als Chor- und Orchesterleiter in Turin lehrte 
er ab 1918 am dortigen Liceo musicale, wurde 1938 
Kompositionslehrer am Konservatorium in Parma 
und 1941 am Konservatorium in Mailand, dem er 
seit 1951 als Direktor vorsteht. G., eine der führen- 
den Persönlichkeiten unter den zeitgenössischen 
italienischen Komponisten, galt bis in die 2. Hälfte 
der 30er Jahre als Musiker konservativer Haltung, 
bildete dann jedoch, zum Teil beeinflußt durch 
seine Beschäftigung mit der italienischen und 
deutschen Musik des 17. und 18. Jh. einen persön- 
lichen, stark polyphon bestimmten Stil aus. 
Werke: die Opern Gringoire (1915), Maria d*Ales - 
sandria (Bergamo 1937), Re Hassan (Venedig 
1939), Lapulce d*oro (Genua 1940), Le baccanti (Mai- 
land 1948), Billy Budd (Venedig 1949); Bühnen- 
und Filmmusiken; Messe in D für Männerchor 
und Org. (1930), Missa monodica in honorem Sancti 
Gregorii Magni für eine Singst, und Org. (1932); 
Oratorium La Messa del Venerdi santo (1929); 
Concerto Junebre per Duccio Galimberti (1948); 
Concerto per voci e strumetiti detto *H Rosero<i (1950) ; 
geistliches Konzert De Vlncamazione del Verbo 
Divino (1943, Jacopone da Todi); Kantaten II 
pianto della Madonna (1921, Jacopone da Todi), 
Ecco il Re forte (1923), Antigone (1933) und Lectio 
Libri Sapientiae (1938) ; Litanie della Vergüte (1926), 
Antifona per Luisa (1944); Orchesterwerke, darun- 
ter Concerto grosso für Streicher und 5 Bläser 
(1927), eine Symphonie (1938), Architetture (1940), 
Invenzioni (1940), Concerto delVAlbatro (Melvifles 
»Moby Dick«) für Instrumente und Rezitation 
(1945), Musica nottuma für Kammer-Orch. (1947), 
Canzoni (1948, Neufassung 1949); Pezzo concer- 
tante für 2 V., Va und Orch. (1931), Konzert für 
2 Kl. und Kammer-Orch. (1947), Concerti II 
Beiprato für V. und Streicher (1947), VAlderina für 
Fl., V. und kleines Orch. (1950) und VOlmeneta 
für 2 Vc. und Orch. (1951), Musica für Va und 
Streicher (1953), Concentus Basiliensis für V. und 
Kammer-Orch. (1954); Kammermusik: Bläser- 
quintett (1910), Duc intermezzi für Klaviertrio 
(1915), Klavier-Quartett (1917), Doppdquintett 
für 5 Bläser, 5 Strdcher, KL und Harfe (1921), 
Streichquartett A moll (1927), Adagio e Allegro da 
Concerto für 3 Bläser, 3 Strdcher und Harfe (1936), 
Concertato für Fl., Va und Harfe (1942), Sette 
ricercari für Klaviertrio (1943), je eine Violin- und 
Cellosonate, zahlreiche Klavierstücke; Lieder, 


617 



Gherardello 


darunter Tre liriche dt Tagore (1919), Quattro ström - 
botti di Giustiniani (1925), Tre conti di Shelley (1933), 
Qyattro liriche dal Boiardo (1935). 

Lit. : A. M. Boniscontt, G. F. G. e le sue ultime opere, 
Rass. mus. XIX, 1949. 

Gherardello (gerard'ello) de Florentia, italie- 
nischer Komponist des 14. Jh., einer der bedeu- 
tendsten Vertreter des in Florenz aufkommenden 
neuen Kompositionsstils. Von ihm sind erhalten je 
ein Gloria und Agnus zu 2 St., 10 Madrigale zu 
2 St., eine 3st. Caccia und 5 Ist. Ballate. Haupt- 
quellen seiner Werke sind die Handschriften Flo- 
renz PaL 87 (Squardalupi-Codex) und Panciat. 
26, Paris BibL nat. f. ital. 568 und London Brit. 
Mus. add. 29987. Nach Sacchetti komponierte 
Gh.s Bruder ein Madrigal und 2 Ballaten, Gh.s 
Sohn Giovannes 2 Ballaten, doch scheinen diese 
Kompositionen verloren zu sein. 

Ausg. : alle Werke in CMM VIII, The Music of Four- 
teenth Cent Italy I, hrsg. v. N. Pirrotta, Amster- 
dam 1954; alle weltlichen Werke in: Der Squarcia- 
lupi-Codex, hrsg. v. J. Wolf, Lippstadt 1955; Gloria 
u. Agnus in: Les Monuments de l’Ars Nova 1, 1, 
hrsg. v. G. De Van, Paris 1938; die Caccia »Tosto che 
l’alba« bei: J. Wolf, Florenz in d. Musikgesch. d. 
14. Jh., SIMG HI, 1901/02, H. Riemann, Hdb. d. 
Mg. I, 2, Lpz. 1905, Della Corte Scelta 36, W. T. 
Marocco, Fourteenth-Cent Italian Cacce, Cam- 
bridge, Mass. 1942, u. Davison-Apel Anth. I, 52. 

Lit: J. Wolf, siehe Ausg. u. Gesch. d. Mensurai- 
notation I, Lpz. 1904; A. v. KönigslÖw, Die ital. 
Madrigalisten d. Trecento, Wüizburg 1940; K. v. 
Fischer, Studien zur ital. Musik d. Trecento u. 
frühen Quattrocento, = Publ. d. Schweizerischen 
Musikforschenden Ges. 11,5, Bern (1956); N. Pir- 
rotta, Lirica monodica trecentesca, Rass. Mus. IX, 
1936. 

Gheyn, Matthias van den van den Gheyn, 
M. 

Ghibellini (gibelTini), Eliseo, * um 1520 zu 
Osimo (Ancona); italienischer Komponist, bis 
1581 Kirchenkapdlmeister in Ancona. Er gab in 
Venedig bei Scotto und Gardano heraus: 5 st. Mo- 
tetten (1546), 5st. Introitus missarum defestis (1565) 
und je ein Buch 3st. Canzoni villanesche (1554) und 
3st (1552), 4st (1554) und 5 st. Madrigale (1581). 

Ghione (gi'one), Franco, * 28. 8. 1886 zu Acqui 
(Piemont); italienischer Dirigent und Komponist, 
lebt in Rapallo. Als Schüler des Konservatoriums 
von Parma studierte er Komposition, Violine, 
Klavier und Gregorianik. 1911—20 dirigierte er die 
ita lienis che Oper in Barcelona. Toscamni holte ihn 
1921-22 an die Scala. Seit dieser Zeit kam Gh. als 
Dirigent an zahlreiche Theater in Italien, 1929-36 
noc hm al s an die Scala und gab Gastspiele im 
übrigen Europa, Süd- und Nordamerika, Austra- 
lien und Südafrika. 1937-39 war er Dirigent des 
Detroit Symphony Orchestra. Er schrieb Suol 
d’Aleramo tür Kammerorch. (1923), L’Avvento für 
Orch. und Frauenchor (1952), Lieder und 
Violinsonate (1924). 

Ghiselin (gizoFe), Jean (Ghiseling, Ghisdinus), 
franko-flämischer Komponist des 15.-16. Jh., 
wahrscheinlich identisch mit Jean Verbonnet, 
der in Crdtins Ddploration auf Ockeghems Tod 
genannt wird. Er stand mindestens ab 1491 mit 
möglichen Unterbrechungen bis mindestens 1503 
im Dienst des Herzogs von Ferrara, taucht 1508 


als Sänger in Bergen op Zoom auf, worauf sich 
seine Spur verliert. Petrucd druckte von ihm 
5 Misse Ghiselin (4st., 1503) und weitere Werke 
(geistliche und weltliche) in: Harmonice Musices 
Odhecaton A (1501), Canti B (1501), Motetti A 
(1502), Canti C (1503) und Motetti libro quarto 
(1505). Einige Werke sind daneben in anderen 
Sammelwerken und in handschriftlicher Über- 
lieferung erhalten. 

Ausg.: »Qui tollis« aus d. Messe »Gratieusa« bei 
H. Bellermann, Die Mensuralnoten u. Taktzeichen 
d. XV. u. XVI. Jh., Bin 21905 ; 3 s t. Motette »Tota 
scriptura« bei H. Riemann, Hdb. d. Mg. II, 1 , 
Lpz. 1907; 3 Stücke bei R. Lennaerts, Het neder- 
lands polifonies lied in de zestiende eeuw, Mecheln 
1933; »La Alfonsina« bei A. W. Ambros, Gesch. d. 
Musik V, hrsg. v. O. Kade, Lpz. 31911, u. in: Harmo- 
nice Musices Odhecaton A, hrsg. v. H. Hewitt, 
* The Mediaeval Acad. of Music, Publ. No 42, 
Cambridge, Mass., 1946; »Fors seulement« bei O. 
Gombosi, Jacob Obrecht, « Slgmw. Einzeldarstellun- 
gen IV, Lpz. 1925, Notenanhang XI (vgl. auch XII). 

Ghiselin Dankerts -* Dankers. 

Ghisi (g'izi), Federico, * 25. 2. 1901 zu Schang- 
hai (China) ; italienischer Komponist und Musik- 
forscher, studierte bis zur Promotion an der Uni- 
versität Pavia und war in der Musik Schüler von 
C. Gatti und G. F. Ghedini. Am Konservatorium 
G. Verdi in Turin erhielt G. das Abschlußdiplom 
für Komposition. Seit 1932 in Florenz ansässig, 
gehörte er seit 1937 der Universität als Privatdo- 
zent für Musikgeschichte an (1938-40 mit Lehr- 
auftrag) und hält jetzt Vorlesungen im Rahmen 
der Corsi per Stranieri. Gegenwärtig geht G. vor- 
wiegend einer kompositorischen Tätigkeit nach. 
Kompositionen: Ballettoper Piramo e Tisbe (1943; 
1. Akt Plauen 1955); »Divertimento coreografico« 
J2 Passatempo (1952); »Radiodramma« oder sze- 
nische Pantomime I Raconti Cinesi di Messe Marco 
Polo (1956); für Orchester: Sinjonia italiana (1939), 
Sinfonia per due orchestre da camera (1957), Fantasia 
allegra (1953), Tre canzoni strumentali für Streicher 
(1946); Vita, morte e miracoli di Sant’Alessio für 
Chor und Orch. (1957); Sequenza e Giubilo für 
Chor, Kl., Bläser und Schlagzeug (1945); Cantata 
da Camera für Singstimme, Fl., Va und Harfe 
(1938); Quartetto breve für Streicher (1933); Lie- 
der« “ V eröffendichungen : Un Terzo esemplare 
della Musica Practica di Ramos de Pareia (Note 
d’Archivio XD, 1935); I Canti camascialeschi (Flo- 
renz 1937) ; Poesie musicali italiane (Note d’archivio 
XV , 1938) ; Le Feste musicali della Firenze Medicea 
(Florenz 1939) ; Alle Fonti della Monodia (Mailand 
1940); Bruchstücke einer neuen Musikhandschrift der 
italienischen Ars nova und zwei unveröffentlichte 
Caccien der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts 
(AfMf VE, 1942; separat Florenz 1942); The 
Perugia Fragment of tne Lucca Codex (Journal of 
Renaissance and Baroque Music I, 1946/47); Can- 
zoni profane italiane del secondo quattrocento in un 
codice musicale di Montecassino Bll (RBMII, 1947); 
An early seventeenth Century ms. with unpublished 
italian monodic music by Peri , Giulio Romano and 
Marco da Gagliano (AMI XX, 1948); Ballet Enter- 
tainments in Pitti Palace , Florence , 1608-1625 (MQ 
XXXV, 1949); Due Cantate del Giudizio Univer- 
sale di G. Carissimi (Rass. mus. 1948) ; La musique 
religieuse de M. da Gagliano (Kgr.-Ber. Basel 1949) ; 


618 



di Giacomo 


The Oratorios of G. Carissimi in Hamburg Staatsbiblio- 
thek (Kgr.-Ber. Lüneburg 1950) ; Strambotti e Laude 
(CHM 1, 1953); Un processionale inedito per la Setti- 
mam (RMI 1953) ; Un aspect inidit des Intermkdes de 
1589 a la Cour Midicienne (Les FStes de la Renais- 
sance, Paris 1956) ; Alcune canzoni storiche nelle valli 
Valdesi del Piemonte (Kgr.-Ber. Wien 1956). - Aus- 
gaben: Canti artigiani camascialeschi (Padua 1939); 
von den Werken G. Carissimis : Historia Job und Hi- 
storiaEzechia (mitR. Lupi, Rom 1951), Cantata del 
Giudizio Universale (Rom 1948), Felicitas Beatorum 
(Perugia 1949), Lucifer, Martyres (London 1954). 

Ghislanzoni (gizlandz'oni), Alberto, * 26. 12. 
1897 zu Rom; italienischer Komponist und Musik- 
schriftsteller, war nach dem 1. Weltkrieg als Mu- 
sikkritiker tätig und leitet jetzt die Zeitschrift »II 
Musidsta«. Er schrieb die Opern Trittico (Rom 
1925), Antigono (Rom ,1929), Re Lear (Rom 1937) 
und Uamor lunatico , ein Ballett Aladino , ein Re- 
quiem, 2 Psalmen für Soli, Chor und Orch., 
Orchesterwerke (symphonische Dichtungen Jaufri 
Rudel und Prometheus ), Kammermusik und Lieder. 
Schriften: Uproblema delV opera (Rom 1933), Luigi 
Boccherini e la sua posizione nella storia della musica 
(Rivista Nazionale di Musica II, 1937), Trattato di 
strumentazione e orchestrazione (1937), Creazione 
artistica e forma e Vanalisi di alcuni problemi di estetiea 
e di didattica musicali (Rom 1950). 

Ghislanzoni (gizlandz'oni), Antonio, * 25. 11. 
1824 zu Lecco, f 16. 7. 1893 zu Caprino Berga- 
masco; italienischer Librettist, war zuerst Opern- 
sänger (Bariton), wandte sich dann aber der 
schriftstellerischen Laufbahn zu, redigierte 1866-69 
die Mailänder Gazetta musicale und schrieb eine 
Reihe vortrefflicher Opemlibretti (darunter Verdis 
Aida, Ponchiellis Lituani ). 

Lit.: G. Cesari u. A. Luzio, I Copialettere di G. 
Verdi, Mailand 1913; T. Mantovani, A. Gh., in: 
Musica d’oggi XI, 1929. 

Ghizeghem -»■ Heyne van Gh. 

Ghizzolo (g'iddzolo), Giovanni, * zu Brescia, 
1 1625 zu Novara; italienischer Komponist, Fran- 
ziskaner-Konventuale, bekleidete Kapellmeister- 
stellen in Mailand (1609), Correggio (1613), Ra- 
venna (1618), Padua (Cappella Antoniana, 1622) 
und Novara (1623), gab heraus: 2 Bücher 5 st. 
Madrigale (1608 und 1614; im 2. Buch auch 6st. 
Madrigale), 5 Bücher 1-2 st. Madrigale und Arien 
(1609, 1610, 1613, . . ., 1623), ein Buch 3st. Kan- 
zonetten und Arien (1609), 8 st. Vesperpsalmen 
(1609), 4 Bücher 2-4st. Concerti (. . ., 1611, 1615, 
1622), 4 st Messe , Concerti , Magnificat . . . (1612), 
Messe , Motetti, Magnificat , Canzoni francese zu 8 St 
(1613), 5 st. Psalmen mit Orgelbaß (1618), Messa, 
Salmi Lettanie ... zu 5-9 St. (1619), 5 st Com- 
pieta, Antifone et Litanie della Madonna (1623), 4st. 
Salmi , Messa, et Falsi Bordoni concertati (31624) und 
4-5 st. Messe parte per Capelia et parte per Concerto 
(1625). 

Lit.: G. Tebaldini, L’arch. musicale della Cappella 
Antoniana in Padova, Padua 1895, S. 32-34. 

Ghro, Johannes (Groh), * um 1575 zu Dresden, 
t wahrscheinlich 1627 zu Wesenstein; deutscher 
Organist, bezeichnet sich 1604-13 als Organist der 
Schule St. Afra (Fürstenschule) in Meißen, wo er 
wahrscheinlich bis 1621 wirkte, und war dann 


gräflich Bünauscher Organist in Wesenstein. Von 
ihm sind erhalten: 36 5 st Intraden (Nürnberg 
1603, 216H); 30 5 st. Paduanen und Gaüiarden 
(Nürnberg 1604, 21612); 4st Quodlibet Bettler 
Mantel (Nürnberg 1606, auch im Anhang der 
2. Auflage der Paduanen); Trifolium sacrum musi- 
cum (Nürnberg 1625); Paduanen und Motetten in 
Sammelwerken. 

Ausg.: eine Intrade, hrsg. v. R. Eitner in: Taenze d. 
15. bis 17. Jh., = Beilage zu MfM VII, 1875; Dreißig 
. . . Padouanen u. Galliarden 1604, hrsg. v. H. Küm- 
merling, Halle (1951), davon eine Paduane auch 
hrsg. v. J. Wolf, in: Sing- u. Spielmusik ...,*= Wiss. 
u. Bildung CCXVIH, Lpz. 1926, 21931; Quodlibet 
»Bettler Mantel«, hrsg. v. E. Bohn, in: R. Eitner, 
Das deutsche Lied II, = Beilage zu MfM XII, 1880. 
Lit: R. Ettner, J. Ghro, MfM XVIII, 1886; H. Rm- 
mann, Hdb. d. Mg. II, 2, Lpz. 1912, darin eine 
Galliarde; K. Nef, Gesch. d. Sinfonie u. Suite, 
= Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen XIV, Lpz. 
1921, darin eine Paduane; H. Kümmerling, J. Groh, 
in: Fs. M. Schneider 1950, maschr. 

Giacche, Giachetto, Giaches ->» Jachet, 
-> Berchem, -► Buus, Wert 

Giacobbi (dgak'obbi), Don Girolamo (Giacobi), 
getauft 10. 8. 1567 und f Februar 1629 zu Bologna; 
italienischer Komponist, wirkte als Singknabe und 
Sänger an S. Petronio in Bologna und an derselben 
Kirche 1604-28 als Kapellmeister. Er war ein sehr 
angesehener Kompomst und einer der ersten 
Opemkomponisten in Bologna. Werke: Tragödie 
Andromeda (1610), Festspiel II Reno sagrificante 
(1617), Intermedien U Aurora ingannata (1608, ge- 
druckt als Dramatodia . . .). Im Druck erschienen 
6st. Motetten (1601), 2-5chörige Psalmen (1609), 
4 st. Vesperpsalmen (1615) und 8 st. Marien-Lita- 
neien und Motetten (1618), ein 4st. Sanctissimae 
Deiparae Canticum (datiert von 1628). 2 Bücher 
4 st. Hymnen sowie Messen sind in Bologna im 
Manuskript erhalten. 

Ausg. : »L* Aurora ingannata«, hrsg. v. G. Vecchi, 
Bologna 1954. 

Lit. : L. Frati, Per la storia della musica in Bologna, 
RMI XXXII, 1925; F. Vateelli, II primo melo- 
dramma a Bologna, in: Strenna musicale bolognese 
1930. 

Giacomelli (d 3 akom'elli), Geminiano, * um 
1692 zu Piacenza, f 24. 1. 1740 zu Loreto; ita- 
lienischer Komponist, studierte, nachdem seine 
Oper Ipermestra 1724 in Parma und Venedig 
eine günstige Aufnahme gefunden hatte, noch auf 
Kosten des Herzogs von Parma, der ihn zum Mu- 
sikdirektor ernannte, unter A. Scarlatti in Neapel 
und wurde in der Folge einer der beliebtesten 
Opemkomponisten Italiens. Nach seiner Tätigkeit 
am Hof zu Parma war er ab 1738 Kapellmeister in 
Loreto. Er schrieb in den Jahren 1724-39 im 
ganzen 19 Opern für Venedig, Mailand, Parma, 
Rom, Turin und Wien. Als sein bestes Werk gilt 
Cesare in Egitto (Mailand 1735). Auch schrieb er 
einige Konzertarien mit B.c. und den 8. Psalm 
für 2 T. und B. 

Ausg.: eine Motette bei F. Gommer, Musica Sacra II. 
Lit: C. Anguisola, G. G. e Sebastiano Nasolini, 
musicisti piacentini, Piacenza 1935. 

di Giacomo (dj'akomo), Salvatore, * 12.3. 
1860 und f 4. 4. 1934 zu Neapel; italienischer 
Schriftsteller, verfaßte auch zahlreiche Beiträge 


619 



Gianelli 


zur Kulturgeschichte seiner Heimatstadt und gab 
eine Collezione settecentesca heraus. Hier sind zu 
nennen: Maestri di cappella, musid e istromenti al 
tesoro di S. Genrtaro nei secoli XVII e XVIII (Neapel 
1914); La musica a Napoli dal XVI al XVIII secolo: 
il conservatorio dei poveri di Gesu Cristo (2 Bände, 
Turin 1915-16), vor allem die grundlegende, Flo- 
rimos Darstellung in vielen Punkten korrigierende 
Geschichte der vier großen neapolitanischen Kon- 
servatorien: It conservatorio di Sant’ Onofrio a Ca - 
puana e quello di Santa Maria della Pietä dei Turchini 
(Palermo 1924) und U conservatorio dei Poveri di 
Gesü Cristo e quello di Santa Maria di Loreto (Pa- 
lermo 1928). Er schrieb auch den Katalog des Öra- 
torio dei Hlippini in Neapel (1918 im Bollettino 
delTAssodazione dei musicologi italiani). 

Gianelli (djan'elli), Abbate Pietro, * gegen 1770 
zu Friaul, f 1822 wahrscheinlich zu Venedig; ita- 
lienischer Musikschriftsteller und -lexikograph, 
studierte in Padua, verbrachte den größten Teil 
seines Lebens in Venedig und schrieb einen Di- 
zionario della musica sacra e profana ... (3 Bände, 
Venedig 1801; 21820, 7 Bände, 31830; das älteste 
italienische Musiklexikon mit Biographien); fer- 
ner: Grammatica raggionata della musica (Venedig 
1801; 21820) und Biografia degli uomini illustri della 
musica (mit Porträts; nur 1. Band, Venedig 1822). 

Gianettini (djanstt'ini), Antonio (Zanetrini), 
* 1648 vermutlich zu Fano, f 12. 7. 1721 zu Mün- 
chen; italienischer Komponist, Schüler von Le- 
grenzi, war 1676-86 Organist der 2. Orgel an San 
Marco in Venedig, danach bis 1721 als Kapell- 
meister am Hofe in Modena tätig. Die letzten Tage 
seines Lebens verbrachte er in München, wo seine 
Tochter Caterina Maria als Sängerin am kurfürst- 
lichen Hof angestellt war. Er schrieb etwa 10 
Opern für Venedig, Bologna und Modena, von 
denen Medea und Hermione auch deutsch in Ham- 
burg gegeben wurden (1695). Die ihm zugeschrie- 
bene Oper La schiavajbrtunata ist von Cesti und 
P. A. Ziani. Mehrere Oratorien (darunter La morte 
di Cristo, Wien 1704) und Kantaten von G. sind 
im Manuskript erhalten, 4 st. Psalmen mit Instru- 
mentalbegleitung erschienen 1717. 

Lit: E. J. Luin, A. G. u. d. Musikleben am Hofe zu 
Modena, Diss. München 1930, gedruckt: E. G. Luin, 
A. G. c la musica a Modena alla fine dei s. XVII, 
Modena 1931. 

Gianneo (d 3 ann'eo), Luis, * 9. 1. 1897 zu 
Buenos Aires; argentinischer Komponist, Schüler 
von Drangosch und Gaito, ließ sich 1923 in Tucu- 
mdn nieder, wo er die Leitung der Asodadön Sin- 
fönica und des Instituto Musical übe rnahm, 1937 
unternahm er eine Studienreise nach Europa. G. 
gilt als einer der führenden argentinischen Kom- 
ponisten und leitet in Buenos Aires die von ihm 
gegründete Orquesta Juvenil Argentino. Seine 
Werke sind von indianischer Musik be einflu ßt : 
ein Ballett, eine Symphonie H moll, eine Sinfo- 
nietta (1943), die symphonischen Dichtungen 
Turay-Turay (1929) und El Tarco en flor (1930), 
Canciön y danza (1936) und Ouvertüren; Concierto 
aimard für V. und Orch. (1944), Transfiguraciön für 
Bar. und Orch. (1946), ein Streichquartett, 2 Trios, 
Divertimento für Fl., Klar, und Fag., je eine Vio- 
lin- und Cellosonate, Klavierstücke und Lieder. 


Giannetti ^ann'stti), Giovanni, * 25. 3. 1869 
zu Neapel, f 10. 12. 1934 zu Rio de Janeiro; ita- 
lienischer Opernkomponist, Schüler seines Vaters 
Giuseppe G. (Musiklehrer und Schüler Mercadan- 
tes), dann von Rota und Heller in Triest sowie des 
Wiener Konservatoriums. G. war 1912/13 Direk- 
tor des Liceo musicale in Siena, lebte ab 1915 in 
Rom, wo er von 1920 an für einige Jahre das 
Teatro dei Piccoli leitete. Er schrieb die Opern 
L’Erebo (Neapel 1891), Padron Maurizio (Neapel 
1896), Milena (Neapel 1897), II violinajo di Cre- 
mona (Mailand 1898), Don Marzio (Venedig 1903), 
h Cristo alla festa di Purim (Rio de Janeiro 1904), 
Lezione d’amore (1910), II Nazareno (Buenos Aires 
1911), Don Paez (1912), Sara (1914), La serenata di 
Pierrot (Pantomime, Rom 1917), Cuore e bautte 
(Rom 1918), II Principe ... Re (Operette, Rom 
1920), Pinocchio und Pierrot e la luna (Rom 1920), 
Murat e Teodora. 

Giannini (djann'ini), - 1) Dusolina, * 19. 12. 
1902 zu Philadelphia; amerikanische Sängerin 
(Sopran) italienischer Herkunft, in der Musik 
Schülerin ihrer Eltern (der Pianistin Antonietta 
Briglia G. und des Tenors Ferruccio G.), weiter 
Gesangsschülerin von M. Sembrich. Sie debütierte 
1923 in der Carnegie Hall in New York und trat 
seitdem als Opern- und Konzertsängerin mit gro- 
ßen Erfolgen an allen Zentren des amerikanischen 
und europäischen Musiklebens auf. Ihr Bruder - 
2) Vittorio, * 19. 10. 1903 zu Philadelphia, war 
nach Unterricht bei seiner Mutter Schüler des 
Konservatoriums G. Verdi in Mailand, der Juil- 
liard Graduate School (R. Goldmark) in New York 
und erhielt den Grand Prix de Rome. Als Kompo- 
sitionslehrer wirkt er seit 1939 an der Juilliard 
School of Music, seit 1940 an der Manhattan 
School of Music in New York und seit 1956 am 
Curtis Institute of Music in Philadelphia. Kompo- 
sitionen: Opern Lucedia (München 1934), Scarlet 
Letter (Hamburg 1938), Taming of Shrew (Cin- 
cinnati 1950) und die Tetralogie Christus (1956 be- 
endet) ; Requiem für Soli, Chor und Orch. (Wien 
1937); 2 Symphonien (1948, 1956), weitere Or- 
chesterwerke und Kammermusik (Klavierquintett 
1931, Streichquartett 1930). 

Giannotti (djann'otti), Pietro (Gianotti), * zu 
Lucca, f 19. 6. 1765 zu Paris; italienischer Kom- 
onist, lebte in Paris, wo er 1739-58 als Kontra- 
assist an der Oper wirkte. Er war der Lehrer von 
Monsigny und gab heraus: Concertini ä 4 parties 
op. 15, Triosonaten op. 3, 4, 6, 9, 10, 13, 14 (Les 
petits concerts de Dapknis et Chloe) und 17 (Les 
amusements de Terpsicore); Les soiries de Litneil , 
pikces pour les vieltes , musettes, violons ... op. 8, 
Sonaten für 2 V. ohne B. op. 7, 11, 16; Sonates ä 
deux violoncelles ou deux violes op. 12; Violinsonaten 
op. 1 (1728) und 2; Flötensonaten op. 5. Lehr- 
bücher: Le guide du compositeur (Paris 1759; nach 
Rameaus System); Mitnode abrigie d’accompqgne - 
ment ä la harpe et au clavedn (Paris 1764). 

Giarda (d 3 'arda), Luigi Stefano, * 19.3. 1868 
zu Castelnuovo (Pavia), + 3. 1. 1953 zu Vina dei 
Mar (Chile) ; italienischer Komponist und Violon- 
cellist, Schüler des Mailänder Konservatoriums, 
1893-97 Lehrer seines Instruments am städtischen 
Musikinstitut in Padua, danach am Konservato- 


620 



Gibbons 


rium in Neapel. 1902 übersiedelte er nach Chile, 
wo er Lehrer für Komposition und Musik- 
geschichte am Conservatorio Nadonal wurde. Als 
Cellist betätigte er sich weiter solis tisch und in dem 
von ihm gegründeten »Trio Giarda«. Er schrieb 
die Opern Rejetto (Neapel 1898) und Giorgio Byron , 
eine dramatische Szene Sul Mare , Orchesterwerke, 
Konzertstücke für Vc. und Orch., Kammermusik 
und Lieder, auch einen Trattato di armonia (1920). 

Giardini (djard'ini), Felice de, * 12. 4. 1716 zu 
Turin, f 17* 12. 1796 zu Moskau; italienischer 
Violinvirtuose und Komponist, Schüler von Pala- 
dini in Mailand (als Chorknabe am Dom) und von 
Somis in Turin (Violine), wirkte als Violinist im 
Opemorchester zu Rom und später an San Carlo 
in Neapel. Von Unmanieren im Spiel (ungehö- 
rigen Verzierungen) kurierte ihn eine Ohrfeige 
Jommellis. 1748 besuchte er Deutschland, spieße 
1748/49 mit großem Erfolg auch in Paris und ließ 
sich 1750 in London nieder, wo er eine glanzende 
Aufnahme fand und bis zum Auftreten der Violi- 
nisten Salomon und W. Cramer das Feld be- 
herrschte. 1752 wurde er Nachfolger Festings als 
Konzertmeister der Londoner Italienischen Oper, 
die er 1756 mit der Mingotti auf eigene Rechnung 
übernahm; obwohl er dabei große Verluste erlitt, 
trat er 1763-65 erneut als Unternehmer auf. In der 
Folge widmete er sich wieder der Virtuosentätig- 
keit, dirigierte 1770-76 die Musikfeste von Wor- 
cester, Gloucester und Hereford, 1774 auch das in 
Leicester und fungierte 1774-80 als Konzertmeister 
der Pantheonkonzerte. Mit W. Cramer stand G. 
auf gutem Fuße und spielte vielfach mit ihm und 
Crosdill öffentlich seine Trios. 1784 ging G. nach 
Italien, kehrte aber 1790 als Unternehmer einer 
komischen Oper (in Haymarket) nach London 
zurück und wandte sich, als er damit kein Glück 
hatte, mit seiner Gesellschaft zunächst nach St. 
Petersburg (um 1793), dann nach Moskau, wo er 
starb. Außer 4 Opern (1757-65 in London), die 
nur mittelmäßigen Erfolg hatten, und mehreren 
Pasticd, schrieb G. ein Oratorium Ruth (mit Ch. 
Avison, 1765), Einlagen zu Hasses Oratorium 
I pellegrini (1757), Musik zu W. Masons lyrischem 
Drama Sappho (1778) und Chöre zu dessen Eifrida 
(1779). Er gab heraus (mehrere opus-Zahlen dop- 
pelt verwendet) : Violinkonzerte (op. 5, 15), Quin- 
tette für Cemb., 2 V., Vc. und B.c. (op. 11), 
Streichquartette (op. 22, 23, 25, 29), Harfenquar- 
tette (op. 21), Trios (op. 2, 4, 17, 20, 26, 28, 30), 
Trios für Gitarre, V. und Kl. (op. 18), Trios für 
Zither, V. und B. (ohne op.-Zahl), 2 Sonaten für 
Kl. oder Cemb. mit Violinbegleitung (op. 31), 
Violinsonaten (op. 1, 3, 4, 6, 7, 11, 16) und -soli 
(op. 8, 19) mit B.c., Duette für 2 V. (op. 2, 3, 5, 
10, 13) sowie V. und Vc. (op. 14). 

Ausg.: 6 Sonaten op. 3 f. V. oder Fl. u. Kl., hrsg. v. 
E. Polo, I Classici Musicali Ital. III; Quartette op. 
23, 2 u. 3, hrsg. v. A. Poltronieri, I Classici Musicali 
Ital. VI; 7 Streichtrios, hrsg. v. Bonelu, Padua o. J.; 
Violinkonzert A dur u. ein Rondo f. Streicher, hrsg. 
v. dems., Padua 1944. 

Lit. : T. Busby, Concert Room and Orchestra Anec- 
dotes, 3, Bde, London 1825; W. T. Parke, Musical 
Memoirs, 2 Bde, London 1830; C. F. Pohl, Mozart 
u. Haydn in London I, Wien 1867, S. 170 ff.; A. 
Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923; W. C. Smith, 
The Ital. Opera and Contemporary Ballett in London, 
London 1955. 


Gib^lin, Boris Dmitrijewitsch, * 11. (24.) 4. 1911 
zu Njasepetrowsk (Bezirk Tscheljabinsk); russi- 
scher Komponist, Schüler von Frolow in Swerd- 
lowsk und Mjaskowskij in Moskau, ist seit 1948 
künstlerischer Leiter der Swerdlowsker Philhar- 
monie. Er schrieb 6 Rundfunkopem für Kinder, 
eine Klaviersonate (1937, umgearbeitet 1952), ein 
Concertino für Kl. und Orch. (1938), ein Streich- 
quartett (1953), 2 Symphonien (Es dur 1939, D dur 
1955) sowie Chorkantaten und -suiten und Lieder. 

Gibbons (g'ibonz), englische Musikerfamilie. - 
1) William, * um 1540 zu Oxford, begraben 
26. 10. 1595 zu Cambridge, kam spätestens 1566 
nach Cambridge, wo er 1567-79 Stadtmusiker war 
und 1578 wegen Unterhaltung einer Tanzschule 
(die damals in einem zweifelhaften Ruf standen 
und verboten waren) eine Strafe erhielt. 1583-88 
ist er (als Stadtmusiker) in Oxford nachweisbar. 
- 2) Edward, getauft 21. 3. 1567 (1568) zu Cam- 
bridge, t um 1650, Sohn von William G.; Bacca- 
laureus der Musik in Cambridge und (1592) Ox- 
ford, war 1593-98 Master of the Choristers (jedoch 
nicht Organist) an King’s College in Cambridge, 
ging wahrscheinlich im gleichen Jahr nach Exeter, 
wo er 1608-45 ebenfalls als Master of the Chori- 
sters an der Kathedrale nachgewiesen ist und 1615 
Succentor wurde, auch - obgleich Laie - die 
Stellung eines Priest Vicar einnahm. Erhalten sind 
von ihm 2 Anthems, eine Kurzmesse, ein 5 st. In 
nomine und ein Orgelpräludium. - 3) Orlando, 
getauft 25. 12. 1583 zu Oxford, f 5. 6. 1625 zu 
Canterbury, Sohn von William G., hervorragen- 
der Komponist, wurde im Februar 1595 (1596) 
Chorknabe an King’s College in Cambridge, wo 
er noch nach seinem Austritt (1599) gelegentlich 
mitwirkte, bis er im März 1604 (1605) zum Orga- 
nisten der Chapel Royal berufen wurde. Die Uni- 
versität Cambridge ernannte ihn 1606 zum Bacca- 
laureus, Oxford 1622 zum Doktor der Musik. Zu 
seinem Kapellamt gesellte sich das Amt eines Hof- 
virgin allsten und 1623 das eines Organisten von 
Westminster Abbey. Er starb in Canterbury, wo- 
hin er mit der Chapel Royal anläßlich dar Ein- 
holung von Karls I. Gemahlin, Henriette Marie 
von Frankreich, gekommen war. G., den die Zeit- 
genossen als Organisten und Virginalisten über 
Byrd und Bull stellten, verarbeitete in der Vokal- 
musik italienischen Einfluß, mit dem bedeutend- 
sten Erfolg im Madrigalbuch. Seine gedruckten 
Werke sind: 6 Virginalstücke in »Parthenia« (Lon- 
don 1611) ; The First Set of Madrigals and Motetts 
aptfor Viols and Voyces, 5 st. (London 1612, alles 
weltliche Stücke) ; 2 Anthems in »Leightons The 
Teares« (London 1614); 9 Fantasies of Three Parts 
(London ohne Jahr ; entweder um 1610, da als der 
erste englische Musikdruck von Kupferstichplatten 
bezeichnet, oder nach 1625, da der Komponist als 
»Late Organist . . .« bezeichnet wird); in Bamards 
»Selected Church Musick« (London 1641) fanden 

5 Anthems, 2 Services und die Pfingst-Preces Auf- 
nahme. Handschriftlich erhalten sind ferner: für 
Tasteninstrumente: 15 Fantasies (davon eine für 
»Double Orgaine«), 2 Preludes, 2 Pavans, 5 Gal- 
liards, 6 Almans, 5 Corantos, 2 Ayres, 4 Masques, 

6 Variationenstücke und ein In nomine; für 
Violen: 7 3 st., 2 4st. und 4 6st. Fantasies, ein 4st. 
und 3 5 st. In nomine, Pavan and Galliard zu 6 St. 


621 



Gibbons 


sowie 3 St. von 5 von »Deleroys Pavan«; das 6 st. 
Madrigal A Crye of London (untextiert) ; 21 An- 
thems (weitere 10 fragmentarisch), Preces auf 
Ostersonntag, eine Hymne. - 4) Cristopher, 
getauft 22. 8. 1615 und 1 20. 10. 1676 zu London, 
Sohn von Orlando G., war Sangerknabe der 
Chapel Royal. Nach dem Tode seines Vaters kam 
er wahrscheinlich zu seinem Onkel Edward G. 
nach Exeter, wurde 1638 Kathedralorganist in 
Winchester, trat 1644 in die Armee der Royalisten 
ein. 1653 war er Mitarbeiter M. Lockes bei der 
Komposition der Masque Cupid and Death , wurde 
1660 Organist der Chapel Royal und der West- 
minster Abbey sowie Hof Organist Karls II., 1663 
auf königlichen Befehl in Oxford zum Doktor der 
Musik promoviert. G. schrieb ferner 2st. Fanta- 
sies für Violen sowie Vokalsätze; manche Stücke 
wurden bereits im 17. Jh. sowohl ihm als auch 
seinem Vater zugeschrieben. 


Ausg.: E. G.: ein Orgel-Präludium, hrsg. v. J. E. 
West, Old Engl Organ Music XX, London 1906. - 
O. G.: Complete Key board Works, 5 Bde, hrsg. v. 
M. H. Glyn, London 1924-25; 15 Stücke in: Twenty- 
five Pieces . . . from B. Cosyn’s Virginal Book, hrsg. 
v. J. A. Füller Maitland u. W. Barclay Squire, 
London 1923 ; 6 Stücke in: Parthenia, Faks. hrsg. v. 
O. E. Deutsch, = The Harrow Replicas HI, Cam- 
bridge 1943, neu hrsg. v. E. Fr. Rimbault (Printed 
for the Mus. Antiquarian Soc., Bd XVIII, London 
1847), A. Farrenc (Le Tr6sor des Pianistes II), K. 
Stone, (NY 1951), M. H. Glyn (London 1927) ; außer- 
dem: 3 Stücke, davon 2 anonym in : The FitzwimamVir- 
ginal Book, 2 Bde, hrsg. v. J. A. Füller Maitland u. 
W. Barclay Squire, London u. Lpz. 1894 u. 1899 
(Nr 40, 203 u. 292); 2 Fantasies, hrsg. v. J. E. West, 
Old Engl. Organ Music XXXI, London o. J.; Stücke 
in: Klaviermusik d. 17. u. 18. Jh. II, hrsg. v. K. Herr- 
mann, Lpz. u. Zürich o. J. - Fantasies of Three Parts, 
hrsg. v. E. Fr. Rimbault (Printed for the Mus. Anti- 


quarian Soc., Bd IX), London (1843); 9 3st. Fanta- 
sies, hrsg. v. E. H. Fellowes, London o. J.; 3 2st. u. 
eine 3sL Fantasy, eine 3st. Galliard, ein 4s t. u. ein 
5st. In nomine, hrsg. v. Th. Dart u. W. Coates in 
Mus. Brit IX ; 2 4st Fantasies, hrsg. v. E. H. Fel- 
lowes, London o. J.; 2 3st Fantasies, hrsg. v. E. H. 
Meyer in: Spielmusik d. Barock I, Kassel 1934; 6st. 
Pavan and Galliard, hrsg. v. dems., London o. J. - 
The First Set of Madrigals . . ., hrsg. v. G. Smart 
(Printed for the Members of the Mus. Antiquarian 
Soc., Bd IV), London (1841); dass., hrsg. v. E. H. 
Fellowes, EMS V; A Crye of London, hrsg. v. Fr. 
Bridge, London o. J. — d. Kirchenmusik, hrsg. v. 
P. C. Buck, E. H. Fellowes, A. Ramsbotham, S. 
Townsend Warner, = Tudor Church Music IV 
(dazu Ergänzungen in »Appendix« d. Reihe, London 
1948), danach 2 Anthems auch Davison-Apel Anth. 
I, 171-172; 6st Anthem »Hosanna«, hrsg. v. E. H. 
Fellowes, London o. J.; eine Anzahl Stücke auch in 
W. Boyces »Cathedral Music«, 3 Bde, London 1760 
bis 1772, u. Fr. A. G. Ouseleys »A Collection of the 
Sacred Compositions of O. G.«, London 1873, u. hrsg. 
v. Fr. Bridge, London 1907. - Chr. G.: Cupid and 
Death, hrsg. v. E. J. Dent, Mus. Brit II; ein Orgel- 
Verset, hrsg. v. J. E. West, Old EngL Organ Music 
XXVIII, London o. J. 


Lit.: E. H. Fellowes, O. G., London 1925, erweitert 
als O. G. and his family, London 21951 (mit Werk- 
verz.); ders., The Engl. Madrigal Composers, Oxford 
1921 ; M. H. Glyn, About Elizabethan Virginal Mu- 
sic, London 1924, 21934; E. H. Meyer, Die mehrst 
Spielmusik . . ., Heidelberger Studien zur Mw. II, 
Kassel 1934; ders.. Engl. Chamber Music, London 
1946, 21951 , darin eine 3st. Fantasia v. Chr. G.; F. A. 
Keynes, The Origin and Early Years of O. G., MMR 


622 


LXVT, 1936; G. A. Thewus, Oxford and the G. 
Famüy, ML XXI, 1940; M. Howard, O. G., in: 
Mus. Times XCII, 1951 ; J. Jacquot, Lyrisme et Sen- 
timent tragique ...» in: Musique et podsie au XVI 6 s., 
= Colloques intemationaux du Centre National de la 
Recherche Scientifique, Sciences humaines V, Paris 
1954; W. Mellers, La mdlancolie. . ., ebenda; W. 
Palmer, G.*s Verse Anthems, ML XXXV, 1954; G. 
Reese, Music in the Renaissance, NY (1954); Th. 
Dart, The Printed Fantasies of O. G., ML XXXVII, 
1956. - E. Dent, Foundations of Engl. Opera, Cam- 
bridge 1928 (zu Chr. G.). 

Gibbs, Cedi Armstrong, * 10. 8. 1889 zu Great 
Baddow bei Chelmsford; englischer Komponist, 
Zögling des Trinity College in Cambridge (E. J. 
Dent und Ch. Wood), dann des Royal College of 
Music in London (Wood und R. Vaughan 
Williams), an dem er 1921-39 als Lehrer für Kom- 
position und Theorie tätig war. Daneben wirkte er 
1926-50 als Member of Associated Board R. A. M. 
and R. C. M., 1937-52 als Vizepräsident der 
British Federation of Music Festivals. Kompo- 
sitionen: 3aktige Operette Midsummer Madness 
(ClifFord Bax; London 1924), einaktige komische 
Oper The Blue Peter (A. P. Herbert; 1923); Büh- 
nenmusiken zu Maeterlincks Verlöbnis (London 
1921), zur Orestie (Cambridge 1921), zu Walter 
de la Mares Märchenspiel Crossings und zu Web- 
sters White Devil; Oratorium The Birth of Christ 
(1930); Before Dawn für gern. Chor, Streichorch. 
und Org. ; La Belle Dame sans Mercy und The High 
Adventure (1955) für Chor und Orch.; mehrere 
Kantaten, darunter: The Highwayman (1930), A 
Saviour Born (1953), Behold the Man (1954; Pas- 
sionskantate); Orchesterwerke, darunter 3 Sym- 
phonien und die symphonisdie Dichtung The 
Vision of Night ; Concertino für Kl. und Streich- 
orch.; 5 Streichquartette, 2 Klaviertrios, Violin- 
sonate, Klavierstücke, zahlreiche Chorsätze und 
über 100 Klavierlieder (besonders zu Texten von 
Walter de la Mare). 

Gibbs, Joseph, * 1699 zu Dedham, f 12. 12. 1788 
zu Ipswich; englischer Komponist, war 1734 Or- 
ganist an St. Nicholas in Harwich, 1744 in Ded- 
ham und ab 1748 an St. Mary-le-T o wer in Ips- 
wich. Um 1748 veröffentlichte er Eight Solos for 
the violin with a thorough hass for the harpsichord op. 1. 
Von seinen 6 Streichquartetten op. 2 (um 1777) 
gelten die beiden Vionnstimmen als verschollen. 

Ausg. : die Violinsonaten Nr 1 u. 2, hrsg. v. L. S alter, 
London 1952. 

Gibel, Otto (Gibdius), * 1612 zu Borg auf der 
Insel Fehmarn, f 20. 10. 1682 zu Minden (West- 
falen); deutscher Kantor, floh 1629 vor der Pest 
nach Braunschweig, wo ihn H. Grimm zum Mu- 
siker ausbildete, ging 1634 als Kantor nach Stadt- 
hagen (Lippe) und 1642 nach Minden. Von ihm 
erschienen: Seminarium modulationis (Celle 1645, 
Bremen 21657) ; als 2. Teil dazu: Compendium mo- 
dulatoriae (Jena 1651, beide Teile zusammen Rin- 
teln 1658) ; Kurtzer . . . Bericht von den vocibus must - 
calibus (Bremen 1659); Propositiones mathematico - 
mustcae (Bremen 1660; darin Teil eines Briefes von 
H. Schütz an G.). An Kompositionen G.s sind nur 
2 Kantaten von 1673 handschriftlich erhalten. 

Lrt.: J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, 
Hbg 1740, neu hrsg. v. M. Schneider, Bin 1910; G. 
Lange, Zur Gesch. d. Solmisation, SIMG I, 1899/ 



Giesddng 


1900; £. Preussner, Die Methodik im Schulgesang... 
d. 17. Jh., AfMw VI, 1924; ders., Solmisationsme- 
thoden . . Fs. Fr. Stein, Braunschweig 1939; G. 
Schünemann, Gesch. d. deutschen Schulmusik I, 
Lpz. 1928, 21931 ; A. Ganse, Der Cantor O. G., Diss. 
Kiel 1931, gedruckt Lpz. 1934. 


Gibert (yb'err), Paul Cdsar, * 1717 zu Ver- 
sailles, t 1787 zu Paris; französischer Komponist, 
in Neapel ausgebildet, lebte als Gesanglehrer in 
Paris. In seinen Kompositionen entwickelte er die 
galanten Züge der Kunst Rameaus weiter. Ab 1758 
(La Sibille) schrieb er komische Opern, darunter 
den erfolgreichen Solimm second (1761 ; Text von 
Favart), ferner eine »trag&üe lyrique« Deucalion 
(1772), Motets und Sammlungen von Airs (Me- 
lange musical 1775, Deuxihme recueil <Tairs um 
1783), schließlich Solßges (1783). 


Gibert y Serra (xib'ert), Vicente Maria de, 
* 21. 4. 1879 und f 15. 10. 1939 zu Barcelona; 
spanischer Komponist und Organist, Schüler von 
Millet sowie der Schola Cantorum in Paris, war in 
seiner Heimatstadt 1909-13 Organist an Nuestra 
Senora de Pompeyas und wirkte dann am Orfeö 
Catalä und in Casals* Orchester. Als Komponist 
trat er mit Chören, Liedern, Orchesterstücken und 
einer Sonata brevis für Vc. und Kl. hervor. Ferner 
schrieb er Bücher über Beethoven und Chopin 
sowie Musikberichte für »La Vanguardia« in Bar- 
celona. 


Giebel, Agnes, * 10. 8. 1921 zu Heerlen (Hol- 
land); deutsche Oratoriensängerin (Sopran), lebt 
in Köln-Lindenthal, studierte Gesang bei der Phi- 
lippi-Schülerin Hilde Wesselmann an den Folk- 
wangschulen in Essen. Ihren Ruf als Bach-Sängerin 
begründete sie 1950 als Solistin der wöchentlich 
gesendeten Bach-Kantaten bei dem damaligen 
Berliner »Rundfunk im amerikanischen Sektor« 
(RIAS). Seitdem wirkt sie als Oratorien-, Lied- 
und Konzertsängerin an den bedeutenderen 
Plätzen und bei internationalen Musikfesten. 


Gieburowski (gjebur'ovski), Waclaw, * 6.2. 
1877 zu Bromberg, + 27. 9. 1945 zu Warschau; 
polnischer Musikforscher und Komponist, nach 
Beendigung der theologischen Studien Schüler der 
Regensburger Kirchenmusikschule, studierte dann 
unter Kretzschmar und J. Wolf an der Berliner 
Universität und unter Kmkeldey an der Breslauer 
Universität Musikwissenschaft und promovierte 
1913 mit der Abhandlung Die Musica Magistri 
Szydlovitae, ein polnischer Choraltraktat des XV. Jahr- 
hunderts . . . (Posen 1915). Er war ab 1916 Dom- 
kapellmeister an der Posener Kathedrale sowie 
Dirigent des Posener Oratorienvereins und lehrte 
ab 1925 Musikwissenschaft an der Universität. 
Als Komponist trat G. hervor mit einem Requiem 
für gern. Chor, einer Reihe von Motetten für ge- 
mischten Frauen- und Männerchor sowie geist- 
lichen Sololiedem. 1939 wurde G. in ein Konzen- 
trationslager eingeliefert und erst kurz vor seinem 
Tode schwerkrank entlassen. Veröffentlichungen: 
Trzy dokumenty neumatyczne z Biblioteki Semina- 
rium Duchowncgo w Poznaniu (Lemberg 1921); 
Choral gregorianski w Polsce od XV do XVII wieku 
(Posen 1922). 1928-39 veröffentlichte er die Can- 
tica Selecta Musices Sacrae in Polonia , Saec. XVI et 
XVII. 


Lit.: S. Duszynski, Wspomnieni poSmiertne o dr 
W. Gieburowskim, in: Zycie Muzyczne, 1947; F. 
Lukasiewicz, Wspomnienia o chörze katedralnym 
W. Gieburowskiego, in: 2ycie Spiewacze, 1948. 

Giegling, Franz, * 27. 2. 1921 zu Buchs bei 
Aarau; Schweizer Musikforscher, studierte am 
Konservatorium Zürich und Musikwissenschaft in 
Bern und Zürich, wo er 1947 unter Cherbuliez 
über G. Torelli , ein Beitrag zur Entwicklungs- 
geschichte des italienischen Konzerts (Kassd 1949) 
promovierte. 1949-55 war er Musikreferent der 
Neuen Zürcher Zeitung. In der Neuen Ausgabe 
sämtlicher Werke Mozarts gab er 1957 einen Band 
Kantaten heraus. G. lebt in Zürich als Lehrer für 
Theorie, Korrepetition und Ornamentik. 

Gielen, Michael Andreas, * 20. 7. 1927 zu 
Dresden; argentinischer Dirigent und Komponist, 
studierte in Buenos Aires Klavier, Harmonielehre, 
Kontrapunkt und Komposition, außerdem Philo- 
sophie. Dort führte er u. a. das klavieristische Ge- 
samtwerk Schönbergs auf; am Teatro Col6n war 
er als Korrepetitor tätig. Seit 1951 wirkt er als 
Kapellmeister an der Wiener Staatsoper und 
machte sich bei Radio Wien und im Wiener Kon- 
zerthaus mit Aufführungen neuer Musik einen 
Namen. Eigene Kompositionen diri gierte er auch 
in Buenos Aires, Tel Aviv und Köln (WDR). Sein 
Werkverzeichnis führt bisher 10 Kompositionen 
auf, darunter Kammervariationen über einen Bach- 
Choral, 3 Kammerkantaten, außerdem Kammer- 
musik und eine Konzertante Musik für Orch. und 
KL; sie knüpfen an die Schönbergschule an. 

Giesecke, Carl & Sohn K. G., deutsche Firma 
zur Herstellung von Zungenstimmen für Kirchen- 
und Konzertorgeln, wurde 1838 als Orgelbaufirma 
von Carl G. gegründet, spezialisierte sich jedoch 
bald auf die Fertigung von Zungenregistern und 
Labialpfeifen. Die Leitung der Firma übernahm 
1909 Orgelbaumeister Wilhelm Furtwängler, der 
sie 1955 an Hans-Wolf Knath als persönlich haf- 
tenden Gesellschafter übertrug. Sitz der Firma ist 
Göttingen. 

Gieselring, Walter, * 5. 11. 1895 zu Lyon, 
t 26. 10. 1956 zu London; deutscher Pianist, 
wuchs an der französischen und italienischen Ri- 
viera auf, erhielt den ersten geregelten Klavier- 
unterricht bei K. Leimer am Städtischen Konser- 
vatorium in Hannover, wohin die Eltern 1911 
übersiedelten. Nach dem 1. Weltkrieg wurde er 
als Konzertpianist bald in Europa und nach 1926 
auch in Amerika bekannt; er lebte in Wiesbaden. 
1947 nahm er einen Ruf als Leiter der Meister- 
klasse am Konservatorium in Saarbrücken an. G. 
güt als einer der bedeutendsten Pianisten seiner 
Zeit. Grundlage seiner Technik war die von Lei- 
mer entwickelte und von G. ausgebaute Übungs- 
methode (Modernes Klavierspiel, Mainz 1931) : Ent- 
spannung der Muskeln (Relaxation), Gedächtnis- 
training und »unbedingtes Festhalten an der No- 
tation«. G. beherrschte ein umfangreiches Reper- 
toire seines Instruments. Besonders verdienen her- 
vorgehoben zu werden seine Interpretationen Mo- 
zarts und der französischen Impressionisten, denen 
seine äußerst differenzierte Anschlagskunst und 
ein ausgeprägter Sinn für Klangfarbe entgegen- 
kamen. Kompositionen: Spiel um ein Kinderlied für 

623 



Giesen 


Kl. zu 4 Händen; Konzert-Sonatine für Vc. und 
KL ; weitere Klavierstücke sowie ein Bläserquintett 
und eine Serenade für Streichquartett. G. gab Kla- 
viermusik heraus, darunter eine Urtextausgabe von 
Fr. Schubert , Impromptus und Moments musicaux 
(München o. J.), und schrieb: Moderne Anschlags - 
Probleme (in: Fs. der Deutschen Akademie Für 
Musik und Darstellende Kunst in Prag 1920-30, 
Prag 1931), Wie spielt man Ravels Klaviermusik? 
(Melos XIV, 1947). 

Lit.: K. Blaukopf, W. G., in: Große Virtuosen, 
Stuttgart (1954); B. Gavoty u. R. Hauert, W. G., 
Monaco u. Genf (1954). Hp B 

Giesen, Hubert, * 13. 1. 1898 zu Comelimünster 
bei Aachen; deutscher Pianist, von Fritz Busch als 
konzertierendes Kind in Aachen entdeckt, kam an 
das Kölner Konservatorium in die Klavierklasse 
UrielJi und siedelte bei der Berufung Büschs 1918 
mit diesem nach Stuttgart über, wo er noch bei 
Max Pauer arbeitete. Er spezialisierte sich bald auf 
Kammermusik, war neben Serkin ständiger Be- 
gleiter von Adolf Busch, 1929-31 auch von Yehudi 
Menuhin in Europa und USA, wo er seit 1932 mit 
Kreisler, Erica Morini, Sigrid On6gin und anderen 
reiste. Gegenwärtig bekleidet er eine Professur an 
der Stuttgarter Hochschule als Leiter einer Klavier-, 
Kammermusik- und Begleiterklasse. 

Gietmann, Gerhard, SJ, * 21. 5. 1845 zu Birten 
bei Xanten, f 14. 11. 1912 zu Exaeten (Nieder- 
lande); deutscher Kunstschriftsteller, in Münster 
ausgebildet, trat 1864 in den Jesuitenorden ein und 
wurde 1879 ordiniert. G. schrieb u. a.: Grundriß 
der Stilistik , Poetik und Ästhetik (Freiburg im Breis- 
gau 1897); Kunstlehre (mit J. Sörensen SJ, 5 Bände, 
aarin von G. Band IE: Musik-Ästhetik , Freiburg 
LBr. 1900); Die Wahrheit in der gregorianischen 
Frage (Paderborn 1904) ; Aufsätze in Kmjb. 

Gigault feig'o:), Nicolas, * 1624 oder 1625 zu 
Claye-en-Brie (?), f 20. 8. 1707 zu Paris; fran- 
zösischer Organist, wahrscheinlich Enkelschüler 
von Titdouze, war in Paris Organist an Saint- 
Honord (ab 1646), Saint-Nicolas-des-Champs (ab 
1652), Saint-Martin-des-Champs (ab 1673) und am 
Höpital du Saint-Esprit (ab 1685). G. war viel- 
leicht Lehrer Lullys. Er schrieb: Livre de Musique 
didii h la Tres Saincte Vierge . . . contenant les conti - 
ques saarez qui se chantent en Vhonneur de son divin 
enfantement , diversifiez de plusieurs manihes ä II, III 
et JV parties qui peuvent estre touchez sur VOrgue et 
sur le Clavessin: comme aussi sur le Luth , les Violles , 
Violons Flutes et autres Instrumens (Paris 1682) und: 
Livre de Musique pour VOrgue . . . Contenant plus de 
iSOptkces (Paris 1685). Auch 2 Sohne G.s waren 
als Organisten tätig. 

Ausg.: Livre de Musique pour l’Orgue, Guilmant- 
Pnuio IV (darin auch d. Allemande par Fugue ein- 
fach u. »avec les ports de voix« aus d. Livre de Mu- 
sique dddi6 ä la Tres Saincte Vierge); 5 Stücke in 
Tagliapietra Ant VII; je 2 Stücke, hrsg. v. F. Rau- 
gel in: Les Mattres fran^ais de l’Orgue I— n, Paris 
(1933, Neudruck 1949); Qui tollis, hrsg. v. E. Kaller 
in: Liber Organi I, Mainz o. J. 

Lit: A. Pirro, Un organiste au XVII® s., RM III, 
1903; G. Serve&res, Documents in6dits sur les orga- 
nistes . . ., Paris (1923); N. Dxjfourcq, La musique 
d'orgue franqaise, Paris 1941 ; P. Loubet de Sceaury, 
Musidens et facteurs d’instruments . . ., Paris 1949. 


Gigli (d 3 'iXi), Beniamino, * 20. 3. 1890 zu Re- 
canati, f 30. 11. 1957 zu Rom; italienischer Sänger 
(Tenor), amtierte von Kindheit an als Kirchen- 
sänger in Recanati und erhielt Gesangsunterricht 
von Lazzarini; später war er Schüler von Enrico 
Rosati und Antonio Cotogni am Liceo Musicale 
di Santa Cedlia in Rom. 1914 debütierte er in 
Rovigo in Gioconda von Ponchielli, kam dann auf 
Gastspielen an die größeren Bühnen Italiens, bald 
auch an die Mailänder Scala, nach Berlin und 
Paris. Reisen in Europa wie in Nord-, Mittel- und 
Südamerika brachten ihm triumphale Erfolge. In 
62 Bühnenrollen (vorwiegend des italienischen 
Opemrepertoires) und im Konzertsaal erwarb er 
sich den Ruf des führenden Sängers nach Caruso. 
1955 zog er sich von seiner Tätigkeit zurück. Er 
gab eine Autobiographie heraus: Confidenze (Rom 
31943; englisch: The Memoirs of J3. G., hrsg. v. 
D. Silone, London 1957). 

Lit: R. Rosner, B. G., Wien 1929, 31933; R. De 
Rensis, II cantore del popolo, Rom 1934, deutsch als 
B. G., München 1936. 


Gigout (rig'u), Eugene, * 23. 3. 1844 zu Nancy, 
t 9. 12. 1925 zu Paris; französischer Organist, be- 
suchte ab 1857 die neugegründete Niedermeyer- 
sche Ecole de musique rehgieuse, wo er Schüler 
von Saint-Saens war, wurde Niedermeyers 
Schwiegersohn und lehrte über 20 Jahre an der 
Anstalt. 1863 wurde er Organist an Saint-Au- 
gustin. 1858-1911 leitete er eine eigene Ecole 
d’orgue et d’improvisation und wurde dann 
Nachfolger Guilmants am Conservatoire. G. ver- 
öffentlichte eine große Zahl von Orgelwerken, 
vor allem Sammlungen kleiner Stücke in den 
Kirchentönen, darunter Cent pihes brh/es (Paris 
1889), Album grigorien (300 Stücke in 2 Bänden, 
Paris 1895), Uoraue d'iglise (2 Bände, 1902) und 
Cent pihes nouvelles (Paris 1922), ferner eine Kla- 
viersonate (1905) und Chöre. Zu seinen Schülern 
gehören Messager, M.-J. Erb, BoeUmann, Roussel 
und Marchal. 

Lit: G.Faurä, Hommage ä E. G., Paris 1923; P. 
Locard, Souvenirs sur G. et BoeUmann, in: BuU. 
trimestriels des Amis de l’Orgue XXX/XXXI, 1937; 
N. Dufourcq, La musique fran^aise d’orgue, Paris 
1941. 


Gilardi (xü'ardi), Gilardo, * 25. 5. 1889 zu San 
Fernando (Buenos Aires) ; argen timscher Kompo- 
nist, 1929 Mitgründer des Grupo Renovadön, 
sdhrieb die Opern Use (1923) und La leyenda del 
urutati (1934), Orchesterwerke (darunter die Ton- 
dichtung Eigaucho con botas nuevas und eine argen- 
tinisch^ ydJbLedsmte), _K^ ein Re- 



Gilbert (g'ilbait), Henry Franklin Bdöknap, * 26. 
9. 1868 zu Somerville (Massachusetts), f 19. 5. 1928 
zu Cambridge (Massachusetts) ; amerikanischer 
Komponist, Schüler des New England Conser- 
vatory und 1889-92 von Mac Dowell, zuerst Vio- 
linist in Unterhaltungsorchestern. Er beteiligte sich 
an der Gründung der Wa-Wan-Press Boston 
(1901), gab amerikanische Volkslieder (auch solche 
der I n di an er und Neger) heraus und schrieb Or- 
chesterstücke akademischen Stils, denen er durch 
Volksliedthemen amerikanisches Kolorit verlieh, 
darunter: Two Episodes (1896), Comedy Overture on 


624 



Gilles le Vinier 


Negro Themes (1905), Tondichtung The Dance in 
Place Congo (1912, als Ballett 1918), Indian Sketches 
(1914), Symphonie Piece (1926), Nocturne (1928); 
ferner Salammb6*s Invocation für S. und Orch. 
(1906) und ein Chorwerk To America. 

Lit.: O. Downes, An American Composer, MQ IV, 
1918; ders., H. G., in: A Birthday Offering to C. 
Engel, NY 1943; E. Carter, American Figure, in: 
Modem Music XX, 1943; H. G. Sear, H. Fr. B. G., 
MR IV, 1944. 

Gilbert ( 3 Üb'sr), - 1) Jean (Pseudonym von Max 
Winterfeld), * 11. 2. 1879 zu Hamburg, f 20. 12. 
1942 zu Buenos Aires; deutscher Operettenkom- 
ponist, ausgebildet in Kiel, Sondershausen, Wei- 
mar und am Klindworth-Scharwenka-Konserva- 
torium in Berlin, ging als Theaterkapellmeister 
1897 nach Bremerhaven, 1899 nach Hamburg, zu- 
letzt nach Berlin, lebte ab 1910 nur der Kompo- 
sition. 1933 verließ er Deutschland und ging nach 
Spanien, dann nach Paris, 1939 an die Radio- 
Station El Mundo in Buenos Aires. G. war ein 
Vertreter der Berliner Operettenschule mit ihrer 
Neigung zu Revue, Volksposse und Marsch. 1903 
( Der Prinzregent , Hamburg) bis 1933 (Die Dame 
mit dem Regenbogen , Wien) schrieb er über 50 meist 
zeitgebundene Bühnenstücke (und einige Film- 
musiken). Nach dem Erfolgsstück Die keusche Su- 
sanne (Magdeburg 1910, darin der Lebemann- 
Marsch »Wenn der Vater mit dem Sohne«) fanden 
große Verbreitung: Polnische Wirtschaft (Berlin 
1910), Puppchen (Berlin 1912, darin: »Puppchen, 
du bist mein Augenstern«), Das Autoliebchen (Ber- 
lin 1912, darin: »Ta, das haben die Mädchen so 
gerne«). Die Kinokönigin (Berlin 1913), Die Frau 
im Hermelin (Berlin 1919), Die Braut des Lukullus 
(Berlin 1921), Katja die Tänzerin (Wien 1923), 
Das Weib im Purpur (Wien 1923). G.s Sohn - 
2) Robert, * 29. 9. 1899 zu Berlin, wo er (nach 
seinem Exilaufenthalt in New York) seit 1949 
wieder lebt, begann als Mitarbeiter seines Vaters, 
schrieb einige Operetten und Filmmusiken, errang 
aber besonders als Autor von Operetten-T ext- 
büchem (»Im weißen Rössl« für Benatzky, »Feuer- 
werk« für P. Burkhard) und Film-Drehbüchern 
Erfolg. 

Gilbert, (Sir) William Schwenck-* Sullivan. 

Gilets, Emil Grigorje witsch, * 1916; russischer 
Pianist, studierte in Odessa und bei Neuhaus am 
Moskauer Konservatorium. Auf den internatio- 
nalen Wettbewerben von Wien (1938) und Brüssel 
(1939) wurde er ausgezeichnet und machte sich 
seitdem besonders als Tschaikowskyspieler be- 
kannt. G. ist Lehrer am Moskauer Konservatorium. 

Giles (djailz), Nathaniel (Gyles), * um 1558 
wahrscheinlich zu Worcester, ^24.1 . 1633 zu 
Windsor; englischer Komponist, Sohn des Orga- 
nisten Thomas G. (1582-90 an St. PauTs Cathe- 
dral in London). Nathaniel G. wurde 1581 Orga- 
nist an der Kathedrale von Worcester, 1585 Bacca- 
laureus der Musik zu Oxford sowie Organist und 
Chormeister an Saint George’s Chapel in Wind- 
sor, trat 1596 in die Chapel Royal ein und wurde 
1597 deren Master of the children, ohne sein Amt 
in Windsor aufzugeben. 1622 promovierte er in 
Oxford zum Doktor der Musik. Stücke von ihm 
sind gedruckt in Leightons »The Teares« (London 


1614; 2 Anthems) und Bamards »The First Book 
of Selected Church Musick« (London 1641; ein 
Service und ein Anthem). Im Manuskript erhalten 
sind ferner ein Service, 17 Anthems, eine Motette, 
ein Madrigal und imvollständige Stücke sowie eine 
Lesson of Descant. 

Lit.: J. Hawkins, A General Hist. of... Music, 
5 Bde, London 1776, 21853, 31875; J. E. West, Cathe- 
dral Organists, London 1899, 21921; I. Atkins, The 
Early Occupants of the Office of Organist ... of the 
Cathedral . . ., Worcester 1918; J. Pulver, N. G., 
MMR LXIII, 1933; E. H. Fellowes, Organists... 
of St George's Chapel in Windsor Castle, London 
1939. 

Gillebert de Berne ville ( 3 ibb'e:r), nordfranzö- 
sischer Trouvfcre aus der Mitte des 13. Jh., der den 
Trouvöres des Pui d’Arras nahestand. Zugeschrie- 
ben werden ihm etwa 32 Liedertexte, die sich in 
verschiedenen Fassungen auf 15 Handschriften ver- 
teilen und durchgehend mit ihren Melodien über- 
liefert sind. 

Ausg. u. Lit : H. Waitz, Der kritische Text d. Ge- 
dichte v. G. de B., in: Beiträge zur romanischen 
Philologie, Festgabe für G. Gröber, Halle 1899 (Text 
v. 33 Gedichten) ; ders., Nachtrag zu den in d. »Fest- 
gabe für G. Gröber« hrsg. Liedern v. G. de B., ZRPh 
XXIV, 1900; A. Scheler, Trouv&res beiges, Nouvelle 
sörie. Chansons d’amour, jeux-partis, pasto ureiles, 
satires, dits et fabliaux, Löwen 1879; A. Hoffmann, 
Robert de le Pierre, Robert le Clerc, Robert de 
Castel. Zur Arraser Literaturgesch. d. 13. Jh., Diss. 
Halle 1917; A. LAngfors, Recueil göndral des 
Jeux-partis frq. I, Paris 1926, S. Lf.; P. Aubry, Le 
Chansonnier de l’Arsenal, 2 Bde, Paris (1910), (Faks. 
il Übertragung v. 13 Liedern); Th. G£rold, Hist de 
la musique des origines ä la fin du XIV« s., Paris 1936 
(Melodien zu R 491 »Biau Gilebert, dites s'ü vous 
agree« - mit Henri HI de Brabant - u. zu R 570 
»Dehors Loncprö el bosquel« - auch Jehan Erart 
zugeschrieben -); Fr. Gennrich, Troubadours, 
Trouv&res, Minne- u. Meistergesang, = Das Musik- 
werk, Köln (1951), (Melodie zu R 317 »De moi 
douloureus vos chant«); ders., Artikel Guillebert de 
B., MGG (Melodien zu R 317 u. zu R 1954 »Haute 
chose a en amour«) ; Adler Hdb. I, S. 196 (Melodie 
zu R 803 »Joliement doi chanter« - auch Robert de le 
Pierre zugeschrieben -); J. Beck, La Musique des 
Troubadours, Paris o. J. (Melodie zu R 570). 

Gilles ( 3 i:l) (Maitre G., MasegÜes, eigentlich 
G. Brebos), * 1489 zu Lier bei Antwerpen, f 6 . 7. 
1584 zu Madrid; franko-flämischer Orgelmacher, 
wirkte in Antwerpen, wo er 1557 die große Orgel 
in Notre-Dame baute, zog aber 1576 nach Spanien, 
wo ihm der Bau der 4 Orgeln im Escorial über- 
tragen wurde. Die Fertigstellung dieser Werke 
besorgten nach G.s Tod seine Söhne Gaspard 
(t 1588 zu Madrid), Michel (f 1590 zu Madrid) 
und Juan (f 1609 zu Madrid). Vielleicht ist auch 
der um 1600 in Dänemark tätige Hans Bre- 
busch mit G. verwandt. 

Lit: Fl. van der Muerbn, Het orgel in de Neder- 
landen, Brüssel u. Amsterdam 1931; M. A. Vente, 
Bouwstoffen tot de geschiedenis van het Nederlandse 
orgel, Amsterdam 1942; N. Friis, Orgelbygning i 
Danmark, Kopenhagen 1949. 

Gilles le Viiiier ( 3 ! : 1) , f wahrscheinlich 1252 zu 
Arras; nordfranzösischer Trouvöre, der 1225 als 
Kanonikus von Lilie und Offizial von Arras erst- 
mals urkundlich erwähnt ist, Bruder von -> 
Guillaume le Vinier. 1234 ist er als Kanonikus von 


40 


625 



Gilles 


Arras bezeugt. Ihm werden 10 Lieder zugeschrie- 
ben, von denen jedoch einige in der Zuweisung 
unsicher sind. 

Ausg. u. Lit.: A. Metcke, Die Lieder d. altfrz. Lyri- 
kers GÜle le Vinier, Diss. Halle 1906; A. Guesnon, 
Recherches biogr. sur les Trouv&res art6siens, Extrait 
du Bulletin hist, et philologique, Paris 1894; A. 
LAnofors, Recueil g6n6ral des Jeux-partis fr$. I, 
Paris 1926, S. XLIV; Fr. Gennrich, Artikel »Gille 
li Vinier«, MGG (Melodie zu R 2101a »Au partir de 
la froidure«). 

Gilles ( 3 i:l), Jean, * 1669 zu Tarascon, f 5.2. 
1705 zu Avignon; französischer Komponist, 
Schüler und 1693 Nachfolger Poitevins an der 
Maitrise der Kathedrale von Aix-en-Provence, 
wirkte als Kapellmeister an den Kathedralen von 
Agde (ab 1695) und Toulouse (ab 1697), zuletzt 
an Notre-Dame-des-Doms in Avignon. Er schrieb 
Motetten für 1-2 Frauenstimmen und B.c., Orgel- 
stücke und ein Requiem, das auch beim Begräbnis 
Rameaus aufgeführt wurde. 

Gjllesberger, Hans, * 29. 11. 1909 zu Ebensee 
(Oberösterreich) ; Österreichischer Chordirigent, 
Dr. jur., war Sängerknabe am Salzburger Dom, 
studierte in Innsbruck und Wien, war 1942-45 
Kapellmeister der Wiener Sängerknaben, dann 
stellvertretender Chordirektor der Staatsoper und 
Leiter des Schubert-Bundes, zugleich ab 1946 Pro- 
fessor an der Musikakademie. Seit 1953 dirigiert er 
den Chor der Konzerthausgesellschaft und den 
Wiener Kammerchor. 

Gillespie (gÜ'espi), Dizzy (eigentlich John Birks 
G.), * 21. 10. 1917 zu Cheraw (South Carolina) ; 
amerikanischer Jazztrompeter, spielte ab 1937 in 
bekannten Jazzkapellen, z. B. 1943 im Orchester 
Ellingtons. Anschließend wirkte er mit dem Alt- 
saxophonisten Ch. Parker unter E. Hines. Seit 1945 
leitete G. abwechselnd eigene Combos und Big 
Bands. Neben L. Armstrong ist G. der bedeutend- 
ste Trompeter des Jazz. Er ist ein Hauptvertreter 
des -*• Be-Bop. 

Gillette (d^ilet), James Robert, * 30. 5. 1886 
zu Rosebloom (New York); amerikanischer Or- 
ganist, Schüler der Syracuse University, wurde 
1923 Professor an Carleton College in Northfield 
(Minnesota) und gründete dort die Symphony 
Band. G. schrieb Orgelstücke, 2 Kantaten, Or- 
chesterwerke (auch für Blasorch.); ferner: The 
Organist' s Hanabook (1926) und The Modem Band 
(1936). 

Güliers feilj'e), - 1) Pierre (G. l’aind), * 1665 zu 
Paris; französischer Komponist, Schüler von M. 
Lambert, gab 1697 ein Livre d'airs et de symphonies 
mesUs de quelques fragmens d'opSra heraus, die zu 
»concerts de chambre« angeordnet sind. Sonst sind 
von ihm nur noch Airs in Sammlungen Ballards 
(1694-1713) erhalten. - 2) Jean-Claude (G. le 
jeune), * 1667 und f 30. 5. 1737 zu Paris, Bruder 
des vorigen, war von etwa 1693 bis 1723 Kontra- 
bassist der Com6die Francaise, befreundet mit 
Montddair, hielt sich offenbar mehrfach längere 
Zeit in London auf. G. schrieb eine Oper Amphion 
(Paris 1696), Divertissements sowie zahlreiche 
Musik-Einlagen zu den Stücken der Com&lie 
Francaise und des Th6ätre de la Foire, woraus 


einige Bände Airs erschienen. G.s Sohn folgte ihm 
1723 als Kontrabassist nach. Ein Musiklehrer G. 
the younger gab um 1750 in London Trio- und 
Cembalosonaten heraus. 

Gillis , Don, * 17. 6. 1912 zu Cameron (Mis- 
souri); amerikanischer Komponist, studierte bis 
1936 an der Texas Christian University in Fort 
Worth, lehrte dann dort Musiktheorie und -ge- 
schichte und wirkte zugleich am Sender Fort 
Worth als Komponist, Arrangeur und Posaunist. 
1942 ging er an das Chicagoer Studio der National 
Broadcasting Company (NBC), 1943 als Pro- 
duktionsleiter an den New Yorker Sender der 
gleichen Gesellschaft. G. schrieb 7 Symphonien, 
dazu als Nummer 5% A Symphony for Fun (1947), 
Orchestersuiten Thoughts Provoked on Becoming a 
Prospective Papa (1937), Portrait of a Frontier Toum 
(1940), Dude Ranch (1947), ein Oratorium The 
Crucifixion (1937), The Night before Christmas für 
Sprecher und Orch. (1941), Kammermusik (darun- 
ter 5 Streichquartette und 2 Sonatinen für 4 Trp.) 
und Klavierstücke. 

Gilman (d^ilmaen), Lawrence, * 5. 7. 1878 zu 
Flushing (New York), f 8. 9. 1939 zu Franconia 
(New Hampshire); amerikanischer Musikschrift- 
steller, büdete sich zum Maler und ebenso auto- 
didaktisch zum Musiker aus, war 1901-13 Musik- 
referent an »Harper’s Weddy«, das er 1911-13 
herausgab, 1913-15 an »Harper’s Magazine«, 1915 
bis 1923 an der »North American Review« und 
1923-39 Musikkritiker an der »Herald Tribüne« in 
New York. Er schrieb hauptsächlich über Musik 
moderner Richtung, vor allem auch 1921-39 in 
seinen Programmbüchem für die New York Phil- 
harmonie Symphony Society und das Philadel- 
phia Orchestra. Bücher (wo nicht anders angege- 
ben: New York): Phases of Modem Music (1904); 
Edward Mac-Dowell (1905, erweitert 1909); The 
Music of Tomorrow (London 1907); Stories of 
Symphonie Music (1907, 21937) ; A Guide to Strauss ' 
» Salome « (London 1907); A Guide to Debussy's 
» Pellias et Milisande « (1907); Aspects of Modem 
Opera (1908) ; Nature in Music (1914) ; A Christmas 
Meditation (1916); Music and the Cültivated Man 
(1929) ; Warner' s Operas (1937) ; Toscanini and Great 
Music (1938) ; Orchestral Music (herausgegeben von 
E. Cushing, 1951). 

Gillmann, Kurt, * 22. 11. 1889 zu Wannsee bei 
Berlin; deutscher Harfenist, lebt in Berlin. Er stu- 
dierte in Hannover und Berlin Harfe, Klavier und 
Komposition und wirkte als 1. Soloharfenist in den 
Theaterorchestem von Schwerin (ab 1912) und 
Hannover (ab 1917). G. schrieb Scherzo cromatico 
für Orch. (1942), Ballettpantomimen ( Die zer- 
tanzten Schuhe 1942), Opern ( Die Frauen des Aretino 
1942, Maestro Bemardo 1943), ein Homkonzert 
(1950), Kammermusik, Chöre und Gesänge. 

Gil-Marchex feü-marfs), Henri, * 16. 12. 1894 
zu St-Georges-d*£sp6rance (Isdre); französischer 
Pianist und Komponist, 1911 Schüler des Pariser 
Conservatoire (Di6mer), dann von L. Capet und 
A. Cortot, machte sich als Pianist auf Konzert- 
reisen in den USA, Japan und Europa bekannt. 
1927-30 lehrte er an der Ecole normale de musique 
und übernahm 1953 die Leitung des Konservato- 


626 



Giner 


riums von Poitiers. Er schrieb Orchesterwerke 
(Hymne ä Saint Frangois Xavier ), Kammermusik, 
Klavierstücke (. Images du vieux Japon , Suite burles - 
que, Präludien) und Lieder. 

Gilmore (d 3 'ilmo:o), Patrick Sarsfield, * 26. 
12. 1829 bei Dublin, f 24. 9. 1892 zu St. Louis; 
irisch-amerikanischer Kapellmeister, ging 1849 
nach Kanada und von da nach den USA, machte 
sich in weiteren Kreisen durch die Organisation 
der Monstre-Musikfeste in Boston 1869 und 1872 
(bis zu 2000 Instrumente und 20000 Sänger mit 
Böllerschüssen und Glockenläuten) bekannt G. 
reiste viel mit einer eigenen Kapelle, auch nach 
Europa. 

Lit.: M. Darlington, Irish Orpheus. The Life of 
P. S. G., bandmaster extraordinary, Philadelphia 
1950. 

Gilse, Jan van, * 11. 5. 1881 zu Rotterdam, f 8. 
9. 1944 zu Oegstgeest bei Leyden; niederländischer 
Komponist, 1897-1902 Schüler Fr. Wüllners am 
Kölner Konservatorium und 1902/03 Humper- 
dincks in Berlin, war 1905-08 Theaterkapell- 
meister in Bremen, 1908/09 an der Nord-Nieder- 
ländischen Oper in Amsterdam, 1917-22 Städti- 
scher Musikdirektor in Utrecht. Nach längeren 
Aufenthalten in Zürich und Berlin und einer 
Tätigkeit als Gastdirigent leitete er 1933-37 das 
Konservatorium und die Musikschule in Utrecht. 
1902 wurde seine 1. Symphonie vom Verein 
Beethovenhaus preisgekrönt, 1909 erhielt er für 
seine 3. Symphonie den Michael-Beer-Preis der 
Berliner Akademie und trat die vorgeschriebene 
Studienreise an (1909-11). Werke: Opern Frau 
Helga von Stavern (eigener Text, 1911) und Thijl 
(1940); Musik zu Dehmels Festspiel Eine Lebens- 
messe (1904) und Der Kreis des Lebens (Rilke, 1929) 
für Soli, Chor und Orch., Kantate Sulamith für 
Chor und Orch. (1902), 3 Orchestergesänge nach 
Texten von Tagore (1923); für Orch.: 5 Sympho- 
nien (1901, 1903, 1907, 1915, 1923), eine Konzert- 
ouvertüre, Variationen über ein holländisches Lied 
(1909), 2 Intermezzi; 3 Tanzskizzen für Kl. und 
kleines Orch. (1926) ; ein Trio (Fl., V. und Va), ein 
Nonett und Lieder. 

Gilson (3ils'5), Paul, * 15. 6. 1865 undf 3. 4. 1942 
zu Brüssä; belgischer Komponist, bildete sich zu- 
nächst autodidaktisch, 1886-89 am Brüsseler Con- 
servatoire aus (1889 Prix de Rome für die Kantate 
Sinai), war 1899-1909 Harmonielehrer am Brüsse- 
ler und daneben 1904-09 am Antwerpener Kon- 
servatorium, auch 1906-14 Musikreferent des Soir 
und Diapason, Musikredakteur des Midi und Leiter 
der Revue musicale beige. 1909 wurde G. Inspek- 
tor für den Musikunterricht in Belgien. Als Kom- 
ponist gehört er zu den namhaftesten flämischen 
Meistern, dessen Werke, von Wagner und den 
Russen beeinflußt, sich besonders durch ihre melo- 
dische Kraft und ihre farbige Orchestrierung aus- 
zeichnen. Werke (Auswahl): die Opern Gens de 
mer (»Zeevolk«; nach V. Hugo, Brüssel 1902, flä- 
misch Antwerpen 1904), Prinses Zonneschijn (Ant- 
werpen 1903) sowie Musik zu den Dramen Liefde- 
bloed, Alvar und Rooversliefde, Ballette La captive 
(Brüssel 1904); Les deux Bossus ; Le prince Berger ; 
dramatische Kantate Francesca da Rimini (1895), 
die Chorwerke David und Les suppliantes; für 
Orch.: Symphonie La Mer (1890; sein erfolg- 


reichstes Werk), Danses et Rapsodie ecossaises , Kap- 
sodie canadienne , symphonische Dichtungen Italia 
und La Destinie , Variaäons symphoniques , 8 Suiten, 
3 Ouvertüren; Stücke für Streichorch. und für 
Militärmusik; Klammermusik, Klavierstücke und 
Lieder. Schriften: Les intervalles , Le Tutti orchestral, 
Quintes et Octaves, Traiti d > harmonie t Traiti cTor- 
dtestre militaire , Autobiographie Notes de musique et 
Souvenirs. 

Lit: P. G., in: Rev. musicale beige, 15. 6. 1935; A. 
Corbet, P. G., ML XXVII, 1946; A. Meulemans, 
P. G., Brüssel 1955. 

Gim6nez (xim'eneÖ), Jerönimo, * 10. 10. 1854 
zu Sevilla, f 19. 2. 1923 zu Madrid; spanischer 
Komponist, Schüler des Pariser Conservatoire, 
schrieb zahlreiche Zarzuelas (1882-1920 über 90), 
auch einige Orchesterwerke. G. ist als Zarzucla- 
Komponist einer der bedeutendsten Vertreter des 
g6nero chico (»kleinen Genres«), d. h. volkstüm- 
licher Werke, meist einaktig, einstündig, mit klei- 
nem Orchester - volkstümlich ohne Trivialität. 
Die erfolgreichsten sind: El baile de Luis Alonso 
(Madrid 1896); La boda de Luis Alonso (Madrid 
1897) ; La tempranica (Madrid 1900) und Ensenanza 
libre (Madrid 1901). 

Lit.: J. Deleito y PiStuela, Origen y apogeo del 
»G6nero chico«, Madrid 1949. 

Gim£nez (xim'eneÖ), Remberto, * 4. 2. 1889 
zu Coronel Orviedo; paraguayanischer Kompo- 
nist, studierte zunächst in Buenos Aires, dann an 
der Schola Cantorum in Paris. Er ist Leiter der 
Escuela Normal de Müsica und der Orquesta sin- 
fönica de Asundön, schrieb mehrere Orchester- 
werke (Rapsodia paraguayd ), Kammermusik und 
einige Lieder. 

Gimpel, Bronislaw, * 29.1.1911; amerika- 
nischer Violinist polnischer Herkunft, Schüler von 
Flesch und Hubermann, war nach Stellungen in 
Königsberg und Göteborg ab 1937 Konzertmeister 
beim Los Angeles Philharmonie Orchestra. Als So- 
list machte er sich in Nord- und Südamerika sowie 
in Europa bekannt. Sein Bruder Jakob (* 1906) 
lebt seit 1940 in den USA und trat als Klavier- 
begleiter von Huberman sowie als Solist auf. 

Ginastera (xinast'era), Alberto, * 11. 4. 1916 
zu Buenos Aires; argentinischer Komponist, stu- 
dierte Musik am National-Konservatorium in 
Buenos Aires, das er 1938 mit Lehrdiplom absol- 
vierte. 1941 beauftragte Balanchine ihn mit einer 
Komposition (Estancia) für das American Ballet, 
die neoklassizistische Elemente mit solchen der ar- 
gentinischen Folklore verbindet. 1945-47 bereiste 
er als Guggenheim-Stipendiat die USA, um die 
Ausbildungsverhältnisse an den nordamerika- 
nischen Musikschulen kennenzulemen. Gegen- 
wärtig ist er Kompositionsprofessor am National- 
Konservatorium in Buenos Aires und Direktor des 
Konservatoriums in La Plata. Sein Werkverzeich- 
nis umfaßt Volkschöre, Psalmkantate, Filmmusi- 
ken, Orchesterrhapsodien, ein Ballett Panambi 
(1937) sowie Kammer- und Klaviermusik. 

Lit.: V. Mawz, A. G., Rosario 1954. 

Giner (xin'er), Salvador, * 19. 1. 1832 und f 3. 
11. 1911 zu Valencia; spamscher Komponist, war 
ab 1880 Kompositionslehrer und ab 1894 Direktor 


40* 


627 



Ginguend 


des Konservatoriums in Valencia, schrieb zahl- 
reiche Werke aller Art, von denen zuerst eine 
Symphonie Las cuatro estadones (»Die vier Jahres- 
zeiten«), die Kantate Feria de Valencia (1870) und 
das Oratorium Judith Aufmerksamkeit erregten. 
Von seinen weiter folgenden Werken sind hervor- 
zuheben: Requiem zum Tod der Königin Mer- 
cedes (1878), die Elegie auf Rossini, ein Leo XIII. 
gewidmeter religiöser Marsch, ferner volkstüm- 
lich gewordene symphonische Dichtungen (Una 
nit de alhaes und Es cnopä hasta la Moma) sowie die 
Opern Sagunto (Valencia 1891) und El Sonador 
(Valencia 1901). 

Ginguend (jegn'e), Pierre Louis, * 25. 4. 1748 
zu Rennes, f 16. 11. 1816 zu Paris; französischer 
Schriftsteller, stand in der Zeit des Direktoriums 
im Staatsdienst, war ein großer Musikliebhaber 
und veröffentlichte u. a.: Lettres et articles sur la 
musique (Paris 1783, Sammlung seiner Aufsätze für 
verschiedene Zeitungen von 1780-83 im Picdnni- 
Gluckschen Streit; G. war Picdnnist); Dictionnaire 
de musique de VEncyclopidie mithodique (1. Band 
Paris 1791, mit Framdry; enthält nur Abdrucke 
musikalischer Artikel aus Rousseaus Dictionnaire 
de musique; den 2. Band bearbeitete 1818 
Momigny); Notices sur la vie et les ouvrages de 
Piccini 0?aris 1800); Rapport . . . sur une nouvelle 
exposition de la simdograpnie ou notation musicale des 
Grecs (Paris 1815). Seine große Histoire littiraire de 
VItalie (Paris 1811-35, 14 Bände; beendet von 
Salfi) behandelt mehrfach auch musikgeschicht- 
liche Fragen. 

Lit.: Journal de G., 1807/08, hrsg. v. P. Hazard, Pa- 
ris 1910. 

Ginsburg, Semjon Lwowitsch, * 10. (23.) 5. 
1901 zu Kilb; russischer Musikforscher, studierte 
in Petrograd Literaturgeschichte und bei Assa§ew 
Musikwissenschaft. Seit 1923 doziert er an ver- 
schiedenen Hochschulen der Stadt. G. schrieb Bio- 
graphien von K. J. Dawydow (Moskau und Lenin- 
grad 1950) und Fr. Schreker (in einem Schreker- 
Sammelband, Leningrad 1925) sowie viele Auf- 
sätze. Ferner gab er Materialien zur russischen Mu- 
sikgeschichte vor Glinka heraus: Istorija russkoj 

Ä w notnych obraszach (»Geschichte der rus- 
Musik m Notenbeispielen«, 3 Bände, Mos- 
kau und Leningrad 1940-52) und Russkij musv- 
kalnyj teatr 1700-1835 (»Das russische Musik- 
theater 1700-1835«, eine Chrestomathie, Moskau 
und Leningrad 1941). 

Ginster, Ria, * 15. 4. 1898 zu Frankfurt am Main; 
Schweizer Sängerin (Sopran), studierte am Hoch- 
schen Konservatorium in Frankfurt am Main und 
mit einem Mendelssohn-Stipendium an der Char- 
lottenburger Musikhochschule Gesang. Konzert- 
reisen führten sie ab 1923 durch alle europäischen 
Länder, mehrjährige Tourneen auch durch die 
USA und Kanada. Seit 1938 ist sie als Gesangs- 

Ser Musikhochschule in Zürich. Seit 1949hält sie 
auch Meisterkurse während der Festspiele am 
Mozarteum in Salzburg. 

Gintzler, Simon, Lautenist unverbürgter Her- 
kunft des 16. Jh., war schon vor 1547 längere Zeit 
im Dienste des Kardinal-Fürstbischofs von Trient, 
Cristoforo Madruzzo. Er veröffentlichte: Intabola- 


tura di lauto (Venedig 1547), 4 Stücke bei Gerle, 
Eyn Newes sehr künsdichs Lautenbuch (Nürnberg 
1552). 

Ausg.: 7 Stücke aus »Intabolatura di lauto« (1547), 
in DTÖ XVIII, 2, hrsg. v. A. Koczirz; 2 Stücke in: 
Lautenspieler d. 16. Jh., hrsg.v. O.CffiLESom, Lpz. 
1891 ; Preambel in A (aus Gerles Lautenbuch 1552), 
in: W. J. v. Wasielewski, Gesch. d. Instrumental- 
musik im XVI. Jh., Bin 1878; dass, bei J. Wolf, Sing- 
u. Spielmusik, = Wiss. u. Bildung CCXVIII, Lpz. 
1926, 21931. 

Giordanello Giordani, Giuseppe. 

Giordani (d 3 «>rd'ani), Giuseppe, genannt Gior- 
danello, * um 1753 zu Neapel, f 4. 1. 1798 zu 
Fermo; italienischer Komponist, schrieb eine große 
Anzahl (bis 1793 im ganzen 35) Opern für Pisa, 
London, Rom, Venedig, Mailand, Mantua, Genua, 
Bergamo, Turin, auch 2 Oratorien, und starb als 
Kapellmeister der Kathedrale von Fermo, wohin 
er 1791 berufen worden war. 


Giordani (d^ord'ani), Tommaso, * um 1740 zu 
Neapel, t Ende Februar 1806 zu Dublin; italie- 
nischer Komponist, trat 1762 im Haymarket 
Theatre zu London als Buffosänger auf, ließ sich 
dann in London als Musiklehrer nieder, unternahm 
1783 mit Leoni die Errichtung einer Italienischen 
Oper in Dublin und blieb, als das Unternehmen 
fallierte, als Lehrer in Dublin. Er komponierte 
über 20 Opern, auch italienische und englische 
Kanzonetten - er ist wahrscheinlich der Kompo- 
nist des bekannten Caro mio ben -, Songs und Kan- 
taten und gab zahlreiche Kammermusikwerke 
heraus: Klavierquintette und -quartette op. 1, 2, 3, 
Streichquartette op. 8, 17, Klavierkonzerte op. 14, 
23, 33, Flötenkonzerte op. 19, Trios für V., El. und 

B. c., viele Sonaten für Kl. mit FL, mit V. sowie 
für Kl. allein zu 2 und 4 Händen, auch Klavier- 
übungen. 

Ausg.: Konzert f. Kl. u. Streicher op. 23, 2, hrsg. v. 

C. Bittner, NMA CLVII. 

Lit.: W. J. Lawrence, T. G., in: The Musical Anti- 
quary II, 1910/11. 


Giordano (dprd'ano), Umberto, * 27. 8. 1867 
zu Foggia, 1 12. 11. 1948 zu Mailand; italienischer 
Komponist, Schüler des Konservatoriums von 
Neapel, war ein begabter Opemkomponist von 
schlagender Melodik und starkem Bühneninstinkt, 
dessen größter Erfolg Andrea Chenier war. Werke: 
Mala vita (»Das Gelübde«, Rom 1892), Regina Diaz 
(Neapel 1894); Andrea Chenier (Mailand 1896); 
Fedora (Mailand 1898; auch deutsch Mainz 1899); 
Siberia (Mailand 1903; deutsch Stuttgart 1906); 
Marcella (Mailand 1907); Mese Mariano (»Der 
Marienmonat«, Palermo 1910); Madame Sans - 
Gifte (New York 1915, Breslau 1931); Giove a 
Pompei (gemeinsam mit A. Franchetti, Rom 1921) ; 
La Gern delle Beffe (Mailand 1924) ; Märchen-Ein- 
akter H RJt (Mailand 1929, Berlin 1929). Er schrieb 
auch ein Ballett Uastro magico (1928), ein 4sätziges 
symphonisches Werk Piedigrotta, einige Klavier- 
stücke und Lieder. G. war ein Anhänger der 
Einheitspartitur (notazione a suoni reaü, d. h. ohne 
transponierende Notierung) und gab bei Ricordi 
u. a. Beethovens Symphonien in solcher Form 
heraus. 

Lit.: A. Galu, G. Macchi, G. C. Paribeni, U. G. 
nell’arte e nella vita, Maüand 1915; D. Ceulamare, 


628 



Giovannini 


U. G., Mailand 1949. - A. Della Corte, Madame 
Sans-G6ne di U. G., RMI XXII, 1915; G. C. Pari- 
beni, Madame Sans-Gäne, Mailand 1923. 

Giorni (d3'omi), Aurelio, * 15. 9. 1895 zu Peru- 
gia, t 23- 9. 1938 zu Pittsfield (Massachusetts); 
italienischer Pianist und Komponist, war Klavier- 
schüler von Sgambati in Rom und Busoni in Ber- 
lin, studierte Komposition bei Humperdinck und 
übersiedelte 1914 nach den USA, wo er sich natu- 
ralisieren ließ. 1919-34 gehörte er als Pianist dem 
Elshuco-Trio an und lehrte zeitweilig am Institute 
of Musical Art und am College of Music in New 
York, am Springfield Conservatory und am Smith 
College (Northampton, Mass.). Werke: eine Sym- 
phonie, Sinfonia concertante, symphonische Dich- 
tung Orlando Furioso, Intermezzo für Kammer- 
orch., Passacaglia für Streicher; ie ein Klavierquin- 
tett, -quartett, -trio und Streichquartett, Sonaten 
(für V., Vc., H., Klar.) sowie einige Vokalkompo- 
sitionen. 

Giornovichi, Giovanni Mane Jarnowick. 
Giosa, Nicola de De Giosa. 

Giovannelli (djovann'elli), Ruggiero, * um 
1560 zu Velletri, j 7. 1. 1625 zu Rom; italienischer 
Komponist, vielleicht ein Schüler von Palestrina, 
wurde 1583 Kapellmeister der Kirche San Luigi 
dei Francesi in Rom, 1590 am Collegium Germani- 
cum, 1594 Nachfolger Palestrinas als Kapellmeister 
an S. Pietro, 1599 Sänger an der Cappella Sistina, 
wurde 1614 Kapellmeister und wirkte in dieser 
Stellung, bis er am 7. 4. 1624 in Pension ging. 
G. ist einer der besten Meister der römischen 
Schule. Von seinen Werken sind erhalten: 2 Bü- 
cher 5-8st. Motetten (1593, 1604), 3 Bücher 5st. 
Madrigale (1586, 1593, 1599; Gesamtausgabe 
1606) ; 2 Bücher 4st. Madrigale Gli Sdruccioli (1585, 
1589), ein Buch 3st. Madrigale (1605), 3st. Kan- 
zonetten nebst Arrangement für Laute (1592), ein 
Buch 3st. Villandlen (1588). Viele kirchliche 
Werke G.s sind im 'Manuskript in den vatikani- 
schen Archiven erhalten (Messen, Psalmen, Mo- 
tetten) ; Madrigale finden sich noch in vielen Sam- 
melwerken von 1583 bis 1620. 

Ausg. : je 3 8st. Sätze in Musica Sacra XXV u. XXVI, 
hrsg. v. Fr. Commer; ein 5st. Madrigal, eine 8st. Mo- 
tette u. ein 8st. Psalm in Torchi II; je ein 5st. Satz in 
Musica Divina II, 2, H. 1 u. 3, hrsg. v. J. Schrems; 
ein 4$t. Satz, hrsg. v. C. Proske, Musica Divina I, 3. 
Lit. : A. Gabrieli, R. G., musicista insigne, Velletri 
1907 ; ders., R. G., nella vita e nelle opere, Velletri 
1926; H. W. Frey, R. G., eine biogr. Studie, KmJb 
XXII, 1909; A. CAMEm, R. G., in: Musica d’oggi 
VI, 1925; C. Winter, R. G., = Schriftenreihe d. 
mw. Seminars d. Univ. München I, München 1935. 

Giovanni da Cascia (dgov'anni da k'aja), (Jo- 
hannes de Florentia), italienischer Komponist 
des 14. Jh., wahrscheinlich zu Cascia bei Florenz 
geboren, hielt sich nach dem Zeugnis des F. Vü- 
lani zeitweilig am Hofe von Mastino II. della Scala 
(1329-51) zu Verona, später vielleicht auch in Mai- 
land auf. G. gehört zu den Begründern der Stil- 
reform, die sich kurz nach 1300 von Florenz aus 
verbreitete. Quellen seiner auf weltliche italienische 
Texte geschriebenen Kompositionen (16 2st. Ma- 
drigale und 3 3st. Caccien) sind die Handschriften: 
Florenz, Cons. D 1175 und Bibi. Laurenz. Pal. 87 


und Pandat. 26; Paris, Bibi. nat. f. it. 568 und 
nouv. acq. fr$. 6771; Rom, BibL Vat. Rossi 215; 
London, Brit. Mus. add. mss. 29987. 

Ausg.: GA in: CMM VIII, = The Music of Four- 
teenth Cent. Italy I, 1, 1954, hrsg. v. N. Pirrotta; 
12 Madrigale in: Der Squarcialupi-Codex, hrsg. v. 
J. Wolf, Lippstadt 1955 ; die 3 Caccien in: Fourteenth 
Cent. Ital. Cacce, hrsg. v. W. Th. Marocco, Cam- 
bridge, Mass., 1942; »Nascoso« in Riemann Beisp. 3; 
»Nel mezzo« in Della Corte Scelta 34; dass. u. 
»Io son un pellegrin« in Davison-Apel Anth. I, 50 

u. 51 ; das letztere in Einstein Beisp. 11 ; »O tu cara« 
in Schering Beisp. 22. 

Lit.: J. Wolf, Florenz in d. Mg. d. 14. Jh., SIMG 
III, 1901/02 (darin d. 2st. »Agnel son bianco«); ders., 
Gesch. d. Mensurainotation, 3 Bde, Lpz. 1904 (darin 
2 Stücke); N. Pirrotta, Per l’origine e la storia 
della »caccia« e del »madrigale« trecentesco, RMI 
XL VIII, 1946 u. XLIX, 1947; ders., Marchettus de 
Padua and the Ital. Ars Nova, MD IX, 1955; A. v. 
KönioslÖw, Die ital. Madrigalisten d. Trecento, 
Würzburg 1940; K. v. Fischer, Studien zur ital. Mu- 
sik d. Trecento u. frühen Quattrocento, =- PubL d. 
Schweizerischen Musikforschenden Ges. II, 5, Bern 
(1956). 

Giovanni Maria da Grema (Joan Maria); 
italienischer Lautenist des 16. Jh., der wahrschein- 
lich dem Freundes- und Schülerkreis um Francesco 
da Milano angehörte. Vielleicht ist er identisch 
mit einem Giovan Maria, der 1513-15 und 1522 
in der Hofkapelle von Mantua nachweisbar ist. 
Ein 1. und ein 3. Buch Intabolatura de Lauto von 
ihm erschienen 1546 bei Gardano in Venedig, 
weitere Stücke in Sammeldrucken 1547-52. Das 
Repertoire der Lautenbücher G.s umfaßt Ricercari, 
Saltarelli, Passamezzi sowie Bearbeitungen von 
Sätzen Josquins, Gomberts, Verdelots, Arcadelts 
und französischer Chansons. 

Ausg.: ein Saltarello, hrsg. v. R. Eitner in: Tänze d. 
15. bis 17. Jh., = Beilage zu MfM VII, 1875. 

Lit. : O. Körte, Laute u. Lautenmusik . . ., BIMG I, 
3, Lpz. 1901, darin ein Saltarello; L. de La Lauren- 
cns, Les luthistes, Paris 1928; J. Ward, The Vihuela 
da Mano, Diss. NY Univ. 1953. 

Giovanni, Edvardo di -► Johnson, Edward. 

Giovannini (d30vann'ini), Komponist des 18. Jh., 
von dem in Band IH und IV von J. Fr. Gräfes 
»Sammlung verschiedener . . . Oden« (Halle 1741 
bis 1743) 7 Lieder erschienen. G. soll um diese Zeit 
als Violinist in Berlin gelebt haben. Vielleicht eine 
Komposition G.s ist das Lied »Willst du dein Herz 
mir schenken«, als Aria di Govannini bezeichnet, 
das von unbekannter Hand dem um 1725-35 ent- 
standenen 2. Klavierbüchlein der Anna Magdalena 
Bach eingefügt wurde. Für die seit E. L. Gerber 
vermutete Identität G.s mit dem Comte de ->■ 
Saint-Germain liegen keine hinreichenden Beweise 
vor, zumal (nach Loewenberg) die Themen der 
1762 im Breitkopfschen Katalog verzeichn eten 8 
Violinsonaten G.s nicht mit solchen der Violin- 
sonaten von Saint-Germain übereinstimmen. 

Lit. : E. O. Lindner, Gesch. d. deutschen Liedes, hrsg. 

v. L. Erk, Lpz. 1871, darin 2 Lieder; Ph. Spitta, J. S. 
Bach I, Lpz. 1873, 31921 ; ders., Sperontes »Singende 
Muse an der Pleiße«, Vf Mw I, 1885; M. Friedlaen- 
der. Das deutsche Lied, 3 Bde, Stuttgart u. Bin 1902; 
A. Loewenberg, Artikel G., in: Grove; G. v. Dadel- 
sen, Krit. Ber. zu Bd V, 4 d. Neuen Bach- Ausg.* 
Kassel-Basel-London 1957. 


629 



Gippenbusch 


Gippenbusch, Jacob, SJ, * 1612 zu Speyer, f 3- 7. 
1664 zu Xanten ; deutscher Geistlicher und Kirchen- 
musiker, trat 1629 in Trier dem Jesuitenorden bei 
und unterrichtete 1632-50 am Gymnasium tricoro- 
natum in Köln alte Sprachen und Musik. Sein 
Psalteriolum hartnonicum (Köln 1642, weitere Auf- 
lagen 1650, 1652, 1662) enthält in Partitur-Anord- 
nung deutsche und lateinische Kirchengesänge in 
4st. Satz (mit Bezifferung der Baß-Stimme), wobei 
die im Diskant oder Tenor liegenden Melodien 
mit Rücksicht auf die Harmonik zum TeÜ ver- 
ändert sind. Vielleicht mit diesem Werk identisch 
sind die von Hartzheim genannten 4st. Cantiones 
musicae (Köln 1642; kein Exemplar bekannt), ver- 
mutlich nicht von G. die ebenfalls bei Hartzheim 
genannten Cantiones et motetta selectissima titulo 
Philaret magno (Antwerpen und Köln ohne Jahr). 
Wahrscheinlich hat G. an der musikalischen Ge- 
staltung von Spees »Trutz-Nachtigall« (gedruckt 
Köln 1649, 14 Jahre nach Spees Tod) talgenom- 
men. 

Ausg.: Psalteriolum, GA in Einzelheften, hrsg. v. W. 
Lipphardt, Freiburg i. Br. seit 1954. 

Lit.: J. Hartzheim, Bibliotheca Coloniensis, Köln 
1747; A. Schmitz, Psalteriolum harmonicum, Zf Mw 
IV, 1921/22, darin 4 Stücke; J. Götzen, Über d. 
Trutz-Nachtigall, KmJb XXXVII, 1953; W. Kahl, 
Studien zur Kölner Mg., = Beiträge zur rheinischen 
Mg. UI, Köln u. Krefeld 1953. 

Gipps, Ruth, * 20. 2. 1921 zu Bexhill-on-Sea 
(Sussex) ; englische Komponistin, Pianistin, Obo- 
istin und Dirigentin, studierte 1937-42 am Royal 
College of Music in London bei G. Jacob, ferner 
bei R. O. Morris und Vaughan Williams. 1942 
heiratete sie den Klarinettisten R. Baker. Mit der 
Kantate The Cat für A., Bar., Doppelchor und 
Orch. op. 32 erwarb sie 1948 in Durham den Grad 
eines Doctor of Music. Seitdem tritt sie auch als 
Dirigentin auf und leitete u. a. 1957 eine Auffüh- 
rung von Beethovens IX. Symphonie in der Royal 
Festival Hall zu London. Weitere Werke: Ma- 
zeppa's Ride für Frauenchor und Kammerorch. 
op. 1 (1937); The Temptation of Christ für S., T., 
Chor und Kammerorch. op. 6 (1939); Tondich- 
tung Knight in Armour op. 8 (1940) ; Quintett für 
Ob., Klar, und Streichtrio op. 16 (1941); Quartett 
Flax and Charlock für Englisch Horn und Streich- 
trio op. 21 (1941); I. Symphonie F moll (1942); 
Rhapsodie in Es für Klar, und Streichquartett op. 
23 (1942) ; Violinkonzert in B op. 24 (1943) ; Ton- 
dichtung Death on the Pale Horse op. 25 (1943) ; 
IL Symphonie in H op. 30 (1945); Cringlemere 
Garden, Impression für Streichorch. op. 39 (1952) ; 
Violinsonate op. 42 (1954); Klarinettensonate op. 
45 (1955) ; Streichquartett op. 47 (1956); Doppel- 
konzert für V., Va und Kammerorch. op . 49(1957). 

Gir$ldus Cambrensis (Gerald de Barri), * 1147 
zu Manorbier (Pembroke, Wales), f 1223 wahr- 
scheinlich zu Lincoln; walisischer Geistlicher, stu- 
dierte in Paris und wirkte zeitweise am englischen 
Hof. 1185 und 1188 reiste er durch Irland und 
Wales. In seinen Reiseberichten, der Topographia 
Hibemica (1187) und der Descriptio Cambriae (1198) 
berichtet er auch über usuelle Mehrstimmigkeit, 
wobei es sich wahrscheinlich in Nordengland um 
Zweisthnmigkeit in Quinten und Quarten, in 
Wales um Borduntechnik han delt. 


Ausg.: GA hrsg. v. J. S. Brewer, J. F. Dimock u. 
G. F. Warner, 8 Bde, London 1861-91 (in: Rerum 
britannicarum medii aevi scriptores). 

Lit.: Rjemann MTh; J. Handschin, Der Organum- 
Traktat v. Montpellier, in: Studien zur Mg., Fs. G. 
Adler, Wien u. Lpz. 1930; M. Schneider, Gesch. d. 
Mehrstimmigkeit II, Bin 1935; M. F. Bukofzer, Po- 
pulär Polyphony, MQ XXVI, 1940; ders. in MGG V, 
Sp. 1142; Ll. Hibberd, G. C. . . ., JAMS VIII, 1955; 
ders., G. C. on Welsh Populär Singing, in: Essays on 
Music, Fs. A. T. Davison, Cambridge (Mass.) 1957. 

Giranek, Anton ->Jiranek. 

Girard (jir'a:^, Narcisse, * 27. 1. 1797 zu Nan- 
tes, f 16. 1. 1860 zu Paris; französischer Dirigent 
und Violinist, Schüler von Baillot, 1830-32 Kapell- 
meister der Italienischen Oper, 1837 in gleicher 
Stellung an der Komischen und 1846 an der Gro- 
ßen Oper als Nachfolger Habenecks, wurde 1847 
Violinprofessor am Conservatoire und Dirigent 
der Concerts du Conservatoire, 1856 Musikdirek- 
tor der Großen Oper. Er war mit Berlioz befreun- 
det und leitete 1834 die Uraufführung von dessen 
»Harold en Italie«. Während er die »Hugenotten« 
dirigierte, starb er an einem Schlaganfall. 

Girardon, Rende-Madeleine Masson, 
Paul Marie. 

Giraut de Boraelh (gir'aut), (Guiraut de Bomeil), 
provenzalischer Troubadour aus der 2. Hälfte des 
12. Jh. Er wirkte u. a. am Hofe Alfons II. von Ara- 
gonien und war auch an einem Kreuzzug beteiligt. 
Von ihm sind über 70 Liedertexte überliefert, in 
der Mehrzahl Minnelieder, aber auch Sirventesen 
und Tenzonen. In der später verfaßten Vita wird 
er »maestro dels trobadors« genannt. Bisher sind 
nur 4 der Melodien von G. bekannt. 

Ausg. u. Lit.: A. Kolsen, Sämtliche Lieder d. 
Trobadors G. de B., mit Übers., Kommentar u. 
Glossar . . ., I/II, Halle 1910—35; ders., G. v. B., d. 
Meister d. Trobadors, in: Beiträge zur germanischen 
u. romanischen Philologie VI, 1894; A. Thomas, 
»Giraut de Bomeil« ou »Guiraut de Bomelh«, in: 
Romania XXXV, 1906; B. Panvini, Giraldo de B., 
trovatore del sec. XII., Catania 1949; H. Angl^s, La 
Müsica a Catalunya fins al segle XIII, — Bibi, de 
Catalunya, Publicacions del Departament de Müsica 
X, Barcelona 1935 (Melodien zu P— C 242,51 »No 
posc sofrir qu’a la dolor« u. 242,64 »Reis glorios, 
verais lums e clartatz«); Fr. Gennrich, Der musika- 
lische Nachlaß d. Troubadours, = Summa Musicae 
Medü Aevi III, Darmstadt 1958 (alle Melodien); P-C 
242,64 (»Reis glorios . . .«) auch in: Th. G&rold, 
Hist, de la musique des origines ä la fin du XIV® s., 
Paris 1936, - H. Besseler, Die Musik d. MA u. d. 
Renaissance, — Bücken-Hdb., Potsdam (1931), - 
Davison- Apel Anth. 1, 18c, - Fr. Gennrich, Artikel 
Guiraut de B., MGG, - ders., Troubadours, Trou- 
vöres, Minne- u. Meistergesang, =• Das Musikwerk, 
Köln (1951). 

Gimfitis, Walter, * 16. 6. 1894 zu Posen; deut- 
scher Komponist, lebt in Hamburg. Zunächst 
Schüler von E. Krause, studierte er Musik haupt- 
sächlich als Autodidakt. Nach dem 1. Weltkrieg 
trat er als Konzertpianist und Begleiter auf, war 
1930-34 Schauspielkapellmeister und arbeitet seit- 
her beim Rundfunk in Hamburg. Er schrieb zahl- 
reiche Orchesterwerke, darunter Festmusik der 
Schiffergilde (1939), Gartenmusik (1939), eine Ballett- 
suite Die Moriskentänzer des Erasmus Grosser (1954), 
tänzerische Musik, Konzerte, Kantaten ( Volks - 
lieder-Suite 1952j, Kammermusik (Serenade für 


630 



Giustiniani 


5 Bläser 1938), die Funkopem Kalif Storch (1937) 
und Fantasien im Bremer Ratskeller (1939), die Schul- 
opem Das große Ei und Der gestiefelte Kater , Lieder, 
KlaviermuSk, Film-, Hörspiel-Jugend- und Schul- 
musik. 

Girschner, Christian Friedrich Johann, * 1794 
zu Spandau bei Berlin, f August 1860 zu Liboume 
(Gironde) ; deutscher Komponist, studierte Munk 
in Berlin unter Zelter und B. Klein und wurde 
Organist. Ab 1822 leitete G. die von Logier nach 
den Grundsätzen der Chiroplastmethode einge- 
richtete Klavierschule. In die Polemik über Lo- 
giers Methode griff G. mit einer Schrift Über J. B. 
Logier' s neues System des musikalischen Unterrichts 
ein (Berlin 1826). Die Gegner siegten, und G. 
mußte sich eine andere Existenzquelle suchen. 1833 
gab er die Berliner Musikalische Zeitung heraus, die 
sich nur ein Jahr lang behauptete (darin beachtens- 
werte Aufsätze über C. Kreutzer und Marschner 
mit Werkverzeichnissen). An Kompositionen G.s 
entstanden in dieser Zeit 3 Opern, Symphonien, 
Ouvertüren, Kirchenmusik, Lieder und Männer- 
chöre. Der G.schen Komposition von Fouquds 
Undine (Konzertaufführung Berlin 1830, auf der 
Bühne Danzig 1837) gab der Dichter wegen ihrer 
»größeren Gemütlichkeit« den Vorzug vor der 
phantastischeren Musik E. Th. A. Hoffmanns. An 
die Danziger Aufführung knüpfte sich eine in der 
»Allgemeinen Musikalischen Zeitung« von 1837 
ausgefochtene Polemik zwischen G. und Truhn an. 
1838 ging G. nach Jena, im gleichen Jahre als Thea- 
terkapellmeister nach Aachen, 1842 als Organist 
der protestantischen Kirche und Lehrer für Orgel 
an das Conservatoire nach Brüssel. Trotz seiner 
nunmehr gesicherten Lebensstellung scheint er 
nach dieser Zeit nur noch wenig komponiert zu 
haben, wahrscheinlich, weil er sich immer mehr 
dem Trünke ergeben hatte. 1848 mußte er seine 
Stellen niederlegen, ging nach Gent, war ab 1851 
Theaterkapellmeister in Rochefort, zuletzt Semi- 
narorganist in Liboume. 

Gistoii (g'istu:), Nicolas (Gistow), 1 19. 7. 1609 
zu Kopenhagen; dänischer (?) Komponist, war ab 
1598 Altist in der Kapelle Christians IV. von Däne- 
mark und schrieb 2 Madrigale (bei M. Borch- 
grevinck, Giardano novo II, Kopenhagen 1606) 
sowie 2 Pavanen und 2 Gaillarden (bei C. Hilde- 
brand, Ander Theil auserlesener Paduanen, Ham- 
burg 1606). 

Ausg. : 2 Pavanen u. 2 Gaillarden, hrsg. v. B. Engelke, 
Musik u. Musiker am Gottorfer Hofe, Breslau 1930. 
Lit.: J. Röntgen, De muziek aan het hof van Chri- 
stian IV van Denemarken, in: TVer IV, 1885; Ch. 
van den Borren, Geschiedenis van de muziek in de 
Nederlanden I, Amsterdam-Antwerpen 1949. 

Giuliam(d 3 uÄ'ani), Giovanni Francesco, * um 
1760 zu Florenz, f nach 1820; italienischer Kom- 
ponist und Violinist, Schüler Nardinis, war Kon- 
zertmeister des Teatro Nuovo in Florenz. Von ihm 
erschienen gegen Ende des 18. Jh. in London und 
Florenz Streichquartette op. 2 und 7, 3 Cembalo- 
konzerte op. 4, 6 Klaviersonaten op. 6, ein Quin- 
tett für Fl. und Streichquartett op. 13. Ferner kennt 
man eine Symphonie (1818) und 6 Quartette für 
Mandoline, V., Vc. (oder Va) und Laute. 

Lit : J. Zuth, Die Mandolinhandschriften . . ., Zf Mw 
XIV, 1931/32. 


Giuliani (d'juX'ani), Mauro, * 1781 zu Barletta 
(Bari), f 8. 5. 1828 zu Neapel; italienischer Gitar- 
rist und Sänger, ging 1807 nach Wien, wo er bis 
1819 blieb und jus Virtuose und Lehrer gefeiert 
wurde, dann über England, Rußland und Parma 
nach Neapel. Seine die Zahl 200 übersteigenden 
Werke sind fast durchweg für Gitarre allein oder 
in mannigfaltigen Kombinationen mit anderen In- 
strumenten geschrieben (Konzerte mit Orch., 
Quintette mit Streichinstrumenten, Trios, Duos, 
auch für 2 Gitarren). G.s Tochter Emilia G.- 
Giulelmi trat gleichfalls als Gitarristin auf. Sein 
Sohn Michele (* 16. 5. 1801 zu Barletta, f 8. 10. 
1867 zu Paris) wurde 1850 Gesanglehrer am Pariser 
Conservatoire. 

Ausg.: op. la, 12, 14, 19, 21, 23, 30, 41, 48, 51, 75, 
77, 80, 82, 83, 100, 111, 139, 147, 148, 150, hrsg. v. J. 
Zuth in: Klassiker d. Gitarre, Wien ab 1923; in 
Schott’s Gitarre-Arch. (Mainz) op. la, 48 (hrsg. v. 
H. Ritter), 111 (hrsg. v. J. Zuth), 139, 147, 150 (hrsg. 
v. V. Avila); op. 25 u. Trio f. 3 Gitarren aus op. 71, 
hrsg. v. H. Albert, Die Gitarre in d. Hausmusik VII 

u. XIV, Lpz. 1921 ; 3 Sonatinen op. 71, hrsg. v. dems., 
Lpz. 1921; Stücke in: Alte Meister d. Gitarre II, 
hrsg. v. E. Schwarz-Reefungen, Bin 1919, u.: Alte 
Gitarrenmusik, hrsg. v. Fr. Klämbt, Magdeburg 
(1919). 

Lit.: J. Zuth, S. Molitor, Wien (1919); A. Koczirz, 
Wiener Handschriften v. M. G., in: Musik im Haus 
VI; R. Ferrari, M. G., in: Der Gitarrefreund XXXI, 
1930; ders., M. G., Bologna 1934. 

Giunta, GiacomoundLucaAntonio->Junta. 

Giuranna (djurianna), Barbara, * 18. 2. 1902 zu 
Palermo; italienische Komponistin, absolvierte 
1919 das Konservatorium in Palermo mit Klavier- 
diplom, 1921 das Konservatorium in Neapel mit 
Kompositionsdiplom und setzte ihre Komposi- 
tionsstudien in Mailand bei Ghedini fort. Als hoch- 
geschätzte Komponistin in Rom lebend, hat sie am 
Konservatorium eine Dozentur für Harmonielehre 
und Kontrapunkt inne. Unter ihren vielfach preis- 
gekrönten Werken befinden sich 2 Opern, Chor- 
und Orchesterwerke sowie Kammermusik. Für 
ihren Sohn, den Bratschisten Bruno G., besorgte 
sie Neuausgaben altitalienischer Violenmusik. 

Giustmi (dgust'ini), Lodovico, * um 1700 zu 
Pistoja; italienischer Komponist. Seine 1732 in 
Florenz gedruckten 12 Sonate da Cimbalo di piano e 
forte op. 1 sind wohl das erste Werk, das ausdrück- 
lich für Cristoforis Hammerklavier komponiert 
wurde. 

Ausg. : Twelve Piano-Forte Sonatas of L. G., Faks. 

v. R. E. M. Harding, Cambridge 1933. 

Lit. : R. E. M. Harding, The Earliest Pianoforte 
Music, ML XIII, 1932; L. Hoffmann-Erbrecht, 
Deutsche u. ital. Klaviermusik zur Bachzeit, = Jenaer 
Beitr. zur Musikforschung I, Lpz. 1954. 

Giustiniani (d 3 ustiji'ani), Leonardo, * wahr- 
scheinlich 1388 und + (10. ?) November 1446 zu 
Venedig; italienischer Staatsmann und Humanist, 
schrieb nebenher Canzoni e strambotti (gedruckt 
1482), 8zeilige Gedichte in venezianisch gefärbter 
Vulgärsprache für eine Singstimme mit Instru- 
mentalbegleitung. Diese Lieder hatten so großen 
Erfolg, daß die ganze Gattung den Namen Giusti- 
niane (oder Veneziane) erhielt, jedoch gelten nur 
27 dieser Giustiniane als G.s Gedichte. G. schrieb 
auch Laudi spirituali und versah seine Dichtungen 


631 



Giustmiani 


selbst mit Melodien bzw. unterlegte sie bekannten 
Weisen. In dieser Form erhielt sich die Giustiniana 
bis um 1500. Die Giustiniane der 2. Hälfte des 16. 
Jh. sind 3st. Villanellen im venezianischen Dialekt; 
Hauptquellen hierfür sind 2 in Venedig bei Scotto 
erschienene Bücher: 1570 mit Sätzen von A. 
Gabrieli, Bell’ Häver, Merulo, B. Donato und 
anderen, 1575 mit Sätzen von Gioseflfo PoHcred. 
Die u. a. von Dunstable vertonte Ballata O rosa 
bella stammt wahrscheinlich von G. 

Ausg.: Poesie, hrsg. v. B. Wiese, Bologna 1883. 

Lit: T. Ortolani, Appunti su L. G., Feltre 1896; 
A. D* Ancona, Studi sulla poesia popolare, Livorno 
21906 (darin Ausg. d. Strambotti); O. Baroncelu, 
Le canzonette di I- G., Forll 1907 ; H. Riemann, Hdb. 
d. Mg. II, 1, Lpz. 1907; H. Springer, Zu L. G., 
SIMG XI, 1909/10; B. Fenigstein, L. G., Halle 1909 ; 
G. Bellanovich, Per Pedizionecritica delle canzonette 
di L. G., Giomale stör, della letteratura ital. CX, 
1937; A. Einstein, The Greghesca . . ., Journal of 
Renaissance and Baroque Music I, 1946/47; ders., 
The Ital. Madrigal I, Princeton 1949; F. Ghisi, Stram- 
botti e Laude, CHM 1, 1953. 

Giustiniani (d 3 ustiji'ani), Vincenzo, Marchese 
di Bassano, * 13. 9. 1564 auf Chios, f 28. 12. 1637 
zu Rom; italienischer Adliger und Kunstsammler 
in Rom, schrieb eine Reihe von Abhandlungen, 
von denen der Discorso sopra la musica de 9 suoi tempi 
(1628; handschriftlich), Aufschlüsse über die Mu- 
sik um 1600 gibt. 

Ausg.: Discorso sopra la musica, hrsg. v. S. Bonoi, 
Lucca 1878, danach in A. Solerti, Origini del melo- 
dramma, Turin 1903. 

Gizzi (dj'iddzi), Domenico, * 1680 zu Arpino 
bei Neapel, f nach 1758 zu Neapel; italienischer 
Gesanglehrer, unterhielt 1720-40 eine angesehene 
Gesangsschule in Neapel, wo Feo, Latilla und G. 
Conti (der sich II Gizziello nannte) zu seinen Schü- 
lern gehörten. Kompositionen G.s sind nicht er- 
halten. 

Gizziello Conti, Gioacchino. 

Gladau, Otto Christian, * 19. 11. 1770, t 27. 7. 
1853 zu Königsberg; deutscher Komponist, stu- 
dierte Theologie, war 1788 letzter Kollege an der 
Tragheimer Kirchschule, 1791-1849 Kantor an der 
Kneiphofschen Kirche (Domkirche) in Königs- 
berg. Er schrieb Kirchenkantaten, darunter auch 
die Trauerkantate bey der Leichenbestattung Kants am 
24.Febr . 1804 (Text gedruckt. Dichter nicht ge- 
nannt). Die Partitur (für Chor, Soli und großes 
Orch.) verzeichnet die Namen der Mitwirkenden. 
Lit.: G. Küsel, Beitr. zur Mg. der Stadt Königsberg 
i. Pr., = Königsberger Studien zur Mw. II, Königs- 
berg 1923; H. Güttler, Königsbergs Musikkultur 
im 18. Jh., Königsberg 1925. 

Gladstone (gTsedsten), Francis Edward, * 2. 3. 
1845 zu Summertown bei Oxford, f 6. 9. 1928 zu 
Hereford; englischer Organist, war 1859-64 in 
Winchester Schüler von S. S. Wesley, bekleidete 
Organistenposten in Weston super Mare, LlandafF, 
Chichester, Norwich und London (Christuskirche 
1881-86), trat dann zur katholischen Kirche über 
und wurde 1887 Chordirektor an St. Mary of the 
Angels in Bayswater (London). Er schrieb Kan- 
taten (Oratorium Philippi 1883), kirchliche und 
Kammermusikwerke. 


Glaeser, Joseph Franz, * 19. 4. 1798 zu Ober- 
georgenthal bei Brüx (Böhmen), j* 29. 8. 1861 zu 
Kopenhagen; deutsch-böhmischer Komponist und 
Dirigent, studierte 1813-17 Violine am Prager 
Konservatorium (Pixis), war 1817-30 Theater- 
kapellmeister in Wien und ging 1830 nach Berlin, 
wo er am Königstädtischen Theater wirkte. Am 
1. 7. 1842 wurde er auf Empfehlung J. P. A. Hart- 
manns vorläufig an die Königliche Kipelle nach 
Kopenhagen berufen und erhielt am 1. 3. 1843 mit 
der dänischen Staatsbürgerschaft die Ernennung 
zum wirklichen Hofkapellmeister. Seine zahlrei- 
chen Werke hatten, mit Ausnahme der Oper Des 
Adlers Horst (Berlin 1832), keinen größeren Eifolg. 
52 Bühnenwerke (größtenteils Singspiele und Pos- 
sen), Kantaten, Gesänge, Ouvertüren für Orch. 
usw. sind in 186 Bänden in der Königlichen Biblio- 
thek zu Kopenhagen erhalten. 

Lit: W. Neumann, F. G., Lpz. 1859; H. Pfeil, F. G., 
Lpz. 1870; Selbstbiographische Notizen im 5. Bd 
seiner »Composita mixta«. 

Gläser, Karl Gotthelf, * 4. 5. 1784 zu Weißen- 
fels, f 16. 4. 1829 zu Barmen; deutscher Chorleiter, 
besuchte die Thomasschule in Leipzig (J. A. Hiller, 
A. E. Müller), gründete 1811 in Barmen einen 
Frauenchor, 1817 den Barmer Singverein und war 
später Musikalienhändler. G. gab Klavierwerke, 
Choräle und Schulliederbücher heraus sowie : Neue 
praktische Klavierschule (1817); Kurze Anweisung 
zum Choralspiel (1824); Vereinfachter und kurz ge- 
faßter Unterricht in der Theorie der Tonsetzkunst 
mittels eines musikalischen Kompasses (1828). 

Gläser, Paul, * 22. 3. 1871 zu Untermarxgrün 
(Vogtland), f 4. 4. 1937 zu Großenhain; deutscher 
Kirchenmusiker, war Schüler seines Vaters, der 
als Kantor in Erlbach bei Markneukirchen amtierte, 
und der Musikfachschule in Markneukirchen sowie 
des Seminars (L. Lohse) in Plauen, bezog das Leip- 
ziger Konservatorium (C. Reinecke, Piutti und 
Homeyer) und wirkte ab 1901 als Kirchenmusik- 
direktor in Großenhain. Gl. hat sich durch ein 
Oratorium Jesus (für Soli, Chor, Orch. und Org.) 
bekannt gemacht; außerdem erschienen: 3 Helte 
Schlichte fromme Weisen für S. und Org., einige 
Hefte Choralvorspiele und einige Motetten für 
gern. Chor. Ein Opemdreiakter Das Kirchlein im 
See wurde 1922 in Altenburg aufgeführt. 

Glahn, Henrik, * 29. 5. 1919 zu Vejle; dänischer 
Musikforscher, studierte an der Universität Kopen- 
hagen, wo er 1945 Assistent von J. P. Larsen wurde, 
sich 1954 mit einer Arbeit über Melodistudier til den 
lutherske salmesangs historie fra 1524 til ca. 1600 
(2 Bände, Kopenhagen 1954) habilitierte und 1957 
ein Lektorat für Musikwissenschaft erhielt. Sdt 
1955 ist er Leiter des Musikhistorischen Museums 
und der Carl-Claudius-Sammlung alter Musik- 
instrumente in Kopenhagen. 

Glanville-Hicks (gl'amvü), Peggy, * 29. 12. 
1912 zu Mdboume; australische Komponistin, 
studierte am Konservatorium in Mdboume, am 
Royal College of Music in London (Komposition 
bd Vaughan Williams), bd N. Boulanger in P aris 
und Wefiesz in Wien. 1942 ging sie nach den USA, 
wo sie 1946 Musikkritikerin der New York Herald 
Tribüne wurde, in das Sekretariat des International 
Music Fund der UNESCO eintrat und das Gene- 


632 



Glass 


ralsekretariat des Composers* Forum an der Co- 
lumbia University (New York) übernahm. Sie 
schrieb Ballette, die Oper Caedmon , Orchester- 
und Kammermusik, Chorwerke (darunter Choral- 
Suite), Lieder, Filmmusiken. 

Glare^nus, eigentlich Heinrich Loriti, * Juni 
1488 zu Mollis (Kanton Glarus), f 28. 3. 1563 zu 
Freiburg im Breisgau; Schweizer Humanist und 
Musiktheoretiker, besuchte nach 1497 die Stifts- 
schule in Bern und folgte seinem Lehrer Michael 
Rubellus von dort nach Rottweü (1501). Ab 1506 
an der Universität Köln immatrikuliert, studierte 
er u. a. Musik bei Cochlaeus, wurde 1510 magister 
artium und 1512 von Kaiser Maximilian zum Dich- 
ter gekrönt (poeta laureatus). 1514-17 wirkte er als 
Magister und Leiter einer Burse in Basel; eine 
solche leitete er auch während seines (durch ein 
Stipendium ermöglichten) Aufenthaltes in Paris 
(1517-22). Seine anschließend wieder in Basel aus- 
geübte Lehrtätigkeit brach er, durch den Verlauf 
der Reformation bewogen, 1527 ab, indem er nach 
Freiburg im Breisgau zog. Hier erhielt er 1529 eine 
Professur für Poetik, die er bis zu seinem Tod inne- 
hatte. Gl. war ein Mann von allseitiger Bildung 
und großer Gelehrsamkeit, befreundet u. a. mit 
Erasmus von Rotterdam und Justus Iipsius. Unter 
Gl.s Werken (Verzeichnis bei Schreiber und 
Fritzsche) nehmen die musiktheoretischen Schrif- 
ten zahlenmäßig nur geringen Anteil ein, doch 
haben sie durch ihre originellen Ideen wohl am 
stärksten auf Mit- und Nachwelt gewirkt. Schon 
die Isagoge in musicen entfernt sich mit ihrer Ten- 
denz zur Vereinfachung des Lehrgebäudes und zur 
Reform gewisser Termini von den Bahnen des 
Hergebrachten. Gl.s Bemühungen um sachgemäße 
Interpretationen literarischer Zeugnisse antiker 
Musik bekunden die Horaz-Antinotationes. In dem 
um 1519-39 entstandenen Dodekachordon sucht Gl., 
gestützt auf Zeugnisse antiker Theoretiker sowie 
auf eine aus der »Natur« des diatonischen »genus« 
abgeleiteten Argumentation, den Beweis zu füh- 
ren, daß an Stelle der überlieferten 8 Kirchentöne 
deren 12 (für Choral- wie für Figuralmusik) anzu- 
nehmen seien. Hiermit glaubt er, den in Antike 
und christlicher Frühzeit herrschenden, während 
der letztvergangenen Jahrhunderte jedoch durch 
Unwissenheit verderbten Zustand der Tonarten- 
lehre wiederherzustellen. Als musikalische Quelle 
bedeutsam ist das Dodekachordon durch die Auf- 
nahme vieler zeitgenössischer Komponisten (Jos- 
quin, Isaac, Senfl u. a.) sowie einer Anzahl ein- 
stimmiger Oden-V ertonungen Gl.s. Verbreitung 
fand Gl.s Tonartenlehre alsbald durch ihre Über- 
nahme bei Ponthus de Tyard (1555), Zarlino (1. 
und 2. Auflage der Istitutioni harmoniche, 1558 
und 1562), G. Dreßler u. a. sowie durch ihre prak- 
tische Erprobung in den Kompositionszyklen des 
Gl.-Schülers Herpol, des Utendal und anderer. 
Werke (soweit sie zur Musik Beziehungen haben) : 
Isagoge in musicen (Basel 1516); In Q. Horatium 
Flaccum . . . Annotationes (Freiburg im Breisgau 
1533, unveränderte Neuauflagen 1539, 1548); 
Vorwort zu Q. Horatii Flacci Poemata omnia , Studio 
ac diligentia H. Gl. recognita . . . (ebenda 1540) ; 
Ausgabe der Schriften des Boethius (Basel 1546, 
darin die »Musica«) ; Dodekachordon (ebenda 1547). 
- Von Gl.s Stiefsohn Johannes Litavicus W on- 


neger ist zu nennen Musicae Epitome sive compen 
dium ex Gl. Dodecachordo (Basel 1557 und 1559, auch 
deutsch als Uß Gl. Mustek ein ußzug . . ., Basel 1557). 
Ausg.: Gl. Dadecachordon, in Übers, hrsg. v. P. 
Bohn, = PGfM XVI, 1888-90; Briefe Gl.s an J. Aal 
aus den Jahren 1538-50, hrsg. v. E. Tatarinoff, 
Solothum 1895. 

Lit: H. Schreiber, H. L. GL, Freising 1837; O. F. 
Fritzsche, Gl., Frauenfeld 1890; W. Kahl, Studien 
zur Kölner Mg. d. 16. u. 17. Jh., «= Beitr. zur rheini- 
schen Mg. III, Köln u. Krefeld 1953; W. Gurlitt, 
Die Kompositionslehre d. deutschen 16. u. 17. Jh., in: 
Kgr.-Ber. Bamberg 1953; H. Birtner, Studien zur 
niederländisch - humanistischen Musikanschauung, 
Heidelberg 1930; E. Kirsch, Studie zum Problem d. 
H. L., in: Fs. A. Schering zum 60. Geburtstag, Bin 
1937; B. Meier, H. L. Gl. als Musiktheoretiker Oh 

Vorbereitung)- BM 

Gl^senapp, Carl Friedrich, * 3. 10. 1847 und 
t 14. 4. 1915 zu Riga; deutscher Wagnerforscher, 
studierte in Dorpat Philologie und vergleichende 
Sprachwissenschaft und war Dozent der deutschen 
Sprache und Literatur am Polytechnikum in Riga. 
Gl.s Hauptwerk, das trotz seiner Einseitigkeit und 
seines orthodox Bayreuther Standpunkts ihn in 
die Reihe der Musikerbiographen großen Stils 
stellt, ist Richard Wagners Lehen und Wirken (die 
umfassendste Biographie des Bayreuther Meisters, 
2 Bände, Kassel und Leipzig 1876/77 ; in 3. Auflage 
unter dem Titel Das Lehen Richard Wagners, 6 
Bände, Leipzig 1894-1911, 51923; englische Über- 
setzung von W. A. Ellis, 6 Bände, London 1900 
ff.). Außerdem schrieb er: Wagner-Lexikon, Haupt- 
begriffe der Kunst- und Weltanschauung R. Wag- 
ners (mit H. v. Stein, Stuttgart 1883); Wagner- 
Encvklopädie, Haupterscheinungen der Kunst- und 
Kulturgeschichte im Lichte der Anschauung R. Wag- 
ners (2 Bände, Leipzig 1891) ; Siegfried Wagner (Ber- 
lin 1906) ; Siegfried Wagner und seine Kunst (Leipzig 
1911; neue Folge als Schwarzschwanenreich, 1913; 
neue Folge II als Sonnenflammen, herausgegeben 
von P. Pretzsch, 1919) und gab Briefe und Ge- 
dichte Wagners heraus: Bayreuther Briefe R . Wag- 
ners, 1871-83 (Berlin 1907); Familienbriefe von R. 
Wagner, 1832-74 (Berlin 1907); Gedichte von 
R. Wagner (Berlin 1905). Gl. war Mitarbeiter der 
Bayreuther Blätter. 

Glass, Louis Christian August, * 23. 3. 1864 und 
f 22. 1. 1936 zu Kopenhagen; dänischer Kompo- 
nist, Schüler seines Vaters Christian Hendrik Gl. 
(* 18. 5. 1821 und f 12. 8. 1893 zu Kopenhagen, 
Komponist und Direktor eines von ihm gegrün- 
deten Konservatoriums) und von N. W. Gade, 
später von Zarembski und J. Wieniawski (Klavier) 
in Brüssel. Er war 1915-18 Dirigent des Dänischen 
Konzertvereins, wurde Direktor des von seinem 
Vater gegründeten Konservatoriums und Leiter des 
Musikpädagogischen Vereins in Kopenhagen. Als 
Komponist waren seine Vorbilder Bruckner und 
C. Franck. Seine späteren Werke zeigen eine 
national-romantische Färbung. Werke: Ballett 
Artemis (Kopenhagen 1917); 6 Symphonien, die 
fünfte: Sinfonia svastica C dur op. 59; Orchester- 
suite Sommerliv op. 27; Ouvertüren: Der Volks- 
feind und Dänemark; Fantasie für Kl. und Orch.; 
Oboenkonzert op. 3; Streichquartette; Streich- 
sextett op. 15; Klavierquintett op. 35; Klavier- 
stücke ; Musik zu einer Dichtung von J. P. Jacobsen 
op. 16; Lieder. 


633 



Glasunow 


Glasunow, Alexander Konstandnowitsch, * 29. 
7. (10. 8.) 1865 zu St. Petersburg, + 21. 3. 1936 zu 
Paris; russischer Komponist, Sohin eines Buch- 
händlers, gewann 1879-81 unter Rimskij-Korsa- 
kows Anleitung sichere Formbeherrschung (Lieder, 
Streichquartett G dur 1879, Fuge für Streichquar- 
tett 1881), begann 1888 auch als Dirigent hervor- 
zutreten. 1899 trat er als Professor für Partiturspiel 
und Theorielehre in das St. Petersburger Konser- 
vatorium ein und übernahm 1900 eine Klasse für 
Instrumentationslehre. GL, als der bedeutendste 
Vertreter des Kreises um Rimskij-Korsakow und 
den Verleger Beljajew anerkannt, legte aus Protest 
gegen die Entlassung Rimskij-Korsakows 1905 
seine Ämter nieder, übernahm aber nach Beilegung 
des Streites gegen Ende des Jahres als Nachfolger 
seines Lehrers die Leitung des Konservatoriums, 
die er bis 1928 hatte. Die Universitäten Cambridge 
und Oxford ernannten ihn 1907 zum Doktor der 
Musik, die Accademia di Santa Cecilia in Rom 
1914 zum Ehrenmitglied. GL wurde 1922 zum 
Volkskünstler der Sowjetunion ernannt und ver- 
trat die Sowjetunion 1928 auf dem Wiener Schu- 
bertkongreß, zog es aber vor, seine letzten Tahre in 
Paris zu verbringen. Sein Schaffen, in dem das 
nationale Element nur als Farbe hinzutritt, wird 
bestimmt von den zyklischen Formen des 19. Jh. 
und der kontrapunktischen Durchdringung des 
Satzes. Am bekanntesten blieb sein hochvirtuoses 
Violinkonzert A moll op. 82 (uraufgeführt 1905 
von L. Auer). GL schrieb: 9 Symphonien (I Sla- 
wische Edur op. 5, 1881; II Zum Gedächtnis 
Iiszts Fis moll op. 16, 1886; DI D dur op. 33, 1890; 
IV Es dur op. 48, 1893; V B dur op. 55, 1895; VI 
C moll op. 58, 1896; VD Pastorale F dur op. 77, 
1903; VIH Es dur op. 83, 1906; IX D moll, 1909, 
nicht fertig instrumentiert, 1. Aufführung nach 
Ergänzung durch G. Jüdin 1948); 2 Ouvertüren 
über griechische Themen op. 3 (1884) und op. 6 
(1885); 2 Orchesterserenaden op. 7 (1883) und 
op. 11 (1884); Tondichtung Stenka Rasin op. 13 
(1885); Orchestermazurka op. 18 (1888); Or- 
chesterphantasien Les (»Der Wald«) op. 19 (1887), 
More (»Das Meer«) op. 28 (1889), Kreml op. 30 
(1891), Werna (»Frühling«) op. 34 (1891); Fest- 
marsch zur Eröflnung der Weltausstellung in Chi- 
cago op. 40 (1892; mit Chor ad libitum) ; Camaval 
für Orch. op. 45 (1893); Orchestersuite Chopiniana 
op. 46 (1892) ; Konzertwalzer D dur op. 47 (1893) 
und F dur op. 51 (1894) ; Baüettsuite op. 52 (1894) ; 
Festouvertüre op. 73 (1900); Orchestersuite Is 
srednich wekow (»Aus dem Mittelalter«) op. 79 
(1902) ; Dramatische Ouvertüre Pesn sudby (»Lied 
des Schicksals«) op. 84 (1908); Symphonischer 
Prolog zum Gedächtnis Gogols op. 87 (1909); 
Finnische Orchesterphantasie op. 88 (1909) ; Cor- 
Üge Solennel für Orch. op. 91 (1909); Karelische 
Legende für Orch. op. 98 (1918) ; Epische Ouver- 
türe (1934) ; Violinkonzert A moll op. 82 (1904) ; 

2 Klavierkonzerte (F moll op. 92, 1911, und H dur 
op. 100, 1917) ; Oberek-Mazurka für V. und Orch. 
(1917) ; Konzertballade C dur für Vc. und Orch. 
(1931); Saxophonkonzert (1934); 4 Chorkantaten; 

3 Ballette für M. Petipa, darunter Raimonda op. 57 
(1897) ; Musik zu O. Wüdes »Salome« op. 90 
(1909; getanzt von I. Rubinstein, Choreographie 
von Fokin); 7 Streichquartette (I D dur op. 1, 
1882; II F dur op. 10, 1884; ID Slawisches G dur 


op. 26, 1888; IV A dur op. 64, 1894; V D moll op. 
70, 1898; VI B dur op. 106, 1921; VH C dur op. 
107, 1930); Finale des B-la-f- (Beljajew-) Streich- 
quartetts (1886) ; 5 Novelletten für Streichquartett 
op. 15 (1886) ; Meditation für V. und Kl. op. 32 
(1891); Suite für Streichquartett op. 35 (1891); 
Quartett für 4 Blechbläser op. 38 (1892) ; Streich- 
quintett A dur op. 39 (1892); Elegie für Va und 
Kl. op. 44 (1892); Thema und Variationen für 
Streichquintett (1913); Quartett für 4 Saxophone 
(1932); Klaviersuite Sascha op. 2 (1883); Pradu- 
dium und Fuge für Kl. op. 62 (1899) ; 2 Klavier- 
sonaten (B moll op. 74 und E moll op. 75, beide 
1901); 2 Poeme für Kl. (1918); 2 Phantasien für 
2 IG. (1920 und 1930) ; 3 Praeludien und Fugen für 
Org. (D dur op. 93, 1906; D moll op. 98, 1914; 
Nr 3 1926, umgearbeitet 1929); Orgelphantasie 
(1935) ; viele Lieder. 

Lit: A. K. GL, 2 Bde, Moskau 1955 (darin Briefe); 
P. I. Tschaikowsky, S. I. Tanejew: Pisma, hrsg. v. V. 
A. Schdanow, Moskau 1955, darin 32 Briefe GLs an 
Tanejew; Briefwechsel mit Tschaikowsky in d. Sam- 
melband Sowjetskaja musyka III, Moskau u. Lenin- 
grad 1945; Briefe in Sowjetskaja Musyka 1941, 1946 
und 1955; A. Gl., hrsg. v. H. Günther, Bonn 1956 
(darin Dokumente u. Erinnerungen). - A. W. 
Ossowsku, A. K. Gl., St. Petersburg 1907; N. A. 
Rimskij-Korsakow, Letopismojej musykalnoj schisni. 
St. Petersburg 1909 (unvollständig), Moskau 7 1955, 
deutsch Stuttgart 1927; V. M. Beljajew, A. K. Gl. 
1, 1, Petrograd 1922; W. Derschanowsku, A. K. GL, 
Moskau 1922; I. Glebow (d. i. B. Wl. Assafjew), Gl., 
Leningrad 1924; M. D. Calvocoressi u. G. Abra- 
ham, Masters of Russian Music, NY 1936; W. 
Wanslow, Simfonitscheskoje twortschestwo A. K. 
Gl.a (»Das symphonische Schaffen A. K. GLs«), 
Moskau u. Leningrad 1950; E. Bogatyrjewa, Za- 
metki o musykalnom Stile A. K. Gl.a (»Bemerkungen 
zum mus. Stil A. K. Gl.s«), in: Woprosy musykos- 
nanüa I, 1953/54. 

Glebow, Igor Assafjew. 

Gleissner, Franz, * 1759 oder 1760 zu Neustadt 
an der Waldnab, f vermutlich 18. 9. 1818 zu 
München; deutscher Notendrucker, war Mitglied 
der kurfürstlichen Hofkapelle in München, kom- 
ponierte zahlreiche Instrumentalwerke, auch einige 
Opern, ist aber bekannter durch die Einführung 
des lithographischen Notendruckes. Gl. gründete 
in München 1796 mit A. Senefelder, dem Erfinder 
der Lithographie, eine Druckerei, in der die ersten 
Hthograpmschen Notendrücke entstanden, dar- 
unter ein Heft Lieder von Gl. (1798). Er errichtete 
1799 für J. A. Andrd in Offenbach eine große 
Steindruckerei, reiste später zur Verbreitung seiner 
Erfindung nach Wien und lebte zuletzt, ab 1806 
im Staatsdienst, in München. 

Lit: C. Wagner, Alois Senefelder, Lpz. 1914. 

Glenck, Hermann von, * 5. 1. 1883 zu Zürich, 
t 2. 3. 1952 zu Thun; Schweizer Komponist, stu- 
dierte in Zürich bei L. Kempter und an der Hoch- 
schule für Musik (Kahn) in Berlin, war Korrepeti- 
tor in Weimar (1902/03) und Metz, 1908-11 Ka- 
pellmeister am Landestheater in Stuttgart. Er 
schrieb: Lieder, Orchesterballaden, ein Klavier- 
und ein Violinkonzert, Kammermusik, Orchester- 
werke, eine Variationensuite über ein eigenes 
Thema, eine einaktige Oper Das Frühlingsfest. 

Lit: E. Henneberger, H. v. GL, in: SMZ XCII, 
1952. 


634 



Glinka 


Gletle, Johann Melchior (auch Glettle), * An- 
fang Juli 1626 zu Bremgarten (Aargau), f 6. 9. 
1683 zu Augsburg; Schweizer Komponist, wirkte 
als Domkapellmeister in Augsburg. Von Gl. er- 
schienen zwischen 1667 und 1684 in Augsburg bei 
Erfurt und Schönigk Sammlungen von Motetten, 
Psalmen, Messen, Magnifikatkompositionen, Li- 
taneien, weltlichen Gesängen und Stücken für 
Trumscheit. Nach H.J. Moser ist Gl. identisch 
mit J. M. de Glesle, von dem Stücke in der Straß- 
burger Hs. 2490 enthalten sind. 

Ausg.: 12 Trompeterstücklein, hrsg. v. W. Schuh, in: 
Schweizer Sing- u. Spielmusik VI, Zürich 1932; 2 
Liedsätze, hrsg. v. dems., in: Schweizer Sing- u. Spiel- 
musik X, Zürich 1933; 2 Stücke, hrsg. v. H. J. Moser, 
in Corydon Bd II, Braunschweig (1933) ; ein weltliches 
Concert, hrsg. v. M. Seiffert, in Organum IX. 

Lit.: H. P. Schanzlin, J. M. Gl.s Motetten, — Publi- 
kationen der Schweizerischen Musikforschenden Ges. 
II, 2, Bern (1954). 

Gli&re, Reinhold Moritzowitsch, * 30. 12. 1874 
(11. 1. 1875) zu Kiew, f 23. 6. 1956 zu Moskau; 
russischer Komponist, Sohn eines aus Belgien 
stammenden Blasinstrumentenmachers, erhielt 
seine musikalische Ausbildung 1891-94 in Kiew 
durch Sevcik, dann bis 1900 am Moskauer Kon- 
servatorium durch S. Tanejew, Ippolitow-Iwanow, 
Arenskij, Konjus und Hrimaly; ergänzende Diri- 
gierstudien trieb er 1905-07 in Berlin. Ab 1900 
lehrte er in St. Petersburg, wo Mjaskowskij und 
Prokofjew zu seinen ersten Schülern gehörten, 
und schloß sich dem Kreis um Rimskij-Korsakow 
und M. P. Beljajew an. 1913 wurde er Professor 
für Komposition am Konservatorium Kiew, des- 
sen Direktor er 1914-20 war, danach als Nach- 
folger Tanejews am Moskauer Konservatorium 
tätig. Weitere Schüler: Chatschatuijan, Frolow, 
Knipper, Mossolow und Rakow. Ausgedehnte 
Studien zur Volksmusik verschiedener Völker der 
Sowjetunion, für die er 1941 zum Doktor der 
Kunstwissenschaften ernannt wurde, beeinflußten 
sein kompositorisches Schaffen nachhaltig. Er 
schrieb: I. Streichsextett op. 1 (1898); I. Streich- 
quartett op. 2 (1899); Streichoktett op. 5; II. 
Streichsextett op. 7 (1904) ; I. Symphonie Es dur 
op. 8 (1900); III. Streichsextett op. 11 (1905); II. 
Streichquartett op. 20 (1905); II. Symphonie C 
moll op. 25 (1907) ; Tondichtung Sireny (»Die 
Sirenen«) op. 33 (1908) ; III. Symphonie H moll 
Hja Muromez op. 42 (1911); Tondichtung Sapo- 
roschzy (»Die Saporoger Kosaken«, nach einem 
Bild I. Repins) op. 54 (1921); Ballett-Pantomime 
Kleopatra (nach Puschkin; 1925); Oper Schacht 
Senem (Baku 1927, Umarbeitung 1934); Revo- 
lutionsballett Krasnyj mak (»Roter Mohn«; 1927, 
Umarbeitung 1949) ; HI. Streichquartett (1928) ; 
Melodram Gülsara (Taschkent 1936, mit T. Sady- 
kow zu einer Oper erweitert 1949); Harfenkon- 
zert (1938); Oper Lejli i Medschnun (mit T. Sady- 
kow, Taschkent 1940); Tondichtung Sapowit 
(1941); Konzert für Koloratursopran (Vocalise) 
und Orch. (1943); IV. Streichquartett (1946); 
Cellokonzert (1946); Oper Rachel (nach Mau- 
passant; Moskau 1947); Hornkonzert (1951); 
Lieder, Klavierstücke, Schauspiel- und Filmmu- 
siken. 

Lit.: S. Bugoslawsku, R. M. Gl., Moskau 1934 
(russ. u. deutsch); K. Sbschensku, R. M. Gl., Mos- 


kau 1935, 21940; I. Belza, R. M. Gl., Moskau 1955; 
ders., Koßzerty GLa (»Gl.s Konzerte«) Moskau 
1955. 

Glinka, Michail Iwanowitsch, * 20. 5. (1. 6.) 
1804 zu Nowo-Spaskoje bei Jelne (Gouvernement 
Smolensk), f 15. 2. 1857 zu Berlin; russischer 
Komponist, kam 1818 in das Adelsinstitut von St. 
Petersburg, an dem Cavos die Chorübungen lei- 
tete. Daneben studierte er Violine bei Böhm, Kla- 
vier bei Field und dessen Schüler Ch. Mayer, 
Theorie bei J. L. Fuchs und nahm italienischen 
Gesangsunterricht. Sein erstes gedrucktes Werk 
(1825) sind Klaviervariationen über ein italienisches 
Thema. Außer vielen Klavierstücken und Liedern 
entstanden in diesen Jahren ein Septett Es dur für 
Ob., Fag., Horn und. Streicher (1824), eine Sym- 
phonie B dur, 2 Ouvertüren G moll und D dur 
und 3 einzelne Sätze (D moll) für Orch. (alle um 
1824), ein Trio pathetique D moll für Klar., Fag. 
und Kl. (1827), eine Bratschensonate D moll (nur 
2 Sätze, 1825-28), ein Streichquartett F dur (1830) 
sowie Gelegenheitschöre. Zur Stärkung seiner Ge- 
sundheit reiste Gl. 1829 in den Kaukasus, 1830-33 
nach Italien. In Mailand, Rom und Neapel machte 
er sich mit der italienischen Opemkunst vertraut 
und wurde bekannt mit Donizetti, Bellini, Men- 
delssohn, vielleicht auch mit Berlioz. Er schrieb in 
Italien weitere Klaviervariationen und -fantasien, 
ein Klaviersextett über Motive aus Bcllinis »Son- 
nambula«, eine Serenade über Motive aus Doni- 
zettis »Anna Bolena« für Harfe (oder Kl.), Va, Vc., 
Fag. und Hom und ein Klaviersextett Es dur. Mit 
der Zeit befriedigte ihn die italienische Musik 
nicht mehr, und er machte auf der Heimreise in 
Berlin Station, wo ihm Dehn durch das Studium 
der Musik J. S. Bachs und älterer Kirchenmusik 
sowie des Wiener symphonischen Stils zur Ausbil- 
dung eines (besonders in der Harmonik) eigenen 
Stils verhalf. GL begann 1834 eine Symphonie 
D moll (beendet 1938 von Schebalin), beschäftigte 
sich aber nach der Heimkehr bald ausschließlich 
mit der Komposition seines ersten Hauptwerks, 
der Oper Schisn sa Zarja (»Das Leben für den 
Zaren«, ursprünglich unter dem Titel Iwan Sus - 
sanin). Vom 27. 11. (9. 12.) 1836, dem Tage der 
ersten Aufführung dieser Oper (in St. Petersburg) 
wird der Anfang einer nationalen russischen Musik 
datiert, die sich von der Nachahmung sowohl des 
italienischen wie des deutschen Vorbilds freihält. 
Gl. war 1837-39 Direktor der Hofsängerkapelle, 
schrieb 1840 eine Musik zu Kukolskijs Tragödie 
»Fürst Cholmskij« und brachte am 27. 11. (9. 12.) 
1842 seine zweite Oper Ruslan und Ljudmila (nach 
Puschkin) heraus. Der gerade in St. Petersburg an- 
wesende Liszt war von dem Werk begeistert und 
schrieb eine Transkription über den »Tscherkessen- 
marsch«. 1845 ging Gl. über Berlin und Paris (wo 
er mit Berlioz zusammentraf) nach Spanien, be- 
schäftigte sich eingehend mit dem spanischen 
Volksgesang und entwarf 2 spanische Ouvertüren 
Jota aragonesa (1845) und Recuerdos de Castilla (auch 
bekannt als: Souvenirs d’une mit d'iti ä Madrid , 
1848). Tragen die 4 Orchestertänze der Jahre 
1839/40 (von denen die Valse-fantaisie H moll 1856 
neu bearbeitet wurde) noch ebenso wie die gleich- 
zeitigen weltlichen und geistlichen Chorwerke den 
Charakter von Gelegenheitsstücken, so schuf Gl. 
mit den beiden spanischen Ouvertüren und der 


635 



1848 in Warschau geschriebenen Phantasie über 
l russische Volkslieder (bekannt als Katnarinskaja) 
rine eigene russische Form der Lied- bzw, Tanz- 
phantasie für Orchester, die von Borodin, Tschai- 
kowsky, Rimskij-Korsakow und den meisten an- 
deren russischen Komponisten des 19. Jh. über- 
lommen wurde. Von Warschau ging Gl. 1851 
zurück nach St. Petersburg, brach 1852 erneut 
lach Spanien auf, blieb aber bis 1854 in Paris, wo 
sr eine Ukrainische Symphonie nach Gogols 
►Taras Bulba« begann (unvollendet). Nach Ruß- 
and zurückgekehrt schrieb er 1854-55 in Zarskoje 
Selo (bei seiner Schwester Ljudmila Schestakowa) 
md St. Petersburg seine Memoiren. Um sich die 
kompositionstechnischen Grundlagen für weitere 
große Plane anzueignen, ging Gl. 1856 noch ein- 
mal zu Dehn nach Berlin, mit dem er anhand von 
Zarlino und J. S. Bach erneute Studien trieb. Nach 
rinem Hofkonzert, in dem Meyerbeer Stücke aus 
>Ruslan« aufgeführt hatte, zog sieb Gl. eine Er- 
kältung zu, die schließlich zu seinem Tode führte. 
Eine große Zahl von Manuskripten Gl.s, beson- 
ders mit Kompositionen aus der frühen Zeit, liegen 
in der Leningrader Bibliothek. 

Arnsg.: Schisn sa Zaija, hrsg. v. L. I. Schestakowa, 
St. Petersburg 1881; dass., bearb. v. N. A. Rimskij- 
Korsakow u. A. K. Glasunow, Lpz. 1907; dass., 
K1.-A. unter d. Titel Iwan Sussanin (mit d. Textbearb. 
v. S. Gorodezku), Moskau u. Leningrad 1942, 21949 ; 
Ruslan u. Ljudmila, hrsg. v. L. I. Schestakowa, St. 
Petersburg 1878, 2 1885, bearb. v. M. A. Balakjrew 
u. S. M. Ljapunow, Moskau o.J., KI.-A. dieser 
Bearb. Moskau u. Leningrad 1933, 21947; M. A. 
Balakirew u. S. M. Ljapunow gaben ferner heraus 
(alles Moskau o. J.): Musik zu »Fürst Cholmskij«, 
sämtliche Lieder (auch Moskau 1919), Streichquar- 
tett F dur (auch Moskau u. Leningrad 1936), Kama- 
rinskaja (auch Moskau u. Leningrad 1948), d. 2 spa- 
nischen Ouvertüren u. Valse-fantaisie für Orch. ; N. A. 
Rimsku-Korsakow u. A. K. Glasunow gaben her- 
aus (alles Lpz.): Musik zu »Fürst Cholmskij« (1902), 
ECamarinskaja (1902), d. 2 spanischen Ouvertüren 
[1901) u. Valse-fantaisie für Orch. (1902); Bratschen- 
lonate, hrsg. u. ergänzt v. W. Borissowsku, Moskau 
2* Leningrad 1932, 21947 ; Streichquartett D dur, hrsg. 
r. N. J. Mjaskowsku u. Schhunsku, Moskau u. 
Leningrad 1948; Pathetisches Trio, Moskau u. Lenin- 
srad 1950. 


Lit: K. Albrecht, Tematitscheskij peretschen ro- 
nansow, pesen i oper M. I. Glinki (»Thematisches 
/erz. d. Romanzen, Lieder u. Opern Gl.s«), Moskau 
[891; N. F. Findeisen, Katalog notnych rukopisej, 
>isem i portretow M. I. Glinki (»Kat d. Notenhand- 
chriften, Briefe u. Portraits M. I. G1.S«), St. Peters- 
>mg 1898; A. S. Ljapunowa, Rukopisi M. I. Glinki 
»Die Handschriften M. I. Gl.s«,Kat), Leningrad 1950. 
riteratumoje nasledije (»literarischer Nachlaß«), 
• Bde, hrsg. v. W. Boodanow-Beresowsku, Moskau 
1. Leningrad 1952-53 (Bd I Memoiren, II Brief- 
wechsel u. a.); Sapiski (»Erinnerungen«), hrsg. v. 
Vl. W. Stassow, St Petersburg 1887 (darin auch d. 
rsten Entwürfe zu d. beiden Hauptopem u. Erinne- 
ungen v. GLs Schwester); dies., hrsg. v. A. N. Rim- 
kij-Korsakow, Moskau u. Leningrad 1930; dies., 
rsg. v. S. L. Ginsburo, Moskau u. Leningrad 1937 
larin auch d. »Bemerkungen zur Instrumentation«) • 
1. 1. GL, O musyke i musykantach (Ȇber Musik u! 
fusiker«), hrsg. v. A. A. Orlow, Moskau 1954; ge- 
unmelte Briefe gab N. F. Findeisen heraus (St Pe- 
Tsburg 1907), weitere in Musykalnij sowremennik 
-II, 1915/16— 1916/17. R. Petzoldt u. E. Grass, M. 
rL, Sein Leben in Bildern, Lpz. 1955. 

[. I. GL, Sboraik materialow i statej (»Sammelband 
Materialien u. Aufsätzen«), hrsg. v. T. N. Liwa- 


\S 


nowa, Moskau u. Leningrad 1950; M. I. Gl. Issle- 
dowanija i materialy (»Forschungen u. Materialien«), 
hrsg. v. A. W. Ossowsku, Moskau u. Leningrad 
1950; viele Aufsätze u. mehrere Sonderhefte in So- 
wjetskaja musyka; Musykalnaja letopis II— III, 1923- 
1925. - W. F. Odojewsku, Isbrannyje musykalno- 
krititscheskije statji (»Ausgewählte musikkritische 
Aufsätze«), Moskau u. Leningrad 1951 ; ders., Statji 
0 M. I. Glinke (»Aufsätze über M. I. Gl.«), hrsg. v. 
G. Bemandt, Moskau 1953; Wl. W. Stassow, M. I. 
Gl., in: Russkij westnik 1857, neu hrsg. Moskau 
1953; H.A. Laroche, Sobrannije musykalnich- 
krititscheskich statej I, Moskau 1913; ders., Isbran- 
nije statu o Gl. (»Slg v. Aufsätzen über GL«), Moskau 
1953 ; E. Carozzi, M. GL, Mailand 1874; C. Cui, La 
musique en Russie, Paris 1880; O. Fouqu£, M. I. Gl., 
Paris 1880; P. Weimarn, M. I. GL, Moskau 1892; A. 
N. Serow, Krititscheskije statji (»Kritische Auf- 
sätze«) II-IV, St Petersburg 1892-95; ders., Isbran- 
nije statej (»Auswahl v. Aufsätzen«) I, Moskau u. 
Leningrad 1950; N. F. Findeisen, GL w Ispanü (»Gl. 
in Spanien«), St Petersburg 1896; ders., M. I. Gl., 
Moskau 1898, 21903; E. AdaIewsky, GL, RMI XI, 
1907, u. XVII, 1910; M. D. Calvocoressi, GL, Paris 
1913; ders. u. G. Abraham, Masters of Russian Mu- 
sic, London u. NY 1936. 

M. Montagu-Nathan, GL, London 1916; B. Wl. 
Assafjew, Simfonitscheskije etjudi (»Symphonische 
Etüden«), Petrograd 1922; ders., GL, Moskau 1947, 
2 1950; ders., Isbrannyje trudy I: Isbrannyje raboty o 
M. I. Glinke (»Gesammelte Werke I: Gesammelte 
Arbeiten über M. I. GI.«), Moskau 1952; O. v. Rie- 
semann, Monographien zur russ. Musik I, München 
1923; K. A. Kusnezow, GL i jewo sowremenniki 
(»GL u. seine Zeitgenossen«), Moskau 1926; G. 
Abraham, On Russian Music, London 1939; D. 
Brook, Six Great Russian Composers, London 1946; 
A. Altajew, M. I. GL, Moskau u. Leningrad 1947; 
1. 1. Martynow, M. I. GL, Moskau 1947; B. I. Sa- 
gursku, M. I. GL, Leningrad 1948; E. Kann-Nowi- 
kowa, M. I. GL, nowyje materialy i dokumenty 
(»M. I. G1., neue Materialien u. Dokumente«), 2 Bde, 
Moskau u. Leningrad 1950-51 ; S. Schlifstein, GL i 
Puschkin (»Gl. u. Puschkin«), Moskau 1950; Ws. 
Uspensku, M. I. G1., Leningrad 1950; A. A. Orlow, 
M. I. GL, hrsg. v. B. Wl. Assafjew, Moskau 1952; 
P. G. Dippel, Klingende Einkehr, M. Gl. u. Bin, Bin 
1953; M. I. Remesow, M. I. GL, deutsch v. E. M. 
Arndt, * Musikbücherei f. jedermann II, Lpz. 1953; 
A. Ogolewez, Zametki ob estetike M. I. Glinki 
(»Bemerkungen zur Ästhetik M. I. GLs«), in: Wo- 
prosy musykosnanya I, 1953/54; T. G. Rosowa u. 
E. A. Tudorowskaja, M.I. GL, Leningrad 1955; 
Vl. F£dorov, Le voyage de M. I. Gl. en Italie, CHM 
H, 1956. 

Glh&sld (gl'irjnriri), Mateusz, * 6.4.1892 zu 
Warschau; polnischer Komponist und Musik- 
schriftsteller, studierte 1909-13 am Warschauer 
Konservatorium, 1913/14 bei Riemann, Schering, 
Nikisch und Sitt in Leipzig, 1914-16 bei Glasunow 
und Tscherepnin in St Petersburg. Er wirkte als 
Dirigent in Petersburg und Warschau, lebte dann 
in Warschau als Kritiker, Komponist und (1924 
bis 1939) Herausgeber der Zeitschrift Muzvka, 
ging 1940 nach Rom, wo er die Monatsschrift 
Muaca gründete und als Dirigent auftrat. Er 
schrieb eine Oper, Orchesterwerke, Klaviermusik, 
Lieder und Chorwerke. Von seinen Veröffent- 
lichungen sind zu nennen: A. Skriabin (Warschau 
1933), Asprilio Pacetti (Rom 1941), Paderewski (Flo- 
renz 1942) und die Gesamtausgabe der Werke von 
A. PacelH (Rom 1948 ff.). 

Glock, William, * 3. 5. 1908 zu London; eng- 
lischer Mu sikkri tiker und Pianist, lebt in London. 



Gluck 


1926-30 besuchte er die Orgelklasse des Caius 
College in Cambridge (E. Dent, B. Ord) und stu- 
dierte 1930-33 in Berlin bei A. Schnabel Klavier. 
Seine Laufbahn als Pianist stellte er zugunsten 
musikkritischer (Daily Telegraph, Observer) und 
organisatorischer Tätigkeit (Mozartkonzertreihen) 
zurück. Er ist seit 1948 Leiter der von ihm ge- 
gründeten Summer School of Music at Bry anston 
(Dartinton Hall, Devon) und Herausgeber der 
Musikzeitschrift »The Score«, die sich in erster 
Linie für zeitgenössische Musik ein setzt, seit 1954 
Vorsitzender der Britischen Sektion in der ISCM. 
In dem 1956 gegründeten Haydn-Klavier-Trio 
wirkt er als Pianist. In der Reihe der Penguin Books 
veröffentlichte er eine Schubert-Biographie (1934). 

Glöggl, - 1) Franz Xaver, * 21. 2. 1764 und 
f 16. 7. 1839 zu Linz; österreichischer Musikpäd- 
agoge, Sohn des Linzer Stadttumermeisters und 
nachmaligen Wiener Hoftheatermusikers Joseph 
Gl. (* um 1739 zu Baden bei Wien, f 28. 5. 1806 
zu Wien), war 1790 Stadtmusikdirektor in Linz 
sowie Theateruntemehmer in Linz und Salzburg, 
1798 Domkapellmeister in Linz. Er gründete 1797 
in Linz die erste Musikschule, unterhielt 1803-07 
eine Musikalienhandlung und schrieb: Erklärung 
des musikalischen Hauptzirkels (Linz 1810); Allge- 
meines musikalisches Lexikorf (Linz 1812; nicht be- 
endet, nur 248 Seiten) ; Der musikalische Gottesdienst 
(Linz 1822). Seine Musikalien- und Instrumenten- 
sammlung kaufte 1824 die Gesellschaft der Musik- 
freunde in Wien. Sein Sohn - 2) Franz, * 2. 4. 
1796 zu Linz, f 23* 1- 1872 zu Wien, österreichi- 
scher Musikalienhändler, Schüler seines Vaters und 
von Salieri, errichtete 1844 in Wien eine Musi- 
kalienhandlung, die 1872 von Bösendorfer gekauft 
wurde, gab 1852-62 die Neue Wiener Musikzeitung 
heraus, war mehrere Jahre Archivar der Gesell- 
schaft der Musikfreunde, gründete 1849 eine Aka- 
demie der Tonkunst, die 1855 wieder einging, so- 
wie später eine Gesangschule »Polyhymnia«. Sein 
Sohn - 3) Anton, * 29. 12. 1826 und 1 24. 2. 1858, 
war ab 1844 im Geschäft von Franz GL tätig, ab 
1854 als Gesellschafter. 

Lit.: H. Abert, in ZIMG XIII, 1911/12, S. 311; O. 
Wessely, Musik in Oberösterreich, Linz 1951 ; ders.. 
Das Linzer Musikleben in d. ersten Hälfte d. 19. Jh., 
Linz 1953. 

Glover (gl'Ave), Sarah Ann, * 13. 11. 1786 zu 
Norwich, t 20. 10. 1867 zu Malvem; englische 
Musikpädagogin, ist die erste Begründerin der 
Tonic-SoKa-Methode, gab heraus A Manual of the 
Norwich Sol-Fa-System (1845) und Manual contain- 
ing a Development of the Tetrachordal System (1850). 

Gluck, Alma (eigentlich Reba Fiersohn), * 11. 5. 
1884 zu Bukarest, t 27. 10. 1938 zu New York; 
amerikanische Sängerin (Sopran) rumänischer 
Herkunft, kam als Kind nach den USA, erhielt 
1906-09 Gesangsunterricht und war 1909-13 Mit- 
glied der Metropolitan Opera Company. A. Gl. 
ging dann nach Berlin, studierte bei M. Sembrich 
und trat nur noch gelegentlich als Konzertsängerin 
auf. In zweiter Ehe war sie mit dem Violinisten 
E. Zimbalist verheiratet. 

Gluck, Christoph Willibald (Ritter von), * 2. 
7. 1714 zu Erasbach bei Bercwng (Oberpfalz), 

1 15. 11. 1787 zu Wien; deutscher Komponist, der 


Erneuerer der ernsten Oper im Zeichen der Wahr- 
heit des Ausdrucks, der Einfachheit und der dra- 
matischen Einheitlichkeit, der Überwinder italie- 
nischer und französischer Opemkonventionen. 
Der Vater, Alexander GL (* 28. 10. 1683 als Sohn 
eines fürstlich Lobkowitzischen Försters) zog mit 
seiner Familie im Oktober 1717 von Erasbach nach 
Reichstadt als neuemannter Oberförster der Her- 
zogin von Toscana, wurde 1722 Forstmeister des 
Fürsten Philipp Joseph von Kinsky in Böhmisch- 
Kamnitz, 1727 Forstmeister des Fürsten Philipp 
Hyadnth von Lobkowitz. Der Mädchenname der 
Mutter, Maria Walpurga Gl., ist unbekannt. Spä- 
testens 1731 verließ der junge Gl. heimlich das 
elterliche Haus in Eisenberg (bei Komotau), um 
endgültig dem Zwang des Vaters zu entgehen, der 
den musikalischen Bestrebungen und Talenten des 
Sohnes allen denkbaren Widerstand entgegen- 
setzte. In Prag, wo GL 1731 in der Matrikel der 
Universität erscheint, suchte er sich als Musiker 
seinen Unterhalt zu verdienen. Eine oft behaup- 
tete persönliche Verbindung mit dem Kompo- 
nisten Cemohorskf ist nicht nachzuweisen. Auch 
im übrigen ist unsere Kenntnis von GLs früher 
Lebenszeit noch immer lückenhaft. Ab 1735, spä- 
testens Anfang 1736 in Wien tätig, wurde GL bei 
einer Soiröe im Palais Lobkowitz von dem lom- 
bardischen Fürsten Melzi entdeckt, dem er nach 
Mailand folgte, um Schüler G. B. Sammartinis zu 
werden. Nach 4jährigem Studium bei Sammartini, 
dem er noch in der Ouvertüre der Nozze d'Ercole 

seiner Metestasianischen Periode^iuemd beein- 
flussen sollte, trat Gl. als Opemkomponist auf, 
zuerst 1741 mit Artaserse (Mailand). Schnell folg- 
ten: Cleonice — Demetrio (Venedig 1742), Demo- 
foonte (Mailand 1742), Tigrane (Crema 1743), 
Arsace (Mailand 1744; teüweise Bearbeitung einer 
Oper Lampugnanis), Sofonisha (Mailand 1744; er- 
halten sind außer einigen Arien ein bedeutendes 
Duett und ein Accompagnato), das Pasticdo La 
ftnta schiava (Venedig 1744), Ipermestra (Venedig 
1744), Alessandro nelfe Indie = Poro (Turin 1744) 
und Ippolito (Mailand 1745). Ipermestra ist als ein- 
ziges Werk dieser Frühreihe vollständig erhalten. 
Eine Berufung nach London (Haymarket Theatre) 
resultiert in 2 Gelegenheitswerken von Pasticdo- 
charakter, mit vielen Sdbstentlehnungen, wie sie 
in allen Schaffensperioden zu GLs Charakteristik 
gehören: La caduta dei giganti, Artamene (bdde 
1746). Der nur zum Teü erfolgreiche Aufenthalt 
in London brachte Gl. mit Händel in Verbindung 
(gemeinsames Konzert März 1746 mit Orchester 
und Vokalsolisten). Erst im Juni 1747 trat Gl. 
wieder offiziell hervor mit der an instrumentaler 
und vokaler Virtuosität rdchen Serenata teatrale 
Le nozze d*Ercole e d*Ebe , die anläßlich einer hö- 
fischen Doppelhochzdt in Schloß Pillnitz bei 
Dresden am 29. 6. 1747 durch die Mingottische 
Opemtruppe aufgeführt wurde. Ein noch bedeu- 
tenderer Erfolg, durch österrdchischen Volkston 
verschönt, war Semiramide riconosciuta (Text: 
Metastasio, 14. 5. 1748 im Wiener Burgtheater). 
Im Herbst 1748 erschien GL in Hamburg als Ka- 
pellmeister der Truppe Mingotti, der er zweifellos 
schon vorher, wenn auch in mehr untergeordneter 
Stdlung, angehört hatte. Am 9. 4. 1749 führte die 
Truppe in Kopenhagen, Schloß Charlottenborg, 


637 



Gluck 


im Auftrag des dänischen Hofes Glucks Serenata 
teatrale La contesa de 9 Numi auf (Neuaufführung als 
»Gudemes Strid«, bearbeitet von Sv. Forchham- 
mer, 1956 in Schloß Charlottenborg). In Kopen- 
hagen trat GL, wie früher in London, auch als Vir- 
tuose der Glasharmonika (musical glasses) auf. Es 
folgten die Opern Ezio (Prag 1750), Issipile (Prag 
1751/52), beide aufgeführt durch die Truppe Loca- 
telli, der Gl. vorübergehend angehörte, sowie La 
clemenza di Tito (Neapel 1752), Abschluß und 
Höhepunkt des der Tradition Hasse-Metastasio 
verpflichteten Opemschaffens der Wandeijahre. 
1752 ließ sich Gl. endgültig in Wien nieder, wo 
er am 15. 9. 1750 Marianne Pergin, Tochter des 
Großkaufmanns Josef Perg, geheiratet hatte. Gl. 
trat dem Kreis und der »Musikalischen Akademie« 
des kunstfreudigen Prinzen von Sachsen-Hild- 
burghausen nahe (1754-56 »herzoglicher Kapell- 
meister»). Der pittoreske, zum Teil buffohafte 
Ein a k ter Le cinesi (»Die Chinesinnen«, Text von 
Metastasio), im Schloßhof der Besitzung des 
Prinzen 1754 festlich aufgeführt, wurde zum Auf- 
takt von Gl.s Wirken am Wiener Hof in der Aera 
Durazzo, der GL naher Gesinnungsgenosse und 
Protektor war. Der Auftrag, zunächst auf Kompo- 
nierung der Theatral- und Akademiemusik lau- 
tend, erhielt schließlich im Oktober 1774, durch 
Verleihung des Titels K. K. Hofkompositeur mit 
2000 Gulden Gehalt, offiziellen Charakter. 

Von italienischen Opern und Gelegenheitsarbeiten 
folgen: La danza, ein Pastoral a due (Schloß 
Laxenburg 1755, als Einleitung zu einem Ballett 
Starzers), Vinnocenza giustificata = La Vestale (ein 
ambitiöser Entwurf Durazzos mit Benutzung von 
Arientexten Metastasios, Wien 1755), Antigono 
(Rom 1756; nunmehr »Chevalier de Gluck«), 12 re 
pastore (Wien 1756), weiterhin die (bedeutende 
Chorabschnitte enthaltende) Serenata Tetide (Wien 
1760). In diesen Zeitraum gehören Bearbeitungen 
und Arbeiten auf dem Gebiet der Vaudevme- 
komödie und opdra comique am Wiener Hof, 
durchgefühlt teilweise in direktem Kontakt mit 
dem Dichter Favart (Paris), eine Tätigkeit, die für 
den sprachlichen, rhythmischen, orchestralen Stil 
und für die realistischen Züge von Glucks drama- 
tischen Meisterwerken Bedeutung gewinnen 
sollte, so L’Isle de Merlin (1758), Le diable et quatre 
(1759), Cythbre assiigie (1759; auch Paris 1775), 
L’arbre enehanti (1759, auch Versailles 1775), 
Uivrogne corrigi (1760, als »Der bekdhrte Trunken- 
bold« mehrfach neu aufgeführt), Le codi dupi 
(1761) und La rencontre imprbue (1764), das erfolg- 
reichste Stück dieser Reihe. Ausgesprochen refor- 
matorischen Charakter haben einige Tanzdramen, 
die in Zusammenarbeit mit dem Tänzer und Cho- 
reographen G. Angiolini und mit dem Dichter R. 
Calzabigi entstanden sind: Le festin de Pierre (= 
Don Juan , Wien 1761), Semiramis (Wien 1765), 
Alesseutdro (Moskau 1767, nach R. Gerber vielleicht 
identisch mit Alexandre et Roxane, Laxenburg 
1765), Vorfano della China (Wien 1774; die Echt- 
heit der farbenreichen Partitur, die Verwandt- 
schaft mit dem Exotismus der Oper Paride ed Elena 
verrät, wird neuerdings zuweilen mit biographi- 
schen Scheingründen angezweifelt) sowie ein Ballo 
Achitle (Partitur im fürstlich Schwarzenbergischen 
Zentralarchiv in Kr umm an ), 


Am 5. 10. 1762 fand in Wien die denkwürdige 
Uraufführung der »azione teatrale« Orfeo ed Euri- 
dice mit Text von Calzabigi statt, die erste der 
italienischen Reformopem und das noch heute be- 
kannteste, am meisten bewunderte Werk des 
Meisters (Erstdruck der Partitur Paris 1764). Calza- 
bigi, als die für die Durchführung von Glucks Re- 
form richtungweisende Persönlichkeit, ist auch 
der Textdichter der »tragedia messa in musica« 
Alceste (Wien 1767) sowie des Liebesspieles Paride 
ed Elena (Wien 1770, 1956 von Radio Turin 
wieder auf geführt). Über die Hauptzidie der Re- 
form (der Musiker im Dienste der dramatischen 
Idee, psychologische Durchdringung des Rezi- 
tativs bei Ausschaltung des Seccos, Erneuerung 
der Chorszene im Sinne des antiken Dramas, die 
Ouvertüre als Handlungsprolog) - aber auch über 
Mißverständnisse des Publikums äußerte sich Gl. 
in den berühmten Vorreden zu den Partituren der 
beiden letztgenannten Werke, Druck von 1769 
bzw. 1770. Die nicht von Calzabigi gedichteten 
italienischen Opern dieser Epoche stehen, im Schat- 
ten der sogenannten Reformarbeiten. Es sind 22 
trionfo di Clelia (Bologna 1763), 22 Pamasso confuso 
(Hochzeitsserenade von Metastasio, Schönbrunn 
1765), die Zauberoper Telemacco (Wien 1765), der 
Einakter La corona (1765, nicht aufgeführt), Prologo 
(zu spielen vor Traettas Iphigenia in Tauride, Flo- 
renz 1767), Le feste d 9 Apollo (Texte: Frugoni), ent- 
haltend: Prolog, Atto di Baud e Filemone, Atto 
d’Aristeo, dazu Orfeo als Abschluß (Parma 1769). 
Ein neuer, verständnisvoller Helfer erstand GL 
1772 in Le Blanc Du Roullet, Attachd der franzö- 
sischen Gesandtschaft in Wien, der für ihn Radnes 
Iphig&iie als Libretto bearbdtete und die Annahme 
der im selben Jahre beendeten Partitur (Iphigdnie 
en Aulide) an der Großen Oper in Paris vermittelte, 
dabei unterstützt von der Dauphine Marie-An- 
toinette, Glucks früherer Schülerin. Ein neu ent- 
fachtes Interesse für Lully als deklamatorisches 
Vorbild war für Gl.s Pariser Entschlüsse mitbe- 
stimmend. Unter der Leitung des Komponisten 
erfolgte am 19. 4. 1774 die erste Aufführung der 
neuen Oper, die außerordentliches Aufsehen er- 
regte. Auch Orpheus und Alceste , ins Französische 
übersetzt und umgearbeitet, wurde nun in Paris in 
einer von Gluck diktierten szenisch-musikalischen 
Form dargeboten, die mit dem erstarrten Auffüh- 
rungsstil der Großen Oper rücksichtdos auf räumte. 
Der Streit der Gluckisten (Abb6 Amaud, Suard) 
und Picdnnisten (Marmontel, La Harpe, d’Alem- 
bert) entbrannte - in Widerspruch zu G1.S betont 
übernationalen Zielen, aber im Einklang mit der 
dialektischrpolemischen Tradition der Pariser Li- 
teraten und Ästheten. Auf Drängen der Anhänger 
der Italiener wurde das Libretto »Roland«, das GL 
zur Komposition übergeben worden war, auch 
dem als Melodiker hochgeschätzten Neapolitaner 
Picdnni übertragen, worauf Gl. die S kizz en seiner 
Arbeit vernichtete. Armide , auf Grund des alten 
Quinaultschen Originaltextes mit stark subjekti- 
vistischen Zügen in der Gestaltung der Titelpartie 
komponiert, gewann e rst a llmählich Anerkennung 
(Uraufführung 23. 9. 1777) . Durch den strahlenden 
Sieg von Iphiginie en Tauride (Text: Guillard 
Beihilfe Du Roullets, 18. 5. 1779) offenbarte sich 
GL den Franzosen endgültig als Genie im Sinne 
Rousseaus. Die Nachwirkungen der Zielgebung 


638 



Gluck 


Gl.s zeigten sich in Frankreich besonders in kom- 
positorischen Versuchen (Mdhul, Cherubini), im 
deutschen Sprachgebiet besonders in der Heraus- 
bildung eines deklamatorisch geprägten neuen 
deutschen Gesangsstiles (siehe dazu die vielerör- 
terten Aufführungen der von J. B. von Abdnger 
übersetzten Iphigenie in Tauris in Wien 1781 und 
besonders 1807, ferner die Gesangskunst J. M. 
Vogls und A. Milder-Hauptmanns). In Dänemark 
wurde die Beliebtheit der übersetzten komischen 
Oper La rencontre imprhue (1776) mitbestimmend 
für die weitere Entwicklung des nationalen Sing- 
spiels. Dort trat auch C. Fr. Cramer (später in 
Kid) in seinem »Magazin der Musik« frühzeitig 
propagandistisch hervor. Wichtige Pflegestätten 
der Rdormwerke waren außer Wien und Paris die 
Stockholmer Hofoper unter Gustav DI. ab 1773 
(dem Jahr der Erstaufführung des Orpheus in 
schwedischer Übersetzung) sowie das Berliner 
Nationaltheater unter Hofkapellmeister B. A. 
Weber. Für das 19. und das frühe 20. Jh. seien 
weiter genannt: P. Viardot-Garcfa und H. Berlioz 
(als Kritiker und literarischer Propagandist) in 
Paris, W. Schröder-Devrient und R. Wagner in 
Dresden, der Theaterdirektor A. Neumann in 
Prag sowie das Wirken experimentierender Tanz- 
regisseure wie die Schwestern Duncan, R. von 
Laban und Jaques-Dalcroze (Hellerau). Hervor- 
zuheben sind bedeutende Liedkompositionen 
aus Gl.s Spätzeit auf Texte von F. G. Klopstock. 
Sieben davon erschienen 1785/86 in Wien gedruckt 
unter dem Titel: Klopstocks Oden und Lieder beym 
Clavier zu Singen in Musik gesetzt von Herrn Ritter 
GL Der Meister liebte es, sie selbst am Clavichord 
zu singen. Die weitgeschwungene Melodik dieser 
Lieder entspricht ebenso der rhythmisch-metrischen 
Gestalt wie dem seelischen Gehalt der Dichtung. 
Lieder wie Die Sommernacht und Die frühen Gräber 
nehmen wesentliche Züge des romantischen Stim- 
mungsliedes voraus. 

Für die moderne Gluckforschung und damit in- 
direkt für die Neubelebung Gl.s bedeutungsvoll 
waren das Erscheinen der Monumentalausgabe 
Pdletan, die Initiative M. Arends, die kurze Wirk- 
samkeit der von H. Abert gegründeten neuen 
Gluckgesellschaft (Gluck-Jahrbuch 1913-18) so- 
wie besonders der glückliche Start einer neuen 
Gesamtausgabe nach dem 2. Weltkriege. Die mu- 
sikwissenschaftliche Betrachtung von heute be- 
tont den Zusammenhang des Gl.schen Reform- 
gedankens mit der Opemästhetik Algarottis und 
mit den Bestrebungen Traettas am Hofe in Parma; 
sie sucht darüber hinaus vor allem den einheitlichen 
Ausdrucksstil zu erfassen, der nahezu das gesamte 
Werk des Meisters durchdringt und nicht selten 
durch Gleichheit der melodischen Substanz in ver- 
schiedenen Werken vertieft wird. Das, was uns 
ganz allgemein dem Opemtyp und der Musik 
Gl.s von neuem innerlich nahebringt, ist nicht zu- 
letzt das Vordringen neoantiker Tendenzen inner- 
halb der Moderne in Oper, Literatur und bilden- 
der Kirnst. - Berühmt ist die Portraitbüste Glucks 
von der Hand Houdons (Abguß im Kaiser-Fried- 
rich-Museum Berlin und im Nationalmuseum 
Stockholm). 

Ausg.: Alle Partituren der sogenannten Reformopern 
wurden noch zu Gl.s Lebzeiten erstmalig gedruckt 
Von den beiden Fassungen Orpheus sind kurze Bruch- 


stücke in Urschrift erhalten. Die Urschriften der bei- 
den Iphigenie-Opern sind verloren. Immerhin findet 
sich von Gl.s Hand ein längeres Manuskript-Bruch- 
stück der Singstimmen zu der Wiener Aufführung 
von Iphigenie in Tauris mit deutscher Übersetzung 
1781 (s. o.). Opern und Ballette in Partitur (vor allem 
kritische Neuausgaben): Pelletan-Ausg. d Pariser 
Opern Iphigenie en Aulide, Orphäe et Euridice, Al- 
ceste, Armide, Iphigenie en Tauride, Echo et Nar- 
cisse: Lpz. u. Paris 1873-96, hrsg. v. F. Pelletan, B. 
Damcke, C. Saint-SaSns, J. Tiersot. Außerdem (in 
chronologischer Folge d. Werke): Le Nozze d’Ercole 
e d’Ebe, hrsg. v. H. Abert, DTB XIV, 2; LTnnocenza 
giustificata = La Vestale, hrsg. v. A. Einstein, DTÖ 
XLIV (= Bd 82); L'Isle de Merlin, hrsg. v. G. Hauss- 
wald, GA IV, 1 ; Der bekehrte Trunkenbold (L’ivro- 
gne comg6), hrsg. v. Fr. Rühlmann, ebenda IV, 5; 
Le festin de Pierre =■ Don Juan, hrsg. v. R. Haas, 
DTÖ XXX, 2 (= Bd 60); Orfeo ed Euridice, hrsg. v. 
H. Abert, DTÖ XXI, 2 (— Bd 44a); La Rencontre 
imprövue = Die PÜger von Mekka, hrsg. v. M. Arend 
als Bd I der alten G1.-GA, Lpz. 1910; II Prologo, hrsg. 
v. P. Graf Waldersee, Lpz. 1891 ; Paride ed Elena, 
hrsg. v. R. Gerber, GA I, 4; Echo et Narcisse, hrsg. 
v. R. Gerber, GA I, 10; Ausgaben der Reformopem 
bei den Verlagen Des Lauriers (Paris), Bureau d’abon- 
nement musical (Paris), Peters (Lpz.), Breitkopf & 
Härtel (Lpz.), Eulenburg (Lpz. u. London). 
Neubearbeitungen: Iphigenie in Aulis (R. Wagner 
1847); Iphigenie auf Tauris (R. Strauss 1894). Die 
sogenannte »Maienkönigin« ist kein Original, son- 
dern ein nichtglucksches Arrangement von M. Kal- 
beck u. J. N. Fuchs unter Mitbenützung einzelner 
Gluckscher Nummern. 

Vollständige KL-A., deutsch u. frz. aus früherer und 
neuerer Zeit in großer Anzahl vorhanden, z. T. im 
Anschluß an d. neuen Partiturausg., so: Orpheus (H. 
Kleemann, Lpz. 1916 ;Fr. Rühlmann, Braunschweig 
1940); Alkestis, Urfassung (H. Viecenz, Lpz. o. J.); 
Die PÜger von Mekka (G. Raphael, Lpz. o. J.) ; Echo 
et Narcisse (K. Röttcher, Kassel u. Basel 1956). - 
Abschnitte und Einzelnummern aus Werken (vor 
dem Orfeo) : Demofoonte, Arien und Marsch Akt I, 
K1.-A. hrsg. v. J. Tiersot, Veröff. der Gl.-Ges. 1914, 
Heft I. - Lieder u. Gesänge: Klopstock - Oden f. 
eine Singst, u. Kl., hrsg. v. G. Beckmann, Veröff. der 
Gl.-Ges. 1917; Ode an den Tod aus J. Fr. Reichardt, 
Mus. Blumenstrauß 1792, hrsg. v. J. Liebeskind in: 
Nachträge zu Wotquennes Thematischem Verz. d. 
Werke Gl.s, Lpz. 1911; Lieder u. Arien von Chr. W. 
GL, hrsg. v. M. Friedlaender, Lpz. o. J.; Kantate 
I lamenti d’amore, nach Alceste von Gl. selbst zu- 
sammengestellt, hrsg. v. J. Liebeskind, Lpz. 1908.— 
Kirchenmusik: De profundis f. gern. Chor, Orch. u. 
Org., Kl.-A. hrsg. v. M. Arend, Hameln o. J. - In- 
strumentalmusik: 7 Triosonaten, hrsg. v. H. Reb- 
mann, Coli. mus. XXXII - XXXVIII; Sonaten I— III, 
hrsg. v. G. Beckmann, Veröff. d. GL-Ges. 1918, 1; 
Triosonate G moll, hrsg. v. G. Möbius, NMA CLVIII; 
Symphonie F dur und Ouvertüre D dur, hrsg. v. R. 
Gerber, Kassel o. J.; Symphonie F dur, hrsg. v. H. 
Scherchen, Zürich o. J.; eine Symphonie, hrsg. 
v. H. Gäl, Wien o. J.; Symphonie G dur, hrsg. v. 
A. Hoffmann, =» Deutsche Instrumentalmusik VI, 
Wolfenbüttel 1937 ; Flötenkonzert G dur (zweifelhaft), 
hrsg. v. H. Scherchen, Zürich o. J.; 4 Sätze aus 
Don Juan, hrsg. v. H. Krbtzschmar, Lpz. o. J.; 
Ballettstücke für Orch. aus Opern Gl.s, bearb. v. F. 
Mottl, Lpz. o. J. 

Lit : A. Wotquenne, Cat. th&matique des Oeuvres de 
Chr. W. GL, Lpz. 1904, mit deutscher Übers, v. J. 
Liebeskind; J. Liebeskind, Ergänzungen u. Nach- 
träge zu d. Thematischen Verz. . . . v. A. Wotquenne, 
Lpz. 1911, mit frz. Übers, v. L. Frankenstein; A. 
Loewenberg, Annals of Opera, Cambridge 1943, 
Genf 2 (1955); W. Boetticher, Über Entwicklung u. 
gegenwärtigen Stand d. GL-Edition, AMI XXX, 1958.. 


639 



Gluck 


O. Keller, Gl.-Bibliogr., Mk XIII, 1913/14; St. 
Wortsmann, Die deutsche GL-Lit., Diss. Lpz. 1914; 
E. Thoinan, Notes bibliogr. sur la guerre des Gluk- 
kistes . . ., Paris 1878. - Gl.-Jb. I-IV, hrsg. v. H. 
Abert, Lpz. 1913-18, mit Bibliogr. v. E. H. Müller. 
M&noires poxir servir k l’Hist. de la Revolution 
op6r de dans la Musique par M. le Chevalier Gl., hrsg. 
v. G. M. Leblond, Neapel 1781, deutsch v. J. G. 
Siegmayer als: Ueber d. Ritter GL, Bin 1823, 2 1837; 
Briefe, ausgewählt u. übersetzt v. W. M. Trhch- 
linger, Zürich 1951 ; Lettres de Gl. et ä propos de 
GL, hrsg. v. J.-G. Prod’homme, ZIMG XIII, 1911/12; 
Correspondance in6dite, in: RM de la SIM X, 1914; 
Lettres et documents inödits, hrsg. v. J. Tiersot, Le 
Mönestrel LXXX, 1914; 17 Briefe u. Dokumente in: 
Musiker-Briefe, hrsg. v. L. Nohl, Lpz. 1867, 2 1873 
(mit 3 weiteren Briefen Gl.s), engl. London 1867, frz. 
Paris 1870; 6 Briefe in: Briefe deutscher Musiker, 
hrsg. v. A. Einstein, Amsterdam 1939, Zürich u. 
Stuttgart 2 (1955). - Briefe in: Briefe v. u. an Klop- 
stock, hrsg. v. J. M. Lappenberg, Braunschweig 1867; 
Zwei unveröffentlichte Briefe an Carl August, hrsg. 
v. E. H. Müller, Mk XV, 1922; Briefe an Fr. Krut- 
hoffer, hrsg. v. G. Kinsky, Wien 1927; Don D. 
Tufarelli, Briefe, hrsg. v. A. Ademollo in: Fanciulla 
della Domenica 1890, Nr 9; R. Tenschert, Chr. W. 
Gl. Sein Leben in Bildern, Lpz. 1938; E. Vogel, GL- 
Portraits, JbP IV, 1897 ; J. Leroux, L’iconographie du 
Chevalier Gl., RM de la SIM X, 1914; L. M. Vau- 
zanges, L’öcriture de GL, ebenda; J.-G. Prod’homme, 
Les portraits fr?, de GL, RMI XXV, 1918; Ch. van 
den Borken, Un portrait inödit de Gl., Rev. de Musi- 
coL IX, 1925. 

Fr. Algarotti, Saggio sopra l’opera, o. 0. 1754 (un- 
vollständig), 2 1 755, Livorno 1763 (viele Neuausgaben) ; 
Ch. Burney, The Present State of Music in Gennany 
. . ., 2 Bde, London 1773, 2 1775, deutsch v. C. D. 
Ebeling u. J. J. Chr. Bode als »Tagebuch seiner Mus. 
Reisen« II— III Hamburg 1773, neu hrsg. als »Con- 
tinental Travels« v. C.H.Glover, London 1927; 
C. H. Riedel, Über d. Musik d. Ritters GL, Wien 
1775; J. Fr. Marmontel, Essai sur les rövolutions de 
la musique en Fran?e, Paris 1777; J. N. Forkel, Mus.- 
krit BibL, 3 Bde, Gotha 1778-79; J. Fr. Reichardt 
in: Studien f. Tonkünstler, hrsg. v. R. mit Fr. L. Ae. 
Kunzen, 2 Bde, Bin 1792; ders. in: Berlinische mus. 
Zeitung 1805/06; K. Ditters v. Dittersdorf, Le- 
bensbeschreibung, Lpz. 1801, neu hrsg. v. E. Istel 
(- Reclams Universal-BibL 5103/05, Lpz. 1908), E. 
Schmitz (= Deutsche Musikbücherei XXII, Regens- 
burg 1940) u. B. Loets (Lpz. 1940); Fr. Arnaud, 
CEuvres complötes, hrsg. v. L. Bhudou, 3 Bde, Paris 
1808; Ch.-S. Favart, Mömoires et correspon- 
dance . . ., hrsg. v. A. P. C. Favart u. H. F. Dumo- 
lard, 3 Bde, Paris 1808; J. Chr. Männlich, Ein 
deutscher Maler . . . Lebenserinnerungen, hrsg. v. E. 
Stollreither, Bin 1910, als: »Rokoko u. Revolu- 
tion« 2 1913. 

A. Schmid, Chr. W. Ritter v. GL, Lpz. 1854; A. B. 
Marx, GL u. d. Oper, 2 Bde, Bin 1863; H. Barbe- 
dette, GL, Paris 1882; A. Reissmann, Chr. W. v. GL, 
Bin u. Lpz. 1882; H. Weltt, GL, = Reclams Uni- 
versal-BibL 2421, Lpz. 1888; E. Newman, Gl. and the 
Opera, London 1895; J. d’Udine, GL, Paris 1906; 

J. Tiersot, GL, Paris 1910, 41919; m. Arend, GL, 
Bin u. Lpz. 1921; D. Fr. Tovey, The Heritage of 
Music n, hrsg. v. H. J. Foss, Oxford 1934; M. Coo- 
per, GL, London 1935, NY 1936; A. Einstein, GL, 
London u. NY 1936, deutsch Zürich u. Stuttgart 
(1954); H.J. Moser, Chr. W. GL, Stuttgart 1940; 

R. Gerber, Chr. W. GL, Potsdam (1941, 2 1950); W. 
Brandl, Chr. W. Ritter v. GL, Wiesbaden 1948; A. 
Della Corte, GL, Florenz 1948; J.-G. Prod’homme, 
G1., Paris 1948; R. Tenschert, Chr. W. GL, Olten 
u. Freiburg i. Br. 1951. 

Einzelarbeiten (ohne d. in d. GL-Jb.em enthaltenen 
Aufsätze): allgemein: E. Th. A. Hoffmann, Ritter 


Gluck, AmZ XI, 1809, dann in: Fantasiestücke in 
Callot’s Manier I, Bamberg 1814, neue Ausgaben vor 
allem in: Mus. Novellen u. Aufsätze I, hrsg. v. E. 
Istel, = Deutsche Musikbücherei XXIII, Regens- 
burg (1919), u.: Mus. Novellen u. Aufsätze, hrsg. v. 
P. Stefan, — Inselbücherei CXLII, Lpz. o. J.; Fr. S. 
Silverstolpe, Nägra anteckningar . . ., Stockholm 
1841 ; R. Wagner, Oper u. Drama, 3 Bde, Lpz. 1851 
u. öfter; H. Berlioz, A travers chants, Paris 1862 u. 
öfter, deutsch v. R. Pohl in: B.s Gesammelte Schrif- 
ten I, Lpz. 1863 v. E. Ell&s in: Literarische Werke 
VI, Lpz. 1912; ders., GL and His Operas, engl. v. E. 
Evans, NY 1915; H. Kretzschmar, Zum Verständ- 
nis GLs, JbP X, 1903; R. Rolland, Gl., Revue de 
Paris 1904, auch in: Musiciens d’autrefois, Paris 1908, 
61919, russ. Leningrad 1925, deutsch München 1927; 
A. Heuss, GL als Musikdramatiker, ZIMG XV, 
1913/14; M. Arend, Zur Kunst Gl.s, Gesammelte 
Aufsätze, « Deutsche Musikbücherei XXI, Regens- 
burg (1914); K. Wörner, Die Pflege Gl.s an d. Ber- 
liner Oper v. 1795-1841, ZfMw XIH, 1930/31; E. 
Istel, Gl.’s Dramaturgy, MQ XVII, 1931 ; Fr. Rühl- 
mann. Zur Wiederbelebung GLs, Fs. Fr. Stein, 
Braunschweig 1939; R. Gerber, Unbekannte Instru- 
mentalwerke v. Chr. W. GL, Mf IV, 1951; Gusta- 
viansk Teater, skildrad av P. Hilleström, hrsg. v. H. 
Beueru. G. Hilleström, Lund 1947; R. Engländer, 
GL u. der Norden, AMI XXIV, 1952; I. Leux-Hen- 
schen. Den gustavianska kulturdebattens anonyma 
GL-propaganda, STMf XXXVIH, 1956; B. Hen- 
nings, Gustav HL, Stockholm 2 1957. 

R. Rolland, Metastase, prdcurseur de GL, Mercure 
Mus. VIII, 1912, auch in: Voyage mus. au pays du 
passö, Paris 1919, deutsch v. L. Andro, Ffm. 1921, 
Neudruck Innsbruck, Freiburg i. Br. u. München 
(1948); W. Vetter, GL u. seine ital. Zeitgenossen, 
ZfMw VH, 1924/25; ders., GLs Stellung zur tragddie 
lyrique u. opöra comique, ebenda (auch in: Mythos- 
Melos-Musica I, Lpz. 1957); Ch. Th. Malherbe, Un 
pröcurseur de GL: le comte d’ Algarotti, Rev. d’hist. 
et de critique mus. H, 1902; H. Welti, GL u. Calsa- 
bigi, Vf Mw VH, 1891; J.-G. Prod’homme, Deux 
collaborateurs italiens de Gl.: R. de Calzabigi et G. 
d’Affligio, RMI XXIII, 1916; ders., Notes sur deux 
librettistes fr?, de Gl.: du Roullet et Mohne, ZIMG 
VII, 1905/06; ders., GL’s French Collaborators, MQ 
HI, 1917; R. Haas, Gl. u. Durazzo . . Zürich, Wien 

u. Lpz. 1925; J. Tobrsot, GL and the Encyclopedists, 
MQ XVI, 1930; J. M. Müller-Blattau, G1. u. d. 
deutsche Dichtung, JbP XLV, 1938; E. Jäger, GL u. 
Goethe, Mk XIH, 1913/14; G. Denoiresterres, GL 
et Picdnni, Paris 1872, 2 1875; A. Einstein, Ein Schü- 
ler Gl.*s, AMI X, 1938; H. Abert, GL u. Mozart, in: 
39. Jahresber. d. Mozarteums Salzburg 1927, engl. 

v. C. B. Oldman in ML X, 1929; ders.. Gl., Mozart 
u. d. Rationalismus, in: Gesammelte Schriften . . ., 
hrsg. v. Fr. Blume, Halle 1929. 


Zur Biogr.: Fr. X Büchner, Das Neuste über Chr. 
W. G1., Kallmünz 1915; R. Gerber, Neue Beiträge 
zur GLschen Familiengesch., AfMf VI, 1941; A. 
Nagler, GL in Wien u. Paris, in: Maske u. Kothurn 
1, 1955; M. Kratochwill, Chr. W. GLs Heiratskon- 
trakt, Jb. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt Wien X, 1952/53; 
G. Kinsky, GLs Reisen nach Paris, ZfMw VIII, 
1925/26; M. Cauchie, GL et ses 6diteurs parisiens, 
Le Mönestrel XCIH, 1927. 


zu einzelnen Opern: E. Kurth, Die Jugendopem 
GLs, StMw 1, 1913 ; Fr. Piovano, Un opöra inconnu 
de GL, SIMG IX, 1907/08; W. Barclay Squire, 
GL’s London Operas, MQ I, 1915; W. Vetter, GLs 
Entwicklung zum Opemreformator, AfMw VI, 1924; 
A. Einstein, GL’s »La Vestale«, MMR LXVI, 1936. - 
L. Holzer, Die komischen Opern GLs, StMw XIII, 
1926; M. Arend, Die Ouvertüren zu GLs Cythöre 
asstegfe, ZfMw IV, 1921/22. - R. Haas, Die Wiener 
Ballet-Pantomime u. GLs Don Juan, StMw X, 1923; 
ders.. Der Wiener Bühnentanz, JbP XLIV, 1937; 


640 



Gnessin 


O. Bacher, Ein Frankfurter Szenar zu GLs Don 
Juan, Zf Mw VII, 1924/25; J. Jersild, Le ballet 
d’action italien du 18 e s. au Dänemark, AMI XIV, 
1942. - J. Tiersot, Etüde sur Orph6e de Gl., Le M6- 
nestrel LXII, 1896; P. Brück, G1.*s Orpheus, AfMw 
VII, 1925; L. de La Laurencib, Orphde de Gl., Paris 
1934; W. Vetter, Stilkritische Bemerkungen zur 
Arienmelodik in GLs »Orfeo«, ZfMw IV, 1921/22; 
A. Loewenberg, GL’s Orfeo on the Stage, MQ XXVI, 
1940; G. CucueLj Les op6ras de Gl. dans les Para- 
dies . . ., RM III, 1922; M. Hastings, Gl.*s»Alceste«, 
ML XXXVI, 1955. - R. Sondheimer, GL in Paris, 
ZfMw V, 1922/23; L. Breitholz, Nyklassidsm pä 
franska scener vid mitten av 1700-talet, « Skrifter 
utgivna av Svenska litteratursällskapet XXX, Upp- 
sala 1946; Fr.Vatielli, Riflessioni della lotta 
Gluckista in Italia, RMI XXI, 1914; G. Whittaker, 
Wagner’s Version of GL’s Iphigenie in Aulis, Oxford 
1940; A. GAsroui, Gossec et GL ä l’Op&ra de Paris, 
Le Ballet final d’Iphigönie en Tauride, Rev. de musi- 
coL XIX, 1935 (= Tome XVI). RE 

Glyn (glin), Margaret Henriette, * 28. 2. 1865 
und f 3. 6. 1946 zu Ewell (Surrey) ; englische Mu- 
sikforscherin, der das Verdienst zukommt, das ge- 
samte Korpus der englischen Virginalmusik auf- 
grund umfassender Quellenstudien verzeichnet 
und (zum großen Teil) in kritischen Ausgaben er- 
schlossen zu haben. Zusammenfassend berichtete 
sie über ihre Studien in dem Buch About Elizar- 
bethan Virginal Music (London 1924). Ausgaben: 
Parthenia (London 1927); Byrd, Dances Grave and 
Gay (London und Boston 1923); The Byrd Organ 
Book (2 Bände, London 1923) ; Bull, Selected Edition 
(2 Bände, London 1928); O. Gibbons, Complete 
Keyboard Works (5 Bände, London 1924-25); 
Famaby, Selected Pieces I und Folk Song Variations 
(beide London 1927); Elizabethan Virginal Com- 
posers (je ein Band Bull, Gibbons und Byrd; Lon- 
don und Boston 1922) ; Pieces for Keyed Instruments 
(London 1924); Thirty Virginal Pieces (London 
1927) ; Early English Organ Music I (London 1939) ; 
Selection ofKeybcard Pieces (2 Bände, London 1944). 
Ferner verfaßte sie theoretische Schriften und 
schrieb Orchesterwerke, Orgelstücke und Lieder. 

Gmeindl, Walter, * 31.1.1890 zu Hainburg 
(Niederösterreich) ; österreichischer Musikerzieher, 
studierte bei Schreker, wurde in München Thea- 
terkapellmeister. 1922-45 lehrte er (ab 1929 als 
Professor) Komposition an der Berliner Musik- 
hochschule, neuerdings an der Staatsakademie in 
Wien. Er schrieb Orchester- und Kammermusik 
sowie Chorwerke. 

Gmeiner, Luise und Rudolf -* Mysz-Gmei- 
ner. 

Gmelch, Joseph, * 22. 4. 1881 zu Mühlhausen 
(Oberpfalz) ; deutscher Musikforscher, wurde 1906 
Priester, promovierte 1910 in Freiburg in der 
Schweiz unter P. Wagner mit einer Arbeit über 
Die Vierteltonstufen im Meßtonale von Montpellier 
(Veröffentlichungen der Gregorianischen Aka- 
demie zu Freiburg VI, Eichstätt 1911) und wurde 
dann Domkaplan in Eichstätt; er schrieb: Neue 
Aktenstücke zur Geschichte der Regensburger Medicaea 
(Eichstätt 1912), Die Kompositionen der heil Hilde- 
gard (Düsseldorf 1913), Die Musikgeschichte Eich- 
stätts (Eichstätt 1914) und Raymund Schlecht (Eich- 
stätt 1931). 


Gnattali (jiatt'ali), Radamds, * 27. 1. 1906 zu 
Porto Alegre; brasilianischer Komponist italie- 
nischer Herkunft, erhielt seine Ausbüdung am 
Instituto de Belas Artes in Rio Grande do Sw und 
der Escola National de Müsica in Rio de Janeiro, 
trat als Pianist und Bratschist auf und ist Mitgrün- 
der der brasilianischen Musikhochschule. Er schrieb 
mehrere Werke für KL und Orch., ein Violin- und 
ein Violoncellokonzert, Kammermusik, Klavier- 
stücke und Lieder. 

Gnecchi (ji'ekki), Vittorio, * 17. 7. 1876 und 
t 5. 2. 1954 zu Mailand; italienischer Komponist, 
war Schüler von T. Serafin und G. M. Gatti. G. 
Tebaldini (RMI XVI, 1909) hat R. Strauss, als 
Komponisten der Elektra, des Plagiats an Gn.s 
Cassandra geziehen: eine Beschuldigung von kind- 
licher Phantastik, der Gn. selbst völlig femstand. 
Jedenfalls hat Gn. mit seiner Cassandra einen neuen, 
ungewöhnlich ernsten Ton in die italienische Oper 
eingeführt, wenn auch mit geringem äußerem Er- 
folg. Opern: Virtü d' Amor e (1895) ; Cassandra (Bo- 
logna 1905, Wien 1911); tragisches Idyll La Ro- 
siera (Gera 1926); Giuditta (unvollendet); Poema 
eroico (Notte nel campo di Holopkerne) für Orch. 
(1932); wenige kleinere Werke, darunter 2 Mo- 
tetten für S. solo, Chor und Orch. (1932). 

Lit.: F. Baldlla Pratella, Lud ed ombre, Rom 
1933. 

Gnecco (ji'ekko), Francesco, * 1769 zu Genua, 
t 1810 zu Mailand; italienischer Komponist, war 
Maestro di cappella der Kathedrale von Savona, 
schrieb 1792-1809 26 Opern für italienische Büh- 
nen wie die von Genua, Venedig, Florenz, Mai- 
land, Livorno, Neapel, Bologna und hatte beson- 
ders mit der komischen Oper La prova d'una opera 
seria (Venedig 1803, auch als La prova delV opera 
Gli Orazi e Curiazi) Erfolg. 

Lit: Fr. Florimo, Cenno storico sulla scuola musi- 
cale di Napoli, 2 Bde, Neapel 1869-71, in 4 Bden 
2 1 880-84; A. Loewenberg, Annals of Opera, 2 Bde, 
Cambridge 1943, Genf 21955. 

Gneist, Werner, * 10.3.1898 zu Ulm; deut- 
scher Jugend- und Volksmusikerzieher, aus dem 
Liegnitzer Lehrerseminar hervorgegangen, bildete 
sich musikalisch vornehmlich als Autodidakt. Von 
formendem Einfluß auf ihn war die Singbewegung 
der Richtung W. Hensds. Seit 1924 wirkt er in der 
Singbewegung als Singwochenleiter, Textdichter 
und Komponist. Zahlreiche Singewochen führte 
er seitdem in Deutschland und der Schweiz durch. 
Ursprünglich Schullehrer in Schlesien, jetzt Ober- 
lehrer in Kirchheim am Teck (Württemberg). 
Außer seinen in verschiedenen Sammlungen ver- 
streuten Chor- und Instrumentalsätzen veröffent- 
lichte er 1949 ein Kleines Liederbuch und 1953 ein 
Kleines Chorbuch. Seinem Krippenspiel Die Wun- 
demacht folgte 1957 eine Standehedkantate Die 
selige Stadt . 

Gnfssin, - 1) Jelena Fabianowna, * 19. (31.) 5. 
1874 zu Rostow; russische Musikpädagogin und 
Pianistin, Schülerin von Busoni und Safonow am 
Moskauer Konservatorium, gründete 1893 mit 
ihren Schwestern Jewgenija und Marija eine eigene 
Musikschule in Moskau, an der sie den Klavier- 
unterricht übernahm. Sie schrieb Etüden und 
Stücke, besonders Kinderstücke, für KL - 2) 


41 


641 



Gobbaerts 


Michail Fabianowitsch, 21. 1. (2. 2.) 1883 zu 
Rostow, Bruder von Jelena Gn.; russischer Kom- 
ponist, 1899 Schüler von Konjus in Moskau, wurde 
1901-09 am St. Petersburger Konservatorium von 
Rimskij-Korsakow, Ljadow und Glasunow unter- 
richtet. 1911 besuchte Gn. Deutschland, lehrte dann 
an den Musikschulen von Jekaterinodar (1911-13) 
und Rostow (191-4-21, ab 1920 auch Direktor) und 
war 1921-23 in Palästina, wo er die Oper Abrahams 
Jugend komponierte, und in Berlin. 1923-35 und 
1944-51 war er Kompositionslehrer an der ehe- 
maligen Musikschule seiner Schwestern, 1925-35 
auch Lehrer für Komposition und Methodik des 
Theorieunterrichts am Konservatorium in Moskau, 
1935-44 am Leningrader Konservatorium tätig. 
1943 wurde er zum Doktor der Kunstwissenschaf- 
ten, 1948 zum Vorstandsmitglied des Sowjetischen 
Komponistenverbandes ernannt. Seine frühesten 
Werke zeigen stark romantische Züge; später 
strebte er Monumentalität an und gehörte in den 
20er Jahren zu den bedeutendsten Vertretern eines 
jüdischen Nationalstils in Rußland. Werke: Sym- 
phonisches Fragment nach Shelleys »Entfesseltem 
Prometheus« op. 4 (1908) ; Sonate-Ballade für Vc. 
und KL op. 7 (1910, umgearbeitet 1928); Dithy- 
rambos Wrubel für Singst, und Orch. op. 8 (1911) ; 
Klavierquintett Requiem op. 11 (1911); Chöre und 
Gesänge mit KL zu Sophokles* Antigone (op. 13), 
Konigödipus (op. 17) und Euripides* Phönizierinnen 
(op. 19; alle 1913-14) ; Traumyje pljaski (»Trauer- 
tänze«) für Orch. op. 20 (1917; auch für KL 1918) ; 
Variationen über einnebräisches Volkslied für Streich- 
quartett op. 24 (1916), für Kl. zu 4 Händen op. 35 
(1925); Symphonisches Monument 1905-1917 für 
Chor und Orch. op. 40 (1927); Musik zu Gogols 
Revisor (1926); Violmsonate (1928); Pesnja 
stranstivujuschtschewo ryzarja (»Lied eines fahrenden 
Ritters«) für Streichquartett und Harfe (1929); 
Elegie-Pastorale (1940) und Ballade (1941) für 
Klaviertrio; Chorkantate Krasnoj Armii (»Der 
Roten Armee«; 1943); Violinsuite (1951); Suite 
für Streichquartett (1954); Chöre, Lieder, Klavier- 
stücke und Volksliedbearbeitungen in verschie- 
denen Besetzungen, ferner Scnauspidmusiken. 
Gn. schrieb auch Natschalnyj kurs praktitscheskoj 
komposizii (»Anfangskurs der praktischen Kompo- 
sition«; Moskau 1941) und Aufsätze, vor allem 
über N. A. Rimskij-Korsakow. 

Gobbaerts (3G>b'a:rts), Jean Louis, * 28. 9. 1835 
zu Antwerpen, f 5. 5. 1886 zu Saint-Gilles bei 
Brüssd; belgischer Komponist, war Schüler des 
Brüssder Konservatoriums. Von seinen Kompo- 
sitionen für KL, meist ldchteren Genres, sind 1200 
Nummern erschienen, auch eine Klavierschule. 
Einen Teil seiner Stücke veröffentlichte G. unter 
dem anagrammatischen Pseudonym Streabbog, 
andere als Ludovic und Ldvy. 

Gobbi» Tito, * 24. 10. 1915 zu Bassano dd 
Grappa (Vicenza) ; italienischer Opernsänger (Bari- 
ton), lebt in Rom, besuchte die Universität von 
Padua und studierte in Rom Gesang. 1938 beim 
Internationalen Wettbewerb in Wien mit dem 
1. Preis für Bariton ausgezeichnet, debütierte er 
1939 am Adriano-Theater in Rom als Germont 
(Traviata). Sein Don Giovanni 1950 bei den Salz- 
burger Festspielen und sein Falstaff 1957 unter 
Karajan an der Mailänder Scala sind Höhepunkte 


seiner bisherigen internationalen Opernkarriere, 
die ihn an die ersten Häuser der Wdt brachte. Sein 
Repertoire umfaßt gegenwärtig 94 Opempartien. 

Gobeljnus Person (Persona), * 1358 vermutlich 
zu Paderborn, f 17. 11. 1421 im Kloster Böddeken 
(Westfalen) ; deutscher Geistlicher, ging 1384 nach 
Rom, empfing 1386 die Priesterweihe, erhidt im 
folgenden Jahre eine Pfründe in Paderborn, wo er 
1389 Pfarrer wurde. 1392 war er an der Universität 
Erfurt immatrikuliert, ab 1405 Pfarrer von War- 
burg, dann 1411 Kanonikus, 1416 Dekan der Ma- 
rienkirche in Bielefeld, zog sich aber 1418, obgldch 
nicht dem Orden angehörend, ins Augustiner- 
Eremiten-Kloster Böddeken zurück, an dessen Re- 
form er zuvor mitgewirkt hatte. G.s zeitkritische 
Anschauungen finden ihren Ausdruck in seiner 
historischen Hauptschrift, dem Cosmodromium , 
sowie in der Choralabhandlung Tractatus musicae 
scientiae von 1417, in der er sich gegen die »irre- 
gularitas« des Choralgesangs seiner Zeit wendet. 
Ausg.: Tractatus . . ., hrsg. v. H. Müller, KmJb 
XX, 1907. - Cosmidromius, hrsg. v. M. Jansen, 
Münster 1900 (darin auch G.s »Processus transla- 
cionis . . . monasterii Budecensis«). 

Lit: E. A. Bayer, G. P., ein Beitr. zur Kritik d. Ge- 
schichtsforschung d. 14. u. 15. Jh., Diss. Lpz. 1874; 
P. Eickhoff, Em Bielefelder Musikschnftsteller, 
Ravensberger Blätter f. Gesch.-, Volk- u. Heimat- 
kunde IV, 1904; ders., in ZfMw VII, 1924/25, S. 253 ; 
G. Pietzsch, in AfMf VI, 1941, S. 30. 

Gobert (gob's:r), Thomas, * um 1600 wahr- 
scheinlich in der Picardie, f 26- 9. 1672 zu Paris; 
französischer Komponist, war 1630 Kanonikus in 
Samt-Quentin, dann in P6ronne und 1638-69 
einer der 2 (später 4) Kapellmeister am königlichen 
Hof in Paris. An der Sainte-Chapelle, der er wahr- 
scheinlich schon in seiner Jugend als Chorknabe 
anjgehört hatte, wirkte er als Geistlicher. G., der 
mit Huygens befreundet war, schrieb viele kon- 
zertierende Kirchenwerke, von denen nur ein 
Audite coeli erhalten ist, ferner eine 2st. einfache 
Vertonung (ohne B.c.) von Antoine Godeaus 
Paraphrase des pseaumes de David , en vers fiangois 
(Paris 1659 und öfter bis 1686). 

Ausg.: Psalm 146, 41, 150, 135, 136, 33, 42, 149, be- 
arb. v. B. Loth, = Collection d’OEuvres Fran$aises 
du Temps de Richelieu I, XI, XII, XIX, XX, LVI- 
LVTII, Paris (1947-55). 

Lit. : W. J. A. Jonckblobt u. J. P. N. Land, Musique 
et musidens au XVU® s., Correspondance et ceuvre 
mus. de C. Huygens, Leiden 1882; M. Brenet, Les 
musidens de la Ste-Chapelle, Paris 1900; dies., Les 
concerts en France, Paris 1910; M. Le Moel, Recher- 
ches sur les Musidens du Roy, = Th&ses Paris, Ecole 
des Chartes, 1954, maschr. 

Godard (god'a:r), französischer Komponist des 
16. Jh., war nach Fdtis 1541-68 Sänger an der 
Sainte Chapelle in Paris. Jedoch ist G. vermutlich 
identisch mit Robert G., der bis gegen 1560 an der 
Kathedrale von Beauvais als Organist wirkte. Von 
ihm erschienen 1536-78 27 meist 4st. Chansons. 
Ausg.: eine Chanson, hrsg. v. R. Ettner, in: PGfM 
XXIII, 1899; eine Chanson, hrsg. v. M. Cauchib, 
Quinze chansons fran$aises du XVI® s., Paris 1926. 
Lit: G. Desjardins, Hist, de la cathldrale de Beau- 
vais, Beauvais 1865; Fr. Lesurb, Artikel R. G., MGG. 

Godard (god'a:r), Benjamin Louis Paul, * 18. 8. 
1849 zu Paris, f 10. 1. 1895 zu Cannes; französi- 


642 



Godwin 


scher Komponist, war Schüler von Reber (Kom- 
position) und H. Vieuxtemps (Violine) am Con- 
servatoire in Paris. Er widmete sich dann der 
Komposition, wurde 1878 für die dramatische 
Symphonie Le Tasse (Tasso, mit Soli und Chören) 
mit einem Preis des Concours de la Ville de Paris 
ausgezeichnet und übernahm 1887 die Klasse für 
Ensemble-Spiel am Conservatoire. G., der zu- 
nächst als vielversprechende Begabung angesehen 
wurde, wandte sich nach dem Erfolg des Tasso 
immer mehr der Salonmusik zu; seine bekann- 
testen Stücke sind die Mazurken op. 25 D moll 
und op. 54 B dur sowie die Walzer op. 26 As dur 
und op. 56 Bdur, ferner Au Matin op, 53. Er 
schrieb die Opern: Les Bijoux de Jeanette (Paris 
1878), Pedro deZalamia (Antwerpen 1884), Jocelyne 
(Brüssd 1888; darin die vid gespidte Berceuse), 
Dante etBiatrice (Paris 1890), La Vivandibre (unvoll- 
endet, mit der Orchestration von P. A. Vidal, 
Paris 1895), Les Guelfes (Rouen 1902); Schauspid- 
musiken; 4 Symphonien (Symponie-Ballet, 1882; 
Symphonie gothique, 1883; Symphonie orientale , 
1884; Symphonie Ugendaire mit Soli und Chor, 
1886); ein Klavier- und 2 Violinkonzerte; Kam- 
mermusik sowie elegante Klavierstücke, Etüden 
und über 100 Lieder. 

Lit.: M. Chbrjot, B. G., Paris 1902; M. Clavie, B. 
G., Paris 1906; J. Tebrsot, Un demi-sifecle de la mu- 
sique frangaise, Paris 1918. 

Goddard, Arabella -> Davison, James Wil- 
liam. 

Godebrye, Jacob Jacotin. 

Godecharles (godj'arl), auch Codecharle, Godde- 
schal, Godecharle, Godechart, Godischal, Godi- 
schial), belgische Musikerfamilie: - 1) Jacques 
Antoine, * 14. 10. 1713 und f 11. 12. 1783 zu 
Brüssel, gehörte 1734-80 der Briissder Hofkapelle 
als Bassist an und wird 1749 auch als Kapellmeister 
an Saint-Nicolas genannt. - 2) Eugene Charles 
Jean, * 15. 1. 1742 und f 1814 zu Brüssel, Sohn von 
Jacques Antoine G., wurde 1770 als »sumum6- 
raire« Violinist der Hofkapelle, 1773 zum Brat- 
schisten ernannt und rückte 1794 zum Konzert- 
meister auf. Er war auch als Kapellmeister an Saint- 
G6ry tätig und komponierte Violinsonaten op. 1, 
Klaviersonaten mit V, op. 5, 6 Streichquartette 
op. 6, 6 Symphonien op. 8, Sonaten für Harfe und 
V. sowie Kirchenmusik. - 3) Lambert Francois, 
getauft 12. 2. 1753 und f 20. 12. 1819 zu Brüssel, 
Sohn von Jacques Antoine G., 1778-94 Bassist der 
Hofkajpdle, folgte seinem Vater im Amt des Ka- 
pellmeisters an Saint-Nicolas. Eine Anzahl geist- 
licher Werke von ihm liegt auf der Bibliothfcque 
du Conservatoire Royal de Musique in Brüssd. 
Zwd weitere Brüder der vorigen, Joseph An- 
toine (1746-1829) und Louis Joseph Mdchior 
(* 1749) waren ebenfalls als Musiker tätig. 

Lit.: S. Clbrcx, Les G., in: M&anges E. Closson, 
Brüssel 1948; A. Van der Linden in MGG. 


Paris, lebte dann in Brüssel, komponierte Vor- 
tragsstücke für Harfe (darunter La Danse des 
Sylphes) sowie Salonstücke für KL, aber auch 2 
Opern (La Harpe d*or , La Demibe Battaille) und 
das Oratorium La Fille de Saul. 


Ggdendach, Johannes (Goodendag, Gutentag, 
latinisiert Bonadies), franko-flämisdher Karme- 
litermönch des 15. Jh., war ein angesehener Theo- 
retiker. G. ist einer der Schreiber des Codex 
Faenza, Biblioteca Comunale, 117 (früher F. I. 
39-n. 1024; Teilabschrift des Padre Martini von 
1753 in Bologna), der aus dem Kloster S. Paolo in 
Ferrara stammt und ein 2st. Kyrie von G. enthält. 
Seine Eintragungen in dieser Handschrift sind da- 
tiert 1473 (Mantua) und 1474 (Reggio). G. war 
auch Lehrer GafForis in Lodi, vermutlich 1473/74. 
Lit : G. Roncaglia, Intomo ad un Codice di J. Bo- 
nadies, in: Reale Accad. di Sdenze . . ., Modena, 
Atü e Memorie V, 4, 1939, darin 3 Seiten in Faks., 
dazu Ch. van den Borren in Revue beige d’archäo- 
logie X, 1940; A. Caretta, L. Cremascou u. L. Sa- 
lamina. Fr. Gaffurio, Lodi 1951, darin d. Gaffori- 
Biogr. P. Malegolis von 1500; Dr. Plamenac, Key- 
board Music... in Codex Faenza 117, JAMS IV, 
1951 ; G. Reese, Music in the Renaissance, NY (1954), 
S. 178. 

Godfirey (g'adfji), (Sir) Daniel Eyers, * 20. 6. 
1868 zu London, f 20. 7. 1939 zu Boumemouth; 
englischer Dirigent, stammte aus einer Familie von 
Militarkapellmeistem, studierte am Royal College 
of Music in London, wurde 1890 Leiter der London 
Military- Band und 1892 Dirigent des Orchesters 
der Winter Gardens in Boumemouth. Für seine 
Bemühungen um die englische Musik wurde er 
1922 geadelt. Er schrieb eine Autobiographie 
Memories and Music (London 1924). 

GodQwsky, Leopold, * 13.2.1870 bei Wilna, 
t 21. 11. 1938 zu New York; polnischer Kompo- 
nist, war 1884 Schüler der Berliner Hochschule für 
Musik (Bargid, RudorfF), reiste 1884-86 mit Musin 
in den USA, studierte 1887-90 noch unter Saint- 
Saens in Paris und nahm 1890 das Virtuosenleben 
wieder auf. 1890-1900 war er Lehrer am Konser- 
vatorium in Chicago und Konzertpianist in den 
USA, dann in Berlin, wo er bald als hervorragen- 
der Pianist bekannt wurde. 1909 übernahm er in 
Nachfolge Busonis die Meisterklasse für Klavier an 
der Wiener Akademie der Tonkunst. 1914 ging er 
endgültig nach den USA. Neben 12 Impressions 
für V. und Kl. schrieb er zahlreiche Klavierwerke, 
darunter 53 Studies on Chopins 9 Etudes; Renaissance 
(15 Übertragungen alter Musik); Sonate Emoll; 
Symphonie Metamorphoses über J. Strauß* »Künst- 
lerleben«, »Fledermaus« und »Wein, Weib und 
Gesang«; 24 Walzermasken; Triakontameron; Java- 
Suite; Suite für die linke Hand. G. gab heraus: The 
Progressive Series of Piano Lessons (St. Louis 1912). 
Lit. : M. Aronson, Key to the Miniatures of L. G., 
NY 1935; K. S. Sorabji, L. G. as Creative Trans- 
criber, in: Mi contra Fa, London 1947. 


Godefroid (godfru'a), Name zweier belgischer 
Harfenvirtuosen: - 1) Jules Joseph, * 23. 2. 1811 
zu Namur, f 27. 2. 1Ö40 zu Paris; er schrieb Har- 
fenstücke und 2 komische Opern (Le Diadesti und 
La Chasse royale); - 2) Fdlix-Dieudonn6, * 24. 
7. 1818 zu Namur, f 12. 7. 1897 zu Villers-sur-mer ; 
Bruder des vorigen, studierte am Conservatoire in 


Godwin, Paul, * 28. 3. 1902 zu Sosnowitz; nie- 
derländischer Violinist von polnischer Herkunft, 
lebt in Amsterdam. Ausgebildet in Wien (1912 
bis 1918), Budapest (1918-20; J. Hubay), Warschau 
(1920/21) und an der Berliner Munkhochschule 
(1921-26; W. Heß), wirkte er zunächst in Berlin, 
wo er auch eine eigene Jazzband leitete. 1933 


41* 


643 



Goedicke 


mußte er Deutschland verlassen, ging nach Am- 
sterdam und ist dort als Radio-Kapellmeister sowie 
in verschiedenen Kammermusik-Vereinigungen 
tätig. 

Goedicke, Alexander Fedorowitsch, * 20.2. 
(4. 3.) 1877 zu Moskau; russischer Pianist, Orga- 
nist und Komponist, Sohn und Schüler des Orga- 
nisten der französischen Kirche in Moskau, stu- 
dierte am Konservatorium Klavier bei Safonow, 
Komposition bei Arenskij und Konjus. Für sein 
Konzertstück für Kl. und Orch. und seine Violin- 
sonate erhielt er 1900 den Wiener Rubinsteinpreis. 
Seit 1907 ist G. Klavierlehrer, seit 1920 auch Lehrer 
für Orgel- und Ensemblespiel am Moskauer Kon- 
servatorium. 1940 wurde er zum Doktor der 
Kunstwissenschaft ernannt. Werke: Dramatische 
Ouvertüre C moll op. 7 (1897) ; I. Klaviertrio 
G moll op. 14 (1902); I. Symphonie F moll op. 15 
(1903); II. Symphonie A dur op. 16 (1907); Kla- 
vierquintett C dur op. 21 (1909); 6 Orchesterim- 
provisationen Na wojne (»Im Kriege«) op. 26 
(1932); HI. Symphonie Cmoll op. 30 (1922); 
Hornkonzert F moll op. 40 (1929) ; Kantate Slawa 
sowjetskim pilotam (»Ruhm den sowjetischen Pilo- 
ten«, 1933) ; die Ouvertüren 25 let Oktjabrja (zur 
25-Jahrfeier der russischen Revolution) und 1941 
god (»Das Jahr 1941«; beide 1942); II. Streichquar- 
tett auf russische Themen (1943); Festouvertüre 
30 let Oktiabija (1947); Violinkonzert (1951); II. 
und m. Klaviertrio (1952 und 1955) ; 6 Hefte rus- 
sischer Volkslieder für Singst, und Klaviertrio 
(1920-24); Herausgabe einer »Großen Bibliothek 
für Blasinstrumente« (21 Hefte, 1930-35) ; 4 Opern 
blieben Manuskript. 

Göhler, - 1) Karl Georg, * 29. 6. 1874 zu Z wik- 
kau, f 4. 3. 1954 zu Lübeck; deutscher Komponist, 
bezog 1893 die Universität Leipzig und trat in das 
dortige Konservatorium ein. 1896 promovierte er 
mit einer Studie über C. Freundt (Leipzig 1896), 
wurde 1897 Dirigent des Riedelvereins, 1903 Hof- 
kapellmeister in Altenburg, behielt aber die Direk- 
tion des Riedelvereins bei. 1907-09 wirkte er als 
Hofkapellmeister in Karlsruhe, übernahm 1909 die 
Leitung der Orchesterkonzerte der neugegründe- 
ten Musikalischen Gesellschaft in Leipzig und ging 
1913 als musikalischer Leiter der Neuen Oper nach 
Hamburg, wo er auch den Lehrergesangverein 
dirigierte. 1915-18 leitete er die Sinfoniekonzerte 
in Lübeck, 1922-27 die Oper am Landestheater in 
Altenburg, 1922-32 auch die philharmonischen 
Konzerte in Halle. Er war als Kritiker bedeutend 
und einer der ersten, der sich für G. Mahlers Schaf- 
fen einsetzte. Werke: Spieloper Prinz Nachtwächter 
(1908) ; 3 Symphonien; Orcnestersuite G dur; Kla- 
vierkonzert C dur (1925); Violinkonzert (1926); 
2 Streichquartette; Klaviermusik; wertvolle Lie- 
der; Männerchöre. Er schrieb Aufsätze im »Kunst- 
wart« und in der »Zukunft«; Abschnitt über Musik 
in Hinnebcrgs Kultur der Gegenwart I, 1 (Berlin- 
Leipzig 1906); Über musikalische Kultur (Leipzig 
1908). Ausgaben: Weihnachtsliederbuch von Cor- 
nelius Freundt (Leipzig 1897); 10 Orchesterstücke 
von T. A. Hasse (Leipzig 1904); Mozarts Ballett- 
musik Les petits riens (Leipzig 1907) ; Haydns Har- 
monie-Messe (Leipzig 1910). Sein Nachlaß ging 
an die Zwickauer Bibliothek über. - 2) Kan 
Albert, * 18. 4. 1879 zu Zwickau, gefallen Sep- 


tember 1914 in Frankreich; deutscher Musikfor- 
scher, Bruder von Karl Georg G., promovierte 
1901 in Leipzig mit der Arbeit Die Meßkataloge im 
Dienste der musikalischen Geschichtsforschung (SIMG 
HI, 1901/02), gab das wichtige Verzeichnis der in den 
Frankfurter und Leipziger Meßkatalogen 1564-1759 
angezeigten Musikalien heraus (Leipzig 1902) und 
schrieb die Festschrift zum 50jährigen Jubiläum 
des Riedel-Vereins (Leipzig 1904). G. lebte zuletzt 
in Eisenach, wo er auch am Bach-Museum tätig 
war. Hp B 

Goehr, - 1) Walter, * 28. 5. 1903 zu Berlin; eng- 
lischer Dirigent und Komponist, lebt in London. 
In Berlin aufgewachsen und an der Preußischen 
Akademie der Künste bei A. Schönberg ausgebil- 
det, trat er frühzeitig als Kapellmeister bei Film, 
Funk und Bühne auf. 1930 schrieb er für Radio 
Berlin die erste Funkoper (Malpopita) 9 war einige 
Jahre musikalischer Leiter der Columbia-Gram- 
mophon-Gesellschaft, wirkte 1946-49 als Direktor 
des BBC-Theaterorchesters, ist seitdem vornehm- 
lich für die Schallplattenindustrie und das Fern- 
sehen tätig. 1954 erhielt er in Paris den Grand Prix 
du Disque für Aufnahme und Bearbeitung von 
Monteverdis Poppea. 1947 leitete er in London 
die erste Television-Aufführung von Strauss* Sa- 
lome. Er trat auch als Herausgeber von Barock- 
musik hervor. Sein Sohn - 2) Alexander, * 10. 
8. 1932 zu Berlin, Komponist, lebt in London. 
Er studierte am Royal Manchester College of Mu- 
sic und am Pariser Conservatoire. A. G. schrieb: 
5 Byron-Lieder op. 1 (1951; auch mit Orch.); 
Klaviersonate op. 2 (1952); Fantasia für Klar, und 
KL op. 3 (1955); Orchesterphantasie op. 4 (1955); 
Narration (W. Blake) für S. und Kl. (1955); Kla- 
vierphantasie (1957); Streichquartett (1958). 

GpUerich, August, *2. 7. 1859 und f 16. 3. 1923 
zu Linz; österreichischer Musikpädagoge, trat 
früh zu Bruckner und Liszt in Beziehung, denen 
er seine höhere musikalische Ausbildung ver- 
dankte, übernahm 1890 die Ramannsche Musik- 
schule in Nürnberg und gründete deren Filialen in 
Fürth, Erlangen und Ansbach, wurde 1896 als 
Dirigent des Musikvereins nach Linz berufen, wo 
er auch die Leitung des Schubertbundes übernahm. 
Die Schulen leitete seitdem seine Frau, geborene 
de P a s th o r y-V oi g t , eine Schülerin Iaszts in Pest. 
G. war von Bruckner ausersehen, dessen Biogra- 
phie zu schreiben (nach seinem Tode, ab Band 2, 
ergänzt und herausgegeben von M. Auer, 4 Bände, 
Regensburg 1923-37, =* Deutsche Musikbücherei 
XXXVI-XXXIX, 21938). Ferner schrieb er: 
Liszt (Leipzig 1887), Richard Wagners Bühnenfest - 
spiel. Der Ring des Nibelungen (Leipzig 1897), Beet- 
hoven (Berlin 1904, 31907), Franz Liszt (mit Ver- 
zeichnis sämtlicher Werke, Berlin 1908). 

Lit: anon., A. G., Linz 1927. 

Gölz, Richard (Priestemame: Johannes), * 5. 2. 
1887 zu Stuttgart; deutscher Kirchenmusiker, lebt 
in Hamburg. Gleichzeitig mit dem Studium der 
evangelischen Theologie trieb er Musikstudien 
unter Emil Kauffmann und Volbach in Tübingen 
sowie bei Heinrich Lang in Stuttgart. 1920-35 
wirkte er als Musikdirektor am Stift in Tübingen 
und veröffentlichte 1933 ein Chorgesangbuch 
(Kassel) mit l-5st. Sätzen. G. trat 1950 der ortho- 


644 



Goes 


doxen Kirche bei und bearbeitet seitdem grie- 
chische und slawische Kirchengesänge für deutsche 
Chöre. 

Goepfart, - 1) Christian Heinrich, * 27. 11. 
1835 zu Weimar, f 6. 6. 1890 zu Baltimore; deut- 
scher Dirigent, war Schüler Töpfers und wirkte 
ab 1873 als Dirigent in den USA. Seine Söhne und 
Schüler sind: - 2) Karl Eduard, * 8. 3. 1859 zu 
Mönchenholzen, f 30. 1. 1942 zu Weimar; deut- 
scher Pianist und Komponist, Schüler der Wei- 
marer Musikschule und Iiszts, lebte 1875/76 in den 
USA, dann als Dirigent in Magdeburg, Baden- 
Baden (1891), Remscheid (1897), Potsdam und 
Weimar, Komponist von Opern, darunter Der 
Müller von Sanssouci (Weimar 1907), der melodra- 
matischen Musik zu Lienhards Wieland der Schmied , 
Orchesterwerken (symphonische Dichtung Amor 
und Psyche , 2 Symphonien), schrieb auch Kammer- 
musik, zahlreiche Männerchöre und Kirchenmusik. 
- 3) Otto Emst, * 31. 7. 1864 und f 13. 1. 1911 zu 
Weimar, ebenfalls (Vokal-)Komponist, war ab 
1888 Stadtkantor in Weimar. 

Göpfert, Carl Andreas, * 16. 1. 1768 zu Rimpar 
bei Würzburg, f 11. 4. 1818 zu Meiningen; deut- 
scher Klarinettist und Komponist, wurde 20jährig 
1. Klarinettist der Meininger Hofkapelle und Lei- 
ter der Harmoniemusik, schrieb 5 Klarinettenkon- 
zerte, eine Symphonie concertante für Klar, und 
Fag., ein Homkonzert, Duette für 2 Klar., für 2 
Hörner, für Gitarre und R., Gitarre und Fag., 5 
Quartette für Klar., V., Va und Vc., Blasquintette 
und Oktette. 

Görlin (j'cerlin), Helga, * 26. 9. 1900 zu Char- 
lottenberg(V ennland) ; schwedische Opemsängerin 
(Sopran), studierte in Stockholm, Berlin und Paris, 
debütierte 1926 am Königlichen Theater in Stock- 
holm, wo sie seit 1927 engagiert ist. Auf Gastspiel- 
reisen trat sie in Kopenhagen, Riga und Helsinki 
auf. Besondere Erfolge errang sie als Mimi, 
Micaela, Aida, Manon Lescaut und in Mozartopem. 

Görner, Hans-Georg, * 23. 4. 1908 zu Berlin; 
deutscher Komponist, lebt in Berlin. Nach grund- 
legender Ausbildung durch Zeggert in Breslau 
studierte er an der Berliner Musikhochschule und 
an der Universität, trat zunächst in den höheren 
Schuldienst und wirkte ab 1932 auch als Konzert- 
organist. Er schuf den Kammerchor des Deutsch- 
landsenders, war ab 1937 Klantor und Organist der 
Nikolai- und Klosterkirche, wurde 1938 Musik- 
direktor der Propstei in Berlin und gründete die 
»Berliner Kantorei«. 1945-52 war G. Mecklen- 
burgischer Landes-Kirchenmiisikdirektor und Se- 
minarleiter am Staatlichen Konservatorium Schwe- 
rin und ging 1953 als Kompositionslehrer an die 
Staatliche Musikhochschule Halle (1954 Professor). 
Seit 1956 lehrt er an der Humboldt-Universität 
Berlin. Er schrieb : 2 Symphonien, Orchestersuiten, 
Festliche Musik für Orch., Burleske Die fromme 
Helene (nach W. Busch) für Orch., Ostinato riso- 
luto 9 Frahkenhorster Bläserintrade und ChoraU Kam- 
merkonzert und Konzert für Kl., Messe in C für 
Soli, Chor und Orch., Wartburgkantate für Soli, 
Chor und Orch., Kammermusik, Klaviermusik, 
Chöre, Lieder. 

Görner, - 1) Johann Gottlieb, getauft 16.4. 
1697 zu Penig (Sachsen), f 15. 2. 1778 zu Leipzig; 


deutscher Organist, besuchte in Leipzig die Tho- 
masschule, wurde 1713 an der Universität inskri- 
biert, 1716 Organist an der Paulinerkirche und 
1721 an der Nikolaikirche, rief 1723 ein Collegium 
musicum ins Leben, das demjenigen Bachs Kon- 
kurrenz machte, und wurde 1723 auch Musikdi- 
rektor der Paulinerkirche. G. schrieb Messen und 
Kirchenkantaten. - 2) Johann Valentin, * 27. 2. 
1702 zu Penig, f Ende Juli 1762 zu Hamburg ; Bru- 
der von Joh. Gotdieb G., deutscher Komponist, 
studierte in Leipzig und wurde 1728 nach mehr- 
fach wechselnden Aufenthalten in Hamburg seß- 
haft, 1756 Musikdirektor am dortigen Dom. G. 
ist einer der besseren Vertreter der gegen die Mitte 
des 18. Jh. florierenden durchschnittlich sehr nüch- 
ternen Odenkomposition (Sammlung Neuer Oden 
und Lieder , 3 Teile, Hamburg 1742, 1744, 1752, 
mehrfach aufgelegt). 

Ausg.: die Slg Neuer Oden u. Lieder, hrsg. v. W. 
Krabbe, DDT LVII; Ausgew. Neue Oden u. Lieder, 
hrsg. v. M. Seiffert, Organum II, 15; Oden, hrsg. 
v. M. Fried laender. Das deutsche Lied im 18. Jh., 
3 Bde, Stuttgart 1902; ferner hrsg. v. H. J. Moser, 
Alte Meister d. deutschen Liedes, Lpz. 1912, 2 1931 ; 
ein Lied, hrsg. v. J. Wolf, Gesch. d. Musik III, = 
Wiss. u. Bildung CCLVIII, Lpz. 1929. 

Lit. : zu J. G. G. : A. Schering, Mg. Leipzigs III, Lpz. 
1941. - zu J. V. G. : H. Kretzschmar, Gesch. d. Neuen 
deutschen Liedes I, — Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattun- 
gen IV, 1, Lpz. 1911 ; E. Bücken, Das deutsche Lied, 
Hbg 1933. 

Göroldt, Johann Heinrich, * 13. 12. 1773 zu 
Stempeda bei Stolberg am Harz, f 18. 6. 1834 zu 
Quedlinburg; deutscher Musikschriftsteller, wurde 
1803 Stadtkantor und Gymnasiallehrer in Qued- 
linburg. Er komponierte Klavierstücke, Choräle 
für Männerstimmen mit Org., Kantaten, Hymnen, 
Motetten. Bekannter ist er durch seine Schriften: 
Leitfaden zum gründlichen Unterricht im Generalbaß 
und der Composition (2 Bände, Quedlinburg 1815/16, 
Quedlinburg und Leipzig 31832 als Gründlicher 
Unterricht im Generalbaß und in der Composition); 
Die Kunst , nach Noten zu singen (Quedlinburg und 
Leipzig 1832); Die Orgel und deren zweckmäßiger 
Gebrauch (Quedlinburg 1835) und eine Ausführliche 
theoretisch-praktische Homschule (Quedlinburg 1830). 

Goes (g'oif), Damiäo de, * 1502 zu Alemquer, 
t 30. 1. 1574 im Kloster zu Batalha; portugiesi- 
scher Komponist, ging 1523 als portugiesischer 
Legationssekretär nach Antwerpen und besuchte 
wiederholt mit diplomatischen Aufträgen andere 
europäische Höfe. So bereiste er Spanien, Frank- 
reich und 1529 Polen, Schweden und Dänemark 
und suchte auch Luther und Mdanchthon in Wit- 
tenberg auf, besuchte 1532 Erasmus von Rotter- 
dam, reiste auch in Italien, promovierte in Padua, 
heiratete 1538 ’ eine reiche Holländerin und ließ 
sich in Löwen nieder. 1544 wurde er nach Lissabon 
zurückgerufen, erhielt ein hohes Hofamt und 
wurde Königlicher Historiograph (er schrieb die 
Chronik der Regierungszeit von D. Manoel und 
D. Joäo HI.). 1571 der Ketzerei angeklagt, wurde 
er zu lebenslänglichem Kerker im Kloster Batalha 
verurteilt. Als ihm die Haft erleichtert wurde, fand 
man ihn eines Morgens als Leiche. G. war auch 
mit Glarean befreundet, der ihn als ausgezeichne- 
ten Komponisten rühmte und eine 3st. Motette 
Ne laeteris im Dodekachordon überliefert hat. 2 


645 



Goethe 


weitere Motetten, Surge propera a 5 und In die 
tribulationis a 3, stehen in Safblingers Cantiones 7, 
6 et 5 vocum (Augsburg 1545) bzw. in Montan und 
Neubers Tridnia (Nürnberg 1559). 

Ausg.: Ne laeteris, hrsg. v. J. Hawkins, A General 
Hist of the Science and Practice of Music II, London 
1776, auch hrsg. v. T. Busby, A General Hist of 
Music I, London 1819, sowie in Dodekachordon, 
deutsche Übers, v. P. Bohn, = PGfM XVI (= Jg. 
XVI-XVIIQ, 1888. 

Lit.: J. C. Guilherme Henriques, Ineditos Goesia- 
nos, Lissabon 1896-1898; S. Viterbo, Estudos söbre 
D. de G., Coimbra 1900; M. de Sampayo Ribiero, 
D. de G., Lissabon 1935; A. T. Luper in JAMS III, 
1950, S. 101. 

Goethe, Johann Wolf gang (von), *28.8. 1749 
zu Frankfurt am Main, f 22. 3. 1832 zu Weimar; 
deutscher Dichter, war aufgeschlossener für We- 
sen, Wirkungen und Darstellungsmittel der Musik, 
als man herKÖmmlicherweise meint. Er hatte in 
der Jugend mindestens die Anfangsgründe des 
Klavier- und Cellospiels erlernt. In Weimar unter- 
hielt er ab 1807 einen von Karl Eberwein geleiteten 
Hauschor, in welchem er (als Bassist) mitsang. Der 
64jährige versuchte sich sogar als Komponist eines 
4stimmigen geistlichen Tonsatzes. Musik bestellte 
er sich oft, um dichterische SchafFensvorgänge zu 
fördern, um »die Seele zu lindem und die Geister 
zu entbinden«. Eine ganze Reihe seiner Aussprüche 
preist die Tonkunst als »das wahre Element, woher 
alle Dichtungen entsprungen und wohin sie zu- 
rückkehren«. In der Musik ist und wirkt »das Dä- 
monische«, dem »kein Verstand beikommen kann«. 
Sie ist das Element der Entsdbstung, »im Geister- 
kreis schwebend«. Am idealsten wirkt sie, wenn 
der Komponist gleichsam »als ein himmlisches 
Wesen über der irdischen Natur des Dichters 
schwebt«. Formen und Gehalte der Bühnenmusik 
(Oper und Singspiel, gelegentlich auch Mono- 
dram) durchdringen und bestimmen von früh an 
bis in die letzten Faustszenen weite Strecken von 
G.s lyrischer und dramatischer Dichtung. Seine 
SingspieHäbretti (Erwin und Ebnire; Claudine von 
Villa Bella ; Lila ; Die Fischerin; Jery und Bätely ; 
Scherz , List und Rache; Der Zauberflöte zweiter 
Teil) haben namhafte Literaturhistoriker als Vor- 
übungen zu den großen »Opemszenen« des Zwei- 
ten Faust angesprochen. Mit opemhafter Verklä- 
rung schließt bereits Egmont Der Berliner Thea- 
terprolog von 1821 entwickelt in sinnbildlicher 
Darstellung Goethes Theorie der Oper. Die 
Wanderjahre fordern im Geiste der Antike (Ar- 
beits-) Gesänge als Element der Erziehung: Gesang 
ist »die erste Bildung, alles andere schließt sich dar- 
an und wird dadurch vermittelt«. G. schätzte be- 
sonders die älteren und neueren Italiener sowie 
Bach, Händel, Haydn und Mozart. Das mächtig 
Zupackende und Drängende Beethovens ver- 
mochte er nicht vorbehaldos zu bejahen. Schu- 
berts romantisches Lied erschien ihm wohl als 
Überwältigung der Dichtung durch allzu selbst- 
herrliche Munk. G.s Ansichten über Liedverto- 
nung knüpfen an Rousseau und die Berliner Lie- 
derschule an und entwickeln darüber hinausfüh- 
rend eine klassizistische Theorie: »die Musik soll 
nur als allgemeinstes, reines, durchsichtiges Me- 
dium in allen Strophen gleichbleibend die wech- 
selnden Worte um so deutlicher hervortreten 


lassen«; subjektive Ausdrucksgebärden, Tonmale- 
rei, Durchkomponieren lehnt er ab. Unter den 
musikschafFenden Zeitgenossen standen ihm be- 
sonders nahe: B. Th. Breitkopf, Ph. Chr. Kayser, 
Corona Schröter, Herzogin Anna Amalia, Rei- 
chardt, K. Eberwein, Zelter und Mendelssohn. 
Die Tonlehre , die G. 1810 skizzierte, sollte vor 
allem die bipolar gegründeten Erscheinungen des 
Tonreiches wie Dur und Moll naturphilosophisch 
begründen. Über die geschichtliche Eigenart 
abendländischer Mehrstimmigkeit, die Stilwand- 
lungen in der Opemgeschichte und den Grundriß 
einer »idealen Munkgeschichte« hat G. bedeutsame 
Gedanken (zum Teil in dichterischer Einkleidung) 
geäußert. - Goethes Enkel, Walter von G., * 9. 4. 
1817 zu Weimar, f 15. 4. 1885 zu Leipzig, Groß- 
herzoglich Sächsischer Kammerherr, schrieb 3 
Singspide: Anselmo Lancia ( Das Fischermädchen , 
1839, Text von Th. Körner), Der Gefangene von 
Bologna (1846) und Elfiiede (1853) sowie 10 Hefte 
Lieder und 4 Hefte Klavierstücke. (VgL G.-Jb. 
1913 und 1928.) 

Lit. : Briefwechsel zwischen G. u. Zelter, hrsg. v. Fr. 
W. Riemer, 6 Bde, Bin 1833-34; ders., hrsg. v. L. 
Geiger, 3 Bde, Lpz. 1913, 2 1920 (in Reclams Univer- 
sal-Bibl.); ders., hrsg. v. M. Hecker, 4 Bde, Lpz. 
1913-18. - G. u. d. Musik, aus d. Werken, Briefen u. 
Gedichten dargestellt v. W. Reich, Zürich 1949. 
Gedichte v. G. in Kompositionen, 2 Bde, hrsg. v. M. 
Friedlaender, Schriften d. G.-Ges. XI, 1896, u. 
XXXI, 1916, ein Auszug daraus als: G. im Lied, Kas- 
sel 1949; G.s Leipziger Liederbuch (mit d. Melodien 
v. B. Th. Breitkopf), bearb. v. G. Raphael, Lpz. 
1932; C. Fr. Zelter, Fünfzig Lieder, hrsg. v. L. Lands- 
hoff, Mainz (1932); Volkslieder v. G. im Elsaß ge- 
sammelt, hrsg. v. L. Pinck, Metz 1932, Saarbrücken 
2 1935 ; »Es stehen drei Sterne am Himmel«. Die Volks- 
lied-Slg d. jungen G., hrsg. v. J. M. Müller-Blattau, 
Kassel 1955. 

W. Schuh, G.-Vertonungen, Zürich 1952, erweitert 
in: Gedenkausgabe d. Werke G.s H, Zürich 1953; 
G. Kinsky, Zeitgenössische G.-Vertonungen, Philo- 
biblon V, 1932; Fr. W. Sternfeld, G. and Music 
(Lit.-Verz.), NY 1954. 

A. Jullien, G. et la musique, Paris 1880; J. W. v. 
Wasielewski, G.s Verhältnis zur Musik, Lpz. 1880, 
« Slg mus. Vorträge XVIII; F. Hiller, G.’s mus. 
Leben, Köln 1883; W. Bode, Die Tonkunst in G.s 
Leben, 2 Bde, Bin 1912; M. Friedlaender, G. u. d. 
Musik, Jb. d. G.-Ges. ID, 1916; H. Abert, G. u. d. 
Musik, Stuttgart 1922; J. M. Müller-Blattau, Zur 
Musikübung u. -auffassung d. G.-Zeit, Euphorion 
XXXI, 1930; ders., G. u. d. Kantate, JbP XXXVIH, 
1932; H. J. Moser, G.s Anschauungen vom Wesen d. 
Musik, Teubners Neue Jbb. VIII, 1932; ders., G. u. 
d. Musik, Lpz. (1949, mit Verz. v. G.-Vertonungen u. 
20 Liedern); A. Della Corte, La vita mus. di G., 
Turin 1932; E. Schramm, G. u. Diderots Dialog 
»Rameaus Neffe«, ZfMw XVI, 1934; F. Küchler, 
G.s Musikverständnis, Lpz.-Zürich 1935; K. Blech- 
schmidt, G. in seinen Beziehungen zur Oper, Diss. 
Ffm. 1937; Fr. Blume, G. u. d. Musik, Kassel 1949; 
W. Danckert, G. Der mythische Urgrund seiner 
Weltschau, Bin 1951, 3. Buch, Kap. 5 (Musik), 4. 
Buch, Kap. 3 (Polarität) u. 4 (Dreischritt); E. Lew, 
G.s musiktheoretische Anschauungen, SMZ XCII, 
1952.- Jb. Der Bär H, 1925; Sondernummer d. RM 
XIH, 1932. 

M. Friedlaender, G.s Gedichte in d. Musik, G.-Jb. 
XVII, 1896; H. Holle, G.s Lyrik in Weisen deutscher 
Tonsetzer bis zur Gegenwart, Diss. Bonn 1914; R. 
Pohlenz, Das rhythmische Verhältnis v. Dichtung 
u. Musik in zeitgenössischen Kompositionen G.scher 


646 



Götz 


Gedichte, Diss. Köln 1921, maschr.; W.Tappert, 
54 Erlkönig-Kompositionen, Bin 1898, auf 70 erwei- 
tert 21906; M. Treisch, G.s Singspiele in Komposi- 
tionen seiner Zeitgenossen, Diss. Bin 1951, maschr.; 
J. Simon, Faust in d. Musik, Bin 1906. 

P. Winter, G. erlebt Kirchenmusik in Italien, Hbg 
1949; C. A. H. Burkhardt, G. u. d. Komponist Ph. 
Chr. Kayser, Lpz. 1879; E. Refardt, Der »Goethe- 
Kayser«, 138. Neujahrsblatt d. Allg. Musikges. Zü- 
rich, 1950; E. Staiger, G. u. Mozart, in dessen »Mu- 
sik u. Dichtung«, Zürich 1941 ; A. Orel, Mozart auf 
G.s Bühne, Mozart-Jb. 1953; A. Wh. Thayer, L. v. 
Beethovens Leben III, bearb. v. H. Deiters u. H. Rie- 
mann Lpz. 2 1911; Th. Frimmel, Beethoven u. G., 
Wien 1883; R. Rolland, G. et Beethoven, Paris 1930, 
21933, 31951, deutsch in Jb. d. Slg Kippenberg VII, 
1927/28, engl. NY 1931 ; W. Engelsmann, G. u. Beet- 
hoven, Augsburg 1931, 21936; R. Benz, G. u. Beet- 
hoven, Lpz. 1944; O. E. Deutsch, Beethovens G.- 
Kompositionen, Jb. d. Slg Kippenberg VIII, 1930; 
M. Unger, Ein Faustopernplan Beethovens u. G.s, 
Regensburg 1952; M. Zeigert, G. u. d. Musiker K. 
Eberwein, Berichte d. freien deutschen Hochstiftes zu 
Ffm. HI, 1886; Eberwein u. Lobe. G.s Schauspieler 
u. Musiker. Erinnerungen., hrsg. v. W. Bode, Bin 
1912. WD 

Götsch, Georg, * 1. 3. 1895 zu Berlin, f 26. 9. 
1956 zu Friedrichshafen; deutscher Musikerzieher, 
studierte als Volksschullehrer in Berlin Musik, 
lehrte dort 1926-31 an der Musikhochschule und 
1928-31 an der Hochschule für Leibesübungen, 
gründete 1927 in Frankfurt an der Oder das »Mu- 
sikheim«, dem er 1929-43 als Direktor Vorstand. 
G. war Leiter der »Musischen Gesellschaft«, ver- 
anstaltete »Musische Semester« (1952/53) und 
machte sich als Chorleiter bekannt. Er schrieb 
Deutsche Jugendbewegung als Volksgewissen (Leipzig 
1928), Musische Bildung (3 Bände, Wolfenbüttel 
1949-55) und gab Chor- und Tanzsammlungen 
heraus, darunter Alte Kontratänze (mit R. Gardiner, 
Wolfenbüttel 1928, 31952), Singende Mannschaft 
(Kassel 1941), Geselliges Tanzbuch (5 Bände, Kassel 
1943-55). 

Lit. : H. Höckner, Die Musik in d. deutschen Jugend- 
bewegung, Wolfenbüttel 1927; W. Ehmann, Erbe u. 
Auftrag musikalischer Erneuerung, Kassel u. Basel 
1950; E. Bitterhof, G. G., in: Musica X, 1956. 

Goetschius, Percy, * 30. 8. 1853 zu Paterson 
(New Jersey), f 29. 10. 1943 zu Manchester (New 
Hampshire); amerikanischer Musikpädagoge, war 
Schüler des Stuttgarter Konservatoriums (Lebert, 
Pruckner, Faißt, K. Doppler), wurde 1876 Theo- 
rielehrer an dieser Anstalt, ging 1890 nach den USA 
zurück als Lehrer an der Universität Syracuse 
(New York), die ihn 1892 zum Dr. mus. h. c. er- 
nannte. 1892-96 lehrte er am New England Con- 
servatory in Boston, wo er dann als Privatlehrer 
blieb. 1905-25 wirkte G. am Institute of Musical 
Art in New York. Als Schriftsteller trat er mit 
musiktheoretischen Arbeiten hervor: The Ma- 
terial Used in Musical Composition (Stuttgart 1882, 
New York 21889, 1*1913) ; The Theory and Practice 
of Tone^relations (Boston 1892, New York 
241931) ; The Homophonie Forms of Musical Compo- 
sition {New York 1898, 101921); Exercises in Me - 
lody-writing (New York 1900, 01923); Applied 
Comterpoint (New York 1902, 31915) ; Lessons in 
Music-form (Boston 1904); Exercises inElementary 
Counterpoint (New York 1910) ; Essentials of Music 
History (mit Th. Tapper, New York 1914); The 


Larger Forms of Musical Composition (New York 
1915) ; Masters of the Symphony (Boston 1925) ; The 
Structure of Music (Philadelphia 1934). Er schrieb 
Orchesterwerke, Klavierstücke und Chöre. G. 
revidierte Mendelssohns Klavierwerke (1889), 
Bachs Wohltemperiertes Klavier (1922) sowie die 
Analytic Symphony Series. 

Lit. : A. Shepherd, »Papa« G. in Retrospect, in MQ 
XXX, 1944. 

Göttmann, Adolf, * 25. 8. 1861 zu Darmstadt, 
f 23. 9. 1920 zu Berlin; deutscher Musikkritiker, 
war Schüler des Hochschen Konservatoriums in 
Frankfurt am Main, sang und bekleidete Dirigen- 
tenstellen an den Theatern in Coburg, Basel, St. 
Gallen, Köln, Stettin und lebte ab 1890 als Musik- 
lehrer und Schriftsteller in Berlin, war 1895-1920 
Vorsitzender des »Berliner Tonkünstlervereins« und 
gründete 1903 den »Centralverband deutscher 
Tonkünstler und Tonkünstlervereine«. 

GÖtz, Hermann Gustav, * 7. 12. 1840 zu Königs- 
berg, 1 3. 12. 1876 zu Hottingen bei Zürich; deut- 
scher Komponist, erhielt den ersten Musikunter- 
richt von L. Köhler und besuchte 1860 das Stem- 
sche Konservatorium in Berlin (J. Stern, Bülow 
und H. Ulrich). 1863 übernahm er die Organisten- 
stelle in Winterthur, siedelte 1867 nach Zürich 
über, gab 1870 krankheitshalber den Organisten- 
posten in Winterthur auf und lebte bis zu seinem 
Tode nur der Komposition. G.s Oper Der Wider- 
spenstigen Zähmung gehört zu dem Heitersten und 
Formvollendetsten, was die Zeitgenossen des 
»letzten Wagner« für die Opembühne geschaffen 
haben, und ging nach ihrer ersten Aufführung 1874 
in Mannheim schnell über alle größeren deutschen 
Bühnen, ist auch in England aufgeführt worden 
und in englischer Ausgabe erschienen (London 
1876). Seine zweite Oper, Francesca da Rimini, be- 
endete er nicht mehr; den als Skizze hinterlassenen 
dritten Akt instrumentierte E. Frank und brachte 
das Werk 1877 in Mannheim erstmals zur Auf- 
führung. Außerdem komponierte G.: Symphonie 
F dur op. 9; eine Frühlingsouvertüre op. 15; Vio- 
linkonzert G dur op. 22; Klavierkonzert B dur 
op. 18 ; Schillers Name op. 10 für Chor und Orch. ; 
den 137. Psalm op. 14 für Chor, Sopransolo und 
Orch.; Klaviertrio Gmoll op. 1 (Bülow gewid- 
met) ; Klavierquartett E dur op. 6 (Brahms gewid- 
met); Klavierquintett Cmoll op. 16; 3 leichte 
Stücke für Kl. und V. op.2; Klavierstücke und 
2 Sonatinen op. 8; 3 Hefte Lieder op. 3, 12 und 19; 
6 Rispetti op. 4 (übersetzt von P. Heyse) ; 3 Schwei- 
zer Kinderlicder op. 5; Chorwerke op. 11, 20 und 
21. G.’ Nachlaß Hegt in der Zentralbibliothek 
Zürich. 

Lit.: E. Istbl, H. G., Z3MG HI, 1901/02; K.Nef, 
Briefe von H. G., in: SMZ XLVI, 1906; A. Steiner, 
H. G., = 95. Neujahrsblatt d. Allgemeinen Musikges. 
Zürich, 1907; E. Kreuzhage, H. G., Lpz. 1916; G. 
R. Kruse, H. G., Lpz. 1920; R. Hunziker, H. G. u. 
J. Brahms, Züribh 1940; H. J. Moser, Mg. in 100 
Lebensbildern, Stuttgart (1952). 

Götz, Johann Michael, * um 1735, + 15. 2. 1810 
zu Worms; deutscher Musikverleger, ist ab 1768 
als Notenstocher in Mannheim nachweisbar, er- 
langte 1776 ein kurfürstlich-pfälzisches Privileg 
für den Betrieb eines Musikverlages, in dem bis 
1802 652 Hefte erschienen. G. errichtete Nieder- 


647 



Götze 


lassungen in München und Düsseldorf und sie- 
delte 1802 nach Worms über, während das Mann- 
heimer Stammhaus an Joseph Abeltshauser über- 
ging. G. verlegte Beethovens Klavier-V ariadonen 
woO 63 von 1782, den frühesten Beethovendruck, 
im übrigen vorwiegend Werke der Mannheimer 
Schule. 

Lit: Fr. Walter, Der Musikverlag d. M. G. in 
Mannheim, in: Mannheimer Geschichtsblätter XVI, 
3/4, 1915; O.E. Deutsch, Music Publishers Num- 
bers, in: The Journal of Documentation I— II, 
1945/46-1946/47, separat London 1946. 

Götze, Karl, * 1836 zu Weimar, f 14. 1. 1887 zu 
Magdeburg; deutscher Komponist, war Schüler 
von Töpfer und Gebhardi, später von Liszt, wurde 
1855 Korrepetitor an der Oper in Weimar, dann 
Theaterkapellmeister in Magdeburg, Berlin, Bres- 
lau (1872) und Chemnitz (1875). G. schrieb: die 
Opern Judith (Magdeburg ISST), Eine Abschiedsrolle, 
Die Korsen, Gustav Wasa ; symphonische Dichtung 
Die Sommernacht ; Klavierstücke. 

Götze, Johann Nikolaus Konrad, * 11. 2. 1791 
undf5. Z 1861 zu Weimar; deutscher Komponist, 
wurde als Violinvirtuose auf Kosten der Erbgroß- 
herzogin von L. Spohr (Gotha), A. E. Müller 
(Weimar) und R. Kreutzer (Paris) ausgebildet. 
1826-48 war G. Korrepetitor der Oper und Musik- 
direktor in Weimar. Er schrieb u. a. Opern, 
Vaudevilles, Melodramen, Streichquartette und 
ein Streichtrio. 

Goetze, Walter Wilhelm, *17. 4. 1883 zu Berlin; 
deutscher Operettenkomponist, erhielt seine musi- 
kalische Ausbildung in Berlin und trat als Pianist 
in Kabaretts auf. Er schrieb Singspiele, musika- 
lische Possen und Operetten, darunter Parkettsitz 
Nr. 10 (Bremen 1911), Schürzenmanöver (Leipzig 
1914), Ihre Hoheit - die Tänzerin (Stettin 1919) und 
Die göttliche Jette (Berlin 1931). 

Götzl, Anselm, * 20. 8. 1878 zu Karolinenthal 
bei Prag, + im Februar 1922 zu Barcelona auf einer 
Reise; böhmischer Komponist, studierte in Prag 
sowie bei Fr. Schalk und G. Adler in Wien, promo- 
vierte 1899 in Wien mit einem Beitrag zur Instru- 
mentation der Beethovenschen Symphonien , lebte in 
Prag und ging 1913 nach den USA, wo er sich 
als Operettenkomponist Beliebtheit errang. Kom- 
positionen: Klavierquartett op. 1 , Streichquartette 
op. 2 und 4, Klarinettenquintett op. 5, Lieder op. 3 
und 8 , komische Oper Zierpuppen (Prag 1907), 
Operette Madame Flirt (Prag 1909). 

Goflf, Thomas, englische Instrumentenbauwerk- 
statt, gegründet 1933 in London von Th. G. (* 16 
7. 1898 zu London), baut Cembali, Clavichorde 
und Lauten. 

Gog$va, Antonius Herrn annus (Gogavinus), 
* 1529 zu Grave (Nordbrabant), + 1569 zu Madrid; 
franko-fläm ischer Arzt, war nach Studien in Lei- 
den und Padua ab 1550 in Venedig ansässig, wo er 
mit Zarlino bekannt wurde und als erster (aller- 

chische M nsürs rlf 1 (in lateinischer Über- 
setzung) in Druck gab: Aristoxeni musici antiquiss . 
Harmonicorum elementorum libri IZT, et CI Ptolemaei 
Harmonicorum, seu de Musica lib. III. Aristotelis de 
obiecto Auditus fiagmentum ex Porphyrij commen- 
tarijs (Venedig 1562). 


Goldfli, Iwan Rafadowitsch, * 9. (21.) 10. 1899 
zu Tiflis; georgischer Komponist, beteiligte sich 
1925 an der Gründung des Tifliser Symphonie- 
Orchesters, studierte am Leningradcr Konserva- 
torium, wurde Theaterkapellmeister und 1931 
Mitarbeiter des Rundfunks in Tiflis, war 1938-42 
Vorsitzender des georgischen Komponistenverban- 
des, 1942-45 Direktor des Konservatoriums, an 
dem er Komposition, Gesang und Ensemblespiel 
unterrichtet. Seit 1946 leitet er die Tifliser Phil- 
harmonie. G. schrieb Kammermusik (darunter ein 
Septett für 4 Holzbläser, Horn, V. und Vc., 1931), 
Orchestersuiten, eine Symphonie (1948), Lieder, 
eine Oper (1942), viele Schauspiel- und Filmmu- 
siken. 

Gold (go:ld), Julius, * 18. 2. 1884 zu St. Joseph 
(Missouri); amerikanischer Musikpädagoge, bü- 
dete sich in Musiktheorie (Ziehn) sowie im Vio- 
linspiel aus, gehörte ab 1913 dem San Francisco 
Symphonv Orchestra an, daneben ab 1925 dem 
Opemorchester. 1910-14 war er Professor für 
Musical Science an der Drake University (Des 
Moines, Iowa) und 1931-35 für Kontrapunkt und 
Komposition am Dominican College (San Rafael, 
Kalifornien). Seit 1945 lebt G. als Pnvatmusikleh- 
rer in Hollywood. 

Goldbeck, Fred, * 13. 2. 1902 im Haag; franzö- 
sischer Musikschriftsteller, lebt in Paris. Seine Mu- 
sikstudien betrieb er bei Sekles, Bagier und Rhen 6 - 
Baton. G. war 1930-35 Redaktionssekretär der 
RM und 1936-39 Leiter einer Orchesterklasse an 
der Ecole Normale de Musique in Paris. Außer Be- 
richten und Artikeln über zeitgenössische Musik in 
der RM, MQ und im »Melos« schrieb er: The Per- 
fect Conductor (New York 1951, französisch als: 
Le parfait Chef d*orchestre Paris 1952). G. redigierte 
auch den ersten Teil des Katalogs der Biblioth&que 
A. Cortot ( Traitis et autres ouvrages thioriques , 
Argenteuü 1936) und übersetzte mit J.-G. 
Prod’homme W. Furtwänglers »Gespräche über 
Musik« (Paris 1953). 

Goldbeck, Robert, * 19. 4. 1839 zu Potsdam, 
f 16. 5. 1908 zu Saint Louis; deutscher Komponist, 
war Schüler von L. Köhler und H. Ch. LitolfF, 
reiste als Pianist, brachte in London 1856 eine 
Operette The Soldier*s Return zur Aufführung, 
lebte 1857-67 in New York, gründete 1867 eine 
Musikschule in Boston, leitete 1868-73 ein Kon- 
servatorium in Chicago und ging dann nach Saint 
Louis als Dirigent der Harmonie Society und Mit- 
direktor des Beethoven-Konservatoriums. 1880-85 
lebte er wieder in New York, zuletzt wieder in 
Saint Louis. Er schrieb 3 Opern, Kantate Das Lied 
vom braven Mann , Orchesterwerke, 2 Klavierkon- 
zerte, ein Klavierquintett, ein Streichsextett, etwa 
140 Klavierwerke und viele Lieder. Außerdem gab 
er Lehrbücher heraus. 

Goldberg, Johann Gottlieb (Theophilus), ge- 
tauft 14. 3. 1727 zu Danzig, f 13. 4. 1756 zu Dres- 
den; deutscher Cembalist, kam mit Graf H. K. 
von Keyserlingk nach Dresden, genoß dort den 
Unterricht W. Fr. Bachs, später den J. S. Bachs. 
Dieser schrieb für ihn auf Bestellung des Grafen 
Keyserlingk die Clavier Übung bestehend in einer 
Aria mit verschiedenen Veraenderungen vors Clavi - 
cintbal mit 2 Manualen (= Klavierübung Teil IV, 


648 



Goldmark 


die sogenannten »Goldberg-Variationen«). G. 
wurde 1751 Kammermusikus des Grafen Brühl. 
Er soll ein ausgezeichneter Improvisator am Kla- 
vier gewesen sein und gehört auch als Komponist 
unter die Besten seiner Zeit: 2 Kantaten, eine Mo- 
tette, Präludien und Fugen, 24 Polonaisen, 2 Cem- 
balokonzerte, 6 Triosonaten. 

Ausg.: Präludium u. Fuge, hrsg. v. A. u. L. Farrenc, 
Le Tresor des Pianistes XI, Paris 1868; Triosonate, 
hrsg. v. W. Rust, in: GA d. Werke J. S. Bachs IX, 
Lpz. 1859 (hier fälschlich als Werk J. S. Bachs); Trio- 
sonate, hrsg. v. F. W. Lothar, Wolfenbüttel u. Ko- 
penhagen 1932; 2 Polonaisen, hrsg. v. K. Herrmann, 
Lehrmeister u. Schüler J. S. Bachs, Zürich 1935; 
2 Cembalokonzerte, hrsg. v. E. D Adder, Celle 1945; 
Kantate u. Der 12. Psalm, hrsg. v. A. Dürr, in: EDM 
XXXV (— Abt Oratorium u. Kantate I), 1957. 
Lit.: E. Dadder, J. G. G., Diss. Bonn 1923, maschr., 
Auszug in: Bach-Jb. XX, 1923; H. Löffler, in: 
Bach-Jb. XL, 1953, S. 24; A. Dürr, J. G. G. u. die 
Triosonate BWV 1037, in: Bach-Jb. XL, 1953. 

Goldberg, Joseph Pasquale, * 1. 1. 1825 und 
f 20. 12. 1890 zu Wien; österreichischer Sänger 
(Baß), war zuerst Schüler von Mayseder und Sey- 
fried in Wien und reiste mehrere Jahre als früh- 
reifer Violinvirtuose. Dann bildete er unter Ru- 
bini, Bordogni und Fr. Lamperti seine Stimme aus 
und debütierte 1843 in Genua, sang einige Jahre in 
Italien und ließ sich dann als Konzertsänger und 
Gesanglehrer in Paris, nach weiteren Konzertreisen 
1861 in London nieder. G. komponierte Gesangs- 
stücke und La Marcia trionfale , den Einzugsmarsch 
für die Truppen Vittorio Emanueles in Rom. Die 
Sängerinnen Fanny G.-Marini und Katharina G.- 
Strossi sind seine Schwestern, die letztere war auch 
seine Schülerin. 

Goldberg, Szymon, * 1. 6. 1909 zu Wloclawek; 
polnischer Violinist, studierte bei Michalowicz in 
Warschau und Flesch in Berlin, wurde Konzert- 
meister des Dresdner Philharmonischen Or- 
chesters und der Berliner Philharmoniker. Nach 
1933 unternahm er Konzertreisen, geriet während 
des 2. Weltkriegs in japanische Gefangenschaft 
und ging 1945 nach den USA, wo er die ameri- 
kanische Staatsbürgerschaft erwarb. 

GQldenweiser, Alexander Borissowitsch,*26.2. 
(10. 3.) 1875 zu Kischinew; russischer Pianist, stu- 
dierte 1889-97 am Moskauer Konservatorium Kla- 
vier bei Siloti und Pabst, Komposition bei S. Tane- 
jew, Ippolitow-Iwanow und Arenskij. 1904 wurde 
er Professor an der Schule der Moskauer Philhar- 
monischen Gesellschaft, 1906 Professor am Konser- 
vatorium in Moskau, dessen Leitung er mehrmals 
hatte. Zu seinen Schülern gehören S. Feinberg, 
Kabalewskij und T. Nikolajewna. G. komponierte : 
Klavierwerke (eine Sonate, Fugen und kleinere 
Stücke), ein Streichquartett (1896, umgearbeitet 
1940), ein Klaviertrio zum Gedächtnis Rachmani- 
nows (1953), eine Dante-Ouvertüre (1897), 2 
Orchestersuiten (1946), Lieder, 3 Opern (Manu- 
skript) und eine Revolutionskantate (1948), gab 
klassische Klavierwerke heraus und veröffentlichte 
Erinnerungen aus 15jährigem nahem Umgang 
mit L. N. Tolstoj (2 Bände, Moskau 1922-23) so- 
wie den Briefwechsel Chopins (Moskau 1929). 

Goldman (g / o:ldmsen), Edwin Franko, * 1. 1. 
1878 zu Louisville (Kentucky), f 21. 2. 1956 zu 


New York, Neffe von S. Franko; amerikanischer 
Bandmaster. Schon mit 9 Jahren nahm er Unter- 
richt auf Kornett und Trompete, kam mit 15 
Jahren ans National Conservatory of Music New 
York und war Kompositionsschüler von DvoHk. 
1895-1905 war er 1. Trompeter am Metropolitan 
Opera House. 1911 gründete G. die »New York 
Military Band« (seit 1910: »Goldman Band«), 
deren hervorragende Mitglieder als Bläser in die 
führenden amerikanischen Symphonieorchester 
gingen. Er gründete 1918 in New York die »Free 
Summer Concerts« (seit 1930: »Guggenhcim Me- 
morial Concerts«). Zahlreiche Komponisten wie 
Schönberg, Milhaud, Cowell, Respighi, Roussel, 
Thomson regte er zu Kompositionen für Blasor- 
chester an. G. schrieb 109 Märsche, darunter On 
the Mall. Der größte Teil seiner Sammlung musi- 
kalischer Autographe und Briefe ging durch 
Schenkung an das Metropolitan Opera House 
über. Schriften: The Foundation to Comet Playing 
(1914), Band Betterment (1934), The Goldman Band 
System (1936, alle New York). Nach G.s Tod 
übernahm die Leitung der Band sein Sohn Ri- 
chard Franko G. (* 7. 12. 1910 zu New York), 
der bereits 1937 Assistent seines Vaters geworden 
war und sich mit Arrangements (darunter Berlioz* 
»Symphonie phantastique«), Kompositionen und 
Schriften (darunter The Bands Music, New York 
1938) bekannt gemacht hat. 

Goldmark, - 1) Karl, * 18. 5. 1830 zu Keszthely 
(Ungarn), f 2. 1. 1915 zu Wien; österreichischer 
Komponist, war Violinschüler von Jansa in Wien, 
studierte 1847/48 am Konservatorium, bildete sich 
anschließend durch Privatstudium fort. Er lebte 
dann als Geiger und Klavierlehrer in Ödenburg, 
Budapest, zuletzt Wien, hier auch als Chorleiter. 
G. machte zuerst mit seiner Ouvertüre Sakuntala 
op. 13 (1865) und einem Orchesterscherzo op. 19 
auf sich aufmerksam und errang mit der in einer 
eigentümlichen Melodik und Farbenglut leuch- 
tenden Oper Die Königin von Saba (Wien 1875) 
einen nachhaltigen Erfolg, der ihm zahlreiche 
Ehrenämter eintrug. Es folgten Merlin (Wien 1886, 
umgearbeitet Frankfurt am Main 1904), Das 
Heimchen am Herd (Wien 1896), Die Kriegsgefan- 
gene (Briseis, Wien 1899), Götz von BerUchingen 
(Pest 1902, umgearbeitet Wien 1910), Ein Winter- 
märchen (Wien 1907). Seine bedeutendsten sonsti- 
gen Werke sind: 2 Symphonien Ländliche Hochzeit 
op. 26 und op. 35, die Ouvertüren Penthesilea op. 
31, Im Frühling op. 36, Der gefesselte Prometheus 
op. 38, Sappho op. 44, In Italien op. 49, Aus Jugend- 
tagen op. 53, Scherzo op. 45 A dur für Orch., die 
symphonische Dichtung Zrinyi (1903), 2 Violin- 
konzerte A moll op. 28 und eins ohne Opuszahl, 
ein Klavierquintett, ein Streichquartett op. 8, 
Streichquintett op. 9, Trio op. 4, 2 Suiten für KL 
und V. op. 11 und 43, Sonate für V. und Kl. op. 
25, Sonate für Vc. und Kl. op. 39, einige größere 
2händigc Klavierwerke, Frühlingshymne op. 23 
(Altsolo, Chor und Orch.), Lieder op. 46. G. ver- 
faßte eine Autobiographie Erinnerungen aus mei- 
nem Leben (Wien 1922, 21929). - 2) Rubin, * 15. 
8. 1872 und f 6. 3. 1936 zu New York; amerikani- 
scher Komponist, Neffe Karl G.s, besuchte 3 Jahre 
das College of the City of New York, ging dann 
nach Wien, wo er 1889-91 die Universität be- 


649 



Goldoni 


suchte und Musik bei Door (Klavier) und J. N. 
und R. Fuchs (Komposition) studierte. Nach seiner 
Rückkehr nach New York war er 1891-93 noch 
Schüler von Joseffy (Klavier) und Dvorik (Kom- 
position) am National Conservatory und lehrte an 
dieser Schule Klavierspiel und Theorie. 1895-1901 
war G. Direktor des Conservatory of Music in 
Colorado Springs. Ab 1902 lebte er der Kompo- 
sition und dem Unterricht in New York, ab 1924 
als Lehrer an der Juilliard School of Music. Er 
schrieb für Orch. Theme and Variations, Ouvertüre 
Hiawaiha, symphonische Dichtung Samson , Re- 
quiem suggested by Lincoln 9 s Gettysburgh Adress, A 
Negro Rhapsody ; Kammermusik und Klavier- 
stücke. 

Lit.: zu K. G.: O. Keller, K. G., Lpz. 1901 ; R. v. 
Perger, K. G., in: Mk VII, 1907/08; W. Altmann, 
G.s Kammermusik, in: Mk XIV, 1914/15; J. Korn- 
gold, Deutsches Operaschaffen d. Gegenwart, Lpz. 
tuWien 1921 ; H. Schwarz, I. Brüll u. sein Freunde- 
kreis, Erinnerungen an Brüll, G. u. Brahms, Wien 
1922; E. Kalman, G. K., Budapest 1930 (ungarisch); 
K. Kjlempa, G., Keszthely 1930 (ungarisch); L. Koch, 
K. G. y = Literatur aktueller Zeitfragen II, Budapest 
1930. - zu R.G.: E. T. Rice, Adress delivered in 
Memory of R. G., NY 1936. 


Goldpni, Carlo, * 25. 2. 1702 zu Venedig, f 6. 2. 
1793 zu Paris; italienischer Dichter, nach bewegter 
Jugendzeit zeitweilig im venezianischen Staats- 
dienst und als Advokat (Venedig 1732-33, Pisa 
1745-58) tätig, lebte 1734-39 und 1748-62 als 
Theaterdichter in Venedig, wo er, wahrscheinlich 
für die Saison 1750/51, 16 Komödien schrieb. Zur 
Unterstützung der »Comidie Italienne« wurde G., 
dessen Reformierung der italienischen Komödie 
allgemeine Anerkennung gefunden hatte, nach 
Paris gerufen, wo er auch einige französische Ko- 
mödien sowie seine Mimoires (3 Bände, Paris 1787) 
schrieb. Unter den insgesamt 200 Stücken G.s 
nehmen die 69 Buffo-Libretti (denen 4 Seriatexte 
für VIvaldi, Galuppi, Chiarini 1735-41 voran- 
gingen) einen bedeutenden Raum ein. Nach G. 
Maccari ( Lugrezia Romana 1737, La contessina 1743) 
sind die L&uptkomponisten: Galuppi (mit 18 
Stücken 1749-66), G. Scarlatti (5 Stücke, 1752-57), 
Hschietti (6 Stücke, 1755-63), Gaßmann (8 Stücke, 
1759-78), Picrinni (5 Stücke, 1760-71). Einige 
Werke G.s gehören zu den beliebtesten Opere 
buffe, so: Bertolde (1748 für Ciampi, das Vorbild 
für Favarts »Ninette ä la cour« Paris 1755 und J. A. 
Hillers »Lottchen am Hofe« Leipzig und Berlin 
1767); II mondo della Uma (1750 für Galuppi), Le 
pescatrici (1751 für Bertoni), Ufilosofo di campagna 
(1754 für Galuppi), Lo speziale (1755 für PaJlavi- 
dno und Fischietti; auch von J. Haydn 1768 ver- 
tont), La Cecchina owero La buonafigliola (1756 für 
Duni, weltberühmt in der Vertonung Picdnnis, 
für den G. 1761 eine Fortsetzung La buonajigliola 
maritata schrieb); La ritomata di Londra (1*756 für 
Hschietti), Vamore artigiano (1767 für Gaßmann), 
Le pescatrici (1770 für Haydn) und U mondo della 
luna (1777 für Haydn). Mozarts La finta semplice 
(1768) geht auf einen Text G.s zurück. In neuerer 
Zeit vertonten Wolf-Ferrari (5 Opern, darunter 
I quattro. rusteghi 1906), G. Fr. Malipiero (»Trc 
commedie goldoniane« 1926) und Fran$aix (Bal- 
lett Scuola di hallo 1933) Stücke G.s. 

Ausg. : Opere complete edite dal municipio di Vene- 
zia, bearb. v. G. Ortolani, E. Maddalena u. C. 


Musatti, 37 Bde, Venedig 1907-48, d. Opemlibretti 
in Bd XXVI-XXXII ; Tutte le opere, hrsg. v. G. Orto- 
lani, 5 Bde, Mailand 1935-41. 

Lit.: Mdmoires, engl. v. J. Black, Boston 1877, itaL 
hrsg. v. G. Mazzoni, 2 Bde, Florenz 1907, deutsch v. 
L. Lorme als: »Mein Leben . . .« Wien 1923. — A. G. 
Spinelu, Bibliogr. G.ana, Mailand 1884; A. Della 
Torre, Saggio di una bibliogr. delle opere intomo a 
C. G., Florenz 1908; C. Musatti, I drammi mus. di 
C. G., in: Ateneo veneto XXV, 1902; A. Wot- 
quenne, Zeno, Metastasio u. G., Alphabetisches 
Verz. d. Stücke in Versen aus ihren dramatischen 
Werken, Lpz. 1905. - A. Loewenberg, Annals of 
Opera, Cambridge 1943, Genf 2 (1955). - T. Wiel, 
I teatri mus. veneziani . . ., Venedig 1897; G. Orto- 
lani, Della vita e delTarte di C. G., Venedig 1907; 
H. Ch. Chatfeeld-Taylor, G., NY 1913, gekürzt 
itaL v. E. Maddalena, Bari 1927; J. D. Popovici, La 
buona figliola, Diss. Zürich 1920; A. Della Corte, 
L’opera comica ...» 2 Bde, Bari 1923, spanisch Bue- 
nos Aires 1928; G. Busnco, Drammi cantate di C. 
G., Rivista delle Biblioteche 1925; M. Apollonio, 
L’opera di C. G., Mailand 1932; K. Geiringer, J. 
Haydn, Potsdam (1932); W. Bollert, Die Buffo- 
opern B. Galuppis, Diss. Bin 1935; E. Rho, La mis- 
sione teatrale di C. G., Bari 1936; A. Pocorobba, C. 

G. e la riforma del teatro comico ital., Aquüa 1937; 

H. Wirth, J. Haydn als Dramatiker, Wolfenbüttel 
u. Bin 1940; E. Gimmelli, La poesia di G., Pisa 1941 ; 
U. Rolandi, II libretto, Rom 1950; W. C. Holmes, 
Pamela Transformed, MQ XXXVIII, 1952. Hp B 

Goldpvsky, Boris, * 7. 6. 1908 zu Moskau; 
amerikanischer Opemdirektor, lebt in Brookline, 
absolvierte 1930 die Liszt-Akademie in Budapest, 
1933 das Curds Institute in Philadelphia. Aus der 
Schule Reiners und Rodzinskis gekommen, wurde 
er früh Opemleiter an verschiedenen höheren Mu- 
sikinstituten und ist gegenwärtig in Boston und 
beim Berkshire Music Centre tätig, wo er eine 
Reihe zeitgenössischer und älterer Opern zur 
amerikanischen Erstaufführung brachte. 1956 ver- 
lieh ihm das Bates College den Hon. D. of Music. 
Er schrieb: Accents on Opera (New York 1953). 

Goldsand, Robert, * 17. 3. 1911 zu Wien; ame- 
rikanischer Pianist von österreichischer Herkunft, 
studierte in Wien bei M. Rosenthal, debütierte 
dort 1921, unternahm Konzertreisen durch Europa 
und die USA, wo er sich 1940 niederließ. 

Goldschmid, Theodor, * 10. 9. 1867 zu Win- 
terthur, j* 22. 2. 1945 zu Zollikon bei Zürich; 
Schweizer Pfarrer, empfing in seiner Studienzeit 
in Straßburg durch Fr. Spitta und J. Smend starke 
Anregung auf liturgischem und kirchenmusika- 
lischem Gebiet, war 1896-1937 Zentralpräsident 
des Schweizerischen Kirchengesangsbundes, den 
er 1896 mitgründete. Er redigierte dessen Verbands- 
organ »Der evangelische Kirchenchor« und betä- 
tigte sich als Komponist von Kantaten ( Epiphanias ; 
Ostermorgen, Sommergesang) und Liedern. G. gab 
heraus 20 4st. Psalmen von H. Schütz (Leipzig 
1901), Geistliche Sologesänge und Duette (Zürich 
und Leipzig 1917, 2 1942), Neuer Liederkranz (mit 
E. Stiefel, Basel 1932) und schrieb: Schweizerische 
Gesangbücher früherer Zeiten (Zürich 1917), Entwurf 
zu einem allgemeinen schweizerischen Kirchengesang- 
buch (in: Verhandlungen des Pfarrvereins des Kan- 
tons Zürich 1920) ; Das Lied unserer evangelischen 
Kirche (= Zwingli-Bücherei XVI, Zürich 1941). 


650 


Gol ineil i 


Goldschmidt, Adalbert von, * 5. 5. 1848 und 
f 21. 12. 1906 zu Wien; österreichischer Kompo- 
nist, war Schüler des Wiener Konservatoriums, 
komponierte die von Robert Hamerling für ihn 
gedichteten Sieben Todsünden (Berlin 1876), die 
Opern Helianthus (Leipzig 1884), eine musik-dra- 
matische Trilogie Gäa (1889), Die fromme Helene 
(Hamburg 1897, nach W. Busch), auch eine sym- 
phonische Dichtung und viele Lieder. 

Lit.: Briefe an einen Komponisten, hrsg. v. E. Frie- 
degg, Bin (1909); Fr. Klose, Meine Lehrjahre bei 
Bruckner, = Deutsche Musikbücherei LX1, Regens- 
burg (1927). 

Goldschmidt, Berthold, * 18. 1. 1903 zu Ham- 
burg; englischer Dirigent und Komponist, lebt in 
London, betrieb kunstgeschichtliche und philoso- 
phische Studien an den Universitäten Hamburg 
und Berlin. An der Berliner Hochschule für Musik 
studierte er 1922-25 bei Schreker Komposition, 
Dirigieren bei Krasselt und Prüwer. 1928 kam seine 
II. Klaviersonate beim Jahresfest der ISCM in Genf 
zur Uraufführung, 1939 brachten die Ballets Jooss 
in Cambridge erstmals sein Ballett Chronica, 1926 
Kleiber seine Orchesterpassacaglia in Berlin heraus, 
1932 das Mannheimer Nationaltheater seine Oper 
Der gewaltige Hahnrei. 1951 wurde seine Shelley- 
Oper Beatrice Cenci preisgekrönt. Er schrieb seit- 
dem noch Konzerte für V. (1952), Va (1953), Klar. 
(1955) sowie ein Streichquartett (1954). 

Goldschmidt, Harry, * 17. 6. 1910 zu Basel; 
Schweizer Musikschriftsteller, studierte in Basel 
sowie bei Scherchen in Königsberg, war Kritiker 
in Basel 1934-39 an der »Nationalzeitung«, 1945-49 
am »Vorwärts«, wurde dann auf ein Jahr Hauptab- 
teilungsleiter für Musik an dem unter sowjetischer 
Kontrolle stehenden Sender Berlin. 1950 organi- 
sierte er die Bach-Ausstellung, 1952 die Beethoven- 
Ausstellung in Leipzig und Berlin. Seit 1951 hält G. 
musikgeschichtlicne Vorträge an der Musikhoch- 
schule im sowjetischen Sektor von Berlin, dozierte 
1955/56 in China über europäische Musik und er- 
hielt 1957 einen Lehrauftrag an der Humboldt- 
Universität Berlin. Schriften: Franz Schubert -Ein 
Lebensbild (Berlin 1954); »Vorlesungen über deut- 
sche Musik« (Peking 1957, chinesisch) ; Aufsätze. 

Goldschmidt, Hugo, * 19. 9. 1859 zu Breslau, 
t 26. 12. 1920 zu Wiesbaden; deutscher Musik- 
forscher, war in der Musik Schüler von J. Schäffer 
in Breslau, studierte Jura und promovierte 1884 
zum Dr. jur., quittierte aber noch in demselben 
Jahre den Staatsdienst und übernahm das Gut seines 
Vaters. 1887-90 war er Gesangsschüler von J. 
Stockhausen in Frankfurt, beschäftigte sich dann 
mit musikhistorischen Studien unter Anleitung; E. 
Bohns in Breslau und war 1893-1905 Mitdirektor 
des Klindworth-Scharwenka-Konservatoriums in 
Berlin; 1918 Professor. In seinen späteren Jahren 
lebte er in Nizza und am Genfer See, zuletzt in 
Wiesbaden. G. schrieb die sehr verdienstlichen 
Studien: Die italienische Gesangsmethode des 17. 
Jahrhunderts (Breslau 1890, auch Aufschlüsse über 
die verzierte Ausführung der Vokalwerke des 16. 
Jahrhundorts), Der Vokalismus des neuhochdeutscheti 
Kunstgesangs und der Bühnensprache (Leipzig 1892), 
Handbuch der deutschen Gesangspädagogik (1. Teü, 
Leipzig 1896), Studien zur Geschichte der italienischen 


Oper im 17. Jahrhundert (2 Bände, Leipzig 1901 und 
1904, im 2. Band fast vollständiger Neudruck von 
Monteverdis L’Incoronazione di Poppea), Die 
Lehre von der vokalen Ornamentik (Charlottenburg 
1907), Wilhelm Heinse als Musikästhetiker (in Rie- 
mann-Festschrift, Leipzig 1909), Die Musikästhetik 
des 18. Jahrhunderts (Zürich 1915) sowie Aufsätze 
für Musikzeitschriften: Cavalli als dramatischer 
Komponist (MfM XXV, 1893), Das Cembalo im 
Orchester der italienischen Oper der 2. Hälfte des 18. 
Jahrhunderts (in Liliencron-Festschrift 1910), Die 
Anführung von Kirchenmelodien in den Mittelteilen 
der J. S. Bachschen Kantaten (ZfMw n, 1919/20). 
G. gab Ausgewählte Szenen aus Opern von T. 
Traetta heraus (DTB XIV, 1, 1914, und XVII, 
1916). 

Goldschmidt, Otto, * 21. 8. 1829 zu Hamburg, 
t 24. 2. 1907 zu London; deutscher Dirigent, war 
Schüler von Fr. W. Grund in Hamburg, dann am 
Leipziger Konservatorium Schüler von Mendels- 
sohn und 1848 noch in Paris von Chopin, ging 
dann nach London, wo er 1849 in einem Konzert 
der Jenny -»■ Lind als Pianist auf trat. 1851 beglei- 
tete er sie nach den USA und heiratete sie 1852. 
1852-55 lebten beide in Dresden, ab 1858 in Lon- 
don. G. leitete die Musikfeste in Düsseldorf 1863 
und Hamburg 1866, wurde 1863 stellvertretender 
Direktor der Royal Academy of Music und grün- 
dete 1875 den Londoner Bach-Chor, den er zu 
großer Blüte brachte. G. gab mit Beimett das 
Choral-Book for England (1862, Supplement 1864) 
heraus. Von seinen Kompositionen sind das bi- 
blische Idyll Ruth, ein Klavierkonzert, ein Trio so- 
wie Klavierstücke und Lieder zu nennen. 

Goldwin (g'o:ldwin), John (auch Goldin), * um 
1667, f 7. 11. 1719 zu Windsor; englischer Kom- 
ponist^w^ Schüler und (1697) Nachfolger von 

sor, ab 1704 auch Qiorregent. Jr schrieb Kirchen- 
musik, von der ein Service in F in Arnolds Cathe- 
dra! Music (1790) und Anthems in Sammlungen 
von Boyce (1760-78) und Page (1800) erschienen. 
Lit : Ch. Burney, A General Hist of Music III, Lon- 
don 1789, neu hrsg. v. F. Mercer, Bd II, London 
1935, weitere NA Baden-Baden 1958, Bd III; E. H. 
Fellowes, Organists and Masters of the Choristers 
of St. George’s Chapel, London 1940. 

Golest^n, Stan, * 26. 5. 1875 zu Vaslui (Rumä- 
nien), f 1956 zu Paris; rumänischer Komponist, 
war in Paris Schüler von d’Indy, Roussel und spä- 
ter von Dukas. G. lebte in Paris als Kritiker des 
»Figaro« und Lehrer der Komposition an der 
£cole Normale. Von seinen Werken sind zu nen- 
nen: Rhapsodie roumaine ; eine Symphonie; Ouver- 
türe symphonique; ein Klavier- und ein Cellokon- 
zert; Rhapsodie concertante für V. und Orch.; 2 
Streichquartette; eine Violinsonate; Thhne, va- 
riations et danses für KL; Dix Chansons populaires 
roumaines. 

Golin?lli, Stefano, * 26.10.1818 und t 3.7. 
1891 zu Bologna; italienischer Komponist, Schüler 
von Vaccai, war 1840-70 Lehrer am Musiklyzeum 
seiner Vaterstadt, konzertierte als Pianist 'während 
dieser Zeit auch in Deutschland, England und 


651 



Golisdani 


Frankreich. G. schrieb gegen 200 Werke ausschließ- 
lieh für KL, darunter 5 Sonaten, 3 Toccaten und 
48 Präludien. 

Ausg.: 3 Stücke, in: Tagliapietra Ant. XVI. 

Golisdani (golij'ani), Enrico, * 25. 12. 1848 und 
t Februar 1918 zu Neapel; italienischer Librettist, 
war Leiter des »Giomale per tutti«, Verfasser einer 
großen Reihe von Textbüchern, so für Ponchielli 
(Marion Deforme), Wolf-Ferrari (II segreto di Su - 
sanna, I gioielli della Madonna mit C. Zangarini, 
Uamore medico nach Moli&re), Cottrau, Tasca und 
Setacdoli. 

Lit: A. Loewenberg, Annals of Opera, Cambridge 
1943, in 2 Bänden Genf 2(1955). 

Goljzyn (Galizin, Gallitzin), - 1) Fürst Nikolaj 
Borissowitsch, * 1795, f (ermordet) 11. (23.) 10. 
1866 zu Korotscha (Gouvernement Kursk) ; russi- 
scher Musikmäzen, ist in der Musikwelt dadurch 
bekannt, daß er die Uraufführung von Beethovens 
Missa solemnis am 6. (18.) 4. 1824 in St. Petersburg 
veranstaltete, Beethoven ihm die Ouvertüre »Die 
Weihe des Hauses« op. 124 widmete und auf seine 
Veranlassung 3 seiner letzten Streichquartette 
(Es dur op. 127, B dur op. 130, A moll op. 132) 
schrieb. G. war ein tüchtiger Violoncellist, seine 
Gattin eine gute Pianistin; er gründete 1828 die 
Petersburger Gesellschaft der Musikliebhaber. Sein 
Sohn - 2) Fürst Jurii Nlkolajewitsch, * 29. 11. 
(11. 12.) 1823 und f im September 1872 zu St. 
Petersburg, war zeitweise Adelsmarschall des 
Gouvernements Tambow, machte den Krimkrieg 
mit, nahm aber darauf seinen Abschied und stu- 
dierte bei Lomakin in St. Petersburg, bei Reichel 
in Dresden und M. Hauptmann in Leipzig Musik. 
1842 gründete er in Moskau einen aus 70 Knaben 
bestehenden Chor, später auch ein eigenes Or- 
chester, mit dem er in England, Deutschland, 
Frankreich und Amerika konzertierte, um die rus- 
sischen Komponisten bekanntzumachen. G. kom- 
ponierte 2 Messen, 2 Phantasien für Orch. und 
andere Instrumentalwerke sowie Lieder, war auch 
als Schriftsteller und Kritiker tätig. Seine Memoi- 
ren erschienen als »Vergangenheit und Gegen- 
wart« (in den Vaterländischen Aufzeichnungen). 

Lit.: zu N. B. G.: A. Wh. Thayer, L. v. Beethovens 
Leben V, Lpz. 1908 (weitergeführt v. H. Deiters, hrsg. 
v. H. Riemann), Kap. IV, Anhang II: Fürst G. u. d. 
für ihn geschriebenen Quartette; M. Alexejew im 
russ. Beethoven-Gedenkbuch, Moskau 1927. 

Goll, Johann Andreas, *um 1750 und f um 1820 
in Schwaben; deutscher Orgelmacher, um 1780 
bis 1810 in Weilheim am Teck ansässig, wo in der 
Peterskirche seine bedeutendste Orgel mit 23 Re- 
gistern erhalten ist. Die Firma G. bestand noch bis 
um 1910. 

Lit.: Der Barock, seine Orgeln u. seine Musik in 
Oberschwaben, hrsg. v. W. Supper, Bin u. Darmstadt 
1951. 

Goller» Vincenz (Pseudonym: Hans von Berch- 
thal), * 9. 3. 1873 zu St. Ancträ bei Brixen, f 11- 9. 
1953 zu St. Michael im Lungau; österreichischer 
Kirchenmusiker, in Neustift bei Brixen erzogen 
und am Lehrerseminar Innsbruck bei J. Pembaur 
ausgebildet, wurde nach mehljähriger Tätigkeit als 
Schullehrer 1898 Schüler der Kirchenmumcschule 
in Regensburg (Fr. X. Haberl), 1910 Leiter der 


Kirchenmusikalischen Abteilung der Wiener Aka- 
demie der Tonkunst in Klosterneuburg bei Wien. 
G. gründete 1913 den Kirchenmusikverein Schola 
Austriaca und schrieb über 100 kirchliche Werke 
für die Praxis kleiner Kirchenchöre (Messen, Re- 
quiem, Offertorien, Prozessionsgesänge, Kom- 
munionlieder), auch weltliche Lieder und Chor- 
lieder, ein Volksliederbuch für Mittelschulen und 
redigierte die Sammlung Meisterwerke kirchlicher 
Tonkunst in Österreich (Wien ab 1913). 

Lit: K. G. Fellerer, Gesch. d. kath. Kirchenmusik, 
Düsseldorf 1939, 21949. 


Gollmick, - 1) Carl, * 19. 3. 1796 zu Dessau, 
f 3. 10. 1866 zu Frankfurt am Main; deutscher 
Musikschriftsteller, Sohn des gefeierten Tenoristen 
Friedrich Karl G. (* 27. 9. 1774 zu Berlin, f 2. 
7. 1852 zu Frankfurt am Main), studierte in Straß- 
burg Theologie, daneben unter Fr. St. Spindler 
Musik und ließ sich 1817 als Lehrer der französi- 


schen Sprache in Frankfurt nieder. Spohr enga- 
gierte ihn 1818 als Pauker an das Frankfurter 
Stadttheater, wo er dann auch Korrepetitor war. 
Außer vielen 2- und 4handigen Klavierwerken, 


Arbeiten: Kri- 
tiker und Musikfreunde 


Liedern, schrieb G. _ 
tische Terminologie für 
(Frankfurt am Main 1833, 21839), Musikalische 
Novellen und Silhouetten (Zeit z 1838), Feldzüge und 
Streifereien im Gebiete der Tonkunst (Darmstadt 
1846), Karl Guhr, Nekrolog (Frankfurt am Main 
1848), Rosen und Domen (Darmstadt 1852), Herr 
Fitis ... als Mensch , Kritiker, Theoretiker und Kom- 
ponist (Leipzig 1852), Handlexikon der Tonkunst 
(Offenbach 1858), Autobiographie (3 Bände, Frank- 
furt am Main 1866) sowie Aufsätze in Musikzei- 
tungen, verfaßte auch Opemlibretti für Esser, I. 
Lachner, F. Hiller, A. Dreyschock und übersetzte 
französische und italienische Opern. Sein Sohn - 
2) Adolf, * 5. 2. 1825 zu Frankfurt am Main, 
t 7. 3. 1883 zu London, deutscher Komponist, war 
Schüler seines Vaters, ließ sich 1844 in London als 
angesehener Pianist und Violinist nieder. Er schrieb 
Opern, Kantaten, Orchester- und Kammermusik- 
werke. 


Golow^now, Nikolaj Semjonowitsch, * 9. (21.) 
1. 1891 zu Moskau; russischer Dirigent, studierte 
in Moskau an der Synodalschule und am Konser- 
vatorium (Wassilenko, Ippolitow-Iwanow). Ab 
1915 war er Chormeister, 1918-28 Dirigent am 
Großen Theater, zugleich 1925-29 Lehrer der 
Opern- und Orchesterklasse am Moskauer Kon- 
servatorium. Hatte er in dieser Zeit mit Vorliebe 
Werke zeitgenössischer (auch nichtrussischer) 
Komponisten einstudiert, so ist G. in jüngeren 
Jahren vor allem als Interpret Borodins, Mussorg- 
skijs und Rimskij-Korsakows bekannt geworden. 
1937 überna hm er die Orchesterleitung am Sowje- 
tischen Unionssender und wurde 1948 Hauptdm- 
gent am Moskauer Großen Theater. Komposi- 
tionen: über 200 Lieder; Chöre, auch geistliche 
Chormusik; 2 Opern; eine Symphonie Hmoll, 
Tondichtungen und Orchestersuiten. 

Golschmann, Vladimir, * 16. 12. 1893 zu Paris; 
französischer Dirigent russischer Herkunft, stu- 
dierte Musik in Paris (Bertelin), gründete 1919 die 
Concerts Golschmann, dirigierte dann die Con- 
certs Pasddoup, für Diaghilews Ballet Russe und 


652 



Gombert 


das Schwedische Ballett. 1924 und 1925 war er musik, eine Violinsonate (1943), eine Tanzsuite 
Gastdirigent des New York Symphony Orchestra (1949) und eine Rhapsodie über spanische Themen 
und ab 1931 Chefdirigent des Saint Louis Sym- für Orch. (1953), Liederzyklen und eine Oper 
phony Orchestra. (1951). 


Gpltermann, Georg Eduard, * 19. 8. 1824 zu 
Hannover, t 29. 12. 1898 zu Frankfurt am Main; 
deutscher Violoncellist, war 1847-49 in der Kom- 
position Schüler I. Lachners, unternahm 1850-52 
Konzertreisen als Cellovirtuose, brachte 1851 in 
Leipzig eine Symphonie zur Aufführung, wurde 
1852 Musikdirektor in Würzburg, 1853 zweiter, 
1874 erster Kapellmeister am Stadttheater in Frank- 
furt am Main. G. war besonders angesehen als 
Violoncellist und Komponist für sein Instrument 
(Konzerte, Sonaten), hat aber auch eine Anzahl 
anderer beachtlicher Werke sowie Transkriptionen 
von Konzertliteratur für sein Instrument heraus- 
gegeben. 

Lit. : W. J. v. Wasielewski, Das Vc. u. seine Gesch., 
Lpz. 1889, hrsg. v. W. v. Wasielewski 31925. 

Gpltermann, Johann August Julius, * 15. 7. 
1825 zu Hamburg, f 4. 4. 1876 zu Stuttgart; deut- 
scher Violoncellist, war 1850-62 Lehrer des Vio- 
loncellspiels am Prager Konservatorium, wurde 
dann 1. Solocellist der Hofkapelle in Stuttgart und 
trat 1870 in den Ruhestand. 

Lit. : W. J. v. Wasielewski, Das Vc. u. seine Gesch., 
Lpz. 1889, hrsg. v. W. v. Wasielewski 31925. 

Golther, Wolf gang, * 25. 5. 1863 zu Stuttgart, 
1 14. 12. 1945 zu Rostock; Professor der deutschen 
Philologie in Rostock, schrieb außer literatur- 
historischen Werken: Die sagengeschichtlichen 
Grundlagen der Ringdichtung Richard Wagners (Char- 
lottenburg 1902), Bayreuth (Berlin 1904), jR. 
Wagner als Dichter (Berlin 1904, englisch von 
Haynes London 1905), Tristan und Isolde in den 
Dichtungen des Mittelalters und der neueren Zeit (Leip- 
zig 1907), Richard Wagner (Leipzig 1926); auch 
gab er Wagners Briefe an Mathilde Wesendonck 
(Berlin 1904) und an Otto Wesendonck (Berlin 
1905) heraus sowie R. Wagners Gesammelte 
Schriften und Dichtungen (10 Bände, Berlin 1914) 
und R. Wagner, Zehn Lieder aus den Jahren 1 838-58 
(München 1921). 

Goltz, Christel, * zu Dortmund; deutsche 
Opemsängerin (Sopran), entstammt einer Schau- 
spieler-Familie mit mehrhundertjähriger Tradition, 
erhielt Ballett- und Gesang-Ausbildung bei Omalli- 
Leeb in München und bei Theodor Schenk, ihrem 
späteren Gatten (Hindemith-Schüler) . Über Fürth, 
Plauen und Dresden kam sie 1947 als dramatischer 
Sopran an die Staatsoper, dann die Städtische 
Oper in Berlin. Seit 1951 ist sie Mitglied der 
Staatsoper Wien. 1946 wurde sie zur sächsischen, 
1952 zur österreichischen Klammersangerin er- 
nannt Zahlreiche Auslandsverpflichtungen führten 
die hochdramatische Sängerin an die ersten Bühnen 
der Welt. Ihre Hauptrollen sind Fiddio, Salome 
und Antigonae (Orff). 

Golub$nzew, Alexander Alexandrowitsch, *13. 
(25.) 12. 1899 zu Kaluga; russischer Komponist, 
Schüler von Glasunow und Kalafati am Konser- 
vatorium von Petrograd, lebt seit 1924 in Moskau, 
wo er über 100 Schauspielmusiken schrieb und 
Unterricht erteüt. G. komponierte ferner Film- 


Gplubew, Jewgenij Kirillowitsch, * 3. (16.) 2. 
1910 zu Moskau; russischer Komponist, Student 
(Mjaskowskij) und seit 1936 Lehrer am Moskauer 
Konservatorium, war 1936-40 auch Redaktor der 
Klavierabteilung des Verlags Musgis. G. schrieb: 
Poem für Kl. (1929); 4 Klaviersonaten (1930, 1933, 
1933, 1943); 3 Streichquartette; 3 Quintette; 
Trompetensonate (1952); Violinsonate (1953); 4 
Symphonien (1 1933, umgearbeitet 1951, II 1938, 
m 1942, IV 1947); 3 Klavierkonzerte; Revolutions- 
kantate (1931); 2 Oratorien; Schauspielmusiken 
und Lieder. 

GplyschewjJefim (Jef), * 8. (20.) 9. 1895 zu Cher- 
son (Ukraine); russischer Komponist, emigrierte 
nach der Revolution nach Berlin. Er schrieb Kam- 
mermusik, Gesangsstücke, 2 Opern (unauf geführt), 
ein Orchesterwerk »Das eisige Lied « (Teilauffüh- 
rung Berlin 1920). G. will in einem Streichquar- 
tett von 1914 bereits eine Zwölftontechnik ange- 
wandt haben. Sein Streichtrio (gedruckt Benin 
1925) mit den 4 Sätzen Mezzoforte-Largo, For- 
tissimo- Allegro, Piano-Andante und Pianissimo- 
Allegretto ist aus »Zwölftondauer-Komplexen« 
aufgebaut, kurzen Abschnitten in harmonischem 
oder kontrapunktischem Satz, die jeweils aus einer 
Reihe bestehen. Doch wird kein erkennbarer Zu- 
sammenhang zwischen diesen Komplexen erreicht. 
Lit: H. Eimkrt, Atonale Musiklehre, Lpz. 1924, als: 
Lehrbuch d. Zwölftontechnik, Wiesbaden 3 1954; H. 
H. Stockenschmidt, Neue Musik, Zwischen d. 
beiden Kriegen II, (Bin) 1951. 

Gombert, Nicolas, * in den letzten Jahren des 
15. Jh. (nach Fdtis zu Brügge), f um 1556; flä- 
mischer Komponist, nach dem Zeugnis von Her- 
mann Finck ein Schüler Josquins, trat spätestens 
1526 als Sänger in die Hofkapelle Karls V. ein, 
wurde bald Magister puerorum und ist noch 1537 
in dieser Eigenschaft nachzuweisen. Neben meh- 
reren Präbenden hatte er ein Kanonikat an der 
Kathedrale von Toumai und mag nach seinem 
Ausscheiden aus der Hofkapelle dort gelebt haben. 
G., der eine der führenden Musikerpersönlichkei- 
ten der an Josquin anschließenden Generation war, 
zeigt in seinem Werk den für seine Zeit kennzeich- 
nenden Vorrang der Motette vor der Messe, wobei 
in der letzteren die Technik der Parodiemesse weit 
überwiegt. War G. tatsächlich Schüler von Josquin, 
so unterscheidet er sich doch in wesentlichen 
Punkten von seinem Lehrer: wo Josquin durch 
polyphone und homophone Satztechnik, durch 
paarige Imitation der Stimmen, durch deutliche 
Zäsuren gliedert, stellt G. einen einheitlich poly- 
phonen, dichten Satz von gleichwertigen, sukzes- 
siv imitierenden Stimmen und überflutet vom 
Text bestimmte Neuansätze ähnlich wie Ocke- 

§ hem. Wo Josquin sich unter italienischem Ein- 
uß einer tonalen Harmonik nähert, scheint der 
Klang bei G. eher additives Ergebnis vom Kirchern 
ton geprägter Stimmen, wiederum in Parallele zu 
Ockegnem. Was man als »niederländischen Stil« 
definiert hat, liegt bei G. in letzter Ausbildung vor 
und erfährt im weiteren Verlauf des 16. Jh. keine 


653 



Gombosi 


nennenswerte Erweiterung. Der Gesamtbestand 
von G.s Werken umfaßt, soweit bisher bekannt, 

10 Messen, etwa 160 Motetten, 8 Magnificat, ge- 
gen 60 Chansons und ein italienisches Madrigal. 
Die Vierstimmigkeit tritt dabei hinter 5- und 6st. 
Sätzen weit zurück. Von Drucken seien genannt: 
Attaingnants XX Missae musicales (1532; je eine 
4- und 6st. Messe), Scotus* Excellentissimi musici 
Moralis Hispani , Gomberti ac Jacheti cum quatuor 
vocibus missae lib.I (1540; eine Messe), Scotus’ 
Missarum sex Gomberti ac Jacheti (1542; 3 5st. Mes- 
sen, dieselben 1547 auch bei Gardano), eine 4st. 
Messe 1557 bei Du Chemin, je eine 6st. (Brüssel), 
5st. (Rostock) und 4st. Messe (Leiden) nur in hand- 
schriftlicher Überlieferung; 2 Bücher 4st. Motetten 
(Gomberti excellentissimi . . . musica quatuor vocum 9 
1539; 2. Buch 1541), 2 Bücher 5st. Motetten (Mu- 
sica excellentissimi Nicolai Gomberth , 1539; 2. Buch 
1541), dazu Nicolai Gomberti musici excellentissimi 
pentaphtongos harmonia lib . I (1541, mit Motetten 
von Jachet und Morales), weitere Motetten in 
Sammelwerken 1529-1600 und in reicher hand- 
schriftlicher Überlieferung); Chansons erschienen 
in Sammelwerken 1529-73, vor allem bei T. Su- 
sato, Attaingnant und J. Moderne, das Madrigal 
1541 bei Gardano. 

Ausg.: GA v. J. Schmidt-Göro, = CMM VI, bisher 
erschienen d. 4st (1951) u. 5st Messen (1954); Agnus 

11 d. Messe »Media vita«, Schering Beisp. 102; je 
eine Motette im 1. u. 2. Buch d. »Treize livres de mo- 
tets parus chez P. Attaingnant«, hrsg. v. A. Smuers; 
bei Fr. Commer, Collectio operum Batavomm: eine 
Motette Bd VIII, 2 Chansons Bd XII; 4st »Ave re- 
gina coeloram« bei A. W. Ambros, Gesch. d. Musik 
V, hrsg. y. O. Kade, Lpz. 1882, 31911, Nr 33; eine 
Motette in d. 1. Lieferung d. v. A. Smijers hrsg. 
Josquin-GA; Motette »Super flumina«, Davison- 
Apel Anth. I, 114; 2 Chansons in PGfM II, hrsg. v. 
L. Erk, O. Kade u. R. Eitner; Chanson »C’est a 
grand tort«, Riemann Beisp. 33. 

Lit: J. Schmidt-Görg, N. G., Bonn 1938 (darin 2 Et 
incamatus, 5 Motetten, 5 Chansons); ders., Artikel 
G., MGG; ders.. Die acht Magnificat d. N. G., in: 
Spanische Forschungen d. Görres-Ges. I, 5, 1935 
(da rin ei n Satz aus d. »Magnificat secundi toni«); H. 
Eppstein, N. G. als Motettenkomponist, Diss. Bern 
1934, Würzburg 1935 (mit Notenanhang) ; D. Bartha, 
Probleme d. Cimnsongesch., ZfMw XIII, 1930/31 ; K. 
Ph. Bernet-Kempers, Die wallonische u. d. franzö- 
sische Chanson in d. 1. Hälfte d. 16. Jh„ Kgr.-Ber. 
Lüttich 1930; H. Besseler, Die Musik d. MA u. d. 
Renaissance, Bücken Hdb. 

Gombosi (g'omboji), Otto Johannes, * 23. 10. 
1902 zu Budapest, f 17. 2. 1955 zu Lexington 
(Massachusetts); ungarischer Musikforscher, stu- 
dierte an der Musikhochschule Budapest Kompo- 
sition und Klavier, ging 1921 nach Berlin zu Stu- 
dien bei v. Hornbostel, C. Sachs und J. Wolf; er 
promovierte 1925 mit einer Arbeit: Jacob Obrecht , 
eine stilkritische Studie (= Sammlung musikwissen- 
schaftlicher Einzeldarstellungen IV, Leipzig 1925). 
Er redigierte 1926-28 in Budapest die Musikzeit- 
schrift »Crescendo«, lebte ab 1929 in Berlin als 
Mu sikr eferent, wirkte 1935 am Ungarischen Insti- 
tut in Rom, ab 1936 in Basel und ging 1939 nach 
den USA. Dort lehrte er 1940—46 an der Universi- 
tät Seattle, 1946-48 am Michigan State College 
und nach einer Vertretung in Bern (1949) ander 
Universität Chicago, bis er 1951 einen Lehrstuhl 
an der Harvard University in Cambridge (Massa- 
chusetts) übernahm. G. schrieb : Bakfark Bdlint (Der 

654 


Lautenist V.B.) (= Musicologia Hungarica H, Buda- 
pest 1935, ungarisch und deutsch); Tonarten und 
Stimmungen der antiken Musik (Kopenhagen 1939) ; 
Quellenmäßige Belege über den Einfluß der Chanson- 
kunst auf die deutsate Liedkunst in der 2. Hälfte des 
15. Jh. (Kgr.-Ber. Wien, Beethoven-Zentenar- 
feier 1927) ; Bemerkungen zur »L' komme arminFrage 
(ZfMw X, 1927/28) ; Jacob Barbireaus letzte Lebens- 
jahre (ZfMw XE, 1929/30); Zur Deutung gewisser 
rhythmischer Figuren des 16. Jh. (ZfMw XU, 1929 
bis 1930) ; Gizeghem und Compfre: zur Stilgeschichte 
der burgundischen Chanson (Fs. G. Adler, Wien 
1930); Zur Vorgeschichte der Tokkata (AMI VI, 
1934); Der Hofimz (AMI VH, 1935); Ein neuer 
SweelinckrFund (TVer XIV, 1935); Zur Frühge- 
schichte der Folia (AMI Vm, 1936) ; Studien zur Ton- 
artenlehre des frühen Mittelalters (AMI X-XI, 1938 
bis 1939) ; About Dance and Dance Music in the Late 
Middle Ages (Papers of the American Musicologi- 
cal Soc. XXVII, 1941) ; Some Musical Aspects of the 
English Court Masques (JAMS I, 1948); Machaut' s 
Messe Notre-Dame (MQ XXXVI, 1950); Gothic 
Form (MD IV, 1950) ; A la recherche de la forme dans 
la musique de la renaissance: Francesco da Milano (in: 
La musique instrumentale de la renaissance, hrsg. 
v. J. Jacquot, Paris 1955) About Organ in the Divin 
Service , Circa 1500 (Essays on Music, Fs. A. Th. 
Davison, Cambridge, Mass., 1957). G. gab von den 
Werken Th. Stoltzers heraus: Der 37. Psalm » Herr , 
erzürne dich nichu (= Chw. VT, 1930); Sämtliche 
lateinische Hymnen und Psalmen (= DDT LXV, 
1931, mit H. Albrecht); 8 Instrumental-Stücke 
(Mainz 1933) ; Psalm 86 (Concordia Motet Series, 
St. Louis, Missouri, 1953); ferner Compositione de 
Meser Vincenzo Capirola , Lute Book (= Publ. de la 
Soc. de Musique d’Autrefois I, Neuilly-sur-Seine 
1955). G. ist als hervorragender Musikforscher 
international bekannt geworden. 

Lit: C. Sachs, O. G., in JAMS VIII, 1955; H. Al- 
brecht, O. G. zum Gedächtnis, in Mf IX, 1956. Hp B 

Gomes, Antonio Carlos, * 11. 7. 1836 zu 
Campinas (Brasilien), t 16. 9. 1896 zu Pari; bra- 
silianischer Komponist, wurde zunächst von sei- 
nem Vater Manuel G. (Dirigent in Campinas) 
ausgebildet dann von G. Giannini am Konserva- 
torium in Rio de Janeiro, brachte bereits 1860 eine 
k i r c h liche Kantate und 1861 am Nationaltheater 
eine Oper Noite do Castello zur Aufführung. 1863 
folgte eine zweite Oper Joarma de Flandres, worauf 
er mit Stipendium Privatschüler L. Rossis in Mai- 
land wurde. Hier machte sich G. mit den Neujahrs- 
stücken Se sa minga (1867) und Nella luna (1868) 
rasch be k a nn t 1870 ging seine Oper H Guarany 

2 ext von Scalvini und aOrmeville) mit gjänzen- 
m Erfolg an der Scala in Szene. G. kehrte nach 
Brasilien zunick, wo seine Operette Telegrapho 
electrico in Rio de Janeiro großen Beifall fand, war 
aber bereits im nächsten Jahre wieder in Mailand. 
Zur Jubelfeier der Unabnängigkeitserklärung der 
USA schrieb G. die Hymne u sälute del Bresile , 
die auf der Ausstellung in Philadelphia 1876 aufge- 
führt wurde, für die 400jährige Jubelfeier der Ent- 
deckung Amerikas 1892 das vierteilige Chorwerk 
mit Orch. Colombo. Im selben Jahre übernahm er 
die Direktion des neugegründeten staatlichen Kon- 
servatoriums in Para. Außer den aufgeführten 
Werken schrieb G. die Opern Fosca (1873), Salva- 
dor Basa (1874), Maria Tudor (1879), Lo schtavo 



Gonzälez 


(1889) und Condor (1891); eine Messe; Männer- 
chöre; 3 Hefte Kanzonetten; einige Einzellieder 
und Klavierstücke. 

Lit.: H. P. Vieira, C. G., Säo Paulo 1934; I. Gomes 
Vaz de Carvalho, A vida de C. G., Rio de Janeiro 
1935, itaL als Vita di C. G., Mailand 1935; R. Seidl, 
C. G., Rio de Janeiro 1935; A. Pereira Guimaraes, 
A. C. G., Bahia 1936; L. F. Viera Souto, A. C. G., 
Rio de Janeiro 1936; M. de Andrade, C. G., Rio de 
Janeiro 1939; E. de Freitas e Castro, C. G., Porto 
Alegre 1941; P. Cerquera, C. G., Säo Paulo 1944; 
G. da Rocha Rinaldi, C. G., Säo Paulo 1955; J. 
Britto, C. G., o. O. 1956. HpB 

Gömez (g'omeÖ), Julio (eigentlich Domingo 
Julio Gömez y Gar da), * 20. 12. 1886 zu Madrid; 
spanischer Komponist, studierte Klavier, Theorie 
und Komposition am Madrider Konservatorium, 
wurde mehrfach prämiiert, promovierte 1913 zum 
Dr. phil. G. war 1911-13 Direktor des Museo Ar- 
queolögico in Toledo, 1913-15 der Musikabtei- 
lung der Biblioteca National in Madrid und bis 
1956 der Musikabteilung des Real Conservatorio 
de Müsica, an dem er auch verschiedentlich Vor- 
lesungen hielt. Er ist Herausgeber der Zeitschrift 
»Harmonia« und schrieb: Don Blas de Laserna y el 
arte Urico-dramdtico de su tiempo (in: Revista de la 
Biblioteca, Archivo y Museo del Ayuntamiento 
de Madrid, 1926, Corella 31952) und Losproblemas 
de la Spera espanola (= Discurso de ingresso en la 
Real Academia de Bellas Artes de San Fernando, 
Madrid 1956), hat auch Wagners Ȇber das Diri- 
gieren« ins Spanische übersetzt. - Kompositionen : 
Opern, Kantaten, Orchester- und Klavierlieder, 
Chorwerke, Orchesterwerke, ein Klavier-, ein 
Violin- und ein Trompetenkonzert, Kammermu- 
sik. 

Gömez Calleja (g'omee), Rafael, * 23. 12. 1874 
zu Burgos, t ini Februar 1938 zu Madrid; spani- 
scher Komponist, Schüler am Real Conservatorio 
de Müsica in Madrid. Außer Orchester- und Vo- 
kalwerken schrieb er etwa 300 Zarzuelas, darunter 
El principe Camaval und El mozo cnio ; er gab eine 
V olksHedersanrmlung aus der Provinz Santander 
unter dem Titel ColecdSn de canciones populäres de 
laprovinda de Santander (Madrid 1901) heraus und 
sammelte auch Lieder aus Galizien und Asturien. 

Gomis, Tosö Melchor, * 6. 1. 1791 zu On- 
teniente (Valencia), f 26.7. 1836 zu Paris; spa- 
nischer Komponist, war in Valencia Militär-Ka- 
pellmeister, ging nach Madrid, wo seine Oper La 
aldena erfolgreich aufgeführt wurde, gab dort 
auch 1823 einen Band patriotischer Gesänge heraus. 
Die politischen Unruhen vertrieben ihn 1823 nach 
Paris, wo er 1825 eine Mitkode de solfige et de chant 
herausgab. 1826-29 lebte er als Gesanglehrer in 
London, wo sein Chorwerk El Inviemo von der 
Philharmonischen Gesellschaft mit Erfolg aufge- 
führt wurde, kehrte aber 1829 nach Paris zurück, 
wo die Musik zu Aben-Humaya, die komischen 
Opern Le diable ä Seville (1831), Le revenant (1833), 
Le portefaix (Text von Scribe, 1835) und Rock le 
Barbu (1836) folgten. Im Manuskript hinterließ G. 
weitere Opern. G. soll auch der Komponist des 
patriotischen Gesangs El himno de Riego sein. 

Gonmaes (g'omnes), Fredrik Wilhelm, * 4. 4. 
1868 zu Ringerike, f 28. 8. 1925 zu Oslo; norwe- 
gischer Komponist, war Schüler von Holter und 


der Berliner Hochschule, mehrere Jahre Violon- 
cellist im Theaterorchester zu Oslo und ab 1898 
Militär-Kapellmeister in Hamar, Bergen und Oslo. 
Außerdem hat er in Hamar, Gjövik, Oslo und 
Bergen Männerchorvereine geleitet. Seine Musik 
hat häufig nationale Färbung. Werke: Symphonie 
A moll (1908); Stücke für Mannerchor, darunter 
Thord Foleson ; Aasgaardsreien ; Lieder; Fugen für 
Org.; Militärmärscne. 

Gomölka (gom'ulka), - 1) Mikolaj, * um 1535 
zu Sandomierz; polnischer Komponist, trat 1545 
als Diskantist in che Königliche Hofkapelle in Kra- 
kau ein und wurde hier Trompeter, 1555 Fistu- 
lator. 1556 ging er nach Sandomierz, wo er Mit- 
glied des städtischen Gerichtshofes wurde und 
1572/73 Viceadvocatus war. Danach war G. ver- 
mutlich Klostermusiker in Pinczöw und in Mie- 
chöw, vielleicht auch (oder sein Sohn Michal) 
Mitglied der Kapelle des Jan Zamoyski (1590/91). 
1580 erschienen in Krakau seine Melodiae Nd Psal- 
terz Polski mit 150 von Jan Kochanowski aus dem 
Lateinischen übersetzten Psalmen. Die Sätze sind 
vierstimmig, bis auf zwei durchweg homophon 
und in Partitur gedruckt. Messen und Lieder des 
G. gelten ab verloren. Sein Sohn - 2) Michal, 
* 1564 zu Sandomierz, f 9. (?) 3. 1609 zu Jazlo- 
wiec bei Buczacz, war Instrumentist in der Kapelle 
des Grafen Zamoyski und Kapellmeister des H. 
Jazlowiecki in seinem Sterbeort. 

Ausg.: der Psalter, hrsg. v. J. W. Reiss, Krakau 1923; 
einzelne Psalmen hrsg. v.: J. Cichocki, Chants 
d’dglise ä plusieurs voix des anciens compositeurs 
Polonais I, Warschau u. Lpz. 1838; A. Polinski, 
Spiewy chöralne koSciofe. rzymskokatolickiego, 1890; 
W. Gieburowski, Cantica selecta musicae sacrae in 
Polonia, Posen 1928; J. ChomdQski u. Z. Lissa, Mu- 
zyka Polskiego odrodzenia, (Krakau) 1953. 

Lit. : A. Sowd&ski, Les musiciens polonais, Paris 
1857 u. ab: Slownik Muzyköw polskich, Paris 1874 
(beide mit Edition einiger Psalmen); Z. Jachimecki, 
150 Psalmen v. M. G., Diss. Wien 1906; ders., ItaL 
Einflüsse in d. polnischen Musik — Sb. d. Krakauer 
Akad. d. Wiss., Krakau 1911; ders., in: Polska, jej 
Dzieje i Kultura II, 1927 ; ders., Muzyka Polska w 
Historycznym ... I, 1948 ; A. PoutisKi, Dzieje mu- 
zyki polskiej w zarysie, 1907 ; J. W. Reiss, N. G. u. 
seine Psalmen-Melodien, ZIMG XIII, 1911/12; H. 
OPEEtisKi, La Musique polonaisc, Paris 1918, 2 1929 
(mit Edition einiger Psalmen). 

Goutier de Soignies (gotj'e), nordfranzösischer 
Trouvöre, über dessen Person und Lebensum- 
stände keine gesicherten Nachrichten bekannt 
sind. Er gehörte wahrscheinlich der Trouv&re- 
Generation des ausgehenden 12. Jh. an. Von ihm 
sind etwa 30 Lied«: in mehreren Fassungen mit 
insgesamt 36 Melodiefassungen erhalten. 

Ausg. u. Lit : A. Scheler, Trouv&res beiges, nouvelle 
sdrie. Chansons d’amour, jeux-partis, pastourelles, 
satires, dits et fabliaux, Löwen 1879; G. Gröber, 
Grundriß d. Romanischen Philologie II, 1, Straß- 
burg 1893, S. 679 f.; Fr. Gennrich, Die altfrz. Ro- 
trouenge, Halle 1925 (Melodie zu R 636 »Chanter 
m’estuet de recomens«); ders., MGG V; H. Spanke, 
Eine altfrz. Liedersammlung, « Romanische BibL 
XXII, Halle 1925 (Melodie zu R396 »Quant j'oi 
tentir et bas et haut« u. zu R 480 »A la doucour des 
oiseaus«). 

Gonzölez (gonO'aleÖ), Victor, * 2. 12. 1877 zu 
Hadnas (Provinz Burgos), f 3. 6. 1956 zu Paris; 
französischer Orgelbauer von spanischer Herkunft, 


655 



Goode n da g 

kam mit 17 Jahren als Lehrling zu Cavailld-Coll. 
1900 wurde er französischer Staatsbürger. Als 
Kriegsgefangener des 1. Weltkriegs war er eine 
Zeitlang in einer deutschen Werkstatt tätig. Seine 
umfassende Kenntnis des älteren Orgelbaus ver- 
anlaßte ihn zum Abgehen vom Typ der Orchester- 
orgel und zur Erneuerung des Werkprinzips, wo- 
bei er der Individualisierung ähnlicher Register 
(z. B. der verschiedenen Prinzipalregster) beson- 
dere Aufmerksamkeit zuwandte. 1921 gründete 
er in Paris eine eigene Werkstatt. Von großer 
Bedeutung wurde für ihn die Bekanntschaft mit 
dem Organisten A. Marchal und mit dem Offizier 
und Mäzen Comte B. de Miramon Fitz-James, 
für den er 1928 eine Hausorgel mit 30 Registern 
baute (seit 1946 in der Abtei Dourgne) und der ihm 
im folgenden Jahre die Errichtung der Etablisse- 
ments G. (als GmbH) mit Sitz in Chätillon bei 
Paris ermöglichte; die Firma wird heute von G.s 
Enkel Georges Danion geleitet. G.s wichtigste 
Werke sind: Kathedrale Meaux (Restauration und 
Erweiterung, 1932) ; Abtei Solesmes (1933) ; Notre- 
Dame-des-Sables in Berck-Plage (1935); Kathe- 
drale Bayonne (1935); Kathedrale Reims (1936); 
Palais de Chaillot in Paris (Erneuerung der Ca- 
vaillcf- Coli- Orgel, 1939); Kathedrale Rennes 
(1940); Saint-Merry in Paris (1942); Saint- 
Eustache in Paris (1945); Konservatorium Den 
Haag (1948); Kathedrale Auch (1952); Kathedrale 
Soissons (1956). 

Lit: N. Dufourcq, Le grand orgue du Palais de 
Chaillot, (Paris 1943); S. Bingham, V. G., in: Organ 
Institute Quarterly VI, 1956; Hommage & V. G., = 
L* Orgue Nr 81, 1956. 

Goodendag, Johannes ->■ Godendach. 

Goodman (g'udmscn), Benny (eigentlich Benja- 
min David G.), * 30. 5. 1909 zu Chicago (USA); 
amerikanischer Jazzmusiker, spielte zunächst als 
Klarinettist in zahlreichen Orchestern. Seit 1934 
leitete er verschiedene Big Bands und Combos, 
in denen erstmals farbige und weiße Musiker zu- 
sammen spielten. G. pflegte vorwiegend den -* 
Swing, dem er als »King of Swing« zu großer 
Popularität verhalf. Für G. schrieben P. Hinde- 
mith (1947) und Copland (1948) Klarinettenkon- 
zerte. Mit seinem Werdegang beschäftigt sich der 
1955 entstandene Film »The Benny Goodman 
Story«. Er schrieb eine Selbstbiographie The 
Kingdom of Swing (New York 1939) und gab 1941 
eine Klarinettenschule heraus. 

Goodrich (g'udiitj), John Wallace, * 27.5. 
1871 zu Newton (Massachusetts), j* 6. 6. 1952 zu 
Boston; amerikanischer Dirigent, studierte in 
Boston am New England Conservatory, 1894/95 
bei Rheinberger und L. Abel an der Münchener 
Musikschule, 1895/96 noch bei Widor in Paris. 
1896/97 war er Korrepetitor und Ballettdirigent am 
Leipziger Stadttheater. Nach seiner Rückkehr 
nach den USA wurde er Orgellehrer am New 

Ä d Conservatory, 1907 Dekan der Fakultät 
19 Dirigent des ausgezeichneten Anstalts- 
orchesters. 1897-1909 war er Organist und Orgel- 
solist am Boston Symphony Orchestra, 1902-09 
Organist an der Trinity Church in Boston. -Er 
gründete 1901 die Choral Art Society in Boston 
und leitete sie bis 1907. 1907-10 war er Dirigent 
der Cedlia Society, 1909-12 der Boston Opera 


Company. Schriften: The Organ in France (Boston 
1917) ; Übersetzung von Pinros J. S. Bach (New 
York 1902) und von Niedermeyers und d’Orti- 
gues Mithode d'accompagnement du plainchant (New 
York 1905). Er komponierte geistliche Musik. 

Goodson (g'udzan), Katharine, * 18. 6. 1872 zu 
Watford; englische Pianistin, studierte an der 
Royal Academy of Music in London und 4 Jahre 
bei Leschetizky in Wien, debütierte 1897 und hat, 
als eine der glänzendsten englischen Spielerinnen, 
vielfach in Europa und den USA konzertiert. 
Seit 1903 ist sie mit dem Komponisten A. Hin ton 
verheiratet. 


Goossens (g'u: sans),-l) (Sir) Eug&ne,*26. 5. 1893 
zu London; englischer Dirigent und Komponist, 
1902 Schüler des Konservatoriums in Brügge, 1905 
des Liverpool College of Music, gewann 1907 die 
Liverpool Scholarship für Violinspiel am Royal 
College of Music in London, wo er Kompositions- 
schüler von Sir Ch. Stanford wurde. 1916-20 war 
er Dirigent der Sir Thomas Beecham Opera Com- 
pany, 1922 an Covent Garden; 1931 wurde er 
Dirigent des Cincinnati Symphony Orchestra, 
1947 des Sydney Symphony Orchestra. In Sydney 
leitete G. 1947-55 auch das Konservatorium. Er 
schrieb: für KL: Concert Study op. 10, Kaleidoscope 
op. 18, Four Conceits op. 20, Nature Poems op. 25, 
Hommage ä Debussy op. 28, 2 Etüden op. 39, Ships 
op. 42, 2 Pieces op. 5o; 2 Balladen für Harfe op. 
37, 2 Sonaten für V. und Kl. op. 21 und op. 50, 
Rhapsody für Vc. op. 13, Suite für FL, V. und 
Harte op. 6 (auch für 2 V. und Kl.), 5 Impressions 
of a Holiday für Kl., FL, V. und Vc. op. 7, ein Fan- 
f^-Streichquartett op. 12, Streichquartette op. 14 
und op. 59, 2 Skizzen für Streichquartett op. 15, 
ein Streichsextett op. 35, Kkvierquintett op. 23a, 
Pastoral and Harlequinade für Fl., Ob. und Fantasy 
für FL, Ob., 2 Klar., 2 Fag., 2 Hörner und Trp. 
op. 40; 3 Gesänge (The Appeal-Melancholy-Philo- 
mel) für mittlere St. und Streichquartett op. 26, 
Silence für Chor und Orch. op. 31, Lieder op. 8, 
9, 11, 19, 32, 49, 51 und 53; für Orch.: Sinfonietta 
op. 34, Vorspiel zu Verhaerens Philipp II. op. 23, 
Tom o Shanter (Scherzo) op. 17, The Etemal Rhythm 
op. 27; das Ballett L'Ecole en crinoline op. 29; die 
Opern Judith op. 41 (1925; London, Covent Gar- 
den 1929) und Don Juan de Mahara op. 54 (London 
1935); Schauspielmusiken. G. verfaßte Ouvertüre 
and Beginners , a musical Autobiography (London 
1951). - 2) L6on, * 12. 6. 1897 zu Liverpool, 
Bruder von Eugene G.; Oboist, 1911-14 Schüler 
des Royal College of Music in London, gehörte 
verschiedenen Orchestern (zuletzt dem Royal 
Philharmonie in London) an und ist jetzt als Solist 
und Kammermusikspieler tätig. - Ihre beiden 
Schwestern Marie Henriette (* 1894) und Si- 
donie (* 1899) sind als Harfenistinnen bekannt 
geworden. 

Lit : R. H. Hüll, E. G., ML XH, 1931. Hp B 


Goovaerts (x'o^rts), Alphonse Jean Marie 
Andr6, *25. 5. 1847 zu Antwerpen, f 25. 12. 1922 
zu Brügel;^b ^sch er MualrimSch ^^ entgtemmte 

Laufbahn vorbereitet, trieb aber daneben mit gro- 
ßem Eifer Musik und wurde 1866 städtischer 
Hilfsbibliothekar in Antwerpen. G. vertiefte sich 


656 



Gorzanis 


in historische Studien und begann 1874 die Kir- 
chenmusik seiner Vaterstadt zu reformieren, indem 
er einen Domchor gründete und Werke der Nie- 
derländer, auch Palestrinas, aufführte. 1898 wurde 
er Königlicher Generalarchivar in Brüssel. Die 
historischen Arbeiten G.s sind die preisgekrönte 
Studie Histoire et bibliographie de la typographie tnu - 
siedle dans les Pays-Bas (= M&noires de l’Aca- 
ddmie XXIX, Antwerpen 1880); die Studien 
Notice biographique et bibliographique sur Pierre 
Phalhse (Brussel 1869) und De muziekdrukkers 
Phalesius en Bellems te Leuven ett te Antwerpen 
1546-1674 (Leiden 1882) ; La musique d'Sglise (Ant- 
werpen 1876, flämisch als De Kerkmuziek ); Ver- 
öffentlichungen über den Ursprung der Zeitungen 
und über niederländische Maler. Er gab eine Lied- 
sammlung heraus und komponierte Chor- und 
Kirchenmusik. 

Gorczycki (gortf'itski), Grzegorz Gerwasy 
(nicht Georg Gabriel), * zwischen 1664 und 1667, 
7 30. 4. 1734 zu Krakau; polnischer Komponist, 
studierte 1689-91 in Prag Theologie, empfing in 
Krakau die Priesterweihe und wurde dort 1694 
Vicar, 1698 Kapellmeister an der Kathedrale. Da- 
neben war er auch Senior der Angielisten-Kapelle 
(ab 1702) und Examinator am Priesterseminar (ab 
1728). G. war ausschließlich Kirchenkomponist, 
vorzugsweise im Palestrinastil a cappella, aber auch 
im instrumental begleiteten spätitalienischen StiL 
Handschriftlich sind erhalten in Krakauer und 
Warschauer Bibliotheken 3 4st. Messen und eine 
Anzahl kleinerer Stücke a cappella sowie 8 instru- 
mental begleitete Sätze. 

Ausg.: Missa Paschalis u. 4 Stücke, hrsg. v. J. 
Cichocki in: Chants d’Sglise ä plusieurs voix des 
anciens compositeurs Polonais II, Warschau u. Lpz. 
1839, d. Messe auch hrsg. v. A. CHYBirisKi u. Br. 
Rutkowski, « Wydawnictwo dawnej muzyki pols- 
kiej VII, Ave Maria u. Sepulto Domino, hrsg. v. J. 
SuRZYftsKi in: Monumenta musices sacrae in Polonia 
II, Posen 1887, beide auch hrsg. v. W. Gieburowski 
in: Cantica selecta musicae sacrae in Polonia, Posen 
1928; Illuxit sol für 5 Singst, Streicher u. B.c., hrsg. 
v. A. Chybd&ski u. K. Sikorski, = Wydawnictwo . . . 
XIV. 

Lit: H. Opdbnski, La musique polonaise, Paris 1918, 
21929, mit Beisp.; A. ChybdQski, G. G. G., in: Mu- 
zyka koScielna, Posen 1928; H. Fhcht, Do biografii 
G. G. Gorczyckiego, in: Polski rocznik muzykolo- 
giczny II, 1936. 

Gordigiani (gordid^ani), - 1) Giovanni Bat- 
tista, * im Juli 1795 zu Mantua, f 2. 3. 1871 zu 
Prag; italienischer Komponist, war Opern- und 
Konzertsänger in Regensburg, wo er eine »öffent- 
liche Singscnule« gründete. Ab 1822 wirkte er als 
Gesanglehrer am Prager Konservatorium. G. 
schrieb viel Kirchenmusik, auch Kanzonetten und 
Lieder sowie für Prag 3 Opern: Pygmalion (1845), 
Cortsuelo (1846) und Lo scrivano pubblico (1850). - 
2) Luigi, * 12. 6. 1806 und t 30. 4. 1860 zu Flo- 
renz, Bruder von G. B. G.; italienischer Kompo- 
nist, schrieb 10 Opern, hatte aber besonders Erfolg 
mit kleineren (etwa 300) Gesangsstücken, vor allem 
Duetten mit KL, und 3 Heften toskanischer Volks- 
lieder. Unter den Pseudonymen Fürstenberger 
und Zeuner gab er Klavierstücke heraus. 

Lit: R. Gandolfi, L. G., in: Ricordi musicali fioren- 
tmi m, 1909/10. 


Gordon (g'oidan), Jacques, * 7.3.1899 zu 
Odessa, f 15. 9. 1948 zu Hartford (Connecticut); 
amerikanischer Violinist russischer Herkunft, stu- 
dierte in Odessa und ab 1914 am Institute of Musi- 
cal Art in New York, war 1921-30 Konzertmei- 
ster des Chicago Symphony Orchestra, Violin- 
lehrer am American Conservatory of Music in 
Chicago (1921-30) und an der Eastman School of 
Music in Rochester, daneben Dirigent des Hart- 
ford Symphony Orchestra (1936-38) und Mitglied 
des 1921 von ihm gegründeten Gordon String 
Quartet. 

Gorin, Igor, * 26. 10. 1908 zu Groddk; ameri- 
kanischer Sänger (Bariton) russischer Herkunft, 
studierte an der Musikhochschule Wien, trat als 
Opern-, Konzert- und Filmsänger auf, ging nach 
den USA, wo er durch populäre Konzerte und 
Sendungen bekannt wurde. G. schrieb eine Anzahl 
Lieder. 

Gorjni, Gino, * 22. 6. 1914 zu Venedig; italie- 
nischer Pianist, war Schüler von Tagliapietra und 
G. Fr. Malipiero am Conservatorio Benedetto 
Marcello in Venedig, an dem er 1940 eine Profes- 
sur für Klavierspiel erhielt. Als Pianist erregte er 
Aufsehen durch Konzertreisen, auf denen er mit 
Lorenzi Werke für 2 Klaviere vortrug. Von seinen 
Kompositionen sind das Concertino für Kl. und 
7 Instr. sowie ein Klavierquintett zu nennen. 

Göritz, Otto, * 8. 6. 1873 zu Berlin, 1 11. 4. 1929 
zu Hamburg; deutscher Opernsänger (Bariton), 
debütierte 1895 in Neustrelitz, ging 1898 an die 
Breslauer Oper, 1900 nach Hamburg und war 
1903-17 Mitglied des Metropolitan Opera House 
in New York. G. galt als hervorragender Wagner- 
sänger. 

Gorlier (garlj'e), Simon, französischer Musik- 
drucker und Komponist des 16. Jh., lebte in Lyon, 
gab 1558-60 4 Bücher Instrumentalwerke heraus: 
I. Tablature de flüte d y niemand ; II. Tabülature d*espi - 
nette ; HI. Tabülature de guiteme ; IV. Tabulature du 
cistre. Außerdem druckte er einen Band Chansons 
und Vaudevilles (1560) sowie 2 Lautenbücher von 
Paladin (1560-62). Sämtliche von ihm herausge- 
gebenen Werke sind verschollen. 

Gorter, Albert, * 23.11.1862 zu Nürnberg, 
t 14. 3. 1936 zu Herrsching bei München; deut- 
scher Komponist, war Schüler der Münchener 
Akademie der Musik, wirkte als Theaterkapell- 
meister in Regensburg, Stuttgart, Karlsruhe, Leip- 
zig, Straßburg und war 1910-25 städtischer Ka- 
pellmeister in Mainz (1920 GMD). Er lebte seit- 
dem in Herrsching. Als Komponist trat er hervor 
mit Orchesterwerken, Klavierstücken, Liedern und 
Opern. 

Gorzanis, Giacomo, * um 1525 in Apulien, 
t nach 1575 vermutlich zu Triest; italienischer 
Lautenist, bezeichnet sich in den Vorworten zu 
seinen Lautentabulaturen als blind, aus Apulien 
stammend und in Triest lebend. Von ihm er- 
schienen in Venedig nach 1561 4 Lautentabula- 
turen, 1570 und 1571 je ein Buch mit intavolierten 
Napolitanen. Eine handschriftlich überlieferte Ta- 
bulatur (Bayerische Staatsbibliothek München) von 
1567 enthält weitere Napolitanen und Tänze, 


42 


657 



Gorzynski 


darunter jeweils einen Passamezzo anticho und 
einen Passamezzo moderno nebst zugehörigen 
Saltarelli auf allen 12 Halbtönen. 

Ausg.: 14 Stücke, hrsg. v. O. Chilesotti, Lauten- 
spider d. XVI. Jh., Lpz. 1891 ; weitere Stücke, hrsg. 
y. H. D. Bruger, Alte Lauten-Kunst aus 3 Jh. I u. 
H, Bin 1923; Sonate f. Laute, in: Della Corte 
Scelta 67. 

Lit: L. de La Laurencie, Les luthistes, Paris 1928; 
H. Halbig, Eine handschriftliche Lautentabulatur d. 
G. G., in: Fs. Th. Kroyer, Regensburg 1933; W. 
Boetticher, Studien zur solistischen Lauten-Praxis 
d. 16. u. 17. Jh., HabiL-Schrift Bin 1943, maschr.; G. 
Reichert, Der Passamezzo, in: Kgr.-Ber. Lüneburg 
1950; H. Spohr, Studien zur ital. Tanzkomposition 
um 1600, Diss. Freiburg i. Br. 1956, maschr. 

Gorzyfiski (gp^nski), Zdzislaw, * 1885 zu 
Krakau; polnischer Dirigent, Schüler von Fr. 
Schalk in Wien, wirkte bis 1939 als Dirigent des 
Unterhaltungsorchesters am Polnischen Rundfunk 
in Warschau und übernahm 1945 dort die Leitung 
der Staatsoper und der Philharmonie, wo er viele 
Werke zeitgenössischer polnischer Komponisten 
herausbrachte. 

Goalich, Siegfried, * 7. 11. 1911 zu Stettin; 
deutscher Kapellmeister, studierte in Berlin Diri- 
sowie Musikwissenschaft bei Schering, C. 
Schünemann, J. Wolf und H. J. Moser und 
promovierte 1936 mit der Arbeit Beiträge zur Ge- 
schichte der deutschen romantischen Oper (= Schrif- 
tenreihe des Staatlichen Instituts für deutsche Mu- 
sikforschung I, Leipzig 1937). G. wurde 1936 Or- 
chesterreferent in der Reichsmusikkammer, war 
1945-48 musikalischer Oberleiter des Senders 
Weimar und Abteilungsleiter der Musikhochschule, 
ab 1948 in Bremen Musikabteilungsleiter am Rund- 
funk und Dozent an der Musikschule. 1958 wurde 
er als Städtischer Musikdirektor nach Remscheid 
berufen; gleichzeitig ist er Dozent an der Musik- 
hochschule Köln. 

Gossec (gos'ek), Francois-Joseph (eigentlich 
Gos s6), * 17.1.1734 zu Vermies (Hennegau), 
1 16. 2. 1829 zu Passy bei Paris ; französischer Kom- 
ponist belgischer Herkunft, erhielt seine musika- 
lische Erziehung als Chorknabe der Kathedrale von 
Antwerpen, ging 1751 mit Empfehlungen nach 
Paris zu Rameau, der ihm 1754 eine Stelle in der 
Privatkapelle des Generalpächters La Poupelini&re 
verschaffte. Als dieser 1762 starb, übernahm G. 
nach Auflösung der Kapelle die Leitung degenigen 
des Prinzen von Conti in Chantilly und gelangte 
zu großem Ansehen. 1770 gründete er das be- 
rühmte Concert des amateurs, reorganisierte 1773 
die Concerts spirituels und leitete sie gemeinschaft- 
lich mit Gavini&s und S. Lcduc sowie einige Jahre 
allein, wurde aber dur ch Intrigen aus dieser Stel- 
lung verdrängt (1777). 1780-82 fungierte er als 
2. Direktor der Großen Oper (Acadfrnie de mu- 
sique) und blieb Mitglied des Direktionskomitees 
bis 1784, wo ihm die Organisation und Direktion 
der ficole royale de chant übertragen wurde. Als 
diese 1795 mit dem Institut National de Musique 
(bis 1793 Ecole Gratuite de Musique de la Garde 
Nationale) zum Conservatoire de musique ver- 
einigt wurde, erhielt G. mit Grdtry, Cherubim, 
Mdhul und Lesueur die Inspektion und wurde zu- 
gleich Mitglied des in diesem Jahre gegründeten 
Institut, war auch 1799-1804 und 1805-12 Mit- 


glied der Prüfungskommission für die der Großen 
Oper eingereichten Werke. Ab 1815 lebte er zu- 
rückgezogen in Passy bei Paris. G. war als Kompo- 
nist anfang s ein eifriger Parteigänger der Gluck- 
schen Oper, wandte sich jedoch bald mehr dem 
Divertissement und dem Ballett zu. Hier wie in 
seinen Symphonien fallt die farbige Behandlung 
der Bläser auf. Beeinflußt von J. W. A. Stamitz, 
dessen Sohn J. A. Stamitz er bei La Poupdini&re 
kennenlemte, verwendete G. frühzeitig Klarinet- 
ten, Posaunen und Hörner, vor allem in der 
»chasse«, dem häufigen Schlußsatz seiner Sympho- 
nien. G. war offizieller Komponist der Republik 
und schrieb viel für patriotische Festlichkeiten der 
Revolutionszeit (Chant du 14 juillet zur Jahresfeier 
dar Erstürmung der Bastille). In seiner Revolutions- 
musik (Märsche, Chöre, Hymnen, ein Te Deum, 
die Oper VOffiande h la Liberti) benutzt er wir- 
kungsvoll große Chöre und Bläsergruppen sowie 
Schlagzeug. Von seinen Opern wurden m Paris in 
der Comedic Italienne aufgeführt: Le TonneUer 
(1765), Le Faux Lord (1765, mit Ballett La Chasse ), 
Les Picheurs (1766), Toinon et Toinette (1767), Le 
double diguisement (1767) ; in der Acaddmie de mu- 
sique: Alexis et Daphni und Philimon et Bauds 
(1775), La Fite de viltage (1778), Thisie (1782), Ro- 
sine ou VEspouse abandormie (1786), UOffrande ä 
la Liberti (1792), Le Triomphe de la Ripubliaue ou 
le Camp de Grand-Pri (1793) ; außerdem die Opern 
Sabinus (Versailles 1773) und Berthe (Brüssel 1775; 
gemeinsam mit Philidor und Henri Botson). G. 
schrieb ferner: die ^Ballette Anette et Lubin (Paris 
1778), Mirza (Paris 1779) und Lepied de boeuf (Paris 
1787) ; zahlreiche Symphonien, darunter Symphonie 
de enasse (1776) ; Duos, Trios (op. 1) und Quartette, 
Stücke für Bläser; Tänze für Streichorch., teil- 
weise mit FL ; Marche lugubre für Bläser und Trom- 
meln; Oratorien (darunter ein Weihnachts-Ora- 
torium La Nativite, in dem er einen unsichtbaren 
Engelchor aus der Domkuppel singen ließ) und 
die Messe des morts (1760). Bekannt geblieben ist 
eine Gavotte. Er arbeitete an einigen Lehrschriften 
des Conservatoire mit: Prindpes ilimentaires de mu- 
sique (2 Bände, Paris 1 799-1 ö02; der Anhang Sol- 
fhges deutsch als Singübung zum Gebrauch des Con- 
servatorium 9 Leipzig); Methode de chant du Conser- 
vatoire de musique (Paris 1803). 

Ausg.: Revolutionsmusik im Kl.-A. bei C. Pierre, 
CEuvres rdvolutionnaires diverses publikes en rdduc- 
tion, Paris 1899; Trio op. 1, 2, Symphonie op. 5, 2 und 
Andante pour 2 Clarinettes, 2 Cors, 2 Bassons, hrsg. 
v. G. Cucubl, Etudes sur un orchestre au XVIII 0 s., 
Paris 1913; Trio op. 9, 1, hrsg. v. H. Rebmann, = 
Coli. mus. XL VII; Symphonie op. 12, 3, =* Slg 
SONDHEIMER XLII. 

Lit: P. H£douin, G., sa vie et ses ceuvres, Valen- 
ciennes 1852; A. Adam, Derniers Souvenirs d'un mu- 
siden, Paris 1859, 21871; E.-G.-J. Gregor, Notice 
biographique sur Gossd, dit Gossec, Mons 1877; M. 
Deetz, Gesch. d. musikalischen Dramas in Frank- 
reich, Wien u. Lpz. 1886, Lpz. 21893; M. Brbnbt, Les 
concerts en France sous fanden rdgime, Paris 1900; 
F. Hellouin, G. et la musique fran^aise k la fin du 
XVIII* s., Paris 1903; C. Pierre, Les hymnes et 
chants, Paris 1904; G. Cucubl, La Poupelini&re et la 
musique au XVHI« s., Paris 1913; L. de La Lau- 
rencie, in: A. Lavignac, Encydopddie de la musique 
I» 3, Paris (1914); H. Radiguer, ebenda; J. Tiersot, 
in: BulL de la soc. fran^aise de musicologie, 1919 u. 
1921, S. 190 f. u. 217 ff.; ders., Lettres de musidens 



658 



Gottschalk 


toites en fr?. I, Turin 1924; L. Dufrane, G., Paris- 
Brüssel 1927; A. Gastou£, G. et Gluck ä l’Op&ra de 
Paris, in: Rev. deMusicol.XIX, 1935 (=* Tome XVI); 

F. Tonnard, G., Brüssel 1938; J.-G. Prod’homme, 
Fr.-J. G., Paris 1949; A. L. Ringer in JAMS VI, 
1953, S. 150 ff. 

Gosswin, Anton (Cosswin, Joscjuinus), * um 
1540, t Ende 1594 zu Freising; mederländischer 
Komponist, war vermutlich schon 1560, sicher ab 
1568 Altist der Münchner Hofkapelle unter Lassus, 
1569/70 Kapellmeister des Erbprinzen Wilhelm in 
Landshut. Er kehrte an den Münchner Hof zurück, 
unternahm Reisen in die Niederlande, an den kai- 
serlichen Hof in Wien und nach Regensburg, wurde 
1577 Organist an St. Peter in München und 1580 
bischöflicher Kapellmeister des Herzogs Emst in 
Freising, dem er 1584 mit der Kapelle nach Bonn 
folgte. Von seinen Kompositionen sind 7 4-5st. 
Messen erhalten, von denen 4 über Lassussche Vor- 
lagen geschrieben sind, 3-6st. Motetten und 5-6st. 
Madrigale. Ein verschollener Druck Neue Teutsche 
Lieder mit dreien Stimmen (Nürnberg 1581) soll 
Bearbeitungen 5st. Lieder von Lassus enthalten 
haben. 

Ausg.: 3 Stücke, hrsg. v. Fr. Jöde, Chorbuch VI, 
Bln-Wolfenbüttel 1930. 

Lit. : J. J. Maier, Die musikalischen Handschriften 
d. Bayerischen Staatsbibi., München 1879; A. Sand- 
berger, Beitr. zur Gesch. d. bayerischen Hofkapelle 
HI, Lpz. 1895; B. Hirzel, A. G., München 1909; Th. 
Kroyer, in ZfMw XI, 1928/29, S. 246; A. Auda, La 
Musique et les Musiciens de l’Ancien Pays de Li6ge, 
Brüssel-Paris-Lüttich (1930) ; H. Osthoff, Die Nieder- 
länder u. d. deutsche Lied, « Neue Deutsche For- 
schungen CXCVII, Abt Mw. VII, Bin 1938 ; J. 
QumN. A propos de A. G., RBM VI, 1952, S. 285. 

Gostiö (g'ostitf), Josip, * 5. 3. 1907 zu Stara Loka; 
jugoslawischer Opernsänger (Tenor), studierte am 
Konservatorium m Laibach, wirkte 1929-37 dort 
an der Staatsoper, ab 1937 an der Staatsoper Zagreb. 
Daneben ist G. seit 1951 ständiges Mitglied der 
Wiener Staatsoper. 

Gotovac (g'otovats), Jakov, * 11. 10. 1895 zu 
Split (Dalmatien); jugoslawischer Komponist, stu- 
dierte Jurisprudenz an der Universität m Zagreb, 
dort und später in Wien Musik. 1922/23 wirkte er 
als Chorleiter in Sibenik und ist seitdem Opem- 
dirigent am Kroatischen Nationaltheater in Zagreb. 

G. verbindet in besonders wirkungsvoller weise 
die kroatische Folklore mit einer gemäßigt mo- 
dernen Technik. Kompositionen: die Opern 
Dubravka (Zagreb 1928), Morana (Brünn 1930), Ero 
der Schelm (Zagreb 1935, die bekannteste), Kamenik 
(Der Steanbruch, Zagreb 1946), Mila Goisalifa 
(Zagreb 1952) ; Singspiel Gjerdan (1955) ; für Örch. : 
Symphonischer Kolo (1935; sein bekanntestes Werk, 
auch als Ballettmusik verwendet), Lied und Tanz 
aus dem Balkan für Streichorch. (1940), Orafi (Die 
Pflüger, 1940), Guslar (Der Barde meines Volkes, 
1940), Dinarka (1947); mehrere Werke für Sing- 
stimme und Orch., Chöre (darunter Klagelied um 
ein totes Kälbchen und Am Adriatischen Meer) und 
Lieder. 

Gotthard, Johann Peter (Pdzdirek), * 19.1. 
1839 zu Drahowitz (Böhmen), f 17. 5. 1919 zu 
Vöslau bei Wien; österreichischer Komponist, 
lebte in Wien, wo er den »Orchesterbund« diri- 
gierte und einen Verlag leitete, schrieb die ko- 


mische Oper Iduna (Gotha 1889), Lieder, Chorlie- 
der, Orchestersuite op. 12, 6 Streichquartette, 
Klavierquintett. G. gab gemeinsam mit seinem 
Bruder Franz Päzdirek das Universal-Handbuch der 
Musik-Literatur (34 Bände, Wien 1904-10) heraus. 

Gotthelf, Felix, * 3. 10. 1857 zu Mönchen- 
Gladbach, f 21.4.1929 zu Dresden; deutscher 
Komponist, studierte Medizin, daneben Musik 
unter Kwast (Klavier), G. Jensen und Tiersch 
(Theorie), Scheidemantel (Gesang) und Draeseke 
(Komposition) . Nach kurzer Tätigkeit als Korrepe- 
titor und Kapellmeister in Köln und Kolberg lebte 
G. ausschließlich seinen künstlerischen und schrift- 
stellerischen Arbeiten in Bonn (1893-94), Mün- 
chen (1894-98) und 1898-1920 in Wien, danach in 
Dresden. Von G.s Kompositionen wurden be- 
kannt: ein Streichquartett C dur (1891), eine sym- 
phonische Fantasie Frühlingsfest (1894), das Myste- 
rium Mahadeva (1909), ein Hymnus für V., Vc., 
Harfe und Harmonium (Org.), Ballade Der Zau- 
berspiegel für S. und Kl. sowie Klavier- und Or- 
chester-Lieder. 

Gottlieb, Ernest E., * 27. 9. 1903 zu München; 
amerikanischer Musikantiquar, studierte an den 
Universitäten München und Kiel sowie an der 
University of California und der University of 
Southern California. Die Gründung des Anti- 
quariats erfolgte 1948 in Beverly Hills (California). 

Gottron, Adam Bernhard, * 11. 10. 1889 zu 
Mainz; deutscher Priester und Musikforscher, stu- 
dierte an den Universitäten Freiburg im Breisgau, 
Innsbruck, Gießen und am Priesterseminar in 
Mainz, promovierte 1911 zum Dr. phiL, wurde 
1917 zum Priester geweiht, war Studienrat in 
Darmstadt und Mainz, wo er 1933 Diözesanpräses 
der Kirchenchöre wurde. 1941 wurde er Mitglied 
der Einheitsliedkommission, 1946 Geistlicher Rat 
und 1955 zum Päpstlichen Hausprälaten ernannt. 
G. war in der musikalischen Jugendbewegung tätig 
und ist Gründer der Zeitschrift »Musik und Altar«, 
deren Schriftleiter er 1947-52 war. Neben Arbeiten 
über R. Lull legte er vor: Liturgischer Kirchenchor 
(Mainz 1936), Kirchenmusik und Liturgie (Regens- 
burg 1937), Tausend Jahre Musik in Mainz (Berlin 
1941), Handbuch der Liturgik (Paderborn 1950), 
Mozart und Mainz (Mainz 1952) sowie die Aus- 
gaben: Ph. Fr. Büchner, Weihnachtskantate (Kassel 
1950); Stich, Homquartett (Kassel 1951) ; Zach, 
Cembalokonzert (Kassel 1952) und 2 Sinfonien (Kas- 
sel 1956). Er veröffentlichte zahlreiche Aufsätze 
zur Mainzer Musikgeschichte in der Mainzer Zeit- 
schrift (Jahrgänge XXXII, 1937, XXXIV bis 
XXXXV, 1939-50, und XXXXVHI-L, 1953-55). 

Gottschalk, Louis Moreau, * 8. 5. 1829 zu New 
Orleans, 1 18. 12. 1869 zu Rio de Janeiro; ameri- 
kanischer Pianist und Komponist, Schüler von 
Stamaty in Paris, begaxm seine pianistische Kon- 
zertlaufbahn 1844 in Paris, bereiste zunächst Frank- 
reich, die Schweiz und Spanien und kehrte 1853 
nach den USA zurück. 1865 ging er nach San Fran- 
cisco und von da nach Südamerika, spielte 1869 in 
Rio de Janeiro, erkrankte dort und starb. G. war 
der Lehrer von T. Carreno. Er spielte fast nur 
eigene Kompositionen, welche der besseren Salon- 
literatur angehören (Charakterstücke mit spani- 
schem Kolorit, manchmal etwas sentimental). 


42* 


659 



Goudimel 


Autobiographische Notes of a Pianist erschienen 
1881 in Philadelphia (herausgegeben von Clara G.). 

Lit.: O. Hensel, Life and Letters of L. M. G., NY 
1870; L. R. Fors, G., Habana 1880; J. T. Howard, 
L. M. G., MQ XVIII, 1932; Fr. C. Lange, Vida y 
muerte de G. en Rio de Janeiro, in: Revista de Estu- 
dios Musicales: Univ. Nacional de Cnyo, IV-VII, 
1950-51. 

Goudimel (gudim'el), Claude, * um 1514 zu 
Besannen, erschlagen während des der Bartholo- 
mäusnacht folgenden Blutbades 28.-31. 8. 1572 zu 
Lyon; französischer Komponist, ist nicht, wie man 
lange armahm, der Begründer der römischen 
Schule (-► Gaudio Mell), ja wahrscheinlich nie in 
Italien gewesen, wenn auch eine Anzahl seiner 
geistlichen Kompositionen in Rom handschriftlich 
erhalten sind. Seme ersten Kompositionen tauchen 
1549-54 in der großen 4st. Chansonsammlung Du 
Chemins auf (Buch I ist »Janvier 1549« datiert, das 
ist nach neuer Jahreseinteilung 1550) ; Band I-XHI 
(1557) enthalten insgesamt 34 Chansons, eine wei- 
tere ist in der 2. Ausgabe von Band X hinzugefügt. 
Bis 1555 arbeitete G. bei Du Chemin als Korrektor 
und Berater; auf 3 Büchern erscheint sein Name 
neben dem des Druckers: . . . Ex Typographia 
Nicolai du Chemin, & Claudij G. Es sind dies der 
Uber pritnus collectomm modulorum (kleine Stücke 
G.s enthaltend) und Canticum Beatae Mariae (darin 
die Magnificat im 1. und 8. Ton von G.) von 1553 
und G.s nicht erhaltene Vertonung von Q. Horatii 
Flacd . . . odae omnes quotquot carminum generibus 
differunt von 1555. G. gehörte, soweit bisher be- 
kannt, weder der königlichen Kapelle noch irgend- 
einer Maitrise an und kam wohl erst allmählich 
durch seine Komposition der Psalmübertragungen 
von Marot und JB£ze in Beziehung zu hugenot- 
tischen Kreisen. Er bearbeitete die Psalmen drei- 
mal: 1) motettisch durchkomp ordert, 3-6st.; hier- 
von erschien Premier livre contenant huyet Pseaul- 
mes ... en forme de motetz 1551 bei Du Chemin, 
Neudruck 1557 bei Le Roy & Ballard, die bis 1566 
8 Bücher dieser Bearbeitung brachten, welche G. 
nicht zu beenden beschieden war; 2) kontrapunk- 
tische Bearbeitung der Genfer Melodien, die zu- 
meist im Superius, in wenigen Fällen im Tenor 
liegt, 4st., 1564 bei Le Roy & Ballard; 3) eine im 
wesentlichen homorhythmische Bearbeitung der 
Genfer Melodien, mit der Melodie im Tenor, 1565 
bei Le Roy & Ballard sowie in Genf. Diese ur- 
sprünglich für den häuslichen Gesang bestimmte 
Fassung fand schnell in die protestantische Kirchen- 
musik Eingang, in Deutschland durch A. Lob- 
wassers Übersetzung (1573). 1557-67 (?) lebte G. 
in Metz, dann in Besan^n, zuletzt in Lyon, wo er 
kurz vor den Mordtagen schwer krank lag. Die 
Liste seiner Werke ist zu vervollständigen durch 
5 4st. Messen (1552: II ne se treuue en amitii, 1558: 
Audi filia. Tont plus ie metz , De mes ennuis , eben- 
falls 1558 Le bien que Vay), ein Magnificat IIP' 1 tont 
in Le Roy & Ballards »Canticum Beatae Mariae« . . . 
von 1557 sowie Motetten in Sammelwerken von 

1551 (Du Chemin; eine 4st. und eine 5 st.), 1554 
(Du Chemin; 4 4st.) und 1563 (Le Roy & Ballard; 

4 3st.) und viele 4st. Chansons in Sammelwerken, 
besonders in der großen Sammlung von Le Roy Sc 
Ballard (Buch Vl-XXn, 1556-83, insgesamt 15 
Sätze) sowie im musikalischen Anhang der Ausgabe 

1552 von »Les amours de P. de Ronsard« (4 Sätze). 


Ausg.: 150 Psalmen, die Zehn Gebote u. Lobgesang 
Simeons (in d. 2. Fassung nach einer Ausg. v. 1580), 
3 Bde, in Expert Maftres, danach Psalm XXXV auch 
Davison-Apel Anth. I, 126a. - Les pseaumes . . ., 
Genf 1565, Faks. hrsg. v. P. Pidoux u. K. Ameln, 
Kassel 1935; 17 Psalmen in: L. Schoeberlein u. Fr. 
Riegel, Schatz d. liturgischen Chor- u. Gemeinde- 
gesangs, 3 Bde, Göttingen 1868-72; zahlreiche Einzel- 
ausg. und Neubearb. d. Psalmen. - Missae tres . . . 
(1558) in: Expert Monuments, davon Missa Audi 
filia auch hrsg. v. H. Expert in: Repertoire des Mai- 
tres musiciens de la Renaissance, Paris 1929; Missa 
Le bien que i’ay, hrsg. v. Ch. Bordes, Anth. des mal- 
tres religieux IX, Paris o. J. - 12st. Salve Regina u. 
4st. Motette Domine, quid multiplicati sunt in Mal- 
deghem Tr6sor III, 1867, Musique religieuse, d. Salve 
Regina auch hrsg. v. F. Raugel, Paris o. J., d. Mo- 
tette auch in vielen weiteren Ausg. - 2 Chansons, hrsg. 
v. Fr. Lesurb u. K. Lew in : Anth. de la chanson, Mo- 
naco 1953; eine Chanson, hrsg. v. M. Cauchie in: 
Quinze chansons, Paris 1926. 

Lit.: J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, 
Hamburg 1740, neu hrsg. v. M. Schneider Bin 1910; 
Ch. Burney, A General Hist of Music III, London 
1789, NA London 1935 u. Baden-Baden 1958, darin 
d. Motette Domine, quid multiplicati; A. W. Am- 
bros, Gesch. d. Musik III, Breslau 1868, hrsg. v. O. 
Kade Lpz. 21893; O. Douen, CI. Marot et le psautier 
huguenot, 2 Bde, Paris 1878-79, darin eine Anzahl 
Psalmen v. G.; G. Becker, G., in: Bull, de la Soc. 
d’hist du protestantisme fr$. XXXIV, 1885 (mit 
Werkverz.) ; M. Brenet, CI. G., in: Annales franc- 
comtoises 1898 (mit Werkverz.); J. Tiersot, Ronsard 
et la musique . . ., Paris 1901, darin d. 4 Ronsard- 
Chansons G.s; P.-A. Gaillard, Loys Bourgeoys, 
Diss. Zürich 1948; ders., Petite dtude comparte du 
»note contre note« de L. Bourgeoys (1547) et du 
psautier de Jaqui, Kgr.-Ber. Basel 1949; ders.. Zum 
Werkverz. CI. G.s, Jb. f. Liturgik u. Hymnologie I, 
1955; Fr. Lesure, CI. G. .., MD II, 1948; ders., 
Musicians and Poets of the French Renaissance, 
engl. v. E. Gianturco u. H. Rosenwald, = Merlin 
Music Books IV, NY (1955); ders. u. G. Thibault, 
Bibliogr. des 6ditions mus. publides par N. Du Che- 
min, Ann. Mus. I, 1953; dieselben, Bibliogr. des 
öditions d’A. Le Roy et R. Ballard, = Publ. de la 
Soc. franpaise de musicologie II, 9, Paris 1955; E. 
Trillat, CL G. . . et la Saint-Barth61emy lyonnaise, 
Lyon 1949; J. Rollin, Les chansons de CI. Marot, 
Paris 1951; E. McChesney Lawry, The Psalm Mo- 
tets of CL G., Diss. NY (Columbia Univ.) 1954. 

van Goudoever (x'audufer), Henri Daniel, 

* 12. 11. 1898 zu Utrecht; holländischer Kompo- 
nist, studierte 1907-17 an der Musikschule Utrecht 
bei J. Wagenaar und 1918-21 bei G. Hekking in 
Paris. 1922-24 war er Solocellist im Amsterdamer 
Concertgebouw-Orchester, 1924-32 Kapellmei- 
ster am Landestheater in Coburg und 1933-38 
Dirigent des Städtischen Symphonieorchesters Ut- 
recht. Werke: Allegro für Orch. (1916); La Fite 
bleue für Vc. u. Orch. (1917) ; 3 Lieder ohne Worte 
für Gesang und Orch. (1917); Sphynx , Nocturne 
für Orch. (1919); Impression für Orch. (1920); 
Suite für Vc. und Orcn. (1922). 

Goudsmit (xaudsmit), To (Josephus Hendricus 
Lambertus), * 25. 3. 1908 zu Amsterdam; nieder- 
ländischer Pianist, lebt in Amsterdam, wo er bis 
1932 am Muziddyceum studierte und dort seit 
1934 als Lehrer wirkt Als Solist ist er vor allem 
angesehener Bach-, Chopin- und Tschaikowsky- 
spider. G. gehörte auch dem Duo G.-Juda und 
neuerdings dem Amsterdams Trio (mit J. Hekster 
und S. Brill) an. 


660 



Gounod 


Gould (gu:ld), Glenn, * 25. 11. 1932 zu Toronto 
(Ontario); kanadischer Pianist, lebt in Toronto, 
studierte am Royal Conservatory of Music in To- 
ronto bis 1952 bei A. Guerrero Klavier. 1947 be- 
reits debütierte er als Konzertsolist in Toronto, 
1955 mit einem Klavierabend in Washington für 
die USA, 1957 in Berlin für Europa, besonders be- 
kannt als Interpret der klassischen Klavierkonzerte. 

Gould (gu:ld), Morton, * 10. 12. 1913 zu Rich- 
mond Hüll (New York); amerikanischer Kompo- 
nist, Pianist und Dirigent, lebt in New York, be- 
suchte 1925 das New Yorker Institute of Musical 
Art, bis 1930 die New York University, wo er 
Klavier bei Abby Whiteside, Komposition bei 
Vincent Jones studierte. Seitdem wirkt er als Pia- 
nist, Komponist und Arrangeur, auch als Dirigent. 
Er komponierte vor allem Ballett- und Unterhal- 
tungsmusik, aber auch symphonische Werke, von 
denen Toscanini 1942 eine Lincoln Legend, Mitro- 
poulos 1957 Jekyll and Hyde Variations zur Urauf- 
führung brachten. 

Lit.: J. T. Howard, Out American Music, NY 31956. 

Gouuod (gun'o), Charles Frangois, * 17. 6. 1818 
und f 18. 10. 1893 zu Paris; französischer Kompo- 
nist, erhielt die ersten musikalischen Anregungen 
von seiner Mutter, die eine fertige Pianistin (Schü- 
lerin von L. Adam) war, studierte zunächst privat bei 
Reicha, nach dessen Tod am Conservatoire bei 
Lesueur, Berton, Haldvy und Paer. 1839 errang er 
mit der Kantate Fernand den Prix de Rome; wäh- 
rend des italienischen Aufenthalts studierte er vor- 
nehmlich den Palestrinastil und führte 1841 in San 
Luigi dei Francesi eine 3st. Orchestermesse, 1842 
in der Karlskirche zu Wien ein Requiem D moll 
(handschriftlich erhalten im Archiv der Kirche) 
auf. Nach der Rückkehr aus Rom setzte er seine 
kirchenmusikalischen Bemühungen fort, wurde 
Organist, hörte theologische Vorlesungen und war 
nahe daran, die geistlichen Weihen zu nehmen. 
Um diese Zeit vollzog sich eine Wandlung seiner 
musikalischen Bestrebungen; er hatte in Deutsch- 
land die Werke Schuberts, Schumanns und (durch 
Mendelssohn) J. S. Bachs kennengelemt, trat nun 
auch Berlioz näher und wandte sich dem Theater 
zu. Doch war es ein kirchliches Werk, das zuerst 
auf ihn aufmerksam machte: in London wurden 
1851 Bruchstücke aus einer Messe solenneile de 
Sainte Cicile (beendet 1855) aufgeführt, welchen 
die Kritik eine hohe Bedeutung beimaß. Im glei- 
chen Jahre debütierte G. als Opernkomponist an 
der Großen Oper mit Sapho (umgearbeitet 1858 
und 1884). 1852-60 t war er Direktor des Oiph6on 
der Stadt Paris und schrieb für diese Männerchöre 
und Gesangsschulen 2 Messen sowie kleinere Chor- 
werke. Mit den Schauspielmusiken zu Molifcres Le 
bourgeois gentilhomme und Ponsards Ulysse (beide 
1852) vermochte er ebensowenig durchzudringen 
wie mit den Opern La nonne sanglante (1854) und 
Le midedn malgri lui (1858). Endlich 1859 schuf er 
mit Faust (19. 3. 1859 im Thdätre Lyrique, 1869 
um Rezitative und Ballett erweitert in der Großen 
Oper aufgeführt; in Deutschland unter dem Titel 
»Margarethe«) das Werk, das seinen Weltruhm 
begründen sollte. Das Phantastische und Lyrische 
des Stoffes fand durch ihn eine wohlgelungene 
Darstellung, doch sollte die ganz auf Gefühlswir- 
kungen gestellte, teilweise sentimentale Musik 


nicht mit Goethes »Faust« verglichen werden, von 
dem die Librettisten J. Barbier und M. Carrd nur 
das Gerüst der Handlung übernahmen. Die 
folgenden Opern blieben hinter den durch Faust 
hochgespannten Erwartungen zurück: Philimon et 
Bauds (1860, umgearbeitet 1876), La reine de Saba 
(1862, englisch als »Irene«), Mireille (1864), La co- 
Lombe (Baden-Baden 1866, englisch als»PetDove«). 
Erst Rjomdo et Juliette (Thditre Lyrique 1867, mit 
Ballett 1888 an der Großen Oper) war wieder ein 
glücklicher Wurf und wird in Frankreich teilweise 
über Faust gestellt. G. hat sich hier Wagner mehr 
genähert, verlegt den Schwerpunkt des Musikali- 
schen ins Orchester und macht von Vorhaltsdisso- 
nanzen reichlichen Gebrauch. Der Krieg 1870/71 
vertrieb G. aus Paris; er ging (bis 1875) nach Lon- 
don und gründete dort einen Chorverein Gounod’s 
Choir, aus dem die heutige Royal Choral Society 
entstand. Zur Eröffnung der Weltausstellung in 
London 1871 schrieb er eine Trauermotette Gallia 
für S., Chor, Orch. und Org., danach wieder 
Schauspielmusiken: zu Legouv6s Les deux reines 
(1872), Barbiers Jeanne d'Arc (1873) und Molifcrcs 
Georges Dandin (nicht beendet), sowie Opern von 
geringerem Wert: Cinq-Mars (1877, umgearbeitet 
1878), Polyeucte (1878), Le tribut de Zamora (1881). In 
den letzten Lebensjahren wandte er sich wieder 
mehr der Kirchenmusik zu; genannt seien hier 
Stabat Mater, 4st. (1869); Motette Ave verum 
(1871); Missa Angeli custodes mit Org. (1872); 
Requiem (1873); Messe du Sacri-Coeur mit Orch. 
(1874); biblische Szene Jisus sur le lac de Tibdriade 
(1878); Oratorium La ridemption (1881); Messe 
G dur mit Org. (1882) ; Messe funhbre mit Org. 
(1883); Oratorium Mors et vita (1885); Te Deum 
für Soli, Chor, Harfe und Org. (1886); Messe ä 
la mimoire de Jeanne d'Arc mit Org. (1887) ; Qua- 
trilme Messe solenneile mit Org. (1 ö88) ; Messe dite 
de Clovis und Messe en Vhonneur de Saint Jean-Bap- 
tiste de La Salle mit Org. auf gregorianische Melo- 
dien (beide 1890) ; Pater noster für Soli, Chor und 
Org. (1892); Requiem (1893, G.s letztes Werk, 
instrumentiert von H. Busser). Ferner schrieb G. 
Orchesterwerke, darunter 2 Symphonien (1855), 
Kammermusik (darunter eine Petite Symphonie 
für 10 Blaser, 1888), Klavierstücke, auch zu 4 Hän- 
den, und 196 M&odies (auch Kinderlieder und 
Duette) auf französische, englische, italienische und 
spanische Texte; neben vielem Zeitgemäßem fin- 
den sich hier auch einige Stücke (z. B. Sdrdnade, 
Venise, Le premier jour de Mai, O ma belle rebelle , La 
chanson de la glu, U absent), die den hohen Ruf G.s 
als Melodiker rechtfertigen; als solcher genießt er 
die Verehrung Faur6s, Debussys, Ravds und Stra- 
winskys. Die weltbekannte Melodie, die G. zu 
dem C-dur-Präludium des ersten Teils von J. S. 
Bachs »Wohltemperiertem Klavier« hinzugefügt 
hat, schrieb er zunächst zu Vers sur un Album (»Le 
livre de la vie . . .«) von Lamartine (1852) und 
bearbeitete sie im gleichen Jahr als Meditation sur 
le l tr Prilude de Bach für V. und KL erst 1859 unter- 
legte er ihr die Worte eines Ave Maria betitdten 
Gedichtes. Der Erfolg des Stückes veranlaßte 
ihn, 1892 ein Second Ave Maria, miditation sur 
le 2* Prilude de Bach zu schreiben. Seine lite- 
rarischen Arbeiten sind: Autobiography (heraus- 
von G. Wddon, London 1875; reicht 
1859); Vorwort zur Ausgabe der Lettres 


661 



Gouvy 


intimes von Berlioz (Paris 1882) ; Ascanio de Saint - 
Sems (Paris 1889); Le Don Juan de Mozart (Paris 
1890, deutsch von A. Klages Lpz. 1891, englisch 
von W. Clark und J. T. Hutcheson London 1895) ; 
Mimoires d*un artiste (Paris 1896, 51909, deutsch von 
E. Brauer Leipzig 1896, englisch von W. H. Hut- 
chinson London 1896, russisch von A. Ossowskij 
Moskau 1905) ; ferner eine Methode de cor ä pistons. 
Lit. : H. Berlioz, Les musiriens et la musique, hrsg. 
v. A. Hallay, Paris 1903, deutsch v. G. Savid, * 
Literarische Werke IX, Lpz. 1903; G. Weldon, Mon 
orphelinat et G. en Angleterre, 3 Bde, London 1875 
bis 1882; M. A. de Bovet, Ch. G., Paris 1890, engl. 
London 1891; L. Pagnerre, Ch. G., Paris 1890; C. 
Saint-Sa£ns, Ch. G. et le Don Juan de Mozart, Paris 
1894; ders., Portraits et Souvenirs, Paris 1900; P. 
Voss, Ch. G., Lpz. 1895; H. Tolhurst, G., London 
1904; P.-L. Hillemacher, Ch. G., Paris 1906, 21914; 
C. Bellaigue, G., Paris 1910; J.-G. Prod’homme u. 
A.Dandelot, G., 2 Bde, Paris (1911); J.-G. Prod* 
homme, Miscellaneous Letters by Ch. G., MQ IV, 
1918; A. Pougin, G. derivain, RMI XVIH, 1911, u. 
XIX, 1912; H. de Curzon, Documents inidits sur le 
Faust de G., Paris 1912 (mit A. Soubees) ; P. Lan- 
dormy, Faust de G., Paris 1922, 21944 ; ders., G., 
Paris 1942; R. d’Ollone, G. et Topdra comique, RM 
XIV, 1933; A. GastouS, Un ms. inconnu: un cours 
de composition de G., Rev. de MusicoL XXIII, 1939 
(=■ Tome XX); H. Hartleb, Einführung zur Oper 
Margarethe, Bin 1939; M. Cooper, Ch. G. . ., ML 
XXI, 1940; N. Demuth, Introduction to the Music 
of G„ London 1950; M. Curhss, G. before Faust. 
MQ XXXVIÜ, 1952; Fr. Noske, La mdlodie fran- 
qaise, Paris u. Amsterdam 1954, darin Verz. d. Md- 
lodies. 

Gouvy (^uvl), Louis Theodore, * 2. 7. 1819 zu 
GofFontaine bei Saarbrücken, f 21. 4. 1898 zu Leip- 
zig; französischer Komponist, ging 1836 nach Pa- 
ris, um Jura zu studieren, trieb aber bei Eiwart 
Kontrapunktstudien und nahm Klavierunterricht 
bei einem Schüler von H. Herz. Da er wohlhabend 
war, konnte er das Musikleben in Deutschland 
studieren, verlebte das Jahr 1843 in Berlin, befreun- 
det mit K. Eckert, mit dem er auch eine Studien- 
reise nach Italien unternahm. G. lebte dann wieder 
in Paris und führte dort wie in Leipzig und Köln 
seine Werke mit Erfolg auf. Der Einflu ß Mendels- 
sohns auf G. ist unverkennbar; seine Musik ist me- 
lodisch, leichtverständlich und etwas weich. Er 
schrieb 6 Symphonien, eine Sinf onietta D dur, 
Symphonische Paraphrasen op. 88, 2 Konzertouver- 
türen, Konzertszenen ( Der letzte Gesang Ossians 
für Bar. und Orch.) sowie eine Anzahl von Kam- 
mermusikwerken: ein Klavierquintett, 5 Trios, 
Violin- und Violoncell-Sonaten und -Stücke, 5 
Streichquartette, ein Streichquintett, eine Serenade 
für 5 Streichinstr., ein Sextett für FL und Streich- 
quintett, Oktett für FL, Ob. und je 2 Klar., Hör- 
ner und Fag. op. 71, ein Nonett für Blasinstr. op. 
90, Klaviersonaten, 20 (einsitzige) Serenaden, Va- 
riationen, Charakterstücke zu 2 und 4 Händen. 
Am bedeutendsten von G.s Werken sind die Chor- 
werke: eine Missa brevis für Soli, Chor und Orch. ; 
ein Requiem; Stabat mater; die Passionskantate 
Golgatha ; die lyrisch-dramatische Szene Aslega; die 
dramatischen Szenen für Solo, Chor und Orch. 
Elektra (Duisburg 1888), Iphigenia auf Tauris op. 76, 
Ödipus auf Colonos op. 75, Frühlings Erwachen für 
Männerchor, S. solo und Orch., op. 73 und Polv- 
xena (1896). 7 

Lit: O. Klauwell, Th. G., Bin 1902. 


Gouy (gu'i), Jacques de, französischer Kompo- 
nist des 17. Jh., war Kanonikus in Einbrun und 
Briangon (Hautes- Alpes). Es erschienen von ihm 
Estrennes pour MM. et dames du concert de la musique 
almirique (Paris 1642; ein 4st. Air in einer beson- 
deren, von J. Lemaire erfundenen Buchstaben- 
notation für Laute) und Airs ä 4 parties sur lapara - 
phrase des pseaumes de Godeau (Paris 1650, auch 
Amsterdam ohne Jahr; ohne B.c. im Stil der Airs 
de cour). In der Vorrede zu den Psalmen bringt G. 
Nachrichten über private Konzertveranstaltungen 
in Paris. 

Lit.: E. van der Straeten, J. de G., Antwerpen 
1863; M. Brenet, Les concerts en France, Paris 
1900; A. Pirro in RM de la SIM IV, 1908; Th. 
Gerold, L’art de chant en France, Straßburg 1921. 

Graarud (gr'airud), Gunnar, * 1. 6. 1886 zu 
Holmestrand; norwegischer Sänger (Tenor), legte 
erst in Karlsruhe als lÖektrotechmker sein Diplom- 
examen ab, studierte dann Gesang in Deutschland 
und war in Kaiserslautem (1919), Mannheim 
(1920-22), Berlin (1922-25, Große Volksoper; 
1925/26, Städtische Oper) und in Hamburg (1926 
bis 1928, Städtische Oper) engagiert. 1928 ging er 
an die Staatsoper Wien. Gr. wurde vor allem als 
Wagnersänger bekannt (1927 Tristan in Bayreuth). 

Grabert, Martin, * 15. 5. 1868 zu Amswalde 
(Neumark), f 23- 1- 1951 zu Berlin; deutscher 
Kirchenmusiker, war Schüler des Königlichen In- 
stituts für Kirchenmusik in Berlin (H. Bellermann, 
Bargiel), 1891 Meyerbeerstipendiat, 1894 Mendels- 
sohnstipendiat, 1894-95 Theaterkapellmeister in 
Rostock, lebte dann in Berlin als Organist, zuerst 
an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, ab 1898 
an der Dorotheenstadtischen Kirche, ab 1924 an der 
Markus-Kirche Berlin-Steglitz. Er komponierte 
geistliche (Kantate Hanna und Simeon op. 60) und 
weltliche Vokalmusik, Lieder, Orgäphantasie 
C moll op. 44 und G moll op. 47, Orgelvariatio- 
nen E moll op. 40, Klavierquintett op. 22. 

Grabner, Hermann, * 12. 5. 1886 zu Graz; 
deutscher Musikpädagoge und Komponist, erhielt 
seine erste musikalische Ausbildung am Konser- 
vatorium des Steiermärkischen Musikvereins in 
Graz, studierte daneben Rechtswissenschaft, worin 
er 1909 promovierte. 1910 trat er als Schüler Re- 
gere (Komposition) und Sitts (Dirigieren) in das 
Leipziger Konservatorium ein, wo er nach 2jähri- 

f er Studienzeit für seine Prüfungswerke (ein 
treichtrio und ein Konzert für V., Va und Orch.) 
den Nikisch-Preis erhielt. 1912 übersiedelte er als 
Assistent Regers nach Meiningen und wurde 1913 
als erster Tneorielehrer an aas Konservatorium 
nach Straßburg berufen. 1919-24 wirkte er als 
Lehrer für Theorie und Komposition an der Hoch- 
schule für Musik in Mannheim und an der Heidel- 

konzertierender Bratschist tätig. 1924 wurde er als 
Lehrer für Komposition ans Leipziger Konserva- 
torium berufen, 1932 zum Professor ernannt und 
war ab 1930 dort auch Universitätsmusikdirektor. 
1938-46 war Gr. Lehrer an der Hochschule für 
Musik Berlin, 1950/51 am Berliner Konserva- 
torium. Werke: Oper Die Richterin (Bannen 
1930); für Soli, Chor und Orch.: Die Heilands- 
klage, Segen der Erde, Das Lied vom Walde , Requiem; 
Weg ins Wunder; Lichtwanderer für Männerchor 


662 



Graden witz 


und Orch.; Zwei Motetten für Chor und Orch.; 
zwei Kantaten; Chorwerke a cappella: Fünf Ge- 
sänge für Kammerchor, Motette »Gott du bist mein 
Gott«, Volkschöre , Deutsche Haussprüche , Weih- 
nachtsmotette und Fünf Scherzlieder ; Orchester- 
werke: Variationen und Fuge über ein Thema von 
J. S. Bach , Perkeo-Suite für Bläserorch., Sinfonische 
Tänze , Concerto grosso für Blasorch., Concertino für 
ein Tasteninstrument und Streicher, Pastorale ; 
Kammermusik: 3 Streichquartette, Konzert im 
alten Stil für 3 V., Musik für 3 FL, Trio für Ob., 
Klar, und Fag., Konzert für Fl., Klar., Hom und 
Fag.; Orgelwerke: Media vita in morte sumus , Par- 
tita über »Erhalt uns Herr bei Deinem "Wort«, So- 
nate, Praeludium und Fuge, Toccata, Konzert für 
Org. und Streichorch., Orgelchoralbuch mit 244 
3- und 4st. Bearbeitungen der Choräle des Evan- 
gelischen Kirchen-Gesangbuchs; Lieder auf Texte 
von Knodt, Lienhard, Rilke und Weinhandl sowie 
Der Herr ist mein Hirte für Sopran- und Altsolo, 
2 V. und Org. Schriften: Regers Harmonik (Mün- 
chen 1920); Die Funktionstheorie H. Riemanns 
(München 1923); Allgemeine Musiklehre (Stuttgart 
1924, 61949) ; Der Lineare Satz (Stuttgart 1925, 
21950); Anleitung zur Fugenkomposition (Leipzig 
1934, 21944) ; Die wichtigsten Regeln desjunktionellen 
Tonsatzes (Leipzig 1935, 31952); Generalbaßübungen 
(Leipzig 1936, 31951) ; Handbuch der Harmonielehre 
(Praktische Anleitung zum funktionellen Tonsatz), 

I. Lehrbuch, II. Aufgabenbuch (Berlin 1944, 
21955); Neue Gehörübung (Berlin 1950); Musika- 
lische Werkbetrachtung (Stuttgart 1950) ; Die Kunst 
des Orgelbaus (Berhn-Halensee und Wunsiedel 
1958). 

Lit.: H. Büttner, H. Gr., in: ZfM CH, 1935; E. 
Otto, H. Gr. - Werk und Mensch, in: ZfM CXH, 
1951 ; S. Borris, H. Gr., in: Musica X, 1956. 

Grabu (grab'ü), Lewis (Louis Grabut), franzö- 
sischer Violinist des 17. Jh., wurde in London 1665 
als Composer to the King’s Musick angestellt und 
leitete zudem ab 1666 als Nachfolger Laniers die 
English Chamber Musick sowie als Nachfolger 

J. Banisters die Sdect Band of Violins. 1674 wurde 
seine Oper Ariane aufgeführt (auf eine Umarbei- 
tung des Perrinschen Librettos von 1659), 1685 
Albion and Albanius (Dryden), nachdem er 1679-83 
in Paris geweilt hatte. Gr. schrieb bis 1694 noch 
einige Schauspiel musiken und ein Bühnenwerk 
Pastorale (1684). 

Lit: J. Hawkins, A General Hist of . . . Music IV, 
London 1776, neu hrsg. 1853 u. 1875; H. C. de La- 
fontaine, The King's Musick, London 1909; W. H. 
Cummings, L. Gr., in: Mus. Times LIU, 1912; E. J. 
Dent, Foundations of Engl. Opera, Cambridge 1928 
(darin Stücke aus Albion and Albanius); W. H. 
Grattan Flood, Quelques prädsions . . ., RM IX, 
1928; J. A. Westrup, Foreign Musicians . . MQ 
XXVII, 1941. 

Grace (gi'e:s), Harvey (Pseudonyme: Feste und: 
Matthew Quinney), * 25. 1. 1874 zu Romsey 
(Hampshire), f 15.2. 1944 zu Bromley (Kent); 
englischer Organist, studierte bei M. Richardson 
in London, wirkte als Organist und Chorleiter 
(nach der Tonic-sol-fa-Methode) in London, wo 
seine Tätigkeit 1925-33 mit den St Cecilia Festi- 
vals der Arbeiter-Frauenchöre einen Höhepunkt 
erreichte. 1931-38 war Gr. Organist und Chor- 
direktor der Kathedrale von Chichester. Seine 


Bücher gingen zum Teil aus Aufsatzreihen in den 
Zeitschriften »Musical Times« (deren Redaktion er 
1918-44 besorgte), »The Listener« und »The Radio 
Times« hervor: u. a. French Organ Music (New 
York 1919), The Complete Organist (London 1920), 
The Organ Works ofBach (London 1922), The Or- 
gan Works of Rheinberger (London 1925), A Musi- 
äan at Large (London 1928), Music and Worship 
(mit H. W. Davies, London 1935), The Organ 
Works of C. Franck (London 1948). Ferner gab er 
heraus The New Music Educator (4 Bände, London 
1935), 20 Orgelsonaten von Rheinberger (2 Bände, 
London 1932-37) und schrieb Orgelstücke, 

Grad, Gabriel, * 9.7.1890 zu Retowo; litau- 
ischer Komponist, Schüler der Kaiserlichen Musik- 
schule zu Jekaterinoslaw, dann des Klindworth- 
Scharwenka-Konservatoriums in Berlin, 1920-22 
Musiklehrer in Kowno, wo er 1920 eine jüdische 
Musikschule gründete, seit Ende 1924 in Palästina, 
Gründer und Leiter des Benhetov-Konserva- 
toriums in Tel Aviv. Er hat über 250 Komposi- 
tionen geschrieben: Lieder, Chöre, Klavierstücke, 
Kammermusik, auch eine Oper Jehudith und Holo- 
fernes op. 37. 

Gr?denfhaler, Hieronymus (Kradenthaller), 
* 27. 12. 1637 und f 22. 7. 1700 zu Regensburg; 
deutscher Organist, Schüler seines Vaters Augu- 
stin Gr. (Organist an St. Oswald in Regensburg), 
war Organist an der Neuen Pfarre in Regensburg. 
In seinen Deliciae musicales (2 Teile, Nürnberg 
1675-76) hat er (als einer der ersten) der deutschen 
Partita eine kurze Sonatina vorangestellt. Außer- 
dem gab er heraus: Musicalische Recreation für V. 
und B. (1. Teil Suiten, 2. Teil Sonaten; Regens- 
burg 1672), geistliche Arien und einen Traktat 
Horologium musicum (Regensburg 1676, Nürnberg 
21687). 

Lit. : K. Nef, Zur Gesch. d. deutschen Instrumental- 
musik in d. 2. Hälfte d. 17. Jh., — BIMG I, 5, 1902; 
H. Kretzschmar, Gesch. d. Neuen deutschen Lie- 
des I, “ Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen IV, 1, 
Lpz. 1911; E. Preussner, Die Methodik im Schulge- 
sang . . AfMw VI, 1924. 

Gr^denwitz, Peter E m an u el, * 24. 1. 1910 zu 
Berlin; israelischer Musikforscher, studierte an den 
Universitäten Freiburg im Breisgau und Berlin, 
Komposition bei J. Weismann und Rufer, betrieb 
1934-36 in London Studien zum Klavierbau am 
Northern Polytechnic und promovierte 1936 an 
der Deutschen Universität in Prag. Er ging 1936 
nach Tel Aviv, wo er die Israel-Sektion der Inter- 
nationalen Gesellschaft für Neue Musik mitgrün- 
dete und den Verlag Israeli Music Publicarions 
leitet. Er schrieb: Johann Stamitz . I. Das Leben 
(— Veröffentlichungen des Musikwissenschaft- 
lichen Instituts der Deutschen Universität in Prag 
Vm, Brünn-Prag-Leipzig-Wien 1936); The Music 
of Israel (New York 1949; als La Müsica de Israel, 
Buenos Aires 1949); Music and Musicians in the 
Land of Israel (Jerusalem 1951). In hebräischer 
Sprache erschienen Toldot hamusika (Musikge- 
schichte, Jerusalem 1939, 2 1954); Olam hasimfmm 
(Die Welt der Symphonie, Tel Aviv 1945, 7 1953) ; 
Hamusika bejisrael (Musik in Israel, Jerusalem 1945, 
2 1954) ; Hamusika hakamerit (Kammermusik, Td 
Aviv 1948, 21953 ); Olam hapsantran (Die Wdt 
des Pianisten, Td Aviv 1952). Seine Aufsätze be- 


663 



Gradstdn 


schäftigen sich vorwiegend mit J. und A. Stamitz, 
von denen er auch Ausgaben vorlegte, Schönberg 
und Orientalischer Musik. Ein handschriftlicher 
Katalog der Werke von J. Stamitz befindet sich in 
der New York Public Library. G. schrieb Lieder 
und Kammermusik. 

Gradstein, Alfred, * 30. 10. 1904 zu Tschen- 
stochau, + 1954 zu Warschau; polnischer Kompo- 
nist, studierte 1922-25 am Konservatorium in 
Warschau, 1925-27 an der Musikakademie in 
Wien Q. Marx) und lebte 1928-47 in Paris. Werke : 
die Ballettskizzen Zaloty (1935) und Tattce polskie 
(1942), ein Klavierkonzert (1932), Klavier-, Vio- 
lin- und Violoncellstücke, Kantate Slowo o Stalinie 
(1952), Kinderkantate Biale goi$bie (W eiße Tauben) 
sowie Chöre und Lieder. 

Graedener, - 1) Carl G.P., * 14.1.1812 zu 
Rostock, t 10.6.1883 zu Hamburg; deutscher 
Dirigent, wirkte 1835-38 als Violoncellist in Hel- 
sinki, dann 10 Jahre als Universitätsmusikdirektor 
und Veremsdirigent in Kiel, gründete 1851 in 
Hamburg eine Gesangsakademie, die er 10 Jahre 
leitete, war 1862-65 Lehrer für Gesang und Theo- 
rie am Wiener Konservatorium, 1863 auch Diri- 
gent des Evangelischen Chorvereins und lebte dann 
wieder in Hamburg als Lehrer am Konservatorium. 
Gr.s Klavierstücke gehören zu den besten der an 
Schumann anknüpfenden Miniaturen: Fliegende 
Blätter op. 5, 27, 31, Fliegende Blättchen op. 24, 33, 
43, Variationen op. 51, Phantastische Studien und 
Träumereien op. 52, Kleine Impromptus op. 72 ; außer- 
dem schrieb er eine Klaviersonate op. 28, Sonate 
für 2 KL op. 18, Kammermusik (darunter 3 
Streichquartette, 2 Klavierquintette, 2 Klavier- 
trios, ein Streichtrio, ein Streichoktett), 2 Sympho- 
nien, ein Klavierkonzert, Romanze für V. und 
Orch., Ouvertüren, 3 Opern (nicht aufgeführt), 
Chöre, Duette und Lieder. Schriften: Bach und die 
Hamburger Bach-Gesellschaft (Hamburg 1856); 
Replik auf die Verteidigung der hamburgischen Bach- 
Gesellschaft (Hamburg 1856); Beethoven-Gedächt- 
nisrede (Hamburg 1870); Gesammelte Aufsätze 
(Hamburg 1872); System der Harmonielehre (Ham- 
burg 1877). - 2) Hermann, * 8. 5. 1844 zu Kiel, 
t 18. 9. 1929 zu Wien, Sohn und Schüler von 
Carl Gr., studierte noch am Wiener Konserva- 
torium, wurde 1862 Organist in Gumpendorf bei 
Wien, 1864 Violinist des Hoforchesters, 1873 
Theorielehrer an den Horakschen Klavierschulen 
und wirkte 1877-1913 in gleicher Eigenschaft am 
Konservatorium der Musikfreunde, zugleich 1892 
bis 1896 als Dirigent der Singakademie und ab 1899 
als Lektor für Musiktheorie an der Universität. 

Er schrieb Orchesterwerke (2 Symphonien, Lust- 
mielouvertüre op. 28), Konzerte für KL (2), V. 

(2) und Vc. (1) mit Orch., Chorwerke, Opern, 
Kammermusik (2 Klaviertrios, 2 Klavierquintette, 
je ein Quartett, Quintett und Oktett für Streicher), 
Klavierstücke und Lieder. 

Ausg.: C. G. P. Gr., Fliegende Blättchen, hrsg. v. W. 
Niemann, Lpz. 1906. 

Lit.: J. Sittard, Gesch. d. Musik- u. Concertwesens 
in Hamburg, Altona u. Lpz. 1890; M. Kalbeck, J. 
Brahms I, Bin 1904, in 2 Halbbänden 31912 äW.^Nib- 
mann, C. G. P. Gr., Mk XI, 1911/12; K. P. F. Grae- 
dener, Meine Jugenderinnerungen, Libau 1920; K. 
Stephenson, Hundert Jahre Philharmonische Ges. 
in Hamburg, Hbg 1928. 


Gräfe, Johann Friedrich, * 1711 und f 8.2. 
1787 zu Braunschweig; deutscher Liedkomponist, 
herzoglicher Kammersekretär und Postrat in 
Braunschweig, bekannt mit Hurlebusch, C.H. 
Graun und Gottsched, gab 1737-43 in Halle eine 
4bändige Sammlung verschiedener und auserlesener 
Oden heraus (Band I 2 1740, 31743). Im Gegensatz 
zu Sperontes* 1736 begonnener Sammlung bringt 
Gr. ausdrücklich Originalvertonungen der zum 
großen Teil von Gottsched, Gr. sowie Marianne 
von Ziegler stammenden Gedichte und leitet da- 
mit die Epoche des Aufschwungs der Liedkompo- 
sition in Deutschland ein, wenn auch seine eigenen 
Melodien nicht das Niveau der von Hurlebusch, 
Giovannini und C. Ph. E. Bach beigesteuerten 
Lieder erreichen. Ferner veröffentlichte er: Oden 
und Schäfergedichte (Leipzig 1744); Fünfzig Psalmen 
(Braunschweig 1760); Sechs auserlesene geistliche 
Oden (Leipzig 1762); Sechs Oden und Ueder des 
Herrn von Hagedorn (Hamburg 1767, II 1768). 
Ausg.: Sonnet (Lpz. 1755, « I. Breitkopfs »Neue 
Art Noten zu drucken«), Faks. Lpz. (1919); 8 Lieder 
mit neu unterlegten Texten in: L. Mozarts Noten- 
buch, hrsg. v. H. Abert, Lpz. 1922. 

Lit.: E. O. Lindner, Gesch. d. deutschen Liedes, 
hrsg. v. L. Erk, Lpz. 1871, darin eine Ode; M. Fried- 
labnder. Das deutsche Lied im 18. Jh., 3 Bde, Stutt- 
gart u. Bin 1902, darin 3 Oden; W. K. v. Jouzza, 
Das Lied, Wien u. Lpz. 1910, darin eine Ode; H. 
Kretzschmar, Gesch. d. Neuen deutschen Liedes I, 
=» Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen IV, 1, Lpz. 
1911; H. Abert, L. Mozarts Notenbuch v. 1762, 
Gluck-Jb. m, 1917. 

Gr$flinger, Franz, * 26. 11. 1876 zu Linz; öster- 
reichischer Musikschriftsteller, an der Linzer Mu- 
sikvereinsschule ausgebildet, wurde dort Lehrer, 
Magistratsbeamter und Musikkritiker. Er ver- 
öffentlichte: Karl Waldeck (Linz 1905); Karl Wal - 
deck, Kirchenmusikalische Streiflichter (Linz 1911); 
Die boykottierte Bruckner-Biographie (Wittenberg 
1911); Anton Bruckner, Bausteine zu seiner Lebens- 
geschichte (München 1911); Anton Bruckner, Sein 
Leben und seine Werke (Regensburg 1921); Anton 
Bruckner, Gesammelte Briefe (Regensburg 1922); 
Anton Bruckner, Leben und Schaffen (Berlin 1927); 
Liebes und Heiteres um Anton Bruckner (Wien 1948). 
Seine Kompositionen umfassen Kammermusik, 
Lieder und Chöre. 

Gräner, Georg, * 20. 11. 1876 zu Berlin, f 30. 4. 
1945 zu Potsdam; deutscher Komponist, war 1900 
bis 1906 ausübender Musiker und Musikkorre- 

bis 1915 deren Musikkritiker, 1920-30 Musikrefe- 
rent der Deutschen Musiker-Zeitung und 1930-45 
Lehrer für Harmonielehre und Klavier an der 
Musikhochschule Berlin-Charlottenburg. Werke: 
Oper Noah, 4 Symphonien und weitere Orchester- 
werke (Legende, Schwedische Ballade , Interludium), 
Oratorium Deutsche Kantate - Das kommende Reich, 

12 Weihnachtslieder für Singsrimme und KL oder 
Streichquartett, 3 Ibsen-Gesänge. Schrift: Paul 
Graener (= Die Musik, Sammlung illustrierter 
Einzeldarstellungen, Band XX, Leipzig 1922). 

Graener, Paul, * 11. 1 . 1872 zu Berlin, 1 13. 11. 
1944 zu Salzburg; deutscher Komponist, wirkte 
zunächst als Theaterkapellmcister in Bremerhaven, 
Königsberg, Berlin, 1896 in London amHaymarket 
Theatre, war einige Jahre Lehrer an der Royal 


664 



Graf 


Academy of Music in London, ging 1908 nach 
Wien an das »Neue Konservatorium« und war 
1910-13 Direktor des Mozarteums in Salzburg, 
lebte dann in München und wurde 1920 zum Pro- 
fessor ernannt, im gleichen Jahre Nachfolger Ro- 
gers als Lehrer für Komposition am Leipziger Kon- 
servatorium (bis 1924). Ab 1927 lebte er wieder in 
München, ab 1930 als Direktor des Stemschen 
Konservatoriums in Berlin, wo er 1933 Vizepräsi- 
dent der Reichsmusikkammer wurde und 1935-41 
die Fachschaft Komponisten leitete, zuletzt in Salz- 
burg; 1922 Mitglied der Preußischen Akademie 
der Künste, 1925 Dr. phil. h. c. der Universität 
Leipzig. Gr., nicht einheitlich im Stil, gehört zu 
den wenigen deutschen Komponisten, die gelegent- 
lich dem Impressionismus gehuldigt haben. Haupt- 
werke: Symphonie D moll (Schmied Schmerz ) op. 
39; Orchestervariationen über ein russisches Volkslied 
op. 55; Bukolische Landschaft für Orch. op. 81; 
Comedietta für Orch. op. 82; Vorspiel, Intermezzo 
und Arie für Gesang, Gambe und Kammerorch. 
op. 84; Orchestersuite Die Flöte von Sanssouci op. 
88; Turmwächterlied für Orch. op. 107; Klavier- 
konzert op. 72; Cellokonzert op. 78; Violinkon- 
zert op. 104; Kammermusik, darunter 6 Streich- 
quartette und eine Flötensuite A dur op. 63; Kla- 
vierstücke; Chorwerke Wiebke Pogwisch op. 24 
und Marienkantate op. 99, Mannerchöre ( Deutsche 
Kantate op. 87) und zahlreiche Lieder (nach Chr. 
Morgenstern, H. Löns, Goethe u. a.); Opern: Don 
Juans letztes Abenteuer op. 42 (Leipzig 1914) ; Theo - 
phano op. 48 (München 1918; als Byzanz Leipzig 
1922); Schirin und Gertraude op. 51 (Dresden 1920) ; 
Hanneles Himmelfahrt (Dresden und Breslau 1927 ) ; 
Friedemann Bach op. 90 (Schwerin 1931) ; Der Prinz 
von Homburg op. 100 (Staatsoper Berlin 1935) ; 
Schwahhild (Köln 1941). 

Lit.: G. Graner, P. Gr., Lpz. 1922; P. Grümmer, 
Verz. d. Werke P. Gr.s, Bin 1936; E. Krieger, P. Gr., 
Bauhermtum deutscher Musik, in: Musische Besinn- 
lichkeiten, Düsseldorf 1939. 

Graeser, Wolf gang, * 7.9.1906 zu Zürich, 
1 13. 6. 1928 zu Berlin (Freitod) ; deutscher Musik- 
forscher, studierte auch Mathematik, Physik und 
Orientalistik. Gr. schrieb: Bachs » Kunst der Fuget 
(Bach-Jahrbuch XXI, 1924); die darin unternom- 
mene Darstellung der Großform des bis dahin stets 
als theoretische Beispielsammlung gedeuteten Wer- 
kes führte Gr. zu einer teilweisen Umstellung der 
Sätze. In dieser Anordnung und in Gr.s Orchestrie- 
rung erfuhr die Kunst der Fuge unter Straube 1927 
ihre erste, weithin beachtete Aufführung. Gr. gab 
das Werk im Ergänzungsband XLVII der Bach- 
Gesamtausgabe sowie (in seiner Orchestrierung) 
als Heft XXVm, 1 der V eröffentlichungen der 
Neuen Bach-Gesellschaft heraus (Leipzig 1928; 
danach Klavierauszug zu 4 Händen von B. G. 
Seidlhofer, ebenda XXZXVII, 2, 1937). Er schrieb 
auch: Körpersinn - Tanz - Gymnastik - Sport (Mün- 
chen 1927). Gr.s Bruder Hans promovierte 1924 
in München mit einer (ungedruckten) Arbeit Zur 
Geschichte von Telemanns Instrumental-Kammer- 
musik. 

Lit: die neuere Lit zu J. S. Bachs Kunst d. Fuge be- 
schäftigt sich durchweg mit Gr.; vgl. besonders H. 
Th. David in JbP XXXIV, 1927, u. Fr. Szymichow- 
ski in ZfMw XII, 1929/30; H. Zurlinden, W. Gr., 
München 1935. 


Graetzer, Guillermo, * 5. 9. 1914 zu Wien; 
argentinischer Komponist und Dirigent, studierte 
1931-38 Komposition bei Knorr und Genzmer in 
Berlin, bei Pfsk in Wien, dort auch am Neuen 
Konservatorium Orchesterleitung. 1939 ging er 
nach Argentinien, rief 1946 das Collegium Musi- 
cum de Buenos Aires ins Leben und war 1947 Mit- 
griinder der »Liga argen tina de compositores« 
(IGNM). G., der Professor für Chorleitung an der 
Universität in La Plata ist und außerdem an der 
Nationalen Tanzschule lehrt, komponierte u. a. 
eine Sinfonietta für Streichorch., Sinfonia brevis, 
Fagott- und Cellokonzert, Rhapsodie für V. und 
Orch., Kammerkonzert, Streichquartett, Diverti- 
mento für Bläserquintett, Streichtrio, Klaviermu- 
sik, Chöre und Lieder. Veröffentlichungen: Nueva 
Escuela Coral (1949), Bach-Antologia para piano 
(1950), La ejecuciön de los adomos en las obras de J. S. 
Bach (1956), Antologia coral (1957). 

Graevius, Graew, Valentin -> Bakfark. 

Graf, Conrad (Graff), * 17. 11. 1783 zu Riedlin- 
gen (Schwaben), f 18. 3. 1851 zu Wien; österrei- 
chischer Klavierbauer, ging 1799 zu Jacob Schdke 
nach Wien. Nach dem Tode seines Lehrherm hei- 
ratete er 1804 die Witwe, übernahm die Leitung 
der Werkstatt und machte sie unter seinem Namen 
zur »größten und renommiertesten Klavierfabrik 
Wiens und des Kaisertums«. Auch Beethoven und 
Schubert schätzten seine Instrumente hoch; beide 
besaßen einen Gr.-FlügeL 

Lit : Fr. J. Hirt, Meisterwerke d. Klavierbaus, Olten 
1955. 

Graf, Ernst, * 26. 6. 1886 zu Schönholzerswilen 
(Thurgau), f 19. 8. 1937 zu Bern; Schweizer Or- 
ganist und Komponist, studierte 1904-07 Neuphi- 
lologie und Geschichte an der Universität Basel, 
gleichzeitig Klavier, Theorie und Orgel am dor- 
tigen Konservatorium, 1912 noch bei K. Straube 
in Leipzig. Ab 1912 war er Münsterorganist und 
Dozent (1928 Honorarprofessor) für Kirchenmusik 
an der Universität Bern, daneben Orgel- und Theo- 
rielehrer am Konservatorium sowie Glocken- und 
Orgelexperte. Er schrieb Lieder, deutsche und la- 
teinische a-cappdla-Chöre, war Redakteur der 
Zeitschrift »Der Organist« und veröffentlichte 
mehrere kleine Studien. 

Graf (Graaf, Graff), deutsche Musikerfamilie, - 
1) Johann, f ^ 1745 zu Rudolstadt; Violinist 
und Oboist, ging von Nürnberg aus zu einer un- 
garischen Regimentsmusik. Je 6 Violinsonaten von 
ihm erschienen 1718 in Bamberg (op. 1; Gr. stand 
um diese Zeit im mainzischen und bambergischen 
Dienst), 1723 in Rudolstadt (op. 2), wo Gr. 1739 
vom Konzertmeister zum Hofkapellmeister auf- 
rückte. - 2) Christian Ernst, * um 1726 zu Ru- 
dolstadt, f zwischen 1802 und 1804 im Haag, Sohn 
und Nachfolger von Johann Gr., wurde 1762 Ka- 
pellmeister im Haag. Von ihm erschienen Sym- 
phonien, Streichquartette, Violinsonaten, je 6 Trio- 
sonaten op. 5 undlO, 6 Quintette für FL und Streich- 
quartett op. 8, 25 Fahles op. 21, 2 Klaviersonaten 
zu 4 Händen op. 29. - 3) Friedrich Hartmann, 

* 1727 zu Rudolstadt, f 19. 8. 1795 zu Augsburg, 
Sohn und Schüler von Johann Gr., war zuerst 
Heerpauker, 1759-64 als Flötist und Dirigent in 
Hamburg, 1769-72 im Haag tätig, wurde dann 


665 



Graf 


Kantor und Praeceptor an der Schule St. Anna in 
Augsburg sowie Musikdirektor aller evangelischen 
Kirchen der Stadt und gründete dort 1779 eine 
ständige bürgerliche Konzertgesellschaft. 1779/80 
reiste er nach Wien, wo sein Oratorium Die Zu- 
rückkunft des verlorenen Sohnes aufgeführt wurde, 
1783/84 zur Leitung der Professional Concerts nach 
London. Von seinen einst hochgeschätzten Kom- 
positionen wurden gedruckt: Quartette und Quin- 
tette für Blas- und Streichinstrumente, Streich- 
quartette, Trios, Duos für V. und Va, Flötenkon- 
zerte und ein Ceüokonzert. 

Lit: B. Engelke, Die Rudolstädter Hofkapelle, 
AfMw I, 1918/19; E. Fr. Schmid, Ein schwäbisches 
Mozart-Buch, Lorch u. Stuttgart 1948. 

Graf, - 1) Max, * 1. 10. 1873 und t 24. 6. 1958 
zu Wien; österreichischer Musikschriftsteller, stu- 
dierte in Wien bei Hanslick und Bruckner. Gr. 
war 1900-38 Musikreferent der »Wiener Allge- 
meinen Zeitung«, ab 1902 auch Professor der Mu- 
sikgeschichte und -ästhetik an der Staatsakademie 
für Muak, 1921/22 Herausgeber der kurzlebigen 
Zeitschrift Musikalischer Kurier . Nach 1938 emi- 
grierte er nach New York, las dort an der New 
School for Social Research und als Gastprofessor 
in Pittsburgh und Philadelphia. Ab 1947 wirkte er 
als Musikrrferent der »W eltpresse« wieder in Wien. 
Er schrieb: Deutsche Musik im 19. Jahrhundert (= 
Am Ende des Jahrhunderts V, Berlin 1898, 
tschechisch Prag 1901); Wagner-Probleme (Wien 
1900); Die Musik im Zeitalter der Renaissance 
(— Band XU der Sammlung »Die Musik«, Berlin 
1905); Die innere Werkstatt des Musikers (Stuttgart 

1910) ; R. Wagner im » Fliegenden Holländer « (= 
Schriften zur angewandten Seelenkunde, heraus- 
gegeben von S. Freud, EX, Wien und Leipzig 

1911) ; Gespräche über die deutsche Musik (Regens- 
burg 1931); Legend oft a Musical City (New York 
1945, spanisch Buenos Aires 1947, deutsch Wien 
1948); Modem Music (New York 1946, französisch 
Paris 1948) ; Composer and Critic (New York 1946, 
London 1948; französisch Paris 1949); From Beet- 
hoven to Shostakowich (New York 1947) ; Geschichte 
und Geist der modernen Musik (Wien und Stuttgart 
1953) ; Die Wiener Oper (Wien und Frankfurt am 
Main 1955); kleinere Beiträge sowie Übersetzun- 
gen von Schriften R. Rollands und A. Bruneaus. - 
2) Herbert, * 10. 4. 1903 zu Wien, Sohn von 
Max Gr.; österreichischer Opemregisseur, stu- 
dierte in Wien Musikgeschichte, zugleich an der 
Opemschule der Staatsakademie für Musik. 1925 
promovierte er mit einer Arbeit über R. Wagner 
ab Regisseur (maschinenschriftlich) . Über Münster, 
Breslau, Frankfurt am Main, Basel und Phila- 
delphia gelangte Gr. als Regisseur an das Metro- 
politan Opera House in New York. Auch als ge- 
suchter Gastregisseur (Salzburger Festspiele) nimmt 
er sich besonders der Opern von Mozart, R. Wag- 
ner und R. Strauss an. 

Graham (gjfaha e m), Martha, * zu Pittsburgh; 
amerikanisäie Tänzerin und Choreographin, stu- 
dierte in Los Angeles und kam 1923 nach New 
York, auch als Lehrerin an die Eastman School of 
Music in Rochester. 1930 tanzte sie in New York 
die Hauptrolle in Massins neuer Choreographie 
von Strawinskis »Sacre du printemps«. Als Solo- 
tänzerin wie mit Aufführungen ihres 1929 gegrün- 

666 


deten Balletts hat sie - vom Ausdruckstanz her- 
kommend - entscheidenden Anteil an der Ent- 
wicklung einer eigenen amerikanischen Ballett- 
kunst, nicht zuletzt durch Erteilung vieler Kom- 
positionsaufträge, u. a. an NordofF {Every Soul is a 
Circus , 1937), H. Johnson (Letter to the World , 
1940), Milhaud (Jeux de Printemps , 1944), Hinde- 
mith ( Herodiade , 1944), Copland (Appalachian 
Spring , 1944), Barber (Medea, 1946), Menotti 
(Errand in the Maze , 1946) und W. Schuman 
(Night Joumey, 1947). 

Grainger (gi'emd^), Percy Aldridge, * 8. 7. 
1882 zu Brighton bei Melbourne (Australien); 
amerikanischer Komponist, lebt in White Plains 
(New York). Er unternahm im Kindesalter Kon- 
zertreisen als Pianist und studierte noch 1895-1901 
unter Kwast in Frankfurt und 1903 bei Busoni in 
Berlin. 1900 trat er mit Erfolg in London auf, wo 
er sich niederließ, konzertierte jedoch weiter in 
Neuseeland, Australien und Skandinavien. Wäh- 
rend des 1. Weltkrieges war er Militärmusiker in 
der US Army ; er lebt seitdem in USA. Gr. erfreute 
sich der besonderen Wertschätzung Griegs, auf 
dessen Veranlassung er englische, irische und islän- 
dische Volksmelodien sammelte und bearbeitete. 
Besonderen Erfolg hatte er mit einer Klavierpara- 
phrase über den Blumenwalzer aus Tschaikowskys 
Nußknacker; doch beruht seine Bedeutung vor 
allem auf seinen eigenen, national gefärbten Wer- 
ken, von denen erwähnt seien: 2 Hill-Songs für 24 
Instr. (1902-07) ; Molly on the Shore (1907) und 
Shepherd’s Hey (1909) für Orch.; Mock Morris und 
Irish Tune fiom County Derry für Streichorch. 
(1911); We have fed our seas für Chor und Blech- 
bläser (1912); Handel in the Strand für Kl. und 
Streichorch. (1912) ; Colonial Songiüx Orch. (1913) ; 
Chorwerke The Bride' s Tragedy (1914) und Mar - 
ching Song of Democracy (1916); In a Nutshell für 
Orch. (1916) ; The Warriors für Orch. und 3 Kl. 
(1916) ; The Power of Rome für Miütärorch. und 
Org. (1942); Youmjul Suite für Orch. (1943); 
Chorzyklus nach R. Kiplings »Jungle Book« (1898 
bis 1947). Seit 1895 konstruiert Gr. eine Free Music 
mit Achteltönen und vollständiger rhythmischer 
Freiheit der einzelnen Stimmen, zu deren Erzeu- 
gung er Musik-Maschinen baut. 

Lit: C. Scott, P.Gr., MQ II, 1916; ders., P. Gr., 
Mus. Times XCVm, 1957; D. C Parker, P. A. Gr., 
NY 1918; Ch. W. Hughes, P. Gr., MQ XXIII, 1937; 
R. L. Taylor, The Running Pianist, Garden City 
(N. Y.) 1950. 

Gram, Peder, * 25. 11. 1881 und f 4. 2. 1956 zu 
Kopenhagen; dänischer Dirigent, 1904-07 Schüler 
des Leipziger Konservatoriums (Krehl, Nikisch, 
Sitt), leitete in Kopenhagen 1908-13 eigene Sym- 
phoniekonzerte, 1918-32 die Dansk Koncert- 
forening, war auch 1919-24 1. Vorsitzender von 
Dansk Tonekunstner Forening, 1931-38 Vorsitzen- 
der von Dansk Komponistforeaing und Samfun- 
det tü Udgivelse of dansk Musik, 1937-51 Leiter 
der Musikabteilung von Radio Kopenhagen. Gr. 
komponierte: 3 Streichquartette op. 3, 26, 30; 
Cellosonate op. 14; Bläserquintett op. 31; 3 Sym- 
phonien op. 12, 25, 35; Symphonische Phantasie 
op. 7; Pofcme lyrique für Orch. op. 9; 2 Ouver- 
türen op. 10 und 21; Violinkonzert op. 20; ferner 
größere Klavierwerke, Gesänge .und Lieder. 



Grandi 


Schriften: Musikern formlaere (1916), Moderne Mu- 
sik (1934), Analytisk harmonilaere (1940; alle Ko- 
penhagen). 

Gramatges (gram'atxez), Harold, * 26. 9. 1918 
zu Santiago de Cuba; albanischer Komponist und 
Musikkritiker, Schüler von A. Copland, gehört zu 
den Gründern und Wortführern des »Grupo Reno- 
vadön«. Gr., der am Conservatorio Granados in 
La Habana Musikästhetik und -geschichte lehrt, 
schrieb: Invenciones für Kammerorch. (1941) ; Kla- 
viersonate (1942), Ballett tcaro (1943); Mensaje al 
Juturo für Blasorch. (1944); Chöre und Gesänge. 

Grammophon-Gesellschaft mbH, Deutsche, 
Schallplattenfabrik in Hannover; Sitz der Verwal- 
tung ist Hamburg. Die Firma wurde als älteste 
deutsche S challplatten-Fabrik 1898 in Hannover 
von Josef Berliner gegründet und bestand bis 
1937 als Aktiengesellschaft. Nach ihrer Umwand- 
lung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung 
ging sie in das Eigentum der Telefunken GmbH. 
Berlin, 1941 an die Siemens & Halske A. G. Berlin 
über. Schallplatten mit ernster Musik erscheinen in 
Deutschland unter dem Namen der Firma, Unter- 
haltungsmusik unter der Marke Polydor. Im 
Ausland bestehen Tochtergesellschaften Polydor 
in Paris und Wien, Heliodor in London. Seit 1949 
bringt die Gesellschaft in der Archiv-Produk- 
tion (Leitung bis 1957: Fr. Hamei) ältere Musik 
vom Mittelalter bis um 1800 in historisierenden 
Aufführungen, seit 1956 in der Serie Musica 
Nova in Zusammenarbeit mit der Deutschen 
Sektion des Internationalen Musikrates Werke 
zeitgenössischer deutscher Komponisten. 

Granados, - 1) Enrique (Gr. y Campina), * 27. 
7. 1867 zu Ldrida (Katalonien), f 24. 3. 1916 (er- 
trunken mit der »Sussex« im Ärmelkanal); spa- 
nischer Komponist und Pianist, Schüler von J. B. 
Pujol und Peareil sowie 1887 von Ch. de Benot in 
Paris. In seiner pianistischen Laufbahn setzte er sich 
vor allem für Chopin (dessen 2. Konzert er 1900 
neu instrumentierte) und Grieg ein. Nachdem er 
durch seine Danzas espanolas für Kl. (4 Hefte, 
1892-1900) Aufsehen erregt hatte, widmete er sich 
vor allem der Komposition und schrieb die Oper 
Maria del Carmen (Madrid 1898), die Zarzuelas 
Picarol und Follet (Barcelona 1901 und 1903) sowie 
die »szenischen Dichtungen« Gaziel und Liliana 
(Barcelona 1906 und 1911). In Madrid gründete 
und dirigierte er 1900 die Sodedad de conriertos 
däsicos. 1901 übernahm er die Crickboomsche 
Academia de Musica in Barcelona, nunmehr Aca- 
demia Granados. Mit den ersten beiden Sätzen 
einer auf 4 Sätze geplanten Dante-Tondichtung 
(1908), dem Allegro de concierto für Kl., dem Kla- 
vierzyklus Goyescas (1911; zu einer Oper umge- 
staltet New York 1916) und den Tonadillas (12 
Lieder) schuf er repräsentative Beispiele eines ro- 
mantisch-nationalen spanischen Stils; ferner Kam- 
mermusik, kleinere Klavierstücke und Lieder so- 
wie 2 klavierpädagogische Schriften. Besonders 
bekannt ist heute noch ein »Spanischer Tanz«, auch 
in der Kreislerschen Transkription. - 2) E duar do , 

* 28. 7. 1894 zu Barcelona, f 2. 10. 1928 zu Ma- 
drid, Sohn und Schüler von Enrique Gr.; spani- 
scher Komponist und Dirigent, vervollständigte 
seine Studien bei del Campo in Madrid, war 


1910-16 Klavierlehrer an der Academia seines 
Vaters, die er 1916-19 leitete, und lebte dann in 
Madrid als Komponist, vornehmlich von (insge- 
samt 13) Zarzuelas. 

Lit. : zu Enrique Gr. : G. Boladeres Ibern, E. Gr., Bar- 
celona (1921); H. Collet, Albdniz et Gr., Paris 1926, 
2 1948; J. Subirä, E. Gr., Madrid 1926; E. L. Mason, 
E. Gr., ML XIV, 1933; A. Livermore, Gr. and the 
19th Cent, in Spain, MR VII, 1946; Ch. Wilson, The 
Two Versions of »Goyescas«, MMR LXXXI, 1951. 

Grandno (grantj'ino), MicheTAngelo (Gran- 
cini), * vermutlich 1605 und f 1669 zu Mailand; 
italienischer Komponist, wurde in Mailand 1622 
Organist an der Kirche del Paradiso, 1624 an S. 
Sepolcro, 1628 an S. Ambrogio, 1630 am Dom. 
1650 wurde Gr. Domkapellmeister. Er veröffent- 
lichte zwischen 1622 und 1669 in Mailand: 8 Bü- 
cher Concerti Ecclesiastici für 1-7 Singst, und B.c. 
(mit einzelnen Instrumentalstücken); 2 Bücher 
Messa e Salmi ariosi zu 4 (ad libitum 5 oder 3) St. 
mit B.c.; 3 Bücher 4-6st. Sacri Concerti ; verschie- 
dene weitere Sammlungen geistlicher Vokalwerke 
und ein Buch konzertierende 2-4st. Madrigali. 

Lit: F. Picinelli, Ateneo dei Letterati milanesi, 
Mailand 1670; G. Btella, Un musicista milanese . . ., 
CHM II, 1957 (mit Werkverz.). 

Grandno (grantj'ino), italienische Geigenbauer- 
familie des 17. und 18. Jh., hauptsächlich in Mai- 
land, aber auch in Cremona, Ferrara und Mantua 
tätig. Ihre berühmtesten Vertreter sind - 1) Paolo, 
1655-92 in Mailand nachweisbar, wahrscheinlich 
Schüler N. Amatis, dessen Mensuren der Instru- 
mente er beibehielt; - 2) Giovanni Battista, 
Sohn von Paolo Gr., 1669-1710 in Mailand und 
Ferrara nachweisbar, wahrscheinlich Schüler G. 
Guameris, baute einige wertvolle mit Guameris 
Namen gezeichnete Instrumente; - 3) Giovanni, 
Sohn und Schüler von Paolo Gr.; von ihm sind 
besonders Violoncelli geschätzt. 

Lit.: L. A. Vidal, Les instruments ä archet, 3 Bde, 
Paris 1876-78; L. Grillet, Les ancStres du violon, 

2 Bde, Paris 1901 ; W. L. v. Lütgendorff, Die Gei- 
gen- u. Lautenmacher vom MA bis zur Gegenwart, 

2 Bde, Ffm. 1904, 5-61922; A. Fuchs, Taxe d. 
Streichinstrumente, Lpz. 1907, bearb. v. H. Edler 
Ffm. 51955; R. Vannes, Essai d’un dict. universal des 
luthiers, Paris 1932, Brüssel 21951 ; K. Jalovec, Ital. 
Geigenbauer, deutsch v. B. Wiener, (Prag 1957). 

Grandaur, Franz, * 7. 3. 1822 zu Karlstadt 
(Unterfranken), f 7. 5. 1896 zu München; deut- 
scher Opemregisseur, ging 1869 an das Münchner 
Opernhaus, für das er auch ältere Opern bearbei- 
tete. Seine Übersetzung des Don-Giovanni-T extes 
(1874, gedruckt 1885) diente degenigen H. Levis 
(1896) als Grundlage. Gr. schrieb eine Chronik des 
königl. Hof- und Nationaltheaters in München (Mün- 
chen 1878). 

Lit : M. Zenger, Gesch. d. Münchener Oper, hrsg. 
v. Th. Kroyer, München 1923; S. Anheisser, Für d. 
deutschen Mozart, «* Die Schaubühne XXVI, Ems- 
detten 1938. 

Grandi, Alessandro, * auf Sizilien, f 1630 zu 
Bergamo; italienischer Komponist, vielleicht Schü- 
ler G. Gabrielis, wurde 1597 Kapellmeister der 
Accademia della Morte in Ferrara, 1610 Kapell- 
meister an S. Spirito in Ferrara, 1617 Kapellsänger 
und 1620 Vizekapellmeister an San Marco in Ve- 
nedig, 1627 Kapellmeister an S. Maria Maggiore 


667 



Grandi 


in Bergamo. Von ihm erschienen in Venedig: 
6 Bücher 2-8st. Motetten (bzw. Concerti) mit 
B.c. (I 1610, Antwerpen 61639 als Cemtiones 
sacrae . . U 1613, 51628; m 1614, 51636; IV 1616, 
61628; V als Celeste Fiori 1619, 41638; VI 1630, 
Antwerpen 31640); 5st. Motetten (Ferrara 1614, 
erweitert Venedig 1620, 51640); 2 Bücher 2-4st. 
Madrigali concertati (1 1615, 51626; II 1622, 41626); 
4 Bücher Cantade et Arie a voce sola (1 1620; II nicht 
erhalten; HI 1626; IV 1629); 3 Bücher l-4st. Mo- 
tetten mit B.c. und »Sinfonie d’Istromenti« (1 1621, 
41637; II vor 1625, auch 1637; m 1629, Antwerpen 
31639 als Cantiones sacrae . . .); 8st. konzertierende 
Salmi brevi (1629, Bologna 31707); 3st. Messe et 
Sdlmi concertati (1630, 31637); 8st. Messe concertate 
(1637); ferner 1630 ein Band 2-4st. konzertieren- 
der Messen und Psalmen von Gr. und G. Croce; 
viele Einzelsatze in Sammelwerken 1607-59, be- 
sonders in Donfrids »Promptuarium« und »Viri- 
darium«. Gr., der sich vor allem an G. Croces Stil, 
später an den venezianischen Kirchenstil Monte- 
verdis anschließt, gehört zu den ersten bedeuten- 
den Kantatenkomponisten ; mit seinen konzertan- 
ten Kirchenwerken hat er auf die Österreichischen 
und süddeutschen Meister der Barockzeit sowie 
auf H. Schütz starken Einfluß ausgeübt. 

Ausg.: 3 konzertierende Motetten, hrsg. v. Fr. Blume, 
Chw. XL; 2 Motetten, hrsg. v. Ch. Pineau, Paris 
1913-14, eine davon auch Della Corte Scelta 82; 
eine Motette, hrsg. v. D. v. Bartha in: A Zenetörtenet 
Antologiaja, Budapest 1948. 

Lit.: H. Leichtentritt, Gesch. d. Motette, — 
Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen II, Lpz. 1908 ; 
E. Schmitz, Zur Gesch. d. itaL Kontinuomadrigals, 
SIMG XI, 1909/10; ders., Gesch. d. weltlichen Solo- 
Kantate I, =» Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen V, 
1, Lpz. 1914, 21955; H. Riemann, Hdb. d. Mg. H, 2, 
Lpz. 1912; H. Pruni&res, The Ital. Cantata, ML VH, 
1926; G. Donau -Petteno, L’arte della musica in 
Bergamo, Bergamo 1930; H. A. Sander, Beitr. zur 
Gesch. d. Barockmesse, KmJb XXVHI, 1933 ; 
A. Einstein, The Ital. Madrigal, 3 Bde, Princeton 1949. 

Grandi, Ottavio Maria; italienischer Kompo- 
nist des 17. Jh., Servitenmönch, Organist in Reggio 
(Emilia) um 1610, »professore di violino«, gab 1628 
in Venedig 22 l-6st. Sonaten mit B.c. op. 2 heraus. 

Grandis, Vincenzo de, * zu Montalboddo 
(heute Ostra, Provinz Ancona), f 18. 3. 1646 zu 
Rom; italienischer Komponist, von dem in Rom 
8st. Vesperpsalmen und Motetten (1604, 21625) 
und 2-5st. Sacrae cantiones (1621) erschienen. Gr. 
war Kapellmeister an Santo Spirito in Rom und 
1605-30 päpstlicher Kapellsänger. 

Grandis, Vincenzo de, * um 1640 und f um 
1700 zu Montalboddo (heute Ostra, Provinz An- 
cona); italienischer Komponist, empfing die Prie- 
sterweihe und war Kapellmeister an Sant’ Agnese, 
ab 1672 an n Gesü in Rom. 1675-80 wirkte er am 
Hof in Hannover, 1682-85 in Modena und war 
dann bis 1692 Kapellmeister der Santa Casa in 
Loreto. Die Estensuche Bibliothek in Modena be- 
sitzt handschriftlich von Gr. 5 Solokantaten, 2 
Solomotetten und 3 Oratorien im venezianischen 
Stil; weitere Stücke in Sammddrucken 1670-75. 

Grandjany (griftan'i), Marcel, * 3. 9. 1891 zu 
Paris; französischer Harfenist, studierte am Pariser 
Conservatoire, war 1915-18 Organist an Sacr6- 
Cceur, 1921-35 Lehrer für Harfe an der School of 


Music in Fontainebleau, ab 1938 an der Juilliard 
School of Music in New York, am Conservatoire 
in Quebec und ab 1956 an der Manhattan School 
of Music in New York. 1945 wurde Gr. amerika- 
nischer Staatsbürger. Er schrieb Lieder und Stücke 
für Harfe, darunter Rhapsodie op. 10, Dans la 
Forit du charme und The Colorado Trial op. 28 so- 
wie Bearbeitungen älterer Musik für sein Instru- 
ment. Sein Onkel Lucien (* 1862 zu Busigny, 
f 1891 zu Paris) war Schüler des Pariser Conser- 
vatoire, an dem er 1883 eine Klasse für Solf&ge 
übernahm. 1882-87 war er Gesanglehrer an der 
Op6ra Comique, daneben Organist an Saint-Vin- 
cent-de-PauL 

Grandjean (grift'ä), Axel Carl William, * 9. 3. 
1847 und f 11. 2. 1932 zu Kopenhagen; dänischer 
Komponist, Schüler desKopenhagener Konservato- 
riums, debütierte 1869 als Schauspieler, gab aber 
nach einer Saison die Bühnenlaufbahn auf und wid- 
mete sich dem Musikunterricht und der Komposi- 
tion. 1886-87 war er Kapellmeister am Dagmar- 
Theater in Kopenhagen, leitete mehrere Gesangver- 
eine und war 1899-1 91 4Singmeister, 1914-18 Chor- 
meister am Königlichen Theater. Gr. brachte 1874 
bis 1901 eine Reihe von Opern und Balletten zur 
Aufführung, auch ein Chorwerk Träkfuglen (1884) 
und gab Lieder, Duette und Klavierstücke heraus. 
Für die Holberg-Tubiläumsausgabe sammelte er 
1888 die traditionelle Musik zu den Komödien des 
Dichters. Autobiographie: Spredte minder (Kopen- 
hagen 1919). 

Grandval (grä/al), Marie Fdlide Cldmence de 
Reiset, Vicomtesse de, * 21. 1. 1830 zu Le Mans, 
t 15. 1. 1907 zu Paris; französische Komponistin, 
Schülerin von Flotow und Saint-Saens, schrieb 
unter verschiedenen Pseudonymen 1860-92 7 
meist einaktige Opern, ferner Esquisses Symphoni - 
ques , ein Oratorium, Kantaten, Lieder, Chöre und 
Kammermusik. 

Grandval (gräv'al), Nicolas Racot de, * 1676 
und f 16. 11. 1753 zu Paris; französischer Kompo- 
nist und Schriftsteller, entstammte einer Schau- 
spielerfamilie und schrieb 1692-1744 21 Diver- 
tissements zu Stücken der Comidie Fran^aise, von 
denen nur einzelne Airs in Sammeldrucken 1704 
bis 1744 und das Divertissement de la Comidie du 
Mariage faitpar lettre de change (Paris ohne Jahr) er- 
halten sind. Auch in seinen 13 meist parocfistischen 
Solokantaten (je 6 Paris 1720 und 1755, dazu 
Orphde, Paris 1729) übernahm er den Stil der opdra- 
comique. Ferner schrieb Gr. einen sehr eng an 
Lecerf de la Vidville anschließenden Essai sur k hon 
goust en musique (Paris 1732) und handschriftlich 
erhaltene Cembalostücke. Er war auch Organist an 
Saint-Eustache. 

Lit.: R. WangermSe, Lecerf de la Vfcville, Bonnet- 
Bourdelot et l'Essai sur le bon goust en musique de 
N. Gr., RBM V, 1951. 

Granfeit, Hanna von (auch Llllian v. Gr.), * 2. 6. 
1884 zu Sakkola, f 3. 11. 1952 zu Helsinki; fin- 
nische Sängerin (Sopran), studierte in Helsinki und 
Paris, wurde 1908 Mitglied des Mannheimer Hof- 
theaters, sang 1910-12 m Berlin, 1913 in London, 
ab 1915 an der Berliner Staatsoper. Ab 1922 ga- 
stierte sie in ganz Europa, vor allem als Wagner- 
sängerin, aber auch in Oratorium und Konzert. 


668 



Graun 


Gr^xüchstaedten, Bruno, * 1. 9. 1879 zu Wien, 
f 20. 5. 1944 zu New York; österreichischer Ope- 
rettenkomponist, Schüler Jadassohns am Leipziger 
Konservatorium, wurde in Wien Korrepetitor an 
der Hofoper, Sänger und Kabarett-Pianist, brachte 
1908-30 16 feingearbeitete Operetten heraus, von 
denen Bub oder Mädel (1908), Auf Befehl der Kaiserin 
(1915), Walzerliebe (1918), Der Orlow (1928) und 
Evelyne (1928) den meisten Erfolg hatten. In den 
ersten Stücken ist Lehärs Einfluß deutlich spürbar, 
später gab er seinen Operetten durch Hereinnahme 
amerikanischer Tanzformen wie Shimmy und 
Blues ein moderneres Gepräge. Gr., der auch für 
O. Straus ein Libretto verfaßte, war zum TeÜ sein 
eigener Textdichter. Er schrieb auch Filmmusiken 
und steuerte Das Lied vom Zuschau* n zu Benatzkys 
»Weißem Rössl« bei. Nach der Besetzung Öster- 
reichs mußte er 1939 emigrieren und verbrachte 
die letzten Lebensjahre in New York als Barpianist. 

Granier (granj'e), Francis, * 1716 oder 1717, 
f 18. 4. 1779 zu Lyon; französischer Komponist, 
lebte 1751-60 und ab 1766 als Violinist, Violon- 
cellist, Kontrabassist und Musiklehrer in Lyon, wo 
er 1754 als op. 1 Six Solos für Vc. veröffentlichte. 
Er schrieb auch einige Ballette für Noverre, die 
dessen höchste Anerkennung fanden. 1760-66 war 
Gr. im Orchester der Comddie Italienne in Paris 
tätig und gab 1762-70 eine 7bändige Sammlung 
beliebter Airs (vorzugsweise aus komischen Opern) 
in Bearbeitung für 2 FL (oder V.) und Gb. heraus 
(ein XI* Recueil erschien um 1778). Ein Menuett 
Gr.s, dem man zu Unrecht auch die Musik zu J. T. 
Rousseaus »Devin de village« hat zuschreiben wol- 
len, wetteiferte mit dem Menuett Exaudets an 
Beliebtheit. 

lit: L. Vallas, Un s. de musique et de th&tre k 
Lyon, Paris 1932. 

Granier (granj'e), Louis (Garnier, Grenier), 
* 1740 und t 1800 zu Toulouse; französischer 
Komponist, war in jungen Jahren (bis 1765) 
Opernkapellmeister in Bordeaux und machte sich 
durch Umarbeitungen klassischer französischer 
Opern bekannt, in die er zum Teil eigene Kompo- 
sitionen aufnahm; die Acaddmie royale de mu- 
sique in Paris brachte in dieser Bearbeitung 1764 
Campras »Tancr&de«, 1771 Marals* »Alcyone«, 
1773 Lullys »Belldrophon« und 1774 desselben 
»Thdsde«. 1770-73 war Gr. Musikdirektor am Tou- 
louser Theater und wirkte dann bis 1786 als Vio- 
linist in Paris in der Hofkapelle, der Acaddmie 
royale und dem Concert spirituel. Gr. schrieb 
ferner die Opern Thionis (1767, mit P. M. B ertön 
und Trial), Les Faux Monnavettrs (1797; nicht er- 
halten) und stellte 1776 3 Ballette für Noverre und 
Vestris zusammen. 

Granion (gri^'ä), Robert, französischer Schrift- 
gießer und Drucker des 16. Jh., kam 1547 von 
Lyon nach Paris, wo er 1551-52 in Kompanie mit 
M. Fezandat 3 Tabulaturbücher (Gorlier und Mor- 
laye) herausbrachte. 1557 kehrte er nach Lyon zu- 
rück und entwickelte seine caractfcres de civilitd 
(Drucktypen mit runden Noten), mit denen er 
1559 Beaulaigues »Motetz«, 3st. Psalmen von M. 
Ferner und 2 Chansonbücher druckte, verwickelte 
sich dann aber in Prozesse und gab den Notendruck 
auf. Als Buchdrucker ist er noch 1577 nachgewiesen. 


Lit. : G. Thtsault, Un recueil de musique imprimö 
en caractfcres de civilitd, in: Humanisme et renaissance 
1935; Cl. Dalbanne, R. Gr., in: Gutenberg-Jb. 1939. 

Graphaeus, Hieronymus-^Formschneyder. 

Grassi, Cecilia, * um 1740 zu Neapel; italie- 
nische Opemsängerin (Sopran), sang 1760 in 
Galuppis »Adriano in Siria« in Venedig, war 1766 
bis 17o7 und 1770-72 Prima donna seria in London. 
Wahrscheinlich um die Jahreswende 1773/74 hei- 
ratete sie T. Chr. Bach, in dessen Konzerten sie 
gelegentlich auftrat. Nach Bachs Tod kehrte sie 
in ihre Heimat zurück. 

Lit: Ch. S. Terry, J. Chr. Bach, London 1929. 

Grassi, Eug&ne Cinda (Pseudonym: G. Sargis), 
* 5. 7. 1887 zu Bangkok (Siam), f 8. 6. 1941 zu 
Paris; französischer Komponist. Als Kind nach 
Frankreich gekommen, studierte er Literatur an 
der Sorbonne, Musik 1905-10 bei d’lridy und Bour- 
gault-Ducoudray. 1910 kehrte er nach Siam zu- 
rück, um dort die Volksmusik zu studieren, der er 
hauptsächlich seine musikalischen Anregungen ver- 
dankte. Ab 1913 lebte er in Paris. Werke: Gesänge 
(Cittq milodies siamoises 1910, Chanson nostalgique 
1921) ; Nuit iropicale für Singst. (V oealise) und Orch. 
(1922); Orchesterwerke ( Bohne de VUnivers 1919, 
Les Equinoxes mit KL 1921, Les Sanctuaires 1924); 
Bühnentanz La fite du Zakmoükou (1922) ; Ballette 
Aspana und Amour et magie (1935); Klavier- und 
Flötenstücke. Ferner schrieb er: D*une musique nou - 
veile (Paris 1926). 

Grassineau (grasin'o), * James, um 1715 zu 
London, f 4. oder 5. 4. 1767 zu Bedford; eng- 
lischer Musikschriftsteller von französischer Her- 
kunft, zunächst Apotheker-Gehilfe, kam, als Sekre- 
tär zu Pepusch und trieb Studien über antike Mu- 
sik, die er in seine Übersetzung des »Dictionnaire« 
von Brossard einarbeitete. Diese erschien 1740 in 
London und ist das erste Musiklexikon in engli- 
scher Sprache; ein Nachdruck von 1769 enthält im 
Anhang übersetzte Abschnitte aus J. J. Rousseaus 
»Dictionnaire«. 

Gratiqsus de Padua, t ^ 1400; italienischer 
Komponist. Sein 3st. Gloria und Sanctus im Ms. 
Padua UB 684 weisen späten Trecentostil mit fran- 
zösischem Einfluß auf. Ferner sind von ihm Text 
und Cantus einer Lauda Alta regina erhalten. 
Ausg.: Gloria u. Sanctus, hrsg. v. G. de Van, in: 
Monuments de l’Ars Nova II, Paris (1938), d. Sanctus 
auch in: J. Wolf, Gesch. d. Mensurainotation II-III, 
Lpz. 1904. 

lit. : J. Wolf, LTtalia e la Musica religiosa medievale, 
RMI XLU, 1938. 

Grattan Flood -► Flood, W. H. Grattan. 

Grau mann, Mathilde -*■ MarchesL 

Graun, deutsche Musiker (drei Brüder): - 1) 
August Friedrich, * 1698 oder 1699 zu Wahr- 
renbrück (Provinz Sachsen), f 5. 5. 1765 zu Merse- 
burg, war dort ab 1729 Kantor an der Domschule. 
1750 bewarb er sich um die Nachfolge J. S. Bachs 
in Leipzig. Von ihm ist ein 4st. Kyrie und Gloria 
in der Berliner Singakademie erhalten. - 2) Jo- 
hann Gottlieb, * 1702 oder 1703 zu Wahxen- 
brück, f 27. 10. 1771 zu Berlin; Violinist und 
Komponist, war zuerst Schüler Grundigs, 1713-21 
Alumnus der Kreuzschule in Dresden, dort Violin- 


669 



Graun 


schuler von Pisendel, ging dann einige Zeit zu 
Tartini nach Padua, wurde 1726 Kapelldirektor 
(Konzertmeister) in Merseburg, wo W. Fr. Bach 
sein Schüler war und wo 1726 oder 1727 6 Violin- 
sonaten Gr.s erschienen sein sollen. Wahrscheinlich 
1728 wurde er Fürstlich Waldeckscher Kapell- 
direktor in Arolsen, trat aber schon 1732 in den 
Dienst des preußischen Kronprinzen (nachmals 
Friedri^nO in ^^^be^^em^NacMo^er in 

Der »Konzertmeister« Gr. war sehr angesehen als 
Instnim cntalkomponist ; sein etwas schwerblütiger 
Stil repräsentiert die - natürlich auch die italie- 
nische Weltsprache sprechende - norddeutsche 
Schule und unterscheidet sich von dem Stü der 
Wiener und Mannheimer. Von besonders kunst- 
voller Schreibweise sind seine über 60 Violinkon- 
zerte. Der gesamte Um f a n g des Schaffens J. G. 
Gr.s kann vorerst nur geschätzt werden, da die 
Handschriften nicht alle gesichtet sind und eine 
Unterscheidung von den Werken seines Bruders 
C. H. Gr. oft schwerfällt. Gedruckt sind von ihm 
«halten 8 Flöten- (bzw. Violin-) Sonaten (Lon- 
don ohne Jahr) sowie in Sammelwerken Sym- 
phonien, Klavierkonzerte, Trios und Lieder. Fer- 
ner schrieb er eine italienische Passion (1763), 
3 geistliche und 8 weltliche Kantaten, über 150 
Tnosonaten, 26 Violinsonaten, einige Quartette 
und Quintette, etwa 100 Symphonien, 28 Con- 
certi gross! und Konzerte für verschiedene Instru- 
mente, 17 Ouvertüren und eine Suite für Orch. 
Die Amalienbibliothek des Joachimsthalschen 
Gymnasiums in Berlin besitzt 10 Bände handschrift- 
licher Werke von Graun. - 3) Carl Heinrich, 
* 1703 oder 1704 zu Wahrenbrück, 1 8. 8. 1759 zu 
Berlin; Komponist, war 1714-21 Alumnus der 
Kreuzschule m Dresden und als solcher zweiter 
Ratsdiskantist. Während der Mutation studierte er 
unter Kapellmeister J. Chr. Schmidt Komposition 
sowie bei Chr. Petzoldt Klavier und nützte den 
Umgang mit Heimchen, Pisendel, Quantz und S. 
L. Weiß. Gr. schrieb bereits in Dresden eine große 
Menge Kirchenmusik für den Kantor Reinhold. 
Inzwischen hatte sich seine Stimme zu einem wohl- 
klingenden Tenor entwickelt, und er wurde 1725 
nach Braunschweig als Opernsänger engagiert, 
entpuppte sich aber dort bald als Opemkomponist 
und wurde um 1727 zum Vizekapellmeister er- 
nannt. Friedrich II. von Preußen lernte Gr. 1733 
in Braunschweig kennen und berief ihn 1735 nach 
Rheinsberg, wo Gr. eine größere Anzahl Kantaten 
auf Texte des Fürsten schrieb. Nach der Thron- 
besteigung Friedrichs II. (1740) wurde Gr. zum 
Kapellmeister ernannt und mit der Errichtung 
einer Oper in Berlin beauftragt, wozu er Gesangs- 
kräfte in Italien engagierte. Mit seiner Oper Cesare 
e Cleopatra wurde am 7. 12. 1742 das neue Berliner 
Opernhaus eröffnet. (Seme Rodelinda 1741 war die 
erste italienische Opernaufführung in Berlin, fand 
jedoch noch im Komödiensaal des Schlosses statt) 
Gr. und Hasse waren bis 1756 fast die einzigen 
Maestri, welche für die Berliner Oper schrieben, 
doch wurden Gr.s Opern noch bis zum Tode 
Friedrichs II. bevorzugt aufgeführt. Seine Bedeu- 
tung als Komponist liegt in den für die Kirche'ge- 
schriebenen Werken. Vor allem ist seine Passions- 
kantate Der Tod Jesu auf einen Text C. W. Ram- 
lers (1755; im Druck Leipzig 1760) zu nennen, die 


bis 1884 fast alljährlich in Berlin am Karfreitag 
auf geführt wurde, ferner: Te Deum (gedruckt 
Leipzig 1757) zur Feier der Schlacht von Prag, 
weiter 3 Passionskantaten, Trauermusiken auf 2 
braunschweigische Herzoge (1731 und 1735) und 
auf König Friedrich Wilhelm I. von Preußen 
(1740; geduckt Berlin 1741), 27 Kirchenkantaten, 
eine Anzahl Messen und Kurzmessen, ein 8st. Te 
Deum sowie lateinische und deutsche Motetten. 
Ferner schrieb er über 100 weltliche, meist italie- 
nische Kantaten sowie Auserlesene Oden I (Berlin 
1761, 31774) ; weitere Lieder finden sich bei Gräfe 
(1737-43) und in (meist Berliner) Sammlungen 
1753-79. Das 4st. Auferstehn, ja auferstehn (erste 
Vertonung dieses Klopstock-Textes) war sehr ver- 
breitet. An Instrumentalkompositionen sind zu 
nennen: etwa 30 Triosonaten, 3 Quintette, ein 
Quartett, einige Flötensonaten und -duette, Kla- 
vierstücke (La battaglia del R& di Prussia 1740), Or- 
gelstücke, etwa 30 Cembalokonzerte, einige Flö- 
tenkonzerte für Friedrich II., ein Hornkonzert, ein 
Concerto grosso und 2 Orchestermärsche. Seine 
Opern für Braunschweig sind: Sancio oder Die in 
ihrer Unschuld Siegende Sinilde (1726), Iphigenia in 
Aulis (1728), Polidorus (1731), Scipio AJncanus 
(1732), Lo specchio della fedeltä (= Timareta , zur 
Vermählung Friedrichs II. mit Elisabeth Christine 
von Braunschweig 1733), Pharao Tubaetes (1735, 
mit italienischen Arien); für Berlin (italienisch): 
Rodelinda (1741), Cesare e Cleopatra (1742), Venere e 
Cupido (1742, Prolog), Artaserse (1743), Catone in 
Utica (1744), La festa d'Imeneo (1744, Prolog), Ales- 
sandro nelVIndie (1744 ), Lucio Papirio (1745), Adriano 
in Siria (1746), Demofoonte (1746), Cajo Fabrizio 
(1746), Le feste galanti (1747), 17 rlpastore (1747; mit 
Friedrich II., Quantz und Nichelmann), Galatea 
(1748, Schäferspiel, gemeinsam mit Friedrich II., 
Quantz und Nichelmann), Cinna (1748), UEuropa 
galante (1748), Ifigenia in Aulide (1748), Angelica e 
Medoro (1749), Coriolano (1749), Fetonte (1750), 
Mitridate (1750), Arrnida (1751), Britannico (1751), 
Orfeo (1752), 17 giudizio di Paride (1752), Silla 
(1753, französischer Textentwurf von Friedrich 
II.), Semiramide (1754), Montezuma (1755, franzö- 
sischer Textentwurf von Friedrich II.), Ezio (1755), 
Ifratelli nemici (1756), Merope (1756, zu den letzten 
beiden französischer Text von Friedrich II.). Zum 
Schülerkreis Gr.s gehörten außer Friedrich II. Fr. 
Benda und Kimberger. Enge Freundschaft ver- 
band ihn mit Marpurg. Für den Gesangsunterricht 
stellte Gr. eine neue Tonsilbenreihe (Dameni- 
sation) auf, die von J. A. Füller und Nopitsch über- 
nommen wurde (-> Solmisation). 

Ausg.: J. G. Gr.: Triosonaten F dur, G dur, C moll, 
hrsg. v. H. Riemann, Coli. mus. XXIV-XXVI; Trio- 
sonate F dur, hrsg. v. O. Fischer u. O. Witten- 
bacher, Lpz. 1934; Bratschensonaten B dur u. F dur, 
hrsg. v. H. Chr. Woupf, ■» Kammersonaten X u. XI, 
Lpz. 1937; je ein Satz aus einer Violinsonate, hrsg. v. 
R. Melzer, München 1909 u. im »Kunstwart« 1910; 
Oboenkonzert C moll, hrsg. v. H. Töttcher u. K1.-A. 
v. G. Müller, Hbg 1953; Fagottkonzert B dur, Ausg. 
u. K1.-A. v. dens., ebenda 1954. - C. H. Gr.: »Der 
Tod Jesu« u. kleinere Kirchenwerke bis zum Ende d. 
19. Jh. in vielen Ausg., besonders: Ch. I. Latrobe, 
Selection of Sacred Music, 6 Bde, London 1806-26, 
darin 22 Stücke. - Montezuma, hrsg. v. A. Mayer- 
Reinach, DDT XV (dazu A. Heuß in ZIMG VI, 
1904/05, u. MfM XXXVII, 1905, u. A. Mayer- 
Reinach in MfM XXXVII, 1905); aus d. Opern: 


670 



Gray 


Duetti, Terzetti, Quintetti, Sestetti ed alcuni chori, 
hrsg. v. J. Ph. Kirnberger, 4 Bde, Bin u. Königsberg 
1773-74 (mit Biogr. v. J. Fr. Agricola, die auch in 
J. N. Forkels Miss, «kritischer Bibliothek 111, Gotha 
1779, abgedruckt ist); verschiedene Einzelausg. - La 
battaglia del Rö di Prussia, hrsg. v. H. Fischer u. Fr. 
Oberdörffer, in: Deutsche Klaviermusik... IX, 
Bin 1936. 

Lit.: C. Mennicke, Zur Biogr. d. Brüder Gr., NZfM 
LXXI, 1904; ders., Hasse u. d. Brüder Gr. als Sin- 
foniker, Lpz. 1906 (mit thematischem Verz.); M. 
Flueler, Die norddeutsche Sinfonie, Diss. Bin 1908; 

H. Mersmann, Beiträge zur Aufführungspraxis . . ., 
AfMw H, 1919/20; E. Bücken, Die Musik d. Roko- 
kos, Wildpark-Potsdam (1928); B. KrrziG, Wahren- 
brück u. d. drei Gr.s, in: Die Schwarze Elster, Kreis- 
blatt Liebenwerda, 1927/28, Nr 347-351 ; E. Schenk, 
Zur Bibliogr. d. Triosonaten v. J. G. u. C. H. Gr., 
ZfMw XI, 1928/29. 

Speziell zu J. G. Gr.: J. A. Heller, J. G. Gr., in: 
Wöchentliche Nachrichten I, 1766; H. Hoffmann, 
Die norddeutsche Triosonate, Diss. Kiel 1924, ge- 
druckt 1927; H. Lungershausen, Probleme d. Über- 
gangszeit . . ., Diss. Bin 1928 (mit Verz. d. Violin- 
konzerte); H. Engel, Gesch. d. Instrumental-Kon- 
zerts, Lpz. 1932; W. Krüger, Das Concerto grosso 
in Deutschland, Diss. Bin 1932. - Speziell zu C. H. 
Gr.: Aus Telemanns u. Gr.s Briefwechsel, hrsg. v. 
M. Schneider in DDT XXVIII, S. LXVff.; B. 
Kitzig, Briefe C. H. Gr.s, ZfMw IX, 1926/27. - Fr. 
W. Marpurg, Anleitung zur Musik . . ., Bin 1763 ; 
Ch. Burney, The Present State of Music in Germany, 
2 Bde, London 1773, 21775, deutsch als: Tagebuch 
seiner mus. Reisen H-HI, Hbg 1773 ; J. A. Heller, 
Lebensbeschreibungen ... I, Lpz. 1784; C. v. Win- 
terfeld, Der ev. Kirchengesang III, Lpz. 1847, darin 
4 Chöre; L. Schneider, Gesch. d. Berliner Opern- 
hauses, Bin 1852; A. Stibrlin, C. H. Gr., = Neu- 
jahrsstück d. Allgemeinen Musikges. Zürich XXXVIII, 
1850; K. E. Schneider, Das mus. Lied III, Lpz. 
1865, darin 2 Lieder; E. O. Lindner, Gesch. d. deut- 
schen Liedes, Lpz. 1871, darin 5 Lieder; C. H. Bitter, 
Beitr. zur Gesch. d. Oratoriums, Bin 1872; ders.. Die 
Reform d. Oper durch Gluck, Braunschweig 1884; 
A. Mayer-Reinach, C. H. Gr. als Operakomponist, 
SIMG I, 1899/1900; ders., La battaglia del Re di 
Prussia, ebenda IV, 1902/03 (mit Ausg.: dazu J. En- 
schede ebenda, gleichfalls mit Ausg.) ; M. Fried- 
laender, Das deutsche Lied im 18. Jh., 3 Bde, Stutt- 
gart u. Bin 1902 (darin 3 Lieder) ; H. Daffner, Die 
Entwicklung d. Klavierkonzerts . . ., BIMG II, 4, 
Lpz. 1906; W. K. v. Jolizza, Das Lied, Wien u. Lpz. 
1910, darin 3 Lieder; A. Schering, Gesch. d. Ora- 
toriums, «= Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen III, 
Lpz. 1911; H. v. Hase, Beitr. zur Breitkopfschen 
Geschäftsgesch. II, ZfMw 1919/20; B. Kitzig, C H. 
Gr., in: Mitteldeutsche Lebensbilder IV, Magdeburg 
1929; H. Uldall, Das Klavierkonzert d. Berliner 
Schule, » Slgmw. Einzeldarstellungen X, Lpz. 1928; 
G. Fr. Schmidt, Die frühdeutsche Oper, 2 Bde, Re- 
gensburg 1933/34. 

Graupner, Johann Christoph, * 13. 1. 1683 zu 
Hartmannsdorf bei Kirchberg (sächsisches Erz- 
gebirge), f 10. 5. 1760 zu Darmstadt; deutscher 
Komponist, Schüler Schelles und Kuhnaus an der 
Thomasschule in Leipzig, 1707 Akkompagnist an 
der Hamburger Oper unter Keiser, 1709 Vizehof- 
kapellmeister, nach Briegds Tode 1712 1. Kapell- 
meister in Darmstadt, wo ihn J. Fr. Fasch 1712 
aufsuchte, um bei ihm Kompoätionsunterricht zu 
nehmen. Nach dem Verzicht seines Freundes Tele- 
mann wurde Gr. 1722 in Leipzig zum Nachfolger 
Kuhnaus als Thomaskantor gewählt, aber vom 
Landgrafen in Darmstadt festgehalten. Ab 1744 
unterstützte Vizekapellmeister Endler den zuletzt 


erblindeten Komponisten. Gr.s handschriftlicher 
Nachlaß wird nahezu vollständig von der Landes- 
bibliothek in Darmstadt verwahrt. Sein sehr um- 
fangreiches Schaffen, das die ganze 1. Hälfte des 
18. Jh. ausfüllt, ist für die gesamte Entwicklung 
der Zeit repräsentativ, da er sich die Stilmerkmale 
der neuen Richtungen aneignete. Werke: 5 Opern 
für Hamburg (Partitur nur erhalten von Dido 1707 
und Antiochus und Stratonica 1708), 3 Opern für 
Darmstadt (Partitur nur erhalten von La costanza 
vittce Vinganno 1715, 2. Fassung 1719, mit Ouver- 
türe von Landgraf Emst Ludwig) ; 1418 Kirchen- 
kantaten (1709-54); 24 weltliche Kantaten; für 
Orch.: 113 Symphonien, 87 Ouvertüren und 50 
Konzerte; 20 Triosonaten, 4 Violinsonaten und 
weitere Kammermusik in verschiedenen Besetzun- 
gen; 8 Partien auf das Clavier (1718), Monatliche 
Clavier-Früchte (1722; nur die 1. von 12 Partiten 
bekannt), Vier Partien (1733; nur die 1. von 4 Par- 
titen bekannt; alle 3 Drucke Darmstadt, von Gr. 
selbst gestochen); 16 Partiten und eine Anzahl 
Stücke für KL handschriftlich; ferner: Neu ver- 
mehrtes Darmstädtisches Choral-Buch (Darmstadt 
1728, mit 24 Melodien Gr.s). Gr.s Autobiographie 
steht in Matthesons »Grundlage einer Ehren- 
pforte« (Hamburg 1740, Neudruck Berlin 1910). 
Ausg.: Ausgewählte Werke, v. Fr. Noack begon- 
nene Ausg., Darmstadt u. Bin seit 1955 (bisher 2 Kan- 
taten, je eine Symphonie u. Ouvertüre). - 17 Kirchen- 
kantaten, hrsg. v. Fr. Noack, DDT LI/LII; Arien 
mit einem obligaten Instr., hrsg. v. dems., Göttingen 
1933. - Sonate für Streichorch., hrsg. v. A. Hoff- 
mann, HM CXX, Kassel 1954; Konzert für 2 Fl., 
2 Ob. u. Streicher, hrsg. v. A. Schering in DDT 
XXIX/XXX; ein Flötenkonzert, hrsg. v. A. Hoff- 
mann, = Deutsche Instrumental-Musik XXVII, 
Wolfenbüttel (1953); ein Blockflötenkonzert, hrsg. v. 
dems., Mainz 1939; ein Oboenkonzert, hrsg. v. A. 
Kreutz, NMA CLXVIIL - 8 Partiten, hrsg. v. L. 
Hoffmann- Erbrecht, Mitteldeutsches Musik-Arch. 

I, 2, Lpz. 1954; 3 Partiten, hrsg. v. A. Küster, Wol- 
fenbüttel 1935; Monatliche Klavierfrüchte, 1. Par- 
tita, hrsg. v. dems., ebenda 1928; 8 Stücke, hrsg. v. 
M. Frey in: Der Kreis um Telemann, Lpz. o. J.; 
2 Stücke, hrsg. v. dems. in: Im Schatten v. Bach, 
Lpz. 1937. 

Lit. : Fr. Noack, Chr. Gr. als Kirchenkomponist, =- 
Beihefte zu d. DDT I, Lpz. 1926 (mit Verz. d. Kan- 
taten). - W. Kleefeld, Bach u. Gr., JbP IV, 1897 ; B. 
Fr. Richter, Die Wahl J. S. Bachs zum Kantor d. 
Thomasschule, Bach-Jb. H, 1905; W. Nagel, Das 
Leben Chr. Gr.s, SIMG X, 1908/09; ders., Chr. Gr. 
als Sinfoniker, = Mus. Magazin IL, Langensalza 
1912 (mit thematischem Verz. d. Symphonien); Fr. 
Noack, Bachs u. Gr.s Kompositionen zur Bewerbung 
um d. Thomaskantorat, Bach-Jb. X, 1913; ders., 
Chr. Gr.s Kirchenmusiken, Diss. Bin 1916; ders., 

J. S. Bach u. Chr. Gr.: »Mein Herze schwimmt im 
Blut«, AfMw II, 1919/20; ders.. Die Opern v. Chr. 
Gr. in Darmstadt, Kgr.-Ber. Lpz. 1925; H. Kaiser, 
Barocktheater in Darmstadt, Darmstadt 1951; L. 
Hoffmann-Erbrecht, J. Chr. Gr. als Klavierkompo- 
nist, AfMw X, 1953; ders., Deutsche u. ital. Klavier- 
musik zur Bachzeit, — Jenaer Beitr. zur Musikfor- 
schung I, Lpz. 1954; H. Chr. Wolff, Die Barock- 
oper in Hamburg, 2 Bde, Wolfenbüttel 1957 (in Bd II 
4 Beisp.). 

Gray (gie:), Alan, ♦ 23. 12. 1855 zu York, f 27. 
9. 1935 zu Cambridge; englischer Komponist, er- 
zogen an St. Peter’s Sdiool York und an Trinity 
College Cambridge, studierte bei E. G. Monk, 
war 1883-92 Musikdirektor an Wellington College 


671 



Gray 


und 1892-1930 Organist an Trinity College in 
Cambridge, auch 1893-1912 Leiter der Cambridge 
University Musical Society. Zu seinen besten 
Werken gehören seine Orgelstücke (4 Sonaten 
und viele Stücke); weitere Werke: Chorkantaten, 
viele Anthems, Services und Chorlieder; 2 Violin- 
sonaten; ein Klavierquartett; ein Streichquartett. 
Gr. gab einige Bände der Purcell-Gesamtausgabe 
sowie A Book of Descants (London 1920, 21926) 
heraus. 

Gray (gie:), Cecil, * 19.5. 1895 zu Edinburgh, 
1 9. 9. 1951 zu Worthing; britischer Musikschnft- 
stdler, gründete 1920 die Zeitschrift »Hie Sack- 
but« zusammen mit Heseltine, der auch an seiner 
Gesualdo-Biographie (1926, der biographische 
Teil neu bearbatet in Gr.s Contingencies , 1947) 
mitarbeitete. Gr., der für kurze Zeit an Daily 
Telegraph und Manchester Guardian schrieb, ver- 
faßte ferner: Survey of Contemporary Music (1928) ; 
Sibelius (1931, 21934); P. Warlock (1934); Sibelius. 
The Symphonies (1935); Predicaments (1936); The 
Forty-Eignt Preludes and Fugues of /. S. Bach (1938) ; 
Musical Chaxrs (Autobiographie, London 1949). 
Er ist auch Autor von 3 Opern und einem Sym- 
phonie Prelude (1945). 

Grazi^ni, Bonifazio, * wahrscheinlich 1605 zu 
Marino (Kirchenstaat), f 15. 6. 1664 zu Rom oder zu 
Marino; italienischer Kirchenkomponist, Kapell- 
meister an II Gesü in Rom, dessen Werke zum 
Teil nach seinem Tode von seinem Bruder heraus- 
gegeben wurden. Es erschienen in Rom 1652-78: 
Solomotetten op. 3, 6, 8, 10, 16, 19; Vesperpsalmen 
op. 4 und 5 (5st) sowie op. 17 (doppdehörig) ; 
2-6st. Motetten, Buch I— H (1650-52), EI op. 7, IV 
op. 12, V op. 15 (verschollen), VI op. 20, VH op. 
23 (verschollen), VIII op. 24, veränderter Neudruck 
von I (1652), dazu 2-3st. Motetten (1667); 4st. 
Responsorien für die Karwoche (1663); 3-8st. 
Marien-Litaneien op. 11; 2-6 st. Antiphonen op. 13 
und 14; 4-8st Messen op. 18 und 22; Ü 2° libro 
delle Muse , 4-8st. wddiche Stücke (1674); Mu- 
siche sagre 9 e Morali 9 l-4st., op. 25; ferner Stücke in 
Sammddrucken 1648-93. Handschriftlich erhal- 
ten sind ein Oratorium und kleinere Kirchenwerke. 

Grazien!, Padre Tommaso OFM (auch Gra- 
tiani), * um 1553 zu Bagnacavallo (Kirchenstaat), 
t März 1634 wahrscheinlich zu Bagnacavallo; 
italienischer Komponist, Schüler von C. Porta in 
Ravenna, trat 1572 dem Franziskanerorden bei, 
war um 1587 Kapellmeister des Franziskaner- 
klosters in Mailand, um 1589 bis 1595 Kapell- 
meisterin Ravenna, um 1599 bis 1603 an der Kathe- 
drale von Concordia, 1605 in Reggio (Emilia) und 
wurde 1613 Kapellmeister am Franziskanerkloster 
seines Heimatortes. Er gab heraus (wenn nicht 
anders vermerkt, in Venedig): 4st. Vesperpsalmen 
(1587); Messe mit 3 Motetten, 3chörig (1587); 
5st. Madrigale (1588); 4st. Marien-Litaneien (Mai- 
land 1590); 5st. Messen (1599); 8st. Completorium 
(1601); 8st. Vespern (1603); 4-8st. Marien-Lita- 
neien (1617); konzertierende 4st. Frandscus-Re- 
sponsorien und ein Salve S. Pater (1627). 

Grazfyli, Giovanni Battista Ignazio, * 6.7. 
1746 zu Bogliaco bei Salö am Gardasee, f um 1820 
zu Venedig; italienischer Komponist, Schüler Ber- 
tonis in Venedig, wurde 1782 2. und 1785 1. Or- 


ganist an San Marco. Je 6 3sätzige Klaviersonaten 
op. 1 und 2 sowie 6 Klaviersonaten mit V. op. 3 
erschienen in Venedig (ohne Jahr) ; ihre Faktur 
deutet auf Galuppi und D. Scarlatti als Vorbilder. 
Außerdem kennt man von Gr. nur 2 kleinere 
kirchliche Werke. Sein Sohn Alessandro hinter- 
ließ 20 Orgelsonatinen (handschriftlich in Vene- 
<üg)- 

Ausg. : op. 1 u. 2, hrsg. v. R. Gerlin, =* I classici 
mus. ital. XII; viele, zum größeren Teil imgenaue 
Einzelausg. 

Greber, Johann Jakob, f wahrscheinlich zwi- 
schen 1723 und 1734 zu Mannheim; deutscher 
Komponist, ging mit der Sängerin M. de L’Epine 
(-> Pepusdi) nach London, wo er für die Eröffnung 
des Queen’s Theatre am Haymarket eine Oper 
Gli amori di Ergasto schrieb (nur 2 Aufführungen, 
1708 in Wien gegeben). Vor 1707 wurde Gr. Ka- 
pellmeister Herzog Carl Philipps von Pfalz-Neu- 
burg, zunächst in Schlesien, ab 1707 in Innsbruck, 
wo er 1708 Hofkapellmeister wurde, ab 1717 in 
Neuburg, Heidelberg, wo mehrere Opern Gr.s 
aufgeführt wurden, schließlich in Mannheim. 
Außer der genannten Oper Gr.s sind einige Klam- 
merkantaten erhalten (alles handschrifdidh). 

Ausg.: Kantate »Fuori di sua capanna«, hrsg. v. H. 
Rebmann, Ausgew. Kammer-Kantaten IV, Lpz. 
(1911). 

Lit.: A. Einstein, Ital. Musiker am Hofe d. Neubur- 
ger Wittelsbacher, SIMG IX, 1907/08; W. J. Law- 
rence, The Early Years of the First Engl. Opera 
House, MQ VII, 1921; A. Loewenberg, Annals of 
Opera, Cambridge 1943, in 2 Bden Genf 2(1955); 
ders., Artikel Gr., Grove; W. Senn, Musik u. Thea- 
ter am Hof zu Innsbruck, Innsbruck 1954. 

Greco, Gaetano (Grieco), * um 1657 undf wahr- 
scheinlich 1728 zu Neapel; italienischer Kompo- 
nist, Schüler von A. Scarlatti am Conservatorio 
dei Poveri di Gesü Cristo, an dem er 1696-1706 
und 1709-28 unterrichtete; vielleicht lehrte er auch 
am Conservatorio di Sant’ Onofrio. Gr. war ein be- 
deutender Lehrer, zu dessen Schülern D. Scarlatti 
und Porpora, vielleicht auch Fr. Durante, Vinci 
und Pergolesi gehörten. Von seinen Komposi- 
tionen sind handschriftlich Cembalo- und Orgel- 
stücke, 4st. Litaneien mit Instrumenten sowie Par- 
timenti erhalten. 

Ausg.: Selecdon of Pieces, hrsg. v. J. S. Shedlock, 
London 1895; Composizioni per cemb. di antichi 
autori napoletani, hrsg. v. G. Pannain, Neapel 1922. 
Lit.: Fr. Florimo, La scuola mus. di Napoli H, Nea- 
pel 1882; G. Pannain, L’origine e lo sviluppo del 
l’arte pianistica . . ., Neapel 1917; S. Di Giacomo, I 
quattro antichi conservatori di Napoli, 2 Bde, Pa- 
lermo 1924. 

Greef, Arthur de -»■ De Greef. 

Green (gii:n), Samuel, * 1740 zu London, 1 14. 
9. 1796 zu Isleworth bei London; englischer Orgel- 
macher, baute ab 1770 nicht nur für viele englische 
Städte, sondern auch für St. Petersburg imdw est- 
indien. Gr. übertrug den Jalousieschweller vom 
Klavier auf die OrgeL 

Lit: Verz. d. Orgeln Gr.s in: The Gentleman’s Ma- 
gazine, auch in: E. J. Hopkins u. E. Fr. Rimbault, 
The Organ, London 1855, und in: W. L. Summer, 
The Organ, London 1952, 21955. 

Greene (gri:n), Harry Plunket, * 24. 6. 1865 
zu Old Connaught House (Grafschaft Wicklow), 


672 



Gregor 


f 19.8.1936 zu London; irischer Sänger (Baß- 
Bariton), studierte in Stuttgart, Florenz und Lon- 
don, debütierte hier 1888. Nachdem er sich in Lon- 
don als Konzertsänger bekannt gemacht hatte, 
trat er ab 1893 vorwiegend mit dem Klavierbe- 
gleiter L. Borwick auf. Gr. hatte auch als Gesangs- 
pädagoge einen guten Namen. 

Greene (gii:n), Maurice, * um 1695 undf 1- 12. 
1755 zu London; englischer Organist, Chorknabe 
an St. PauPs Cathedral unter J. Clarke, dann weiter 
ausgebildet von Brind, wurde 1716 Organist an 
St. Dunstan und 1717 zugleich an St. Andrew’s 
1718 aber Nachfolger Brinds als Organist der 
Paulskirche, 1727 zugleich als Nachfolger Crofts 
Organist und Komponist der Chapel Royal, 1730 
an Stelle Tudways Musikprofessor in Cambridge 
unter gleichzeitiger Verleihung des Doktorgrades 
und 1735 Nachfolger von J. Ecdes als Komponist 
der King’s band. Nach einer reichen Erbschaft 
(1750) legte er eine umfängliche Sammlung älterer 
englischer Kirchenmusik an, die Boyce für seine 
»Cathedral Music« verwertete. Gr. war Mitgrün- 
der (1738) der Royal Society of Musicians, Ver- 
ehrer und Freund Handels, kam aber später mit ihm 
in Konflikt wegen seiner Freundschaft zu Handels 
Gegner Bonondni. Seine Hauptwerke sind: Forty 
Select Anthems (2 Bände, London 1743), die den 
besseren Kirchenkompositionen des 18. Jh. beige- 
zählt werden, Six Solo Anthems (London 1747), 
Caecilienode (1730), Song of Deborah (1732), die 
Oratorien Jephthah (1737), The Force of Truth 
(1744), mehrere Pastoralopem bzw. -Oratorien, 
Spenser’ s Amoretti für Singst., Cemb. und V. (Lon- 
don 1739), Catches, Kanons, Lieder, Kantaten und 
A collection of Lessons for the Harpsichord (London 
1750). 

Ausg.: ein Service u. 8 Anthems, hrsg. v. S. Arnold, 
in: Cathedral Music, London 1790, 21847; 6 Anthems, 
hrsg. v. J. Page, in: Harmonia sacra, London 1800; 
4 Anthems, hrsg. v. V. Novello, London 1 858 ; viele 
Einzelausg. (Teile eines Anthems in Davison-Apel 
Anth. II, 279). 

Lit. : J. E. Bumpus, A Hist, of Engl. Cathedral Music 
I, London 1908; E. Walker, The Bodleian Mss. of 
M. Gr., in: The Mus. Antiquary II, 1910; E. H. 
Fellowes, Engl. Cathedral Music, London 1941; R. 
Graves, The Forty Anthems of M. Gr., in: Mus. 
Times XCI, 1950; ders., The Achievement of M. Gr., 
ebenda XCVI, 1955; H. W. Shaw, Eighteenth-Cent. 
Cathedral Music, London 1952; Th. Dart, M. Gr. 
and the National Anthem, ML XXXVII, 1956. 

Greff Bakfark, Valentinus Bakfark. 

Gr$fmger, Wolf gang (Wolf Graefinger, Gräf- 
flnger, Greffinger, auch nur Wolfgang), * wahr- 
scheinlich um 1480 zu Krems; österreichischer 
Organist, Schüler Hofhaymers (vielleicht um 1495 
in Innsbruck), Priester, 1505 als Organist am 
Wiener Stephansdom nachgewiesen, wurde 1509 
in der Natio Rhenana der Wiener Universität 
immatrikuliert. 1512 erschien in Wien ein von 
Gr. korrigiertes Psalterium patauiense , 1515 seine 
4st. Hymnensammlung Aurelii Prudentii Cathe- 
merinon (die erste Prüden tiusvertonung des 16. 
Jh.). Vidieicht war er 1515-25 Organist am 
ungarischen Hof. In Sammddrucken und Hand- 
schriften (besonders solchen aus dem sächsischen 
Reformatorenkreis) sind 4 4-5st. geistliche Sätze 
und 6 Lieder (davon eines in 2 Fassungen) von Gr. 


erhalten; 2 weitere Lieder werden auch Senfl zu- 

f eschrieben. Zu den verschollenen Werken des 
edeutenden Komponisten gehört eine Messe. 
O. Luscinius war Schüler Gr.s. 

Ausg.: 8 Lieder u. 6 Intavolierungen, hrsg. v. L. No- 
wak u. A. Koczirz in DTÖ XXXVII, 2; 5 Lieder 
(aus Försters Sammlung 1539) auch hrsg. v. K. Gude- 
will u. W. Heiske in RD XX; die 2 umstrittenen Lie- 
der auch hrsg. v. A. Geering u. W. Altwegg in RD 
XV; eine 4st Hymne, hrsg. v. R. Gerber in RD XXL 
Lit.: J. Ritter v. Aschbach, Die Wiener Univ. u. 
ihre Humanisten, Wien 1877; H. J. Moser, P. Hof- 
haimer I, Stuttgart 1929; L. Nowack, Das deutsche 
Gesellschaftslied, StMw XVII, 1930; G. Frotscher, 
Gesch. d. Orgelspiels I, Bin 1935; G. Pietzsch, Zur 
Pflege d. Musik an d. deutschen Univ., AfMw I, 
1936; O. Gombosi, Zur Biogr. W. Gr.s, AMI IX, 
1937; H. Osthoff, Die Niederländer u. d. deutsche 
Lied, Neue deutsche Forschungen CXCVII (— 
Abt. Mw. VIJ). Bin 1938. 

Gregoir (gragü'ar), - 1) Jacques Mathieu Jo- 
seph, * 17. 1. 1817 zu Antwerpen, f 29. 10. 1876 
zu Brüssel; belgischer Pianist, Schüler von H. Herz 
und 1837 von Chr. Rummel, lebte ab 1848 als Mu- 
siklehrer und Klavierkomponist in Brüssel. Er 
schrieb eine Oper Le gondolier (Antwerpen 1848), 
ein Klavierkonzert op. 100, Etüden und Salon- 
stücke für KL, auch Duos für Kl. und V. (Vc.) zu- 
sammen mit Vieuxtemps, Leonard und Servais. - 
2) Edouard Georges Jacques, * 7. 11. 1822 zu 
Tumhout, f 28. 6. 1890 zu Wijnegem bei Ant- 
werpen, Bruder von Jacques Gr.; belgischer Kom- 
ponist und Schriftsteller, 1837 Schüler von Chr. 
Rummel, reiste 1842 als Begleiter der Schwestern 
Milanollo und ließ sich 1851 in Antwerpen nieder. 
Gr. komponierte eine Symphonie Les croisades 
(1846), die Oratorien La i ne (1848) und Le dtluge 
(1849), die Opern Marguerite a'Autriche (1850) und 
Willem Beukels (1856; flämisch), Schauspielmusi- 
ken, Männerchöre, Lieder, Orchesterwerke und 
viele Klavier-, Harmonium-, Orgel- und Violin- 
stücke sowie einige Lehrbücher. Seine wichtigsten 
musikhistorischen Arbeiten sind: Essai historicjue 
sur la musique et les musiciens dans les Pays-Bas (Brüs- 
sel 1861); GaUrie biographique des artistes-musiciens 
beiges au XVIII‘ et XIX‘ sihle (Brüssel 1862, 21885, 
suppldments 1887 und 1890); Historique de la 
facture et des facteurs d'orgue . . . (Antwerpen 1865); 
Notice ...sur les sociitis et icoles de musique ä Anvers 
(Brüssel 1869) ; Documents historiques ... (4 Bände, 
Brüssel 1872-76) ; Les gloires de V Optra et la musique 
ä Paris (3 Bände, Brüssel 1878-81). Ferner schrieb 
er Souvenirs artistiques (3 Bände, Brüssel 1888-89). 
Alle Schriften Gr.s enthalten eine Fülle von Noti- 
zen, besonders über franko-flämische und neuere 
belgische Musiker und Musikzustände, so daß seine 
Arbeiten als sehr wertvoll, wenn auch nicht unbe- 
dingt als zuverlässig bezeichnet werden müssen. 
Gr. vermachte seine Bibliothek der Antwerpener 
Musikschule. 

Gregor, Joseph, * 26. 10. 1888 zu Czemowitz 
(Bukowina) ; österreichischer Theaterhistoriker 
und Schriftsteller, lebt in Wien. Er studierte 1907 
bis 1911 in Wien, München und Berlin Musikge- 
schichte, Germanistik und Philosophie und pro- 
movierte 1911 mit einer Arbeit Ueber die musik- 
geschichtliche Entwicklung des Problems vom Aus- 
drucke . Daneben hatte er bei R. Fuchs Musik und 
bei Max Reinhardt Regie studiert. 1918 trat er in 


43 


673 



Gregori 


die Wiener Nationalbibliothek ein* an der er bis 
zum Generalstaatsbibliothekar aufstieg und die 
Theatersammlung (1922) sowie das Archiv für 
Filmkunde (1929) gründete, von denen er auch 
mehrere gedruckte Kataloge veröffentlichte. Auch 
hielt er Vorlesungen am Max-Rein hardt-Seminar, 
der Akademie für bildende Kunst, der Akademie 
für Musik und der Universität. Von seinen literari- 
schen Schriften sind hier die 3 für R. Strauss ver- 
faßten barockisierenden Libretti zu nennen: Frie- 
denstag (nach einem Entwurf von Stefan Zweig; 
1938), Daphne (1938) und Die Liebe der Danae 
(nach einem Entwurf von H. von Hofmannsthal; 
1944). Wissenschaftliche Werke (Auswahl) : Wie- 
ner Baroektheater (Wien 1922); Wiener szenische 
Kunst (2 Bände, Wien 1924-25); Weltgeschichte des 
Theaters (2 Bände, Wien 1933, München 21949); 
R. Strauss (München 1939, 21943, 31952; franzö- 
sisch von R. Rdmon, Paris 1942) ; Kulturgeschichte 
der Oper (Wien 1941, Zürich 21944, 31950) ; Kultur- 
geschichte des Balletts (Wien 1944, Zürich 2 1946) ; CI. 
Krauss (Wien und Zürich 1953). Ferner gab er 
heraus: Detikmäler des Theaters (12 Mappen, Mün- 
chen 1926-30). Als Gr.-Festschnft erschienen Son- 
derhefte der Zeitschrift »Das Antiquariat« 1948 
und 1953 (mit Bibliographie). 

Lit.: R. Strauss u. J. Gr., Briefwechsel, hrsg. v. R. 
Tenschert, Salzburg (1955); R. Strauss - St. Zweig, 
Briefwechsel, hrsg. v. W. Schuh, (Ffm.) 1957. - E. 
Krause, R. Strauss, Lpz. 1955. 

Gregori, Giovanni Lorenzo, * 1663 und f Ja- 
nuar 1745 zu Lucca; italienischer Violinist und 
Komponist, 1688-1742 Violinist der städtischen 
Kapelle in Lucca, verwendete zuerst den Namen 
»Concerto grosso« als Aufschrift seines op. 2: Con- 
certi grossi a piu stromenti, due violini concertati , con 
i ripieni , se piace , alto viola, arcileuto , o’ Violoncello , 
con il basso per Vorgano (Lucca 1698). Doch halten 
seine Stücke keinen Vergleich mit den wohl 
deichzeitig und zum Teil früher komponierten 
Concerti grossi von CoreUi und Torelli aus. Außer- 
dem sind von ihm erhalten: Arie in stil francese , 
l-2st. (Lucca 1698), Solokantaten op. 3 (Lucca 
1699, Neudruck 1709; einzelne handschriftlich) 
sowie 2 elementare Traktate: II principiante di 
musica (Lucca 1697, 5 1736) und U conto Jermo inpra - 
tica (Lucca 1716). 

Ausg.: ein Concerto grosso, bearb. f. Org. v. J. G. 
Walther, hrsg. v. M. Seiffert in DDT XXVI/XXVII ; 
9 Arien u. ein Duett in: 35 Arie di diversi Autori, hrsg. 
v. G. Benvenuti, Maüand o. J. 

Lit.: L. Nerici, Storia della musica in Lucca, Lucca 
1879; A. Schering, Gesch. d. Instrumentalkonzerts, 
= Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen I, Lpz. 1905, 
21927. 

Gregprius L, der Große, Papst von 590 bis 604, 
vorher Mönch, um 579-585 päpstlicher Gesandter 
in Byzanz; als Papst wirkte er zunächst für die 
organisatorische, ökonomische und politische 
Festigung der Römischen Kirche, aber auch für die 
Mission (Beginn der Missionierung Englands 596). 
Zur Moral- und Pastoraltheologie hat er Schriften 
verfaßt. Seit dem Ende des 8. Jh. wurden die Me- 
lodien der Meßgesänge (-*• Antiphonarium) viel- 
fach auf Gr. zurückgerührt (zuerst im Antiphonale 
von Monza; -> Choral, Gregorianischer). Gemäß 
dieser Legende zeigen ihn mittelalterliche Bild- 
werke oft mit dem Monochord oder mit einer 


Taube am Ohr (zur Darstellung göttlicher Inspira- 
tion). Nach früheren Zeugnissen ließe sich Gr.s 
Arbeit am Meßritus als liturgische Anordnung und 
Zusammenstellung der Texte (im Sacramenta- 
rium) erklären. An der Entwicklung des römischen 
Kirchengesangs, der sich mehrere Jahrhunderte vor 
der ersten schriftlichen Aufzeichnung einer bis ins 
einzelne authentischen Festlegung noch entzog, 
hat Gr. durch die Reorganisation der Schola can- 
torum teilgenommen, deren Sendboten später die 
römische Gesangstradition in andere Länder über- 
trugen. 

Ausg. : sämtliche Schriften, Migne Patr. lat. LXXV- 
LXXIX (in Bd LXXV auch d. Biogr.n d. Paulus 
Diaconus in d. erweiterten Fassung u. d. Johannes 
Diaconus). 

Lit.: Paulus Diaconus, Biogr. Gr.s, hrsg. v. H. Gri- 
sar, Zs. f. kath. Theologie XI, 1887 (kurze Fassung); 
A Life of Pope St. Gregory (anon., 8. Jh.), hrsg. v. 
Fr. A. Gasquet, London 1904. - M. Manitius, 
Gesch. d. lat. Lit. d. MA, 3 Bde, =» Hdb. d. klassi- 
schen Altertums- Wiss. IX, 2, I— III, München 1911 
bis 1931; G. H. Hörle, Frühma. Mönchs- u. Kleri- 
kerbildung, Freiburg i. Br. 1914; H. Lietzmann, Das 
Sacramentarium Gregorianum, Liturgiegeschichtliche 
Quellen III, Münster 1921; ders.. Auf d. Wege zum 
Urgregorianum, Jb. f. Liturgiewiss. IX, 1929; J. A. 
Jungmann SJ, Missarum Sollemnia, 2 Bde, Wien u. 
Freiburg i. Br. 1948, *1958; W. Dürig, Imago, Mün- 
chen 1952. - Fr. A. Gevaert, Les origines du chant 
liturgique de l’äglise latine, Gent 1890, deutsch v. 
H. Riemann Lpz. 1891; Dom G. Morin OSB, Les 
v&itables origines du chant grggorien, Rev. B6n6dic- 
tine 1890, separat Maredsous 1890, 31912, deutsch v. 
Th. Elsässer Paderborn 1892; W. Brambach, Gre- 
gorianisch, Lpz. 1895, 2 1901 ; P. Wagner, Einführung 
in d. Gregorianischen Melodien I, Lpz. 1901; C. 
Vivell, Der gregorianische Gesang, Graz 1904; ders.. 
Vom Musiktraktat Gr.s d. Großen, Lpz. 1911; A. 
Gastou£, Les origines du chant romain, Paris 1907; 
ders., Le graduel et l’antiphonaire romains, Paris 
1913; Dom R. van Dorbn OSB, Etüde sur Pinfluence 
mus. de I’abbaye de Saint-Gall, Acad6mie Royale de 
Belgique, Classe des Beaux-Arts, M6moires II, 1923; 

G. Pietzsch, Die Musik im Erziehungs- u. Bildungs- 
ideal .. ., Halle 1932; Dom R.-J. Hesbert OSB, 
Antiphonale Missarum Sextuplex, Brüssel 1935; P. 

H. Lang, Music in Western Civilization, NY 1941, 
deutsch in 2 Bden Augsburg 1947; J. Handschin, 
Mg. im Überblick, Luzern (1948); H. Hucke, Die 
Entstehung d. Überlieferung v. einer mus. Tätigkeit 
Gr.s d. Großen, Mf VIII, 1955. 

Greindl, Josef, * 23. 12. 1912; deutscher Opem- 
und Konzertsänger, lebt in Berlin, studierte 8 Se- 
mester an der Münchner Akademie Gesang (Paul 
Bender), Darstellung und Schauspiel (A. Bahr- 
Mildenburg, Franz Jacobi). Seine Bühnenlaufbahn 
führte ihn seit 193o von Krefeld über Düsseldorf 
nach Berlin. Hier wirkte er 1942-48 an der Staats- 
oper, seitdem an der Städtischen Oper und ist seit 
1956 auch Mitglied der Wiener Staatsoper. Seit 
1943 singt er bei den Bayreuther, seit 1949 auch 
bei den Salzburger Festspielen. Gastspiele führten 
den vielgefragten Bassisten an die ersten Opem- 
bühnen Europas, auch nach Nord- und Südamerika. 

Greiner, Albert, * 1. 12. 1867 und f 20. 12. 1943 
zu Augsburg; deutscher Musikpädagoge, absol- 
vierte 1886 das Lehrerseminar in Lauingen, wirkte 
nahezu 30 Jahre als Volksschullehrer, trieb aber 
daneben gründliche Musikstudien und war als 
Chordirigent tätig. Seine Berufung an die 1905 
neugegründete Augsburger Singschule veranlaßte 


674 



Grenon 


ihn zu erneutem Gesangsstudium u. a. bei Grell 
und J. Hey. Seine Arbeit galt vornehmlich der He- 
bung des Gesangs an der Volksschule, wobei er die 
Ton- und Stimmbildung in den Mittelpunkt stellte. 
Gr. erweiterte die Anstalt 1908 um Fortbildungs- 
klassen und 1913 um Abendkurse; 1914 wurde er 
hauptamtlicher Direktor. 1933 legte er sein Amt 
nieder; sein Nachfolger war 1933-48 O.Jochum. 
Über Methoden und Erfolge seiner Arbeit berich- 
tete Gr. in: Die Augsburger Singschule (Augsburg 
1924, als Die Volkssingscliule in Augsburg Kassel 
21934) und (sein Hauptwerk) Stimmbildung (5 Bände, 
Mainz 1938, 21952; ein Auszug daraus: Wegweiser 
durch die Stimmbildung , Mainz 1949). Ein »Verband 
der Singschulen« wurde 1952 in Augsburg gegrün- 
det und gibt ein Mitteilungsblatt »Die Singschule« 
heraus (seit Oktober 1955 in der NZ£M). 

Greiter, Matthias, * um 1500 zu Aichach (Ober- 
bayem), f 20. 12. 1550 zu Straßburg; deutscher 
Komponist, war Ordensgeistlicher und Sänger am 
Straßburger Münster, nach seinem Übertritt zum 
Protestantismus in verschiedenen pädagogischen 
und kirchlichen Ämtern tätig, kenne aber 1549 
zur katholischen Konfession zurück. Er schrieb: 
Elementale musicum (Straßburg 1544, 2 1546), 14 
4st. deutsche Lieder (handschriftlich und in Sam- 
melwerken 1535-40), ein 5 st. Christ ist erstanden 
(handschriftlich), ein Bidnium (Rhaw 1545) und 
den 4st. Satz Passibus ambiguis (Ovid, Tristia V, 
8, 15) zur Illustrierung der Musica ficta bei Gr. -* 
Faber (Basel 1553), ferner etwa 20 Kirchenlied- 
Melodien, von denen je 2 im Genfer Psalter (dort 
zu Psalm 36 und 91) und im Straßburger Gesang- 
buch von 1952 Aufnahme gefunden haben. 

Ausg.: 3 Lieder, hrsg. v. R. Eitner in PGfM XXIX; 
je ein Lied in: Chr. Eoenolff, Gassenhawerlin, 
Faks. hrsg. v. H. J. Moser, Augsburg u. Köln 1927; 
A. W. Ambros, Gesch. d. Musik V, hrsg. v. O. Kade, 
Lpz. 1882, 31911; H. Leichtentritt, Mus. Formen- 
lehre, Lpz. 1911, 4 1948; J. M. Müller-Blattau, 
Das Elsaß . . ., Freiburg i. Br. 1922; Fr. Jöde, Chor- 
buch III, Wolfenbüttel u. Bin 1927; W. Lipphardt, 
Gesellige Zeit I, Kassel 1933; C. Clewing, Denk- 
mäler deutscher Jagdkultur III, 1937; Fr. Jöde, Alte 
Madrigal- . . . Gesänge (» Hausmusik XIV-XVI), 
Wolfenbüttel o. J. 

Lit.: C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang I, 
Lpz. 1843; O. Douen, CI. Marot et le psautier I, 
Paris 1878; R. Eitner, Das alte deutsche mehrst 
Lied, MfM XXVI, 1894, darin ein Lied Gr.s; M. 
Vogeleis, Quellen u. Bausteine . . ., Straßburg 1911 ; 
Th. G£rold u. E. Wagner, Les plus anciennes m6- 
lodies . . ., Paris 1928; A. Pirro, Hist, de la musique 
de la fin du XI V e s. & la fin du XVI«, Paris 1940, darin 
Teilveröffentlichung d. Passibus ambiguis; E. E. 
Lowinsky, M. Gr.’s Fortuna, MQ XLIII-XLIII, 
1956-57, darin Passibus ambiguis. 

Gr$linger, Charles, * 30. 9. 1873 zu Amster- 
dam; holländischer Komponist der Opern: Som- 
breuil (Bourges 1896), Les Pharaons (Reims 1899), 
Nicolas Nickleby (1900), Uarbre de Noel (Arcachon 
und Amsterdam 1903), Die Hoßtung auf Segen 
(Haag 1907), Goldhansel (Mülhausen im Elsaß 
1913) und der Operette Le pantalon rouge (Paris 
1904). Er schrieb 35 ans de purie (Paris 1928). 

Grell, August Eduard, * 6. 11. 1800 zu Berlin, 
1 10. 8. 1886 zu Steglitz bei Berlin; deutscher Or- 
ganist und Komponist, erhielt seine musikalische 
Ausbildung von seinem Vater, vom Organisten 


J. C. Kaufmann, dem Kollaborator (nachmaligen 
Bischof) Ritschl, von Zelter und 1819-20 in Erfurt 
von M. G. Fischer. Schon 1817 wurde er als Orga- 
nist der Nikolaikirche angestellt, trat 1817 in die 
Singakademie ein und wurde 1832 ihr Vizedirigent 
(neben Rungenhagen), 1839 Hof-Domorganist, 
1841 Mitglied der Akademie der Künste, 1843 Ge- 
sanglehrer des Domchors (bis 1845), nach Rungen- 
hagens Tod (1851) Lehrer an der Kompositions- 
schule und Mitglied des Senats der Akademie der 
Künste sowie Meister der Zdterschen Liedertafel 
und 1. Dirigent der Singakademie. 1858 erhielt er 
den Professortitel (schon 1831 war er zum König- 
lichen Musikdirektor ernannt worden) und 1864 
die hohe Auszeichnung des »Pour le m&ite«. Die 
Direktion der Singakademie gab er 1875 auf. 1883 
erhielt er von der Universität Berlin den theolo- 
gischen Doktorgrad h. c. Gr. war ein gediegener 
Kontrapunkdker und ein gelehrter Kenner alter 
Musik. Außer 2 Symphonien (1821 und 1878), 
einer Ouvertüre und Orgelstücken hat er nur Vo- 
kalmusik geschrieben, besonders solche im stren- 
gen a-cappella-Stil der Palestrina-Epoche, darunter: 
eine löst. Messe, 8- und llst. Psalmen, ein Te 
Deum, viele Motetten, Kantaten, 4 Oratorien, 
Hymnen, Lieder, Duette und eine 4st. Bearbeitung 
der Choralmelodien sämtlicher Lieder des Gesang- 
buchs (1883, für Männerchor). Gr. war ein extre- 
mer Vertreter der Ansicht, daß die Vokalmusik die 
eigentliche Musik sei und das Emporkommen der 
Instrumentalmusik einen Verfall der reinen Kunst 
bedeute. Aufsätze und Gutachten aus dem Nach- 
laß gab H. Bellermann heraus (1887). 

Lit. : ausführliches Werkverz. v. W. Vimeisel in 
MGG. - Fr. Chrysander, E. Gr. als Gegner d. In- 
strumentalmusik . . ., VfMw IV, 1888; M. Blumner, 
Gesch. d. Singakademie, Bin 1891; H. Bellermann, 
A. E. Gr., Bin 1899; H. Kuhlo, Gesch. d. Zelter- 
schen Liedertafel, Bin 1909; G. Schünemann, Die 
Singakademie zu Berlin, Regensburg 1941. 

Greni6, Gabriel Joseph, * 1756 zu Bordeaux, 
t 3. 9. 1837 zu Paris; französischer Verwaltungs- 
beamter, der sich in seinen Mußestunden mit 
akustischen Experimenten beschäftigte. Er ist der 
Erfinder (1810) der Orgue expressif d. h. eines 
Zungenwerks mit frei schwingenden Zungen und 
variierbarer Tonstärke, die durch Balgtritte (Pe- 
dal) reguliert wird, also eines -> Harmoniums. 
Eine Fortbildung des Instruments war die von S. 
-> Erard konstruierte Expressivorgel, bei der die 
wechselnde Tonstärke im Manual vom Finger- 
druck (Tastenfall) abhing. 

Grenon, Nicolas; franko-flämischer Kompo- 
nist des 15. Jh., 1385 am burgundischen Hof nach- 
weisbar, 1399 Chanoine (Domherr) an Saint-Sö- 
pulcre in Paris, 1403 Magister puerorum an der 
Kathedrale von Laon, 1408-09 an der Domkapelle 
von Cambrai, 1412 im Dienst des Duc de Berry, 
war 1421-24 Musikmeister der Kathedrale von 
Cambrai, 1425-27 mit einigen Knaben in Rom. 
1427 erhielt er ein Kanonikat in Cambrai, ist 1437 
in Brügge nachweisbar, dann wieder zum min- 
desten bis 1449 in Cambrai. Gr., einer der hervor- 
ragendsten Meister zwischen Machaut und Dufay, 
verbindet Stilformen der französischen Ars nova 
mit italienischem Einfluß. Man kennt von ihm 
5 3st. Chansons, 3 4st. und eine 3st. isorhythmische 
Motette sowie ein Et in terra. 


43* 


675 



Gresnich 


Ausg.: 4 Chansons u. eine Motette, hrsg. v. J. Marix 
in: Les musiciens de la cour de Bourgogne, Paris 
1938; 2 Motetten, hrsg. v. Ch. van den Borren in: 
Polyphonia sacra, Bumham 1932; eine Chanson hrsg. 
v. J. F. R. u. C. Stainer in: Dufay and bis Contem- 
poraries, London u. NY 1898; eine Chanson hrsg. v. 

J. Wolf, Sing- u. Spielmusik = Wiss. u. Bildung, 

CCXVIII, Lpz. 1926, 21931. 

Lit.: E. Dannemann, Die Spätgotische Musiktradi- 
tion, Diss. Heidelberg 1936, auch * Slgmw. Abhand- 
lungen XXII (fälschlich XVII), Straßburg 1936, dann 
2 Chansons; J. Marix. Hist, de la musique et des 
musiciens de la cour de Bourgogne, ■* SIg mw. Ab- 
handlungen XXVIII, Straßburg 1939: Ch. van den 
Borren, Etudes sur le XV« s. mus., Antwerpen 1941. 

Gresnich, Antoine Fr6ddric (Gresnick), ge- 
kauft 2. 3. 1755 zu Lüttich, f 16. 10. 1799 zu Paris; 
belgischer Komponist, musikalisch ausgebildet im 
Lütticher Kolleg zu Rom und von Sala in Neapel, 
führte bereits 1779 in Turin seine Oper II Francese 
bizzarro auf. 1785-91 lebte er in London, wo er 
schon 1782 als Opemkomponist hervorgetreten 
war, und schrieb dort die Opern: Demetrio , Ales- 
sandro ttelVlndie, La donna di cattivo umore (die ihm 
die Stellung eines Musikdirektors des Prince of 
Wales eintrug) und Alceste (für die Mara; 1786). 
1793 hatte er am Grand Theätre in Lyon großen 
Erfolg mit L'amour eociU de Cythere und fand nun 
die Pariser Theater seinen Werken geöffnet. Nach 
einigen Erfolgen an kleineren Bühnen brachte die 
Große Oper 1799 Uonidas (von Gr. und Persuis), 
der erfolglos blieb; die Oper La forit de Brahma 
wurde ihm zur Umarbeitung zurückgegeben. 
Außer diesen Opern schrieb Gr. einige kleinere 
Gesangswerke, eine Symphonie, ein Fagottkon- 
zert sowie eipe Konzertante für Klar, und Fag., die 
im Druck erschien. 

Lit.: A. Pougin, Gr., Paris 1862; A. Auda, La Mu- 
sique et les Musiciens de PAncien Pays de Li&ge, Brüs- 
sel-Paris-Lüttich 1930. 

Gress, Richard, * 3. 12. 1893 zu Endersbach 
(Württemberg); deutscher Komponist, erst zum 
Lehrer bestimmt, studierte er ab 1912 Musik am 
Heidelberger Konservatorium, der Akademie für 
Tonkunst in Darmstadt und (1920-23) an der Mu- 
sikhochschule in Stuttgart sowie 1924-27 Musik- 
wissenschaft an der Universität Tübingen, wo er 
mit einer Dissertation über Die Entwicklung der 
Klaviervariation von A. GabrieU bis zu J. S. Bach 
(= VeröfF. des Musik-Institutes der Universität 
Tübingen VI, Kassel 1929) promovierte. 1927 
wurde er nach Münster als Leiter der Westfälischen 
Schule für Musik berufen. In Kassel gründete Gr. 
1939 das Konservatorium und Musikseminar (jetzt 
Musikakademie), dem er seither vorsteht. Kompo- 
sitionen: Orchesterwerke; Violinkonzerte op. 35 
und 70; Klavierkonzert op. 81; Streichquartette 
op. 22, 62, 89; Streichquintett op. 41 ; Bläserquin- 
tett op. 42; Violinsonaten op. 3 und 7; Klavier- 
werke; Kantaten: Die Verschmähte und Wiederge- 
liebte (op. 44), Nun fanget an (op. 68), Durch die 
Jahreszeiten (op. 76) und Mensch , Gott und Ewigkeit 
(op. 95); Chorwerke und Lieder. 

Gr6try (gretr'i), Andrd Ernest Modeste, * 11. 
2. 1741 zu Lüttich, *j* 24. 9. 1813 zu Montmorency 
bei Paris; belgischer Komponist. Sein Vater, 
Fra^ois Pascal de Gr., war Violinist, zunächst 
an der Kollegiatkirche Saint-Martin, dann an 


Saint-Denis in Lüttich. Die erste musikalische Er- 
ziehung empfing Gr. von ihm. Sein nächster Lehr- 
meister war der Kapellmeister G. Wenick (1740-60 
an Saint-Denis tätig), nach Gr.s Urteü zwar ein 
begabter Musiker, aber ohne pädagogische Ge- 
duld. Später vertraute Gr.s Vater inn einem ge- 
wissen Leclercq an. Größeren Gewinn als aus die- 
sem Unterricht zog der junge Gr. aus den Vor- 
stellungen einer italienischen Opemtruppe, die ein 
Jahr lang in Lüttich Opere buffe aufführte. Hier 
lernte er die italienische Gesangstechnik kennen 
und machte sich mit den Werken Pergolesis ver- 
traut. Später studierte er Clavecin bei Renekin 
(Organist an der Kollegiatkirche Saint-Pierre) und 
Komposition bei Henri Moreau (Kapellmeister an 
der Kollegiatkirche Saint-Paul). Seine ersten Kom- 
positionsversuche - Symphonien, Messen, Mo- 
tetten - sind naive Nachahmungen imbedeutender 
Vorbilder, ohne Anzeichen eigener Gestaltung. 
Mit einer Messe, die sein Lehrer durchgesehen und 
verbessert hatte, errang er jedoch solchen Beifall, 
daß ihn die Stiftung Darchis im Frühjahr 1759 nach 
Rom schickte. Hier fand er in Casali einen Lehr- 
meister, der ihm eine gründliche Ausbüdung im 
Kontrapunkt vermittelte. Nach Jahren geduldigen 
Studiums schloß Gr. sein Studium mit einem 
Examen an der Accademia dei Filarmonid in Bo- 
logna ab. Mit einem Diplom des Padre Martini 
ausgerüstet, konnte er Kapellmeister werden: er 
zog es vor, seinen eigenen Weg als Opemkompo- 
nist einzuschlagen. Als erstes Bühnenwerk schrieb 
er für den Karneval 1765 in Rom auf Bestellung 
ein Intermezzo Le Vendemmiatrice (Teatro Aliberti). 
Zu Favarts Isabelle et Gertrude komponierte er im 
folgenden Jahre in Genf eine neue Musik, von der 
Fragmente erhalten sind. Auf Anraten Voltaires 
begab er sich dann (1767) nach Paris, wo er fort- 
an - nach dem Mißerfolg der Mariages Samnites - 
eine ununterbrochene Rahe von Erfolgen errang, 
die er nicht zuletzt dem Fehlschlagen seiner ersten 
Oper verdankte; denn er begriff, daß in Paris der 
italienische Geschmack nicht gefallen konnte. Er 
besuchte nun fleißig das Theater, um sich mit der 
Sprechweise der Schauspieler vertraut zu machen 
und die französische Deklamation zu studieren. 
Als Grundsätze seiner Kunst sind zu nennen: sorg- 
fältige Deklamation in den Gesangsstücken, Stre- 
ben nach charakteristischer Motivik, Gestaltung 
der melodischen Linie nach den Erfordernissen der 
Textverdeutlichung, Beschränkung der Verzie- 
rungen auf jene Stellen, wo ihre Anwendung ver- 
nünftig erscheint. Anklänge an Gr. sind bei Mo- 
zart und Beethoven nachgewiesen. Dazu kommt, 
was man die »Ästhetik des Leeren« nennen könnte, 
nämlich die Unterordnung des Orchesters unter 
den Gesang, die die Rolle der instrumentalen 
Stimmen auf bloße Begleitung oder leichte Aus- 
zierung beschränkt Man hat gesagt, Gr. ließe 
zwischen dem Baß und der Singstimme so viel 
freien Raum, daß eine vierspännige Kutsche pas- 
sieren könne. Doch ist dieser leere Raum kein An- 
zeichen künstlerischen Unvermögens, sondern ent- 
spricht einer Forderung des französischen Stils in 
der 2. Hälfte des 18. Jh. ; der Hof und das städtische 
Publikum verstanden und billigten ihn. Auch in 
der Auswahl seiner Opemstoffe hielt sich Gr. an 
den Gesclmiack seiner Zeit; er brachte satirische 
Stücke wie Le Huron , Schäferstücke wie Lucile, 


676 



Grdtry 


Silvain , La Rosibre de Salency > Feenmärchen wie 
Ztmire et Azor, Boulevard-Farcen wie Les deux 
Avares , Le Tableau parlant , antike Stoffe wie Ci- 
pkale et Procris \ Le Jugement de Midas , Andromaque , 
Komödien wie VAmi de la Maison , L« Evtnements 
imprtvus , Colinette ä la Cour ; mittelalterliche Stoffe 
wie Richard Cceur-de-Lion, Aucassin et Nicolette . 
Themen aus der alten Geschichte und Verherrli- 
chung der Bürgertugend herrschen in den Stücken 
nach 1789 vor: Denis le Tyron, La Rosibre rtpu- 
blicaine , Callias ou amour et patriotisme, Cicile et 
Ermanci ou les Deux couvents . Die letzten Werke 
Gr.s weisen Anzeichen von Ermüdung und Nach- 
lassen der schöpferischen Kraft auf. Die revolutio- 
nären Ideale von Menschlichkeit, Gleichheit und 
Freiheit erfüllten auch ihn anfangs mit Begeiste- 
rung; doch gab er - wohl unter dem Eindruck der 
Schreckensjahre und des Verlusts seiner drei Töch- 
ter - in den 90er Jahren sein kompositorisches 
Schaffen auf und widmete sich nunmehr literari- 
schen und philosophischen Plänen. Den ersten 
Band seiner Mtmoires hatte er bereits 1789 ver- 
öffentlicht; 1797 ließ er ihm zwei weitere Bände 
folgen. 1801 begann er mit der Abfassung seiner 
langatmigen Rtßexions d’un Solitaire. Mit den darin 
enthaltenen Betrachtungen über Musik, Ge- 
schieht e, die Natur des Menschen und das Leben 
wendet er sich (in der Nachfolge J. J. Rousseaus) 
an die »ämes sensibles«. Die Republik ernannte ihn 
1795 mit der Gründung des Conservatoire in Paris 
zu einem der fünf Inspecteurs de l’enseignement, 
im gleichen Jahre auch zum Mitglied des Institut 
de France. Napoleon verdoppelte seine Pension 
und zeichnete ihn mit dem Kreuz der Ehrenlegion 
aus. Die Ermitage J. J. Rousseaus in Montmorency, 
die Gr. erworben hatte, wurde sein Sterbehaus. 
Nach seinem Tode erlebten seine seit dem Jahr- 
hundertbeginn kaum mehr beachteten Werke 
vorübergehend neue Popularität, doch geriet er in 
der Folge fast überall in Vergessenheit. Nur in 
Lüttich, wo sein Herz beigesetzt wurde, steht Gr.s 
Name in den Titeln verschiedener Musikgesell- 
schaften und am Beginn der Entwicklung einer 
musikgeschichtlichen Forschung. 

Es folgt ein Verzeichnis der Bühnenwerke Gr.s in 
chronologischer Anordnung mit Angabe des Ban- 
des der Gesamtausgabe, in dem das betreffende 
Stück neu veröffentlicht wurde; Ort der ersten 
Aufführung ist - wo nicht anders vermerkt - Paris 
bzw. Schloß Fontainebleau oder Versailles: Le 
Vendemmiatrice (Rom 1765; nicht erhalten); Isabelle 
et Gertrude (Genf 1767 ; Bruchstücke erhalten) ; Les 
Mariages Samnites (1768, 2. Fassung 1776, umgear- 
beitet 1782; GA XXXV); Le Huron (1768; GA 
XIV); Lucile (1769; GA II); Le Tableau parlant 
(1769; GA IX); Silvain (1770; GA XXVII); Les 
deux Avares (1770; GA XX); L’Amitit ä VEpreuve 
(1770, umgearbeitet 1776 und 1786; GA XLII bis 
XLm) ; VAmi de la Maison (1771 ; GA XXXVÜI) ; 
Ztmire et Azor (1771; GA XIII); Le Magnifique 
(1773; GA XXXI); La Rosibre de Salency (1773, 
umgearbeitet 1774; GA XXX); Ctphale et Procris 
(1773, umgearbeitet 1775 und 1777; GA HI— IV) ; 
La fausse Magie (1775, umgearbeitet 1776; GA 
XXV) ; Matroco (1777) ; Le Jugement de Midas (1778 ; 
GA XVD) ; Lesfimsses Apparences ou V Amant jaloux 
(1778; GA XXI); Les Evtnements imprtvus (1779, 
umgearbeitet 1780; GA X); Aucassin et Nicolette 


(1779, umgearbeitet 1782; GA XXXII); Andro- 
maque (1780, umgearbeitet 1781; GA XXXVI bis 
XXXVII); Bnilie (1781; GA XL VH); La double 
Epreuve ou Colinette ä la Cour (1782, erweitert 1785*; 
GA XV-XVT); Electra (auch: Oreste, 1782; nicht 
auf geführt); L’Embarras des Richesses (1782; GA 
XI-XII); La Caravane du Caire (1783; GA XXII bis 
XXm); Theodore et Paulin (1784, umgearbeitet 
unter dem Titel VEpreuve villageoise; GA VI); 
Richard Cceur-de-Lion (1784, umgearbeitet 1785; 
GA I); Panurge (1785; GA XIX und XXIII); 
Amphitryon (1786, umgearbeitet 1788; GA 
XXXin-XXXIV); Les Mtprises par ressemblance 
(1786; GA V) ; Le Comte d’ Albert (1786 ; GA XXVI) ; 
Le Prisonnier anglais ou Clarice et Beiton (1787, um- 
gearbeitet 1789 und 1793; GA XLVTE-IL) ; Aspasie 
(1787) ; Le Rival conßdent (1788; GA XLV) ; Raoul 
Barbe Bleue (1789; GA XVTII); Pierre le Grand 
(1790, umgearbeitet 1792; GA XL); Guillaume 
Teil (1791; GA XXIV); Chile et Ermanct ou les 
Deux couvents (1792); Basile (1792); Barra (1794); 
La Rosibre rtpublicaine (1794; GA XXIX) ; Callias 
(1794); Diogbie et Alexandre (1794; nicht aufge- 
führt); Lisbeth (1797; GA XLIV); Anacrion (1797; 
GA VII- VIII) ; Elisca (1799, umgearbeitet 1812; 
GA XXXIX); Delphis et Mopsa (1803; GA XU); 
ferner einige Werke von geringerer Bedeutung: 
Les trois dges de V Optra (Prolog zu einer Zusam- 
menstellung aus Stücken Lullys, Rameaus und 
Glucks, 1778; GA 'XLVJ);La Jeune Thalie (Prolog, 
1783) ; Momus sur la Terre (Prolog) ; Les Filles pour - 
vues (Kompliment de döture« der Comödic 
Italienne); Le Casque et les Colombes (Opöra- 
Ballet, 1801). - Von den Kirchenwerken Gr.s sind 
ein 4st. Confitebor (1762) und ein 4st. Dixit Do- 
minus (beide mit Instrumenten) erhalten. - Wei- 
tere Vokal werke: Romanzen, darunter: Le charme 
de s'entendre ; Romance icossaise (nicht erhalten) und 
ein Duo Eloge ä Bonaparte . - Ronde pour laplantation 
de Varbre de la libertt (1794) und einige weitere Re- 
volutionshymnen. - Instrumentalwerke: Six qua- 
tuors pour clavecin, fläte et hasse op. 1 und Six sonates 
pour le clavecin op. 2 (beide nicht erhalten); Sei 
quartetti per due violini , alto e Basso . . . composti a 
Roma op. 3 (Paris ohne Jahr). - Schriften: Mtmoires 
ou Essai sur la Musique (Band I Paris und Lüttich 
1789, 2. Ausgabe zusammen mit einem 2. und 3. 
Band An V, = 1796/97, diese Ausgabe mit neuem 
Titdblatt 1812); De la Vtriti ou ce que nous fümes, 
ce que nous sommes ; ce que nous devrions itre (3 Bände, 
Paris An IX, = 1800/01) ; Mtthode simple pour ap - 
prendre ä prtluder , en peu de temps, avec toutes les 
ressourcesae Vhamionie (Paris An X, = 1801/02); 
Rtflexions d’un Solitaire (8 handschriftliche Bände, 
geschrieben 1801-13, imvollständig erhalten). 
Ausg.: Collection compl&te des ceuvres de Gr., hrsg. 
v. Fr. A. Gevaert, Th, Radoux u. a., 49 Bde, Brüs- 
sel u. Lpz. 1883-1936 (nicht zu Ende geführt). - 
R6flexions d’un Solitaire, hrsg. v. L. Solvay u. E. 
Closson, 4 Bde, Brüssel u. Paris 1919-22; M6moires, 
hrsg. v. J. H. Mees, 3 Bde, Brüssel 1829; dies., 3 Bde» 
Brüssel 1924-25 (Nachdruck d. Ausg. v. 1797); dies., 
gekürzte Ausg.: Paris 1889, Lüttich 1914 (hrsg. v. P. 
Maonette), Brüssel 1941, 21 948 (hrsg. v. R. Depau); 
dies., deutsche Auszüge in: Französisches Museum I 
Bayreuth 1790), sowie: Lpz. 1800 (hrsg. v. K. Spat 
zier). 

Lit.: Ch. Piot, Quelques lettres inödites ... de Gr. 

. . ., in: Bull, de l'Acad. royale de Belgique II, 40, 


677 



Gretschaninow 


1875; St. Bormans, Lettres inddites de Gr., in: Bull. 
arch6ologique liggeois XVII, 1883; S. De Schryver, 
Quatorze lettres in6dites de Gr., in: Annales de la 
Soc. d’Archäologie de Bruxelles V, 1891; ders., Un 
autographe inddit de Gr., Brüssel 1892; anon., Lettres 
de Gr., in: Jadis 1914; G. De Froidcourt, Quarante- 
trois lettres inddites de Gr., Lüttich 1937; ders., 
Correspondance gdndrale de Gr., Lüttich, in Vorbe- 
reitung. - anon., Documents inddits sur Gr. prove- 
nant de Paul de Gr., in: Annuaire royal de Bruxelles 
XV, 1891; A.Gr£try (neveu), Gr. en famille... 
prdcdddes de son o raison fundbre par M. Bouilly, 
Paris 1814; M. Vaes, Les fondations hospitalidres 
flamandes ä Rome, in: Bull, de Plnst. Historique 
Beige & Rome I, 1919; A. Auda, La Musique et les 
Musiciens de TAncien Pays de Lidge, Brüssel- Paris- 
Lüttich (1930); A. Van der Linden, Rdflexions 
bibliogr. sur les »Mdmoires« de Gr., RBM III, 1949 
(Verz. d. Ausg. u. Kollation d. abweichenden Les- 
arten v. Bd I 1789 u. 1797). - F. Van Hulst, Gr., 
Lüttich 1842; J. B. RoNod u. F. Delhasse, Gr., Brüs- 
sel 1883; M. Brenet, Gr., in: Mdmoires . . . publids 
par PAcad. royale de Belgique, Classe des Beaux- 
Arts, XXXVI, Brüssel 1884, separat Paris 1884; M. 
Dietz, Gesch. d. mus. Dramas in Frankreich wäh- 
rend d. Revolution . . ., Wien 2 1886, Neudruck Lpz, 
1893; H. de Curzon, Gr., Paris (1907); R. Rolland, 
Gr., in: Revue de Paris 1908, auch in: Musiciens 
d’autrefois, Paris 1908 u. ö., deutsch als: Musiker v. 
ehedem, Olten 1950, als: Meister d. Musik I, Olten 
1951; H. Abert, W. A. Mozart I, Lpz. 1919, 71955; 
A. Sandberger, Beitr. zur Beethoven- Forschung III, 
AfMw II, 1919/20, Neudruck in: Ausgewählte Auf- 
sätze zur Mg. II, München 1924; E. Closson, A.-M. 
Gr., Tumhout u. Brügge 1920; ders., Les Notes mar- 
ginales de Gr. dans P»Essay sur la musique« de La- 
borde, RBM II, 1948; P. Long des Clavi£res, La 
jeunesse de Gr., Besangon 1921 ; H. Wichmann, Gr. 
u. d. mus. Theater in Frankreich, Halle 1929; J. 
Bruyr, Gr., Paris 1931 ; J. Sauvenier, A. Gr., Brüs- 
sel 1934; M. Degey, Les dchos imprdvus de la mort 
de Gr., Lüttich 1938; ders., A.-M. Gr., Brüssel 1939; 
A. Loewenberg, Annals of Opera, Cambridge 1943, 
in 2 Bden Genf 2 1955; S. Clercx, Gr., Brüssel 1944; 
A. Van der Linden, La premidre version d’»Elisca«, 
in: Bull, de la Classe des Beaux-Arts, Acad. royale de 
Belgique, XXXV, 1953. SC 

Gretschaninow, Alexander Tichonowitsch, 

* 13. (25.) 10. 1864 zu Moskau, 1 3. 1. 1956 zu New 
York; russischer Komponist, Schüler der Konser- 
vatorien in Moskau (1881-90) und St. Petersburg 
(1890-93). Gr. lebte 1896-1922 in Moskau, wo er 
an der Musikschule der Philharmonischen Gesell- 
schaft und an der Gnessin sehen Anstalt unterrich- 
tete, ließ sich nach mehrjährigen Reisen 1925 in 
Paris nieder und ging 1939 nach Detroit, 1940 nach 
New York. Er schrieb über 200 Werke, von denen 
die geisdiche Musik und Kinderstücke in verschie- 
dener Besetzung bis zu Kinderopern sehr populär 
wurden: Lieder, Duette, Quartette und Chöre (a 
cappella und mit Instrumenten), 4 Liturgien des 
Heiligen Johannes Chrysostomos (I op. 13, 1897; 

II op. 29, 1903; III op. 79, 1917, mit Instrumenten, 
also in der orthodoxen Liturgie nicht zulässig, in 
2 Fassungen; IV op. 177, 1943), Missa oecumenica 
für Soli, Chor, Orch. und Org. op. 142 (1939), 3 
Messen nach römischem Ritus (mit Org., op. 155, 
1937, op. 166, 1942, und op. 169, 1943) ; 2 Kkvier- 
sonatinen G dur und F dur op. 110 (1927), Klavier- 
sonate G moll op. 129 (1931), viele Klavierstücke, 
auch zu 4 Händen, besonders für Kinder; Kammer- 
musik, darunter 4 Streichquartette op. 2, 70, 75 
und 124; 2 Klaviertrios op. 38 und 128, Sonaten 


für Kl. und V. (op. 87 und 137), Vc. (op. 113), Klar, 
oder Va (op. 161 und 172), Balalaika (op. 199); 5 
Symphonien: op. 6 (1894), op. 27 (1909), op. 100 
(1923), op. 102 (1924), op. 153 (1936); Konzerte 
für Vc. (ohne Opuszahl, 1897), V. (op. 132, 1932), 
Fl. (op. 159, 1938) sowie kleinere Orchesterwerke; 
3 Opern: Dobrinja Nikititsch op. 22 (Moskau 1903), 
Soeur Biatrice op. 50 (Moskau 1912), Schenitba (nach 
Gogols »Die Heirat«) op. 180 (Paris 1950), ferner 
Schauspielmusiken und 3 Kinderopern. Seine 
Autobiographie Moja musykalnaja senisrt erschien 
1935 in Paris, erweitert 1951 in New York ( Moja 
schisn , englisch von N. Slonimsky als My Life 
New York 1952). 

Lit : J. Yasser, Gr.’s »Heterodox« Compositions, 
MQ XXVIII, 1942. 

Gr&ve, Philippe de -> Philippe le Chance- 
lier. 

Grevjllius, Nils, * 7. 3. 1893 zu Stockholm; 
schwedischer Dirigent, spielte seit seinem 6. Jahre 
Violine und studierte am Stockholmer Konserva- 
torium. 1911-14 war er 1. Geiger im Opem-Or- 
chester in Stockholm, 1914-20 2. Dirigent von 
Konsertföreningen, trieb dann noch Dirigierstu- 
dien in Deutschland (Sondershausen), Österreich, 
England, Frankreich, Italien und Belgien und war 
Gastdirigent in Konzerten in Paris, Berlin, Wien, 
Prag und in anderen Städten. In der Saison 1922/23 
wirkte er an der Stockholmer Oper, auch als Gast- 
dirigent an Konsertföreningen und bei den Sym- 
phonie-Konzerten des Wiener Tonkünstlerorche- 
sters. Nach seiner Rückkehr wurde G. zum Diri- 
genten des Königlichen Orchesters ernannt, dem 
er seit 1932 auch als Verwaltungsdirektor vorsteht. 
1927-39 dirigierte er das Stockholmer Rundfunk- 
orchester. 

Grey (grs), Madelaine, * 11. 6. 1897 zu Vil- 
laines-la-Juhel (Normandie); französische Sängerin, 
studierte Klavier bei Cortot und Gesang bei Het- 
tich, trat erstmals 1921 in Paris auf. Sie ist beson- 
ders in Frankreich und Italien sehr geschätzt als 
Interpretin moderner französischer Musik; so 
kreierte sie 1922 Ravels »Chansons höbralques«. 

Grieg, Edvard Hagerup, * 15. 6. 1843 undf 4. 9. 
1907 zu Bergen; norwegischer Komponist (schot- 
tischer Herkipft), erhielt früh den ersten musikali- 
schen Unterricht von seiner Mutter, einer für Mu- 
sik hochbegabten Frau und vortrefflichen Pianistin, 
wurde 1858 auf Zureden Oie B illig zur ferneren 
Ausbildung auf das Leipziger Konservatorium ge- 
schickt, wo er Schüler von Moscheies, Hauptmann, 
Richter, Reinecke und Wenzel wurde. 1863 ging 
er nach Kopenhagen. Gade und E. Hartmann blie- 
ben nicht ohne Einfluß auf die Entwicklung seines 
Kompositionstalents; von entscheidender Bedeu- 
tung wurde aber ein kurzes, inhaltsschweres Zu- 
sammentreffen mit R. Nordraak, einem jungen, 
kurz darauf gestorbenen genialen norwegischen 
Komponisten. Gr. selbst berichtet darüber: »Es fiel 
mir wie Schuppen von den Augen; erst durch ihn 
lernte ich die nordischen Volksweisen und meine 
eigene Natur kennen. Wir verschworen uns gegen 
den Gadeschen Mendelssohnvermischten weich- 
lichen Skandinavismus und schlugen mit Begeiste- 
rung den neuen Weg ein, auf welchem die nor- 
dische Schule sich jetzt befindet.« 1871 gründete 


678 



Gr. in Oslo einen Musikverein, den er bis 1880 lei- 
tete. 1865 und 1870 besuchte er Italien und ver- 
kehrte in Rom mit Liszt; auch Deutschland, be- 
sonders Leipzig, suchte er wiederholt zu längerem 
Aufenthalt auf und brachte seine Kompositionen 
zur Aufführung; so führte er 1879 in einem Ge- 
wandhauskonzert sein Klavierkonzert op. 16 selbst 
auf. Als Dirigent reiste er auch nach Frankreich, 
England, Polen und Ungarn. Seit 1880 lebte er 
wieder in Bergen. 1893 ernannte ihn die Universi- 
tät Cambridge zum Mus. Dr. h. c., 1897 wurde er 
zum ordentlichen Mitglied der Berliner Akademie 
gewählt, 1906 Dr. h. c. der Universität Oxford. 
Gr.s Gattin Nina, geb. Hagerup, * 24. 11. 1845 
in der Nähe von Bergen, j* 9. 12. 1935 zu Kopen- 
hagen, machte sich als vortreffliche Sängerin der 
Lieder Gr.s bekannt. Gr. darf wohl als der bedeu- 
tendste und erfolgreichste skandinavische Kompo- 
nist der jüngeren Musikgeschichte angesehen wer- 
den. Gerade die Beschränkung auf nationale Cha- 
rakteristik hat seinen Werken zum Teil eine Popu- 
larität von Weltgeltung verschafft. Gr.s musik- 
eschichtliche Bedeutung ist mehr auf dem Ge- 
iete der Bearbeitung von Volksliedern und -tän- 
zen zu suchen. Durch eine für seine Zeit oft kühne 
Harmonik und Satztechnik - vgl. op. 17 (25 nor- 
dische Tänze und Volksweisen), op. 66 (19 nor- 
wegische Volksweisen), op. 72 (norwegische Bau- 
emtänze) - wurde er (ähnlich wie Brahms und 
Balakirew) zu einem Wegbereiter der modernen 
Volksliedbearbeitung im Sinne eines Bart6k. Be- 
achtenswert sin d auch die Beziehungen der Gr.schen 
Harmonik zum musikalischen Impressionismus. 
Bedeutung und Eigenart der Kunst Gr.s treten in 
den Klavierstücken und Liedern stärker zutage als 
in seinen großen Werken. Kompositionen: Kla- 
viersonate E moll op. 7 (1865) ; 10 Hefte Lvriske 
stykker (insgesamt 68 Stücke) op. 12 (1867;, 38 
(1883; Nr 1 : Vuggevise - Berceuse), 43 (1886; Nr 1 : 
Sommeifugl - Schmetterling, Nr 2 : Ensom v andrer - 
Einsamer Wanderer, Nr 5: Erotik, Nr 6: TU 
Vaaren - An den Frühling), 47 (1888; Nr 3: 
Melodie), 54 (1891; Nr 3: Trollteg - Zug der 
Zwerge, Nr 4: Notturno ; 4 Stücke hieraus auch 
von A. Seidl als »Lyrische Suite« für Orch. be- 
arbeitet), 57 (1893; Nr 2: Gade , Nr 3: Illusion, 
Nr 6: Hjemve - Heimweh), 62 (1895), 65 (1896; 
Nr 6: Bryllupsdag pä Troldhaugen - Hochzeitstag 
auf Troldhaugen), 68 (1895; daraus je ein Stück be- 
arbeitet für Ob., Horn und Streicher bzw. für 
Streichorch.) und 71 (1901) ; weitere Klavierstücke : 
op. 1 (1862), 3 (6 Poetiske Tonebilleder, 1863), 
6 (4 Humoresker, 1865), 17 (25 Norske Folkeviser og 
Dandse, 1870; daraus 2 Stücke 1893 als op. 63 für 
Streichorch. bearbeitet, diese auch für Kl. zu 4 
Händen), 19 (1872; Nr 2: Brudefelget drar vorbi - 
Norwegischer Brautzug, dieses Stück auch bear- 
beitet für Kl. zu 4 Händen), 24 (Ballade G moll, 
1875), 28 (4 Albumblade, 1878), 29 ( Improvisata, 
1878), 40 (Suite Fra Holbergs Tid - Aus Holbergs 
Zeit, 1884, bearbeitet für Streichorch. 1885), 66 
(19 Folkeviser 1896), 72 (Slaatter - Norwegische 
Bauemtänze, 1903), 73 (7 Stücke Stemninger - 
Stimmungen 1905); ohne Opuszahl Variationen 
über ein deutsches Lied (um 1855), Sörgemarsf 
over R. Nordraak - Trauermarsch auf R. N. (1866, 
auch bearbeitet für Blasorch.), 6 Fjeldmelodier 
(um 1875), 3 Stücke (gedruckt 1908). - für Kl. 


Grieg 

zu 4 Händen: Deux pihces symphoniques op. 14 
(aus einer unveröffentlichten F-moll-Symphonie, 
1864), 4 Firhaendige Danse op. 35 (1881) und 2 
Walzer-Capricen op. 37 (1883; beide Werke auch 
für Kl. zu 2 Händen bearbeitet). - für 2 KL: Gam- 
mel norsk romanse med variasjoner - Altnorwegische 
Romanze mit Variationen op. 51 (1891, für 
Orch. bearbeitet 1900). - Neben Bearbeitungen 
eigener Werke (Klavierstücke nach Liedern op. 34, 
41 und 52, in op. 52 Nr 4: Solveigs sang) schuf Gr. 
zu Mozarts Klaviersonaten KV 283, 457 (mit der 
Phantasie KV 475), 533 und 545 eine frei hinzuge- 
fügte Begleitung für ein 2. Kl. (1876-77). - Lieder 
op. 2 (4 deutsche Lieder, 1862), 4(6 deutsche Lieder, 
1864), 5 (4 nach H. Chr. Andersen, 1864; Nr 1 : 
To brune ejne - Zwei braune Augen; Nr 3: Jeg 
elsker dig - Ich liebe dich), 10 (vor 1862), 15 (1870), 
18 (2 Hefte, 1869; Nr I, 1: Vandring i skoven - 
Waldwanderung, nach Andersen), 21 (4 nach 
Bjomson, 1872), 25 (6 nach Ibsen, 1876; Nr 2: 
En svane - Ein Schwan), 26 (1876; Nr 1 : Et haab - 
Hoffnung, Nr 4: Med en primula veris - Mit einer 
Primula veris), 33 (2 Hefte, 1882; Nr I, 2: Vaa- 
ren - Letzter Frühling, Nr I, 3: Den Saarede - Der 
Verwundete, Nr I, o: Eit syn - Was ich sah, Nr 
II, 3 : Ved Rundame - Auf der Reise zur Heimat), 
39 (1869-85; Nr 1: Fra Monte Pincio nach Bjom- 
son, 1870), 44 (6 Lieder Fra Fjeld og Fjord, 1886; 
Nr 3: Ragnhild), op. 48 (6 deutsche Lieder, 1889; 
Nr 6: Ein Traum nach Fr. M. v. Bodenstedt), 49 
(1889), 58 (Zyklus Norge, 1894), 59 (1894), 60 
(1894; Nr 3: Mens jeg venter - Im Kahne), 61 (7 
Kinderlieder, 1895); 67 (Zyklus Haugtussa - Das 
Kind der Berge; 1895), 69 (1900), 70 (1900; Nr 1: 
Eros); Bergliot (Bjomson) für Sprecher und KL 
op. 42 (1871, orchestriert 1885). - Kammermusik: 
3 Violmsonaten op. 8 (F dur, 1865), 13 (G dur, 
1867) und 45 (C moll, 1887) ; Cellosonate A moll 
op. 36 (1883); Andante Cmoll für Klaviertrio 
(1878); Streichauartett Gmoll op 27; Streich- 
quartette D moll (1861, nicht erhalten) und F dur 
(1891, unvollendet); Klavierquintett B dur (1886, 
unvollendet). - Orchesterwerke: Ouvertüre I Höst 
(»Im Herbst«) op. 11 (1866, umgearbeitet 1887, für 
Kl. zu 4 Händen bearbeitet 1867), Klavierkonzert 
A moll op. 16 (1868), Den bergtekne (»De r Ein- 
same«) für Bar., Streichorch. und 2 Hörner op. 32 
(1878), To melodier für Streichorch. 1891, nach 
eigenen Liedern aus op. 33 und 21), 4 Symfoniske 
Danser op. 64 (1898); II. Klavierkonzert H moll 
(1883, unvollendet). - Chorwerke: Foran Sydens 
Kloster (Bjomson) für S., A., Frauenchor und Orch. 
op. 20 (1871); Album für Männerchor op. 30 
(1878) ; Landkjenning - Landerkennung (Bjomson) 
für Bar., Männercnor und Orch. op. 31 (1872, 
umgearbeitet 1881); 4 Psalmen für gern. Chor 
a cappella op. 74 (1906); verschiedene Kantaten 
und Chöre ohne Opuszahl. - Bühnenwerke: 
Musik zu Bjomsons Sigurd Jorsalfar (daraus 2 
Gesänge für Bar. oder B., Männerchor und 
Orch. op. 22, 1872, und Orchestersuite op. 56, 
1892, mit den Sätzen Vorspiel, Intermezzo und 
Huldigungsmarsch, auch für Kl. zu 2 und zu 4 
Händen bearbeitet); Musik zu Ibsens Peer Gynt 
op. 23 (1876, insgesamt 23 Stücke, daraus die 2 
Orchestersuiten op. 46, 1888, mit den Sätzen 
Morgenstemning - Morgenstimmung, Aases död - 
Aases Tod, Anitras dans - Anitras Tanz, und I 


679 



Griepenkerl 


Dovre-gubbens hall - In der Halle des Bergkönigs, 
sowie op. 55, 1891, mit den Sätzen Bruderovet 
och Ingrids klage - Der Brautraub, Ingrids Klage, 
Arabisk dans - Arabischer Tanz, Peer Gytits hjem- 
komst - Peer Gynts Heimkehr, und Solveigs sang - 
Solveigs Lied); 3 Szenen aus der unvollendeten 
Oper Olav Trygvason (Bjomson) op. 50 (1873, 
instrumentiert 1889, daraus 2 Stücke auch für Kl. 
bearbeitet). Gr.s Nachlaß liegt in der öffentlichen 
Bibliothek von Bergen. 

Lit: M. Hinrichsen, A Concise Gr. Bibliogr., in: 
Music Book VII, 1952. - Briefe an seine Leipziger 
Verleger, hrsg. v. E. Zschinsky-Troxler, Lpz. 
1932. - E Closson, E. Gr. et la musique scandinave, 
Paris-Brüssel-Lpz. 1892; La Mara, E. Gr., Lpz. 1898, 
ni921 ; D. G. Mason, From Gr. to Brahms, NY 1902, 
London 1903; G. Capellen, Die Freiheit oder Un- 
freiheit d. Töne u. Intervalle . . ., Lpz. 1904 (mit Ana- 
lysen v. Kompositionen Gr.s); H. Th. Fink, E. Gr., 
London u. NY 1905, als Gr. and His Music, ebenda 
1909, NY 21929; E. M. Lee, Gr., London 1908; G. 
Schjelderup u. W. Niemann, E. Gr., Lpz. 1908; R. 
Stein, Gr., Bin 1921, 21922; P. de Stoecklin, Gr., 
Paris 1926; Y. Rokseth, Gr., Paris 1933; D. Mon- 
rad Johansen, E. Gr., Oslo 1934, englisch Princeton 
1938, NY 21945; K. v. Fischer, Gr.s Harmonik u. d. 
nordländische Folklore, «= Berner Veröff. zur Musik- 
forschung XII, Bern-Lpz. 1938; K. G. Fellerer, E. 
Gr., Potsdam 1942; F. H. Törnblom, Gr., Stockholm 
1943; A. E. Cherbuliez, E. Gr., Zürich 1947; G. 
Abraham, Gr., London 1948; F. Bob, Trekk av E. 
Gr.s personlighet, Oslo 1949; J. Horton, Gr., Lon- 
don 1950; A. V. Voss, Het Leven van E. Gr., Den 
Haag (1951); D. Schjelederup-Ebbe, A Study of 
Gr.’s Harmony, Oslo 1953. - Gr. A Symposium, hrsg. 
v. G. Abraham, London 1948. 

Griepenkerl, - 1) Friedrich Conrad, * 10. 12. 
1782 zu Peine (Niedersachsen), f 6. 4. 1849 zu 
Braunschweig; deutscher Gelehrter, studierte 1805 
bis 1808 in Göttingen Theologie und Philosophie 
sowie bei Forkel Orgel, Klavier und Musiktheorie, 
lehrte am Fellenbergschen Institut in Hofwyl 
(Schweiz), ab 1816 in Braunschweig, wo er in 
regelmäßigen Hauskonzerten vor allem Bachsche 
Chorwerke aufführte. Er veröffentlichte ein Lehr- 
buch der Ästhetik (1827, an Herbart anlehnend), 
yon J. S. Bach gab er (mit F. A. Roitzsch) sämt- 
liche Compositionen für Orgel (7 Bände, Leipzig 
1845-47) und in der von Czerny begonnenen 
Gesamtausgabe der Klavierwerke (Leipzig 1837 
bis 1851) die Bände VI und VIII (mit Czerny) so- 
wie IX-XIV heraus. Ein Teil seiner Sammlung 
von Bach-Handschriften, zumeist aus dem Nach- 
laß Forkels, liegt in der Musikbibliothek Peters 
(Leipzig). - 2) Wolfgang Robert, * 4. 5. 1810 
zu Hofwyl, f 16. 10. 1868 zu Braunschweig, Sohn 
von Friedrich Conrad Gr.; deutscher Schriftsteller 
und Musikkritiker, studierte bis 1839 in Jena, lehrte 
bis 1847 in Braunschweig Kunst- und Literatur- 
geschichte und hielt 1847 Vorträge in Leipzig; da- 
nach Privatgelehrter in Braunschweig. Er machte 
sich durch Artikel in der NZfM und einig e wert- 
volle Schriften bekannt: Novelle Das Musikfest 
oder die Beethovener (Braunschweig 1838, 21841), 
Ritter Berlioz in Braunschweig (Braunschweig 1843), 
Die Oper der Gegenwart (Leipzig 1847). 

Lit.: L. Köhler, Aus d. Werdejahren d. neudeut- 
schen Musik, Königsberg 1933; O. Sievers, R. Gr., 
Wolfenbüttel 1879; Th. W. Werner, W. R. Gr.s 
Schriften..., ZfMw H, 1919/20; W. Boetticher, 


R. Schumann, Bin (1941); H. Sievers, Fr. K. Gr. u. 
d. neu aufgefundene Hs. v. Bachs H-moll-Messe, in: 
Ber. Über d. wiss. Bachtagung Lpz. 1950. 

Griesbacher, Peter, * 25. 3. 1864 zu Egglham 
(Niederbayem), + 28. 1. 1933 zu Regensburg; 
deutscher Kirchenmusiker, in Passau erzogen, 1886 
Priester, einige Jahre als Seelsorger tätig, 1894 in 
Regensburg Musikpräfekt am Seminar zu St. 
Emmeram, dann längere Zeit Benefiziat in Oster- 
hofen an der Donau, ab 1911 wieder in Regens- 
burg als Kanonikus am Kollegiatstift St. Johann 
und Lehrer für Kontrapunkt und Stil-Lehre an der 
Kirchenmusikschule. Ab 1906 redigierte er den 
»Literarischen Handweiser für Freunde katholischer 
Kirchenmusik«, ab 1926 die »Monatshefte für ka- 
tholische Kirchenmusik«. Gr. verwendete als Kir- 
chenkomponist eine farbenreiche Harmonik und 
Instrumentation, ging auch auf dem Gebiet der 
Choralbegleitung seine eigenen Wege. Werke: im 
ganzen 254 Opera (und 64 Stücke ohne Opuszahl), 
darunter 40 Messen (Emmeramsmesse op. 14; Bc- 
nedictus-Messe op. 133; Missa Stella maris op. 141 ; 
Friedensmesse op. 200; Missa Virgo potens op. 
222; Canisius-Messe op. 240), mehrere Requiem, 
ein Te Deum, ein Stabat Mater, Motetten, Lita- 
neien, Gradualien, Singspiele, weltliche Kantaten 
und Liederzyklen. Seine Schriften zeichnen sich 
durch einen volkstümlichen Stil von kräftiger An- 
schaulichkeit aus: Kontravunkt (2 Bände, Regens- 
burg 1910); Kirchenmusikalische Stilistik und For- 
metuehre (4 Bände, Regensburg 1912-16); Analyse 
von Bruckners Te Deum (Regensburg 1919) ; Glocken- 
musik (Regensburg 1927, 21929). 

Lit. : M. Tremmel, P. Gr., Passau 1935 (mit Werkverz.). 


Griesinger, Georg August, f 27. 8. 1828 zu 
Wien; deutscher Schriftsteller, war Legationssekre- 
tär der sächsischen Gesandtschaft und wirkte als 


Wiener Agent für Breitkopf, wodurch er in freund- 
schaftliche Beziehungen zu J. Haydn trat. Gr. 
schrieb Biographische Notizen über Joseph Haydn 
(Leipzig 1810), die der französischen Haydn-Bio- 
graphie von N. E. Fram&y (Paris 1810) zugrunde 
Hegen. 

Lit.: R. Bernhardt in: ZfMw XII, 1929/30, S. 28 ff. 


Griffes (gi'ifs), Charles Tomlinson, * 17. 9. 
1884 zu Ehnira (New York), 1 8. 4. 1920 zu New 
York; amerikanischer Komponist, studierte Kla- 
vier bei JedHcka und Galston in Berlin; in der 
Theorie war er Schüler von Klatte und Loewen- 
gard, in der Komposition von Rüfer und Humper- 
ainck. 1907 kehrte er nach den USA zurück, wurde 
Musiklehrer an der Hackley School für Knaben in 
Tarrytown (New York) und gab auch Privatun- 
terricht in New York. Werke: Lieder (Five Poems 
of Ancient China and Japan op. 10, 1917), Klavier- 
werke (2 Sonaten, 1904 und 1918; The Pleasure •- 
Dome of Kubla Khan, 1912, für Orch. bearbeitet 
1916; Fantasy Pieces op. 6, 1915; Four Roman 
Sketches op. 7, 1917, daraus The White Peacock 
auch für Orch. bearbeitet), Kammermusik, die 
Ballette The Kaim of Koridwen (1916) und Sho-jo 
(1917) sowie ein Poem für FL und Orch. (1918) und 
ein Notturno für Orch. (1918). 

Lit.: J.T. Howard, Ch.T.Gr., NY 1923; W.T. 
Upton, The Songs of Ch. T. Gr., MQ IX, 1923; M. 
Bauer, Ch. T. Gr., MQ XXIX, 1943; E. M. Maisel, 
Ch. T. Gr., NY 1943. 


680 



Grimm 


Grignon, Juan und Ricardo Lainote de ->» 
Lamote de Grignon. 

Grigny (grip'i), Nicolas de, * 8. 9. 1672 und 
■f 30. 11. 1702 zu Reims; französischer Organist, 
war in Paris Schüler Leb&gues, 1693-95 Organist 
der Abtei Saint-Denis, dann in Reims Kathedral- 
organist. Ein Premier livre d'orgue von Gr. erschien 
1699 (Paris, 21711), das sich J. S. Bach um 1703 
abschrieb. Eine Gr. zugeschriebene Suite im Ms. 
Mus. pr. 8551 der Deutschen Staatsbibliothek Ber- 
lin ist von Dieupart (vgL Pirro). 

Ausg.: Premier livre d’orgue, hrsg. v. N. Dufourcq 
u. N. Pibrront, Paris 1953; dass. (hrsg. nach d. 2. 
Auflage) in Guilmant-Pirro V. - 4 Stücke in: Les 
Maftres frg. de POrgue, 2 Bde, hrsg. v. F. Raugel, 
Paris (1933, Neudruck 1949); ein Stück in: Hist. 
Organ-Recitals l, hrsg. v. J. Bonnet, Boston (1917); 
Fuge f. Org., Schering Beisp. 263. 

Lit.: G. Frotscher, Gesch. d. Orgelspiels u. d. Orgel- 
komposition II, Bin ( 1 936) ; N. Dufourcq, La musique 
d’orgue frangaise, Paris 1941, 21949. 

Grill» Franz, f um 1795 zu Oedenburg (Ungarn) ; 
österreichischer Komponist, gab 1790-95 in Wien, 
Offenbach und Leipzig heraus: 12 Sonaten für Kl. 
und V., 12 Streichquartette, Variationen und eine 
Caprice für Kl., die im Stil Haydns geschrieben sind. 

Grillet (grij'e), Laurent, * 22. 5. 1851 zu San- 
coins (Cher), f 5. 11. 1901 zu Paris; französischer 
Komponist und Violinist, Kapellmeister der Folies- 
Bergere und des Nouveau Cirque in Paris, für 
die er Ballette, Pantomimen und Orchesterstücke 
schrieb, komponierte auch Klavierstücke, Lieder 
und eine Oper Graziosa (Paris 1892). Er gehörte zu 
den Mitgriindem der Societe des Instruments an- 
dern (1895) und verfaßte eine Schrift über Les 
aruitres du violon et violoncelle (2 Bände, Paris 1901). 

Grillo, Giovanni Battista, f wahrscheinlich 
November 1622 zu Venedig; italienischer Kom- 
ponist, Schüler Monteverdis, wirkte vielleicht am 
bayrischen Hof, ehe er 1615 Organist an Santa 
Madonna delPOrto und 1619 1. Organist an der 
Markuskirche in Venedig wurde. In seinen 6-12st. 
Sacri concentus (Venedig 1618) übernahm er die 
mehrchörige Technik G. Gabrielis. Weitere 4 Mo- 
tetten, 3 Canzonetten und 3 »Canzoni per sonare« 
Enden sich in venezianischen Sammeldrucken 
1600-24. 

Lit: E. Vogel, CI. Monteverdi, VfMw III, 1885; H. 
Riemann, Hdb. d. Mg. II, 2, Lpz. 1912, darin ein 
Capriccio. 

Grillparzer, Franz, * 15. 1. 1791 und f 21. 1. 1872 
zu Wien ; österreichischer Dichter, studierte in 
Wien Jura und arbeitete ab 1813 als Verwaltungs- 
beamter, 1833-56 als Archivdirektor der Hofkam- 
mer. Der große Tragiker war sdbst musikalisch 

f ebildet (Klavierunterricht bei Mederitsch, Theorie 
ei Sechter), phantasierte viel auf dem Klavier und 
komponierte einige Verse aus Homers Odyssee 
sowie Heines »Fischermädchen«. Seiner Verehrung 
für J. Lind, Q. Wieck, Paganini, Rossini und 
Schubert, seinem Abscheu vor Berlioz und Wag- 
ner hat er in Gedichten Ausdruck verlieben. Die 
Tragödie Sappho (1818) wurde angeregt durch 
einen Auftrag Weigls für ein gleichnamiges Opem- 
Hbretto. Parodien auf die » W olfsschlucht «-Szene 


( Der wilde Jäger 1822) und die »Zauberflöte« (1826) 
beweisen Gr.s Interesse an der Oper ebenso wie die 
langen Verhandlungen mit Beethoven über Opera- 
plane (1823/24). Der daraufhin entstandene Text 
zur Melusina wurde jedoch nicht von Beethoven, 
sondern erst 1833 von C. Kreutzer vertont. Gr. 
blieb Beethoven freundschaftlich verbunden; er 
schrieb 1841-45 Erinnerungen an Beethoven und ver- 
faßte 2 Reden am Grabe des Komponisten (29. 3. 
1827 und Herbst 1827). Mit Schubert wurde er 
durch die Schwestern Fröhlich bekannt; dieser 
vertonte von Gr. das Ständchen für A., Männerchor 
und KL (1827) und die Kantate Mirjams Siegesge- 
sang für Mezzosopran, Chor und Kl. (1828). Gr.s 
Bruder Camillo (1793-1865), Gerichtsschreiber 
in Komeuburg, trat als Komponist von Klavier- 
werken hervor. 

Ausg.: GA, hrsg. v. H. Laube u. J. Weiler, 10 Bde, 
Stuttgart 1872, in 20 Bden, hrsg. v. A. Sauer, 5(1892), 
in Bd VII Melusina, XIII Der wilde Jäger, Der Zau- 
berflöte zweiter Teil u. d. Novelle Der arme Spiel- 
mann, XV Opernkritiken u. Aufsätze »Zur Musik«, 
X Beethoven-Erinnerungen u. -Reden. 

Lit.: Bibliogr. v. A. Sauer in: K. Goedeke, Grundriß 
zur Gesch. d. deutschen Dichtung VIII, Dresden 
1905. - E Hanslick, Gr. u. d. Musik, in: Mus. Sta- 
tionen, » Moderne Oper II, Bin 4 1880; ders., Gr. 
als Musiker (Neue Beitr.), in: Musikalisches u. Li- 
terarisches, — Moderne Oper V, Bin 1881, 31890 
(darin d. 2. Beethoven-Rede); Th. v. Frimmel, Neue 
Beethoveniana, Wien 1887, 21890; ders., Beethoven- 
Hdb. I, Lpz. 1926; R. Batka, Gr. u. d. Kampf gegen 
d. deutsche Oper, Jb. d. Gr.-Ges. IV, 1894; ders., 
Mus. Streifzüge, Lpz. 1899; ders.. Eine Komposition 
Fr. Gr.s, Neue Revue I, 1908; E. v. Komorzynski, 
Gr. u. Wagner, Mk I, 1901/02; ders., Beethoven u. 
Gr., Musica VIII, 1937, auch in Mk XXXII, 1939/40; 
H. Kling, Gr. e Beethoven, RMI X, 1903; A. Wh. 
Thayer, L. v. Beethovens Leben IV, bearb. v. H. 
Deiters u. H. Riemann, Lpz. 1907; M. Puttmann, 
Gr. u. d. Musik, ** Mus. Magazin XXXI, Langen- 
salza 1910; J. A. Lux, Gr.s Liebesroman, Bin 1912; 
A. Orel, Gr. u. d. Musik, in: Der Merker XIII, 1922; 
ders., Gr.s Verhältnis zur Tonkunst, in: O. Katanu, 
Gr.-Studien, Wien 1924; ders., Gr. u. Beethoven, in: 
Euphorion XXVIII, 1927; ders., Gr. u. Schubert, 
Jb. d. Gr.-Ges. XXIX, 1930; ders., Aufsätze u. Vor- 
träge, Wien u. Bin 1939; ders., Gr. u. Beethoven, = 
Wiener Musikbücher II, Wien, Bin u. Zürich 1941; 
E. F. Saverio, The Mus. Elements in the Viennese 
Volksstücke and in the Dramas of Gr., Diss. Austin 
(Texas) 1925; R. Lach, Gr.s Novelle »Der arme 
Spielmann« u. d. Mw., Fs. J. Schlosser, Wien 1927; 
A. Ch. Wutzky, Gr. u. d. Musik, — Von deutscher 
Musik XXIII, Regensburg 1940; M. Sommerheld, 
Gr.s Musikästhetik, Mk XXXIII, 1940/41 ; J. Brockt, 
Gr. and Music, ML XXVIII, 1947; W. J. Cooley jr., 
Music in the Life and Works of Fr. Gr., Diss. Ana 
Arbor 1954. 

Grimm, Friedrich Karl (Pseudonym: Enrico 
Cavallesco), * 9. 1. 1902 zu Chemnitz; deutscher 
Komponist und Pianist, lebt in Berlin, studierte als 
Schüler von Krehl und Graener in Leipzig Kom- 
position, dazu Klavier, Dirigieren und Musikwis- 
senschaft. 1926-29 gab er als Pianist Konzerte in 
Deutschland, 1929-31 in England, wurde 1932 
Assistent von Graener, übernahm dessen Meister- 
klasseam ehemaligen Stemschen Konservatorium, 
war 1937-44 Mitglied der Jury im »Berufsstand 
der deutschen Komponisten«. Seine Werke um- 
fassen symphonische Dichtungen, symphonische 
Filmkompositionen, Kammermusik (u. a. Sonaten 


681 


Grimm 


für verschiedene Instrumente und KL, ein Streich- 
quartett, ein Klavierquartett), Klaviermusik, Lie- 
derzyklen, melodramatische Kompositionen. 

Grimm, Friedrich Melchior (Baron von), * 26. 
12. 1723 zu Regensburg, f 18. 12. 1807 zu Gotha; 
deutscher Literat, studierte in Leipzig bei Gottsched 
und kam 1748 als Sekretär des sächsischen Grafen 
Friesen nach Paris, wo er mit Rousseau (der seinen 
späteren Gegner in den »Confessions« schildert), 
d'Alembert und Diderot bekannt wurde. Für die 
Encyclopedie schrieb er den Artikel Poesie lyrique . 
Einflußreich beteiligte sich Gr. an den literarischen 
Kämpfen der Opem-Enthusiasten. Den Streit der 
Lullistes und Ramistes entfacht seine Lettre sur Om- 
vhale de Destouches (Mercure de France 1752) zum 
letzten Male. Jedoch verwandelt er sich in kurzer 
Zeit vom überzeugten Anhänger Rameaus in einen 
Parteigänger der Italiener und eröffnet den Buffo- 
nistenstreit mit der kleinen, wohl J. Scamitz por- 
trätierenden Broschüre Le petit prophkte de Boemisch 
Broda (1753 und öfter). Er war 1753-73 Verfasser 
der alle 14 Tage handschriftlich erscheinenden, an 
30-40 meist auswärtige, z. T. fürstliche Bezieher 
versandten Correspondance littdraire (die von anderen 
bis 1813 fortgefuhrt wurde); sie enthielt nur we- 
nige nicht von Gr. geschriebene Beiträge, darunter 
Diderots »Salons«. Gr.s Berichte büden eine wert- 
volle Quelle für die Geschichte der Pariser Oper, 
z umal er keiner Zensur unterworfen war. Doch ist 
sein Urteil durchaus parteiisch und sein Interesse 
ganz einseitig auf die Oper beschränkt. Er erlangte 
in der Folge verschiedene diplomatische Stellun- 
gen, wurde 1777 von Kaiser Joseph ü. geadelt und 
zog 1793 nach Gotha. Auch in der Geschichte der 
Pariser Aufenthalte Mozarts spielt er eine Rolle. 
Ausg.: Correspondance littüraire, vollst. Ausg. v. M. 
Tourneux, 16 Bde, Paris 1877-82. - Der kleine Pro- 
phet v. Böhmisch-Brod, deutsch v. P. Nettl, Eß- 
lingen 1953. 

Lit.: M6moires de Madame d’Epinay, hrsg. v. Boi- 
teau, 2 Bde, Paris 1863. - W. Danzel, Gottsched, 
Lpz. 1848; J. Carlez, Gr. et la musique de son temps, 
Caen 1872; A.Jullien, La musique et les philo- 
sophes, Paris 1873; E. Schürer, M. Gr., Paris 1887; 
M. Brenet, Les Concerts en France, Paris 1900; E. 
Hirschberg, Die Encyklopädisten u. d. frz. Oper, 
BIMG I, 10, 1903 ; H. Kretzschmar, Die Correspon- 
dance litt6raire als mg. Quelle, JbP X, 1903 ; L. de La 
Laurencie, La grande saison ital. de 1 752, RM de la 
S1M VIII, 1912; G. Rubensohn, Die Correspondance 
litt&aire, Diss. Bin 1917; H. Abert, W. A. Mozart I, 
Lpz. 1918 (— 5. Auflage v. O. Jahns Mozart-Biogr.), 
*1923, 7 1955; A. Cazes, Gr. et les Encyclop&Ustes, 
Paris 1933; L. Reichburg, Contribution ä Phist. dela 
Querelle des bouffons, Diss. Philadelphia 1937; P.-M. 
Masson, La Lettre sur Omphale, Rev. de Musicol. 
XXVII, 1945 (= Tome XXIV); R. Oliver, The Ency- 
dopedist$ as Critics of Music, NY 1947. 

Grimm, Hans, * 7. 1. 1886 zu Weißenbrunn bei 
Nürnberg; deutscher Komponist, studierte Jura 
und war Rechtsanwalt, bevor er sich, Schüler von 
Beer-Walbrunn, ganz der Musik zuwandte. Außer 
Orchesterwerken, Uedem, Klavierstücken schrieb 
er die Ballette Der Zaubergeiger (München 1921) 
und Spitzwegmärchen (München 1930), die Opern 
Germeishausen (Augsburg 1923, später zugunsten 
einer Neubearbeitung - Der Tag im Licht, Nürn- 
berg 1931 - eingezogen), Blondin im Glück (Han- 
nover 1934) vnd Vergoldete Becher (Nürnberg 1939). 

682 


Grimm, Heinrich (Monogramm HGH), * 1592 
oder 1593 zu Holzminden, f 10. 7. 1637 zu Braun- 
schweig; deutscher Kantor, Schüler von M. Prae- 
torius, kam 1619 als Nachfolger Weißensees nach 
Magdeburg, wo er schnell zu Ansehen und Wohl- 
stand gelangte. Die Zerstörung Magdeburgs durch 
Tilly nahm ihm alles; er rettete sich nach Braun- 
schweig und wurde dort Kantor am Catharineum. 
Weißensee hatte den venezianischen Prunkstil in 
Magdeburg eingeführt, Gr. trat für den konzertie- 
renden Stil mit Generalbaß ein, für Deutschland 
eine kühne Neuerung, bei deren Einführung in 
Magdeburg 1618 ihn M. Praetorius, S. Scheidt 
und H. Schütz unterstützten. Gr. schrieb* Unter- 
richt . . . nach der alten Guidonischen Art zu solmi - 
sieren (Magdeburg 1624) und gab Calvisius* Melo- 
poeia zusammen mit des Baryphonus* Pleiades mit 
Vorwort neu heraus (Magdeburg 1630). Seine er- 
haltenen Kompositionen sind Tyrocinia (3st. Ge- 
sangsübungen, Magdeburg oder Halle 1624), ein 
Buch 5-6st. Messen (Magdeburg 1628), eine 4st. 
deutsche Passion (Magdeburg 1629), Prodromus 
musicae ecclesiasticae (12 konzertierende Fest-Bi- 
dnia mit B.c., Braunschweig 1636), Vestibulum 
hortuli harmonici sacri (Tridnia mit und ohne B.c., 
Braunschweig 1643, von seinem Sohn herausge- 
geben), eine Reihe Hochzeits-, Begräbnis- und 
andere Gelegenheitsstücke, 42 4st. Sätze in V. Crem- 
corius* Cithara Davidica Luthero-Becceriana (Magde- 
burg 1624). Ein von Gr. gebautes Dekachordum 
verwahrt das Städtische Museum Braunschweig; 
Gr. berichtet darüber in einem handschriftlichen 
Traktat lnstrumentum Instrumentorum. Zu Gr.s 
Schülern gehört O. Gibel. Gr.s Sohn Michael 
war 1643 Hoforganist in Celle. 

Ausg.: je 2 Stücke aus d. Prodromus, hrsg. v. H. 
Lorenzen, Kassel 1954, 1955, 1956. 

Lit.: B. Engelke, Gesch. d. Musik im Dom . . ., in: 
Geschichtsblätter f. Stadt u. Land Magdeburg 
XLVIII, 1913; A. Ganse, Der Cantor o. Gibelius, 
Diss. Kiel 1931, gedruckt Lpz. 1934; O. Riemer, H. 
Gr., Fs. A. Schering, Bin 1937; H. Lorenzbn, Der 
Cantor H. Gr., Diss. Hamburg 1940. 

Grimm, Julius Otto, * 6. 3. 1827 zu Pemau 
(Livland), f 7. 12. 1903 zu Münster (Westfalen); 
deutscher Chordirigent und Komponist, studierte 
in Dorpat Philologie und Philosophie, dort auch 
Schüler des Universitätsmusikdirektors Fr. Bren- 
ner, wurde aber, nach kurzem Aufenthalt als Haus- 
lehrer in St. Petersburg 1851-52, Schüler des Leip- 
ziger Konservatoriums, schloß Freundschaft mit 
Brahms, J. Joachim und Clara Schumann, lebte 
1854-60 in Göttingen, wo er einen Gesangverein 
gründete, und war ab 1860 Dirigent des Cäcilien- 
vereins in Münster, ab 1878 auch Lektor für Musik 
an der Universität, 1877 Königlicher Musikdirek- 
tor. 1885 erhielt er den Professorentitel, und 
gleichzeitig ernannte ihn die Universität zum Dr. 

g hiL, 1897 die Universität Breslau zum Dr. phil. 

. c. Von seinen Kompositionen haben die 3 Or- 
chestersuiten in Kanonform op. 10, 16 und 25 leb- 
hafte Anerkennung gefunden, auch eine Sympho- 
nie D moll op. 19. Ferner schrieb er eine Violin- 
sonate A dur op. 14 (auch für Vc. und Kl.), Kla- 
vierstücke, ein Chorwerk An die Musik op. 12, 
Chöre und Lieder, besonders den Liederkranz aus 
Klaus Groths Quickbom op. 24 (11 Lieder, davon 
eines Duett, eines Terzett und 2 Quartette). Er- 



Grocheo 


innenmgen veröffentlichte er in: Jahresbericht des 
Westfälischen Provinzialvereins für Wissenschaft 
XXIX, 1900/01. 

Lit.: J. Brahms im Briefwechsel mit J. O. Gr., hrsg. 
v. R. Barth, = J. Brahms, Briefwechsel IV, Bin 
1908, 21912; vgl. auch Brahms’ Briefwechsel mit G. 
Schumann. - C. Hunntus, J. O. Gr., im Jb. »Heimat- 
stimmen« II, Reval 1906; Franz Ludwig, J. O. Gr., 
Bielefeld u. Lpz. 1925; E. Michelmann, A. v. Siebold, 
Göttingen 1930; P. Winter, J. O. Gr., in: Westfä- 
lische Lebensbilder I, Münster 1930. 

Grinberg, Lew Samojlowitsch (Grünberg), * 21. 
12. 1920 zu Winniza; russischer Dirigent, studierte 
am Kiewer Konservatorium Klavier, Dirigieren 
und Komposition, leitete 1947-51 eine Dirigier- 
klasse an dieser Anstalt, dann die Orchester von 
Saratow (1952-53) und Nikolajew (1953-54). 1954 
wurde er Dirigent des Operettentheaters in Kiew. 
Sein kompositorisches Schaffen umfaßt Klavier- 
werke (Sonate 1944, Variationen 1948), Kammer- 
musik, ein Klavierkonzert (1946, Umarbeitung 
1952), Tondichtungen und Lieder. 

Grisar, Albert, * 26. 12. 1808 zu Antwerpen, 
t 15. 6. 1869 zu Asni&res bei Paris; französischer 
Opemkomponist, endief als Kaufmannslehrling in 
Liverpool seinem Chef und begann 1830 unter 
Reicha in Paris Kompositionsstudien, kehrte aber 
bald zu seinen Eltern nach Antwerpen zurück. 1838 
debütierte er in Brüssel als dramatischer Kompo- 
nist mit Le manage impossible , das ihm eine Staats- 
unterstützung zur Fortsetzung seiner Studien in 
Paris verschaffte. 1836 brachte die Opdra Comique 
seine Sarah ; weiter folgten in Paris 6 Stücke, dar- 
unter Lady Melvil (1839, mit Flotow, umgearbeitet 
1862 als Le joaillier de St. James), L'eau merveilleuse 
(1838, mit Flotow) und L/opira ä la cour (1840, mit 
Boieldieu). Trotz guter Erfolge beschloß er, noch 
weitere ernstliche Studien zu treiben, und ging 
1840 nach Neapel zu Mercadante. 1848 nach Paris 
zurückgekehrt, brachte er noch 11 Opern, dar- 
unter Gilles ravisseur (1848), Les porcherons (1850), 
vor allem Bonsoir , Monsieur Pantalon (1851), Le 
Carillonneur de Bruges (1852), Les amours du diable 
(1853), Le Chien du jardinier (1855) und Douze inno- 
centes (1865). Außerdem hinterließ er noch 11 teils 
skizzierte, teils beendete Opern. Gr. hat auch Ro- 
manzen (die berühmteste war La Folie) und andere 
kleine Gesangsstücke veröffentlicht. 

Lit.: A. Pougin, A. Gr., Paris 1870; E. Gregoir, 
Documents hist ... IV, Brüssel 1876, darin Briefe 
Gr.s; Ch. van den Borren, Geschiedenis van de 
muziek in de Nederlanden II, Amsterdam-Antwerpen 
1951. 

Grischkat, Hans, * 29. 8. 1903 zu Hamburg; 
deutscher Chorleiter, studierte an der Universität 
Tübingen zunächst Naturwissenschaften, dann bei 
K. Hasse Musikwissenschaft, gleichzeitig an der 
Stuttgarter Hochschule für Munk Orgel (Hermann 
Keller) und Klavier. 1924 gründete er den Reut- 
linger, 1931 den Schwäbischen und 1936 den 
Grischkat-Singkreis in Stuttgart, die er bis heute 
leitet. Gleichzeitig wirkt er seit 1938 als Werkmu- 
sikleiter bei Bosch (Gemischte Chöre und Sym- 
phonieorchester). 1946 wurde er als Lehrer (1950 
Professor) für Chorleitung an die Stuttgarter Mu- 
sik-Hochschule berufen. Er machte sich um die 
Aufführung Bachscher Kantaten und alter Chor- 


musik, für die er auch als Herausgeber eintrat, be- 
sonders verdient. 1942 wurde ihm der Titel eines 
Kirchenmusikdirektors verliehen. 

Grisi, - 1) Giuditta (Contessa Bami), * 28.7. 
1805 zu Mailand, f 2. 5. 1840 zu Robecco d’Oglio 
bei Cremona; italienische Opemsangerin (Mezzo- 
sopran), 1822-24 am Mailänder Konservatorium 
ausgebildet, sang bis 1834 in Italien, am Thdätre 
Italien in Paris sowie in Wien, besonders erfolg- 
reich in den Opern Rossinis und Bdlinis, der für 
sie und ihre Schwester 1830 »I Capuleti e i Mon- 
tecchi« schrieb. - 2) Giulia (Comtesse Melcy, in 
2. Ehe verheiratet mit dem Tenoristen Mario), 
* 28. 7. 1811 zu Mailand, f 29. 11. 1869 zu Berlin, 
Schwester von Giuditta Gr.; italienische Opem- 
sängerin (Sopran), studierte in Bologna sowie bei 
A. Pasta und Marliani in Mailand, ging nach gro- 
ßen Erfolgen in ganz Italien 1832 an die Pariser 
Oper und war 1834-49 gleichzeitig in Paris und 
London als Primadonna engagiert. Für sie schrieb 
Bellini 1835 »I Puritani«, Donizetti 1843 den »Don 
Pasquale«; weitere Hauptrollen waren Norma so- 
wie die Rosina im »Barbiere di Seviglia«. 1854 
unternahm sie eine Tournee durch Nordamerika. - 
3) Carlotta, * 28. 5. 1819 zu Visinada (Istrien), 
f 24. 5. 1899 zu Genf, Cousine der vorigen; italie- 
nische Tänzerin, studierte zunächst auch Gesang, 
dann aber Tanz bei ihrem späteren Mann, Jules 
Joseph Perrot. 1840 debütierte sie (unter dem Na- 
men Perrot) in Paris, wo sie im folgenden Jahre 
die Giselle kreierte; auch bei der Uraufführung 
von zwei anderen Balletten A. Adams (»La jolie 
fille de Gand« 1842, »Le diable ä quatre« 1845) und 
in Burgmüllers »La P6ri« (1843) wirkte sie als 
Primaballerina mit. Zusammen mit M. Taglioni, 
F. Cerrito und L. Grahn tanzte sie 1845 in London 
den »Pas de quatre« (Choreographie Perrot, Musik 
C. Pugni). 

Lit. : zu C. Gr. : J. Gregor, Kulturgesch. d. Balletts, 
Wien 1944, Zürich 21946. 

Groblicz (grioblitf), - 1) Marcin, * um 1555, 
um 1610; polnischer Geigenbauer, wahrschein- 
ch Schüler von Maggini in Brescia. Instrumente 
Gr.s sind 1595-1609 datiert. 1600 wurde er Hof- 
geigenbauer König Sigismunds UI. in Krakau. - 
2) Marcin, * 1750 zu Warschau, vielleicht ver- 
wandt mit dem vorigen; polnischer Geigenbauer, 
arbeitete ab 1710 in Warschau nach dem Vorbild 
Stainers. Seine Instrumente waren auch in 
eutschland verbreitet. 

Lit. : W. L. v. Lütgbndorff, Die Geigen- u. Lauten- 
macher, 2 Bde Ffm. 1904, 5-61922; R. Vannes, Essai 
d’un dictionnaire universel des luthiers, Paris 1932, 
Brüssel 21951. 

Grocheo, Johannes de, Musiktheoretiker in 
Paris um 1300, schrieb einen Traktat De arte mu - 
sicae , der für die mittelalterliche Musikgeschichte 
von hervorragender Bedeutung ist, da er unter 
dem Einfluß der aristotelisch-arabischen Musik- 
lehre und in Abkehr von der boethianisch-quadii- 
vialen Tradition die Musik nicht unter dem Ge- 
sichtspunkt der Arithmetik, sondern unter dem 
der Physik behandelt. Gr. nimmt speziell Bezug 
auf die Musikübung seiner Zeit, klassifiziert in 
musica simpkx (einstimmig), eomposita (mehrstim- 
mig) und ecclesiastica (einstimmige liturgische Mu- 
sik) und geht dann auf einzelne Gattungen ein. 


683 



Gröndahl 


wie cantus gestualis (Chanson de geste), rotundellus 
(Rondeau), stantipes (Estampie), ductia (bei diesen 
beiden auch Erörterung der apertum- und clau- 
sum-Schlüsse), deren formalen Aufbau und stän- 
dische Zuordnung er behandelt. Der Traktat blieb 
ohne Nachfolge und ist nur in 2 Handschriften 
erhalten: London, British Museum, Ms. Harl. 281 
(H), und: Darmstadt Ms. 2663 (D). 

Ausg.: Die Musiklehre d. J. de Gr., hrsg. v. J. Wolf, 
S1MG 1, 1899/1900 (mit deutscher Übers.); Der Mu- 
siktraktat d. J. de Gr., hrsg. v. E. Rohloff, « Media 
Latinitas Musica II, Lpz. 1943 (mit deutscher Übers.); 
dazu J. Wolf in Mf II, 1949, Erwiderung v. E. Roh- 
loff ebenda VIII, 1955. 

Lit.: H. Müller, Zum Texte d. Musiklehre d. J. de 
Gr., SIMG IV 1902/03 ; das Exemplar d. Rohloffschen 
Ausg. (s. o.) in d. Deutschen Staatsbibi. Bin enthält 
handschriftliche Lesarten u. Anmerkungen J. Wolfs 
(zum Teil beim Buchbinden abgeschnitten). - Riemann 
MTh; H. J. Moser, Stantipes u. Ductia, ZfMwII, 
1919/20; H. Besseler, Musik d. MA in d. Ham- 
burger Musikhalle, ZfMw VII, 1924/25; ders., Stu- 
dien zur Musik d. MA I, AfMw VII, 1925; ders., 
Musik d. MA. Bücken Hdb.; ders.. Zur »Ars 
Musicae« d. J. de Gr., Mf II, 1949; G. Pietzsch, 
Die Klassifikation d. Musik, Halle 1929; J. Hand- 
schin, Über Estampie u. Sequenz, ZfMw XII-XIII, 
1929/30-1930/31 ; E. Rohloff, Zum Musiktraktat d. 
J. de Gr., *= Media Latinitas Musica I, Lpz. 1930; 
Y. Rokseth, Polyphonies du XIII e s. IV, Paris 1939; 
J. Chailley, Etudes mus. sur la chanson de geste, 
Rev. de Musicol. XXX, 1948 (« Tome XXVII); ders.. 
Hist mus. du moyen äge, Paris 1950. 

Gröndahl, Agathe Ursula , An der s und Olaus 
Andreas -> Backer-GröndahL 

Grönland, - 1) Peter, * 15. 10. 1701 zu Wüster 
(Holstein), f 30. 12. 1825 zu Kopenhagen; deut- 
scher Komponist, studierte 1782-85 in Kiel, wo er 
mit C. Fr. Gramer bekannt wurde. Auch mit Fr. 
L. Ae. Kunzen war Gr., ab 1787 als Beamter in 
Kopenhagen tätig, befreundet. Er war ein nam- 
hafter Liederkomponist, dessen Stücke im Göttin- 
ger Musenalmanach und in J. Fr. Reichardts 
Sammlungen Aufnahme fanden ; separat erschienen 
u. a. : Melodien zu dem gesellschaftlichen Liederbuche 
II (Leipzig-Altona 1796 und Öfter; auch als: Noten- 
buch zu dem akademischen Liederbucke ) ; Lieder . . . von 
Goethe (Leipzig 1817, darin auch Duette); Die 
erste Walpurgisnacht und Osterfeyer (aus Goethes 
»Faust«; beiae Leipzig 1818). Gr. war der Lehrer 
C. E. F. Weyses. - 2) Johann Friedrich, 7. 11. 
1777 zu Wilster (Holstein), f 15. 11. 1843 zu Al- 
tona, Bruder von Peter Gr., lebte ab 1815 als Mu- 
siklehrer in Altona, wo C. Gurlitt zu seinen Schü- 
lern gehörte. 

Ausg.: P. Gr., Das Heidenröslein, hrsg. v. M. Fried- 
laender in: Gedichte v. Goethe in Kompositionen 
. . . I, « Schriften d. Goethe-Ges. XI, Weimar 1896. 
Lit: zu P. Gr.: M. Friedlaender, Das deutsche 
Lied im 18. Jh., 3 Bde, Stuttgart u. Bin 1902; W. 
Schuh, Goethe-Vertonungen, Zürich 1952. - H. 
Fey, Schleswig-Holsteinische Musiker, Hamburg 
1921 ; G. Hahne, Die Bachtradition in Schleswig- 
Holstein, « Schriften d. Landesinst f. Musikfor- 
schung Kiel III, Kasse] 1954. - zu J. Fr. Gr.: H. 
Funck, Beitr. zur Altonaischen Mg., in: Altonaische 
Zs. f. Gesch. u. Heimatkunde VT, 1937. 

Grofö (gi'ofe), Ferde (eigentlich Ferdinand Ru- 
dolph von Grofe), * 27. 3. 1892 zu New York; 
amerikanischer Komponist, wurde ausgebüdet von 
seiner Mutter, die als Violoncellistin auftrat, und 


1900-03 am Leipziger Konservatorium, arbeitete 
als Pianist und Violinist in Tanz- und Unterhal- 
tungskapellen und war Mitglied der P. Whiteman 
Jazzband, für die er auch Arrangements schrieb, 
darunter 1924 Gershwins Rhapsodie in Blue . Gr. 
schrieb das Ballett Cafe Society und Orchester- 
werke, darunter Broadway at Night , Symphony in 
Steel, Metropolis und Salute to Grofe . 

Grob, Johann -> Ghro. 

Gronau, Daniel Magnus, * vermutlich zu 
Danzig, t 2. 2. 1747 zu Danzig; deutscher Orga- 
nist, ab 1717 in Danzig tätig, wo er 1730-47 Orga- 
nist an St. Johann war. Erhalten sind von ihm (bis 
1945 handschriftlich in Danzig) 84 Choralvaria- 
tionenzyklen für Orgel, die durch ihre genauen 
Registerangaben besonders wertvoll für die Ge- 
schichte und Ästhetik der damaligen Registrie- 
rungskunst sind. Ferner nennt Rauschning viele 
Orgelfugen und -praeludien sowie eine Modu- 
lationslehre. 

Ausg.: 4 Choralvariationen, hrsg. v. G. Frotscher, 
Augsburg u. Kassel 1927. 

Lit.: G. Frotscher, Ein Danziger Orgelbuch, Kgr.- 
Ber. Lpz. 1925; ders.. Zur Registrierkunst d. 18. Jh., 
in: Ber. über d. Freiburger Tagung f. deutsche Orgel- 
kunst 1926; ders., Gesch. d. Orgelspiels II, Bin (1936); 
H. Rauschning, Gesch. d. Musik ... in Danzig, « 
Quellen u. Darstellungen zur Gesch. Westpreußens 
XV, Danzig 1931. 

Grandahl, Launy, * 30. 6. 1886 zu Ordrup bei 
Kopenhagen; dänischer Dirigent und Komponist, 
studierte Violine bei A. Bloch und A. Gade und 
Theorie bei L. Nielsen, wurde in jungen Jahren 
Violinist in Kopcnhagener Orchestern, setzte seine 
Studien in Frankreich, Italien und Österreich fort 
und wurde 1925 Dirigent des Dänischen Staats- 
Radio-Orchesters. Kompositionen: Orchester- 
werke, darunter die symphonische Fantasie Pan og 
Syrinx ; Hörspielmusiken; ein Violinkonzert; 
Kammermusik und Lieder. 

Groningen, Stefan van, * 23. 6. 1851 zu Deven- 
ter, f 25. 3. 1926 zu Laren; niederländischer Kom- 
ponist, erst Techniker, war dann Schüler von Kid 
an der Berliner Königlichen Hochschule und ließ 
sich zuerst in Zwolle, dann im Haag, schließlich in 
Leiden als Lehrer nieder, vielfach im In- und Aus- 
land konzertierend. Von seinen Kompositionen 
sind zu nennen ein Klavierauartett F dur op. 10 
und eine Suite G dur für 2 KL op. 11. 

Groot, Comelis Wilhelmus de (Cor de Groot), 

* 7. 7. 1914 zu Amsterdam; holländischer Pianist 
und Komponist, studierte am Amsterdamer Kon- 
servatorium Komposition (S. Dresden) und Kla- 
vier. 1938 wurde er Professor am Königlichen Kon- 
servatorium im Haag und unternahm seit 1947 
Konzertreisen in Europa, Südafrika, Amerika, 
Indien und Indonesien. Er komponierte hauptsäch- 
lich Werke für konzertierende Instrumente (Vio- 
linkonzert, Flötenkonzert, Konzert für 2 Ob., 
Klarinettenkonzert, Klavierkonzerte), daneben u. 
a. ein Divertimento, Ouvertüren, Serenade für 
Ob. und Fag., ein Streichquartett, Sonatine und 
Alt-Holländische Suite für KL 

Grosbayne (gj'ozbe:n), Benjamin, * 7. 4. 1893 
zu Boston; amerikanischer Dirigent und Musik- 
pädagoge, studierte an der Harvard University und 


684 



Grossmann 


bei F. Weingartner, war 1930/31 Mitglied der 
Musikredaktion der New York Times, wurde 1931 
Professor und Leiter der Musikabteilung des 
Brooklyn College. Ab 1937 gab er »The Musical 
Mercury« heraus. Daneben trat er in Amerika und 
Europa als Violinist und Dirigent auf. 

Grosheim» Georg Christoph, * 1. 7. 1764 und 
f 18. 11. 1841 zu Kassel; deutscher Komponist und 
Musikpädagoge, war 1781-85 Mitglied, 1800-02 
Musikdirektor der Kasseler Hofkapelle, daneben 
Musiklehrer und Musikalienhändler. Seine Kom- 
positionen blieben zumeist ungedruckt; nur Orgel- 
präludien, Klavierfantasien, Variationen, kleinere 
Orchesterwerke, Lieder, Arien, eine Volkslieder- 
sammlung, 2 Opern ( Titania und Das heilige Klee- 
blatt ), Hektors Abschied (2 Solost. mit Orch.) und 
Die zehn Gebote zu 1-4 St. mit Org. erschienen im 
Druck. Außerdem gab Gr. heraus: die Musikzei- 
tung Euterpe (1797-98), Klavierauszüge, so von 
Glucks »Iphigenia in Aulis« mit deutscher Über- 
setzung, sowie die Schriften: Über den Verfall der 
Tonkunst (Göttingen 1805) ; Das Leben der Künst- 
lerin Mora (Kassel 1823) ; Elementarlehre des General- 
basses (1823); Über Pflege und Anwendung der 
Stimme (Mainz 1830); Chronologisches Verzeichnis 
vorzüglicher Beßrderer und Meister der Tonkunst 
(Mainz 1831) ; Fragmente aus der Geschichte der Mu- 
sik (Mainz 1832); Versuch einer ästhetischen Darstel- 
lung mehrerer Werke dramatischer Tonmeister (Mainz 
1834); Generalbaß-Katechistnus (verschollen). 

Lit.: A. W. Thayer, L. v. Beethovens Leben II, hrsg. 
v. H. Riemann, Lpz. 2 1910; G. Heinrichs, Beitr. zur 
Gesch. d. Musik in Kurhessen, 4 Bde, Homberg 1921 
bis 1925 (Bd IV enthält Gr.s Selbstbiogr.); ders., 
G. Chr. Gr., Lebensbilder aus Kurhessen u. Wal- 
deck I, Marburg 1939; H. Kummer, Beitr. zur Gesch. 
d. Landgräflichen u. Kurfürstlich-hessischen Hof- 
orch.s, Diss. Ffm. 1922, maschr. 

Groß» Paul, * 3. 2. 1898 zu Schwäbisch Gmünd; 
deutscher Komponist, studierte in Stuttgart, wo er 
auch heute lebt, wirkt jetzt als freisdiafFender 
Komponist und schrieb: Orchesterwerke, darunter 
Konzerte für Kl., V., Vc. und für Klar. ; Kammer- 
musik, Klaviermusik und geistliche Chormusik. 

Gross!» Carlo, * in der 1. Hälfte des 17. Jh. zu 
Vicenza ; italienischer Komponist, lebte in Modena, 
war Kapellmeister am Dom von Reggio Emilia, 
1657 an der Accademia Olimpica in Vicenza, 1671 
bis 1685 Sänger an San Marco in Venedig und ab 
1687 maestro di cappella universale in Mantua. Er 
komponierte die Opern La Romilda (Vicenza 1659), 
L'Artaxerse overo VOrmonda costante (Venedig 1669), 
La Giocasta regina d'Armenia (Venedig 1677), tl 
Nicomede in Bitinia (Venedig 1677), Messen, 2-8st. 
Psalmen und Litaneien, 4 Bücher Concerti Ecclesia- 
stici zu 2, 3 u. 4 St., geistliche und weltliche Kan- 
taten sowie ein Divertimento di Grandi (1681). 

Lit.: Fr. Caffi, Storia della musica sacra nella giä 
cappella ducale di San Marco, 2 Bde, Venedig 1854 
bis 1855; T. Wiel, I Codici Musicali Contariniani 
del s. XVII nella R. Bibi, di San Marco, Venedig 
1888; H. Chr. Wolff, Die venezianische Oper in d. 
2. Hälfte d. 17. Jh., Bin 1937; A. Einstein, The Italian 
Madrigal II, Princeton 1949. 

Grossiii (gros'e), Estienne (Grosin, Grossim de 
Parisiis), französischer Komponist der 1. Hälfte des 
15. Jh., war 1418 chapclain an St. Merry in Paris, 


1421 clerc de marines an Notre Dame. Von seinen 
Kompositionen sind erhalten: eine 3st. Messe 
(ohne Agnus dei) und Meßsätze in Aosta, Bologna, 
München, Oxford und den Trienter Codices 87 
und 92 sowie Chansons in Oxford. Eine Chanson 
Liesse m*a mande salut wird im Trienter Codex 87 
Gr., in Oxford Bodl. can. misc. 213 Binchois zu- 
geschrieben. 

Ausg.: eine Chanson, in J. F. R. u. C. Stainer, Dufay 
and his Contemporaries, London 1898; ein Satz, hrsg. 
v. G. Adler u. O. Koller, in DTÖ VII : 2 Sätze, hrsg. 
v. R. v. Ficker, in DTÖ XXXI (= Bd 61). 

Lit. : A. Pirro, La musique ä Paris sous le regne de 
Charles VI, = Slg mw. Abhandlungen I, Straßburg 
1930; ders.. Hist, de la musique de La fin du XIV« 
s. ä la fin du XVI«, Paris 1940; E. Dannemann, 
Die spätgotische Musiktradition in Frankreich u. 
Burgund, Diss. Heidelberg 1936, auch in Slg mw. 
Abh. XXII (fälschlich XVII), Straßburg 1936; G. de 
Van in MD II, 1948, S. 8 ff. u. S. 249 ff.; H. Besseler 
in AMI XXII, 1950, S. 14 ff.; ders. in MD VI, 1952, 
S. 59; G. Reaney in MD IX, 1955, S. 79 ff. 

Großmann, Burckhard, war Fürstlich Säch- 
sischer Amtschösser in Jena und Burgau, forderte 
1616 16 der damals berühmtesten in Sachsen be- 
heimateten Komponisten auf, ihm den 116. Psalm 
in Musik zu setzen. Vertreten sind J. H. Schein, 
M. Franck, R. Michael, M. Praetorius, T. Mi- 
chael, Ghro, M. Altenburg, H. Schütz, Chr. und 
D. Michael, J. Krause, GenßrefF, Demantius, Fi- 
nold, K. Trost, N. Erich. Die Sammlung konnte 
erst 1623 bei Johann Weidener in Dresden er- 
scheinen. Die Deutsche Staatsbibliothek Berlin ist 
Eigentümerin des einzigen vollständig (5 Stimm- 
bücher) erhaltenen Exemplars. 

Großmaim,Chrysostomus, OSB (Walter Gr.), 
* 27. 3. 1892 zu Freiburg im Breisgau, f 28. 2. 1958 
zu Weiler im Allgäu; deutscher Choralforscher, 
trieb in Freiburg im Breisgau humanistische und 
theologische Studien und war dort als Seelsorger 
tätig. Seine musikwissenschaftlichen Studien absol- 
vierte er bei W. Gurlitt, promovierte 1923 über 
Die einleitenden Kapitel des Speculum musicae von 
Johannes de Muris (= Sammlung musikwissen- 
schaftlicher Einzeldarstellungen III, Leipzig 1924) 
und trieb dann noch Choralstudien bei P. Wagner 
in Freiburg (Schweiz). Ab 1926 war er Mönch der 
Erzabtei Beuron. 1948-53 versah Gr. ein Lektorat 
für Gregorianik an der Universität Freiburg im 
Breisgau. Er schrieb: Guido von Arezzo 9 seine 
Stellung in der Musikgeschichte (in Benediktinische 
Monatsschrift XI, 1927) und Fürstabt Martin Ger- 
bert als Musikhistoriker (in Kmjb XXVII, 1932). 

Grossmann» Ferdinand, * 4.7. 1887 zu Tulln 
(Niederösterreich); österreichischer Dirigent und 
Komponist, absolvierte in Linz die Lehrerbildungs- 
anstalt, studierte am Bruckner-Konservatorium 
bei Göllerich und besuchte in Wien die Dirigen- 
tenschule bei F. v. Weingartner. Von 1906 an 
wirkte er an Wiener Schulen, gründete 1923 das 
Wiener Volkskonservatorium und wurde Chor- 
leiter der Singakademie, übernahm in der Folge 
die Direktion des Akademie-Orchesters, des Sing- 
vereins und des Wiener Männergesangvercins, 
wurde 1930 Chordirektor der Wiener Staatsoper, 
1933 geschäftsführender Kapellmeister der Hof- 
musikkapelle, Professor für Gesang an der Staats- 
akademie für Musik, leitete 1939-45 die Wiener 


685 



Großmann 


Sängerknaben, gründete 1946 den Akademie- 
Kammerchor, mit dem er in Europa und Amerika 
reiste, und übernahm 1956 wieder die Leitung der 
Wiener Sängerknaben. Er komponierte ein Streich- 
quartett (1936), eine Cello-Sonate (1947), eine Vio- 
Hn-Sonate (1949), Deutsche Messe a cappella 
(1952) und ein Streichtrio (1955). 

Großmann, - 1) Gustav Friedrich Wilhelm, 

* 30. 11. 1746 zu Berlin, + 20. 5. 1796 zu Hanno- 
ver; deutscher Schauspieler, war zuerst preußischer 
Legationssekretär in Danzig, lebte dann in Berlin, 
befreundet mit Lessing, trat 1774 als Riccaut de la 
Marlini&re in »Minna von Bamhelm« mit Erfolg 
in Seylers Truppe in Gotha auf und blieb fortan 
der Bühne treu. 1778 übernahm er die Direktion 
der Bühne in Bonn. Seine Frau - 2) Caroline 
Sophie Auguste geborene Hartmann, 

* 25. 12. 1752 zu Gotha, f 28. 3. 1784 zu Bonn, 
war eine fähige Schauspielerin und führte zeitwei- 
lig in Bonn die Direktion, während Gr. mit einem 
Teil der Gesellschaft reiste. Musikdirektor ihrer 
Truppe war in Bonn Neefe, in Hannover 1787-90 
B. A. Weber. 

Lit.: Chr. G. Neefe, Biogr. d. Frau Gr., geb. Hart- 
mann, Göttingen 1 784 ; J. Wolter, G. Fr. W. Gr., Diss. 
Bonn 1901. 

Grosz, Wilhelm, * 11. 8. 1894 zu Wien, f 10. 
12. 1939 zu New York; österreichischer Kompo- 
nist, war Schüler der Musikakademie in Wien 
(R. Heuberger, Fr. Schreker), studierte Musikwis- 
senschaft an der dortigen Universität und promo- 
vierte 1920 mit einer Untersuchung über Die Fu- 
genarbeit in W. A. Mozarts Vokal - und Instrumental- 
werken. Nach kurzer Kapellmeistertätigkeit in 
Mannheim (1920/21) lebte er in Wien, ab 1928 in 
Berlin, ab 1934 in London bis zu seiner Übersied- 
lung 1938 nach New York. Gr. war als Pianist ein 
sensibler Spieler und Begleiter; die gleiche Sen- 
sibilität findet sich in seiner aus Gefühlshaftem und 
Groteskem eigentümlich gemischten Musik. In der 
Zeit um 1930 wandte er sich mehr und mehr der 
Unterhaltungsmusik zu und hatte auf diesem Ge- 
biet mit Film- und Tanzmusiken sowie Schlagern 
größere Erfolge. Weiter schrieb er: die einaktige 
Oper Sganaretl (Dessau 1925), ein Tanzmärchen 
Der arme Reinhold (Berlin 1928), ein Tanzspiel Baby 
in der Bar (Hannover 1928) und mehrere Bühnen- 
musiken; für Orch.: 2 phantastische Stücke (Sere- 
nade op. 5, 1916, und Tanz op. 7, 1917), Ouver- 
türe zu einer Opera buffa op. 14, Jazzrhapsodie 
Espanola op. 41 (1937); Symphonischer Tanz op. 24 
für Kl. und Orch. (1930) ; Kammermusik (Streich- 
quartett op. 4, 1915 ; Jazzband für Kl. und V. ; Vio- 
linsonate), Klavierstücke, Orchester- und Klavier- 
lieder. 

Lit: R. S. Hoffmann, W. Gr., in: Musikblätter des 
Anbruch IV, 1922. 

Grote, Gottfried, * 15. 5. 1903 zu Oberfrohna 
bei Chemnitz; deutscher Chorleiter und Musik- 
pädagoge, wurde in Barmen von Deeqen unter- 
richtet, studierte 1924/25 an der Berliner Hoch- 
schule für Musik und 1926/27 bei Boell an der 
Kölner Musikhochschule, wurde Organist in Mön- 
chen-Gladbach und W uppertal, hier auch Chorleiter 
unter von Hoesslin. 1935 ging er als Kantor 
und Dirigent der Kirchenmusikschule nach Ber- 
lin. 1955 wurde Gr. Dirigent des Berliner Staats- 


und Domchors sowie Professor an der Hoch- 
schule für Musik. Er war Herausgeber der Zeit- 
schrift Kirchenchordienst und gab heraus: das Ge- 
sangbuch Ein neues Lied (Berlin und Gelnhausen 
1930/31, »1952); H. Schütz , Cantiones sacrae (Kassel 
o. J.) ; S. Bach , Choralgesänge (mit A. Adrio, Berlin 
1950); Geistliches Chorlied (Berlin 1949, 71955 ); 
Motetten alter Meister (Berlin 1955). 

Grothe, Franz, * 17. 9. 1908 zu Berlin; deutscher 
Unterhaltungskomponist, studierte an der Berliner 
Musikhochsäiule, trat als Pianist in Unterhaltungs- 
kapellen auf und schrieb für diese Arrangements 
sowie Operetten (Vier unter einem Dach und Die 
Nacht mit Casanova) und Musik zu Tonfilmen, dar- 
unter zu Die schwedische Nachtigall Frauen sind 
doch bessere Diplomaten , Dr.Hiob Prätorius , Das 
Haus in Montevideo , Fanfaren der Liebe . 

Grotrian-Steinweg, deutsche Pianofortefabrik 
in Braunschweig, gegründet von Heinrich En- 
gelhard Stein weg (* 22 . 2. 1797 zu Wolfshagen 
im Harz), der 1835 in Seesen sein erstes Tafelkla- 
vier baute und 1850, nachdem er das Seesener 
Geschäft seinem Sohn Carl Friedrich Theodor 
(* 6. 11. 1825 zu Seesen) übergeben hatte, mit den 
anderen Söhnen nach den USA ging, wo er in 
New York, seinen Namen anglisierend, die Firma 
Steinway & Sons gründete. Theodor Stein- 
weg verlegte das Geschäft 1855 nach Wolfen- 
büttel und gewann Friedrich Grotrian (* 13. 1. 
1803 zu Schöningen, f 1860) als Teilhaber; 1859 
wurde die Firma nach Braunschweig verlegt. Als 
Theodor Steinweg 1865 in die Fabrik seines Va- 
ters in New York eintrat, ging die deutsche Firma 
in die Hände von Wilhelm Grotrian (* 12. 8 . 
1843 zu Moskau, f 21. 2. 1917 zu Braunschweig, 
Sohn von Friedrich Gr.), HelfFerich und Schulz 
über. Ab 1886 war Wilhelm Gr. alleiniger Inhaber. 
1895 wurden seine Söhne Willi (1868-1931) und 
Kurt (1870-1929) Teilhaber. 1929 nahmen die 
Mitglieder der Familie Grotrian den Namen Gro- 
trian-Steinweg an. Die heutigen Leiter der Firma 
Erwin (* 1899) und Helmut (* 1900) Gr.-St. sind 
seit 1928 Teilhaber. Die Firma baut Flügel, Pianos 
und Kleinklaviere. Sie hat seit der Jahrhundert- 
wende einen hohen Aufschwung genommen und 
sich durch Erfindung des »homogenen Resonanz- 
bodens « hervorgetan. 

Lit.: Semler, Gr.-St. u. Steinway & Sons, Braun- 
schweig 1923; Grotrian-Steinweg, Unsere Abwehr 
gegen unberechtigte Angriffe, Braunschweig 1926. 

Grout (graut), Donald Jay, *28. 9. 1902 zu Rock 
Rapids (Iowa, USA); amerikanischer Musikfor- 
scher, studierte an der Syracuse University und an 
der Harvard University (1931 A. M., 1939 Ph. D.). 
Er unterrichtete 1936-42 an der Harvard Univer- 
sity, war 1943-45 Assodate Professor an der 
University of Texas und leitet seitdem die Musik- 
abteilung der Comell University in Ithaca (New 
York). Er schrieb A Short History of Opera (2 Bände, 
New York 1947) und ist Mitarbeiter mehrerer 
Lexika und Fachzeitschriften. 

Grove (gio:v), (Sir) George, * 13.8.1820 zu 
Clapham (London), f 28. 5. 1900 zu Sydenham 
(London); englischer Musikschriftsteller, war ei- 
gentlich Ingenieur und baute Leuchttürme, Brük- 
ken usw. 1850 wurde er Sekretär der Society of 


686 



Grub er 


Arts, 1852 Sekretär der Kristallpalastgesellschaft 
und 1873 deren Direktionsmitglied. Von dieser 
Zeit an war er auch redaktionell für den Verlag 
von Macmillan & Co. tätig, redigierte »Macmil- 
lan’s Magazine« und gab 1879-89 ein hochwert- 
volles Dictionary of Music and Musicians heraus 
(4 Bände; Supplement, redigiert von J. A. Füller 
Maitland, 1889; Index von Mrs. E. R. Woodhouse, 
1890; ^1900, 5 Bände, redigiert von J. A. Füller 
Maitland; 31927, 5 Bände, redigiert von H. C. 
Colles; 41940, 5 Bände und Supplement, redigiert 
von demselben; 51954, 9 Bände, redigiert von E. 
Blom), das eingehende Originalstudien von Gr. 
enthält (so über Schubert, Mendelssohn, Beetho- 
ven) und die namhaftesten Musikgelehrten ver- 
schiedener Nationalitäten zu Mitarbeitern zählte 
(u. a. Rimbault, Hipkins, Hopkins, Cummings, 
Füller Maitland, Russell, Martin eau, Barclay Squire, 
Prout, Thayer, C. F. Pohl, Ph. Spitta), auch durch 
eine große Zahl ausgezeichneter Porträts und Ab- 
bildungen alter Instrumente wertvoll ist. Bei Er- 
richtung des Royal College of Music (1882) wurde 
Gr. zu dessen Direktor ernannt und geadelt. 
1894 trat er in Ruhestand. Gr. war auch Haupt- 
mitarbeiter an W. Smith’ s »Dictionary of the 
Bible«, bereiste deshalb zweimal Palästina und war 
bei der Errichtung des Palestine Exploration Fund 
persönlich beteiligt. Er war befreundet mit dem 
berühmten Theologen Dean Stanley, begleitete 
diesen 1878 nach den USA und war Mitherausge- 
ber von dessen literarischem Nachlaß. Sehr ver- 
dienstlich ist auch Gr.s Studie Beethoven and his Nine 
Symphonies (London 1896, deutsch von Max Hehe- 
mann 1906). Auch schrieb er das Vorwort zu »A 
Short History of Cheap Music« (London und New 
York 1887). 

Lit.: Ch. L. Graves, The Life and Letters of Sir G. 
Gr., London 1904; ders., G. Gr., in ML I, 1920. 

HpB 

Groven (griuvan), Eivind, * 8. 10. 1901 zu Lär- 
dal (Telemark); norwegischer Komponist, stu- 
dierte 1925 in Oslo Komposition, bildete sich dann 
autodidaktisch weiter. Seit 1940 erhält er als Kom- 
ponist ein staatliches Gehalt. Neben der Kompo- 
sitionbeschäftigte er sich mit musikalischer Akustik, 
baute in der Fagerborg Kirche, Oslo, eine reinge- 
stimmte Orgel mit automatischer Umschaltung. 
Gr.s Hauptwerke: 2 Symphonien (1951, 1946), die 
Orchestersuiten Renaissance , Fjelltonar und Bryllup 
i Skogen über Volksmusik, Ivar Äsen , Stitte-suite , 
Historiske syner für Orch., Ouvertüre Hjalarliod , 
Brudgommen für Soli, Chor und Orch., Mot bailade 
für Chor und Orch., Telemark-Kantate, Konzert 
für Kl. und Orch. Er legte eine Sammlung norwe- 
gischer Volksmusik an (etwa 1030 Nummern, un- 
gedruckt), schrieb die Abhandlungen Naturskalaen 
(über norwegische Volksmusik, 1927), Temperering 
og^Renstemning (1948), Eskimomelodier fra Alaska 

Grovlez (grovl'e:z), Gabriel Marie, * 4. 4. 1879 
zu Lille, 1 20. 10. 1944 zu Paris; französischer Diri- 
gent und Komponist, studierte am Pariser Conser- 
vatoire bei Didmer (Klavier), Lavignac (Harmonie), 
Gddalge (Komposition und Fuge) und G. Faurd 
(Komposition), begann seine Laufbahn als Klavier- 
virtuose und war 1900-06 Klavierlehrer an der 
Schola Cantorum sowie 1905-08 Chorleiter und 


Dirigent an der Opdra Comique, wurde dann Mu- 
sikdirektor am Thdätre des Arts und 1914 Dirigent 
an der Grand Opdra. Daneben war Gr. 1921 und 
1925 jeweils eine Saison lang Dirigent an der Oper 
in Chicago, 1928-32 an den Opernhäusern in 
Monte Carlo, Kairo und an der Manhattan Opera 
in New York, 1925 auch an S. Carlos in Lissabon. 
1939 übernahm er die Leitung der Kammermusik- 
klassen des Pariser Conservatoire. Er schrieb: die 
Opern Coeur de Rubis (Nizza 1922) und Psychd, den 
Conte lyrique Le Marquis de Carabas, die Ballette 
MaXmouna (Paris 1921), La Princesse au Jardin (Paris 
1941), Le Vrai Arbre de Robinson (New York 1922) ; 
Orchesterwerke, darunter Dans le jardin, Madrigal 
lyrique , La Vengeanee des fleurs, Le Reposoir des 
amants ; Kammermusik und Lieder. Er gab heraus 
Les plus heiles pibces de clavessin de VEcole Jrangaise 
(2 Bände, London 1919), war Mitherausgeber der 
Werke Rameaus und veröffentlichte De V Initiative 
ä Vorchestration (Paris 1946). 

Grua, Paul (eigentlich Francesco de Paula 
Gr.), * 2. 2. 1754 zu Mannheim, t 5. 7. 1833 zu 
München; deutscher Komponist italienischer Her- 
kunft, Sohn des kurfürstlichen Kapellmeisters 
Carlo Pietro Gr. (* um 1700 zu Mailand, f 1773 
zu Mannheim, Komponist von Opern und Ora- 
torien), war Schüler Holzhauers und auf Kosten 
des Kurfürsten Karl Theodor von Padre Martini 
und Traetta, kehrte nach Mannheim zurück, ging 
1778 mit dem Hof nach München und avancierte 
1784 zum Hofkapellmeister (Nachfolger seines 
Vaters). Außer einer Oper Telemaco (München 
1780) schrieb Gr. nur Kirchen- und Orchester- 
werke: etwa 30 Orchestermessen, 6 Vespern, 29 
Offertorien und Motetten, 6 Miserere, 3 Stabat 
Mater, 3 Te Deum, 3 Requiem, Psalmen, Respon- 
sorien und Konzerte für KL, Klar, und Fi. 

Gruber, Franz Xaver, * 25. 11. 1787 zu Unter- 
weizberg (Pfarrei Hochburg im Innviertel), f 7. 6. 
1863 zu Hallein; österreichischer Organist und 
Chorregent, ist der Komponist von Stille Nacht, 
heilige Nacht (1818). 

Lit.: O.E. Deutsch, Fr. Gr.s Stille Nacht, Wien 
1937. 

Gruber, Georg, * 27. 7. 1904 zu Wien; öster- 
reichischer Dirigent, studierte an der Musikhoch- 
schule in Wien, promovierte bei G. Adler mit 
einer Arbeit über Das deutsche Lied in der Inns- 
brucker Hofkapelle des Erzherzogs Ferdinand, leitete 
1930-37 die Wiener Sängerknaben, mit denen er 
Gastreisen durch Europa und beide Amerika unter- 
nahm, und trat dann als Dirigent in England, 
Frankreich und Mexiko auf. 

Gruber, - 1) Georg Wilhelm, * 22. 9. 1729 und 
t 22. 9. 1796 zu Nürnberg; deutscher Komponist 
und Violinist, wirkte in seiner Vaterstadt als Vio- 
linist, Kapellmeister und Musikverleger. Seine 
Kirchenmusik blieb Manuskript, dagegen er- 
schienen in Nürnberg Kammermusikwerke und 
Lieder. Sein Sohn -2) Johann Sigmund, *4. 12. 
1759 und 1 3. 12. 1805 zu Nürnberg, war Advokat. 
Er schrieb: Literatur der Musik (Nürnberg 1783, 
Frankfurt am Main 2 1792); Beiträge zur Literatur 
der Musik (Nürnberg 1785, Frankfurt am Main 
und Leipzig 2 1790) ; Biographien einiger Tonkünstler 
(Frankfurt am Main und Leipzig 1786). 


687 



Gruber 


Gräber, Josef, * 18. 4. 1855 zu Wösendorf bei 
Krems (Niederösterreich), f 2. 12. 1933 zu Linz; 
österreichischer Kirchenmusiker, war Schüler 
Bruckners, wurde 1878 Stiftsorganist in St. Florian 
bei Linz, 1906 Musikprofessor an der Privat- 
Lehrerbildungsanstalt in Linz. Von seinen Werken 
wurden gedruckt: Te Deum op. 38, eine Anzahl 
großer Messen mit Instrumentalbegleitung (op. 14 
St. Peter , op. 48 St. Augustinus , op. 30 St. Gregor , 
op. 79 Caecilia, op. 86 St. Rupert, op. 92 Weih- 
nachten, op. 108 Kaiserjubiläum ), Lauretanische Li- 
tanei, Karfreitagskantate ; auch ein Handbuch für 
Organisten (3 Teile) und eine Gesangschule op. 258. 
Unter dem Namen Wösendorfer ließ er seine 
Theresienmesse op. 31 erscheinen. Er schrieb Meine 
Erinnerungen an Dr. Anton Bruckner (Einsiedeln 
1928). 

Lit. : K. Weinmann, Gesch. d. Kirchenmusik, Kemp- 
ten 1913; J. Gurtner, Die kath. Kirchenmusik 
Österreichs im Lichte d. Zahlen, Baden bei Wien 1936. 


beim Konzertverein und an der Oper in Wien. 
1913-30 war er Mitglied des von ihm mitgegrün- 
deten Busch-Quartetts, unternahm auch Konzert- 
reisen mit einem eigenen Kammerorchester. Als 
Lehrer wirkte er an der Musikakademie in Wien 
(1907-13, 1940-46) sowie an den Musikhochschu- 
len Köln (ab 1926) und Berlin (ab 1933). 1946 über- 
siedelte er nach der Schweiz, wo er seit 1951 in 
Zürich und Zermatt Meisterkurse abhält. G., der 
in der Zeit seiner solistischen Tätigkeit als einer der 
besten deutschen Violoncellisten galt, erwarb sich 
besondere Verdienste um die Wiederaufnahme 
des Gambenspiels, u. a. durch die Veröffentlichung 
seiner Gambenschule (Leipzig 1925). Neben meh- 
reren Lehrwerken für das Violoncello (darunter 
Grundlagen des Violoncellspiels , Berlin 1956) gab er 
eine Reihe älterer Werke (vor allem Bachs) für sein 
Instrument heraus, außerdem eine Faksimile-Aus- 
gabe der Bachschen Solo-Suiten für Vc. (Wien 
1944). 


Gruber, Roman Üjitsch, * 2. (14.) 12. 1895 zu 
Kiew; russischer Musikforscher, studierte 1914-16 
am Petrograder Konservatorium, dann bei Assaf- 
jew an der Musik-Fakultät des Russischen Kunst- 
historischen Instituts, dem er ab 1922 als Mitglied 
angehörte. Musikgeschichtliche Vorlesungen hielt 
er 1936-42 am Konservatorium in Leningrad, seit- 
dem in Moskau. Gr. schrieb vor allem ästhetische 
Aufsätze, Biographien von R. Wagner (1934) und 
Händel (1935) sowie eine großangelegte Istorija 
musvkalnoi kultury (3 Bände, Moskau und Lenin- 
grad 1941-53). 

Grüber, Arthur, * 21. 8. 1910 zu Essen; deut- 
scher Dirigent und Komponist, erhielt seine musi- 
kalische Ausbildung vor allem an den Folkwang- 
schulen in Essen (Ludwig Weber) und der Hoch- 
schule für Musik in Köln (Braunfels, Abendroth). 
1932 kam er als Repetitor ans Opernhaus Frank- 
furt, war dort 1934-38 Kapellmeister, ging 1938 
als Opemdirektor nach Wuppertal, 1939 als 1. Ka- 
pellmeister an das Deutsche Opernhaus Berlin und 
wurde 1944 GMD in Halle. 1947 wurde er musi- 
kalischer Oberleiter der Hamburger Staatsoper, 
war 1951-55 an der Komischen Oper Berlin und 
kam 1955 als GMD nach Braunschweig, wo er 
auch an der Staatsmusikschule lehn. Er schrieb die 
heitere Oper Trotz wider Trotz (Hamburg 1948) 
und die Kantate Ode an den Frieden (1954). 


Grümmer, Elisabeth, * zu Niedegeutz bei 
Diedenhofen; deutsche Sängerin (lyrischer So- 
pran), wirkte zunächst als Schauspielerin in Mei- 
ningen. Ihre Opemlaufbahn begann erst 1941 in 
Aachen und führte sie über Duisburg (1942) 1946 
an die Städtische Oper Berlin, der sie noch jetzt 
angehört. Die Klarheit und Innigkeit ihrer in 
allen Registern ausgeglichenen Stimme kommen 
besonders in Oratorien (J. S. Bach, Matthäuspas- 
sion; Mozart, Requiem; Br ahm s, Ein deutsches 
Requiem) zur Geltung, doch ist sie auch als 
Bühnendarstellerin (Mozart, R.Wagner, R. Siauss) 
international bekannt geworden. 

Grümmer, Paul, * 26. 2. 1879 zu Gera; deut- 
scher Violoncellist und Gambist, Schüler von J. 
Klengel am Konservatorium in Leipzig und von 
H. Becker in Frankfurt, unternahm bis 1905 Kon- 
zertreisen in England, wirkte dann als Solocellist 


Grünberg, Louis, * 3. 8. 1884 zu Brest-Litowsk; 
russischer Komponist, studierte in New York, bei 
Busoni in Berlin und Wien Klavier sowie bei Fr. 
E. Koch in Berlin Komposition, war Pianist in 
Deutschland, dann in den USA. Gr. ist Mitgrün- 
der der League of Composers (USA). Er schrieb 
Orchesterwerke, darunter 4 Symphonien, 2 Kla- 
vier-, ein Violin- (für Heifetz) und ein Violoncello- 
konzert, Jazz-Suite; Opern, darunter The Bride of 
the Gods (Text von Busoni), The Emperor Jone ; 
The Daniel Jazz für Singst, und 8 Instr. sowie 
Klavier-, Kammer- und Vokalmusik, auch für 
Jazz-Ensembles. 

Grüner-Hegge, Odd, * 23.9.1899 zu Oslo; 
norwegischer Komponist, Pianist und Dirigent, 
trat, nach seinem Musikstudium bei Winterhjelm, 
am Osloer Musikkonservatorium (Komposition), 
bei Larsen und Backer-Gröndahl (Klavier) und bei 
Weingartner (Direktion), 1917 als Komponist, 
1918 als Pianist, 1927 als Dirigent zum erstenmal 
an die Öffentlichkeit, schrieb 1925-30 Musikkri- 
tiken im »Dagbladet«, Oslo. Seit 1931 dirigiert er 
die Füharmomsk Selskap Oslo (1945 Musikdirek- 
tor), war gleichzeitig 1932-37 Dirigent am Osloer 
Nationaltheater und bereiste als Gastdirigent die 
nordischen und westeuropäischen Länder. Er 
schrieb verschiedene Klavierwerke, ein Klaviertrio 
(1919, Neufassung 1952) und Elegy für Streich- 
orch. 

Grünfeld, - 1) Alfred, * 4. 7. 1852 zu Prag, f 4. 
1. 1924 zu Wien; deutscher Pianist und Kompo- 
nist, Schüler des Prager Konservatoriums und Th. 
Kullaks in Berlin, war Königlich preußischer Hof- 
pianist, wurde 1913 Professor, lebte in Wien. Gr. 
schrieb die Operette Der Lebemann (Wien 1903), 
die komische Oper Die Schönen von Fogaras (Dres- 
den 1907) und Klavierstücke ( Ungarische Fantasie 
op. 55). Seine Konzertparaphrasen Joh. Strauß- 
scher Walzer, für deren charmanten Vortrag er 
berühmt war, wurden nach seinem Tode heraus- 
gegeben. - 2) Heinrich, * 21. 4. 1855 zu Prag, 
f 26. 8. 1931 zu Berlin; Bruder von Alfred Gr., 
deutscher Violoncellist, Schüler des Prager Kon- 
servatoriums, war 1876-84 Violoncellolehrer an 
Kullaks Akademie in Berlin, gründete 1878 mit 
X. Scharwenka und G. Holländer seine Abonne- 


688 



Gmnewald 


ment-Konzerte, die bis 1930 bestanden. 1904 wurde 
er zum Professor ernannt. Gr. schrieb eine Auto- 
biographie In Dur und Moll (Leipzig und Zürich 
1923). 

Grünwald, Richard, * 13. 3. 1877 zu Budapest; 
deutscher Zitherspieler und Komponist, gründete 
1912 in Bad Honnef einen Musikverlag, in dem er 
1919-38 die Zeitschrift »Muse des Saitenspiels« 
herausgab. 1933-35 war er Dozent für Zither, 
Schoßgeige und Gitarre am Stemschen Konser- 
vatorium in Berlin, übersiedelte 1938 nach Wien 
und wurde 1942 Professor. Gr. ist Verfasser des auf 
sycho-physiologischer Grundlage aufgebauten 
chulwerks Meine Methode . Er schrieb zahlreiche 
Stücke für sein Instrument. 

Lit. : Fs. zur Feier d. 50. Geburtstages R. Gr.s, hrsg. 
v. d. Deutschen Zitherkonzert-Ges., Düsseldorf 
1927. 

Gr^tzmacher, - 1) Friedrich Wilhelm Lud- 
wig, * 1. 3. 1832 zu Dessau, f 23. 2. 1903 zu Dres- 
den; deutscher Violoncellist und Komponist, Sohn 
eines Kammermusikers, erhielt von diesem den 
ersten Musikunterricht und wurde von K. Drechs- 
ler im Violoncellspiel ausgebildet, während Fr. 
Schneider ihn in der Theorie unterrichtete, 1849 
Nachfolger B. Cossmanns als 1. Violoncellist des 
Gewandhausorchesters und zugleich als Lehrer 
seines Instruments am Konservatorium angestellt, 
bis ihn J. Rietz 1860 nach Dresden zog. Dort 
wirkte er mit dem Titel eines Königlichen Kam- 
mervirtuosen als eine der größten Zierden des 
Hoforchesters. Gr. war nicht nur einer der hervor- 
ragendsten Violoncellisten, sondern auch ein ge- 
schätzter Komponist für sein Instrument und vor- 
züglicher Lehrer; seine Schüler sind u. a. sein 
Bruder Leopold, Hilpert, E. Hegar, W. Fitzen- 
hagen, H. Becker, O. Brückner. Gr. schrieb eine 
Hohe Schule des Violoncellspiels (Leipzig 1891), Vor- 
trags- und Übungsstücke für Vc. (3 Cello-Roman- 
zen mit Orch. op. 19, Violoncellokonzert E moll 
op. 46), auch Orchesterwerke (Konzertouvertüre 
D dur op. 54), Kammermusikwerke, Klavier- 
stücke und Lieder. Auch gab er Cherubinis 1815 
für London geschriebene »Konzertouvertüre« erst- 
malig heraus. Sein Bruder - 2) Leopold, * 4. 9. 
1835 zu Dessau, + 26. 2. 1900 zu Weimar, wurde 
gleichfalls von K. Drechsler im Violoncellspiel 
und von Fr. Schneider in der Theorie unterwiesen, 
später in Leipzig von seinem Bruder weiter ausge- 
bildet, war einige Zeit Mitglied des Theater- und 
Gewandhausorchesters in Leipzig, später 1. Vio- 
loncellist der Hofkapelle in Schwerin, danach am 
Landestheater in Prag, von wo er in die Meininger 
Hofkapelle berufen wurde. Ab 1876 war er 1. Vio- 
loncellist mit dem Titel Kammervirtuose in Wei- 
mar. Auch er war Komponist für sein Instrument 
(2 Violoncellokonzerte und kleinere Stücke). Leo- 
polds Sohn - 3) Friedrich, * 2. 10. 1866 zu Mei- 
ningen, t 25- 7. 1919 zu Köln, war Schüler seines 
Vaters und seines Onkels, einige Jahre 1. Violon- 
cellist der Hofkapelle in Sondershausen, von wo er 
1888 nach Budapest (Theaterorchester) ging. 1894 
wurde er Professor am Kölner Konservatorium. 

Grumiaux (grümj'o:), Arthur, * 21. 3. 1921 zu 
Villers-Perwin; belgischer Violinist, lebt in Rhode 
St. Gen&se, verließ bereits als 11 jähriger das Kon- 
servatorium von Charleroi mit Auszeichnung und 


bezog 1932 das Brüsseler Conservatoire, wo er 
bei Alfred Dubois weitere Violinstudien trieb, 
mehrfach Diplome und 1940 den Vieuxtemps- 
Preis erwarb, 1943 mit dem 1. Preis im Nationalen 
Violin- Wettbewerb ausgezeichnet. 1949 wurde er 
zum Violinprofessor am Brüsseler Conservatoire 
ernannt. Er setzt die belgische Geigenschule der 
Linie Vieuxtemps-Ysaye-Thomson fort. 

Grund, Friedrich Wilhelm, * 7. 10. 1791 und 
1 24. 11. 1874 zu Hamburg; deutscher Komponist 
und Kapellmeister, wurde von seinem Vater und 
einem Onkel, die beide Ratsmusiker waren, aus- 
gebildet (Violine und Violoncello), konzertierte 
und wurde ein gesuchter Lehrer, gründete 1819 
die Singakademie in Hamburg und leitete 1828-63 
die Philharmonischen Konzerte. Gr. schrieb meh- 
rere Opern, Symphonien, Quartette, Klavier-, 
Cello- und Violinsonaten, ein Quartett für Kl. und 
Blasi n strumente, eine 8st. Messe, Klavierstücke, 
von denen R. Schumann die Etüden hervorhob. 

Lit.: R. Schumann in NZfM III, 1836; T. Av£- 
Lallemand, Rückerinnerungen eines alten Musi- 
kanten, Hamburg 1878; J. Sittard, Gesch. d. Musik- 
u. Concertwesens in Hamburg, Altona u. Lpz. 1890; 
K. Stephenson, 100 Jahre Philharmonische Ges. in 
Hamburg, Hbg 1928. 

Grundig, Johann Zacharias, * 1. 8. 1669 zu 
Berggießhübel, t 14. 6. 1721 zu Dresden; deut- 
scher Kantor, wirkte ab 1715 als Kantor an der 
Dresdner Kreuzkirche, deren kirchliche Auffüh- 
rungen unter ihm einen Aufschwung nahmen. Von 
ihm stammt die Abschrift, die uns die Passionen 
von H. Schütz (mit Ausnahme der Johannes-Pas- 
sion) erhalten hat (Stadtbibliothek Leipzig). 

Lit.: K. Held in VfMw X, 1894, S. 315 ff.; H. J1 
Moser, H. Schütz, Kassel 1936, Kassel u. Base. 
21954. 

Grunenwald (griinev'ald), Jean-Jacques, *2. 2. 
1911 zu Cran-Gevrier bei Annecy (Haute-Savoie); 
französischer Komponist und Organist von Schwei- 
zer Herkunft, studierte bei Duprd am Pariser Con- 
servatoire, wurde 1939 für seine Kantate La Farce 
du Mari fondu mit einem 2. Rompreis ausgezeich- 
net, war 1936-45 Vertreter Dupr6s an St-Sulpice, 
unternahm Konzertreisen als Organist und wurde 
1956 Organist an St-Pierre-de-Montrouge. Kom- 
positionen: Orchesterwerke, darunter Fites de la 
lumibre (1937), Bethsabie (1943) und Ouvertüre pour 
un drama sacri (1954); Kammermusik, darunter 
eine Tanzsuite für Clavecin; Orgelwerke (Deux 
Suites , Quatre EUvations , Cinq Pieces pour Vojfice 
divin). 

Lit. : N. Dufourcq, La Musique d’orgue frangaise, 
Paris 1941, 21949 ; a. Machabey, Portraits de 30 
Musiciens fr?, contemporains, Paris 1949; P. Denis 
in: L’Orgue Nr 72, 1954. 

Grüner, Nathanael Gottfried, getauft 5. 2. 1732 
zu Zwickau, f 2. 8. 1792 zu Gera; deutscher Kan- 
tor und Musikdirektor in Gera (ab 1764), war um 
1760-85 ein angesehener Komponist von Klavier- 
sonaten und -konzerten, auch kirchlichen Vokal- 
werken. 

Lit.: H. Pfaff, N. Gr., Diss. Lpz. 1942, maschr. 

Grynewald, Gottfried, * 20. 1. 1857 zu Quenr- 
stadt (Mansfelder Gebirgskreis), f 2. 4. 1929 zu 
Magdeburg; deutscher Dirigent; studierte 1873-76 


44 


689 



Grann 


in Weimar, war 1882 Musiklehrer in Magdeburg, 
ab 1885 dort Chordirigent, 1901 Gründer des Or- 
chestervereins Philharmonie. Gr. schrieb : 3 Opern, 
Orchesterwerke (teilweise mit Chor); Manner- 
und gemischte Chöre, Lieder. 

Gnum (giAn), John Homer, * 5. 5. 1880 zu 
West Salem (Wisconsin), f 6. 6. 1944 zu Los An- 
geles; amerikanischer Pianist und Komponist, 
studierte in Chicago und am Stemschen Konser- 
vatorium in Berlin, lehrte 1903-07 am Chicago 
Music College, wurde 1907 Leiter der Klavier- 
klassen an der Arizona School of Music in Phoenix 
und gründete 1910 in Los Angeles das »Brahms 
Quintet«. Gr. schrieb Operetten, Ballette, Orche- 
ster- und Klaviermusik. 

Grunsky, Karl, * 5. 3. 1871 zu Schornbach bei 
Schorndorf (Württemberg), + 2. 8. 1943 zu Vai- 
hingen; deutscher Musik schriftsteiler, promovierte 
1893 zum Dr. phil. und lebte in Stuttgart, anfäng- 
lich als politischer Schriftsteller (Zeitschrift Neues 
Leben 1895), ging aber bald ganz zur Musik über, 
in der er in der Hauptsache Autodidakt war. Gr. 
war 1895-1908 Musikreferent des Schwäbischen 
Merkur, 1904/05 auch Musikredakteur des Kunst- 
wart, 1906-13 Mitarbeiter am Wagner-Jahrbuch 
(Wagner als Symphoniker , Rhythmik im Parsifal , 
Reim und Fortn in den Meistersingern), den Bayreu- 
ther Blättern und anderen Zeitschriften. Er schrieb : 
Musikästhetik (Leipzig 1907, 4 1923) ; für die Samm- 
lung Göschen Musikgeschichte des 17. Jahrhunderts 
(Leipzig 1905, 31925), Musikgeschichte des 18. Jahr- 
hunderts (Leipzig 1905, 2 1914), Musikgeschichte des 
19. Jahrhunderts (Leipzig; 1902, 4 1923 in 2 Bänden) ; 
ferner: Die Technik des Klavierauszugs (Leipzig 
1911); Bachs Bearbeitungen und Umarbeitungen frem- 
der Werke (Bach-Jahrbuch IX, 1912); Das Christus- 
Ideal in der Tonkunst (Leipzig 1920) ; Anton Bruckner 
(Stuttgart 1922); Franz Liszt (Leipzig 1924); Der 
Kampf um deutsche Musik (Stuttgart 1933) sowie 
Hugo Wolf (Leipzig 1928); R. Wagner (Stuttgart 
1933); Lessing und Herder als Wegbereiter R. Wag- 
ners (Stuttgart 1933); Volkstum und Musik (Eß- 
lingen 1934) ; Fragen der Bruckner-Auffassung (Stutt- 
gart 1936). 

Gruppe (giAp), Paolo Mesdag, * 1. 9. 1891 zu 
Rochester (New York); amerikanischer Violon- 
cellist, studierte am Konservatorium im Haag, am 
Conservatoire in Paris und bei Casals, debütierte 
1907 im Haag, reiste durch Mittel- und West- 
europa und ging 1909 wieder nach den USA, wo 
er als Solist mit führenden Orchestern auftrat. 

Grus, L*, et Cie. (grii), französischer Musikverlag, 
gegen 1830 in Paris gegründet von Alexandre 
Gr., dessen Nachfolger sein Sohn Ldon Gr. 
(t 1902) und dessen Sohn Lu eien Gr. wurden. 
Der Verlag enthält Werke von Donizetti, B. Go- 
dard, Gounod, Bourgault-Ducoudray, A. Geor- 
ges, Verdi, Rossini, Holmes, C. Franck, V. Massd. 

Gsovsky, Tatjana, * 18.3.1902 zu Moskau; 
russische Tänzerin und Choreographin, erhielt 
ihre Ausbildung in St. Petersburg und kam in den 
20er Jahren nach Berlin, wo sie seit 1928 auch päd- 
agogisch tätig ist. 1945-52 war sie Ballettmaste- 
rin der Berliner Staatsoper und leitet seither eine 
eigene Tanzschule und -gruppe (»Berliner Ballett«) 


sowie seit 1958 das Ballett der Städtischen Oper 
Berlin. Als Choreographin leistet sie besonders in 
der Umsetzung dramatischer Stoffe in die Sprache 
des klassischen Balletts Hervorragendes (Prokof- 
jew »Romeo und Julia« Berlin 1948, Blacher 
»Hamlet« Berlin 1950, Egk »Joan von Zarissa« und 
»Die chinesische Nachtigall« München 1953, Nono 
»Der rote Mantel« Berlin 1954). 

Guadagni (güad'ajii), Gaetano, * um 1725 zu 
Lodi oder Vicenza, + 1792 zu Padua; italienischer 
Sänger (Kastrat, Altist), sang 1747 in Parma, ging 
1748 nach London, wo er Handels Aufmerksam- 
keit erregte, 1751 nach Dublin, 1754 nach Paris, 
1755 nach Lissabon und kehrte nach Italien zurück, 
wo Gluck für ihn den »Tdemacco« schrieb; in 
Wien kreierte er den »Orfeo« (1762). 1769 ging er 
wieder nach London, ab 1774 lebte er in Padua. 
Er war als Darsteller ebenso bedeutend wie als 
Sänger. 

Lit.: Ch.Burney, The Present State of Music in 
Germany, the Netherlands and United Provinces, 
2 Bde, London 1773, *1775; F. Haböck, Die Kastra- 
ten u. ihre Gesangskunst I, Stuttgart 1927. 

Guadagnini (güadaji'ini), italienische Geigen- 
bauerfamilie: - 1) Giuseppe (I), arbeitete um 
1700 in Brescia. Seine Söhne: - 2) Giovanni 
Baptista (1), * um 1685 zu Piacenza, f nach 1770; 
wirkte in Piacenza, nach 1750 in Mailand und zu- 
letzt in Parma, - 3) Giovanni Antonio, lebte 
1750 in Turin, und - 4) Lorenzo (I), * vor 1695 
und f nach 1760 vermutlich zu Cremona; war an- 
geblich Schüler und Geselle A. Stradivaris, besaß 
in Piacenza eine Werkstatt. - 5) Giuseppe (II; 
enannt Soldato), * 1736, f nach 1805; Sonn und 
chüler von Giovanni Baptista (I), arbeitete in 
Mailand, Como, ab 1760 in Parma und nach 1790 
in Pavia. - 6) Giovanni Baptista (II), * 1711 zu 
Cremona, f 18. 8. 1786 zu Turin; Sohn Lorenzos 
(I), bezeichnet sich als Schüler A. Stradivaris, 
wirkte um 1740 in Piacenza, 1749-58 in Mailand, 
1759-71 als Geigenbauer am Hof des Herzogs Phi- 
lipp in Parma, anschließend in Turin. Neben sei- 
nem Vater gilt er als der bedeutendste Meister der 
Familie G. Die Werkstatt in Turin wurde weiter- 
geführt von seinen Söhnen: - 7) Gaetano (I), 

* um 1750 zu Mailand, f 5. 2. 1817 zu Turin; 
- 8) Lorenzo (II), * vermutlich 1753 zu Mailand, 
t nach 1800 vermutlich zu Turin; - 9) Carlo, 

* um 1768 zu Parma, f 20. 11. 1816; er beschäf- 
tigte sich hauptsächlich mit Reparaturen und baute 
Mandolinen und Gitarren. Seine Söhne waren: - 
10) Felice, wirkte um 1830 in Turin, - 11) Gae- 
tano (II), f um 1852 zu Turin, leitete die Werk- 
statt seines Vaters in Turin, und - 12) Gioacchino, 
der als Geigenhändler um 1827 in Paris nachge- 
wiesen ist. - 13) Antonio, * 1831 und f um 1881 
zu Turin; arbeitete als Nachfolger seines Vaters 
Gaetano (II) in Turin, gefolgt von seinem Sohn - 
14) Francesco, * 1863 und f 15. 12. 1948 zu 
Turin; übernahm 1883 die Werkstatt seines Va- 
ters und baute gesuchte Violinen und Violoncelli. 
Ihm folgte sein Sohn - 15) Paolo , * 1908 zu Turin, 
t 28. 12. 1942 bei der Torpedierung eines Schiffs 
im Mittelmeer. 

Lit.: W. L. v. Lütgendorff, Die Geigen- u. Lauten- 
macher vom MA bis zur Gegenwart, 2 Bde, Ffm. 
1904, 5-61922; E.N. Döring, The G. Family, in: 


690 



Guamieri 


Violins and Violinists IV, 1942, und XIII, 1951; 
ders., The G. Family of Violin Makers, Chicago 
1949; K. Jalovec, Ital. Geigenbauer, deutsch v. B. 
Wiener, (Prag 1957). HpB 

Gu^mi (Guammi), - 1) Francesco, * 1544 und 
j- 1601 zu Lucca; italienischer Komponist, war 
1568-80 Posaunist der Münchner Hofkapelle, 1588 
Kapellmeister des Markgrafen Philipp II. in Baden- 
Baden, später Kapellmeister an Kirchen in Venedig 
und Udme. Von ihm sind 3 Bücher 4-5st. Madri- 
gale (1588, 1593, 1598) und ein Buch 2st. Ricercari 
(1588) in Venedig erschienen. Sein Bruder - 2) 
Gioseffo (Giuseppe), * um 1540 und f 1611 zu 
Lucca; italienischer Komponist, war vermutlich 
Schüler Willaerts, 1568-79 Herzoglicher Kapell- 
organist in München, 1588-91 1. Organist der 
Markuskirche in Venedig neben G. Gabrieli als 
2. Organisten, später Organist der Kathedrale 
seiner Vaterstadt. G. war sehr angesehen, auch als 
Komponist. V on ihm wurden in Venedig gedruckt : 
3 Bücher 5st. Madrigale (1565, . . , 1584), 5-10st. 
Sacrae cantiones (1585), 4-8st. Canzonette alla 
Francese für Org. (1601). In Sammelwerken er- 
schienen weitere Madrigale, Motetten, Messen und 
Instrumentalkanzonen. Seine Söhne : - 3) V alerio , 
* 1567, 1 4. 9. 1649 zu Lucca; italienischer Kompo- 
nist, wurde 1615 Organist an S. Martino und 1632 
Superintendent der Cappella della Signoria in 
Lucca. Er schrieb Oratorien und Motetten. - 
4) Vincenzo, f 1615 zu Lucca; italienischer Or- 
ganist, war an S. Martino in Lucca angestellt, zeit- 
weise auch Hofkapellorganist des Erzherzogs Al- 
brecht in Antwerpen. 

Ausg.: zu G. G.: Miserere nostri Domine, hrsg. v. 
S. W. Dehn, Slg älterer Musik, Bin 1837; 7 Motetten 
u. eine Messe, hrsg. v. F. Commer in: Musica Sacra 
XVII u. XVIII, 1839 ff.; Toccata f. Org. in Torchi 
III. 

Lit.: Fr. Caffi, Storia della musica sacra nella giä 
Cappella DucalediS. Marco, 2 Bde, Venedig 1854-55 ; 
O. zur Nedden in ZfMw XII, 1929/30, S. 90 f.; A. 
Bonaccorsi, I G. da Lucca, in: Note d’Arch. XV, 
1938. HpB 

Guarino (guar'ino), Piero, * 20. 6. 1919 zu 
Alexandria; italienischer Pianist, Dirigent und 
Komponist, kam nach Abschluß seines Musik- 
studiums am Konservatorium von Athen (1939) 
mit einem Stipendium nach Rom, wo er seine 
Ausbildung u. a. bei Casella vervollkommnete. 
1943-48 gab er Konzerte in Italien, Griechenland 
und Ägypten, trat 1948 auch als Dirigent auf. Seit 
1950 leitet er das von ihm gegründete Konserva- 
torium von Alexandria und widmet sich beson- 
ders den Werken zeitgenössischer Komponisten. 
Er schrieb eine Sinfonia per archi con quartetto princi- 
pale (1946), 12 Stücke für 10 Instr. (1945), ein Kla- 
vierkonzert (1948), Kammermusik, Klaviermusik 
und Lieder. 

Guarn^rius (Guameri, Guamieri), Cremoneser 
Geigenbauerfamilie: - 1) Andrea, * vor 1626 ver- 
mutlich zu Cremona, t 7- 12. 1698 zu Cremona; 
Schüler von N. Amati. Seine Instrumente stehen 
weit hinter denen seines Enkels Giuseppe Antonio 
zurück. - 2) Pietro Giovanni, * 18. 2. 1655 zu 
Cremona, + 26. 3. 1720 zu Mantua, ältester Sohn 
und Schüler des vorigen, arbeitete anfangs in Cre- 
mona, später in Mantua, wo er auch als Violinist 
in der Hofkapelle des Herzogs Ferdinand Karl tätig 


war. Seinen Instrumenten, die geschätzt werden, 
fehlt das Brillante. - 3) Giuseppe Giovanni Bat- 
tista, * 25. 11. 1666 und f uni 1739 zu Cremona, 
jüngster Sohn des Andrea, dessen Werkstatt er 
fortführte. Seine teilweise denen Stradivaris nach- 
gebildeten Instrumente stehen in Ansehen. Seine 
Söhne: - 4) Pietro, * 14. 4. 1695 zu Cremona, 
t 7. 4. 1762 zu Venedig; arbeitete ab 1725 in Ve- 
nedig, baute nach den Mensuren seines Vaters. - 
5) Giuseppe Antonio (genannt G. del Gesü, 
weil seine Marke vielfach mit dem Zeichen JHS 
auftritt), * 21. 8. 1698 und + 17. 10. 1744 zu Cre- 
mona; war der berühmteste Geigenbauer der 
Familie, dessen Arbeiten aus der Mitte seiner 
Schaffensperiode mit den besten Stradivari, bei 
dem G. in die Lehre gegangen sein soll, wett- 
eifern, während seine letzten minderwertig sind, 
was man durch allerlei Legenden aus seinem Leben 
erklärt: er soll nämlich einen abenteuerlichen Le- 
benswandel geführt, zuletzt stark getrunken haben 
und im Gefängnis gestorben sein. Die schlechten 
Instrumente soll er im Gefängnis gebaut haben, 
wo ihm nicht das beste Matanal zur Verfügung 
stand. Paganinis Instrument war eine del Gesü. 
Lit.: Fr.-J.F6ns, A. Stradivari, Paris 1856; G. De 
Piccolelus, Liutai antichi e modemi, Florenz 1 885, 
Supplement ebenda 1886; W. L. v. Lütgendorff, 
Die Geigen- u. Lautenmacher vom MA bis zur Ge- 
genwart, 2 Bde, Ffm. 1904, 5-61922; H. Petherick, Jo- 
seph G., London 1906; A. Fuchs, Taxe d. Streich- 
instrumente, Lpz. 1907, bearb. v. H. Edler Ffm. 
51955; H. Wenstenberg, Joseph G. del Gesü, Bin 
1921 ; W. H. Hill, A. F. Hill u. A. E. Hill, The 
Violin Makers of the G. Family, London 1931; F. 
Farga, Geigen u. Geiger, Zürich 1940, 3(1950); K. 
Jalovec, Ital. Geigenbauer, deutsch v. B. Wiener, 
(Prag 1957). HrB 

Guami?ri, Mozart Camargo, * 1. 2. 1907 zu 
TietS (Säo Paulo) ; brasilianischer Komponist, stu- 
dierte in Säo Paulo und bei Koechlin in Paris, ging 
nach Brasilien zurück, wo er durch seine Kompo- 
sitionen bald bekannt wurde. G. ist Mitgründer 
der Academia Brasileira de Musica, Kompositions- 
lehrer an der Academia Paulista de Musica und 
Leiter der Orquestra Sinfönica Munidpal in Säo 
Paulo. Daneben ist G. im staatlichen Erziehungs- 
wesen tätig. Er schrieb: die komische Oper Pearo 
Malazarte (1932) ; 3 Symphonien, Orchestersuiten; 
2 Klavier- und 2 Violinkonzerte; Kammer- und 
Klaviermusik; die Kantate The Flyer* s Death\ 
Chorwerke und Lieder. 

Guarni$ri, - 1) Francesco de, * 5. 6. 1867 zu 
Adria, f 16. 9. 1927 zu Venedig; italienischer Vio- 
linist und Komponist, studierte 1877-84 am Liceo 
Benedetto Marcello in Venedig und am Pariser 
Conservatoire bei Dancla, später noch bei C. 
Franck und d’Indy, war 1886-88 Mitglied des 
Lamoureux-Orchesters, reiste als Virtuose und 
Quartettspieler auch in England und Rußland und 
gründete in Paris die Internationale Gesellschaft für 
Kammermusik, mit der er das Streichquartett von 
Debussy zum ersten Mal öffentlich aufführte. Ab 
1896 war er Lehrer am Liceo Benedetto Marcello 
in Venedig. Er schrieb : 2 Opern; Sonate für V. und 
Kl. sowie weitere Kammermusik. Sein Bruder - 
2) Antonio de, * 2. 2. 1883 zu Venedig; italie- 
nischer Violoncellist und Dirigent, wurde nach der 
musikalischen Ausbildung in Venedig und Kon- 


44* 


691 



Guastavino 


zertreisen Kapellmeister an der Scala in Mailand. 
Er schrieb eine Oper Giuditta, Orchesterwerke und 
Lieder. 

Guastavino» Carlos, * 5. 4. 1912 zu Santa F 6; 
argentinischer Pianist und Komponist, lebt in Bue- 
nos Aires. Nach 3jährigem Universitätsstudium der 
Chemie wandte er sich dem Musikstudium bei 
Athos Palma in Buenos Aires zu. In der Folge trat 
er als Interpret eigener Kompositionen sowohl in 
seiner Heimat als auch auf Reisen hervor. G. schrieb 
hauptsächlich Klavierwerke, aber auch Orchester- 
stücke (Suite Argentina), Lieder und Chöre, in 
denen sich vielfach Elemente argentinischer Volks- 
musik finden. 

Gvdehus, Heinrich, * 30. 3. 1845 zu Altenha- 
gen bei Celle, f 9. 10. 1909 zu Dresden; deutscher 
Organist und Sänger (Tenor), war zunächst Schul- 
lehrer, dann in Goslar Organist der Marktkirche. 
G. nahm Gesangsunterricht, trat 1870/71 an der 
Berliner Oper ai5, ab 1875 in Riga, Lübeck, Frei- 
burg im Breisgau, Bremen (1878), gehörte 1880-90 
der Dresdener Hof Oper an (Kammersänger), 1891 
im Winter der Deutschen Oper in New York und 
gastierte 1895 und 1896 an der Königlichen Oper 
in Berlin. G. kreierte in Bayreuth den Parsifal 
(1882) und war in der Folge als Hauptdarsteller an 
den Festspielen beteiligt. 

G^dewill, Kurt, * 3. 2. 1911 zu Itzehoe (Hol- 
stein); deutscher Musikforscher, studierte an den 
Universitäten Berlin und Hamburg (Schering, Fr. 
Blume, Vetter), promovierte 1935 mit einer Arbeit 
über Das sprachliche Urbild bei H. Schütz (Kassel 
1936), wurde 1936 Assistent am Musikwissen- 
schaftlichen Seminar und Lektor an der Universi- 
tät Kiel und nach der Habilitation 1945 zum Do- 
zenten, 1952 zum außerplanmäßigen Professor er- 
nannt. 1948/49 las er als Gastdozent an der Uni- 
versität Birmingham G. schrieb: Die Formstruk- 
turen der deutschen Liedtenores des 15 . und 16. Jh. 
(HabiL-Schrift Kid 1944, maschr.; Teilabclruck in 
Mf I, 1948);^ Die Barform und ihre Modifikation (in 
Kgr.-Ber. Lüneburg 1950) ; Vokale und instrumentale 
Stilmomente in textlosen Kompositionen des Glogauer 
Liederbuches (in Kgr.-Ber. Bamberg 1953); H. 
Schütz und die Gegenwart (in: Bekenntnis zu H. 
Schütz, Kassd-Basd 1954); Aufsätze in: Deutsche 
Musikkultur. Er gab heraus: G. Förster, Frische 
teutsche Liedlein I (RD XX = Abteilung Mehr- 
stimmiges Lied Band m, 1942) ; 10 wdtliche Lieder 
aus: G. Förster, Frische teutsche Liedlein IIJ-V (Chw. 
LXIH, 1957); M. Franck , 3 Quodlibets (Chw. LIII, 
1956). 

Güden, Hilde, * 15.9.1922 zu Wien; öster- 
reichische Opernsängern! (Sopran), lebt in Wien, 
studierte neben dem Gymnaaalbesuch (mit Ma- 
tura) an der Wiener Akademie Gesang, Klavier 
und Tanz. Sie begann ihre Bühnenlaufbahn als 
Cherubin am Zürcher Opernhaus, wurde 1942 
unter Krauss und Strauss an die Münchner Staats- 
oper engagiert (Despina, Sophie), sang 1942-45 
imter Serafin in Rom und Florenz. Seit 1946 wirkt 
sie bei den Salzburger Festspielen, ist seit 1947 Mit- 
glied der Wiener Staatsoper und der Mailänder 
Scala, seit 1952 auch der Metropolitan Opera in 
New York. Gastspide führten die gefeierte Kolora- 

692 


tursopranistin nach London, Edinburgh, Glynde- 
boume, nach Paris, Nordamerika. 1950 wurde sie 
zur österreichischen Kammersängerin ernannt. 

GuSdron (gedr'3), Pierre (Guesdron), * gegen 
1565 zu Chiteaudun, f Ende 1621 ; französischer 
Komponist, wurde 1583 preisgekrönt beim puy de 
musique in Evreux; er war damals Sänger in der 
Kapelle des Kardinals von Guise, 1590 Sänger in 
der Königlichen Kapdlmusik, 1599 außerdem 
Knabenchormeister. Nach dem Tode von le Jeune 
wurde er 1601 dessen Nachfolger als Königlicher 
Kammerkomponist. 1613 zog sich G. von seinen 
Ämtern zugunsten seines Schwiegersohnes A. 
Boesset zurück. G. veröffentlichte 1602-20 6 Bü- 
cher Airs de Cour ä quatre et cinq parties, von denen 
er zahlrdche, für Singstimme una Laute bearbeitet, 
in zeitgenössischen Sammeldrucken erscheinen ließ. 
Auf Lully weisen die vokalen Partien hin, die er für 
die »ballets de cour« schrieb: Ballet d'Alcine (1610), 
Ballet du Triomphe de Minerve (1615), Ballet de la 
Dilivrance de Renaud (1617), Ballet de Tancrlde 
(1619). 

Ausg.: Airs, hrsg. in: J.-B. Weckherlin, Echos du 
temps pass6 II, Paris 1858; ders., Souvenirs du 
temps pass£, Paris 1863; H. Pruni£res, Les MaJtres 
du chant I, Paris o. J.; P. Warlock, French Ayres, 
Oxford 1926; H. Expert, Airs ä quatre et cinq 
voix, Chants de France et d’Italie, Paris o. J.; 
ders., (Euvres frangaises du temps de Richelieu, 
durchgesehen v. A. Verchaly, Paris 1953; A. Ver- 
chaly, Chansons et Airs de cour, Paris 1955. 

Lit.: H. Quittard, L’air de cour. P. G., in RM V, 
1905; H. Pruniäres, Le Ballet de cour en France, 
Paris 1914; Th. Gerold, L’Art du Chant en France au 
XVII« S., Straßburg 1921; L. de La Laurencie, Les 
crdateurs de l’opöra frg., Paris 1920, 2 1930; ders., P. 
G., in: RMI XXIX, 1922; A. Verchaly, Po6sie et 
Air de cour en France de 1600 ä 1620, in: Musique 
et Po6sie au XVI e s., Paris 1954; ders., Un pröcurseur 
de Lully: P. G., in: Bull, de la Soc. du XVII« s. 
XXI-XXII, 1954. 

Güldenstein, Gustav, *23. 6. 1888 zu München; 
Schweizer Musikpädagoge, war Schüler der 
Münchner Akademie der Tonkunst (Fr. Klose) und 
des Instituts Jaques-Dalcroze in Genf, 1911 Lehrer 
an der neu eröffneten Bildungsanstalt Jaques- 
Dalcroze in Hellerau bei Dresden, von der er 1912 
ein Zweiginstitut in Frankfurt am Main gründete, 
1913/14 gleichzeitig Lehrer am Hochschen Kon- 
servatorium. Nach dem 1. Weltkrieg besuchte er 
noch die Universitäten München und Freiburg im 
Breisgau (Husserl). 1921 wurde G. am Basler Kon- 
servatorium Lehrer für rhythmische Gymnastik, 
Solf&ge, Improvisation am Klavier, Musikdiktat. 
1926 promovierte er in Basel mit der Arbeit Pro- 
bleme der Tonalität (gedruckt als: Theorie der Tonart 
Stuttgart 1927). G. schrieb ferner: Modulationslehre 

(Stuttgart 1917, 2 1929), Die Gegenwertigkeit 

(Festschrift K. Nef, Zürich-Leipzig 1933), Aufsätze 
in der SMZ. 

Gümmer, Paul, * 11.6.1895 zu Hannover; 
deutscher Sänger (Baß), studierte in Hannover und 
Berlin sowie bei Iro und Fr. Martienßen-Lohmann. 
Seit 1921 ist er als namhafter Bach- und Schütz- 
sänger bekannt geworden. G. unterrichtet seit 1927 
an der jetzigen Musikakademie Hannover, auch 
1938-43 an der Kirchenmusikschule Berlin-Span- 
dau und seit 1950 an der Westfälischen Landeskir- 



Guerrero 


chenmusikschule Herford. Besondere Aufmerk- 
samkeit widmet er der Stimmbildung von Chören 
auf Singwochen. Mit H. Hoffmann gründete er 
die Schütz-Wochen in Bethel bei Bielefeld. G. 
schrieb: Erziehung der menschlichen Stimme (Kassel 
1940). 

Lit.: W. Ehmann, P. G., in: Musica IX, 1955. 

Guanin (gen's), Marie-Alexandre, * 20.2. 
1744 zu Maubeuge, f 22. 1. 1835 zu Etampes; 
französischer Komponist, ging 1760 nach Paris, 
wurde Schüler von Capron und Gavinib (Violine) 
sowie von Gossec (Komposition), 1771 Geiger im 
Orchester der Grand Opdra ,1777 Musikintendant 
des Fürsten von Condd, 1778 Mitglied der König- 
lichen Kapelle, 1783-1800 Soloviolinist der Grand 
Opdra, lebte zuletzt in dürftigen Verhältnissen. 
G. komponierte eine große Zahl Instrumental- 
werke in dem neuen (Mannheimer) Stil: Sym- 
phonien mit 2 Ob. und 2 Hörnern, 6 Streichquar- 
tette, Violinduette, 6 Sonaten für eine erste und 
eine begleitende V., ein Bratschenkonzert, 3 Vio- 
loncelloduette und 3 Sonaten für Kl. und V. 

Giinzburg, Mark, * 18. 4. 1879 zu Charkow; 
deutscher Pianist und Musikpädagoge, studierte an 
der Kaiserlichen Musikschule in Moskau, wurde 
1903 an das Stemsche Konservatorium in Berlin 
verpflichtet, studierte aber dann noch 2 Jahre bei 
E. Sauer in Wien und kehrte nach 3jähriger Lehr- 
tätigkeit an der Dresdener Musikschule 1912 als 
Lehrer an das Klindworth-Scharwenka-Konser- 
vatorium und vortrefflicher Konzertpianist nach 
Berlin zurück. 1921 ging G. nach Mexiko. 

Günzer, Marx (Güntzer, Gentzer, Gintzer), * um 
1579, f vor 1628 vermutlich zu Augsburg; deut- 
scher Orgelmacher, nachweisbar ab 1604 in Augs- 
burg, wo er 1609 in der Barfüßerkirche und 1612 
in der evangelischen Kirche zum Heiligen Kreuz 
Orgeln erstellte. 1607/08 erweiterte er die Ammer- 
bach-Orgel in St. Ulrich auf 13 Register. Daneben 
verrichtete er Reparaturen an mehreren Augsbur- 
ger Orgeln und baute Automateninstrumente. 
In Neuburg (Donau) errichtete G. 1616 die neue 
Orgel der Schloßkapelle. 

Lit.: H. Meyer, Orgeln u. Orgelbauer in Oberschwa- 
ben, in : Zs. d. hist. Ver. f. Schwaben LI V, 1 941 , S. 233 ff. 

Gu£ranger (geräj'e), Dom Prosper Louis Pascal, 
OSB, * 4. 4. 1805 zu Sabl6-sur-Sarthe (Departe- 
ment Sarthe), f30. 1. 1875 zu Solesmes; französi- 
scher Liturgieforscher, ab 1837 Abt des Bene- 
diktinerklosters Solesmes und Generalabt der So- 
lesmer Kongregation, verfaßte eine Geschichte 
dieses Klosters (1835) sowie die liturgischen Schrif- 
ten Institutions liturgiques (3 Bände, Paris 1840-53, 
deutsch von J. Fluck, Regensburg 1854, 21878-85), 
L'annfo liturgique (Le Mans 1841-1901, 15 TeÜe, die 
letzten drei herausgegeben von Fromage, deutsch 
1874-1902) und S“ Cecile et la sociltt romaine (Paris 
1874, 81898). G. war hervorragend beteiligt an den 
Kontroversen über die unbefleckte Empfängnis und 
die päpstliche Unfehlbarkeit: Mimoire sur la 
question de VlmmacuUe Conception (Paris 1850), De 
la monarchie pontificale (Paris 1870). G. ist der 
eigentliche Begründer der seitdem zu so großer 
Bedeutung gelangten Arbeiten der Benediktiner 
von Solesmes für die Restauration des Gregoria- 
nischen Kirchengesanges. 


Lit.: Gu£pin, Pr. G., Le Mans 1876; Bibliogr. des 
B6n6dictins de la Congrögation de France, Solesmes 
1889; Charmard, G. et l’abbü Beraier, Angers 1901 ; 
Dom P. Cagin, L’ceuvre de Solesmes dans la restau- 
ration du chant grägorien, in: Rassegna gregoriana 
III, 1904; Dom P. Delatte, Dom G., abbü de Soles- 
mes, 2 Bde, Paris 1909. HpB 

Guerau (ger'aü), Francisco; spanischer Musiker 
und Priester des 17. Jh., war Mitglied der Madri- 
der Königlichen Kapelle, schrieb ein Poema Har - 
mönico compuesto de varias cifras por ei temple de la 
Guitarra esvanola (Madrid 1694), in dem sich eine 
große Reine spanischer Volkstänze befindet, die 
heute vollkommen vergessen sind. 

Lit.: H. Angl£s, La Müsica espaftola desde la edad 
media hasta nuestros dias, cat. de la exposiciön hist., 
Barcelona 1941. 

Guerrero (gerr'ero), Antonio, f Anfang 1776; 
spanischer Komponist, war an Madrider Theatern 
tätig, für die er als einer der ersten szenische »tona- 
dillas« in der Form geschrieben hat, die später 
durch Misön und andere weiter entwickelt wurde. 
Er schrieb auch Musik zu Komödien, Sainetes, 
Entremeses, Loas. 

Lit.: J. Subirä, La Müsica en la Casa de Alba, Ma- 
drid 1927; ders.: La Tonadilla Escinica, 3 Bde, Ma- 
drid 1928-30, in Bd III 2 TonadiUas. 

Guerrero (gerr'ero), Francisco, * im Mai 1528 
und f 8-11. 1599 zu Sevilla; spanischer Kompo- 
nist, war Schüler seines Bruders Pedro und kurze 
Zeit von Cr. Morales, 1546-48 Kapellmeister der 
Kathedrale von Jadn, 1550 Kapellsänger der Kathe- 
drale von Sevüla, 1554 Nachfolger von Morales 
als Kathedralkapellmeister in Mdlaga, doch nur 
kurze Zeit, da er als Kathedralkapellmeister nach 
Sevilla zurückberufen wurde (1555); 1588/89 un- 
ternahm er eine Pilgerfahrt, über die er in seiner 
Schrift El viage de Hierusaltn que hizo Fr. G. (Va- 
lencia 1590) berichtet. G. gab heraus: Sacrae can- 
tiones vulgo moteta 4-5 v. (1555); Psalmorum 4 voc. 
Über /, accedit Missa dejunctorum 4 voc . (1559, 21584 
mit italienischem Titel) ; Canticum B. M. quod 
Magnificat nuncupatur , per octo musicae modos varia- 
tum (1563) ; Liber I missarum (1566; 9 Messen 4-5 v. 
und 3 Motetten 4-8 v.); Motetta (1570); Missarum 
Über II (1582; 7 Messen und eine Missa pro defunc- 
tis) ; Liber Vesper arum (1584; 7 Psalmen, 24 Hym- 
nen, 10 Magnificat, ein Te Deum 5 v. usw.); 
Passio . . . secundum Matthaeum et Joannem more 
Hispano (1585); Canciones y villanescas espirituales 
3-5 v. (1589) ; Motecta liber II (1589) und Motecta 
(1597). Lautenbearbeitungen einer größeren Zahl 
von Tonsätzen Guerreros (auch »Sonette« und 
Madrigale) enthält die »Orfdnica lira« des M. de 
Fuenllana (1554), die auch einige kirchliche Ton- 
sätze von G.s Bruder Pedro der Nachwelt bewahrt 
hat. Weitere weltliche und geistliche Werke sind 
in Handschriften erhalten. 

Ausg.: Opera Omnia, Vol. I: Canciones y villanescas 
espirituales (1589), hrsg. v. V. GarcIa, MMEsp 
XVI, 1955 (mit einem Vorwort v. Miguel Querol); 
13 Canciones, hrsg. v. M. Querol, Cancionero mus. 
de la Casa de Medinaceli, Barcelona 1949/50; 2 Pas- 
sionen, 2 Motetten u. Missa Simili, hrsg. v. H. Eslava, 
in: Lira Sacro-Hispana III, Madrid 1869: geistliche 
Sätze, hrsg. v. F. Pedrell, in: Hispaniae Schola Mu- 
sica Sacra II u. IV, Barcelona 1894, Lpz. 1894-98, auch 
hrsg. v. F. Pedrell in: Cancionero Mus. Populär Es- 


693 



Guerrini 


pafiol III, Barcelona 1921, 2 1 936; weitere geistl. Sätze, 
hrsg. v. J. B. de Elüstiza u. G. Castrillo, Ant., Barce- 
lona 1933; Salve Regina, Da vison-Apel Anth. I, 139. 
Lit.: O. Kade, Die älteren Passionskompositionen 
bis zum Jahre 1631, Gütersloh 1893; R. Mitjana, 
Fr. G.: Estudio critico-biogr., Madrid 1922; C.-H. 
Illing, Zur Technik d. Magnificat- Komposition d. 
16. Jh., = Kieler Beitr.zur Mw. IlI,Wolfenbüttel-Bln 
1936; H. Angläs, Cr. de Morales y Fr. G., AM IX, 
1954. HpB 

Guerrini (guerr'ini), Guido, * 12. 9. 1890 zu 
Faenza, italienischer Komponist, war Schüler des 
Liceo Musicale in Bologna (Komposition beiTorchi 
und Busoni), 1924-28 Lehrer am Conservatorio in 
Parma, dann Direktor des Conservatorio Luigi 
Cherubim in Florenz und 1948-50 des Conserva- 
torio G. B. Martini in Bologna. Seitdem leitet G. 
das Conservatorio S. Cedlia in Rom, die Orche- 
stra da Camera di Roma, das Collegio di Musica al 
Foro Italico Roma und ist Mitglied des Consiglio 
Superiore della Pubblica Istruzione. Von seinen 
Kompositionen sind zu nennen; die Opern Nemici 
(Bologna 1919) und La Vigna (Rom 1935); Violon- 
cellokonzert, Due tempi di concerto für Kl. und 
Orch. ; symphonische Werke, zum Teil mit Chor 
oder Solostimmen; zahlreiche Kammer-, Klavier- 
und Orgelmusik; Lieder und Chöre; Kirchen- 
musik, darunter 5 Messen. Er gab Werke des italie- 
nischen 17. und 18. Jh. heraus, verfaßte Libretti 
und veröffentlichte Übersetzungen. Selbständige 
Schriften: Trattato di armonia cotnplementare (1922); 
Prefazione alVOrfeo di Monteverdi (Florenz 1923); 
Origine, evoluzione e caratteri degli strumenti musicali 
(Mailand 1926); Prontuario dei tempi e colori musicali 
(Florenz 1939); Verdi e le scuole di musica (Rom 
1940); Ferruccio Busoni (Florenz 1941). 

Guerrini (güerr'ini), Paolo, * 18. 11. 1880 zu 
Bagnolo Mella bei Brescia; italienischer Historiker, 
Archivar der bischöflichen Kurie, Geschichtslehrer 
am Seminar sowie zeitweise Bibliothekar der 
Qui rini a n a und Direktor des Archivio civico in 
Brescia, wurde 1936 Kanonikus an der Kathedrale. 
G. Übersetzte die Geschichte der Kirchenmusik von 
Kardinal G. Katschthaler (Storia della musica sacra, 
Turin 1910, Rom 31936), gab 1910-25 die Zeit- 
schrift Brixia Sacra heraus und griindete 1946 eine 
Sodetä bresdana di storia ecdesiastica. Seine mu- 
sikhistorischen Arbeiten erschienen vornehmlich 
in den Note d* Archivio : Giovanni Contini (1, 1924), 
Di alcuni organisti . . . (m, 1926), Per la storia della 
musica a Brescia (XI, 1934), Gli organi e gli organisti 
delle due cattedrali di Brescia (XVI, 1939), Vorganaro 
bresaano G. B. Fachetti (XIX, 1942). Ferner schrieb 
er: La cappella musicale del Duomo di Said (RMI 
XXIX, 1922) ; Un codice piemontese di teoria musicale 
(RMI XXXIV, 1927); L. Marenzio (in den von 
ihm herausgegebenen Memorie storiche della dio- 
cesi di Brescia XX, 1953). 

Lü” Bibliogr. in Miscellanea Bresciana I, Brescia 

Güttler, Hermann, *7. 10. 1887 zu Königsberg; 
deutscher Musikschriftsteller und Komponist, stu- 
dierte Musik am Konservatorium in Königsberg, 
ab 1907 an der dortigen Universität, war 1910-26 
Musikredakteur der »Ostpreußischen Zeitung«, 
studierte d ann noch in Königsberg Musikwissen- 
schaft und promovierte 1928 mit der schon früher 


entstandenen Arbeit über Königsbergs Musikkultur 
im 18. Jahrhundert (= Königsberger Studien zur 
Musikwissenschaft IV, Königsberg 1925) und einer 
weiteren Studie über Das Leben des Königsberger 
Kantors Georg Riedel G. lebt seit Kriegsende als 
freischaffender Komponist und Musikschriftsteller 
in Berlin. Kompositionen: die Opern Sakuntala 
(1918, Neufassung 1957) und Der Katzensteg (1944), 
3 Symphonien (1951, 1953, 1956), Melodram Pik- 
tors Verwandlungen (1955), ein Klavierkonzert 
(1934), ein Violinkonzert (1947), mehrere Orche- 
sterouvertüren, ein Streichquartett (1947), Kla- 
vierstücke, zahlreiche Lieder und Liederzyklen. 
Neben kleineren Beiträgen zur Musikgeschichte 
Königsbergs schrieb G. 1933 eine Habilitations- 
schrift über Conrad Ansorges Sonate für Klavier 
(f-moll) op. 1 in den beiden Fassungen von 1883 und 
1887, ein Beitrag zum Wandel der Musikauffassung 
in der 2. Hälfte des 19. Jh ., weiter Musik und Würfet- 
spiel (ZfM CHI, 1936) und Musik und Humanismus 
(Berlin 1946). 

GugHelmi (guÄ'elmi), Filippo, * 15. 6. 1859 zu 
Ceprano, f Ende 1941 zu Tivoli; italienischer 
Komponist, Schüler von d’Arienzo in Neapel und 
von E. Terziani in Rom, wo ihm auch Liszt Rat- 
schläge erteilte und ihn R. Wagner zuführte, Kom- 
ponist der Opern Atala (Mailand 1884), Pater (Rom 
1899), Pergolese (Berlin 1905), LeEumenidi (Treviso 
1905) sowie der dramatischen Kantate Sogno di 
Calendimaggio, außerdem einer Reihe sinfonischer 
Dichtungen (Pellegrinaggio al Monte Autore , Tibur, 
Villa d’Este). 

Guglielmi (guÄ'elmi), - 1) Pietro Alessandro, 

* 9. 12. 1728 zu Massa (Toscana), f 19. 11. 1804 zu 
Rom; italienischer Opemkomponist, zuerst Schü- 
ler seines Vaters, des Kapellmeisters Giacomo G., 
studierte später bei Fr. Durante am Conservatorio 
S. Maria di Loreto in Neapel, errang ab 1757 (Lo 
solachianello'mbroglione, Neapel) auf allen größeren 
italienischen Bühnen Erfolg auf Erfolg und ist 1767 
bis 1772 am King’s Theatre in London nachweis- 
bar, auch vorübergehend in Dresden und Braun- 
schweig. 1776 kehrte er nach Italien zurück, wo 
unterdessen Cimarosa und Paisiello als neue Sterne 
aufgegangen waren, brachte es aber durch ange- 
strengte Arbeit dahin, daß er sich neben ihnen in 
der Gunst des Publikums behauptete. 1793 erhielt 
er die Ernennung zum Kapellmeister der Peters- 
kirche in Rom und wandte sich der kirchlichen 
Komposition zu. Von seinen (einschließlich 17 
zweifelhafter) dem Titel nach bekannten 1757 bis 
1802 gegebenen 103 Opern sind die bedeutendsten: 

I due Soldaii (1760), I cacciaton (1762), II ratto della 
sposa (1765), 1 viaggiatori ridicoli (1768), Enea (1785), 
La pastorella nobile (1788), La bella pescatrice (1789) 
und La serva irmamorata (1790). Außerdem schrieb 
er: 9 Oratorien (La morte d* Abele, La Betulia libe - 
rata, Debora e Sisara , Le lagrime di San Pietro), ein 
4st. Requiem mit Orch., eine 5st. Orchestermesse, 
einen 8st. Psalm, ein 5st. Miserere, Motetten sowie 
eine Anzahl Sinfonien, Quartette für 2 V., Vc. und 
Cemb., Divertimenti für V., Cemb. und Vc., 
Sonaten und Stücke für Cemb. und für Kl. - 
2) Pietro Carlo (Guglielmini), * um 1763 und 
t 28. 2. 1817 zu Neapel, Sohn von Pietro Ales- 
sandro G., Schüler des Conservatorio di S. Maria 
di Loreto, debütierte als Opemkomponist 1794 in 


694 



Guido von Arezzo 


Madrid. Er machte sich, stilistisch an das Schaden 
seines Vaters anknüpfend, gleichfalls einen Namen 
und schrieb 47 Opern, meist für Neapel oder Mai- 
land, darunter: Amor tutto vince (1805, neu aufge- 
führt 1872 und 1875), Guerra aperta (1807) und 
Paolo e Virginia (1817). G. war 1808-10 in London 
am King’s Theatre tätig, ab 1814 Kapellmeister 
der Herzogin von Massa und Carrara. 

Ausg.: P. A. G.: 2 Arien in: A. Della Corte, Pic- 
cola antica settecentesca, Mailand 1925; eine Kla- 
viersonate, hrsg. v. M. Maffioletti, Mailand 1929. 
Lit. : zu P. A. G. : Fr. Piovano, Elenco cronologico 
delle opere di P. G., RM1 XII, 1905, Appendice 
ebenda XVII, 1910; dazu ergänzend A. Loewenberg, 
Artikel G. in Grove. - G. Busnco, P. A. G., Massa 
1899; ders., Un musicista poco noto, in: Rivista 
Teatrale Ital. I, 1901 ; ders., P. Metastasio e P. A. G., 
ebenda VII, 1909; H. Abert, W. A. Mozart I, Lpz. 
1918 (= 5. Auflage v. O. Jahns Mozart-Biogr.), ^1923, 
71955; A. Della Corte, L’opera comica II, Bari 
1923, spanisch Buenos Aires 1928; G. de Saint- Foix, 
Les maltres de l’opära bouffe dans la musique de 
chambre, RMI XXXI, 1924; Fr. Tutenberg, Die 
Sinfonik J. Chr. Bachs, Wolfenbüttel-Bln 1928. - zu 
P. C. G.: Fr. Piovano, Notizie storico-bibh'ografiche, 
RMI XVI-XVII, 1909-10. 

Guglielmo Ebreo da Pesaro (guÄ'elmo), italie- 
nischer Tanzmeister des 15. Jh. Nach seinem Trak- 
tat De practicha seu arte tripudii vulghare opusculum 
von 1463 war er Schüler des Tanzmeisters Dome- 
nichino da Piacenza. Als Tanzschöpfer war G. be- 
sonders in Oberitalien tätig, so 1435 in Mailand 
und 1437 in Ferrara. 

Ausg. : Trattato dell’arte del ballo, hrsg. v. F. Zam- 
brini, in: Scelta di curiositä letterarie, Bologna 1873; 
Otto Bassedanze (v. G. u. Domenichino da Piacenza), 
hrsg. v. M. Faloci Pulignani, in: Nozze Renier- 
Campostrini, Fs., Foligno 1887; Una sconosciuta 
compilazione . . . (Trattado della danza v. G. u. 
Domenichino), hrsg. v. C. Mazzi, in: Bibliofilia 
XVI, 1915. 

Lit.: E. Hertzmann, Studien zur Basse Danse, ZfMw 
XI, 1928/29; O. Kinkeldey, A Jewish Dancing 
Master, in: Studies in Jewish Bibliogr. . . .: In Me- 
mory of A. S. Freidus, NY 1929; C. Sachs in AMI 
III, 1931, S. 107; ders., Eine Weltgesch. d. Tanzes, 
Bin 1932, engl. NY 1937; O. Gombosi, About Dance 
... in the Late Middle Ages, MQ XXVII, 1941 ; A. 
Michel, The Earliest Dance Manuals, in: Medievalia 
et Humanistica I, 1945; M. F. Bukofzer, A Poly- 
phonic Basse Dance, in: Studies in Medieval & Re- 
naissance Music, NY (1950); M. Dolmetsch, Dan- 
ces of Spain and Italy, London 1954. 

Guhr, Karl Wilhelm Ferdinand, * 30. 10. 
1787 zu Militsch, f 22. 7. 1848 zu Frankfurt am 
Main; deutscher Kapellmeister, wurde in Breslau 
ausgebildet, war Kapellmeister in Nürnberg, 
Wiesbaden, Kassel und Frankfurt am Main (1821 
bis 1848). Als Komponist hat G. auch den Text von 
Spontinis Vestalin neu vertont. Er schrieb Über 
Paganinis Kunst , die Violine zu spielen (Mainz 1830). 
Lit.: C. Gollmick, K. G., Nekrolog, Ffm. 1848. 

Gui (g'ui), Vittorio, * 14.9.1885 zu Rom; 
italienischer Dirigent, lebt in Fiesoie. Er war Schü- 
ler von Setacciou und Falchi am Iiceo musicale di 
Santa Cecilia in Rom und debütierte als Dirigent 
mit Ponchiellis »Gioconda« 1907 im Teatro Adri- 
ano. In der Folge erwarb er sich auch als Oratorien- 
und Konzertdirigent großes Ansehen und wirkte 
u. a. in Neapel, Mailand (1923-25 als Assistent 


Toscaninis an der Scala), Parma, Lissabon, Palermo 
und Turin, wo er das 1925 gegründete Teatro di 
Torino leitete. In Florenz gehört er zu den stän- 
digen Mitwirkenden des Maggio musicale. G. 
setzte sich nicht nur für zeitgenössische Kompo- 
nisten, sondern auch für die Wiederaufnahme äl- 
terer Musik ein, so für Opern von Purcell, Händel, 
Gluck, Cherubim und Spontdni; auch gab er eine 
Neubearbeitung von Canssimis »Jefte« heraus. Für 
sein kompositorisches Schaffen wurde die Bekannt- 
schaft mit dem französischen Stil entscheidend; er 
schrieb die Tondichtungen Giülietta e Romeo (mit 
Singstimmen, 1902), H tempo che fit (nach Shelley, 
1910) und Giomata di festa (1921), ein Scherzo fan - 
tastico für Orch. (1913) und eine Fantasia bianca 
(mit Chor, Versuch einer Verbindung von domi- 
nierender Musik mit kinematographischer Vision, 
1919), eine Kantate (1921), viele Gesänge und die 
Oper Fata Malerba (Turin 1927). Als Schriftsteller 
trat er hervor mit einem Führer Nerone di A. Boito 
(Mailand 1924) und einer Aufsatzsammlung Battute 
d*aspetto (Florenz 1944). 

Lit: G. M. Gatti, Musicisti modemi, Bologna 1920; 
G. Pannain, V. G., in: II Pianoforte VIII, 1927. 

Guicciardi, Gräfin Giülietta ->• Gallenberg. 

Guidetti (güid'etti), Giovanni Domenico, ge- 
tauft 1. 1. 1531 zu Bologna, f 30. 11. 1592 zu Rom; 
italienischer Kirchenmusiker, Schüler und Freund 
Palestrinas, wurde 1575 päpstlicher Kapellsänger, 
erhielt 1582 ein Druckprivüeg für kleinformatige 
Choralbücher und gab heraus (alle in Rom): 
Directorium chori (1582), Cantus ecclesiastici Passionis 
(1586), Cantus ecclesiastici officii maioris hebdomadae 
(1587), Praefationes in cantufermo (1588). G.s Arbeit 
am Choral beschränkt sich nach dem Scheitern der 
von Palestrina und Zoilo in Angriff genommenen 
Kürzungs- und Vereinfachungspläne im allgemei- 
nen auf Revision der Lesarten auf Grund älterer 
Drucke und neue Textverteilung. Er komponierte 
auch 3 4st. Benedictus. 

Ausg.: 3 4st. Benedictus, hrsg. v. J. G. Wesselach in 
Musica Divina 1, 4, 1863. 

Lit.: G. Baini, Memorie storico-critiche della vita e 
delle opere di G. Pierluigi da Palestrina, 2 Bände, 
Rom 1828; R. Molitor OSB, Die Nach-Tridenti- 
nische Choral-Reform, 2 Bände, Lpz. 1901-02; P. 
Wagner, Einführung in d. gregorianischen Melo- 
dien III, Lpz. 1921. 

Guido von Arezzo OSB (G. Aretinus), * um 992 
wahrscheinlich zu Arezzo, f vielleicht 17. 5. 1050 
als Eremit; italienischer Musiktheoretiker. Neuere 
Ansichten, wonach der Benediktiner-Mönch im 
Kloster Saint-Maur des Fossds bei Paris gelebt habe 
oder sogar Franzose sei, erwiesen sich als unhaltbar. 
Wohl noch vor 1020 begab er sich nach der Abtei 
Pomposa, wo er vor allem die Traktate des Odo 
(zu jener Zeit Abt von Saint-Maur) studierte. Das 
Schrifttum erweist sich als stark auf Odo fußend. 
In Pomposa entstanden bereits die Aliae regulae, 
das Vorwort zu dem wohl 1028 persönlich dem 
Papste überreichten Antiphonale. In diesem Exem- 
plar wurde erstmals die von G. erfundene und aus- 
führlich erklärte Notenschrift auf Linien im Terz- 
abstand angewandt, eine epochemachende Neue- 
rung, die eine Kombination schon bestehender No- 
tarionsverfahren (Neumen und Monochordbuch- 
staben, letztere als Schlüsselbuchstaben) darstellt. 


695 



Guido von Arezzo 


Diese Intervall-Notenschrift dient der Rationali- 
sierung der einzelnen Töne und Tonschritte in einer 
geordneten Diatonik und bezeichnet damit die 
Trennung der Musik des lateinischen Abendlandes 
von der des griechischen Morgenlandes zur Zeit 
des kirchlichen Schisma von 1054. G. ließ sich 
um 1023 in der Umgebung von Arezzo (wohl in 
Badicroce) nieder und unterrichtete an der Kathe- 
dralschule von Arezzo. Für seinen Gönner Bischof 
Theobald von Arezzo schrieb er 1025/26 sein 
Hauptwerk, den Micrologus , worin er seine kon- 
servative, logisch durchdachte Musiklehre ent- 
wickelte. Eine versifizierte Fassung davon ist uns 
in den gleich danach verfaßten Regulae rhythmicae 
erhalten. Unmittelbar nach dem Papstbesuch 
schrieb er an seinen in Pomposa zurückgebliebenen 
Freund Bruder Michael die Epistola de ignoto cantu, 
in der er seine zweite epochale Erfindung erklärt: 
das Verfahren, einen notierten Gesang mittels der 
Tonsilben ut-re-mi-fa-sol-la richtig vom Blatt zu 
singen. Die Silben haben bei G. noch nicht die 
Bedeutung der bald nach ihm aufkommenden 
Solmisation (Mutation), sondern dienen dazu, sich 
die Toncharaktere des Hexachords c-a im Zusam- 
menhang eines Versus memorialis zu merken. So- 
mit kann auch die sogenannte -> »Guidonische 
Hand« erst nach G. aufgekommen sein. Als gui- 
donisch ist ebenfalls der durch Überlieferungszufall 
mit dem »Dialogus« Odos zusammengekommene 
Prologus zu betrachten. Hingegen sind alle übrigen 
G. oft zugeschriebenen Traktate (GS II, 33, 37, 50, 
und CS II, 78, 110, 115) unecht. Wahrscheinlich 
trat G. 1029 in das Camaldulenser-Kloster Avellana 
(Umbrien) ein, wo er auch den gegen den simo- 
nistischen Lebenswandel Erzbischof Heriberts II. 
von Mailand gerichteten Brief geschrieben haben 
könnte. Vor allem aber scheint er hier den Grund- 
stein zu seinem großen Nachruhm gelegt zu haben, 
denn die ältesten Gesangbücher mit guidonischer 
Notation stammen aus Camaldulenser-Klöstem. 

Ausg.: in GS: Alia regulae (II, 34), Micrologus 
GL 2), Regulae rhythmicae (II, 25), Epistola de ignoto 
cantu GL 43), Prologus G* 251), sämtliche danach 
auch bei Migne Patr. lat. CXLI; Micrologus auch 
hrsg. v. M. Hermesdorff (Trier 1876; mit deutscher 
Übers.), A. M. Amelu (Rom 1904) u. J. Smits van 
Waesberghe SJ (= CSM IV, Rom 1955), deutsch 
v. R. Schlecht in MfM V, 1873; Epistola de ignoto 
cantu auch hrsg. v. M. Hermesdorff, Trier 1884 (mit 
deutscher Übers.). - vgl. Commentarius anonymus 
in Micrologum, hrsg. v. C. Vivell in Studien u. Mitt. 
zur Gesch. d. Benediktinerordens XXXV (= N. F. 
IV), 1914, u. in Sb. Wien CLXXXV, 1917. 

Lit.: L. Angeloni, Sopra la vita, le opere ed ü sapere 
di G. d’A., Paris 1811 ; R. G. Kiesewetter, G. v. A,, 
Lpz. 1840; G. B. Ristori, Biogr. di G. Monaco 
d’A., Florenz 1867, Neapel 21868, Arezzo M880; L. 
Romanelu, Di G. d’A., Aquila 1881 ; A. Brandi, G. 
A., Turin 1882 (mit Bibliogr. u. Ausg. v. G.s Schrif- 
ten); M. Falchi, Studi su G., Florenz 1882; Rm- 
mann MTh; ders., Hdb. d. Mg. I, 2, Lpz. 1905, 
2 1921 ; P. Wackernagel, Textkritisches zu G. v. A., 
in: Fs. R. Holtzmann, in Hist. Studien CCXXXVIII, 
1933; J. Handschin, Der Toncharakter, Zürich 
(1948); F. Torrefranca, G. d’A., Kgr.-Ber. Lüne- 
burg 1950; J. Smits van Waesberghe SJ, The Mus. 
Notation of G. of A., u.: G. of A. and Mus. Improvi- 
sation, MD V, 1951 ; ders.. De musico-paedagogico 
et theoretico G. A., Florenz 1953; H. Oesch, G. v. 
A., = Publ. d. Schweizerischen Musikforschenden 
Ges. n, 4, Bern (1954). H Os 


Guignon (giji'5), Jean Pierre (eigendich Gio- 
vanni Pietro Chignone), * 10. 2. 1702 zu Turin, 
f 30. 1. 1774 zu Versailles; italienischer Violinist, 
wahrscheinlich Schüler von Somis, debütierte 1725 
im Concert Spirituel. Ab 1730 trat er auch mit 
eigenen Konzerten hervor. G. gehörte 1733-62 der 
Hofkapelle an und war 1741-50 der letzte Royal 
Maitre des M&idtriers (das Amt, das bereits 1695 
bis 1741 unbesetzt war, wurde 1750 aufgehoben). 
Auch in seinen Kompositionen vertrat er die italie- 
nische Violinistenschule; G. gab um 1737-46 in 
Paris heraus; Violinsonaten op. 1 und 6; Sonaten 
für 2 Vc. op. 2; Sonaten für 2 V. op. 3 und 7; 
Triosonaten op. 4; Variationen op. 8 und 9 (darin 
Folies cTEspagne). Konzerte sind handschriftlich 
erhalten. 

Lit.: M. Brenet, Les concerts en France, Paris 1900; 
A. Schering, Gesch. d. Instrumentalkonzerts, — 
Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen I, Lpz. 1905, 
21927; L. de La Laurencie, Un musicien piömontais, 
RMI XVIII, 1911; ders., L’äcole fran?aise de violon 
II, Paris 1923. 

Guilain (gil'e), Jean Adam (wahrscheinlich 
eigentlich J. A. Guillaume Freinsberg) ; französi- 
scher Organist und Clavednist des 18. Jh., befreun- 
det mit Marchand, den er in seinen Pikees d'orgue 
pour le Magnificat (Suiten des 1. bis 4. Tons, Paris 
1706) zum Vorbild nimmt. Hier bezeichnet er sich 
als Organist an Saint-Honore, bei den Jesuiten und 
Cordeliers. 1739 erschienen von ihm Pikees de elave - 
ein d’uti goüt nouveau (Paris). Eine 5st. Messe und 
ein Air sind nicht erhalten. 

Ausg.: Pikees d’orgue in Guilmant-Pirro VII. 

Lit.: M. Brenet in RMI IX, 1902. 

Guilbert (gilb'eir), Yvette, * 20.1.1867 zu 
Paris, f 2. 2. 1944 zu Aix-en-Provence; französi- 
sche Diseuse, trat seit ihrem 18. Lebensjahr in Pa- 
riser Kaffeehäusern und auf kleineren Bühnen auf 
und unternahm Tourneen durch Deutschland, 
England, Italien und nach 1896 durch die USA. 
Sie sang Schlager- und Volkslieder und wurde 
trotz ihrer ungeschulten Stimme als Schauspielerin 
sehr geschätzt. Y. G. schrieb : La Chanson de ma vie, 
Mes mhnoires (Paris 1927) ; Vart de chanter une chan - 
son (Paris 1927) und Autres temps, autres chants (Paris 
1946). Gemeinsam mit ihrem langjährigen Beglei- 
ter Ferrari bearbeitete sie eine Sammlung alter 
französischerChansons :Chansonsanciennes(6DSnde : 
Refrains des Jeunes, Du moyen Age ä la Renaissance , 
10 Chansons anciennes, Les petits soupers de Versailles, 
Chansons de tout les temps , Bergers et Musettes; Mainz 
1911 ff.) und Ugendes dortes (Mainz 1914). - Tou- 
louse-Lautrec hat von ihr sehr bekannte Litho- 
graphien herausgegeben. G. Ferrari. 

Guilflmus Monachus, Musikschriftsteller des 
15. Jh., schrieb wahrscheinlich um 1480 in Italien 
einen Traktat De praeceptis artis musicae , in dem er 
ausfü hr lich von den »modi Anglicorum« Faux- 
bourdon (womit er zugleich Fauxbourdon und 
englischen Diskant bezeichnet) und Gymel han- 
delt. Der Traktat De cantu organico , welcher in 
demselben Manuskript folgt, ist wahrscheinlich 
nicht von G. 

Ausg. : De praeceptis ... in CS III. 

Lit: G. Adler, Studie zur Gesch. d. Harmonie, Sb. 
Wien XCVIII, 1881, separat Wien 1882, darin Teile 
d. Traktats mit Übers.; Riemann MTh; M. F. Bu- 


696 



Guilmant 


kofzer, Gesch. d. engl. Diskants, =» Slg mw. Ab- 
handlungen XXI, Straßburg 1 936, darin Korrekturen 
d. Ausg. in CS Ul; J. Handschin, Eine umstrittene 
Stelle..., Kgr.-Ber. Basel 1949. -* Fauxbourdon. 

Guillaume le Vinier (gij'o:m), f 1245; nord- 
französischer Trouvöre, Bruder des Gilles le 
Vinier, lebte als Geistlicher in Arras. Von G. le V., 
der dem Pui d* Arras angehörte, sind über 30 Lie- 
dertexte erhalten, davon der größere Teil mit Me- 
lodien. 

Ausg. u. Lit.: E. Ulrix, Les chansons inädites de G. 
le V. d' Arras, in: Mdanges Wilmotte, Paris 1910 
(Bibliogr.); A. LAngfors, Recueil gdndral des Jeux- 
partis frg., Paris 1926; J. Beck, Le Manuscrit du Roi — 
fonds fr. 844 de la Bibi, nat., = Corpus Cantilenarum 
Medii Aevi 1, London-Oxford-Philadelphia 1938 
(Faks.); Fr. Gennrich, Die altfrz. Rotrouenge, 
= Literarhist.-mw. Studie II, Halle 1925 (Melodie zu 
R 1405 »En tous tens se doit fins cuers esjöir«); ders., 
Rondeaux, Virelais u. Balladen II, = Ges. für roma- 
nische Lit., Bd XLVII, Göttingen 1927 (Melodie zu 
R 1405); ders., Troubadours, Trouvires, Minne- u. 
Meistergesang, = Das Musikwerk, Köln (1951), 
(Melodie zu R 1405); ders., MGG V (Melodie zu 
R 1143 »Chancon envoisie«); Th. G£rold, Hist, de 
la musique des origines ä la fin du XIV* s., Paris 1936, 
S. 282 (Melodie zu R 1192 »En mi mai, quant s’est 
la saisons partie«); A. Jeanroy, L. Brandin u. P. 
Aubry, Lais et descorts frg. du XIII® s., - M61anges 
de Musicologie Critique IV, Paris 1901 (Melodien zu 
R 193 »Se chans ne descors ne lais« u. zu R 1946 
»Espris d’ire et d’amour«); Davison-Apel Anth. 1, 19 i 
(Melodie zu R 1946). 

Guilleaume (gij'o:m), Margot, * 12. 1. 1910 zu 
Hamburg; deutsche Sängerin (Sopran), in ihrer 
Vaterstadt zur Sängerin ausgebildet, war zunächst 
als Opemsängcrin tätig (Hannover, Staatsoper 
Hamburg) und wirkt seit 1950 als Konzertsängerin 
und als Dozentin an der Staatlichen Hochschule 
für Musik in Hamburg. Als Interpretin älterer 
Oratorienwerke erwarb sie sich, besonders auch 
über den NDR und Schallplattenaufnahmen, einen 
Namen. 

Guillemaiu (gijm'e), Gabriel, * 15. 11. 1705 
und f (Selbstmord) 1. 10. 1770 zu Paris; franzö- 
sischer Violinist, studierte bei Somis, spielte zu- 
nächst in Lyon, ab 1729 in Dijon und wurde 1737 
Mitglied der Hofkapelle in Versailles. In der Folge 
machte er sich mehr und mehr als Komponist 
(auch mit einem Ballett La Cabale 1749) im italie- 
nischen Stil bekannt, von dessen Virtuosität die 
ausgeschriebenen Verzierungen der Violinstim- 
men zeugen. Er gab heraus (1734-62): Violinso- 
naten op. 1, 3, 11; Amüsement pour le violon seul 
op. 18 (mit Variationen und Caprices) ; Deuxibmc 
livre de Senates für 2 V. ohne B.c. op. 5 ; Sympho- 
nies dans le gout italien en trio op. 6 und 14; Diver- 
tissements de sympltonies en trio (1751); 12 Trio- 
sonaten (um 1740) ; Premier amusement ä la mode für 
2 V. und B.c. op. 8; 2. Buch Triosonacen op. 10; 
Six concertinos h quatre op. 7; 2 Bücher Sonates en 
quatuor ou conversations galantes et amüsantes entre 
une fiüte traversibre , un violon, une hasse de viole et 
un violoncelle (op. 12, 1743, und ohne Opuszahl, 
1756) ; Pikes (op. 9) und SympUonies . . . en forme 
de concerto (op. 16) pour les musettes , vielles, flutes ou 
hautbois; Pikes de clavecin en sonates op. 13 (1745, 
mit V. ad libitum). 

Ausg.: Violinsonate op. 1, Nr 2, hrsg. v. D. Alard, 

= Les Mahres classiques du violon XXXIV; Sonate 
op. 12, Nr 1, hrsg. v. H. Riemann, Coli. mus. LVIII. 


Lit.: L. de La Laurenceb, L’6cole frangaise de violon 
II, Paris 1923; E. Reeser, De klaviersonate met viool- 
begeleiding, Rotterdam 1939, darin d. Sonate op. 13, 
Nr 2. 

Guillet (gij'e), Charles, * vor 1600 und begraben 
1. 5. 1654 zu Brügge; belgischer Organist, wurde 
1616 Ratsherr in Brügge, wo er in der Folge meh- 
rere Ämter bekleidete. Von ihm erschienen Vingt 
quatre Fantaisies für Org. (Paris 1610) in den 12 
Modi. Das erste Buch einer Institution harmonique 
ist handschriftlich in Wien erhalten. 

Ausg. : Fantaisies, hrsg. v. J. Watelet u. A. Piscaer, 
in: MMBelg IV. 

Guilmant (gilm'ä), F&ix Alexandre, * 12.3. 
1837 zu Boulogne-sur-Mer, f 29. 3. 1911 zu Meu- 
don bei Paris; französischer Organist, trieb seine 
Studien zuerst bei seinem Vater, dem Organisten 
von St-Nicolas in Boulogne Jean-Baptiste G. 
(* 1793, t hn Mai 1890 zu Boulogne-sur-Mer), 
dann bei G. Carulli. Mit 16 Jahren wurde er als 
Organist, mit 20 als Chormeister an St-Nicolas 
und als Schulgesanglehrer in Boulogne angestellt. 
1860 ging er nach Brüssel, um sich unter Lernens* 
Anleitung weiterzubilden, erregte in den nächsten 
Jahren so großes Aufsehen, daß er 1871 an die 
Cavaillö-Coll-Orgel von Sainte-Trinitö in Paris 
berufen wurde. Mit der Symphonie D mol] für 
Org. und Orch. op. 42 (1874; auch als Sonate für 
Org. allein) schuf er einen neuen Literaturzweig 
für seine zahlreichen Konzerte im In- und Ausland 
Auch setzte er sich, besonders in den Trocadöro- 
Konzerten (ab 1878) und an seiner von Cavaille- 
Colls Nachfolger Ch. Mutin erbauten Hausorgel 
in Meudon, für die Wiederbelebung älterer (vor 
allem französischer) Orgelmusik ein, zu deren Er- 
forschung er durch die Herausgabe der Archives des 
Mattres de VOrgue (10 Bände, Paris und Mainz 
1898-1914; mit biographischen Studien von A. 
Pirro) grundlegend beigetragen hat; dazu treten 
die praktischen Sammlungen Concert historique 
d’orgue (Paris und Brüssel 1892), Repertoire des 
Concerts du Trocadko (4 Bände, Paris 1892-97) und 
Ecole classique de Vorgue (25 Hefte, Paris 1898-1903). 
G. gründete mit Bordes und d’Indv 1894 die 
Schola Cantorum und wirkte an ihr als Orgelleh- 
rer, ab 1896 auch als Nachfolger Widors am Con- 
servatoire. Zu seinen Schülern gehören R. Vieme, 
G. Jacob, A. Philip, CeUier, Bonnet, Dupr£ und 
N. Boulanger. Die Kompositionen G.s umfassen 
außer kleineren kirchlichen Gesangswerken und 
einzelnen Instrumentalstücken nur Orgelwerke: 
Pikes d'orgue dans diffirents styles (25 Hefte, 1860 bis 
1907); Vorganiste pratique (12 Hefte, 1870-81; die 
englische Ausgabe The Practical Organist nur teil- 
weise übereinstimmend); Vorganiste liturgiste (10 
Hefte, ab 1884; Bearbeitung gregorianischer Melo- 
dien); Noeb (4 Hefte, 1886); 8 Sonaten op. 42 
D moll, op. 50 D dur, op. 56 C moll, op. 61 
D moll, op. 80 C moll, op. 86 H moll, op. 89 
F dur (Suite) und op. 91 A dur. Op. 42 und 91 sind 
in der ursprünglichen Fassung Symphonien für 
Org. und Orch.; in dieser Besetzung ferner: 
Marche funbbre op. 41; Marche Jantaisie op. 44; 
Meditation sur le Stabat op. 63 (auch für Org. allein) ; 
Marche öUgiaque op. 74; Allegro op. 81 ; Finale alla 
Schumann op. 83 und Adoration. Fenier schrieb er: 
La musique d 9 orgue (in Lavignacs »Encydopödie de 
la musique« II, 2, Paris 1926). 


697 



Guion 


Lit.: A. G. In Memoriam, in: Tribüne de St-Gervais 
XVII, 1911; J. Bonnet, Quelques Souvenirs . . . sur 
A. G., in: Bull, trimestriel des Amis de l’orgue, März 
1937; N. Dufourcq, La musique d’orgue frangaise, 
Paris 1941, 21949. 

Guion (g'ion), David Wendel Fentress, * 15. 12. 
1895 zu Ballinger (Texas); amerikanischer Kom- 
ponist, studierte Klavier bei Godowsky in Wien, 
als Komponist Autodidakt, wurde Lehrer an der 
School of Music in Brownwood (Texas), am Fair- 
mont Conservatory und an der Methodist Uni- 
versity in Dallas sowie am Chicago College of 
Music. Er ist Gründer des D. G. Choral Club und 
des Fort Worth Harmony Club in Texas. G. schrieb : 
die Ballette Mother Goose und Shinaandi ; Orchester- 
suiten, darunter Arkansas Traveller, Turkey in the 
Straw und Southern Nights Suite ; Lieder und Chöre. 

Guiot de Provins (gij'o), * um 1155; nordfran- 
zösischer Trouväre, Landsmann und jüngerer 
Zeitgenosse Chrdtiens, stand als Trouvdre im 
Dienst der Grafen von der Champagne, die in 
Provins residierten. G. kann an Kreuzzügen in das 
Heilige Land und nach Syrien teilgenommen 
haben. Die 6 erhaltenen Lieder sind Jugendwerke 
(um 1180 entstanden?). Aus der Zeit seines spä- 
teren Klosterlebens als Cluniazenser sind zwei mo- 
ralsatirische Schriften bekannt: la Bible Guiot und 
Varmure du Chevalier. Es ist nicht ausgeschlossen, 
daß G. der Chrdtien-Fortsetzer ist, den Wolfram 
von Eschenbach Kyot den Provenzalen nennt. 
Ausg. u. Lit.: J. Orr, Les ceuvres de G. Pr., pofcte 
lyrique et satirique, = Publ. de PUniversitd de 
Manchester, Sdrie fran9aise I, Manchester 1915; H. 
Spanke, Romanische u. mittellat. Formen in d. Me- 
trik v. Minnesangs Frühling, ZRPh XLIX, 1929 (Me- 
lodie zu R 142 nach Ms. 0 : »Ma joie premeraine«, 
Übertragung v. H. Anglös) ; Th. GGrold, La musique 
au moyen äge, Paris 1932 (Melodie zu R 142); 
Fr. Gennrich, Troubadours, Trouvfcres, Minne- u. 
Meistergesang, = Das Musikwerk, Köln (1951), (Me- 
lodie zu R 1668 »Moult me merveil de ma dame et 
de moi«); H. Besseler, Die Musik d. MA u. d. 
Renaissance, = Bücken-Hdb., Potsdam (1931), (Me- 
lodie zu R 142); A. Bäudler, G. de Pr., seine Gönner 
u. d. »Suite de la Bible« u. seine lyrischen Gedichte, 
Diss. Halle 1902; P. Hagen, Wolfram u. Kiot, in: 
Zs. für deutsche Philologie XXVIII, 1906, separat 
Halle 1906; A. Schreiber, Kyot u. Crestien, ZRPh 
XLVIII, 1928; Ph. A. Becker, Kyot der Provenzale, 
in: Romanische Forschungen LIX, 1947; M. Del- 
bouille, Du nouveau sur »Kyot der Provenzäl«, in: 
Marche romane III, 1953; Ch.-V. Langlois, La vie 
en France au moyen äge I, Paris 1925, S. 47 ff. 


Guiraud (gn^o), - 1) Jean-Baptiste, * 1803 zu 
Bordeaux, f um 1864 zu New Orleans; franzö- 
sischer Komponist, Schüler von Lesueur und 
Reicha am Pariser Conservatoire, Rompreisträger 
1827. Da er seine Opern in Paris nicht anbringen 
konnte, ging G. als Musiklehrer nach New Or- 
leans. - 2) Ern es t, * 23. 6. 1837 zu New Orleans, 
t 6. 5. 1892 zu Paris, Sohn von Jean-Baptiste G.; 
französischer Komponist, war Schüler von Mar- 
montel, Barbereau imd Haldvy am Pariser Conser- 
vatoire und erhielt 1859 für die Kantate Bajazet 
den Rompreis. Mit der in Rom geschriebenen Oper 
Sylvie errang er 1864 seinen ersten Erfolg, den von 
seinen späteren Opern noch erreichten: Le kobold 
(1870), Madame Turlupin (1872), Piccolino (1876), 
ferner das Ballett Gretna Green (1873), 2 Orchester- 


suiten und die Ouvertüre Artevelde (1875). Die un- 
vollendet ^unterlassene Oper Fridigonde wurde, 
ergänzt von Saint-Saens und Dukas, 1895 aufge- 
führt. Von G. stammen die Instrumentation zu 
Offenbachs »Contes de Hoffmann« und die Rezi- 
tative zu Bizets »Carmen«. Als Theorie- und ab 
1880 Kompositionslehrer am Pariser Conservatoire 
zählte er Debussy zu seinen Schülern. Er schrieb 
einen Traiti d' Instrumentation (Paris 1895 und öfter, 
neu bearbeitet von H. Busser 1933). 

Lit: H. Imbert, Medaillons contemporains, Paris 
1903. 

Guiraut de Borneil -► Giraut de Bornelh. 

Guiraut Riquier (gir'aut), * in der ersten Hälfte 
des 13. Jh. zu Narbonne; provenzalischer Trouba- 
dour (»der letzte Troubadour«), mag gegen 1260 
nach Kastilien gegangen sein und in -> Alfonso dl 
Sabio für ein Jahrzehnt einen Gönner gefunden 
haben. Gegen Ende des Jahrhunderts wirkte er am 
Hof Heinrich II., des Grafen von Rodez (Ddp. 
Aveyron). Möglicherweise ist das Corpus seiner 
Lieder (89) und Epistel (15) geschlossen überliefert. 
Die Epistd Pos Deus m'a dat saber an Alfonso el 
Sabio aus dem Jahre 1274 bringt die berühmte Un- 
terscheidung von Troubadour und Jongleur. Von 
G. R.s Mdodien sind 48 in Manuskript R (Paris, 
Bibi. nat. fr. 22543; 104c 1 *-! 07a 3 ) geschlossen über- 
liefert. 

Ausg. u. Lit.: H. ANGLfes, Les Melodies del Trobador 
G. R., in: Estudis Universitaris Catalans XI, 1926 
(alle Melodien); Fr. Gennrich, Der musikalische 
Nachlaß der Troubadours, = Summa Musicae Medü 
Aevi III, Darmstadt 1958 (alle Melodien); K. A. F. 
Mahn, Die Werke der Troubadours in provenzali- 
scher Sprache, 4 Bde, Berlin 1856-73 (in Bd 4 Ed. v. 
G. R.s Liedern durch L. H. Pfaff); C. Chabaneau, 
Cinq tensons de G. R., in: Revue des langues romanes 
XXXII; J. Anglade, Le Troubadour G. R., ötude 
sur la döcadence de l’ancienne poäsie provenzale, 
Bordeaux- Paris 1905; P. Savy-Lopez, Trovatori e 
Poeti, Mailand-Palermo 1907; Fr. Gennrich, MGGV. 

Gylbranson, Ellen (geborene Norgren, ver- 
mählte G.), * 8. 3. 1863 zu Stockholm, f 2. 1. 1947 
zu Oslo; schwedische Sängerin (Sopran), war 1883 
in Paris Schülerin von Frau Marchesi und E. Ken- 
neth, debütierte in Stockholm 1886 als Konzert-, 
dann (1889) als Bühnensängerin (Aida) und blieb 
ihrem Beruf auch nach ihrer 1890 erfolgten Ver- 
mählung treu. Ihr europäischer Ruf datiert seit 
ihrem bereits 1892 in Aussicht genommenen, doch 
erst 1896 verwirklichten Auftreten in den Bay- 
reuther Festspielen (Brünnhilde). 

Lit: F. Elsta, Boken om E. G., Oslo 1950. 

Gulda, Friedrich, * 16. 5. 1930 zu Wien; öster- 
reichischer Pianist, studierte an der Wiener Aka- 
demie Klavier bei Seidlhofer und Theorie bei J. 
Marx, erhielt 1946 den 1. Preis beim Genfer Mu- 
sikwettbewerb, der Ausgangspunkt für einen er- 
staunlich schnellen Aufstieg bildete. G. unternahm 
Tourneen durch Europa, Südafrika, Nord- und 
Südamerika und gab in zahlreichen Städten Beet- 
hoven-Zyklen mit sämtlichen 32 Sonaten. Sein 
Spiel zielt auf Ausschaltung alles Subjektiven und 
auf größte Werktreue. Er besitzt eine hochent- 
wickelte Technik; die Weite seines Gestaltungs- 
vermögens reicht vom Barock über Klassik und 


698 



Gimgl 


Romantik bis zur Gegenwart. G. spielt und impro- 
visiert auch im Jazzstil. Als Komponist trat er mit 
7 Galgenliedem nach Morgenstern für Bar. und 
2 Kl., einem Streichquartett und 12 Etüden für 
kleine Jazzcombo hervor. 

Gumbert, Ferdinand, * 21. 4. 1818 und f 6. 4. 
1896 zu Berlin; deutscher Sänger (Bariton) und 
Komponist, sollte Buchhändler werden, ging aber 
1839 an das Theater in Sondershausen und sang 
1840-42 unter C. Kreutzer in Köln, auf dessen Rat 
er sich dann als Komponist, Musikschriftsteller und 
-lehrer in Berlin nieaerließ. 1881 wurde er Musik- 
referent der Täglichen Rundschau. G. war durch 
Hunderte von volksmäßigen Liedern bis um die 
Jahrhundertwende außerordentlich populär. Von 
ihm ist An des Rheines grünen Ufern , das Kühlebom 
in Lortzings »Undine« als Einlage singt. Er schrieb 
auch einige Liederspiele, viele Aufsätze und ge- 
schickte Übersetzungen französischer Opemtexte, 
so von Meyerbeers »L’Africaine« und Thomas’ 
»Mignon«. 1860 erschien sein Buch Musik; Ge- 
lesenes und Gesammeltes (Berlin). 

Lit.: W. Neumann, F. G., Componisten der neue- 
ren Zeit XXXIX, Kassel 1856. 

Gympelzhaimer» Adam (Gumpeltzhaimer), 
* 1559 zu Trostberg (Oberbayem), + 3. 11. 1625 
zu Augsburg; deutscher Kantor, ausgebildet in 
Augsburg, ging vielleicht zu kurzen Studienaufent- 
halten nach München (zu Lassus) und Italien. 1581 
wurde er Praeceptor und Kantor am Gymnasium 
St. Anna in Augsburg, in welcher Stellung er - 
trotz einem Rufe nach Stuttgart 1606 - bis an sein 
Lebensende blieb. In Ingolstadt, wo G. 1582 imma- 
trikuliert wurde, promovierte er vielleicht zum 
Magister artium. G. überarbeitete H. Fabers Com- 
pendium mit der Ridschen Übersetzung und gab es 
1591 heraus als: Compendium musicae , pro illius artis 
tironibus a M. Henrico Fabro latine conscriptum, et 
a M. Christophoro Rid in vemaculum sermonem con- 
versum , von der 2. Auflage (1595) an unter eige- 
nem Namen als: Compendium musicae latino-Ger- 
manicum ; in dieser zweisprachigen, zeitgemäß er- 
neuerten und von G. im Laufe der Zeit noch mehr- 
fach ergänzten sowie mit einem Anhang 2-8stim- 
miger Stücke (vor allem von G. und von Lassus) 
versehenen Ausgabe erschien die Fabersche Schrift 
bis 1681 in 13 Auflagen und war damit eines der 
beliebtesten Musiklehrbücher in den süddeutschen 
Stadt- und Klosterschulen. Von G.s Kompositionen 
sind ferner erhalten: Lustgärtlins Teutsch und La- 
teinischer Geistlicher Lieder Erster und Ander Theil, 
3st., (1611, der l.Teil auch bereits 1591 als Neue 
Teutsche Geistliche Lieder); Wirtzgärtlins Teutsch 
und Lateinischer Geistlicher Lieder Erster und Ander 
Theil , 4st. (1619, der 1. Teil auch bereits 1594 als 
Neue Teutsche Geistliche Lieder); Sacrorum concen- 
tuum . . ., 8st., 2 Bücher (1601 und 1614, aus Buch 
II Psalmus LI auch bereits 1604); Zwei schöne 
Weihenacht Lieder , 4st. (1618). Alle diese Drucke 
erschienen in Augsburg, die deutschen Liedsamm- 
lungen auch in mehreren Neuauflagen. Weitere 
Stücke sind unvollständig, handschriftlich und in 
Sammeldrucken erhalten. 

Ausg. : Ausgewählte Werke, hrsg. v. O. Mayr, DTB 
X, 2; viele Einzelausg., besonders v. Fr. Jöde in: Der 
Kanon, Wolfenbüttel u. Bin 1926 (34 Sätze), u. in: 
Chorbuch I, V u. VI ebenda 1927-31 (14 Sätze). 


Lit.: O. Mayr, A. G., Diss München 1908. - Fr. 
Sannemann, Die Musik als Unterrichtsgegenstand..., 
Bin 1904; K. KÖberlin, Beitr. zur Gesch. d. Kantorei 
bei St Anna, in : Zs. d. hist Ver. f. Schwaben XXXIX, 
1913; ders., Gesch. d. humanistischen Gymnasiums 
bei St Anna, Augsburg 1931 ; O. Wessely, J. Entzen- 
müller, Mf VII, 1954. 

Gund, Robert, * 18.11.1865 zu Seckenheim 
(bei Mannheim), f Juli 1927 zu Wien; deutscher 
Komponist, studierte am Leipziger und am Wie- 
ner Konservatorium, war bis 1913 Pianist und Ge- 
sanglehrer in Wien, bis 1922 in der Schweiz und 
dann wieder in Wien. Seine Musik ist anspruchslos 
und melodiös. Eine Interpretin seiner Lieder war 
seine Frau Elisabeth G.-Lauterburg. Komposi- 
tionen : Melodram Nausikaa op. 43; Kammer- und 
Klaviermusik; Liederzyklus Stimme der Seele so- 
wie Lieder. 

Gundissaljnus, Dominicus (Gundisalvus) ; spa- 
nischer Philosoph des 12. Jh., eine Zeitlang Ardhi- 
diakon an der Kathedrale von Segovia, gehörte in 
Toledo dem Übersetzerkollegium an, das sich die 
V ermittlung der aristotelisch-arabischenPhilosophie 
an Westeuropa zur Aufgabe machte. G. übersetzte 
u. a. Werke von Avicenna und al-Färäbi, dessen 
Gedanken er auch in der Schrift De divisione philo - 
sophiae (um 1150) vielfach übernimmt. Der Musik- 
abschnitt dieser Abhandlung verbindet diese An- 
schauung mit der Musiklehre Isidors. Auf G. fußen 
weitgehend Magister Lambertus und Kilwardby. 

Ausg.: De divisione philosophiae, hrsg. v. L. Baur, =* 
Beitr. zur Gesch. d. Philosophie d. MA IV, 2-3, 
Münster 1903. 

Lit.: M. Men£ndez y Pelayo, Hist de los hete- 
rodoxes espaöoles I, Madrid 1880; A. Loewenthal, 
D. G. . ., Diss. Königsberg 1890; Cu Baeumker, 
Les 6crits philosophiques de D. G., Rev. thomiste V. 
1897; ders., D. G. als philosophischer Schriftsteller, 
Münster 1899; J. A. Enders, Gesch. d. ma. Philo- 
sophie, Kempten 1908; M. Grabmann, Gesch. d. 
scholastischen Methode, 2 Bde. Freiburg i. Br. 1909 
bis 191 1 ; W. Grossmann, Die einleitenden Kapitel d. 
Speculum Musicae, — Slg mw. Einzeldarstellungen 
III, Lpz. 1924; Fr. Ueberweg, Grundriß d. Gesch. d. 
Philosophie II, bearb. v. B. Geyer, Bin ”1927, Tü- 
bingen > 21951 ; H. G. Farmer, Hist, of Arabian Mu- 
sic, London 1929; ders. Al-Farabi’s ArabioLatin 
Writings on Music, Glasgow 1934; G. Pietzsch, Die 
Klassifikation d. Musik, Halle 1929. 

Gundry (g'Ancbi), In gl es, * 8. 5. 1905 zu Lon- 
don; englischer Komponist studierte in Oxford, 
wo er sein juristisches Examen ablegte, war 1929 
bis 1932 Privadehrer, studierte ab 1935 am Royal 
College of Music in London, wurde 1942 Royal 
Marines Schoolmaster. 1944 erhielt er den Auftrag, 
das britische Marine-Musikwesen zu organisieren. 
1945 wurde G. Lehrer für Musikgeschichte an der 
Londoner Universität. Kompositionen: Opern, 
darunter The Partisans; Ballett Sleep ; Orchester- 
werke (eine Symphonie, Symphonie Fantasia, Pre - 
lüde to the Coventry Corot); Klavier- und Kammer- 
musik; Lieder und Chorwerke. Er verfaßte Opem- 
libretti und Aufsätze über die Oper. 

Lit.: A. E. Kbeton, 1. G., in: Mus. Opinion LXVIII, 
1945; P. Crossley-Holland, The Music of I. G., in: 
Hinrichsen’s Mus. Year Book IV/V, 1947/48. 

Gungl, - 1) Joseph, * 1. 12. 1809 zu Zsämbdk 
(Ungarn), + 31. 1. 1889 zu Weimar; österreichi- 
scher Unterhaltungsmusiker, war zunächst Lehrer, 


699 



Gunke 


wurde 1834 Oboist, später Musikmeister des 4. 
österreichischen Artillerieregiments in Graz und 
ging mit seiner Kapelle auf große Konzertreisen, 
auf denen er hauptsächlich eigene Walzer und 
Märsche aufführte, darunter den Ungarischen 
Marsch op. 1, über den Liszt eine Transkription 
schrieb. G. Bock, der mit G. befreundet war und 
dessen sämtliche 436 Werke verlegte, errichtete G. 
1843 in Berlin ein eigenes Orchester, mit dem er 
mehrfach St. Petersburg, 1849 Amerika und 1856 
erfolglos Wien besuchte. 1858 übernahm er die 
Kapellmeisterstelle am 23. Infanterieregiment in 
Brünn, leitete 1864-70 wieder ein eigenes Orche- 
ster mit Hauptsitz in München und lebte dann in 
Schwerin, Frankfurt am Main, Köln, zuletzt in 
Weimar. Seine Tänze genossen neben denen der 
Strauß-Dynastie eine ausgezeichnete Popularität, 
besonders Klänge aus der Heimat op. 31, Immortellen - 
Walzer op. 82, Walzer Die Hydropathen op. 149, 
Perpetuum mobile op. 317 und Am Königsee op. 361. 
G.s Tochter Virginia trat 1871-78 als Opem- 
sängerin (Sopran) auf und unterrichtete dann an 
der Weimarer Musikschule. - 2) Johann, * 5. 3. 
1828 zu ZsämtoSk (Ungarn), f 27. 11. 1883 zu 
Fünfkirchen (Ungarn), Neffe von Joseph G. ; öster- 
reichischer Violinist, soll bereits 1843 in Berlin auf- 
getreten sein und 1845-48 in St. Petersburg eine 
Tanzkapelle geleitet haben. 1848-62 gehörte er der 
Petersburger Hofkapelle an. Er schrieb über 100 
Tanzkompositionen, zum Teil nach Motiven von 
Meyerbeer und Verdi. 

Gunke, Joseph ->■ Hunke. 

Gura, - 1) Eugen, * 8. 11. 1843 zu Pressern bei 
Saaz (Böhmen), f 26. 8. 1926 zu Aufkirchen am 
Starnberger See; deutscher Sänger (Bariton), stu- 
dierte in München und Wien zunächst Technik 
und Malerei, dann bei Fr. Hauser Gesang. 1865 
debütierte er in München und sang dann in Breslau 
(1867-70), Leipzig (bis 1876), Hamburg (bis 1883), 
zuletzt bis 1896 wieder in München. G. war ein 
hervorragender Wagnersänger, der 1876-96 mehr- 
fach bei den Bayreuther Festspielen mitwirkte; 
zum letzten Male trat er 1901 bei der Eröffnung 
des Münchner Prinzregententheaters auf. Seine 
Hauptrollen waren Leporello, Don Giovanni, 
Hans Heiling, Rigoletto und vor allem der Hans 
Sachs in Wagners »Meistersingern« sowie Abul 
Hassan in P. Cornelius’ »Barbier von Bagdad«. 
Seine außergewöhnlich kultivierte Vortragskunst 
kam besonders im Konzertsaal zur Geltung, wo er 
sich für das Schaffen von Loewe und H. Wolf 
einsetzte. G.s Erinnerungen erschienen 1905 (Leip- 
zig). - 2) Hermann, * 5.4.1870 zu Breslau, 
f 1940, Sohn von Eugen G.; deutscher Sänger 
(Bariton), trat zuerst 1890 in Weimar auf und sang 
in der Folge in Berlin (Kroll-Oper), Aachen, Zü- 
rich, Basel, München (1895) und Schwerin (1896). 
Dort wurde er 1897 Oberregisseur. 1911 leitete er 
vorübergehend H. Gregors Komische Oper in Ber- 
lin, lebte dann bis 1920 und wieder ab 1927 dort 
als Gesanglehrer und wirkte 1920-27 als Opem- 
direktor und Gesanglehrer in Helsinki. 

al-öurgäm, Al! ben Muhammad (Al-Jur- 
jäni), * 1339 zu Tägü bei Astaräbäd, f 1413 zu 
Schiras; arabischer Gelehrter, unterrichtete in 
Schiras und Samarkand. Er verfaßte theologische 


und juristische Kommentare, eine Enzyklopädie, 
in der auch die Munk behandelt wird, sowie (1375) 
einen Kommentar zum Kitäb al-adwär des §afi 
ad-DIn. 

Ausg.: Les commentaires . . . sur le Kitab . . ., hrsg. 
v. Baron R. d’Erlanger, La musique arabe III, Paris 
1938. 

Lit. : H. G. Farmer, Sources of Arabian Music, 
Bearsden 1940. 

Gur)di, Jesds, * 25. 9. 1886 zu Vitoria; basi- 
scher Komponist und Organist, studierte ab 1903 
bei d’Indy in Paris, J. Jongen in Brüssel und Neitzel 
in Köln. Nach dem Studium ließ er sich in Bilbao 
nieder, wo er Orgellehrer an der Academia de 
musica, Leiter der Sociedad coral sowie mit der 
Gründung des Konservatoriums Lehrer für Orgel 
und Komposition an dieser Anstalt wurde. Seit 
1939 lebt er in Madrid als Theorielehrer am Kon- 
servatorium und musikalischer Direktor der Film- 
gesellschaft Ufisa. G. schrieb die Opern Mirentxu 
(1910), Amaya (1920, umgearbeitet 1951) und die 
Zarzuelas El caserio (1926), La Meiga (1928), La 
cautiva (1928), Mandolinata (1934), Mari-Eli (1936), 
ferner Homenaje a Walt Disney für Kl. und Orch. 
(1956), Orchesterstücke, Kammermusik, Klavier- 
werke, einige Orgelstücke, Chöre und Iieder. 

Gurjlew, Alexander Lwowitsch, * 4. 9. 1803 
und f 12.9. 1858 zu Moskau; russischer Kompo- 
nist, Leibeigener des Grafen Orlow, erhielt seine 
musikalische Ausbildung von seinem Vater Lew 
Stepanowitsch G. (1770-1844, Schüler Sartis. 
G. war anfangs Violinist im Orchester Des Grafen 
Orlow, wurde aber mit seiner ganzen Familie 
nach dem Tode des Grafen aus der Leibeigenschaft 
entlassen. Er schrieb mehr als 200 zu seiner Zeit 
volkstümliche Lieder. 

Gurlitt, Cornelius, * 10. 2. 1820 und f 17. 6. 
1901 zu Altona; deutscher Komponist, war in 
seiner damals dänischen Vaterstadt Schüler von 
J. P. R. Reinecke und setzte seine Studien (Kom- 
position und Orgel) bei J. P. E. Hartmann und C. E. 
F. Weyse in Kopenhagen fort. 1841-45 lebte G. in 
Hirschnolm bei Kopenhagen als Musiklehrer und 
unternahm mit Hilfe eines königlichen Stipendiums 
eine Studienreise nach Rom, wo er Ehrenmitglied 
der Akademie der Tonkunst wurde. In Leipzig 
unterbrach er die Reise, um mit seinem Altonaer 
Jugendfreund und Mitschüler C. Reinecke zusam- 
menzutreffen, der ihm die Bekanntschaft mit Clara 
und R. Schumann, Lortzing und R. Franz ver- 
mittelte. Schumanns Kammermusik wurde ihm 
durch das Reinecke-Quartett nahegebracht. Nach- 
dem G. sich wieder als Musiklehrer in Altona nie- 
dergelassen hatte, nahm er am deutsch-dänischen 
Krieg 1848-50 als Musikdirektor bei der Brigade- 
musik teü. Von 1864 bis 1898 wirkte er als Orga- 
nist an der Hauptkirche in Altona und als Leiter 
der dortigen Liedertafel (Vorgänger von F. 
Woyrsch), lehrte 1879-87 zugleich am Konser- 
vatorium in Hamburg. Der dortige Tonkünstler- 
verein ernannte ihn zum Ehrenmitglied, wie vor- 
her nur Marxsen und Brahms. Werke: G. schrieb 
außer Orchestermusik (Ouvertüre op. 20, Sin- 
fonietta op. 60) und Kammermusik (Streichtrio 
op. 10, Klaviertrios, Streichquartett op. 5, Violin- 
sonaten op. 3 und 4, Klaviersonaten zu 2 und 4 


700 



Gurlitt 


Händen), 2 Operetten, die komische Oper Scheik 
Hassan (1863) und Chorwerke: Die Jahreszeiten 
op. 26, Der Jäger Heimkehr op. 49, Oratorium Die 
Sümflut (1888), die sogenannte plattdeutsche Mar- 
seillaise (Fritz Reuters De See f de brust wull dör de 
Nacht , 1864), viele Lieder und Gesänge für eine 
oder 2 Singst, mit Kl. (op. 14 und 18 aus Klaus 
Groths Quickbom). Des Quickbom-Liedes Min 
Anna is en Ros * so roth 9 op. 18, Nr 1, erinnerte sich 
C. Reinecke, als er dem verstorbenen Jugendfreund 
1903 ein Denkmal setzte: »12 PiSces for the Piano- 
forte, composed on C. Gurlitt’s Initials C. G.« 
op. 262a. Am bekanntesten, vor allem auch in 
England beliebt, waren G.s kleine und größere 
Vortragsstücke zu 2 u. 4 Händen für die Jugend: 
Jugendalbum op. 62, 84, 101 und 140, Aus der Kirn 
derwelt op. 74, Aus der Jugendzeit op. 84, Feldblumen 
op. 104, Mimosen op. 113, Albumblätter op. 147, 
Novelletten op. 148; dazu Studienwerke aller Art. 
In seinen Klavier-Miniaturen, die auch die ein- 
fachen Verhältnisse häuslicher Musikpflege berück- 
sichtigen und die dem Lebensgefühl der Altonaer 
Biedermeierzeit entsprachen, berührt G. sich mit 
Th. Kirchner und C. Reinecke. Erwähnt sei noch 
der musikalische Scherz op. 115 mit seinen hu- 
moristischen Transkriptionen über »Ach du lieber 
Augustin« im Stil der klassischen Meister. Eine fast 
vollständige Sammlung der gedruckten und hand- 
schriftlichen Kompositionen (etwa 250) besitzt die 
Schleswig-Holsteinische Musiksammlung der Stadt 
Neumünster. 

Ausg.: Der neue Gurlitt (64 kleine Klavierstücke, 
2 Bde, hrsg. v. W. Rehberg, Mainz 1931 ; Das kleine 
Konzert, hrsg. v. H. Schüngeler, Magdeburg 1940. 
Lit.: A. Volquardsen, C. G.’s Jugendjahre, Kirch- 
liche Nachrichten f. d. Gemeinde d. Propstei Altona 
III, 1926, Nr 33; ders., C. G.’s Lehr- u. Meisteijahre, 
ebenda Nr 36; ders., C. G.’s Lebensende und Lebens- 
werk, ebenda Nr 44; P. Th. Hoffmann, Neues Al- 
tona II, Jena 1929; H. Funck, Mus. Biedermeier, in: 
DVjs. XIV, 1936; ders., Beiträge zur Altonaischen 
Musikgeschichte . . ., Altonaische Zs. für Gesch. u. 
Heimatkunde VI, 1937. 

Gurlitt, Manfred, * 6. 9. 1890 zu Berlin; deut- 
scher Dirigent, Sohn des Kunsthändlers Fritz G., 
war Schüler von Mayer-Mahr und Breithaupt 
(Klavier), Kaun und Humperdinck (Komposition), 
1908-10 Korrepetitor an der Berliner Hofoper, 
1911 Assistent bei den Bayreuther Festspielen und 
Kapellmeister an den Stadttheatem Essen und 
Augsburg, ging 1914 als 1. Kapellmeister und 
Opemlciter an aas Stadttheater Bremen, wo er die 
Neue Musikgesellschaft gründete und leitete. Ab 
1924 war er GMD und Gastdirigent an der Staats- 
oper, auch Lehrer an der Hochschule für Musik in 
Berlin, bis 1937 als Dirigent in verschiedenen euro- 
päischen Ländern, ab 1939 in Tokio tätig, wo er 
ein eigenes Opemuntemehmen aufbaute und leitet, 
das deutsche Opemkunst in Japan bekannt macht. 
G. schrieb die Opern: Die Heilige (nach C. Haupt- 
mann, 1920), Wozzeck (nach Büchner, 1926), Sol- 
daten (nach Lenz, 1930), Nana (nach Zola, 1933), 
Nächtlicher Spuk (1937), Warum? (eigener Text, 
1940), Nordische Ballade (nach S. Lagerlöfs »Herrn 
Ames Schatz«, 1944), Wir schreiten aus (eigener 
Text, 1958); Orchestermusik: Goya-Symphonie 
(1938), 3 politische Reden für Bar. und Orch. 
(1951), Shakespeare-Symphonie für 5 Singst, und 


Orch. (1954); Kammermusik: Klaviersonate 
(1911), Klavierquintett (1911), Kammerkonzert für 
Kl. (1927), Kammerkonzert für V. (1929), Kam- 
merkonzert für V., 13 Bläser und Schlagzeug 
(1932), Cellokonzert (1937); Lieder und Gesänge, 
darunter 5 Gesänge für S. und Kammerorch. 
(1923). 

Gurlitt, Wilibald, * 1.3.1889 zu Dresden; 
deutscher Musikforscher, Sohn des Architekten 
und Kunsthistorikers Cornelius G. (1850-1938), 
studierte Musikwissenschaft, Philosophie und Ge- 
schieht e in Heidelberg (Ph. Wolfrum, W. Windel- 
band, . H. Oncken) und Leipzig (H. Riemann, A. 
Schering, W. Wundt, J. Volkdt, E. Spranger, H. 
Lamprecht). Ausbildung und Förderung in der 
Musik verdankt er vor allem K. Straube, Pn. Wolf- 
ram, K. Hasse und E. Warwas. G. war Famulus 
und Assistent am Musikwissenschaftlichen Institut 
der Universität Leipzig unter H. Riemann, arbei- 
tete an der 8. Auflage des vorliegenden Lexikons 
mit und promovierte 1914 mit einer Dissertation 
über Michael Praetorius. 1914-18 Kriegsteilnehmer, 
geriet er verwundet in französische Gefangenschaft 
und wurde 1918 nach Basel ausgetauscht, wo er als 
Musiklehrer an der Fortbildungsanstalt für inter- 
nierte Lehrer tätig war. 1919 bot ihm die Universi- 
tät Freiburg im Breisgau ein Lektorat an und berief 
ihn 1920 auf den neugeschaffenen Lehrstuhl für 
Musikwissenschaft und zum Direktor des von ihm 
gegründeten Instituts als planmäßiger ao., 1929 
als o. Professor. 1937 seines Amtes enthoben, rief 
ihn die Universität 1945 wieder zurück. 1946 folgte 
G. einem Ruf als Gastprofessor an die Universität 
Bern und wirkte ab 1948 wieder als Ordinarius in 
Freiburg im Breisgau, gleichzeitig an der neuen 
Musikhochschule. 1955/56 war er Gastprofessor in 
Basel. An ihn ergangene Berufungen nach Heidel- 
berg, Breslau, Leipzig, Marburg, Bern und Frank- 
furt am Main hat er abgelehnt, um seinem Freiburger 
Aufbauwerk treu zu bleiben. G. ist o. Mitglied der 
Akademie der Wissenschaften und der Literatur 
Sitz Mainz) und Vorsitzender ihrer Kommission 
iir Musikwissenschaft, Mitglied der Musikge- 
schichtlichen Kommission E. V. (Sitz Kiel), des 
Beirats der Neuen Bachgesellschaft (Sitz Leipzig), 
des Vorstandes der Internationalen Bachgesellschaft 
(Sitz Schaflfhausen) und des Herausgeber-Kolle- 
giums der Neuen Bach-Ausgabe (Sitz Göttingen) 
sowie Ehrendoktor der Theologischen Fakultät 
der Universität Leipzig, Ehrensenator der Staat- 
lichen Hochschule für Musik Freiburg im Breisgau 
und Ehrenmitglied der Gesellschaft der Orgel- 
freunde (Sitz Eßlingen). - Im Mittelpunkt seiner 
akademischen Lehrtätigkeit steht die Wissenschaft 
der Musikgeschichte, die für G. nicht nur eine 
Angelegenheit der Fachgelehrsamkeit, sondern 
auch, lebendig ergriffen, eine geistige Macht im 
Musikleben der Gegenwart bedeutet. Mit seinem 
Collegium musicum, das nach dem Vorbild H. 
Riemanns der Pflege älterer Musik diente und um 
Treue gegen das Original auch im Klangbild be- 
müht war, unternahm G. erstmalig öffentliche 
Aufführungen von Musik des Mittelalters, die er 
im größeren Rahmen 1922 in der Badischen 
Kunsthalle in Karlsruhe und 1924 in der Hambur- 
ger Musikhalle veranstaltete. Hierüber berichteten 
Fr. Ludwig und H. Besseler in ZfMw V, 1922/23, 

70i 



Gurlitt 


und VII, 1924/25. - Mit dem Ludwigsburger Or- 
gelbaumeister O. Walcker (vgl. dessen »Erinne- 
rungen eines Orgelbauers«, Kassel 1948) zusammen 
erstellte G. im Freiburger Institut die nach den 
Angaben der »Organographia« des M. Praetorius 
von 1619 entworfene Praetorius-Orgel. Sie wurde 
am 4. 12. 1921 durch K. Straube eingeweiht und 
eab 1926 den Anlaß zu einer Freiburger Tagung 
für deutsche Orgelkunst, die unerwartet eine weit 
ausstrahlende Wirkung haben sollte (-* Orgelbe- 
wegung). Im 2. Weltkrieg ist das Freiburger Insti- 
tut mitsamt seiner Orgel im Feuersturm des Luft- 
angriffs vom 27. 11. 1944 vollständig niederge- 
brannt und vernichtet worden. Eine Stiftung von 
Dr. M. T. Mellon, Pittsburgh, ermöglichte 1954 
bis 1955 den Neubau einer Praetorius-Orgel in der 
neuen Aula der Universität, entworfen nach der 
1. Musterdisposition der »Organographia« mit 27 
Stimmen aut 2 Manualen und Pedal, Rückpositiv, 
Schleifladen, mechanischer Traktur und mittel- 
tönigcr Temperierung, der sogenannten Praetoria- 
nischen Temperatur (vgl. The American-German 
Review XXII, 1956, und Zs. L’Orgue, Nr 83, 
1957). G. schrieb zu Orgelfragen u. a. : Die Wand- 
lungen des Klangideals der Orgel im Lichte der Musikr- 
geschichte (in: Bericht über die Freiburger Tagung 
rür deutsche Orgelkunst, Augsburg 1926); Der 
musikalische Denkmalwert der alten Musikinstrumente 
(in: Tag für Denkmalpflege u. Heimatschutz Bres- 
lau 1926, Berlin 1927, auch in: Richtlinien zum 
Schutze alter wertvoller Orgeln, zugleich Bericht 
über die Tagung der Orgeldenkmalpfleger in 
Weilheim/Teck, Berlin 1958) ; Über Prinzipien und 
zur Geschichte der Registrierkunst in der alten Orgel- 
musik (Kgr.-Ber. Leipzig 1925) ; Zur gegenwärtigen 
Orgel-Erneuerungsbewegung (MuK I, 1929); Der 
kursächsische Hoforgelmacher G.Fritzsche (Fs. A. 
Schering, Berlin 1937); Zum Schülerkreis von G. 
Fritzsche (MuK X, 1938); Die Paulskirchenorgel in 
Frankfurt am Main (Zflb LX, 1940) ; Schwäbische 
Orgelbaukunst (Zflb LXI, 1941); Die Orgelmacher- 
familie Schmahl (MuK Xltt, 1941); K. Straube ab 
Vorkämpfer der neueren Orgelbewegung (Fs. K. 
Straube, Leipzig 1943); Die Kirchenorgel in Ge- 
schichte und Gegenwart (Bericht über den Internatio- 
nalen Kongreß für Kirchenmusik in Bern 1952). 
Schriften zur Musikgeschichte u. a.: M. Praetorius, 
sein Leben und seine Werke (Diss., Teildruck Leip- 
zig 1915); H. Riemann und die Musikgeschichte 
(ZfMw I, 1918/19); Burgundbche Chanson- und 
deutsche Liedkunst des IS. Jh. (Kgr.-Ber. Basel 1924) ; 
Musikgeschichte ab Geisteswissenschafi (in: Verhand- 
lungen der 56. Versammlung deutscher Philologen 
und Schulmänner zu Göttingen, Leipzig 1928); 
Schumann in seinen Skizzen gegenüber Beethoven 
(Kgr.-Ber. Wien 1927); Fr.-J. Fetb und seine Rolle 
in der Geschichte der Musikwissenschaft (Kgr.-Ber. 
Lüttich 1930) ; J. Walter und die Musik der Refor- 
mationszeit (Luther-Jb. XV, 1933); H. Schütz (JbP 
XLH, 1935); Aus den Briefen M. Regers an H. Rie- 
tnarm (JbP XLm, 1936); Wach auf, wach auf, du 
deutsches Land (in: Junge Kirche IV, 1936); J. S. 
Bach, der Meister und sein Werk (Berlin 1936, Kassel 
und Basel 31949, 4 1958, englisch von O. C. Rupp- 
recht, St. Louis 1957) ; Die Musik in Rqffdeb Hei- 
liger Cacilia (JbP XLV, 1938); Der gegenwärtige 
Stand der deutschen Musikwbsenschqft, zu ihrem 
Schrifttum der letzten 10 Jahre (DVjs. XVII, 1939); 


J. Kotter und sein Freiburger Tabulaturbuch von 1513 
(Elsaß-Lothringisches Jahrbuch XIX, 1941); A. 
Schering (Neues Archiv für Sächsische Geschichte 
LXn, 1941) ; Der Begriff der sorHsatio . . . (TVer XVI, 

1942) ; Der Musikhistoriker Ph. Spitta (MuK XTV, 

1943) ; Musik und Rhetorik . . . (Helicon V, 1944) ; 
P. Hindemith (Universitas 1, 1946) ; Die Musik in der 
Schule (Schola H, 1947); Die Epochengliederung der 
Musikgeschichte (Universitas III, 1948); Aktuelle 
kirchenmusikalbche Fragen (in: Kirchenblatt für die 
reformierte Schweiz CIV, 1948) ; Kirchenmusik und 
Kirchenraum (MuK XIX/XX, 1949/50); J. S.Bach 
in seiner Zeit und heute (in: Bericht über die Wiss. 
Bachtagung Leipzig 1950) ; Zu J . S . Bachs Ostinato - 
Technik (ebenda) ; Zur Bedeutungsgeschichte von musi- 
cus und cantor bei Isidor von Seviua (Abhandlungen 
der Mainzer Akademie der Wissenschaften, gei- 
stes- und sozialwissenschaftliche Klasse, 1950, 
Nr 7) ; H. Riemann (ebenda, 1950, Nr 25); Deutsch- 
ftanzösbche Begegnungen in der Musikgeschichte (in: 
Das Goldene Tor V, 1950) ; R. Schumann und die 
Romantik in der Musik (in: 106. Niederrheinisches 
Musikfest in Düsseldorf, Jb. 1951) ; Das historbche 
Klangbild im Werk J. S. Bachs (Bach-Jb. XXXIX, 
1951/52); Ein begriffsgeschichtliches Wörterbuch der 
Musik (Kgr.-Ber. Utrecht 1952) ; Die Kompositions- 
lehre des deutschen 16. und 17. Jahrhunderts (Kgr.- 
Ber. Bamberg 1953); Ch . van den Borren (Musica 
Vm, 1954); Uber die Phantasie in den musbchen und 
bildenden Künsten (RBM VIII, 1954); Form in der 
Musik ab Zeitgestaltung (Abhandlungen der Main- 
zer Akademie der Wissenschaften, geistes- und 
sozialwissenschaftliche Klasse, 1954, Nr 13) ; Canon 
sine pausb (Mdlanges P.-M. Masson I, Paris 1955); 
Bericht über die Arbeiten zur musikalischen Termino- 
logie (Jb. der Mainzer Akademie 1956) ; Vom Klang- 
bild der Barockmusik (in: Kunstformen des Barock- 
zeitalters, Sammlung Dalp LXXXII, Bern 1956); 
H. Schütz (in: Die Großen Deutschen V, Berlin 

1957) ; Ars musica (Fs. E. Rothacker, Bonn 1958). - 
Ausgaben: D. Buxtehude, Werke I und II (Solokan- 
taten, Klecken 1925-26; Kritischer Bericht in IV, 
1931) und Missa brevb für 5 St. und B.c. (Kassel 
1928); M. Praetorius, De Organographia (Syntagma 
musicum n, 1619, Faks. Kassel 1929, mit dl 1958); 
M. Praetorius, Polyhymnia caduceatrix (1619, Band 
XVn, 1/2 der Gesamtausgabe, Wolfenbüttel 1930 
bis 1933) ; Historische Einleitung zu M. Praetorius, 
Sämtliche Orgelwerke (herausgegeben von K. 
Matthaei; Wolfenbüttel 1930); G.Binchob, 16 
weltliche Lieder (Chansons) zu 3 St. für eine Singst, 
mit Instr. (Chw. XXII, Wolfenbüttel 1930); J. 
Walter, Lob u. Preb der löblichen Kunst Musica (1538), 
Faks. (Kassel 1938) ; A. Schering, Das Symbol in der 
Musik (Nachwort; Leipzig 1941); D. Pohle, 12 
Liebesgesänge von P. Fleming für 2 Singst, und 2 V. 
mit B.c. (1650; Kassel 1948); K. Straube, Briefe 
eines Thomaskantors (herausgegeben mit H.-O. 
Hudemann, Stuttgart 1952) ; S. Dietrich , Hymnm- 
sammlung (1545; vollständige Ausgabe herausge- 
geben aus dem Nachlaß von H. Zenck, St. Louis 

1958) . - Bericht über die Freiburger Tagung für deutsche 
Orgelkunst (Augsburg 1926); Neudruck von M. 
Falck, W. Fr. Bach (Geleitwort; Lindau/B. 1956); 
Archiv für Musikwissenschaft (Neubelebung der 
1927 mit ihrem VRI. Jahrgang erloschenen Fach- 
zeitschrift, Jahrgang IX ff., unter dem Patronat der 


702 


Guy de Coucy 


Hohner-Stiftung, Trossingen seit 1952, in Verbin- 
dung mit H. Besseler, W. Gerstenberg, A. Schmitz 
und L. Schrade, Schriftleiter: H. H. Eggebrecht). 

Gumey (g'oe:ne), Ivor Bertie, * 28. 8. 1890 zu 
Gloucester, *f 26. 12. 1937 zu Dartford (Kent) ; eng- 
lischer Komponist und Dichter, Schüler erst an der 
Gloucester Cathedral, dann von Stanford, Wad- 
dington und Vaughan Williams am Royal College 
of Music in London. An den Folgen einer Kriegs- 
verletzung erkrankte er unheilbar und mußte 1922 
in ein Sanatorium. G. war vor allem Liederkompo- 
nist und veröffentlichte die Zyklen Ludlow and 
Tetne und The Western Playland für Singst., 
Streichquartett und Kl., eine Anzahl weiterer 
Lieder sowie Klavierstücke. 3 Liederhefte und 2 
Violinstücke erschienen 1938-52. Ungedruckt blie- 
ben Kammermusik (3 Streichquartette) und Or- 
chesterstücke. 

Ausg.: Poems, hrsg. v. E. Blunden, London 1954. 
Lit.: vgl. ML XIX, 1938. 

Gurvin (g'urvin), Olav, * 24. 12. 1893 zu Tys- 
nes; norwegischer Musikforscher, studierte an der 
Universität Oslo, wo er 1928 den Grad eines Mag. 
art., 1938 den eines Dr. phil. erwarb, war 1930-47 
Chorleiter, 1931-45 Gymnasiallehrer in Oslo. 
An der Universität Oslo liest G. mit Unterbre- 
chungen seit 1937. Dort übernahm er 1947 die Lei- 
tung der musikwissenschaftlichen Abteilung, 1951 
die der norwegischen Volksmusikinstitute. Zu- 
sammen mit 0. Anker gab er heraus: Rikard 
Nordraak , Samlede verker (Oslo 1942-44) und Musik- 
leksikon (Oslo 1949). Außerdem schrieb er: Fra 
tonalitet til atonalitet (Oslo 1938). 

Guäid (g'ufitc), Dora, * 11. 4. 1908 zu Zagreb; 
kroatische Pianistin, studierte bis 1926 an der Mu- 
sikakademie in Zagreb, danach 'bis 1928 in Paris 
(u. a. bei W. Landowska). Seit 1926 wirkt sie als 
Konzertpianistin, wiederholt auch auf Auslands- 
reisen. Sie gehört seit 1941 als Lehrkraft der Musik- 
akademie in Zagreb an. 

Gussago, Cesario, * um 1550 zu Ostiano 
(Brescia); italienischer Komponist, studierte in 
Pavia, war 1599 Generalvikar des Ordens S. Gero- 
lamo in Brescia und 1612 Organist an S. Maria 
delle Grazie. Er gab heraus Sacrorum cantionum 
8 v. (Venedig 1604), Psalmi ad Vesperas 8 v. (Vene- 
dig 1610), Sacrae laudes 3 v. (Venedig 1612), Sonate 
a4, 6, 8 con alcuni Concerti a 8 con le sue Sinfonie 
(Venedig 1608). 

Gustaf» Prinz von Schweden» * 18. 6. 1827 zu 
Chris tiania, f 24. 9. 1852 zu Oslo, war als Kompo- 
nist Schüler A. F. Lindblads, schrieb als G***** 
die Bühnenmusik zu Hvita Jrun pä Drottningholm 
(gemeinsam mit I. Hallström), viele Lieder, Män- 
nerchöre und Marsche. 

Lit: G. Geuer, Prins G.: hans lefnad och tondikt- 
ning, Göteborg 1912. 

Gutentag, Johannen -*■ Godendach. 

Gutheil-Schoder, Maria, * 16. 2. 1874 zu Wei- 
mar, f 4. 10. 1935 zu Ilmenau; deutsche Opem- 
sängerin (Mezzosopran), wurde an der Großher- 
zoglichen Musikschule in Weimar ausgebildet, 
war 1891-1900 Mitglied der Weimarer Hofoper 
und bis 1926 der Wiener Hofoper. Sie trat bereits 


vor 1914 für die Werke Schönbergs ein, sang in 
dessen »Verein für musikalische Privataufführun- 
gen« und lieferte einen Beitrag zum Sonderheft 
der »Musikblätrer des Anbruch«, das anläßlich seines 
50. Geburtstags 1924 erschien. Ihre Erinnerungen 
an R. Strauss, dessen Frauenrollen sie hervorragend 
verkörperte, erschienen als R. Strauss in Weimar 
(in: Die Theater- und Musikwoche I, 1919). In 
erster Ehe war sie verheiratet mit Gustav Gutheil 
(* 1868 zu Blankenhain, + 10. 4. 1914 zu Weimar), 
der Kapellmeister in Straßburg, Weimar und Wien 
war (Komponist eines Cellokonzertes). 

Guttmann, Alfred, * 30. 7. 1873 zu Posen; deut- 
scher Sänger und Musikschriftsteller, war Arzt, 
studierte in Breslau, Berlin und München Gesang 
und wirkte ab 1894 als Konzertsänger. Nach 1901 
widmete er sich rein wissenschaftlicher Arbeit, stu- 
dierte in Berlin Psychologie und Musikwissen- 
schaft (Stumpf, Friedlaender) und war ab 1900 in 
vielen Organisationen des Berliner Volksbildungs- 
Wesens als künstlerischer Beirat oder Vorstands- 
mitglied tätig. G. verfaßte Studien zur Physio- 
logie und Psychologie des Gesangs und gab heraus: 
eine Sammlung von 318 gern. Chören, 2 Bände 
Kinderchöre (gemeinsam mit Karl Lütge) und 
einen Band 3st. Jugendchöre. 

Guy de Chälis Guy de Charlieu. 

Guy de Charlieu OCist (gi da Jarlj'o), f 23. 9. 
1158, Abt des Klosters Carilocus, arbeitete zusam- 
men mit dem heiligen Bernhard von Clairvaux an 
der zisterziensischen Choralreform. Wahrschein- 
lich verfaßte er die Epistola seu prologus ad tractatum 
de cantu , die das Zisterzienser-Antiphonale einleitet. 
Den Namen Guido de Caroli-loco deutet Cousse- 
maker als Guy de Chälis. -*■ Guy d’Eu. 

Ausg. : Epistola ... bei Migne, Patr. lat. CLXXXVÜL 
Lit.: S. R. Marosszüki O Cist, Les ©rigines du 
chant cistercien, =» Analecta Sacri Ordinis Cister- 
ciensis VIII, 1952. 

Guy de Coucy (gi de kus'i), auch Chätelain de Cou- 
cy, f 1203 auf der Fahrt nach dem Orient (nach Ville- 
hardouins Chronik); nordfranzösischer Trouv£re 
aus der südlichen Picardie, wirkte seit etwa 1186. 
Seine Teilnahme an den Kreuzzügen von 1190 und 
1198 ist bezeugt. Die phantastische Romandich- 
tung aus dem 13. Th., die seinen Namen trägt und 
von seinem angeblichen Lebensschicksal berichtet, 
trägt zur Kenntnis des historischen G. de C. wenig 
bei. Von den 30 Liedern, die in den Manuskripten 
unter seinem Namen erscheinen, ist die Zuweisung 
einer größeren Zahl fraglich. 

Ausg. u. Lit.: P. Aubry u. A.Jeanroy, Le Chan- 
sonnier de T Arsenal, Paris 1910 (Faks. u. Übertra- 
gung v. 16 Liedern); J. Beck, Le Manuscrit du Roi - 
fonds fr. 844 de la Bibi, nat., — Corpus Cantilenarum 
Medü Aevi I, London-Oxford-Philadelphia 1938 
(Faks.); M. Perne, in: Fr. Michel, Chansons du 
Chätelain de Coucy, revues sur tous les manuscrits, 
Paris 1830; F. Fath, Die Lieder d. Castellans v. 
Coucy, Diss. Heidelberg 1883 (Ed. v. 26 Liedern, von 
denen wahrscheinlich 11 in d. Zuweisung fraglich 
sind); Th. G£rold, La musique au moyen äge, Paris 
1932 (Melodien zu R 40 »La douce vois du rossignol 
salvage«u.zu R 1010»Comentquelonguedemeure«); 
ders.. Hist de la musique des origines ä la fin du 
XIV* s., Paris 1936 (Melodien zu R 40 u. zu R 590 
»Comencement de douce saison bele«) ; Fr.-J. F£ns, 


703 



Guy d’Eu 


Hist g6n6rale de la musique V, Paris (1876), (Melo- 
dien zu R 700 »Je chantasse voientiers Iiement« u. zu 
R 1009 »L’an que rose ne feuille«): J. BSdier u. P. 
Aubry, Les chansons de croisade, Paris 1909 (Melo- 
dien zu R 679 »A vous, amant, plus qu*a nule«, zu 
R985 »Li nouviaus tens et mais et violete« u. zu 
R 1 12S »S’onques nus hom por dure departie«); Fr. 
Gennrich, Die altfrz. Liederhandschrift London, 
Brit Mus., Egerton 274, in: ZRPh XLV, 1925 (Melo- 
die zu R 40); ders.. Der Sprung ins MA, ZRPh LIX, 
1939 (Melodie zu R 1010); ders., Artikel Chastelain 
de Couci, MGG (Melodie zu R 1559 »Quant li ros- 
signols jolis«); ders., Troubadours, Trouvfcres, Minne- 
u. Meistergesang, =* Das Musikwerk, Köln (1951), 
(Melodie zu R 1559). 

Guy d’Eu OCist (gi d’ü); französischer Musik- 
schriftsteller des 12. Jh., lebte im Kloster Clair- 
vaux und wahrscheinlich ab 1132 in Longpont. 
Vermutlich ist er der Verfasser eines Choraltrak- 
tats Regulae de arte musica , in dem noch die durch 
die zisterziensische Choralreform behobenen Übel- 
stande gerügt werden. Dem neuen Zisterzienser- 
Anriphonale wurde dann 1134 eine Zusammen- 
fassung der Regulae als Praefatio seu tractatus de 
cantu seu correctione antiphonarii vorangestellt. Zu 
dieser Praefatio schrieb Guy de Charlieu eine 
»Epistola seu prologus«; daher wurde die ganze 
Schrift meist dem Guy de Charlieu, aber auch dem 
heiligen Bernhard von Clairvaux zugeschrieben, 
hi der Coussemaker vorliegenden Handschrift 
(Paris, Bibliothöque Sainte-Geneviöve, ms. 2284) 
folgen den Regulae 22 kurze Stimmführungs- Vor- 
schriften für den Diskantsatz, die älteste Anweisung 
zum Diskontieren in der Gegenbewegung. Es ist 
ungewiß, ob diese Regeln auch (wie Coussemaker 
annimmt) vom Verfasser des Choraltraktats 
stammen. 

Ausg.: Regulae . . . u. d. Discant-Traktat in CS n, 
letzterer auch in: E. de Coussemaker, Hist, de l’har- 
monie . . Paris 1852 (mit frz. Übers.); Praefatio . . . 
bei Migne, Patr. lat. CLXXXVIII, frz. in: L. Lambi- 
iottb SJ, Esthötique ... du chant grögorien, Paris 

Lit.: J. Handschin, Zur Gesch. d. Lehre vom Orga- 
num, Zf Mw VIII, 1925/26; S. R. Marossz£ki OCist, 
Les origines du chant dstercien, ■» Analecta Sacri 
Ordinis Cisterciensis VIII, 1952. 

Guyot (gij'o), Jean (Johannes Castileti), 

* 1512 zu Chätdet (Hennegau, damals zum sou- 
veränen Bistum Lüttich gehörig), f 11. 3. 1588 zu 
Lüttich; franko-flämischer Komponist, studierte 
an der Universität Löwen, reiste vielleicht in Italien, 
war in Lüttich ab 1545 Kaplan und precentor an 
Saint-Paul, später an der Kathedrale Saint-Lam- 
bert. In einer 1554 in Maestricht erschienenen 
Schrift Minervalia läßt G. die Altes liberales in 
Form einer Tragödie dialogisieren. Nachdem er 
1563-64 Kapellmeister Kaiser Ferdinands I. ge- 
wesen war, kehrte er in sein Lütticher Amt zurück. 
Sammeldrucke (1546-68) und Handschriften ent- 
halten von G.: eine 8st. Messe, ein 6st. Te Deum, 
25 4-8st. Motetten, 11 4~8st Chansons sowie eine 
12st. Bearbeitung von Josquins 6st. Benedicta es . 
Ausg. : Chanson »Joyeusement«, hrsg. v. Fr. Com- 
mer, Collectio operum musicorum batavorum XII, 
Bin u. Mainz (1858); Motette »Immolabit«, Tribüne 
de St. Gervais XXV, 1928. 

Lit.: Cl. Lyon, J. G. de Chatelet, Charieroi 1875; 
ders., J. G. dit Castileti, Chaleroi 1876; A. Smüers, 

704 


Die kaiserliche Hofmusik-Kapelle, StMw VI-VII, 
1919-20; A. Auda, La Musique et les Musiciens de 
l’Ancien Pays de Liöge, Brüssel, Paris u. Lüttich 
(1930); E. Wauters, J. G. de Chätelet, Brüssel 1944; 
A. Van der Linden, Les »Minervalia« de J. G., RBM 
HI, 1949. 

Gwinner, Volker, * 18.8.1912 zu Bremen; 
deutscher Organist und Komponist, war 1931-35 
Schüler des Kirchenmusikalischen Instituts in Leip- 
zig und wirkte 1935-40 als Organist in Bremen- 
Horn, nach Kriegsdienst 1946-56 als Organist und 
Kantor in Bremen-Obemeuland. Seit 1957 ist G. 
Organist der St. Johanniskirche in Lüneburg. Er 
schrieb Hörspielmusiken, kleinere Instrumental- 
stücke, zahlreiche Kantaten und Volksliedbearbei- 
tungen sowie Klavierlieder. 

Gyrowetz (j'irovets), Adalbert, * 19. (?) 2. 1763 
zu Budweis (Böhmen), f 19. 3. 1850 zu Wien; 
böhmischer Komponist, erhielt ersten Musikunter- 
richt bei seinem Vater, der Regens chori der Bud- 
weiser Domkirche war, ging zum juristischen 
Studium nach Prag und als Sekretär des musiklie- 
benden Grafen Franz von Fünfkirchen nach Brünn 
und Wien (1786), wo seine Symphonien großen 
Beifall fanden und G. u. a. mit Haydn und Mozart 
bekannt wurde. Ab Sekretär des Fürsten Ruspoli 
bereiste der hochgebildete G. Italien und setzte 
seine Studien in Neapel bei Paisiello und N. Sala 
fort. Anschließend ging er ab Kapellmebter und 
gesuchter Komponist über Mailand nach Paris und 
London. Für London schrieb er die Oper Semiramis, 
deren Partitur jedoch vor der Aufführung beim 
Brand des Theaters 1792 vernichtet wurde. Nach 
seiner Rückkehr nach Wien (1793) trat G. in den 
Staatsdienst, war Kaiserlicher Legationssekretär an 
mehreren deutschen Höfen und 1804-31 Kompo- 
siteur und Kapellmebter des Hoftheaters. G.s 
Werke waren sehr geschätzt, bis sie nach 1820 in 
Vergessenheit gerieten. Er war ein liebenswürdiger 
Nachfolger Haydns, unter dessen Namen ver- 
schiedene Instrumentalkompositionen G.s verlegt 
wurden. Von seinen Bühnenwerken hatten die 
Opern Agnes Sorel (Wien 1806) und Der Augenarzt 
(Wien 1811) sowie das Singspid Robert, oder die 
Prüfung (Wien 1813) besonderen Erfolg. Weitere 
Kompositionen: Ballette und Divertissements; 
etwa 40 Symphonien op. 6, 9, 12, 13, 14, 18, 23, 
33, 34 und ohne Opuszahl; Serenaden, Diverti- 
menti und Partien op. 2, 3, 7, 32 und ohne Opus- 
zahl; Tänze op. 29, 30 und ohne Opuszahl; 2 Kla- 
vierkonzerte op. 26 und 49; 43 gedeckte Streich- 
quartette op. 1, 2 (auch ab op. 4), 3 (auch ab op. 4 
und 5), 13 (auch ab op. 25; unter op. 13 auch 
Symphonien), 5 (auch als op. 16), 9 (auch ab op. 
19), 16 (auch als op. 27), 21 (auch ab op. 37), 29 
(auch ab op. 42), 42, 44 und ohne Opuszahl; 

2 Strdchquintette op. 36 und 45 ; Flötenquartette 
und -quintette; zahlreiche Trios mit und ohne KL; 
Arien, Lieder und mehrstimmige Gesangswerke; 
19 Messen, geistliche Vokal werke. Seine Lebens- 
geschichte Biographie des A. G. (Wien 1848) wurde 
von A. Einstein neu herausgegeben (Lebensläufe 
deutscher Musiker m/IV, Leipzig 1915). 

Ausg.: Notturno Nr VII op. 50, hrsg. v. H. Alb- 
RBCHT * - Organum III, 43, Lippstadt (1950); Not- 
turno Nr III op. 26, hrsg. v. W. Altmann, Lpz. o. J.; 



Gyurkovics 


9 Stücke aus Douze Allemandes pour deux Flütes, 
Livre II/V, hrsg. v. H. P. Schmitz, Flötenlehre II, 
Kassel u. Basel 1956. 

Lit: C. F. Pohl, Haydn in London, Wien 1867; E. 
Hanslick, Gesch. d. Concertwesens in Wien, Wien 
1869; K. Mey, A. G. u. seine neu aufgefundene Hans 
Sachs-Oper, Mk II, 1902/03; A. Hnhjöka, Portr6ty 
starych öesk^ch mistrü hudebnlch, Prag 1922; J. P. 
Larsen, Die Haydn-Überlieferung, Kopenhagen 
1939; H. C. R. Landon, The Symphonies of J. Haydn, 
London 1955. HpB 

Gysi, Fritz, * 18. 2. 1888 zu Zofingen (Aargau); 
Schweizer Musikforscher, studierte nach Absolvie- 
rung des Basler Konservatoriums Kunst- und Mu- 
sikgeschichte in Zürich, Bern und Berlin (Kretzsch- 
mar) sowie in Florenz und Rom und promovierte 
mit der Arbeit Die Entwicklung der kirchlichen Archi- 
tektur in der deutschen Schweiz im 17. und 18. Jahr- 
hundert (Aarau 1913). Seit 1915 ist er in Zürich als 
Kunstschriftsteller und Musikreferent tätig. 1921 


habilitierte er sich für Musikwissenschaft an der 
Zürcher Universität, wo er 1931 Professor wurde. 
G. hält auch musikgeschichtliche Vorlesungen an 
der Zürcher Musikakademie. Er schrieb : Mozart in 
seinen Briefen (Züridh 1919-21), Max Bruch (Zürich 
1922), Claude Dehussy (Zürich 1926), Richard 
Wagner und die Schweiz (Frauenfeld 1929), Richard 
Wagner und Zürich (Zürich 1933), Richard Strauss 
(Potsdam 1934), Hans Georg Nägeli (Zürich 1936) 
sowie zahlreiche Aufsätze. 

Gyurkovics (d3'urkovitJ), Mdria, * 19. 6. 1913 
zu Budapest; ungarische Opern- und Oratorien- 
sängerin (Koloratursopran), studierte bis 1937 an 
der Musikhochschule in Budapest. Seitdem wirkt 
sie als 1. Koloratursopran an der Ungarischen 
Staatsoper und ist auch als Interpretin klassischer 
und moderner Oratorienpartien geschätzt. Gast- 
spielreisen führten sie vor allem in die osteuropä- 
ischen Hauptstädte. 


45 


705 





Haack, Karl, * 18. 2. 1751 und f 28. 9. 1819 zu 
Potsdam; deutscher Violinist und Komponist, 
Sdiüler von Franz Benda, trat in die Privatkapelle 
des Prinzen von Preußen (nachmals König Fried- 
rich Wilhelm II.) ein, wurde dessen Konzertmei- 
ster, nach seinem Regierungsantritt auch in die 
Königliche Kapelle auf genommen, in der er 1796 
zum Konzertmeister avancierte, 1811 pensioniert. 
H. ist der Hauptvertreter der Bendaschen Schule 
des Violinspids (seine Schüler sind u. a. Möser, 
Maurer). Auch als Komponist von Violinkonzer- 
ten, Sonaten und Klavierwerken war er angesehen. 

Haacke, Walter Julius (Pseudonym: Julius Un- 
cus), * 1. 2. 1909 zu Schwerin; deutscher Kirchen- 
musiker, studierte 1927-34 in Freiburg im Breis- 
gau, Wien, Heidelberg, Berlin Musikwissenschaft 
(Dr. phil.), daneben 1930-33 in Berlin Kirchen- 
und Schulmusik. 1934 wurde er Domorganist in 
Naumburg, wirkte dort mit Unterbrechung durch 
den Krieg 1942-49 als Studienrat, 1947-53 auch 
als Propsteikirchenmusikwart. Seit 1954 ist er Stu- 
dienrat in Wiesbaden, seit 1956 Dozent am Wies- 
badener Konservatorium. Er schrieb : Entwicklungs- 
geschichte der Orgelbaukunst im Lande Mecklenburg- 
Schwerin (Wolfenbüttel 1935) und kleinere musik- 
wissenschaftliche Aufsätze, komponierte Kantaten, 
Lieder und Blockflötenmusik. 

Haag, Herbert, * 3. 12. 1908 zu Mannheim; 
deutscher Kirchenmusiker, studierte Musikwissen- 
schaft an den Universitäten Heidelberg und Leip- 
zig und promovierte 1934 mit einer Arbeit über 
Cesar Franck als Orgelkomponist (= Heidelberger 
Studien zur Musikwissenschaft IV, Kassel 1936). 
Seit der Gründung des Evangelischen Kirchen- 
musikalischen Instituts in Heidelberg (1931) ist er 
an diesem als Dozent, seit 1956 auch als dessen 
Leiter tätig. EL ist daneben seit 1952 Organist der 
Christuskirche in Heidelberg und leitete 1942-45 
auch die Städtische Musikschule in Freiburg im 
Breisgau. V er Öffenthchungen : Die Orgel im Gottes- 
dienst (MGkK 1933), Aufgaben des Orgelunterrichts an 
einem Kirchenmusikalischen Institut (MuK VH, 
1935), Kirchenmusikalische Erziehung s- und Auf- 
bauarbeit in Baden (in: Weg und Werk, Festgabe 
zum 70. Geburtstag von H. M. Poppen, heraus- 
gegeben von O. Riemer, = Evangelische Kirchen- 
musik, Sonderheft Nr 1, Heidelberg 1955), Musik 
und Liturgie (Karlsruhe 1956), 25 Jahre Kirchenmusi- 
kalisches Institut Heidelberg (in der Festschrift zu 
dessen 25jährigem Bestehen, Karlsruhe 1956). 

Haan, Willem de -*■ De Haan. 

Haapanen, Toivo, * 15. 5. 1889, f 22. 7. 1950 
zu Asikkala; finnischer Musikforscher, studierte an 
der Universität und in der Orchesterschule von 
Helsinki, 1921 als Stipendiat in Deutschland. An 
der Universität Helsinki habilitierte er sich 1925 in 


Musikwissenschaft (1946 Professor), wirkte dane- 
ben auch als Dirigent und Musikkritiker. Er trat 
besonders mit l ibliographischen Arbeiten und 
Untersuchungen auf dem Gebiet der mittelalter- 
lichen Musikdenkmäler Finnlands hervor: Ver- 
zeichnis der mittelalterlichen Handschriftenfragmente in 
der Universitätsbibliothek zu Helsingfors , 7. Missatia 
(1922), II. Gradualia, Lectionaria missae (1925), 
III. Breviaria (1932); Die Neumenfragmente der 
Universitätsbibliothek Helsingfors (Dissertation Hel- 
sinki 1924); weiter sind zu nennen: La musique 
finlandaise (RMI XXXI, 1924); der Abschnitt 
Finnen in G. Adlers »Handbuch der Musikge- 
schichte« (Frankfurt am Main 1924, in der 2. Auf- 
lage Band n, Berlin 1930); Kyrkomusiken i Finland 
under medeltiden (Nordisk kultur XXV, 1934); 
Taidemusiiki (»Kunstmusik«, in: Suomen kulttuuri- 
historia IV, 1936); Die musikwissenschaftliche For- 
schung in Finnland (AfMf IV, 1939) ; Suomen sävel- 
taide (»Finnlands Tonkunst«, 1940). 

Haarklou (h'o:rklu), - 1) Johannes, * 13.5. 
1847 zu Förde (Sunnfjord), f 26. 11. 1925 zu 
Grefsen bei Oslo; norwegischer Komponist, 
1873-76 Schüler des Leipziger Konservatoriums 
und 1877/78 noch Schüler von Kiel, Bungert und 
Haupt in Berlin, war 1880-1920 Organist der alten 
Akerskirche in Oslo, 1885-88 Dirigent populärer 
Symphoniekonzerte, wirkte auch als Musikkritiker 
der »Morgenposten«. H. war ein angesehener Kom- 
ponist und schrieb das Oratorium Skabelsen og 
Mennesket op. 57 (»Die Schöpfung und die Mensch- 
heit«; 1891, gedruckt 1924), die Opern Fragamle 
dage (Oslo 1894), Vaeringeme i Miklagaard (Trond- 
heim 1901), Emigranten (Oslo 1903), Mari-Sagnet 
(Oslo 1910) und Tyrftng (1912), Orchesterwerke 
(Symphonien B dur, D moll, C dur. Es dur; sym- 
phonische Dichtung Westminster Abbey op. 45), 
Sonaten, Lieder, Chorlieder, darunter vor allem 
Männerchöre (Var de, Fenrir ) 9 Kammermusikwerke 
und Klaviermusik. -2) Andreas Nikolai, * 11. 10. 
1896 zu Oslo, Sohn von Johannes H. ; norwegischer 
Pianist, Organist und Komponist, studierte in 
Oslo, Berlin (Schnabel) und Paris (Widor). Seit 
1917 konzertiert er als Pianist, war in Oslo 1927-37 
Organist an Gamlebyens Kirche und lebt dort seit- 
dem als Organist an Fagerborgs Kirche. Er schrieb 
Orchesterwerke (Suite AmoU 1946), 3 Sonaten 
und eine Romanze für V. und KL, Orchesterge- 
sänge, Männerchöre und Lieder. 

Haas, Alma (geborene Holländer), * 31.1. 
1847 zu Ratibor, + 12. 12. 1932 zu London; deut- 
sche Pianistin, Schwester von Alexis Holländer, 
Schülerin von Wandelt in Breslau und 1862-68 
von Th. Kullak in Berlin, trat Ende 1868 in Leip- 
zig im Gewandhauskonzert als Pianistin mit Erfolg 
auf, spielte in der Folge mehrmals in London, wo 
sie 1872 den Sanskrit-Forscher Emst Haas heira- 
tete. Nach dessen Tod 1882 nahm sie ihre Kon- 


706 



Haas 


zcrttatigkeit wieder auf, erteilte bereits ab 1876 
Klavierunterricht am Bradford College und war 
ab 1886 Klavierlehrerin an King’s College. 

Haas, Ildephons OSB (eigentlich Johann Georg 
H.), * 23. 4. 1735 zu Offenburg, f 30. 5. 1791 im 
Kloster Ettenheimmünster (Baden) ; deutscher 
Kirchenmusiker, trat 1751 in das Kloster Etten- 
heimmünster ein, wo er sich auch im Violinspiel 
ausbildete. 1795 empfing er die Priesterweihe. H. 
war mehrfach Chorregent, zuletzt Prior des Klo- 
sters. Durch das Studium der Werke von Fux, 
Mattheson und Marpurg bildete er sich autodidak- 
tisch zum Komponisten. Von seinen Werken, die 
zu den spätesten Zeugnissen des österreichisch- 
süddeutschen Barockstils gehören, sind erhalten: 
XXXII Hymni Vespertini fiir 2 Singst., 2 V. und 
doppelten Gb. op. 1 (Augsburg 1764); XV Offer- 
toria op. 2 (Augsburg 1766); P. Pirmin Hahns . . . 
Geistliche Arien , mit Melodien in melismatischer 
Schreibart versehen . . . Erste Sammlung (40 Sätze) 
op. 3 (Augsburg 1769). 

Haas, Joseph, * 19. 3. 1879 zu Maihingen 
(Bayern) ; deutscher Komponist, Sohn eines 
Lehrers und selbst zuerst Volksschullehrer, 1904-08 
Schüler Regers in München und am Leipziger 
Konservatorium, ab 1911 Kompositionslehrer am 
Konservatorium in Stuttgart, 1916 Professor, 
lehrte 1921-50 an der Akademie der Tonkunst in 
München, wurde 1924 ordentlicher Professor, 
1925 Vorstand der Kirchenmusik-Abteilung und 
leitete nach 1945 als Präsident den Wiederaufbau 
der Hochschule. H. war neben seiner künstlerischen 
Berufung auch zur Weitergabe seines Könnens 
prädestiniert und deshalb einer der gesuchtesten 
Lehrer. Seinen zahlreichen Schülern vermittelte er 
nicht nur das musikalische Handwerk, sondern 
verhalf ihnen auch zur Entfaltung ihrer eigenen 
Musikerpersönlichkeit. Eine J.-H.-Gesellschaft be- 
steht seit 1949. Mit vielen Preisen und Ehrungen 
(Dr. h. c. München und Rom, Ehrenmitglied der 
GEMA) ausgezeichnet, wurde H. zum allseitig 
verehrten und geachteten Senior seines Standes. 
Formale Ausgewogenheit und Gefühlstiefe sichern 
seinen kirchlichen und weltlichen Chorwerken 
echte Volkstümlichkeit. H. verfolgt im Anschluß 
an Regers klanglich aufgelockerten Jenaer Spät- 
stil seinen künstlerischen Weg mit nachroman- 
tischer Sinnigkeit und spitzwegartigem musikali- 
schem Humor bis zur Meisterschaft. H. war auf- 
geschlossen für die Bestrebungen der ersten Do- 
naueschinger Kammermusik-Aufführungen zur 
Förderung Zeitgenössischer Tonkunst, die er zu- 
sammen mit H. Burkard und E. Erdmann (ab 1923 
auch P. Hindemith) leitete. Werke: Lieder (auch 
Kinderlieder) op. 1 (1904), 5, 7, 13 ( Drei geistliche 
Lieder , mit Org., 1909), 24, 33, 37, 47, 48, 49, 52, 
54, 56, 58 (mit Orch.), 59, 65 (7 Lieder von H. 
Hesse; 1925), 68 (6 Gesänge an Gott von J. Kneip, 
1926; mit Orgelbegleitung als op. 68a), 71 (10 
Schelmenlieder von A. M. Miller, 1929), 74, 76 (6 
Lieder vom Leben von R. Schaumann, 1928), 77 
(5 antike Gesänge, lateinisch und deutsch; 1929), 
92, 97 (7 Lieder von Baum und Wald von J. Linke, 
1944); Chöre op. 14, 17, 19, 26, 44, 57, 63 (Tanz- 
liedsuite nach altdeutschen Reimen für 4st. Männer- 
chor a cappella, 1924), 66, 67, 73, 75, 78, 79, 82, 83, 
86 (Ein deutsches Gloria nach Worten von W. 


Dauffenbach für 8st. gemischten Doppelchor a 
cappella, 1933), 89, 98, 104; Eine deutsche Singmesse 
(Angelus Silesius) op. 60 (1924), Eine deutsche Ves- 
per op. 72 (1929), Liturgische Kantate Speyerer 
Domjest-Messe (W. Dauffenbach, zur 900-Jahifeier 
des Speyerer Doms), für Ist. Chor (Volksgesang) 
mit Org., Orch. ad libitum, op. 80 (1930), dazu 
Ecce sacerdos in gleicher Besetzung op. 80a (1931), 
3 Kantaten für l-3st Jugendchor mit Orch. und 
Org. (oder mit Kl. zu 2 oder 4 Händen) op. 81 
(1930-41), Volksoratorium Die Heilige Elisabeth 
(W. Dauffenbach) op. 84 (1931), Weihnachtslio- 
derspiel Christnacht nach oberbayrischen und Tiro- 
ler Weisen für Soli, Sprecher, Chor und Orch. 
op. 85 (1932), Oratorium Das Lebensbuch Gottes 
op. 87 (1934), Christ-König-Messe op. 88 (1935), 
Oratorium Das Lied von der Mutter op. 91 (1939), 
Münchner Liebßauen-Messe op. 96 (1944), TeDeum 
op. 100 (1945), Melodram Totenmesse (E. Wie- 
chert) op. 101 (1945), Volksliedoratorium Das Jahr 
im Lied (nach dten deutschen Weisen mit verbin- 
denden Worten von L. Andersen) op. 103 (1952), 
Deutsche Weihnachtsmesse op. 105 (1954), Orato- 
rium Die Seligen op. 106 (1956), Schiller-Hymne 
(»Die Worte des Glaubens«) für Bar.-Solo, gern. 
Chor und Orch., op. 107 (1957), Deutsche Kinder- 
messe für Ist. Kinderchor und Org., op. 108 (1958) ; 
Begleitmusik zu dem Weihnachtsmärchen Die 
Bergkönigin op. 70 (1927); Opern Tobias Wunder- 
lich (L. Andersen und H. H. Ortner) op. 90 (1937) 
und Die Hochzeit des Jobs (L. Andersen) op. 93 
(1943). - Klavierstücke op. 2, 6, 9, 10, 16, 18, 27, 
34-36, 39 (Variationen Eulenspiegeleien , 1912), 42, 
43, 46 (Sonate A moll, 1918), 51 (Zyklus Deutsche 
Reigen und Romanzen , 1919), 53, 55 (Zyklus 
Schwänke und Idyllen), 61 (Sonaten D dur und 
A moll, 1923), 69, 94 (Vier Sonatinen), 99 (Klang- 
spiele, 1945); Orgelwerke op. 3, 11, 12 (Sonate C 
moll, 1907), 15, 20 (Suite Dmoll, 1908), 25 (Suite 
A moll, 1909), 31 (Variationen über ein eigenes 
Thema, 1911); 2 Sonatinen für V. und Kl. op. 4 
(1905), Streichquartett Gmoll op. 8 (1905), Violin- 
sonate H moll op. 21 (1908), Divertimento D dur 
für Streichtrio op. 22 (1909), Ein Kränzlein Baga- 
tellen für Ob. und IG. op. 23, 2 Grotesken für Vc. 
und IG. op. 28 (1910), Homsonate F dur op. 29 
(1910), Divertimento Ein Sommermärchen für Vc. 
solo op. 30 (1910, für Vc. und Kl. als op. 30a, 
1923), Divertimento für Streichquartett C dur op.32 
(1911), Kammertrio Amoll für 2 V. und Kl. op.38 
(1912), Suite Grillen für V. und KL op. 40 (1912), 
Streichquartett A dur op. 50 (1919), Kirchensonaten 
F dur und D moll für V. und Org. op. 62 (1926) ; 
Variationen und Rondo über ein altdeutsches 
Volkslied für Orch. op. 45 (1917), Variationensuite 
über ein altes Rokokothema für kleines Orch. op. 
64 (1924). 

Lit.: J. H., Vollständiges Verz. d. Werke, mit Vorw. 
v. K. G. Fellerer, *= Jahresgabe d. J.-H.-Ges. 1950, 
Jachenau (Oberbayem) 2 1954. - Festgabe J. H., Mainz 
1939; Mitteüungsblätter d, J.-H.-Ges., Jachenau seit 
1950. - K. Laux, J.H., Mainz 1931; ders., J.H., 
Hamburg 1940; ders., J. H., Bin u. Düsseldorf 1954 
(mit Werkverz.), gekürzt in Reclams Universal-Bibl., 
Lpz. (1958). 

Haas» Monique, * 20. 10. 1909 zu Paris; franzö- 
sische Pianistin, studierte Klavier am Conserva- 
toire in Paris bei Lazare-Ldvy, erhielt 1927 einen 


45 * 


707 



Haas 


1. Preis, arbeitete auch bei R. Casadesus und Serkin, 
konzertiert seit 1928, gilt als eine prominente 
Solistin ihres Faches und tritt in verschiedenen 
europäischen Ländern, Australien, Nordafrika und 
Palästina auf. Sie besitzt ein sicheres Stilempfinden, 
das sie befähigt, klassische und romantische Werke 
gleich gut zu interpretieren. M. H. setzt sich auch 
intensiv für zeitgenössische Musik ein und hat auf 
Musikfesten und Musica-viva-Veranstaltungen 
zahlreiche Werke ur- und erstaufgeführt. Sie ist 
verheiratet mit dem Komponisten Marcel -> 
Mihalovici. 

Haas, Robert Maria, * 15.8.1886 zu Prag; 
österreichischer Musikforscher, Sohn eines Arztes 
und Universitätsdozenten, studierte in Prag, Ber- 
lin und Wien Musikwissenschaft, promovierte 
1908 bei Rietsch in Prag mit einer Arbeit über Das 
Wiener Singspiel , war einige Zeit Assistent G. 
Adlers am Wiener musikhistorischen Institut, 
schlug aber 1909 die Kapellmeisterlaufbahn ein 
(Münster, Erfurt, Konstanz, 1911 Korrepetitor am 
Dresdner Hoftheater unter E. v. Schuch). 1914-17 
war H. Sekretär der Kommission des Corpus 
scriptorum de musica und der DTÖ, 1920-45 
Leiter der Musiksammlung der Nationalbibliothek 
in Wien, ab 1923 auch Privatdozent (1929 Pro- 
fessor) an der Wiener Universität. H. schrieb: 
Gluck und Durazzo . . . (Wien, Zürich, Leipzig 
1925); Die Wiener Oper (Wien 1926) ; Wiener Mu- 
siker . . . (Wien 1927) ; Die estensischen Musikalien 
(Regensburg 1927; Katalog); Die Musik des Ba- 
rocks (1929) und Außuhrungspraxis (1931, beide 
Wildpark-Potsdam, m Biickens »Handbuch der 
Musikwissenschaft«); W. A. Mozart (1933, 2 1950) 
und A. Bruckner (1934, beide Potsdam, in der 
Sammlung: »Die großen Meister«) ; Bach und Mo- 
zart in Wien (Wien 1951) ; Ein unbekanntes Mozart- 
bildnis (Wien 1955); Aufsätze und Beiträge, vor 
allem über österreichische Komponisten des 18.Jh., 
in: Kongreß-Bericht Wien 1909, 1927, 1928, 
Leipzig 1925, Salzburg 1932, Lüneburg 1950; 
Festschrift H. Kretzschmar (Leipzig 1918), J. Wolf 
(Berlin 1929), M. Schneider (Leipzig 1955); Neues 
Archiv für sächsische Geschichte XXXVI, 1915, 
und XXXVII, 1916; StMw H, 1914, bis XU, 1925; 
Der Merker VH, 1916; Mitteilungen des Vereins 
für die Geschichte der Deutschen in Böhmen LIV, 
1916; ZfMw D, 1920/21, bis XL 1928/29; Der Auf- 
takt H, 1921, bis XD, 1931; AfMw IV, 1922; Zeit- 
schrift für die Gitarre V, 1925, und VI, 1926; Alt- 
Prager A l m a n ach 1926; Sudetendeutsche Lebens- 
bilder, herausgegeben von E. Gierach (Rei- 
chenberg 1926); Sudetendeutsche Jahrbücher 1928 
und 1930; Mozart-Jahrbuch, seit 1929; JbP 
XXXVE, 1930, und XLIV, 1937; MQ XXXIV, 
1948. Ausgaben: in den DTÖ: Umlaufs »Berg- 
knappen« (XVin, 1, = Band 36), Gaßmanns »La 
contessina« (XXI, — Band 42-44) ,J. E. Eberlins »Der 
blutschwitzende Jesus« (XXVffl, 1, = 55), Monte- 
verdis »Ritomo d'Ulisse« (XX EX, 1, = Band 57), 
Glucks »Don Juan« (XXX, 2, = Band 60), Deut- 
sche Komödienarien (XXXIII, 1, = Band 64), 
Schenks »Dorfbarbier« (XXXTV, = Band 66); 
ferner Wiener Comödienlieder (mit B. Glossy, Wien 
1924) ; Zärtliche und scherzhafte Lieder (mit B. Glossy, 
Wien 1926); A. Bruckner, Sämtliche Werke (mit 
A. Orel und L. Nowak), davon erschienen 12 


Bände, Wien und Leipzig (Band XV : Augsburg) 
1930-45; H. Wolf, Nachgelassene Werke (mit H. 
Schultz), Wien und Leipzig ab 1935. Auch als 
Komponist trat H. mit Kammermusik, Klavier- 
werken und Liedern an die Öffentlichkeit. 

H&ba (h'a:ba), - 1) Alois, * 21.6.1893 zu Wiso- 
witz (Mähren) ; tschechischer Komponist, Schüler 
des Prager Konservatoriums (Novik, 1914-15) 
sowie von Schreker in Wien und Berlin (1918-22), 
wirkte 1923-53 am Prager Nationalkonservatorium 
als Professor für Komposition der ’/s-, 1 U- und 
Ve-Ton-Musik im thematischen und athemati- 
schen Stil. H. ist einer der überzeugtesten Ver- 
fechter des Viertelton-Systems in Schrift und Tat; 
seit seinem II. Streichquartett op. 7 (1921) ge- 
braucht er die Vierteltonteilung sowohl melodisch 
wie harmonisch. Die unbestreitbare Möglichkeit 
der Vierteltonmusik, die H. aus der antiken Musik 
und aus dem Volksgesang geschichtlich begründet, 
stößt in der Praxis insofern auf Schwierigkeiten, 
als die Intonation dieser Musik auch auf den eigens 
konstruierten Vierteltoninstrumenten (Klavier, 
Klarinette, Trompete, Gitarre) fragwürdig bleibt. 
1945 übernahm H. die Leitung der neugegründeten 
Smetana-Oper in Prag und wandte sich seitdem 
volksläufigeren Stoffen und Kompositionsmetho- 
den zu. Ehe Texte seiner Werke zeigen zum Teil 
auch anthroposophische Züge. Schriften: Harmo- 
nische Grundlagen des Vierteltonsystems (Prag 1922); 
Klang und Form (Aufsatz, 1924, Neudruck in: 
Musik der Zeit, herausgegeben von H. Lindlar, 
VHL Bonn 1954) ; Von der Psychologie der musika- 
lischen Gestaltung (Prag und Wien 1925) ; Grund- 
lagen der Tondifferenzierung (in: Von neuer Musik, 
herausgegeben von H. Graes, E. Kruttge und E. 
Thalheim er, Köln 1925, neu ab gedruckt bei 
Stuckenschmidt, vgL Iit.); Neue Harmonielehre 
(Leipzig 1927). Kompositionen: im Viertelton- 
system: Streichquartette Ü-IV op. 7, 12, 14 
(1921-22) und VI op. 70 (1950); Phantasie op. 9a 
und Musik op. 9b für V. solo (1922) ; Phantasien 
für V. und KL op. 21 (1925), für Va und KL op. 32 
(1928), für Vc. solo op. 18 (1924), für Vc. und Kl. 
op. 33 (1928), Suiten für Klar, solo op. 55 (1943), 
für Klar, und Kl. op. 24 (1925), für Irp. und Pos. 
op. 56 (1943), für 4 Pos. op. 72 (1950), für Gitarre 
op. 54 (1943) und op. 63 (1946); Klaviersonate 
op. 62 (1945) ; 5 Suiten op. 10, 11, 16, 22, 23 (1922 
bis 1925) und 10 Phantasien op. 17, 19, 20, 25-31 
(1923-28) für KL; Chorsuite op. 13 (1922), Chöre, 
Liederzyklen und die Oper Die Mutter op. 35 
(1930); im Ve-Tonsystem: Streichquartette V op. 
15 (1923) und X op. 80 (1952) ; Duo für 2 V. op. 49 
(1937) ; Suiten für Vc. solo op. 85a und für V. solo 
op. 85b (1956) ; 6 Harmoniumstücke op. 37 (1930) ; 
Oper Dein Reich komme op. 50 (1942); im diato- 
nisch-chromatischen Tonsystem: Streichquartette 
I op. 4 (1920) und VH-EX op. 73, 76, 79 (1951-52) ; 
weitere Kammermusik, darunter 3 Nonette op. 40, 
41 (beide 1931) und op. 82 (1953); Klavierwerke, 
darunter Sonate op. 3 (1919), Toccata quasi una fan- 
tasia op. 38 und Vier moderne Tänze op. 39 (1931) ; 
Te Deum und Phantasie und Fuge über HABA für 
Org. op. 75a-b (1951); Harfen- und Gitarren- 
stücke; Orchesterwerke: Phantasie Der Weg des 
Lebens op. 46 (1934), Walachische Suite op. TI 
(1952), Symphonische P h antasie für Kl. und Orch. 


708 



Haberl 


op. 8 (1921), Violinkonzert op. 83 (1954), Brat- 
schenkonzert op. 86 (1956) ; Chöre, Lieder und die 
Oper Die neue Erde op. 47 (1936). Zu H.s Schülern 
genören K. An£erl, N. K. Akses und sein Bruder - 
2) Karel, * 21.5. 1898 zu Wisowitz (Mähren); 
tschechischer Komponist, zunächst als Lehrer aus- 

f ebildet, studierte am Prager Konservatorium als 
chüler von V. Noväk (Klavier) und K. Hoff mann 
(Violine) ; bei seinem Bruder Alois Hdba betrieb er 
Vierteltonkomposition. 1917 wurde er Lehrer, war 
1922-27 Professor für Musik an der Lehrerbil- 
dungsanstalt, schrieb 1928-32 für die Zeitung 
»Tschechoslowakische Republik«, ging 1929 zum 
Prager Rundfunkorchester, arbeitete 1936-50 als 
Musikreferent beim Prager Schulfunk und wurde 
1951 Dozent für Methodik der Musikerziehung an 
der Prager Pädagogischen Hochschule. 1940-53 
war er ordentliches Mitglied der Tschechischen 
Akademie für Wissenschaft und Kunst. Er schrieb 
u. a. die Opern Jdno&k op. 17 (1930), Alte Historie 
op. 20 (1937) und die Kinderoper Smolicek op. 33 
(1949), die Kantate Den Erbauern von Ostrau op. 34 
(1951), 2 Symphonien op. 30 und 36 (1948, 1954), 
ein Violinkonzert op. 6 (1932), ein Cellokonzert 
op. 18 (1935), Orchestersuiten, 3 Streichquartette 
op. 3, 5, 27 (1922, 1928, 1944), Nonett op. 32 
(1948), Septett op. 16 (1930), Viertelton-Klavier- 
trio op. 8 (1926), Klaviertrio op. 24 (1946), Bläser- 
quintett op. 28 (1945) und sonstige Kammermusik, 
Klaviermusik, darunter Suite op. 7 für Viertelton- 
klavier (1925), Kinderlieder und -chöre. Für den 
Unterricht schrieb er: Moderne Violintechnik op. 12 
(1928), Schule des Violinspiels im Vierteltonsystem 
1927) und 15 konzertante Etüden für V. op. 40 
1956). 

Lit.: zu A. H.: Musik d. Zeit, hrsg. v. H. Lindlar, 
VIII, Bonn (1954). - H. H. Stuckenschmidt, Neue 
Musik, = Zwischen d. beiden Kriegen II, (Bin) 1951 ; 
P. Collaer, La musique moderne, Paris u. Brüssel 
1955. - zu K. H.: K. HAba, Komponisten über sich, 
in: Rhythmus VII, 1941/42 (mit Werkverz.). - M. 
Ocadlik, K. H., in: Der Auftakt VIII, 1928. 

Habeneck, - 1) Francois Antoine, * 22. 1. 
1781 zu M6zi£res (Ardennes), f 8. 2. 1849 zu Paris; 
französischer Violinist und Dirigent, Sohn eines 
Mannheimers, der als Militärmusiker in franzö- 
sische Dienste getreten war, erlernte von seinem 
Vater das Violinspiel, wurde mit über 20 Jahren 
Schüler Baillots am Conservatoire, erhielt 1804 
den 1. Violinpreis, wurde Mitglied des Orche- 
sters der Opera Comique und bald darauf des- 
jenigen der Großen Oper und avancierte zum 
Vorgeiger, als Kreutzer die Direktion übernahm. 
Schon 1806-15 dirigierte H. zumeist die Konzerte 
des Conservatoire; bei der Neubildung der Kon- 
zertgesellschaft des Conservatoire 1828 übernahm 
er definitiv die Direktion. Ihm danken die Con- 
certs du Conservatoire ihren Weltruf. Es ist H.s 
Verdienst, Beethovens Orchestermusik zuerst in 
Paris durch vorzügliche Wiedergabe zu Ehren ge- 
bracht zu haben. 1821-24 war er Direktor der 
Großen Oper, wurde dann zum Violinprofessor 
und Inspektor am Conservatoire sowie bei der 
Pensionierung Kreutzers zum Kapellmeister der 
Großen Oper ernannt, welche Stelle er 1824-46 
bekleidete. H. war ein ebenso vortrefflicher Lehrer 
wie Dirigent; Schüler von ihm sind u. a. Alard 
und Leonard. Er publizierte 2 Violinkonzerte, 


3 Duos concertants für 2 V., Variationen für 
Streichquartett, Variationen für Orch. und einige 
Vortragsstücke für V. Brüder H.s waren: - 
2) Joseph (* 1. 4. 1785 zu Metz, f 23. 3. 1850 zu 
Paris), Schüler des Conservatoire, ebenfalls erst 
im Orchester der Opdra Comique, 1819-37 in 
dem der Großen Oper tätig; - 3) Corentin(* 25. 
12. 1786, f 1845?), 1814-45 Geiger im Orchester 
der Großen Oper, ab 1834 Konzertmeister. 

Lit : H. F. Chorley, Music and Manners in France . . . 
I, London 1854; H.Berlioz, Les soirdes de l’orchestre, 
Paris 1853, 2 1854, deutsch in: Literarische Werke II, 
Lpz. 1909; ders., Mimoires, 2 Bde, Paris 1870, 2 1878, 
deutsch in: Literarische Werkel, Lpz. 1903; W. J. v. 
Wasielewski, Die V. u. ihre Meister, Lpz. 1869, hrsg. 
v. W. v. Wasielewski 7-81927 ; R. Wagner, Über d. Diri- 
gieren, Lpz. 1870, später in Bd VIII d. Sämtlichen 
Schriften. 

H?berhauer, Pater Maurus, * 13. 3. 1746 zu 
Zwittau (Mähren), f 18* 2. 1799 zu Raigem; 
mährischer Komponist, war Mönch und Regens 
chori im Klosterstift zu Raigem bei Brünn 
und hinterließ ausschließlich kirchen musikalische 
Werke, darunter über 50 Messen, 2 Requiem, 
Vespern und Motetten. 

Lit.: U. Kornmüller OSB, Die Pflege d. Musik im 
Benediktinerorden, in: Studien u. Mitt. aus d. Bene- 
diktinerorden II, 4, 1881. 

Haberl, Ferdinand, * 15. 3. 1906 zu Lintach 
(Oberpfalz); deutscher Kirchenmusiker, studierte 
in Regensburg und München, empfing 1931 die 
Priesterweihe und promovierte nach weiteren 
Studien am Pontifido Istituto di Musica Sacra in 
Rom mit Arbeiten über II tonario di Reginone di 
Prüm (Choralabteilung, 1937) und Anerii 1 7 modu- 
lationes cantici Magnißcat (Kompositionsabteilung, 
1938), an der theologischen Fakultät der Universi- 
tät München 1939 mit einer Arbeit über Die In- 
kamationslehre des heiligen Albertus Magnus. Seit 
1939 leitet H. die Kirchenmusikschule Regensburg 
und wirkt hier maßgeblich für eine Erneuerung 
der deutschen Kirchenmusikpflege im Sinne der 
Enzykliken Pius* X. und Pius’ XII. H. ist ferner 
Diözesanpräses des Cädlien-V erbands und Lektor 
für Choral und Kirchenmusik an der philoso- 
phisch-theologischen Hochschule Regensburg. Er 
schrieb außer vielen Aufsätzen im »Cädlienver- 
bandsorgan«, dem »Chorwächter« und dem »Al- 
penländischen Kirchenchor«, die Bücher: Der 
Kirchenchorleiter (Tübingen 1949); Das deutsche 
Amt und die Enzyklika Musicae Sacrae disciplina (Re- 
gensburg 1956). Ausgaben: G. DelaH&le, Messen 
Gustate (Düsseldorf 1950) und In convertendo 
(Münster 1956); G. Fr. Anerio, Missa Circuire 
(Münster 1953); Gr. Aichinger, Missa de Beata 
Maria Virgine (Regensburg 1956) ; Die Chorsamm- 
lung (mit E. Quack, Regensburg seit 1952). 

Haberl, Franz Xaver, * 12. 4. 1840 zu Oberellen- 
bach (Niederbayem), 1 5. 9. 1910 zu Regensburg; 
deutscher Kircnenmusiker und Musikforscher, 
Sohn eines Lehrers, besuchte das bischöfliche Kna- 
benseminar in Passau, empfing 1862 die Priester- 
weihe, war 1862-67 Musikpräfekt am Seminar in 
Passau, 1867-70 Organist der Kirche Santa Maria 
deU’anima in Rom, wo er seine musikhistorischen 
Studien aufnahm, 1871-82 Domkapellmeister und 
Inspektor der Dompräbende in Regensburg (mit 


709 



Haberl 


wiederholten längeren Unterbrechungen durch 
neue Studienaufenthalte in Rom). 1874 gründete 
er dort (angeregt durch Liszt und Franz Witt) eine 
Kirchenmusikschule (mit Haller und Jakob als 
ersten Lehrerkollegen), deren hervorragender Ruf 
sich schnell verbreitete. 1908 erhielt H. den Rang 
eines päpstlichen Prälaten (Monsignore). Er ist einer 
der verdientesten Forscher auf dem Gebiete der 
polyphonen Kirchenmusik des 15.-17. Jh. Ab 1876 
gab er den »Cäcilien-Kalender« heraus, den er 1886 
zum »Kirchenmusikalischen Jahrbuch« erweiterte 
und zu einer Sammelstätte gediegener historischer 
Studien gestaltete; 1907 gab er die Redaktion an 
K. Weinmann ab. Größere Studien schrieb er auch 
für die VfMw (auch separat als Bausteine für Musik- 
geschichte , I, Leipzig 18i85, und DI, 1888) : Wilhelm 
du Fay (I, 1885) und Die römische » schola cantorum « 
und die päpstlichen Kapellsanger bis zur Mitte des 
16. Jh. (in, 1887); für die MfM (auch separat als 
Bausteine..., D, Leipzig 1888): Bibliographischer 
und thematischer Musikkatalog des päpstlichen Kapell - 
archivs im Vatikan zu Rom (XX, 1888). Nach dem 
Tode von Schrems (1872) übernahm H. die Fort- 
setzung der Herausgabe des Sammelwerks »Musica 
divina«, und seit dem Tode Fr. Witts (1888) redi- 
gierte er die kirchenmusikalische Zeitschrift »Mu- 
sica sacra«, wurde 1899 zum Präsidenten des All- 
gemeinen Cäcilienvereins gewählt und redigierte 
seitdem auch die »Fliegenden Blätter für katho- 
lische Kirchenmusik« (später »Cäcilienvereins- 
organ«). 1879 gründete H. einen Palestrina- Ver- 
ein und besorgte von Band 10 an die von Th. de 
Witt, J. N. Rauch, Fr. Espagne und Fr. Commer 
1862 begonnene Palestrina-Ausgabe. Da H. alle 
bisher unbekannten, in den römischen Archiven 
befindlichen Werke Palestrinas sammelte, gestal- 
tete sich die Publikation zu einer monumentalen 
Gesamtausgabe, die 1894 (300 Jahre nach Palestri- 
nas Tode) beendet wurde (in 33 Bänden); der 4. 
Nachtragband erschien 1907. Auch besorgte H. 
einen Teil der Gesamtausgabe der Werke von 
Orlando di Lasso (»Magnum Opus musicum«). 
Ferner gab H. heraus: Bertalottis Solfeggien (Re- 
gensburg 1880, 21888), Frescobaldis Orgelwerke 
(Auswahl, Leipzig 1889). Mit päpstlichem Privileg 
erschienen unter Haberls Redaktion in Regensburg 
Neuausgaben der liturgischen Gesangbücher, im 
Anschluß an die angeblich von Palestrina herrüh- 
rende Editio Medicaea von 1614. Da durch die 
Forschungen der Benediktiner von Solesmes diese 
Ausgaben als Verstümmelungen der altüberliefer- 
ten Melodien erwiesen wurden, unterblieb die 
Verlängerung des 1900 abgelaufenen Privilegs, 
und schließlich wurde durch Raphael Molitors 
Werk »Die nach-tridentinische Choral-Reform« 
(Leipzig 1901/02) festgestdlt, daß die Editio Me- 
dicaea gar nicht mit Sanktion durch den päpst- 
lichen Stuhl erschienen war und auch nicht von 
Palestrina herrührt. Daraufhin erging 1904 vom 
päpstlichen Stuhle die Anordnung zur Wieder- 
herstellung der ursprünglichen Lesarten der Ge- 
sänge (Editio Vaticana). Damit sind die bis dabin 
allverbreiteten Regensburger Ausgaben ausge- 
schaltet und auch Haberls lange so hochgeschätzten 
Lehrbücher nicht mehr verwendbar: Theoretisdh- 
praktische Anweisung zum harmonischen Kirchenge- 
sang (Passau 1864), Magister choralis (Regensburg 
1864, 12190 O; auch Übersetzungen ins ItaSenische, 


Französische, Englische, Spanische, Polnische und 
Ungarische), Lieder-Rosenkranz (1866), Orgelbe- 
gleitung zum Ordinarium Missae, Graduale und 
Vesperale (mit Hanisch), Kleines Gradual und Meß- 
buch (1892), Officium hebdomadae sanctae (1887, 
deutsch), Psalterium vespertinum (1888). 

Lit.: K. Weinmann, Dr. F. X. H., in: Musica sacra 
XLIII, = N. F. XXII, 1910; C. Bachstofel, Erinne- 
rungen an Dr. F. X. H. 

H?bermann, Franz Johann (Xaver) Wenzel, 
* 20.9.1706 zu Königswart (Böhmen), f 7.4. 
1783 zu Eger ; böhmischer Komponist, studierte am 
Kollegium in Klattau, unternahm Studienreisen 
nach Italien, Spanien und Frankreich (1731 Kapell- 
meister des Prinzen Condd), hielt sich angeblich 
als großherzoglicher Kapellmeister in Florenz auf 
und kehrte um 1740 nach Böhmen zurück. Vor 
1750 war er Chorregent der Prager Kajetaner- 
kirche, nach 1750 Organist der Malteserkirche 
und war auch als Musüdehrer des Adels beliebt. 
1773 wurde er als Chorregent nach Eger berufen. 
Zu seinen Schülern zählen Fr. X. Duschek, J. 
Mysliveöek und C. Vogel. Seine erhaltenen Kir- 
chenwerke, darunter die 1744 in Graslitz gedruckte 
Messensammlung Philomela pia, zeigen den boden- 
ständigen böhmischen Komponisten gegenüber 
deutliche italienische Einwirkung. G. Fr. Händel 
hat in »Agrippina«, »Hercules«, »Jephta« und der 
17. Klaviersuite Themen aus der Philomela pia be- 
nützt. Von H.s weiteren gedruckten Werken sind 
12 Messen und 6 Litaneien (1746) verschollen, von 
den Oratorien Conversio Peccatoris (1749), Deodatus 
ä Gozzone (1754) und dem Festspiel Artium Cie - 
mentiarum solemnia (1754) sind nur die Textbücher 
erhalten. Handschriftliche Kirchenwerke sind in 
böhmischen Archiven erhalten; die ihm zugeschrie- 
benen Instrumentalwerke dürften verschollen sein. 
Lit.: M. Seiffert, Fr. H., KmJb 1903; S. Taylor, 
The Indebtedness of Handel to Works of other Com- 
posers, Cambridge 1906. 

Habert, Johannes Evangelista, * 18. 10. 1833 
zu Oberplan (Böhmen), j* 1. 9. 1896 zu Gmunden; 
österreichischer Kirchenmusiker, absolvierte das 
Pädagogium in Linz, wurde 1852 Unterlehrer in 
Naaren an der Donau, 1857 in Waizenkirchen 
und 1861 Organist in Gmunden, 1878 daneben 
Chorregent. H. war ein hochgeschätzter Kompo- 
nist von Kirchenmusik und schrieb vor allem Mes- 
sen, Offertorien, Litaneien, Motetten, aber auch 
einige Orchester- und Kammermusikwerke, Kla- 
vierstücke und Lieder. Er gab eine Auswahl der 
Werke von R. Führer sowie in den DTÖ Messen 
(I, 1, 1894) und Motetten (II, 1, 1895) von J. J. 
Fux sowie Hymnen von Joh. Stadlmayr (ID, 1, 
1896) heraus. Eine Gesamtausgabe seiner Werke 
erschien ab 1894 in Leipzig. 1868-83 redigierte H. 
die von ihm gegründete »Zeitschrift für katho- 
lische Kirchenmusik«. Seine theoretischen und 
instruktiven Arbeiten sind: Beiträge zur Lehre von 
der musikalischen Komposition (4 Bände, Leipzig 
1889 ff.), Praktische Orgelschule op. 16 (2 Bände, 
mehrfach aufgelegt), Chorgesangschule (1882), 
Kleine praktische Orgelschule op. 101, Orgelbuch für 
die österreichische Kirchenprovinz op. 33, Theore- 
tisch-praktische Klavierschule op. 70. H.s kirchen- 
musikalische Richtung (deqemgen der Cädlianer 


710 



Hac££ncr 


Witt und Haberl widersprechend) erfreute sich 
der Unterstützung der Lanzer Bischöfe Rüdiger 
und Müller. 

lit: A. Hartl, J. E. H., Wien 1900. 

Hacquart (hak'ar), Carolus, * tun 1649 zu 
Brügge, t uni 1730 wahrscheinlich im Haag; hol- 
ländischer Komponist, lebte in Amsterdam, ab 
1679 im Haag, wo er 1693 Konzerte ins Leben rief, 
die wöchentlich stattfanden. H. war mit Huyghens 
befreundet und stand als Komponist in hohem An- 
sehen. Seine erhaltenen Werke sind ein Singspiel 
De triomfeerende Min (den Haag 1678; Partitur 1680 
in Amsterdam gedruckt), Cantiones sacrae op. 1 zu 
2-7 St. (1674), Harmonia Pamassia op. 2 (10 3-4st. 
Sonaten, 1686), Chetys op. 3 (1686) und Pikes de 
hasse de viole et hasse continue (etwa 1706). 

Hadley (h'aedli), Henry Kimball, * 20. 12. 
1871 zu Somervüle (Massachusetts), f 6. 9. 1937 zu 
New York; amerikanischer Komponist, Schüler 
seines Vaters, im Violinspid von Heindl und Allen 
in Boston, in der Theorie von Emery und Chad- 
wick, 1894/95 von Mandyczewski in Wien, war 
1896-1904 Organist in Garden City (Long Island), 
lebte dann bis 1909 in Europa (1908 Kapellmeister 
am Mainzer Stadttheater) und war 1909-11 Leiter 
der Symphoniekonzerte in Seattle (Washington), 
1911-15 des Orchesters in San Francisco, kehrte 
Harm aber nach New York zurück, wo er 1929-32 
das Manhattan Symphony Orchestra leitete. Von 
den großenteils gedruckten Kompositionen H.s 
sind hier zu nennen: Opern Safie (Mainz 1909), 
Azora (Chicago 1917), Bianca (New York 1918), 
The Garden of Allah (New York 1918), Cleopatra? s 
Night (New York 1920), die Funkoper A Night in 
öS Paris (NBC 1933); Chorwerke In Music' s 
Praise op. 21, A Legend of Granada op. 45, The Fate 
of Princess Kiyo op. 58, Mirtil in Arcadia op. 100; 
Symphonien (I: Youth and Life op. 25; ü: The Four 
Seasons op. 30; DI: H moll op. 60; IV : North , East , 
South and West op. 64; V: Connecticut- Tercentenary 
op. 140) ; symphonische Phantasie op. 46, Orche- 
ster-Rhapsodie The Culprit Fay op. 62, sympho- 
nische Dichtungen Salome op. 55 und The Öcean 
op. 99, mehrere Ouvertüren ( Othello op. 96), ein 
Cellokonzertstück op. 61, ein Concertino für Kl. 
und Orch. op. 131; 2 Streichquartette (I: op. 24; 
II: op. 132), Klavierquintett op. 50. 

Hadley (h'aedli), Patrick Arthur Shddon, * 5. 
3. 1899 zu Cambridge; englischer Komponist, 
studierte an der Universität Cambridge und ab 
1922 am Londoner Royal College of Music (bei 
Vaughan Williams und R. O. Morris), gehört seit 
1925 zum Lehrkörper des Royal College of Music 
und unterrichtet seit 1938 an der Universität Cam- 
bridge (sdt 1947 Professor für Musik), wurde im 
sdben Jahr auch Mitglied des Gonville and Caius 
College. 1941-45 war er Dirigent der Cambridge 
University Musical Society. 1947 wurde er Direk- 
tor und Kurator des Arts Theatre in Cambridge. 
Er komponierte die symphonische Ballade The 
Trees so High (1931), die Chorwerke La Belle Dame 
sans Merci (1935) und Travellers (1940), Kantaten 
The Hills (1946) und Fen and Flood (1954), ferner 
Musik zu Antigone (Sophokles), Twelßh Night 
(Shakespeare), Agamemnon (Aeschylus), Chöre und 
Lieder mit und ohne Begleitung. 


Hadow (h'aedo:), (Sir) William Henry, * 27. 12. 
1859 zu Ebrington (Gloucestershire), f 8. 4. 1937 
zu London; englischer Musikforscher, Herausgeber 
der groß angelegten »Oxford History of Music« 
und Bearbeiter von deren 5. Band ( The Viennese 
Period, Oxford 1904, 21931), erhielt seine musika- 
lische Ausbildung 1882 in Darmstadt und 1884-85 
von Lloyd in Oxford, wurde 1890 zum Bacca- 
laureus der Musik graduiert und hielt bis 1909 Vor- 
lesungen über Musikgeschichte in Oxford, war 
dann bis 1919 Leiter des Armstrong College in 
Newcasde-on-Tyne, 1919-30 Vizekanzler der Uni- 
versität Sheffield. 1918 wurde er geadelt. H. schrieb 
u. a.: Studies in Modem Music (2 Bände, London 
1892/93); Sonata Form (London 1896); A Croatian 
Composer: Notes toward the Study off. Haydn (Lon- 
don 1897); Beethoven (London 1917); William 
Byrd (London 1923); Music (London 1924) ; Church 
Music (London 1926); Beethoven' s op . 18 Quartets 
(London 1926); Collected Essays (London 1928); 
English Music (London 1931); The Place of Music 
among the Arts (Oxford 1933); Richard Wagner 
(Oxford 1934). Er komponierte auch Kantaten, 
Hvmnen, Violinsonaten, eine Bratschensonate und 
Klaviersonaten. 

HadriUuras, Emanuel Adriaensen. 

Haebler, Ingrid, * 20. 6. 1929 zu Wien; öster- 
reichische Pianistin, zunächst Schülerin ihrer Mut- 
ter (Charlotte Freifrau von Haebler), studierte 
Hann an der Akademie für Musik und Darstellende 
Kunst in Wien, am Mozarteum in Salzburg, am 
Konservatorium in Genf sowie an der Ecole Mar- 
guerite Long in Paris. Seit Beginn ihrer Konzert- 
tätigkeit 1954 machte sie sich schnell bekannt, so- 
wohl auf Konzertreisen in Westeuropa als auch 

der" Schallplattenfinna »Vox« schfoß sie einen Ver- 
trag vor allem zur Aufnahme sämtlicher Klavier- 
konzerte von Mozart. 

HaefEner, Johann Christian Friedrich, *2. 3. 
1759 zu Oberschönau bei Schmalkalden, t 28. 5. 
1833 zu Uppsala; schwedischer Komponist deut- 
scher Geburt, Schüler von Vierling in Schmal- 
kalden, 1776 Korrektor bei Breitkopf in Leipzig, 
in der Folge Theaterkapellmeister einer Wander- 
gesellschaft, ließ sich 1/80 in Stockholm nieder, 
erhielt zunächst eine Organistenstelle, wurde dann 
Akkompagnist und nach günstigem Erfolg seiner 
im Gluckschen Stil geschriebenen Opern Elektra, 
Alkides und Rinaldo 1793 stellvertretender und 
1799 1. Kapellmeister am Hoftheater. 1808 zog er 
sich nach Uppsala zurück, wo er noch 1820 ein 
Organistenamt an der Domkirche übernahm. H., 
der sich große Verdienste um die nationale schwe- 
dische Musik erwarb, schrieb noch eine Reihe von 
Vokalwerken (Oratorium Försonaren pä Golgatha, 
1809) und gab heraus: schwedische Lieder mit 
Klavierbegleitung, ein schwedisches Choralbuch 
(Svensk choralbok) mit Wiederherstellung der alten 
Choralmelodien des 17. Jh. (2 Teile, 1820/21), 
Präludien dazu (1822), eine schwedische Messe im 
alten Stil (1799, neu bearbeitet 1817) und eine 4st. 
Bearbeitung altschwedischer Lieder (nur 2 Hefte, 
durch seinen Tod eingestellt, 1832, 21032). . Er 
überarbeitete die Melodien der Geijer-Afzelius- 
schen Volksliedersammlung. 


711 



Haefliger 


Lit. : C. A. Forssman, Om J. C. F. H.s verksamliet f Ör 
tonkonstens utveckling i Sverige, Uppsala 1872; G. 
Morin, J. G F. H., u.: H.s musikaliska skapande, 
beide Stadien in: Tidskrift för kyrkomusik och svensk 
gudstjänstliv VIII, 1933, - CF. Hbnnerberg, Bref 
v&xlade mellan H. och Frigel, in: Svensk Musiktid- 
ning 1909. 

Haefliger, Ernst, * 6. 7. 1919 zu Davos; Schwei- 
zer Sänger (Tenor), aus dem Lehrerseminar her- 
vorgegangen, studierte 1939-42 in Zürich am 
Konservatorium u. a. bei Julius Patzak Gesang. 
1942 datiert sein erstes Auftreten als Konzerttenor. 
Nach weiteren Gesangsstudien bei Fernando Capri 
in Prag gastiert er seit 1948 in allen Großstädten 
Europas und hat seit 1952 ein Engagement als 
1. lyrischer Tenor an der Städtischen Oper in Ber- 
lin. 

Hägg, Gustaf (eigentlich Peterson), *28. 11. 1867 
zu Visby (Schweden), f 7. 2. 1925 zu Stockholm; 
schwedischer Komponist, Schüler des Stockhol- 
mer Konservatoriums und mit Staats-Stipendium 
1897/98 in Deutschland und Frankreich, ab 1893 
Organist der Klarakirche und ab 1908 Orgellehrer 
am Konservatorium in Stockholm, 1915 Professor. 
Er war ein hervorragender Organist und schrieb 
Orchester- und Kammermusikwerke (Klaviertrio 
G moll, Streichquartett, Streichsextett), Orgd- 
und Klavierkompositionen sowie Lieder. 

Hägg, Jacob Adolf, * 29. 6. 1850 zu östergam 
auf Gotland, f 1. 3. 1928 zu Bjuräker; schwedischer 
Komponist, Schüler T. van Booms in Stockholm 
und Gades in Kopenhagen sowie Kiels in Berlin, 
schrieb 4 Symphonien (darunter Nordische Sym- 
phonie Es dur op. 2), zahlreiche weitere Orchester- 
und Vokalwerke, K a mm ermusik, 2 Klaviersona- 
ten, zahlreiche Klavier-Miniaturen (5 Hefte Kleine 
nordische Lieder ohne Worte , 10 Suiten, Impromptus), 
auch Stücke für Vc. und KL und Orgelstücke. 
Lit.: G. Hetsch, J. A. H., Lpz. 1903. 

H än d el, Georg Friedrich (in England Handel 
geschrieben), * 23. 2. 1685 zu Halle an der Saale, 
f 14.4.1759 zu London. Die Vorfahren väter- 
licherseits sind aus dem Handwerkerstand hervor- 
gegangen; der Großvater Valentin H. (* 1582 zu 
Breslau, f 30. 8. 1636 zu Halle) war Kupferschmied 
und erlangte 1609 das Bürgerrecht der Stadt Halle. 
Der Vater Georg H. (* 24. 9. 1622 und f 17. 2. 
1697 zu Halle) erlernte das Handwerk eines Ba- 
ders und Wundarztes bei Meister Beyer, der ei ne 
Tochter des englischen Violinisten und Kompo- 
nisten W. Brade zur Frau hatte; er wurde ein be- 
deutender und angesehener Arzt, zu dessen Ver- 
wandten- und Freundeskreis in Halle und Weißen- 
fels MusikerpersÖnlichkeiten vom Rang eines 
Pohle, J. Ph. Krieger, J. Beer und Zachow gehör- 
ten, und stieg aut zum sächsisch-w eißenfe lsisdiCTL 
und später kurbrandenburgischen »Leibchirurgus 
und Geheimen Kammerdiener«. Seine erste Frau, 
die ihm 11 Kinder geboren hatte, starb 1682 an der 
Pest; er war 63 Jahre alt, als er in zweiter Ehe die 
Tochter aus dem lutherischen Pfarrhaus in Gie- 
bichenstein bei Halle heiratete, Dorothea Taust, 
H.s Mutter (* 8. 2. 1651 zu Dieskau bei Halle, 
t 27 . 12. 1730 zu Halle) ; sie war eine Enkelin des 
rü hmli ch bekannten hallischen Superintendenten 
J. Olearius (1546-1623) und »liebte Gott als ihr 


höchstes Gut und achtete sein Wort für den größ- 
ten Schatz und Reichtum«. Bis in sein spätes Alter 
verehrte H. stolz die Charakterfestigkeit seines Va- 
ters und die Frömmigkeit seiner Mutter. - H.s 
musikalische Begabung zeigte sich frühzeitig; der 
Vater war gegen eine musikalische Laufbahn des 
Sohnes, weil die Musik »bloßerdings zu nichts 
anderem als zur Belustigung und Ergetzlichkeit 
diene«. Aber der Herzog von Sachsen-Weißenfels 
verwandte sich für den achtjährigen Knaben, nach- 
dem er ihn in Weißenfels nach einem Gottesdienst 
an der Orgel gehört hatte, und gab ihn in die Lehre 
zu Zachow, dem damals 30jährigen Organisten der 
Marktkirche in Halle. Durch sein ganzes Leben hin 
wurde H. als Orgelspieler gefeiert. - Von Bedeu- 
tung für dem jungen H. war sein Besuch am Ber- 
liner Hof im Herbst 1698, wo sein Vater Hofarzt 
»von Haus aus« gewesen war und ein Freund und 
Verwandter der Familie lebte. Hier lernte H., ge- 
fördert durch den Violinisten und Sänger Ariosti, 
die zeitgenössische italienische und französische 
Musik kennen; auch bot ihm der Kurfürst an, ihn 
weiter ausbilden zu lassen und nach Italien zu 
schicken. Aber H.s Verwandte sollen den Kur- 
fürsten abschlägig beschieden haben, so daß H. 
nach Halle zurückkehrte. Nach der Absolvierung 
der städtischen Lateinschule unter dem Rektor 
Magister Praetorius schrieb er sich am 10. 2. 1702 
als Studierender an der Universität Hille ein. Einen 
Monat später erhielt er »obwohl ein evangelisch 
lutherisches Subjekt« eine probeweise Ernennung 
auf ein Jahr zum Organisten an der reformierten 
Dom- und Schloßkirche. Besonderes Interesse H.s 
wurde durch die hallische »Hautboisten-Companie« 
des Michael Hyntzsch und dessen Sohn Johann 
George erweckt, der in Halle die Oboe eingeführt 
hat, die H.s Lieblingsinstrument werden sollte. 
Für die »Companie« komponierte er vermutlich 
die 6 Triosonaten für 2 Oboen. In die hallisrhe 
Jugendzeit fallen noch eine Choralkantate Ach 
Herr ; mich armen Sünder und 3 Deutsche Arien , die in 
Text und Melodie (Da-capo-Form) von H. stam- 
men und unter denen die Arie Ein hoher Geist muß 
immer höher streben die Geistesart des jungen H. 
spiegelt. - Jedoch genügte ihm der Lebenskreis 
eines Kantors und Organisten nicht, vielmehr 
lockte ihn die große Welt mit ihrem repräsenta- 
tiven Gesamtkunstwerk der Opera sena. Seine 
Phantasie war erfüllt von Bildern und Szenen eines 
ethisch hochgesrimmten Menschentums, zu 
künstlerischer Gestaltung ihm der anrike StofFkreis 
und die Formenwelt der italienischen Oper ent- 
gegenkamen. Ihrer europäischen Geltung ver- 
traute der junge Meister seine theatralische Sen- 
dung an, indem er sich, um Weltruhm zu erlange 
für das abenteuerliche Wagnis eines Opernkompo- 
n iste n entschied. — Nach Ablauf des hallischen 
Probejahres als Kirchenorganist zog es ihn narh 
Hamburg, wo seit 1678 ein deutsches Operaunter- 
nehmen am Gänsemarkt bestand mit dem frucht- 
barsten und bedeutendsten der Hamburger Opem- 
komponisten R. Keiser (gebürtig aus Tauchern bei 
Weißenfek) als Direktor/Er nahm H. als Violinisten 
in das Opernorchester auf und ließ ihn bald zum 
Maestro al Cembalo aufriieken. In dem 4 Jahre 
älteren J. Mattheson fand er einen freundschaft- 
lichen Berater. Zusammen mit ihm unternahm H. 
im August 1703 seine berühmte Reise nach Lübeck, 


712 



Handel 


um den bekanntesten Organisten seiner Zeit, 
Dietrich Buxtehude, in der Marienkirche zu be- 
wundern, schlug aber die ihm angebotene Amts- 
nachfolge aus, weil sie mit einer Heirat verbunden 
war. H. wollte Junggeselle bleiben und ist es ge- 
blieben. Auch zeigt sich hier wieder, wie wenig die 
mit dem Dasein des Kantors und Organisten ver- 
bundene größere Seßhaftigkeit und mehr imper- 
sönliche Hingabe an den Kirchendienst dem Le- 
bensgefühl H.s entsprach, wie sehr er vielmehr 
dem unruhigen Wanderleben und mehr persön- 
lichen Hervortreten, dem wechselnden öffentlichen 
Gelten und Wirken des Kapellmeisters und ge- 
feierten Opemkomponisten zustrebte. Die junge 
Freundschaft mit Mattheson sollte bei einer Auf- 
führung von dessen Oper »Cleopatra« (1704), die 
FL leitete, auf eine harte Probe gestellt werden. 
Der Komponist sang die Hauptrolle des Antonius 
und pflegte, nachdem er dessen Tod auf der Bühne 
dargestent hatte, in das Orchester zu gehen, um 
die Aufführung vom Cembalo aus zu Ende zu 
dirigieren. Da aber H. die Aufführungs-Anwei- 
sungen Matthesons nicht genügend befolgte, kam 
es zum Streit und Duell, das den hitzigen H. bei- 
nah das Leben gekostet hätte. - Über den Musiker 
H. schreibt Mattheson in seiner »Grundlage einer 
Ehren-Pforte« sehr charakteristisch: »Er war stark 
auf der Orgel, starker als Kuhnau, in Fugen und 
Contrapuncten, absonderlich ex tempore; aber er 
wußte sehr wenig von der Melodie, ehe er in die 
hamburgische Oper kam«. Hiermit wird auf den 
neuen weltbürgerlichen Stil der lyrischen Kan- 
tabilität in der Melodiebildung der italienischen 
Gesangs- und Instrumentalmunk angespielt, im 
Unterschied zu der kontrapunktischen Mehr- 
stimmigkeit der mitteldeutschen Kantorei-Kunst 
(Kuhnau war Leipziger Thomaskantor), von der 
H. herkam. Er schrieb 1704 für Hamburg eine 
Johannes-Passion (Text von Chr. H. Postei), die 
sich bei der Vertonung des Bibeltextes noch streng 
an die Tradition hält (Evangelista, Soliloquenten, 
Turbae) und als ein maßgebendes Vorbild für J. S. 
Bachs Johannes-Passion (1722) gelten darf. Im 
Wettbewerb mit Keiser komponierte H. 4 deutsche 
Opern (nach der Sitte der Zeit mit italienischen 
Einlagen): Almira (Erstaufführung 1705), Nero 
(1705), Florindo und Daphne (beide komponiert 
1706, auf geführt 1708; die letzteren 3 Partituren 
sind verschollen). Keiser hatte die Komposition 
der Almira schon vor H. begonnen, dann aber das 
Textbuch an H. abgetreten, dessen Musik Keiser 
aber nicht gefiel; er setzte das Stück vom Spielplan 
ab und komponierte das Textbuch neu, indem er 
mehr auf den Text einging, während es H. mehr 
auf das Musikalische in der Oper ankam. - Auf 
Veranlassung des Prinzen Giovanni Gastone de* 
Medici (Sohn des Großherzogs von Toscana), der 
1703/04 Hamburg besucht hatte, ging H. Ende 
1706 nach Italien. Die italienische Adelswelt, be- 
sonders die Medid, das Haus des Fürsten Ruspoü, 
der Palazzo des Kardinals Ottoboni, die Casa Co- 
lonna, die römische und neapolitanische Arcadia 
bereiteten H. und seiner Kunst einen glänzenden 
Empfang. Br besuchte Florenz, Rom, wo A. Scar- 
latti sein musikalischer Berater war, wieder Flo- 
renz zur Aufführung seiner Oper Rodrigo, dann im 
Sommer 1708 in Begleitung der beiden Scarlatti 
Neapel, traf Anfang 1709 wieder in Rom ein. 


lernte Pasquini, Cordli und Steffani kennen und 
führte Ende 1709 in der Opemmetropole Venedig 
seine heroisch-komische Oper Agrippina auf. Mit 
Steffani ist H. vielleicht schon auf der Reise nach 
Hamburg in Hannover bekannt geworden, wo er 
für die Nachfolge Steffänis als Hofkapdlmeister in 
Aussicht genommen war, wenn auch festere Ab- 
machungen erst gegen Ende der Italienreise ge- 
troffen worden sind. In Italien schrieb H. 1708 
seine beiden ersten Oratorien La Resurrezione , das 
unter Cordli in Rom zur Aufführung kam, und 
II Trionfo del Tempo e del Disinganno (bearbeitet 
1737 als »II Trionfo dd Tempo e della Veritä«) 
und die Kantate Ad, Galatea e Polifemo; dazu kom- 
men^die^l4 f rü hen Klammerduette (im Stil Stef- 

Singst. mit Gb., von denen die meisten aus dieser 
Zeit stammen. - Bevor H. seine neue Stellung am 
kurfürstlichen Hof in Hannover antrat, führte ihn 
1710 ein Besuch seiner Mutter und Schwester nach 
Halle und weiter über Düssddorf nach London. 
Hier war nach der kurzen Blüte einer nationalen 
Oper unter H. Pur cell die italienische Oper ein- 
gezogen. Der in Italien berühmt gewordene H. 
fand daher begeisterte Aufnahme seiner Oper 
Rinaldo (der Arrnida-StofF), die am 24. 2. 1711 in 
Queen’s Theatre (Haymarket) zur Aufführung 
kam. Das Schaf erspid H pastor fido (1712; nach 
Guarini) und die Opern Teseo (1713) und Amadigi 
di Gaula (1715) fanden weniger Widerhall. Da- 
gegen wurde das zur Feier des Utrechter Friedens 
komponierte, an die altenglische Chormusik- 
Tradition der Anthems, besonders degenigen Pur- 
cells, anknüpfende Utrecht Te Deum and Jubilate bei 
der Aufführung am 7. 7. 1713 in St. Paul’s Cathe- 
dral ein Ereignis von nationalpolitischem Rang 
und ein großer Erfolg für H. Obwohl er noch in 
hannoverschen Diensten stand, setzte ihm Königin 
Anne (f 1714) ein ansehnliches Jahresgehalt aus. 
Als dann der Kurfürst von Hannover als George I. 
den englischen Thron bestieg, komponierte H. 
für den König, der sich ein großes Konzert auf der 
Themse gewünscht hatte, seine prachtvolle Water 
music. Die Musik gefid so sehr, daß der König H. 
das Jahresgehalt verdoppelte. Auf einer Dienstreise 
nach Hannover besuchte H. von da aus wiederum 
seine Mutter und Schwester in Halle und half der 
Witwe seines Lehrers Zachow aus der Not. In 
Hannover schrieb er sein letztes deutsches Werk, 
die Passion (nach Brockes): Der Jur die Sünden der 
Welt gemarterte und sterbende Jesus (1717), die auch 
von Keiser, Mattheson und Tdemann komponiert 
worden ist - Spätestens Anfang 1717 nach London 
zurückgekehrt, folgte er einer Einladung des Duke 
of Chandos auf Schloß Camions bei London. Dort 
entstanden um 1720 u. a.: 8 Suites de Pücespour le 
Clavecin (gedruckt London 1720), die Kantate 
Ads and Galatea (Neufassung unter Verwendung 
auch der italienischen Fassung 1732), die 11 Charta 
dons Anthems und H.s erstes englisches Oratorium 
Esther (konzertmäßige Aufführung 23. 2. 1732 in 
London). 

Eine neue Epoche in H.s Leben begann im Jahre 
1719 mit der Gründung der Royal Academy of 
Music, eines großzügigen Opernunternehmens, 
mit dessen künstlerischer Leitung und dem En- 

Ix^eilte nach Drcden, wo am Hofe^A^ists des 

713 



Händel 


Starken bei den Hoffestlichkeiten zur Vermählung 
des sächsischen Kurprinzen (1719) der Venetdaner 
A. Lotti ein Opem-Ensemble führte, das die be- 
rühmtesten Gesangssteme Europas vereinte. Mit 
ihm und dessen aus Weißenfels gebürtigen Kapell- 
meister Heimchen war H. persönlich bekannt. 
Nicht verwunderlich, daß er alles daran setzte, um 
für die Königliche Opernakademie den stimm- 
lichen Hochglanz des Alt-Kastraten Senesino, das 
leicht markierte Koloraturlegato des Mezzosoprans 
der Faustina Bordoni-Hasse und den schmelzenden 
Beicanto ihrer Rivalin Cuzzoni zu gewinnen 
sowie Arien für diese anspruchsvollen und ver- 
wöhnten Stars zu schreiben. In London wurde H.s 
Oper il Radamisto (1720) erfolgreich aufgeführt; 
es folgten 1721: U Muzio Scevola (Pasticdo, nur 
der 3. Akt von H.), U Floridante , 1723: Ottone , 
Flavio, 1724: Giulio Cesare, Tamerlano , 1725: 
Rodelinda, 1726: Scipione , Alessandro , 1727 : Admeto, 
Riccardo I, 1728: Siroe , Tolomeo. Diese Londoner 
Opern H.s verbreiteten sich über ganz Europa, 
auch Frankreich verschloß sich ihnen nicht. Nach 
dem Tod des Königs, der als eine seiner letzten 
Amtshandlungen H. das englische Bürgerrecht 
verliehen hatte, schrieb H. für die Krönungsfeier 
des neuen Königs George IL (6. 10. 1727) die 4 
Coronation Anthems (Nummer Ü-IV über Psalmen- 
texte). Im Jahr darauf löste sich wegen wirtschaft- 
licher Mißerfolge die Opemakademie auf. Das 
erfolgreiche gegenhöfische nationale Singspiel 
The Beggar’s Opera von Gay und Pepusch (1728) 
hatte ihr mit seiner scharfen Gesellschaftskritik und 
seinem angelsächsischen Spott auf die italienische 
Opera seria den Todesstoß versetzt. Für H., der 
zur hannoverschen Hofpartei gehörte, war es nicht 
leicht, sich gegen die Londoner Adelswelt zu be- 
haupten. Er versuchte zwar im Spätherbst zusam- 
men mit seinem aus Zürich gebürtigen Intendanten 
J. J. Heidegger eine neue Akademie zu gründen 
und reiste wiederum nach Neapel, wo ehe Scar- 
lattische Schule in voller Blüte stand, um neue Ge- 
sangskräfte anzuwerben. Unterwegs besuchte er 
(Juni 1729) zum letzten Male seine greise, erblindete 
und gelähmte Mutter in Halle. Ein Treffen mit 
J. S. Bach, der seinen Sohn Friedemann eigens 
nach Halle entsandt hatte, kam nicht zustande. 
Die neue Akademie brachte von H. die Opern: 
Lotario (1729), Partenope (1730), Poro (1731), Ezio 
(1732), Sosarme (1732) und Orlando (1733). In das 
Jahr 1731 gehören die schönen Sonaten op. 1 (15 
für QuerfL, Ob. oder V. mit Gb.) und op. 2 (6 für 
2 V., Ob. oder QuerfL mit Gb.). Inzwischen war 
auch das neue Unternehmen wieder gescheitert; 
die Entlassung des Gesangsstars Senesino durch H. 
führte zur Sezession anderer Bühnenmitglieder 
und 1733 ZU einem Konkurr enzunternehmen 
durch H.s Gegner mit Arrigoni, G. B. Bononcini, 
Porpora, später J. A. Hasse als Direktoren und 
Komponisten. Noch einmal reiste H. nach Italien, 
um neue Sänger zu verpflichten. Das erste Jahr 
war für ihn noch leidlich günstig; er brachte 1734 
Ariatma und den umgearbeiteten Pastor fido. Als 
aber seine Gegner mit Sängern wie Senesino und 
Farinelli aufwarteten, verlor selbst der abenteuer- 
liche Heidegger den Mut. H. mietete nun das Co- 
vent Garden Theatre, um das Unternehmen auf 
eigene Rechnung weiterzuführen, während Hei- 
degger das King’s (bzw. Haymarket) Theatre an 

714 


die Gegenoper vermietete. Nur mit fieberhaften 
Anstrengungen vermochte H. dem finanziellen 
Ruin zu entgehen. Schulden drückten ihn, sein 
öffentliches Ansehen in London hatte gelitten, nur 
wenige Freunde verblieben ihm noch An neuen 
Opern brachte er 1735: Ariodante, Alcina 9 1736: 
die arkadische Schäfer- und Liebesidylle Atalanta , 
1737: Arminio , Giustino , Berenice (Szenen aus der 
ägyptisch-römischen Geschichte) ; auch neue ora- 
torische Schöpfungen, 1733: Deborah , Athalia, 
1736 : Alexander* s Feast or the Power of Musick (nach 
J. Drydens Cädlienode). Zur Vermählung der 
Prinzessin Anne schrieb H. 1734 ein Wedding An- 
them »This is the day«, ein zweites »Sing unto God« 
1736 zur Vermählung des Prince of Wales mit der 
Prinzessin Augusta von Sachsen-Gotha. Der über- 
mäßigen Anstrengung war selbst die Hünennatur 
H.s auf die Dauer nicht gewachsen. Am 14. 5. 1737 
lähmte ein Schlagfluß die rechte Seite seines Kör- 
pers; er mußte das Opernunternehmen auf geben, 
das Sänger-Ensemble halbhonoriert entlassen, 
brachte sich aber durch eine Parforcekur in den 
heißen Bädern von Aachen wieder zur Gesundheit. 
Schon Ende Oktober kehrte er nach London zu- 
rück, wo er für die verstorbene Königin das 
Funeral Anthem for Queen Caroline (1737) schrieb. 
Unterdessen hatte auch das Opemuntemehmen 
der Gegner Schiffbruch erlitten. Heidegger sam- 
melte ehe Trümmer beider Unternehmungen und 
eröflfhete 1738 die Oper in King’s Theatre (Hay- 
market) mit H.s Faramondo und Serse (H.s einziger 
komischer Oper mit dem Perserkönig Xerxes im 
Mittelpunkt) ; damit aber war er wieder am Ende. 
H. selbst veranstaltete noch einige Aufführungen 
ohne engagiertes Ensemble und brachte so die 
neuen letzten Opern 1740: Jupiter in Argos, Imeneo , 
1741: Deidamia sowie die Oratorien von 1739: 
Saul und Israel in Egypt ; dazu kommen die beiden 

! »nichtigen Chorwerke: Ode for St. Cecilia's Day 
1739, Text von J. Dryden) und L* Allegro, il Pen- 
sioroso ed il Moderato (Der Fröhliche, der Schwer- 
mütige und der Gemäßigte; 1740, Text nach J. 
Milton). - In die Zeit vor 1740 fällt auch der 
Hauptteil der großen Instrumentalwerke: 6 Con- 
certi grossi op. 3 (1733, mit verstärkendem Oboen- 
und Fagottenchor); 12 Concerti grossi op. 6 
(1739); 9 Klaviersuiten Suites de Pikees II (1733, 
Nr 9 Chaconne G dur 1731); Six Fugues or Vo- 
luntarys for the Organ or Harpsicord (1735) ; je 6 
Concertos for the Harpsicord or Organ (op. 4, 1738, 
Second Set 1740, mit Oboen und Streichern; Nr 
3-6 des Second Set sind Arrangements der Con- 
certi grossi op. 6, Nr 10, 1, 5, 6); 7 Triosonaten 
op. 5 »for two Violins or German Flutes« (1739). 
H.s Opemwerk umfaßt insgesamt 40 Schöp- 
fungen und eine Anzahl Pasticdos, von denen 23 
den antiken Stoffkreis bevorzugen, an dem übri- 
gens noch Glucks Opemschaöen festhielt. Der 
Widerhall, den die letzten Opern H.s in der eng- 
lischen Adelswelt fanden, war aber immer schwä- 
cher geworden, so daß H. sich von der Opem- 
komposition endgültig abwandte und sich dem 
Oratorium widmete, dessen geistliche Stoffwelt 
dem im englischen Puritanismus beliebten Alten 
Testament der Bibel entno mm en ist. Die insge- 
samt 22 Oratorien waren in der neubürgerlichen 
Gesellschaft im Zeitalter des Frühkapitalismus in 
Eng la n d von wachsendem Erfolg begleitet. Ab 



Händel 


1743 war der Sieg des englischen Oratoriums über 
die italienische Oper entschieden. Infolge des Ver- 
bots durch die Hochkirche, Stoffe der Bibel auf die 
Theaterbühne zu bringen, verlegte H. die orato- 
rische Handlung in die Phantasie des Hörers. Seine 
letzten Oratorien sind geistliche Phantasiedramen 
von großartiger Monumentalität. Das Walten 
Gottes und seiner Gerechtigkeit in der alttestament- 
lichen Welt und die in göttlicher Erwählung grün- 
dende weltgeschichtliche Größe des Volkes Israel 
als Sinnbild des britischen Weltreichs ist das 
Grundthema von H.s letzten Oratorien. Dabei er- 
scheinen aus ethischer Sicht die Würde und Ver- 
edelung des Menschen, religiöse und politische 
Gedankenfreiheit und Toleranz im Lichte einer 
neuen Weltfrömmigkeit. »Ich würde bedauern«, 
sagt H., »wenn ich meine Zuhörer nur unterhalten 
hätte; ich wünschte sie besser zu machen«. In den 
Arien und dem architektonischen Zusammenhang 
von Arienketten finden typische Affekte und deren 
Zusammenhänge ihre musikalische Darstellung, 
von den im politischen Leben der höfisch-welt- 
männischen Gesellschaft vorherrschenden hero- 
ischen und heftigen Affekten bis zu den idyllischen 
und sanften. Die letzteren treten ebenso in den 
hoheitsvollen Frauengestalten wie in den zarten 
Naturschilderungen H.s hervor, die den Liebhaber 
der Landschaftsmalerei erkennen lassen und an die 
große Naturverehrung von Shaftesburys (f 1713) 
erinnern. - Am 22. 8. 1741 begann H. mit der 
Komposition seines Messiah ( Messias , Text nach 
Bibel und Prayer Book, Erstaufführung 13. 4. 1742 
in Dublin, dann 23. 3. 1743 in London, Covent 
Garden Theatre) und vollendete sie in 24 Tagen. 
Bevor er am 4. 11. 1741 London verließ, kompo- 
nierte er noch das Oratorium Samson. Er folgte 
einer Einladung nach Irland und hielt sich bis 13. 8. 
1742 in Dublin auf, wo er die begeisterte Zustim- 
mung zu seinem Messiah entgegennahm. Verschie- 
dene Konzerte in der neuen Music Hall in Dublin 
bereicherte er durch seine gerühmten Orgelim- 
provisationen. (Die ersten Aufführungen des 
Messias in Deutschland folgten erst 1772 in Ham- 
burg unter Th. A. Arne aus London, 1775 unter 
C. Ph. E. Bach, 1777 in Mannheim unter Abbd 
Vogler, 1780 in Weimar und Schwerin, dann die 
Aufführungen unter J. A. Hiller 1786 in Berlin und 
Leipzig, 1788 in Breslau.) 1743 schrieb H. zur 
Feier des Sieges Georges II. über ein französisches 
Heer bei Aschaffenburg am Main, bei Dettingen, 
sein berühmtes Dettinger Te Deum . Es folgten als 
reifste Alterswerke die Oratorien, 1744: Semele , 
Joseph , 1745: Hercules , Belshazzar ; 1746: Occasional 
Oratorio (zur Feier des Sieges bei Cullodon), 1747: 
Judas Maccabaeus, 1748: Joshua , Alexander Balus , 
1749: Susanna, Solomon , 1750: Theodora (H.s ein- 
ziges christliches Oratorium), 1751 : The Choice of 
Hercules (als 3. Akt zu »Alexanders Feast«), 1752: 
Jephtha . Für ein großes Volksfest, das zur Feier des 
Friedens von Aachen im Green Park in London 
stattfand, hatte H. seine Fireworks Music (1749) 
komponiert. - Am 1. 6. 1750 errichtete H. sein 
Testament, 2. Fassung vom 6. 8. 1757; von dieser 
Zeit an war er durch seine Erblindung am Arbeiten 
verhindert, doch gab er noch Konzerte und beglei- 
tete an der Orgel seine Oratorien. Am 6. 4. 1759 
wohnte er im Covent Garden Theatre der letzten 
Messias-Aufführung dieser Saison bei. Er starb am 


Karsamstag des gleichen Jahres und wurde in 
Westminster Abbey beigesetzt. Das dortige Denk- 
mal stellt H. in Lebensgröße dar (der Kopf ist nach 
der Totenmaske geformt), den linken Arm auf die 
Orgel stützend und in der rechten Hand ein No- 
tenblatt haltend mit einer seiner berühmtesten 
Melodien, der Eingangsarie des 3. Aktes am dem 
Messias: »I know that my Redeemer liveth« (Ich 
weiß, daß mein Erlöser lebt). Sein Nachlaß kam 
aus dem Besitz des Königshauses in das British 
Museum und wird dort in 97 Bänden verwahrt. - 
Während in England schon verschiedene H.-Ge>- 
sellschaften hervorgetreten waren, gründete der 
Musikhistoriker Fr. Chrysander 1856 zusammen 
mit dem Heidelberger Literarhistoriker G. G. Ger- 
vinus eine deutsche H.-Gesellschaft, leistete für eine 
Gesamtausgabe die Editionsarbeit der 100 Folio- 
bände wie deren Stich und Drude. Nach dem 1. 
Weltkrieg begann in Göttingen mit einer Auffüh- 
rung von »Rodelinde« am 26. 7. 1920 durch den 
Kunsthistoriker O. Hagen eine Renaissance der 
H.-Oper, die im Zug der earoressiomstischen Er- 
neuerung des Musiktheaters durch Spiel- und Be- 
wegungschöre (H. Niedecken-Gebhard) auch das 
Oratorium der szenischen Darstellung zuführte. 
In England hat man, neuerdings den Massenchören 
und Riesenorchestem abgesagt und eine stilgemä- 
ßere Aufführung der Oratorien H.s angestrebt 
(Kammerbesetzung mit Continuo, wie sie schon 
K. Straube in Leipzig versucht hatte). Eine weitere 
H.-Gesellschaft entstand 1925 in Leipzig (unter 
dem Vorsitz von H. Abert, H.v. Hase und K. 
Straube). Schließlich wurde am 2. 3. 1955 eine 
H.-Gesellschaft in Halle (mit M. Schneider und R. 
Steglich als Vorsitzenden) begründet, die eine neue 
(Haifische) H.-Ausgabe herausgibt. 

Ausg.: Jephtha, Faks. d. Autographs, hrsg. v. Fr. 
Chrysander, (Hamburg) 1885; Messias, Faks. d. 
Autographen, hrsg. v. dems., Hamburg 1892; Duetto 
»Quel fior«, Faks., München o. J. - The Works of G. 
Fr. H., hrsg. v. S. Arnold, 36 Bde (180 Nummern), 
London 1787-97 (erster Versuch einer GA, unvoll- 
ständig); The Works of H., Printed for the Members 
of the H. Society, 14 Bde, London 1843-58 (abgebro- 
chen nach d. Beginn v. Chrysanders GA); GA, hrsg. 
v. Fr. Chrysander, 93 Bde (I-XLVIII u. L-XCIV), 
Lpz. 1858-1901, dazu Supplement I-VI mit v. H. ver- 
werteten Werken anderer Meister (II u. VI hrsg. v. 
M. Seiffert), Lpz. 1888-1902; Haifische Händel- Aus- 
gabe, Kassel, Basel u. Lpz. seit 1955; viele Einzelausg., 
darunter: Veröffentlichungen d. H.-Ges. I, IV, VII, 
hrsg. v. M. Seiffert, Lpz. 1929-32; Messias, hrsg. 
nach d. Autograph u. d. Stimmen d. Findling-Hospi- 
tals zu London v. A. Schering u. K. Soldan, Lpz. 
1939; Messiah, hrsg. v. J. M. Coopersmtth, NY 1947; 
Kl.-A. v. Agrippina (H. Chr. Wolff, 1950), Rode- 
linde (Fr. Lehmann, 1951), Deidamia (R. Steglich, 
1949) u. Frohsinn und Schwermut (H. Bornefeld, 
1949), Kassel u. Basel; Acis u. Galatea, Kl.-A., hrsg. 
v. K. Ameln, Wolfenbüttel 1951; Gloria Patri, hrsg. 
v. Sh. Tsuji, Tokio (1928); Kantate »Ach Herr, 
mich armen Sünder«, hrsg. v. M. Seiffert, — Orga- 
num I, 12; 3 Psalm-Kantaten (Chandos-Anthems 
V-VU), hrsg. v. K. Febbig u. M. Schneider, Bin u. 
Darmstadt 1947-51 ; Kammerduette u. -terzette, hrsg. 
v. G. Ochs, Halle 1952; Kantate Pastorella, vagha 
bella, hrsg. v. M. Seiffert, = Organum II, 18; Ital. 
Kantaten, hrsg. v. H. Zenck, Kassel 1943 ; 2 Arien 
aus d. Kantate Venus and Adonis, hrsg. v. W. C. 
Smith u. H. Brian, London 1938; Neun deutsche 
Arien, hrsg. v. H. Roth, München 1921 (in: Mus. 


715 



Handel 


Stundenbücher), auch Lpz. (1931), drei davon auch 
hrsg. v. M. Seiffert, *= Organum II, 4, 5 u. 10. — 
30 Orchesterkonzerte, hrsg. v. M. Sedffert, Lpz. 
1921-39; 12 Concerti grossi op. 6, hrsg. v. W. Weis- 
mann, Lpz. 1934; dies., hrsg. v. A. Hoffmann, Wol- 
fenbüttel 1954; ein Oboenkonzert, hrsg. v. Fr. Stein, 
Braunschweig 1935; 16 Orgelkonzerte, hrsg. v. M. 
Seiffert, Lpz. 1921; 12 Orgelkonzerte, hrsg. v. H. 
Walcha, Mainz 1940-43 u. v. K. Matthaei, 1942 ff. ; 
24 Kammer-Trios u. 22 Kammersonaten, hrsg. v. M. 
Seiffert, Lpz. 1903-38 ; 7 Triosonaten op. 5, hrsg. v. 
K. Schleifer, Lpz. 1954; 12 Triosonaten, hrsg. v. W. 
Kolneder, Mainz (1957/58); weitere hrsg. v. G. 
Lenzewski, F. Willms, H. Roth, H. Mönkemeyer; 
2 Concerti (Triosonaten), hrsg. v. Fr. Zobeley, 
Mainz (1935); Violinsonaten, hrsg. v. H. Grüters u. 
A. Busch, Bin 1923; dies., 2 Bde, hrsg. v. W. Da- 
visson u. G. Ramin, Lpz. 1932 ; dies., hrsg. v. H. Roth, 
Lpz. 1935; dies., hrsg. v. E. u. E. Doflein, Mainz 
o. J.; je eine Gambensonate, hrsg. v. A. Hoffmann, 
Mainz (1955) u. v. Th. Dart, London (1950); Flöten- 
sonaten, 2 Bde, hrsg. v. G. Schwedler, Lpz. 1922-23, 
Neudruck NY, London u. Ffm. 1950; Flötensonaten, 
hrsg. v. J. Bopp, Basel 1948; je 4 Flötensonaten, hrsg. 
v. A. Rodemann (= NMA CXXH) u. W. Woehl 
(Lpz. 1936); je 3 hrsg. v. dems. (Lpz. 1938, Neudruck 
1953) u. H. u. E. Dancker (Celle 1944, Neudruck 
Kassel 1953); Drei Hallenser Sonaten f. Fl. (oder V.) 
u. B.c., hrsg. v. W. Woehl, Lpz. 1940; The Fitzwil- 
liam Sonatas f. Blockfl. u. Cemb., hrsg. v. Th. Dart, 
London 1948; eine Oboensonate, hrsg. v. Th. Dart u. 
W. Bergmann, London 1948. - Klavierwerke, 4 Bde, 
hrsg. v. W. Serauky u. Fr. v. Glasenapp, Halle 
(1949-51); Pifcces for Harpsichord . . . in the Ayles- 
ford Collection, hrsg. v. W. Barclay Squire u. J. A. 
Füller Mattland, London u. Mainz 1928, eine Aus- 
wahl daraus hrsg. v. W. Rehberg, Mainz (1931); 
Clock Music (aus d. Aylesford-Slg), hrsg. v. R. Pur- 
vis, NY 1952; 12 Fantasien u. 4 Stücke, aus d. Nach- 
laß v. H. G. Nftgeli, hrsg. v. G. Walter, Lpz. u. 
Zürich 1942, Neudruck 1953 (Echtheit zum Teil be- 
stritten); Zwey Fugen f. zwey Personen auf einem 
Clavier, hrsg. v. H. Schüngeler, Magdeburg u. Lpz. 
1944, Neudruck Wilhelmshaven u. Bin 1953. 

Iit.:K. Taut, Verz. d. Schrifttums über G. Fr. H., — 
H.-Jb. VI, 1933; W. C. Smith, H.-Bibliogr. als An- 
hang zu: N. Flower, G. Fr. H., neue Ausg. London 
1947; K. Sasse, Verz. d. Schrifttums über G. Fr. H. 
f. d. Jahre 1933-1954, H.-Jb. VII (= N. F. I.), 1955; 
ders., Verz. d. Schallplatten mit Werken v. G. Fr. 
H. . . , ebenda. - W. C. Smith, Cat. of Works, in: 
H., A Symposium, hrsg. v. G. Abraham, London 
1954, deutsch in H.-Jb. VIII (= N. F. II), 1956 (mit 
Handschriften-Nachweis); W. Barclay Squire, Cat. 
of the King’s Music Library I, London (1927) ; R. A. 
Streatfeild, The Granvüle Collection of H. Manu- 
skripts, in: Mus. Antiquary n, 1910/11; J. A. Fül- 
ler Maitland u. A. H. Mann, Cat of the Music in 
the Fitzwüliam Museum, Cambridge 1893; N. 
Flower, Cat of a H. Collection, Sevenoaks 1921; 
G. Kinsky, Erstlingsdrucke deutscher Tonmeister, 
Wien 1934; ders.. Die Urschriften Bachs u. H.s, in: 
Philobiblon VIII, 1935; W. C. Smith, The Earliest 
Editions of H.*s »Messiah«, in: The Mus. Times 
LXVI, 1925; ders., H.*s »Rinaldo«: An Outline of the 
Early Editions, ebenda LXXVI, 1935; ders.: Re- 
cently-discovered H. Manuscripts, ebenda LXXVIII, 
1937 ; ders., »Samson«: The Earliest Editions, ebenda 
LXXIX, 1938, auch in H.-Jb. IX (= N. F. HI), 1957, 
mit deutscher Übers, ders., H.’s »Messiah«, Recent 
Discoverys of Early Editions, ebenda LXXXH, 1941 ; 
ders., The Earliest Editions of H.’s Water Music, 
MQ XXV, 1939; J. M. Coopersmith, The First Ge- 
samtausgabe: Dr. Amold’s Edition of H.’s Works, in : 
Notes II, 4, 1947; P. Hirsch, Dt. Amold’s Edition, 
MR VIII, 1947; O. E. Deutsch, H., A Documeatary 
Biogr., London 1955; E. H. Müller v. Asow, The 


Letters and Writings of G. Fr. H., London 1935, 
deutsch in seiner Ausg. v. J. Mainwarings H. -Biogr, 
(s. u.); J.-G. Prod’homme, Ecrits de musiciens, Paris 
1912 (darin 11 Briefe u. d. Testament H.s). - R. Pet- 
zoldt u. E. Crass, G. Fr. H., Sein Leben in Bildern, 
Lpz. 1955 ; H. Chr. Wolff, Die H.-Oper auf d. mo- 
dernen Bühne, Lpz. 1957. — J. M. Coopersmith, A 
List of Portraits, Sculptures, etc., of G. Fr. H., ML 
Xffl, 1932. 

H.-Jb., hrsg. v. R. Steguch, 6 Bde, Lpz. 1928-33, 
Jg. VII (=» N. F. I) u. folgende hrsg. v. M. Schneider 

u. R. Steguch, Lpz. seit 1955. - G. Fr. H., Abstam- 
mung u. Jugendwelt, Fs., Halle 1935; Wege zu H., 
hrsg. v. H.-Festkomitee, Halle 1953; Die Göttinger 
H.-Festspiele, Fs., Göttingen 1953 ; H., A Symposium, 
hrsg. v. G. Abraham, London 1954. 

J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, Hbg 
1740, Neudruck hrsg. v. M. Schneider Bin 1910; 
anon. (J. Mainwaring), Memoirs of the Life of the 
Late F. Fr. H., London (1760), deutsch v. J. Matthe- 
son als: G. Fr. H.s Lebensbeschreibung, Hbg 1761, 
neu hrsg. v. B. Paumgartner (Zürich 1947) u. v. H. u. 

E. H. Müller v. Asow (Lindau 1949, Wien 1950), frz. 

v. Amaud u. Suard, Paris 1778; J. A. Hillbr, Nach- 
richt v. d. Lebensumständen G. Fr. H.s, in: Mus. 
Nachrichten IV, 1770 (nach Mainwaring); ders., G. 
Fr. H., in: Lebensbeschreibungen berühmter Musik- 
gelehrten I, Lpz. 1784; ders., Nachricht v. d. Auf- 
führung d. H.schen Messias . . Bin 1786; Ch. Bur- 
ney, An Account of the Mus. Performances . . ., Lon- 
don 1785, deutsch v. J. J. Eschenburg als: Nachricht 
v. G. Fr. H.s Lebensumständen, Bin u. Stettin 1785; 
J. Fr. Reichardt, G. Fr. H.’s Jugend, Bin 1785; 
anon. (W. Coxe), Anecdotes of G. Fr. H. . . , Lon- 
don (1799); A. B. Marx, H., in: Über Tondichter, 
hrsg. v. L. Hirschberg, = Deutsche Musikbücherei II, 
Hildburghausen 1912, Neudruck 1919; R. Clark, 
Reminiscences of H., London 1836; Fr. Chrysan- 
der, G. Fr. H., 3 Bde, Lpz. 1858-67, Neudruck 1919 
(grundlegend, reicht jedoch nur bis 1740); H. F. 
Chorley, H. Studies, 3 Bde, London (1859); G. G. 
Gervinus, H. u. Shakespeare, Lpz. (1868; Auszug in: 

F. M. Gatz, Musik-Ästhetik in ihren Hauptrichtun- 
gen, Stuttgart 1929); J. Marshall, H., London 1883, 
21901, 31912; H. Kretzschmar, G. Fr. H., - Slg 
mus. Vorträge LV/LVI, Lpz. 1884; ders., Führer 
durch d. Konzertsaal II, 2, Lpz. 1890, 41920, bearb. v. 
H. Schnoor 51939; Ph. Sputa, G. Fr. H., in: Fa- 
mous Composers I, hrsg. v. J. Kn. Paine, Boston 1892 

u. London 1895; Fr. Volbach, G. Fr. H., = Be- 
rühmte Musiker II, Bin 1898, 21907, 31914; ders.. Die 
Praxis d. H.-Aufführung, Diss. Bonn 1899; M. Seif- 
fert, Zu H.’s Klavierwerken, SIMG I, 1899/1900; 
ders.. Die Verzierung d. Sologesänge in H.'s »Mes- 
sias«, SIMG VIII, 1906/07; ders., H.s Verhältnis zu 
Tonwerken älterer deutscher Meister, JbP XIV, 1907; 
ders., H.s deutsche Gesänge, Fs. R. v. Liliencron, 
Lpz. 1910, darin je eine Arie von 1696-98 und 1729; 
ders., Die Mannheimer »Messias«- Aufführung 1777, 
JbP XXIH, 1916; ders., G. Ph. Telemanns »Musique 
de Table« . . ., BUM IV, 1, 1924; C. F. Abdy Wil- 
liams, H., London 1900, neu hrsg. NY 1935 u. Lon- 
don 1944; G. Vernier, L’oratorio bibüque de H., 
Cahors (Lot) 1901 ; Th. Vetter, J. J. Heidegger, = 
Neujahrsblatt, hrsg. v. d. Stadtbibi., CCLVIII, Zü- 
rich 1902; W. H. Cummings, H., London 1904; E. 
Bernoulu, Die Oratorientexte H.s, Zürich 1905; 
J. Garat, La sonate de H., Paris 1905; S. Taylor, 
The Indebtedness of H. to Works by Other Compo- 
sers, Cambridge 1906; H. Goldschmidt, Die Lehre 

v. d. vokalen Ornamentik, Charlottenburg 1907; P. 
Robinson, H. and his Orbit, London 1908; ders., 
H.’s Joumeys, in: The Mus. Antiquaiy I, 1909/10; 
ders., H., or Urio, Stradella and Erba, ML XVI, 
1935; W. Barclay Squire, H. in 1745, in: Fs. H. 
Riemann, Lpz. 1909; ders., H. in Continental Song- 
books, in: The Mus. Antiquary IV, 1912/13; ders.. 


716 



Haser 


H.’s Clock-Music, MQ V, 1919; R. A. Streatfeild, 
H., London 1909; R. Rolland, H., Paris 1910, 
41953, engl. NY 1916 u. 1933, schwedisch Stockholm 
1919, deutsch Zürich 1922, Bin 21954 , nid. *s-Graven- 
hage 1930, russisch Moskau 21934 ; A. Schering, 
Gesch. d. Oratoriums, = Kleine Hdb. d. Mg. nach 
Gattungen III, Lpz. 1911; ders., Die Welt H.s, in 
H.-Jb. V, 1932, u. in: Von großen Meistern d. Musik, 
Lpz. 1940; O. Hagen, H.s Musikdrama »Rodelinde« 
u. seine Bearb., Göttingen 1920; H. Abert, H. als 
Dramatiker, in: Universitätsbund Göttingen, Mitt. 
III, 1921 ; ders., G. Fr. H., in: Gesammelte Schriften, 
hrsg. v. Fr. Blume, Halle 1929; W. Michael, Die 
Entstehung d. Wassermusik, Zf Mw IV, 1921/22; N. 
Flower, G. Fr. H., London 1923, Neudruck 1929 
u. 1943 (gekürzt), erweiterte NA 1947, deutsch v. A. 
Klengel, Lpz. 1925, 21934 , nid. v. S. M. Melchior, 
Amersfoort 1939 (das neuere Hauptwerk); H. Leich- 
tentritt, H., Stuttgart u. Bin 1924; F. Kahle, G. 
Fr. H.s Cembalosuiten, Diss. Bin 1928: J. M. Coo- 
persmith. An Investigation of G. Fr. H.’s Orchestral 
Style, Diss. Harvard University, Cambridge (Mass.) 
1932, Ms.; L. Schrade, Studien zu H.’s »Alexander- 
fest«, H.-Jb. V, 1932; ders., H.s Kammermusik, Zs. f. 
Hausmusik VI, 1934; J. M. Müller-Blattau, G. Fr. 
H., Potsdam (1933); E. Bredenförder, Die Texte d. 
H.-Oratorien, = Kölner anglistische Arbeiten XIX, 
Lpz. 1934; E. J. Dent, H., = Great Lives XLH, Lon- 
don (1934, Neudruck 1947, NY 1948); ders., H. on 
the Stage, ML XVI, 1935; ders., H. in England, * 
Hallische Universitätsreden LXVIH, Halle 1936, auch 
in: Der Auftakt XV, 1935; H. Chr. Wolff, Die Vene- 
zianische Oper, Bin 1937; ders., Agrippina, Wolfen- 
büttel u. Bin 1943; ders.. Die Barockoper in Ham- 
burg, 2 Bde, Wolfenbüttel 1957; J. A. Westruf, H., 
London 1938; W. Serauky, Mg. d. Stadt Halle II, 1, 
— Beitr. zur Musikforschung VI, Halle u. Bin 1939; 
ders.: G. Fr. H. III-IV, Kassel 1956-58 (vom Jahre 
1738 an); R. Steglich, G. Fr. H., Lpz. 1939; J. 
Eisenschmidt, Die szenische Darstellung d. Opern 
G. Fr. H.s auf d. Londoner Bühne seiner Zeit, 2 Bde, 
= Schriftenreihe d. H.-Hauses V-VI, Wolfenbüttel u. 
Bin 1940-41 ; E. Völsing, G. Fr. H.s engl. Kirchen- 
musik, = Schriftenreihe d. Staatlichen Inst f. Deut- 
sche Musikforschung VI, Lpz. 1940; Fr. Ehrlinger, 
G. Fr. H.s Orgelkonzerte, = Literarhist-mw. Ab- 
handlungen VIII, Würzburg 1941; H. J. Moser, G. 
Fr. H., Kassel 1941, 21952 ; O. Wheeler, H. at the 
Court of Kings, NY 1943, London 1945; H. Wein- 
stock, H., NY 1946, deutsche Ausg. v. G. Mahold u. 
A. Ott München 1950; P. M. Young, H., London 
1946, NY 1947; ders., The Oratorios of H., London 
1949, NY 1950; ders., Messiah, London 1951 ; R. M. 
Myers, H.’s Messiah, NY 1948; A.-E. Cherbuliez, 
G. Fr. H., « Musikerreihe V, Olten (1949); W. C. 
Smith, Conceming H., London 1949; ders., Han- 
deliana, ML XXXI, 1950; ders., More Handeliana, 
ML XXXIV, 1953; G. Cuming, The Text of »Mes- 
siah«, ML XXXI, 1950; H. G. Farmer, H.’s Kettle- 
drums, London 1950; W. Dean, The Dramatic Ele- 
ment in H.’s Oratorios, Proc. R. Mus. Ass. LXXDC, 
1952/53; K. G. Fellerer, G. Fr. H., - Kleine Mu- 
sikbücherei II, Hamburg 1953; W. Seraxjky, Die 
Johannes-Passion v. J. S. Bach u. ihr Vorbild, in: 
Bach-Jb. XLI, 1954; L. Hoffmann-Erbrecht, Deut- 
sche u. ital. Klaviermusik . . ., = Jenaer Beitr. zur 
Musikforschung I, Lpz. 1954; W. Sieqmund-Schult- 
ze, G. Fr. H., Lpz. 1954; J. P. Larsen, Ein H.-Re- 
quiem, Kgr.-Ber. Hbg 1956; ders., H.*s Messiah, 
London (1957); P. Nettl, G. Fr. H., Bin 1958. 

Haendel, Ida, * 15. 12. 1925 zu Chelm (Polen); 
englische Violinistin, lebt in Montreal (Kanada), 
besuchte das Warschauer Konservatorium (Gei- 
genklasse Michalowicz), betrieb dann bei Flesch 
und Enescu weitere Violinstudien. Mit 13 Jahren 


debütierte sie unter Henry Wood in London. Ihre 
Tourneen brachten sie bereits vor dem Kriege 
mehrfach in viele Lander der Erde. 

Hänsel, Peter, * 29. 11. 1770 zu Leippe (Schle- 
sien), f 18. 9. 1831 zu Wien; deutscher Komponist, 
wurde von einem Oheim in Warschau ausgebildet, 
war bereits 1787 Violinist im Orchester des Fürsten 
Potemkin m St. Petersburg (unter Sarti), 1791 
Konzertmeister der Fürstin Lubomirski in Wien 
und trieb 1792 noch Kompositionsstudien unter 
Haydn. 1802/03 lebte er in Paris, dann wieder in 
Wien. 1795 begann H. die Publikation von Kam- 
mermusikwerken, die gewandt, aber ohne tieferen 
Gehalt sind: 55 Streichquartette, 4 Quintette, 
6 Streichtrios, 3 Quartette für Fl., Klar, und Fag., 
15 Violinduette, auch Violinsoli, -Variationen und 
Klavierstücke. 

Haentjes» Werner, * 16. 12. 1923 zu Bocholt; 
deutscher Komponist, studierte 1939-41 an der 
Musikhochschule in Köln (H. Lemacher, Ph. Jar- 
nach), 1947-51 im Rahmen der Kranichsteiner 
Ferienkurse bei W. Fortner, R. Leibowitz, H. 
Scherchen und E. Krenek. Er wirkte zunächst an 
den Theatern von Bielefeld (1946) und Heidelberg 
(1947) und ist seit 1950 als freischaffender Kom- 
ponist Mitarbeiter verschiedener deutscher Sender. 
H. schrieb mehrere Hörspielmusiken, eine Ballett- 
suite, eine Symphonie (1953), Orchestervariatio- 
nen (1951), Psalm CXXEX (1956), Kammermusik 
(2 Streichquartette: 1952, 1957), a-cappelk-Chor- 
werke und. Lieder. 

Härma, Miina Hermann. 

Härtel, Florens, Gottfried Christoph, Her- 
mann, Raimund -> Breitkopf & Härtel. 

Haesche, William Edwin, *11.4. 1867 zu New 
Haven, f 26.1.1929 zu Roanoke (Virginia); 
amerikanischer Komponist, Schüler von B. Liste- 
mann, Perabo und Parker, Mitgründer und Vio- 
linist des New Haven Symphony Orchestra, war 
ab 1903 Lehrer der Instrumentation an der Yale 
University und in seinen letzten Lebensjahren 
Theorielehrer an Hollins College, Virginia. Er 
komponierte eine Symphonie (1901), Smfonietta 
(1913), symphonische Dichtungen Forest-Idylle 
(1896), Fridtjof and Ingeborg (1904), The South 
(1913), Ouvertüren; Young LoveVs Bride für Frauen- 
chor (1898), dramatische Kantate The Haunted 
Odk of Nannau (1903) ; Kammermusik, Chöre und 
Lieder. 

Häser, - 1) Johann Georg, * 11. 10. 1729 zu 
Gersdorf (Schlesien), f 15. 3. 1809 zu Leipzig; 
deutscher Musiker, studierte erst Tura in Leipzig, 
wurde aber 1763 Mitglied des Orchesters am Leip- 
ziger Großen Konzert, 1785 Musikdirektor an der 
Universitätskirche und 1800 auch Universitäts- 
Musikdirektor und war zeitweilig Dirigent des 
Theaterorchesters. H. ist Gründer des Leipziger 
Orchesterpensionsfonds (1786). - 2) August Fer- 
dinand, *15. 10. 1779 zu Leipzig, fl. 11- 1844 zu 
Weimar, Sohn von J. G. H., Alumnus der Leip- 
ziger Thomasschule, war 1800-06 Kantor in 
Lemgo, lebte 1806-13 in Italien, 1813-17 wieder 
in Lemgo, wo er 1815 Subkonrektor am Gym- 
nasium wurde, dann wieder in Leipzig, ging 1817 
als Chordirektor der Hofoper nach. Weimar und 


717 



Häßler 


wurde dort 1829 Kirchenmusikdirektor und Semi- 
narmusiklehrer. H. komponierte 3 Opern, ein 
Oratorium Triumph des Glaubens (1837), zahlreiche 
Kirchenwerke (Requiem, Te Deum, Vaterunser, 
Miserere, Messen), Orchester- und Klavierstücke 
sowie Lieder und schrieb : Versuch einer systematischen 
Übersicht der Gesanglekre (Leipzig 1822) sowie eine 
Chorgesangschule (Mainz 1831, gleichzeitig auch in 
französischer Übersetzung). -3) Charlotte Hen- 
riette, * 24. 1. 1784 zu Leipzig, + im Mai 1871 zu 
Rom, Schwester von A. F. H., eine ausgezeichnete 
Sängerin, die zuerst an der Dresdner Oper, später 
in Wien und in Italien auftrat. 1812 heiratete sie in 
Rom einen Advokaten G. Vera. - 4) Heinrich, 
* 15. 10. 1811 zu Rom, f 13. 9. 1885 zu Breslau, 
Sohn von A. F. H., war Professor der Medizin in 
Jena, Greifswald und Breslau, Verfasser von: Die 
menschliche Stimme , ihre Organe , ihre Ausbildung , 
Pflege und Erhaltung (Berlin 1839). 

Lit: zu J. G. H.: A. Schering, Mg. Leipzigs III, 
Lpz. 1941. 

Häßler johann Wilhelm, * 29. 3. 1747 zu Er- 
furt, f 29- 3. 1822 zu Moskau; deutscher Kompo- 
nist, Sohn eines Mützenmachers, dessen Fabrik er 
selbst noch lange weiterführte, nachdem er sich 
als Musiker vorteilhaft bekannt gemacht hatte, 
Neffe und Schüler von T. Chr. Kittel, war schon 
mit 16 Jahren Organist der Barfüßerkirche in Er- 
furt, konzertierte als wandernder Handwerksge- 
selle mit großem Erfolg in den bedeutendsten 
deutschen Städten, gründete 1780 in Erfurt ein 
ständiges Konzcrtuntemehm cn sowie 1784 eine 
Musikalienhandlung, reiste 1790 in England und 
wurde 1792 in St. Petersburg als kaiserlicher Hof- 
kapellmeister angestellt. 1794 verließ er diese 
Stellung und ging nach Moskau, wo er bis zu 
seinem Tode als hochangesehener Klavierlehrer 
wirkte. Bedeutung kommt nur H.s Kompositionen 
für Klavier zu. Seine beiden ersten Sonatensamm- 
lungen stehen noch stark unter dem Einfluß von 
C. Ph. E. Bach; ab 1780 nähert sich sein Stil je- 
doch dem der Wiener Klassiker, deren Werke er 
in seinen Konzerten aufführte. Seme Leichten Sona- 
ten (4 Teile, 1786-90) enthalten eine Menge reizen- 
der kleiner Sätze von motivischem Bau und prä- 
gnanter Charakteristik, die wichtige Vorläufer des 
romantischen Klavierstücks bilden und im spezi- 
ellen auf Schumann weisen. Ein TeÜ der späteren 
Klavierwerke (Fantasien, Capricen) knüpft wieder 
an Bach an und interessiert durch kühne Harmonik 
wie durch rezitativisch-dramatische Partien. In den 
meisten anderen Kompositionen macht H. bedeu- 
tende Zugeständnisse an den Zeitgeschmack. Für 
die Ausbildung des modernen Klaviersatzes kommt 
H. nicht in Betracht. H. schrieb Klaviersonaten 
(1779 zuerst für Kl. oder Pianoforte), Konzerte, 
Fantasien, Variationen, Orgelstücke und Lieder. 
H.s^ Frau Sophie (geborene Kid) war eine ge- 
schätzte Sängerin, die in den Erfurter Konzerten 
seit deren Eröffnung mitwirkte. Sie leitete nach 
H.s Abreise (1790) die Konzerte wie die Musi- 
kalienhandlung weiter bis 1797, reiste dem Gatten 
nach, kehrte aber bald zurück und lebte als Lehr erin 
und Inhaberin eines Pensionats in Erfurt. 

Ausg. : 2 Fantasien f. d. Clavecin (1776-82), 6 Sonaten 
f. d. Clavecin oder d. Pianoforte (1779), 4 Soli (1786), 

3 Sonaten (1776), in: Le Tresor des Pianistes XVI, 

718 


hrsg. v. A. Farrenc; Sonate A moll in Tagliapietra 
Ant. XIII; »Der Tonkreis«, hrsg. v. E. Doflein, 
Mainz 1938; 6 leichte Sonaten (1780), hrsg. v. dems., 
Braunschweig 1939; 24 kleine Etüden in Walzerform 
durch alle Tonarten, hrsg. v. dems., Mainz 1949 ; 2 
Sonaten f. Fl. oder V. u. KL (1786), hrsg. v. M. Glö- 
der, NMA XI; 2 Sonaten f. Kl. zu 3 u. 4 Händen, 
hrsg. v. dems., NMA XIX; 3 leichte Sonaten f. Kl., 
hrsg. v. dems., NMA XX; 6 Sonatinen (1780), hrsg. 
v. H. Riemann, Braunschweig o. J.; 6 leichte Sonaten 
(1786, Nr 1-3, u. 1787, Nr 1-3), hrsg. v. L. Hoffmann« 
Erbrecht, Mitteldeutsches Musikarch. I, 11, 19S6. 

Lit. : Autobiogr. aus d. 2. Teü d. »Leichten Sonaten« 
(1787), hrsg. v. W. Kahl, Selbstbiographien deutscher 
Musiker, (Köln u. Krefeld) 1948. — L. Meinardus, 
J. W. H., AmZ, NF HI, 1865; E. H. Müller, J. W. 
H., NMZ XLHI, 1922; H. Strobel, J. W. H.s Leben 

u. Werke, Diss. München 1922 (maschr.); G. Schü- 
nemann, Gesch. d. Klaviermusik, Lpz. 1940; R.-A. 
Mooser, Annales de la musique . . . en Russie . . . 
II, (Genf 1951). 

Häusermann, Hans, * 5. 2. 1868 zu Seengen 
(Aargau), f 28. 2. 1922 zu Zürich; Schweizer 
Choneiter, Schüler von Stockhausen, gründete 
1897 den »Häusermann’schen Privatchor«, dessen 
Leitung er bis zu seinem Tode hatte, und mit dem 
er dem Chorschaffen der Vergangenheit und Ge- 
genwart in gleicher Weise künstlerisch gerecht 
wurde. Sein Nachfolger ist seit 1923 Hermann 
Dubs. 

Lit. : anon., H. H. u. d. H.sche Privatchor, Zürich 
1929; 50 Jahre H.’scher Privatchor Zürich mit chro- 
nol. Verzeichnis aller Aufführungen des Chores, hrsg. 

v. W. Schuh, (Winterthur 1947). 

Haffiner Johann Ulrich, * 1711, f 22. 10. 1767 
zu Nürnberg; deutscher Lautenvirtuose, errichtete 
um 1742 eine Musikalienhandlung, welche vor 
allem 3 Sammlungen von Klaviersonaten brachte: 
(Euvres mildes (72 Sonaten u. a. von Agrell, Appell, 
C. Ph.E. Bach, Eberlin, Wagenseil, Schobert; 12 
Teile, 1755-65), Raccolta musicale (5 Teile mit je 
6 Sonaten; Werke von Fr. Araja, Bertoni, Galuppi, 
Fr. Krafft, M. A. Martinez, G. B. Martini, Paga- 
nelli, Palladini, Pampani, Peroti, Pescetti, Rutini, 
P. Sales, G. Scarlatti und Serini; 1756-65), Col- 
lection recriative (2 Teile mit je 6 Sonaten; Werke 
von C. Ph. E. Bach, Busse, Fasch, Janitsch, Kim- 
berger, Chr. G. Krause, Le Ffcvre, Marpurg, Racke- 
mann und Roth; um 1760). 

Lit: L. Hoffmann-Erbrecht, Der Nürnberger Mu- 
sikverleger J. U. H., AMI XXVI, 1954, Nachtrag in 
AMI XXVII, 1955; ders., Deutsche u. ital. Klavier- 
musik zur Bachzeit, * Jenaer Beiträge zur Musik- 
forschung I, Lpz. 1954. 

Hafgren-Dinkela, Lilly Johanna Maria, * 7. 10. 
1884 zu Stockholm; schwedische Opemsängerin 
(Sopran), studierte 1898-1908 am RafF-Konser- 
vatorium in Frankfurt am Main und debütierte 
noch 1908 als Freia bei den Bayreuther Festspielen, 
bei denen sie in der Folge bis 1924 auf trat. 1908-12 
gehörte sie dem Hoftheater Mannheim an, 1912-20 
der Königlichen (bzw. Staats-) Oper in Berlin. 
Nach ausgedehnten Gastspielreisen (u. a. in Mai- 
land, Rom, Madrid und Paris) sang sie 1933/34 an 
der Staatsoper Dresden und lebt jetzt in Berlin. 
Wegen der Qualität ihrer Stimme und Dar- 
stellungsgabe hoch geschätzt, sang sie vor allem 
Rollen aus Opern von Wagner und Strauss. 



Hahn 


Hagel» - 1) Karl, * 12. 12. 1847 zu Voigtstedt 
(Thüringen), f 7. 11. 1931 zu München; deutscher 
Kapellmeister, Schüler von Kellner in S angerhau- 
sen, ging 1866 als Orchestergeiger nach Erfurt, 
war Kompositionsschüler von Billig und Weißen- 
bom, 1869 Sologeiger in Hildesheim, 1872 Leiter 
der Stadtkapelle und Vereinsdirigent in Nordhau- 
sen, 1874-77 Militärkapellmeister, 1878-1905 
städtischer Kapellmeister und Direktor der Städti- 
schen Musikschule in Bamberg, Komponist gut- 
gearbeiteter Instrumentalwerke. Er komponierte 
4 Symphonien, Ouvertüren, 5 Streichquartette, 
ein Streichquintett, ein Sextett, ein Bläsersextett, 
Klaviertrios. - 2) Richard, * 7. 7. 1872 zu Erfurt, 
f 1. 5. 1941 zu Berlin; deutscher Kapellmeister, 
Sohn und Schüler von Karl H., betätigte sich zu- 
nächst als Violinist, Kapellmeister und Musiklehrer, 
besuchte 1898-1900 das Leipziger Konservatorium 
und war ab 1900 3., 1902-10 1. Kapellmeister des 
Leipziger Stadttheaters, leitete 1906-09 auch den 
Riedelverein, gründete und leitete 1909-13 und 
wieder 1914 den Philharmonischen Chor. 1911-14 
war er Hof kapellmeister in Braunschweig, 1915-18 
als Opemleiter tätig, dirigierte 1919-25 als Nach- 
folger C. Hüdebrands am Berliner Philharmo- 
nischen Orchester, war 1920-35 Lehrer an der Aka- 
demie für Kirchen- und Schulmusik in Berlin, 
1926-29 auch Chorleiter in Danzig. Er verfaßte 
eine Lehre vom Partiturspiel (in: Hohe Schule der 
Musik IV, herausgegeben von J. Müller-Blattau, 
Potsdam 1937). 

Hagen, Adolf, * 4. 9. 1851 zu Bremen, f 6. 6. 
1926 zu Dresden; deutscher Kapellmeister, trat 
1866 in das Königliche Theaterorchester zu Wies- 
baden ein, war 1871-76 Musikdirektor in Danzig 
und Bremen, 1877-79 Kapellmeister am Stadt- 
theater in Freiburg im Breisgau, 1879-82 neben 
Sucher am Stadttheater in Hamburg, dann in Riga, 
worauf er 1883-1913 als Hofkapellmeister in 
Dresden wirkte; 1884-90 war er künstlerischer 
Leiter des Konservatoriums. Er schrieb eine ko- 
mische Oper Zwei Komponisten und eine einaktige 
Operette Schwarznäschen. 

Hager, Johannes, Pseudonym von Johann Haß- 
linger von Hassingen, * 24. 2. 1822 und f 9. 1. 
1898 zu Wien; Österreichischer Komponist, Hof- 
rat im Ministerium des Äußeren, veröffentlichte 
unter seinem Pseudonym eine Reihe von Kammer- 
musikwerken und brachte auch die Opern Jolantha 
(Wien 1849), Marfa (1886, lange vorher geschrie- 
ben) und ein Oratorium Johannes der Täufer zur 
Aufführung. 

Hagerup, Nina ->■ Grieg. 

Hagius, Konrad (von Hagen), * 1550 und f 1616 
zu Rinteln (Westfalen); deutscher Komponist, 
war vermutlich 1570 an der Universität Königs- 
berg immatrikuliert, weüte 1584 am Hofe des 
Grafen Ezard von Ostfriesland und ging 1586 zu 
Herzog Johann Wilhelm nach Düsseldorf . In der 
Folge unternahm er Reisen durch Osteuropa, war 
vermutlich auch am Hof in Detmold angestellt 
und ab 1600 in Diensten des Herzogs Friedrich in 
Stuttgart, ehe er 1603 nach Heidelberg und Mainz 
. 1607 war er wieder als Bassist in Stuttgart, 
als Kapellmeister bei Graf Emst III. in Bücke- 
burg. Um 1610 ließ sich H. mit den Einkünften 


eines Bückeburgischen Hofkomponisten in Rin- 
teln nieder. Neben dem Schulwerk Die Psalmen 
Davids (der sogenannte Ulenberg-Psalter; Düssel- 
dorf 1589, vollständig erst Oberursel 1606) er- 
schienen von ihm die Sammlungen Deutsche Tri - 
cinien (1604 und 1610); Teutsche geistliche Psalmen 
und Gesänge . . . 4-6 1>. (1612) ; Canticum Virginis . . . 
4-6 v . (1606) und Teutsche Gesänge 2-8st (1614). 

Ausg.: Die Psalmen Davids nach Kaspar Ulenberg, 
hrsg. v. J. Overath, = Denkmäler Rheinischer Mu- 
sik III, Düsseldorf 1955 (enthält nur die Ausgabe von 
1589); Psalm 117 u. Magnificat, hrsg. v. M. Seiffbrt, 
in: Veröff. d. Fürstlichen Inst f. mw. Forschung III, 
Bückeburg u. Lpz. 1922. 

Lit. : R. Eitner, G. Becker u. W. Baumker, Conrad 
H. von Hagen, in: MfM XHI, 1881, u. XIV, 1882; 
G. Bossert, Die Hofkantorei unter Herzog Ludwig, 
in: Württembergische Vierteb'ahreshefte f. Landes- 
gesch., N. F. IX, 1900; ders.. Die Hofkapelle unter 
Herzog Friedrich, ebenda, N.F.XIX, 1910; H. 
Matzke in: AfMw II, 1919/20, S. 439; S. Fornason, 
Kaspar Ulenberg u. K. v. H., Mf IX, 1956. 

Hahn, Reynaldo, * 9. 8. 1875 zu Caracas (Vene- 
zuela), f 28. 1. 1947 zu Paris; französischer Kompo- 
nist, wuchs von seinem 3. Jahre an in Frankreich 
auf und war Schüler des Pariser Conservatoire 
(Dubois, Lavignac, Massenet). Er betätigte sich 
zeitweilig als Dirigent, war ab 1934 Musikkritiker 
des »Figaro« und ab 1945 Direktor der Pariser 
Opdra. Werke (Aufführung der Bühnenwerke, 
wenn nicht anders angegeben, in Paris) : die Opern 
L'tle du rive (1898), La carmilite (1902), Nausicaa 
(Monte Carlo 1919), Colombe de Bouddha (1921), Le 
temps d'aimer (1926), Le Marchand de Venise (1935) ; 
Ballette Le bal de Biatrice d’Este (1909), La ßte chez 
Thirlse (1910), Le dieu bleu (1912), Aux bosquets 
dTdalie (1937); Ballett-Pantomimen Fin d t amour 
(1892) und Le bois sacri (1912) ; musikalische Komö- 
dien Mozart (1925) und Le »Out« des jeunes fiUes 
(beendet von H. Busser, 1949); Operetten Cibou- 
lette (1923), Brummei (1931), O mon bei inconnu 
(1933) und Malvina (1935); zahlreiche Bühnen- 

Kantate Promd$ide^l91i) ; ^Orchesterwerke (dar- 
unter symphonische Dichtung Nuit d’amour bergan 
masque , 1897) ; je ein Kl.-, V.- und Vc.-Konzert; 
Kammermusik (Klavierquintette, ein Streichquar- 
tett), Klavierstücke und vor allem Liederzyklen. 
Schriften: Du chant (Paris 1920) ; Notes.Joumal d’un 
musicien (Paris 1933); Uoreille au guet (Paris 1937); 
Thbnes variis (Paris 101946). 

Lit.: P. Landormy, La musique fr?, apr&s Debussy, 
Paris 1948; M. Proust, Lettres k R. H., hrsg. v. Ph. 
Kolb, Paris 101956. 

Hahn, Ulrich (Han, Gallus), * zu Ingolstadt, 
t um 1478 zu Rom; deutscher Buchdrucker, war 
von 1467 bis zu seinem Tode in Rom tätig und ist 
nach dem Nachweis R. Molitors der erste Drucker 
eines Missale mit (römischen) Choralnoten (zier- 
lichen Quadratnoten auf roten Linien wie diejeni- 
gen des Scotus) im Jahre 1476 (Missale Romanum). 
Daß er wirklich der erste ist, bezeugt das Kolo- 
phon: »Non calamo ereove stilo sed novo artis ac 
solerd industrie genere Roma conßatum impres- 
sumque una cum cantu, quod nunquam factum 
extitit«. Die ersten Nachfolger H.s waren (1481) 
J. Reyser und O. Scotus. -► Notendruck. 



719 



Haibel 


Lit : H. Riemann, Notenschrift u. Notendruck, in Fs. 
Firma C. G. Röder, Lpz. 1896; ders., U. H., in: Mus. 
Wochenblatt XXXII, 1901; R. Moutor OSB, Die 
nach-tridentinische Choral-Reform I, Lpz. 1901 ; ders., 
Deutsche Choralwiegendrucke, Regensburg 1904; 
K. Haebler, Die deutschen Buchdrucker d. 15. Jh. im 
Auslande, München 1924; U. Bohatta, U. H. in: 
Gutenberg-Jb. 1933. 

Haibel, Jakob, * 20. 7. 1762 zu Graz, + 27. 3. 
1826 zu Djakovar (Slawonien); Österreichischer 
Komponist, war etwa ab 1789 Mitglied der Schi- 
kanederschen Theatertruppe, von 1806 bis zu sei- 
nem Tode Chordirektor am Dom zu Djakovar. 

H. schrieb zahlreiche Singspiele ( Der Tyroler- 
Wastl 1796, Das medizinische Konsilium 1797; beide 
Texte von Schikaneder) und Ballette (Le nozze 
disturbate 1795). Eine größere Anzahl von in 
Djakovar entstandenen Messen scheint verloren. 
Seine Frau Sophie, geborene W eher, die er 1807 
heiratete, war die jüngere Schwester von Mozarts 
Frau. 

Haiden, Sebald, Hans und Hans Christoph 
-► Heyden. 

Haieff, Alexej, * 25.8.1914 zu Blagowesch- 
tschensk; amerikanischer Komponist russischer 
Herkunft, ging über China 1931 nach den USA, 
wo er an derjuilliard School of Music bei R. Gold- 
mark und Fr. Jacobi studierte. In Cambridge 
(Massachusetts) und Paris war er noch Schüler von 
N. Boulanger, der H.s neoklassizistische Schreib- 
weise verbunden ist. Kompositionen: Ballette 
Zandilda and her Entourage (1946) und Beauty and 
the Beast (1947); eine Symphonie (1942); ein Di- 
vertimento für kleines Orch. (1944) ; eine Serenade 
für Ob., Klar., Fag. und Kl.; Kammer- und Kla- 
viermusik. 

Habil, Francois George, * 19. 11. 1807 zu Is- 
soire (Puy-de-D 6me) , f 2. 6. 1873 zu Paris; fran- 
zösischer Dirigent, 1829 Schüler des Pariser Con- 
servatoire (Norblin), übernahm nach längeren 
Reisen ab Cellovirtuose 1840 die Kapellmeister- 
stelle am Grand Thdätre in Lyon, 1863 die des 

I. Dirigenten der Großen Oper in Paris (mit Go- 
vaert als 2. Kapellmeister), leitete auch 1863-72 die 
Konservatoriumskonzerte und mit dem Titel eines 
Kaiserlichen Kapellmeisters die Hofkonzerte, des- 
gleichen die Festaufführungen der Pariser Welt- 
ausstellung 1867. H. schrieb einige Stücke für Vc., 
auch eine Abhandlung: De la musique ä Lyon depuis 
1713 jusqu*ä 1852 (Lyon 1852). 

Hajdu, Mihäly , * 1909 zu Oroshdza; ungarischer 
Komponist, Schüler der Budapester Musikhoch- 
schule (Z. Kodäly), betätigte sich zunächst als Pia- 
nist und ldirt seit 1949 am Konservatorium in 
Budapest. Werke: Oper Kata Kdddr (nach einer 
Volksballade), eine Orchestersuite, Streichquar- 
tette, ein Streichtrio, Stücke für Fl. und KL, eine 
Klaviersonate sowie 7 Liederzyklen. 

H&kanson (h'o:kanson), Knut Algot, * 4. 11. 
1887 zu Kinna, 13. 12. 1929 zu Helsinki; schwe- 
discher Komponist, studierte zunächst in Uppsala 
Philosophie und Sprachen, 1906-08 bei J. Linde- 
gren und 1913/14 oei R. Liljefors in Stockholm, 
ferner bei J. Schreyer in Dresden Komposition, 
war Klavierschüler von K. Bäck. Er war 1916-25 
Leiter des Orchestervereins in Boräs und Musik- 


kritiker an Göteborgs »Handels- & Sjöfartstid- 
ning«. Er schrieb für Orch.: Sirinade dramatique 
mit Violinsolo op. 2 (1913), Konzert-Ouvertüre 
op. 10 (19170, 3 Suiten op. 13, 14, 27 (Schwedische 
Suite Nr 2), Serenade op. 15, Divertimento op. 31, 
10 Variationen und Fuge über ein schwedisches 
Volkslied op. 37, Musik zu dem Ballett Mylitta 
op. 6 (Kopenhagen 1918), Schwedische Suite Nr 1 
für Streichtrio op. 18 und andere Kammermusik, 
Chöre, Klaviermusik, Orch.- und Kl.-Lieder. 

Halasz (h'alas), Läszl6, * 6. 6. 1905 zu De- 
breczen ; amerikanischer Dirigent ungarischer Her- 
kunft, studierte am Königlichen Konservatorium 
in Budapest, debütierte 1928 als Pianist, war Hilfs- 
kapellmeister am Königlichen Opernhaus in Buda- 
pest (1929/30), in Prag (1930-32) und Dirigent der 
Wiener Volksoper (1933-36). 1936 ließ er sich in 
den USA nieder, war 1939-42 Direktor der St. 
Louis Grand Opera Association und wurde 1943 
künstlerischer Direktor der New York City Opera 
Company. 1951 trat er von diesem Amt zurück. 

Halbig, Hermann, * 26. 3. 1890 zu Düsseldorf, 
f 7. 10. 1942 zu Scharbeutz bei Lübeck; deutscher 
Musikforscher, studierte 1910-14 in Berlin Musik- 
theorie (Max Schneider), Geige (Markees), ab 
1920 Musikwissenschaft an der Universität Heidd- 
berg (Kroyer), promovierte 1921 mit einer Arbeit 
über Die Geschichte der Klappe an Flöten und Rohr- 
blattinstrumenten (AfMw VI, 1924) und wurde 1922 
Assistent am Musikhistorischen Institut, 1924 Pri- 
vatdozent (ungedruckte Habilitationsschrift: Ge- 
schichte des Kammertons) und 1927 als Professor für 
Musikgeschichte und Gregorianik an die Staatliche 
Akademie für Kirchen- und Schulmusik nach Ber- 
lin berufen. Veröffentlichungen : eine Sammlung 
Klaviertänze des 16. Th. (Stuttgart 1928), Kleine 
gregorianische Formenlehre (Kassel 1930), Ein zwei- 
stimmiges Salve Regina aus dem 14. Jh. (Kmjb XXV, 
1930), Eine handsatriftliche Lautentabulatur des Gia- 
como Gorzanis (Kroyer-Festschrift, Regensburg 
1933), Geschichte der Musik (Selbstunterrichtsbriefe, 
Potsdam 1940), Musikgeschichte leichtgemacht (Ber- 
lin-Lichterfelde 1942); er bearbeitete in H. Mar- 
tens* »Musikalische Formen in historischen Reihen« 
die Hefte V (Geistliche Musik bis zum Ausgang des 
16. Jh ., Berlin-Lichterfclde 1930) und XVI (Die 
Ouvertüre, Berlin-Lichterfelde 1935). 

Haie (he:l), Philipp, * 5. 3. 1854 zu Norwich 
(Vermont), f 13. 11. 1934 zu Boston (Massachu- 
setts) ; amerikanischer Musikkritiker, studierte zu- 
nächst die Rechte, wandte sich dann der Musik zu 
und war Schüler von Dudley Buck, danach von 
Haupt in Berlin, Rheinberger in München und 
Guilmant in Paris. Seit seiner Rückkehr nach den 
USA wirkte er 1889-1905 als Organist in Roxbury 
und war zugleich ein angesehener Kritiker, der 
sehr energisch für die Werke der Jungfranzosen 
eintrat. 1890/91 schrieb er an »Boston Post«, 1891 
bis 1903 am »Journal«, 1903-33 am »Boston He- 
rald«. H. redigierte ab 1901 die Programmbücher 
der Bostoner Symphoniekonzerte und gab mit 
Elson die Sammlung Famous Composers and their 
Works (1900) und in Ditsons Musidan Library 
Modem French Songs (2 Bände, 1904) heraus. 

Ausg.: Ph. H.*s Boston Symphony Programme Notes, 
Ausw. hrsg. v. J. N. Burk, NY 1935. 


720 



Halfftcr 


Halüvy (alevü) Jaques Fr o mental Elie (eigentlich 
Plias Lövy, häufig mit dem Vornamen Fromentin 
genannt), * 27. 5. 1799 zu Paris, f 17. 3. 1862 zu 
Nizza (beerdigt in Paris); französischer Kompo- 
nist, 1809-19 Schüler des Pariser Conservatoire 
(Cazot, H.-M. Berton und L. Cherubim), bereits 
1816 zur Konkurrenz um den Prix de Rome zu- 
gelassen, den er 1819 errang (Kantate Herminie ), 
brachte vorschriftsmäßig gegen 3 Jahre in Rom zu. 
Schon vorher wurde ihm vom jüdischen Kon- 
sistorium die Komposition des hebräischen Textes 

Berry übertragen' (gedruckt). Nach der Rückkehr 
aus Italien wieder in Paris, brachte er nach einigen 
mißglückten Opemversuchen (Les Bohdmiennes , 
Pygmalion und Les deux Pavillons) 1827 einen ko- 
mischen Einakter Vartisan im Th&tre Feydeau 
heraus, 1828 auch Le roi et le batelier (zu Ehren 
Karls X., mit Rifaut). Die ersten nennenswerten 
Erfolge hatten Clari (Th&tre Italien 1828), Le 
dilettante d 9 Avignon (Op6ra Comique 1829) und 
Attendre et courir (1830) sowie in der Grand Op6ra 
das Ballett Manon Lescaut. Die für die Op6ra Co- 
mique geschriebene Yelva blieb wegen Bankrotts 
des Unternehmens (1832) liegen. Weiter folgten: 
La langue musicale (Op6ra Comique 1831), La ten- 
tation (Ballettoper, Grand Opdra 1832, mit Gide), 
Les Souvenirs de Lafleur (Op6ra Comique 1834, Ge- 
legenheitsstück), die von H6rold unbeendet hinter- 
lassene, von H. ausgearbeitete komische Oper 
Ludovic (1834; ihr ist das Thema von Chopins 
B-dur- Variationen entnommen) und endlich La 
juive (Die Jüdin, sein Hauptwerk, in der Grand 
Op6ra, 23. 2. 1835). H.s Individualität neigt zum 
Ernsten, Herben, auch liebt er grelle Kontraste, 
leidenschaftliche Ausbrüche; er ist ein Meister der 
Instrumentation. In der »Jüdin« spricht sich seine 
Individualität vielleicht am vollkommensten aus. 
Kaum ein halbes Jahr später brachte er aber ein 
Werk ganz anderer Art heraus, eine elegante ko- 
mische Oper: Uiclair (»Der Blitz«, 1835). Sein An- 
sehen als Komponist stieg durch diese beiden 
Werke außerordentlich; 1836 wurde er für A. 
Reicha in die Acaddmie des beaux-arts gewählt. 
Neben seiner Tätigkeit für die Bühne hatte er schon 
seit einer Reihe von Jahren eine gleich ausgezeich- 
nete als Lehrer am Conservatoire entwickelt. Be- 
reits 1816, noch als Schüler, fungierte er als Hilfs- 
lehrer; 1827 wurde er Akkompagnist am Th&tre 
Italien und rückte in Daussoignes Stelle als Lehrer 
der Harmonie und des Akkompagnements am 
Conservatoire ein und übernahm 1833 nach F6tis' 
Weggang nadbt Brüssel die Professur für Kontra- 
punkt und Fuge, 1840 die für Komposition. 1854 
wurde er ständiger Sekretär der Akademie. Seine 
dem »Blitz« folgenden Opern verblaßten vor den 
wachsenden Erfolgen Meyerbeers, der 1836 die 
»Hugenotten« brachte. H. konnte nun der Ver- 
suchung nicht widerstehen, Meyerbeer nachzu- 
ahmen, doch hatte, allenfalls mit Ausnahme der 
»Königin von Cypera«, keins der weiteren Werke 
einen Erfolg, der sich mit dem der Jüdin verglei- 
chen ließe: Guido ei Ginevra (»Die Pest in Florenz«, 
Grand Op6ra 1838) ; Le shdriff (Grand Op6ra 1839) ; 
Les treize (Opdra Comique 1839); Le drapier 
(Grand Opüra 1840); La reine de Chypre (Grand 
Op6ra 1841); Le guitardro (Op6ra Comique 1841); 
Charles VI (Grand Op&a 1843); Le lazzarone 


(Grand Opdra 1844); Les mousquetaires de la reine 
(Ojp&ra Comique 1846); Les Premiers pas (zur Er- 
öffnung der Opöra national 1847, in Gemeinschaf 
mit Adam, Auber und Carafa); Le val d’ Andorre 
(Opdra Comique 1848); Lafie aux roses (Opdra 
Comique 1849) ; La dame de pique (Op&a Comique 
1850) ; La tempesta (italienische Oper für London 
1850) ; Le juiferrant (Grand Op6ra 1852) ; Le Nabab 
(Opöra Comique 1853) ; Jaguarita (Th&tre Lyrique 
1855); Uinconsolable (Th&tre Lyrique 1855, unter 
dem Pseudonym Aiberti); Valentine d*Aubigny 
(Opdra Comique 1856) und La magicienne (Grand 
Opdra 1858). H. hintenieß 2 fast beendete große 
Opern: Vanina cT Omano (beendet von Bizet, sei- 
nem Schwiegersohn) und Nod (==Lc diiuge). Außer- 
dem sind noch zu nennen: Szenen aus dem Entfes- 
selten Prometheus (1849 in den Concerts du Con- 
servatoire) ; die Kantaten Les plages du Nil (1846) 
und Italic (Opdra Comique 1859) sowie Männer- 
chorlieder, Romanzen, Notturnos und eine 4hän- 
dige Klaviersonate. Seine Legons de lecture musicale 
(Paris 1857) wurden für den Gesangunterricht an 
den Pariser Schulen eingeführt. Als Sekretär der 
Akademie hatte er wiederholt über gestorbene 
Mitglieder (Onslow, Adam usw.) die üblichen 
Nachrufe (Sloges) abzustatten; diese Vorträge er- 
schienen gesammelt als Souvenirs et portraits (Paris 
1861) una Derniers Souvenirs etportraits (Paris 1863). 
H. galt als Verfasser von Cherubinis »Cours de 
contrepoint et de fugue«. 

Lit: L. HaiAvy, Fromentin H., Paris 1862, 21863; 
A. Catelin, Fr. H., Paris 1863; Ch. de Lorbac, Fro- 
mentin H., Paris 1862; E. Monnais, Fr. H., Paris 
1863 ; A. Pougin, Fromentin H. : 6crivain, Paris 1865; 
M. Curtiss, Fr. H., MQ XXXIX, 1953. - J. J. Ebers, 
Spohr u. H. u. d. neuere Kirchen- u. Opemmusik, 
Breslau 1837; R. Wagner, Ber. über eine neue Pa- 
riser Oper (»La reine de Chypre« von H.), in Ri- 
chard Wagner, Sämtliche Schriften u. Dichtungen, 
Volksausg., I. 

Halüvy (alevü), Ludovic, * 1. 1. 1834 und t 8« 
5. 1908 zu Paris; Sohn von J. Fr. E. H.s Bruder 
L6on H., Librettist von OfFenbachs La belle Hdlbie, 
La vie parisienne, La grande Duchesse de Gerolstein 
(alle gemeinsam mit Meilhac) sowie von Vaude- 
villes (Rdveillon, mit Meilhac, bildete zum Teil 
Grundlage für das Libretto der »Fledermaus«) und 
komischen Opern u. a. für Lecocq, Bizet (Carmen, 
mit Meilhac) und Delibes (Les eaux d*Em$, mit PL 
Crdmieux). 

Halffter, - 1) Rodolfo, * 30. 10. 1900 zu Ma- 
drid; mexikanischer Komponist, bildete sich mu- 
sikalisch als Autodidakt, studierte dann bei de Falla 
und arbeitete neben seiner musikalischen Tätigkeit 
für die Madrider Zeitung »La Voz«. 1922 trat er 
zum erstenmal mit Klavierkompositionen hervor. 
Im spanischen Bürgerkrieg ging er über Paris, wo 
Desormifcre Werke von ihm aufführte, 1939 nach 
Mexiko. Dort ist er heute Lehrer für harmonische 
Analyse und Komposition am Nationalkonser- 
vatorium, Direktor der Konzerte »Bellas Artes« 
und Leiter der »Ediciones Mexicanas de Müsica«, 
gibt die Zeitschrift »Nuestra Müsica« heraus. Sti- 
listisch der spanischen Tradition treu, hat er sichin 
seinen jüngsten Werken der Zwölftontechnik zu- 
gewandt. Er schrieb eine Oper Clavileho (1936), 
die Ballette Don Undo de Almeria (1935), La Ma- 
drugada del Panadero (1940), Elena la Traicionera 


46 


721 


Hali* 


(1945), eine Orchestersuite (1928), Impromptu für 
Orch. (1932), Obertura Festiva (1952), 3 Stücke für 
Streichorch. (1954), Obertura Concertante für KL 
und Orch. (1932), ein Violinkonzert (1940), Di- 
vertimento für 9 Instr. (nach dem Ballett Don 
Undo, 1935) ; Pastorale für V. und KL (1940); 
Epitaßos für Chor a cappella (1953), 2 Sonette für 
Singstimme und KL (1940-46), Klaviermusik, dar- 
unter Dos Sonatas de El Escorial (1928), 2 Sonaten 
(1947, 1951), eine Giga für Gitarre (1930). Sein 
Bruder - 2) Ernesto, * 16. 1. 1905 zu Madrid; 
spanischer Komponist, war Schüler von de Falla, 
wurde Dirigent und gründete 1924 die Orquesta 
Bdtica de Cämara in Sevilla, mit der er Konzert- 
reisen durch Spanien un ternahm . Er schrieb: die 
Oper La muerte de Carmen , ein Ballett Sonatina ; 
für Orch.: Smfonietta ; Paysage mort, La Chanson du 
lantemier , Automne malade (mit Singst.); Kamm cr- 
und Klaviermusik; Lieder. 

Halte (h'alirj), Carl, * 1. 2. 1859 zu Hohenelbe 
(Böhmen), f 21. 12. 1909 zu Bedin; böhmischer 
Violinvirtuose, Schüler des Prager Konserva- 
toriums (Bennewitz) und 1874-76 Joachims, spielte 
zuerst einige Zeit in Bilses Kapelle, dann in Königs- 
berg und Mannheim und wurde 1884 als Hofkon- 
zertmeister nach Weimar berufen, von wo aus er 
sich durch Konzertreisen bekannt machte. 1893 als 
Nachfolger de Ahnas als Hofkonzertmeister nach 
Berlin gezogen, wurde HL 1897 Mitglied des Jo- 
achim-Quartetts und Leiter eines eigenen Quar- 
tetts (mit Exner, Markees - später Müller -, De- 
chert), auch Professor an der Staatlichen Hoch- 
schule für Musik. Den Konzertmeisterposten gab 
er 1907 auf. H. veröffentlichte Neue Tonleiter- 
Studien. 


Hall (ha: 5, Marie, * 8. 4. 1884 zu Newcasde-on- 
Tyne, f 11. 11. 1956 zu Cheltenham; englische 
Violinistin, musikalisch zuerst von ihrem Vater, 
einem bekannten Harfenisten, dann von E. Eigar 
unterwiesen, studierte bei J. Kruse und vervoll- 
kommnete sich auf den Bat von J. Kubelfk bei 
Seväk am Prager Konservatorium. 1903 debü- 
tierte sie in Wien mit dem Philharmonischen Or- 
chester, musizierte in der Folge mit führenden Di- 
rigenten und Orchestern nahezu in der ganzen 
Welt und trat noch 1953 in der Royal Hall, Harro- 
gate, mit größtem Erfolge auf. Werke verschie- 
dener britischer Komponisten (u. a. das ihr ge- 
widmete »The Lack Ascending« von Vaughan 
Williams) führte sie zum ersten Male auf. 

Haü (ho:3), Pauline, * 2.8. 1890 zuHamar; nor- 
wegische Musikkritikerin, lebt in Oslo. Als Pia- 
nistin und in Komposition in Paris, Dresden und 
Oslo ausgebildet, trat sie 1917 mit eigenen Kom- 
positionen zum erstenmal an die Öffentlichkeit; 
1920 folgte ihr erstes Orchesterwerk. Sie leitete 
1924-26 eine Konzertagentur, berichtete 1926-32 
als Korrespondentin des Dagbladet über das Opem- 
und Theaterleben in Berlin, ist seit 1934 (mit Aus- 
nahme 1942-45) Musikkritikerin dieses Blattes, 
leitete 1932-38 ein fünfstimmiges Vokalensemble 
(Frauenstimmen) und gründete 1938 die norwe- 
gische Sektion der IGNM. Sie übersetzte unge- 
fähr 25 Libretti, darunter Milhauds »Pauvre Ma- 
telot«, Honeggers »Le Roi David«, Mozarts »Don 
Giovanni«, schrieb Orchesterwerke, Kammermu- 


sik, Werke für Gesang und Orchester, Chöre, 
Lieder, Bühnen- und Filmmusik und inszenierte 
u. a. Brecht-Weüls »Dreigroschen-Oper«. 


ffftll (ho:l), Walter Henry, * 25.4.1862 zu 
London, f 11. 12. 1935 zu New York; englischer 
Kirchenmusiker, war 1877-81 Schüler von H. 
Thomas (Klavier), Steggall (Orgel) und Banister 
(Theorie) an der Royal Academy of Music in Lon- 
don. 1883 ging er nach den USA, war 1884-90 
Organist an St. Luke’s in Germantown, 1890-96 
an St Peter’s in Albany, 1896-1913 an St. James’ 
in New York; 1893-1906 leitete er den Oratorien- 
verein in Brooklyn. Ab 1901 war er Dozent für 
Musik an der Columbia University in New York, 
1913-30 Professor für Kirchen- und Chormusik 
und bis 1935 Dirigent des Universitäts-Chores. 
H. schrieb eine Rahe von Kirchenmusikwerken 
(Magnificat, Festal Te Deum, Anthems) und ver- 
öffentlichte: Essentials of ChoirBoy Training (New 
York 1906). 


Halle, Adam de la ->■ Adam de la H. 


Hall6 (al'e), (Sir) Charles (Karl Halle), * 11. 4. 
1819 zu Hagen (Westfalen), f 25. 10. 1895 zu 
Manchester; englischer Pianist und Dirigent deut- 
scher Geburt, erhielt den ersten Musikunterricht 
von seinem Vater, der Organist war, dann 1835 
von Rinck in Darmstadt, ging 1836 nach Paris, wo 
er den Umgang mit Cherubim, Chopin, Liszt, 
Bcrton und Kalkbrenner genoß und ein gesuch- 
ter Klavierlehrer wurde. 1846 richtete er mit Alard 


und Franchomme Kammermusiks nireftn im klei- 
nen Saale des Conservatoire ein, die zu hohem An- 
sehen gelangten. Bei Ausbruch der Revolution 
1848 ging HL nach London, erwarb sich Ruf als 
Lehrer und übernahm 1850 die Direktion der seit 
1749 bestehenden »Gentlemen’s Concerts« in Man- 
chester, 1852 auch die der neugegründeten Cealia 
Society. 1857 richtete er in Manchester Abonne- 
mentskonzerte mit einem eigenen Orchester 
(»Charles Halles Orchestra«) ein. 1883 wurde er 
Nachfolger von M. Bruch als Dirigent der Phil- 
harmonie in LiverpooL 1888 wurde er geadelt. Im 
selben Jahr vermählte er sich mit der Violinistin 
Wilma Neruda. H. gehörte trotz seiner ausge- 
dehnten Tätigkeit in Manchester noch weiter zu 
den bedeutendsten musikalischen Kräften Londons, 
gab ab 1861 in St. James Hall alljährlich eine Serie 
von Klaviervorträgen QPianoforte Recitals) und 
wirkte auch in den populären Samstags- und Mon- 
tagskonzerten (Kammermusik) mit. Klavierunter- 
richtswerke in Revision von HL erschienen unter 
den Titeln Pianoforte School (ab 1873) und Musical 
Library (ab 1876). 


Lit.: Life and Letters of Sir Ch. H., being an Auto- 
biogr., hrsg. v. C. E. u. M. Hale§, London 1896; H. 
Bielenberg, Karl Halle, Hagen 1949; C. Rigby, Sir 
Ch. H., A Portrait for Today, Manchester 1952.- L. 
Engel, From Handel to HL, London 1890. 


Halten, Johan Andreas, * 22. 12. 1846 zu Göte- 
borg, f H- 3. 1925 zu Stockholm; schwedischer 
Dirigent und Komponist, Schüler von Reinecke, 
Richter und Hauptmann am Leipziger Konserva- 
torium (1866-68), Rheinberger in München (1869) 
und Rietz in Dresden (1870/71L 1872-78 und 1883 
bis 1884 Dirigent der Musikvereinskonzerte in 
Göteborg, lebte in der Zwischenzeit (1879-83) 


722 



Hallström 


meist in Leipzig und Berlin, 1885-95 Dirigent der 
Philharmonischen Konzerte in Stockholm, 1892 
bis 1897 dort auch Kapellmeister der Königlichen 
Oper, 1902-07 Dirigent der Südschwedischen 
Philharmonischen Vereinigung in Malmö, 1909-19 
Kompositionslehrer am Konservatorium in Stock- 
holm und Musikreferent der »Nya dagligt AHe- 
handa«. H. schrieb: die Opern Harald der Wiking 
(Leipzig 1881), Hexfdllan (Stockholm 1896, umge- 
arbeitet als Valborgsmässa 1902), Waldemar sskatten 
(Stockholm 1899), die Chorwerke mit Soli und 
Orch. Vineta , Vom Pagen und der Königstochter 
(1871), Traumkönig und sein Lieb (1885), Das Schloß 
im See (1889), Styrbjöm Starke , Das Ahrenfeld , Die 
Büßerin ; für Chöre mit Orch /jul-Oratorium (1904) 
und Sverige (1917), Requiescat für Soli, Chor und 
KL (1910); Missa solemnis (1923), 2 Schwedische 
Rhapsodien (op. 17 und 23), 4 Orchestersuiten, 
I skymningen für Streichorch., die symphonischen 
Dichtungen Sten Sture (Melodram), Aus der Walde - 
mar sage , Aus der Gustav- Wasa-Sage, Toteninsel und 
Sphärenklänge, eine Violinromanze mit Orch., ein 
Klavierquartett F dur op. 3, deutsche und schwe- 
dische Lieder. Seine gesammelten Kritiken erschie- 
nen als Musikaliska käserier (Stockholm 1897). 

Lit.: P. Vretblad, A. H., Stockholm 1918; M. Per- 
gament, A. H., Wagnerianen, in: Svenska tonsättarc, 
Stockholm 1943. 

Haller, Hermann, * 9. 6. 1914 zu Burgdorf 
(Bern); Schweizer Komponist, studierte 1933-38 
am Konservatorium Zürich, 1938/39 bei N. Bou- 
langer in Paris, vervollkommnete seine Ausbildung 
1942-46 bei Cz. Marek und wirkte 1943-46 als 
Lehrer am Zürcher Konservatorium. Seit 1946 
lehrt er Klavier am Lehrerseminar Küsnacht-Zü- 
rich. Werke: Concertino in E für Streichorch. 
(1941), Konzertante Musik für 4 V. und Streich- 
orch. (1944), je ein Violin- (1945) und Orgelkon- 
zert (1957), Fantasie für Vc. und Streichorch. 
(1947), Concerto da Camera für Streichquartett und 
Orch. (1949), Verkündigung (Rilke) für S. und 
Streichorch. (1943), Exoratio (Morgenstern) für 
tiefe St. und Streichquartett bzw. Streichorch. 
(1956), Toccata in C und Fantasie in D für Org., 
eine Sonatine (1942) und eine Sonate (1953) für V. 
und Kl., eine Flötensonate (1946), Lieder. H. 
schrieb einen Leitfaden zur Einführung in die Har- 
monielehre (Zürich 1949). 

Haller, Michael, *13. 1. 1840 zu Neusaat (Ober- 
pfalz), f 4. 1. 1915 zu Regensburg; deutscher 
Komponist, erhielt seine erste Ausbüdung im 
Kloster Metten und trat dann in das Priestersemi- 
nar zu Regensburg ein. 1864 zum Priester geweiht, 
wurde er zunächst Präfekt der Regensburger 
Dompräbende (Chorknaben-Institut) und trieb 
unter J. Schreins gründliche Studien auf dem Ge- 
biete der Kirchenmusik. 1867 wurde er als Nach- 
folger Wesselacks Inspektor des Realinstituts und 
Kapellmeister der Alten Kapelle; daneben war er 
Lehrer für Kontrapunkt und Vokalkomposition 
an der Kirchenmunkschule (seit deren Gründung 
1874). 1899 wurde er zum Stiftskanonikus gewählt. 
H. war ein gediegener Kirchenkomponist; er 
ergänzte mit großem Geschick den verloren- 
gegangenen dritten Chor zu 6 12st. Tonsätzen 
Palestrinas (Gesamtausgabe Band XXVI) und 
schrieb: 4 5st. Messen (S. Henrid , B. M. V \ ad ve- 


terem capellam, S. Michaelis, S . Caedliae), eine 6st. 
Missa solemnis, 8st. Messe op. 92, 8 4st. Messen 
(die dritte bis 1954 58mal aufgelegt), 5st. Lamenta- 
tionen, mehrere Bände 4-8st. Motetten, Psal- 
men, Litaneien, Offertorien, Mariengrüße , ein 
Te Deum und weltliche Chöre ( Jugendliederkranz , 
Jugendhort), Lieder (op. 111), Melodramen, Streich- 
quartette. Auch schriftstellerisch und pädagogisch 
betätigte sich H. mit Aufsätzen für Habens »Kir- 
chenmusikalisches Jahrbuch«, einer Kompositions- 
lehre für polyphonen Kirchengesang (Regensburg 
1891), einem Vademecum und Übungsbuch für den 
Gesangsunterricht (Regensburg 1875, 121910 ), Mo- 
dulationen in den Kirchentonarten, einer Sammlung 
Exempla polyphoniae ecclesiasticae (in moderner No- 
tierung mit Erläuterungen zu Studienzwecken). 
Lit.: H. Kämmerer, Leben u. Werk M. H.s, Diss. 
München 1956. 

Hallis (h'adiz), Adolph, * 4. 7. 1896 zu Port 
Elizabeth (Südafrika); englischer Pianist, Schüler 
der Royal Academy of Music in London, der er 
jetzt als Lehrer angehört. Als Solist machte er sich 
in Europa besonders mit Interpretationen zeitge- 
nössischer Musik bekannt. In London gründete er 
die Adolph Hallis Chamber Concerts. 

Hallnäs (h'alns:s), Johan Hilding, * 24. 5. 1903 
zu Halmstad; schwedischer Komponist, bildete 
sich am Königlichen Musikkonservatorium in 
Stockholm zum Organisten und Musiklehrer aus, 
studierte danach 1929 in Paris bei Cellier Orgel 
und 1930 in Leipzig bei Grabner Komposition. 
1932 war er Reakchul-Musiklehrer in StrÖmstad, 
ging für ein Jahr als Organist nach Jönköping, 
wurde dann Organist und Kantor in Göteborg. 
Seit 1954 ist die Zwölftontechnik Grundlage seines 
Schaffens. Er schrieb 4 Symphonien, eine sympho- 
nische Ballettsuite (1955), ein Violin- (1945) und 
ein Klavierkonzert (1956), ein Streichquartett 
(1949), ein Quintett für KL, 2 Streicher und 2 Blä- 
ser (1954), Sonate für Va und KL, Sonate für V. 
und KL, Cantate (auf englische Gedichte) für S., 
Kl., Vc. und 2 Bläser, eine Messe, Orgel- und Kla- 
vieretüden, etwa 70 Lieder. 

HaBström» Ivar, * 5. 6. 1826 und f H. 4. 1901 
zu Stockholm; schwedischer Komponist, studierte 
Jura, war Privatbibliothekar des Kronprinzen von 
Schweden und übernahm 1861 die Direktion der 
bis dahin von Lindblad geleiteten Musikschule. 
Seine erste Oper Hertig Magnus (Stockholm 1867) 
fand zwar eine kühle Aufnahme, dagegen schlug 
Den bergtagna (1874) durch, und die später folgen- 
den erfreuten sich gleichen Beifalls: Vikingame 
(1877), Jaguarita (1884), Neaga (1885), Per Swinar- 
herde (1887), Granadas Tochter (1892) und Liten 
Karin (1897). Dazu kamen die Operetten und Mär- 
chenspiele Den fortrollade Kotten (1869), Mjölnar- 
vargen (1871), Silverringen (1880), Aristoteles (1886), 
Hin ondes snaror (1900), Ballettmusiken (In London 
1871, Das Abenteuer in Schottland 1875, Melusina 
1882), Musik zu Hedbergs StoltsElisif (1870), Kan- 
taten (Die Blumen, 1860 preisgekrönt), Lieder und 
Klavierstücke. 

Lit: L. Lagerbielke, LH., in: Svenska tonsättare 
linder nittonde ärhundradet, Stockholm 1908 (mit 
Werkverz.) ; M. Tegen, Musiklivet i Stockholm 1890- 
1910, Stockholm 1955. 


46* 


723 



Halm 


Halm» Anton, * 4.6. 1789 zu Altenmarkt bei 
Wies (Untersteiermark), f 6. 4. 1872 zu Wien; 
österreichischer Komponist, erhielt seine Musik- 
bildung in Graz, war 1813-15 in Ungarn Haus- 
musiklehrer bei der Freiin von Gyika de Desän- 
falva und zog 1815 nach Wien, wo er fast 60 Jahre 
als hochgeehrter Lehrer lebte (Schüler H.s sind u. 
a. St. Heller, A. Henselt, J. Fischhof, J. Dachs, J. 
Epstein, A. Ree, J. v. Beliczay). Von seinen Kom- 
positionen sind besonders die Klavieretüden op. 59, 
60, 61 und 62 wertvoll; doch erschienen auch eine 
ganze Reihe Kammermusikwerke (Klaviertrios, 
Cellosonaten, Streichquartett, ein Sextett), Kla- 
viersonaten, Phantasien und Variationen, auch eine 
Messe und Lieder im Druck. Zahlreiche andere 
Werke blieben Manuskript. H. wurde von Beet- 
hoven geschätzt und machte auf dessen Wunsch 
ein Klavierarrangement der Quartettfuge op. 133, 
das aber nicht gedruckt, sondern durch eins von 
Beethoven ersetzt wurde. 

Lit: Th. Bolte, A. H., ein Freund Beethovens, in: 
Musikliterarische Blätter IV, 1907; W. Nohl, A. H.s 
B eziehungen zu Beethoven, Mk XXX, 1937/38. 


Halm, August, * 26. 10. 1869 zu Groß-Altdorf 
(Württemberg), f 1- 2. 1929 zu Saalfeld (Thürin- 
gen); deutscher Musikpädagoge, erhielt den ersten 
Musikunterricht von seinem Vater, der Pfarrer war, 
besuchte das Gymnasium in S chwäbisch-Hall, 
studierte Theologie an der Universität Tübingen, 
zugleich Komposition bei dem akademischen Mu- 
sikdirektor E. Kaufmann, der ihm die Bekannt- 
schaft mit H. Wolf vermittelte. H. ging 1892 nach 
München auf die Königliche Munkschule, 1894 
nach Heübronn ab Munklehrer, übernahm 1903 
bis 1906 denMusikunterricht am Landeserziehungs- 
heim Haubinda (Thüringen), anschließend an der 
Freien Schulgemeinde Wickersdorf bei Saalfeld 
(Thüringen). Hier wurde unter Leitung des Schul- 
reformers G. Wyneken Musik (das »Eigenreich der 
Musik«, mit Bach und Bruckner im Mittelpunkt) 
nicht als Lehrgegenstand oder Bildungsfach, son- 
dern ab Gegenstand eines Kultes getrieben. Ab 
1910 war H. Dirigent der Liedertafel in Ulm, 1913 


Musikkritiker der Süddeutschen Zeitung in Stutt- 
gart, auch Lehrer an der Lehrerbildungsanstalt in 
Eßlingen am Neckar, ab 1920 bis zu seinem Tod 
wieder in Wickersdorf. Sein Schwager Wyneken 
hatte schon 1910 eine Geselbchaft zur Herausgabe 
der Werke H.s gegründet, die heute im Württem- 
bergischen A.-H.-Bund fordebt. - H. war der 
bedeutendste Musiklehrer der musikalischen Ju- 
gendbewegung. Er erweckte ein neues Verständnis 
für »das Wollen der musikalischen Form«, wor- 
unter er die Prozeßhaftigkeit alles Formalen in der 
Musik verstand, und wirkte, indem er Elemente 
einer »Energetik« und »Organik« in die Musik- 
betrachtung einführte, nachhaltig auf E. Kurth, 
der einige Zeit sein Nachfolger in Wickersdorf 
war, sowie auf Fr. Jode undH. Mersmann. In der 
Komposition nahm er sich anfänglich H. Wolf 
zum Vorbild, ging aber bald zu emer Art »päd- 
agogischer Munk« von klassizistischem Geschmack 
über. Seine Bücher sind noch heute von künst- 
lerischem Reiz und wissenschaftlicher Bedeu- 


tung. - Von den gedruckten Kompositionen seien 

f enannt: 2 Symphonien, Präludien und Fugen für 
treichorch., ein Klavierkonzert, Schauspielmu- 
siken (zu Shakespeares Sommemachtstraum , Winter- 


märchen, Viel Lärm um Nichts u. a.), Chormusikund 
Kammermusik (8 Streichquartette, 3 Serenaden 
und 3 Suiten für Streichtrio), Klaviermusik (Prä- 
ludien und Fugen, Suiten, Sonaten), Unterrichts- 
werke (3 Hefte Kl.-Übung, V.-Übung, Duette für 
V. und Va). - Schriften: Harmonielehre (Berlin 
1905); Von zwei Kulturen der Musik (München 
1913, Stuttgart 31947); Die Symphonie A. Bruck- 
ners (München 1913, 2 1923); Von Grenzen und 
Ländern der Musik , Gesammelte Aufsätze (München 
1916); Über J. S. Bachs Konzertform (Bach-Jahrbuch 
XVI, 1919) ; Einführung in die Musik (Berlin 1926) ; 
Beethoven (Berlin 1926); dazu kommen zahlreiche 
Aufsätze und die wertvollen Beiträge im Wickers- 
dorf er Jahrbuch I-XI (Jena 1908-20). 

Lit. : H. Höckner, Die Musik in d. deutschen Jugend- 
bewegung, Wolfenbüttel 1927; R. Schilling, Die 
Musikanschauung A. H.s, Diss. Straßburg 1944 
(maschr.). 

Halm, Hans, * 5. 4. 1898 zu München; deutscher 
Musikbibliothekar, studierte 1918-24 an der Uni- 
versität München deutsche und englische Philo- 
logie, Geschichte und Musikwissenschaft, promo- 
vierte 1924 mit einer Arbeit über Die Zeitung für 
die Elegante Welt , ihre Stellung zu den Zeitereignissen 
und zur zeitgenössischen Literatur . 1926 trat H. ab 
Referendar in den bayerischen Bibliotheksdienst 
ein (Staatsbibliothek München), wirkte 1930-33 
an der Staatlichen Bibliothek in Bamberg und 
seitdem wieder an der Staatsbibliothek München, 
wo er 1938 die Leitung der Musiksammlung über- 
nahm (1955 Oberbibliotheksrat). Nach dem Tod 
von G. Kinsky beendete und veröffentlichte H. 
dessen Arbeit: Das Werk Beethovens . Thematisch- 
bibliographisches Verzeichnis seiner sämtlichen voll- 
endeten Kompositionen (München und Duisburg 
1955). 

Hals, die Brüder Karl (1822-98) und Petter 
(1823-71), gründeten 1848 die einst eine erste 
Stelle in Norwegen einnehmende Pianofortefabrik 
Brödrene Hals, die am Ende des 19. Jh. bereits 
14000 Instrumente hinausgesandt hatte; sie besteht 
seit 1925 nicht mehr. Zwei Söhne, Thor (1852 bis 
1924) und Sigurd (1859-1931), traten in den 80er 
Jahren in die Firma ein. Ein neben der Pianoforte- 
fabrik gegründeter Musikverlag mit Musikalien- 
handlung ging in dem von Thor und Sigurd HL 
mit Wilhelm Hansen (Kopenhagen) 1909 gegrün- 
deten »Norsk Musikforlag« auf. 

Halter, Wilhelm Ferdinand, f 10. 4. 1806 zu 
Königsberg; deutscher Komponist, aus einer alten 
Königsberger Kantorenfamilie stammend, Sekre- 
tär des Herzogs von Holstein-Beck, erhielt nach 
dem Tode Chr. W. Podbielskis 1792 einen Orga- 
nistenposten an der reformierten Kirche auf der 
Burg m Königsberg. Er veröffentlichte Lieder beym 
Klavier (1782, mit interessanter Königsberger Sub- 
skribentenliste), ferner Klaviersonaten (1788 und 
1797). Eine Operette Die Kantonsrevision (Text von 
Baczko) wurde 1792 in Königsberg aufgeführt. 

Lit: H. Güttler, Königsbergs Musikkultur im 18. 
Jh., Königsberg 1925. 

H^lvorsen, Johan August, * 15.3.1864 zu 
Drammen (Norwegen), f 4. 12. 1935 zu Oslo; 
norwegischer Dirigent, 1881-83 Schüler von G. 
BÖhn in Oslo, 1883/84 von lindberg (Violine) und 


724 



Hamei 


Nordqvist (Theorie) am Stockholmer Konser- 
vatorium, betrieb 1886/87 weitere Studien unter 
Brodsky in Leipzig, reiste als Violinvirtuose, war 
3 Jahre Lehrer am Konservatorium zu Helknki, 
nach erneuten Studien (unter Albert Becker und 
C. Thomson) 1892-98 Theaterkapellmeister und 
1893-98 Dirigent der Symphoniekonzerte der 
»Harmonie« zu Bergen, 1899-1929 Kapellmeister 
am Nationaltheater zu Oslo. Er schrieb: 3 Sym- 
phonien (C moll 1923; D moll 1924, 1928 umge- 
arbeitet; C dur 1928), 2 Norwegische Rhapsodien 
(A dur und G dur 1921), 9 Orchestersuiten, ein 
Violinkonzert, alte Tänze für Hardanger Fidel 
(»Slaatter«), etwa 40 Bühnenmusiken, Kantate zur 
Krönung König Haakons VH. und andere Chor- 
werke, kleinere Chöre, 3 Suiten für V. und Kl., 
Passacaglia und Sarabande con variazioni für V. und 
Va und andere Kammermusik sowie Lieder. Der 
Einzugsmarsch der Bojaren (1895) wurde besonders 
bekannt. H. war mit einer Nichte Griegs ver- 
heiratet. 

H^lvorsen, Leif Frigof, * 26. 7. 1887 zu Oslo; 
norwegischer Violinist und Komponist, studierte 
am Konservatorium zu Oslo Violine, Klavier und 
Komposition, betrieb weitere Studien in Berlin, 
Paris und St. Petersburg (Witek, L. Auer). Er war 
1917/18 Musikreferent an »Tidens Tegn« in Oslo, 
dort 1918-21 Kapellmeister an der Komischen 
Oper, 1921-28 Dirigent des Caecüien-Vereins, 
1925-47 Leiter des Gesangvereins Fredrikstad, seit 
1931 Leiter von Holters Chorvereinigung. H. 
schrieb Lieder, Klavierstücke, Orchesterwerke 
(darunter Ugende rustique), Musik zu Hamsuns 
Segen der Erde. 

Harnal (am'al), Jean-No el, * 23. 12. 1709 und 
t 26. 11. 1778 zu Lüttich; belgischer Komponist, 
Schüler seines Vaters, studierte 1728-31 auch in 
Rom, wurde 1738 Chormeister an der Kathedrale 
St-Lambert in Lüttich. Er schrieb Sinfonien, Arien, 
auch 5 kleine Opern in wallonischer Mundart 
sowie die Oratorien Jonas ; David und Jonathan und 
Judith, ferner eine große Zahl kirchenmusikalischer 
Werke (darunter über 50 Messen, gegen 200 Mo- 
tetten, Kantaten). 

Lit.: V. F. Dwelshauvers, La forme mus., adopt6e 

par J.-N. H in: Annales du XXI® Congrfcs de la 

Föderation archöologique et hist, de Belgique, Bd II, 
Lüttich 1909; A. Auda, La Musique et les Musiciens 
de l’Ancien Pays de Lidge, Brüssel, Paris u. Lüttich 
(1930) ; R. Bragard, »Li Voyödje di Tchaufontainne«, 
in: Mölanges E. Closson, Brüssel 1948. 

Hamann, Bernhard, * 21. 6. 1909 zu Hamburg; 
deutscher Violinist und Komponist, studierte an 
der Hochschule für Musik in Berlin bei Have- 
mann, ist 1. Konzertmeister des NDR-Symphonie- 
orchesters, Primarius des Hamann-Quartetts und 
Professor an der Staatlichen Hochschule für Musik 
in Hamburg. Seine Hauptwerke sind: Rondo ca- 
priccioso für V. und Orch., ein Cello- und ein Vio- 
linkonzert, Symphonische Impression für großes 
Orch., 2 Streichquartette, Kammermusikwerke 
für eine, 2 und 3 V. Er gab heraus: 36 Violin- 
Etüdcn op. 20 von H. E. Kayser. 

Hambourg, - 1) Mark, * 31. 5. 1879 zu Bogut- 
schar-W oronesch (Südrußland); englischer Pia- 
nist von russischer Herkunft, erhielt seine Aus- 


bildung von seinem Vater Michail Hambourg 
(Direktor der Kaiserlichen Musikschule zu Woro- 
nesch) und von Leschetizky in Wien. Konzert- 
reisen führten ihn seit 1895 in viele Länder. Außer 
zahlreichen Klavierkompositionen schrieb er How 
to Play the Piano (London 1922), From Piano to 
Forte (London 1931) und The Eighth Octave (Lon- 
don 1952). Sein Bruder - 2) Jan, *27. 8. 1882 zu 
Woronesch, f 29. 9. 1947 zu Tours, Violinvirtuose, 
war Schüler von Wilhelmj, Säuret, Sevcfk und 
Ysaye. Ein weiterer Bruder - 3) Boris, * 27. 12. 
1884 zu Woronesch, f 24. 11. 1954 zu Toronto 
(Kanada), ViolonceHvirtuose, war Schüler von 
Becker und Knorr am Hochschen Konservatorium 
zu Frankfurt am Main, bis 1916 Leiter eines Kon- 
servatoriums in Toronto, lebte danach in New 
York. 

Hambraeus, Bengt, * 29.1.1928 zu Stock- 
holm; schwedischer Komponist, Musikschrift- 
steller und Konzertorganist, lebt in Uppsala.’ Als 
Komponist ist er Autodidakt, studierte Orgel bei 
Alf Linder (1944-48) und Musikwissenschaft an 
der Universität Uppsala (1947-56). Er ist Ama- 
nuensis am Institut für Musikwissenschaft der 
Universität Uppsala, Mitredakteur der Zeitschrift 
»Musikrevy«, gab Orgelkonzerte und schrieb: 
Rota für großes Orch., Schlagzeug und elektro- 
nische Klangmittel (1956/57), Konzert für Cemb. 
und Org. (1951) ; für Singstimmen mit unterschied- 
licher Begleitung: Cantigas de Santa Maria (1948), 
Cantatapro dejunctis (1952), Spectrogram (1953), Ga- 
celasy Casidas de F. G. Lorca (1953), Antiphonies en 
Randes (1953), Crystal Sequence (1954); ferner: 
Giuoco del Cambio für Fl., Englisch Horn, Baßklar., 
Cemb., Kl., Vibraphon und verschiedenartiges 
Schlagzeug (1953/54), Segnali für Streichguintett 
(1956), Orgel- und Klaviermusik. In Zeitungen 
und Zeitschriften veröffentlichte er eine Reihe von 
Artikeln. 

Hamei, Fred (schrieb als Kritiker unter dem 
Pseudonym Hans Lyck), * 19. 2. 1903 zu Paris, 
f 9. 12. 1957 zu Hamburg; deutscher Musikfor- 
scher englischer Nationalität, studierte Naturwis- 
senschaften in Bonn und Berlin, Musikwissen- 
schaft in Berlin, dann in Gießen, wo er 1930 mit 
einer Arbeit über Form- und Stilprinzipien in der 
Vokalmusik Johann Rosenmüllers promovierte. Er 
war ab 1927 Musikkritiker der »Deutschen Allge- 
meinen Zeitung« und der »Deutschen Zukunft«, 
1945/46 Lehrer für Musikgeschichte an der Landes- 
kirchlichen Musikschule Hannover, ab 1947 Leiter 
der Hauptabteilung Musik am Nordwestdeutschen 
Rundfunk Hamburg und ab 1948 Produktionslei- 
ter der Deutschen Grammophon-Gesellschaft 
(Leiter des Musikhistorischen Studios und der 
Archiv-Produktion). Veröffentlichungen: Die 
Psalmkompositionen Johann Rosenmüllers (Sammlung 
miisikwissenschafthcher Abhandlungen X, Straß- 
burg 1933); Geschichte der Musik im europäischen 
Kulturkreis (in: Atlantisbuch der Musik, herausge- 
geben von F. H. mit M. Hürlimann, Berlin 1934, 
Zürich 81953) ; J. S. Bach. Geistige Welt (Göttingen 
1951). - Unbekannte Musikalien im Braunschweiger 
Landestheater (mit A. Rodemann, in: Gedenk- 
schrift für H. Abert, Halle 1928); Die Komposi- 
tionen J. S. Bachs im Schemellischen Gesangbuch 
(ZfMw xn, 1929/30) ; Die Gegenwartsbedeutung der 


725 



Hamei 


englischen Liturgie (MuK VI, 1934) ; Die Schwankun- 
gen des Stimmtons (DMK IX, 1944) ; Die Leipziger 
Funera (SMZ 88, 1948); Une histoire de la musique 
enregistrie (Kgr.-Ber. Brüssel 1953) ; Die Industrie- 
schallplatte als Mittlerin des musikgeschichtlichen Erbes 
(Kgr.-Ber. Hamburg 1956). H. veröffentlichte 
mehrere Werke Rosenmüllers in Neuausgaben (so 
in NMA XXVII, UX, LXI, LXXXI) ; er war von 
der Gründung an Herausgeber der Monatsschrift 
»Musica« (Kassel ab 1947, darin weitere Aufsätze 
H.s). 

Lit: O. Söhngen, In memoriam Fr. H., in: Musica 
xn, 1958. 


Hamd (am'sl), Marie-Pierre, * 24. 2. 1786 zu 
Auneuil (Oise), 1 25. 7. 1879 zu Beauvais; franzö- 
sischer Orgelsachverstandiger, war in der Orgel- 
baukunde Autodidakt, restaurierte aber bereits als 
14jähriger Knabe die Orgel seines Heimatdorfes 
und baute später die große Orgel der Kathedrale 
von Beauvais um (64 Stimmen). Orgelbauer von 
Profession war er nie. Sein Nouveau manuel com- 
plet dufacteur d 9 orgues (Paris 1849, 3 Bände und ein 
Atlas mit einer Einleitung über die Geschichte der 
Orgel und einem Anhang Biographien der be- 
deutendsten Orgelbauer; in neuer Bearbeitung von 
J. Guedon, Paris 1903) ist aber ein selbständiges, 
vortreffliches Werk, das viele Fehler degenigen 
von Dom Bedos korrigiert. 


H^merik, - 1) Asger (eigentlich Hammerich), 
* 8. 4. 1843 zu Kopenhagen, + 13. 7. 1923 zu 
Frederiksberg; dänischer Komponist, Bruder von 
Angul Hammerich, Schüler von Matthisson-Han- 
sen, Gade und Haberbier, 1862 von Bülow in 
Berlin, 1864 von Berlioz in Paris, der mit ihm 
1866/67 nach Wien reiste und auch bewirkte, daß 
H. im folgenden Jahre zum Mitglied der musikali- 
schen Jury der Pariser Weltausstellung gewählt 
wurde. FL erhielt damals eine goldene Medaille 
für seine Friedenshymne (für Chor, Orch., 2 Org., 
14 Harfen und 4 Glocken). Er schrieb noch in 
Paris die Opern: Toveliik (1865), Hjalmar og Inge- 
borg (1868), das bekannt gewordene Chorwerk 
Jaaisk Trilogi und während eines kurzen Aufent- 
haltes in Stockholm eine Festkantate zu Ehren der 
neuen Verfassung Schwedens (1866). 1869 reiste 
FL nach Italien und brachte eine italienische Oper 
La vendetta zur Aufführung (Mailand 1870). 1871 
bis 1898 war er Direktor der musikalischen Abtei- 
lung des Peabody Conservatonr in Baltimore. Ab 
1898 lebte H. in Kopenhagen,. Von H.s Hauptwer- 
ken sind noch zu erwähnen: die Oper Den Rej- 
sende (Wien 1871), 6 Symphonien (1881, 1883, 
1885, 1889, 1891, 1896), 5 Nordische Suiten für 
Orch., Phantasie für Vc. und Orch., die Christliche 
Trilogie op. 31 (1882, Chorwerk, Pendant zur 
Jüdischen Trilogie ), ein Requiem für 6st Chor und 
Orch. (1887), mehrere Kantaten, Gesangsstücke, 
ein Klavierquartett op. 6. - 2) Ebbe, * 5. 9. 1898 
zu Kopenhagen, + 15. 8. 1951 (ertrunken im Katte- 
gat); dä n isc he r Komponist, Sohn von Asger FL, 
debütierte 1919 in Kopenhagen als Dirigent und 
wurde im gleichen Jahre als Chor- und Hilfs-Ka- 
pellmeister am Königlichen Theater angestellt. 
1922 verließ er diesen Posten, um sich der Kompo- 
sition zu widmen. Als Orchesterdirigent ist er auch 
in Berlin und anderwärts aufgetreten. 1927-30 war 
er Dirigent von »Musikf oreningen« in Kopenhagen. 


726 


Werke: die Opern Stepan (Mainz 1924), Leonardo 
da Vinci (Antwerpen 1939), Marie Grubbe (1939), 
Rejsekammeraten (Kopenhagen 1946), Dremmeme 
(1950); Ballett Dionysia (Antwerpen 1927); sym- 
phonisdie Orchesterwerke (darunter die »cantus 
ürmus-Symphonient I-V), Sommer für Bar. und 
Orch., Kammermusik und Chöre. 

Hamilton (h'aemiltan), Clarence Grant, * 9. 6. 
1865 zu Providence (Rhode Island), f 14. 2. 1935 
zu Wellesley (Massachusetts) ; amerikanischer Mu- 
sikpädagoge und -Schriftsteller, studierte an der 
Brown University und war in der Musik Schüler 
von Foote, Chadwick, E. Dannreuther und T. 
Matthay. 1889-1904 war er Organist und Lehrer 
in seiner Vaterstadt, 1904-17 Assodate Professor 
of Music am Welleslev College, 1918-33 Professor. 
1917-19, 1923-25 und 1930 dozierte er auch an der 
Universität Boston, 1926 an der Columbia Uni- 
versity in New York. Bücher (wo nichts anderes 
angegeben: Boston und New York): Outlines of 
Music History (1908; auch 1913, 1924, 1936); Piano 
Teaching , its Principles and Problems (1910) ; Sound, 
and its Relation to Music (1912) ; Music Appreciation , 
based upon Methods of Literary Criticism (1920); 
Piano Music , its Composers and Characteristics (1925); 
Epochs in Musical Progress (1926) ; Touch and Ex- 
pression in Piano Playing (1927) ; What Every Piano 
Pupil Should Know ^Philadelphia 1928) ; Ornaments 
in Classical and Modem Music (Boston 1930). 

Hamilton (h'cmiltan), Foreststorn (Chico), 
* 21. 9. 1921 zu Los Angeles; amerikanischer Jazz- 
musiker, einer der Band-leader des West-coast- 
Jazz. Er spielte 1940 bei L. Hampton, 1941 bei L. 
Young, danach bei Count Basie, Ch. Bamet, 1952 
im Gerry Mulligan Quartet. Seit 1955 tritt er mit 
einem eigenen Quintett auf (Flöte, Violoncello, 
Gitarre, Baß und Schlagzeug). FL versucht als 
Schlagzeuger neben häufigen Tempo- und Takt- 
wechseln eine »melodische« Thematik auf ver- 
schiedenen Trommeln und Becken auszuarbeiten. 
Seine Arrangements streben zum Teil Atonalität 
sowie neuartige rhythmische und klangliche Ver- 
bindungen an. 

Hamilton (h'aemiltan), Iain, * 6. 6. 1922 zu 
Glasgow; schottischer Komponist, studierte nach 
5jähnger Ausbildung zum Ingenieur an der Royal 
Academy of Music in London (bis 1951), konzer- 
tierte mit dem Klarinettisten John Davies in Eng- 
land und anderen Ländern. 1952 wurde er Lehrer 
für Instrumentation am Morley College in Lon- 
don, 1955 Lehrer an der Londoner Universität. 
Er hielt Vorträge bei der BBC und veröffentlichte 
Studien über Hindcmith, Webern, Berg und an- 
dere zeitgenössische Komponisten. Werke: Ballett 
Clerk Saunders (1951), The Bermudas für Bar., Chor 
und Orch. (1957), 2 Symphonien (1950, 1951), 
Variationen für Streichorcb. (1948), Symphonie 
Variations (1953), Threnos für Streichorch. (1954), 
Sonate für Kammerorch. (1957), Klavierkonzert 
(1949), Klarinettenkonzert (1951), Violinkonzert 
(1952), Quintett für Klar, und Streichquartett 
(1949), Streichquartett (1950), Quartett für FL und 
Streiaitrio (1951), Streidioktett (1955), Klavier- 
trio (1954) und andere Kammermusik, Klavier- 
musik und Gesänge. 

Lit: A. Milner, Some Observations on the Music of 
L H., Mus. Times XCVH, 1956. 



Hammerschmidt 


Hamilton (h'aemüton), James Alexander, 
* 1785 und j 2. 8. 1845 zu London; englischer 
Musiktheoretiker, schrieb: Modem Instruction for 
the Piano-Forte, eine Reihe musikalischer Katechis- 
men, A New Theoretical Musical Grammar (London 
1841), Hamilton' s celebrated Dictionary (New York 
1842; 2. Auflage mit Tinctoris* »Diffinitorium« 
als Anhang, herausgegeben von J. Bischop) und 
übersetzte u. a. Cherubinis Kontrapunkt, Baillots 
Violinschule, Fröhlichs Kontrabaßschule, Vier- 
lings »Anleitung zum Präludieren« ins Englische. 

Hamm, Adolf, * 9. 3. 1882 zu Wickersheim bei 
Straßburg, f 15. 10. 1938 zu Basel; Schweizer Or- 
ganist, studierte Orgel bei E. Münch in Straßburg, 
H. Reimann in Berlin und K. Straube in Leipzig. 
Ab 1906 war er Münsterorganist und Lehrer am 
Konservatorium in Basel, wo er 1911-22 und wie- 
der ab 1926 den von ihm gegründeten Bach-Chor 
und 1915-20 den Basler Männerchor leitete. H. 
gehörte zu den besten, auch in Deutschland ge- 
schätzten Schweizer Organisten. 

Lit.: A. H.: Erinnerungsschrift, hrsg. v. P. Sacher, 
Basel 1942. 


Hamma Sc Co., deutsche Instrumentenhandlung, 
1864 in Stuttgart von Fridolin Hamma (1818-92) 
gegründet. Als jetzige Leiter zeichnen Fridolin 
(* 17. 9. 1881) und Emil Hamma (* 28. 12. 1883), 
Enkel des Gründers. Die Firma ist spezialisiert auf 
den Handel mit alten (Streich-) Instrumenten so- 
wie auf deren Begutachtung. Fridolin H. II ver- 
öffentlichte: Meisterwerke italienischer Geigenbau- 
kunst (Stuttgart 1933) und Meisterwerke deutscher 
Geigenbaukunst (Stuttgart 1948). 

Hammer, Adolf-* Furtwängler &Hammer. 


Hommerich, Angul, * 25. 11. 1848 und f 26. 4. 
1931 zu Kopenhagen; dänischer Musikforscher, 
Bruder von Asger Hamerik, begann seine Musik- 
studien auf dem Violoncell, studierte zunächst das 
Verwaltungsfach, gab aber eine Anstellung im 
Finanzministerium (1874-80) wieder auf. Ab 1876 
war er Mitarbeiter der Zeitschrift »När og Ijem«, 
wurde 1880 Musikreferent der »Nationaltidende«, 


habilitierte sich 1892 als Dozent für Musikwissen- 
schaft an der Universität Kopenhagen und übte 
sein Lehramt bis 1922 aus. H. war 1897 maßgeblich 
an der Gründung des musikhistorischen Museums 
in Kopenhagen beteiligt, das er dann leitete und 
dessen Katalog er herausgab ( Musikhistorisk Mu- 
seum, Kopenhagen 1909; deutsch Kopenhagen 

1911) . weitere Veröffentlichungen: Musikfor- 
eningens Historie 1836-1886 (Kopenhagen 1886), 
Musiken ved Christian den Fjerdes Hof (Kopenhagen 
1892; im Auszug wiedergegeben von C. Ellmg 
in: VfMw IX, 1893), Kammermusikforeningen 
1868-1893 und . . . 1868-1918 (Kopenhagen 1893 
und 1918), Studier over Bronzelureme i National - 
musoeet i Kjebenhavn (Aarboger for nordisk Old- 
kyndighed og Historie 1893; deutsch VfMw X, 
1894), Et historisk Orgel paa Frederiksborg Slot 
(Compenius ; in : Tidsskrift for Kunstindustri 1897), 
Studier over islansk Musik (Aarboger . . . 1899), 
Musih-Mindesmaerker fra Middelälderen i Danmark 
(Leipzig 1912; englisch von M. WilHams-Hamerik 
als Mediaeval Musical Relics of Denmark, Leipzig 

1912) ,J. P. E. Hartmann (Kopenhagen 1916), Dansk 
Musikhistorie indtil ca. 1700 (Kopenhagen 1921). 


Hommerschlag, Jdnos (Hans), * 10. 12. 1885 
zu Weinberg (bei Prag), f 21. 5. 1954 zu Budapest; 
ungarischer Komponist, Dirigent und Musikfor- 
scher, war in Budapest Schüler von H. Koessler 
und D. Antalffy-Zsiross, 1914-20 Musikkritiker 
beim »Pester Lloyd«. Am Nationalkonservatorium 
wirkte er als Lehrer für Komposition, Orgel und 
Musikgeschichte, ab 1947 bis zur Auflösung des 
Konservatoriums auch als dessen Verwaltungs- 
direktor. Zur Pflege der Musik des 16.-18. Jh. 
gründete er 1920 eine Karnmermusikvereimgung, 
die er 1923 in eine Madrigalgesellschaft umwan- 
delte. Er schrieb: Psalmenkantate für Chor und 
Orch. (1944), Kammermusik, Orgel- und Klavier- 
werke sowie Lieder. Neben einer Studie J. S . Bach 
(Budapest 1926) veröffentlichte H. eine größere 
Reihe von Zeitschriftenaufsätzen. 

H^mmerschmidt, Andreas, * 1611 zu Brüx 
(Böhmen), + 29. 10. 1675 zu Zittau; deutscher 
Komponist, war 1633/34 Organist der Gräflich 
Bünauschen Kapelle auf Wesenstein, 1635 Orga- 
nist an St. Petri in Freiberg (Sachsen), ab 1639 in 
gleicher Stellung an St. Johannis in Zittau. H. ist 
eine der bedeutendsten und in ihrer Zeit popu- 
lärsten Erscheinungen auf dem Gebiete der kirch- 
lichen Komposition in Deutschland neben H. 
Schütz, den er an Vielseitigkeit und Tiefe aller- 
dings nicht erreicht. Aber gerade durch seine grö- 
ßere Gefälligkeit und Glätte wurde er ein kräftiger 
Förderer des in Italien seit 1600 aufkommenden, 
durch Praetorius, Schein und andere nach Deutsch- 
land verpflanzten, konzertierenden Stils, besonders 
in seinen Dialogen. Die auf uns gekommenen 
Werke H.s sind : Erster Fleiß (Paduanen, Galliarden, 
Balletten, Mascharaden, Französische Arien, Cou- 
ranten und Sarabanden, 5st für Violen mit B.c. 
(2 Teile, 1636-39) ; Musicalische Andachten (5 Teile: 
I. 1638, Geistliche Konzerte, l-4st. mit B.c.; II. 

1641, Geistliche Madrigale, 4-6st mit B.c.; EL 

1642, Geistliche Symphonien 1- und 2st mit In- 
strumenten; IV. 1646, Geistliche Motetten und 
Konzerte, 5-12- und mehrst, mit doppeltem B.c.; 
V. 1652, Chormusik, 5- und 6st., mit einem Ge- 
dicht von H. Schütz »Aus guter Afifection und 
Freundschaf t«) ; Dialogi oder Gespräche zwischen 
Gott und einer gläubigen Seelen (2 Teile: I. 1645, 
2-4st mit B.c.; II. 1645, das Hohelied Salomonis 
in Opitz’ Übertragung, 1- und 2st. mit 2 V. und 
B.c.); Missae (nur Kyrie und Gloria, als Missae 
breves, 5-12st., 1663); Weltliche Oden (I/E: 1642, 
EI: 1649); Lob und Danklied aus dem 84. Psalm 
(9st., 1652); Motettae unius et duarum vocum (1649); 
Musikalisches Bethaus (FoL) ; Musicalische (2. Teil: 
Geistliche) Gespräche über die Evangelia (2 Teile: L 
1655, 4-7st. mit B.c.; II. 1656, 5-8st. mit B.c.); 
Fest-, Buß- und Danklieder (1658/59, 5 Sing- und 
5 Inkrumentalstimmen mit B.c.); Kirchen- und 
Tafelmusik (geistliche Konzerte, 1662) und Fest- 
und Zeit-Andachten (6st., 1671). 

Ausg. : »Dialogi oder Gespräche einer gläubigen Seele 
mit Gott«, 1. Teü, bearb. v. A. W. Schmidt, DTÖ 
VHI, 1 ; Ausgewählte Werke, hrsg. v. H. Leichten- 
trttt, DDT XL; Vokalsätze bei F. Commbr, Musica 
sacra, IE: je ein Satz zu 5 u. zu 6 St., XXTV: 4zu 6 St, 
XXV: je 2 zu 5 u. zu 6 St, XXVI: 2 zu 6 St, XXVEI: 
3 zu 6 St; eine 5 st Motette in Musica sacra XVI, 
hrsg. v. R. v. Hertzberg; 10 Kompositionen bei C. 
v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang H, Lpz. 1845, 


727 



Ham m erst ein 


Musikbeilage, Nr 111-20; hrsg. v. H. Mönkemeyer: 
»Erster Fleiß«, Hannover 1939, u. in Moecks’ Kam- 
mermusik (alles zu 3 St.): Ballett (24, 1939), Ballett u. 
Canzon 1 (25, 1943), Ballett u. Canzon 2 (26, 1942), 
Canzon 3 (27, 1942); Auswahl aus »Fest-, Buß- u. 
Danklieder« u. »Ihr lieben Hirten« (1655) hrsg. v. J. 
M. Bonhöte, Kassel 1951 u. 1952; »Ehre sei Gott in 
d. Höhe« für 5 Vokalst, u. Instrumente, hrsg. v. O. 
Richter, Gütersloh 1928; »Vom Leiden Christi« für 
4st. Chor, Org. u. Streicher, hrsg. v. A. Mendelssohn, 
Gütersloh 1929; »Es danken dir Gott die Völker« für 
S. oder T., 2 V., B.c., hrsg. v. W. Schulze, Bin 1949; 
dass. hrsg. v. P. Pidoux, Kassel 1953 ; ein Satz bei G. 
Grote, Geistliches Chorlied, Bin 1950; ders. in: 
Antiqua Chorbuch I, 5, hrsg. v. H. Mönkemeyer, 
Mainz (1952); 3 Lieder bei H. J. Moser, Alte Meister 
d. deutschen Liedes, Lpz. 21931 ; Dialog »Ich leide 
billig«, Riemann Beisp. 97; Dialog »Wende dich, 
Herr«, Davison-Apel Anth. n, 213; Kußlied (1642), 
Schering Beisp. 194; ein geistlicher Satz bei F. Jödb, 
Chorbuch II; im Hdb. d. ev. Kirchenmusik ein 6st. 
Satz öd, 1), »Halleluja! Freuet euch« für 3 Männerst, 
5st Chor u. B.c. sowie »Schmücket das Fest« für 2 S., 
A-, T., B., Instrumente u. B.c. (HI, 2). 
lit: A. Tobias, A. H., in: Mitt d. Ver. für d. Gesch. 
d. Deutschen in Böhmen IX, 1870; A. Tobias u. P. 
Stöbe, A. H., ebenda XXXIX, 1900; G.Schünemann, 
Beitr. zur Biogr. H.*s, SIMG XII, 1910/11 ; E. Stein- 
hard. Zum 300. Geburtstage d. deutsch-böhmischen 
Musikers A. H., = Slg gemeinnütziger Vorträge, Nr 
424/25, Prag 1914. - St. Temesväri, H.s »Dialogi«, 
Diss. Wien 1911 (maschr.); E. Richter, Die Dialoge 
A.H.S, in: Die Singgemeinde I, 1924/25; H.-O. 
Hudemann, Die protestantische Dialogkomposition 
im 17. Jh., Diss. Kiel 1941. 

H^mmerstein, Oscar, * 7. 5. 1848 zu Stettin; 
t 1. 8. 1919 zu New York; amerikanischer Ge- 
schäftsmann und Impresario deutscher Herkunft, 
ging 1863 nach den USA, erfand eine Maschine 
zur Herstellung von Zigarren, verfaßte Text und 
Musik zu 3 Schauspielen und baute in New York 
mehrere Theater und Opernhäuser, darunter zwei 
Manhattan Opera Häuser (1898 und 1906), für die 
er ein ausgezeichnetes Ensemble zusammen stellte. 
Der Erfolg seiner Aufführungen veranlaßte die 
Direktion der Metropolitan Opera Company 1910, 
einen Erlaß zu erwirken, nach dem H. in den USA 
10 Jahre lang keine Oper aufführen durfte. Er ging 
nach London, errichtete dort das London Opera 
House und kehrte nach den USA zurück. Sein 
Sohn Oscar (* 12. 7. 1895 zu New York) schreibt 
Libretti für Operetten und ist seit 1939 Direktor 
der American Society of Composers, Authors and 
Publishers (ASCAP). 

Hfinmerstein, Reinhold, * 9. 4. 1915 zu Läm- 
merspiel (Kreis Oflfenbach) ; deutscher Musikfor- 
scher, studierte 1934-39 an den Universitäten 
München und Freiburg (Breisgau) und promo- 
vierte 1940 in Freiburg mit einer Arbeit über Chr, Fr, 
D, Schubart (maschr j. Ab 1938 war er Assistent 
am musikwissenschaftlichen Seminar der Univer- 
sität Freiburg und leitete dessen Collegium musi- 
cum. 1946-58 wirkte H. als Dozent für Musik- 
geschichte an der Freiburger Staatlichen Hoch- 
schule für Musik, habilitierte sich 1954 an der 
Universität mit: Die Musik der Engel, Studien zu 
den musikalischen Jenseitsvorstellungen des Mittelalters 
(Druck in Vorbereitung), hidt 1955/56 vertre- 
tungsweise Vorlesungen und Übungen an der 
Universität BaseL Seit 1950 ist er im Schulfunk 
ständiger Mitarbdter am Südwestfunk. Veröffent- 


lichungen: Die Musik am Freiburger Munster 
(AfMw IX, 1952), Der Gesang der geharnischten 
Männer ; Eine Studie zu Mozarts Bachbild (AfMw 
xm, 1956). 

Hammond (h'aemand), Joan Hood, * 1912 zu 
Christchurch (Neuseeland) ; englische Sängerin 
(Sopran), studierte Musik am Konservatorium in 
Sydney, trat schon 1929 als Sängerin auf, studierte 
danach noch in Wien und London (D. Borgioli). 
1938 debütierte sie in Handels Messias und zählt 
als Bühnen- und Konzertsängerin zu den führen- 
den englischen Kräften. 

Hammond (h'semand), Richard, * 26. 8. 1896 
zu Kent; amerikanischer Komponist englischer 
Herkunft, studierte an der Yale University und bei 
N. Boulanger in Paris, schrieb für verschiedene 
Musikzeitschriften. Er komponierte Ballette, Or- 
chesterwerke (The Sea of Heaven; In an Upland 
Meadow ; Voyage to theEast mit Singst.); Kammer- 
musik und Vokalwerke. 

Hampel, Anton Joseph, * um 1705 in Böhmen, 
f 30. 3. 1771 zu Dresden; böhmischer Hornist, war 
ab 1737 Mitglied der Dresdner Hofkapelle. Es 
werden ihm verschiedene technische Verbesse- 
rungen seines Instruments zugeschrieben, ge- 
sichert scheint jedoch nur die von ihm um 1750 
ausgebildete Stopftechnik, wie sie aus den Lektio- 
nen »pro comui« (Bibliothek Dresden) ersichtlich 
ist. Seine Homschule Seule et vraie mithode pour 
apprendre facilement les Elements des I, et U. Cors 
(Paris 21798) gab sein bekanntester Schüler, Wen- 
zel Stich (Punto) heraus. Sein Sohn, Joseph H. 
der Jüngere, erhidt 1771 die Stelle des Vaters, 
nachdem er bereits vor 1768 in Thum und Taxis- 
schen Diensten in Regensburg gestanden hatte. 

Lit.: R. Engländer, Zur Musikgesch. Dresdens 
gegen 1800, ZfMw IV, 1921/22. 

Hampton (h'aempton), Lionel, * 12. 4. 1913 zu 
Louisville (Kentucky) ; amerikanischerjazzrn usiker, 
Klavierschüler von Teddy Weatherford, spidte 
1936-40 bei Benny Goodman (Trio, Quartett, 
Big-Band) als Vibraphonist und Schlagzeuger. 
Seitdem tritt H. mit einer dgenen Kapelle auf, 
der zahl räche bekannte Musiker angehörten und 
die vor allem für den Swingstil bedeutsam wurde. 
H.S Vitalität, seine ausgeprägte Improvisationsgabe 
und die starke rhythmische Präzision seines Spiels 
machten ihn zu einem der führenden Musiker des 
Jazz. 

Han, Ulrich Hahn. 

Hanboys (h'aenboiz), John (Hamboys), englischer 
Musiktheoretiker des 15. Jh., von geistlichem 
Stand, verfaßte wohl in der 2. Hälfte des 15. Jh. 
seinen Traktat über Mensuralmusik: Summa super 
musicam continuam et discretam, 

Ausg.: der Traktat bei CS I, S. 403-448. 

Hand, Ferdinand Gotthelf, * 15. 2. 1786 zu 
Plauen (Vogtland), f 14. 3. 1851 zu Jena; deutscher 
Schriftsteller, ab 1817 Professor der griechischen 
Literatur an der Universität Jena. Er gab eme Ästhe- 
tik der Tonkunst heraus (2 Bände, I: Leipzig 1837, 
H: Jena 1841; 21847). 

H a n d el Händel, Georg Friedrich. 


728 



Handschin 


Handel (Händel, Handl) -> Gallus, Jacobns. 

Handlo, Robert de, englischer Musiktheoretiker 
des 14. Jh. Seine Regulae cum maximis Magistri 
Franconis , cum additionibus aliorum musicorum sind 
von 1326 datiert. 

Ausg.: die »Regulae« bei CS I, S. 383-403. 

Handschin, Jacques, * 5.4. 1886 2 u Moskau, 
f 25. 11. 1955 zu Basel; Schweizer Musikforscher, 
studierte 1905 zunächst in Basel, dann in München 
Geschichte und Mathematik, Musik bei M. Reger, 
Orgelspiel bei K. Straube in Leipzig und Ch.-M. 
Widor in Paris. 1909-20 war er Lehrer (1914 Pro- 
fessor) des Orgelspiels am Konservatorium in St. 
Petersburg und wurde 1915 auch Organist der 
dortigen St. Petri-Kirche. Er entfaltete daneben 
eine fruchtbare Tätigkeit als Konzertorganist und 
Begleiter und gewann Bedeutung für die Verbrei- 
tung des Bachsdien Orgelwerks in Rußland 1920 
gründete er gemeinsam mit Professor Kowalenkow 
ein Laboratorium für Akustik, übersiedelte aber 
noch im selben Jahr nach Basel. Hier promovierte 
er 1921 und habilitierte sich 1924 mit Studien Über 
die mehrstimmige Musik der St. Martial-Epoche. 
1930 wurde er zum ao. Professor, 1935 als Nach- 
folger von K. Nef zum Ordinarius für Musikwis- 
senschaft an der Universität Basd ernannt. Dieses 
Amt versah er in der Stille seines Instituts bis in die 
letzten Monate seines Lebens. Auch dem Orga- 
nistendienst blieb er bis an sein Lebensende ver- 
bunden, ab 1921 an der Linsebühlkirche in St. 
Gallen, ab 1924 an St. Peter in Zürich und später 
an der Universitätskirche St. Martin in Basel. - 
H.s Verdienste um die europäische Musikwissen- 
schaft können nicht hoch genug veranschlagt wer- 
den. Durch seine scharfsinnige positive Kritik und 
seinen unbestechlichen Sinn für Rang in wissen- 
schaftlichen wie künstlerischen Belangen sowie 
durch seine ausgebreitete und tiefdringende Quel- 
lenforschung ist die musikalische Mediävistik ent- 
scheidend gäördert und die Wissenschaft der Mu- 
sikgeschichte auf vielen Gebieten fruchtbar ange- 
regt worden. Sein unermüdlicher Kampf gegen 
allgemein verbreitete bequeme Schlagworte im 
Musikschrifttum unserer Tage hat das terminolo- 
gische Gewissen der Forschung und Lehre wach- 
gehalten und geschärft. In seiner Lehre von der 
Eigenständigkeit des »Toncharakters« wurde der 
Musikpsychologie nach Überwindung des »Psy- 
chologismus« und »Historismus« ein neues imma- 
nent musikalisches Arbeitsfeld erschlossen, wonach 
es die Eigenart der Musik ausmacht, »daß sie in 
besonderem Maße auf rationalen Grundlagen be- 
ruht und dabei einen irrationalen Eindruck er- 
weckt« (in seinem grundlegenden Buch »Der Ton- 
charakter«, S. 404). Schriften: Choralbearbeitungen 
und Kompositionen mit rhytmischem Text in der 
mehrstimmigen Musik des XIII. Jh. (Diss. Basel 1923, 
maschr.; ein eigenes Referat davon gedruckt in: 
Universität Basel, Bericht der philologisch- 
historischen Abteilung der philosophischen Fakul- 
tät über die von ihr genehmigten Dissertationen 
aus dem Jahre 1924, Basel 1925); Mussorgski (== 
Hundertundzwölftes Neujahrsblatt der Allgemei- 
nen Musikgesdlschaft Zürich, 1924) ; C. Saint-Sacns 
(= Hundertundachtzehntes Neujahnblatt . . ., 
Zürich 1930) ; I. Strawinski (= Hundertundeinund- 
zwanzigstes Neujahrsblatt . . ., Zürich 1933); Das 


Zeremonienwerk Kaiser Konstantins (= Rektorats- 
Programm der Universität Basel 1941/42, Basel 
1942); Der Toncharakter (Zürich 1948); Musikge- 
schichte im Überblick (Luzern 1948); viele Aufsätze, 
Beiträge, Rezensionen und Kritiken, von denen 
hervorgehoben seien: Die ältesten Denkmäler men - 
sural notierter Musik in der Schweiz (AfMw V, 1923) ; 
Was brachte die Notre Dame-Schule Neues? (ZfMw 
VI, 1923/24) ; Eine wenig beachtete Stilrichtung . . . 
(SJbMw 1, 1924) ; Akustisches aus Rußland (Gedenk- 
boek Scheurleer, ’s-Gravenhage 1925, Neudruck 
in: Gedenkschrift J. H.); Zur Geschichte der Lehre 
vom Organum (ZfMw VIH, 1925/26); Ein mittel- 
alterlicher Beitrag zur Lehre von der Sphärenharmonie 
(ZfMw IX, 1926/27) ; Der Geist des Mittelalters in 
der Musik (Neue Schweizer Rundschau XX, 1927, 
Neudruck in: Gedenkschrift J. H.); Die Musikan- 
schauung des Johannes Scotus (Erigena) (DVjs. V, 
1927); Über Voraussetzungen , sowie Früh- und 
Hochblüte der mittelalterlichen Mehrstimmigkeit 
(SJbMw II, 1927); Zur Frage der melodischen Para- 
pftrasierung ... (ZfMw X, 1927/28); Angelomon- 
tana polyphonica (SJbMw HI, 1928) ; De aijfdrentes 
conceptions de Bach (SJbMw IV, 1929); Ueber 
Estampie und Sequenz (ZfMw XII-XIH, 1929/30 
bis 1930/31); Cembalo und Klavikord (SMZ LXX, 

1930) ; Gregorianisch-Polyphones . . . (Kmjb XXV, 

1930) ; Der Organum-Traktat von Montpellier (in: 
Studien zur Musikgeschichte, Festschrift G. Adler, 
Wien und Leipzig 1930); Die Rolle der Nationen in 
der mittelalterlichen Musikgeschichte (SJbMw V, 

1931) ; Bach au toumant des dpoques . . . (RM Xm, 

1932) ; Zur Geschichte von Notre Dame (AMI IV, 
1932); Zur Musikästhetik des 19. Jh. (DVjs. X, 
1932) ; A Monument o/English Mediaeval Polyphony. 
The Manuscript Wolfenbüttel 611 (Musical Times 
LXXm-liöOV, 1932-33); Die Schweiz , welche 
sang (Festschrift IC Nef, Zürich und Leipzig 1933) ; 
Erfordensia I (AMI VI, 1934) ; Die Modaltheorie . . . 
(Medium Aevum IV, 1935); Das Pedalklavier 
(ZfMw XVII, 1935) ; The Two Winchester Tropers 
(The Journal of Theological Studies XXXVII, 
1936); Bachs *Kunst der Fuge « und die Frage ihrer 
Wiederbelebung (SMZ LXXVH, 1937); Ueber die 
Laude. .. (AMI X, 1938); BJfiexions dangereuses 
sur le renouveau de la musique ancienne (in: Ätti del 
terzo congresso intemazionale di musica Firenze 
1938) ; Bis zur Wende des Mittelalters (in: Schweizer 
Musikbuch I, Zürich 1939); ^Antiochien, jene herr- 
liche GriechenstadU (AfMf VII, 1942); Ueber W. 
Byrd (SMZ LXXXV, 1945); Anselm? s Treatise on 
Music Annotated by Gqfori (MD II, 1948) ; Geschichte 
der Musik, Exotische Musik und Orgel, Orgelbau und 
Orgelspiel (in: Musica aetema, herausgegeben von 
G. Schmid, Band I, Zürich 1948) ; Gesungene Apolo- 
getik (in: Miscellanea liturgica in honorem L. C. 
Mohlberg II, = Bibliotheca »Ephemerides Litur- 
gicae« XXHI, 1949); Musicologie et musique (Kgr.- 
Ber. Basel 1949, auch in RIM Nr 9, 1950/51) ; The 
Summer Canon and its Background (MD in und V, 
1949 und 1951) ; Eine alte Neumensatrift (AMI XXII, 
1950); The >Timaeus< Scale (MD IV, 1950); Le 
chant Ecclisiastique Russe (AMI XXTV, 1952); La 
musique pay sonne russe (SMZ XCII, 1952) ; Conduc- 
tus-Spicilegien (AfMw IX, 1952); Zur Frage der 
Conductus-Rhythmik (AMI XXTV, 1952) ; Die Kir- 
chenmusik und die Frage der Wiedervereinigung der 
Kirchen (in: Bericht über den Internationalen Kon- 


729 



Handy 


groß für Kirchenmusik Bern 1952, = Publikatio- 
nen der Schweizerischen Musikforschenden Gesell- 
schaft n, 3); Sur quelques tropaires grecs . . . (Ann. 
Mus. II, 1954); Trope , Sequence 9 Conductus (in: The 
New Oxford History of Music Ü, London 1954) ; 
Überlegungen zu Bachs geschichtlicher Stellung (SM Z 
XCIV, 1954). 

Ausg.: Gedenkschrift J. H., hrsg. v. H. Oesch, Bern 
u. Stuttgart (1957, Aufsätze H.s u. Bibliogr.). 

Lit.: ln memoriam J. H., hrsg. v. H. Angl6s, G. 
Birkner, Ch. van den Borren, Fr. Brenn, A. Cara- 
petyan, H. Husmann u. C.-A. Moberg, Straßburg 
1958. 

Handy (h'andi), 'William Christopher, * 16. 
11. 1873 zu Florence (Alabama), f 28« 3. 1958 zu 
New York; amerikanischer Jazzmusiker und Ver- 
leger, studierte am Kentucky Musical College, reiste 
danach mit verschiedenen Truppen, ab 1915 mit 
einer eigenen Kapelle, zu deren Mitgliedern Buster 
Bailey und Damell Howard zählten. H. erblindete 
in den 30er Jahren. Er stabilisierte das 12taktige 
Blues-Schema und gab damit für die weitere Ent- 
wicklung des Jazz eine der wesentlichsten Anre- 
gungen (man nennt ihn »Vater des Blues«). Von 
seinen Kompositionen wurden am bekanntesten 
Memphis Blues (1912), der weltberühmte St. Louis 
Blues (1914), Yellow Dog Blues (1914), Beate Street 
Blues (1916), Loveless Love (1921), Aunt Hagar 9 s 
Blues (1922). Besondere Bedeutung gewann H. als 
Verleger von Jazzmusik sowie als Sammler und 
Herausgeber atro-amerikanischer Folklore: Blues , 
An Anthology (New York 1926), The Birth of the 
Blues (New York 1941), A Treasury of the Blues 
(New York 1949); Selbstbiographie: Father of the 
Blues (New York 1941). 

HanfF, Johann Nicolaus, * 1665 zu Wechmar 
bei Mühlhausen (Thüringen), f Ende 1711 oder 
Anfang 1712 zu Schleswig; deutscher Organist 
und Komponist, war um 1688 in Hamburg tätig, 
wo Mattneson zu seinen Schülern zählte. Spä- 
testens von 1696 bis 1705 war er Organist und Ka- 
pelldirektor am Eutiner Hof des Fürstbischofs von 
Lübeck, lebte danach wieder in Hamburg und 
versah in den letzten Monaten seines Lebens als 
Nachfolger P. Scheidemanns das Amt des Dom- 
organisten in Schleswig. Von seinen Kompositio- 
nen sind bekannt: 6 Choralvorspiele und die Kan- 
taten Gott sey uns gnädig , Alleluja der Tod ist ver- 
schlungen und Wolauff mein Herz. H. gehört zu den 
bedeutendsten Meistern der Choralbearbeitung 
der Zeit vor Bach. Seine im alten Musikalienkata- 
log der Michaelisschule in Lüneburg verzeichneten 
Werke scheinen verloren zu sein. 

Ausg. : die 6 Choralvorspiele bei K. Straube, Choral* 
Vorspiele Alter Meister, Lpz. 1907, u. bei R White, 
Masterpieces of Organ Music, NY 1949. 

Lit.: Th. Holm, Neue Daten zur Lebensgesch. J. N. 
H.s, Mf VH, 1954. - H. Schilling, T. Emccelius, Ft. 
Meister, N. H., ein Beitr. zur Gesch. d. ev. Frühkan- 
tate in Deutschland, Diss. Kiel 1937, Kiel (1938). 

Haifisch, Joseph, * 24. 3. 1812 und f 9. 10. 1892 
zu Regensburg; deutscher Organist und Kompo- 
nist, von seinem Vater (Organist an der alten Ka- 
pelle) und Proske ausgebildet, wurde 1829 zum 
Organisten am Dom in Regensburg ernannt. In 
dieser Stellung amtete er bis an sein Lebensende, 
nur durch einen Aufenthalt 1835/36 in Rom unter- 
brochen. Daneben war er noch Organist und 


Chordirigent der Niedermünsterkirche und ab 
1875 Lehrer an der Kirchenmusikschule. H. war 
ein Meister des kirchlichen Orgelspiels und der 
freien Improvisation. Er schrieb Messen, Motetten, 
Psalmen, Orgelvorspiele und mit Haberl eine 
Orgelbegleitung zum Graduale und Vesperale Ro- 

mannm . 

Lit.: Fr. X. Haberl, J. H., KmJb Vm, 1893. 

Hanke, Karl, * um 1750 zu Roßwald (Schlesien), 
t 10. 6. 1803 zu Flensburg; deutscher Komponist, 
1774 Schüler Glucks in Wien, 1776-78 Kapell- 
meister des Grafen Hadic-Roßwalde, vermählt 
mit der schon 20. 4. 1789 in Schleswig verstor- 
benen Sängerin Maria Anna Stormkin. Er lebte als 
Theaterkapellmeister 1778-81 in Brünn, dann bis 
1783 in Warschau. Über Breslau, Berlin, Ham- 
burg und Schleswig ging er 1791 als Stadtmusiker 
nach Flensburg und entwickelte dort eine rege 
musikalische Tätigkeit. H. schrieb eine Reihe von 
Opern und Singspielen, Ballette, Schauspielmu- 
siken (darunter eine Hochzeit des Figaro , 1785), 
Kirchenmusik, weltliche Gelegenheitswerke, Or- 
chesterwerke, Kammermusik und Lieder. 

Lit: A. Einstein, Ein Schüler Glucks, AMI X, 1938. 

Hann, Georg, * 30. 1. 1897 zu Wien, f 10. 12. 
1950 zu München; österreichischer Opernsänger 
(Baß), studierte an der Wiener Akademie für Mu- 
sik und darstellende Kirnst und gehörte ab 1926 
der Staatsoper München an, wo er u. a. den Sara- 
stro in Mozarts »Zauberflöte«, Daland in R. Wag- 
ners »Fliegendem Holländer« und Kothner in den 
»Meistersingern« sang. Seine hervorragende Cha- 
rakterisierungskunst kam vor allem in komischen 
Rollen zur Geltung, so in Mozarts »Don Gio- 
vanni« (als Leporello), Rossinis »Barbiere« (Bar- 
tolo), Lortzings »Zar und Zimmermann« (Van 
Bett) und »Waffenschmied« (Titelrolle), Nicolais 
»Lustigen Weibern« (Falstaff), P. ComdÖLUs* »Bar- 
bier von Bagdad« (Titelrolle) und R. Strauss* 
»Rosenkavalier« (Faninal). 

H qnnenheim , Norbert von, * 15. 5. 1898 zu 
Hermannstadt (Siebenbürgen) ; österreichischer 
Komponist, war 1922/23 Schüler Graeaers in 
Leipzig, 1928/29 von Jemnitz in Budapest, 1929 bis 
1931 von Schönberg in Berlin, schrieb Musik mit 
intdlektuali stischem Einschlag: Orchestermusik, 
darunter eine Phantasie für Streichorch. ; ein Kla- 
vierkonzert; Orgelsonate; Kammermusik’, Chor- 
werke und Lieder. 

Hgnnikainen, Toivo Ilmari, * 19. 10. 1892 zu 
Jyväskylä, f 25. 7. 1955 zu Helsinki; finnischer 
Pianist und Komponist, Sohn von Pekka Juhani 
H., studierte 1911-13 an der Universität und am 
Musikinstitut in Helsinki und setzte 1913/14 seine 
Studien an der Musikakademie in Wien fort (F. 
Schreker), 1915-17 bei Siloti in St. Petersburg und 
1919 bei Cortot in Paris. Er war 1917-19 und wie- 
der 1922 erster Klavierlehrer am Konservatorium 
in Helsinki, 1939-55 Professor an der Sibdius- 
Akademie. Mit Erfolg konzertierte er in Finnland 
und im Ausland. 1919-39 bildete er mit seinen 
Brüdern Tauno und Arvo H. ein Klaviertrio. Er 
schrieb Lieder mit KL und Orch., die Volksoper 
Talkoottanssit (Das Schnitterfest, 1930), ein Kla- 
vierquartett op. 1, ein Klavierkonzert op. 7 und 
Klaviermusik. 


730 



Wilhelm Hansen Musik-Forlag 


Hgnnikaincn, Pekka Juhani, * 9. 12. 1854 zu 
Nurmes, f 13. 9. 1924 zu Helsinki; finnischer 
Chordirigent und Komponist, studierte in Hel- 
sinki, war zunächst Musikkritiker, 1882-85 Diri- 
ent des Studenten-Chorvereins in Helsinki, 1887 
is 1917 Musiklehrer am Seminar in Jyväskylä, 
leitete viele Sängerfeste, redigierte 1887-91 die 
erste finnische Musikzeitschrift »Säveleitä« und gab 
finnische Volkslieder und Tänze sowie mehrere 
Hefte eigener Lieder und Chorlieder heraus. 

H^nnikainen, Tauno, * 26. 2. 1896 zu Jyväs- 
kylä; finnischer Violoncellist und Kapellmeister, 
Sohn von P. J. H., studierte 1914-17 m Helsinki, 
danach in Wien, Berlin, Mailand und Paris. Als 
Kapellmeister wirkte er 1922-27 an der Oper in 
Helsinki, 1927-40 beim Städtischen Orchester in 
Turku (Abo), 1942-47 beim Symphonieorchester 
Duluth, 1947-50 beim Chicago Civic Symphony 
Orchestra, dort 1948-50 auch beim Youth Or- 
chestra, 1949-51 beim Westshore Symphony 
Orchestra; seit 1951 ist er Kapellmeister des 
Städtischen Orchesters Helsinki. H. leitet auch das 
von ihm 1953 gegründete Jugendorchester in 
Helsinki und den gemischten Chor »Akateeminen 
Laulu«. 

H quanikain en, Väinö Atos, * 12. 1. 1900 zu 
Jyväskyla; finnischer Harfenist und Komponist, 
Sohn von P. J. H., studierte 1917-20 in Helsinki, 
1921-23 in Berlin und danach wiederholt in Paris. 
1923-57 war er Soloharfenist des Städtischen Or- 
chesters in Helsinki. Kompositionen: Ballett Onnen 
linna (Das Schloß des Glückes), symphonische 
Dichtung Tuhlaajapoika (Der verlorene Sohn), ein 
Harfenkonzert, Variationen für V. und Orch., 
Schauspiel- und Filmmusiken, Kantaten, kleinere 
Instrumentalwerke (darunter Harfensonate) und 
Lieder. 

Hanon (an'3), Charles Louis, * 1820 zu Aire- 
sur-Adour, + 19. 3. 1900 zu Boulogne-sur-Mer ; 
französischer Organist und Klavierlehrer, Schüler 
des Pariser Conservatoire, schrieb ein Klavier- 
Etüdenwerk Le pianiste-virtuose , das noch heute 
geschätzt wird (60 progressive Etüden zur Erzie- 
lung einer vollkommen gleichmäßigen Ausbil- 
dung aller Finger), auch eine Zusammenstellung 
Extraits des chefs-d* ceuvres des grands mattres und eine 
Mdthode ildmentaire de piano (50 instruktive Stücke) 
sowie eine Auswahl von 50 kirchlichen Gesängen 
(50 cantiques choisisparmi les plus populair es). Zu den 
pädagogischen Kuriositäten zählt sein Systbne 
nouveau . . . pour apprendre ä accompagner toutplain- 
chant . . . sans savoir la musique nebst zugehörigen 
Supplementen. 

Hans von Constanz -> Büchner. 

Hans (äs)^ Pierre, * 14. 2. 1886 zu Wasmuel bei 
Mons (Belgien); belgischer Konstrukteur, lernte 
verschiedene Instrumente spielen und war in der 
Komposition Schüler von G. Smulders, studierte 
dann Ingenieurwissenschaft an der Universität 
Lüttich. Er ist der Erfinder der Hans-Klaviatur, 
einer Verbindung von zwei diatonischen Tasta- 
turen, bei der die untere normal, die obere einen 
Halbton höher als die untere gestimmt ist, zu dem 
Zweck, die Klaviertechnik zu erleichtern: an 
Stelle der schwarzen Tasten der unteren Klaviatur 


sind die weißen der oberen zu benutzen, und um- 
gekehrt. 1932 trat er, wie so mancher andere er- 
folglos, hervor mit Vorschlägen für eine neue 
Notenschrift (Notation musicale »Continua«), die 
das. Schlüsselsystem vereinfacht und durch ver- 
schiedene Form der Notenköpfe den Wegfall aller 
Versetzungszeichen ermöglicht. 

Hansen, Cecilia, * 16. 2. 1897 zu Staniza Ka- 
menskaia (Südrußland) ; ehemals russische Violi- 
nistin, lebt in Heidelberg. Als Schülerin von L. 
Auer studierte sie 1910-16 am Petersburger Kon- 
servatorium, debütierte schon 1910. Seit 1921 
konzertierte sie mit allen bedeutenden Dirigenten 
in Europa, Amerika und im Femen Osten. Sie 
leitet eine Meisterklasse für Geige an der Musik- 
hochschule Heidelberg. 

Hansen, Christian Julius, * 6. 5. 1814 und 
t 15. 3. 1875 zu Kopenhagen; dänischer Kompo- 
nist, Schüler von J. P. E. Hartmann, wirkte als 
Gesanglehrer, Organist und Kantor an der Gami- 
sonkirche in Kopenhagen, wurde 1848 Dirigent 
des Studentengesangvereins und 1852 Königlicher 
Kammermusikus. Er schrieb zahlreiche, in dä- 
nischen Studenten- und Chorgesangskreisen sehr 
beliebt gewordene mehrstimmige Gesänge (Dejlige 
Öresund), Operettenparodien (Kong Rosmer , Vand- 
mellen i Apenineme , La massacratd ), auch eine 
Konzertouvertüre (Edur, im Kuhlauschen Stil), 
die er 1841 zu jenem Wettbewerb des Musik- 
vereins einsandte, dessen 1. Preis Gade mit seiner 
Ossian-Ouvertüre gewann. 

Hansen, Conrad, * 24. 11. 1906 zu Lippstadt; 
deutscher Pianist, studierte 1922-30 in Berlin als 
Meisterschüler von Edwin Fischer, der ihn in den 
Konzerten mit seinem Kammerorchester als So- 
listen herausstellte. Seit 1930 datiert seine inter- 
nationale Konzertlaufbahn. Seine Lehrtätigkeit be- 
gann 1932 als Assistent E. Fischers an der Musik- 
hochschule in Berlin, wo er 1932-44 eine Meister- 
klasse für Klavier am Stemschen Konservatorium 
leitete. Nach dem Krieg gründete er mit Wilhelm 
Maler und Münch-Holland die Detmolder Musik- 
akademie, an der er als Klavier-Professor tätig ist. 
Mit Erich Röhn und Arthur Troester bildet er seit 
1945 ein Klaviertrio. Als Herausgeber machte er 
sich um die Urtextausgabe der Klaviersonaten 
Beethovens verdient. 

Hansen, Emil Robert -> Robert-Hansen. 

Wilhelm Hansen Musik-Forlag, Musikver- 
lag, 1857 in Kopenhagen von Jens Wilhelm H. 
(1821-1904) gegründet, fortgefuhrt durch seine 
Söhne Jonas w . H. (1850-1919) und Alfred W.H. 
(1854-1921). Der Verlag erweiterte sich erheblich 
durch die Erwerbung der Verlage Homeman 
(1875), Homeman & Erslev, Lose, Plenge, Cohen 
und Risum (alle 1879) sowie Nordisk Musikforlag 
(H. Hennings; 1910); er besitzt Filialen in Frank- 
furt am Main, Stockholm und Oslo und ist der 

sik. feas Programm des Verlags umfaßt klassische 
Editionen, Werke zeitgenössischer Orchester- und 
Kammermusik, Chormusik, Unterhaltung- und 
Schlagermusik sowie musikalische Buchpubli- 
kationen. Die jetzigen Inhaber sind Alfred W. H.s 
Söhne Asger W. H. (* 1889) und Svend W. H. 


731 



Hanslick 


(* 1890) sowie Hanne (* 1927) und Lone W. H. 
(* 1929). 1957 erwarb die Firma einen Mehrheits- 
anteil der J. & W. Chester, Ltd., London. 

Lit : A, Kjerulf, 100 är blandt noder (Ein Jahrhun- 
dert mit Musik, Jubliläuxnsschrift), Kopenhagen 1957. 

Hanslick, Eduard, * 11. 9. 1825 zu Prag, f 6. 8. 
1904 zu Baden (bei Wien); deutscher Musik- 
forscher, Sohn des böhmischen Ästhetikers und 
Bibliographen Joseph Adolf H. (+ 2. 2. 1859), er- 
hielt den ersten Musikunterricht von Tomasek 
in Prag, studierte dort und in Wien Jura, promo- 
vierte 1849 zum Dr. jur. und trat in den Staats- 
dienst. Daneben begann er schon 1846 seine pu- 
blizistische Tätigkeit, zunächst an der »Wiener 
Musikzeitung«, ab 1848 als Musikreferent an der 
»Wiener Zeitung«, 1833-64 an der »Presse«, seit- 
dem an der »Neuen Freien Presse«, deren Feuilleton 
durch H. in der Musikwelt führend werden sollte. 
1856 habilitierte er sich für »Geschichte der Musik 
und Ästhetik« an der Universität Wien, wurde 
1861 zum ao. und 1870 zum o. Professor ernannt; 
1886 erhielt er den Titel Hof rat, 1895 trat er in den 
Ruhestand. - H. war vor allem durch sein Buch 
Vom Musikalisch-Schönen (1854) allgemein be- 
kannt geworden. Der Kern dieses berühmten und 
weitverbreiteten Buches ist in dem viel mißver- 
standenen Satz enthalten: »Der Inhalt der Musik 
sind tönend bewegte Formen.« Damit protestierte 
H. grcen die »empfindliche Flachheit« (Lotze), 
Gefühle als den unmittelbaren Inhalt, ihre Über- 
tragung als nächsten und einzigen Zweck der Mu- 
sik anzusehen. Sein Prager Jugendfreund Ambros 
trat ihm 1856 mit seinem Buch über »Die Grenzen 
der Poesie und Musik« entgegen. So karp es zu 
einer Verschärfung des Widerstreites zwischen 
Form- und Ausdrucksästhetik in der Musik. Die 
grundsätzlichen Auseinandersetzungen ihrer Ver- 
treter sind aber nur verständlich im Zusammen- 
hang mit der tiefgreifenden Wandlung, die sich 
um die Mitte des 19. Jh. im Musikleben wie im 
Geistesleben und wissenschaftlichen Denken voll- 
zogen hat. Sie ist durch das Zurückweichen der 
philosophischen Spekulation aus den Einzel- 
wissenschaften gekennzeichnet. Damit wurde auch 
die Wissenschaft der Musikgeschichte und der 
Ästhetik vor neue Aufgaben gestellt, die H. er- 
folgreich aufgejgnfFen hat. Er lehrte das Ineins von 
Form und geistigem Gehalt des musikalischen 
Kunstwerks, eine immanente spezifisch musika- 
lische Schönheit. Damit darf H. zugleich als der 
Entdecker jenes formalen Stilbegrifts bezeichnet 
werden, den H. Riem an n und G. Adler dann in die 
Musikforschung eingeführt haben. In seiner Mu- 
sikauffassung wußte H. sich dem Wiener Klassi- 
zismus und der Romantik in der Musik verbunden, 
so daß er sich von den »Wortführern der Zukunfts- 
musik« sowie von R. Wagner und dessen Lehre 
von der »unendlichen Melodie als der zum Prin- 
zip erhobenen Formlosigkeit« in dem Maße ab- 
wandte, wie er sich zu J. Br ahms hingezogen 
fühlte. Wagners Gegnerschaft zu H. kam dar fri 
zum Ausdruck, daß er der Gestalt des Merkers in 
den Meistersingern (erster Schott zugesandter Ent- 
wurf) den Namen »Häuslich« gegeben hat. Werke: 
Vom Musikalisch-Schönen. Ein Beitrag zur Revision 
der Ästhetik der Tonkunst (Leipzig 1854, 151922; 
französisch 1877, spanisch 1879, italienisch 1884, 

732 


norwegisch 1885, englisch 1891, russisch 1895, ja- 
panisch 1924) ; die wertvolle Arbeit Geschichte des 
Concertwesens in Wien (2 Bände, Wien 1869/70); 
seine Musikkritiken und Feuilletons erschienen ge- 
sammelt und überarbeitet in folgenden Büchern: 
Aus dem Concertsaal 1848-68 (Frankfurt am Main 
1872, München-Berlin 21886); Galerie franzö- 
sischer und italienischer Tondichter (Berlin 1874); 
Die moderne Oper . Kritiken und Studien (in 9 Bän- 
den, alle Berlin: 1. 1875; II. Musikalische Stationen, 
1880; HI. Aus dem Opemleben der Gegenwart, 1884; 
IV. Musikalisches Skizzenbuch, 1888; V. Musika- 
lisches und Litterarisches, 1889; VI. Aus dem Tage- 
buche eines Musikers, 1892; VII. Fünf Jahre Musik 
('1891-1895), 1896; VIII. Am Ende des Jahrhunderts 
(1895-1899), 1899; DC. Aus neuer und neuester Zeit, 
1900; die 9 Bände erschienen sämtlich 1911 in 
Neuauflagen). Dazu kommen: Suite (Wien Te- 
schen 1884); Concerte, Componisten und Virtuosen 
der letzten 15 Jahre, 1870-1885 (Berlin 1886, 41896) ; 
und seine musik- und kulturhistorisch besonders 
wertvolle Selbstbiographie Aus meinem Leben 
(2 Bände, Berlin 1894, 4 1911). Auch gab H. nach 
Billroths Tod dessen Schrift »Wer ist musikalisch?« 
heraus (Berlin 1895, *1912). 

Lit. : Fr. Stade, Vom Musikalisch-Schönen, Lpz. 
1870, 21904; O. Hostinsky, Das Musikalisch-Schöne 
u. d. Gesamtkunstwerk v. Standpunkte d. formalen 
Ästhetik, Lpz. 1877; Fr. v. Hausegger, Die Musik 
als Ausdruck, Wien 1885; R. Hirschfeld, Das kri- 
tische Verfahren E. H.s, Wien 31895; F. Printz, Zur 
Würdigung des musik-ästhetischen Formalismus E. 
H.s, Lpz. 1918; R. Schäfke, E. H. u. d. Musikästhe- 
tik, Lpz. 1922; R. Haas, E. H., in: Sudetendeutsche 
Lebensbilder I, Reichenberg 1926; St. Deas, In De- 
fence of H., London 1940; E. Stange, Die Musikan- 
schauung E. H.s, Diss. Münster 1954 (maschr.). 

Hanson (h'aenson), Howard Harold, * 28.10. 
1896 zu Wahoo (Nebraska) ; amerikanischer Kom- 
ponist, studierte am Luther College in Wahoo, am 
Institute of Musical Art in New York (Komposi- 
tion bei Goetschius) und an der Northwestern 
University in Evanston (Illinois). 1916 wurde er 
Lehrer für Theorie und Komposition am Pacific 
College in San Josd (California) und 1921 Dekan 
des damit verbundenen Konservatoriums für Mu- 
sik. Ebenfalls 1921 erhielt er den Rompreis der 
Amerikanischen Musikakademie und weilte bis 
1924 in Rom. Seit 1924 ist er Leiter der Eastman 
School of Music in Rochester. Er komponierte 
Oper Merry Mount (New York 1934), 5 Sympho- 
nien (1. Nordic, 2. Romantic, 3. Delaware , 4. Re- 
quiem, 5. Sinfonia Sacra), Symphonie Legend, Sym- 
phonie Rhapsody, Nortn and West, die sympho- 
nischen Dichtungen Before the Daum, Exaltation, 
Lux aeterna (mit obligater Va), Pan and the Priest 
(mit obligatem KL), Orgelkonzert, Konzert für 
Org., Streicher und Harfe; Klavierkonzert G dur, 
Chorwerke The Lamerti for Beowulf, Heroic Elegv, 
Drum Taps (Whitman), The Cherubic Hymn, How 
Excellent Thy Name, Kammermusik (Streichquar- 
tett, 2 Klavierquintette), Klavierwerke und Lieder. 
Lit: B. C Tuthill, H. H., MQ XXII, 1956. 

H an g ge n s, Charles Louis Joseph (der ältere), * 4. 

5. 1777 zu Gent, j* 6. 5. 1852 zu Brüssdi; belgischer 
Dirigent und Komponist, erhidit seine Ausbildung 
in Gent und von B ertön in Paris, war Theater- 
kapellmeister in Gent, Amsterdam, Rotterdam 


d’Harcourt 


und Utrecht, weiter (1804) in Antwerpen, aber- 
mals in Gent und 1825 in Brüssel am Th&tre de la 
Monnaie, wo er zugleich mit der Direktion des 
Conservatoire betraut wurde. 1831 verlor er durch 
die politischen Ereignisse beide Stellungen, fun- 
gierte aber 1835-38 nochmals als Theaterkapell- 
meister (die Direktion des Conservatoire war 1833 
Föns übertragen worden) und zum drittenmal 
1840, zugleich als Mituntemehmer, wodurch er 
pekuniär ruiniert wurde. H. komponierte mehrere 
Opern, 6 Messen und einige andere kirchliche 
Gesangswerke. 

Hanssens, Charles-Louis (der Jüngere), * 12. 7. 
1802 zu Gent, t 8. 4-. 1871 zu Brüssd; belgischer 
Komponist, Autodidakt, trat bereits lOjährig als 
Cellist in das Orchester des Amsterdamer National- 
theaters ein, avancierte 1822 zum 2. Kapellmeister, 
ging 1824 in gleicher Stellung nach Brüssel und 
wurde 1827 Harmonieprofessor am Conservatoire, 
verlor, wie der ältere H., beide Stellen 1831, lebte 
zunächst in Holland, 1834 als 2. Dirigent des 
Th&tre Ventadour in Paris, 1835 an der Franzö- 
sischen Oper im Haag, wieder in Paris und Gent, 
wurde 1848 als Kapellmeister an das Th&tre de la 
Monnaie nach Brüssel berufen und bekleidete 
diese Stellung bis 1869, 1851-54 zugleich als 
Opemdirektor. H. komponierte einige Opern, 
14 Ballette, 9 Symphonien, 26 Ouvertüren, Or- 
chesterfantasien, je ein Cello- und Violinkonzert, 
2 Klarinettenkonzerte, eine Symphonie concer- 
tante für Klar, und V., Messen, ein Requiem und 
Kantaten. 

Lit.: L. De Burbure, Notice sur Ch. L. H., Brüssel 
1872; L. Bärwolf, Ch.-L. H., Brüssel 1894. 

Harant, Christof, Freiherr von Poläic und Bez- 
druric, * 1564 auf Burg Klenau, f (hingerichtet) 
21. 6. 1621 zu Prag; böhmischer Komponist, er- 
langte seine musikalische Ausbildung 1576-84 am 
Hofe Erzherzog Ferdinands in Innsbruck (Gerard 
van Roo, Alexander Utendal). 1598/99 unternahm 
er eine Reise ins Heilige Land (tschechische Reise- 
beschreibung Prag 1608; deutsch als Christlicher 
Ulysses , Nürnberg 1678), 1614-15 besuchte er 
Spanien. Zwischen 1609 und 1615 trat er der refor- 
mierten Kirche bei, beteiligte sich 1618 am Stände- 
aufstand und war 1619 Artilleriekommandant und 
Kriegskommissar im Feldzug gegen Wien. Nur 
ein Bruchteil seiner Werke scheint erhalten: Qui 
confidunt (6st. Motette, in der Reisebeschreibung), 
die 5st. Motette Maria Cron (in Klingensteins 
»Rosetum Marianum«, 1604) und die 5st. Missa 
super Dolorosi Maxtyr nach Marenzios Madrigal, 
in Weißensees »Opus melicum«, 1612). Von den 
Motetten Kdy£ tobt Pdn Büh, Psallite Domino in 
Cythara , Dies est laetitiae und Qui vult venire ist nur 
die Altstimme erhalten. 

Ausg.: GA, hrsg. v. J. Berkovec, Prag 1956. 

Lit.: J. Berkovec, KryStof Harant, Diss. Prag 1951 
(maschr.); vgl. auch die Einleitung der GA; R. 
Quoika, Christoph Harant v. Polschitz u. seine Zeit, 
Mf VII, 1954. - Z. Nejedl*, Ch. H. z Polric, in: Sme- 
tana, Prag 1921; W. Senn, Musik und Theater am 
Hof zu Innsbruck, Innsbruck 1954; J. Racek, Ceskä 
hudba, Prag 1958. CSch 

Haraszti (h'arasti), Emil, * 1. 11. 1885 zu Nagy 
Värad (Ungarn); ungarischer Musikforscher, 
Schüler von E. von Farkas (Komposition), studierte 


Musikwissenschaft in Leipzig und Paris und pro- 
movierte 1907. 1917 habilitierte er sich als Privat- 
dozent für Musikgeschichte an der Budapester 
Universität, übernahm im gleichen Jahr die Lei- 
tung der Musikabteilung an der National-Biblio- 
thek, war 1920-28 Direktor des Budapester Natio- 
nal-Konservatoriums, 1940 Professor an der Uni- 
versität Budapest. H. lebt seit Ende des letzten 
Krieges in Paris. Veröffentlichungen (Auswahl): 
Wagner et la Hongrie (Budapest 1916) ; Le problhne 
du Leitmotiv (RM IV, 1923) ; Einßihrung zur Publi- 
kation der Denkmäler der Tonkunst in Ungarn (unga- 
risch, Magyar Könyvszemle XXXm/XXXIV, 
1926/27); Schallnachahmung und Bedeutungswandel 
in der Instrumentenkunde mit Rücksicht auf die unga- 
rische Organographie (Budapest 1928); Un grand 
luthiste du XVI* sihle: Valentin Bakfark (Rev. de 
MusicoL Xm, 1929) ; A Zenei formak törten (Gesch. 
der mus. Formen, Budapest 1930); Bartök Bila 
(ungarisch, Budapest 1930) ; La musique de chambre 
de B. Bartök (RM XI, 1930) ; La question tzigano- 
hongroise dans Vhistoire de la musique (Kgr.-Ber. 
Lüttich 1930) ; Sigismond Bathory ... et la musique 
italienne (Rev. de MusicoL XV, 1931, = Tome 
XII) ; Fitis fondateur de la musicologie comparie (AMI 
IV, 1932); La musique hongroise (Paris 1933); Les 
rapports italo-transylvains d*ll Transilvano de Giro- 
lamo Diruta (Mdanges L. de La Laurende, Paris 
1933); Fr. Liszt ä Paris (RM XVII, 1936); Le 
problkme Liszt (AMI IX-X, 1937-38); A tdnc 
törtdnete (Gesch. des Tanzes, Budapest 1938); Bila 
BartÖk , His Life and Works (Paris 1938); Berlioz t 
Liszt et la Marche de Rdkoczi (MQ XXVI, 1940); 
Musik und Feste zur Zeit von Mathias Corvinus 
und Beatrix und König Mathias Corvinus auf 
dem Opemtheater (beides ungarisch, in: Mdtyas 
kiräly emlekkönyv, Budapest 1940); Die Autor- 
schaft an Fr. Liszts literarischen Werken (in: Unga- 
rische Jahrbücher XXI, Budapest 1941); Piero 
Bono , luthiste de Mathias Corvin (in: Corvina 1942 
und Rev. de MusicoL XXXI, 1949 = Tome 
XXVm) ; Fr. Liszt , icrivain et penseur (Rev. de 
MusicoL XXVI, 1944, =■ Tome XXIII, englisch in 
MQXXXm, 1947); UnCentenaireromantique:Ber- 
lioz et la Marche hongroise d’aprh des documents inidits 
(Paris 1946); Les origines de Vorchestration de Fr. 
Liszt (Rev. de MusicoL XXXHI, 1952, = Tome 
XXXI); Genäse des Priludes de Liszt (ebenda 
XXXV, 1953, = Tome XXXII) ; Les musiciens de 
Mathias Corvin et de Biatrice d* Aragon (in: La 
musique instrumentale de la Renaissance, Paris 
1955) ; Unefite depaon h St-Julien de Tours en 1547 
(in: M&anges Masson I, Paris 1955); La technique 
des improvisateurs de langue vulgaire et de latin au 
Quattrocento (RBM IX, 1955); P.-L. Dietsch und 
seine Opfer (Mf VHI, 1955); Uiliment latin dans 
V oeuvre de Chopin (Chopin-Jahrbuch, Wien 1956). 

d’Harcourt (ark'u:^, Eugfcne, * 2. 5. 1859 zu 
Paris, f 4. 3. 1918 zu Locarno; französischer Kom- 
ponist, Schüler von Savard, Durand und Massenet 
am Conservatoire, studierte noch bis 1890 in Ber- 
lin unter A. Schulze und Bargid, rief dann in 
Paris Volkskonzerte in eigenem Saale (Salle 
d’Harcourt) ins Leben, die aber bald wieder ein- 
gingen. Anfan g 1900 nahm er sie in veränderter 
Gestalt wieder auf ab Grands oratorios ä Feglise 
St-Eustache. H. komponierte u. a. eine Messe 


733 



cTHardelot 


(Brüssel 1876), die Oper Tasso (Monte Carlo 
1903), 3 Symphonien, 2 Streichquartette. Auch 
übersetzte er Schumanns »Genoveta« und Webers 
»Freischütz« ins Französische. Schrieb: Quelques 
remarques sur Vextcution de Tannhaeuser ä V Optra de 
Paris (Paris 1895), Apergu analytique de la l'-9* 
Symphonie de Beethoven (Paris 1898) und berich- 
tete über eine mit staatlicher Subvention unter- 
nommene Studienreise in La musique actuelle en 
Italic (Paris 1907) und La musique actuelle en Alle- 
magne et en Autriche-Hongrie (Paris 1908). 

d’Harddot (ardTo), Guy (eigentlich Helen Rho- 
des, geb. Guy), * 1858 zu Chäteau d’Hardelot bei 
Boulogne-sur-Mer, f 7. 1. 1936 zu London; fran- 
zösische Komponistin, wurde am Pariser Conser- 
vatoire ausgebüdet und ließ sich nach ihrer Heirat 
in London nieder. Sie schrieb die Operette Elle et 
Lui und populäre Lieder, darunter Sans toi 9 
Tristesse ; Sous les branches , Truelove land. 

Harder, Augustin, * 17. 7. 1775 zu Schöner- 
stadt bei Leismg (Sachsen), f 29. 10. 1813 zu Leip- 
zig; deutscher Komponist, studierte anfänglich m 
Leipzig Theologie, widmete sich aber dann ganz 
dem Musikunterricht und war zeitweilig populär 
als Komponist volksmäßiger Lieder, auch solcher 
mit Gitarre, und von Stücken für Gitarre. 

Lit: L. Gelber, Die Liederkomponisten A. H., F. H. 
Himmel, F. F. Hurka, C. G. Hering, Diss. Bin 1936. 

Hardin (h'a:cbn), Lil (eigentlich Lilian), * 1903 
zu Memphis (Tennessee); amerikanische Pianistin, 
studierte an der Fisk University und trat in Jazz- 
orchestem auf. Sie heiratete 1924 L. Armstrong, 
den sie in der Kapelle King Olivers kennengelemt 
hatte. 

H a r din g (h'ardiri), Harry Alfred, * 25. 7. 1855 
zu Salisbury, f Oktober 1930 zu Bedford; eng- 
lischer Kirchenmusiker, Schüler von Corf e, Orga- 
nist und Dirigent in Sidmouth, zuletzt Kirchen- 
kapellmeister und Organist an der Hauptkirche in 
Bedford, Komponist von Kirchenmusik, einer 
dramatischen Kantate Mucius Scaevola , Bühnen- 
musik zu dem Kinderspiel Psyche , Liedern und 
Klavierstücken; schrieb: Analysis of Form in 
Beethovens Pianoforte Sonatas (London- Washington 
1890); Musical Ornaments (London 1898); Alusi- 
veness in Musical Composition (1908). 

H^rdörfer, Anton, * 1Z 6. 1890 zu Fürth; deut- 
scher Chorleiter, studierte Musik bei H. Schmidt, 
gründete 1917 den nach ihm benannten Chor 
(Neuer Chorverein in Nürnberg), mit dem er sich 
besonders für moderne a-cappella-Werke ein- 
gesetzt hat. 1921—27 leitete er auch den Lehrer- 
gesangverein Fürth und wurde 1926 Dirigent des 
»Vereins für klassischen Chorgesang« in Nürnberg. 
1927 ging er als Lehrer für Chorgesang, Chor- 
dirigentenausbildung und Orchesterleitung an die 
Folkwangschule nach Essen, der er 1943-56 als 
Direktor Vorstand. 1947 wurde er Professor. H. 
schrieb einen Beitrag zum 10. Todestag von L. 
Weber (in: Jahresgabe 1958 der L.-Weber-Gesell- 
schaft). 

Harich-Schneider, Eta, * 16. 11. 1897 zu Ora- 
nienburg (Berlin); deutsche Cembalistin, bei 
Breithaupt und Bertram in Berlin ausgebüdet, war 

734 


bis 1930 als Konzertpianistin, vorwiegend mit zeit- 
genössischen Programmen, tätig. Ab 1930 studier- 
te sie Cembalo bei W. Landowska in Paris und 
war 1933-39 Leiterin der Cembaloklasse an der 
Berliner Hochschule für Musik. 1941-49 blieb sie 
in Tokio zu Konzerten, akademischen Kursen und 
Musikstudien, lebte 1949-55 in New York, von 
wo aus sie mit ihren »Baroque Chamber Music 
Players« Tourneen durch Amerika unternahm. 
Zur Fortsetzung ihrer wissenschaftlichen Arbeiten 
in Japan erhielt sie mehrfach Guggenheim-Sti- 
pendien, studierte Japanologie, Sinologie und So- 
ziologie in New York. 1955 folgte sie einem Ruf 
als Leiterin der Cembaloklasse an die Wiener 
Musik-Akademie. Veröffentlichungen: Fray To- 
rnas de Santa Maria: >Anmut und Kunst am Clavi- 
chord « (aus dem Spanischen übersetzt, mit R. 
Boadella, Leipzig 1937); Die Kunst des Cembalo- 
spiels (Kassel 1939, *1957); Gendai Ongdku to 
Nippon no Sakkyokusha (Moderne Musik und ja- 
panische Komponisten, Tokio 1949, japanisch); 
Kleine Schule des Cembalospiels (Kassel und Basel 
1952) ; The Present Condition of Japanese Court Music 
(MQ XXXIX, 1953) ; The Harpsichord (Kassel und 
St. Louis 1953) ; The Rhythmical Pattems in Gagaku 
and Bugaku (Leiden 1954; dazu L. Picken und E. 
B. Ceadal in ML XXXVI, 1955). 

Harlan, Peter, * 26. 2. 1898 zu Berlin-Char- 
lottenburg; deutscher Instrumentenbauer, erlernte 
den Instrumentenbau 1915-18 bei Emst Kunze in 
Markneukirchen, erÖffnete 1921 eine eigene Werk- 
statt, in der er alte Instrumente wie Cembali, Cla- 
vichorde und Lauten nach alten Vorlagen baut. 
Seit 1925 berichtet er auf Vortragsreisen über 
seine Erfahrungen beim Bau und Spid alter Instru- 
mente. 1945 ubersiedelte H. auf die Burg Stem- 
berg-Iippe, wo er seine Werkstatt, eine musik- 
historische Bibliothek und eine Schule für Haus- 
musik einrichtete. 

Harling (h'a:lirj), William Franke, * 18. 1. 
1887 zu London; amerikanischer Komponist, stu- 
dierte in New York, an der Royal Academy of 
Music in London und bei Th. Ysaye in Brüssel, 
war Organist in Brüssel (1907/08) und an der West 
Point Military Academy (1909/10). H. lebt als 
Fi l mk omponist in Hollywood. Kompositionen: 
die Bühnenwerke A Light from St Agnes (Chicago 
1925) und Deep River (New York 1926); das 
Orchesterwerk Venetian Fantasy ; ein Jazz Concerto . 

H?rmati, S dndor, * 9. 7. 1892 zu Budapest, f 3. 

4. 1936 zu Flemington (New York) ; ungarischer 
Dirigent, Schüler der Budapester Musikakademie, 
ging 1914 nach den USA und wurde P rimarim des 
Lctz-Quartetts, dann des Lenox-Quartetts in New 
York. Ab 1922 trat er als Dirigent hervor und lei- 
tete 1925—30 das Symphonie-Orchester Omaha 
(Nebraska). Er schrieb 3 Streichquartette, 2 sym- 
phonische Dichtungen (eine erhielt 1922 den Pu- 
litzer-Preis), Musik zu The Jewelled Tree (1926), 
Orchesterwerke, Violinstücke, Orchester- und 
Klavierlieder. 

Harnisch, Otto Siegfried, * um 1568 zu 
Reckershausen (bei Göttingen), begraben 18.8. 
1623 zu Göttingen ; deutscher Komponist, studierte 
an der Universität Helmstedt, war 1588 Kantor an 
St Blasius in Braunschweig und 1593 an der Par- 



Hanison 


tikularschule in Helmstedt, 1594-1600 in gleicher 
Stellung am Gymnasium in Wolfenbüttel, wirkte 
dann als Kapellmeister am Hofe des Herzogs von 
Braunschweig und Lüneburg und zuletzt als Kan- 
tor am Pädagogium in Göttingen. Er gab heraus: 
Neue kurzweilig deutsche Liedlein zu 3 St. (3 Teile: 
1587, 1588, 1591), Neue auserlesne deutsche Lieder 
zu 5 und 4 St. (1588), Fasciculus novus selectissi- 
marum cantionum 5, 6 et plurium vocum (1592), Hör - 
tulus lieblicher lustiger und höflicher deutscher Lieder 
(4-8st., 1604), Rosetum musicum (1617; 3-6st. 
Tanzstücke, Villanellen und Madrigale), Psalmodia 
nova Simplex et harmonica (4st., 1621), 5st. Passio 
Dominica . . . aus dem Evangelisten Sana Johanne 
(1621), 5st. Resurrectio Dominica (1621; Aufer- 
stehungshistorie, Evangdienharmonie). Theore- 
tische Schriften: Idea musica (1601) und Artis 
musicae delineatio (1608). 

Ausg.: 4 Sätze, in A. Fehlbehr, Ernste u. heitere 
deutsche Lieder, Kassel 1933; Fr. Jöde, Chorbuch 
IV (ein weltlicher Satz) u. VI (3 geistliche Sätze), 
lit.: H. O. Hiekel, O. S. H., Leben u. Werk, Diss. 
Hamburg 1956 (maschr.). - W. Vetter, Das früh- 
deutsche Lied, — Universitas- Arch. VIII, 2 Bde, 
Münster 1928, in Bd II: 3 Lieder. 

Harrer, Johann Gottlob, * 1703 zu Görlitz, 
j* 9. 7. 1755 zu Karlsbad; deutscher Komponist, 
war ab 1722 Student in Leipzig, dann in Italien 
auf Kosten des Grafen Brühl, in dessen Privat- 
kapelle er ab 1731 tätig war. Auf Betreiben des 
Grafen wurde er auch 1750 J. S. Bachs Nachfolger 
im Thomaskantorat. Er war, wie es scheint, in 
erster Linie Instrumentalkomponist: 27 Sinfonien, 
24 Partien verschiedener Konzerte, 3 Oboentrios, 
51 Duette für Hüte doucc und Klaviersonaten. 
Bekannt sind aber auch mehrere Oratorien und 
Passionen sowie einige Psalmen (vieles hand- 
schriftlich in der Leipziger Stadtbibliothek und^der 
Deutschen Staatsbibliothek Berlin). 

Lit.: A. Schering, Der Thomaskantor J. G. H., 
Bach-Jb. XXVIII, 1931; ders.. Mg. Lpz.s HI, Lpz. 
1941. 

Harris (h'aeriz), Roy, * 12. 2. 1898 zu Lincoln 
County (Oklahoma) ; amerikanischer Komponist, 
erhielt ersten Musikunterricht 1919, später bei 
Farwdl und 1926-28 bei N. Boulanger in Paris. 
H. war 1934-38 Kompositionslehrer an der West- 
minster Choir School in Princeton (New Jersey) 
und wirkte als Komponist für verschiedene 
Colleges, so 1951-56 für das Pennsylvania College 
for Women in Pittsburgh. Seine Kompositionen 
zeigen eine gediegene Technik, die häufig kontra- 
punktische Bildungen verwendet. Kompositionen: 
Orchesterwerke, darunter 7 Symphonien, Suiten 
und einzelne Sätze; ein Konzert für 2 KL (1946), 
zwei Klavierkonzerte (1944 und 1953) und ein 
Violinkonzert (1948-49); Chorwerke mit Orch. 
(darunter audh die 4. Symphonie), mit Klavier- 
begleitung und a cappella: Song for Occupations 
(8st.), Story ofNoah (8st) und Sanctus (4st.); Kam- 
mermusik, darunter zwei Streichquartette und 
Impressions of a Rainy Day für Streichquartett, ein 
Quintett, em Sextett und Klaviermusik; Film- 
musiken und Gelegenheitsarbeiten für Blasorch. 
sowie Bearbeitungen. 

Lit: W. Piston, R. H., in: Modem Music*X3, 1934; 
A. Copland, Our New Music, NY 1941; Ch. Mills, 
R.H., in: The Book of Modem Composers, NY 


1942; R. Evett, The Harmonie Idiom of R. H., in: 
Modem Music XXHI, 1946; N. Slonimsky, R. H., 
Boston 1947; ders., R.H., MQ XXXHI, 1947. 

Harris (h'aeiiz), William Henry, * 28. 3. 1883 
zu London; englischer Organist und Komponist, 
erhielt seine erste musikalische Erziehung an St. 
David’s Cathedral, war Schüler des Royal College 
of Music in London (W. Parratt und W. Davies), 
Begleiter beim Londoner Bach-Chor, Hilfsorga- 
nist an Iichfield Cathedral und 6 Winter lang Or- 
ganist und Lehrer für Harmonie am Birmingham 
and Midland Institute. 1910 erwarb er den Mus. 
Doc. Oxon, war in Oxford 1919-28 Organist am 
New College, 1928-33 Organist an Christ Church 
Cathedral, 1926-33 Dirigent des Oxforder Bach- 
Chors. Seit 1933 ist H. Organist und Master of the 
Choristers an St. George’s ChapeL Windsor 
Castle, war auch 1941-49 Dirigent der Windsor 
and Eton Choral Society und 1946-48 Leiter des 
Royal College of Organists. Werke: Phantasie 
The Hound of Heaven rür Bar., Chor und Orch. 
(Carnegie-Preis 1919); Orgelphantasie über Cam- 
pions Melodie Babylon’s Streams ; Michael Angelds 
Confession of Faith für Chor und Orch. (1935), 
Kirchenmusik, Orgelwerke und Lieder. 

Harrison (h'aeiizan), Arthur, * 23. 2. 1868 zu 
Durham, f 14. 11. 1936 zu London; englischer 
Orgelbauer, trat in die 1861 in Rochdale von sei- 
nem Vater gegründete Firma Harrison & Harrison 
ein, die 1870 ihren Sitz nach Durham verlegte. H. 
gehörte zu den bedeutendsten englischen Orgel- 
bauern aus dem 1. Drittel des 20. Jh. und baute 
bzw. renovierte zahlreiche hervorragende Orgel- 
werke, darunter als größtes das der Royal Albert 
Hall in London (Renovation undErweiterung, 1924 
bis 1934). Die Firma wird jetzt von Harry S. 
und Cuthbert T. L. Har ring ton geleitet. 

Harrison (h'aeiizan), James Henry (Jimmy), 
* 17. 10. 1900 zu Loufsvüle, Kentucky, f 23. 7. 
1931 zu New York; amerikanischer Jazzmusiker, 
Posaunist, spielte 1925 bei E. Snowden, 1926-31 
bei H. Henderson. H. war einer der bedeutendsten 
Posaunisten der älteren Tazzstdle. Er war es, der den 
»Tail-gate«-Posaunenstü des New-Orleans-Jazz, 
dem vornehmlich eine Begleitfunktion zukam, 
durch den für die gesamte spätere Entwicklung des 
Jazz gültigen saustischen, frei-melodischen Stil 
ablöste. 

Harrison (h'aeiizan), Julius, * 26. 3. 1885 zu 
Stourport (Worcestershire); englischer Komponist 
und Dirigent, studierte bei Granville Bantock am 
Birmingham and Midland Institute und an der 
Royal Academy of Music in London, war 5 Jahre 
lang einer der Kapellmeister an der Beecham 
Opera Company, leitete dann das schottische Or- 
chester und war einer der Dirigenten der British 
National Opera Company, ab 1925 Nachfolger 
von Goossens als Leiter der Handel Society, 1930 
Musikdirektor in Hastings, wo ihn 1940 zuneh- 
mende Taubheit veranlaßte, sein Amt aufzu- 
geben und mehr seiner Neigung zur Komposition 
zu folgen. In seinen oft polyphonen und kirchen- 
tonalen Werken spielt das Volkslied, besonders aus 
Worcestershire, eine Rolle, ohne seine eigene Er- 
findung zu ersticken. Werke: Worcestershire Suite 
(1920); Comisk Holiday Sketdies (1935) und Au~ 


735 



Harsanyi 


tumn Landscape (1936) für Streichorch.; Trouba- 
dour Suite für Streicher, Horn und Harfe (1945); 
Rhapsodie Bredon-Hill für V. und Orch. (1941) ; 
Chorwerke: Requiem of Archangeb (1919), The 
Blessed Demozel für Frauenchor a cappella (1929), 
Messe C-c (1947), Missa Liturgica für a-cappella- 
Chor (1950) ; Orchestergesänge Songs of Cnivalry , 
Cavalier Tunes, Rhapsody (W. Whitman); Kam- 
mermusik: Widdicombe Fair für Streichquartett, 
Prelude Music für Harfe und Streichquartett (1912), 
Sonate für Va und KL (1944), Seven Country 
Sketches für KL (1919), Chöre und Lieder. Schrift- 
stellerisch trat er hervor mit einem Brahmsbuch 
(London 1939). 

Harsdnyi (h'arfamji), Tibor, * 27.6.1898 zu 
Magyarkarn zsa, j 19. 9. 1954 zu Paris; ungarischer 
Komponist, an der Budapester Akademie ausge- 
bildet, lebte ab 1924 in Paris, und hinterließ gegen 
100 Kompositionen, die vielfach eine Synthese von 
magyarisch-folkloristischen Elementen mit neo- 
klassizistischen Formen erstreben. Werke: Opern 
Illusion (Paris 1949) und Les invitis (Gera 1930); 
Ballette Le demier songe (Budapest 1920), Pantins 
(Paris 1938) und Chota Roustaveli (mit Honegger 
und Tscherepnin, Monte Carlo 1945) ; für Orch. : 
Suite (1927), La joie de vivre (1933), Figures et 
rythmes (1945), Divertissement frangais (1946), Sym- 
phonie in C (1951); Violinkonzert (1941), Kon- 
zertstücke für Kl (1930), Concertino für 2 V. und 
Kammerorch. (1941), Sdrdnade für Trp. und Strei- 
cher (1943); ein Nonett, 2 Streichquartette, ein 
Streichtrio, ein Klaviertrio, eine Violin- und eine 
Cellosonate, zahlreiche Klavierstücke und Lieder. 
Er schrieb: Sur la musique du dessin animi (RM XV, 
1934). 

Hart & Sons (ha:t), englische Geigenbaufirma, 
um 1825 von John H. in London gegründet. Das 
Geschäft wurde übernommen von seinem Sohn 

K n Thomas, * 17. 12. 1805 und f 1. 1. 1874 zu 
don. Er trieb einen ausgedehnten Handel mit 
altitalienischen Instrumenten und gehörte zu deren 
angesehensten Kennern. Sein Sohn und Geschäfts- 
erbe George (* 23. 3. 1839 zu London, f 25. 4. 
1891 bei Newhaven) ist der Verfasser eines der be- 
deutendsten Werke über den Geigenbau: The 
Violin , itsfamous Makers and their Imitators (London 
1875, mehrere erweiterte Auflagen; französisch 
von A. Royer 1886), auch schrieb er The Violin 
and its Music (London 1881). Die Firma ist be- 
rühmt durch ausgezeichnete Kopien von Cremo- 
neser Geigen. Der jetzige Inhaber, Herbert H. 
(* 1883 zu London), ein Sohn von George H., 
widmete zudem seine besondere Aufmerksamkeit 
der Herstellung von weit geschätzten Violin- 
bogen. 

Hart (ha:t), Frederic Patton, * 5.9.1898 zu 
Aberdeen (Washington); amerikanischer Kompo- 
nist, studierte am American Conservatory in Chi- 
cago und bei N. Boulanger und R. Goldmark so- 
wie an der Diller-Quaile School in New York, wo 
er zum Lehrer aulstieg (1923), um 1929 an das 
Sarah Lawrence College zu gehen. Er schrieb die 
Opern The Wheel of Fortune , The Romance of 
Robot und Fantastic Opera, eine Overture to a 
Shdkespearian Comedy, Kammer- und Klavier- 
musik sowie viele Lieder. 


Hart (ha:t), Fritz Bennicke, * 11.2.1874 zu 
London (Brockley), t 9. 7. 1949 zu Honolulu; 
englischer Komponist, war Chorknabe an West- 
minster Abbey, studierte 1893-96 am Royal Col- 
lege of Music (Stanford), wurde zuerst Theater- 
kapellmeister, ging 1908 nach Australien, wurde 
dort 1915 Direktor des »Albert Street Conser- 
vatory« in Melbourne, 1928 Dirigent des Mel- 
bourne Symphony Orchestra, leitete 1932-49 als 
Gast das Honolulu Symphony Orchestra, war 1936 
bis 1942 Professor der Universität von Hawaii. Er 
schrieb die Opern: Pierrette (1913), Malvolio (1913), 
The Land of Heart*s Desire (1914), Riders to the Sea 
(1915), Deirdreof the Sorrows (1916), The Fan - 
tastics (1918), The Travelling Man (1920), The 
Swineherd, the Toad and the Princess (1944), The 
Vengeance ofFaery (1947); die biblische Opa: Ruth 
and Naomi (1917); für Orch.: eine Symphonie 
(1934), 2 Suiten, 13 Szenen aus Maeterlincks 
Blauer Vogel (1911), Phantasie-Ouvertüre From the 
West Country , symphonischer Essay A Dedication 
(1949), 3 Orchesterfantasien; 3 Balladen für Chor 
und Orch.; To a Primrose für S. und Orch.; 
2 Streichquartette (1937), 3 Violinsonaten, Suite 
für V. und Kl., zahlreiche Klavierstücke, Volks- 
liedbearbeitungen und Lieder. 

Hart (ha :t), Tames, * 1647 zu York, f 8. 5. 1718 
wahrscheinlich zu London; englischer Kompo- 
nist, vielleicht der Vater von Philip H., war bis 
1670 Kapellsänger (Bassist) am Yorker Münster, 
danach m London in der Königlichen Kapelle 
tätig und daneben Laienvikar an Westminster 
Abbev. Er wurde bekannt durch seine weltlichen 
Vokalkompositionen, die u.a. in den folgenden 
Sammlungen erschienen: Choice Ayres, Songs and 
Dialogues (1676-84), The Theater of Musick (1685 
bis 1687) und The Banquet of Musick (1688-92). 

Hart (ha:t), Philip, f 17. 7. 1749 zu London; 
englischer Komponist, vielleicht ein Sohn von 
James H., wirkte als Organist an verschiedenen 
Londoner Kirchen. Von seinen Kompositionen 
veröffentlichte er eine Sammlung von Orgelfugen 
sowie 1729 The Moming Hymn from the Fifih 
Book of Milton's Paradbe Lost. 

Hartker, Benediktinermönch in St. Gallen um 
986, schrieb das vielfach nach ihm benannte Anti- 
phonar Cod. 390/91 der Stiftsbibliothek von St. 
Gallen, eines der ältesten Denkmäler der St. Galler 
Neumen. 

Lit. : Verz. d. Handschriften d. StiftsbibL v. St Gallen, 
bearb. v. G. Scherrer, Halle 1875. 

Hartmann, OFM (Paul von An der Lan- 
Hochbrunn), * 21. 12. 1863 zu Salum (bei Bo- 
zen), f 5. 12. 1914 im Kloster St. Anna zu Mün- 
chen; österreichischer Komponist, Schüler von 
Pembaur in Innsbruck, trat in Salzburg in den 
Fra n ziska n erorden ein, 1886 zum Priester geweiht, 
wurde 1893 Organist an der Erlöserkirche in Jeru- 
salem und daneben 1894 auch am heiligen Grabes- 
dom, 1895 Organist im Kloster Aracoeli in Rom 
sowie Organist und Direktor der Scuola musicale 
cooperativa. Ab Frühjahr 1906 lebte P. H. im 
Franziskanerkloster St Anna in München (mit 
Unterbrechung durch einen Aufenthalt 1906/07 in 
New York). P. PL erregte in katholischen Kreisen 
einiges Aufsehen durch seine Oratorien St. Petrus 


73 6 



Hartmann 


(1900), St Franziskus (1902), Das letzte Abendmahl 
(1904), Der Tod des Herrn (1905), Die sieben letzten 
Worte Christi am Kreuze (1908), ein Te Deum (1913), 
Messen, Orgelstücke, Kammermusik und Lieder. 
Schriften: Essay über ein neues System der Harmonie 
(Rom 1896) ; P. Peter Singer (Innsbruck 1910). 

Lit. : H. v. Bilguer, P. H. u. sein Oratorium St. Fran- 
ziskus, Wien 1902. 

Hartman«, Eduard von, * 23. 2. 1842 zu Ber- 
lin, f 5. 6. 1906 zu Großlichterfelde bei Berlin; 
deutscher Philosoph, war bis 1865 Offizier, stu- 
dierte dann Jura (Dr. jur. Rostock 1867) und lebte 
anschließend in Berlin. H. steht mit seinen gesam- 
ten philosophischen Anschauungen (»Philosophie 
des Unbewußten«) halb auf künstlerischem Boden 
und ist hier speziell zu nennen als Verfasser der 
Deutschen Ästhetik seit Kant (Berlin 1886) und der 
Philosophie des Schönen (Berlin 1887, 2 1924; darin 
Idealismus und Formalismus in der Musikästhetik ). H. 
komponierte eine Oper Stern von Sevilla (1862/63), 
Lieder, Vokalquartette und -duette. 

Lit.: P. Moos, Moderne Musikästhetik in Deutsch- 
land, Lpz. 1902 (2. Aufl.: Die Philosophie d. Musik 
v. Kant bis E. v. H., Stuttgart, Bin u. Lpz. 1922); 
W. Ziegenfuss, u. G. Jung, Phüosophen-Lexikon I, 
Bin 1949. 

Hartmann, Emil, * 21. 2. 1836 und f 18. 7. 1898 
zu Kopenhagen; dänischer Komponist, Sohn und 
Schüler von J. P. E. H., auch Schüler seines 
Schwagers Gade, wurde 1861 Organist der Jo- 
hanneskirche in Kopenhagen, 1871 Schloßorganist 
an Christiansborg, leitete daneben als Nachfolger 
Gades 1891/92 den Musikverein in Kopenhagen. 
Von seinen Kompositionen, die auch in Deutsch- 
land Beifall fanden, sind herv omiheben: ein 
Ballett Fjeldstuen , die Opern Das Erlenmädchen 
(1867), Der Korsikaner (1873), Runenzauber (Dres- 
den 1896), 3 Symphonien, Nordische Volkstänze , 
Ouvertüre Eine nordische Heerfahrt , eine Suite 
Skandinavische Volksmusik und Serenade op. 43 für 
Orch., ein Violinkonzert, ein Cellokonzert; Chor- 
werk Winter und Lenz ; ein Klaviertrio B dur, eine 
Serenade für Kl., Vc. und Klar, sowie Lieder und 
Weisen im nordischen Volkston . 

Hartmann, Johann Peter Emil (Emilius), * 14. 5. 
1805 und f 10. 3. 1900 zu Kopenhagen; dänischer 
Komponist, entstammte einer deutschen Familie, 
doch war schon sein Großvater (Johann Emst H., 
* 24. 12. 1726 zu Glogau, f 21. 10. 1793 zu Kopen- 
hagen) ab 1766 Königlicher dänischer Kammer- 
musiker, vorher an den Höfen von Rudolstadt 
und Plön tätig. H. erhielt den ersten Musikunter- 
richt von seinem Vater (August Wilhelm, * 6. 11. 
1775 und f 15. 11. 1850 zu Kopenhagen), der 1800 
bis 1824 Organist der Ganiisonkirche in Kopen- 
hagen war (der Sohn löste ihn 1824 als Organist ab, 
doch blieb er als Kantor und Küster im Dienst), 
studierte aber neben der Musik die Rechte und 
verfolgte auch eine lange Zeit die juristische Lauf- 
bahn; allein sein Kompositionstalent, das schon 
früh die Aufmerksamkeit Weyses auf ihn lenkte, 
drängte ihn mehr und mehr zur Musik. Er debü- 
tierte 1832 in Kopenhagen als Opemkomponist 
mit Ravnen ( Der Rabe oder Die Bruderprobe) ; dann 
folgten Korsareme (1835), Liden Kirsten ( Die kleine 
Christine 1846). 1836 unternahm er eine mu- 
sikalische Studienreise nach Deutschland und 


brachte u. a. 1838 in Kassel eine Spohr gewidmete 
Symphonie G moll zur Aufführung. 1867 wurde 
er nach testamentarischer Verfügung des Stifters 
(Moldenhauer) einer der drei Direktoren des neu- 

S jegründeten Konservatoriums in Kopenhagen 
mit Gade und Paulli). H., der Schwiegervater Ga- 
des, war der früheste Vertreter der romantischen 
Richtung nordischer Färbung, die sich aber erst in 
dem Melodram Guldhomene (1832) leise bemerk- 
bar machte. H. schrieb außer den genann- 
ten Opern mehrere Ballette ( Valkyrien , Thrym - 
skviden ), Schauspielmusiken, darunter zu Oehlen- 
schlägers Yrsa, Ouvertüren, 2 Symphonien, das 
Männerchorwerk Völvens Spaadom (1872), sehr 
geschätzte Kantaten ( Dryadens bryllup 1858, Uni- 
versitätskantate 1879), einen Trauermarsch für 
Org. und Blasinstrumente (zur Beisetzung Thor- 
val dsens, 1848), eine Violinsonate, Lieder (Zyklen: 
Sulamith og Salomon , Hjortens Flugt ), Flötensonate 
op. 1, 2 Klaviersonaten, Klavierstücke (Novdlet- 
ten), auch Orgelstücke, Chöre und Lieder. 

Lit.: A. Hammerich, J. P. E. H., in: Nordisk Tid- 
skrift 1900, deutsch (von L.v.Liliencron) in SIMG II, 
1900/01, - erweitert, mit autobiogr. Notizen, Kopen- 
hagen 1916; W. Behrend, J. P. E. H., Kopenhagen 
1918; R. Hove, J.P.EH., Kopenhagen 1934; V. 
Bitsch, J. P. E. H., Hellerup 1955. - C. Thranb, 
Danske Komponister, Kopenhagen 1875; ders., Fra 
Hofviolonernes Tid, Kopenhagen 1908. 

Hartmann, Karl Amadeus, *2. 8. 1905 zu Mün- 
chen; deutscher Komponist, wurde nach Studien 
an der Münchner Akademie der Tonkunst Schüler 
von Scherchen und später von A. von Webern, 
lebt in München, ist Mitglied der Bayerischen 
Akademie der Schönen Künste und der Akademie 
der Künste in Berlin. Ein weithin bekannter Be- 
griff wurde die von H. 1945 in München gegrün- 
dete und seitdem geleitete »Musica viva«. Die wich- 
tigsten Werke der Neuen Musik werden dort mit 
den international besten Dirigenten und Solisten 
aufgeführt, wobei bereits anerkannte Werke ge- 
schickt mit unerprobten und experimentellen ge- 
mischt sind. Als Komponist begann H. in einem 
an die Wiener Schule angelehnten StiL Seine Mu- 
sik mischt Tonalität und freie Atonalität, ohne je- 
doch Zwölftontechnik im konstruktiven Sinne zu 
verwenden, und hat eine Vorliebe für bunte und 
pathetische Klangwirkungen. Nach 1945 wurde 
H.s Expressionismus in Anlehnung an den frühen 
Strawinsky durch Verwendung variabler Metren 
nach Art Blachers durch konstruktive Elemente 
bereichert. H.s erstes größeres Werk war die Oper 
mit pazifistisch-sozialer Tendenz Des Simplicius 
Simpticissimus Jugend (1934, Köln 1949, Neufassung 
1955 als Simplicius Simplicissimus) nach dem Ro- 
man von Grimmelshausen auf Anregung von 
H. Scherchen, die Lyrisches und grell Charakteri- 
sierendes vereint und Lied und Choral einbezieht. 
Im Mittelpunkt seiies Schaffens stehen 6 Sympho- 
nien vorwiegend für großes Orchester, die sich 
nicht an das traditionelle Symphonieschema halten 
und mit denen 3 Solokonzerte nach Ausdruck und 
Form verwandt sind. In 2 Streichquartetten wer- 
den Expressiv-Erregtes und scharte dynamische 
Gegensätze in eine fast orchestrale Dichtheit des 
Satzes gekleidet. Werke: I. Symphonie für Alt- 
stimme und Orch. auf einen Text von Walt 
Whitman (1940), EL Symphonie Adagio (1948), 


47 


737 



Hartog 


m. Symphonie (1949), IV. Symphonie für Streich- 
orch. (1947), V. Symphonie concertante (1950), 
VI. Symphonie (1951), VH. Symphonie (1959); 
Konzert für V. und Streichorch. Musik der Trauer 
(1939), Konzert für KL, Bläser und Schlagzeug 
(1954), Konzert für Va mit Kl. begleitet von Blä- 
sern und Schlagzeug (1956) ; Lamento , Kantate für 
S. und Kl. (1955); 2 Streichquartette (1935, 1948). 

HS-G 

Hartog, Edouard de, * 15. 8. 1829 zu Amster- 
dam, f 8. 11. 1909 im Haag; holländischer Kom- 

S zuerst ausgebüdet von Bertelmann und 
, genoß kurze Zeit in Paris den Unterricht 
Eckerts und studierte schließlich 1849-52 noch 
unter Heinze und Damcke. 1852 ließ er sich in 
Paris nieder und machte seine Kompositionen 
durch selbst arrangierte Orchesterkonzerte be- 
kannt; später war er als Musiklehrer tätig. Von 
seinen Kompositionen sind zu nennen: die ein- 
aktigen komischen Opern Le manage de Don Lope 
(Paris 1865) und Uamour mouille (Paris 1868, um- 
gearbeitet als Vamour etson höte , Brüssel 1873), der 
43. Psalm für SoH, Chor und Orch., 2 Streich- 
quartette, eine Suite für Streichquartett, mehrere 
Meditationen für V. (Vc.), Org. (Harfe) und Kl., 
Lieder, und Klavierstücke. Andere größere Werke 
blieben Manuskript, so die Opern Lorenzo Aldini 
und Portici :, die symphonischen Vorspiele Macbeth , 
Pompie, Jungfrau von Orleans und 6 Orchester- 
skizzen. H. war Mitarbeiter an Pougins Supple- 
ment zu Fdtis* Biographie universelle . 

H?rtvigsan, - 1) Frits, * 31. 5. 1841 zu Grenaa 
(Jütland), + 8. 3. 1919 zu Kopenhagen; dänischer 
Pianist, Schüler von Gade, Gebauer und A. R de, 
1859-61 noch von Bülow in Berlin, lebte 1864 bis 
1911 in London (nur 1873-75 in St. Petersburg) 
als angesehener Pianist. 1879-88 hinderte ihn cm 
Nervenleiden im linken Arm am öffentlichen 
Spiel 1888 wurde er Professor an der Royal 
Academy of Music, 1905 am Royal College of 
Music. Sein Bruder - 2) Anton, * 16. 10. 1845 zu 
Aarhus, f 29. 12. 1911 zu Kopenhagen, Schüler 
von Tausig und E. Neupert, war ebe nfalls in Lon- 
don als Pianist und Lehrer geschätzt. Ab 1893 wie- 
der in Kopenhagen, betätigte er sich auch als 
Musikreferent und hielt Vorträge über Musik. 

Harty (h'a:ti), (Sir) Hamilton, * 4. 12. 1879 zu 
Hillsborough (Irland), f 19. 2. 1941 zu Hove; iri- 
scher Komponist, Sohn eines Organisten, der ihn 
selbst ausbildete, bekleidete bereits von seinem 
12. Jahr an Organistenposten in Magheracoll, 
Belfast und Bray bei Dublin, wo er noch durch 
Esposito gefördert wurde. Ab 1900 lebte er in 
England, besonders geschätzt als Begleiter, später 
als Dirigent, erst des Londoner Symphonie-Or- 
chesters, 1920-33 als ständiger Dirigent des Halld 
Orchestra in Manchester, auch der British Natio- 
nal Opera Company. Danach führten ihn Reisen 
nach Amerika, Spanien und Australien. Er wurde 
1925 geadelt. Als Komponist hat er zuerst, beson- 
ders in seiner Irish Symphony und With the Wild 
Geese Anregungen aus dem irischen Volkslied 
geholt. Er schrieb außer den genannten Werken 
u. a.: Comedy Ouvertüre (1907), Violinkonzert 
D moll (1909), Fantasy Scenes für Orch. (1920), 
Tondichtung The Cnilären of Lir (1939), The 

738 


Mystic Trumpeter für Bar., Chor und Orch. (1913), 
Ode to a Nightingale für S. und Orch. (1907); Kla- 
vierquintett, 3 Stücke für Ob. und Kl., Irish Fan- 
tasy tür V. und Kl., Stücke für Vc. und Kl. und 
andere Kammermusik, Lieder. VerschiedeneWerke 
Händels (Wasser- und Feuermusik) bearbeitete er 
für modernes Orchester. 

Lit.: J. F. Russell, H. H., ML XXII, 1941. 

Harvey (h'a:vi), Trevor, * 30. 5. 1911 zu 
Freshwater; englischer Dirigent, lebt in London. 
Nach Studien in Oxford begann er 1935 bei BBC 
als stellvertretender Chorleiter, wurde 1945 Mu- 
sikdirektor des »British Forces Network« in Ham- 
burg, wo er auch das Philharmonische Orchester 
und das NWDR-Symphonie-Orchester dirigierte. 
Ab 1947 gab er als unabhängiger Dirigent in Eng- 
land, Deutschland, Schweden, Norwegen und 
Holland Konzerte und wirkte 1949-53 als Assistant 
Conductor der Londoner Promenade Concerts. 
Hauptsächlich widmet er sich Konzerten für die 
Jugend und musiziert mit seinem eigenen Kam- 
merorchester (St. Cedlia Orchestra) bei BBC. 

Harwood (h'a:wud), Basil, * 11. 4. 1859 zu 
Woodhouse (Gloster), f 3. 4. 1949 zu London; eng- 
lischer Kirchenmusiker, studierte Musik in Eng- 
land und am Leipziger Konservatorium (Jadas- 
sohn, C. Reinecke). Er war 1883-87 Organist an 
St. Barnabas* Church in Pimlico (London), 1887 
bis 1892 an Ely Cathedral und 1892-1909 an Christ 
Church Cathedral in Oxford, 1892-1903 Precen- 
tor an Keble College, 1896-1900 Dirigent des 
Bach-Choir in Oxford, 1900-09 Chorleiter der 
Universität Oxford. Er schrieb zahlreiche kirchen- 
musikalische Kompositionen (Services, Kantaten, 
Motetten), wurde aber besonders bekannt durch 
seine Orgelwerke, darunter: Konzert für Org. 
und Orch. (1910), 2 Sonaten (1888, 1912), Dithy- 
rambe (1892), Paean (1902), Christmastide (1920), 
JRhapsody (1922), In exitu Israel (1928), Lullaby 
(1930), Two Meditations (1935), A Quiet Voluntary 
for Evensong (1946). 

Lit: H. G. Ley u. C. Williams in: English Church 
Music XIX, 1949. 

von Hase, Hermann, Oskar, Hellmuth und 
Martin Breitkopf & Härtel. 

Haskil, Clara, * 7. 1. 1895 zu Bukarest; rumä- 
nische Pianistin, lebt in Vevey, begann ihre Studien 
in Wien bei Richard Robert und schloß sie am 
Pariser Conservatoire 1910 mit einem 1. Preis für 
Klavierspiel ab. Ihre Konzertreisen durch Europa 
und Amerika brachten sie mit den ersten Dirigen- 
ten und Orchestern zusammen. Sie war lange 
Jahre Konzartpartnerin von Enescu, Ysaye und 
Casals. Sie gilt als eine der besten unter den Mo- 
zartinterpreten. 

Hasler, Isaak, Caspar, Hans Leo, Jacob -»■ 
Häßler. 

Haslinger, Tobias, * 1. 3. 1787 und f 18. 6. 1842 
zu Zell (Oberösterreich); österreichischer Musik- 
yerleger, ging 1810 nach Wien, trat als Buchhalter 
in die Steinersche Musikalienhandlung w'n, wurde 
1814 Assodd und, als Steiner 1826 sich zurückzog, 
alleiniger Eigentümer, unter seinem Namen fir- 
mierend. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn 
Carl (* 11. 6. 1816 und f 26. 12. 1868 zu Wien; 



Hasse 


Komponist von über 100 Werken, besonders für 
Kl.) das Geschäft unter der Firma »Carl H. quon- 
dam Tobias«, welche 1875 durch Kauf an Schlesinger 
(Robert Lienau) in Berlin übergegangen ist. Tobias 
H. wie auch Steiner (die»Patemostergäßler«) standen 
zu Beethoven in freundschaftlichen Beziehungen, 
wie eine Menge humoristischer Briefchen bewei- 
sen, die Beethoven als G(eneralissimus) an das 
G(enera)H(eutnan)t-Amt bzw. den G(enera) Leut- 
nant) (Steiner) und seinen Adjutanten (T. Has- 
linger) richtete. Das Verhältnis war später getrübt, 
teils aus pekuniären Gründen, teils wegen der 1825 
von Beethoven in der Mainzer »Cäcüia« gegebe- 
nen satirischen Lebensbeschreibung des Tobias. 
Von den zahlreichen bedeutenden Werken, die bei 
H. erschienen, seien nur genannt: die Symphonien 
2-4, 7, 8, die Klavierkonzerte 1, 3-5, das Violin- 
konzert, Coriolan und Die Ruinen von Athen von 
Beethoven sowie Schuberts Winterreise und 
Schu/anengesang. 

Lit : A. Wh. Thayer, L. v. Beethovens Leben V, bearb. 
v. H. Deiters, u. H. Riemann, Lpz. 1908, in d. engl. 
Übers, v. H. E Krehbiel Bd III, NY 1921 ; M. Unger, 
L. v. Beethoven u. seine Verleger . . ., Bin u.Wien 1921 ; 
O. E. Deutsch, Music Publishers* Numbers, in: The 
Journal of Documentation I-II, 1945/46-1946/47, se- 
parat London 1946; A. Weinmann, Wiener Musikver- 
leger, SB Wien CCXXX, 4, — Veröff. d. Kommission 
f. Musikforschung II, 1956. 

Hasse, Johann Adolf, getauft 25. 3. 1699 zu 
Bergedorf bei Hamburg, f 16. 12. 1783 zu Vene- 
dig; deutscher Komponist, in Italien unter dem 
Beinamen »il caro, il divino sassone« als der 
führende Vertreter der Opera seria gefeiert. H., 
Sohn des Organisten Peter H., begann seine Lauf- 
bahn als Bühnensänger (Tenor) in Hamburg 1718 
und Braunschweig 1719 (hier dank der Protektion 
des Dichters U. von König). In Braunschweig trat 
er 1719 mit seiner ersten Oper Antioco hervor. 
Ende 1722 ging er nadh Neapel als Schüler Por- 
poras und A. Scarlattis und errang hier besonders 
mit einer Serenade für Farinelli und Vittoria Tesi 
(1725) und mit der Oper Sesosastre (1726) frühe 
Erfolge. 1727 wurde er Kapellmeister am Ospeda- 
letto degli Incurabili in Venedig (hierfür u. a. ein 
berühmtes Miserere für 2 S., 2. A. und Streicher). 
Im Frühjahr 1730 heiratete H. die berühmte 
Sängerin Faustina Bordoni, die damals im Zenit 
ihres Könnens stand. Mit ihr zugleich folgte er 
einer ehrenvollen, zunächst zeitlich begrenzten 
Einladung nach Dresden. H. wurde mit dem Titel 
»Königlich polnischer und Kurfürstlich sächsischer 
Kapellmeister« ausgezeichnet und führte in Dres- 
den im September 1731 seine Clcofide auf. Nach 
neuen italienischen Erfolgen kehrte das Ehepaar H. 
im Februar 1734 nach Dresden zurück, wo H. 
bereits seit dem 1. 12. 1733 in einem festen Kon- 
traktverhältnis stand. Damit begann eine 3Qjährige 
glanzvolle Tätigkeit im sächsischen Hofdienst an 
der nach dem Tode Augusts des Starken wieder- 
eröffneten italienischen Oper. H. und Faustina 
machten jedoch von ihrem Urlaubsrecht in aus- 
giebiger Weise Gebrauch, zu auswärtigen Gast- 
spielen sowie zu wiederholtem längerem Aufent- 
halt in Venedig. Im November 1734 führte H. in 
London seinen Artaserse an der gegen Händel ge- 
richteten italienischen Konkurrenzoper auf. 1746 
wurde er am Münchner Hof, im Mai 1750 in Paris 


mit Ehren aufgenommen. Zum Dank widmete H. 
der Dauphine von Frankreich eine Reihe von 
Cembalosonaten, die zu seinen ansprechendsten 
Instrumentalkompositionen gehören. Auch in 
Warschau und Berlin war H. zu Gast. Während 
des durch die Kriegslage bedingten Aufenthalts 
Friedrichs II. von Preußen in Dresden 1745 wurde 
auf Wunsch des Königs die Oper Arminio (2. Fas- 
sung, Text von Pasquini) aufgeführt. In Dresden 
entstanden auch dramatische Serenaten, von denen 
La danza 1951 durch Radio Stockholm in der 
Bearbeitung von R. Engländer aufgeführt wurde. 
1750 erhielt H. den Titel Oberkapellmeister. Beim 
Bombardement Dresdens 1760 fiel H.s Bibliothek 
mit der zum Stich vorbereiteten Gesamtausgabe 
seiner Werke der Vernichtung anheim. Unmittelbar 
nach dem Tode Friedrich Augusts II. (5. 10. 1763) 
wurden H. und Faustina ohne Pension verabschie- 
det gegen eine Pauschalsumme für rückständige Ga- 
genforderungen. Nach Aufführung seiner Trauer- 
musik für den verstorbenen König wandte sich H. 
zunächst nach Wien, um dann 1773 endgültig 
nach Venedig überzusiedeln. Aus der letzten Wie- 
ner Periode H.s hervorzuheben ist das nahe per- 
sönliche Verhältnis zu seinem Hauptlibrettisten 
Metastasio, weiterhin der Kompositionsauftrag zu 
Ruggiero , seiner letzten Oper, aufgeführt gelegent- 
lich der Hochzeit des Erzherzogs Ferdinand im 
September 1771 in Mailand, wobei der junge Mo- 
zart mit »Ascanio in Alba« als Konkurrent auftrat. 
Gegenüber Vertretern der jüngeren Komponisten- 
eneration zeigte sich H. interessiert und hilfs- 
ereit, so besonders gegen G. J. Vogler und den 

S J. G. Naumann, der selbst später Ober- 
neister in Dresden werden sollte. - Zusam- 
men mit Metastasio repräsentiert H. die höfisch- 
aristokratische italienische Solooper par excellence 
im Sinne der Jahrhundertmitte. Hervorragende 
Beispiele dieses Stils finden sich bei H. u. a. in 
Demofoonte , 1. Fassung von 1748, Akt II, Szene 
10/11 einschließlich Schlußduett, im Solimano und 
im orchestral ungewöhnlich reich ausgestatteten 
Eroe cinese (beide Opern von 1753). Im tragischen 
Intermezzo Piramo e Tisbe (1768), sucht sich H. 
in letzter Stunde dem Wiener Kreise Gluck, Col- 
tellini, Calzabigi zu nähern. Über die Vorzüge der 
Opernkunst H.s haben sich so unterschiedliche 
Naturen wie T. S. Bach, J. A. Hiller, J. Fr. Rei- 
chardt, PaisieUo und Berlioz voll Hochachtung 
ausgesprochen. Sie liegen vor allem in der dekla- 
matorischen Bestimmtheit dramatisch wichtiger 
Arien und der Vielgestaltigkeit der in sich abge- 
rundeten Soloszenen, die gern charakteristische 
Instrumentalmotive in Rezitativabschnitten, und 
zwar auch im Secco, einheitlich durchführen. Der 
metrische Reichtum der Melodiebildung, die Fein- 
heit melismatischer Wendungen, die die meist 
einer übersichtlichen Da-capo-Form folgenden 
Sologesänge auszeichnen, lassen sich auch in H.s 
Instrumentalwerken beobachten. Dies gilt beson- 
ders für die langsamen Sätze der Solokonzerte und 
der Sonaten mit Generalbaß. In den Allegri der 
Ouvertüren und der Flötenkonzerte nähert sich 
H. nicht selten dem Concerto grosso (vgl. das 
Flötenkonzert D dur). Als Vertreter des italieni- 
schen Solooratoriums und der geistlichen Musik 
überrascht H. durch den verhältnismäßig bedeu- 
tenden Anteil des stets 4st. Chores, durch eine in- 


47* 


739 



Hasse 


Strumentale Bindung ganzer Messesätze durch ob- 
ligate Begleitfiguren, sowie durch die bewußte 
Ausnützung der akustischen Eigenheiten der ka- 
tholischen Hofkirche in Dresden, für die der 
Hauptteil seiner Kirchenmusik geschrieben ist. 
Langandauemder Beliebtheit erfreuten sich das 
Oratorium I pellegrini al sepokro von 1742 (deut- 
scher Klavierauszug von J. A. Hiller, Leipzig 1784), 
ein Te Deum D dur (1751 zur Einweihung der 
katholischen Hofkirche in Dresden) und ein Re- 

? uiem C dur (1763 zu den Exequien Augusts III.). 

Jm das Künstlertum H.s in seiner Zeitgebunden- 
heit und in seinem Manierismus, aber auch in seiner 
Meisterschaft und in seiner Noblesse zu verstehen, 
muß man wissen, daß das Partiturbild seiner 
Hauptwerke in Oper und Oratorium den Reflex 
eines souverän-virtuosen und zugleich sehr homo- 
genen Aufführungsstils darstellt, über den wir u. a. 
durch Rousseau unterrichtet sind, und der im Or- 
chestralen durch Künstler wie Pisendel, Quantz und 
C. Fr. Abel mitbestimmt war. H., dessen Schaffen 
außerordentlich umfangreich war, ist auf den mei- 
sten europäischen Bibliotheken mit Abschriften 
und, soweit Instrumentalmusik in Frage kommt, 
mit zeitgenössischen (mit London, Paris, Amster- 
dam signierten) Drucken vertreten. Sein Gesamt- 
werk umfaßt : 56 Opern und 13 Intermezzi (ein wei- 
teres Intermezzo II giocatore, London 1737, ist nicht 
vonH. sondern von Orlandini); 11 Oratorien (2 
für Venedig, eines für Wien, die übrigen für Dres- 
den) ; Messen, Requiem, Psalmen, Motetten, Hym- 
nen, Litaneien (alles im Manuskript, bisher nur in 
dem Dresdner Bestände voll überblickbar); Flö- 
tenkonzerte, teilweise auch in Bearbeitung für 
Cemb. oder Org. vorhanden; Konzerte für V. 
und Hom mit Orch.; Solosonaten und Triosona- 
ten für Querflöte oder V. mit B.c.; 17 Cembalo- 
sonaten. Einzelnummern wurden um 1750 in gro- 
ßer Zahl als Einlagen in Opern anderer Kompo- 
nisten und in Pasticdos verwendet. Für die Beliebt- 
heit H.s spricht auch das häufige Vorkommen von 
»Favoritstücken« in Arrangement für 2 Fl. oder 
2 V. mit B.c. (Walsh, London). - 2) Faustina, 
geborene Bordoni, * 1700 und t 4. 11. 1781 zu 
Venedig, italienische Opernsängern) (Mezzo- 
sopran). »La nuova sirena«, wie Faustina in Italien 
genannt wurde, erhielt ihre Ausbüdung durch 
Fr. Gasparini und Marcello, debütierte 1716 in 
C. Fr. Pollarolos »Ariodante«, sang mit außer- 
ordentlichem Erfolg in Venedig, Bologna, Rom, 
Neapel und trat 1723 zum ersten Mal in Deutschland 
auf (Titelrolle in P. Tonis »Griselda«, München). 
1725 wurde sie für ein Jahr mit hohem Gehalt 
nach Wien engagiert. 1726 erschien sie zum ersten 
Mal in London in Handels »Alessandro« und riva- 
lisierte 1726-28 siegreich mit der Sängerin Cuz- 
zoni, der sie bereits 1718 einmal gegenüber ge- 
treten war. In G. Bonondnis »Astianatte« kam es 
zu einem Theaterskandal auf offener Szene. 
Im Sommer 1728 kehrte Faustina, wahrschein- 
lich im Anschluß an ein Gastspiel in Frank- 
rach, nach Italien zurück, sang 1729 aber- 
mals in München und wurde 1730 die Gattin 
Hasses. Zugleich mit H. gehörte sie von nun an 
als Primadonna der Oper in Dresden an, wo ihr in 
der jungen Regina Mingotti zeitweilig eine ge- 
fährliche Rivalin entstand. Nach ihrem Auftreten 
in H.s »Ciro riconosduto« im Januar 1751 zog sie 


sich von der Bühne zurück. Faustina H. besaß 
einen Mezzosopran von nicht allzugroßem Um- 
fang. Man bewunderte ihre Virtuosität, die Klar- 
heit der Diktion und die schauspielerische Leistung. 
Ihre Kunst offenbarte sich besonders in der Bra- 
vourarie und im Rezitativ (letzteres nicht ohne 
Einfluß auf H.s Opern typ), während sie in getra- 
genen Sätzen weniger erfolgreich war. Das Ehe- 
paar H. hatte 3 Kinder, einen Sohn, Francesco 
Maria und 2 Töchter, Maria und Christina, Bumey 
zufolge als Sängerinnen geschätzt. 

Ausg.: Arminio (1745), hrsg. v. R. Gerber, 2 Bde, 
EDM XXVI1-XXVIII; Ouvertüre zu Euristeo, hrsg. 
v. A. Schering in: Perlen alter Kammermusik; eine 
Arie aus Euristeo, hrsg. v. L. Landshoff, in: Alte 
Meister d. Bel Canto (I), Lpz. (1912); Ouvertüre zu 
Irene, Riemann Beisp. 149; eine Arie u. ein Duett, 
hrsg. v. Fr. A. Gevaert, in: Les gloires de PItalie, 
2 Bde, Paris 1868. - Oratorium La conversione di 
Sant’ Agostino (1750), hrsg. v. A. Schering, DDT 
XX, daraus ein Rezitativ auch Davison-Apel Anth. 
II, 281 ; Stücke aus Opern u. Oratorien, hrsg. v. O. 
Schmid, in: Musik am Sächsischen Hofe II, VI, VII, 
VIII, Lpz. 1899 ff.; Lacrymosa aus d. Requiem C dur, 
Schering Beisp. 310; Te Deum D dur, hrsg. v. G. W. 
Fink, Lpz. (1840); Miserere C moll, hrsg. v. L. Hell- 
wig, Bin 1834; dass., hrsg. v. A. Schering, Lpz. 
1922; Der 113. Psalm, Bonn 1835; 4 geistliche Sätze, 
hrsg. v. Fr. Rochutz, in: Slg vorzüglicher Gesangs- 
stücke III, Mainz (1835). - eine Solokantate u. eine 
Arie, hrsg. v. R. Eitner, in: Cantaten d. 17. u. 18. Jh., 
- Beilage zu MfM XVIII, 1886. - J. A. H.s Solfeg- 
gien, 3 Hefte, hrsg. v. J. Stern, Bin o. J. - 10 ausge- 
wählte Orchesterstücke, hrsg. v. G. Göhler, Lpz. 
1904; Flötenkonzerte D dur (hrsg. v. R. Engländer, 
London 1953), G dur (hrsg. v. dems., NMA CXCIV), 
H moll (hrsg. v. A. Schering in DDT XXIX/XXX, 
auch hrsg. v. K. Walther Lpz. 1953, f. Fl. u. Kl. 
1954); Mandolinenkonzert Gdur, hrsg. v. H. Nee- 
mann. Bin 1938. - Triosonate G dur, hrsg. v. G. 
Frotschbr, NMA CLIX; Flötensonaten D dur (hrsg. 
v. K. Walther, NMA IQ, G dur (hrsg. v. R. Eng- 
länder, Lpz. 1934, Neuausgabe 1953); Violinsonate 
E moll, hrsg. v. R. Engländer, Lpz. 1933 (Neuaus- 
gabe 1953). - je eine Cembalosonate hrsg. v. L. Köh- 
ler (in: Les Maftres du clavecin I, Braunschweig 
o. J.), A. Müller (in: Anth. classique, Offenbach 
o. J.), E. Pauer (in: Alte Klaviermusik IV, Lpz. 
1866), R. Engländer (Lpz. 1930), G. Tagliapietra 
(Ant. XII), R. Steglich (in: Deutsche Klaviermusik 
d. 18. Jh. VI, Wolfenbüttel 1936); H. Fischer u. Fr. 
Oberdörffer (in: Deutsche Klaviermusik d. 17. u. 
18. Jh. III, Bin 1937), M. Frey (in: Im Schatten v. 
Bach, Lpz. 1937), dems. (in: Sonatenbuch d. Früh- 
klassik, Mainz 1949, darin noch ein weiterer Satz); 
Allegro f. Kl., hrsg. v. E. Pauer, Lpz. (1870). 

Lit.: zu J. A.H.: G Mennicke, H. u. d. Brüder 
Graun als Symphoniker, Lpz. 1906, mit Verz. d. 
Drucke u. thematischem Verz. d. Opern- u. Oratorien- 
ouvertüren; W. Müller, J. A. H. als Kirchenkompo- 
nist, BI MG II, 9, mit thematischem Verz. d. Kirchen- 
werke (ohne d. Oratorien); L. Hoffmann- Erbrecht, 
Deutsche u. ital. Klaviermusik ...,=* Jenaer Beitr. 
zur Mw. I, Lpz. 1954, mit thematischem Verz. d. Kla- 
vierwerke. - Fr. W. Marpurg, Hist.-krit. Beyträge I, 
Bin 1754; ders.. Kritische Briefe... II, Bin 1763; 
Ch. Burney, The Present State of Music in Germany 
. . . I, London 1773, 2 1775, deutsch v. C. D. Ebeling 
u. J. Chr. Bode Hamburg 1773, auch neu hrsg. v. B. 
Paumgartner als: Dr. Ch. Burneys mus. Reise durch 
d. alte Österreich, Wien (1948); J. Fr. Reichardt, 
Briefe eines aufmerksamen Reisenden II, Ffm. u. Lpz. 
1776; J. A. Hiller, Lebensbeschreibungen berühmter 
Musikgelehrten I, Lpz. 1784; Fr. S. Kandler, Cenni 
stor.-critid intorno alla vita . . . del cel. compositore 
G. A. H., Venedig 1820; A. Stierun, J. A. u. F. H., 


740 



Häßler 


= 41. Neujahrsstück d. Allgemeinen Musikges., Zü- 
rich 1852; M. Fürstenau, Zur Gesch. d. Musik . . . 
zu Dresden, 2 Bde, Dresden 1861-62; Urbani de 
Gheltof, La »nuova Sirene« e il »caro Sassone«, 
Venedig 1890; H. Kretzschmar, Aus Deutschlands 
ital. Zeit, JbP VIII, 1901, auch in: Gesammelte Auf- 
sätze II, Lpz. 1911; ders., Gesch. d. Oper, * Kleine 
Hdb. d. Mg. nach Gattungen VI, Lpz. 1919; C. Men- 
nicke, J. A. H., SIMG V, 1903/04; A. Schering, 
Gesch. d. Oratoriums, = Kleine Hdb. d. Mg. nach 
Gattungen III, Lpz. 1911 ; B. Zeller, Das Recitativo 
accompagnato in d. Opern J. A. H.s, Diss. Halle 
191 1 ; L. Kamienski, Die Oratorien v. J. A. H., Lpz. 
1912; O. G. Sonneck, Die drei Fassungen d. H.’schen 
»Artaserse«, SIMG XIV, 1912/13; R. Gerber, Der 
Operntypus J. A. H.s, = Berliner Beitr. zur Mw. II, 
Lpz. 1925; E. Bücken, Die Musik d. Rokokos..., 
Wildpark-Potsdam (1928); R. Engländer, Dresdner 
Musikleben . . ., Zf Mw XIV, 1931/32; ders., Instru- 
mentalmusik in Dresden III, STMf XX, 1938; ders.. 
Die Dresdner Instrumentalmusik . . ., Acta Univer- 
sitatis Upsaliensis 1956, V, Uppsala u. Wiesbaden 
1956; G. Fr. Schmidt, Die frühdeutsche Oper I, 
Regensburg 1933; H. Schnoor, Dresden, Vierhun- 
dert Jahre deutsche Musikkultur, (Dresden 1948); J. 
Hennings, Das Musikergeschlecht der H., Mf II, 
1949; J. Prosnak, Kultura muzyczna Warszawy, 
Warschau 1955; Fr. Stein, Eine komische Schul- 
meisterkantate, Fs. M. Schneider, Halle 1955. - 
speziell zu F. H. : A. Niggli, F. Bordoni-H., = SIg 
mus. Vorträge, Neue Reihe XXI/XXII, Lpz. 1880; 
M. Högg, Die Gesangskunst d. F. H. . ., Diss. Bin 
1931 ; einen Roman über F. H. schrieb 1860 E. Polko 
(41895). RE 

Hasse, Karl, * 20. 3. 1883 zu Dohna (bei Dres- 
den); deutscher Komponist und Musikschrift- 
steller, Alumnus der Thomasschule in Leipzig, stu- 
dierte dort am Konservatorium (Krehl, Nüdsch, 
Straube, Ruthardt) und an der Universität 
(Kretzschmar, Riemann), dann in München an der 
Akademie der Tonkunst (Reger, Mottl), war 1907 
bis 1909 Assistent Ph. Woltmms in Heidelberg, 
Dirigent des akademischen Gesangvereins und 
Streichorchesters, konzertierte als Orgel- und 
Kammermusikspieler (Klavier), wurde 1909 Kan- 
tor und Organist an der Johanniskirche in Chem- 
nitz, 1910 Städtischer Musikdirektor in Osna- 
brück, 1919 Universitätsmusikdirektor in Tü- 
bingen, dort Dr. phil. und ao. Professor, 1935-45 
Direktor der Staatlichen Hochschule für Musik in 
Köln, wo er auch jetzt lebt. Als Komponist gehört 
K. H. mit einer Reihe gediegener Werke kleineren 
Formats in die Richtung einer vereinfachten Max- 
Reger-Nachfolge. Werke: Vom Thron der Liebe 
(nach Maler Müller) für Frauenchor, Solost. und 
Orch. op. 24 (1919), Tübinger Jubiläumskantate für 
2 Solost., Chor und Orch. op. 22 (1927), Reformen 
tionskantate für 3 Solost., Chor und Orch. op. 40 
(1929), Hymnus (nach J. Kepler) für Bar. Solo, 
Chor und Orch. op. 54 (1937); Serenade für 
Streichorch. op. 5 (1908), Variationen und Fuge 
über Prinz Eugen für großes Orch. op. 17 (1915); 
Suite für Streichorch. op. 36a (1933); Toccata, 
Passacaglia und Fuge für Kl. und Orch. op. 70 
(1939), KL-Konzert op. 61 (1940); Streichquartette 
op. 27 (1923) und op. 44 (1936); Kammersonate 
für Vc. und Kl. op. 56; Variationen und Fuge für 
2 Kl. op. 1 (1907); 3 Elegien für Kl. op. 2 (1909), 
Musik tür KL op. 23, Romantische Suite für Kl. op. 
26; Suite für Org. op. 10 (1913), Choralvorspiele 
für Org. op. 4, 7, 13, 38, 43 (in G. Ramins Organ 
nistenamt ), op. 35 und 74; Missa brevis für bst. 


Chor op. 8 (1912), 5 Motetten op. 39, Choral- 
motetten op. 50. Ungedrucktes bis op. 121. H. 
ergänzte in M. Regers 12st. Vater unser den Schluß 
(dazu K. H. in Mitteilungen des Max-Reger-In- 
stituts, III, hrsg. von O. Schreiber, Bonn 1955). 
Schriften: Max Reger (Leipzig 1921 = Die Musik 
XLÜ-XLIV, 2 1930; mit 9 Aufsätzen von M. 
Reger) ; J. S. Bach (Leipzig 1925 = Velhagen und 
Klasings Volksbücher CLVH/CLVIII) ; Joh. Seb. 
Bach , Leben , Werk und Wirkung (Köln-Krefeld 
1937, 2 1941) ; M. Reger (2 Hefte; für den Schul- 
musikunterricht, Dortmund 1951); 4 Aufsatz- 
sammlungen: Musikstil und Musikkultur (Kassel 
1927); Vom deutschen Musikleben (Regensburg 
1933); Von deutschen Meistern (Regensburg 1934); 
Von deutscher Kirchenmusik (Regensburg 1935) ; K. 
Straube als Orgelkünstler (in: Fs. K. Straube, Leipzig 
1943). Er gab heraus: Missa in summis v. H. Fmck 
(== Chw. XXI) ; KL-Trio von J. Brahms (Jugend- 
werk); Ausgewählte Orgelwerke von G. Merkel; 
»Veröffentlichungen des Musik-Instituts der Uni- 
versität Tübingen«; »Mitteilungen der M. Reger- 
Gesellschaft«, H. 8-17, Leipzig 1932-41; H. bear- 
beitete die Bände H/III der J.-H.-Schein-Gesamt- 
ausgabe. 

Hasse, Max, * 24. 11. 1859 zu Buttelstedt bei 
Weimar, *j* 20. 10. 1935 zu Magdeburg; deutscher 
Musikkritiker, schrieb 1894-1927 für die Magde- 
burger Zeitung, eine Abhandlung P. Cornelius und 
sein Barbier von Bagdad (Leipzig 1904, gegen Mottls 
und Levis Bearbeitung) und eine Monographie 
Der Dichtermusiker Peter Cornelius (2 Bände, Leipzig 
1922-23). H. redigierte die Gesamtausgabe der 
musikalischen Werke von P. Cornelius (mit W. v. 
Bausznem, 5 Bände, Leipzig 1905-06). 

Hasse, Nikolaus, deutscher Komponist des 
17. Jh., war um 1650 Organist der Marienkirche in 
Rostock. Er gab heraus: Deliciae musicae (Alleman- 
den, Couranten und Sarabanden für 2-4 Streich- 
instrumente und B.c., Rostock 1656) sowie geist- 
liche Lieder. Ein von J. G. Walther genannter 2. 
Teil und ein Appendix zum Suitenbuch (beide 
Rostock 1658) sind verschollen. 

Häßler (Hasler), - 1) Isaak, * um 1530 zu 
Joachimsthal (Böhmen), begraben 14. 7. 1591 zu 
Nürnberg, lebte dort ab 1554 als Steinschneider 
und war 1558-91 Organist der Spitalkirche, wo 
ihm H. Chr. Heyden nachfolgte. - 2) Caspar 
(von), getauft 17. 8. 1562 und f 21. 8. 1618 zu 
Nürnberg, Sohn von Isaak H.; deutscher Organist, 
wirkte ab 1587 an St. Lor enz, ab 1616 an St. Se- 
bald. H., der auch dem Musikkollegium in Nürn- 
berg angehörte und kaufmännisch tätig war, 
schrieb eine 4st. Orgelphantasie (handschriftlich 
erhalten) und gab 2 Sammelwerke mit Sätzen 
italienischer und süddeutscher Meister (vor allem 
seines Bruders Hans Leo H.) heraus: Sacrae sym- 
phoniae , 4-16st. Motetten (2 Bände, Nürnberg 
1598 und 1600, beide in 2. Auflage 1601 und ohne 
Jahr, veränderte Ausgabe 1613); Magnificat octo 
tonorum , 4-12st. (Nürnberg 1600, anonym). Caspar 
H.s Sohn Johann Benedikt (getauft 17. 8. 1594 
zu Nürnberg) ist 1618-46 als Organist in Nürnberg 
nachzuweisen. Der bekannteste ist: -3) Hans Leo 
(von), getauft 16. 10. 1564 zu Nürnberg, f 8. 6. 
1612 zu Frankfurt am Main, Sohn von Isaak H.; 


741 



Häßler 


deutscher Komponist, war der erste große deutsche 
Meister, der seine musikalische Bildung aus Italien 
holte (1584-85 in Venedig, angeblich bei A. und 
G. Gabrieli), wenn auch nicht der erste deutsche 
Musiker, der sich an italienischen Vorbildern 
schulte. Ab 1586 war H. Organist des Grafen 
Octavianus II. Fugger in Augsburg. Als erste ge- 
druckte Kompositionen erschienen eine 8st. und 
eine 12st. Motette 1588 in Fr. Lindners Nürnberger 
Sammlung »Continuatio cantionum sacrarum« 
sowie ein Buch 4st. Canzonette (Nürnberg 1590). 
1591 erwirkte H. ein kaiserliches Privileg, das ihm 
auf 10 Jahre den Schutz seiner gedruckten Werke 
garantierte; in der Folge gab er heraus: Cantiones 
sacrae, 4-12st. Motetten (1591, erweitert 21597 , 
31607); Neue Teutsche gesang, 4-8st. (1596, 2 1604, 
31609); Madrigali, 5-8st. (1596); Missae 4-8 vocum 
(1599); Sacri concentus, 4-12st. Motetten sowie 2 
8st. und ein 4st. Instrumentalstück (1601, wie alle 
vorhergehenden in Augsburg erschienen, erwei- 
tert Nürnberg 21612); Lustgarten Neuer Teutscher 
Gesäng / Balletti, Galliarden vnd Intraden mit 4. 5. 
6 . und 8. Stimmen , Lieder und Instrumentaltänze 
(Nürnberg 1601, 21605, 31610; ein Teü der Stücke 
zusammen mit deutschen Liedern von 1596 und 
Sätzen V. Haußmanns als: Venusgärtlein, Nürn- 
berg 1613). Letzteres Werk enthält das 5st. Lied 
Mein Gmüth ist mir verwirret auf ein akrosrichisches 
Liebesgedicht, dessen Melodie mit reizvollem 
Wechsdrhythmus schon kurz nach dem Erschei- 
nen für das Kirchenlied »Herzlich tut mich ver- 
langen«, später von J. Crüger für P. Gerhardts Pas- 
sionslied »O Haupt voll Blut und Wunden« über- 
nommen wurde. In Verkennung der Einmalig- 
keit, die der symbolkräftigen Verknüpfung der 
bekannten Passionsweise mit dem Text des Ad- 
ventsliedes »Wie soll ich dich empfangen« in J. S. 
Bachs Weihnachtsoratorium zukommt, wurde die 
Melodie im 19. Jh. zeitweise auch auf dieses Lied 
übertragen. H. und seine Brüder Caspar und Jacob 
wurden 1595 von Kaiser Rudolf II. geadelt, mit 
weiterer Standeserhöhung zu »H. von Roseneck« 
1605, eine Ehrung, die jedenfalls auf die finan- 
zielle Tätigkeit der Brüder H. zurückzuführen ist. 
Auch war H. Organist am Kollegiatstift St. 
Moritz und beschäftigte sich mit der Konstruktion 
eines großen mechanischen Orgelwerks, das Ricer- 
cari, Madrigale und Canzonetten seiner Kompo- 
sition spielte, wurde jedoch in langwierige Pro- 
zesse mit Konkurrenten und Mitarbeitern ver- 
wickelt. 1600 wurde er neben Jacob Baumann 
vom Rat an die Spitze der Augsburger Stadt- 
pfeifer gestellt, wirkte 1601-08 als Oberster Musi- 
cus der Stadt in Nürnberg und erhielt 1602 den 
Titel eines Kaiserlichen Hofdieners und Kammer- 
organisten. Als solcher und in Handelsangelegen- 
heiten war er viel auf Reisen, besonders am 
Kaiserhof in Prag. Von Nürnberg verlegte er 1605 
seinen Wohnsitz nach Ulm, wo er sich verheiratete 
und in die Kaufleutezunft aufgenommen wurde. 
Die unter calvinistischem Einfluß verstärkte Pflege 
des Gemeindeliedes auch im lutherischen Gottes- 
dienst veranlaßte ihn zu einer doppelten Bearbei- 
tung der lutherischen Kemlieder (beide 4st., Nürn- 
berg) : Psalmen und Christliche Gesäng . . .fugweiß 
(1607) und Kirchengesäng . . . simpliciter (1608, her- 
ausgegeben von S. Th. Staden 21637; enthält auch 
2 8st. Sätze). 1608 trat er in kursächsische Hof- 


dienste in Dresden und kam hier in Verbindung 
mit dem Hoforgelmacher G. Fritzsche, dessen 
Orgel in der Frauenkirche zu Meißen er 1610 ein- 
weihte. Fritzsche errichtete auch die von H. 1612 
für die Dresdner Schloßkapelle entworfene Orgel. 
H.s weitreichendes Ansehen bezeugt auch die 
posthume Axisgabe von 20 Motetten zusammen 
mit solchen G. Gabrielis ab Reliquiae sacrorum 
concentuum (Nürnberg 1615) und seiner doppel- 
chörigen 7st. Litaney Teutsch (Nürnberg 1619) so- 
wie von Einzelstücken in Sammdwerken bis 1630. 
H.s Stil zeigt Verwandtschaft mit dem A. und G. 
Gabridis; die kleineren, mehr im Detail gearbd- 
teten Madrigale und Canzonetten gemahnen an 
Andrea, die doppdchorigen Werke an Giovanni 
Gabridi. Doch ist H. ein zu voller Sdbständigkdt 
gereifter Meister, groß in der Kunst und dem 
Wohlklang des Vokalsatzes, in der Zarthdt und 
Frische des Ausdrucks in seinen weltlichen Wer- 
ken, besonders den Tanzliedern (Balletti), in der 
Pracht und dem Fluß seiner Kirchenmusik. Die 
Umformung der Kirchentöne zu den Dur- und 
Moll-Tonarten sowie der mensuralen Rhythmik 
zu den modernen Akzenttaktbildungen ist bei H. 
besonders wdt vorgeschritten. - 4) Jacob (von), 
getauft 18. 12. 1569 zu Nürnberg, f zwischen 
April und September 1622 zu Eger, Sohn von 
Isaak H.; deutscher Organist, kam 1585 zur 
Stadtpfeiferd von Augsburg, trat dann in den 
Dienst des Christoph Fugger ein, der ihn 1590 zu 
weiterer Ausbildung nach Italien schickte. 1597 
bis 1603 war er Hoforganist des Grafen von 
Hohenzollem in Hechingen und ging dann an den 
Kaiserhof in Prag. 1607 erhielt er eine Laienherm- 
Pfründe am Augustiner-Chorherrenstift zum hei- 
ligen Kreuz in Augsburg. Er schrieb: ein 6st. Ma- 
dngalbuch (Nürnberg 1600), Magnificat 8 tonorum 
quatuor vocum um cum Missa 6 vocum & Psalmus 51 
Miserere 8 vocum (Nürnberg 1601) ; weitere Kom- 
positionen in Sammelwerken 1600-15 und hand- 
schriftlich. 

Ausg.: H. L. H.: Canzonette (1590), hrsg. v. R. 
Schwartz in DTB V; Cantiones sacrae (1591, mit 
den 1597 zugefügten Sätzen), hrsg. v. H. Gehrmann, 
DDT II, daraus eine Motette auch Davison-Apel 
Anth. 1, 164; Madrigali (1596), hrsg. v. R. Schwartz, 
DTB XI, 1; Neue Teutsche gesang (1596), hrsg. v. 
dems. in DTB V, davon ein Satz auch Davison-Apel 
Anth. I, 165; Missae (1599), hrsg. v. J. Auer, DDT 
VII; Sacri concentus (1601), hrsg. v. dems., DDT 
XXIV/XXV, daraus eine Motette auch hrsg. v. Fr. 
Blume in Chw. XIV, d. 2 8st. Canzonen auch f. 
Bläser hrsg. v. Fr. Dietrich, Kassel o. J.; Lustgarten 
(1601), hrsg. v. Fr. Zelle, PGfM XV, davon d. 
Instrumentabtücke auch hrsg. v. H. Höckner, Kas- 
sel (1937, später — HM LXXIII), ein Lied u. eine 
Intrade auch Schering Beisp. 152-153; Psalmen u. 
Christliche Gesäng (1607), hrsg. v. J. Ph. Kirnberger 
(anonym), Lpz. 1777; 8 Sätze daraus auch hrsg. v. R. 
v. Saalfeld, 3 Hefte, Augsburg (1925); Kirchenge- 
säng (1608), hrsg. v. G. W. Teschner, Bin 1865; 
dies., hrsg. v. R.v. Saalfeld, Augsburg (1925), ohne 
d. 8st. Stücke; von diesen »Hertzlich lieb hab ich 
Dich o Herr« in: A. W. Ambros, Gesch. d. Musik V, 
hrsg. y. O. Kade, Lpz. 1882, 21887, 31911; 16 Orgel- 
stücke, hrsg. v. E. v. Werra in DTB IV, 2; 5 Orgel- 
stücke in Tagliapietra Ant. III. - viele Stücke in 
Einzelausgaben u. Sammlungen, u. a. in Musica di- 
vina, hrsg. v. C. Proske u. J. Schrems, 8 Bde, Regens- 
burg 1853-69; L. Schoeberle n u. Fr. Riegel, Schatz 
d. liturgischen Chor- u. Gemeindegesangs, 3 Bde, 


•742 



Hattstaedt 


Göttingen 1865-72 (47 Sätze); Musica sacra 
XI1I-XIV, hrsg. v. Fr. Commer (= Selectio modulo- 
rum ab J. L. H. compositorum I-H, 36 Motetten), 
Bin 1872-73; Fr. Jöde, Das Chorbuch, 6 Bde, Wol- 
fenbüttel u. Bin 1927-31; Gesellige Zeit, hrsg. v. W. 
Lipphardt, 2 Bde, Kassel (1933-35); Hdb. d. deut- 
schen ev. Kirchenmusik, hrsg. v. K. Ameln, Chr. 
Mahrenholz, W. Thomas u. C. Gerhardt, ab Bd I, 
2, Göttingen seit 1942. - Jacob H. : 2 OrgelstCLcke, 
hrsg. v. E. v. Werra in DTB IV, 2. 

Lit.: R. Eitner, Chronologisches Verz. d. gedruckten 
Werke v. H. L. v. H. u. O. de Lassus, Beilage zu 
MfM V-VI, 1873-74. - D. Hänichen, Leichenpre- 
digt auf H., hrsg. v. Ph. Spitta, MfM III, 1871; A. 
Sandberger, Bemerkungen zur Biogr. H. L. H.s u. 
seiner Brüder, in DTB V ; A. Einstein, Werke H. L. 
H.’s, ZIMG XII, 1910/11 (zu d. Madrigalen); Fr. 
Roth, Der große Augsburger Spieluhrprozeß, SIMG 
XIV, 1912/13; A. Smders, Die kaiserliche Hofmusik- 
Kapelle III, StMw VIII, 1921 ; E. Fr. Schmid, H. L. 

H. u. seine Brüder, in: Zs. d. hist. Ver. f. Schwaben 
LIV, 1941, darin 2 Kanons nach einem Stammbuch- 
blatt; R. Schaal, Zur Musikpflege im Koilegiatstift 
St. Moritz zu Augsburg, Mf VII, 1954; A. Layer, 
Die ersten Augsburger Jahre H. L. H.s, Mf VIII, 
1955. - R. Schwartz, H. L. H. unter d. Einfluß d. 
ital. Madrigalisten, Vf Mw IX, 1893; ders., Zur Haß- 
lerforschung, JbP XIII, 1906; H. Leichtentritt, 
Gesch. d. Motette, = Kleine Hdb. d. Mg. nach Gat- 
tungen II, Lpz. 1908; ders., Mechanical Music . • ., 
MQ XX, 1934; B. A. Wallner, Mus. Denkmäler d. 
Steinätzkunst, München 1912; P. Wagner, Gesch. d. 
Messe I, «= Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen XI, 

I, Lpz. 1913; H. J. Moser, Gesch. d. deutschen Mu- 
sik I, Stuttgart 1920, 5 1930; J. Neyses, Studien zur 
Gesch. d. deutschen Motette, Diss. Bonn 1927 (Teil- 
druck I: Die Form d. H.schen Motette); Fr. Blume, 
Die ev. Kirchenmusik, Potsdam (1931); A. A. Abert, 
Die stilistischen Voraussetzungen d. »cantiones sa- 
crae« v. H. Schütz, => Kieler Beitr. zur Mw. II, Wol- 
fenbüttel u. Bin 1935 ; L. Hübsch-Pfleger, Das Nürn- 
berger Lied, Diss. Heidelberg 1942 (maschr.). 

Haßlinger von Hassingen, Johann -> Hager, 
Johann. 

Hasslo, Hugo, * 16.5.1911 zu Lyse; schwe- 
discher Opernsänger (Bariton), lebt in Stock- 
holm. 1940 trat er im Königlichen Opernhaus 
Stockholm als Guglielmo in Mozarts »Cosl fan 
tutte« unter Fr. Busch zum erstenmal auf. Er sang 
seither als Mitglied des Ensembles der Stockholmer 
Oper und als Gast am Hamburger Rundfunk. 

Hastings (he:stigz), Thomas, * 15. 10. 1787 zu 
Washington (Connecticut), f 2. 5. 1872 zu New 
York; amerikanischer Komponist, leitete als musi- 
kalischer Autodidakt Chöre, gab 1823-32 den 
»Western Recorder« in Utica heraus und ging 
dann nach New York, wo er sich als Lehrer und 
Chorleiter an der Bleeker Street Presbyterian 
Church betätigte. Daneben gab er ab 1836 »The 
Musical Magazine« heraus. H. hat eine große Zahl 
von Hymnen-Texten und Melodien geschaffen, 
sowie 50 Hymnensammlungen herausgegeben. 
Schriften: The Musical Reader (New York 1819); 
Dissertation on Musical Taste (Albany 1822, New 
York 21853); The Historv of Forty Choirs (New 
York 1854) und Sacred Praise (New York 1856). 
Lit: M. Br. Scanlon, Tb. H., MQ XXXII, 1946. 

Hatai (h'ataj), Jan, böhmischer Komponist des 
18. Jh., Sohn des 1783 in Prfbram verstorbenen 
Chorregenten Franz H., war 1742-52 Kantor in 
Rozmitdl (?) und ist noch 1784 als Kantor in 


Mnßek nachweisbar. Von ihm sind handschrift- 
lich zahlreiche kirchen- und kammermusikalische 
Werke erhalten. Möglicherweise gdiört zu seiner 
Familie Heinrich Christoph H., + nach 1808, 
Kapellmeister des Theaterdirektors Brunian in 
Brünn. Er schrieb die Singspiele Der Barbier von 
Bagdad (1780), Der ehrliche Schweizer (1780, 4 aus- 
gewählte Nummern 1790 in Hamburg gedruckt) 
und Helva und Zeline (ein Heft gedruckt 1796 in 
Hamburg). 

Lit.: zu Jan H.: V. DraZan, Auf den Spuren der 
Kantorenmusik, Diss. Prag 1947, maschr., tschechisch. 

Hatasch, - 1) Dismas (HataS), * 1. 12. 1724 zu 
Hohenmaut (Vysokd M^to, Böhmen), f 13. 10. 
1777 zu Gotha; böhmischer Violinist und Kompo- 
nist, kam 1751, wahrscheinlich durch Vermittlung 
seiner Frau, Anna Franziska, einer Schwester des 
Hofkapellmeisters G. Benda, in die Gothaer Hof- 
kapelle. Von seinen Werken sind bisher nur 
2 Violinsonaten, die ihn in die Nähe Franz Bendas 
steUen, und 2 Lieder (»Göttinger Musenalmanach« 
1770 undj. M. Schmidts »Sammlung verschiedener 
Lieder« I, 1780) bekannt. Sinfonien, Sonaten und 
andere verschollene Werke verzeichnen die 1762 
bis 1766 erschienenen Kataloge handschriftlicher 
Werke aus B. Chr. Breitkopfs Musikalienhand- 
lung in Leipzig. Seinem Bruder - 2) Ivan Ven- 
ceslaus (* 3. 9. 1727 zu Hohenmaut, Sterbedatum 
und -ort unbekannt), der ebenfalls als Komponist 
bekannt ist, wird ein Teil der in Böhmen erhalte- 
nen, nur mit »Hatasch« bezeichneten Werke zu- 
geschrieben. 

Lit: Vl. Helfert, Jifi Benda II, Brünn 1934. 

Hatton (h'aetan), John Liptrott, * 12. 10. 1809 zu 
Liverpool, f 20. 9. 1886 zu Margate (Kent); eng- 
lischer Komponist, ab 1832 in London ansässig, 
1842 Kapellmeister am Drury Lane Theatre, wo 
er 1844 seine erste Operette The Queen of the 
Thames aufführte. Noch im selben Jahre brachte er 
in Wien die Oper Pascal Bruno heraus, besuchte 
1848 die USA, war 1853-58 Musikdirektor am 
Princess’s Theatre in London, für das er eine Reihe 
Schauspielmusiken schrieb (Macbeth, Sardanapal, 
Faust, Heinrich VIIL, Richard II., King Lear, Kauf- 
mann von Venedig, Viel Lärm um Nichts). Weitere 
Werke: die Oper Rose ( Love's Ransom; Covent 
Garden, 1864); Kantate Robin Hood ^Bradford 
1856); biblisches Drama Hezekiah (Kristallpalast 
1877) sowie viele Lieder, zum Teil unter dem 
Pseudonym Czabeck. 

H^ttori, Kozo, * 10.3.1924 zu Kagoschima; 
japanischer Musikforscher, studierte an der Uni- 
versität Tokio Jura und Musikwissenschaft und 
wurde 1952 Dozent an der Staats-Universität To- 
kio. Er schrieb Kulturgeschichte der europäischen 
Musik I (1951), Das Problem des Zeitstils in der 
Musikgeschichte (Zeitschrift für Ästhetik 1951), 
Barockstil in der Musik (ebenda 1955-56, alles japa- 
nisch). 

Hattstaedt, John James, * 29. 12. 1851 zu Mon- 
roe (Michigan), f 30. 11. 1931 zu Chicago; ameri- 
kanischer Musikpädagoge, war ab 1870 Klavier- 
lehrer in Detroit, 1872/73 in St. Louis, 1875-86 
Lehrer am Musical College in Chicago und grün- 
dete 1886 dort das schnell zu großen Dimensionen 


743 



Hatzfeld 


gewachsene American Conservatory of Music, das 
er bis zu seinem Tode leitete. H. schrieb ein Manual 
of Musical History . 

Hatzfeld, Johannes, * 14.4.1882 zu Benolpe 
(Sauerland), + 5. 7. 1953 zu Paderborn; deutscher 
Kirchenmusiker, studierte in München Theologie, 
aber auch Musikwissenschaft, 1908-10 Theorie- 
schüler von J. Krug-Waldsee in Magdeburg. 1906 
bis 1914 war er in der Seelsorge tätig, 1914-24 Re- 
ligionslehrer in Paderborn, wohin er nach einer 
Tätigkeit in Mönchen-Gladbach zurückkehrte. H. 
veröffentlichte mehrere Volksliederbücher, Volks- 
liedbearbeitungen und schrieb kirchliche Chor- 
werke (Messe über deutsche Kirchenlieder, 1933). 
Von Bedeutung war H.s Wirken für eine Erneue- 
rung der katholischen Kirchenmusik und für die 
Entwicklung einer dem Stilwillen der deutschen 
Jugendbewegung entsprechenden katholischen 
Haus- und Gemeinschaftsmusik : er war Mitgrün- 
der der Internationalen Gesellschaft für Neue 
Katholische Kirchenmusik sowie (1925) der 
Zeitschrift »Musik im Leben« und als Referent 
des Volksvereins für das katholische Deutschland 
Herausgeber der Editionsreihen »Musica orans« 
und »Musik im Haus«. 

Lit.: Priester u. Musiker, Gedanken aus Vorträgen u. 
Aufsätzen v. J. H., hrsg. v. J. Overath, Düsseldorf 
1954. - W.M. Berten, Musik im Leben, in: Mus. 
Brauchtum, Fs.H.Lemacher, — Schriftenreihe d. All- 
gemeinen Cäcüien-Verbandes ... I, 1956. 

Haubenstock- Raxnati, Roman, * 27. 2. 1919 
zu Krakau; israelischer Komponist, studierte Kom- 
position und Musikwissenschaft in Krakau und 
Lemberg (1937-40). Nach einer Tätigkeit 1947-50 
als musikalischer Leiter von Radio Krakau und als 
Redakteur der Zeitschrift »Ruch Muzyczny« über- 
siedclte er nach Tel Aviv, wo er von der israeli- 
schen Regierung mit der Gründung der Zentral- 
Musikbibuothek beauftragt wurde und als Pro- 
fessor an der Musikakademie wirkte. 1957 nahm 
er seinen Wohnsitz in Paris und Wien und ist 
Lektor und musikalischer Berater der Universal- 
Edition in Wien. Kompositionen: Ricercari für 
Streichtrio (1952), Blessings für Singstimme und 
9 Instr. (1954), Recitativo e Aria für Cemb. und 
Orch. (1955), Ricercari für Streichorch. (1956), 
Papagenos Pocket Size Concerto für Glockenspid 
und Orch. (1956), Les Symphonies des timbres für 
Orch. (1957), Chants et Prismes für Orch. (1958), 
Sdquences für V. und Orch. (1958); elektronische 
Musik: Exergue pour me Symphonie , UAmen de 
Verres, Chanson populdre und Passacatlle (alles 1957). 

Haubie! (h'aubi:!), Charles, * 30. 1. 1892 zu 
Delta (Ohio); amerikanischer Komponist, lebt in 
Los Angeles, betrieb seine Musikstudien 1909-13 
in Berlin, 1924-28 am Mannes College New York, 
war Begleiter, lehrte 1913-15 am Kingfisher 
College in Oklahoma und 1915-17 am In- 
stitute of Musical Art Oklahoma Citv. 1921-30 
war er Lehrer am Institute of Musical Art New 
York und 1922-47 Assistant Professor an der Uni- 
versität New York. 1935 organisierte er die »Com- 
posers Press, Inc.« zur Herausgabe zeitgenössischer 
amerikanischer Musik, deren Präsident er ist. Mit 
den Orchesterwerken Karma, Ritratti und Passa- 
caglia gewann er Auszeichnungen, schrieb außer- 
dem die Opern Brigandage Preferred, Sunday Costs 


Five Pesos, die Chorwerke Father Abraham, Vamore 
spirituale , Vision of St. Joan, Kammermusik ver- 
schiedener Besetzung, Klaviermusik, Chöre und 
Lieder. 

Hauck, Alexander Wassiljewitsch, * 3. (15.) 8. 
1893 zu Odessa; russischer Dirigent, nahm 1911-17 
am Petersburger Konservatorium Unterricht in 
Dirigieren (N. Tscherepnin), Klavier (F. Blumen- 
feld) und Komposition (Glasunow, Wihtol und 
Kalafati), lehrte 1927-33 an dieser Anstalt und diri- 

f ierte 1931-33 die Leningrader Philharmonie. 1933 
is 1936 war H. Hauptdirigent am Sowjetischen 
Unionsrundfunk, dann Leiter des Staatlichen 
Symphonie-Orchesters der Sowjetunion, 1941-43 
Lehrer am Konservatorium Tiflis. Seit 1948 unter- 
richtet er am Moskauer Konservatorium und leitet 
zugleich seit 1953 das Große Symphonie-Orchester 
des Unionsrundfunks. H. trat auch mit Kompo- 
sitionen hervor, so einer Klaviersonate (1915), 
einem Klaviertrio (1916), einer Suite für Streich- 
quartett (1947), Uedem und einer Symphonie 
E moll (1945), einem Klavier- und einem Harfen- 
konzert (beide 1948). 

Hauck, Walter, * 17.3. 1910 zu Böhl (Pfalz); 
deutscher Sänger (Bariton), lebt in Berlin. Noch 
während er an der Berliner Musikhochschule 
studierte, begann er 1935 seine Konzert- und 
Lehrtätigkeit, hatte 1941-44 in Cottbus ein Opem- 
engagement und wirkt seit 1954 an der Päd- 
agogischen Hochschule in Berlin sowie als Konzert- 
und Oratoriensänger. 

Haudebert (odb'e:r), Lucien, * 10. 4. 1877 zu 
Foug&es (Bretagne) ; französischer Komponist, zu- 
nächst Schüler von G. Faurd, nahm seine Studien 
nach langer Krankheit erst spät bei J. Pillois wieder 
auf. H., der seine vor 1916 entstandenen Kompo- 
sitionen unterdrückte, schrieb: ein Musikdrama 
Antigone (1931-39), Oratorium Moise (1928), 
Psalm Dieu Vainqueur in 3 Gesängen für Soli, 
Chor, Org. und Orch. (1916-22), ein Requiem 
(1928), ein Te Deum (1948); für Orch.: Sym- 
phonie bretonne (1936), Symphonie jrangaise (1941), 
Le sacrifice d' Abraham (1931), Voyage en Bre- 
tagne (1953); mehrere Bühnenmusiken; Bien- 
venue ä Claudie für Streichquartett, Suite dans le 
style ancien für Bläserquartett, Stücke für V. und 
KL; Orgel- und Klavierstücke; Ueder und Ge- 
sänge (zum Teil mit Kammermusik- und mit Or- 
chesterbegleitung) . 

Hauer, Joseph Matthias, *19. 3. 1883 zu Wiener- 
Neustadt; österreichischer Komponist, lebt in 
Wien, besuchte in Wiener-Neustadt die Leh- 
rerbildungsanstalt und erhielt daneben vielseitigen 
Musikunterricht, wurde erst Unterlehrer in Krum- 
bach, studierte daneben autodidaktisch Musik 
und machte die Staatsprüfung (zur Lehrbefähigung 
für Musik an Mittelschulen und Lehrerbildungs- 
anstalten) in Wien, gab aber den Lehrerberuf auf, 
um nur der Musik zu leben. H. kam noch vor 
Schönberg zur Zwölftonmusik eigener Prägung, 
die an die Stelle der früheren Tonarten sogenannte 
»Tropen«, d. h. aus zwei Sechston-Kombinationen 
gebildete Gruppen (44) setzt, und erstrebt weit- 
gehende Objektivierung der Musik. Er schrieb die 
theoretischen Werke: Vom Wesen des Musikalischen 
(Leipzig-Wien 1920) ; Die abendländische Musik im 


744 



Haupt 


Mannesalter (in: Musikblätter des Anbruch II, 
1920); Melodie oder Geräusch (in: Melos II, 1921); 
Sphärenmusik (in: Melos III, 1922); Melos und 
Rhythmus (in: Melos III, 1922); Deutung des Melos 
(Leipzig-Wien-Zürich 1923); Atonale Musik (in: 
Die Musik XVI, 1923/24); Die Tropen und ihre 
Spannungen zum Dreiklang (in: Die Musik XVII, 
1924/25); Vom Melos zur Pauke (= Theoretische 
Schriften I, Wien-New York 1925); Zwölfton- 
technik, Die Lehre von den Tropen (= Theoretische 
Schriften II, Wien 1926); Säen und Ernten (in: Mu- 
sikblätter des Anbruch VIII, 1926). Als seine wich- 
tigsten Werke bezeichnet H. : die Hölderlin-Kan- 
taten Wandlungen op. I (1927) und Der Menschen 
Weg op. II (1934) ; Labyrinthischer Tanz für Kl. zu 
4 Händen op. III (1952) ; Chinesisches Streichquartett 
op. IV (1953) ; Langsamer Walzer für Orch. op. V 
(1953). - Weitere Kompositionen: Oper Salambo 
(nach G. Flaubert) op. 60 (1930) ; Singspiel Die 
schwarze Spinne (nach J. Gotthelf) op.62; Messe 
für Chor, Org. und Kammerorch. op. 44; unvoll- 
endete Messe op. 46; Sophokles-Lieder für Män- 
nerchor und Org. op. 7; Prometheus (Goethe) für 
Singst, und Orch. op. 11; Lieder der Liebe (Hölder- 
lin) für Frauenchor, Kl. und Harmonium op. 24; 
Vom Leben (Hölderlin) für Sprecher, 4 Solost. und 
Kammerorch. op. 57; Emilie (Hölderlin) für A. 
und Orch. op. 58; Schlußszene aus Aischylos* 
»Gefesseltem Prometheus« für Bar. und Kl. op. 18 ; 
Hölderlin-Lieder op. 6, 12, 21, 23, 32, 40. - Or- 
chestersuiten op. 31, 33, 36 (mit Bar.), 43, 45, 47 
(1926; auch als Streichquartett), 48, 52; Roman- 
tische Phantasie für Orch. op. 37 (1925) ; Sinfonietta 
op. 50 (1927); Violinkonzert op. 54 (1928); Kla- 
vierkonzert op. 55 (1928) ; 7 Tanzphantasien op. 
65 (Nr 1-2, für 4 Solost. und Orch.) und op. 66 
(Nr 3-7, für Kammerorch.); 2 Tanzsuiten op. 70 
(für 9 Soloinstr.) und op. 71 (für Orch.) ; Streich- 
quartette op. 30, 34, 38, 42 und 47 (1926; auch als 
Orchestersuite) ; weitere Kammermusik, vor allem 
mit Kl. und Harmonium; Klavierstücke; von den 
nahezu tausend Zwölfionspielen H.s erschienen im 
Druck: Nr 17 (für Orch.), Nr 22 (für Kl., 1946) 
und Nr 24 (für Harfe und Orch.). 

Lit.: H. H. Stuckenschmidt, Neue Musik, — Zwi- 
schen d. beiden Kriegen II, (Bin) 1951, darin ein Kla- 
vierstück; H. Pfrogner, Die Zwölfordnung d. Töne, 
Zürich-Lpz.-Wien (1953), darin ein »Zwölftonspiel«- 
Manifest H.s von 1952. 

Haug, Gustav, * 30. 11. 1871 zu Straßburg, f 22. 
11. 1956 zu St. Gallen; Schweizer Chorleiter und 
Komponist. Ursprünglich für den Lehrberuf be- 
stimmt, widmete er sich bald ganz der Musik und 
wurde Schüler des Konservatoriums seiner Vater- 
stadt (Somborn, Geßner, Geist, Fr. Stockhausen, 
E. Münch, Klingler). Ab 1895 lebte er in der 
Schweiz, war erst Musiklehrer in Rorschach, dann 
Organist und Chorleiter, zunächst in Gais, ab 1903 
in St. Gallen und Herisau. H. hat sich vor allem 
als fruchtbarer Chorkomponist einen Namen ge- 
macht. Erwähnt seien aus seinen über 150 
Kompositionen, zu denen Werke für Männer-, 
Frauen-, Kinder- und gemischten Chor gehören: 
Schweizergebet op. 50 für Männerchor, S.-Solo und 
Orch.; Dem Unendlichen op. 57 für Männerchor, 
S.-Solo, Orch. und Org.; Ballade Divico op. 64 
für Männerchor, Bar.-Solo und großes Orch.; 
Werden op. 82 für Männerchor, T.-Solo und gro- 


ßes Orch.; Hymne op. 87 für Männerchor und 
Orch.; außerdem die Chorwerke Hymne an den 
Gesang und Der Welten Lobgesang . 

Haug, Hans, * 27. 7. 1900 zu Basel; Schweizer 
Komponist, studierte am Konservatorium in Basel 
und an der Akademie der Tonkunst in München, 
war nach Stellungen als Chorleiter in Grenchen 
und Solothurn 1928-34 2. Kapellmeister am Stadt- 
theater Basel, danach beim Rundfunk, leitete 1938 
bis 1943 das Radio-Orchester Beromünster. Er 
unterrichtete auch am Konservatorium von Lau- 
sanne, an das er 1947 als Theorielehrer zurück- 
kehrte. Werke: die Opern Don Juan in der Fremde 
(Basel 1929), Madrisa (Basel 1934), Tartuffe (Basel 
1937), Ariadne (Basel 1943), Der unsterbliche Kranke 
(Zürich 1946), Orfeo (Radio Paris 1954), Der Spie- 
gel der Agrippina (1954); Ballett L* indifferent (Basel 
1947); Festspiele, Funkopem und -Operetten; Ora- 
torium Michelangelo (1943); für Orch.: Sympho- 
nie in D (1948), symphonische Dichtung Charlie 
Chaplin (1930), Danses suisses (1952); Violinkon- 
zert (1926), Klavierkonzert (1938), Flötenkonzert 
(1943), Gitarrenkonzert (1952), Doppelkonzert für 
Ob. und Va (1953), Kurze Musik für Vc. und 
Orch. (1927); Kammermusik: Bläserquintett und 
-quartett, 3 Streichquartette, Violinsonate. H. ver- 
öffentlichte eine Schrift: Für Feinde klassischer Mu- 
sik (Basel 1942). 

Hauk, Minnie (eigentlich Mignon), * 16. 11. 
1851 zu New York, f 6. 2. 1929 zu Tribschen; 
amerikanische Sängerin (Mezzosopran), debütierte 
1866 in New York, 1868 in London und wurde 
nach Reisen in Rußland 1870 für 3 Jahre an die 
Hofoper Wien engagiert. 1874-77 gehörte sie der 
Königlichen Oper in Berlin an und sang in der 
Folge bis 1896 mit unvermindertem Erfolg an den 
bedeutendsten Bühnen Europas. 1881 heiratete sie 
den als Schriftsteller bekannten Baron E. von 
Hesse- Wartegg. Das Repertoire von M. H. um- 
faßte über 100 Rollen, von denen die der Carmen 
eine ihrer erfolgreichsten war. Herausgegeben von 
E. B. Hitchcock erschienen ihre Memories of a 
Singer (London 1925). 

Haultm (o^e), Pierre, * zu Villaine (bei La 
Fläche), f wahrscheinlich 1587 zu La Rochdle; der 
älteste französische Gießer von Notentypen, schlug 
seine ersten Punzen um 1525 für Attamgnant; sie 
waren nicht wie die Petrucds für doppelten, son- 
dern für einfachen Druck berechnet und bereits 
in ganz ähnlicher Weise wie 200 Jahre später bei 
I. Breitkopf aus kleinen Teilen zusammengesetzt, 
welche auch bereits drei Stimmen auf demselben 
Liniensystem unterzubringen ermöglichen. ->• No- 
tendruck. Um 1550 begann H. mit dem Buch- 
druck in Paris, druckte 1560-65 in Lyon (Calvin), 
ab 1571 in La Rocheile, wo er 1575-78 auch mehr 
rere Musikdrucke herausbrachte. 

Haupt» Carl August, * 25. 8. 1810 zu Kuhnau 
(Schlesien), + 4. 7. 1891 zu Berlin; deutscher Or- 
ganist, 1827-30 Schüler von A. W. Bach, B. Klein 
und S. Dehn in Berlin, war nacheinander Organist 
verschiedener Berliner Kirchen, ab 1849 an der 
Parochialkirche, und erwarb sich den Ruf eines 
Orgelmeisters ersten Ranges, so daß er 1854 neben 
Donaldson, Ouseley und Willis mit der Ausarbei- 
tung der Disposition für die große Orgel im Kri- 


745 



Hauptmann 


stallpalast zu London betraut wurde. 1869 wurde 
er Nachfolger A. W. Bachs als Direktor des Kö- 
niglichen Instituts für Kirchenmusik, an dem er 
schon vorher einige Jahre als Lehrer der Theorie 
und des Orgelspiels gewirkt hatte; gleichzeitig 
wurde er durch seine Stellung Mitglied der musi- 
kalischen Sektion des Senats der Akademie. Von 
H.s Kompositionen sind Lieder, eine Orgelschule 
und ein Choralbuch (1869) erschienen. 

Hauptmann, Moritz, * 13. 10. 1792 zu Dres- 
den, t 3. 1. 1868 zu Leipzig; deutscher Kompo- 
nist, Sohn des Oberlandbaumeisters H. in Dres- 
den, ursprünglich auch für das Baufach bestimmt, 
erhielt aber schon früh gründlichen Musikunter- 
richt (Morlacchi, Wemlig), und schließlich 
billigte der Vater die Wahl der Musik als Lebens- 
beruf. 1811 ging H. nach Gotha zu Spohr, unter 
dessen Leitung er Violinspiel und Komposition 
studierte, trat 1812 als Geiger in die Dresdener 
Hofkapdle ein, wurde 1813 in das von Spohr ge- 
büdete Orchester des Theaters an der Wien nach 
Wien berufen, nahm aber die Stelle nicht an, lebte 
in regem Verkehr außer mit Spohr auch mit C. M. 
v. Weber und Meyerbeer und über n a hm 1815 die 
Stelle eines Privatmusiklehrers im Hause des russi- 
schen Fürsten Repnin, dem er nach Petersburg, 
Moskau, Poltawa und Odessa folgte. Nachdem er 
dann wieder 2 Jahre in Dresden gelebt hatte, trat 
er 1822 in die Hofkapelle zu Kassel unter seinem 
alten Lehrer Spohr cm. Von dort aus verbreitete 
sich allmählich sein Ruf als Theoretiker und Kom- 
ponist, und 1842 wurde er auf Spohrs und Mendels- 
sohns Empfehlung Nachfolger Wemligs als Kan- 
tor der Thomasschule sowie Musikdirektor an den 
beiden Hauptkirchen in Leipzig und im folgenden 
Jahre Lehrer der Theorie an dem neugegründeten 
Konservatorium. Auch redigierte er cm Jahr lang 
(1843) die »Allgemeine musikalische Zeitung«, 
gründete 1850 mit O. Jahn, Schumann und ande- 
ren die Bach-Gesellschaft, führte lebenslang deren 
Vorsitz und redigierte die ersten 3 Bände der Bach- 
Gesamt-Ausgabe. Außerdem gab er A. Klen- 
gels Canons et fiigues heraus (Leipzig 1854). Zu 
seinen Schülern zählen Ferdinand David, C. F. 
Weitzmann, J. Joachim, J. v. Wasielewski, H. v. 
Bülow, W. Kalhwoda, B. Cossmann, K. v. Perfall, 
E. Röntgen, J. A. van Eycken, S. Jadassohn, F. v. 
Holstein, A. Wilhdmj, V. Neßler, J. Röntgen, 
A. Thierfelder. Die Kompositionen H.s zeichnen 
sich durch ein außergewöhnliches Ebenmaß des 
architektonischen Aufbaus, durch Reinheit des 
Satzes und Sanglichkeit der Stimmen aus, worin 
seine Motetten am höchsten stehen. Ferner sind 
von seinen Kompositionen zu nennen: Psalmen, 
eine Vokalmesse, eine Messe G dur für Soli, Chor 


retischen Arbeiten. Sein Hauptwerk ist: Die Natur 
der Harmonik und der Metrik (Leipzig 1853, 2 1873; 
englisch von W. E. Heathcote, London 1888); 
außerdem schrieb er: Erläuterungen zu L S . Bachs 
Kunst der Fuge (Leipzig 1841, 2 1861). Eine nach- 
gelassene Arbeit, Die Lehre von der Harmonik , 
gab O. Paul heraus (Leipzig 1868, 2 1873) ; eine 
Sammlung wertvoller, verstreut erschienener 
Aufsätze zur Theorie der Musik sind die Opuscula 
(Leipzig 1874, herausgegeben von H.s Sohn 
Emst H.). E. Rudorff stellte aus den Studien- 
heften der Schüler zusammen: Aufgaben für den 
einfachen und doppelten Kontrapunkt Das Aufsehen- 
erregende an H.s theoretischem System war die 
Aufstellung des polaren Gegensatzes der Dur- und 
Mollharmonie, die freilich nichts weniger als neu 
war, aber als etwas ganz Neues wirkte, da die be- 
züglichen Lehren Zarlinos, Rameaus und Tartinis 
zu dieser Zeit vergessen waren. Da aber H. sich auf 
die dualistische Fundamentierung der Lehre be- 
schränkte und nicht den entscheidenden Schritt 
wagte, auch die Bezifferung zu reformieren, schei- 
terte der Ausbau seines Systems im Detail an Halb- 
heiten und Kompromissen mit der überkommenen 
Lehre, welche auch den verminderten und über- 
mäßigen Dreiklang als selbständige Harmonien 
behandelt; damit wurde der Wert der grundlegen- 
den Erkenntnisse illusorisch. Aber eine Fülle von 
Einzekusführungen (z. B. über die Gesetze der 
Beantwortung des Fugenthemas) verleiht den Ar- 
beiten H.s dauernden Wert. H.s Gattin, Susette, 
geborene Hummel (1811-92), war Oratorien- 
sängerin (Alt) und eine begabte Malerin. 

Lit.: Briefe v. M. H. an Fr. Hauser, hrsg. v. A. 
Schöne, 2 Bde, Lpz. 1871; Briefe v. M. H. an L 
Spohr u. andere, hrsg. v. F. Hiller, Lpz. 1876; The 
Letters of a Leipzig Cantor, hrsg. v. A. D. Coleridge, 
London u. NY 1892. - O. Paul, M. H., Denkschrift 
zur Feier seines 70jährigen Geburtstages, Lpz. 1862; 
F. Hiller, Nachruf an M. H., in: Aus dem Tonleben 
unserer Zeit, N. F., Lpz. 1871 ; St. Krehl, M. H., ein 
Dank- u. Gedenkwort, Lpz. 1918. - H. Kretzschmar, 
Ber. bei Beendigung d. GA v. J. S. Bachs Werken, 
Lpz. 1899. 

Hauptner, Thuiskon Emil (genannt Theodor), 
* 29. 7. 1821 und f 9. 2. 1889 zu Berlin; deutscher 
Komponist, Schüler der Kompositionsabteilung 
der Berliner Königlichen Akademie der Künste, 
war Theaterkapell m eister, in welcher Eigenschaft 
er viele Liederspiele, Operetten und Possen schrieb. 
Er beschäftigte sich 1854-58 in Paris mit dem Stu- 
dium dar Gekngsuntemchtsmethodik, war danach 
wieder in Berlin, wo er eine Deutsche Gesangschule 
(1861) herausgab, 1867/68 Gesanglehrer an der 
Musikschule in Basel und zuletzt in Potsdam 
Gesanglehrer und Dirigent der Singakademie. 


und Orch., 3 Kirchenstücke für Chor und Orch., 
geistliche und weltliche Lieder für gern. Chor und 
für Männerchor, 3st. Kanons für Sopranstimmen, 
Terzette, Duette und Sologesänge (Gretchen vor 
dem Bilde der Mater dolorosa), Lieder mit V. und 
Kl. ; auch schrieb er 6 Violinsonaten und Sonatinen, 
8 große Duos für Violinen, Streichquartette, Kla- 
vierstücke und ein Klavierkonzert mit Streich- 
quartettbegleitung sowie eine Oper Mathilde (Kas- 
sel 1826). 60 Werke erschienen im Druck, die ge- 
sammelten Chorwerke in 8 Teilen (Leipzig 1898). 
Am bekanntesten wurde aber H. durch seine theor 


Hauschka, Vincenz (HouSka), * 21. 1. 1766 zu 
Mies (?, Strfbro in Böhmen), + 13. 1. 1840 zu 
Wien; böhmischer Komponist, ab 1774 Sänger- 
knabe am Prager Dom, Schüler von A. Laube, 
möglicherweise auch von J. Seeger, war bis 1788 
Cellist der Kapelle des Grafen Thun und unter- 
nahm nach dessen Tode Konzertreisen in Deutsch- 
land. Ab 1793 war H. Rechnungsrat der k.k. Fa- 
miliengüterverwaltung in Wien, 1816 an der 
Gründung und bis 1832 an der Leitung der Gesell- 
schaft der Musikfreunde maßgeblich beteiligt. Bis 
1838 dirigierte er zahlreiche Konzerte und Akade- 


746 



Hauser 


mien der Gesellschaft und war mit Beethoven eng 
befreundet, dessen Werke er wiederholt aufführte. 
Die wenigen erhaltenen Werke, darunter je 3 ge- 
druckte Cellosonaten op. 1 und 2, einige Lieder, 
Notturni und Kanons für Singstimmen, zeigen 
einen geschulten, jedoch epigonenhaften Kompo- 
nisten. Der größte Teil seines Schaffens, darunter 
Cellokonzerte und Kammermusikwerke, ist ver- 
schollen. Eine 1826 abgefaßte Selbstbiographie fin- 
det sich in der Bibliothek der Gesellschaft der Mu- 
sikfreunde in Wien. 

Lit.: R. v. Peroer, E. Mandyczewski u. R. Hirsch- 
feld, Gesch. d. k. k. Ges. d. Musikfreunde in Wien, 
Wien 1912. - E. Kästner, L. v. Beethoven’s sämt- 
liche Briefe, Lpz. 1910. - A. Wh. Thayer, Ludwig v. 
Beethovens Leben IV, weitergeführt v. H. Deiters,... 
Berichtigungen u. Ergänzungen v. H. Riemann, Lpz. 
1907; Th. Frimmel, Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926. 

Hause, Wenzel, * 14. 11. 1764 zu Raudnitz 
(Böhmen), t 18. 2. 1847 zu Prag; böhmischer 
Kontrabassist, war Professor am Prager Konserva- 
torium, hatte als Virtuose seines Instruments große 
Erfolge. Er gab 1828 in Dresden eine vorzügliche 
Kontrabaßschule heraus (auch französisch und 
deutsch 1829 in Mainz erschienen), die noch heute 
verwendet wird, sowie als Fortsetzung mehrere 
Hefte Kontrabaßübungen. 

Hausegger, Friedrich von, * 26. 4. 1837 zu 
St. Andrä (Kärnten), f 23. 2. 1899 zu Graz; öster- 
reichischer Musikschriftsteller, erhielt seine musi- 
kalische Schulung bei Salzmann und O. Dessoff, 
studierte Jura und war bereits Hof- und Gerichts- 
advokat m Graz, als er sich 1872 als Dozent für 
Geschichte und Theorie der Musik an der Grazer 
Universität habilitierte. Seine Schrift Die Musik als 
Ausdruck (Wien 1885, 2 1887) ist wohl die ortho- 
doxeste Begründung der spezifisch neuromanti- 
schen Musikästhetik und der Gegenpol zu Hans- 
licks Vom Musikalisch-Schönen . Außerdem schrieb 
er Richard Wagner und Schopenhauer (Leipzig 1878, 
2 1892), Das Jenseits des Künstlers (Wien 1893), Die 
Anfänge der Harmonie (Charlottenburg 1895), Die 
künstlerische Persönlichkeit (Wien 1897), Gedanken 
eines Schauenden (Gesammelte Aufsätze, heraus- 
gegeben von seinem Sohn Siegmund von H., 
München 1903) und Unsere deutscfien Meister Bach , 
Mozart , Beethoven , Wagner (herausgegeben von 
R. Louis, München 1901). 

Lit. : Briefwechsel mit P. Rosegger, hrsg. v. S. v. 
Hausegger, Lpz. 1924; Gesammelte Schriften, * 
Deutsche Musikbücherei XXVI, hrsg. v. dems., Re- 
gensburg 1939. - R. Schäfke, Gesch. d. Musikästhe- 
tik in Umrissen, Bin 1934. 

Hausegger, Siegmund von, * 16. 8. 1872 zu 
Graz, f 10. 10. 1948 zu München; österreichischer 
Komponist und Dirigent, Sohn von Fr. v. H., 
Schüler seines Vaters, E. W. Degners und K. 
Pohligs, besuchte die Universität durch 10 Se- 
mester. 1895/96 dirigierte H. als Gast die Grazer 
Oper, übernahm 1899 die Direktion der Volks- 
Symphoniekonzerte des Kaim-Orchesters in Mün- 
chen und 1903-06 die der Museums-Konzerte in 
Frankfurt am Mahl. Ab 1910 war er Dirigent der 
Philharmonischen Konzerte in Hamburg und da- 
neben der Symphoniekonzerte des Blüthner-Or- 
chesters in Berlin; 1920-34 war er Direktor (später 
mit dem Titel »Präsident«) der Akademie der Ton- 


kunst in München und leitete 1920-38 die Abonne- 
mentskonzerte des Konzertvereins. H. war damals 
lange Zeit Vorsitzender des »Allgemeinen deut- 
schen Musikvereins«. In erster Ehe war er verheira- 
tet mit Hertha Ritter (f 15. 1. 1913 zu Hamburg, 
Tochter Alex. Ritters), einer feinsinnigen Sängerin 
und frühen Interpretin Hugo Wolfs. H. war ein 
Dirigent von starkem Ethos und Pathos, als Kom- 
ponist konnte er als ein besonders gesinnungs- und 
geschmackvoller Typus des neudeutschen Musikers 
gelten. 1889 wurde eine Messe, 1890 seine Erst- 
lingsoper Heljrid in Graz aufgeführt, 1898 brachte 

R. Strauss an der Münchner Hofoper seine 3aktige 
Oper Zinnober (Text von H. nach E. Th. A. Hoff* 
manns »Klein Zaches«) zur Aufführung. Eine 
Dionysische Phantasie für großes Orch. kam 1899 in 
München unter H.s Direktion durch das Kaim- 
Orchester zur Wiedergabe. Es folgten: die sym- 
phonischen Dichtungen Barbarossa (1900) und Wie- 
land der Schmied (1904), eine Natursymphonie (1911, 
mit Schlußchor), symphonische Variationen Auf- 
klänge über ein Kinderlied (1919) ; eine Reihe von 
Männerchören mit Orch. (Schmied Schmerz , Neu- 
weinlied, Schlachtgesang , Totenmarsch ) 9 gern. Chöre 
mit Orch. ( Stimme des Abends , Vor Sonnenaufgang, 
Schnitterlied , Weihe der Nacht , 3 Chöre nach Dich- 
tungen von Weinheber); eine Bearbeitung von 
Schuberts Gesang der Geister über den Wassern , Lie- 
der sowie Orchestergesänge (Drei Hymnen an die 
Nacht). Schriften: Alexander Ritter ; ein Bild seines 
Charakters und Schaffens (Berlin 1907) ; R. Wagners 
Briefe an Frau Julie Ritter (München 1920) ; H.s 
gesammelte Aufsätze erschienen unter dem Titel 
Betrachtungen zur Kunst (= Die Musik, Sammlung 
illustrierterEin zeldarstellungen, XXXIX /XLI, Leip- 
zig 1921) ; er veröffentlichte den Briefwechsel sei- 
nes Vaters mit P. Rosegger (Leipzig 1924) und sei- 
nes Vaters gesammelte Aufsätze (München 1903) 
sowie Gesammelte Schriften (= Deutsche Musik- 
bücherei XXVI, Regensburg 1939). 

Lit.: A. Seidl, Neuzeitliche Tondichter u. zeitgenös- 
sische Tonkünstler I, Regensburg 1926, W. Zentner, 

S. v. H., in: Jb. d. deutschen Musik 1943. 

Hauser, Franz, * 12. 1. 1794 zu Krasowitz bei 
Prag, f 14. 8. 1870 zu Freiburg im Breisgau; böh- 
mischer Sänger (Baßbariton) und Musikpädagoge, 
widmete sich, nachdem er Rechtswissenschaft und 
auch Medizin zu studieren begonnen hatte, der 
Musik und wurde Schüler von V. TomaSek in 
Prag, war längere Zeit ein hochgeschätzter Opem- 

Ä in Prag (1817), Kassel, Dresden, Wien 
, London (1832, mit der Schröder-Devrient) , 
Leipzig (1832), Berlin (1835) und Breslau (1836). 
1837 entsagte er der Bühne, lebte nach einer länge- 
ren Reise durch Italien in Wien als Gesanglehrer 
und wurde 1846 als Direktor des erst zu organisie- 
renden Konservatoriums nach München berufen, 
leitete es bis 1864, zugleich als Gesanglehrer fun- 
gierend und zahlreiche Schüler ausbildend. Zu Be- 
ginn der Wagner-Ära 1865 wurde er pensioniert, 
zog zunächst nach Karlsruhe und lebte ab 1867 in 
Freiburg. Seine gesangspädagogischen Erfahrun- 
gen hat er in einer vortrefflichen Gesanglehre für 
Lehrende und Lernende (Leipzig 1866) niedergelegt. 
H. war ein großer Verehrer J. S. Bachs und besaß 
von dessen Werken eine Sammlung von seltener 
Vollständigkeit, darunter viele Autographen. 


747 



Hauser 


Lit.: Briefe v. M. Hauptmann an Fr. H., 2 Bde, hrsg. 
v. A. Schöne, Lpz. 1871 ; E. Hanslick, Aus d. Leben 
u. d. Correspondenz v. Fr. H m in: Suite, Wien u. 
Teschen (1884), u. : Aus neuer u. neuester Zeit (= Die 
moderne Oper IX), Bin 1900, *1911; H. Kretzsch- 
mar, Ber. bei Beendigung der GA von J. S. Bachs 
Werken, Lpz. 1899; R. Anton, Neue Erkenntnisse 
zur Gesch. d. Bachbewegung, Bach-Jb. XLII, 1955. 

Hauser, Miska (Michael), * 1822 zu Preßburg, 
1 8. 12. 1887 zu Wien; ungarischer Violinist, Schü- 
ler von C. Kreutzer, Mayseder und Sechter in 
Wien, unternahm ab 1840 eine große Zahl aus- 
gedehnter Konzertreisen als Virtuose, besuchte alle 
europäischen Lander, Nord- und Südamerika, 
Australien, die Türkei und feierte durch eine effekt- 
volle Technik und allerlei Virtuosenkünste große 
Triumphe. Seine Kompositionen (Rhapsodie hon- 
groise op. 43) sind nicht von Bedeutung. 

Lit. : die Briefe von H.s großer amerikanischer Reise 
erschienen unter dem Titel: Aus dem Wanderbuche 
eines österreichischen Virtuosen, 2 Bde, hrsg. v. S. 
Hauser, Lpz. 1858-59, englisch (The letters of M. H.) 
als Bd III d. Serie »Hist, of Music in San Francisco«, 
San Francisco 1939. 

Hausmann, Robert, * 13. 8. 1852 zu Rottlebe- 
rode am Harz, f 18. 1. 1909 zu Wien (auf einer 
Konzertreise); deutscher Violoncellist, in Braun- 
schweig bis 1869 Schüler von Th. Müller (dem 
Cellisten des älteren Müller-Quartetts), dann bis 
1871 auf der Berliner Hochschule, studierte noch 
bei Piatti in London. 1872-76 war er Cellist des 
Gräflich Hochbergschen Quartetts in Dresden und 
anschließend Lehrer an der Königlichen Hoch- 
schule in Berlin, auch 1879 bis zu Joa chims Tode 
1907 Mitglied des Joachim-Quartetts. 

Haussermann, John, * 21. 8. 1909 zu Manila 
(Philippinen); amerikanischer Komponist, stu- 
dierte zunächst am Konservatorium in Cincinnati, 
dann bei Duprö (Orgel) und Le Hem (Komposi- 
tion) in Paris. Sein Schaffen umfaßt Orchester- 
werke (Symphonien, Nocturne and Dance , Suite 
After Christmas), Voice Concerto für S. und Orch. 
(1941), K a mm ermusik (Quintett für FL, Ob., 
Klar., Fag. und Cemb., Streichquartette, Suite 
Rustique für Vc., FL und KL), Klavierstücke (24 
symphonische Präludien), Orgelstücke und Lieder. 

H au ßrnann , V alentin (Hausmann), ist derName 
von fünf deutschen Musikern in direkter Deszen- 
denz: - 1) * 1484 zu Nürnberg, Choralkomponist, 
war mit Luther und J. Walter befreundet; sein 
gleich n a mig er Sohn - 2) stammt aus Gerbstädt 
und wurde der bekannteste und fruchtbarste Ver- 
treter der Familie. Dessen Sohn V. H. - 3) war 
Organist in Löbejün, Vater des V. H. - 4), * um 
1647 zu Löbejün, des fürstlich köthenschen Hof- 
musikdirektors und zeitweiligen Domorganisten 
in Alsleben (1680); — 5) Valentin Bartholo- 
mäus H., * 1678 zu Löbejün, war Domorganist in 
Merseburg und Halle und starb als Organist und 
Bürgermeister in Lauchstädt. Die beiden letzt- 
genannten sollen nach Gerber, beziehungsweise 
Mattheson, auch theoretische Traktate verfaßt 
haben. 

Der Lebensweg von V. H. - 2) liegt noch weit- 
gehend im Dunkeln. Nach seinen eigenen Angaben 
reiste er in Preußen und Polen und fegte dabei eine 

748 


Sammlung von Tänzen an. Nach Mattheson war 
er Organist und Ratsherr in Gerbstädt. Wohl auf 
seinen Reisen hielt er sich gelegentlich in den 
Städten Nürnberg, Hamburg, Hannover, Wolfen- 
büttel, Halberstadt, Magdeburg und Königsberg 
auf, ohne daß etwas über die Dauer des Aufent- 
halts in diesen Städten oder eventuelle berufliche 
Stellungen, die er dort versehen hätte, bekannt 
wäre. H.s Auseinandersetzung mit der italienischen 
Musik fand ihren Niederscmag sowohl in seinen 
Liedveröffentlichungen (»nach art der Canzonet- 
ten«) als auch in den von ihm veranstalteten Aus- 
gaben (mit deutschen Texten H.s) der 3st. Villa- 
nellen und Neapolitanen von Marenzio (1606), der 
3st. Canzonetten von H. Vecchi und G. Capi Lupi 
(1606; 4st. Canzonetten von Vecchi in 2 Ausgaben 
1610), der Tricinia von Gastoldi und anderen Kom- 
ponisten (1607) sowie der 5st. Lieblichen Frölichen 
Ballette von Morfey (1609). Damit trug er in star- 
kem Maße zur scnnellen Verbreitung und Auf- 
nahme der italienischen Musik in Deutschland bei. 
Ähnliche Bedeutung gewann er für die Einfüh- 
rung einer eigenständigen Instrumentalmusik, vor 
allem durch seine Neuen Intraden von 1604. Nur 
klein ist die Zahl seiner geistlichen Werke: Psalmus 
46. Magnificat (1588) ; Manipulus sacramm cantionum 
5 et 6 v. (1602) ; eine 8st. Messe sowie je eine 14- 
und lOst. Motette (1604); eine weitere Messe und 
einige Motetten sind in handschriftlicher Über- 
lieferung und in Sammelwerken erhalten. Das 
Hauptgewicht seines Schaffens lag auf dem Gebiet 
der weltlichen Vokal- und der Instrumentalmusik: 
5st. deutsche weltliche Lieder (1592, 1594, 1597), 
4st. deutsche weltliche Canzonetten (1596), 4st. 
deutsche weltliche Lieder nach Art der Canzonet- 
ten (1597), 4st. deutsche weltliche Lieder (i mehrem 
theils zum Tantze zu gebrauchen , 1598), Neue artige 
vnd liebliche Täntze (1598), Fragmenta (35 4- und 
5st. deutsche weltliche Lieder, 1602), Venusgarten 
(100 außerlesene . . . mehremtheils polnische Täntze, 
1602), Fasciculus neuer Hochzeit und Brautlieder 
(4-6st., 1602), Neue Intrade (5- und 6st., fümehmlich 
auff Fiolen, 1604), Neue funfstimmige Paduane und 
Galliarde (1604) und Musicalische teutsche weltliche 
Gesänge . . . nach art der italianischen Canzonen vnd 
Madrigalen (4-8st., 1608). Daneben ist noch eine 
größere Reihe von Gelegenheitskompositionen er- 

Ausg.: 48 ausgewählte Instrumentalwerke, hrsg. v. 

F. Bölsche, DDT XVI; Auswahl aus »Neue artige 
vnd liebliche Täntze« (1598), hrsg. v. J. Stave, Celle 
1937; 6 4st. Tanzsätze aus derselben Slg, hrsg. v. R. 
Steguch, NMA LXXX; ein Tanz bei J. Wolf, Sing- 
u. Spielmusik aus älterer Zeit, - Wiss. u. Bildung 
CCXVIII, Lpz. 1926, 2 1931; 9 geistliche Gesänge bei 
Fr. Jöde, Chorbuch VI; 4 Lieder bei dems., Chorbuch 
alter Meister, Wolfenbüttel 1949; 2 4st. Sätze bei 
dems., Alte Madrigale u. andere a cappella-Gesänge, 

- Hausmusik XIV-XVI; 2 Sätze bei H. Mönke- 
meyer, Antiqua Chorbuch II, 4, Mainz o. J. 

Lit: Th. W. Werner, Ein Brief V. H.s, ZfMw XV, 
1932/33. - R. Velten, Das ältere deutsche Gesell- 
schaftslied unter d. Einfluß d. ital. Musik, » Beiträge 
zur neueren Literaturgesch., N. F., H. V, Heidelberg 

Haußwald, Günter, * 11. 3. 1908 zu Rochlitz 
(Sachsen); deutscher Musikforscher, studierte 1928 
bis 1930 an der Musikhochschule Leipzig (Klavier 
bei Pauer, Komposition bei Karg-Elert und Grab- 



Hay 


ner) und 1928-33 an der Universität bei Kroyer, 
Zenck und F. Krueger, wo er 1937 mit einer Dis- 
sertation über J. D. Heimchens Instrumentalwerke 
(Wolfenbüttel und Berlin 1937) promovierte. 1949 
habilitierte er sich an der Technischen Hochschule 
Dresden mit einer Arbeit über Mozarts Serenaden 
(Leipzig 1951). 1933-45 stand er als Musikpäd- 
agoge im Schuldienst. H. war 1947-53 Dramaturg 
der Staatsoper Dresden und Dozent für Musik- 
geschichte an der Hochschule für Musik, daneben 
(ab 1950) Dozent an der Universität Jena, 1950 in 
Vertretung Besselers. 1958 übern ahm er als Nach- 
folger Hamels die Schrifdeitung der Monats- 
schrift »Musica«. H. ist Mitarbeiter der Gesamtaus- 
gaben von Bach, Gluck, Mozart und Tdemann. 
Schriften (Auswahl) : Heinrich Marschner (Dresden 
1938); Die deutsche Oper (Köln 1941, 21943); Das 
neue Opembuch (Dresden 1951, erwdtert Berlin 
1953, *1957 ); Richard Strauss (Dresden 1953).- Karl 
Ditters von Dittersdorf und Gottfried Müller (ZfM 
CVI, 1939) ; Emst Eichner (ZfM CVD, 1940) ; Hein- 
rich Sutermeister (ZfM CDC, 1942) ; Die Oper in der 
Gegenwart (ZfM CXI, 1950) ; Zur Sonatenkunst der 
Bach-Zeit (Bericht über die wissenschaftliche Bach- 
tagung Leipzig 1950) ; Das Erbe Glucks (Musica V, 
1951); Der Divertimento-Begriff bei G. Chr . Wagen- 
seil (AfMw IX, 1952) ; Instrumentale Züge im Bel - 
canto des 18. Jh. (Kgr.-Ber. Bamberg 1953); J. D . 
Zelenka als Instrumentalkomponist (AfMw XHI, 
1956); Plädoyer für eine Oper (Musica XI, 1957). 
Übersetzungen und Bühnenbearbeitungen : A. 
Adam, Le Postillon de Longjumeau (Textbuch 
Dresden 1950); Chr. W. Gluck, L’lle de Merlin 
(Kassd 1956). - Ausgaben: Blätter der Staatsoper 
Dresden (Dresden 1947-53); Blätter der Staats- 
kapdle Dresden (Dresden 1947-53); Gestaltungen 
und Gestalten, Dramaturgische Blätter der Staats- 
theater Dresden, Folge ifi-V (Dresden 1948-50) ; 
Dresdner Kapdlbuch (Dresden 1948); J. S. Bach 
1750, 1950 (Dresden 1950); C. M. v. Weber, eine 
Gedenkschrift (Dresden 1951); außerdem Aus- 
gaben von: Chr. S. Binder, Fasch, Gluck (Merlins 
Insel, Gesamtausgabe IV, 1, Kassd 1956), Heim- 
chen, Pepusch, Pisendel, Stölzd, Tdemann (Bände 
VI, VII und VIII der Gesamtausgabe, Kassd 1955), 
Vivaldi und Weber. 

Hautin» Pierre -*• Haultin. 

H^ivemaxm, Gustav, * 15. 3. 1882 zu Güstrow; 
deutscher Violinist, lebt in Schöneiche bd Berlin. 
Er war Schüler seines Vaters, seines Schwagers 
Parlow und B. Ahners, dann der Berliner Hoch- 
schule für Musik (Markees und Joachim). Schon 
als 15jähriger spielte er im Schweriner Hof orchester 
mit, wurde 1901 Konzertmeister in Lübeck, kam 
1903 als Hofkonzertmeister nach Darmstadt, 1909 
als Konzertmeister zur Hamburger Philharmonie, 
1911 nach Leipzig als Lehrer am Konservatorium; 
1915-20 war er Konzertmeister der Dresdener 
Staatsoper, 1920-45 Professor der Berliner Musik- 
hochschule. H. leitete ab 1932 das Kampfbund- 
orchester und war 1933-35 Vorsitzender des 
Reichskartells der deutschen Musikerschaft. Sdt 
1951 lehrt er an der Musikhochschule im sowje- 
tischen Sektor von Berlin. Mit Kniestädt, MahJke 
und Steiner gründete er das bekannte Havemann- 
Quartett, das sich in den 20er Jahren der Pflege 
zeitgenössischer Musik widmete. Er schrieb ein 


Violinkonzert E moll (1938), Musik für V. und Kl. 
und das Studienwerk Die Violintecknik bis zur Voll- 
endung (1928). 

Hawes (ho:s), - 1) William, * 21. 6. 1785 und 
t 18. 2. 1846 zu London; englischer Komponist, 
wurde 1812 Chormeister an der Paulskirche, 1817 
Knabenmeister der Chapel Royal, ab 1824 Leiter 
der Englischen Oper im Lyceum. Er veranlaßte die 
ersten Londoner Aufführungen der Opern Frei- 
schütz (1824), Cosifan tutte (1828), Vampyr (1829), 
schrieb englische komische Opern, veröffentlichte 
Glees und gab 1818 die Madrigalsammlung The 
Triumphes of Oriana neu heraus. Seine Tochter - 
2) Maria (Billington-H.), * im April 1816 zu 
London, f 24. 4. 1886 zu Ryde auf Wight, war 
eine angesehene Sängerin (Alt), nachmals als Mrs. 
Merest. 

Hawkins (h'o:kans), Coleman (auch Bean H. 
genannt), * 21. 11. 1904 zu St. Joseph (Missouri); 
amerikanischer Jazzmusiker, studierte am Wash- 
bum College in Topeka, spielte 1923-34 bei Fl. 
Henderson Tenorsaxophon. Anschließend trat er 
in Europa auf und ging 1939 nach den USA zu- 
rück, wo er verschiedene Kapellen, meist in kleiner 
Besetzung, leitete. H. ist der erste bedeutende Te- 
norsaxophonist des Jazz. Er kommt vom Blues, 
verarbeitet aber auch Chicago-style, Swing und 
Be-bop in einem Spiel, dem vor allem Sonorität 
nachgesagt wird: ein rauher, kräftiger und sehr 
plastischer Ton. 

Hawkins (h'o:kons), (Sir) John, *30. 3. 1719 und 
t 21.5.1789 zu London; englischer Musikfor- 
scher, studierte Rechtswissenschaft und wurde Ad- 
vokat, vertiefte sich aber, durch eine reiche Heirat 
in eine unabhängige Lage versetzt, nebenbei in 
musikhistorische Studien, die er in seiner berühm- 
ten General History of the Science and Practice of 
Music :, der Frucht 16jähriger Arbeit, niederlegte 
(5 Bände, London 1776, mit 58 Musikerbildnissen; 
21853, 31875, 3 Bände). Dies sehr gehaltvolle Werk 
wurde anfänglich gegenüber dem Bumeys zurück- 
gesetzt, obgleich Bumey für den 2.-4. Band seiner 
General History of Music H.s Werk benutzt hat 
(der erste erschien gleichzeitig mit H.s vollstän- 
digem Werk). H. war Mitgründer der Madrigal 
Society (1741). Da H. kein Musiker war, mußte er 
den eigentlichen musikalischen Teil seiner Arbeit 
Fach musi kern übertragen, so Boyce die Auswahl 
der zahlreich eingeschalteten Musikstücke, Cooke 
die Übertragung der alten Notierungen. H.s ei- 
genstes Verdienst aber ist das gewissenhafte und 
fleißige Zusammentragen von Zitaten, die seinem 
Werk den Wert einer reichen Materialsammlung 
für eine Geschichte der Musik verleihen. Außerdem 
ist noch seine Monographie The General History of 
Arcangelo Corelli (im »Universal Magazine of 
Knowledge and Picasure«, April 1777) zu erwäh- 
nen. 1772 wurde H. geadelt. 

Lit: P. A. Scholes, The Life and Activities of Sir 
J. H., London 1953. - E. Hegar, Die Anfänge d. 
neueren Musikgeschichtsschreibung, «= Slg mw. Ab- 
handlungen VII, Straßburg (1932) ; R. Stevenson, The 
Rivals H., Burney, and Boswell, MQ XXXVI, 1950. 

Hay (he:), Edward Norman, * 19. 4. 1889 zu 
Faversham, 1 10. 9. 1943 zu Port Stewart; irischer 
Komponist und Organist, studierte 1904-11 in 


749 



Hay 


Belfast und in Oxford (Dr. E. M. Chaundy und A. 
Eaglefield-Hull), 1919 Mus. Doc. Oxon. 1914-16 
war er Organist und Chorleiter der Pfarrkirche in 
Coleraine, wo sein Vater herstammte, ab 1922 von 
Bangor Abbey. Er komponierte: Cellosonate 
(1916) und Streichquartett (1917) über irische 
Volkslieder, Streichquartett A dur (1918) ; musi- 
kalische Komödie The Lady Voter's Dilemma (1919), 
Tondichtung Dunluce (1921), Chor- und Orgel- 
musik. 

Hay (he:), Frederick Charles, * 18. 9. 1888 zu 
Basel, f 18. 7. 1945 zu Langnau; Schweizer Kom- 
ponist und Dirigent, studierte zunächst Medizin, 
dann Musik bei H. Huber in Basel, Widor in Paris, 
R. Fuchs und Schalk in Wien, wurde 1912 Kapell- 
meister in Bern, 1920-25 Leiter der Soddte de 
Chant du Conservatoire in Genf, 1931 des Or- 
chestre Radio Suisse Romande und ging 1934 als 
Musikdirektor nach Langnau. Kompositionen: die 
Operette E Reis i’s Glück ; Der Dom für Frauen- 
stimmen und Orch.; Konzerte für Ob. (op. 11), 
V. (op. 14), Va (op. 16), FL, Ob. und Klar. (op. 19) 
mit Orch.; Kammermusik; Lieder und Filmmu- 
siken. 

Haydn, Franz Joseph, * wahrscheinlich 31. 3. 
(getauft 1. 4.) 1732 zu Rohrau (Niederösterreich), 
f 31. 5. 1809 zu Wien; österreichischer Kompo- 
nist, war das zweite von zwölf Kindern eines wenig 
bemittelten Wagenbauers, der selbst musikalisch 
veranlagt war, und wurde von einem Vetter, dem 
Schulrektor J. M. Franck in Hainburg, in Gesang 
und Instrumentenspiel unterwiesen. 1740 zog der 
Kapellmeister der Stephanskirche und Hof comp o- 
siteur Georg Reutter d. J. den talentvollen und mit 
einem schönen Sopran begabten Knaben nach 
Wien als Chorsänger der Stephanskirche. Obgleich 
fast ohne alle theoretische Unterweisung aufwach- 
send, komponierte H. früh und versuchte sich an 
schweren Aufgaben. Um 1745 wurde auch sein 
Bruder Michaä als Chorknabe nach Wien gezo- 
gen, und Joseph erhielt die Aufgabe, ihn in den An- 
fangsgründen zu unterweisen; der Bruder ersetzte 
ihn als Solosopranist vollständig, und H. wurde 
daher fortgeschickt, als seine Stimme anfing zu 
brechen. Einige Zeit versah er bei Porpora die 
Stelle eines Akkompagnisten in dessen Gesang- 
unterrichtsstunden, wurde ganz wie ein Diener 
behandelt, erhielt aber dabei einigen Kompositions- 
unterricht und wurde durch Porpora mit Wagen- 
seil, Gluck und Dittersdorf bekannt. H.s eigene 
Schaffenstätigkeit begann sich nun zu entfalten. 
Er schrieb verschiedene Kirchenkompositionen 
(darunter eine Messe und ein 1756 datiertes Salve 
Regina), Werke für das Klavier (u. a. das gleich- 
falls dem Jahre 1756 angehörende Konzert für 
Orgel oder Kielflügel, Hob. XVEI, 1), kleinere 
Kammermusikwerke (Divertimenti, Cassationen) 
und die (heute verlorene) Oper Der krumme Teufel 
(1752). Die erste Anregung zur Komposition von 
Streichquartetten gab ihm wohl K.J. von Füm- 
berg, der auf seinem Landgut Weinzierl kleine 
musikalische Unterhaltungen veranstaltete : H. 
schrieb seine ersten Quartette gleichfalls in den 
50er Jahren. Baron Fümberg verschaffte ihm 1759 
die Musikdirektorstelle der Privatkapelle des Gra- 
fen Morzin zu Lukawitz bei Pilsen (Böhmen), und 
H., nun mit 200 FL Gehalt, konnte daran H^nlr^n, 


einen eigenen Hausstand zu gründen; seine Wahl 
fiel nicht glücklich aus, denn seine Frau Maria 
Anna, Tochter des Friseurs Keller in Wien, war 
herrschsüchtig, zänkisch, bigott und hatte keinerlei 
Verständnis für Musik; 40 Jahre lang hat H. das 
harte Los dieser noch dazu kinderlosen Ehe ge- 
tragen (26. 11. 1760 — 20. 3. 1800). In Lukawitz 
schrieb er 1759 seine erste Symphonie D dur 
(Hob. I, 1). Leider löste der Graf bald seine Ka- 
pelle auf; einige Monate war H. ohne Anstellung, 
wurde aber noch 1761 von dem Fürsten Paul Anton 
Eszterhäzy als zweiter Kapellmeister (neben Gr. J. 
Werner) nach Eisenstadt berufen, wo der Fürst eine 
Privatkapelle von 16 Köpfen unterhielt, die nach- 
her unter Fürst Nikolaus Joseph bis auf 30 vergrö- 
ßert wurde (ohne die Sänger). 1766 starb Werner, 
und H. wurde alleiniger Dirigent; 1769 wurde die 
Kapelle nach dem Schlosse Eszterhdza nahe dem 
Neusiedler See verlegt. 1790 starb Fürst Nikolaus 
Joseph, und sein Sohn löste die Kapelle auf, beließ 
jedoch H. den Kapellmeistertitel und legte der vom 
Verstorbenen ausgesetzten Jahrespension von 1000 
FL weitere 400 zu. H. verkaufte sein Haus in 
Eisenstadt und zog nach Wien. Er war nun ein 
ziemlich unabhängiger Mann, da Fürst Anton ihm 
bereitwilligst Urlaub erteÜte, und gab daher wie- 
derholten Einladungen nach London endlich nach. 
Seine beiden Reisen nach England (1790-92 und 
1794-95) sind in seiner Lebensgeschichte so merk- 
würdig, weil er im übrigen aus Österreich niemals 
herausgekommen ist. Nachdem die Direktion der 
Professional Concerts (W. Cramer) schon 1787 ver- 
geblich versucht hatte, ihn nach London zu ziehen, 
gelang es dem Violinisten J. P. Salomon, der in 
London Abonnementskonzerte veranstaltete, H. 
persönlich zu bereden und gleich mitzunehmen 
(15. 12. 1790). Er garantierte H. 300 Pfund Ster- 
ling für eine neue Oper, die der Komponist für den 
Impresario Gallini schreiben sollte (L* Anima del 
filosofo, nicht auf geführt), 200 Pfund für ein Benefiz- 
Konzert und 700 Pfund für verschiedene kleinere 
und größere Werke, darunter 6 neue Symphonien 
(Hob. I, 93-98), die unter H.s eigener Direktion 
auf geführt werden sollten. Der Erfolg rechtfertigte 
die Erwartungen vollständig; H. wurde außer- 
ordentlich gefeiert, seine Werke beherrschten das 
Londoner Konzertleben, und es gelang ihm, vor- 
teilhafte Verlagsverbindungen anzuknüpfen. Er 
verlebte den Sommer und Herbst auf den Land- 
sitzen englischer Großen, die sich in Aufmerksam- 
keiten für H. überboten. Auch der Doktorpromo- 
tion in Oxford entging er nicht (8. 7. 1791); wäh- 
rend der Zeremonie wurde die darum so benannte 
Oxford-Symphonie (Hob. I, 92) gespielt. Auch 
die zweite Saison verlief außerordentlich glänzend. 
Zu bemerken ist, daß auch die Professional Con- 
certs sich 1791 wie 1792 am H.-Kultus aufs leb- 
hafteste beteiligten, indem sie ihnen zugängliche, 
bereits veröffentlichte Werke des Meisters auf- 
führten. 1792 zog man zwar H.s Schüler Pleyel 
nach London, der H. Konkurrenz machen sollte; 
doch kam es nicht zu einem Konflikt. Ende Juni 
1792 wandte sich H. endlich auf Drangen seiner 
Frau, die in Wien ein Haus kaufen wollte, und auf 
Wunsch des Fürsten Eszterhäzy zur Heimreise; in 
Bonn, wo ihm die kurfürstliche Kapelle ein Früh- 
stück gab, wurde wohl mit dem jungen Beethoven, 
der ihm schon 1790 auf der ersten Reise vorgestellt 


750 



Haydn 


worden war, verabredet, daß dieser als H.s Schüler 
nach Wien kommen sollte. Von Bonn reiste H. 
nach Frankfurt, wohin ihn sein Fürst zur Kaiser- 
krönung von Franz BL befohlen hatte, und kehrte 
Ende Juli nach Wien zurück. Der im Ausland so 
gefeierte H. wurde nun auch in seinem Vaterlande 
mit Ehren überhäuft. Am 19. 1. 1794 trat er auf 
Salomons neues Zureden die zweite Reise nach Lon- 
don an, wo er wiederum zwei Konzertsaisons ver- 
brachte (6 neue Symphonien - Hob. 1, 99-104 - und 
6 neue Streichquartette - Hob. HI, 69-74 - wur- 
den auf geführt), blieb die Zwischenzeit auf Land- 
sitzen und reiste im August 1795 über Hamburg, 
Berlin und Dresden nach Wien zurück; während 
der beiden Aufenthalte in England hatte der Kom- 
ponist 24000 Gulden verdient. H.s Rückreise war 
übrigens beschleunigt worden durch Fürst Niko- 
laus Eszterhäzy, der die Kapelle neuerdings ein- 
richtete und H. die Kapellmeisterfunktionen wie- 
der übertrug. Erst jetzt erreichte H. den Höhepunkt 
seines Künstlertums. Im Alter von über 65 Jahren 
schrieb er die Schöpfung und die Jahreszeiten , seine 
beiden umfänglichsten Werke; beide sind auf 
Übersetzungen englischer Dichtungen kompo- 
niert, die Schöpfung nach einem für Händel von 
Lidley aus Miltons »Paradise Lost« zusammenge- 
stellten Gedicht und die Jahreszeiten nach dem 
Gedicht Thomsons, beide übertragen von G. van 
Swieten. Die Schöpfung wurde am 29. und 30. 4. 
1798, die Jahreszeiten am 24. 4. 1801 zuerst auf ge- 
führt (im Palais des Fürsten Schwarzenberg); die 
erste öffentliche Aufführung der Schöpfung erfolgte 
am 19. 3. 1799. Dieser Zeit entstammen auch die 6 
feierlichen Hochämter (Pauken-, Heilig-, Nelson-, 
Theresien-, Schöpf ungs- und Harmoniemesse). 
Allmählich stellten sich nun die Gebrechen des 
Alters bei H. ein; seine Arbeitskraft ließ nach, und 
er vermochte in den letzten Jahren nur selten sein 
Zimmer zu verlassen. Er starb wenige Tage nach 
dem Einrücken der Franzosen in Wien; für sein 
dem Kaiser und dem Vaterlande treu ergebenes 
Gemüt war die feindliche Okkupation ein bitterer 
Schmerz. Seine irdische Hülle wurde 1820 end- 
gültig in der Bergkirche zu Eisenstadt beigesetzt. 
1887 wurde ihm vor der Mariahilfer Kirche in 
Wien ein Marmorstandbüd (von Natter) errichtet. 
1909 widmeten ihm die Wiener Kirchenmusik- 
vereine eine Votivtafel in Maria-Zell (der 3. Kon- 
greß der IMG in Wien 1909 war zu einer H.-Zen- 
tenarfeier gestaltet). 1899 wurde in H.s Sterbehaus, 
das er ab 1797 bewohnte, ein H.-Museum eröffnet. 
Der junge H. war mit der Kunst der Wiener Vor- 
klassiker und den Werken der Mannheimer und 
italienischen Komponisten seiner Zeit wohl ver- 
traut. Allmählich gelangte H. dann unter den Ein- 
fluß der norddeutschen Empfindsamkeit C. Ph. E. 
Bachs und - ähnlich dem Werke des jungen Mo- 
zart - zeigte sich auch bei ihm vorübergehend eine 
»Sturm und Drang«-Periode. Doch der Kompo- 
nist überwand auch diese Phase und erzielte als 
50jähriger das wohl abgewogene Gleic hm aß klas- 
sischer Vollendung. Von bescheidenen, fast kind- 
lichen Anfängen steigerte er (besonders nach Mo- 
zarts Auftreten) sein Können schnell zu Kunst- 
leistungen von einer Größe, die das Werk seiner 
Zeitgenossen vergessen machte. Weder das kecke 
Umspringen des Ausdrucks im engsten Rahmen 
der Themenbildung noch die Einführung des 


Menuetts in die Symphonie ist H.s Erfindung; 
hierin steht er vielmehr auf den Schultern seiner 
Vorgänger. Auch der Umschwung in der Behand- 
lung der Orchesterinstrumente, die Beteiligung 
der Bläser als selbständige Faktoren an den themati- 
schen BÜdungen war schon vor H. besonders 
durch Gluck gefördert. Aber H. ist ein Vollender, 
der erste Großmeister des neuen Instrumentalstils, 
besonders auf dem Gebiet der Symphonie und des 
Streichquartetts, so daß man ihn den Vater dieser 
Gattungen nannte. In H.s Musik pulsiert der Alt- 
wiener Frohsinn von der naiven Innigkeit bis zur 
tollen Ausgelassenheit; aber auch, wo H. ernste 
und leidenschaftliche Töne anschlägt, überragt er 
seine Zeitgenossen und leitet unmittelbar zu Beet- 
hoven über. Sein größtes Verdienst um die von 
ihm erst eigentlich ausgestaltete Sonatenform ist 
die bewußte Anwendung des Prinzips der thema- 
tischen Arbeit im Durchführungsteil (seit den so- 
genannten »Russischen Quartetten« von 1781, 
Hob. m, 37-42). 

Da H. sich schon zu seinen Lebzeiten eines hohen 
Ansehens erfreute, wurden ihm von skrupellosen 
Kopisten und Verlegern viele Werke anderer Au- 
toren zugeschrieben. Demnach ist es oft recht 
schwierig, die Echtheit sogenannter H.-Kompo- 
sitionen mit Sicherheit festzustellen. Ein vollstän- 
diger Katalog der Werke des Meisters lag bis 1957 
noch nicht vor. Der Bedarf nach einem solchen 
Verzeichnis bestand schon im 18. Jh., und H. selbst 
begann 1765 seine Werke zusammenzustellen. So 
entstand zunächst der sogenannte »Entwurf Kata- 
log«, dem 1805 das von H.s treuem Kopisten und 
Helfer J. Elßler geschriebene große Haydn-Ver- 
zeichnis folgte. Von größter Bedeutung ist daher 
»J. H. Thematisch-bibliographisches Werkver- 
zeichnis, zusammengestellt von A. van Hobo- 
ken«, dessen Band I (Mainz 1957) die Instrumental- 
werke umfaßt; Band II wird die Vokalwerke ent- 
halten. - Die Zahl der Werke H.s ist eine sehr 
große, doch sind manche der in der folgenden 
Übersicht aufgezählten Stücke nicht mehr nach- 
weisbar. Symphonien schrieb H. nicht weniger als 
104 (für einige weitere ist die Echtheit zweifelhaft), 
die ersten außer dem Streichorch. nur mit 2 Ob. 
und 2 Hörnern, einige der großen englischen für 
Streichorch., 2 FL, 2 Ob., 2 Klar., 2 Fag., 2 Hörner, 
2 Trp. und Pauken. Durch besondere Namen sind 
bekannter: Le matin (D dur. Hob. I, 6, 1761); 
Le midi (C dur, Hob. I, 7, 1761); Le soir (Gdur, 
Hob. I, 8, 1761); »Absdxieds-Symphonie« (Fis 
moll, Hob. 1, 45, 1772); »La Chasse« (G dur. Hob. 
I, 73, 1781); »La Poule« (G moll. Hob. I, 83, 
1785); »La Reine« (B dur, Hob. I, 85, 1786); 
»L’Ours« (C dur, Hob. I, 82, 1786); »Oxford« 
(G dur. Hob. I, 92, 1788); »Symphonie mit dem 
Paukenschlag« (G dur. Hob. I, 94, 1791); »Mili- 
tär« (G dur, Hob. 1, 100, 1794) ; »Die Uhr« (D dur, 
Hob. 1, 101, 1794); »Symphonie mit demPauken- 
wirbel« (Es dur, Hob. I, 103, 1795). Dazu kom- 
men die Symphonie concertante (für V., Vc., Ob., 
Fag. und Oifch., Hob. I, 105*), die H. 1792 
schrieb, eine frühe Symphonie B dur, die als 
Streichquartett op. 1 Nr 5 (Hob. m, 5) bekannt 
wurde, und eine frühe 4sätzige Partita B dur 
(Hob. I, 108*). Weiters 16 Ouvertüren (Hob. Ia), 
größtenteils zu Opern, 7 Märsche (Hob. VIII) und 
30 Gruppen verschiedener Tänze (Hob. IX). Auch 


751 



Haydn 


die 1785 für Cddiz (Spanien) geschriebene Instru- 
mentalpassion Die 7 Worte Christi am Kreuz gehört 
ursprünglich zu den Orchesterwerken (Hob. 
XX/1, von H. auch für Streichquartett und für 
Klavier - sowie schließlich 1796 als Oratorium ar- 
rangiert). Den Symphonien verwandt sind die 
mehrstimmigen Divertimenti, von denen der Ho- 
boken-Katalog 59 verzeichnet, darunter die 8 Not- 
turni für 2 Lyre organizate (Radleiem), 2 Va, Baß, 
2 Klar, und 2 Hörner (Hob. n, 25-32), die H. 
1786-90 für König Ferdinand IV. von Neapel 
schrieb. Dazu kommen 24 Klavierkonzerte (Hob. 
XVIII) und Divertimenti mit KL (Hob. XIV), 
sowie 24 Konzerte für verschiedene Instr.: 4 für 
V. (Hob. Vlla); 5 für Vc. (Hob. Vllb), darunter 
das berühmte Konzert D dur von 1783; 3 für 
Baryton (Hob. XIII); je eins für Kb. (Hob. VIIc), 
H. (Hob. Vllf) und Trp. (Hob. VHe); 4 für 1 und 
2 Hörner (Hob. Vüd); 5 für 2 Radleiem (Hob. 
Vllh, l*-5*; 1786, ebenfalls für den König von 
Neapel). In den 83 Streichquartetten erreicht H.s 
Größe ebenso wie in den Symphonien einen 
Gipfel, namentlich in den Quartettreihen op. 64 
(Hob. m, 63-68), 74 (Hob. m, 69-74), 76 (Hob. 
HI, 75-80). Durch besondere Namen bekannt 
sind die 6 »Sonnenquartette« op. 20 (Hob. in, 
31-36; 1772), die 6 »Russischen« Quartette op. 33 
(Hob. m, 37-42; 1781; darunter Nr 3 »Vogelquar- 
tett« Cdur); das »Froschquartett« D dur op. 50 
Nr 6 (Hob. Hl, 49; 1787); »Lerchenquartett« 
D dur op. 64 Nr 5 (Hob. m, 63; 1790); »Reiter- 
quartett« G moll op. 74 Nr 3 (Hob. IH, 74; 1793); 
»Quintenquartett« D moll, op. 76 Nr 2 (Hob. HI, 
76; 1797); »Kaiserquartett« Cdur op. 76 Nr 3 
(Hob. HI, 77; 1797). Weiters schrieb H.: 41 Trios 
für KL, V. (oder Fl.) und Vc. (Hob. XV) ; 21 Trios 
für 2 V. und Vc. (Hob. V) ; 126 Trios für Baryton, 
Va (oder V.) und Vc. (Hob. XI); 11 Trios für 
Blas- u. Streichinstrumente gemischt (Hob. IV); 
25 Baryton-Duos (Hob. XII) ; 6 Duos für V. und 
Va (Hob. VI); einzdne Sonaten für Kl. mit V. 
(Hob. XVa) ; 2 Werke für Kl. zu 4 Händen (Hob. 
XVÜa); 52 Klaviersonaten (Hob. XVI); 12 Kla- 
vierstücke (Hob. XVR; darunter die bedeutenden 
Variationen F moll von 1793) ; 32 Stücke für eine 
mechanische Flötenuhr (Hob. XIX). An der Spitze 
der Vokalwerke stehen die beiden Oratorien Die 
Schöpfung (1798) und Die Jahreszeiten (1801), 
denen sich die Vokalfassung der Sieben Worte 
und das italienische Oratorium fl ritomo di 
Tohia (1774/75) anschließen. Unter den 14 Messen 
zahlen die Spätwerke zu den Meisterleistungen 
österreichischer Kirchenmusik: »Paukenmesse« 
(Missa in tempore belli, C dur, 1796), »Heiligmesse« 
(B dur, 1796), »Nelsonmesse« (Missa in angustiis, 
D moll, 1798), »Theresienmesse« (B dur, 1799), 
»Schöpfungsmesse« (Missa solennis, B dur, 1801), 
»Harmoniemesse« (B dur, 1802). Außerdem schrieb 
H. verschiedene Kantaten und Chöre, 2 Te Deum, 
ein Stabat Mater, mehrere Salve Regina und eine 
Anzahl kleinerer geistlicher Werke, die teilweise 
auf Bearbeitungen weltlicher Karitatensätze H.s 
zurückgehen. Auch komponierte er 24 größten- 
teils italienische Opern; die meisten waren frei- 
lich für das Eszterhäzer Theater oder für Mario- 
netten bestimmt, und H. selbst zögerte, sie ander- 
wärts aufführen zu lassen. Unter den erhaltenen 
Opern finden sich: Acide e Galatea (1762) ; La Can- 


terina (1767); Lo Speziale (1768); Le Pescatrici 
(1769); L'Infedeltä delusa (1773); U Incon tro impro - 
viso (1775); fl Mondo della Luna (1777); La vera 
Costanza (1779); VIsola disabitata (1779); Orlando 
Paladino (1782) ; Armida (1784) ; V Anima del filosofo 
(1791 für London geschrieben, doch dort nicht 
auf geführt; 1805 und 1807 unter dem Titel Oifeo 
et Euridice teilweise veröffentlicht). Unter den zahl- 
reichen Solokantaten, Arien und Duetten, die H. 
teils für Konzertwerke, teils als Einlagen zu frem- 
den Opern schrieb, seien hervorgehoben: Ah, 
come il cor mi palpita für S. und Orch. und Arianna a 
Naxos für S. und Kl. Hinzu kommen 13 3-4st. 
Gesänge mit Kl., 47 Ist. Lieder, 55 Kanons (dar- 
unter Die zehn Gebote der Kunst) und 445 Bearbei- 
tungen schottischer, irischer und walisischer Volks- 
lieder, die H. ab 1792 im Aufträge der Verleger 
Napier, Thomson und Whyte für Gesang und Kl. 
(V. und Vc. ad libitum) schrieb. - H. war beson- 
ders in jüngeren Jahren sehr unbekümmert um die 
Verlagsangelegenheiten seiner Werke, und vieles 
erschien ohne sein Zutun im Druck; so erklärt es 
sich, daß auch, besonders im Ausland, sehr viele 
gar nicht von ihm herrührende Werke unter sei- 
nem Namen erscheinen konnten. Zu Lebzeiten H.s 
erschienen seine Werke bei über 125 Verlegern. 
Eine von Breitkopf & Härtel (Leipzig) 1800 be- 

f onnene Ausgabe der »Oeuvres complettes« brachte 
is 1806 12 Hefte mit Klavierwerken, -trios und 
Liedern. Nach der Rückkehr von seiner zweiten 
englischen Reise komponierte H. als Gegenstück 
zum »God save the kmg« im Kriegsjahr 1797 die 
Kaiserhymne Gott erhalte Franz den Kaiser (Text 
von L. L. Haschka), die (in verschiedenen Bear- 
beitungen des Textes) bis 1920 und 1929-46 
Österreichs Nationalhymne war und mit dem ihr 
1841 von IL Hoffmann von Fallersleben unter- 
gelegten Text »Deutschland, Deutschland über alles« 
1922 auch zur deutschen Nationalhymne erklärt 
wurde. Bedeutsam ist H.s Bearbeitung der Melodie 
im Variationensatz des »Kaiserquartetts« (Hob. III, 
77). 

Ausg.: GA, begonnen v. E. Mandyczewski, H. 
Schultz, K. Päsler, M. Fribdlaender; es erschie- 
nen 4 Bde Symphonien (Nr 1-49), 3 Bde Klaviersona- 
ten, Die Schöpfung, Die Jahreszeiten, ein Bd Ein- 
stimmige Lieder u. Gesänge (Lpz. 1907-32); fort- 
geführt v. J. P. Larsen u. H. C. R. Landon: 3 Bde 
Symphonien (Nr 50-57 u. 82-92), ein Bd Messen 
(Boston, Wien, Lpz., Wiesbaden u. Salzburg 1950-52, 
Weiterführung durch d. J.-H.-Inst. Köln (München- 
Duisburg ab 1958). 

Auswahl von Ausg., vor allem von Werken, die 
noch nicht in d. GA erschienen sind: Symphonien: 
Nr 78 (NY 1947), 80 (Wien 1937), 87 (= Smith 
College Music Archives X, Northampton, Mass., 
1949), hrsg. v. A. Einstein; Nr 76 u. 81, hrsg. v. 
J. M. Coopbrsmith, NY 1945; Nr 64, hrsg. v. L. 
Landshoff, Lpz. 1931; Nr 101, hrsg. v. O. Singer, 
Lpz. 1931 ; Partita B dur (Nr 108), hrsg. v. A. Sand- 
berger, « Münchener H.-Renaissance II, 1, 1934; 
Concertante Symphonie B dur Nr 105, hrsg. v. H. 
Sitt, Lpz. 1920; Cellokonzert D dur, hrsg. v. Fr. A. 
Gevaert, Lpz. u. Brüssel 1890, hrsg. v. H. Becker, 
Lpz. 1901, hrsg. v. J. Klengel, Lpz. 1906, hrsg. v. K. 
Soldan, Lpz. 1934, hrsg. v. W. Altmann, Lpz. 1935; 
Violinkonzert C dur, hrsg. v. W. Davsson. Lpz. 
1909, hrsg. v. P. Klengel, Lpz. 1931, hrsg. v. H, C. 
R. Landon, London 1952; Violinkonzert A dur, hrsg. 
v. H. C. R. Landon, Salzburg 1952 (mit Kadenzen 
v. A. Heiller); Violinkonzert G dur ,hrsg. v. W. Da- 


752 



Haydn 


visson, Lpz. 1909; 2 Homkonzerte D dur, hrsg. v. E. 
Mandyczewski, Lpz. 1898 (f. Horn u. Kl.) u. v. 
H. H. Steves, London 1954, eines auch hrsg. v. M. 
Pottag, NY 1941 ; Trompetenkonzert Es dur, hrsg. 
v. A. Goeyens u. E. Closson, Brüssel 1929 (für Trp. 

u. Kl.) sowie v. H. Wollheim, Bin 1931 ; Konzert f. 
Org. bzw. Cemb. C dur, hrsg. v. M. Schneider, Wies- 
baden 1953; Cembalokonzert Cdur, hrsg. v. H. 
Schultz, Lpz. 1937 ; Cembalokonzert G dur, hrsg. 

v. K. Schubert, NMA LXXXVI; Concertino C dur 
f. Kl., 2 V. u. Vc., hrsg. v. W. Weismann, Lpz. 1952; 
Radleierkonzert G dur, hrsg. v. K. Geiringer als 
Divertimento f. Fl., Ob., 2 V., 2 Va, Baß u. 2 Hörner, 
Bin 1932; von d. 8 Notturni f. 2 Lyre organizate (in d. 
Ausg. Fl. u. Ob.), 2 Va, 2 Klar. u. 2 Hörner erschie- 
nen: I, hrsg. v. E. Fr. Schmid, Karlsbad 1932; III, 
hrsg. v. A. Sandberger, = Münchener H.-Renais- 
sance II, 2; IV-V, hrsg. v. K. Geiringer, Wien 1931 
bis 1932; VI, hrsg. v. E. Fendler, NY 1946; VU-VIII, 
hrsg. v. E. Fr. Schmid als »Notturno I— II«, Lpz. u. 
Wien 1936; Divertimenti: Fdur f. 2 V. u. 6 Bläser, 
hrsg. v. K. Janetzky, Lpz. 1954; D dur f . 4 Bläser u. 

3 Streicher, hrsg. v. dems., Kassel 1953; Cdur f. 

4 Streicher, Fl. u. Ob. (»Mann u. Weib oder Der Ge- 
burtstag«), hrsg. v. H. Lemacher u. P. Mies, Köln 
1932; Es dur f. 4 Streicher u. 2 Hörner, hrsg. v. A. 
Egidi als »Eine Abendmusik«, Bin 1936; Cdur f. 
6 Bläser, hrsg. (unvollständig) v. A. Sandberger, ■=* 
Münchener H.-Renaissance IV, 2; G dur f. 2 V., 2 Va 

u. B.c., hrsg. v. W. Höckner, Kopenhagen 1953; 
Es dur f. KI., V., Baß u. 2 Hörner, hrsg. v. K. Ja- 
netzky, Halle 1953; G dur f. FL, V., Va u. B.c., hrsg. 

v. W. Upmeyer, NMA CXXIX; C dur f. 4 Bläser, 
hrsg. v. H. Reichenbach, = Das Hauskonzert V, 
Kopenhagen, Lpz., Wolfenbüttel, Bin 1932; Cdur f. 
Klavierquartett, hrsg. v. G. Wertheim, London 1955; 
G dur f. Klavierquartett, hrsg. v. E. Lassen, Mainz 
1955; Es dur f. Streichquartett, hrsg. v. K. Geiringer, 
NMA LXXXIV, hrsg. v. M. M. Scott, London 1931 ; 
Scherzando G dur f. 3 Streicher u. Symphonia o Cas- 
satio Adur (— Streichquartett Nr 8), hrsg. v. H. 
Martens, — Musikschätze d. Vergangenheit II, I, Bin 
1932; 2 Barytondivertimenti, bearb. f. Fl. u. Streicher 
v. E. Fr. Schmid, Kassel 1952; Adagio and Presto f. 
Fl., Streicher u. Horn aus einem Barytondivertimento, 
bearb. v. K. Geiringer, London 1946; 6 Baryton- 
divertimenti bearb. als Sonatinen f. Kl. v. D. E. Bay- 
ford, London 1948; 9 Divertimenti f. Baryton, Va u. 
Baß, hrsg. v. W. Woehl, 3 Hefte, Kassel 1939-52; 
Barytontrio H moll, hrsg. v. K. Geiringer in ZfM 
IC, 1932; 4 Trios f. 2 Fl. u. Vc., hrsg. v. L. Balet, 
NMA LXXI; 6 Trios f. FL, V. u. Vc., hrsg. v. R. 
Dittrich, Lpz. 1926; je 3 Barytontrios bearb. f. Fl., 
V. u. Vc. v. J. Clinton (London 1851) u. v. A. Egidi 
(Bin 1936); 6 Streichtrios (davon 2 fraglich), bearb. 
als Sonaten f. 2 V. u. KI. (Vc. ad libitum) v. A. Gül- 
zow u. W. Weismann, Lpz. 1932, Neudruck NY 
1950; Streichtrios in verschiedenen Besetzungen 
(darunter vielfach Bearbeitungen v. Barytontrios), 
hrsg. v.: F. May (12, davon 4 fraglich, 2 Hefte, Heil- 
bronn 1903), H. Lemacher (dieselben, Mönchen- 
Gladbach 1924), K. Marguerre (6 von denselben, 
darunter die 4 fraglichen, Mainz 1955), R. Tillmetz 
(6, Lpz. 1903), H. Höckner (Unbekannte Streich- 
trios, 2 Hefte, Lpz. 1937), A. Hoffmann (Sechs leichte 
Wiener Trios, Wolfenbüttel 1939, 5 Eisenstädter Trios, 
davon eines fraglich, Wiesbaden 1955), O. Fitz (Drei 
leichte Streichtrios, davon eines fraglich, Augsburg 
1926), A. Sandberger (3, Braunschweig 1934, auch 
Lpz. 1953), R. Heuberger (Zwei Divertimenti, Wien 
1914), C. A. Ruyssen (dieselben, Paris 1925), Chr. 
Döbereiner (2 Divertimenti, Mainz 1939), K. Gei- 
ringer (ein Barytontrio, « Das Hauskonzert X, 
Kopenhagen, Lpz., Wolfenbüttel, Bin 1933); Werke 
(sämtliche, zum Teil Bearbeitungen fremder Stücke) 
f. d. Laufwerk (Flötenuhr), bearb. f. Kl. v. E Fr. 
Schmid, Hannover 1931, ergänzt Kassel 1954; zu d. 


Divertimento . 3 Streicher, hrsg. v. Cl. Meyer. 
NMA LII, vgl. Hoboken I, S. 509. - Die 7 Worte . . , 
(Vokalfassung), hrsg. v. W. Weismann, Lpz. (1931); 
II ritorno di Tobia, Kl.-A. hrsg. v. H. M. Schlet- 
terer, Wolfenbüttel (1864); dass., hrsg. v. F. A. 
Glossner, Wien (1909); Missa brevis in honorem St. 
Joannis de deo (Kleine Orgelmesse), bearb. v. F. Ha- 
bel, Augsburg (1931); Missa in tempore belli (Pau- 
kenmesse), KI.-A. hrsg. v. dems., Augsburg o. J.; 
Missa in angustiis (Nelsonmesse), hrsg. v. W. Weis- 
mann, Lpz. (1931); Große Messe in B (Theresien- 
messe), hrsg. v. K. Rouland u. A. Schnerich, Wien 
1924, auch Augsburg u. Wien (1925, 21949 ); Schöp- 
fungsmesse, Faks., hrsg. v. W. Virneisel, Köln u. 
München 1957; dies., hrsg. v. F. Habel, Augsburg 
1936; Harraoniemesse, hrsg. v. G. Göhler, Lpz. 
(1909); ein Te Deum f. Chor u. Orch., hrsg. v. L 
Atkins, London 1932; Motette Insanae et vanae 
curae f. Mäonerchor u. Orch., hrsg. v. P. Müller, 
Zürich u. Lpz. 1932; Motette Alma redemptoris ma- 
ter, hrsg. v. A. Peter u. A. Schnerich, Graz (1914); 
Offertorium Non nobis, domine f. 4st. Chor u. Orch., 
hrsg. v. M. Hengartner, Lpz. 1929; Offertorium Tui 
sunt coeli, hrsg. v. A. Hoeglauer, Augsburg 1950; 
Opern: Lo Speziale, KI.-A. hrsg. v. R. Hirschfeld, 
Wien (1909); LTncontro improviso, Kl.-A. bearb. v. 
H. Schultz, Lpz. (1937, 21939); II Mondo della Luna, 
K1.-A. bearb. v. M. Lothar, Bin 1932; Ritter Roland 
(Orlando Paladino), Kl.-A. bearb. v. E. Latzko, Lpz. 
1932; Ouvertüre zu Armida, hrsg. v. H. Gäl, Lon- 
don 1939 ; 3 Arien (davon je eine aus La vera Costanza 

u. aus Armida), hrsg. v. P. A. Pisk u. R. St. Hoff- 
mann, Wien 1932 (Einzelhefte); 2 Konzertarien, hrsg. 

v. A. Orel, Lpz. 1938; Nelson- Arie, hrsg. v. L. 
Landshoff, Bin (1931); 6 gern. Chöre, hrsg. v. Fr. 
Jöde, Lpz. 1932; Die Harmonie in d. Ehe f. gern. 
Chor a cappella, hrsg. v. E. Thomas, Wien (1929); 
dass., hrsg. v. K. Geiringer, NY (1946); Die 3- u. 
4sL Gesänge, hrsg. v. B. Paumgartner, Kassel 1951; 
Gesänge f. 3 Männerst, u. Kl., hrsg. v. W. Ehmann, 
Kassel 1951; 12 schottische Volkslieder, hrsg. v. B, 
Mandyczewski, Wien (1919); Schottische u. wali- 
sische Volkslieder, hrsg. v. B. Engelke, Lpz. 1927; 
6 Englische Canzonetten, hrsg. v. L. Landshoff (mit 
deutschem Text v. K. Wolfskehl), München 1924; 
Kanzonetten u. Lieder, hrsg. v. L. Landshoff, Lpz. 
(1931); 24 Kanons, hrsg. v. W. Weismann, Lpz. 
(1931); Kanons, hrsg. v. Fr. Jöde, — Der Musikant, 
Beihefte Reihe II, Vokalwerke Nr 19, Wolfenbüttel 
1932; 6 mehrst Kanons, hrsg. v. M. Fried laender, 
Lpz. (1899). 

Lit.: A. van Hoboken, J. H., Thematisch-bibliogr. 
Werkverz. I, Mainz (1957). - Drei H. Kataloge, Faks. 
hrsg. v. J. P. Larsen, Kopenhagen 1941 ; Fr. Ar- 
taria, Verz. d. mus. Autographen v. J. H., Wien 
1893; R. Lachmann, Die H.-Autographen d. Staats- 
bibi. zu Bin, Zf Mw XIV, 1931/32; O. E. Deutsch, 
Curious Title-pages of Works by H., in: Mus. Times 
LXXIII, 1932; ders., Theme and Variations, With 
Bibliogr. Notices on Pleyel’s H. Editions, MR XII, 
1951; L. de La Laurencib, L’apparition des ceuvres 
d’H. k Paris, in: Rev. de Musicol. XVI, 1932 (= 
Tome XIII); G. de Saint- Foix, Les manuscrits et les 
copies d’oeuvres de J. H. ä la Bibi, du Conservatoire 
(Fonds Malherbe), ebenda, dazu Y. Rokseth, ebenda 
XVII, 1933 (- Tome XIV); W. O. Strunk, Notes 
on a H. Autograph, MQ XX, 1934; O. E. Albrecht, 
A Census of Autograph Manuscripts of European 
Composers in American Libraries, Philadelphia 1953. 
L. Koch, J. H. (Bibliogr.), Budapest 1932. - anon., 
H.-Museum d. Stadt Wien, Kat, Wien 1909; H. 
Reuthei u.a., Kat d. H.-Gedächtnisausstellung 
Wien 1932; anon., Kat d. H.-Gedächtnis-Ausstellung 
in Eisenstadt, 1932. - Briefe in: Musiker-Briefe, hrsg. 
v. L. Nohl, Lpz. 1867, 21873, engL London 1867, 
frz. Paris 1 867 ; La Mara (d. i.: M. Lipsius), Musiker- 
briefe aus 5 Jh., 2 Bde, Lpz. 1886 u. öfter; A. Orel, 


48 


753 



Haydn 


Wiener Musikerbriefe, Wien 1925; H. Rutz, H. 
Dokumente seines Lebens u. Schaffens, München 
1953; J. H.s handschriftliches Tagebuch aus d. Zeit 
seines zweiten Aufenthalts in London, hrsg. v. J. E. 
Engl, Lpz. 1909. - E. Vogel, J.-H.-Portraits, JbP V, 
1898; J. Müller, H. Portraits, MQ XVIII, 1932; G. 
Struck, Ein neues H.-Bild, in: Musica VII, 1953. 
S. Mayr, Brevi notizie della vita e delle Opere di 
G. H., Bergamo 1809; A. Chr. Dees, Biogr. Nach- 
richten v. J. H., Wien 1810; G. A. Griesinger, H., 
Biogr. Nachrichten, AmZ XI, 1808/09; ders., Biogr. 
Notizen über J. H., Lpz. 1811, neu hrsg. v. Fr. Gras- 
berger, Wien 1954, schwedisch Stockholm 1819; G. 
Carpani, Le Haydine, Mailand 1812, erweitert Padua 
2 1823, frz. Paris 1837; A. C. Bombet (Pseudonym für 
M. H. Beyle), Lettres dcrites de Vienne... sur le 
cäfcbre compositeur J. H., Paris 1814, unter Beyles 
2. Pseudonym Stendhal als Vies de H., de Mozart . . . 
2 1817, 31854, neu hrsg. unter d. Namen Beyle v. D. 
Müller, Paris 1914, unter d. Namen Stendhal v. H. 
Marineau, Paris 1928, engl, unter d. Namen Bombet, 
London 1817, 21818, auch Boston 1839, deutsch unter 
d. Namen Stendhal, Wien 1922; G. Bürku, J. H., 18. 
u. 19. Neujahrsstück d. Allgemeinen Musikgesell- 
schaft, Zürich 1830-31; Th. G. v. Karajan, J.H. 
in London . . ., in: Jb. f. vaterländische Gesch., Wien 
1861, auch separat; C. v. Wurzbach, J.H. u. sein 
Bruder Michael, Wien 1862; d. grundlegende Biogr. 
von C. F. Pohl (J. H., Lpz. 1, 1, 1878, 1, 2, 1882) wurde 
1927 von H. Botstiber zu Ende geführt; Fr.X. 
Kuhaö, Josip H. i Hvratske Narodne popierke, 
Zagreb 1880; W. H. Hadow, A Croatian Composer, 
London 1897, 21928 ; L. Schmidt, J. H., Bin 1898, 
21907; M. Brenet, H., Paris, 1909, engl. Oxford 1926 ; 
A. Schnerich, J. H., = Amalthea-Bücherei XXVIII, 
Wien (1922, 2 1926 mit Stilkritischem Anhang v. W. 
Fischer); K. Gequnger, J. H., Potsdam (1932), ders., 
H. A Creative Life in Music, NY 1946; K. Kobald, 
J.H., Wien 1932; R.Tenschert, J.H., Bin 1932; 
DERS., Frauen um H., Wien 1947; E. Fr. Schmid, J. 
H., ein Buch v. Vorfahren u. Heimat d. Meisters, 2 
Bde, Kassel 1934; J. P. Larsen, Die H.-Überlieferung, 
Kopenhagen 1938; W. Reich, J. H., Leben, Briefe, 
Schaffen, Luzern 1946; R. Hughes, H., London 1950; 
L. Nowak, J.H., Wien-Lpz.-Zürich 1951; H. E. 
Jacob, J. H., London 1950, deutsch 1952. - Siehe 
auch Einzeluntersuchungen: A. Sandberger, Zur 
Gesch. d. H. sehen Streichquartetts (1899) und Zur 
Entstehungsgesch. v. H.s Die Sieben Worte (1903) 
beide Artikel in: Gesammelte Aufsätze I, München 
1921; H. v. Hase, J. H. u. Breitkopf & Härtel, Lpz. 
1909; J. E. Engl, J. H. Handschriftliches Tagebuch 
aus d. Zeit seines 2. Aufenthaltes in London, Lpz. 
1909; F. Artaria u. H. Botstiber, J. H. u. d. Ver- 
lagshaus Artaria, Wien 1909; Th. de Wyz£wa, Apro- 
pos du Centenaire de H., in: Revue des deux Mondes 
1909; D. Fr. Tovey, H.’s String Quartets, in: W. W. 
Cobbett, Encyclopedic Survey of Chamber Music L 
London 1929; M. M. Scott, H.’s 83, ML XII, 1931 ; 
dies., H.’s op. 2 and 3, Proc. Mus. Ass. LXI, 
1934/35; Fr. Blume, J. H.s künstlerische Persönlich- 
keit in seinen Streichquartetten, JbP XXXVIII, 1931 ; 

O. E. Deutsch, H.s Kanons, ZfMw XV, 1932/33; 

K. Geiringer, H.’s Sketches for the Creation, MQ 
XVIII, 1932; ders., H. and the Folksong of the Bri- 
tish Isles, MQ XXXV, 1949; W. O. Strunk, H.’s 
Divertimenti for Baryton, Va and Bass, MQ XVIII, 
1932; H. Wirth, Joseph Haydn als Dramatiker, = 
Kieler Beiträge zur Mw. VII, Wolfenbüttel-Bln 1940; 

C. M. Brand, Die Messen v. J. H., - Musik u. 
Geistesgesch. II, Würzburg 1941 ; H. J. Therstappen, 

J. H.s sinfonisches Vermächtnis, Wolfenbüttel-Bln 
1941; R. Sondheimer, H., a Hist, and Psychological 
Study Based on His Quartets, London 1951; H. C. 

R. Landon, The Symphonies of J. H., London 1955. 

KG 


Haydn, Johann Michael, * 14. (15.?) 9. 1737 zu 
Rohrau, f 10. 8. 1806 zu Salzburg, Bruder von 
Joseph H. ; österreichischer Komponist, wahrschein- 
lich ab 1745 Sängerknabe im KapeÜhaus zu St. 
Stephan in Wien, wo er auch Violine, Klavier und 
Orgel lernte; das Austrittgahr ist unbekannt. Ab 
Herbst 1757 war H. bischöflicher Kapellmeister in 
Groß-Wardein (Ungarn), ab 14. 8. 1763 »Hof- 
musicus und Concertmeister« in der fürsterzbischöf- 
lichen Hofkapelle zu Salzburg, anscheinend zum 
Vertreter des oft abwesenden Leopold Mozart be- 
stimmt. Am 17. 8. 1768 heiratete er die »Hofsinge- 
rinn« Maria Magdalena Lipp, Tochter des Hof- 
organisten Lipp, eine in Venedig ausgebildete, von 
W. A. Mozart geschätzte Sängerin. Aus dem gro- 
ßen Freundeskreis raet P. Werigand Rettensteiner 
vom Kloster Michaelbeuem hervor, von dem auch 
die Anregung zu den ersten a-cappeüa-Komposi- 
tionen für Männerstimmen ausging. Im Gegensatz 
zu Leopold Mozarts Verhältnis war das W. A. 
Mozarts zu H. kollegial; gegenseitige Einflüsse sind 
unverkennbar. 1771 entstand die erste bedeutsame 
Kirchenkomposition, das Requiem in C moll zum 
Tod des Erzbischofs Sigismund. Der bedeutende 
Ruf als Orgelspieler trug H. Ende 1777 das Orga- 
nistenamt an der Dreifaltigkeitskirche und 1781, 
nach Mozarts Weggang, die Stelle des Hof- und 
Domorganisten ein, die er bis zu seinem Tode be- 
kleidete. Im Kapellhaus unterrichtete er ab 1787 
Klavier als Nachfolger Leopold Mozarts, früher 
schon aushilfsweise Violine. Den Stiften St. Peter, 
wo sich der Großteil seiner Kirchenkompositionen 
befindet, und Michaelbeuem, das die meisten der 
Kompositionen für Männerstimmen verwahrt, 
war er besonders verbunden. 1798 und 1801 reiste 
H. nach Wien, wo er sich als Künstler und Mensch 
durchzusetzen wußte. 1801 müssen Verhandlungen 
mit Fürst Esterhäzy wegen Übernahme der Vize- 
kapellmeisterstelle stattgefunden haben, doch ver- 
zichtete H. schließlich trotz des Angebotes von 1500 
Gulden. 1804 wurde er auswärtiges Mitglied der 
Königlich schwedischen Musikakademie. Zurück- 
setzungen infolge der politischen Verhältnisse seit 
1800 — man beließ ihm nur das Hof organistenamt 
mit 600 Gulden Entlohnung - und Krankheit ver- 
düsterten die letzte Lebenszeit. Zwei Jahre nach 
H.s Tod erschien anonym die erste Biographie; 
Verfasser waren die Schüler Otter und Schinn 
unter Mitwirkung P. Rettensteiners. Die Witwe 
starb erst am 10. 6. 1827 in den ärmlichsten Ver- 
hältnissen. - H. war stark an den Naturwissen- 
schaften und an Geschichte interessiert; u. a. hin- 
terließ er Aufzeichnungen über 20jährige Wetter- 
beobachtungen. Unter seinen Schülern sind vor 
allem C. M. v. Weber, Neukomm, Wölfl, Aß- 
mayer und A. Diabelli zu nennen; Reicha gehörte 
dem Schülerkreis nicht an. H.s Hauptbedeutung 
liegt in seiner Kirchenmusik. Er setzte einerseits die 
strenge Fuxsche Richtung fort und bildete durch 
seinen Enkelschüler Ett ein direktes Bindeglied zur 
Palestrina-Renaissance, andererseits blieben seine 
Propriumkompositionen durch kirchlich* Haltung 
un<f Formmrdchtum bis weit in das 19. Jh. 
h i n ein vorbüdlich. Distanzierung von der opem- 
haften Kirchenmusik seiner Zeit ist für H. ebenso 
charakteristisch wie die deutschsprachige Kirchen- 
musik, die den Tendenzen der Aufklärung folgt. 
Die Priorität H.s im Schaffen von unbegleiteten 


754 



Hayes 


Männergesangen steht fest. Seine Werke für die 
Bühne und die Instrumentalwerke, ausgenommen 
einige Kammermusik, sind konventionell. Für ehe 
manchmal behauptete Autorschaft an den alt- 
österreichischen Militärsignalen fanden sich keiner- 
lei Beweise. Werke: 32 lateinische, 8 deutsche 
Messen (darunter mehrfach Hier liegt vor deiner 
Majestät), 2 Requiem (das 2. imvollendet), 6 Te 
Deum, 117 Gradualien, 45 Offertorien, 27 Respon- 
sorien für die Karwoche sowie zahlreiche andere 
kirchliche Kompositionen; ferner Kanons, Chor- 
lieder, Lieder, Kantaten, Oratorien, eine Oper 
Andromeda e Perseo (1787) und andere Bühnen- 
werke. 46 Symphonien (von der Symphonie G dur 
K.-V. 444 ist nur die langsame Einleitung von Mo- 
zart), 5 Konzerte, Marsche, Menuette und anderes; 
an Kammermusik Serenaden, Divertimenti, 7 
Quintette, 9 Streichquartette, 2 Quartette für Bla- 
ser und Streicher, 4 Duos für V. und Va, Varia- 
tionen und ein Divertimento für Kl.; 50 kleine 
Orgelpräludien; Skizzen für das Salzburger Glok- 
kenspiel; Generalbaßübungen. R. Pauly (Assodate 
Professor am Lewis and Clarke College, Portland, 
Oregon) promovierte an Yale University mit einer 
Arbeit über M. H. und bereitet eine Ausgabe un- 
veröffentlichter Werke von M. H. und seinen Zeit- 
genossen vor (in der Sammlung »Collegium musi- 
cum«, herausgegeben von L. Schrade). 

Ausg. (Auswahl): 3 Messen, hrsg. v. A. M. Klafsky, 
DTÖ XXII (= Bd 45); Missa S. Crucis, hrsg. v. E. 
Tutel, Wien 1949; Missa sub titulo Sti Leopoldi, 
hrsg. v. W. Reinhart, Zürich 1952; Kirchenwerke, 
hrsg. v. A. M. Klafsky, DTÖ XXXII, 1 (= Bd 62); 
Ausgew. mehrst. Männergesänge, hrsg. v. O. ScHMm, 
Lpz. 1897; 4 Lieder, hrsg. v. dems., Lpz. 1896. - 
2 Sinfonien, Türkischer Marsch, 6 Menuette, 2 Di- 
vertimenti u. Streichquartett in A, hrsg. v. L. H. 
Perger, DTÖ XIV, 2; Sinfonie in C, op. 1, 3, Lpz. 
1895; Flötenkonzert (1766), Budapest 1957; Quintett 
in C (als op. 88 von Joseph H., Offenbach 1798), Lipp- 
stadt 1952; Divertimento in D f. Streichquartett, 
hrsg. v. W. Upmeyer, NMA VII; Divertimento in D 
für Bläser, hrsg. v. R. Lauschmann, Lpz. 1951 ; 4 So- 
naten f. V. u. Va, hrsg. v. J. SiDERrrs, Wien 1950-52; 
H.- Album f. Kl., Lpz. 1895; H.- Album, ausgew. geist- 
liche Gesänge f. Kl. oder Harmonium, hrsg. v. O. 
Schmid, Lpz. 1896. - Partiturfundament, hrsg. v. P. 
M. Bischofreiter, Salzburg 1833. 

Lit.: A. M. Klafsky, Thematischer Kat. d. Kirchen- 
werke in DTÖ XXXII, 1 (= Bd 62); L. H. Perger, 
Thematisches Verz. d. Instrumentalwerke in DTÖ 
XIV, 2. - G. Otter u. Fr. J. Schinn (anonym), Biogr. 
Skizze v. M. H., Salzburg 1808; C. v. Wurzbach, 
Josef H. u. sein Bruder Michael (Wien 1861); F. 
Martin, Kleine Beiträge zur Mg. Salzburgs, in: Mitt. 
d. Ges. f. Salzburgische Landeskunde LIII, 1913; A. 
M. Klafsky, M. H. als Kirchenkomponist, StMw 
III, 1915; H. Janck, M. H., Zürich-Lpz.-Wien 1952. 

HJ 

Haydon (h'e:don), Gien, * 9. 12. 1896 zu In- 
man (Kansas) ; amerikanischer Musikforscher, 
studierte zunächst an der University of California, 
1923/24 Komposition und Klarinette in Paris und 
promovierte 1932 an der Universität Wien mit 
einer Studie Zur Entwicklungsgeschichte des Quart - 
sextakkordes (gedruckt als The Evolution of the Six - 
Four-Chord, Berkeley 1933) ; er wirkte 1920-25 als 
Instrumentallehrer an den High Schools in Berke- 
ley, ab 1920 auch in verschiedenen Stellungen an 
der University of California in Los Angeles, zu- 
letzt, 1929-31, als Leiter der Musikabteilung. Seit 


1934 ist H. Leiter der Musikabteilung an der Uni- 
versity of North Carolina. 1942-44 war er Präsi- 
dent der American Musicological Society. Ver- 
öffentlichungen: A Graded Course of Clarinet 
Playing (New York 1927); Studies in the Funda- 
mentais of Music (Berkeley 1933); Introduction to 
Musicology (New York 1941) ; Music and Philosophy 
(Proc. Mus. Ass. LXXI, 1944/45); On the Meaning 
of Music (The Library of Congress. The L. Ch. 
Elson Memorial Fund, Washington 1948) ; On the 
Problem of Expression in Baroque Music (JAMS EI, 
1950) ; Some Polyphonic Hymn Settings (JAMS V, 
1952). H. übersetzte Jeppesens »Kontrapunkt« ins 
Englische: Counterpoint: The Polyphonic Vocal Style 
of the Sixteenth Century (New York 1941). Kompo- 
sitionen: Ballett The Druids Weed (1929), Bühnen- 
musik zu Lysistrata (1936), eine a-cappella-Messe 
(1930). In Vorbereitung befindet sich eine Aus- 
gabe von C. Festa, Hymni per totum annum (Monu- 
menta Polyphoniae Italicae EI), sowie F. Cor- 
teeda, Hinnario (Musica Iiturgica I, 4ff). 


Hayes (he : s), Philip , * im April 1738 zu Oxford, 
t 19. 3. 1797 zu London; englischer Komponist, 
Sohn von William H., wurde 1763 Baccalaureus 
der Musik, 1767 Mitglied der Chapel Royal (Kö- 
nigliche Vokalkapelle von St. James), 1777 Doctor 
of Music, 1778 Nachfolger seines Vaters als Orga- 
nist und Professor. Er starb in London, wohin er 
sich zu einem Musikfest begeben hatte, und wurde 
mit großem Pomp in der Paulskirche beigesetzt. 
H. komponierte Anthems, Psalmen, ein Oratorium 
Prophecy (1781), eine Cädlien-Ode, ein Masken- 
spiel Telemachus (1765) und gab eine Sammlung 
von Kirchenmusik heraus ( Hannonia Wiccamica, 
gesungen beim W ykehamisten-Meeting) . 

Hayes (he:s), Roland, * 3. 6. 1887 zu Curryville 
(Georgia, USA) ; amerikanischer Negersänger 
(Tenor), lebt in Brookline (Massachusetts). Er 
widmete sich vor allem der Negermusik, beson- 
ders dem Negro Spiritual, berücksichtigt auf sei- 
nem Programm aber auch weitgehend die Lieder 
anderer Völker, darunter in hervorragendem Maße 
das deutsche Lied. Er ist ein vollendeter, weit- 
gereister Künstler, der mit ersten Dirigenten und 
Orchestern zusammenwirkte und außer in Ame- 
rika verschiedentlich in Europa auftrat. Er gab 
heraus: My Songs (30 afro-amerikanische religiöse 
Gesänge mit Kommentar und Klavierbegleitung; 
Boston 1948). 


Hayes (he:s), William, * im Dezember 1705 zu 
Gloucester, t 27. 7. 1777 zu Oxford; englischer 
Komponist, Vater von Philip H., war zuerst Orga- 
nist in Shrewsbury, 1731 an der Kathedrale von 
Worcester, 1734 Organist und Chormeister am 
Magdalen College in Oxford, 1735 Baccalaureus 
der Musik, wurde 1741 Nachfolger Goodsons in 
der Oxforder Musikprofessur, 1749 zum Mus. 
D. graduiert. Er komponierte Psalmen, Glees, 
Catches, Kanons (mehrfach preisgekrönt vom 
Catchklub), war Mitherausgeber von Boyces 
»Cathedral Music« und schrieb : The Art of Compos- 
ing Music by a Method Entirely New (London 1751), 
Remarks on Mt. Avison’s Essay on Musical Ex- 
pression (London 1753) und Anecdotes of the five 
Music Meetings at Church-Laugton (Oxford 1768). 
Lit.: W. Bennett, Two Pamphlets of D r W. H., 
MMR LXIV, 1934. 


48* 


755 



Haym 


Haym, Nicola Francesco, * um 1679 von 
deutschen Eltern zu Rom, + 11. 8. 1729 zu Lon- 
don; italienischer Komponist, erhielt eine ausge- 
zeichnete Erziehung, besonders in der Poesie und 
Musik, ging um 1702 nach London und assoziierte 
sich mit Clayton und Dieupart zur Einführung der 
italienischen Oper in London. 1706 wurde seine 
Bearbeitung der A. M. Bonondnischen Oper Ca- 
milla aufgeführt, 1711 diejenige von G. B. Bonon- 
dnis Etearco ; außerdem bearbeitete er einige an- 
dere Opern, darunter A. Scarlattis Rosaura (1708). 
Bei der Aufführung von Claytons Arsinoe wirkte er 
als Cellist mit. Bei diesen Opern wurde halb eng- 
lisch, halb italienisch gesungen. Die Ankunft Han- 
dels in London (1711) versetzte dem Unternehmen 
den Todesstoß; der Protest gegen den »neuen Stil« 
des Rinaldo fruchtete nichts. Nachdem H. einige 
Zeit in Holland gelebt hatte, kehrte er nach Lon- 
don zurück, schloß sich Handel an und dichtete für 
ihn ( Teseo , Radamisto , Ottone , Flavio , Giulio Cesare , 
Tamerlano, Rodelinda , Tolomeo) wie auch für Ariosti 
und Bonondni Opemlibretti. H. gab auch eine 
Beschreibung alter Münzen heraus (2 Bande, London 
1719/20). Ferner schrieb er: Notizia de libri rari 
nella lingua italiana (London 1726; später als Bi- 
blioteca italiana osia Notizie de libri . . Venedig 
1728, Mailand 1771/73), gab 2 Hefte Sonaten für 
2 V. mit B., Höten- und Oboensonaten sowie den 
Prospekt einer Geschichte der Musik (um 1729) 
heraus. 

Lit.: E. Dahnk-Baroffio, N. H.s Anteil an Händels 
Rodeiinde-Libretto, Mf VII, 1954; O. E. Deutsch, 
Handel, London 1955. - A. Nicoll, A Hist, of Early 
Eighteenth Cent. Drama, London 1929. 

Hayne (Heyne, Ayne, dh.. Heinrich) van 
Ghizeghem (meist nur H.); franko-flämischer 
Komponist des 15. Jh., 1457 Schüler des am bur- 
gundischen Hof wirkenden Sängers Constans 
d’Utrecht. Spätestens ab 1467 stand H. als Sänger 
und »valet de chambre« im Dienst des burgun- 
dischen Hofes. Ab 1472 fehlen weitere Nachrich- 
ten über ihn. Bei seinen Zeitgenossen stand er in 
höchstem Ansehen und wurde den führenden 
Komponisten zugezählt. In handschriftlicher Über- 
lieferung sind von ihm 20 französische Chansons 
erhalten, von denen einige noch in Druckwerken 
von Petrucd (1501, 15u2) und Formschneyder 
Aufnahme fanden. 


Ausg.: 16 Chansons bei J. Mark, Les Musidens ä la 
Cour de Bourgogne, Paris 1939; 5 Stücke in: Harmo- 
nice Musices Odhecaton A, hrsg. H. He wirr, Cam- 
bridge, Mass., 1942, 21946; 2 Stücke bei O. J. Gom- 
bosi, Jacob Obrecht = Slg mw. Einzeldarstellungen 
IV, Lpz. 1925; je eine Chanson bei: S. Morelot, De 
la musique au XV« s. Notice sur un manuscrit de la 
Bibi, de Dijon, in: Mimoires de la Commission 
archdologique de la Cöte d’Or, 1856; A. W. Ambros, 
Gesch. d. Musik V, hrsg. v. O. Kade, Lpz. 1882, 
3 191 1 ; DTÖ VII; E. Droz u. G. Thibault, Portes et 
musiciens, Paris 1924; K.Jeppesen, Der Kopenha- 
gener Chansonnier, Kopenhagen u. Lpz. 1927; Das 
Glogauer Liederbuch, hrsg. v. H. Ringmann, — 
RD I, 4 u. 8. 


Ut.: J. Mark, H. v. G., MQ XXVIII, 1942; dies.. 
Hist de la musique et des musidens de la Cour Bour- 
gogne sous le eigne de Philippe le Bon, = Slg mw. 
Abhandlungen XXVIII, Straßburg 1939; Ch. van den 
Borren, Etudes sur le XV« s. musical, Antwerpen 
1941 ; ders., Geschieden» van de muziek in de Neder- 
landen I, Antwerpen-Amsterdam 1948. 


Hayne, Gilles (Haym, Heyne, Hennius), getauft 
29. 7. 1590 und f im Mai 1650 zu Lüttich; 
belgischer Komponist, erhielt seine musikalische 
Ausbildung an der Kathedrale Saint-Lambert, ist 
1613 in Rom nachweisbar. Mindestens von 1631 
bis zu seinem Tod wirkte er als Kapellsanger und 
Kanonikus an St. Johann in Lüttich. Spätestens ab 
1637 war er von Lüttich aus Intendant der Hof- 
musik des Herzogs Wolf gang Wilhelm von Pfalz- 
Neuburg, dem er eine große Zahl kirchlicher 
Kompositionen sandte. Gedruckt wurden: Hymnus 
S. Casimiri (4- und 8st. mit B.c., 1620), 3 Bücher 
Motetten (1640, 1643, 1644); 4 Missae solemnes 
(8st., 1645) und 6 Missae 4 vocum (1651). 

Lit.: W. Nagel, G. Heine, MfM XXVIII, 1896; J. 
Quitin, Sept Motets in&üts de G. H., RBM IV, 1950. 

Head (hsd), Michael Dewar, * 28. 1. 1900 zu 
Eastboume; englischer Pianist und Komponist, 
Schüler der Royal Academy of Music, der er seit 
1927 als Klavierlehrer angehört. H. trat mehrere 
Jahre auch als Sänger auf und widmete sein kom- 
positorisches Schaffen nahezu ausschließlich dem 
Lied. Von seinen etwa 60 Kompositionen seien 
genannt die Liederzyklen On thc Rim of the Moon 
(Francis Ledwidge, 1918), Three Songs of Fantasy 
(1920), Songs oj the Countryside (W. H. Davies, 
1929), Sea Songs (C. Fox Smith, 1948) sowie 
Legend für Ob. oder Klar, und Kl. (1957). 

H?benstreit, Pantaleon, * 1667 zu Eisleben, 

1 15. 11. 1750 zu Dresden; deutscher Violinist und 
Tanzlehrer, bekannt als Erfinder des nach ihm be- 
nannten Instruments »Pantaleon« oder »Pantalon«, 
konstruierte es in Merseburg, wohin er schulden- 
halber aus Leipzig entweichen mußte. Er war ab 
1698 Hoftanzmeister und Violinist in Weißenfels, 
unternahm ab 1705 Konzertreisen mit dem Panta- 
lon und erregte am Hof Ludwigs XIV. (der dem 
Instrument den Namen gab) und anderweit das 
größte Aufsehen. 1706 wurde er als Kapelldirektor 
und Hofkapellmeister in Eisenach, 1714 als Kam- 
mermusikus in Dresden angestellt. Das Instrument 
verschwand, nachdem das Hammerklavier sich aus 
ihm entwickelt hatte. 

Hecht, Gustav, * 23. 5. 1851 zu Quedlinburg, 
t B. 7. 1932 zu Köslin; deutscher Kirchenmusiker, 
Schüler des Instituts für Kirchenmusik und Kiels 
(Koniposition) in Berlin, war 1874-1902 Seminar- 
Musiklehrer in Cammin, danach in Köslin, wurde 
1889 zum Königlichen Musikdirektor ernannt. H. 
schrieb Chorwerke mit Orch. (Schon Elisabeth , 
Tidian , Wuotan, Dithyrambus der Kybele-Priester), 
Chorlieder, Lieder, Violin werke una gab das offi- 
zielle Choralbuch zum Gebrauch des evangelischen 
Gesangbuchs für die Provinz Pommern (Stettin 81924) 
und eine Harmonielehre heraus. 

Heckei, Emil, * 22. 5. 1831 und f 28. 3. 1908 zu 
Mannheim; deutscher Klavierfabrikant, war ab 
1857 Mitinhaber der von seinem Vater Karl Fer- 
dinand H. (* 12. 1. 1800 zu Wien, f 9. 4. 1870 zu 
Mannheim) 1821 gegründeten Musikalienhand- 
lung und Pianofortefabrik, welche heute noch als 
angesehenes Fachgeschäft für Noten und Klaviere 
besteht. H. hat sehr große persönliche Verdienste 
um das Zustandekommen der Bayreuther Fest- 
spiele, stand von Anfang an dauernd an der Spitze 
der Wagnervereine und war später Verwaltungs- 


756 



Heeren 


rat der Festspiele. Die Kolossalbüste Wagners von 
Jos. Hoffart im Vestibül von Heckeis Wohnhaus in 
Mannheim war das erste Wagner-DenkmaL Ab 
1877 war H. Vorsitzender des Hoftheater-Komi- 
tees in Mannheim. Hervorzuheben sind auch H.s 
Verdienste um die Verbreitung der Werke Hugo 
Wolfs. Sein Sohn Karl (* 23. 6 . 1858 zu Mann- 
heim, f 17. 10. 1923 zu Fürstenfeldbruck) schrieb: 
Richard Wagner-Gedenkfeier (Mannheim 1883), Die 
Bühnenfestspiele zu Bayreuth . Authentischer Beitrag 
zur Geschichte ihrer Entstehung (Leipzig 1891), Er- 
läuterungen zu Richard Wagners Tristan und Isolde 
(Mannheim 1893), Hugo Wolf in seinem Verhältnis 
zu Richard Wagner (München und Leipzig 1905); 
er gab heraus: Briefe Richard Wagners an Emil 
Heckei ' Zur Entstehungsgeschichte der Bühnenfest- 
spiele in Bayreuth (Berlin 1899, englisch von W. 
Ashton Eilig, London 1899). 

Lit.: J -A. Bierinoer, E. H., in: Richard Wagner- Jb. 
III, 1908. 

Heckei, Johann Adam, * 14. 7. 1812 zu Adorf 
(Vogtland), f 13. 4. 1877 zu Biebrich; deutscher 
Instrumentenbauer, Gründer der berühmten Blas- 
instrumen tenf abrik in Wiesbaden-Biebrich. Ab 
1829 in Mainz, trat er in die Instrumentenbau-Ab- 
teilung des Verlages B. Schott’s Söhne ein und 
machte hier seine ersten Verbesserungsversuche im 
Bau von Klarinetten und Fagotten mit dem Fa- 
gottisten Karl -> Almenräder. Sein Sohn und Erbe 
Wilhelm (* 25. 1. 1856 und f 13. 1. 1909 zu 
Biebrich) setzte mit größtem Erfolg diese Ver- 
suche fort, konstruierte die in neueren Partituren 
(R. Strauss) gern verwandte Bariton-Oboe 
(»Heckeiphon« 1905), Kontrafagotte, die bis jA 
hinabgehen (1909), die »Heckelphon-Klarinetten« 
(mit stark konischer Bohrung 1909) und die Kon- 
trabaßklarinette (bis jD 1909). Er schrieb: »Der 
Fagott «. Kurzgefaßte Abhandlung über seine histo- 
rische Entwicklung, seinen Bau und seine Spielweise 
(Biebrich 1899, 21931 ). Die »Wilhelm Heckei 
KG.« wird gegenwärtig von Adolf Gebhard und 
Elsa Groffy als Prokuristen geleitet. Die Firma be- 
faßt sich mit der Einzelfertigung von Holzblas- 
instrumenten. Eine groß angelegte Sammlung sol- 
cher Instrumente dient der wissenschaftlichen Er- 
forschung ihrer Geschichte. 

Heckei, Wolf, deutscher Lautenist des 16. Jh., aus 
München gebürtig. Er lebte in Straßburg, wo das 
von ihm herausgegebene Druckwerk erschien: 
Lautten Buch , von mancherley schönen vnd lieblichen 
Stucken mit zweyen Lautten zu schlagen (1556, 21562). 
Eine Reihe von Stücken ist in handschriftlicher 
Überlieferung erhalten. 

Heckmann, Harald, *6. 12. 1924 zu Dortmund; 
deutscher Musikforscher, studierte Musikwissen- 
schaft an der Universität Freiburg im Breisgau 
(Zenck, Gurlitt) und promovierte 1952 mit einer 
Arbeit über Wolfgang Caspar Printz und seine 
Rhythmuslehre (maschrT). Er war 1947-54 Assistent 
am Musikwissenschaftlichen Seminar der Univer- 
sität Freiburg im Breisgau, versah 1952-54 einen 
Lehrauftrag für evangelische Kirchenmusik an der 
Hochschule für Munk in Freiburg im Breisgau 
und ist seit 1954 Archivar des Deutschen Munk- 
geschichtlichen Archivs in Kassel. Veröffent- 
lichungen: Der Takt in der Musiklehre des 17. Jh. 
(AfMw X, 1953), Zur Auffuhrungspraxis der Musik 


des 15. und 16. Jh. (Musik und Altar V, 1953), 
Inßuence de la musique instrumentale du XVI 4 stkcle 
sur la rythmique moderne du XVII 4 (in: La Musique 
instrumentale de la Renaissance, Paris 1955); Mu- 
sikwissenschaftliche Unternehmungen in Deutschland 
seit 1945 (AMI XXIX, 1957). H. ist der Verfas- 
ser des Katalogs der Filmsammlung des Deutschen 
Musikgeschichtlichen Archivs (Kassel 1955 ff.) und 
gab heraus: W. A. Mozart, Chöre und Zwischen- 
aktmusiken zu Thainos, König in Ägypten (neue 
Gesamtausgabe, II, 1, 1956). 

Heckmann, Georg Julius Robert, * 3. 11. 1848 
zu Mannheim, f 29. 11. 1891 zu Glasgow; deut- 
scher Violinist, 1865-67 Schüler des Leipziger 
Konservatoriums (David), 1867-70 Konzertmei- 
ster der »Euterpe« in Leipzig, reiste als Violinvir- 
tuose, war 1872-75 und nochmals kurze Zeit 1881 
Konzertmeister des Gürzenichorchesters in Köln 
und Leiter eines angesehenen Streichquartetts. 
Kurz vor seinem Tode (1891) übernahm er die 
Konzertmeisterstelle am Stadttheater in Bremen. 

Hfdenblad, I var Eggert, * 27. 7. 1851 zu Torsäng 
(Dalame), f 16. 6. 1909 zu Ronneby; schwedischer 
Dirigent und Komponist, bezog 1871 die Univer- 
sität und leitete 1875-1901 und wieder 1907-09 
den Studentengesangverein in Uppsala, war als 
Nachfolger Josephsons Director musices der Uni- 
versität Uppsala (ab 1881), obgleich er 1880-83 
noch in Leipzig bei Reinecke, Jadassohn (Kompo- 
sition) und Götze (Gesang) seine Musikstudien be- 
endete. H. wurde auch noch die Leitung der Phil- 
harmonischen Gesellschaft (1895-99) und der stu- 
dentischen Sängervereinigung Orphei Drängar so- 
wie 1904 die Organistenstelle am Dom in Uppsala 
übertragen. Er schrieb vielgesungene Männer- 
quartette und die größeren Chorwerke Necken , Pä 
Knä, Lieder, Streichquartett, Konzertouvertüre, 
eine akademische Jubelfestkantate und gab eine 
Sammlung Männerquartette Studentsängen heraus 
(4 Bände, 1888-1914). 

Lit: K. M. Nyblom, I. E. H., Uppsala 1910. 

H£dou£a (edu'e), Pierre, * 28. 7. 1789 zu Bou- 
logne-sur-Mer, f hn Dezember 1868 zu Paris; 
französischer Dichter und Musikschriftsteller, ver- 
faßte Opemlibretti und Liedertexte, war Mitar- 
beiter der Annales romantiques, Annales archdo- 
logiques und mehrerer Musikzeitungen, auch 
Komponist vieler Romanzen. Er schrieb u. a.: 
£loge historique de Monsigny (Paris 1821); Gossec, 
sa vie et ses ouvrages (in: Archives du Nord HI, 3, 
1852; separat Valendennes 1852); De Vabandon des 
andern compositeurs , Ma premibre visite ä Gritry ; 
»Richard Coeur de Lion « de Gritry , Lesueur , Meyer - 
Beer ä Boulogne-sur-Mer , Paganini, Joseph Dessauer 
(veröffentlicht im »M&iestrd«), Trois aneedotes mu- 
sicales über Lesueur, Mademoiselle Dugazon und 
Gluck (alle Studien in der als Mosaique veröffent- 
lichten Sammlung seiner gemischten Aufsätze, 
Paris 1856) ; Gluck, son arrivie en France (Paris 1859). 

Heeren, Hanns, * 3. 10. 1893 zu Hannover; 
deutscher Komponist, Fabrikant, verwuchs als 
Autodidakt in der Jugendbewegung (Wander- 
vogel, vor 1914) mit dem deutschen Volkslied. 
Seit 1917 schrieb er zahlreiche Lieder, zum Teil zur 
Laute, zur Erbauung, zum Wandern, zu Kampf 


757 



Heeringen 


und Liebe: Aus meiner Stille (1919), Der Tippel- 
bruder (1926), Es leben die Soldaten (1940), Von 
Kampf und Liebe (1938), Neue Fliegerlieder (1942), 
Der Himmelsquell (1949). 

Heearingen, Ernst von, * 1810 zu Großmehlra 
bei Sondershausen, + 24. 12. 1855 zu Washington; 
deutscher Musiktheoretiker, versuchte 1850 eine 
Reform der Notenschrift, indem er dafür eintrat, 
t und abzuschaffen und an ihrer Stelle weiße 
Noten für die 7 Stammtöne und schwarze für die 
5 Zwischentöne zu verwenden sowie die Takt- 
vorzeichen und das Schlüsselwesen zu verein- 
fachen. Aus Verdruß über das Mißlingen seiner 
Plane ging er nach den USA. 

Heermann, Hugo, * 3. 3. 1844 zu Heübronn, 
f 6. 11. 1935 zu Meran; deutscher Violinist, am 
Brüsseler Conservatoire Schüler von Meerts, 
Bdriot und F6tis, bÜdete sich danach noch bei 
Joachim und in Paris weiter. Nach erfolgreichen 
Konzertreisen erhielt er 1865 den Ruf als Konzert- 
meister der Museumsgesellschaft nach Frankfurt 
am Main, wo er zugleich erster Violinlehrer am 
Hochschen Konservatorium seit dessen Gründung 
(1878) und Primarius des »Frankfurter Streich- 
quartetts« war (H., Bassermann, Naret-Koning, 
H. Becker). 1904 gab er seine Stellung als Lehrer 
am Konservatorium und als Konzertmeister auf 
und gründete eine eigene Geigerschule. 1907 über- 
siedelte er nach Chicago, 1910 nach Berlin, 1911 
nach Genf, wo er noch bis 1922 am Konservato- 
rium unterrichtete. H. redigierte eine Neuausgabe 
von Beriots Violinschule (1896). Autobiographie: 
Meine Lebenserinnerungen (Leipzig 1935). 

Hegar, Friedrich, * 11. 10. 1841 zu Basel, f 2. 6. 
1927 zu Zürich; Schweizer Violinist und Kompo- 
nist, Sohn des Basler Musikalienhändlers Emst 
Friedrich H. (* 8. 12. 1816 zu Darmstadt, f 1. 11. 
1888 zu Basel), war 1857-61 Schüler des Leipziger 
Konservatoriums, kurze Zeit Konzertmeister in 
Bilses Kapelle, nach kurzem Aufenthalt in Baden- 
Baden und Paris Musikdirektor in Gebweiler (El- 
saß), lebte ab 1862 in Zürich, wo er zuerst Konzert- 
meister des Orchestervereins, 1865 Dirigent der 
Abonnementskonzerte und 1868 Chef des Ton- 
halleorchesters wurde (bis 1906). Auch leitete er 
1865-1901 den »Gemischten Chor« (bzw. »Stadt- 
Sängerverein«) und war bis 1914 Direktor der 1876 
unter ihm eröffneten Zürcher Musikschule. 1875 
bis 1878 und wieder 1886/87 dirigierte er auch den 
Männergesangverein »Harmonie«, erteilte Gesang- 
unterricht in der Kantonschule und gab Gesangs- 
übungen und Lieder für den Unterricht heraus. H., mit 
Brahms befreundet, war in der Zeit des roman- 
tischen Klassizismus der führende Schweizer Mu- 
siker. Von seinen Kompositionen ist ein Orato- 
rium Manasse hervorzuheben, ferner Ahasvers Er- 
wachen (für Soli, Chor und Orch., 1904), ein Vio- 
linkonzert D dur (Jugendwerk), ein Cellokonzert 
C moll op. 44, ein Streichquartett Fis moll op. 46 
und vor allem raffiniert tonmalerische Männer- 
chöre ( Totenvolk , Schlafwandele Rudolf von Werden- 
berge Das Herz von Douglas , der Preis-Chor 1813), 
die dem Männerchorgesang eine ganz neue, vir- 
tuose, nicht durchaus sympathische Richtung ge- 
geben haben. 

Lit: E. Isler, F. H., SMZ XLVI, 1906; E. Refardt, 
SMZ LXI11, 1923 (mit Werkverz.) ; A. Steiner, F. H., 


in: Neujahrsblätter d. Allgemeinen Musikges. CXVI, 
Zürich 1928; M. Fehr, F. H. als Zürcher Theater- 
kapellmeister, in: Neujahrsblätter d. Allgemeinen 
Musikges. CXXII, Zürich 1934; W. Jerg, H., ein 
Meister des Männerchorliedes, Diss. Zürich 1946, 
Lachen 1946. 

Hegar, Johannes, * 30. 6. 1874 zu Zürich, f 25. 
4. 1929 zu München; Schweizer Violoncellist, 
Sohn von Friedrich H., Schüler von Julius H. 
und Hugo Becker in Frankfurt am Main, war 1898 
bis 1909 Cellist des Frankfurter Trios, 1906 des 
Rebner-Quartetts und 1917-25 des Berber-Quar- 
tetts. H. wirkte ab 1904 als Lehrer am Hochschen 
Konservatorium in Frankfurt am Main, ab 1912 
an der Akademie der Tonkunst in München. 

Heger, Robert, * 19. 8. 1886 zu Straßburg; 
deutscher Dirigent, studierte am Konservatorium 
(F. Stockhausen) seiner Geburtsstadt, danach in 
Zürich (L. Kempter) und München (M. Schillings). 
Die Stationen seiner Tätigkeit als Theaterkapell- 
meister sind: 1907 Straßburg, 1908 Ulm, 1909 
Barmen, 1911 Wiener Volksoper, 1913 Nürn- 
berg, wo er auch die Philharmonischen Konzerte 
leitete, 1920 Staatsoper München, 1925 Staatsoper 
Wien, wo er gleichzeitig Konzertdirektor der Ge- 
sellschaft der Musikfreunde war, 1933 Berliner 
Staatsoper, gleichzeitig Staatstheater Kassel und 
Waldoper Zoppot, 1945 Städtische Oper Berlin, 
auch als stellvertretender Intendant, 1950 wieder 
München, wo er 1950-54 Präsident der Musikhoch- 
schule war. Als Gastdirigent wirkte er u. a. 1926-34 
an Covent Garden in London. Werke (Auswahl) : 
die Opern Ein Fest zu Haderslev op. 17 (Nürnberg 
1919), Der Bettler Namenlos op. 22 (München 
1932), Der verlorene Sohn op. 25 (Dresden 1936), 
Das ewige Reich op. 29, Lady Hamilton op. 27 
(Nürnberg 1951), ein symphonisches Drama Hero 
und Leander op. 12 (Straßburg 1908), ein Melo- 
dram Die Jüdin von Worms op. 13, das Chorwerk 
Ein Friedenslied für Soli, Chor, Orch. und Orgel 
op. 19 (München 1924), ein Violinkonzert D dur 
op. 16, 3 Symphonien (op. 18, 21, 30), Klaviertrio 
F moll op. 14, Streichquartett De Projundis op. 34, 
Orchestermusik, darunter: Variationen und Fuge 
über ein barockes Thema op. 32 für Orch. (auch für 
2 KL), Klaviermusik und Lieder. 

Hegner, Anna, * 1. 3. 1881 zu Basel; Schweizer 
Violinistin, lebt in Basel, Schwester von Otto H., 
war Schülerin von A. Stiele und H. Heermann. 
1904-08 war sie Violinlehrerin am Hochschen 
Konservatorium in Frankfurt am Main, führte 
1911/12 in Freiburg im Breisgau ein Streichquar- 
tett. Sie hatte einen ausgezeichneten Ruf als Gei- 
gerin. Für ihre Schüler, zu denen auch P. Hinde- 
mith gehörte, schrieb sie zahlreiche Komposi- 
tionen. 

Hegner, Otto, * 18. 11. 1876 zu Basel, t 22. 2. 
1907 zu Hamburg; Schweizer Pianist, Bruder von 
Anna H., war noch 1893 Schüler von E. d’ Albert, 
nachdem er schon sehr früh als Solist aufgetreten 
war; ab 1888 spielte er in England und den USA, 
Ende 1890 im Gewandhauskonzert in Leipzig. 
Auch als Komponist debütierte er bereits als 
Knabe mit einigen Klavierstücken. 1898-1904 war 
er Lehrer am Stemschen Konservatorium in Ber- 
lin, ab 1905 am Hamburger Konservatorium. 


758 



Hemcmann 


Hfhemann, Max, * 27. 10. 1873 zu Krefeld, 
t 14. 11. 1933 zu Essen; deutscher Musikschrift- 
steller, war ab 1895 Feuilletonredakteur und Mu- 
sikkritiker der »Essener Allgemeinen Zeitung«. Er 
gründete und leitete die 1904-07 bestehende Mu- 
sikalische Gesellschaft in Essen, die sich besonders 
um Max Reger große Verdienste erworben hat 
(1905 erstes Regerfest unter Straube und Mottl, 
Uraufführung der Sinfonietta). Veröffentlichun- 
gen: Beethoven und seine neun Sinfonien (London 
1906, deutsche Bearbeitung von Groves »Beetho- 
ven and His Nine Symphonies«) ; Max Reger , ein 
Leben in Musik (München 1911 und 1917). 

Heidegger, Johann Jakob, * 13.6.1666 zu 
Zürich, f 4. 9. 1749 zu Richmond ; Schweizer Opem- 
untemehmer, verließ als junger Ehemann Heimat 
und Gattin, führte erst als Diener ein abenteuer- 
liches Leben und tauchte 1707 in London auf, wo 
er 1713-38 als Opemuntemehmer mit wechseln- 
dem Glück spekulierte und in Handels Leben eine 
einschneidende Rolle spielte. 

Lit.: Th. Vetter, J. J. H., ein Mitarbeiter G. F. Han- 
dels, Neuhjahrsblatt d. Stadtbibi. Zürich, CCLVUI, 
1902. 

Heiden, Sebald, Hans und Hans Christoph 
Heyden. 

Heidingsfeld, Ludwig, * 24. 3. 1854 zu Jauer, 
t 14.9.1920 zu Danzig; deutscher Komponist, 
Schüler des Stemschen Konservatoriums, 1878 
Musikdirektor in Glogau, 1884 in Liegnitz, dann 
Lehrer am Stemschen Konservatorium in Berlin, 
übernahm 1896 die Leitung des Danziger Gesang- 
vereins (seit 1899 »Singakademie«) und gründete 
1899 ein Konservatorium in Danzig. H. ist auch 
mehrfach als Komponist hervorgetreten: Operet- 
ten Der neue Dirigent (Danzig 1907) und Alte 
Burschenherrlichkeit (Danzig und Berlin 1911); Or- 
chesterwerke (König Lear , 1887; Zigeunertänze ), 
Klavierwerke und Lieder. 

Heifetz, Jascha, * 2. 2. 1901 zu Wilna; ameri- 
kanischer Violinist russischer Geburt, lebt in Be- 
verly Hills (Kalifornien). Er war erst Schüler seines 
Vaters Ravin H. und Elias Malkins in Wilna, dann 
von L. Auer in St. Petersburg, reiste ab 1912 in 
Rußland, Deutschland und Österreich und ging 
1917 nach den USA, wo er 1925 die amerikanische 
Staatsangehörigkeit erwarb. H. gehört zu jenen 
Musikern, deren vollendetes Spiel in ihrer Zeit die 
gültigen Maßstabe musikalischer Interpretation 
bestimmt. Neben seiner Tätigkeit als Solist wirkt 
er in Verbindung mit A. Rubinstein und G. Piati- 
gorsky auch als Kammermusiker. Mehrere Kom- 
ponisten haben für ihn Violinkonzerte geschrieben. 

Heiller, Anton, * 15. 9. 1923 zu Wien; öster- 
reichischer Komponist und Organist, studierte 
während der Gymnasialjahre Orgel, Klavier, Cem- 
balo und Theorie an der Wiener Musikakademie, 
die er 1942 absolvierte und an der er seit 1945 
eine Orgelklasse hat. Geistliche Chormusikwerke 
stehen im Mittelpunkt seines kompositorischen 
Schaffens, darunter bisher 5 Messen, eine Kantate, 
ein Te Deum und Motetten; dazu kommen Par- 
titen und Sonaten für Orgel. Für Radio Wien 
schrieb er 1956 eine Funkballade Frangois Villon . 


Heimsoeth, Friedrich, * 11. 2. 1814 zu Köln, 
16. 10. 1877 zu Bonn; deutscher Philologe, habi- 
tierte sich für klassische Philologie in Bonn, 
wurde 1848 ao. und 1865 o. Professor. Er spielte 
im Bonner Musikleben u. a. als Dirigent eine füh- 
rende Rolle. Sein eigentliches Verdienst liegt auf 
dem Gebiete der Handel-Renaissance und vor 
allem der Wiederbelebung der kirchlichen a-cap- 
pella-Polyphonie. Außer musikalischen Zeitschrif- 
tenaufsätzen und den kirchenmusikalischen Ar- 
tikeln in J. Aschbachs »Allgemeinem Kirchen- 
lexikon« (1846-50) schrieb er Die Wahrheit über 
den Rhythmus in den Gesängen der alten Griechen 
(Bonn 1846) sowie eine gediegene Studie Ludwig 
van Beethovens Missa solemnis (Bonn 1845). 

Lit.: W. Kahl, F. H. u. d. Musik, in: Gregoriusblatt 
LH, 1928; ders., Zur vorcäcilianischen Wiederer- 
weckung d. altklassischen Vokalpolyphonie im Rhein- 
land, in: Musica sacra (Cäcilienvereinsorgan) LI/LH, 
1931; anon., Nekrolog MfM X, 1878; C. Steven, 
Heinrich Carl Breidenstein, Köln, Köln 1924. 

Hein, Karl, * 2. 2. 1864 zu Rendsburg, t 27. 2. 
1945 zu New York; deutscher Musikpädagoge, 
Schüler des Hamburger Konservatoriums, war 
1885-90 Mitglied des Hamburger Philharmoni- 
schen Orchesters (Cellist), ging 1890 nach New 
York als Lehrer am German Conservatory, dessen 
Leitung er zeitweilig mit seinem Hamburger Stu- 
diengenossen August Främcke hatte. H. war ab 
1891 Dirigent mehrerer Sängerfeste in New York 
und veröffentlichte Männerchöre sowie vokal- 
pädagogische Werke. 

Heinefetter, Sabine, * 19. 8. 1809 zu Mainz, 
1 18. 11. 1872 in der Irrenanstalt zu Illenau; deut- 
sche Opemsängerin, wurde als Harfenmädchen 
entdeckt, von Marianne von Willemer ausgebü- 
det und debütierte 1825 in Frankfurt am Main, 
worauf sie in Kassel unter Spohr sang. Später 
studierte sie noch unter Tadoüni in Paris und 
auch in Italien (1832) italienischen Gesang und 
wurde, nach glänzenden Gastspielen in Paris 
(Thdätre des Italiens) und Berlin, 1835 in Dresden 
engagiert, ging aber schon 1836 wieder auf Reisen. 
1842 zog sie sich von der Bühne zurück und ver- 
mählte sich 1853 mit einem Herrn Marquet in 
Marseille. Die Geisteskrankheit stellte sich kurz vor 
ihrem Tode ein. - Auch ihre Schwester Maria 
(vermählte S tö ckl, 1816-57), gleichfalls eine treff- 
liche Sängerin, starb im Irrenhaus. Eine dritte 
Schwester, Kathinka (1820-58), trat in Paris (1841 
bis 1845 an der Großen Oper) und Brüssel mit Ei> 
folg ab Sängerin auf. 

Heinemann, Adolf Karl Wilhelm, * 1. 6. 1882 
zu Hagen (Westfalen), 1 11. 10. 1950 zu Koblenz; 
deutscher Organist und Musikpädagoge, 1898 bis 
1901 Schüler des Konservatoriums in Koblenz, 
studierte dann bis 1905 am Konservatorium in 
Leipzig, lebte ab Klavierlehrer in Koblenz und 
konzertierte ab Organist. 1907-12 war er Lehrer 
am Konservatorium in Essen, 1912-14 an dem in 
Mülheim (Ruhr), wurde 1914 ab Nachfolger von 
T. F. Richter Organist der Christuskirche in Ko- 
blenz, wo er regelmäßige monatliche Kirchen- 
musiken einrichtete. 1921 wurde H. auch Lehrer 
für Orgebpiel und Theorie am dortigen Konser- 
vatorium. 


759 



Heinemann 


Heinemann, Käthe, * 10. 11. 1897 zu Berlin- 
Spandau; deutsche Pianistin, Schülerin ihres Va- 
ters Wilhelm H., von R. M. Breithaupt und E. 
d* Albert. Mit Klavierabenden und als Konzert- 
pianistin trat sie in Deutschland sowie in Oslo und 
Paris auf, lehrte 1915-17 am Hüttner-Konservato- 
rium in Dortmund und lebt seitdem als Klavier- 
pädagogin in Berlin. 

Heinemeyer, Ernst Wilhelm, * 25. 2. 1827 zu 
Hannover, f 12. 2. 1869 zu Wien; deutscher Flö- 
tist, Sohn und Schüler des Flötenvirtuosen Chri- 
stian H. (1796-1872), wirkte ab 1845 neben seinem 
Vater in der Hofkapelle zu Hannover und wurde 
1847 1. Hötist der Kaiserlichen Kapelle zu St. Pe- 
tersburg. 1859 pensioniert, lebte er wieder in 
Hannover und ging 1866 aus Abneigung gegen 
Preußen nach Wien. Er schrieb eine größere Rahe 
von Kompositionen für sein Instrument (Konzerte, 
Solostücke), die bei den Hötisten sehr angesehen 
sind. 

Heimchen, Johann David, * 17. 4. 1683 zu 
Krössuln bei Weißenfels, f 16. 7. 1729 zu Dresden ; 
deutscher Komponist und Musiktheoretiker, ab 
16% Thomasschüler unter J. Schelle und J. Kuh- 
nau, 1702 stud. jur. in Leipzig, wurde 1705 Advo- 
kat in Weißenfels, wo zu dieser Zeit T. Ph. Krieger 
tätig war. 1709 nach Leipzig zurückgekehrt, be- 
gann er als Opemkomponist, mit dem Erfolg, daß 
er als Hofkomponist nach Zeitz berufen wurde. 
1710 reiste er als Stipendiat nach Italien und lebte 
dort bis 1716 meist in Venedig, wo er als Kompo- 
nist von Opern, Kantaten, Konzerten und Serena- 
den sehr erfolgreich war, so daß ihn Kurprinz 
Friedrich August von Sachsen gelegentlich eines 
Aufenthaltes in Venedig als Kapellmeister Augusts 
des Starken nach Dresden verpflichtete (Amts- 
antritt Frühjahr 1717). Hier wirkte H. bis zu sei- 
nem Tode an der Spitze eines hervorragenden Or- 
chesters (J. B. Volumier, J. G. Pisendel, P. G. 
BufFardin, S. L. Weiß, P. Hebenstreit u. a.) und 
an der von A. Lotti geleiteten Oper (bis zu deren 
Auflösung 1720) ; in Kirche und Kammer war er 
mit J. Chr. Schmidt gleichgestellt, ab 1718 assi- 
stierte ihm bei der Kirchenmusik J. D. Zelenka. 
Der weitaus größte Teil seiner überaus zahlreichen 
Kompositionen befindet sich in der Dresdner Bi- 
bliothek. Sein Schaffen umfaßt Opern (für Wei- 
ßenfels, Leipzig, Naumburg, Venedig und Dres- 
den), szenische Serenaden, weltliche Kantaten; 
Konzerte, Sinfonien, Orchestersuiten, Kammer- 
musik (Sonaten für 6 und für 4 Instrumente, Trio- 
und Solosonaten); Oratorien, Motetten, Messen, 
Requiem, Psalmen, Litaneien und Hymnen. Von 
seinem Zeitgenossen Bach trennt ihn sein Kompo- 
sitionsideal der »galanten Expression«, dasjenige, 
was Scheibe an ihm rühmt. Seine sehr beachtens- 
werte Neu erfundene und gründliche Anweisung . . . 
zu vollkommener Erlernung des General-Basses ( Ham- 
burg 1711) arbeitete er als Der Generalbaß in der 
Composition (Dresden 1728) zu einem ausgezeich- 
neten Werke aus, worin er Generalbaß- und Kom- 
positionspraxis verband und in allen musikalischen 
Fragen dem »Gehör« (auditus) vor der »Vernunft« 
(ratio) den Vorrang einzuräumen suchte. 

Ausg.: Konzert in C, hrsg. v. K. M. Komma, RD XI, 
1938; Konzert in G, hrsg. v. H. Fischer, Bin 1938; 
Concerto grosso, hrsg. v. R. Engländer, London 


1955; je ein Trio, hrsg. v. C. Kint, Lpz. 1941, v. G. 
Hausswald, Wien 1943, u. v. dems., *= Coli. mus. 
LXXVIII, Lpz. 1951; Sonate in D, hrsg. v. dems., 
Dresdner Musik, Dresden 1949; Pastorale, hrsg. v. 
J. Bachmair, Lpz. 1929 u. wieder Wiesbaden 1950. 
Lit.: G. A. Seibel, Das Leben d. Hofkapellmeisters 
J. D. H., Lpz. 1913; R. Tanner, J. D. H. als dramati- 
scher Komponist, Lpz. 1916; G. Hausswald, J. D. 
H.s Instrumental werke Diss. Lpz. 1937, Wolfenbüttel 
1937 mit thematischem Werkverz. : ders. in MGG VI; 
J. A. Hiller, Lebensbeschreibungen, Lpz. 1784. - 
M. Fürstenau, Beiträge zur Gesch. d. Königlich 
Sächsischen musikalischen Kapelle, Dresden 1849; 
ders.. Zur Gesch. d. Musik u. d. Theaters am Hofe zu 
Dresden, Dresden 1861/62; I. Becker-Glauch, Die 
Bedeutung d. Musik für d. Dresdner Hoffeste bis in 
die Zeit Augusts d. Starken, Kassel 1950; Riemann 
MTh. HHE 

Heinitz, Wilhelm, * 9. 12. 1883 zu Altona; 
deutscher Musikforscher, war Fagottist, wurde 
1915 wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Phone- 
tischen Laboratorium des Kolonial-Instituts der 
Universität Hamburg und gründete nach der Pro- 
motion in Kiel (1920) und der Habilitation in 
Hamburg (Strukturprobleme in primitiver Musik , 
1931) die Forschungsabteilung für Vergleichende 
Musikwissenschaft an der Universität Hamburg, 
der er bis 1949 Vorstand. H. ist Begründer einer 
»Homogenitätslehre« und einer »Pulsationslehre«. 
Schriften (Auswahl) : Experimentelle Untersuchungen 
über musikalische Reproduktion (Archiv für die ge- 
samte Psychologie XXXIV, 1915) ; Eine lexikalische 
Ordnung für die vergleichende Betrachtung von Melo- 
dien (AfMw EH, 1921); Instrumentenkunde (in: 
Bückens Handbuch der Musikwissenschaft, Wild- 
park-Potsdam 1929); Neue Wege der Volksmusik - 
Jorschung (Hamburg 1937); Die Erforschung rassi- 
scher Merkmale aus der Volksmusik (Hamburg 1938) ; 
Anfang und Entfaltung der nordischen Musik (in : H. 
Fr. Blunck, Die nordische Welt, Berlin 1937); 
Taktprobleme in J. S. Bachs » Wohltemperiertem Klar- 
vier« (in: Fs. Max Schneider zum 80. Geburtstag, 
Leipzig 1955). 

Lit.: Verz. d. in d. Jahren 1915-36 veröffentlichten 
wiss. Arbeiten von Prof. Dr. W. H., Hamburg 1937. 

Heink, Ernestine -► Schumann-H. 

Heinrich IV., XXTV., Reuß. 

Heinrich von Meißen -*■ Frauenlob. 

Heinrich, Anton Philipp, * 11.3.1781 zu 
Schönbüchel (Böhmen), f 3. 5. 1861 zu New 
York; böhmischer Komponist, ging 1818 nach den 
USA und leitete in Philadelphia das Orchester des 
Southwark Theatre. Danach wirkte er einige Zeit 
als Violinlehrer in Louis ville, lebte dann in Bard- 
stown (Kentucky) und veröffentlichte als op. 1 
eine Sammlung von Vokal- und Instrumental- 
stücken The Dauming of Music in Kentucky (1820). 
Nach einem Aufenthalt 1827-37 in Europa lebte er 
in New York und erfreute sich als »Famer Hein- 
rich«, in dem seine Kritiker einen »Beethoven of 
America« sahen, überaus großer Popularität. In 
seinen Orchester- und Chorwerken, die in ihrer 
Besetzung häufig Berliozsche Ausmaße annehmen, 
verwendete er als einer der ersten wiederholt in- 
dianische Themen. Sein Schaffen umfaßt Orato- 
rien, mehrere große (Programm-) Symphonien, 
kleinere Instrumentalwerke, zahlreiche Klavier- 
stücke und Lieder. 


760 



Heinsheimer 


Lit.: F. A. Mussik, Skizzen aus d. Leben d. . . 
Tondichters A. Ph. H., Prag 1843; W. T. Upton, A. 
Ph. H., NY 1939; O. G. Sonneck, Musical Land- 
marks in New York, MQ VI, 1920. 

Heinrich, Johann Georg, * 15.12.1807 zu 
Steinsdorf bei Hainau (Schlesien), f 27. 1. 1882 zu 
Sorau; deutscher Organist, in Sch wiebus und 
Sorau tätig, schrieb eine wertvolle Orgellehre (Glo- 
gau 1861), Der acccntuirend-rhythmische Choral (Glo- 
gau 1861), Orgelbau-Denkschrift (Weimar 1877). 

Heinrich, Max, * 14. 6. 1853 zu Chemnitz 
(Sachsen), + 9. 8. 1916 zu New York; deutscher 
Konzertsänger (Bariton), Gesanglehrer in Phila- 
delphia, Alabama, London (1888-93 an der Royal 
Academy of Music), Chicago (bis 1903), Boston 
(bis 1910) und New York. Er schrieb Musik zu 
Poes »Raven« und Lieder. 

Heinrich, Nicolaus -*» Berg, Adam. 

Heinrichs, Hans, * 4.7.1873 zu Hannover; 
deutscher Musikpädagoge, besuchte 1890-93 das 
Lehrerseminar in Hannover, erhielt seine musika- 
lische Ausbildung bei A. Bünte. Als Volksschul- 
lehrer wirkte er 1893-97 in Ricklingen, dann bis 
1935 in Hannover, war dort 1941-45 auch Musik- 
lehrer am Ratsgymnasium. H. war Mitheraus- 

f eber des für seine Zeit bedeutenden Schulmusik- 
uches Frisch gesungen (3 Bände), das in einer Neu- 
bearbeitung seit 1933 als Deutsche Musik in der 
höheren Schule eine weite Verbreitung fand. Auch 
arbeitete er an den Chorbüchem des Deutschen 
Sängerbundes mit, in dessen Musikbeirat er 1949-53 
den Vorsitz führte. 

Heinxichshofen, deutscher Musikverlag. Der 
Gründer, Wilhelm H. (1782-1881), erlernte in 
der 1797 gegründeten Keilschen Buchhandlung zu 
Magdeburg den Buchhandel und übernahm 1806 
diese Firma. Sein Sohn Theodor H. (1815-1901) 
erweiterte von 1840 an den Musikverlag (Liszt, 
J. Raff), der 1884 mit der vorhandenen Buch-, 
Kunst- und Musikalienhandlung an seinen Sohn 
Adalbert H. (1859-1932) überging. Dem Unter- 
nehmen wurden im Laufe der Zeit angegliedert die 
Verlage M. Bahn-Verlag, Berlin (früher T. Traut- 
weinsche Musikalienhandlung), Luckhardt’s Ver- 
lag (Stuttgart), Max Schimmd (Berlin) und Albert 
Rathke (Magdeburg). Zu dieser Zeit pflegte der 
Verlag besonders das Gebiet instruktiver Klavier- 
ausgaben und entsprechender theoretischer Werke. 
Nach dem Tode Adalbert H.s übernahm dessen 
Enkel Otto Heinrich Noetzel die Leitung; unter 
ihm wurde noch die Edition Adler GmbH (Berlin) 
übernommen. Der Verlag wurde besonders be- 
kannt auf dem Gebiet der gehobenen Unterhal- 
tungsmusik. Nach der Zerstörung im Krieg und 
dem Scheitern von Wiederaufbauplänen vom Leip- 
ziger Zweigbetrieb aus wurde der Verlag 1948 
nach Wilhelmshaven verlegt. 1954 erfolgte die 
Gründung einer Niederlassung in Amsterdam. 

Hetaroth, Johann August Günther, * 19. 6. 
1780 zu Nordhausen, f 2. 6. 1846 zu Göttingen; 
deutscher Musikpädagoge und Komponist, Sohn 
des Nordhäuser Organisten Christoph Gortlieb H., 
wurde 1818 Nachfolger Forkels als Universitäts- 
musikdirektor in Göttingen. H. bemühte sich, die 
damals für den Volksschulgesang in Aufnahme 


kommenden Ziffern durch eine Vereinfachung 
unserer Notenschrift (Beschränkung auf die ein- 
fachsten Tonarten) zu verdrängen, was ihm für 
Hannover auch vollständig gelang; auch hat er 
Verdienste um die Reform des jüdischen Tempel- 
gesangs (mit Jacobson). Als Komponist trat er nur 
wenig hervor: 169 Choralmelodien in 4st. Sätzen 
(1829), 6 3st. Lieder, 6 4st. Männerchöre. Seine 
Schriften sind; Gesangunterrichtsmethode für höhere 
und niedere Schulen (3 Teile, Göttingen 1821-23); 
Volksnote oder vereinfachte Tonschrift . . . (Göttingen 
1828) ; Kurze Anleitung , das Clavier oder Forte-Piano 
spielen zu lehren (Göttingen 1828); Musikalisches 
Hülfsbuch für Prediger, Cantoren und Organisten 
(Göttingen 1833); Artikel in G. Webers »Cäcilia«, 
Schillings »Encyclopädie«, auch eine musikalische 
Novelle, deren Held Carl Loewe ist: Das fatale 
Fragen (Göttingen 1835). 

Heinse, Johann Jakob Wilhelm, * 15. 2. 1746 
zu Langenwiesen (Thüringen), f 22. 6. 1803 zu 
Aschaffenburg; deutscher Dichter, wirkte zuletzt 
als Kurmainzer Hofrat und Bibliothekar. Seine 
Musikalischen Dialoge, ein Jugendwerk, und be- 
sonders sein Roman Hildegard von Hohenthal 
(2 Bände, 1795/96) sind poetische Darstellungen 
eines Systems aer Musikästhetik, das an italieni- 
scher Opern- und Kirchenmusik sowie an Opern 
Glucks demonstriert wird. Musik, das heißt für H. 
vor allem Vokalmusik, ist Ausdruck des indivi- 
duellen inneren Seins des Menschen: »Jeder Ton 
ist das Resultat unserer momentanen Existenz«, 
wobei sich die Begründung solcher Sätze als ästhe- 
tische Transformationen des Ton- und Klang- 
systems der harmonischen Tonalität erweist. 

Ausg.: die »Musikalischen Dialoge« aus dem Nach- 
laß, hrsg. v. J. F. K. Arnold, Lpz. 1805; »Hildegard 
von Hohenthal« in d. GA der Werke H.s v. C. 
Schüddekopf, Bd V/VI, Lpz. 1903; Musik u. Musiker 
(Auswahl, vor allem aus d. Tagebuch), in: Aus Briefen, 
Werken . . . , hrsg. v. R. Benz, ® Reclams Universal- 
Bibl. 8201-03, Stuttgart (1958). 

Lit.: H. Müller, W. H. als Musikschriftsteller, 
VfMw III, 1887; E. Urrrz, W. H. u. d. Ästhetik zur 
Zeit d. deutschen Aufklärung, Halle 1906; H. Gold- 
schmidt, H. als Musikästhetiker, Riemann-Fs., Lpz. 
1909; W. Hilbert, Die Musikaesthetik der Früh- 
romantik, Remscheid 1911; R. von Lauppert, Die 
Musikästhetik W. H.s, Diss. Greifswald 1912; W. 
Serauky, Die musikalische Nachahmungsästhetik, 
Emsdetten 1929, S. 241 ff.; E. Niklfeld, H. als Mu- 
sikschriftsteller u. Musikästhetiker, Diss. Wien 1937, 
maschr.; R. Gilg-Ludwig, H.s »Hildegard von Ho- 
henthal«, Diss. Zürich 1951, Ffm.-Höchst 1951 ; dies.. 
Die Musikauffassung W. H.s, in: SMZ XCI, 1951; 
H. H. Eggebrecht. Das Ausdrucks-Prinzip im musi- 
kalischen Sturm u. Drang, DVis. XXIX, 1955, S. 
341 ff. HHE 

Heinsheimer, Hans Walter, * 25. 9. 1900 zu 
Karlsruhe; amerikanischer Verleger und Musik- 
schriftsteller, studierte Jurisprudenz an den Uni- 
versitäten Heidelberg, München sowie in Freiburg 
im Breisgau, wo er 1922 zum Dr. jur. promovierte. 
In Harmonie- und Kontrapunktlehre war er Schü- 
ler von J. Weismann und K. Rathaus. 1923 trat H. 
in die Universal Edition in Wien ein, wo er bis 
1938 die Opemabteilung leitete. 1938-47 war er in 
leitender Stellung bei Boosey & Hawkes in New 
York tätig und ist seitdem Direktor des Verlages 
G. Schirmer, New York. Neben zahlreichen Ar- 


761 



Heintz 


tikeln in europäischen und amerikanischen Zeit- 
schriften veröffentlichte er: Menagerie in F sharp 
(New York 1947) und Fanfare for two Pigeons (New 
York 1951), beide deutsch in zusammengefaßter 
Bearbeitung von W. Reich als Menagerie in Fis Dur 
(Zürich 1953). 

Heintz, Wolf f , * gegen Ende des 15. Jh., f wahr- 
scheinlich zwischen 1550 und 1560 zu Halle; deut- 
scher Komponist, war 1516-20 Domorganist in 
Magdeburg und lebte spätestens ab 1523 in Halle, 
wo er in den Dienst Kardinal Alb rechts trat. Mit 
Luther befreundet, trat H. nach dem Weggang des 
Kardinals von Halle (1540) zum Protestantismus 
über und wurde 1541 Organist der Marktkirche in 
Halle. 1537 beteiligte er sich mit eigenen Melodien 
am Veheschen Gesangbuch. Vokalsatze von ihm 
fanden Aufnahme in G. Försters »Ander theü 
kurtzweiliger guter frischer Teutscher Liedlein« 
(1540) und G. Rhaws »Newe deudsche geistliche 
Gesenge« (1544). 

Ausg.: 5 Sätze bei W. Serauky, Mg. d. Stadt Halle I, 
*= Beiträge zur Musikforschung I, Halle 1935, Musik- 
beilage, Nr 20-24; 2 Sätze in PGfM XXIX; 2 Sätze 
in DDT XXXIV ; Motette »Judica me Deus« hrsg. 
v. B. Engelke, Geschichtsblätter f. Stadt u. Land 
Magdeburg, Magdeburg 1913, Anhang; ein weltliches 
Lied bei F. Jöde, Chorbuch III. 

Lit.: W. Serauky, siehe Ausg.; H.J. Moser, Die ev. 
Kirchenmusik in Deutschland, Bln-Darmstadt (1953). 

Heintze, - 1) Georg Wilhelm, * 4. 7. 1849 zu 
Jonköping, t 10. 1. 1895 zu Lund; schwedischer 
Organist^ war Schüler von G. Mankell am Kon- 
servatorium in Stockholm, wurde nach mehrjäh- 
riger Tätigkeit als Musiklehrer in Kalmar und Re- 
gimentsmusikdirektor in Jonköping 1881 Organist 
an der Jacobskirche in Stockholm, 1889 Universi- 
tätskapellmeister und Domorganist in Lund. Er 
trat als Interpret besonders für die französische 
Orgelmusik ein und veröffentlichte von vortreff- 
licher kontrapunktischer Kunst zeugende Orgel- 
werke (Sonate, Präludien), eine Kantate zur Ein- 
weihung der Allerheiligenkirche, Chöre und eine 
Klaviersonate CmolL - 2) Gustaf Hjalmar, 
* 22. 7. 1879 zu Jonköping, f 4. 3. 1946 in Saltsjö- 
baden, Sohn von Georg Wilhelm H. ; schwedischer 
Pianist, Organist und Komponist, war Schüler 
Joseph Dentes (Komposition) am Stockholmer 
Konservatorium und Richard Anderssons (Kla- 
vier), 1901-18 Klavierlehrer an der Musikschule 
Anderssons und 1910-46 Organist an der Maria- 
Magdalena-Kirche in Stockholm. H. schrieb: 
3 Klavierkonzerte (1919, 1925, 1931); ein Konzert 
für 2 KL (1935); 2 Violinkonzerte (1922, 1932); 
Phantasie für Vc. und Orch.; 3 Klavierquintette; 
2 Klaviertrios ; Sonate E moU, Phantasie A dur und 
Toccata E moll für V. und Kl.; 2 Klaviersuiten; 
Klavierstücke; 3 Chorkantaten. 

Heinze, (Sir) Bernard Thomas, * 1. 7. 1894 zu 
Shepparton (Victoria); australischer Musikpäd- 
agoge und Dirigent, Schüler des der Universität 
Melbourne angeschlossenen Konservatoriums, des 
Royal College of Music in London sowie V. d’In- 
dys an der Pariser Schola Cantorum. 1926 wurde 
er Professor of Music an der Universität Mel- 
bourne, dirigierte als Gast in Europa und Kanada. 
H. erwarb sich große Verdienste um das Musik- 


leben von Melbourne, vor allem seit 1925 durch 
die Veranstaltung von Konzertreihen (Abonne- 
ments- und Jugendkonzerte). 

Heinze» Gustav Adolf, * 1. 10. 1820 zu Leipzig, 
f 20. 2. 1904 zu Muiderberg bei Amsterdam; deut- 
scher Klarinettist, Dirigent und Komponist, wurde 
bereits 1835 im Gewandhausorchester als Klarinet- 
tist angestellt und unternahm als Virtuose größere 
Konzertreisen. 1844 erhielt er die 2. Kapellmeister- 
stelle am Stadttheater in Breslau, wo er seine 
Opern Lorelei (1846) und die Ruinen von Tharandt 
(1847) aufführte (Texte von seiner Frau Hen- 
riette H.-Berg, 1812-92), und folgte 1850 einem 
Ruf als Kapellmeister an die Deutsche Oper in 
Amsterdam. Dort übernahm er 1853 die Leitung 
der Liedertafel Euterpe, 1857 die der Vincentius- 
konzerte und 1868 die des Kirchengesangvereins 
Excelsior. Von seinen Kompositionen sind noch 
hervorzuheben die Oratorien Auferstehung , Sancta 
Cäcilia t Der Feenschleier und Vincentius von Paula t 
3 Messen, 3 Ouvertüren, zahlreiche Kantaten, 
Hymnen, Lieder und Mannerchöre. 

Heise, Peter Arnold, * 11.2. 1830 zu Kopen- 
hagen, f 12. 9. 1879 zu Stokkerup (Ny Taarbäk); 
dänischer Komponist, Schüler von A. P. Berggren 
und 1852/53 des Leipziger Konservatoriums. 1857 
bis 1869 war er Organist und Gesanglehrer an der 
Akademie in Sorö, lebte dann wieder in Kopen- 
hagen. H. war ein bemerkenswerter Vokalkompo- 
nist, besonders von Liedern, schrieb neben Or- 
chester- und Kammermusikwerken mehrere 
Schauspielmusiken und brachte die Opern Pa- 
schaens Datier (Die Tochter des Pascha, Kopen- 
hagen 1869) und Drot og Marsk (König und Mar- 
schall, Kopenhagen 187ö, die fast einzige dänische 
historische National-Oper) sowie ein Ballett Cort 
Adelet i Venedig (Kopenhagen 1870) mit Erfolg zur 
Aufführung. 

Lit. : Breve fra P. H., hrsg. v. G. Hetsch, Kopen- 
hagen 1930. - W. Behrend, P. H., ein dänischer Lie- 
derkomponist, in: Fs. H. Riemann, Lpz. 1909; G. 
Hetsch, P. H., Kopenhagen 1926; R. Hove, H.s 
Kammermusik, in: DMT XVI, 1941; B. Johnsson, 
Klaveret i H.s Sange, in: DMT XIX, 1944. 

Heiß, Hermann (Pseudonym: Georg Frauenfel- 
der), * 29. 12. 1897 zu Darmstadt; deutscher Kom- 
ponist, war nach Beendigung des 1. Weltkrieges 
Schüler von S ekles in Frankfurt, ging aber 1923 zu 
Hauer nach Wien, dessen Schrift zur »Zwölfton- 
technik« unter seiner Mitarbeit entstand und ihm 
gewidmet ist. Nach Darmstadt zurückgekehrt, 
war er hier bis 1928 als Chorleiter tätig, nach kur- 
zem Klavierstudium bei Hoehn (Frankfurt) auch 
als Pianist. 1928-33 wirkte er als Musikerzieher bei 
der Freien Schulgemeinde auf Spiekeroog. Von 
hier aus nahm er auch Kontakt mit Schönberg in 
Berlin auf. Nach 1933 lebte er zunächst als frei- 
schaffender Musiker in Darmstadt, von 1941 an als 
Theorielehrer an der Heeresmusikschule in Frank- 
furt am Main. 1946 wurde er als Dozent zu den 
Internationalen Ferienkursen des Kranichsteiner 
Musikinstituts zugezogen, wo ihm seit 1955 die 
Leitung eines »Studio für Elektronische Kompo- 
sition« übertragen ist. Außerdem hat er seit 1953 
eine Kompositionsklasse an der Akademie für Ton- 
kunst in Darmstadt. 1948 erhielt er den G.-Büch- 
ner-Preis. Von seinen bis 1944 geschriebenen etwa 


762 



Helene Pawlowna 


100 Kompositionen überstanden nur wenige die 
Zerstörung Darmstadts. Unter den seither ent- 
standenen Werken befinden sich Kammer- und 
Klaviermusiken, Lied- und Chorwerke, Ballette 
sowie einige elektronische Kompositionen. Die 
größte Verbreitung fanden bisher seine konzer- 
tanten Orchesterwerke. Seine »Klangschlagsatze« 
wurden Gegenstand weitreichender Auseinander- 
setzung der jüngeren Komponistengeneration mit 
den Ideen von Heiß. Seine »Tonbewegungslehre« 
begründete er in der Schrift: Elemente der musika- 
lischen Kompositionen (Heidelberg 1949). Haupt- 
werke: E-Fis-D für Kl. (1926); Komposition für V. 
und Streichorch. (1931); Flötensonate (1944) ; Vio- 
linsonate (1948); Duokonzert für V., KL und 
Orch. (1948); Chaconne für KL (1948); Modi für 
Fl. solo (1948); Sentenzen für 3st. Chor (1949); 
Capricci ritmici für KL (1950); Sinfonia atematica 
(1950); 2 Modi für Kl. (1951); Kantate Winter- 
nacht (1952; auf eigenen Text); Suite für Vc. solo 
(1952); 3 Choralvorspiele für Org. (1953); Ex- 
pression K. für Singst, und Kl. (1953 ; nach Kafka) ; 
Elektronische Komposition I (1954) ; Klavierkon- 
zert (1954); Komposition in drei Teilen für KL 
(1954) ; Sinfonia giocosa (1954) ; Zum neuen Jahr für 
Singst, und Kl. (1954; nach E. Kästner) ; Ballade 
Die glorreiche Unterlassung des Fliegerhauptmanns K. 
für Sprecher und »Klangschlagorch.« (1956) ; Lie- 
derzyklus Interieur (1957; nach G. Benn); Zehn 
Konfigurationenfür Orchester nach Bildtiteln von Paul 
Klee (1957). 

Heiter, Amalie -> Amalia . . . von Sachsen. 

Heitmann, Fritz, * 9. 5. 1891 zu Ochsenwärder 
bei Hamburg, f 7. 9. 1953 zu Berlin; deutscher 
Organist, erhielt den ersten Orgelunterricht bei 
seinem Vater, seine weitere Ausbildung in Ham- 
burg und Leipzig (Straube, Reger, Pembaur). Er 
wurde 1912 Domorganist in Schleswig, wo er 
auch den Domchor und die Musikvereinskonzerte 
leitete, kam 1918 als Organist an die Kaiser-Wil- 
helm-Gedächtniskirche in Berlin und leitete gleich- 
zeitig die Berliner Motettenvereinigung. 1920 
wurde er Organist auch an der Singakademie, 1925 
Professor an der Staatlichen Akademie für Kir- 
chen- und Schulmusik, 1930 Domorganist sowie 
1945 Professor an der Musikhochschule. Er unter- 
nahm zahlreiche Konzertreisen ins Ausland und 
galt nach K. Straube als der bedeutendste deutsche 
Organist, der durch eine große Zahl von Schülern 
einen nachhaltigen positiven Einfluß auf das Orgel- 
spiel unserer Zeit ausübte. Mit H. J. Moser gab er 
heraus: Frühmeister der deutschen Orgelkunst (— Ver- 
öffentlichungen der Staatlichen Akademie für Kir- 
chen- und Schulmusik Berlin I, Leipzig 1930). 

Heitor, Luiz Correa de Azevedo. 

P. H. Heitz, Libraires-Editeurs, französischer 
Buchverlag, 1483 in Straßburg von Grüninger aus 
Basel gegründet. Der Verlag wurde 1719 von der 
um 1630 aus Zürich nach Straßburg zugewander- 
ten Familie Heitz erworben und befindet sich in 
der 7. Generation (Paul Heitz) noch im Familien- 
besitz. Als Tochtergesellschaft wurde nach dem 
2. Weltkrieg in Baden-Baden die »Librairie Heitz 
GmbH« (Antiquariat) gegründet. Der Verlag, dem 
die »Imprimene de l’Universitd Strasbourg« an- 
geschlossen ist, machte sich in besonderer Weise 


um die Musikwissenschaft verdient durch die 
Herausgabe der von K. Nef gegründeten »Samm- 
lung musikwissenschaftlicher Abhandlungen« (Col- 
lection d’Etudes Musicologiques). 

Lit: Zur Gesch. d. Universitätsbuchdruckerei u. d. 
Verlags H. in Straßburg, Straßburg 1919; Eine Ver- 
leger-Dynastie, Die H. in Straßburg, in: Gutenberg- 
Jb. 1956. 

Hekldng, Anton, * 7. 9. 1855 im Haag, f 18. 11. 
1935 zu Berlin; niederländischer Violoncellist, 
Schüler von Giese an der Königlichen Musik- 
schule, mit 17 Jahren Solocellist im Utrechter Or- 
chester, später in Paris, wo er 1878 am Conser- 
vatoire den 1. Preis errang. 1880 ging er zum 
Bilse-Orchester nach Berlin; nach dessen Auf- 
lösung gründete er 1883 das Philharmonische Or- 
chester, dem er 14 Jahre als Solocellist angehörte. 
Gleichzeitig war er Lehrer am Stemschen Konser- 
vatorium. 1902 verband er sich mit A. Schnabel 
und Wittenberg zu einer Trio-Vereinigung. Der 
Schubert-Saal in Berlin, der bis 1922 bestand und 
in dem er Trio-Abende veranstaltete, verdankte 
ihm seine Entstehung. H. gehörte zu den hervor- 
ragenden Vertretern seines Instruments. 

Hekldng, Gdrard, * 12. 8. 1879 zu Nancy, f 6. 6. 
1942 zu Paris; französischer Violoncellist, Groß- 
neffe von Anton H., 1899 erster Preisträger für 
Violoncello am Pariser Conservatoire, wirkte als 
Cellist im Concertgebouw-Orchester in Amster- 
dam, wo er auch am Konservatorium unterrich- 
tete. Nach ausgedehnten Konzertreisen als Solist 
und Kammermusikspieler gehörte H. ab 1927 dem 
Lehrkörper des Pariser Conservatoire an. 

Heksch, Alice, * 12. 2. 1912 zu Wien; hollän- 
dische Pianistin ungarisch-tschechoslowakischer 
Herkunft, trat schon als Kind öffentlich auf und 
machte sich in der Folge sowohl in Holland als 
auch im Ausland als Solistin und mit Nap de Klijn 
im »Amsterdam Duo« bekannt. Ihre Programme 
umfassen Werke des klassischen und des zeitgenös- 
sischen Repertoires. 

Helder, Bartholomäus, * um 1585 zu Gotha, 
t 28. 10. 1635 zu Remstädt bei Gotha; deutscher 
Komponist, war 1607-16 Lehrer in Friemar bei 
Gotha, dann Pfarrer in Remstädt. Druckwerke: 
Cymhalum Genethliacum (1615, 15 Weihnachts- 
gesänge), Cymhalum Davidicum (1620, 25 Psalm- 
lieder) ; im Cantionale sacrum (Gotha 1646-48) 
stehen 56 Melodien von ihm (alle haben 4-6st. 
Tonsätze Helders). Die Melodien, von denen 40 
wegen ihrer Verbreitung im Kirchengesang in J. 
Zahns Melodienwerke Aufnahme gefunden haben, 
sind frisch und gehaltvoll. 

Ausg.: 3 Sätze bei C. v. Winterfeld, Der ev. Kir- 
chengesang, Musik-Beilage zum 2. Theil, Lpz. 1845, 
Nr 36-38; L. Schoeberlein, Schatz d. liturgischen 
Chor- u. Gemeindegesanges, Bd II: 10 Sätze, Bd UI: 

8 Sätze; 2 Sätze bei G. Grote, Geistliches Chorlied, 
Bin 1950. 

Htte, Georges de la -*■ De la Hfcle. 

Helene Pawlowna, geborene Prinzessin von 
Württemberg, 1824 Gemahlin des Großfürsten 
Michail Pawlowitsch von Rußland, f 21. 1. 1873, 
hat große persönliche Verdienste um das Peters- 
burger Musikleben. Sie gründete 1859 mit A. Ru- 


763 



Helfer 


binstein, W. Kologriwow, Stassow u. a. die Kai- 
serlich Russische Musikgesellschaft, eröffnetc 1858 
in ihrem Palais Musikklassen, aus denen 1862 das 
Konservatorium hervorging. Ein nach ihrem Tode 
zu ihrer Ehre ausgeschriebener Opempreis (Li- 
bretto nach Gogols Weihnacht) wurde Tschai- 
kowsky zuerkannt. Rubinsteins G-moll-Sympho- 
nie op. 107 ist ihrem Andenken gewidmet. 

Helfer, W alter, * 30. 9. 1896 zu Lawrence (Mas- 
sachusetts); amerikanischer Komponist, war nach 
Studien an der Harvard- und der Columbia-Uni- 
versity Schüler von S. Mason in Boston und von 
Respighi in Rom. Seit 1939 wirkt er als Professor 
of Music am Hunter College in New York. 
Werke: Symphony an Canadian Airs (1937), Sym- 
phonie H moll (1946), symphonische Skizzen Old 
paint (1945), Konzertouvertüre D dur (1938), 
Water Idyll (1936) und Prelude - Intermezzo -Fuque 
(1937) für Orch.; Concertino für Kl. und Orch. 
(1947); Streichquartett Gdur (1923), Streichtrio 
Fdur (1928), Stücke für V. und Kl.; Chöre (5st. 
Psalmmotette, 1928; A Dutch Lullaby, 1930; The 
LorcTs Prayer); Klavierstücke. 

Helfert, Vladimir, * 24. 3. 1886 zu Plinice bei 
Klattau (Böhmen), f (an den Folgen einer Infek- 
tion im Konzentrationslager Theresienstadt) 18. 5. 
1945 zu Prag; tschechischer Musikforscher, stu- 
dierte 1904-08 in Prag (O. Hostinsky) und Berlin 
(J. Wolf und H. Kretzschmar) Musikwissenschaft 
und promovierte 1908. 1910-19 Handelsschulpro- 
fessor in Prag, 1919-26 Lehrer an einem Brunner 
Gymnasium, habilitierte er sich 1921 an der Ma- 
saryk-Universität in Brünn, wo er 1926 ao., 1931 
o. Professor für Musikwissenschaft wurde. Hier 
betätigte er sich auch als Dirigent der Orchester- 
vereinigung und redigierte ab 1924 die Zeitschrift 
»Hudebnf Rozhledy« (Musikalische Rundschau). 
Nach der Schließung der tschechischen Universi- 
täten (1939) arbeitete er bis zu seiner Verhaftung 
an einer Ausgabe des Jistebnitzer Kantionais und 
des Amsterdamer Gesangbuches des J. A. Ko- 
mensky. Seine musikwissenschaftlichen Arbeiten 
sind alle auf einer eingehenden Kenntnis der wirt- 
schaftspolitischen und kulturhistorischen Gegeben- 
heiten der behandelten Perioden aufgebaut. Von 
seinen Schriften erschienen in deutscher Sprache: 
Die Musik in der tschechoslowakischen Republik (Prag 
1936; der Abschnitt über deutschböhmische Mu- 
sik von E. Steinhard); Zur Geschichte des Wiener 
Singspiels (ZfMw V, 1922/23); Zur Entuncklungs - 
geschickte der Sonatenform (AfMw VII, 1925); Die 
Jesuitenkollegien der böhmischen Provinz zur Zeit des 
jungen Gluck (in Fs.J. Wolf, Berlin 1929). In tsche- 
chischer Sprache (die Titel in deutscher Über- 
setzung): zahlreiche Kritiken und Aufsätze in 
Tageszeitungen und Zeitschriften (eine Auswahl 
O üeski hudbe herausgegeben von B. StSdron, 
Prag 1957); die Monographien Musikbarode auf 
böhmischen Schlössern (Jaromefice zur Zeit des Grafen 
J • Questenberg) (Prag 1916); Musik auf' Schloß 

Jarom&fice (J. V. Mica) (Habilitationsschrift, Prag 
1925); Kapitel über Smetana (Prag 1917); Die 
schöpferische Entwicklung B. Smetanas (Prag 1925) ; 
Über Smetana (Prag 1950, herausgegeben von 
B. StSdroA); Überjandtek (Prag 1949); Die Musica 
des Blahoslav und Philomates (in: Sbomfk Blahos- 
lavüv, Pferov 1923); Georg Benda (unvollendete 


Monographie; I: Brünn 1929, II: Brünn 1934); 
Die moderne tschechische Musik (Ölmütz 1934). 1934 
gründete er die Editionsreihe »Musica Antiqua 
Bohemica«, zu deren ersten 3 Bänden er ausführ- 
liche Einleitungen schrieb. 

Lit.: G. CermuSAk in Tempo XVIII, 1946; L. Kun- 
dera, V. H., in: Hudebnf rozhledy VIII, 1955; I. 
PoLEDtfAit, Bibliogr. d. Arbeiten V. H.s, Ms. 1956; 
ders.. Zu d. ästhetischen Anschauungen V. H.s, 
Diplom- Arbeit, Brünn 1956; B. StEdroä, V. H., Prag 
1940. CSch 

Helfritz, Hans, * 25. 7. 1902 zu Hübersdorf; 
chilenischer Musikforscher und Komponist deut- 
scher Geburt, studierte Musikwissenschaft an der 
Universität Berlin und Musik an der Hochschule 
in Charlottenburg. Zur Beschaffung von Tonauf- 
nahmen für E. von Hornbostel unternahm H. 
mehrere Reisen nach Palästina, Syrien, Südarabien, 
Hadramaut und dem Yemen. Nach 2 Vortrags- 
reisen in den USA 1937/38 reiste er in Mexiko, 
Zentral- und Südamerika und ließ sich während 
des 2. Weltkrieges in ChÜe nieder. 1956 machte er 
Tonbandaufnahmen in Westafrika. Komposi- 
tionen: Saxophonkonzert, Orgelkonzert, Streich- 
quartett, Violinsonate, Lieder nach folkloristischen 
Motiven und Klavierstücke. 

H$Igason, Hallgrfmur, * 3. 11. 1914 zu Eyrar- 
bakki (Island) ; isländischer Komponist und Musik- 
forscher, studierte an den Konservatorien Kopen- 
hagen (1935) und Leipzig (1936-39), 1948-51 an 
der Musikhochschule Zürich, Musikwissenschaft 
an den Universitäten Leipzig (1936-38), Zürich 
(1951-54) und Erlangen (1954/55), promovierte 
1954 in Zürich mit einer Arbeit über Das jüngere 
Heldenlied in Island , seine Vorgeschichte , Struktur und 
Vortragform . Er war 1941-46 als Gymnasialmusik- 
lehrer in Reykjavik, 1942-45 auch als Universi- 
tätsmusikdirektor tätig. H. ist staatlicher Beauf- 
tragter zur Sammlung, Bearbeitung und Heraus- 
gabe des isländischen . V olksliedgutes und versieht 
daneben einen staatlichen Auftrag zur musika- 
lischen Volksaufklärung. Sein kompositorisches 
Schaffen umfaßt neben einigen Orchesterstücken, 
kammermusikalischen Werken und Chören vor 
allem eine große Zahl von Liedern. Für Fachzeit- 
schriften schrieb er Beiträge über isländische Mu- 
sik. H. war 1942-47 Redakteur der von ihm ge- 
gründeten Musikzeitschrift »Tönlistin«. 

Heller, Stephen, * 15. 5. 1813 zu Budapest, j- 15. 

1. 1888 zu Paris; ungarischer Pianist und Kompo- 
nist, gab frühzeitig Beweise besonderer musika- 
lischer Begabung und wurde 1824 Schüler von 
Anton Halm in Wien. 1827 konzertierte er mehr- 
mals in Wien und unternahm 1829 mit seinem 
Vater eine große Konzertreise durch Deutschland 
bis nach Hamburg, erkrankte aber Ende 1830 auf 
der Rückreise in Augsburg, wo er bis 1838 blieb. 
Seit dieser Zeit lebte H. in Paris, wo er bald mit den 
pianistischen Berühmtheiten in freundschaftlichen 
Verkehr trat (Chopin, Liszt, auch Berlioz usw.) 
und als Konzertspider und Lehrer zu großem An- 
sehen gelangte. Seine Kompositionen dagegen ver- 
mochten nur langsam durchzudringen, obgleich 
schon Schumann in der »Neuen Zeitschrift für 
Musik« für sie eingetreten war, als H. noch in 
Augsburg war. H.s Werke (über 150 Opera, aus- 
nahmslos für Kl.) nehmen in der romantischen 


764 



Hdlouin 


Klavierliteratur eine bedeutende und ganz eigen- 
artige Stellung ein. Hinter Schumann steht H. an 
Kühnheit der Konzeption zurück, dagegen erhebt 
er sich über Mendelssohn durch die Gewähltheit, 
Originalität und Charakteristik der Ideen; von 
Chopin unterscheidet ihn die größere harmonische 
und rhythmische Einfachheit. Die Mehrzahl seiner 
Kompositionen sind kürzere Stücke von einer oder 
wenigen Seiten mit charakteristischen Titeln, wie: 
Im Walde op. 86, 128 und 136, Blumen-, Frucht - 
und Domenstücke, Nuits Manches op. 82, Promenades 
d’un solitaire op. 78 und 89, Reise um mein Zimmer 
op. 140, Aufzeichnungen eines Einsamen op. 153. 
Ferner seien genannt: mehrere Tarantellen op. 53, 
61, 85 (Nr 2 As dur), 137; ausgezeichnete Etudes, 
besonders op. 125, 47, 46, 45, 90, 16 (in dieser 
Folge progressiv); Präludien op. 81, 119 und 150; 
4 IGa viersonaten, 3 Sonatinen, Scherzi, Caprices, 
Nocturnes, Balladen, Lieder ohne Worte, Varia- 
tionen, Walzer, Ländler, Mazurken. 

Lit.: M6moires in6dites de St. H., hrsg. v. G. Ser- 
vifeRES, RSIM 1910; R. B rancour, Quelques lettres 
de St. H., in: M6nestrel LXXVI, 1909; H. Barbe- 
dette. St. H., Paris 1876; BL Schütz, St. H., ein 
Künstlerleben, Lpz. 1911; F. G. Jansen, BL Schu- 
mann u. St. H., NMZ 1894; I. Philipp, Some recol- 
lections of St. H., MQ XXI, 1935. 

Hellinck, Lupus, * um 1495, f (wahrscheinlich 
14.) Januar 1541 zu Brügge; franko-flämischer 
Komponist, aus der Diözese Utrecht stammend, 
war 1506-11 Chorknabe an St. Donatian in Brügge 
und besuchte wahrscheinlich dort nach dem Stimm- 
wechsel die Kapitelschule. Nach einer Tätigkeit 
als »virgifer chori« und nach seiner Weihe zum 
Priester (spätestens 1519) wirkte er ab 1521 als 
Phonascus an Notre Dame zu Brügge, ab 1523 als 
Succentor wieder im Dienst von St. Donatian. 
Das letztere Amt verwaltete er bis zu seinem Tode. 
Die Existenz von Musikern ähnlichen Namens in 
der Zeit von H.s Tätigkeit (hier ist vor allem Johan- 
nes Lupi zu nennen) und die nur vereinzelt ein- 
deutige Zuschreibung von Kompositionen in den 
Manuskripten und Drucken gestattet noch keinen 
genauen Überblick über den Umfang seines kom- 
positorischen Schaffens. Das Hauptgewicht liegt 
auf geistlichen Werken, Messen und Motetten, 
in denen die Vierstimmigkeit überwiegt und nur 
wenige Stücke 5st. komponiert sind. Die Zahl der 
erhaltenen geistlichen Kompositionen kann nach 
den Forschungen von Albrecht mit etwa 7 Messen 
und 9 Motetten angegeben werden. Daneben sind 
3 weltliche niederländische Lieder (T. Susato, 1. 
und 2. »musyck boexken«, 1551) und 11 Bearbei- 
tungen protestantischer Kirchenlieder (G. Rhaw, 
Newe deudsche geistliche Gesenge, 1544) bekannt. 
Ausg.: die 11 Choralbearbeitungen hrsg. v. J. Wolf, 
DDT XXXIV; die niederländischen Lieder hrsg. v. 
Fl. van Duysb, Uitgave van oudere Meesterwerken 
XXIX; eines davon hrsg. v. dems., ebenda XXVI; 
2 Choralbearbeitungen bei F. Jöde, Chorbuch I; 
Kyrie d. Messe »Christus resurgens« hrsg. v. A. 
Smuers, Van Ockeghem tot Sweelinck, 7. Lieferung, 
Amsterdam 1956 (Zuweisung unsicher). 

Lit.: H. Albrecht, L. H. u. Johannes Lupi, AMI VI, 
1934; ders., Artikel. H., MGG; H. Osthoff, Die 
Niederländer u. d. deutsche Lied, =■ Neue Deutsche 
Forschungen CXCVII (- Abt Mw. 7), Bin 1938. 

Hfllmesberger, österreichische Musikerfamilie: 
- 1) Georg, * 24. 4. 1800 zu Wien, 1 16. 8. 1873 


zu Neuwaldegg bei Wien; Österreichischer Vio- 
linist, erhielt seine erste musikalische Erziehung als 
Sopranist der kaiserlichen Hofkapelle, war Schüler 
Böhms am Konservatorium der Musikfreunde, an 
dem er 1821 Hilfslehrer, 1826 Titular- und 1833 
wirklicher Professor wurde. Er war der Lehrer von 
W. Emst, M. Hauser, J. Joachim, L. Auer und 
seinen Söhnen Georg und Joseph. 1830 wurde er 
Dirigent der Hof oper und Mitglied der Hof kapelle, 
1867 pensioniert. Er schrieb: 2 Violinkonzerte, ein 
Streichquartett und einige Variationswerke sowie 
Solostücke für V. mit Kl.-, Streichquartett- oder 
Orch.-Begleitung. - 2) Joseph, * 3. 11. 1828 und 
1 24. 10. 1893 zu Wien; Sohn von 1), studierte am 
Wiener Konservatorium bei seinem Vater, wirkte 
als Solist im Opemorchester, wurde 1851 Dirigent 
der Gesellschaftskonzerte und Direktor der Gesell- 
schaft der Musikfreunde. Als 1859 die Ämter ge- 
trennt wurden, behielt H. die Direktion des Kon- 
servatoriums, während Herbeck Konzertdirigent 
wurde. Daneben fungierte H. 1851-77 als Violin- 
professor am Konservatorium. 1860 erhielt er die 
Ernennung zum Konzertmeister des Hofopem- 
orchesters, wurde 1863 Soloviolinist der Hofka- 
pelle und 1877 Hofkapellmeister. Einen ausge- 
zeichneten Ruf genoß das seit 1849 von ihm ge- 
leitete Streichquartett (H., Durst, Heißler, Schle- 
singer). - 3) Georg, * 27. 1. 1830 zu Wien, 
1 12. 11. 1852 zu Hannover; Sohn von 1), Schüler 
seines Vaters, wurde 1850 Konzertmeister in Han- 
nover, brachte dort 1851 die Oper Die beiden Köni- 
ginnen heraus und hinterließ zahlreiche Werke im 
Manuskript, darunter eine Oper Palma, Sympho- 
nien, Kammermusik und Solostücke für V. - 
4) Joseph, *9. 4. 1855undf26. 4. 1907 zu Wien; 
Sohn von 2), Schüler seines Vaters, war seit 1870 
Mitglied von dessen Quartett (2. Violine), wurde 
1878 als Soloviolinist der Hofkapelle und Hof oper 
und als Violinprofessor am Konservatorium ange- 
stellt, 1884 Leiter der Ballettmusik und Konzert- 
meister der Hofoper, 1886 Hofkapellmeister für 
Ballett und Konzert, 1889 Vizekapdlmeistcr, 1890 
1. Hofkapellmeister, leitete 1900-03 die Philhar- 
monischen Konzerte. Im Winter 1904/05 war er 
Hofkapellmeister in Stuttgart. Von seinen 22 
Operetten sind zu nennen: Capitän Ahlström (1880), 
Der Graf von Gleichen und seine Frauen (1880), Der 
schöne Kurfürst (1886), Rikiki (1887), Das Orakel 
(1889), Das Veilchenmädel (1904), Die drei Engel 
(1906), Mutzi (1906), Der Triumph des Weibes 
(1906); außerdem schrieb er 6 Ballette, weitere 
Bühnenstücke, Tanzmusik und Lieder. - 5) Fer- 
dinand, * 24. 1. 1863 und f 15. 3. 1940 zu Wien; 
Sohn von 2), erhielt als Cellist seine Ausbildung 
am Wiener Konservatorium, war ab 1879 Mit- 
glied der Hofkapelle, ab 1883 im Quartett seines 
Vaters, wurde 1884 Lehrer am Konservatorium, 
1896 Solocellist der Hofoper. 1902 wurde er Ka- 
pellmeister an der Wiener Volksoper, später Bal- 
lettdirigent an der Berliner Hofoper, wirkte als 
Kurkapellmeister in Abbazia, Wien, Marienbad 
und Karlsbad. 

HeUouin (helu'e), Frdddric, * 18. 4. 1864 zu 
Paris, f 26. 3. 1924 zu St-Germain-en-Laye; fran- 
zösischer Musikforscher, Schüler des Pariser Con- 
servatoire (Massenet), hielt ab 1902 Vorträge an 
der Musikabteilung der £cole des hautes etudes 


765 



HeUwig 


sociales. Er schrieb: Feuillets d'histoire musicale fron - 
gaise (Paris 1903), Gossec et la musique frangabe ä la 
ftn du XVIII* sikle (Paris 1903), Essai de critique de la 
critique musicale (Paris 1906), Le Noel musicalftan- 
gais (Paris 1906), Un musicien oublii: Catel (mit J. 
Picard, Paris 1910). 

HeUwig, Karl Friedrich Ludwig, * 23. 7. 1773 
zu Kunersdorf bei Wriezen, f 24. 11. 1838 zu Ber- 
lin; deutscher Komponist, Schüler von Gürrlich, 
G. A. Schneider und Zelter in Berlin, war 1793 
Mitglied der Singakademie, 1803 deren Vizediri- 
gent, Domorganist und Gesanglehrer an mehreren 
Berliner Schulen. Er schrieb: die Opern Die Berg- 
knappen (Dresden 1820) und Don Sylvio , ferner 
Männerchöre (für die 1809 von Zelter gegründete 
Liedertafel), Kirchenkompositionen, eine große 
Reihe von Chören und liedem. Auch gab er 
Klavierauszüge heraus von Hasses Miserere vom 
Jahre 1728, Glucks Iphigenie auf Tauris , Bachs 
Johannespassion , Handels Judas Makkabäus und Jo- 
seph in Ägypten . 

Helm, Everett, * 17. 7. 1913 zu Minneapolis 
(Minnesota); amerikanischer Komponist, studierte 
an der Harvard University, 1936-38 in Europa bei 
Malipiero, Vaughan Williams und A. Einstein 
(Musikwissenschaft). 1939 promovierte er an der 
Harvard University mit einer Arbeit über Die 
Anfänge des italienischen Madrigals zum Ph. D. und 
gab 1942 heraus: The Chansons of J. Arcadelt (= 
Smith College Music Archives V). 1942 hielt er 
Vortrage am Mills College (Kalifornien) und bil- 
dete sich gleichzeitig bei D. Milhaud weiter. Nach 
einer Tätigkeit 1942-44 als Leiter der Musikabtei- 
lung am Western College in Oxford (Ohio) und 
nach Reisen 1944-46 in Mittel- und Südamerika 
im Auftrag des amerikanischen Außenministeriums 
war H. 1948/49 in Deutschland Leiter der Theater- 
und Musikabteilung der Militärregierung für Hes- 
sen und lebt seitdem als freischaffender Kompo- 
nist vorwiegend in Europa. Kompositionen : Funk- 
oper Die Belagerung von Tottenhurg (Stuttgart 
1956), Mysterium Adam und Eva (Wiesbaden 
1952), Singspiel 500 Drachentaler (1957), Kammer- 
ballettLe Roy fait battre tambour (1957), Symphonie 
für Streichorch. (1955), Konzert für 5 Soloinstr., 
Schlagzeug und Streichorch. (1954), Three Gosples 
Hymns für Orch. (Neufassung 1956), Serenade für 
kleines Orch. (1957), 2 Klavierkonzerte (1951, 
1956), Quartett für Fl., V., Va und Vc. (1954), 

2 Violinsonaten. H. ist Mitarbeiter b eim Harvard 
Dictionary of Music und bei der neuen Oxford 
History of Music. In zahlreichen Aufsätzen, vor- 
wiegend für die anglo-amerikanische Fachpresse, 
setzt er sich vielfach mit Fragen der zeitgenössi- 
schen Musik auseinander. 

Helm, Theodor Otto, * 9. 4. 1843 und f 23. 12. 
1920 zu Wien; österreichischer Musikschriftsteller, 
studierte Jurisprudenz und trat in den Staatsdienst 
ein, widmete sich aber von 1867 an der Musik- 
kritik und promovierte 1870 zum Dr. phil. Ab 
1874 war er Lehrer für Musikgeschichte und Ästhe- 
tik an den Horakschen Musikschulen und gehörte 
zu den angesehensten Kritikern Wiens. 1876-1901 
redigierte er Frommes »Kalender für die Musika- 
lische Welt« (Wien). Von seinen Arbeiten sind 
hervorzuheben: eine Studie über Beethovens letzte 

766 


Quartette (Tonhalle 1, 1868), Beethovens Streichquar- 
tette. Versuch einer technischen Analyse . . . (Musika- 
lisches Wochenblatt IV, 1873; separat Leipzig 
1885, 2 1910, auch französisch), 50 Jahre Wiener 
Musikleben (1866-1916). Erinnerungen eines Wiener 
Musikkritikers (in: Merker, 1916 ff), Aufsätze er- 
schienen in zahlreichen Zeitschriften, u. a. über 
Brahms und Bruckner. 

Helmbold, Ludwig, * 13. 1. 1532 und t 8. 4. 
1598 zu Mühlhausen (Thüringen) ; deutscher Dich- 
ter, studierte 1547-49 an der Universität Leipzig, 
dann in Erfurt und wurde 1550 Schulvorsteher in 
Mühlhausen. 1552 ging er wieder an die Universi- 
tät Erfurt, wo er ab 1554 als Magister Poetik las 
und 1562-63 Konrektor des Pädagogiums, 1565-70 
Dekan der philosophischen Fakultät war. Als 
Protestant entlassen, kehrte er nun in seine Vater- 
stadt zurück, wurde dort Schulvorsteher, 1571 
Diakon und 1586 Superintendent. Seine protestan- 
tischen Oden und Lieder wurden vor allem von 
den Mühlhäuser Musikern J. a Burck und Eccard, 
aber auch von L. Schröter vertont. Das Evange- 
lische Kir chen-Gesangbuch von 1950 bringt 2 Lie- 
der H.s: Nun laßt uns Gott dem Herren und Von 
Gott will ich nicht lassen. 

Lit. : C. v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang I, 
Lpz. 1843; W. Thilo, L. H., Bin 1851; A. Prüfer, 
Untersuchungen über d. außerkirchlichen Kunstge- 
sang . . ., Diss. Lpz. 1890; H. Birtner, J. a Burck, 
Diss. Lpz. 1924, maschr. ; ders.. Ein Beitrag zur Gesch. 
d. protestantischen Musik, Zf Mw X, 1927/28; Fr. 
Blume, Die ev. Kirchenmusik, Potsdam (1931). 

Helmholtz, Hermann von, * 31. 8. 1821 zu 
Potsdam, f 8. 9. 1894 zu Charlottenburg; deut- 
scher Naturforscher, studierte Medizin in Berlin, 
wurde 1843 Militärarzt in Potsdam, 1848 Lehrer 
an der Kunstakademie und Assistent am anato- 
mischen Museum, 1849 Professor der Physiologie 
in Königsberg, 1855 Professor der Anatomie und 
Physiologie in Bonn, 1858 Professor der Physio- 
logie in Heidelberg, 1870 Professor der Physik in 
Berlin und 1887 zugleich Präsident der neugegrün- 
deten Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in 
Charlottenburg. Außer zahlreichen berühmten 
Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Physio- 
logie und Physik schrieb er das Grundbuch der 
musikalischen Akustik: Die Lehre von den Ton- 
empfindungen ab physiologische Grundlage Jur die 
Theorie der Musik (Braunschweig 1863, *1913; 
französisch von G. Gudroult 1868, 21874; englisch 
von A.J. Ellis 1875, 6 1948). In diesem klassisch 
gewordenen Buch unternimmt v. H. den kühnen, 
noch heute aktuellen Versuch, »die Grenzgebiete 
von Wissenschaften zu vereinigen, welche, ob- 
gleich durch viele natürliche Beziehungen auf- 
einander hingewiesen, bisher doch ziemlich ge- 
trennt nebeneinander gestanden haben, die Grenz- 
gebiete nä m l i ch einerseits der physikalischen und 
physiologbchen Akustik , anderseits der Musikwissen- 
schaft und Ästhetik «. Er sammelt darin die Früchte 
seiner 8jährigen experimentellen und theoretischen 
Forschungen über Klänge und Geräusche, Ober- 
und KombinationstÖne, die Zusammensetzung der 
Schwingungen, über Analyse und Synthese von 
Klängen, Saiten- und Luftsäulen-Schwingungen 
und über die S challwahmehmung durch das Ge- 
hörorgan sowie über die Störungen der Zusam- 



Hempel 


menklänge, die Schwebungen, Dissonanz und 
Konsonanz (als schwebungsfreie Klänge) und über 
die Verwandtschaft von Klangen in Tonleitern 
und Tonarten verschiedener natürlicher und histo- 
rischer Systeme. Am meisten bekannt geworden 
sind daraus die Versuche mit kugelförmigen Reso- 
nanzhohlkörpem, den sogenannten »Helmholtz- 
Resonatoren«, zur Analyse von Klangen sowie die 
»Resonanztheorie« der Funktion des Gehörorgans. 

Lit. : L. Koenigsberger, H. v. H., 3 Bde, Braun- 
schweig 1903 (Volksausg. in 1 Bd); H. Ebert, H. v. 
H., in: Große Naturforscher V, Stuttgart 1949; W. 
Gerlach, H. v. H., in: Die großen Deutschen III, 
Bin 2 1956. - Zur mw. Auseinandersetzung mit v. H. 
vgl. : A. v. Oettingen, Harmoniesystem in dualer Ent- 
wickelung. Studien zur Theorie d. Musik, Dorpat u. 
Lpz. 1866, 2 1913; H. Lotze, Gesch. d. Ästhetik in 
Deutschland, Lpz. 1868; H. Riemann, Musikalische 
Syntaxis, Lpz. 1877 ; ders., MTh; ders., Ideen zu einer 
Lehre von den Tonvorstellungen u. Neue Beitr. . . da- 
zu, JbP XXI/XXII u. XXIII, 1914-16; C. Stumpf, 
Tonpsychologie, 2 Bde, Lpz. 1883 u. 1890; Beiträge 
zur Akustik u. Mw., hrsg. v. C. Stumpf, 9 H., Lpz. 
1898-1924; A. Wellek, Musik, Neue Psychologische 
Studien XII, H. 1, München 1934, 2 1954; J. Hand- 
schin. Der Toncharakter. Eine Einführung in d. 
Tonpsychologie, Zürich 1948 (wendet sich gegen 
»Physiologismus« u. »Physikalismus« in d. Mw.); 
W. Gurutt, Hugo Riemann, Abh. d. geistes- u. 
sozialwiss. Klasse d. Akad. d. Wiss. u. d. Lit. zu Mainz, 
Jg. 1950, Nr 25; H. Husmann, Vom Wesen d. Kon- 
sonanz, Heidelberg 1953 ; H. Besseler, Das musika- 
lische Hören d. Neuzeit, SB Lpz. CIV, 1958. 

Helmont, Charles-Joseph van -> Van Hel- 
mont. 

Helpmann, Robert Murray, * 9. 4. 1909 zu 
Mount Gambia (Australien) ; englischer Tänzer und 
Choreograph, in Australien Schüler von Anna 
Pavlova, kam 1933 nach England, wo er seine 
Studien bei Ninette de Valois vervollständigte. 
1934 debütierte H. bei Sadler’s Wells Theatre und 
wurde in der Folge einer der angesehensten eng- 
lischen Tänzer. Als Choreograph machte er sich 
seit 1941 bekannt, u. a. in A. Bliss* Miracle in the 
Gorbals und Adam Zero (beide bei Sadler’s Wells). 

Lit: R. H., Studien v. G. Anthony, Einleitung v. 
N. de Valois, London 1946. 

Helsted, Gustav, * 30. 1. 1857 und f 1. 3. 1924 
zu Kopenhagen; dänischer Komponist und Orga- 
nist, 1892 Theorielehrer, 1904 auch Orgellehrer 
am Konservatorium in Kopenhagen und Nach- 
folger Mailings als Organist der Frauenkirche, war 
auch Vorstand des »Dänischen Konzertvereins«. 
Werke: Oper Stormklokken (1911), 2 Symphonien, 
ein Violin- und ein Cellokonzert, die Chorwerke 
Gurresange (1890) und VortLand (1907); ein Dezett 
für Bläser und Streicher, ein Streichsextett, Streich- 
quintett, 4 Streichquartette, je ein Klavier- und 
Streichtrio, 2 Violin-, 2 Orgelsonaten und Lieder. 
Sein Onkel Edvard (1816-1900) war als Violinist 
1838-69 Mitglied der Königlichen Kapelle in Ko- 
penhagen und wirkte danach bis 1890 als Klavier- 
pädagoge am dortigen Konservatorium. E. H., der 
mit R. Schumann befreundet war, schrieb mehrere 
Ballette, Bühnenmusiken und Lieder. 

Hely-Hutchinson (h'di-h'AtJonsan), Christian 
Victor, * 26. 12. 1901 zu Kapstadt, f 11. 3. 1947 
zu London; englischer Komponist, Schüler von 


Tovey und 1919-22 des Balliol College zu Oxford, 
wirkte zunächst als Dozent an der Universität Kap- 
stadt, 1926-34 und wieder ab 1944 bei der British 
Broadcasting Corporation und versah 1934-44 als 
Nachfolger Bantocks die Professur für Musik an 
der Universität Birmingham. Er errang Beliebt- 
heit vor allem mit humoristischen Liedern, schrieb 
aber auch eine Carol Symphony , Variationen sowie 
»Intermezzo, Scherzo und Finale« für Orch., ein 
Streichquartett, ein Klavierquintett, eine Brat- 
schensonate und eine Operette Hearts care Trumps . 

Hemmel, Sigmund (Hemel), f 1564 (zu Tü- 
bingen?) ; deutscher Komponist, war spätestens ab 
1544 Tenorist der Stuttgarter Hofkapelle, der er 
zeitweilig auch als Kapellmeister Vorstand. Von 
ihm wurde gedruckt Der gantz Psalter Davids, wie 
derselbig in Teutsche Gesang verfasset (4st., posthum 
Tübingen 1569), die erste vollständige Komposi- 
tion der Psalmen in deutscher Sprache. Eine Reihe 
deutscher und lateinischer Sätze ist handschriftlich 
überliefert. 

Lit. : O. zur Nedden, Zur Frühgesch. d. protestan- 
tischen Kirchenmusik in Württemberg, ZfMw XIII, 
1930/31 (mit Übertragung der Psalmen XC u. CVII); 
G. Uebele, Anfänge d. protestantischen Kirchenmu- 
sik in Württemberg u. S. H.s Psalter, in: Württem- 
bergische Blätter f. Kirchenmusik 1934; H. Mar- 
quardt, Die Stuttgarter Chorbücher unter beson- 
derer Behandlung d. Messen, Diss. Tübingen 1934, 
(Tübingen) 1936. 

H$mmerlein, Johann Nikolaus; deutscher 
Komponist des 18. Jh., war zuerst Organist und 
Lehrer in Wiesentheid, kam aber 1741 als Kammer- 
musicus und Musiklehrer nach Bamberg und ist 
hier bis 1763 nachweisbar. 1748 gab er in Bamberg 
einen Band mit Messen Caldaras heraus (Chorus 
Musarum), der als Nummer 3 eine 4st. Messe 
C dur mit Instrumenten von H. selbst enthält. 
Ferner ist von ihm ein Cellokonzert handschrift- 
lich erhalten. 

Lit.: Fr.Zobeley, R. Fr. E. Graf v. Schönbom u. 
seine Musikpflege, = Neujahrsblätter hrsg. v. d. Ges. 
f. Fränkische Gesch. XXI, 1949. 

H$mmerlem» Joseph, * zu Bamberg, f 1799 zu 
Paris; deutscher Komponist, um 1780 in Frankfurt 
am Main und Koblenz nachweisbar, veröffentlichte 
1783-95 in Frankfurt am Main, Offenbach, Paris 
und Mainz Klaviertrios, Violinsonaten, Tänze und 
Klavierkonzerte op. 1-15 sowie 3 sonates pour 
piano ä 4 mains op. 17 (Paris ohne Jahr). 

Hempel» Adolf, * 28. 1. 1868 zu Gießen, f (Da- 
tum unbekannt) zu München; deutscher Organist 
und Komponist, Schüler des Leipziger Konser- 
vatoriums, wurde 1890 Organist der Hof- und 
Stadtkirche in Eisenach, 1896 Organist der Ton- 
halle (Kaim-Saal) in München. 1897-1913 wirkte 
er daneben als Organist und Chorleiter an der 
Markuskirche. Als Solist machte er sich auf Kon- 
zertreisen in Deutschland bekannt. Er schrieb 
Orgelwerke, Lieder mit Orgelbegleitung und 
Chöre. 

Hempel» Frieda, * 26. 6. 1885 zu Leipzig, f 7. 
10. 1955 zu Berlin; deutsche Sängerin (dramati- 
scher und Koloratur-Sopran), besuchte zunächst 
das Leipziger Konservatorium, dann das Stemsche 
Konservatorium in Berlin als Gesangsschülerin von 


767 



Hempson 


Selma Nicklaß-Kemper. 1905 debütierte sie in Bres- 
lau, sang 1905-07 in Schwerin, dann bis 1912 an 
der Hofoper in Berlin, 1912-20 am Metropolitan 
Opera House in New York, 1920/21 an der Chi- 
cago Opera. Von da an trat sie in den USA und 
Europa nur noch als Konzertsangerin auf. Sie ver- 
öffentlichte: Mein Leben dem Gesang (Berlin 1955). 

Hempson (h'empsan), Denis, * 1695 zu Craig- 
more, f 1807 zu Magilligan (112 Jahre alt!); einer 
der letzten irischen Barden, soll noch getreulich 
nicht nur an den altüberlieferten Melodien, son- 
dern auch an der alten Spielweise der Harfe (mit 
langgewachsenen Fingernägeln) festgehalten und 
eine erstaunliche Virtuosität besessen haben. H. 
war entrüstet über O’Carolans Modernisierungen 
irischer Musik. 

Hemsi ('smsi), Alberto, * Juni 1898 zu Cassabä 
(Provinz Smyrna, Türkei) ; italienischer Kompo- 
nist, 1914-19 Schüler des Konservatoriums Gii> 
seppe Verdi in Mailand, wirkt als Musikdirektor 
an der Synagoge in Alexandria, dort gleichzeitig 
auch als Muaklehrer an den Schulen der israeliti- 
schen Gemeinde und als Harmonie- und Kompo- 
sitionslehrer am Konservatorium. Er schrieb 
Croquis igyptiens , Trois danses bibliques, Tableau 
symphonique tgyptien für Orch., Divertissement dam 
le style igyptien für 7 Instrumente und Schlagzeug, 
Kammermusik (Streichquintett, 3 Suiten für Vc. 
und KL, Violinsonate) und zahlreiche Klavier- 
stücke. 

Henderson (h'encbzan), James Fletcher, * 18. 12. 
1898 zu Cuthbert (Georgia), f 29. 12. 1952 zu New 
York; amerikanischer Jazzpianist und Orchester- 
leiter von Negerherkunft, studierte zunächst Na- 
turwissenschaften, spielte dann etwa ab 1920 bei 
W. Chr. Handy, begleitete die Sängerin Ethel 
"Water s und gründete 1923 seine erste kleine Band, 
die er zur ersten Big-Band des Jazz erweiterte. Daß 
diese Erweiterung keine kollektive Improvisation 
mehr zuließ, führte H. zum Arrangement für die 
Bläsersätze, das schnell Aufnahme fand. Allgemein 
gewann H.s Orchester für den Swing und Big- 
Bandstil großen Einfluß. Nach der Auflösung der 
Big-Band 1939 ging H. als Pianist zu B. Goodman 
und leitete in der Folge mehrere eigene Kapellen. 
Zu den zahlreichen bekannten Jazzmusikem, die 
bei ihm spielten, gehören u. a. H. Allen, L. Arm- 
strong, B. Carter, C. Hawkins, B. Webster, Ch. 
Green, B. Morton, S. Catlett, K. Marshall und J. 
Kirby. 

Henderson (h'encbzan), Roy, * 4. 7. 1899 zu 
Edinburgh; englischer Sänger (Bariton), lebt in 
London. Schon als Student der Royal Academy of 
Music errang er mehrere Auszeichnungen, trat in 
»Mass of Life« von Delius in London 1925 zum 
erstenmal auf, war 1928/29 an Covent Garden, 
wirkte bei wichtigen Musikfesten in England, so 
den »Glyndeboume Opera Festivals« 1934-40, den 
beiden ersten Edinburgh Festivals 1947/48, außer- 
dem 1933 bei dem Internationalen Fest für zeitge- 
nössische Musik in Amsterdam mit. 1951 zog ersieh 
aus dem Musikleben zurück und ist, schon seit 1940 
Professor an der Royal Academy of Music, nur 
noch als Lehrer tätig. H. sang vor allem Werke 
seiner englischen Zeitgenossen (Delius, Eigar, 
Vaughan Williams). 


Henderson (h'encbzon), William James, * 4. 
12. 1855 zu Newark (New Jersey), f 5. 6. 1937 zu 
New York; amerikanischer Musikschriftsteller, 
war in der Hauptsache musikalischer Autodidakt, 
in Princeton Schüler von Carl Langlotz (Klavier). 
Er schrieb Operetten-Libretti, bevor er 1883 zum 
musikalischen Journalismus überging, war 1887 
bis 1902 Kritiker der »New York Times« und 
schrieb danach für »The Sun« in New York. Mu- 
sikgeschichtliche Vorträge hielt er 1899-1902 am 
New York College of Music und ab 1904 am In- 
stitute of Musical Art. Schriften (alle New York): 
The Story of Music (1889, 121912 umgearbeitet); 
Preludes ana Studies (1891); How Music Developed 
(1898); What is Good Music? (1898); The Orchestra 
and Orchestral Music (1899); Richard Wagner , his 
Life and his Dramas (1901); Modem Musical Drift 
(1904); The Art of the Singer (1906; auch in: The 
Art of Singing , New York 1938) ; Some Forerunners 
of Italian Opera (1911); Early History of Singing 
(1921); zahlreiche Aufsätze in den besten ameri- 
kanischen Zeitschriften ( The Function of Musical 
Criticism , MQ I, 1915; Beethoven after a Hundred 
Years , MQ XIII, 1927). H. steuerte Biographien 
über Wagner, Tschaikowsky und Goldmark bei 
sowie den Abschnitt über die Holländische Schule 
zu dem Sammelwerk Famous Composers and their 
Works. Er verfaßte das Libretto von W. Dam- 
roschs Oper Cyrano. 

Lit. : O. Thompson, An American School of Criticism, 
MQ XXIII, 1937. 

Hfngeveld, Gerard, * 7. 12. 1910 zu Kämpen; 
holländischer Pianist und Komponist, Schüler des 
Konservatoriums in Amsterdam und C. Fried- 
bergs, ist als Klavierlehrer am Amsterdamer Kon- 
servatorium und als Solist tätig. H. schrieb zahl- 
reiche Filmmusiken, ein Klavierkonzert (1947), 
eine Weihnachtskantate, je eine V.- (1944) und 
Vc.-Sonate (1946), französische und amerikanische 
Volksliedbearbeitungen und kleinere Klavierstücke. 

Henius, Carla, * 4. 5. 1919 zu Mannheim; 
deutsche Sängerin (Sopran), Schülerin der Hoch- 
schule für Musik in Berlin (L. Mysz-Gmeiner, H. 
Emge) sowie von M. Ivogün und H. Klink. Sie 
trat ihr erstes Engagement 1943 am Staatstheater in 
Kassel an, wirkte 1946-48 am Landestheater Darm- 
stadt, 1949-51 am Pfalztheater Kaiserslautern und 
1951-56 am Nationaltheater Mannheim. Neben 
einem Gastvertrag mit dem Mannheimer Theater 
betätigt sie sich seitdem als Konzertsängerin und ist 
seit 1957 Dozentin an der Mannheimer Hoch- 
schule für Musik und Theater. Mit Erfolg sang sie 
auch mehrfach als Gast im Ausland und wird vor 
allem als Interpretin zeitgenössischer Werke ge- 
schätzt. 

Henkel, - 1) Michael, * 18. 6. 1780 und t 4. 3. 
1851 zu Fulda; deutscher Komponist, bischöflicher 
Hofmusicus, Gymnasialmusiklehrer und Stadt- 
kantor in Fulda. Er schrieb kirchliche Werke, Or- 
gel- und Klavierstücke und gab ein Choralbuch 
(1804) sowie Schulliederbücher heraus. Seine 
Söhne sind: - 2) Georg Andreas, * 4. 2. 1805 
und f 5. 4. 1871 zu Fulda; Seminarmusiklehrer, 
komponierte ebenfalls Kirchenmusik, auch Ouver- 
türen und Märsche. - 3) Heinrich, * 16. 2. 1822 
zu Fulda, f 10. 4. 1899 zu Frankfurt am Main; 


768 



Pfennig 


Schüler von Anton Andr6 und F. Keßler in der 
Theorie, lebte ab 1849 als Musiklehrer und Pianist 
in Frankfurt am Main. Er war Mitgründer der 
Frankfurter Musikschule, schrieb neben Klavier- 
stücken und Liedern eine Reihe klavierpädago- 
gischer Werke sowie Mittheilungen aus der musi- 
kalischen Vergangenheit Fuldas (Fulda 1882). 

Ausg. : zu M. H. : Sonate für Fl. (V.) u. Gitarre op. 9, 
hrsg. v. O. Schindler, NMA CXXXVIII. 

Lit. : F. Melde, H. H., in: Hessenland. Zs. f. hessische 
Gesch. u. Lit., Kassel 1899. 

H$nkemans, Hans, * 23. 12. 1913 im Haag; 
niederländischer Pianist und Komponist, lebt m 
Bergen, Schüler von B. van den Sigtenhorst Meyer 
und Willem Pijper, erregte als Pianist und Kom- 
ponist schon Aufsehen, während er noch an der 
Universität Utrecht Medizin studierte. Nach Be- 
endigung seiner medizinischen Ausbildung wandte 
er sich 1945 ganz der Musik zu und unternahm, 
vor allem als Mozart- und Debussy-Interpret ge- 
schätzt, Konzertreisen in Europa und Südafrika. 
Hauptwerke: Konzert für Kl. und Streichorch. 
(1932), Passacaglia und Gigue für Kl. und Orch. 
(1942), Konzerte für H. (1946), V. (1950), Va 
(1954), Harfe (1955) und Orch., Ballade für A. und 
Kammerorch., De Tooveifluit fiirT. und Kl. (1946), 
Primavera für 12 Instr. (1944), Sonaten für Vc. und 
KL sowie für V. und IQ., Epilogue für FL und KL, 
Sonate für 2 Kl., 2 Klavieretüden. 

G. Heule Verlag:, deutscher Musikverlag, 1947 
von Günter PL mit dem Sitz in München und 
Duisburg gegründet. Der Verlag hat sich die Auf- 
gabe gestellt, Klavier- und Kammermusik der 
Klassik und Romantik in Urtextausgaben unter 
Mitarbeit von Sachkennern zu veröffentlichen. 
Daneben ist er mit der Edition der Haydn-Gesamt- 
ausgabe, der Reihe Frühromantik des »Erbes Deut- 
scher Musik« und der Reihe II des »Repertoire In- 
ternational des Sources Musicales« betraut. 

Henneberg, Johann Baptist, * 6. 12. 1768 und 
t 26. 11. 1822 zu Wien; österreichischer Kompo- 
nist, war zuerst Organist am Schottenstift, 1790 bis 
1803 (unter Schikaneder) Kapellmeister des Thea- 
ters auf der Wieden, trat dann in die Kapelle des 
Fürsten Esterhäzy ein und wurde 1818 Kaiserlicher 
Hofkapellorganist. PL komponierte mehrere Sing- 
spiele, auch PCirchenmusik und Orchesterwerke. 

Henneberg, - 1) Carl Albert Wilhelm Richard, 
* 5. 8. 1853 zu Berlin, f 19. 10. 1925 zu Malmö; 
schwedischer Dirigent, war ab 1873 Dirigent der 
»Harmonie« Bergen, 1878 in Stockholm Blapell- 
meister am Mindre teater, 1879-85 am Nya 
teater, 1885-1907 am Hoftheater. Er leitete ab 
1912 die Orchestervereinigung in Malmö. PL hatte 
große Verdienste um die Einbürgerung von R. 
Wagner auf der schwedischen Opembühne und 
war auch Komponist: komische Oper Drottningens 
Vallfart (Stockholm 1882), Musik zu Ibsens Brand, 
zff mehreren Shakespeareschen Stücken, zu Strind- 
bergs Lycko-Pers resa (Stockholm 1882) und Erik 
XIV : (Stockholm 1903), Bähet Undine (Stockholm 
1890), Orchesterwerke, Klavierkonzert A moll, 
Kammermusik, PQavierstücke, Chöre und Lieder. 
-2) Carl Albert Theodor, * 27. 3. 1901 zu Stock- 
holm; schwedischer Komponist, Sohn von Richard 

H. , 1920-24 Schüler des Konservatoriums zu 


Stockholm, studierte 1926-30 mit Staatsstipendium 
noch in Wien und Paris. Seit 1931 wirkt er beim 
»Svenska tonsättares intemationella musikbyrä« 
(STIM; ab 1945 als Sekretär). Werke: Opern Inka 
(Chemnitz 1937), Det jäser i Smäland (»Es gährt in 
Smäland«, Chemnitz 1939), Den Ivckiga staden 
(1941), Bolla och Badin, I madonnans skugga (1947); 
5 Symphonien (I: Pä ledungsßrd ; II: mit Bariton- 
solo; ÄI: Värvindar, 1927; IV: Pathitique, 1931; 
V : Kammersymphonie) , mehrere Orchesterouver- 
türen und -suiten; je ein Konzert für IQ., Vc., 
Trp. und Posaune mit Orch., Romans für Vc. und 
Orch., Concertino für Fl. und Streicher; DetLjusa 
landet für S., T. und Orch., Mitt land für Manner- 
chor und Orch.; 2 Streichquartette, Bläserquartett, 
eine Violinsonate. 

H$nnerberg, Carl Fredrik, * 24. 1. 1871 zu 
Älgaräs, f 17. 9. 1932 zu Stockholm; schwedischer 
Organist und Musikforscher, studierte 1899-1903 
am Stockholmer Konservatorium, dort ab 1904 
Lehrer für Harmonie, ab 1905 auch für IQavier- 
spiel. Er war 1906-08 Kantor der Königlichen 
Schloßkapelle, ab 1909 deren Organist und Chor- 
leiter, ab 1908 Bibliothekar der Musik-Akademie 
in Stockholm. Schriften: Orgelns byggnad och värd 
(Bau und Pflege der Orgel, = C. F. H. und N. P. 
Noriind, Handbok om orgeln I, Stockholm 1912; 
selbständig Uppsala 2 1928); Une collection d 9 ceuvres 
pour viola, basso et violone du XVTP silcle (in: Fs. 
Ilmari Krohn, Helsinki 1927); Brevsamlingen i K. 
MusikaU Akad:s Bibliotek (STMf IX, 1927); 
Kungl. Musikaliska Akademiens Bibliotek (ihre Ge- 
schichte seit 1771; in: Nord. Tidskr. f. Bok- & 
Biblioteksväsen, 1927); Artikel in musikwissen- 
schaftlichen Zeitschriften. 

Lit.: E. Sundström, C. F. H., STMf XIV, 1932. 

Heimes, Aloys, * 8. 9. 1827 zu Aachen, f 8. 6. 
1889 zu Berlin; deutscher Klavierpädagoge, an der 
Rheinischen Musikschule in Köln Schüler von 
Hiller und Reinecke, lebte dann als POavierlehrer 
in Kreuznach, Alzey, Mainz und Wiesbaden, ab 
1872 in Berlin, wo er 1881 Lehrer am Scharwenka- 
Konservatorium wurde. H. machte sich durch 
seine Klavierunterrichtsbriefe bekamt, in denen er 
sich auch als geschickter Komponist von Unter- 
richtsstücken betätigte. 

H$nnessy, Swan, * 24. 2. 1866 zu Dublin, f 26. 
10. 1929 zu Paris; irischer Komponist, erhielt seine 
musikalische Ausbildung am Stuttgarter Konser- 
vatorium, reiste dann von seinem Wohnsitz in 
Paris aus viele Jahre durch ganz Europa. Er pflegte 
vor allem das graziöse Klavierstück, betonte später 
jedoch den irischen und keltischen Klang seiner 
Musik. Außer einer großen Reihe von Klavier- 
werken und Liedern schrieb er eine Rhapsodie cel- 
tique für V. und PQ., Stücke für Saxophon und Bl, 
Petit trio celtique (Streichtrio), Trio für V., FL und 
Fag., Trio für 2 Klar, und Fag., 4 Streichquartette. 

Pfennig , Karl Raphael, * 4. 1. 1845 zu Berlin, 
f 6. 2. 1914 zu Posen; deutscher Musikpädagoge, 
Sohn des Berliner Organisten und Chorairigenten 
Karl PL (* 23. 4. 1819 und f 18. 4. 1873 zu Berlin* 
Komponist von Liedern, Männer qxiaxtettea, Chor- 
werken und Klavierstücken), studierte Jura, ging 
aber zur Musik über (Schüler von Richter in Leip- 


49 


769 



Henning 


äg und Kid in Berlin). 1868 übernahm er eine 
Lehrerstelle am Wandeltschen Musikinstitut in 
Berlin, war 1869-76 Organist an der Paulskirche 
in Posen, wo er 1869 den »Hennigschen Gesang- 
verein« gründete und bis 1913 leitete. 1877-90 war 
er Musiklehrer am Lehrerinnenseminar, über nahm 
1888 die Leitung des Lehrergesangvereins und grün- 
dete 1890 ein philharmonisches Orchester. Er 
schrieb (alles Leipzig): Die Methodik des Schulge - 
sangunterrichts (1885) ; Beethovens 9. Symphonie . Eine 
Analyse (1888) ; Deutsche Gesangschule (1889, 2 1903) ; 
Die Unterscheidung der Gesangsregister auf physiolo- 
gischer Grundlage (1892); Zur Verständigung. Ein 
Beitrag zur Wagnersache (1893); Die Ästhetik der 
Tonkunst (1896); Musiktheoretisches Hilfsbuch (1903, 
21906), Einführung in das Wesen der Musik (— Aus 
Natur und Geisteswelt CXIX, 1906). H. kompo- 
nierte einige Vokal- und kleinere Instrumental- 
werke. 

Henning, Carl Wilhelm, * 31. 1. 1784 zu Öls, 
j* im Mai 1867 zu Berlin; deutscher Komponist, 
wurde in Berlin früh Orchestergeiger der König- 
lichen Kapelle und 1822 Konzertmeister. 1823-26 
war er Musikdirektor am Königstädtischen Thea- 
ter, kehrte aber zur Königlichen Kapelle zurück, 
1836 Musikdirektor, 1840-48 Kapellmeister, an- 
schließend im Ruhestand. Er schrieb die Oper Die 
Rosenmädchen (Berlin 1825), Ballette, Kantaten 
und Kammermusik sowie 30 Schauspielmusiken, 
u. a. zu Götz von Berlichingen , Piccolomini , Prinz 
Friedrich von Homburg (zur Berliner Erstaufführung 
1828), Julius Cäsar , auch zu Dramen von Raupach, 
Immermann und Grillparzer. 


Lit: P. Flossmann, Picander (Chr.Fr.H.), Liebert- 
wolkwitz 1899; L. F. Taguavini, Studi sui testi delle 
cantate sacre di J. S. Bach, Padua u. Kassel 1956. 

Henrion (äri'3), Paul, * 20. 7. 1819 und f 24. 10. 
1901 zu Paris; französischer Gesangskomponist von 
großer Popularität. Von ihm wurden über 1000 
Romanzen und Chansonetten veröffentlicht. Seine 
Operetten hatten nur geringen Erfolg. 

Henriques, Fini Valdemar, * 20. 12. 1867 und 
1 27. 10. 1940 zu Kopenhagen; dänischer Violinist 
und Komponist, Schüler von Tofte und Svendsen 
sowie 1888-91 von Joachim an der Berliner Hoch- 
schule, bedeutender Violinist, 1892-96 Mitglied 
des Hoforchesters in Kopenhagen, widmete sich 
danach solistischer Tätigkeit und seinem kompo- 
sitorischen Schaffen. Werke (Auswahl) : die Opern 
Staerstikkeren (Kopenhagen 1926) und Velund Smed 
(1896 als Melodram; zur Oper erweitert: Kopen- 
hagen 1940); Ballette Den litte havfrue (Kopenha- 
gen 1909) und Tata (Kopenhagen 1931); zahl- 
reiche Bühnenmusiken; für Orch.: 2 Symphonien 
C dur, symphonische Dichtungen, Kong Volmer 
(1898), H.-C.- Andersen-Ouvertüre (1905), Nordische 
Konzertouvertüre (1939); Romanze für V. und 
Streicher (1893), Andante und Fuge für Streicher; 
Streichquartette Es dur (1889) und A moll (1910); 
Quartett für EL, V., Vc. und KL (1937) ; Bametrio 
für V., Vc. und KL (1904); zahlreiche Komposi- 
tionen für eine und 2 V. mit KL, Klavierstücke und 
Lieder. 

Lit.: S. Berg, F. H., Kopenhagen 1943 (mit Wcrk- 
verz.); H. Bonn£n, F. H., in: DMT 1927/28; K. A. 
Bruun, F. H. - in memoriam, DMT 1940. 


Hennins -* Hayne, Gilles. 

H^nrichsen, Roger, * 12. 2. 1876 und f 12. 1. 
1926 zu Kopenhagen; dänischer Klavierpädagoge 
und Komponist, studierte anfangs Philosophie und 
Jura, in der Musik Schüler von L. Glass, A. Tofft 
und Leschetizky. Als angesehener Klavierpädagoge 
lebte er in Kopenhagen, war 1905-08 Musikkri- 
tiker am »Danebrog« und leitete ab 1917 den Stu- 
dentengesangverein. Werke: Symphonie H moll, 
Kantate Sand Hans hymne t Kammermusik (Streich- 
quartett), Klavierkompositionen (Sonate F moll), 
Chöre und Lieder. 


Henr]cij Christian Friedrich (Pseudonym: 
Picander), * 14.1.1700 zu Stolpen (Sachsen), 
f 10. 5. 1764 zu Leipzig; deutscher Dichter, war 
anfangs Postbeamter, später Steuereinnehmer, ist 
hier zu nennen als der letzte Vollender der Choral- 
kantaten-Dichtung durch freie Umdichtung der 
mittleren Strophen zu Arien und Rezitativen mit 
Beibehaltung der Anfangs- und Schlußstrophe. 
Nicht nur die Texte einer ganzen Reihe der bedeu- 
tendsten Kirchenkantaten Bachs, sondern auch der 
der Matthauspassion rühren von H. her. Von 
Bach verwendete Texte finden sich in den folgere 
den Werken: Sammlung Erbaulicher Gedancken 
(Leipzig 1725), Cantaten auf die Sonn- und Fest- 
Tage durch dasgantze Jahr (Leipzig 1728; für Bach 
geschrieben), Emst-Schertzhaffie und Satirische Ge- 
dichte (5 Teüe, Leipzig 1727-51). 

Ausg.: R. Wustmann, J. S. Bachs Kantatentexte, 
Lpz 1913; W. Neumann, J. S. Bach, sämtliche Kan- 
tatentexte, Lpz. 1956. 


Henschel, (Sir) George (Isidor Georg), * 18. 2. 
1850 zu Breslau, f 10. 9. 1934 zu Aviemore; deut- 
scher Konzertsänger (Bariton) und Komponist, 
1867-70 Schüler des Leipziger Konservatoriums, 
bildete sich dann in Berlin fort, war 1881-84 Diri- 
gent des neugegründeten Symphonie-Orchesters 
m Boston umfließ sich 1885 in London nieder, wo 
er bis 1886 die London Symphony Concerts leitete 
und 1886-88 Gesanglehrer am Royal College of 
Music war, in Glasgow 1893-95 Dirigent des 
Scottish Orchestra. 1890 wurde er in England 
naturalisiert, 1914 geadelt. Er lebte in Schottland 
auf seinem Landsitz Aviemore in der Nähe von 
Alltna-Criche. Von seinen Kompositionen sind 
hervorzuheben: die Opern Friedrich der Schone , A 
Sea Change (1884) und Nubia Presden 1899; 
Libretto von M. Kalbeck) ; Musik zu Hamlet (Lon- 
don 1892) ; Requiem op. 59 (1903) ; eine 8st. Messe, 
der 130. Psalm für Chor, Soli und Orch.; ein 
Stabat Mater (1894) ; Streichquartett Es dur op. 55 ; 
Chorgesänge und viele Lieder (u. a. aus Scheffels 
»Trompeter von Säddngen«). H. schrieb Personal 
Rccollections of J. Brahms (Boston, Mass., 1907) so- 
wie Musings and Memories of a Musician (London 
1918). 

Lit: H. Henschel (H.s Tochter), When Soft Voices 
Die, London 1944, 2 1949 mit einzelnen Schriften H.s. 

Hensel, Fanny Cädlia, * 14. 11. 1805 zu Ham- 
burg» 1 14. 5. 1847 zu Berlin, die Schwester Felix 
Menddssohn-Bartholdys, 1829 mit dem Maler H. 
vermählt, war eine vortreffliche Klavierspielerin 
und nicht unbegabte Komponistin (Lieder ohne 
Worte , Lieder, ein Trio). Sie stand in regstem gei- 


770 



Henselt 


stigem Verkehr mit ihrem Bruder; ihr plötzlicher 
Tod erschütterte diesen aufs heftigste, er folgte ihr 
kaum ein halbes Jahr später ins Grab. Mendelssohn 
nahm 6 von ihren Liedern unter die seidigen auf: 
op. 8 Nr 2, 3, 12 und op. 9 Nr 7, 10, 12. 

Lit.: F. Mendelssohn-Bartholdy, Reisebriefe aus 
d. Jahren 1830-32, hrsg. v. P. Mendelssohn-Bartholdy, 
Lpz. 1861 ; ders., Briefe aus d. Jahren 1833-47, hrsg. 
v. P. u. C. Mendelssohn-Bartholdy, Lpz. 1863, 81915; 
S. Hensel, Die Familie Mendelssohn 1729-1847, Bin 
1879, 181924. 

Hensel, Heinrich, * 29. 10. 1878 zu Neustadt 
(Pfalz), 1 23- 2. 1935 zu Hamburg; deutscher Sän- 
ger (Tenor), wurde auf Betreiben Mottls Schüler 
von Gustav Walter in Wien und hatte dann eine 
glänzende Bühnenlaufbahn mit den Stationen 
Freiburg im Breisgau (1897-1900), Frankfurt am 
Main (1900-06), Wiesbaden (1906-11) und Ham- 
burg (1911-22), sang den Parsifal und Loge in Bay- 
reutn. Ab 1922 gastierte er mit anhaltendem Erfolg 
an deutschen und ausländischen Theatern, u. a. in 
Brüssel (erster Parsifal in französischer Sprache), 
Covent Garden (erster Parsifal), am Metropolitan 
Opera House in New York und in Chicago. Ab 
1929 lebte H. als Gesanglehrer in München. 

Hensel, Walther (Pseudonym, eigentlich Julius 
Janiczek), * 8. 9. 1887 zu Mährisch Trübau, f 5. 9. 
1956 zu München; deutscher Musikpädagoge, 
studierte in Wien, Freiburg in der Schweiz (P. 
Wagner) und Prag, promovierte in Freiburg in der 
Schweiz mit der Arbeit Der Vokalismus der Mund- 
arten in der Schönhengster Sprachinsel , legte später 
noch die staatliche Lehramtsprüfung für Gesang 
ab. 1912-18 war er Lehrer für Französisch und 
Deutsch an der Prager Handelsakademie, ab 1912 
auch Mitglied des staatlichen Volksliederausschus- 
ses für das deutsche Volkslied in der Tschecho- 
slowakei (vormals Mitglied des österreichischen 
Ausschusses). 1925 wurde er in Dortmund Jugend- 
Musikpfleger am Städtischen Konservatorium, 
ging 1930 nach Stuttgart, um dort vornehmlich an 
der Volkshochschule zu wirken. Ab 1938 widmete 
er sich der Volksliedforschung im Sudetenland und 
arbeitete seit Ende des 2. Weltkriegs als wissen- 
schaftlicher Berater des V olksliedarchivs der 
Städtischen Bücherei in München. H. hat 1923 die 
erste Singwoche in Finkenstein einberufen, das 
dem Finkensteiner Bund seinen Namen gab; es 
folgten zahlreiche Singwochen in Deutschland und 
in verschiedenen anderen Ländern. Von Anfang an 
wurde er dabei von seiner Frau, der Sängerin Olga 
Pokomy, unterstützt. 1933 gründete er die Finken- 
steiner Schule für Lied und Volk. Auch seine Ver- 
öffentlichungen dienten den Zielen der musikali- 
schen Emeuerungsbewegung, namentlich die von 
ihm herausgegebene Volksliedzeitschrift »Die 
Finkensteiner Blatter« (1923-34, in zwei Bänden 
als »Finkensteiner Liederbuch« 1929 und 1934 zu- 
sammengefaßt) und die Reihe »Musikalisch Haus- 
gardem«. H.s Lieder- und Tanzsammlungen sind: 
Deutsche Uedlein aus Österreich , gesammelt und zur 
Laute gesetzt; Der Prager Spielmann; Wach auf; Das 
aufrecht Fähnlein (Liederbuch für Studenten und 
Volk) ; Das Silbernom (Mondlieder für Gesang und 
Instrumente); Lerch und Nachtigall (für Mädchen- 
chöre); Der singende Quell (2st. Volkslieder); 
Geistlicher Liederquell (l-3st. geistliche Lieder, 


7 Teile) ; Susaninne (Weihnachtskantate nach Wor- 
ten von M. Claudius); Volkstänze aus deutschen 
Gauen und Landschaften (für Streichquartett) ; Heim- 
liche Minne; Strampedemi (für Jungen); Spinnerin 
Lobunddank; Klingende Saat (Beilage zur Zeit- 
schrift »Lied und Volk«) ; Kampf und Spiel; Sonnen- 
gesang des hl. Franziskus; Weg und Ziel; Das Bauern- 
jahr; Unser Land im Lied (München 1951, nicht in 
H.s Originalfassung). Schriften: Lied und Volk , eine 
Streitschrift wider das falsche deutsche Lied (1921); Im 
Zeichen des Volksliedes (Reichenberg 1922, 21936); 
Von der Wiedererweckung alten musischen Volksgutes 
(in: H.J. Moser, Grundfragen der Schulmusik, 
Leipzig 1931) ; Musikalische Grundlehre (Kassel 
1936) ; Auf den Spuren des Volksliedes (Kassel 1944) ; 
Aufsätze finden sich u. a. in der »Singgemeinde« 
und in der »Klingenden Saat«. 

Lit. : W. Sturm, Die Musikemeuerungsbewegung u. 
ihr sudetendeutscher Anteil in d. Singbewegung W. 
H.s, ZfM CVI, 1939 ; K. Vötterle, Nachruf auf W. H. 
in: Hausmusik 1956. 

Henselt, Adolf (von), * 12. 5. 1814 zu Schwa- 
bach (Bayern), f 10. 10. 1889 zu Warmbrunn 
(Schlesien) ; deutscher Pianist, erhielt seine erste 
musikalische Ausbildung in München, studierte 
danach mit einem königlichen Stipendium 1831 
unter Hummel in Weimar und 2 Jahre unter Sech- 
ter (Theorie) in Wien, wo er auch die nächsten 
Jahre noch blieb. H. bildete, unabhängig von sei- 
nen Lehrern, eine eigene Spielmanier aus, welche 
der Liszts nicht unähnlich, aber mehr auf strengem 
Legato basiert war; er legte besonderen Wert auf 
große Spannfähigkeit der Hand und machte per- 
sönlich die raffiniertesten Dehnungsübungen. Seine 
erste Konzertreise unternahm er 1836 nach Berlin, 
verheiratete sich 1837 in Breslau und nahm 1838 
endgültig seinen Wohnsitz in St. Petersburg, nach- 
dem er durch seine Konzerte dort so außerordent- 
liche Erfolge erzielt hatte, daß er zum Kammervir- 
tuosen der Kaiserin und Musiklehrer der Prinzen 
ernannt worden war. Später wurde er auch In- 
spektor des Musikunterrichts an den Töchtererzie- 
hungsanstalten des Reichs und durch Verleihung 
des Wla dimir ordens geadelt, erhielt den Titel eines 
Kaiserlich Russischen Staatsrates. Aus der Zahl 
seiner Kompositionen ragen hervor: ein Klavier- 
konzert F moll op. 16 und gehaltvolle Konzert- 
etüden op. 2 (Nr o Vöglein-Eäsie), op. 5 und op. 13 
(Nr 2 La Gondola) ; Pobne d t amour op. 3, Frühlings- 
lied op. 15, letztere den Menddssohnschen Liedern 
ohne Worte vergleichbar; außerdem komponierte 
er noch eine Anzahl feingearbeiteter Klavierstücke 
(Impromptu op. 17, Ballade op. 31), Konzertpara- 
phrasen, ein Duo für Kl. und Horn H moll op. 14, 
ein Trio A moll op. 24, eine zweite Klavierstimme 
zu J. B. Cramers Etüden, im ganzen 39 Werke mit 
Opuszahlen und 15 nicht numerierte. Er redi- 
gierte eine Ausgabe von C. M. von Webers Kla- 
vierwerken (mit Varianten), schrieb auch sehr 
nützliche Exercices priparatoires. 

Lit: W. v. Lenz, Die großen Pianoforte-Virtuosen 
unserer Zeit, Bin 1872; G. v. Amyntor, Frühlings- 
tage bei A. H., in: Lenz u. Rauhreif, Lpz.-Reudmtz 
1888-90; ders., A. v. H. u. dessen Sohn Alexander, 
in: Das Skizzenbuch meines Lebens I, Breslau 1893; 
La Marx, A. H., neubearb. Einzeldruck aus d. 
»Musikalischen Studienköpfen«, Lpz. 9 1919; O. 


49* 


771 



Hensler 


Stollberg, Schwabacher Charakterköpfe in d. Mg. 
d. 19. Jh., in: Schwabach, Geschieht- u. Kulturbilder, 
Schwabach 1951. 

Hensler, Karl Friedrich (Hennseier), getauft 
1. 2. 1759 zu Vaihingen bei Heilbronn, t 24; 11- 
1825 zu Wien; deutscher Theaterdichter, studierte 
Theologie in Tübingen (1779 Magister), lebte ab 
1784 in Wien, wo er 1786 als Theaterdichter ans 
Leopoldstädter Theater kam, das er 1803-17 als 
Direktor in eigene Leitung übernahm. In der Folge 
stand er auch dem Theater an der Wien, den Thea- 
tern in Baden (bei Wien) und Preßburg sowie ab 
1822 dem Theater in der Wiener Josetstadt vor. 
Für die Wiedereröffnung des letzteren schrieb ihm 
Beethoven zu C. Meisls Die Weilte des Hauses die 
Ouvertüre (op. 124) und den Chor Wo sich die 
Pulse (WoO 98). Im selben Jahr schrieb Beethoven 
zu H.s Namenstag das sogenannte Gratulations- 
Menuett für Orch. (WoO 3). H. verfaßte zahl- 
reiche Bühnendichtungen (Kasperliaden, Lust- 
spiele, Ritterstücke, Prunkopem), die vor allem 
von W. Müller und F. Kauer komponiert wurden 
und sich großer Popularität erfreuten. Besonderen 
Erfolg errang davon Kauers Donauweibchen (Wien 
1798). 1792 erschien in Wien H.s Maurerrede auf 
Mozarts Tod . 

Lit: E. v. Komorzynso, K. Fr. H., in: Jb. d. Grill- 
parzer-Ges. XXIV, 1913; N. Wiltsch, K. Fr. H., 
Diss. Wien 1924; W. Krone, Wenzel Müller, Diss. 
Bin 1906; L. Raab, Wenzel Müller, Baden bei Wien 
1928; K. Manschender, Ferdinand Kauer, Diss. 
Wien 1929; A. Bauer, 150 Jahre Theater an d. 
Wien, Wien 1952; O. Rommel, Die Altwiener Volks- 
komödie, Wien 1952. 

Hentschel, Theodor, * 28. 3. 1830 zu Schirgis- 
walde (sächsische Oberlausitz), f 19. 12. 1892 zu 
Hamburg; deutscher Komponist, ausgebildet in 
Dresden und Prag, war Theaterkapellmeister in 
Leipzig, 1860-90 in Bremen, zuletzt in gleicher 
Stellung in Hamburg. Er komponierte mehrere 
Opern: Matrose und Sänger (Leipzig 1857), Der 
Königwage (1874), Die Braut von Lusignan (. Melu- 
sine , 1875), Lanzelot (1878) und Des Königs Schwert 
(1891), eine doppelchörige Messe und Lieder. 

Henze, Hans Werner, * 1. 7. 1926 zu Güters- 
loh; deutscher Komponist, besuchte die Staats- 
musikschule Braunschweig, das Kirchenmusikali- 
sche Institut Heidelberg, war Privatschüler von 
Fortner und nahm an Kursen von Leibowitz teiL 
1948/49 war H. musikalischer Leiter des Deutschen 
Theaters von Heinz Hilpert in Konstanz, 1950-53 
künstlerischer Leiter des Balletts am Staatstheater 
Wiesbaden und lebt seitdem auf der Insel Ischia 
und in Neapel. H. ist die stärkste Begabung unter 
den jungen, nach dem 2. Weltkrieg hervorgetre- 
tenen deutschen Komponisten. Seine Musik spie- 
gelt am deutlichsten die neuen Ideen in ihrer frucht- 
baren Vielfalt wie auch Verwirrung. Tonalität, 
freie Atonalität, serielle und andere konstrukti- 
vistische Methoden verwendet H. ebenso sicher, 
wie er die üppige Klangwelt des effektvoll instru- 
mentierten spätromantischen Orchestersbeherrscht. 
Auffallend ist die Farbigkeit der Musik H.s, ferner 
ihr starkes Espressivo, das sie mit Schönbergs Mu- 
sik gemeinsam hat. Sein Schaffen umfaßt nahezu 
alle Gattungen und zeugt mit der erstaunlich gro- 


ßen Anzahl von Werken von der Leichtigkeit, mit 
der H. komponiert. Außermusikalische Anregun- 
gen sind auch in den reinen Instrumentalkompo- 
sitionen häufig. Nach Umfang, Zahl und Bedeu- 
tung gehören die wichtigsten Werke dem Theater 
an, wobei die Oper König Hirsch im Schaffen H.s 
einen Höhepunkt und mit der Rückbesinnung auf 
Kantabilität und Klangempfinden vielleicht auch 
einen Wendepunkt bedeutet. Werke: Opern: Das 
Wundertheater (1948), Boulevard Solitude (1951, auch 
in Funkfassung), König Hirsch (1955); eine Oper 
Der Prinz von Homburg (nach Klebt) ist in Arbeit; 
Funkopem: Ein Landarzt (1951), Das Ende einer 
Welt (1953); Ballette: Jack Pudding (1949), Anru- 
fung Apolls (1949), Rosa Silber (1950), Labyrinth 
(1951), Die schlafende Prinzessin (1951), Tancred und 
Cantylene (1952), Der Idiot (1952), Maratona di Danza 
(1956), Undine (1956); für Orch.: 3 Symphonien 
(1947, 1949, 1951), Ballettvariationen (1949), 
Symphonische Variationen (1950), Symphonische 
Etüden (1955), Quattro poemi (1955); Concertino 
für Kl., Blasorch. und Schlagzeug (1947), 
Klavierkonzert (1950), Concerto per tl Marigny 
für Kl. und 7 Instrumente (1956), Violinkonzert 
(1947), Ode an den Westwind für Vc. und Orch. 
(1953), Kammerkonzert für KL, Fl. und Streicher 
(1947), Sonata per archi (1958), Drei Dithyramben 
für Kammerorch. (1958) ; Chorwerke mit Orch. : 
Fünf Madrigale (nach Fr. Villon, 1947), Chor ge- 
fangener Trojer (Goethe, Faust 2. Teil, 1948} ; Solo- 
gesänge mit Instrumenten: Der Vorwurf (Bar.; 
nach F. Werfel, 1948), Whitman-Kantate (S. oder 
T.; 1948), Wiegenlied der Mutter Gottes (für hohe 
St. oder Knabenchor; 1948), Apollo et Hyacinthus 
(A.; 1949), Fünf neapolitanische Lieder (mittlere St.; 
1956), Nachtstücke und Arien (S.; 1957), Kammer- 
musik 1958 (T., Gitarre und 8 Soloinstr.; 1958); 
Kammermusik: Bläserquintett (1952), Streich- 
quartett (1952), Violinsonate (1946), Sonatine für 
Fl. und Kl. (1947), Serenade für Vc. solo (1950), 
Variationen für KL (1949). H S-G 

Heral, J. -► Kovafovic, K. 

Herbart, Johann Friedrich, * 4.5.1776 zu 
Oldenburg, f 14. 8. 1841 zu Göttingen; deutscher 
Philosoph, war als Student in Jena ein Schüler 
Fichtes, nahm eine Hauslehrerstelle in Bern an und 
habilitierte sich 1802 in Göttingen. Hier führte ihn 
Forkel in die Kunst J. S. Bachs und die Geschichte 
der Musik ein. 1809 erreichte ihn ein Ruf auf den 
Lehrstuhl Kants in Königsberg, wo er mit W. v. 
Humboldt bekannt wurde. 1833 kehrte er an die 
Universität Göttingen zurück und verbrachte dort 
die ihm verbleibenden 8 Jahre rüstigen Wirkens. 
H. hat sowohl der Psychologie (»Vorstellungspsy- 
chologie«) ab auch der Pädagogik (Theone des 
Unterrichts mit dem Grundbegriff der »Bildsam- 
keit des Zöglings«) den Rang und die Form einer 
Wissenschaft gegeben. Seit früher Jugend im Kla- 
vier- und Cellospiel ausgebildet, auch kompo- 
nierend, begleitete ihn die Liebe zur Musik durch 
sein ganzes Leben. Nach dem Tode Forkeb stand 
H. mit dem Braunschweiger Bachforscher Fr. C. 
Griepenkerl im Briefwechsel Ab »Tonlehre« (vgL 
seine Psychologischen Bemerkungen zur Tonlehre 9 
1811) hat er die Musik in den Umkreis seiner psy- 
chologischen und ästhetischen Betrachtungen ein- 


772 



Herbst 


bezogen und war auch der erste, der die Normal- 
Zeitdauer des rhythmischen Pulses auf etwa eine 
Sekunde zu bestimmen versuchte. 

Lit: R. Zimmermann, Über d. Einfluß d. Tonlehre 
auf H.s Philosophie, SB Wien LXII, 1873; O. Ho- 
stinsky, H.s Ästhetik . . Hamburg 1891 ; G. Bagier, 
H. u. d. Musik . . ., Langensalza 1911 ; W. Kahl, H. 
als Musiker..., Langensalza 1926; H. Nohl, Der 
lebendige H., in: Die Sammlung 1948. 

Herbeck, Johann Ritter von, * 25. 12. 1831 und 
f 28. 10. 1877 zu Wien; österreichischer Dirigent 
und Komponist, erhielt seine Musikbüdung als 
Sopransolist des Zisterzienserstifts Heiligenkreuz 
(Niederösterreich), dann auf Empfehlung G. Hell- 
mesbergers in den Sommerferien zweier Jahre von 
L. Rotter in Wien (Komposition), war aber im 
übrigen Autodidakt. Er studierte die Rechte an der 
Universität, seinen Unterhalt vom Ertrag musi- 
kalischer Lektionen bestreitend. 1852 wurde er 
zum Regens chori der Piaristenlrirchc ernannt und 
gab das Studium auf; doch verlor er die Stelle 
schon 1854 und wurde erst 1856 vom Wiener 
Mannergesangverein zum Chormeister ernannt. 
Als Dirigent dieses Vereins entriß er Schuberts 
Männergesangswerke der Vergessenheit. 1859 
wurde er Dirigent der Gesellschaftskonzerte, die 
er zu hohem Ansehen brachte, 1866 zum 1. Hof- 
kapellmeister ernannt, nachdem er bereits 3 Jahre 
als überzähliger Vizekapellmeister gewirkt hatte. 
Er gab nun die Chormeisterstelle des Mannerge- 
sangvereins auf, blieb aber Ehren-Chormeister (für 
feierliche Gelegenheiten). 1869 wurde ihm auch 
noch die 1. Kapellmeisterstelle der Hofoper über- 
tragen, worauf er auch die Direktion der Gesell- 
schaftskonzerte aufgab. Ende 1870 übertrug ihm 
der Kaiser die Direktion der Hofoper. Intrigen 
verleideten ihm jedoch diese schwierige Stellung ; 
er nahm 1875 seine Entlassung und kehrte 2 Jahre 
vor seinem Tode als Dirigent zur Gesellschaft der 
Musikfreunde zurück. Als Komponist ist H. haupt- 
sächlich mit Chorliedem an die Öffentlichkeit ge- 
treten; großer Verbreitung erfreuten sich die 
Männerquartette (Volkslieder aus Kärnten , Im Wald 
mit Homquartett, Wanderlust und Maienzeit ), auch 
einige mit Orch. ( Landsknecht , Waldszene); für 
gern. Chor gab er gleichfalls mehrere Hefte heraus 
(Lieder und Reigen). Von einer Reihe kirchenmusi- 
kalischer Werke erschienen nur eine Vokalmesse 
für Männerchor und nach seinem Tode eine große 
Messe in E. Von seinen Symphonien wurde nur 
die vierte (mit Org.) im Klavierauszug gedruckt; 
außerdem erschienen noch ein Streichquartett 
(Nr 2), Symphonische Variationen und Tanz- 
moment für Orch. 

Ausg.: »Redemptor nobis natus est« u. »Pueri con- 
cinite«, hrsg. v. K. Pfannhauser, österreichische 
Kirchenmusik IX, 1949. 

Lit.: L. Herbeck, J. H-, ein Lebensbild, Wien 1885 
(mit Werkverz.) ; J. Braxjn, J. Ritter v. H. u. d. 
Wiener Hofopemtheater, Diss. Wien 1949 (maschr.). 

Herberigs, Robert, * 19. 6. 1886 zu Gent; bel- 
gischer Komponist, Schüler des Konservatoriums 
in Gent, erhielt 1909 für seine Kantate La Ugende 
de Saint-Hubert den belgischen Rompreis. 1951-53 
war er Direktor der Königlichen Flämischen Oper 
in Antwerpen. Werke: Komödie Le mariage de 
Rosine (Gent 1925), Einakter Vamour Medecin 
(1920); Symfonie am Watteau (1907), Symfonie am 


de Leie (1907), Sinfonia breve (1947), symphonische 
Dichtung Cyrano de Bergerac (1910), 4 Balladen 
(1954), Öden aan de Muzen (1955), De Vier Seizonen 
(nach Breughel, 1956); Symphonie mit Singstim- 
men Antonius en Cleopatra ; Klavierkonzert (1932); 
Kammermusik (Bläserquintett, 1937; für H., V., 
Va und Vc.: Sonatine, 1952, - Miniatuursuite 9 
1953, - Assepoester ; 1956); 9 Messen und andere 
kirchenmusikalische Werke; zahlreiche Klavier- 
stücke und Lieder. 

Herbert (h'ce:iboe:it), Victor, * 1.2. 1859 zu 
Dublin, f 26. 5. 1924 zu New York; amerikani- 
scher Komponist irischer Herkunft, Schüler des 
Stuttgarter Konservatoriums, begann seine Lauf- 
bahn als 1. Violoncellist im Hoforchester zu 
Stuttgart, ging 1886 nach New York als Solocel- 
list des Thomasorchesters, später in A. Seidls Or- 
chester, wurde 1898-1904 Dirigent des Pittsburgh 
Symphony Orchestra und war ab 1904 Dirigent 
eines eigenen Orchesters in New York. H. ist 
Komponist zahlreicher Orchesterwerke: Suite ro- 
mantime op. 31, symphonische Dichtung Hero und 
Leander (1900), Suiten Woodland Fancies (1901) und 
Columbus (1903), eine Suite für Streichorch. (1888), 

2 Cellokonzerte (1884, 1898), eine Kantate The 
Captive (Worcester 1891), die Opern Natoma (New 
York 1911) und Madeleine (New York 1913) und 
eine Reihe von Operetten, darunter: The Wizard 
ofthe Nile (1895), The Fortune Teller (1898), Cy- 
rano de Bergerac (1899), Babes in Toyland (Posse, 
1903), M lu Modiste (1905), Miss Dolly Dollars 
(1905), The Primadonna (1908), Old Dutch (1909), 
Naughty Marietta (1910), The Enchantress, The Rose 
Shop (diese zwei 1911), Sweethearts (1913), Princess 
Pot (1915), Eilten (1917), The Dream Girl (1924). 
Lit. : J. Kaye, V. H., NY 1931 ; E. N. Waters, V. H., 
NY 1955. 

Herbing, August Bernhard Valentin, * 9. 3. 
1735 zu Halberstadt, f 26. 2. 1766 zu Magdeburg; 
deutscher Komponist, Sohn des Kantors Johann 
Georg H., wurde um 1758 Adjunktorganist und 
Vikar, 1764 Organist am Dom in Magdeburg. 

H. war einer der begabteren Vertreter der um die 
Mitte des 18. Jh. neu aufblühenden Liedkompo- 
sition. Er gab heraus: Musicalische Belustigungen 
(1758, 2 1765; ein 2. Teil erschien nach seinem 
Tode 1767) und Musikalischer Versuch in Fabeln und 
Erzählungen des Herrn Prof. Gellerts (1759). 

Ausg.: »Musikalischer Versuch«, hrsg. v. H. 
Kretzschmar in DDT XLU. 

Lit.: M. Friedlaender, Das deutsche Lied im 18. Jh., 

3 Bde, Stuttgart u. Bin 1902, in Bd 1, 2: 4 Lieder; H. 
Kretzschmar, Gesch. d. Neuen deutschen Liedes 

I, = Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen IV, 1, 
Lpz. 1911. 

Herbst, Johann Andreas (Autumnus), * 9. 6. 
1588 zu Nürnberg, f 26. 1. 1666 zu Frankfurt am 
Main; deutscher Komponist und Musiktheoreti- 
ker, wurde 1614 lanagräflich hessischer Kapell- 
meister in Butzbach, 1619 am Darmstädter Hof. 
1623 kam. H. als Kapellmeister der Barfüßerkirche 
und Director musices nach Frankfurt am Main und 
führte dank seiner organistorischen Fähigkeiten das 
Musikleben der Stadt zu einem seiner Höhepunkte. 
1636 wurde er als Kapellmeister der Frauenkirche 
nach Nürnberg berufen, wirkte jedoch zufolge 
dortiger Einschränkung der Musikpraxis durch den 


773 



Herder 


Krieg seit 1644 wieder in Frankfurt. Von seinen 
erhaltenen gedruckten Kompositionen seien, mit 
Ausnahme der Gelegenheitskompositionen, ge- 
nannt: Theatrum Amoris (1613, 5- und 6st. deutsche 
Gesänge »nach art der Welschen Madrigalien«) ; 
Meletemata sacra (1619, 3- und 6st.; 21652 mit B.c.), 
Lob - und Danck-Lied auß dem 34. Psalm (1637, gro- 
ßes Festkonzert), Suspiria Cordis (1646, 4st. mit 
B.c.), Hirtenlieder (1657) ; viele kirchenmusikalische 
Werke, besonders Motetten und Konzerte (dar- 
unter weitere große Festkonzerte) sind handschrift- 
lich erhalten. Seine Bedeutung als Theoretiker 
liegt vor allem in der Verdeutschung der italie- 
nischen Gesangs- und der traditionellen Kontra- 
punktlehre, welch letztere er auch inhaltlich der 
besonderen Lehrart der deutschen Musica poetica 
anglich. Er schrieb: Compendium Musices (Frank- 
furt am Main 1652, Exemplar nicht nachweisbar), 
Musica practica (Nürnberg 1642; 21653 nach M. 
Praetorius* »Syntagma musicum« DI erweitert als 
Musica moderna prattica ouvero maniera del buon 
conto , 31658), Musica poetica (1643; darin S. 17 f. 
das Verbot verdeckter Quinten und Oktaven), 
Arte Prattica & Poetica (1653, Kontrapunktlehre 
a penna e a mente nach G. Chiodino und General- 
baßlehre nach W. Ebner). 

Ausg.: je eine Vokalkomposition bei C. Valentin 
(vgL Lit.) u. W. Nagel, Zur Gesch. d. Musik am 
Hofe v. Darmstadt, MfM XXXII, 1900, Anh.; 3 
mehrchörige Festkonzerte f. d. Freie Reichsstadt 
Frankfurt a. M., LD Rhein-Main-Gebiet I, hrsg. v. 
R. Gerber, Kassel 1937. 

lit: B. Widmann, J.A.H., VfMw VH, 1891; W. 
Nagel, Zur Biographie d. J.A. H., SIMG XI, 
1909/10; P. Epstein, Das Musikwesen d. Stadt Frank- 
furt a. M. zur Zeit d. J. A. H. v. 1623-66, Diss. Bres- 
lau 1923; ders., Die Frankfurter Kapellmusik zur 
Zeit J. A. H.’s, AfMw VI, 1924; ders., J. A. H.s 
geistliche Kompositionen, Kgr.-Ber. Lpz. 1925; A. 
Alubrup, Die Musica practica d. J. A. H. u. ihre 
entwicklungsgeschichtliche Bedeutung, Diss. Münster, 
Kassel 1931; H. H. Eggebrecht, Zum Wort-Ton- 
Verhältnis in d. »Musica poetica« v. J. A. H., Kgr.- 
Ber. Hamburg 1956; C Valentin, Gesch. d. Musik 
in Frankfurt a. M., Ffm. 1906; H. Goldschmidt, Die 
itaL Gesangsmethode d. 17. Jh., Breslau 1890; Rne- 
MANN MTh, S. 464. HHE 

Herder, Johann Gottfried (von), * 25. 8. 1744 
zu Mohrtmgen (Ostpreußen), f 18. 12. 1803 zu 
Weimar; deutscher Kulturphilosoph und Dichter, 
studierte Theologie in Königsberg, wo er auch den 
jungen Kant hörte und die Freundschaft J. G. Ha- 
manns fand, wirkte als Geistlicher und Lehrer in 
Riga, begegnete Goethe 1770 in Straßburg, ging 
1771 als Hofprediger nach Bückeburg und war ab 
1776 in Weimar Generalsuperintendent, zugleich 
Ephorus der Schulen. In einer Zeit des allgemeinen 
Niedergangs der Kirchen- und Schulmusik sowie 
des Volksgesangs erweckte H. das romantische 
Heimweh der Musik nach ihrem Ursprung in 
Kirche und Volk. In Riga mit der Volksdichtung 
vertraut geworden, vernahm PL in den Liedern der 
Völker die »Stimme der Menschheit« und wurde 
damit zum Entdecker der Idee des Volksliedes. Mit 
seinen berühmten Volksliedsammlungen (1774, 
1778/79) gab er entscheidende Anregungen für die 
deutsche Liedkomposition wie für die Volkslied- 
forschung. Nach dem Vorbüd der Oratorien 
Handels, dessen Messias er 1780 übersetzte, suchte 

774 


H. einen neuen Stil des Kirchenliedes und der 
Kirchenmusik, um ihr die »andächtige Feier« wie- 
derzugeben (vgl. H.s Abhandlung Cacilia, in: 
Zerstreute Blätter V, 1793). Joh. Christoph Friedrich 
Bach, der sogenannte Bückeburger Bach, ein Sohn 

i S. Bachs aus 2. Ehe, komponierte neben den 
eiden szenischen Werken Brutus (1772) und Philo - 
kletes (1774) 3 Oratorien auf Texte H.s: Der 
Fremdling auf Golgatha (1764), Die Kindheit Jesu 
(1773) und Die Auferweckung Lazarus (1773). Kan- 
taten H.s komponierten der Bach-Schüler J. G. 
Müthel und E. W. Wolff. Die romantischen Er- 
neuerungsbewegungen im 19. Jh. gehen weithin 
auf PL zurück. Zudem befruchtete er die Anfänge 
der neueren Ästhetik im allgemeinen und der Mu- 
sikästhetik im besonderen, vor allem durch seine 
Kalligone (1800). Als PL durch Goethe nach Wei- 
mar kam, war am dortigen Gymnasium das Kan- 
torat neu zu besetzen. Um die Kräfte der Chor- 
schüler und Seminaristen dem Theater dienstbar 
zu machen, wollte Goethe den Musikdirektor des 
Weimarer Hoftheaters, Fr. Destouches, in das 
Kantorat bringen. Dagegen drang PL darauf, diese 
Stelle mit ihren überkommenen Obliegenheiten 
und Pflichten als eine ungeteilte Kirchen- und 
Lateinschulstelle zu belassen und mit einem Kantor 
als »Direktor der Kirchenmusik« zu besetzen. Auch 
hierin zeigt sich deutlich H.s Gegenstellung zum 
Weimarer Klassizismus und Neuhumanismus. 
Ausg. : GA d. Werke H.s, hrsg. v. B. Suphan, 33 Bde, 
Bin 1877-1913; Auswahl, hrsg. v. W. Dobbek, 5 Bde, 
Weimar 1957; die posthume Volksliedsammlung H.s 
erschien unter d. Titel »Stimmen d. Völker in 
Liedern«, hrsg. v. J. v. Müller, Tübingen 1807, - 
Neuausgaben Stuttgart-Tübingen 1828, Stuttgart 
1938, Wedel/Holstein 1944, Lpz. 1954; J. Chr. Fr. 
Bachs »Die Kindheit Jesu« u. »Die Auferweckung 
Lazarus«, hrsg. v. G. Schünemann, DDT LVL 
Lit. : R. Haym, H. nach seinem Leben u. seinen Wer- 
ken dargestellt, 2 Bde, Bin 1877-85, Neuausgabe Bin 
1954; H. Günther, J. G. H.s Stellung zur Musik, 
Diss. Lpz. 1903; G. Schünemann, J. Chr. Fr. Bach, 
Bach-Jb XI, 1914; B. Markwardt, H.s kritische 
Wälder, — Forschungen zur deutschen Geistesgesch. 
d. MA u. d. Neuzeit I, Lpz. 1925 ; W. Nufer, H.s Ideen 
zur Verbindung v. Poesie, Musik u. Tanz, — Germani- 
sche Studien LXXTV, Bin 1929; J. Müller-Blattau, 
Ha m ann u. H. in ihren Beziehungen zur Musik, « 
Schriften d. Kgl. Deutschen Ges. zu Königsberg Pr. 
VI, Königsberg 1931 ; ders.. Musikalische Studien zu 
H.s Volksliedern, in: Niederdeutsches Jb. f. Volks- 
kunde XXII, 1947; K. Huber, H.s Begründung d. 
Musikästhetik, AfMf I, 1936; »Im Geiste H.s«, Ge- 
sammelte Aufsätze zum 150. Todestag, hrsg. v. E. 
Keyser, *■ Marburger Ostforschungen I, Kitzingen 
(Main) 1953, darin: W. Wiora, H.s Ideen zur Gesch. 
d. Musik. 

Heredia, Pedro de (Pietro), + 1648 zu Rom; spa- 
nischer Komponist, wirkte zunächst als Kapell- 
meister an der Kathedrale von Vercdüi, 1630-48 
(als Sänger?) an S. Pietro in Rom. Von seinen Wer- 
ken sind erhalten: eine 4st., 1635 datierte Missa 
Super cantu romano mit Org., 2 Messen nnd Re- 
quiem mit Org. (1646), Motette Anima mea in F. 
Constantinis »Selectae cantiones« (1616), 4st. Ma- 
drigal Passa la vita all abassar d 9 un ciglio (Sonett 
Urbans Vm.; in C. Donis »Compendio«, 1635). 
Ausg.: »Missa super cantu romano«, hrsg. v. M. 
Hermesd orff, Trier 1873; Madrigal »Passa la vita« 
in Torchi IV u. bei R. Mitjana, Kapitel »Espagne« 
m A. Lavignacs Encyclop6die I, 4, Paris 1920. 



Hermann 


Lit. : W. Kurthen, Die Missa »Super cantu Romano« 
v. P. H., KmJb XXXI-XXXin, 1936-38. 

Hering, Carl Eduard, * 18. 5. 1809 zu Oschatz, 
+ 26. 11. 1879 zu Bautzen; deutscher Komponist, 
Sohn von C. G. H., Schüler seines Vaters und 
Weinligs, war zunächst Musiklehrer in Dresden, 
ab 1837 Organist und Seminarmusiklehrer in 
Bautzen. Er komponierte Oratorien, eine Messe 
und andere größere Werke; gedruckt wurden nur 
Weihnachtsnähe (Chor, Soli, Dddamation und KL), 
Der blinde König (Mannerchor und Orch.), 25 
Männerchöre, eine als Manuskript gedruckte Pas- 
sionsmusik, 30 Choräle mit drei Dezmerten Bässen 
und ein Choralbuch für Schulen (250 Choräle zu 
4 St.), auch eine Harmonielehre. Sein Sohn 
Richard (* 27. 6. 1856 zu Bautzen, + ?) widmete 
sich ebenfalls der Musik, lebte als Komponist in 
Dresden und ab 1925 in Neuhausen am Rheinfall, 
schrieb Lieder, Balladen und Melodramen. 

Lit.: O. Schmid, Drei Generationen sächsischer Mu- 
siker, in: Hausbücher f. Sachsen n, Olbemhau 1922. 

Hering, Carl Gottlieb, * 25. 10. 1766 zu Bad 
Schandau (Sachsen), f 4. 1. 1853 zu Zittau; deut- 
scher Musikpädagoge, studierte bei Schicht und 
in Wittenberg und wirkte ab 1795 als Lehrer, dann 
als Konrektor in Oschatz und 1811-36 als Oberleh- 
rer und Musiklehrer an der Stadtschule in Zittau. 
H. war als Musikpädagoge geschätzt und ist der 

unter** das W^machtslied Morgen , Kinder , wird's 
was geben). Er schrieb: Praktisches Handbuch zur 
Erlernung des Klavier-Spielens (1796) ; Neue prak- 
tische Klavierschule Jur Kinder (1805, 21809-12); 
Neue, sehr erleichterte Generalbaßschule für junge 
Musiker (I: 1805, n/IH: 1806; 31821); Neue prak- 
tische Singschule Jur Kinder (1807-09, 4 Heftchen); 
Praktische Violinschule (1810); Praktische Präludien- 
schule (1810); Die Kunst , das Pedal fertig zu spielen 
(1816) ; Gesanglehre Jur Volksschulen (1820) ; ferner 
Choralbücher und instruktive Klavierstücke. H. 
erneuerte das Musikdiktat als GehörbildungsmitteL 
1830 gründete er ein Musikalisches Jugendblatt für 
Gesang, Klavier und Höte, das sein Sohn -*» Carl 
Eduard H. später fortsetzte. 

Lit: L. Geller, Die Liederkomponisten A. Harder, 
Friedrich H. Himmel, Friedr. Franz Hurka, C. G. 
H., Diss. Bin 1936, Teüdruck Bin 1936; O. Schmid, 
Drei Generationen sächsischer Musiker, in: Haus- 
bücher für Sachsen II, Olbemhau 1922. 

Hering, Karl Friedrich August, * 2. 9. 1819 zu 
Berlin, f 2. 2. 1889 zu Burg bei Magdeburg; deut- 
scher Musikpädagoge^, Schüler von H. Ries und 
Rungenhagen in Berlin, Lipinski in Dresden und 
Tomalek in Prag, war kurze Zeit Violinist der 
Königlichen Kapelle in Berlin und mündete dort 
1851 ein Musikinstitut (bis 1867). Er veröffent- 
lichte Chorlieder sowie eine Elementarviolin- 
schule, einen Methodischen Leitfaden Jur Violinlehrer 
(1857) und Über R. Kreutzers Etüden (1858). 

Hdritte-Viardot, Louise Viardot. 

Herman, Reinhold Ludwig, * 21. 9. 1849 zu 
Prenzlau, + 1919; deutscher Komponist, Schüler 
des Stemschen Konservatoriums, ging 1871 nach 
New York, wo er sich allmählich als Lehrer und 
Dirigent eine Stellung schuf, zuletzt als Leiter des 
Deutschen Liederkranz, kehrte 1878 nach Berlin 


zurück, um den erkrankten J. Stern zu vertreten. 
Ab 1884 lebte er wieder in New York, dirigierte 
1898-1900 die Handel and Haydn Society in 
Boston, ließ sich dann in Berlin nieder, wo er u. a. 
Waldemar Meyers Orchesterkonzerte leitete. 
Komponist der Opern Vineta, Lanzelot, Spielmanns- 
glück (Kassel 1894), Wulfrin (Köln 1896) und Sun- 
ääri (Kassel 1911) und der Orchesterwerke Die 
Seufzerbrücke und Der Geiger von Gmünd, schrieb 
auch Lieder und Chorlieder. 

Herman (h'oe:m2en), Woody (eigentlich Wood- 
row Charles H.), * 16.5.1913; amerikanischer 
Jazzklarinettist und Orchesterleiter, begann als 
Saxophonist und Sänger. 1936 übernahm er die 
Leitung einer Kapelle, mit der er sich zunächst dem 
Blues und um 1945 dem Swing widmete. Für 
dieses Orchester schrieb Strawmsky 1945 sein 
Ebony Concerto. Mit einem neuen Orchester 
spielte H. vorwiegend Be-bop, um schließlich 
noch den Cool Jazz aufzunehmen, mit einem für 
H.s Band typischen kompakten Saxophonsatz, 
dem »Four Brothers Sound«. Seit 1952 leitet H. 
abwechselnd kleine und größere Kapellen. 

Hermann, Friedrich, * 1. 2. 1828 zu Frankfurt 
am Main, f 27. 9. 1907 zu Leipzig; deutscher Vio- 
linist, 1843-46 Schüler des Leipziger Konserva- 
toriums, trat 1846 ins Gewandhausorchester ein 
und wurde 1847 Lehrer am Konservatorium. Ab 
1878 widmete er sich ausschließlich der Tätigkeit 
als Lehrer, Komponist und Herausgeber. H. war 
ein ausgezeichneter Pädagoge, seine Violinschule 
und Tonleitern- und Bogenschule sowie seine 
Ausgaben klassischer Werke für Streichinstru- 
mente waren zu ihrer Zeit sehr bekannt. Auch be- 
arbeitete er Brahms* »Liebedieder« op. 52 und 
Schumanns »Spanisches Liederspiel« für Streich- 
orch.; er komponierte auch einige Violinstücke. 

Hermann, Hans, * 17. 8. 1870 zu Leipzig, f 18. 
5. 1931 zu Berlin; deutscher Komponist, Schüler 
von W. Rust, Kretschmer und H. von Herzogen- 
berg, war 1901-07 Lehrer am Klindworth-Schar- 
wenka-Konservatorium zu Berlin und lebte 1907 
bis 1927 in Dresden, anschließend in Berlin nur der 
Komposition. Er war in erster Linie Liederkompo- 
nist und komponierte die Lieder Salomo , Drei Wan- 
derer, Alte Landsknechte; Sinnsprüche des Omar Khai- 
jam op. 60 für Bar. und KL, Duette für S. und T. 
op. 65, die Singspiele Das Urteil des Midas (Text 
von Wieland, Berlin 1904) und Der rote Pimpemell, 
Symphonie D moll (Lebensepisoden), Streichquar- 
tette G moll und C dur, Suite in Sonatenform für 
KL und V., Aus meinem Tagebuch für V. und KL 
und Klaviermusik (7 Tanzweisen für KL zu 4 Hän- 
den). 

Hermann, Johann David, * um 1760, t 1846 
zu Paris; Komponist deutscher Herkunft, lebte ab 
1785 in Paris, wo er der Klavierlehrer der Königin 
Marie-Antoinette wurde. H. veröffentlichte 6 
Konzerte und eine Reihe von Sonaten und Pot- 
pourris für Kl. 

Hermann, Johann Gottfried Jakob, * 28. 11. 
1772 und + 31. 12. 1848 zu Leipzig; deutscher Phi- 
lologe, war ein berühmter Gräzist und zuletzt 
Professor der Beredsamkeit und Poesie in Leipzig. 
Seine Schriften über Metrik stehen in hohem Art- 
Sehen (alle in Leipzig) : De metris poetarum Graeco- 


775 



Hermann 


nun et Rjonumcrum (1796); De metris Pindari (1798) ; 
Handbuch der Metrik (1799); Elementa doctrinae me- 
tricae (1816) und Epitome doctrinae metricae (1818, 
41869). 

Hermann» Matthias Werrekoren. 

Hermann» Miina, * 28. 1. 1864 zu Ratsho£ bei 
Dorpat, f 1941 ; estnische Komponistin, besuchte 
1883-90 das St. Petersburger Konservatorium, gab 
darauf Orgelkonzerte in den baltischen Staaten 
und in Deutschland. 1894 gründete sie einen Chor 
in Dorpat, mit dem sie ebenfalls öfter Konzertrei- 
sen unternahm, und förderte die estnische Gesang- 
pflege. M. H. schrieb eine größere Anzahl Chor- 
lieder im Stil der deutschen romantischen Lied- 
schule sowie Chorliedbearbeitungen, ferner eine 
Kantate Kalew und Linda und Musik zum Märchen- 
spiel Murueits Tochter (nach Volksmotiven). Sie 
lebte als Gesanglehrcrin und Leiterin ihres Chores 
in Dorpat, unterbrochen durch eine Tätigkeit 
1904-14 als Musiklehrerin in Kronstadt, 
lit: A. Haava, M. H., Tallinn 1934. 

Hermannus contractus» (Hermann oder Heri- 
man der Lahme), aus schwäbischem Grafenadel 
stammend, * 18.7.1013 vielleicht zu Saulgau 
(Schwaben), f 24- 9. 1054 im Kloster Reichenau; 
Benediktinermönch, lebte ab 1020 als Kloster- 
schüler auf der Reichenau, wo er den Unterricht 
des damaligen Abtes Bemo genoß, legte 1043 Pro- 
feß ab. H. schrieb eine wertvolle Weltchronik (bis 
1054), die auch für die Musikgeschichte wichtige 
Notizen enthält. Neben mehreren vorwiegend 
der Mathematik und Astronomie gewidmeten 
Traktaten verfaßte er eine bedeutende Abhand- 
lung über die Musik und behandelte darin eine 
neue Notenschrift, welche nach Art der byzantini- 
schen, die ihm vielleicht bekannt geworden war, 
nur die einzelnen fallenden und steigenden Inter- 
valle anzeigte, und zwar mittels der Anfangsbuch- 
staben der Intervallnamen (s = semitonium, Halb- 
ton, t == tonus, Ganzton, d «=* diatessaron, Quarte 
usw. ; mit Punkt abwärts, ohne Punkt aufwärts ge- 
meint). Da um dieselbe Zeit Guido von Arezzo 
die Neumen auf Linien setzte, fand sein Bestreben 
wenig Anklang. Die Münchner Staatsbibliothek 
besitzt aber einige Handschriften des 11. und 12. 
Jh. mit Neumennotierungen, denen die Notation 
des H. übergeschrieben ist. Darüber hinaus gilt H. 
als Verfasser einer Reihe von Sequenzen sowie der 
Antiphonen Alma redemptoris mater, O florens rosa 
und Salve regina. 

Ausg.: »Chronicon«, hrsg. v. G. H. Pertz, Monu- 
menta Germaniae Historica Scriptores V, Hannover 
1844; dass, in Mignb Patr. lat CXUII, col. 55-263; 
deutsche Übersetzung v, K. F. A. Nobbe, Geschichts- 
schreiber d. deutschen Vorzeit, 11. Jh., Bd V, Bin 
1851, 21883 v. W. Wattenbach; - der Musiktraktat 
hrsg. in: GS n, S. 124-53, - Mignb Patr. lat CXUII, 
coL 413-42, - W. Brambach, Hermanni Contracti 
Musica, Lpz. 1884, - L. Elunwood, Musica Her- 
manni Contracti, Rochester 1936 (mit englischer 
Übersetzung); - die Texte d. Sequenzen in Analecta 
hymnica L; 2 Melodien bei A. Schubiger, Die Sän- 
gerschule St Gallens vom 8. bis 12. Jh* Einsiedeln 
u. NY 1858 (Nr 46/47); - vgL auch P. Wagner, Gre- 
gorianische Formenlehre, = Einführung in d. gre- 
gorianischen Melodien HI, Lpz. 1921, S. 316, u. H. 
B b ssel er , Musik d. MA u. d. Renaissance, Bücken- 
Hdb., Potsdam (1931), Notenbeispiele 48/49. 


Lit: H. Hansjakob, Heriman d. Lahme v. d. Reiche- 
nau, Mainz 1875; J. Handschin, H. C.-Legenden - 
nur Legenden?, in: Zs. für deutsches Altertum u. 
deutsche Lit. LXXII, 1935; W. Heinitz, Eine Homo- 
genitätsstudie an Hans Sachsens Überlangton u. 
Herimans Salve Regina, AfMf Q, 1937. — J. Wolf, Ein 
anonymer Musiktraktat d. elften bis 12. Jh., VfMw 
IX, 1893; P. Wagner, Neumenkunde, = Einführung 
in d. gregorianischen Melodien II, Lpz. 21912; W. 
Brambach, Die Musikliteratur d. MA bis zur Blüte 
d. Reichenauer Sängerschule (500-1050), Karlsruhe 
1883; ders., Theorie u. Praxis d. Reichenauer Sänger- 
schule, Karlsruhe 1888; ders.. Die verloren geglaubte 
»Historia de S. Afra Martyre« u. d. »Salve Regina« 
<L H. C., Karlsruhe 1892. 

Hermannus de Atrio» Komponist der 1. Hälfte 
des 15. Jh., von dem im Codex Trient 89 eine 3st 
Rondeau (Nouvellement) und eine 4st. Motette 
(In Maria vitae) erhalten sind. Das Rondeau be- 
zeugt unzweideutig durch den Akkord D-d-a am 
Schluß der ContraStimme deren Bestimmung für 
eine Baßviole. 

Ausg. : das Rondeau in DTÖ VH u. bei H. Riemann, 
Hdb. d. Mg. II, 1, Lpz. 1907, S. 52/53. 

Lit : Ch. van den Borren, Etudes sur le XV® s. musi- 
cal, Antwerpen 1941 ; ders.. Geschieden» van de mu- 
ziek in de Nederlanden I, Amsterdam- Antwerpen 1948. 

Hermelink, Siegfried, * 10. 5. 1914 zu Gniebel 
bei Tübingen; deutscher Musikforscher, studierte 
1933-36 an der Musikhochschule Stuttgart, 1938 
bis 1945 Musikwissenschaft in Tübingen und Hei- 
delberg, wo er 1945 mit einer Arbeit über Das 
Präludium in Bachs Klaviermusik promovierte. H. 
wurde 1943 Assistent am Heidelberger Musikwis- 
senschaftlichen Seminar, veranstaltete Rundfunk- 
sendungen mit Chor und Collegium Musicum der 
Universität, war 1946-51 Lehrer für Orgelspiel 
und Musikgeschichte am evangelischen Kirchen- 
musikalischen Institut und wurde 1952 Universi- 
tätsmusikdirektor in Heidelberg. Er schrieb Ein 
Musikalienverzeichnis der Heidelberger Hof kapelle aus 
dem Jahr 1544 (in: Otthemrich, Gedenkschrift zur 
400jährigen Wiederkehr seiner Kurfürstenzeit, 
Heidelberg 1956) und Zur Chiavettenjrage (in: Kgr.- 
Ber. Wien 1956). 

Hermes, Johann Timotheus, * 31. 5. 1738 zu 
Petznick bei Stargard, f 24. 7. 1821 zu Breslau; 
deutscher Schriftsteller, ist hier zu nennen wegen 
seiner Analysen von Dittersdorfs Metamorphosen- 
Symphonien (1786 französisch, deutsch von Thou- 
ret in Krebs’ Dittersdorflana) und wegen der in 
seinem Roman Sophiens Reise nach Memel (1776) 
eingelegten lyrischen Gedichte, die J. A. Hiller zu 
einigen seiner besten Lieder inspirierten. 

Lit.: G. Hokfmann, J. Th. H., Beigabe zum Korre- 
spondenzblatt d. Ver. f. Gesch. d. ev. Kirche Schle- 
siens XII, 1, Breslau 1911. 

Hermes, Johanna Sophia (Annie), * 16. 9. 1916 
zu Hilversum; holländische Sängerin (Alt), Schü- 
lerin des Konservatoriums in Amsterdam, an dem 
sie jetzt als Lehrkraft tätig ist. Als Konzertsängerin 
machte sie sich auf Reisen in Europa sowie in Indo- 
nesien und Indien bdfannt. 

Hermesdorff, Michael, * 4. 3. 1833 und 1 17. 1. 
1885 zu Trier; deutscher Kirchenmusiker, wurde 
1859 zum Priester geweiht und bekleidete ab 1862 
den Trierer Domorganistenposten, redigierte 1872 


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Herold 


bis 1878 die 1862 von H. Oberhoflfer gegründete 
Trierer Cädlia und begann die Herausgabe eines 
Graduale ad normam cantus S. Gregorii (Leipzig 
1876-82). Er gab heraus: ein Graduale (Trier 1863), 
Antiphonale (Trier 1864) und Praefationen (Trier 
1863) zum Gebrauch in der Trierer Diözese, ein 
Kyriale (Trier 1869) und eine Harmonia cantus cho- 
ralis (4st., 6 Teile und ein Supplement, Trier 1865 
bis 1868), ferner eine deutsche Übersetzung des 
Micrologus von Guido von Arezzo (Trier 1876) 
und komponierte 3 Messen; auch besorgte er die 
2. Auflage von St. Lücks Sammlung ausgezeich- 
neter Kompositionen für die Kirche (4 Bände, Trier 
1884). 

Hermstedt» Johann Simon (Hermstädt), * 29. 
12. 1778 zu Langensalza, f 10. 8. 1846 zu Sonders- 
hausen; deutscher Klarinettist, spielte zunächst in 
sächsischen Regimentern und kam 1800 als 1. Kla- 
rinettist (mit dem Titel »Premierhautb oist «) an das 
Hautboistencorps in Sondershausen. Als Leiter der 
Konzerte dieser Kapelle und 1806-39 der Lohkon- 
zerte arrangierte er viele Werke, so Streichquar- 
tette von Mozart für Harmoniemusik. H. war be- 
freundet mit Spohr, der für ihn seine 4 Klarinetten- 
konzerte schrieb, C. M. von Weber, Tr. M. Eber- 
wein und A. G. Methfessd. Auf das Wirken H.s, 
der 1810 zum Musikdirektor, 1824 zum Kapell- 
meister und 1835 zum Kammermusicus ernannt 
wurde, geht die langjährige Vorzüglichkeit der 
Bläser der Sondershäuser Hofkapelle zurück. 

Lit.: L. Spohr, Selbstbiogr., 2 Bde, Kassel u. Göt- 
tingen 1861, Faks. hrsg. v. E. Schmitz, Kassel u. 
Basel 1954-55; H. Eberhardt, J. S. H., in: Mitt. d. 
Ver.s f. deutsche Gesch. u. Altertumskunde in Son- 
dershausen X, 1940; Fr. W. Beinroth, Mg. d. Stadt 
Sondershausen, Innsbruck 1943; F. G. Rendall, The 
Qarinet, London 1954, 21957. 

Hemändez, Pablo, * 25. 1. 1834 zu Saragossa, 
f 15. 12. 1910 zu Madrid; spanischer Komponist, 
war bereits mit 14 Jahren Organist der Kirche San 
Gil seiner Vaterstadt, studierte 1856-58 noch am 
Konservatorium in Madrid unter Eslava und wurde 
1863 als Lehrer an demselben Konservatorium an- 
gestellt. H. schrieb eine Orgelschule, 6 Orgelfugen, 
eine 3st. Messe mit Orch., ein 3st. Miserere und 
Ave, ein Te Deum mit Org., Lamentationen, Mo- 
tetten, eine Symphonie. Auch brachte er am Zar- 
zuelatheater 2 Zarzuelas zur Aufführung. 

Hernando, Rafael Josd Marfa, * 31. 5. 1822 
und f 10. 7. 1888 zu Madrid; spanischer Kompo- 
nist, Schüler des Madrider Konservatoriums, stu- 
dierte 1843-48 auch am Conservatoire in Paris. 
Nach Madrid zurückgekehrt, machte er sich 
1848-53 durch einige Zarzuelas bekannt: Las sa- 
cerdotisas del sol, Palo de ciego, Colegialas y Soldados , 
El Duende , Bertoldo y Comparsa, Elnovio pasado por 
agua , Cosas de Don Juan , El Akdzar, Una noche en el 
serrallo , Don Juan de Peralta , El tambor , AuroraJBscenas 
de Chamberi und Don Simplicio Bobadilla (die beiden 
letztgenannten mit Barbieri, Oudrid und Gaztam- 
bide, welche ihn bald verdrängten). Er gab den 
Anstoß zur finanziellen Ausbeutung dieser Kompo- 
sirionsgattung, für die das Th&tre des Variötls zur 
Verfügung gestellt wurde. Für dieses wurde H. 
zum Direktor und Komponisten gewählt. 1852 
wurde er Sekretär des Konservatoriums, einige 
Jahre später erster Haxmonieprofessor, auch grün- 


dete er einen Musiker-Unterstützungsverein. Als 
Komponist trat er u. a. noch mit Hymnen, Kan- 
taten und einer großen Votivmesse (aufgeführt 
1867) hervor. Eine 1848 für Paris geschriebene 
Oper Romilda wurde nicht aufgeführt. 

Hemer, Karl, * 23. 1. 1836 zu Rendsburg, f 16. 
7. 1906 zu Hannover; deutscher Violinist, 1852-55 
Schüler des Prager Konservatoriums, auch einige 
Zeit von Joachim, war Mitglied der Orchester in 
Hamburg, Kiel, Kopenhagen, Brüssel, Braun- 
schweig, 1858 in Hannover, gehörte mit Bach und 
Bargiel dem ersten Joachimschen Quartett an, be- 
gleitete als Pianist Vieuxtemps und Carlotta Patti 
auf ihrer Europa-Tournee und wurde in Hannover 
Repetitor am Hof theater, 1869 Chordirektor, 1877 
Musikdirektor, 1887-1900 mit dem Titel Kapell- 
meister. H. komponierte Lieder, Chorlieder, auch 
ein Ballett Das Hexenfest, Rezitative zu Webers 
Oberon und Ouvertüren zu Schön Rottraut und 
Jussuff und Suleika. 

Hernried, Robert Franz Richard, * 22. 9. 1883 
zu Wien, f 3. 9. 1951 zu Detroit; österreichischer 
Musikpädagoge, Komponist und Musikschrift- 
steller, Schüler der Wiener Musikakademie und 
Privatschüler von R. Fuchs, R. Heuberger sowie 
Mandyczewski, wandte sich 1908 der Kapell- 
meisterlaufbahn zu und war an verschiedenen 
Bühnen Österreichs und Deutschlands, vor Kriegs- 
ausbruch zuletzt in Linz tätig. Ein dort angenom- 
mener Opemeinakter Die Bäuerin wurde erst 1923 
in Kaiserslautern aufgeführt. Nach dem 1. Welt- 
krieg widmete sich H fruchtbarer Lehrtätigkeit 
(Theorie und Komposition) : 1919-22 Musikhoch- 
schule Mannheim, 1922/23 Konservatorium Hei- 
delberg, 1924-26 Volkshochschule Heidelberg, 
1926-28 Stemsches Konservatorium Berlin, 1927 
bis 1934 Staatliche Akademie für Kirchen- und 
Schulmusik in Berlin. Die politischen Ereignisse in 
Deutschland veranlaß ten H. zur Emigration nach 
den USA, wo er weiter als Lehrer wirkte: 1939/40 
an der Alviene School of Opera in New York, 
1940-42 am St. Ambrose College in Davenport 
(Iowa), 1942/43 am State Teacher's College in 
Diddnson (North Dakota), 1943-46 am St. Fran- 
cis College (Lafayette und Fort Wayne, Indiana) 
und ab 1946 am Institute of Musical Art sowie an 
der Universität in Detroit. Kompositionen: eine 
Oper Francesca da Rimini, eine Konzertouvertüre 
für Orch., Chorwerke (An den Mond), Orchester- 
und Klavierlieder, Chöre und kleinere Instrumen- 
talstücke. Schriften: Emile Jaques-Dalcroze (Genf 
1929), Johannes Brahms (= Redams Universal- 
bibÜothek 7251/52 = Musikerbiographien XXVH, 
Leipzig 1934), Systematische Modulationslehre (== 
Sammlung Göschen 1094, Berlin 1935, *1948); 
über 300 Studien erschienen in Zeitschriften. 

Hdrold, Louis-Joseph-Ferdinand, * 28. 1. 1791 
und f 19. 1. 1833 zu Paris; französischer Kompo- 
nist, Sohn von Franz Joseph H. (* 10. 3. 1755 zu 
Seltz im Elsaß, f 1« 9. 1802 zu Paris, Schüler C. Ph. 
E. Bachs und angesehener Klavierlehrer, auch Kom- 
ponist von Sonaten). H. war zuerst Schüler seines 
Vaters, dann im Hixschen Pensionat, wo Fdtis 
(damals noch Schüler des Conservatoire) als Hilfs- 
lehrer fungierte, trat 1806 in die Klavierklasse 
Adams am Conservatoire ein, später in die Har- 


777 



Herold 


monieklasse Catels und 1811 in die Kompositions- 
klasse Mdhuls. Bereits nach l 1 /® Jahren erhielt er 
den Prix de Rome. Nach Ablauf der 3jährigen 
Studienzeit in Rom ging er nach Neapel, wo er 
1815 mit seiner Erstlingsoper La gioventü di Enrico 
Quinto Erfolg hatte. Bald nach der Rückkehr nach 
Paris nahm ihn Boiddieu zum Mitarbeiter einer 
Gelegenheitsoper : Charles de France (1816); 1817 
brachte die Opera Comique sein erstes größeres 
Werk ,Les Rosieres ; das vollen Erfolg hatte. Mit der 
folgenden Oper, La Clochette, konnte er sich erfolg- 
reich behaupten. Das Fehlen guter Textbücher ver- 
anlaßte ihn, kleinere Werke (Klavierfantasien 
usw.) zu schreiben und schließlich zu schlechten 
oder schon früher komponierten Texten zu grei- 
fen. So entstanden Le premier venu (1818), Les tro- 
queurs (1819), Uamour platonique (1819, zurückge- 
zogen), Vauteur mort et vivant (1820), die sämtlich 
keinen Erfolg hatten, wenn auch einzelne gute 
M usiks tücke sie vor einem wirklichen Fiasko be- 
wahrten. Entmutigt, übernahm H. 1820 die Stelle 
des Akkompagnisten an der Italienischen Oper, 
die ihm nur zu kleineren Arbeiten Zeit ließ. 1821 
wurde er nach Italien geschickt, um neue Gesangs- 
kräfte zu engagieren. Aufs neue versuchte er nach 
Sjährigem Schweigen 1823 sein Glück mit der 
komischen Oper Le Maletier (Der Maultiertreiber) ; 
noch im selben Jahr folgten an der Großen Oper: 
Lasttenie und die Gelegenheitsoper VendSme en 
Espagne (mit Auber) ; diese wie die nächstfolgenden 
Einakter (1824/25) Le roi Reni (Gelegenheitsstück) 
und Le lapin blanc (beide in der Opera Comique) 
vermochten kaum mehr als einen Durchschmtts- 


erfolg zu erringen. H. hatte sich darin nicht zu 
seinem Vorteil der Manier Rossinis angeschlossen. 
1824 vertauschte er seine Stellung als Akkompa- 
gnist an der Italienischen Oper gegen die des Chor- 
direktors; 1827 wurde er Repetitor an der Großen 
Oper. Diese Tätigkeit gestattete ihm nicht eine 
Produktivität, wie sie seinem Talent wohl möglich 
gewesen wäre; doch tat er 1826 einen glücklichen 
Griff mit der komischen Oper Marie , die weit über 
seinen älteren Partituren steht und überhaupt eins 
seiner besten Werke ist. Als Repetitor der Großen 
Oper schrieb er einige Ballette: Astolphe et Joconde 
(1Ö27), La somnambule (1828), Lydie, La fille mal 
gardie (1828), La belle au bois dormant (1829) und 
die Musik zu dem Schauspiel Missolonghi für das 
Oddontheater. Nach zwei neuen Fehlgriffen 


Uillusion (1829) und Emmeline (1830) und der mit 
Carafa geschriebenen Auberge d 9 Aurey (1830) folgte 
das Werk, das seinen Namen am meisten b ekann t 
gemacht hat und besonders in Deutschland lange 
aufgeführt wurde: Zantpa (Opdra Comique 1831). 
Abgesehen von der Marquise de BrinvilUers (einer 
Gemeinschaftsarbeit von nicht weniger als 9 Mit- 
arbeitern: H., Auber, Batton, Berton, Blangüni, 
Boieldieu, Carafa, Cherubim und Paer) und einem 
kleinen Einakter, La midecine sans midecin, schrieb 
H. nach Zampa nur noch das Werk, das die Fran- 
zosen als die Krone seiner Schöpfungen ansdien: 
Le Pri aux Cläres (Die Schreiberwiese), für die 
Opdra Comique 1832 (1871 zum 1000. Male auf- 
geführt). Seine Gesundheit war schon lange wan- 
kend, aber sein Ehrgeiz hatte ihn nicht da zu kom- 
men lassen, in einem milden Klima Linderung 
seines Brusdeidens zu suchen, dem er auf seiner 
Villa in les Temes erlag. Eine imvollendet hinter- 


lassene Oper Ludovic wurde durch Haldvy beendet 
und 1833 aufgeführt (ihr ist das Thema von Cho- 
pins B-dur-Variationen entnommen). 

Lit: L.-J.-F. H., Souvenirs in6dits, hrsg. v. seinem 
Sohn Ferdinand H., Bull. SIM 1910; B. Jouvin, H., 
sa vie et ses oeuvres, in: M6nestrel 33/34, 1866/67, 
separat: Paris 1868; A. Pougin, H., in d. Slg: Les 
Musiciens cd&bres, Paris 1906; H. Berlioz, La mu- 
sique et les musiciens, Paris 1903. 

Herold, Max, * 27. 8. 1840 zu Rehweiler (Fran- 
ken), f 7. 8. 1921 zu Neuendettelsau; deutscher 
Theologe, 1875 Pfarrer in Schwabach bei Nürn- 
berg, 1896 Dekan und Direktor der Präparanden- 
schule, tatkräftiger Helfer an Schoeberleins Sammel- 
arbeiten, 1903 Dekan und Kirchenrat in Neustadt 
an der Aisch, 1876 mit Schoeberlein und Krüger, ab 
1881 allein, Herausgeber der evangelischen kirchen- 
musikalischen Zeitschrift Siona. Er war Verfechter 
des rhy thmis chen Gemeindegesangs und der alt- 
kirchlichen Liturgik. Schrieb: Passah, Andachten 
jux die heilige Charwoche und das Auferstehungsfest 
(Nürnberg 1874), Vesperale oder die Nachmittage 
unserer Feste (I, Nördlingen 1875; II, Nürnberg 
1881; 31907), Alt-Nürnberg in seinen Gottesdiensten 
(Gütersloh 1890) und KuUusbilder aus vier Jahrhun- 
derten (Erlangen 1896). H. war Gründer und Leiter 
des bayrischen Evangelischen Kirchen-Gesang- 
vereins. 

Herold, Vilhelm Kristoffer, * 19. 3. 1865 zu 
Hasle (Bomholm), f 15. 12. 1937 zu Kopenhagen; 
dänischer Opernsänger (Tenor), Schüler von P. 
Jemdorf und L. Rosenfeld in Kopenhagen, stu- 
dierte noch in Paris und debütierte 1893 als Faust 
(Gounod) am Königlichen Theater in Kopenhagen, 
dem er bis 1903 angehörte. Danach gastierte er 
vielfach an den größten europäischen Bühnen 
(London, Berlin, Prag, Dresden, Hannover, Stutt- 
gart, Oslo), sang 1910/11 am Dagmartheater in 
Kopenhagen, 1901-03 und 1907-09 in Stockholm. 
1922-24 war er Opemdirektor des Königlichen 
Theaters in Kopenhagen. H. fand auch als Bild- 
hauer Anerkennung. 

Heron von Alexandria, (der Mechaniker); 
griechischer Mathematiker, lebte wahrscheinlich 
um die Mitte des 1. Jh. n. Chr. In seinen 2 Büchern 
Pneumatica bringt H. eine Beschreibung des von 
Ktesibios erfundenen tiögavAixdv ÖQyavov (-* Hy- 
draulis); das von ihm beschriebene Instrument ist 
einfacher konstruiert als die Hydraulis Vitruvs. 
Der kompilatorische Charakter der Schrift er- 
schwert die Bestimmung des Anteils, den H. selbst 
an der Entwicklung des Instruments gehabt haben 
mag. 

Ausg.: Opera, hrsg. v. W. Schmidt, H. Schoene u. 
L. Heiberg, Lpz. 1899-1914, griechisch u. deutsch in 
Bd I d. Pneumatica; Supplement zu Bd I, Lpz. 1899. 
Lit: W. Schmidt, H. v. A., in Neue Jb.er f. d. klas- 
sische Altertum H, 1899, separat Lpz. 1899; Ch. 
Maclean, The Prindple of the Hydraulic Organ, 
SIMG VL 1904/05, mit Ausg. d. betreffenden Ab- 
schnitts aus d. Pneumatica (griechisch, lat u. engL); 
K. Tittel, Artikel H. in Pauly-Wissowa RE VIII, 1 
(*» Bd 15); E. Hoppe, H.v. A., in: Hermes LXH, 
1927 ; I. Hammer- Jensen, Die H.ische Frage, ebenda 
LXIH, 1928; GuThabr, Antike Mathematik, in: 
Jahresbericht über d. Fortschritte d. klassischen Al- 
tertumswiss. CCLXXXin, 1943; Th. Schneider, 
Organum Hydraulicum, Mf VH, 1954. 


778 



Herrmann 


Herpol» Homer (Herbipolis, Herbol, Herpoli- 
tanus, Herpoll); * zu Saint-Omer (Pas-de-Calais), 
■f vermutlich nach 1575; franko-flämi scher Kom- 
ponist, war 1554/55 Kantor der Stiftskirche St. 
Nikolaus in Freiburg in der Schweiz, studierte 
dann bei Glarean in Freiburg im Breisgau und 
kehrte 1557 an seine vorige Wirkungsstätte zurück. 
1567 wurde er entlassen, ist 1568 in Konstanz nach- 
weisbar und hat vielleicht dort oder auf der Rei- 
chenau Zuflucht gefunden. Er schrieb den frühe- 
sten bekannten Jahrgang Evangelien-Motetten : 
Novum et insigne opus musicum (Nürnberg 1565; 
54 Stücke; sämtlich intavoliert in G. Gothardts 
handschriftlichem Breslauer Tabulaturbuch, 3 auch 
inj. Rühlings Tabulaturbuch, Leipzig 1583). Außer 
diesen meist fugierten Stücken im Stil der Josquin- 
Nachfolge sind von ihm in 2 auf der Reichenau 
geschriebenen Handschriften erhalten: 4st. Offi- 
cium In die Sancto penthecostes (Stadtbibliothek 
Augsburg Ms. 29; datiert 1575); 7 Magnificat, ein 
Salve Regina, ein Regina CoeH, 6 Responsorien 
und 12 Dixit Dominus (letztere fraglich), alles 4st. 
(Landesbibliothek Karlsruhe, Mscr. Mus. Kaps. 10; 
geschrieben 1575-85). 

Lit. : H. J. Moser, Die mehrst. Vertonung d. Evan- 
geliums I, =* Veröff. d. Staatlichen Akad. f. Kirchen- 
u. Schulmusik Bin II, Lpz. (1931); A. Geering, H. 
H. u. M. Barbarini Lupus, Fs. K. Nef, Zürich u. Lpz. 
1933. 

Herrando, Jos6, spanischer Geiger und Kompo- 
nist des 18. Jh., gegen 1756 1. Geiger in der König- 
lichen Kapelle der Incamation zu Madrid. Er 
schrieb eine Violinschule: Arte ypuntual explicaci6n 
del modo de tocar el vioUn (mit Widmung von 1756, 
in Paris gedruckt); 18 New Spanish Minuets (Lon- 
don 1760); Kammermusik (12 Violinsonaten) ist 
handschriftlich erhalten (Bologna, Lic. mus. und 
Madrid, Pal. de Lina). 

Ausg. : 10 Stücke hrsg. v. J. Nin, Classiques Espagnols 
du Violon, Paris 1937. 

Lit. : J. SxjbirA, La Müsica en la Casa de Alba, Madrid 
1927 ; H. Angl&s, La Müsica Espaüola desde la Edad 
Media hasta nuestros dias, Barcelona 1931. 

Hemnann, Bernard, * 29.6.1911 zu New 
York; amerikanischer Komponist, an der Juilliard 
Graduate School of Music in New York Schüler 
von B. Wagenaar und A. Stoessdi. Mit dem von 
ihm gegründeten New Chamber Orchestra ver- 
anstaltete er Konzerte älterer und zeitgenössischer 
Musik. 1934 wurde er beim Columbia Broad- 
casting System (C.B.S.) Dirigent der American 
Schorn of die Air, übernahm 1940 als Chefdirigent 
die Leitung des C.B.S. Symphony Orchestra. 
Werke: Oper Wuthering heights (1950); Ballette 
American revue (1932), The body beautiful (1934) und 
The skating rink ; Filmmusiken, darunter Citizen 
Kane (1940), The Devil and Daniel Webster (1941), 
Jane Eyre (1943), Hangovar Square (1943), Anna and 
the King of Siam (1947), The Ghost and Mrs . Muir 
(1948); eine Symphonie (1940), Sinfonietta (1935), 
Suite Currier and Ives (1935) und For the Fallen 
(1943) für Orch.; Aubade für 14 Instrumente; ein 
Violinkonzert (1937); Kantate Moby Dick (nach 
H. Melville) für Soli, Sprecher, Männerchor und 
Orch. (1938). 

Hemnann, Georg Armin. 


Herrmann, Gottfried, * 15. 5. 1808 zu Son- 
dershausen, t 7. 6. 1878 zu Lübeck; deutscher 
Komponist, Schüler Spohrs in Kassel, dann Vio- 
linist in Hannover, wo er sich im Umgang mit 
Aloys Schmitt zugleich zu einem tüchtigen Pia- 
nisten ausbildete, danach in Frankfurt am Main, 
wo er mit seinem Bruder Karl (1810-90; Violon- 
cellist, später Kammermusikus in Sondenhausen) 
ein Streichquartett gründete. H. wurde 1832 Or- 
ganist der Marienkirche und städtischer Musik- 
direktor in Lübeck, 1844 Hofkapellmeister in 
Sondershausen, kehrte aber 1852 in seine Lübecker 
Stellung zurück, war daneben auch vorübergehend 
Dirigent des Lübecker Stadttheaters und des Bach- 
Vereins in Hamburg. Er schrieb 4 Opern (2 unauf- 
geführt), 2 Symphonien (I: Sinfoniapatetica E moll, 
1841), 6 Ouvertüren. 3 Violinkonzerte und ein 
Doppdkonzert A dur für 2 V. und Orch. (1841), 
Kammermusik (darunter 3 Streichquartette), 
Märsche, Lieder, Chöre und eine Kantate Rinaldo 
(Goethe) op. 5 für 3 Soli, Männerchor und Orch. 
(1863). Auch bearbeitete er 1879 (Braunschweig) 
die Violinschule seines Vaters Johann Heinrich 
Wilhelm H. (1785-1861). 

Lit. : W. Stahl, G. H., — Slg mw. Einzeldarstellun- 
gen XVII, Lpz. 1939. - G. Göhler, G. H.s »Sinfonia 
patetica«, ZfMw I, 1918/19; Fr. W. Beinroth, Mg. 
d. Stadt Sondershausen, Innsbruck 1943; J. Hen- 
nings u. W. Stahl, Mg. Lübecks, 2 Bde, Kassel u. 
Basel (1951-52). 


Herrmann, Hugo, * 19. 4. 1896 zu Ravensburg; 
deutscher Komponist, war zunächst Volksschul- 
lehrer, wurde dann Schüler des Stuttgarter Kon- 
servatoriums und der Berliner Musikhochschule 
(W. Gmemdl, Schreker), war 1919-23 Organist, 
Chordirigent und Schulmusiker in Balingen und 
Ludwigsburg, 1923-25 Organist in Detroit (Mi- 
chigan), wirkte 1925-29 in Reutlingen, wohin er 
nach vorübergehendem Aufenthalt in Wiesbaden 
(1929-32 Volontär und Komponist am Staatsthea- 
ter) zurückkehrte, wurde 1935 Direktor der 
Städtischen Musikschule Trossingen (1950 Pro- 
fessor), die er noch heute leitet, lehrt außerdem am 
Hochschulinstitut für Musik in Trossingen. Mit 
besonderer Liebe widmete er sich dem chorischen 
und instrumentalen Laienmusi zieren, erhielt durch 
Hindemiths Vermittlung den Auftrag, Kompo- 
sitionen für das Akkordeon zu schreiben, dem er 
durch zahlreiche Werke entsprach. Trotz solcher 
Bindung bewahrte er sich persönliche Eigenstän- 
digkeit in der zeitgenössischen Musik. Er kompo- 
nierte: die Kammeroper Gazellenhom op.43 (Stutt- 
gart 1929), die Opern Vasantasena op. 70 (Wies- 
baden 1930), Paracelsus op. 100 (Bremen 1943), 
Das Wunder (Stuttgart 1937); Oratorium Jesus und 
seine Jünger op. 80 (1931); mehrere Messen; Kam- 
mer-Symphonie op. 12 für 19 Instrumente (1926), 
Symphonische Musik op. 29b (1927), 5 Symphonien 
(op. 32, 1928; op.5< 1929; 1950; 1951; 1955), 
Symphonische Metamorphosen (1953); 2 Orgelkon- 
zerte (op. 29a; op. 37, 1928), Violinkonzert op. 75 
(1930), Cembalokonzert op. 76 (1931), Gamben- 
konzert op. 79c (1931); Vorspiel zu einer hohen 
Feier op. 7 (1925) ; die Chöre Minnespiel für Frauen- 
chor und Harfe op. 4 (1922), Totentänze op. 20 
(1926), Landsknechtsleben op. 21 (1926), 5st. Ma- 
drigale Marienminne op. 22a (1926), 8st. Chor- 
suite Das hohe Lied der Liebe op. 27 (1928), Kam- 


779 



Herrmann 


merkantate Galgenlieder op. 44 (1928), Chorpasto- 
rale op. 63 (Schubertpreis 1928), Chorfestspid Des 
Friedens Geburt (1947), Grußworte (1954), Cantata 
Primavera (1956); Kammermusik: 4 Streichquar- 
tette, Klaviertrio op. 31 (1927), je eine V.- und Kl.- 
Sonate, Chinesische Suite für S. und Vc. op. 38 

S , Apokalypse 1945 für 2 Solostimmen und 
ier; für Akkordeon Sieben neue Spielmusiken 
op. 57 (1929), 2 Konzerte für Akkordeon und 
Orch. (1941, 1949), Doppelkonzert für Harfe, 
Akkordeon und Orch. (1951). 

Lit.: H. H., Leben u. Werk, Fs. zum 60. Geburtstag, 
hrsg. v. A. Fett, Trossingen 1956; A. Fett, Dreißig 
Jahre Neue Musik für Harmonika, 1927-1957, Tros- 
singen (1957). 

Herrmann, Josef, * 20. 4. 1903 zu Darm stadt, 
t 19. 11. 1955 zu Hildesheim; deutscher Opern- 
sänger (Hddenbariton), sang zunächst an den Thea- 
tern von Kaiserslautem, Stettin, Königsberg und 
Nürnberg, ab 1939 an der Dresdner Staatsoper, 
kam nach mehrjähriger Tätigkeit an der Berliner 
Städtischen Oper 1955 an ehe Staatsoper Berlin. 
Als Gast sang er u. a. in München, Bayreuth, Salz- 
burg, in den europäischen Hauptstädten, in Mai- 
land und Buenos Aires. Seine größten Erfolge er- 
rang er in den Rollen des Wotan, Holländer, Sachs, 
Jago, Scaipia, Boris und als König in Orfis »Die 
Kluge«. 

Lit: F. Mailer, J. H., in: Musica X, 1956. 

Herrmaim, Karl, * 23. 8. 1882 zu Wien; öster- 
reichischer Komponist, begann ernstere musika- 
lische Studien erst mit 22 Jahren, büdete sich im 
Klavier- und Orgelspiel sowie in der Musiktheorie 
aus und wirkt als Musikpädagoge in Wien. Sein 
Schaffen umfaßt über 300 Werke, darunter 6 
Symphonien, 2 Klavierkonzerte, 10 Werke für ein 
und 2 KL, Kammermusik jeder Art, Chöre und 
Lieder. 

Herrmaim, Kurt, * 24.5.1900 zu Annaberg 
(Sachsen); deutscher Klavierpädagoge, studierte 
nach einer Axisbildung zum V olksschullehr er 1921 
bis 1926 am Landeskonservatorium in Leipzig (R. 
Teichmüller, St Krehl, H. Grabner), dem er an- 
schließend als Lehrer für Klavierspiel bis 1932 an- 
gehörte. 1932-41 war er Lehrer am Leipziger Mu- 
sikpädagogium und ist jetzt Dozent am Staatlichen 
Institut für Musik in Mainz. HL veröffentlichte bis- 
her etwa 100 Hefte für den Klavierunterricht und 
schrieb daneben: Internationale moderne Klavier- 
musik (mit R. Teichmüller, Leipzig 1927); Die 
Klaviermusik der letzten Jahre (Zünch 1934). 

Herschel, Friedrich Wilhelm (Sir William), 

* 15. 11. 1738 zu Hannover, f 23. 8. 1822 zu 
Slough bei Windsor; deutscher Astronom und 
Erfinder des nach ihm benannten Teleskops, Ent- 
decker des Planeten Uranus, war ursprünglich 
Musiker (Cellist), kam als Regimentsmusiker mit 
der hannoversdien Garde 1757 nach Durham 
(England), wurde später Organist in Halifax und 
1766 an der Octagon Chapd m Bath, wo er sich in 
astronomische Studien zu vertiefen begann und 
bald die Musik ganz aufgab. PL schrieb eine Sin- 
fonie und 2 Militärkonzerte (1768). Sein Bruder 
Jakob, f 1792 zu Hannover (erdrosselt auf dem 
Felde aufgefunden), Violinist, gab 1771 bei Hum- 
mel in Amsterdam Quartette für obligates KL mit 


2 V. und Vc. op. 1 sowie bei Bremner in London 
6 Triosonaten (2 V. und B.c.) heraus, schrieb auch 
Sinfonien. 

Lit. : eine kurze Autobiogr. (in Form eines Briefes an 
Lichtenberg) in: Kunzen-Reichardt, Studien f. Ton- 
künstler u. Musikfreunde, Berlin 1793, S. 174 f. ; C. A. 
Lubbock, The H. Chronide, Cambridge 1933. 

Hertel, Johann Christian, * 25.6.1697 zu 
Öttingen, t hn Oktober 1754 zu Strelitz; deut- 
scher Komponist und vielbewunderter Gamben- 
virtuose, Sohn von Jakob Christian H. (Kapell- 
meister in öttingen, dann in Merseburg), war zu- 
nächst ohne Wissen seines Vaters Schüler von 
Kaufmann in Merseburg, dann Schüler seines 
Vaters und 1717 von E. Chr. Hesse in Darmstadt, 
war 1718-41 Mitglied (ab 1733 Konzertmeister) 
der Eisenacher Hofkapelle, 1742-53 Konzertmei- 
ster am Hof in Strelitz. H. schrieb eine große Zahl 
Orchester- und Kammermusikwerke, die jedoch 
bis auf 6 Violinsonaten mit Baß (Amsterdam 1727) 
Mannskript blieben. 

Lit.: Biogr. J. Chr. H.s v. seinem Sohn J. W. H. in: 
F. W. Marpurg, Hist-kritische Beiträge zur Auf- 
nahme der Musik III, Bin 1757, S. 46 ff. ; J. A. Heller, 
Lebensbeschreibungen berühmter Musikgelehrten u. 
Tonkünstler neuerer Zeit I, Lpz. 1784; Cl. Meyer, 
Gesch. d. Mecklenburg-Schweriner Hofkapelle, 
Schwerin 1913. 

Hertel, Johann Wilhelm, * 9. 10. 1727 zu 
Eisenach, *j* 14. 6. 1789 zu Schwerin; deutscher 
Komponist, Sohn von J. Chr. H., wirkte ab 1744 
in der Hofkapelle zu Strelitz, später als Hofkapell- 
meister in Schwerin, wo er 1770 Sekretär der Prin- 
zessin Ulrike und Hofrat wurde. Er komponierte 
eine Menge ihrerzeit hochgeschätzter Sinfonien, 
Konzerte für verschiedene Instrumente, Psalmen, 
Kantaten, Oratorien (Christi Geburt , Jesus in Ban- 
den, Jesus vor Gericht), Klaviersonaten, J. Fr. Löwens 
Oden und Lieder (2 Teüe, 1757, 1760) und gab 
heraus Sammlung musikalischer Schriften, größten- 
teils aus den Werken der Italiäner und Franzosen 
(2 Teüe, Leipzig 1757/58; 2 weitere Teüe und 
andere Schriften als Autographe in der Bibliothek 
des Brüsseler Conservatoire). Eine große Zahl sei- 
ner Werke befindet sich handschriftlich in der 
Mecklenburgischen Landesbibliothek in Schwerin 
und in der Bibliothek des Brüsseler Conservatoire. 
Gedruckt wurde nur wenig. 

Ausg.: eine Violinsonate, hrsg. v. A. Wotquenne u. 
A. Corn£lis, Brüssel 1902; Cembalosonate D moll, 
hrsg. v. H. Erdmann, - HM EL, Kassel 1950. 

Lit. : Autobiogr., hrsg. v. E. Schenk, = Wiener mw. 
Beiträge M, Graz u. Köln 1957. - O. Kade, Die Mu- 
sikahen-Slg d. Großherzoglich Mecklenburg-Schwe- 
riner Fürstenhauses aus d. letzten 2 Jh., I, Schwerin 
1893; Cl. Meyer, Gesch. d. Mecklenburg-Schweriner 
Hofkapelle, Schwerin 1913; H. Rentzow, Die meck- 
lenburgischen Liederkomponisten d. 18. Jh., Diss. 
Rostock 1938. 

Hertel, Peter Ludwig, * 21. 4. 1817 und 1 13. 

6. 1899 zu Berlin; deutscher Komponist, war Hof- 
komponist und Ballettdirigent am Königlichen 
Opernhaus in Berlin (1893). Ballette (meist auf 
Szenarien von Paul TagHoni): Satanelia (1852), 
Flick und Flock, Sardanapal (1865, neu bearbeitet 
von J. Schlar, Berlin 1908), Ellinor, Ftmtaska, Die 
Jahreszeiten (1889). 

Herther, F. Günther. 


780 



Hervey 


den Hertog (h'ertox), Johannes, * 20. 1. 1904 
zu Amsterdam; holländischer Dirigent und Kom- 
ponist, promovierte nach Rechtsstudien an der 
Universität Amsterdam, nahm Privatunterricht in 
Klavier, Cembalo, Flöte, Komposition und Diri- 
gieren. Ab 1925 wirkte er als Pianist und Cemba- 
list, Leiter der Opemklassen der Konservatorien 
von Amsterdam und Rotterdam., Dirigent und 
Intendant, ist seit 1948 GMD der Königlich Flä- 
mischen Oper in Antwerpen. Er schrieb u. a. Suite 
.für Orch. (1929), das Oratorium Credo (1947), das 
Musikschauspiel Pygmalion (1957), Chöre, Lieder. 

Hertz, Alfred, * 15.7.1872 zu Frankfurt am 
Main, f 17. 4. 1942 zu San Francisco; deutscher 
Dirigent, 1883-91 in Frankfurt Schüler des Raff- 
Konservatoriums, Theaterkapellmeister in Halle, 
Altenburg, Elberfeld und Breslau (1895), 1902-15 
Kapellmeister an der Metropolitan Opera in New 
York, wo er 1903/04 die ersten Parsifal-Auffüh- 
rungen außerhalb Bayreuths dirigierte. 1910 war 
er Kapellmeister an Covent Garden in London, 
1915-29 Leiter des Symphonie-Orchesters in San 
Francisco. Am 28. 12. 1910 leitete er die Urauf- 
führung der Umarbeitung der Königskinder 
Humperdincks in New York und hat die erste 
amerikanische Vorstellung von Strauss* Salome 
dirigiert. * 

Hertz, Michal, * 28. 9. 1844 und f 1918 zu 
Warschau; polnischer Komponist und Pianist, am 
Leipziger Konservatorium ausgebildet (Reinecke, 
Moscheies, Wenzel, Plaidy, Richter), wurde 1871 
Klavierlehrer am Stemschen Konservatorium in 
Berlin und studierte gleichzeitig bei Kiel und 
Kullak Komposition, lebte ab 1878 als Musik- 
lehrer in Warschau, komponierte die Opern 
Gwctrkowie (Warschau 1880) und Bogna, viele 
Bühnenmusiken, Orchesterwerke, Klavierstücke, 
Chöre und Lieder. 

Hertzberg, Brita, * 19. 10. 1901 zuNorrköping; 
schwedische Sängerin (Sopran), debütierte nach 
Studien in Stockholm (1920/21, 1922-24) und 
Berlin (1922) in der Titelrolle von Mignon am 
Königlichen Theater in Stockholm, an das sie 1925 
fest verpflichtet wurde. Als Konzert- und Opem- 
sängerin machte sie sich auf Konzertreisen in der 
ganzen Welt bekannt. 

Hertzberg, Rudolf von, * 6. 1. 1818 und f 22. 
11. 1893 zu Berlin; deutscher Dirigent, Schüler 
von L. Berger und S. Dehn, war ab 1847 Gesang- 
lehrer des Berliner Domchors und 1861-89 dessen 
Dirigent. 

Hcrtzmann, Erich, * 14. 12. 1902 zu Krefeld; 
amerikanischer Musikforscher deutscher Geburt, 
studierte am Hochschen Konservatorium in Frank- 
furt am Main, Musikwissenschaft an der dortigen 
Universität, an der Sorbonne in Paris und an der 
Universität Berlin, wo er 1930 mit einer Arbeit 
über Adrian Willaert in der weltlichen Vokalmusik 
seiner Zeit (= Sammlung musikwissenschaftlicher 
Einzeldarstellimgen XV, Leipzig 1931) promo- 
vierte. Er wirkte dann als Musikkritiker, emi- 
grierte nach den USA und kam 1939 zur Musik- 
abteilung an der Columbia University in New 
York, an der er 1949 zum Assodate Professor of 
Music ernannt wurde. 1946-49 hielt H. Gastvor- 


lesungen an der Princeton University. Von seinen 
Veröffentlichungen seien genannt: Studien zur 
Basse danse im 15. Jh. mit besonderer Berücksichtigung 
des Brüsseler Manuskripts (ZfMw XI, 1928/29, 
S. 401-13) ; Zur Frage der Mehrchörigkeit in der ersten 
Hälfte des 16. Jh. (ZfMw XD, 1929/30); The newly 
discouered autograph of Beethoven 9 s Rondo a Capriccio , 
op. 129 (MQ XXXH, 1946). Er gab heraus: Adrian 
Willaert und andere Meister , Volkstümliche italienische 
Lieder (Chorwerk Vm, Wolfenbüttel-Berlin 1930). 


Herv6 (Florimond Ronger, genannt H.), * 30. 
6. 1825 zu Houdain bei Arras, f 4. 11. 1892 zu 
Paris; französischer Komponist, der Schöpfer der 
Buffo-Operette, begann seine Laufbahn als Orga- 
nist verschiedener Pariser Kirchen, trat 1848 zuerst 
mit seinem unzertrennlichen Genossen Joseph 
Keim als Sänger in einem Intermedium eigener 
Komposition auf: Don Quichotte et Sancho Pansa 
(im Thdätre national), wurde 1851 Kapellmeister 
des Thdttre du Palais royal, übernahm 1854 ein 
kleines Theater am Boulevard du Temple, dem er 
den Namen »Folies concertantes« gab, und schuf 
dort ein Diminutivgenre dramatischer Komposi- 
tion mit teils sarkastischer, teils nur burlesker oder 
frivoler Tendenz. Er besaß die Gabe, die richtige 
Art Musik dafür zu treffen (A. Pougin nennt sie 
»musiquette«, und H.s Muse nennt er eine »mu- 
sette«). 1856 gab H. die Direktion des kleinen 
Theaters ab (es hieß seitdem Folies-Nouvelles, 
späterhin Folies dramatiques), blieb aber zunächst 
noch als Komponist und Darsteller mit ihm in 
Verbindung. Später trat er in Marseille, Mont- 
pellier, Kairo und anderweit auf, leitete 1870/71 
Konzerte in der Art von J. Strauß in Covent 
Garden in London und war dort zuletzt Kapell- 
meister am Empire Theatre. H. schrieb im Laufe 
der Jahre mehr als 80 Operetten, die jedoch durch 
die größer angelegten von Offenbach immer mehr 
in den Hintergrund gedrängt wurden. Die bekann- 
testen sind wohl: IJCEil crevi (1867), Le petit Faust 
(1869) und Aladdin the Second (1870, französisch als 
Le nouvel Aladdin 1871), die letzten: Mamzell 
Nitouche (1883), Fla-Fla (1886), Lanoceä Nini , La 
roussette (mit Lecocq) und Les bagatelles (1890). H. 
dichtete auch bis 1868 zumeist die Texte. Außer 
den Qperetten schrieb er eine heroische Sympho- 
nie-Kantate The Ashantee War (1874) sowie die 
Ballette Dilara und Sport (1887), La rose d'amour 
(1888), Diana (1888) und Cliopatra (1889). Kirchen- 
musikalische Werke (Messen, Motetten) brachte 
er unter dem Namen FL Ronger zur Aufführung. 

Lit.: L. Schneider, H., Charles Lecocq, Paris 1924. - 
L. H. Lecomte, Hist, des Thdätres de Paris, Les Fo- 
lies-Nouvelles, Paris 1909; P. Landormy, La musique 
frangaise de la Marseillaise ä la mort de Berlioz, Paris 
1944 (1948). 


Hervey (h'oe:vi), Arthur, *26. 1. 1855 zu Paris, 
t 10. 3. 1922 zu London; englischer Komponist 
und Musikkritiker irischer Herkunft, Schüler von 
B. Tours und E. Marlois, schrieb 1889-92 für 
»Vanity Fair«, 1892-1908 für die »Moming Post«. 
Werke: die Opern The Fairy 9 s Post Box (1885) und 
Ilona (1914); für Orch.: dramatische Ouvertüre 
Love and Fate , Tongemälde On the Heights und On 
the March , Konzertouvertüre Youth, symphonische 
Variationen Life Moods , Tondichtungen m the East , 
Summer , In the Twilight , The Roll Call , Scherzo 


781 



Herz 


EMin Ravels, Präludium Ilona, Orchesterballade 
T ne Gates of Night, Romanze und Serenade für V. 
und Orch., Klavierstücke und Lieder. Er veröffent- 
lichte: Masters of French Music (London 1894), 
French Music in the XDCth Century (London-New- 
York 1903), sowie Monographien Alfred Bruneau 
(London-New York 1907), Franz Liszt and his 
Music (London-New York 1911), Meyerbeer (Lon- 
don-New York 1913), Rubinstein (London-New 
York 1913) und Saint-Saens (New York 1922). 

Herz, Gerhard, * 24. 9. 1911 zu Düsseldorf; 
deutscher Musikforscher, studierte Musikwissen- 
schaft an den Universitäten Freiburg im Breisgau, 
Wien, Berlin und Zürich, wo er 1934 über f. S. 
Bach im Zeitalter des Rationalismus und der Früh- 
romantik (Kassel 1934, Bern 1935) promovierte, 
wurde Musikkritiker in Düsseldorf und Florenz 
und ging 1936 nach den USA. 1938-44 lehrte H. 
an der Universität Louisville (Kentucky), 1945-46 
an der Indiana University (Bloomington) und 
seither wieder in Louisville, ab 1956 als Leiter der 
musikhistorischen Abteilung. Schriften: Certain 
Aspects of the Bach Movement (MQ XXIV, 1938); 
Bachs Religion (Journal of Renaissance and Baro- 
que Music I, 1946) und A *New « Bach Portrait 
(MQXX3X, 1943). 

Herz, Henri (Heinrich), * 6. 1. 1803 zu Wien, 
f 5. 1. 1888 zu Paris; deutscher Pianist und Kom- 
ponist, Bruder von Jacques S. H., zuerst Schüler 
von Hunten (sen.) in Koblenz, 1816 Schüler des 
Pariser Conservatoire (Pradher, Reicha), später 
noch durch Moscheles* Beispiel fortgebildet, war 
um 1825-35 der gefeiertste Pianist und Klavier- 
komponist der Welt. Die Beteiligung an einer 
Pianofortefabrik (Klepfer) stürzte ihn in peku- 
niäre Verluste, und die Errichtung einer eigenen 
Fabrik mit Konzertsaal (Salle H.) vermochte ihn 
nicht wieder genügend zu entschädigen. Deshalb 
unternahm er 1845 eine große Konzertreise durch 
Nord- und Südamerika und brachte nach seiner 
Rückkehr (1851) seine Fabrik zu großer Blüte, so 
daß sie 1855 auf der Weltausstellung den ersten 
Preis erhielt und neben Erard und Pleyel die an- 
gesehenste in Paris wurde. 1842 wurde H. zum 
Professor für Klavierspiel am Conservatoire er- 
nannt; diese Stelle gab er 1874 auf. Werke: 8 Kla- 
vierkonzerte, viele Variationenwerke (die nach 
seiner Ansicht dem Pariser Publikum die schmack- 
hafteste Speise waren), Sonaten, Rondos, Violin- 
sonaten, Notturnos, Tänze, Märsche und Fanta- 
sien (alles brillant und fließend geschrieben, aber 
ohne festen Kern, daher heute vergessen), Mithode 
compüte de piano op. 100, vide Etüden, Finger- 
übungen (Gammes). Seine Reise in Amerika be- 
schrieb er im »Moniteur universdc (Separatab- 
druck als Mes voyages en Amirique , Paris 1866). 

Herz, Jacques Simon, * 31. 12. 1794 zu Frank- 
furt am Main, f 27. 1. 1880 zu Nizza; deutscher 
Pianist, Bruder von H. H., kam jung nach Paris, 
trat 1807 ins Conservatoire ein als Schüler Prad- 
hers, bildete sich zum Pianisten aus und war in 
Paris als Klavierlehrer geschätzt. Mehrere Jahre 
lebte er in England, kehrte 1857 nach Paris zurück 
und wurde Hilfslehrer seines Bruders Henri am 
Conservatoire. Er schrieb: Hornsonate, Violin- 
sonaten, ein Klavierquintett und Soloklavierwerke. 


Herzfeld, Friedrich, * 17. 6. 1897 zu Dresden; 
deutscher Musikschriftsteller, studierte an Akade- 
mie der Tonkunst und Universität München, 
wurde Korrepetitor und Kapellmeister in Dresden, 
Altenburg, Aachen und Freiburg und ließ sich 1931 
in Berlin nieder, wo er 1939-42 Chefredakteur der 
Allgemeinen Musikzeitung und 1940-43 Presse- 
chef des Berliner Philharmonischen Orchesters 
war. H. ist Musikkritiker der Berliner Morgen- 
post. Er schrieb: Minna Planer und ihre Ehe mit 
Richard Wagner (Leipzig 1938); Wilhelm Furt - 
wängler (Leipzig 1940, stark verändert: 21950); Du 
und die Musik (Berlin 1950; auch portugiesisch und 
spanisch); Magie des Taktstocks (Berlin 1953; auch 
dänisch); Musica nova (Berlin 1954; auch dänisch, 
niederländisch und spanisch; mit wertvollen Illu- 
strationen); Unsere Musikinstrumente (Darmstadt 
1954) und Lexikon der Musik (Berlin 1957). 

Herzfeld, Victor von, * 8. 10. 1856 zu Preß- 
burg, f 20. 2. 1920 zu Budapest; österreichischer 
VioEnist, studierte bis 1880 am Konservatorium in 
Wien, danach noch bei E. Grell in Berlin. 1886 
übersiedelte er nach Pest, wo er Professor der 
Theorie an der Landesmusikakademie wurde. H. 
war Mitglied (2. Violine) des Hubay-Popper- 
Quartetts. Als Komponist fand er mit Orchester- 
und Kammermusikwerken Beifall. 

Herzka, Siegmund, * 1843 zu Szegedin, f im 
März 1917 zu Wien; österreichischer Pianist, 
Schüler des Wiener Konservatoriums und von 
Marmontel, A. Thomas und Berlioz in Paris, reiste 
1864 als Klaviervirtuose, brachte 1866 in Wien 
die einaktige Oper Heinrichs IV. erste Liebe zur Auf- 
führung, war dann Lehrer am Landesmusikinstitut 
in Agram und lebte ab 1870 als geschätzter Musik- 
lehrer (Musikalische Untemchtskurse) in Wien. 

Herzog, Benedikt Ducis. 

Herzog, Emilie, * 1859 zuErmatingen (Schweiz), 
f 16. 9. 1923 zu Aarburg; Schweizer Sängerin 
(Sopran), debütierte 1880 äs Page in den Hugenot- 
ten am Münchner Hoftheater und ging 1889 zur 
Oper nach Berlin, wo sie vor allem als Mozart- 
sängerin geschätzt wurde. Auf ausgedehnten Rei- 
sen hat sie sich auch großen Ruf als Konzert- 
sangerin erworben. 1903-10 war sie zugleich Ge- 
sanglehrerin an der Hochschule für Musik in Ber- 
lin, bis 1922 Lehrerin am Zürcher Konservatorium. 

Herzog, George, * 11. 12. 1901 zu Budapest; 
amerikanischer Musikethnologe, studierte an der 
Musikakademie in Budapest und 1920-22 an der 
Musikhochschule Berlin, 1922-24 an der Univer- 
sität Berlin und war gleichzeitig Assistent an deren 
Phonogram m- Archiv. 1925-29 setzte er seine Stu- 
dien an der Columbia University in New York 
fort, wo er 1938 zum Ph. D. promovierte. 1929-31 
wirkte er an der University of Chicago, 1932-46 
als Professor of Anthropology an der Columbia 
University und war daneben 1932-35 Assistant 
Professor für dasselbe Fach an der Yale University. 
Seit 1948 ist er Professor an der Indiana Uni- 
versity in Bloomington und leitet das Archiv für 
Volksmusi k und primitive Musik. H., der zahl- 
reiche weitreichende Forschungsreisen unternahm, 
schrieb u. a.: Research in Primitive and Folk Music 
in the United States , A Survey (Washington 1936), 


782 



Heseltine 


Jabo Proverbs front Liberia , Maxims in the Life of a 
Native Tribe (mit Ch. G. Blooah, Oxford 1936), 
The Cow-Tail Su/ith and Other West African Stories 
(mit H. Courlander, New York 1947) ; The Yuman 
Musical Style (Journal of the American Folklore 
Society 1928), Speech^Melody and Primitive Music 
(MQ XX, 1934), Special Song Types in North 
American Indian Music (Zeitschrift für Verglei- 
chende Musikwissenschaft m, -1935), A Comparison 
of Pueblo and Pirna Musical Styles (Journal of the 
American Folklore Society 1937), Drum-Signalling 
in a West African Tribe (Word 1945). 

Herzog, Johann Georg, * 6. 8. 1822 za Hum- 
mendorf (bei Kronach), f 3. 2. 1909 zu München; 
deutscher Organist, auf dem Lehrerseminar in Alt- 
dorf (Bayern) ausgebildet, war 1841/42 Lehrer in 
Bruck bei Hof, wurde 1843 Organist und 1848 
Kantor an der Evangelischen Kirche in München, 
1850 Orgellehrer am dortigen Konservatorium, 
1854 Univeratätsmusikdirektor in Erlangen, wo 
er 1866 zum Dr. phiL und nach einigen Jahren zum 
Königlichen Professor ernannt wurde. Ab 1888 
lebte er im Ruhestand in München. H. war ein 
ausgezeichneter Orgelvirtuose, schrieb mehrere 
Lehrwerke, Sammlungen und zahlreiche Kompo- 
sitionen für Org., daneben auch eine große Rahe 
von Vokalkompositionen. 

Lit.: M. Herzog, Zur Erinnerung an Dr. J. G. H., 
München 1915. 

H$rzogenberg, Heinrich, Freiherr von, * 10. 6. 
1843 zu Graz, f 9. 10. 1900 zu Wiesbaden; öster- 
reichischer Komponist, studierte anfangs Jura und 
Philosophie an der Wiener Universität, war 1862 
bis 1864 Schüler des Wiener Konservatoriums 
unter F. O. DessofF, lebte bis 1872 in Graz, siedelte 
Amn nach Leipzig über, wo er 1874 mit Spitta, 
F. v. Holstein und Volddand den »Bach-Verein« 
ins Leben rief, dessen Leitung er nach Volcklands 
Abgang im Herbst 1875 übernahm. 1885 wurde er 
nach Berlin berufen, zum Professor ernannt und 
als Nachfolger Fr. Kiels Direktor der Abteilung 
für Komposition der Königlichen Hochschule für 
Musik, Mitglied des Senats der Akademie, 1889 
auch Vorsteher einer akademischen Meisterschule 
für Komposition, trat aber noch 1889 krankheits- 
halber zurück. An seine Stelle wurde Bargiel be- 
rufen, nach dessen Tode (1897) er aber seine Ämter 
wieder übernahm (er hatte seine Tätigkeit bereits 
1892 teilweise wieder aufgenommen) und bis kurz 
vor seinem Tode beibehielt. Als Komponist gehört 
H. zu dem Kreis feinsinniger und formsicherer 
Musiker um Brahms, freilich ohne dessen Origi- 
nalität; seine Neigung zu kontrapunktischer Setz- 
weise entfaltete sich erst voll in den großen kirch- 
lichen Tonwerken seiner letzten Lebenszeit. Seine 
Hauptwerke sind: 2 Streichtrios, 5 Streichquar- 
tette, ein Strdchquintett, 2 Klavierquartette, 

3 Klaviertrios, 3 Violinsonaten, 3 Cellosonaten, 
2 Symphonien (C moll 1885 und B dur 1890), 
Deutsches Liederspiel für Soli, Chor und KL zu 

4 Händen (instrumentiert von K. Heubner), Der 
Stern des Liedes op. 55 für Chor und Orch., Die 
Wethe der Nacht op. 56 für Altsolo, Chor und 
Orch., Nannas Klage op. 59 für Soli, Chor und 
Orch., Psalm 116 op. 34 (4st. a cappella), Psalm 
94 op. 60 für Soli, Doppekhor und Orch., Königs - 
psahn op. 71 für Chor und Orch., Requiem op. 72 


für Chor und Orch., Toterfeier op. 80 und Messe 
op. 87 für Soli, Chor und Orch., Kirchenoratorien 
für Soli, Gemeindegesang und Orch. Die Geburt 
Christi op. 90, Die Passion op. 93 andEmtefeier op. 
104, 2- und 4händige Klavierwerke, Variationen 
für 2 KL, Lieder, Duette, geistliche und weltliche 
a-cappella-Chöre. Jugendarbeiten sind die sympho- 
nische Dichtung Odysseus und das Männerchor- 
werk Columbus. - Seme Gattin Elisabeth, gebo- 
rene von Stockhausen (* 13. 4. 1847 zu Paris, 
f 7. 1. 1892 zu San Remo), war eine vortreffliche 
Pianistin. H. und noch mehr seine Gattin waren 
innig mit Brahms befreundet. 

Lit.: Johannes Brahms im Briefwechsel mit H. u. E. 
v. H., 2 Bde, — Johannes Brahms, Briefwechsel 1 u. 
II, hrsg. v. M. Kalbeck, Bin 1907; C. Krebs, H. v. 
H., in: Deutsche Rundschau XXVII (Bd 105), 1900, 
S. 464 ff.; W. Altmann, H. v. H., in: Die Musik II, 
1903, auch separat: Lpz. 1903; Ph. Spitta, Musika- 
lische Seelenmessen, in: Zur Musik, Bin 1892; E. v. 
Wildenbruch, Das tote Haus am Bodensee, in: 
Deutsche Rundschau XXIX (Bd 1 13), 1902, S. 1 13 ff. ; 
E. Hauptmann, Noch einmal: H. v. H., ebenda XXIX 
(Bd 114), 1903, S. 144 ff. (Richtigstellung der Wüden- 
bruchschen Angaben) ; Fr. Spitta, H. v. H. u. d. ev. 
Kirchenmusik, in MGkK V, 1900; ders., Brahms u. 
H. in ihrem Verhältnis zur ev. Kirchenmusik, MGkK 
XII, 1907; ders., H. v. H.s Bedeutung für d. ev. 
Kirchenmusik, JbP XXVI, 1919; J. Stengel, H. v. 
H. in seinen Vokalwerken, in: Die Sängerhalle, 1893; 
K. Storck, H. v. H. als Liederkomponist, in: Der 
Türmer VI, 1903. 

Hesdin (hed's), Nicolle des Celliers d’, f 21. 8. 
1538 zu Beauvais; französischer Komponist, war 
Magister puerorum an der Kathedrale von Beau- 
vais. Von seinen Werken sind Messen, Motetten 
und (äußerst pikante) Chansons in Sammelwerken 
1529-78 und handschriftlich erhalten. Fdtis zitiert 
den Komponisten ohne Quellennachweis als 
»Pierre H.«. 

Ausg.: die Messe »Benedicta«, deren Zuweisung an 
H. oder Wülaert noch ungeklärt ist, hrsg. v. A. Aver- 
kamp, Amsterdam 1915; 3 Motetten in: Treize livres 
de motets publi6s par P. Attaingnant Ul, hrsg. v. A. 
Smders, Paris 1938 ; je eine Chanson in: PGfM XXHI, 
1899, hrsg. v. R. Eitner, Expert Mahres V, 1897, F. 
Lesure, Anth. de la chanson parisienne au XVI® s., 
Paris 1952. 

Lit: A. Smuers, H. of Wülaert?, TVer X, 1915; M. 
Antonowytsch, Die Motette »Benedicta es« v. 
Josquin des Prez u. d. Messen super Benedicta v. 
Willaert, Palestrina, de la Hfele u. de Monte, Utrecht 
1951. 

Heseltine (h'szdtain), Philipp (Pseudonym als 
Komponist: Peter Warlock), * 30. 10. 1894 und 
f 17. 12. 1930 zu London (an Kohlengas-Vergpf- 
tung) ; englischer Musikforscher und Komponist, 
stumerte bei Colin Taylor in Eton und gelegent- 
lich auch bei F. Delius und B. van Dieren. 1920/21 
leitete er die von ihm gegründete Zeitschrift »The 
Sackbut«. Von Delius bearbeitete er mehrere Or- 
chesterwerke für KL H. gehört zu den sensibelsten 
englischen Liederkomponisten der Zeit um 1925. 
Werke: An Old Song für kleines Orch.; Serenade 
für Streicher; Suite Capriol für Streicher; Lieder- 
zyklus The Curlew für T., FL, Englisch Hom und 
Streichquartett ; Corpus Christi für a-cappella-Chor ; 
12 Ammenlieder, Liederzyklen und zahlreiche ein- 
zelne Lieder. Bücher: F. Delius (London 1923); 
The English Ayre (London 1926); Carlo Gesualdo, 


783 



Hess 


Prince of Vettosa, Musician and Murderer (mit Cedi 
Gray, London 1926); Thomas Whythome (London 
1928); Giles Barle. His Booke (London 1932). Von 
seinen Ausgaben älterer Musik seien vor allem 
genannt: Bnglish Ayres (i 598-1612) (herausgege- 
ben mit Ph. Wilson, 6 Bände, London 1922). 

Lit.: C. Gray, Peter Warlock: A Memoir of Ph. H., 
London 1934; G. Cockshott, Some Notes on the 
Songs of P. Warlock, ML XXI, 1940; ders., E.J. 
Moeran’s Recollections of P. Warlock, in: Mus. 
Times LXXXVI, 1955; K. Avery, The Chronology 
of Warlock’s Songs, ML XXIX, 1948. 

Hess, Ernst, * 13. 5. 1912 zu Schaffhausen; 
Schweizer Komponist, studierte bti Andreae, P. 
Müller, W. Schuh, Cherbuliez und Gysi in Zürich, 
bei N. Boulanger und Dukas in Paris und lebt 
als Dirigent des Akademischen Orchesters sowie 
mehrerer Chöre in Zürich. Seit 1938 ist er auch 
Theorielehrer am Konservatorium Winterthur. In 
neuerer Zeit wendet er sein besonderes Interesse 
der Mozartforschung und -aus gäbe zu. H. kom- 
ponierte Lieder, Gesinge, Chorwerke (Oratorium 
Jeremia op. 34, 1947), eine Oper Fiammetta op. 42 
(1954), Orgel- und Klavierstücke, Kammermusik, 
Orchesterwerke, ein Homkonzert op. 24 (1943), 
ein Violinkonzert op. 27 (1945), 3 Ballette sowie 
Hörspielmusiken. 

Hess, Joachim, * 24. 9. 1732 zu Leeuwarden, 
f 27. 12. 1819 zu Zeist bei Utrecht; niederlän- 
discher Organist und Musikschriftsteller deutscher 
Herkunft, war 1749-53 und 1754-1813 Organist 
und Carillonist von Sanct Jan in Gouda (Hol- 
land). Er schrieb: Besdtrijving van het groot en 
uitmuntend orgel in de St. Jans Kerk te Gouda (Gouda 
1764); Körte en eenvoudige handleyding tot het leeren 
varCt clavecimbel of orgehpel (Gouda 1766, 51792) ; 
Luister van het orgel (Gouda 1772); Dispositien der 
merkwaardigste kerkrorgelen (Gouda 1774) ; Over de 
vereischten in eenen Organist (Gouda 1807); Körte 
schets van de uitvinding , en den voortgang in het ver- 
vaardigen der orgelen (Gouda 1810). Im Manuskript 
hinterließ er: Dispositien van kerkrorgelen , welke in 
Nederland worden aangetrqffen , Vervolg . 

Ausg.: »Beschryving . . ,«, hrsg. v. L. Ern£, Utrecht 
1945; »Luister van het orgel«, hrsg. v. dems., Utrecht 
1945 ; »Dispositien der merkwaardigste kerk-orgelen«, 
hrsg. v. dems., Utrecht 1945; »Dispositien . . . Ver- 
volg«, hrsg. v. J. W. Ensched£, Amsterdam 1907. 

Heß, Ludwig, * 23. 3. 1877 zu Marburg, f 5. 2. 
1944 zu Berlin; deutscher Sänger, Dirigent und 
Komponist, 1895-1900 Schüler der Berliner Hoch- 
schule für Musik (R. Otto, Bargiel, Wolf, Hey- 
mann), machte sich, nachdem er 1901 in Mailand 
seine Gesangstudien fortgesetzt hatte, eben Na- 
men als Konzerttenor, Bach-Interpret und vor- 
züglicher Liedersänger (Wolf, Reger, Schillings, 
Hausegger). Um 1926 wandelte er sich zum Bari- 
ton. Heß lebte 1907-10 als Dirigent der Konzert- 
gesellschaft für Chorgesang in München, unter- 
nahm 1912-14 eine Konzertreise durch die USA, 
Mexiko und Kanada und ließ sich dann in Berlin 
nieder. 1917-20 war er Dirigent der Musikalischen 
Akademie, des Königsberger Lehrergesangvereins 
sowie der Symphoniekonzerte der Konzertgesell- 
schaft in Königsberg, wirkte als Leiter einer Ge- 
sangsschule an def Breslauer Opa:, übersiedelte 
dann wieder nach Berlin, wo er 1924-33 Professor 


an der Staatlichen Akademie für Kirchen- und 
Schulmusik und ab 1927 Dirigent des Akademie- 
Chores war. Er schrieb: die heitere Spieloper Abu 
und Nu (Danzig 1919), das Musikdrama Vor Edens 
Pforte , die Oper Tranion (Bonn 1937), Was ihr 
wollt (Stettin 1940), das Musikdrama Ödipus (1942), 
2 Symphonien, die Chorwerke Ariadne, Te Deum 
op. 79, Weihnachts-Idyll op. 86, Chöre, Gesänge 
für Frauenchor, Die Eichendorff-Musikanten , neue 
Chorlieder op. 80, Klaviersextett, Gesänge mit 
Orch., viele Klavierlieder (Lieder des Hafis). Ver- 
öffentlichung: Die Behandlung der Stimme vor , 
während und nach der Mutation (Marburg 1927). 

Hess» (Dame) Myra, * 25. 2. 1890 zu London; 
englische Pianistin, erhielt ihre Ausbildung an der 
Guildhall School of Music (J. Pascal und O. Mor- 
gan), 1902-07 an der Royal Academy of Music 
CT. Matthay) in London. Seit ihrem Debüt mit 
Beethovens G-dur-Konzert unter Th. Beecham 
spielte sie außer in London in Deutschland, Frank- 
reich und Holland. Seit 1922 bereiste sie verschie- 
dentlich die USA und Kanada. Sie setzt sich für 
zeitgenössische, besonders englische Komponisten 
ein und gilt als hervorragende Interpretin vor 
allem Bachs und der Klassiker. 

Lit.: J. Chissell, M. H., m: Mus. Times XCVIII, 
1957. 

Heß, Willy, * 14. 7. 1859 zu Mannheim, f 17. 2. 
1939 zu Berlin; deutscher Violinist, ausgebildet 
von seinem Vater, studierte, nachdem er bereits 
mehrere Jahre als Virtuose gereist war, 1875-78 
bei Joachim in Berlin, wurde dann als Konzert- 
meister in Frankfurt am Main angestellt, 1886 in 
Rotterdam, 1888 im Hall6 Orchestra von Man- 
chester, 1895 Konzertmeister des Gürzenich-Or- 
chesters und Violinlehrer am Konservatorium in 
Köln, 1903 Nachfolger Saurets als Violinlehrer an 
der Royal Academy of Music in London. 1904 
ging er nach Boston als Konzertmeister und Solist 
des Symphonieorchesters sowie als Führer des 
Boston Symphony Quartet, später Heß-Schrö- 
der-Quartett. 1910 wurde er als Nachfolger 
Halirs Lehrer an der Berliner Musikhochschule 
(1928 im Ruhestand) und Primarius des Halif- 
Quartetts in Berlin, auch des Trios H., Hugo 
Dechert, G. Schumann. 

Hess, Willy, * 12. 10. 1906 zu Winterthur; 
Schweizer Komponist und Musikforscher, stu- 
dierte 1926-29 an Konservatorium und Universi- 
tät Zürich, 1929-30 noch an der Berliner Universi- 
tät, wo er mit der Sammlung der nicht veröffent- 
lichten Stücke Beethovens begann, von der seit- 
dem zahlreiche Aufsätze und Erstausgaben Zeug- 
nis geben. Seit scher Rückkehr ist er in Winter- 
thur als Musikschriftsteller und -lehrer, seit 1940 
auch als Fagottist im Symphonieorchester tätig. 
Kompositionen: Märchenmiel Der Tod und das 
kleine Mädchen op. 8 (1935); Serenade für Kam- 
merorch. op. 19 (1944) ; Die neuen Fiedellieder für 
Bar. und Orch. op. 33 (1952); Sonatine für Trp. 
und Streichorch. op. 41 (1945); Divertimento für 
5 Bläser op. 51 (1951); Drei Ländler für Orch. op. 
52 (1949) ; Suite für 12 Bläser op. 53 (1951) ; Sonate 
für Fag. und klernes Orch. op. 56 (1952); Hom- 
konzert op. 65 (1956); zahlreiche Lieder sowie 
Duette, Terzette, Chöre, Klavierstücke, Stücke 


784 



Hessen 


für ein Blasinstr. und Kl. Hauptschriften: Beetho- 
vens Werke und ihre Gesamtausgabe (Verzeichnis der 
darin fehlenden Werke; SJbMw V, 1931; erwei- 
tert als Welche Werke Beethovens fehlen in der... 
Gesamtausgabe , Neues Beethoven-Jahrbuch VH, 
1937, Nachtrag ebenda IX, 1939, das Ganze wieder 
erweitert als Le opere di Beethoven, Annuario del- 
rAccademia Nazionale di Santa Cedlia, Rom 1953, 
auch separat; nochmals als Verzeichnis der nicht in 
der Gesamtausgabe veröffentlichten Werke L. v. Beet- 
hovens, Wiesbaden 1957); Neues zu Beethovens 
Volksliedbearbeitungen (ZfMwXTH, 1930/31; Nach- 
trag AfMf 1, 1936) ; Von den Grenzen und Ausdrucks- 
möglichkeiten der Künste (Winterthur 1932); Kunst- 
werk und Seele (Lauf und Bern 1933) ; Künstlerische 
Gesetzmäßigkeiten des von der Musik verklärten Dra- 
mas (Zürich 1939); Beethovens vocale und instru- 
mentale Volksliederoearbeitungen (Jahrbuch der Lite- 
rarischen Vereinigung Winterthur 1943, auch se- 
parat); Das Bühnenbild R. Wagners (Basel 1950, 
Privatdruck); Beethovens Oper Fidelio und ihre 

3 Fassungen (Zürich 1953); Beethoven (Zürich 
1956). 

Heß de Calvl, Gustav, * 1784 zu Perth, halb 
Abenteurer, halb Gelehrter und Musiker, ließ sich 
nach unruhigem Leben im Gouvernement Char- 
kow nieder, wo er eine Russin heiratete, Dr. phü. 
der Universität Charkow, veröffentlichte 1818 
eine »Theorie der Musik« in 2 Bänden, die erste 
russische musiktheoretische Schrift. Obgleich, wie 
das Vorwort besagt, für einen russischen Leserkreis 
berechnet, war das Buch deutsch geschrieben und 
wurde vom Mitgliede des Gelehrten Kommitees 
der Universität Charkow Rasumnik-Gonorskij ins 
Russische übersetzt. Das Buch enthält viele inter- 
essante Daten zum russischen Musikleben im 
1. Viertel des 19. Jh. 

Hesse, Adolf Friedrich, * 30. 8. 1809 und f 5. 8. 
1863 zu Breslau; deutscher Organist und Kompo- 
nist, Sohn eines aus Bemburg gebürtigen Orgel- 
machers, Schüler der Organisten F. W. Berner und 
E. Köhler in Breslau, 1827 2. Organist der Elisa- 
bethkirche, 1831 1. der Berhardinkirche in Breslau, 
war ein ausgezeichneter, vielbewunderter Orgel- 
virtuose, der in Leipzig, Kassel, Hamburg, Benin, 
Weimar und 1844 in der Kirche St-Eustache zu 
Paris und im Kristallpalast in London durch sein 
Orgelspiel Aufsdien erregte. Hier fand er noch die 
ungleichschwebende Temperierung der Orgeln. 
Längere Zeit dirigierte H. auch die Symphonie- 
konzerte des Breslauer Opemorchesters. Sein be- 
kanntester Schüler war der belgische Orgdpro- 
f essor des Brüsseler Conservatoire N. J. Lern mens. 
Von H.s 82 Werken sind die bedeutendsten die 
40 Orgelkompositionen (Präludien, Fugen, Phan- 
tasien und Etüden); auch schrieb er ein Oratorium 
Tobias, 6 Symphonien, ein Klavierkonzert, Ouver- 
türen, Kantaten, Motetten, ein Streichquintett, 

2 Streichquartette und eine Klaviersonate zu 

4 Händen op. 42 sowie Klavierstücke. . 

Lit: L. Spohr u. A. F. H., Briefwechsel aus d. 
Jahren 1829-1859, hrsg. v. J. Kahn, *■ Deutsche 
Musikbücherei LXVI, Regensburg (1928). - L. Spohr, 
Selbstbiogr. II, Kassel u. Göttingen 1861, neu hrsg. v. 
E. Schmitz, Kassel u. Basel 1955. 

Hesse, Ernst Christian, * 14. 4. 1676 zu Groß- 
gottem (Thüringen), f 16. 5. 1762 zu Darmstadt; 


deutscher Gambist und Komponist, anfänglich 
Hessen-Darmstädtischer Kanzleäbeamter in Frank- 
furt und Gießen, dann auf Kosten seines Fürsten 
in Paris durch Marin Marais und Forqueray zum 
Virtuosen auf der Viola da Gamba ausgebildet, galt 
als der bedeutendste deutsche Gambenvirtuose. 
Seine Kompositionen (darunter eine Oper La 
fedelth coronata, Kirchenmusik und Gambensona- 
ten) blieben Manuskript. Seine Gattin, Johanna 
Elisabeth HL, geborene Döbricht (1690-1774), 
zählte ab 1709 zu den besten Opemsängerirmen 
ihrer Zeit und rivalisierte 1719 in Dresden mit der 
Tes und Durastanti. 


Hesse, Friedrich August Max, * 18. 2. 1858 zu 
Sondershausen, f 24. 11. 1907 zu Leipzig; deut- 
scher Verleger, gründete 1880 die seinen Namen 
tragende Verlagsfirma in Leipzig, deren Sitz 1915 
nach Berlin verlegt wurde. Seine Firma verlegte 
auf musikalischem Gebiet u. a. den Deutschen 
Musikerkalender und die 3. (1887) bis 11. (1929) 
Auflage des vorliegenden Lexikons sowie ab 1932 
das Musik-Lexikon von HL J. Moser. Daneben 
wurden in die Reihe »Illustrierte Katechismen« 
(später als »Hesses Illustrierte Handbücher«) musik- 
pädagogische Handbücher aufgenommen, darun- 
ter über 20 Schriften HL Riemanns, der für den 
Verlag zeitweise als Lektor wirkte. Auf die Erbin 
H.s, die Pianistin Ella Pancera (* 15. 8. 1876 zu 
Wien, f 10. 5. 1932 zu Bad Ischl), folgte als Ver- 
lagsleiter der Mitinhaber, ab 1927 Alleminhaber, 
Prof. Dr. Hans Krill (* 12. 4. 1884 zu Eger, 1 15. 
7. 1946 zu Reigersdorf/Ostsudeten). Als Lektoren 
für Musikwissenschaft wirkten ab 1919 W. Alt- 
mann und A. Einstein, dessen Neues Musiklexikon 
1926 im ML-HL-Verlag erschien. 1929 übernahm 
der Verlag die 1922 mit dem Verlag Schuster & 
Löffler vereinigte Deutsche Verlagsanstalt. Die 
Firma erlitt im 2. Weltkrieg schwere Verluste, 
wurde als Deutscher Musikliteratur-V erlag 1948 in 
Wunsiedel neu eröffnet und firmiert seit 1949 wie- 
der als M. H. Verlag mit Sitz in Berlin und Wun- 
siedel. Verlagsleiter sind Regine Krill (* 26. 4. 
1901) und ihr Sohn Hans-Heinz (* 29. 11. 1929). 
Lit.: W. Altmann, 50 Jahre M. H.s Verlag, in: Mk 
XXIII, 1930. HpB 


Hessen, Alexander Friedrich, Landgraf von, 
* 25. 1. 1863 zu Kopenhagen, f 26. 3. 1945 zu 
Fronhausen (Lahn); deutscher Komponist, wurde 
1888 durch den Tod seines älteren Bruders Land- 
graf und Chef des Hauses, setzte aber seine Musik- 
studien in Frankfurt fort und ging von da (1894 
bis 1896) nach Berlin, um sie bei Herzogenberg, 
Joachim, Bruch und Weingartner, 1897/98 bei 
Draeseke in Dresden und 1899 bei Faurd in Paris 
zu vollenden. Obgleich von Kindheit an blind, hat 
der Landgraf durch Fleiß, Energie und Geduld sich 
zu einem respektablen Komponisten ausgebildet. 
1927 Dr. phiL h. c. von Marburg. Werke: Sym- 
phonie C dur op. 30, Klavierkonzert, Große Messe 
für Chor und Org., Hymnus an die Tonkunst 
op. 22, Fatthume (Gesangsszene für Bar. und 
Orch.), zahlreiche Chöre, Kammermusik (Quin- 
tett für KL, V., Va, Vc. und Horn; Streichquar- 
tette; Trios in verschiedenen Besetzungen) sowie 
viele Lieder. 

Lit. : P. Hiller, Der Liederzyklus v. A. Fr. v. H., 1910; 
R. Pbssenlehner, Landgraf A. Fr. v. H., in Oberhes- 
sische Zeitung, 5. 8. 1927, auch separat 


50 


785 



Hessen 


Hessen» Ernst Ludwig, Großherzog von Hessen 
und bei Rhein, * 25. 11. 1868 zu Dannstadt, j* 9. 
10. 1937 zu Schloß Wolfsgarten, war ein großer 
Förderer der Künste, dessen größte Tat, auf dem 
Gebiet der Architektur, die Gründung der Darm- 
städter »Künstlerkolonie« war, erwarb sich außer- 
dem Verdienste um Literatur, Museumswesen, 
Tanzkunst, Bühnenkunst und Musik. Als drama- 
tischer Dichter nannte er sich K. E. Luthard, kom- 
ponierte aber auch stimmungsvolle Lieder und 
Klavierstücke. 

Hessen, Moritz der Gelehrte, Landgraf von, 
* 25. 5. 1572, f 14. 3. 1632 zu Eschwege; kam 1592 
an die Regierung und trat sie 1627 seinem Sohn 
Wilhelm ab. Er war nicht nur ein Förderer der 
Kunst (der Landgraf ließ Schütz in Venedig aus- 
bilden), sondern selbst Tonsetzer und Dichter, 
wohl ausgebildet auch im Spiel mehrerer Instru- 
mente. Die aus dem von ihm durchgeführten An- 
schluß seines Landes an die reformierte Kirche und 
den Ereignissen des 30jährigen Krieges sich erge- 
benden Schwierigkeiten vermochten nicht, sein 
Bemühen um eine gute Pflege der Musik an sei- 
nem Hof zu beeinträchtigen. Für Kassel Mit so die 
Zeit seiner Regierung mit einer musikalischen 
Glanzzeit der Stadt zusammen. Die komposito- 
rischen Werke des Landgrafen, der ein Schüler 
seines Hofkapellmeisters G. Otto war, stehen sti- 
listisch zunächst unter dem Einfluß Lassos, neh- 
men aber nach 1613, nach der Rückkehr von 
Schütz aus Italien, auch Neuerungen der venezia- 
nischen Schule auf. Psalmen und Kirchenlieder 
von ihm wurden in den folgenden Büchern ge- 
druckt: Christlich Gesang Buch Von allerhand 
Geistlichen Psalmen vnd Liedern (Kassel 1601 ; Ist., 
24 neue Melodien von M. v. H.), Psalmen Davids , 
Nach Frantzösischer Melodey vnd Reymen art in 
Teutsche reymen artig gebracht durch Ambrosium 
Lobwasser (Kassel 1607; 4st., 26 neue Psalmen-Me- 
lodien von M. v. H.) und Christlich Gesangbuch 
Von allerhandt Geistlichen Psalmen, Gesängen vnd 
Liedern (Kassel 1612; im 4.st. Satz von M. v. H.). 
Das durch V. Geucks frühzeitigen Tod unvoll- 
endet gebliebene Novum et insigne opus beendete 
der Landgraf mit 30 eigenen Motetten (Teil I: 
3, Teil II: 16 und Teil Öl: 11 Motetten). Unge- 
druckt blieben u. a.: Magnificats, darunter 2 per 
XU modos (1600), Villanelle 24 con parole del Pe- 
trarca composte a cantare e suonare . . ., mehrere 
6-8st. Cantiones, Paduanen, Gagliardenjur allerley 
Instrumente , 13 4st. Fugae sowie die beiden mehr- 
chöngen Psalmen CXX und CL. Weitere Kom- 
positionen, die sich nach den Kasseler Inventarien 
von 1613 und 1638 ermitteln lassen, scheinen ver- 
loren zu sein. 

Ausg.: Ausgewählte Werke, bearb. v. W. Dane, LD 
Kurhessen I, Kassel 1936; 13 Sätze bei C v. Winter- 
feld, Der ev. Kirchengesang II, Lpz. 1845, Musik- 
beilage, Nr 13-25; 14 Sätze im Hdb. d. deutschen ev. 
Kirchenmusik, hrsg. v. K. Ameln, Ghr. Mahren- 
holz u. W. Thomas, - II, 2: 3 Sätze a 4, - DI, 1: 
2 Sätze a 4, - m, 2: 9 Sätze a 4; 4 Sätze zu 5-8 St 
bei Fr. Blume, Geistliche Musik am Hofe d. Land- 
grafen M. v. H., Kassel 1931 ; 4 Fugen sowie Pavanen, 
Gaillarden, Intraden, hrsg. v. E. Rabsch, Lpz. 1932; 
eine Kanzone für Bläserchor eingerichtet v. Fr. 
Dietrich, Kassel 1938. 

Lit: W. Dane, M. v. H.s Tonwerke, Diss. Marburg 
1934; E. Zulauf, Beiträge zur Gesch. d. Landgräf- 


lich-Hessischen Hofkapelle zu Cassel bis auf d. Zeit 
M. des Gelehrten, Diss. Lpz., Kassel 1902; Chr. 
Engelbrecht, Die Kasseler Hofkapelle im 17. Jh. u. 
ihre anonymen Musikhandschriften aus d. Kasseler 
LandesbibL, Diss. Marburg 1956, * Musikwiss. 
Arbeiten XIV, Kassel-Basel-London-NY 1958. - 
J. Bolte, Schauspiele am Hofe d. Landgrafen M. v. 
H., in: Sb. d. Preuß. Akad. d. Wiss., PhiL-hist 
Klasse, Bin 1931; H. Hartleb, Deutschlands erster 
Theaterbau, Eine Gesch. d. Theaterlebens u. d. eng- 
lischen Komödianten unter Landgraf M. v. Hessen- 
Kassel, Diss. Bin 1931, Bin 1936. 

Hessenberg, Kurt, * 17. 8. 1908 zu Frankfurt am 
Main; deutscher Komponist, studierte nach ab- 
gelegtem Gymnasialabitur 1927-31 am Leipziger 
Landeskonservatorium bei G. Raphael Kompo- 
sition und bei R. Teichmüller Klavier. 1933 als 
Theorielehrer an das Hochsche Konservatorium in 
Frankfurt berufen, wurde er bei dessen Umwand- 
lung zur Hochschule für Musik 1942 Dozent und 
ist seit 1953 Professor für Komposition. Weiteren 
Kreisen bekannt wurde seine Musik seit Urauf- 
führung seines Concerto grosso op. 18 (1939), neben 
dem an Orchesterwerken vor allem die Struwwel- 
peter-Suite op. 7 (1953), die 3 Symphonien (I: op. 
11, 1936; H: op.29, 1943; HI: op. 62, 1954), cfie 
Konzertante Musik für 2 Streichorch. op. 39 
(1947) sowie Intrada und Variationen über ein Thema 
von J. Regnart op. 65 (1955) und ein Konzert 
für Orch. op. 70 (1958) zu nennen sind, ferner 
ein Kammerkonzert für Cemb. und Streicher op. 3 
(1931), ein Klavierkonzert op. 21 (1940) und ein 
Konzert für 2 KL und Orch. op. 50 (1950) ; Kam- 
mermusik: 2 Flötensonaten op. 4 (1932) und op. 38 
(1947); Cdlosonate op. 23 (1941); Sonate op.25 
(1942) und Divertimento op. 13 (1936) für V. und 
KL; Trio für 2 V. und KL op. 26 (1942); Streich- 
trio op. 48 (1949); Klaviertrio op. 53 (1950); Kla- 
vierquartett op. 10 (1935); 4 Streichquartette: I 
op. 8 (1934), H op. 16 (1937), HI op. 33 (1944), 
IV op. 60 (1954) Klavierstücke op. 1 ( Inventionen , 
1930), 2, 6, 12, 17, 19 (Phantasie für 2 KL, 1938), 
24, 34 (zu 4 Händen), 35 (Praeludien für Clavichord 
oder KL, 1945) ; Orgelkompositionen op. 5, 43, 
56, 63, 66. - Vokalmusik pflegt er vornehmlich 
mit Kantaten (Choralkantate op. 9, 1935; Storm- 
Kantate Fiedellieder op. 22, 1940; Weihnachtskan- 
tate nach M. Claudius op. 27, 1943; Angelus- 
Silesius-Kantate op.40, 1946; Claudius-Kantate 
Vom Werden und Vergehen op. 45, 1948; Struwwel- 
peter-Kantate op. 49, 1949; Weihnachtsgeschichte 
nach R. A. Schröder op. 54, 1951) und Liedern 
(op. 15, 30, 32, 41, 42, 44, 51, 64). Chorwerke (be- 
sonders das Psalmentriptychon op. 36, 1946, und die 
2 Motetten op. 37, 194o) bilden einen gewichtigen 
Tefl seines auf dem Boden der Tradition organisch 
erwachsenen, polyphon inspirierten Schaflens. 

Heisch, Louis, * 26. 4. 1806 zu Stuttgart, f 28. 6. 
1872 zu Mannheim; deutscher Komponist, bis 
1846 akademischer Musikdirektor in Heidelberg, 
dann Musikdirektor in Mannheim, komponierte 
Lieder (Mörike), Orchester-, Chor- und Kammer- 
musikwerke; sein 130. Psalm und ein Duo für KL 
und V. wurden preisgekrönt. 

Lit.: A. Bopp, Ein Liederbuch aus Schwaben, Tü- 
bingen 1918. 

Efeuberger, Richard Franz Joseph, * 18. 6. 1850 
zu Graz, + 28. 10. 1914 zu Wien; österreichischer 


786 



Heuser 


Komponist, bestand 1875 als Ingenieur die Staats- 
prüfung und ging erst 1876 endgültig zur Musik 
über, wurde Chormeister des Akademischen Ge- 
sangvereins zu Wien und daneben 1878 Dirigent 
der Wiener Singakademie. Ab 1881 schrieb er als 
Musikkritiker für das »Wiener Tagblatt«, ab 1889 
für die »Münchener Allgemeine Zeitung« und 1896 
bis 1901 als Nachfolger Hanslicks für die »Neue 
Freie Presse«. Er war 1902-09 Lehrer am Konser- 
vatorium und Chormeister des Wiener Manner- 
gesangvereins und redigierte ab 1904 die »Neue 
Musikalische Presse«. Kompositionen: Operette 
Der Opemball (Wien 1898, sein bekanntestes 
Werk); die Opern Abenteuer einer Neujahrsnacht 
(Leipzig 1886), Manuel Venegas (Leipzig 1889), 
Mirjam (Das Maifest, 1894), Barfüßele (Dresden 
1905) ; die Ballette Die Lautenschlagerin (Prag 1896) ; 
und Struwwelpeter (Dresden 1897) ; eine Sympho- 
nie, eine Nachtmusik für Orch. op. 7, Orchester- 
variationen über ein Thema von Schubert op. 11, 
2 Orchestersuiten, Ouvertüre zu Byrons Ketin op. 
16, Rhapsodie aus Rückerts Liebe fmhling für Chor 
und Orch. op. 18, Kantate Geht dir's wohl, so denk 
du an mich op. 19 für Soli, Mannerchor und Orch* 
Von seinen kritischen Aufsätzen erschienen die 
Sammlungen: Musikalische Skizzen (Leipzig 1901) 
und Im Foyer (Leipzig 1901) ; er schrieb eine Schu- 
bert-Biographie für Reimanns Sammlung »Be- 
rühmte Musiker« (1902, 31920), redigierte 1904-06 
das »Musikbuch aus Österreich« und besorgte eine 
Neuausgabe von Cherubinis Kontrapunkt in G. 
Jensens Bearbeitung. 

Heugel et Cie., französischer Musikverlag, her- 
vorgegangen aus dem 1812 von Jean-Antoine 
Meissonnier (1783-1857) in Paris gegründeten 
Verlag. Jacques Ldopold Heugel (* 1. 3. 1815 zu 
La Rochelle, f 12. 11. 1883 zu Paris), Sohn von 
Henry H. (* 26. 9. 1798 zu Neuenburg, Schweiz, 
jedoch schlesischer Abkunft, f 2. 5. 1841 zu Nan- 
tes; Musiklehrer in Brest, wo er 1832 eine Nbw- 
velle Methode pour Venseignement de la musique 
herausgab), trat 1839 als Teilhaber in Meissonniers 
Verlag ein, den er bereits 1842 allein übernahm 
und schnell zu einem der bedeutendsten franzö- 
sischen Musikverlage machte. Die Nachfolge 
übernahm 1883 sein Sohn Henri Georges (* 3. 5. 
1844 und f 11- 5. 1916 zu Paris), der bereits 1865 
als Teilhaber eingetreten war. Er nahm 1891 seinen 
Neffen Paul Chevalier (1861-1932) als Teilhaber 
auf, der er bis 1920 blieb, auch unter Henri H.s 
Sohn und Nachfolger Jacques Paul (* 25. 1. 1890 
zu Paris), der dann den Verlag 1920-44 allein lei- 
tete. Bei der Umwandlung des Verlages zu einer 
Aktiengesellschaft (Soddte Anonyme) im Jahr 
1944 übernahm Jacques die Stelle des General- 
direktors, dem seit 1947 seine Söhne Francois 
(* 1922) und Philippe (* 1924) als Direktoren zur 
Seite stehen. Der Verlag, der seit 1835 durch den 
Ankauf anderer Firmen immer weiter ausgedehnt 
wurde, umfaßt in seinem Programm alle Sparten 
des musikalischen Verlagswesens und zeigt eine 
überaus anerkennenswerte Aufgeschlossenheit auch 
gegenüber den Werken der zeitgenössischen Mu- 
sik. Von den Musikzeitschriften, die im Verlag 
erschienen, ist besonders »Le Mdnestrel« zu nennen, 
den H. 1840 vonj. Lovy übernahm und der bis 
1940 erschien. Ober die Verlagstätigkeit unter- 


richtet seit 1955 ein halbjährlich erscheinendes 
»Carnet de Notes«. H. ist Originalverleger der 
Werke von J. Massenet (Manon, Hdrodiade, 
Thals, Werther), A. Thomas (Mignon), Charpen- 
tier (Louise), Delibes (Lakmd). 

Heugel, Johann, * kurz vor 1500 zu Deggen- 
dorf, f im Januar 1585 zu Kassel; deutscher Kom- 
ponist, studierte an der Universität Leipzig und 
war spätestens ab 1538 Gesangsmeister, später Hof- 
kapellmeister in KasseL In der dortigen Landes- 
bibliothek finden sich in 12 von H. geschriebenen 
Handschriften seine Werke, deren Zahl nahezu 500 
beträgt. Sie umfassen vor allem Motetten, Magni- 
ficat, lateinische und deutsche Psalmen, deutsche 
Lieder und eine große Zahl von Gelegenheits- 
werken. Einzelne Kompositionen finden sich in 
Sammeldrucken 1535-67. 

Ausg.: der 3. Psalm (6st) sowie »Hilf Gott, himm- 
lischer Vater mein« (4st.) aus J. Kugelmanns »Con- 
centus novi« (1540) in EDM, Sonderreihe, Bd II; 
»Entlaubet ist der Walde«, hrsg. v. R. Ettner, MfM 
XXVI, 1894; »Querela Hassiae ... de obitu Illustriss. 
Principis Philippi«, hrsg. v. W. Nagel, Philipp d. 
Großmütige, Marburg 1904; »Entlaubet ist der 
Walde« in d. »Gassenhawerlin« u. »Reutterliedlin«, 
Faks. hrsg. v. H. J. Moser, Augsburg u. Köln 1927. 
Lit: W. Brennecke, Artikel H., MGG; W. Nagel, 
J.H., SIMG VH, 1905/06; M. Jenny, Spott- u. 
Trauermusik auf Zwingli am Kasseler Hof, in: 
Zwingliana X, 1955, darin 2 Sätze H.s; J. Knierim, 
Die H.-Handschriften d. Kasseler Landesbibi., Diss. 
Bin 1943, maschr. 

Heuler, Raimund, * 2. 11. 1872 zu Speicherz, 
t 25. 11. 1932 zu Würzburg; deutscher Gesangs- 
pädagoge, war 1896 Lehrer in Kitzingen, ab 1899 
Musiklehrer in Würzburg, Leiter einer »Zentral- 
singschule«, Mitherausgeber der »Sonde« und der 
»Allgemeinen deutschen Schulgesangreform«, Ver- 
anstalter von Fortbildungskursen für Schulgesang- 
lehrer, mit freier Anwendung der Eitzschen Ton- 
wortmethode. H. schrieb außer Artikeln für die 
»Sonde« einige die Eitzsche Methode betreffen- 
de Broschüren ( Moderne Schulgesangreform, Würz- 
burg 1908), eine biographische Skizze Karl Kliebert 
(Würzburg 1907), gab Thibauts Über Reinheit der 
Tonkunst mit eigenen Zusätzen heraus (Paderborn 
1907), verfaßte ein Deutsches Schulsingbuch (3 Teile), 
Rhythmische Leseübungen und trat auch als Kompo- 
nist mit mehrstimmigen kirchlichen Gesangs- 
stücken hervor. 

Heurteur, Guillaume le Le Heurteur. 

Heuser, Ernst, * 9. 4. 1863 zu Elberfeld, f 12. 6. 
1942 zu Köln; deutscher Komponist, 1879-83 am 
Kölner Konservatorium Schüler von Hiller und 
G. Jensen, studierte danach noch bei Wüllner 
(Komposition), Liszt (Klavier) und bei Nicodd 
(Klavier) am Dresdner Konservatorium. Ab 1887 
wirkte er lange Zeit als Klavierpädagoge am Köl- 
ner Konservatorium und war daneben Dirigent 
des Richard-W agner-Vereins. H., der sich große 
Verdienste um den Kölner Tonkünstlerverein er- 
warb, schrieb zahlreiche Vokal- und Instrumental- 
werke romantischer Richtung, darunter: Oper 
Aus großer Zeit ; Der Blumen Rache für Sopransolo, 
Frauenchor und Orch.; Stimmungsbilder Um 
Mitternacht und Wolken am Meer für Chor und 


50* 


787 



Heuß 


Orch.; Orchesterstücke, über 100 Mannerchöre 
und zahlreiche Klavierstücke (Charakter- und 
Jugendstücke, Etüden). 

Heuß, Alfred Valentin, * 27. 1. 1877 zu Chur, 
f 9. 7. 1934 zu Gaschwitz bei Leipzig; deutscher 
Musikschriftsteller, 1896 Schüler des Stuttgarter 
Konservatoriums, 1898 an der Münchner Akade- 
mie und zugleich an der Universität, beendete 
seine Universitätsstudien 1899-1903 unter H. 
Kretzschmar in Leipzig und promovierte mit der 
Studie Die Instrumentalstücke des »Orfeo « und die 
venezianischen Opemsinfonien (SIMG IV, 1903). 
1904-14 war er Redakteur der Zeitschrift der In- 
ternationalen Musikgesellschaft, 1902-05 Konzert- 
referent der »Signale«, später Opern- und Konzert- 
referent der »Leipziger Volkszeitung« und 1912-18 
als einer der charaktervollsten und gedankenreich- 
sten deutschen Kritiker in gleicher Stellung an der 
»Leipziger Zeitung«. 1921-29 hatte er die Haupt- 
schriftleitung der »Zeitschrift für Musik«, die er zu 
einer Kampfzeitschrift gegen die internationale 
Moderne gestaltete und <ne eine Reihe Studien von 
prinzipieller Bedeutung von ihm enthält. H. 
schrieb wertvolle Programmbücher für die Bach- 
feste in Leipzig (1904, 1907, 1908, 1914, 1927 über 
die Kunst der Fuge) sowie (alles in Leipzig) : G. F. 
Händel »Saul« in der Einrichtung von F. Chrysander 
(1906); A. Bruckner . Te Deum (1908); J. S. Bachs 
Matthäuspassion (1909); Über die Dynamik der 
Mannheimer Schule (Riemann-Fs., Leipzig 1909); 
Beethoven. »Die Geschöpfe des Prometheus «, Ballett 
(um 1910) ; F. Liszt . Missa solemnis (um 1910) ; Er- 
läuterungen zu F. Liszts Sinfonien und sinfonischen 
Dichtungen (1912); Kammermusikabende (1919); 
Beethoven. Eine Charakteristik (1921, 21933). Von 
seinen zahlreichen Aufsätzen seien genannt: Bachs 
Rezitativ-Behandlung . . . (Bach-Jb. I, 1904), Das 
dämonische Element in Mozart' s Werken (ZIMG VII, 
1905/06), Wann kam der Gemeindechoral in die Pas- 
sionsmusik? (ZIMG XD, 1910/11), Zu Umlaufs 

Ä l: »Die Bergknappen« (ZIMG XIII, 1911/12), 
Is Musikdramatiker (ZIMG XV, 1913/14), 
Das Orchester-Crescendo bei Beethoven (Zf Mw X, 
1927/28), Das Textproblem von Handels »Judas Mac - 
cabäus « (Handd-Jb. I, 1928), Mozarts » Idomeneo « 
als Quelle für »Don Giovanni « und » Die Zaubaflöte« 
(Zf Mw Xm, 1930/31). Er besorgte die Ncuaus- 

f abe von A. Kriegers Arien (DDT XIX). Ab 1915 
omponierte er auch Lieder, Balladen und Chöre 
( Chor der Toten, 2. und 38. Psalm). H. war an der 
Gründung des Verbandes deutscher Musikkritiker 
beteiligt, dessen erster Vorsitzender er war. 

Lit.: Nachrufe in ZfMw XVI, 1934 (A. Schering), 
ZfM CI, 1934 (G. Bosse) u. Mk XXVI, 1934 (A. 
Burgartz). 

Hewitt (j'u:it), Helen Margeret, * 2. 5. 1900 zu 
Granville (Washington); amerikanische Musik- 
forscherin und Organistin, studierte Mathematik, 
Musikgeschichte und Orgelspiel am Vassar Cöl- 
be! Widor, Theorie bei N. Boulanger), in ^Phila- 
delphia, an der Columbia University in New York 
und am RaddifFe College (Cambridge, Mass.), wo 
sie, nach einem zweijährigen Aufenthalt in Heidel- 
berg (Musikwissenschaft bei Bessder), 1938 mit der 
Arbeit Harmonice Musices Odhecaton A (Cambridge 
1942, 21946 ) promovierte. Sie lehrte 1938/39 am 


Florida State College for Women in Tallahassee, 
1942 am Hunter College in New York und seit 
Herbst 1942, ab 1948 als Professor, Musikwissen- 
schaft und Orgel am North Texas State College 
in Denton. Sie schrieb: Some Forms and Styles in me 
Music of the Late 15th CenturyJPAMS fi, 1941); 
Malmaridade and Meshouwet (TMw XVII, 1951), 
A Study of Proportions (in: Essays on Music, Fs. 
A. Th. Davison, Cambridge, Mass., 1957) und 
gab heraus Canti B Numero Cento Cinquanta 
(bisher nur maschinenschriftlich) und Doctoral 
Dissertation in Musicology (Denton, Texas, 1952; 
weitergeführt in American Music Teacher H-IV, 
1953-55, und seither in JAMS). 

Hewitt (j'u:it), - 1) James, * 4. 6. 1770 zu Dart- 
moor, f 1-8. 1827 zu Boston; amerikanischer 
Violinist und Komponist englischer Geburt, viel- 
leicht Schüler von Viotti, wirkte zunächst im Lon- 
doner Hoforchester und ging 1792 nachNew York. 
Dort trat er mit Erfolg als Violinist auf, brachte 
1794 seine Oper Tammanny , or The Indian Chief mc 
Aufführung, eine der ersten amerikanischen 
Opern. In der Folge erlangte er in verschiedenen 
Funktionen, u. a. 1805-09 als Leiter aller Militär- 
kapellen der Stadt, als Musikverlegcr, als Organist 
an Trinity Church, die Stellung eines der führen- 
den Musiker. 1812-18 war er in Boston tätig 
(Federal Street Theatre), ging dann wieder nach 
New York zurück, wo er zeitweilig den Posten 
eines Musikdirektors am Park Theatre bekleidete. 
Von seinen Kompositionen seien neben der oben 
genannten Oper genannt: eine komische Oper 
The Spanish Castle , or The Knight of the Guadalquivir 
(New York 1800); mehrere Bühnenmusiken, dar- 
unter Columbus , Pizarro , Robin Hood ; Orchester- 
werke (Ouvertüren); Klavierstücke, darunter die 
Sonate The Battle of Trenton, Violinduette und Lie- 
der. Sein Sohn - 2) John Hill, * 11. 7. 1801 zu 
New York, f 7. 10. 1890 zu Baltimore, wirkte 
nach Musikstudien zunächst als Musiklehrer und 
betätigte sich in der Folge vor allem als Musik- 
schriftsteller. Sein kompositorisches Schaffen um- 
faßt 4 Opern, ein Oratorium Jephta , Kantaten und 
Chorwerke, doch wurden vor allem seine über 
300 Lieder bedeutsam (einsetzend mit The Min- 
strel* s Return Jrom the War , 1825), die ihm den Titel 
eines »father of the American ballad« einbrachten. 
Er veröffentlichte Miscellaneous poems (Baltimore 
1838) und Memoiren unter dem Titel Shadows on 
the wall (Baltimore 1877). 

Lit. : J. T. Howard, The H. Family in American 
Music, MQ XVH, 1931. 

Hey, Julius, * 29. 4. 1832 zu Irmelshausen (Un- 
terfranken), f 22. 4. 1909 zu München; deutscher 
Gesangspädagoge, besuchte die Münchener Maler- 
Akademie, ging aber dann zur Musik über und 
studierte unter F. Lachner Harmonielehre und 
Kontrapunkt und unter dem als Lehrer für Stimm- 
bildung anerkannten Fr. Schnaitt Gesang. Durch 
Vermittlung König Ludwigs II. wurde er mit 
Wagner bekannt, der ihn zu einer Reform der 
Gesangsausbildung im nationaldeutschen Sinne an- 
regte. Für diese Idee wirkte er als erster Gesang- 
lehrer an der 1867 unter H. von Bülows Direktion 
nach Wagners Entwürfen von Ludwig II. ins 
Leben gerufenen Königlichen Musikschule in 
München, sah sich aber schon nach Bülows Weg- 


788 



Heyer 


gang (1869) an der Verwirklichung seiner Plane 
gehindert, gab nach langjährigen weiteren Kämp- 
fen, als Wagner starb (1883), seine Stellung auf 
und übersiedelte 1887 nach Berlin. 1906 kehrte er 
nach München zurück. Seine »Stilbildungsschule« 
für den Vortrag deutscher musikdramatischer 
Werke wurde richtungweisend und gilt als grund- 
legend für den Gesang in deutscher Sprache; auf 
ihr basiert sein großes gesangspädagogisches Werk 
Deutscher Gesangunterricht (4 Teile, Mainz 1885; I: 
Sprachlicher Teil, II: Ton- und Stimmbüdung der 
Frauenstimmen, HI: Ton- und Stimmbüdung der 
Männerstimmen, IV: Textliche Erläuterungen). 
Das Werk führt den Sänger Schritt für Schritt von 
den Elementen einer naturgemäßen Tonbüdung 
bis zum künstlerischen vollendeten Vortrag in 
fester Fühlung mit den Ergebnissen einer ersprieß- 
lichen praktischen Unterrichtstätigkeit. Diesem 
Hauptwerk fügte H. einen »Sprachlichen Teü« an, 
der als Der Kleine Hey zum Standardwerk für 
Sprecherziehung geworden ist. Durch seine wert- 
vollen, heute wieder gültigen sprachwissenschaft- 
lichen Erkenntnisse ist H. imbestritten der Alt- 
meister der Sprecherziehung. Er veröffentlichte 
Lieder und Duette (auch komische) sowie eine für 
den ersten Gesangunterricht beliebte Sammlung 
von 16 leichten Kinderliedem. Er schrieb noch: 
R. Wagner ah Vortragsmeister (herausgegeben von 
seinem Sohn Hans H., Leipzig 1911). 

Ausg.: Der Kleine Hey. Die Kunst d. Sprechens, nach 
d. Urtext neu bearb. u. ergänzt v. Fr. Reusch, Mainz 
(1956). 

Lit. : H. Krech, J. H. u. sein Sängerbildungsideal, 
Diss. Halle 1941 (maschr.). - Nachruf v. H. Roth, 
ZIMG X, 1908/09. 

von der Heyde-Dohm, Ellinor, * 23. 2. 1905 
zu Kassel; deutsche Organistin, betrieb ihre prak- 
tischen Musikstudien an der Musikhochschule Ber- 
lin und bei F. Germani (Orgel) in Rom, studierte 
Musikwissenschaft in Berlin und promovierte 1930 
mit einer Arbeit über Marc 9 Antonio Ingegneri ah 
Madrigalkomponist (Teilabdruck Hannover 1936). 
Seit 1935 wirkt sie als Organistin und Chorleiterin 
in Braunschweig und wurde dort 1945 in beiden 
Funktionen an den Dom berufen. Seit 1957 ist sie 
daneben Leiterin der Ausbüdungsklasse für Orgel- 
spiel an der Akademie für Musik und Theater in 
Hannover. 

Heyden (Haiden, Heiden), - 1) Sebald, * 1499 zu 
Bruck bei Erlangen, + 9. 7. 1561 zu Nürnberg; 
deutscher Kantor, studierte 1513-19 an der Uni- 
versität Ingolstadt. 1519 wurde er Kantor und 1521 
Rektor der Spitalschule, 1525 Rektor der Sebaldus- 
schule in Nürnberg. Von Kompositionen wurden 
bisher nur 8 Kirchenlieder bekannt. Besondere 
Bedeutung kommt seinen Lehrwerken zu: Musicae 
axoixeUoaiq (Nürnberg 1532, Elementarmusik- 
lehre), Musicae, id est, Artis canendi libri duo (Nürn- 
berg 1537; 21540 als: De arte canendi , ac vero signorum 
in cantibus usu f libri duo). - 2) Hans, getauft 19.1. 
1536 und begraben 22.10.1613 zu Nürnberg, 
Sohn von Sebald H. ; deutscher Kaufmann, ab 1570 
für das Handelshaus Welser tätig, war nebenbei 
ein tüchtiger Mechaniker, Instrumentenmacher 
und Musiker. Als Organist wirkte er 1567-71 an 
St. Sebald und 1574-83 an St. Egidien. H. erfand 
um 1575 das Nümbergische Geigenwerk oder 


Geigen-Clavicymbel, das er um 1600 verbesserte 
(Instrumentum reformatum); es wurde das Vor- 
bild für die zahlreichen bis ins 19. Jh. unternom- 
menen Versuche zum Bau sogenannter Streich- 
klaviere oder -> Bogenflügel. H. schrieb darüber: 
Musicale Instrumentum refonnatum (Nürnberg ohne 
Jahr, um 1600, erweitert 1610, lateinisch v. C. Rit- 
tershausen als Commentatio de musicali instrumento 
1605). -3) Hans Christoph, getauft 14. 2. 1572 
und begraben 9. 2. 1617 zu Nürnberg, Sohn von 
Hans H.; deutscher Komponist, wurde in seiner 
Heimatstadt 1591 Spitalorganist, 1596 als Nach- 
folger Lautensacks Organist an St. Sebald, geriet 
verschiedentlich in Konflikt mit der Obrigkeit und 
wurde 1616 seines Amtes enthoben. Er fristete da- 
nach sein Leben als Bischöflich Bambergisch und 
Eichstättischer Kästner. H. gab 2 Bücher 4st. Tanz- 
lieder heraus: Gantz neue lustige Tantz (1601) und 
Postiglion der Lieb (1614), meist auf akrostichische 
Verse eigener Dichtung. Seine Kompositionen 
zeigen den Stil der deutschen VillaneHen H. L. 
Häßlers und sind von besonderer Frische und Fein- 
heit. 

Lit : A. Sandberger, Bemerkungen zur Biogr. H. L. 
Häßlers . . ., * Vorw. zu DTB V. - zu Sebald H.: 
A. Kosel, S. H., == Literarhist.-mw. Abhandlungen 
VII, Würzburg 1940, dazu d. wertvolle Besprechung 
durch R. Wagner in: Mitt d. Vereins f. Gesch. 
d. Stadt Nürnberg XXXVI, 1941; R. Wagner, 
W. Breitengraser, Mf II, 1949. - zu Hans H.: G. 
Kinsky, H.H., ZfMw VI, 1923/24. - zu Hans 
Christoph H.: W. Vetter, Wort u. Weise im deut- 
schen Kunstlied . . ., ZfMw X, 1927/28; ders.. Das 
frühdeutsche Lied, 2 Bde, — Universitas- Arch. VIII, 
Münster 1928, in Bd II 9 Lieder; L. Hübsch-Pfleger, 
Das Nürnberger Lied, Diss. Heidelberg 1942, maschr., 
mit Verz. d. Lieder. 

Heydrich, Richard Bruno, * 23. 2. 1863 zu Leu- 
ben (Sachsen), + 26. 8. 1938 zu Halle; deutscher 
Komponist und Sänger, Sohn des Klavierbauers 
Reinhold H., 1879-82 Schüler des Dresdner Kon- 
servatoriums, wirkte als Kontrabassist im Mei- 
ninger und Dresdner Hoforchester, debütierte 
nach Gesangstudien 1887 in Sondershausen, war 
dann als lyrischer bzw. Heldentenor engagiert in 
Weimar, Stettin, Aachen, Köln, Magdeburg, 
Braunschweig. Er lebte zuletzt in Halle als Leiter 
eines von ihm 1899 gegründeten Konservatoriums 
für Musik und Theater. Als Komponist trat er her- 
vor mit den Opern Amen (Köln 1895), Frieden 
(Mainz 1907), Zufall (Halle 1914), Das Leierkind 
und Das ewige Licht , schrieb außerdem Chorwerke 
mit OrcL, Orchester- und Kammermusikwerke, 
Chöre, Terzette, Duette und Lieder. 

Heyer, Wilhelm, * 30. 3. 1849 und + 20. 3. 1913 
zu Köln; Gründer der Papiergroßhancüung Poens- 
gen 8c Heyer, war ein eifriger Musikfreund und 
Mäzen, lange Jahre Vorstandsmitglied des Kölner 
Konservatoriums und der Musikalischen Gesell- 
schaft. 1906 gründete er in Köln ein Musikhisto- 
risches Museum, das sich bald zu einem wissen- 
schaftlich bedeutsamen Institut entwickelte. Es ent- 
hielt über 2600 Instrumente mit Zubehör, etwa 
1700 Musikerautographen, etwa 20000 Musiker- 
bride, 3500 Porträts und eine musikalische Fadx- 
bibliothek mit zahlreichen seltenen Drucken. Den 
Hauptbestandteil der Instrumentensammlung bil- 
deten die zweite Sammlung de Wits, die Kraussche 


789 



Heyerdahl 


Sammlung (Florenz) und die von Ibach in Barmen. 
Konservator des Museums war, als Nachfolger von 
E. Prätorius, ab 1909 G. Kinsky, der den gut aus- 

r Ltteten Katalog Musikhistorisches Museum von 
H. in Coln herausgab (erschienen 3 Bände, 
Leipzig, 1: 1910, II: 1912, IV: 1916). Das Museum 
war ab Herbst 1913 der Öffentlichkeit zugänglich, 
wurde aber von H.s Erben 1926 aufgelöst; die In- 
strumentensammlung erwarb der sächsische Staat 
für die Universität Leipzig, die Manuskript- und 
Bücherbestände gingen in alle Winde. Die Leip- 
ager Sammlung erlitt im 2. Weltkrieg empfind- 
liche Verluste. 

Lit.: G. Kinsky, Musikhist. Museum v. W. H. in 
Coln. Klemer Kat. d. Slg alter Musikinstr., Lpz. 
1913; ders., Versteigerung v. Musiker- Autographen . . . 
aus <L Nachlaß d. Herrn Kommerzienrates W. H. in 
Köln. Beschreibendes Verz. I-IV, Bin 1927/28; H. 
Schultz, Führer durch d. Mw. Instrumentenmu- 
seum d. Univ. Lpz., Lpz. 1929; P. Rubardt, Führer 
durch d. Instrumentenmuseum d. Karl-Marx-Univ. 
Lpz., Lpz. 1955. 

Heyerdahl, Anders, * 29. 10. 1832 zu Urskog, 
1 18. 8. 1908; norwegischer Komponist und Volks- 
liedsaminler, war lange Jahre Geiger am Theater 
in Oslo, durch ein nervöses Leiden jedoch längere 
Zeit zur Aufgabe seines Berufs gezwungen. Er 
gab eine wertvolle Sammlung norwegischer 
Volkslieder unter dem Titel Slaatter heraus. 
Das nationale Element spielt eine wichtige Rolle 
auch in seinen Kompositionen: eine Ouver- 
türe; 2 Streichquartette; Kla vier quin tett; Huldree - 
ventyr (Ein Märchenabenteuer). 

Heymann, Karl, * 6. 10. 1854 zu Rlehne (Po- 
sen), f im November 1922 zu Haarlem; deutscher 
Pianist, Schüler des Kölner Konservatoriums und 
Kiels in Berlin, erregte bereits Aufmerksamkeit als 
Pi a nis t, als nervöse Überreizung ihn zwang, meh- 
rere Jahre der Wiederherstellung seiner Gesund- 
heit zu widmen. 1872 trat er zuerst wieder als 
pianistischer Begleiter Wilhelmjs auf und nahm 
die Musikdirektorstelle in Bingen an, 1879/80 war 
er Lehrer am Hochschen Konservatorium in 
Frankfurt am Main und widmete sich dann wieder 
für kurze Zeit der Virtuosenlaufbahn. Seine Kom- 
positionen ( Elfenspiel, Mummenschanz , Fantasie- 
stücke, ein Klavierkonzert) sind brillant, aber auch 
gehaltvoll 

Heymann, Werner Richard, * 14.2.1896 zu 
Königsberg; deutscher Komponist amcri1canigrh<»r 
Staatsbürgerschaft, lebt in München. Zunächst 
Violinist, erhielt er Kompositionsunterricht bei P. 
Juon und P. Scheinpflug. Nach ernsteren Werken 
(Bühnenmusiken; Rhapsodische Sinfonie für Orch. 
und Bar.; Frühlings-Notturno für Orch.; einem 
Streichquartett, Orchestergesängen und Liedern) 
wandte er sich der Filmmusik zu (u. a. Liebeswalzer, 
Drei von der Tankstelle, Bomben auf Monte Carlo , 
Der Kongreß tanzt, Ninotschka) und der Schlager- 
komposition. Ferner entstanden zur Bühnenfas- 
sung von Heinrich Manns »Professor Unrat« Chan- 
sons Der blaue Engel und ein musikalisches Lustspiel 
Kiki vom Montmartre (Stuttgart 1954). 

Heyne van Ghizeghem -> Hayne van Ghi- 
zeghem. 

Hibberd (hTbcerd), Lloyd, * 2. 1. 1904 zu San 
Francisco; amerikanischer Musikforscher, stu- 

790 


dierte am Haverf ord College, an der University of 
California und an der Harvard University, an der 
er 1941 mit einer Arbeit über The Early Keyboard 
Prelude zum Ph. D. promovierte. Seit 1945 ist er 
am North Texas State College in Denton tätig 
(1945-48 Associate Professor, ab 1948 Professor o£ 
Music). Veröffentlichungen : Musica Ficta and In- 
strumental Music c. 1250 - c. 1350 (MQ XXVIII, 
1942); Estampie and Stantipes (Speculum XIX, 
1942); Giraldus Cambrensis and English » Organ 
Music « (JAMS Vd, 1955); Giraldus Cambrensis on 
Welsh Populär Singing (in: Essays on Music in 
Honor of A. Th. Davison, Cambridge, Mass., 
1957). 

Hickmann, Hans, * 19. 5. 1908 zu Roßlau (An- 
halt) ; deutscher Musikforscher, studierte in Halle 
und Berlin bei Schering, Schünemann, J. Wolf, 
Fr. Blume, C. Sachs und E. M. von Hornbostel 
Musikwissenschaft, zugleich an der Berliner Aka- 
demie für Kirchen- und Schulmusik Klavier (K. 
Schubert), Dirigieren, Musikerziehung und Kom- 
position. 1934 promovierte er mit einer Arbeit 
über Das Portativ (gedruckt Kassel 1936) und 
wirkte in Kairo als Musikerzieher und -forscher 
sowie als Leiter der von ihm gegründeten Gesell- 
schaft »Musica viva«. Seit 1957 leitet er das Deut- 
sche Kulturinstitut in Kairo und wurde Professor 
an der Universität Hamburg. Seine Forschungen 
zur ägyptischen und arabischen Musik haben ihm 
zahlreiche Ehrungen eingetragen. Schriften: La 
trompette dans VEgypte ancienne (= Supplement aux 
Annales du Service des antiquitös de TEgypte I, 
Kairo 1946); Terminologie arabe des Instruments de 
musique (Kairo 1947, maschinenschriftlich) ; Cata- 
logue gindral des antiquitds igyptiennes du musie du 
Caire, Instruments de musique (Kairo 1949); Music 
under thePharaohs (Kairo 1949) ; 45 sihles de musique 
dans VEgypte ancienne (Paris 1956); Musicologie 

e mique (= Sammlung musikwissenschart- 
Äbhandlungen XXXIV, Kehl 1956). Auf- 
sätze: Miscellanea musicologica I-XV (Annales du 
Service des antiquit6s de l’Egypte seit Band 
XLVm, 1948); Cymbales et crotales . . . (ebenda IL, 
1949); Über den Stand der musikwissenschaftlichen 
Forschung in Ägypten (Kongreß-Bericht Basel 
1949); Music and Musical Education in Egypt (in: 
Hinrichsen’s Musical Year Book VI, 1949-50) ; Un 
instrument ä cordes . . . (Bulletin de la Soddtö d’Ar- 
ch6ologie Copte XE, 1949); Commentaires sur la 
musique militaire . . . (Cahiers d’histoire 6gyptienne 
1, 1949) ; Die kultische Verwendung der altägyptischen 
Trompete (in: Die Welt des Orients 1950) ; La dara- 
boukkah (Bulletin de Hnstitut d’Egypte XXXIII, 
1950/51); La musique polyphonique dans VEgypte 
ancienne (ebenda XXXIV, 1951/52); Les harpes de 
VEgypte pharaonique, Essai dune nouvelle Classification 
(ebenda XXV, 1952/53) ; Le mitier de musicien au 
temps des Pharaons (Cahiers d’histoire ögyptienne 
IV, 1952, erweitert in 2. Auflage ebenda VI, 1954) ; 
The Antique Cross-fiute (AM1XXIV, 1952); Quel- 
ques considirations sur la danse et la musique de danse 
dans VEgypte pharaonique (Cahiers d’histoire dgyp- 
tienne V, 1953); A New Type of Egyptian Harp 
(AMI XXVI, 1954); Le probIhne ae h notation 
musicale — und Terminologie musicale de VEgypte 
ancienne (Bulletin de l’Institut d’Egypte XXXVI, 
1953/54) ; Du battement de la main aux planchettes 



Hignard 


entrechoquies und La danse aux miroirs (ebenda 
XXX VE, 1954/55) ; Les problhnes et Vitat actuels des 
recherches musicologiques en Ügypte (ebendaXXXVü, 
1955/56); Die Gefaßtrommeln (Mitteilungen des 
Deutschen Archäologischen Instituts Kairo XIV, 
19570; Musikerziehung im alten Ägypten (in: Musik- 
erkenntnis und Musikerziehung, Festschrift H. 
Mersmann, Kassel und Basel 1957); zahlreiche 
Artikel in der MGG, vor allem: Ägyptische Musik 
(auch erweitert als AhrSgi de Vhistoire de la musique 
en £gypte in: Rev. de MusicoL XXXII, 1950, 
= Tome XXIX, spanisch und englisch in: Bulletin 
culturel du Departement de la presse, Ministern des 
Affaires Etrang&res, Kairo 1950). 

Hidalgo (id'algo), Juan, f 1685 zu Madrid; spa- 
nischer Komponist, war von 1631 bis zu seinem 
Tode Harfenist der Königlichen Kapelle in Ma- 
drid. Er ist der Komponist einer der frühesten mit 
Musik erhaltenen spanischen Opern: Celos aun del 
aire matan (1662, Text von Calderdn). Dem Titel 
nach sind noch die folgenden Opern bekannt (nur 
kleine Stücke erhalten): La Pürpura de la Rosa 
(1660), Ni Amor se libra de Amor (1662), Los celos 
hacen estrellas (1662), Hado y Divisa de Leonido y de 
Marfisa (1680). Im Manuskript sind Vokalwerke 
für eine und mehrere Singstimmen erhalten. 
Ausg.: »Celos aun del aire matan«, hrsg. v. J. Su- 
birä, Bibi, de Catalunya XI, 1933; ein Cuatro, 11 
Stücke aus »Ni Amor se libra de Amor« u. 6 Stücke 
aus »Los celos hacen estrellas« bei F. Pedrf.lt ^ El 
teatro lirico espaüol anterior al s. XIX, Bde III-V, 
Barcelona 1897; Escena XI (4st. mit Begleitung) aus 
»Ni Amor se libra de Amor« in: Cancionero musical 
populär espaüol IV, hrsg. v. dems. 

Lit. : J. Subirä, La müsica en la casa de Alba, Madrid 
1927; ders., El operista espaüol D. J. H., in: Las 
Ciendas I, 1934, auch separat, Madrid 1934; O. 
Ursprung, »Celos aun del Aire matan«, Text v. 
Calderön, Musik v. H., d. älteste spanische Oper, in: 
Fs. A. Schering, Bin 1937, 

Hielkema (h'i:lkema), Willem, * 15. 12. 1921 
zu Leeuwarden; niederländischer Pianist, Schüler 
des Königlichen Konservatoriums im Haag, wo er 
als Klavierpädagoge wirkt. Er betätigt sich als Kon- 
zertpianist und Kammermusikspieler (u. a. mit P. 
Tortelier). 

Hientzsch, Tohann Gottfried, * 6. 8. 1787 zu 
Mockrehna bei Torgau, f 1. 7. 1856 zu Berlin; 
deutscher Musikpädagoge, studierte in Leipzig, 
war als Lehrer mehrere Jahre in der Schweiz, um 
sich Pestalozzis Methode anzueignen, 1817 Semi- 
narmusiklehrer in Neuzelle, 1822 Seminardirektor 
in Breslau und 1833-49 in Potsdam, 1849-54 Di- 
rektor des Blindeninstituts in Berlin. Er gab 
Sammlungen kirchlicher Gesänge für den Schul- 
gebrauch heraus, redigierte 1828-37 die musik- 
pädagogische Zeitschrift »Eutonia«, begann noch 
1856 die Herausgabe einer neuen Munkzeitung: 
»Das musikalische Deutschland«, deren Erscheinen 
beim 3. Heft sein Tod sistierte, und schrieb außer- 
dem: Einige Worte zur Veranlassung eines großen 
jährlichen Musikfestes in Schlesien (Breslau 1825); 
Über den Musik-Unterricht , besonders im Gesänge auf 
Gymnasien und Universitäten (Breslau 1827) und 
Methodische Anleitung zu einem möglichst natur- und 
kunstgemäßen Unterricht im Singen, für Lehrer und 
Schüler (I. Teil, Breslau 1836). 

UL: H. Pezold, J. G. H., Diss. Lpz. 1957. 


HierQnymus de Moravia, OP; Musiktheoretiker 
des 13. Jh. Über Herkunft und Werdegang H.s ist 
nichts bekannt außer seiner eigenen Mitteilung, 
er sei - wohl schon in Paris - mit Franco von Köln 
zusammengetroffen. Als Angehöriger des Domi- 
nikanerklosters St-Jacques in Paris verfaßte er 
zwischen 1272 und 1304 einen Tractatus de musica, 
der im Ms. Latin 16.663 der Biblioth&que Natio- 
nale Paris überliefert ist. Der zum weitaus größten 
Teü kompilierte Traktat bringt ausführliche Zitate 
aus Boetnius, Johannes Affligemensis, Johannes de 
Garlandia, Isidoras, al-Färäbi, Richard von St- 
Victor und Thomas von Aquin sowie in vollem 
Wortlaut vier frühe Diskant-Traktate: die an- 
onyme Discantus positio vulgaris und die Schriften 
von Johannes de Garlandia, Franco von Köln und 
Petrus Picardus. H. selbst sind die Kapitel 24, 25 
und 28 zuzuweisen ; darin stellt er Regem für Kom- 
position und Vortrag gregorianischer Gesänge auf 
und berichtet über den französischen Choralgesang 
sowie einige Musikinstrumente der Zeit. 

Ausg.: Tractatus de musica in CS I; ders., hrsg. v. 
S. M. Cserba. OP, =* Freiburger Studien zur Mw. II, 
Regensburg 1935. 

Lit.: J. Qu£itf u. J. Echard, Scriptores OP, 2 Bde, 
Paris 1719-21, erweitert v. R. Coulon u. A. Pagüloa 
21910-34; G. Pietzsch, Die Klassifikation d. Musik, 
Halle 1929; A. Gastou£, Un Dominicain professeur 
de musique . . ., Archivum OP n, 1932. 

Higgins (h'igans), Edward (HIggons), * um 1485, 
f 6. 1. 1538 wahrscheinlich zu Lincoln; englischer 
Geistlicher, 1513 Kaplan am Hofe König Hein- 
richs VÜL, 1522 Kanonikus an St. Stephen’s, 
Westminster, kam 1530 an die KoHegiatkirche von 
Arundel, 1533 an die Kathedrale von Lincoln. H. 
schrieb (wahrscheinlich zwischen 1522 und 1530) 
die Chorbücher Cambridge, Caius College Ms. 
667 (für St. Stephen’s in Westminster geschrieben) 
und London, Lambeth Palace Ms. 1, in denen u. a. 
Werke von Comyshe, Fayrfax und Ludsford über- 
liefert sind. 

Higginsan (h'igonson), Henry Lee, * 18. 11. 1834 
zu New York, f 15. 11. 1919 zu Boston; amerika- 
nischer Musikmäzen, studierte 1856-60 Gesang, 
Klavier und Komposition in Wien, ließ sich 1868 
in Boston als Bankier nieder. Er stiftete die Geld- 
mittel, die die Gründung (1881) und die weitere 
Existenz des Boston Symphony Orchestra ermög- 
lichten. Die bis dahin persönlich, versehene Ver- 
waltung übertrag er 1918 auf ein von ihm gewähl- 
tes Direktorium. 

Lit: M. A. db Wolfe Howe, The Boston Symphony 
Orchestra, Boston 1914, 21931 . 

HIggons» Edward Higgins. 

Hignard Qp.'a:r), Jean Louis Aristide, * 22. 5. 
1822 zu Nantes, f im März 1898 zu Vemon; fran- 
zösischer Komponist, wurde 1845 Schüler von 
Haldvy am Pariser Conservatoire und erhielt 1850 
den 2. Kompositionspreis. Er lebte als Musiklehrer 
in Vemon. Von ihm kamen die folgenden komi- 
schen Opern zur Aufführung: Le vmonnaire (Nan- 
tes und Paris 1851 ; alle weiteren in Paris), Colin - 
maillard (1853); Les compagnons de Maijolaine 
(1855) ; Lauberge des Ardennes (1860) ; ferner in den 
Bouffes Parisiens: Monsieur de Chimpanzi (1858); 
Le nouveau Pourceaugnac (1860) und Les musiciens 


791 



HÜber 


de Vorchestre (1861). Eine »Tragedie lyriquet Hamlet 
(die Erklärung der damit versuchten neuen Gat- 
tung gibt die Vorrede der Partitur) wurde 1888 in 
Nantes gegeben. Von den anderen Werken H.s 
sind hervorzuheben die Valses concertantes und 
Valses romanüques für KL, Männerchöre, Frauen- 
chöre und Lieder. 

Hilber, Johann Baptist, * 2. 1. 1891 zu Wil 
(Kanton St. Gallen); Schweizer Komponist, stu- 
dierte an den Konservatorien von Zürich und 
Köln und war 1915-28 Gymnasialmusikdirektor 
in Stans. Nach einer Tätigkeit als Chordirektor an 
der Pauluskirche in Luzern wurde er 1934 Stifts- 
kapellmeister der dortigen Hof kirche. Er ist gleich- 
zeitig Leiter der von ihm gegründeten Schweize- 
rischen Katholischen Kirchenmusikschule in Lu- 
zern. Die kirchenmusikalischen Werke H.s, die in 
seinem Schaffen den größten Raum einnehmen, 
erfuhren eine weite Verbreitung und brachten ihm 
den Ruf eines der führenden zeitgenössischen 
Komponisten auf dem Gebiet der katholischen 
Kirchenmusik. Die Universität Freiburg in der 
Schweiz verlieh ihm 1951 den Titel eines Dr. h. c. 
H.s Hauptwerke: eine Messe D moll (1922), Missa 
pro patria (1941), Messe zu Ehren des heiligen Niklaus 
von Flüe (1947), Messe zu Ehren des heiligen Franz 
von Assisi (1950), mehrere Meßproprien, 4 Fest- 
offertorien für Chor und Org., Ecce sacerdos magnus 
für Chor und Org. (1930), Justus ut palma für 
S.solo und Chor (1935), Motetten und Marien- 
lieder a cappella; Bühnenmusiken zu Wilhelm Teil 
(Schiller) und Der Müller von Sempach (Bachtiger) ; 
ein Klavierkonzert (1915), Concertino für KL und 
Orch. (1933); zahlreiche weltliche a-cappella- 
Chöre. 

Lit: J. B. H., Festgabe zu seinem 60. Geburtstag, 
Altdorf 1951. 

Hüdach, Eugen, * 20. 11. 1849 zu Wittenberge 
an der Elbe, f 29. 7. 1924 zu Berlin-Zehlendorf; 
deutscher Sänger (Bariton) und Komponist, be- 
suchte zunächst die Baugewerbeschule in Holz- 
minden und ließ sich erst nach 1873 zum Sänger 
ausbilden. Eine Mitschülerin bei Frau E. Drey- 
schock in Berlin, Anna Schubert (Sopran), * 5. 
10. 1852 zu Pollritten (Ostpreußen), j* 18. 11. 1935 
zu Frankfurt am Main, ab 1878 seine Frau, beglei- 
tete ihn von seinem neuen Wohnsitz Breslau aus 
auf verschiedenen Konzertreisen. 1880 berief Fr. 
Wüllner beide ans Dresdner Konservatorium, wo 
sie bis 1886 lehrten. In der Folge widmeten sie sich 
nur dem Konzertgesang und eröffneten 1904 eine 
Gesangschule in Frankfurt am Main. H. trat als 
Komponist mit Liedern populärer Wirkung (Der 
Lenz ist da), Duetten und Chören hervor. 

Hildebrand, Camillo, * 31. 1. 1876 zu Prag, 
t 13. 10. 1953 zu Sondershausen; deutscher Ka- 
pellmeister, war Schüler des Prager Konservato- 
riums, wurde Lehrer der Opemklasse am Hoch- 
sehen Konservatorium in Frankfurt am Main und 
wirkte an den Theatern von Heidelberg, Mainz, 
Aachen, Mannheim, war 1912-19 Dirigent des 
Berliner Philharmonischen Orchesters, 1919/20 
Opemdirektor in Freiburg im Breisgau, 1921-24 
als Dirigent des Blüthn er-Orchesters wieder in 
Berlin tätig. H. war verheiratet mit der Opem- 
und Konzertsängerin Henny Linkenbach. Er 


schrieb vor allem Chöre und Lieder, aber auch 
Opern sowie Orchesterwerke und Klavierstücke. 

Hildebrand, Christian -*» Füllsack. 

Hildebrandt, Ulrich, * 1. 7. 1870 zu Treptow, 
f 17. 2. 1940 zu Stettin; deutscher Komponist und 
Organist, in früher Jugend erblindet, erhielt seine 
Musikausbildung zunächst in Stettin, dann bei H. 
Barth in Berlin. Ab 1895 wirkte er als Organist an 
der Stettiner Schloßkirche. H. schrieb Instrumen- 
talwerke, eine Reihe von Kantaten (Reformations- 
kantate op. 30, 1917) und geistliche Lieder. 

Hpdebrandt (Hildebrand), - 1) Zacharias, 
* 1688 zu Münsterberg (Schlesien), t 11. 10. 1757 
zu Dresden-Neustadt; deutscher Orgel- und In- 
strumentenmacher, ab 1730 Fürstlich Sachsen- 
Weißenfelrischer Hoforgelmacher, lernte 1713-16 
bei G. Silbermann in Freiberg, entwickelte jedoch 
eigene Grundsätze, wobei auch seine enge Be- 
ziehung zu J. S. Bach eine Rolle spielte. Sein 
Meisterstück (2manualig) setzte er 1722 in Lang- 
hennersdorf im Erzgebirge auf. Als seine größten 
Werke baute er: 1743-46 die 3manualige Wenzels- 
orgel in Naumburg unter Wiederverwendung des 
alten Gehäuses mit Rückporitiv (53 Stimmen, Dis- 
position wohl von J. S. Bach) die von T. S. Bach 
und G. Silbermann abgenommen wurde; 1741 (?) 
bis 1749 die 2manualige Jakobiorgel in Hettstedt 
(Südharz; 31 St.), von der nur das Gehäuse erhalten 
ist; 1754-57 die 2manualige Orgel der Dreikönigs- 
kirche in Dresden-Neustadt (38 St., 1945 vernich- 
tet). Weitere 2manualige Orgeln: 1725-26 Lenge- 
feld im Ercgebirge; 1727-28 Jakobikirche Sanger- 
hausen. Einmanualige Orgeln: 1723 Störmthal bei 
Leipzig, vonj. S. Bach abgenommen (fast original 
erhalten) ; 1724 liebertwolkwitz bei Leipzig; 1730 
Sottershausen bei Sangerhausen; 1730-31 Schloß- 
kapelle S angerhausen; 1732 Lindenau bei Leipzig; 
1735-36 Eutritzsch bei Leipzig; zwischen 1743 und 
1746 Maria-Magdalenen-Kiraie Naumburg, nicht 
fertiggestellt; 1747-48 Wiederitzsch bei Leipzig. 
1750-54 beteiligte H. sich am Bau der Orgel in der 
katholischen Hofkirche in Dresden. Um 1740 
baute er in J. S. Bachs Auftrag ein Lautendavy- 
dmbel. - 2) Johann Gottfried, * 1724 zu 
Störmthal oder Liebertwolkwitz bei Leipzig, f 7. 
11. 1775 zu Dresden-Neustadt, Sohn und Schüler 
von Zacharias H., dem er als Geselle 1743-46 beim 
Bau der Wenzelsorgel in Naumburg half. Als 
Meister baute er mit seinem Vater 1754-57 die 
Orgel der Dreikönigskirche in Dresden-Neustadt, 
selbständig 1761-70 die 3manualige Michaelisorgel 
in Hamburg (60 bzw. 64 St.) und 1773-75 die 
2 manu a l i g c Stadtkirchenorgel in Sorau (Nieder- 
lauritz). 1771 wurde er zum Kurfürstlich Sächsi- 
schen Hoforgelmacher ernannt 
Lit: Adlung Mus. mech. org.1; Der Sammler f. 
Gesch. u. Alterthum, hrsg. v. P. G. Hölscher, Bd II, 
Dresden 1837; E. Flade, Der Orgelbauer G. Silber- 
mann, = Veröff. d. Fürstlichen Inst f. mw. Forschung 
zu Bückeburg V, 3, Lpz. 1926, 21953. -zuZ. H.: K. 
Pomp, Die H.-Orgel in d. Kirche zu Lengefeld, in: 
Mitt d. Landesver. f. Sächsischen Heimatschutz 
XXI, 1932; W. Nichterlein, Die Hildebrandorgel zu 
Naumburg, Naumburg 1933; Chr. Mahrenholz, 
Die H.-Org. in d. St Wenzelskirche zu Naumburg, 
MuK V, 1933; P. Rubardt, Bachorgeln, in: J. S. 
Bach, Das Schaffen d. Meisters im Spiegel einer Stadt, 
hrsg. v. R. Petzoldt u. L. Weinhold ,Lpz. 1950; W. 


792 



Hin 


David, J. S. Bachs Orgeln, Bin 1951 (nicht fehlerfrei); 
U. Dähnert in Ars organi V, 1957; ders. in MuK 
XXVII, 1957, S. 285 f. - zu J. G. H. : J. Faulwasser, 
Die Michaeliskirche in Hamburg, Hamburg 1901; 
Th. Cortum, Erinnerungen an d. 1906 durch Feuer 
vernichtete Michaelisorgel, Hamburg 1907. UD 

Hildegard von Bingen, die heilige, * 1098 zu 
Bermersheim bei Alzey, f 17. 9. 1179 auf dem Ru- 
pertsberg bei Bingen; deutsche Dichterin, Kompo- 
nistin und Schriftstellerin, Äbtissin, deren Schriften 
von Mystik und Visionen durchglüht sind und als 
»Erstlinge der deutschen Mystik« zahlen. Sie ver- 
faßte wahrend der 2. Periode ihrer schriftstel- 
lerischen Tätigkeit (1150-58) und in nächstem Zu- 
sammenhänge mit der Organisation ihrer jungen 
Klostergemeinde auf dem Rupertsberg auch ein 
Kyrie, 35 Antiphonen, 19 Responsorien, 7 Hym- 
nen und 7 Sequenzen, ferner das geistliche Schau- 
spiel Ordo virtutum. Charakteristisch für diese Ge- 
sänge sind: Aufbau der Melodie mittels verhältnis- 
mäßig weniger Motive und deren mannigfaltigen 
Varianten und Kombinationen, fast durchgängige 
Vermischung verschiedener (antiphonaler, respon- 
sorialer) Stüelemente, also Durchbrechung des 
choralen Formenkanons. Der Ordo virtutum nimm t 
hinsichtlich des Stoffes und der Durchkomposition 
in der Geschichte der geistlichen Dramen eine her- 
vorragende Stelle ein. 

Ausg.: J. Gmelch, Die Kompositionen d. hL H., 
nach d. großen H.-Kodex in Wiesbaden phototypisch 
veröff., Düsseldorf 1913 (GA); Der hL H. v. Bingen 
Reigen d. Tugenden, Ordo virtutum, hrsg. v. M. 
BÖckeler, Bin 1927; von Textausgaben sei nur ge- 
nannt: Migne Patr. lat. CXCVH; Weise d. Wege, 
Scivias, bearb. v. M. BÖckeler, Salzburg (1954). 
Lit. : J. Ph. Schmelzeis, Das Leben u. Wirken d. hL 
H., Freiburg i. Br. 1879; L. Bronarski, Die Lieder 
d. hl. H., = Veröff. d. Gregorianischen Akad. zu 
Freiburg/Schweiz IX, Lpz. 1922; J. Schmidt-Görg, 
Die Sequenzen d. hl. H., in: Fs. Schiedermair (™ 
Beiträge zur rheinischen Mg. XX), Köln 1956. - M. 
BÖckeler, Aufbau u. Grundgedanke d. Ordo vir- 
tutum d. hl. H., in: Benediktinische Monatsschrift V, 
1923; ders., Beziehungen d. »Ordo virtutum« d. hl. 
H. zu ihrem Hauptwerke »Scivias«, ebenda VII, 1925. 

Hiles (hails), Henry, * 31. 12. 1826 zu Shrews- 
bury, f 20. 10. 1904 zu Worthing bei London; 
englischer Organist und Komponist, Bruder und 
Schüler von John H., bekleidete ebenfalls ver- 
schiedene Organistenstellen, unternahm 1852-59 
gesundheitshalber eine Reise um die Welt, promo- 
vierte 1862 in Oxford zum Baccalaureus und 1867 
zum Mus. Dr. und gab nun seine Organistentätig- 
keit auf (zuletzt 1864-67 an der Paulskirche in 
Manchester). 1876 wurde er Lektor für Harmonie 
und Komposition an Owens College, 1879 an der 
Victoria University in Manchester, 1893 Professor 
am Manchester College of Music. Er redigierte 
1885-88 die »Quarterly Musical Review«, schrieb: 
Harmony of Sounds (Manchester 1872, 31879), 
Grammar of Music (2 Bände, London und Edin- 
burgh 1879), First Lessons in Singing (Manchester 
1881), Partr-Writing or Modem Counterpoint (Lon- 
don 1884), Harmony and Counterpoint (Manchester 
1889), Harmony , Choral or Contrapuntal (Manche- 
ster 1894) und komponierte 2 Oratorien (David 
1860, The Patriarchs 1872), Kantaten (Watchjulness, 
Fayre Pastorei, The Crusaders), Psalmen, Anthems, 
Services und Chorlieder, eine Orgelsuite, auch eine 
kleine Oper War in the Household (1885). 


Hiles (hails), John, * 1810 zu Shrewsbury, f 4. 2. 
1882 zu London; englischer Organist, Bruder von 
Henry H., wirkte an Kirchen in Shrewsbujy, 
Portsmouth, Brighton und London. Er schrieb 
außer Klavierstücken und Liedern eine Reihe mu- 
sikalischer Katechismen (Klavierspiel, Orgel, Har- 
monium, Generalbaß, Chorgesang) und A Corrtr 
plete, and Comprehensive Dictionary of . . . Musical 
Terms . . . (London 1871). 

Hill, Alfred, * 16.11.1870 zu Melbourne; 
australischer Komponist, studierte Violine am 
Leipziger Konservatorium, wirkte 2 Jahre im Ge- 
wandhaus-Orchester, dann in Neuseeland, wo er 
sich eingehend mit Maori-Musik befaßte. Seit 
1910 in Sydney, war er dort bis 1934 Lehrer für 
Harmonielehre und Komposition am Staatlichen 
Konservatorium der Munk, daneben auch Diri- 
gent des Konservatoriums-Orchesters. Er schrieb: 
die Opern A Moorish Maid ; Tapu (maorische Oper) ; 
The Weird Flute (Maori-Legende) ; The Rajah of 
Shivabore ; Don Quixote; Giovanni , the Sculptor ; 
Auster; The Ship of Heaven; Lady Dolly; The 
Whipping Boy; Kantaten über Maori-Legenden: 
Hinemoa, Tawhaki und andere Chorwerke; für 
Orch.: A Maori Symphony , Satyr, Waiata Poi , 
Celtic Symphony , symphonische Dichtung The Lost 
Hunter , Maori Rhapsody; Sonate für Tip. und 
Orch.; 2 Maori-Streichquartette und 14 weitere 
Streichquartette, Klavierquintett Esdur, 2 Kla- 
viertrios, Sonaten und Sonatine für V. und Kl.; 
Violinsoli, Klavierstücke, maorische und andere 
Lieder. Er veröffentlichte: Harmony and Melody 
(London 1927). 

Hill, Edward Burlingame, * 9. 9. 1872 zu 
Cambridge (Massachusetts) ; amerikanischer Kom- 
ponist, studierte bis 1894 an der Harvard Univer- 
sity, in der Musik Schüler von Paine, danach Schü- 
ler von F. F. Bullard in Boston, Widor in Paris und 
Chadwick in Boston. 1908 wurde er Musiklehrer 
an der Harvard University, 1928 Professor, 1928 
bis 1934 Vorsitzender der Musikabteilung der 
Universität. H., der seit 1940 im Ruhestand lebt, 
las 1920 am Lowell Institute in Boston, 1921 an den 
Universitäten Straßburg und Lyon. Hauptwerke: 
für Orch. 4 Symphonien, die symphonischen 
Dichtungen The Parting of Lancelot and Guinevere 
(1915), The Fall of the House of Usher (1920), 
Lilacs (1927) und The Flute (1938), Stevensoniana 
Suite Nr 1 und 2, Sinfonietta in einem Satz (1933), 

2 Concertini für KL und Orch. (1931, 1938), 
Violinkonzert (1938), Music für Englisch Hom und 
Orch. (1945), Prelude (1953); Orchesterpanto- 
mimen Jack Frost in Midsummer (1908) und Pan and 
the Star (1914); Kantate The Nuns of the Perpetual 
Adoration (1909), Chor-Ode (1930) ; Sextett für Kl. 
und Bläser (1934), Streichquartett in C (1935; als 
Sinfonietta für StreichorcL bearbeitet 1940), Kla- 
vierquartett (1937), Klarinettenquintett (1945), 
Flötensonate, Klarinettensonate und -sonatine, 
Sonate für 2 Klar. ; Jazz Studies für 2 KL (1922-38), 
Klavierstücke. Er verfaßte: Modem French Music 
(Boston 1924). 

HM, Richard S., * 25.9.1901 zu Chicago; 
amerikanischer Murikbibliothekar, studierte Psy- 
chologie an der Phillips Exeter Academy und an 
der Comell University, 1924-26 an der Universität 


793 



Hill 


Oxford, ab 1929 wieder an der Comell University 
Musikwissenschaft bei Kinkeldey. Seit 1939 gehört 
H. der Musikabteilung der Library of Congress an 
und war 1951-55 Präsident der Association Inter- 
nationale des Bibliotbiques Musicales. Veröffent- 
lichung: Schoenberg's Tone-Rows and the Tonal 
System of the Future (MQ XXII, 1936) ; er ist seit 
1943 Herausgeber der Zeitschrift »Notes«. 

Hm, Wilhelm, * 28. 3. 1838 zu Fulda, t 6. 6. 
1902 zu Homburg vor der Höhe; deutscher Pianist 
und Komponist, lebte ab 1854 in Frankfurt am 
Main. Seine Oper Älona erhielt 1882 bei der Kon- 
kurrenz für die Eröffnung des neuen Opernhauses 
in Frankfurt den 2. Preis (-> Rheinthaler). Von 
seinen gedruckten Kompositionen sind die Lieder 
und Duette hervorzuheben, ferner die Lamond 
gewidmete Klavierfuge, instruktive Stücke für KL 
zu 4 Händen, die Violinsonate E moll op. 20 und 
das Klavierquartett op. 44, 2 Klaviertrios op. 12 
und 43. H. hat sich ein Denkmal gesetzt durch das 
Lied Es liegt eine Krone im tiefen Rhein. Manuskript 
blieb ein Streichquartett in D dur. 

Lit.: K. Schmidt, W. HL, Lpz. 1910. 

Hm & Son, W., englische Orgelbaufirma in Lon- 
don, hervorgegangen aus der um 1755 von J. 
Schnetzler gegründeten Firma. Diese wurde 1780 
von Ohrmann übernommen, 1803 trat als Teil- 
haber Thomas Elliot ein, dessen Tochter William 
Hill heiratete. Teilhaber ab 1825, leitete H. die 
Finna nach Elliots Tod (1832) allein. Er führte mit 
Gaundett für die englischen Orgeln den Umfang 
bis zum Kontra-C ein und errichtete die großen 
Orgeln in York, Worcester, Birmingham und 
Mdboume. Die Firma ging nach dem Tod von 
W.H. (1871) an seinen Sohn Thomas, 1893 an 
dessen Sohn Arthur George (1857-1923) über, 
der sie nach dem 1. Weltkrieg mit der Firma Nor- 
man & Beard verband. A. G. H. verfaßte eine 
Arbeit über Organ-cases and Organs of the Middle 
Ages and Renaissance (London 1883). 

Hm & Sons, William E., englische Firma für 
den Bau und Handel von Saiteninstrumenten, 1760 
von Joseph H. (1715-84) in London gegründet. 
Seine fünf Söhne wurden bekannt als Geigen- 
macher und Musiker. Ein Enkel, William Ebs- 
worth H. (t 1895), der die noch heute im Familien- 
besitz befindliche Firma bis zu seinem Tode leitete, 
galt zu seiner Zeit als einer der besten Kenner alter 
Instrumente. A. F. und A. E. Hill vermachten 
dem englischen Staat eine Sammlung alter Streich- 
instrumente (darunter die Stradivari-Geige »Mes- 
siah«), die sich im Ashmolean Museum in Oxford 
befindet. Die Firma ist noch heute für ihre Exper- 
tisen bekannt. 

Hille, Eduard, * 16.5.1822 zu Wahlhausen 
(Hannover), 1 18. 12. 1891 zu Göttingen; deutscher 
Dirigent und Komponist, studierte 1840-42 in 
Göttingen Philosophie und unter Anleitung Hein- 
roths Musik, wandte sich dann ganz der Musik zu 
und lebte mehrere Jahre als Musiklehrer in Han- 
nover, wo er die Neue Singakademie ins Leben 
rief und einen Männergesangverein dirigierte. H. 
trat dort in nähere Beziehungen zu Marschner 
sowie in schriftlichen Verkehr mit M. Hauptmann. 
1855 zum akademischen Musikdirektor in Göttin- 
gen e rn a nnt , gründete er nach einer längeren Stu- 

794 


dienreise nach Berlin, Leipzig, Prag und Wien in 
Göttingen die Singakademie und rief die Akade- 
mischen Konzerte wieder ins Leben. Als Kompo- 
nist hat sich H. hauptsächlich durch stimmungs- 
volle Lieder und Chorlieder bekannt gemacht. 
Auch gab er 1886 ein Choralbuch für Hannover 
heraus. Seine Oper Der neue Oberst wurde 1849 
in Hannover gegeben. 

Hillemacher, Name zweier durch Freundschaft 
eng verbundenen Brüder, welche ab 1881 stets zu- 
sammen arbeiteten unter der Chiffre »P. L. Hille- 
macher«. - 1) Paul Joseph Wilhelm, * 29. 11. 1852 
zu Paris, f 13. 8. 1933 zu Versailles, Schüler von 
Bazin, erhielt 1876 den Rompreis für die Kantate 
Judith. - 2) Lucien Joseph Edouard, * 10. 6. 1860 
und t 2. 6. 1909 zu Paris, Schüler von Massenet, 
erhielt 1880 den Rompreis für die Kantate Fingal . 
1882 errang ihre gemeinschaftliche Arbeit Loreley 
(symphonische Legende in 3 Teilen) den großen 
Preis der Stadt Paris (aufgeführt unter Lamoureux 
im Th&tre du Chätdet). Für die Bühne schrieben 
sie die Opern St. Migrin (Brüssel 1886), Une aven- 
ture d' Arle quin (Brüssel 1888), Le rigiment qui passe 
(Paris 1894), Le Drac (»Der Hutgeist«, Karlsruhe 
1896 unter Motd), Orsola (Paris 1902), drei (Paris 
1907), Bühnenmusik zu Hero etLiandre (Paris 1893) 
und G. Sands Claudie (1900), Pantomime One for 
Two (London 1894), Legende Sainte Gene vtkve i auch 
ein Passionsmysterium (1887). Außerdem schrie- 
ben sie die beiden Orchesterwerke La cinquantaine 
(Suite) und Les solitudes (nach einer Dichtung von 
Haraucourt) sowie mehrere Bände Lieder und 
Klavierstücke. 

Hüller, Ferdinand (von), *24. 10. 1811zuFrank- 
furt am Main, + 10. (oder 11.) 5. 1885 zu Köln; 
deutscher Dirigent und Komponist, zuerst Schüler 
von Aloys Schmitt und J. G. Vollweiler in Frank- 
furt, 1825 von Hummel in Weimar, besuchte mit 
Dehn 1827 Wien, wo er Beethoven vorgestellt 
wurde. Nach kurzem Aufenthalt im Vaterhause 
blieb er 1828-35 in Paris, wo er mit den bedeutend- 
sten Musikern bekannt wurde und verkehrte 
(Cherubim, Reicha, Rossini, Chopin, Liszt, Meyer- 
beer, Berlioz). Er war einige Zeit an Chorons Mu- 
sikinstitut Orgellehrer und machte sich in eigenen 
Konzerten und in Soireen mit Baillot als Pianist 
einen Namen, besonders als Beethovenspieler. Der 
Tod seines Vaters rief ihn nach Frankfurt zurück, 
wo er 1836 in Vertretung Schelbles den Cäcilien- 
verein dirigierte; dann ging er nach Mailand rmri 
brachte mit Hilfe Rossinis 1839 an der Scala die 
Oper Romilda heraus, die geringen Erfolg hatte. 
Den Winter 1839/40 verlebte er in Leipzig bei 
Mendelssohn, mit dem er schon lange befreundet 
war; er beendete dort sein in Mailand begonnenes 
Oratorium Die Zerstörung Jerusalems und brachte 
es 1840 im Gewandhaus zur Aufführung. 1840 »»<1 
1841 besuchte er nochmals Italien, diesmal unter 
Baini in Rom den kirchlichen Meistern nähertre- 
tend, kehrte a ber 1842 nach Deutschland zurück, 
übe rnahm im Winter 1843/44 für den in Berlin 
weilenden Mendelssohn die Direktion <fer Ge- 
wandhauskonzerte in Leipzig, brachte in Dresden 
(wo er Abonnementskonzerte ins Leben rief und 
die Liedertafel dirigierte) die beiden Opern Traum 
in der Christnacht (1845) und Konradin (1847) zur 
Auf f ührun g , wurde 1847 als städtischer Kapdl- 



Hffler 


meister nach Düsseldorf und 1850 in gleicher Stel- 
lung nach Köln berufen, mit dem Aufträge, -das 
Konservatorium zu organisieren. Seit dieser Zeit 
wirkte H. zugleich als Dirigent der Konzertge- 
sellschaft und des Konzertchors, der beiden sowohl 
in den Gürzenichkonzerten als bei den rheinischen 
Musikfesten zusammenwirkenden Körperschaften, 
und als Konservatoriumsdirektor. 1852/53 leitete 
er die Italienische Oper in Paris. Am 1. 10. 1884 
trat er in den Ruhestand. Mit dem Ruf eines aus- 
gezeichneten Pianisten, Dirigenten und Lehrers 
sowie eines vortrefflich geschulten, an Schumann 
und Mendelssohn anlehnenden, formgewandten 
und im ganzen feinsinnigen Komponisten verband 
H. den eines geschmackvollen und liebenswürdi- 
gen Feuilletonisten. Allerdings beherrschte der 
Komponist H. nur die kleinen Formen, in denen 
er durch Grazie zu fesseln wußte. Seine schrift- 
stellerische Tätigkeit begann er mit anziehenden 
Feuilletons für die »Kölnische Zeitung«, welche 
zum Teil gesammelt erschienen als: Die Musik und 
das Publicum (Köln 1864) ; Aus dem Tonleben unserer 
Zeit (Leipzig 1868, 2 Bände; neue Folge 1871); 
L. van Beethoven (Leipzig 1871). Weitere Ver- 
öffentlichungen : Felix Mendelssohn-Bartholdy. Briefe 
und Erinnerungen (Köln 1874); Musikalisches und 
Persönliches (1876) ; Briefe von M. Hauptmann an 
Spohr und Andere (Leipzig 1876) ; Briefe an eine Un- 
genannte (Köln 1877); Künstlerleben (Köln 1880); 
Wie hören wir Musik? (Leipzig 1881); Goethes 
musikalisches Leben (Köln 1883) und Erinnerungs- 
blätter (Köln 1884). Er hat etwa 200 Werke ge- 
schrieben, darunter 6 Opern: Der Advokat (Köln 
1854), Die Katakomben (Wiesbaden 1862), Der De- 
serteur (Köln 1865) und die 3 schon genannten, 
ferner 2 Oratorien: Die Zerstörung Jerusalems (1840) 
und Saul (1853) ; Kantaten: Lorelei , Nal und Dama- 
janti , Israels Siegesgesang , Prometheus , Rebekka (bib- 
lisches Idyll), Prinz Papagei (dramatisches Märchen), 
Richard Löwenherz , Ballade für Soli, Chor und 
Orch. (1883), Psalmen, Motetten, Sanctus Dominus 
für Männerchor. Genannt seien ferner: 4 Sym- 
phonien, Orchesterouvertüren, die Klavierkon- 
zerte As dur und Fis moll, ein Violinkonzert, Fan- 
tasiestück für V. und Orch.; ein Klavierquintett, 
3 Klavier- und 3 Streichquartette, 3 Klaviertrios, 
ein Streichtrio, eine Cellosonate, eine Violinsonate, 
kanonische Suite für V. und KL; zahlreiche Kom- 
positionen für Kl.: Sonaten, Suiten, viele Hefte 
kleiner Stücke (RSveries, Capricen, Impromptus, 
Rondos, Ghasden, Märsche, Walzer, Variationen), 
Etüden, eine Operette ohne Text (4händig). Gro- 
ßen Beifall fanden H.s musikgesdiichdiche Vor- 
träge mit Illustrationen am Klavier (in Wien, Köln 
usw.). Viel gebraucht und oft aufgelegt wurden 
auch seine Übungen zum Studium der Harmonie und 
des Kontrapunkts (Köln 1860, 161897). H. ist der 
Großvater von Mimi Kwast, der ersten Frau Hans 
Pfitzners. 

Lit : Aus F. H.s Briefwechsel, hrsg. v. R. Sietz, = 
Beiträge zur rheinischen Mg. XXVIII, Köln 1958 ; H. 
Berlioz, Correspondance inedite, hrsg. v. D. Bemard, 
Paris 1879 ; F. Mendelssohh-Bartholdy, Briefe, hrsg. 
v. P. u. C. Mendelssohn-Bartholdy, Lpz. 1863, 81915; 
ders., Meister-Briefe, hrsg. v. E. Wolff, Bin 1907. - 
R. Sietz, Das Autographenalbum F. H.s, in: Jb. d. 
Kölner Gcschichtsver. XXVIII, 1953; ders., H.s 
erste Kölner Jahre, ebenda XXXII, 1957; ders., Zu 
H. s Mendelssohnbuch, in: Mitt d. Arbeitsgemein- 


schaft f. rheinische Mg. II, 1955; ders., H. u. Anton 
Schindler, in: Schiedermair-Fs. (= Beiträge zur rhei- 
nischen Mg. XX), Köln 1956; H. Hering, Die Kla- 
vierwerke F. v. H.s, Diss. Köln 1928. 

Hiller, Friedrich Adam, * 1767 zu Leipzig, 
f 23. 11. 1812 zu Königsberg; deutscher Kompo- 
nist, Sohn von J. A. H., war gleichfalls ein tüch- 
tiger Musiker, Sänger und Violinist, 1790 Thea- 
terkapellmeister in Schwerin, 1796 in Altona und 
1799 in Königsberg. Von ihm sind bekannt : 4 Sing- 
spiele, 6 Streichquartette sowie kleinere Vokal- 
und Instrumentalwerke. 

Hiller, Hans, * 13. 11. 1873 zu Breslau, f 12. 5. 
1938 zu Leipzig; deutscher Kirchenmusiker, Schü- 
ler des Leipziger Konservatoriums, 1895-1900 Or- 
ganist an St. Markus, dann Kantor an der Friedens- 
kirche in Leipzig, ab 1908 auch an der Hauptsyn- 
agoge. Er ist vor allem als Kirchenkomponist her- 
vorgetreten und gehörte zu den ersten Befürwor- 
tern einer vereinfachten Partitur-Aufzeichnung 
(1904). 

Hiller, Johann Adam (Hüller), * 25. 12. 1728 
zu Wendisch-Ossig bei Görlitz, f 16. 6. 1804 zu 
Leipzig; deutscher Komponist, Sohn eines Kan- 
tors, fand nach dem frühzeitigen Tod des Vaters 
wegen seiner hübschen Sopranstimme eine Frei- 
stelle am Gymnasium in Görlitz und wurde 1746 
Alumnus an der Kreuzschule in Dresden, war Prä- 
fekt des Kreuzchors unter Homilius und dessen 
Schüler im Klavierspiel und Generalbaß; im Flö- 
tenspiel unterrichtete ihn Schmidt. 1751 bezog er 
die Universität Leipzig, verdiente durch Musik- 
unterricht sein Brot und wirkte bald als Flötist, 
bald als Sänger im Großen Konzert unter Doles 
mit. 1754 wurde er Hauslehrer beim Grafen Brühl 
in Dresden, begleitete seinen Zögling 1758 nach 
Leipzig und lieb sich dort nieder, günstige Anträge 
von auswärts ausschlagend. 1763 rief er die durch 
den Siebenjährigen Krieg gestörten Abonnemente- 
konzerte auf eigenes Risiko wieder ins Leben und 
konnte sie als »Liebhaberkonzerte« und Concerts 
spirituels (nach Pariser Muster) bis 1781 durch- 
führen, wo K. W. Müller die »Konzertgesellschaft« 
gründete, das Institut einen allgemeineren Charak- 
ter annahm und die Konzerte ins Gewandhaus 
verlegt wurden. H. wurde nun als Kapellmeister 
angestellt und legte als solcher den Grund zum 
Ruhm der »Gewandhauskonzerte«. Bereits 1771 
hatte er eine Gesangschule eingerichtet, welche für 
die Heranbildung eines guten Chors für die Kon- 
zerte von Bedeutung wurde. 1782 begleitete er 
zwei Schülerinnen, die-Böhminnen Podleska, nach 
Mitau, wo er beim Herzog von Kurland ausge- 
zeichnete Aufnahme fand und 1784 Theaterkapell- 
meister wurde. Er legte 1785 seine Leipziger Ämter 
nieder und führte 1786 in Berlin Handäs Messias 
auf. Von Berlin ging er wieder nach Leipzig, aber 
noch 1786 nach Breslau, nahm jedoch 17§9 die Be- 
rufung als Stellvertreter Doles* als Kantor an der 
Thomasschule in Leipzig an und wurde 1789 
Doles* Nachfolger. 1801 trat er wegen Alters- 
schwäche in Ruhestand. Als Komponist erlangte 
H. besondere Bedeutung durch seine Singspiäe, 
die den Ausgangspunkt der deutschen Spieloper 
bildeten und sich eigenartig neben der italienischen 
Opera buffa und der französischen Op6ra comique 
entwickelten. H.s Prinzip dabei war, daß Leute aus 


795 



Hiller 


dem Volk nur schlicht liedmäßig singen dürften, 
während er Standespersonen Arien in den Mund 
legte. Die Lieder seiner Operetten bilden den Aus- 
gangspunkt der Hochblüte des deutschen Liedes, 
da sie Goethe zu seinen volksmäßigen lyrischen 
Dichtungen anregten. H.s Singspiele (sämtlich in 
Leipzig) sind: Der Teufel ist los (1. Teil Die verwan- 
delten Weiber ; 2. Teil Der lustige Schuster , beide 
1766), Lisuart und Dariolette (1766, auf 3 Akte er- 
weitert 1767), Lottchen am Hofe (1767), Die Muse 
(1767), Die Liebe auf dem Lande (1768), Die Jagd 
(1770, 1830 von Lortzing überarbeitet), Der Dotf- 
balbier (1771), Der Aemdtekratiz (1771), Der Krieg 
(1772), Die Jubelhochzeit (1773), Das Grab des 
Muß oder die beiden Geitzigen (1779) und Das ge- 
rettete Troja (1782). Auch außerhalb der Bühne 
pflegte H. das Lied, doch nicht mit gleichem Glück 
und Geschick; von den veröffentlichten Samm- 
lungen seien genannt: 15 Lieder mit Melodien (An 
meinen Canarienvogel , 1759, auf 50 vermehrt: 
1772); Lieder Jur Kinder (von Chr. F. Weiße); 50 
geistliche Lieder für Kinder (1774) ; Lieder und Arien 
aus Sophiens Reise (1779, diese mehr auf der Höhe 
seiner Singspiellieder stehend) ; Sammlung der Lieder 
aus dem Kinaetfreunde (1782) ; Letztes Opfer in Lieder- 
melodien der comischen Muse (1790, in der Art seiner 
Singspiellieder). Ferner komponierte er Choral- 
melodien zu Gellerts geistlichen Oden und Liedern 
(1761 ; 25 neue Choral-Melodien zu Liedern von Gel- 
iert, 1792) ;Al1gemeinesChoral-Melodien-Buch (1793) ; 
Vierstimmige Chor-Arien (1794) und Kantaten. Der 
100. Psalm, eine Passionskantate, eine Trauermusik 
zu Ehren Hasses und anderes blieben Manuskript, 
desgleichen eine Sinfonie und Partiten. 1761/62 
gab er eine Sammlung von Klavierauszügen zeit- 
genössischer Sinfonien heraus (-> Raccolta). Bahn- 
brechend wirkte H. auf dem Gebiete des Schul- 
gesangs. Auch seine schriftstellerische Tätigkeit ist 
bedeutend: Wöchentliche Nachrichten und Anmer- 
kungen, die Musik betreffend (Leipzig 1766-70), die 
älteste wirkliche Musikzeitung (-> Zeitschriften) ; 
Lebensbeschreibungen berühmter Musikgelehrten und 
Tonkünstler neuerer Zeit (Leipzig 1784, über Ad- 
lung, T. S. Bach, Benda, Job. Fr. Fasch, Graun, 
Handel, Hasse, Heimchen, Hertel, Jomelti, Quantz, 
Tartini u.a.; auch eine Autobiographie enthal- 
tend); Nachricht von der Aufführung des Händelschen 
^Messias « in der Domkirche zu Berlin, den 19. May 
1786 (Berlin 1786) ; Über Metastasio und seine Werke 
(Leipzig 1786); eine Anweisung zum musikalisch- 
richtigen Gesänge (Leipzig 1774, 21798), ein Exem- 
pelbuch der Anweisung zum Singen (Leipzig 1774), 
Anweisung zum musikalisch-zierlichen Gesänge (Leip- 
zig 1780), Kurze und erleichterte Anweisung zum 
Singen (Leipzig 1792) und Anweisung zum Violine- 
Spielen (Leipzig 1792). Auch redigierte er die 2. 
Auflage von Adlungs Anleitung zur musikalischen 
Gelahrtheit (mit Anmerkungen, Leipzig 1783), 
übersetzte Chabanons »Observations« (Über die 
Musik und deren Wirkungen, Leipzig 1781), arran- 
gierte Pergolesis Stabat Mater für 4st. Chor (1776) 
und gab Handels Jubilate, Utrechter Tedeum (1780) 
und Arien äus Messias und Judas Makkabäus (1789), 
Haydns Stabat Mater (1781), Hasses Pilgrimme auf 
Golgatha (1784) und Grauns Tod Jesu (1785) heraus, 
sowie die Sammlungen Vierstimmige Motetten und 
Arien in Partitur von verschiedenen Componisten 
(1776-91, 6 Hefte), Sammlung der vorzüglichsten . . . 


Arien und Duetten des deutschen Theaters (1776-80, 
6 Hefte, ein 7. Heft 1781) und Geistliche Lieder einer 
vornehmen curländischen Dame (1780). Als Lehrer hat 
H. glänzende Erfolge aufzuweisen; Corona Schrö- 
ter war seine Schülerin (-► Mara). 

Ausg.: 140 Choraknelodien nach H., hrsg. v. H. B. 
Schulze, Zwickau (1838); H.s Choral-Melodienbuch, 
hrsg. v. J. H. L. Müller, Meißen (1844); 44 Kinder- 
u. VolksÜeder mit Pianoforte-Begleitung (von 1769), 
hrsg. v. R. Schaab, Lpz. 1865; 10 Stücke bei M. 
Friedlaender, Das deutsche Lied im 18. Jh. 1, 2, 
Stuttgart u. Bin 1902; 4 Stücke in: Roccoco, hrsg. v. 
B. Engelke, Lpz. 1909; Minuetto u. Musette, in: 
Kleine leichte Klavierstücke, hrsg. v. A. Kreutz, 
Mainz 1935; »Gehe, guter Peter, gehel« aus: Der 
Aemdtekranz (1772), Schering Beisp. 309b; »Bald 
die Blonde« aus: Lisuart u. Dariolette (1766), Da- 
vison-Apel Anth. II, 301. 

Lit. : H.s Autobiogr., hrsg. v. A. Einstein, Lebensläufe 
deutscher Musiker I, Lpz. (1915). - A. Sherlin, J. A. 
H., in: 36. Neujahrsstück d. Allgemeinen Musikges. 
Zürich, Zürich 1848; K. Peiser, J. A. H., Lpz. 1894; 
H. v. Hase, J. A. H. u. Breitkopfs, ZfMw II, 1919/20.- 
G. Calmus, Die ersten deutschen Singspiele v. Stand- 
fuß u. Hiller (= BIMG H, 6), Lpz. 1908; A. Sche- 
ring, Mg. Lpz.s IH, Lpz. 1941 (darin 2. Buch: Das 
Zeitalter J. A. H.s, 1750-1800); H. Kretzschmar, 
Gesch. d. Neuen deutschen Liedes I, = Kleine Hdb. 
d. Mg. nach Gattungen IV, Lpz. 1911. - A. Schering, 
Die Musikästhetik d. deutschen Aufklärung, ZIMG 
VIII, 1906/07; ders., Aus d. Gesch. d. musikalischen 
Kritik in Deutschland, JbP XXXV, 1928; H. Gold- 
schmidt, Die Musikästhetik d. 18. Jh., Zürich u. Lpz. 
1915; F. Stege, Die deutsche Musikkritik d. 18. Jh. 
unter d. Einfluß d. Affektenlehre, ZfMw X, 1927/28; 
W. Serauky, Die musikalische Nachahmungsästhe- 
tik im Zeitraum v. 1700-1850, Münster 1929. 

Hiller, - 1) Paul, * 1. 5. 1853 zu Paris, f 24. 1. 
1934 zu Köln, Sohn von Ferdinand H., erst Opem- 
bariton und Theaterdirektor, 1903-27 Musikkri- 
tiker der »Rheinischen Zeitung« in Köln. Er gab in 
Ricordis Volksausgabe Verdis Troubadour, Emani 
und RJgoletto neu heraus, übersetzte Saint-Saens* 
Ddjanire und schrieb: Der Liederzyklus von A. Fr. 
von Hessen (1910) und Old English Tunes (1911). 
Sein Sohn - 2) Felix Ferdinand, * 20. 10. 
1882 zu Chemnitz, war zunächst Maler, widmete 
sich dann als Schüler von G. Bumcke der Musik. 
Er schrieb vor allem Vokalwerke (kleinere Klan- 
taten, Lieder) und Kammermusik. 

HilTmcr, Friedrich, * um 1762 undf 15. 5. 1847 
zu Berlin; deutscher Bratschist, wirkte 1811-31 in 
der Berliner Hofkapelle. Er beschäftigte sich mit 
der Konstruktion neuer bzw. verbesserter Streich- 
und Tasteninstrumente, ohne jedoch mit einem 
seiner Instrumente (»Alldrey«, »Tibia« und »Ver- 
bessertes Polychord«) Anerkennung zu Anden. 

Lit.: vgl. AmZ n, 1799. 

ffilton (h'üton), John I, t vor 1612 (1608?) zu 
Cambridge; englischer Organist und Komponist, 
vielleicht der Vater von John H. II, ist erstmalig 
1584 als Counter-tenor an der Kathedrale von Lin- 
coln nachzuweisen. Ab 1594 war er Organist am 
Trinity College in Cambridge. Von seinen Kom- 
positionen fand das Faire Oriana in den »Trium- 
phes of Oriana« (1601) Aufnahme. Weitere Kom- 
positionen, darunter 8 Orgelstücke und geistliche 
Vokalwerke, sind im Manuskript erhalten. 

Ausg.: 7 st Anthem »Call to remembrance«, hrsg. v. 
G. E. P. Arkwright, O. U. P., octavo series ,Nr 97. 


796 



Hindemith 


Hiltoi: (h'iltsn), John II, * 1599 zu Oxford 
(Cambridge), f (begraben 21.) März 1657 zu Lon- 
don; englischer Komponist von kirchlichen und 
weltlichen Gesängen, vielleicht ein Sohn von John 
H. I, wurde 1626 Baccalaureus dar Musik am 
Trinity College in Cambridge, 1628 Organist der 
Kirche St. Margaret’ s in Westminster (London). 
Er schrieb: Ayres, or Fa La'sfor Three Voyces (1627) 
und Catch that Catch can (1652; in einer Auflage 
von 1673 unter dem Titel The Musical Companiori). 
Kirchliche Kompositionen von H. finden sich in 
Lawes* Choice Psalms , Rimbaults Cathedral Music 
und handschriftlich vor allem im British Museum. 

Ausg. : »Ayres, or Fa La’s for three Voyces«, hrsg. v. 
J. Warren, Publications of the Musical Antiquarian 
Soc. XIII, 1844; dies., hrsg. v. A. Goodchild, Lon- 
don 1955; 4 catches in: The Euterpe Round Book, 
hrsg. v. C. K. Scott, London 1929; 6 f. Streichtrio 
bearb. Stücke, hrsg. v. P. Warlock, London 1929; 
3st. Ayre »Leave off« in: J. Wolf, Sing- u. Spielmusik 
aus älterer Zeit, «* Wiss. u. Bildung CCXVIII, Lpz. 
1926, 21931; 3 st. »Fantasia« bei E. H. Meyer, Spiel- 
musik des Barocks I, Kassel 1934, u. in HM 14, hrsg, 
v. dems.; ein geistliches Stück bei F. Jöde, Chorbuch 
VI; Dialog »Job« bei W. Nagel, vgl. Lit. 

Lit.: W. Nagel, Ein Dialog v. J. H., MfM XXIX, 
1897; W. H. Grattan Flood, New Light on Late 
Tudor Composers: J. H., in: Musical Times LXVIII, 
1927 ; E. F. Hart, The Restoration Catch, ML XXXTV, 
1953. 

Himmel, Friedrich Heinrich, * 20. 11. 1765 
zu Treuenbrietzen (Brandenburg), f 8. 6. 1814 zu 
Berlin; deutscher Komponist, studierte anfänglich 
Theologie, dann aber mit königlichem Stipendium 
unter Naumann in Dresden Komposition. Fried- 
rich Wilhelm II. sandte ihn auch zu weiterer Aus- 
bildung nach Italien, und H. brachte dort 2 Opern 
zur Amführung: Uprimo navieatore (Venedig 1794) 
und Semiramide (Neapel 1795). 1795 wurde H. als 
Nachfolger Reichardts zum Hofkapellmeister er- 
nannt, unternahm 1798-1800 eine Reise nach Ruß- 
land (Oper Alessandro in St. Petersburg) und Skan- 
dinavien sowie 1801 nach Paris, London und Wien 
und übernahm dann wieder seine Stellung in Ber- 
lin. Nach den Ereignissen von 1806 wandte er sich 
zuerst nach Pyrmont, später nach Kassel, Wien 
und kehrte dann nach Berlin zurück. Seine Opern 
erfreuten sich einst großer Beliebtheit; in Berlin 
führte er auf: Vasco de Gama (1801, italienisch) und 
die Liederspiele Frohsinn und Schwärmerei (1801), 
Fanchon (1804, sein bekanntestes Werk), Die 
Sylphen (1806); in Wien: Der Kobold (1811). Seine 
ersten größeren Kompositionen waren ein Ora- 
torium: Isacco figura ael redentore (1791) und die 
Kantate La danza (1792). Zu großer Beliebtheit 
gelangten auch einige seiner Lieder, so: An Alexis , 
Es kann ja nicht immer so bleiben und Th. Körnen 
Vater, ich rufe dich I Weiter schrieb er: Psalmen, ein 
Vater unser, Vespern, eine Messe, Trauerkantate 
auf den Tod Friedrich Wilhelms Ü., ein Klavier- 
konzert op. 25, 2 Klavierquartette mit FL, V. und 
Vc., ein Sextett für Kl., 2 Va, 2 Hörner und Vc., 
mehrere Klaviertrios sowie zahlreiche Stücke für 
Kl. 

Lit.: J. Th. F. C. Arnold, Fr. H. H., Erfurt 1810, 
auch in dess.: Gallerie d. berühmtesten Tonkünstler 
d. 18. u. 19. Jh. II, Erfurt 1810; W. Neumann, F. H. 
H., Lpz. 1852; L. Gelber, Die Liederkomponisten 
A. Harder, Fr. H. H., F. F. Hurka, C. G. Hering, 
Diss. Bin 1936, Bin 1936; L. Odenthal, Fr. H. H., 


Bemerkungen zur Gesch. d. Berliner Oper um d. 
Wende d. 18. u. 19. Jh., Diss. Bonn 1914, Bonn 1917. 

Hinckley (h'igkli), Allen Carter, * 11. 10. 1877 
zu Gloucester (Massachusetts), f 28. 1. 1954 zu 
New York; amerikanischer Opernsänger (Baß), 
bereitete sich zunächst am Amherst College und an 
der Pennsylvania University auf den Beruf eines 
Geistlichen vor, wurde aber durch W. Damrosch 
veranlaßt, seine Stimme auszubüden und zur Bühne 
zu gehen. Nach Studien bei O. Saenger in New 
York debütierte er 1903 am Stadttheater Hamburg, 
dem er bis 1908 angehörte. 1905 und 1906 sang er 
mit Erfolg auch in Bayreuth. Er gehörte 1908-10 
dem Metropolitan Opera House in New York an 
und trat in der Folge auf Gastreisen auf. 1917-23 
leitete er die Vokalklassen am Kansas City Conser- 
vatory und betätigte sich dann als Gesangspädagoge 
und Chorleiter in New York. 

Hindemith, Paul, * 16. 11. 1895 zu Hanau am 
Main; deutscher Komponist. Der Vater stammt 
aus Schlesien, die Mutter aus Kurhessen. Seit sei- 
nem 9. Lebensjahr genoß H. geregelten Musik- 
unterricht, zunächst im Violinspiel bei Anna Heg- 
ner, und wurde 1909 Schüler des Hochschen Kon- 
servatoriums in Frankfurt am Main, wo er Kontra- 
punkt und Komposition bei A. Mendelssohn und 
B. Sekles, Violine bei A. Rebner studierte. Der 
Vater fiel im Krieg 1915, so daß H. früh auf sich 
selbst gestellt war. Im Alter von 20 Jahren wurde 
er Konzertmeister am Frankfurter Opernhaus 
(1915-23) und war 2. Geiger, später Bratschist im 
Rebner-Quartett, 1922-29 Bratscher im Amar- 
Quartett (L. Amar, W. Kaspar, P. H., M. Frank, 
ein Jahr auch H.s Bruder Rudolf), dessen Konzert- 
reisen durch alle Musikländer Europas, einschließ- 
lich Rußland, führten. Er trat auch als Solist auf der 
Bratsche und Viola d’amour hervor, später zudem 
als Vortragender und immer mehr als Dirigent 
eigener und anderer Werke (1953 dirigierte er bei 
den Bayreuther Bühnenfestspielen die IX. Sym- 
phonie von Beethoven). Schon 1919 hatte H. die 
bis heute ununterbrochene freundschaftliche Ver- 
bindung mit dem Verlag B. Schott’s Söhne in 
Mainz aufgenommen. In den Jahren 1921-26 be- 
teiligte H. sich an den jährlichen »Kammermusik- 
aufführungen zur Förderung Zeitgenössischer Ton- 
kunst« in Donaueschingen (1927-29 in Baden- 
Baden) und stieg bald zum Spiritus rector dieser 
erfolgreichen Musikfeste auf. Von Donaueschingen 
aus wurde HL im In- und Ausland bekannt. 1924 
heiratete er die Tochter des Kapellmeisters der 
Frankfurter Oper, L. Rottenberg. H. bewohnte 
damals in Frankfurt (1923-27) den alten Kuhhirten- 
turm, der einen Tal der Sachsenhäuser Mainbe- 
festigung büdet. Das Preußische Kultusministerium 
beriä ihn 1927 als Kompositionslehrer an die 
Staatliche Hochschule für Musik in Berlin. Nach 
unrühmlichem Boykott durch das nationalsozia- 
listische Regime 1934 ging H. in die Emigration 
und war jährlich zu längeren Aufenthalten m An- 
kara, wo er im Auftrag der türkischen Regierung 
das dortige Musikleben organisierte. 1937-39 un- 
ternahm er Konzertreisen nach den USA und lebte 
im Kanton Wallis (Schweiz), bevor er im April 
1940 nach den USA übersiedelte. Hier lehrte er 
1940-53 an der Musikschule der Yale University 
in New Haven, Connecticut, und veranstaltete mit 


797 



Hindcmith 


seinen Studenten Konzerte mit alter Chormusik, 
auch Musik des Mittelalters. Im Studienjahr 1949 
bis 1950 versah er den Lehrstuhl für Poetik an der 
Harvard University. Im Februar 1947 war er zum 
ersten Male wieder nach Europa gekommen. 
Einem Ruf an die Universität Zürich folgte er 
1951-57, anfangs noch im jährlichen Wechä mit 
New Haven, und übersiedelte dann endgültig nach 
der Schweiz. 

In H.s Künstlertum lebt etwas von der Art der 
alten Meister, von jener ungebrochenen Einheit 
des Handwerkers, Technikers und schöpferischen 
Künstlers, wie die Romania noch heute die Wörter 
ard gian o und artisan gebraucht. H.s Kunst zeichnet 
sich durch ihre Überlegenheit in der Beherrschung 
alles Handwerklichen und Technischen aus, sei es 
im Spielen von Instrumenten, sei es in der bau- 
meisterlichen Gestaltung seiner Kompositionen. 
Er verbindet in seiner Person den komponierenden 
und den ausübenden Musiker. Eine Menge Kam- 
mermusik war schon in seiner frühen Jugend ent- 
standen, vor den Kompositionen op. 1 bis 11 (ge- 
druckt ab op. 8), die in seine Konservatoriums- 
und Militärzeit feilen. In der wildbewegten Zeit 
nach dem 1. Weltkrieg, die auf geistigem und 
künstlerischem Gebiet voll fruchtbarster Keime 
steckte, verarbeitete H. in sich alle Anregungen 
und Einflüss e einer Zeit, die nach dem Tod von 
M. Reger (f 1916) und CL Debussy (f 1918) den 
Traditionszusammenhang mit der Musik des 
19. Jh. zu verlieren begann und den Komponisten, 
auch sozial und kulturell, vor eine neue^ Freiheit 
stellte. »Ich habe den Übergang aus konservativer 
Schulung in eine neue Froheit vielleicht gründ- 
licher erlebt als irgendein anderer. Das Neue 
mußte durchschritten werden, sollte seine Er- 
forschung gelingen; daß dies weder harmlos noch 
ungefährlich war, weiß jeder, der an der Eroberung 
beteiligt war« (Unterweisung im Tonsatz I, S. 22). 
H.s Aktivismus, seine Aufgeschlossenheit und be- 
tonte Gegenwärtigkeit setzte sich herausfordernd 
über bisher geltende Werte hinweg, seine Jugend- 
lichkeit reizte ihn zur musikalischen Satire, Gro- 
teske und Parodie. Aber die Urwüchsigkeit seiner 
mncilrflligrhm Schaffenskraft, die unbedingte Red- 
lichkeit seiner im Ethischen wurzelnden Persön- 
lichkeit und die in strenger Schulung erworbene 
hohe Meisterschaft bewahrten seine Kunst in allen 
ihren Wandlungen davor, ins Bodenlose eines 
spielerischen Artismus abzugleiten. Dem revolu- 
tionären Realisten »schien es vielmehr, als sei die 
Sonne über einem fremden, schillernden und 
strahlenden Neuland auf gegangen, in das sich die 
Musiker als Entdecker stürzten«. H.s Entdeckungen 
beziehen sich in erster Linie auf eine Neuordnung 
des Tonmaterials unter Wahrung des Prinzips der 
Tonalität. Sein physikalistisches Denken verglich 
die Kraft der Gesamttonalitat, deren Ausschlags- 
breite, harmonisches Gefälle, Dichte und Schich- 
tung er besonders beachtet, ausdrücklich mit der 
Anziehungskraft der Erde. Aus der Neuordnung 
des Tonmaterials ergibt sich die Neuartigkeit der 
Melodiebildung. Intervallketten, die an kleinen, 
aber nicht leittonhaft wirkenden Sekunden auf- 



strömenden Rhythmus Johann Sebastian Bachs an. 
H. (wie M. Reger) verdankt Bach auch seine Vor- 
liebe für die Variationskunst und für kontrapunk- 
tische Formen wie Passacaglia und Fuge sowie ver- 
schiedene Elemente seiner konzertanten Musik. 
Neu geordnet hat H. auch das Verhältnis von Wort 
und Ton in der Musik, worin er weniger eine 
Textvertonung als vielmehr eine kontrapunktische 
Zuordnung erblickt. Vollends neuartig ist ein 
lyrischer Zug in H.s Musik, der in denjenigen 
Sätzen erscheint, die als »Nachtstücke« bezeichnet 
sind, sich aber auch sonst bemerkbar macht: eine 
liedmäßige Sangbarkeit von stiller Verhaltenheit 
und feinem Zartsinn. 

H.s bisherige Lebensgeschichte spiegelt sich in dem 
Reichtum seines vielgestaltigen Lebenswerkes. 
Immer hat sich sein kompositorisches Schaffen zu 
den Geschehnissen des Musiklebens seiner Zeit in 
Bezug gesetzt und in genauer Verbindung mit 
allen Werkaufgaben und Musizierformen gehal- 
ten, die ihm die jeweiligen Stationen seines Lebens- 
weges stellten. Immer ist es ein eigener Lebens- 
raum, für den er seine Werke schreibt. Zuwider ist 
ihm, was an freischwebende Part pour Part-Ge- 
sinnung oder gar an Literatengeist in Musik und 
Musizieren erinnert. Das Könnerische auf dem 
»goldenen Boden des Handwerks« sowie Auftrag 
und Dienst bedeuten ihm die starken Wurzeln 
seiner Kunst. Deshalb komponiert er für Musik- 
feste, für bestimmte Orchester, für die Bühne oder 
für Solisten, darum schreibt er ebenso für den 
Unterricht, für die Sing- und Spielkreise der Ju- 

f endbewegung wie für Laien und Musikfreunde. 

o hilft er die Kluft schöpferisch überbrücken, die 
zwischen Künstler und Publikum, zwischen Be- 
rufsmusiker und Musikliebhaber aufklafft. Er akti- 
viert den Hörer; denn »Musikmachen ist wichtiger 
als Musikhören«. Darum beteiligt er ebenso wie 
im frühen »Lehrstück« (1929) auch in seinem bisher 
letzten Chorwerk »Cantique de PEspörance« (für 
die Unesco-Tagung 1953) die Zuhörer als aktiv 
Mitsingende an der Aufführung seines Werkes. 
Von dem hohen Ethos des Opemkomponisten H. 
zeugen besonders Werke wie »Mathis der Maler« 
und »Die Harmonie der Welt«. Der Ballett- 
Komponist schuf in »Nobiüssima Visione« einen 
markanten Beitrag zum geistlichen, in den 
»Vier Temperamenten« zum weltlichen Tanzspiel. 
Unter den Liedern bedeutet der Rilke-Zyklus 
»Das Marienleben« einen stilistischen Wendepunkt 
im neuen Liedschaffen. Besonders fruchtbar erwies 
sich der Komponist auf instrumentalem Gebiet; 
dafür sprechen seine zahlreichen Orchesterwerke 
ebenso wie die Solokonzerte, seine wichtigen 
Streichquartette und viele andere Kammermusik, 
die vom größeren Ensemble (Oktett) bis zur 
Sonate für fest alle Orchesterinstrumente und zu 
Solosonaten für sein eigenes Soloinstrument, die 
Bratsche, reichen. Das Klavier bedachte er mit 2- 
und 4händigen Sonaten sowie einer für 2 Klaviere, 
seiner hervorragenden »Klaviermusik« op. 37, 
nicht zuletzt mit dem »Ludus tonalis«, einem Zyklus 
von Praeludium, 12 Fugen, Interludien und Post- 
ludium (dem »Krebs« des Ptadudiums). Eine Son- 
derstellung nimmt seine Musik für die Jugend ein, 
für die er leicht aufführbare Sing- und Spidmusiken 
verschiedenster Art und Besetzung schuf. Vorbüd- 
lich als Musik für Kinder wurde sein szenisches 


798 



Hindemith 


Spiel »Wir bauen eine Stadt«. Die Vielseitigkeit des Nr 6 für Va d’amore und Kammerorch. op. 46 
Komponisten wird anhand des folgenden Werk- Nr 1 (1927), Konzert für Org. und Kammerorch. 
Verzeichnisses offenbar: (Kammermusik Nr 7) op. 46 Nr 2 (1928), Kon- 

Kammermusik: 6 Streichquartette: I op. 10 (1919), zertm usik für Solo-Va und größeres Kammerorch. 

II op. 16 (1921), DI op. 22 (1922), IV op. 32 (1923), op. 48 (1930), Der Schwanendreher , nach alten 

V (1943), VI (1945); 2 Streichtrios: Iop. 34 (1924), Volksliedern für Va und kleines Orch. (1935), 

II (1933) ; Trio für KL, Va und Heckeiphon (oder Trauermusik für Va (oder Vc. oder V.) und Streich- 

Tenor-Saxophon) op. 47 (1929) ; Quartett für KL, orch. (1936), Konzert für V. und Orch. (1939), 

IClar., V. und Vc. (1938); Sonate für 4 Hörner Thema mit vier Variationen für KL und Streichorch. 

(1952); Kleine Kammermusik für 5 Bläser op. 24 (1940), Konzert für Vc. und Orch. (1940), Kon- 

Nr 2 (1922) ; Quintett für Klar, (in B und Es) und zert für KL und Orch. (1945), Konzert für Klar. 

Streichquartett op. 30 (1923) ; Drei Stücke für und Orch. (1947), Konzert für Horn und Orch. 

5 Instr. (1925) ; Septett für Bla sin str. (1948) ; Oktett (1949), Konzert für Holzbläser, Harfe und Orch. 

für Klar., Pag., Horn, V., 2 Va, Vc. und Kb. (1949), Konzert für Trp. und Fag. mit Streichorch. 

(1957/58); 4 Violinsonaten: in Es op. 11 Nrl (1949). 

(1918), in D op. 11 Nr 2 (1918), in E (1935), in C Szenische Musik: Mörder , Hoffnung der Frauen 

(1939); 2 Sonaten für V. allein op. 31 Nr 1 und 2 (Oper in einem Akt von O. Kokoschka) op. 12 

(1924); Übungen für Geiger (1926); 2 kanonische (1919; Stuttgart 1921); Das Nuseh-Nuschi (Mario- 

Duette für 2 V. (1929) ; 14 leichte Stücke für 2 V. nettenspiel in einem Akt von Fr. Blei) op. 20 

(1931); 2 Va-Sonaten: inF op. 11 Nr 4 (1919) und (1920; Stuttgart 1921); Sancta Susanna (Oper in 

in C (1939); 2 Sonaten für Va allein: op. 11 Nr 5 einem Akt von A. Stramm) op. 21 (1921; Frank- 
(1919) und op. 25 Nr 1 (1922); Kleine Sonate für furt am Main 1922); Tuttiföntchen (Weihnachts- 

Va d’amore op. 25 Nr 2 (1923); Vc.-Sonate op. 11 märchen in 3 Bildern von H. Michel und Fr. 

Nr 3 (1919), Vc.-Sonate (1948); 3 Stücke für Vc. Becker; Frankfurt am Main 1922); Cardillac (Oper 

und Kl. op. 8 (1917) ; Sonate für Vc. allein op. 25 in 3 Akten, nach E. Th. A. Hoffmann von F. Lion) 

Nr 3 (1923) ; 3 leichte Stücke für Vc. (1938) ; Va- op. 39 (Dresden 1926; Neufassung in 4 Akten vom 

riationen über ein altenglisches Kinderlied (A frog Komponisten, Zürich 1952); Hin und zurück 

he went a-courting; 1941); Duette für VaundVc. (Sketch in einem Akt von M. Schiffer) op. 45a 

(1934) ; Sonate für Kb. und Kl. (1949) ; Kanonische (Baden-Baden 1927); Neues vom Tage (Lustige 

Sonatine für 2 Fl. op. 31 Nr 3 (1924) ; 8 Stücke für Oper in 3 Teüen von M. Schiffer; 1928/29, Berlin 

FL allein (1927); Echo für FL und Kl. (1942); So- 1929; Neufassung in 2 Akten vom Komponisten, 

naten: für FL und Kl. (1936), Ob. und KL (1938), 1953, Neapel 1954); Lehrstück für 2 Männerstim- 

Englisch Hom und KL (1941), IClar. und Kl. (1939), men, Sprecher (in), gern. Chor, Orch., Blasorch. 

Fag. und KL (1938), Hom und Kl. (1939), Trp. (Femorch.), Tänzer (in), 3 Clowns und Menge 
und Kl. (1939), Pos. und Kl. (1941), Althom und (Text von B. Brecht; Baden-Baden 1929); Wir 

Kl. (1943), Baßtuba und Kl. (1943), für Harfe (1939). bauen eine Stadt (Spiel für Kinder von R. Seitz; 

Klaviermusik: Tanzstücke op. 19 (1922), Suite Berlin 1930) ; Mathis der Maler (Oper in 7 Bildern, 

»1922« op. 26 (1922), Klaviermusik op. 37: Teil I Text vom Komponisten; 1934/35, Zürich 1938); 

(1925) und II (1927), Kleine Klaviermusik (Leichte Die Harmonie der Welt (Oper in 5 Akten, Text 

Fünftonstücke) op. 45 Nr 4 (1929), Sonaten: I vom Komponisten; München 1957). - Ballette: 

»Der Main« (1936), II (1936) und m (1936), Ludus Der Dämon (Tanz-Pantomime in 2 Bildern von 

tondlis (1942), Sonate zu 4 Händen (1938), Sonate M. Krell) op. 28 (1922; Darmstadt 1923); 

für 2 KL (1942); Orgelsonaten I und H (1937), Nobilissima Visione (Tanz-Legende in 3 Bildern 
EI über alte Volkslieder (1940). vom Komponisten und L. Massine; London 1938) ; 

Musik für Orchester: Kammermusik Nrl mit The Four Temperaments (»Die vier Temperamente«; 

Finale 1921 für kleines Orch. op. 24 Nr 1 (1921), Ballett in 4 Variationen, 1940; New York 1946); 

Das Nusch-Nuschi, Tanz-Suite für Orch. op. 20 Hirodiade (Orchester-Rezitation nach der Dichtung 

MAA4\ TN TV.. Tr . o . t« 1 1 ■ A -1. * if-11 TIT.A' H r\A A\ 




op. 28 (1923), Konzert für Orch. op. 38 (1925), Chorwerke mit Orch.: Das Unaufhörliche (Ora- 

Konzertmudk für Blasorch. op. 41 (1926), Kon- torium in 3 Teilen, Text von G. Benn; Berlin 

zertmusik für KL, Blechbläser und 2 Harfen op. 49 1931) ; When Lilacs Last in the Door-Yard Bloom 9 d 

(1930), Konzertmusik für Streichorch. und Blech- (»Als Flieder jüngst mir im Garten blüht«. Ein 

bläser op. 50 (1930), Philharmonisches Konzert Requiem »denen, die wir lieben«, Text von W. 

(1932), Symphonie Mathis der Maler (1934), Sym- Whitman, deutsche Übertragung vom Kompo- 

phonische Tänze (1937), Nobilissima Visione , Suite nisten; New York 1946); Apparebit repentina dies 

für Orch. (1938), Symphonie in Es (1940), Amor für gern. Chor und 10 Blaser (Cambridge, Mass., 

und Psyche , Ouvertüre zu einem Ballett (1943), 1947); Ite, angeli veloces (Kantaten-Trilogie: Chant 

Symphonische Metamorphosen über Themen von C. de triomphe , Custos quid te nocte und Cantique de 

M. v . Weber (1943), Symphonia Serena (1946), Sin- l’espörance , französischer Text von P. Claudel, 

fonietta in E (1950), Symphonie in B für Blasorch. deutsche und englische Übertragung vom Kom- 

(1951), Symphonie Die Harmonie der Welt (1951). ponisten; Uraufführung des 3. Teils Brüssel 1953, 

Konzerte: Kammermusik Nr 2 für obligates KL des ganzen Werks Wuppertal 1955); Altes irisches 

und 12 Solo-Instr. op. 36 Nr 1 (1924), Kammer- Lied (»Old Irish Air«) für gern. Chor, Harfe und 

rn nsik Nr 3 für obligates Vc. und 10 Solo-Instr. Streichorch. oder Kl. (1940); Lied von der Musik 

op. 36 Nr 2 (1925), Kammermusik Nr 4 für Solo- (»A Song of Music«) für 3st. Frauenchor und 

V. und größeres Kammerorch. op. 36 Nr 3 (1925), Streichorch. oder KL (1940) ; Lügenlied für 2 

Kammermusik Nr 5 für Solo-Va und größeres Frauen- und eine Männerstimme mit Instrumenten 

Kammerorch. op. 36 Nr 4 (1927), Kammermusik (1928). 


799 


Hindemith 


Chorwerke a cappella: gern. Chor: 6 Lieder nach 
alten Texten op.33 (1923); Five Songs on Old 
Texts (Neufassung von Nr 1, 2, 3 und 6 aus op. 33 
und englische Ausgabe von »W ahre Liebe«, deutsch 
und englisch; 1936); Six Chansons (französische 
Gedichte von R. M. Rilke; 1939); 12 5st. Madri- 
gale (nach Texten von J. Weinheber; 1958). - 
Mannerchor: 6 Chöre (Texte von B. Brecht, W. 
Whitman, G. Benn und F. Hölderlin; 1929-32); 
Drei Chöre (1939); 3 Chöre (1939 und 1949). - 
Frauen- und Jugendchor: Spruch eines Fahrenden 
(1928) ; Chorlieder fiir Knaben (1930) ; Vier Kanons 
(1928-49). 

Solo-Gesänge mit Instrumenten: Des Todes Tod 
(3 Lieder nach Gedichten von E. Reinacher) für 
Frauenstimme, 2 Va und 2 Vc. op. 23a (1922) ; Die 
junge Magd (6 Lieder nach Gedichten von G. Trakl) 
für A., Fl., Klar, und Streichquartett (1922); Die 
Serenaden (Kleine Kantate nach romantischen Tex- 
ten) für S., Ob., Va und Vc. op. 35 (1925). 

Lieder mit KL: 8 Lieder für Sopran op. 18 (1920); 
Das Marienlehen (15 Lieder für S., nach Gedichten 
von R. M. Rilke) op. 27 (1922/23, neue Fassung 
1936-48) ; Drei Motetten (für S. ; 1941-44) ; La Belle 
Dante sans Merci (für hohe oder mittlere St. ; 1942) ; 
Neun englische Lieder (für S. oder Mezzo-S.; 
1942-44) ; Two Songs (für hohe St. und Kl. ; 1955). 
Musik für Spiel- und Singkreise der Jugendbewe- 
gung: Spielmusik für Streichorch., 2 Fl. und 2 Ob. 
op. 43, 1 (1927); Lieder fiir Singkreise für 3st. gern. 
Chor a cappella op.43, II (1927); Schulwerk für 
Instnunental-Zusammenspiel op. 44 (4 Hefte, 1927) ; 
Sing- und Spielmusiken fiir Liebhaber und Musik- 
freunde (5 Hefte: I Kantate Frau Musica, n Acht 
Kanons , DI Ein Jäger aus Kurpfalz , IV Kleine Kla- 
viermusik V Martinslied) op. 45 (1928/29); Plöner 
Musiktag (4 Hefte: A Morgenmusik, B Tafelmusik , 
C Kantate , , D Abendkonzert ; 1932). 

Bearbeitungen: »Versuch einer Rekonstruktion der 
ersten Aufführung von Claudio Monteverdis 
Orfeo« (1943; Wien 1954); Suite französischer 
Tanze (aus den von Pierre Attaingnant gedruckten 
»Livres de Danceries«, 1547-57, des Claude Ger- 
vaise und Estienne du Tertxe) für kleines Orch. 
(1958). 

Schritten: Unterweisung im Tonsatz (I Theoretischer 
Teil, Mainz 1937, 1940; II Übungsbuch für den 
2st. Satz, Mainz 1939; englisch als: Croß of Musical 
Composition : I London 1942; II London 1941); 
A Concentrated Course in Traditional Harmony (2 
Bände, New York 1943, 21944 und 1948, deutsch 
unter dem Titel: I Aufgaben für Harmonie-Schüler , 
Mainz 1949, auch italienisch, japanisch, hebräisch 
und norwegisch; II Harmonieübungen Jur Fortge- 
schrittene, Mainz 1949); Elementar/ Training for 
Musicians (New York 1946, 2 1949) ; A Composer' s 
World-Horizons and Limitaäons (1949/50; Cam- 
bridge, Mass., 1952); Johann Sebastian Bach. Ein 
verpflichtendes Erbe (Mainz 1950 und Wiesbaden 
1953, englisch vom Autor New Haven und Ox- 
ford 1953). 

Lit. : P. H. Cat of Published Works and Recordings, 
NY 1954; Die Werke v. P. H. im Verlag B. Schott’s 
Söhne, Mainz 1954; E. Westphal, P. H., eine Bi- 
bliogr. d. In- und Auslandes seit 1922 über ihn u. sein 
Werk (= Bibliogr. Hefte, hrsg. v. Bibliothekar-Lehr- 
inst d. Landes Nordrhein- Westfalen II), Köln 1957. - 
F. Willms, P. H., ein Versuch, in: Von Neuer Musik, 
Köln 1925; ders., Führer zur Oper Cardülac v. P. H., 


Mainz 1926; H. Strobel, P. H., Mainz 1928, 21931, 
21948; P. H. Zeugnis in BÜdem, mit einer Einleitung 
v. H. Strobel u. einem vollständigen Werkverz., 
Mainz 1955. - H. Mersmann, Neue Musik in den 
Strömungen unserer Zeit, Bayreuth 1949; H. Erpf, 
Vom Wesen d. neuen Musik, Stuttgart 1949; S. Bor- 
ris, Einführung in d. moderne Musik, Halle (Saale) 
1950; H. H. Stuckenschmidt, Neue Musik (= 
Zwischen d. beiden Kriegen II), Bin 1951 ; H. J. Mo- 
ser, P. H., in: Mg. in 100 Lebensbüdem, Stuttgart 
1952; H. L. Schilling, H.s Passacagliathema in d. 
beiden Marienleben, AfMw XI, 1954; ders.. Die Oper 
Cardülac v. P. H., Beiträge zu einem Vergleich d. 
beiden Fassungen, Diss. Freiburg i. Br. 1957 (maschr.). 

Hindemit h, Rudolf, * 9. 1. 1900 zu Hanau, Bru- 
der von Paul H.; deutscher Violoncellist, war bis 
1918 Schüler des Hochschen Konservatoriums in 
Frankfurt am Main (G. Maas, Bassermann, Sekles), 
dann noch kurze Zeit von A. Földesy in Berlin, 
1919-21 1. Solocellist des Münchner Konzertver- 
eins, 1921-24 in gleicher Stellung an der Wiener 
Staatsoper und danach Mitglied des Amar-Quar- 
tetts; daneben versah er eine Lehrstelle an der 
Musikhochschule Karlsruhe. Er ist ein ausgezeich- 
neter, temperamentvoller Konzert- und Kammer- 
musikspieler, und war zeitweise auch Mitglied des 
1921 gegründeten »Münchener Trios«. H. ist mit 
der Pianistin Maria Landes von der Musikhoch- 
schule München verheiratet. 

Hines (hains), Earl Father, * 28. 12. 1903 zu 
Duquesne (Pennsylvania); amerikanischer Jazz- 
pianist und Bandleader, wurde Kaffeehauspianist 
und spielte in mehreren Kapellen, 1927 bei L. 
Armstrong. 1928-48 war er Leiter eigener Kapel- 
len, bis 1951 Pianist bei L. Armstrong und in klei- 
neren Ensembles. Als Pianist begann er beim Rag- 
time, auf den er eine der Trompetentechnik 
Armstrongs ähnliche Virtuosität übertrug und da- 
mit den sogenannten Trompeten-Piano-Sdi schuf. 
Als Orchesterleiter ist H. nir den Be-bop wich- 
tig geworden. 

Hinrichsen Edition, Ltd* ->» C. F. Peters. 

Hinrichsen, Henri, Walter und Max -> C. F. 
Peters. 

Hinton (h'intan), Arthur, * 20. 11. 1869 zu 
Beckenham (Kent), f 11. 8. 1941 zu Rottingdean 
(Sussex) ; englischer Komponist, Schüler von Sain- 
ton, Säuret und Davenport an der Royal Academy 
of Music zu London, wirkte einige Zeit dort als 
Violinhilf sichrer und studierte dann noch bei 
Rheinberger in München Komposition. Er war 
ab 1903 verheiratet mit der Pianistin Katharina -»■ 
Goodson. H. wirkte als Theaterkapellmeister an 
verschiedenen Bühnen und als Professor für Theo- 
rie und Komposition an der Royal Academy of 
Music. Er schrieb eine Oper Tamara , Operetten 
The Disagreable Princess, St. Elisabeth' s Roses, 2 
Symphomen, d ^dr ai^tische Romanze Poijhyrias 

Seraph of Heaven, Klavierkonzert, Romanze* für 
Vc. und Orch., Szene für T. und Orch., Epipsychi - 
dion, Szene für Mezzosopran und Orch. Semele, 
Klavierquintett, Klaviertrio, Violinsonate, Suite 
für V. und KL, Klavierstücke und Lieder. 

Bünze-Reinliold, Bruno, * 20. 10. 1877 zu Dan- 
zig; deutscher Pianist, Schüler des Leipziger Kon- 
servatoriums, wirkte ab 1901 als Lehrer des Kla- 


800 



Hirsch 


vierspiels am Stemschen und Eichelbergschen Kon- 
servatorium in Berlin» war ab 1913 Klavierpäd- 
agoge an der damaligen Großherzoglichen, später 
Staatlichen Musikschule in Weimar, deren Direk- 
tor er 1916 wurde, und der er 1925 eine Hoch- 
schulabteilung angliederte. 1930 erreichte er die 
Erhebung der Anstalt zur Staatlichen Musikhoch- 
schule. Er war ein geschätzter Konzertpianist 
(Lisztspieler), genießt als Pädagoge einen guten 
Ruf und ist als Herausgeber vorzugsweise klassi- 
scher Klaviermusik bekannt geworden. Als Kom- 
ponist ist er mit Liedern hervorgetreten. 1933 gab 
H.-R. sein Direktoramt in Weimar auf und lebte 
als freier Künstler in Berlin, bis er 1947 wieder an 
die Hochschule für Musik nach Weimar berufen 
wurde, an der er, 1949 emeritiert, als Pädagoge 
weiterwirkt. Seine 1945 verstorbene Gattin (seine 
ehemalige Schülerin) Anna H.-R., ebenfalls Pia- 
nistin und Pädagogin, schrieb zur Einführung in 
seine Lehrweise: Technische Grundbegriffe eines na- 
türlichen neuzeitlichen Klavierspiels . 

HipMns (h'ipkons), Alfred James, * 17. 6. 1826 
zu Westminster, f 3. 6. 1903 zu London; englischer 
Instrumentenforscher, ab 1840 Teilhaber der 
Firma Broadwood & Sons, ein geschätzter Kenner 
der Geschichte der Musikinstrumente, hidt wie- 
derholt in London Vorträge über alte Instrumente. 
Er war einer der Hauptmitarbeiter an Grove’s 
Dictionary of Music und verfaßte sehr wertvolle 
Schriften, darunter: Old Clavier or Keyboard Instru- 
ments; as to the Necessity of a Legato Style of Perfor- 
mance (Proc. Mus. Ass. XII, 1885/86) ; Musical In* 
struments, Historie , Rare and Unique (Edinburgh 
1888, mit 50 illustrierten Tafeln; verkürzte Aus- 
gabe 1921); Handel 9 s Harpsichord (Musical Times 
XXXVm, 1893); A Description and History of the 
Pianoforte and the Older Keyboard Instruments ^Lon- 
don 1896); Dorian and Phrygian Re-considerea from 
a Nonharmonic Point of View (Privatdruck 1902, 
Nachdruck in SIMG IV, 1902/03). 

Hipman, Silvestr, * 23. 7. 1893 in Cdslav (Böh- 
men); tschechischer Komponist, studierte zuerst 
privat Violine und Klavier, später am Prager Kon- 
servatorium Komposition (O. 5m) und Instrumen- 
tation (J. ßidkf), betätigte sich als Musikkritiker 
und war Geschäftsführer des tschechischen Künst- 
lervereins »UmäLecki beseda«. 1937-38 organi- 
sierte er die internationalen Kammermusikfeste in 
Trenäanskd Teplice (Slowakei). 1956 erwarb er 
den 2. Preis im internationalen Wettbewerb des 
französischen Rundfunks. Kompositionen: Sona- 
tine für V. und KL (1933), 3 Stücke für Vc. und 
Kl. (1939), Aus meinem Land , Suite für Bläserquin- 
tett (1939), Französische Balladen mit KL (1935), 
Chorzyklus Aus der Natur (Z pHrody , 1914—19) 
und das Chorwerk Angelus mit Orch. (1936) ; die 
wichtigsten ungedruckten Werke: Streichquartett 
F dur (1940), Concertino für 2 V. und Kl. (1942), 
Streichquartette D dur und D moll (1950), Sym- 
phonie B dur (1944-46), Mozart in Prag (4 sym- 
phonische Menuette, 1955) und das in Cannes 1956 
uraufgeführte Rondo für Kl. und Orch 
Lit: Tschechische Komponisten von Heute, Prag 
1957 (mit Werkverz.). 

Hippolita ->» Marotta. 


Hirsch, Hugo, *12. 3. 1884 zu Birnbaum (Posen); 
deutscher Komponist, lebt in Berlin. Nach anfäng- 
lichem Medizinstudium widmete er sich der Mu- 
sik als Schüler von J. Dobber in Berlin. Er ver- 
schrieb sich ausschließlich der leichten Muse als 
Operetten- und Schlagerkomponist. FL emigrierte 
1933 (London, Paris) und kehrte 1950 nach 
Deutschland zurück. Die meisten seiner Operetten 
erlebten in Berlin ihre Erstaufführung. Er schrieb 
u. a. Bummelmädel (1911); Tangofieber (1912); Die 
Hoflieferantin (1913); Die ewige Braut (1917); Die 
Scneiaungsreise (1918); Eine feine Familie (1918); 
Die erste Nacht (1919); Dolli (1920); Der Fürst von 
Pappenheim (1921); Sehora (1922); Die tolle Lola 
(1923) ; Wenn man verliebt ist (1923) ; Revue Das hat 
die Welt noch nicht gesehn (1924); Operette Der 
blonde Traum (1924); Monsieur Troutala (1925); 
Revue Wieder Metropol (1926); Revue Berlin ist 
Mode (1927); Operette Fräulein Mama (1928); 
Revue Un vent de Folie (1929); Operette La 
Danseuse Espagnole (1930); ferner Tänze und 
Märsche. Für Tonfilme wurde die Musik von Der 
Fürst von Pappenheim (1952) und Die tolle Lola 
(1954) neu bearbeitet. 

Hirsch, Karl, * 17. 3. 1858 zu Wemding bei 
Nördlingen, f 3. 11. 1918 zu Faulenbach bei Füs- 
sen; deutscher Chorkomponist, war zuerst Volks- 
schullehrer, ging dann ganz zur Musik über und 
wirkte an zahlreichen Orten als Chorleiter. Er war 
als Komponist für Mannerchor geschätzt, schrieb 
zahlreiche Chorwerke mit Orch.: Bilder aus der 
alten Reichsstadt , Der Rattenfänger von Hameln, Der 
Trompeter von Sakkingen , Landsknechtsleben, Reiter- 
leben, Frühlingswehen, O dolce Napoli, Deutsches 
Reiterlied, Deutsches Flottenlied, Werinher, Die Krone 
im Rhein; auch a-cappella-W erke für gern. Chor 
(Weihnacht 8st., Ostern 7st.) und hat viel ältere 
a-capp ella-Musik bearbeitet und herausgegeben. 

Hirsch, Paul Adolf, * 24. 2. 1881 zu Frankfurt 
am Main, f 25. 11. 1951 zu Cambridge; deutscher 
Kaufmann und Musikbibliophile, Besitzer einer an 
Originalausgaben alter theoretischer und prak- 
tischer Musikwerke reichen Bibliothek, die aber 
auch die neuen Gesamtausgaben der großen Mei- 
ster sowie bibliographische und andere Nach- 
schlagewerke in großer Zahl umfaßte. 1922 be- 
gann FL mit der Herausgabe zweier Publikations- 
reihen, von denen die erste (V eröflfentlichungen 
der Musikbibliothek P. H.) theoretische und prak- 
tische Musikwerke, die zweite den Katalog der 
Musikbibliothek P. H. (herausgegeben von KL 
Meyer und P. FL) umfaßte. In der ersten Reihe 
finden sich Traktate von F. Caza (I), G. L. Con- 
forto (II), H. Bottrigari (V), G. Spataro (VH) und 
N. Listenius (VE3), als musikalische Werke Neu- 
j ahrsgrüße empfindsamer Seelen (HI) sowie Kompo- 
sitionen von G. Ph. Telcmann (TV), IC F. Zelter 
(VI), C. Ph. E. Bach (EX), Ch. Schnitze (X), M. 
Luther (XI; Deutsche Messe) und W. A. Mozart 
(XII; The ten celebrated String Quartets, Erst 
authentic edition in score, herausgegeben von A. 
Einstein). Die Kataloge umfassen in 4 erschienenen 
Bänden: L Theoretische Drucke bis 1800 (Berlin 
1928); II. Operrv-Partituren ^Berlin 1930); HL In- 
strumental - und Vokalmusik ois etwa 1830 (Frank- 
furt am Main 1936) ; IV. Erstausgaben, Chorwerke in 
Partitur, Gesamtausgaben, Nachschlagewerke, etc., Er- 


st 


801 



Hirsch 


gänzungen zu Band I-III (Cambridge 1947). Die 
politischen Verhältnisse veranlaßten H., 1936 
Deutschland zu verlassen und die gesamte Biblio- 
thek an seinen neuen Wohnsitz in Cambridge 
überzuführen. 1946 wurde die Bibliothek an aas 
British Museum in London verkauft. Von H.s ver- 
öffentlichten Studien seien genannt: Katalog einer 
Mozart-Bibliothek (Frankfurt am Main 1906); Mu- 
sik-Bibliophilie. Aus den Erfahrungen eines Musik- 
Sammlers (in Zobeltitz-Fs., Weimar 1927) ; Biblio- 
graphie der musiktheoretischen Drucke des Franchino 
Gafori (in: J. Wolf-Fs., Berlin 1929); Some Early 
Mozart Editions (MR I, 1940) ; More Early Mozart 
Editions (MR IH, 1942); Dr. Arnolds Handel Edition 
(MR Vm, 1947); Contemporary English Editions of 
Beethoven (mit C. B. Oldman; MR XIV, 1953). 
Lit.: Cat of Printed Music in the British Museum. 
Accessions-Part 53: Music in the H. Library, London 
1951 ; O. Hirsch, Some Articles and Cat Written or 
Published by P. H., MR XII, 1951 ; A. Hyatt King, 
The H. Music Library, Notes IX, 1952; ders., P. H. 
(1881-1951), Some Personal Recollections, MMR 
LXXXn, 1952; O. E. Deutsch, Nachruf für P. H., 
Mf V, 1952. 

Hirsch, Rudolf, * 1. 2. 1816 zu Napajedl (Mäh- 
ren), j* 10. 3. 1872 zu Wien; österreichischer Kom- 
ponist, Dichter und Musikkritiker, schrieb: Gal- 
lerte lebender Tondichter (Güns 1836) und Mozarts 
Schauspieldirektor (Leipzig 1859, eine Ehrenrettung 
Mozarts), gab auch ein Album für Gesang heraus 
(mit Ormnalbeiträgen von Mendelssohn, Marsch- 
ner und Reissiger). 


Hirschfeld, Robert, * 17. 9. 1858 in Mähren, 

5 * 2. 4. 1914 zu Salzburg ; österreichischer Musik- 
orscher, studierte in Wien, war zugleich Schüler 
des Konservatoriums, promovierte mit einer Ar- 
beit über Johannes de Muris (Leipzig 1884) und 
wurde 1884 als Lehrer der Musikästhetik am Wie- 
ner Konservatorium angestellt, wo er schon seit 
1882 Vorlesungen gehalten hatte. Daneben wirkte 
er als Musikräerent der »Wiener Zeitung« und 
»Abendpost«. Im Herbst 1913 ging H. als Direktor 
des Mozarteums nach Salzburg. Zu erwähnen sind 
seine Streitschrift gegen Hanshck Das kritische Ver- 
fahren Hanslicks (Wien 1885, 31885; für die alte 
a-cappella-Musik, zu deren Pflege H. »Renaissance- 
Abende« ins Leben rief), seine Festrede zur Mozart- 
Zentenarfeier (1891) und sein Lebensbild Cima- 
rosas im Ausstellungs-Katalog der Cimarosa-Feier 
in Wien (1901). H. bearbeitete Haydns Apotheker, 
Mozarts Zalde und Schuberts Der vierjährige Posten 
für die Wiener Neuinszenierungen. 

Hirschler, 2iga (Sigismund), * 21. 3. 1894 zu 
Tmovica bei Bjdovar, f 1942 im Konzentrations- 
lager Jasenovac; kroatischer Komponist, absol- 
vierte den Kompositionskurs am Konservatorium 
in Agram, wo er dann als Klavierpädagoge und 
Musikkritiker tätig war. Werke: einaktige Oper 
Florentinska no6 (»Florentiner Nacht«), Bühnen- 
musiken, Orchesterwerke (Kroatische Rhapsodie), 
Kammermusik (eine Suite und eine Fuge für 
Streichquintett), Klavierstücke (Fugen, 3 Bizar- 
resken, Miniaturen, Capricen, Vita nova), eine 
Reihe von Gesängen und jüdische Nationallieder. 


Hirschbach, Hermann, * 29. 2. 1812 zu Berlin, 
t 19.5.1888 zu Gohlis bei Leipzig; deutscher 
Komponist, Schüler von Bimbach, 1843-45 in 
Leipzig Herausgeber der Zeitschrift »Musikalisch- 
kritisches Repertorium«, welche ihn so verhaßt 
machte, daß er sich ganz ins Privatleben zurück- 
zog. H. war ein frachtbarer Komponist ernster 
Richtung und schrieb: 13 Streichquartette, 4 
Streichquintette, 2 Quintette mit Klar, und Horn, 
ein Septett, ein Oktett, 14 Symphonien (u. a. Le- 
benskämpfe, Erinnerungen an die Alpen, Fausts Spa - 
ziergang), Ouvertüren (Götz vonBerlichingen, Ham- 
let, Julius Cäsar) und 2 Opern: Das Leben ein 
Traum und Othello . 

Lit: R. Pessenlehner, H. H., Diss. Ffm. 1931, Re- 
gensburg 1933. 

Hiwchberg, Leopold, * 6. 12. 1867 zu Posen, 
t 28. 9. 1929 zu Berlin; deutscher Musikforscher, 
war ab 1900 Dozent für Musikwissenschaft an dar 
Humboldt-Akademie in Berlin. Er gab eine Reihe 
von Spezialarbeiten über Carl Loewe (C. Loewes 
Instrumentalwerke, Hildburghausen 1919) und über 
die Balladen-Komposition heraus, veranstaltete 
auch Ausgaben: Loewes Chorgesänge (3 Bände), 
Marschners Balladen (4 Bände), R, Wagners reli- 
giöse Tondichtungen, Loewes kirchenmusika- 
flsche Werke, Reliquienschrein des Meisters C. M. 
v • Weber (Berlin 1927) sowie C. M. v. Weber, 
70 ungedruckte Briefe (Hildburghausen 1926). 
Weitere Veröffentlichungen: Erinnerungen eines 
Bibliophilen (BerlinrWilmersdorf 1918); Franz 
Pocci, der Musiker (Zf Mw 1, 1918/19) ; Die Kriegs- 
musik der deutschen Klassiker und Romantiker (Ber- 
lirb-Lichterfelde 1919). 


Hirschmann, Henri, (Pseudonym: V. H. Her- 
blay), * 1872 zu Saint-Mand6; französischer Kom- 

S onist, schrieb die Opern Vamour ä la bastille 
Paris 1897), Lovelace (Paris 1898), Rolande (Nizza 
1905), Hemani (Paris 1909), La danseuse de Tanagra 
(Nizza 1911), Lapetite Nation (Gent 1913) und die 
Operetten Das Schwalbennest (Berlin 1904, fran- 
zösisch Des hirondelles, Paris 1907), Lapetite Bohime 
(Paris 1905, deutsch als Musette, Berlin 1905), La 
feuille de vigne (Paris 1907), Mlle. Don Juan (Paris 
1909), La i ne joyeuse (Brüssel 1910), Des petites 
itoiles (Paris 1911), Des deux prirtcesses (1914), auch 
Pantomimen und Ballette. 

Hirt, Franz Josef, * 7.2.1899 zu Luzern; 
Schweizer Pianist, Bruder von Fritz H., Schüler 
seiner Mutter Josephine H.-Kopp, einer Schülerin 
Clara Schumanns, war ab 1913 bei H. Huber in 
Basel und studierte 1916-18 am dortigen Konser- 
vatorium. In Bern war er 1918/19 Korrepetitor am 
Stadttheater, ab 1919 Klavierlehrer an der Musik- 
schule, setzte daneben seine Studien bei E. Petri 
in Berlin und bei A. Cortot in Paris fort. Seit 1924 
tritt H. als Konzertpianist auf und wurde 1927 
Lehrer am Berner Konservatorium. Er veröffent- 
lichte eine umfangreiche Arbeit über Meisterwerke 
des Klavierbaus (Olten 1955; vgl. dazu die Rezen- 
sion von A.JBemer, Mf XI, 1958. 

Hirt, Fritz, * 10. 8. 1888 zu Luzern; Schweizer 
Violinist, Bruder von Franz Josef HL, war 1902 
bis 1904 Schüler des Zürcher Konservatoriums 
(Brun, Hegar, Kempter), 1904-06 Seväks in Prag, 
debütierte 1907 (Berliner Philharmoniker), war 
1908-10 Konzertmeister des Konzertvereins-Or- 
chesters in München, weilte 1911 in London, 


802 



Hoboken 


wurde im gleichen Jahr Leiter der Ausbildungs- 
klasse an der Musikakademie Heidelberg und 1915 
Leiter der Violinklassen am Basler Konservatorium. 
Er war dort gleichzeitig 1. Konzertmeister der All- 
gemeinen Musikgesejttschaft. Seit 1955 lebt er 
im Ruhestand. 

Hirzel-Langenhan, Anna, * 20. 8. 1874 zu La- 
chen bei Zürich, f 15. 12. 1951 auf Schloß Berg 
(Thurgau); Schweizer Pianistin und Klavierpäd- 
agogin, studierte am Zürcher Konservatorium und 
bei Leschetizky in Wien. Als allseitig anerkannte 
Solistin übte sie eine weitreichende Konzerttätig- 
keit aus. Sie lebte ab 1898 in München, ab 1926 m 
Lugano und ab 1934 auf Schloß Berg. Für einen 
großen internationalen Kreis von Schülern war sie 
eine vorzügliche Lehrerin. 

His Master’« Voice (deutsch: Die Stimme seines 
Herrn), englische Schallplattenfabrik in Hayes 
(Middlesex), geht zurück auf die 1899 gegründete 
Gramophone & Typewriter Ltd. London. Sie 
führt ihren jetzigen Namen und das zugehörige 
Warenzeichen seit 1910. Eigentümer sind die 1931 
gegründeten Electrical & Musical Industries (EMI). 
Mit Aufnahmen von A. Patti, Paderewski, Tosca- 
nini, Caruso, Schaljapin, Kreisler und Casals hat 
die Firma schon in der Frühzeit der Schallplatte ein 
bedeutendes Repertoire aufgebaut. Die Platten der 
Gesellschaft erscheinen in Schweden mit der Marke 
»Husbondens röst«, in Italien als »Voce del Pa- 
drone«, in Frankreich als »Gramophone - Voix de 
Son Maitre«. Der Vertrieb in Nord- und Süd- 
amerika liegt bei der »Victor«, einer Tochter- 
gesellschaft der Radio Corporation of America 
(RCA). Weiterhin verwendet die Gesellschaft die 
Marken »Odeon« (für Unterhaltungsmusik) und 
»Parlophone«. Enge Zusammenarbeit besteht mit 
der ebenfalls den EMI gehörenden -*■ »Columbia«. 
Die deutsche Vertretung liegt bei der Electrola 
Gesellschaft m. b. H. in Köln (früher Berlin). 

Hislop, D e war Joseph, * 5. 4. 1889 zu Edinburgh ; 
schwedischer Sänger (Tenor), lebt in London. 
Nach Gesangsstudien in Stockholm und Mailand 
war er 1914-19 an der Stockholmer Oper tätig, 
kam 1920 an das Teatro San Carlo in Neapel und 
Covent Garden in London, wirkte ab 1936 dane- 
ben als Lehrer in Stockholm. 1948 wurde er Ge- 
sangsmeister an Covent Garden und Sadler*s Wells 
Theatre in London, 1951 auch Gesanglehrer an der 
Guildhall School of Music. 

Bftzelberger, Sabina (geborene Renk), * 12. 11. 
1755 zu Randersacker, f nach 1807 (zu Würz- 
burg?); deutsche Sängerin (Koloratursopran von 
3 Oktaven Umfang), vermählt mit dem Flötisten 
H. (Mitglied der Hofkapelle in Würzburg). Sie 
blieb dem Würzburger Fürstbischöflichen Hofe 
treu und schlug die glänzendsten Angebote, u. a. 
die des französischen Hofes, aus, sang aber 1776 
eine ganze Saison in Paris in den Concerts spirituels 
und eine zweite 1783 in den Winterkonzerten in 
Frankfurt am Main. Sie lebte noch 1807 in Würz- 
burg. Frau H. bildete viele Schülerinnen aus, dar- 
unter ihre Töchter Catharina Elisabeth (1777 
bis 1795; Pianistin und Altistin), Kunigunde 
(1778-95; Sopran), Johanna (1783-?; Alt, später 
mit dem Violinisten Bamberger verheiratet) und 


Regina (1788-1827; Sopran; vermählte Lang; 
Meyerbeer versuchte vergebens, sie nach Paris zu 
ziehen). 

Hitzig, Friedrich Wilhelm, * 3. 1. 1876 zu 
Mannheim, f wahrscheinlich im Frühjahr 1945 zu 
Leipzig; deutscher Musikschriftsteller, absolvierte 
seine Musikstudien an der Hochschule in Mann- 
heim, wirkte dann als Organist und Theorielehrer 
in Mannheim und in Freiburg im Breisgau, wo er 
noch nach dem 1. Weltkrieg bei W. Gurlitt Mu- 
sikwissenschaft studierte und 1923 mit einer Arbeit 
über Platons Wertung der Kunst promovierte. Da- 
nach lebte er in Leipzig, war Dozent an der »Deut- 
schen Buchhändler-Lehranstalt«, Archivar des 
Hauses Breitkopf & Hartei, bis er 1933 zum Leip- 
ziger Rundfunk überging. H. schrieb in verschie- 
denen Zeitschriften Aufsätze musikhistorischen, 
philosophischen und bibliographischen Inhalts und 
war Herausgeber des Jahrbuches »Der Bär« (Breit- 
kopf & Härtel) und der Kataloge des Archivs 
Breitkopf. 

Hjellemo (j'elsmu), Oie, * 22. 3. 1873 zu Dovre, 
1 1938 zu Oslo; norwegischer Komponist, Schüler 
von I. Holter, war 1919-32 Violin- und Theorie- 
lehrer am Konservatorium in Oslo. Werke: 
3 Symphonien (I: Es dur 1912, II: H moll 1925, 
EI: Adur 1933), eine Norwegische Rhapsodie für 
Militärmusik (1902), Violinkonzert E dur (1934), 
Rondo für V. und Orch. (1935), Rondo capriccioso 
für Chor und Orch., Kammermusik (Streichquar- 
tett B dur, 1926), Klavierstücke und Lieder. 

Hlobil, Emil, * 11. 10. 1901 zu Veseif (Böhmen) ; 
tschechischer Komponist, studierte am Prager 
Konservatorium, dessen Meisterschule er bei J. Suk 
absolvierte. Neben seiner Tätigkeit als Komponist 
unterrichtet er seit 1941 als Professor für Kompo- 
sition und Musiktheorie am Prager Konservato- 
rium. Seit 1956 ist er Vorsitzender des tschechi- 
schen Musikfonds. Von seinen Werken erschienen 
im Druck: Streichquintett (1925), 5 Stücke für 
Kl. (1927), 2 Noctumos für Vc. und Kl. (1933), 
Sonatine für V. und Kl. (1934), II. Streichquartett 
(1936), Quartett für Streicher und Cembalo (1943), 
symphonische Suite Sommer im Riesengebirge 
(1950), Volksfest-Suite (1950), Serenade für Orch. 
(1955), Drei Lieder (1953) und kleinere Werke für 
Horn, Ob. und Klar, mit Begleitung. Ungedruckt 
u. a. ein Bläserquintett (1940), eine Homsonate 
(1942), das m. Streichquartett (1955), ein Bläser- 
oktett (1956), 3 Symphonien (1949, 1951, 1957), 
Violinkonzert (1955), Konzert für Akkordeon und 
Orch. (1956), symphonische Suite Der Frühling in 
den Prager Gärten (1953). 

Lit.: Tschechische Komponisten von Heute, Prag 
1957, mit Werkverz. 

HQboken, Anthony van, * 23. 3. 1887 zu Rot- 
terdam; niederländischer Musiksammler, studierte 
1906-09 an der Technischen Hochschule in Delft 
und gleichzeitig Musik bei A. Verhay. Ab 1910 
war er Schüler des Hochschen Konservatoriums in 
Frankfurt am Main, 1925 noch Schüler von H. 
Schenker in Wien. Seit 1919 legte van H. eine 
Sammlung von Erstdrucken musikalischer Mei- 
sterwerke an. Nach der Übersiedlung nach Wien 
(1925) errichtete er dort das überaus wertvolle 
und bedeutende Archiv für Photogramme musi- 


51* 


803 



Hobrecht 


kalischer Meisterhandschriften an der Musik- 
Sammlung der Nationalbibliothek Wien, womit 
er das erste Dokumentationszentrum auf musika- 
lischem Gebiete schuf. Im Zusammenhang damit 
spezialisierte er in musikwissenschaftlicher Absicht 
seine Sammlung auf Früh- und Erstdrucke der- 
jenigen Großmeister zwischen J. S. Bach und 
Brahms, deren Autographen ins Archiv aufge- 
nommen worden waren. Einer ersten Er f assung 
seiner Musikbibliothek (1932) folgte ab 1936 die 
Neu-Katalogp&erung. Gleichzeitig legte er einen 
thematisch-bibliographischen Zettel-Katalog von 
den zeitgenössischen Ausgaben der Werke J. 
Haydns an. Dieser bildete dann die Grundlage für 
seine weitere musikbibliographische Forschung, 
die er seit 1938 in der Schweiz fortsetzte und aus 
der seine wichtige Veröffentlichung Joseph Haydn , 
Thematischr-bibliographisches Werkverzeicrmis (Band 
I, Mainz 1957) hervorging. Für seine großen Ver- 
dienste um die Musikforschung verliehen ihm die 
Universität Kiel 1957 und die Universität Utrecht 
1958 den Titel eines Dr. phiL h. c. 

Lit.: O. Jonas, The Photogram-Archives in Vienna, 
ML XV, 1934. 

Hobrecht -► Obrecht. 

Höchberg, Hans Heinrich XIV. Bolko, Graf 
von (Pseudonym: J. H. Franz), * 23. 1. 1843 auf 
Schloß Fürstenstein (Schlesien), f 1- 12. 1926 auf 
Schloß Rohnstock (Schlesien); deutscher Kompo- 
nist, Bruder des Fürsten von Pleß, studierte in 
Bonn und Berlin die Rechte und Staatswissen- 
schaften, war 1867-69 Attache der preußischen 
Gesandtschaft in Petersburg, trat dann aber vom 
Staatsdienst zurück, um sich ausschließlich musi- 
kalischen Studien zu widmen. Er rief 1876 die 
Schlesischen Musikfeste (unter L. Deppe als Diri- 
genten) ins Leben. 1886 übernahm er die General- 
mtendanz der Königlichen Schauspiele in Berlin, 
gab sie 1903 wieder auf und zog sich auf sein Schloß 
Rohnstock zurück. Graf PL steht als Komponist 
auf dem Boden der Schum arm. sehen Schule. An 
die Öffentlichkeit trat er zuerst mit dem Singspiel 
Claudine von Villa bella (Schwerin 1864) und der 
3aktigen romantischen Oper Die Falkensteiner 
(Hannover 1876, überarbeitet als Der Wärwolf, 
Dresden 1881), wandte sich aber in der Folge mehr 
der Instrumentalkomposition und dem Liede zu. 
Er komponierte 3 Symphonien (C dur op. 26, E dur 
op. 28 und F dur), ein Klavierkonzert C moll op. 
42, 2 Klaviertrios (A dur op. 34, B dur op. 35), 

3 Streichquartette (op. 22 Es dur, op. 27 I D dur, 
II A moll), mehrere Hefte Lieder, auch Manner- 
chöre op. 36 und 3st. Frauenchöre op. 32. 

Hpchreiter, Emil, * 27. 12. 1871 zu Dcbreczin 
(Ungarn), f 3. 8. 1938 zu Wien; österreichischer 
Komponist, war 1892-99 Musikdirektor an der 
Lehr- und Erziehungsanstalt der Jesuiten in Kalks- 
burg, dann politischer Konzeptsbeamter der nie- 
derösterreichischen Statthalterei in Wien, 1915-20 
Musikdirektor der Canisius-Kirche in Wien, 1923 
bis 1937 wieder Musikdirektor an der genannten 
Anstalt in Kalksburg. PL schrieb eine Oper Heim- 
fahrt, Oratorium Christus (1917), zahlreiche kir- 
chenmusikalische Chorwerke und Chöre, Kam- 
mermusik, Klavierstücke und Lieder. 

Hodapp, Frieda Kwast. 

804 


Hodeir (od'srr), Andrd, * 22. 1. 1921 zu Paris; 
französischer Jazzmusiker und Schriftsteller, stu- 
dierte bei O. Messiaen und war unter dem Namen 
Claude Laurence Geiger im Sextett A. Ekyan. 1954 
wurde H. Präsident der Acad&nie du Jazz in Paris. 
Im gleichen Jahr gründete er die »Jazz Group de 
Paris«. Als Dirigent und Arrangeur dieses En- 
sembles versucht PL, die Zwölftontechnik mit den 
improvisatorischen Freiheiten des Jazz zu ver- 
einen. PL gab 1947-50 eine Zeitschrift »Jazz Hot« 
heraus. Außerdem veröffentlichte er mehrere Bü- 
cher, darunter Hommes et Probilmes du Jazz (Paris 
1954) und Les Formes de la Musique (Paris 1951). 

Hodges (had 3 s), Edward, * 20. 7. 1796 zuBristol, 
f 1. 9. 1867 zu Clifton; englischer Organist und 
Komponist, wirkte zunächst an Kirchen in Bristol, 
1825 in Cambridge zum Doktor der Musik pro- 
moviert, wurde 1838 Organist der Kathedrale von 
Toronto, 1839 an St Jornrs Chapd in New York, 
1846 an der Orgel der neuen Trinity Church, 
legte 1859 wegen Krankheit sein Amt nieder und 
kehrte 1863 nach England zurück. Er schrieb: 
An Essay on the Cultivation of Church Music (New 
York 1841), war langjähriger Mitarbeiter des 
»Quarterly Musical Magazine« und der »Musical 
World«, komponierte auch Services und Anthems. 
Seine Tochter Faustina Hasse H. (f 4. 2. 1895 
zu Philadelphia) war Organistin erst in Brooklyn, 
dann (ab 1878) an zwei Kirchen in Philadelphia. 
Sie schrieb kleinere Instrumentalstücke und Ge- 
sänge. Sein Sohn John Sebastian Bach H. (1830 
bis 1915) war 1870-1906 Rektor der Paulskirche in 
Baltimore, gleichfalls Organist, auch Komponist 
von Kirchenmusik und Herausgeber eines Book of 
Common Praise (1868). 

Hodges (hodjz), Johnny (eigentlich John Corne- 
lius PL), * 25. 7. 1906 zu Cambridge (Massachu- 
setts, USA); amerikanischer Jazzmusiker, spielte 
1928-51 und seit 1955 im Orchester D. Ellington 
Sopran- und Altsaxophon. 1951-55 hatte er eine 
eigene Band. PL gilt als einer der führenden Alt- 
saxophonisten. 

Hoeckh, Karl, * 22. 1. 1707 zu Ebersdorf bei 
Wien, f 25. 11. 1773 zu Zerbst; österreichischer 
Komponist, begleitete Franz Benda nach Polen 
und war mit ihm in Warschau angestellt. Als 
Benda die Berliner Stellung annahm, empfahl er 
H. nach Zerbst, wo dieser hochangesehen neben 
J. Fr. Fasch als Konzertmeister wirkte. Zu seinen 
Schülern zählt Fr. W. Rust. Von seinen Kompo- 
sitionen wurden 7 Partien für 2 V. mit Gb. 1761 
gedruckt. Einige Violinstücke stehen im Musica- 
Hschen Vielerlcy (herausgegeben von C. Ph. E. 
Bach, Hamburg 1770). Handschriftlich hinterließ 
er Sinfonien (10 in Dannstadt; im letzten Krieg 
vernichtet), 18 Violinkonzerte und 12 Violinson 
(Capriccetti, mit Franz Benda). 

Ausg. : Partita n f. 2 V. u. B.c., *= Hausmusik CLXX, 
hrsg. v. E. Schenk, Wien 1954. 

Hdckner, Hilmar, * 24. 12. 1891 zu Leipzig; 
deutscher Musikpädagoge, 1911-15 Schüler des 
Leipziger Konservatoriums sowie der Universität 
(Ricmann. und Schering), 1919-21 Musiklehrer an 
der »Dürerschule Hochwaldhausen« (Oberhessen) 
und seitdem in Verbindung mit der musikalischen 
Jugendbewegung, zu deren engerem Führerkreis 



er gehörte. 1921-23 setzte er seine musikwissen- 
schaftlichen Studien bei W. Gurlitt in Freiburg im 
Breisgau fort und war dort daneben als Lehrer für 
Musiktheorie und -geschichte am Konservatorium 
sowie als Musikkritiker tätig. Er war ab 1923 Mu- 
siklehrer am Landerziehungsheim Schloß Bieber- 
stein (Rhön), 1928-47 munkpädagogischer Leiter 
der Stiftung Deutsche Landerziehungsheime (Her- 
mann-Lietz-Schulen), 1939-44 auch Oberschul- 
lehrer in Fulda, wo er seit 1946 mit L. Leber das 
Konservatorium und Musikseminar leitet. Als 
Lehrbeauftragter wirkte er 1946-51 an den Päd- 
agogischen Ausbildungslehrgängen in Fulda, 1951 
bis 1953 am Pädagogischen Institut Jugenheim an 
der Bergstraße und 1951-53 und ab 1954 am Päd- 
agogischen Institut Weilburg an der Lahn. Schrif- 
ten: Jugendmusik im Landet ziehungsheim (Wolfen- 
büttel 1926); Die Musik in der deutschen Jugend- 
bewegung (Wolfenbüttel 1927); August Halm und 
die Musik in der Freien Schulgemeinde Wickersdorf 
(Sonderdruck aus vorigem Werk, 1927); Musik- 
pädagogik auf psychologischer Grundlage (Bildung 
und Erziehung II, 1949); Entwickelnder Musik- 
unterricht (ebenda in, 1950); Volkskinderlieder im 
» auf bauenden « Musikunterricht der Grundschule (Ganz- 
heitliche Bildung m, 1952); Das Liedgut der ersten 
vier Schuljahre (ebenda VI, 1955); Grundprobleme 
des Schülermusizierens (in: Handbuch der Musik- 
erziehung, hrsg. von H. Fischer, Berlin 1954); 
Violinübung am Volkslied (Mainz 1954). Zum Musi- 
zieren gab er heraus: Schule des chorischen Zusam- 
menspiels (Wolfenbüttel), Das Hauskonzert (mit 
seinem Bruder Walter H. ; Kopenhagen) und Der 
Musikkreis (Wilhelmshaven). 

Haeberg (h'aber), Georg Valdemar, * 27. 12. 
1872 und f 3. 8. 1950 zu Vedboek; dänischer Kom- 
ponist und Dirigent, Schüler des Kopenhagener 
Konservatoriums (W. Tofte, J. D. Bondesen, N. 
W. Gade) und von Halir in Berlin, war als Violinist 
1897-1901 Mitglied der Hofkapelle in Kopenhagen 
und 1900-14 Lehrer für Violine am dortigen Kon- 
servatorium. Einen bedeutenden Einfluß auf das 
dänische Konzertleben gewann er als Dirigent der 
Dänischen Konzertvereinigung (1910-14), als Ka- 
pellmeister am Königlichen Theater (1914-30) 
und als Leiter der Dänischen Chorvereinigung 
(1915-49). Werke: Oper Et bryllup i Katakom- 
beme (»Die Hochzeit in den Katakomben«, Kopen- 
hagen 1909), Ballett Paris Dom (»Das Urteil des 
Paris«, Kopenhagen 1912), Symphonie E dur, Or- 
chestervariationen über Themen von Naumann 
und Mozart, Romanze für V. und Orch., Chor- 
werk Blomsteme sove, Violinsonate, Violoncell- 
sonate, Chöre, Klavierstücke und Lieder. 

Lit : G. H., Festskrift til den 27. December 1942, hrsg. 
v. d. Dansk Tonekunstner Forening, Kopenhagen 
1942; V. Gandrup, in DMT 1942; H. Börresen, in 
DMT 1947. 

Höfer, Franz, * 27. 8. 1880 zu Griesbach im Rot- 
tal (Niederbayem), f 13. 11. 1953 zu Garmisch- 
Partenkirchen; deutscher Komponist, bis 1901 
Schüler der Münchener Akademie (Rheinberger), 
wurde im gleichen Jahr Kapellmeister am Stadt- 
theater Regensburg, 1906 dort Organist an der 
Stadtpfarrkirche St. Emmeram, 1909 Lehrer an der 
Regensburger Kirchenmusikschule, wirkte gleich- 
zeitig als Dirigent des »Regensburger Liederkranz«, 


Hoeg 

ging 1923 zur Schulmusik über und unterrichtete 
in der Folge an höheren Schulen in Ettal (1926), 
Garmisch-Partenkirchen (1933) und Nör düngen 
(1943). Ab 1945 widmete er sich ausschließlich der 
Komposition. Als Komponist trat er hervor mit 
der Oper Sarema (Regensburg 1904), der Märchen- 
oper Dornröschen (Nürnberg 1918), dem Musik- 
drama Don Guevara (Coburg), dem Ballett Prin- 
zessin Schneewittchen (München, Staatsoper); fer- 
ner schrieb er Messen und andere Kirchenmusik- 
werke, 2 Sinfonietten für Kammerorch., ein klei- 
nes Violinkonzert Gmoll, Orgelwerke und Lie- 
der. Daneben veröffentlichte er eine Leichtfaßliche 
Modulationslehre (Regensburg 1916), eine Instru- 
mentationslehre (mit besonderer Berücksichtigung 
der Kirchenmusik) und gab Czernys »Schule der 
Geläufigkeit« mit Ergänzungsetüden für die linke 
Hand neu heraus (1916). 

Höffer, Paul, * 21. 12. 1895 zu Barmen, t 31. 8. 
1949 zu Berlin; deutscher Komponist, besuchte 
zunächst das Lehrerseminar in Rheydt, wurde 
dann als 18jähriger an der Kölner Hoch- 
schule Schüler von Georgii, Abendroth und Böl- 
sche, studierte anschließend 3 Jahre bei Fr. 
Schreker an der Berliner Musikhochschule. 1923 
wurde er hier Lehrer für Klavier und Musik- 
erziehung, 1930 Lehrer für Komposition und 
Theorie, 1933 Professor, erhielt 1936 die Gold- 
medaille der Olympiade für seinen Olympischen 
Schwur . H. war 1945 Mitgründer des Musik- 
instituts für Ausländer in Berlin und ab 1948 Di- 
rektor der Berliner Musikhochschule. Er hatte sich 
einen guten Namen als Komponist erworben; er 
schrieb: Opern Borgia und Der falsche Waldemar 

Ö art 1934), Ballett Tanz um Liebe und Tod 
urg 1939), die Oratorien Der reiche Tag 
(1938), Vom edlen Leben (1942), Mysterium Liebe 
(1943) und Die letzte Stunde (1945-47); Sinfonische 
Ouvertüre (1922), \Sinfonische Musik (1922), Sym- 
phonie (1926/27), Partita für 2 Streichorch., Sinfo- 
nische Musik für großes Orch., Sinfonie der großen 
Stadt (1937), Symphonische Variationen über einen 
Baß von Bach (1940), Serenade für Streichorch. 
(1944), 2 Klavierkonzerte, Violinkonzert, Violon- 
cellkonzert, Konzert für Ob. und Streichorch., 
Bläsersextett, Klarinettenquintett, Bläserquintett 
(Variationen über ein Thema von Beethoven), 3 
Streichquartette, 2 Klaviertrios, Streichtrio, 2 So- 
naten für V. allein, Triosonate für Fl., Va und Kl., 
Kantaten, Chöre und Lieder, darunter 23 Kinder- 
lieder, Spiele für Kinder: Das schwarze Schaf Das 
Matrosenspiel, Johann, der muntere Seifensieder ; Kla- 
viermusik (Sonate, Tanzvariationen, 2 Toccaten), 
100 Spielstücke zu deutschen Volksliedern. 

Lit.: H. Tiessen, Erinnerung an P. H., Musica X, 
1956; K. Laux, Musik u. Musiker d. Gegenwart, 
Essen (1949). 

H?eg, Carsten, * 15. 11. 1896 zu Aalborg; dä- 
nischer Philologe und Musikforscher, seit 1926 
Professor für klassische Philologie an der Universi- 
tät Kopenhagen. Zur Erforschung der byzantini- 
schen Musik gründete er mit H. J. W. Tillyard und 
E. Wellesz die Monumenta musicae byzantinae, in 
denen er mehrere Bände bearbeitete: Sdcherarium 
(1, 1, 1935, mit Tillyard und Wellesz), Hirmologium 
Athoum 2, 1938), La notation ekphoniüque (II, 
Band 1, 2, 1935), The Hymns of the Hirmoiogium I 


805 



Högner 


(m, 6, 1952, mit A. Ayoutanti und M. Stöhr) und 
Prophetologium (IV, 1, 3 Teile, 1939-52, mit G. 
Zuntz). Daneben veröffentlichte er: Graesk Musik 
(1940); Musik og digtning i byzantinsk kristendom 
(Kopenhagen 1955) ; La morie de la musique byzati- 
tine (in: Revue des etudes grecqes XXXV, 1922) ; 
Remarks on the Prophetologion (mit G. Zuntz, in: 
Quantulacumque, Festschrift K. Lake, London 
1937); The Oldest Slavonic Tradition ofBy zantine 
Music (in: Proceedings of the British Academie 
XXXEX, 1953; separat London und New York 
1955). 

Högner, Friedrich Johannes Paul, * 11. 7. 1897 
zu Oberwaldbehrungen (Unterfranken) ; deutscher 
Kirchenmusiker, lebt in München. Er studierte an 
Universität (Abert, Kroyer, Schering, Litt) und 
Konservatorium (Straube) Leipzig. 1922 wurde er 
Kantor in Leipzig-Gohlis, 1925 Musikdirektor in 
Regensburg, 1929 Lehrer für virtuoses und litur- 
gisches Orgelspiel am Leipziger Konservatorixmi, 
1933 zugleich Universitätsorganist. Seit 1937 wirkt 
er als Landeskirchenmusikdirektor der evangelisch- 
lutherischen Landeskirche Bayerns in München. 
Seine reiche künstlerische, organisatorische, publi- 
zistische und erzieherische Tätigkeit dient vor 
allem der Förderung zeitgenössischer Kirchen- 
musik. Als Komponist trat er hervor mit der Mo- 
tette Wie teuer ist deine Güte, Gott (1943), den Kan- 
taten Wo Gott zum Haus nicht gibt sein Gunst (1945), 
Tag des Zorns (1946), Wer nur den lieben Gott läßt 
walten (1947) und Ist Gott fiir mich , so trete (1951) 
sowie Liederzyklen und Choralvorspielen für Org. 

Hoehn, Alfred, * 20. 10. 1887 zu Oberdien bei 
Eisenach, + 2. 8. 1945 zu Königstein im Taunus; 
deutscher Pianist, auf Empfehlung von d* Albert 
und Steinbach Schüler des Hochschen Konserva- 
toriums in Frankfurt am Main, 1907/08 noch Schü- 
ler der Direktionsklasse von Fr. Steinbach in Köln, 
der ihn in die Konzertlaufbahn einführte. 1910 
wurde er von seinem Gönner, dem Herzog von 
Meiningen, zum Hofpianisten ernannt und im 
gleichen Jahre mit dem Rubinsteinpreis ausgezeich- 
net. Auf seinen Konzertreisen durch Europa zeich- 
nete er sich durch Feinfühligkeit und Kraft seines 
Spiels als einer der besten deutschen Konzertpia- 
nisten aus. Seinen Wohnsitz hatte er in Frankfurt, 
wo er ab 1929 Lehrer am Hochschen Konserva- 
torium war. Werke: Streichquartett; XXII. Psalm 
für Bar. und großes Orch.; 6 Orchestedieder; 
Klavierwerke. Er gab auch Klavierwerke Beet- 
hovens (vor allem Sonaten) nach dem Urtext be- 
arbeitet heraus (Mainz). 

Holler, Karl, * 25. 7. 1907 zu Bamberg; deut- 
scher Komponist, lebt in München. Er besuchte 
das Konservatorium Würzburg und die Akademie 
der Tonkunst in München, wo er 1929 die Reife- 
prüfung in Komposition und Orgel ablegte und 
anschließend Meisterschüler von J. Haas (Kompo- 
sition), S. v. Hausegger (Dirigieren), Gatscher 
(Orgel) und H. v. Waltershausen (dramatische 
Komposition) war. Ab 1931 wirkte er als Prakti- 
kant für Orgelspiel, 1933-37 als Lehrer an der 
Akademie, unterrichtete ab 1937 an der Musik- 
hochschule in Frankfurt am Main und erhielt 1949 
als Nachfolger von J. Haas eine Meisterklasse für 
Komposition an der Musikhochschule München, 


deren Präsident er 1954 wurde. Seit 1958 ist er 
Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der 
Schönen Künste, Sektion Musik. H. ist ein fest in 
der Tradition, vornehmlich in der Spätromantik 
von Bruckner bis Reger und teilweise bis Hinde- 
mith wurzelnder Komponist, der aber auch Ele- 
mente der Musik des 17. und 18. Jh. seinem Stil 
einschmilz t. Charakteristisch für seine Musik ist 
der gefühlsbetonte, bisweüen hymnische Ausdruck, 
dichte lineare Verflechtung und üppige chroma- 
tische Harmonik. Das Schaffen H.s umfaßt alle 
Gattungen von Konzert-, Kirchen- und Hausmu- 
sik sowie Film- und Hörspielmusiken, jedoch 
keine Bühnenwerke. Orchesterwerke: Hymnen 
op. 18 (1933), Symphonische Phantasie op. 20 
(1935), Passacaglia und Fuge op. 25 (1939), 
Heroische Musik op. 28 (1940), I. Symphonie Cis 
moll op. 40 (1953), Sweeünck-Variationen op. 56 
(1951); Concertino für Soli und Kammerorch. 
op. 9 (1931), Kammerkonzert in D für V. und 
Orch. op. 10 (1931), Orgelkonzert op. 15 (1930), 
Kammerkonzert für Cemb. und kleines Orch. op. 
19 (1934), 2 Violinkonzerte op. 23 (1938) und 47 
(1948), 2 Cellokonzerte op. 26 (1941) und 50 
(1949) sowie weitere Orchesterwerke für verschie- 
denartige Besetzung. - Kammermusik: 6 Streich- 
quartette op. 24 (1938), 36 (1945), 42 (1947), 43 
(1947), 48 (1948) und 51 (1949), Klarinettenquin- 
tett op. 46 (1947), Klavierquartett op. 7 (1930, 
Neufassung 1955), Klaviertrio op. 34 (1944), Trio- 
sonate op. 38 (1946), 8 Violinsonaten op. 4 (1929), 
30 (1942), 33 (1943), 35 (1944), 37 (1945), 39 (1946), 
44 (1947) und 52 (1949), Cellosonate op. 31 (1943), 
2 Flötensonaten op. 45 (1947) und 53 (1948). - 
Vokalwerke: Missa brevis a cappella op. 3 (1929), 
Männerchormotette Media vita op. 8 (19301, 
Weihnachts- und Passionsmusik op. 12 (1932), 
Requiem op. 14 (1932), Karfreitagsmotette Tene- 
brae factae op. 21 (1937). - Zahlreiche Werke für 
Kl. (auch Zwei kleine Sonaten zu 4 Händen op. 32, 
1943) und Org. H S-G 

Hoelscher, Ludwig, * 23. 8. 1907 zu Solingen; 
deutscher Violoncellist, studierte in Köln, Mün- 
chen, Leipzig (J. Klengel) und Berlin (H. Becker), 
erhielt 1930 den Mendelssohn-Preis, übernahm 
1936 eine Professur an der Musikhochschule Ber- 
lin, später eine Meisterklasse am Mozarteum und 
den Sommerkursen der Internationalen Akademie 
Salzburg. Seit 1931 konzertiert er in allen europä- 
ischen Ländern und im Femen Osten, vielfach mit 
der Pianistin Elly Ney bzw. dem E.-Ney-Trio. 
H. ist ein impulsiver Musiker mit expressivem 
Ton. Er interpretiert die Celloliteratur aller Stil- 
arten, besonders die Solosuiten von J. S. Bach und 
zeitgenössische Musik. In Uraufführung spielte er 
Werke von Pfitzner, Zilcher, Trapp, Giesdring, 
J. N. David, Krenek, Fortner, Holler, Gcnzmer, 
Sutermeister und Henze. 

Lit: E. Valentin, Cello, d. Instrument u. sein 
Meister L. H., Pfullingen 1955. 

Hoelty-Nickel, Theodore Carl, * 31. 8. 1894 
zu Güstrow (Mecklenburg); amerikanischer Kir- 
che nmusi ker, lebt in Valparaiso (Indiana). Er 
wuchs in Adelaide (Südaustralien) auf, studierte 
dort Theologie, anschließend Musik am Trinity 
College of Music in London sowie 1922-27 am 
Konservatorium und der Kirchenmusikschule 


806 



Hoesslin 


Leipzig. 1928-41 war er Musikdirektor des Luther 
College in Decorah (Iowa), 1941-43 musikalischer 
Leiter der Concordia Radio Station in St. Louis. 
Seitdem leitet er die Musikabteilung der Universi- 
tät in Valparaiso (Indiana) und wurde 1958 zum 
Ehrendoktor der Theologie ernannt. H.-N. ist der 
Herausgeber eines 5bändigen Sammelwerks luthe- 
rischer Kirchenmusik: The Musical Heritage of the 
Church (1945-55) sowie von: The Little Bach Book 
(Valparaiso, Indiana, 1950). 

Hoengen, Elisabeth, * zu Gevelsberg (Westfa- 
len); deutsche Opern- und Konzertsängerin (Alt). 
Nach ihrem Studium an der Berliner Hochschule 
für Musik und an der Universität führte sie ihre 
B ühn . eniaufbahn ab 1933 über Wuppertal und 
Düssddorf 1940 an die Dresdner Staatsoper, von 
dort 1943 an die Staatsoper Wien, deren Mitglied 
als dramatische Altistin sie seitdem ist. Gastspiele 
gab sie an den ersten Opernhäusern Europas, in 
Amerika auch an der Metropolitan Opera in New 
York und am Teatro Col6n in Buenos Aires, 
ferner bei den bedeutendsten Festspielen. Sie trat 
auch als Oratorien- und Liedsängerin hervor. 


Hoerburger, Felix, * 9. 12. 1916 zu München; 
deutscher Musikforscher, studierte bis zur Promo- 
tion Musikwissenschaft an der Universität Mün- 
chen (R. v. Ficker) und war Kompositionsschüler 
an der dortigen Akademie der Tonkunst (J. Haas). 
Seit 1947 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter des 


Instituts für Musikforschung in Regensburg mit 
musikalischer Folklore als speziellem Aufgaben- 
gebiet. Veröffentlichungen: Der Tanz mit der 
Trommel (Regensburg 1954), Wechselhupf - Schu- 
stertanz - Klatschtanz und Winker , Ein Beitrag zur 
systematischen Ordnung von Volkstänzen (Leipzig 
1956), Die Zwiefachen (Berlin 1956), Deutsch-sla- 
vische Wechselbeziehungen im Volkstanz (Leipzig 
1956). -Zum Problem des Umsingens von Volkslied- 
melodien (Kgr.-Ber. Lüneburg 1950), Westöstliche 
Entsprechungen im Volksepos (Mf V, 1952), Tanz 
wegen« Musik (Musica VH, 1953), Waffentänze der 
Türken (in: Forschungen und Fortschritte XXVIII, 
1954), Schwert und Trommel als Tanzgeräte (in: 
Deutsches Jahrbuch für Volkskunde 1, 1955). 


Ho£r£e (hoer'e), Arthur, * 16. 4. 1897 zu Saint- 
Gilles bei Brüssel; französischer Komponist und 
Musikschriftsteller belgischer Geburt, war 1908-11 
Schüler des Conservatoire in Brüssel, wandte sich 
bis 1917 Studien als Ingenieur zu, ging dann aber 
endgültig zur Musik über. Seit 1919 lebt er in 
Paris, wo er am Conservatoire bei P. Vidal und 
V. d’Indy seine Ausbildung vollendete (1925). Er 
wurde 1950 Kompositionslehrer an der Ecole nor- 
male de musique. Werke: Ballette La souris blanche 
et la Dame de Paris , Quatre Chorigraphies und L'aven- 
ture du Chevalier Bertrand; Symphonie chorigraphique; 
Bühnen- und Filmmusiken; Ode au soleü für Soli, 
Chor und Orch.; Orchestersuiten, Kammermusik 
( Pastorale et danse für Streichquartett; Trio für FL, 
Fag. und KL), Septett für Frauenstimme, FL, 
Streichquartett und KL, Klavierstücke, Chöre und 
Gesangszyklen, teilweise mit Kammermusikbe- 
gleitung. Er schrieb u. a. : Igor Stravinsky et ses trois 
chefs d’ceuvres dramatiques (1928), Albert Roussel 
(= Maitres de la musique andenne et moderne 
xvn, Paris 1938), Arthur Honegger (Paris 1956). 


Hoerter, Philippe, * 30. 8. 1795 und f 6. 11. 
1863 zu Straßburg; elsässischer Komponist, er- 
öffnete 1815 in Straßburg eine Musikalienhand- 
lung und bildete sich autodidaktisch zum Musiker 
aus. 1819 wurde er Kontrabassist im Theateror- 
chester und 1820 Gesanglehrer am protestantischen 
Seminar. Von seinen mehr als 100 Werken sind 
2 Gutenberg-Kantaten (Straßburg 1836 und 1840, 
für Soli, Chor und Orch.), die Kantate Jehova 
(1846), ein Streichsextett Fdur, eine Ouvertüre 
Esdur und Lieder hervorzuheben. Bei einem 
Brande (1860) gingen die meisten seiner Manu- 
skripte verloren. 

Lit: Hommage ä Ph. H., Straßburg 1864. 

Hösel, Kurt, * 28. 1. 1862 und f 28. 4. 1929 zu 
Dresden; deutscher Komponist und Dirigent, 
Schüler des Dresdner Konservatoriums, war Ka- 
pellmeister in Freiburg im Breisgau und Breslau 
und veranstaltete Wagner-Konzerte im Residenz- 
theater in Dresden. Hier gründete er den Philhar- 
monischen Chor, wurde Dirigent der Dreyßig- 
schen Singakademie, die er als Ehrendirigent bis zu 
seinem Tode leitete. 1897-99 war er Direktor des 
Konservatoriums und lehrte gle ichzeitig in der 
Orchester- und Opemklasse. Werke: Oper Wie- 
land der Schmied (Charlottenburg 1913), Musik- 
drama Alarich der Gotenkönig (1922), Männerchöre, 
gern. Chöre, Orchestergesänge und Klavierlieder. 
Erbearbeitete C. M. von Webers Euryanthe (1924). 

Hoesick, Ferdinand, * 16. 10. 1867 und f 13. 4. 
1941 zu Warschau; polnischer Schriftsteller, kehrte 
nach Studien an den Universitäten Heidelberg, 
Krakau und Paris 1891 nach Warschau zurück, 
übersiedelte aber 1905 nach Krakau und widmete 
sich ganz literarischer Tätigkeit für Tageszeitungen 
und Zeitschriften. Später lebte er als Redakteur des 
»Kurjer warszawski« wieder in Warschau. Außer 
mehreröi literarhistorischen Studien über pol- 
nische Dichter und Prosaiker, einem psychologi- 
schen Roman Nemesis (1913), Novellen und Reise- 
bildem ist H. vor allem hervorgetreten als Cho- 
pin-Forscher (sämtliche Schriften sind polnisch): 
fr. Chopin (St. Petersburg 1898), Skice i opowiadct- 
nia (Warschau 1900, darin: Mickiewicz, Chopin , 
Slowackt), Z papieröw po Eisnerze (Aus Elsners 
Memoiren, Warschau 1901), Chopin, zycie i tw6r - 
czold (Ch., Leben und Schaffen, 3 Bände, War- 
schau 1904-11; 21926 gekürzt, 2 Bände) und 
Chopiniana (Band 1, Warschau 1912: Briefwechsel 
Chopins mit seiner Familie und mit seinen fran- 
zösischen und polnischen Freunden). 

Hoesslin, Franz von, * 31. 12. 1885 zu München, 
1 25. 9. 1946 als Opfer eines Flugzeugunglücks bei 
Site in Südfrankreich; deutscher Dirigent, Schüler 
von Reger und Mottl, 1907-11 Operakapellmei- 
ster in Danzig und St. Gallen, 1912-14 Konzert- 
dirigent in Riga. H. wirkte 1919/20 als Konzert- 
dirigent in Lübeck, 1920-22 als Kapellmeister des 
Mannheimer Nationaltheaters, wurde dann 1. Ka- 
pellmeister an der Berliner Volksoper, 1923 GMD 
am Friedrichstheater in Dessau, 1926 GMD in 
Barmen-Elberfeld. 6 Jahre war er Festspiel- 
dirigent in Bayreuth, 1932-36 musikalischer Leiter 
der Breslauer Oper und lebte danach in Florenz. 
Er schrieb: Orchesterwerke (darunter 3 Kammer- 
stücke), Klavierquintett Cismoll, das Chorwerk 


807 



Hoff ding 


Wachet auf (1942), Orchestergesänge: 3 romantische 
Sonette (1940), Von der Verlassenheit (1941), 6 So- 
nette einer Griechin (1942) und Frauenchöre. 

Htfffding, Finn, * 10. 3. 1899 zu Kopenhagen; 
dänischer Komponist, studierte Komposition bei 
Jeppesen und Tn. Laub (Kopenhagen) und J. Marx 
(wen). Er wurde 1928 Gymnasiallehrer, war 
1929-39 Vorsitzender der Musikpädagogischen 
Vereinigung, ab 1931 Lehrer für Komposition am 
Musikkonservatorium in Kopenhagen, wo er im 
gleichen Jahr die musikpädagogische Abteilung 
einiichtete. Ebenfalls 1931 gründete er mit dem 
Komponisten J. Bentzon die »Kobenhavns folke- 
musikskole«. 1949 wurde er Professor am Musik- 
konservatorium, dessen Direktor er 1954-56 war 
(wegen Krankheit zurückgetreten). 1956 trat er in 
die Leitung der Opemakademie ein. Im besonde- 
ren war er um eine zeitgemäße Erneuerung der 
Musikerziehung (im Sinne F. Jodes) bemüht und 
schrieb verschiedene Laienmusiken, darunter die 
Choroper Pasteur op. 27 (1938), Das Eisenbahn - 
gleichnis (Erich Kästner) für Chor, KL und 3 Saxo- 
phone op. 26 (1934), Pons flejter (Die Flöten Parts) 
für Chor, KL und H. op. 30 (1938). Seine größeren 
Kompositionen, zunächst linear, später die Form 
aus einem motivischen Gedanken entwickelnd, 
umfassen die Opern Kejserens nye klaeder (Des Kai- 
sers neue Kleider, Kopenhagen 1928), Kilderejsen 
(Die Fahrt nach der Heilquelle, Kopenhagen), 4 
Symphonien, 4 symphonische Fantasien, Suite 
Vier Mienenspiele op. 41 für kleines Orch. (1944), 
2 Streichquartette, 2 Bläserquintette und andere 
Kammermusik, Konzert für Ob. und Streicher 
op. 22 (1933); die Chorwerke Fern svaner (Fünf 
Schwäne) op. 28 (1937), Christopher Columbus op. 
29 (1937), Gradus ad Pamassum op. 48 (1948); 
Chorlieder, Sololieder. Er verfaßte: Harmonielehre 
(Kopenhagen 1933); Den elementaere bereitere (Ko- 
penhagen 1937). 

UL: G. Casstit, F. H., MMR LXXXni, 1953. 

Hoffman (h'ofmaen), Richard Andrews (H.- 
Andrews), * 24. 5. 1831 zu Manchester, f 17. 8. 
1909 zu New York; amerikanischer Pianist von 
englischer Geburt, Sohn des Komponisten und 
Schriftstellers Richard Hoffman-Andrews (* 22. 5. 
1803, f 3. 6. 1891), ging 1847 nach New York, wo 
er zuerst mit Thalbergs Sonnambula-Phantasie 
öffentlich auftrat und später vielfach in den Phil- 
harmonischen Konzerten spielte. H. war angesehen 
als Klavierlehrer und schrieb viele Klavierstücke 
im besseren Salonstil und etwa 100 Lieder. Er ver- 
öffentlichte Sorne Musical RecoUections of Fifiy 
Years (New York 1910). 

Hoffinann» Ernst Theodor Amadeus (eigent- 
lich E. Th. Wilhelm H., Amadeus nannte er 
selbst sich zu Ehren Mozarts), * 24. 1. 1776 zu 
Königsberg, 1 25. 6. 1822 zu Berlin; der bekannte 
phantastische Dichter, war mit ganzer Seele der 
Musik zugetan, in der er als Knabe den Unterricht 
von Chr. -»■ Podbidski genoß. Er studierte die 
Rechte und bildete sich als Referendar am Kam- 
mergericht in Berlin musikalisch noch bei J. Fr. 
Reichardt Ab 1800 war er Assessor in Posen, 
wurde aber wegen anzüglicher Karikaturen 1802 
als Rat nach Plock, 1803 nach Warschau versetzt, 
erteilte 1806, durch die Kriegsereignis.se brotlos 


geworden, Musikunterricht und übernahm 1808 
die Musikdirektorenstelle am Theater in Bamberg. 
Als dieses 1809 wirtschaftlich zusammenbrach, sah 
er sich wieder auf Privatunterricht angewiesen, 
arbeitete für die Leipziger »Allgemeine musika- 
lische Zeitung« phantastische Artikel als Kapell- 
meister Johannes Kreisler (diese Figur - sein Selbst- 
porträt -, die auch im Kater Murr die Hauptrolle 
spielt, regte Schumann zu seinen nach ihr benann- 
ten »Kreisleriana« op. 16 an) und dirigierte 1813/14 
das Orchester der Sekondaschen Schauspielerge- 
sellschaft in Leipzig und Dresden. Ab 1814 arbei- 
tete er durch Vermittlung seines Freundes Th. G. 
von Hippel - wenn auch ohne Gehalt - am Kam- 
mergericht in Berlin, an dem er 1816 als Rat an- 
gestdlt wurde. H. war von selten vielseitiger Be- 
gabung, tüchtiger Jurist, geschickter Zeichner, 
genialer Dichter und phantasiereicher Komponist. 
Die Stärke seiner musikalischen Begabung spricht 
auch aus seiner Begeisterung für Bach, Beethoven 
(der ihm einen Dankbrief schrieb) und die alten 
italienischen Kirchenkomponisten. In Posen brachte 
er seine Komposition des Goetheschen Singspiels 
Scherz , List und Rache um 1801 zur Aufführung, 
nachdem er schon 1799 vergeblich versucht hatte, 
ein Singspiel Die Maske in Berlin anzubringen. 
In Plock beschäftigten ihn zwei (nicht ausgeführte) 
Singspiele: Der Renegat (1804) und Faustina (1804). 
Weitere Bühnenwerke: in Warschau Brentanos 
Lustige Musikanten (1804), Der Canonicus von Mai- 
land (1805, Text von Rohrmann), Liebe und Eifer- 
sucht (1807/08, Text von H. selbst nach Schlegels 
Übersetzung von Calderdns »La banda y la flor«). 
Der Trank der Unsterblichkeit (Berlin 1808), Dima 
amberg 1809, Melodram von Soden), Aurora 
amberg 1811/12, Text von Holbein), Saul (Bam- 
berg 1811, Text von Seyfried) und die von C. M. 
von Weber hochgeschätzte romantische Oper 
Undine (1813/14, Erstaufführung Berlin 1816, 
Text von Fouqu6 nach einem Szenarium H.s). Er 
schrieb außerdem zahlreiche Bühnenmusiken, z. B. 
zu Z. Werners Kreuz an der Ostsee (1804/05), zu 
Kotzebues Gespenst (1809), Calderöns Brücke von 
Mantible (1809, Übersetzung Schlegels von »La 
puente de Mantible«), Sodens Julius Sabinus 
(1809/10), Fouqu6s Tassilo (1815). Von seinen 
Instrumentalwelken sind erhalten: Rondos und 
eine große Phantasie für KL, 4 kontrapunktisch 
gearbeitete Klaviersonaten, Haufenquintett C moll, 
Klaviertrio Edur, eine Orchesterouvertüre und 
eine Symphonie Esdur (etwa 1806); von den 
kirchlichen Vokalwerken eine Messe D dur (1803/ 
1804), eine Messe D moll (1805), ein Miserere 
(1809), 6 a-cappella-Chöre (1808); von den welt- 
lichen Vokalwerken u. a. 3 Kanzonetten mit Kl 
(1808), 3 italienische Kanzonetten mit Kl. (1812), 
6 italie n ische Duette (entstanden 1812, erschienen 
1819 bei Schlesinger) und mehrere Chöre. Ver- 
loren gegangen sind u. a. Klaviersonaten, Ouver- 
türen, Kammermusik, ein Requiem, Kanzonetten, 
die Musik zu Maler Müllers Genoveva und einige 
Schauspielmusiken. Die Tonsprache H.s, der in 
Gluck und Mozart seine musikalischen Vorbilder 
sah, ist verhältnismäßig konservativ, von der 
Form her gesehen romantischer Klassizismus und 
hält etwa che Mitte zwischen Reichardt und C. M. 
von Weber; in seinen letzten Werken, namentlich 
der Aurora und Undine wird ihre romantische 


808 



HofSnann 


Färbung immer starker. Mit seinen Musikbetrach- 
tungen für die Leipziger »Allgemeine musikalische 
Zeitung« und für Berliner Blätter ist H. der 
Schöpfer der modernen Musikkritik geworden: 
Schumann und Wagner stehen hierin auf seinen 
Schultern. Auch seine dichterischen Werke, die 
zahlreichen Kompositionen (außer Schumann z. B. 
Offenbach - »Les Contes d’Hoffinann« Haus- 
egger, Busoni, Reznicek, Hindemith) Stoffe gelie- 
fert haben, enthalten vieles Geistreiche über Mu- 
sik, besonders die Phantasiestücke in Callots Manier 
(1814) und die Lebensansichten des Katers Murr 
(1820-22). Von H.s Schriften nahm die Romanti- 
sierung Beethovens und Mozarts ihren Ausgang. 
Nahezu ein Altersgenosse von Beethoven, zeigt H. 
den in allen Zügen ausgeprägten Typus des ro- 
mantischen Künstlers, der, mit einer die über- 
kommenen Formen ebenso wie sich selbst zer- 
störenden Phantasie begabt, das Spannungsver- 
hältnis bewußter und unterbewußter Kräfte in sich 
auszutragen bestimmt war. Für H. ist Musik »die 
romantischste aller Künste«, sie weckt ein »süßes, 
wehmütiges Verlangen«, die »Ahnung des Unend- 
lichen«, eine »unaussprechliche Sehnsucht«, »jene 
unendliche Sehnsucht, die das der Wesen Romantik 
ist« (Besprechung von Beethovens 5. Symphonie). 

Ausg.: E. T. A. H.s sämtliche Werke, 15 Bde, hrsg. 
v. E. Grisebach, Lpz. 1900; E. T. A. H.s Sämtliche 
Werke, Hist.-kritische Ausg. v. C. G. v. Maassen, 
erschienen sind die Bde I-IV u. VI-X, München 
1908-28 ; E. T. A. H.s Werke in 15 Teüen, Auf Grund 
d. Hempelschen Ausg. neu hrsg. v. G. Ellinger, Bin 
(1912, 21927); E. T. A. H., Dichtungen u. Schriften 
sowie Briefe u. Tagebücher, GA, 15 Bde, hrsg. v. W. 
Harich, Weimar 1924; E. T. A. H., Musikalische 
Novellen u. Aufsätze, GA, hrsg. v. E. Istel, = 
Deutsche Musikbücherei XXIII/XXIV, Regensburg 
(1921); E. T. A. H.s musikalische Schriften, hrsg. v. 
H. v. Ende, Köln u. Lpz. o. J. - E. T. A. H.s musi- 
kalische Werke, hrsg. v. G. Becking, - erschienen 
sind nur d. H.e I: 4 Kl.-Sonaten, H, 1: Quintett f. 
Harfe oder Kl. u. Streichquartett, IV: 6 geistliche 
Chöre f. gern. Chor, Lpz. 1922-27; »Undine«, Kl.- 
Auszug v. H. Pfttzner, Lpz. (1906); »Die Maske«, 
vollständige Ausg. d. Textes, teilweise Ausg. d. Musik 
v. Fr. Schnapp, Bin 1923; Kl.-Sonate Cismoll u. 
Andante d. Sonate F dur hrsg. v. G. v. Westermann, 
München 1921; Kl.-Sonate Fmoll in: Thirteen 
Keyboard Sonatas of the 18th and 19th Cent, hrsg. 
v. W. S. Newman, NY 1947 ; vgl. auch Lit, H. v. 
Müller (1903), G. Jensch (1919/20). 

Lit.: H. v. Müller, E. T. A. H.s Tagebücher u. lite- 
rarische Entwürfe I, Bin 1915; ders., E. T. A. H. im 
persönlichen u. brieflichen Verkehr, Sein Briefwechsel 
u. d. Erinnerungen seiner Bekannten, 2 Bde, Bin 
1912; G. Salomon, E. T. A.H., Bibliogr., Weimar 
1924, Bin 21927 == Paetels Handbücherl; E. Schmitz, 
Musikalisches aus E. T. A. H.s Tagebüchern, in: 
Neue Musikzeittmg XXXVII, 1916; J. E. Hitzig, Aus 
H.s Leben u. Nachlaß, 2 Bde, Bin 1823; Z. Fxtnck 
(=> C. F. Kunz), Aus dem Leben zweier Dichter: E. 
Th. W. H.’s u. Fr. G. Wetzel’s, in: Erinnerungen aus 
meinem Leben I, Bin 1836; Fr. Rochutz, E. T. W. 
H., in: Für Freunde d. Tonkunst II, Lpz. 1825; G. 
Ellinger, E. T. A. H., Hamburg u. Lpz. 1894; H. v. 
Müller, Aus d. Materialien zu einer Biogr. E. T. A. 
H.s, München 1918; W. Harich, E.T. A.H., Das 
Leben eines Künstlers, 2 Bde, Bin (1920) ; R. v. Schau- 
kal, E. T. A. H., Sein Werk aus seinem Leben dar- 
gestellt, — Amalthea-Bücherei XXXVI/XXXVH, 
Zürich-Lpz.-Wien 1923; E. Kroll, E. T. A. H., Lpz. 
1923; W. Harich, Dämon Kunst, Das Leben E. T. 
A. H.s, Aus Briefen, Tagebüchern u. d. autobiogr. 


Stellen seiner Schriften zusammengestellt u. einge- 
leitet, Bin 1926; H. W. Hewett-Thayer, H.: Author 
of the Tales, Princeton 1948; K. Willimczik, E. T. 
A. H., Die drei Reiche seiner Gestaltenwelt, = Neue 
deutsche Forschungen, Abt. Neuere deutsche Li- 
teraturgesch. XIX (=* Bd CCXVI d. Gesamtreihe), 
Bin 1939; H. Pfitzner, E. T. A. H.s Undine, in: Süd- 
deutsche Monatshefte III, 1906, Wiederabdruck in 
»Vom musikalischen Drama«, München u. Lpz. 1915, 
sowie in Bd I d. Gesammelten Schriften, Augsburg 
1926; G. Jensch, Ein verschollenes Klaviertrio v. E. 
T. A. H., ZfMw II, 1919/20 (darin d. Scherzo aus d. 
Klaviertrio); Fr. Schnapp, E. T. A. H.s letzte Oper, 
SMZ LXXXVin, 1948; H. v. Müller, E. T. A. H.s 
letzte Komposition, Mk XI, 1912; ders., Das Kreis- 
lerbuch, Lpz. 1903 (darin: Agnus Dei d. Messe D dur, 
d. Hymnen »Ave maris stella« u. »O sactissima« sowie 
d. Duett »Ah che mi manca Panima«) ; E. Schmitz, 
Musikhistorisches zu H.s »Kater Murr«, in: Vom 
Geiste neuer Literaturforschung, Fs. f. O. Walzel, 
Wildpark-Potsdam (1924); H.v. Müller, E.T.A. 
H.s Kapellmeister-Zeit, in: Neue deutsche Rundschau 
XIV, 1903; R. Köppler, E. T. A. H. am Bamberger 
Theater, in: Ber. u. Jb. d. hist Ver. zu Bamberg 
LXXXI, 1929; W. Ament, E. T. A. H. in Bamberg, 
Bamberg 1951; G. Abraham, H. as Composer, in: 
The Mus. Times LXXXIII, 1942;H.Truhn,E.T. A.H. 
als Musiker, in: Der Freihafen II, 1839; H. Conrat, E. 
T. A. H. als Musiker, AMz XXX, 1903 ; G. Ellinger, 
E. T. A. H. als Musiker, in: Mitt d. Ver. f. d. Gesch. 
Blns XXXIX, 1922; P. Greeff, E. T. A. H. als Mu- 
siker u. Musikschriftsteller, Köln u. Krefeld 1948 ; H. 
Ehxnger, E. T. A. H. als Musiker u. Musikschrift- 
steller, = Musikerreihe XV, Olten u. Köln (1954); 
ders., Nachwort zu einer E. T. A. H.-Monographie, 
SMZ XCIV, 1954; E. Istel, E. T. A. H. als Musik- 
schriftsteller, NZfM XCDC, 1903; G. Funke, E.T. 
A. H. als Musikkritiker, ZfM OV, 1937; F. Hassel- 
berg, H. über P. v. Winters Oper »Das unterbro- 
chene Opferfest«, in: Berlinische Blätter f. Gesch. u. 
Heimatkunde III, 1937; Fr. Schnapp, E. Th. A. H., 
Vier bisher unbekannte Rezensionen über Paers 
»Camilla«, Mozarts »Don Juan«, B. A. Webers 
»Sulmalle« u. Mozarts »Zauberflöte«, ZfM CVI, 
1939; H. v. Müller, H. u. Härtel, Neue Mitt über 
ihren Verkehr in d. Jahren 1799-1819, u. : E. T. A. H. 
als Musikschriftsteller f. Breitkopf u. Härtel, in: Süd- 
deutsche Monatshefte V, 1907/08; R. Bottacchiari, 
H. e Beethoven, in: La Cultura II, 1923 ; M. Unger, 
Beethoven u. E. Th. A. EL, ZfM CH u. CHI, 1935 u. 
1936; H. v. Müller, H. contra Spontini, Mk VII, 
1907, separat Bin 1907; H. Kuznitzky, Weber u. 
Spontini in d. musikalischen Anschauung v. E. T. A. 
H., ZfMw X, 1927/28; W. Krön, Die angeblichen 
Freischütz-Kritiken E.T. A. H.s, München 1957; P. 
Greeff, E. T. A. H. u. C. M. v. Weber in ihrer Me- 
thodik als Musikschriftsteller u. ihr Verhältnis zu R. 
Schumann, Diss. Köln 1921 ; H. v. Wolzogen, E. T. 
A. H. u. R. Wagner, «= Deutsche Bücherei LXHI, 
Bin 1906; H. Guggenheimer, E. T. A. H. u. R. Wag- 
ner, in: R. Wagner-Jb. H, 1907; W. E. Lewinski, 
Offenbach u. H., in: Das neue Forum, 1953; R.v. 
Schaukal, H. u. Callot, in: Germanisch-Romanische 
Monatsschrift XI, 1923; C. Schaeffer, Die Bedeu- 
tung d. Musikalischen u. Akustischen in H.s litera- 
rischem Schaffen, « Beiträge zur deutschen Literatur- 
wiss. XIV, Marburg 1909; P. Moos, E. T. A. H. als 
Musikästhetiker, Mk VH, 1907 ; W. Mausolf, E. T. 
A. H.s Stellung zu Drama u. Theater, = Germanische 
Studien Vn, Bin 1920; E. Guttmann, Die deutsche 
romantische Musikerzählung nach E. T. A. H., Diss. 
Breslau 1934; E. Glöckner, Studien zur romanti- 
schen Psychologie d. Musik, besonders mit Rücksicht 
auf d. Schriften E. T. A. H.s, Diss. München 1909; 
K. Schönherr, Die Bedeutung E. T. A. H.s für d. 
Entwicklung d. musikalischen Gefühls in d. frz. Ro- 
mantik, Diss. München 1931. 


809 



Hoffmann 


Hoffmann, Eucharius, * zu Heldburg (Fran- 
ken); deutscher Musiktheoretiker und Komponist 
des 16. Jh., war Kantor, später Konrektor in Stral- 
sund, schrieb 24 Cantiones 4, 5 et 6 v. accomodatae 
ad 12 tonos (1577), 4st, Deutsche Sprüche aus den 
Psalmen Davids (1577), Geistliche Epithdlamia (1577), 
Vyff Geistlike olde Ostergesenge (4st., 1579), Erster 
Tneil geistlicher Lieder in jrer gewöhnlichen Melodey 
auffVillanellen art (4st., 1580) und Cantica sacra . . . 
de nativitate fiUi Dei Jesu Christi “, cum Fugis duabus, 
3 et 4 v. (1582). Daneben veröffentlichte er die 
theoretischen Schriften: Musicae practicae praecepta 
(Wittenberg 1572), Doctrinade Tonis seu Modis mu- 
sicis (Greifswald 1582; daraus: Brevis synopsis de 
modis seu tonis musieis , ex lihello E. Hojmanni de- 
sumpta, Rostock 1605). 

Ausg.: »Vyff Geistlike olde Ostergesenge«, eine Mo- 
tette aus d. »Geistlichen Liedern« u. 2 Kanons aus den 
»Cantica«, hrsg. v. H. Engel, in: Musik in Pommern 
IV, 1935, Beilage. 

LiL: H. Engel, Drei Stralsunder Komponisten aus d. 
Ende d. 16. Jh., in: Musik in Pommern IV, 1935; G. 
Kittler, Die pommerschen Notendrücke bis Ende d. 
17. Jh., ebenda; W. Müller, Mg. Stralsunds bis 
1650, Diss. Freiburg i. Br. 1932. 

Hoffmann, Hans, * 28. 1. 1902 zu Neustadt 
(Oberschlesien), f 26. 8. 1949 zu Bielefeld; deut- 
scher Sänger (Tenor), Dirigent und Musikforscher, 
Schüler des Leipziger Konservatoriums, studierte 
1922-24 Musikwissenschaft an den Universitäten 
Breslau, Leipzig und Berlin und promovierte 1924 
in Kid mit einer Arbeit über Die norddeutsche Trio- 
sonate des Kreises umj. G. Gram und C. Ph . E. 
Bark (Kid 1927). In Kiel war er Lektor an der 
Universität, Dozent an der Pädagogischen Aka- 
demie, wirkte 1933-36 als Chorleiter in Hamburg 
und dozierte ab 1934 an der dortigen Universität. 
1940 wurde er städtischer Musikdirektor in Biele- 
feld. Neben Studien über H. Schütz und Ausgaben 
Schützscher Werke veröffentlichte er: H. Schütz 
und J. S. Bark (Kassd 1940) ; Vom Wesen der zeitge- 
nössischen Kirchenmusik (Kassd und Basd 1949). 

Hoffmann, Karl, * 12. 12. 1872 und f 30. 3. 1936 
zu Prag; böhmischer Violinist, Primgeiger des 
»Böhmischen Streichquartetts«, wurde von A. 
Bennewitz am Prager Konservatorium ausgebildet. 
Das Quartett, ursprünglich aus KL, Suk, Nedbal, 
Wihan bestehend, vereinigte 1928 H., Josef Suk, 
Georg Herold und Ladislaus Zdenka. Ab 1922 war 
H. Leiter der Meisterklasse für Violinspid am Staat- 
lichen Konservatorium in Prag. 

Hoffmann, Leopold, * um 1730 und t 17. 3. 
1793 zu Wien; österreichischer Komponist, 1772 
Kapellmeister am Stephansdom (1791 mit Mozart 
als Adjunkt!), war ein sehr fruchtbarer und seiner- 
zeit hochgeschätzter Kirchenkomponist (u. a. 12 
Messen, ein Requiem, Graduali.cn, Offertorien), 
ist aber historisch noch interessanter als einer der 
ersten, wdche den neuen Orchesterstil des 18. Jh. 
aufnah men. Seine Instrumentalwerke (Sympho- 
nien, Konzerte und Trios) waren wegen ihrer 
flüssigen Mdodik sehr beliebt und standen der 
rechten Würdigung Haydns längere Zdt im 
Wege. Nur wenige seiner Kompositionen er- 
schienen im Druck. 

Lit.: vgl Haydns Ausfall gegen H., in:C F. Pohl, 
J. Haydn H, Lpz. 1882, S. 189. 


Hoffmann-Behrendt, Lydia, * 1. 9. 1890 zu 
Tiflis; amerikanische Pianistin russischer Geburt, 
kam früh nach Deutschland, wo sie an der Berliner 
Hochschule für Musik als Schülerin von E. von 
Dohndnyi und Breithaupt studierte. Nach weite- 
ren Studien in Wien debütierte sie 1911 in Berlin 
und reiste in der Folge durch Europa, vornehmlich 
als Interpretin moderner Musik. Sie war 1923-34 
Lehrerin am Stemschen Konservatorium, übersie- 
delte 1934 nach New York und wurde dort Leh- 
rerin am College of Music. Mit P. Hindemith be- 
reiste sie 1939 die USA. 

Hoffmann-Erbrecht, Lothar, * 2. 3. 1925 zu 
Strehlen (Schlesien) ; deutscher Musikforscher, stu- 
dierte 1946-49 an der Musikhochschule Weimar 
und ab 1949 an der Universität Jena, wo er 1951 
mit der Arbeit Deutsche und italienische Klaviermusik 
zur Bachzeit (= Jenaer Beiträge zur Musikfor- 
schung I, Leipzig 1954) promovierte, wurde Ober- 
assistent und Lehrbeauftragter (1952-56) am Mu- 
sikwissenschaftlichen Institut in Jena und 1956 As- 
sistent in Frankfurt am Main. Er schrieb: Bachs 
Weimarer Textdichter Salomo Franck (in: Festschrift 
J. S. Bach in Thüringen, Weimar 1950) ; J. K. F. 
Fischer der Jüngere (Mf V, 1952) ; J. Chr. Graupner 
als Klavierkomponist (AfMw X, 1953) ; Der Nürn- 
berger Musikverleger J. U. Hajjher (AMI XXVI, 
1954, und XXVII, 1955) ; Die Chorbücher der Stadt- 
kirche zu Pirna (AMI XXVII, 1955) ; Das Opus mu - 
sicum des J. Praetorius von 1566 (AMI XXVTO, 

1956) ; Sturm und Drang in der deutschen Klaviermusik 
von 1753 bis 1763 (Mf X, 1957) und Th. Stoltzers 
Octo Tonorum Melodiae (AfMw XIV, 1957). Aus- 
gaben: C. Ph. E. Bach, Versuch über die wahre Art 
das Clavier zu spielen (Faksimile-Ausgabe ; Leipzig 

1957) ; C.Ph.E.Bach , Die sechs Sammlungen von 
Sonaten , Freien Fantasien und Rondos (Leipzig 1954) ; 
A. Scandello , Missa super epitaphium Mauritii (Chw. 
LXV) sowie im »Mitteldeutschen Musikarchiv« 
(Leipzig) 9 Bände Klavier- und Kammermusik von 
Graupner, G. Martini, Mattheson, Müthel, Pe- 
pusch und Platti. 

Hoffmann von Fallersleben, August Hein- 
rich, * 2. 4. 1798 zu Fallersleben (Hannover), f 29. 
1. 1874 auf Schloß Corvey (bei Höxter) ; deutscher 
Dichter und Sprachforscher, Dichter des Deutsch- 
landliedes, wurde nach Studien an den Universi- 
täten Göttingen, Bonn und Leyden 1823 Biblio- 
thekar, 1830 außerordentlicher und 1835 ordent- 
licher Professor der deutschen Sprache in Breslau, 
1842 seiner Stellung enthoben und seiner politi- 
schen Ansichten wegen des Landes verwiesen. 
Nach einem unsteten Leben, das ihn u. a. 1851-54 
nach Neuwied und anschließend nach Weimar 
führte, wurde er 1860 Bibliothekar des Herzogs 
von Ratibor auf Schloß Corvey. Er gab heraus: 
Geschichte des deutschen Kirchenliedes bis auf Luthers 
Zeit (Breslau 1832, Hannover 31861); Schlesische 
Volkslieder mit Melodien (Leipzig 1842, mit E. 
Richter); Fünfzig Kinderlieder (Leipzig 1843, wie- 
derholt aufgelegt und ergänzt von E. Richter und 
C. E. Pax); Die deutschen Gesellschaftslieder des 16. 
und 1 7.Jh. (2 Teile, Leipzig 1844) ; Deutsches Volks- 
gesangbuch (Leipzig 1848); Michael Vehe 9 s Gesang- 
büchlein vom Jahre 1537 (Leipzig 1853); Ruda. Pol- 


810 



Hofhaymer 


nische Volkslieder der Oberschlesier (Kassel 1865); 
Vaterlandslieder (mit Melodien von H. M. Schlet- 
terer, Hamburg 1871). 

Ausg.: Gesammelte Werke, hrsg. v. H. Gerstenberg, 
8 Bde, Bin 1890-93. 

Lit.: Hoffmann v. Fallersleben, Mein Leben, Auf- 
zeichnungen u. Erinnerungen I— III, Hannover 1868; 
J. M. Wagner, H. v. F., 50 Jahre dichterischen u. 
gelehrten Wirkens, Bibliographisch dargestellt, Wien 
1869; W. Heidrich, Die Kinderlieder H.s v. F., Diss. 
Köln 1925. 

H^ffinelster» Franz Anton, * 12. 5. 1754 zu 
Rottenburg am Neckar, t 9. 2. 1812 zu Wien; 
deutscher Komponist, Kirchenkapellmeister und 
ab 1783 Musikalienhändler in Wien, errichtete 
1800 mit Ambrosius Kühnei das Bureau de mu- 
sique (ab 1813 C. F. Peters) in Leipzig, trat aber 
1805 aus der Firma aus und ging nach Wien zurück, 
wo er im März 1807 seine Verlagstätigkeit ein- 
stellte. H. komponierte 9 Opern (Telemach, Rosa- 
linde) und veröffentlichte Hunderte von Werken 
für FL (Konzerte, Duette, Trios, Quartette, Quin- 
tette), 42 Streichquartette, 5 Klavierquartette, 11 
Klaviertrios, 18 Streichtrios, 12 Klaviersonaten, 
Symphonien, Serenaden, ein Vater unser, Lieder 
und zahlreiche Bearbeitungen. Seine Werke sind 
fließend geschrieben, aber ohne Originalität und 
Tiefe; doch waren sie zeitweilig sehr beliebt. H.s 
Verlag, der mit Werkreihen einzelner Kompo- 
nisten (darunter: die Quartette und Quintette von 
Mozart, die Klavier- und Orgelwerke von J. S. 
Bach und die Streichquartette von Haydn) beson- 
ders hervorgetreten ist, zählte zu seinen Autoren 
auch Haydn, Albrechtsberger, Dittersdorf, Mozart 
und Beethoven. Erhalten ist aus den Jahren 1800-03 
eine Anzahl geschäftlicher Briefe Beethovens an H., 
den er »geliebtester Bruder« tituliert. 

Ausg.: eine Symphonie Cdur in: Slg Sondheimer 
XXXIII; 5 deutsche Lieder in DTÖ XXVII, 2. 

Lit.: W. H. Riehl, Musikalische Charakterköpfe I, 
Stuttgart 1853; Cat. thömatique de tous les ceuvres 
pour la flüte traversiöre composds par Mr. F. A. H., 
Wien 1800; R. S. Hill, The Plate Numbers of C. F. 
Peters’ Predecessors, in: Papers Read by Members of 
the American Musicological Society at the Annual 
Meeting 1940; E. F. Schmid, F. A. H. u. d. »Gött- 
weiger Sonaten«, ZfM CIV, 1937. 

HQffmeister, Karel, * 26. 9. 1869 zu Liblice, 
t 23. 9. 1952 zu Hlubokd; tschechischer Musik- 
schriftsteller, studierte an der Universität und am 
Konservatorium in Prag (Schüler Kains), war 
1891-98 Klavierlehrer in Laibach, dann am Prager 
Konservatorium. Er war Mitglied des Böhmischen 
Trios, hat Lieder und Klavierstücke komponiert 
und Kritiken und Analysen moderner tschechischer 
Musik geschrieben, ferner Werke über Klavier- 
methoden und Bachs Klavierwerke. Mit Stecker 
gab er 1908-20 die »Hudebni Revue« heraus. 
Hauptwerke: BedHch Smetana (Prag 1915); Das 
Klavier ; seine Methoden und seine Meister (1923); 
Antonin Dvorak (Prag 1926; englisch: London 
1928) ; Tvorba V. Novdka z let 1941-48 (Prag 1949). 

Hofhaymer, Paulus (Ritter von; Hoffhei- 
mer, Hofhaimer, Hofheymer), * 25. 1. 1459 zu 
Radstadt (Tauern), f 1537 zu Salzburg; österreichi- 
scher Organist und Komponist, entstammte einer 
Organistenfamilie und erhielt den ersten Unter- 
richt wohl vom Vater. Vielleicht war er auch 


Schüler Lapiddas und kurz am Grazer Hofe Kaiser 
Friedrichs m. tätig, ehe er 1480 Hoforganist Erz- 
herzog Sigmunds in Innsbruck wurde. Als 1490 
König Maximilian das Land übernahm, trat H. in 
dessen Dienste. Auch als Orgelbausachverständiger 
wurde er mehrfach herangezogen, so für die 
Pfarrkirche St. Jacob in Innsbruck 1491/92 (wo er 
die Arbeiten sdbst leitete) und 1512/13 (mit Jan 
Behaim) sowie für St. Anna in Augsburg 1512/13 
(ebenfalls mit Behaim). Die Reisen der Hofkapelle 
brachten ihm bedeutsame Begegnungen, so auf 
dem Frankfurter Reichstag 1486 mit A. Schlick, 
in Antwerpen 1494 mit Kurfürst Friedrich dem 
Weisen, den H. sogleich nach Sachsen begleitete 
und später wiederholt (1498 und 1516) besuchte. 
Um die Jahrhundertwende lockerte sich die Bin- 
dung an die kaiserliche Hofkapelle, und H. stand 
um 1502-06 im Dienste des Fürstbischofs von Pas- 
sau. 1508 gehörte er vidieicht der Münchner Hof- 
kapdle an und war 1508-18 ohne feste Stellung, 
obgleich noch immer in kaiserlichen Diensten, in 
Augsburg ansässig, 1519-21 wieder in Passau, spä- 
testens ab 1524 in Salzburg, wo er als Domorganist 
wirkte. H. galt in Deutschland als der größte 
Orgelmeister seiner Zeit, wie die Erhebung in den 
Adelsstand zeigt (1515 durch Kaiser Maximilian I. 
sowie durch den König von Ungarn), aber auch 
Aussprüche von Cdtis, Pirckheimer, Paracelsus 
und Vadian (mit dem H. korrespondierte), nicht 
zuletzt Darstellungen H.s in H. Burgkmairs 
»Triumphzug Maximilians«, auf einem Holz- 
schnitt von H Wdditz (»Kaiser Maximilian in 
Augsburg die Messe hörend«) sowie auf einer 
Zdchnung Dürers. Die geschichtliche Größe H.s 
beruht vor allem auf seiner Tätigkeit als Erzieher 
einer Generation bedeutender Vertreter eines 
»omamentistischen« Orgelstils; Lusdnius nennt 
als die bekanntesten »Paulomimen« H. Büchner, 
Kotter, C. Brumann, Schechinger, Grefmger und 
H. Oyart; außer diesen ist der venezianische Mar- 
kusorganist D.Memmo zu erwähnen. Die 4st. 
deutschen Lieder (meist auf Hofweisen-T exte, die 
H. zum Teil selbst verfaßte) sind von der spät- 
mittelalterlichen Tradition durch Herausarbeitung 
kurzer Abschnitte und übersichtliche Formgebung 
abgehoben. Eine Chronologie des H. sehen Schaffens 
wird erschwert durch den Zustand der Überlie- 
ferung, die sich in ihren Grundzügen wie folgt 
dar stellt: im Ms. 40021 der Deutschen Staats- 
bibliothek Berlin: Ave maris stella, 3st., untextiert 
(1495) ; in Sichers Orgeltabulaturbuch (geschrieben 
1504-30 in Konstanz und St. Gallen) : Salve regina, 
Tandemack (beide 3st.) und Ade mit laid (4st.) ; in 
öglins Liederbuch (gedruckt Augsburg 1512): 
Ach lieb mit laid. Tröstlicher lieb, Ade mit laid, Nach 
willen din. Hertzliebstes pyld, Zucht er vnd lob (alle 
4st.); in Schlicks »Tabulaturen Etlicher lobge- 
sang« (gedruckt Mainz 1512) ein Lied aus öguns 
Liederbuch bearbeitet für Singst, mit 2st. Orgeln 
oder Lautenbegleitung; im Liederbuch des Amt 
von Aich (gedruckt Köln nach 1513, aber Augs- 
burger Repertoire): Was ich durch gluck. Mein 
eynigs A, Ich klag vnd rew (alle 4st.); in Kotters 
Orgeltabulatur (begonnen 1513 in Freiburg im 
Breisgau) : Bearbeitungen von 3 Liedern aus ög- 
lin, 2 Liedern aus Amt von Aich, ferner Tandemack 
(vgl. Sicher; alles 3st., zu Tandemack ist eine 4. St. 
von B. Amerbach nachgetragen); in Judenkünigs 


811 



Hofhaymer 


Lautenbüchem (gedruckt Wien 1519 und 1523): 
2 Lieder aus ögun in 2st. (1519) und 3st. (1523) 
Bearbeitung; in Klebers Orgeltabulatur (1520-24 
in Eßlingen und Pforzheini geschrieben) : Rscordare , 
Tandemack (vgl. Sicher), Erst wais ich wz die liebe 
ist , Frow bin ich din (alles 3st.), je ein Lied aus öglin 
in 2 3st. bzw. 2 4st. Sätzen, ein Lied aus Amt von 
Aich in 3st. und in 4st. Satz (letzteres eine Bear- 
beitung durch H. Büchner), ferner H.s Orgelbe- 
arbeitung von Isaacs »Ain frolich wesen« (3st.) ; 
in der Handschrift München, Staatsbibliothek Mus. 
Ms. 5133 (um 1520) : 4 Sätze aus öglin; in H. Ger- 
les Geigen- und Lautentabulatur (gedruckt Nürn- 
berg 1532) : 2 Sätze aus öglin in 2st. Bearbeitung, 
davon einer auch 4st.; im handschriftlichen Tabu- 
laturbuch Zürich, Zentralbibliothek Ms. Z XI 301 
(nach 1532) : Frow bin ich din (vgL Kleber) in 4st. 
und in 3st. Bearbeitung, je ein Satz aus öglin und 
Amt von Aich (beide 4st.); in der Handschrift 
Wien, Nationalbibliothek Ms. 18810 (Stimmbü- 
cher, geschrieben um 1533 von Senfls Kopisten 
L. Wagenrieder) : Frow bin ich din in einem 3st. 
und 2 4st. Sätzen (deren 1. intavoliert schon bei 
Kleber und im Zürcher Tabulaturbuch), In gotes 
neunen Jaren wir , Carmina in re und in sol (alles 
4st.), On frewd verzer ich (3st.) und Erst wais ich wz 
die liebe ist (3st., unter Isaacs Namen; alle Stücke 
textlos) ; in der Handschrift München, Universi- 
täts-Bibliothek Mus. Ms. 328-31 (Stimmbücher 
des gleichen Schreibers wie die Wiener Hand- 
schrift) die gleichen Stücke wie die vorige Hand- 
schrift außer dem 3st. Satz »Frow bin ich din« und 
dem 4st. Carmen in re; in Egenolffs »Gassenhawer- 
lin» (gedruckt Frankfurt am Main 1535): Meins 
trawrens ist und 3 Sätze aus öglin (alles 4st.); 
in Egenolffs »Reutterliedlin« (gedruckt Frankfurt 
am Main 1535) : je ein 4st Satz aus öglin und aus 
Amt von Aich; in H. Neusiedlers Lautenbuch (ge- 
druckt Nürnberg 1536) : 4 Sätze aus öglin und ein 
Satz aus Amt von Aich in 2st Bearbeitung, davon 
4 Sätze auch in 2 3st Bearbeitungen, davon ein 
Satz auch 3$t. in den Lautenbüchem von 1540 und 
1544; in Jan von Lublins Orgdtabulatur (geschrie- 
ben 1537-48 in Krakau) : ein Lied aus öglin (4st.) 
und ein 3st. Carmen in re; in Formschneyders 
»Trium vocum carmina« (gedruckt Nürnberg 
1538) : Nr 100 = In gotes namen faren wir (ohne 
Zusammenhang mit dem gleichnamigen 4st. Satz 
in den Wiener und Münchner Handschriften) ; 
Harmoniae poeticae (gedruckt Nürnberg 1539), ent- 
hält 34 4st. Humanistenoden H.s, eine weitere von 

H. begonnen, aber von Senil beendet. 9 Oden von 
Senil; in G. Försters »Außzug guter alter und neuer 
teutscher Liedlein« I (gedruckt Nürnberg 1539): 
Ich hab heimlich ergeben mich , Ach edler hört , 5 Sätze 
aus öglin, 2 aus Amt von Aich, einer aus Egenolffs 
»Gassenhawedin« (alles 4st.); in Rhaws »Tridnia« 
feedruckt Wittenberg 1542): Tristitia vestra, Grey- 
ner, zamter sowie Erst wais ich wz die liebe ist (vgL 
Kleber sowie die Wiener und Münchner Hand- 
schriften) ; in der Handschrift Regensburg, Bischöf- 
lich e Bibliothek Proske A. R. 940/41 (geschrieben 
1556-60 in Wittenberg und Regensburg): 2 Sätze 
aus öglin, einer aus Amt von Aich (alle 4st.); in 
Ochsenkuhns »Tabulaturbuch auflf die Lautten« 
(gedruckt Heidelberg 1558): 2 Sätze aus Öglin 
(4st.) ; in einem handschriftlichen Nachtrag zu P. 
Kugelmanns »Etliche Teutsche Liedlein« 1558 fee- 


schrieben 1560) : 4st. Iied Ich habs im Sinn mit einer 
5. St. von Kugelmann; einige Sätze auch in wei- 
teren Handschriften sowie in Tabulaturbüchern 
bis 1583 (Prix). 

Ausg. u. Lit.: H. J. Moser, P. H., Stuttgart u. Bin 
1929, dazu als Anhang ein Bd mit sämtlichen ge- 
sicherten u. einer Anzahl fraglicher Werke, Ergän- 
zungen in ZfMw XV, 1932/33. - weitere Ausg. : 16 Lie- 
der, 5 textlose Carmina u. 51 Sätze aus Tabulatur- 
büchem, hrsg. v. L. Nowak, A. Koczirz u. A. Pfalz 
in DTÖ XXXVII, 2 (= Bd 72); Harmoniae poeticae, 
hrsg. v. I. Achleithner, Salzburg 1868; 10 Lieder aus 
Försters »Außzug« I (1539), hrsg. v. K. Gudewill u. 
W. Heiske in RD XX; 4 Orgelstücke u. je ein Satz in 
Bearb. v. Kotter u. Kleber, hrsg. v. H. J. Moser u. 
Fr. Heitmann in: Frühmeister deutscher Orgelkunst, 
= Veröff. d. Staatlichen Akad. f. Kirchen- u. Schul- 
musik Bin I, Lpz. 0930), Neudruck Wiesbaden 
(1954); 6 Lieder aus öglins Liederbuch, hrsg. v. R. 
Eitner u. J. J. Maier in PGfM IX (** Jg. 8); 4 Lie- 
der, hrsg. v. Fr. Jöde in: Chorbuch III, Wolfenbüttel 
u. Bin 1927 ; 3 Lieder in: Das Liederbuch d. Amt von 
Aich, hrsg. v. E. Bernoulli u. H. J. Moser, Kassel 
1930; 3 Lieder, hrsg. v. O. Kade in: A. W. Ambros, 
Gesch. d. Musik V, Lpz. 1882, 21887, 31911 ; 2 Sätze 
nach Judenkünig, hrsg. v. A. Koczmz in DTÖ 
XVIII, 2 (— Bd 37); ein Satz aus Schlicks »Tabula- 
turen Etlicher lobgesang«, hrsg. v. R. Eitner in MfM 

I, 1869; ders. in d. Neuausg. d. Schlickschen Werkes, 
hrsg. v. G. Harms, Klecken 1924; je ein Lied bei: 
Riemann Beisp. 28, Davison-Apel Anth. I, 93; 4st 
Carmen in re, hrsg. v. J. Wolf in: Sing- u. Spielmu- 
sik, = Wiss. u. Büdung CCXVIII, Lpz. 1926, 2 1931. - 
weitere Lit. : J. Boemus, Liber Heroicus de Musicae 
laudibus, Augsburg 1511, deutsch v. P. G. Morel in 
MfM V, 1873; O. Luscinius, Musurgia, Straßburg 
1536; A. G. Ritter, Zur Gesch. d. Orgelspiels, 2 Bde, 
Lpz. 1884, in Bd II ein Stück H.s, Neubearbeitung v. 
G. Frotscher als Gesch. d. Orgelspiels, Bd I Bin 1935 ; 
R. v. Liliencron, Die Horazischen Metren . . . , 
VfMw III, 1887, darin 19 Oden H.s; Fr. Waldner, 
Bestallungsurkunde d. P. H.’s . . ., MfM XXVI, 
1894; ders., Nachrichten über d. Musikpflege am 
Hofe zu Innsbruck I, - Beilage zu MfM XXIX-XXX, 
Langensalza 1897/98; H. Hammer, Literarische Be- 
ziehungen u. mus. Leben d. Hofes Herzog Siegmunds, 
Zs. d. Ferdinandeums XLIII, 1899; L. Fökövi, Mu- 
sik .. . am Hofe v. Mathias Corvinus, KmJb XV, 
1900; J. Mantuani, Gesch. d. Musik in Wien I, in: 
Gesch. d. Stadt Wien III, Wien 1905; W. Merian, 
Der Tanz in d. deutschen Tabulaturbüchem, Lpz. 
1927, darin 2 Lieder H.s mit je 2 Intavolierungen; H. 

J. Moser, P. H. als Orgelkomponist, Kgr.-Ber. Beet- 
hoven-Zentenarfeier Wien 1927; ders.. Eine Trienter 
Orgeltabulatur, in: Studien zur Mg., Fs. G. Adler, 
Wien u. Lpz. 1930; L. Nowak, Das deutsche Gesell- 
schaftslied . . ., StMw XVII, 1930; Y. Rokseth, La 
musique d’orgue . . Paris 1930; W. M. Schmid, Zur 
Passauer Mg., ZfMw XIII, 1930/31 ; O. zur Nedden, 
Zur Gesch. d. Musik am Hofe Kaiser Maximilians I., 
ZfMw XV, 1932/33; W. Gurltit, J. Walter..., 
Luther-Jb. XV, 1933; ders., J. Kotter, Elsaß-Lo- 
thringisches Jb. XIX, 1941 ; O. A. Baumann, Das 
deutsche Lied . . ., Kassel 1934; W. R. Nef, Der St. 
Galler Organist Fr. Sicher, - SJbMw VII, 1938; W. 
Näf, Vadianische Analekten, — Vadian-Studien I, 
St Gallen 1945 (darin die 3 Gedichte V.s auf H.); H. 
Chr. Wolff, Die geistlichen Oden d. G. Tranoscius, 
Mf VI-VII, 1953-54; O. Wessely, Neue Hofhaime- 
riana, in: Anzeiger d. österreichischen Akad. d. Wiss., 
Phil.- hist Klasse XCU, 1955; Chr. Petzsch, Hof- 
weisen..., Diss. Freiburg L B. 1957, maschr. 

Hofmann, Hans (Emst Johannes), * 14. 1. 1867 
zu Borna (Sachsen), t 3. 12. 1933 zu Leipzig; 
deutscher Kirchenmusiker, war ab 1879 Alumnus 
der Thomasschule, studierte Theologie, Geschichte 


812 



Hofmannsthal 


und Musik (Kretzschmar, Riemann), wurde Pro- 
fessor an der Oberrealschule in Leipzig und grün- 
dete bei seiner Ernennung zum Kantor an der Uni- 
versitätskirche 1906 mit Rietschel und Ihmels den 
Universitäts-Kirchenchor zu St. Pauli, dann 1912 
das Studenten-Orchester. Neben kirchengeschicht- 
lichen Lehrbüchern veröffentlichte H. besonders 
hymnologische Arbeiten, u. a.: Zur Geschichte der 
Leipziger Gesangbücher (1908); Gottesdienst- und 
Kirchenmusik ...zu St. Pauli-Leipzig (in: Beiträge 
zur Sächsischen Kirchengeschichte XXXII, 1919; 
auch separat Leipzig 1919) ; Das erste Leipziger Ge- 
sangbuch von Blume (Faksimile, 1924). 

Hofmaim, Joseph Casimir, * 20. 1. 1876 zu 
Podgorze bei Krakau, + 16. 2. 1957 zu Los Angeles ; 
polnischer Pianist und Komponist, Sohn des Ka- 
pellmeisters und Operettenkomponisten Casimir 
H. (1842-1911), war Schüler seines Vaters, trat 
schon als Knabe mit Erfolg in Deutschland und den 
USA auf. Er widmete sich dann ernsthaften musi- 
kalischen Studien in Berlin bei Urban (Kontra- 
unkt) und M. Moszkowski (Klavier), in Dresden 
ei A. Rubinstein und E. d* Albert. 1897 unternahm 
er mit großem Erfolg eine Konzerttournee in 
Europa und den USA. 1924—38 war er Direktor 
des Curtis Institute of Music in Philadelphia und 
Leiter der Klavierklassen. Werke: Symphonie 
E dur, erzählende Symphonie The Hauntea Castle 
(1918), 5 frühkomponierte Klavierkonzerte, Dia- 
log Chromaticon für Kl. und Orch. (1916), zahl- 
reiche kleinere Klavierstücke. Schriften (alle New 
York): Piano Playing (1908), Piano Questions Ans - 
wered (1909, beide Werke zusammen 1915). 

Hofmaim, Richard, * 30. 4. 1844 zu Delitzsch, 
f 13. 11. 1918 zu Leipzig; deutscher Musikpäd- 
agoge, 1859-63 Schüler von R. Dreyschock und 
ELßig in Leipzig, wirkte als Violinist in Berliner 
Kapellen, ging 1866 wieder nach Leipzig, wo er 
als Mitglied des Euterpeorchesters noch Schüler 

J adassohns wurde und sich als gesuchter Musik- 
ehrer niederließ. 1880-83 dirigierte er die Sing- 
akademie; 1904 wurde er als Lehrer der Instrumen- 
tation am Konservatorium angestellt. H. hat eine 
ganze Reihe von Spezialschulen für einzelne Or- 
chesterinstrumente geschrieben, auch über Die 
Musikinstrumente , ihre Beschreibung und Verwendung 
(= Weber’s illustrierte Katechismen XL VII, Leip- 
zig öl 903), eine Große Violintechnik op. 93-95, eine 
Praktische Instrumentationslehre (7 Teile, Leipzig 
1893, 31907-09 2 Teile, englisch von R. H. Segge 
1898), einen Neuen Führer durch die Violin- und 
Viola-Literatur (Leipzig 1909) sowie viele, meist 
instruktive Kompositionen für Kl., Streich- und 
Blasinstrumente ; ferner Die F-Trompete im 2. Br an- 
denburgischen Konzert von J. S. Bach (Bach-Jb. XIII, 
1916). Er war bekannt durch seine zahllosen Bear- 
beitungen von beliebten Melodien für verschie- 
dene Besetzungen (»Hofmann-Ensemble«). 

Hofmannsthal, Hugo von (Hofmann, Edler 
von), * 1. 2. 1874 zu Wien, f 15. 6. 1929 zu Ro- 
daun; österreichischer Dichter, wurde durch klei- 
nere Dichtungen und Essays schon in jungen Jahren 
bekannt, studierte in Wien zunächst Jurisprudenz, 
dann romanische Philologie und promovierte 1899 
mit einer Arbeit Über den Sprachgebrauch bei den 
Dichtem der Plejade zum Dr. phiL Ab 1901 lebte 


er in Rodaun bei Wien. Mit R. Strauss bietet H. 
in der Geschichte der deutschen Musik das einzige 
Beispiel von andauernder schöpferischer Zusam- 
menarbeit eines großen Dichters mit einem großen 
Komponisten. In der ständigen künstlerischen 
Auseinandersetzung mit Strauss erkannte er der 
Musik in den gemeinsam geschaffenen Werken 
das Primat zu, schuf aber als »Librettist« Text- 
bücher, deren hoher literarischer Rang durch das 
Eingehen auf die Wünsche des Komponisten in 
keiner Weise gemindert wurde. Der bis auf das 
Jahr 1900 zurückgehende Briefwechsel von H. und 
Strauss gestattet weitreichende Einblicke in die 
Entstehung der einzelnen Werke und ist von 
großer Bedeutung für die Geschichte der nach- 
wagnerschen Oper. Die für und mit Strauss ge- 
schaffenen Werke sind: Tragödie Elektra (1908; 
Dresden 1909), Komödie für Musik Der Rosen- 
kavalier (1910; Dresden 1911; als Film 1926), Oper 
Ariadne auf Naxos (1910; Stuttgart 1912; in neuer 
Bearbeitung mit einem Vorspiel, Wien 1916), 
Gedicht Kantate (1914; 4st. Männerchor), Ballett 
Josephslegende (1913; Handlung von Harry Graf 
Kessler und H. v. H.; Paris 1914), Komödie mit 
Tänzen Der Bürger als Edelmann (freie Bühnenbe- 
arbeitung der Komödie von Molifcre, Berlin 1918), 
Oper Die Frau ohne Schatten (1914; Wien 1919), 
Festspiel mit Tänzen und Chören Die Ruinen von 
Athen (1924; Musik unter teilweiser Benutzung 
des Balletts »Die Geschöpfe des Prometheus« von 
Beethoven; Wien 1924), Oper Die Ägyptische 
Helena (1926; Wien 1928) und die lyrische Ko- 
mödie Arabella (1929; Dresden 1933). Von wei- 
teren vertonten Werken H.s seien genannt die 
Tragödie nach Euripides Alkestis (E. Wellesz, Wien 
1924) und das dramatische Gedicht Die Hochzeit 
der Sobeide (A. Tscherepnin, Libretto auf H.s Dich- 
tung fußend, Wien 1933). 

Ausg. : H. v. H., Gesammelte Werke in 3 Bänden, Bin 
1934; H. v. H., Gesammelte Werke in Einzelausg., 
hrsg. v. H. Steiner, Stockholm 1946 ff.; H. v. H., 
Briefe 1890-1901, Bin 1935; H. v. H., Briefe 1900 bis 
1909, Wien 1937; R. Strauss, Briefwechsel mit H. v. 
H., hrsg. v. Fr. Strauss, Bln-Wien-Lpz. 1926; R. 
Strauss, H. v. H., Briefwechsel, GA, hrsg. v. Fr. u. 
A. Strauss, bearb. v. W. Schuh, (Zürich 1952), er- 
weiterte Neuaufl. Zürich (1954). 

Lit: K. Jacoby, H. v. H., Bibliogr., Bin 1936; W. H. 
Rey, Gebet Zeugnis: ich war da. Die Gestalt H.s in 
Ber. u. Forschung, in: Euphorion L, 1956; M. Kom- 
merell, H. v. H., Ffm. 1930; H. A. Hammelmann, 
H. v. H., London 1957; K. J. Naef, H. v. H.s Wesen 

u. Werk, Zürich u. Lpz. 1938 (mit einer H.-Bibliogr. 

v. H. Steiner); W. Pollatschek, H. u. d. Bühne 
(Schauspiel u. Oper), Diss. Ffm. 1925; K. J. Krüger, 
H. v. H. u. R. Strauss, Versuch einer Deutung d. 
künstlerischen Weges H. v. H.s, = Neue deutsche 
Forschungen, Abt Neuere deutsche Literaturgesch. 
III (=* Bd XXXV d. Gesamtreihe), Bin 1935; Fr. 
Trenner, Die Zusammenarbeit v. H. v. H. u. R. 
Strauss, Diss. München 1949; E. Wellesz, H. and 
Strauss, ML XXXIII, 1952; A. Aber, Strauss and 
H., A revealing correspondence, in: Musical Times 
XCV, 1954; E. Wellesz, H. u. d. Musik, in: H. v. 
H., Die Gestalt d. Dichters im Spiegel d. Freunde, 
hrsg. v. H. A. Fiechtner, Wien 1949; J. Wassermann, 
H.*s Texte für Musik, in: Die neue Rundschau XXIV, 
1913; H. Holländer, H. v. H. als Opernlibrettist, 
ZfM XCVT, 1929; W. Schuh, H. u. d. Oper, in: 
Freundesgabe für E. Korrodi zum 60. Geburtstag, 
Zürich 1945 ; bers., Über Opern v. R. Strauss, Zürich 
u. Freiburg i. Br. 1947; H.v. H., Danae oder die 


813 



Hofmeister 


Vemunftheirat, Szenarium u. Notizen, Mit einem 
Geleitwort v. dems., Ffm. 1952; ders., Geleitwort zu 
H. v. H., »Arabella oder d. Fiakerball«, Die ur- 
sprüngliche Fassung d. ersten Aktes, in: Die neue 
Rundschau LXV, 1954; ders., Die Entstehung d. 
Rosenkavalier, in: Trivium IX, 1951; F. Brandes, 
Der Rosenkavalier, in: Der Kunstwart XXIV, 1911 ; 
E. Staiger, Betrachtungen zum Rosenkavalier, in: 
ders., Musik u. Dichtung, Zürich 1947. 


HQfmeister, Friedrich, * 24. 1. 1782 zu Streh- 
len an der Elbe, f 30. 9. 1864 zu Reudnitz bei Leip- 
zig, gründete 1807 den Musikverlag seines Na- 
mens in Leipzig, übernahm 1829 Whistlings Hand- 
buch der musikalischen Literatur oder allgemein 
systematisch geordnetes Verzeichnis gedruckter 
Musikalien auch musikalischer Schriften . . . (1834 
ff.) und gab ab 1830 dessen Musikalisch-literari- 
schen Monats-Bericht (Anzeige sämtlicher in dem 
betreffenden Monat in Deutschland erschienenen 
Musikalien) heraus, welchen seine Nachfolger fort- 
setzten. Er besitzt den Ruhm,' schon 1819 ein The- 
matisches Verzeichnis der Werke Beethovens ver- 
öffentlicht zu haben. Sein Sohn und Nachfolger 
Adolf H. (1802-70) lieferte zu dem »Handbuch. . .« 
eine Reihe von Supplementbänden (zusammen- 
gestellt aus je mehreren Jahrgängen der Monats- 
berichte), em Unternehmen, das von der Firma 
gleichfalls fortgesetzt wurde (seit 1852 auch Jahres- 
berichte). 1875 trat der langjährige Prokurist Al- 
bert Röthing (1845-1907) als Teilhaber in die 
Firma ein, die sich ab 1905 im Besitz von Carl 
Wilhelm Günther, einem Urenkel des Gründers 
befand. Nach dessen Tod übernahm seine Ehefrau 
Eva Günther die Leitung, die sie gegenwärtig mit 
Karlheinz Schwarze teilt. 1950 wurde die Firma 
nach Frankfurt am Main verlegt und dort neu auf- 
gebaut, während sie in Leipzig als »Volkseigener 
Betrieb« weitergeführt wird. Die Tradition der 
musikbibliographischen Werke wurde wieder auf- 
genommen durch die von W. Schmieder in Frank- 
furt herausgegebene Bibliographie des Musik- 
Schrifttums (1950/51: 1954, 1952/53: 1956,1954/ 
1955: 1957). Neben den Musikalien umfaßt das 
Verlagsprogramm Unterrichtswerke, Volkstanz- 
literatur, Volks- und Chormusik. 

Lit: M. Schumann, Zur Gesch. d. deutschen Musi- 
kalienhandels seit d. Gründung d. Ver. d. Deutschen 
Musikalienhändler 1829-1929, Lpz. 1929. 


Hogarth (h'oga:0), George, * 1783 zu Carfrae 
Mül bei Oxton (Berwicksfure), f 12. 2. 1870 zu 
London; schottischer Musikschnftsteller, ursprüng- 
lich Gerichtsbeamter in Edinburgh und MusiklieD- 
haber, später Musikkritiker und Historiker, ab 1830 
Mitarbeiter des »Harmonicon«, 1834 in London 
Mitredakteur und Musikreferent des »Moming 
Chronicle«, 1846-66 Musikreferent der »Daily 
News«, 1850 Sekretär der Philharmonie Society. 
Er schrieb: Musical History ; Biography , and Criti- 
cism (London 1835, 2 1838 in 2 Bänden), Memoirs of 
the Musical Drama (London 1838, 2 1851 als Me- 
moirs of the Opera ) ; A series of papers (onthe Birming- 
ham Musical Festival) (Birmingham. 1855); 7 ne 
Philharmonie Society of London; from its foundation , 
1813 , to its 50ih year, 1862 (London 1862) und The 
Life of Beethoven (London o. J.). Auch gab er einige 
Glees und andere Gesänge heraus. 

Hphenemser, Richard Heinrich, * 10. 8. 1870 
zu Frankfurt am Main, f 1942 (Freitod wegen 


politischer Verfolgung) ; deutscher Musikforscher, 
studierte 1892-96 in Berlin Musikgeschichte (Ph. 
Spitta, H. Bellermann und besonders O. Fleischer) 
undPhüosophie, 1896-99 inMünchen (Psychologie 
und Ästhetik unter Th. Lipps, Musikwissenschaft 
unter A. Sandberger), wo er 1899 mit einer Arbeit 
promovierte: Welche Einflüsse hatte die Wiederbe- 
lebung der älteren Musik im 19. Jh. auf die deutschen 
Komponisten? (= Sammlung musikwissenschaft- 
licher Arbeiten IV, Leipzig 1900). Ab 1905 lebte 
H. in Berlin, 1919-31 in Frankfurt am Main, dann 
wieder in Berlin. H.s Hauptwerk ist: Luigi Cheru- 
bim, sein Leben und seine Werke (Leipzig 1913). 
Außerdem schrieb er: für die SIMG: Ober die Pro- 
grammusik (I, 1899/1900); Über die Volksmusik in 
den deutschen Älpenländem (XI, 1909/10) und für 
»Die Musik«: J. Brahms und die Volksmusik (1903); 
Die Kompositionen von Clara Wieck-Schumann 
(1905) ; Robert Schumann unter dem Einfluß der Alten 
(1909) und Beethoven ab Bearbeiter schottbcher und 
anderer Volksweisen (1910); Über Komik und Humor 
in der Musik (JbP XXIV, 1917) ; Formale Eigentüm- 
lichkeiten in Robert Schumanns Klaviermusik (Sand- 
berger-Fs., München 1918); A. Schopenhauer ab 
Psychologe (Leipzig 1924); Cherubiniana (in: ZfMw 
IX, 1926/27). H. hinterließ ein Werk über die 
Philosophie Fr. Nietzsches. 

Hohmann, Christian Heinrich, * 7. 3. 1811 
zu Niederwerrn bei Schweinfurt, j* 12. 5. 1861 zu 
Schwabach; deutscher Musikpädagoge, 1833 Leh- 
rer am Seminar Altdorf bei Nürnberg, wo er 
seinen Lehrgang für den Gesangsunterricht in 
Volksschulen und seine noch heute verbreitete, 
nach Ablauf der Schutzfrist in vielen Bearbeitun- 
gen (am bekanntesten ist die von Heim) erschienene 
Violinschule schrieb, 1845 Seminarlehrer in 
Schwabach, wo seine Klavier- und Orgelschule 
und ein (unvollendetes) Lehrbuch der Komposi- 
tion (2 Bände) entstanden. 

Hohmann, Edmund, * 15. 5. 1858 zu Schwa- 
bach, f 20. 1. 1935 zu Ansbach; deutscher Kompo- 
nist, Sohn von Chr. H. H., studierte Rechtswissen- 
schaft, widmete sich aber ab 1886 ganz der Musik 
(Schüler von Rheinberger, Abel und W. H. Riehl 
in München). Er wurde 1889 Lehrer an der Musik- 
vereinsschule in Innsbruck, 1890 Gymnasialmusik- 
lehrer in Bamberg und 1894 Musikdirektor in 
Ansbach. Sein kompositorisches Schaffen umfaßt 
Orchesterwerke (Symphonie), Kammermusik 
(Bläseroktett, Streichquartett), Chorwerke (93. 
und 21. Psalm für Chor u. Orch.), Kirchenchöre 
und weltliche Lieder. Er verfaßte eine Modulations- 
lehre auf rechnerischer Grundlage . 

Matthias Hohner AG., deutsche Harmonika- 
fabrik in Trossingen (Württemberg), gegründet 
1857 von Matthias Hohner (* 12. 12. 1833 und 
1 11. 12. 1902 zu Trossingen). Während der Grün- 
der der Firma die Produktion von Mundharmoni- 
kas betrieb, wurden nach der Übernahme der Lei- 
tung (1900) durch seine Söhne Jakob, Matthias, 
Andreas, Will und Hans auch Handharmonikas 
und Akkordeons in das Programm auf genommen. 
Seit 1945 werden zudem Saxophone und elektro- 
nische Instrumente hergestellt. Der 1909 in eine 
Aktiengesellschaft umgewandelten Firma wurde 
1931 eine Harmonika-Fachschule angeschlossen. 


814 



Holde 


die heute als Städtische Musikschule und staatlich 
anerkanntes Musiklehrerseminar einen großen 
Schülerkreis aufweist. In das gleiche Jahr (1931) 
fällt die Gründung des firmeneigenen Hohner- 
Verlages zur Veröffentlichung harmonikaeigener 
Musik, die im wesentlichen, von einem Auftrag 
Emst Hohners ausgehend, mit Kompositionen von 
H. Herrmann einsetzte (1927) und seitdem eine 
große Erweiterung erfuhr. Die Firma steht heute 
unter Leitung von Dr. h. c. Emst Hohner, Dr. 
Karl Hohner, Matthias Hohner, Dr. Karl Scherer 
und Walter Hohner. Im Hohner-V erlag erscheinen 
die Monatsschrift »Die Harmonika« (begründet 
als »Die Handharmonika«, 1931-42 und 1948-50, 
seitdem unter dem neuen Titel), das »Harmonika- 
Jahrbuch« (herausgegeben von A. Fett, ab 1950), 
die Zeitschrift »Der Harmonikalehrer« (ab 1952) 
und die »Tübinger Bach-Studien« (herausgegeben 
von W. Gerstenberg), unter dem Patronat der 
Hohner-Stiftung das »Archiv für Musikwissen- 
schaft« (herausgegeben von W. Gurlitt, ab Jahr- 
gang DC, 1952). 

Lit. : J. Fischer, Matthias Hohner, der Bahnbrecher 
der Harmonika, Stuttgart (1940); A. Lämmle, 
Matthias Hohner, Leben u. Werk, Stuttgart 1957; A. 
Fett, Matthias Hohner, Persönlichkeit u. Werk, in: 
Harmonika- Jb. 1957; ders., 25 Jahre Städtische Mu- 
sikschule Trossingen, Trossingen 1956; ders.. Im 
Dienste d. Neuen Musik für Akkordeon, 25 Jahre 
Musikverlag M. Hohner AG., Trossingen 1956; 
Hundert Jahre Hohner, hrsg. v. d. Direktion der 
Matth. Hohner AG., Trossingen 1957. 

Hol, - 1) Richard, * 23. 7. 1825 zu Amsterdam, 
t 14. 5. 1904 zu Utrecht; holländischer Kompo- 
nist, Schüler der Utrechter Königlichen Musik- 
schule. Nach einigen Studienreisen (auch nach 
Deutschland) ließ er sich in Amsterdam als Kla- 
vierlehrer nieder, wo er als Städtischer Musikdirek- 
tor (ab 1863) und Organist der Domkirche wirkte, 
war daneben Direktor der Städtischen Musik- 
schule in Utrecht, Dirigent der Diligentia-Kon- 
zerte im Haag und der klassischen Konzerte im 
Volkspalast zu Amsterdam. H. war nicht nur einer 
der angesehensten holländischen Dirigenten und 
Lehrer, sondern auch ein über die Grenzen seines 
Vaterlandes hinaus bekannter Komponist. Er ver- 
öffentlichte über 125 Werke, darunter 4 Sym- 
phonien, mehrere Balladen für Soli, gern. Chor 
und Orch. (Der fliegende Holländer op. 70), ein 
Oratorium David op. 81, 2 Opern (Floris V., 
Amsterdam 1892; Uit de Branding , Amsterdam 
1894), Messen, viele Lieder, Kammermusik, Kla- 
vierwerke sowie eine Gesangschule. Auch schrieb 
er u. a. Kritiken in der holländischen Musikzeitung 
»Caedlia« und eine Monographie über J. P. Swee- 
linck (Sweelingh, Jaarboekje am de toonkunst in Ne- 
derland gewijd, Amsterdam 1859). 1886-1900 gab 
er die Zeitschrift »Het orgel« heraus. - 2) Johan- 
nes Cornelis, * 15. 1. 1874 zu Utrecht, f 8- 12. 
1953 zu Genf-Carouge; holländischer Musikfor- 
scher, Sohn von Richard H., in der Musik Schüler 
seines Vaters und von O. Barblan am Konserva- 
torium in Genf, studierte Musikwissenschaft an den 
Universitäten München, Berlin, Leipzig und Wien 
und promovierte an der Universität Basel mit einer 
Arbeit über Horatio Vecchi ab weltlicher Komponist 
I: Horatio Vecchi* s Lehen (Basel 1917). Veröffent- 
lichungen: Muzikale Fmtasieen en Kritieken (2 


Bände, Amsterdam 1904); Horatio Vecchi* s welt- 
liche Werke (== Sa mml ung musikwissenschaftlicher 
Abhandlungen Xm, Straßburg 1934). 

Holbome (h'albarn), Anthony, f 1602 (zu Lon- 
don?); englischer Lautenspieler und Komponist, 
Gentleman im Dienst der Königin Elisabeth, Ver- 
fasser einer Cittham-Schoole, welche 1597 sein 
Bruder W illiam H. herausgab. Das Werk enthält, 
außer Stücken für die englische Gitarre (in Tabula- 
tur) und solchen für Violine, auch 3st. neapolita- 
nische Kanzonetten von H. Auch Dowlands 
Varietie ofLute Lessons (1610) und Musicall Banquet 
(1610), die Sammlungen von Füllsack (1607) und 
van den Hove (1612), enthalten Stücke von H. 
Außerdem gab er heraus: Pauans , Galliards , Al- 
mains and other short Aers für 5 Instr. (1599). 

Ausg.: die 3st Canzonetten aus d. »Cittam-Schoole«, 
hrsg. v. E. H. Fellowes, The Engl. Madrigal School 
XXXVI, 1924; 2 u. 8 anon. Stücke, hrsg. v. M. A. 
Glyn, Thirty Virgin al Pieces by Various Composers, 
London (1927); 4 Tanzsätze für 5 Violen in Mus. 
Brit IX; Pavane »La vecehio« in Tabulatur u. Über- 
tragung bei J. Wolf, Hdb. d. Notationskunde II, 
Lpz. 1919, S. 134-136; vgL auch: An Anth. of Engl. 
Lute Music, London 1953. 

Lit: Th. Dart, The Cittem and Its Engl. Music, in: 
The Galpin Soc. Journal, März 1948; G. Oberst, 
EngL Orchestersuiten um 1600, Diss. Bin 1928; J. 
Kerman, Elizabethan Anthologie» of Ital. Madrigals, 
JAMS IV, 1951. 

Holbrooke (h'olbiuk), Joseph, * 5.7.1878 zu 
Croydon; englischer Komponist, war zunächst 
Schüler seines Vaters, dann der Royal Academy of 
Music in London (Komposition bei Corder). Seit 
1896 ist H. als Pianist und Dirigent, vor allem mit 
eigenen und anderen englischen Werken regel- 
mäßig vor die Öffentlichkeit getreten. Seine eher 
der Neuromantik als der Moderne nahestehende 
Musik ist oft stark inspiriert, zuweilen aber auch 
nahe am Alltäglichen. Er schrieb Opern, darunter 
Pierrot and Pierette (London 1909), The Enchmter 
(Chicago 1915), The Wizard (Chicago 1915), die 
keltische Trilogie The Cauldron of Anwyn , Text 
von E. T. Ellis (Lord Howard de Waiden) : I. The 
Children of Don (London 1915), II. Dylan , Son of 
the Wave (London 1914), EI. Bronwen (Hudders- 
field 1929) ; Ballette The Red Mask, The Moth und 
Corommthe ; Tondichtungen mit Chor: The Belb 
(1906), Ode to Victory (1906), Homage to E. A. Poe 
(1908), Apollo and the Seamm (London 1908); für 
Orch.: The Raven (London 1900), Queen Mab 
(Leeds 1904), Ulalume (1904), The Masque of the 
Red Death (1905), The Viking 9 5 Symphonien, Kla- 
vierkonzert Song of Gwyn ap Nudd , Violinkonzert, 
Saxophonkonzert, Sinfonietta für Kammerorch., 
Sextette verschiedener Besetzung, 2 Klarinetten- 
quintette, Klavierquintett, 5 Streichquartette, 
2 Klavierquartette und andere Kammermusik; 
Chöre, Lieder und Klavierstücke. Er veröffent- 
lichte: Contemporary British Composers (London 
1925). 

Holde» Arthur Ludwig, * 16. 10. 1885 zu Rends- 
burg; amerikanischer Musikschriftsteller, Kompo- 
nist und Organist deutscher Geburt, studierte in 
Berlin 1905-08 an der Universität (H. Kretzsch- 
mar), 1905-09 am Stemschen Konservatorium und 
1908-10 an der Akademie der Künste. Er war 1910 
bis 1936 Dirigent an der Hauptsynagoge in Frank- 


815 



Holder 


furt am Main, dort 1911-19 auch Kapellmeister am 
Neuen Theater, 1918-33 Musikkritiker des »Frank- 
furter General-Anzeigers« und 1928-33 Leiter der 
»Frankfurter Seminar-Gemeinschaft«, Nach einer 
Tätigkeit als Herausgeber der süddeutschen Aus- 
gabe des »Israelitischen Familienblatts« und der 
Zeitschrift des Jüdischen Kulturbundes (1934-36) 
emigrierte er nach den USA. In New York wirkte 
er 1937-40 als Lehrer an der Chatham Square 
Music School, 1937-42 als Chorleiter und Orga- 
nist an Hebrew Tabemade, 1948-50 als Lehrer an 
der »Y « School of Music und ist seit 1938 Musik- 
kritiker und Herausgeber des »Aufbau« in New 
York. Sein kompositorisches Schaffen umfaßt 
Klavierwerke, Chöre und Lieder. Eine große Zahl 
musikalischer Aufsätze veröffentlichte er in euro- 
päischen und amerikanischen Zeitschriften. 

Holder (h'alda), William, * 1616 zu Southwell 
(Nottmghamshirc), f 24. 1. 1697 zu Hertford; eng- 
lischer Geistlicher und Komponist, Kanonikus der 
Kathedrale von Ely, 1672 an St. PauFs Cathedral 
in London, 1674 Subdekan der Chapel RoyaL Er 
schrieb ein Werk über die Physiologie der Sprach- 
laute: The Elements of Speech (London 1669) sowie 
eine Theorie der Harmonie: A Treatise on the Na- 
tural Grounds and Prindples of Harmony (London 
1694; 21731 mit G. Kellers Rules for Playing a 
Thorough-Bass), welche den frühesten Nachweis 
enthalt, daß die Teilung der Oktave in 53 Teile die 
reinste Darstellung aller Tonverhältnisse ermög- 
licht. 

Hole (ho:l), William, t 15. 9. 1624; englischer 
Musikdrucker, einer der ersten Notenstecher, der 
in England in Kupfer gestochene Musik herausgab, 
nämlich um 1612 die Parthenia or The Maydermead 
of the first musicke that euer was printed for the Vir- 
ginalls , 1613 die Prime musiche nuove von Angelo 
Notari. 

Holgufh (alg'in), Guillermo Uribe, * 17. 3. 1880 
zu Bogotä; kolumbianischer Komponist, studierte 
an der Academia National in Bogotd, ging 1903 
nach New York und 1907 nach Paris, wo er seine 
Studien unter d’Indy an der Schola Cantorum 
fortsetzte. 1910 kehrte er nach Bogotd zurück, war 
bis 1935 Direktor der Academia National und ab 
1942 des Conservatorio. Kompositionen: die Oper 
Furatena ; 2 Symphonien, Sinfonietta campesina und 
Villanesca für KL und Orch.; 2 Violinkonzerte; 
Tänze, Märsche lind symphonische Stücke, auch 
mit Soloinstrumenten oder Gesang; Kammer- 
musik, darunter 6 Streichquartette, 2 Streichquin- 
tette und 6 Violinsonaten; Klavierwerke; Lieder 
und Chore; geistliche Musik. 

Holida (h'olide), Billie, * 7. 4. 1915 zu Balti- 
more (Maryland, USA) ; amftriVanigrh* Jazz- 
sängerin (ihr Vater war Banjo- und Gitarrespieler 
bei FL Henderson), singt in Varietes nr>H Nacht- 
lokalen und wurde bekannt durch Schallplatten 
mit B. Goodman, C. Basie, A. Shaw und eigenen 
Orchestern. Sie gilt als eine der besten Sängerinnen 
des modernen Blues. 

Holl, Karl, * 15. 1. 1892 zu Worms; deutscher 
Musikschriftsteller, in München Schüler von F. 
Dorfmüller (Klavier) und E. Istel (Theorie), stu- 
dierte in München und Bonn Musikwissenschaft, 
allgemeine Kunstwissenschaft und Philosophie, 


promovierte 1913 mit einer Arbeit über Carl 
Ditters von Dittersdorfs Opern Jur das wiederher- 

r 'eilte Johannisberger Theater (Heidelberg 1913). 

wirkte bis zum 1. Weltkrieg als musikalischer 
Mitarbeiter der freien Schulgemeinde Odenwald- 
schule Oberhambach, war 1915-17 Dozent an der 
Frankfurter Musikschule, ab 1918 Musikreferent 
und 1922-43 Musikschriftleiter der »Frankfurter 
Zeitung« (Nachfolger P. Bekkers), von wo aus er 
Verständnis für die neuen Richtungen im Musik- 
leben weckte. Nach einer Tätigkeit 1945/46 als 
Opemdirektor der Städtischen Bühnen Frankfurt 
am Main leitete er 1946-58 das Referat Theater, 
Musik und Film im Hessischen Kultusministerium. 
Seitdem lebt er im Ruhestand. Weitere Veröffent- 
lichungen H.s sind: Rudi Stephan . Studie zur Ent- 
wicklungsgeschichte der Musik am Anfang des 20. Jh. 
(Saarbrücken 1920; Weimar 21922 = Feuerbücher 
HI); Friedrich Gernsheim (Leipzig 1928); hervor- 
gehoben zu werden verdient die ausgezeichnete 
Biographie über Verdi (Berlin 1939, 21943, Lindau 
31947). H. ist der Herausgeber der nachgelassenen 
Instrumentalwerke und Lieder von Rum Stephan 
und bearbeitete dessen Oper Die ersten Menschen 
(Mainz 1920). 

Hpllaender, Alexis, * 25. 2. 1840 zu Ratibor, 
t 5. 2. 1924 zu Berlin; deutscher Komponist und 
Musikpädagoge, Schüler der Kompositionsschule 
der Akademie der Künste in Berlin, daneben Pri- 
vatschüler von K. Böhmer, wurde in Berlin 1861 
Lehrer an Kullaks Akademie, 1870 Dirigent des 
Cäcilienvereins (bis 1902), 1877 Gesanglehrer an 
der Viktoriaschule, 1903 Dozent an der Humboldt- 
Akademie. H. veröffentlichte 64 Werke (darunter 
ein Klavierquintett G moll op. 24, Klavierstücke, 
Lieder, Chorlieder, 5st. a-cappella-Gesänge) . Her- 
vorzuheben sind ferner seine Treffiibungen als 
Vorbereitung für den Chorgesang (2. Heft: me- 
thodische Übungen fürs Halten einer tieferen 
Stimme!) und eine instruktive Ausgabe von Schu- 
manns Klavierwerken. -* Haas, Alma. 

Hpllaender, Gustav, * 15. 2. 1855 zu Leob- 
schütz, f 4. 12. 1915 zu Berlin; deutscher Violinist, 
Bruder von Victor H., trat schon als Kind öffent- 
lich auf, besuchte 1867-69 das Konservatorium in 
Leipzig (David) und 1869-74 die Königliche Hoch- 
schule in Berlin (Joachim und Kiel), wurde 1874 
im Hof op emor ehester als Eiammermusiker angc- 
stellt und gleichzeitig 1. Violinlehrer an Kullaks 
Akademie. 1874 konzertierte er mit Carlotta Patti 
in Österreich, veranstaltete 1878-81 Abonnemente- 
konzerte für Kammermusik mit X. Scharwenka 
und H. Grünfeld in Berlin. 1881 folgte er dem 
Rufe als Nachfolger von O. von Königslöw als 
Konzertmeister der Gürzenichkonzerte sowie als 
Lehrer am Konservatorium in Köln und wurde 
1884 auch noch 1. Konzertmeister am Stadttheater. 
Beim Austritt Japhas übernahm er die Führung des 
Professoren-Streichcjuartetts, dem er bereits vorher 
(mit Japha an der Pnmgeige alternierend) angehört 
hatte. Ab 1895 war er Direktor des Stemschen 
Konservatoriums in Berlin. H. konzertierte viel- 
fach in Belgien, Holland und Deutschland und 
veröffentlichte eine Anzahl Violinwerke: 4 Violin- 
konzerte, Suite, Sonate, Romanze für V. und 
Orch. op. 10, Stücke für V. und KL op. 15, 20, 22, 
67, Stücke für Streichorch. op. 3, 38 a. 


816 



Hollinger 


Hpllaender, Victor, * 20. 4. 1866 zu Leob- 
schütz, f 24* 10- 1940 zu Hollywood; deutscher 
Kapellmeister und Operettenkomponist, Bruder 
von Gustav H., Schüler der Kullaksdien Akademie, 
war Kapellmeister an verschiedenen Theatern des 
In- und Auslandes, ging 1901 an das Metropol- 
theater nach Berlin, wo er 12 Jahre auch als Haus- 
komponist wirkte, 1908 auch an das Neue Operet- 
tentheater. 1934 mußte er nach den USA emigrie- 
ren. Neben kleineren Klavierstücken und vielen 
Liedern schrieb er die Opern San Lin und Trilby , 
ein Oratorium Die Jugend Samuels und eine Pan- 
tomime Sumurtm. Erfolgreich wurden aber vor 
allem seine zahlreichen Operetten und Singspiele, 
darunter besonders Carmosinella (1888), Der Bey 
von Marokko (1894), Eine feine Nummer (1904), Der 
Sonnenvogel (1907), Der Regimentspapa (1914), Die 
Prinzessin vom Nil (1915) und Die Schöne vom 
Strande (1915); Revuen, darunter Auf ins Metropol 
(darin: Schaukellied und Der Vorschuß auf die Selig- 
keit ), Der Teufel lacht dazu (darin: Kasino-Lied und 
Willst du mein Cousinchen sein?); Lieder, darunter 
Die Kirschen in Nachbars Garten und Unterm Ma- 
chandelbaum. 

Holland (h'olaend), Theodore Samuel, * 25. 4. 
1878 und f 29. 10. 1947 zu London; englischer 
Komponist undMusikpadagoge, Schüler der Royal 
Academy of Music und von Fr. Corder in London 
sowie der Berliner Hochschule für Musik (Joachim, 
R. Kahn). Von 1927 bis zu seinem Tode war H. 
Professor für Harmonielehre und Komposition 
an der Royal Academy of Music. Kompositionen: 
eine Kinderoperette King Goldemar und ein musi- 
kalisches Spiel Santa Claus; Orchesterwerke: 
Evening on aLake, Spring Sinfonietta (1943), Gavotte 
Pastorale , Cortkge für Cdlo-Orch. ; Ellingham 
Marches für Va und Orch. (1940), Threnody für Vc. 
und Orch. (1945); Kammermusik: 2 Streichquar- 
tette, 2 Klaviertrios, kleinere Stücke für V. und 
für Va und Kl. ; Kantate A Pastoral Medley , Chöre, 
Lieder und Klavierstücke (Sonatine, Three Seasca- 
pes , Variationen, Sonate). 

HollandeJ ean de, franko-flämischer Komponist, 
war 1538-41 Succentor der Kirche St-Sauveur in 
Brügge und dort 1541-44 in gleicher Stellung als 
Nachfolger von Lupus Hellinck an St-Donatian. 
Unter seinem Namen sind Motetten und Chansons 
erhalten. Daß einzelne Stücke ihm und zugleich 
auch Christian -*■ Holländer zugeschrieben sind, 
ließ die Vermutung der Identität von Christian 
und Jean aufkommen, ohne daß sie bisher bestätigt 
werden konnte. 

Hpllander, Benno (Benoit), * 8. 6. 1853 zu Am- 
sterdam, t 27. 12. 1942 zu London; niederlän- 
discher Violinist, Schüler von Massenet und Saint- 
Saens in Paris, erhielt am Conservatoire 1873 den 
1. Violinpreis, spielte nach einigen Konzerttour- 
neen zunächst Viola in Londoner Orchestern, trat 
aber bald als Konzertmeister der deutschen Oper 
unter H. Richter und anderweit in den Vorder- 
grund, wurde 1887 Lehrer an der Guüdhall School 
of Music und leitete ab 1903 mit Erfolg eigene 
Symphoniekonzerte. Als Komponist trat er hervor 
mit einer Symphonie Roland , einer dramatischen 
symphonischen Dichtung Pompei (1907), 2 Or- 
cnesterstücken Drame und Comidie , 2 Violinkon- 


zerten, einer Pastoral-Phantasie für V. und Orch., 
einem Septett für Streich- und Blasinstrumente, 
einem Klaviertrio, einem Streichtrio, 2 Violin- 
sonaten und einer Klaviersonate. 

Hpllander, Christian Janszone, f 1568 oder 
1569 zu Innsbruck; franko-flämischer Komponist, 
1549-57 Kapellmeister an der Kirche St. Walburga 
in Oudenaarde, anschließend bis 1564 im Dienst 
Kaiser Ferdinands I., gehörte dann, spätestens ab 
1566, der Kapelle Erzherzog Ferdinands an. Von 
ihm erschienen: Newe teutsche geistliche und welt- 
liche Liedlein (4-8st., 1570, 2 1574 als Neue außer - 
lesene teutsche Lieder . . ., 31575) und Triciniorum ... 
collecta (1573). Zahlreiche Motetten zu 4-8 St. 
Anden sich verstreut in Sammelwerken des 16. Jh., 
eine große Zahl von Werken auch in handschrift- 
licher Überlieferung. -► Hollande, Jean de. 

Ausg. : 2 geistl. 5st. u. 2 weltl. 4st Sätze bei F. Com- 
mer, Geistl. u. weltl. Lieder..., Bin 1870; in F. 
Commers Collectio operum musicorum Batavorum, 
I: ein 5sL Satz; IV: 2 6st sowie ein 8st. Satz; IX: 
e 3 Sätze zu 5 u. 6 St., ein 8st. Satz; ein 5st. Satz bei 
H. Osthoff, vgl Lit; ein 5st Satz bei H. Osthoff, 
Chw. 30. 

Lit: H. Albrecht, Artikel H., MGG; H. Osthoff, 
Die Niederländer u. d. deutsche Lied, Bin 1938; W. 
Senn, Musik u. Theater am Hof zu Innsbruck, Inns- 
brück 1954. 

Holle, Hugo, * 25.1.1890 zu Mehlis (Thü- 
ringen), f 12. 12. 1942 zu Stuttgart; deutscher Mur- 
sikschnftsteller und -pädagoge, Schüler von Wil- 
helm Berger (Klavier), E. Istel, J. Haas (Theorie) 
und M. Reger (Klavier und Theorie), studierte in 
München und Bonn Musikwissenschaft (Promo- 
tion 1913), leitete 1913/14 in Stellvertretung Ro- 
gers den Singverein in Meiningen, war 1919-21 
Direktor des Konservatoriums in Heilbronn, 1921 
bis 1925 Schriftleiter der »Neuen Musikzeitung« in 
Stuttgart. 1925 wurde er dort Lehrer für Musik- 
theorie an der Hochschule für Musik, der er ab 
1940 als Direktor Vorstand. Er leitete eine von ihm 
gegründete Madrigalveremigung, die sich für 
zeitgenössische Munk einsetzte, und war Schrift- 
leiter der Mitteilungen der Max-Reger-Gesell- 
schaft; veröffentlichte: Goethes Lyrik in Weisen 
deutscher Tonsetzer bis zur Gegenwart (München 
1914); Revers Chorwerke (München 1922); zahl- 
reiche Aufsätze in Musikzeitschriften; bearbeitete 
Storcks Mozart, sein Leben und Schaffen (Elberfeld 
1923) ; gab heraus: Motettensammlung »Die hohen 
Feste« für gern. Chor a cappella (Mainz 1928-31). 

Holler» Karl Heinz, * 15. 9. 1919 zu Friedberg; 
deutscher Musikforscher, erhielt 1937-40 eine Ka- 
pellmeisterausbildung an der Musikhochschule 
Mannheim, war als Korrepetitor 1941/42 am 
Stadttheater Mainz, 1945/46 am Nationaltheater 
Mannheim und 1946-48 am Landestheater Darm- 
stadt tätig. 1950-55 studierte er Musikwissenschaft 
an der Universität Mainz und ist seitdem wissen- 
schaftlicher Mitarbeiter des vorliegenden Lexikons 
beim Verlag B. Schott’s Söhne in Mainz. Schrif- 
ten: Giovanni Maria BononcinVs *Musico prattico « in 
seiner Bedeutung für die musikalische Satzlehre des 
17 . Jh. (Diss. Mainz 1955, maschr.), Carl Friedrich 
Zelter (in: Der Chordirigent, 1958). 

HpUinger, Theo, * 14. 11. 1904 zu Baden-Ba- 
den; deutscher Kapellmeister, studierte an der Mu- 


52 


817 



Hollreiser 


sikhochschule in Karlsruhe, wo er 1935-38 das 
Landesorchester leitete. Nach vorübergehender 
Tätigkeit in Baden-Baden (1939) wirkte er bei den 
Rundfunkorchestern in München (1939-41) und 
Königsberg (1941-45) und ist seit 1948 Leiter des 
Orchesters von Radio Bremen. 

HqUreiser, Heinrich, ♦ 24. 6. 1913 zu Mün- 
chen; deutscher Dirigent, studierte an der Münch- 
ner Akademie der Tonkunst und privat bei K. 
Eimendorff. Seine Laufbahn als Opemdirigent be- 
gann 1932 in Wiesbaden, ging über Darmstadt, 
Mannheim (1938, 1. Kapellmeister) und Duisburg 
1942 an die Münchner Staatsoper. 1945-52 war er 
Städtischer GMD in Düsseldorf (Oper und Kon- 
zert), ist seitdem 1. Kapellmeister an der Staatsoper 
in Wien. 

Hollweg, Ilse, * 23. 2. 1922 zu Solingen; deut- 
sche Opern- und Konzertsangerin, wurde an der 
Kölner Hochschule für Musik bei G. Focrstel aus- 
gebildet, debütierte 1943 in Saarbrücken und ging 
1946 als 1. Koloratursängerin nach Düsseldorf, von 
wo aus sie seit 1950 bei den Festspielen in Glynde- 
boume und Edinburgh mitwirkt. 1951/52 vor- 
übergehend in Hamburg und Berlin; 1952 wurde 
sie an die Staatsoper Wien verpflichtet. Seit 1955 
ist sie Mitglied der Deutschen Oper am Rhein in 
Düsseldorf-Duisburg. Bei den Bayreuther Fest- 
spielen ist sie seit 1954 tätig. 

Holly, Franz Andreas (Hdf), * 1747 zu Luby 
(?, Böhmen), f 4. 5. 1783 zu Breslau; böhmischer 
Komponist, trat nach einer Erziehung bei den Je- 
suiten in Prag in den Franziskanerorden ein, ver- 
ließ jedoch den Orden um 1770 und wurde Kapell- 
meister der J. V. Bruniani sehen Gesellschaft in 
Prag, später der Koch-Gesellschaft in Berlin und, 
von 1773 an, der Wäser sehen Truppe in Breslau. 
Von seinen zahlreichen, bei Forkel und Wurzbach 
aufgezählten Singspielen und Schauspielmusiken 
sind nur Der Kaufmann von Smyrna (Berlin 1773) 
und Der Pascha von Tunis (Berlin 1774), beide im 
Klavierauszug gedruckt, bekannt Sie zeigen eine 
deutliche Abhängigkeit vom Singmiel Hnlerscher 
Prägung. Einige Kuchenmusikwerke sind im Na- 
tionalmuseum Prag erhalten. 

Lit: J. N. Forkel, Mus. Almanach für Deutsch- 
land auf d. Jahr 1782, Lpz. 1782; C. v. Wurzbach, 
Biogr. Lexikon d. Kaisertums Österreich X, Wien 
1863; O. Teuber, Gesch. d. Prager Theaters I, Prag 
1884; J. NEmeöek, Nästin öeskd hudby 18. stoleti 
(Abriß d. böhmischen Musik d. 18. Jh.), Prag 1955; 
J. Ragek, Ceskä hudba, Prag 1958. 

Holm, Ludvig, * 24. 12. 1858 und f 8. 4. 1928 
zu Kopenhagen; dänischer Komponist, Schüler des 
Kopenhagener Konservatoriums (Tofte, Gade, J. 
P. E. Hartmann, Gebauer), wirkte nach wieder- 
holten Studienreisen im Ausland 1880-1917 als 
Geiger (1898 Konzertmeister) in der Königlichen 
Kapelle. Er übernahm 1911 die Direktion des Hor- 
ncmanschen Konservatoriums und wurde 1922 
Lehrer am Königlichen Konservatorium. Sein 
Schaden umfaßt u. a. ein Violinkonzert, Kammer- 
musik, Klaviervariationen und Lieder. 

Holm, Richard, * 3. 8. 1912 zu Stuttgart; deut- 
scher Sänger (Tenor), erhielt seine Ausbildung an 
der Hochschule für Musik und bei R. Ritter in 


Stuttgart, wo er bis 1937 als freier Mitarbeiter am 
Süddeutschen Rundfunk und als Konzertsänger 
lebte. Nach Bühnenengagements in Nürnberg und 
an der Staatsoper Hamburg wirkt er jetzt als ly- 
rischer Tenor an der Bayerischen Staatsoper in 
München. Vor allem als Mozartsänger erlangte H. 
internationalen Ruf. 

Holmboe, Vagn, ♦20. 12. 1909 zuHorsens; dä- 
nischer Komponist, lebt in Ramlosc-Helsingc, stu- 
dierte 1927-29 am Konservatorium Kopenhagen 
bei Hoflfding, 1930 in Berlin bei Toch, war 1933/34 
zum Studium besonders der Volksmusik in Rumä- 
nien, arbeitete später u. a. über Straßenrufe in Ko- 
penhagen. 1940-47 war er Lehrer für Chorleitung 
und Gehörbildung am Königlich Dänischen Blin- 
deninstitut, 1947-55 Musikkritiker für »Politiken«, 
wurde 1950 Kompositionslehrer (1955 Professor) 
am Königlich Dänischen Musikkonservatorium. 
Er schrieb 10 Symphonien, 13 Konzerte verschie- 
dener Besetzungen, Chorwerke (Requiem, 1931, 
nach Hebbel; Kantaten); ein symphonisches Mär- 
chenspiel Djoevelen og Borgmesteren (1940); ein 
Ballett Den galsindede tyrk (1943) ; eine Oper Laue 
ogjon (1946), Chöre, iieder, 5 Streichquartette und 
andere Kammermusik sowie Kompositionen für 
KL 

Holmes (halms), Alfred, ♦ 9. 11. 1837 zu Lon- 
don, 1 4. 3. 1876 zu Paris, und sein BruderHenry , 
* 7. 11. 1839 zu London, f 9. 12. 1905 zu San 
Francisco; englische Violinvirtuosen, wurden 
durch ihren Vater, einen musikalischen Autodi- 
dakten, ausgebildet, zunächst anhand von Spohrs 
Violinschule, später auf Grund der französischen 
Schulwerke von Rode, Baillot und R. Kreutzer. 
Nach] einem ersten Auftreten 1847 im Haymarket 
Theatre und weiteren Studien verließen beide 
1855 London und unternahmen in der Folge Kon- 
zertreisen durch Europa. Alfred nahm 1864 seinen 
Wohnsitz in Paris und unternahm von dort aus 
wiederholt Konzertreisen. Von seinen Komposi- 
tionen sind zu nennen: die Symphonien Jeanne 
d'Arc, The Youth of Shakespeare , Robin Hood, The 
Siege of Paris , Charles XII und Romeo and Juliet ; die 
Ouvertüren The Cid (1874) und The Muses ; eine 
Oper Inez de Castro (nicht aufgeführt). Henry ver- 
ließ Paris 1865 und kehrte nach einer neuen Kon- 
zertreise in Skandinavien nach London zurück, wo 
er 1894 als Violinlehrer am Royal College of Music 
wirkte und als Soloviolimst und Quartettspieler in 
hohem Ansehen stand. Er schrieb: 5 Symphonien, 
eine Konzertouvertüre, ein Violinkonzert, 2 
Streichquintette, Violinsoli, 2 Kantaten (Praise ye 
the Lora und Christmas) und Lieder. Auch gab er 
Violinsonaten von Corelli, Tartrni, Bach und 
Händel heraus. 

Holm&s, Augusta Mary Anne (als Kompo- 
nistin auch unter dem Pseudonym Hermann 
Zeuta), * 16. 12. 1847 und f 28. 1. 1903 zu Paris; 
französische Komponistin irischer Abkunft, trat 
früh als Pianistin auf rt (W underirind) , studierte aber 
auch Komposition * unter Lambert, Klosd und 
C6sar Frandc und;machte sich bald durch größere 
Werke bekannt: Opern lUro et Uandre und La 
montagne noire (Paris 1895); Psalm In exitu (1873), 
Symphonien Orlando furioso und Lutkce, Les Ago- 
nautes (1880), symphonische Dichtungen hrlandc 


818 



Holstein 


und Pologjte (1883), auch ein Liederzyklus Les sept 
ivresses. Sie gehört zu den besten Komponisten der 
französischen W agnemachf olge. 

Lit. : P. Barillon-Bauch6, A. H. et la femme compo- 
siteur, Paris 1912; R. Pichard du Page, Une musi- 
denne versaillaise: A. H., Versailles 1921. 

Holmes (holms), Edward, * 1797 und f 28. 8. 
1859 zu London; englischer Musikschriftsteller, 
Musiklehrer in London, Musikreferent der Zei- 
tung »The Atlas«. Er schrieb: The Life of Mozart 
including his Correspondence (London 1845; O. J ahn 
hielt H.s Mozart-Biographie für die beste vor sei- 
ner eigenen); A Ramble among (he Musicians of 
Germany (London 1828, Bericht über eine Stu- 
dienreise durch Deutschland) ; The Life of Purcell 
(Musical Times II, 1847); Analytical and Thematic 
Catalogue of Mozarts Pianoforte Works (Musical 
Times IV, 1851) sowie weitere Aufsatze für die 
»Musical Times« und andere Musikzeitungen. 

Holmes, Henry -> Holmes, Alfred. 

Holmsen, Borghild, * 22. 10. 1865 zu Oslo, 
t 6. 12. 1938 zu Bergen; norwegische P ianistin 
und Komponistin, studierte am Konservatorium 
in Leipzig (Reinecke, Jadassohn) . In Bergen war sie 
Lehrerin am Konservatorium und betätigte sich 
daneben auch als Musikkritikerin. Sie schrieb 
Kammermusik (darunter eine Violinsonate D dur 
op. 10 und 2 Violinromanzen) , Klavierstücke und 
Lieder. 

Holoubek (h'alubek), Ladislav, * 13. 8. 1913 zu 
Prag; slowakischer Komponist und Dirigent, stu- 
dierte 1926-33 an der Akademie für Musik und 
Dramatische Kunst in Preßburg (A. Moyzes) und 
1934-36 an der Meisterschule (Noväk) in Prag. H. 
ist Dirigent am Slowakischen Nationaltheater in 
Preßburg. Sein Schaffen umfaßt die Opern Stella 
(Preßburg 1939, Neufassung 1948), Svitanie (Preß- 
burg 1941) und Tu£ba (Preßburg 1944), Film- 
musiken, Symphonie op. 19 (1938, Neufassung 
1944), ein Streichquartett O nendvisti a Idske (»Haß 
und Liebe«, op. 11, 1937), ein Bläserquintett (1938), 
Klavierstücke und Lieder. 

Holst, Gustav Theodore, * 21. 9. 1874 zu Chel- 
tenham, f 25. 5. 1934 zu London; englischer Kom- 
ponist, erhielt ersten Unterricht (Klavier und Or- 
gel) von seinem Vater, mußte die vorgesehene 
Pianistenlaufbahn aufgeben, ging 1893 an das 
Royal College of Music nach London (1895 Kom- 
positions-Stipendium) und studierte bei Stanford 
(Komposition) und Rockstro (Theorie). Nach 
einer Tätigkeit als Orchesterposaunist war H. 1903 
bis 1919 Lehrer an verschiedenen Instituten, 1919 
bis 1923 Kompositionslehrer am Royal College of 
Music in London und Musikdirektor an der Read- 
ing University. Zuletzt lebte er, schwer krank, nur 
noch seinem Schaffen. In der Melodik und der 
rhythmischen Kraft seiner Werke, die zum Teil 
den Einfluß der Jungfranzosen und Strawinskys 
verraten, beweist H. starke Eigenart. Er schrieb: 
Opern, darunter The Perfect Fool (London 1923), 
At the Boards Head (London 1925), The Tale of t he 
Wandering Scholar (1929); Chorballette: The Gol- 
den Goose (1926), The Moming of the Year (1927); 
Orchesterwerke: St. PauTs Suite für Streicher 
(1913, London 1922), Suite The Plrnets (1914-17), 


Egdon Heath (1928), Prelude und Scherzo Hammer - 
smith (1930), Fugal Concert für FL, Ob. und Strei- 
cher (1923), Doppelkonzert für 2 V. und Orch. 
(1930) ; zahlreiche Chorwerke, darunter The Hymn 
of Jesus für 2 Chöre, Halbchor (Frauenchor) und 
Orch. (1917), Ode to Death für Chor und Orch. 
(1919), Choral Symphony (1925), Choral Fantasia 
(1930), 12 Welsh Folkr-Songs für Chor a cappella 
(1933), Chorkanons, Lieder, 12 Gesänge nach 
Texten von H. Wolfe (1929); Kammermusik: 
Quintett für KL und Blaser (1896), Blaserquintett 
(1903), Terzett für FL, Ob. und Va (1925) ; Klavier- 
musik: Toccata (1924), Folk-Song Fragments (1927), 
Nocturne (1930), Jig (1932). 

Lit: L. B. M. Dyer, Music by British Composers, 
A Series of Complete Catalogues I: G. H., London 
1931.- R. Vaughan Williams, G. H., ML I, 1920; 
L Holst, G. H., Oxford 1938; E. Rubbra, G. H., 
Monaco u. London 1947; I. Holst, The Music of 

G. H., London 1951 ; Cl. Bax, Recollections of G. 

H. , ML XX, 1939; W. H. Mellers, H. and the Eng- 
lish Language, MR II, 1941 ; J. B. Trend, Savitri, an 
Opera from the Sanskrit, ML II, 1921 ; R. Cantrick, 
»Hammersmith« and the two Worlds of G. H., ML 
XXXVH, 1956. 

Holst, Henry, * 25. 7. 1899 zu Kopenhagen; dä- 
nischer Violinist, 1913-17 Schüler des Königlichen 
Konservatoriums in Kopenhagen, vervollständigte 
noch 1920 seine Ausbildung bei W. Heß in Berlin 
und war 1923-31 Konzertmeister des Berliner 
Philharmonischen Orchesters. 1931 wurde er als 
Violinlehrer an das College of Music in Man- 
chester berufen und behielt diese Stellung bis 1945. 
Daneben war er 1940-44 Konzertmeister des 
Liverpool Philharmonie Orchestra. Bis zu seiner 
Rückkehr 1954 nach Dänemark wirkte er als Pro- 
fessor am Royal College of Music in London, wo 
er auch ein Philharmonie String Quartet bildete. 
Als Solist machte er sich auf Konzertreisen in Eu- 
ropa bekannt, geschätzt besonders für seine Inter- 
pretation des Violinkonzerts von Sibelius. 

Holstein, Franz von, * 16. 2. 1826 zu Braun- 
schweig, f 22. 5. 1878 zu Leipzig; deutscher Kom- 
ponist, ursprünglich Offizier, sandte von Seesen, 
wo er Adjutant war, eine große Oper Weverley 
(nach W. Scott) an M. Hauptmann ein, der ihn zur 
musikalischen Laufbahn ermutigte. 1853 quittierte 
er seine Offiziersstellung, übersiedelte nach Leip- 
zig, wurde Schüler Hauptmanns und studierte zu- 
gleich am Konservatorium. Nach längeren Reisen 
und Studienaufenthalten in Rom (1856), Berlin 
(1858) und Paris (1859) ließ er sich endgültig in 
Leipzig nieder und lebte nur der Komposition. H. 
wurde nach Hauptmanns Tode Vorsitzender der 
Bachgesellschaft und war Mitgründer des Leip- 
ziger Bachvereins. Er hinterließ ein reiches Legat 
(das H.-Stift) zugunsten unbemittelter Musikstu- 
dierender. Seine Kompositionen sind, obwohl 
nicht ohne Originalität, heute völlig vergessen. 
3 Opern haben seinen Namen in weitere Kreise 
getragen (die Texte von H. sdbst): Der Haide- 
schacht (Dresden 1868), Der Erbe von Morley (Leip- 
zig 1872) und Die Hochländer (Mannheim 1876). 
Außerdem sind zu erwähnen: die Ouvertüren 
Lorelei und Frau Aventiure (na c hgelassen), eine 
Soloszene aus Schillers Braut von Messina; Beatrice 
(S. mit Orch.), vide Lieder ( Waldlieder , op. 1 und 


52* 


819 



Holter 


9), Chorlieder für gemischten sowie für Manner- 
chor, Kammermusikwerke, einige Klavierwerke, 
im ganzen gegen 50 Werke. 

IÄL: F. H. Bruns, F. v. H., Der Dichterkomponist in 
unveröffentlichten Briefen an einen Freund, NMZ 
XLIV, 1923; Helene von Holstein, Eine Glückliche, 
ln ihren Briefen u. Tagebuchblättern, hrsg. v. H. v. 
Vesque, Lpz. 1901, 31907; G. Glaser, F. v. H., Diss. 
Lpz. 1930; S. Bagge, F. v. H.s dreiactige Oper »Der 
Erbe v. Morley«, AmZ X, 1875. 

Holter, I ver Paul Fredrik, * 13. 12. 1850 zu 0stre 
Gausdal, f 27. 1. 1941 zu Oslo; norwegischer 
Komponist und Dirigent, studierte ab 1869 in 
Oslo Medizin, daneben bei Svendsen Musik. 1876 
bis 1879 war er Schüler des Leipziger Konserva- 
toriums und hielt sich noch 1879-81 mit Staats- 
stipendium in Berlin auf. 1882 führte er in einem 
Orchesterkonzert zu Oslo seine Kompositionen 
auf und wurde als Nachfolger Griegs Dirigent der 
»Harmonie« Bergen. 1884 besuchte er abermals 
Leipzig und dirigierte seine F-dur-Symphonie im 
Euterpe-Konzert. 1886 folgte er einem Ruf als Di- 
rigent des Musikvereins von Oslo, den er bis 1911 
leitete. Neben mehreren Gesangvereinen leitete er 
1897-1921 den seinen Namen tragenden Chor- 
verein. 1887-91 war er auch Theorielehrer am 
Konservatorium, 1881/82 Kritiker an »Dagbla- 
det«, 1900-06 Herausgeber der »Nordisk Musik- 
revue«. Als Komponist steht H. auf dem Boden 
der romantischen und klassischen Ideale; seine 
Werke sind mehr kosmopolitisch als national: 
Symphonie F dur op. 3; Streichorchester-Idyll op. 
4; Musik zu Götz von Berlichingen op. 11 ; Violin- 
romanze mit Orch. op. 12; Violinkonzert (Oslo 
1920); Orchester-Idyll St. Hanskveld ; Streichquar- 
tette op. 1 und 18; Kantaten mit Orch. op. 14 
feem. Chor) und op. 15, 16, 19 und 25 (Männer- 
chor) ; Noveletten für KL op. 8 ; Klavierstücke op. 2 ; 
Männerchorlieder op. 6 ; Klavierlieder op. 5, 7, 9, 10. 

Htftschneider, Carl, * 22. 9. 1872 zu Krefeld, 
t 23. 5. 1951 zu Dortmund; deutscher Organist 
und Chorleiter, Schüler der Berliner Hochschule, 
ging 1897 als Organist nach Dortmund, gründete 
einen gemischten Chor verein und war an der Ver- 
anstaltung großer Musikfeste (u. a. der Bachfeste 
1909 und 1922, des ersten deutschen Regerfestes 
1910, des ersten schwedischen Musikfestes 1912) 
führend beteiligt. Er trat daneben besonders als 
Förderer und Organisator im Orgel- und musika- 
lischen Erziehungswesen hervor, war 1925-33 
Mitdirektor des Dortmunder Städtischen Konser- 
vatoriums und ab 1948 Vorsitzender des Verban- 
des deutscher Tonkünsder und Musiklehrer. 

Holy, Alfred, * 5. 8. 1866 zu Oporto, 1 8. 5. 1948 
zu Wien; portugiesischer Harfenvirtuose, in Prag 
Schüler von W. Stanek, wirkte als Solist 1885-96 
an der Prager Oper, 1896-1903 an der Berliner 
und 1903-13 an der Wiener Hofoper, mehrere 
Jahre hindurch auch im Bayreuther Festspiel- 
orchester. Als Soloharfenist gehörte er 1913-28 
dem Boston Symphonv Orchestra an und zog sich 
dann nach Wien zurück. Auf zahlreichen Konzert- 
reisen erlangte er den Ruf eines der ersten Harfen- 
virtuosen seiner Zeit. Er schrieb eine musikalische 
Komödie Das Märchen vom Glück (Hamburg 
1909), Orchesterstudien sowie Kompositionen für 
sein Instrument, auch Kammermusik mit Harfe. 


Holyoke (halj'o:k), Samuel, * 15.10.1762 zu 
Boxford (Massachusetts), f 7. 2. 1820 zu Concord 
(New Hampshire) ; amerikanischer Musikpäd- 
agoge und Komponist von Kirchenmusik, war bis 
1789 Schüler des Harvard College. Er lehrte an 
mehreren Orten in New England, entwickelte 
eine fruchtbare organisatorische Tätigkeit auf dem 
Gebiet des Musiklebens und veröffentlichte meh- 
rere Sammlungen geistlicher Chöre: Harmonia 
Americana (Boston 1791), The Massachusetts Com- 
piler (mit H. Gram und O. Holden, Boston 1795), 
The Christian Harmonist (Salem 1804) und The 
Columbian Repository of Sacred Harmony (Exeter, 
N. H., 1809) ; auch eine Lehranweisung für meh- 
rere Instrumente: The Instrumental Assistant (2 
Bände, Exeter 1806/07). An Einzelliedem wurden 
besonders bekannt: Arnheim (1779) und Washing- 
ton (1790) sowie Hark fiom the Tombs (zum Tode 
von Washington). 

Holz, Karl, * 1798 wohl zu Wien, t 9. 11. 1858 
zu Wien; Beethovens Vertrauter in geschäftlichen 
Angelegenheiten während der letzten Lebensjahre 
(seit Frühjahr 1825), der zeitweilig A. Schindler in 
Beethovens Gunst stark zurückdrängte. Er war 
k. k. Kassenbeamter, aber in seinen Mußestunden 
ein tüchtiger Violinist, zeitweilig Mitglied des 
Böhm-Quartetts, 1825 2. Geiger des Schuppan- 
zigh-Quartetts, später zeitweilig Dirigent der Spi- 
rituel-Konzerte in Wien. 

Lit : A. W. Thayer, Ludwig van Beethovens Leben 
V, weitergeführt v. H. Deiters, hrsg. v. H. Riemann, 
Lpz. 1908; Th. Frimmel, Beethoven-Hdb. I, Lpz. 
1926. 

Hplzbauer, Ignaz Jakob, * 17. 9. 1711 zu Wien, 
t 7. 4. 1783 zu Mannheim; Österreichischer Kom- 
ponist, sollte die Rechte studieren, ging aber früh 
zur Musik über. Er vervollständigte seine Ausbil- 
dung in Venedig, war zuerst Kapellmeister des 
Grafen Rottal zu Holleschau in Mähren, wahr- 
scheinlich ab 1742, unterbrochen durch einen wei- 
teren Aufenthalt 1744-46 in Italien, Musikdirektor 
am Wiener Hoftheater (seine Gattin Rosalie, ge- 
borene Andreides, war gleichzeitig als Sängerin 
engagiert). 1750 wurde er als Hofkapellmeister 
nach Stuttgart, 1753 in gleicher Stellung nach 
Mannheim berufen, wo damals das Orchester 
unter Johann Stamitz als Konzertmeister und Di- 
rektor der Instrumentalmusik im Zenith seines 
Ruhmes stand. Von Mannheim aus besuchte H. 
noch mehrmals Italien und brachte mehrere Opern 
zur Aufführung. Als der Hof 1778 nach München 
übersiedelte, blieb H. in Mannheim; er war die 
letzten Jahre seines Lebens völlig taub. Mozart 
schätzte H. als Komponisten hoch. Seine nachweis- 
baren Werke (außer den verschollenen Wiener 
Erstlingswerken) sind: die italienischen Opern 17 
figlio Helle sehe (1753), Visola disabitata (1754), 
Uissipile (1754), Don Chisciotte (1755), Le nozze 
TArianna (1756), I cinesi (1756), La clemenza di 
Tito (1757), Nitetti (1757), Alessandro neUTndie 
(1759), Ippolito ed Arcia (1759), Adriano in Siria 
(1768) und Tancredi (1783); eine große 3aktige 
deutsche Oper Günther von Schwarzburg (Mann- 
heim 1776, im selben Jahr gedruckt) ; die Panto- 
mimen Chacun ä son tour (1754) und L'alUgresse du 
jour (1754); die Oratorien La Passione di Gesä 
Christo (1754), Isacco (1757), La Betulia liberata 


820 



(1760) und U giudizio di Salomone (1766) ; Messen 
mit Orch. (daranter eine deutsche) und Motetten; 
65 Symphonien, Konzerte für verschiedene Instru- 
mente, Streichquartette, 3 Divertimenti für 
Streichquintett, Trios und Sonaten. Von H.s Sym- 
phonien sind die älteren von geringerem Wert, die 
späteren stehen sichtlich unter dem Einflu ß von 
Johann Stamitz, doch ist er selbständiger als 
Toeschi. Die ihm häufig zugeschriebene Oper 17 
filosofo di campagna (Mannheim 1756) stammt von 
Galuppi. 

Ausg.: Oper »Günther v. Schwarzburg«, hrsg. v. H. 
Kretzschmar, DDT VIII/IX; eine Symphonie, hrsg. 
v. H. Rebmann, DTB VII, 2; Streichquintett Es dur, 
hrsg. v. dems., DTB XV; Instrumentale Kammermu- 
sik, hrsg. v. U. Lehmann, EDM XXIV; eine Sinfonia 
a tre, hrsg. v. H. Zirnbauer, Antiqua Nr 3702, Mainz 
1940. 

Lit.: Autobiogr. »Kurzer Lebensbegriff« in Cramers 
»Magazin für Musik« 1783; Verz. d. Druckausg. u. 
thematischer Kat. d. Symphonien in DTB III, 1, hrsg. 
v. H. Rebmann (Nachtrag zum thematischen Kat. in 
DTB VII, 2); Verz. d. Druckausg. u. thematischer 
Kat d. Kammermusik in DTB XVI, hrsg. v. dems. ; 
L. Schiedermair, Die deutsche Oper, Lpz. 1930, 
Bln-Bonn 21940, 3 1943; H. Werner, Die Sinfonien v. 
I. H., Diss. München 1942 (maschr.). 

Holzhay, Johann Nepomuk, * 26. 2. 1741 zu 
Rappen (Landkreis Mindelheim, Bayern), t 17. 9. 
1809 zu Ottobeuren; deutscher Orgelmacher, 
lernte bei dem bedeutenden, von der altfranzö- 
sischen Orgelmacherkunst beeinflußten Riepp, als 
dieser 1757-66 an seinen beiden Orgeln in Otto- 
beuren arbeitete; hier heiratete H. 1766 die Toch- 
ter des Orgelmachers Joseph 2ktder und über- 
nahm dessen Haus und Werkstätte. Die älteste der 
von H. erhaltenen Orgeln (die einzige noch mit 
Rückpositiv) steht in der Klosterkirche Ursberg, 
Bayern (um 1775); es folgen die Orgeln in: Ober- 
marchtal, Württemberg (1784); Wiblingen bei 
Ulm; Rot an der Rot bei Ochsenhausen (1785-93) 
mit 36 Stimmen auf 3 Manualen; Weißenau bei 
Ravensburg (um 1790); Nereshcün (1798) mit 
47 Stimmen auf 3 Manualen (heute so stark ver- 
ändert, daß sie kaum noch als eine H.-Orgel an- 
gesprochen werden kann). H. ist der letzte nam- 
hafte Vertreter des Barock in der oberschwä- 
bischen Orgelbaukunst. Zu den Stilmerkmalen 
seiner Werke gehören (außer der Schleif lade) Re- 
gister wie das »Hömle«, ein unvollständiges Kor- 
nett (1 8 /ö' + 20 und die Zungenbesetzung 16-8-4' 
des Pedals (nach französischem Vorbild), so daß 
sogar in seinen größeren Orgeln im Pedal die 
Labiallage 16' meist nur durch einen (offenen und 
weiten) Subbaß vertreten ist. 

Lit.: H. Meyer, K.J. Riepp, Kassel (1938); W. 
Supper u. H. Meyer, Barockorgeln in Oberschwaben, 
Kassel (1941); Der Barock, seine Orgeln u. seine 
Musik in Oberschwaben (zugleich der Ber. über d. 
Tagung in Ochsenhausen), hrsg. v. W. Supper, Bln- 
Dannstadt (1952). 

Holzknecht, Vdclav, * 2.5.1904 zu Prag; 
tschechoslowakischer Pianist und Musikschrift- 
steller, war nach Universitätsstudien 1924-28 Kla- 
vierschüler des Prager Konservatoriums und wid- 
mete sich als Solist vor allem der zeitgenössischen 
Musik. 1942 wurde er als Lehrer an das Konser- 
vatorium nach Prag berufen, dem er seit 1948 als 
Direktor vorsteht. H. war Herausgeber der Zeit- 


Homeyer 

Schriften »Rytmus« (1941-44) und »Tempo« (1946 
bis 1948), veröffentlichte mehrere kleine Schriften 
über Musik und die Monographie Ndrodni umflec 
Vitizslav Novdk (Prag 1948). 

Homer (h'o:mo), Louise Dilworth (geborene 
Beatty), * 30. 4. 1871 zu Pittsburgh, t 6. 5. 1947 
zu Winter Park (Florida) ; amerikanische Opern- 
sängern! (Alt), studierte in Philadelphia, Boston 
und Paris und debütierte 1898 in Vichy als Leonora 
in Donizettis »La Favorita«. Nach kürzeren En- 
gagements an Covent Garden in London und am 
Thdätre de la Monnaie in Brüssel kehrte sie 1900 
nach den USA zurück. Ihr amerikanisches Debüt 
absolvierte sie als Amneris in San Francisco und 
trat in der gleichen Rolle in New York am Metro- 
politan Opera House auf, dem sie 1900-19 und 
1927-30 angehörte. 1920-25 sang sie bei der Chi- 
cago Opera Company, 1926 bei den Opemunter- 
nehmen von San Francisco und Los Angeles. L. H., 
die sich am Anfang ihrer Laufbahn weitgehend auf 
Opern des italienischen und französischen Reper- 
toires beschränkt hatte, übernahm in der Folge 
auch Rollen aus Opern Wagners und Humper- 
dincks (sie kreierte die Hexe bei der Uraufführung 
der »Königskinder«, 1910) und galt als eine der 
bedeutendsten Altistinnen ihrer Zeit. Häufig sang 
sie neben Caruso und hatte große Erfolge auch als 
Konzert- und Oratoriensängerin (Glucks »Orfeo« 
in Paris und New York, 1909/10). Ab 1895 war sie 
mit dem Komponisten Sidney Homer verheiratet. 
Lit: S. Homer, My Wife and I, NY 1939. 

Homer (h'o:m o), Sidney, * 9. 12. 1864 zu Bo- 
ston (Massachusetts), f 10. 7. 1953 zu Winter Park 
(Florida) ; amerikanischer Liederkomponist, war in 
Boston Schüler von Chadwick, studierte noch 
2 Tahre in Leipzig, 3 Jahre in München (O. Hieber, 
Rheinberger, Abell) und unterrichtete dann in 
Boston Harmonielehre und Kontrapunkt. 1895 
heiratete er seine Schülerin Louise Beatty (-> L. 
Homer), mit der er ab 1900 in New York lebte. H. 
war überaus erfolgreich als Komponist von Lie- 
dern, von denen zahlreiche in Amerika volkstüm- 
lich geworden sind. Daneben schrieb er auch je 
ein Klavierquintett und -trio, ein Streichquartett, 
eine Violinsonate und Orgelstücke sowie ein Er- 
innerungsbuch My Wife and I (New York 1939). 
Lit: H. C. Thorpe, The Songs of S. H., MQ XVII, 
1931. 

Homet (om's), Louis, * 1691 und f 1777 zu 
Paris; französischer Komponist, trat 1699 als Chor- 
knabe in die Sainte-Chapdle ein, wo er (ab 1704) 
von N. Beraier ausgebifdet wurde, ging 1710 als 
Sänger an die Kathedrale nach Chartres und 1711 
als Kapellmeister an St-Jacques de la Boncherie 
nach Paris. In gleicher Stellung wirkte er 1724-31 
an der Kathedrale von Orleans, 1731-34 an der von 
Chartres und bis 1748 an Notre-Dame in Paris. 
Von seinen Kompositionen sind 2 Motetten (3- 
und 5 st.) und eine 4st. Messe erhalten sowie eine 
4st. Prose des morts von 1722. 

Ausg.: Prose des morts, Paris o. J. 

lit : M. Brenbt, Les Musiciens de la Sainte-Chapelle, 

Paris 1910. 

Hpmeyer, Paul Joseph Maria, * 26. 10. 1853 zu 
Osterode am Harz, j* 27- 7. 1908 zu Leipzig; 
deutscher Organist, besuchte das Konservatorium 


821 



Homiüus 


und die Universität in Leipzig, wo er mit großem 
Erfolg als Orgelvirtuose auftrat, studierte noch in 
Duder stadt unter seinem Oheim Joseph M. Ho- 
meyer (1814-94) und wurde nach erfolgreichen 
Konzertreisen in Italien und Österreich als Orga- 
nist am Gewandhaus und zugleich als Orgel- und 
Theorielehrer am Konservatorium in Leipzig an- 
estellt. H. gab Orgelwerke von J. S. Bach, Men- 
dssohn und Schumann sowie mit R. Schwalm 
eine Orgelschule heraus. 

Homjüus, Gottfried August, * 2. 2. 1714 zu 
Rosenthal (Sachsen), t 5. 6. 1785 zu Dresden; 
deutscher Komponist, studierte ab 1735 an der 
Universität Leipzig, Schüler von J. S. Bach und 
Lehrer von J. A. Haler, J. F. Reichardt und D. G. 
Türk. Er war ab 1742 Organist der Frauenkirche 
in Dresden, ab 1755 Kantor an der Kreuzschule 
und Musikdirektor der drei Hauptkirchen. H. war 
ein zu seiner Zeit hochgeschätzter Kirchenkompo- 
nist, erfuhr aber später eine sehr unterschiedliche 
Beurteilung. Er schrieb: eine Passion (1775), ein 
Weihnachtsoratorium ( Die Freude der Hirten . . 
1777), Sechs deutsche Arien (1786); J. A. Hiller 
nahm 5 Motetten und eine Chorarie von ihm in 
seine Sammlungen (1776-1781) auf; 7 Lieder in 
Gesänge für Maurer . . . (1782). Im Manuskript sind 
erhalten: eine Passion nach Markus, ein Jahrgang 
Kirchenkantaten, viele Motetten, Kantaten, figu- 
rierte Choräle, eine Generalbaßschule, 3 Choral- 
bücher, Präludien und Choralvorspiele für Org. 
Ausg. : 2 figurierte 4st Choräle in : Musica Sacra XVI, 
hrsg. v. R. v. Hertzberg, Bin u. Posen; 2 geistliche 
Sätze bei F. Jöde, Chorbuch II; ein Orgeltrio bei H. 
Keller, Schule d. klassischen Triospiels, Kassel 1928, 
NA 1950. 

Lit: K. Held, Das Kreuzkantorat zu Dresden, 
VfMw X, 1894; R. Steglich, K. Ph. E. Bach u. d. 
Dresdner Kreuzkantor G. A. H. im Musikleben ihrer 
Zeit, Bach-Jb. XII, 1915; R. Sietz, Die Orgelkompo- 
sitionen d. Schülerkreises um J. S. Bach, Bach-Jb. 
XXXII, 1935; R. Engländer, Instrumentalmusik i 
Dresden under Wienklassik tid, STMf XXX, 1948; 
ders.. Die Dresdner Instrumentalmusik in d. Zeit d. 
Wiener Klassik, Uppsala u. Wiesbaden 1956; vgl. 
auch J. Ch. Hasche, Magazin d. Sächsischen Gesch. 
II, Dresden 1785. 

Hanauer, Leontzi, * um 1735 zu Straßburg (?); 
deutscher Komponist, ist ab 1761 in Paris nach- 
weisbar, wo er vermutlich bis 1785 im Dienste des 
Prinzen Louis de Rohan stand. Er veröffentlichte 
in Paris 18 Klaviersonaten op. 1-3 (1761-64) und 
4 Klavierquartette op. 4 (1770). W. A. Mozart 
adaptierte in seinen Pasticdo-Klavierkonzerten 
KV 37, 40 und 41 einzelne Sätze aus H.s Sonaten 
op. 1 und 2. 

Lit: E. Reeser, De klaviersonate met vioolbegelei- 
ding, Rotterdam 1939 (mit Edition d. Sonate op. UI, 4). 

de Hondt, Cornelius Canis. 

Hpnegger, Arthur, * 10. 3. 1892 zu Le Havre, 
t 27.11.1955 zu Paris; Schweizer Komponist, 
durch beide Eltemteüe Zürcher Herkunft, w uchs 
im väterlichen Kaffee-Importhaus zu Le Havre 
heran, von seiner Mutter müh zur Musik angelei- 
tet. 1909/10 besuchte er das Zürcher Konservato- 
rium unter F. Hegar, auf dessen Rat er sich ganz 
dem Musikstudium widmete. Von Le Havre aus 
arbeitete er 1911-13 in Paris bei Capet (Violine), 

822 


Gddalge (Theorie), Widor (Komposition) und 
d’Indy (Orchesterleitung) . Seitdem lebte er als 
freischaffender Komponist in der französischen 
Hauptstadt, wo er sich 1920 an der Bildung der 
Gruppe der »Six« beteiligte und als Dirigent und 
Kammermusiker (auch mit seiner Frau, der 
Pianistin Andree ->■ Vaurabourg) seine Werke auf- 
führte. Während des 2. Weltkrieges war er als 
Musikkritiker und als Kompositionslehrer an der 
Ecole Normale de Musique tätig. Auf einer 
Amerikareise 1947 erkrankte er an einer Angina 
pectoris und erlag 1955 einem Herzschlag. Wie H. 
in der Bestellung der verschiedensten Gattungen 
weitausgreifend war, so auch in der Ausweitung 
und Anwendung seiner Stilmittel. Seine musika- 
lische Sprache verarbeitet Bach ebenso wie die 
Jazzelemente, Polychroma wie Polyphonie, Straus s 
wie Stxawinsky. Gleichwohl ist H. kein Eklektiker 
schlechthin, sondern ein universaler, urmusika- 
lischer Bildner neuer, eigener Formen. Alemanni- 
scher Tiefsinn und französischer Forminstinkt ei- 
nen sich in seinem Werk auf schöpferische Weise. 
International bekannt wurde H. vor allem durch 
Le Roi David , Jeanne d* Are au bücher und Pacific 231 . 
Auch in seinen schriftstellerischen und musikkri- 
tischen Arbeiten tritt der streitbare Musikpraktiker, 
bei zunehmend pessimistischen Zügen, nachhaltig 
in Erscheinung. Sein Werkverzeichnis umfaßt 
etwa 200 Titel aller Gattungen neuzeitlicher Mu- 
sik. Davon seien genannt: Opern und Oratorien: 
Le Roi David (Oratorium, 1921), Judith (biblisches 
Drama von R. Morax, 1925), Antigone (Oper, 
1927), Cris du Monde (Oratorium von Ren6 Bizet, 
1931), UAiglon (Oper, mit J. Ibert, 1937), Jeanne 
d'Arc au bücher (Oratorium, 1938), La Danse des 
Morts sowie Nicolas de Flue (Oratorien, beide 
1940); Operetten: Les aventures du roi Pausole 
(1930), La Belle de Moudon (1931), Les petites Cardi- 
nal (1938); Ballette: Viriti-Mensonge (1920), Skat- 
ing Rink (1922), Sous-marine (1925), Rose de mital 
(1928), Un Otseau blanc s’est envoli (1937), Le 
Cantique des cantiques (1938), V Appel de la Montagne 
(1945), Chota Rostaveli (1945), UHomme ä la peau 
de Uopard (1946); Ballett-Melodrama Sbniramis 
(1934), Melodrama Amphion (1931) ; Les Mille et 
une Nuit für Chor, S.- und T.-Solo und Orch. 
(1937); Bühnenmusiken, darunter Le Dit des jeux 
du monde (P. M&al, 1918), La Danse macabre (C. 
Larronda, 1919), Saul (A. Gide, 1922), Antigone 
(Sophokles/Cocteau, 1922), La Tempßte (Shake- 
speare, 1923), La Ligne d'Horizon (S. Roux, 1941), 
Le Soulier de Satin (P. Claudel, 1943), Charles le 
Timiraire (R. Morax, 1944), Hamlet (Shakespeare/ 
Gide, 1946), Oedipe (Sophokles/Obey, 1947), 
L*Etat de Stege (A, Camus, 1948), Roi Oedipe (So- 
phokles/Maulnier, 1952); Hörspielmusiken : Les 
12 coups de minuit (1933), Christophe Colomb (1940), 
Les Battements du Monde (1942), Saint-Frangois 
cTAssise (1949); zahlreiche Filmmusiken; 5 Sym- 
phonien (I: 1931; II: 1942; HL: Liturgique, 1946; 
IV: Deliciae Basilienses, 1947; V: Di tre re, 1951); 
3 symphonische Sätze (I: Pacific 231 , 1923; 
II: Rugby , 1928; Hl: 1932); ebenfalls für Orch.: 
eine »Symphonie mim£e« Horace victorieux (1921), 
Chant dejoie (1923), Suite Les Noces d 9 Amour et 
Psychi (1930), Prilude , Arioso et Fughette sur le nom 
de Bach für Streicher (1932), Suite Les Misirables 
(1934), Nocturne (1936), Suite Jour de Fite Suisse 



Hopekirk 


(7 Sätze, 1943), Suite Archaique (1951), Monopartita 
(1951); Concertino für KL und Orch. (1929), Kam- 
merkonzert für Fl., Englisch Horn und Streicher 
(1948); Chorwerke: Cantique de Pdques (1918), 
Cantique des cantiques (1926), Cantate de Noel (1953) ; 
Hymne für 10 Streicher (1920), Rhapsodie für 2 FL, 
Klar, und Kl. (1917), 3 Streichquartette (1917, 
1935, 1937), 2 Violinsonaten (1918, 1919), eine 
V.-Solosonate (1940), eine Cello- und eine Brat- 
schensonate (beide 1920), je eine Sonatine für 2 V. 
(1920), für Klar, und KL (1922) und für V. und 
Vc. (1932), Danse de la Chh>re für Fl. solo (1919); 
Klavierwerke: Cahier Romand (1924), Prilude, Arioso 
et Fughette sur le nom de Bach (1932), Souvenir de 
Chopin (1947); Suite (1928) und Partita für 2 KL 
(1940) ; Kammerlieder, Chansons u. a. nach Appo- 
linaire, Claudel, Cocteau und Valdry. - Schriften: 
bicantations aux Fossiles (Lausanne 1948; übersetzt 
von W. Reich, »Beschwörungen«, Bern 1955), Je 
suis compositeur (Paris 1951; übersetzt von S. Os- 
wald, »Ich bin Komponist«, Zürich 1952), Nadv- 
klang (enthaltend eine kleine Selbstbiographie und 
9 kürzere Artikel, übersetzt und herausgegeben 
von W. Reich, Zürich 1957). 

Lit. : Roland-Manuel, A. H., Paris 1925 ; A. George, 
A. H., Paris 1926; W. Tappolet, A. H., Zürich u. 
Lpz. 1933, frz. Neuenburg 1939; ders., A. H., 
Zürich 1954, frz. Boudry-Neuchätel 1957; C. 
G£rard, A. H., Brüssel 1945; M. Delannoy, A. H., 
Paris 1953; J. Bruyr, H. et son ceuvre, Paris 1947; 
ders., L’öcran des musiciens, Paris 1930; G. Pannain, 
A.H., in: Modem Composers, London 1932; R. 
Dumesnil La musique en France entre les deux 
guerres, 1919-1939, Genf 1946; P. Landormy, La 
musique fransaise aprfcs Debussy, Paris 1948; W. 
Schuh, Schweizer Musik der Gegenwart, Zürich 
1948; H. H. Stuckenschmidt, Neue Musik (=» 
Zwischen d. beiden Kriegen), Bin 1951. HL 

Hpnegger, Henri Charles, * 10. 6. 1904 zu Genf; 
Schweizer Violoncellist, lebt in Genf. Nach an- 
fänglichem Unterricht in Genf studierte er in Leip- 
zig bei Klengel, anschließend an der Ecole Nor- 
male de Musique in Paris bei Alexanian und Casals. 
Er ist SoloceQist am Ordiestre de fa la Suisse Ro- 
mande und unternimmt ausgedehnte Konzert- 
reisen, auf denen er oft die 6 Suiten für Vc. solo von 
J. S. Bach in geschlossener Folge spielt 

Hood (hud), Mantle, * 24. 6. 1918 zu Spring- 
field (Illinois) ; amerikanischer Musikforscher und 
Komponist, betrieb seine Studien an den Universi- 
täten von Colorado (Boulder), Southern Cali- 
fornia und California (Los Angeles), 1952-54 an 
der Universität von Amsterdam, wo er 1954 zum 
Dr. phiL promovierte. 1945-49 war er in der 
Komposition und Orchestration Schüler von E. 
Toch an der University of California, an der er 
nach einer Tätigkeit 1954-56 als Instructor 1956 
zum Assistant Professor of Music ernannt wurde. 
Neben zahlreichen kleineren Beiträgen für die 
Zeitschrift »New Outlook« veröffentlichte er: The 
Nuclear Theme as a Determinant of Patet in Javanese 
Music (Groningen 1954); Folk Imitations of the 
Javanese Gamelan (in: Viltis 1956). - Kompositio- 
nen: die Fabeln The Man, the Boy and the Donkey 
(Aesop, 1947) und Le JD r Gloom et le D r Cheer (La 
Fontaine, 1950), Orchesterstücke, Kammermusik 
(Streichquartett, 1952; Bläsertrio, 1950; FL-Sona- 


tine, 1949; Solo-Sonate für V., 1950), Klavier- 
stücke (Three Preludes 1951, Dodecaphonic Waltz 
1952, Ductia 1952) und Lieder. 

van Hoof, Jef, * 8. 5. 1886 zu Antwerpen; bel- 
gischer Komponist, Schüler des Flämischen Kon- 
servatoriums (P. Güson) in Antwerpen, wurde als 
Komponist einer der eifrigsten Vertreter einer be- 
tont flämischen Musik, van H. wirkt als Professor 
für Harmonielehre und Kontrapunkt an der Bei- 
aar dschool in Mecheln. Werke: die Opern Maien- 
feuer und Junker Leichtherz, 5 Symphonien (A, 
1938; As, 1941; Es, 1945; H, 1949; E, 1956), Or- 
chesterouvertüren und -suiten, 4 Messen, Te Deum 
für gern. Chor und Bläser, zahlreiche Chöre und 
Lieder. 

Hoogstraten (h'o:xstraten), Willem van, * 18. 
3. 1884 zu Utrecht; holländischer Dirigent, wurde 
an den Konservatorien in Köln und Prag als Vio- 
linist ausgebildet, wirkte dann als Kammermusik- 
spieler an den Abenden der Pianistin E. -> Ney 
mit, die später seine Gattin wurde (1927 geschie- 
den). In Hamburg begann er seine Laufbahn als 
Dirigent, war Gastdirigent in Oslo, Berlin, im 
Haag, München, 1920 Dirigent des Salzburger 
Mozartfestes. 1914-18 leitete er das Städtische Or- 
chester in Krefeld, 1920-36 als Nachfolger von J. 
Stransky das Philharmonie Symphony Orchestra 
in New York (1920-36 Sommerkonzerte, 1921-23 
Winterkonzerte), 1924-36 außerdem als Nachfol- 
ger von Th. Spiering das Symphony Orchestra in 
Portland (Oregon). 1928 erhielt er den Dr. h. c. 
der Universität Oregon. 1938-45 dirigierte er das 
Mozarteum-Orchester in Salzburg, 1948-55 die 
Stuttgarter Philharmoniker. Seitdem reist er als 
Gastdirigent. 

Hook (huk), James, * 3. 6. 1746 zu Norwich, 
t 1827 zu Boulogne; englischer Komponist, 
1769-73 Organist und Komponist an Maiylcbone 
Gardens in London, 1774-1820 in gleicher Stellung 
an Vauxhall Gardens, daneben lange Jahre Orga- 
nist der Johanniskirche in Horsleydown. H. war 
ein fruchtbarer Vokalkomponist, schrieb etwa 30 
englische Singspiele und Opern, einige Schauspiel- 
musiken, gegen 2000 Gesänge, einige Orgel- (Kla- 
vier-) Konzerte, Sonaten und eine Klavierschule: 
Guida di musica op. 37 (etwa 1785). 

Hope-Jones (ho:p-d 3 o:ns), Robert, * 9. 2. 1859 
zu Hooton Grange (Cheshire), f 13. 9. 1914 zu 
Rochester (New York) ; amerikanischerOrgelbauer 
von englischer Geburt, erlernte als Knabe das Or- 
gelspiel und wurde später zum Elektro-Ingenieur 
ausgebildet. Er wandte sich 1889 dem Orgelbau 
zu, als seine Versuche, die Elektrizität im Orgelbau 
zu verwenden, sich als erfolgreich herausstellten. 
1903 ging er nach den USA, arbeitete dort zunächst 
bei der Austin Organ Co. in Hartford und der 
E. M. Slrinner Co. in Boston, bis er 1907 in Tona- 
wanda (New York) die Hope-Jones Organ Co. 
gründete. Jedoch verkaufte er schon 1910 mit 
seinen Patenten auch das Unternehmen an die 
Rudolph Wurlitzer Co. in New York. 

Lit. : G. L. Miller, The Recent Revolution In Organ- 
Building, NY 21913. 

Hopekirk (h'o:pkoc:k), Helen, * 20. 5. 1856 in 
der Nähe von Edinburgh, f 19. 11. 1945 zu Cam- 


823 



Hopkins 


bridge (Massachusetts) ; schottische Pianistin, Schü- 
lerin von Lichtenstein und Mackenzie, dann am 
Leipziger Konservatorium, trat 1878 im Gewand- 
haus zu Leipzig als Pianistin auf, machte sich durch 
Konzertreisen auch in den USA bekannt, studierte 
noch 1887-91 unter Leschetizky und Nawratü 
(Komposition) in Wien und trat in der Folge auch 
als Kompo nistin hervor: Klavierkonzertstück, 
Klavierkonzert, Violinsonaten, Orchesterstücke, 
viele Lieder. 1897 ließ sie sich in Boston nieder, 
wo sie bis 1901 Lehrerin am New England Con- 
servatory war. 

Hopkins (h'opkons), Antony, * 21. 3. 1921 zu 
London; englischer Pianist und Komponist, stu- 
dierte 1939-43 am Royal College of Music in Lon- 
don (C. Smith, G. Jacob), später noch bei M. 
Tippett. Er ist vor allem mit einer größeren Zahl 
von Bühnen- und Hörspielmusiken hervorgetre- 
ten. Daneben schrieb er: die Opern Lady Rohesia 
(London 1948), The Manjrom Tuscany (1951) und 
Ten o’ clock Call (1956), die Kammeropem Three’s 
Company (1953) und Christmas Story (1954); die 
Ballette Rüde (= Mirages, 1947) und Cafe des 
Sports (1954); Kammermusik (Streichquartett, 
1943); Chöre, Klavierstücke und Lieder. 

Hopkins (h'opkons), Edwardjohn, * 30. 6. 1818 
zu Westminster (London), f 4. 2. 1901 zu London; 
englischer Organist und Komponist, 1826 Chor- 
knabe der Chapel Royal unter Hawes, 1833 Privat- 
schüler von Walmisley, bekleidete mehrere Or- 
eanistensteHungen in London, zuletzt (ab 1843) 
die an Temple Church, und brachte die seiner 
Führung unterstellten Kirchenmusiken zu hohem 
Ansehen. KL konzertierte noch 1896 als Orgelvir- 
tuose. Er komponierte Anthems, Psalmen und 
andere Kirchenmusiken, war aber am besten be- 
kannt als vorzüglicher Orgelkenner, Verfasser von 
The Organ , its History and Construction (mit einer 
Geschichte der Orgel von Rimbault als Einleitung, 
London 1855, 51887). H. besorgte für die Musical 
Antiquarian Society die Neuherausgabe von John 
Bennets und Weelkes’ Madrigalen und redigierte 
den musikalischen Teil des Temple Church Choral 
Service ; auch war er MitarbÄter von Groves 
Lexikon. Auch sein Bruder John H. (* 30. 4. 1822 
zu Westminster, f 27. 8. 1900 zu Rochester) und 
sein Vetter John Larkin H. (* 25. 11. 1820 zu 
Westminster, f 25. 4. 1873 zu Ventnor auf Wight) 
waren angesehene Organisten. 

Hopkinson (h'opkansan), Francis, * 21. 9. 1737 
und f 9- 5. 1791 zu Philadelphia; amerikanischer 
Politiker, Jurist, Satiriker, Dichter und Erfinder, 
besaß auch lebhaftes Interesse und Verständnis für 
Musik und schrieb eine Reihe von Vokalkompo- 
sitionen, besonders Lieder. Er gilt als der erste 
Komponist, den Amerika hervorgebracht hat. H. 
gehört auch zu den Verbesserern des Kidflügels, 
und seine Versuche wurden in Europa bekannt, 
wenn auch nicht unter seinem Namen. Er versah 
ferner Franklins Glasharmonika mit einer Tastatur 
und erfand ein eigentümliches Glockeninstrument, 
das er »Bellaimonica« nannte. 

Ausg.: Six Songs, hrsg. v. H. V. Milligan, Boston 
1918, daraus »Beneath a weeping willow’s shade« 
auch Daveson-Apel Anth. n, 310. 

Lit: O.G. Sonneck, F.H. (1737-1791), The First 
American Composer, SIMG V, 1903/04; ders., F. 


H. .. and James Lyon, Washington 1905; G. E. 
Hastings, The Life and Works of F. H., Chicago 
1926. 

Hoppe, Adolf, * 15. 7. 1867 zu Kissingen, f 23. 
5. 1936 zu Freiburg im Breisgau; deutscher Orga- 
nist, besuchte die Konservatorien Karlsruhe und 
Leipzig und ließ sich nach kurzer, nur vorüber- 
gehender Tätigkeit am Theater als Musiklehrer in 
Freiburg im Breisgau nieder, wo er 1892 Lektor 
für Musik an der Universität wurde. Daneben war 
er Organist an der Lutherkirche, der Synagoge und 
der Pauluskirche, Leiter des Akademischen Ge- 
sangvereins und einer Kammermusikvereinigung. 

Horak, die Brüder Eduard, * 1839 zu Holitz 
(Böhmen), f 6. 12. 1892 zu Riva am Gardasee, und 
Adolf, * 15. 2. 1850 zu Jankowitz (Böhmen), 
f 14. 1. 1921 zu "Wien; österreichische Pianisten, 
Gründer und bis 1892 Hauptlehrer der schnell zu 
großer Blüte gelangten H. sehen Klavierschulen in 
Wien. Sie gaben gemeinschaftlich eine 2bändige 
Klavierschule (1876) heraus, Adolf außerdem Die 
technische Grundlage des Klavierspiels und Eduard 
mit Fr. Spigl Der Klavierunterricht in neue natürliche 
Bahnen gelenkt (2 Bände, 1892). 

Horak, Wenzel Emanuel, * 1. 1. 1800 zu Lo- 
beö (Böhmen), f 15. 9. 1871 zu Prag; böhmischer 
Komponist, war nach einer Tätigkeit als Organist 
und Chorleiter an verschiedenen Kirchen in Prag 
Chordirektor an der dortigen Teinkirche. Er ver- 
öffentlichte 10 Instrumentalmessen, eine Vokal- 
messe (ohne Gloria), eine Messe und ein Requiem 
für Männerstimmen, eine Passion, Motetten, Lie- 
der und schrieb: Die Mehrdeutigkeit der Harmonien 
nach leichtfaßlichen aus der harmonischen Progression 
entlehnten Grundsätzen (Leipzig 1846). 

Horbpwski, Wladimir, * 19. 1. 1905 zu Tiflis 
(Georgien) ; deutscher Pianist, bezog nach frühem 
Klavierunterricht in Rußland 1921 das Brüsseler 
Conservatoire, 1923 die Berliner Musikhoch- 
schule, an der er 1927, aus der Meisterklasse von 
Leonid Kreuzer und Egon Petri hervorgegangen, 
das Konzertexamen ablegte. Zunächst privat tätig, 
übernahm er 1938 eine Klavierklasse am Schar- 
wenka-Konservatorium in Berlin, 1946 eine Kla- 
vierprofessur an der Stuttgarter Musikhochschule. 
Aus seiner Schule sind namhafte Pianisten hervor- 
gegangen (Rolof£ unter den jüngeren das Duo 
Bauer-Bung). 

Hprenstein, Jascha, * 6. 5. 1899 zu Kiew; 
amerikanischer Dirigent russischer Herkunft, war 
1907-11 Schüler von M. Brode in Königsberg, ab 
1911 in Wien (Universität), studierte dort 1917 bei 
J. Marx, ab 1918 bei F. Schreker. 1920 ging er nach 
Berlin, wo er ab 1922 den Schubert-Chor und den 
Gemischten Chor leitete sowie 1925-28 die Ber- 
liner Philharmoniker dirigierte. Anschließend war 
er bis 1930 1. Kapellmeister an den Vereinigten 
Stadttheatem in Düsseldorf, unternahm dann bis 
1938 Reisen als Gastdirigent; 1903 verließ er 
Deu t schl a nd. H. war einer der vier Dirigenten, die 
neben Toscanini das Palästina-Symphonieorche- 
ster leiteten. Seit 1940 ist er Lehrer und Dirigent 
an der New School for Social Research in New 
York, von wo aus er weitere Konzertreisen unter- 
nimmt. Er schrieb Lieder, Kammermusik und 
Klavierwerke. 


824 



Hornbostel 


Hork£ (h'orki:), Karel, * 4. 9. 1909 zu St&mechy 
bei Trebfö (Mähren); tschechischer Komponist, 
wirkte als Fagottist in verschiedenen Militär-, Thea- 
ter- und Kurorchestem und wurde 1937 am Lan- 
destheater (jetzt JanäSektheater) in Brünn ange- 
stellt. H. studierte privat Komposition bei dem 
Jandöekschüler P. Haas und absolvierte 1944 am 
Prager Konservatorium die Meisterklasse für Kom- 
position (J. Kn£ka). 1945-52 war er Harmonie- 
lehrer am Brünner Konservatorium, 1952-55 
lehrte er Instrumentation an der Janäöek-Akademie. 
Unter seinen durchweg ungedruckten Werken 
sind besonders hervorzuheben : Opern Jan Hus 
(1944-48), Hauptmann Särovec (1951-52) und die 
Ballette Die Muschel (1939-40) und König Jeömfnek 
(1949-50); 3 Streichquartette (1938, 1954, 1955); 
Violinsonate (1943); Klytia, symphonische Dich- 
tung für großes Orch. (1941); Romantische Sin- 
fonietta (1944), Violinkonzert (1955). 

Lit.: Tschechische Komponisten von Heute, Prag 
1957. 

Horn, Camillo, * 29. 12. 1860 zu Reichenberg 
(Böhmen), f 3. 9. 1941 zu Wien; österreichischer 
Komponist, bildete sich erst zum Harfenisten aus, 
wurde dann Schüler Bruckners und lebte in Wien. 
30 Jahre war er Musikreferent des »Deutschen 
Volksblattes« und wirkte 1918-31 als Professor für 
Harmonielehre an der Wiener Akademie. Mit 
einem Bändchen »Harfners Sang« ist er auch als 
Lyriker hervorgetreten. Er schrieb 2 Symphonien, 
Scherzo für Orch., zahlreiche Chöre mit und ohne 
Orch., Gesangsszenen mit Orch. (Thusnelda, Wal- 
lada, Wenn noch ein Funke), Melodramen (Graf 
Walther), Lieder (Lieder der Liebe, Liebesweisen), 
Duette, Kammermusik (Quintett für 3 V., Va 
und Vc.) und Klaviermusik. Anläßlich seines 
70. Geburtstags gab A. Werner eine Festschrift 
heraus (Böhimsch-Leipa 1932). 

Lit.: J. L. Wenzel, C. H., 1925. 

Horn, Johann Kaspar, * gegen 1630 zu Felds- 
berg (Tirol), t nach 1681 zu Dresden; deutscher 
Komponist, einer der ersten, welche der deutschen 
Tanzsuite die neue Satzordnung (->■ Suite) gaben, 
dies in seinem 5st. Hauptwerk Parergon musicum 
(6 Teile, I/II: 1664, II nach der lustigen französischen 
Manier zu spielen; DI/IV : 1672; V : 1676, Sonatinen, 
Allemanden, Couranten, Balletten, Sarabanden 
und Giguen; VI: 1676, mit 2 Chören bis zu 12 St.). 
Außerdem schrieb er: Scherzende Musenlust (1-5 
Vokal-St. und 5 Instrumental-St., 1673), Allerhand 
anmutige Sonatinen, Allemanden, Couranten, Balletten, 
Sarabanden und Giguen (5st, 1677), Musikalische 
Tugend- und Tugendgediatte (1-6 Vokal-St. und 
5 Instrumental-St., 1678, dem Frankfurter Colle- 
gium musicum gewidmet) und Geistliche Harmo - 
nieen durchs ganze Jahr für 4 Vokal-St. und 4 Instru- 
mental-St. (Winterteil 1680, Sommerteil 1681). 

Ausg. : eine Kanzonette f . 4 Vokal- u. 4 Instrumental- 
St., hrsg. v. M. Rußrz, Kassel 1933. 

UL: H. J. Moser, Corydon, d. i. Gesch. d. mehrst 
Gb.-Liedes u. d. Quodlibets im deutschen Barock I, 
Braunschweig 1933 (in Teil II eine 5sL Komposition); 
A. Schering, Mg. Lpz.s II, Lpz. 1926; L. Gerheuser, 
J. Scheiffelhut, Augsburg 1931. 

Horn, - 1) Karl Friedrich, * 13. 4. 1762 zu 
Nordhausen, t 5. 8. 1830 zu Windsor; deutscher 
Organist und Komponist, Vater von Charles 


Edward H., Schüler von Schröter, ging 1782 nach 
London, wo ihn der sächsische Gesandte Graf 
Brühl als Musiklehrer in hohen Kreisen einführte. 
Er war 1789-93 auch Musiklehrer der Königin 
Charlotte und bis 1811 der Prinzessin Augusta 
Sophia, ab 1824 Organist an St. George’s Chapd 
in Windsor. H. schrieb: Klaviersonaten, 12 Varia- 
tionenwerke für Kl. mit Fl. oder V., Military di- 
vertimentos, eine Generalbaßschule und A Treaüse 
on Harmony with practical examples (London 1821) ; 
auch veranstaltete er 1810 eine Ausgabe von Bachs 
Wohltemperiertem Klavier (mit Wesley). - 2) 
Charles Edward, * 21. 6. 1786 zu London, f 21. 
10. 1849 zu Boston; englischer Komponist, Sohn 
von Karl Friedrich H., lebte zuerst mehrere Jahre 
als Opernsänger und Opemkomponist in London, 
ging 1833 nach New York, wo er nach Verlust 
seiner Stimme Musikunterricht erteilte und eine 
Musikalienhandlung eröfinete. 1843-47 lebte er 
wieder in London, ging dann nach Boston und 
wurde dort Dirigent der Handel and Haydn So- 
ciety. Außer etwa 30 englischen Singspielen schrieb 
er die Oratorien: The Remission of Sin (New York 
1832), Satan (London 1845) und DanieVs Prediction 
(London 1847), eine Kantate Christmas Beils, Kan- 
zonetten, Glees, Lieder und eine Reihe von Bear- 
beitungen (nach Rossini, Mozart, Auber). 

Horn, P. Michael, OSB, * 25. 10. 1859, f 16. 7. 
1936 im Stift St. Lambrecht (Steiermark); Bene- 
diktiner der Beuroner Kongregation in der Abtei 
Seckau. 1883-96 war P. H. Organist und Musik- 
leiter in der Benediktinerabtei Maredsous, lebte 
dann in Graz als Chordirektor, ging 1918 wieder 
nach Seckau und wurde 1922 Stifteorganist von 
St. Lambrecht. Er veröffentlichte eine Sammlung 
kirchlicher Tonstucke für die Orgel und schrieb Mes- 
sen, Motetten, Präludien und eine Orgelbegleitung 
zum Ordinarium Missae. 1902-13 redigierte er die 
»Gregorianische Rundschau« und veröffentlichte 
Studien über den gregorianischen ChoraL 

Hornbostel, Erich Moritz von, * 25. 2. 1877 zu 
Wien, f 28. 11. 1935 zu Cambridge; österreichi- 
scher Musikforscher, studierte 1895-99 Chemie, 
Physik und Philosophie in Wien (A. Lieben) und 
Heidelberg (V. Meyer, Kuno Fischer), promo- 
vierte 1900 in Wien zum Dr. phil. und ging dann 
nach Berlin, wo er ab 1901 sidi ausschließlich 
psychologischen und musikwissenschaftlichen (un- 
ter C. Stumpf namentlich tonpsychologischen) 
Arbeiten widmete. 1905/06 war er Assistent 
Stumpfs am psychologischen Institut und reiste 
1906 nach Amerika zu psychologischem und mu- 
sikwissenschaftlichem Studium der Indianer (be- 
sonders der Pawnees). 1906-33 war er Leiter des 
Berliner Phonogramm-Archivs. Er wurde 1917 
zum Professor ernannt und habilitierte sich 1923 
an der Universität Berlin. 1933 war er gezwungen, 
Deutschland zu verlassen und wurde Professor an 
der New School of Social Research in New York. 
Aus gesundheitlichen Gründen trat er jedoch schon 
nach einem Jahr von dieser Stellung zurück und 
ließ sich in Cambridge nieder. Sein großes Ver- 
dienst liegt vor allem in der Begründung der mo- 
dernen Musikethnologie (oder der sogenannten 
»vergleichenden Musikwissenschaft«), der er in 
dem von seinem Freund und Lehrer C. Stumpf 
geschaffenen Phonogramm-Archiv eine zentrale 


825 



Hornbostel 


Forschungsstatte aufbaute. Die in ihren Methoden 
im wesentlichen von ihm ausgebildete Disziplin 
verband er mit Tonpsychologie, Akustik und In- 
strumentenkunde zur »systematischen Musikwis- 
senschaft«, deren heutige Vertreter, zu einem gro- 
ßen Teil aus H.s Schule hervorgegangen, vonseinen 
Arbeiten ihren Ausgang nehmen. Veröffentlichun- 
gen: Studien über das Tonsystem und die Musik der 
Japaner (mit O. Abraham, SIMG IV, 1902/03, 
Wiederabdruck 1922) ; Phonographierte indische Me- 
lodien (O. Abraham, SIMG V, 1903/04, Wieder- 
abdruck 1922); Melodischer Tanz (ZIMG V, 1903 
bis 1904); Phonographierte türkische Melodien (mit 
O. Abr aham, Zeitschrift für Ethnologie XXXVI, 
1904, Wiederabdruck 1922) ; Über die Harmonisier - 
barkeit exotischer Melodien (mit O. Abra ham , 
SIMG VII, 1905/06) ; Die Probleme der vergleichenden 
Musikwissenschaft (ZIMG VII, 1905/06); Phono- 
graphierte Indianermelodien aus Britisch-Columbia 
(mit O. Abraham, in: F. Boas Anniversary Vo- 
lume, New York 1906, Wiederabdruck 1922); 
Über den gegenwärtigen Stand der vergleichenden 
Musikwissenschaft und Über das Tonsystem und die 
Musik der Melanesier (Kgr.-Ber. Basel 1906) ; Phono- 
graphierte tunesische Melodien (SIMG VIH, 1906/07, 
Wiederabdruck 1922); Notiz über die Musik der 
Bewohner von Süd-Neu-Mecklenburg (in: E. Stephan 
und F. Graebner, Neu-Mecklenburg, Berlin 1907, 
Wiederabdruck 1922); Über die Musik der Kubu 
(in: B. Hagen, Die Orang-Kubu auf Sumatra, 
Frankfurt am Main 1908, Wiederabdruck 1922); 
Phonographierte Melodien aus Madagaskar und Indo- 
nesien (in: Forschungsreise S. M. S. Planet 1906/07, 
V, Anthropologie und Ethnographie, Berlin 
1909); Wanyamwezi-Gesänge (in: Anthropos IV, 
1909) ; Über Mehrstimmigkeit in der außereuropäischen 
Musik (Kgr.-Ber. Wien 1909); Vorschläge Jur die 
Transkription exotischer Melodien (mit O. Abraham, 
SIMG XI, 1909/10); Über einige Panpfeifen aus 
Nordwest-Brasilien (in: Th. Koch-Grünberg, Zwei 
Jahre unter den Indianern n, Berlin 1910) ; Musik- 
psychologische Bemerkungen über Vogelgesang und 
USA. National Music (ZIMG XE, 1910/11) ; Über 
die Bedeutung ethnologischer Untersuchungen Jur die 
Psychologie und Ästhetik der Tonkunst (mit C. 
Stumpf, in: Bericht über den 4. Kongreß für ex- 
perimentelle Psychologie, Innsbruck 1910, Band 
IV, 1911); Über ein akustisches Kriterium Jur Kultur- 
zusammenhänge (Zeitschrift für Ethnologie XLIII, 
1911); Notizen über kirgisische Musikinstrumente und 
Melodien (in: R. Karutz, Unter Kirgisen und Turk- 
menen, Leipzig 1911); Arbeit und Musik (ZIMG 
Xm, 1911/12) ; Melodie und Skala (JbP XDC, 1912) ; 
Die Musik auf den nordwestlichen Salomo-Inseln (in: 
R. Thumwald, Forschungen auf den Salomo-In- 
seln und dem Bismarck-Archipel I, Berlin 1912); 
Systematik der Musikinstrumente (mit C. Sachs, Zeit- 
schrift für Ethnologie XLVT, 1914); Ch’ao-fien - 
tzi, Eine chinesische Notation und ihre Autfuhrungen 
(AfMw I, 1918/19); Vorbericht zur Blasquinten- 
theorie (in: Anthropos XVI, 1919/20; Bemerkungen 
zur Blasquintenmeorie bereits in Anthropos 
XTV/XV, 1919); Formanalysen an siamesischen Or- 
chesterstücken (AfMw II, 1919/20) ; in : Sammelbände 
für vergleichende Musikwissenschaft I, 1922: 
Übersetzung von A. J. Ellis* »On the Musical Sca- 
les of Various Nations« als Über die Tonleitern ver- 
schiedener Völker sowie Wiederabdruck der oben 

826 


zitierten Studien Tonsystem und Musik der Japaner , - 
Phonographierte türkische Melodien , - Phonogra- 
phierte indische Melodien, -Phonographierte Indianer- 
melodien aus Britisch-Columbia, - Phonographierte 
tunesische Melodien, - Notiz über die Musik der Be- 
wohner von Süd-Neu-Mecklenburg und Über die 
Musik der Kubu; Die Entstehung des Jodeins (Kgr.- 
Ber. Basel 1924); Zur Psychologie der Tondistanz 
(mit O. Abraham, Zeitschrift für Psychologie und 
Physiologie der Sinnesorgane, Abt. I: Zeitschrift 
für Psychologie, XCVm, 1925); Die Musik der 
Semai auf Malakka (in: Anthropos XXI, 1926); 
Psychologie der Gehörserscheinungen (in: Handbuch 
der normalen und pathologischen Physiologie XI, 
1926); Musikalische Tonsysteme (in: Handbuch der 
Physik Vm, herausgegeben von H. Geiger und K. 
Scheel, Berlin 1927); Laut und Sinn (in: Festschrift 
für C. Meinhof, Hamburg 1927) ; Ethnologisches zu 
Jazz (in: Melos VI, 1927) ; African Negro Music (in: 
International Institute of African Languages and 
Cultures, Memorandum IV, London 1928); Die 
Maßnorm ab kulturgeschichtliches Forschungsmittel 
(in: Publication d’hommage, Offerte au P&re W. 
Schmidt, Wien 1928); Tonart und Ethos (in: Fest- 
schrift für J. Wolf, Berlin 1929) ; Gestaltpsycholo- 
gbches zur Stilkritik (in: Studien zur Musikge- 
schichte, Festschrift für G. Adler, Wien und Leip- 
zig 1930) ; Über Verschiebungen der Tonhöhe (Zeit- 
schrift für Laryngologie XXI, 1931); Das räum- 
liche Hören (in: Handbuch der normalen und pa- 
thologischen Physiologie XVIII, 1932) ; The 
Ethnology oj African Sound Instruments (in: Africa 
VT, 1933) ; Asiatische Parallelen zur Berbermusik und 
Das indbche Tonsystem bei Bharata und sein Ursprung 
(beide mit R. Lachmann) sowie Carl Stumpf und 
die vergleichende Musikwissenschaft und Das Berliner 
Phonogrammarchiv (Zeitschrift für vergleichende 
Musikwissenschaft I, 1933) ; Phonographierte islän- 
dische Zwiegesänge (in: Deutsche Iriandforschung, 
1930, Breslau 1933); Fuegian Songs (in: American 
Anthropologist, New Series XXXVIII, 1936) ; The 
Music of the Fuegians (in: Ethnos, 1948) ; Canciones 
de Tierra del Fuego (Revista Musical Chilena VH, 
1951). H. war mit C. Stumpf Herausgeber der 
»Sammelbände für vergleichende Musikwissen- 
schaft«. 

Lit: C. Sachs, E. M. v. H., Zum 50. Geburtstag, 
ZfMw IX, 1926/27; ders., E. M. v. H. (1875-1935), 
Mf I, 1948; J. Handschin, E. M. v. H. f» in: Neue 
Zürcher Zeitung CLVI, 1935, Nr 2209, - Wieder- 
abdruck in: Gedenkschrift Jacques Handschin, Bern 
und Stuttgart (1957); J. Kunst, By den dood van 
E. v. H., in: Orgaan der Federatie van Nederlandsche 
Toonkunstenaars-Vereenigingen, Januar 1936; ders.. 
Zum Tode E. v. H.$, in: Anthropos XXXII, 1937, 
separat Mödling 1937; ders., Ethno-Musicology, den 
Haag 1955 (Schriftenverz.); Fr. Bose, E. v. H., in: 
Musica VI, 1952; A Liebe u. E. H. Meyer, Prof. 
Dr. E.M. v. H., in: Musik u. Ges. II, 1952 (mit 
Schriftenverz.). - AWellek, Die Aufspaltung d. 
»Tonhöhe« . . ., ZfMw XVI, 1934; J. Kunst, Around 
v. H.*s theory of the cycle of blown fifths, in: Indisch 
Instituut, Med. LXXVT, 1948; J. Handschin, Bespre- 
chung v. J. Kunsts »Music in Java« u. »Around v. 
H.’s theory of the cycle of blown fifths«, AMI XXII, 
1950; M. F. Bukofzer, Artikel »Blasquinte«, MGG. 

Hpmeman, Christian Frederik Emil, * 17. 12. 
1841 und f 8. 6. 1906 zu Kopenhagen; dänischer 
Komponist, studierte zusammen mit seinem 
Freunde E. Grieg am Leipziger Konservatorium 



Horväth 


bei Moscheies, Plaidy, Hauptmann und J. Rietz. 
Heimgekehrt, gründete er mit Grieg und G. 
Mattmson-Hansen den Musikverein »Euterpe« 
und war Spiritus rector der populären Samstag- 
Abend-Konzerte. Als diese ihre Mission erfüllt 
hatten, gründete er mit O. Mailing die neue und 
bedeutendere Konzertgesellschaft. 1879 rief er das 
seinen Namen tragende Konservatorium ins Le- 
ben. Auch als origineller und temperamentvoller 
Komponist gehörte er zu den bedeutendsten Musi- 
kern Dänemarks. Werke: Oper Aladdin (Kopen- 
hagen 1888); Universitäts-Kantate In memoriam 
Christian IX (1906); Musik zu Gjdlerups Drama 
Kämpen med Museme (Der Kampf mit den Musen, 
Kopenhagen 1908) ; zu Esther (Drachmann) ; 
Kalmus (Paludan-Müller) ; Klavierstücke; Lieder. 

Hornstein, Robert von, * 6. 12. 1833 zu Donau- 
eschingen, f 19. 7. 1890 zu München; deutscher 
Komponist, Schüler des Leipziger Konservato- 
riums, lebte als Komponist in München, befreun- 
det mit Wagner und Schopenhauer, komponierte 
die Opern Adam und Eva und Der Dorfadvokat, 
ferner Musik zu Shakespeares Wie es euch gefallt 
und Mosenthals Deborah sowie Lieder (Zyklus 
Werinhers Brautfahrt , 20 Duette, Ausgewählte Lie- 
der), ein Ballett Der Blumen Rache , Klavierstücke. 
Audi schrieb er für die »Neue Freie Presse«: 
Erinnerungen (an Schopenhauer), die in seinen Me- 
moiren (herausgegeben von seinem Sohn Ferdi- 
nand v. H., München 1908) verarbeitet sind. Ferdi- 
nand v. H. gab auch heraus: Zwei unveröffentlichte 
Briefe von R. Wagner an R.V.H. (München 1911). 

Hornung Sc Meller, dänische Königliche Hof- 
Pianofabrik, gegründet 1842 in Kopenhagen von 
Conrad Christian Hornung (1801-73), der be- 
reits 1827 mit dem Bau von Instrumenten begon- 
nen hatte. 1851 übergab er die Firma, die einen 
sehr schnellen Aufschwung genommen hatte und 
heute eine der größten skandinavischen Piano- 
fortefabriken ist, seinem langjährigen Mitarbeiter 
Hans Peter Möller. Die Firma, die bisher etwa 
50000 Instrumente hergestellt hat, wurde 1907 in 
eine Aktiengesellschaft umgewandelt und steht 
heute unter der Leitung von Björn und Knud 
Möller. 

Lit: P. Drachmann, H. & M., Kgl Hof-Piano- 
fabrik, 1827-1927, Et Jubilaeumsskrift, Kopenhagen 
1927; N. Schiorring u. D. Asmussen, Billeder fra 
125 aars musikliv, H. & M., 1827-1952, (Kopenhagen 
1952). 

Hprowitz, Vladimir, * 1. 10. 1904 zu Kiew; 
amerikanischer Pianist russischer Geburt, war am 
Konservatorium in Kiew Schüler von F. Blumen- 
feld. Nach vorausgegangenen Reisen in Rußland 
machte sich H., 1924 von Berlin ausgehend, 
schnell in ganz Europa und seit 1928 auch in den 
USA bekannt. Vor allem als Interpret der Werke 
von Liszt, Tschaikowsky und Rachmaninow hatte 
er sensationelle Erfolge. 1936 führte eine Erkran- 
kung zu einer längeren Unterbrechung, doch tritt 
er seit 1939 wieder mit anhaltendem Erfolg an 
allen Zentren des Musiklebens auf. H. ist mit Tos- 
caninis Tochter Wanda verheiratet. 

Horaley (h'o:di). Charles Edward, * 16.12. 
1822 zu London, + 28. 2. 1876 zu New York; 
englischer Komponist, Sohn von William H., 


Schüler seines Vaters und Moschdes* in London, 
später Hauptmanns in Kassel und zuletzt noch 
Mendelssohns in Leipzig, lebte längere Zeit in Mel- 
bourne (Australien), später in Nordamerika. Von 
seinen Kompositionen wurden bekannt die Ora- 
torien David (1850), Joseph (1853) und Gideon 
(1859). Außerdem schrieb er eine Ode Euterpe für 
Soli, Chor und Orch., Musik zu Miltons Comus, 
zahlreiche Vokal- und Klavierwerke. Nach seinem 
Tode erschien A Text Book of Harmony (London 

Horsley (h'o:sli), William, * 15. 11. 1774 und 
f 12. 6. 1858 zu London; englischer Komponist, 
Vater von Charles Edward H., Gründer des Klubs 
Concentores Sodales (1798-1847, ähnlich dem 
Catchklub und Gleeklub), 1800 B. Mus. (Oxford), 
Organist an verschiedenen Londoner Kirchen, gab 
heraus: Vocal Harmony (5 Bände, 1801-07, Glees 
und Madrigale von Ame, Battishill, Webbe usw.), 
40 Kanons, Kirchenlieder, auch die Glees von 
Callcott (mit Biographie und Analyse) und redi- 
gierte die neue Ausgabe von Byrds Cantiones 
sacrae. H., der vor allem als Komponist geistlicher 
und weltlicher Vokalwerke hervorgetreten ist, 
schrieb auch 3 Symphonien, zahlreiche Klavier- 
stücke und: An Explanation of the Musical Intervals 
(1825) sowie An Introduction to the study of Practical 
Harmony and Modulation (London 1847). 

Horst, Anthon van der, * 20. 6. 1899 zu Am- 
sterdam; niederländischer Organist und Kompo- 
nist, Schüler von Zweers am Amsterdamer Kon- 
servatorium, lehrt seit 1936 Orgel und Dirigieren 
an dieser Anstalt und ist zugleich Organist der 
Grote Kerk in Naarden sowie Dirigent der Neder- 
landse Bachvereniging in Naarden (seit 1931) und 
der Koninklijke Öratoriumsvereniging Excelsior 
in ’s-Gravenhage. Hauptwerke: Psalm XC für S. 
und Org. (1933); Symphonie (1939); Suite in modo 
conjuncto für Org. (1943) ; Te Deum für Soli, Dop- 
pelchor, Orch. und Org. (1946); Orgelkonzert 
(1954); Divertimento Pittorale für Orch. (1954); 
Rembrandkantate (1956). Ferner schrieb er mit 
G. van der Leeuw: Bachs Hoogmis (Amsterdam 
o.J.). 

Horvat, Milan, * 28. 7. 1919 zu Pakrac (Kroa- 
tien) ; jugoslawischer Dirigent, studierte Musik an 
der Akademie in Zagreb (Klavier, Dirigieren) und 
romovierte dort an der Universität zum Dr. jur. 
eit 1945 wirkt er als Leiter des Rundfunkchores, 
seit 1946 als Dirigent des Philharmonischen Or- 
chesters in Zagreb, wo er 1948 auch eine Pro- 
fessur für Dirigieren an der Akademie übernahm.. 
Seit 1953 ist er gleichzeitig ständiger Gastdirigent 
des Rundfunk-Symphonieorchesters in Dublin, wo 
er auch als Operndirigent auftrat. 

Horvath, Adäm, von Pilöcz, * 1760, f 1820; der 
erste ungarische Sammler von Volksmelodien. In 
seiner handschriftlichen Sammlung Ö is uj , mintegy 
ötödßlszdz tnekek (Viereinhalbhundert alte und 
neue Gesänge, 1813) sind 366 Melodien in primi- 
tiver Notation enthalten, darunter 43 von ihm 
selbst. 

Horväth (h'orva:t), Glza, * 27. 5. 1868 zu Ko- 
mom (Ungarn), 1 19. 7. 1925 zu Wien; un g arisch e r 
Komponist, Lehrer an den Horakschen Klavier- 
schulen in Wien und ab 1895 Leiter eines eigenen 


827 



Horwitz 


Instituts. Er schrieb vielverbreitete instruktive 
Klaviermusik, auch Chöre und Lieder, unter dem 
Namen Julius Holzer auch leichte Musik. 

Horwitz, Karl, * 1. 1. 1884 zu Wien, f 18. 8. 
1925 zu Salzburg; österreichischer Komponist, 
promovierte 1906 an der Universität Wien mit 
einer Arbeit über G. Ch. Wagenseil als Symphoniker . 
1904-08 war er Privatschüler von A. Schönberg 
und trat 1908 die Kapellmeisterlaufbahn an, zu- 
nächst schnell wechselnd an kleinen Bühnen, 
1911-14 Kapellmeister am Deutschen Landesthea- 
ter in Prag. H. war mit Riedel Herausgeber von 
DTÖ XV, 2 (Wiener Instrumentalmusik im 18. Jh.). 
Er lebte zuletzt nur der Komposition. Als Kompo- 
nist war er ursprünglich stark von Schönberg be- 
einflußt; er vereinigte technisches Geschick mit 
sensitiver Stimmungsmalerei. Werke: Lieder op. 
1-3, 4, 7 und 9; 2 Streichquartette op. 6 und 11 
(Manuskript); symphonische Ouvertüre D moll 
op. 5 (Düsseldorf, Tonkünstlerfest 1922) ; Orche- 
sterlieder und -liederzyklen: op. 8: Vom Tode , 
Vorspid und 3 Gesänge für Bar. mit großem 
Orch.; op. 10: Musik zu Der Totengräber von 
Feldberg (Justinus Kerner). 

Hostinsk^ (h'osdnski:), Otokar, * 2. 1. 1847 zu 
MartinSves (Böhmen), f 19. 1. 1910 zu Prag; 
tschechischer Musikforscher, studierte anfänglich 
die Rechte, später Philosophie in Prag und Mün- 
chen. 1869 promovierte er in Prag und betätigte 
sich als Musikkritiker der Zeitschriften »Dalibor« 
und »Hudebnf Listy« und der Zeitung »Pokrok«. 
In der Musik war Smetana sein Lehrer. 1873-77 
lebte H. als Erzieher beim Grafen Thun in Mün- 
chen, Salzburg und Italien; 1877 habilitierte er sich 
an der Prager Universität und wurde 1883 zum 
ao., 1892 zum o. Professor der tschechischen Uni- 
versität ernannt. Als Lehrer der Musikgeschichte 
wirkte er 1882-86 am Prager Konservatorium. Ab 
1880 war er Mitvorsitzender der Musiksektion der 
»Umdeckä Beseda« in Prag. In wissenschaftlich 
wohlunterbauten Spezialstudien legte er den Grund 
zur tschechischen Musikwissenschaft. Als Ästhe- 
tiker vertrat er die Anschauungen Herbarts. Neben 
unzähligen Kritiken und Aufsätzen schrieb er in 
deutscher Sprache (z. T. Übersetzungen): Das 
Musikalisch-Schöne und das Gesamtkunstwerk vom 
Standpunkte der formalen Ästhetik (Leipzig 1877); 
Die Lehre von den musikalischen Klängen (Prag 1879) ; 
Fibich und das Melodrama (Prag 1901 und in: Die 
österreichisch-ungarische Monarchie, Wien 1894). 
Seine wichtigsten Werke in tschechischer Sprache 
sind (die Titel in deutscher Übersetzung) : »Über 
die Musik der alten Griechen« (1885), »36 Melo- 
dien weltlicher tschechischer Volkslieder des 16. 
Jahrhunderts« (1892, Neuausgabe 1957), »Lied, 
Musik und Tanz des Volkes« (1895), »Über unser 
weltliches Volkslied« (1895), Jon BlahosUtv und Jan 
Josquin (1896, eine der wichtigsten Arbeiten), »Die 
Musik in Böhmen« (1900), »Smetana und sein 
Kampf um die moderne tschechische Musik« 
(1901), »Erinnerungen an Fibich« (1903), »Das 
tschechische weltliche Volkslied« (1906), »Über den 
gegenwärtigen Stand und die Richtungen der 
tschechischen Musik« (1909). An Kompositionen 
sind einige Lieder, ein Albumblatt und Mazurka 
für KL sowie Skizzen zu den Opern Elektra (1865) 
und Konrad Wallenrod (1871) bekannt. 


Lit.: K. Stecker, O. H. a jeho vyznam v tvorbö B. 
Smetany, Prag 1912; J. Racek, O. H., zakladatei 
öeskd hudebnl v$dy (»Der Begründer der tschechi- 
schen Musikwissenschaft«) in: Musikologie II, 1949; 
Zd. Nejedl*, O. H., Prag 1955. C Sch 


Hothby (h'oÖbi), Johannes (auch Octobus, 
Ottobus, Hothobi und ähnlich), f 1487; englischer 
Musiktheoretiker und Komponist, soll an der Uni- 
versität Oxford studiert und dort 1435 Vorlesun- 
gen gehalten haben. Weitere Studien betrieb er 
möglicherweise in Pavia und reiste in Italien, 
Deutschland, Frankreich und Spanien. Vielleicht 
1440, sicher jedoch vor 1467 lebte er eine gewisse 
Zeit in Florenz, 1467-86 in Lucca, wo er als Ka- 
pellmeister wirkte und an der Kathedralschule 
Unterricht in Musik, Grammatik und Arithmetik 
erteilte. H. verließ Lucca, um einem Ruf Hein- 
richs ü. nach England zu folgen. Im Manuskript 117 
der Biblioteca Comunale von Faenza sind 9 geist- 
liche und weltliche Kompositionen (8 zu 3 und 
eine zu 4 St.) überliefert. Von den theoretischen 
Schriften sind besonders La Calliope legale , der 
Tradatus quarundatn regularum artis musicae sowie 
der Dialogus in arte musica hervorzuheben. Daneben 
sind außer drei Briefen H.s mehrere kleine Ab- 
handlungen erhalten, deren Inhalt sich weitgehend 
mit dem der genannten Schriften deckt (vgl. Aus- 
gaben). Gestützt auf die Autoritäten Pythagoras, 
Boethius und Guido vertritt H. einen für seine 
Zeit konservativen Standpunkt und wendet sich, 
vor allem im Dialogus , gegen Ramos de Pareia, 
der seinerseits H.s Anschauungen entschieden zu- 
rückwies. 

Ausg.: »La Calliope legale« bei A. W. Schmidt, Die 
Calliopea legale d. J. H., Biss. Lpz. 1897; dies, bei 
E. de Coussemaker, Hist de rharmonie au moyen 
äge, Paris 1852; »Dialogus in arte musica« u. Teüab- 
druck d. Briefes aus Florenz, Magliabecchiana XIX, 
36, fol. 74, bei A. SEAY,The Dialogus Johannis Ottobi 
Anglici in arte musica, JAMS VIII, 1955; »Regulae 
super proportionem« (S. 328-30), »De cantu figu- 
rato« (S. 330-32) u. »Regulae supra contrapunctum« 
(S. 333/34) in CS IH; Teilabdrack d. Briefes aus Flo- 
renz, PaL 472, bei J. Wolf, Musica Practica Baxtolo- 
mei Rami de Pareia, « BIMG I, 2, Lpz. 1901, 
S. 109/10. 

Lit : L. Nerici, Storia della musica in Lucca, — Me- 
morie e documenti per servire alla storia di Lucca XII, 
Lucca 1880; U. Kornmüller, J. H., KmJb VIII, 
1893 ; A. Seay, Florence: The City of H. and Ramos, 
JAMS IX, 1956 (darin Abdruck eines Briefes v. H. 
an L. de’ Medid von 1469); G. Roncagua, In- 
tomo ad un codice di Johannes Bonadies, in: Reale 
Accad. di Sdenze ... dl Modena, Atti e Memorie V, 
4, 1939 ; Ch. van den Borren, Le Codex de Johannes 
Bonadies, musirien du XV® s., in: Rev. beige d’archlo- 
logie et d’histoire de l’art X, 1940. 


Hotter, Hans, * 19. 1. 1909 zu Offenbach am 
Main; deutscher Opern- und Konzertsänger, stu- 
dierte 1928-30 in München an der Musikaka- 
demie und Universität Gleichzeitig bildete ihn 
Ka mme rsänger Dr. Matthäus Roemer im Opem- 
und Konzertgesang aus. Seine Bühnenlaufbahn 
brachte ihn seit 1930 von Troppau und Breslau 
über Prag und Hamburg 1937 an die Münchner 
Staatsoper, der er seitdem als Heldenbariton an- 
gehört. Gastspielverträge hatte und hat er mit 
Berlin, Wien, Hamburg, Bayreuth, mit Salzburg, 
Mailand, London, New York und anderen Büh- 
nen. Bei den beiden Uraufführungen von Strauss- 


828 



Howard 


Opern in München wirkte er als Kommandant im 
Friedenstag (1938) und als Olivier im Capriccio 
(1941) mit. 

Hotteterre (atet'er), Jacques Martin, genannt 
le Romain, * um 1680 und f 1761 zu Paris; fran- 
zösischer Flötist und Komponist, einer Musiker- 
familie entstammend (der Vater Henri H. war 
Kammermusiker, ein geschickter Instrumenten- 
macher und Virtuose auf der Musette), hielt sich 
möglicherweise in Italien auf, bevor er um 1705 
als Instrumentalist in den Dienst des französischen 
Hofes trat. Genoß er als Flötist ein hohes Ansehen, 
so legte er auch den Grund für die große franzö- 
sische Flötentradition mit seinen beiden Lehr- 
werken, denen sich ein weiteres für die Musette, 
die er ebenfalls spielte, anschloß: Principes de la 
flüte traversibre ou flüte d'Allemagne, de laßüte ä bec 
ou flüte douce et du haut-bois (Paris 1707, 4 1741 ; neue 
Auflage 1765 als: Mithode pour apprendre h jouer 
en trlspeu de temps de la flüte traversibre, de laßüte ä 
bec et du hautbois . . . Nouvelle Edition, augmentie des 
principes de la musique et des tablatures de la clarinette 
et du hassen ; holländisch: Grondbeginselen over de 
behandelingvan de dwars-fluit , Amsterdam 1728; 
englisch: The newest methodfor leamers on the german 
flute , London o.T.); L’art de priluder sur Ta flüte 
traversibre , sur laßüte ä bec, sur le haubois, et autres 
Instruments de dessus (Paris 1719) ; Mithode pour la 
musette . . . (Paris 1738). Daneben schrieb er eine 

f rößere Zahl von Stücken, Sonaten, Duos, Trios, 
uiten, Rondeaux und Menuetten für FL 

Ausg.: »Principes de la flüte traversibre« in Faks. u. 
deutscher Übers, hrsg. v. H. J. Hellwig, Kassel o. J.; 
»L’art de prbluder sur la flüte traversibre« unter d. 
Namen Louis H., hrsg. zu Celle, o. J. ; eine Sonate 
unter d. Namen Louis H., hrsg. v. E. Doflein, Alt- 
frz. Duette, Mainz 1931-33; Suite f. Fl. u. B.c. aus 
op. 2, hrsg. v. L. Schäffler, NMA XLVHI, 1929; 
Sonate D dur f. Ob., Fl. oder V. u. B.c., hrsg. v. R. 
Violuer, = Musique Fran$aise VI, Genf (1949). 

Lit.: J. Carlez, Les H., Paris 1877; E. Thoinan, Les 
H. et les Chbdeville . . ., Paris 1894; N. Mauger, Les 
H. . . , Paris 1912 (Supplement zu Thoinan). 

Hotz, Pierre du, flämischer Komponist des 
16. Jh., gerühmt von Guicciardini, gehörte um 
1556 als Sänger der Kapelle Karls V. an und wurde 
nach dem Tode des Kaisers Kapellmeister der in 
Brüssel residierenden Statthalterin der Nieder- 
lande, Margarethe von Parma, diente zwischen- 
durch 1567-73 auch dem Herzog von Alba. Seine 
Brüsseler Stelle nahm 1586 Jean Turnhout ein. 
Von seinen Kompositionen sind 2 Hymnen und 
eine 6st. Messe Ne projicias me erhalten. 

Lit.: C. Krebs, Die Privatkapelle des Herzogs von 
Alba, Vf Mw IX, 1893 (hier d. 6st. Hymnus »Heroi 
canimus«); J. Subirä, La Müsica en la Casa de Alba, 
Madrid 1927. 


Houdard (ud'a:r), Georges Louis, * 30. 3. 1860 
zu Neuilly-sur-Seine, t 28. 2. 1913 zu Paris; fran- 
zösischer Musikforscher, Schüler von L. Hille- 
macher und J. Massenet, war einer der angesehen- 
sten Forscher auf dem Gebiete der Neumendeu- 
tung. H. vertrat den besonderen Standpunkt, daß 
jede Neume einem Einheitswerte entspreche, daher 
Neumen von vier und mehr Tönen lebhaftere Fi- 
guration in kürzeren Werten darstellen. Seine 
Schriften sind: L'art dit grigorien d'aprls la notation 
neumatique (Paris 1897), Le rythme du chant dit 


grigorien d'aprls la notation neumatique (Paris 1898; 
Appendix 1899), L'ivolution de Vart musical et Vart 
grigorien (Paris 1902), La richesse rythmique musicäle 
de Tantiquiti (Paris 1903), La question gregorienne en 
1904 (St-Germain 1904), La Science musicäle tradi - 
tionnelle (St-Germain 1904), La cantillne romaine 
(1905), Aristoxlne de Tarente (1905), La rythmique 
intuitive (Carcassonne 1906), Textes thioriques . . . 
Vade-mecum de la rythmique grigorierme des X 4 et XL 4 
silcles (St-Germain-en-Laye 1912). H. war auch 
als Kirchenkomponist mit Erfolg tätig ( Pater noster, 
Ave Maria, 2 O salutaris, Totenmesse, Instrumen- 
talstücke für Ofiertorien). 

Houdoy (udü'a), Jules (1818-1882), war Präsi- 
dent der »Soddtd des Sciences et des Arts« in Lille, 
veröfFentHchte die Histoire artistique de la caihidrale 
de Cambrai, ancienne iglise mitropolitaine Notre- 
Dame; Comptes, inventaires et documents inidits . . . 
(Lille 1880), ein an Aufschlüssen über die Musik 
des 15. Jh. reiches Werk. 

Hove, Joachim van den, * um 1570 zu Ant- 
werpen; niederländischer Lautemst und Kompo- 
nist, lebte (nach den Angaben auf seinen Drucken) 
1601 in Leiden und 1616 im Haag. Von ihm er- 
schienen Florida, sive cantiones für 2 Singst, und 
Lauten (Utrecht 1601), Delitiae musicae sive cantio- 
nes für Laute (Utrecht 1612) und Praeludia für 
Lauten und Violen (Leiden 1616). Neben Kompo- 
sitionen H.s enthalten die Drucke Intavolierungen 
vorwiegend englischer und italienischer Meister. 

Lit: L. de La Laurenceb, Les Luthistes, Paris 1928; 
W. Boetticher, Studien zur solistischen Lauten- 
Praxis, HabiL-Schrift Bin 1943, maschr. 

Hoven, Johann, Pseudonym von Vesque 
von Püttlingen. 

Hpvhaness, Alan, * 8. 3. 1911 zu Somerville 
(Massachusetts); amerikanischer Komponist, stu- 
dierte Klavier und bei S. Converse Komposition 
am New England Conservatory in Boston. 1942 
führte ihn ein Stipendium zu Martinu in Tangle- 
wood. Er wirkte dann als Organist und Lehrer am 
Bostoner Konservatorium, unterrichtete im Som- 
mer 1956 und 1957 Komposition an der Eastman 
School of Music in Rochester (New York). Unter 
dem Einfluß östlicher Musik schrieb er: Sympho- 
nien, Konzerte für verschiedene Besetzungen; für 
Orchester noch: Armenische Rhapsodien , Präludium 
und Quadrupelfuge, Alleluja und Fuge sowie Psalm 
und Fuge für Streicher; größere Chorwerke, dar- 
unter Triptych , The Stars, Ad Lyram; Kammer- 
musik, Klavierwerke, Lieder. 

Howard (h'auad), John Tasker, * 30. 11. 1890 
zu Brooklyn (New York); amerikanischer Kom- 
ponist und Musikschriftsteller, studierte Klavier 
und Komposition am Williams College, gab die 
Zeitschriften »The Musidan« (1918-22), »McCaU's 
Magazine« (1931-32) und »Cue Magazine« (1936 bis 
1938) heraus und war 1940-55 Kurator der Music 
Collection der New YorkPublic Library. Schriften: 
Our American Music (New York 1931, 4 1954) ; 
The Music of George Washingtons Time (Washing- 
ton 1931) ; Stephen Foster (New York 1934, 2 1953) ; 
Ethelbert Nevin (New York 1935); Our Contempo- 
rary Composers (New York 1941); This Modem 
Music (New York 1942, *1956) und The World' s 

829 



Howard 


Great Operas (New York 1948). Ausgaben: A 
Program of Early American Piano Music (New York 
1931); A Program of Early and Mid-Nineteenth Cen- 
tury American Songs (New York 1931); A Progratn 
of St Poster Songs (New York 1934) und A 
Treasury of St Poster (New York 1946). Kompo- 
sitionen: Oäober and November für Orch., Mosses 
from an Old Manse für Streichorch., Kammer- und 
Klaviermusik, Chorwerke und Lieder. Mit J. 
Lyons verfaßte H. ferner: Modem Music (New 
York und London 1958). 


Howard (h'auad), Kathleen, * um 1880 zu Nia- 
gara Falls (Ontario, Canada) ; amerikanische Sänge- 
rin (Alt), ausgebildet in Buffalo, New York, Paris 
und Berlin, debütierte 1907 in Metz als Azucena in 
Verdis »II trovatore«. 1909-12 sang sie in Darm- 
stadt und setzte in diesen Jahren ihre Studien bei 
Jean de Reszke in Paris fort. In Amerika wirkte sie 
1914-15 an der Century Opera Company, 1916-28 
am Metropolitan Opera House in New York. 
Danach war sie als Fümschauspielerin sowie jour- 
nalistisch tätig, auch Mitherausgeberin von »Har- 
pcr's Bazaar« und »Photoplay«. Die auch als Lied- 
sangerin hochangesehene Künstlerin erlangte be- 
sonders als Gestalterin der Titelrolle in Glucks 
»Orfeo« sowie hochdramatischer Partien (Amne- 
ris, Dalila, Carmen) Berühmtheit. Sie schrieb: 
Confessions of an Opera Singer (New York 1918). 


Howard (h'auod), Walther, * 8.5.1880 zu 
Leipzig; Schweizer Musikpädagoge und -Schrift- 
steller deutscher Geburt und englischer Herkunft, 
studierte am Leipziger Konservatorium und an den 
Universitäten Leipzig und Jena, war 1903-05 zum 
Studium orientalischer Musik und Philosophie in 
Ostasien. Nach einer Tätigkeit als Musikpädagoge 
sowie als Chordirigent in Berlin mußte er 1936 
Deutschland verlassen, ließ sich zunächst in der 
Schweiz und 1937 in Holland nieder. Hauptschrif- 
ten: Rhythmik , Metrik, Ton - und Stillehre (Leipzig 
1919); Die Lehre vom Lernen (Wolfenbüttel 1925); 
Buchreihe Auf dem Wege zur Musik (29 Bänddhen, 
Berlin 1926/27, strebte eine Reform des gesamten 
Musikunterrichts an); Grundübungen für Klavier I 
(Berlin 1930); Wissenschaftliche Harmonielehre des 
Künstlers (Berlin 1932); Probleme der Musikpäd- 
agogik (1936); Die Psycho-Pädagogik (Haarlem 
1>40); Aesthetik und Musik (Apeldoorn 1946); La 
musique et Venfant (Paris 1952) ; Musique et Sexualiti 
(Paris 1957). 


Lit: Material zu einer W.-H.-Biogr. Presse- u. Brief- 
Urteüe über d. Künstler, hrsg. v. I. M. H. Auras, 
Apeldoorn 1951. - Fs. zum 50. Geburtstag W. H.s, 
hrsg. v. W.-H.-Bund, Bin 1930. 


Howe (hau), Mary, * 4. 4. 1882 zu Richmond 
(Virginia); amerikanische Pianistin und Kompo- 
nistin, studierte Klavier bei R. Burmeister in Dres- 
den, Komposition bei G. Strube undN. Boulanger, 
erhielt ihr Diplom für Komposition vom Peabody 
Conservatory of Music in Baltimore. Seit 1925 
tritt sie als Komponistin hervor. Sie schrieb Or- 
chestermusik (u. a. Rock, Agreeable Ouvertüre), 
Streichquartette, Suite für Streichquartett und KL; 
4 Stücke für Bläserquintett, Violinsonate, ein Kla- 
viertrio, weitere Kammermusik, Werke für 2 KL, 
Chormusik, darunter Prophecy 1792, Chain Gang 
Song, Song of Psalms, Lieder. 


Howell (h'auel), Dorothy, * 25.2.1898 zu 
Birmingham; englische Komponistin und Piani- 
stin, studierte 1914-19 bei P. Waller und T. 
Matthay (Klavier) und bei T. B. McEwen (Kom- 
position) an der Royal Academy of Music in Lon- 
don, der sie jetzt als Kompositionslehrerin an- 
gehört. Sie schrieb: Klavierkonzert D moll (1923), 
symphonische Dichtung Lamia (1920), Orchester- 
Ballett Koong Shee (1921), Ouvertüre The Rock 
(1928), Divertissements für Orch.; Violinsonate 
(1954), Phatitasy für V. und KL, Klavierstücke und 
Lieder. 


Howells (h'ausls), Herbert, * 17. 10. 1892 zu 
Lydney (Gloucestershire); englischer Komponist 
und Musikpädagoge, Schüler von H. Brewer, 1912 
bis 1917 Schüler des Royal College of Music in 
London (Stanford, Parratt, Parry, Davies und 
Wood), dem er dann als Kompositionslehrer an- 
gehörte, wurde auch Herausgeber des »Royal 
College of Music Magazine«. 1925-37 war er Leh- 
rer für Harmonielehre und Kontrapunkt am Mor- 
ley College in London, wurde 1935 Musikdirektor 
an St. Paul’s Girls* School, 1952 Professor of Music 
an der Universität London, 1953 C.B.E. Kompo- 
sitionen (Auswahl): Ballett Penguinski; für Orch. 
eine Suite The B*s , Pastorat Rhapsody , Krönungs- 


für Va, Streichquartett und Streichorch.; Missa 
sine nomine (1912), Anthems, Magnificat und Mo- 
tetten; weltliche Chorwerke; Variationen für 11 
Instr. (1914), Rhapsodie Quintet für Klar., 2 V., Va 
und Vc., ein Klavierquintett, Phantasy-Streich.- 
quartett, Streichquartett In Gloucestershire, 3 Violin- 
sonaten, je eine Oboen- und Klarinettensonate, Or- 
gel-, Klavier- und Clavichordstücke sowie Lieder. 

Lit: R. Jacques, H.’ »Hymnus Paradisi«, ML 
XXXIII, 1952. 


Howes (haus), Frank Stewart, *2. 4. 1891 zu Ox- 
ford; englischer Musikschriftsteller, studierte am 
St. John*s College in Oxford und am Royal College 
of Music in London (1920-22), wurde 1923 Kri- 
tiker, 1943 Chefkritiker der »Times« und gab 1927 
bis 1945 das »Folk Song Journal« bzw. »Journal of 
the English Folk Dance and Song Society« heraus. 
Neben seiner Tätigkeit als Musikkritiker versieht 
er eine. Professur am Royal College of Music. H. 
ist Präsident der Royal Musical Association. 
Schriften: The Borderland of Music and Psychology 
(London 1926); Byrd (London 1928); A Key to me 
Art of Music (London und Glasgow 1935) ; A Key 
to Opera (London und Glasgow 1939 ; gemeinsam 
mit Ph. Hope-Wallace); Full Orchestra (London 
1942); Man , Mind and Music (London 1948) und 
The Music of Ralph Vaughan Williams (London- 
New York-Toronto 1954). 

Hoya* Amadeo von der, * 13. 3. 1874 zu New 
York, "t* 4. 4. 1922 zu Linz; deutscher Violinist, in 
Berlin ausgebildet von Kotek, Kruse, Joachim, 
Säuret und Halir (Violine) sowie von G. Kogel 
und E. E. Taubert (Theorie), reiste als Violin- 
virtuose und wurde Kapellmeister des Symphonie- 
orchesters in New York. 1894-96 war er als Nach- 
folger seines Lehrers K. Halir Konzertmeister der 
Hofoper in Weimar, ab 1901 Konzertmeister des 
Musikvereins in Linz. Er schrieb: Die Grundlagen 


830 



Hubay 


der Technik des Violinspiels (Leipzig 1904/05; ein 
weitschichtig angelegtes Werk, das reformatorisch 
gegen pädagogische Traditionen der Armhaltung 
und Bogenführung vorgeht), Moderne Lagenstudien 
für Violine (Leipzig um 1911) und Studienbrevier 
(Regensburg 1919). 

Hoyer, Karl, * 9. 1. 1891 zu Weißenfels, f 12. 6. 
1936 zu Leipzig; deutscher Kirchenmusiker, stu- 
dierte am Leipziger Konservatorium unter Reger, 
Straube, Krem und Pembaur, ging 1911 als Orga- 
nist der Ritter- und Domkirche nach. Reval, wurde 
1912 1. Organist an St. Jacobi in Chemnitz und 
war ab 1926 Lehrer für Orgelspiel und Theorie am 
Konservatorium und Organist an St. Nicolai in 
Leipzig. Er schrieb eine Reihe von Orgelwerken, 
Klavierwerke, Sonate für Va und Kl. op. 30, Flö- 
tensonate op. 31, Sonate D moll für V. und Org. 
op. 45, Serenade für 5 Bläser op. 29, Kanzone für 
S., Fl., V. und Va über Wie schön leucht' t uns der 
Morgenstern op. 50, Gesänge und Chöre. 

Hoyoul, Balduin (Hoyol, Hoyu, Hoyou, Ho- 
yeux, Huiol), * 1548 (?) zu Lüttich, t 26. 11. 1594 
zu Stuttgart; franko-flä m.i scher Komponist, war 
Sängerknabe der württemb er gischen Hofkapelle, 
1564/65 Schüler von Lassus und anschließend wie- 
der Ältist der Hofkapelle. 1589 wurde er als Nach- 
folger seines Schwiegervaters Hofkapellmeister. 
H.s Amtsnachfolger wurde 1594 L. Lechner. Von 
seinen Kompositionen erschienen in Nürnberg 
5-10st. Sacrae cantiones (1587) und Geistliche Lieder 
vnd Psalmen mit dreyen stimmen (1589). Handschrift- 
lich erhalten sind eine Messe, 8 Magnificat, 3-1 Ost. 
lateinische Sätze und 19 deutsche geistliche Lieder. 
Seine Söhne Johann Ludwig (* 30. 8. 1575 und 
f 18. 12. 1612 zu Stuttgart) und Jörgen Fried- 
rich (* um 1577, f 28. 7. 1652 zu Kopenhagen) 
wirkten als Vizekapellmeister bzw. Hoftrompeter 
in der Stuttgarter Hofkapdle. HL war verheiratet 
mit einer Tochter L. Dasers. 

Lit.: J. Sittard, Zur Gesch. d. Musik u. d. Theaters 
am Württembergischen Hofe I, Stuttgart 1890; A. 
Sandberger, Beitr. zur Gesch. d. bayerischen Hof- 
kapelle I, Lpz. 1894; H. Marquardt, Die Stuttgarter 
Chorbücher, Diss. Tübingen 1934, Teildruck 1936; 
H. Osthoff, Die Niederländer u. d. deutsche Lied, — 
Neue Deutsche Forschungen CXCVH (Abt Mw. 
VII), Bin 1938. 

Hfimal^ (rj'imali:), Adalbert, * 30. 7. 1842 zu 
Pilsen, 1 17. 6. 1908 zu Wien; tschechischer Kom- 
ponist und Dirigent, Bruder von J. H., Schüler des 
träger Konservatoriums, bildete sich unter M. 
Mildner zu einem tüchtigen Violinisten aus und 
wirkte dann als Orchesterdirigent in Göteborg 
(1861), am böhmischen Landestheater (1868) und 
am deutschen Theater in Prag (1873), ab 1874 in 
Czemowitz (Bukowina) als Direktor des Musik- 
vereins und der Musikschule sowie ab 1887 in der- 
sdben Stellung in Lemberg. Er schrieb die Opern 
Der verwunschene Prinz (lo72) und Svanda audak 
(Der Dorfmusikant, Pilsen 1896). 

Hfimaty (rj'imali:), Johann, * 13. 4. 1844 zu 
Pilsen, f 1- 3. 1915 zu Moskau; tschechischer Violi- 
nist, Schüler Mildners am Prager Konservatorium, 
1862/63 Konzertmeister in Amsterdam, übersie- 
delte 1869 nadi Moskau, wo er Lehrer am Konser- 
vatorium und 1875 Nachfolger Laubs als 1. Violin- 
lehrer, Konzertmeister des Konservatoriums und 


Führer eines Streichquartetts wurde. H. veröffent- 
lichte Tonleiterstudien und Übungen in Doppel- 
griffen für die Violine , die sich großer Verbreitung 
erneuten, und redigierte eine Neuausgabe der 
Violinschule von Mazas. 

Hfimal* (rj'imali:), Otakar, * 20. 12. 1883 zu 
Czemowitz (Rumänien), f 10. 7. 1945 zu Prag; 
tschechischer Komponist, Sohn von A. H., been- 
dete 1908 seine Studien am Wiener Konservato- 
rium und übersiedelte nach Moskau, 1922 nach 
Czemowitz, 1939 nach Prag. Er schrieb: eine 
Oper, 2 Ballette, 7 Symphonien, mehrere sympho- 
nische Dichtungen, 2 Klavierkonzerte, je ein Vio- 
lin- und Violoncellokonzert, Kammermusik und 
Lieder. 

Hristid (xr'istitf), Stevan, * 19. 6. 1885 zu Bel- 
grad; jugoslawischer Komponist, studierte 1904 
bis 1908 am Konservatorium in Leipzig Kompo- 
sition bei Krehl und Dirigieren bei Nikisch, ging 
1910-12 zur Weiterbildung nach Rom, Moskau 
und Paris, wurde 1912 Kapellmeister am National- 
theater in Belgrad, war 1923 Mitgründer der 
Belgrader Philharmonie, die er bis 1934 leitete, 
1924-35 Opemdirektor des Nationaltheaters. 1937 
wurde er Professor für Komposition an der Staat- 
lichen Musikakademie. Der Schwerpunkt seines 

das Musikirama Die Dämmerung (BelgracL 1925), 
das Volksstück mit Musik Die kleine Stana (Bel- 
grad 1907), das Ballett Die Ohrider Legende (Bel- 
grad 1947), das Oratorium Auferstehung (1912), 
Das Lied der Freiheit für Chor und Orch. und eine 
svmphonische Dichtung über den Sonnenaufgang, 
den symphonischen Satz Auf dem Lande , die Suite 
Vranje , eine Rhapsodie für KL und Orch., sym- 
phonische Phantasie für V. und Orch., Chöre, 
Kirchenmusik, Klaviermusik und Lieder. 

Hristoff, Dobri -> Christ ow. 

Hubay (h'ubaj), Jen ö, * 15. 9. 1858 zu Budapest, 
f 12. 3. 1937 zu Budapest; ungarischer Violin- 
virtuose, studierte 1873-76 bei Joachim in Berlin, 
konzertierte zuerst in Ungarn, trat, empfohlen 
durch Liszt, 1878 in Paris bei Pasdeloup mit gro- 
ßem Erfolg auf und erfreute sich freundschaftlicher 
Beziehungen zu den bedeutendsten Pariser Mu- 
sikern, besonders zu Vieuxtemps, auf dessen 
Wunsch er u. a. 1881 in Algier konzertierte. 1882 
wurde er 1. Violinprofessor am Brüsseler Konser- 
vatorium, kam 1886 als Nachfolger seines Vaters 
als Professor an die Landesmusikakademie Buda- 
pest und war als Nachfolger Mihdlovichs 1919-34 
deren Direktor. Er wurde 1909 geadelt und 1911 
Ehrendoktor der Universität Klausenburg. Das 
von ihm mit Popper gegründete Quartett Hubay - 
von Herzfeld - waldbauer (Szerdmi) - Popper 
gehörte zu den besten Kammermusikveremigun- 
gen seiner Zeit. Er schrieb: Opern, darunter Der 
Geigenmacher von Cremona (Budapest 1894; darin 
das bekannte Violinsolo), Anna Karenina (Buda- 
pest 1915), Die Maske (Budapest 1931), Ballett Der 
große Egoist (Budapest 1936), 4 Symphonien (B dur, 
1885; Cmoll, 1915; Chorsymphonie Vita Nuova, 
1921 ; Petofi-Symphonie für Chor und Ordi., 1925) ; 
Biedermeyer-Suite (1913); 4 Violinkonzerte; Kon- 
zertstück für Vc. und Orch., Variations sur un 
Thhne Hongrois ; Sonate romanüque für V. und KL 


831 



Hubay 


und andere Kammermusik, Vortragsstücke für 
V., Szenen aus der Csarda (besonders bekannt Hejre 
Katt) für V. mit Orch. (oder KL), Etüden, Etuaes 
concertmtes op. 89, Lieder und Chöre. H. redigierte 
auch Neuausgaben von Kreutzers Etüden (1908) 
und von Studienwerken von Rode, Mayseder, 
Saint Lubin (1910). Er war Lehrer von Vecsey, 
Szigeti, Stefi Geyer, Telmdnyi, Bram Eldering. 

Hubay (h'ubaj), Karl (Huber), * 1. 7. 1828 zu 
Varjas (Ungarn), + 20. 12. 1885 zu Budapest; un- 
garischer Komponist, Vater von Jenö H., wirkte 
als Violinprofessor an der Landes-Musikakademie 
und als Kapellmeister am Nationaltheater in Buda- 
pest. Er schrieb die Opern Szekler Mädchen (1858), 
Lustige Kumpane , Des Königs Kuß (1875) und Der 
Hofbdll (nachgelassen, Schloß Toris 1889). 

Hubeau (üb'o), Jean, * 22. 6. 1917 zu Paris; 
französischer Pianist und Komponist, wurde be- 
reits mit 9 Jahren Schüler des Pariser Conser- 
vatoire (J. und N. Gallon, Lazare-Levy, P. Dukas) 
und erhielt 1934 den zweiten Prix de Rome (Kan- 
tate La Ugende de Roukmant). 1937 studierte H. zu- 
sätzlich Orchesterleitung bei F. Weingartner in 
Wien. Er wurde 1942 Direktor des Konservato- 
riums in Versailles und leitet daneben auch eine 
Instrumentalensemble-Klasse am Pariser Conser- 
vatoire, an dem er seit 1938 Mitglied der Prüfungs- 
kommission ist. Pianistisch ist H. als Solist und als 
Kammermusiker in Frankreich und im Ausland 
auf getreten. Kompositionen: Ballette Trois fahles 
de La Fontaine (1945), Laüancie du diable (1945) und 
Un cceur de diamant ou Uinfante (nach O. Wilde, 
1949); Bühnen- und Filmmusiken; symphonische 
Skizzen Tableaux hindous (1935), je ein V.- (1939), 
Vc.- (1942) und KL-Konzert ( Concert heroique , 
1946); Sonate humoresque für Horn, FL, Klar, und 
KL (1942), je eine V.- (1941) und Trp.-Sonate 
(1943), Sonde-Caprice für 2 V. (1944) ; Chöre, Lie- 
der und Klavierwerke. 

Lit : A. Machabey, Portraits de trente musiciens fry., 
Paris 1949; P. Michaut, Le ballet contemporain, 
Paris 1950; Cl. Rostand, La musique franqaise con- 
temporame, Paris 1952. 

Huber, Eugen, * 26. 4. 1909 zu Szombathely 
(Ungarn); Schweizer Komponist, war Schüler des 
Berner Konservatoriums, von Weingartner in Ba- 
sel undj. Marx in Wien, wurde Kapellmeister am 
Stadttheater Basel und ist heute Leiter der Turm- 
musik am Berner Münster sowie Programm-Mit- 
arbeiter und Komponist des Rundfunkstudios in 
Bern. Er schrieb Hörspielmusiken, die Radio-Mi- 
nuten-Oper Der Rauh von Ifäfßkon, ferner canones 
per tonostüi Streicher, Stücke für Flöte und Harfe, 
Klavierwerke und Lieder sowie viele Bearbei- 
tungen von Werken vorwiegend des 18. Jh., die er 
teilweise im Selbstverlag herausgegeben hat. Aus 
Bestanden seiner reichen MusikaHensammlung 
veranstaltete er 1956 eine Ausstellung »Mozart und 
seine Zeitgenossen«. 

Huber, Ferdinand Fürchtegott, * 31. 10. 1791 
und f 9. 1. 1863 zu St. Gallen; Schweizer Lieder- 
komponist, war 1817-55 als Musiklehrer an Schu- 
len in Hofwü, St. Gallen, Bern und wieder St. 
Gallen tätig. H. erfreute sich eines großen An- 
sehens als Komponist zahlreicher Lieder, schrieb 
auch mehrere Chöre und Instrumentalwerke. 


Lit: K. Nef, F. F. H., St Gallen 1898; W. Rüsch, 
F. H., St Gallen 1932; ders.. Die Melodie d. Alpen, 
Zürich 1942. 

Huber, Hans, * 28. 6. 1852 zu Eppenberg (Kan- 
ton Solothurn), f 25* 12. 1921 zu Locarno; Schwei- 
zer Komponist, besuchte 1870-74 das Leipziger 
Konservatorium (Richter, Reinecke, O. Paul, 
Wenzel), war dann 2 Jahre Privatmusiklehrer in 
Wesserling und Lehrer an der Musikschule in 
Thann (Elsaß). Ab 1877 war er in Basel tätig, ab 
1889 an der Allgemeinen Musikschule, deren Di- 
rektor er als Nachfolger Bagges 1896-1918 war; 
von dieser Stelle aus wirkte er tatkräftig für eine 
zeitgemäße Reformierung des schweizerischen 
Munklebens. H. ist die hervorragendste Persön- 
lichkeit in der Entwicklung der Musik in der 
Schweiz zwischen 1870 und 1910, ein ausgezeich- 
neter Lehrer und fruchtbarer Komponist, von dem 
manche Werke (besonders solche, die Schweizer 
Volksweisen verwerten) in der Schweiz populär 
waren. Er war vornehmlich von R. Schumann und 
Brahms beeinflußt, aber nicht ohne Originalität 
und - wenn auch ohne große Tiefe - voll Phantasie 
und Schwung. Diese Eigenschaften bewährten sich 
besonders in den beiden Festspielen, den Chor- 
werken und in kürzeren Stücken für und mit Kla- 
vier. Werke (Auswahl) : Opern Weltfrühling (Basel 
1894), Kudrun (Basel 1896), Der Simplidus (Basel 
1912), Die schöne Bellinda (Bern 1916), Frutta di 
mare (Basel 1918); Oratorien Der heilige Hain 
(1910) und Weissagung und Erfüllung (1913); Fest- 
spiele zur Kleinbauer Gedenkfeier (1892) und zur 
Basler Bundesfeier (1901) ; Chorkantate mit Orch. 
zum Jubiläum der Universität Basel (1910); 
4 Messen (1919-20); Instrumentalwerke: 8 Sym- 

S honien: I D moll (Teil) op. 63 (1881), II E moll 
Böcklin) op. 115 (1900), EI C dur (heroische) mit 
Sopransolo (Sanctus) im Finale op. 118 (1902), 
IV A dur (< akademische , in Form eines Concerto 
grosso; 1909, umgearbeitet 1918); V F dur (ro- 
mantische, Der Geiger von Gmünd ; 1906), VI A dur 
op. 134 (1911), VII D moll (schweizerische; 1917), 
Vm F dur (1920); eine Symphonie A dur (ur- 
sprünglich die II.) wurde zurückgezogen; Or- 
chesterserenaden Sommernächte (E dur op. 86, 1885) 
und Wintemächte (G dur, 1895); 4 Klavierkon- 
zerte (C moll op. 36, 1878; G dur op. 107, 1891; 
D dur op. 113, 1899; B dur, 1911); Violinkonzert 
G moll op. 40 (1878) ; ein Sextett B dur (1900) und 
ein Quintett Es dur (op. 136, 1914) für Kl. mit 
Bläsern; Klavierquintette Gmoll op. 111 (1891) 
und G dur (Divertimento) op. 125 (1907) ; Klavier- 
quartette B dur op. 110 (1891) und E dur (Wald- 
lieder) op. 117 (1902) ; 4 Klaviertrios sowie 8 Trio- 
phantasien op. 83 (1880-85); Sonate B dur für KL 
und 2 V. op. 135 (1913); 9 Violinsonaten (IX quasi 
fantasia G moll op. 132, 1915), Phantasie G moll 
op. 17 (1876), Suite Gdur op. 82 (1885, Neu- 
fassung 1905) für V. und Kl.; 4 Cellosonaten (I 
D dur op. 33, 1879, auch für V. und Kl.), Suite 
D moll op. 89 für Vc. und Kl.; 3 Sonaten (HI So- 
nata giocosa G dur op. 126, 1908) und Improvisa- 
tionen op. 64 (1881) für 2 KL ; Ländler vom Luzer - 
ner See op. 11 und 47a, Ballettmusik zu Goethes 
Walpurgisnacht op. 23 und 23b, Serenade E dur 
op. 55, Suite C dur op. 57, Italienisches Album op. 
62, Variationen über einen Walzer von Brahms 
op. 71, Präludien und Fugen in allen Tonarten op. 


832 



Hubert 


100 und 3 leichte Suiten op. 102 für Kl. zu 4 Hän- 
den; Serenade G dur op. 19, Sonate Es dur (nach 
Mörikes »Maler Nolten«) op. 47, Moderne Suite 
op. 86, Balladen und Romanzen op. 104 und viele 
weitere Stücke und Etüden für KL ; 3 Orgelstücke 
op. 3 (1874). - kleinere Chorwerke ( Pandora mit 
Soli und Orch. op. 66), auch für Mannerchor 
(Meerfahrt op. 91 mit Soli und Orch.) sowie 
Frauenchöre, Duette und Lieder. 

Lit: Briefe an H. H., hrsg. v. E. Refardt, Basler Jb. 
1939; Briefe Busonis an H. H., hrsg. v. dems., = 
CXXVIL Neujahrsblatt d. Allgemeinen Musik ges. in 
Zürich, 1939. - E. Refardt, H. H., Lpz. u. Zürich 
1922; ders., H. H., Zürich (1944; darin H.s Aufsätze, 
Werkverz. u. Bibliogr.); G. Bundi, H. H.« Basel 1925. 

Huber, Joseph, * 17.4.1837 zu Sigmaringen, 
f 23. 4. 1886 zu Stuttgart; deutscher Violinist und 
Komponist, Schüler von L. Ganz (Violine) und 
Marx (Theorie) am Stemschen Konservatorium in 
Berlin, später von E. Singer und P. Cornelius in 
Weimar, wo er unter den Einfluß Liszts geriet, 
dann in der Kapelle des Fürsten von Hechingen in 
Löwenberg, wurde 1864 Konzertmeister des Eu- 
terpeorchesters in Leipzig und 1865 Mitglied der 
Hofkapelle in Stuttgart. Der persönliche Umgang 
mit Peter Lohmann in Leipzig erweckte hier in H. 
eigenartige Bestrebungen auf dem Gebiet musi- 
kalischer Formgebung ; er verwarf die fertigen 
stereotypen Formen (die sogenannten »architek- 
tonischen«) und wollte, daß das musikalische 
Kunstwerk sich im Anschluß an die zugrunde- 
gelegte Dichtung oder Idee frei entwickele (»psy- 
chologische« Form). H. schrieb die Opern Die 
Rose vom Libanon und Irene (nach Texten von 
P. Lohmann), 4 einsätzige Symphonien, Gesänge 
und Instrumentalmelodien. Er verschmähte die 
Tonartvorzeichen und schrieb daher scheinbar 
immer in C dur und A molL 
Lit.: W. Leib, J. H., Diss. Heidelberg 1922. 

Huber, Kurt, * 24. 10. 1893 zu Chur, als Gegner 
des nationalsozialistischen Regimes hingerichtet 
13. 5. 1943 zu München; deutscher Musikforscher, 
Philosoph und Psychologe, studierte Musik- 
wissenschaft an der Universität München (Sand- 
berger, Kroyer) und promovierte 1917 mit einer 
Studie über Ivo de Vento (Lindenberg 1918). Ab 
1920 war er Privatdozent für Philosophie und 
Assistent am Psychologischen Institut, 1926 ao. 
Professor der Universität München; Habilitations- 
schrift: Der Ausdruck musikalischer Elementarmotive; 
eine experimentalpsychologische Untersuchung (Leip- 
zig 1923). Ab 1925 führte H. die phonographische 
Sammlung altbayerischer Volkslieder für die 
Deutsche Akademie durch. Weitere Veröffent- 
lichungen: Die Doppelmeister des 16. Jh., eine metho- 
dologische Skizze (Sandberger-Fs., München 1918); 
Birmanische Frauengesänge (in: L. Scherman, Im 
Stromgebiet des Irrawaddy, München 1922); Bir- 
manischer Festgesang (Asia Major L 1924); Die 
Vokalmischung und das Qualitätensystem der Vokale 
(Archiv für die gesamte Psychologie XCI, 1934); 
Oberbayerische Volkslieder mit Bildern und Weisen 
(mit P. Kiem, 1. Heft, München 1930, 31937); 
Volkslied und Volksmusik Bayerland XLIV, 1933); 
Über eine physikalische Beweisführung von W. Köh- 
lers Vokaltheorie (Archiv für die gesamte Psycholo- 


gie XCII, 1934) ; Wege und Ziele neuer Volkslied - 
jorschung und Volksltedpflege (Mitteilungen der 
Deutschen Akademie, Jg. 1934) ; Der Aufbau deut- 
scher Volksliedforschung und Volksliedpflege (DMK I, 
1936/37); Herders Begründung der Munkästhetik, I: 
Die philosophischen Grundlagen von Herders Musik- 
ästhetik (AfMf 1, 1936); Die volkskundliche Methode 
in der Volksliedforschung (AfMf m, 1938) ; Volkslied 
und Volkstanz im bajuwarischen Raum (DMK 1H, 
1938/39); Ästhetik (bearbeitet und herausgegeben 
von O. Ursprung, Ettal 1954) ; Musikästhetik (be- 
arbeitet und herausgegeben von O. Ursprung, 
Ettal 1954); Grundbegriffe der Seelenkunde, Einfüh- 
rung in die allgemeine Psychologie (herausgegeben 
von J. Hanslmeier, Ettal 1955). Er gab heraus: Alt- 
bayerisches Liederbuch (mit Kiem-Pauli; Mainz 
1936) und Niederbairisches Liederbuch (mit L. Sim- 
beck, München o. J.). 

Lit. : K. H. zum Gedächtnis . . hrsg. v. Cl. Huber, 
Regensburg 1947; O. Ursprung, K. H., Mf I, 1948. 

Huber-Anderach, Theodor, * 14. 3. 1885 zu 
Kempten (Allgäu); deutscher Komponist, stu- 
dierte 1903-06 an der Akademie der Tonkunst in 
München bei Schmid-Lindner, Thuille und Mottl, 
war 1907-09 Solorepetitor am Hof theater, 1909-11 
Opemkapellmeister in Danzig und Regensburg, 
kehrte 1911 nach München zurück, wo er Dirigent 
des Akademischen Orchesterverbandes wurde. 
1920 übernahm er die Leitung der Münchener 
Liedertafel, auch anderer Münchener Chorver- 
einigungen, wurde 1927 als Lehrer für Theorie 
und Dirigieren ans Trappsche Konservatorium 
berufen, war 1938-50 hauptamtlicher Musiklehrer 
an einer Mädchen-Oberschule, 1948-51 Leiter des 
Collegium musicum instrumentale der Universität 
München. Er schrieb: eine Symphonie op. 49, das 
symphonische Tonbild Ei» Seeidyll op. 4, die Ton- 
dichtung Die Tänzerin der Rodyjas op. 21, Kleine 
Suite für Streichorch. op. 46, restliche Musik für 
Harmonieorch. op. 7, Phantastisches Scherzo für 
großes Orch. op. 9, Bayerische Ländler für Orch. 
op. 47; Operette Er und Sie op. 10, die Ballett- 
pantomime Spiel um Liebe op. 26, Hörspielmu- 
siken, Filmmusik; Vorspiel und Fuge über Wil- 
helmus von Nassauen für Org. op. 30, Cellosonate 
op. 11, Streichquartett op. 31, Suite für V. und 
KL op. 50 und andere Kammermusik, Klavier- 
musik, Chöre und Lieder. 

Hyberman, Bronislaw (Hubermann), * 19. 12. 
1882 zu Tschenstochau bei Warschau, 1 16. 6. 1947 
zu Nant-sur-Corsier (Schweiz); polnischer Violi- 
nist, Schüler von Mihdlovicz in Tschenstochau 
und von Lotto in Paris, nach 1892 noch bei 
Joachim in Berlin, unternahm schon ab 1893 Kon- 
zertreisen als gefeierter, im Technischen und Mu- 
sikalischen immer fesselnder Virtuose. Bis 1933 
lebte er in Berlin, gründete 1936 das Palästina- 
Symphonie-Orchester, das im Dezember desselben 
Jahres unter Toscanini sein erstes Konzert gab. Er 
schrieb u. a. Aus der Werkstatt des Virtuosen (Wien 
1912) und die für den paneuropäischen Gedanken 
eintretende Schrift Vaterland Europa (Berlin 1932). 

Hubert (üb'e:r), Marcel, * 17. 8. 1906 zu Lille; 
französischer Violoncellist, Schüler von Andr6 
Hekking, verließ 1919 das Pariser Conservatoire 
mit einem ersten Preis und debütierte in den Con- 


53 


833 



Hubert 


certs Colonne. Erfolgreich konzertierte er in Eu- 
ropa, Afrika, Süd- und Nordamerika. 1938 ließ er 
sich in den USA nieder und lebt jetzt in New York. 

Hubert» Nikolaj Albertowitsch, * 7. (19.) 3. 1840 
zu St. Petersburg, 1 26. 9. (8. 10.) 1888 zu Moskau; 
russischer Musikpädagoge und -schriftsteiler, stu- 
dierte 1863-68 am Konservatorium seiner Heimat- 
stadt Theorie bei Zaremba und Instrumentation 
bei N. Rubinstein, wurde 1869 Direktor der Mu- 
sikklassen der Kaiserlich Russischen Musikgesell- 
schaft in Kiew, darauf Opemkapellmeister in 
Odessa, 1870 Lehrer am Moskauer Konservato- 
rium. Nach N. Rubinsteins Tode übernahm er 
(1881-83) die Leitung dieser Anstalt, wurde aber 
dann Musikreferent der »Moskauer Nachrichten« 
(unter Assistenz von Tschaikowsky und Kaschkin). 

Hubert! (übert'i), Gustave L6on, * 14. 4. 1843 
zu Brüssel, + 28. 6. 1910 zu Schaerbeck bei Brüssel; 
belgischer Komponist, Schüler des Brüsseler Con- 
servatoire, erhielt 1865 den Prix de Rome, bereiste 
Deutschland und Italien. 1874 wurde er Direktor 
der Musikschule in Mons, trat aber 1877 zurück 
und lebte als Dirigent und Privatlehrer in Ant- 
werpen und Brüssel, bis er 1889 zum Professor der 
theoretischen Harmonielehre am Brüsseler Con- 
servatoire ernannt wurde. H. komponierte die 
Oratorien Een lautste Zonnestraal und Verlichting 
(1884), das Chorwerk La mort de Guillaume 
d* Orange, Bloemardinne , 2 Kinderoratorien, Balla- 
den, Hymnen, eine Symphonie, Orchestersuite, 
ein Klavierkonzert, Lieder. Er schrieb : Apergu sur 
Vhistoire de la musique religieuse des Italiens et des 
Nierlandais (Brüssel 1873). 

Lit: L. Solvay, Notice sur G. H., Brüssel 1919. 

Hubertus, Romanus, * 4. 10. 1906 zu Essen; 
deutscher Kapellmeister, studierte 1927-31 an der 
Musikhochschule Köln bei H. Abendroth und 
Ph. Jamach, war 1931-32 Korrepetitor der Bres- 
lauer Oper, dann Kapellmeister in Oldenburg 
(1933-36), Königsberg (1936-42), Graz (1942-46) 
und Mönchen-Gladbach und Rheydt (1946-50). 
Seit 1950 ist er GMD der Städte Krefeld und Mön- 
chen-Gladbach. 

Hub$rty, Antoine, * gegen 1720, f 13. 1. 1791 
zu Wien; flämisch«: (?) Notenstecher, verlegte 
spätestens ab 1756 in Paris vorwiegend Werke 
deutscher und italienischer Komponisten. Er hat 
das Verdienst, als erster in Paris die Werke der 
Mannheimer verbreitet zu haben. Als Kontra- 
bassist wirkte er ab 1760 für mehrere Jahre im 
Orchester der Grand Opdra. 1777 übersiedelte er 
nach Wien; der Verlag wurde von Preudhomme 
übernommen. H.s Bemühungen, in Wien ein 
neues Unternehmen zu gründen, blieben ohne 
Erfolg. 

Lit. : G. Cucuel, Quelques documents sur la librairie 
musicale, SIMGXIII, 1911/12; C. Johansson, French 
Music Publishers* Catalogues of the Second Half of 
the Eighteenth Cent., Stockholm 1955. 

Hucbald (Hugbaldus, Ubaldus, Uchubaldus), 
OSB, * um 840 wahrscheinlich in der Diözese 
Toumai, f 20.6.930 zu Saint- Amand; Musik- 
theoretiker, kam schon als Knabe in das Monaste- 
rium Elnonense zu Saint-Amand, wo er den Un- 
terricht seines Oheims Milo genoß, der die dortige 

834 


Sängerschule leitete. Nach weiteren Studien in 
Nevers und in Saint-Germain d’Auxerres (mit 
Remi d’Auxerres Schüler von Heiric) übernahm 
er die Nachfolge seines verblichenen Oheims in 
Saint-Amand. Hier blieb er bis 883, betätigte sich 
aber auch in der Folge als Pädagoge, zunächst in 
der Schule von Saint-Bertin zu Saint-Omer, da- 
nach neben Remi d’Auxerres in Reims, wohin ihn 
wie seinen ehemaligen Mitschüler um 893 Erz- 
bischof Fulco zum Neuaufbau der beiden alten, 
der Kathedrale angeschlossenen Schulen gerufen 
hatte. Um 900 (sicher vor 905) kehrte H. nach 
Saint-Amand zurück, wo er mit schriftstellerischen 
Arbeiten den Rest seines Lebens verbrachte. In der 
Kirche Saint-Pierre wurde er im Grab seines 
Oheims beigesetzt. Bedeutung gewann H. für das 
hagiographische Schrifttum der Karolingerzeit. 
Zu nennen sind seine Passio sanctorum Quirici et 
Julittae, die Vita Rictrudis , die Vita s. Lebuini sowie 
die Vita s. Jonati Marchianensis (eigentlich eine 
Homilie). Die ihm ebenfalls zugeschriebene Vita s. 
Aldegundis und die Vita s. Lamberti stammen nicht 
von H. Karl dem Kahlen widmete er die in 136 
Hexametern abgefaßte Ecloga de calvis ( Carmina 
clarisonae calvis cantate Camenae . . ., alle Worte der 
Dichtung beginnen mit dem Buchstaben c). Bis 
zu den Untersuchungen von H. Müller (1884) und 
noch darüber hinaus wurde H. für die Musik- 
theorie eine überragende Bedeutung zuerkannt, 
die sich aus der Zuschreibung einer Reihe wich- 
tiger Musiktraktate an ihn ergab. Ihnen voran 
steht die -»• Musica enchiriadis; weiter galten als 
Schriften H.s: (nach GS I) De institutione harmonica , 
De citra et vera divisio, De dimensione monochordi , De 
alia musica. De mensuris organicarum fistularum. De 
cymbalorum ponderibus , De quinque symphoniis, 
Scholia enchiriadis, Commemoratio hrevis de psalmis 
modulandis und (nach CS IV) De organo. Die nicht 
singuläre Neigung, bedeutende Werke und Er- 
scheinungen dem Verdienst einer einzigen, zen- 
tralen Persönlichkeit anzurechnen, führte narb 
Gerberts Veröffentlichung der Traktate dazu, daR 
man in H. den bedeutendsten Musiktheoretiker 
der Zeit zwischen Boethius und Guido von Arezzo 
sah. Von den genannten Schriften ist ihm jedoch 
nur der Traktat De harmonica institutione zuzu- 
schreiben, im Vergleich zur Musica enchiriadis ein 
Werk von sekundärer Bedeutung. Es handelt sich 
hier um eine elementare Musiklehre, die die an 
Boethius anlehnende Theorie mit dem Repertoire 
des gregorianischen Kirchengesangs am Ende des 
9. Jh. in Übereinstimmung zu bringen sucht. H.s 
Vorschlag, den Neumen (von Boethius übernom- 
mene) Zusatzzeichen zur genaueren Fixierung der 
Tonhöhen beizugeben, blieb in dieser Form ohne 
größere Wirkung. Die in einer Handschrift von 
Saint-Amand (Paris, Bibi. nat. lat 1850) im 11. Jh. 
geschriebene Notiz »Hucbaldus, monachus ingignfg 
et musicus laudabilis, qui de multis sanctis cantus 
composuit . . .« wird durch die überlieferten Offi- 
zien für die Heiligen Petrus und Theodorich und 
den Gloria-Tropus Quem vere pia laus belegt. 

Ausg. : die echten u. unechten Schriften bei Migne 
Patr. lat. CXXXII ; »De harmonica institutione« u. d. 
unechten mus. Schriften (mit Ausnahme v. »De or- 
gano«) in GS I; »De organo« in CS I; »Textvariatio- 
nen zur Musica Enchiriadis« bei H. Sowa, ZfMw 

v\nrt i n'ic ^ 



Hüe 


Lit. : J. Desilve, De Schola Elnonensi Sancti Amandl 
...» Diss. Löwen, Löwen 1890; A. Boutemy, Le 
scriptorium et la bibliothdque de Saint- Amand, in: 
Scriptorium I, 1946/47. - W. Brambach, Die Musik- 
lit. d. MA . . Lpz. 1883; H. Müller, H.s echte u. 
unechte Schriften über Musik, Lpz. 1884. - E. de 

Coussemaker, M6moire sur H Paris 1841; A. 

Schubiger, Über H.s Werk »De Musica«, MfM X, 
1878 ; Reemann MTh. ; H. Riemann, Tb Ta. Tn Tw u. 
NoEANe, 23MG XIV, 1912/13; W. Mühlmann, De 
Alia Musica. Quellenfrage, Umfang, Inhalt u. Stamm- 
baum, Lpz. 1914; J. Handschin, Zur Gesch. d. 
Lehre v. Organum, ZfMw VIII, 1925/26; ders., Die 
Musikanschauung d. Johannes Scotus (Erigena), 
DVjs. V, 1927; ders.. Etwas Greifbares über H., 
AMI VII, 1935; E. J. Grutchfield, H.: A Millenary 
Commemoration, Mus. Times LXXI, 1930; L. van 
der Essen, H. de Saint-Amand (ca. 840-930) et sa 
place dans le mouvement hagiographique m6di6val, 
in: Rev. d'hist. ecclösiastique XIX, 1923; O. Gombosi, 
Studien zur Tonartenlehre d. frühen M A, AMI X-XII, 
1938-40; O. Ursprung, Die antiken Transpositions- 
Skalen u. d. Kirchentöne, AfMf V, 1940; E. de 
Bruyne, Etudes d’esth^tique m£di£vale I, Brügge 
1946; R. Weakland OSB, H. as Musician and Theo- 
rist, MQ XLII, 1956. 

Hucke, Helmut, * 12. 3. 1927 zu Kassel; deut- 
scher Musikforscher, studierte 1947/48 an der Mu- 
sikhochschule und 1948-52 an der Universität Frei- 
burg im Breisgau, wo er 1952 bei W. Gurlitt mit 
einer Arbeit Untersuchungen zum Begriff »Antiphon« 
und zur Melodik der Offiziumsantiphonen promo- 
vierte. 1953-56 war er als Stipendiat der Görres- 
Gesellschaft in Rom und Neapel und wurde 1957 
Assistent am Musikwissenschaftlichen Institut der 
Universität Frankfurt am Main sowie Heraus- 
geber von »Musik und Altar«. Schriften: Psalmodie 
als melodisches Gestaltungsprinzip (Musik und Altar 
V, 1952/53); Musikalische Formen der Officiums- 
antiphonen (Kmjb XXXVII, 1953) ; Die Entwick- 
lung des christlichen Kultgesanges zum Gregorianischen 
Gesang (Römische Quartalschrift XL WH, 1953); 
Die Einführung des Gregorianischen Gesanges im 
Frankenreich (ebenda EL, 1954); Improvisation im 
Gregorianischen Gesang (Kmjb XXXVIII, 1954); 
Gregorianischer Gesang in altrömischer und frän- 
kischer Überlieferung (AfMw XII, 1955) ; Die Ent- 
stehung der Überlieferung von einer musikalischen Tä- 
tigkeit Gregors des Großen (Mf VIII, 1955); G. O. 
Pitoni und seine Messen im Archiv der Cappella 
Giülia (Kmjb XXXIX, 1955); Die gregorianische 
Gradualeweise des 2. Tons und ihre ambrosianischen 
Parallelen (AfMw XM, 1956) ; Die beiden Fassungen 
der Oper »Didone abbandonata « von D. Sarri (Kgr.- 
Ber. Hamburg 1956) ; Cantus Gregorianus (in: Heb- 
domada Sancta II, hrsg. v. H. A. P. Schmidt SJ, 
Rom-Freiburg im Breisgau-Barcelona 1957). 

H^demann, Hans-Olaf, * 25. 8. 1915 zu Leip- 
zig; deutscher Oratoriensänger, aus dem Leipziger 
Thomanerchor hervorgegangen, studierte Musik- 
wissenschaft bei W. Gurlitt in Freiburg und bei 
Fr. Blume in Kid (1941 Dr. phil.), Gesang in 
Berlin. Seit 1943 tritt er als freier Konzert- und 
Oratoriensänger (Baß-Bariton) vornehmlich in 
Deutschland und der Schweiz auf. Er machte sich 
einen Namen als Interpret vorklassischer und zeit- 
genössischer Vokalmusik und wirkte bei zahl- 
reichen Ur- und Erstaufführungen mit (Burkhard, 
Driessler, Egk, Fortner, Genzmer, Frank Martin, 
Reutter, Schönberg, Sutermeister). An der Heidel- 


berger Hochschule für Musik und Theater versieht 
er einen Lehrauftrag für Stimmbildung und Solo- 
Gesang. Er promovierte über Die protestantische 
Dialogkomposition im 17. Jahrhundert und ist Mit- 
herausgeber der Brief Sammlung Karl Straube: 
Briefe eines Thomaskantors (mit W. Gurlitt, Stutt- 
gart 1952). 

Hudson (h'Adson), Frederick, * 16. 1. 1913 zu 
Gateshead (Grafschaft Durham); englischer Mu- 
sikforscher, studierte an der Universität Durham, 
zeichnete sich als Organist aus und wirkte 1948/49 
als Musikdirektor an der Hexham Abbey. 1949 
wurde er Professor für Musikwissenschaft am 
Kings College in Newcastle upon Tyne (Universi- 
tät Durham). Er schrieb The St Matthew Passion 
and Hans Brandt-Buys (The Musical Times XCVI, 
1955), An Investigation into the Authenticity of 
Bach's » Kleines Magnificat « (mit A. Dürr; ML 
XXXVT, 1955) und gab heraus J. S. Bach, Trau- 
ungskantaten (— Neue Bach-Ausgabe 1, 33, Kas- 
sel und Leipzig 1957) sowie P. I. Tschaikowsky, 
The Cherubic Hymn (London 1953). 

H$benthal, Kurt, * 30. 11. 1918 zu Halle; deut- 
scher Sänger (Bariton), erhielt seine Ausbildung 
1929-38 in Halle und 1942-46 in kanadischer 
Kriegsgefangenschaft, wurde Stimmbildner an 
verschiedenen Instituten, seit 1950 an der Universi- 
tät Halle und seit 1956 an der Musikhochschule 
Weimar. Daneben gehört er seit 1956 dem Landes- 
theater in Halle an und tritt als Konzert- und Ora- 
toriensänger auf. 

Hübner, Jean, * im März 1696 zu Warschau von 
deutschen Eltern, t nach 1754; deutscher Violinist, 
1714 Schüler von J. A. Rosetter in Wien, Direktor 
der Kapelle des Grafen Kinsky, mit dem er 1721 
nach Moskau zog. Dort wurde er 1722 Kammer- 
musikus des Herzogs von Holstein und 1727 Kon- 
zertmeister der Kaiserin Anna Iwanowna. H. rief 
das Hof- und Kammerorchester (mit ausschließ- 
lich deutschen Mitgliedern) und ein Ballorchester 
von 20 russischen Knaben ins Leben. 

Lit. : R.-A. Mooser, Annales de la musique et des 
musiciens en Russie au XVHI® s. I, (Genf 1948). 

Hüe (ü), Georges Adolphe, * 6. 5. 1858 zu Ver- 
sailles, f 7. 6. 1948 zu Paris; französischer Kompo- 
nist, studierte zunächst bei Paladilhe, dann am Pa- 
riser Conservatoire bei Reber. 1879 errang er den 
Prix de Rome mit der Kantate Midie, 1881 den 
Prix Crescent mit der komischen Oper Les Pan- 
tins . Er schrieb die Opern (alle Paris) Le Roi de 
Paris (1901) Titania (1903), Le MiracU (1910), 
Dans Yombre de la Cathidrale (1921), die musika- 
lische Komödie Riquet ä la Houppe (1926), Ballett 
Siang-Sin (1924), Pantomime Coeur brise , Musik 
zu einer F^erie von Battaille La Belle au Bois 
dormant (1894), symphonische Legende Rübezahl 
für Soli, Chöre und Orch. (1886), »Episode sacr& 
Resurrection (1891), symphonische Ouvertüre, 
symphonisches Gedicht Emotions , Fantasie für V. 
und Orch., Fantasie für FL und Orch., Nocturne 
für Fl. und Orch., Chöre und Lieder. 1922 wurde 
H. als Nachfolger von Saint-Saens Mitglied der 
Acaddmie des Beaux-Arts. 

Lit : P. Landormy, La musique fran$aise aprfes De- 
bussy, Paris 1943 ; G. Samazeuilh, Musiciens de mon 
temps, Paris 1947. 


53* 


835 



Hüffer 


Hüffer, Francis (Franz), * 22. 5. 1843 zu Mün- 
ster, f 19. 1. 1889 zu London; englischer Musik- 
schriftsteller deutscher Geburt, studierte in Lon- 
don, Paris, Berlin und Leipzig neuere Sprachen 
und Musik, promovierte 1869 in Gottingen mit 
einer kritischen Ausgabe der Werke des Trouba- 
dour Gillem de Cabestanh zum Dr. phil., ließ sich 
in London nieder, wurde ständiger Mitarbeiter der 
»Academy« und war ab 1878 Musikreferent der 
»Times«. Er schrieb: Richard Wagner und die Musik 
der Zukunft (Leipzig 1876); The Troubadours (Lon- 
don 1878); Musical Studies (Edinburgh 1880), 
Italian and Other Studies (London 1883) und Half a 
Century of Music in England 1837-87 (London 1889, 
2 1898), gab auch Sammlungen seiner Aufsätze in 
den Times heraus, übersetzte den Briefwechsel von 
Wagner und Liszt ins Englische und redigierte die 
S amml ung von Tonkünstlerbiographien : Great 
Musicians (Bach, Beethoven, Cherubim, English 
Church Composers, Händel, Haydn, Mendels- 
sohn, Mozart, Rossini, Schubert, Schumann, 
Richard Wagner, Weber). H. ist der Textdichter 
von Mackenzies Colomba und Troubadour sowie 
von Cowens Sleeping Beauty . 

Huehn, Julius, * 12. 1. 1904 zu Revere (Massa- 
chusetts); amerikanischer Opernsänger (Bariton), 
debütierte 1933 als Kurwenal in R. Wagners 
»Tristan« und wurde 1934 Mitglied des Metropo- 
litan Opera House in New York. Seine Haupt- 
rollen sind, neben den Baritonpartien in R. Wag- 
ners Opern, Gianni Schicchi, Jochanaan und 
Orestes (in R. Strauss* »Salome« und »Elektra«). 

Hfflhnandd, Nicolas Joseph, * 1751 zu Straß- 
burg, f 19. 12. 1823 zu London; elsässischer Pianist 
und Komponist, Neffe des berühmten Waldhor- 
nisten Roaolphe, Schüler von C. Ph. E. Bach in 
Hamburg, Heß sich als ausgezeichneter Klavier- 
spieler und Virtuose auf der Harmonika hören. 
1775 ging er nach Mailand, 1776 nach Paris und 
lebte dort 10 Jahre als tonangebender Klavierlehrer. 
Er gewann dadurch eine eigene Bedeutung, daß 
er die deutsche Spielmanier nach Frankreich ver- 
pflanzte und dort den Geschmack für deutsche 
Klaviermusik bildete. Werke (opus-Zahlen nach 
den Pariser Ausgaben): Sonaten für KL mit V. 
(op. I, RI, VI, vm, 3, IX-X3), Klaviersonaten 
(op. IV, Vm, 1 und 2), Petits airs für Kl. (op. n, 
V, VII) und ein Lehrwerk Principles of Music, 
chiefly cälculated for the Pianoforte or Harpstchord . . . 
(op. XE), Werke, die zu den besten ihrer Zeit ge- 
hören. 

lit : G. de Saint-Foix, N.-J. H., RM IV, 1923 ; D. E. 
Pike, H., ML XXI, 1940. - E. Reeser, De klavier- 
sonate met vioolbcgeleiding . . ., Rotterdam 1939, 
darin d. Sonate op. VI, 3. 

Hülphers, Abraham Abrahamsson, * 27.11. 
1734 zu Västeräs, f 24. 2. 1798 zu Fredriksberg; 
schwedischer Topograph, interessierte sich allge- 
mein für die Musik, ihre Geschichte, die Musik- 
instrumente und unte rnahm eine umfassende Be- 
standsaufnahme der Orgeln in Schweden. Er 
schrieb: Historisk qfhandling om musik och instrumen- 
tar^smdeles om orgwerks inrättningen . . . (Västeräs 

Lit.: T. Norund, A. A. H. och frihetstidens musik- 
Hv, STMf XIX, 1937; B. Kyhlberg, Orgelbyggare- 
famijjen Ca hm a n , H. och orgeln i Trefaldighetskyrkan 

836 


i Kristianstad, STMf XXVII, 1945; A. Aulin, Sven 
Hof som H.’ musikaliske bidragsgivare, STMf XXX, 
1948. 

Hüni-Mihacsek, Felicie, * 3. 4. 1896 zu Fünf- 
kirchen (Ungarn) ; österreichische Sängerin (Kolo- 
ratursopran), an der Wiener Akademie für Musik 
und darstellende Kunst Schülerin von R. Papier, 
sang 1919-25 an der Staatsoper Wien, 1925-45 an 
der Staatsoper München, wo sie auch Rollen des 
dramatischen Fachs übernahm; seitdem tritt sie als 
Konzertsängerin und Gesangspädagogin hervor. 

Hünten, Franz, * 26. 12. 1793 und f 22. 2. 1878 
zu Koblenz; deutscher Pianist und Komponist, 
Sohn eines Organisten, wurde, nachdem ihn sein 
Vater genügend vorgebildet hatte, 1819 am Con- 
servatoire in Paris Schüler von Pradher, Reicha, 
Cherubim, Heß sich dort nieder und wurde ein 
gesuchter Klavierlehrer und noch mehr gesuchter 
Modekomponist von Salonstücken (er bezeichnete 
selbst sein op. 93, Mainz 1836, als Rmdeaux de 
salon ). Seine leicht ansprechenden Klavierstücke 
wurden hoch bezahlt. Außer seinen zahlreichen 
Bearbeitungen von Opemmelodien in Rondeaux, 
Divertissements und Fantasien schrieb er auch 
eine Klavierschule, Klaviertrios, Violin- und Flö- 
tenstücke und einige Lieder. Ab 1837 lebte er in 
seiner Vaterstadt. 

Hüsch, Gerhard, * 2. 2. 1901 zu Hannover; 
deutscher Opern- und Konzertsänger, studierte 
nach dem Abitur ab 1920 Gesang bei Hans Emge 
in Hannover. Seine Bühnenlaufbahn führte ihn 
seit 1923 von Osnabrück über Bremen und Köln 
1930 nach Berlin an die Staatsoper, der er bis 1944 
angehörte. Sein Ruf als Liedersänger datiert be- 
reits aus dieser Zeit. Er brachte ihm für die Schu- 
bert- und Schumann-Zyklen auch Einladungen ins 
Ausland bis nach Japan. Seit 1938 bekleidet er eine 
Professur an der Münchner Akademie. Meister- 
kurse für Liedinterpretation hält er auch in der 
Schweiz, in England und Finnland, dessen Lieder- 
komponisten Küpinen er in Europa bekannt machte. 
Sein ständiger Begleiter Hans Udo Müller kam 
1943 in Berlin bei einem Bombenangriff ums Le- 
ben. H. ist seit 1937 Kammersänger. 

Hüschen, Heinrich, * 2. 3. 1915 zu Moers 
(Niederrhein); deutscher Musikforscher, studierte 
in Köln und Berlin evangelische Kirchenmusik, 
Musikerziehung und -Wissenschaft (Feilerer, Bük- 
ken, Schering, Frotscher), legte 1940 die Orga- 
nisten- und Chorleiterprüfung, 1941 das Staats- 
examen für Schul-Musiklehrer ab und promo- 
vierte 1943 in Köln mit einer Arbeit über den 
Musiktraktat des B. Bogentante (maschinenschrift- 
Hch). Ab 1948 Assistent am Musikwissenschaft- 
Hchen Institut der Universität Köln, habiHtierte er 
sich 1955 mit einer Abhandlung über Textkonkor- 
danzen im Musikschrifttum des Mittelalters (maschi- 
nen schriftlich). Seine Schriften gelten vomehmHch 
wenig erforschten Musiktheoretikem des 16. Jh. 
sowie der von Pietzsch angebahnten Sammlung 
von Definitions- und Klassinkationstypen im älte- 
ren Musikschrifttum: Guido von Arezzo ab Musik- 
erzieher (ZfM CXI, 1950); im KirchenmusikaH- 
schen Jahrbuch Aufsätze über U. Burchardi 
(XXXIV, 1950), B. Prasperg (XXXV, 1951), J. 
Oridryus (XXXVI, 1952) und A.Papius (XXXVII, 



Hughes 


1952); Die Musik im Kreise der artes liberales (Kgr.- 
Ber. Hamburg 1956) ; Rutgerus Sycamber de Venray 
(in: Schiedermair- Fs., = Beiträge zur rheinischen 
Musikgeschichte XX, Köln 1956); Artikel in der 
Neuen Deutschen Biographie sowie in der MGG, 
darunter über Ars musica , Harmonie und dieMönchs- 
orden. Ferner gab EL Das Cantuagium des Heinrich 
Eger von Kalkar heraus (= Beiträge zur rheinischen 
Musikgeschichte n, Köln 1952). 

H$ttenbremier» Anselm, * 13. 10. 1794 zu 
Graz, f 5. 6. 1868 zu Ober-Andritz bei Graz; 
österreichischer Komponist, Sohn eines wohlha- 
benden Gutsbesitzers, studierte in Wien unter 
Salieri Komposition und war befreundet mit Beet- 
hoven (an dessen Sterbebett er stand) und Schu- 
bert. 1824-29 und 1831-39 war er Direktor des 
Steiermärkischen Musikvereins. EL komponierte 
3 Opern, 5 Symphonien, 10 Ouvertüren, 6 Messen, 
3 Requiem, eine große Zahl von Mannerquartetten 
und Liedern, 2 Streichquartette, ein Streichquin- 
tett, Klavierfugen, Sonaten und Klavierstücke. Das 
meiste blieb Manuskript. Schubert schätzte H. als 
Komponisten hoch; doch sind seine Werke ver- 
gessen. 

Lit: O. E. Deutsch, A. H.s Erinnerungen an Schu- 
bert, in: Jb. d. Grillparzer-Ges. XVI, 1906 (mit eini- 
gen Briefen); ders., Schubert, Die Erinnerungen 
seiner Freunde, Lpz. 1957. 

Hug & Co., Schweizer Musikverlag, Musikalien- 
und Instrumentenhandlung, das bedeutendste 
Unternehmen in der Schweiz seit seiner Gründung, 
hervorgegangen aus der 1791 von Hans Georg 
Nägel! in Zürich gegründeten Musikalienhand- 
lung. Nägeli war 1807-17 noch beteiligt, und der 
Verlag, der ab 1807 als »Hans Georg Nägeli & Co.« 
firmierte, wurde 1817 in »Gebrüder Hug« (Jakob 
Christoph und Caspar Hug) umbenannt. Die 
Firma wurde dann weitergeführt ab 1831 von 
J. Chr. H.s Sohn Christoph H. (1801-52), nach 
dessen Tod von seiner Gattin Susanna, ab 1864 
von seinem Sohn Emil H. (1842-1909), ab 1909 
von dessen Sohn Adolf H. (1867-1943), der mit 
seinem Bruder Arnold H. (1866-1905) 1893 als 
Teilhaber eingetreten war. Seit 1943 steht der 
Verlag unter der Leitung von Adolf H.s Sohn 
Adolf H. (* 1904) und Neffen Hanns Wolfens- 
berger (* 1903). Der Verlag, dessen Bedeutung 
besonders seit der Mitte des 19. Jh. immer größer 
wurde, weitete sich durch die Gründung der fol- 
genden Filialen aus: St. Gallen und Basel (beide 
1865), Luzern (1874), Leipzig (1885), Lugano 
(1887), Winterthur (1892), Neuchitd (1907) und 
Solothurn (1909). Das Verlagsprogramm, das alle 
Zweige des musikalischen Verlagswesens umfaßt, 
pflegt besonders die Chorliteratur. Die H. sehen 
Instrumente erhielten wiederholt Auszeichnungen. 
Im Verlag erscheinen die »Schweizerische Musik- 
Zeitung« (seit 1876), das »Eidgenössische Sänger- 
blatt« (seit 1937) und die Kundenzeitschrift »Hugs 
Musikpost«. 

lit: S. F. Müller, Ein Haus d. Musik, Aus 150 
Jahren H. & Co., Fs., Zürich 1957; ders., J. Chr. H., 
SMZ XCVH, 1957. 

Hughes (ju:s), Dom Anselm, OSB (eigentlich 
H. V. Hughes, Anselm ist Klostemame), * 15. 4. 
1889 zu London; englischer Musikforscher, stu- 


dierte 1908-11 am Keble College in Oxford 
(Bachelor of Arts), 1911/12 am Theological Col- 
lege in Ely (Cambridgeshire). 1912 begann er als 
Chorleiter in London zu wirken, wurde 1915 
Master of Arts, 1922 Chorleiter der Abtei in 
Pershore (Worcestershire) und bekleidet seit 1926 
das gleiche Amt in der Nashdom Abbey, Bum- 
ham (Buckinghamsfaire), deren Prior er 1936-45 
war. EL wurde 1945 Präsident der Guild of 25t. 
Gregory, 1947 Vorstandsmitglied der Gregorian 
Association, 1949 Vizepräsident der Plainsong & 
Mediaeval Music Society und ist auch Leiter der 
Paith Press, Ltd. Unter seinen Kompositionen ragt 
eine Missa SanctiBenedicti (1918) hervor. Ausgaben: 
Early English Harmony II. - Transcription and Notes 
(London 1913); Worcester Mediaeval Harmony 
(Bumham 1928) ; Anglo-French Sequelae , edited fiom 
the papers of the late Dr. H. M. Bannister (Bum h am 
und London 1934) ; English Gothic Music (London 
seit 1941, mit P. A. Grainger); The Fayrfax Series 
(London seit 1949); The History of Music in Sound 
il-m (London 1953). Schriften: Latin Hymnody 
(London 1923); On the Study of Early Harmony 
(in: Laudate 1, 1923) ; Sixteenth Century Service Mu- 
sic (ML V, 1924) ; Worcester Harmony . . . (Proc. 
Mus. Ass. II, 1924/25); Old English Harmony (ML 
VI, 1925) ; The Eton Manuscript (Proc. Mus. Ass. 
LEI, 1926/27) ; The House of my Pilgrimage (London 
1929) ; Tneoretical Writers on Music (in: The Oxford 
History of Music, London 2 1929, Introductory 
Volume); Einleitungen zu: »The Old Hall Ma- 
nuscript« (herausgegeben aus dem Nachlaß von 
A. Ramsbotham, mit H. B. Collins, 3 Bände, 
Bumham und London 1933-38); The Origins of 
Harmony (MQ XXIV, 1938); Index to the Facsimile 
Edition of Manuscript Wolfenbüttel 611 (London und 
Edinburgh 1939); Liturgical Terms (Boston 1940); 
The Works of R Fayrfax (Verzeichnis, ML XXX, 
1949) ; Mediaeval Polyphony in the Bodleian Library 
(Oxford 1951) ; An Introduction to Fayrfax (MD VT, 

1952) ; Music of the Coronation . . . (Proc. R. Mus. 
Ass. LXXIX, 1952/53); Catalogue of the Musical 
Manusaipts at Peterhouse , Cambridge (Cambridge 

1953) ; The Birth of Polyphony, Music in the Tuseljrh 
Century, Music in Fixea Rhythm und The Motet (m: 
The New Oxford History of Music II, 1954; H. 
ist auch Herausgeber von Band II und IE dieses 
Werkes); The Topography of English Mediaeval 
Polyphony Cm: In memoriam J. Handschin, Straß- 
burg 1958). 

Hughes (ju:s), Arwel, * 25. 8. 1909 zu Rhoslla- 
nerchrugog (bei Wrexham); walisischer Dirigent 
und Komponist, studierte in London am Royal 
College of Music bei Vaughan Williams, wurde 
Assistent Organist an St. Margaret, Westminster, 
und Organist und Chormeister an St. Philip und 
St. James in Oxford, ging 1935 an den Sender 
Cardiff der BBC und übernahm 1950 die Leitung 
des BBC Welsh Orchestra sowie der Welsh Na- 
tional Opera Company. EL hat in seine Musik 
spätromantischer Prägung Elemente kritischer 
Folklore aufgenommen. Kompositionen: die 
Oper Menna (Cardiff 1953); Gweddi für S., Chor 
und Streicher; A Song of Deliverance und Dewi 
Sant für Soli, Chor und Orch.; Fantasia für Strei- 
cher; ein Streichquartett; Lieder und Chorwerke 
sowie Musik zu Hörspielen. 


837 



Hughes 


Hughes (ju:s), Edwin, * 15. 8. 1884 zu Washing- 
ton; amerikanischer Pianist, studierte beijoseffy in 
New York (1905-06) und Leschetizky in Wien 
(1907-10), machte sich als Pianist in Deutschland 
und den USA bekannt, übersiedelte 1912 nach 
München, 1916 nach New York, wo er 1918-23 
eine Meisterklasse am Institute of Musical Art 
leitete und dann als Herausgeber von Klavier- 
werken für den Verlag G. Schirmer Inc. tätig war. 
Mit seiner Frau Jewel Bethany H. veranstaltete 
er Konzerte auf zwei Klavieren. H. schrieb Musical 
Memory in Piano Playing and Piano Study (MQ I, 
1915) und komponierte eine Reihe von Liedern 
und Klavierstücken. 

Hughes (ju:s), Herbert, * 16. 3. 1882 zu Belfast, 
1 1. 5. 1937 zu Brighton; irischer Komponist und 
Musikforscher, wurde 1896 Organist an St. Peter’s 
in Belfast; 1901 trat er in das Royal College of 
Music in London ein und studierte bei Parratt, 
Garda, Sharpe und Wood. Er war einer der Grün- 
der der Irish Folk-song Society (1904) und, neben 
Mrs. Milligan Fox, Mitherausgeber ihrer Publika- 
tionen. Nach mehrjähriger Tätigkeit an »The New 
Age« und verschiedenen irischen Zeitungen war er 
1911-32 Musikredakteur am »Daily Telegraph« in 
London. Er gab Irish Country Songs (2 Bände) und 
Historical Songs and Ballads of Ireland heraus, kom- 
ponierte Lieder: Songs fiom Connacht, Rhymes 
(2 Bände), Parodies für Gesang und Orch. (2 Hefte), 
Liederzyklus Shockheaded Peter für S., Bar. und 
Kl. - 2) Spike (eigentlich Patrick C. H.), * 19. 
10. 1908 zu London, Sohn von Herbert H.; iri- 
scher Komponist, 1923-25 Schüler von Wellesz in 
Wien, lebte dann in Cambridge, leitete 1930-33 
ein eigenes Tanzorchester, wurde 1933 Musik- 
referent des Daily Herald und arbeitet seit 1937 
hauptsächlich bei der British Broadcasting Cor- 
poration, für die er zahlreiche Hörspiele schrieb. 
Kompositionen: Pictures Unframed für Kl. (1923); 
Sonate für Vc. solo (1926); Ballett High *Yellow « 
(1932); Radiooper Cinderella (1937); Operette 
Bianca (1937) ; Oper St. Patrick* s Day (1947) ; Film- 
musiken. Schriften: Opening Bars (London 1946), 
Second Movement (London 1951; beide autobio- 
graphisch) ; Nights at the Opera (London 1948, mit 
Barbara MacFadyean). 

Hughes (ju:s), Rosemary Stella Middlemore, 
* 26.11.1911 zu Bromsgrove (Worcestershire); 
englische Musikforscherin, studierte 1929-32 in 
Oxford (Bachelor of Arts), 1934/35 in Toronto 
(Master of Arts), anschließend noch am Royal Col- 
lege of Music in London, wo sie als Musikreferen- 
tin tätig ist und Kurse für die Worker’s Educatio- 
nal Association abhält. Sie schrieb : Haydn at Oxford 
(ML XX, 1939); Haydn (London und New York 
1950); Two Haydn Masses (Musical Times XCI, 
1950); The Haydn Orchestra (ebenda XCIII, 1952); 
The Musical Scene in Europe in 1829 (Proc. R. Mus. 
Ass. LXXX, 1953/54). Mit N. Medici di Mari- 
gnano gab sie heraus: »V. und M. Novello, A Mo- 
zart Pügrimage« (London 1955). 

Hughes (ju:s), Rupert, * 21. 1. 1872 zu Lan- 
caster (Missouri) ; amerikanischer Schriftsteller und 
Komponist, studierte am Adelbert College in 
Clevdand (Ohio), Yale, New York und London, 
war 1898-1900 Musikkritiker des New Yorker 


»Criterion« und widmete sich dann ganz der 
Schriftstellerei, gelegentlich auch der Komposi- 
tion: Lieder; Griff, eine dramatische Szene für 
Bar. und IG. (1920). Schriften über Musik: Con- 
temporary American Composers (1900, 2. Auflage, 
hrsg. v. A. Elson, Boston 1911); Love Affairs of 
Great Musicians (2 Bände, 1903) ; The Musical Guide 
(2 Bände, 1903, 2. Auflage in einem Band als 
Music Lover* s Cyclopedia , 1912, 3. Auflage, hrsg. 
v. D. Taylor and R. Kerr, als Music Lover* sEncyclo- 
pedia , 1939) und Biographical Dictionary of Musicians 
(neu hrsg. v. D. Taylor und R. Kerr, New York 
1940). 

Huglo (ügl'o), Dom Michel, OSB, * 14. 12. 
1921 zu LiSe; französischer Choralforscher, wurde 
1947 ordiniert und lebt in der Abbaye Saint Pierre 
in Solesmes. Er veröffentlichte: in der Revue grd- 

f orienne: Milodie hispanique pour une ancienne 
ymne ä la Croix (XXVIII, 1949), La milodie grecque 
du Gloria in excelsis et son utilisation dans le Gloria 
XIV (XXIX, 1950; englisch in Gregorian Review 
EI, 1956), Origine de la milodie du Credo authentique 
de VEdition Vaticane (XXX, 1951 ; auch im Kgr.- 
Ber. Rom 1950), Voffice du dimanche de Pdques 
dans les monastbres benidictins (XXX, 1951), Un 
important timoin du chant vieux-romain: le Graduel 
de Ste. Cicile du Transtbbre (mitD. Hourlier ;XXX, 
1952), La prose ä Notre-Dame de Gräce de Cambrai 
(XXX, 1952), Notes historiques ä propos du second 
Dicret sur la Vigile pascale (XXX, 1952), Un tonaire 
du Graduel de lafin du VHP sihle (XXX, 1952); 
außerdem : La tradition occidentale des milodies byzan - 
tines du Sanctus (Fs. Johner, Köln 1950), U ancienne 
Version de V Hymne acathiste (Le Musdon LXTV, 
1951), Aproposito di una nuova Enciclopedia musicale: 
le Melodie ambro siane (Ambrosius XXVII, 1951), 
Die Adventsgesänge nach den Fragmenten von Lucca 
(Kmjb XXXV, 1951), Notice descriptive sur le 
manuscrit VI. 34 de Binivent (Paldographie Musi- 
cale XV, 1953), Uauteur de V Exultet pascal (Vigiliae 
Christiane VH, 1953), Source Hagiopolite d'une an - 
Henne hispanique pour le dimanche des Rameaux 
(Hispania Sacra V, 1952), La chant vieux-romain: 
manuscrits et timoins indirects (Sacris erudiri VT, 
1954), Les noms des neuntes et leur origine (Etudes 
grdgoriennes I, 1954), Vestiges d'un ancien ripertoire 
musical de Haute-Italie (Kgr.-Ber. Wien 1954; 
italienisch in Ambrosius XXXI, 1955), Antifone 
anticheper la Fractio panis (Ambrosius XXXI, 1955), 
Les Preces hispaniques des graduels aquitains (His- 
pania Sacra VIII, 1955), Le tonaire de St. Binigne de 
Dijon (Ann. Mus. IV, 1956), Fonti e paleografia del 
conto ambrosiano (Archivio Ambrosiano VTI, 1956), 
Un nouveau prosaire nivemais (Ephemerides Htur- 
gicae LXXI, 1957) und Le domaine de la notation 
bretonne (Etudes grdgoriennes II, 1957). H. ist Mit- 
arbeiter der Paldographie Musicale. 

Hugo von Reutlingen (Hugo Spechtshart), 

* 1285 zu Reutlingen, f 1359 oder 1360; deutscher 
Musiktheoretiker, war Leutpriester und bekleidete 
eine Kaplanstelle an der Reutlinger Marienkirche. 
Seine Schriften zählen zu den wichtigsten Quellen 
des mittelalterlichen Schulwesens. 1332 entstanden 
die Flores musicae omnis cantus Gregoriani (1342 er- 
gänzt, ab 1488 von J. Pryß in Straßburg gedruckt). 
Eine Chronik Hugos (handschriftlich in Leningrad) 


838 



Hullah 


enthält einen Bericht über die Fahrten der Geißler 
im Pestjahr 1349 mit Aufzeichnung der Melodien 
der Geißlerlieder. 

Ausg. : »Flores musicae«, mit deutscher Übers, hrsg. 
v. C. Beck, in: Bibi. d. Litterarischen Ver. in Stutt- 
gart LXXXIX, 1868 (Fehlerverbesserung in MfM II, 
1870, S. 110 f.) ; »Flores musicae«, hrsg. v. K.-W. 
Gümpel, = Abhandlungen d. geistes- u. sozialwiss. 
Klasse d. Akad. d. Wiss. u. d. Lit. in Mainz, Jg. 1958, 
Nr 3 ; Die Lieder u. Melodien d. Geißler . . ., hrsg. v. 
P. Runge, Lpz. 1900. 

Lit.: K. Bihlmeyer, H. Spechtshart v. R., in: Hist.- 
politische Blätter f. d. kath. Deutschland CLX, Mün- 
chen 1917; A. Diehl in: Mitt. d. Ges. f. deutsche £r- 
ziehungs- u. Schulgesch. XX, Bin 1910; A. Hübner, 
Die deutschen Geißlerlieder, Bin u. Lpz. 1931. 

Hugot (üg'o), Antoine, * 1761 und f 18. 9. 1803 
zu Paris (Selbstmord im Heberwahn) ; französischer 
HÖtist und Komponist, war zuerst Soloflötist der 
Italienischen Oper, dann Mitglied des Musikkorps 
der Nationalgarde und bei Gründung des Conser- 
vatoire an diesem Professor des Rötenspiels. Die 
von ihm vorbereitete offizielle Rötenschule des 
Conservatoire brachte 1804 J. G. Wunderlich 
heraus (deutsch von E. Müller, auch in andern Be- 
arbeitungen erschienen). H. veröffentlichte 6 Kon- 
zerte für R. sowie viele Sonaten, Duette, Trios, 
Etüden und Stücke, die in Ansehen standen. 

Hugues de Berz6 (ü:g), Hugues IV, seigneur de 
Berz6-le-Chätel (Ddp. Saöne-et-Loire), * um 1155, 
f vor 1220; Trouvere aus Burgund, wirkte am 
Ende des 12. und zu Beginn des 13. Jh. und hat am 
4. Kreuzzug teilgenommen. Neben der sogenann- 
ten Bible au seigneur de Berzi (Versdichtung in ge- 
reimten 8-Süblem) sind von ihm 8 Liedertexte 
bekannt, die zum Teil mit ihren Melodien hand- 
schriftlich gut überliefert sind. 

Ausg. u. Lit.: A. Jeanroy, Le Chansonnier d’Arras, 
Paris 1925 (Faks. d. Melodien d. Ms. A); P. Aubry, 
Les plus anciens monuments de la musique frangaise, 
Paris 1905 (Faks. d. Melodie d. Ms. Ri - — a -); 
J. B£deer u. P. Aubry, Les chansons de croisade, 
Paris 1909 (Melodie zu R 1126 »S’onques nus hom 
por dure departie« nach den Mss. K und R); Fr. 
Gennrich, Das Frankfurter Fragment einer altfrz. 
Liederhandschrift, ZRPh XLU, 1923 (Melodie zu 
R 1126 nach Ms. D); ders., Grundriß einer Formen- 
lehre d. ma. Liedes, Halle 1932 (Melodie zu R 1821 
»Nus hon ne set d’ami qu’ü puet valoir«); ders., 
Troubadours, Trouvfcres, Minne- u. Meistergesang, 
*» Das Musikwerk, Köln (1951), (Melodie zu R207 
»Lonc tens ai servi en balance«); ders., MGG VI; K. 
Engelcke, Die Lieder d. H. de Bregi, Diss. Rostock 
1885, in: Arch. für d. Studium d. neueren Sprachen 
u. Lit. LXXV, 1886; F. Lecoy, La »Bible« au seigneur 
de Beiz6, 6d. critique d’apres tous les manuscrits, 
Paris 1938 ; ders., Pour la Chronologie d’H. de B., in: 
Romania LXVII, 1942/43; G. Paris, H. de B., in: 
Romania XVIII, 1889; O. Schultz, Urkundliches 
zu H. de B., ZRPh XVI, 1892; Ch.-V. Langlois, La 
vie en France au moyen äge II, Paris 1925, S. 88 ff. 

Huizar (v'iGar), Candelario, * 2. 2. 1888 zu 
Jerez (Zacatecas); mexikanischer Komponist von 
Indianerherkunft, erlernte in der Jugend mehrere 
Instrumente und wurde nach seiner Übersiedlung 
nach M&rico D. C. 1918 Schüler von G, Campo 
am Conservatorio National. An diesem wirkte er 
nach einer Tätigkeit als Instrumentalist und Biblio- 
thekar der Orquesta Sinfönica als Lehrer für Kom- 
position und Analyse, bis 1944 ein Schlaganfall 


ihn zwang, sich zurückzuziehen. H., der von C. 
Chivez beeinflußt wurde und sich um eine eigen- 
ständige nationale mexikanische Musik bemühte, 
übernimmt in seinen Werken weitgehend die klas- 
sischen Formen (besonders in den Symphonien) 
und verwendet Themen der indianischen Volks- 
musik. Kompositionen: 4 Symphonien (I: 1930; 
ü: Oxpcmiztli, 1936; HI: 1938; IV: 1942), sympho- 
nische Dichtungen Imdgenes (1929), Pueblerinas 
(1931) und Surco (1935) ; Preludio y Fuga in C für 
Orch. (1943) ; Pribe pour ma mbe für Singstimme 
und Orch. ; ein Streichquartett (1938), Sonate für 
Klar, und Fag., Sonate für Trp. und KL, Andante 
für Vc. und KL 

Lit.: Bl. Galindo Dimas, C. H., in: Nuestra Müsica 
I, 1946; J. C. Romero, C. H., ebenda VH, 1952 (mit 
Werkverz.). 

Hüll (hAl), Arthur Eaglefidd, * 10. 3. 1876 zu 
Market Harborough, f 4. 11. 1928zuHudders£eld; 
englischer Musikschriftsteller, Schüler von Mat- 
thay und Pearce in London, Mus. B. und Mus. D. 
an Queen’s College, Oxford. Er ist Gründer (1918) 
und war 1919-21 ehrenamtlicher Leiter der 
»British Music Society«, ab 1912 Herausgeber des 
»Monthly Musical Record« in London und Haupt- 
redakteur eines Dictionary of Modem Music and 
Musicians (London 1924, deutsch bearbeitet von A. 
Einstein, Berlin 1926). H. veröffentlichte: Modem 
Harmony, its Explanation and Application (London 
1914, 31923); Scriabin (London 1916); Cyril Scott 
(London 1918) ; Music. Classical, Romantic and Mo- 
dem (London 1927) ; Contemporary Music (London 
1927) ; gab sämtliche Orgelwerke von Bach und 
Guilmant heraus und ist auch als Komponist 
(Ouvertüre, Oratorium, Orgelwerke) hervorge- 
treten. 

Hullah (h'Ale:), John Pyke, * 27.6.1812 zu 
Worcester, f 21. 2. 1884 zu London; englischer 
Musikpädagoge und Komponist, 1829 Schüler von 
W. Horsley, trat 1833 in die Royal Academy of 
Music ein als Gesangschüler von Crivelli, brachte 
1836-38 3 Singspiele zur Aufführungj'TTze Village 
Coquettesj The Barbers ofBassora und The Outpost ) , 
studierte 1839 in Paris Wilhems Methode des po- 
pulären Gesangunterrichts und errichtete 1841 in 
Exeter Hall zu London eine Gesangschule für 
Schullehrer nach Wilhems System (-> Wilhem), 
welche bald außerordentlichen Anklang fand und 

S en Umfang annahm. Für Konzertauf- 
m seiner Schüler wurde 1847 ein Konzert- 
aut (Martin’s Hall, 1850 eingeweiht, 1860 
abgebrannt). Nicht weniger als 25000 Schüler be- 
suchten 1840-60 H.s Unterrichtsklassen. 1844 
wurde H. als Gesanglehrer am King’s College an- 
gestellt, von welchem Amt er 1874 zurücktrat, 
während er die gleiche Stellung am Queen’s Col- 
lege und Bedford College beibehielt. 1870-73 
leitete er die Konzerte der Akademie, desgleichen 
ab 1841 die Konzerte der Kinder der Metropolitan- 
schulen im Kristallpalast. 1872 wurde er zum In- 
spektor des Musikunterrichts an den Volksschulen 
ernannt; als solcher ging er scharf gegen die in- 
zwischen aufgekommene Tonic-Solfa-Methode 
vor, was wesentlich dazu beitrug, deren Sieg über 
die Wilhem-Hullah-Methode schnell zu entschei- 
den. 1858 wurde H. Nachfolger seines Lehrers 
Horsley als Organist am Charter House. Als Kom- 


839 



Humanus 


ponist trat er mit Liedern hervor, die zum Teil 
populär wurden. Zahlr eiche Sammelwerke von 
Vokalkompositionen erschienen unter seiner Re- 
daktion, so: The Psalter (4st. Psalmen, 1843), The 
Book of Praise Hymnal (1868), The Whole Bock of 
Psalms , with Chants , Part Music (2. Auflage: Vocal 
Music ), Vocal Scores , Sacreä Music (1868), The 
Singer* s Library , Sea Songs . Außerdem schrieb er 
(alles London): Wilhem* sMethod ofTeachtng Singing 
Adopted to English Use (1841), A Grammar of Vocal 
Music (1843), A Grammar of Musical Harmony 
(1852), The History of Modem Music (1861, 21875), 
A Grammar of Counterpoint (1863), A Course of 
Lectures on the Third or Transition Period of Musical 
History (1865, 21876), The Cultivation of the Speak- 
ing Voice (1869), Music in the House (1877) und 
Aufsätze für Zeitschriften. 

Lit: Life of J. H., hrsg. v. Frances Hullah (seiner 
zweiten Frau), London 1886. 


Humanus, P. C. (Pseudonym des schwäbischen 
Predigers Hartong ; 18. Jh.), schrieb die von J. A. 
HUler und Adlung gerühmte Klavierschule Musicus 
theoretico-practicus , bey welchem anzutreffen 1) die 
demonstrativ ische Theorica musica, 2) die methodische 
Klavier-Anweisung mit Regeln und Exempeln , wozu 
noch kommet eine Anführung zu fugierenden Fantasien, 
zu rechter Exekutierung des Chorals , zu rechtem Ge- 
brauch eines neuinventierten Circuli (2 Teile, Nürn- 
berg 1749). 

Humbert (dbb'e:r), Georges, * 10. 8. 1870 zu 
Sainte-Croix (Waadtland), fl. 1. 1936 zu Neuen- 
burg; Schweizer Musikschriftsteller und Organist, 
Schüler des Leipziger und Brüsseler Konserva- 
toriums und der Königlichen Hochschule in Berlin 
(Bargid), wurde Lehrer für Musikgeschichte am 
Genfer Konservatorium sowie (1892-96) Organist 
und Chordirektor der dortigen Kirche Notre- 
Dame. 1893-1901 leitete er die Societ6 d’orchestre 
in Lausanne und war 1898-1918 Organist der 
Stadtkirche in Morges. 1918 wurde er zum Direk- 
tor des neuerrichteten Konservatoriums zu Neu- 
enburg berufen, das er zu einer geachteten Anstalt 
machte. 1894-96 gab H. die »Gazette musicale de 
la Suisse romande« heraus, 1918-24 die »Vie musi- 
calet, ab 1924 die »Pages musicales«, das Organ des 
Konservatoriums von Neuenburg. H. übersetzte 
Ricmanns Musiklexikon (Paris 1896-99, Lausanne 
21913, Paris 31931), Vereinfachte Harmonielehre (Lon- 
don 1899) und Elemente der musikalischen Ästhetik 
(Paris 1906) ins Französische. Er schrieb : Notes pour 
servir ä Vitude deiThistoire de la musique (1. Band, 
Neuenburg 1904). 

Humb$rtus de Romanis OP, * um 1200 zu Ro- 
mans (Dröme), f 14. 7. 1277 zu Valence, 1254-63 
General des Dominikaner-Ordens, dem er (nach 
Studien in Paris) 1224 beigetreten war. Als neuge- 
wählter Ordensgeneral reformierte er 1254-56 den 
bis dahin uneinheitlichen Choralgesang des Or- 
dens, der in dieser Form bis heute bestehen blieb. 
Ausg.: Schriften u. Verordnungen in: Monumenta 
OP Historica III, hrsg. v. B. M. Reichert OP, Rom 
1898; Opera de vita regulari Humberti, 2 Bde, hrsg. 
v. J. J. Berthier OP, Rom 1888-89. 

Lit: J. Qu£tif u. J. Echard, Scriptores OP, 2 Bde, 
Paris 1719-21, erweitert v. R. Coulon u. A. Pagillon 
Paris 21910-34; A. Mortter OP, Hist des Maltres 
G6n6raux... I, Paris 1903; L. Rousseau OP, De 


Ecclesiastico Officio Fratrum Praedicatorum, secun- 
dum ordinationem ven. magistri H. de R., in: Ana- 
lecta OP XXXIV, 1925/26, separat Rom 1927; Fr. 
Heintke, H. v. R., Bin 1933. 

Humfirey (h'Amfii), Pelham (Humphry, Hum- 
freyes) * 1647, f 14. 7. 1674 zu Windsor; englischer 
Komponist, 1660 Chorknabe der Chapel Royal 
unter H. Cooke, 1664 mit königlichem Stipen- 
dium nach Frankreich und Italien gesandt, stu- 
dierte hauptsächlich unter Lully in Paris, wurde 
1666 Lautemst des Königs und 1667 Mitglied 
(gendeman) der Chapel Royal, 1672 Nachfolger 
Cookes als Master of the Children und 1673 Kom- 
ponist des königlichen Orchesters (Violins to His 
Majesty nach dem Muster der 24 Violons du Roy 
Ludwigs XIV.). Anthems von ihm finden sich in 
Boyces Cathedral Music , andere kirchliche Kompo- 
sitionen in der Harmonia Sacra (1688), weltliche 
Lieder in den Choice Songs (1673), Choke Ayres , 
Songs and Dialogues (1676-84) und H. S. Smiths 
Musica Antiqua, . Weitere Werke, darunter Bühnen- 
musik zu Shakespeares The Tempest (Bibliothek 
des Pariser Conservatoire), sind handschriftlich 
überliefert. 

Ausg.: 4sL Anthem »O Lord, my God«, Davison- 
Apel Anth. II, 242 (nach: Cathedral Music, hrsg. v. 
W. Boyce, London 1788, neu hrsg. v. J. Warren, Lon- 
don 1849). 

Lit : M. L. Pereyra, La musique derite sur la »Tem- 
pfite« d’aprds Shakespeare par P. H., in: BulL de la 
Soc. Fr?, de MusicoL II, 1920. 


Hummel, Ferdinand, * 6. 9. 1855 und f 24. 4. 
1928 zu Berlin; deutscher Komponist, konzer- 
tierte bereits mit 7 Jahren als Harfenvirtuose und 
erhielt ein königliches Stipendium für weitere 
Studien. 1864-67 unternahm er Konzertreisen, stu- 
dierte 1868-71 an Kullaks Akademie, 1871-75 an 
der Königlichen Hochschule für Musik und der 
Kompositionsschule der Akademie. Im Klavier- 
spiel war er Schüler von RudorfF und Grabau, in 
der Komposition von Kiel und Bargiel. Werke 
(Auswahl): die Opern Angla (Berlin 1894), Mara 
(Berlin 1893), Ein treuer Schelm (1894), Assarpai 
(Gotha 1898), Sophie von Brabant (Darmstadt 1899), 
Die Beichte (Berlin 1899), Die Gefilde der Seligen 
(Altenburg 1916), Jenseits des Stroms (Filmoper, 
1922) sowie Musik u. a. zu Die schöne Toledanerin 
und zu Wüdenbruchs Willehalm , Das heilige Lachen 
(1892), zu Sakuntala (1903) und zu dem Märchen- 
spiel Eine Reise ins Märchenland ; Märchendichtun- 
gen für Soli, 3st. Frauenchor und KL: Rumpel- 
stilzchen (1881), Frau Holle (1881), Hansel und Gretel 
(1882), Die Meerkönigin und Die Najaden ; Sym- 
phonie D dur op. 105, Ouvertüre op. 17, Klavier- 
konzert B moll op. 35 und Konzertstück für KL 
op. 1; Kammermusik: je ein Klavierquintett und 
-quartett, 4 Cellosonaten, eine Violin- und eine 
Hom-Sonate; die Chorwerke Columbus (1885) und 
Der neue Herr Oluf; einige Balladen, zahlreiche 
Männer- und Frauenchöre, Melodramen mit Kl., 
viele Lieder. 


Hummel, - 1) Johann Julius, getauft 17. 12. 
1728 zu Waltershausen (im Grabfeld), f 27. 2. 1798 
zu Berlin; deutscher Musikverleger, lebte spä- 
testens ab 1746 im Haag, gründete 1756 einen 

1770 einen weiteren in Berlin, wohin er schon 


840 



Humperdinck 


4 Jahre später übersiedelte. Sein Verlag wurde be- 
deutend durch seine Drucke vor allem von Wer- 
ken Haydns, für die Verbreitung von Komposi- 
tionen der bedeutendsten Musiker aus dem zwei- 
ten und letzten Drittel des 18. Jh. durch eine große 
Reihe guter Nachdrucke. Bei seinem Tod über- 
nahm sein Sohn Johann Bernhard (1760 bis 
etwa 1805) den Berliner Verlag, der bald nach 1820 
einging. Das Geschäft in Amsterdam übe rnahm 
schon früher J. T. H.s Bruder -2) Burchard, * 16. 
4. 1731 zu Waltershausen, f 27. 9. 1797 im Haag; 
er kam in den 40er Jahren nach den Haag, betätigte 
sich dort als Waldhomist und Oboist und richtete 
ebenfalls einen Verlag ein, der später mit seinem 
und seines Sohnes Leonhard Namen firmierte, 
zunächst mit den Haag und Amsterdam, zuletzt 
nur mit den Haag als Verlagsort. Nach seinem Tod 
wurde der Verlag als »Veuve Burchard Hummel« 
weitergeführt. 

Lit.: J. W. Ensched£, Een magazftn catalogus van 
J. J. H. te Amsterdam en B. H. te ’s-Gravenhage, 
1778, TVer VIII, 1907; E. F. Kossmann, De Boek- 
handel te ’s-Gravenhage tot het eind van de 18de 
eeuw, in: Bjjdragen tot de Geschiedenis van den 
Nederlandschen Boekhandel XIII, 1937. - R. Eitner, 
Buch- u. Musikalienhändler, * Beilage zu MfM 
XXXVI/XXXVH, 1904/05; W. Barclay Squire, 
Publishers’ Numbers, SIMG XV, 1913/14; O. E. 
Deutsch, Music Publishers’ Numbers, in: The Jour- 
nal of Documentation I-II, 1945/46-1946/47, separat 
London 1946. 

Hummel, Johann Nepomuk, * 14. 11. 1778 
zu Preßburg, f 17. 10. 1837 zu Weimar; österrei- 
chischer Komponist und Pianist, war der Sohn des 
Musikmeisters am Militärstift in Wartberg Joseph 
H., der nach Aufhebung jener Anstalt 1786 Kapell- 
meister an Schikaneders Theater in Wien wurde. 
Auf diese Weise lernte H. Mozart kennen, der sich 
für ihn interessierte und ihn 2 Jahre lang unterrich- 
tete. Bereits 1788-93 unternahm er als vortreff- 
licher Klavierspieler in Begleitung seines Vaters 
Konzertreisen bis nach Dänemark und England, 
widmete sich dann aber wieder ernsthaften Studien 
unter Albrechtsberger und Salieri. Nachdem er 
1804-11 die durch Haydns Altersschwäche vakant 
gewordene Kapellmeisterstelle beim Fürsten Ester- 
häzy vertretungsweise bekleidet hatte, lebte er 
einige Jahre ohne Anstellung als Musiklehrer 
und Komponist in Wien, erhielt 1816 die Beru- 
fung zum Hofkapellmeister nach Stuttgart, ver- 
tauschte aber 1819 diese Stelle mit der gleichen in 
Weimar und konzertierte mit reichlich gewährtem 
Urlaub noch wiederholt auch in Rußland und 
England. H.s Kompositionsstil ist das getreue Ab- 
bild seiner Spielweise; den Mangel an Leidenschaft 
und Wärme der Empfindung verdecken die Gir- 
landen des Passagenwerks. Der Einfluß seines 
Lehrers Mozart auf seine Schreibweise ist unver- 
kennbar; doch besitzt seine Melodik bei weitem 
nicht den Add degenigen Mozarts, und das figura- 
tive Element ist bei ihm zur Hauptsache geworden, 
wozu wahrscheinlich die leichte Spielart der Wie- 
ner Klaviere mit den Anstoß gab. Allerdings ist 
sein gelockerter und klanglich bereicherter Kla- 
vierstil eine wichtige Vorstufe zur spezifischen 
Klaviermusik von Chopin, Henselt, Liszt. Von 
seinen 125 Kompositionen sind am bekanntesten 
das 3. (A moll), 4. (H moll) und 6. (As dur) seiner 
7 Klavierkonzerte, das D-mollrSeptett op. 74 für 


KL, Fl., Ob., Horn, Va, Vc. und Kb., die Klavier- 
sonaten Fis moll op. 81, As dur op. 92 (4händig) 
und D dur op. 106, die Rondos op. 122 ( villageois), 
55 (La bella capHcciosa), 11 (Es dur) und 109 
(H moll), auch die Bagatellen op. 107; ferner sind 
zu erwähnen: 5 2händige und 3 4händige Klavier- 
sonaten, 8 Violinsonaten, 6 Trios, viele Rondos, 
Capricen, Fantasien op. 18, 49, Variationen op. 8, 
9, 10, 21, 40, 57, Etüden, Symphonie concertante für 
Kl. und V., Klavierfantasie mit Orch. Oberons 
Zauberhom op. 106, Militärseptett op. 114 (mit 
Trp.), Klavierquintett op. 87, 2 Serenaden für KL, 
V., Gitarre, Klar, und Fag., 3 Streichquartette, 
3 Messen zu 4 St., Orch. und Org., ein Graduale 
und ein Offertorium, einige Kantaten, mehrere 
Opern (Mathilde von Guise , Wien 1810), 5 Ballette 
und Pantomimen sowie Musik zu Grillparzers 
Ahnfrau (Stuttgart 1823). H.s Klavierschule Aus- 
führliche Anweisung zum Pianofortespiel (1828) ist 
eine der ersten rationellen Methoden für den Fin- 
gersatz; da sie aber zu einer Zeit erschien, als die 
leichte, elegante Spielmanier an fing, einer neueren, 
großartigeren zu weichen, konnte sie nicht mehr 
recht zur Geltung kommen. 

Ausg. : Collection compl&te des oeuvres pour le piano- 
forte, 21 Bände, hrsg. v. J. P. Pixis, Paris; Auswahlen 
der Kl.-Werke wurden u. a. hrsg. v. F. Becker 
(7 Bde), C. Reinecke (2 Bde), Speidel (3 Bde) und 
Stolze (28 Hefte) ; in Farrencs »Tresor des Pianistes« 
XXII; Variationen op. 8-10, 15, 21, 40 u. 57, Adagio, 
Variationen u. Rondo über »The pretty Polly«, Intro- 
duktion u. Rondeau op. 19, Rondeau brillant op. 109, 
Sonaten op. 13 u. 20, Adagio aus d. Sonate op. 38, 
Grande Sonate op. 81 u. Fantasie op. 18; Polacca 
op. 55 in Taguapdbtra Ant. XIV. 

Lit: A. Kahlert, Zur Erinnerung an J.N. H., in: 
Deutsche Musikzeitung I, 1860; K. Benyovszky, 
J. N. H., Preßburg 1934 (mit 2 Werkverz.); ders., H. 
u. seine Vaterstadt, Führer durch d. H.-Museum, 
Preßburg 1937. - W. Meyer, J. N. H. als Klavier- 
komponist, Diss. Kiel 1922 (maschr.); P. Egert, Die 
Klaviersonate im Zeitalter d. Romantik I, Lpz. 1934. 

Hummel» Joseph Friedrich, * 14. 8. 1841 zu 
Innsbruck, f 20. 8. 1919 zu Salzburg; österreichi- 
scher Komponist, Schüler des Münchner Konser- 
vatoriums, 1861-80 Theaterkapellmeister in Gla- 
rus, Aachen, Innsbruck, Troppau, Linz, Brünn und 
Wien, war ab 1880 Direktor des Mozarteums in 
Salzburg. Er schrieb viele kirchenmusikalische 
Werke, mehrere Konzert- und Orchesterstücke, 
Chöre und Lieder. 

Hymperdinck, Engelbert, * 1. 9. 1854 zu Sieg- 
burg (Rheinland), f 27. 9. 1921 zu Neustrelitz; 
deutscher Komponist, war nach anfänglichem Ar- 
ebitekturstudium zunächst Schüler des Kölner 
Konservatoriums (F. Hüler, G.Jensen, Gernsheim), 
kam 1877 als Mozartstipendiat auf die Münchner 
Königliche Musikschule (Rheinberger), studierte 
daneben privat bei Fr. Lachner, ging 1879 mit dem 
Mendelssohnpreis ausgezeichnet nach Italien, ar- 
beitete 1880-82 als Assistent R. Wagners in Bay- 
reuth, weilte vorübergehend in Paris, dann m 
Köln. 1885-87 wirkte er als Kompositionslehrer 
am Konservatorium in Barcelona, dann am Kölner 
Konservatorium, wurde 1888 Lektor beim Schott- 
Verlag und 1890 Lehrer am Hochschen Konser- 
vatorium sowie Opemkritiker der »Frankfurter 
Zeitung«. 1896 erhielt er, nicht zuletzt auf Grund 
des Erfolges von Hansel und Gretel , den Professor- 


841 



Humpert 


dtel, lebte einige Zeit nur der Komposition in 
Boppard am Rhein und wurde 1900 als Leiter 
einer Meisterklasse für Komposition an der König- 
lichen Akademie der Künste nach Berlin berufen. 
1920 trat er in den Ruhestand. Von seinen Kompo- 
sitionen wurden zuerst bekannt die Chorballaden 
Die Wallfahrt nach Kevelaar (1878) und Das Glück 
von Edenhall (1879). Sein Hauptwerk, die Oper 
Hansel und Gretel (Weimar 1893, unter R. Strauss; 
Text von H.s Schwester Adelheid Wette), zeichnet 
sich durch eine vom Volkslied ausgehende, in 
ihrer Einfa chheit echt und kindlich wirkende Er- 
findung und klare Linienführung aus und bildet, 
dank der Sicherheit der eigenen stilistischen Hal- 
tung, eine der ganz wenigen, bis heute weltbe- 
kannten deutschen Opern aus der Zeit der ita- 
lienischen Veristen-Erfolge. Auch die undogma- 
tische Verwendung der Leitmotivtechnik zeigt ein 
allmähliches Lösen von R. Wagner. Sein Melo- 
dram Die Königskinder (München 1897; Text von 
Emst Rosmer = Pseudonym für Elsa Porges- 
Bemstein) fand erst in der Umarbeitung zur Voll- 
oper (1908) seit der Uraufführung in New York 
(1910) steigende Anerkennung, während H.s 
dritte Märchenoper Dornröschen (Frankfurt am 
Main 1902) sich besonders wegen der Mängel des 
Librettos nicht durchsetzte. Nur für Klavier und 
Gesang geschrieben ist Die sieben Geislein (Berlin 
1895). Weitere Bühnenwerke: die Opern Die 
Heirat wider Willen (Berlin 1905), Die Marketen- 
derin (Köln 1914) und Gaudeamus (Darmstadt 
1919); die Pantomime Das Wunder (The Miracle; 
London 1911); ein Krippenspiel Bübchens Weih- 
nachtstraum ; Musik zu Shakespeares Der Kaufmann 
von Venedig (Berlin 1905), Ein Wintermärchen (Ber- 
lin 1906), Der Sturm (Berlin 1906) und Was ihr 
wollt (Berlin 1907), zu Aristophanes* Lysistrata 
(Berlin 1908) und Maeterlincks Der blaue Vogel 
(Berlin 1912). Außerdem schrieb H. Orchester- 
werke, darunter die Maurische Rhapsodie (1898), 
ein Streichquartett, Klavierwerke, zahlreiche 
Chöre und Lieder. Eine geplante Schrift gegen 
Hanslicks »Vom Musikalisch Schönen« blieb un- 
ausgeführt. H.s Sohn Wolfram, * 29. 4. 1893 
zu Frankfurt am Main, wirkt seit 1952 als Ober- 
spielleiter am Landestheater und Dozent der Nord- 
westdeutschen Musik-Akademie in Detmold, nach- 
dem er 1933-41 als Opemregisseur in Leipzig, 
dann bis 1945 als Intendant in Kiel tätig gewesen 
war. 1945-49 beschäftigte er sich im fiegburger 
H.-Museum mit der Ordnung des Nachlasses seines 
Vaters; er bereitet eine umfassende H.-Biogra- 
phie vor. 

Lit: O. Besch, E. H., Lpz. 1914; H. Kuhlmann, Stil 
u. Form in d. Musik v. H.s Oper »Hänsel u. Gretel«, 
Diss. Marburg 1930; W. Bitter, Die deutsche ko- 
mische Oper d. Gegenwart, Lpz. 1932; L. Kirsten, 
Motivik u. Form in d. Musik zu E. H.s Oper »Kö- 
nigskinder«, Diss. Jena 1942 (maschr.); E. Thamm, 
Die Quellen zum lyrischen Vokalschaffen E. H.s, 

2 Bde, Diss. Mainz 1951 (maschr.); K. W. Püllen, 
Die Schauspielmusiken H.s, Diss. Köln 1951 (ma- 
schinenschriftlich). HL 

Humpert, Hans, * 19. 4. 1901 zu Paderborn, ge- 
fallen 15. 9. 1943 in der Bucht von Salerno; deut- 
scher Komponist, erhielt zunächst eine organisti- 
sche Ausbildung und trieb dann Kompositions- 
studien 1924/25 bei Sekles in Frankfurt am Main 


und 1926-30 bei Gmeindl an der Hochschule in 
Berlin, wo er auch von P. Hindemith nachhaltige 
Eindrücke empfing. Hierauf lebte H. als freier 
Künsder in Paderborn, wurde 1939 Musiklehrer 
an verschiedenen Schulen der Stadt und 1940 
Kompositionslehrer an der Musikschule in Mün- 
ster. Hauptwerke: Orgelfuge Dmoll (1925); 
Streichtrio (1927); Konzert für Streichquartett 
und größeres Kammerorch. (1928) ; I. Orgelkon- 
zert (1932); Kammermusik für 2 V., Va und KL 
(1932); Musik für Orch. (1936); II. Orgelkonzert 
(1937) ; Kammermusik für Fl., V., Va undKl. (1939) ; 
TTT . Orgelkonzert (1942) ; Sonate für Fl. solo (1943). 
Ferner schrieb H. Orgel- und Klavierstücke, 2 So- 
naten für KL zu 4 Händen sowie viele Kantaten 
und Chöre. Eine H.-H.-Gesellschaft wurde 1954 
in Paderborn gegründet. 

Huneker (h'Anska), James Gibbons, * 31. 1. 1860 
zu Philadelphia, f 9. 2. 1921 zu Brooklyn (New 
York) ; amerikanischer Musikkritiker und -Schrift- 
steller, studierte zunächst Jurisprudenz, widmete 
sich dann dem Klavierspiel und war Schüler des 
National Conservatory in New York, an dem er 
als Assistent von Josefiy 1888-98 Klavierunterricht 
gab, bevor er Schriftsteller wurde. Als Musikkri- 
tiker schrieb er für verschiedene Zeitungen: 1891 
bis 1895 beim »New York Recorder«, 1895-97 am 
»Advertiser«, 1900-12 und ab 1919 bei »Sun«, 
1918/19 bei der »New York Times«. Er war ein 
glänzender und allseitig gebildeter Journalist, der 
freilich sein nüchternes Urteil allmählich seinem 
glänzenden Stil aufopferte. Bücher (wo nicht 
anders angegeben, New York) : Mezzotints in Mo- 
dem Music (1899); Chopin (1900, deutsch München 
und Berlin 1917); Melomaniacs (1902); Overtones: 
a Book of Temperaments (1904) ; Promenades of an 
Impressionist: Studies in Art (1910); Franz Liszt 
(1911; deutsch München 1922); The Pathos of 
Distance (1913) ; Old Fogy, His Musical Opinions and 
Grotesques (Philadelphia 1913); New Cosmopolis 
(1915) ; Ivory Apes and Peacocks (1915) ; The Philhar- 
ntonic Society of New York and its 75th Anniversary 
(1917) ; Unicoms (1917) ; Bedouins (1920) ; Steeplejack 
(Memoiren, 2 Bände, 1922) ; er gab auch mehrere 
Bände Lieder und Klavierstücke in Ditsons 
»Musidan's Library« heraus. 

Lit. : Letters of J. G. H., hrsg. v. J. Huneker, NY 
1922; Intimate Letters of J. G. H., hrsg. v. ders., NY 
1924; ausgewählte »Essays«, hrsg. v. H. L. Mencken, 
NY 1929; B. De Casseres, J. G. H., NY 1925. 

Hunke, Joseph (auch Gunke), * 1801 zu Joseph- 
stadt (Böhmen), f 17. 12. 1883 zu St. Petersburg; 
böhmischer Komponist, 1823-31 in Wien Kompo- 
sitionsschüler Limmers, ab 1834 in St. Petersburg 
als Violinist und Organist der Kaiserlichen Thea- 
ter, 1864 Lehrer an der Hofsängerkapdle, ab 1872 
Bibliothekar des Konservatoriums. Er komponierte 
eine Messe, ein Requiem, ein Oratorium Die Sint- 
flut, Lieder und Kammermusikwerke und schrieb: 
Handbuch der Harmonielehre (St. Petersburg 1852), 
Vollständige Kompositionslehre (3 Bände, I. Melodie, 
II. Kontrapunkt, m. Form) und Briefe über Musik 
(St. Petersburg 1863). 

Hunold, Christian Friedrich (Pseudonym: 
Menantes), * 29. 9. 1681 zu Wandersleben (Thü- 
ringen), t 6. 8. 1721 zu Halle; deutscher Dichter, 
k a m, nacn Abbruch seiner juristischen Studien an 


842 



Hurka 


der Universität Jena, 1700 nach Hamburg, wo er 
mit R. Keiser bekannt wurde. Beide bearbeiteten 

1703 Schümanns 1701 für Braunschweig geschrie- 
bene Oper Solomon . Ebenfalls für Keiser schrieb H. 

1704 das Libretto Der Gestürtzte und wieder Erhöhte 
Nebucadnezar sowie einen Passionstext Der blutige 
und sterbende Jesus . Mit dem Weglassen von Evan- 
gelisten und Chorälen überträgt er hierin Neu- 
meisters Prinzip der Kantate »wie ein Stück aus 
einer Opera« auf die Passionsdichtung. 1707 gab er 
in Hamburg Neumeisters Poetik als Die Aller- 
neueste Art zur Reinen und Galanten Poesie zu ge- 
langen heraus. Nachdem er 1708 Professor in Halle 
geworden war, wandte er sich stärker der geist- 
lichen Dichtung nachbarocker Prägung zu und 
veröffentlichte in seiner 3bändigen Sammlung 
Auserlesene und noch nie gedruckte Gedichte unter- 
schiedener Berühmten und geschickten Männer (Halle 
1718-21) 5 von J. S. Bach 1718-21 in Köthen ver- 
tonte Geburtstags- und Neujahrskantaten. 

Lit. : Ph. Spitta, Über d. Beziehungen S. Bachs zu 
Chr. Fr. H., in: Hist. u. philol Aufsätze, Fs. E. 
Curtius, Bin 1884; H. Vogel, Chr. Fr. H., Diss. Lpz. 
1897; A. Schmidt-Temple, Studien zur Hamburger 
Lyrik . . ., Diss. München 1898; G. Müller, Gesch. 
d. deutschen Liedes II, = Gesch. d. deutschen Lit. 
nach Gattungen III, München 1925; G. Fr. Schmidt, 
Die frühdeutsche Oper, 2 Bde, Regensburg 1933-34; 
R. Petzoldt, Die Kirchenkompositionen . . . R. Kei- 
sers, Diss. Bin 1935; Fr. Smend, Bach in Köthen, 
Bin (1951), darin H.s Köthener Kantatentexte für 
Bach; H. Chr. Wolff, Die Barockoper in Hbg I, 
Wolfenbüttel 1957. 

Hupfeid, Bernhard (Houpfeld, Houbfddt, 
Huppfeld), * 24. (17.?) 2. 1717 zu Kassel, f 22. 1. 
1796 zu Marburg; deutscher Komponist, kam 1729 
als Kapellknabe an die Fürstliche Hofkapelle in 
Kassel, war hier Violinschüler von Agreäl, ging 
1734 nach Wien und Ungarn und wurde 1737 
Musikdirektor beim Grafen Wittgenstein. Nach- 
dem er 1740-49 als MiHtärkapeÜmeister Dienst 

S hatte, wandte er sich nach Italien, um seine 
en (Violine und Komposition) abzuschließen, 
wurde 1753 »Directeur und Concert-Meister« des 
Grafen Sayn- Wittgenstein-Berleburg und 1775 
Konzertmeister der Universität Marburg. Von sei- 
nen Kompositionen sind erhalten 7 Symphonien, 
6 Streichtrios, 2 Klaviersonaten, eine Kantate und 
Lieder. 

Lit.: C. Fr. Cramer, Magazin f. Musik, Hbg 1783; 
H. Engel, Die Musikpflege d. Philipps-Univ. zu Mar- 
burg seit 1527, Marburg 1957. 

Hupperts (h'oepperts), Paul, * 25. 1. 1919 zu 
Gulpen; holländischer Dirigent, lebt in Utrecht. 
Seine Laufbahn begann er 1940 als Dirigent der 
Maastrichter Oratorienvereinigung und des Städti- 
schen Orchesters von Maastricht. 1949 wurde ihm 
die Leitung des Utrechter Stadtorchesters über- 
tragen, mit dem er seit 1953 im Concertgebouw zu 
Amsterdam gastieren und 1956 eine Reise durch 
die Schweiz unternehmen konnte. Auch als Diri- 
gent anderer in- und ausländischer Orchester trat 
H. hervor. 

Hur6 (ürie), Jean, * 17. 9. 1877 zu Gien (Loiret), 
t 27. 1. 1930 zu Paris; französischer Komponist, 
trieb private Musikstudien in Angers und ging 
1895 nach Paris, wo er 1901 in der Sodötd Natio- 
nale als Komponist hervortrat. Als Komponist gab 


er dort, in der Provinz und im Ausland viele Kon- 
zerte, gründete 1910 eine Ecole Normale zur Bil- 
dung von Pianisten, Organisten und Kompo- 
nisten, sowie 1924 eine Monatsschrift »L’Orgue et 
les Organistes«. 1926 erhielt er den Prix Chartier 
für Kammermusik. Er schrieb: die pädagogischen 
Werke: Technique du piano (Paris 1909), Introduc- 
tion ä la technique du piano (Paris 1910), La technique 
de Vorgue (Paris 1918), Uesthitique de Vorgue (Paris 
1923) ; musikhistorische Arbeiten: Saint Augustin 
tnusicien (Übersetzung der Schriften Augustins, so- 
weit sie sich auf die Musik beziehen, Paris 1924), 
Dogrnes musicaux (in: Monde Musical, 1909) ; Büh- 
nenwerke: Opern Hypatie (1925) und Le boissacri , 
Musik zu Mussets Fantasio; 3 Symphonien, Violin- 
konzert, Konzertstück für Saxophon und Orch., 
Messen, Motetten, Klavierquintett, 2 Streich- 
quartette, Serenade für Klaviertrio, Violinsonate 
und -sonatine, 3 Cellosonaten, 2 Klaviersonaten, 
Pastorale für Blaser, Gesänge. 

Lit.: G. Migot, J. H., Paris 1926; G. Samazeuilh, 
Musiciens de mon temps, Paris 1947. 

Hurel de Lamare (ür'gl), Jacques Michel, 
* 1.5. 1772 zu Paris, f 27. 3. 1823 zu Coutet bei 
Caen; französischer Violoncellist, Schüler des 
jüngeren Duport, 1794 am Th&tre Feydeau ange- 
stellt, 1801-09 auf Reisen in Deutschland und Ruß- 
land, zog sich 1815 ins Privatleben zurück. Die 
unter seinem Namen in Paris veröffentlichten 4 
Cellokonzerte sollen von seinem Freunde Auber 
herrühren. 

Hurka, - 1) Josef Martin, * 11.11.1756 zu 
Chudänice, f nach 1800 in Portugal (?) ; böhmi- 
scher Sänger und Cellist, war Schüler von J. E. 
Kozeluch und Biaggio. Er trat 1786 in Spanien in 
den Franziskanerorden ein und soll (bisher ver- 
schollene) Cellokonzerte und Sonaten geschrieben 
haben. Sein Bruder - 2) Friedrich Franz (eigent- 
lich Franz Venceslaus), * 29. (23.?) 2. 1762 zu 
Chudönice (Böhmen), f 10* 10- 1805 zu Berlin; 
böhmischer Sänger und Komponist, war als Altist 
der Prager Kreuzherrenkirche Schüler von Cam- 
pagnari (Biaggio), später als Tenor »Lieblingssän- 
ger des Prager Publikums« (Ledebur). H. war 1784 
Mitglied der Bondinischen Gesellschaft in Leip- 
zig, um 1788 Kammersängerin Schwedt/Oder und 
Dresden, 1789 Königlicher Sänger in Berlin, wo 
er daneben als Gesangspädagoge und Komponist 
wirkte. 1791-1802 war H. Mitglied der Berliner 
Singakademie. In seinen zahlreichen Liedern re- 
präsentiert er den sentimentalen, volkstümlichen 
Übergang zur Liedkunst der Romantik. Er ver- 
langte bereits 1789, daß seine Lieder nicht »von 
demselben Ausführenden gesungen und zugleich 
gespielt werden« dürften. Weit verbreitet waren 
seine Liedersammlungen Scherz und Emst in 12 
Liedern (Dresden 1787), Die Farben (7 Lieder, Ber- 
lin o. J.), 15 deutsche Ldeder (Berlin 1797) sowie die 
Lieder Der Todtengräber (Hölty), Die Schiffahrt 
(auch mit dänischem Text gedruckt) und Des Päch- 
ters Rückkehr aus Yorkshire (1795). An Chorwerken 
H.s sind bekannt: ein Te Deum, Die Glocke 
(Schüler) und Die drei Rosen . 6 Streicherdiverti- 
menti scheinen verschollen, ein Divertimento be- 
sitzen die Musikfreunde in Wien (Autograph). 
Lit. : M. Friedlaender, Das deutsche Lied im 18. Jh., 

3 Bde, Stuttgart u. Bin 1902. C Sch 


843 



Hurlebusch 


Hgrlebusch» Conrad Friedrich, * 1695 zu 
Braunschweig, f 17. 12. 1765 zu Amsterdam; 
deutscher Organist und Komponist, Sohn und 
Schüler von H. L. H., ging 1715 nach Hamburg, 
1716 nach Wien, 1718 nach Italien, 1721 nach 
München und 1722 als Hofkapellmeister nach 
Stockholm, wo er eine Oper Armenio (1724) 
komponierte, 1725 nach Braunschweig. Ab 1727 
lebte er in Hamburg, verließ die Stadt aber 1736 
nach der Veröffentlichung einer gegen ihn gerich- 
teten anonymen Schmähschrift. Wieder in Braune 
schweig, komponierte er 72 Oden für J. F. Gräfes 
»Sammlung verschiedener und auserlesener Oden« 
(Halle 1737-43). In Hamburg hatte er bereits im 
Selbstverlag Compositioni musicali per il Cembalo 
(2 Teile, 1735) herausgegeben, dies als Antwort auf 
einen fehlerhaften Raubdruck, der bei Witvogel in 
Amsterdam erschienen war. 1743 war er Organist 
der Oude Kerk in Amsterdam. 1746 bewarb er sich 
bei dm »Staten van Holland en West-Friesland« 
um ein Druckprivileg für folgende Werke : De 150 
Psalmen Davids; 80 bis 100 Italienische Arien mit 
Instrumenten; 2 italienische Opern Vinnocenza 
difesa und Flavio Cuniberto; 12 italienische Kanta- 
tm; 24 italienische Kantatm mit Bässen und Ge- 
sangsstimmen; 12 Konzerte, 12 Sonaten und 8 
Ouvertüren; 6 Klavierkonzerte; 24 Fugen für KL 
und Org.; 18 Sonaten oder Suiten und KL; ein 
theoretisches Werk: Vaststelling en Leere dat de 
oneindige veranderde musicq uit drie grondbeginselen 
afkomstig ist. Gedruckt wurden nur: das Psalmen- 
buch (1746, 31766), 12 Arien aus dm Opern 
Uirmocenza difesa und Flavio Cuniberto als op. 3 und 
4, je 6 Cembalo-Sonaten als op. 5 und 6. Am inter- 
essantesten zeigt sich H. in seinen Klaviersuiten, 
die sich an dm von Couperin und MufFat gepräg- 
ten Typus anschließen. 

Ausg.: Konzert für 2 Ob., Fag., Solo-V. u. Streich- 
Orch., hrsg. v. A. Schering, DDT XXI X/XXX; 
»Compositioni musicali per il Cemb.«, hrsg. v. M. 
Sexfkert, Uitgave van oudere Meesterwerken XXXII, 
1912; 4 Stücke bei M. Fiuedlaender, vgL Lit. ; je ein 
Stück in Adler Hdb. u. bei H. J. Moser, Alte 
Meister d. deutschen Liedes, Lpz. 2193 1. 

Lit.: J. Matiheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, 
Hbg 1740, neu hrsg. v. M. Schneider, Bin 1910; M. 
Seotert, K. F. H., TVer VII, 1904; M. Friedlaen- 
der. Das deutsche Lied im 18. Jh., 3 Bde, Stuttgart u. 
Bin 1902; H. Kretzschmar, Gesch. d. Neuen deut- 
schen Liedes I, = Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattun- 
gen IV, 1, Lpz. 1911. AK 

H^Iebusdh, Heinrich Lorenz, * 8. 7. 1666 zu 
Hannover, f (Datum unbekannt) zu Braunschweig ; 
deutscher Organist und Komponist, Vater von 
C. Fr. H., wirkte als Organist an dm Braun- 
schweiger Kirchen St. Magnus, ab 1694 als Nach- 
folger Delphin Strungks an St. Martin und St. 
Egidien, später auch noch an der Katharinenkirche. 
H. schrieb Orgelwerke und französische Suiten. 

Lit: W. Gurutt in: Braunschweiger Magazin, Fe- 
bruar 1914. 

Huristone (h'cerlsten), William Yeates, * 7. 1. 
1876 und f 30. 5. 1906 zu London; englischer 
Komponist, Schüler von Stanford, Ashton und 
Dannreuther an der Royal Academy of Music, war 
ein ausgezeichneter Klavierspieler, ist aber wegen 
Kränklichkeit selten öffentlich aufgetreten. Als 
Komponist weckte er lebhaftes Interesse durch 


Orchestervariationen über ein schwedisches Lied 
(1904), ein Klavierkonzert (1896), eine Märchen- 
suite The Magic Mirror, je ein Violin-, Cello-, Kla- 
rinetten - und Fagottsonate, Streichquartett A moll, 
Quintett für KL und Blasinstrumente, Klavier- 

S ett mit Strrichinstrumcnten, Klaviertrio, 
:e für Kl. und V., Lieder und Chöre. 

Lit: H. G. Newell, W. Y. H., London 1936; W. H., 
Musician: Memories and Records by his Friends, 
hrsg. v. K. Hurlstone, London 1949. 

Huniik (h'uraiik), Ilja, * 25. 11. 1922 zu Poruba 
(Schlesien) ; tschechischer Pianist und Komponist, 
komponierte bereits seit seinem sechsten Lebens- 
jahre, nahm jedoch erst in seiner Gymnasialzeit 
Privatunterricht im Klavierspiel, später an der Pra- 
ger Musikakademie bei I. Srepdnovd und war in 
der Komposition Privatschüler V. Novdks. Er be- 
tätigt sich als Konzertpianist und Komponist: 
Suite aus dem Ballett Ondrdü (1951), Zwei Tocca- 
ten für Kl (1937), Capriccios für Solovioline 
(1939), Präludien für Kl. (1943), Sonate für Va und 
KL (1952), Iiederzyklus Blumen (tschechisch; 
1940), Mädchenlieder (1941), Schlesische Lieder 
(tschechisch; 1941). Ungedruckt sind bisher eine 
Kammersuite Die vier Jahreszeiten; Ballett für 9 
Instr.; die Kantate Maryka (1955); Hötenkonzert 
(1953); Serenade für Streicher (1954); Konzert 
für Bläser (1955) und das Ballett Ondrdd (1951). 
Lit.: Tschechische Komponisten von Heute, Prag 
1957. 


Hyrotinen, Sulo Voipa, * 1. 12. 1881 zu Hel- 
sinki; finnischer Violinist, studierte an der Musik- 
hochschule in Helsinki, bei O. Sevöfk in Prag und 
Halif in Berlin, war 1913/14 Lehrer am Konser- 
vatorium in Reval sowie 1909/10 und ab 1915 an 
der Musikhochschule in Helsinki. Daneben machte 
er sich durch Konzertreisen bekannt. H. kompo- 
nierte Violin- und Orchesterstücke und verfaßte 
eine Vlolinschule (1922). 

Hurum, Alf Thorvald, * 21. 9. 1882 zu Oslo; 
norwegischer Komponist, studierte bei Holter in 
Oslo, 1905-09 bei Brach und Kahn an der Ber- 
liner Musikhochschule, dann in Paris und bei Stein- 
berg in St. Petersburg. 1921 debütierte er als Diri- 
gent in Bergen, ging 1924 nach Hawaii, wo er an 
der Musikhochschule lehrte und das Symphonie- 
orchester von Honolulu leitete, 1927 nach Kali- 
fornien und 1928 wieder nach Norwegen. Seine 
Kompositionen zeigen eine strenge Gliederung, 
die Orchcsterbehandlung leitet sich vom Impres- 
sionismus her. Kompositionen: eine Symphonie 
(1927) ; symphonische Dichtung Benedik og Aaro- 
lilja (1923) ; Eksotisk suite (1918) und Eventyrland 
(1920) für Orch.; Streichquartett A moll; 2 Sona- 
ten für V. und Kl.; Klavierstücke; Chorwerke, 
vorwiegend für Männerchor. 

Hus, Jan (Johann Huss), * 1369 (?) zu Husinec bei 
Prachatitz (Böhmen), f (verbrannt) 6. 7. 1415 zu 
Konstanz; tschechischer Theologe, studierte an der 
Prager Universität (1393 Baccsuaureus, 1396 Ma- 
gister), wurde 1402 zum Priester geweiht und 1401 
zum Dekan der Universität gewählt. Als Prediger 
der Bethlehemkapelle in Prag 1402-12 erwarb er 
sich bedeutende Verdienste um das tschechische 
geistliche Lied, dessen Förderung und Verbreitung 
mm beim Konstanzer Konzil besonders zur Last 


844 



Hütchens 


gelegt wurde. Sein schöpferischer Anteil ist bisher 
nicht resdos geklärt, mit Sicherheit schrieb er 
(nicht erhaltene) Vesperlieder für gläubige Frauen, 
Gefängnislieder und möglicherweise die aus dem 

Lieder, unter denen besonders das Jesus Christus 
nostra salus auch außerhalb Böhmens weit verbrei- 
tet war und ihm von Luther und Leisentritt zuge- 
schrieben wurde. Seine wesentliche Bedeutung für 
die Musikgeschichte liegt jedoch, 100 Jahre vor 
Luther, in seiner Erkenntnis der erzieherischen Be- 


deutung des geistlichen Gesanges in den Volks- 
sprachen. 


Lit.: Zd. Nejedl^, DSjiny husitsk^ho zpSvu I, 1904, 
NA Prag 1954; V. Novotn*, M. J. H. I, Prag 1919; 
J. Daähelka, Husitsk6 pisnö (Hussitische Lieder), 
Prag 1952; J. Racek, Ceskä hudba, Prag 1958. 


Husa, Karel, * 7. 8. 1921 zu Prag; staatenloser 
Komponist und Dirigent, studierte am Prager 
Konservatorium Komposition (J. Ridky) und Di- 
rigieren, trat 1945/46 als Gastdirigent im Prager 
Rundfunk und in öffentlichen Konzerten auf. 1946 
ging er nach Paris, war dort Schüler von A. 
Honegger und Nadia Boulanger in Komposition, 
von J. Founet, A. Cluytens und E. Bigot im Diri- 
gieren. Seit 1954 wirkt er als Professor für Musik- 
theorie und als Leiter des Universitäts-Symphonie- 
orchesters an der Comdl University in Ithaca (New 
York). Ohne Bindung an eine bestimmte Richtung 
schrieb er: Fresque für Orch. (1948), Divertimento 
für Streichorch. (1949), Portrait für Streicher (1953), 
Concertino für KL und Orch. (1952), I. Sympho- 
nie (1955); Sonatine für Kl. op. 1 (1944), Klavier- 
sonate (1950), Sonatine für V. und KL op. 5 (1945), 
2 Streichquartette (1948, 1954), Trio Evocations de 
Slovaquie für Klar., Va und Vc. (1952), als Auftrag 
der UNESCO Musique d* Amateurs ferner 12 Mo- 
ravian Songs für S. und Kl., instruktive Stücke für 
Streicher m der ersten Lage (Vier kleine Stücke )> 
Klavierstücke zu 2 und zu 4 Händen. 


Husmann, Heinrich, * 16. 12. 1908 zu Köln; 
deutscher Musikforscher, studierte in Göttingen 
und Berlin bei Fr. Ludwig, J. Wolf, Schering, Fr. 
Blume und HombosteL 1932 promovierte er mit 
einer Arbeit über Die dreistimmigen Organa der 
Notre-Dame-Schu le und wurde 1933 Assistent am 
Musikwissenschaftlichen Institut der Universität 
Leipzig, wo er sich 1941 habilitierte und 1944 zum 
stellvertretenden Leiter des Instituts ernannt wurde. 
Seit 1949 lehrt er an der Universität Hamburg 
(1956 o. Professor). Schriften: Die Offiziumsorgana 
der Notre-Dame-Zeit (JbP XLII, 1935); Marimba 
und Sansa (Zeitschrift für Ethnologie LXVHI, 
1936); Die Viola pomposa (Bach-Jahrbuch XXXm, 
1936); Olympos (JbP XLIV, 1937); Die >Kunst der 
Fuge « als Klavierwerk (Bach-Jahrbuch XXXV, 

1938) ; Sieben afrikanische Tonleitern (JbP XLVI, 

1939) ; Die Form in Bachs Spätwerken (in: Bach- 
Gedenkschrift 1950); Die mittellateinischen Lieder 
der Berliner Handschrift gern. 8° 190 (Kgr.-Ber. Ut- 
recht 1952); Zur Rhythmik des Trouvbregesanges 
(Mf V, 1952); Zur Grundlegung der musikalischen 
Rhythmik des mittellateinischen Liedes und Eine neue 
Konsonanztheorie (AfMw IX, 1952); Das musika- 
lische Kunstwerk in elektrischer Übertragung (in: 
Technische Hausmitteilungen des NwDR IV, 
1952); Das Prinzip der Siwenzählung im Lied des 


zentralen Mittelalters (Mf VI, 1953) ; Die musikalische 
Behandlung der Versarten im Troubadourgesang (AMI 
XXV, 1953) ; Der Auflau der Gehörswanmehmwtgen 
und Kalenda maya (AfMw X, 1953); Vom Wesen 
der Konsonanz (= Musikalische Gegenwartsfragen 
IE, Heidelberg 1953); Singstil und Instrumentalstil 
(Kgr.-Ber. Bamberg 1953) ; Das System der modalen 
Rhythmik und Der Hoketus A Ventrade cTavril 
(AfMw XI, 1954); Die St Gatter Sequenztradition 
bei Notker und Ekkehard (AMI XXVI, 1954); Se- 
quenz und Prosa (Ann. mus. II, 1954); Das Alleluia 
Multifarie (Festschrift M. Schneider, Leipzig 1955) ; 


Ber. Wien 1956); 'Die älteste erreichbare 1 Gestalt des 
St. Gatter Tropariums (AfMw XIII, 1956); Zur 
Metrik und Rhythmik des Mesomedes (in: Hermes 
1956) ; Antike und Orient in ihrer Bedeutung für die 
europäische Musik (Kgr.-Ber. Hamburg 1956) ; Kri- 
tisches zu einigen Problemen der mittelalterlichen Musik 
(Mf X, 1957); Einführung in die Musikwissenschaft 
(Heidelberg 1958); ferner viele Rezensionen sowie 
Artikel in MGG. H. gab die Gesamtausgabe der 
Drei - und vierstimmigen Notre-Dame-Organa heraus 
(PäM XE, 1940), ferner: J. S. Bach, Die Kunst der 
Fuge (Leipzig 1938), Fünf- und siebenstellige Cents- 
tajeln (Leiden 1951), Die mittelalterliche Mehrstimmig- 
keit (in der Sammlung Das Musikwerk, Köln 1955), 
3 Concerti grossi von Vivaldi und Kammermusik- 
werke von W. A. Mozart (in Eulenburgs kleinen 
Partitur-Ausgaben). Auch ist er Herausgeber der 
Serie Musicologica (Leiden, seit 1955). 

Hass, Henry Holden, * 21. 6. 1862 zu Newark 
(New Jersey), f 17. 9. 1953 zu New York; ameri- 
kanischer Komponist von deutscher Abstammung, 
studierte Klavier bei seinem Vater, Komposition 
bei Boise in New York und 1882-85 bei Rheinber- 
ger in München. H. lebte danach als Lehrer und 
Konzertpianist in New York; 1897-1932 unter- 
richtete er an der Masters SchooL 1904 heiratete er 
die Sopranistin Hildegard Hoffmann und veran- 
staltete in der Folge viele Konzerte mit ihr zusam- 
men. Werke: Rhapsodie C dur für Kl. und Orch. 
op. 3 (1885); Ave Maria für Soli, Frauenchor, 
Streicher, Org. und Harfe op. 4 (1890); Klavier- 
konzert H dur op. 10; Violinsonate op. 19 (1903, 
umgearbeitet 1920) ; Streichquartett G moll op. 26; 
Cleopatra* s Death für S. und Orch. (1898) ; Streich- 
quartett H moll (1919); In memoriam für Orch. 
(1937) ; Lieder, Gesänge, Chöre und Klavierstücke. 

Huss, Johann -> Hus. 

Huszka (h'uska), Jenö, * 24. 4. 1875 zu Szegedin; 
ungarischer Komponist, promovierte an der Buda- 
pester Universität 1896 zum Dr. jur., bildete sich 
aber während seines Studiums auch musikalisch bei 
V. Herzfeld (Komposition) und J. Hubay (Vio- 
line) aus. Kurze Zeit gehörte er dem Lamoureux- 
Orchester in Paris an. H. schrieb insgesamt 14 un- 
garische Operetten, darunter: »Eingang verboten« 
(1899); »Prinz Bob« (1902); Gm Baba (1905); 
»Baronin Lili« (1919) ; »Marie, die Oberleutnantin« 
(1942); »Freiheit und Liebe« (1955). 

Hutdiens (h'Atfans), Frank, * 15. 1. 1892 bei 
Christchurch (Neuseeland) ; australischer Pianist 
und Komponist lebt in Sydney. An der Royal Aca- 
demy of Music in London studierte er Klavier bei 
Matthay, Komposition bei Corder und unterrich- 


845 



Hutcheson 


tete dort ab 1908, 1914-56 am Konservatorium 
Sydney. H. ist auch Präsident des National Council 
of Musical Associations und der Musical Associa- 
tion o£ New South Wales, Gründer und Leiter der 
Guild o£ Composers sowie Direktor der Australian 
Performing Rights Association (APRA). Er schrieb 
ein Konzert für 2 Kl. und Orch. (1943), ein Kon- 
zert für Kl. und Streicher (1949), eine Ouvertüre 
Song of Victory , ein Klaviertrio Fis moll, eine 
Elegie für V. und Kl., viele Klavierstücke, eine 
Kantate »Der 23. Psalm« und Chöre. 

Hutcheson (h'AtJson), Ernest, * 20. 7. 1871 zu 
Melbourne, f 9. 2. 1951 zu New York; australi- 
scher Pianist, Schüler des Leipziger Konservato- 
riums (Reinecke, Jadassohn) und ab 1890 Staven- 
hagens in Weimar. 1898-1900 lebte er in Berlin 
und wirkte dann bis 1912 als Leiter der Klavierab- 
teilung am Peabody Conservatory in Baltimore. 
Nach weiteren Jahren erfolgreichen Konzertierens 
ließ er sich 1914 in New York nieder, wo er be- 
reits 1911 eine Meisterklasse bei den Sommerkur- 
sen der Chautauqua Institution übernommen hatte. 
An der Juilliard School of Music wurde er 1924 
Leiter der Klavierabteilung, 1927 Dean, 1937 Pre- 
sident. Auch gehörte er ab 1935 der Leitung der 
Metropolitan Opera Company an und wurde 1936 
Präsident des New Yorker Musikerclubs The 
Bohemians. H. schrieb : Elements of Piano Technique 
(1907) ; *Elektra* hy Strauss (New York 1910) ; Li - 
terature of the Piano (New York 1948). Als Kompo- 
nist trat er hervor mit einem Konzert für 2 Kl. 
und Orch. (1926), einem Klavierkonzert, einem 
Violinkonzert, einer Symphonie, einer sympho- 
nischen Dichtung, einer Orchestersuite und Klavier- 
stücken. 

Hutschenruijter (h'oetsonraiter), Wouter, * 28. 
12. 1796 und f 18. 11. 1878 zu Rotterdam; hol- 
ländischer Dirigent und Komponist, widmete sich 
anfänglich dem Violinspiel, später aber dem Horn 
neben theoretischen Studien und frühzeitiger Kom- 
positionstätigkeit. 1821 gründete er das Musik- 
korps der Bürgergarde, das seitdem seiner Leitung 
unterstand, 1826 den Musikverein Eruditio musica, 
einen der besten der Niederlande, und wurde ne- 
beneinander Lehrer an der Musikschule des Ver- 
eins zur Förderung der Tonkunst, Konzertdirigent 
der Eruditio musica, städtischer Musikdirektor und 
Dirigent verschiedener Vereine. H. war einer der 
tätigsten und verdientesten holländischen Musiker. 
Von seinen zahlreichen Kompositionen sind her- 
vorzuheben: eine Oper Le roi de BohSme , 4 Sym- 
phonien, 2 Konzertouvertüren, eine Ouvertüre 
für Blasinstrumente, mehr als 150 teils eigene, teils 
arrangierte Werke für Harmoniemusik (darunter: 
Konzertstück für 8 Pauken mit Orch.), mehrere 
Messen, Kantaten und Lieder. 

Hvrtseheoriiyter (h'oetsanraitsr), Wouter, * 15. 
8. 1859 zu Rotterdam, f 24- 11. 1943 im Haag; 
holländischer Musikpädagoge, studierte in Rotter- 
dam, war Dirigent eines Gesangvereins und Lehrer 
an der Musikschule in Rotterdam, ging 1890 nach 
Amsterdam als 2. Dirigent des Concertgebouw- 
Orchesters und Lehrer für Musikgeschichte und 
Klavier an der Oxchesterschule, wurde 1892 Diri- 
gent des Unrechter Orchesters. 1917-25 war er 
Direktor der Musikschule der Gesellschaft zur 


Förderung der Tonkunst in Rotterdam. Er lebte 
dann im Haag. H. war ein geschätzter Komponist 
(Orchester- und Kammermusikwerke, Lieder, 
Klavierstücke) und schrieb: Richard Strauss (Haar- 
lem 1898, holländisch), Orkest en Orkestspel na 1600 
(Utrecht 1903); De Geschiedenis der Toonkunst 
(Rotterdam 1920); De Geschiedenis van het orkest 
(Amsterdam 1926) ; Fr. Chopin (den Haag 1926) ; 
Gustav Mahler (den. Haag 1927), W. A. Mozart 
(den Haag 1927); Wagner (den Haag 1928); De 
Symphonieen van Beethoven (den Haag 1928); 
Brahms (den Haag 1929) ; Richard Strauss (den Haag 
1929); Een en ander uit de geschiedenis der militaire 
muziek (Hilversum 1930) ; Grepen uit de geschiedenis 
van de piano en van het pianospei (Hilversum 1930); 
De sonates van Beethoven (den Haag 1930); De 
geschiedenis der kamermuziek (Hilversum 1935); 
Musiciana (mit Ph. Kuseman, den Haag 1938). 
Seine Erinnerungen veröffentlichte er als Conso - 
nanten en dessonanten (den Haag 1930). 

Hutter, Josef, *28. 2. 1894 zu Prag; tschechischer 
Musikforscher, studierte 1913-14 und 1918-20 an 
der Prager Karls-Universität (Zd. Nejedly), pro- 
movierte 1920 und war 1920-22 Redakteur der 
Presseabteilung des Ministerrates, 1922-27 Archi- 
var des Prager Konservatoriums. Er habilitierte 
sich 1927 und wurde 1934 ao. Professor, nach der 
Wiedereröffnung der Universität (1945-48) o. 
Professor der Musikwissenschaft. Neben zahlrei- 
chen Studien und aktuellen Aufsätzen in Zeit- 
schriften, Werkanalysen und lexikalischen Beiträ- 
gen schrieb er: »Die böhmische Notation« (Ceskd 
notace ), I.: Neumae (Prag 1926), II: Nota choralis 
(Prag 1930), HI: Notationis hohemicae antiquae 
specimina selecta (Prag 1931); »Das melodische 
Prinzip der Tonleiterreihen« ( Melodicky princip 
stupnicovych fad; Prag 1929); »Das harmonische 
Prinzip« (Harmonicky princip ; Prag 1941); »Das 
Chroai in der monophonischen Musik« (Chroai v 
hudbd monofonickd, Prag 1935) ; »Musikinstrumente« 
(Hudebni ndstroje, Prag 1945). Sein Hauptwerk ist: 
»Das musikalische Denken« (Hudebni myslenl, Prag 
1943). In deutscher Sprache schrieb er: Das Verbot 
der Prager Juämkapelle im 17. Jh. (Auftakt VBI, 
1927) und Probleme und Ziele der slavischen Musik- 
wissenschaft (Slavischc Rundschau I). 

Huybrechts (h'oibrs^ts), Albert, * 12. 2. 1899 zu 
Dinant, f 22. 2. 1938 zu Brüssel; belgischer Kom- 
ponist, studierte am Conservatoire Royal in Brüssel 
vor allem bei Lunssens, Marchand und Jongen. 
Er erhielt 1926 den Coolidgc-Preis für seine Vio- 
linsonate und den Grand Prix des Festival von 
Ojay Valley für sein I. Streichquartett. Ab 1932 
war er an der Zeitschrift »Musical America« Mu- 
sikkritiker für Belgien. Dem in Krankheit und 
wirtschaftlichen Schwierigkeiten Lebenden wurde 
1937 ein Harmonielehrkursus am Brüsseler Con- 
servatoire übertragen, den er nur kurze Zeit aus- 
füllen konnte. Außer den genannten Werken kom- 
ponierte er die symphonischen Dichtungen David 
und Pohne Fierique , Sbdnade en trois Mouvements , 
Chant d’Angoisse, Concertino für Vc. und Orch., 

2 Streichquartette, Streichtrio, Suite für Blaser und 
KL, Bläserquintett, Bläsersextett und andere Kam- 
mermusik, Bühnenmusik zu Agamemnon von 
Aischylos, Klaviermusik, Lieder. 


846 



Hykaert 


Huybrechts (h'oibre^ts), Lode, * 1911 zu Sta- 
broek bei Antwerpen; belgischer Komponist, stu- 
dierte am Konservatorium Antwerpen Klavier- 
und Orgelspiel und konzertierte dann in Belgien. 
Kompositionen : ein Concertino für KL und Orch., 
Prelude und Scherzo für Orch., 2 Symphonien 
sowie zahlreiche Stücke für Org., Kammermusik, 
Klavierwerke und Lieder. 

Huygens (h'oixans), Christian (Hugenius), * 14. 
4. 1629 und f 8. 6. 1695 im Haag; holländischer 
Mathematiker und Physiker, Sohn von C. H., han- 
delt in seinem Novus cyclus harmonicus (gedruckt in 
Opera varia 1724) auch von der 31 stufigen Tem- 
peratur und in seinem Cosmotheoros (den Haag 
1798) vom Quintenverbot. 

Huygens (h'oixans), Constantin, Herr von Zuy- 
ligem, * 4. 9. 1596 und f 28. 3. 1687 im Haag; 
niederländischer Dichter, war auch ein großer Mu- 
sikfreund und schrieb u. a.: Gebruyck oj ongebruyck 
van *t Orgel in de Kercken der Vereenigde Nederlanden 
(Leiden 1641). Von seinen zahlreichen Vokal- und 
Instrumentalkompositionen wurden 20 Psalmen, 
12 italienische Arien und 7 französische Airs ge- 
druckt: Pathodia sacra et profana (Paris 1647). H., 
eine der anregendsten Persönlichkeiten des euro- 
päischen Musiklebens im 17. Jh., stand mit führen- 
den Musiktheoretikem und Komponisten in reger 
Verbindung, u. a. mit Coperario, Mersennes, Des- 
cartes, J. Gaultier, Chambonni£rcs und Froberger. 
Ausg. : Pathodia sacra et profana en muziekale Brief- 
wisseling, hrsg. v. W. J. A. Jonckbloet u. J. P. N. 
Land, Uitgave van oudere Meesterwerken XI, 1883; 
Pathodia sacra et profana, hrsg. v. F. R. Noske, 
Amsterdam 1957; Gebruyck of ongebruyck van ’t 


orgel . . hrsg. v. D. N. van der Paauw, Rotterdam 
1937; Kerck-gebruyck d. Psalmen, hrsg. v.W. Moll, 
in: Studien en Bijdragen op het gebied der historische 
Theologie III, 1876. 

Lit. : Fragment eener Autobiogr., hrsg. v. J. A. Worp, 
in: Bijdragen en Mededeelingen van het Historisch 
Gemootschap XVIII, 1897, in holländischer Übers. 
»De Jeugd van C. H. . . , hrsg. v. A. H. Kan, Rotter- 
dam u. Antwerpen 1946; Briefwechsel in 6 Teilen, 
hrsg. v. J. A. Worp, *= Rijks Geschiedkundige Publi- 
catin XV, XIX, XXI, XXIV, XXVIII u. XXXII; J. P. 
N. Land, Nalezing op de muzikale briefwisseling van 
C. H., TVer III, 1891 ; J. A. Worp, Nog eens Utricia 
Ogle en de muzikale correspondentie van H., TVer 
V, 1897; F. R. Noske, Rondom het orgeltractaat van 
C. H., TVer XVII, 1955; ders., Two Problems in Se- 
venteenth Cent Notation, AMI XXVII, 1955. - S. G. 
de Vrtes, De »Musyck-Boecken« in het bezit van 
C. H., TVer VI, 1900. 

Hye-Knudsen, Johan August, * 24. 5. 1896 zu 
Nyborg; dänischer Komponist, studierte am Ko- 
penhagener Konservatorium, später noch Violon- 
cello bei Hekking in Paris, Dirigieren 1925 bei Fr. 
Busch in Dresden. 1915 wurde er SoloceUist in 
Halsingborg, 1919 Kapellmeister am Scala Theater 
in Kopenhagen, trat 1922 als Violoncellist in die 
Hofkapelle ein und rückte 1925 zum Kapellmeister 
an der Oper auf. Er leitete 1927-47 auch die Stu- 
denten-Sangforeningen. Er schrieb ein Quartett für 
V., Vc., Fl. und Ob. (1921), Kammerduette für Fl. 
und Vc. (1922), eine Oper Kirke og Orgel (1947), 
die Ballette Svinedrengen (nach H. Chr. Andersen; 
1936) und Thorvaldsen (1938), eine Symphonie 
H moll, Klavierstücke, Lieder, Mannerchöre und 
Chorkantaten. 

Hykaert, Bernhard -► Ycart. 


847 



I 


Ibach, Johannes Adolf, * 20. 10. 1766, f 14. 9. 
1848; deutscher Instrumentenbauer, gründete 1794 
in Barmen eine Pianofortefabrik und Orgelbau- 
anstalt, firmierte seit 1834, wo sein Sohn C. Ru- 
dolf (f 26. 4. 1863) in die Firma eintrat, »Ad. 
Ibach & Sohn«, seit 1839, wo auch sein Sohn Ri- 
chard (* 1812 und 1 24. 10. 1889 zu Barmen) ein- 
trat, als »Ad. Ibach Söhne«. Der dritte Sohn Gustav 
gründete 1862 eine eigene Firma; seitdem firmiert 
das alte Haus als »C. Rud. & Rieh. Ibach«. 1869 
übernahm Richard I. den Orgelbau für alleinige 
Rechnung, und Rudolf (f 31. 7. 1892 zu Herren- 
alb), ein Sohn von C. Rudolf I., führte als »Rudolf 
Ibach Sohn« die Pianofortefabrik allein weiter 
(mit Filiale in Köln) und brachte sie zu hohem An- 
sehen. Walter I. (1856-1923) und A. Rudolf I. 
(1873-1940) waren dienächsten Inhaber; J. Adolf I. 
(* 5. 1. 1911) leitet heute die Finna. 

Lit.: anon.. Das Haus R.L Sohn, Barmen-Köln 
1794-1894, Barmen 1894. 

Ibert (ib'eir), Jacques, * 15. 8. 1890 zu Paris; 
französischer Komponist, 1910-14 Schüler des Con- 
servatoire in Paris (Gddalge, Ducasse, Faurd, Vidal), 
1919 Rompreisträger mit der lyrischen Szene Le 
pobteet la fee. Zu den in Rom entstandenen Kom- 
positionen gehören die 3 symphonischen Orche- 
sterstücke &cales (1922), die symphonische Dich- 
tung Lu bdllade de lageöle de Reading (1922, nach O. 
Wilde) und die Orchester-Phantasie in zwei Bil- 
dern P erste et Andromkde (1922; als Oper: Opdra 
Paris, 1929). Ibert lebte zunächst als freier Kompo- 
nist in Paris und gehört seit 1937 dem Direktorium 
der Acaddmie de France (Villa Medici) in Rom an. 
Von seinen zahlreichen Werken seien die folgen- 
den angeführt (Auswahl): die Opern AngHique 
(Paris 1927), On ne sauraitpenser h tout (Paris 1928), 
Le Rai d'Yvetot (Paris 1930), Gonzague (Monte 
Carlo 1933) und mit A. Honegger UAiglon 
(Monte Carlo 1937) sowie Les petites Cardinales 
(Paris 1938); die Ballette Les rewconfres (Paris 1925), 
Viventail de Jeanne (Paris 1929; mit FL Schmitt, 
A. Roussel, Ravel, Rolandr-Manuel, Milhaud, De- 
lannoy, Poulenc, Auric und Ferroud), Diane de 
Poitiers (Paris 1936), Le Chevalier errant (nach Cer- 
vantes* Don Quixote) und Les amours de Jupiter 
(1946); Bü hnenmusike n zu E. Labiches Le cha- 
peau de paille d' Italic, J. Romains Donogoo , C. Vü- 
dracs Le jardinier de Samos, R. Rollands Le 14 
juillet (mit A. Roussel, Honegger, D. Lazarus, 
Milhaud, Auric und Ch. KoechSn), Le midecin de 
son Honneur (Calderon-Amoux) , Le strataghne dies 
rouis (Johnson-Weyer), Antoine et Cliopdtre 
(Shakespeare -Gide), Le songe d 9 une nuit d'iti 
(Shakespeare), Le burlador (Lifar), Le cavalier de fer 
(Amoux); Filmmusiken zu Don Quixote (1932), 
Golgatha (1933) und Macbeth (1949) ; Musik zu den 
»Spectacles son et lumifcre« Versailles und Vin- 
cermes; Chorwerke: Chant de Jolie für 4 Sopran- 

848 


und 2 Altstimmen, 8st Chor und Orch., La ber- 
ceuse du petit Zibu für unbegleiteten 3st. Chor, Les 
fleurs des champs ; Trois chansons de Charles Vildrac 
für Singstimme und Orch.; Orchesterwerke: 
symphonisches Scherzo fierique (1925), Jeux (1926), 
Nationale (1937), Ouvertüre de deuil (zum Gedächt- 
nis von M. Jaubert), Ouvertüre deflte (1942) ; Suite 
dlisabithaine (mit Chor, 1944); Concerto für Vc. 
und Blaser (1925), Concertino da camera für Alt- 
saxophon und kleines Orch. (1934), Flötenkon- 
zert (1934), Symphonie concertante für Ob. und 
Streicher (1951), Louisville-Concert (1954); Kam- 
mermusik: Capriccio für 10 Instr. (1938), Streich- 
quartett (1943), Trio für V., Vc. und Harfe (1944), 
Trois pikes brhves für FL, Ob., Klar., Fag. und 
Horn, Deux mouvements für 2 Fl., Klar, und Fag., 
Chanson du rien für Singstimme und Bläserquintett; 
Sonatine Jeux für Fl. und Kl. ; unbegleitete Stücke 
für FL sowie für Vc. (Etude-caprice j?our un tombeau 
de Chopin, 1949) ; Klavierkompositionen: Pikes ro- 
mantiques , Le vent dans les ruines , Matin sur Veau, 
10 Stücke in den Histoires, Les rencontres, petite suite 
en forme de ballet, Toccata sur le nom de Roussel, 
Petite suite en 15 images ; Orgel- und Harfenstücke; 
Frangaise für Gitarre; Lieder: Quatre polmes de la 
verdure dorie (T. Der&me), Quatre chants (auf Texte 
von R. Chalupt, P. Chabaneix und G. Aubry), 
Cinq chansons de Don Quichotte, Chanson de Mel - 
pomene (W. Aguet). 

Lit.: A. Ho£r£e, J. I., RM X, 1929; R. Dumesnil, 
La musique contemporaine en France, Paris 1930; 
ders., La musique en France entre les deux guerres, 
1919-39, Paris (1946); G. Samazeuelh, Musiciens de 
mon temps, Paris 1947; J. Bruyr, J. I., in: Musica, 
Oktober 1955, Paris. 

Ibn SZnä -*• Avicenna. 

Jdefaohn, Abraham Zebi, * 14. 7. 1882 zu Filz- 
burg bei Libau (Kurland), f 14. 8. 1938 zu Johan- 
nesburg (Südafrika) ; jüdischer Musikforscher, 
wurde nach Musikstudium in Königsberg, London, 
Berlin und Leipzig 1903 Kantor in Regensburg, 
wanderte 1905 jedoch nach Johannesburg (Süd- 
afrika) und 1906 nach Jerusalem aus, wo er sich als 
Musi klehr er und Kantor am Lehrerseminar und an 
jüdischen Volksschulen speziell dem Studium der 
orientalischen Musik widmete und 1910 ein »In- 
stitut für jüdische Musik« gründete. 1919 rief er in 
Jerusalem eine jüdische Musikschule ins Leben. Im 
August 1921 ging er zunächst nach Berlin und Leip- 
zig; ab 1922 war er in den Vereinigten Staaten von 
Amerika, erst auf Vortragsreisen, ab 1924 als Pro- 
fessor am Hebrew Union College in Cincinnati. 
Seit 1912 hat er in deutscher, hebräischer und eng- 
lischer Sprache eine große Anzahl von Studien 
über hebräische und orientalische Musik veröffent- 
licht, von denen hier namentlich der Hebräisch- 
Orientalische Melodienschatz (10 Bände, Leipzig 
1914-32), die 2bändige Geschichte der jüdischen 
Musik (1924-28, hebräisch), Jewish Music. Its 



Imbault 


Historical Development (New York 1929, 2 1944) so- 
wie der Manual of Musical Illustrations ofLectures on 
Jewish Music and Liturgy (Cinrinnati 1926) hervor- 
gehoben seien. 

Lit.: A. Sendrey, Bibliogr. of Jewish Music, NY 1951 
(mit vollständigem Werkverz.). 

Iffert, August, * 31. 8. 1859 zu Braunschweie, 
t 13. 8. 1930 zu Dresden; deutscher Gesangspäd- 
agoge, erhielt seine Ausbildung als Sänger in Ber- 
lin und Hannover, wirkte kurze Zeit an der Bühne, 
1884-91 als Privat- und Gesanglehrer in Leipzig, 
dann an den Konservatorien in Köln (1891), Dres- 
den (1893), Wien (1904), ab 1909 als Privatlehrer 
in Dresden. Er veröffentlichte: Allgemeine Gesang- 
schule I (Leipzig 1895, 41903), Sprecnschülefur Schau- 
spieler und Reiter (Leipzig 1911, 31920), Etwas vom 
Gesänge (Leipzig 1929). 

Ign?tius-Hirvensalo, Anja, *2. 7.1911 zu Tam- 
pere; finnische Violinistin, Schülerin des Pariser 
Conservatoire, von Sev&kundC. Flesch, debütierte 
1926. Sie trat als Solistin in Europa und Amerika 
auf und hatte besondere Erfolge mit dem Violin- 
konzert von Sibelius. 

Igiimnow, Konstantin Nikolajewitsch, * 1. 5. 
1873 zu Lebedjana, f 23. 3. 1948 zu Moskau; rus- 
sischer Pianist, war Schüler von Swerew, Siloti, P. 
Pabst und S. I. Tanejew in Moskau, erhielt 1895 
den Rubinstein-Preis, wurde 1898 Lehrer an der 
Musikschule der Kaiserlich Russischen Musikgesell- 
schaft in Tiflis und 1899 Professor am Moskauer 
Konservatorium, dessen Direktor er 1924-29 war. 

Ikenouchi, Tomojiro, * 21. 10. 1906 zu Tokio; 
japanischer Komponist, war 1928-36 Schüler des 
Pariser Conservatoire (G. Caussade, H. Busser), 
1938-48 Professor an der Universität Nihon und 
wirkt seit 1946 als Professor an der Universität der 
Künste in Tokio. Werke: Thtibreuse (1932), Mago 
Uta (1938), Yuya (1942) und eine symphonische 
Suite für Orch.; ein Oktett (1938), 2 Streichquar- 
tette (1933, 1946), je eine Sonatine für KL (1954), 
V. (1956) und Vc. (1957); Ballade auf eine alt- 
japanische Weise (1936). 

Jkonen, Lauri, * 10. 8. 1888 zu Mikkeli; finni- 
scher Komponist, studierte 1906-10 an der Univer- 
sität und gleichzeitig am Musikinstitut und der Or- 
chesterschule in Helsinki, 1910-13 Komposition 
bei Juon in Berlin. 1914-18 war er Lehrer am Kon- 
servatorium von Wiipuri, 1923-29 Schriftleiter 
der Zeitschrift Suotnen Musiikkilehti , 1924-31 Se- 
kretär des finnischen Tonkünstlerverbandes, 1928 
bis 1930 Direktor der von ihm gegründeten Ge- 
sellschaft zur Verwertung musikalischer Autoren- 
rechte TEOSTO. Werke: 5 Symphonien (die 
erste mit dem Namen Sinfonia inomata ), Cello- 
konzert (Concerto meditativ o, 1942), Klavierkonzert 
(Concerto intimo 9 1956) ; Elämän lahja für Soli, Chor 
und Orch. (1956); Streichquartett (1956), Klavier- 
trio (1941), eine Sonate (1955) und 2 Sonatinen 
(1955) für Kl.; Suite für S. und Streichquartett; 
begleitete und a-cappella-Chöre, Klavierstücke und 
Lieder. 

Peborgh» Adam, ist der Sammler, vielleicht 
auch Schreiber und Komponist einer mit 1448 
datierten Orgeltabulatur. Er nennt sich hier frater 


und rectoriatus in Stendal und gehörte wahrschein- 
lich dem Franziskanerorden an. Die Handschrift, 
heute Eigentum des Curds Institute of Musical Art 
in Philadelphia, bildet ein vereinzelt dastehendes 
Zeugnis früher norddeutscher Orgelkunst. Sie ent- 
hält 5 Praeludien ohne Taktordnung, zum Teil 
mit Doppelpedal, sowie 3 Mensurae , alle Bearbei- 
tungen des cantus firmus frou/e al myn hoffen an dir 
leyed. 

Ausg. u. Lit : J. Wolf, Hdb. d. Notationskunde II, = 
Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen VIII, 2, Lpz. 
1919, darin ein Faks.; W. Apel, Die Tabulatur d. A. 
I., Zf Mw XVI, 1934, darin Übertragung d. 5 Prae- 
ludien, davon 2 auch Davison-Apel Anth. I, 84a-b; 
ders.. Early German Keyboard Music, MQ XXIII, 
1937, darin Übertragung d. Praeludium I; ders., The 
Notarion of Polyphonic Music, = The MA Acad. of 
America, Publ. XXXVIIL Cambridge, Mass., 1942, 
4 1953, darin ein Faks. u. Übertragung v. Praeludium 
I; G. Knoche, A. v. I., in: Franziskanische Studien 
XXVIII, 1941, mit Faks. d. ganzen Ms.; G. Most, 
Die Orgeltabulatur v. 1448 d. A. L, in: Altmärkisches 
Museum Stendal, Jahresgabe VIII, 1954, mit Faks. d. 
ganzen Ms., dazu M. Reimann in Mf IX, 1956. 

Iliffe ('ailif), Frederick, * 21. 2. 1847 zu Smee- 
ton-Wcsterby (Leicester), f 2. 2. 1928 zu Oxford; 
englischer Organist, war ab 1883 Organist des St. 
John’s College in Oxford, 1900 Universitätsorga- 
nist, komponierte ein Oratorium The Visions of 
St. John (1880), eine Kantate Lara (1885), Kirchen- 
musik, Orchesterwerke, Klavier- und Orgelstücke. 
Auch schrieb er eine Analyse des Wohltemperierten 
Klaviers: 48 Preludes and Fugues ofBach (London 
1897). 

Jllica, Luigi, * 1859 und f 16. 12. 1919 zu Castd- 
larquato (Pkcenza); italienischer Librettist, erst 
Journalist in Mailand, ab 1892 ausschließlich Text- 
dichter, u. a. für Pucdni (Bohhne, Tosco, Madame 
Butterfly , alle drei zusammen mit Giacosa), Fran- 
chetti ( Germania), Mascagni (Iris), Giordano (An- 
drea Cltenier). 

Hosvay ('ibjvaj), Maria von ; ungarische Opem- 
sangerin (Alt), lebt in Hamburg. Nach Studien in 
Budapest und Wien wurde sie an die Staatsoper 
Hamburg engagiert, von wo aus sie als Gast auch 
an Covent Garden in London, die Staatsoper 
Wien sowie die Bayreuther Festspiele gerufen 
wurde. Außer ihrer Interpretation der Titelrolle in 
Glucks »Orfeo« sowie der Altpartien in R. Wag- 
ners Opern errang besonders ihre Darstellung 
neuerer Musik Anerkennung (Judith in Bartöks 
»Herzog Blaubarts Burg«, Iocaste in Strawinskys 
»Oedipus Rex«, Mahlers VUL Symphonie). 

Imbault (eb'o:), Jean-J6röme, * 9. 3. 1753 und 
f 15. 4. 1 832 zu Paris; französischer Musikverleger, 
machte sich nach Studien bei Gavini&s als Violinist 
einen Namen und gründete um 1783 seinen Ver- 
lag, in dem auch die letzten Symphonien und 56 
Quartette (darunter die letzten) von Haydn er- 
schienen. Etwa 1814 wurde der Verlag von Janet 
& Cotelle übernommen. 

Lit: G Hopkinson, A Dictionary of Parisian Music 
Publishers 1700-1950, London 1954; G JoHANSSOn, 
French Music Publishers' Catalogues, = Publika- 
tion«: utgivna av Kungl. Mus. Akad. bibliotek II, 
Stockholm 1955, dazu Faksimilia, Malmö 1955. - 
L. de La Laurencie, L’öcole fran^aise de violon II, 
Paris 1923. 


54 


849 



Imbert 


Imbert (sb'srr), Hugues, * 11. 1. 1842 zu Mou- 
lins-Engilbert (Ni&vre), t 15. 1. 1905 zu Paris; 
französischer Musikschriftsteller, erhielt den ersten 
Musikunterricht (Violine) vom Vater und studierte 
ab 1854 in Paris. I. war längere Zeit Redakteur des 
sehr bedeutenden Pariser Teils von M. Kufferaths 
Guide musical und übernahm 1900 die Redaktion 
ganz, schrieb auch für eine Reihe weiterer Zeit- 
schriften. I.s Hauptarbeiten sind: Profils de musi- 
ciens (3 Serien; I. 1888: Tschaikowsky, Brahms, 
Chabrier, d’Indy, Faurd, Saint-Saens; ü. 1892, 
Nouveaux profils . . .: Boisdeffre, Dubois, Gounod, 
Augusta Holm&s, E. Lalo, E. Reyer; HI. 1897, Pro- 
fils d’artisies contemporains : A. de Castilion, P. La- 
combe, Ch. Lefebvre, J. Massenet, A. Rubinstein, 
E. Schurd); Portraits et itudes (1894): Briefe von 
Bizet, ferner Skizzen über Cdsar Franck, Widor, 
Colonne, Gardn, Lamoureux, Schumanns Faust , 
Brahms’ Deutsches Requiem; Symphonie (1891): 
Römern et Voltaire , R Schumann , Un portrait de Rar- 
meau, Stendhal, Biatrice et Bdnidict (Berlioz), Man- 
fred (Schumann); separate Studien: Bizet (1899), 
Charles Gounod , Des mimoires (Tun artiste et Vauto - 
biographie (Paris 1897), Rembrandt et Richard Wag- 
ner, Xe Clair-obscur dans Vart (Paris 1897), Quatre 
mois au Sahel, La Symphonie aprls Beethoven (Rt- 
ponse ä Mr. F. Weingartner, Brüssel, Guide musical 
33-39 und Paris 1900), Medaillons contemporains 
(1902) und J. Brahms (herausgegeben von E. 
Schürf, 1906). 

Imbert (gb'e.-r), Maurice, * 25. 4. 1893 zu Sens 
(Yonne); französischer Komponist und Musik- 
kritiker, war Schüler der Ecole Niedermeyer, 1909 
bis 1920 von A. G^dalge. 1919-30 wirkte er als 
Komponist und Musikkritiker, beschränkte sich 
dann aber allein auf die musikschriftstellerische 
Tätigkeit. Er schrieb 1919-35 beim »Courrier 
Musical«, 1935-40 bei »L’Art Musical«, 1929-40 
beim »Journal des Ddbats«, danach bei »L’Informa- 
tion Musicale« und »Images Musicales«. 1948-53 
war er Redakteur der »Activit£s Musicales«, 1954 
bis 1956 Musikkritiker von »L’Information« und 
gehört seit 1947 als Musikkritiker dem »Offidel 
des Spectacles« an. I. schrieb Orchesterwerke (Le 
soir descend, symphonische Dichtung Procession de 
Saint-Willibrod, Conqulte de la Bel le-au-bois-dor- 
mant), Stücke für KL, V. und KL, FL und Harfe 
sowie eine Reihe von Liedern. 

Incagliati (inkaÄ'ati), Matteo, * 1873 zu Sa- 
lerno, f 1941 zu Rom; italienischer Musikkritiker, 
war Hauptschriftleiter der Zeitschrift Musica, grün- 
dete und leitete über 10 Jahre lang die römische 
Zeitschrift L’Orfeo und war Kritik er des Giomale 
d’Italia, dann an fl Popolo di Roma. 1927 begann 
er mit der V eröffentlichung einer Zeitschrift 
Strenna musicale illustrata. Schriften: Storia del 
teatro Costanzi (Rom 1907), Figure meridionali 
d*altri tempi (Landano 1913), Nicola de Giosa e il 
genio musicale di Puglia (Bari 1923). 

Inch (intf), Herbert Reynolds, * 25. 11. 1904 
zu Missoula (Montana); amerikanischer Kompo- 
nist, Schüler der Eastman School of Music in Ro- 
chester (New York), an der er als Theorielehrer 
unterrichtete, bevor er 1931-34 seine Studien an 
der amerikanischen Akademie in Rom fortsetzte. 
Seit 1937 ist I. Lehrer am Hunter College in New 


York. Er schrieb: Symphonie op. 14 (1932), Va- 
riation* on a Modal Theme (1927), eine Suite (1929) 
und eine Sinfonietta (1948) für Orch.; Klavier- 
konzert op. 27 (1940), Violinkonzert op. 41 (1947) ; 
Kamm ermusik (Klavierquintett, Streichquartett, 
Cellosonate) ; Klavierstücke, Chöre ( Return to Zion, 
1945, für Frauenchor) und Lieder. 


dTndia, Sigismondo -* D’India. 

dTndy (ed'i), Paul Marie Theodore Vincent, 
* 27. 3. 1851 und f 2. 12. 1931 zu Paris; französi- 
scher Komponist, einer südfranzösischen Adels- 
familie (im Vivarais) angehörig, verlor die Mutter 
bei der Geburt und wurde von seiner kunstsinni- 
gen Großmutter erzogen, da sein Vater, der Comte 
d’L, wieder heiratete. 1862-65 war er Klavier- 
schüler von Di&ner und in den nächsten Jahren 
Theorieschüler von Marmontel und Lavignac und 
befreundete sich mit H. Duparc, mit dem er Berlioz, 
Wagner und Bach studierte. 1870 trat er in die 
Garde mobile ein (er schrieb eine kleine Histoire du 
105 '• bataillon . . . en Vannie 1870/71, Paris 1872) und 
wurde nach dem Friedensschluß Schüler von C. 
Franck, 1873 auch am Conservatoire, das er aber 
1875 verließ, um sich praktische Routine zu erwer- 
ben. Er wurde Organist an St-Leu und 2. Pauker in 
Colonnes Orchester und war 5 Jahre lang Chor- 
direktor der Concerts Colonne (bis 1878). Bereits 
1873 weilte d’1. 2 Monate bei Liszt in Weimar und 


1876 wohnte er den ersten Bayreuther Festspielen 
bei. 1875 führte Pasdeloup zum ersten Male d’Ls 
Picco Zomzm-Ouvertüre auf (den jetzigen 2. Satz der 
Wallenstein-Trilogie) . 1882 ging die einaktige ko- 
mische Oper Attendez-moi sous Vorme über die 
Bühne der Opdra Comique. Einen großen Erfolg 
bedeutete die Krönung seines großen Chorwerks, 
der dramatischen Legende für Soli, Doppelchor 
und Orch. op. 8 Le chant de la cloche (eigene Dich- 
tung nach Schiller), mit dem großen Kompositions- 
preis der Stadt Paris im Jahre 1885 (erste Auffüh- 
rung durch Lamoureux 1886). 1887 wurde d’I. 
Chordirigent der Lamoureux-Konzerte und leitete 
die Proben der Lohengrin-Aufführung. Nach C. 
Francks Tode übernahm er den Vorsitz der Societd 


nationale de musique, deren Mitgründer er war 
(1871 mit Franck, Saint-Saens, Faurd, Castilion, 
Duparc und Chausson). Ein 1893 auf Veranlassung 
der Regierung von d’I. ausgearbeiteter Plan der Re- 
organisation des Conservatoire scheiterte am Wi- 
derstande des Professoren-Komitees; die ihm an- 
getragene Nachfolge Guirauds als Kompositions- 
professor lehnte d’L ab. 1896 gründete er mit Ch. 
Bordes und A. Guilmant die Schola Cantorum, 
eine Musikschule zugleich wissenschaftlicher und 
praktischer Tendenz. Unter seiner Direktion ent- 
faltete sich die Schola Cantorum zu einem künst- 


lerisch wie pädagogisch hochangesehenen Musik- 
institut, dem der feinsinnige Komponist und her- 
vorragende Kompositionslehrer und Musikpäd- 
agoge sein einzigartiges Gepräge gab. Auch an der 
Ecole des hautes «Stades sociales war d’L tätig. Er 
selbst sah seinen Schwerpunkt nicht in der Opem- 
komposition, obgleich seine Erfolge auch auf die- 
sem Gebiete bemerkenswert waren, außer der ge- 
nannten Erstlingsoper: Musik zu A. Alexandres 
Karadec (1890), ein 3aktiges Musikdrama auf eige- 
nen Text Fervaal (Brüssel 1897, Paris 1898), Musik 
zu C. Mendts* Medie (1898), auch das 2aktige Mu- 


850 



Ingegneri 


sikdrama (eigene Dichtung) UEtranger (Brüssel 
und Paris, Opera, 1903) und ein 1908 begonnenes, 
1917 vollendetes Mysterium La Ugende de Saint 
Christophe (Paris 1920). Vielmehr war er in erster 
Iinie Symphoniker: I. Symphonie Adur (ohne 
Opuszahl, ungedruckt), Symphonie Jean Hunyade 
op. 5, Ouvertüre Antoine et CUopdtre op. 6, sym- 
phonische Dichtung La forit enchantie op. 8, 
Wallenstein (symphonische Trilogie) op. 12, Or- 
chesterlegende Sauge fleurie op. 21, Symphonie sur 
un chant montagnard frangais op. 25 (mit Solokla- 
vier), Sbinade et Vaise op. 28 (Kammerorch., Be- 
arbeitungen von Klavierstücken aus op. 16 und 
17), Fantaisie (über Volkslieder, mit Oboensolo) 
op. 31, Orchestersuite Tableaux de voyage op. 36 
(nach Klavierstücken op. 33), Variationen Istar op. 
42, II. Symphonie B dur op. 57, 3sätzige Orche- 
stersuite Jour d'iti ä la Montagne op. 61, A la me- 
moire de la bien-aimie (auch Souvenirs) op. 62, Sin- 
fonia brevis de bello gällico op. 70, eine vierteilige 
symphonische Dichtung Pointe des rivages op. 77, 
Diptyque miditerranien op. 87; Chansons et danses 
op. 50 für 9 Blasinstr., Suite D dur op. 24 für Trp., 
2 Fl. und Streichquartett, Marche au 76* rigiment 
op. 54; Lied für Vc. und Orch. op. 19, Chorai- 
variationen für Saxophon mit Orch. op. 55, 3 
Streichquartette (op. 35, 45, 96), ein Klavierquartett 
A moll op. 7, Klavierquintett; ein Trio op. 29 für 
Klar., Vc. und Kl., ein zweites Klaviertrio in Form 
einer Suite op. 98; eine Violinsonate op. 59, eine 
Cellosonate op. 84; Klavierstücke: op. 1, 9 (Sona- 
tine), 15 (Polme des montagnes), 16, 17 ( Helvitia , 3 
Walzer), 26, 27, 30, 33 (Tableaux de voyage ), Kla- 
viersonate op. 63, ein Menuet sur le nom cP Haydn op. 
65, op. 68, 69, 74, 85, 86, 95 und 99 (Fantaisie sur un 
vieil air de rottde frangaise) ; Konzert für Fl., Vc. und 
Streicher; Suite für FL, V., Va, Vc. und Harfe; 
Streichsextett; für Orgel: Prilude etpetxt canon op. 
38 und Vipres du Commun des Martyrs op. 51 (8 An- 
tiphonen); Klavierlieder op. 3, 4, 10 (Plainte de 
Thicla), 20, 43, 48, 52 (90 Chansons populaires du Vi- 
varais; eine andere mit Tiersot bearbeitete Volkslie- 
dersammlung aus dem Vivarais und Vercors er- 
schien bereits 1892 ohne op.), 56, 58; Madrigal für 
S. und Vc. op. 94; Chorgesange op. 2, 11 (La 
chevauchie du Cid , spanisch-maurische Szene für 
Bar., Chor und Orch.), 22 (Cantate domino , 
3st. mit Org.), 23 (Ste-Marie-Madeleine, Frauen- 
chor mit Sopransolo), 32 (Sur la mer 9 für Frauen- 
chor), 37 (Festkantate Pour Vinauguration d*une 
statue für Männerchor, Bar. und Orch.), 39 (Hart 
et le peuple , 4st. Männerchor), 41 (Deus Israel 
a cappella), 44 (Ode ct Valence , Soli, Chor und 
Orch.), Musik zu einer Szene Veronica (von Ch. 
Gos), Sancta Maria (2st.) op. 49. Auch bearbeitete 
dT. Klavierauszüge von Werken von C. Benoit, A. 
de Castilion, E. Lassen, E. Chausson, H. Duparc, 
auch von Destouches* Elements und Catels Bayadhre , 
revidierte mehrere Opern Rameaus für die große 
Gesamtausgabe, auch Monteverdis Otfeo (1904) 
xmAPoppea (1905). Ah Theoretiker trat er hervor mit 
einem Cours de composition musicale (mit A. Sdrieyx, 
4 Bände, Paris, 1: 1903, H: 1909, M: 1933, IV: 1950, 
herausgegeben von G. de Lioncourt; dT. tritt darin 
für die duale Fundamentierung der Harmonielehre 
ein). d*I. schrieb auch viele wertvolle Aufsätze für 
Fachzeitschriften sowie ein bedeutendes Lebens- 
bild seines Lehrers Cdsar Franck (Paris 1906, 2 1907, 


in Les maitres de la musique), Beethoven (Paris 1911, 
in Les musidens c6tebres), R. Wagner et son in- 
fiuence sur Vart musical frangais (Paris 1930). 

Lit : H. Imbert, V. d’L, in: Profils de musidens, Paris 
1888; R. Rolland, V. d’I., in: Musidens d’au- 
jourd’hui, Paris 1908; L. Borgex, V. d*I., Paris 1914; 
A. S&ueyx, V. d’I., Paris 1914; E. B. Hill, V. d’I., an 
estimate, MQ I, 1915; C. Saint-SaEns, Les id6es de 
V. d’L, Paris 1918; D. Gr. Mason, V. d’I., in: Con- 
temporary Composers, NY 1929; P. Landormy, 
V. d’I., MQ XVIII, 1932; J. Canteloubb, V. d’I., 
Paris 1951; M.-M. de Fraguier, V. d’I.: Souvenirs 
d’une 61&ve, accompagnds de lettres in6dites du maitre, 
Paris 1933; L. Vallas, The Discovery of Musical 
Gennany by V. d’I. in 1873, MQ XXV, 1939; ders., 
La m&odie de V. d’I., RM 1946; ders., V. d’L, I: 
La Jeunesse (1851-86), II: La Maturit6, la Vieillesse 
(1886-1931), Paris 1946-50; ders., Lettres in6dites 
de Saint-Saens et de V. d’L, RM 1947; F. Biron, Le 
chant gr6gorien dans l'enseignement et les oeuvres 
musicales de V. d’I., 1941 ; N. Demuth, V. d’L . . . 
Champion of Classicism, London 1951 ; vgl. auch d. 
Spezial-Nm d. RM 1932 u. 1937. 

Infgntas, Fernando de las, * 1534 zu Cördoba, 
t nach 1601 wahrscheinlich zu Rom; spanischer 
Priester, Theologe und Komponist, wandte sich im 
Einverständnis mit Philipp II. ab 1577 mehrfach an 
Papst Gregor XDI. mit begründeten Einwänden 
gegen die Palestrina übertragene Revision der li- 
turgischen Bücher und erreichte, daß diese auf- 
gegeben wurde. Seine erhaltenen Kompositionen 
sind: Sacrarum varii styli cantionum tituli » Spiritus 
Sancti « lib. I. (4st., Venedig 1578), Ub . II. (5st, 
Venedig 1578), lib. III. (6st., Venedig 1579); Plura 
modulationum genera (kontrapunktische Sätze über 
den gregorianischen Choral, Venedig 1579) ; einige 
Motetten in Sammelwerken. 

Ausg.: Sequenz Victimae paschali, hrsg. v. S. W. 
Dehn, Slg älterer Musik V, Bin 1837; eine 5st Se- 
quenz, hrsg. v. H. Eslava, Lira Sacro-hispana, Ma- 
drid 1869. 

Lit : R. Molitor, Die N ach-Tridentinische Choral- 
Reform, 2 Bde, Lpz. 1901-02; R. Mttjana, Don F. 
de las I., Madrid 1918 ; J. de las Torry y del Cerro, 
F. de las I., Müsico y Teölogo, = Sonderdruck aus: 
Boletin de la Acad. de Ciendas, Bellas Letras y Nobles 
Artes de Cördoba, Cördoba 1931. 

Ingegneri (uK^eji'eri), Marc* Antonio, * um 
1545 zu Verona, f 1. 7. 1592 zu Cremona; italie- 
nischer Komponist, war Schüler von Vincenzo 
Ruflfo, empfing auch Unterweisung von Cipriano 
de Rore, muß um 1568 nach Cremona übergesie- 
delt sein und wurde dort am 18. 12. 1581 zum 
Domkapellmeister ernannt Monteverdi war in 
Cremona sein Schüler. Von I. erschienen: ein 
Buch 5-8st. Messen (1573), ein Buch 5st. Messen 
(1587), ein Buch 6st Madrigale (1586), 5 Bücher 
5st. Madrigale (. . . , 1572, 1580, 1584, 1587), 2 
Bücher 4st. Madrigale (1570, erhalten nur in den 
Ausgaben von 1578 und 1592; 1579; 1584), Sacrae 
cantiones , 5st. (1576), Sacrae cantiones ; 4st. (1586), 
Sacrae cantiones , 7-16st. (1589), Sacrae cantiones , 6st. 
(1591), Responsoria hebdomadae sanctae (1588; das 
Werk galt als Komposition Palestrinas und wurde 
als Opus dubium in die Gesamtausgabe auf genom- 
men) sowie ein Buch Lamentationes (vor 1588, bis- 
her nicht gefunden) und 2 Bücher 4st. Hymnen 

( 1606). Einzelne Madrigale finden sich in 

zahlreichen Sammelwerken 1577-1620. Die Har- 


54* 


851 



Ingenhoven 


monik Ls ist kühn und ausdruckskräftig; sein Stil 
hat auf Marenzio größeren Einfluß ausgeübt als 
auf seinen Schüler Monteverdi. 

Ausg. : 44 4-5st. Madrigale u. ein 5st Kyrie u. Gloria 
(von 1573), hrsg. v. G. Cesari u. G. Pannain, Isti- 
tuzioni e monumenti delParte mus. ital. VI; Respon- 
soria, hrsg. v. Fr. X. Haberl in Palestrina-GA 
XXXII ; Jerusalem surge (4st., aus d. Responsoria), in : 
J. Wolf, Sing- tu Spielmusik, *= Wiss. u. Bildung 
CCXVIII, Lpz. 1926, 2 1931; ein 8st. Satz in: Musica 
Sacra XV. 

Lit.: G. Sommi Picenardi, CI. Monteverdi a Cre- 
mona, Gazzetta Musicale di Milano LI, 1895; F. X. 
Haberl, M. L, KmJb XIII, 1898; B.A.Wallner, 
Musikalische Denkmäler d. Steinätzkunst, München 
1912; R. Casimiri in Note d’arch. III, 1926; E. 
Dohrn, M. A. I. als Madrigalkomponist, Diss. Bin 
1936, Teildruck Hannover 1936 mit Verz. d. Madri- 
gale; R. Monterosso, Una firma autografa di M. A. 
I. (Cremona 1947); A. Einstein, The Italian Madri- 
gal II, Princeton 1949. 

Ingenhoven ('egenhovan), Jan, * 19. 5. 1876 zu 
Breda, f 20. 5. 1951 zu Apeldoorn; niederländi- 
scher Komponist, Schüler von F. Brandts-Buys 
und Motd, lebte 1905-19 als Dirigent in München, 
wo er einen kleinen Madrigalchor leitete, und in 
Paris, seit dem 1. Weltkrieg am Thuner See in der 
Schweiz. I. trat als Komponist moderner Richtung 
hervor, der früh mit Kammerorchester feinere 
orchestrale Wirkungen erzielte und sich aus alter 
a-cappella-Kunst manche Anregung holte. Er 
schrieb: Lieder; Chöre; Kammermusik, darunter 4 
Streichquartette und ein Bläserquintett ; Orchester- 
musik kleiner Besetzung, darunter Symphonische 
Tonstücke, Nr 1 »lyrisch«, Nr 2 »dramatisch«, Nr 3 
»romantisch« (1908—10), und eine symphonische 
Phantasie Brabant und Holland. 

Lit.: D. Ruyneman, De componist J. I., Amsterdam 
1938. 

Inghelbrecht (egdbr'e#), D6sird-Emile, * 17. 
9. 1880 zu Paris ; französischer Dirigent und Kom- 
ponist, Schüler des Pariser Conservatoire, einer 
von Debussys Freunden in dessen letzter Lebens- 
zeit; wurde als Dirigent vor allem b ekannt durch 
seine Interpretation von Debussys Werken. 1908 
dirigierte er am Thdätre des Arte, 1912 am Tbiätre 
des Champs-Elysdcs, 1920-23 musikalischer Leiter 
des schwedischen Ballette in Paris. 1924 wurde er 
zum Musikdirektor der Opdra Comique in Paris 
ernannt, wechselte 1927 zur Großen Oper und 1933 
wieder zur Opdra Comique über. Seit 1934 wirkt 
er am französischen Rundfunk und leitet dort das 
von ihm gegründete Orchestre NationaL 1945-50 
dirigierte I. auch das Orchester der Großen Oper in 
Paris. Werke: Deux esquisses antiques für FL und 
Harfe (1902) ; Deux esquisses für Kl. (auch in Or- 
chester-Fassung, 1903); Automne , symphonische 
Skizzen (1905); Nocturne für V. und KL (oder 
Orch., 1905) ; musikalische Komödie La nuit vtni- 
tierrne , (nach Müsset, 1908); symphonische Dich- 
tung Pour lejour de la premihe neige au vieux Japon 
(1908) ; Rapsodie de printemps für Orch. (1910); 
Ballet-Einakter La banne aventure , 6 gail (1912); 
Quintett für Streicher und Harfe C moll (1917); 
Sonatine für FL und Harfe (1918); Le Cantique des 
criatures für Chor und Orch. (Franz von Assisi, 
1919); El Greco , Evocations symphoniques (1920); 
Ballett-Einakter nach E. A. Poe Le diable dans le 
beffioi (1922; Paris 1927, Opdra); Impromptu für Va 


und Kl. (1922); Trois pokmes dansis (1925); La 
mitamorphose d'Eve für kleines Orch. (1928) ; Sin- 
fonia breve (1930) ; La Ugende du grand Saint-Nicolas 
für Singstimme und kleines Orch. (1932) ; Camaual 
romantique (1936); Ballett La mitamorphose d'Eve 
(1937) ; Thema und Variationen Le livre d'or (1939) ; 
Tont que Noel durera für Rezitation, Soli, Chor und 
Orch. (mit Germaine Inghelbrecht, 1943); Mowgli 
für Rezitation, Bar., Chor und Orch. (nach R. Kip- 
ling, 1946); 3aktige Operette A tire d'aile (1946) ; 
Violinsonate (1950); symphonische Suite Ion 
(1951); Streichquartett (1954). - Schriften (alle 
Paris) : Comment on ne doit pas interpriter »Carmen«, 
»Faust« et » Pelkas « (1933); Diabolus in musica ; 
Mouvement contraire: Souvenirs d'un musicien (1947) ; 
Le chef cP orchestre etson iquipe (1949) ; Claude Debussy 
(1953) ; Le chef d' orchestre park au public (1957). 


Insgnguine, Giacomo (genannt Monopoli), 
* 22. 3. 1728 zu Monopoli bei Neapel, f 1. 2. 1795 
zu Neapel; italienischer Komponist, war Schüler 
des Conservatorio di Sant’ Onofrio, kurze Zeit 
Lehrer an dieser Anstalt, widmete sich dann aber 
nur der dramatischen Komposition und brachte 
1756-82 21 Opern (11 buffe und 10 serie) heraus; 
auch schrieb er - er war 1781-95 Kapellmeister am 
Tesoro di San Gennaro - einige Kirchenkomposi- 
tionen (darunter eine Passion), Orgel- und Klavier- 
stücke, besaß aber wenig Originalität. 


Inzenga (inffena), Josd, * 3. 6. 1828 und f 28. 6. 
1891 zu Madrid; spanischer Komponist, war Schü- 
ler seines Vaters Don Angel I. sowie des Madrider 
Konservatoriums und studierte noch 1842-48 in 
Paris. 1860 wurde er Gesanglehrer am Konserva- 
torium in Madrid. I. komponierte eine Reihe gut 
aufgenommener Zarzuelas, darunter Si yo fuera 
rey T und Batalla de amor, schrieb ein Lehrbuch des 
Accompagnements und gab spanische Volkslieder 
heraus: Ecos de Espana (3 Hefte, Madrid 1874), 
Cantos y bailes populäres de Espana (4 Hefte, Madrid 


/irre) Jo s 6 Maria, 
s Urrechu (Guipuzcoa), 


* 12. 8. 1820 zu Villarreal c , 

f 6. 4. 1881 zu Zozobastro de Isacho (Guipuzcoa) ; 
spanischer Sänger, führte ein abenteuerndes Wan- 
derleben, indem er seine selbstkomponierten Zort- 
zikos (baskische Lieder im fi /*-Takt) vortrug, be- 
suchte auch Amerika und kehrte 1877 in seine Hei- 
mat zurück. Von seinen Zortzikos wurde der 
Gemikaho Arbola zu einer Art revolutionärer bas- 
kischer Volkshymne. 

Lit: J. M. SalaverrIa, El tiltimo bardo, Madrid 
1932. 


Ippisch, Franz, * 18. 7. 1883 zu Wien; öster- 
reichischer Komponist, war 1898-1904 Schüler des 
Wiener Konservatoriums, Hann Privatschüler von 
Franz Schmidt, 1903-33 als Cellist Mitglied des 
Wiener V olksopemorchesters, 1934-38 Militär- 
kapellmeister in Salzburg. Nach der Besetzung 
Österreichs mußte er emigrieren und war 1939-54 
Generaldirektor der Militärkapellen in Guatemala, 
1952 auch Professor für Theorie am dortigen Con- 
servatorio National, seit 1955 pensioniert. Werke: 
12 Streichquartette; weitere Kamm<*rmng?lr » Kla- 
vierstücke; viele Lieder und Gesänge; 2 Violin- 
konzerte; Phantasiestück für Vc. und Kammer- 
orch.; Klavierkonzert; 5 Symphonien; Suite für 


852 



Iro 


Streichorch. ; Lustige Ouvertüre ; Deutsche Messe und 
Himne dl CorazSn de Jesu Christo für Soli, Chor und 
Orch. ; Te Deum für Chor und Org. 

Ippol|tow-Iwanow, Michail Michajlowitsch (ei- 
gentlich Iwanow; Ippolitow ist der Name seiner 
Mutter), * 7. (19.) 11. 1859 zu Gattschina, f 28. 1. 
1935 zu Moskau; russischer Komponist, war 1875 
bis 1882 Schüler von N. A. Rimskij-Korsakow am 
Petersburger Konservatorium, wurde 1883 Direk- 
tor der Musikschule und Dirigent der Symphonie- 
konzerte der Kaiserlich Russischen Musikgesell- 
schaft, 1884 Dirigent des Kaiserlichen Theaters in 
Tiflis, 1893 Kompositionsprofessor am Moskauer 
Konservatorium, dessen Direktor er 1906-22 war. 
Daneben dirigierte er 1895-1901 die Russische 
Chorgesellschaft, 1899-1906 die Moskauer Privat- 
oper, ab 1925 am Großen Theater. In seinen zahl- 
reichen Werken folgt er dem Stil Tschaikowskys 
und Rimskij-Korsakows und verarbeitet oft Volks- 
lieder. Hauptwerke: die Opern Ruth (Tiflis 1887), 
Asra (Tiflis 1890), Asja (Moskau 1900), Ismena Per 
Verrat, Moskau 1909), Oie is Nordlanda (Oie aus 
Nordland, Moskau 1916) und Poslednjaja barrikada 
pie letzte Barrikade, Moskau 1933); Ouvertüre 
Jar-Chmel op. 1 (1883), Suite Kawkaskije eskisy op. 
10 (1894), Sinfonietta op. 34 (1902, Umarbeitung 
der Violmsonate op. 8), Symphonie E moll op. 46, 
symphonische Dichtungen Mzyri op. 54 una 1917 
god (Das Jahr 1917) op. 71 und Symphonie Kardis. 
Ferner schrieb er: Utsehenije ob akkoraach pie Lehre 
von den Akkorden, Moskau 1897) und 50 let russkoj 
musvki ... (50 Jahre russische Musik . . ., Moskau 
1934). 

Lit.: S. M. Tschemodanow, M. M.I.-I., Moskau 
1933, russ.; S. A. Bugoslawsku, M. M. I.-I., Mos- 
kau 1936, russ. 

lradi$r, Sebastian de, * 20. 1. 1809 zu Saudego 
(Älava), f 6. 12. 1865 zu Vitoria; spanischer Kom- 
ponist, schrieb viele Chansons und Tänze, von de- 
nen einige, wie La palomita, große Popularität er- 
langten. Er ist auch der Autor der Habanera El 
arreglito , die Bizet in Carmen verwendet hat. I. war 
in Paris Gesanglehrer der Kaiserin Eug&ne; er ging 
dann nach Cuba. Einige Jahre war er auch Ge- 
sanglehrer am Konservatorium von Madrid. 

Lit.: E. Istel, Bizet u. »Carmen«. Stuttgart 1927; 
G. Chase, The Music of Spam, NY 1941, span. v. J. 
Pahissa Buenos Aires 1943. 

Ireland ('aulsend), John, * 13. 8. 1879 zu Ingle- 
wood (Bowden, Cheshire) ; englischer Komponist^ 
Sohn des Schriftstellers Alexander I., war 1893 bis 
1901 Schüler des Royal College of Music, an dem 
er erst Klavier bd Cliflfe, dann Komposition bd 
Stanford studierte; von 1901-08 machte er eine 
Reihe Kompositionsversuche, die er später verwor- 
fen hat: die frühesten von ihm anerkannten Werke 
sind das einsä tzige Phantasy-Trio A moll (1908), 
die I. Violinsonate D moll (1909) und die Songs of 
a Wayfarer (1910), nach denen er erst 1913 mit der 
Klaviersuite Decorations und The Forgotten Rite für 
Orch. sein merklich verändertes Schaffen wieder 
aufnahm, das ihn als einen der führenden neueren 
Komponisten ausweist; im Gegensatz zu I.s Alters- 
fein Ruf vor alfLn auf Ideinere^Stücke und die 
Kammermusikwerke. Wdtere Werke: 4 Preludes 
für Kl. (das dritte auch für Org., für V. und Kl., 


für Strdchorch. und für 4st. Chor bearbdtet), 
II. Klaviertrio in E (einsätzig, 1917), II. Violinso- 
nate A moll (1917), Klaviersonate E moll (1920), 
symphonische Rhapsodie Mai-Dun (1921), Cdlo- 
sonate G moll (1923), Klaviersonatine (19230, Kla- 
vierkonzert Esdur (1930), Legend für KL und 
Orch. (1933), A London Overture (1936), »These 
things shall be « für Bar., Chor und Orch. (1937), 
IE. Klaviertrio in E (1938), Concertino pastorale für 
Streichorch. (1939), A Maritime Overture für Blas- 
orch. (1944), Ouvertüre Satyricon (1946), viele Lie- 
der, Chöre, Kirchenmusik. 

Iri^rte, Tom äs de (Yriarte), * 18. 9. 1750 auf der 
Insel Teneriffa, f 17. 9. 1791 zu Santa Maria bei 
Cddiz; Staatsarchivsekretär in Madrid, angesehener 
Dichter (auch unter dem anagrammatischen Pseud- 
onym Tirso Imareta), ist Verfasser des didak- 
tischen Gedichts in 5 Büchern: La müsica (1779), 
das auch italienisch (von Antonio Garcfa, 1789), 
französisch (Grainville, 1800) und englisch (John 
Belfour, 1811) erschien. Aber I. war auch ein ge- 
schulter Tonsetzer und schrieb Symphonien, Quar- 
tette, Lieder (Tonadillas) und ein Monodram Guz- 
mdn el Bueno. 

Lit.: E. Cotarelo y Mori, I. y su dpoca, Madrid 
1897; J. Subirä, El compositor I. y ei cultivo espaftol 
del meldlogo (Melodrama), 2 Bde, Barcelona 1949-50. 

Irino, Yoshirö, * 13. 11. 1921 zu Wladiwostok; 
japanischer Komponist, graduierte 1943 an der 
volkswirtschaftlichen Fakultät der Universität 
Tokio und studierte bei Saburö Moroi Kompo- 
sition. Vom Militärdienst entlassen, gründete er 
1946 eine Komponistengruppe »Shinsäka« (Neue 
Stimme), ist Vorstandsmitglied der japanischen 
Sektion der IGNM und Kompositionsprofessor 
am T6h6-Konservatorium in Tokio und in der 
Jury der Mainichi-Musikwettbewerbe, deren Kom- 
positionspreis ihm vordem wiederholt zuerkannt 
wurde. Sein Werkverzeichnis umfaßt ausschließ- 
lich Instrumentalmusik, darunter ein Doppelkon- 
zert für V. und Kl. mit Orch., eine Sinfonietta und 
Ricercari für Kammerorch. Seit seinem Kam.rn.er- 
konzert für 7 Instr. (1951) setzt er sich mit der Do- 
dekaphonie auseinander. Er legte 1953 eine Schrift 
über Zwölftonmusik (Ijümon no Ongaku) vor und 
übersetzte deutsches Schrifttum zur zeitgenössi- 
schen Musik (Erpf, Rufer, Wömer) ins Japanische. 

Irmler, Johann Christian Gottlieb, * 11.2. 
1790 zu Obergrumbach bei Dresden, 1 10. 12. 1857 
zu Leipzig, gründete 1818 in Leipzig die Piano- 
fortefabrik I. G. Irmler, welche sich unter ihm und 
weiter unter seinem Sohne Oswald I. (* 5.3. 1835 
und f 30. 10. 1905 zu Leipzig) bald zu großem 
Ansehen entwickelte. Nach Oswald LsTode wurde 
sie von dessen Söhnen Emil (* 7. 5. 1869) und 
Otto (* 1. 3. 1872) übernommen. 

Iro, Otto, * 10. 8. 1890 zu Eger; österreichischer 
Gesangspädagoge, studierte in Wien Jurisprudenz 
und bei G. Adler Musikwissenschaft, trieb noch 
Gesangstudien in Wien, München und Frankfurt 
am Main und unterrichtet seit 1917 in Wien. 
1919 begann er mit der Herausgabe einer Zeit- 
schrift Stimmwissenschaftliche Blätter . Ferner schrieb 
er: Diagnostik der Stimme (Wien 1923) und No- 
vellen. Zu I.s Schülern gehören zahlreiche nam- 
hafte Sänger der Gegenwart. 


853 



Irrgang 


irrgang, Heinrich Bernhard, * 23.7. 1869 zu 
Zduny (Kreis Krotoschin), + 8. 4. 1916 zu Berlin; 
deutscher Organist, wurde 1890 Schüler des Kö- 
niglichen Instituts für Kirchenmusik und weiterhin 
der akademischen Meisterklasse Bl umne rs in Ber- 
lin. 1890 wurde er als Organist der Gamisonkirche 
in Spandau angestellt, 1894 Organist der Kirche 
zum heiligen Kreuz in Berlin, 1897 auch Organist 
des Philharmonischen Orchesters, 1905 Organist 
der Marienkirche und Orgellehrer am Stemschen 
Konservatorium, 1910 Organist der Dom- und 
Hofkirche, 1912 auch Orgellehrer an der König- 
lichen Hochschule für Munk. Er komponierte Or- 
gelsonaten und Lieder. 

Irving ('oeivig), Robert Augustine, * 28. 8. 1913 
zu Winchester; englischer Dirigent, war 1934-36 
Schüler des Royal College of Music in London, 
1945-48 als Dirigent beim B. B. C. Scottish Or- 
chestra in Glasgow tätig und dann Dirigent und 
musikalischer Berater beim Sadler’s Wells Ballet 
sowie beim Royal Opera House Covent Garden 
und ist seit 1958 Chefdirigent des New York 
City Ballet. 

Isaac, Heinrich (Ysach, Ysac, Yzaac - wie er 
selbst sich Unterzeichnete -, Isac, Isaak, in Italien 
auch Arrigo Tedesco, oder barbarisch latinisiert 
Arrhigus), * vor 1450, f 1517 zu Florenz; flä- 
mischer Komponist, einer der hervorragendsten 
Meister im letzten Viertel des 15. und am Beginn 
des 16. Jh., wohl ein älterer Zeitgenosse Josquins. 
Trotz seiner Benennung als Tedesco oder Germa- 
nus ist I. nicht deutscher Abkunft, da sein Testa- 
ment von 1516 ihn als (filius) quondam Ugonis de 
Flandria bezeichnet. Über die Zeit seiner Ausbil- 
dung ist nichts bekannt. Die Nennung eines 
»mis. Ysach« (1474 in einem Brief des Mailänder 
Organisten Passino di Eustachio an Francesco 
Mana Sforza), der als Schüler S quar cialupis be- 
zeichnet wird, ist nicht mit Sicherheit mit I. zu 
verbinden. Daß I. vorübergehend in Ferrara oder 
schon vor 1480 in Florenz gewirkt habe, ist ur- 
kundlich noch nicht belegt. Kurz nach 1480 wurde 
er von Lorenzo il Magnifico de’ Medici, dessen 
Söhne er in der Folge unterrichtete, als Organist 
nach Florenz gezogen (San Giovanni, Santa Maria 
del Fiore). 1484 hielt er sich — offenbar vorüber- 
ehend — am Hofe Erzherzog Sigismunds zu Inns- 
ruck auf. Nach dem Sturz der Medici 1494, end- 
gültig am 3. 4. 1497 trat I. als Hofkomponist in 
den Dienst Kaiser Maximilians. In die folgenden 
Jahre im Dienste des Kaisers fallen mehrere Reisen, 
u. a. nach Italien, in der Zeit 1503-14 wiederholt 
nach Konstanz; auch ist L in den Jahren 1497-1500 
am Hofe Friedrichs des Weisen, des Kurfürsten 
von Sachsen (neben Adam von Fulda) nachweis- 
bar. 1514 zog er sich aus dem Dienst am kaiser- 
lichen Hof zurück und verlebte seine letzten Jahre 
in Florenz. I. ist einer der vielseitigsten Musiker 
seiner Zeit, nicht nur durch seinen Stil, der von 
konstruktiver Herbigkeit bis zu renaissancemäßi- 
ger Glätte und Anmut reicht, sondern auch durch 
seine internationale Gewandtheit und seine Be- 
herrschung der niederländischen, italienischen und 
deutschen Kompoationseigentümlichkeiten, hierin 
•ein Vorläufer Rolands de Lassus. Seine Vertraut- 
heit mit dem niederländischen Stil ist so groß, daß 
zu vermuten ist, er habe sie nicht erst durch Ver- 


mittlung anderer Meister in Italien, sondern in 
gründlicher Lehre schon in jungen Jahren in 
seiner Heimat erworben. I.s Liedschafien umfaßt 
teils textiert, teils untextiert, teils tabuliert über- 
lieferte niederländische Chansons, italienische Frot- 
tole und deutsche Lieder. Seine 25 deutschen Lied- 
kompositionen (12 Hofweisen, 9 bürgerliche, *3 
geistliche Weisen) waren neben den Komposi- 
tionen von Heinrich Finck und Hofhaymer weg- 
weisend für das mehrstimmige deutsche Lied im 
16. Jh. Ls Einfluß wurde nicht zuletzt durch seinen 
Schüler und Nachfolger Senfl wirksam. Neben 
dem verbreiteten Tenorlied Mein jreud allein in aller 
Welt ragen die Sätze über Innsbruck , ich muß dich 
lassen hervor, besonders eine wahrscheinlich vor 
1500 entstandene, in das Christe secundum seiner 
Liedmesse (Missa carminum) übernommene erste 
Fassung als kanonisches Tenorlied und die be- 
rühmte zweite Fassung (4st., homophon) mit dem 
C. f. in der Oberstimme und Wiederholung der 
Schlußzeile (mit Quartenparallelen und der Terz 
im Schlußakkord) anstelle der sonst üblichen poly- 
phonen Schlußverdichtung - übrigens das einzige 
Beispiel bei I. für ein deutsches homophones Dis- 
kantlied. Zu Lebzeiten I.s erschien ein Individual- 
druck, die Misse Henrici Izac (1506 bei Petrucd in 
Venedig), enthaltend die Messen Charge de deuil , 
Misericordias domini , Quant jay au cor , La Spagna 
und Comme femme. Weitere gedruckte Messen: 
Salva nos und Frölich Wesen (Graphaeus, »Missae 
trededm«, 1539), O praeclara (Petrejus, »Liber 
quindedm missarum«, 1539) sowie Missa carminum 
(über deutsche Lieder) und eine Messe über das 
spanische Lied Une musque de Biscaye (»Opus decem 
missarum quatuor vocum in gratia scholarum 
atque adeo omnium musices studiosorum, collec- 
tum Gregorio Rhauo«, Wittenberg 1541). Als 
zweiter Individualdruck ist das große Proprien- 
werk des Choralis Constantinus (Constantiensis) zu 
nennen, das- nach Ls Tod von Senfl fertiggestellt 
und in drei das ganze Kirchenjahr umfassenden 
Teilen bei Formschneyder in Nürnberg im Druck 
herausgegeben wurde (I, 1550; II und III, 1555). 
Es enthalt hauptsächlich 4st. Proprium-Kompo- 
sitionen und galt lange als ein Auftragswerk des 
Domkapitels von Konstanz. Die vom 14. 4. 1508 
stammende Eintragung in den Protokollen des 
Domkapitels (». . . dem ysaac componisten Zu- 
reden, ob er edich offlda ln summis festivitatibus 
zesingen in eiligem sold componiren vnd schriben 
lassen weit pro choro ecdesie Constantiensis . . .«) 
gibt keinen Aufschluß darüber, ob der ganze Zyklus 
oder nur »edich offlda« als Auftrag des Domkapi- 
tels zu gelten haben, ob also das gesamte Werk 
oder nur ein Teil davon auf der Konstanzer Li- 
turgie gründet. Neueren Forschungen zufolge 
zeigt nur der zweite Teil Bindungen an das Gra- 
duate von Konstanz. Auf welcher lokalen Tradi- 
tion des Graduale die restlichen Kompositionen 
beruhen, konnte bisher nicht festgestellt werden. 
Uber diese Drucke hinaus fanden geistliche und 
weltliche Sätze Aufnahme in viden, besonders 
deutschen Sammdwerken des 16. Jh. Genannt 
seien hier nur: Petrucds Harmonice Musices Odhe- 
caton A (1501; 3 Tridnien, dazu 2 französische 
Sätze zu 4 St. I. zugeschrieben, 2 weitere Sätze 
in der Zuweisung unsicher), Petrucds Motetti a 
cinque Libro primo (1505; 3 Motetten), Grimms und 


«54 



al-Isfahänl 


Wyrsungs Liber selectarum cantionum (1520; 3 Mo- 
tetten zu 4 und 2 zu 6 St.), Formschneyders Trium 
uocutn carmina (1538; 4 Sätze), Rhaws Symphoniae 
iucundae (1538; 2 Motetten zu 4 St.), Försters Ein 
außzug guter alter vnd newer Teutscher liedlein (1539; 
4 deutsche Lieder), Petrejus* Trium vocum cantiones 
(1541; 5 Sätze), Otts Hundert und fünffizehen guter 
newer Liedlein (1544; 10 Sätze) und Rhaws Officio - 
rum — de nativitate . . . Tomus primus (1545 ; 6 
Sätze zu 4 St.). Glarean nahm 5 Motetten von I. 
in sein Dodekachordon (1547) auf. Die große Zahl 
der in Europa weit verstreuten handschriftlichen 
Quellen, die zahlreiche ungedruckte Komposi- 
tionen enthalten, ist bisher noch nicht zu übersehen. 

Ausg. (gekürzte Auswahl): Choralis Constantinus 1, 
hrsg. v. E. Bezecny u. W. Rabl, DTÖ V, 1 ; Choralis 
Constantinus II, bearb. v. Webern, DTÖ XVI, 1; 
Choralis Constantinus III, hrsg. v. L. Cuyler, = 
Univ. of Michigan Publications, Fine Arts, Vol. II, 
Ann Arbor 1950 (vgl. dazu Mf VII, 1954, S. 116 ff.); 
Five Polyphonic Masses, hrsg. v. ders., Ann Arbor 
1956 (die 5 Messen aus Teil III d. Choralis Constan- 
tinus); Missa carminum, hrsg. v. R. Heyden, Chw. 
VII, 1930, 21950; Officium Epiphaniae Domini, hrsg. 
v. W. Lipphardt, Kassel 1948; Weltliche Werke, 
bearb. v. J. Wolf, DTÖ XIV, 1, u. Nachtrag in DTÖ 
XVI, 1 (vgl dazu SIMG X, 1908/09, S. 320 ff.); Har- 
monice Musices Odhecaton A, hrsg. v. H. Hewitt, = 
The Mediaeval Acad. of America, Publication No 42 
(Studies and Documents, No 5), Cambridge, Mass., 
1946; die 10 Sätze aus Otts Slg (1544) in PGfM I (6) 
u. II (4), hrsg. v. R. Eitner, L. Erk u. O. Kade; 
4 Lieder aus Försters Slg (1539) in RD XX, hrsg. v. 
K. Gudewill u. W. Heiske; 2 4st. Lieder aus Oeglins 
Liederbuch, hrsg. v. R. Eitner u. J. J. Maier, PGfM 
IX (= Jg. VIII); 3 Motetten, 2 Introitus, 3 Alleluja 
u. 4 weltliche Lieder bei A. W. Ambros, Gesch. d. 
Musik V, hrsg. v. O. Kade, Lpz. 1882, 31911; Kyrie 
d. Messe »Frölich Wesen« (4st.) u. 3st Carmen »La 
Martinelia«, Schering Beisp. 55/56; ein 4st. deutsches 
Lied u. eine 4st. Instrumentalkanzone, Davison- 
Apel Anth. I, 87/88; 3st. »Der hund« in DTÖ 
XXXVII, 2, Anh.; 4st. Hymnus »Christ ist erstan- 
den« (DTÖ XIV, 1, Nr 3) unter Stoltzers Namen auch 
in DDT XXXIV u. danach Davison-Apel Anth. I, 
108; 4st. Carmen »La Mora«, Riemann Beisp. 18; 
»Fortuna in mi« aus Kotters Tabulaturbuch in : W. 
Merian, Der Tanz in d. deutschen Tabulaturbüchem, 
Lpz. 1927 ; je ein Satz in PGfM XXIX (=» Jg. XXXII ; 
R. Eitner), RD XXI (R. Gerber) u. NMA LIII (H. 
J. Moser u. Fr. Piersig). 

Lit.: A.v. Reumont, H.I., MfM XIV, 1882; F. 
Waldner, H. Ysaac, in: Zs. d. Ferdinandeums f. 
Tirol u. Vorarlberg, 1904; A. Smuers, Een kleine 
bydrage over Josquin en I., in: Gedenkboek aange- 
boden aan Dr. D. F. Scheurleer, den Haag 1925; H. 
älbrecht, Artikel I., MGG; La Mara, Musiker- 
briefe aus fünf Jh.en I, Lpz. (1886); Cl. Sartori, 
Organs, Organ-Builders, and Organists in Milan 
1450-1476: New and Unpublished Documents, MQ 
XLIII, 1957; H. Schweiger, Archivalische Notizen 
zur Hofkantorei Maximilians I., ZfMwXTV, 1931/32; 

0. zur Nedden, Zur Gesch. d. Musik am Hofe Kai- 
ser Maximilians I., ZfMw XV, 1932/33; ders.. Zur 
Mg. v. Konstanz um 1500, ZfMw XII, 1929/30; W. 
Gurlttt, Zur Adam v. Fulda-Frage, Kgr.-Ber. Lüt- 
tich 1930; ders., Joh. Walter u. d. Musik d. Refor- 
mationszeit, Luther-Jb. 1933; J. Wolf, Zur I.-For- 
schung, ZIMG VIII, 1906/07; ders., I. a Firenze, 
in: Nuova Musica XII, 1907; A Thürlings, H. 

1. in Augsburg (?) u. Konstanz, DTB III, 2, S. 
XCIX ff.; F. Waldner, Nachrichten über d. Mu- 
sikpflege am Hofe zu Innsbruck,in: Beilage zu 
MfM XXIX/XXX, 1897/98; W. Senn, Musik u. 
Theater am Hof zu Innsbruck, Innsbruck 1954; 


L. Parigi, Laurentiana. Lorenzo dei Medici cul- 
tore della musica, = Hist, musicae cultores, Bibi. 
III, Florenz 1954; P. Blaschke, Der Choral in H. 
Isaaks Choralis Constantinus, Diss. Breslau 1926 
(maschr.); ders., H. Isaaks Choralis Constantinus, 
KmJb XXVI, 1931 ; K. Jeppesen, »Choralis Constan- 
tinus« som liturgisk Dokument, in: Festskrift til O. 

M. Sandvik, Oslo 1945; R. Wagner, Die Choralver- 
arbeitung in H. I.s Offizienwerk »Choralis Constan- 
tinus«, Diss. München 1950 (maschr.); G. R. Pätzig, 
Liturgische Grundlagen u. hs. Überlieferung v. H. I.s 
»Choralis Constantinus«, Diss. Tübingen 1956 
(maschr.); L. E. Cuyler, The Sequences of I/s Cho- 
ralis Constantinus, JAMS III, 1950; W. Heinz, 
Isaaks u. Senfls Propriums-Kompositionen in Hss. d. 
Bayerischen StaatsbibL München, Diss. Bin 1952 
(maschr.); H. Birtner, Sieben Messen v. Ludwig 
Senfl, AfMf VII, 1942; R. Mabhold, H. I., Beiträge 
zur Kompositionstechnik an Hand seiner coralpoly- 
phonen Messen, Diss. München 1954 (maschr.) ; Fr. 
Feldmann, Divergierende Überlieferungen in I.s 
»Petrucci- Messen«, CHM II, 1957; A. Krings, Zu 
H. I.s Missa Virgo Pudentissima 6 voc., KmJb 
XXXVI, 1952; H. Rietsch, H. Iaak u. d. Innsbruck- 
lied, JbP XXIV, 1917f K. Ameln, Beiträge zur Gesch. 
d. Melodien »Innsbruck, ich muß dich lassen« u. 
»Ach Gott, vom Himmel sieh darein«, Diss. Freiburg 
i. Br. 1924 (maschr.); F. Gmsi, Le musiche di I. per 
il »San Giovanni e Paulo« di Lorenzo il Magnifico, 
Rass. mus. XVI, 1943; B. Becherini, La canzone 
»alla battaglia« di Henricus I., RBM VII, 1953; H. 
Osthoff, Zu I.s u. Senfls deutschen Uedem, ZfMw 
XIV, 1931/32; ders.. Die Niederländer u. d. deutsche 
Lied, — Neue deutsche Forschungen, Abt. Mw. VII 
(= Bd CXCVII d. Gesamtreihe), Bin 1938; P. Wag- 
ner, Gesch. d. Messe I, Lpz. 1913; W. Lipphardt, 
Die Gesch. d. mehrstimmigen Proprium missae, Hei- 
delberg 1950; A. Einstein, The Italian Madrigal I/II, 
Princeton 1949 (in Bd III: Ballata »Questo mostrarsi 
adirata di fore«). 

Isamjtt, Carlos, * 13. 3. 1887 zu Rengo; chile- 
nischer Komponist, Schüler des Conservatorio 
National de Musica (P. H. Allende), setzte seine 
Studien in Italien, Paris, Madrid und im Haag fort. 
Als Musiker und Maler wirkte I. an verschiedenen 
chilenischen Lehrinstituten und betätigt sich noch 
jetzt als Präsident der Federadön de Artistas de 
Chile. Die Beschäftigung mit der Musik der arau- 
kanischcn Indianer hat sein kompositorisches Schaf- 
fen nachhaltig beeinflußt. Es umfaßt ein Ballett 
El Pozo de Oro (Santiago 1944), Orchesterwerke 
(darunter eine Symphonie, eine symphonische 
Suite; Siete motivos poiticos , 1944), eine Suite für 
Vc. und Kammerorch., Kammermusik (Streich- 
quartett 1936; Tres pastorales für V. und KL; Tres 
danzas für Harfe), Vokalwerke mit Orchester-, 
Streichquartett- und Klavierbegleitung sowie eine 
Reihe von Kompositionen für KL (Sonate Euo- 
caciön araucana). 

al-Isfahasn» Abu’l-Farag, Ali ben al-Husain 
ben Muhammad, * 897 zu Isfahan, f 21. 11. 967; 
arabischer Sänger, dessen Kitäb äl-agänl al-kabir 
(»Größeres Buch der Gesänge«) die Hauptqudle 
zur Erforschung der frühen arabischen Dichtung 
und Malerei bildet. 

Ausg.: Kitäb al-agänl . . ., 20 Bde, Bulak 1868, dazu 
ein Ergänzungsband, Leiden 1888, u. ein Registerband 
v. I. Guidi, Leiden 1895-1900; ders., 20 Bde, Kairo 
1905-06; ders., Kairo ab 1927, Teile daraus lat. v. 
J. G. L. Kosegarten, Alii Ispahanensis Über can- 
tilenarum I, Greifswald 1840. 

Ut.: H. G. Farmer, Sources of Arabian Music, 
Bearsden 1940. 


855 



Isidoras 


Mctyrus von Sevilla (Hispalensis), der Hei- 
lige, * um 570 zu Cartagena, f 4. 4. 636 zu Sevilla; 
spanischer Theologe und Gelehrter, wurde zu An- 
fang des 7.Jh. als Nachfolger seines älteren Bru- 
ders, des Heiligen Leander, Bischof von Sevilla. 
Sein Hauptwerk, die Etymologiarum sive originum 
libri XX, verknüpft das gesamte Bildungsgut der 
Spätantike mit dem christlichen Weltbild und be- 
saß das Mittelalter hindurch autoritative Geltung 
schon durch die große handschriftliche Überliefe- 
rung. Die Musik betreffen: Buch UI, Kapitel 15-23 
( Ars musica, auf Cassiodor und Augustin beruhend) ; 
Buch VI, Kapitel 19 (über liturgischen Gesang); 
Buch VH, Kapitel 12 (über den Cantor). Auch an- 
dere Schriften Ls enthalten einzelnes zur Musik. 
Die meisten Musiktheoretiker des Mittelalters zi- 
tieren Isidor; besonders Rhabanus Maurus hat die 
Kapitel 15-22 des ffi. Buches nahezu vollständig 
in seine Schrift De Universo (Buch XVHI, Kapitel 
4; Neuausgabe in Migne Patr. lat. CXI) über- 
nommen. 

Ausg.: GA hrsg. v. F. Arevalo, 7 Bde, Rom 1797 bis 
1803, danach auch Migne Patr. lat. LXXXI bis 
LXXXIV; Isidori etymologiae, cod. Toletanus . . ., 
Faks. hrsg. v. R-Beer, Leiden 1908; Etymologia- 
rum . . . libri XX, hrsg. v. W. M. Lindsay, 2 Bde, 
Oxford 1911, Neudruck 1957; Exzerpte aus Buch III 
als Sententiae de musica, GS I. 

Lit: allgemein: M. Manitius, Gesch. d. lat. Lit d. 
MA I— III, = Hdb. d. klass. Altertums- Wiss., hrsg. v. 
I. v. Müller IX, 2, München 1911-31; Ch. H. Bee- 
son, I.-Studien, Quellen u. Untersuchungen zur lat. 
Philol. d. MA IV, 2, München 1913; A. Schenk, 
A. Schmekel u. H. Philipp, Artikel I., Pauly-Wis- 
sowa RE IX, 2 0“ 18. Halbband), Stuttgart 1916; 
Dom P. Sejourn£, Le demier P&re de l’Eglise Saint 
I., Paris 1929; Miscellanea Isidoriana, Rom 1936; 
K. Vossuer, I. v. Sevilla, Hochland XXXIX, 1946/47. 
Musik: K. Schmidt, Quaestiones de musicis scrip- 
toribus, Diss. Gießen 1899; G. Pietzsch, Die Klassi- 
fikation d. Musik, Halle 1929; H. Angl£s, La müsica 
anterior al s. XI en Toledo, Span. Forschungen . . ., 
Münster 1938; W. Gurutt, Zur Bedeutungsgesch. 
v. musicus u. cantor bei I. v. Sevilla, = Abh.en d. 
geistes- u. sozial wiss. Klasse d. Akad. d. Wiss. u. 
d. Lit. in Mainz, Jg. 1950 Nr 7, u. im Kgr.-Ber. Basel 
1949. 

Mer, Ernst, * 30. 9. 1879 und f 26. 9. 1944 zu 
Zürich; Schweizer Organist, Schüler des Zürcher 
Konservatoriums und der Berliner Hochschule für 
Musik, war 1919-42 Organist am Fraumünster in 
Zürich, zugleich Musikreferent der Neuen Zürcher 
Zeitung und 1910-27 Redakteur der Schweize- 
rischen Musikzeitung. In den Neuj ahrsblättem der 
Allgemeinen Musikgesellschaft Zürich schrieb er: 
CarLAttenhofer (CHI, 1915), Max Reger (CV,1917), 
Hans Huber (CXI, 1923) und Das Zürcherische Kon- 
zertleben seit . . . 1895 (CXXm-CXXIV, 1935-36). 

Isnard (isn'arr), französische Orgelbauerfamilie: 
-1) Jean Esprit, OP, getauft 22.1.1707 zu 
Bddänides (Vauduse), beerdigt 16.3.1781 zu 
Tarascon, gehörte wahrscheinlich dem Domini- 
kanerkloster von Tarascon an und baute für die 
Kathedralen von Aix (1746), Nimes (1752), Vai- 
son (1777), Albi (1778) und Mende (1780). Als sein 
Hauptwerk gilt die noch ganz erhaltene Orgel des 
Klosters Saint Maximin (Var) mit 43 Registern 
(4 Manuale; 1772). - 2) Jean Baptiste, * 24. 6. 
1726 zu Bddamdes, f 18. 8. 1800 zu Orleans; Neffe 
von Jean Esprit B., arbeitete ab 1756 zumeist in 


Orleans und baute 1784-89 die in Teüen erhaltene 
Orgel von Saint Salomon in Pithiviers bei Paris 
mit 44 Registern (4 Manuale). - 3) Joseph, * 5. 4. 
1740 zu Bddarrides, f 9. 4. 1828 zu Bordeaux, Mit- 
arbeiter seines Bruders Jean Baptiste I., seines On- 
kels und von Fr. H. Clicquot, ließ sich in Bor- 
deaux nieder. 

Isn^rdi, Paolo, * um 1525 zu Ferrara; italie- 
nischer Komponist, 1573-90 als Domkapellmeister 
in Ferrara nachweisbar, schrieb (alles in Venedig 
erschienen) : 2 Bücher 5st. Messen (1568-81), 4st. 
Psalmi omnes cum 4 Magnificat (1569, 5 1590), 5st. 
Lamentationes (1572), 4st. Messen (1573), 5st. Psalmi 
(1579), 4-6st. Magnificat (1582), 8st. Missa et Mo- 
tettae (1594), ferner 2 Bücher 5st. (1568-81) und 
ein Buch 6st. (1581) Madrigale; weitere Madrigale 
finden sich in -> Baldinis »Lauro secco« (1582) und 
anderen Sammelwerken 1570-92. 

Isouard (izu'arr), Niccolö (auch bloß als Nic- 
colö de Malta bezeichnet), * 6. 12. 1775 auf der 
Insel Malta, f 23. 3. 1818 zu Paris; französischer 
Komponist, bildete sich gegen den Willen seines 
Vaters zum Musiker aus, studierte in Palermo, 
dann in Neapel unter Sala und P. Guglielmi, wäh- 
rend er gleichzeitig in einem Bankhause Stellung 
hatte. 1795 gab er die kaufmännische Laufbahn auf 
und debütierte unter dem Namen Niccolö 1794 in 
Florenz (Pergola) mit seiner ersten Oper UAvviso 
ai Maritati , die nur geringen Erfolg hatte. Nachdem 
er für Livorno Ende 1794 einen Artaserse geschrie- 
ben hatte, der besser gefiel, wurde er Organist der 
Kirche St. Johannes von Jerusalem in La Valetta 
und später Kapellmeister des Malteserordens. Nach 
der Aufhebung des Ordens schrieb er eine Reihe 
Opern für ein in La Valetta etabliertes Theater und 
ging 1799 nach Paris, wo er in R. Kreutzer einen 
aufopfernden Freund fand. Schon im selben Jahre 
brachte er eine komische Oper, Le tonnelier, heraus, 
der schnell einige andere folgten; doch setzte er 
sich erst mit Michel-Ange (1802) durch und er- 
reichte den Höhepunkt seiner Erfolge mit Cen- 
drillon (Aschenbrödel, 1810). Sehr beliebt wurde 
seine Oper LeBilletdeLoterie (1811, auch in Deutsch- 
land als Das Lottcrielos). Die Rückkehr Boiddieus 
aus Rußland hatte eine heftige Konkurrenz der 
beiden fast gleich beliebten Komponisten zur 
Folge, wdche den heilsamsten Einfluß auf I.s Art 
zu arbeiten ausübte und seine besten Werke, 
Joconde und Jeannot et Colin (beide 1814), zeitigte. 
Die Opdra führte nach seinem Tode Aladin ou 
La Lampe merveilleuse (beendet von Benincor, 
1822) mit großem Erfolg auf. Im ganzen schrieb 
I. über 40 Opern, daneben Messen, Motetten, 
Psalmen, Kantaten, Kanzonetten und Lieder. 

Lit : E. Wahl, N. I., sein Leben u. sein Schaffen auf 
d. Gebiet d. op6ra comique, Diss. München 1905, 
München 1911. 

Israel, Karl, * 9. 1. 1841 zu Heiligenrode (Kur- 
hessen), f 2. 4. 1881 zu Frankfurt am Main; deut- 
scher Musikschriftsteller, studierte ursprünglich 
Theologie in Marburg, wurde aber Schüler des 
Leipziger Konservatoriums und ließ sich daun in 
Fra nkfu rt nieder, wo er als Musikreferent eine 
hochgeachtete Stellung einnahm Fr gab heraus: 
Die musikalischen Schätze der Gymnasialbibliothek 
und der Peterskirche zu Frankjurt a. M. (Frankfurter 


856 



Ives 


Gymnasial-Programm 1872) und Uebersichtlicher 
Katalog der Musikalien der ständischen Landesbib liothek 
zu Cassel (Zs. des Vereins für hessische Gesch. und 
Landeskunde, N. F. Suppl. 7, 1881), zwei für die 
musikalische Bibliographie wichtige Kataloge, 
ferner: Frankfurter Konzert-Chronik von 1713-1780 
(Neujahrs-Blatt des Vereins für Gesch. und Alter- 
thumskunde zu Frankfurt a. M. für das Jahr 1876, 
Frankfurt a. M. 1876). 

Jsserlis, Julius, * 7. 11. 1889 zu Kischinew; 
russischer Pianist, studierte bei Puchalski in Kiew 
sowie bei Safonow und Tanejew am Moskauer 
Konservatorium, war 1913-18 Professor an der 
Musikschule der Moskauer Philharmonischen Ge- 
sellschaft, ließ sich 1923 in Wien, später in London 
nieder. Er ist vor allem als Interpret von Werken 
Chopins und russischer Komponisten bekannt. Ne- 
ben Klavierstücken komponierte er 2 Polmes für 
Kl. und Orch. 

Istel, Edgar, * 23. 2. 1880 zu Mainz, t 17. 12. 
1948 zu Miami (Florida); deutscher Musikschrift- 
steller, bildete sich in Mainz zunächst im Violin- 
spiel aus, wandte sich dann aber als Schüler von 
Volbach der Komposition zu und ging 1898 nach 
München, um bei Thuille seine musikalische Aus- 
bildung zu vollenden. 1900 promovierte er mit 
einer Dissertation über J. J. Rousseau als Komponist 
seiner lyrischen Szene Pygmalion (BIMG I, 1, Leip- 
zig 1901). I. siedelte 1913 nach Berlin über, wo er 
ab 1914 an der Humboldt-Akademie und ab 1919 
an der Lessing-Hochschule Musikästhetik lehrte. 
Ab 1920 lebte er in Madrid und wirkte dort als 
Vertreter des Verbandes deutscher Bühnenschrift- 
steller und Bühnenkomponisten sowie der Wiener 
Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Mu- 
sikverleger. 1936 ging er nach England, 1938 nach 
den USA. Er war mit der amerikanischen Opem- 
sängerin Janet Wylie verheiratet. Schriften: Das 
deutsche Weihnachtsspiel und seine Wiedergeburt aus 
dem Geiste der Musik (Musikalisches Magazin, 
hrsg. von E. Rabisch, Heft I, Langensalza 1901), 
Richard Wagner im Lichte eines zeitgenössischen Brief- 
wechsels (1858-1872) (Berlin 1902), Peter Cornelius 
(Reclams Universal-Bibliothek 4766, Leipzig 
1906), Die Entstehung des deutschen Melodramas (Ber- 
lin 1906), Die komische Oper (Stuttgart 1906), Die 
Blütezeit der musikalischen Romantik (Aus Natur 
und Geisteswelt 239, Leipzig 1909, 2 1921), Das 
Kunstwerk Richard Wagners (Aus Natur und Gei- 
steswelt 330, Leipzig 1910, 2 1919), Das Libretto 
(Berlin 1914, 21915, umgearbeitet als The Art of 
Writing Opera-Librettos t übersetzt von Th. Baker, 
New York 1922), Die moderne Oper (Aus Natur 
und Geisteswelt 495, Leipzig 1915, 21923 mit 
Schlußkapitel von W. Altmann), Das Buch der Oper 
I (Hesses illustrierte Handbücher LIV, Berlin 1919, 
21920), Nicolo Paganini (Leipzig 1919), Revolution 
und Oper (Regensburg 1919), Bizet und »Carmen « 
(Stuttgart 1927). I. gab ferner Schriften von P. 
Cornelius (Literarische Werke, Band 3: Aufsätze 
über Musik und Kunst, Leipzig 1904) und E. Th. A. 
Hoffmann (Reclams Universalbibliothek 5623/24, 
Leipzig 1913 ; desselben Musikalische Novellen und 
Aufsätze, 2 Bände, = Deutsche Musikbücherei, 
Band XXffl-XXIV, Regensburg 1921) sowie die 


Autobiographie Dittersdorfs (Reclams Universal- 
bibliothek 5103/04, Leipzig 1909) heraus. Kompo- 
sitionen: Opern, Chöre und Lieder. 

Itiber# da Cunha Luz, Brasilio, * 17. 5. 1896 
zu Curitiba (Provinz Parand) ; brasilianischer Kom- 
ponist, ist (von Klavierstudien abgesehen) Auto- 
didakt und war 1924-38 als Ingenieur tätig. 1938 
schuf er den Lehrstuhl für Ethnographie und mu- 
sikalische Folklore in Brasilien an der Universität 
des Distrito Federal in Rio de Janeiro und wurde 
1943 Professor für diese Fächer am Conservatorio 
National de Canto Orfeönico. Stark beeinflußt 
von der Folklore der brasilianischen Neger, schrieb 
er Momento EufSrico (1951), Preludio Vivaz (1951) 
und Salmo 150 (1954) mit Orch.; je ein Doppel- 
quintett (1946), Streichquartett (1946) und Kla- 
viertrio (1939); eine Reihe von Klavierstücken, 
darunter die Suite Invocagäo , Canto e Danga (1934) 
und SeisEstudos (1939); Chöre und Lieder. 

Itijrbi, Jos6, * 28. 11. 1895 zu Valencia; spani- 
scher Pianist, Dirigent und Komponist, studierte 
in Valencia, Barcelona und am Pariser Conser- 
vatoire, war 1918-23 Lehrer am Genfer Conser- 
vatoire und lebte dann als Pianist in Paris. Von hier 
aus brachte er es zu einem besonderen Ansehen in 
den USA. 1933 begann er auch als Dirigent aufzu- 
treten und übernahm 1936 die Leitung des Ro- 
chester Philharmonie Orchestra, 1956 die des 
Städtischen Orchesters von Valencia. Er bearbei- 
tete Gershwins Rhapsody in Blue für 2 ICl. und 
schrieb : Seguidillas und Soliloquy für Orch., Fan- 
tasy für Kl. und Orch. sowie Pequeha Danza und 
Cradle Song für KL 

Ives (aivs), Charles Edward, * 20. 10. 1874 zu 
Danbury (Connecticut), f 19. 5. 1954 zu New York; 
amerikanischer Komponist, war Orgelschüler von 
D. Buck und Kompositionsschüler von H. Parker 
an der Yale University. Er wirkte als Organist an 
verschiedenen Kirchen, wandte sich dann aber als 
V emcherungsbeamter vom öffentlichen Musik- 
leben ab und widmete sich dem kompositorischen 
Schaffen in der Zurückgezogenheit seines Privat- 
lebens. Die Bezeichnung von I. als dem »Vater der 
modernen amerikanischen Musik« mag insofern 
unzutreffend sein, als sein Schaffen erst spät be- 
kannt wurde, zu einem Zeitpunkt, da der europä- 
ische Einfluß der modernen Musik in Amerika be- 
reits stark ausgeprägt war. Sie läßt aber dem Kom- 
ponisten Gerechtigkeit widerfahren, dem Neuerer, 
der schon um 1900 die überkommene Harmonie- 
lehre ablehnt und sich mit Atonalität, rhythmi- 
schen und formalen Fragen und später mit der 
Vierteltonmusik auseinandersetzt. Sein Werk um- 
faßt (Auswahl): für Orch.: 4 Symphonien (1898, 
1902, 1904, 1916), Holidays (Symphonie in 4 
Teüen: Washingtons Birthday , Decoration Day, 
Fourth of July, Thanksgiving; 1913), Fragment Uni - 
vers Symphony (1911-16), First (1911) und Second 
Orchestral Set (1915), Ragtime Dances (1900-11), 
Ouvertüren (1901-12), Three Places in New England 
1903-14); Chorwerke: Kantate Celestial Country 
1899), Präludium Let There Be Light für Männer- 
chor, Streicher und Org. (1901), The New River 
(1912), Duty (1914), The Masses (1915), An Ekction 
(1921), Premonitions(1922); Kammermusik: Hal- 
lowe 9 en (1911) und The Innate (1911) für Klavier- 


857 



Ivogün 


quintett, 2 Streichquartette (I: A Revival Service , 
1896; II: 1913), Scherzo für Streichquartett (1903), 
Trio für V., Klar, und Kl. (1903), Klaviertrio 
(1911), 5 Violinsonaten, 3 Kk viersonaten, Viertel- 
tonmusiken für Streicher (1914) und für 2 Kl. 
(1924); Klavier- und Orgelstücke und zahlreiche 
Lieder, besonders in den Sammlungen von 1884 
bis 1921 (114, Redding 1922), 1888-1902 (10, New 
York 1954), 1889-1921 (34, San Francisco 1933), 
1894-1921 (12, New York 1954), 1894-1925 (18, 
San Francisco 1935), 1902-21 (7, New York 1930) 
und 1922-27 (11). 

Lit.: Chronological Cat. of the Works of the 
American Composer Ch. E. I., In: Boletin de Müsica 
y Artes Visuales 1955. - H. u. S. Co well, Ch. I., NY 
1955 (mit Bibliogr. u. Werkverz.). - H. Bellamann, 
Ch. I., MQ XIX, 1933 ; A. Copland, Our New Music, 
NY 1941, deutsch v. M. Reinhardt u. A. Brunner als: 
Unsere neue Musik, München 1947; H. G. Sear, Ch. 
I. Song Writer, MMRLXXXI, 1951 ; E. Käenek, Ch. 

I. , SMZ XCV, 1955. 

Jvogün, Maria (eigentlich Ilse von Günther), * 18. 

II. 1891 zu Budapest; deutsche Sängerin (Sopran), 
war 1909-13 Schülerin von I. Schlemmer-Ambros 
an der Wiener Akademie und sang 1913-26 an der 
Münchner Staatsoper, 1926-33 an der Städtischen 
Oper und als Gast an der Staatsoper Berlin. 1948 
bis 1950 wirkte sie als Lehrerin an der Musikaka- 
demie Wien, 1950-68 an der Berliner Musikhoch- 
schule. Frau I. war 1921-32 mit K. Erb verheiratet; 
1933 vermählte sie sich mit M. Raucheisen. Sie 
ist seit 1956 Mitglied der Akademie der Künste in 
Berlin. 

dTvry, Richard, Marquis, * 4. 2. 1829 zu 
Beaune (Cöte-d’Or), f 18. 12. 1903 zuHy&res; fran- 
zösischer Komponist, der die Musik nur aus Lieb- 
haberei pflegte, ab 1854 in Paris, schrieb die Opern 
Fatma, Quentin Matsys, La Maison du docteur, Om- 
phale et Pdnölope und Les Amants de V&rone (eigener 
Text, 1867, pseudonym^ als Richard Yrvid, 
1878 ganz umgearbeitet), in späteren Jahren eine 
lyrische Komödie Pers&vhance d'amour , auch Lieder 
und Hymnen. 

IwanpWj Michail Michajlowitsch, * 23. 9. 1849 
an Moskau, f 1927 zu Rom; russischer Musikkri- 
tiker und Komponist, widmete sich nach Absol- 
vierung des Petersburger Technologischen Insti- 
tuts dar Musik, studierte bei Tschaücowsky und 


Dubuc, 1870-76 noch bei Sgambati und war seit- 
dem in Rußland als Musikschriftsteller tätig. Kom- 
positionen: 4 Opern, ein Ballett, Orchesterwerke, 
Klavierstücke und Lieder. Schriften: Puschkin in der 
Musik (St. Petersburg 1900), Die historische Ent- 
wicklung der Musik in Rußland (2 Bände, St. Peters- 
burg 1910-11). Ferner übersetzte er Hanslicks Vom 
Musikalisch Schönen und Nohls Die historische Ent- 
wicklung der Kammermusik ins Russische. 

Iwanpw, Nikolai Kusmitsch, * 22. 10. 1810 im 
Gouvernement Poltawa, f 7. 7. 1887 zu Bologna; 
russischer Sänger (Tenor), war Sängerknabe der 
Klaiserlichen Hofsängerkapelle und wurde zur wei- 
teren Ausbildung ai3 Staatskosten nach Italien ge- 
schickt; dort lebte er 2 Jahre in Glinkas Gesell- 
schaft und studierte bei Bianchi (Mailand) und 
Nozarri (Neapel). Er war ein begeisterter Anhän- 
ger und intimer Freund Rossinis. 

Iwanp w-Borezkij , Michail Wladimirowitsch, 

* 26. 6. 1874 und f 1. 4. 1936 zu Moskau; russi- 
scher Musikschriftsteller und Komponist, studierte 
zuerst Jurisprudenz, dann bei Klenowskij, Falconi 
und Rimskij-Korsakow Komposition, wurde 1921 
Mitglied des Staatsinstituts für Musikwissenschaft, 
1922 Professor und Dekan der Musikwissenschaft- 
lichen Fakultät am Moskauer Konservatorium. Er 
verfaßte kurze populäre Biographien von Pale- 
strina, Mendelssohn und Schumann, Praktische 
Harmonielehre (mit Bagadurow), Choix de morceaux 
de musique des sihles passis (Moskau 1929) und 
schrieb im Bericht über die Beethoven-Zentenar- 
feier (Wien 1927) über Ein Moskauer Skizzenbuch 
von Beethoven (Beschreibung, auch deutsch, und 
Faksimile in der Zeitschrift »Musikalische Bildung«, 
Moskau, Beethoven-Sondernummer 1927, Nr 1/2). 
Kompositionen: 4 Opern, Chöre, Lieder, ein 
Streichtrio und Klavierstücke. 

IwanQw-Radkewitsch, Nikolaj Pawlowitsch, 

* 10. 2. 1904 zu Krasnojarsk (Sibirien); russischer 
Komponist, war 1923-28 Schüler von Wassüenko 
und Gü&re am Moskauer Konservatorium, an dem 
er 1930 Lehrer für Instrumentation wurde. Sein 
Werk umfaßt ein Ballett, Bühnen- und Filmmu- 
siken, 4 Symphonien und andere Orchesterwerke, 
mehrere Märsche, Kammermusik (Sonaten für 
verschiedene Instrumente) und Klavierstücke. 


858 



J 


Jacchini (jakk'ini), Giuseppe ; italienischer Vio- 
loncellist um 1700, gehörte dem Orchester an San 
Petronio in Bologna an und war Mitglied der 
Accademia dei Füarmonid. Von ihm erschienen 
in Bologna: Sonate ... per camera für V. und Vc., 
zum Teil nur für Vc. und B.c., op. 1 (1697) ; So- 
nate da chiesa, 2-5st., op. 3 (1700) ; Concerti per 
camera, 3-4st., op. 4 (1701) und Trattenimenti per 
camera, 3-6st. t op. 5 (1703). 

Jachet von Mantua (Jacobus Collebaudi, gen. 
Jachetto bzw. Giacchetto), * um 1495 zu Vitr6 
(Bretagne), f 1559 zu Mantua; französischer Kom- 
ponist, ab 1527 in Mantua als Sänger nachweisbar, 
ab 1534 als Kapellmeister an der Kathedrale im 
Dienst des Kardinals Ercole Gonzaga. J. v. M. ist 
nicht identisch mit dem Madrigalisten Jachet 
Berchem, wurde jedoch schon zu Lebzeiten in ver- 
schiedenen Druckwerken mit diesem verwechselt. 
Die circa 120 mit Jachet Qachetus Gallicus, Jacquet) 
signierten Motetten (3-8st.) in zahlreichen Indivi- 
dual- und Sammeldrucken seit 1532 können mit 
wenigen Ausnahmen J. v. M. zugeschrieben wer- 
den (Individualdrucke: 4st. 1539, 1545; 5st. 1539, 
1540, 1553, 1565; außerdem Motetten in etwa 50 
Sammeldrucken). J.s Motettenstil entwickelt sich 
vom dicht-polyphonen Einheitsablauf mit Imi- 
tationsabschnitten (Gombert-Stil) zum modernen 
»italianisierten Niederländer-Stil« mit prägnanten 
Deklamationsmotiven, harmonisch-klanglichen 
Tendenzen und Abschnittgliederung, während 
Berchems Motetten mehr traditionsgebunden blei- 
ben. Weitere Werke: Messen (4st. 1540, Sammel- 
druck; 5st. 1561), Magnificat-Kompositionen 
(1542), Vesper-Psalmen (versweise ab wechselnd mit 
Adrian Willaert, 1550, und Cipriano de Rore, 
1554), Hymnen (1542, Sammeldruck; 1566), Kar- 
wochen-Responsorien (1567). 

Lit: R. Eitner, Jachet da Mantua und Jachet Ber- 
chem MfM XXI, 1889; K. Huber, Die Doppel- 
meister des 16. Jh., Fs. Sandberger, München 1918; 
A. M. Bautier-Regnier, Jachet de Mantoue, RBM 
VI, 1952; K. Wedmaier, Jachet von Mantua und sein 
Motettenschaffen, Diss. Freiburg i. Br. 1953, maschr. 

Jachet: de Guant -»> Buus 

Berchem -► Berchem 
de Wert Wert. 

Jachimecki (iaxim'etski), Zdzislaw, * 7. 7. 1882 
zu Lemberg, 1 27. 10. 1953 zu Krakau; polnischer 
Musikforscher, promovierte 1906 bei G. Adler in 
Wien mit einer Arbeit über Gomölka, habilitierte 
sich 1 91 1 an der Universität Krakau mit der Schrift 
Einflüsse der italienischen Musik auf die polnische 
(I. Teil 1540-1640; Krakau 1911, gedruckt in den 
Sitzungs-Berichten der Krakauer Akademie der 
Wissenschaft), wurde 1917 außerordentlicher, 1921 
ordentlicher Professor, war auch zeitweise Lehrer 
für Harmonie am Krakauer Konservatorium. Er 
schrieb: Orgeltabulatur der Bibliothek des Heil. -Geist- 


Klosters zu Krakau, 1548 (1913), Die Musik an dem 
Hofe des Königs Wladyslaw Jagiello, 1424-1430 
(Krakau 1915), eine Geschichte der polnischen Musik 
im Umriß (1920), gab die Reiseerinnerungen des Karl 
Kurpinski aus dem Jahre 1823 heraus (1911) und 
Monographien über Mozart (Krakau 1906), H. 
Wolf (1908), Haydn (Krakau 1909), Wagner (Kra- 
kau 1911), Stanislaw Moniuszko (Warschau 1921), 
Richard Wagner (neues Werk, 1922), Fr. Chopin 
(Krakau 1927), Karol Szymanowski (ohne Ort 
1927), Fridöric Chopin et son ceuvre (Paris 1930), Fr. 
Chopin , sein Leben und seine Werke (Warschau 
1949) ; er trat auch als Komponist (Schüler von H. 
Graedener) mit Liedern und Orchesterwerken sowie 
als Dirigent hervor. 

Jachino (jakk'ino), Carlo, * 3. 2. 1887 zu San 
Remo; italienischer Komponist, studierte an der 
Musikschule in Lucca, dann an der Universität 
Pisa Jurisprudenz, war 1910 einige Monate Theo- 
rieschüler von H. Riemann in Leipzig, vervoll- 
kommnete seine Studien 1911 in London, 1912/13 
in Paris. 1927 wurde er Lehrer für Harmonie, Kon- 
trapunkt und 1932 für Komposition am Konser- 
vatorium in Parma, lehrte 1936-38 an San Pietro 
a Majella in Neapel, dann bis 1950 in Rom. J. ist 
jetzt Direktor des Nationalkonservatoriums von 
Bogotd (Kolumbien). Werke: Opern Giuditta, Gio- 
condo e il suo RA (Mailand 1924), U RA dei Ribaldi; 
eine »parabola trarica« La vita delVuomo; 2 Bal- 
lette; Chorwerk Carme Secolare (Neapel 1935); 
Sonata drammatica für V. und Orch. (1931), Or- 
chesterwerke und vor allem Kammermusik. 

Jachmann-Wagner -► Wagner, Johanna. 

Jackson (d^aekson), George K., * 1745 zu Ox- 
ford, f 18. 11. 1822 zu Boston; amerikanischer 
Organist und Komponist englischer Herkunft, 
war als Chorknabe Mitglied der englischen Kö- 
niglichen Kapelle, ring 1796 nach den USA, wo er 
an verschiedenen Orten ab Organist und Musik- 
pädagoge tätig war. Er schrieb zahlreiche kirchen- 
musikafische Werke und eine Abhandlung First 
Principles, or a Treatise on Practical Thorougn Bass 
(London 1795). 

Jackson (d 3 'aeksan), William, * 29. 5. 1730 und 
f 5. 7. 1803 zu Exeter; englischer Komponist, war 
längere Zeit Musiklehrer in Exeter, wurde dort 
17^ Organist und Chormeister der Kathedrale, 
komponierte mehrere Opern: Lycidas, The Lord 
of the Manor und The Metamorphosis, zahlreiche 
Klaviersonaten, Lieder, Kanzonetten, Madrigale 
und Kirchenwerke. 

Lit.: G. D. Mackerness, Fovargue and J., ML 
XXXI, 1950. 

Jackson (dj'aeksaa), William, * 9. 1. 1815 zu 
Masham, t 15. 4. 1866 zu Bradford; englischer 
Organist, war Sohn eines Müllers, bildete sich 


859 



Jacob 


autodidaktisch zum Musiker, wurde in Bradford 
Organist und Chordirigent, komponierte zahl- 
reiche kirchliche und weltliche Vokalwerke; ferner 
schrieb er ein Manual of Singing. 

Lit: J. S. Smith, The Life of W.J., Leeds 1926. 

Jacob (d 3 7 e:kob), Benjamin, * 15.5. 1778 und 
+ 24. 8. 1829 zu London; englischer Organist, war 
1794-1823 Organist an der Surrey Chapel, dann 
an St. Tohn’s Church. J. war einer der Führer der 
englischen Bach-Re n aissance, besonders durch ge- 
meinsam mit S. Wesley veranstaltete Auffüh- 
rungen von Bachs Orgel- und Kammermusik. 
1817 veröffentlichte er eine Sammlung National 
Psalmody. 

Lit.: S. Wesley, Letters to . . . Mr. Jacob, hrsg. v. 
E. Wesley, London 1875, 21878; H. F. Redlich in 
Kgr.-Ber. Lüneburg 1950. 

Jacob foak'ob), Georges, * 19. 8. 1877 und f 28. 
12. 1950 zu Paris; französischer Organist, war Schü- 
ler von Guilmant und Widor am Pariser Conser- 
vatoire, wurde 1922 Organist der Soridtd des Con- 
certs du Conservatoire. J. schrieb Kammermu- 
sik, Klavierstücke und Orgelwerke (Symphonie en 
6 parties ), Orchesterstücke sowie Lieder. 

Jacob (d 3 'e:kob), Gordon, * 5. 7. 1895 zu Lon- 
don; englischer Komponist, studierte am Royal 
College of Music bei Stanford, Vaughan Williams, 
Boult und Howells, war 1924-54 Kompositions- 
lehrer an dieser Anstalt, später Dirigent der Royal 
Amateur Orchestral Society, schrieb zahlreiche 
Werke von modem-sachlicher Haltung, in denen 
er sich als ein sicherer Beherrscher der kontra- 
punktischen Satztechnik und der Instrumentation 
erweist: Songs of Innocence für S. und Streichtrio 
(1922) ; Ballett The Jew in the Bush (1923) ; Suite für 
Blasorch. (1924); Bratschenkonzert (1925); Kla- 
vierkonzert (1927); Streichquartett Cdur (1928); 

L Symphonie (1929); Denbigh Suite für Streich- 
orch. (1929) ; Variationen über ein Air von Purcell 
für Orch. (1930) ; Donald Caird für Chor und Orch. 
(1930) ; Ballett Uncle Remus (1930) ; Kinderkantate 
The Birthday (1932); Oboenkonzert (1933); 3 In- 
ventionen für Fl. und Ob. (1934); Variationen 
über ein eigenes Thema für Orch. (1936) ; Diver- 
timento für OrcL (1938); Quartett für Ob. und 
Streicher (1938); I. Orchestersuite (1941); Klari- 
nettenquintett (1942); Sinfonietta (1942); n. Sym- 
phonie (1944); Symphonie für Streicher (1943); 
Six Shdkespearean Sketches für Streichtrio (1946); 
Fagottkonzert (1947); Rhapsodie für Englisch 
Horn und Streichorch. (1948); Bratschensonatine 
(1948); n. und m. Orchestersuite (1949); Fantasy 
on the Alleluia Hyntn für Orch. (1949) ; Serenade 
für Blasorch. (1950); Homkonzert (1951); Film- 
musiken, Chöre und Lieder. Ferner orchestrierte er 
Stücke von Byrd, Gibbons, Couperin, Mendels- 
sohn, Chopin, Schumann, Liszt und neueren 
Komponisten und schrieb die Bücher Orchestral 
Technique (Oxford 1931, 21940) und How to Read 
a Score (Oxford 1944). 

Jacob feak'ab), Maxime (Dom Cl&nent, OSB), 

* 13. 1. 1906 zu Bordeaux; französischer Kompo- 
nist, war am Pariser Conservatoire Schüler von 
Gddalge, weiter von Ch. Koechlin, D. Milhaud 
und E. Satie, stand mit der Ecole d’Arcueil Saties 
in enger Verbindung, konvertierte 1928 zum Ka- 


tholizismus und trat 1930 in das Benediktiner- 
kloster En-Calcat ein. Er schrieb : mehrere Bühnen- 
musiken und eine komische Oper Blaise le savetier 
(1926); für Orch.: Ouvertüre (1923), Sirinade 
(1928), Sinfonietta funkbre (1947); Violin- und 
Cellosonaten, Orgel- und zahlreiche Klavierkom- 
positionen (darunter mehrere Sonaten und 24 
Feuillets d'album) ; Chöre (darunter Quatre chansons 
entre Vdtne et U£poux) > vor allem aber sehr viele 
Lieder (vorwiegend geistlichen Inhalts). 

Lit.: J. Roy, M. J., in: RM 1939; P. Denis, Dom 
Clement Jacob, in: L'Orgue 1957. 

Jacob-Loewenson, Alice, * 12. 7. 1895 zu Berlin; 
israelische Musikologin, lebt in Tel Aviv, bei C. 
Sachs (Vergleichende Musikwissenschaft), L. Ke- 
stenberg (Klavier) und W. Klatte (Komposition) 
ausgebüdet, war in Berlin bis 1933 als Pianistin, 
Pädagogin und Kritikerin tätig. 1933-47 wirkte sie 
in Jerusalem als Dozentin, Erzieherin und Musiko- 
login mit den Hauptarbeitsgebieten Bachscher und 
Hebräisch-Chassidischer Musik. Sie komponierte 
Boker t Boker , ein Palestina-ABC für Kl . (1942) und 
bereitet die Veröffentlichung einer Sammlung 
chassidischer Melodien vor. 

Jacobi, Frederick, * 4. 5. 1891 zu San Francisco, 
t 24. 10. 1952 zu New York; amerikanischer 
Komponist, studierte bei R. Goldmark, Joseffy, 
Gallico und E. Bloch in New York und bei Juon 
in Berlin, war 1913-17 Kapellmeister am Metro- 
politan Opera House in New York, wurde dort 
1924 Theorielehrer an der Master School of United 
Arts und 1936 Kompositionslehrer an der Juilliard 
Graduate School. Werke: symphonische Dich- 
tung The Piper (1916), A California Suite für Orch. 
(1918), symphonische Dichtung The Eve of Saint 
Agnes (1919), I. Symphonie (1922), I. S treichquar- 
tett (1924), The Poet in the Desert für Bar., Chor 
und Orch. (1925), Indian Dances für Orch. (1928), 
Sabbath-Iiturgie für Bar. und Chor (1925), Cello- 
konzert (1932), n. Streichquartett (1933), Klavier- 
konzert (1935), Violinkonzert (1937), Klavierquin- 
tett Hagiographia (1938), Rhapsodie für Harfe und 
Streicher (1940), Ode für Orch. (1941), Oper The 
Prodigal Son (1944), III. Streichquartett (1945), Mu- 
sic for Monticello für H., Vc. und Kl. (1945), Con- 
certino für Kl. trnd Streichorch. (1946), II. Sym- 
phonie (1947), Lieder, Chore, Kammermusik und 
Orchesterstücke. 

Lit: J. T Howard, Our American Music, NY 1931, 
31956. 

Jacobi, Michael, Kantor in Lüneburg, machte 
schon 1656 den Versuch, eine stehende Oper zu 
gründen, indem er eine Singspielbühne (Theatrum 
comicum) gründete und vom Singchor der Johan- 
nisschule Opemspiele aufführen Heß. 

Jacobi, Wolf gang, * 25. 10. 1894 in Bergen auf 
Rügen; deutscher Komponist, studierte 1919-22 
bei F. E. Koch Theorie und Komposition, war 
1922-33 Theorielehrer am Klindworth-Scharwen- 
ka-Konservatorium, lebt seitdem in München, wo 
er seit 1946 Kompositionslehrer an der Musikhoch- 
schule ist. Hauptwerke: Concertino für V., Kl. und 
Orch. (1927); Orchesteriieder (George, 1927); 
Cembalo-Konzert (1927, neu instrumentiert 1949) ; 
Schuloper Die Jobsiade (1931) ; Barocklieder für T. 
und Orch. (1931); Chorwerk Der Menschenmaul - 


860 



Jacobus Leodiensis 


wurf (1932); Gritry-Suite für Orch. (1932, neu 
instrumentiert 1953); Italienische Kantate für S., V. 
und Kl. (1936); Bratschensonate (1946); 2 Klavier- 
trios (1946, 1950); Streichquartett (1948, Neufas- 
sung 1952); II Pianto della Vergine (Jacopone da 
Todi) für Soli und Chor (1951); Laude für Chor 
a cappella (1951), Sonate für Electronium und Kl. 
(1954). Ferner schrieb er einige Lehrbücher, dar- 
unter: Harmonielehre (mit w. Gebhardt und H. 
Schmidt-Garre; München 1950) ; Lehrbuch der Fuge 
und des Choralvorspiels (Regensburg, 1952). 

Jacobs, Karl Eduard, * 20. 5. 1833 zu Krefeld; 
deutscher Musikforscher, studierte 1854-59 in 
Halle und Berlin, war 1859-64 Gymnasiallehrer in 
Neuruppin, Berlin und Cottbus, wurde 1864 Ar- 
chivsekretär in Magdeburg, 1866 Direktor des 
Fürstlichen Archivs und der Bibliothek in 'Wer- 
nigerode, war Mitarbeiter der Allgemeinen Deut- 
schen Biographie, schrieb in der VfMw: Christoph 
Albert Sinn (V, 1889), Zwei harzische Musiktheore- 
tiker (Autor Lampaclius und H. Baryphonus; VI, 
1890), Heinrich Pipegrop (Baryphonus) (VII, 1891), 
Noch einmal Pipegrop-Baryphonus (Vm, 1892), Jo- 
hann Valentin Eckelt (IX, 1893), Joachim Mager (X, 
1894). 

Jacobs, Walther, * 5. 3. 1881 zu Barmen; deut- 
scher Musikkritiker, war 1903-05 in Göttingen, 
1905-07 in Elberfeld, 1907-09 in Hamburg, dann 
an der Kölnischen Zeitung tätig, wo er 1920-45 als 
Nachfolger Neitzels 1. Musikräerent war. 1945-48 
wirkte er an der Kölnischen Rundschau; lebt im 
Ruhestand in Künzelsau (Württemberg). 

Jacobson (d 3 'e:kobson), Maurice, * 1.1. 1896 zu 
London; englischer Pianist und Komponist, stu- 
dierte 1912-16 Klavier, 1916 und 1919-23 Kompo- 
sition am Royal College of Music in London. 
Schon früh trat er als Solist, Begleiter und Dirigent 
eigener Werke auf, komponierte 1919-23 Bühnen- 
musiken für die Shakespeare-Aufführungen des 
Old Vic Theatre. Seit 1923 ist er beim Musikver- 
lag T. Curwen & Sons Ltd. tätig, seit 1950 als 
dessen Präsident. Er ist B. Mus. der Universität 
London. Werke: Variations on an Original Theme 
für großes Orch. (1940), Symphonie Suite for Strings 
(1951), Lament für Streicher (1953), das Ballett 
David (1935), daraus eine Suite für großes Orch., 
Musik zu den Hörspielen The Woman of Samaria 
(1945), Men of God (6 Stücke, 1946/47), Good Fri- 
day (1948), die Kantaten The Lady of Shalott (1940), 
The Hound of Heaven (1953), ein Klaviertrio, Kla- 
viermusik, Lieder. 

J?cobsson, John (eigentlich Jacques), * 2. 4. 1835 
zu Löfholmen bei Stockholm, f 4. 6. 1909 zu 
Stockholm; schwedischer Musikalienhändler und 
Komponist, Schüler von L. Norman, G. Mankell 
und Fr. Berwald, trat in das Geschäft von E. Jo- 
sephson ein, das er 1861 übernahm und bis 1876 
weiterführte, war 1870-90 Organist und Chor- 
direktor der Synagoge von Stockholm, schrieb 
eine Operette Ungmors kusin (1868), katholische 
Kirchenmusik, Chöre, Lieder, Kammermusik und 
Klavierstücke. 

J^cobsthal, Gustav, * 14. 3. 1845 zu Pyritz 
(Pommern), f 9. 11. 1912 zu Berlin; deutscher 
Musikforscher, studierte 1863-70 in Berlin Ge- 


schichte, daneben Musik bei H. Bellermann, pro- 
movierte 1870 mit einer Arbeit über Die Mensur al- 
notenschrift des 12. und 13. Jahrhunderts (vollständig 
gedruckt 1871), habilitierte sich 1872 an der Uni- 
versität Straßburg und war dort 1875-1905 Pro- 
fessor. Zu seinen Schülern gehören F. Ludwig und 
P. Wagner. J. hat, indem er die von der Historie 
und Philologie gewonnenen Ergebnisse und Me- 
thoden für eine kritische Betrachtung der musi- 
kalischen Denkmäler der frühen Mehrstimmigkeit 
und des gregorianischen Gesanges nutzte, die neuere 
mu sik alische Mittelalterforschung eröffnet. Von 
seinen Schriften erschienen ferner: Die Anfänge des 
mehrstimmigen Gesanges im Mittelalter (AmZ VIII, 
1873), Über die musikalische Bildung der Meister- 
sänger (Zeitschrift für deutsches Alterthum XX, 
Neue Folge VBI, 1876), Die Teocte der Liederhand - 
schrift von Montpellier H 196; diplomatischer Abdruck 
(Zeitschrift für romanische Philologie ffl-IV, 1879 
bis 1880), Die chromatische Alteration im liturgischen 
Gesang der abendländischen Kirche (Berlin 1897). 
Einige Motetten a cappella blieben ungedruckt. 
Lit : Fr. Ludwig, G. J., ZIMG XIV, 1912/13. 

Jacpbus de Brouck (auch Bruck, Pruckh, Priigkh, 
Prugg, van den Broeck), * vor 1540 vermutlich zu 
Brock bei Amsterdam oder Brügge, f nach 1583; 
niederländischer Komponist, war 1665 am Hofe 
des Breslauer Bischofs, 1567 Sänger und Kapdl- 
knabenpräzeptor an der Grazer Hofkapelle Erzher- 
zogs Karl II., 1573-76 Altist an der Hofkapelle 
Maximilians II. Seine Cantiones (Antwerpen 1579) 
enthalten 20 Motetten und 17 Chansons zu 5, 6 
und 8 St. sowie ein 5st. deutsches geistliches Lied. 
Außerdem sind erhalten 3 6st. Messen, ein 6st. Ave 
Maria, ein 12st. Magnificat und weitere Motetten. 
Ausg. : 2 Motetten u. 2 Chansons, hrsg. v. H. Feder- 
hofer, in DTÖ XL (mit einem Vorwort S. XVI ff.). 

JacQbus Leodiensis (von Lüttich), * um 1260 zu 
(bei ?) Lüttich; Musiktheoretiker, studierte in Paris 
und lebte dann wieder in Lüttich. Von seinem 
Hauptwerk, dem Speculum musicae (lange Zeit Jo- 
hannes de Muris zugeschrieben), sind die Bücher 
I-V vermutlich in Paris, VI und VE vor 1330 in 
Lüttich geschrieben worden. Zwei frühere Werke 
des J. sind der Tractatus de consonantiis , den Cousse- 
maker im Band I der Scriptores als Anonymus 1 
veröffentlicht hat, und der dazugehörige, noch un- 
gedruckte Tractatus intonationis tonorum. J., der 
sich eng an Boethius anlehnt, beschäftigt sich vor 
allem mit der spekulativen Musiktheorie; abwei- 
chend von Boethius führt er bei der Klassifikation 
der Musik eine Rangordnung durch und fügt als 
höchste, transzendentale Stufe die musica codestis 
hinzu. Gegenüber der Musik seiner Zeit (Ars nova) 
verteidigt er Musik und Musiklehre der Zeit Fran- 
cos von Köln (Ars antiqua). 

Ausg.: Speculum Musicae, hrsg. v. R. Bragard in 
CSM, Buch I - CSM UI; dass.. Buch VI-VII, CS II, 
S. 193 ff., unter d. Namen d. J. de Muris; Tractatus 
de consonantiis, CS I, S. 296 ff., als Anon. 1. 

Lit.: W. Grossmann, Die einleitenden Kapitel d. 
Speculum Musicae v. J. de Muris, Slg mw. Einzel- 
darstellungen III, Lpz. 1924, mit Ausg. v. Buch I, 
Cap. 1-19, d. Speculum; H. Besseler, Studien zur 
Musik d. MA, AfMwVE-Vm, 1925-26;G. Pietzsch, 
Die Klassifikation d. Musik, v. Boetius bis Ugolino 
v. Orvieto, Halle 1929; S. Clercx, Jacques D’Aude- 


861 



Jacoby 


naerde ou Jacques de Lifege?, RBM VII, 1953; R. 
Bragard, Le Speculum Musicae . . ., MD Vü-VIII, 
1953-54. 

Jacqby, Heinrich, * 3. 4. 1889 zu Frankfurt am 
Main; deutscher Musikpädagoge, lebt in Zürich. 
1908-13 arbeitete er als Kapellmeister und Opern- 
regisseur unter Pfitzner am Straßburger Theater. 
Seme pädagogischen Interessen führten ihn 1913 als 
Lehrer an Jaques-Dalcrozes Schule in Hellerau, 
wo er 1915-17 die musikalische Abteilung leitete 
und — nachTätigkeit inMünchen und an der Oden- 
waldschule — 1922-24 von neuem wirkte, bis er in 
Berlin ein Laboratorium zur Beobachtung der so- 
ziologischen und psychologischen Bedingungen 
schöpferischer kultureller Tätigkeit einrichtete. 
1933 mußte J. Deutschland verlassen und fand zu- 
nächst in Genf, 1934-35 in Tel Aviv Aufnahme. Er 
lebt seitdem in Zürich. Schriften: Grundlagen einer 
allgemeinen Musikerziehung (in: Die neue Erziehung 
DI, 1921, und in: Kunst und Schule, herausgege- 
ben von F. Hilker, Jena 1922); Grundlagen einer 
schöpferischen Musikerziehung (in: Die Tat XIII, 
1922, und in: Buch der Erziehung, herausgegeben 
von M. Epstein, Karlsruhe 1922); Voraussetzung 
und Grundlagen einer lebendigen Musikkultur (Zeit- 
schrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissen- 
schaft XIX, 1925) ; Beitrag über Musik in: Die Be- 
freiung der schöpferischen Kräfte . . ., herausgege- 
ben von E. Rotten (Gotha 1926); Muß es Unmusi- 
kalische geben? (Zeitschrift für psychoanalytische 
Pädagogik I, 1926/27; englisch als: Must there Be 
Unmusical People? in: The New Era 1927). 

Lit.: A. Ferribrb, Le principe fondamental de l*6du- 
cation, Paris 1925; H. Hermes, Die Idee des Schöpfe- 
rischen . . ., München 1936; W. Tappolet, La nota- 
tion mus. . . Boudry-Neuchätel 1947. 

Jqcopo da Bologna (Jacobus Bononiensis) ; italie- 
nischer Komponist um die Mitte des 14. Jh. Er 
hatte Verbindung mit den Höfen von Verona 
(wahrscheinlich um 1340-45) und Mailand (wahr- 
scheinlich um 1345-55). Das Vorhandensein eines 
kurzen Traktates JJcrte del biscanto . . . secondo el 
maestro J. da B. läßt vermuten, daß der Komponist 
zeitweise an einer Universität unterrichtete. Unter 
34 erhaltenen Stücken J.s finden sich 25 2st. und 3 
3st. Madrigale, 3 weitere sowohl mit 2 als auch mit 
3 St. überliefert; dazu treten eine 3st. Caccia, eine 
3st. Motette und eine Lauda (2st. und 3st. überlie- 
fert). Das Überwiegen des Madrigals im Schaffen 
J.s weist ihn als einen Vertreter der alteren Genera- 
tion italienischer Trecento-Komponisten aus, in 
der sein stilistisch vielseitiges werk, dem selbst 
Isorhythmik nicht fremd ist, einen hervorragenden 
Platz behauptet. Sein Ansehen wird bezeugt durch 
das Erscheinen von 3 Stücken J.s in Bearbeitung 
für ein Tasteninstrument in dem um 1420 geschrie- 
benen Codex Faenza 117. 

Ausg.: GA: The Music of J. da B., hrsg. v. W. Th. 
Marrocco, = Univ. of California PubLs in Music 
V, Berkeley u. Los Angeles 1954 (dazu J. Ward 
in JAMS VIII, 1955). - Faks. v. 4 Stücken in: 
Mus. Schrifttafeln, hrsg. v. J. Wolf, *= Veröff. d. 
Fürstlichen Inst, f . mw. Forschung zu Bückeburg II, 
2, Bückeburg u. Lpz. 1923; ein Faks. in: Bsposizione 
nazionale dei conservatori . . . Firenze 1950, Cat. - 
28 Stücke in: Der Squarcialupi-Codex, hrsg. v. J. 
Wolf, Lippstadt 1955 (dazu K. v. Fischer in Mf IX, 
1956); 2st. Madrigal Non al suo amante, hrsg. v. G. 


de Van, Paris (1938); je ein Stück in: Torchi I; 
Fourteenth-Cent. Italian Cacce, hrsg. v. W. Th. 
Marrocco, Cambridge, Mass., 1942 (mit Faks.); 
Davison-Apel Anth. 1, 49. - L’arte del biscanto, hrsg. 

u. übers, v. J. Wolf in: Fs. Kroyer, Regensburg 1933. 
Lit: Fr. Ludwig, Die mehrst. Musik d. XTV. Jh., 
SIMG IV, 1902/03; J. Wolf, Gesch. d. Mensurai- 
notation, 3 Bde, Lpz. 1904 (darin 3 Stücke); ders., 
Hdb. d. Notationskunde I, Lpz. 1919 (darin ein 
Faks.); H. Riemann, Hdb. d. Mg. I, 2, Lpz. 1905 
(darin ein Stück); H. Besseler, Studien zur Musik d. 
MA I-II, AfMw VII-VIII, 1925-26; ders.. Die Mu- 
sik d. MA..., Potsdam (1931; darin ein Stück); 
L. Ellinwood, Fr. Landino, MQ XXII, 1936 (stellt 
aufgrund unrichtiger Interpretation Landino als 
Schüler J.s hin); A. v. Königslöw, Die ital. Madri- 
galisten d. Trecento, Würzburg 1940; A. Pirro, 
Hist, de la musique de la fin du XIV 6 s. & la fin du 
XVI®, Paris 1940; G. Reese, Music in the MA, NY 
(1940; darin ein Stück mit Faks.); W. Apel, The No- 
tation of Polyphonic Music, — The MA Acad. of 
America Publ. XXXVIII, Cambridge, Mass., 1942, 
41953 (darin ein Faks.); N. Pirrotta, Per l'origine e 
la storia della caccia e del madrigale . . ., RMI 
XLVIII-IL, 1946-47; ders., II codice di Lucca III, 
MD V, 1950; ders., Note su un codice di antiche 
musiche per tastiera, RMI LVI, 1954; ders., Artikel 
Jacobus de Bononia, MGG (darin ein Faks.); 
Dr. Plamenac, Keyboard Music of the 14th Cent, 
JAMS IV, 1951; ders., Artikel Faenza, Codex 117, 
MGG (mit einem Faks.); K. v. Fischer, Studien 
zur ital. Musik d. Trecento, = Publ. d. Schweize- 
rischen Musikforschenden Ges. H, 5, Bern (1956). 

JacopQne da Todi OFM, * um 1230 zu Todi, 
t 25. 12. 1306 zu Collazone; italienischer Dichter, 
soll zunächst Advokat gewesen sein und trat nach 
lOjährigem Einsiedlerleben 1278 dem Franziska- 
nerorden bei. Als Verfechter einer kirchlichen Re- 
form war er 1297-1303 in Haft. Mit seinen inbrün- 
stigen geistlichen Dichtungen in der Vulgärsprache 
ist J. einer der wenigen namentlich bekannten Lau- 
dendichter. Der Versuch Liuzzis, ihm auch die 
Komposition von 4 Lauden-Meiodien zuzuschrei- 
ben, ist nicht hinreichend begründet. T. galt lange 
Zeit als Verfasser des Stabat mater , als dessen Autor 
neuerdings der heilige Bonaventura vermutet wird. 

Ausg. : Texte: Editio princeps: Cantichi overo Laude, 
Florenz 1490, Bonacorsi, Neudruck 1923; Le laude, 
hrsg. v. G. Ferri, Bari 1915; dies., hrsg. v. S. Cara- 
mella, Bari 1930; dies., hrsg. v. F. Angeno, Florenz 
1953. - 6 Laude mit Melodien, in: La lauda . . ., hrsg. 

v. F. Liuzzi, 2 Bde, Rom 1935. 

Lit.: F. Liuzzi, Profile mus. di J., Nuova Ant 1931; 
H. Hüschbn, Artikel Franziskaner, MGG; W. Irten- 
kauf, Artikel J. da T., MGG (dort weitere Lit.). 

Jacotin feakot'e)» eigentlich Jacob Godebrye, 
t 23. 3. 1529; franko-flämischer Komponist, war 
1479 Sänger an Notre-Dame von Antwerpen; Mo- 
tetten und Chansons von ihm sind in Sammelwer- 
ken 1519-63 gedruckt. 

Ausg. : 4st Chanson »Mon triste cueur«, hrsg. v. R. 
Eitner in PGfM XXIII; 4st. Chanson »Trop dure 
m’est« in Expert Maltres, Trente et une Chansons 
musicales (Attaingnant 1529); 3st. Chanson »Je suis 
d6sh6rit6e«, Schering Beisp. 117. 

Jacquard ( 3 ak'a:r), Ldon Jean, * 3. 11. 1826 und 
f 27. 3. 1886 zu Paris; französisdier Cellovirtuose, 
Schüler von Norblin am Pariser Conservatoire, 
war dort ab 1877 Professor seines Instruments. 1855 
gründete er mit dem Violinisten Armingaud die 


862 



Jaeckel 


Soci6t6 de musique de chambre, die für die Ver- 
breitung der klassischen Musik in Paris viel getan 
hat. Er schrieb mehrere Cello-Fantasien. 

Lit.: W. J. v. Wasielewski, Das Violoncell u. seine 
Gesch., hrsg. v. W. v. Wasielewski, Lpz. 21911, 31925. 

Jacques de Cysoing foak da sizü'e), nordfranzösi- 
scher Trouvfcre aus Cysoing bei Lille, wirkte um 
die Mitte des 13. Jh. Von mm sind insgesamt 10 
Melodien, überwiegend Chansons, überliefert, und 
zwar in 11 der bedeutendsten altfranzösischen 
Liederhandschriften. Allein 7 Lieder sind in den 
Chansonnier du Roi aufgenommen. 

Ausg. u. Lit : J. Beck, Le Manuscrit du Roi - fonds 
fran$ais 844, — Corpus Cantilenarum Medii Aevi II, 
London-Oxford-Philadelphia 1938 (Faks.-Ausg. d. 
Melodien d. Hs. M : R 179 »Quant la saisons du dous 
tens se repaire«, R 256 »Quant f oüle vers et flors naist 
sor la brauche«, R 536 »Quant la saisons est passee«, 
R930 »Quant recomence et revient biaus estös«, 
R 1305 »Li nouviaus tens que je voi repairier«, R 1912 
»Li tens d’est6 ne la bele saisons« u. R 1987 »Contre 
la froidour«); P. Aubry u. A. Jeanroy, Le Chanson- 
nier de r Arsenal, = Publications de la Soc. Interna- 
tionale de Musique (Section de Paris), Paris 1909 
(Melodien d. Hs. K: R 513 »Nouvele amour qui 
m’est ou euer entree«, R 536, R 1148 »Quant li cin- 
cenis s’escrie« - in d. Hs. Perrin d’Angecourt zuge- 
schrieben -, R 1647 - d. i. 1643 a - »Quant l'aubespine 
Aorist« u. zu R 1987); R. Meyer u. G. Raynaud, Le 
Chansonnier de St Gennain des Pr6s, = Soc. des an- 
ciens textes franfais, Paris 1892 (Faks. d. Melodien d. 
Hs. O: R 513 u. R 536); A. Jeanroy u. A. LAngfors, 
Chansons satiriques et bachiques du XIII® s., — 
CFMA XXIII, Paris 1921, S.VII/VHI, X; Fr. 
Gennrich, Altfrz. Lieder II, = Slg Romanischer 
Übungstexte XLI, Tübingen 1956 (Melodie zu R 
1305); ders., Artikel Jaque de Cisoing, MGG (Melo- 
die zu R 1305); E. Hoepffner, Les chansons de J. de 
C., in: Studi Medievali XI, 1938. 

Jqdassohn, Salomon, * 13. 8. 1831 zu Breslau, 
t 1- 2. 1902 zu Leipzig; deutscher Musiktheoreti- 
ker, studierte in Breslau bei Brosig, A. F. Hesse 
und I. P. Lüstner, 1848 am Leipziger Konservato- 
rium, 1849-51 bei Liszt in Weimar, ab 1853 bei 
M. Hauptmann in Leipzig, wo er sich als Musik- 
lehrer niederließ, 1866 Dirigent des Gesangvereins 
Psalterion, 1867-69 der Euterpe-Konzerte war und 
1871 als Lehrer für Theorie, Komposition und In- 
strumentation am Konservatorium angestellt 
wurde; komponierte 4 Symphonien, 2 Klavier- 
konzerte, ein Konzertstück für FL und Orch., 
Kammermusik, Klavierstücke, Chorwerke, ferner 
in Kanonform 2 Orchesterserenaden, Klavierstücke 
und Gesangsduette. Seine (in Leipzig erschienenen) 
Unterrichtswerke fanden große Verbreitung: Mu- 
sikalische Kompositionslehre , Teil I Die Lehre vom 
reinen Satz: Band I Lehrbuch der Harmonie (1883, 
231923, französisch von E. Brahy 1893, englisch 
von P. Torek und H. B. Pasmone 1893, 81908, 
italienisch von M. GherzofF Gherzfeld 1898, 21911, 
niederländisch von J. Hartog 1898, 21912) ; dazu 
Aufgaben und Beispiele . . . (1886, 11 1934, deutsch 
und englisch; französisch und niederländisch als: 
Thbnes et exemples, 1901, 51933) ; Band II Lehrbuch 
des einfachen , doppelten, drei - und vierfachen Kontra- 
punkts (1884, 71926, französisch von M. Jodin 1896, 
italienisch von C. PerineUo 1898, 2 1925, schwedisch 
von A. Berg, Lund 1901; dazu Aufgaben und Bei - 
iele 1887, 21910, deutsch und englisch) ; Band m 
ie Lehre vom Kanon und von der Fuge (1884, 41928, 


auch englisch) ; Teil II Die Lehre von der freien Kom- 
position : Band IV Die Formen in den Werken der Ton- 
kunst (1889, 51923, französisch von W. Montillet 
1900, italienisch von A. Schinelli 1906, 21925), 
Band V Lehrbuch der Instrumentation (1889, 31924, 
auch englisch) ; ferner: Die Kunst zu modulieren und 
präludieren (1890), Elementar-Harmonielehre (1895, 
englisch 1895), Methodik des musiktheoretischen Un- 
terrichtes (1898), Das Wesen der Melodie (1899), Das 
Tonbewußtsein; die Lehre vom musikalischen Hören 
(1899, englisch von Le Roy B. Campbell 1899), 
Der Generalbaß (1901, deutsch, englisch und fran- 
zösisch). 

Jüdin öad'e), - 1) Louis Emmanuel, * 21. 9. 
1768 zu Versailles, t 11. 4. 1853 zu Paris; franzö- 
sischer Komponist, Sohn des Königlichen Violini- 
sten Jean J., war Musikpage Ludwigs XVI., Klar 
vierschüler seines Bruders Hyadnthe, 1789-92 Ak- 
kompagnist am Th6ätre de Monsieur, in der Revo- 
lutionszeit Mitglied der Musik der Nationalgarde, 
für die er Märsche, Hymnen und kleinere Stücke 
komponierte, 1800 Nachfolger seines Bruders als 
Professor am Conservatoire, 1806 daneben Kapell- 
meister am Th64tre Molifcre, 1814-30 Gouverneur 
der Königlichen Musikpagen, komponierte gegen 
40 Singspiele und Opern für die verschiedenen Pa- 
riser Theater, mehrere patriotische Chöre (Ennemis 
des tyrans, citoyens , levez-vous), Symphonien, Ou- 
vertüren, Concertanten, Sextette für Blasinstru- 
mente, Quintette, Quartette, Trios in großer Zahl 
für verschiedenartige Ensembles, Klavierkonzerte, 
eine Concertante für 2 KL, Sonaten, Klavierstücke, 
Lieder. In seiner Zeit berühmt war seine Grande 
Bataille d* Austerlitz. - 2) Hyacinthe, * 1769 zu 
Versailles, f im Oktober 1800 zu Paris ; Bruder von 
L. E. J., 1795 Professor des Klavierspiels am Con- 
servatoire, schrieb 14 Streichquartette, 6 Streich- 
trios, 4 Klavierkonzerte, 5 Kkviersonaten, darunter 
eine 4händige. Die beiden J. gehören durch ihre 
Opempotpourris für Kl. zu den schlimmsten För- 
derern der Salonmusik. 

Lit: G. de Saint-Foix, Les frfcres J., RM 1925. 

JadlQwker, Hermann, * 5. 7. 1878 zu Riga, 1 13. 
5. 1953 zu Tel Aviv; russischer Sänger (Tenor), 
war Schüler Gänsbachers am Wiener Konserva- 
torium, debütierte 1899 in Köln, war 1900 Mit- 
glied der Stettiner, dann der Rigaer, der Karlsruher, 
endlich der Berliner Hofoper, der er bis 1919 an- 
gehörte. 1909-12 war er, neben, vielen andern 
Gastspielen, Gast am Metropolitan Opera House 
in New York, wohin er auch nach 1919 zurück- 
kehrte; 1929 wurde er Oberkantor in Riga. 1938 
ließ er sich in Israel nieder. 

Jaeckel, Robert, * 22. 1. 1896 zu Wien; Öster- 
reichischer Oboist, Pianist und Komponist, stu- 
dierte 1911-18 an der Akademie für Musik und 
darstellende Kunst in Wien (Komposition bei 
Schreker) und war 1917-45 Lehrer für Oboe und 
Klavier am Mozarteum in Salzburg. Werke: 
Oper Der Schmied von Gretna-Green (1922); 
Streichquartett (1920); Kammersymphome für 
11 Instr. (1921); Klaviertrio (1922); Oper Para- 
celsus (1923); Trio für V., Ob. und Va (1923); 
Oper Larra (1926); Konzertstück für Ob. und 
Orch. (1926) ; Konzertstück für Vc. und KL (1924) ; 
Klavierquartett (1935); Oper Dulius (1934); Va- 


863 



Jaeger 


riationen für Ob. und KL (1951); Oboenetüden 
(1946); Bläserquintett (1952); Oboenkonzert 
(1950); Orchesterwerke, Lieder und Klavier- 
stücke. 

Jaeger, Willy, * 28. 12. 1895 zu Charlottenburg; 
deutscher Organist, studierte in Berlin Orgel, Kla- 
vier, Chorleitung und Komposition sowie Musik- 
wissenschaft an der Universität, lebt als Konzert- 
organist inBerlin, schrieb : OrgelpraeludiumD moll 
(1921), Träumerei für Kl. (1924), Toccata und Fuge 
F moll für KL (1928), Lieder, Duette, Melodramen 
und Chöre. 

Jähns, Friedrich Wilhelm, *2. 1. 1809 und f 8. 
8. 1888 zu Berlin; deutscher Gesanglehrer, hat un- 
ermüdlich Drucke, Manuskripte und Skizzen 
Weberscher Werke sowie Briefe und Schriften 
von und über C. M. von Weber gesammelt; die 
Sammlung ging 1881 in den Besitz der Berliner 
Königlichen Bibliothek über. J. hatte sie ausgewer- 
tet für sein durch kritische Anmerkungen sehr 
wertvolles Werkverzeichnis Carl Maria von Weber 
in seinen Werken (Berlin 1871) und seine Biogra- 
phie Carl Maria von Weber (Leipzig 1873). 

Lit.: A. v. Emmenstein, F. W. J., in: Der Chorgesang 
IV, 1889; M. Jähns, F. W. J. u. Max Jähns, Ein Fa- 
miliengemälde, Dresden 1906. 

JgöU, Alfred, * 5. 3. 1832 zu Triest, 1 27. 2. 1882 
zu Paris; österreichischer Pianist, Sohn des Wiener 
Violinisten Eduard J., erhielt von seinem Vater 
Unterricht im Violin- und Klavierspiel, trat zuerst 
1843 in Venedig im Theater San Benedetto als 
Pianist öffentlich auf, war 1844 Schüler von Mo- 
scheies in Wien, lebte 1845-46 in Brüssel, dann in 
Paris, 1848-54 in den USA, dann wieder in Paris; 
mit seinem brillanten, aber glatten Spiel fand er 
viel Anerkennung. Er schrieb Konzertparaphrasen 
und brillante Klavierstücke. 1866 heiratete er die 
Pianistin Marie Trautmann, * 17. 8. 1846 zu 
Steinseltz (Elsaß), f 7. 2. 1925 zu Paris, Schülerin 
Hamms in Stuttgart und von H. Herz am Pariser 
Conservatoire, die ein Klavierkonzert D dur, ein 
Klavierquartett und Walzer zu 4 Händen sowie 
Schriften über die Technik und Ästhetik des Kla- 
vierspiels verfaßte. 

Lit: J. Bosch, Ueber Klavierspiel u. Tonbüdung 
nach M. J.s Lehrweise, ZIMG IV, 1902-03. 

J$raefelt, Edvard Armas, * 14. 8. 1869 zu Vipori 
(Finnland), f 23. 6. 1958 zu Stockholm; finnischer 
Dirigent und Komponist, Schwager von Sibelius, 
studierte bei Wegelius und Busoni am Musik- 
institut von Helsinki, dann bei A. Becker in 
Berlin und in Paris bei Massenet, ging als 
Korrepetitor 1896 nach Magdeburg und 1897 
nach Düsseldorf, dirigierte 1898-1903 das Orche- 
ster von Vipori, führte 1904 Wagnersche Opern in 
Helsinki auf, wo er 1906/07 das Musikinstitut lei- 
tete, war 1905/06 und 1907-32 Kapellmeister an 
der Stockholmer Oper (1911 Hofkapellmeister), 
die er zu hohem Ansehen brachte, 1932-36 Kapell- 
meister am Opernhaus von Helsinki. Seine Werke 
sind von charakteristisch nordischer Eigenart: 
Musik zu den Vögeln des Aristophanes (Stockholm 
1928), 12 Kantaten, Männerchöre, ungefähr 50 
Lieder, Orchesterwerke (darunter die Tondichtun- 
gen Korsholm, 1894, und Forsßrden, 1919), Klavier- 
stücke. J. war 1893-1908 verheiratet mit der Sopra- 


nistin Maikka Pakarinen (1871-1929, besonders 
Wagnersängerin, ab 1910 verheiratet mit S. Palm- 
gren), 1910 heiratete er die Sopranistin Liva 
Edström (* 1876, 1898-1926 an der Stockholmer 
Oper). 

Jagel (d 3 'e:gol), Frederick, * 10.6.1897 zu 
Brooklyn (New York); amerikanischer Opern- 
sänger (Tenor), studierte in New York und Mai- 
land, debütierte 1924 und sang dann in Europa, bis 
er 1927 zum Metropolitan Opera House kam. 
Außer Europa bereiste J. auch Südafrika und trat 
am Teatro Colön in Buenos Aires sowie in Rio de 
Janeiro auf. Er widmet sich vorwiegend den Rollen 
des italienischen Opemrepertoires. 

Jahn, Heinrich Albert, * 9. 10. 1811 und J 23. 8. 
1900 zu Bern; Schweizer Historiker und Philologe, 
wurde 1840 Bibliothekar an der Berner Staat- 
bibliothek, 1853 Staatsbeamter in der Kanzlei des 
Innern, verfaßte eine Reihe archäologischer Studien 
über die Schweiz und gab 1882 des Aristeides 
QuintiHanus De musica libri III heraus (Berlin). 

Jahn, Otto, * 16. 6. 1813 zu Kid, f 9. 9. 1869 zu 
Göttingen; deutscher Altertumsforscher, besuchte 
das Gymnasium in Kid und Schulpforta, stu- 
dierte in Kiel, Leipzig und Berlin, promovierte 
1836 an seiner Heimatuniversität, wo er sich nach 
größeren Studienreisen in Frankreich und Italien 
1839 habilitierte, wurde 1842 als ao. Professor der 
klassischen Literatur und Archäologie nach Greifs- 
wald berufen, 1845 Ordinarius und folgte 1847 
einem Ruf nach Leipzig. Hier trat er 1849 dem 
liberalen »Deutschen Verein« bd und wurde 1851 
seiner politischen Überzeugung wegen (wie sein 
Landsmann Th. Mommsen) amtsenthoben. Von 
1855 bis zu seinem Tode wirkte J. an der Universi- 
tät Bonn als einer ihrer berühmtesten Professoren, 
auch als Direktor des akademischen Kunstmu- 
seums und als Leiter des Philologischen Seminars. 

i war eine künsderisch lebhaft bewegte Persön- 
chkdt und besaß einen scharfen Kunstverstand; 
sein Bruder war Bildhauer. In seiner Musikauf- 
fassung fühlte er sich dem Wiener Klassizismus 
und der romantischen Bach-Tradition verpflichtet. 
In der neugegründeten Bach-Gesellschaft wirkte 
er als Sekretär, während er in den Kampf seiner 
Zeit um R. Wagner als dessen entschiedener 
Gegner eingriff. J. wollte anfangs Musiker werden 
und hatte in Kiel den strengen und gründlichen 
Unterricht in der Musik bei dem aus Erfurt gebür- 
tigen Stadtkantor und Organisten G. Chr. Apel 
(1775-1841) genossen, der aus der Lehre bei J. Chr. 
Kittel in Erfurt, einem der bekanntesten und spä- 
testen Schüler J. S. Bachs, 1804 nach Kiel gekom- 
men war. Dem Andenken an seinen Musiklehrer 
widmete J. bemerkenswerte Erinnerungen an G. 
Chr. Apel (Kieler Wochenblatt 1841), die er seinen 
»Gesammelten Aufsätzen über Musik« voran- 
stellte. T.s Bedeutung für die Wissenschaft der Mu- 
sikgeschichte besteht darin, daß er die strenge 
Methode philologischer Kritik mit ihrer Wieder- 
herstellung der Echtheit, Reinheit und Vollstän- 
digkeit der Denkmäler und Traditionen in die 
Musikforschung einführte. Seine berühmte Mono- 
graphie über Mozart war fast gegen seinen Willen 
aus immer mehr sich erweiternden Vorarbeiten 
und Stoffsammlungen für ein Beethovenbuch er- 


864 



James 


wachsen; auch für eine Monographie über Haydn 
häuften sich die Studien J.s, di später von Thayer 
(Beethoven) und Pohl (Haydn) benutzt worden 
sind. 1856 schrieb T. an M. Hauptmann: »Ich hoffe, 
daß es gelingen kann, beiden großen Männern 
(Mozart und Beethoven) in ihrer Individualität 
gerecht zu werden, ohne die Absicht von dem 
Wesen der Kunst, die ich für die wahre halte, zu 
beeinträchtigen; sie muß sich vielmehr in ihrer 
Anwendung auf verschiedene und bedeutende Er- 
scheinungen erst bewähren«. Indem er sich von der 
bisher vorherrschenden universalen und philo- 
sophisch-spekulativen Haltung der Musikfor- 
schung abwandte und auf eine spezialisierte, in 
solider Denkmalkenntnis gründende Einzelfor- 
schung hinstrebte, darf J. als der Begründer einer 
der bedeutendsten und fruchtbarsten Gattungen 
der Wissenschaft der Musikgeschichte gelten: der 
historischen Monographie über eine Musikerper- 
sönlichkeit. Aber noch höher als das Historisch- 
Philologische stand für J., den großen Verehrer 
J. J. Winckelmanns, das Künstlerische, wenn er 
über seine Mozart-Monographie 1856 an H. Här- 
tel schrieb: »Daß ein sehr bestimmtes ästhetisches 
Prinzip dem Ganzen zu Grunde liegt, das freilich 
nie direkt ausgesprochen sondern nur in der le- 
bendigen Erscheinung aufgezeigt wird, ist für 
Viele gleichgültig. Sie, glaube ich, sehen das auch 
als den Kern eines solchen Buches an«. Schriften: 
W. A. Mozart (4 Teüe, Leipzig 1856-59, 21867 in 
2 Teilen, 3. und 4. Auflage 1889-91 und 1905-07 
bearbeitet von H. Deiters; auf ganz andersartigen 
Grundlagen beruht die Neubearbeitung durch H. 
Abert 51919-21, $1923-24; 7 1955 herausgegeben 
und auf 3 Bände erweitert von A. A. Abert; eng- 
lisch als Life of Mozart von P. D. Townsend, Lon- 
don 1882); Gesammelte Aufsätze über Musik (Leip- 
zig 1866, 2 1867; darin: Erinnerungen an G. Cnr. 
Apel, über Mendelssohns Paulus und Elias y Berlioz 9 
Verdammnis des Faust , R. Wagners Thannhäuser und 
Lohetigrin , Düsseldorfer Musikjeste 1855/56, Mozart- 
Paralipomenon , Leonore oder Fidelioü, Beethoven im 
Malkasten und vor allem: Beethoven und die Ausgabe 
seiner Werke , S. 271-337). Kompositionen: 32 
Klavierlieder in 4 Heften (Heft 3 und 4 aus Klaus 
Groths »Quickbom«) und 4st. Lieder für gern. 
Chor; auch gab J. 1845 G. Chr. Apels »Kirchliches 
Antiphonarium, enth. 89 Gesänge für den Prediger 
am Altar und einen Singechor mit obligater Orgel- 
begleitung« heraus und redigierte eine kritisdie 
Ausgabe des Klavierauszugs von Beethovens 
»Fidelio« in der Fassung von 1806 (Leipzig 1853). 
Lit.: O. J. in seinen Briefen, hrsg. v. A. Michaelis u. 
E. Petersen, Lpz. 1913. - A. Springer, Gedächtnis- 
rede auf O. J., in: Grenzboten 1869; anon. O. J.s 
mus. Bibi., Kat., Bonn 1870; J. Vahlen, O. J., Wien 
1870; O. Riemer, Winckelmann u. d. Musikforschung 
d. 19. Jh., in: Jahres gäbe 1942 d. Winckelmann-Ges 

Jalum,Hans Henny, * 17. 12. 1894 zuHamburg- 
Stellingen; deutscher Schriftsteller, führte 1919 die 
Wiederherstellungsarbeiten an der Schnitger- 
Orgd von St. Jacobi in Hamburg aus. Mit G. 
Hanns gründete er 1921 den Ugrino-Verlag, 
wurde 1931 zum Leiter der Experimental-Abtei- 
lung des Deutschen Orgelrats ernannt, mußte 1933 
emigrieren. Seit 1950 lebt J. als freier Schriftsteller 
und Orgelkonstrukteur wieder in Deutschland. Er 


schrieb : Das schriftliche Bild der Orgel (in: Abhand- 
lungen der Braunschweigischen Wissenschaft- 
lichen Gesellschaft VH, 1955). 

Jakob» Friedrich August Leberecht, * 25. 6. 
1803 zu Kroitzsch bei Liegnitz, f 20. 5. 1884 zu 
Liegnitz; deutscher Kantor, war 1824-78 Kantor in 
Konradsdorf bei Hainau (Schlesien) und lebte ab 
1880 in Hohen wiese bei Schmiedeberg (Riesen- 
gebirge), schrieb Männerchöre, Lieder, Unter- 
richtswerke und zahlreiche Aufsätze, gab mit Ernst 
Richter ein Rrformatorisches Choralbuch (Berlin 
1872-74, 21877) heraus. 

Jalas» Jussi, * 23. 6. 1908 zu Jyväskylä; finnischer 
Dirigent, studierte am Konservatorium und der 
Universität sowie privat bei I. Krohn in Helsinki, 
später bei Rhene-Baton und Monteux in Paris. Zu- 
nächst als Pianist und Konzertbegleiter tätig, war 
er 1930-45 Kapellmeister des Finnischen National- 
theaters, wurde 1945 Kapellmeister der Finnischen 
Nationaloper und Lehrer in der Orchester- und 
Dirigentenklasse der Sibelius-Akademie. Er diri- 
gierte in vielen europäischen Ländern und in den 
USA, übertrug zahlreiche Opemlibretti ins Fin- 
nische. 

Jambe de Fer foäbcbf'er), Philibert, * um 1520 
wahrscheinlich zu Lyon, Ende August 1572 zu Lyon 
als Hugenotte ermordet; französischer Komponist, 
gab 1556 in Lyon heraus: Epitome musical des tons , 
sorts et accordz h voix humaines , fluestes d'Alleman , 
fluestes ä 9 trous ; violes , violons . . ., von welchem 
seltenen Werk (es ist eine der ältesten Flötenschu- 
len bzw. Violenschulen) ein Exemplar in der Bi- 
bliothek des Pariser Conservatoire erhalten ist. 
Sein Hauptwerk ist die 4-5st. Bearbeitung der Ma- 
rot-de B&zeschen Psalmenumdichtung (Les 150 
psaumes de David . . ., Paris du Chemin 1561, 2 1564). 
Bereits 1549 gab er in Poitiers heraus: Les Cents 
Psalmes de David mis enfrangais gar Jean Poictevin ä 4 
parties und ebenfalls zu 4 St. in der Übersetzung 
von Poictevin Les 22 octonnaires du Psahne CXIX de 
David (Lyon 1561). 

Lit. : J. B. Th. Weckerlin, Dernier Musiciana, Paris 
1899; G. Tricon, Rev. mus. de Lyon, 15. Mai 1908. 

James (d 3 e:ms), Dorothy, * 1. 12. 1901 zu 
Chicago; amerikanische Komponistin, studierte 
am American Conservatory of Music, am Chicago 
Musical College und war Schülerin von Weicug 
und Gruenberg. Sie schrieb eine Oper Paolo and 
Francesca (1932), Bühnenmusik, Orchesterwerke 
( Symphonie Fragments , 1931), Chorwerke (Kanta- 
ten, The Little Jesus Carne to Town 1935) und Kam- 
mermusik (Streichquartett, 1932). 

James (d 3 e:ms), Philip, * 17. 5. 1890 zu Jersey 
City; amerikanischer Komponist und Dirigent, 
war zunächst Militärkapellmeister, 1922-29 Diri- 
gent des New Jersey Symphony Orchestra und 
wurde 1923 Professor, 1933 Präsident der. Musik- 
abteilung der New York University. Er schrieb: 
ein Ballett Judith (1927), Bühnenmusiken, A sea 
symphony (1928), eine 1. Symphonie (1943), sym- 
phonische Dichtung Song of tne Night , Sinfometta 
(1943), Concertino für KL und Kammerorch. 
(1931), Kammermusik (Bläserquintett 1936, Streich- 
quartett 1926), Orgel- und Klavierstücke sowie 


55 


865 



James 


James (djerms), William Garnet, *28. 8. 1892 
zu Ballarat (Australien); englischer Pianist und 
Komponist, studierte an der Universität Melbourne 
Klavier, Orgel und Komposition, unternahm dann 
Konzertreisen in England und anderen europäischen 
Staaten und wirkte 1921/22 als Begleiter u. a. von 
Kreisler und Tctrazzini. 1929 kam er zur Austra- 
lian Broadcasting Commission, deren Federal Di- 
rector of Music in Sydney er seit 1936 ist. Er 
schrieb u. a. die einaktige Oper The Golden Gtr/, 
das Ballett By Candlelight, ferner die Musik zu John 
Masefields The Coming ojf Christ , Orchesterwerke, 
Klaviermusik, Chormunk, Lieder, unter denen 
Six Australiern Bush Songs und 2 Bände Australiern 
Christmas Carols bemerkenswert sind. 

Jammers» Ewald, * 1. 1. 1897 zu Köln-Iinden- 
thal; deutscher Bibliothekar und Musikforscher, 
studierte 1919-24 Musikwissenschaft an der Uni-^ 
versitat Bonn (Schiedermair), erhielt 1925-27 eine 
bibliothekarische Ausbildung und war 1927-45 in 
Dresden Bibliothekar der Sächsischen Landes- 
bibliothek, deren Musikabteilung er ab 1931 leitete. 
Nach einer Tätigkeit 1946-50 als Gymnasiallehrer 
in Bergheim (Erft) war J. 1951/52 Bibliothekar der 
Landes- und Stadtbibliothek Düsseldorf, wechselte 
dann zur Universitätsbibliothek Heidelberg über 
und übernahm 1953 die Leitung der Handscnrif ten- 
abteilung. Im gleichen Jahr erhielt er an der Uni- 
versität Heidelberg einen Lehrauftrag für musika- 
lische Paläographie und wurde 1956 Honorarpro- 
fessor für ältere Musikgeschichte. Schriften: Das 
Karlsoffizium » Regali natus « (Straßburg 1934) ; Der 
gregoriemische Rhythmus (Straßburg 1937) ; Die Es- 
sener Neumenhandschriften der Landes - und Stadt- 
bibliothek Düsseldorf (Ratingen 1952); Der mittel- 
alterliche Choral (Mainz 1954) ; Anfinge der abend- 
ländischen Musik (Straßburg 1955). - Aufsätze: Un- 
tersuchungen über die Rhythmik und Melodik der Melo- 
dien der Jenaer Liederhandschrift (ZfMw VH, 1925); 
Der Rhythmus der Psalmodie (Kmjb 31-33, 1936-381 ; 
Rhythmische und tonale Studien zur Musik der Antike 
und des Mittelalters (AfMf 6-8, 1941-43) ; Wort und 
Ton bei Julian von Speier (in: Der Kultische Gesang 
der abendländischen Kirche, herausgegeben von 
F. Tack, Köln 1950) ; Zum Rezitativ in Volkslied und 
Choral (Jb. für Volksliedforschung 8, 1951); Struk- 
tur und Vortrag im gregorianischen Choral (Kmjb 35, 
1951); Rhythmische und tonale Studien zur älteren 
Sequenz (AMI XXIII, 1951); Gregorianische Stu- 
dien (Mf V, 1952); Die palaofränkische Neumen- 
schrift (in: Scriptorium Vu, 1953) ; Der Ludwigs- 
psalter (Zs. für die Gesch. des Oberrheins 1955); 
Deutsche Lieder um 1400 (AMI XXVIII, 1956); 
Interpretationfragen mittelalterlicher Musik (AfMw 
XTV, 1957) ; Das mittelalterliche deutsche Epos und 
die Musik (Heidelberger Jb.er 1, 1957). 

Jan» Karl von, * 22. 5. 1836 zu Schweinfurt, f 3. 

9. 1899 zu Adelboden (Schweiz) ; deutscher Musik- 
forscher, promovierte 1859 in Berlin mit der Dis- 
sertation De Jidibus Graecorum , wirkte als Lehrer am 
Grauen Kloster in Berlin, weiter in Landsberg an 
der Warthe, wo ihm 1862 auch der Gesangunter- 
richt übertragen wurde, ging 1875 nach Saar- 
gemünd, bis er 1883 als Professor an das Lyzeum 
von Straßburg berufen wurde. Er veröffentlichte 
viele wertvolle Aufsätze über die Musik des Alter- 
tums in der AmZ, im »Rheinischen Museum für 


Philologie« und im »Philologus«, Beiträge in Pauly- 
Wissowas Realenzyklopädie der classischen Alter- 
tumswissenschaft, ferner: Die griechischen Saiten- 
instrumente (Wissenschaftliche Beilage zum Jahres- 
bericht des Gymnasiums zu Saargemünd 1882, 
Leipzig 1882). Hochbedeutend ist seine Ausgabe 
der Musici scriptores graeci (Leipzig 1895) ; sie ent- 
hält die musikalischen Schriften des Aristoteles, 
Eukleides, Bakcheios, Kleoneides, Nikomachos, 
Gaudentios und Alypios sowie einen Anhang Melo- 
diarum reliquiae , der in erweiterter Gestalt 1899 er- 
schien. Von J. hat auch auf dem Gebiete der Kir- 
chenmusik gearbeitet und Werke von H. Schütz 
herausgegeben. Ein Verwandter von J. ist Her- 
mann Ludwig (von Jan), der Biograph J. G. Käst- 
ners (3 Bände, Leipzig 1886). 

Lit: H. Abert, K.v. J., in ADB L, Lpz. 1905, 
S. 627 ff. 

Jan&gek (j'ana^fek), LeoS, * 3. 7. 1854 zu Huk- 
valdy (Mähren), f 12. 8. 1928 zu Mährisch-Ostrau; 
tschechischer Komponist, war Schüler von Fr. 
Skuhersky an der Prager Orgelschule, L. Grill am 
Leipziger und Fr. Krenn am Wiener Konservato- 
rium, gründete 1881 die Brünner Orgelschule, war 
1881-88 auch Dirigent der Philharmonischen Ge- 
sellschaft in Brünn und wurde 1919 Kompositions- 
lehrer an der Meisterschule des Prager Konserva- 
toriums, 1924 von der Universität Brünn zum Dr. 
phiL h. c. promoviert. 1884-88 war er Herausgeber 
der Zeitschrift Hudebni listy. Über die Grenzen 
seiner engeren Heimat hinaus wurde er erst infolge 
der Wiederaufführungen der Jenufa 1916 in Prag 
und 1918 in Wien bekannt, erlangte dann aber 
rasch Weltruhm, den seine späteren Opern Katja 
Kabanova und Das listige Füchslein noch festigten; 
fern von den musikalischen Zentren hat ihn seine 
Entwicklung einen ganz eigenen Stil finden lassen, 
dessen Melodik auf der genauen Beobachtung der 
Sprachmelodie und des nordmährischen Volks- 
lieds beruht; die Instrumentalwerke lassen neben 
Einflüssen Smetanas und Dvoräks auch impressio- 
nistische Züge erkennen. Werke: Suite für Streich- 
orch. (1877), Idyll für Strdchorch. (1878), 2 Violin- 
stücke (1879-80), Tema con variazioni für Kl. (1880), 
2 Konzertphantasien für Org. (1884), Oper Sdrka 
(Text von J. Zeyer, 1887, umgearbeitet 1888 und 
1918, aufgeführt Brünn 1925 in der Orchestration 
von O. Chlubna), Lasski tance (»Lachische Tänze«) 
für Orch. (1890), Narodni tance na Moravü (»Mäh- 
rische Volkstänze«) für Kl. 4händig (1893), Rdkos 
RJkoczy , Ballett aus mährischen Volkstanzbearbei- 
tungen (Prag 1891), Orchestersuite (auch Serenade 
genannt, 1891), Oper Pocatek romdnu (»Der Beginn 
eines Romans«, Text von J. Tichf nach einer Er- 
zählung von G. Preissovä, 1891, aufgeführt Brünn 
1894), Hudba ke krouzent Ku£ely (Musik zum Keu- 
lenschwingen) für Kl. (1895), Hospodine, pomiluj ny 
(»Herr, erbarme dich«) für Soli, Doppelchor, Org., 
Harfe und Blechbläser (1896), Jamt pisen (»Früh- 
lingslied«, Text vonJ.Tichf, 1897), Kantate Amarus 
(Text von J. Vrchlicktf, 1898), Otle ndl (»Vater 
unser«) für T., Chor, Org. und Harfe (1901), Po 
zarostUm chodnlüku (»Auf verwachsenen Pfaden«, 

2 Hefte Klavierstücke, 1902 und 1908), Oper Jeji 
pastorkyna (»Ihre Ziehtochter«, in Deutschland 
als : »Jenufa« bekannt ; Text von Janä&k nach einem 
Drama von G. Preissovä, 1894-1903, aufgeführt 


866 



Janequin 


Brünn 1904; V orspiel dazu 2drli vost = »Eifersucht«, 
1906), Oper Osud (»Schicksal«; Text von F. Barto- 
Sovd, 1905, aufgeführt im Sender Brünn 1934), 
Klaviersonate 1. X. 1905, auch Z ulke (»Von der 
Straße«) genannt (gedruckt 1924), Pohddka (»Er- 
zählung«) für Vc. und Kl. (1910), 4 Klavierstücke 
V mlhäch (»Im Nebel«, 1912), Orchesterballade §u- 
marovo dü$ (»Das Musikantenkind«, nach einem 
Gedicht von Sv. (Sech, 1912), Violinsonate (4 Fas- 
sungen, 1913-21), Kantate Vi£ni evangelium (»Das 
große Evangelium«, Text von J. VrcnHck^, 1914), 
Oper Vylety pdna Broufaa (»Die Ausflüge des Herrn 
Brouöek«, nach einer Satire von Sv. (Sech, 1917, 
aufgeführt Prag 1920), Orchesterrhapsodie Taros 
Bulba (nach Gogols Taras Bulba, 1918), Zdpisttik 
zmizeUho (»Tagebuch eines Verschollenen«, auf 
anonyme Gediente) für T., A., Frauenchor und Kl. 
(191&-19), Balada blanickd (»Ballade vom Blanik«) 
für Orch. (1920), Oper Katia Kabanova (Text von 
Jancföek nach Cervmkas Übersetzung von A. N. 
Ostrowskijs Drama »Das Gewitter«, 1919-21, auf- 
geführt Brünn 1921), I. Streichquartett (unter Be- 
nutzung eines vernichteten Klaviertrios, 1909, in- 
spiriert von L. Tolstois Novelle »Die Kreutzer- 
sonate«, 1923), Oper Prihody Li$ky Bystroufky (»Das 
listige Füchslein«, Text von R. T&nohlfdek, 1921 
bis 1923, aufgeführt Brünn 1924), Bläsersextett 
Mlddi (»Jugend«, 1924), Concertino für KL und 
Kammerorch. (1925), Oper Vh Makropulos (»Die 
Sache Makropulos«, Text von JandÖek nach der 
Komödie von K. Capek, 1923-25, aufgeführt 
Brünn 1926), Capriccio für Kl. (linke Hand allein) 
und Kammerorch. (1926), Sinfonietta (1926), Gla- 
golsky m$e (»Glagolitische Messe«, 1926), Rikaäla 
(»Kinderreime«) für Kammerchor und Instrumente, 
EL Streichquartett Listy düvfrni (»Intime Briefe«, 
1927-28), Oper Z mrtviho domu (»Aus einem To- 
tenhause«, Text von Jandöek nach Dostoiewskijs 
Roman, 1928, aufgeführt Brünn 1930), zahlreiche 
Chöre. Unvollendet blieben 4 Opern, Musik zu 
G. Hauptmanns Schluck und Jau (1928) und ein Vio- 
linkonzert (1928) ; eine Symphonie Dunaj (Die Do- 
nau) wurde von O. Chlubna beendet; Kyrie, Credo 
und Agnus einer Messe in Es dur erschienen, er- 
gänzt von V. Petrzdka, 1946 im Druck. Ferner 
bearbeitete J. mehrere Sammlungen mährischer 
und schlesischer Volkslieder und verfaßte 2 Schrif- 
ten: O skladbi soüzvuküv o jejich sjpoiüv (»Von der 
Zusammensetzung der Akkorde und ihrer Verbin- 
dungen«, Prag 1897) und Uplnd nauka o harmonii 
(»VolhtändigeHarmonielehre«, Brünn 1913, 21920), 
auch zahlreiche Aufsätze in Zeitschriften. 

Lit.: Werkverz.: L. J., obraz äivota a dfla, hrsg. v. J. 
Racek, Brünn 1948. - Janäökovy feuilletony (»J.s 
Feuilletons«), hrsg. v. J. Racek u. L. FirkuSn^, 
Brünn 1938, deutsch Bin u. Lpz. 1957. - Korrespon- 
dence L. Janäcka s O. Oströilem, hrsg. v. A. Rek- 
torys, Prag 1948; Korrespondence LJ.sF. S. Pro- 
chäzkou, hrsg. v. dems., Prag 1949; Korrespondence 
L. J. s A. Rektorysem, hrsg. v. dems., Prag 1949; 
Korrespondence L. J. s übretisty V^letü Bronöko- 
v^ch, tag. v. dems., Prag 1950; Korrespondence L. 
J. s G. Horvätovou, tag. v. dems., Prag 1950; Kor- 
respondence L. J. s K. Kovafovicem . . tag. v. 
dems., Prag 1950; Korrespondence L. Janacka s M. 
Brodem, tag. v. J. Racek u. A. Rektorys, Prag 
1953 ; B. St£dron, J. ve vzpomlnkäch a dopisech 
(»J. in Erinnerungen u. Briefen«), Prag 1946, deutsch 
v. J. Schwarz-Tumowsky 1955 (mit Werkverz.), engL 
v. G. Thomsen Prag 1955. - J. Kunc, L. J., Hudebni 


Revue IV, 1911; M. Brod, Sternenhimmel, Prag u. 
München 1923; ders., L. J., Wien 1925, tschechisch 
v. A. Fuchs, Prag 1924; A. Vesel*, L. J., Prag 1924; 
H. Hollaender, L. J., RMI XXXTV, 1927; ders., 
J.’s Last Opera, Mus. Times XCVII, 1956; J. Racek, 
Le compositeur tchfcque L. J., RM X, 1929; ders., 
Z düäevni dilny L. Janäöka (»Aus der Werkstatt L. 
J.s«), Brünn 1936; ders., L. J., Olmütz 1938; ders., 
L. J. a souöasni moraväti skladatele (» L. J. u. die 
zeitgenössischen mährischen Komponisten«), Brünn 
1940; A. E. VaSek, Po stopäch Dra L.i J.a (»Auf d. 
Spuren Dr. L. J.s«), Brünn 1930; D. Müller, L. J., 
= Maitres de la musique ancienne et moderne VI, 
Paris 1930; Vl. Helfert, Zwei Gegenpole d. tsche- 
chischen Musik: Smetana u. J., Anbruch XVI, 1934; 
ders., L. J. I, Brünn 1939; ders., O Janäckovi (»Über 
J.«), tag. v. B. StSdroä, Prag 1949; L. FirkuSny, 
L. J. kritikem . . . (»L J. als Kritiker . . .«), Brünn 1935, 
ders., L. J. a bmönskd divadlo (»L. J. u. das Brünner 
Theater«), Brünn 1 939 ; O. JeremiäS, L. J., Prag 1938 ; J. 
Vogel, L. J. dramatik (»L. J. als Dramatiker«), Prag 
1948; L. Kundera, Janäökova varhanickä Skola 
(»Die J.sche Orgelschule«), Olmütz 1948; ders., J. a 
Klub prätel umini (»J. u. d. Klub d. Kunstfreunde«), 
Olmütz 1948; R. Smetana, VyprävÖni o L.i Janäö- 
kovi (Berichte über L.J.), Olmütz 1948; J. Pro- 
chäzka, Laäske Kofeny fivota i dila L.e Janäcka 
(»Lachische Wurzeln im Werke L. J.s«), Prag 1948; 
Th. Strakovä, Janäökovy nedokonöen6 opery (»J.s 
unvollendete Opern«), Casopis Moravsk6ho Musea 
XXXVI, 1951; B. St&dro*, DvoMk a J. (»Dv. und 
J.«), Vlastivödny sbomfk moravsky VI, 1951; L. 
Spies, L. J., Musik u. Ges. IV, 1954; Fr. Zagiba, 
L. J., Österreichische Musik-Zs. IX, 1954; Aufsätze 
von H. H. Stuckenschmidt und M. Brod über L. J. 
nebst Werkverz., in: Tschechische Komponisten, = 
Musik der Zeit, tag. v. H. Lindlar, H. 8, Bonn 1954. 

Janaconi, Giuseppe -►Jannaconi. 

Janequin foanck'e), Cldment, * um 1480 wahr- 
scheinlich zu Chätellerault (bei Poitiers), f zu Pa- 
ris um 1560; französischer Komponist, zum ersten- 
mal 1529 in Bordeaux nachweisbar, wo er mit 
Eustorg de Beaulieu dem Kreis von Bemart de 
Lahet angehörte. Gegen 1532 begab er sich nach 
Anjou und wirkte als Geistlicher in Brossay und 
Avrillö, bis er als Leiter der Maitrise an die Kathe- 
drale von Angers berufen wurde. Damit nahm er, 
dessen Werk bereits weit bekannt war, seine erste 
bedeutende Stellung ein, zu einer Zeit, die als die 
fruchtbarste seines Schaffens anzusehen ist. In An- 
gers unternahm er späte Universitätsstudien, die er 
nach seiner Versetzung als Pfarrer nach Unverre 
(bei Chartres) von 1548 an in Paris fortführte, wo 
er sich auch niederließ. Nach wirtschaftlichen 
Schwierigkeiten wurde er schließlich vor 1555 zum 
Sänger der königlichen Kapelle, dann zum »com- 
positeur ordinaire« ernannt. Doch waren die Kas- 
sen Heinrichs II. durch die Kriege geleert, und J. 
konnte nicht von den Vorteilen dieser Stellung pro- 
fitieren. Inmitten des Quartier latin, in der me de la 
Sorbonne, wohnhaft, erkrankte er 1558 und ver- 
faßte ein Testament, das seine Armut bezeugt. Er 
scheint nicht die Veröffentlichung des ersten Bu- 
ches seines Verger de musique (1559), das er noch 
selbst durchgesehen hatte, überlebt zu haben. Sein 
ganzes Werk erschien zwischen 1520 und 1559. J. 
ist kein Kirchenmusiker, was seine beiden 4st. 
Parodie-Messen (La bataille und UaveugU dieu) be- 
zeugen. Von seinen Motetten ist nur eine einzige 
(Congregati sunt zu 4 St.) auf uns gekommen. Sein 
eigentlicher Bereich ist deijenige der Chanson, in 


55* 


867 



Janet et Cotelle 


dem er die originellsten Bestrebungen der franzö- 
sischen Renaissance verkörpert. Erhalten sind etwa 
280 Chansons zu 3 und 4 St., die bei Antico, At- 
taingnant, Moderne, Du Chemin, Le Roy und 
Balkrd erschienen. Die wichtigsten, nur ihm ge- 
widmeten Sammlungen sind die folgenden: 
Chansons (1528), 24 chansons (1533), Les chansons de 
la guerre . . . (1537), alle bei Attaingnant; das erste 
Buch des Difficile des chansons (J. Moderne, o. J.) ; 
5h livre du recueil (1551), die Inventions musicales (2 
Bücher, 1555, bei N. du Chemin); der Verger de 
musique (1559, bei Le Roy und Ballard). Am be- 
kanntesten wurden davon die deskriptiven Chan- 
sons, die ihm europäische Berühmtheit eintrugen 
und alle vorhergehenden Versuche übertrafen, die 
auf dem Gebiet der imitativen Musik unternom- 
men worden waren: La guerre , genannt La bataille 
de Marignan, der Chant des oiseaux , La chasse , Les 
cris de Paris usw. Br kann aber auch als das Haupt 
der »Pariser« Schule in allen ihren Formen ange- 
sehen werden: schlüpfrige, lyrische, erzählende 
und zu bestimmten Gelegenheiten geschriebene 
Chansons, die vor allem durch ihre Deklamation 
bemerkenswert sind und den Wechsel zwei- und 
dreiteiliger Rhythmen ebenso verwenden wie die 
am Ende seines Lebens von Italien übernommene 
ChromatiL Am wenigsten sind seine Psalmen und 
geistlichen Chansons bekannt : Premier livre contenant 
28pseaumes de David (1549), Second livre de chansons 
et cantimies spirituels (1555, erschienen bei Du 
Chemin); Premier livre contenant plusieurs chansons 
spirituelles avec les lamentations de Jhrhnie (1556), 
Proverbes de Salomon (1558) und die Octante-deux 
pseaumes de David (1559, bei Le Roy und Ballard), 
alles zu 4 Stimmen. 

Ausg.: kaum ein Fünftel der Chansons von J. wurde 
bisher veröffentlicht. Zu nennen sind vor allem die 
Publikationen von H. Expert (Mattres musiciens de 
la renaissance und Florilige vocal de la renaissance) 
und M. Cauchie (30 Chansons); weitere Stücke in 
F. Commer, Collectio operum musicorum Batavorum, 
t XII; 2 4st. Chansons bei R. Eitner, PGfM XXIII; 
eine Chanson, Riemann Beisp. 29; dies., Davison- 
Apel Anth. I, 107. 

Lit : M. Cauchie, Les Psaumes de J., in Mdlanges . . . 
de La Laurencie, =* Publications de la Soc. Fran$aise 
de Musicologie, Seconde sdrie, t. III et IV, Paris 1933 ; 
J. Levron, C. J., Paris 1948; F. Lesure, C. J., Recher- 
ches sur sa vie et son esuvre, MD V, 1951. FL 

. Janet et Cotelle foan'e), französischer Musikver- 
lag, gegründet 1810 von Pierre-Honord Janet und 
Alexandre Cotelle in Paris. Sie übernahmen die 
Rechte der Firmen Imbault (1814), Decombe 
(1822), Boiddieu d. J. (1824) und Ozi & Co (1825). 
J. et C. verlegte hauptsächlich kleinere Werke, spä- 
ter auch Opern französischer Komponisten des spä- 
ten 18. und frühen 19. Jh. 1830 schied Janet aus, 
1858 starb Cotelle. Der Verlag ging 1892 in den 
Besitz von Enoch fröres et Costafiat über. 

Lit: P. Delalain, LTmprimerie et la librairie k Paris 
de 1789 k 1813, Paris 1899; C. Hopkinson, A Dic- 
tionary of Parisian Music Publishers 1700-1950, Lon- 
don 1954; C. Johansson, French Music Publishers' 
Catalogues ...» Publikationer utgivna av Kungl. 
Musikaliska Akademiens bibl. II, Stockholm 1955. 

Janiczek,Julius -► Hensel, Walther. 

Janfgro, Antonio, * 21. 1. 1918 zu Mailand; 
jugoslawischer Violoncellist italienischer Herkunft, 


studierte am Konservatorium Mailand und an der 
Ecole Normale in Paris, konzertiert seit seinem 16. 
Lebensjahr in Europa, Südamerika und Indonesien 
und unternahm Tourneen mit den Pianisten Carlo 
Zecchi, Badura-Skoda und Dinu Lipatti. Seit 1939 
wohnt J. in Zagreb, wo er bis 1954 eine Meister- 
klasse am Konservatorium leitete. Er trat von 1947 
an auch als Dirigent auf, übernahm 1953 die Lei- 
tung des Kammerorchesters am Sender Zagreb 
und des Kammerensembles »Zagreber Solisten«, 
mit dem er Konzertreisen durch Europa, Nord- 
und Mittelamerika unternahm. T.s Spiel vereint 
makellose Schönheit des Tons und. ausdrucksvollen 
Fluß der Kandlene mit Eleganz im Figurariven und 
leichter Bogenführung. 

Janitsch, Anton, * 1753 in Böhmen, f 12. 3. 1812 
zu Burgsteinfurt (Westfalen); böhmischer Violi- 
nist, war Schüler von Pugnani, mit 16 Jahren Kon- 
zertmeister des Kurfürsten von Trier in Koblenz, 
1774-79 und wieder 1782-85 in der Fürstlich öt- 
tingenschen Kapelle zu Wallerstein, dann unstet 
wandernd, bis 1794 Kapellmeister der Großmann- 
schen Theatertruppe in Hannover, zuletzt Kapell- 
meister des Grafen Burgsteinfurt, schrieb Sym- 
phonien, Konzerte und ein Quattro für Fl., V., Va 
undB. 

Lit.: L. S chiedermair. Die Blütezeit d. öttingen- 
Wallerstein’schen Hofkapelle, SIMG IX, 1907/08, 
darin ein Brief v. J. 

Janitsch, Johann Gottlieb, * 19. 6. 1708 zu 
Schweidnitz (Schlesien), t 1763 zu Berlin; deut- 
scher Jurist und Komponist, studierte Jura und trat 
in den Dienst des Kriegsministers von Happe, 
wurde aber vom Kronprinzen (nachmals Fried- 
rich II.) 1736 in seine Kapelle nach Rheinsberg ge- 
zogen und richtete regelmäßige Haus-Akademien 
ein; später war er Direktor der Redoutenmusiken 
in Berlin. Seine Quartette, Trios und Konzerte ste- 
hen im Stile denen J. G. Grauns nahe, auch schrieb 
er Kantaten und ein Te Deum. 

Ausg. : Kammersonate »Echo« (op. 8), in: Coli, mus., 
hrsg. v. H. Riemann, Nr 68. 

Jankö (j'arjko:), Paul von, * 2. 6. 1856 zu Totis 
(Ungarn), f 17. 3. 1919 zu Konstantinopel; un- 
garischer Pianist, besuchte das Wiener Polytech- 
nikum, studierte gleichzeitig am Konservatorium 
Klavier bei H. Schmitt, Theorie bei Krenn und 
Bruckner, 1881/82 noch in Berlin Mathematik an 
der Universität und Klavier bei H. Ehrlich. 1882 
erfand er eine neue Klaviatur, die an die Vicentsche 
chromatische Klaviatur anknüpft, aber für das 
Auge die Grundskala C dur durch Unterscheidung 
von weißen und schwarzen Tasten kenntlich 
macht. J.s Klaviatur besteht aus 6 Tastenreihen, von 
denen jeweils 2 so zusammengehören, daß die un- 
tere Reihe in Ganztönen von C aus, die obere von 
Cis aus fortschreitet. Durch die Anordnung von 3 
solchen Klaviaturen übereinander und durch die 
Verminderung der Spannweite der Oktave um 1 /7 
werden. eine Fülle neuer Effekte ermöglicht; indem 
alle Tasten von gleicher Gestalt sind, versinnbild- 
licht die Jankö-Kkviatur die Gleichwertigkeit aller 
12 Halbtöne in der Oktave. J. beschrieb seine Kla- 
viatur ( Eine neue Klaviatur, Wien 1886) und führte 
sie von 1886 an auf Konzertreisen vor. H. Schmitt 
hat Etüden für sie herausgegeben, auch haben sich 
Wendling und neuerdings Walter Rehberg (auch 


868 



Janssen 


als Komponist) ihrer angenommen. 1905 wurde in 
Wien ein Jank6-Verein gegründet. J. lebte 1892 in 
Konstantinopel als Beamter der Tabaksregie und 
schrieb noch: Ueber mehr als zwölf stufige gleich- 
schwebende Temperaturen (Beitrage zur Akustik und 
Musikwissenschaft m, 1901). 

Lit. : H. Schmitt, Zur Gesch. d. J.-Klaviatur, Wiener 
Rundschau 1889; R. Hansmann, Die J.-Klaviatur, 
1892; C. W. Marschner, Das J.-Klavier, Musika- 
lisches Wochenblatt, Nr 27 u. 28, 1899; F. B. Boyes, 
Das J.-Klavier, Wien u. Lpz. 1904; H. F. Münnich, 
Materialien f. d. J.-Klaviatur, o. O. 1905; R. Hans- 
mann, Das J.-Klavier und seine technische Vervoll- 
kommnung, ZIMG V, 1903/04. 

Jannacpni, Giuseppe (Janacconi), * 1741 und 
t 16. 3. 1816 zu Rom; italienischer Komponist, 
war Schüler von Pisari, einer der letzten Vertreter 
der Traditionen der römischen Schule, Lehrer von 
Baini, Fioravanti und Basili, ab 1811 Kapellmeister 
an der Peterskirche als Nachfolger Zingarellis ; 
schrieb: je eine Messe, Te Deum, Magnificat, Dixit 
Dominus und Tu es Petrus zu 16 St.; 30 weitere 
Messen zu 2-8 St., zum Teil mit Instrumenten ; 
viele Psalmen, Motetten, Offertorien, Antiphonen, 
Kanons (bis zu 64 St.). 

Lit.: J. Killing, Kirchenmusikalische Schätze d. 
BibL d. Abbate F. Santini, Düsseldorf (1910), darin 
eine 5st. Motette; K. G. Fellerer, Der Palestrina- 
stü, Augsburg (1929). 

Jannequin Janequin. 

JanQtha, Natalie, * 8. 6. 1856 zu Warschau, + 9. 
6. 1932 im Haag; polnische Pianistin, war Schü- 
lerin von Rudorff an der Berliner Hochschule, spä- 
ter von Clara Schumann und Brahms, debütierte 
1874 im Gewandhaus zu Leipzig und reiste dann, 
besonders als Chopin-Interpretin berühmt. Ihren 
Wohnsitz hatte sie bis 1916 in London, dann im 
Haag; schrieb viele Mazurkas, Gavotten, Suiten 
und Mountain Scenes für KL sowie Kirchenmusik; 
auch gab sie einige Stücke Chopins zum ersten 
Male heraus und verfaßte Bücher über Chopin. 

J^nowka, Thomas Balthasar, * um 1660 zu 
Kuttenberg (Böhmen); böhmischer Organist und 
Musikschnftsteller, war Lizentiat der Philosophie 
und Organist in Prag, ist der Verfasser eines Musik- 
lexikons Clavis ad thesaurum magnae artis musicae 
(Prag 1701). 

Jansa, Leopold, * 23. 3. 1795 zu Wildenschwert 
(Böhmen), f 24. 1. 1875 zu Wien; Österreichischer 
Violinist, studierte ab 1817 in Wien Jurisprudenz, 
ging aber zur Musik über und bildete sich zum Vio- 
linisten aus, wurde 1825 Mitglied des Hoforche- 
sters, 1834 Universitätsmusikdirektor und veran- 
staltete regelmäßig Quartettsoireen. 1849 wirkte er 
in London in einem Konzert zum Besten der ver- 
bannten ungarischen Aufständischen und wurde 
infolgedessen aus Wien ausgewiesen. Bis 1868 blieb 
er in London als geschätzter Musiklehrer, kehrte 
dann, amnestiert, nach Wien zurück ; komponierte : 
4 Violinkonzerte, ein Rondeau concertant für 2 V. 
und Orch., 8 Streichquartette, Violinduette und 
-stücke sowie Kirchenmusik. 

Jansen» Albert, * 29. 4. 1833 zu Kassel, f . . . (?} ; 
deutscher Literaturhistoriker, studierte Philosophie 
und Geschichte in Tübingen und Berlin, wirkte 
1859-63 als Lehrer an den Gymnasien in Lands- 


berg an der Warthe und Potsdam und am Saldem- 
schen Realgymnasium in Brandenburg, leitete 
1864-67 in St. Petersburg die Erziehung der Groß- 
fürstin Olga Konstantinowna (nachmals Königin 
von Griechenland) und war 1872-78 Professor der 
Geschichte an der Königlichen Kriegsakademie in 
Berlin. 1888 ließ er sich in Gries bei Bozen nieder. 
Von seinen Schriften sind hier zu nennen: Jean 
Jacques Rousseau (Paris 1882), Jean Jacques Rousseau 
ab Musiker (Berlin 1884), Documents sur Jean 
Jacques Rousseau (Genf 1885). 

Jansen, F. Gustav, * 15. 12. 1831 zu Jever, f 3. 5. 
1910 zu Hannover; deutscher Organist, studierte 
1848-50 am Leipziger Konservatorium, ging als 
Musiklehrer nach Göttingen, war lange Jahre Dom- 
organist in Verden und lebte ab 1900 im Ruhestand 
in Hannover; schrieb: Die Davidsbündler . Aus Ro- 
bert Schumanns Sturm- und Drangperiode (Leipzig 
1883; etwas phantastisch, vgl. J. v. Wasielewskis 
Schumaniana, Leipzig 1884) und gab heraus: Robert 
Schumanns Briefe (neue Folge, Leipzig 1886, 31904) 
und die 4. Auflage (Leipzig 1891) von R. Schu- 
manns Gesammelten Schriften . 

Janson (3äs'3), - 1) Jean Baptiste Aimd Joseph, 
* um 1742 zu Valenriennes, f 2. 9. 1803 zu Paris; 
französischer Komponist und Cellist, Schüler von 
Berteau, reiste als Virtuose, wurde aber 1795 als 
Celloprofessor an dem soeben gegründeten Pariser 
Conservatoire angestellt. Er schrieb 3 Symphonien, 
13 Cellokonzerte, 6 Streichquartette, Trios und 6 
Cellosonaten. - 2) Louis Auguste Joseph, * 8. 7. 
1749 zu Valendennes, Todesdatum und -ort un- 
bekannt; Bruder des vorigen, war bis 1815 Cellist 
im Orchester der Großen Oper. Werke: 2 Bücher 
Cellosonaten op. 1 und 2 und Trios. 

Janssen» Herbert, * 22. 9. 1895 zu Köln; ameri- 
kanischer Sänger (Bariton) deutscher Herkunft, 
studierte nach dem 1. Weltkrieg Gesang in Berlin. 
Als Mitglied der Berliner Staatsoper sang er als 
Gast in Europa und Südamerika, wirkte ab 1933 
auch in Bayreuth, 1938-47 an der Metropolitan 
Opera in New York, besonders als Wagner-Sänger. 
Er erwarb 1946 die amerikanische Staatsangehörig- 
keit. 

Janssen» Nikolaus Adrian, * 10. 1. 1808 zu 
’s -Hertogenbosch, f 24. 3. 1898 zu Gennep ; nieder- 
ländischer Organist, war Musiklehrer am bischöf- 
lichen Seminar in Mecheln, vorübergehend Kar- 
thäusermönch, dann Organist in Löwen; schrieb: 
Les vrab principes du chant grigorien (Mecheln 1845, 
deutsch von J. E. B. Smeddinck als Wahre Grund- 
regeln des Gregorianbchen oder Choralgesanges, Mainz 
1846) ; ferner komponierte er eine 3st Messe, Mo- 
tetten und geistliche Lieder. 

Janssen, Werner, * 1. 6. 1900 zu New York; 
amerikanischer Dirigent, lebt in New York, stu- 
dierte bei F. Weingartner und war 1922-28 auch 
als Dirigent in Deutschland tätig. 1930-34 arbeitete 
er als Stipendiat »Fellow of the American Academy 
in Rome« an der Cädlienakademie und nahm u. a. 
Instrumentationsunterricht bei Respighi. 1935 diri- 

f ierte er auf Einladung von Toscanini als erster ge- 
iirtiger New Yorker das dortige Philharmonie 
Symphony Orchestra. Seitdem wirkt er als einer 
der anerkanntesten Dirigenten amerikanischer Her- 
kunft in den USA. 1936-48 leitete er die von ihm 


869 



Janssens 


gegründete »Janssen Symphony o£ Los Angeles«. 
Auch die Portland und die Salt Lake City Sym- 
phony sind seine Gründungen. Seit 1957 gastiert er 
auch wieder in Deutschland. Für die amerikanische 
Aufnahme von Bergs Wozzek (1947) erhielt er 
einen Schallplattenpreis zuerkannt. Das Dart- 
mouth College (USA) verlieh ihm den Ehren- 
Doktor der Musik. 

Janssens» Jean Francis Joseph, * 29. 1. 1801 
und f 3. 2. 1835 zu Antwerpen; belgischer Kom- 
ponist, erhielt seine Ausbildung von seinem Vater 
(Kirchenmusikdirektor) und 2 Jahre von Lesueur 
in Paris, studierte dann auf Wunsch seiner Familie 
die Rechte und wurde 1826 Notar in Hoboken bei 
Antwerpen, daneben als Dirigent eines Musikver- 
eins tätig. 1829 wurde er Notar in Berchem, 1831 
in Antwerpen. Die Belagerung Antwerpens 1832 
verscheuchte ihn nach Deutschland, und in Köln 
wurden durch den Brand des Hotels, in welchem er 
logierte, seine Manuskripte vernichtet. Seine 
Hauptwerke sind: 5st. Orchestennessen, ein Te 
Deum, Motetten, Psalmen, Hymnen mit Orch., 
Kantaten, 2 Symphonien und die komischen Opern 
Le pbe rival und La jolie fiancie. 

Lit.: P. J. N. Hendrickx, Simple histoire, Boutades 
biographiques publi6es ä l'occasion du XXV« anni- 
versaire de la mort de J. F. J. J., Antwerpen 1860 . 

Japart feap'air), Jean, franko-flämischer Kom- 
ponist um 1500, war Sänger am Hofe von Ferrara. 
16 Chansons von ihm druckte Petrucd 1501-03 im 
»Harmonice Musices Odhecaton«. Eine Missa super 
Prineesse et amorette und weitere Chansons sind 
handschriftlich erhalten. 

Ausg.: 7 4st. Chansons in: Harmonice Musices 
Odhecaton A, hrsg. v. H. Hewitt u. I. Pope, = The 
Mediaeval Acad. of America, Publication XLII (Stu- 
dies and Documents V), Cambridge, Mass., 1946; 4st. 
Instrumentalcanzone Nenciozza mia, Schering Beisp. 
67. 

Lit: O. J. Gombosi, J. Obrecht, Slg mw. Einzeldar- 
stellungen IV, Lpz. 1925, darin eine 4sL Chanson; 
C. L. W. Boer, Chansonvoormen op het einde van de 
XVde eeuw, Amsterdam 1938, darin 2 4st Chansons; 

F. Torrefranca, II segreto del quattrocento, Mai- 
land 1939, darin eine 4st. Chanson. 

Japha, - 1) Louise (Langhans-J.), * 2. 2. 1826 
zu Hamburg, f 13. 10. 1910 zu Wiesbaden; deut- 
sche P ia n is tin , war 1853 in Düsseldorf Schülerin 
von Robert und Clara Schumann. In Paris, wo sie 
1863-69 lebte, galt sie als eine hervorragende Spie- 
lerin deutscher, speziell Schumanns eher M usik . 
1858-74 war sie mit Fr. W. Langhaus verheiratet 
und lebte danach in Wiesbaden, schrieb Klavier- 
stücke, Lieder und Streichquartette. - 2) Georg 
Joseph, * 28. 8. 1835 zu Königsberg, f 25. 2. 1892 
zu Köln; deutscher Violinist, Bruder von Louise J., 
studierte 1850-53 beiFerdinandDavidund R. Drey- 
schock am Leipziger Konservatorium, 1853 in 
Königsberg bei E. Singer, zuletzt bei Alard am Pa- 
riser Conservatoire; 1855-57 im Gewandhaus- 
orchester zu Leipzig, war 1858-63 Privatmusikleh- 
rer in Königsberg, wo er 1863 mit A. Jensen Kam- 
mermusi k a b ende gründete, und wurde 1863 Kon- 
zertmeister der Gürzenichkonzerte und Konserva- 
toriumslehrer in Köln. 

Jaques de Cambrai foak), nordfranzösischer 
Trouvfcre aus dem 13. Jh. Von ihm sind erhalten 

870 


4 Liebeslieder, 7 Lieder religiösen Inhalts und eine 
Pastourelle, Melodien im Manuskript B, doch han- 
delt es sich zum Teil um Kontrafakta. 

Ausg. u. Lit.: E. Järnström, Recueil de chansons 
pieuses du XIII e s., I, Helsinki 1910, S. 80ff.; A. 
Rochat, Die Liederhandschrift 231 der bemer Bibi., 
in: Jb. für romanische u. englische Lit. X, 1869 
(dazu J. Brakelmann, ebenda S. 381 ff.); Hist. ütt6- 
raire de la France XXIII, 1895, S. 631 ; A. LAngfors, 
Mälanges de Poesie lyrique franqaise, in: Romania 
LH, 1926, S. 41 9 f. 

Jaques-Dalcroze feak-dalkr'oz), Emile (der 
Künstlername Dalcroze bezeichnet den Geburts- 
ort des Vaters, Sainte-Croix), * 6. 7. 1865 zu 
Wien, f 1« 7. 1950 zu Genf; Schweizer Musik- 
erzieher und Komponist, besuchte in Genf Uni- 
versität und Konservatorium und war dann noch 
Schüler von R. Fuchs und Bruckner in Wien und 
Delibes in Paris, ein Jahr Kapellmeister in Algier 
und wurde 1892 Theorielehrer am Konservato- 
rium in Genf. Mit seiner Methode der »rhythmi- 
schen Gymnastik« hat J.-D. größten Widerhall 
gefunden; es ist eine in gewissem Sinne an die 
Praxis der alten Griechen anknüpfende Verbin- 
dung der Körperbewegungen mit der Unterwei- 
sung in den Elementen des Rhythmus, mit weit- 
gehender Heranziehung der Polyrhythmik der 
neueren Musik, die dem Ausdruckstanz wichtige 
Anregungen gegeben hat. Er erläuterte die Me- 
thode in zahlreichen Schriften, die 1906 und 1907 
in Paris und Lausanne erschienen, u. a La rythmi - 
que (2 Bände) ; La portie musicale ; Lesgammes et les 
tonalith, le phrasi et les nuances (3 Bände; diese 
Werke zusammen als: Methode J.-D., 3 Bände, 
deutsch von P. Boepple, Neuenburg und Straß- 
burg) ; Exercices de plastique animie ; La respiration et 
V innerv ation musculaire. Später: Le rythme , la musique 
et Vidueation (1922, auch deutsch und englisch); 
Souvenirs (1942); La musique et nous (Genf 1945; 
enthält am Schluß ein vollzähliges Verzeichnis sei- 
ner kompositorischen und pädagogischen Werke) ; 
Notes bariolies (Genf, Paris 1948) ; viele Aufsätze. 
1907-09 hielt J.-D. Sommerkurse in Genf ab, 
folgte aber 1910 einer Einladung nach Hellerau bei 
Dresden, wo ihm von den Brüdern Dohm die 
»Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus« er- 
richtet wurde. Von hier aus verbreitete er bis 1914 
seine Lehrmethode in einem großen internatio- 
nalen Schülerkreis, darunter über 200 Deutsche, 
und veranstaltete 1913 eine aufsehenerregende 
Darstellung von Glucks »Orfeo«. Nach Ausbruch 
des 1. Weltkrieges kehrte er nach Genf zurück, 
eröffnete dort das Institut J.-D., das er bis zu seinem 
Tode leitete und das heute von einem Gremium 
weitergeführt wird. Von Hellerau und Genf aus 
unternahm er mit seinen Schülern zablrwrlie Vor- 
führungsreisen nach Brüssel, London und Paris 
und n a hm , 1919 die Sommerkurse in Genf wieder 
auf. Das Hellerauer Institut wurde von einigen 
seiner von ihm ausgebildeten Schüler weiter- 

f eführt, erlebte unter E. Ferand und Chr. Baer als 
# tätte des künsderischen Tanzes eine Blütezeit, 
übersiedelte 1925 nach Laxenburg bei Wien und 
mußte bei der Besetzung Österreichs seine Pforten 
schließen. In Berlin wurde das J.-D .-Seminar 1931 
an die Berliner Hochschule für Musik übernom- 
men. Wichtige Schulen nach J.-D.s Methode sind 
ferner: Instituto J.-D. in Stockholm, Insdtuto de 



Jamowick 


Rftmica y Pldstica in Barcelona und die J.-D.- 
Institute in London und Paris. Die von J.-D. ver- 
tretenen Grundsätze fanden unter der Bezeichnung 
»rhythmisch-musikalische Erziehung« weitesteVer- 
breitung im deutschen Erziehungswesen. 1926 fand 
in Genf ein Congr&s du Rythme statt, bei dem die 
»Association Internationale des Professeurs de la 
Methode J.-D.« gegründet wurde; sie hatte 1952 
ihre zweite Tagung in Genf. J.-D. komponierte 
Opern, Festspiele, Chorwerke, Violinkonzerte, 
Orchestersuiten, Kammermusik, Klavierstücke 
und Lieder, darunter Chansons romandes , die in der 
Schweiz Volksgut wurden. 

Lit.: P. Bekker, Die D.-Schule in Hellerau, Lpz. 
1912; W. Dohrn, Die Bildungsanstalt J.-D., Dresden 
1912; M. E. S adler, The Eurythmics of J.-D., Lon- 
don 1912; K. Storck, J.-D., Stuttgart 1912; A. Seidl, 
Die Hellerauer Schulfeste, — Deutsche Musikbü- 
cherei II, Regensburg o. J.; R. Hernried, E. J.-D.’s 
Lebenswerk, in: Das Orchester 1920; R. Bode, E. J.- 

D. , ZfM CXI, 1950; H. Brunet-Lecomte, J.-D., 
Genf 1950; W. Tappolet, E. J.-D., SMZ XC, 1950; 

E. Feudel, Rhythmische Erziehung, Wolfenbüttel 
31956; Jahrbücher des Rhythmus, Jena 1911-14. EF 


f 


Jaray Janetschek, Stefan, *2. 12. 1868 zu Buda- 
pest; ungarischer Komponist, Sohn des Flötisten 
^osef J., war Schüler von Koessler an der Budapester 
Musikakademie, dann Chordirektor an der grie- 
chisch-orthodoxen Kirche und Lehrer an der Un- 
garischen Musikschule, wurde 1919 Professor am 
National-Konservatorium und 1921 Klavierlehrer 
an der Landes-Hochschule, schrieb: 3 Klavierkon- 
zerte op. 35,44 und 46; Orchesterwerke; Panto- 
mimen; Violinsonate op. 48, Flötensonate op. 49, 
Cellosonate op. 50; viele Klavierstücke. 

Järddnyi (j'a : rda :jii), Päl, * 30. 1. 1920 zu Buda- 
pest; ungarischer Komponist, studierte 1936-42 an 
der Musikhochschule in Budapest Violine und 
Komposition (bei Kodäly), bis 1943 Volkskunde 
an der Universität Budapest, wo er zum Dr. phiL 
promovierte. Seit 1946 ist er Professor für Pädago- 
gik, Komposition und Volkskunde an der Musik- 
hochschule in Budapest und arbeitet seit 1948 in der 
Akademie der Wissenschaften bei der Redaktion 
des »Corpus Musicae Popularis Hungaricae« mit. 
Er schrieb: Sinfonietta für Streichorch. (1942), Di- 
vertimento Concertante für Orch. (1950), Tanzmusik 


für Orch. (1950), symphonische Dichtung An der 
Theiss (1952), Vörösmarty-Symphonie (1953), Rhap- 
sodie aus Borsod für Orch. (1954), 2 Streichquartette 
(1948, 1954), ein Bläserquintett (1955), Sonate für 
2 Kl. (1942), Violinsonate (1945), kleinere Kam- 
mermusikwerke und Lieder. 


Jarecld (jar'etski), - 1) Henryk, * 6. 12. 1846 zu 
Warschau, f 18- 12. 1918 zu Lemberg; polnischer 
Komponist, Schüler von Moniuszko, 1872 Kapell- 
meister des polnischen Theaters in Posen, 1873 bis 
1900 Kapellmeister der Oper in Lemberg, auch 
Domkapellmeister, komponierte 7 Opern, Messen, 
Kammermusik, Chöre (mit und ohne Orchester- 
begleitung) und Lieder. - 2) Tadeusz, * 1. 1. 1889 
zu Lemberg; polnischer Komponist, Sohn von H. 

j ., Schüler seines Vaters, von Niewiadomski und 
aques-Dalcroze, zuletzt von Tanejew in Moskau, 
wo er auch 1912/13 am Dalcroze-Institut wirkte. 
1913 ging er nach New York, kehrte 1918 nach 
Polen zurück, ab 1920 wieder in New York als lei- 
tendes Mitglied eines Kammerensembles. 1932-37 


wirkte er in Polen als Dirigent, lebte 1938-48 in 
Paris, seitdem wieder in New York. Er schrieb 
Werke für Orch., Kammermusik, Klaviersonate 
op. 19, Lieder mit Klavier- und Triobegleitung. 

Jarnach, Philipp, * 26.7. 1892 zu Noisy bei 
Paris; deutscher Komponist, Sohn eines katalani- 
schen Bildhauers, studierte ab 1907 in Paris bei 
Risler Klavier und bei Lavignac Theorie, lebte ab 
1914 im Umgang mit Busoni in Zürich, wo er 
1918-21 Lehrer am Konservatorium war, dann in 
Berlin als Kritiker des Börsen-Courier, 1927-45 als 
Professor für Komposition an der Hochschule für 
Musik in Köln ; 1949 wurde er Direktor der Musik- 
hochschule in Hamburg. J., der zu den frühesten 
Komponisten der Neuen Musik in Deutschland 

e ’ “ t, beweist als Erbteil seiner romanischen Her- 
und Schulung eine stets sichere Formkraft 
in seinen fein empfundenen Werken. Zu seinen 
Schülern zählen W. Maler und A. Degen. Werke: 
I. Sonate für V. solo op. 8, Violinsonate E dur op. 9, 
Streichquintett op. 10, Aria für V. und Kl. op. 10a, 
Flötensonatine op. 12, als op. 12a auch für V. und 
Kl., II. Sonate für V. solo op. 13, Sinfonia brevis 
op. 14; Romancer o: I = Klaviersonatine op. 18, 
II = Morgenklangspiel für Orch. op. 19, m = Kon- 
zertstück für Org. op. 21; Vorspiel für Orch. op. 
22, Musik mit Mozart für Orch. op. 25, 6 Volkslie- 
der für S. und Streichquartett op. 29, Das Amrumer 
Tagebuch für KL op. 30; Concertino E moll nach 
Platti für 2 V., Vc. und Streicher op. 31; Zum Ge- 
dächtnis des Einsamen für Streichquartett (1952), 
Lieder und Klavierstücke; Bearbeitungen von 
Werken G. Plattis. Auch beendete J. Busonis Oper 
Doktor Faust; einige Aufsätze. 

Lit: H. Mersmann u. E. G. Klussmann in: Ph. J. 
zum 60. Geburtstag, Hbg 1952. 

Jarno, Georg, * 3. 6. 1868 zu Budapest, f 25. 5. 
1920 zu Breslau; ungarischer Operettenkomponist, 
lebte nach kurzer Tätigkeit als Kapellmeister am 
Stadttheater Breslau in Wien, schrieb 3 Opern und 
die Operetten Der Goldfisch (Breslau 1907), Die 
Förster-Christel (Wien 1907), Das Musikantenmädel 
(Wien 1910), Die Marine-Gustl (Wien 1912) und 
Das Farmermädchen (Berlin 1913). 

Jamowick, Giovanni Mane (Giomovichi, Jar- 
no vichi), * um 1740 zu Palermo, f 21. 11. 1804 zu 
St. Petersburg; italienischer Violinist von kroati- 
scher Abkunft, war Schüler Lollis, trat 1770 zu 
Paris im Concert spirituel auf, nennt sich in den 
folgenden Jahren Konzertmeister des Prinzen Ro- 
han-Gu6men6, der 1772-74 französischer Gesand- 
ter in Wien war, wurde bald als Spieler wie als 
Komponist der Held des Tages, mußte aber Ehren- 
händel halber Paris verlassen und ging 1779 nach 
Berlin, weiter 1783 nach Wien, Warschau, St. 
Petersburg, Stockholm und 1792 nach London, wo 
ihn Viotti aus dem Felde schlug. 1796-1802 lebte 
er ohne Anstellung in Hamburg und ging über 
Berlin wieder nach St. Petersburg. Seine flüssig 
geschriebenen Werke sind 16 Violinkonzerte (von 
denen aber einige von Saint-Georges herrühren 
sollen), 6 Streichquartette, viele Violinduette und 
ein Heft Violinsonaten. 

Lit. : M. Brenet, Les concerts en France sous Fanden 
regime, Paris 1900; L. de La Laurenceb, L*6cole fr$. 
de violon II, Paris 1923. 


871 



Jaroff 


Jaroff, Serge, * 20. 3. 1896 zu Moskau; russischer 
Chordirigent, war Schüler der Synodal-Akademie 
für kirchlichen Chorgesang in Moskau, dann Ge- 
sanglehrer an einem Realgymnasium. 1920 grün- 
dete er aus Don-Kosaken der weißen Armee einen 
Mannerchor, mit dem er seit 1923 in Europa und 
Amerika konzertiert. 

Lit.: E. Kunsky, Vierzig Donkosaken erobern d. 
Welt. S. J. u. sein Donkosakenchor, Lpz. 1933. 

Jary, Michael, * 24. 9. 1906 zu Laurahütte 
(Oberschlesien) ; deutscher Komponist von Unter- 
haltungsmusik, studierte an der Berliner Musik- 
hochschule und war Theaterkapellmeister (1928/29) 
und Kaffeehauspianist. Er schrieb Unterhaltungs- 
und Filmmusik , so zu den Filmen Tanzende 
Sterne , Mikosch ruckt ein. Die Dritte von rechts . 

Jaubert ( 3 ob'e:r), Maurice, * 3. 1. 1900 zu 
Nizza, f (gefallen) im Juni 1940; französischer 
Komponist, studierte Musik am Konservatorium 
von Nizza, lebte ab 1920 in Paris, wo er 1930 musi- 
kalischer Leiter bei der Filmgesellschaft Pathd 
wurde. Neben Bühnen- und zahlreichen Film- 
musiken schrieb er eine Kammeroper Contrebande , 
ein Ballett Le Jour, Orchester- und Kammermusik 
sowie Lieder (VEau vive auf Texte von J. Giono). 

Jaufre Rudel fo'aufre rüd'el), provenzalischer 
Troubadour, literarisch wirksam in den Jahren um 
1140. Über die näheren Umstände seines Lebens 
ist so gut wie nichts mit Sicherheit bekannt. Er- 
halten sind von ihm 6 (7?) Liedertexte, zu deren 
bedeutendsten und berühmtesten die Lieder Lan^ 
quan li jom son lonc en mai (P-C 262,2), No sap 
chantar quid so no di (3) und Quan lo rius de lafontana 
(5) gehören, in denen das Thema der »amor de 
lonh« (Femliebe) aufgenommen ist, und die bis in 
die neueste Zeit zu Nachdichtungen angeregt ha- 
ben (Heine, Uhland, Heise, Swinebum, Carducd). 
Zu diesen 3 Texten und zu Quan lo rossignols el 
foillos (P-C 262,6) sind die Melodien überliefert 
im Chansonnier d’Urfd (= Ms. R: Paris, Bibi, 
nat., f. fr. 22543), die Melodie zu P-C 262,2 auch 
im Chansonnier de Saint-Germain und im Chan- 
sonnier du Roi. 

Ausg. u. Lit: alle Melodien bei Fr. Gennrich, Der 
musikalische Nachlaß d. Troubadours, ** Summa 
Musicae Medii Aevi III, Darmstadt 1958; ders.. Zur 
Ursprungsfrage d. Minnesangs, DVjs. VII, 1929 
(Melodie zu P-C 262, 2); ders.. Das Foimproblem d. 
Minnesangs, DVjs. IX, 1931 (Melodie zu P-C 262, 3); 
ders., Grundriß einer Formenlehre d. ma. Liedes, 
Halle 1932 (Melodie zu P-C 262, 3 u. 5); ders., Trou- 
badours, Trouvferes, Minne- u. Meistergesang, = Das 
Musikwerk, Köln (1951), (Melodie zu P-C 262,2); 
J. Beck, La musique des troubadours, Paris 1910 
(Melodie zu P-C 262, 6 »Quan lo rossignols el foil- 
los«); Th. G£rold, Hist de la musique des origines 
ä la fin du XIV* s., Paris 1936 (Melodie zu P-C 
262,2); H. Husmann, Das Prinzip d. Silbenzählung 
im Lied d. zentralen MA, Mf VI, 1953 (Vergleich 
v. P-C 262, 2 mit Walthers v. d. Vogelweide Palästina- 
lied). - A. Stimming, Jaufrd R., sein Leben u. seine 
Werke, Kiel 1873; A. Jeanroy, Les chansons de 
Jaufri R., = CFMA XV, Paris 21924; S. Battagua, 
J. R. e Bemardo di Ventadom, Canzoni, Neapel 
1949; G. Carducci, Jaufri R., in: Opere X, Bologna 
1923; E. Hoepffner, Pour l’6tude de Jaufr6 R., in: 
Romania LXIII, 1937; G. Frank, The distant love of 
J. R., in: Modem Language Notes LVII, 1942; L. 
Spitzer, L’amour lointain de Jaufrd R. et le sens de la 


po6sie des troubadours, = Univ. of North Carolina 
Studies in the Romance Languages and Literature V, 
Chapel Hill 1944; weitere Lit. bei A. Pillet u. H. 
Carstens, Bibliogr. d. Troubadours, = Schriften d. 
Königsberger Gelehrten Ges., Sonderreihe Bd III, 
Halle 1933 sowie bei E. Lommatzsch, Leben u. Lie- 
der d. provenzalischen Troubadours I, Minnelieder, 
Berlin 1957, S. 72. 

Jauner, Franz Ritter von, * 14. 11. 1832 und 
f 23. 2. 1900 zu Wien; österreichischer Dirigent, 
kam 1871 an das Carl-Theater, dessen Direktion er 
bereits ein Jahr später übernahm, war 1875-80 als 
Nachfolger Herbecks Direktor des kaiserlich kö- 
niglichen Hofopemtheaters, übernahm 1881 das 
Ringtheater, zog sich aber, als dieses am 8. 12. des- 
selben Jahres niederbrannte, vom Theaterleben 
zurück. 

Jausions (3og'3), Dom Paul OSB, * 15. 11. 1834 
zu Rennes, f 9. 9. 1870 zu Vincennes (Indiana) ; 
französischer Choralforscher, trat 1856 zu Soles- 
mes in den Benediktinerorden ein und begann unter 
Anleitung Dom Gudrangers das Studium des gre- 
orianischen Chorals zusammen mit Dom Potfier, 
essen Milodies grigoriennes die Frucht ihrer ge- 
meinsamen Arbeiten sind. Schon 1864 gab er ein 
Directorium chori monastici heraus. Die Reform des 
Vortrags des Chorals auf Grund des tonischen 
Akzents, wie sie die Schule von Solesmes durch- 
führt, ist der Initiative Dom J.s zu danken. 1869 
entsandte Dom Gudranger J. nach Nordamerika, 
um Material zu einer Biographie seines Oheims, 
des Bischofs von Vincennes Brutö de Römur, zu 
sammeln; auf der Rückreise starb J. in Vincennes. 

Lit.: Verz. d. Schriften J.s in: Bibliogr. des B6n6dic- 
tins de la congrdgation de France, Ausg. 1907, S. 78 f. 
u. 139; Dom Gu£pin, Nekrolog J.s in d. Semaine reli- 
gieuse de Rennes, 16. 9. 1871. 

Jean de Namur -> Johannes Gallicus. 

Jean-Aubry faä-obr'i), Georges, * 13. 8. 1882 zu 
Le Havre, f 14. 11. 1949 zu Paris; französischer 
Musikschriftsteller, ab 1908 in Europa und Süd- 
amerika als Vortragender, vor allem über mo- 
derne Musik tätig, war 1919-40 Leiter der eng- 
lischen Monatsschrift The Chesterian, Mitarbeiter 
vieler Musikzeitschriften und Dichter von lyrischen 
Stücken, die von de Falla, Roussd, Florent Schmitt 
Grovlez, Malipiero, Castelnuovo-Tedesco, Lord 
Berners und Eug. Goossens in Musik gesetzt wor- 
den sind. Schriften: La musique fran$aise d'aujourd - 
hui (Paris 1916, englisch von Ed. Evans 1919, hol- 
ländisch 1921), An Introduction to French Music 
(englisch von Percy A. Scholes, London 1917), La 
musique et les nations (London und Paris 1922). 

Jeannin fean'e), Dom Jules Cdcilien, OSB, * 6. 
2. 1866 zu Marseille, f 15. 2. 1933 zu Hautecombe 
(Savoyen) ; französischer Choralforscher, war Or- 
ganist an der Abtei (Abbaye royale) zu Haute- 
combe (Savoyen). Frucht mehrmaligen Aufent- 
haltes in Syrien und Mesopotamien (1896—98) ist 
seine Sammlung Milodies liturgiques syriennes et 
chaldiennes (von 3 vorgesehenen Bänden erschienen 
Band I und II Paris 1925 und 1928); außerdem 
schrieb er: Etudes sur le rytkme grigorien (Lyon 
1926), Rythme grigorien: riponse ä Dom Mocquereau 
(Lyon 1928), Nuove osservazioni sulla ritmica grego - 
riana (Turin 1930), La question rythmique grigorimne 


872 



Jehiii 


(RM 1930) sowie zahlreiche Artikel in RMI, Oriens 
Christianus, Journal asiatique, Tribüne de St-Ger- 
vais, Musique d’dglise, La vie et les arts liturgiques. 
Lit.: L. Bonvin, J. C. J. t KmJb XXV, 1930. 

Jeanson feäs'ö), Bo Gunnar, * 10. 10. 1898 zu 
Göteborg, f 20. 1. 1939 zu Stockholm; schwedi- 
scher Musikforscher, studierte 1913-20 am Stock- 
holmer Konservatorium, cand. phil. 1921, trieb 
musikhistorische Studien in Stockholm bei T. 
Norlind und im Ausland (Dr. phtL 1926), ab 1926 
Dozent für Musikgeschichte an der Stockholmer 
Hochschule, schrieb eine Monographie über Au- 
gust Södertnan (Stockholm 1926) und zusammen 
mit Julius Rabe eine Musikgeschichte Musiken 
genom tidema (2 Bände, Stockholm 1927-31, 31946), 
Gunnar Wennerberg som musiker (Stockholm 1929), 
ferner verschiedene musikgeschichtliche Aufsätze 
in der STMf, die er 1927-30 herausgab. 

Lit. : C. Brodin und C.-A. Moberg, in STMf XXI, 
1939, S. 5 ff. 

Jedliczka (jedl'itfka), Ernst, * 5. 6. 1855 zu Pol- 
tawa (Südrußland), + 3. 8. 1904 zu Berlin; russi- 
scher Pianist, Schüler Nikolaus Rubinsteins, Tschai- 
kowskys und Klindworths in Moskau, war 1879 
bis 1886 Lehrer am Moskauer Konservatorium 
und dann am Klindworth-Scharwenka-Konser- 
vatorium in Berlin; ab 1897 unterrichtete er am 
Stemschen Konservatorium. 

Jeep» Johann, * 1582 zu Dransfeld (Hannover), 
t 19. 11. 1644 zu Hanau; deutscher Komponist, 
war nach seinem Studium in Altdorf und einem 
Aufenthalt in Italien 1614-35 hohenlohischer Ka- 
pellmeister in Weikersheim, ab 1637 Domorganist 
und Kapellmeister in Frankfurt am Main, lebte ab 
1640 in Hanau, 1642 als Kapellmeister. Er gab 
heraus: Studenten-Gärtlein (3-6st. weltliche Lieder; 
2 Teüe, 1605 und 1614, mehrfach aufgelegt), Geist- 
liche Psalmen und Kirchengesäng 4st. (1607, erwei- 
tert 1629), Tricinia (1610), Andächtiges Betbüchlein 
(1631, in 2 Ausgaben, nur die Ulmer mit geist- 
lichen Liedsätzen J.s). 

Ausg. : Studentengärtlein, hrsg. v. R. Gerber, in EDM 
XXIX ( — Abt Mehrst. Lied IV); ein Satz aus d. 
Studenten-Gärtlein bei H. J. Moser, Studentenlust, 
Lahr (1929); Herr, wenn ich nur dich hab, 4 v., in: 
Hdb. d. deutschen ev. Kirchenmusik II, 1, Göttingen 
1935; 26 Sätze bei L. Schoeberlein, Schatz d. litur- 
gischen Chor- und Gemeindegesangs, Bd I— III, Göt- 
tingen 1865-72. 

Lit : W. Vetter. Das frühdeutsche Lied, 2 Bde, — Uni- 
versitas- Arch. VIII, Münster 1958, Bd II 5 Lieder aus 
d. Studentengärtlein; G. Gieseke, J. J., Der »Braun- 
schweigische Orpheus«, in: Zs. d. Ges. f. nieder- 
sächsische Kirchengesch. XLI, 1936; W. Brennecke, 
Die Leichenpredigt auf J. J., AfMw XV, 1958. 

Jehan I er (dit»leRoux«)-»-ContedeBretagne. 

Jehan Bretel (jo'ä), + 1272; nordfranzösischer 
Trouvfcre, entstammte einer eingesessenen artesi- 
schen Familie, die seit 1170 in Arras urkundlich 
belegt ist. J. Br. war einer der produktivsten Ver- 
fasser von Jeux-partis; ihm können etwa 90 
Stücke zugewiesen werden. Daneben sind von 
ihm 7 Liedertexte überliefert. Er gehörte zu den 
bedeutendsten Mitgliedern der Confrdrie des Jong- 
leurs von Arras und wurde zum »Prince du Pui 
d* Arras« gewählt 


Ausg. u. Lit : G. Raynaud, Les chansons de Jean 
Bretel, in: Bibi, de TEcole des Chartes XLI, 1880, u. 
in: M61anges de Philologie romane, Paris 1913, 
S. 315-31 (Ausg. v. 6 Liedern); A. LAngfors, M6- 
langes de po£sie lyrique franqaise, in: Romania LII, 
1926, S. 420 ff. (Ed. v. R 1100 »Li grans desir de de- 
servir amie«): ders., Recueil g6n6ral des Jeux-partis 
franqais I, Paris 1926 (Ed. der Jeux-partis); A. Gues- 
non, Nouvelles recherches biographiques sur les trou- 
vfcres art&iens, in: Le Moyen Age 1902; A. Hoff- 
mann, Robert de le Pierre, Robert le Clerc, Robert 
de Castel. Zur Arraser Literaturgesch. d. 13. Jh., 
Diss. Halle 1917; H. Peters en Dyggve, Onomastique 
des trouvfcres, in: Annales Academiae Scientiarum 
Fennicae, B, XXX, 1934, S. 145-50; Fr. Gennrich, 
MGG VI (Melodie zu R 168 »Li miens chanters ne 
puet plaire«). 

Jehan Erart (ja'ä er'a:r), nordfranzösischer Trou- 
v&re aus der 1. Hälfte des 13. Jh., f etwa 1259, 
stand dem Puis d* Arras nahe. Von ihm sind etwa 
25 Liedertexte erhalten, zum Teil in mehrfachen 
Fassungen, die, von einer Ausnahme abgesehen, 
alle mit Melodien überliefert sind. 

Ausg. u. Lit: P. Aubry u. A. Jeanroy, Le Chanson- 
nier de 1’ Arsenal, = Publications de la Soc. Interna- 
tionale de Musique (Section de Paris), Paris 1909 
(Faks. u. Übertragung d. Melodien zu R 570 »Dehors 
Loncprä el bosquel«, R 2005 »Au tens Pascour« u. 
R 1240 »Penser ne doit vilanie«) ; J. Beck, La musique 
des troubadours, Paris 1910 (Melodie zu R 570); Fr. 
Gennrich, Trouvirelieder u. Motettenrepertoire, 
ZfMw IX, 1926/27 (2 Melodiefassungen zu R 558 
»L’autrier par une vespree« u. Melodie zu R 1663 
»Mes cuers n’est mie a moi«); Th. G£rold, Hist, de 
la musique des origines ä la fin du XIV e s., Paris 1936 
(Melodien zu R 570 u. zu R 1718 »En Pascour un jour 
erroie«); H. Petersen Dyggve, Onomastique des 
trouvfcres, = Annales Academiae Scientiarum Fen- 
nicae B - XXX, Helsinki 1934, S. 151 ; Fr. Gennrich, 
MGG VI (Melodie zu R 2005); G. Gröber, Grund- 
riß d. romanischen Philologie II, 1, S. 955 f. 

Jehan le Cuvelier d 9 Arras fao'ä b küvalj'e), 
nordfranzösischer Trouv&re, vielleicht der 1258 in 
Arras urkundlich bezeugte Johannes Cuvellarius, 
burgensis de Bapalmis. Ihm werden 6 Lieder zu- 
geschrieben. 

Ausg. u. Lit: Fr. Gennrich, Grundriß einer For- 
menlehre d. ma. Liedes, Halle 1932 (Melodie zu 
R566 »Amours est une merveille«) ; J. Beck, Le 
Manuscrit du Roi - fonds fran^ais 844, =» Corpus 
Cantilenarum Medü Aevi II, London-Oxford-Phila- 
delphia 1938; A. Hoffmann, Robert de le Pierre, 
Robert le Clerc, Robert de Castel. Zur Arraser Litera- 
turgesch. d. 13. Jh., Diss. Halle 1917. 

Jehan Moniot de Paris -»» Moniot de Paris. 

Jehin öo's), Francois Q.-Prume), * 18. 4. 1839 
zu Spa, f 29* 5. 1899 zu Montreal (Kanada); 
belgischer Violinvirtuose, am Brüsseler Conser- 
vatoire ausgebildet (Prume, Leonard), lebte 1875 
bis 1883 als Musiklehrer in Montreal (Kanada), 
dann in Brüssel, zuletzt wieder in Montreal. Er 
komponierte Vokal- und Instrumentalwerke (2 
Violinkonzerte). Zu seinen Schülern gehörte E. 
Ysaye. 

Jehin ( 3 o'l), Ldon, * 17. 7. 1853 zu Spa, f 14. 2. 
1928 zu Monte Carlo; belgischer Dirigent, Schüler 
des Lütticher und Brüsseler Conservatoire, war 
Orchesterdirigent in Antwerpen (1881) und Brüs- 
sel (Monnaie-Theater, 1882-88), 1894-1911 Diri- 
gent in Aix-les-Bains, ab 1914 Dirigent des Thea- 


873 



Jehmlich 


terorchesters in Monte Carlo. Werke : Ballett Lison, 
Marche jubilaire, Scherzetto symphonique , weitere 
Orchesterstücke und Lieder. 

Jehmlich, Gebr., deutsche Orgelbauanstalt in 
Dresden, gegründet von den Brüdern Friedrich 
Gotthelf (1778-1827) Johann Gotthold (1781 
bis 1862) und Johann Gottlieb (1786-1867) J., 
die zu Anfang des 19. Jh. bei Johann Christian 
Kayser in Dresden Orgeln und Klaviere gebaut 
hatten. Die Brüder J. arbeiteten ab 1808 in Sachsen 
und Böhmen (Königstein an der Elbe 1811) und 
erneuerten Orgeln von G. Sübermann und Z. 
Hildebrandt, deren Tradition ne sich anschlossen. 
Johann Gottdieb T. gründete 1839 eine eigene Firma 
in Zwickau und baute dort 1839-42 die neue Orgd 
für die Hauptkirche St. Marien. Unter Leitung 
seines Sohnes Karl Eduard J. bestand das Z wik- 
kauer Haus bis 1874; doch hatte dieser 1862 auch 
die Leitung der Dresdner Firma übernommen, von 
wo aus er größere Werke für St. Pauli in Chem- 
nitz (1881) und für Neugersdorf (1883) baute. 
Seine Söhne Emil (1854-1940) und Bruno J. 
führten besonders zeitgemäße Erweiterungen älte- 
rer Werke aus (Zwickau, St. Marien, 1891 und 
1929; Dresden, Kreuzkirche, 1895, Neubau 1901). 
Unter Emil J.s Söhnen Heinrich Otto und Paul 
Rudolf J. ist seit 1935 die Restauration wertvoller 
Denkmalsorgeln in den Vordergrund getreten; in 
einzelnen Fällen baut die Firma auch Schleifladen- 
Orgeln (in Anlehnung an A. Schnitger), so 1951 
für die Leipziger Musikhochschule. 

Lit.: E. Flade, Die Orgelbauerfamilie J., Zs. für Kir- 
chenmusiker I, 1934. 

Jtlensperger, Daniel, * 1797 und f 31. 5. 1831 
bei Mülhausen (Elsaß); dsässischer Musikschrift- 
steller, kam als Kopist für lithographischen Noten- 
druck nach Paris, studierte dort Theorie unter 
Reicha, wurde dessen Repetitor und schließlich 
Hilfsprofessor. 1820 übernahm er die Geschäfts- 
führung eines von mehreren Konservatoriumspro- 
fessoren (darunter Reicha und Dauprat) gegrün- 
deten V erlagsuntemehmens für die Veröffentli- 
chung ihrer eigenen Werke. In dieser Zeit schrieb 
er eine nach seinem Tode veröffentlichte Har- 
monielehre: Uharmonie au commencement du dix- 
neuvihne sihcle et mithode pour Vitudier (1830; 
deutsch von Häser, 1833). Auch übersetzte er Hüm- 
mels Klavierschule und Häsers Chorgesangschule 
ins Französische. 

Jelich, Vincenz (Jdedch, Jelidch, Jelik, Telitsch), 

* 1595 oder 1596 zu Fiume, + wahrsdxeinflch 1636 
zu Zabem (Elsaß) ; kroatischer Komponist, war als 
Grazer Kapdlknabe 1606-09 Schüler M. Ferra- 
boscos. Nach der Mutation studierte er in Graz am 
Ferdinandeum und der Universität (zuletzt theo- 
logische Fächer) und versah als Instrumentist Ka- 
pefidienst. 1617 ging er an den Hof des Straßburger 
Bischofs, Erzherzog Leopold von Österreich, wo 
er nach der Priesterweihe (1618) Kanonikus war 
und als Tenorist und Instrumentist der Kapelle 
wirkte. J. veröffentlichte Pamassia militia op. 1 
(Straßburg 1622) sowie Arion primus und Arion 
secundus op. 2 und 3 (Straßburg 1628). Die l-4st. 




Sammlungen stehen in ihm konzertierenden Tech- 
nik Viadana und den Venezianern nahe. 6 Stücke 
aus op. 1 und 2 fanden in Donfrids »Promptua- 


rium« m und »Viridarium« (beide Straßburg 1627) 
Aufnahme; op. 1 enthält auch 4 Ricercari für ein 
Comet und eine Posaune ohne B.c. 

Ausg.: Paraassia . . ., hrsg. v. A. Vidakovtö, Zagreb 
1957; Ausgewählte Motetten aus Arion I, hrsg. v. 
dems., =* Musik alter Meister V, Graz 1957. 

Lit.: H. Federhofer, V. J., AfMw XII, 1955. 

Jelinek, Hanns, * 5. 12. 1901 zu Wien; österrei- 
chischer Komponist, lebt in Wien, wo er 1958 
als Lehrer an die Akademie für Musik und 
darstellende Kunst berufen wurde. Er lernte nach 
kurzen Nachkriegsstudien bei Fr. Schmidt und A. 
Berg (Wien 1918-19) Ende der 20er Jahre bei 
Schönberg erstmals Zwölftonkompositionen ken- 
nen und versuchte sich im 2. Satz seines 1. Streich- 
quartetts 1931 selber an zwölftönigen Bildungen, 

g efolgt von der mit dem New Yorker John-Hub- 
ard-Preis ausgezeichneten Streichersuite op. 11 
und der Sinfonia Concertante für Streichquartett und 
Orch. op. 12. Als erstes streng durchentwickeltes 
Zwölftonwerk komponierte er 1934/35 sein 2. 
Streichquartett op. 13, 1936 gefolgt von der 
Goetheschen Prometheus-Kantate für Bar. und 
Orch. op. 14. Seitdem sind alle mit Opuszahlen 
versehenen Werke J.s Zwölftonkompositionen (die 
Operette Bubi Caligula, 1947, ebenso ausgenom- 
men wie seine Filmmusiken). Früh zu Brotarbeiten 
als Barpianist und Bandleader gezwungen, blieb 
sein konsequentes kompositorisches Schaffen vor 
allem 1938-45 behindert. Allerdings wirkten sich 
Elemente des Spielmusikalischen, auch des Jazzo- 
iden, belebend auf seine ernste Musik aus. 1947 
wurde ihm der Musikpreis der Stadt Wien ver- 
liehen, 1950 schrieb er als Auftragswerk zur 50- 
Jahr-Feier der Wiener Symphoniker eine Symphonia 
Brevis . Einem Zwölftonwerk für Kl., Holzbläser und 
Streicher op. 15 (i947-50) folgten eine Anleitung 
zur Zwölftonkomposition (1952) und eine Zwölfton- 
ftbel für Klavier op. 21 (1953-54). J. trat vielerorts 
auch als Dozent für Zwölftonmusik hervor (Darm- 
stadt, Brunsbüttel). 

Jelmoli, Hans, * 17. 1. 1877 und t 6. 5. 1936 zu 
Zürich; Schweizer Komponist und Pianist, stu- 
dierte am Hochschen Konservatorium in Frank- 
furt am Main bei Iwan Knorr, B. Scholz und 
Humperdinck Komposition, war Opemkapell- 
meister in Mainz und Würzburg, lebte dann in 
Zürich als Kompositionslehrer, Pianist und Musik- 
schriftsteller. Von seinen Werken haben ihn am 
bekanntesten seine Dialekdieder und die 12 Canti 
Ticinesi für Soli, Chor und Kl. gemacht. Bühnen- 
werke: Sein Vermächtnis , Märchenspiel Prinz Gold- 
haar und die Gänsehirtin , Die Schweizer ; Inzidenz- 
musik zu Marignano und Am Lebensquell] Singspiele: 
Die Badener Fahrt , Das Gespenst auf dem Petersturm] 
Kantate aus Des Knaben Wunderhom für T., Chor 
und Orch. ; Orchesterwerke, Kammermusik, 
Chöre, Lieder und Klavierstücke. Schriften: Studien 
und Landschaften (Zürich 1906), Festschrift zum fünf- 
zigjährigen Jubiläum des Konservatoriums für Musik 
in Zürich (Zürich 1926) und in den Neujahrsblät- 
tem der Allgemeinen Musikgesellschaft in Zürich: 
Franz Curti (XCVH, 1909) und Ferruccio Busonis 




de J61yotte foelj'ot), Pierre, * 13. 4. 1713 zu Las- 
seube (Basses-Pvr6n£es), f 11« 9. 1787 zu Estos 
(Basses-Pyrdn&s); französischer Sänger (Tenor), 


874 


Jensen 


an St-Etienne in Toulouse für die geistliche Lauf- 
bahn erzogen, debütierte aber schon 1733 an der 
Pariser Oper und 1734 im Concert spirituel, war 
bis 1765 dem Hofe in vielen musikalischen Ämtern 
attachiert. Als Komponist hinterließ er eine Bal- 
lett-Oper Zttisca und Lieder. 

Lit.: J. G. Prod’homme, P. de J., SIMG III, 1901/02; 
A. Pougin, Un tönor de FOp 6 ra au XVIII® s., P. de J. 
et les Chanteurs de son temps, Paris 1905 ; ders., Un 
chanteur de l’Opdra au XVIII® s P. J., in: M 6 nestrel 
1904/05. 

Jemnitz, Sdndor (Alexander), * 9.8.1890 zu 
Budapest; ungarischer Komponist und Dirigent, 
absolvierte 1912-16 die Budapester Landes-Musik- 
hochschule und setzte seine Studien in Leipzig 
(Reger, Straube) fort. Nach einer Repetitoren- 
und Kapellmeistertätigkeit 1917-21 lebte er in 
Berlin, war dort Schüler von Schönberg, widmete 
sich dann pädagogischer und musikschriftstelleri- 
scher Tätigkeit, erst einige Jahre in Berlin, dann in 
Budapest. Kompositionen: Ballett Divertimento 
(Budapest 1947); Orchesterwerke: Konzert für 
Kammerorch. op. 12 (1931), Präludium und Fuge 
(1933), Sieben Miniaturen (1948), Ouvertüre 
(1951) ; Phantasie (1956) ; Kammermusik : 2 Streich- 
quartette, Trompetenquartett (1925), Trios und 
Duos in verschiedenen Besetzungen, 3 Violmsona- 
ten, Cellosonate (1922), unbegleitete Sonaten für 
V., Va, Vc., Gambe, Kb., Harfe, Fl., Trp.; für Kl.: 
Aus der Regerstunde (1917), Deux sonatines op. 4 
(1919), 17 Bagatellen (1919), 5 Sonaten, Stücke 
op. 38 und 56 (1938-45. und 1951); Orgelstücke; 
gemischte, Männer- und Frauenchöre sowie meh- 
rere Liederzyklen. Schriften: Schumann tlete leve- 
leiben (Schumanns Leben in seinen Briefen, Buda- 
pest 1957) und eine ungarische Mendelssohn-Bio- 
graphie (Budapest 1957). J.’ Werke sind stark kon- 
trapunktisch bestimmt und weisen eine auffallend 
ornamentale Fülle der Stimmen auf. Sein Stil 
nähert sich A. Schönberg und zeichnet sich durch 
Sensibilität und Formbewußtsein aus. 

Jenkins (d 3 'egkons), Cyril, * 9. 10. 1885 zuDun- 
vant bei Swansea (Südwales) ; walisischer Kompo- 
nist, wurde 1922 Musikdirektor des Londoner 
County Council, lebte längere Zeit in Australien. 
Sein über 600 Opera zahlendes Werk umfaßt zahl- 
reiche Kompositionen für Orch., Chorwerke und 
a-cappdla-Chöre. 

Jenkins (d 3 'sgkans), David, * 30. 12. 1848 zu 
Trecasde (Breconshire), f 10. 12. 1915 zu Aberyst- 
wyth; walisischer Komponist, Schüler von J. Parry, 
Dirigent vieler walisischer Musikfeste, Mitheraus- 
geber der gälischen Musikzeitung Der Musiker, 
Professor an der Universität Aberystwyth (Wales), 
schrieb Oratorien, Kantaten, Anthems, eine Oper 
Die verzauberte Insel , eine Operette The Viltage 
Children . 

Jenkins (d^erjkons), John, * 1592 zu Maidstone, 
1 27. 10. 1678 zu Kimberley (Norfolk); englischer 
Lautenist, Violist und Komponist, war Musiker 
der Könige Charles I. und Charles IL, 1660-66 
Hauslehrer bei Lord North, dann bei Sir Philip 
Woddhouse in Kimberley, schrieb eine Elegie auf 
den Tod von W. Lawes (in »Choice Psalmes« von 
H und W. Lawes, London 1648), 2 Rounds in 
J. Hiltons »Catch as catch cant (London 1652, 
21658), Airs zu E. Benlowes Theophila (London 


1652), weitere Airs in Sammelwerken bis 1690. 
Handschriftlich erhalten sind etwa 110 2-6st. Fan- 
cies, 2 6st. In Nomine und zahlreiche Suiten für 
2-4 Instr.; zu den frühesten dieser reich kontra- 
unktischen Stücke gehören Fandes für 4 Violen, 
pater schrieb er Suiten mit einfachen Tänzen 
sowie Consorts für 2 V. und B., die italienischen 
Einfluß zeigen. Eine ihm zugeschriebene Ausgabe 
Twelve Sonates for violins and a base (London 1660 
und Amsterdam 1664) ist nicht auffindbar und hat 
wahrscheinlich nicht existiert. 

Lit.: R. North, Memoires of Musick, hrsg. v. E. 
F. Rimbault, London 1846; ders., The Musical 
Grammarian, hrsg. v. H. Andrews, London 1926; 
W. Griffith, J. J., in: The Consort I, 1929, darin 
eine 5st. Fantasy; E. H. Meyer, Die mehrst. Spiel- 
musik d. 17. Jh., Heidelberger Studien zur Mw. II, 
Kassel 1934; ders.. Engl. Chamber Music, London 
1946, 21951 , darin eine 4st. u. eine 3st. Fantasia; H. 
J. Sleeper, J, J. Fancies and Ayres, Wellesley 1950. 

Jenko, Davorin, * 10. 11. 1835 zu Dvoge bei 
Cerklje, f 25. 11. 1914 zu Laibach; slowenischer 
Komponist, Schüler des Wiener Konservatoriums, 
1863 Chorleiter in Pancevo (Serbien), ab 1865 in 
Belgrad, wo er 1871 Kapellmeister des National- 
theaters wurde. Die serbische Bühnenmusik ver- 
dankt J. ihre Entstehung und hatte durch 30 Jahre 
nur in ihm eben Rückhalt. Er schuf die Musik zu 
39 Bühnenwerken, zahllose Orchesterwerke und 
Chorlieder. Seme populärste Oper ist Vracara (Die 
Hexe). Er schrieb die slowenische und die serbische 
Landeshymne. Die westliche Orientierung der 
modernen serbischen Musik geht zum großen 
Teil auf J.s Einfluß zurück. 

Lit.: D. Cvetko, D. J., Doba rivljepje, delo, Laibach 
1955 (mit französischer Zusammenfassung). 

Jenner, Alexander, * 4. 4. 1929 zu Wien; öster- 
reichischer Pianist, erhielt seine Ausbildung an der 
Akademie für Musik und darstellende Kunst b 
Wien. Er begann 1950 mit öffentlicher Konzert- 
tätigkeit, die ihn seit 1951 auch ins Ausland führt. 

Jenner, Gustav Uwe, * 3. 12. 1865 zu Keitum 
(Insel Sylt), f 29. 8. 1920 zu Marburg; deutscher 
Komponist, war Schüler von H. Stange in Kid 
sowie von Brahms und Mandyczewski b Wien, 
ab 1895 akademischer Musikdirektor und Dirigent 
des akademischen Konzertvereins b Marburg, ver- 
öffentlichte Lieder, Frauenterzette mit Kl., Psalm 
13 für Bar. und Org., ebe Klarinettensonate und 
mehrere Violinsonaten, schrieb die Erinnerungen 
J. Brahms ab Mensch, Lehrer und Künstler (Mk n, 
1902/03; auch separat^ Marburg 1905, 2 1930) ; 
er konnte sich als aen einzigen wirklichen Schüler 
Brahms* bezeichnen. 

Lit.: H. J. Moser b ZfMw II, 1919/20, S. 743; W. 
Kohleick, G. J., Diss. Marburg 1938, gedruckt 
Würzburg 1943. 

Jensen, - 1) Adolf, * 12. 1. 1837 zu Königsberg, 
f 23. 1. 1879 zu Baden-Baden; deutscher Kompo- 
nist, war b der Hauptsache Autodidakt und nur 
2 Jahre lang Schüler von Ehlert, Fr. Marpurg und 
Liszt, als seb Talent bereits ebe entschiedene Rich- 
tung nahm. 1856 lebte er als Musiklehrer b Ruß- 
land, war 1857 Kapellmeister am Stadttheater b 
Posen, ging 1858 nach Kopenhagen zu Gade und 
kehrte 1860 nach Königsberg zurück, wo er schnell 
als Komponist und Lehrer zu Ansehen gelangte. 
1866-68 wirkte er b Berlb als Lehrer an Tausigs 


875 



Jensen 


Schule für das höhere Klavierspiel, zog sich aber 
dann nach Dresden, 1870 nach Graz zurück und 
verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in Baden- 
Baden. Mit viel mehr Recht als R. Franz muß J. 
als der Erbe Schumanns in der Liedkomposition 
bezeichnet werden. Seine zahlreichen Liederhefte 
bergen eine Fülle poetischer Empfindung, freilich 
steigert sich ihre Sensidvität oft zum Salonhaften; 
einige bilden Zyklen mit gemeinsamem Titel: 
Dolorosa (Chamissos Tränen) op. 30, Gaudeamus 
(12 Lieder von Scheffel) op. 40, 2 Hefte zu je 7 
Liedern aus dem »Spanischen Liederbuch« von 
Geibd und Heyse op. 4 und 21 (darin Murmelndes 
Lüftchen ), Romanzen und Balladen (Hamerling) 
op. 41. Dazu kommen 2 Chöre mit 2 Hörnern 
und Harfe op. 10 und die Chorlieder op. 28 und 
29. Auch als Klavierkomponist nimmt T. eine be- 
deutende Stellung unter den Pflegern des kleinen 
Genres ein; hervorzuheben sind: Innere Stimmen 
op. 2, Deutsche Suite op. 8, Wanderbilder op. 17 
(darin Die Mühle), Sonate op. 25, Etüden op. 32, 
Idyllen op. 43, Erotikon op. 44, Hochzeitsmusik op. 
45 (4händig). Zu nennen sind ferner die Oper 
Turandot (bearbeitet von Kienzl) und die Chor- 
werke Der Gang der Jünger nach Emmaus und Jeph- 
thas Tochter . - 2) Gustav, * 25. 12. 1843 zu Kö- 
nigsberg, f 26. 11. 1895 zu Köln; deutscher Vio- 
linist und Komponist, Bruder von A.J., war 
Schüler von S. Dehn, T. Joachim und F. Laub, 
wurde 1872 Kontrapunktlehrer am Konservato- 
rium in Köln, schrieb Klaviertrio op. 4, Streich- 
quartett op. 11, Klavier- und Violinstücke, Lieder 
und Chöre, gab eine Sammlung Klassische Violin - 
musik heraus und übersetzte Cherubinis Cours de 
contrepoint (herausgegeben von O. Klauwell als 
Theorie des Contrapunktes, Köln 1896, auch von 
R. Heuberger, Leipzig 1911). 

Lit.: P. Kuczynski, Aus Briefen A. J.s, 1879; A. 
Niggu, A.J., LXXXIII. Neujahrsblatt d. Allge- 
meinen Musikges. Zürich, 1895; ders., A. J., Be- 
rühmte Musiker VIII, Bin 1900; G. Schweizer, A. J. 
als Liederkomponist, Diss. Gießen 1932, Ffm. 1933. 

Jensen, Ludvig Paul Irgens, * 13. 4. 1894 zu 
Oslo; norwegischer Komponist, studierte von 1913 
an etwa 4 Jahre lang Philosophie und Philologie an 
der Universität und büdete sich daneben auf Aus- 
landsreisen aus, vor allem in Deutschland und Frank- 
reich. Vom Staat unterstützt, widmet sich J. nur 
der Koniposition. Von seinen Werken wurden am 
meisten beachtet: für Orch.: Tema con variazioni 
(1926), Passacaglia (1929), Partita sinfonica (1939) 
und Symphonie D moll (1945); Heimferd, eine dra- 
matische Symphonie zur Feier des hl. Olav für 
Soli, Chor und Orch. (1930) ; Japanischer Frühling 
für S. und Orch. (1957). Daneben schrieb er wei- 
tere Werke für Chor und Lieder. 

Jensen, Niels Peter, * 23. 7. 1802 und + 19. 10. 
1846 zu Kopenhagen; dänischer Organist und Flö- 
tist, von Kindheit an blind, war Schüler von Kuh- 
lau, wurde 1828 Organist der Petrikirche, schrieb 
Fantasien, Variationen, Etüden und Duette für FL 
sowie Klavierstücke und Bühnenmusik. 


Jensen, Thomas Johannes, * 25. 10. 1898 zu Ko- 
penhagen; dänischer Dirigent, erhielt seine musi- 
kalische Ausbildung am Musikkonservatorium in 
Kopenhagen, später in Deutschland und Frank- 
reich. 1927 wurde er Dirigent der Philharmoni- 


schen Gesellschaft in Aarhus, wo 1935 auf seine 
Veranlassung das Stadtorchester gegründet wurde. 
1936-48 dirigierte er außerdem aas Kopenhagener 
Tivoli-Symphonieorchester und übernahm 1953 
auch die Leitung des dänischen Rundfunk-Sym- 
phonieorchesters in Kopenhagen. Er unternahm 
Konzertreisen in Europa und den USA. 

J?ppesen, Knud Christian, * 15. 8. 1892 zu Ko- 
penhagen; dänischer Musikforscher, studierte Mu- 
sikwissenschaft an der Universität seiner Geburts- 
stadt, war in der Komposition Schüler C. Nielsens, 
wurde 1918 Magister an der Kopenhagener Uni- 
versität und promovierte 1922 bei G. Adler in 
Wien mit der Abhandlung Die Dissonanzbehand- 
lung bei Palestrina, gedruckt in erweiterter Form 
als Palestrinastil med särligt henblik paa dissonans- 
behandlingen (Kopenhagen 1923, deutsch als Der 
Palestrinastil und die Dissonanz Leipzig 1925, eng- 
lisch von M. W. Hamerik mit einem Vorwort von 
E. J. Dent als The Style of Palestrina and the Disso - 
nance , Kopenhagen und London 1927, 2 1946). 1920 
bis 1947 lehrte er am Kopenhagener Konserva- 
torium Musiktheorie und war zugleich ab 1923 
Privatdozent für Musikwissenschaft an der Uni- 
versität und als Organist 1917-32 an Sankt Stefans, 
1932-47 an Holmens Kirke tätig. 1947 wurde er 
Professor an der Universität Aarhus. J. gab 1931-53 
die »Acta musicologica« heraus und war 1949-52 
Präsident der Internationalen Gesellschaft für Mu- 
sikwissenschaft. Er hat mit einer Reihe wertvoller 
Beiträge und Ausgaben besonders die Kenntnis der 
italienischen Musik des 16. Jh. entscheidend geför- 
dert. Schriften: Die Moderne: Dänen (in G. Adlers 
»Handbuch der Musikgeschichte«, Frankfurt am 
Main 1924, Berlin 2 1930) ; Das » Sprunggesetzt des 
Palestrinastils (Kgr.-Ber. Basel 1924;; Johann Joseph 
Fux und die moderne Kontrapunkttheorie (Kgr.-Ber. 
Leipzig 1925; Das isometrische Moment in der Vokal - 
polypnonie und Über einen Brief Palestrinas (Fest- 
schrift Peter Wagner, Leipzig 1926); Die neuent- 
deckten Bücher der Landen des Ottaviano dei Petrucd 
(ZfMw XII, 1929/30) ; Kontrapunkt (Vokalpolyfoni) 
(Kopenhagen und Leipzig 1930, deutsch von J. 
Schultz, Leipzig 1935, 2 1956; englisch London 
1939) ; Wann entstand die Marcellusmesse? (Festschrift 
G. Adler, Wien 1930) ; Die 3 GaJurius-Kodizes der 
Fabbrica del Duomo , Milano (AMI m, 1931); Ein 
venezianisches Laudenmanuskript (Festschrift Th. 
Kroyer, Regensburg 1933); Uber einige unbekannte 
Frottolenhandschriften (AMI XI, 1939) ; Venetian Folk 
Songs of the Renaissance (Papers Read at the Inter- 
national Congress of Musicology, New York 1939, 
New York 1944) ; Eine musikmeoretische Korrespon- 
denz des früheren Cinquecento (AMI XIÜ, 1941) ; Nipi 
dallameümek Octavio Petrucd Frottola-Kiadvdnyaiban 
(1504-1514) (»Das Volksliedgut in den Frottolen- 
büchem des Octavio Petrucd«, in: Eml6kkönyv 
Kodäly Zoltän, = M&anges ofierts ä Z. Kodäly, 
Budapest 1943) ; Marcellus-Probleme (AMI XVI bis 
XVn, 1944-45) ; Zur Kritik der klassischen Harmonie- 
lehre (Kgr.-Ber. Basel 1949); The recently discovered 
Montova Masses of Palestrina (AMI XXII, 1950); 
Die älteste italienische Orgelmusik (Atti del Congresso 
internationale di Musica Sacra Rom 1950). Aus- 

f iben: Der Kopenhagener Chansonnier (mit V. 

rondal, Kopenhagen und Leipzig 1927); Vaerker 
af Mogens Pederson (Dania Sonans I, Kopenhagen 


876 



Jesinghaus 


1933); Die mehrstimmige italienische Laude (mit V. 
Brondal, Leipzig und Kopenhagen 1935); Die 
italienische Orgelmusik am Anfang des Cinquecento 
(Kopenhagen 1943); La Flora (italienische Arien 
und Duette, 3 Bände, Kopenhagen 1949) ; Le Messe 
Mantovane di Palestrina (2 Bände, 1954). Als Kom- 
ponist ist T. hervorgetreten mit einer Reformations- 
kantate (1935), einem Te Deum danicum (1945), 
einer Dronning Dagmarmessen (1945), der Oper 
Rosaura (Kopenhagen 1950), Motetten, einer Sym- 
phonie, einem Homkonzert und OrgelstücKen. 

Jepson (ds'spzan), Helen, * 28. 11. 1906 zuTitus- 
ville (Pennsylvania) ; amerikanische Opemsängerin 
(Sopran), studierte am Curtis Institute of Music in 
Philadelphia, debütierte 1928 als Marcellina bei 
der Philadelphia Civic Opera Company und ge- 
hörte 1935-43 der Metropolitan Opera in New 
York an. Sie vertritt besonders Rollen des italie- 
nischen und deutschen Opemrepertoires. 

JeremidS (j'sremia:J),-l)Jaroslav, *14. 8. 1889 
zu Pisek, f 16. 1. 1916 zu Budweis; tschechischer 
Komponist, Sohn von Bohuslav j. (1859-1918, 
Direktor der Musikschule in Budweis), Schüler des 
Prager Konservatoriums und von V. Noväk, war 
Dirigent in Laibach, Lehrer in Budweis und Prag, 
auch als Pianist tätig. Als Komponist folgte er der 
Tradition Smetanas. Werke: symphonisches Idyll 
Letni den (Ein Sommertag); Jami romance (Früh- 
lingsromanze) ; Sonate für Va ; Oper Star f Kral (Der 
alte König, 1912); Mysterienspiel Rirnoni; Lieder, 
einige mit Orch., Oratorium Jan Hus (1914). - 
2) Otakar, * 17. 10. 1892 zu Pisek, Bruder von 
J. J., Schüler des Prager Konservatoriums und V. 
Noväks, war Lehrer und 1918-28 Direktor einer 
Musikschule in Budweis, leitete 1929-45 das Or- 
chester des Prager Rundfunks und ist seitdem Di- 
rektor der Oper des Nationaltheaters in Prag. Er 
schrieb die Opern BratH Karamazovi (Die Brüder 
Karamasow) und Enfyigl (Till Eulenspiegel), 
Schauspiel- und Filmmusiken, Orchester- und 
Chorwerke, Kammermusik und Lieder. Schriften: 
Leo$ Jandüek (Prag 1938). 

Lit.: B. BSlohlävek, J. J., Prag 1935; J. Plavec, O. 
J., Prag 1943. 

Jerger, Alfred, * 9. 6. 1893 zu Brünn; öster- 
reichischer Sänger (Baß-Bariton), studierte an der 
Musikakademie in Wien, wirkte ab 1914 am 
Theater in Zürich, zunächst als Operettenkapell- 
meister, dann als Schauspieler und nach einer Ge- 
sangsausbildung auch als Sänger. 1919 kam er als 
erster Charakter-Baßbariton an die Staatsoper 
München und gehört seit 1921 der Staatsoper 
Wien an. Für diese schrieb er textliche Neubear- 
beitungen der »Fledermaus«, von »Don Pasquale« 
und der »Zwei Witwen« (Smetana). 

Jerger, Wilhelm Franz, * 27. 9. 1902 zu Wien; 
österreichischer Komponist und Musikforscher, 
war Sängerknabe, studierte in Wien 1916-22 an der 
Musik-Akademie und 1925-27 Musikwissenschaft 
an der Universität, wurde 1922 Kontrabassist bei 
der Wiener Staatsoper und den Wiener Philhar- 
monikern, dann Lehrer an verschiedenen Musik- 
schulen und 1938/39 an der Wiener Akademie für 
Musik, war 1939-45 Vorstand der Wiener Phil- 
harmoniker. 1948 nahm er seine Studien an der 
Universität Freiburg (Schweiz) wieder auf und 


promovierte 1952 zum Dr. phil. J. lebt ohne feste 
Anstellung in Salzburg, ist wissenschaftlich und 
praktisch tätig, komponierte 2 Sinfonien, Partita 
für Orch., Concerto grosso, Sinfonische Varia- 
tionen, Salzburger Hof und Barockmusik , Motu per - 
petuo nach Paganini, Theresianische Feste , Diverti- 
mento für kleines Orch., Tanzsuite im alten Stil für 
Blechbläser, ein Streichquartett, Volksoratorium 
Hymnen an den Herrn und andere geistliche und 
weltliche Vokalmusik. Veröffentlichungen: Der 
Weg zu den Saiteninstrumenten , Der Kontrabass 
(in: Hohe Schule der Musik, hrsg. v. T. Müller- 
Blattau, Potsdam 1935) ; Die Wiener Philharmoniker 
(Wien 1942, 21943); Constantin Reindl 1732-1799 
(in: Der Geschichtsfreund CVII/CVIII, Stans 
1954/55 ; auch: Veröff. des musikwissenschaftlichen 
Instituts der Universität Freiburg/Schweiz, II. 
Reihe, Heft 6, Freiburg 1955); Ein unbekannter 
Brief Johann Gottfried Walthers an Heinrich Boke - 
tneyer (Mf VTI, 1954); Die Musikpflege in der ehe- 
maligen Zisterzienserabtei St. Urban (Mf VII, 1954); 
Ein Musikalieninventar aus dem Jahre 1661 im Kata- 
log von St. Urban (Mf IX, 1956); Constantin Reindl 
ein unbekannter Zeitgenosse W. A. Mozarts (Mo- 
zart-Jb. 1954, Salzburg 1955). J. veranstaltete 
mehrere Briefausgaben und gab Werke von Mo- 
zart neu heraus. 

J^ritza, Maria (eigentlich Marie Jedlitzka), * 6. 
10. 1887 zu Brünn; österreichische Sängerin (So- 
pran), war erst Choristin, dann Operettensängerin 
(München, Künstlertheater 1910), von Rainer Si- 
mons an die Wiener Volksoper gezogen ; 1912-35 
wirkte sie an der Wiener Hofoper und 1921-32 
am Metropolitan Opera House in New York. 
M. J. ist vor allem eine wirkungssichere Darstel- 
lerin von Rollen, die sensationeller Mittel be- 
dürfen: Carmen, Tosca, Violanta, Marietta (Die 
tote Stadt); aber auch Santuzza, Elsa, Jenufa, Ari- 
adne. Sie lebt seit 1940 in Hollywood. Autobio- 
graphie: Sunlight and Song (New York 1924). 

Lit.: W. Wymetal, M. J., Wien 1922; E. Decsey, 
M. J., Wien 1931. 

Jervis-Read (d/ceiviz), Harold Vincent, * 14. 
3. 1883 zu Powyke (Worcestershire), 1 15. 12. 1945 
zu Salisbury; englischer Komponist, war Professor 
der Komposition an der Royal Academy of Music 
in London, schrieb: Dream Tryst für Chor und 
Kammerorch. (1922), The Hourn of Heaven für T., 
Knabenchor, Orch. und Org. (1923), Streichsex- 
tett (1927), Concertino da camera für 2 V., KL und 
Streicher (1928), viele Klavierstücke. 

fcsinghaus, Walter, * 13.7.1902 zu Genua; 
Schweizer Komponist, war Wunderkind, 1908-15 
als Violinist Schüler Polos am Mailänder Konser- 
vatorium, 1915-17 C. Thomsons in Lugano, 1918 
bis 1920 Schüler von Andreae, C. Vogler und Jar- 
nach am Zürcher, dann noch bis 1921 von Suter, 
Haeser und Hamm am Basler Konservatorium, 
1921-22 Solorepetitor an den Vereinigten Stadt- 
theatem Barmen-Elberfeld, von Kleiber ans Mann- 
heimer Nationaltheater berufen, 1924-25 Kapell- 
meister am Stadttheater Duisburg-Bochum, seit 
1925 als Organist, Chordirigent und Komponist 
in Lugano tätig. Werke: 3 Opern, Orchesterwerke, 
Kammermusik, Lieder und Gesänge. 

Lit: D. Pou, W. J., Bologna 1929. 


877 



Jessd 


Jessel, Leon, * 22. 1. 1871 zu Stettin, f 1941 zu 
Berlin; deutscher Operettenkomponist, war Ka- 
pellmeister an den Theatern in Bielefeld, Kiel, 
Stettin, Chemnitz, Lübeck, errang seinen ersten 
Erfolg mit dem Charakterstück Die Parade der 
Zinnsoldaten , dann mit Roses Hochzeitszug , Aufzug 
der Stadtwache. Operettenerfolge: Die beiden Hu- 
saren (Berlin 1913), Schwarzwaldmädel (1917 ; konnte 
sich bis heute behaupten, wurde auch verfilmt). 
Verliebte Frauen (1920), Die Postmeisterin (1921), 
Schwalbenhochzeit (1921), Des Königs Nachbarin 
(1924), Die Luxuskabine (1929) Junger Wein (1933), 
Die goldene Muhle (Olten 1940). 

Jesuiten, eigentlich Societas Jesu (SJ). Der vom 
heiligen Ignatius von Loyola 1534 in Paris gestif- 
tete, von Papst Paul in. 1540 bestätigte Orden ge- 
langte dank seiner straffen Organisation sowie 
seiner erfolgreichen Tätigkeit auf dem Gebiete der 
Seelsorge, der Mission, des Unterrichts sowie der 
theologischen und anderer wissenschaftlichen For- 
schung im Zeitalter der Gegenreformation schnell 
zu größtem Ansehen, wurde nach 1750 zunächst 
in einzelnen Ländern, 1773 durch Papst Clemens 
XIV. generell verboten, 1814 von Pius VIL wieder- 
hergestellt und hat seither wieder seine frühere 
Stellung zurückgewonnen. Eine eigene Choral- 
pflege hat der Orden nicht entwickelt, da die 
Constitutiones des heiligen Ignatius von Loyola 
(zuerst 1550) kein gemeinsames Chorgebet vor- 
sehen. Dagegen hat der Orden (vor allem im 16. 
bis 18. Jh.) an der Pflege und Verbreitung popu- 
lärer Kunstformen wie des geistlichen Volksliedes, 
des Schulgesangs und der Schulkomödie mit Musik 
regen Anteil genommen. Unter den Gesang- 
büchern ragen die Kölner Sammlungen Spees her- 
vor (Liedsätze wahrscheinlich nicht von Spee, 
vielleicht von Gippenbusch, der 1642 auch mit 
einem eigenen 4st. »Psalteriolum harmonicum« 
hervortrat). Musik zu Schulkomödien ist nur in 
wenigen Fällen erhalten, darunter: J. Balde SJ 
»Jephthias« (1654, mit Melodien des Dichters), J. K. 
Kerlls Musik zu »Pia et fords mulier« (1677) sowie 
Musik zu 5 Stücken von F. T. Richter. Im ganzen 
kommt den Beiträgen von Ordensangehörigen 
zur Musikforschung größere Bedeutung zu; hier 
sind vor allem zu nennen: Bathe, Schoensleder, 
Kircher und sein Schüler C. Schott, D. Bartoli, 
Menestrier, Buonanni, Castel, Amiot, Eximeno, 
J.-B. de Laborde, Andres, Lambillotte, Dechevrens, 
G. ML Dreves, CL Blume und Smits van Waes- 
berghe. 

Lit.: Monumenta hist. SJ, Madrid u. Rom seit 1894; 
Documents inädits concemant la Compagnie de J6sus, 
hrsg. v. A. Carayon SJ, 28 Bde, Poitiers u. Paris 
1863-74; Arch. hist. SJ, Rom seit 1932. - A. u. A. 
De Bäcker SJ, Bibi, des 6crivains de la Compagnie de 
J6sus, 7 Bde, Lüttich 1853-61, in 3 Bden mit C. 
Sommervogel SJ Lüttich u. Paris 21869-7 6, in 10 
Bden mit P. Bliard SJ Brüssel u. Paris 31890-1909, 
dazu E.-M. Rivi&re SJ, Additions et Corrections, 

3 Hefte, Toulouse 1911-13; C. Sommervogel SJ, 
Dictionnaire des ouvrages anonymes et pseudonymes 
publiös par des religieux de la Compagnie de J6sus, 

2 Bde, Poris 1884; A. Carayon SJ, Bibi, hist de la 
Compagnie de J6sus, ou Cat. des ouvrages relatifs h 
l'hist. des J6suites, Paris 1864, neu bearb. v. P. Bliard 
SJ als Bd XI d. De Backer-Sommervogelschen Bibi, 
des äcrivains . . ., Paris 1932; J. E. de Uriarte, Bibi, 
de Escritores de la Compaüia de Jesüs, Madrid 1925; 

L. Koch SJ, J.-Lexikon, Paderborn 1934; Synopsis 


hist. SJ, neu hrsg. v. C. Van de Vorst SJ, Löwen 
1950. - G. M. Pachtler, Ratio studiorum et insti- 
tutiones scholasticae SJ per Germaniam olim vigen- 
tes, 3 Bde, Freiburg i. Br. 1877-90; B. Duhr, Die 
Studienordnung d. Ges. Jesu, Freiburg i. Br. 1896; 
ders., Gesch. d. J. in d. Ländern deutscher Zunge, 
4 Bde, Freiburg i. Br. u. Regensburg 1907-28; H. 
Boehmer, Die J., « Aus Natur u. Geisteswelt IL, 
Lpz. 1904, 41921, neu bearb. v. D. Schmidt Stuttgart 
1957; Th. I. Campbell, The Jesuits, NY 1921 ; L. de 
Jonge, De orde der J., 3 Bde, Wassenaar 1928-31. - 
E. Boysse, Le theätre des Jdsuites, Paris 1880; W. Flem- 
ming, Gesch. d. Jesuitendramas in d. Ländern deut- 
scher Zunge, Bin 1923; J. Müller, Das Jesuiten- 
drama in d. Ländern deutscher Zunge, 2 Bde, Augs- 
burg (1930, mit ausführlichem Verz.); N. Scheid, Das 
lat. Jesuitendrama im deutschen Sprachgebiet, in: 
Literaturwiss. Jb. d. Görres-Ges. V, 1930; R. Le- 
b£gue, Les ballets des J6suites, in: Rev. des cours et 
Conferences II, 1937; R. Van Aerde, Het School- 
drama bij de Jesuiten, Mechein o. J.-W. Baumker, 
Das kath. deutsche Kirchenlied, 4 Bde, Freiburg i. Br. 
1886-1911 ; A. Schmitz, Archivstudien Über d. mus. 
Bestrebungen d. Kölner Jesuiten . . ., AfMw III, 
1921 ; ders., Kath. Kirchenlieder mit Gb. . ., Gre- 
goriusblatt XL VI, 1921; ders.. Der Anteil d. Musik 
in d. Kölner Jesuitendramen, ebenda; ders., Psal- 
teriolum harmonicum, Zf Mw IV, 1921/22; ders., 
Monodien d. Kölner J ebenda; F. W. Loh- 

mann, Das »Musikantenhaus« d. alten Kölner Je- 
suitenkollegs, Jb. d. Kölnischen Geschichtsver. V, 
1922; O. Ursprung, Münchens mus. Vergangenheit, 
München 1927; Vl. Helfert, Die J.-Kollegien d. 
Böhmischen Provinz, Fs. J. Wolf, Bin 1929; J. 
Götzen, Über d. Kölner Gesangbücher d. 16./ 17. Jh., 
in: Musica sacra XLI, 1931; ders.. Über d. Trutz- 
Nachtigall . . ., KmJb XXXVII, 1953; ders., Das 
kath. Kirchenlied im 18. Jh., ebenda XL, 1956; M. 
Wittwer, Die Musikpflege im Jesuitenorden, Diss. 
Greifswald 1934; S. Lennon, The Jesuits in Music, 
in: The Irish Jesuit Directory X, 1943; H. Feder- 
hofer, Zur Musikpflege d. J. in Graz, in: Aus Arch. 
u. Chronik II, 1949; W. Kahl, Die Musikpflege am 
Kölner Tricoronatum, in: Tricoronatum, Fs. zur 
400-Jahrfeier, Köln 1952, auch in: Beitr. zur rhein. 
Mg. III, Köln-Krefeld 1953; R. Quoika, Fr. Th. 
Schwarz SJ . . . u. d. Orgelbau d. Ges. Jesu in Böhmen, 
KmJb XXXIX, 1955; H. Hüschen, Artikel J., MGG. 

le Jeune feoen), Claude oder Claudin, * 1528 
zu Valenriennes, f zwischen Ende März 1600 und 
Ende März 1601; französischer Komponist, 1598 
Königlicher Kammerkomponist, ist einer der 
Hauptmeister, die Batfsche Dichtungen mit an- 
tiken Metren in Musik gesetzt haben. Er schrieb 
zahlreiche Chansons und ist neben Goudimel einer 
der bedeutendsten Psalmenkomponisten. Seine se- 
parat erschienenen Werke, die zum Teil wieder- 
holt nachgedruckt wurden, sind: Dix Pseaumes de 
David. ..en forme de motets (4st., 1564), Pseaumes 
mis en musique (4st., 1580), Livre de melanges (4-10st. 
Chansons und Motets, 1585), 4-5st. Airs (1594), 
Dodecacorde (12 2-7st. Psalmen, 1598), Les 150 
pseaumes... (4-5st., 1601; Nachdrucke: 1608, 
1613, 1615, 1617, 1618, 1627, 1650), 3 Bücher 
Pseaumes ä 3 parties (1602, 1608, 1610), Le prin- 
temps (2— 8 st. Chansons, 1603), 2-8st. Pseaumes en 
vers mezvrez (1606), Octonaires de la vaniti et incon- 
stance % du monde (3-4st. geistliche Chansons, 1606), 

2 Bücher 3-6st. Airs (1608), Second livre des mes- 
Unges (4—1 Ost. Chansons, Psalmen, Motetten und 
instrumentale Fantasien, 1612). Weitere vokale 
und instrumentale Kompositionen finden sich in 
Sammelwerken der Zeit. 


878 



Joachim a Burck 


Ausg. : in: Expert MaTtres, XI: erstes Viertel des 
Dodecacorde; XII-XIV: Le printemps; XVI: ein 
Teil des Livre de nielanges ; XX-XXII: Pseaumes en 
vers mezvrez; Expert Monuments, I und VIII: Oc- 
tonaires de la vanitö et inconstance du monde, in 
VIII auch die Psalmen der Meslanges von 1612 und 
Dialogue k sept parties aus Dix pseaumes . . . (1564); 
Deba contre mes debateurs (Psalm 35) und Chanson 
d’une coiine (1603) bei Davison-Apel Anth. I, 126b 
und 138; Chanson 0 röze rene des fieurs (1603) bei 
Schering Beisp., 144; 2 Chansons bei W. Barclay 
Squire, Select madrigals and partsongs ... II. 

Lit.: M. Cauchie, La mort de CI. le J., Rev. de Mu- 
sicol. XI, 1927; D. P. Walker u. F. Lesure, CL le J. 
and musique mesurde, MD III, 1949. 

Jewett (d3'u:3t), Randall (Randolph Jewitt), 
* um 1603 zu Dublin oder Chester, f 3. 7. 1675 zu 
Winchester; irischer oder englischer Komponist 
(wohl ein Sohn von John J., der 1619 Präzen tor an 
Christ Church zu Dublin war), 1631 als Nachfol- 
ger Batesons Organist an Christ Church und zu- 
gleich an St. Patrick (in beiden Stellungen bis 
1639), dann bis 1646 Kathedralorganist in Chester 
und 1646 wieder in Dublin als Chorvikar an Christ 
Church. Bei der Restauration der Stuarts 1660 
kehrte er nach England zurück, wurde 1660 Al- 
mosenier der Paulskirche in London und 1661 
Kanonikus, ab 1666 Organist, Chormeister und 
Laienvikar an der Kathedrale von Winchester. 

Jilajew, N. S. -* Schiljajew. 

Jim6nez, Jerönimo Gimdnez. 

Jindfich (j'indrji*;), JindHch, * 5.3.1876 zu 
Klen&; tschechischer Komponist, 1897-1924 Schul- 
meister in Domaälice, seitdem im Ruhestand, in 
der Komposition Schüler von V. Novdk, unter 
dessen Einfluß er auch als Komponist steht. Er 
sammelte Volkslieder (Jindrichüv Chodsky zpbnik), 
schrieb zahlreiche Liederzyklen, auch Volkslieder- 
Zyklen, Chöre, ein Melodram Holoubek (Das 
Täubchen) und Stücke für Kl. 

Lit.: A. Spelda, Hudebni dilo Jindficha Jindficha, 
Pilsen 1955. 

Jlr£k (j'ira:k), Karel Boleslav, * 28. 1. 1891 zu 
Prag; tschechischer Komponist und Dirigent, stu- 
dierte Komposition bei V. Noväk (1909-11) und 
J. B. Foerster (1911/12), war 1915-18 Kapellmei- 
ster an der Hamburger Oper, später in Brünn und 
Mährisch-Ostrau, 1920/21 Dirigent des Chors Hla- 
hol in Prag, mit dem er Jugoslawien bereiste, 1920 
bis 1930 Lehrer (1922 Professor) für Komposition 
am Prager Konservatorium, dann bis 1945 Musik- 
leiter und 1. Dirigent des tschechischen Rundfunks. 
Er emigrierte 1947 nach den USA und wurde im 
selben Jahr Professor am Roosevelt College (1948 
Leiter der Theorie-Abteilung). Er schrieb: Oper 
Apollonxus von Thyane (als Weib und Gott 1928 in 
Brünn aufgeführt), 5 Symphonien (1916, 1924, 
1929-38, 1945, 1949), Ouvertüre zu einer Shake- 
speareschen Komödie op. 22 (1921), Bühnenmusi- 
ken, Serenade für Streichorch. op. 39 (1939), Sym- 
phonische Variationen op. 40 (1940), symphonische 
Ouvertüre Mlddi op. 43 (1941), Sinfonietta für klei- 
nes Orch. op. 45 b (1943; Bearbeitung des Nonetts 
op. 45 Ä ), Rhapsodie für V. und Orch. op. 44 
(1942), Klavierkonzert op. 55 (1946), Concertino 
für V. und kleines Orch. op. 78 (1957); Streich- 
sextett mit A.-S 0 I 0 op. 14 (1917), Quintett für Blä- 


ser op. 34 (1928), Klavierquintett op. 50 (1945), 5 
Streichquartette (1915, 1927, 1940, 1949, 1951), 
Hudba noci für V. und IQ. op. 17 (1918; orchestriert 
1928), Violinsonate op. 20 (1920), Bratschensonate 
op. 26 (1925), Klaviersonaten op. 30 und 64 (1926, 
1950), Flötensonate op. 32 (1927), Klarinettensonate 
op. 59 (1947), Homsonate op. 72 (1952), Oboen- 
sonate op. 73 (1954), Klavierstücke, Chöre, zahl- 
reiche Liederzyklen. Schriften: Nauka 0 hudebnlch 
formdch (Musikalische Formenlehre, Prag 1922/23), 
auch Biographien von W. A. Mozart, Zd. Fibich 
und J. Herman (Prag 1948). 

Lit: M. OÖADLfK, K. B. J., Prag 1941. 

Jiränek (j'ira:ndc), Anton (Giranek), * um 1712, 
1 16. 1. 1761 zu Dresden; böhmischer Komponist, 
in Prag ausgebildet, kam wie Franz Benda und 
Georg Zarth von da zuerst in die Königlich pol- 
nische Kapelle zu Warschau und ging dann nach 
Dresden. Seine Tochter war die gefeierte Sängerin 
und Tänzerin Franziska Romana, später Frau 
Koch, * 1748 und f 1796 zu Dresden. Von seinen 
Werken sind Sinfonien und Konzerte im Manu- 
skript erhalten. 

Ausg.: eine Triosonate hrsg. v. H. Riemann, Coli, 
mus. 15. 

Jiränek (j'ira:nek), - 1) Josef, * 24. 3. 1855 zu 
Ledce (Böhmen), f 9. 1. 1940 zu Prag; tschechi- 
scher Pianist und Klavierpädagoge, 1866-73 Schü- 
ler Smetanas und 1872-74 der Prager Orgelschule, 
zuerst als Harfenist am böhmischen Landestheater 
in Prag und 1877-91 als Klavierlehrer in Charkow 
tätig. 1891-1923 war er Professor des Klavierspiels 
am Prager Konservatorium. Er war Methodiker 
des Klavierspiels im Riemannschen Sinne. Werke: 
Ballade und Scherzo fantastique für Orch., Klavier- 
quintett, Elegie für Klaviertrio, 3 Stimmungsbilder 
für Vc. und Kl.; klavierpädagogische Werke (er- 
schienen in London und Wien) : Anschlagsübungen, 
Tonleitern in Doppelgriffen (2 Hefte); Umarbeitung 
der theoretisch-praktischen Schule der Verzierungen von 
Pacher ; Schule des Akkordspiels und der Akkord- 
Zerlegungen ; Neue Schule des Tonleiterspieb (2 Teile) ; 
Technische Übungen in Verbindung mit praktischen 
Fingersatzstudien (3 Teile), Neue Schule der Technik 
und des musikalischen Vortrags (9 Teile), Geläufig- 
keitsstudien (6 Hefte), Methodik des Klavierspiels. Von 
seinen Schriften verdient besondere Erwähnung die 
Arbeit O Smetanovych klavMch skladbach a jeho 
klavimi Me (»Smetanas Klavierkompositionen und 
Klavierspiel«, Prag 1932). - 2) Alois, * 3. 9. 1858 
zu Ledce, t 24. 5. 1950 zu Prag, Bruder von J. J., 
Schüler der Prager Orgelschule, Kompositions- 
schüler Fibichs, wirkte 1882-1907 als Klavierlehrer 
in Charkow, schrieb : Oper Dagmar, musikalische 
Komödie Zenitba, mehrere Orchesterwerke, Kam- 
mermusik, Klavierstücke, Chöre und Lieder. 

Joachim a Burck (Burgk; eigentlich T. Möller) , 

* 1546 zu Burg bei Magdeburg, f 24. 5. 1610 zu 
Mühlhausen (Thüringen) ; deutscher Komponist, 
lebte ab 1563 in Mühlhausen, wo er als Kantor an 
der Lateinschule und spätestens ab 1566 bis an sein 
Lebensende als Organist tätig war. Daneben wirkte 
er als Schreiber in verschiedenen städtischen Äm- 
tern. Über die Zeit seiner Ausbildung, die er wahr- 
scheinlich in Magdeburg, der Wirkungsstätte von 
M. Agricola und G. Dreßler, verbrachte, liegen 
keine Nachrichten vor. 1573 nennt J. aB. in 


879 



Joachim a Burck 


seinen Sacrae cantiones Lassus, Utendal, C. de Rore 
und Vaet als seine musikalischen Vorbilder. In 
Mühlhausen dürfte bis 1567 J. Eccard an der La- 
teinschule sein Schüler gewesen sein, mit dem er 
auch weiterhin Verbindung hielt und der nach 
einer Tätigkeit in der Münchener Hofkapelle 
unter Lassus den Winter 1573/74 in Mühlhausen 
verbrachte. Bedeutsam wurde für J. a B. die Zu- 
sammenarbeit mit dem Mühlhäuser Superinten- 
denten Helmbold, von dessen Dichtungen er einen 
großen Teü vertonte. In seinem Gesamtschaffen 
findet diese Zusammenarbeit ihren äußeren Aus- 
druck in der um 1574 einsetzenden Wendung von 
der Motetten- zur geistlichen Lied- (Oden-)kom- 
position. Die gedruckten Werke J. a B.s sind: 
Harmoniae sacrae (25 5st. Motetten; 1566), eine 5st. 
Gelegenheitsmotette (1566), Decades IIII. Senten - 
tiosorum versuum (1567), Die deutsche Passion (4st. 
Johannespassion, Kürzung und freie Behandlung 
des Textes aus Kap. XVm und XIX; 1568), Sym- 
holum apostolicum , Nicenum, et Canticum Symbolum 
Sanctorum Augustini et Ambrosii, ac verba institutionis 
coenae Dominicae (4st.; 1569), XX Odae sacrae Ludo - 
vici Helmboldi ... ad imitationem italicarum Villanes- 
carum (4st. ; 1572), eine 5st. Gelegenheitsmotette 
(1572), Sacrae cantiones (20 4-6st. Motetten; 1573), 
LIII. Cap. Esaie. Von dem Leiden und Auferstehung 
Jhesu Christi (4st.; 1573), Passio Iesv Christi. Im 22. 
Psalm des Propheten Davids beschrieben (3- und 4st. ; 

1574) , eine Öde (neben dreien von J. Eccard) in 
IIII. Odae Lud. Helmboldi (4st.; 1574), Zwantzig 
Deutsche Liedlein (Helmbold, 4st.; 1575; verän- 
derte und vermehrte Ausgabe vgL 1599), Lyricorum 
Lud. Helmboldi lib. I und II (4st.; 1576), Crepundia 
sacra. Lud. Helmboldi Christliche Liedlein (4st. ; neben 
Kompositionen von J. Eccard und J. Hermann 10 
von J. a B., 16 in der Ausgabe von 1596), Odae 
Sacrae lib. II (4st., 20 Oden; 1578), Ein christlich 
Lied (1579), Officium sacrosanctae coenae (4st., eine 
Missa brevis; 1580), Hebdomadas divinitus mstituta 
(Helmbold, 4st.; 1580), Vom heiligen Ehstande: 40 
Liedlein von Helmboldo (4st.; 1583), Dreyssig Geist- 
liche Lieder auf die Fest durchs Jahr (4st.; 1594), 
Psalmi graduum. D. i. die i5 Lieder im hohem Chor 
(dazu 2 weitere Psalmen und 3 Lieder, 4st., Schnee- 
gaß; 1595), Vom heiligen Ehstande lib. II (41 Lieder, 
4st.; 1596), Quadraginta Odae catecheticae (4st.; 
1599), 40 deutsche christliche Liedlein (4st.; 1599; 
vermehrte und veränderte Ausgabe der Lieder von 

1575) . Eine teilweise Gesamtausgabe erschien in 
Partitur unter dem Titel Odarum sacrarum M. Lud. 
Helmboldi . . . complectens (1626). Walther nennt 
eine verschollene Lucas-Passion von 1597. 

Ausg.: Zwantzig Deutsche Liedlein (1575), Die 
Deutsche Passion (1568) u. Passio Iesv Christi (1574), 
hrsg. v. A. Halm u. R. Eitner, PGfM XXII; L. 
Schoeberlein, Schatz d. liturgischen Chor- u. Ge- 
meindegesangs, Bd II: 17 Sätze, Bd III: 13 Sätze; 
5 Sätze zu 4 St. in Musica Sacra XI, hrsg. v. G. Reb- 
ling; Fr. Jöde, Chorbuch II: 3 Sätze; 2 geistliche 
Sätze zu 4 St. bei Fr. Commer, Geistliche u. weltliche 
Lieder . . ., Bin 1870; ein 4st. Satz in Musica Sacra 
III, hrsg. v. dems.; 3st. Satz »Ich will deinen Namen 
predigen« aus d. »Passio Iesv Christi« (1574) im Hdb. 
d. ev. Kirchenmusik II, 1. 

Lit.: H. Birtner, J. a B. als Motettenkomponist, 
Diss. Lpz. 1924 (maschr.) ; ders., Ein Beitrag zur 
Gesch. d. protestantischen Musik im 16. Jh., darge- 
stellt an J. a B., ZfMw X, 1927/28; Ph. Spitta, J. v. 
B., MfM II, 1870; R. Jordan, Aus d. Gesch. d. Musik 


in Mühlhausen, = Zur Gesch. d. Stadt Mühlhausen 
in Thüringen V, Mühlhausen 1905; O. Kade, Die 
Ältere Passionskomposition bis zum Jahre 1631, Gü- 
tersloh 1893. 

Jpachim, Joseph, * 28.6. 1831 zu Kittsee bei 
Preßburg, f 15. 8. 1907 zu Berlin; deutscher Violi- 
nist, Dirigent und Komponist, trat bereits mit 7 
Jahren in einem Konzert auf, wurde 1838 am Wie- 
ner Konservatorium Schüler J. Böhms und bestand 
1843 in Leipzig in einem Konzert der Viardot- 
Garcfa und im Gewandhauskonzert vor einem sehr 
kritischen Publikum mit glänzendem Erfolg. Er 
blieb nun 6 Jahre in Leipzig, wurde Schüler M. 
Hauptmanns und büdete sich namentlich unter dem 
Einflüsse Mendelssohns weiter, kam als »Vertreter 
des Konzertmeisters« ins Gewandhausorchester und 
wurde Lehrer am Konservatorium. 1844 spielte er 
im Gewandhaus (mit Bazzini, Emst und David) 
Maurers Quadrupelkonzert für 4 V., trat 1844 mit 
Empfehlungen von Mendelssohn in London auf, 
das er wiederholt besuchte, bis ihn ein festes En- 
gagement zum alljährlichen Gast machte. 1849 
nahm er die Konzertmeisterstelle in Weimar an 
und stand längere Zeit dem Lisztschen Kreise nahe, 
vertauschte aber 1853 seine Stellung mit der eines 
Königlichen Konzertmeisters (1859 »Konzert- 
direktor«) in Hannover. Dort heiratete er 1863 
Amalie Weiß. Bald nach den Ereignissen von 
1866 zog m a n das Künstlerpaar nach Berlin, wo J. 
1868 als Direktor der neuerrichteten Hochschule 
für Musik angestellt wurde; später wurde die Or- 
ganisation dieses Instituts verändert und J. wurde 
Vorsitzender des Direktoriums und Vorsteher der 
Abteilung für Orchesterinstrumente. Weiter folgte 
seine Ernennung zum Königlichen Professor und 
Kapellmeister, Senatsmitglied der Königlichen 
Akademie der Künste, später auch zu deren Vize- 
präsidenten. Das schnell wachsende Ansehen der 
Hochschule ist zum guten Teü J.s Verdienst. Er war 
Ehrendoktor der Universitäten Cambridge, Glas- 

§ ow, Oxford und Göttingen, Ritter des preußischen 
our le mdrite und Mitglied des bayerischen Maxi- 
miliansordens. Von der Lisztschen (neudeutschen) 
Richtung entfernte sich J. später merklich und 
wurde ein Hauptvertreter der um Brahms geschar- 
ten Partei, war speziell auch die Seele der Bonner 
Bcethovenfestc (Vorsitzender des Vereins »Beet- 
hovenhaus«). J. war gleich ausgezeichnet als Quar- 
tettspieler wie als Konzertspieler, besonders waren 
die letzten Quartette Beethovens allgemein aner- 
kannte Meisterleistungen von J.s Quartett: de 
Ahna (Kruse, 1897 Hahr), Wirth, Hausmann. Als 
Komponist trat J. mit einigen Werken für V. her- 
vor: 3 Konzerte (op. 3 Gmoll, op. 11 In ungari- 
scher Weise und Gdur), Variationen für V. und 
Orch., Andantino und Allegro mit Orch. op. 1, 6 
Stücke mit KL op. 2 und 5, Notturno für V. und 
Orch. op. 12, Hebräische Melodien op. 9 und Varia- 
tionen über ein Originalthema op. 10 für Va und KL 
und schrieb ferner Ouvertüren, 2 Orchestermärsche 
und die Szene der Marfa (zu Schillers Demetrius) für 
Altsolo und Orch. R. Sch umann, Brahms und A. 
Dietrich komponierten 1853 gemeinschaftlich eine 
Violinsonate auf das Motiv FAE für J. 

Lit.: A. Moser, J. J., Bin 1898, erweitert in 2 Bden 
Bin 1908-10, engL v. L. Durham, London 1900; 
ders., Johannes Brahms im Briefwechsel mit J. J., — 
J. Brahms Briefwechsel, Bd V u. VI, Bin 1908; Briefe 


880 



Jödc 


von und an J., gesammelt u. hrsg. v. Johs. Joachim u. 
A. Moser, 3 Bde, Bin 1911-13.- J. A. Füller Mai- 
land, J. J., in d. Reihe »Living Masters of Music«, 
London 1905; L. Brieger- Wasser vogel, J.-Gedenk- 
büchlein, Dresden 1907; H. J. Moser, J. J., * 96. 
Neujahrsblatt d. allgemeinen Musikges., Zürich 1908; 
H. Kretzschmar, J. J., AfMw II, 1919/20; S. Joa- 
chim-Chaigneau, Trois 6pisodes de la vie de J., RM 
1940. 

Joann$lli, Pietro, italienischer Mnsikliebhaber, 
gebürtig aus Gandino (Bergamo), gab auf seine 
Kosten in glanzender Ausstattung bei Ant. Gardano 
in Venedig heraus Novus Thesaurus musicus , eine 
Sammlung 4-8st. Motetten (1568, 5 Bücher), die er 
Kaiser Maximilian n. widmete. Die Komponisten 
sind überwiegend Mitglieder der Kaiserlichen Ka- 
pelle, darunter viele, deren Werke sonst sehr selten 
anzutreffen sind. J. war wohl selbst am Hofe Maxi- 
milians II. angestellt. 

Joäo IV. ( 3 u'aü), König von Portugal, * 19. 3. 1604 
zu Villa Vi<josa, t 6. 11. 1656 zu Lissabon; König 
ab 1640, war, wie schon sein Vater, Herzog Teo- 
dosio II. von Braganza, nicht nur ein begüterter 
Musikfreund, sondern selbst ein gründlich gebil- 
deter Musiker und erweiterte die 1755 durch Erd- 
beben vemichteteBibliothek von Lissabon ; schrieb : 
Defensa de la musica modema contra la errada opinion 
del obispo Cyrillo Franco (gezeichnet mit D. B., 
Lissabon 1649, italienisch als Difesa della Musica 
Modema , Venedig 1666; die Schrift des Bischofs 
Cyrillo Franco ist datiert 1549, in der Zeit, wo 
ernstlich die Frage der Verweisung der Musik aus 
der Kirche erwogen wurde) und Repuestas a las 
dudas que se pusieron a la missa * Panis quem ego dabo « 
de Palestrina (Lissabon 1654, italienisdi als Riposte 
alli dubbii , Rom 1655). Von seinen Kompositionen 
sind 2 4st. Motetten erhalten. 

Jochum, - 1) Otto, * 18. 3. 1898 zu Babenhausen; 
deutscher Chorleiter und Komponist, Bruder von 
Eugen und Georg Ludwig, zum Lehrer herangebil- 
det, studierte ab 1922 an der Münchner Akademie 
Komposition (Haas), Dirigieren und Klavier (drei- 
fache Reifeprüfung 1928). 1932 erhielt er als Nach- 
folger seines Lehrers Greiner die Leitung der Städ- 
tischen Singschule Augsburg, der er 1935 das erste 
Singschullehrerseminar Deutschlands anschloß. 
Nach dem Kriege leitete er vorübergehend den 
»Jochum-Chor« in Augsburg und lebt seit 1951 als 
freischaffender Komponist m Weißbach bei Bad 
ReichenhalL Von seinen bisher über 160 veröffent- 
lichten Kompositionen sind die meisten Chorwerke 
(mehrere 100 Motetten, 16 Messen, 4 Oratorien, 
zahlreiche Kantaten und Kinderliederzyklen). Er 
schrieb auch Symphonien, Kammermusik und 
gab außerdem Volkslied-Sammelwerke heraus. 
1932 erhielt er den Preußischen Staatspreis für 
Komposition. - 2) Eugen, *1.11. 1902 zu Baben- 
hausen; deutscher Dingent, Bruder von Otto und 
Georg Ludwig, studierte nach Absolvierung des 
Augsburger Benediktinergymnasiums sowie der 
Orgel- und Klavierklassen des Konservatoriums 
1922-25 an der Münchner Akademie unter Hauseg- 
ger Dirigieren. Seine Kapellmeisterlaufbahn führte 
ihn von 1925 an überMönchen-Gladbach, Lübeck, 
Mannheim, Duisburg (GMD) 1932 nach Berlin 
an die Städtische Oper und den Rundfunk. 1934 
ging er als Nachfolger von Muck zur Staats- 

56 


oper und Philharmonie nach Hamburg. Seit 1949 
wirkt er in München als Gründer und Leiter des 
Rundfunk-Symphonieorchesters und als Gastdiri- 
gent bei der Bayerischen Staatsoper. Auch bei 
den Bayreuther Festspielen ist er als Gastdirigent 
aufgetreten, ebenfalls an anderen Festspielplatzen 
in West-Europa. J. gilt als einer der ersten Brahms- 
Bruckner-Interpreten. Hamburg verlieh ihm die 
Brahmsmedaille, die Internationale Bruckner- 
gesellschaft (deren Präsident für Deutschland er 
seit 1950 ist) die Brucknermedaille. Er ist Mitglied 
der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. - 
3) Georg Ludwig, * 10. 12. 1909 zu Babenhai*- 
sen; deutscher Dirigent, Bruder von Otto und 
Eugen, erhielt seine Fachausbildung am Augsbur- 
ger Konservatorium und an der Münchner Akade- 
mie, wo er Klavier bei Pembaur, Dirigieren bei 
Hausegger und Komposition bei Haas studierte. 
1932-34 war er Musikdirektor in Münster (West- 
falen), 1934-37 Kapellmeister in Frankfurt am 
Main (Oper und Museumskonzerte) und bis 1940 
in gleicher Tätigkeit in Plauen, 1940-45 als GMD 
in Linz an der Donau (Oper; Bruckner-Orchester 
St. Florian), wurde 1946 zum GDM von Duisburg 
gewählt, wo er die Konzerte und das Konservato- 
rium leitet. 

Jöcher, Christian Gottlieb, * 25. 7. 1694 und 
t 10. 5. 1758 zu Leipzig; deutscher Gelehrter, war 
in Leipzig Professor der Philosophie (1730), dann 
Bibliothekar der Universität (1/42), gab heraus: 
Allgemeines Gelehrtenlexikon (Leipzig 1750, 4 
Bände, vermehrt von Dunkel 1755-60, fortgesetzt 
von Adelung 1784-87, neu herausgegeben und 
fortgesetzt von Rotermund 1810-22, 6 Bände), das 
auch Musikerbiographien enthält; seine Doktor- 
dissertation erschien unter dem Titel Effectus musicae 
in hominem (1714). 

Lit.: J. Franck in ADB XTV, Lpz. 1881. 

Jöde, Fritz, * 2. 8. 1887 zu Hamburg; deutscher 
Musikpädagoge, wurde 1902-08 am Hamburger 
Lehrerseminar ausgebildet und gehörte zu dem 
Hamburger Wendekreis , einer Gruppe von Volks- 
schullehrem aus der Jugendbewegung. J. studierte 
1920/21 in Leipzig Munkwissenschaft bei H. Abert 
und betreute 1921-23 die Staatlichen Fortbildungs- 
kurse für Schulmusik in Hamburg. 1923 folgte er 
einem Ruf als Professor für Chorleitung und Volks- 
musikerziehung an die Staatliche Akademie für 
Kirchen- und Schulmusik in Berlin, wo er auch 
ein Seminar für Volks- und Jugendmusik führte. 
1938 wirkte er am Jugendfunk des Senders Mün- 
chen, 1939-43 als Lehrer am Mozarteum in Salz- 
burg, 1947-52 als Leiter des Jugendmusikamtes an 
der Hamburger Musikhochschule. Seitdem hält er 
Kurse in Trossingen und Stuttgart und leitet das 
Internationale Institut für Jugend- und Volksmusik in 
Trossingen. - F. J. ist neben W. Hensel die füh- 
rende Persönlichkeit der deutschen musikalischen 
Jugendbewegung nach dem 1. Weltkrieg. Im 
Zusammenhang mit den pädagogischen Reform- 
bewegungen seiner Zeit lut er das Musizieren der 
jungen Generation, besonders in den Großstädten, 
von den schlechten Schlagern und den sentimen- 
talen Lautenliedem mit ihrer flachen Subjektivität 
abgezogen und zu einem jugendgemäßeren Singen 
und Spielen hingeführt. Dazu diente ihm die 
Offene Singstunde (seit 1926), die Musikantengilde 

881 



Johannes 


und Singfahrt, wobei unter Absage an den Zeit- 
geist bei Festen, Spiel, Gesang und Tanz in Jugend- 
kgem, Jugendburgen und Jugendherbergen alte 
Volksbrauche wiederbelebt wurden. - Schriften: 
Jugendbewegung und Jugendpflege (Hamburg 1917); 
Musik . Ein pädagogischer Versuch (Wollenbüttel 
1919); Musik und Erziehung (Wolfenbüttel 1919, 
2 1932); Pädagogik deines Wesens (Hamburg 1920); 
Die Lebensfrage der neuen Schule (Lauenburg 1921); 
Unser Musikleben (Wolfenbüttel 1924, 2 1926); 
Musikschulen Jur Jugend und Volk (Wolfenbüttel 
1924, 2 1928); Die Kunst Bachs , dargestellt an seinen 
Inventionen (Wolfenbüttel 1926, 2 1957); Das schaf- 
fende Kind in der Musik (2 Teile, in: Handbuch der 
Musikerziehung V, 1 und 2, Wolfenbüttel 1928); 
Kind und Musik (Berlin 1930); Vom Wesen und 
Werden der Jugendmusik (Mainz 1954). - Ausgaben: 
Musikalische Jugendkultur, mit Beiträgen u. a. von 
H. Breuer, A. Halm, F. Jode, P. Natorp, H. Rei- 
chenbach, G. Wynecken (Hamburg 1918) ; Musik - 
dienst am Volk (Wolfenbüttel 1927); Musik in der 
Volksschule (Berlin 1928); Bausteine für Musiker- 
zieher und Musikpflege (Mainz 1951-57) ;Die Volks- 
musikinstrumente und die Jugend (Trossingen und 
Wolfenbüttel 1956). - An Zeitschriften gab er 
heraus: Die Laute (Wolfenbüttel 1919-23); Die 
Wende (Hamburg 1920-21); Die Musikantengilde, 
dazu Jahrbücher (Wolfenbüttel 1923-31; ab 1926 
mit F. Reusch); Musik und Gesellschaft (Wolfen- 
büttel 1932; mit H. Boettcher) ; Der Kreis (W olfen- 
büttei 1930-33; mit H. Spitta); Zeitschrift Jur Spiel- 
musik (Celle 1940-45) ; Junge Musik (Mainz und 
Wolfeabüttel 1950-54; mit W. TwittenhofF und 
G. Wolters); Pro Musica (Wolfenbüttel und Tros- 
singen seit 1953). - Sammlungen: Ringel Rangel 
Rosen (Leipzig 1913); Der Musikant (Wolfenbüttel 
1925); Der Kanon (3 Bände, Wolfenbüttel 1926); 
Das Chorbuch (6 Bände, Wolfenbüttel 1927-31) ; 
Spielkanons (5 Hefte, Wolfenbüttel 1928-41); Die 
Singstunde (Wolfenbüttel 1928-38); Der Sing- 
kreisel (Mainz 1952); Pro Musica Liederbuch (Tros- 
singen und Wolfenbüttel 1957). 

Lit: L. Kestenberg, Musikerziehung u. Musik- 
pflege, Lpz. 1921; H. Höckner, Die Musik in d. 
deutschen Jugendbewegung, Wolfenbüttel 1927; H. 
Nohl, Die Pädagogische Bewegung in Deutschland 
u. ihre Theorie, Ffm. «1949; E. Kraus, F. J. zum 
70. Geburtstag, Musik im Unterricht XLVin, 1957; 
F. J. Leben u. Werk, hrsg. v. R. Stapelberg, Tros- 
singen u. Wolfenbüttel 1957. 

Johannes de Garlandia, de Grocheo, de Lublin, 
de Muris -> Garlandia, -> Grocheo, -*• Lublin, 
-»* Muris. 

Johannes XXEL (Jacques Du&ze), * 1249 zu Cahors, 
t 1334 zu Avignon; französischer Papst, 1316 in 
Lyon gewählt, residierte in Avignon. Er ist der Ver- 
fasser des kirchenmusikalischen Dekrets Docta 
sanctorum (1324/25), das sich gegen »nonnulli novel- 
lae scholae disdpuli« und gegen Auswüchse in der 
k i r c hli chen Vokalpolyphonie wandte. Es forderte 
den Gebrauch nur der perfekten Konsonanzen, 
blieb in seiner praktischen Auswirkung aber ohne 
größere Bedeutung. 

Johannes ACfligemensis (früher bekannt als Job. 
Cotton oder Cottonius), * in den letzten Jahrzehn- 
ten des 11. Jh. ; ein in der 1. Hälfte des 12. Jh. wir- 
kender, wahrscheinlich aus Flandern (oder Lothrin- 


gen) stammender Musiktheoretiker, war Schüler 
des Abtes Fidgentius (1089-1121) im Kloster von 
Affligem in Ändern. Etwa in der Zeit zwischen 
1100 und 1121 verfaßte er einen Traktat, der aus 
einer Epistola Johannis ad Fulgentium als Prolog und 
27 Kapiteln De arte musica besteht (Kapitel 24-27 
enthalten einen Tonarms). Für die Geschichte der 
frühen Mehrstimmigkeit ist das Kapitel 23 (De 
diaphonia, id est organo) mit seinen Ausführungen 
über die Bewegung der Stimmen im Organum be- 
deutsam. 

Ausg.: Joannis Cottonis Musica (ohne den Tonarms) 
bei GS II, 230-65; J. A. De Musica cum Tonario, 
hrsg. v. J. Smits van Waesberghb, CSM I, Rom 1950. 
Lit: U. Kornmüller, Der Traktat d. Johannes Cot- 
tonius über Musik, KmJb III, 1888; J. Pulver, Engl, 
theorists I, John Cotton, in: The Musical Times 1933 ; 
J. Smits van Waesberghb siehe unter Ausg.; ders., 
John of Affligem or John Cotton? in: MD VI, 1952; 
L. Ellinwood, John Cotton or John of Affligem, in: 
Music Library Ass. Notes, 2nd series, VIII, 1951. 

Johannes Damascenus, der heilige, eigentlich 
Johannes Chrysorrhoas aus Damaskus, * um 700 
n. Chr., f 754 als Mönch im Kloster des heiligen 
Sabas bei Jerusalem, der älteste Dogmatiker der 
griechischen Kirche, war zugleich der Ordner des 
liturgischen Gesangs und angeblich Reformator 
der byzantinischen Notenschrift. Die Kanones des 
J. D. standen dauernd in hohem Ansehen, und spä- 
tere Dichter schrieben vielfach neue Dichtungen 
zu seinen Weisen, welche in Notierungen bis zu- 
rück um 1000 auf uns gekommen sind. Ihm wurde 
auch die Zusammenstellung des Oktoechos zu- 
geschrieben, doch geht dieser bis auf jüdische Tra- 
dition zurück. 

Lit: H. W. Tillyard, Byzantine Music and Hymno- 
graphy, London 1923; E. Wellesz, A Hist, of Byzan- 
tine Music and Hymnography, Oxford 1949. 

Johannes Gallicus (Johannes de Mantua, Johan- 
nes Carthusensis, Jean de Namur), * um 1415 zu 
Namur, f 1473 zu Parma; franko-flämischer Mu- 
siktheoretiker, lebte in der Kartause von Mantua, 
ist der Lehrer von N. Burrius, verfaßte 2 Abhand- 
lungen: Tractatus de musica plana und Ritus cartendi ; 
dann tritt er für die Vereinfachung der Solmisation 
durch Rückkehr zu den Quartengattungen ein. 
Ausg.: Tractatus de musica plana in CS II, S. 434 ff.; 
Ritus canendi in CS IV, S. 298 ff. 

Lit.: Riemann MTh. 

Johannes de Lymburgia, einer der Zeitgenossen 
von Binchois und Dufay, lebte wohl in Italien, da 
von ihm je eine Motette für Vicenza und Padua er- 
halten ist. Alle 46 bekannten Stücke von ihm ste- 
hen in dem um 1440 in Piacenza geschriebenen Ko- 
dex BL, 2 auch in den Trienter Codices 87 und 92 
(-* Quellen); darunter befinden sich ein 3-4st. 
Ordinarium Missae und ein Fauxbourdonsatz Re- 
gina celi letare . 

Ausg.: 3st Motette Veni, dflecte mi, hrsg. v. G. de 
Van, Dufay GA 1, 1. 

Lit: Werkverz., G. de Van in MD n, 1948. - Ch. 
van den Borren, G. Dufay, Brüssel 1925; H.W. 
Rosen, Die liturgischen Werke d. J. v. L., Diss. Inns- 
bruck 1929, maschr.; H. Besseler, Bourdon u. Faux- 
bourdon, Lpz. 1950. 

Johannes Sarisburiensis, * um 1110-20 zu Salis- 
bury, f 1180; englischer PhÜosoph und Musik- 
theoretiker, studierte 1136-48 in Frankreich und 


882 



Johnson 


schrieb nach der Rückkehr in seine Heimat den 
Traktat De musica et de instrumentis. Er wurde 1179 
zum Bischof von Chartres gewählt. 

Ausg.: GA bei Migne Patr. lat. CIC, desgleichen in 
der 5 bändigen Ausgabe von J. A. Giles, Oxford 1848. 
Lit. : C. Schaarschmidt, Johannes Sarisberiensis nach 
Leben u. Studien, Schriften u. Philosophie, 1862; 
vgl. auch F. Ueberweg, Grundriß d. Gesch. d. 
PhUosophie, II: Die patristische u. scholastische 
Phüosophie, hrsg. v. B. Geyer, Tübingen 121951 . 

J?hansen, David Monrad, * 8. 11. 1888 zu 
Vefsn ; norwegischer Komponist, wurde 1904 Schü- 
ler von Elling am Osloer Konservatorium, setzte 
seine Studien bei R. Kahn und Humperdinck an 
der Berliner Hochschule für Musik fort, debütierte 
1910 als Pianist, 1913 als Komponist, bereiste Nor- 
wegen, gab 1918/19 das Norsk Musikerblad heraus 
und war 1925-45 Kritiker an Aftenposten. Werke: 
Violinsonate Adur op. 3 (1913), Orchestersuite 
op. 4 (1915), Draumkvaedet für Männerchor op. 7 
(1921), Chorwerk Voluspaa op. 15 (1926), Sigvart 
Skald für Gesang und Orch. op. 16 (1928), Kanta- 
ten Me vigjer vaa song op. 18 (1930) und Ignis Ar- 
dens op. 20 (1931), Symphonische Phantasie op. 21 
(1936), Tondichtung Pan op. 22 (1939), Klavier- 
uartett (1947), Lieder, Chöre und Klavierstücke, 
emer schrieb er: Edvard Grieg (Oslo 1934, 21943, 
englisch von M. Robertson, Princeton 1938). 

Johner,P.Dominicus (Franz) OSB, *1. 12. 1874 
zu Waldsee (Württemberg), f 4. 1. 1955 zu Beu- 
ron; deutscher Choralforscher, trieb seine humani- 
stischen Studien in Riedlingen, Prag, Seckau, phi- 
losophische in Beuron (Hohenzollem), wo er 1894 
in den Benediktinerorden aufgenommen wurde, 
theologische in Cucujaös (Portugal), empfing dort 
1898 die Priesterweihe und kehrte 1900 nach Beu- 
ron zurück, studierte noch Musik bei A. Kienle 
und R. Molitor in Beuron sowie bei J. Haas in 
Stuttgart. Er war Lehrer des gregorianischen Cho- 
rals in Beuron und ab 1925 an der Hochschule für 
Musik in Köln. Mit seinen Schriften hat er zu ei- 
nem vertieften religiösen Verständnis des Choral- 
gesangs im Sinne des Motu proprio Papst Pius* X. 
entscheidend beigetragen: Neue Schule des gre- 
gorianischen Choralgesanges (Regensburg 1906, 71937 
als Große Choralschule , 81956 herausgegeben von 
M. Pf aff als Choralschule ; in gekürzter Fassung als 
Kleine Choralschule 1910, 31932), Der gregorianische 
Choral , Sein Wesen , Werden, Wert und Vortrag 
(Stuttgart 1924), Die Sontir- und Festtagslieder des 
vatikanischen Graduale (Regensburg 1928), Erklä- 
rung des Kyriale (Regensburg 1933), Wort und Ton 
im Choral (Leipzig 1940, *1952). Auch veröffent- 
lichte er: Cantus ecclesiastici (= Sammlung »Kir- 
chenmusik« in, Regensburg 1909, 31926) und Li- 
taniae Laurentanae (Regensburg 1921, 21927), kom- 
ponierte Kommunions- und Marienlieder. Zu 
seinem 75. Geburtstag gab Franz Tack eine Fest- 
schrift Der kultische Gesang der abendländischen 
Kirche (Köln 1950) heraus. 

Lit: P. M. Pfaff, Zu Pater J.s 80. Geburtstag, Mu- 
sica IX, 1955. 

Johns (d 3 anz), Clav ton, * 24. 11. 1857 zu New- 
castle (Delaware), + 5. 3. 1932 zu Boston; amerika- 
nischer Komponist, studierte in Philadelphia Bau- 
kunst, 1879-82 in Boston Komposition bei Paine 
und Klavier bei W. H. Sherwood, dann bis 1884 


in Berlin bei Kiel, lebte seitdem in Boston, wo er 
1912 Klavierlehrer am New England Conservatory 
of Music wurde, schrieb Berceuse und Scherzino für 
Streichorch., Klavierstücke, Chöre und etwa 100 
Lieder, ferner: The Essentials of Piano Playing 
(Boston 1909), From Bach to Chopin (1911), Remi - 
niscences of a musician (Cambridge, Mass., 1929). 

Johns, Kitty -*■ Bayle, Th. 

Johnsen (d^onssn), Henrik Filip, * 1717 in 
England, f 12. 2. 1779 zu Stockholm; englischer 
Organist, war Kammerorganist Adolf Friedrichs 
von Holstein-Gottorp, als dieser 1743 als Kron- 
prinz von Schweden nach Stockholm übersiedelte, 
und wurde 1745 auch Organist an Sta. Clara in 
Stockholm. Er war als Kompositionslehrer hoch 
angesehen und schrieb außer Orgel- und Klavier- 
stücken Symphonien, Lieder, Musik zu mehreren 
Bühnenwerken sowie Gelegenheitskantaten. 

Lit. : H. Eppstein, Till fragan om H. Ph. J.’s här- 
komst, STMf XXXII, 1950. 

Johnson (d 3 'onsan), Edward (Pseudonym: Ed- 
vardo Di Giovanni), * 22. 8. 1878 zu Guelph (Ca- 
nada); kanadischer Sänger (Tenor), studierte Ge- 
sang 1907/08 in New York, dann in Florenz, trat 
ab 1912 an italienischen Bühnen, 1919-22 an der 
Oper von Chicago auf und ging 1922 an das Metro- 
politan Opera House in New York, dessen Direk- 
tor er 1935-50 war. 

Johnson (d 3 'on»n), Horace, * 5. 10. 1893 zu 
Waltham (Massachusetts); amerikanischer Kom- 
onist, wurde als Schüler der Berkshire School in 
heffield und der Tufts University Medford zu- 
nächst privat von Bainbridge Crist in Komposition 
und John P. Marshall in Orgel und Klavier aus- 
gebildet. Er arbeitete als Musikschriftleiter, stu- 
dierte 1924-27 in Italien und England, 1929/30 in 
Frankreich. 1920-39 war J. Managing Editor des 
Musical Courier, 1939-42 Direktor des New York 
City Music Project, 1944-49 Präsident der Wing- 
dale Civic Society, ist seit 1941 Schrifdeiter der 
Sermon Publications Inc. und lebt in North Weare 
(New Hampshire). Er komponierte die Orchester- 
suiten Imagery (1930) und Streets ofFlorence (1936), 
Three Four für Orch. (1942), Music for Strings (1945) 
und vor allem Lieder. 

Johnson (dj'ansan), Hunter, * 1906 zu Benson 
(North Carolina); amerikanischer Komponist, stu- 
dierte an der University of North Carolina und an 
der Eastman School of Music in Rochester. 1933 
erhielt er den amerikanischen Prix de Rome und 
lebte 2 Jahre in Europa, nachdem er schon vor- 
her an der University of Michigan die Kompo- 
sitionsklasse geleitet hatte. J. ist jetzt Leiter der 
Theorieabteilung der University of Manitoba (Ka- 
nada). Er schrieb Ballette, eine Symphonie (1931), 
ein Konzert für Kl. und Kammerorch. (1936), For 
an Unknoum Soldier für FL und Orch. sowie Kam- 
mermusik. 

Johnson (d3'3nsan), James, * um 1750, f 26- 2. 
1811 zu Edinburgh; schottischer Notenstecher und 
Verleger in Edinburgh. Als erstes Werk erschienen 
bei ihm Six Canzones for two voices von Com 
(1772). Sein wichtigstes Unternehmen war The 
Scots Musical Museum, eine Sammlung von 600 
Liedern in 6 Bänden (1787-1803); die Melodien 


56* 


883 



Johnson 


wurden bearbeitet von St. Clarke, viele der Ge- 
dichte sind von Robert Bums; eine Neuausgabe 
mit Anmerkungen gab William Stenhouse heraus 
(Edinburgh 1839). Nach Johnsons Tode führte 
seine Witwe zusammen mit seinem früheren Ge- 
hilfen John Anderson, der 1809 ein eigenes Ge- 
schäft aufgemacht hatte, die Firma als Johnson & 
Anderson bis 1815 fort. 

Johnson (d 3 'onsan), John, Londoner Verleger 
um 1735-62 (Cheapside, facing Bow Church, 
Wahrzeichen Harp and Crown), veröffentlichte 
Werke von Geminiani, Th. Arne und Nares sowie 
jährlich eine Sammlung Country dances. Nach 
seinem Tode zeichnete die Witwe bis um 1777 als 
Mrs. J. oder R. J. Das Zeichen »Harfe und Krone« 
ging auf die um 1767 gegründete Firma Longman 
& Co. (auch in Cheapside) über. Doch scheint R. 
Bremner einen Teil des Verlags gekauft zu haben. 
Lit.: F. Kidson, EngL Music Publishers, London 
1900. 

Johnson (d 3 'onsan), Thor, * 10. 6. 1913 zu Wis- 
consin Rapids; amerikanischer Dirigent, studierte 
an den Universitäten von North Carolina und 
Michigan, dann am Konservatorium Leipzig und 
am Salzburger Mozarteum, war Schüler von F. 
Weingartner, S. Kussewitzky und B. Walter. 1937 
nahm J. seine ersten Stellungen als Dirigent an und 
leitet jetzt das Cincinnati Symphony Orchestra 
(seit 1947). Daneben wirkt er auch beim Peninsula 
Music Festival und bei den Early American Mora- 
vian Music Festivals. 

Jolmston (dj'onston), John, Londoner Verleger 
um 1767-78, dessen Platten dann in das Eigentum 
von Longman, Lukey & Co. übergingen. 

Joki, Georg, * 31. 7. 1896 zu Wien; österreichi- 
scher Pianist, war an der Wiener Musikakademie 
Schüler von J. Meyer, G. v. Lalewicz, Graedener, 
Heuberger, Stöhr, Schreker und F. Schalk, lebte 
ab 1916 als Pianist und Klavierlehrer in Wien, seit 
1939 in New York. Werke: Tondichtung Helden- 
sang (1923), Symphonie Es dur für Streichorch. 
und Harfe (1924), Concerto grosso für Streichorch. 
(1952), Musik für Streichorch. (1953), Gesänge mit 
Orch. und mit Streichquartett, Lieder, Klavier- 
stücke. 

Jolivet (tdHv's), Andrd, * 8. 5. 1905 zu Paris; 
französischer Komponist, Schüler von P. Le Flem 
und E. Var£se, gehört der Gruppe der Jeune 
France an und hat seit 1945 die musikalische Lei- 
tung bei der Comddie Frangaise in Paris. Werke: 
Buffo-Oper Dolorh ou le Miracle de la Femme laide 
(1942); Ballett UInconnu (1950); zahlreiche Büh- 
nenmusiken; Messe für Singstimmen, Org. und 
Tambourin (1940); Oratorium La Vbiti de Jeanne 
(1956); für Orch.: Cinq danses rituelles (1939), 
Symphonie de Danses (1940), symphonische Suite 
Guignol et Pandore (1943), Psychi (1946), Sympho- 
nie (1953), Suite transociane (1955); Konzert für* 
Ondes Martenot und Orch. (1947), 2 Trompeten- 
konzerte (1948, 1954), Flötenkonzert (1949), Kla- 
vierkonzert (1950), Harfenkonzert (1952), Fagott- 
konzert (1954); für verschiedene Instrumente in 
einfacher Besetzung: Suite delphique (1942), Suite 
liturgique (mit Singstimme, 1942), Chant de Linos 
(1944) ; Streichquartett (1934), Trois Pobnes pour 


ondes Martenot et piano (1935), Cinq incantations für 
FL solo (1936), Nocturne für Vc. und Kl. (1943), 
Chant de Linos für FL und Kl. (1944), Sirbiade für 
Ob. und KL (1945), Sirbiade für 2 Gitarren (1956) ; 
für Kl.: Mona (6 Stücke, 1935), Cinq danses rituelles 
1939), Sonate (1945); Vokalwerke: Romantiques 
ür S. und Kl. (1934), Trois chants des Hommes für 
Bar. und Orch. (1937), Les trois complaintes du 
soldat für Singstiimne und Kl. oder Kammerorch. 
(1944), Jardins d'hiver für Singstimme und Kl. 
(1951), Epithalame für 12st. Vokalorch. (1953). 

Jomm^lli» Niccolö (Jomelli), * 10. 9. 1714 zu 
Aversa bei Neapel, 1 25- 8. 1774 zu Neapel; italie- 
nischer Komponist, erhielt den ersten Musikunter- 
richt von dem Kanonikus Mozzillo in Aversa, trat 
mit 16 Jahren als Schüler F. Durantes in das Con- 
servatorio de’ Poveri di Gesü Cristo in Neapel ein, 
aber nach kurzer Zeit zum Conservatorio 
Pietä de* Turchini über, wo Leo und beson- 
ders Feo bis 1736 seine Lehrer waren. Seine ersten 
Werke waren außer kleineren Gesangsstücken 
einige Ballette, die wenig Erfolg hatten; 1737 
machte er, protegiert von dem Marchese del Vasto 
Avalos, dessen Hauskapellmeister er 1736 auf Emp- 
fehlung Leos geworden war, den ersten glücklichen 
Versuch als Opemkomponist mit Verrore amoroso ; 
schon 1738 folgte Odoardo . Schnell verbreitete sich 
sein Ruf, und wir finden ihn 1740 in Rom (Rici- 
mero t Astianatte), 1741 in Bologna (Ezio). In Bo- 
logna hielt er sich längere Zeit auf und studierte 
noch unter Padre Martini Kontrapunkt. Der Er- 
folg seiner Oper Merope (Venedig 26. 12. 1741) 
verschaffte ihm (auf Empfehlung Hasses) die Er- 
nennung zum Direktor des Ospedaletto degli 
Incurabili in Venedig; diese Stellung bekleidete er 
bis 1747. Dort schrieb er mehrere doppdehörige 
Kirchenwerke sowie, außer vielen Opern für an- 
dere Städte, für Venedig Semiramide und Sofonisba. 
1749 fuhr er nach Wien und schrieb dort 5 Opern; 
im gleichen Jahre wurde er zum Koadjutor Ben- 
dnis in der Kapellmeisterstelle an der Peterskirche 
in Rom ernannt und blieb dort bis zu seiner Beru- 
fung als Hofkapellmeister nach Stuttgart im Som- 
mer 1753; er schrieb in Rom u. a. Artaserse (1749, 
darin zum ersten Male die Vorschrift crescendo il 
forte), Ifigenia in Aulide (1751), Talestri (1751) und 
Attilio Regolo (1753). Während seines 15jährigen 
Wirkens m Stuttgart vertiefte er besonders seine 
Harmonik und ehe Behandlung des Orchesters; 
durch häufigere Einfügung von Chören und ario- 
sen Szenen im Stile der französischen Oper wirkte 
er auf eine Reform der Metastasianischen Oper hin. 
Von den in Stuttgart geschriebenen Werken seien 
nur genannt: Fetonte in 2 Vertonungen (1753 und 
1768), La clemenza di Tito (1753), Pelope und Enea 
(1755). Auch der Opera buffa wandte sich J. hier 
mit La Critica (1766), II matrimonio per concorso 
(1766), II Cacciator deluso (1767) und La schiava 
liberata (1768) wieder zu. Als er 1769 nach Neapel 
zurückkehrte, war er den Italienern fremd gewor- 
den und vermochte nicht seinen alten Ruhm auf- 
zufrischen. Seine letzten Werke Armida (1770) und 
Ifigenia in Tauride (1771) gingen ohne Wirkung 
am Publikum des San-Carlo-Theaters vorüber. J. 
hatte sich mit seiner Familie nach seinem Geburts- 
ort Avepa zurückgezogen; einen Ruf als Hof- 
komponist nach Lissabon lehnte er ab, doch zahlte 



884 



Jones 


ihm König Joäo VI. eine Pension von 1000 Scudi, 
ab 1771 2000 Scudi, wofür J. seine neuen Partituren 
einlieferte. Kurz vor seinem Tode schrieb er sein 
berühmtes Miserere für 2 S. und Orch. Im ganzen 
sind, einschließlich der Umarbeitungen, 82 Opern 
und Divertissements J.s dem Namen nach bekannt, 
aber nur 53 erhalten, dazu eine Passion, die Orato- 
rien Isacco, Betulia liberata, Santa Elena al calvario , 
La nativitä di Maria Vergifte , mehrere Kantaten, 
Messen, ein Requiem, Psalmen, Gradualien, Re- 
sponsorien und andere Kirchenwerke, darunter die 
doppelchörigen: Dixit (8st.), Miserere (8st.), Lau- 
date (mit 4 Solosopranen und Doppelchor), In con- 
vertendo (mit 6 Solost. und Doppelchor), Magnifi- 
cat (mit Echo) und eine Hymne an St. Peter für 
Doppelchor. 

Ausg.: Fetonte (1768), hrsg. v. H. Abert, DDT 
XXXII/XXXIII; 12 Arien aus La Passione di Gesü 
Cristo, Kl.-A. v. F. Maupiero, Raccolta Nationale 
delle Musiche Italiane, H. LXIII-LXVI; 2 Stücke aus 
Salve Regina f. Altst. mit Pianoforte in Musica Sacra 
IV; Confirma hoc Deus, hrsg. v. V. Novello, The 
Fitzwilliam Music III, London 1825; Mors et vita, 
6st., aus der Hymne Victimae paschali laudes, Davi- 
son-Apel Anth. II, 299. 

Lit.: S. Mattei, Elogio del J., o sia H progresso della 
poesia e musica teatrale, in: Memorie per servire alla 
vita del Metastasio, Ed. 1., Colle 1785; P. Alfieri, 
Notizie biogr. di N. J., Rom 1845; F. Florimo, 
La scuola musicale di Napoli, Neapel 1880; J. 
S itt ard. Zur Gesch. d. Musik u. d. Theaters am 
Württembergischen Hofe II, Stuttgart 1891; C. 
Mennicke, Hasse u. d. Brüder Graun als Sympho- 
niker, Lpz. 1906; H. Abert, N. J. als Opemkompo- 
nist, Halle 1908; A. D’Angeli, N. J. e Gluck nel 
giudizio di Metastasio, Cronaca musicale XVIII, 
1914; M. Berio, J., RMI XII, 1915; U. Prota-Giur- 
lbo, Musicisti napoletani alla Corte di Portogallo . . . 
N. J., Neapel 1923; A. Della Corte, L’Opera co- 
mica ... I, Bari 1923, span. Buenos Aires 1928. 

Jon&s (xon'as), Albert, * 18. 6. 1868 zu Madrid, 
t 9. 11. 1943 zu Philadelphia; spanischer Pianist, 
war Schüler der Konservatorien in Madrid und 
Brüssel sowie 1890 noch von Anton Rubinstein. 
1894-98 übernahm er den höheren Klavierunter- 
richt an der University Music School in Ann Arbor 
(Michigan), war dann Konservatoriumsdirektor in 
Detroit und lebte 1904-14 in Berlin, ab 1914 als 
Klavierlehrer in New York. Er veröffentlichte Kla- 
vierstücke, Master School of Modem Piano-Playing 
and Virtuosity (7 Bände, 1922). 

Jonas feon'a), Emile, * 5. 3. 1827 zu Paris, 1 21. 5. 
1905 zu St-Germain-en-Laye bei Paris; franzö- 
sischer Operettenkomponist, Schüler von Lecoup- 
pey und Carafa am Conservatoire in Paris, debü- 
tierte 1855 an den Bouffes-Parisiens mit Le duel de 
Benjamin , dem eine große Zahl anderer demselben 
Genre angehörender Werke folgten. J. war 1847 
bis 1866 Professor einer Elementarklasse (Solf&ge) 
am Conservatoire und 1859-70 Harmonieprofes- 
sor einer der für die Militarmusikschüler eingerich- 
teten Klassen. Ln der Eigenschaft als Musikdirektor 
der portugiesischen Synagoge gab er 1854 einen 
Recueil de chants hibralques (für den Gebrauch beim 
Gottesdienst) heraus. 

Jonas, Oswald, * 10. 1. 1897 zu Wien; ameri- 
kanischer Musikpädagoge, studierte an der Uni- 
versität Wien Jurisprudenz und Musikwissenschaft 
und promovierte 1921 zum Dr. jur. In der Musik 


war er u. a. Schüler von H. Schenker. J. wirkte 
1931-35 als Lehrer am Stemschen Konservatorium, 
1935-38 am Neuen Wiener Konservatorium 
(Schenker-Institut) und ist seit 1942 Professor für 
Musiktheorie an der Roosevdt University in Chi- 
cago. Neben zahlreichen Beiträgen in europäischen 
und amerikanischen Zeitschriften veröffentlichte 
er: Das Wesen des musikalischen Kunstwerks (eine 
Einführung in die Lehre Schenkers, Wien 1934) 
sowie einen preisgekrönten Beitrag zu einer von 
der Gesellschaft für Musikforschung gestellten 
Preisfrage (in: Die Bedeutung der Zeichen Keil t 
Strich und Punkt bei Mozart , herausgegeben von H. 
Albrecht, = Musikwissenschaftliche Arbeiten X, 
Kassel 1957). Mit F. Salzer warj. Herausgeber der 
Zeitschrift »Der Dreiklang« (Wien 193//38) und 
hat die »Kunst des Vortrags« von Schenker aus 
dessen Nachlaß für den Druck vorbereitet. 


Jonas-Stockhausen, Ella-> Stockhausen. 

Jonci&res (33sj'e:r), F61ix Ludger Rossignol, ge- 
nannt Victorin de J., * 12. 4. 1839 undf 26. 10. 
1903 zu Paris; französischer Komponist, am Con- 
servatoire Schüler von Eiwart und Lebome, ver- 
ließ aber das Institut infolge eines Streits mit Le- 
bome über R. Wagner, den J. verehrte. Außer 
seiner fruchtbaren Tätigkeit als Komponist wirkte 
J. auch als Musikreferent der Liberte. Von seinen 
Kompositionen sind in erster Linie zu nennen: die 
Musik zu Hamlet , die großen Opern Sardanapale 
(1867), Les demiers jours de Pompei (1869), Dimitri 
(1876, alle drei im Thdatre Lyrique aufgeführt), La 
reine Berthe (1878) und Lancelot (Paris 1900), Le Che- 
valier Jean (1885, Op6ra Comique), ferner eine 
Symphonie romantique (1873), eine Chorsymphonie 
La tner, eine ungarische Serenade, Orchestersuite 
Les Nubiennes und ein Violinkonzert. 

Lit: A. Jullien, Musiciens d’aujourd’hui, 2 Bde, 
Paris 1892-94. 


Jones fdj'oms), Charles, * 21. 6. 1910 zu Tam- 
worth (Kanada) ; amerikanischer Komponist kana- 
discher Geburt, lebt seit 1918 in den USA und war 
Schüler der Juüliard Graduate School of Music in 
New York sowie von A. Copland. Er lehrte 5 
Jahre am Mills College in Kalifornien und wid- 
met sich seither ausschließlich der Komposition. 
Werke: Ballett Down with Drink (1943), eine Sym- 
phonie (1939), Five Melodies (1945), Cassation 
(1948), Hymn (1948) und Suiten für Orch., Cow- 
boy-Song für Ob., KL und Streicher (1941), 2 
Streichquartette (1936, 1944), 5 Walzer für Bläser- 
quintett (1948), Violin- und Klavierstücke. 

Jones (d^sKns), Edward, *2. 4. 1752 zu Llander- 
fel (Wales), f 18. 4. 1824; walisischer Barde, kam 
1775 nach London und wurde 1783 als Barde des 
Prinzen von Wales (nachmals Georg IV.) ange- 
stellt, gab heraus: Musical and Poetical Reticks ofthe 
Welsh Bords (London 1784, 21794), 2. Teü: The 
Bardic Museum (1802); der 3. Teil war um die Zeit 
seines Todes im Erscheinen, der Rest wurde bald 
darauf herausgegeben; das Werk enthält im ganzen 
225 gälische Melodien; Lyric Airs (London 1804, 
mit griechischen, albanischen, walachi sehen, tür- 
kischen, arabischen, persischen, chinesischen und 
afrikanischen Melodien) sowie eine Reihe weiterer 


885 



Jones 


Jones (d 3 'o:ns), Griffith, englischer Schriftstel- 
ler zu Anfang des 19. Jh., schrieb für die Encyclo- 
paedia Lonooniensis einen Abriß der Musikge- 
schichte, der in neuer Auflage erschien als A History 
of the Rise and Progress of Music, Theoretical and 
Practical (London 1819, deutsch von Mosel als Ge- 
schichte der Tonkunst , Wien 1821). 

Jones (dx'jKns), John, * 1728 wahrscheinlich zu 
London, j 17. 2. 1796 zu London; englischer Orga- 
nist, wurde 1749 Organist am Middle Temple, 
1753 Nachfolger Pepuschs am Charterhouse und 
1755 an St. Paul’s Cathedral angestellt, schrieb Les- 
sons für KL und Sixty Chants London 1785), von 
denen einer Haydn durch seine naive und tief emp- 
fundene Melodik heftig ergriff. 

Jones (d 3 'o:ns), Robert, * um 1570; englischer 
Lautenist, wurde 1597 Baccalaureus der Musik in 
Oxford und führte in London eine Schule. Von 
ihm erschienen 5 Bücher Airs mit Lautenbeglei- 
tung (zum Teü auch mit Gambe; 1600-11), ferner 
ein Buch 3-8st. Madrigale (1607), 3 Psalmen in W. 
Leightons »The Teares« (1614) und ein 6st. Madri- 
gal in »The Triumphes of Oriana« (1603). 

Ausg.: die Airs zur Laute, hrsg. v. E. H. Fellowes, 
in The Engl. School of Lutenist Song-writers II; die 
erhaltenen Madrigale v. 1607 sowie ein 5st. Madrigal 
aus »Triumphes of Oriana«, hrsg. v. E. H. Fellowes, 
The Engl. Madrigal School XXXV, 1924; Oriana 
seeming to wink, in »The Triumphes of Oriana«, neu 
hrsg. v. E. H. Fellowes, The Engl. Madrigal School 
XXXII, 1923. 

Lit. : E. H. Fellowes, The Text of the Song-Books of 
R.J..MLVHI, 1927. 

Jones (d3'o:ns), Sidney, * 17. 1. 1861 und f 29. 
1. 1946 zu London; englischer Komponist, war 
erst Militärkapellmeister, darin Dirigent einer in 
England und Australien reisenden Operettentruppe, 
1905 Leiter des Empire Theatre. Operetten: A 
Gaiety Girl (1893), An Artist 9 s Model (1895), The 
Geisha (1896, die erfolgreichste, auch in Deutsch- 
land beliebt gewesen), A Greek Slave (1899), The 
Persian Prmcess (1909) und The Girl front Utah (mit 
Paul Rubens, 1913). 

Jones (d 3 / o:ns), William (J. of Nayland), *30. 
7. 1736 zu Lowick (Northamptonshire), f 6. 1. 
1800 zu Nayland (Suffolk) ; englischer Geistlicher, 
schrieb: A Treatise on the Art of Music (Colchester 
1784, Sudbury 21827), Ten Church Piecesfor the 
Organ with four Anthems (London 1789), ferner 
viele nicht die Musik b ehandeln de S ch riften. 

Jones (d 3 , o:ns), William, * 28. 9. 1746 zu Lon- 
don, f 27. 4. 1794 zu Kalkutta; englischer Richter 
und Orientalist, weilte lange als Richter in Kal- 
kutta, wo er Muße hatte, indische Gebräuche und 
Verhältnisse zu studieren, schrieb: On the Musical 
Modes of Hindus (Calcutta 1792, deutsch von F. H. 
von Dalberg als Ueber die Musik der Indier , Erfurt 
1802). 

Ausg.: On the Musical Modes of the Hindus, in: S. 
M. Tagorb, Hindu Music, Calcutta 1882. 

Jong, Willem Coenraad de, * 4. 7. 1908 zu 
Leiden; niederländischer Geistlicher und Musik- 
schnftsteller, lebt im Haag. Seine musikhistori- 
schen Studien betrieb er unter Smijers in Utrecht, 
war 1935-50 Pfarrer in Indonesien und wirkt seit 


1952 als Feuilleton-Redakteur am Nieuwe Rotter- 
damse Courant sowie als Mitarbeiter verschiedener 
niederländischer Fachzeitschriften. 

Jongen, Joseph, * 14. 12. 1873 zu Lüttich, f 12. 
7. 1953 zu Sart-lez-Spa; belgischer Komponist, 
Schüler des Konservatoriums in Lüttich, 1892-98 
Hilfslehrer für Harmonie und Kontrapunkt, er- 
rang am Konservatorium zahlreiche Preise, 1897 
mit der Kantate Comala den großen Prix de Rome. 
Er studierte während der 4 Stipendienjahre in 
Deutschland, Frankreich und Italien (Rom), wurde 
1903 Professor für Harmonie und Kontrapunkt am 
Lütticher Conservatoire, bekleidete auch den Po- 
sten eines Organisten des bischöflichen Seminars 
und der Jakobskirche in Lüttich. Die Kriegsjahre 
1914-18 verbrachte er in England; ab 1919 wieder 
in Belgien, wurde er 1920 Lehrer für Kontrapunkt 
und Fuge am Brüsseler Conservatoire, dem er 
1925-39 als Direktor Vorstand. Mit Lekeu und 
Vreuls repräsentiert J. die Generation der belgi- 
schen Komponisten, die von C. Franck ausgeht, 
aber auch, ohne dem reinen Impressionismus zu 
verfallen, dem Einfluß Debussys unterlag ; als Kam- 
merkomponist hat J. seinen Stil i mm er mehr ver- 
feinert. Werke: unvollendete Oper Filyane (1907), 
Ballett S*Arka (Brüssel 1912), zahlreiche Orche- 
sterwerke, darunter Symphonie op. 15 (1899), 
symphonische Dichtung Lalla-Roukh (1904), Im- 
pressions (TArdennes (1913), Triptyque (1935), Bour- 
rie (1942) ; je ein Violin- (1900), Cello- (1900), Kla- 
vier- (1943) und Harfenkonzert (1944), Suite en 
deux parties für Va und Orch., Pikee symphoniaue 
für KL und Blasorch., Symphonie concertante für 
Org. und Orch., Concertino für Vc. und Orch.; 
Kammermusik: Concert ä cirtq für Fl., V., Va, Vc. 
und Harfe, 2 Bläserquintette, Klavierquartett, 3 
Streichquartette, Saxophonquartett, 2 Klaviertrios, 
Concertino für Klar, und KL (1947), Sonate duo für 
V. und Vc., 2 Violinsonaten, Cellosonatc, Klavier- 
und Orgelstücke, Lieder und Chöre. 

Jongen, Ldon, * 2. 3. 1885 zu Lüttich; belgischer 
Komponist, Bruder Joseph T.s, von dem er den 
ersten Musikunterricht erhielt, studierte am Kon- 
servatorium in Lüttich, empfing nach zwei 2. Rom- 
preisen ( Genevxbe de Brabant 1907, La ligende de 
St Hubert 1909) 1913 den Grand Prix de Rome für 
die Kantate Les Fiancis de Noel. Ab 1934 war er 
Lehrer für Fuge und 1939-49 als Nachfolger seines 
Bruders Direktor des Brüsseler Konservatoriums. 
Er hat sich besonders der dramatischen Komposi- 
tion gewidmet, für die er, im Gegensatz zu Joseph 
J., wesentliche Begabung besitzt, und schrieb eine 
2aktige Oper L’Ardennaise , eine 3aktige F6erie Le 
RJfae d 9 une Nuit de Noel (Paris 1918), eine 4aktige 
Oper Thomas YAgnelet (Brüssel 1924), eine Ope- 
rette Les cirtq filles de Benjamin ; daneben Orchester- 
werke, Trilogie de Psaumes für Chor und Orch., 
K a mm ermu sik , Klavier- und andere Instrumental- 
stücke, Chöre und Lieder. 

Jonsson Josef Petrus, * 21. 6. 1887 zu Enköping; 
schwedischer Komponist, Autodidakt, lebt inNorr- 
köping als Lehrer und Musikkritiker. Orchester- 
werke: 3 Symphonien, 3 Suiten, 3 Ouvertüren; 
Violinkonzert op. 56; Missa solemnis ; symphoni- 
sche Dichtung Korallrevetiüx Bar., Chor und Orch., 
Mittland für T., Mannerchor und Orch., Melo- 


886 



Josquin Desprez 


dramen En spehnans jordafärd und Omkring tiggaren 
frän Luossa ; Via dolorosa (5 Meditationen für Strei- 
cher), Klavierquintett, Klavierstücke und Lieder. 

Jooss, Kurt, * 1901 zu Wasseralfingen (Würt- 
temberg); deutscher Tänzer und Choreograph, 
Schüler von R. Laban, war 1924 am Stadttheater 
Münster tätig und reiste 1925 in Deutschland mit 
der von ihm gegründeten »Neuen Tanzbühne«. 
1927 erfolgte seine Berufung als Direktor der Folk- 
wangschulen nach Essen, wo er ab 1929 gleichzeitig 
auch als Ballettmeister des Stadttheaters wirkte. Bei 
dem 1932 von den Archives de la Danse in Paris 
veranstalteten Choreographie-Wettbewerb wurde 
J. für seine Tanzpantomime Der grüne Tisch der 
erste Preis zuerkannt. Begründete dieses Werk sei- 
nen internationalen Ruf, so festigte er diesen, nach- 
dem er 1934 Deutschland verließ, um sich in Eng- 
land niederzulassen. Mit den von ihm gegründeten 
»Ballets Jooss« reiste er in Europa und Amerika. 
Nach dem Krieg nahm J. wieder seine Stellungen 
bei der Folkwaneschule und bei der Essener Oper 
als Leiter des Balletts bis zu dessen Auflösung 1953 
ein. Gegenwärtig ist er Ballettmeister an der Oper 
in Düsseldorf. 

Lit. : A. V. Coton, K. J, and His Work, London 1949 ; 
O. F. Regner, Das Ballettbuch, = Fischer-Bücherei 
LXVI Ffm. (1954). 

Jora,Mihai, *14. 8. 1891 zu Roman; rumänischer 
Komponist, 1912-14 Schüler des Leipziger Kon- 
servatoriums, wurde 1929 Professor am Konserva- 
torium (1941-47 dessen Direktor) und war 1928 
bis 1933 musikalischer Leiter des Rundfunks in 
Bukarest. Werke: Die Ballette Fräulein Mariutza 
(Bukarest 1942) und Das alte Schloß; Symphonie 
in C (1937), 2 Orchestersuiten, Contes hinaou und 
Paysages moldaves für Orch.; Ballade für B., Chor 
und Orch. (1956) ; Kammermusik (Streichquartett, 
1929) ; Chöre, zahlreiche Lieder und Klavierstücke. 

Jorda (x'orda), Enrique, * 24. 3. 1911 zu San 
Sebastian; spanischer Dirigent, lebt in San Fran- 
cisco (USA). In Komposition, Orgel und Orchester- 
leitung ausgebildet, leitete er 1940-45 das Madrider 
Symphonie-Orchester, 1948-54 das Capetown 
Orchester und ist heute ständiger Dirigent des San 
Francisco Symphony Orchestra. Als Gast stand er 
vor zahlreichen namhaften Orchestern in Europa, 
den USA und in Sydney. 

Jordan, S verre, * 25. 5. 1889 zu Bergen; norwe- 
gischer Komponist Griegscher Richtung, studierte 
1907-14 in Berlin, unternahm dann Konzertreisen 
als Pianist, war 1922-32 Chordirigent des Orche- 
stervereins »Harmonien« und 1917-31 Kritiker an 
Morgenavisen in Bergen, leitet dort seit 1931 das 
Orchester des Nationaltheaters. Werke: Bühnen- 
musiken, Orchestersuiten, Norvegiana für Orch. 
(1921), IQavierkonzert (1945), Cellokonzert (1947), 
Smeden (»Der Schmied«) für Chorund Orch. (1924), 
Orchestermelodram Feberdigte (»Fiebergedichte« 
nach Hamsun, 1921), Violinsonate, Klavierstücke, 
Chöre und über 200 Lieder. 

Jpseffy, Rafael, * 3. 7. 1853 zu Hunfalu, 1 25. 6. 
1915 zu New York; ungarischer Pianist, Schüler 
des Leipziger Konservatoriums, später von Tausig 
und 1870/71 von Liszt, ging 1879 nach New York, 
wo er 1888-1906 Klavierlehrer am National- 


konservatorium war. Er gab Klavierkompositio- 
nen heraus, auch eine School of Advanced Piano - 
Playing (New York 1902, deutsch als Meisterschule 
des Klavierspiels). 

Lit.: E. Hughes, R. J.’s Contribution to Piano Tech- 
nik MQ II, 1916. 

Joseph L, Deutscher Kaiser, * 26. 7. 1678, 1 17. 4. 
1711 zu Wien, war nicht nur ein Musikfreund, 
sondern selbst Komponist. Erhalten sind von ihm 
eine geistliche und 2 weltliche Kompositionen. 
Ausg.: G. Adler, Musikalische Werke d. Kaiser 
Ferdinand III., Leopold I. u. Joseph I., 2 Bde, Wien 
1892/93. 

Lit.: die Einleitung d. genannten NA veröff. als Die 
Kaiser Ferdinand III., Leopold I., Joseph I. u. Karl 
VI. als Tonsetzer u. Förderer d. Musik in VfMw 
VIII, 1892. 

Joseph, Georg (Josephi), fürstbischöflicher Mu- 
sikus des 17. Jh. in Breslau, Komponist der geist- 
lichen Lieder des Angelus Silesius (Johann SchefF- 
ler) : Heilige Seelen-Lust oder Geistliche Hirten^Lieder 
der in ihren Jesum verliebten Psyche (Breslau 1657-68, 
5 Teile; 184 der 205 Melodien sind von G. Joseph; 
viele von ihnen gingen in die protestantischen Ge- 
san^ücher über). Schon das Nürnberger Gesang- 

lesius mit Ls MelodiemEine gewisse Wri^lichkeit 
führte J. die Sympathien der Schweriner und hal- 
lischen Pietisten zu, weckte aber den Widerspruch 
anderer Pietisten, so daß 1738 der Magistrat von 
Mühlhausen ihre Aufnahme verbot. 

Ausg.: 10 Lieder aus Heilige Seelen-Lust, hrsg. v. 
P. Epstein, =» Alte schlesische Musik, H. 1, 1931; 
78 Melodien bei J. Zahn, Die Melodien d. deutschen 
ev. Kirchenlieder I-V, Gütersloh 1889-92. 

jQsephson, Jacob Axel, * 27. 3. 1818 zu Stock- 
holm, f29. 3. 1880 zu Uppsala; schwedischer Kom- 
ponist und Dirigent, begann 1835 seine Studien in 
Uppsala, wurde 1841 Musiklehrer an der Kathe- 
dralschule und promovierte 1842 zum Dr. phiL; 
studierte noch 1844 bei Joh. Schneider in Dresden 
Orgelspiel und bei Hauptmann und Gade in Leip- 
zig Komposition, war nach einem weiteren Stu- 
dienaufenthalt in Rom (1845/46) 1847-49 Dirigent 
der Philharmonischen Gesellschaft in Uppsala, 
wurde 1849 Universitätsmusikdirektor und 1864 
auch Domorganist. Kompositionen: eine Sym- 
phonie, Chorwerke mit Orch. (Isloßningen op. 9, 
Korsriddame utanfir Jerusalem op. 13, Qurndo corpus 
op. 20), viele Gdegenheitskantaten und Festmusi- 
ken, 3 Psalmen, Männerchöre, Klavierstücke, Lie- 
der (21 Hefte), Duette (6 Hefte). 

Lit : U. P. Ödman, Ur en svensk tonsättares liv, 2 Bde, 
Stockholm 1885/86; K. Uyblom, J. A. J., Stockholm 
1926. 

Josquin Desprez ( 30 sk'e), auch des Pr6s, latei- 
nisch Josquinus oder Jodocus Pratensis, italienisch 
Juschino, gewöhnlich nur mit dem Vornamen Jos- 
quin, Jöskin (Kosenamen statt Josse) genannt, * 
wahrscheinlich um 1450 in der Picardie, vielleicht 
zu Condd, wo er am 27. 8. 1521 als Hausbesitzer 
und Probst des Domkapitels starb. T. ist der be- 
rühmteste Meister der Zeit um 1500-1550, den 
seine Zeitgenossen den »Fürsten der Musik« nann- 
ten, dessen Geltung erst durch die Verpönung der 
Kirchenmusik über weltliche Mdodien als Tenor 
ins Wanken kam und den erst der Glanz und die 


887 



Josquin Desprez 


erhabene Würde der Werke der venezianischen 
und römischen Schule und das subjektiv-leiden- 
schaftliche Wesen der Madrigalisten zu Unrecht 
vergessen machte. Über sein Leben ist sehr wenig 
bekannt. Er wird von den Zeitgenossen unter den 
Schülern Ockeghems genannt, doch ist unbekannt, 
ob und wann er seinen Unterricht (in Paris?) ge- 
nossen hat. Als Kapellsanger ist er seit 1474 (nodi 
1479) in Mailand nachgewiesen, 1486-94 in der 
päpstlichen Kapelle in Rom (fehlt aber 1488 in den 
Listen), 1501-03 als Kapellmeister am Hofe in 
Ferrara, zuletzt Prabendar in Conde. Der Jusquin 
d’Ascanio des »Candonero musical«und derPetruc- 
cischen »Frottole« (1504 und 1509) ist identisch 
mit J. D., da dieser um 1490 - zusammen mit dem 
Dichter Serafino delTAquila und dem Maler Pin- 
turicchio - auch dem Kardinal Ascanio Sforza in 
Rom diente. Die auf uns gekommenen Komposi- 
tionen J.s sind: 3 Bücher zu 5, 6 und 6 4st. Messen, 
gedruckt unter dem Titel Misse Josquin von Pe- 
trued 1502 (1514, 1516), 1505 (1515) und 1514 
(1516), alle 3 Bücher zusammen im Verlag von 
Junta in Rom nachgedruckt 1526; einzelne dieser 
Messen im Liber XV missarum des A. Antiquus 
(1516) und Liber XV missarum des Petrejus; dagegen 
enthalten die Missae XIII des Graphaeus (1539) die 
Messen Pangue lingua und Da pacem , welche in Pe- 
trueds 3 Büchern fehlen. Messen im Manuskript 
befinden sich in den Archiven der päpstlichen Ka- 
peU-Bibliothek zu Rom sowie auf den Bibliothe- 
ken in München, Wien, Basel, Berlin, Regensburg, 
Cambrai u. a. Messenteile druckte Petrucd in den 
Fragmenta missarum; vgL auch Glareans Dodeka- 
ehordon , S. Heydens De arte canendi usw. Chansons 
bzw. Motetten J.s finden sich bei Petrucd im 
Odhecaton (1501) und in dessen Motettensammlun- 
gen (1504-19), ferner in Konrad Peutingers Liber 
selectarum cantionum (1520) und in vielen anderen 
Sammelwerken des 16. Jh. Eine besondere Aus- 
gabe Jacher Motetten erschien 1555 in Paris bei Le 
Roy und Ballard. Endlich ist eine Reihe französi- 
scher Chansons erhalten, teils in besonderen Aus- 
gaben von T. Susato (1545), Attaingnant (1549), 
teils in Sammlungen derselben und anderer Druk- 
ker. Der Stil J.s in seinen kirchlichen Kompositio- 
nen ist der durchimitierende a-cappdla-Stü der 
Schule Ockeghems, aber mit teilweiser Konservie- 
rung eines durchaus den instrumentalen Partien der 
vorausgehenden Epoche entstammenden Figuren- 
wesens (besonders bd den Schlußbildungen), das 
erst die Palestrina-Epoche abstreifte. Jedoch steht J. 
an der Wende einer Zeit, die das konstruktive Ideal 
zugunsten subjektiverer Färbung aufzugeben be- 
ginnt; seine Musik ist bereits voll von großen in- 
dividuellen, persönlichen Zügen. 

Ausg. : GA der Werke von J. im Auftrag der Vereeni- 
ging vor Nederlandsche Muziekgeschiedenis, 1921 be- 
gonnen und bis zu seinem Tode (15. 5. 1957) fortge- 
führt von A. Smijers, 41 H. bis 1956; 11 Werke in F. 
Gommers CoJIectio operum musicorum Batavorum in 
d. Bden VI (9-12), VII (8-11) u. VIII (1-3); Messe 
L’Homme armd, Motetten, Psalmen und Chansons 
zu 4-6 St., hrsg. v. F. Commer u. R. Eitner, PGfM 
V («= Bd 6), 1877; in F. Blumes »Chorwerk« erschie- 
nen Werke von J. in d. Heften: 1 : Missa Pange lingua, 
3: 6 Chansons, 18:4 Motetten, 20: Missa Da pacem, 
23: 3 Evangelienxnotetten, 33: 3 Psalmen, 42: Missa 
De beata virgine, 54: 2 Vcrgil-Motetten, 57: 3 Mo- 
tetten (die H. 1, 3, 18, 20, 23, 33 u. 42 hrsg. v. F. 


Blume, die H. 54 u. 57 v. H. Osthoff); Missa Pange 
lingua, Stabat mater u. 4 weltliche Werke bei A. W. 
Ambros, Gesch. d. Musik V, hrsg. v. O. Kade, Lpz. 
31911; 5 Stücke bei Scherino Beisp. 59-62; 3 Stücke 
bei Davison-Apel Anth. I, 89-91, vgl. auch 118; ein 
Stück in RD 21. 

Lit.: A. W. Ambros, Gesch. d. Musik III, Lpz. 
31891 ; A. Smuers, J. des Prez, in: Proc. Mus. Ass. 53, 
1927; A. Pirro, Hist, de la musique de la fin du XIV« 
s. h la fin du XVI e , Paris 1940; H. Osthoff, Zur Echt- 
heitsfrage u. Chronologie bei J.s Werken, Kgr.- 
Ber. Utrecht 1952; ders., Besetzung u. Klangstruktur 
in d. Werken v. J. des Prez, AfMw IX, 1952; H. 
Reiffenstein, Die weltlichen Werke d. J. des Prez, 
Diss. Ffm. 1952 (ungedruckt); C. Dahlhaus, Stu- 
dien zur M essen technik v. J. des Pr6s, Diss. Göt- 
tingen 1952 (ungedruckt). HO 

Jost, Franz, * 24. 8. 1843 zu Oschatz (Sachsen), 
f 19. 2. 1909 zu Leipzig; deutscher Musikalien- 
händler, war in den Musikalienhandlungen von Fr. 
Hofmeister (1866) und Fr. Kistner (1872) tätig, 
dann 1887-90 Mitinhaber der Firma F. E. Leuckart 
und seitdem Inhaber der seinen Namen tragenden 
Musikalienhandlung. J. hat über 40 Jahre lang 
(1866-1907) die Hofmeisterschen Monatsberichte 
bzw. Jahresberichte herausgegeben. 

Josten, Werner, * 12. 6. 1885 zu Elberfeld; ame- 
rikanischer Komponist deutscher Herkunft, Schü- 
ler von R. Siegel und Jaques-Dalcroze, lebte vor 
dem 1. Weltkrieg in München und Paris, dann wie- 
der in München, seit 1921 in New York, wurde 
1923 Professor of Music am Smith College in 
Northamjpton (Massachusetts). Um die Pflege äl- 
terer Musik machte sich J. durch Erstaufführungen 
von Opern Monteverdis, Fux' und Händels in den 
USA verdient. Werke: Opemmysterium Abraham 
und Isaak, Ballette Batouala (1930/31), Joseph and his 
Brethren (1932), Endymion (1933) ; Crurifixion für B. 
und gern. Chor, Ode for St. Cecilia's Day für S., 
Bar., Chor und Orch. (1925), Symphonie F dur 
(1936), Symphonie für Streicher (1946), Concerto 
sacro für Streicher und KL (Nr 1 und 2, beide 1927), 
Streichquartett (1934), 2 Violinsonaten und eine 
Sonatine, je eine Sonate für Vc., Horn und Kl.; 
Lieder. 

Lit : J. T. Howard, Our American Music, NY 31956, 
S. 425 f. 

Joteyko (jot'gko), Tadeusz, * 1.4.1872 zu 
Poczuiki (Ukraine), f 19.8.1932 zu Teschen; 
ukrainischer Komponist, war 1889 Schüler Ge- 
vaerts in Brüssel, dann noch bis 1895 von Nos- 
kowski in Warschau, wurde Dirigent in Kalisch 
und Lemberg, lebte ab 1914 in Warschau, wo er 
1914-18 das Philharmonische Orchester dirigierte. 
Werke: Symphonie C dur op. 1, Tondichtung 
Zwqtpienie i wiara (Zweifel und Glaube) op. 14, 
Boze Narodzenie (W eihnachtszeit) für Orch. op. 30, 
Opern Grqjek 0er Spider) op. 31, Zygmunt Au- 
gust op. 33, Rybak (Der Fischer) op. 35, Krölowa 
JaduHga (Königin Hedwig) op. 53; Tatra- Suite für 
Orch. op. 54, weitere Orchesterstücke, Kantaten, 
Chöre, Lieder, Kammermusik, Klavier- und Vio- 
linstücke sowie einige Schriften. 

Joubert ( 3 ub'e:r), John, *20. 3. 1923 zu Kapstadt 
(Südafrika) ; südafrikanischer Komponist, studierte 
am Diocesan College und an der Universität Kap- 
stadt sowie 1946-50 an der Royal Academy of 
Music in London. 1949 wurde er B. M. der Umver- 



Julian von Speyer 


sität von Durham und hält seit 1950 Vorlesungen 
über Musik an der Universität Hüll (England). 
Seine Werkliste umfaßt: Radiooper Antigone 
(1954), Opemeinakter In the Drought (1956), Ballet 
The Legend of Princess Vlei (1952), eine Sinfonie 
(1956), Ouvertüre für Orch. (1953), sinfonisches 
Vorspiel für Orch. (1954), Violinkonzert (1954), 
Te Deum für Chor und Org. (1953), Kantate Die 
Bürger von Calais , geistliche und weltliche Chöre, 
ein Streichquartett (1950), ein zweites Miniature 
String Quartet, eine Bratschensonate (1952), eine Kla- 
viersonate (1956), Tanzsuite für Kl., Divertimento 
für Kl. 4händig (1952), 5 Gesänge für T. und KL 

Jouret feu/e), - 1) Ldon, * 17. 10. 1828 zu Ath, 
t 6 . 6. 1905 zu Brüssel; belgischer Komponist, 
Schüler des Brüsseler Conservatoire, an diesem 
ab 1874 Professor einer Vokal-Ensembleklasse, 
machte sich von 1850 an einen Namen durch viele 
Lieder, Chorlieder, Kantaten, auch durch einzelne 
Kirchenwerke, Musik zu Radnes Esther und 2 
Opern, Quentin Metsys und Le tricome enchanti. - 
2 ) Theodore, * 11. 9. 1821 zu Ath, f 16. 7. 1887 zu 
Bad Kissingen; Bruder von L.J., Professor der 
Chemie an der Militärschule in Brüssel, Kompo- 
nist einer einaktigen komischen Oper Le miaecin 
turc , von Liedern und Männerquartetten, ab 1846 
auch als Musikkritiker tätig. 

Jubal, des Lamech und der Ada Sohn, war nach 
dem Liber Genesis IV, 21 Pater canentium cithara et 
organo . Lamech zeugte mit seinem zweiten Weibe, 
Sella, den -* Tubalcain und dessen Schwester 
Noema. 

J^denkünig, Hans, * um 1450 zu Schwäbisch- 
Gmünd, f 4. 3. 1526 zu Wien; deutscher Lauten- 
virtuose, ist der Verfasser zweier der ersten deut- 
schen Lautentabulaturwerke: Utilis et compendiaria 
introductio qua ut ßmdamento jacto quam facillime mur- 
sicum exercitium instrumentorum et Lutinae et quod 
vulgo Geygen nominant , addiscitur . . . (um 1515, mit 
Lautenübertragung der Tritoniusschen Odenkom- 
positionen) und Ain schone künstliche underwei- 
sung . . . auff der Lautten und Geygen . . . (1523). 

Ausg.: die Kompositionen d. Introductio u. d. Under- 
weisung, bearb. v. A. Koczirz, in: DTÖ XVIII, 2. 
Lit. : W. J. v. Wasielewski, Gesch. d. Instrumental- 
musik im XVI. Jh., Bin 1878, darin ein Priamell; 
A. Koczirz, Der Lautenist H. J., SIMG VI, 1904/05. 

Jue ( 3 Ü), Edouard, * 1794 zu Paris, Sterbedatum 
und -ort unbekannt ; französischer Musikpädagoge, 
auf dem Conservatoire ausgebildet, später Schüler 
von Galin, übernahm als Lehrer dessen Methode 
(Meloplast) und gab heraus: La musique apprise sans 
mattre (1824), SoYßge miloplaste (1826) und Tableau 
synoptique des prtncipes de la musique (1836). 

Jüngst, Hugo Richard, * 26. 2. 1853 und f 3. 3. 
1923 zu Dresden; deutscher Komponist, 1871-77 
Schüler des Konservatoriums in Dresden, 1876 
Gründer des Dresdner Mannergesangvereins und 
dessen Leiter bis 1904, ab 1878 auch Leiter des 
Julius Otto-Bundes, Dirigent und Preisrichter zahl- 
reicher Sängerfeste; komponierte viele erfolgreiche 
Männer- und gemischte Chöre, auch Chorzyklen: 
Südslavische Dorf bilder , Ungarische Steppenbilder , An 
der Wolga (russische Weisen), Mazeppa (polnisch) 
sowie 1-, 2- und 3st. Gesänge, Klavierstücke und 
Orchesterwerke. 


Jürgens, Fritz, * 22. 4. 1888 zu Düsseldorf, ge* 
fallen 25. 9. 1915 in der Champagne; deutscher 
Komponist, wandte sich als Autodidakt dem Mu- 
sikstudium zu und war ein vielversprechender 
Komponist von Liedern Gustav Falkes (45 Lieder) 
und Martin Greifs (36 Lieder) sowie einiger Lieder 
von Goethe, Hesse, Heine, Liliencron, Brentano 
und Dehmel (erschienen Mainz 1911-16). 

J$r?enson, Pjotr Iwanowitsch, * 17. 7. 1836 zu 
Reval, t 2. 1. 1904 zu Moskau; russischer Musik- 
verleger, erlernte den Musikhandel im Musikver- 
lagsgeschäft Moritz Bernard (1794-1871, als Pia- 
nist und Komponist Schüler von Fidd und Häßler, 
gründete 1829 seinen Verlag, der 1885 von J. auf- 
gekauft wurde) in St. Petersburg, richtete 1861 in 
Moskau ein eigenes Musikaliengeschäft ein, wurde 
von N. Rubinstein in die tonangebenden Musik- 
kreise eingeführt, erhielt die Stellung eines Liefe- 
ranten des Moskauer Konservatoriums, später die 
eines Mitglieds des Direktoriums der Kaiserlich 
Russischen Musikgesellschaft und hat seinem Ge- 
schäft zu einer Ausdehnung verholfen, die es in der 
Reihe der größten Weltfirmen eine Rolle spielen 
ließ. Der Verlag umfaßte hauptsächlich Werke 
von Glinka, Rimskij-Korsakow, Skgabin, beson- 
ders Tschaikowsky, den J. gewissermaßen ent- 
deckt hat und von dessen Werken er 1897 einen 
»Catalogue th&natique« herausgab, die russischen 
Ausgaben dieses Lexikons und anderer Werke 
Riemanns, auch die ersten billigen Gesamtausgaben 
der Klavierwerke von Mendelssohn (1863/64), 
Schumann (1869/70) und Chopin (1873). Nach 
dem Tode J.s wurde die Firma von seinen beiden 
Söhnen Boris und Grigori fortgeführt. 1917 trat 
Boris J. seine gesamten Verlagsrechte an den Ver- 
lag R. Forberg ab, bald darauf wurde der Verlag 
in Staatseigentum (Russischer Staatsverlag) über- 
geführt. 

Juilliard (d^ulja^), Augustus D., * 19. 4. 1836 
zu Canton (Ohio), f 25. 4. 1919 zu New York; 
amerikanischer Mäzen, Baumwollhändler, hinter- 
ließ bei seinem Tod einen Betrag von etwa 20 
Millionen Dollars zur Schaffung einerjuilliard Mu- 
sical Foundation, die 1920 erfolgte. Dem Ziel der 
Förderung unbemittdter Musikstudenten diente 
die neugegründete Juilliard School of Music, die 
jetzt die Juilliard Graduate School und (seit 1926) 
das von F. Damrosch gegründete Institute of Mu- 
sical Art in sich vereint. Als weitere Ziele der 
Stiftung wurden bestimmt die Veranstaltung von 
Konzerten zur musikalischen Bildung eines grö- 
ßeren Publikums und die Unterstützung des Me- 
tropolitan Opera House, eine Unterstützung, die 
auch anderen Institutionen zugute kam. 

Julian von Speyer OFM, f 1285 zu Paris; deut- 
scher Hymnendichter, in Paris ab Chormebter am 
Hofe, später im Franziskanerkloster wirkend, ver- 
faßte eine Legenda Sancti Francisci und gilt mit sei- 
nen Reimofnzien auf den heiligen Franziskus und 
Antonius ab Vollender dieser Gattung, in der alle 
liturgischen Gesänge eines Offiziums in Strophen 
gleichen Aufbaus gefaßt sind. Auch die Melodien 
der beiden Offizien stammen von J. 

Ausg.: Legenda S. Francisci, hrsg. v. E. d*ALEN$oN, 
OFM, Rom 1900; Die liturgischen Reimoffizien . . . 
v. Fr. J. v. Sp., hrsg. (mit Melodien) v. H. Felder 
OFMCap, Freiburg (Schweiz) 1901. 


889 



Julien 


Lit.: J. E. Weis, J. v. Sp., Mönchen 1900; ders., Die 
Choräle J.s v. Sp. zu d. Reimoffizien, München 
1901 ; P. Wagner, Ursprung u. Entwicklung d. litur- 
gischen Gesangsformen, Lpz. 2 1905, 31911, auch frz., 
engl. u. ital.; E. Brüning OFM, Giuiiano da Spira, 
Note d’Arch. IV, 1927; ders., Der mus. Wert d. 
Reimoffiziums zu Ehren d. hl. Antonius, Gregorius- 
blatt LV, 1931 ; H. Dausend OFM, J. v. Sp., Litera- 
turwiss. Jb. d. Görres-Ges. III, 1928; O. Ursprung, 
Die kath. Kirchenmusik, Potsdam (1931); A.van 
Duk, Wann hat J. v. Sp. seine Reimoffizien . . . ver- 
faßt? Franziskanische Studien XXIII, 1936; E. Jam- 
mers, Wort u. Ton bei J. v. Sp., In: Der kultische 
Gesang d. abendländischen Kirche, hrsg. v. F. Tack, 
Köln 1950; H. Höschen, Artikel Franziskaner, MGG. 

Julien (sülj'Ö). Louis Antoine (Jullien), * 23. 
4. 1812 zu Sisteron (Basses-Alpes), f 14. 3. 1860 
zu Paris; französischer Dirigent, Schüler Haldvys 
am Pariser Conservatoire, aber wegen mangelnden 
Heißes aus der Anstalt entfernt, Komponist von 
populären Tänzen, Märschen, Potpourris usw., in 
der Folge Dirigent der Ballkonzerte des Jardin turc, 
1838 in London Gründer der »Promenadenkon- 
zerte«, konzertierte in Großbritannien und Amerika 
mit seinem Orchester, gründete auch eine Musi- 
kalienhandlung in London und schließlich ein 
eigenes Opemuntemehmen, das bald fallierte und 
ihn in Schuldhaft brachte. Nicht lange nach seiner 
Freilassung verfiel er in Wahnsinn. 

Lit.: A. Carse, The Life of Jullien: Adventurer, 
Showman-Conductor and Establisher of the Prome- 
nade Concerts in England, Cambridge 1951. 

Jullien ( 3 Ülj'Ö) Jean Luden Adolphe, * 1. 6. 1845 
und f 30. 8. 1932 zu Paris; französischer Musik- 
schriftsteller, Sohn von M. B. J., Mitarbeiter der 
Revue et Gazette musicale, des Menestrel, der 
Chronique musicale und Musikreferent verschie- 
dener politischer Zeitungen, vor allem am Journal 
des Debats, an dem er bis in seine letzten Lebens- 
jahre wirkte, schrieb eine große Zahl von Arbeiten 
vorwiegend zur französischen Theater- und Opem- 

f eschichte des 18. Jh. Bedeutend sind auch seine 
iographien Richard Wagner, sa vie et ses ceuvres 
(Paris 1886, englisch von J. B. Lung 1901) und 
Hector Berlioz (Paris 1888) sowie Musidens d'au- 
jourd 9 hui (2 Bände, 1892 und 1894) und Musique 
(Mdanges d’histoire et de critique . . ., 1895). 

Lit. : F. Delhasse, Ecrivains fr$., A. J., Brüssel 1884. 

Jm nilh ac feumLi'ak), Dom Pierre Benoit de, 

* 1611 auf Schloß St-Jean de Ligour bei Lim oges, 
t 21. 4. 1682 als Adjunkt des Ordensgenerals der 
Benediktiner (Kongregation St-Maur), schrieb La 
sdence et la pratique au plain chant (Paris 1673). 
Ausg.: n« Edition scrupuleusement r6imprim6e . . ., 
hrsg. v. Th. Nisard u. A. le Clercq, Paris 1847. 
Lit: Th. Nisard, Biogr. de Dom..., Paris 1865; 
M.Brenet, Additions inädites de Dom J. k son 
traitö de »La Science et la pratique du plaint-chant« 
(1673), pubL d’aprfcs le ms. de la Bibi, nationale, Paris 

Junk, Victor, * 18. 4. 1875 zu Wien, + 5. 4. 1948 
zu Frohnleiten (Steiermark); österreichischer Li- 
teraturforscher, war Professor an der Universität 
Wien, leitete auch den von ihm gegründeten Chor 
der Wiener Bachgemeinde und war Musikreferent 
mehrerer Zeitschriften. Schriften: Goethes Fort- 
setzung der Zaubeiflote (Berlin 1900), Max Reger ab 
Orchesterkomponist (Berlin und Leipzig 1910), 


Tannhäuser in Sage und Dichtung (München 1911), 
Grabage und Graldichtung des Mittelalters (Wien 
1911, * Sitzungsberichte der kaiserlichen Akad. 
der Wiss., Philosophisch-historische Klasse, Band 
168, 4. Abh.), Die Bedeutung der Schlußkadenz im 
Musikdrama (Wien 1926), Handbuch des Tanzes 
(Stuttgart 1930), Die taktwechselnden Volkstänze 
(Schriftenreihe des Staatlichen Instituts für Deut- 
sche Musikforschung HI, Leipzig 1938). Kompo- 
sitionen: Opern Die Wildfrau und Don Pablo, Mu- 
sik zu Nestroys Wohnung zu vermieten, Oratorium 
Legende von der Liebe, Tondichtung Dürnstein; 
Spieglein an der Wand für 2 St. und Orch. ; Klavier- 
stücke, Männer chöre und Lieder; auch bearbeitete 
er Mozarts »Mitridate« und gab eine Messe von 
Nicolaus Bach sowie Motetten von Christoph 
Bach heraus. 

Junker, Carl Ludwig, * um 1740 zu Öhringen, 
t 30. 5. 1797 zu Rupertshofen bei Kirchberg 
(Hohenlohe) ; deutscher Pfarrer und Musikschrift- 
steller, komponierte 3 Klavierkonzerte, eine Kan- 
tate Die Nacht, ein Melodrama Genoveva im Thurme , 
und Lieder, schrieb: Zwanzig Komponisten (Bern 
1776, besonders ausführlich über die Mannheimer 
Komponisten), Tonkunst (Bern 1777, mit dem vo- 
rigen zusammen als Portefeuille für Musikliebhaber 
21792), Betrachtungen über Mahler ey, Ton- und Bild- 
hauerkunst (Basel 1778), Einige der vornehmsten 
Pflichten eines Capellmeisters (Winterthur 1782), 
Heber den Werth der Tonkunst (Bayreuth und Leip- 
zig 1786). 1791 berichtete er in Boßlers »Musica- 
lischer Correspondenz« über die Bonner Hofka- 
pelle und besonders über Beethovens Klavierspiel. 
Die Zuweisung dreier anonymer 1782-84 erschie- 
nener Musikalmanache (Druckort »Alethinopd«) 
an ihn ist ungewiß. 

Ausg.: Der Ber. über d. Bonner Kapelle in: A. W. 
Thayer, L. v. Beethovens Leben I, bearb. v. H. Dei- 
ters u. H. Riemann, Lpz. 31917. 

Lit.: anon., Allerlei alte Neuigkeiten, MfM XII, 
1880. 

Junne, Otto, * 19. 3. 1854; deutscher Musikver- 
leger, gründete 1887 in Leipzig den seinen Namen 
tragenden Musikverlag, errichtete auch ein Kom- 
missions- und Sortimentsgeschäft und übernahm 
die Vertretung von A. Durand & Co. und anderer 
französischer Häuser. 1905 trat Erhard Schultz 
(* 7. 9. 1879) als Mitinhaber ein, der 1909 Allein- 
inhaber der Leipziger Firma O. Junne wurde, wah- 
rend J. den 1889 angekauften Verlag Schott Fr&res 
in Brüssel allei n , weiterführte. 1920 wurde die 
Leipziger Firma in eine G. m. b. H. umgewandelt. 
Der Verlag wurde nach seiner Zerstörung im 
Krieg in Wiesbaden (mit einer Zweigniederlassung 
in München) wieder aufgebaut und führt vorwie- 
gend Werke der Unterhaltungsmusik, Untemchts- 
Eteratur und Orgelmusik. Die Firma vertritt heute 
auch den Verlag der israelischen Komponistenver- 
eimgung. Als Leiterin der Firma zeichnet gegen- 
wärtig Frau Edith Wahl, geborene Bielefeldt. 

Jijato (Giunta), - 1) Giacomo, aus Horenz ge- 
bürtig; italienischer Musikverleger, zweifellos ver- 
wandt mit Luca Antonio J., da er dieselben Firmen- 
zeichen führte. Er ist ab 1518 in Rom nachweisbar 
und druckte u. a. Sammelwerke Petrucds nach. - 
2) Luca Antonio, italienischer Verleger, in Ve- 
nedig ansässig, gab ab 1494 liturgische Gesang- 


890 



Juul 


bücher mit Noten heraus. Den Druck besorgte zu- 
erst Joh. Emmerich, dann Bonetus Locatellus. Die 
Firma bestand noch im 17. Jh. 

Juon (j'uon), Paul, * 8.3.1872 zu Moskau, f 21.8. 
1940 zu Vevey; russischer Komponist Schweizer 
Herkunft, studierte in Moskau Violine bei Hfimaly 
und Komposition bei Tanejew und Arenskij, ab 
1894 auch noch bei Bargiel in Berlin, wurde 1896 
Violin- und Theorielehrer am Konservatorium in 
Baku, kehrte 1897 nach Berlin zurück, wo er bis 
auf seine letzten, in Vevey verbrachten Jahre lebte 
und 1906 Kompositionslehrer an der Hochschule 
für Musik, 1919 Mitglied der Akademie der 
Künste wurde. T. ist vor allem Kammermusik“ 
Komponist Brahmsscher Richtung, nicht ohne 
seine Nationalität in der Leidenschaftlichkeit seiner 
Melodik und Rhythmik zu verraten. Werke: 
I. Streichquartett D dur op. 4, I. Violinsonate A 
dur op. 7, Silhouetten für 2 V. und KL op. 9, Brat- 
schensonate D dur op. 15, 5 Stücke für Streich- 
orch. op. 16, 1. Klaviertrio A moll op. 17, Klavier- 
sextett C moll op. 22, Symphonie A dur op. 23, 
Kammersymphonie op. 27, II. Streichquartett A 
moll op. 29, Tanzpoem Psyche op. 32, I. Klavier- 
quintett Dmoll op. 33, Divertimento für Klar, 
und 2 Va op. 34, Orchestersuite Aus einem Tagebuch 
op. 35, Eine Serenadenmusik für Orch. op. 40, 
I. Violinkonzert H moll op. 42, II. Klavierquintett 
F dur op. 44, Episodes concertantes für Klaviertrio 
und Orch. op. 45, II. Violinkonzert A dur op. 49, 
Klavierquartett Gdur op. 50, Divertimento für 
Bläser und Kl. F dur op. 51, Cellosonate A moll 
op. 54, II. Klaviertrio G dur op. 60, HI. Streich- 
quartett C dur op. 67, II. Violinsonate F dur op. 
69, Litaniae für Klaviertrio op. 70, Flötensonate 
F dur op. 78, Klarinettensonate F moll op. 82, Le- 
gende für Klaviertrio op. 83, Bläserquintett op. 84, 
Serenade für Streichorch. op. 85, ÖL Violinsonate 
H moll op. 86, EI. Violinkonzert op. 88, Suite für 
Klaviertno op. 89, Divertimento für Streichorch. 
op. 92, Orchestersuiten op. 93 und 94, Rhapso- 
dische Symphonie op. 95, Tanzcapricen für Orch. 
op. 96, Burletta für V. und Orch. op. 97, Sinfonietta 
capricciosa op. 98, Klavier- und Violinstücke, Lie- 
der, ferner Lehrbücher und die Übersetzung von 
Arenskij s Harmonielehre und M. Tschaikowskys 
Das Leben Peter Hiitsch Tschaikowskys (2 Bände, 
Leipzig 1901-04). 

Jupin foüp'e), Charles Fra^ois, * 30. 11. 1805 
zu Chambdry, f 12. 6. 1839 zu Paris; französischer, 
früh gereifter Violinvirtuose, Schüler des Pariser 
Conservatoire (Baillot), mehrere Jahre Kapell- 
meister in Straßburg, zuletzt 2. Orchesterdirektor 
an der Opdra Comique; komponierte ein Violin- 
konzert, ein Streichtrio, Klaviertrio, Phantasie für 
V. und KL sowie kleinere Instrumentalstücke. 

Jurgenson, Pjotr Iwanowitsch Jürgenson. 

Jurinac (j'urinats), Sena (eigentlich Srebrenka), 
* 24. 10. 1921 zu Travnik; jugoslawische Sängerin 
(Sopran), studierte am Konservatorium in Zagreb 
und debütierte dort 1942 am Opernhaus. Seit 1945 
ist sie Mitglied der Staatsoper Wien, mit der sie 


auch zahlreiche Gastspielreisen unternahm. Da- 
neben sang sie auf den Musikfesten in Salzburg, 
Edinburgh und Glyndboume. 

al-Jurjäni -> al-öurgäni. 

Jurjans, Andrejs, * 18.9.1856 zu Erlaa (Liv- 
land), f 28. 9. 1922 zu Riga; lettischer Komponist, 
war 1875-82 Schüler Rimskij-Korsakows am Pe- 
tersburger Konservatorium, 1882-1916 Lehrer an 
der Kaiserlichen Musikschule in Charkow, kehrte 
dann nach Riga zurück und gründete dort 1912 
eine lettische Oper, war auch Organist und Hornist, 
Sammler und Bearbeiter lettischer Volksweisen 
und Komponist nationaler Richtung. Werke: Con- 
certo elegiaco op. 11 für Vc. und Orch., eine sym- 
phonische Dichtung, 4 Kantaten, Chöre und 
Lieder. 

Jyrovsk^, §imon, * 8. 2. 1912 zu Ulmanka (bei 
Banskä Bystrica); slowakischer Komponist, stu- 
dierte 1931-36 an der Musikakademie in Preßburg, 
1943/44 bei J. Marx an der Wiener Musikaka- 
demie. 1948 wurde er Leiter der Musikabteilung 
beim Sender Preßburg. Er schrieb mehrere Büh- 
nen- und Filmmusiken, Pastordlna suita (1939) und 
2. Orchestersuite (1943), Serenddu für Streicher 
(1940), symphonisches Scherzo (1941), sympho- 
nische Dichtung Za&ttd cesta (Der Tag begann, 
1948), Streichquartett Melodie a dialogy (1944), 
Streichtrio (1948), Klavierstücke und einen Lieder- 
zyklus MuSkdt (1945, orchestriert 1947). 

Lit: Zd. Bokesovä, Profil Simona Jurovskdho, Preß- 
burg 1955. 

Jurpwskij, Wladimir Michajlowitsch, * 20. 3. 
1915 zu Taraschtsch (Ukraine) ; russischer Kompo- 
nist, Schüler Mjaskowskijs am Moskauer Konser- 
vatorium, schrieb eine Oper Duma pro Opanasa 
(Lemberg 1940), ein Oratorium und kleinere 
Chorwerke, 3 Liederzyklen, Schauspielmusiken, 
über 20 Filmmusiken, 3 Ballette, 2 Symphonien 
(Fis moll 1934, C moll 1955) und Orchesterstücke, 
ein Klavierkonzert (1940) sowie 2 Streichquartette 
(1934 und 1948). 

Juszkiewicz (jujkj'evitj), die Brüder, beide ka- 
tholische Priester, litauische Volksliedsammler, - 
1) Johann, * 8. 6. 1815 zu Zacan (Gouvernement 
Kowno), f 11. 5. 1886 als Gymnasialprofessor zu 
Kasan, - 2) Anton, * 16. 6. 1819 zu Dowiatz 
(Gouvernement Kowno), t L 11. 1880 zu Kasan. 
Die Sammlung der beiden J. wurde herausgegeben 
von S. Noskowski und J. Baudoin de Courrency. 
Auch waren sie beteiligt an den polnischen Volks- 
liedersammlungen von Kolberg. 

Juul, Asger, * 9. 5. 1874 zu Kopenhagen, f 1919 
zu Roskilde ; dänischer Komponist, studierte Medi- 
zin, ging aber zur Musik über, war Schüler von 
G. Matthison Hansen und 1904/05 von H. Rie- 
mann in Leipzig. Ab 1906 lebte er wieder als Mu- 
siklehrer und Kritiker am Kristelig Dagblad in 
Kopenhagen, wurde 1910 Kantor, später Organist 
an der dortigen MatthaeusJrirche, 1918 Domkantor 
in Roskilde. Von ihm erschienen Lieder und Kla- 
vierstücke. 


891 



K 


K*anzAIb6stu,Jindrich, *29.5. 1852zuTarao- 
pol (Galizien), f 7. 3. 1926 zu Roudna; tschechi- 
scher Pianist und Komponist, Schüler von Blodek 
und Skuhersky in Prag, begleitete 1884 Dvofik 
nach London, wurde in Prag 1889 Klavierpro- 
fessor am Konservatorium und war 1907-18 dessen 
Direktor. Werke: die Opern »Der Flüchtling« und 
GermittaL Melodram »Toman und die Waldfec«, 
das erste große tschechische Ballett Bajaja, Panto- 
mime Olim, zahlreiche Orchester- und Kammer- 
musikwerke, mehrere Klavierkonzerte, 3 Violin- 
sonaten und Klavierstücke. 

Kabalgwsldj, Dmitrij Borissowitsch, * 30. 12. 
1904 zu St. Petersburg; russischer Komponist, stu- 
dierte bis 1930 am Moskauer Konservatorium 
Komposition bei Catoir und Mjaskowskij, Klavier 
bei Goldenweiser, 1932 wurde er dort Dozent, 
1939 Professor für Komposition. Zugleich war K. 
Redakteur am Rundfunk und bei dem Verlag 
Musgis, 1939-48 Mitglied des Präsidiums des Or- 
ganisationskomitees des Sowjetischen Kompo- 
nistenverbandes, 1940-46 Redakteur der »Sowjets- 
kaja musyka«, 1943-45 Vorsteher der Kunstabtei- 
lung des sowjetischen Rundfunks, 1949-52 Leiter 
der Musikabteilung des Instituts für Kunstge- 
schichte der Sowjetischen Akademie der Wissen- 
schaften. Seit 1952 ist K. Sekretär des Sowjetischen 
Komponistenverbandes, seit 1954 auch Mitglied 
im Kollegium des . Sowjetischen Kultusministe- 
riums. Mit seinen Kompositionen, die in popu- 
lärer Haltung an die Tradition des 19. Jh. anknüp- 
fen, steht er in vorderster Reihe der anerkannten 
Repräsentanten zeitgenössischer Musik in der 
Sowjetunion. Er schrieb: 3 Sonaten (1928, 1945, 
1948), 2 Sonatinen (1930, 1933), 24 Prfludes und 
viele Stücke (besonders für Kinder) für Kl.; 2 
Streichquartette (1928, 1945); Suite für Jazzband 
(1940) ; 3 Symphonien (I Gis moll, 1932; II C moll, 
1934; HI B moll Requiem auf Wl. I. Lenin, 1933) ; 
3 Klavierkonzerte (1929, 1936, 1952) ; ein Violin- 
konzert (1949); ein Cellokonzert (1949); Lieder, 
darunter 10 Shakespeare-Sonette (1953) und Kin- 
derlieder; Chorwerke; Opern, darunter Colas 
Breugnon (frei nach R. Rolland, 1937); Schauspiele, 
Film- und Hörspielmusiken ; Ballett Solotyje ko - 
losja (»Goldene Ähren«, 1940). K. schrieb auch 
Aufsätze in der »Sowjetskaja musyka« sowie: 
Rimskij-Korsakow i modemism (»R.-K. und der 
Modernismus«, in dem Sammelband »Rimskij- 
Korsakow« I, Moskau 1953) und B. Wl. Assafjew 
(Moskau und Leningrad 1954). 

Kab^sta, Oswald, * 29. 12. 1896 zu Mistelbach 
(Österreich), f (durch Freitod) 6. 2. 1946 zu 
Kufstein; österreichischer Dirigent, studierte Mu- 
sik an den Akademien von Wien und Klosterneu- 
burg, wirkte als Gesanglehrer an Mittelschulen in 
Wien, bis er sich 1924 der Kapellmeisterlaufbahn 
zuwandte (Baden, Wiener Neustadt). 1926-31 


wirkte er als GMD in Graz und dirigierte als Gast 
die Konzerte der Gesellschaft der Musikfreunde in 
Wien. 1931 übernahm er die musikalische Leitung 
des Wiener Rundfunks und die Dirigentenklasse 
an der Musikakademie. Daneben dirigierte er wei- 
ter das Orchester der Gesellschaft der Musikfreunde, 
auch nach seiner 1938 erfolgten Berufung als Leiter 
der Münchener Philharmoniker. K., dessen Vor- 
liebe den Werken des 19. Jh. galt, wurde beson- 
ders geschätzt als Interpret Brucknerscher Werke. 
Er setzte sich nachdrücklich für das Schaffen von 
Franz Schmidt ein. 

Kabay?o, - 1) Gilöpez, * 23. 12. 1929 auf der 
Hacienda Faradn, Fabrica, Negros Occidental; 
philippinischer Violinist, entstammt einer musi- 
kalisch hochgebildeten Familie und erhielt den 
ersten Violinunterricht von seinem Vater. Zu wei- 
teren Studien ging er 1948 nach New York, 1953 
noch zu Thibaud in Paris. Seither tritt er in Amerika 
und auf den Philippinen auf, auch mit seiner 
Schwester: - 2) Marcelita Löpez, * 10. 3. 1933 
auf der Hacienda Faradn; Pianistin, büdete sich 
ebenfalls in New York aus und ist seit ihrem Pa- 
riser Auftreten 1953 vornehmlich als Interpretin 
Chopins bekannt geworden. 

Kabel** (k'abßla.-tj), Miloslav, * 1. 8. 1908 zu 
Prag: tschechoslowakischer Dirigent und Kompo- 
nist, besuchte nach anfänglichem Studium an der 
Technischen Hochschule 1928-35 am Staatskon- 
servatorium Prag die Meisterklasse für Kompo- 
sition, Dirigieren und Klavier. Schon während 
seiner Studienzeit kam er 1932 zum Prager Rund- 
funk als Dirigent und 1. Musikregisseur. Seine Ar- 
beitsgebiete waren zeitgenössische Musik und die 
Wiedergabe der Werke alter Meister. 1946-55 
leitete er den gesamten Musikbetrieb beim Rund- 
funk und widmet sich seitdem in Prag ausschließ- 
lich der Komposition. K. schrieb 2 Symphonien, 
2 Ouvertüren für großes Orch., Suite »Für Kinder« 
für kleines Orch., ein Bläsersextett, Fantasie für 
Kl. und Orch., eine Violinsonate, Sonatine für Ob. 
und KL, weitere Kammermusik, Klaviermusik, 
Kantaten, Chöre, Bühnenmusik, Lieder mit Or- 
chester- und Klavierbegleitung. 

Kade, Otto,* 6. 5. 1819 zu Dresden, 1 19. 7. 1900 
zu Doberan ; deutscher Musikforscher, Schüler von 
J. Otto und Johann Schneider, gründete nach 
1 Vs jährigem Studienaufenthalt in Italien 1848 den 
Cäcilienverein (für alte Kirchenmusik) in Dresden, 
wo er 1853 Musikdirektor der Neustädter Drei- 
königskirche wurde, und übernahm 1860 als Nach- ‘ 
folger J. Schäffers mit dem Titel eines Großher- 
zoglichen Musikdirektors die Direktion des 
Scnloßehors in Schwerin. 1884 ernannte ihn die 
Universität Leipzig zum Dr. phil. h. c. K. schrieb 
viele liturgische Kompositionen auf altgregoria- 
nische Weisen (Cantionale für die evangelisch-lutheri- 
schen Kirchen . . ., in 3 Teilen, 1867-SO), ein Offi- 


892 



Kafka 


cielles Melodienbuch für die Mecklenburger Landes- 
kirche (1869). Außer Studien in den MfM, in der 
AmZ u. a. schrieb K.: Der neuaufgejundene Luther- 
Kodex vom Jahre 1530 (Dresden 1873), Joh. Wal- 
thers Wittenbergisch geistlich Gesangbuch von 1524 
(Ausgabe; PGtM VII, 1878), Die weltliche deutsche 
Liedweise . . . (Mainz 1874), Monographien über 
Matth. Le Maistre (Mainz 1862) und Heinrich Isaak 
(ADB XIV, Leipzig 1881), eine Übersetzung von 
Scudos Le Chevalier Sarti unter dem Titel: Der 
Chevalier Sarti oder musikalische Zustände Venedigs 
im 18. Jh. (Dresden 1858), redigierte den 5. Band 
von Ambros* Geschichte der Musik (»Notenbei- 
lagen« zum 3. Band, 1882) und die 2. Auflage des 
3. Bandes (1893). 1891-93 gab er 4 Hefte älterer 
Passionsmusiken (vor Schütz) heraus und schrieb 
Die ältere Passionskomposition bis zum Jahre 1631 
(Gütersloh 1893). Verdienstlich ist sein thema- 
tischer Katalog der Musikalien des Mecklenburg - 
Schweriner Fürstenhauses in der Landesbibliothek (2 
Bände mit Nachtrag, Schwerin 1893-99). 

Kade, Reinhard, * 25. 9. 1859 und f vermutlich 
1937 zu Dresden, Professor am Königlichen Gym- 
nasium in Dresden-N., Sohn von Otto K., schrieb: 
Katalog der Musiksammlung in der Königlichen Biblio- 
thek zu Dresden (1890, Beilage der MfM), Chri- 
stoph Demant (VfMw VI, 1890) und Antonius Scan- 
dellus (SIMGXV, 1913/14). 

Kadosa (k'adoja), P41, *6. 9. 1903 zu Ldva (jetzt 
Levuca, Tschechoslowakei); ungarischer Kompo- 
nist, lebt in Budapest. Nach Absolvierung des 
Gymnasiums von Nagyszombat studierte er 1923 
bis 1927 an der Budapester Musikakademie Klavier 
bei Szdkely und Komposition bei Koddly. Seither 
wirkt er in der Landeshauptstadt als Klavierpro- 
fessor (1927-43 am Fodorschen Konservatonum, 
1943-44 an der Goldmark-Musikschule, seit 1945 
an der Musikhochschule) und Komponist. 1928 
gründete er die Gruppe »Moderne Ungarische 
Musiker«, die sich später der ungarischen Sektion 
der IGNM anschloß. 1948 organisierte er das 
1. Internationale Bartök-Fest. In seinen Komposi- 
tionen überwiegt das national-folkloristische Ele- 
ment. K.s OrcnesterschafFen umfaßt 2 Diverti- 
menti, 2 Symphonien (1945 und 1949), ferner 
3 Klavierkonzerte, 2 Violinkonzerte, ein Brat- 
schenkonzert sowie ein Konzert für Streichquar- 
tett mit Bläsern und Schlagwerk. Unter seinem 
umfangreichen Klavierwerk befinden sich 3 Suiten 
und 3 Sonaten, Volkstanz- und Kinderlieder- 
Zyklen, Kammermusik, Lieder und Kammerkan- 
taten. Unter den Auspizien der Nachkriegszeit 
legte er mehrere Zeitstücke vor, so die Oper »Irren 
ist staatlich« (Budapest 1947), eine Trauerode (1945) 
und eine »Märzouvertüre« (1948). 

K$ferle, Karl Heinrich, * im Mai 1768 zu 
Waiblingen (Württemberg), t 28. 2. 1834 zu Lud- 
wigsburg; obwohl von frühester Kindheit an er- 
blindet, wurde er trotzdem ein außerordentlich 
geschickter Instrumentenmacher, dessen Forte- 
pianos sehr gesucht waren. 

Lit.: vgl. Schillinge (auch im Supplementbd) und 
AmZ I, 70; Fr. J. Hirt, Meisterwerke d. Klavierbaus, 
Olten 1955. 

Kähler, Willibald, * 2. 1. 1866 zu Berlin, f 17. 
10. 1938 zu Klein-Machnow bei Berlin; deutscher 


Dirigent, Schüler der Berliner Königlichen Hoch- 
schule für Musik (Kiel, Herzogenberg, G. Engel), 
ab 1887 Dirigent in Hannover, Freiburg im Breis- 
gau, Basel, Regensburg, Rostock, 1891 Nachfolger 
Rezniceks in Mannheim, 1893-1901 auch Hifis- 
dirigent der Bayreuther Festspiele, 1906-31 Hof- 
kapellmeister in Schwerin, 1911 Professor, 1924 
GMD, 1931 Dr. phil. h. c. (Rostock). 1931 siedelte 
er nach Gauting bei München über. Von seinen 
Kompositionen erschienen im Druck Lieder, Män- 
nerchöre, Klavierstücke und eine Elegie für V. mit 
Orch. ; auch schrieb er einen symphonischen Pro- 
log zu Kleists Prinz von Homburg (1910), revi- 
dierte die nachgelassenen Partituren von H. 
Wolfschen Liedern mit Orch. In der Gesamtaus- 

f abe von C. M. von Webers Musikalischen Wer- 
en gab er (Reihe II, Band 2) Rübezahl und Silvana 
heraus (Augsburg 1928). Er schrieb auch Aufsätze 
in Fachschriften. 

Lit: vgL A. E. Reinhard in ZfM CVI, 1939. 

Kämpf, Karl, * 31. 8. 1874 zu Berlin, + 14. 11. 
1950 zu München; deutscher Männerchorkompo- 
nist, Schüler von F. E. Koch, zuerst Harmonium- 
virtuose, wurde 1925 Dirigent der Liedertafel 
Mönchen-Gladbach. Seine größeren Werke sind: 
symphonische Dichtung Aus Eichendorffs jungen 
Tagen op. 34; symphonischer Marsch Neidhöhle ; 
Orchestersuiten Hiawatha (nach Longfellow) op. 
27, Aus baltischen Landen op. 24 und Andersens 
Märchen ; Zyklus Am Genfer See ; Zwei Melodien 
für Streichorch.; Meeressage , Aus Natur und Leben; 
Gaudeamus-Lieder (nach Adolf Jensen) für Männer- 
chor und Orch.; Thüringer Kantate für Männer- 
chor, Altsolo und Orch. ; eine ösatzige Symphonie 
Die Macht des Liedes für Männerchor, S.solo, gro- 
ßes Orch. und Org. op. 66; Pathetische Sonate 
B moll für Vc. und KL op. 62; Lieder, Duette, 
Männer- und Frauenchöre; Klavierstücke, Kom- 
positionen für »Normalharmonium«. 

Lit. : J. Hagemann, K. K., in: Monographien mo- 
derner Musiker II, Lpz. 1907. 

Kaempfert, Max, * 3. 1. 1871 zu Berlin, f 2. 6. 
1941 zu Frankfurt am Main; deutscher Kapell- 
meister, ausgebildet in Paris und München, war 
1893-98 Konzertmeister und zeitweilig Dirigent 
des Kaim-Orchesters in München, ging 1898 als 
Kapellmeister nach Eisenach, 1899 nach Frankfurt 
am Main, wurde dort 1915 Universitätsmusik- 
direktor, wurde 1923 in Solothurn Musikdirektor 
und Leiter einer Privatmusikschule und war 1930 
bis 1937 Musiklehrer an der Kantonsschule. Seine 
Frau Anna war eine geschätzte Oratoriensängerin 
(Sopran). Werke: Volksoper Der tote Gast ; Ope- 
rette Der Schatz des Sultan ; Musik zu Emst Krei- 
dolfs Ein Wintermärchen und zum Märchen Hansel 
und Gretel ; 3 Rhapsodien (darunter Schwäbische 
Rhapsodie ) und kleinere Stücke für Orch.; Kam- 
mermusik; Lieder. 

Kafka, Heinrich, * 25. 2. 1844 zu Strazowitz 
(Böhmen), f im April 1917 zu Wien; böhmischer 
Komponist, Schüler Mildners und Krejchs, ab 1875 
Musiklehrer in Wien, schrieb mehrere Opern 

g telisande , König Arthur ) $ eine symphonische 
chtung Der Gott und die Bajadere , Klaviertrios, 
Violinsonaten und Lieder. 

Lit. : J. Löwenbach, Jindfich K., zapomenutf roman- 
tik (H. K., ein vergessener Romantiker), Prag 1938. 


893 



Kafka 


Kafka, Johann Nepomuk, * 17. 5. 1819 zu 
Neustadt an der Mettau (Böhmen), + 23. 10. 1886 
zu Wien; böhmischer Salonkomponist, schrieb 
eine große Zahl brillanter, aber seichter Klavier- 
stücke. K. war ein passionierter Sammler von Auto- 
graphen. Das in seinem Besitz gewesene Skizzen- 
buch Beethovens, das sogenannte Kafkasche Skiz- 
zenbuch, gelangte 1875 in das British Museum in 
London (Add. Ms. 29801). 

Lit.: J. S. Shedlock, Beethoven’s Sketch Book, in: 
Musical Times XXXHI/IV, 1892/93. 

Kahl, Willi, * 18.7.1893 zu Zabem (Elsaß); 
deutscher M unkf orscher, studierte ab 1911 in Frei- 
burg im Breisgau, München und Bonn Philologie, 
Germanistik, Philosophie und Musikwissenschaft, 
promovierte in Bonn 1919 mit einer Arbeit Das 
lyrische Klavierstück zu Beginn des 19. Jahrhunderts 
und seine Vorgeschichte im 17. und 18. Jahrhundert 
(zum größten Teil erschienen A£Mw IE, 1921: 
Das lyrische Klavierstück Schuberts und seiner Vor- 
gänger seit 1810; ZfMw m, 1920/21: Zu Mendels- 
sohns Uedem ohne Worte , und in Z£M 1922: Aus 
der Frühzeit des lyrischen Klavierstücks). K. wurde 
1922 Musikreferent der Kölnischen Zeitung, ha- 
bilitierte sich 1923 an der Universität Köln und 
ist dort seit 1925 Bibliothekar, seit 1928 Biblio- 
theksrat der Universitats- und Stadtbibliothek, 
seit 1938 außerplanmäßiger Professor der Universi- 
tät Köln. Schritten: Musik und Musikleben im Rhein- 
land (Köln 1923), Herbart als Musiker (Langensalza 
1926), Verzeichnis des Schrifttums über Franz Schu- 
bert 1828-1928 (= Kölner Beiträge zur Musikfor- 
schung I, Regensburg 1938), Selbstbiographien deut- 
scher Musiker des XVIII. Jahrhunderts (Köln und 
Krefeld 1948), Musik ab Erbe (Köln und Krefeld 
1949), Studien zur Kölner Musikgeschichte des 16. und 
17. Jahrhunderts (= Beiträge zur Rheinischen Mu- 
sikgeschichte m, Köln und Krefeld 1953), mit W. 
M. Luther: Repertorium der Musikwissenschaft (Kas- 
sel und Basel 1953). Studien: Die russbehen Nova- 
toren und Borodin (Mk, 1923), Schuberts Lieder in 
Frankreich bb 1840 (Mk XXI, 1928), Pergolesi und 
sein Stabat Mater (Kmjb XXXV, 1951), Frühe Lehr- 
werke Jur das Hammerklavier (AfMw EX, 1952), Die 
alten Musikalien der Kölner Universitats- und Stadt- 
bibliothek (in: Tb. des Kölnischen Geschichtsvereins 
XXVHI, 1953), Zur Geschichte des Bonner Beethoven- 
denkmah, Mt einem Brief Anton Schindlers (in: 
Beethoven-Jb. 1953/54, = V eröfientlichungen des 
Beethoven-Hauses in Bonn, N. F., n, 1, Bonn 
1954), Zur musikalischen Renaissancebewegung in 
Frankreich während der 1. Hälfte des 19. Jamkunderts 
(in: Festschrift T. Schmidt-Görg, Bonn 1957). K. 
gab Klavierstücke der Romantik (Stuttgart 1926), 
von J. A. P. Schulz, G. Benda und J. G. Muthd 
heraus und bearbeitete für K. G. Fdlerers »Musik- 
werk« das Heft Das Charakterstück (Köln 1955). 
Lit.: W. Falcke, Buch u. Leben, W. K. zum Gruß, 
ZfM CXIV, 1953. 

Kahlert, August Karl Thimotheus, * 5. 3. 1807 
und f 29. 3. 1864 zu Breslau; Professor der Philo- 
sophie in Breslau (ab 1840), war Mitarbeiter von 
Dehns »Cädlia« (Band 16: Über die Bedeutung des 
Romantischen in der Musik) und der AmZ, gab 
heraus: Blätter aus der Brieftasche eines Musikers 
(Breslau 1832), Tonleben, Novellen und vermbchte 


Aufsätze (Breslau 1838), System der Ästhetik (Leip- 
zig 1846); auch einige seiner Lieder wurden be- 
kannt. 

Lit.: H. Heckel, A. K., in: Schlesische Lebensbilder 
1, Breslau 1922. 

Kahn, Robert, * 21. 7. 1865 zu Mannheim, f 29. 
5. 1951 zu Biddenden (Kent); deutscher Kompo- 
nist, in Mannheim Schüler von V. Lachner, von 
Kid in Berlin (1882) und Rheinberger in München 
(1885), lebte zunächst einige Zdt in Wien und 
wieder in Berlin, wo er mit Brahms und J. Joa- 
chim in Verbindung stand, war 1890-93 in Leip- 
zig Dirigent eines Damengesangvereins, 1897-1930 
Kompositionslehrer an der Königlichen Hoch- 
schule für Musik in Berlin, lebte von 1937 an in 
England. Werke: Liederspid Sommerabend op. 28; 
je ein Konzertstück für V. und für Kl. und Orch. ; 
für Chor und Orch.: Mahomets Gesang , Sturmlied 
und Festgesang; mehrere Klavierquintette, -quar- 
tette und -trios, Strdchquartett op. 60, Klarinetten- 
trio op. 45, Serenade F moll für Kl., Ob. und Hom; 
eine Klavier-, 3 Violin- und 2 Cellosonaten, Suite 
für V. und Kl.; gemischte und Frauenchöre (teil- 
weise mit Begleitung), vide Vokalkanons und 
Lieder. Besonders in K.s Liedern und Kammer- 
musikwerken sind starke Einflüsse von Brahms 
wirksam geworden. 

Lit.: E. Radecke, R. K., Lpz. 1894; M. Chop, R. K. 

Kahnt, Christian Friedrich, * 10. 5. 1823, 
f 5. 6. 1897; deutscher Musikverleger, gründete 
1851 in ILdpzig den seinen Namen tragenden Ver- 
lag, war nach Brendds Tod (1868) auch nomi- 
naler Redakteur der NZfM. K. ist Originalver- 
leger einer Reihe bedeutender Werke von Liszt 
und des »Barbier von Bagdad« von P. Cornelius 
(der Verlag gab später auch Mahlers »Kindertoten- 
Heder« und VT. Symphonie heraus). 1880 ging der 
Verlag unter der Firma C. F. Kahnt Nachf. an 
O. Schwalm über, 1888 durch Kauf an Dr. 
Paul Simon und 1903 an Alfred Hoffmann 
(t 20. 9. 1926), welcher den musikalischen Bücher- 
verlag bedeutend erweiterte, besonders durch mu- 
sikwissenschaftliche Arbeiten. Sitz des Verlags ist 
jetzt Lindau (Bodensee); als leitende Personen 
zeichnen Alfred und Maria Hoffmann. 

Kaim, Franz, * 13. 5. 1856 zu Kirchheim am 
Teck (Württemberg), f 17. 11. 1935 zu München; 
deutscher Literarhistoriker (Hofrat), Sohn des 
Pianofortefabrikanten gleichen Namens (* 1823, 
t 2. 1. 1901), rief 1893 in München die »Kaim- 
konzerte« ins Leben, die nach Gründung eines eige- 
nen Orchesters und Erbauung eines eigenen Kon- 
zertsaales längere Zeit für das Musikleben Mün- 
chens große Bedeutung hatten. Dirigenten waren 
Windemein 1893, Zumpe 1895, F. Löwe 1897, 
S. von Hausegger, Weingartner 1898, Raabe 1903, 
Schneevoigt 1904-08; neben den großen Konzer- 
ten des K.-Orchesters richtete K. Volkssymphonie- 
konzerte ein. Im Januar 1908 wurde aas K.-Or- 
chester aufgelöst; an seiner Stelle konstituierte sidi 
der »Konzertverein« anfangs unter der Leitung von 
F. Löwe, dann unter wechselnden Dirigenten 
(Pfitzner), ab 1920 unter S. von Hausegger. 

Kaiser, Emil, * 7. 2. 1853 zu Coburg, f 15. 10. 
1929 zu München; deutscher Kapellmeister und 
Komponist, begann seine Laufbahn als Chordirek- 


894 



Kalbeck 


tor, dann Opemdirigent mehrerer Bühnen (in 
Salzburg zugleich Leiter der Mozarteumskonzerte) ; 
anschließend Militärkapellmeister in Frag und 
Wien; 1903 Dirigent des Kaimorchesters in Mün- 
chen, wo er zuletzt lebte. Komponist von Opern, 
einer großen Messe (Salzburg 1880) und zahlrei- 
chen Militärmärschen. In München entstand im 
Verein mit Konrad Dreher und dem Schlierseer 
Bauerntheater eine stattliche Reihe von Volks- 
stücken. 

Kaiser» Georg Felix, * 1. 3. 1883 zu Hartmanns- 
dorf bei Limbach (Sachsen), J 16./17. 8. 1918 zu 
Leipzig; deutscher Musikschriftsteller, gab C. Af. 
v . Webers gesammelte Schriften (Berlin 1908) heraus, 
promovierte 1910 mit der Arbeit Beiträge zur Cha- 
rakteristik C. M. v. Webers als Musikschnftsteller und 
war in Dresden und Leipzig als Musikreferent tä- 
tig. Er brachte noch Webers Briefe an den Grafen 
Karl von Brühl heraus (Leipzig 1911) und bereitete 
eine Gesamtausgabe von Webers Briefen vor. 

Kaj^nus» Robert, * 2. 12. 1856 und f 6. 7. 1933 
zu Helsinki; finnischer Dirigent und Komponist, 
nach Studien in seiner Vaterstadt, am Leipziger 
Konservatorium (1877-79) und in Paris bei 
Svendsen (1879/80) gründete K. 1882 das erste 
vollständige Symphonieorchester Finnlands (Or- 
chesterföreningen, später Philharmonische Gesell- 
schaft, seit 1914 Stadtorchester) in Helsinki, das 
große Bedeutung für das Munkleben Finnlands 
gewann (bis 1932 mit K. als Dirigent). An das Or- 
chester gliederte sich eine Orchesterschule (1885) 
und ein Symphomechor (1888) an. Als Komponist 
wurde K. der erste bedeutende Vertreter einer 
finnisch-nationalen Tonkunst. Durch die west- 
europäische Tournee seines Orchesters im Jahr der 
Pariser Weltausstellung 1900 hat K. sich große 
Verdienste um das Bekanntwerden der finnischen 
Musik, namentlich der ersten Kompositionen Si- 
beHus’, erworben. 1897-1926 war er Musikdirektor 
an der Universität in Helsinki. Werke: »Der Tod 
Kullervos« für Orch., Episode aus Kalevala (Leip- 
zig 1881) ; Symphonie mit Schlußchor Aino (1885 
zur 50jährigen Feier des finnischen Volksepos 
Kalevala); 2 finnische Rhapsodien; Orchestersuite 
»Sommererinnerungen«; Sinfonietta; Kantaten; 
Overtura sinfonica ; kleinere Orchesterwerke; Solo- 
und Chorlieder sowie Klavierstücke. 

Lit.: Y. Suomalainen, R. K., Helsinki 1952. 

Kdjoni» Johannes, * 1629, f 1687; ungarischer 
Franziskanermönch (Guardian zu Szärhegy, Mik- 
häza und Csiksomlyö), Organist und Orgelbauer 
in Siebenbürgen, war ein eifriger Sammler von 
kirchlichen und weltlichen Musikdokumenten, 
Kirchenliedern, Volksgesängen, auch Volkstänzen, 
die er in mehreren, für die Musikgeschichte Un- 
garns sehr bedeutenden, in Orgdtabulatur no- 
tierten Sammelwerken niedcrschneb (darunter ein 
nach ihm benannter Kodex 1634-71 und eine Or- 
gano Missale betitelte Messen- und Litaneien- 
sammlung 1667). 

Kalaf^tij» Wassilii Pawlowitsch, * 10. 2. 1869 
zu Eupatoria (Krim), f 1942 zu Leningrad; rus- 
sischer Komponist, absolvierte 1899 die Kompo- 
sitionsklasse des Petersburger Konservatoriums 
(Rimskij-Korsakow) und war ab 1900 Lehrer an 


derselben Anstalt; von seinen Werken sind ver- 
öffentlicht: eine Symphonie Amoll, Ouvertüre- 
Fantasie und Polonaise für Orch., ein Klavierquin- 
tett, 2 Sonaten und eine Reihe kleinerer Stücke für 
Kl. sowie Lieder. Zu seinen Schülern gehören 
Strawinskij und Prokofjew. 

Kalbeck» Max, * 4. 1. 1850 zu Breslau, f 4. 5. 
1921 zu Wien; deutscher Musikschriftsteller, gab 
bereits 1870-72 (durch Vermittlung Holteis) Ge- 
dichte heraus ( Aus Natur und Leben 1870), ver- 
tauschte das Studium der Jurisprudenz mit dem 
der Philosophie und wurde in München bald ganz 
und gar Poet ( Neue Dichtungen 1872, Wintergrün 
1872, Nächte 1877, Zur Dämmerzeit 1880, Aus alter 
und neuer Zeit 1890), überwarf sich aber darüber 
mit seinem Vater und machte nun die Musik zum 
Berufsstudium (Schüler der Münchner Musik- 
schule). 1875 wurde er Musikreferent und Feuille- 
tonist der Schlesischen Zeitung in Breslau und 
Direktionsassistent am Schlesischen Museum, kam 
aber bald in Konflikt mit dem Museumsdirektor, 
schied aus dieser Stellung aus und vertauschte 
erstcre mit der gleichen an der Breslauer Zeitung. 
1880 kam er auf Empfehlung Hanslicks in die Re- 
daktion der »Wiener Allgemeinen Zeitung«, wurde 
1883 Musikreferent der »Presse«, 1890 der »Wiener 
Montags-Revue« und 1886 auch Musikreferent für 
das »Neue Wiener Tageblatt« (zuerst nur Theater, 
ab 1895 auch Konzert). K. war neben Hanslick 
einer der heftigsten Gegner der neudeutschen 
Schule Wagners, Bruckners und H. Wolfs. Die 
ersten musikalischen Publikationen K.s waren Stu- 
dien über Wagners Musikdramen (Nibelungen 
1876, Parsifal 1882). Sammlungen seiner Aufsätze 
sind: Gereimtes und Ungereimtes . . . (Berlin 1885), 
Wiener Opemabende (= Bibliothek für Ost und 
West XIV, Wien 1885), Opemabende (2 Bände, 
Berlin 1898), Humoresken und Phantasien (1896). 
Auch schrieb er biographische Studien: Neue Bei- 
träge zur Biographie des Dichters Joh. Christian Gün- 
ther (Leipzig 1879) und Biographie D . Spitzers 
(in D. Spitzer, Letzte Wiener Spaziergänge, Wien 
1894), Das Bühnenfestspiel zu Bayreuth (Bres- 
lau 1877) und andere. Sein Hauptwerk ist die groß 
angelegte, aber sehr einseitige Brahms-Biographie 
(4 Bände, Berlin: 1. 1904, ü. 1. 1908, H. 2. 1909, 
m. 1-2. 1912, IV. 1-2. 1914). Auch gab K. meh- 
rere Bände des Brahms-Briefwechsels heraus; fer- 
ner den Briefwechsel P. Heyse-G. Keller (Ham- 
burg und Braunschweig 1919). K. übersetzte 
(nicht immer einwandfrei) zahlreiche Operali- 
bretti, so von Mozarts »Don Giovanni« (mit Vor- 
wort, 1886 für die Mozart- bzw. Don Juan-Säku- 
larfeier in Wien) und Glucks »Orpheus« (1896, für 
die große Gluck-Ausgabe) sowie von einer großen 
Zahl französischer, italienischer (Verdis Otello), 
tschechischer (Smetanas Verkaufte Braut), russischer 
und englischer Opemtexte neueren Datums. Neu- 
dichtungen (nicht Übersetzungen) sind seine Texte 
zu Mozarts »Bastien und Bastienne« und »Gärtnerin 
aus Liebe« sowie der (als Fälschung) Gluck zuge- 
schriebenen Maienkönigin ; Originalbücher sind: 
Jakuba (1895 für J. Strauß), Das stille Dorf (1897 
für A. v. Fiditz), Nubia (1898 für Georg Henschd), 
Decius der Flötenspieler (1899 für E. Poldini) und 
Die Hochzeit zu Ulfosa (für Caro). K. gab heraus: 
J. Brahms, 3 Lieder, Mainacht, Sappnische Ode, 


895 



Kildy 


Nachtwandler . Nach den Handschriften herausgegeben 
in Facs.-Reproduction . . . (= Musikalische Sdten- 
heiten HI, Wien um 1921). 

Lit.: A. Würz, M. K., in: ZfM CXI, 1950. 

Kdldy (ka:ldj), Julius, * 1838 und f 1901 zu Bu- 
dapest; ungarischer Komponist und Volkslied- 
sammler, begann seine musikalische Ausbildung 
am Pester Nationalkonservatorium, studierte dann 
6 Jahre bei Sechter in Wien, war dort zugleich 
3 Jahre lang Solosänger der Hofkapelle, wurde 
1858 Kapellmeister des Nationaltheaters in Klau- 
senburg (Kolozsvir), 1874 Professor der Gesangs- 
und Opemausbüdungsklasse in der Schauspiel- 
schule des Pester Nationaltheaters, 1875 als Nach- 
folger H. Richters Dirigent des Vereins der Musik- 
freunde, 1881 Regisseur des Nationaltheaters, 1884 
Oberregisseur des Königlich Ungarischen Opern- 
hauses, 1895 dessen Direktor als Nachfolger Ni- 
kischs, gleichzeitig (mit Sändor Nikolics) Direktor 
der Ungarischen Musikschule, Professor des Faches 
für ungarische Musik an der Landes-Musikaka- 
demie. Er schrieb: Operetten, Musik zu Volks- 
stücken, Chöre und Lieder. Als gründlicher Ken- 
ner altungarischer Musik sammelte er viele Lieder, 
besonders aus der Kuruzenzeit, die er in verschie- 
denen Ausgaben publizierte. 

Kalilauge, Sophus Viggo Harald, * 12. 8. 1840 
und f 19. 2. 1905 zu Kopenhagen; dänischer Kom- 
ponist, lebte als Musiklehrer und Hoforganist in 
Kopenhagen und trat hervor mit den Opern Zua- 
vens Hjemkomst (1868), Paa Krigsfod (1880) und 
Mantillm (1889), dem Chorwerk An den Frühling 
sowie Liedern und Klavierstücken. 

Kalfnnikow, Wassilij Sergej ewitsch, * 13. 1. 
1866 zu Woina (Mzensker Kreis des Gouverne- 
ments Orlow), f 11. 1. 1901 zu Jalta; russischer 
Komponist, erhielt seine Ausbüdung 1884-92 an 
der Musikschule der Moskauer Philharmonischen 
Gesellschaft bei fljinskij und Blaramberg, war 1893 
bis 1894 2. Dirigent der italienischen Oper in Mos- 
kau, lebte später aus Gesundheitsgründen im Sü- 
den. Bekannt wurde er vor allem durch seine 
I. Symphonie, mit der er die Borödinsche Tradi- 
tion einer russisch nationalen Symphonik fort- 
führte. Werke: Tondichtung Nimjy (»Die Nym- 
phen«, nach Turgenew, 1889) ; Kantate Joann Dar- 
maskin (»Johannes von Damaskus«, 1892) ; I. Sym- 
phonie G moll (1895), EL Symphonie A dur (1897) ; 
Musik zu A. Tolstojs Tragödie Zar Boris (1898) ; 
Tondichtung Kedr i palma (»Zeder und Palme«) 
nach A. N. Majkowskij (1898) ; Prolog zu der nicht 
beendeten Oper W 1812 godu (»Im Jahre 1812«; 
1899); Ballade Rusalka für Soli, Chor und Orch.; 
eine Suite und 2 Intermezzi für Orch., ein Streich- 
quartett, Klavierstücke und Lieder. 

Lit.: W. Passchalow, W. S. K., Leningrad-Moskau 
1951, russ. 

Kalisch, Paul, * 6. 11. 1855 zu Berlin, t 27. 1. 
1946 zu St. Lorenz am Mondsee (Österreich); 
deutscher Opernsänger (Tenor), Schüler von Leoni 
in Mailand, sang zuerst in Italien, 1884-87 an der 
Berliner Hofoper, dann in New York, wo er 1888 
Lilli Lehmann heiratete, später in Wien, Köln 
und Wiesbaden. 

K^lischer, Alfred Chzisdieb Salomo Ludwig, 
* 4. 3. 1842 zu Thom, f 8. 10. 1909 zu Berlin; 


deutscher Musikforscher, studierte 1860-66 in Ber- 
lin romanische Sprachen und Phüosophie (unter- 
brochen durch eine einjährige Tätigkeit als Haus- 
lehrer in Schönebeck bei Magdeburg) und promo- 
vierte 1866 in Leipzig mit der Dissertation Obser- 
vationes in poesim Romanensem (gedruckt Berlin 
1866). Mehr und mehr wandte er aber sein Haupt- 
interesse der Musik zu und studierte bei Karl 
Böhmer Komposition. Zwei weitere Hauslehrer- 
stellungen führten ihn 1869-70 nach Charkow und 
1877-78 nach Nizza. Im übrigen war Berlin sein 
ständiger Wohnort. Seinen Unterhalt fand er 
durch Unterricht und Mitarbeit an Musikzeit- 
schriften. Auch trat er mit lyrischen und drama- 
tischen Dichtungen sowie mit einer Abhandlung 
Was uns in der Religion not tut (Berlin 1879, unter 
dem Namen Alfred Christlieb) hervor. Der 
Schwerpunkt seiner Lebensarbeit liegt jedoch in 
seinen Beethovenstudien, die größtenteils als Auf- 
sätze in folgenden Zeitschriften erschienen : Neue 
Berliner Musikzeitung (ab 1870), Der Klavier- 
lehrer (ab 1879), Sonntagsbeilage der Vossischen 
Zeitung (ab 1883), NZfM (ab 1887), Nord und 
Süd (ab 1889), MfM (ab 1895), Deutsche Revue 
(ab 1895), Rheinische Musikzeitung (ab 1895), 
Mk (ab 1901). Separat erschienen: Musik und Moral 
(Hamburg 1888), G. E. Lessing ab Musikästhetiker 
resden 1889), Die unsterbliche Geliebte Beethovens 
resden 1891), Die Macht Beethovens . . . (Berlin 
1903), Beethoven und seine Zeitgenossen (4 Bände, 
Berlin 1908-10). Ausgaben: Neue Beethovenbriefe 
(Berlin und Leipzig 1902), Beethovens sämtliche 
Briefe (5 Bände, Berlin und Leipzig 1906-08, Band 
I-m 2 1909-1 1, n-ni bearbeitet von Th. v. Frim- 
md; englische Übersetzung von J. S. Shedlock als 
Beethovens Leiters, London 1909, 2 1926) ; auch be- 
sorgte KL die Neuausgabe von Wegelers und Ries’ 
»Biographischen Notizen über Beethoven«, Ko- 
blenz 1838 (Berlin und Leipzig 1906), Breunings 
»Erinnerungen aus dem Schwarzspanierhause«, 
Wien 1874 (Berlin und Leipzig 1907), Lenz* »Beet- 
hoven« I, Kassel 1855 (Berlin und Leipzig 1908), 
und Schindlers »Biographie von Ludwig van Beet- 
hoven«, Münster 31860 (Berlin und Leipzig 1909). 

Lit: A. Leitzmann, Studien zu Beethovens Briefen, 
Deutsche Rundschau, CXXXV, 1908, S. 76 ff. 

K^lkbrenner, - 1) Christian, * 22. 9. 1755 zu 
Minden, f 10. 8. 1806 zu Paris; deutscher Kapdl- 
meister, war in Kassel, wohin sein Vater als Stadt- 
musikus berufen wurde, Chorist der Oper, ging 
1788 nach Berlin als Kapellmeister der Königin, 
1790 zu Prinz Heinrich nach Rheinsberg, schied 
1796 aus dieser Stellung, lebte einige Zeit in Nea- 
d, dann in Paris, wo er 1799 zum Korrepetitor 
er Großen Oper ernannt wurde. Seine zum Teil 
für Rheinsberg, zum Teil für Paris geschriebenen 
Opern hatten keinen Erfolg; an Instrumentalwer- 
ken ließ er veröffentlichen: einige Symphonien, 
Klaviertrios, Violinsonaten und Klavierstücke so- 
wie ein Klavierkonzert Schriften: Theorie der Ton~ 
setzkunst I (Berlin 1789), Kurzer Abriss der Ge- 
schichte der Tonkunst (Berlin 1792, französische Be- 
arbeitung als Histoire de la musique in 2 Bänden 
Paris 1802). Auch übersetzte und bearbeitete er 
Fr. X. Richters Kompositionslehre als Traiti d'har - 
monie et de composition (Paris 1804). - 2) Friedrich 
Wil he l m Michael, ♦ zwischen 2. und 8. 11. 1785 


896 



Kdlmin 


auf einer Reise seiner Mutter von Kassel nach Ber- 
lin, t 10* 6. 1849 zu Enghien-les-Bains bei Paris; 
deutscher Pianist, Sohn von Christian K., wurde 
am Pariser Conservatoire 1799 Klavierschüler von 

L. Adam, später Theorieschüler von Catel, ging 
1803 nach Wien, wo er Clementi hörte, kehrte 
1806 nach Paris zurück und wurde dort ein erfolg- 
reicher Pianist und Klavierlehrer. 1814-23 lebte er 
in London, assoziierte sich 1818 mit Logier zur 
Ausbeutung von dessen Chiroplast, reiste 1823/24 
mit dem Harfenisten Dizi durch Deutschland und 
setzte sich dann wieder in Paris fest, wo er Teil- 
haber von Pleyeis Klavierfabrik wurde. K.s Prin- 
zip war eine Ausbildung der Fingerfertigkeit mög- 
lichst ohne Aufwendung von Amkraft; auch wird 
die Methodik des Oktavenspiels aus dem Hand- 
gelenk auf ihn zurückgeführt ; besondere Aufmerk- 
samkeit wandte er der linken Hand und der Pedal- 
technik zu. Von seinen Werken gehört ein großer 
Teil der Salonmusik an; außerdem sind zu nennen: 
4 Klavierkonzerte, ein Konzert für 2 KL und Orch., 
Kammermusik mit Kl. 10 Klaviersonaten, 3 So- 
naten für KL 4händig, eine Sonate pour la main 
gauche principale, Etüden, Methode pour apprendre le 
pianoforte ä Vaide du guide-mains (= Logiers Chiro- 
plast; Paris 1830), Traiti d'harmonie du pianiste (Pa- 
ris 1849). 

Ausg.: zu 2): Fantasia op. 144 in Tagliapdbtra 
AntXV. 

Lit.: zu Fr. K.: L. BorviN, Notice biographique sur 

M. K., Paris 1842; R. Schumann, Gesammelte 
Schriften, hrsg. v. M. Kreisig, 2 Bde, Lpz. 1914. 

KgUeaberg» Siegfried Garibaldi, * 3. 11. 1867 
zu BadSchachen bei Lindau (Bodensee), f9.2. 1944 
zu München; deutscher Komponist, studierte am 
Stuttgarter Konservatorium und der Akademie der 
Tonkunst in München, wurde 1892 in Stettin Lei- 
ter eines Privatkonservatoriums, war dann in Kö- 
nigsberg, Hannover und München tätig, wo er ab 
1910 wohnte. Werke: Opern SunLiao , Das goldene 
Tor und Der Diener zweier Herren , Die lustigen Mu- 
sikanten; 2 Pantomimen; 3 Symphonien, eine Sin- 
f onietta. Konzertante Phantasie für Kl. und Orch. ; 
90. Psalm für 8st. Chor und Org., Den Gefallenen 
für 5st. Chor a cappella, Requiem (Text von Fr. 
Hebbel) für Chor und Orch., Germania an ihre 
Kinder für Solo, Chor und Ordh., Eine kleine Pas- 
sionsmusik und Eine Pfingstmusik für Soli, Chor, 
Orch. und Org.; etwa 300 Lieder und Duette; 
Kammermusik; Klavierwerke. Schriften: Musi- 
kalische Kompositionsformen (2 Bände, Aus Natur 
und Geisteswelt 412/13, Leipzig 1913), R Strauss 
(Leipzig 1926), M. Reger (Leipzig 1930). 

Kaller, Ernst, * 27. 3. 1898 zu Beuthen (Ober- 
schlesien) ; deutscher Organist, lebt in Essen, erhielt 
seine AusbÜdung 1922-26 bei Straube in Leipzig. 
Musikwissenschaft studierte er bei W. Gurlitt in 
Freiburg im Breisgau (1921-22) und bei H. Abert 
und Kroyer in Leipzig (1922-26). Als Mitgründer 
des Musikseminars und Leiter der Orgelklasse 
wirkte er 1927-34 in Freiburg, wurde 1934 an der 
Folkwangschule in Essen Leiter der Abteilung Ka- 
tholische Kirchenmusik und erhielt 1948 den Pro- 
fessortitel. Er gab eine 2bändige Orgelschule und 
eine 9bändige Sammlung alter liturgischer Orgel- 
musik (Liber organi , 9 Bände, Mainz 1931-54) 
heraus (Band VHI von H. Klotz). 


K^lliwoda, -1) Johannes Wenzeslaus, *21. 2. 
1801 zu Prag, f 3. 12. 1866 zu Karlsruhe; böh- 
mischer Komponist, war Schüler von Dionys 
Weber und Pixis am Prager Konservatorium, reiste 
als Violinist und war 1822-66 Kapellmeister des 
Fürsten von Fürstenberg zu Donaueschingen. Er 
schrieb 10 Messen mit Instrumenten, ein Requiem, 
mehrere Ave Maria, 7 Symphonien, mehrere 
Ouvertüren, Violinkonzerte, -stücke und instruk- 
tive -duette, 3 Streichquartette, eine Konzertante 
für 2 V., Klavierstücke und Männerchöre sowie 
das vielgesungene Deutsche Lied . - 2) Wilhelm, 
* 19. 7. 1827 zu Donaueschingen, f 8. 9. 1893 zu 
Karlsruhe; deutscher Kapellmeister und Pianist, 
Schüler seines Vaters J. W. K. und des Leipziger 
Konservatoriums, 1853-75 Hofkapellmeister in 
Karlsruhe, schrieb Lieder und Klavierstücke. 

Lit.: zu J. W. K.: F. Hiller, Erinnerungsblätter, 

Köln 1884; K. Strunz, J.W.K Wien 1910; 

H. Giehne in: Badische Biographien I, hrsg. v. F. v. 
Weech, Heidelberg 1875. - zu W.K.: Cathiau in: 
Badische Biographien V, hrsg v. F. v. Weech u. A. 
Krieger, Heidelberg 1906. 

Kallmeyer, Georg -* Möseler, Karl Heinrich, 
Verlag. 

Kallstfnius, Edvin, * 29. 8. 1881 zu Filipstad in 
Värmland (Schweden); schwedischer Komponist, 
studierte 1898-1903 in Lund Naturwissenschaften, 
1904-07 als Schüler von Krehl am Konservatorium 
in Leipzig, war danach zeitweilig als Musikkritiker 
tätig, 1927-46 Musikarchivar des Stockholmer 
Rundfunks. Seine Werke sind in Form und Melo- 
dik VI assi srh- rn m a nri srh J in der Harmonik aber 
modern; für Orch.: etwa 30 Hörspielmusiken, 
4 Symphonien (1926, 1935, 1948, 1954), 2 Sin- 
fonietten, Sinfonietta dodid-tonica (1956), Allegro 
sinfonico Letzter Kampf (1908), Ouvertüre Romanr- 
tico (1938), Passacaglia enarmonica (1943), Eine Som- 
memachtsserenade (1918), Tre dansstudier (1935), Mur- 
sica gioconda für Streichorch. (1942); Klavierkon- 
zert (1922); Cavatina für Va und Orch. (1943); 
Requiem Wenn wir Menschen sterben (1919); Kan- 
tate Sängoffer für Bar. und Orch. (1944) ; 6 Streich- 
quartette, Bläserquintett (1943), Klarinettenquin- 
tett, Trio divertente für Fl., V. und Va (1950), Vio- 
lin- und Cellosonate, Lieder. 

Kdhndn, Emmerich, * 24. 10. 1882 zu Si6fok 
am Plattensee, f 30. 10. 1953 zu Paris; ungarischer 
Komponist, Schüler der Landesakademie in Buda- 
pest (Kocssler), erhielt 1907 den Franz-Joseph- 
Preis der Stadt. K. lebte bis 1938 in Wien, dann in 
Paris, ab 1940 in den USA und ab 1945 wieder in 
Paris. Von seinen Operetten seien angeführt: 
Herbstmanöver (1908), Der Zigeunerprimas (1912), 
Czardasfurstin (1915, eine der beliebtesten ihrer 
Zeit, darin: Tanzen möcht ich. Ja/ Mamdm ! , Machen 
wir*s den Schwalben nach, Ohne Weiber geht die 
Chose nicht!. Die Mädis vom Chantant), Faschingsfee 
(1917), Das Hollandweibchen (1919), Die Bajadere 
(1921), Gräfin Maritza (1924, darin: Komm mit nach 
Varasdinl, Komm Zigäny , Grüß mir mein Wien), Die 
Zirkusprinzessin (1926, darin: Zwei Märchenaugen), 
Die Herzogin von Chicago (1928), Das Veilchen vom 
Montmartre (Wien 1930), Filmoperette Ronny 
(1931), Der Teufelsreiter (1932). Als letzte Operette 
vollendete er kurz vor seinem Tod Arizona Lady . 
Lit. : J. Bistron, E. K., Wien 1932; R. Oesterreicher, 
E. K., Wien 1954. 


57 


897 



KalninS 


KalsinS (k'alninf), Alfreds, * 23. 8. 1879 zu 
Z eh sis (Wenden) in Lettland; lettischer Komponist 
und Organist, Schüler des Petersburger Konser- 
vatoriums, war 1910-26 Organist in Libau, 1926 
bis 1933 in New York, wurde 1933 Organist der 
Domkirche in Libau. Werke: Kantate, Chorwerke, 
Orchesterwerke, Klavierstücke, a-cappella-Chöre, 
Lieder sowie die Opern Bänjuta (Riga 1920) und 
Salinieki (»Die Insulaner«; Riga 1925). 

Kalomjris, Manolis, * 14. 12. 1883 zu Smyrna; 
griechischer Komponist, 1901-06 Schüler des Wie- 
ner Konservatoriums (H. Grädener), 1906-10 
Klavierlehrer am Konservatorium in Charkow, 
1911 Lehrer am Konservatorium Athen, dort 1919 
bis 1926 Direktor des Hellenischen Konservato- 
riums und seit 1926 Direktor des von ihm gegrün- 
deten Nationalkonservatoriums. K. ist Präsident 
des griechischen Komponistenverbandes. Werke: 
die Opern Protomastoras (»Der Maurermeister«, 
Athen 1915), L'anneau de la mfre (Athen 1917; 
Volksoper Berlin 1940) Anatoli (Athen 1945), Les 
Eaux d’otnbre (Athen 1951) und Bühnenmusiken, 
3 Symphonien (1920, 1930, beide mit Chor; 3.: 
1955, mit Rezitation), zahlreiche Orchesterwerke, 
Chorwerke, Symphonisches Konzert für Kl. und 
Orch. (1935), Concertino für V. und Orch. (1956), 
Kammermusik (Klavierquintett mit Singstimme 
1912; Klaviertrio 1921; Quartett für Harfe, FL, 
Englisch Hom und Va 1921; Violinsonate 1948), 
Klavierstücke und Lieder. Daneben veröffentlichte 
er mehrere Schriften, zum Teil musikpädagogi- 
schen Inhalts. 

Kambyrov, Ivan, * 22. 10. 1883 zu Leskovac; 
bulgarischer Musikforscher, studierte am Leipziger 
Konservatorium bei Krehl und Reger, wirkte als 
Lehrer 1910-16 in Plovdiv (Philippopel), 1918-20 
in Sofia und beschäftigte sich fortan vornehmlich 
mit Musikkritik sowie der Sammlung und Aus- 
gabe von Volksliedern. K. verfaßte Schriften über 
bulgarische Musik, ästhetische Untersuchungen so- 
wie ein bulgarisches Musiklexikon (1933). 

Kamiefiski (kamj'eynski), Lucian, * 7. 1. 1885 
zu Gnesen; polnischer Komponist und Musik- 
schriftsteller, studierte an der Berliner Hochschule 
Komposition (M. Bruch), dann Musikwissenschaft 
an der Universität bei H. Kretzschmar und J. 
Wolf, promovierte 1910 mit einer Arbeit Die Ora- 
torien von Johann Adolf Hasse (Leipzig 1912), nach- 
dem er bereits 1909 die Musikredaktion an der 
Allgemeinen Zeitung in Königsberg übernommen 
hatte, wo er bis 1919 wirkte. 1920/21 war er 
2. Direktor des Konservatoriums in Posen, 1922-36 
ao. und 1936-39 o. Professor für Musikwissen- 
schaft an der dortigen Universität, 1949-52 Lehrer 
an der staatlichen Musikschule in Thora und lebt 
seitdem als freischaffender Komponist in Kanada. 
Werke: komische Oper »Damen und Husaren« 
(Posen 1938), Operette Tabu (Königsberg 1917), 
Singspiel Czame i Biate (»Schwarz und Weiß«, 
Posen 1937), Symphonia Paschalis mit S.-Solo 
(1929), einige Orchesterwerke (darunter 2 sym- 
phonische Stücke, 1929 und 1948), Chöre, Violin- 
sonate (1923), Klavierstücke und Lieder. Von sei- 
nen Veröffentlichungen seien noch genannt: Jan 
Stobeusz z Grudziqdza (Jahrbuch der »Pomerania«, 
Posen 1926), PieSni Ludu Pomorskiego (»Pomerel- 


lische Volkslieder«, Thom 1936). Weitere Studien 
finden sich in SIMG, VfMw und dem Rocznik 
Muzykologiczny. 

K gmiens ki» Matthias, * 13. 10. 1734 zu Öden- 
burg (Ungarn), f 25. 1. 1821 zu Warschau; der 
erste polnische Opemkomponist, in Wien ausge- 
bildet, kam um 1760 nach Polen. Seine N^aza 
uscz^liwiona (»Glück im Unglück«) wurde am 11. 
5. 1778 im Nationaltheater in Warschau auf geführt 
(die erste polnische Oper). Außer dieser schrieb er 
noch 5 andere polnische Opern für Warschau: 
ZoSka (»Dorfliebe«), Prostota cnotliwa (»Die tugend- 
hafte Einfalt«, beide 1779; erstere erlebte 76 Auf- 
führungen nacheinander), Tradyqa zaiatwiona 
(1780), Balik gospodarskyi (»Der Wirtschaftsball«, 
1781), Slowik (»Die Nachtigall«, 1795), 2 deutsche 
Opern (nicht aufgeführt), mehrere Kirchenwerke 
und eine Kantate für die Enthüllung des Sobieski- 
Denkmals. 

Kamjnski, Heinrich, * 4. 7. 1886 zu Tiengen 
(Oberrhein), f 21. 6. 1946 zu Ried bei Benedikt- 
beuren; deutscher Komponist, Sohn eines alt- 
katholischen Pfarrers und der Opemsängerin (dra- 
matischer Sopran) Mathilde Barro, studierte in 
Heidelberg zunächst Nationalökonomie, dann 
Klavier und Komposition (Ph. Wolfram). 1909-14 
setzte er seine Kompositionsstudien in Berlin bei 
Juon, Kaun und Klatte fort. Als erste Werke er- 
schienen Der 130 . Psalm für 4st. Chor a cappella 
op. la und das Quartett A moll für Kl., Klar., Va 
und Vc. op. lb (beide 1912). Vor Vollendung des 
69. Psalms für Chor und Orch., mit dem er (nach 
der Uraufführung 1920 unter Bruno Walter) weit- 
hin Aufmerksamkeit erregte, ließ K. sich in Ried 
nieder, wo er bis an sein Lebensende im Hause des 
ihm befreundeten Malers Fr. Marc wohnte. 1926 
und 1928 lebte er auf Einladung seines Winter- 
thurer Mäzens Werner Reinhart auf Schloß Muzot 
im Wallis. 1930-33 leitete er die Chorkonzerte des 
Musikvereins in Bielefeld und eine Meisterklasse 
für Komposition an der Preußischen Akademie 
der Künste in Berlin, legte dann aber seine Ämter 
nieder. 1937 wurde die Aufführung seiner Werke 
in Deutschland verboten. Zu K.s Schülern gehören 
E. Doflein, Orff und Schwarz-Schilling. Seine 
Kunst ist der Versuch einer Neubelebung Badi- 
scher und vorbachscher Polyphonie, die sich durch 
rhythmis che Eigenart und moderne Klangtechnik 
auszeichnet. Dadurch erwecken seine Werke den 
Eindruck von Urtümlichkeit und Zeitfeme. Er 
schrieb ferner: Streichquintett Hs moll (1916, be- 
arbeitet für Streichorch. 1927) ; Motette O Herre 
Gott für 8st. Doppelchor und Org. (1918) ; Chor- 
werk Introitus und Hymnus (1919) ; Musik zu einem 
Passionsspiel (1920) ; Concerto grosso für 2 Orch. 
(1922) ; Toccata Wie schon leucht* uns der Morgen - 
stem iür Org. (1923) ; Quintett für Klar., Hora und 
Streichtrio (1924); Magnificat für S., Va, Chor 
und Orch. (1925) ; Choralsonate für Org. (1926) ; 
Motetten Der Mensch für A., 6st. Chor und Orch. 
und Die Erde für 6st. Chor a cappella (1926); 
Triptychon für A. (Bar.) und Org. (1926-29); 

3 Choralvorspiele für Org. (1928); Oper Jürg 
Jenatsch (1929); Musik für Orch. (1933); Die Messe 
deutsch für 5 st. Chor a cappella (nur 2 Sätze voll- 
endet, 1934); Klavierbuch (3 Hefte, 1934); Or- 
chesterkonzert mit Kl. (1936) ; Musik für Vc. und 



Kant 


KL (1938); In memoriam Gabrielae für A., V. und 
Orch. (1940); Hauskonzert für V. und KL (1941) ; 
Tanzdrama für Orch. (1942) ; Ballade für Horn und 
KL (1943); Oper Das Spiel vom König Aphelius 
(1946) ; Lieder, Chöre, Orgel- und Klavierstücke. 

Lit.: Werkverz. v. K. Schleifer u. R. Schwarz- 
Schilling, Kassel 1947. - K Schleifer, H. K. *f, u. : 
E. Doflein, Erinnerungen an K., Musica I, 1947; 
I. Samson, Das Vokalschafen v. H. K, Diss. Ffm. 
1956. 

Kammei, Anton, * um 1740 zu Hanna (Böh- 
men), t vor 1788; böhmischer Violinist und Kam- 
mermusikkomponist, wurde vom Grafen Wald- 
stein nach Italien geschickt, war Schüler Tartinis in 
Padua, kam zunächst nach Prag zurück, ging aber 
1768 nach London, wo er zu großem Ansehen ge- 
langte. Seine fast sämtlich vor 1783 gedruckten 
Werke sind: 51 Violinduette, 15 Sonaten für V. 
mit B.c., 30 Streichquartette ( einzeln e auch mit 
Verwendung von H. oder Ob.), 18 Streichtrios, 
6 Klaviertrios und 6 Sinfonien (Ouvertures op. 10). 
Seine Musik ist fließend, aber wenig charakte- 
ristisch; K. gehört zu den Epigonen der Mann- 
heimer Schule. 

Kandier, Franz Sales, * 23. 8. 1792 zu Kloster- 
neuburg (Österreich), t 26. 9. 1831 zu Baden bei 
"Wien als kaiserlich-königlicher Feldkriegskonzi- 
pist; österreichischer Musikschriftsteller, erhielt 
eine gründliche musikalische Bildung (Sopranist 
der Wiener Hofkapelle, später Schüler von Al- 
brechtsberger, Salieri und Gyrowetz) und fand 1815 
bis 1826 in dienstlicher Stellung zu Venedig und 
Neapel Gelegenheit, Studien über italienische Mu- 
sik und ihre Geschichte zu treiben. Außer zahlrei- 
chen Artikeln in der Wiener Musikalischen Zei- 
tung (1816/17), der Leipziger AmZ (1821), der 
Cacilia (1827), Revue musicale (1829) usw. schrieb 
er: Cenni storico-critici intomo alla vita ed alle opere 
del celebre compositore Giov . Adolfo Hasse , detto il 
Sassone (Venedig 1820); Über aas Leben und die 
Werke des G. Pierluigi da Palestrina (Leipzig 1834, 
Auszug aus Bainis Werk, herausgegeben von Kie- 
sewetter) und Cenni storico-critici sulle vicende e lo 
stato attuale della musica in Italia (Venedig 1836, aus 
hinterlassenen Papieren und Artikeln in der Ca- 
cilia). 

Lit.: L. Schiedermair, Venezianer Briefe F. S. K.s 
aus d. Jahren 1818-20, in: Riemann-Fs., Lpz. 1909; 
über sein Musikstammbuch siehe: G. Kinsky, Manu- 
scripte, Briefe, Dokumente von Scarlatti bis Stra- 
winsky, Stuttgart 1953, S. 327 ff. 

Kanitz, Ernest, * 9. 4. 1894 zu Wien; österrei- 
chischer Komponist, Schüler von Heuberger und 
Schreker, war 1922-38 Lehrer der Musiktheorie 
am Neuen Wiener Konservatorium, seit 1938 in 
den USA tätig: 1938-41 Professor am Winthrop 
College in Rockhill, 1941-44 Direktor der Musik- 
abteüung des Erskine College (South Carolina), 
seit 1945 Professor für Komposition und Kontra- 
punkt an der University of Southern California in 
Los Angeles. Werke: Opern Cyrano de Bergerac 
(1928) Kumana und Kammeroper Room No. 12; 
Das Hohelied für Soli, Chor und großes Orch., eine 
Radiokantate Zeitmusik (1931); Ballettmusik für 
Frauenchor und Orch. (Paris 1936) ; Heitere Ouver- 
türe für großes Orch.; Motion Picture für Orch. 
(1946); Konzert für Trp. und Orch. (1951); Con- 
certo für Kammerorch. ; Concerto grosso für 8 


Holzbläser, Schlagzeug, KL und Streicher; 4 Ge- 
sänge für S. und Orch., 3 Gesänge für mittlere St., 
V. und Kl. ; Sonata Califomiana für Saxophon und 
Kl. (1947); Kammermusik; Chöre und Lieder. 

Kanne, Friedrich August, * 8. 3. 1778 zu De- 
litzsch (Sachsen), f 16. 12. 1833 zu Wien; deutscher 
Komponist, tauchte 1807 nach anfänglichen theo- 
logischen und medizinischen Studien als Musiker 
in Wien auf und fand in Fürst Lobkowitz einen 
Protektor. K. war 1821-24 Redakteur der Wiener 
AmZ, in der er energisch für Beethoven eintrat. 
Übrigens war er ein unruhiger Geist, der sich mit 
aller Welt überwarf. Zahlreiche Opern und Sing- 
spiele K.s kamen in Wien zur Aufführung; auch 
schrieb er Messen, Sonaten, Lieder und dichtete 
(zeitweilig sah ihn Beethoven für eine Opemdich- 
tung vor). 

Lit.: vgl. A. W. Thayer, Beethoven IV, 4 u. W. 
Hitzig in: Der Bär IV, 1927; Th. Frimmel, Beet- 
hoven-Hdb. I, Lpz. 1926, S. 247 f. 

Kant, Imanuel, * 22. 4. 1724 und f 12. 2. 1804 
zu Königsberg; deutscher Philosoph, hat als Be- 
gründer der neueren musikalischen Ästhetik zu 
gelten, indem er dem Leibniz-WolflP-Baumgarten- 
schen ontologischen Ausgangspunkt seine kopemi- 
kanische Wendung gab und das Sein des Schönen ab- 
hängig dachte von der apriorischen Struktur des 
Bewußtseins. So untersucht K. in seiner Kritik der 
Urtheilskraft (Berlin 1790) »bloß in transcenden- 
taler Absicht« nach der Erkenntnistheorie und der 
Ethik das Geschmacksurteil und das künstlerische 
Schaffen. Er definiert das ästhetisch Schöne und 
Erhabene als Zweckmäßigkeit ohne Zweck und 
das ästhetische Verhalten (mit dem Anspruch auf 
Allgemeingültigkeit) als »interesseloses« W ohlgef al- 
len und lehrt einen transzendentalen Formalismus, 
d. h. die reine Form der Anschauung (Raum und 
Zeit) als subjektive Voraussetzung der Form auch 
in der Musik. Damit verkennt er aber das Wesen 
der musikalischen Form insofern, als er sie nicht als 
Zeitgestalt, sondern als »transitorische« Mannig- 
faltigkeit, als »Spiel« bestimmt. Weitere Unter- 
suchungen widmete K. den Wirkungen der Musik 
als Trägerin von Affekten und ästhetischen Ideen, 
wobei er Einflüsse der zeitgenössischen englischen 
und französischen Ästhetik verarbeitete. K.s Ästhe- 
tik hat auf den deutschen Klassizismus, vor allem 
auf Fr. Schiller ( Über die ästhetische Erziehung des 
Menschen , in einer Reihe von Briefen , 1794/95) stark 
eingewirkt. 

Lit: H. Cohen, Ks Begründung d. Ästhetik, Bin 
1889; Fr. Marschner, Ks Bedeutung f. d. Musik- 
ästhetik d. Gegenwart, K-Studien VI, 1901; O. 
Schlapp, K.s Lehre vom Genie, Göttingen 1901; 
P. Moos, Moderne Musikästhetik . . ., Bin 1902, er- 
weitert als: Die Philosophie d. Musik, Stuttgart, 
Bin u. Lpz. 1922; H. Kretzschmar, I. K.s Musik- 
auffassung, JbP XI, 1904, auch in: Ges. Aufsätze n, 
Lpz. 1911 ; K Nef, K. u. d. Musik, Die Grenzboten 
LXTV, 1905; A. Tumarkin, Zur transcendentalen 
Methode d. Kschen Ästhetik, K-Studien XI, 1906; 
G. Jacoby, Herders u. Ks Ästhetik, Lpz. 1907; A. 
Schering, Zur Musikästhetik K’s, ZIMG XI, 1909/ 
1910; W. Hilbert, Die Musikästhetik der Frühroman- 
tik, Remscheid 191 1 ; A. Maecklenburg, Die Musik- 
anschauung K.s, Mk XIV, 1914/15; K Mayer, Ks 
S tellung zur Musikästhetik, ZfMw III, 1920/21 ; H. 
Güttler, Königsbergs Musikkultur, Königsberg 
1925; ders., K. il sein mus. Umkreis, Kgr.-Ber. 


57* 


899 



Kapp 


Beethoven-Zentenarfeier Wien 1927; F. M. Gatz, 
Musik-Ästhetik in ihren Hauptrichtungen, Stuttgart 
1929; W. Serauky, Die mus. Nachahmungsästhetik, 
«* Universitas-Arch. XVII, Münster 1929; G. Wie- 
ninger, I.K.S Musikästhetik, Bin 1931; C. Dahl- 
haus, Zu K.s Musikästhetik, AfMw X, 1953; K. 
Huber, Musikästhetik, hrsg. v. O. Ursprung, Ettal 
(1954). 

Kapp, - 1) Artur, * 16. 2. (28. 2.) 1878 in Nord- 
livland, f 1952; estnischer Komponist, studierte ab 
1891 am Petersburger Konservatorium Orgel (L. 
Homilius) und Komposition, war zunächst Orga- 
nist, 1904-20 Direktor der Kaiserlichen Musik- 
schule in Astrachan, dann Dirigent am Estonia- 
Theater und Kompositionslehrer am Konserva- 
torium in Tallinn; schrieb 3 Symphonien (1925, 
1945 und 1947), kleinere Orchesterwerke; ein 
Oratorium Hiob (1930), Kantaten, Chöre, Lieder, 
Kammermusik und Orgelstücke. - 2) Eugen, 
* 26. 5. 1908; estnischer Komponist, Sohn von 
A. K., wurde nach Studien am Konservatorium 
von Tallinn 1935 Lehrer an dieser Anstalt, später 
Vorsitzender des Verbandes sowjet-estnischer 
Komponisten, schrieb: 2 Opern (1944 und 1950); 
ein Ballett Kalevipoeg (1948); Orchesterwerke, 
Kammermusik, Klavierstücke, Chore und Lieder. 

Kapp, Julius, * 1. 10. 1883 zu Seelbach (Baden); 
deutscher Musikschriftsteller, studierte in Marburg, 
Berlin und München und promovierte 1906, wid- 
mete sich seitdem besonders musikalisch-biogra- 
phischen Arbeiten; gründete 1921 die Blätter der 
Staatsoper (Berlin), deren Herausgeber er war. 
1920-45 war er Dramaturg der Berliner Staatsoper, 
1948-54 künstlerischer Beirat an der Städtischen 
Oper Berlin. K. lebt jetzt im Allgäu und betätigt 
sich als Gastregisseur und freier Schriftsteller. Zu 
musikalischen Fragen schrieb er: Richard Wagner 
und Franz Liszt (Berlin und Leipzig 1908), F. Liszt 
(Berlin 1909, Stuttgart und Berlin l9 * 20 1924), R. 
Wagner (Berlin 1910, Stuttgart und Berlin 321929, 
russisch von Gr. Prokogew, Moskau 1912), Franz 
Liszt und die Frauen (Leipzig 1911), Richard Wagner 
und die Frauen (Berlin 1912, Stuttgart und Berlin 
151929, englisch von H. Waller als The Women in 
Wagner" s Life, London 1932), N. Paganini (Berlin 
1913, Stuttgart und Berlin H1928, 1 *1954, nieder- 
ländisch von W. Landrd, ’s-Gravenhage 1929), 
ff. Berlioz (Berlin 1914, 4 *?1922), Das Dreigestim 
Berlioz-Liszt- Wagner (Berlin 1919), G. Meyerbeer 
(Berlin 1920, Stuttgart und Berlin 81932), Franz 
Schreker (München 1921), Das Opembuch (Leipzig 
1922, 181928), Die Oper der Gegenwart (Berlin 
1922), C. M. v . Weber (Stuttgart und Berlin 1922, 
151944), Richard Wagner und seine erste » Elisabeth « 
(mit H. Jachmann, Berlin 1927), 185 Jahre Staate* 
oper, Geschichte der Staatsoper Berlin (Berlin 1937), 
200 Jahre Staatsoper im Bild (Berlin 1942); Aus dem 
Reim der Oper (Berlin 1950). Ferner gab er Liszts 

und R. Wagners Schriften heraus und bearbeitete 

zahlreiche Opern von Berlioz, Meyerbeer, Verdi, 
Wagner, Rossini und Tschaikowsky. 

Kapr, Jan, * 12. 3. 1914 zu Prag; tschechoslowa- 
kischer Komponist, studierte 1933-38 Komposition 
bei fUdky am Prager Konservatorium und an- 
schließend bis 1940 als Meisterschüler bei Kri&a. 
1939-46 war er Musikregisseur am Prager Rund- 
funk, lebt seitdem in Prag seinem kompositori- 


schen Schaßen, das nur 1950-52 durch die Arbeit 
als Chefredakteur des Staatlichen Musikverlages 
unterbrochen wurde. Er ist Musikkritiker und ge- 
hört seit Gründung dem Verband tschechoslowaki- 
scher Komponisten in führender Stellung an. K. 
schrieb 4 Symphonien, eine Suite für großes Orch., 
symphonisches Scherzo Marathon , Sinfonietta für 
kleines Orth., ein Violinkonzert, 2 Klavierkon- 
zerte, 3 Streichquartette, die Kantate »Das Lied an 
die Heimat«, Phantasie für Va und Kl., Sonatine 
für V. und KL, Phantasie für V. und Kl., Klavier- 
musik und Lieder. 

Kapräl (k'apra:l), Väclav, * 26.3.1889 zu 
Urcice (Mähren), 1 4. 4. 1947 zu Brünn; tschechi- 
scher Komponist^ studierte 1907-10 bei Janä£ek in 
Brünn, 1919-20 bei Noväk in Prag. 1923-24 noch 
bei Cortot in Paris. In Brünn hatte er bereits 1911 
eine eigene Klavierschule gegründet, wurde 1927 
Lektor für Musik an der Universität, 1936 Theo- 
rielehrer am Konservatorium. Während der deut- 
schen Besetzung der Tschechoslowakei befand er 
sich 3 Jahre im Konzentrationslager Svato- 
borice. Ab 1946 lehrte er an der neugegründeten 
Musikakademie in Brünn. Werke: 4 Klaviersona- 
ten (1918, 1921, 1924, 1940), Con duolo für die 
linke Hand allein (1926), Sonatine (1930), Phan- 
tasie (1934) und Sonatina bucolica (1936) für KL, 
Klavierstücke; 2 Streichquartette (1925 und 1927); 
Pro ni (»Für sie«) für Singst, und Klavierquartett 
(1927), Pizen podzimu (»Hcrbsdied«) für Singst, 
und Streichquartett (1929), Uspdvanky (»Wiegen- 
lieder«) für Smgst. und Kammerorch. (1932), Messe 
(1943), Lieder, Chöre und Volksliedbearbeitun- 
gen. - K.s Tochter VftSzslava Kaprälovä, 
* 24. 1. 1915 zu Brünn, f 16. 6. 1940 zu Mont- 
pellier, studierte bis 1935 in Brünn Komposition 
und Dirigieren, dann bei Noväk in Prag, 1937-39 
bei Martmü und Ch. Munch in Paris; sie schrieb 
ein Klavierkonzert (1935), ein Streichquartett 
(1936), eine Sinfonietta (1937), Suita rustica für 
Orch. (1938), Partita für Streicher und Kl. (1938), 
Lieder und Klavierstücke. 

Kaps, Ernst, * 6. 12. 1826 zu Döbeln, f 11. 2. 
1887 zu Dresden; deutscher Pianofortefabrikant, 
baute als Spezialität besonders kleine »Kabinett- 
flügel« (Stutzflügel) mit dreifacher Saitenkreuzung. 
Sein Sohn und Erbe Emst starb am 22. 4. 1910 zu 
Dresden, womit die Firma erlosch. 

Kgpsberger, Johannes Hieronymus von (die 
Italiener nannten ihn Giovanni Geronimo Te- 
desco della Tiorba) ; deutscher Theorbist, Lau- 
tenist und Komponist des 17. Jh., lebte um 1604 in 
Venedig, ging aber um 1610 nach Rom, wo er als 
Virtuose auf Theorbe, Laute und Chitarronc sowie 
als Komponist im neuen Florentiner Stil Aufsehen 
erregte und sich am Hofe Papst Urbans Vm. in 
Gunst zu setzen wußte. Er scheint nach 1650 ge- 
storben zu sein. Mit Kircher war er offenbar be- 
freundet, denn dieser lobt ihn sehr und bringt in 
seiner »Musurgia«, Seite a 586 ff. Stücke K.s als 
Beispiele für die Tänze und den Stylus Symphonia- 
cus und Redtativus. K.s Hauptwerke sind: 3 Bü- 
cher Intabolatura di Chitarrone (1604, 1616, 1626), 
4 Bücher Villanelle , l-3st. mit Lntavolierungcn für 
Chitarrone und Chitarra spagnola (1610, II und 
HI 1619, 1623), 2 Bücher Intavolatura diLauto (1611, 


900 


Karel 


1623), 2 Bücher Arie passeggiate mit Bx. und 
Intavolatur für Chitarrone (1612, 1623), Motetti 
passeggiatu Ist. (1612), Ballt , gagliaräe e correnti 
(1615), Sinfonie , 4st. (1615), Capricci a due stromenti 
Horba e Horbino (1617), 5st. Madrigale (1609), 
2 Bücher Poemata et carmina composita ä Maffaeo 
Barberino ... für eine St. und B.c. (1624, 1633), 
eine Hochzeitskantate Coro tnusicale , l-5st. (1627), 
Musikdrama Fetonte (1630), I Pastori di Betlemme 
nella nascitä di N. S., rezitativischer Dialog (1630), 
Missarum Urbanarum . . . volumen primum , 4-8 st. 
(1631). Viele weitere Werke handschriftlich, dar- 
unter ein Oratorium Apotheosis SS. Ignatii et Fran- 
cisci Xaverii (1622). 

Lit. : R. Schlecht, Gesch. d. Kirchenmusik, Regens- 
burg 1871, mit Beisp. aus d. Apotheosis; A. W. Am- 
bros, Gesch. d. Musik IV, hrsg. v. G. Nottebohm, 
Lpz. 1878, 21881, hrsg. v. H. Leichtentritt, Lpz. 
1909, mit Beisp. aus d. Apotheosis; H. Goldschmedt, 
Die Instrumentalbegleitung <L itaL Musikdramen, 
MfM XXVII, 1895, darin eine »Aria passeggiata« von 
1612; J. Wolf, Hdb. d. Notationskunde II, = Kleine 
Hdb. d. Mg. nach Gattungen hrsg. v. H. Kretzsch- 
mar, VIII, 2, Lpz. 1919, darin eine Vülanelle aus d. 
I. Buch (1610) mit Faks. 

Karajan, Herbert von, * 5. 4. 1908 zu Salzburg; 
österreichischer Dirigent, Schüler des Salzburger 
Mozarteums, wollte zunächst Pianist werden, er- 
regte Aufsehen, als er 1927 in Ulm als Dirigent 
einer Aufführung von »Figaros Hochzeit« ein- 
sprang und war dann 7 Jahre städtischer Kapell- 
meister und zuletzt Opemdirektor in Ulm, lehrte 
1930-34 an den Sommerkursen des Mozarteums 
und wurde 1934 als Opemdirektor (1935 GMD) 
nach Aachen berufen. 1937 dirigierte K. eine Auf- 
führung des »Hdelio« an der Berliner Staatsoper 
mit außergewöhnlichem Erfolg, der zum Abschluß 
eines Gastvertrags mit der Staatsoper und den Ber- 
liner Philharmonikern führte. 1941 löste er seine 
Bindung an Aachen und wurde Leiter der Berliner 
Staatskapelle. Nach Kriegsende war K. in Wien 
tätig, übernahm 1947 einen Zyklus der Gesell- 
schaft der Musikfreunde, deren Direktor er 1949 
wurde, unternahm Tourneen mit den Wiener 
Philharmonikern sowie mit dem neugegründeten 
London Philharmonia Orchestra, dirigierte und 
inszenierte an der Mailänder Scala und wirkte bei 
den Festspielen von Bayreuth, Salzburg, Edin- 
burgh, Luzern, Wien, Berlin und München mit. 
Nach Furtwänglers Tod (1954) wurde er noch zum 
Leiter der Berliner Philharmoniker berufen und 
übernahm 1956 dazu die Leitung der Wiener 
Staatsoper und der Salzburger Festspiele. Damit 
besitzt er eine einmalige Fülle von Macht und 
künstlerischer Verantwortung. K. vereint Sensi- 
bilität und Klangsinn mit hoher Präzision, probt 
sorgfältig und arbeitet alles bis ins Detail aus. Seine 
Interpretationen vorklassischer und klassischer Mur- 
sik zeigt dieselbe Vollendung wie die von Werken 
der Romantik, des ausgehenden 19. und begin- 
nenden 20. Jh. 

Lit.: B. Gavoty u. R. Hauert, K., Monaco u. Genf 
(1954). 

K^urajan, - 1) Theodor Georg (Ritter) von, * 22. 
1. 1810 undf 28. 4. 1873 zu Wien; österreichischer 
Literaturhistoriker, studierte Jurisprudenz, trat 
1841 in die Wiener Hofbibliothek ein, deren 2. 
Direktor er 1854 wurde und war ab 1851 Vize- 


präsident, ab 1859 Präsident der österreichischen 
Akademie der Wissenschaften. Er schrieb : J. Haydn 
in London 1791 und 1792 (Wien 1861, separat und 
im Jahrbuch für vaterländische Geschichte), mit 
dem Briefwechsel von Haydn und Marianne von 
Genzinger; Aus Metastasios Hofleben (Wien 1861), 
Abraham a Sancta Clara (Wien 1867). - 2) Max 
Theodor, * 1. 7. 1833 zu Wien, f 20. 8. 1914 zu 
Graz, Sohn von Th. G. v. K., ab 1867 Professor 
der Philosophie in Graz, schrieb: Der Singverein 
in Graz (Graz 1909). 

KarasQwsld, Maurycy, * 22. 9. 1823 zu Wp- 
schau, f 20. 4. 1892 zu Dresden; polnischer Musik- 
schriftsteller, 1851 Cellist im Orchester der Großen 
Oper in Warschau, unternahm 1858 und 1860 
Studienreisen nach Berlin, Wien, Dresden, Mün- 
chen, Köln, Paris und war ab 1864 Königlicher 
Kammermusikus (Cellist) in Dresden. Außer eini- 
gen Stücken für Vc. mit KL gab er mehrere musi- 
kalische Schriften heraus, nämlich in polnischer 
Sprache: »Geschichte der polnischen Oper« (War- 
schau 1859), »Chopins Jugendzeit« (Warschau 
1862), »Mozarts Leben« (1868) und deutsch: Fried- 
rich Chopin , sein Leben , seine Werke und Briefe 
(Dresden 1877, 2 1878, 31881 ; englisch: New York 
1878). 

Karatygin, Wjatscheslaw Gawrilo witsch, 
* 17. 9. 1875 zu Parlowsk, f 23. 12. 1925 zu Lenin- 
grad; russischer Musikschriftsteller, studierte Che- 
mie, dann Musik bei Sokolow, war ab 1907 Mu- 
sikreferent und wurde 1916 Professor für Musik- 
geschichte und -ästhetik am Petrograder Konser- 
vatorium, galt als einer der besten Kenner Mus- 
sorgskijs. Schriften: Skrjabin (Petrograd 1916), 
»Mussorgskij und Schaljapin« (Petrograd 1922). 
Auch wurden einige Lieder von ihm gedruckt. 
Ausg. u. Lit: W. G. K., Sein Leben u. Wirken, 
literarische Arbeiten u. Materiale, Leningrad 1927 
(russisch). 

KardoS (k'ardaf), Dezider , * 23. 12. 1914 zu Na- 
dlice (Slowakei); slowakischer Komponist, stu- 
dierte 1933-37 am Konservatorium in Preßburg, 
1937-39 bei Noväk, ab 1945 beim tschechoslowa- 
kischen Rundfunk tätig. Er schrieb: Symphonie 
op. 10 (1942), eine »symphonische« und eine »fest- 
liche Ouvertüre«, Uspdvanka für V., Streicher und 
Harfe (1938), Kammermusik, Klavierstücke und 
Lieder mit Orchester- und Klavierbegleitung. 

Lit : Z. Noväöek, Profil Dczidera Kardoga, Preßburg 
1955. 

Karel, Rudolf, * 9. 11. 1880 zu Pilsen, f 5. 3. 
1 945 im Konzentrationslager Theresienstadt ; 
tschechischer Komponist, bemchte in Prag die 
Universität, nebenbei das Konservatorium und 
widmete sich später ganz der Musik. In der Kom- 
position war er der letzte Schüler von Dvordk. 
Bis 1914 lebte er in Prag, wurde während seines 
Sommeraufenthaltes in Rußland interniert, war 
dort einige Zeit Lehrer an der Musikschule in 
Taganrog und am Konservatorium in Rostow. 
Nach dem Umsturz 1917 trat er in die tschechische 
Legion ein und leitete deren 1919 von ihm gegrün- 
detes symphonisches Orchester. 1923-41 war er 
Lehrer für Komposition und Orchestrierung am 
Prager Konservatorium, mußte dann als ehemali- 
ger Legionär sein Amt aufgeben und wurde 1943 


901 



Karg-EIert 


von der Gestapo verhaftet. Werke: die Opern 
»Ilses Herz« (Prag 1924), »Gevatter Tod« (Brünn 
1933) und »Drei Haare des weisen Mannes« (Prag 
1948; orchestriert von Z. Vostrik), Bühnenmusi- 
ken, 2 Symphonien, symphonische Dichtungen 
Idedly (1909, neu bearbeitet 1928/29) und D&non 
(191 8 20), weitere Orchesterwerke und Chor- 
werke (Symphonie »Auferstehung« für Soli, Chor 
und Orch.), Capriccio op.21 und Symphonie 
op. 20 für V. und Orch.; Kammermusik: Nonett, 
Klavierquartett, 3 Streichquartette, Violinsonate, 
Klavierstücke und Lieder. 

Lit.: anon., R.K., Prag 1947 (Biogr.); O. Sourek, 
R. K., Prag 1946. 

Karg-EIert, Sigfrid, * 21. 11. 1877 zu Obern- 
dorf am Neckar, f 9. 4. 1933 zu Leipzig; deutscher 
Musiktheoretiker und Komponist, war mit Bei- 
hilfe Rezniceks, Griegs und Reisenauers 5 Jahre 
Schüler des Leipziger Konservatoriums, bekleidete 
1902 eine Lehrstelle am Konservatorium in Magde- 
burg, kehrte dann aber nach Leipzig zurück, wo 
er 1919 als Lehrer für Komposition, Theorie und 
Klavier ans Konservatorium berufen wurde. K.-E. 
hat sich ursprünglich sehr bestimmt den Strebun- 
gen von Debussy, Schönberg und Skgabin ange- 
schlossen, kehrte dann aber wieder zu den älteren 
Idealen harmonisch-polyphoner Bestimmtheit zu- 
rück. Als Spieler des »Kunstharmoniums« trat er 
auch in England und Amerika auf und schrieb zum 
Teil für dieses Instrument: Theoretisch-praktische 
Elementarschule , Die Kunst des Registrierens op. 91 
(für Spider aller Harmoniumsysteme), Hohe Schule 
des Legatospiels op. 94, Die ersten grundlegenden 
Studien op. 93, Die Harmoniumtechnik (Graaus ad 
Pamassum) op. 95. Kompositionen: Symphonia 
brevis für Orch. op. 1, Orchestersuite Jeux cTenfants 
op. 21 (nach Bizet); Klavierkonzert D moll op. 6; 
Qiorkompositionen (. Requiem a cappella) ; Passions- 
kantate für S., Englischhorn und Org. op. 84; 
Kammermusik (Klaviertrio op. 3, Bläserquintett 
C moll op. 30, Trio bucolico für V., FL und KL 
op. 121 b); zahlreiche Originalkompositionen für 
Harmonium, Duos für Harmonium und Kl., Or- 
gelkompositionen großen Stils (Passacaglia op. 25, 
Fantasie und Fuge D dur op. 39, Choral-Improvi- 
sationen op. 65; Quadrupelfuge und Choral mit 
Bläserschluß op. 73, 20 Prä- und Posdudien, 3 
symphonische Choräle op. 87), Klavier- und Vio- 
Imkompositionen; Cdlosonate op.71; 2 Klari- 
nettensonaten, Sonata appassionata für FL allein 
(op. 140); Sonate op. 88 und Partita op. 89 für V. 
allein; geistliche Gesänge mit Org. und V. sowie 
Klavierlieder. - Von seinen theoretischen Arbeiten 
sind besonders zu nennen: Akustische Ton-, Klang- 
und Fünktionsbestimmung (Leipzig 1930) und Pokt- 
ristische Klang- und Tonalitätslehre (Leipzig 1931). 
Lit.: H. Avril, S. K.-E., Kompositions-Verz. . . . mit 
einer biogr. Skizze, Bin 1908; A. E, Hüll, K.-E., in: 
The Musical Times LR, 1913; P. Schenk, S. K.-E., 
Bin 1927; G. Sceats, The Organ Works of K.-E., 
London 1949, 21950. 

K^rlinger, Felix, * 17.3.1920 zu München; 
deutscher Musikforscher, studierte 1938-48 an der 
Universität und an der Akademie der Tonkunst 
München, promovierte 1948 mit einer Arbeit über 
Die Pyrenäen im Spiegel des Volkslieds (ungedruckt). 
Veröflentüchungen: Verwandtes im Volkslied der 
Alpen und Pyrenäen (in: Der Zwiebelturm 1952, 


Heft 10), Schmugglerlieder im romanischen und deut- 
schen Raum (in: Alpenland 1954), Antifomario visi - 
gStico mozärabe de la Catedral de Leön (in: Erasmus 

1955) , Volkstümliches in der Kirchenmusik Sardiniens 
(Musica sacra 1956), Nicolas Leblgue (in: Erasmus 

1956) . 

Karlowicz (kara'ovitj), Mieczyslaw, * 11. 12. 
1876 zu Wiszniewo (Litauen), f 10. 2. 1909 zu 
Zakopane (verschüttet von einer Lawine); polni- 
scher Komponist, wurde nach Musikstudien in 
Warschau (1890-95), Berlin (1895-1900) und Leip- 
zig 1904 Direktor der Musikgesellschaft in War- 
schau. Von 1906 an lebte er in Zakopane (Galizien) 
nur der Komposition. Werke: symphonischer Pro- 
log und szenische Musik zum Drama »Das weiße 
Täubchen« von J. Nowidski, Symphonie E moll 
op. 7, symphonische Dichtungen »wiederkehrende 
Wellen« op. 9 (1904), »Drei uralte Lieder« op. 10 
(symphonische Trilogie, 1907), »Litauische Rhap- 
sodie« op. 11 (1908), »Stanislaw und Anna von 
Oswiedm« op. 12 (1908) und »Traurige Mär« 
(1908), Serenade für Streichorch., Violinkonzert 
A moll op. 8 (1902), Präludium und Doppelfuge 
für Kl., Klaviersonate, Stücke für V. und für Vc. 
mit Kl. sowie zahlreiche Lieder. Eine unvollendete 
symphonische Dichtung »Ein Drama auf der Mas- 
kerade« beendete und instrumentierte Gr. Fitd- 
berg. Auch gab K. in polnischer und französischer 
Sprache Chopin-Briefe und -Dokumente heraus: 
»Der bisher nicht herausgegebene Nachlaß Cho- 
pins« (Warschau 1903 und Paris 1905). Ein Gedenk- 
stein für K. wurde im Tatragebirge errichtet. 

Lit. : ein Teil seiner Briefe hrsg. v. A. Chybe&ski u. 
R. Kordys im polnischen Jb. Wierchy, 1925 u. v. 
A. Chybi>iski in d. polnischen Zs. Muzyka, Warschau 
1926.- F. Kecki, M. K., Warschau 1934; ders.: A 
Cat. of Musical Works of M. K. and S. Moniuszko, 
Warschau 1936; A. Chybu&ski, K., Warschau 1939; 
ders., K., Krakau 1947; I. F. Belza, M.K., Moskau 
1951. 

Kam 9 wit 8 ch,JurijLawrowitsch, *23. 4. 1884 
zu Kowno; russischer Komponist, studierte an der 
Petersburger Universität Jura und am Konserva- 
torium Gesang und Komposition bei Ljadow, 
Withol, Steinberg, Rimskij-Korsakow und Glasu- 
now, wurde dann Professor am Leningrader Kon- 
servatorium, schrieb 4 Streichquartette, kleinere 
Kammermusikwerke und Lieder. 

Kdrolyi, Julian Julius von, * 31. 1. 1914 zu Lo- 
sonc; ungarischer Pianist, lebt in München (seit 
1956 deutscher Staatsbürger). Ein früh in Budapest 
begonnenes Klavierstudium führte ihn ab 1926 
über München (Pembaur) nach Leipzig (v. Pauer), 
ferner nach Paris (Cortot) und 1932-34 wieder 
nach Budapest (Dohndnyi). Inzwischen hatte er 
sich in Berlin, Warschau, Wien und Budapest 
Klavierpreise erspielt. Seine Konzertreisen führten 
ihn seither durch ganz Europa, seit 1951 auch nach 
Nordamerika. Sein Ruf gründet sich vornehmlich 
auf sein ChopinspieL 

Karpath, Ludwig, * 27.4.1866 zu Budapest, 
t 8. 9. 1936 zu Wien; österreichischer Musik- 
schriftsteller, studierte am Budapester Konserva- 
torium, war 1894-1921 Referent für das Neue 
Wiener Tageblatt und verschiedene Musikzeitun- 
gen. 1914-17 redigierte er den Merker. Ab 1923 
war er Konsulent des österreichischen Unterrichts- 


902 



Kasatschenko 


mini sters für die österreichischen Bundestheater. 
Er schrieb: Siegfried Wagner (1902) ; Zu denBriefen 
Richard Wagners an eine Putzmacherin (Berlin 
1906); Richard Wagner, zDer Schuldenmacher « 
(Wien und Leipzig 1914); Begegnung mit dem 
Genius (Wien 1934). Er gab auch Wagners Briefe 
an Hans Richter heraus (Wien 1924); ferner: La- 
chende Musiker . . . (München 1929). 

Kars?wina, Tamara, * 1883; russische Tänzerin, 
Tochter des bekannten Ballettlehrers Platon Kar- 
sawin, Schülerin der kaiserlichen Ballettschule in 
St. Petersburg, avancierte 1907 zur Solotänzerin, 
kam 1909 mit Diaghilew nach Paris. Auch hier 
wirkte sie wieder als 1. Ballerina und war eine der 
stärksten Stützen der Ballets Russes. Nach Diaghi- 
lews Tod ließ sie sich in London nieder und er- 
warb sich um die Ausbildung des englischen Bal- 
letts große und allgemein anerkannte Verdienste. 
Die vollendete Beherrschung der klassischen vir- 
tuosen Technik verstand sie mit ihren ausgeprägten 
schauspielerischen Fähigkeiten zu verbinden und 
damit ihren Rollen jene Ausgeglichenheit von 
tänzerischen und mimischen Mitteln zu verleihen, 
die ihren weltweiten Ruf begründete. 

Lit.: Memoiren, Ballets russes (Les Souvenirs de T. 
K.), Paris 1931; V. Svetlov, T. K., 1922. 

Karstädt, Georg, * 26. 10. 1903 zu Berlin; 
deutscher Musikforscher, studierte 1927-31 an der 
Hochschule für Musik und 1931-35 Musikwissen- 
schaft an der Universität Berlin, promovierte 1935 
mit einer Arbeit Zur Geschichte des Zinken und 
seiner Verwendung in der Musik des 16.-18. Jahrhun- 
derts (AfMf n, 1937). K. war bis 1945 im Staat- 
lichen Institut für deutsche Musikforschung in Ber- 
lin tätig und ist jetzt Musiklehrer in Ratzeburg und 
Leiter der Musikabteilung der Stadtbibliothek 
Lübeck. Er gab heraus die Bibliographie des Musik- 
schrifttums, Jahrgang HI und IV (Leipzig 1938, 
1939), desgleichen Heft 12 der Reihe »Platzmusiki. 

Kartäuser (OCart, eigentlich Ordo Cartusia- 
norum), Mönchsorden, der auf die 1084 vom hei- 
ligen Bruno von Köln im Tal Chartreuse bei Gre- 
noble gegründete Einsiedlergemeinschaft zurück- 
geführt wird. Die Regel des 1176 von Papst 
Alexander III. bestätigten Ordens ist in den Con- 
suetudines des Guigo von Chastel niedergelegt, zu 
denen ergänzend Statuta (bis 1507 3 Sammlungen, 
neueste Fassung 1924) treten. Die Strenge der 
Ordensverfassung und die Zurückhaltung gegen- 
über allen Neuerungen kommen auch in eigenen 
liturgischen Vorschriften zum Ausdruck; der 
Chorgesang der K. hat (wie die Liturgie) einen be- 
sonders archaischen Charakter bewahrt: nicht- 
biblische Gesangstexte (Sequenzen) und Poly- 
phonie sind erst spät und vereinzelt in Aufnahme 
gekommen, Instrumentalbegleitung des Choral- 
gesangs ist verboten; für die K. charakteristisch 
ist der durchweg langsame, rhythmisch gleich- 
förmige Vortrag der Gesänge. Auch hat sich der 
Orden den verschiedenen Versuchen zur Refor- 
mierung der gregorianischen Melodien nicht an- 
geschlossen. Unter den als Musikschriftsteller her- 
vortretenden K. sind die bekanntesten: H. Eger, 
J. Gallicus, Gr. Reisch. 

Lit: Guioo v. Chastel, Consuetudines, neu hrsg. in 
Migne Patr. lat CLIH; Ordinarium Cartusiense, 
Grande Chartreuse 1932; J. W. Legg, Tracts on the 


Mass, = H. Bradshaw Soc. XXVII, London 1904; 
P. M. Jakubiöka, Ritus Kartusiansky, Prag 1910; A. 
Degand, Artikel Chartreux (Liturgie des) in: Dic- 
tionnaire d’ Archäologie Chrdtienne et de Liturgie III, 
Paris 1913; H. Elie, Les dditions des Statuts de 
l’Ordre des Chartreux, Paris 1943; A. M. Stoelen, 
De eucharistische evolutie van de oude Kartuizer- 
Liturgie, Bussum- Antwerpen 1946; A. A. King, Li- 
turgies of the Religious Orders, London 1955. - F. T. 
Petrejus, Bibl/Cartusiana, Köln 1609; N. Mohn, 
Hist. Cartusiana (um 1600), neu hrsg. Toumai ab 
1903; C. Le Couteulx, Annales OCart, 8 Bde, Mon- 
treuü-sur-Mer 1837-91; C. Reichenlechner, Der 
Kartäuserorden in Deutschland, Würzburg 1885; L. 
Le Vasseur, Ephemerides OCart, 5 Bde, Montreuil- 
sur-Mer 1890-93; V. M. Doreau, Les Ephdmerides 
de POrdre des Chartreux, 4 Bde, Montreuil-sur-Mer 
1897-1900; M. A. Bouchayer, Les Chartreux, Gre- 
noble 1926; E. Baumann, Les Chartreux, Paris 1928, 
deutsch v. Ch. Demmig Münster 1930; H. Hüschen, 
Artikel K., MGG. - zu K.-Mss. : Paläographie mus. 
I— III (darin Faks.), Solesmes 1889-93 (darin Faks.); 
Le Graduel Romain, Edition critique par les moines 
de Solesmes, II: Les sources, Solesmes (1957). - 
P. Wagner, Neumenkunde, Freiburg (Schweiz) 1905, 
Lpz. 2 1912, darin ein Faks.; J. Handschin, Die 
Schweiz, welche sang, in: Fs. K. Nef, Zürich u. Lpz. 
1933; Gr. M. Sunyol OSB, Introducdd a la paleo- 
grafia mus. gregoriana. Montserrat 1935, frz. Toumai 
1936, darin ein Faks.; G. Birkner, Die Gesänge d. 
Graduale Karlsruhe Pm 16, Diss. Freiburg i. Br. 
1951, maschr., darin ein Faks.; A. Geering, Die Or- 
gana ...» — Ptibl. d. Schweizerischen Musikforschen- 
den Ges. II, 1, Bern (1952); G. Seifert, Die Choral- 
handschriften d. Predigerklosters zu Freiburg i. Br., 
Diss. Freiburg i. Br. 1956, maschr. 

Karzew, Alexander Alexejewitsch, * 19.7. 
1883 zu Moskau; russischer Komponist, studierte 
Philologie, dann Musik bei Glifcre und Juon, 
schrieb eine Oper Undine (nach Fouqud), ein Kla- 
vierquintett, ein Streichquartett, eine Violinsonate, 
Lieder und Klavierstücke. 

Kasanl}, Nikolaj Iwanowitsch, * 17. 12. 1869 zu 
Tiraspol (Südrußland), f 15. 8. 1916 zu Petrograd; 
russischer Komponist und Dirigent, war 1879-83 
Schüler der Ooessaer Musikschule, dann bis 1894 
des Petersburger Konservatoriums. Ab 1897 war 
er als Dirigent russischer Musik regelmäßig in 
München und Prag tätig. Er leitete den Unterricht 
an den Militärmusikschulen von St. Petersburg. 
Werke: Sinfonietta Gdur (1893); »Lenore und 
Rusalka« für Singstimme und Orch. (1897) ; Sym- 

f honie Fmoll (1897); Oper Miranda (St.Peters- 
urg 1911); 2 symphonische Phantasien. Ferner 
instrumentierte er Liszts Klavierstücke Sposalizio 
und II Pensiero sowie Schuberts Erlkönig und schrieb 
außerdem zahlreiche Aufsätze. 

Lit.: W. Tjunejew, N. I. K., Russkaja musykalnaja 
gaseta XXII, 1915, russ. ; W. G. Karatygin, N. I. K., 
Musykalnyj sowremennik II, 1916, russ. 

Kasatschenko, Grigorij Alexejewitsch, * 3. 5. 
1858, f zu Leningrad; russischer Komponist, war 
1874-83 Schüler von N. A. Rimskij-Korsakow 
am Petersburger Konservatorium, dann Chor- 
meister der Kaiserlichen Oper, 1924 Professor für 
Chorgesang am Leningrad« Konservatorium. Er 
schrieb die Opern »Fürst Serebrjannij« (St. Peters- 
burg 1892), Pan Sotrnk (St. Petersburg 1902) ; eine 
Ouvertüre, eine Symphonie Amoll, Orchester- 
suiten, eine Phantasie für Va und Orch. über rus- 
sische Themen, eine Kantate Rusalka. 


903 



Kaschin 


Kaschln, Daniil Nikititsch, * 1769, f 1841 zu 
Moskau; russischer Komponist, war Leibeigener, 
Schüler von Sarti und 1790-1800 Dhigent der 
Leibeigenenkapelle von G. I. Bilikow in Moskau, 
dann dort als Komponist, Pianist, Dirigent, Lehrer 
und Konzertveranstalter tätig. Ab 1806 gab er das 
Schumal otetschestwennoj musyki (»Journal für vater- 
ländische Musik«) heraus. Besonders bekannt 
wurde er 1812 durch seine Kriegslieder. K. schrieb 
5 Opern, darunter Natalija bojarskaja dotsch (»Na i- 
talia, die Boiarentochter«, 1800), Selskij prasdnik 
{»Das ländliche Fest«, 1807) und Olga prekrasnaja 
(»Die schöne Olga«, 1809), ein Klavierkonzert, ein 
Klaviertrio, Klavierstücke, Lieder, Chöre und Kan- 
taten. Ferner gab er 1833-34 eine Sammlung von 
108 russischen Volksliedern mit Klavierbegleitung 
heraus (3 Bände). 

Kaschkjn, Nikolaj Dmitrijewitsch, * 9. 12. 1839 
zu Woronesch, + 15. 4. 1920 zu Kasan; russischer 
Musikschriftsteiler, war ab 1862 Lehrer an den 
Musikklassen der Moskauer Philharmonischen Ge- 
sellschaft und 1866-96 Professor für Klavier, Theo- 
rie und Musikgeschichte am Moskauer Konserva- 
torium, zugleich Mitarbeiter mehrerer Zeitschrif- 
ten. Mit Tschaikowsky war er befreundet Er 
schrieb ein sehr verbreitetes russisches Lehrbuch 
der Elementartheorie (1875), Wospominanija o P. I. 
Tschajkoivskom (»Erinnerungen an P. I. Tschai- 
kowskv«, 1896) und Otscherk istorii russkoj musyki 
(»Abriß der russischen Musikgeschichte«, Moskau 
1908). 

Lit: W. Jakowlew, N. D. K., Moskau u. Lenin- 
grad 1950. 

Kfschperow, Wladimir Nikititsch, * 1827 zu 
Simbirsk, *j* 8. 7. 1894 zu Romanzewo; russischer 
Komponist und Gesanglehrer, war Schüler von 
Hensdt in St Petersburg, schrieb 1850 seine erste 
Oper »Die Zigeuner«, ging 1856 zur weiteren Aus- 
bildung nach Berlin zu Dehn, wo er sich mit 
Glinka befreundete, darauf nach Italien. Dort 
kamen seine Opern Maria Tudor (nach Victor 
Hugo, Mailand 1859) und Rienzi (nach E. Bulwer 
Lytton, Florenz 1863) zur Aufführung, eine dritte, 
Consueb (nach George Sand) erst in St Petersburg 
1865. 1866-72 war K. Gesanglehrer am Moskauer 
Konservatorium; dann eröfmete er unentgeltliche 
Chorklassen in Moskau. Mit 2 weiteren Opern 
versuchte er Glinkas Bemühungen um eine rus- 
sisch-nationale Oper fortzusetzen: Grosa (»Das 
Gewitter«, nach A. N. Ostrowskij, St. Petersburg 
1867) und TarasBulba (nach Gogol, Moskau 1893). 
Ferner schrieb er Lieder und einige Aufsätze, dar- 
unter Wospominanija o M. L Glinke (»Erinnerungen 
an M. I. Glinka«, in Russkij archiw VII, 1869). 
Lit: W. Kisselew, A. N. Ostrowskij i W.N. K. 
(»A N. Ostrowskij u. W. N. K.«) in d. Sammelbd 
A. N. Ostrowskij i russkije kompositoiy, Pisma (A 
N. Ostrowskij u. ms. Komponisten, Briefe), Moskau 
und Leningrad 1937. 

Kaskel, Karl, Freiherr von, * 10. 10. 1866 zu 
Dresd e n, f 1945; deutscher Komponist, Schüler 
von Reinecke und Jadassohn in Leipzig, später 
noch von Wüllner in Köln, lebte in Dresden und 
München. Von seinen 8 Bühnenwerken, die aller- 
dings wenig Erfolg hatten, seien erwähnt: die 
Opern Die Bettlerin vom Pont des arts (Kassel 1899) 
und Der Dusb und das Babeli (München 1903); 


außerdem schrieb er eine Lustspielouvertüre op. 14, 
eine Humoreske op. 15 und Ballade op. 17 für 
Orch. sowie Klavierstücke und Lieder. 

Lit.: E. Schmitz, K. v. K, 1909; G. Irrgang, K. v. 
K., Bin. 

Kasid, Heino Wilhelm Daniel, * 21. 6. 1885 zu 
Pielisjärvi (Finnland) ; finnischer Komponist, Schü- 
ler der Orchesterschule in Helsinki und P. Juons in 
Berlin. Er schrieb : eine Symphonie H moll, Suiten 
und andere Orchesterwerke, Klavierstücke, Chöre 
und Lieder. 

Kasse», Tadeusz Zygfiyd, * 19. 3. 1904 zu 
Lwow; polnischer Komponist, studierte Musik an 
den Konservatorien von Lwow und Posen, ver- 
vollkommnete sich seit 1931 noch in Paris. Juristi- 
sche Studien, die er an der Universität Posen be- 
gonnen hatte, setzte er zur Vorbereitung für die 
diplomatische Laufbahn fort und wurde 1948 zum 
polnischen Kulturattache in New York ernannt. 
Er schrieb : symphonische Dichtung Dies irae (1935, 
auf den Tod von Pilsudski), Suita pastoralna (1937) 
und Suita tatrzanska (1948), 2 Orchesterkonzerte, 
Konzert für S. und Orch. (1928), Flötenkonzert 
(1934), Kontrabaßkonzert (1937), Concertino für 
Kl. und Orch. (1946), Concertino für Ob. und 
Streicher (1946), Concertino für R., Xylophon 
und Streicher (1948), Kammermusik (Concertino 
für FL, Klar, und Fag. 1936, Rötensonate 1948), 
Klavierstücke und eine Reihe von Liedern. 


Kast^lski), Alexander Dmitrijewitsch, * 28. 11. 
1856 und f 17. 12. 1926 zu Moskau; russischer 
Komponist, war 1876-82 Schüler von Tschaikow- 
sky und S. I. Tanqew am Moskauer Konserva- 
torium, wurde 1887 Klavierlehrer, 1901 Regens 
chori und 1910 Direktor der Synodalschule, die 
1918 zur Volks-Choral- Akademie umgewandelt 
und 1923 mit dem Konservatorium vereinigt 
wurde. 1912-22 war er daneben Lehrer für Fuge 
und Kapellmeister an der Moskauer Philharmoni- 
schen Schule, ab 1923 Professor für Chorgesang 
am Konservatorium. Er vertrat in der Kirchen- 
musik eine moderne Richtung, die bei der Bearbei- 
tung älterer Kirchengesänge Mittel des Kontra- 
punkts, der Harmonie und der Kla ngfa rben be- 
rücksichtigte; in seinen weltlichen Werken er- 
strebte er Volkstümlichkeit und begann nach der 
Revolution Massenlieder zu komponieren. Werke: 
geistliche und weltliche Chöre a cappella (letztere 
zum Teil mit Volksinstrumenten), Oper Klara 
Militsch (1907, aüfgeführt Moskau 1915), ein Re- 
quiem (1917), Schauspielmusiken, 3 Kantaten, 
da r unter 1905 god (1925), eine Symphonie (1923). 

Lit.: V. M. Beuajew in ML X, 1929; D. Schito- 
mirsku, Idei A D. Kastalskowo, in: Sowjetskaja 
musyka 1951. 

Kästner, Alfred, * 10. 3. 1870 zu Wien, f 24. 5. 
1948 zu Hollywood; Harfenvirtuose, Schüler des 
Wiener Konservatoriums, war zuerst an der Oper 
in Warschau, 1892-98 Lehrer seines Instruments 
an der Landesmusikakademie in Pest, lebte einige 
Zeit in Leipzig und nach ausgedehnten Konzert- 
reisen ab 1904 in London. H. hat auch einige Vor- 
tragsstücke für Harfe herausgegeben. 

Kästner, Emerich, * 29. 3. 1847 und t 5. 12. 
1916 zu Wien; österreichischer Musikschriftsteller, 
redigierte die »Wiener Musikalische Zeitung« (spä- 


904 



Kästner 


ter fortgesetzt als »Parsifal«) und gab einen Richard - 
Wagner-Katalog . . . (OfFenbach 1878), Verzeichnis 
der Briefe R. Wagners an seine Zeitgenossen . . . (Ber- 
lin 1897) und einen Richard- Wagner-Kalender (1881 
bis 1883) heraus. Sein Neuestes und vollständigstes 
Tonkünstler - und Opemlexikon (1889, wurde nicht 
beendet). Er schrieb noch Bühnenfestspiele zu Bay- 
reuth (Wien 1884), Wagneriana (Wien 1885, Briefe), 
Moniteur musical (1887), Biblioteca Beethoveniana 
(Anhang zum Thematischen Verzeichnis von Not- 
tebohm, 2. Auflage ergänzt von Th. von Frimmel, 
1925) und Chronologisches Verzeichnis der ersten Auf- 
führungen von R. Ws dramatischen Werken (Leipzig 
21899) und gab Beethovens sämtliche Briefe heraus 
(Leipzig 1911, Neuausgabe von J. Kapp, Leipzig 
1923), mit J. Kapp: R. Wagner , Gesammelte Briefe 
(2 Bände, Leipzig 1914). 

Kästner, - 1) Johann Georg, * 9. 3. 1810 zu 
Straßburg, f 19. 12. 1867 zu Paris; dsässischer 
Komponist und Musikschriftsteller, besuchte das 
Straßburger protestantisch-theologische Seminar, 
beschäftigte sich aber daneben mit Musik, wurde 
1830 Kapellmeister einer Abteilung der Bürger- 
wehr. Nach der erfolgreichen Aufführung einer 
deutschen Oper ermöglichte ihm 1835 der Straß- 
burger Gemeinderat, in Paris seine musikalischen 
Studien unter Berton und Reicha zu vollenden. 
Mit dem 1837 in Paris erschienen Traiti giniral 
d' Instrumentation (dem ersten in Frankreich, der 
durch Berlioz* Werk schnell in Vergessenheit ge- 
riet, aber eine von dessen Unterlagen bildete) er- 
öffnete er die lange Reihe seiner verdienstvollen, 
von der Akademie anerkannten und am Conserva- 
toire eingeführten Lehrwerke (alle in Paris): 
Cours d'instrumentation considiri sous les rapportspoi- 
tiques et philosophiques de Vart (1839, Supplement 
1844), Grammaire musicale (1837); Theorie abrigie 
du contrepoint et de la Jugue (1841) ; Mithode ilimen- 
taire d'harmonie appliquie au piano (1842); Mithodes 
ilimentaires de cnant, piano , violon, flüte, flageolet , 
comet ä pistons . . . (1838) ; Mithode complite et rai - 
sonnie de Saxophone (1845); Bibliothique choräle 
(1838) ; Introduction ä la bibliothique choräle (1840) ; 
Mithode complhe et raisonnie de timbales (1845); 
Manuel giniral de musique militaire (1848; die beiden 
letztgenannten mit geschichtlichen Untersuchun- 
gen). Unveröffentlicht blieben: De la composition 
vocale et instrumentale , ein Cours d'harmonie moderne 
und ein Traiti de V Orthographie musicale. Als Kom- 
ponist stellte sich K. mit 5 schon in Straßburg ge- 
schriebenen deutschen Opern vor, einer weiteren 
Biatrice (1839, Text nach Schiller von G. Schilling), 
der komischen Oper Le Maschere (Paris 1841), der 
großen biblischen Oper Le demier roi de Juda (1844, 
Text von M. Bourges, K.s bedeutendstes Werk), 
der komischen Oper Les nonnes de Robert le Diable 
(Text von Scribe, 1845), verschiedenen Vokal- und 
Instrumentalkompositionen, besonders Männer- 
chören. K.s eigenartigste Schöpfungen sind seine 
Livres partitions, symphonische Tondichtungen mit 
einer umfassenden musikgeschichtlich-philosophi- 
schen Untersuchung ihres Vorwurfs (alle in Paris) : 
Lesdansesdesmorts (±852), Les chants de lavie (Samm- 
lung von Männerchören, 1854), Les chants de 
Varmie fiangaise (1855), La harpe d'Eole et la musique 
cosmique (1856), Les voix de Paris (1857), Les Sirenes 
(1858), Parimiologie musicale de la langue fiangaise 


(1866). K. schrieb noch De Vutiliti des catälogues 
spiciaux et raisortnis pour la partie musicale de toutes 
les grandes librairies de France (Revue et Gazette 
musicale 1848, 4 Nummern). Er war Mitarbeiter 
französischer und deutscher Musikzeitungen, der 
Schillin gschen Encydopädie und von Gaßners 
Universallexikon der Tonkunst. Seine bedeutende 
Bibliothek wurde durch Verkauf zerstreut. - 2) 
Georg Friedrich Eugen, * 10. 8. 1852 zu 
Straßburg, f 6. 4. 1882 zu Bonn; dsässischer Phy- 
siker, Sohn von Johann Georg K., Erfinder der 
»Flammenorgel« (-* Pyrophon). Bemerkenswert 
sind seine Untersuchungen auf dem Gebiete der 
Schwingungsgesetze, welche er zum Teil in seinen 
Schriften niederlegte: Thiorie des vibrations et con- 
sidirations sur Vefectriciti (Paris 31876; deutsch 
Theorie der Schwingungen und Betrachtungen über die 
Elektrizität, Straßburg 1881) und Le Pyrophone . 
Flammes chantantes (Paris 41876). 

Lit. : H. Ludwig (von Jan), J.G.K., einelsässischerTon- 
dichter, Theoretiker u. Musikforscher, 3 Bde,Lpz. 1886. 

Kästner, Macario Santiago, * 15. 10. 1908 zu 
London; englischer Musikforscher, studierte Mu- 
sik in Amsterdam und Leipzig, Musikwissenschaft 
bei H. Angl&s in Barcelona. Nach Konzerttoumeen 
als Cembalist und Clavichordspieler und nach Stu- 
dienreisen wurde er 1947 Professor für Cembalo, 
Clavichord und Interpretation alter Musik an der 
Musikhochschule Lissabon. Veröffentlichungen : 
Müsica Hispdnica (Lissabon 1936), La Musique de 
Clavier Portugaise (RM 1940), ContribuciSn alEstudio 
de la Müsica Espanola y Portuguesa (Lissabon 1941), 
Tres Libros desconoridos con müsica orgdnica en las 
Bibliotecas de Oporto y Braga (Anuario Musical I, 
1946), Carlos Seixas (Coimbra 1947), Federico 
Mompou (Madrid 1947), Los Manuscritos Musicales 
nüms. 48 y 224 de la Biblioteca General de la Universi - 
dad de Coimbra (Barcelona 1950), Portugiesische und 
spanische Clavichorde des 18. Jahrhunderts (Kopen- 
hagen 1952), Parallels and Discrepancies between Eng- 
lish and Spanish Keyboard Music of the 16 th and 1 7th 
Century (Barcelona 1952), Le ^Clavecin Patfait« de 
Bartolomeo Jobemardi (Barcelona 1953, Paris 1955), 
Invloed van de Vlaamse Orgelkunst op de Spaanse 
in de XVIe en XVIIe eeuw (Tongerlo, Antwerpen 
1954), Relations entre la musique instrumentale fian- 
gaise et espagnole au XVIe stiele (2 Teile, Barcdona 
1955, 1956), Una Intavolatura D'Organo Italiana del 
1598 (Florenz 1956). Denkmälerausgaben: Fran- 
cisco Correa de Arauxo, Facultad Orgdnica (2 Bände, 
Barcdona 1948, 1952), P. Antonio Soler , 6 Con- 
ciertospara dos instrumentos de teäa (bisher erschienen 
Nr 1-3, Barcdona 1952-57), Fray Juan Bermudo , 
Declaraci&n de los Instrumentos Musicales (Faksimile- 
Ausgabe, Documenta Musicologica, Kassd 1957). 
Wertere Ausgaben: Cravistas Portuguises I und II 
(Mainz 1935, 1950), 5 Tentos do P. Martoel Rodri- 
gues Coelho (Mainz 1936), Antonio de Cabezön: 
Claviertnusik (Mainz 1951), Antönio Carreira, 3 Fan- 
tasien (Hilversum 1952), Silva Ibdrica (Mainz 
1954), Hommage ä VEmpereur Charles-Quint (Barce- 
lona 1954, mit Werken von A. Schlick, Tomäs de 
Santa Maria und A. Cabezön), P. Manoel Rodrigues 
Coelho: 4 Susanas (Mainz 1955), P. Antonio Soler: 
2 X 2 Sonatas (Mainz 1956), Altitalienische Versetten, 
Venezia, 1598 (Mainz 1957), Antonio de Cabezön: 
Sämtliche Tientos und Fugen aus den Obrase (Mainz 
1958). 


905 



Kastrioto-Skanderbeck 


Kastripto- Skanderbeck, Fürst Wladimir 
Geor giewitsch, * 1820 und f 13. 2. 1879 zu St. 
Petersburg; russisdier Komponist, schrieb Kam- 
mermusik und Lieder; war mit Dargomyschskij 
befreundet. 

Katchen (k'aetjbn), Julius, * 15. 8. 1926 zu Long 
Brauch (New Jersey); amerikanischer Pianist, trat 
bereits 1937-38 öffentlich auf und machte sich seit 
seinem Debüt in Paris 1946 auf zahlreichen Reisen 
als Virtuose ernster Richtung, besonders als Beet- 
hoven-Spieler, bekannt. 

Kate, Andrd ten, * 22. 5. 1796 zu Amsterdam, 
t 27. 7. 1858 zu Haarlem; holländischer Cellist 
und Komponist, Schüler von Bertelmann, schrieb 
mehrere Opern, von denen Seid e Palmira (1831) 
und Constantia (1835) zu Amsterdam guten Erfolg 
hatten, auch Kammermusikwerke und Chorge- 
sänge. Er hatte große Verdienste um das musikali- 
sche Leben in Holland. 

al-Kätfb, Yünus ben Sulaimän, f um 765; 
arabischer Sänger, Verfasser sehr volkstümlicher 
Gesänge und einiger Bücher, von denen der 
Kitäb ßl-agäni (»Buch über die Lieder«) von Al- 
Isfahäni als Quelle verwendet wurde. 

Lit : H. G. Farmer, Sources of Arabian Music, Bears- 
den 1940. 

Kittslri, Karol, Eugenia, Anton, Stanislaw 
und Apolinari -► de Kontski. 

Kattnigg, Rudolf, * 9. 4. 1895 zu Oberdorf bei 
Treffen (Kärnten), f 2. 9. 1955 zu Treffen; öster- 
reichischer Komponist, war 1918-22 Schüler von 
J. Marx und F. Löwe an der Wiener Musik-Aka- 
demie, an der er ab 1922 als Lehrer wirkte. 1926 
Professor, 1928-34 als Nachfolger von Sdiennich 
Direktor der Innsbrucker Musikschule, lebte dann 
in Berlin, ab 1939 in Wien, wo er auch als Dirigent 
tätig war (Opernhaus und Wiener Symphoniker). 
Werke: Oper Donna Miranda (Graz 1953) ; Ope- 
retten Prinz von Thule (1935, darin: Juble, mein 
Herz), Kaiserin Katharina (1936), Balkanliebe (1937, 
darin: Leiser erklingen Glocken und Heimat, mit der 
Seele grüß* ich Dien), Mädels vom Rhein (1938), Bel 
Arm ( 1948); Ballett Tarantella (Wien 1942); Film- 
musiken; Symphonien Cdur op. 6 und Gmoll 
op. 10; Burleske Suite op. 5 sowie Bilder aus Kärnten 
für großes Orch.; Klavierkonzert (1935); Doppel- 
konzert für FL, KL und Streichorch.; 2 Streich- 
quartette, ein Streichtrio, Klavierstücke und Lie- 
der. Er bearbeitete die Operette Don Cäsar von 
DeDinger (1943) sowie die Operette Die Rosl vom 
Wörthersee aus dem Nachlaß von K. Zeller. 

Katuar, Georgij Lwowitsch Catoir. 

Katz, Erich, * 31. 7. 1900 zu Posen; deutscher 
Musikschriftsteller und Komponist, studierte 1918 
bis 1921 am S tauschen Konservatorium, privat bei 
H. Mersmann, und bei Wolf, Sachs und Schüne- 
mann an der Universität Berlin, ab 1923 bei W. 
Gurlitt in Freiburg im Breisgau. Bis 1933 war er als 
Musikkritiker und bis 1938 als Organist in Frei- 
burg tätig, lebte 1939-43 in England und seitdem 
in den USA, seit 1947 in New York, wo er jetzt 
als Leiter der Kompositionsabteilung am New 
York College of Music, als Direktor des Musi- 


dans* Workshop und als musikalischer Leiter der 
American Recorder Society tätig ist. Er schrieb: 
Die musikalischen Stilbegriffe des 17. Jahrhunderts 
(Diss. Freiburg 1926); Kompositionen: Filmmusi- 
ken (u. a. Alice in Wonderland , 1954); Toy Concerto 
für Holzbläser, Celesta und Schlagzeug (1950); 
Concertino für Streichorch. (1951) ; Music for Re- 
cord Consort and Percussion (1957); Chorkantate auf 
Texte von Trakl (1936); Kantate Since Singing is 
So Good Thing (1949); Quintett; Hötentrio; 

2 Streichquartette; Sonatine für Holzbläser (1945) ; 
Violinsonate (1957); Musik für V. allein; Ist. 
Chöre; Stücke für Kl. und Lieder. Er gab Das neue 
Chorbuch (Mainz 1930) heraus, das 1933-45 im 
Katalog der »entarteten Musik« eine besondere 
Rolle spielte (u. a. »Chor der Fräuleins«). 

Kauder, Hugo, * 9. 6. 1888 zu Tobitschau (Mäh- 
ren); amerikanischer Komponist österreichischer 
Herkunft, studierte zunächst an der Technischen 
Hochschule, dann an der Universität Wien, bil- 
dete sich gleichzeitig autodidaktisch in der Kom- 
position und wandte sich ganz der Musik zu, 
1910-19 im Wiener Konzertvereins-Orchester, zu- 
erst als Geiger, dann als Bratschist. Nach vorüber- 
gehendem Aufenthalt in Holland und England lebt 
er seit 1940 in New York und widmet sich kompo- 
sitorischer und pädagogischer Tätigkeit. Werke: 

3 Symphonien; 6 Präludien, Passacaglien und Fu- 
gen für Streichorch.; 6 Konzerte für Soloinstru- 
mente und Streicher; Kantate Die Sonne sinkt (nach 
Nietzsche-Gedichten; Requiem (Hebbd) für A.- 
Solo und Doppelchor; Gesang der Geister über den 
Wassern (Goethe) für Chor und Streicher; zahl- 
reiche Kammermusikwerke, darunter 17 Streich- 
quartette, Trios und Sonaten für Streich- und Blas- 
instrumente mit KL; 10 Gedichte aus Chamber 
Music von J. Joyce für S., A., T. und Streichquar- 
tett; 4 Sonaten, eine Toccata und 7 Präludien und 
Fugen für KL und über 100 Lieder, davon gedruckt 
15 Lieder nach O. zur Linde und 12 Lieder nach 
A. Verwey. - Er war schriftstellerisch tätig als 
Mitarbeiter der Musikblätter des Anbruch und 
schrieb einen Entwurf einer neuen Melodie - und Har- 
monielehre (Wien 1932). 


Kauer, Ferdinand, * 18. 1. 1751 zu Klein-Tajax 
(Mähren), f 13. 4. 1831 zu Wien; gefeierter Wie- 
ner Singspielkomponist, abwechselnd Ka^ell- 

ter in Wien unef* am Grazer Theater, in seinen alten 
Tagen, da er außer Mode gekommen war, Brat- 
schist am Leopoldstädter Theater. K. schrieb Mu- 
sik zu mehr als 100 Opern, Singspielen und anderen 
Stücken, von denen Das Donauweibchen und Die 
Stemenkönigin im Druck erschienen und das erst- 
genannte sich lange auf kleineren B ühn en gehalten 
hat, außerdem Symphonien, Kammermusikwerke, 
Instrumentaltrio Nelsons große See-Schlacht, Kon- 
zerte, über 20 Messen, mehrere Requiem und 
andere kirchliche Werke, Oratorien {Die Sintflut, 
1809), Kantaten und Lieder, die fast sämtlich durch 
die Donauüberschwemmung 1830 vernichtet 
wurden. K. schrieb auch Schulwerke für V., FL 
und Klar., eine Kurzgefaßte Generalbaßschule für 


Anfänger (Wien, um 1800) und eine Sing-Schule 
nach dem neuesten System der Ton-Kunst (um 1790). 
Iit: K. Manschinger, F. K., Diss. Wien 1929; vgL 
auch Th. Haas, F. K., in: Neue Musik-Zeitung 1925. 


906 



Kaufmann 


Kauffmann, - 1) Ernst Friedrich, * 27. 11. 
1803 zu Ludwigsburg, f H- 2. 1856 zu Stuttgart; 
deutscher Gymnasialprofessor in Heilbronn, war 
auch ein bemerkenswerter Liedkomponist, der 
einfach, aber edel und ausdrucksvoll schrieb. - 
2) Emil, * 23. 11. 1836 zu Ludwigsburg, f 18. 6. 
1909 zu Tübingen; deutscher Kapellmeister, Sohn 
von E. F. K., war 1853-68 1. Violinist der Stutt- 
garter Königlichen Kapelle, 1868-77 Klavier- 
lehrer an der Allgemeinen Musikschule in Basel, 
dann bis 1907 Universitäts-Musikdirektor in Tü- 
bingen, ab 1899 auch Professor, 1883 promovierte 
er mit einer Arbeit über den Entwicklungsgang der 
Tonkunst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts bis 
zur Gegenwart (gedruckt 1884). K. komponierte 
Klavierwerke, Chöre und Lieder und schrieb eine 
Biographie über J.H. Knecht (Tübingen 1892). 
Von seinem Eintreten für das Werk Hugo Wolfs 
berichten dessen Briefe an E. K. (herausgegeben 
von E. Hellmer, Berlin 1903). 

Lit.: W. Schmid, E. K., in: Schwäbische Lebens- 
bilder III, Stuttgart 1942; F. Kauffmann, E. F. K., 
Mathematiker und Liederkomponist 1803-1856, in: 
Schwäbische Lebensbilder VI, Stuttgart 1957. 

Kauffmann, Fritz, * 17. 6. 1855 zu Berlin, 1 29. 
9. 1934 zu Magdeburg; deutscher Dirigent, Schü- 
ler H. Möhrs und der Berliner Hochschule für 
Musik (Kid und Rudorff), studierte als Mendels- 
sohnstipendiat noch in Wien (1881) und wurde 
1889 als Nachfolger Reblings nach Magdeburg 
berufen. Hier leitete K. die großen Gesellschafts- 
konzerte sowie später bis 1900 die Symphoniekon- 
zerte des neugeschafifenen städtischen Orchesters 
und 1897-1920 auch den von Rebling gegründeten 
Kirchengesangverein. K. komponierte Klavier- 
sonaten, 2 Klaviertrios; ein Streichquartett, eine 
Serenade für Streichquartett Gdur; eine Sym- 
phonie; eine dramatische Ouvertüre; 2 Violinkon- 
zerte, je ein Cellokonzert und Klavierkonzert; ein 
Quintett für Blasinstr.; Lieder, gern. Chöre, 
Frauenterzette; eine Oper Die Herzkrankheit 

Kaufmann, Leo Justinus, * 20. 9. 1901 zu Dam- 
merkirch (Elsaß), f (beim Luftangriff) 25. 9. 1944 
zu Straßburg; dsässischer Komponist, studierte am 
Konservatorium in Straßburg, danach bei Abend- 
roth, v. Othegraven und Jamach an der Musik- 
hochschule in Köln, ging nach einer Tätigkeit als 
Organist in Domach und als Korrepetitor am 
Stadttheater in Mülhausen wieder nach Köln, wo 
er 1929 Lehrer an der Rheinischen Musikschule 
wurde. Daneben wirkte er als Chorleiter und 
machte sich dabei auch mit sehr beachteten eigenen 
Kompositionen bekannt. 1940 erfolgte seine Beru- 
fung als Kompositionslehrer und stellvertretender 


Abendkantate (1943) ; mehrere a-cappella- und be- 
gleitete Chöre sowie eine Reihe von Liedern ( Der 
Tod für A. und Orch., 1930). 

Lit. : H.-J. Seydel, L. J. K., in: Musica V, 1951. 

Kaufmann, Armin, * 30. 10. 1902 zu Neu-Itz- 
kany (Bukowina); österreichischer Violinist und 
Komponist, unter dem Einfluß der Folklore schon 
früh komponierend, erhielt in Brünn ersten syste- 
matischen Musikunterricht (Violine, Violoncello, 
Partiturspiel, Theorie), bereiste als Mitglied von 
Quartettvereinigungen Europa und Ägypten und 
studierte 1928-31 bei J. Marx an der Wiener Mu- 
sikhochschule. Nach einer Lehrtätigkeit am Wie- 
ner Konservatorium wurde er 1938 Stimmführer 
der H. Geigen im Orchester der Wiener Sympho- 
niker. Seine Hauptwerke sind: Konzert-Ouver- 
türe op. 11 (1928), Symphonie in C op. 18 (1929), 
Burleie für Orch. op. 21 (1930), Chorsymphonie 
op. 28, Große Musik für Streicher op. 34 (1940), 
Aus Afrika (2 Stücke) für Streicher, Musik für 
Hom und Streicher op. 35 (1941), Das alizarihblaue 
Zwergertkind op. 37 (1942; nach B. von Münchhau- 
sen), Musik für Trp. und Streicher op. 38 (1942), 
Kleine Musik für Streicher op. 45 b (1947), Musik 
für 6 Solobläser op. 50, Festmusik für großes 
Orch. op. 51 (1949), Symphonie op. 65 (1953), 
Konzert für Mandoline und Kammerorch. op. 66 
(1955), die Schuloper Der Krach im Ofen, dazu 
Streichquartette, »Quartettinos«, Kammermusik 
verschiedener Besetzungen, Klaviermusik und 
Lieder. 

Lit.: R. F. Brauner, A. K., in: Oesterr. Musik-Zs. 
VI, 1951. 

Kaufmann, Georg Friedrich, * 14. 2. 1679 zu 
Ostramondra bei Kölleda (Thüringen), f Anfang 
März 1735 zu Merseburg; deutscher Komponist, 
Schüler von Büttstedt in Erfurt und Alberti in 
Merseburg, wurde des letzteren Nachfolger ab 
Hoforganist in Merseburg, später fürstlicher Ka- 
pelldirektor; er schrieb viäe Klavier-, Orgel- und 
kirchliche Gesangswerke, auch einen Traktat: 
Introduzione alla musica antica e ntodema, d. h . Eine 
ausführliche Einleitung zur alten und neuen Wissen- 
schaft der edebt Musik (verschollen). Seine Werke 
blieben Manuskript; im Druck erschien nur: Har- 
monische Seelenlust (75 Choräle und Vorspiele 2 u 
2-4 St. in Heften 1733-36, mit genauer Anweisung 
für die Registrierung). 

Ausg.: 2 Choralvorspiele f. Org., hrsg. v. G. Frot- 
scher in RD IX; Harmonische Seelenlust, hrsg. v. 
P. Pmoux, Kassel 1951 ; 62 Choräle mit beziffertem 
Baß (zu den Präludien in der Harmonischen Seelen- 
lust), hrsg. v. P. Prooux, Kassel 1951. 

Lit : G. Frotscher, Gesch. d. Orgebpieb u. d. 
Orgelkomposition I, Bin 1935, S. 605 ff. 


Direktor an das Straßburger Konservatorium. Von 
seinen Werken seien genannt: Märchenoper Aben- 
teuer in Kaschgar (1924), Singspiel Die niegesehene 
Braut (1934), Funkoper Die Serenade (1939), Kam- 
meroper Das Perlenhemd (1944); eine Symphonie 
(1942) und weitere Orchesterstücke; Kammermu- 
sik: ein Bläserquintett (1943), 3 Streichquartette, 
ein Streich- und ein Klaviertrio, Divertimento für 
Fl., Va und Cemb. (1938), Violinsonate (1922) und 
Klavierstücke; Chorwerke: eine Messe (1935), 
Acherontische Suite (1929), Kantate Mainacht (1932), 
Heimatkantate (1933), Frühlingskantate (1940), 


Kaufmann, - 1) Johann Gottfried (auch 
Kauffmann), * 12. 4. 1752 zu Siegmar bei Chem- 
nitz (Sachsen), f 10. 4. 1818 zu Frankfurt am Main; 
deutscher Instrumentenbauer (Mechaniker), kon- 
struierte Spieluhren, u. a. eine Harfen- und Flöten- 
uhr. - 2) Friedrich, * 5. 2. 1785 und 1 1. 12. 1866 
zu Dresden; Sohn von J. G. K., erregte besonders 
mit dem Trompeterautomaten Aufsehen (1808; 
vergleiche die Artikel C. M. von Webers in der 
Ausgabe von Kaiser, S. 351). Sein mit dem Vater 
gemeinschaftlich konstruiertes »Belloneon« sowie 
das Harmonichord (-> Bogenflügel) und *Chor- 


907 



Kaufmann 


daulodion« gehören unter die kurzlebigen Experi- 
mente des Instrumentenbaues. Dagegen waren sein 
»Salpingion« und »Symphonien« (1&39) Vorläufer 
des von seinem Sohne Friedrich Theodor 
(* 9. 4. 1823 und f 5. 2. 1872 zu Dresden) 1851 
fertiggestellten »Orchestrion« (-> Mechanische Mu- 
sikwerke, auch -*■ Mälze!) . 

Kaufmann, Walter, * 1.4.1907 zu Karlsbad; 
kanadischer Komponist und Dirigent, studierte 
nach privatem Musikunterricht in Prag (Violine, 
Komposition, Klavier), 1926-29 an der Musik- 
hochschule Berlin bei Schreker Komposition und 
1929-34 an der deutschen Universität Prag Philo- 
sophie und Musikwissenschaft. 1926-28 war er 
2. Kapellmeister am Stadttheater Karlsbad und 
1928/29 1. Kapellmeister in Eger. 1934-47 war er 
als Dirigent an indischen Rundfunkstationen, bei 
BBC und beim Film sowie 1947/48 als Lehrer für 
Klavier und Komposition am Konservatorium in 
Halifax (Kanada) tätig. 1948-56 dirigierte er das 
Winnipeg Symphony Orchestra Kanada und ist 
seit 1957 Professor für Musikwissenschaft an der 
Indiana University in Bloomington. K. schrieb die 
Opern Der Hammel bringt es an den Tag (1934), 
A Parfait for Irene (1952), The Cloak (»Der Mann 
td«, 1952), The Research (1953), The Golden Touch 
(1955), die Femsehoper Christmas Slippers, die 
Operette Die weiße Göttin , 2 Ballette, ferner 4 
Symphonien, 2 Klavierkonzerte, ein Cellokon- 
zert, eine Violinsonate, Klaviermusik, Bühnenr- 
und Hörspielmusik, Lieder, arbeitete über indische 
Kunstmusik, veröffentlichte eine Studie über pri- 
mitive Gonemusik (MQ XXVII 1941) und arbeitet 
zur Zeit an Folksong in the Himalayas (Liedersamm- 
lung). 

Kaul, - 1) Oskar, * 11. 10. 1885 zu Heufeld 
(Oberbayem); deutscher Musikforscher, studierte 
am Kölner Konservatorium, promovierte nach 
philosophischen und musikwissenschaftlichen Stu- 
dien in Bonn und München 1911 bei Sandberger 
in München mit einer Arbeit über Die Vokalwerke 
Anton Rosettis, der die Herausgabe zweier Bände 
Symphonien und Kammermusik Rosettis (DTB 
XD, 1 und XXV) folgte. 1922 wurde er Privat- 
dozent in Würzburg, 1928 außerordentlicher Pro- 
fessor, 1930 zugleich stellvertretender Direktor des 
Konservatoriums. Weitere Schriften: Geschichte 
der Würzburger Hofinusik im 18. Jahrhundert (Frän- 
kische Forschungen zur Geschichte und Heimat- 
kunde n/m, Würzburg 1924) ; Die musikdramati - 
sehen Werke des Wurzburgischen Hof kapellmeisters 
Georg Franz Wqßmuth (ZfMw VE, 1924/25); 
Athanasius Kircher (in: Festschrift zum 375jährigen 
Bestehen der Universität Würzburg, 1931); Die 
organische Einheit in Beethovens 8. Sinfonie (Neues 
Beethoven-Jahrbuch V, 1933) ; Zur Musikgeschichte 
der ehern . Reichsstadt SchweinfUrt (Würzburg 1935). 
- 2) Alexander, * 29. 7. 1926 zu Würzburg; 
deutscher Pianist, Sohn des vorigen, studierte 1940 
bis 1945 am Konservatorium in Würzburg sowie 
1954 bei Y.Loriod und Messiaen in Paris. Seit 
seinem Debüt als Solist übt er eine ausgedehnte 
Konzerttätigkeit im In- und Ausland, besonders in 
den skandinavischen Ländern aus. 

Kaun, Hugo, * 21. 3. 1863 und f 2. 4. 1932 zu 
Berlin; deutscher Komponist, war kurze Zeit 
Schüler der Königlichen Hochschule, dann von 


Fr. Kiel an der Akademie der Künste, lebte 1887 
bis 1901 in Milwaukee als Lehrer, Dirigent und 
Komponist, seitdem in Berlin, war Mitglied der 
Akademie der Künste und wurde 1922 Komposi- 
tionslehrer am Klindworth-Scharwenka-Konser- 
vatorium. Seine Männerchorwerke haben zu ihrer 
Zeit viel Anklang gefunden. Werke: 100. Psalm 
für Männerchor op. 15, Nomumnen-Abschied für 
Bar., Mannerchor und Orch. op. 20; I. Symphonie 
An mein Vaterland D dur op. 22; Bläseroktett 
op. 26; Kantate Abendfeier in Venedig op.27; I. 
Klaviertrio B dur op. 32; Oktett F dur op. 34; 
Klavierquintett op. 39; I. Streichquartett F dur 
op. 40, U. Streichquartett D moll op. 41 ; Tondich- 
tung Minnehaha und Hiawatha op. 43; symphoni- 
scher Prolog Maria Magdalena op. 44; I. Klavier- 
konzert Es moll op. 50; Auf dem Meere für Bar., 
Chor und Orch. op. 54; II. Klaviertrio Cmoll 
op. 58; Orchester-Humoreske Falstaff r op. 60; HI. 
Streichquartett C moll op. 74; Violinsonate D moll 
op. 82; H. Symphonie C moll op. 85, Märkische 
Orchestersuite op. 92, HI. Symphonie E moll op. 96; 
IV. Streichquartett A moll op. 114; H. Klavierkon- 
zert Cmoll op. 115; Akademische Ouvertüre op. 
126; Suite In den Bergen für Altsaxophon und KL; 
Orchestersuite mit Männerchor Alt-Heidelberg; 
Mutter Erde, 26. Psalm und Zigeunertreiben für Soll, 
Chor und Orch. ; Requiem rür A., Männerchor 
und Orch.; Kantate Wachet auf; Balladen Der 
Führer und Die wandernde Menschheit für Männer- 
chor und Orch.; 4 Opern, Lieder und Klavier- 
stücke; ferner Erinnerungen Aus meinem Leben 
(Berlin 1932). 

LiL: W. Altmann, H. K., in: Monographien Mo- 
derner Musiker I, Lpz. 1906; R. Schaal, H. K., 
Diss. Marburg 1944, gedruckt Regensburg 1948. 

Kayser, Hans, * 1. 4. 1891 zu Buchau am Feder- 
see (Württemberg); deutscher Gelehrter, Schüler 
von Humperdinck und Schönberg, verließ 1933 
Deutschland und lebt als Privatgelehrter in der 
Nähe von Bern. Anknüpfend an pythagoreische 
Lehren und in Fortführung der Forschungen von 
A. von Thimus versucht er in seinen Schriften die 
Lehre von der harmonikalen Ordnung der Welt 
zu erneuern: Orpheus (Berlin 1924); Der hörende 
Mensch (Berlin 1932); Vom Klang der Welt (Zürich 

1937, 21946); Abhandlungen zur Ektypik harmoni- 
kaler Wertformen (Zürich 1938, 21946); Grundriß 
eines Systems der harmonikalen Wertformen (Zürich 

1938, 21946); Harmonia plantarum (Basel 1943); 
Akroasis (Basel 1946, Zürich 1947); Lehrbuch der 
Harmonik (Zürich 1950); Harmonikale Studien (Zü- 
rich seit 1946). 

Kayser, Heinrich Ernst, * 16. 4. 1815 zu Al- 
tona, f 17. 1. 1888 zu Hamburg, wo er 1840-57 
Mitglied des Theaterorchesters war; deutscher 
Violinist. Seine Violinstudienwerke (Positionsstu- 
dien op. 20, Tägliche Übungen op. 28) Etüden 
op. 30 und seine Violinschule gehören zu den 
Standard-Werken der Violinliteratur. 

Kayser, Johann Melchior Caesar. 

Kayser, Leif, * 13. 6. 1919 zu Kopenhagen; dä- 
nischer Komponist und Organist, studierte 1936-41 
am Königlichr-Dänischen Konservatorium, 1941 
Dirigieren und Komposition bei Tor Mann und 
Hilcung Rosenberg in Stockholm, 1955 noch bei 


908 



Käser 


N. Boulanger. 1942-49 ging er zum Theologie- 
studium nach Rom und wurde 1949 zum Priester 
geweiht. Seit 1949 ist er Kaplan am katholischen 
Dom in Kopenhagen, wirkt dort auch als Dom- 
chordirektor und gibt Klavier- und Orgelkon- 
zerte im Rundfunk. Er komponierte neben 3 Sym- 
phonien (1939, 1940, 1956) zahlreiche Orchester- 
werke, ein Homkonzert (1953), ein Weihnachts- 
oratorium, Te Deum, Filmmusiken, ein Streich- 
quartett, Variationen über In dulcijubilo für Blech- 
bläser-Quartett, Klavier-, Violin- und Cellomusik, 
Orgelmusik, Chöre, Messen, geistliche Chormusik 
und Kinderlieder. 

Kayser, Philipp Christoph, * 10. 3. 1755 zu 
Frankfurt am Main, f 24- 12. 1824 zu Zürich; 
deutscher Komponist, Sohn des Frankfurter Or- 
ganisten Matthäus K. (f 1810), war mit Goethe 
befreundet und ließ sich auf dessen Empfehlung in 
den 70er Jahren in Zürich als Klavierlehrer nieder. 
Goethe schrieb für ihn die Singspiele »Jery und 
Bätely« (1779, Komposition nicht vollendet) und 
»Scherz, List und Rache« (1785-87) und übertrug 
ihm zuerst die Komposition einer Musik zu »Eg- 
mont«, doch reichten K.s Kräfte zur Bewältigung 
neuartiger Aufgaben nicht aus. Weitere Kompo- 
sitionen: Vermischte Lieder (Winterthur und Leip- 
zig 1775), eine Motette (in: Vierstimmige Motet- 
t en I I, herausgegeben von J. A. Hiller, Leipzig 
1777), Gesänge mit Beg leitung des Claviers (Winter- 
thur und Leipzig 1777), Weynachts-Cantate für 2 S. 
und Streichquartett (Zürich 1780); Deux Sonettes 
en Symphonie pour le Clavecin avec V accompagnement 
d'un violon et deux cors de chasse (Zürich 1784); 
Ballett Hurtato e Miranda (Mailand 1784); Oper 
H Feudetario ; Klavierfuge D moll. Ein Aufsatz 
Empfindungen eines Jüngers in der Kunst vor Ritter 
Glucks Bildnisse erschien anonym in Wielands 
»Deutschem Merkur« 1776. 

Lit: C. A. H. Burkhardt, Goethe u. d. Komponist 
Ph. Chr. K., Lpz. 1879, darin 3 Lieder; A. Nbf, Das 
Lied in d. deutschen Schweiz, Zürich 1909; E. Esch- 
mann, D. Heß, Aarau 1910; H. Abert, Goethe u. d. 
Musik, Stuttgart 1922; H. Spiess, Ph. K. u. Goethes 
Notenbuch v. 1778, Jb. der Goethe-Ges. XVII, 1931; 
Fr. Zollinger, Goethe in Zürich, Zürich 1932;W. 
Schuh, Ph. Chr. K.s Kompositionen f. d. Freundes- 
kreis im »Schönenhof«, SMZ LXXXVII, 1947; E. 
Refardt, Ein Musikbericht an Goethe, SMZ 
LXXXIX, 1949; ders., Der»Goethe-K.«, CXXXVIII. 
Neujahrsblatt d. Allgemeinen Musikges. Zürich, 
1950; H. J. Moser, Goethe u. d. Musik, Lpz. (1949), 
darin ein Lied. 

Kazanly, Kazatschenko -> Kasanli, -► Kasat- 
schenko. 

Ka£y6sld (kaj'iynski), Wiktor, * 30. 12. 1812 
zu Wilna, f 1870 zu St. Petersburg; polnischer 
Komponist, Schüler Elsners in Warschau, brachte 
die Opern Fenella (Wilna 1840) und »Der ewige 
Jude« fW arschau tmd Wilna 1842) zur Aufführung, 
siedejte 1843 nach St. Petersburg über, unternahm 
mit Lwow eine Reise nach Deutschland (vgl seine 
»Aufzeichnungen während einer musikalischen 
Reise durch Deutschland«, St. Petersburg 1845, 
polnisch) und wurde dann Kapellmeister am 
Alexandertheater in St. Petersburg. K. schrieb 
noch die Opern Les pages du duc de VendSme (1846), 
Mari et femme (1848), Musiken zu Repertoire- 
stücken des Alexandertheaters, ferner Kantaten, 


Chöre, Märsche, Tänze, Lieder und Übertragun- 
gen russischer Lieder für KL und Orch. Er verfaßte 
eine »Geschichte der italienischen Oper« (Peters- 
burg 1851). 

Kehr, Günter, * 16. 3. 1920 zu Darmstadt; deut- 
scher Violinist, lebt in Mainz. Er studierte bei A. 
Moodie (Frankfurt am Main) und Zitzmann (Köln) 
Violine, außerdem an den Universitäten Berlin 
und Köln Musikwissenschaft und promovierte in 
Köln 1941 mit Untersuchungen zur Piolintechnik um 
die Wende des 18. Jahrhunderts. 1949 gründete er 
ein nach ihm benanntes Streichtrio (mit G. Schmid, 
Viola, und H. Münch-Holland, Violoncello), das 
sich auch für zeitgenössische Musik einsetzt. 
1953 wurde er Leiter des Peter-Comelius-Konser- 
vatoriums in Mainz. K. gab Werke von Corelli, 
Mozart und Schubert neu heraus. 

Kehrer, Willy, * 26. 4. 1902 zu Dresden; deut- 
scher Komponist, studierte bei Juon, Mraczek und 
H. Schneider, wurde Kapellmeister und 1925 Leh- 
rer am Dresdener Konservatorium. Er schrieb den 
Opemeinakter Die weiße Fürstin, das Musikdrama 
Eiko Shimotogo, Orchester- und Kammermusik, 
Lieder und Chöre. 

Keidel, Charles Knabe & Cie. 

Keil, Alfredo, * 1850 zu Lissabon, j* 4. 10. 1907 
zu Hamburg; portugiesischer Komponist und 
Maler, dessen Opern ihn als Hauptvertreter der 
potugiesischen Musik seiner Zeit erscheinen lassen: 
Don Branca (Lissabon 1888), Irene (Turin 1893), 
Serrana (Turin und Lissabon 1899); ferner schrieb 
er Tondichtungen für Orch. Sein Lied A Portu- 
gueza wurde 1911 zur Nationalhymne der neuer- 
richteten Republik erklärt. 

Keüberfh, Joseph, * 19. 4. 1908 zu Karlsruhe; 
deutscher Dirigent, ging 1925 als Korrepetitor an 
das Staatstheater Karlsruhe, wo er 1935 zum GMD 
avancierte. 1940 wurde er Leiter des Philharmo- 
nischen Orchesters Prag, 1945 musikalischer Ober- 
leiter der Dresdener Staatsoper und 1950 ständiger 
Gastdirigent an der Staatsoper Berlin. Seit 1951 ist 
K. Leiter der Hamburger Philharmonie. Daneben 
betreut er die Bamberger Symphoniker, gastiert 
seit 1952 bei den Bayreuther Festspielen undist der 
Hamburger Oper als ständiger Gastdirigent ver- 
bunden. K. ist ein vielseitiger Konzert- und Opem- 
dirigent, der vor allem durch seine Mozart- und 
Wagneraufführungen bekannt geworden ist; seine 
temperamentvoll-musikantische Dirigierweise be- 
währt sich auch in der Darstellung Bruckners, 
Smetanas tmd Dvoräks. K. hat für 1959 einen Ruf 
an die Bayerische Staatsoper München ange- 
nommen. 

Keilwerth, - Julius Keilwerth, Musikinstrumen- 
tenfabrik oHG., gegründet 1925 von Julius Keil- 
werth in Graslitz (Böhmen). Seit 1947 ist Nauheim 
(Kreis Groß-Gerau) Sitz der Firma. Bei der Fabri- 
kation von Musikinstrumenten liegt das Haupt- 
gewicht auf Saxophonen, Jazztrompeten und -po- 
saunen. Als leitende Personen zeichnen gegenwär- 
tig Julius und Joseph Keilwerth. 

Keiser, Reinhard, getauft 12. 1. 1674 zu Teu- 
chem bei Weißenfels, 1 12. 9. 1739 zu Hamburg; 
deutscher Komponist, Sohn des Weißenf elser Orga- 


909 



Keiser 


nisten Gottfried K., der ähnlich wie später sein Sohn 
ein unstetes Leben führte, wurde 1685 Alumnus 
der Leipziger Thomasschule (unter Schelle als Kan- 
tor), befand sich aber bereits 1692 in Braunschweig, 
wo 1693 seine Oper Basilius am Hof aufgeführt 
wurde. 1695 folgte auf dem herzoglichen Lust- 
schlosse Salzdahlum das Pastorale Die wiedergefun- 
denen Verliebten (umgearbeitet als Ismene Hamburg 
1699). In Braunschweig war damals Kusser Kapell- 
meister, dessen Schüler K. vielleicht wurde und 
dem er 1693 nach Hamburg folgte. 1694 führte 
Kusser dort K.s Basilius auf. Doch scheint ihre 
Freundschaft nicht von langer Dauer gewesen zu 
sein. Als Kusser 1695 Hamburg verließ, trat K. als 
Hauptkomponist der Hamburger Oper in den 
Vordergrund. Seine Begabung war außerordent- 
lich reich, besonders im Melodischen. Er hat für 
Hamburg, welches er schuldenhalber mehrmals 
vorübergehend verlassen mußte, angeblich 116 
Opern geschrieben, in Wirklichkeit jedoch kaum 
mehr als 77. Die Stoffe seiner Opern sind die auch 
in Italien imm er wieder komponierten aus der 
antiken Mythologie und Geschichte; populäre, 
zum Teil zotige Stoffe der Zeit erscheinen ab etwa 
1725: Störtebecker und Goedje Michel, Die Leipziger 
Messe, Der Hamburger Jahrmarkt, Die Hamburger 
Schlachtzeit. 1700 riditete er eine Serie von Win- 
terkonzerten mit einem vortrefflichen Orchester 
und den berühmtesten Solisten ein; bei diesen Kon- 
zerten war neben den geistigen auch für leibliche 
Genüsse durch ein gewälltes Souper gesorgt. 1702 
wurde er zum Fürstlich Mecklenburgischen Kapell- 
meister ernannt. 1703 übernahm K. mit Drüsicke 
die Oper selbst in Pacht; sie machten aber schlechte 
Geschäfte, und Drüsicke verschwand, wahrend 
sich K. noch bis 1706 allein hielt. Nach mehrjähri- 
ger Abwesenheit (in Teuchem) erschien er wieder 
1709, heiratete eine Tochter des vermögenden 
Ratsmusikanten Oldenburg und nahm 1716 seine 
Konzerte wieder auf. 1717 hielt sich K. in Kopen- 
hagen, 1719-21 am Hof in Ludwigsburg auf in der 
Hoffnung, als Kapellmeister angestellt zu werden, 
ging aber nach vergeblichem Warten 1722 nach 
Kopenhagen zur Inszenierung seiner Oper Ulysses, 
bei welcher Gelegenheit er den Titel Königlich 
Dänischer Kapellmeister erhielt. 1728 wurde er in 
Hamburg Klantor am Dom. Ein Jahr vor seinem 
Tode mußte er noch das Ende der Hamburger 
Oper erleben. Außer seinen Opern schrieb K. 
viäeKirchenwerke (Passionen, Motetten, Psalmen), 
Oratorien, Kantaten; im Druck erschienen: Gc- 
müths-Ergötzung, 7 Kantaten (Hamburg 1698), 
Divertimenti serenissimi, 9 Kantaten (Hamburg 
1713), Musicalische Land-Lust, moralische Kantaten 
(Hamburg 1714), KayserUche Friedens-Post (Ham- 
burg 1715), Auserlesene Soliloquia aus dem . . . Ora- 
torio: Der für die Sünde der Welt gemarterte und ster- 
bende Jesus (Text von Brockes; Hamburg 1714), 
Seelige Erlösungs-Gedanken aus dem Oratorio Der 
Zum Tode verurtheilte und gecreutzigte Jesus (Ham- 
burg 1715) ; auch auserlesene Arien aus den Opern 
La forza della virtu (1701), Almira und Qctavia 
(1706) sowie UInganno fedele (1714). Zu Matthe- 
sons »Neu-eröfinetem Orchester« (Hamburg 1713) 
hat K. Anmerkungen beigesteuert. B. Bardis Sing- 
spiel »Der tolle Kapellmeister« (Berlin 1929) be- 
handelt K. unter Verwendung von Themen aus 
seinen Opern. 


Ausg.: Opern: Octavia, hrsg. v. Fr. Chrysander u. 
M. Seiffert, Suppl. VI d. Händel-GA; Groesus (1710, 
Neufassung 1730) u. d. Ariensammlung aus L’Inganno 
fedele (1714), hrsg. v. M. Schneider, DDT XXXVII/ 
XXXVIII; Der lächerliche Prinz Jodelet (1726), hrsg. 
v. Fr. Zelle, PGfM XVIII (= Jg. XX-XXII). - 
Kantate Die verliebte Diana (aus d. Gemüths-Er- 
götzung), 2 Arien u. ein Rezitativ, hrsg. v. R. Eitner, 
Beilage zu MfM XVI, 1884; Suite f. Kammerorch. 
aus Der wahre Betrug (Cameval v. Venedig), hrsg. v. 
H. Erdlen u. J. Harder, Lpz. 1932; 7 Suiten aus 
Opern R. K.s, bearb. v. Fr. Zelle (f. Streichorch., 
auch f. IG. oder f. V. u. Kl.), Lpz. 1890; Triosonaten, 
hrsg. v. E. Schenk, NMA 68, 114 und 132. 

Lit.: J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, 
Hamburg 1740, neu hrsg. v. M. Schneider, Bin 1910; 
C v. Winterfeld, Der ev. Kirchengesang III, Lpz. 
1847, darin 14 Sätze aus K.s Kirchenmusik; Fr. O. 
Lindner, Die erste stehende deutsche Oper, Bin 1855 ; 
Fr. Chrysander, G. Fr. Händel I, Lpz. 1858, 2 1919; 
R Eitner, Cantaten . . ., MfM XVI, 1884; J. Sit- 
tard, R. K. in Württemberg, MfM XVHI, 1886; 
ders.. Zur Gesch. d. Musik u. d. Theaters am Würt- 
tembergischen Hofe I, Stuttgart 1890; Fr. A. Voigt, 
R K., Vf Mw VI, 1890; W. Kleefeld, Das Orch. d. 
ersten deutschen Oper, SIMG I, 1899/1900; H. 
Leichtentritt, R. K. in seinen Opern, Diss. Bin 
1902; H. Kretzschmar, Das erste Jh. d. deutschen 
Oper, SIMG HI, 1901/02; T. Krogh, R. K. in Ko- 
penhagen, Fs. J. Wolf, Bin 1929; L. Schiedermair, 
Die deutsche Oper, Lpz. 1930, 2 1940; J. Schreiber, 
Dichtung u. Musik d. früh-deutschen Operaarien, 
Diss. Bin 1934; R. Petzoldt, Die Kirchenkomposi- 
tionen u. weltlichen Kantaten R. K.s, Diss. Bin 1935; 
H. Chr. Wolff, Die Barockoper in Hbg, 2 Bde, 
Wolfenbüttel 1957, mit vielen Beisp. 

K$ldorfer, - 1) Viktor, * 14. 4. 1873 zu Salz- 
burg; österreichischer Chorleiter und Komponist, 
studierte außer an der Lehrerbildungsanstalt am 
Mozarteum in Salzburg. Sein Lehrerberuf führte 
ihn 1892 nach Wien, wo er auch als Kirchenchor- 
direktor wirkte. K. leitete 1909-21 den Wiener 
Männer-Gesangverein, 1922-38 und 1945-53 den 
Wiener Schubertbund. Er ist Mitgründer (1897) 
der Autorengesellschaft AKM, deren Direktor er 
später 10 Jahre lang war. K. veröffentlichte etwa 
200 Kompositionen, meist Chorwerke, Kirchen- 
musik (Missa Solcmnis, Motetten, Vater unser) und 
Lieder (Lieder für große und kleine Kinder), veran- 
staltete die erste Gesamtausgabe von Schuberts 
Chorwerken sowie des Chornachlasses von Bruck- 
ner und bearbeitete Werke von Kaiser Leopold I. 
Er schrieb: Worte ohne Lieder (Wien 1947) ; Gene- 
ralbeichte eines 80 jährigen Sängetfuhrers . . . (Wien 
1953). - 2) Robert, * 10. 8. 1901 zu Wien; öster- 
reichischer Dirigent, Sohn von Viktor K., stu- 
dierte bei seinem Vater und 1917-19 bei Karl Pro- 
haska, M. Springer und R. Stöhr an der Wiener 
Musikakademie. 1930-39 wirkte er als Musikdirek- 
tor, Chordirigent und Direktor des Bruckner- 
Konservatoriums, 1939-41 als Mathematiklehrer 
an der Gewerbeschule in Linz. Seit 1941 leitet er 
das Kärntner Landeskonservatorium in Klagen- 
furt. Kompositionen: Opern Verena (Klagenfurt 
1951) und Nonette; Missa brevis für Soli, Chor, V., 
Vc., Pauken und Org. (1923); Hymnus für Soli, 
Männerchor, Bläser, Harfe, Pauken und Org. 
(1924); Orgelphantasie über ein Thema aus G. 
Mahlers Vlfr. Symphonie (1926); Streichquartett 
(1927); Konzert für Horn und 10 Instr. (1928); 
Kantate Auferstehung für Männer- und Knaben- 
chor, Orch. und Org. (1936); Motette Wir Bauern, 


910 



Keller 


7st. a cappella (1937); Serenade für Streichtrio 
(1946) ; Bläsertrio (1948) ; Männerchöre und Lieder. 
Lit.: O. Dobrowolny, V. K., Wien 1948. 

P. P. Kelen, Schallplatten-Gesellschaft m. b. H. 
und Ring der Musikfreunde, Schallplatten- 
Gesellschaft m. b. H., früher Vox Schallplatten- 
Gesellschaft, geleitet von Peter Paul Kelen (früher 
Generaldirektor des Ungarischen Rundfunks) als 
alleinigem Geschäftsführer; Sitz Köln. Gegen- 
stand des Unternehmens sind alle Geschäfte, die 
der technischen Wiedergabe von Musikwerken 
dienen, insbesondere die Beschaffung und der Ver- 
trieb von unbespielten und bespielten Tonträgern 
aller Art. Daneben werden Blas- und Saiteninstru- 
mente mit und ohne Verbindung mit einem elek- 
trischen Verstärker fabriziert. 

K£ler (k'e:ler), Bdla (Adalbert von K&er, bekannt 
als: Kfler B<3a), * 13. 2. 1820 zuBdrtfa, f 20. 11. 1882 
zuWiesbaden ; ungarischer Komponist, begann iuri- 
stischeStudien, ging aber dann zur Landwirtschaft, 
1845 zur Musik über und studierte in Wien unter 
Schlesinger und Sechter. Nachdem er einige Zeit 
als Violinist im Theater an der Wien mitgewirkt 
hatte und durch seine Tänze und Märsche bekannt 
geworden war (einige der von Brahms bearbei- 
teten »Ungarischen Tänze« sollen von ihm her- 
rühren), fungierte er 1854 als Dirigent der früheren 
Gungischen Kapelle in Berlin, übernahm 1855 in 
Wien die Kapelle des verstorbenen Lanner und 
war dann Militärkapellmeister in Wien (1856-63) 
und bis 1873 in Wiesbaden, wo er zuletzt privati- 
sierte. Von seinen melodiösen Kompositionen sind 
die Lustspiel-Ouvertüre op. 73 und die Ungarische 
Lustspiel-Kuvertüre op. 108 noch heute beliebt; 
ebenso der Walzer Am schotten Rhein gedenk * ich 
dein op. 83, der durch eine Bearbeitung für Chor 
und Orch. besonders bekannt wurde. 

Keller, Francois Antoine Edouard, franzö- 
sischer Ingenieur, einer der Erfinder, die sich um 
die Lösung des Problems der Fixierung freier Im- 
provisationen auf dem Klavier mittels eines selbst- 
tätigen Mechanismus bemühten; er nannte seinen 
Apparat »Pupitre improvisateur« und gab heraus: 
Methode d' Improvisation . . . fondie sur üs propriit&s 
du pupitre improvisateur (Paris 1839). 

Keller, Godfrey, angesehener Londoner Kla- 
vierlehrer von deutscher Herkunft um 1700. Nach 
seinem Tode erschien: A Complete Method for 
Attaining to Play a Thorough-Bass (London 1707 
und öfter, wenig verändert als Anhang zur 2. Auf- 
lage von W. Holders »A Treatise of the Natural 
Grounds and Prindples of Harmony«, London 
1731). Ferner sind von ihm erhalten eine Cembalo- 
sonate und 6 Triosonaten. 

Lit.: Riemann MTh; Fr. Th. Arnold, The Art of 
Accompaniment, London 1931. 

Kdler, Hermann, * 20. 11. 1885 zu Stuttgart; 
deutscher Musikschriftsteller, studierte zunächst 
Architektur, dann auf Veranlassung M. Regen 
Musik als Schüler von Reger, M. Pauer, H. Lang 
und Straube. 1910-16 war er Lehrer an der Musik- 
schule und Stadtorganist in Weimar, an s chl ießend 
in Stuttgart tätig aus Organist der Markuskirche 
und als Ldhrer an der Technischen Hochschule 
(1919 Lehrauftrag, 1925 Privatdozent, 1926 Pro- 


fessor), promovierte 1925 in Tübingen zum Dr. 
phil. 1920-50 lehrte er an der Stuttgarter Hoch- 
schule für Musik, der er 1945-50 als Direktor 
Vorstand. Veröffentlichungen': Reger und die Orgel 
(München 1923); Die musikalische Artikulation, 
insbesondere bei Joh. Seb. Bach (= Veröffent- 
lichungen des Musik-Instituts der Universität Tü- 
bingen, Heft II, Stuttgart 1925), Schule des General- 
baß-Spiels (Kassel 1931), Schule der Choralimprovi- 
sation (Leipzig 1939); Die Kunst des Orgelspiels 
(Leipzig 1941) ; J. S. Bach, der Künstler und sein 
Werk (Lorch und Stuttgart 1947J ; J. S. Bach und die 
Säkularisation der Kirchenmusik (Universitas 2, 
1947) ; Die Orgelwerke Bachs (Leipzig 1948), Die 
Klavierwerke Bachs (Leipzig 1950), Das Tempo bei 
Bach (Neue Musik-Zeitschrift 4, 1950), Studien zur 
Harmonik Joh. Seb. Bachs (Bach-Jb. 41, 1954). Von 
seinen Ausgaben seien genannt: von Werken J. S. 
Bachs: Klavierbüchlein für Friedemann Bach, 
Orgelbüchlein, Orgelchoräle manualiter, Orgel- 
werke Band IX, Notenbüchlein der Anna Magda- 
lena Bach, Französische Suiten, 3 Fugen nach 
Reinken, Wohltemperiertes Clavier I und II, In- 
ventionen; des weiteren Orgelwerke von Buxte- 
hude, Scheidt, Lübeck und Frescobaldi; Schule des 
klassischen Triospiels (15 Orgeltrios 1512-1916), 
80 Choralvorspiele des XVII. und XVIII. Jahrhun- 
derts und Orgelvorspiele in allen Tonarten. 

Keller, Johann Andreas ; deutscher Komponist 
des 17. Jn., 1651 Hoforganist in Heidelberg (Mu- 
siklehrer der Liselotte von der Pfalz), 1657 auch 
Organist der Heiliggeistkirche, zuletzt aber bis zur 
Auflösung der Hofkapelle (1685) Hofmusikdirek- 
tor. Seine Kompositionen (5st. Choräle, Psalmen) 
scheinen nicht erhalten zu sein. 

Keller, Karl, * 16. 10. 1784 zu Dessau, f 19. 7. 
1855 zu Schaffhausen; vortrefflicher Flötist, Hof- 
musikus in Berlin unter Reichardt (bis 1806), in 
Kassel (bis 1814) und Stuttgart (bis 1816), reiste 
dann als Virtuose und wurde 1817 Hofmusiker, 
späterhin Theaterkapellmeister in Donaueschingen, 
wo seine Frau (Wilhelmine Meierhofer) als 
Opemsängerin engagiert war; nach seiner Pensio- 
nierung 1849 zog er sich nach Schaff hausen zurück, 
dort Musikdirektor bis 1853. Seine Kompositionen 
sind zumeist für Fl. geschrieben (Konzerte, SoH, 
Duette, Variationen, Polonaisen mit Orch., Di- 
vertissements). Zu großer Beliebtheit gelangten 
seine Lieder (darunter Kennst du der Liebe Sehnen?, 
Helft, Leutchen, mir vom Wagen doch). 

Keller, Max, * 7. 10. 1770 zu Trostberg an der 
Alz (Bayern), t 16- 12. 1855 zu Altötting; deut- 
scher Komponist, Organist in Altötting, gab viele 
Kirchenkompositionen, besonders Messen für klei- 
nere Verhältnisse (1-2 Singst, mit Org. und ad 
libitum 2 Hörnern für Landchöre), auch Litaneien 
und Adventslieder sowie Orgelstücke heraus. 

Keller, Oswin, * 5. 11. 1885 zu Auerbach (Vogt- 
land) ; deutscher Klavierpädagoge, 1896-1902 
Schüler des Leipziger Konservatoriums, 1903-06 
Lehrer an der steiermärkischen Musikschule in 
Graz, 1906-52 Lehrer am Konservatorium in Leip- 
zig (1946 Professor), wurde 1956 Klavierdozent 
am Institut für Musikerziehung der Universität 
Leipzig. Komponist von Charakterstücken für 
Kl. ( Erotik, Waldszenen, Reiseerinnerungen, Resigna - 


911 



Keller 


tion, Ballade Cis moll) und Liedern, gab neben 
Unterrichtswcrken auch Klavierstücke von Bach 
und Brahms heraus. 

Keller, Otto, *5. 6. 1861 zu Wien, 1 25. 10. 1928 
zu Salzburg; österreichischer Musikschriftsteller, 
mußte sich auf Wunsch der Eltern der Beamten- 
laufbahn widmen, studierte aber daneben bei 
Hanslick Musikgeschichte und bei Bruckner Mu- 
siktheorie. Von seinen größeren Arbeiten sind zu 
erwähnen Biographien von Beethoven (1885), 
Goldmark (Leipzig 1901), Franz von Suppd (1905) 
und Tsthaikowsky (Leipzig 1914), eine Illustrierte 
Musikgeschichte (Wien 51926) ; Die Operette (Wien 
1926) ; W. A. Mozart (2 Bände, Berlin und Leipzig 
1926-27, Band II ist ein Bibliographie der Mozart- 
Literatur). 

Keller, Wilhelm, * 8. 8. 1920 zu Wels; öster- 
reichischer Musikpädagoge, lebt in Detmold. Er 
studierte 1941-44 am Mozarteum in Salzburg 
(Preußner, Frischenschlager, CI. Krauss) und am 
Landeskonservatorium in Leipzig bei J. N. David 
und H. Abendroth. 1945-49 war er Lehrer für Ton- 
satz am Mozarteum Salzburg und wirkt seit 1950 
als Dozent für Musiktheorie an der Musikaka- 
demie Detmold. Er tritt auch auf Arbeitertagungen 
und im Schulfunk für das Orff-Schulwerk ein 
und ist Mitgründer der »Barsbütteier Arbeitstage« 
(mit Bialas, Rohwer und Wiora). Unter seinen 
vornehmlich wortgebundenen Kompositionen 
befinden sich Schul-, Kinder- und Jugend-Kan- 
taten. 1956 trat er mit einem Tanzspid Uroboros 9 
einer dektronisch-magnetophonischen Klangkom- 
position zu dem Kulturfilm Tanzende Muscheln 
sowie mit einem Handbuch der Tonsatzlehre (Re- 
gensburg) hervor. 

KeHermann, - 1) Berthold, * 5. 3. 1853 zu 
Nürnberg, J 14. 6. 1926 zu München; deutscher 
Pianist, Schüler der Ramann sehen Klavierschule in 
Nürnberg und in den Sommermonaten 1873-78 
von Liszt in Weimar, aber berdts 1875-79 in Ber- 
lin an Kullaks Akademie und 1876-78 am Stem- 
schen Konservatorium als Lehrer tätig, 1878 in 
Bayreuth in Wagners Parsifal-Kanzlei, zugleich 
Lehrer von Wagners Kindern und bis 1881 dort 
auch Dirigent der Orchesterkonzerte, war 1882 bis 
1919 Lehrer an der Münchner Königlichen Aka- 
demie der Tonkunst, im Interregnum zwischen 
Bußmeyer und Hausegger auch ihr stellvertreten- 
der Direktor, Königlicher Professor, ldtete 1893/94 
auch den Akademischen Gesangverein. Er ist das 
Urbild der Titelfigur in E. von Wolzogens Musi- 
kerroman Der Kraft-Mayr. - 2) Hellmut, * 10. 2. 
1891 zu München; Sohn von B. K., erst als Geiger 
ausgebildet, wandte sich der Dirigentenlaufbahn zu 
und war Kapellmeister in Sächsisch-Regen (Sieben- 
bürgen), Klausenburg, München, Rudolstadt, 
Saarbrücken, 2ättau und Reddinghausen, danach 
Gastdirigent, ist heute Kritiker in Wiesbaden. Als 
Komponist ist er mit einer Oper Gevatter Tod , 
Bü hn e nmu si k e n, Orchesterwerken, Chorkompo- 
sitionen, einem Requiem für Bar. und Orch., 
Kammermusik und Liedern hervorgetreten. 

Lit.: B. Kellermann, Erinnerungen, hrsg. v. S. Haus- 
mann u. H. Kellermann, Erlenbach-Zürich 1932. 

K$lletat» Herbert, * 13. 10. 1907 zu Saalfeld 
(Ostpreußen) ; deutscher Organist, studierte an den 

912 


Universitäten Halle und Königsberg, wo er 1933 
mit einer Arbeit Zur Geschichte der deutschen Orgel- 
musik in der Frühklassik (= Königsberger S turnen 
zur Musikwissenschaft XVI, Kassel 1933) promo- 
vierte. 1935-37 war K. Orgelschüler K. Matthaeis, 
1935-45 Lehrer am Hochschulinstitut für Musik- 
erziehung und Kirchenmusik in Königsberg sowie 
Kantor an der Altstädter Kirche. Anschließend 
wirkte er in Soest und Berlin, wo er an der Musik- 
hochschule unterrichtet und Kantorendienst an der 
Kirche am Hohenzollemplatz versieht. 

Kelley (k'sli), Edgar StiHman, * 14. 4. 1857 zu 
Sparta (Wisconsin), f 12. 11. 1944 zu New York; 
amerikanischer Komponist, war nach Musikstu- 
dien in Chicago und Stuttgart als Kritiker und 
Organist in San Francisco tätig. Nach Aufführun- 
gen seiner Musik zu Macbeth und der Operette 
Puritania (Boston 1892) wurde die Musik zum 
Ausstattungsstück Ben Hur (1899, Lewis Wallace) 
sein größter Erfolg. 1896-1900 lebte er in New 
York, war 1901/02 Professor an der Yale Universi- 
ty und 1902-10 Klavier- und Kompositionslehrer 
in Berlin, ab 1910 Theorielehrer am Konserva- 
torium in Cincinnati. Von seinen Werken sind 
noch zu nennen die Symphonien Gulliver op. 15 
und New England op. 33, die Orchestersuiten 
Aladdin op. 10 (über chinesische Motive) und Alice 
in Wonderland (1919; als Pantomime: Chicago 1921), 
ein Mirakelspiel Pilgrims Progress op. 37 für Soli, 
Chor und Orch., Klavierquintett op. 20, Streich- 
quartette, Klavierstücke und viele Lieder. Er 
schrieb: Chopin the Composer (New York 1913), 
Musical Instruments (Boston 1925). 

Lit.: J. T. Howard, Our American Music, NY 1931. 
31956. 

Kellie, Thomas Alexander Erskine, Lord 
Pittenweem (Kelly), seit 1756 Sixth Earl of K., 
* 1. 9. 1732 auf Schloß Kellie, f 9. 10. 1781 zu 
Brüssel; irischer Komponist, war Schüler von J. 
Stamitz in Mannheim, der ihm seine Trios op. 1 
widmete. Von K. erschienen in London 6 Trio- 
sonaten und 14 Symphonien und noch 1836 Menu- 
ette und Trios (herausgegeben von Ch. Kirkpa- 
trick, mit Biographie und Werkverzeichnis). Seine 
Ouvertüre zu The Maid ofthe Mül (1765) war sehr 
beliebt. 1763 wurde in Edinburgh eine Ouvertüre 
von K. in dem Pasticdo U giocatore (von Carbonini, 
Jommelli und C. Fr. Abd) gespielt. 

Lit: Themat Verz. d. Triosonaten, v. H. Riemann, 
in DTB XVI («= Bd XXVM). 

Kellner, David, * um 1670 zu Leipzig, t 6. 4. 
1748 zu Stockholm; deutscher Komponist, ab 1711 
Glöckner der deutschen Kirche und Organist in 
Stockholm, war ein angesehener Theorielehrer, 
dessen. Treulicher Unterricht im General-Baß (Ham- 
burg 1732, nur mit D. K. gezeichnet) bis 1787 
7 Auflagen erlebte ( 2 1737 mit Vorwort von G. Ph. 
Telemann, schwedisch 1739 und von Miklin 1782). 
Auch gab er 16 auserlesene Lautenstücke heraus 
(1747) und komponierte 1720 zu des Königs Na- 
menstag die Festoper Der frohlockende Pamassus . 
Sein Bruder Christian war Organist in Abo, 
1697-1726 in Stockholm. 

Kellner, Georg Christoph, f im September 
1808; deutscher Schriftsteller und Musiklehrer, 
lebte in Mannheim und schrieb, außer einigen 



Kempe 


historischen Romanen, Über die Charakteristik der 
Tonarten (1790), Ideen zu einer neuen Theorie der 
schönen Künste überhaupt und der Tonkunst insbeson- 
dere (in Eggers Deutschem Magazin, 1800), ferner 
eine Klavierschule für Anfänger, Orgelstücke und 
Lieder. 

Kellner» - 1) Johann Peter, * 28. 9. 1705 und 
f 22. 4. 1772 zu Gräfenroda (Thüringen) ; deut- 
scher Organist und Komponist, 1725 Kantor in 
Frankenhain, ab 1728 in Gräfenroda, gab heraus: 
Certamen musicum (Präludien, Fugen und Tanz- 
stücke für Kl., 6 einzeln erschienene Suiten für Kl. 
1739-49, 2. Auflage, 8 Suiten 1749-56); Manipulus 
musices (4 Klaviersuiten bzw. Sonaten, 1753-56) 
sowie einige Hefte figurierter Choräle; im Manu- 
skript hinterließ er ein Karfreitagsoratorium, Kan- 
taten (einen vollständigen Kirchenjahrgang), Or- 
geltrios und kleinere Orgelstücke. K. war persön- 
lich bekannt mit Händel und Bach; Werke des 
letzteren sind in Kopien K.s in der Berliner Biblio- 
thek erhalten (u. a. die Vorschriften und Grundsätze 
zum vierstimmigen Spielen des Generalbasses . . .; 
K.s Manuskript ist von 1738 datiert). - 2) Johann 
Christoph, * 15. 8. 1736 zu Gräfenroda, f 1803 
zu Kassel; Sohn von J. P. K., Schüler seines Vaters 
und G. Bendas in Gotha, wurde nach längerem 
Aufenthalt in Holland Hoforganist in Kassef Von 
ihm erschienen 7 Klavierkonzerte, Trios, Klavier- 
sonaten, Orgelstücke, Fugen sowie ein Grundriß 
des Generalbasses op. 16, 1. Teil (1783, mehrfach 
aufgelegt). Ein Singspiel Die Schadenfreude ge- 
langte in Kassel zur Aufführung. 

Ausg. : eine Motette (v. J. P. K. oder J. Chr. K.), hrsg. 
v. M. Seiffert, in DDT IL/L, 1915; 2 Stücke in: 
Choralvorspiele alter Meister, hrsg. v. K. Straube, 
Lpz. 1907; Ausgew. Klavierstücke, hrsg. v. C. Schrö- 
der, Lpz. o. J. 

Lit.: eine Selbstbiogr. v. J. P. K. in Marpurgs Kri- 
tischen Beyträgen I, 439 ff.; R. Sietz, Die Orgel- 
kompositionen d. Schülerkreises um J. S. Bach, in: 
Bach-Jb. XXXII, 1935; G. Frotscher, Gesch. d. 
Orgelspiels II, Bin 1936; H. Löffler, Die Schüler 
J. S. Bachs, Bach-Jb. XL, 1953 ; Gedenkschrift an- 
läßlich d. J.-P.-K.-Festwoche (Gräfenroda 1955). 

Kellogg, Clara Louise, * 12. 7. 1842 zu Sumter- 
ville (South Carolina), f 13. 5. 1916 zu New Hart- 
ford (Connecticut); amerikanische Sängerin (So- 
pran), debütierte 1861 zu New York als Gilda in 
Rigoletto, 1867 zu London in Gounods Faust und 
organisierte 1874 mit großem Erfolg ein englisches 
Opernunternehmen in New York (sie selbst sang 
im Winter 1874/75 nicht weniger als 125 mal). 
1887 zog sie sich von der Bühne zurück. Sie 
schrieb Memoirs of an American Prima Donna (New 
York 1913). 

Kelly, Michael (eigentlich O ‘Kelly, italieni- 
siert Occhelli), * 25. 12. 1762 zu Dublin, 1 9. 10. 
1826 zu Margate (London); irischer Sänger und 
Komponist, studierte bei Michael Arne in Dublin 
und London sowie ab 1779 bei Fenaroli und Aprile 
in Neapel, trat dort 1781 mit großem Erfolg auf, 
war 1784-87 in Wien am Hof theater engagiert und 
genoß die Freundschaft Mozarts, in dessen Figaro 
er den ersten Basilio und Curzio sang. 1787 kehrte 
er nach London zurück, feierte Triumphe auf der 
Bühne wie im Konzertsaal und debütierte 1789 
als Singspiel-Komponist; im Laufe der nächsten 
40 Jahre schrieb er Musik zu 62 Bühnenstücken, 


ein Ballett sowie viele englische, französische und 
italienische Lieder. 1802 errichtete er eine Musi- 
kalienhandlung, fallierte aber 1811; um dieselbe 
Zeit trat er von der Bühne zurück und war zuletzt 
Weinhändler. Seine Reminiscences (2 Bände, New 
York 1826, London 2 1826, verfaßt nach K.s No- 
tizen von TL Hook) enthalten wertvolle Nach- 
richten über Aufführungsanweisungen Mozarts, 
sind aber in den Daten oft ungenau. 

Ausg. : Reminiscences . . ., Auszug in deutscher 
Sprache in AMZ XV, 1880. 

Lit. : S. M. Ellis, The Life of M. K., London 1930. 

Kelly, Thomas Alexander Erskine, Sixth 
Earl of -*■ Kellie. 

Kelz, Matthias, * zu Schongau; deutscher Kom- 
ponist des 17. Jh., gab in Augsburg 1658 Prtmitiae 
musicales (Sonaten und Tanzstücke für 2 V., B. 
und B.c.) und 1669 Epidigma harmoniae novae 
(ähnliche Stücke für V., Gambe und B.c.) heraus, 
Unica der Pariser Bibliothfcque Nationale, die für 
die Geschichte der virtuosen Kammermusik wert- 
voll sind. 

Ausg. : eine Allemande aus d. Primitiae musicales (in 
unrichtiger Wiedergabe) bei E. Mohr, Die Alle- 
mande . . ., Zürich und Lpz. 1932. 

Kemp, Barbara, * 1886 zu Kochern an der Mo- 
sel; deutsche Opemsängerin (dramatischer Sopran), 
wirkte nach kurzer Tätigkeit in Rostock und mehr- 
jähriger in Breslau (wo sie in erster Ehe mit dem 
Arzt Miekley verheiratet war) ab 1914 an der Ber- 
liner Staatsoper, als Gast am Metropolitan Opera 
House in New York und bei den Bayreuther Fest- 
spielen. 1923 heiratete sie Max von -> Schillings; 
lebt jetzt in Berlin. Hauptrollen: Senta, Kundry, 
Carmen, Salome, Mona Lisa. 

Lit.: O. Bm, B. K., Bin 1922. 

Kemp, Joseph, * 1778 zu Exeter, 1 22. 5. 1824 zu 
London; englischer Komponist, ab 1802 Organist 
der Kathedrale von Bristol, ging 1807 nach Lon- 
don, wurde 1809 Doktor der Musik in Cam- 
bridge, führte in London Logiers Methode des 
gleichzeitigen Unterrichts im Klavierspiel (Uni- 
sonospiel) ein und hielt über deren Zweckmäßig- 
keit Vorträge, schrieb The New System of Musical 
Education (London 1819?) und komponierte An- 
thems, Psalmen, Lieder und Duette sowie einige 
Melodramen. 1814 kehrte er nach Exeter zurück 
und blieb dort, abgesehen von einem 3jährigen 
Aufenthalt in Frankreich 1818-21. 

Kempe, Rudolf, * 14. 6. 1910 zu Nieder-Poyritz 
bei Dresden; deutscher Dirigent, absolvierte die 
Orchesterschule der Staatskapelle Dresden, begann 
1928 als Oboist in Dortmund, war 1929-36 
1. Oboist und Repetitor am Gewandhaus in Leip- 
zig, wurde dort 1936 Dirigent undkam über Chem- 
nitz und Weimar 1949 als GMD nach Dresden, wo 
er nach dem Weggang Keilberths die Leitung der 
Staatsoper übernahm. 1952-54 war K. GMD der 
Bayerischen Staatsoper München und ist seitdem 
als freier Dirigent mit Gastverträgen an der Metro- 
politan Opera New York und an Covent Garden 
London tätig. K. ist ein impulsiver Interpret mit 
äußerst sicherer Schlagtechnik, besonders erfolg- 
reich in der Aufführung von Werken expressiv- 
dramatischen Charakters wieMefefra von Strauss und 
den Symphonien von Dvoräk und Tschaikowsky. 


58 


913 



Kempen 


Kempen, Paul van, * 16. 5. 1893 zu Zoeter- 
woude bei Leiden, f 8. 12. 1955 zu Hilversum; 
niederländischer Dirigent, studierte am Amster- 
damer Konservatorium Violine und war Konzert- 
meister des Concertgebouw-Orchesters (unter 
Mengelberg) sowie ab 1916 in Dortmund, Posen 
und Bad Nauheim. 1934-42 leitete er die Dresdner 
Philharmonie, mit der er 1935 und 1936 »Kon- 
zerte zeitgenössischer Musik« veranstaltete. K., der 
ab 1940 auch an der Berliner Staatsoper dirigierte, 
wurde 1942 als Nachfolger H. von Karajans zum 
GMD nach Aachen berufen. Nach Kriegsende in 
seine Heimat zurückgekehrt, wirkte er zunächst 
vor allem im Ausland, so als Leiter der Dirigenten- 
kurse der Accademia Chigiana in Siena, bis er 1949 
zum Ghefdirigenten des Philharmonischen Or- 
chesters von Radio Hilversum berufen wurde, wo 
er ebenfalls Dirigentenkurse einrichtete. Ab 1953 
wirkte er auch als GMD in Bremen. K. genoß einen 
ausgezeichneten Ruf als besonders sorgfältiger 
Orchestererzieher, dessen Begabung für die Dar- 
stellung großer Formen ihn besonders zu den sym- 
phonischen Werken Beethovens, Bruckners, 
Tschaikowskys, Mahlers und Sibelius’ sowie den 
Chorwerken Verdis, Brahms* und Regers führte. 

E. Kemper & Sohn, oHG, deutsche Werkstätte 
für Orgelbau in Lübeck, gegründet um 1800. Seit 
etwa 1680 sind die Vorfahren des Inhabers als Or- 
gelbauer und Organisten nachweisbar. Die Firma 
hatte früher Niederlassungen in Danzig und Bar- 
tenstein (Ostpreußen). Sie befaßt sich mit dem 
Neubau von elektrischen und mechanischen Kir- 
chen- und Konzertorgeln sowie mit Restaurie- 
rungen und Umbauten. Karl R. K. (* 1880 zu 

der deutschen Orgdbewegung* und schuf WerLe, 
die neben ihren klanglichen Besonderheiten bei 
schwachem Winddrui große Tonschönheit auf- 
wiesen. Als Leiter zeichnet gegenwärtig Emanuel 
Kemper. 

Lit. : Lübeck schafft f. d. Welt, hrsg. v. Senat d. Hanse- 
stadt Lübeck, 1955. 


Kempft - 1) Georg, * 22. 10. 1893 zu Jüterbog; 
deutscher Organ ist, Sohn des Musikdirektors und 
Organisten Wilhelm K., der später nach Potsdam 
ging, studierte in Berlin Gesang bei P. Knüpfer, 
Klavier bei H. Barth und Musikgeschichte bei J. 
Wolf, wandte sich aber der Theologie zu und über- 
nahm 1917 eine Pfarrstelle in Berlin, ging 1923 als 
musi kalis cher liturg nach Uppsala und wirkte als 
Pfarrer in Jüterbog und Wittenberg, bis er 1933 
Universitäts-Musikdirektor und Leiter des Instituts 
für Kirchenmusik in Erlangen wurde. Seit 1937 
Honorarprofessor, hält er auch Vorlesungen über 
liturgische Musik. Er tritt als Organist, Pianist und 
Sänger auf. K. komponierte ein Oratorium Die 
Hochzeit zu Kanä (1957), Choralmotetten und 
Kantaten. Ferner gab er heraus: Cantionak der Ev.- 
Lutherischen Kirche in Bayern (2 Bände, Ansbach 
1941) und schrieb: Neues Singen nach dem Neuen 
Gesangbuch (Potsdam 1933) und Der Kirchengesang 
im lutherischen Gottesdienst und seine Erneuerung 
(=3 Schriften des Vereins für Reformationsge- 
schichte LIV, 1, Leipzig 1937). - 2) Wilhelm, 
* 25. 11. 1895 zu Jüterbog; deutscher Pianist, Bru- 
der von Georg K., studierte ab 1906 in Berlin bei 
H. Barth Klavier und bei R. Kahn Komposition. 


Seitdem konzertiert er als Klavier- und Orgelvir- 
tuose und erregte auch als Improvisator Aufsehen. 
Als Interpret fühlt er sich vorzugsweise von den 
deutschen Klassikern und Romantikern angezogen. 
1924-29 leitete er die Württembergische Hoch- 
schule für Musik in Stuttgart, siedelte dann nach 
Potsdam über, wo er später an den Meisterkursen 
des Deutschen Musikinstituts für Ausländer mit- 
wirkte, und lebt jetzt in Ammerland am Starn- 
berger See. Kompositionen: Vorspiel zu H. v. 
Kleists »Hermannschlacht« für großes Orch., 3 ger- 
manisch^ Luren und Männerchor (1917) ; II. Sym- 
phonie D moll op. 19 (1923) ; Chorwerke mit Alt- 
solo Vaterunser und Der Sänger und die Mutter Erde 
op. 21 ; szenisches Mysterium Von der Geburt des 
Herrn op. 22 (1925); Te Deum op. 26; Klavier- 
konzert B moll (1927); Oper König Midas (nach 
Chr. M. Wieland, Königsberg 1931); Klavierkon- 
zert mit Chor Totentanz op. 37 (1931) ; Violinkon- 
zert G moll op. 38 (1932) ; Opern Familie Gozzi 
(Stettin 1934) und Die Fasnacht von Rottweil (Han- 
nover 1937); Dramatische Kantate Deutsches 
Schicksal op. 40 (Text von E. Wiechert, 1937); 
Arkadische Suite für Kammerorch. (1939) ; Klavier- 
sonate G moll op. 47 (1947) ; Legende für Kl. und 
Orch. op. 65 (1947) ; Ballett Der Spiegel des Hamlet 
op. 66 (1947); Fränkisches Bilderbuch für KL 
(1950); Italienische Klavierstücke op. 68 (1953). 
K. gab Kkvierübertragungen Mozartscher und 
Bachscher Sätze heraus unter dem Titel: Musik des 
Barock und Rokoko (Berlin 1931 ff.). Seine Erinne- 
rungen Unter dem Zimbelstem erschienen 1951 in 
Stuttgart, eine französische Übersetzung als Cette 
note grave (Paris 1955). 

Lit: zu W. K. : B. Gavoty u. R. Hauert, K., Monaco 
u. Genf (1954). 

a Kempis, Nicolaus; belgischer Organist des 
17. Jh., war um 1624 an Sainte Marie, um 1628 an 
Sainte Gudule in Brüssel tätig. Er ist vielleicht 
identisch mit dem Brüsseler Organisten Jean 
Florent a Kempis, der um 1640an Sainte Gudule 
und um 1657 an Sainte Marie wirkte. (Florent ist 
Vorname und weist nicht auf eine Herkunft aus 
Florenz hin; vielmehr deutet a Kempis auf eine 
Landschaft in Nordostbelgien). Von ihm erschie- 
nen: 3 Bücher Symphoniae für 1-5 V. mit B.c. 
(Antwerpen 1644, 1647, 1649); 8st. Missae et Mo - 
tetta (Antwerpen 1650) ; Cantiones Natalitiae , l-5st. 
(Antwerpen 1657). 

Ausg.: Violinsonate Adur, hrsg. v. H. Riemann, 
London o. J. 

Kempter, - 1) Karl, * 17. 1. 1819 zu Limbach 
bei Burgau (Bayern), f 11. 3. 1871 als Domkapell- 
meister zu Augsburg, komponierte Messen, Gra- 
dualien, Oratorien (Johannes der Täufer , Maria , Die 
Hirten von Bethlehem, Die Offenbarung) und gab 
ein Kirchengesangbuch heraus. - 2) Lothar, * 5. 
2. 1844 zu Lauingen (Bayern), f 14. 7. 1918 zu 
Vitznau (Kanton Luzern); deutscher Kapellmei- 
ster, Neffe von Karl K., studierte in München zu- 
erst Jurisprudenz, ab 1868 aber bei Bülow, Rhein- 
berger, Wüllner und Bärmann Musik. Über 
Magdeburg und Straßburg ging er 1875 als Thea- 
terkapellmeister nach Zürich, wo er 1879 auch die 
Leitung der Tonhalle-Konzerte übernahm und 
1886 Lehrer für Theorie und Komposition an der 
Musikschule wurde. Kompositionen: Opern Das 


914 



Kqpler 


Fest der Jugend (1895) und Die Sansculottes (1900) ; 
Männerchöre; Festspiele; Lieder; Solostücke für 
V. und für Klar. Sein Sohn Lothar K. (1873 bis 
1948) wurde nach Studien an der Münchner Mu- 
sikhochschule Theorielehrer und Chordirigent in 
Zürich. Er schrieb die Kantaten Karfreitag , Die Er- 
lösung, Singet dem Herrn sowie Chöre. 

Lit : M. Conrad, L. K., CXXVI. Neujahrsblatt d. 
Allgemeinen Musikges. Zürich, 1938. 

Kenig, Wladimir, * 1. 4. 1883 zu Suwalki, f 4. 
5. 1929 zu Pultusk; polnischer Dirigent und Kom- 
ponist, Schüler des Warschauer Konservatoriums, 
an dem er 1908 einen 1. Preis erhielt, dann von Fr. 
Klose (Theorie) und Bußmeyer (Dirigieren) in 
München, 1915/16 1. Dirigent an der Warschauer 
Philharmonie, war als Dirigent auch in Deutsch- 
land bekannt. Er lebte als Ministerialbeamter in 
Warschau. Werke: 3 Symphonien; 2 sympho- 
nische Dichtungen; viele Lieder; Violin- und Vio- 
loncellstücke. 

Kenn, P. . . ; deutscher Hornist um 1800, kam 
1782 nach Paris, wurde 1783 2. Hornist der Großen 
Oper, trat 1791 in die Musik der Nationalgarde 
und wurde 1795 Lehrer am neuerrichteten Con- 
servatoire (mit Domnich und Duvemoy), erhielt 
aber bei der Verringerung der Lehr erzähl 1802 
seine Entlassung. An der Oper wurde 1808 Dau- 
prat sein Nachfolger. Fdtis rühmt K. als einen der 
vorzüglichsten tiefen Hornbläser, die es gegeben. 
K. gab Homduette und -trios sowie Duette für 
Horn und Klar, heraus. 

Kennan (k'enan), Kent Wheeler, * 18. 4. 1913 zu 
Milwaukee; amerikanischer Komponist, studierte 
an der Eastman School of Music, erhielt 1936 den 
amerikanischen Prix de Rome, hielt sich 1936-39 
in Europa auf und studierte Komposition bei 
I. Pizzetti. K. war 1939/40 Lehrer an der Kent 
State University in Kent (Ohio), Kompositions- 
und Theorielehrer an der University of Texas in 
Austin (Texas), 1940-42, 1945/46 und wieder seit 
1948. Er schrieb für Orch. : eine Symphonie (1938), 
Lament (1935), Promenade (1938), Dance Diverti- 
mento (1938); Nocturne für Va und Orch. (1937), 
II Campo dei Fiori für Trp. und Orch. (1937), Con- 
certino für Kl. und Orcn. (1946) ; ein Klavierquin- 
tett (1935), Sea Sonata für V. und KL (1939), Duo 
für Ob. und KL (1948), Klavierstücke (darunter 

2 Sonaten) und Lieder. Buch: The Technique of 
Orchestration (New York 1952). 

Kennedy, - 1) David, * 15. 4. 1825 zu Perth, 
t 12.10.1886 zu Stratford (Ontario, Kanada); 
schottischer Sänger, war schon früh »Precentor« 
an verschiedenen Kirchen seiner Vaterstadt, wurde 
aber Handwerker und begann erst um 1860 als 
Sänger schottischer volkstümlicher Lieder aufzu- 
treten. - 2) Marjorie (M. Kennedy-Fraser), 
*1. 10. 1857 zu Perth, f 22. 11. 1930 zu Edinburgh; 
schottische Sängerin, Tochter von David K., war 
Schülerin ihres Vaters, trat schon mit 12 Jahren in 
seinen Konzerten auf und vervollständigte ihre 
Ausbildung bei M. Marchesi in Paris. Sie sammelte 

3 Bände Songs of the Hebrides (1909-21), für die sie 
mit Konzerten, Vorträgen und einigen Schriften 
eintrat. Ferner schrieb sie das Libretto zu Bantocks 
keltischer Volksoper The Seal-Woman (1924) und 
Erinnerungen: A Life of Song (London 1929). 


Lit.: M. Fraser (Kennedy), D. K., the Scottish 
Singer, und: Sin ging round the World, Paisley u. 
London 1887. 

Kent James, * 13. 3. 1700 und f 6. 5. (10.?) 1776 
zu Winchester; englischer Organist, war 1711-14 
Chorknabe der Kathedrale in Winchester, dann 
der Chapel Royal in London unter Croft, als Or- 
* t 1717-31 in Hnedon (Northamptonshire), 
am Trinity College in Cambridge, 1737-74 
an der Kathedrale von Winchester tätig. Er arbei- 
tete an Boyces »Cathedral Music« mit und besaß 
eine reiche Sammlung italienischer Werke. Von 
ihm erschienen: Twelve Anthems (London 1773); 
A Moming and Evening Service and Eight Anthems 
(2 Bände, herausgegeben von J. Corfe, London 
ohne Jahr). 

Ausg.: K.’s Anthems, 2 Bde, hrsg. v. T. Graham, 
London 1844; K.*s Moming and Evening Service, 
with 20 Anthems, 2 Bde, Kl.-A. v. V. Novello, Lon- 
don 1854. 

Kentner, Louis Philipp, * 19. 7. 1905 zu Karwin 
(österreichisch Schlesien); britischer Pianist unga- 
rischer Herkunft, lebt in London. Der von Szdkdy, 
Weiner, Koeßler und Koddly in Budapest Aus- 
gebüdete begann seine Pianistenlaufbahn als 15jäh- 
riger und schloß 1922 sein Musikstudium ab. 1935 
ließ er sich in London nieder. Als Chopin- und 
Lisztinterpret erwarb er sich auf zahlreichen Kon- 
zertreisen besondere Anerkennung. Unter mo- 
dernen Komponisten bevorzugte er Bart6k, dessen 
2. Klavierkonzert er 1933 in der Uraufführung, 
das 3. 1946 in der 1. europäischen Aufführung 
spielte. Eine Reihe von Jahren wirkte er als Beglei- 
ter Menuhins. Seine Kompositionen umfassen — 
außer einer Serenade und einem Divertimento für 
Orch. - Kammer- und Klaviermusik sowie Lieder. 

Kenton (k'entan), Stan (eigentlich Stanley New- 
comb), * 19. 12. 1912 zu Wichita (Kansas, USA) ; 
amerikanischer Jazzmusiker, seit 1934 ab Arran- 
geur und Pianist tätig. 1941 gründete er ein eigenes 
Orchester, für das K. undP. Rugolo (* 25. 12. 1915 
zu San Piero, Sizilien, Schüler von Milhaud) Ar- 
rangements schrieben. K. vergrößerte die Big Band 
auf 40 Mitglieder (5 Trompeten, 5 Posaunen, 
5 Saxophone und Rhythmusgruppe). Darüber 
hinaus versuchte er durch Hinzunahme von Hör- 
nern, Holzbläsern und Streichern symphonische 
Wirkungen zu erzielen. Er ist ein Hauptvertreter 
des »Progressive Jazz«. 

Kepler, Johannes, *27. 12. 1571 zu Weil (Würt- 
temberg), 1 15. 11. 1630 zu Regensburg; deutscher 
Astronom, behandelt im 3. und 5. Buch seiner 
Harmonices mundi libri V (Linz 1619) ausführlich in 
philosophischer Weise auch die Musik, indem er 
die Bahnen der Planeten in emblematische Bezie- 
hung zur Harmonik der Musik bringt. K. ist die 
Hauptfigur von P. Hindern iths Oper »Harmonie 
der Welt«. 

Ausg.: Weltharmonik, übers, u. eingeleitet v. M. 
Caspar, München u. Bin 1939; dazu eine kommen- 
tierte Übers, d. HI. Buches v. H. Trede in d. Sonder- 
heften d. Blätter f. Harmonikale Forschung 1936 ff. 
Lit : M. Caspar, Bibliographia K.iana, München 
1936. - A. Speiser, K. u. d. Lehre v. d. Weltharmo- 
nie, in: Die mathematische Denkweise, Zürich 1932, 
Basel 2 1945, 32952; M. Caspar, J. K.s wiss. u. philos. 
Stellung, München, Bin u. Zürich 1935. 



58* 


915 



Keppard 


Keppard (k'epad), Freddie, * 1883 zu New 
Orleans, f 1932 zu Chicago; amerikanischer Jazz- 
trompeter von Negerherkunft, wirkte in zahlrei- 
chen bekannten Jazzkapellen, häufig auf Reisen, 
ab 1918 vorwiegend in Chicago- Er war einer 
der bekanntesten Jazztrompeter und wurde von 
vielen Trompetern der jüngeren Generation zum 
Vorbild genommen. 

Ker£nyi (k'ere:nji), Gyorgy, * 9. 3. 1902 zu 
Csoma (Ungarn); ungarischer Folklorist, war an 
der Musikhochschule in Budapest Schüler von 
Kodäly, ist jetzt als Sektionsleiter der Volksmusik- 
Abteilung bei der Akademie der Wissenschaften 
tätig. Von Bedeutung sind besonders seine musik- 
pädagogischen und folkloristischen Publikationen, 
unter den letzteren die Volksliedausgabe Magyar 
Nipzene Tara, 

Kerle, Jacobus de, *1531/32 zu Ypern (West- 
flandern), f 7. 1. 1591 zu Prag; franko-flämischer 
Komponist, war 1555-62 Organist oder Kapell- 
meister am Dom von Orvieto, wurde Priester und 
veröffentlichte 1558 oder 1560 sein erstes Werk, 
5st. Hymnen (Rom). 1561 ging er nach Venedig, 
um dort den Druck seines Liber Psahnorum und der 
4st. Magnvficat durch Gardano zu überwachen; 
auch mit Annibale Padovano ist er dort bekannt- 
geworden, denn ein Madrigal von ihm findet sich 
m Di Cipriano et Annibale Madrigali (Venedig 1561, 
2 1566). 1562 wurde er in Rom Kapellmeister des 
Bischofs von Augsburg Kardinal Otto Truchseß 
von Waldbure und komponierte 10 4st. Preces 
speciales pro satubri generalis concilii successu (Vene- 
dig) des Dominikaners Petrus de Soto, deren Auf- 
führung während des Tridentiner Konzils die Be- 
schlüsse zur Reform der mehrstimmigen Kirchen- 
musik stark beeinflußten, sowie 6 4-5st. Messen 
(V enedig). 1563/64 reiste er mit dem Kardinal nach 
Barcelona und wirkte dann an dessen Hof in Dil- 
lingen, bis die Kapelle 1565 aufgelöst wurde. 1565 
bis 1567 war K. Kapellmeister in Ypern, wurde 
aber am 13. 8. 1566 an der Universität Dillingen 
i mmat rikuliert; von Ypern ging er nach Rom und 
komponierte dort eine 6st. Doppelmotette zur 
Hochzeit Herzog Wilhelms V. von Bayern (nicht 
erhalten). 1568-75 war er Domorganist in Augs- 
burg und hat in dieser Stellung die noch zerfah- 
renen Verhältnisse der erst 1561 gegründeten Dom- 
kantorei geordnet und (neben Lasso) Schwaben 
und Bayern die Hochblüte der niederländisch- 
italienischen Kunst erschlossen; es erschienen von 
ihm in dieser Zeit 6 Bücher 4-8st. Motetten (Nürn- 
berg 1571; Paris 1572; München 1572, mit einer 
Cantio de saero foedere contra Turcas ; 1573, 2 Bücher, 
und 1575) ; ferner eine 6st. Egregia Cantio in gratiam 
et honorem . . . domini Melchioris Lincken (Nürnberg 
1574). Handschriftlich erhalten sind in Augsburg 
ein Requiem, eine Messe, Responsorien, Hymnen 
und Motetten; ein Buch Madrigale (Venedig 1570) 
ist verschollen. 1575 bewarb sich K. um An- 
stellung an der Benediktiner-Abtei Kempten, trat 
1579 ein Kanonikat in Cambrai an, flüchtete 1582 
mit anderen spanientreuen Geistlichen nach Mons 
und wurde im Sommer Kapellmeister des Kur- 
fürsten von Köln Gebhard Truchseß von Wald- 
burg, am 1. 9. 1582 zum Kaiserlichen Hofkaplan 
er n a nn t. 1582 und 1583 erschienen noch von ihm 
je 4 4-5st. Messen, 1585 in Prag ein Buch 5-8st. 


Motetten. K.s Kompositionsstil ist kunstreich 
polyphon und wendet die neu aufkommende ak- 
korcnsche Schreibweise, Chromatik und Doppel- 
chörigkeit nur selten, aber dann bedeutungsvoll an. 
Ausg.: Ausgew. Werke I (Preces speciales), hrsg. v. 

0. Ursprung, DTB XXVI (=- Bd XXXTV), mit 
Werkverz. ; in Maldeghem Tresor, Mus. religieuse: 
je eine Messe v. 1562 Jg. XXII-XXVIÜ (1886-92), 
Te Deum aus d. Motettenbuch 1571 Jg. I (1865), eine 
Motette Jg. I (1865), 5 Motetten Jg. XVII (1881); je 
eine Messe v. 1562 in Anth. des Maitres religieux 
II, hrsg. v. Ch. Bordes, Paris, Schola Cantorum o. J., 
u. Repertoire des Chantres de St Gervais 1895, so- 
wie: Missa super »Ut, re, mi, fa, sol, la«, hrsg. v. M. 
Zanon, Düsseldorf o. J.; d. Te Deum von 1571 auch 
in: Musica sacra, Regensburg 1882, Musikbeüage 
X-XII, u. Musica Divina, Wien 1915 (unter d. 
Namen Stadlmayrs); eine Motette v. 1573 in: Mu- 
sica Divina 1, 2, hrsg. v. K. Proske, Regensburg 1855, 
secunda pars auch Davison-Apel Anth. I, 148. 

Lit.: A. Smders in StMw VIII, 1921, S. 191 f.; G. 
Peetzsch in AfMf VI, 1941, S. 56. - A. W. Ambros, 
Gesch. d. Musik III, Breslau 1868, hrsg. v. O. Kade, 
Lpz. 21893; H. Leichtentritt, Gesch. d. Motette, 
— 1 Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen hrsg. v. 
H. Kretzschmar II, Lpz. 1908; ders., The Reform 
of Trent and its Effect on Music, MQ XXX, 1944; 
P. Wagner, Gesch. d. Messe I, = Kleine Hdb. d. 
Mg. nach Gattungen hrsg. v. H. Kretzschmar XI, 

1, Lpz. 1913; O. Ursprung, J. de K., Diss. München 
1911, gedruckt 1913; P. Graff, J. de K. u. d. Kir- 
chenjahr, in: MuK XX, 1950. 

Kerll, Johann Kaspar von (Kerl, Kherl, 
Cherle), * 9. 4. 1627 zu Adorf (Vogtland), f 13. 
2. 1693 zu München; deutscher Komponist, war 
Sohn des Organisten und Orgelmachers Kaspar 
Kerll, erhielt seine musikalische Ausbildung auf 
Kosten des Erzherzogs Leopold Wilhelm, bei dem 
er zuerst angestellt war (in Brüssel?), zuerst in 
Wien von Valentini, dann in Rom (wo er zum 
Katholizismus übertrat) bei Carissimi und Fresco- 
baldi (wahrscheinlich gleichzeitig mit Froberger), 
wurde am 27. 2. 1656 als Kurfürstucher Vizckapeh- 
meister in München angestellt, 1659 zum Kurfürst- 
lichen Rat ernannt und fungierte bis 1674 als Hof- 
kapellmeister. 1664 wurde er von Kaiser Leopold 
geadelt, 1677 in Wien Organist am Stephansdom, 
später auch Hoforgmist, kehrte aber 1684 nach 
München zurück. Hier wurden von K. die Opern 
Oronte, Le pretensioni del sole t Erinto, Vamor della 
patria , I colori geniali, tomiamento di luce und Amor 
tiranno aufgeführt (1657-72) ; erhalten ist nur das 
Jesuitendrama Pia et fortis mutier (Wien 1677). Von 
seinen Orgelwerken sind erhalten: Modulatio or - 
ganica super Magnificat octo tonis (Vor-, Zwischen- 
und Nachspiele, München 1686), außerdem Kla- 
viersuiten und Tokkaten in: Toccates et Suittespour 
le clavessin de Messieurs Pasquini , Pogtietti & Caspar d 
Kerle (Amsterdam 1704), handschriftlich eine Trio- 
sonate, ferner zahlreiche kirchliche Vokalwerke: 
Delectus Sacrarum cantionum (2-5st. geistliche Kon- 
zerte, München 1669); 2 Bücher Messen (1669, 
2r-5st. und 1689, 4-6st., darunter ein Requiem auf 
Kaiser Leopold I.) sowie im Manuskript mehrere 
Messen und Messenteile, ein 1669 komponiertes 
5st. Requiem, eine Kantate und ein Duett. Zu 
seinen Schülern gehören J. Pachelbd und Fr. X. 
Murschhauser. EL hat dem süddeutschen Klavier- 
stil Anregungen aus dem Frescobaldischen Stil 
vermittelt; an der Entwicklung der Klaviermusik 


916 



Ketting 


von den locker gefügten Formen zu einheitlich 
und typisch durchgebildeten Stücken hat er be- 
deutsam mitgewirkt. 

Ausg.: Ausgew. Werke I, hrsg. v. A. Sandberger, 
DTB II, 2.-2 Messen, hrsg. v. G. Adler in DTÖ 
XXV, 1 (=* Bd IL) ; Requiem, hrsg. v. G. Adler in 
DTÖ XXX, 1 (= Bd LIX); eine Orgelcanzone in 
Ecole classique de l’Orgue, hrsg. v. A. Guilmant, 
H. XII, Paris (1900); 9 Stücke in: Tagliapietra Ant. 
VII; 2 Stücke bei K. Straube, Alte Meister d. Orgel- 
spiels, N. F., Lpz. 1929; Stücke f. Tasteninstrument, 
hrsg. v. W. Hillemann in NMA LXXXVH. 

Lit.: M. Seiffert, Gesch. d. Klaviermusik I, = 3. 
Aufl. v. C. F. Weitzmanns Gesch. d. Klavierspiels..., 
Lpz. 1899; G. Adler, Zur Gesch. d. Wiener Meß- 
komposition . . ., StMw IV, 1916; E. Valentin, Die 
Entwicklung d. Tokkate . . ., Universitas-Arch. mw. 
Abt. VI, Münster 1930; G. Frotscher, Gesch. d. 
Orgelspiels u. d. Orgelkomposition I, Bin 1935. 

Kern (koe:n), Jerome David, * 27. 1. 1885 und 
i* 11. 11. 1945 zu New York; amerikanischer Kom- 
ponist, absolvierte seine Musikstudien am New 
York College of Music und in Deutschland, wurde 
seit 1911 zunächst in den USA, dann auch darüber 
hinau s schnell bekannt mit seinen Operetten (Mu- 
sicals) und zahlreichen Filmmusiken, die mit ihrer 
leichtfaßlichen, eingängigen Melodik bei einem 
großen Publikum sofort Anklang fanden und zu 
teilweise ungewöhnlichen Erfolgsstücken wurden. 
Aus der großen Zahl seiner Werke seien genannt: 
The Red Petticoat (1911); O Lady I Lady!; Stepping 
Stones; The City Chap ; Music in the Air ; vor allem 
aber Showboat (1928). 

Kern, Kurt, * 27. 9. 1886 zu Wien; österreichi- 
scher Komponist, in Wien Schüler von R. Heuber- 
ger, 1908-13 in Leipzig von H. Riemann. Haupt- 
werke: Variationen für großes Orch. op. 10; Va- 
riationen über ein eigenes Thema für Kl. op. 13; 
ein Sextett für KL, V., Va, Vc., Klar, und Horn 
op. 19; Tänze für Kl. op. 25/1 und 2; Gasteiner 
Walzer für großes Orch. op. 25/3; Jazz-Sinfonie 
op. 26; 2 Streichquartette op. 27 und 28. 

Kerner, Stephan, * 5. 4. 1867 zu Märia K6mend 
(Ungarn), f 27. 8. 1929 zu Budapest; ungarischer 
Dirigent, Sohn eines Lehrers, Schüler des National- 
konservatoriums, 1884 Bratschist des Opemor- 
chesters, 1891 Korrepetitor, 1895 Kapellmeister, 
1917 GMD in Budapest. Ab 1900 war er Dirigent 
der Philharmonischen Gesellschaft, 1903 Musik- 
direktor, 1919 deren Ehrenpräsident, 1923 Ober- 
regierungsrat. 

Kerrebijn (k'ersbain), Marius A. H., * 1. 10. 
1882 im Haag, f 1930; holländischer Pianist, Diri- 
gent und Komponist, Schüler des Konservatoriums 
im Haag und 1903-05 der Berliner Hochschule, 
Busonis und Szäntös in Paris, schrieb: Konzert- 
Ouvertüre op. 4, kleine Suite für Orch. op. 8, 
symphonische Dichtung Ad Lumen für T., Frauen- 
chor, Org. und Orch. op. 10, Streichquartett 
op. 18, Klavierkonzert op. 20, Variationen für KL 
op. 22 und Lieder. 

Kes, Willem, * 16. 2. 1856 zu Dordrecht, t 22. 
2. 1934 zu München; holländischer Violinist und 
Dirigent, Schüler von David am Leipziger und 
Wieniawski am Brüsseler Konservatorium, zuletzt 
von Joachim in Berlin, war 1876-83 in Amster- 
dam Konzertmeister, ab 1877 gleichzeitig Dirigent 


eines gemischten Chorvereins in Dordrecht, dort 
1884-88 als Direktor einer Musikschule und Or- 
chesterleiter tätig, 1888-95 1. Dirigent des Con- 
certgebouw-Orchesters in Amsterdam, von wo 
aus er das ganze holländische Orchesterwesen re- 
formierte. 1896-98 wirkte er in Glasgow als Diri- 
gent des schottischen Orchesters, war 1898-1900 
Konzertdirigent der Moskauer Philharmonischen 
Gesellschaft, 1901-04 Direktor der Musikschule 
der Philharmonischen Gesellschaft und Leiter der 
Symphoniekonzerte dieser Gesellschaft. 1905-26 
hatte er die Leitung des Musikvereins und des Mu- 
sikinstituts in Koblenz inne. K. schrieb eine Sym- 
phonie, Violinkonzerte, Cellokonzerte, eine Bal- 
lade für Chor, Soli und Orch. Der Taucher , einige 
Ouvertüren, Violin- und Klavierstücke sowie Lie- 
der und bearbeitete Schumanns »Symphonische 
Etüden« für Orch. 

Keßler, Joseph Christoph (eigentlich Kötz- 
ler), * 26. 8. 1800 zu Augsburg, f 14. 1. 1872 zu 
Wien; deutscher Pianist und Klavierpädagoge, 
war 1820-26 Hausmusiklehrer des Grafen Potocki 
in Lemberg und Landshut, lebte dann in Wien, 
Warschau und Breslau, 1835-55 wieder in Lem- 
berg und zuletzt ab 1855 in Wien. K.s Etüden 
op. 20 (1825), 51 und 100 wurden zum Teil in die 
Schulwerke von Kalkbrenner, Moscheies u. a. auf- 
genommen. Sie gehören als Studienmaterial auf 
eine ziemlich hohe Stufe technischer Entwicklung 
(schwerer als Czernys Schule des Virtuosen, musi- 
kalisch zwischen Hummel und Chopin stehend). 
Schneller vergessen waren seine Noktumen, Varia- 
tionen, Präludien und Bagatellen. 

Ausg.: op. 20, 3 in: Tagliapietra Ant XV. 

Lit: Fr. Pyllemann, Mitt persönlicher Aufzeich- 
nungen K.s, in: AMZ VII, 1872, Nr 12. 

Kestenberg, Leo, * 27. 11. 1882 zu Rosenberg 
(Ungarn) ; israelischer Pianist und Musikpädagoge, 
Schiller von Fr. Kullak und Busoni (Klavier) sowie 
Draeseke (Komposition), Lehrer der Ausbildungs- 
klassen am Klindworth-Scharwenka-Konservato- 
rium in Berlin und vortrefflicher Lisztspieler, ab 
1918 Referent für musikalische Angelegenheiten 
im preußischen Ministerium für Wissenschaft, 
Kunst und Volksbüdung, 1921 Professor. 1933 
emigrierte er nach Prag, wo er einem Internatio- 
nalen Institut für Musikerziehung Vorstand. Seit 
1939 lebt er in Palästina, wo er zunächst die Lei- 
tung des Palästina-Orchesters übernahm, um sich 
seit 1945 als Direktor eines Musiklehrerseminars in 
Tel Aviv wieder der Musikerziehung zuzuwenden. 
Das musikalische Unterrichtswesen in Preußen 
verdankt seiner Initiative zwischen 1920 und 1930 
eine völlige Neugestaltung: vgl. seine Erlasse: 
Prüfung , Ausbildung und Anstellung der Musiklehrer 
an den höheren Lehranstalten in Preußen ; Privatunter- 
richt in der Musik ; Schulmusikunterricht in Preußen . 
Er schrieb: Musikerziehung und Musikpflege (Leip- 
zig 1921, 21927) und gab heraus: Jahrbuch der deut- 
schen Musikorganisation (Berlin 1929). 

Lit: E. Preussner, L. K. zum 70. Geburtstag, in: 
Musik im Unterricht XLIII, 1952; G. Braun, Die 
Schulmusikerziehung in Preußen, — Mw. Arbeiten 
XI, Kassel u. Basel 1957 (darin ein Aufsatz u. Erlasse 
v.K.). 

Ketting, Piet, * 29. 11. 1905 zu Haarlem; hol- 
ländischer Komponist, Schüler von Pijper, nach- 


917 



Keurvds 


dem er schon vorher das Konservatorium von Ut- 
recht besucht hatte. Als konzertierender Pianist 
setzt er sich für die moderne Musik ebenso ein, 
wie er als Komponist zu deren bekannten Vertre- 
tern in Holland gehört. Er schrieb eine Symphonie 
(1929), Chorwerke (Kantaten), Kammermusik 
(3 Streichquartette, Trios in verschiedenen Be- 
setzungen, Partita per dueflauti), Klavierstücke und 
Lieder (Vertonungen von Shakespeare-Texten). 

Keurvels (k'oirvels), Edward, H. J., * 8. 3. 1853 
zu Antwerpen, f 29. 2. 1916 zu Hoogboom bei 
Antwerpen; flämischer Dirigent und Komponist, 
Schüler Benoits, war Korrepetitor am Theater in 
Antwerpen und ab 1882 Kapellmeister an der 
»National vlaamschcn Schouwburg« (vlämisches 
Nationaltheater), an welcher er 1890 die Einfüh- 
rung des lyrischen Dramas (Oper mit Dialog) 
durchsetzte (Benoits »Padficatie van Gent« und 
»Charlotte Corday«, Wadputs »Stella«, Beetho- 
vens »Hdelio«) sowie Orchester- und Chordirigent 
im Zoologischen Garten und Verwalter des Peter- 
Benoit-Fonds (Orchesterkonzerte mit Werken 
Benoits: 1903 »De Oorlog«, 1904 »De Rhyn«), Er 
schrieb viel für die Bühne (Opern: Parisina , Rollo, 
Hamlet, mehrere kleinere Singspiele), auch Kan- 
taten, eine Messe mit Org., Balladen und Lieder. 

Keußler, Gerhard von, * 23. 6. 1874 zu Schwa- 
nenburg (Livland), f 21. 8. 1949 zu Niederwartha 
bei Dresden; deutscher Komponist, studierte an 
der Dorpater Universität Biologie, ging 1900 nach 
Leipzig und wurde Schüler des Konservatoriums 
(J. Klengel, C. Reinecke, Jadassohn). An der Leip- 
ziger Universität arbeitete er bei Wundt, Kretzsch- 
mar und Riemann und promovierte 1902 mit der 
Arbeit Die Grenzen der Ästhetik. - Als Komponist 
und Dirigent trat K. zuerst als Symphoniker 1904 
an die Öffentlichkeit, leitete ab 1906 in Prag zwei 
deutsche Gesangvereine und die Symphonie-Kon- 
zerte des Musiker-Verbandes und hielt nebenher 
am Athenaeum musikg es chich tliche und ästhe- 
tische Vorlesungen. 1918-21 leitete er in Hamburg 
die Singakademie sowie als Nachfolger Hauseg- 
gers die Philharmonischen Konzerte. Dann kon- 
zertierte K. in Deutschland wie im Ausland als 
Gastdirigent vorwiegend mit eigenen Werken; 
durch seine menschliche und künstlerische Eigen- 
art erregte er seiner Zeit ein berechtigtes Aufsehen. 
1932 ging er nach Melbourne und war 1934-41 
Leiter einer Meisterklasse der Preußischen Aka- 
demie der Künste in Berlin. Er schrieb Sympho- 
nien, Oratorien und Musikdramen zu eigenen 
Texten. Lieder und Gesänge, ebenfalls nach eigenen 
Dichtungen, erschienen 1925, vollständig, in 4 
Bänden. K. bearbeitete für den Konzertgebrauch 
Palestrinas »Hohes Lied«, Händels »Trauer-An- 
them« mit neuem deutschem Text, Mozarts Re- 
quiem sowie mehrere Symphonien der Mann- 
heimer Schule. Veröffentlichungen : Die Grenzen der 
Aesthetik (Leipzig 1902); Handels Kulturdienst und 
unsere Zeit (Hamburg 1919); Zur Tonsymbolik in 
den Messen Beethovens (JbP 1920); Geistlich und 
Weltlich in der Musik (mit H. Abert und A. Sche- 
ring in: Zeitschrift für Aesthetik und allgemeine 
Kunstwissenschaft XDC, 2. Kongreß für Aesthetik 
und allgemeine Kunstwissenschaft Berlin 1924, 
Stuttgart 1925) ; Sinnestäuschungen und Musik-Ästhe- 
tik (ZfMw VÜI, 1925/26); Zu Bachs Choraltechnik 


(Bach-Jb. XXIV, 1927) ; Zur Aesthetik der Vokal- 
musik (ZfMw XI, 1928/29); Paul Bucaenus (Riga 
1931, Abhandlungen des Herder-Instituts IV, 1, 
Riga 1932). Als Vorwort zur Gründung einer 
Musiker-Autonomie mit Kammer- und Ehren- 
gericht veröffentlichte K.: Die Berufsehre des Mu- 
sikers (Leipzig 1927). 

Lit.: E. Siemens, G. v. K., in: Musica IV, 1950; E. 
Janetschek, Musik u. Nationalität. Aus d. Nachlaß 
v. G. v. K., nach seinen Aufzeichnungen bearb., 
in: ZfM CXIV, 1953. 

Khairat, Abu-Bakr, * 27. 4. 1910 zu Kairo; 
ägyptischer Komponist, von Beruf Architekt, bü- 
dete sich neben seinem Studium musikalisch in 
Kairo und Paris. Er schrieb: 2 Symphonien, sym- 
phonische Ouvertüre Isis (1957), ein Klavierkon- 
zert (1957), Sextett für FL und 5 Streicher, je eine 
Klavier- und Flötensonate sowie 8 lyrische Etüden 
für Kl. 

Kirnen, Johannes -+ Kuen. 

Khufu-’gnch, f um 2550 vor Christus; altägyp- 
tischer Flötenspieler, einer der berühmtesten Mu- 
siker seiner Zeit, ist vielleicht die erste bekannte 
Musikerpersönlichkeit der Musikgeschichte. 

Lit: H. Hickmann, Die ältesten Musikemamen, 
Musica V, 1951; ders., Artikel Hufu-‘anh, MGG. 

Kickstat, Paul, * 13. 1. 1893 zu Bochum; deut- 
scher Komponist und Organist, studierte nach 
SVajährigem Studium der Naturwissenschaften an 
den Universitäten Freiburg im Breisgau und Kid 
privat in Hamburg bei Gustav Knak vor allem 
Klavier und Orgel 1919-21 lehrte er Musiktheorie 
am von Bemuth’schen Konservatorium in Ham- 
burg und wirkte 1924-54 als KLantor und Organist 
der Christianskirche in Hamburg-Altona. Außer- 
dem war er 1930/31 an der damaligen Pädagogi- 
schen Akademie in Altona und der Kirchenmusik- 
schule Hamburg tätig, 1933-35 Leiter der Motetten 
des Städtischen A-Cappdla-Chores Altona, 1938 
bis 1945 Theorie- und Kompositionslehrer an der 
Landesmusikschule Schleswig-Holstein und trat 
als Orgelsolist, Liedbegleiter und Cembalist auf. 
Heute lebt er im Ruhestand und wirkt privat als 
Theorielehrer in Hamburg-Altona. K. veröffent- 
lichte 157 Orgelkompositionen, besonders Choral- 
vorspide, 10 Bände Volksliederbearbeitungen im 
Aufträge des Verbandes deutscher Vereine für 
Volkskunde und der preußischen Volkslied-Kom- 
mission, eine Sammlung instrumentaler Volks- 
liederbearbeitungen Die liebe Maienzeit, Volks- 
tänze, Beiträge zu Schulliederbüchem, Glocken- 
spielsätze, Kanons und ist Mitbearbeiter der Samm- 
lung Frau Musika (Berlin 1929). 

Kidson (kidsn), Frank, * 15. 11. 1855 und 1 7. 
11. 1926 zu Leeds; englischer Volksliedsammler, 
war ursprünglich Landschaftsmaler, wandte sich 
musiktheoretischen Studien zu, gründete die Folk 
Song Society und sammdte in England, Schott- 
land und Irland alte Volkslieder und -tanze. Außer- 
dem erforschte er die Geschichte der englischen 
Musikverleger, -Stecher und -drucker. Haupt- 
schriften: British Music Publishers, Printers and En- 
gravers . . . (London 1900), James Oswald, Dr. Bur - 
ney and the Temple of Apollo (The Musical Anti- 
quary H, 1910), English Magazines Containing Music 
brfore the Early Period of the XIXth Century (ebenda 


918 


Kienlen 


IV, 1912), Some Ulustrated Musicbooks of the XVIIth 
and XVIIIth Centuries (ebenda IV, 1912), English 
Folk Song and Dance (mit Mary Neal, Cambridge 
1915), Handel* s Publisher, John Walsh , his Successors 
and Contemporaries (MQ VI, 1920), The Beggar’s 
Opera: its Predecessors and Succesors (Cambridge 
1922), viele Artikel in Grove’s Dictionary. Aus- 
gaben: Traditional Tunes (Oxford 1891, 21931 ); 
mit A. MofFat: English Peasant Songs (London 
1926), A Garland of English Folk Songs (London 

1926) , Folk Songs of the North Counties (London 

1927) . 

Kie jeher* Bartholomäus, * 1548 und f 9. 1. 
1599 zu Krakau; polnischer Instrumentenmacher, 
kam im Alter von 10 Jahren zur Erlernung des 
Instrumentenspiels in die königliche Kapelle, der 
er von 1565 bis zu seinem Lebensende als Instru- 
mentalist angehörte. K. baute Tasten-, Streich- 
und Blasinstrumente. Sein Sohn Christoph war 
um 1590 als königlicher Organist tätig und betei- 
ligte sich am Instrumentenbau seines Vaters. 

Lit. : St. Tomkowicz, Do historii muzyki w Krakowie, 
in: Rocznik krakowski 1907; A. Chybi&ski, Slownik 
muzyköw dawnej Polski, Krakau (1949). 

Kiel, Friedrich, * 7. 10. 1821 zu Puderbach bei 
Laasphe (Westfalen), + 13. 9. 1885 zu Berlin; 
deutscher Komponist, erhielt den ersten Unterricht 
von seinem Vater, der Dorfschullehrer war, und 
versuchte sich bald autodidaktisch im KlavierspieL 
und in der Komposition; mehrere Hefte Tänze 
und Variationen entstanden bereits 1832-34. Prinz 
Karl zu Wittgenstein-Berleburg gab ihm selbst ab 
1835 Violinunterricht. Bereits nach einem Jahr 
spielte K. ein Konzert von Viotti und wirkte im 
fürstlichen Orchester mit. Seine größeren Werke 
waren 2 Hefte Variationen für V. mit Orch. 1840 
wurde er als Konzertmeister der Hofkapelle und 
Musiklehrer der fürstlichen Kinder in Berleburg 
angestellt. Seine nächsten Werke (1837-42) waren 
2 Ouvertüren, Variationen und Phantasien für 
Kl., V., Ob. und Orch., eine Kantate, 4 Klavier- 
sonaten, Klavierstücke, Lieder und Chorlieder. 
Auf Empfehlung des Fürsten und durch Vorlegung 
von Kompositionen erlangte er ein Stipendium 
von Friedrich Wilhelm IV. und studierte 1842-44 
bei Dehn Kontrapunkt; von da an lebte er in Ber- 
lin. 1850 trat er mit den ersten Klavierwerken an 
die Öffentlichkeit: 15 Kanons op. 1 und 6 Fugen 
op. 2. 1865 wurde er zum ordentlichen Mitglied 
der Akademie der Künste ernannt, übernahm 1866 
den Kompositionsunterricht am Steirischen Kon- 
servatorium und erteilte seitdem keinen Klavier- 
unterricht mehr. Nachdem ihm bereits 1868 der 
Professortitel verliehen worden war, wurde er 1870 
als Komp ositionslehrcr an die neugegründete 
Hochschule für Musik berufen und gleichzeitig in 
den Senat der Akademie gewählt. K.s Klavier- 
und Kammermusik sowie die vielbeachteten Chor- 
werke erweisen ihn als großen Meister polyphoner 
Satztechnik im Sinne der Bach-Renaissance, zeigen 
aber wenig Originalität. Weitere Werke: I. Re- 
quiem F moll op. 20 (1860, bearbeitet 1878), Sta- 
bat Mater op. 25 und 130. Psalm op. 29 für Soli, 
Frauenchor und Orch. (1862-63), Missa solemnis 
op. 40 (1865), Te Deum op. 46 (1866), Oratorium 
Christus op. 60 (1872), EL Requiem As dur op. 80 
(1881), Oratorium Der Stern von Bethlehem op. 83 


(1884), Klavierkonzert op. 30, 4 Orchestermärsche 
op. 61, 2 Klavierquintette, 2 Streichquartette, 
Walzer für Streichquartett op. 73 und 7 ö, 3 Kla- 
vierquartette, 7 Klaviertrios, 4 Violinsonaten, 
Bratschensonate op. 67, Cellosonate op. 52, Vio- 
linsuite op. 77, Klavierstücke, darunter Variationen 
und Fuge op. 17, Suite op. 28, 3 Gigues op. 36, 
Reiseerinnerungen op. 38; Phantasie op. 56, Va- 
riationen op. 62. 

Lit.: O. Eichberg, Album deutscher Komponisten, 
Bin 1872; A. Bungert, Fr. K., NZfM 1875; O. 
Wangemann, Fr. K., Die Tonkunst X, 1885; E. Bres- 
laur, Fr. K, Der Klavierlehrer VIII, 1885; E. From- 
mel. Fr. K. (Gedächtnisrede), Bin 1886; H. Riemann, 
Gesch. d. Musik seit Beethoven, Stuttgart 1901; 
W. Altmann, Fr. K., Mk 1, 1901/02, mit Werkverz.; 
E. Preeger, Fr. K., Lpz. 1904; H. Wetzel, Die Kla- 
viermusik Fr. K.s, Mk VIII, 1908/09; A. Schering, 
Gesch. d. Oratoriums, =* Kleine Hdb. d. Mg. nach 
Gattungen, hrsg. v. H. Kretzschmar, III, Lpz. 1911; 
E. Reinecke, Fr. K, Diss. Köln 1937. 

Kielland (tfslan), Olav, * 16. 8. 1901 zu Trond- 
heim; norwegischer Komponist und Dirigent, lebt 
in 0vreB0 (Telemark). Nach anfänglichem Archi- 
tekturstudium war er 1921-23 Schüler von Krehl 
und Lohse am Leipziger Konservatorium, ging zur 
weiteren Ausbildung nach Frankreich, England 
und Italien und schließlich (1929) nach Basel zu 
Weingartner. 1924-55 war er Theater- und Kon- 
zertdingent in Oslo, Göteborg, Trondhcim, Ber- 
gen und Reykjavik. Seither wirkt er als Komponist 
und Gastdirigent im In- und Ausland und beschäf- 
tigt sich mit Studien über die instrumentale Volks- 
musik Norwegens. Er schrieb eine Symphonie 
op. 3 (1935), eine Orchestersuite op. 5 (1940), ein 
Violinkonzert op. 7 (1942), Mot Blasnö-Högdom für 
hohe St. und Orch. op. 14 (1947), Concerto Grosso 
Norvegese op. 18 (1953), Musik zu Ibsens Brand, 
Orchestergesänge, Männerchöre, Violin- und Kla- 
viermusik. 

Kienle, Ambrosius OSB, * 8. 5. 1852 zu Laiz 
bei Sigmaringen, 1 18. 6. 1905 zu Kloster Beuron; 
deutscher Choralforscher, trat 1873 in den Bene- 
diktinerorden zu Kloster Beuron ein, lebte in Tirol, 
Prag, Seckau (Steiermark), zuletzt wieder in Beu- 
ron, trieb eingehende Studien über den gregoria- 
nischen Choral und schrieb: Choralschule (Freiburg 
i. Br. 1884, 31899), Über ambrosianische Liturgie und 
ambrosianischen Gesang (1884 in: Studien und Mit- 
teilungen aus dem Benediktiner- und Zisterzienser- 
orden), Notizen über das Dirigieren mittelalterlicher 
Gesangschöre (VfMw I, 1885), Kleines kirchenmusi- 
kalisches Handbuch (Freiburg L Br. 1893), Mass und 
Milde in kirchenmusikalischen Dingen (Freiburg 
1901; dazu die Erwiderung von P. Krutschek, 

»Rechtes Mass und rechte Milde «, Regensburg 

1901). Auch übersetzte er Dom J. Pothiers »Les 
mdlodies gregoriennes« (Toumai 1880) als Der 
gregorianische Choral (Toumai 1881). 

Kienlen, Johann Christoph, * 1784 zu Ulm, 
t wahrscheinlich 1830 zu Dessau; deutscher Kom- 
ponist, war Sohn des gleichnamigen Stadtmusikus, 
trat seit seinem 7. Jahr als Klavierspieler und Sän- 
ger auf, fand in München Gönner, die ihn zur Aus- 
bildung bei Cherubim nach Paris schickten, wurde 
dann Stadtmusikdircktor in Ulm, brachte 1810 in 
München mit geringem Erfolg seine Komposition 
von Goethes Claudine von Villa Bella heraus (1811 


919 



Kienzl 


für Stuttgart umgearbeitet) und. erhielt den Titel 
Königlich bayrischer Musikdirektor, ging 1811 
nach Wien, wo u. a. Schnyder von Warten- 
see sein Schüler wurde, fand Anstellung als 
Theaterkapellmeister des Baron Zinnicq (in Baden 
und Preßburg) und schrieb 1816 die Opern Die 
Kaiserrose und Petrarka und Laura. 1817 zog er nach 
Berlin, schrieb Bühnenmusiken und wurde 1823 
»Gesanglehrer« am Berliner Theater, das seine 
Musik zu der Tragödie Innocentia 'aufführte, war 
1827 aber wieder in Ulm. 1828 soll er beim Fürsten 
Radziwill in Posen angestellt gewesen und 1830 
gemütskrank und mittellos in Dessau gestorben 
sei n , schrieb dort auch eine Introduktion und Ro- 
manze zu E. T. A. HofFmanns Komposition von 
Goethes »Scherz, List und Rache«. Am bemerkens- 
wertesten ist K. durch seine zahlreichen Lieder 
(12 Lieder, München 1810, 12 Lieder von Goethe, 
daselbst 1810, 14 Lieder, München 1811, 10 Lieder, 
daselbst 1812, 20 Lieder, Wien um 1815, 7 Lieder 
aus Faust, Berlin um 1817). Aus seiner Pariser 
Studienzeit stammen 2 Klaviersonaten (Paris ohne 
Jahr). 

Lit.: E. Holzer, Ein vergessener schwäbischer Mu- 
siker, MkVIU, 1908/09. 

Kienzl, Wilhelm, * 17. 1. 1857 zu Waizenkir- 
chen (Oberösteireidi), f 3. 10. 1941 zu Wien; 
österreichischer Komponist, besuchte das Gym- 
nasium in Graz (Klavierschüler von Mörder de 
Fontaine), studierte 1874 in Graz, 1875 in Prag, 
1876 in Leipzig, 1877 in Wien, wo er zum Dr. 
phil. promovierte {Die musikalische Deklamation , 
Leipzig 1880). 1879 ging er nach Bayreuth zu 
Wagner, hielt 1880 in München Vorträge über 
Musik, wirkte 1883/84 als Opemkapellmeister in 
Amsterdam, dann in Krefeld, wurde 1886 Dirigent 
des Steiermärkischen Musikvereins in Graz, 1889 
Kapellmeister am Stadttheater in Hamburg, bis 
Ende 1893 an der Münchner Hofoper; dann lebte 
er wieder in Graz. 1917 ernannte ihn die Universi- 
tät Graz zum Ehrendoktor; im gleichen Jahr über- 
siedelte K. nach Wien. Als Komponist errang er 
seinen größten Erfolg mit dem Evangelimann , einer 
stofflich und musikalisch rühr samen und wirk- 
samen Volksoper. Als Schriftsteller betätigte sich 
K. außer einer 14jährigen musikkritischen Tätig- 
keit und Aufsätzen in Musikzeitungen, gesammdt 
als: Miscellen (Leipzig 1886), Aus Kunst und Leben 
(1904), Im Konzert (Berlin 1908), Betrachtungen und 
Erinnerungen (Berlin 1909) mit einer Biographie 
R. Wagners (München und Mainz 1904, 21908). 
Kammermusikwerke : Trio op. 13 F moll, Streich- 
quartette op. 22 B moll und op. 99 C moll; Stücke 
für Orch. [Septuaginta, Variationen über ein eige- 
nes Thema, 1927), Klavierstücke und zahlreiche 
Lieder, Chöre, Chorwerke mit Orch.; Opern: 
Urvasi op. 20 (Dresden 1886, umgearbeitet 1909), 
Heilmar der Narr op. 40 (München 1892), Der 
Evangelimann op. 45 (Berlin 1895), Tragikomödie 
Don Quixote op. 50 (Berlin 1898), Märchenspiel 
In Knecht Ruprechts Werkstatt op. 75 (Graz 1907), 
3aktige Oper Der Kuhreigen op. 85 (Wien 1911, 
englisch Liverpool 1914), 2aktige musikalische 
Komödie Das Testament op. 90 (Wien 1916), Has- 
san der Schwärmer op. 100 (Chemnitz 1925), Spiel 
in einem Akt Sanctissimum op. 102 (Wien 1925). 
Auch besorgte K. die Bearbeitung von A. Jensens 
nachgelassener Oper »Turandot« und schrieb Er- 


innerungen: Meine Lebenswanderung (Stuttgart 
1926). Zu K.s 60. Geburtstag erschien eine Äst- 
schrift (herausgegeben von H. Hagen, Graz 1917). 
Lit.: Briefwechsel mit Rosegger, hrsg. v. H. Sittner, 
Wien 1952. - M. Morold, W. K., in: Monographien 
moderner Musiker III, Lpz. 1909; K. Trambauer, 
W. K.s Opemstoffe, Diss. Wien 1950, maschr.; H. 
Sittner, W. K., in : Große Oesterreicher, Neue Oester- 
reichische Biogr. X, Zürich, Lpz. u. Wien (1957). 

Kiepura (kjep'ura), Jan, * 16. 5. 1902 zu Sosno- 
witz; polnischer Sänger (Tenor), betrieb seine Ge- 
sangsstudien in Warschau, wo er 1923 ab Konzert- 
sänger, 1925 in der Titelrolle von Gounods »Faust« 
a ls Opemtenor debütierte. Nach einer Tätigkeit 
1926-28 an der Wiener Staatsoper trat er auf Rei- 
sen in Europa, Süd- und Nordamerika (Teatro 
Colön in Buenos Aires, Metropolitan Opera 
House New York) auf. Die Schönheit seiner klaren, 
profilierten Stimme brachte ihm internationalen 
Ruf ein, wie er durch sein Auftreten in Operette 
und Film auch einem breiten Publikum bekannt 
wurde. K., der jetzt in den USA lebt, ist verheira- 
tet mit der Filmschauspielerin Martha Eggerth. 

Kiesewetter, Chr. K. Karl, * 1777 zu Augsburg, 
t 27. 9. 1827 zu London; deutscher Violinist, war 
zuerst Konzertmeister in Oldenburg, dann 1814-22 
in Hannover, wo er das Konzertwesen reformierte, 
indem er im Gegensatz zur damaligen Musikübung 
Symphonien grundsätzlich vollständig aufführte, 
ging 1821 nach London, wo er auch als Violinist 
in den Philharmonischen Konzerten auftrat. The 
Gendeman’s Magazine XCVH, 472, nennt ihn 
Christoph Gottfried K. und als seinen Geburtsort 
Ansbach; sein Vater, Johann Friedrich K., sei 
1. Geiger an der Ansbacher Hofkapelle gewesen. 

Lit.: A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923, 
S. 330 f. 

Kiesewetter, Raphael Georg (Edler von 
Wiesenbrunn), * 29.8.1773 zu Holleschau 
(Mähren), f 1. 1. 1850 zu Baden bei Wien; öster- 
reichischer Musikforscher, war Beamter im Hof- 
kriegsrat und wurde 1845 als Kaiserlicher Hofrat 
pensioniert. Von Kindheit an war K. Musikfreund, 
legte anfängliche Sammlungen alter Musikwerke 
an, welche ihn allmählich zu historischen Unter- 
suchungen führten, studierte noch 1803 unter Al- 
brechtsberger und Hartmann Generalbaß und Kon- 
trapunkt und wurde schließlich eine Autorität auf 
dem Gebiet der Musikgeschichte. An Anerken- 
nung seiner Verdienste fehlte es nicht; er wurde 
in den Adelsstand erhoben und war Mitglied bzw. 
Ehrenmitglied mehrerer Akademien (Berlin, 
Wien) und musikalischer Gesellschaften. K. war 
der Oheim von A. W. Ambros. Seine Hauptwerke 
sind: Die Verdienste der Niederländer um die Tonkunst 
(1826, Wien 1828, holländisch Amsterdam 1829, 
gleichzeitig mit der Schrift gleichen Inhalts von 
Fdtis preisgekrönt von der niederländischen Aka- 
demie), Geschichte der europäisch-abendländischen oder 
unserer heutigen Musik (Leipzig 1834, 21846, eng- 
lisch von R. Müller 1846), Uber die Musik der neue- 
ren Griechen , nebst freien Gedanken über altegyptische 
und altgriechische Musik (Leipzig 1838), Guido von 
Arezzo (Leipzig 1840), Schicksale und Beschaffenheit 
des weltlichen Gesanges vom frühen Mittelalter bis zu 

der^^per (Leipzig 1841), Die Musik der Araber 


920 



Kindermann 


(Leipzig 1842), Der neuen Aristoxener zerstreute 
Aufsätze (Leipzig 1846), Über die Octave des Pytha- 
goras (Wien 1848), Galerie alter Kontrapuhktisten 
(Wien 1847 ; Katalog seiner Sammlung alter Parti- 
turen, die er der Wiener Hof bibliothek vermachte) . 
Auch schrieb er Aufsatze für die Leipziger AmZ 
(1826-45), besorgte die Herausgabe von Kandlers 
Bearbeitung der Bainischen Palestrina-Biographie 
und hinterließ im Manuskript mehrere musiktheo- 
retische Werke. 

Lit.: C. v. Wurzbach, Biogr. Lexikon d. Kaisertums 
Oesterreich XI, Wien 1864. 

Kieslich, Leo, * 15. 9. 1882 zu Wiese (Oberschle- 
sien), f 10. 2. 1956 zu Münster; deutscher Kompo- 
nist, besuchte das Breslauer Lehrerseminar und 
das dortige Akademische Institut für Kirchenmusik 
und war einige Zeit Schüler von E. Bohn, wirkte 
danach als Musiklehrer in Neiße, Breslau und Glei- 
witz. Er schrieb: Orchesterwerke, 3 Messen, Ma- 
rienlieder und Tantum ergo, 2 Singspiele und ein 
Ballett, Kantaten ( Der Schöpjung Marienlob op. 39, 
Maienandacht op. 63), Oratorium Barr ab as op. 65 
für Soli, Chor und Orch., Klavierstücke, Chöre 
jeder Art und zahlreiche (Marien- und Heimat-) 
Lieder. 


er 1954 den Preis von Fromms Music Foundation 
in Chicago, ferner 1957 den Musikpreis der Stadt 
München. Außerdem liegen Liedenyklen für eine 
St. und verschiedene Instrumente auf Shakespeare- 
texte und französische Weisen vor sowie ein 
Klavierkonzert (1956) und eine Kammermusik für 
Jazzinstrumente (1956). 

Kjlpinen, Yrjö, * 4. 2. 1892 zu Helsinki; finni- 
scher Komponist, studierte in Helsinki, Wien und 
Berlin. K. hat bis jetzt fast ausschließlich das Gebiet 
des Liedes gepflegt und eine reiche Produktion von 
starker individueller Ausdruckskraft, ganze Serien 
Gedichte finnischer (Kyösti, Jalkanen, Leino, Kos- 
kenniemi, Törmanen), schwedischer (Josephson, 
Berginan, Lagerkvist, österling, Ullman, Cnat- 
tingius) und deutscher (Morgenstern, Sergel, Löns, 
Rilke) Dichter umfassend, geschaffen; zu nennen 
sind auch die 31 Katri-Vala- und 64 Kanteletar- 
Lieder (1949). Neben den etwa 700 Liedern schrieb 
er Mannerchöre, 6 Klaviersonaten und 4 -suiten, 
eine Cellosonate und eine Suite für Gambe und Kl. 
Lit: W. Legge, The Songs of Y. K., London 1936; 
T. Karela, Y. K. Tunturilaulujen säveltäjänä (Y. K. 
als Komponist der »Fjeldlieder«), in: Valvoja-Aika 
1936, Helsinki. 


Klessig, Georg, * 17. 9. 1885 zu Leipzig, f 1945 
in Frankreich; deutscher Komponist, studierte am 
Leipziger Konservatorium, war vorübergehend als 
Solorepetitor an der Leipziger Oper (bis 1910) und 
als Kapellmeister an den Theatern in Amstadt und 
Rudolstadt tätig, wandte sich ab 1911 ganz der 
Komposition zu. Ab 1920 schrieb er die Schau- 
spielmusiken für das Alte Theater in Leipzig. 
Werke: Opern Anselm und Münchhausen im Vogels- 
berg, Orchesterwerke, Kammer- und Klaviermusik 
sowie Lieder. 

KUbum (k'übce:n), Nicholas, * 7. 2. 1843 und 
f 4. 12. 1923 zu Bishop Auckland (Durham) ; eng- 
lischer Komponist, Mus. Bacc. (Cambridge 1880), 
wurde 1875 Dirigent der Musical Society von 
Bishop Auckland, 1882 auch der Musical Union 
von Middlesbrough und 1886 der Philharmonie 
Society von Sunderland. Er trat hervor mit einem 
kleinen Kirchenoratorium St. Thomas , dem 23. 
und 137. Psalm und der Kantate The Golden River 
(alle für Soli, Chor und Orch.), einer Ouvertüre 
und einer Orchestersuite, kirchlichen (Services) und 
weltlichen Chorgesängen, Violin- und Klavier- 
stücken, als Schriftsteller mit Notes and Notions on 
Music; How to Manage a Choral Society (London 
1885); Wagner; Parstfal and Bayreuth und einer 
kleinen Story of Chamber Music (New York 1904; 
neue revidierte Ausgabe unter dem Titel: Chamber 
Music and its Masters , hrsg. von G. E. H. Abraham, 
London 1932). 

K}llmayer, Wilhelm, *21. 8. 1927 zu München; 
deutscher Komponist, lebt in seiner Vaterstadt. 
Seine humanistischen, musikalischen und musik- 
wissenschaftlichen Studien betrieb er in München: 
1945-50 Klavier, Dirigieren und Komposition 
(v. Waltershausen), 1950-53 Musikwissenschaft 
(v. Kcker), 1953 erneut Komposition (Orff). Seit 
1948 ist er als Theaterkapellmeister und Liedbeglei- 
ter tätig, auch Theorielehrer am Trappschen Kon- 
servatorium. Für eine Missa brevis a cappella und 
Lorca-Romanzen (S., Kl. und Schlagzeug) erhielt 


Kimovec (k'imovets), Franz, * 21. 9. 1878 zu 
Cerklje; slowenischer Komponist, studierte in 
Laibach Theologie, wirkte als Priester an verschie- 
denen Orten, zuletzt in Rom, wo er zum Dr. theol. 
promovierte. Musik studierte er in Laibach und an 
der Wiener Akademie für Tonkunst, seit 1916 
Domherr. Er publizierte Festmessen (teilweise auf 
kirchenskwische Texte), Requiem, slowenische 
Meßlieder, ein Te Deum, verschiedene kirchliche 
Gesänge und viele weltliche Chöre; auch redigierte 
er ein mehrteiliges Gesangbuch für den Verband 
der Sängervereine. 

Kind, Silvia, * 15. 8. 1907 zu Chur; Schweizer 
Cembalistin, lebt in Berlin. Sie studierte 1926-29 
am Zürcher Konservatorium Klavier (W. Frey), 
Flöte, Kontrapunkt (Laquai) und Dirigieren (An- 
dreae und Dubs), 1930-36 an der Berliner Musik- 
hochschule Klavier (E. Fischer), Cembalo (E. 
Harichr-Schneider) und Tonsatz (P. Hindemith). 
In der Folge unterrichtete und konzertierte sie in 
Zürich, wo sie 1942-47 auch Assistentin Scher- 
chens am Radio war. Seit 1948 wirkt sie an der 
Berliner Musikhochschule, anfangs zugleich am 
Konservatorium der Stadt Berlin; doch gab sie 
letztere Tätigkeit mit politischem Protest gegen 
eine personelle Veränderung wieder auf. In So- 
listenabenden und Kammermusikaufführungen 
tritt sie für eine stilgerechte Erneuerung der älteren 
Cembalo-Virtuosität ein. 

Kindermann, Johann Erasmus, * 29.3. 1616 
und f 14. 4. 1655 zu Nürnberg; deutscher Kompo- 
nist, Schüler J. Stadens, 1634 in Venedig, 1636 
Vizeorganist an der Marienkirche, ab 1640 Orga- 
nist zu St. Ägidien in Nürnberg, gab bis 1652 eine 
große Anzahl geistlicher Gesänge sowie Instrumen- 
talwerke heraus: Cantiones Paihetikai zu 3 und 4 St. 
mit B.c. (1639), Friedens Klag 3st. mit B.c. (1640), 
Opitianischer Orpheus zu einer und 2 St. mit 3 Vio- 
len und B.c. (1642), Dialogus Mosis Plag zu 1-6 St. 
mit B.c. (1642), Concentus Salomonis , d. i. Geist- 
liche Concerten aus dem Hohen Lied (nadi Opitz) zu 


921 



al-Kindl 


2 St. mit 3 Violen und B.c. (1642), Musica cateche- 
tica zu 5 St. mit B.c. (1643), Deliciae studiosorum 
von allerhand Symphonien , Arien, Sonaten . . . auff 
Blasinstrumenten zu 3-5 St. mitJB.c. (4 Teile, 1640-48, 
mehrfach aufgelegt), Des Erlösers Christi und sün- 
digen Menschens Gespräch zu 7 St. mit B.c. (1643), 
Musicalische Herzen- Trost-Bliimlein für eine Singst, 
mit 2 Diskantviolen und B.c. (1643), Inter- 
medium musico-politicum . . . variorum authorum zu 
3-5 St. (1643), Harmonia organica (1645; Präambula , 
Fantasien , Fugen ... in deutscher Tabulatur ), Herrn 
Dilherms Evangelische Schlußreimen zu 3 St. (3 
Teile, 1649-52), Musicalische Friedens-Freud zu ein 
und 2 St mit 3 Violen und B.c. (1650), Canzoni , 
Sonatae für 1-4 Violen (pars posterior, 1653). 

Ausg.: Ausgew. Werke in DTB XIII, 1913, hrsg. v. 
F. Schreiber, u. DTB XXI-XXIV, 1924, hrsg. nach 
Materialien v. F. Schreiber, eingeleitet v. B. A. Wall- 
ner; Tanzstücke f. Kl., hrsg. v. Baum, HM LXI ; 3 Or- 
gelsätze bei H. Fleischer, Accompanying Manual 
for the Parish Organist, Saint Louis (Miss.) 1953; 
Sonetta u. zwei Arien f. 3 Blockfi., hrsg. v. W. T wit- 
tenhoff, Musica Practica 43; 4 Vokalsätze in Gesel- 
lige Zeit I, hrsg. v. W. Lipphardt, Kassel (1933). 

Lit: F. Schreiber, Der Nürnberger Organist J. E. 
K., Diss. München 1913; G. Frotscher, Gesch. d. 
Orgelspiels I, Bin 1935; H. J. Moser, Corydon I u. II, 
Braunschweig 1932/33. 

al-Kindl, Ya’qüb ben Ishäq, * um 790 zu 
Kufa, t um 874 zu Bagdad; arabischer Philosoph, 
verfaßte etwa 12 Bücher über Musik, in denen er 
die griechische Theorie auf die arabische Musik 
übertragt 

Ausg.: Risäla fl hubr ta’llf al-alhän (»Abh. über d. 
innere Wissen bei d. Komposition v. Melodien«), 
hrsg. v. R. Lachmann u. Mahmud el-Hefni, = Ver- 
öff. d. Ges. zur Erforschung d. Musik d. Orients I, 
Lpz. 1931, mit deutscher Übers. 

Lit: H. G. Farmer, Sa ’adyah Gaon on the In- 
fluence of Music, London 1943. 

Kindler, Hans, * 8. 1. 1892 zu Rotterdam, + 30. 
8.1949 zu Watch Hill (Rhode Island, USA); 
amerikanischer Violoncellist und Dirigent hollän- 
discher Geburt, studierte am Konservatorium in 
Rotterdam, wurde 1910 Violoncellist bei den Ber- 
liner Philharmonikern, 1911 Lehrer am Klind- 
worth-Scharwenka-Konservatoritim und wirkte 
daneben an der Berliner Hofoper. Nach Konzert- 
reisen 1912/13 ließ K. sich 1914 in den USA nieder, 
wo er bis 1920 als 1. Violoncellist beim Phila- 
delphia Orchestra, danach wieder auf Konzert- 
reisen in den USA und Europa tätig war. Als Diri- 
gent debütierte er 1927, leitete das Washingtoner 
Orchester und betätigte sich als Gastdirigent in 
Amerika und Europa. 

Kindler, Hans, * 20. 11. 1908 zu Berlin; deut- 
scher Dirigent, lebt in Bremerhaven. Nach seinem 
Studium an der Hochschule für Musik in Berlin 
wirkte er als Opemkapellmeister in Rostock und 
1935-46 in Essen, war 1946-48 stellvertretender 
Opemdirektor in Bremen und ist heute Städtischer 
Musikdirektor in Bremerhaven. 

Kindscher, - 1) Johann Ludwig Gottfried, * 14. 
10. 1764 zu Klentsch bei Dessau, f 20. 10. 1840 zu 
Dessau; deutscher Organist, war Schüler von Rust, 
wurde früh Organist der Schloßkirche und Musik- 
lehrer in Dessau und schrieb : XXIV Lieder (Dessau 
1792), weitere Lieder und Chöre; Anweisungen zu 


Ausweichungen in alle Dur - und Moll-Tonarten (Des- 
sau 1812, 21814) und als Fortsetzung dazu Anleitung 
zum Selbstunterricht im Clavier- und Orgelspielen 
(Leipzig 1817, 2 1830). - 2) Heinrich Karl Ludwig, 
* 16. 10. 1800 zu Dessau, f im Februar 1875 zu 
Wörlitz bei Dessau, Sohn und 1824 Nachfolger 
von Johann Ludwig Gottfried K., war Schüler von 
Schicht in Leipzig und wurde 1854 Musiklehrer 
am Seminar in Köthen. Er schrieb : Elementarunter- 
richt für Violinspieler (Chemnitz 1843) sowie Auf- 
sätze in AmZ. - 3) Ludwig, * 22. 10. 1836 zu 
Dessau, f 7. 12. 1903 zu Zerbst; deutscher Theo- 
loge, Sohn von Heinrich Karl Ludwig K., war 
1882-91 Archidiakonus, danach Stiftsrat in Zerbst; 
von ihm sind einige Hefte Lieder erschienen, dar- 
unter der Zyklus Lieder des Mönches Eliland , den 
Mottl instrumentierte. 

Lit : S. Günther, Eine verschollene Liedersammlung 
des J. L. G. K, ZfMw V, 1922/23. 

King, Alexander Hyatt, * 18. 7. 1911 zu Bek- 
kenham (Kent) ; englischer Musikschriftsteller und 
Bibliothekar, studierte 1929-33 am King’s College 
in Cambridge (B. A. 1934, M. A. 1944) und kam 
1934 als Bibliothekar an das British Museum in 
London, an dem er 1944 die Leitung der Musik- 
abteilung übernahm. 1951-55 war er Vizepräsi- 
dent, seither Präsident der Association Internatio- 
nale des Bibliothfcques Musicales. Veröffentlichun- 
gen: Mozart in Retrospect (London 1955, 21956 ; 
das erste Kapitel deutsch als Mozart im Spiegel der 
Geschichte , = Mw. Arbeiten IX, Kassel 1956), 
Chamber Music (London 1948), The Musical Glasses 
and Glass Harmonica (Proc.R.Mus.Ass. 1945/46), 
The Music Room of the British Museum, 1 753-1853 
(Proc.R.Mus. Ass. 1952/53), English Pictorial Music 
Titlepages, 1820-1855 (in: Trans, of the Bibliogra- 
phien Society, März 1950), William Barclay Squire, 
1855-1955 (in: Trans, of the BibliograpMcal So- 
ciety, Oktober 1955), Schubert 9 s Stage Works (in: 
Schubert: a Symposium, hrsg. von G. Abraham, 
London 1947). 

King, Charles, * 1687 zu Bury St. Edmunds, 
t 17. 3. 1748 zu London; englischer Komponist, 
war Chorknabe an St. PauTs Cathedral in London 
unter Jeremiah Clarke, wurde nach dessen Tödi 
1707 Almosenier und Chormeister ebenda, 1708 
Organist an St. Benncts Fink, 1730 Chorvikar an 
St. PauTs Cathedral. Er komponierte vide Ser- 
vices und Anthems. 

King, Matthew Peter, * 1773 und *f im Januar 
1823 zu London; englischer Komponist, schrieb: 
ThoroughnBass made clear to every Capacity (London 
1796), A General Treatise on Music (London 1800, 
2 1809) ; za hlr eiche Opern (1804-19), hauptsächlich 
für das E ngl is h Opera House, Lyceum; Oratorium 
The Intercession (1816), Klaviersonaten, Iieder, 
Glees und eine Kantate. 

King, Oliver A., * 1855 zu Ishington (Middle- 
***)». t i 1 * 1 September 1923 zu London; englischer 
Pianist und Komponist, studierte in London bei 
Bamby und W. H. Holmes, 1874-77 am Ldpziger 
Konservatorium, war zdtweÜig Musikdirektor der 
Maryleb one-Kir che in London, zuletzt Lehrer an 
der Royal Academy of Music. K. komponierte: 
Chorwerke (137. Psalm, The Romance of the Roses), 
eine Symphonie, Ouvertüren, ein Klavier- und 
ein Violinkonzert. 


922 



Kinsky 


King, Robert; englischer Komponist um 1700, 
ist 1680-1728 als Mitglied der königlichen Kapelle 
nachweisbar. 1690-93 veranstaltete er mit J. W. 
Franck in London öffentliche Konzerte gegen Ein- 
trittsgeld. Von ihm erschienen: Songs for One , Two, 
and Three voices mit B.c. (London 1690), eine 
Cädlienode (1690), zahlreiche Lieder in Sammel- 
werken (1684-96) ; auch schrieb er 1680-92 Musik 
zu verschiedenen Schauspielen. 

Kinkel» Johanna (geborene Mockel, geschiedene 
Matthieux), * 8. 7. 1810 zu Bonn, f 15. 11. 1858 
zu London; deutsche Komponistin, heiratete 
1832 den Buchhändler Matthieux, den sie aber 
nach wenigen Tagen wieder verließ, bildete sich, 
darauf in Berlin musikalisch aus und wurde 
1843 die Gattin Gottfried Kinkels, welchem sie 
nach seiner Flucht aus dem Spandauer Gefängnis 
nach England folgte. Bekannt waren ihre Vogel- 
kantate op. 1 und die Operette Otto der Schütz. 
Auch schrieb sie: Acht Briefe an eine Freundin über 
Klavierunterricht (Stuttgart und Tübingen 1852). 
Lit.: J. F. Schulte, J. K., Münster 1908; E. Thal- 
heimer, J. K. als Musikerm, Diss. Bonn 1922, Teil- 
druck im Jb. d. philosophischen Fakultät d. Univ. 
Bonn II, 1, 1923/24. 

Kjnkeldey, Otto, * 27. 11. 1878 zu New York; 
amerikanischer Musikforscher, wurde 1898 Schul- 
lehrer, zugleich Organist und Chordirigent in New 
York, studierte daneben 1898-1900 Literaturge- 
schichte und Philosophie, 1900-02 bei Mac Dowell 
Musik. 1903-05 war er Organist der Amerika- 
nischen Kirche in Berlin, wo er Orgelschüler von 
Egidi wurde, und Musikwissenschaft bei Kretzscb- 
mar, Friedlaender, J. Wolf und C. Stumpf stu- 
dierte. 1909 promovierte er mit einem Teil seiner 
an neuen Aufschlüssen reichen Schrift Orgel und 
Klavier in der Musik des 16. Jahrhunderts (gedruckt 
Leipzig 1910). Ende 1909 wurde er Bibliothekar, 
Lehrer für Orgelspiel und Musiktheorie am Kö- 
niglichen Institut für Kirchenmusik in Breslau und 
Orgelrevisor für Schlesien, habilitierte sich 1910 
an der Breslauer Universität und wurde schon 
Ende 1910 zum Professor ernannt, legte aber 1914 
sein Amt nieder und ging wieder nach Amerika. 
1915 wurde er Chef der Musikabteilung der New 
York Public Library, war 1923-27 Professor of 
Music an der Comdl University in Ithaca (New 
York), dann wieder an der Bibliothek tätig und 
erhielt 1930 an der Comdl University den ersten 
musikwissenschaftlichen Lehrstuhl der Vereinigten 
Staaten. Nach seiner Emeritierung 1946 hat er noch 
bis 1955 als Gastprofessor an verschiedenen Uni- 
versitäten gdesen. K. gehörte 1934 zu den Grün- 
dern der American Musicological Society, deren 
Präsident er 1934-36 und 1940-42 war. Weitere 
Schriften: Luzzasco LuzzaschCs Solo-Madrigale 
(SIMG IX, 1907/08), AJewish Dancing Master ofthe 
Renaissance ( Gugliehno Ebreo ) (in: A. S. Freidus Me- 
morial Volume, New York 1929), Music and Music 
Printing in Incunabula (Paper s of the Bibliographical 
Society of America XXVl, 1932), The Artist and 
the Scholar (PAMS 1940, gedruckt Richmond 
1946). In den DDT gab er Erlebachs »Harmonische 
Freude« heraus (Band XLVI/XLVE). 

Lit: E. J. Dent und G. S. Dickinson in MQ XXIV, 
1938; C. Spraoub Smith in: Notes of the Music Li- 
brary Ass., Ser. II, Bd 6, 1948. 


Kinsky, Georg, * 29. 9. 1882 zu Marienwerder 
(Westpreußen), + 7. 4. 1951 zu Berlin; deutscher 
Musikforscher, lebte ab 1898 in Berlin, wo er 
autodidaktisch Musik studierte. Auf Empfehlung 
Kopf ermann s, unter dem er kurze Zeit an der 
Königlichen Bibliothek gearbeitet hatte, wurde er 
1909 von W. Heyer in Köln mit der Katalogisie- 
rung von dessen Musikhistorischem Museum be- 
traut und war dessen Konservator bis zur Auflö- 
sung der Sammlung 1927. Der von K. verfaßte 
Katalog der Sammlung enthält reiches und wert- 
volles Material zur Instxumentenkunde und Hand- 
schriftenkenntnis, die neben der Musikbibliogra- 

§ hie seine Arbeitsgebiete blieben. Es erschienen 
ie Bände: I, Besaitete Tasteninstrumente (Leipzig 
1910), E, Zupf- und Streichinstrumente (1912), IV, 
Musik-Autographen (1916); ferner ein Kleiner Kata- 
log (Leipzig 1913). 1921 erhielt er einen Lehrauftrag 
für Musikwissenschaft an der Universität Köln 
und promovierte 1925 mit einer Arbeit über Dop- 
pelrohrblatt-Instrumente mit Windkapsel (gedruckt in 
AfMw VE, 1925). 1932 gab er die Lehrtätigkeit 
auf, tun sich ganz der Forschung widmen zu kön- 
nen, mußte aber 1944 seinen Besitz veräußern und 
wurde von den Nationalsozialisten als Fabrikar- 
beiter eingesetzt. Ab 1945 lebte er in Berlin, zu- 
letzt hauptsächlich mit der Fertigstellung des gro- 
ßen thematisch-bibliographischen Verzeichnisses 
Das Werk Beethovens beschäftigt, das zu beenden 
ihm nicht mehr vergönnt war; es erschien erst 
1955 (herausgegeben von Hans Halm; München- 
Duisburg o. J.). Weitere Arbeiten: Musikinstrument 
tensammmngm in Vergangenheit und Gegenwart (JbP 
XXVII, 1920), Kurze Oktaven auf besaiteten Tasterv- 
instrumenten (ZfMw II, 1919/20), Beiträge zur Tielke- 
Forschung (ZfMw IV, 1921/22), Hans Haiden 
(ZfMw VI, 1923/24), Glucks Reisen nach Paris 
(ZfMw VHI, 1925/26), Schriftstücke aus dem Pah - 
strina-Kreis (Fs. Peter Wagner, Leipzig 1926), 
Glucks Briefe an Franz Kruthoffer (Wien 1927), 
Geschichte der Musik in Bildern (mit R. Haas und 
H. Schnoor, Leipzig 1929; englische Ausgabe von 
E. Blom, London und New York 1930; franzö- 
sische von H. Pruni&res, Paris 1930; italienische 
von G. Cesari, Mailand 1930), Schuberthandschriften 
in deutschem Privatbesitz (Bericht über den Inter- 
nationalen Kongreß für Schubertforschung Wien 
1928, Augsburg 1929), Franz Schubert und andere 
Meister der Romantik in Erst - und Frühausgaben 
(Katalog XXXVII der Lengfddschen Buchhand- 
lung, Köln 1930), Aus Forkels Briefen an Hoff- 
meister & KÜhnel (JbP XXXIX, 1932), Zeitgenös- 
sische Goethe-Vertonungen (Phüobiblon V, 1932), 
Beethovens Brief an Baron de Trimont (Mdlanges de 
musicologie offerts ä M. LioneL de La Laurentie, 
Paris 1933), Die Handschriften von Beethovens Eg- 
mont-Musik (Wien 1933), Musikbibliotheken (Philo- 
biblon VI, 1933), Die Urschriften Bachs und Handels 
(ebenda Vm, 1935), Die Erstausgaben und Hand- 
schriften der Sinfonien Beethovens (ebenda X, 1937), 
Pedalklavier oder Orgel bei Bach? (AMI Vm, 1936), 
Die Originalausgaben der Werke Johann Sebastian 
Bachs (Wien 1937), Alessandro Picdnini und sein 
Arciliuto (AMI X, 1938), Mozart-Instrumente (AMI 
XU, 1940), Eine frühe Partitur-Ausgabe von Sym- 
phonien Haydns , Mozarts und Beethovens (AMI XIII, 
1941), Eine Erläuterung Carl Loewes zu Beethovens 
Neunter Sinfonie (SMZ LXXXV, 1945), Manu- 


923 



Kint 


skripte, Briefe, Dokumente von Scarlatti bis Stravinsky , 
Katalog der Musikautographen-Samm lutig Louis Koch 
(herausgegeben von M.-A. Souchay, Stuttgart 
1953); kleinere Beiträge und Besprechungen in: 
ZfMw, Philobiblon, Bach-Jahrbuch, Neues Beet- 
hoven-Jahrbuch, SMZ, Rheinische Musik- und 
Theaterzeitung, Z£Ib. K. gab heraus: J. S. Bach, 
Präludium und Fuge H moll (BWV 544), Facs. (Mu- 
sikalische Seltenheiten, Wiener liebhaberdrucke 
VI, Wien 1923) ; L. van Beethoven , Sechs Menuette 
für 2 Violinen und Baß (WoO 9; Mainz 1933); N. 
Paganini , Ausgewählte Kompositionen (mit F. Roth- 
schild, Wien 1922); W. Matiegka, Notturno für Fl., 
Va und Gitarre (als Quartett bearbeitet von F. 
Schubert, irrtümlich als dessen Originalwerk 
herausgegeben, München 1926, 21931). 

Lit.: E. H. Mueller v. Asow, G. K., Mf IV, 1951, 
mit Schriftenverz. (lückenhaft). 

Kint, Cor, * 9. 1. 1890 zu Enkhuizen, f 8. 7. 1944 
zu Hilversum; niederländischer Komponist, war 
1909-15 Bratschist im Orchester des Concertge- 
bouw zu Amsterdam, 1911-22 im Holländischen 
Streichquartett, wurde 1919 Lehrer für Violine an 
der Musikschule der Maatschappij tot Bevordering 
van Toonkunst und am Konservatorium. Werke: 
Suite für Streichorch. op. 3, Konzertstück für Va 
und Orch. op. 5, Suite für Va d’amore op. 6, Pri- 
lude pastoraf für Harmonium op. 33, Singspiel 
Moeder’s Wiegelied , Orgel-, Klavier- und Violin- 
stücke, Lieder. 

Kiimis, Alexander, * 1. 2. 1891 zu Schitomir 
(Ukraine); amerikanischer Sänger (Baß) von rus- 
sischer Geburt, studierte Musik in Warschau und 
Berlin, sang dann in Hamburg, Wiesbaden, Berlin 
(Staatsoper bis 1935), danach an der Wiener 
Staatsoper, bis er nach den USA übersiedelte, wo 
er, wie in Südamerika und Australien, seit 1923 
auf Gastspielreisen auf getreten war. Er gehörte 1939 
bis 1946 dem Metropolitan Opera House in New 
York an und ist jetzt Lehrer am New York Col- 
lege of Music. Mit großem Erfolg sang er auch bei 
den Festspielen von Bayreuth (1924-33), Salzburg 
und München. K. war als Wagner-Sänger ebenso 
geschätzt wie als Interpret des romantischen Liedes. 

Kirby (k'oe:bi), Percival Robson, * 17. 4. 1887 
zu Aberdeen (Schottland); südafrikanischer Mu- 
sikforscher, studierte an der University of Aber- 
deen (M. A. 1910), dann bis 1913 Komposition am 
Royal College of Music in London. Seit 1914 in 
Südafrika, wirkte er dort zunächst am Natal Edu- 
cation Department, wurde 1921 Musiklehrer am 
University College in Johannesburg (1923 zur 
University of the Witwaters Rand umgewandelt), 
1935 zum Präsidenten der Anthropologischen und 
Ethnologischen Abteilung der South AMcan Asso- 
ciation for the Advancement of Science gewählt. 
1952 wurde K. als Leiter der Musikabteilung an 
der Universität emeritiert. Von seinen zahlr eichen 
Publikationen seien genannt: Weber* s Operas in 
London, 1824-1826 (MQ XXXII, 1946), Washing- 
ton Irving , Barham Livius and Weber (ML XXXI, 
1950), Rossini's Overture to > William Teilt (ML 
XXXm, 1952), Captain Gordon, the Flute Maker 
(ML XXXVm, 1957) ; besonders aber seine Publi- 
kationen zur musikalischen Ethnologie: The Mu- 
sical Instruments of the Native Races of South Africa 


(London 1934, 2 1953); in den »Bantu Studies«: 
Some Old Time Chants of the Mpumuza Chiefs (II, 
1923), The Gora and its Bantu Sucessors (V, 1931), 
The Recogtiition and Practical Use of the Harmonics 
ofStreched Strings by the Bantu of South Africa (VI, 
1932), The Music and Musical Instruments of the Ko- 
rona (VI, 1932), A Study of Bushman Music (X, 
1936); im »South African Journal of Science«: 
Some Problems of Prunitive Harmony and Polyphony , 
with Special Reference to Bantu Practice (XXIII, 
1926), The Principle of Stratification as Applied to 
South African Native Music (XXXII, 1935;, A Se- 
cret Music Instrument, the Ekola of the Ovakuanyana 
of Ovamboland (XXXVIII, 1942); weiter: A Study 
ofNegro Harmony (MQ XVI, 1930), The Reed-flute 
Ensembles of South Africa (Journal of the Royal 
Anthropological Institute LXQI, 1933), African 
Music (in: Handbook on Race Relations in South 
Africa, London 1949). Kompositionen: Bühnen- 
musiken, Orchesterwerke, kleinere Instrumental- 
stücke und Lieder. 

Kircher, Athanasius, SJ, * 2. 5. 1602 zu Geisa 
(Thüringen), 1 28. 11. (oder 30. 10.) 1680 zu Rom; 
deutscher Gelehrter, Professor der Naturwissen- 
schaften an der Universität Würzburg, flüchtete 
1633 vor den Schrecken des Dreißigjährigen Krie- 
ges nach Avignon und hielt sich von 1637 an dau- 
ernd in Rom auf. Von seinen zahlreichen Werken 
ist hier das wichtigste : Musurgia universalis (2 Bände, 
Rom 1650, 2 1690 ; deutscher Auszug von A. Hirsch, 
Schwäbisch Hall 1662); es interessiert als Quelle 
zum Musikbegriff der Barockzeit, besonders zur 
Stil- und Affektenlehre. In der Anlage und beson- 
ders im Instrumentenabschnitt ist K. der »Har- 
monie universelle« Mersennes verpflichtet, zu 
seiner Stillehre ließ er sich Beispiele von Abbatini 
und Heredia (Stylus ecdesiasticus et motecticus), 
P. Fr. Valentini und Fr. Picerlo (Stylus canonicus), 
Klapsberger (Stylus hyporche-maticus et organi- 
cus) und Carissimi (Stylus redtativus) schreiben. 
Ferner ist zu nennen: Phonurgia nova (1673, deutsch 
als »Neue Hall- und Thonkunst« von A. Cario, 
Nördlingen 1684). Die Echtheit des von K. in der 
Musurgia abgedruckten Melodiefragments einer 
-> Pinaar-Ode ist umstritten. 

Lit: E. Katz, Die musikalischen Stübegriffe . . ., 
Diss. Freiburg i. Br. 1926; O. Kaul, A. K., in: Fs. 
zum 375jährigen Bestehen d. Univ. Würzburg, Würz- 
burg 1931; R. Dammann, Die Struktur d. Musikbe- 
griffs im deutschen Barock, HabiL-Schrift Freiburg 
i. Br. 1958, maschr. 

Kirchl, Adolf, * 16. 6. 1858 und t 21. 10. 1936 
zu Wien; österreichischer Chordirigent, war 1877 
bis 1904 Volksschullehrer, Schüler von Mandy- 
czewski, Leiter mehrerer Mannerchöre und ab 
1891 des Wiener Schubertbundes, 1901-05 auch 
Kapellmeister der populären Konzerte des 'Wiener 
Konzertvereins, lebte 1915-23 in Zwettl (Nieder- 
österreich), kehrte dann aber als Chormeister des 
Sängerbundes nach Wien zurück. K. schrieb 
Männerchöre, Lieder und Klavierstücke. 

Kirchner, Hermann, * 23. 1. 1861 zu Wölfis 
(Thüringen), f 29. 12. 1928 zu Breslau; deutscher 
Kapellmeister, war zuerst Lehrer an der Realschule 
in Ohrdruf, besuchte aber noch 1886-89 die Kö- 
nigliche Hochschule für Musik in Berlin, lebte dort 
bis 1893 als Konzertsänger (Tenor) und in der 


924 



Kimberger 


Folge als Musikdirektor in Mediasch und Hermann- 
stadt (Siebenbürgen). 1906 wurde er als Professor 
für Komposition und Orchesterdirektion am 
Staatskonservatorium in Bukarest angestellt, auch 
Dirigent der deutschen Liedertafel und Musikdirek- 
tor der deutschen Gemeinde; 1910 kehrte er nach 
Deutschland zurück und wirkte als Musikdirektor, 
Studienrat und Fachberater für Oberschlesien am 
Gymnasium in Ratibor; zugleich dirigierte er bis 
1914 die Konzerte des Konservatoriums und Phil- 
harmonischen Chors in Beuthen. Ab 1927 war er 
in Breslau als Lehrer für Gesang am akademischen 
Kirchenmusikinstitut tätig; schrieb Klavierstücke, 
Lieder und Chorlieder, Oratorien, Orchester- 
werke, Opern sowie eine Operette. 

Kirchner, Fürchtegott Theodor, * 10. 12. 1823 
zu Neukirchen bei Chemnitz, f 18. 9. 1903 zu 
Hamburg; deutscher Komponist, kam 1838 nach 
Leipzig, wo er auf Rat Mendelssohns Unterricht 
bei C. F. Becker in Orgel und Theorie sowie bei 
I. Knorr im Klavierspid nahm. 1842/43 studierte 
er Orgd bd Joh. Schudder in Dresden; 1843 trat 
er als (der erste!) Schüler ins Leipziger Konserva- 
torium ein, wurde jedoch im gleichen Jahr, auf 
Empfehlung Mendelssohns, Organist in Winter- 
thur, war 1862-72 als Vereinsdirigent und Musik- 
lehrer in Zürich, dann nach einjährigem Aufenthalt 
in Meiningen als Musiklehrer der Prinzessin Maria 
(1872-73) bis 1875 Direktor der Königlichen Mu- 
sikschule in Würzburg, lebte dann in Leipzig, zog 
1883 nach Dresden, wo er Lehrer am Königlichen 
Konservatorium wurde, und 1890 ohne Anstel- 
lung nach Hamburg. Auf dem Gebiet des lyrischen 
Klavierstücks hat K. die Tradition Schumanns und 
Mendelssohns in ganz dgener Weise formal und 
klanglich fortgebüdet. Neben den Klavierstücken 
haben besonders einige Lieder K.s Namen bekannt 
gemacht. Kompositionen: Klavierstücke op. 2, 5 
(Gruß an meine Freunde ), 7, 8, 9 (Präludien), 11 
(Skizzen), 12, 13 (Lieder ohne Worte), 14 (Pnanta- 
siestücke), 16 (Kleine Lust - und Trauerspiele), 17 
(Neue Davidsbündlertänze), 18 (Legenden), 19, 21, 
23 (Walzer), 24, 25 (Nachtbilder), 26, 27, 28 (Nok- 
tumen), 29 (Aus meinem Skizzenbuch), 30, 31 (Im 
Zwielicht), 32 (Aus trüben Tagen), 33, 34 (Walzer), 
35, 36 (Phantasien), 37 (Elegien), 38 (Etüden), 39, 41, 
42 (Mazurken), 43 (Polonaisen), 44, 45, 46 ( Kinder - 
und Künstlertänze), 47, 48, 49, 51 (An Stephen Hel- 
ler), 52, 53 (Fbrestan und Eusebius), 54, 55 (Neue 
Kinderszenen), 56, 57 (zu 4 Händen), 60, 6l, 62, 
64, 65 (60 Praeludien), 70 (5 sehr originelle Sona- 
tinen; NA von H. Vetter, Lpz. 1905), 71 (100 
kleine Studien), 72, 73, 74, 75, 76 (Walzer), 77 
(Tänze), 78 (Les moix de Varnie), 80, 82 ( Gedenk- 
blätter, zur Einweihung des Neuen Leipziger Kon- 
servatoriums), 85 (Variationen für 2 Kl.), 87, 88, 
94 (zu 4 Händen), 96, 101 (Erinnerungsblätter), 104 
(Walzer), 105 (Etüden), 106 (Etüden); Orgelstücke 
op. 89; Kammermusik; Lieder; Chöre. Ferner be- 
arbeitete KL Lieder von Brahms und Jensen für KL 
allein. 

Lit: Briefe, hrsg. v. P. O. Schneider, Zürich 1949. - 
A. Niggu, Th. KL, Zürich (1880); R. Hunzker, Th. 
K. in Winterthur, SMZ LXXV, 1935. 

Kiriac (kujak), Demetri G., * 18. 3. 1866 und 
1 8. 1. 1928 zu Bukarest; rumänischer Komponist, 
studierte in Bukarest und am Pariser Conservatoire 


bei Pessard und Dubois sowie an der Schola Can- 
torum bei d’Indy; ab 1900 Lehrer am Bukarester 
Konservatorium, war ein bedeutender Folklorist 
und suchte die Grundlage zu einer Renaissance der 
orientalischen Kirchenmusik zu legen. Werke: 
viele religiöse Chöre (5 Bände), harmonisierte 
Volkslieder, unzählige Kinderlieder, Krönungs- 
hymne für die rumänischen Festlichkeiten in Alba- 
Julia (1922). 

Kirkman (k'oe: kmaen), Jak ob (eigentlich Kirch- 
mann), * 1710 zu Bischweiler, f 1792 zu Green- 
wich; Gründer der Londoner Pianofortefabrik K. 
and Sons, ein geborener Deutscher, kam kurz nach 
1730 nach London und trat als Arbeiter in die 
Werkstatt von Tabel ein, wo auch Shudi (Tschudi), 
der Gründer der Broadwoodschen Fabrik, als Ar- 
beiter beschäftigt war; K. heiratete Tabels Witwe 
und starb als reicher Mann. Seine Flügel (Harpsi- 
chords) hatten einen guten Ruf. Geschäftserbe 
wurde, da EL keine Kinder hatte, sein Neffe Ab r a- 
ham K. (* 1737 zu Bischweiler, f im April 1794 
zu London). Eine scharfsinnige Lösung des Pro- 
blems der Verlängerung des Klaviertons ist das von 
KL mit Glück angewandte (von Caldera erfundene) 
»Melopiano«, der schnell wiederholte Anschlag 
durch kleine Hämmerchen. Die Firma verschmolz 
1896 mit der Firma Collard und wurde später 
von Chappell & Co. übernommen. 

Lit : D. H. Boalch, Artikel KL, in: Grove, mit Verz. d. 
erhaltenen Cembali; ergänzend: Fr. J. Hirt, Meister- 
werke d. Klavierbaus, Olten 1955. 

Kirkman (k'ce:kmaen), Johann, f 1799; eng- 
lischer Komponist, Holländer von Geburt, 1782 
Organist der lutherischen Kirche in London, 
schrieb Trios, Violin- und Klaviersonaten, Orgel- 
stücke und Vokalkompositionen. 

Kirkpatrick (kce:kp / aetrik), Ralph, * 10. 6. 
1911 zu Leominster (Massachusetts/USA); ameri- 
kanischer Cembalist, lebt in Old Quarry/Guilford 
(Connecticut). Er studierte Cembalo, Clavichord, 
Musikgeschichte und Theorie an der Harvard- 
Universität, als deren Stipendiat er 1931-33 seine 
Studien in Paris (W. Landowska, N. Boulanger), 
England (Au Dolmetsch) und Deutschland (Ramin, 
Tiessen) fortsetzte. Seither konzertiert er in den 
USA, seit 1947 auch in Europa. 1940 als Gastdo- 
zent an die Yale Universität berufen, wurde er 
1956 zum Associate Professor ernannt, nachdem 
er 1953 ein grundlegendes historisch-stilkritisches 
Werk über Domenico Scarlatti (Princeton) vorge- 
legt hatte, von dem er 60 Sonaten im Urtext kom- 
positions- und spidtechnisch kommentiert im glei- 
chen Jahr herausgab (New York). Auch zahlreiche 
Schallplattenaufnahmen erweisen ihn als einen der 
heute namhaftesten Interpreten vorklassischer und 
zeitgenössischer Cembalomusik. 

KJmberger, Johann Philipp, * 24.4. 1721 zu 
Saalfdd (Thüringen), + 27.4.1783 zu Berlin; 
deutscher Musiktheoretiker, einer der angesehen- 
sten Theoretiker des 18. Jh., dessen Verdienste aber 
sehr überschätzt worden sind. K. war Schüler von 
J. P. Kellner in Gräfenroda, 1738/39 von H. N. 
Gerber in Sondershausen sowie 1739-41 von T. S. 
Bach in Leipzig, bekleidete 1741-50 verschiedene 
Hausmusiklehrer- und Musikdirektorstellen bei 
polnischen Edlen und zuletzt am Nonnenkloster 


925 



Kist 


in Lemberg, kehrte 1751 nach Deutschland zurück, 
nahm noch in Dresden das Studium des Violin- 
spieis auf, trat als Violinist in die Königliche Ka- 
pelle zu Berlin ein, wurde 1754 Kompositions- 
lehrer und Kapellmeister der Prinzessin Amalia, in 
welcher Stellung er reichlich Muße zu umfäng- 
lichen Arbeiten fand. Die Kompositionen K.s sind 
heute vergessen, auch die Zeitgenossen wußten 
ihnen nur Gelehrsamkeit und Künstlichkeit nach- 
zurühmen. Er schrieb Übungen, Sonaten, Fugen, 
ein Allegro (1759) und kleinere Stücke mit Kom- 
mentar für KL und für Org., Triosonaten, Or- 
chester-Menuette, Sinfonien, Orchestersuiten, Mo- 
tetten, Choralsätze, Kantate Ino und Lieder. Der 
Theoretiker K. hat das zweifelhafte Verdienst, 
Rameaus große Fortschritte in der Erkenntnis des 
Wesens der Harmonie verkannt und die Lehre 
wieder in das Geleise des nüchternsten Schematis- 
mus zurückgeführt zu haben (er hat es sogar fertig- 
gebracht, den verminderten Dreiklang zur Konso- 
nanz zu stempeln). Bedauerlicherweise verhinderte 
das Ansehen K.s, daß positive Leistungen, wie die 
von H. Chr. Koch, genügend Beachtung fanden. 
Das bekannteste und am längsten geschätzte Werk 
K.s ist das auf der Basis des Fuxschen Gradus ad 
Pamassum auf gebaute: Die Kunst des reinen Satzes 
(2 Bände, Berlin 1771-79). Seine erste Schrift war: 
Construktion der gleichschwebenden Temperatur (Ber- 
lin 1760). Ferner erschien unter seinem Namen 
. A. P. Schulz’ Die wahren Grundsätze zum Ge- 
rauch der Harmonie (Berlin und Königsberg 1773). 
Weiter schrieb K.: Grundsätze des General Basses 
als erste Linien zur Composition (Berlin 1781 ; die 
Widmung dieses Werkes wies Friedrich EL unter 
dem 25. 2. 1781 ungnädig zurück); Gedanken über 
die verschiedenen Lehrarten in der Komposition als 
Vorbereitung zur Fugenkenntnis (Berlin 1782) ; An- 
leitung zur Singecomposition (Berlin 1782); mehr 
ein musikalischer Scherz ist: Der allezeit fertige 
Polonoisen- und Menuettenkomponist (Berlin 1757, 
ein Vorläufer der bekannten musikalischen Wür- 
felspiele) ; dagegen ist die Methode , Sonaten aus*m 
Ermel zu schüdaeln (Berlin 1783), wobei zum Baß 
eines guten Meisters eine neue Melodie erfunden 
wird, ernst gemeint. EL war Mitarbeiter von 
Sulzers »Theorie der schönen Künste« (aber J. A. 
P. -> Schulz). Über K.s i Artikel -> »i«. 

Ausg.: 6 Fugen f. Clavecin oder Org. (1777) u. andere 
Stücke, hrsg. v. A. Farrenc in: Le Tresor des pia- 
nistes XIV; Stücke in: Taguahetra Ant. II u. XIII; 
Polonaise D dur f. KL, Schering Beisp. 304b. 

Lit.: M.Setfebrt, KL Stammbuch, VfMw V, 1889; 
A. Schering, J. Ph. K. als Herausgeber Bachscher 
Choräle, in: Bach-Jb. 1918; Riemann MTh; S. Bor- 
ris, K.s Leben u. Werk, Kassel 1933; R. Snrrz, Die 
Orgelkompositio; n d. Schülerkreises um J. S. Bach, 
Bach-Jb. XXXII, 1935; G. Frotscher, Gesch. d. 
Orgelspiels u. d. Orgelkomposition H, Bin 1936, 

S. 1066 f. 

Kist, Florens Cornelius, * 28. 1. 1796 zu Arn- 
hem, *j* 23. 3. 1863 zu Utrecht; holländischer Arzt 
im Haag (bis 1825), zugleich ein wohlgeschulter 
Musiker, einer der Mitgründer (1821) der Dili- 
gentia-Konzerte im Haag, gründete weitere Ver- 
eine in Delft, Utrecht und im Haag. Er redigierte 
1841-44 die »Nederlandsch muzikaal Tijdschrift« 
und rief dann die Musikzeitung »Cacilia« ins 
Leben. Außer Aufsätzen in seinen beiden Musik- 
zeitungen sowie in den deutschen »Signale«, »Teu- 


tonia« und Gaßners »Zeitschrift für Dilettanten« 
schrieb er: De toestand van het protestantsche kerk- 
gesang in Nederland (Utrecht 1840), Levensgeschie- 
denis van Orlando de Lassus (Den Haag 1841) und 
übersetzte Brendels »Grundzüge der Geschichte 
der Musik« ins Holländische (Utrecht 1851). Seine 
gedruckten Kompositionen sind ein- und mehr- 
stimmige Gesangsstücke und ein Heft Flötenvaria- 
tionen; größere Kantaten blieben Manuskript. 

Kisting, Henriette -*> Arnold, JCarl. 

Kistler, Cyrill, * 12. 3. 1848 zu Groß-Aitingen 
bei Augsburg, f 1- 1« 1907 zu Kissingen; deutscher 
Komponist, war 1867-76 Schullehrer, erhielt dann 
seine musikalische Ausbildung in München (Rhein- 
berger), wurde 1883 Lehrer am Konservatorium 
in Sondershausen und lebte ab 1885 in Kissingen 
als Musiklehrer. Er schrieb die Opern Kunmild 
(Sondershausen 1884; sein bedeutendstes, stark von 
Wagner beeinflußtes Werk), Eulenspiegel (Würz- 
burg 1889), Arm-Elslein (Schwerin 1902), Röslein 
im Hag (Elberfeld 1903), Der Vogt auf Mühlstein 
(Düssddorf 1904) und Baldurs Tod (Düsseldorf 
1905), auch eine symphonische Dichtung Hexen- 
küche (Faust, 2. Tal). Eine nicht aufgeführte 3ak- 
tige Oper Die deutschen Kleinstädter erschien im 
Druck. K. verfaßte eine Reihe pädagogischer 
Schriften und gab in zwangloser Folge Hefte Auf- 
sätze über Musikalische Tagefragen (Kritische No- 
tizen, Personalnachrichten usw.; Heft 1: Eichstätt 
1880; Hefte 2-6: Augsburg 1881-84) heraus. Sepa- 
rat erschienen noch Das Passionsspiel zu Oberammer- 
gau (München 21880), Jenseits des Musikdramas 
(1888), Dr. Franz Witt, ein großer deutscher Meister 
(Bad Kissingen 21889) und Über Originalität in der 
Tonkunst (Bad Kissingen 1894, 21907); er hat auch 
Wagner-Einrichtungen herausgegeben. 

Lit. : A. Eccarius-Sieber, C. KL, Monographien mo- 
derner Musiker I, Lpz. 1906; H. Ritter, C. K., in: 
Lebensläufe aus Franken II, -» Veröff. d. Ges. f. 
Fränkische Gesch., Rehe 7, Würzburg 1922, S. 228 ff. 

Kistner, Friedrich, * 3. 3. 1797 und f 21. 12. 
1844 zu Leipzig; deutscher Musikverleger, über- 
nahm 1831 die von Heinrich Albert Probst 
am 1. 5. 1823 gegründete M iirikfllicnhari Hl inig nnd 
firmierte ab 1836 unter seinem Namen; der Musik- 
verlag entwickelte sich schnell unter ihm und sei- 
nem Bruder Julius (* 1805 und f 15. 5. 1868 zu 
Leipzig), besonders aber unter C. F. L. Gurck- 
haus (* 17. 4. 1821, + 22. 5. 1884 zu Leipzig), der 
ihn 1866 für eigene Rechnung übernahm. Dessen 
Sohn und Nachfolger Ludwig (* 28. 1. 1862, 
t 21. 7. 1918 zu Leipzig) vergrößerte den Verlag 
um mehr als die doppelte Anzahl von Werken, 
nach seinem Tode leitete der langjährige Proku- 
rist Franz Schäffer die Firma im Auftrag der 
Witwe weiter; im April 1919 kauften die Brüder 
Carl und Richard Linnemann die Firma, die 
sie zuerst getrennt von der ihnen gehörigen Firma 
C. F. W. Siegel führten, am 1. 7. 1923 aber mit 
der Firma Siegel verschmolzen (Fr. Kistner & 
C. F. W. Siegel). Die Leipziger Firma wird seit 
dem Tode R. Linnemanns von dessen Sohn Fried- 
rich geleitet. Die 1948 neugegründete Firma 
Kistner & Siegel & Co. hat ihren Sitz in Lippstadt 
(Westfalen) und ist Eigentum von Rudolf Lott, 
dem Sohn des langjährigen Verlagsdirektors 
Walter Lott. Da^Verlag gab die Veröffent- 


926 


Kitzler 


Höhungen des Fürstlichen Instituts für musik- 
wissenschaftliche Forschung in Bückeburg heraus, 
sowie seit 1924 die von M. Seiffert (jetzt H. Alb- 
recht) geleitete Reihe »Organum« mit praktischen 
Neuausgaben älterer Musik. 

Lit: R. Linnemann, F. K., 1823-1923 . . Lpz. 1923. 

Kistner & Siege! und Kistner & Siegel & Co. 
-*» Kistner, Friedrich. 

Kitchiner (k'itfinaj), William, * 1775 und f 27. 
2. 1827 zu London; englischer Arzt und berühmter 
Gourmand, auch technisch gebildeter Musikfreund, 
schrieb Observations on Vocal Music (London 1821) 
und redigierte die Sammelwerke: The Loyal and 
National Songs of England (London 1823), The Sea 
Songs of England (1823) und A Collection of the 
Vocal Music in Shakspere's Plays . Auch komponierte 
er eine Oper Ivanhoe , liebes- und Trinklieder. 

Kitson (kitsn), Charles Herbert, * 13. 11. 
1874 zu Leybum (Y orkshire), f 13. 5. 1944 zu Lon- 
don; englischer Musiktheoretiker, Orgelschüler 
an Selwyn College in Cambridge, 1902 Mus. Doc. 
in Oxford, war Organist an Christ Church Cathc- 
dral in Dublin, Professor of Music am University 
College Dublin (irländische National-Uni versität) , 
1920-35 Professor of music an der Universität Dub- 
lin, gleichzeitig Professor für Harmonielehre am 
Royal College of Music in London. Bücher: The 
Art of Counterpoint (Oxford 1907), Studies in Fugue 
(Oxford 1909), The Evolution of Harmony (New 
York 1914), Applied Strict Counterpoint (New York 
1916), Elementary Harmony (Oxford 1920), Rudi- 
ments of Music (London und New York 1927), 
Invertible Counterpoint and Canon (London und New 
York 1928), The Elements of Fugal Construction 
(London 1929), Six Lectures on Accompanied Vocal 
Writing (London 1930), Contrapuntal Harmony for 
Beginners (London 1931), The Elements of Musical 
Composition (London 1936). 

Kittel, Bruno, * 26. 5. 1870 zu Forsthaus Enten- 
bruch (Posen), f 10. 3. 1948 zu Wasserberg (Rhein- 
land); deutscher Chordirigent, war nach seinem 
Musikstudium in Berlin 1896-1901 Violinist der 
Königlichen Hofkapelle, 1901-07 Dirigent am 
Königlichen Theater, 1901-14 Direktor des Bran- 
denburgischen Konservatoriums, 1936-45 Direk- 
tor des (ehemals) Stemschen Konservatoriums in 
Berlin. 1902 gründete er den vortrefflichen Bruno 
Kittelschen Chor. 

Kittel, Johann Christian, getauft 18. 2. 1732 
und f 17. 4. 1809 zu Erfurt; deutscher Organist, 
174S-50 Schüler J. S. Bachs, war ab 1751 Organist 
und Schullehrer in Langensalza, von 1756 bis zu 
seinem Tode in Erfurt zuerst an der Barfüßer- 
kirche, ab 1762 ab Nachfolger Adlungs an der 
Predigerkirche mit sehr kargem Gehalt, wurde 
jedoch vor wiridichem Mangel geschützt durch 
einen Zuschuß des Fürst-Primas von Dalberg so- 
wie durch die Erträgnisse einiger Konzertreisen, 
so 1800 nach Hamburg, wo er ein Jahr blieb. K. 
genoß einen ausgezeichneten Ruf ab Orgelspieler, 
Komponist, Theoretiker und Lehrer; seine be- 
rühmtesten Schüler sind M. G. Fischer, Häßler und 
Rinck. Nur wenige Werke von K. erschienen im 
Druck: VI Veränderungen über das Teutsche Geist - 
liehe Volkslied: Nicht so traurig für Kl. (St. Peters- 


burg 1797), Der Angehende praktische Organist 
(3 Teüe, Erfurt 1801-08, I 21808, I-IH 31831), 
4stimmige Choräle mit Vorspielen (Altona 1803, = 
Neues Choralbuch für Schleswig-Hobtein, basie- 
rend auf einem handschriftlichen Choralbuch K.s 
von 1790), 24 Choräle mit acht verschiedenen Bässen 
(herausgegeben von J. Chr. H. Rinck, Offenbach 
1811), Variationen über 2 Choräle (Leipzig ohne Jahr), 
16 Große Präludien für die Orgel (2 Hefte, Leipzig 
ohne Jahr), ferner: G. P. Weimar , Vollständiges . . . 

Choral-Melodienbuch mit J. Chr.ICs harmonischer 

Begleitung (Erfurt 1811). 

Lit.: A. Dreetz, J. Chr. K., Lpz. 1932; ders., Aus 
E rfurts Mg., Lpz. 1932; R. Seetz, Die Orgelkompo- 
sitionen d. Schüler-Kreises um J. S. Bach, Bach-Jb. 
XXXII, 1935; G. Frotscher, Gesch. d. Orgelspiels 
II, Bin (1936); M. Schneider, Die Orgebpieltechnik 
d. frühen 19. Jh., Kölner Beitr. zur Musikforschung 
VI, Regensburg 1941. 

Kittel, - 1) Kaspar, * 1603 zu Lauenstein, f 9. 10. 
1639 zu Dresden; deutscher Komponist, trat um 
1620 in die Dresdner Kapelle ein, wo er Schüler 
H. Schütz* war und sich ab Theorbist ausbildete. 
Zur Vervolbtändigung seiner Studien wurde er 
1624-28 nach Italien geschickt. K. nahm in Dres- 
den eine geachtete Stellung ein, wurde 1632 In- 
strumenteninspektor. 1638 erschienen von ihm in 
Dresden l-4st. Arien und Cantaten , die zu den frühen 
Zeugnissen des Caccinischen. Stils in Deutschland 
gehören. - 2) Jonas, ist 1631-53 in der Dresdner 
Kapelle nachwebbar, wo er bei seinem Bruder 
Kaspar K. das Theorbenspiel erlernte und auch ab 
Violinist tätig war. - 3) Christoph, Sohn von 
Kaspar K.; deutscher Organist, bt 1642-63 an der 
Dresdner Kapelle nachwebbar. Er sammelte Kom- 
ositionen von H. Schütz und gab von diesem 
eraus: »ZwÖlfF gebtliche Gesänge . . . opus XIH« 
(1657). Auch sein Bruder, der Bassist und Violist - 
4) Christian K., f 18- 11. 1705 zu DresdLen, war 
in Dresden angestellt. - 5) Johann Heinrich, 
* 13. 10. 1652 und 1 17. 7. 1682 zu Dresden, Sohn 
von Christoph K. ; deutscher Organist, wurde 1666 
Hoforganist in Dresden. Zu seinen Schülern ge- 
hört Kuhnau. 

Lit : G. Ilgner, Einige klärende Nachrichten . . ., 
MuK X, 1938. 

Kittl, Johann Friedrich, * 8. 5. 1806 zu Schloß 
Vorlik (Böhmen), f 20. 7. 1868 zu Polnisch-Iissa; 
böhmischer Komponist, studierte Jurisprudenz, 
pflegte aber zugleich musikalische Studien, vor- 
zugsweise in Prag unter Tomaäek; ab 1840 wid- 
mete er sich ganz der Musik und wurde nach dem 
Tode Dionys Webers zum Direktor des Prager 
Konservatoriums gewählt. 1865 zog er sich nach 
Polnbch-Iissa zurück. K. hat sich ab Komponist 
einen geachteten Namen erworben durch mehrere 
in Prag auf geführte Opern: Die Franzosen vor 
Nizza (= Bianca und Giuseppe , Text von Richard 
Wagner, 1848), Die Waldblume (1852), Die Bilder- 
stürmer (1854), Kammermusik, Symphonien und 
Lieder. 

Lit: W. Neumann, J. Fr. K., Kassel 1859; E. 
Rychnovsky, J. Fr. K., 2 Bde, Prag 1904-05; J. 
B ranberger. Das Konservatorium f. Musik in Prag, 
Prag 1911. 

Kitzler, Otto, * 16. 3. 1834 zu Dresden, t 6. 9. 
1915 zu Graz; deutscher Kapellmeister und Cellist, 
war Schüler von J. Otto, J. G. Schneider dem 


927 



Kiurina 


jüngeren und Fr. A. Kummer und nach kurzer 
Anstellung als Musikdirektor in Eutin noch von 
A. Fr. Servais am Brüsseler Conservatoire, war 
Cellist in den Opemorchestem von Straßburg und 
Lyon, dann Opemkapeflmeister in Troyes, Linz 
(wo Bruckner 1861-63 sein Kompositionssdiüler 
war), Königsberg, Temesvar, Hermannstadt und 
Brünn, 1868-98 Direktor des Brünner Musikver- 
eins und der zugehörigen Munkschule. Er schrieb 
Lieder, Orchesterwerke und Klavierstücke; ferner 
Musikalische Erinnerungen (Brünn 1904; mit Briefen 
von Wagner, Bruckner und Brahms). 

Lit: A. Göllerich, Anton Bruckner, - ergänzt u. 
hrsg. v. M. Auer, III, 1, = Deutsche Musikbücherei 
XXXVIII, 1, Regensburg (1930). 

Kiurina, Berta (K.-Leuer), * 19. 2. 1888 zu Linz, 
f 3.5.1933 zu Wien; österreichische Sängerin, 
war Schülerin des Wiener Konservatoriums (erst 
von Fischhof im Klavierspiel, dann von G. Gei- 
ringer im Gesang), gefeierte Koloratursopranistin 
der Wiener Staatsoper (ab 1905) ; ihr Gatte Hubert 
Leuer war ab 1904 Mitglied des Instituts. 

Kiwi, Edith -► Gerson-Kiwi. 

KJerulf (tferulf), Charles, * 22. 3. 1858 zu Ko- 
penhagen, f 22. 8. 1919 zu HelsingÖr; dänischer 
Komponist und Musikschriftsteller, Kritiker von 
Politiken, schrieb die Operetten: Keiserens nye 
Klcsder (»Des Kaisers neue Kleider«), Madammemes 
Jens , Kreolerinden (»Die Kreolin«) ; Musik zu meh- 
reren Dramen. Literarische Arbeiten: Grön ungdom 
(Kopenhagen 1915) und Gift og hjemfaren (Kopen- 
hagen 1917, beide autobiographisch) ; N. V. Gode 
(Kopenhagen 1917). Selbstbiographie: Glad ung- 
dom, Mimen och anteckningar (Stockholm 1920). 

Kjerulf (tf'srulf), Halfdan, * 17. 9. 1815 zu Oslo, 
f 11- 8. 1868 zu Grefsen; norwegischer Kompo- 
nist, studierte Jura, daneben Musik bei C. Arnold 
(1847) und 1850/51 in Leipzig, war 1857-59 zu- 
sammen mit Conradi Dirigent von Abonnement- 
Konzerten in Oslo. Er ist der erste norwegische 
Musiker, der bewußt die Volksmelodie verwendet, 
und ist besonders durch seine Lieder und Chor- 
lieder in seinem Vaterlande populär, schrieb aber 
auch vortreffliche Klavierwerke, bekannt ist sein 
Wiegenlied L 

Lit: A. Grönvold, Norske musikere I, Oslo 1883; 
K. Nyblom, H. K., Stockholm 1926; D. Schjel- 
derup-Ebbe, Modality inH. K.’s Music, ML XXXVIII, 
1957. 

Klafsky, - 1) Katharina, * 19. 9. 1855 zu St 
Johann (Ungarn), + 22. 9. 1896 zu Hamburg; un- 
garische Opemsängerin (dramatischer Sopran), 
wurde Chorsängerin der Wiener Komischen Oper 
und 1875 Mitglied des Salzburger Stadttheaters. 
1876 wurde sie von A. Neumann für das Leipziger 
Stadttheater engagiert, nahm noch Gesangunter- 
richt bei Rebling, Sucher und P. Geisler und ging 
1883 nach Bremen; ab 1886 zählte sie zu den her- 
vorragendsten Mitgliedern der Hamburger Oper, 
hi dritter Ehe war sie mit O. Lohse verheiratet. 
Ihre Hauptrollen: Donna Anna, Fidelio, Norma, 
Elisabeth, Ortrud, Isolde, Brünnhilde. - 2) Anton 
Maria, * 8.7.1877 zu Winden (Burgenland); 
österreichischer Priester und Komponist, Neffe von 
Katharina K., schrieb Messen, Oratorien, 3 Sym- 


phonien, Kammermusik, Lieder und Klavierstücke. 
Auch gab er Messen von M. Haydn heraus (DTÖ 
XXH und XXXH, 1). 


Klais, Johannes, * 13. 12. 1852 zu Lüftelberg 
bei Bonn, f 11. 4. 1925 zu Bonn; deutscher Orgel- 
baumeister, etablierte sich nach Studienreisen in 
Süddeutschland und Frankreich 1882 in Bonn. 
Sein Sohn Johannes K., * 3. 8. 1890 zu Bonn, ist 
seit 1919 Leiter und seit 1925 Alleininhaber der 
Anstalt. Bis heute hat die Firma über 1000 Orgeln 
gebaut; deren bekannteste sind: St. Hedwig in 
Berlin (1933, 78 klingende St., 1943 zerstört), 
Benediktinerabtei Tongerloo (Belgien, 1933, 57 
St.), St. Antonius in Frankfurt am Main (1935, 
60 St., 1944 zerstört, Neubau 1949 mit 25 St.), 
Westdeutscher Rundfunk Köln (1950, 62 St.), 
Messehalle Köln (130 St.), Kristus-koning kerk 
Antwerpen (72 St.), Pfarrkirche Düddingen 
(Luxemburg, 60 St.), Basilika Echternach (48 St.), 
Iiebfrauenkirche in Zürich (40 St.), Dome von 
Limburg, Trier, Wetzlar; Benediktiner-Abtei San 
Anselmo in Rom; Dom in Frankfurt am Main 
(71 Register, 1958). 

Lit : Dom J. Kreps, Het orgel in Tongerloo, Tonger- 
loo 1933. 


Klami, Uuno, * 20. 9. 1900 zu Virolahti (Film- 
land) ; finnis cher Komponist, oblag seinen Musik- 
studien 1920-24 am Musikinstitut von Helsinki, 
ging 1924/25 nach Paris und 1928/29 nach Wien. 
Seit 1932 arbeitet er als Musikkritiker des Helsingin 
Sanomat in Helsinki und bezieht als Komponist 
seit 1938 ein Jahrgdd vom finnischen Staat. Er 
komponierte 2 Symphonien, eine Kindersym- 
phonie, Carelian Rhapsody, Kalevala-Suite, Ouver- 
türen, Orchestersuiten, oie symphonischen Dich- 
timgen Lemmihkäinen und Aurora borealis , 2 Kla- 
vierkonzerte, ein Violinkonzert, Variationen für 
Vc. und Kl., ein Klavierquartett, Psalm für Chor 
und Orch., Vipunen für Männerchor und Orch. 


Klanert, Karl, * 23. 11. 1873 zu Thale am Harz; 
deutscher Chordirigent, Schüler von Forchham- 
mer (Kontrapunkt), Schreck (Fuge), Reinecke 
(Klavier und Komposition) sowie Noe (Gesang) 
in Leipzig, wurde 1900 Dirigent des Stadt-Singe- 
chors und Kantor an St. Marien in Halle, 1911 
auch Gesanglehrer der Oberrealschule in den 
Franckeschen Stiftungen, 1926 auch an der Latina. 
Er hat mit seinem Chor in Schweden und Nor- 
wegen erfolgreiche Konzertfahrten unternommen. 
KL schrieb Kantaten, Chöre, geistliche Gesänge, 
Klavier- und Orchesterstücke. 


Klanert, Paul, * 5. 6. 1876 zu Thale am Harz, 
t 31. 10. 1936 zu Halle; lebte ab 1898 als Musik- 
lehrer, -Schriftsteller, Pianist und Dirigent des ge- 
mischten Chores der Provinzial-Blindcnanstalt in 
Halle, trieb seine musikalischen Studien 1899-1901 
bei Reubke in Halle und 1902-04 bei Wiehmeyer 
in Leipzig. Kl. schrieb Chöre, Lieder und Gesänge 
sowie ein Weihnachtsmärchen op. 10 für SoH, 
Frauenchor, KL und Deklamation. 

Klarwein, Franz, * 8. 3. 1914 zu Garmisch; 
deutscher Sänger (Tenor), studierte in Frankfurt 
am Main und Berlin und wirkte 1937-42 als ly- 
rischer Tenor an der Volksoper in Berlin. Seit 1942 
ist Kl. Mitglied der Münchener Staatsoper und 
trat bei Gastspielen auch im Ausland auf. 


928 



Kleber 


Matte, Wilhelm, * 13. 2. 1870 zu Bremen, f 12. 
9. 1930 zu Berlin; deutscher Musikschriftsteller, 
studierte in Leipzig Musik, ging später nach Wei- 
mar zu R. Strauss und war dort am Theater tätig, 
wirkte eine Zeitlang als Dirigent in verschiedenen 
Stellungen, war ab 1897 1. Musikreferent am Ber- 
liner Lokalanzeiger, ab 1904 daneben Theorie- 
lehrer am Stemschen Konservatorium, ab 1909 
auch Vorstandsmitglied des Allgemeinen Deut- 
sehen Musikvereins; 1925 erhielt er einen Lehrauf- 
trag für Theorie an der Staatlichen Akademie für 
Kirchen- und Schulmusik; 1930 D. theol. h. c. der 
Universität Königsberg. KL schrieb mit A. Seidl 
die erste Charakterskizze von R. Strauss (1895), 
ferner für dessen Sammlung Die Musik: Zur Ge- 
schichte der Programmusik (Band VH, Berlin 1905) 
und Franz Schubert (Band XXH/XXIÜ, Berlin 
1907); ferner eine Harmonielehre: Grundlagen des 
mehrstimmigen Satzes (Berlin 1922) sowie Aufgaben 
Jur den einfachen Kontrapunkt (Berlin 21915). 

Mauser, - 1) Karl, * 24. 8. 1823 zu St Peters- 
burg, t 9. 1. 1905 zu Farmington (Connecticut) ; 
amerikanischer Musikpädagoge von Schweizer 
Abstammung, ging 1850 nach New York und 
lebte ab 1856 als geschätzter Musiklehrer an Miss 
Porter’s School in Farmington. KL machte sich 
bekannt durch zahlreiche Klavierarrangements 
klassischer und romantischer Orchesterwerke so- 
wie durch Redaktion neuer Ausgaben berühmter 
Klavierwerke für den Verlag Schuberth & Comp. 
-2) Julius, *5. 7. 1854 zu New York, f 23. 4. 1907 
zu Milwaukee, Sohn und Schüler von K. K., 1871 
bis 1874 am Leipziger Konservatorium, Musik- 
lehrer in Milwaukee, gab heraus: The Septonate 
and the Centralizaäon of the Tonal System (Mil- 
waukee 1890) und The Nature of Music (Boston 
1910). K.s 7-Stufen-Skala (Septonate) als typische 
Mdodiegrundlage reicht von der Unterquart bis 
zur Oberquart der Tonika (C dur: g-o-f). 

Klauwell, Otto Adolf, * 7.4. 1851 zu Langen- 
salza, 1 11./12. 5. 1917 zu Köln; deutscher Kompo- 
nist und Musikschriftsteller, studierte in Leipzig 
Mathematik, ging aber 1872 zur Musik über, 
wurde am Konservatorium Schüler von Reinecke 
und Richter und promovierte 1874 mit einer Ar- 
beit Der Canon in seiner geschichtlichen Entwicklung 
(Leipzig 1876). 1875 wurde er als Lehrer des KLa- 
vierspids, der Theorie und Geschichte der Musik 
am Konservatorium in Köln angestellt und über- 
nahm 1884 auch die Leitung der von Fr. Wüllner 
eingerichteten Kkvier-Seminarklassen. Ab 1905 
war Kl. stellvertretender Direktor des Konserva- 
toriums. Er hat Ouvertüren, Traumbild op. 19 
(Streichorch.), Kammermusikwerke (Klaviertrio 
G moll op. 20), Abendfriede (ge m. Chor und Orch.), 
Klavierstücke, 2 Opern (Das Mädchen vom See , 
Köln 1889, und Die heimlichen Richter , Elberfeld 
1902) und Lieder geschrieben. Hervorzuheben sind 
auch seine Schritten Musikalische Gesichtspunkte 
(Leipzig 1882, 21892 als Musikalische Bekenntnisse) 
sowie Der Vortrag in der Musik (Berlin 1883, eng- 
lisch 1892), Die Formen der Instrumentalmusik (= 
Universalbibliothek für Musikliteratur 9 und 10, 
Berlin 1894, 21918 redigiert von W. Nie mann) , 
Geschichte der Sonate (Köln 1899), L. v. Beethoven 
und die Variationenform (Langensalza 1901), Theodor 
Gouvy (Berlin 1902), Studien und Erinnerungen 


(Langensalza 1906) und Geschichte der Programm- 
Musik (Leipzig 1910). Auch beendete Kl. die von 
G.Jensen vorbereitete Neuausgabe von Cheru- 
binis »Theorie des Contrapunktes und der Fuge« 
(Köln 1896). 

Klebe, Giselher Wolfgang, * 28. 6. 1925 zu 
Mannheim; deutscher Komponist, lebt in Det- 
mold. Das Studium am Berliner Konservatorium 
1941-43 (Violine, Klavier; Tonsatz bei Wolfurt) 
wurde durch Kriegsdienst unterbrochen, 1946 bei 
J. Rufer am Internationalen Musikinstitut Berlin 
wieder aufgenommen und 1946-51 bei Blacher 
fortgeführt und abgeschlossen. Vorübergehend in 
der Musikabteilung des Berliner Rundfunks tätig, 
lebte er bis 1957 freiberuflich als Komponist in 
Berlin und übernahm in diesem Jahr als Nachfol- 

g x von Fortner eine Kompositionsklasse an der 
etmolder Musikakademie. Seit der Darmstädter 
Uraufführung seines Divertissement joyeux op. 5 für 
Kammerorch. (1949 unter Fortner; ist KL auf 
vielen Musikfesten hervorgetreten. Sein expressiv 
punktueller Stil ist der variablen Metrik Blachers 
ebenso wie der Zwölftontechnik Webems ver- 
pflichtet. An Orchesterwerken liegen außer dem 
Divertissement vor: Die Zwitschermaschine, Me- 
tamorphosen über das Bild von P. Klee, op. 7 
(1950); Deux Nocturnes op. 10 (1952); Symphonie 
für 42 Streicher op. 12 (1953); Symphonie op. 16 
(mit Mozart-Thema, 1953); Rhapsodie op. 17 
(1954) ; Moments Musicaux op. 19 (1955) ; ferner 
ein Doppelkonzert für V., Vc. und Orch. op. 18 
(1954). An Kammermusik schrieb er ein Streich- 
quartett op. 9 (1951); eine Violinsonate op. 14 
(1953); 2 Sonaten für V. solo op. 8 (1952); ein 
Klaviertrio Elena Appassionata op. 22 (1956); eine 
Sonate für 2 Kl. op. 4 (1949) und Neun Stucke Jur 
Kl. (Wiegenlieder Jur Christinchen) op. 13 (1952) 
sowie den Kammerzyklus Römische Elegien (nach 
Goethe) für Sprecher, KL, Cemb. und Kb. op. 15 
(1953). Ballette: Pas de trois op. 11 (1951); Signale 
op. 21 (1955) und Fleuronvilte op. 24 (1956; die 
beiden letzteren nach Sujets von T. Gsovsky). Sein 
bislang einziger Beitrag zur Oper sind Die Räuber, 
nach Schiller, op. 25 (1951-56; Uraufführung Düs- 
seldorf 1957), denen eine dramatische Szene für S., 
Klar, und Orch. Raskolnikow's Traum (nach Do- 
stojewskij) op. 23 (1956) voraufging. 

Kleber, Leonhard, * um 1490 zu Gruibingen 
bei Göppingen (Württemberg), f 4. 3. 1556 zu 
Pforzheim; deutscher Organist und Komponist, 
studierte 1512 in Heidelberg, war 1516 Organist 
und Vikar in Horb, 1518 in ähnlicher Stellung in 
Eßlingen und ab 1521 Organist und Vikar in 
Pforzheim, geschätzter Lehrer des Orgelmiels, von 
dem ein Tabulaturbuch vom Jahre 1524 hand- 
schriftlich erhalten ist (aus der Berliner Bibliothek 
nach Tübingen ausgelagert und dort aufbewahrt). 
Die Sammlung, die 112 geistliche und weltliche 
Kompositionen umfaßt (neben einigen von EL 
solche von Komponisten des ausgehenden 15. und 
der 1. Hälfte des 16. Jh.), gliedert sich in 2 Teile: 
I. manuaüter vorwiegend 3-, aber auch 4st., IL mit 
Verwendung des Pedals vorwiegend 4-, aber auch 
3- und 5st. 

Ausg.: 17 Stücke als Beilage d. MfM 1888, hrsg. v. 
R. Ettner; 3 Stücke bei A. G. Ritter, Zur Gesch. d. 
Orgelspiels, Bdn, Lpz. 1884; mehrere Stücke bei 


59 


929 



Klebs 


H. J. Moser, Paul Hofhaimer (Anh.), Stuttgart u. 
Bin 1929; H.J. Moser u. Fr. Heitmann, Früh- 
meister d. deutschen Orgelspiels, 1930; 2 Praeambula 
bei Davison-Apel Anth. 1, 84 e-f. 

Xit: H. Loewenfeld, L. K. u. sein Orgeltabulatur- 
buch, Diss. Bin 1897; G. Frotscher, Gesch. d. Or- 
gelspiels u. d. Orgelkomposition I, Bin 1935; K. 
Kotterba, L. K. u. seine Tabulatur, Diss. Freiburg 
i. Br. 1958 (maschr.). 

Klebs, Paul, * 11. 2. 1888 zu Berlin; deutscher 
Komponist, Schüler von Grabert, Taubmann und 
Egidi, bis 1921 in Berlin Leiter eines Oratorienver- 
eins, bereiste 1922 Holland, 1923/24 Amerika, wo 
er konzertierte und Vorträge hielt, war 1927-40 
Gymnasjalmuuklchrer in Berlin und Potsdam, wo 
er 1953 Musikseminarleiter wurde. Werke: 3 Ou- 
vertüren, Chorwerke mit Orch., Chöre, ein Cello- 
konzert, Symphonie Dmoll op. 24, Lieder und 
eine Oper Der goldene Faden, auch einige theore- 
tische Handbücher. 

Kleclri (ld'etski), Paul (Kletzki), * 21. 3. 1900 
zu Lodz; polnischer Dirigent und Komponist, 
war 1914-19 Violinist im Philharmonischen Or- 
chester von Lodz. Ab 1919 besuchte er die War- 
schauer Universität, gleichzeitig das Staatliche 
Konservatorium (J. v. Wertheim, Mlynarski), und 
siedelte 1921 nach Berlin über, wo er an der Hoch- 
schule für Musik den Kompositions-Unterricht 
von Fr. E. Koch genoß. KL wirkte daun als angc- 

1935-38 war er Komporitionslehrer an der Scuok 
Superiore di Musica in Mailand, ließ sich dann in 
der Schweiz, später in Paris nieder. 1954 übernahm 
KL die Leitung des Liverpool Philharmonie Or- 
chestra. Kompositionen: Streichquartett Amoll 
op. 1, Klavierpraeludien op. 4, Sinfonietta E moll 
für Streicher op. 7, Kkvierohantasie C moll op. 9, 
Violinsonate D dur op. 12, Symphonie D moll 
op. 17, Symphonie G moll op. 18, Orchesterva- 
riationen E dur op. 20, Klavierkonzert D moll op. 
22, Streichquartett D moll op. 23, Sonate für V. 
solo op. 26, Orchesterstücke, Lieder. 

Lit.: H. Fischer, P. K., in: N. Simrock Jb. I, 1928, 
S. 120 ff. 

Kleczyriski (ldfitJT:jnski), Jan, * 8. 6. 1837 zu 
Janiewicze (Wolhynien), f 15. 9. 1895 zu War- 
schau; polnischer Pianist und Musikschriftsteller, 
studierte am Pariser Conservatoire bei Marmontel, 
Bazin und Carafa; konzertierte in Polen und Ruß- 
land, war 1887-89 Professor am Warschauer Kon- 
servatorium, einer der Gründer der Musikgesell- 
schaft in Warschau und Redakteur der Musikzei- 
tung Echo Muzyczne (1879-95), schrieb: Fr. Cho- 
pin, De V Interpretation de ses ceuvres . . . (Paris 1880, 
Neuausgabe 1906; englisch, London 1882, «1913); 
Chopins grössere Werke (Präludien . . .), wie sie ver- 
standen werden sollen (herausgegeben von N. Ja- 
notha, Leipzig 1898; dasselbe englisrh, London 
1896) sowie eine Studie über R. Wagner (in Echo 
Muzyczne). KL komponierte einige Lieder. 

Klee, Hermann, * 8.9.1883 zu Rendsburg; 
deutscher Komponist und Dirigent, Schüler des 
Hamburger Konservatoriums, 1904-09 Kontra- 
bassist in den Philharmonischen Orchestern Dres- 
den, Dortmund, Berlin, 1909-19 Musikdirektor in 
Bistritz (Siebenbürgen), wurde 1919 Chordirektor 
und Kap ellme ister der Rumänischen Staatsoper in 

930 


Cluj; schrieb Männerchöre, Lieder, Orchester- 
stücke, romantische Oper Fat Frumos (Cluj 1924). 

Kleefeld, Wilhelm, * 2. 4. 1868 zu Mainz, f 2. 
4. 1933 zu Berlin; deutscher Musikschriftsteller, 
studierte Naturwissenschaften, wandte sich aber 
bald der Musik zu, war 1891-96 Kapellmeister in 
Mainz, Trier, München und Detmold, promo- 
vierte 1897 in Berlin mit der Arbeit Das Orchester 
der Hamburger Oper 1618-1138 (SIMG I, 1899/ 
1900), wurde 1898 Lehrer am Konservatorium 
Klinaworth-Scharwenka in Berlin (Opemschule), 
habilitierte sich 1901 an der Universität Greifswald 
( Landgraf Ludwig von Hessen-Darmstadt und die 
deutsche Oper, Berlin 1904) und lebte dann in Ber- 
lin. KL gab Blätter hessischer Tonkunst heraus und 
redigierte unter dem Titel Opemrenaissance Neu- 
ausgaben von Opern Donizettis, Paers, Cheru- 
bims, Cimarosas und Roravantis, bearbeitete Ber- 
lioz 5 »Beatrice und Benedict«, Haldvys »Blitz«, 
Moniuszkos »Halka«, Donizettis »Die Nacht- 
glocke« neu, übersetzte Saint-Saens* »Harmonie 
und Melodie« (Berlin 21905 , und schrieb R.- 
Wagner-Studien (1905), Biographien von Clara 
Schumann (= Frauenleben, Eine Sammlung von 
LebensbeschreibungenhervorragenderFrauenXIV, 
Bielefeld 1920) undC. M. v. Weber (Velhagen und 
K la s i ng s Volksbücher CLXVTI, Bielefeld 1926), 
Analysen für den »Opernführer« und Aufsätze. 
Als Komponist ist KL mit Liedern und Klavier- 
stücken, einer Oper Amarella (1896) und einer 
Suite für Strrichorch. hervorgetreten. 

Kleemann, Balthasar (Clemann), deutscher 
Musikschriftsteller um 1680, schrieb ein Werk über 
den Kontrapunkt und Ex musica didactica temperiertes 
Monochordum. 

Kleemann, Friedrich Joseph Christoph (Clee- 
mann), * 16. 9. 1771 zu Criwitz (Mecklenburg), 
t 25. 12. 1825 zu Parchim; deutscher Musiker, 
Privadehrer in Ludwigslust, dann Kollaborator des 
Superintendenten in Stemberg, schrieb Oden und 
Lieder (1797) und kündigte ein zweiteiliges Hand- 
buch der Tonkunst an, das wahrscheiimch nicht 
erschienen ist. 

Kleemann, Hans, * 29. 7. 1883 zu Altona; deut- 
scher Komponist, studierte in Halle unter Abert 
Musikwissenschaft (Dr. phiL mit der Arbeit Bei- 
träge zur Ästhetik und Geschichte der Loeweschen Bal- 
lade, Halle 1913). KL war ab 1904 als Musikkritiker 
tätig, 1947-53 Dozent an der Musikhochschule 
Halle. Er schrieb Orchesterwerke (Serenade für 
Streicher 1931, Suite Die vier Temperamente 1936), 
ein Klavierkonzert (1930), Concerto für 2 Solo- 
Violinen und Streicher, Kammermusik (3 Streich- 
quartette; Quintett für Klar., V., Va, Vc. und Kb. ; 
je ein Klavier- und Streichtrio) und Lieder. 

Kleemann, Karl, * 9.9.1842 zu Rudolstadt 
(Thüringen), f 18. 2. 1923 zu Gera; deutscher Diri- 
gent und Komponist, zunächst Dirigent eines Ge- 
sangvereins in Recklin ghausen, ging 1878 nach 
Itali e n , wurde nach seiner Rüdekehr 1882 als 
2. Opemdirigent und Herzoglicher Musikdirektor 
in Dessau angestdlt und war 1889-1913 Hofkapell- 
meister in Gera. Von seinen Kompositionen sind 
anzuführen: eine Oper Der Klosterschüler von Mil- 
denfurt (1898), ein Weihnachtsmärchen Das Ma- 
rienkind (1917), Musik zu Grillparzers Der Traum 



Klein 


ein Leben, eine Lustspielouvertüre op. 27, die sym- 
phonische Fantasie Des Meeres und der Liebe Wellen, 
3 Symphonien (C dur, D dur Im Frühling, D moll 
Durch Kampf zum Sieg), Chorwerke, ein Streich- 
quartett, Klavierstücke und 7 Hefte Lieder. 

Kleifel, Arno, * 4. 9. 1840 zu Pößneck (Thü- 
ringen)» t 15. 7. 1913 zu Nikolassee bei Berlin; 
deutscher Kapellmeister und Komponist, besuchte 
kurze Zeit das Leipziger Konservatorium, war aber 
hauptsächlich Privatschüler von M. Hauptmann, 
1863-67 Dirigent der Musikalischen Gesellschaft 
in Riga, dann Theaterkapellmeister an verschie- 
denen Bühnen, 1873-80 am Friedrich- Wilhelm- 
städtischen Theater in Berlin, 1886-92 und wieder 
1894-1904 am Stadttheater in Köln, 1892-94 Theo- 
rielehrer am Stemschen Konservatorium in Berlin, 
wo er 1904 die Leitung des Stemschen Gesangver- 
eins übernahm. Auch war er Musikreferent des 
Berliner Lokalanzeigers. 1910 wurde er Vorsteher 
der Opernschule der Königlichen Hochschule für 
Musik. Kl. komponierte eine Oper Des Meemumns 
Harfe (1865), Musik zum Weihnachtsmärchen Die 
Wichtelmännchen, ferner Musik zu Goethes Faust, 
Ouvertüren, Chorwerke, ein Streichquartett, Kla- 
vierstücke und (Chor-) Lieder. 

Kle fisch, Walter, * 3. 10. 1910 zu Köln; deut- 
scher Komponist und Musikschriftsteller, studierte 
Musik bei W. Maler, W. Braunfels und G. Led- 
derhose, Musikwissenschaft an den Universitäten 
Köln, München, Königsberg und Berlin, promo- 
vierte 1936 in Köln mit einer Arbeit über Arcadelt 
als Madrigalist (Köln 1938). Er schrieb eine ko- 
mische Oper Napoli, Lustspiel Liebe auf Mallorca, 
Ballettpantomime Der Liebesbrief, Orchesterwerke 
(3 Rheinische Orchestersuiten, Turandot, Der tolle 
Bömberg, Doctor Eisenbart, Spanische Rhapsodie), Alt - 
ägyptischer Sonnengesang für A.- und T.-Solo, Chor 
und Orch., Kammermusik (Streichquartett, Blä- 
sertrio), Klavierstücke und Lieder. Er gab Madri- 
gale von Arcadelt, Villanellen und Villotten heraus 
und bearbeitete Volkslieder und Rossinis Herr 
Bruschino (mit neuer Übersetzung). Veröffentli- 
chungen: G. Rossini, Ausgewählte Brirfe (Wien 
1947), G. Bizet, Briefe aus Rom (Hamburg 1949), 
G.Bizet - eine Richtigstellung (SMZ 89, 1949), 
Wagner im Urteil Bizets (ZfM 1950). 

Kleiber, Erich, * 5. 8. 1890 zu Wien, + 27. 1. 
1956 zu Zürich; österreichischer Dirigent, stu- 
dierte am Prager Konservatorium, war nach kur- 
zer Tätigkeit als Korrepetitor am Prager Landes- 
theater 1912-19 Kapellmeister am Hoftheater in 
Darmstadt, dann in Barmen-Elberfeld, Mannheim, 
Düsseldorf; 1923-35 war er GMD der Berliner 
Staatsoper. Hier dirigierte er 1926 die Urauffüh- 
rung von A. Bergs »Wozzeck«. Nachdem er 
Deutschland verlassen hatte, reiste er viel, zuletzt 
in Südamerika und wirkte in den Jahren 1936-49 
vor allem am Teatro Colön in Buenos Aires. Er 
war ein suggestiver Dirigent, gleich hervorragend 
in der Oper wie als Interpret großer symphoni- 
scher Werke (besonders von Mozart, Beethoven 
und R. Strauss), musizierfreudig und weniger auf 
das Ausfeilen von Einzelheiten bedacht als viel- 
mehr auf plastisches Herausarbeiten des künst- 
lerischen Ganzen des Kunstwerks. 

Lit : J. Russell, E. KL, London 1957, deutsch v. A. 
Razumovsky, München 1958. 


Klein, Bernhard, * 6. 3. 1793 zu Köln, f 9. 9. 
1832 zu Berlin; deutscher Komponist, erhielt seine 
erste musikalische Erziehung in Köln, ging 1812 
nach Paris, wo er einige Zeit unter Cherubim ar- 
beitete und die Bibliothek des Conservatoire fleißig 
benutzte. Nach der Rückkehr wurde er Musik- 
direktor am Dom zu Köln, 1818 vom Ministerium 
nach Berlin berufen, um dort die musikalischen 
Institutionen zu prüfen, blieb aber ganz dort, da 
er 1820 als Kompositionslehrer am neugegründe- 
ten Königlichen Institut für Kirchenmusik und zu- 
gleich als Musikdirektor und Gesanglehrer an der 
Universität angestellt wurde. Seine Begeisterung 
für die vorklassische italienische Vokalmusik brachte 
ihn mit A. J. F. Thibaut in Verbindung. Kl.s 
Hauptwerke sind die Oratorien Jephtka, David und 
Hiob, eine Messe, ein 8st. Paternoster, ein 6st. 
Magnificat (mit Tripelfuge), 6st. Responsorien, 
ferner 8 Hefte Psalmen, Hymnen und Motetten 
für Männerstimmen, Klaviersonaten und -stücke, 
Lieder und Balladen (Erlkönig), eine Kantate Worte 
des Glaubens (Schiller), 2 Opern: Dido (1823) und 
Ariadne (1825), 2 Akte einer dritten: Irene. Sein 
Bruder Joseph KL (1801-62) war mit H. Heine 
befreundet und komponierte Lieder nach dessen 
Gedichten. 

Lit.: C. Koch, B. K., Diss. Rostock 1902, Leipzig 
1902; B. Lfipsrus, L. Parthey, Bin 1926; W. Ehmann, 
Der Thibaut-Behagel-Kreis, AfMf IV, 1939. 

Klein, Bruno Oskar, * 6. 6. 1858 zu Osnabrück, 
t 22. 6. 1911 zu New York; deutscher Organist, 
Schüler seines Vaters, des Musikdirektors Karl K., 
und der Münchner Königlichen Musikschule. 1878 
ging er nach den USA, ließ sich 1883 in New York 
nieder und war 1884-94 Organist an St. Francis 
Xavier, 1887-92 Kompotitionslehrer am National 
Conservatory, 1904-11 Organist an St. Ignatius. 
Als Komponist machte er sich durch Orchester- 
stücke, Kammermusik, Klavierstücke, 6 Messen, 
viele Motetten, Gesänge und Lieder bekannt. Seine 
Oper Kenilworth wurde 1895 in Hamburg aufge- 
führt. Sein Sohn Karl, * 13. 12. 1884 zu New 
York, Schüler von E. Bogner in New York, A. 
Hilf in Leipzig, Ysaye in Brüssel und Wilhebnj in 
London, ist Violinist. 

Klein, Fritz Heinrich, * 2. 2. 1892 zu Budapest; 
österreichischer Komponist, zunächst zum Berufs- 
offizier ausgebildet, erhielt später Klavierunter- 
richt bei seinem Vater, studierte Komposition bei 
Schönberg und schloß sein Studium bei A. Berg 
ab. Nach 1918 wirkte er als Musikpädagoge und 
Musikschriftsteller, verfaßte auch die Klavieraus- 
züge von Bergs »Wozzeck« und Kammer-Kon- 
zert. 1924 übersiedelte er nach Linz und ist dort 
heute als Theorielehrer am Bruckner-Konserva- 
torium tätig. Unter dem Pseudonym Heauton- 
timorumenos erschien 1921 von ihm Die Maschine 
- Eine extonale Selbstsatire für KL zu 4 Händen, ein 
früher Versuch auf dem Gebiet der Zwölftontech- 
nik (Uraufführung am 24. 11. 1924 in New York). 
Kl. schrieb außer anderen Bühnenwerken die 
Opern Gottesurteil, Nostradamus, Ufte St. Jakobrfahrt, 
eine Faschingskomödie mit Musik Der Joker m , Er, 
Sie und Es (7 einaktige Kammerspiele mit Musik), 
eine große Anzahl Orchesterwerice, Kammermu- 
sik, Instrumentalstücke, darunter zahlreiche für KL 


59* 


931 



Klein 


Klein* Herman, * 23. 7. 1856 zu Norwich, f 10. 
3. 1934 zu London; englischer Musikkritiker und 
Gesanglehrer, studierte 1874-77 Gesang bei Ma- 
nuel Garda, wurde 1875 Journalist und war 1881 
bis 1901 Kritiker der Sunday Times, auch der 
Illustrated London News und anderer Blätter. 
1902-09 lebte er in New York, kehrte dann nach 
London zurück und war 1917-21 Kritiker der 
Saturday Review. Bücher: Thirty Years of Musical 
Life in London (New York 1903); Unmusical New 
York (New York und London 1910) ; The Reign of 
Patti (New York 1920); The Art of the Bel Canto 
(London 1923); Musicians and Mummers (London 
und New York 1925); Great Women Singers (New 
York 1931); Modem Age of Opera (New York 
1933). 

Klein, Johann Joseph, * 24. 8. 1740 zu Amstadt, 
25. 6. 1823 zu Kahla bei Jena, Advokat in Eisen- 
erg (Thüringen), schrieb: Versuch eines Lehrbuchs 
der practischen Musik (Gera 1783); Lehrbuch der theo- 
retischen Musik (Leipzig und Gera 1801) ; Neues 
vollständiges Choralbuch (Rudolstadt 1785, 21802 mit 
einer Einle itung über Choralmusik) sowie einige 
Artikel für die AmZ (1799-1800). 

Klein, Peter, * 25. 1. 1907 zu Zündorf bei Köln; 
österreichischer Opernsänger (Tenor), lebt in Wien. 
Nach Studien am Kölner Konservatorium führte 
ihn das erste Jahrzehnt seiner Laufbahn von Köln 
über Zürich und Düsseldorf 1937 an die Staatsoper 
Hamburg und von dort 1941 an die Staatsoper 
Wien. Seit 1956 ist EIL auch Leiter (Professor) der 
Opern- und Operettenklasse des Konservatoriums 
der Stadt Wien. 

Klein, Walter, * 23. 6. 1882 zu Brünn; österrei- 
chischer Musiktheoretiker, studierte erst Jura, lebte 
seit 1900 in Wien, wo er musikalische Studien bei 
O. Kitzler, O. C. Posa und Br. Morpurgo trieb, 
und wirkte dort als Lehrer für Musiktheorie. Er 
schrieb: Der Müllerin Reu für Sprecher, 2 Solost. 
und Orch., Melodram Invokation , Lieder und Ge- 
sänge, Streichquartett Es dur, Violinsonate F dur, 
Klavierstücke, Opemübersetzungen, Harmonie- 
lehre für Vorgeschrittene (Innsbruck 21923), Schriften 
zur Metaphysik der Tonkunst. 

Kldnlieinz, Franz Xaver, * 3. 7. 1772 zu Min- 
delheitn (Allgäu), f 29. 1. 1832 zu Budapest; deut- 
scher Komponist, geschult in Memmingen, dann 
im Münchner Orchester, spätestens 1803 aber in 
Wien, wo er Schüler Albrechtsbergers war und 
um 1803 Beethovensche Klaviersonaten für Streich- 
quartett bearbeitete, zeitweilig auch Kapellmeister 
in Brünn und 1814-15 sowie 1817-24 am Deut- 
schen Theater in Budapest, komponierte die Opern 
Harold (1814) und Der Käficht (1816); Kantaten; 
eine Orchestermesse; Violmsonaten; Balladen auf 
Schillerschc Texte; ein Trio für Klar., Vc. und 
KL; ein Blasquintett; ein Klavierkonzert und 
mehrere Klaviersonaten. 

Lit.: A. Sandberger, Fr. X. KL, mit Werkverz., 
Ausgew. Aufsätze zur Mg. U, München 1924; E. 
Hakasztt, Les compositions inconnues de X. Fr. KL, 
RM XI, 1930. 

Kleinknecht, deutsche Musikerfamilie: - 1) Jo- 
hann, zu Anfang des 18. Jh. in Ulm Konzert- 
meister und 2. Organist am Münster, Vater der 
folgenden: - 2) Johann W olf gang, * 17. 4. 1715 


zu Ulm, f 20. 2. 1786 zu Ansbach; Violinist, unter- 
nahm, von seinem Vater ausgebildet, früh Kon- 
zertreisen, kam 1733 in die Stuttgarter Kapelle und 
lebte ab 1738 mit kurzer Unterbrechung als Kon- 
zertmeister in Bayreuth, seit der Verlegung der 
Kapelle 1769 in Ansbach. Er komponierte Kon- 
zerte und Sonaten für V. - 3) Jakob Friedrich, 
* 8. 6. 1722 zu Ulm, f 14. 8. 1794 zu Ansbach; 
Flötist, trat 1743 in die markgräfliche Kapelle in 
Bayreuth ein, wurde dort 1747 Violinist, 1749 
2. Konzertmeister, dann Hofkomponist und 1761 
Kapellmeister. Nach E. L. Gerber war K. ein be- 
deutender Flötenvirtuose. Seine Kompositionen, 
Violin-, Cello- und Flötensonaten, HÖtentrios, ein 
Flötendoppelkonzert und Klaviersonaten, sind be- 
sonders in den langsamen Sätzen gehaltvolL - 
4) Johann Stephan, * 17. 9. 1731; Flötist, ging 
1750 nach Bayreuth, studierte bei Fr. J. Götzel und 
bei seinem Bruder J. F. K. Höte, begab sich später 
auf Konzertreisen und wurde Flötist in der Bay- 
reuther Kapelle. 

Lit: J. W. K. u. J. St. K., Selbstbiogr., Biogr. u. 
Anh. »Ueber die Ansbacher Musik«, hrsg. v. R. 
Schaal, Kassel (1948). 

Kleinmichel, Richard, * 31. 12. 1846 zu Posen, 
f 18. 8. 1901 zu Charlottenburg bei Berlin; deut- 
scher Pianist, erhielt den ersten Klavierunterricht 
von seinem Vater Friedrich Heinrich Her- 
mann KL (1817-94, Militärkapellmeister in Po- 
sen, Potsdam, zuletzt in Hamburg, später dort 
Musikdirektor am Stadttheater). KL war 1863-66 
Schüler des Leipziger Konservatoriums, lebte zu- 
nächst als Musuddbrer in Hamburg und siedelte 
1876 nach Leipzig über, wo er 1882 Musikdirektor 
am Stadttheater wurde, war einige Zeit in gleicher 
Eigenschaft in Magdeburg und lebte zuletzt in 
Berlin. Seine Gattin Klara Monhaupt war eine 
geschätzte Sängerin. Er veröffentlichte Klavier- 
etüden, spanische und italienische Volksmusik für 
KL, Lieder, Kammermusikwerke, 2 Symphonien 
und die Opern Der Pfeifer von Dusenbach (Hamburg 
1891) uncl Schloß de VOrme (Hamburg 1883). Am 
bekanntesten wurde er durch seine vereinfachten 
Wagner-Klavierauszüge. 

Klfmetti, Heikki, * 14. 2. 1876 zu Kuortane, 
1 26. 8. 1953 zu Helsinki; finnischer Chordirigent, 
studierte an der Universität und in der Orchester- 
schule der Philharmonischen Gesellschaft in Hel- 
sinki, später auch in Berlin. Als Dirigent des fin- 
nischen Studentenchors (Ylioppilaskunnan Lau- 
lajat) 1898-1927 und des Chorvereins Suomen 
Laulu, der von ihm 1900 gegründet und bis 1942 
geleitet wurde, hat K. die Kunst des Chorgesangs 
m Finnland sehr gefördert. Neben seiner Tätigkeit 
als Chordirigent hat KL auch als Komponist und 
Schriftsteller gewirkt: Lieder und Chöre, Volks- 
ais offizielieHttirgische Sammlung von der finni- 
schen Staatskirche approbiert), Klavier- und Orgel- 
stücke. Schriften: u. a. Musiikin historia (2 Bände, 
Helsinki 1916-26). 

Klemm, Johann (Klemmius), * um 1593 und 
t um 1657 zu Oederan bei Zwickau; deutscher 
Komponist, 1605 Diskantist am Hofe in Dresden, 
1613-16 auf Kosten des Kurfürsten Schüler Erbachs 
in Augsburg, dann Schüler von Schütz in Dresden, 
dort 1625 Hoforganist, gab 1631 2-4st. Fugen in 


932 



Klenowskij 


Partitur heraus (tabula tura italica) sowie 1629 ein 
Buch 4-6st. Teutscher geistlichen Madrigalien und 
verlegte mit dem Bautzener Organisten Alex. 
Hering u. a. Schütz* op. 10 (»Sympnoniae sacrae«, 
2. Teil). 

Klfmperer, Otto, * 14. 5. 1885 zu Breslau; 
deutscher Dirigent, mit 16 Jahren Schüler des 
Hochschen Konservatoriums in Frankfurt am 
Main, schloß in Berlin (Kwast und PEtzner) seine 
Studien ab. Seine Laufbahn begann er auf Emp- 
fehlung Mahlers 1907 als Kapellmeister am Deut- 
schen Landestheater in Prag, kam 1910 wiederum 
auf Empfehlung Mahlers als 1. Kapellmeister nach 
Hamburg, von da nach Barmen (1912), Straßburg 
(1914) und Köln (1917; 1923 GMD). 1924 wurde 
er Opemleiter in Wiesbaden, 1927 Leiter (ab 1928 
Kapellmeister) der Krollschen Oper in Berlin, wo 
er sich nachdrücklich für zeitgenössische Musik 
(Hmdemith, Krenek, Strawinsky) einsetzte. Als 
Nachfolger von S. Ochs leitete er bis 1933 den 
Philharmonischen Chor. Nach der Auflösung der 
Kroll-Oper 1931 wurde er an die Staatsoper über- 
nommen und war dort tätig, bis er 1933 - kurz 
nach der Verleihung der Goethe-Medaille - 
Deutschland verlassen mußte. Noch im gleichen 
Jahr übernahm er die Leitung des Philharmonie 
Orchestra in Los Angeles (bis 1940) und gastierte 
in den großen amerikanischen Städten, in Kanada, 
Südamerika und Europa einschließlich Rußland. 
KL, der nach dem 2. Weltkrieg eine Zeitlang die 
Budapester Oper leitete, lebt jetzt in Zürich und 
betätigt sich weiter als Gastdirigent, vielfach auch 
in Deutschland, gefeiert als Dirigent eigener Prä- 
gung, der seine Werkauffassung mit äußerster 
Konsequenz durchführt, besonders hervorragen- 
der Mahler-Interpret. Er schrieb eine Missa C dur, 
den 42. Psalm für B. und Orch. sowie Lieder (zum 
Teil auf eigene Texte, Mainz 1915). 

Kfenau, Paul August von, * 11. 2. 1883 und 
t 31. 8. 1946 zu Kopenhagen; dänischer Kompo- 
nist und Dirigent, 1902-04 Schüler von Halif (Vio- 
line) und Max Bruch (Komposition) in Berlin, da- 
nach in der Komposition Privatschüler von L. 
Thuille in München. 1907 als Bühnendirigent in 
Freiburg im Breisgau, 1908 in Stuttgart, wo er 
noch Schüler von M. Schillings war, 1914 wieder 
in Freiburg als 1. Kapellmeister; 1920-26 war er 
Dirigent der Philharmonischen Gesellschaftskon- 
zerte in Kopenhagen, gleichzeitig Dirigent in 
Wien. Werke: 3 Symphonien, symphonische 
Dichtung Paolo und Francesco (später erweitert zu 
einer 3sätzigen Inferno-Phantasie , 1924), sympho- 
nische Phantasie Jahrmarkt bei London (1922), Bal- 
lade Ebbe Skammelsen für Bar. und Orch., Chor- 
werk Die Weise von Liebe und Tod des Komets Rilke 
(1924), Gespräche mit dem Tod für A. und Orch., 
einaktige Oper Sulamith (München 1913), Tanz- 
spiel Klein Idos Blumen (Stuttgart 1916), Opern 
Kjartan und Gudrun (Mannheim 1918, umgearbeitet 
als Gudrun auf Island, Hagen in Westfalen 1924), 
Die Lästerschule (Frankfurt am Main und München 
1927), Michael Kohlhaas (Kassel 1933), Rembrandt 
van Rijn (Berlin 1937), Elizabeth von England (Kas- 
sel 1939), Marion (Marionetten-Banettpantomime), 
Kammermusik, Klavierstücke und Lieder. 

Klengel, August Alexander, * 27. 1. 1783 und 
t 22. 11. 1852 zu Dresden; deutscher Pianist, Or- 


ganist und Komponist, Schüler von Clementi 
(1803), mit dem er nach St. Petersburg ging, wo 
er bis 1811 blieb ; nach weiterem 2jährigem Aufent- 
halt in Paris kehrte er 1814 nach Dresden zurück. 
1816 wurde er als Hofomanist in Dresden ange- 
stellt. Kl. gab in seinen letzten Lebensjahren 24 
Kanons heraus unter dem Titel Les avant-coureurs ; 
sein Hauptwerk, zu welchem diese Kanons die 
Vorstufe sein sollten, veröffentlichte nach seinem 
Tode M. Hauptmann: Canons et Jugues dans tous les 
tons majeurs et mineurs (2 Teile zu je 24 Kanons und 
Fugen, 1854, eine Art Überbietung des Wohl- 
temperierten Klaviers). In jüngeren Jahren schrieb 
KL 2 Klavierkonzerte, eine Konzertpolonaise für 
Kl., H., Klar., Va, Vc. und Kb., ein Trio, eine 
4händige Klavierphantasie, mehrere Klaviersona- 
ten und viele Stücke. 

Lit. : K. Jager, Carl August Kl. u. seine »Kanons und 
Fugen«, Diss. Lpz. 1929. 

Klengel, - 1) Paul, * 13. 5. 1854 und f 24. 4. 1935 
zu Leipzig; deutscher Violinist, Pianist und Kom- 
ponist, promovierte in Leipzig mit der Arbeit Zur 
Ästhetik der Tonkunst (1876), 1881-86 Dirigent der 
Euterpe-Konzerte in Leipzig, 1887-91 als Nach- 
folger J. J. Aberts Hofkapellmeister in Stuttgart, 
1892-98 Dirigent des »Arion« und der Singaka- 
demie in Leipzig, 1898-1902 dirigierte er den 
»Deutschen Liederkranz« in New York, lebte seit- 
dem wieder in Leipzig, wo er den »Arion« bis 1921 
leitete. 1907 trat er wieder in das Lehrerkollegium 
des Konservatoriums ein, dem er schon 1883-86 
angehört hatte. KL schrieb viele Lieder und Kla- 
vierstücke, Stücke für V. und KL, Va und KL, 
Frauenterzette; er verfaßte auch mehrere Analysen 
für den Konzertführer. - 2) Julius, * 24. 9. 1859 
und t 27. 10. 1933 zu Leipzig; einer der zu seiner 
Zeit berühmtesten Cellovirtuosen, Bruder von P. 
Kl., Privatschüler von Emil Hegar und Jadassohn 
(Theorie), war 1881-1924 Solocellist des Gewand- 
hausorchesters, auch Professor am Konservatorium 
in Leipzig und hat sich als Komponist, vornehmlich 
für sein Instrument, ausgezeichnet. Er schrieb 3 
Cellokonzerte, Doppelkonzert für V. und Vc., 
Hymnus für 12 Vc., 2 Streichquartette, Suite für 
2 Vc., Suite für Vc. solo D mall op. 56, Celloso- 
nate, 3 Cellosuiten, Klaviertrio, Serenade für 
Streichorch., Stücke für 2 und 4 Vc. sowie Solo- 
und instruktive Vortragsstücke. 

Klenowskij 9 Nikolaj Semjonowitsch, * 1857 zu 
Odessa, f 6. 7. 1915 zu Petrograd; russischer Kom- 
ponist und Dirigent, studierte am Moskauer Kon- 
servatorium bei J. Hrimaly Violine und bei 
Tschaikowsky Komposition, war ab 1879 Thea- 
terdirigent, 1881-83 in Moskau Leiter von privaten 
Konzerten, 1883-93 Dirigent am Kaiserlichen 
Theater, gleichzeitig 1889-93 Dirigent des Uni- 
versitätsorchesters, 1893-1902 Direktor der Musik- 
schule der Kaiserlich Russischen Musikgesellschaft 
und Leiter der Symphoniekonzerte in Tiflis, dann 
bis 1906 2. Direktor der Kaiserlichen Hofsänger- 
kapelle in St. Petersburg. Seine Kompositionen 
sind: die Ballette Haschisch (Moskau 1885), Sujet - 
lana (Moskau 1886), Salanga (St. Petersburg 1900), 
Schaumielmusiken, eine Tondichtung Miraschi 
(»Fata Morgana«), Krönungskantaten, 2 Puschkin- 
Kantaten, V olksliedbearbeitungen, Klavierstücke. 
Lit.: Biografti kompositorow, hrsg. v. A. Iunsku, 
Moskau 1904. 


933 



Kleoneides 


Kleoneides (Cleonides) ; diesem Verfasser 
schreiben einige Handschriften die sonst unter dem 
Namen des Eukleides überlieferte Elaaycoyij 
aQfwvprf zu, eine Elementarlehre der griechischen 
Musik, die wahrscheinlich im 2. Jh. nach Christus 
entstanden ist. Doch basiert die Schrift wahrschein- 
lich auf einer solchen des Eukleides. Gelegentlich 
wird sie auch dem Pappos von Alexandria zuge- 
schrieben. 

Ausg.: Elaaycoytf-w: Musid scriptores graeci, hrsg. 
v. K. v. Jan, Lpz. 1895; dies., hrsg. v. H. Menge in: 
Eudidis opera omnia VUI, Lpz. 1916, mit lat. Übers. 

Klepper, Leon,* 24. 4. 1900 zujasty (Rumänien) ; 
rumänischer Komponist, studierte Komposition 
1922-25 an der Musikakademie Wien bei Joseph 
Marx, 1921/22 und 1927-29 an der Musikhoch- 
schule Berlin bei Schreker und 1929-32 bei Dukas 
an der Ecole Normale de Musique in Paris, wo er 
bis zur Rückkehr in seine Heimat (1939) lebte. Seit 
1949 ist er Professor für Komposition am Buka- 
rester Staatskonservatorium. Er komponierte die 
symphonischen Dichtungen Nikolae Balescu und 
»Der Weg der Donau zum Meer«, Festliche Ou- 
vertüre, Trois Bagatelles für Orch., Concerto grosso 
für Orch., Vier symphonische Tänze für Orch., 
Concertino für KL und Orch., Suite im alten Stil 
für 2 V. und KL, Klavierstücke (Tripelfuge für 
2 KL, Tänze, Suiten) und Filmmusik. 

Klerk, Albert de, * 4. 10. 1917 zu Haarlem; 
niederländischer Organist und Komponist, lebt in 
Haarlem. Der Schmer des Amsterdamer Konser- 
vatoriums (S. Dresden), der 1934 als Organist an 
der St. Josephskirche in Haarlem wirkte, wurde 
1946 Professor für Orgel an der Katholischen Kir- 
chenmusikschule in Utrecht und ist seit 1956 
Stadtorganist seiner Vaterstadt. Kompositionen für 
Org.: Präludium und FugeC moll (1940), Kon- 
zert (1941), Sonate (1942), Inventionen (1945), 
Riccercare (1950), Octo Fantasiae super themata Gre- 
goriana (1953); dazu ko mmt Kammermusik ver- 
schiedener Art, Klaviermusik, Lieder, ein Cantabile 
für Orch. (1952), ein Stabat Mater für Soli, Chor 
und Kammerorch. (1952), Messen und eine Mo- 
tettensammlung Vitis Florigera (1950). 

Kletzld, Paul -> KleckL 

Kleven, Arvid Parly, * 29. 11. 1899 zu Dront- 
heim, f 24. 11. 1929 zu Odo; norwegischer Kom- 
ponist und Flötist, studierte in Oslo, Paris und 
1926/27 in Berlin, war ab 1919 Flötist im National- 
Theater-Orchester, dann im P hilhar mo nisch^ 
Vereinsorchester von Odo. Werke: Orchester- 
praeludium Lotusland op. 5 (1922), Tondichtung 
Skogens sövn op. 9 (1923), Symphonische Phan- 
tasie op. 15 (1926), Sinfonia Hbera op. 16 (1928), 
K a mmer musik, Klavierstücke, Lieder und Ge- 
sänge. 

KUÖka (kl'it/ka), Josef, * 15. 12. 1855 und t 28. 

3. 1937 zu Klattau (Böhmen) ; tschechischer Kom- 
ponist und Orgelvirtuose, studierte in Prag am 
Konservatorium und an der Orgelschule, war 1878 
bis 1881 Kapellmeister des Böhmischen Theaters, 
wurde 1885 Lehrer an der Orgelschule (die 1890 
mit dem Konservatorium vereinigt wurde), war 
1890-98 zugleich Chormeister des Vereins Hlahol 
und 1906-20 Musikinspektor in Böhmen. 1920-24 
leitete er eine Klasse an der Meisterschule des Pra- 

934 


t er Konservatoriums. Unter seinen Werken stehen 
Messen, 2 Oratorien und mehrere Kantaten 
obenan; ferner schrieb er: Orgelsonate Fis moll, 
Konzertphantasien für Org., Kammermusik, Har- 
fenstücke, eine Oper Spanild mlyn&fka (»Die schöne 
Müllerin«; Prag 1886). 

Lit: K. Hoffmeister, J. K, Prag 1944. 

Kliebert, Karl, * 13. 12. 1849 zu Prag, f 23. 5. 
1907 zu Würzburg; böhmischer Kapellmeister, 
studierte in Wien und Prag Jura, widmete sich 
aber dann ganz der Musik und bildete sich in Mün- 
chen unter Wüllner und Rheinberger aus. Nach- 
dem er einige Zeit als Theaterkapellmeister in 
Augsburg gewirkt hatte, wurde er 1875 zur Reor- 
ganisation der Königlichen Musikschule nach 
Würzburg berufen und 1876 als Nachfolger Th. 
Kirchners Direktor dieser Anstalt, zu deren lOOjäh- 
rigem Bestehen er 1904 eine Festschrift Die König- 
liche Musikschule . . . verfaßte. Als Komponist trat 
er mit einer Ouvertüre Romeo und Julia op. 5, Lie- 
dern, Klavier- und Orgelstücken hervor. 

Lit : R. Heuler, Hofrat Dr. K. KL, Würzburg 1907. 

Klimow, Michail Georgewitsch, * 22. 10. 1881 
auf einem Dorf im Gouvernement Moskau, f 1937 
zu Leningrad; russischer Chordirigent, war nach 
Beendigung der Moskauer Synodal-Schulc Chor- 
meister in Tambow, wurde 1902 2. Dirigent der 
Hofsängerkapelle in St. Petersburg. 1908 absol- 
vierte er noch das Petersburger Konservatorium 
(N. A. Rimskij - Korsako w, N. N. Tscherepnin), 
war 1908-33 Professor an dieser Anstalt. Von 1913 
bis zu seinem Tode war Kl. Hauptdirigent, 1919-31 
auch Direktor der Hofsängerkapelle, die unter 
seiner Leitung in die »Leningrader staatliche aka- 
demische Kapelle« umgewandelt wurde. Dabei 
wurden auch Frauenstimmen in den Chor einge- 
führt. 

Kljnckerfufi, - 1) Johanna, geborene Schultz, 

* 22. 3. 1855 zu Hamburg, f 12. 12. 1924 zu Lud- 
wigsburg; deutsche Pianistin, trat bereits als lljäh- 
rige in den Musikabenden von J. Stockhausen auf, 
war 1870-72 Schülerin von Lebert und Pruckner 
am Stuttgarter Konservatorium und 1872/73 von 
Liszt in Weimar, der gleich Bülow, Clara Schu- 
mann und Grieg sie hochschätzte. Nach einer 
Tournee mit Stockhausen in Norddeutschland und 
ihrer Vermählung mit dem Stuttgarter Pianofabri- 
kanten und -händler Hofrat Apollo Klinckerfuß 
(1840-1923) zog sie sich allmählich fast ganz aus 
dem Konzerdeben zurück. - 2) Margarethe, 

* 18. 10. 1877 zu Stuttgart; deutsche Pianistin, 
Tochter und Schülerin von J. KL, studierte 1888-96 
am Stuttgarter Konservatorium bei Pruckner, dann 
bei Friedheim, wirkte ab 1900 als Pianistin, wurde 
aber 1906 Johanniterin (im evangelischen Johan- 
niterorden). Seit 1945 ist sie als Musiktherapeutin 
in Göppingen (Württemberg) tätig. Sie schrieb: 
Aufklänge aus versunkener Zeit (Urach 1947). 

Klindworth, Karl, * 25. 9. 1830 zu Hannover, 

1* 27. 7. 1916 zu Stolpe bei Oranienburg; deutscher 
Pianist, Schüler von Liszt in Weimar, lebte 1854-68 
in London, wo er 1861/62 Orchester- und Klam- 
mermusikkonzerte veranstaltete, war 1868-84 Kla- 
vierprofessor am Konservatorium in Moskau, sie- 
delte dann nach Berlin über, «m mit J. Joachim 
und Fr. Wüllner die »P hilhar m onischen Konzerte« 



Kloiber 


zu dirigieren, und eröflhete in Berlin eine »Klavier- 
schule«, welche durch Bülows Mitwirkung (einen 
Monat jährlich) wirksam eingeführt wurde; 1893 
wurde sie mit dem Scharwenka-Konservatorium 
vereinigt. K. stand dem Bayreuther Kreis nahe; an 
Winifred, der späteren Frau Siegfried Wagners, 
hat er Vaterstelle vertreten. Auf Empfehlung und 
Wunsch von R. Wagner richtete er für ihn die 
Klavierauszüge von dessen Opern möglichst parti- 
turgetreu ein. Als Komponist hat sich K. durch 
einige Klavierstücke und Lieder bekannt gemacht; 
wichtiger sind eine Chopin-Ausgabe und eine Aus- 
gabe von Beethovens Klaviersonaten. 

Lit.: Briefe H. v. Bülows an K. in: H. v. Bülow, Neue 
Briefe, hrsg. v. R. Graf Du Moulin-Eckart, Mün- 
chen 1927. 

Kling (lde), Henri, * 15. 2. 1842 zu Paris, f 2. 5. 
1918 zu Genf; französischer Hornist, war zuerst 
Militärmusikdirektor, wurde jedoch 1862 Hornist 
im Genfer Theaterorchester und 1866 Theorie- 
und Homlehrer am Genfer Konservatorium, 1879 
zugleich Musiklehrer an der Töchterschule, war 
auch als Organist und Vereinsdirigent tätig. Werke : 
Opern, eine Symphonie D dur, ein Hornkonzert, 
2 Tondichtungen (Vescalade en 1602 und Saßve), 
Ouvertüren David Livingstone, Reine Berthe, Marie 
Stuart ; Unterhaltungsstücke für Orch.; Etüden für 
Blas- und Schlaginstrumente ; Lehrbücher, darunter 
eine Hornschule und eine Instrumentationslehre. 

Klingemann, - 1) Karl, * 2. 12. 1798 zu Limmer 
an der Leine, f 25. 9. 1862 zu London; lebte ab 
1827 im hannoverschen diplomatischen Dienst in 
London. Er komponierte einige Lieder. Von seiner 
engen Freundschaft mit Felix Mendelssohn-Bar- 
tholdy geben der Text KLs zum liederspiel Die 
Heimkehr aus der Fremde , die Vertonung Bischer 
Gedichte durch Mendelssohn und ein aufschluß- 
reicher Briefwechsel Zeugnis. - 2) Karl, * 29. 11. 
1859 zu London, f 1. 2. 1946 zu Bonn; deutscher 
Theologe, Sohn von K. K., wurde 1883 Pfarrer in 
Alexandria, 1891 Pfarrer und 1906 Superintendent 
in Essen, wo er 1894 den »Evangelischen Kirchen- 
chor« (den späteren »Essener Bachverein«) gründete, 
1913 Generalsuperintendent in Koblenz. Er gab 
Lieder seines Vaters heraus (1893) sowie: Felix 
Mendelssohn-Bartholdys Briefwechsel mit Legationsrat 
Karl Klingemann (Essen 1909), Richtlinien Jur Pfarrer 
und Organisten (mit G.Bcckmann und Hackenberg) . 

Kljngenstein, Bernhard, * 1545, f 1614 zu 
Augsburg; deutscher Komponist, war Schulmei- 
ster bei der Frauenkirche in München, ab 1575 
Domvikar und Kapellmeister am Augsburger 
Dom, aber um 1580 (!) noch Schüler des J. de 
Cleve. Werke: Rosetum Marianum (Dillingen 1604; 
Sammelwerk, nur die Texte von KL), S. Syntpho- 
niarum Uber I (München 1607, l-8st.). 

Ausg.: J. Regnart, Maria fein (Text v. B. K,), hrsg. 
v. H. Osthoff in Chw. XXX, Wolfenbüttel u. Bin 
1934. 

Lit. : O. Ursprung, J. de Kerle, Diss. München 1913 ; 
A. Singer, B. K., Diss. München 1921, maschr.; H. 
Osthoff, Die Niederländer u. d. deutsche Lied, Neue 
Deutsche Forschungen CXCVH (Abt. Mw. VH), Bin 
1938. 

Klingler, Karl, * 7. 12. 1879 zu Straßburg; deut- 
scher Violinist, erhielt den ersten Geigenunterricht 
von seinem Vater, der Violinlehrer am Straßburger 


Städtischen Konservatorium war, trat schon als 
5j ihriger vor die Öffentlichkeit und studierte in 
Berlin ab 1897 bei J. Joachim Violine sowie bei 
M. Bruch und R. Kahn Komposition. 1900 erhielt 
er den Mendelssohn-Preis. 1901/02 gehörte KL 
dem Berliner Philharmonischen Orchester als Kon- 
zertmeister an. 1903-35 wirkte er als Violinlehrer 
an der Berliner Hochschule für Musik. Im Winter 
1905/06 gründete er sein berühmtes Streichquar- 
tett, mit dem er bis 1935 in allen europäischen 
Staaten auftrat; gleichzeitig trat er an Stelle von E. 
Wirth (1906) als Bratschist in das Joachim-Quar- 
tett ein - er spielte auch seit Joachims Tod auf 
dessen Geige, die ihm durch Robert v. Mendels- 
sohn auf Lebenszeit zur Verfügung gestellt wurde. 
Seine Quartettvereinigung, der Richard Heber, 
Fridolin Klingler und Max Baldner (ab 1926 Fran- 
cesco von Mendelssohn) angehörten, zeichnete 
sich durch sorgfältigste Ausgeglichenheit des 
Kla ngs und eine raffinierte technische Vollendung 
aus. Werke: eine Symphonie, ein Violinkonzert, 
Kammermusik (darunter 3 Streichquartette), Lie- 
der. Schrift: Die Grundlagen des Violinspiels (Leip- 
zig 1921). 

Klink, W aldemar, * 14. 2. 1894 zu Heidenheim 
(Mainfranken) ; deutscher Chorleiter, lebt in Nürn- 
berg. KL war zunächst V olksschullehrer, leitete ab 
1928 den »Nürnberger Kammerchor«, mit dem er 
besonders neue Werke von Distier, Thomas, Hes- 
senberg und M. Gebhard aufführte. 1935 über- 
nahm er die Leitung der Nürnberger »Singschule« 
und gründete 1945 die »Nürnberger Singgemein- 
schaft« zur Pflege zeitgenössischer Chormusik. In 
seiner kompositorischen und ausübenden Tätigkeit 
gilt KLs besonderes Interesse der Jugendmusik. Er 
schrieb ein Handbuch Der Chormeister (Mainz 
1952). 

Klitzsch, Karl Emanuel, * 30. 10. 1812 zu 
Schönheide (Erzgebirge), f 5. 3. 1889 zu Zwickau; 
deutscher Kapellmeister, studierte Philologie in 
Leipzig und wirkte bis 1886 als Gymnasiallehrer in 
Zwickau; da er sich gleichzeitig, in der Hauptsache 
autodidaktisch, zum Musiker ausgebildet hatte, 
übernahm er auch die Stelle des Musikdirektors 
der beiden Hauptkirchen in Zwickau sowie die 
Leitung der Muakvereinskonzerte und des A-cap- 
pdla-Vereins. Kl. war Mitarbeiter der NZfM; als 
Komponist von Liedern, des 96. Psalms und einer 
Oper Juana führte er den Namen Emanuel Kro- 
nach. 

Kleiber, Rudolf, * 14. 11. 1899 zu München; 
deutscher Dirigent, studierte Musik an der Mün- 
chener Akademie der Tonkunst (Dirigieren bei 
Hausegger und Röhr, Klavier bei Zilcher, Theorie 
bei Courvoisier) sowie Musikwissenschaft an der 
dortigen Universität (Sandberger), wo er 1927 mit 
einer Dissertation über Die dramatischen Ballette 
von Christian Cannabich promovierte. 1928 über- 
nahm er die musikalische Leitung der Münchener 
Musikbühne (Wanderopcx), 1935 die Leitung der 
Oper und der Konzerte in Regensburg. 1947-49 
dirigierte er das Bayreuther Symphomeorchester 
und war 1950-58 Cnefdirigent des Schwäbischen 
Symphonieorchesters in Reutlingen. KL veröffent- 
lichte ein Taschenbuch der Oper (Regensburg 1951, 
51957). 


935 



Kloppcr 


lOopper, Fritz, * 29. 7. 1889 zu Augsburg, f 15. 
2. 1929 im Sanatorium am Hausstein bei Deggen- 
dorf (Bayern); deutscher Komponist, war Schüler 
der Augsburger Musikschule und der Münchner 
Akademie der Tonkunst bis 1912, ab 1918 als Nach- 
folger von W. Weber Theorielehrer an der Augs- 
burger Musikschule, 1926 wegen der Folgen eines 
Kriegsleidens in den Ruhestand versetzt. KL war 
zugleich Leiter der von ihm gegründeten städti- 
schen Musikbücherei und Dozent der Volkshoch- 
schule. Hauptwerke: Requiem, Messe für A. und 
Streichquartett, Weihnachtsmusik fürKaznmerorch., 
2 Symphonien, Orchestervariationen, 2 Orgelso- 
naten, Sonate für 2 Kl., Klaviertrio, Streichquar- 
tett, Sonatentrilogie (je eine Klavier-, Violin- und 
Cellosonate). 

Klopstock, Friedrich Gottlieb, * 2. 7. 1724 zu 
Quedlinburg, f 14. 3. 1803 zu Hamburg; deutscher 
Dichter, Begründer des Klassizismus in der deut- 
schen Literatur. Sein Drama Die Hermanns-Schlacht 
hat Gluck in seinen letzten Jahren im Kopfe fertig 
komponiert, aber nicht aufgeschrieben. Dagegen 
ist Glucks Vertonung von 7 Oden Kl.s auf uns ge- 
kommen. Weitere wichtige KL- V ertonungen 
stammen von C. Ph. E. Bach, Neefe, Abb6 Stad- 
ler, Zumsteeg, Chr. Fr. G. Schwencke, Spohr, 
Schubert, Stanford, Mahler, R. Strauss und K. v. 
Wolfurt. 

Ausg.: »Klopstocks Oden und Lieder beym Clavier 
zu singen, in Musik gesetzt von Herrn Ritter Gluck« 
(Wien 1785/86), hrsg. v. G. Beckmann, - Veröff. d. 
Gluckges., Lpz. 1917. 

lit: O. Koller, K.-Studien, Jahiesber. d. Landes- 
Oberrealschule in Kremsier, 1889. 

Klose, Friedrich, * 29. 11. 1862 zu Karlsruhe, 
t 24. 12. 1942 zu Ruvigliano (Tessin) ; Schweizer 
Komponist, war Schüler von V. Lachner in Karls- 
ruhe sowie von A. Rudhardt in Genf und Bruck- 
ner in Wien, 1906 Lehrer am Basler Konservato- 
rium, 1907-19 Kompositionslehrer an der Münch- 
ner Akademie der Tonkunst, lebte ab 1920 wieder 
in der Schweiz, erst in Thun, dann im Tessin. 
KLs Schaffen gehört (ähnlich wie das Pfitzners) der 
musikalischen Nach- und Neuromantik an; nur 
daß sich in ihm neben dem Wagnerschen stärkere 
Einflüsse von Berlioz, Liszt, Bruckner her in eigen- 
tümlicher Weise mischen. Werke: Tondichtung 
Loreley (1884), Messe D moll für Soli, Chor, Orch. 
und Org. op. 6, Elegie für V. op. 7, Motette Vidi 
aquam op. 10, Das Leben ein Traum (nach Grillpar- 
zer) für Orch. und Org. mit Schlußchor, Oper 
Üsebill (1903), Doppelfuge für Org. und Bläser 
(1907), Streichquartett Es dur (1911), Chorwerke 
Die Wallfahrt nach Keuelaar (Text von H. Herne; 
1911), Ein Festgesang Neros (1912) und Der Sonne- 
Geist (Text von A.Mombert; 1917), Giordano- 
Bruno-Lieder (1918), weitere Lieder und Männer- 
chöre. Manuskript blieben mehrere Opern, eine 
Kantate (Arielszene aus Faust 2. Teil) fürT., Frauen- 
chor und Orch., die Tondichtungen Jeattne öl Are 
(1882), König Elf( 1884), Das Märdien (1893), Or- 
chesterwerke und Klavierstücke. Der Nachlaß KLs 
wird in der Basler Universitätsbibliothek verwahrt. 
1927 veröffentlichte KL ein Erinnerungsbuch Meine 
Lehrjahre bei Bruckner (Deutsche Musikbücherei 
LXI, Regensburg}. Eine Festschrift zu seinem 80. 


Geburtstag, herausgegeben von W. Jesinghaus, 
erschien in Lugano 1942. Seine Schwester Amelie 
KL lebte als Pianistin in Karlsruhe. 

Lit: H. Knappe, Fr. K., Zeitgenössische Kompo- 
nisten HI, München 1921 ; E. Refardt, Fr. K.s kom- 
positorischer Nachlaß, SMZ XC1U, 1953. 

Klose, H. -► Deppe, Ludwig. 

Klos£, Hyacinthe Eleonore, * 11. 10. 1808 auf 
der Insel Korfu, f 29. 8. 1880 zu Paris; französi- 
scher Klarinettist, kam jung nach Frankreich, war 
anfangs Militärmusiker, 1839-68 als Nachfolger 
seines Lehrers Berr Professor am Pariser Conser- 
vatoire. KL ist bekannt durch die Übertragung des 
Böhmischen Ringklappensystems auf die Klarinette 
(mit Auguste Buffet, 1844) ; auch schrieb er Soli, 
Duette, Phan tasien, Etüden, eine Mithode pour ser- 
vir h Venseignement de la clarinette ä anneaux mobiles 
(Paris 1843, neueste Ausgabe herausgegeben von 
P. Jeanjean und A. Parier 1942, englische Ausgaben 
London 1874 und 1906). 

Lit: F. G. Rendall, The Clarmet, London (1954, 
21957). 

Klose, Margarete (verehelichte Bültemann), * 6. 
8. 1905 zu Berlin; deutsche Opemsängerin (Alt), 
studierte am Klindworthr-Scharwcnka-Konserva- 
torium und kam nach Engagements in Ulm (1928) 
und Mannheim (1929-31) 1931 an die Berliner 
Staatsoper, an der sie noch heute tätig ist. M. Kl 
trat auch bei den Bayreuther Festspielen und als 
Gast im Ausland auf, u. a. am Teatro Colön in 
Buenos Aires. 

Klotz (Kloz), deutsche Violinbauerfamilie in Mit- 
tenwald an der Isar. Als ältester Vertreter wird - 
1) Ägidius genannt (um 1675); ein jüngerer Ver- 
wandter anderer Linie, - 2) Mathias, * 11. 6. 
1653, f 16. 8. 1745, begründete den Ruf der Fa- 
milie. Mathias KL ging angeblich 1663 in die 
Werkstätte von Nicola Amad nach Cremona, ar- 
beitete aber nachweislich lange in Padua (laut Lehr- 
brief) und ließ sich 1683 in Mittenwald nieder. 
Söhne von Mathias KL sind: - 3) Georg (1687 bis 
1737); - 4) Sebastian (1696-1768) und - 5) Jo- 
hann Karl (1709- um 1790). Weitere Geigenbauer 
aus der Familie Kl. sind die Söhne des Sebastian 
KL: - 6) Ägidius (1733-1805) und - 7) Josef 
Thomas (1743-1809); die Söhne dieses Ägidius 
KL : - 8) J o s ef Anton (1760-1822), - 9) S eb as ti an 
(1762-1825) und - 10) Anton Tosef (1787-1835); 
ferner die Söhne des Anton Josef Kl. : - 11) Niko- 
laus (1814-61) und - 12) Georg (1823-97). Eine 
große Zahl der von den KL gebauten Violinen 
gelten als Stainerschc Instrumente. Die auf Mathias 
Kl. zurückgehende, noch heute blühende Mitten- 
walder Geigenindustrie wird durch eine Staatliche 
Geigenbauschule gefördert 1890 wurde Mathias 
KL in Mittenwald ein Denkmal errichtet. 

Lit: W. L.v. Lütgendorff, Die Geigen- u. Lauten- 
mach«: vom MA bis zur Gegenwart Ffm. *-*1922. 

Klotz, Hans, * 25. 10. 1900 zu Offenbach; deut- 
scher Organist studierte Musik am Hochschen 
Konservatorium in Frankfurt (Sekles, Renner), am 
Leipziger Konservatorium (Straube, Teichmüller, 
Grabner) und Orgel bei Widor in Paris, Musik- 
und Kunstwissenschaft bis zur Promotion 1927 an 
der Universität Frankfurt Ab 1928 war er Kantor 
und Organist sowie Leiter des Bachvereins in 


936 



Knab 


Aachen, 1946-54 Kirchenmusikdirektor an St. Ni- 
kolai in Flensburg, lehrte daneben 1950-53 an der 
Schleswig-Holsteinischen Musikakademie in Lü- 
beck, ist seit 1954 Leiter des Instituts für Evange- 
lische Kirchenmusik an der Musikhochschule Köln 
(Professor). KL schrieb Chormusik a cappella 
(Salve Regina 1950, Alma Redemptoris 1951, Missa 
in A 1952, Ave Regina 1953) und veröffentlichte : 
Über die Orgelkunst der Gotik , der Renaissance und 
des Barock (Kassel 1934), Das Buch von der Orgel 
(Kassel 1938, 51955), Zur Registrierkunst in der klas- 
sischen Zeit des Orgelspiels ; MuK n, 1930, und an- 
dere Aufsätze in Ächzeitschriften. 


Klughardt, August Friedrich Martin, * 30. 11. 
1847 zu Köthen, j 3. 8. 1902 zu Dessau; deutscher 
Kapellmeister, war am Theater in Posen, Lübeck 
und Weimar, wo er zum Großherzoglichen Mu- 
sikdirektor ernannt wurde. 1873 wurde er Hofka- 
pellmeister in Neustrelitz, 1882 in Dessau. Werke: 
3 Stücke für Streichorch. op. 14, Siegesouvertüre 
op. 26, Tondichtung Lenore op. 27, Ouvertüre Im 
Frühling op. 30, I. Symphonie F moll op. 34, II. 
Symphonie D dur Waldleben op. 37, 1. Orchester- 
suite Amoll op. 40, Konzertouvertüre op. 45, 
Festouvertüre op. 54, DI. Symphonie C moll op. 
57, II. Orchestersuite Auf der Wanderschaft op. 67, 
IV. Symphonie C moll op. 71, Festouvertüre op. 
78, Capriccio, Gavotte und Tarantelle für Orch. 
op. 87; ein Violinkonzert, ein Cellokonzert, ein 
Oboenkonzert; Kammermusik, darunter 2 Streich- 
quartette und Phantasiestücke Schilf lieder (nach 
Lenau) für Kl., Ob. und Va; Oratorien Die Zer- 
störung Jerusalems, Judith, Die heilige Nacht und Die 
Grablegung Christi; kleinere Chorwerke; Lieder; 
Opern Mirjam (Weimar 1871), Iwein (Neustrelitz 
1879), Guarun (ebenda 1882), Die Hochzeit des 
Mönchs (Dessau 1886, als Astorre Prag 1888). 

Lit.: L. Gerlach, A.K1., Lpz. 1902. 


Ktussmaxin» Ernst Gemot, *25. 4. 1901 zu Ham- 
burg; deutscher Komponist und Musikpädagoge, 
Schüler von Woyrsch, J. Haas und S. von Haus- 
egger, war 1925-42 Theorielehrer an der Rheim- 
sdien Musikschule und der Musikhochschule Köln, 
1942-50 Direktor der Schule für Musik und Thea- 
ter in Hamburg, bei deren Umwandlung zur 
Hochschule für Musik (1950) er stellvertretender 
Direktor wurde. Werke: 5 Symphonien (1934, 
1936, 1939, 1943, 1951), Edda-Suite, Konzert für 
Org. und Orch., Cellokonzert, Hymne (Hölderlin) 
für Chor und Orch., 2 Streichquartette und Kla- 
vierlieder. 


Knab, Armin, * 19. 2. 1881 zu Neu-Schleichach 
(Unterfranken), 1 23. 6. 1951 zu Bad Wörishofen; 
deutscher Komponist und Musikschriftsteller, 
wuchs in Kitzingen am Main auf und studierte in 
Würzburg und München Jura (Promotion 1904) 
sowie Musik. Nach dem ersten bestimmenden 
Liedschaffen (1903-07) führte Berufsverdrängung 
durch den juristischen Dienst zu einer schweren 
Lebenskrise, die er erst in Rothenburg ob der Tau- 
ber allmählich überwand. Ab 1913 hier Amts- 
richter, 1927 Landgerichtsrat in Würzburg, wurde 
er 1934 Lehrer (1935 Professor) an der Hochschule 
für Musikerziehung und Kirchenmusik in Berlin, 
lebte ab 1943 zunächst in Würzburg, nach dem 
Kriege in Kitzingen (dort auch sein Grab) und zu- 


letzt wieder in Würzburg. - Durch seine lyrische 
Veranlagung und seinen Rang als Melodiker wurde 
Knab in lange verborgener Schaffensstille zu 
einem bedeutenden Erneuerer des spezifisch lied- 
haften, das er mit starker Eigenart seit 1903 im 
Klavier- und Lautenlied, von daher nach 1920 im 
Chorlied (führend beteiligt auch an der Hebung 
des harmonisch übersättigten Männerchorstils), in 
Kantate wie Bühnenspiel und schließlich im Ora- 
torium verkörperte. Auch seine Instrumental- 
werke gehen meist von Lied- und Tanzformen aus. 
Im bewußten Gegensatz zur Aufweichung der 
Form durch die deklamatorisch freizügige, von 
Einzelwortgehalten wie vom motivischen Schwer- 
gewicht des Klavierparts bestimmte Diktion seit 
H. Wolf knüpft er an die Linearität und Tektonik 
des (zumal älteren) Volksliedes und von hier aus 
an Schuberts Liedprinzip an und vergeistigt die 
dichterische Substanz in musikalisch eigengesetzr- 
lich entwickelter Melodik. Ihr sanglicher Organis- 
mus ist durch Entsprechungen zwischen seinen 
Baugliedem bis ins letzte ausgewogen, die Beglei- 
tung wird bei hohem Charakterisierungsvermögen 
immer einfacher und s timmi ger durchgebildet. 
Neben der Vielfalt der Ausdrucksebenen, auf 
denen er die Lebensganzheit vom Kinderreim bis 
zum Ringen um die letzten Dinge gestaltet, rea- 
giert er auf den Eigenklang seiner Dichter mit 
einer Fülle von differenzierten Einzel Stilen. Gegen- 
über dem Farbenspiel bloßer Stimmungsmalereien 
gelangt er mit klarer Diatonik zu plastischer Prä- 
gnanz und verbindlicher Objektivierung der Erleb- 
nisinhalte. Fern von exklusiver Komplizierung der 
Kunstmittel erfüllt sich »neues Ich-Gefühl« wie 
»Gemeinschaftserleben« vor allem in der zentralen 
Rolle des Strophenliedes. Mit ihm sucht er auch 
die Kluft zwischen Volks- und Kunstmusik zu 
verringern; seine Schlichtheit bezeugt indessen 
nicht billige Volkstümlichkeit, sondern äußerste 
Verdichtungskraft und strenge Ökonomie der 
MitteL Stilbezeichnend sind absolute Liedweisen, die 
aus Sololiedem zu Chorsätzen werden können und 
selbst unbegleitet tragfähig bleiben. Sein vielseiti- 
ges Schrifttum ist aus der Wechselwirkung von 
»Tun und Denken« hervorgegangen und enthält 
geschichtlich fundiert seine Kunstlehre. Jenseits 
von Handwerksregeln ist sie auf eine viel höhere und 
feinere Schulung des Gefühls für das Musikalische be- 
dacht . Mit Hinweisen aut überpersönliche und 
überzeitliche Formgesetze sucht K. die zersplit- 
terten Kräfte der Gegenwart auf gemeinsame Auf- 
gaben einer musikalischen Volkskultur hin zu 
einigen. Hauptwerke (mit Entstehung^ ahren ; die 
grundlegenden Liederreihen von 1903-07 er- 
schienen in endgültiger Fassung und ergänzt erst 
1921-29, die Werke ab etwa 1924 meist bald nach 
Entstehen) : Lieder mit KL: Natur- (1903-06), 
George- (1904-21), Dehmel- (1905-25), Mombert- 
(1905-23), Wunderhom- (1904-20), Kinder - (1906 
bis 1922), Eichendorff-Ueder (1918-22), Litauische 
Lieder (1919-26), Liebesklagen (1922), Neue Kinder- 
lieder (1929), 12 Lieder (meist 1936-38), 8 Lieder 
(1921-43), Sonne und Regen (meist 1944), 12 Goethe- 
Lieder (meist 1945-46, davon 8 auch mit Streich- 
quartett), Die Stemseherin Lise (1943-46, 3 Lieder), 
An eine Rose (1945-47, 4 Lieder), 3 Lieder nach 
Kerner (1944-48). - Lieder mit anderen Instr.: Le- 
gende mit Orch. (1906-34), Lauten-Lieder (1905-20), 


937 



Knab 


Alte Kinderreime (1931, auch chorisch), Kindheit 
mit 2 V. (um 1929, auch chorisch), 4 Lieder mit 
Org. (1929), 4 geistliche Lieder mit Org. (1933-47), 
Knechtsballade (Billinger-Zyklus für T. und Streich- 

S itty 1940), Rosa mystica (6 Sinnsprüche nach 
Lus Silesius für A. und Va, 1944). - Chor- 
und -Zyklen (wo nicht anders vermerkt: 
a cappella) : Das Weberlied für T., Mannerchor und 
KL (1906), Steht auf ihr lieben Kinderlein (1925, er- 
weitert als Chorlieder und Kanons für Kinder- und 
Frauen-St. 1930), Chorwerk Zeitkranz (1927-28), 
4 Männerchöre Die Bauern (1930, daraus 3 Bauern - 
lieder für gern. Chor), Trauerode für Mannerchor 
(1930), 2 Zeitlieder für Ist. Chor und Blas- oder 
Strdchorch. oder Kl. (1930, dann meist in: Werk- 
feier, 7 Lieder der Arbeit 1940), Streitlied zwischen 
Leben und Tod für gern. Chor (um 1930), 2 Man- 
nerchöre mit Blasorch. Der deutsche Morgen (1933, 
Nr 2 auch für gern. Chor), Drei Liebeslieder für 
gern. Chor (1935), 4 Eichendorff-Lieder für gern. 
Chor (ab 1934, daraus 3 je für Männer- und Frauen- 
chor), 3 Frauenchöre Brot und Wein (1951), Ist auch 
der Sommer gangen (6 lieder für gern. Chor, Män- 
ner- und Frauenchor, 1951). - Kantaten und andere 
größere Werke: Kantate Mariä Geburt (1921-23, 
Bearbeitung aus den Wunderhorn-Liedem), Weih- 
nachtskantate (1931-32, umgearbeitet 1945), Hym- 
nen Das heilige Ziel für gern. Chor, Sänger, Spre- 
cher, Sprechergruppe und Orch. (1935-36), Mär- 
chenkantate Vom Bäumlein . . . (1941), Deutsche 
Jahreskantate (1944), Solokantaten Vanitas mundi 
und Engelsgruß (1946), Oratorium Das gesegnete 
Jahr (1935-43), Kantate Till Eulenspiegel (1950), 
Melodram In Bulemanns Haus zum Tanzen mit Kl. 


Knabe & Cie*, amerikanische Pianofortefabrik, 
gegründet von Wilhelm Knabe (* 3. 6. 1803 zu 
Kreuzburg, Oberschlesien, f 21. 5. 1864 zu Balti- 
more) 1837 in Baltimore. 1839-54 war Henry 
Gaehle Teilhaber. Nachfolger Knabes wurden 
seine Söhne Ernest (1827-94) und William 
(1841-89), sein Schwiegersohn Charles Keidel, 
dann seine Enkel Ernest J. (* 1869) und William 
Knabe (1872-1939). Die Firma ging 190® in der 
American Piano Company auf, die später mit 
der Aeolian-American Corporation verei- 
nigt wurde und ihren Sitz in East Rochester (New 
York) hat. 

Knappertsbusch, Hans, * 12. 3. 1888 zu Elber- 
feld; deutscher Dirigent, studierte zuerst Philoso- 
phie in Bonn, ab 1908 Musik bei Fr. Steinbach, O. 
Lohse und Uzielli, war 1910-12 Theaterkapell- 
meister in Mühlheim an der Ruhr, in diesen Jahren 
auch Assistent von H. Richter und S. Wagner bei 
den Bavreuther Festspielen, 1913-18 Opemdirek- 
tor in Elberfeld. 1918 wurde er 1. Kapellmeister am 
Stadttheater Leipzig, 1919 in Dessau als Nachfolger 
Mikoreys Opemdirektor, 1920 zum GMD ernannt, 
1922 als Nachfolger Bruno Walters nach München 
berufen. Von den Nationalsozialisten entlassen und 
mit Dingierverbot belegt, übernahm er 1936 die 
kommissarische Leitung der Wiener Staatsoper 
und wirkt seit 1945 als Gastdirigent, hauptsächlich 
in München und an den Bayreuther Festspielen. 
Kn., auch als Bruckner-Dirigent hoch geschätzt, 
wirkt vor allem durch die Vermeidung jedes 
äußeren Effekts und arbeitet die dem Werk eigene 
Spannung sorgfältig heraus. 

Lit: R. Betz u. W. Panofsky, K., Ingolstadt 1958. 


(1918), 9 Bühnenmusiken, 6 Marchenspide. - 
Volksliedbearbeitungen und -kantaten: insgesamt 
über 350 Sätze. - Instrumentalmusik: Marionetten- 
spiel-Ouverture (1906), Ländliche Tänze für KL 
(1927, auch für Streichquartett), Klaviersonate 
E dur (1928), Variationen über ein eigenes Kinderlied 
für Streichquartett (1931), 8 Klavierchoräle (1933 
bis 1934, davon 7 auch für Org., 1940), Undegger 
Ländler für KL (1935, auch für Klaviertrio), Suite 
im alten Stil für Streichorch. (1937), Suite G dur 
für KL oder Cemb. (1937), 24 Variationen Über ein 
lied (Es war ein Markgraf) für V. solo (1937, davon 
17 mit Fuge für R solo, 1950), Sonate für 2 
BlockfL und Cemb. (1937-38), Pastorale und Allegro 
für 2 BlockfL und Gitarre (1938-39), Klaviersuite 
Aus alten Märchen (um 1939), Sonatine für 2 
BlockfL (1941), Polyphone Studie für KL (um 1942), 
Festlicher Reigen für Streichquartett oder -orch. 
und Kb. ad libitum (1943), Serenade für 5 Holz- 
bläser, Orchestersuiten aus den B ühnenmusiken 
sowie aus der Filmmusik. Bustelli (1949). Eine Aus- 
wahl aus den über 100 Aufsätzen gab H. Wegener 
1958 unter dem Titel »Denken und Tun« heraus 
(Berlin, mit Gesamtverzeichnis). 

Lit.: E. Whss-Mann, Über A. K.s Melodik, in: Die 
Laute V, 1922; dies., A. K, in: Die Musikwelt V, 
1925; dies.. Ein Zeitloser, in: Musica V, 1951 ; anon. 
(Fr. Jöde), Vom einstimmigen Liede, in: Die Musi- 
Jantengüde H, 1924; O. Lang, A. K., München 1937; 
H. Wegener, A.K., in: Neue Musikzeitschrift n, 
1948; ders., Zum Chorschaffen A. K.s, in: Der Chor 
in, 1951 ; ders., A. K.s letztes Chorvermächtnis, 
ebenda IV, 1952; H. J. Moser, Musikästhetik, - 
Slg Göschen CCCXLIV, Bin 1953. HW 


Knauth, Robert -► Franz. 

Knecht, Justin Heinrich, * 30. 9. 1752 und 
t 1. 12. 1817 zu Biberach (Württemberg); deut- 
scher Organist, war 1771-92 Organist und Diri- 
gent in Biberach, 1807 Hofkapellmeister in Stutt- 
gart. Intrigen verleideten ihm jedoch diese Stel- 
lung, und schon 1809 kehrte er nach Biberach zu- 
rück. Kn. war als Organist außerordentlich an- 
gesehen, nur Abb6 Vogler stellte mar» über ihn. 
Von seinen Kompositionen sind zu nennen: eine 
Symphonie Tongemälde der Natur , im Programm 
identisch mit Beethovens Pastoralsymphome, den 
gleichen Vorwurf bearbeitete er auch als Orgd- 
sonate Die unterbrochene Hirtenwonne; Konzertduett 
Mirjam und Deborah (aus Klopstocks Messias); 
Psalmen; ein doppdehöriges Te Deum; Messen; 
Opern; Singspiele; Mdodrama Das Lied von der 
Glocke (Schiller); Orgelstücke; Klaviervariationen 
und -sonatinen; Flötenduette; Arien; Hymnen; 
2 Choralbücher (württembergisches, bayerisches). 
Als Theoretiker ist Kn. der Repräsentant des auf 
die Spitze getriebenen Schematismus des Terzen- 
aufbaues (bis zu T erzdezimen- Akkorden auf allen 
Stufen der Tonldter). Er schrieb: Erklärung eini- 
ger . . . mißverstandenen Grundsätze aus der Vogler - 
sehen Theorie (Ulm 1785); Gemeinnützliches Elemen- 
tarwerk der Harmonie und des Generalbasses (4 Bände, 
Augsburg 1792-97, München 21814) ; Kleines alpha- 
betisches Wörterbuch der . . . musikalischen Theorie 
(Ulm 1795); Vollständige Orgelschule (3 Bände, 
Leipzig 1795—98, ein französisches Plagiat davon 
gab J. F. E. Martini zu Paris heraus); Theoretisch- 
praktische Generalbaßschule , (Frdburg L Br. 


938 



Kniese 


Jahr) ; Kleine Theoretische Klavierschule für die ersten 
Anfänger (2 Bände, München 1800-02, 2. Aufla g e 
als Bewährtes Methodenbuch , Freiburg i. Br. ohne 
Jahr) ; Kleine praktische Klavierschule (4 Hefte, Mün- 
chen ohne Jahr) ; Allgemeiner musikalischer Katechis- 
mus (Biberach 1803, Freiburg L Br. 51824) ; Luthers 
Verdienste um Musik und Poesie (Ulm 1817). Theo- 
retische Artikel von Kn. stehen in den ersten Jahr- 
gängen der Leipziger AmZ und der Speyerschen 
Musikalischen Realzeitung. 

Lit: E. Kauffmann, J. H. Kn., Tübingen 1892; Rie- 
mann MTh; A. Bopp, Das Musikleben d. freien 
Reichsstadt Biberach, = Veröff. d. Musikinst d. 
Univ. Tübingen VII, Kassel 1930. - A. Sandberger, 
in: Ausgew. Aufsätze zur Mg. II, München 1924, 
S. 154 ff. 

Kneflel, Johannes (Knefel, KnÖfel, Knöf- 
f el, Knof elius) , * zu Lauban; deutscher Kompo- 
nist des 16. Jh., ist nachweisbar 1569-71 als herzog- 
licher Kapellmeister in Liegnitz, 1576-83 als Ka- 
pellmeister Ludwigs VI. in Heidelberg, 1592 als 
Organist an St. Heinrich in Prag. Wahrscheinlich 
war er auch einige Zeit in Breslau tätig. Von ihm 
erschienen: Dulcissimae quaedam cantiones , 32 5-7st. 
Motetten (Nürnberg 1571) ; Cantus choralis, 37 5st. 
Ordinariumssätze (Nürnberg 1575) ; Cantiones Piae, 
20 5-6st. Motetten (Nürnberg 1580) ; 23 Newe Teut - 
sehe Liedlein, 5st. (Nürnberg 1581) ; Novae Melodiae, 
30 6st. Motetten (Prag 1592) ; von den handschrift- 
lich erhaltenen Stücken ist bemerkenswert eine 
6st. Missa . . . quam Imperatori Rudolpho dedicavit 
Vratislaviae im Manuskript Bdrtfa 15. 

Ausg.: eine Motette, hrsg. v. Fr. Commer, Musica 
sacra XDC; ein 5st Lied, hrsg. v. C. Clewing, in: 
Denkmäler deutscher Jagd-Kultur III, Neudamm u. 
Kassel 1938; ein 5st. Lied, hrsg. v. H. Osthoff, in: 
Das deutsche Chorlied, = Das Musikwerk, Köln o. J. 
Lit: B. A. Wallner, Musikalische Denkmäler d. 
Steinätzkunst München 1912; O. Gombosi, Die Mu- 
sikalien d. Pfarrkirche zu St Aegidi in Bdrtfa, Fs. 
J. Wolf, Bin 1929; N. Hampel, Deutschsprachige pro- 
testantische Kirchenmusik Schlesien, Diss. Breslau 
1937; W. Scholz, Zu J. Kn., AfMf VH, 1942. 

Kneip, Gustav, * 3. 4. 1905 zu Beningen (Loth- 
ringen); deutscher Komponist studierte bei Mi- 
chalek, H. Abendroth, Epstein, Bölsche und H. 
Unger am Kölner Konservatorium, war 1924-27 
Schauspielkapellmeister am Bonner Stadttheater, 
dann Tonmeister und ab 1933 Referent für Volks- 
musik am Kölner, 1936-45 am Saarbrücker Rund- 
funk. Werke: Opern Heliodor (1927), Toda (1928), 
Des Pudels Kern (1928), Bretonische Hochzeit (1941), 
Schinderhannes (1942), Kinderoper Christkinds Er- 
denreise (1929), Oratorium Das deutsche Vaterunser 
(1932), Schauspielmusiken, Kammermusik, Lieder. 

Kneisel, Franz, * 26. 1. 1865 zu Bukarest t 26* 
3. 1926 zu New York; österreichischer Violinist 
Sohn eines aus Olmütz stammenden Militärkapell- 
meisters, besuchte das Konservatorium in Buka- 
rest und 1879-82 das zu Wien (J. Hellmesberger 
jun.), wurde dann Soloviolinist im Hofburgthea- 
ter-Orchester, ging 1884 als Konzertmeister in 
Bilses Orchester nach Berlin und 1885 als Konzert- 
meister zum Boston Symphony Orchestra. In die- 
ser Stellung blieb er bis 1903; ab 1905 war er Leiter 
der Violinklassen des Institute of Musical Art in 
New York. 1885 gründete Kn. mit E. Redler, 
Louis Sveöenski und Fritz Giese das seinen Namen 


tragende Streichquartett, dessen 2. Violine später 
Otto Roth (1887-99), Karl OndHöek (1899-1902), 
T. Theodorowicz (1902-07), Julius Röntgen (1907 
bis 1912) und Hans Letz (1912-17) und dessen Vio- 
loncell später A. Hekking (1889-91), Alwin Schroe- 
der (1891-1907) und Willem Willeke (1907-17) 
übernahmen. 1903 siedelte das Quartett nach New 
York über, 1917 wurde es aufgdöst. Werke: Kon- 
zertetüde für V. ; Advanced Exercises (1900) ; Samm- 
lung von Violinstücken (3 Bände, 1900) ; Principtes 
of Violin Bowing (New York 1925). Kn. hei- 
ratete 1887 die Österreichische Violinistin Mari- 
anne Thoma (1870-1934). Auch sein Sohn 
Frank Kn. ist als Violinist hervorgetreten. 

Knepler, Georg, * 21. 12. 1906 zu Wien; öster- 
reichischer Musikschriftsteiler, studierte Musik- 
wissenschaft an der Universität Wien und promo- 
vierte dort 1930 mit einer Arbeit über Die Form in den 
Instrumentalwerken Johannes Brahms \ Neben den 
wissenschaftlichen Studien erhielt er eine Ausbil- 
dung zum Dirigenten und wirkte als Korrepetitor 
und Kapellmeister an den Opembühnen in Mann- 
heim, Wiesbaden und Wien, leitete auch Opem- 
aufführungen bei BBC London. K., der seit 1949 
in Ost-Berlin lebt, leitet dort die Hochschule für 
Musik und ist eine der einflußreichsten Gestalten 
in der Organisation des ostdeutschen Musiklebens. 
Er veröffentlichte eine Reihe von stark ideologisch 
bestimmten Artikeln und Vorabdrucke aus einer 
in Arbeit befindlichen Geschichte der Musik von der 
französischen Revolution bis heute in Zeitschriften, 
u. a. in Wien (»Tagebuch«), Berlin (»Musik und 
Gesellschaft«), Moskau (»Sowjetskaja Musyka«) 
und Prag (»Hudebni Rozhledy«). 

Knetsch, Berthold, * 16.3.1855 zu Zedlitz 
(Kreis Schweidnitz), *}■ Anfang Oktober 1923 zu 
Berlin; deutscher Musikpädagoge, besuchte 1872 
bis 1875 das Lehrerseminar in Breslau (Orgelschü- 
ler von Brosig), war Lehrer und studierte noch an 
den Konservatorien von Stettin und Leipzig. 1878 
bis 1887 wirkte er als Lehrer am Konservatorium 
in Stettin, nahm 1891-93 an dessen Leitung teil, 
gründete dann aber eine eigene Klavier- und Theo- 
rieschule, die er bis 1906 (ab 1899 unter dem Namen 
Riemann-Konservatorium) leitete. 1907 siedelte er 
nach Berlin über und wurde dort 1908 Dozent für 
Musikwissenschaft an der Freien Hochschule. 
Kn. schrieb: Die Organisation des Unterrichts im 
Riemann-Konservatorium . . . (Stettin 1903), Grund- 
lagen für das Verständnis des musikalischen Kunst- 
werks (Berlin 1911). 

Kniese, Julius, * 21. 12. 1848 zu Roda, jetzt 
Stadtroda (Thüringen), f 22. 4. 1905 zu Dresden; 
deutscher Kapellmeister, studierte 1868-70 unter 
Brendel und K. Riedel in Leipzig. Nachdem er sich 
als Orgel- und Klaviervirtuose bekannt gemacht 
hatte, übernahm er 1871-76 die Direktion der 
Singakademie in GLogau, wurde 1876 Dirigent des 
Rünlschcn Gesangvereins und des Wagner-Ver- 
eins in Frankfurt am Main, 1884 Nachfolger Ferdi- 
nand Breunungs (1830-83, in Aachen ab 1865) als 
Städtischer Musikdirektor in Aachen. 1887-89 
lebte er in Breslau, danach in Bayreuth, wo er 
schon ab 1882 Chormeister der Festspiele und mit 
C. Wagner Leiter der Stilbildungsschule war. Von 
seinen Kompositionen sind gedruckt 4 Hefte Lie- 


939 



Knigge 


der, als Manuskript auf geführt eine Tondichtung 
Frithjof, eine Oper Jery und Bätely (1937) und das 
Vorspiel einer Oper König Wittichis (1879). Tage- 
buchblätter aus dem. Jahre 1883 gab seine Tochter 
Julie Kn. heraus: Der Kampf zweier Welten um das 
Bayreuther Erbe (Leipzig 1931). 

Knigge, Adolf, Freiherr von, * 16. 10. 1752 zu 
Bredenbeck, f 6.5. 1796 zu Br e men; deutscher 
Schriftsteller, bekannt als Verfasser des Umgangs 
mit Menschen , ist hier zu nennen wegen seiner Über- 
setzung von Mozarts Figaro für die Schrödersche 
Truppe in Hamburg (1791) ; auch hat er, wie er in 
der Autobiographie Aus einer alten Kiste (1853) be- 
richtet, noch eine italienische Oper II Talismano 
(wahrscheinlich den T. von Salieri, Wien 1788) 
übersetzt und sechs schlechte Klaviersoli (Offen- 
bach 1781) herausgegeben. 

Knight (nait), Joseph Philip (Pseudonym Phi- 
lip Mortimer), * 26.7.1812 zu Bradford-on- 
Avon, f 2. 6. 1887 zu Great Yarmouth; englischer 
Komponist, Schüler von Corfe in Bristol, lebte 
1839-41 in Nordamerika, war später 2 Jahre Pfar- 
rer an St. Agnes auf den Srillymseln, kehrte aber 
nach England zurück und ließ im Laufe der Zeit 
über 200 populäre Lieder, Duette und Terzette 
herausgeben. Auch schrieb er ein Oratorium 
»Jephthas Tochter«. 

Knipper, Lew Konstantinowitsch, * 22. 11. (4. 
12.) 1898 zu Tiflis; russischer Komponist und Diri- 
gent, studierte bei Jamach in Berlin sowie bei 
Glifcre, Schiljajew und J. F. Gnessina in Moskau. 
Nachdem er zunächst eine zeitgemäße Richtung 
vertreten hatte, wandte sich Kn. m den 30er Jahren 
einem populäreren symphonischen Stil zu. Er ver- 
wertet gern charakteristische Melodien asiatischer 
Völker, die er auch selbst vor allem in Tadschiki- 
stan (1931/32) und der Mongolei (1946) sammelte. 
Werke: 14 Symphonien, zum Teil mit Chor; 
2 Sinfoniette; Orchestersuiten, darunter Soldatsktje 
pesni (»Soldatenlieder«, 1948); Gomaja serenada 
(»Bergserenade«) für Streichorch. (1942, 2. Fassung 
1945); Skaski gipsowowo boschka (»Erzählungen des 
Gipsgötzen«) für Orch. (1924); Violinkonzert 
(1942); Cellokonzert (1953); Opern, darunter 
Sewemyj weter (»Nordwind«, 1930) und NaBqjkale 
(»Auf oem Bajkalsee«, 1948); Ballette; Filmmusi- 
ken; Lieder; Volksliedbearbeitungen; Streichquar- 
tett (1942); Klavierstücke. 

Knittl, Karl, * 4. 10. 1853 zu Polna (Böhmen), 
t 17. 3. 1907 zu Prag; tschechischer MusikpäcU 
agoge, besuchte 1875-79 die Orgelschule (Skuher- 
sky) in Prag und studierte 1879 noch Dirigieren bei 
Smetana, war 1877-1901 Gesanglehrer an Mittel- 
schulen, 1877-90 und wieder 1897-1901 Dirigent 
des Gesangvereins Hlahol, wurde 1882 Lehrer des 
Orgelspiels und der Harmonielehre an der Orgel- 
schule, 1890 Professor derselben Fächer am Konser- 
vatorium und 1901 administrativer Direktor neben 
Dvofäk als artistischem Direktor, nach dessen 
Tode 1904 allein Leiter der Anstalt. Kn. schrieb: 
eine Lehre vom homophonen Satze ; Beispiele zur all- 
gemeinen Musiklehre (3 Hefte), viele Aufsätze; Or- 
chesterwerke, Kammermusik, Klavierstücke, Kan- 
taten, Chöre, Lieder. 

Knöchel, Wilhelm, * 3. 1. 1881 zu Krefeld; 
deutscher Komponist, Sohn eines Organisten und 

940 


Musiklehrers, studierte in Köln bei Othegraven, 
Krögel und Franke, in Krefeld bei Laugs und Mül- 
ler-Reuter, gründete 1912 in Moers eine Musik- 
schule, die er nach dem Kriege wieder neu auf- 
baute, und setzte ab 1921 seine Studien in Berlin 
bei W. Klatte fort. Er lebte dann in Berlin als Diri- 
gent und Komponist und ist seit 1949 wieder in 
Moers ansässig. Er schrieb: Oratorium Sintflut 
(1910), Märchensfiel KleinBodos Schutzengel , Män- 
nerchorwerke, Sinfonia brevis (1923), Klavier- 
quintett für Ritter-Instrumente, 2 Streichquartette, 
Streichtrio. 

Knöfel, Johannes (Knöffel) -► KneffeL 

Knopf, Martin, * 2. 2. 1876 zu Treuenbrietzen; 
deutscher Operettenkomponist (Pariser Luft, Kleine 
Hoheit, Decolleti & Co., Der Traum vom Glück, Die 
Mädeb von Davos). 

Knorr, Ernst Lothar von, * 2. 1. 1896 zu Eitorf 
(Rh einland ) ; deutscher Komponist, studierte ab 
1909 am Kölner Konservatorium (Violine bei El- 
dering, Tonsatz bei Bodsche, Dirigieren bei Stein- 
bach), nach dem Krieg in Heidelberg Geisteswis- 
senschaften, trat dem Stefan-George-Kreis bei, 
während er als Violinpädagoge in Heidelberg und 
Mannheim wirkte. Nach vorübergehender Kon- 
zerttätigkeit wurde seine Begegnung mit Jöde aus- 
schlaggebend für sein weiteres Schaffen. Die Volks- 
und Tugendmusikschule Berlin-Süd, an der auch 
Hindemith unterrichtete, wurde 1925 sein Wir- 
kungsfeld. Mit Kriegsausbruch zum Musikrefe- 
renten in das Oberkommando des Heeres berufen, 
betreute er den Musikmeistemachwuchs an der 
Berliner Musikhochschule, an der er 1940 zum 
Professor ernannt wurde. 1941 übernahm er die 
stellvertretende Leitung der Frankfurter Musik- 
hochschule, siedelte 1944 als Leiter des Hochschul- 
instituts für Musikerziehung nach Trossingen über 
und wurde 1952 zum Direktor der Akademie für 
Musik und Theater in Hannover bestellt. Die Hand- 
schriften seines kompositorischen Schaffens aus den 
Jahren 1909-44 gingen durch Kriegseinwirkung 
verloren. Diese Werke waren vornehmlich der 
Chor- und Kantatenmusik gewidmet, ferner der 
Kammer-, Klavier- und Jugendmusik in den ver- 
schiedensten Gattungen und Besetzungen. An Vo- 
kalwerken entstanden seither u. a. eine Weih- 
nachtskantate, ein geistliches Konzert für 2 S. und 
Org., ein Weinheber-Zyklus a cappella, an Instru- 
mentalwerken ein Streichquartett nach Gryphius 
sowie Kompositionen für Org., KL und für Akkor- 
deon. 

Knorr, Iwan, * 3. 1. 1853 zu Mewe (Westpreu- 
ßen), f 22. 1. 1916 zu Frankfurt am Main; deut- 
scher Musikpädagoge, studierte bei Reinecke und 
E. Fr. Richter am Leipziger Konservatorium, wurde 
1874 Musiklehrer an einem Institut und 1878 Leiter 
des theoretischen Unterrichts an der Abteilung der 
Kaiserlichen Musikgesellschaft in Charkow, 1883 
auf Brahms* Empfehlung Lehrer für Theorie und 
Komposition am Hochschen Konservatorium in 
Frankfurt am Main und folgte 1908 B. Scholz als 
Direktor der Anstalt. Er war ein bedeutender 

scher Riditung; seine zeichnen sich^mh 

Formsicherheit und blutvolle Musikalität aus. Er 
schrieb: Tschaikowsky (Berlin 1900); Aufgaben Jur 



Kobdius 


den Unterricht in der Harmonielehre (Leipzig 1903, 
61926, *1931) ; Lehrbuch der Fugenkomposition (Leip- 
zig 1911); Die Fugen des » Wohltemperierten Kla- 
viers* von Joh. Seb. Bach in bildlicher Darstellung 
(Leipzig 1912, 2 1926). Kompositionen: Variatio- 
nen über ein Thema von R. Schumann für Klavier- 
trio op. 1, Klavierquartett Esdur op. 3; Varia- 
tionen über ein russisches Volkslied für Orch. op. 7 
(1891); Variationen und Fuge über ein russisches 
Volkslied für 2 KL op. 8; Symphonische Phanta- 
sie op. 12 (1899); Opern Dunja (Koblenz 1904) 
und Die Hochzeit (Prag 1907) ; Passacaglia und Fuge 
für Orch. (1907); Oper Durchs Fenster (Karlsruhe 
1908). 

Lit.: M. Kalbeck, J. Brahms UI, 1, Bin 1912; M. 
Bauer, I. Kn., Ffm. 1916. 

Knorr, Julius, * 22. 9. 1807 und f 17. 6. 1861 zu 
Leipzig ; deutscher Pianist, studierte in Leipzig Phi- 
lologie, wandte sich aber bald ganz der Munk zu 
und trat zuerst 1831 im Gewandhaus als Pianist auf. 
Kn. lebte als Klavierlehrer in Leipzig, befreundet 
mit R. Schumann (er redigierte den 1. Jahrgang 
der NZfM, 1834). Kn.s klavierpädagoguche 
Werke sind: Neue Pianoforteschule in 184 Übungen 
(Leipzig 1835 ; 2. Auflage als Die Pianoforteschule 
der neuesten Zeit in 280 technischen Übungen 1841, 
3. als Pianoforte-Schule 1848, 6 um 1865) ; Materialien 
Jur das mechanische Klavierspiel (1844) ; Methodischer 
Leitfaden für Clavierlehrer (Leipzig 1849, 71875); 
Wegweiser für den Klavierspieler im ersten Stadium 
(um 1853) ; Ausßhrliche Clavier-Methode (2 Bände, 
Leipzig 1858-59) ; Führer auf dem Felde der Clavier - 
Unterrichtsliteratur (Leipzig 1861 ; die späteren Auf- 
lagen minderwertig); neue Ausgaben der Klavier- 
schulen von J. G. Werner (1830) und Löhlein 
(1848, nach A. E. Müllers Bearbeitung von 1804). 
Kn. war der erste, der die technischen Vorübungen 
als einen Hauptteil des pianistischen Studiums hin- 
stellte; seit ihm herrscht im Klavierunterricht die 
Dreiteilung: Technik, Etüden, Stücke. Ferner 
schrieb er ein Erklärendes Verzeichniß der haupt- 
sächlichsten Musik-Kunstwörter . 

Knosp, Gaston, * 29. 5. 1879 zu Mailand; bel- 
gischer Komponist und Musikforscher, Schüler 
von Massenet und Lavignac, trieb 1898-1904 in 
Indo-China musikwissenschaftliche Studien, über 
die er in einem Rapport sur une mission offidelle 
d'itude musicale en Inaochine (Leiden 1911) berich- 
tete, und schrieb für Lavignacs Encyclopddie Bei- 
träge über exotische Musik. Als Komponist hat er 
vorzugsweise Opern geschrieben: Le Yakounine ; 
La Jeune Fille d'Ohgaka; Les Amants de Yeddo; 
Sharah-Sultane; L 9 Impromptu persan; Cydalise ; La 
Fiesta ä Valencia; Les Sabots d 9 ör; Ma-Tcnou-Tchin ; 
Le Polte et sa Femme (Musik zu dem Schauspiel von 
Francis Jamines). K. verfaßte Biographien über 
Lehdr (Brüssel 1935), Puccini (Brüssel 1937) und 
R. Strauss. 

Knote, Heinrich, * 26. 11. 1870 zu München, 
1 12. 1. 1953 zu Garmisch; deutscher Opernsänger 
(Heldentenor), war ab 1892 Mitglied der Münch- 
ner Staatsoper, eine Zeitlang in Würzburg, ab 1924 
als Gast wieder in München. Kn. war in der Haupt- 
sache Wagner-Sänger. 

Lit: J. H. Wagenmann, Der sechzigjährige deutsche 
Meistersänger H. Kn., München 1930. 


Knüpfer, Sebastian, * 28.11.1632 zu Asch, 
t 10. 10. 1676 zu Leipzig; deutscher Komponist, 
Sohn des Kantors und Organisten Johann Kn., ab 
1657 Thomaskantor und Städtischer Musikdirek- 
tor in Leipzig. Von seinen Werken wurden außer 
einigen Gelegenheitskompositionen nur Lustige 
Madrigalien von 2, 3 und 4 Vocalstimmen (Leipzig 
1663, nicht erhalten) gedruckt; handschriftlich 
liegen vor: Motetten, Messenteile und gegen 25 
Choralkantaten. 

Ausg.: 4 Choralkantaten, hrsg. v. A. Schering in: 
DDT LVUI/LDi (darin auch Werkverz.) ; 6st. Mo- 
tette Mein Gott, betrübt ist meine Seele, hrsg. v. A. 
Schering, Lpz. 1923. 

Lit. : A. Schering, Mg. Lpz.s II, Lpz. 1926. 

Knyvett (n'ivit), englische Musikerfamilie: - 
1) Charles, *22. 2. 1752 zu Norfolk, 1 19. 1. 1822 
zu London; Sänger (Tenor) und Organist, war 
1780-90 ein geschätzter Konzertsanger und leitete 
1791-94 mit S. Harrison die Vocal Concerts. Zu- 
letzt war er Organist der Chapel RoyaL - 2) Char- 
les, * 1773, f 2. 11. 1852 zu London; Sohn von 
- 1), Schüler von Webbe, richtete mit Greatorcx, 
Bartleman und seinem Bruder William 1801 die 
Vocal Concerts wieder ein. Er lebte als Organist, 
Klavier- und Theorielehrer in London. Bedeuten- 
der ist sein Bruder, - 3) William, * 21. 4. 1779, 
1 17. 11. 1856 zu Ryde, der bereits 1797 als Gentle- 
man (besoldeter Sänger) der Chapel Royal ange- 
stellt und 1802 Nachfolger von Arnold als Kompo- 
nist der Kapelle wurde. Lange Jahre war er der 
beste Londoner Gleesänger (prindpal Alto, d. h. 
falsettierender Tenor), dirigierte 1832-40 die Con- 
certs of Ancient Music, 1834-43 die Musikfeste in 
Birmingham, 1835 auch das zu York. Als Kompo- 
nist betätigte er sich nur mit einigen Glees und den 
Krönungsanthems für die Krönungen Georges IV. 
und der Queen Victoria. 

Kobald, Karl, * 28. 8. 1876 zu Brünn; österrei- 
chischer Musikerzieher und -Schriftsteller, stu- 
dierte in Wien Jura und bei G. Adler Musikge- 
schichte, zugleich am Konservatorium bei J. Hell- 
mesberger und H. Richter Musik. 1918 wurde er 
Musikreferent des österreichischen Unterrichts- 
ministeriums und war 1932-38 sowie 1945-47 Prä- 
sident der Akademie für Musik und darstellende 
Kunst, die er schon 1919 vorübergehend geleitet 
hatte. Seine Schriften behandeln vor allem Wiener 
Munkgeschichte: Alt- Wiener Musikstätten (Amal- 
thea-Bücherei VT, Zürich-Leipzig-Wien, erwei- 
tert als Klassische Musikstätten 1928), Schubert und 
Schwind (Amalthea-Bücherei XIX, Zürich-Leip- 
zig-Wien 1921, 2 1925, als Franz Schubert und seine 
Zeit 31927, *1935, englisch London 1928), Franz 
Schubert (Deutsche Hausbücherei LXXXV, Wien 
1922, umgearbeitet 21928), Johann Strauß peutsche 
Hausbücherei CLXVII, Wien 1925), Beethoven . 
Seine Beziehungen zu Wiens Kunst und Kultur , 
Gesellschaß und Landschaft (Wien 1927), Josef 
Hay dn (Wien 1932), Wo unsterbliche Musik entstand 
(Wien 1950). Audi gab er heraus: In memoriam 
Anton Bruckner (Wien 1924). 

Kobelitis, Johann Augustin, * 21. 2. 1674 zu 
Wahlitz bei Halle, f 17. 8. 1731 zu Weißenfels; 
deutscher Komponist, war in Weißenfels Schüler 
von Schieferdecker und J. Ph. Krieger, wurde 
T Täinmftrmiifllm s in Weißenfds, Organist 


941 



Koch 


Kapellmeister in Sangerhausen und Querflirt, 1725 
als Nachfolger J. Ph. Kriegers Hofkapellmeister in 
Weißenfels; für das dortige Theater schrieb er 1715 
bis 1729 23 Opern, wovon nur noch ein Teil der 
Libretti erhalten ist; von seinen Ouvertüren, Kon- 
zerten, Sonaten und Kirchenwerken ist nichts 
mehr vorhanden. 

Lit.: A. Werner, Städtische u. fürstliche Musikpflege 
in Weissenfels, Lpz. 1911. 

Koch, Eduard Emil, * 20. 1. 1809 auf Schloß 
Solitude bei Stuttgart, *f 27. 4. 1871 zu Stuttgart; 
deutscher Hymnologe, wurde 1837 Pfarrer in 
Groß-Aspach, 1847 Stadtpfarrer in Heübronn, 
1853 Superintendent, legte aber 1864 seine Stelle 
nieder, um ganz seinen historischen Studien zu 
leben. Sein Lebenswerk ist die Geschichte des Kir- 
chenliedes und Kirchengesanges der christlichen , ins- 
besondere der deutschen evangelischen Kirche (4 Bände, 
Stuttgart 1847, 2 1853; 31866-77 in 8 Bänden, Band 
Vffl herausgegeben von R. Lauxmann). 

Koch, Friedrich E., * 3. 7. 1862 und f 30. 1. 
1927 zu Berlin; deutscher Komponist, war Cellist 
des Königlichen Hoforchesters, dann kurze Zeit 
Kurkajpelimeister in Baden-Baden, seitdem Ge- 
sanglehrer am Berliner Lessmg-Gymnasium. 1901 
wunde er Mitglied und Leiter einer Meisterklasse 
für Komposition der Berliner Akademie der 
Künste, 1917 Vorsteher der Theorie-Abteilung der 
Berliner Königlichen Hochschule für Musik. K. 
erhielt für sein Streichtrio op. 9 den Mendelssohn- 
preis und machte sich außerdem bekannt durch 
2 Symphonien (Von der Nordsee op. 4, G dur op. 
10), 4 Gesänge für Bar. und Orch. op. 6 und 38, 
eine symphonische Fuge op. 8, Phantasiestücke für 
V., Vc. und KL op. 20, eine Deutsche Rhapsodie für 
V. und Orch. op. 31, eine Romantische Suite für 
KL und Orch. op. 37, eine Kammerkantate Die 
Weissagung des Jesaias op. 42, das Orgelwerk 
Gethsemane op. 44, eine Violinsonate A moll op. 
47, die Oratorien Von den Tageszeiten und Die 
Sündflut, weltliche Chorwerke, Motetten, Madri- 
gale und 3 Opern. 

Lit.: K. Kampf, Fr. E. K., in: Monographien mo- 
derner Musiker IX, Lpz. 1907. 

Koch, Heinrich Christoph, * 10. 10. 1749 und 
t 12. 3. 1816 zu Rudolstadt; deutscher Musikfor- 
scher, Sohn eines Orchestermusikers, wurde mit 
Unterstützung des Fürsten zuerst in Rudolstadt, 
dann durch GÖpfert in Weimar zum Musiker aus- 
gebildet; trat 1768 als Violinist in die Rudolstädter 
Kapelle ein und avancierte 1777 zum Kammermu- 
siker. Seine Kantaten und ein Choralbuch für Har- 
moniemusik überragen den Durchschnitt nicht; 
dagegen leistete er als Theoretiker Bedeutendes. 
Er gab heraus ein Musikalisches Lexikon (2 Teile, 
Frankfurt am Main 1802, Heidelberg 21817), 
daraus einen Auszug als Kurzgefaßtes Handwörter- 
buch der Musik (Leipzig 1807; davon erschienen 
abermals ein Auszug von fremder Hand 1828, eine 
Neubearbeitung von Arrey von Dommer, Heidel- 
berg 1865, und eine dänische Ausgabe von FL C. 
F. Lassen, Kopenhagen 1826), ferner Versuch einer 
Anleitung zur Composition (3 Teile, Leipzig und 
Rudolstadt 1782-93; vergleiche Forkels Kritik im 
Almanach für 1784), Handbuch bey dem Studium der 
Harmonie (Leipzig 1811), Versuch, aus der harten und 
weichen Tonart jeder Stufe der diatonisch-chromatischen 

942 


Leiter vermittels des enharmonischen Tonwechsels in 
die Dur- uni Molltonart der übrigen auszuweichen 
(Rudolstadt 1812). 1795 begann er die Herausgabe 
eines Journals der Tonkunst (nur 2 Nummern er- 
schienen). Theoretische Artikel und Referate von 
K. findöi sich in der Speyerschen Musikalischen 
Realzeitung (1788-91), Leipziger Allgemeinen 
Musikalischen Zeitung und Jenaer Literaturzeitung. 
Lit: Riemann MTh; A. Feil, Satztechnische Fragen 
in d. Kompositionslehren v. Fr. E. Niedt, J. Riepel 
u* H. Chr. K., Diss. Heidelberg 1954 (maschr.). 

Koch, Hellmut, * 5. 4. 1908 zu Wuppertal-Bar- 
men; deutscher Dirigent, studierte an der Rheini- 
schen Musikschule in Köln, an der Folkwang- 
schule in Essen und privat bei Scherchen, betätigte 
sich seit 1931 als Leiter von Arbeiterchören und 
1938-45 als Aufnahmeleiter der Carl Lindström- 
A. G. (Schallplatten). K. ist jetzt Leiter der So- 
listenvereinigung des Deutscmandsenders sowie 
des Berliner Rundfunkchors und des Kammeror- 
chesters Berlin. Er schrieb zahlreiche Volkslied- 
bearbeitungen. 

Koch, Johannes Hermann Emst, *23. 3. 1918 zu 
Börnecke bei Magdeburg; deutscher Organist, 
studierte in Leipzig an der Thomasschule und am 
Kirchenmusikaliscnen Institut (Straube, Hoyer) 
sowie 1948/49 an der Musikakademie Detmold 
(Bialas, K. Thomas). Er war 1938/39 Lehrer an der 
Jugendmusikschule in Leipzig, wurde 1948 Dozent 
an der Landeskirchenmusikschiile Herford und 
1955 hier Kantor an St. Marien-Stiftberg. K. 
schrieb Chorwerke, darunter die Kantate Steht auf 
ihr Heben Kinderlein , Musiken für Laienspiele und 
Werke für Blockflöte. 

Koch, Matthäus, * 1. 3. 1862 zu Heubach bei 
Schwäbisch-Gmünd, f 23. 5. 1933 zu Stuttgart; 
deutscher Organist, absolvierte das Lehrerseminar 
und war 8 Jahre als Lehrer angestellt, besuchte aber 
daneben das Stuttgarter Konservatorium, zuletzt 
(1888) als Schüler Faißts in Orgel und Theorie. 
1892 wurde er Lehrer an der Stuttgarter Musik- 
schule, zugleich Organist und Musikdirektor der 
Friedenskirche; 1900 eröflhete er ein eigenes Mu- 
sikinstitut. Von ihm erschienen 6 Orgelsonaten, 
Orgelstücke, Motetten und Männerchöre. 

Kodi, - 1) Richert Sigurd Valdemar von, * 28. 
6. 1879 zu Ägnö bei Stockholm, f 16. 3. 1919 zu 
Stockholm; schwedischer Komponist, studierte in 
Stockholm, Berlin und Paris, lebte als Musikrefe- 
rent von Stockholm Tidningen und Komponist 
in Stockholm. Werke: Violinsonate (1913), Cello- 
sonate (1914), Romanze und Serenade für V. und 
Orch. (1914), Klavierquintett (1916), Orchester- 
stücke, Klavierstücke und Lieder. - 2) Sigurd 
Christian Erland von, *26. 4. 1910 zu Stockholm; 

studierte 1931-35 Stockholmer Sonservato- 
rium bei Eflberg und Melchers Komposition und 
bei O. Morales Dirigieren, dann noch privat Kla- 
vier bei Arrau und Dirigieren bei CI. Krauss. 
1939 wurde er Theorielehrer an Wohlfarts Musik- 
schule in Stockholm und ist zugleich als Dirigent 
tätig. Werke: Uten svit für Kammerorch. op. 1 
(1933), L Strdchquartett op. 2 (1934), Klavierkon- 
zert op. 11 (1936), Violinkonzert op. 14 (1937), 

L Symphonie op. 18 (1938), Ballett Askungen 



Kodily 


(»Aschenbrödel«) op. 24 (1942), Singspiel Lasse 
Lucidor op. 27 (1943), E. Strdchquartett op. 28 
(1944), (n!) Sinfonia Dalecarlica op. 30 (1945), Brat- 
schenkonzert op. 33 (1946), EL Symphonie op. 38 
(1948), Serenata giocosa für Orch. op. 39 (1948), 
eine Kinderoper Pelle Svanslös (1948), Triptychon 
für V. und Orch. op. 43 (1949), Sinfonietta op. 44 
(1949) Arkipelag für Orch. op.47 (1950), EI. 
Streichquartett op. 48 (1950), Cellokonzert op. 49 
(1951), IV. Symphonie (1952-53), kleinere Or- 
chesterwerke, Kammermusik, Klavierstücke, 
Chöre, Lieder und Volksliedbearbeitungen. 

Lit.: zu S. v. K. : W. Seymer, Fyra nyromantiker, 
STMf XXIII, 1941. 

Kodian, Günter, * 2. 10. 1930 zu Luckau (Nie- 
derlausitz); deutscher Komponist, lebt in Berlin, 
wo er 1946-50 bei Noetd, Wunsch und Blacher 
an der Hochschule für Musik, 1950-53 bei Eider 
an der Deutschen Akademie der Künste (sowjeti- 
scher Sektor) studierte. Sdt 1950 lehrt er Theorie 
an der Hochschule für Musik (sowjetischer Sektor). 
Er schrieb ein Violinkonzert (1952), eine Klavier- 
suite (1952), dn Klaviertrio (1954), ein Diverti- 
mento für H., Klar, und Fag. (1956), Volkslieder- 
satze, Jugend- und Massenlieder, Chöre und Film- 
musiken. 

Kochanska-Sembrich, Marcella-* Seinbrich. 

Kochariski (kox'a:jnski), Paul, * 14. 9. 1887 zu 
Odessa, f 12. 1. 1934 zu New York; polnischer 
Violinik, war Schüler von E. Mlynarski, 1901 
1. Konzertmeister der Warschauer Philharmonie, 
1903 Schüler des Brüssder Konservatoriums, vor- 
übergehend auch Lehrer des Warschauer Konser- 
vatoriums, als Konzertspider berühmt durch Vor- 
trag fortschrittlicher Programme, vor allem als 
Partner von Szymanowski. 

Kocher, Konrad, * 16. 12. 1786 zu Ditzingen 
bd Stuttgart, f 12. 3. 1872 zu Stuttgart; deutscher 
Kirchenmusiker, studierte in St. Petersburg bd 
Klengd und Berger Klavier und bd J. H. Müller 
Komposition, reiste 1819 zum Studium der a-cap- 
pdla-Musik nach Italien, gründete nach seiner 
Rückkehr 1821 in Stuttgart einen Kirchengesang- 
verein und wurde dort 1827 Organist und Musik- 
direktor an der Stiftskirche. K. schrieb: Die Ton - 
kunst in der Kirche (Stuttgart 1823), komponierte 
2 Opern und ein Oratorium und gab Choralbücher 
heraus. 

Lit.: K. Haerinq, K. K., in: Schwäbische Lebens- 
bilder U, Stuttgart 1941. 

Kochno, Boris, * 1903; französischer Ballett- 
librettist russischer Herkunft, war Mitarbdter und 
Sekretär Diaghilews, schrieb (auch unter dem 
Pseudonym Sobeko) Scenarien für Massin und 
Balanchine, so für diesen Le Fils Prodigue (Paris 
1929) mit der Musik von Prokofiew. Er gründete 
1945 mit R. Petit die Ballets des Champs-Elysees, 
die er bis zu deren Auflösung 1950 ldtete. 

Lit.: O. Fr. Regner, Das Ballettbuch, Ffm. (1954). 

Kod£n (k'otgain), Jaroslav, * 22. 2. 1884 zu 
Wildenschwert (Böhmen), f 8. 3. 1950 zu Prag; 
tschechischer Violinist, war 1899-1901 Schüler von 
§ev£fk am Prager Konservatorium, sdtdem als 
Konzertspider tätig, 1924-43 Lehrer am Prager 
Konservatorium. 


Koczalski (kotf'alski), Raoul von, * 3. 1. 1885 zu 
Warschau, f 25. 11. 1948 zu Posen; polnischer 
Pianist, war Schüler seines Vaters und des Chopin- 
schülers Mikuli, trat schon mit 7 Jahren öffentlich 
auf und lebte von da an zumeist in Paris. Als Inter- 
pret der Werke Chopins erlangte er Weltgeltung. 
Er komponierte die Opern Rymond (Elberfeld 
1902), Die Sühne (Mühlhausen im Elsaß 1909), eine 
Klaviersonate G dur, Klavierstücke, Kammermu- 
sik und Lieder; auch verfaßte er kleinere Schriften 
über Chopin. 

Lit.: B. Vogel, R. K., Lpz. 1896. 

Koczirz (k'otjirdz), Adolf, * 2. 4. 1870 zu 
WschSrowan (Mähren), f 22. 2. 1941 zu Wien; 
Österreichischer Musikforscher, studierte in Wien 
die Rechte und trat 1891 in den Staatsdienst, trieb 
aber nebenher ab 1889 musikwissenschaftliche Stu- 
dien unter G. Adler und promovierte 1903 zum 
Dr. phil. K. wandte sein besonderes Interesse der 
Lautenmusik zu und gab die Bände österreichische 
Lautenmusik im 16. ßi. (DTÖ XVEI, 2, 1919) und 
österreichische Lautenmusik zwischen 1650 und 1720 
(DTÖ XXV, 2, 1919) heraus. K. schrieb Aufsätze 
für ZIMG, SIMG, ZfMw, AfMw und die Adler- 
Festschrift. 1930 wurde er durch eine Festschrift 
geehrt. 

Kpdalli, Nevit, * 12. 1. 1924 zuMersin (Türkei) ; 
türkischer Komponist, studierte 1939-47 am Kon- 
servatorium von Ankara (Akses), 1948-53 bei A. 
Honegger an der Ecole Normale de Musique in 
Paris. 1953-55 lehrte K. Kontrapunkt, musikali- 
sche Analyse und Instrumentation am Konserva- 
torium Ankara und ist jetzt Kapellmeister der dor- 
tigen Oper. Werke: eine Oper Van Gogh (Ankara 
1957), Oratorium Atatürk (1952), eine Symphonie 
(1948), Passacaglia et fiiga (1945) und Sinfonietta 
(1949) für Streichorch., je ein Streichsextett (1946) 
und -quartett (1947), Poema für V. solo (1954), 
Klavierstücke (Sonate 1950) und Lieder. 

Kodäly (k'oday), Zoltdn, * 16.12.1882 zu 
Kecskemdt; ungarischer Komponist, studierte, 
nachdem er schon als Gymnasiast in Nagyszombat 
(heute Tmava) Kammermusik, eine Messe und 
eine Ouvertüre komponiert hatte, ab 1900 Kom- 
position an der Budapester Hochschule bei Koess- 
ler, promovierte daneben mit einer Arbeit Über 
Strophenbau im ungarischen Volkslied und sammelte 
seit 1905 ähnlich wie Bartök über 3500 ungarische 
Volkslieder. Ein Aufenthalt in Berlin, mehr noch 
ein solcher 1906/07 in Paris wurden für seine 
künstlerische Entwicklung wichtig. 1907 wurde er 
Lehrer für Theorie, dann Komposition an der 
Budapester Hochschule. Als Kritiker schrieb er für 
mehrere Budapester Zeitungen und für auslän- 
dische Zeitschriften. Als Komponist hat er ähnlich 
wie Bart6k aus nationalmelodischen Anregungen 
sich seinen individuellen Stil gebildet; er ist bei 
aller Modernität weicher, der Tradition mehr ver- 
bunden als Bartök und liebt in seiner Kammermu- 
sik rhapsodische Gestaltung. Mit dem kraftvollen 
Psalmus hungaricus und den mitreißenden Orche- 
sterstücken »Tänze aus Galanta« und Hdry-Jdnos- 
Suite behauptet er im internationalen Repertoire 
einen festen Platz. Werke: I. Streichquartett op. 2 
(1908), Cdlosonate op. 4 (1910), Duo für V. und 
Vc. op. 7 (1914), Sonate für Vc. solo op. 8 (1915), 


943 



Kodäly 


IL Streichquartett op. 10 (1917), Serenade für 2 V. 
und Va op. 12 (1920), Psalmus hungaricus (Psalm 
LV) für T. solo, Chor und Orch. op. 13 (1923), 
Musik zu dem liederspiel Hary Jdnos op. 15 (Text 
von Paulini und Harsanyi, 1926, daraus auch eine 
Orchestersuite), Ballettzene (»Ballettmusik«) für 
Orch. (1925), Szitthdzi nyitdny (»Theaterouver- 
türe«, 1927), Nydri este (»Sommerabend«) für Orch. 
(1930), Marossziki tancok (»Marosszeker Tänze«) 
für Orch. (1930; auch für KL); Pange lingua für 
Kinderchor und Org. (1931), Oper Szikelyfono 
(»Szekler Spinnstube«, 1932), Galdntai tancok 
(»Tänze aus Galänta«) für Orch. (1933), auch für 
KL; Te Deum für Soli, Chor und Orch. (1936), 
Orchestervariationen über das Volkslied Felszälott 
apdva (»Der Pfau«, 1939), Konzert für Orch. (1941), 
Missa brevis für Chor und Org. (1942), Konzert 
für Streichquartett (1947), Bratschenkonzert (1947), 
Oper Czirika Panna (1948); zahlreiche Chöre; 
Übungsstücke für Chor, darunter besonders 4 
Hefte Bicinia Hungarica (1937-42; Einführung in 
das 2st. Singen in reinen, nicht temperierten Inter- 
vallen) und 4 Hefte ötfoku Zene (»Pentatonische 
Musik«, 1945-48), Bearbeitungen von Volkslie- 
dern; Lieder, Husz magyar nöpdal (»20 ungarische 
Volkslieder«) mit K&vierbegleitung (1906, mit 
B&a Bartök), Magyar nipzene (»Ungarische Volks- 
musik«, 57 Volkslieder mit Klavierbegleitung, 10 
Hefte, 1926-32), Klavier- und Orgelstucke. - Ne- 
ben seiner kompositorischen und pädagogischen 
Tätigkeit beteiligte sich K. auch an der von seinem 
Freunde Bartök inaugurierten Erforschung des 
ungarischen Volkslieds. Zu seinem 60. und 70. Ge- 
burtstag erschienen Festschriften: »Emlökkönyv 
Kodäly Zoltdn« (herausgegeben vonB. Gunda, Bu- 
dapest 1943) und »Zenetucfomäny« (herausgegeben 
von B. Szabolcsi, Budapest 1953), beide mit 
Schriftenverzeichnis. K. und Bartök gaben 1921 
150 riebenbürgische Lieder heraus: Erdely Magyar - 
sdg-Nipdalok (Budapest) ; ihre reiche Liedersamm- 
lung dient dem Corpus Musicae Popularis Hun- 
gancae (Budapest ab 1951) als Grundstock. Von 
K.s Abhandlungen seien genannt: A magyar nipdal 
strSfaszerkezete (»Der Strophenbau des ungarischen 
Volksliedes«; Nyelvtudomänyi Közlemdnyek 
XXXVI, 1906), Balladdk (»Balladen«; Ethnogra- 
phia XVm, 1907), Zoborvidiki nipszokdsok (»Volks- 
bräuche der Gegend am Zobor«; ebenda XX, 1909, 
Nachtrag dazu ebenda XXIV, 1913), Az üj egyte- 
mes nipdalgüjteminy tervezete (»Entwurf der neuen 
allgemeinen Volksliedsammlung« ; mit Bartök, 
ebenda XXIV, 1913), ötfoku hangsor a magyar 
nipzeniben (»Die fünfstufige Tonleiter in der unga- 
rischen Volksmusik«; Zenei Szemle I, 1917, auch 
in Emldkkönyv a Szökely Nemzeti Muzeum . . ., 
Sepiszentgyörgy 1929), Argirus notdja (»Das Är- 
giruslied«, Ethnographia XXXI, 1920, ungearbeitet 
separat Budapest 1921), Bila BartSk (RM n, 1921), 
Leo Weiner (RM m, 1922), A magyar zene ösrdte- 
gdröl (»Die Grundschicht der ungansdien Musik«; 
Eötvös Kollegium Szovetsögi Evkönyve, Budapest 
1923), A magyar nipdal (»Das ungarische Volks- 
lied«; in: A. Molnär, Az üj zene, Budapest 1925), 
Kelemen kotnies balkddja (»Die Ballade von dem 
Maurer Clemens«, Zenei Szemle XI, 1927), A 

Blutung des ungarischen Volkslieds«; Magyar 
Dal XLI, 1929), Magyar nipzene (»Ungarische 

944 


V olksmusik «; in: Zenei Lexikon, Band n, Buda- 
pest 1931), Neprajz is zenetortinet (»Volkskunde 
und Musikgeschichte«; Ethnographia XLIV, 1933, 
auch in Magyar Zenei Dolgozatok X, 1933), 
Sajdtsdgos dauamaszerkezet a cseremisz nipzeniben 
(»Der eigentümliche Melodienbau in der tschere- 
missischen Volksmusik«; Emlökkönyv Balassa 
Jözsefnik, Budapest 1934, auch in: Magyar Zenei 
Dolgozatok XI, 1934), Abschnitt Zene (»Musik«; 
in: A Magyar Neprajza, Ungarische Volkskunde, 
IV, auch separat, Budapest 1937), La chanson pay- 
sanne (in: Visages de la Hongrie, Paris 1938), 
Magyarsäg a zeneben (»Ungartum in der Musik«; 
in: Mi a magyar?, herausgegeben von G. Szekfü, 
Budapest 1939, als Wath is Hungarian in the Mu- 
sic? in Hungarian Quarterly DI, 1939), Die Volks- 
musik (in: Ungarn, herausgegeben von Z. Baran- 
yai, Budapest 1940), Die Volksmusik (in: D. Bar- 
tha. Die ungarische Musik, Budapest 1943), BartSk 
Bila az ember (»Der Mensch B. Bartök«; Zenei 
Szemle Neue Folge I, 1947), A folklorista Bartök 
(»Der Folklorist Bartök«; Üj Zenei Szemle 1, 1950, 
deutsch in Musik der Zeit EX, 1954), A zene min - 
denkii (»Musik für jedermann«; Budapest 1954). 
Lit.: Werkverz. (anon.) in BolL Bibi. Mus. VIII, 
1933. - B. Bartök, Kodäly Zoltän, Nyugat XIV, 
1921; E. Desderi, Z K., II Pianoforte VI, 1925; B. 
Szabolcsi, Kodäly Zoltän, Nyugat XIX, 1926; A. v. 
Töth, ZK., RM X, 1929; A. Molnär, Kodäly 
Zoltän, = Ndpszerü Zenefüzetek IV, Budapest 1936; 
F. Ottö, K. Sorsunk n, 1942; Z. Horusttzky, Ko- 
däly Zoltän dletutja (»Z K.s Leben«), A Zene XXIV, 
1942/43; J. Bartök, Kodäly Zoltän zenemürei (»Z 
K.s Kompositionen«), Magyar Zenei Szemle III, 
1943; A. Szöllösy, K. müväszete (»K.s Kunst- 
schaffen«), Budapest 1943; ders., K. Korüsainak 
zenei szimbolikäja (»Musikalische Symbolik in K.s 
Chören«), Magyar Zenei Szemle III, 1943; P. Jär- 
dänyi, K., a nevelö (»K., der Erzieher«), Välasz VII, 
1947; J. S. Weissmann u. H. Lindlar in: Musik d. 
Zeit IX (1954). 

Koeberg, Frits Ehrhardt Adrian, * 15. 7. 1876 
im Haag; niederländischer Komponist, war 1890 
bis 1899 Schüler des Konservatoriums im Haag, 
dann von X. Scharwenka in Berlin, 1901/02 Mei- 
sterschüler der dortigen Akademie der Künste, 
schrieb als Komponist von starker nationaler Eigen- 
art die Orchesterwerke Zeelandia, Avondmuziek, 
Zotskap, Zevenzot , Littore (nach Bürger), Plato , 
Zonneweg, Middelburg's Overgang in 1574, Blot - 
mensproke; 3 Symphonien, Ouvertüren, eine Oper 
Bloemenkind und eine Operette Viola. Manche 
Stücke aus seinen Werken sind durch Bearbeitun- 
gen für Carillon oder Militärkapellen populär ge- 
worden. 

Köchel, Ludwig Alois Friedrich (Ritter von), 

* 14. 1. 1800 zu Stein an der Donau (Niederöster- 
reich), + 3. 6. 1877 zu Wien; österreichischer Mu?- 
sikforscher, studierte in Wien Jura, war 1827-42 
Erzieher dar Kaiserlichen Prinzen, wurde 1842 ge- 
adelt, bekleidete 1850-52 die Stelle eines Schulrats 
in Salzburg und lebte ab 1863 wieder in Wien. 
K. war passionierter Botaniker und Mineraloge, 
bereicherte aber auch die Musikliteratur um einige 
wertvolle Werke: Über den Umfang der musikali- 
schen Produktivität W. A. Mozarts (Salzburg 1862), 
ein Vorläufer seines Katalogs, mit dem er in die 
Musikgeschichte eingegangen ist: Chronologisch- 
thematisches Verzeichnis sämtlicher Tonwerke Wolf- 



Köhler 


gang Amade Mozarts (Leipzig 1862, Nachträge 
dazu von K. in AmZ, N. F. n, 1864; ein anonymer 
Nachtrag zum chronologisch-thematischen Verzeich- 
nis... Leipzig 1889; das Werk erschien in 2. Auf- 
lage 1905, bearbeitet von P. Graf v. Waldersee, in 
3. Auflage 1937, bearbeitet von A. Einstein, Nach- 
druck mit Ergänzungen Einsteins Ann Arbor 1947; 
weitere Ergänzungen Einstems bringt der Aufsatz 
On Certain Manuscripts of Mozart’s . . . in: JAMS 
1, 1948; einen Kleinen Kochel stellte H. v. Hase zu- 
sammen, Wiesbaden 1951). Weitere Schriften: 
Musik am österreichischen Hofe (Wien 1856), Die 
kaiserliche Hof-Musikkapelle in Wien von 1543 bis 
1867 (Wien 1869; ergänzt durch A. Koczirzs »Ex- 
zerpte aus den Hofmusikakten« in StMw I, 1913, 
und A. Smijers* Studie »Die kaiserliche Hofmusik- 
Kapelle von 1543-1619« in StMw VI-DC, 1919-22), 
Johann Josef Fux (Wien 1872). Auch gab er heraus: 
83 neuaufgefundene Originalbriefe Ludwig van Beet- 
hovens (Wien 1865). 

Koechlin (kdd'e), Charles, * 27. 11. 1867 zu 
Paris, t 31- 12. 1950 zu Canaden (Vars); französi- 
scher Komponist und Musikschriftsteller elsässi- 
scher Herkunft, 1887-89 Schüler der Ecole poly- 
technique, 1890-97 des Conservatoire (Taudou, 
Massenet, Gddalge, Faurd), widmete sich weit- 
gehend einer pädagogischen Tätigkeit, dies auch 
m zahlreichen Vorträgen, die ihn 1918, 1928 und 
1937 auch nach den USA führten. Er war mit 
Ravel, Florent Schmitt, Jean Hurd u. a. einer der 
Gründer der S(oddtd) M(usicale) I(nddpendante). 
Als Komponist gehörte er einer gemäßigt mo- 
dernen Richtung an, ohne sich jedoch einer be- 
stimmten Schule zuordnen zu Lassen. Auf allen 
Gebieten kompositorisch tätig, verwendete er - 
von Werk zu Werk wechselnd - die verschieden- 
sten stilistischen und formalen Mittel und gelangte 
bald zu einer persönlichen Sprache, die nur noch 
in den Grundzügen von seinem Lehrer Faurd be- 
stimmt ist. Er schrieb: das biblische Pastorale Jacob 
chez Laban op. 36 (1896-1908), die Ballette La Fo - 
rit paienne op. 45 (1916-20), La Divine Vesprie 
op. 67 (1917/18) wodVAme heureuse op. 210 (1947) ; 
Bühnen- und Filmmusiken ; La Vhandah für S. und 
doppelten Frauenchor op. 3 (1893), La Fin de 
Vhomme für T., Bar., Chor und Orch. op. 11 (1895) ; 
Religiöse Suite UAbbaye für Solostimmen, Chor, 
Orch. und Org. op. 16 (1899-1902), Teü ü (op. 42) 
für Chor, Orch. und Org. (1906-08); Libirons 
Thaelmann für Chor und KL oder Orch. op. 138 
(1934) ; Requiem des pauvres bougres für Chor, Orch. 
und Org. op. 161 (1937, unvollendet) ; - für Orch. : 
Symphonien I op. 57 bis (1916) und II op. 196 
(1943/44), VEpopie de VEcole Polytechnique op. 2 
(1894) ; zahlreiche symphonische Suiten und Dich- 
tungen, darunter VAutomne op. 30 (1896-1909), 
Le Printemps und V Höver op. 47, 1 und 2 (um 1911) 
und L’Ete op. 48 (um 1911), Etudes antiques op. 46 
(1908-14), Suite Ugendaire op. 54 (1915-20), Les 
Heutes persanes op. 65 bis (1919), Cinq Chorales 
dans les modes du moyen^dge op. 117 bis (1932), The 
Seven Stars Symphony op. 132 (1933), La Citi nou- 
velle, rive d’avenir op. 170 (1938), Partita für Kam- 
merorch. op. 205 (1945), Introduction et 4 interludes 
(de style atonal-striel , op. 213, 1947); - Stücke für 
Soloinstruxnente und Orch., Kammermusik (3 
Streichquartette; Quintett Primavera für FL, V., 


Va, Vc. und Harfe op. 156, 1936; Bläserseptett 
op. 165, 1937), Stücke und Sonaten für einzelne 
Blas- und Streichinstr. mit KL, zahlreiche Klavier- 
und einige Orgelstücke sowie eine größere Zahl 
von Liedern (Cinq rondels op. 1, 1890-94; Milodies 
sur des pohnes d*A. Samain op. 31, 1902-06; Cinq 
Chansons de Bilitis op. 39, 1898-1908; Cinq und 
Huit Milodies sur des pohnes de la >Shihhazade « de 
Tristan Klingsor op. 56 und 84; Chanson pour 
Gladys op. 151, 1935). 

Lit. : E. H. C. Oltphant, The Songs of Ch. K., MQ VH, 
1921; M. D. Calvocoressi, Ch. K., ML V, 1924; 
ders., Ch. K., Paris o. J.; W. H. Mellers, A Plea for 
K., MR III, 1942; P. Landormy, La musique fraa- 
$aise aprfcs Debussy, Paris 1948. 

Köckert, - 1) Adolph, * 27. 10. 1828 zu Magde- 
burg, f 27. 8. 1911 zu Zürich; deutscher Violinist, 
war 1843-49 Schüler von Gordigiani, Kitd und 
Mildner am Prag«: Konservatorium, dann Mit- 
glied des Prager Theaterorchesters, reiste 1852-57 
als Virtuose, trat dann in Genf in das Bank- und 
Kommissionsgeschäft seines Schwiegervaters ' und 
blieb nur durch ein 1859 ins Leben gerufenes 
Streichquartett der Musik treu. Als 1881 sein 
Schwiegervater starb, kehrte er ganz zur Musik 
zurück, veröffentlichte auch Viofin- und Orche- 
sterkompositionen und Lieder, übersetzte Orato- 
rientexte ins Französische und schrieb Aufsätze für 
die Schweizerische Musikzeitung. - 2) Gustav, 
* 27. 10. 1861 zu Genf; Schweizer Violinist, Sohn 
von Adolph K., Schüler von C. Thomson in Lüt- 
tich, lebte als Violinlehrer in Genf und veröffent- 
lichte ein weitverbreitetes Lehrwerk Les prindpes 
rationnels de la technique du violon (Leipzig 1904, 
auch deutsch, englisch und italienisch). 

Koeckert, Rudolf Josef, * 27. 6. 1913 zu Groß- 
priesen (bei Aussig, Böhmen) ; deutscher Violinist, 
lebt in München. Seine Musikstudien absolvierte 
er 1938 in der Meisterklasse für Geige am Prager 
Konservatorium. Vorübergehend Konzertmeister 
am Prager Rundfunk, war er 1939-45 Konzert- 
meister beim Deutschen Philharmonischen Or- 
chester in Prag und 1946/47 bei den Bamberger 
Symphonikern. Seit 1949 ist er 1. Konzertmeister 
beim Rundfunk-Symphonieorchester in München, 
seit 1952 auch Studienprofessor am Leopold- 
Mozart-Konservatorium in Augsburg. 1939 grün- 
dete er das nachmalige KL-Quartett, das er als 
Primarius auf Konzertreisen durch Europa, neuer- 
dings auch durch Nord- und Südamerika führte. 
Bialas, Genzmer, Ginastera, Holler, Hindemith, 
Elf ende, Vogt und Zillig schrieben Streichquartette 
für sein Ensemble. 1950 entdeckte er in Bamberg 
ein C-moll-Quartett von Bruckner, das er 1956 im 
Musikwissenschaftlichen Verlag Wien herausgab. 

Kögler, Hermann, * 2. 2. 1885 zu Lodz; deut- 
scher Komponist, war Schüler von C. Lafite am 
Wiener Blindeninstitut sowie 1904-09 von Teich- 
müller und Krehl am Leipziger Konservatorium, 
lebt als Pianist und Musiklehrer in Leipzig. Er 
schrieb die Chorwerke Osterhymnus , Pjuigstgebet 
und 30. Psalm, eine Symphonie, eine Ouvertüre, 
ein Violinkonzert, Kammermusik, Klavierwerke 
und Lieder. 

Köhler, Friedrich Albert, * 29. 4. 1860 zu Bir- 
kigt (Kreis Saalfeld), f 2. 8. 1926 zu Gera; deutscher 
Komponist, war erst lange Jahre in Altengesees, 


60 


945 



Köhler 


Tanna und 1888-1910 in Gera, 1910-19 als Rektor 
in Triebes im Schulamt tätig, in der Musik kurze Zeit 
Schüler von C. Kistler, in der Hauptsache jedoch 
Autodidakt. K. schrieb 20 Bühnenwerke, von 
denen der Einakter Burenblut (Bannen 1907), 
Schatzhauser (Erfurt 1918) und Die Hochzeit (Ru- 
dolstadt 1921) zur Aufführung gelangten; ferner 
2 Oratorien, 4 Symphonien, Kammermusik, 4 
Klaviersonaten, Klavierstücke und viele Lieder. 

Köhler, Ernesto, * 4. 12. 1849 zu Modena, f 17. 
5. 1907 zu St. Petersburg; österreichischer Flötist, 
war Schüler seines Vaters Josef K, der an der 
Hofkapelle in Modena wirkte. K. wurde 1869 an 
das Karltheater in Wien, 1871 an das Kaiserliche 
Theater in St. Petersburg engagiert; schrieb ein 
Hötenkonzert op. 97, viele Flötenstücke, eine Oper 
Ben Achmed und mehrere Ballette, 
lit.: L. de Lorenzo, My Complete Story of the 
Flute, NY 1951. 

Köhler, Christian Louis Heinrich, * 5. 9. 1820 zu 
Braunschweig, 1 16. 2. 1886 zu Königsberg; deut- 
scher Pianist, studierte in Braunschweig Klavier, 
Violine und Theorie, 1839-43 in Wien bei Sechter 
und Seyfried Theorie und Komposition sowie auf 
Czernys Rat bei Bocklet Klavier. Nach kurzer Tä- 
tigkeit als Theaterkapellmeister in Marienburg, 
Elbing und Königsberg ließ sich K. 1847 in Kö- 
nigsberg als Lehrer nieder, wirkte auch als Dirigent 
des Sängervereins, Kritiker und Direktor einer 
Schule für Klavierspiel und Theorie. Er kompo- 
nierte eine Musik zur Helena des Euripides, die 
Opern Prinz und Maler , Maria Dolores und Gil Blas, 
ein Ballett Der Zauberkomponist, Vaterunser für 4 
Frauen- und 4 Männerst, op. 100 und schrieb eine 
Systematische Lehrmethodefiir Klavierspiel und Musik, 
1. Teil: Die Mechanik als Grundlage der Technik 
(3 Bände, Leipzig 1857-58; darin zum ersten Male 
die Grundlegung einer korrekten Theorie des Pe- 
dalgebrauchs; 21872; 31882 revidiert von H. Rie- 
mann), 2. Teü: Tonschriftenwesen, Harmonik, Metrik 
(1858) und zahlreiche Klavier-Etüden. Zu erwäh- 
nen sind ferner die Schriften: Die Melodie der 
Sprache (1853), Die Gebrüder Müller und das Streich- 
quartett (1858), Führer durch den Klavierunterricht 
(1858 und öfter). Der Klavierunterricht (Leipzig 
1860, bearbeitet von R. Hofmann $1905), Der Kla- 
vierfingersatz (Leipzig 1862), Die neue Richtung in 
der Musik (1864), Brahms und seine Stellung in der 
neueren Klavierliteratur (1880), Der Klavierpedalzug 
(Berlin 1882), Theorie der musikalischen Verzierungen 
(Leipzig 1887). Aufsätze zur Geschichte der Kla- 
viermuak erschienen in der NZfM und in der 
Neuen Berliner Musikzeitung. 

Lit.: E. Kroll, L. K., ZfMw XVII, 1935. 

Köhler, Wilhelm (K.-Wümbach), * 22.5. 
1858 zu Wümbach (Thüringen), f 6. 4. 1926 zu 
Hamburg; deutscher Komponist, war zuerst Leh- 
rer in seiner Heimat, dann m Hamburg, ging von 
da nach Berlin, um bei Grell und Bargiel seine 
Musikstudien zu vollenden, war 1894-1924 Semi- 
narmusiklehrer und ab 1889 Kantor an St. Petri in 
Hamburg, schrieb Messen, 2 8st Psalmen, Mo- 
tetten, Männerchöre, Lieder und Sonaten. Zu 
seinen Schülern zählt A. Sittard. 

Köhler, Wolf gang, * 12.6.1923 zu Braun- 
schweig; deutscher Komponist, Schüler von Heiß, 


Fortner, Leibowitz und Greß, lehrt seit 1951 Kom- 
position, Theorie und Neue Musik am Konser- 
vatorium Göttingen. K. schrieb: Streichtrios 
C moll und Es dur (1940); Streichquartett E dur 
(1940) ; Violinsonaten H moll (1946) und A moll 
(1950); Bläserquintett (1949); Konzert für Orch. 
(1951) ; I. Symphonie (1953); Serenade für Streich- 
orch., 2 KL und Pauken (1953); Klavierwerke. 

Koekelkoren (k'ukelkoran), Martin, * 21.4. 
1921 zu Valkenburg (Limburg); niederländischer 
Chorleiter, studierte an der Städtischen Musik- 
schule in Maastricht und am Amsterdamer Kon- 
servatorium. K. ist Leiter der »Koninklijke Zang- 
verenigung Maastreechter Staar«, Lehrer am Kon- 
servatorium sowie an der Musikschule und der 
Theaterakademie in Maastricht. Von K. erschienen 
Bearbeitungen von Volksliedern für 4st. Männer- 
chor. 

Köler, David (Köhler, Koler), * um 1532 und 
t 1565 zu Zwickau; deutscher Komponist, stu- 
dierte ab 1551 in Ingolstadt, lebte um 1554 in 
Schönfeld bei Schlaggenwald (Böhmen), wo er 
Zehen Psalmen Dauids, 4-6st., in Druck gab (Leip- 
zig 1554). 1556-57 wirkte er als Kantor in Jo- 
achimsthal, dann in Altenburg, bis er 1563 (mit 
12 Chorknaben) als Hofkapellmeister nach Schwe- 
rin ging. Wahrscheinlich starb er 1565 als Kantor 
in Zwickau. Ob er mit dem Zwickauer Wolf gang 
Koler, der 1556 in Tübingen studierte, verwandt 
ist, läßt sich nicht feststellen. Handschriftlich sind 
von K. erhalten ein 4st. geistliches Lied O du edler 
Brunn von 1553, eine 5st. Missa super Benedicta es 
Josquini und eine 5st. Hymne Rosa florum . 

Ausg.: 2 Psalmen, hsrg. v. G. Göhler, Lpz. 1900 
Der 146. Psalm, 4st, in: Hdb. d. deutschen ev. Kir- 
chenmusik n, 1, hrsg. v. K. Ameln, Chr. Mahren- 
holz, W. Thomas u. G Gerhardt, Göttingen 1935. 
Lit.: E. Pasqu£ in: Cl. Meyer, Gesch. d. Mecklen- 
burg-Schweriner Hofkapelle, Schwerin 1913; G. Eis- 
mann, D. K., Diss. Erlangen 1943, gedruckt Bin 1958. 

Köler, Martin (Colerus), * um 1620 zu Danzig, 
f um 1703 zu Hamburg; deutscher Komponist, 
war 1663-67 Herzoglich Braunschweigischer Ka- 
pellmeister, dann in bayreuthischen und holstei- 
nischen Diensten, zuletzt in Hamburg, Lieder- 
komponist des Ristschen Kreises, von dem hand- 
schriftlich auch eine Reihe Kantaten erhalten sind. 

KoeUreutter, Hans Joachim, * 2. 9. 1915 zu 
Freiburg; brasilianischer Komponist, lebt in Säo 
Paulo. Er studierte an der Berliner Musikhoch- 
schule Komposition, Flöte, Klavier, betrieb Mu- 
sikwissenschaft und nahm an Kompositionskursen 
von Hindcmith teü. 1937 wurde er Professor für 
Komposition am Konservatorium in Rio de Ja- 
neiro, gründete 1939 die Gruppe »Mtisica Viva 
Brasü« und eine Zeitschrift gleichen Namens, 1943 
das Quinteto Instrumental de Säo Paulo. Im glei- 
chen Jahre wurde er Professor am Instituto Mtisical 
de Säo Paulo. Seit 1950 leitet er jährlich den »Curso 
International de Fdrias Pr6 Äxte« in Teresöpolis 
und ist seit 1954 Direktor der Seminärios Livres de 
Mtisica an der Universität Bahia (Salvador). Als 
Komponist wandte er sich der Dodekaphonie zu; 
K. schrieb: Quatro Pegas für Orch. (1937), Jhtrata 
für Blechbläser (1942), VariacÖes für Orch. (1945), 
M&sica concertante für KL, Instrumente und Schlag- 
zeug (1946), Mdsica für Orch. (1947), eine Kam- 


946 



Koerppen 


mersymphonie (1948), 2 Flötensonaten (1937, 
1939), eine Violinsonate (1939), Müsica 1942 für 
V.Solo, Inventionen für Ob., Klar, und Fag. 
(1940), Variationen für 4 Blaser (1941), Variacöes 
1941 und Müsica 1947 für Streichquartett, Duo 
1943 für Vc. und Kl., Diaton 8 für FL, Englisch 
Horn, Fag., Harfe und Xylophon, Chorwerke, 
Lieder und Klaviermusik. 

Költzsch, Hans, * 17. 8. 1901 zu Gößnitz (Thü- 
ringen); deutscher Musikforscher, studierte Mu- 
sikwissenschaft in Halle, Leipzig, Berlin und Er- 
langen, wo er 1926 mit einer Arbeit über Franz 
Schubert in seinen Klaviersonaten (gedruckt Leipzig 
1927, = Sammlung musikwissenschaftlicher Ein- 
zeldarstellungen VII) promovierte. Anschließend 
wirkte er als Regisseur und Dramaturg an den 
Bühnen in Essen und Bielefeld und als Abteilungs- 
leiter an den Sendern Saarbrücken, Prag, Berlin, 
Riga und Hamburg (1950-53), wo er jetzt als freier 
Schriftsteller lebt. 

Koenen, Friedrich, * 30. 4. 1829 zu Rheinbach 
bei Bonn, + 6. 7. 1887 zu Köln; deutscher Kirchen- 
musiker, Sohn eines Lehrers, 1854 zum Priester 
eweiht, studierte 1862/63 in Regensburg unter 
chrems, wurde 1863 Domkapellmeister und Mu- 
sikprofessor am Erzbischöflichen Priesterseminar 
in Köln. 1869 gründete er den Kölner Diözesan- 
Cäcilien- Verein, dessen Präses er bis zu seinem 
Tode blieb. Seine Kompositionen sind Messen, 
Motetten, Psalmen, Litaneien, ein Te Deum, 2 geist- 
liche Kantaten, Lieder und Orgelpräludien. 

König, Johann Balthasar, getauft 28. 1. 1691 
zu Waltershausen bei Gotha, beerdigt 2. 4. 1758 zu 
Frankfurt am Main; deutscher Kirchenmusiker, 
kam 1703 nach Frankfurt, war Kapellknabc, dann 
Mitglied der Kapelle und ab 1718 (oder 1719) Ka- 
peHdirektor an St. Katharinen. 1727 wurde er 
städtischer Kapellmeister und hob als solcher tat- 
kräftig das Musikleben der Stadt. 1738 gab er den 
Harmonischen Lieder-Schatz heraus (Frankfurt, Neu- 
druck 1767, 2. Auflage ohne Jahr), das reichhal- 
tigste Choralbuch des 18. Jh.; von den 1913 darin 
enthaltenen Melodien ist für 358 keine andere 
Quelle bekannt; sie scheinen von K. erfunden zu 
sein, darunter O daß ich tausend Zungen hätte und 
Ich will dich lieben , meine Stärke. 

Ausg.: Kantate Ach, Jesus geht zu seiner Pein, hrsg. 
v. A. Adrio, Bin 1947. 

Lit.: E. Mentzel, J. B. K., Correspondenzblatt d. ev. 
Kirchengesangvar. XIV, 1900. 

K$nigslÖw, Johann Wilhelm Cornelius von, 
* 16. 3. 1745 zuHamburg, 1 14. 5. 1833 zu Lübeck; 
war ab 1773 Organist der Marienkirche in Lübeck, 
später auch Dirigent der Liebhaberkonzerte und 
fleißiger Komponist von »Abendmusiken«. 

Lit.: J. Hennings u. W. Stahl, Mg. Lübecks, 2 Bde, 
Kassel u. Basel (1951-52). 

K§nigslöw,Otto Friedrich von, *13. 11. 1824 zu 
Hamburg, f 6. 10. 1898 zu Bonn; deutscher Violi- 
nist, erhielt die erste musikalische Ausbildung von 
seinem Vater, der aber nicht Fachmusiker war, 
sowie kurze Zeit von K. Hafner und F. Padus, 
besuchte 1844-46 das Leipziger Konservatorium 
als Schüler Ferd. Davids (Violine) und M. Haupt- 
manns (Theorie), unternahm 1846-58 Kunstreisen 
und war 1858-81 Konzertmeister der Gürzenich- 


konzerte und Violinlehrer am Konservatorium in 
Köln; ab 1884 lebte er zurückgezogen in Bonn. 

KQniggperger, Marianus OSB, * 4. 12. 1708 zu 
Roding (Oberpfalz), f 9. 12. 1769 im Benedik- 
tinerkloster Prüfening bei Regensburg, in das er 
1734 eingetreten war; deutscher Komponist, 
schrieb zahlreiche 4st. Messen mit Instrumenten, 
desgleichen Offertorien, Vesperpsalmen, Litaneien, 
Miserere, 6 Stabat Mater sowie die Instrumental- 
werke: 12 Sonatae concertantes pro Missa op. 9 
(2 V., Va cum duplid B.c., Augsburg 1745), 10 
Symphonien op. 16 (2 Clarini, Timp., 2 V., Va, 
B.c., Augsburg 1751), 8 Praeambula cum Fugis 
(Augsburg 1752), Der wohl-unteruriesene Clavier- 
Schüler (Augsburg 1756 und öfter) und Fingerstreit 
oder Klavierübung (Augsburg 1760, Präludien und 
Fugen). 

Körlins, - 1) Sven August, * 14. 4. 1842 zu 
Kristdala , f 21. 10. 1919 zu Ystad; schwedischer 
Komponist, studierte 1858-61 an der Königlichen 
Musikakademie und bd L. Norman in Stockholm, 
war 1866-1911 Musikdirektor, Gymnasialmusik- 
lehrer und Organist der Marienkirche in Ystad 
(Südschweden). Er verfaßte viele seinerzeit sehr 
geschätzte Chor- und Sololieder. - 2) Felix A., 
* 17. 12. 1864 zu Kristdala, t 8. 1. 1937 zu Halm- 
stad; schwedischer Chordirigent, Sohn von Sven 
August K., studierte 1884-86 am Königlichen 
Konservatorium in Stockholm, wurde 1889 Mu- 
siklehrer, 1890 auch Chordirigent und Organist 
in Halm stad. Er machte sich als Komponist von 
Operetten, Männerchören und Kindernedem be- 
kannt. Sein Bruder Sven Holger K., Organist, 
Kantor und Musiklehrer in Göteborg, trat eben- 
falls mit Liedern und Männerchören hervor. - 
3) Binar, * 26. 1. 1897, Sohn von Felix A. K., 
schwedischer Musikverleger, leitet seit 1930 Kör- 
lings Förlag in Stockholm. 

Körner, Christian Gottfried, * 2. 7. 1756 zu 
Leipzig, t 13. 5. 1831 zu Berlin; deutscher Jurist, 
der Vater des Dichters Theodor K. und freund 
Schillers, studierte in Leipzig und Göttingen. In 
Dresden, wo er 1783-1815 in Amtsstellung war, 
unterhielt er einen Gesangverein in seinem Hause, 
komponierte auch selbst, z. B. Lieder aus Goethes 
Wilhelm Meister und Schillersche Gedichte, und 
schrieb für die »Horen« von 1795 : Ueber Charak- 
terdarstellung in der Musik (auch in seinen Aesthe- 
tischen Ansichten , Leipzig 1808). 

Ausg.: K.*s d. Aelteren Schriften, hrsg. v. C Barth, 
Nürnberg (1859); Gesammelte Schriften, Lpz. 1881. 
Lit.: Fr. Jonas, Chr. G. K., Bin 1882; H. Gold- 
schmidt, Die Musikästhetik d. 18. Jh., Zürich u. Lpz. 
1915; W. Seifert, Chr. G. K. u. seine Musikästhetik, 
■» Jenaer Beiträge zur Musikforschung HI, Lpz. 1957. 

Koerppen, Alfred, * 16. 12. 1926 zu Wies- 
baden; deutscher Komponist, ging aus dem Mu- 
sischen Gymnasium Frankfurt am Main hervor, 
wo er Unterweisung im Tonsatz bei K. Thomas 
erhielt. Seit 1948 wirkt er als Dozent für Musik- 
theorie an der Akademie in Hannover. Er schrieb 
mehrere Oratorien, zuletzt Das Feuer des Prome- 
theus (1956), und eine Oper Virgilius, der Magier 
von Rom (1951), deren Textbücher er selber ver- 
faßte. Unter seinen geistlichen Kompositionen be- 
finden sich Motetten, Hymnen und eine Missa pro 


60 * 


947 



Kösditz 


Fidei Propagatione (1952), unter seinen Instmmen- 
talwerken eine Symphonie Die Apokalypse des 
Johannes, eine Sinfonietta in D, ein Concerto 
grosso in B und ein Concerto in D (1953), ferner 
Klavier- und Flötenmusik. 

Köselitz, Heinrich Gast. 

Kösemihal, Mahmut Ragip -*• GazimihäL 

Koessler, Hans, * 1. 1. 1853 zu Waldeck (Fich- 
telgebirge), *[* 23. 5. 1926 zu Ansbach; deutscher 
Komponist, ein Vetter von Max Reger, wurde 
1871 Organist in Neumarkt (Oberpfalz), war 1874 
bis 1877 Schüler von Rheinberger an der König- 
lichen Musikschule in München, ab 1877 Lehrer 
für Theorie und Chorgesang am Konservatorium 
in Dresden und Dirigent der Dresdener Liedertafel, 
welche 1880 beim internationalen Gesangswett- 
streit in Köhl die höchsten Preise errang, worauf 
K. 1881 als Kapellmeister an das Stadttheater 
Köln engagiert wurde. Von dort wurde er 1882 
als Lehrer Sir Orgel und Chorgesang an die Lan- 
des-Musikakademie nach Budapest berufen und 
übernahm nach R. V olkmanns Tode 1883 auch die 
Leitung der Kompositionsklassen. 1908 trat er in 
Ruhestand, lehrte aber 1920-25 wieder an der 
Budapester Musikakademie und ließ sich dann in 
Ansbach nieder. Als Komponist erregte K. zuerst 
durch einen löst. Psalm Aufsdien, dann durch die 
Oper Der Münzenfranz (Straßburg 1902), eine 
Messe für Frauenchor und Org., 3 Psalmen, Chor- 
werke Silvesterglocken und Hymne an die Schönheit, 
Chöre, Lieder und Gesänge, 2 Symphonien, Sym- 
phonische Variationen für Orch., ein Violinkon- 
zert (in Form einer Passacaglia), ein Streichsextett, 
ein Strachquintett, 2 Streichquartette, eine Trio- 
suite für V., Va und Kl., eine Violinsonate, eine 
Cellosonate und eine Walzersuite für KL 


KöstUn, Heinrich Adolf, * 4. 9. 1846 zu Tü- 
bingen, 1 4. 6. 1907 zu Cannstatt; deutscher Theo- 
loge und Musikschriftsteller, Sohn des als Krimi- 
nalist und Dichter berühmten Tübinger Professors 
Christian Reinhold K. und der Liederkomponistin 
Josephine -> Lang-K., studierte in Tübingen Theo- 
logie, ging 1869 als Hauslehrer nach Paris, war 
1871-73 Repetent am theologischen Seminar in 
Tübingen, wo er Vorlesungen über Musik- 
geschichte hielt, 1873-75 Diakonus in Sulz am 
Neckar, organisierte 1875 den Dreistädtebund 
(Sulz, Calw, Nagold) für Kirchengesang, 1877 er- 
weitert zum Evangelischen Kirchengesangverein 
für Württemberg; 1883 gründete er mit L. Hall- 
wachs den Evangelischen Kirchengesangverein für 
Deutschland, dessen Festaufführungen er mehrere 
Jahre selbst leitete. 1875 wurde K. nach Maul- 
bronn, 1878 nach Friedrichshafen berufen, wo er 
bis 1881 als Prediger und Dirigent des Oratorien- 
vereins lebte. 1881 siedelte er nach Stuttgart über, 
wurde 1883 Professor am Predigerseminar in 
Friedberg (Hessen) und 1891 Oberkonsistorialrat 
in Darmstadt. 1895-1900 war er o. Professor der 
Theolome in Gießen. Eine Autobiographie bis 
zum Jahre 1886 mit interessanten Ausblicken auf 
die Entstdbxüg der Kirchengesangvereine findet 
sich in der Denkschrift des Predigerseminars Fried- 
berg vom Jahre 1886. Seine Kritiken über musika- 
lische Bücher im Deutschen Literaturblatt und der 
Augsburger (seit 1882 Münchner) Allgemeinen 


Zeitung sind wertvoll, ebenso seine Schriften: Ge- 
schichte der Musik im Umriß (Berlin 1875, 21880, 
31883, 51898; Leipzig 6 1910 herausgegeben von 
W. Nagel), C. M. v. Weber -Fr. Silcher (Stuttgart 
1877), Die Tonkunst . Einföhrung in die Ästhetik der 
Musik (Stuttgart 1879), Josephine Lang-Köstlin 
(*= Sammlung musikalischer Vortrage XXVI/ 
XXVII, Leipzig 1881), Geschichte des christlichen 
Gottesdienstes (Freiburg 1887). 

Köstlin, Karl Reinhold, * 28. 9. 1819 zu Urach 
(Württemberg), 1 12. 4. 1894 zu Tübingen; deut- 
scher K unsthis toriker und Ästhetiker, ein Mann 
von hoher musikalischer Büdung, wie sowohl 
seine Ästhetik (2 Bände, Tübingen 1863-69) als 
auch die von ihm verfaßten, spezieller die Musik 
behandelnden Partien (ab § 767) des 4. Bandes von 
Fr. Th. Vischers bedeutender »Ästhetik« (Reut- 
lingen 1857) und eine Broschüre über R. Wagners 
Tondrama: Der Ring des Nibelungen (Tübingen 
1877) beweisen. 

Ausg.: F. M. Gatz, Musik-Ästhetik in ihren Haupt- 
richtungen, Stuttgart 1929. 

Köth, Erika, * 15. 9. 1927 zu Darmstadt; deut- 
sche Opemsängerin (Sopran), debütierte nach ihrer 
Gesangs- und Schauspielausbüdung in Darmstadt 
am Pfalztheater in Kaiserslautern. Sie kam über das 
Staatstheater Karlsruhe an die Staatsopem Mün- 
chen und Wien, deren Mitglied sie als 1. Kolora- 
tursängerin ist. 

Koetsier (kuts'iir), Jan, * 14. 8. 1911 zu Amster- 
dam; niederländischer Dirigent und Komponist, 
lebt in Starnberg (Bayern). Er erhielt seine musi- 
kalische Ausbildung in Berlin am Stemschen Kon- 
servatorium (1924-26) und an der Musikhoch- 
schule (1927-34), wirkte dann als Kapellmeister in 
Lübeck, Berlin und 1941/42 im Haag, war 1942-49 
2. Dirigent des Concertgebouw-Orchesters Am- 
sterdam, 1949/50 Dirigent des Residentie-Orche- 
sters im Haag und ist seit 1950 1. Dirigent am 
Bayerischen Rundfunk in München. Er schrieb 
3 Symphonien (op. 29, 1945; op. 30, 1946; op. 40, 
1954), Symphonische Musik op. 19 (1939), Sympho- 
nietta op. 26 (1943), Musik für 2 Streichorch., 

3 Trp., 3 Pos. und Pauken op. 23 (1943), Musik für 

4 Omi. op. 28 (1944), Cellokonzert op. 17 (1938); 
Concertinos für KL op. 15, 2 (1936), Va op. 21 
(1940) sowie Ob. op. 14,1 (1936) und Orch.; 
Duo concertante für FL, V. und Orch. op. 14, 3 
(1936), das Ballett Demeter op. 25 (1943), die hei- 
tere Oper Frans Hals op. 39 (1951), Kammermusik 
für Streicher, Holz- und Blechbläser, Orgel- und 
Klaviermusik, Lieder, Chöre. 

Kötditz, Adolf, * 27. 9. 1820 zu Trier, f 26. 10. 
1860 zu Uralsk; deutscher Violinist, lebte mehrere 
Jahre in Köln und, protegiert von Liszt, 3 Jahre in 
Paris, war 1848-56 Konzertmeister in Königsberg 
und setzte sich auf einer Konzertreise durch Sibi- 
rien in Uralsk als Musikdirektor fest. Von seinen 
Kompositionen sind 2 Streichquartette hervorzu- 
heben. Seine Frau Klotilde geborene Ellendt 
(1822-67) war in Königsberg als Gesanglehrerin 
geschätzt. 

Kötader, Joseph Christoph -> Keßler. 

Kötzsch k e, Johannes (Hanns), * 31. 12. 1870 zu 
Dresden; deutscher Komponist, studierte am 
Dresdner Konservatorium bei Draeseke, Fähr- 


948 



Kolassi 


mann, Krantz und wurde dann Orgellehrer an 
dieser Anstalt. Daneben war er Organist und Mu- 
sikreferent. Hauptwerke: Streichquartett Der Herr 
ist mein Hirte (1923), Symphonie für Org. und 
Orch. Ein feste Burg (1923), Kantate Mysterium Jesu 
(1935), Chorwerk Weltschöpjung (1940), 5 Sym- 
phonien, ein Flötenkonzert, 4 Violinsonaten, So- 
nate für 2 V. und KL, 2 Cellosonaten, 3 Klavier- 
trios, 2 Streichquartette, 2 Märchenopern. 

Koffler, Jözef , * 28. 11. 1896 zu Stt^j, f 1943 zu 
Ojcow; polnischer Komponist, Musikschriftsteller 
und -pädagoge, war in Wien Schüler von Schön- 
berg, an der Universität von G. Adler, promo- 
vierte 1923 mit einer Arbeit über Die orchestrale 
Koloristik in den symphonischen Werken von Mendels- 
sohn. 1924 wurde er Lehrer am Konservatorium in 
Lemberg. Kompositionen: Ballett Alles durch M. 
O. W. für Tänzer, 2 Singst., Chor und Orch. 
op. 15; 3 Symphonien, Suita Polska op. 24, 
Uwertura Radosna, Wariage szeregu 12 ton Sw (»Va- 
riationen der Zwölfton-Reihe«; für Streicher; 
Streichquartett op. 20, Streichtrio op. 10, Kantate 
Miloid (Die Liebe) für Singst., Va, Vc. und Klar.; 
eine Rohe von Klavierstücken, darunter 40 pol- 
nische Volkslieder op. 6, Musique de ballet op. 7, 
15 Variationen Musique quasi una sonata op. 8; 
4 Pobnes op. 22 für Singst, und KL Veröffent- 
lichungen: Modulacja diatoniczna - Nowa droga 
nauczania (Kwartalmk Muzyczny 1931), Problemy 
muzyczne w Radio (in: Muzyka 1932), Muzyka 

S trdowa z lotu ptaka (» Die avantgardistische 
aus dem Vogelflug«; posthum in: Muzyka 

1952). 

Kofler, Leo, * 13. 3. 1837 zu Brixen, f 29* 11. 
1908 zu New Orleans; österreichischer Gesangs- 
pädagoge, lebte als Organist an St. Paul’s Chapel 
und Musikkritiker in New York ; schrieb : The Art 
of Breathing (New York 1889, viele Neuauflagen, 
deutsch von CL Schlaff hont und H. Andersen als 
Die Kunst des Athmens, Leipzig 1898, 20 1952). 

Kogd, Gustav Friedrich, * 16. 1. 1849 zu Leipzig, 
t 13. 11. 1921 zu Frankflirt am Main; deutscher 
Dirigent, studierte 1863-67 am Leipziger Konser- 
vatorium, lebte bis 1870 im Elsaß als Musiklehrer, 
erwarb sich von 1874 an Dirigentenroutine an den 
Theatern von Nürnberg, Dortmund, Gent, 
Aachen, Köln, Leipzig, wurde 1887 Kapellmeister 
des Philharmonischen Orchesters in Berlin, 1891 
bis 1903 Dirigent der Museumskonzerte in Frank- 
furt am Main, welche unter ihm einen bedeuten- 
den Aufschwung nahmen. Ab 1908 war er Diri- 
gent des Cäcilienvereins in Wiesbaden. Als Kom- 
ponist ist K. mit wenigen Klavierwerken zu 2 und 
4 Händen aufgetreten; dagegen entfaltete er eine 
umfangreiche Tätigkeit als Herausgeber von 
Opem-Klavierauszügen und -Partituren. 

Kohs, Ellis B., * 12. 5. 1916 zu Chicago; ameri- 
kanischer Komponist, studierte am San Francisco 
Conservatory of Music, am Institute of Musical 
Arts in New York, an der Universität Chicago 
(M. A. 1938), der Juilliard School of Music und der 
Harvard Universität. Seine Kompositionslehrer 
waren Bricken, Wagenaar und Piston. K. wirkt 
seit 1950 als Assodate Professor an der Musik- 
schule der University of Southern California in 
Los Angeles und ist dort Leiter der Theorieabtei- 


lung. Er komponierte 2 Symphonien (1950; die 2. 
1956, mit Chor), ein Konzert für Orch. (1941), 
Legend für Ob. und Streichorch. (1946), Cello- 
konzert (1947), Kammerkonzert für Va und Strei- 
cher (1949), Passacaglia für Org. und Streicher, 
Bühnenmusik zu Macbeth , Chorwerke, 2 Streich- 
quartette, Night watch für Fl., Hom und Pauken, 
Klarinettensonate (1951), Orgel- und Klavier- 
musik sowie Lieder. 

Kohut, Adolf, * 10. 11. 1847 zu Mindszent (Un- 
garn), t 21. 9. 1917 zu Berlin; deutscher Musik- 
schriftsteller, lebte - nach Universitätsstudien in 
Breslau, Berlin, Wien und Jena - 1884-89 in 
Dresden, ab 1890 in Berlin. K. schrieb: Moses 
Mendelssohn (Dresden 1886, *1887), Weber-Ge- 
denkbuch (Reudnitz-Leipzig 1886), Tragische Prima- 
donnenehen (Leipzig 1887), Das Dresdner Hof- 
theater (Dresden 1888), Fr. Wieck (Dresden und 
Leipzig 1888), Die größten . . . deutschen Soubretten 
(Düsseldorf 1890), J. Miksch (Leipzig 1890), J. 
Joachim (Berlin 1891), Bilder aus der Musikwelt 
(1891), Aus dem Zauberlande Polyhymnias (Berlin 
1892), Dur- und Moll-Akkorde. Musikalische Streif- 
züge (Berlin 1894), Schiller in seinen Beziehungen zur 
Musik (Stuttgart 1905), Die Gesangsköniginnen 
(Berlin 1906), mehrere Musiker-Biographien in 
Redams Universalbibliothek, Leipzig (Auber, 
Meyerbeer , Rossini). 

K6kai, Rezsö (Rudolf), * 15. 1. 1906 zu Buda- 
pest; ungarischer Komponist, studierte 1919-26 an 
der Musikakademie und der Universität in Buda- 

f est und bei W. Gurlitt an der Universität Frei- 
urg im Breisgau, wo er 1933 über Franz Liszt in 
seinen Jrühen Klavierwerken (Leipzig 1933) promo- 
vierte. K. war 1926-34 Professor am National- 
Konservatorium Budapest, seit 1936 an der Franz- 
Liszt-Hochschule. Er schrieb Grundprinzipien einer 
systematischen Musikästhetik (Budapest 1938, unga- 
risch), Aufsätze über Liszts Skizzenbücher und 
Musikpädagogik. Kompositionen: Orchester- 
werke, darunter Werbungstanz-Suite , Concerto Jur 
V. und Orch., Filmmusik, 3 Radiosingspiele. 

Koldr, Katharina -»> Smetana. 

Koldr (k'ola:^, Victor, * 12. 2. 1888 zu Buda- 
pest; amerikanischer Dirigent von tschechischer 
Herkunft, studierte in Prag bei Dvordk, J. Kubelfk 
und Sevöfk, ging 1904 nach den USA als Geiger ins 
Chicagoer Orchester, war 1905 im Pittsburgher 
Orchester angestellt, 1907-19 Mitglied des New 
York Symphony Orchestra, nach 1915 auch Hilfs- 
dirigent. 1919 wurde er Hilfs-Dirigent, 1937 2. Di- 
rigent des Detroit Symphony Orchestra. Werke: 
symphonische Dichtungen Hiawatha (nach Long- 
fdlow, 1908) und A Fairy Tale (1913), Orchester- 
suite Americana (1914), Symphonie D dur (1916), 
Slovakian Rhapsody für Orch. (1922), Lieder und 
Violinstücke. 

Kolassi, Irma, * 28. 5. 1918 zu Athen; griechi- 
sche Konzertsängerin (Sopran), lebt in Paris. Sie 
studierte ursprünglich Klavier am Athener Kon- 
servatorium und bei Casdla in Rom. Neben einem 
1. Klavierpreis errang sie am Konservatorium von 
Athen, als Absolventin der Klasse Maggie Karadja, 
einen 1. Gesangspreis. An der Academia di Santa 
Ccdlia in Rom diplomierte sie 1940 und konzer- 


949 



Kolbag 


tiert seitdem als eine der hervorragendsten Kon- 
zert-(Oratorien- und Lied-) Sängerinnen in ganz 
West-Europa; vor allem auch als Interpretin zeit- 
genössischer französischer und deutscher Musik 
m a cht e sie sich einen Namen. I. K. unterrichtete 
1940-49 am Hellenischen Konservatorium in 
Athen. 

Kolberg, Oskar, * 1815 zu Przysucha bei Radom, 
t 3. 6. 1890 zu Warschau; polnischer Volkslieder- 
sammler, war 1835-37 Schüler Rungenhagens in 
Berlin, debütierte als Komponist mit einigen Hef- 
ten polnischer Nationaltanze (Kujawiaks, Mazur- 
ken, Krakowiaks) und schrieb eine Oper Le retour 
de Jena (1845). Außerordentlich verdienstvoll ist 
seine nach Landschaften geordnete Sammlung von 
über 15000 polnischen Volksliedern: Piefai ludu 
polskiego (29 Bände, Krakau 1865-90), ferner 
Piefai ludu litewskiego (Krakau 1879). 

Kolfssa, Filaret Michrilowitsch, * 17. 7. 1871 
zu Tatarsko (Ostgalizien), f 1947; ukrainischer 
Musikforscher, studierte in Wien, Lemberg und 
Berlin Philosophie und Musik (A. Bruckner, G. 
Adler), war 1898-1930 Professor am Akademi- 
schen Staatsgymnasium in Lemberg. Nach der 
Annexion der Westukraine durch Rußland (1939) 
wurde K. Professor an der Universität Lemberg, 
Direktor des Ethnographischen Museums und La- 
ter der Filiale des Instituts für Kunstwissenschaften, 
Folklore und Ethnographie der Sowjetischen Aka- 
demie der Wissenschaften, deren korrespondieren- 
des Mitglied er ab 1929 "war. Sein Hauptarbeits- 
gebiet war die Sammlung der ukrainischen Volks- 
lieder und die wissenschaftliche Erschließung ihres 
melodischen und rhythmischen Charakters. Werke : 
Ritmika ukrainskich pisen (»Die Rhythmik der 
ukrainischen Lieder«, Sapiski Naukowo towarist- 
waim. Schewtschenko LXIX, LXXI-LXXIV und 
LXXVI, Lemberg 1906-07); Über den melodischen 
und rhythmischen Aufbau der ukrainischen . . . rezi- 
tierenden Gesänge (Kgr.-Ber. Wien 1909); Melodii 
ukrainskich narodnich dum (»Melodien ukrainischer 
rezitierender Gesänge«, 2 Bände, = Materijaü do 
Ukrainskoi etnologii XIE-XIV, Lemberg 1910 
bis 1913); Pro genesu ukrainskich narodnich dum 
(»Zur Entstehung der ukrainischen rezitierenden 
Gesänge«, Lemberg 1922); Ukrainska narodna pisnja 
na peredomi XVü-XVni ww. (»Ukrainische Volks- 
lieder um die Wende vom XVII. zum XVffl. Th., 
Lemberg 2 1928) ; Aufsätze, Volksliedbearbei- 
tungen für Chor. 

Kolfssa, Lubka, * 19.5.1904 zu Lemberg; 
ukrainische Pianistin, studierte bei L. Them und 
E. Sauer in Wien und spielte ab 1920 auf Konzert- 
reisen. 1938 mußte sie ihren Wohnsitz in Öster- 
reich aufgeben und lebt jetzt in den USA. 

KoHsch, Rudolf, *20. 7. 1896 zu Klamm (Öster- 
reich); amerikanischer Violinist, lebt in Madison 
(Wisconsin, USAL studierte an der Musikakade- 
mie Wien Gage bei Seväk und Komposition bei 
Schreker, deichzeitig hörte er bei Adler musik- 
wissenschaftliche Vorlesungen an der Universität 
und nahm bei Schönbag (dessen Schwager a 1924 
wurde) Privatunterricht. 1919-21 wirkte a bei 
Schönbergs »Verein für musikalische Privatauf- 
führungen« als Vortragsmeister. Mit seinem 1922 
gegründeten Koüsch-Quartett setzte a sich für die 

950 


Kammermusik da Schönbagschule ein, bis 1935 
in ganz Europa, dann vor allem in den USA, wo- 
hin er 1940 übersiedelte. 1944 wurde er als Leita 
des Pro-Arte-Quartetts Lehra für Violine und 
Kammermusik an da Universität Wisconsin. Seit 
1953 gastiert a auch wieda in Deutschland, 
hauptsächlich bei den Darmstädta Ferienkursen. 
K. ist Linksgeiger. Sein Quartett begann damit, 
auch moderne Musik auswendig zu spielen. 

Koller, Oswald, * 30. 7. 1852 zu Brünn, f 10. 6. 
1910 zu Klagenfurt; österreichischer Musikfor- 
scher, war Professor an da Realschule in Kremsier 
als Helfer G. Adlers bei da bibliographischen Vor- 
bereitung da DTÖ und 1892 bei da Wiener Mu- 
sik- und Theaterausstellung tätig, ab 1893 Pro- 
fessor an da Staatsgewerbeschule Wien I. Er 
schrieb : Klopstockstudien (üba Klopstocks Verhält- 
nis zur Musik, Schulprogramm Kremsier 1889); 
Der Liederkodex von Montpellier (VfMw IV, 1888); 
Versuch einer Rekonstruktion der Notenbeispiele zum 
elften Kapitel von Francois Ars cantus mensurabilis 
(VfMw VI, 1890) und gab heraus: Die Lieder 
Oswalds von Wolkenstein (DTÖ IX, 1) und mit 
G. Adler 6 Trienter Codices des 15. Jh . (1.-2. Aus- 
wahl, DTÖ VH und XI, 1). 

Lit : G. Adler in: ZIMG XI, 1909/10. 

Kollmann, - 1) August Friedrich Christoph, 

* 1756 zu Engelbostel (Hannover), f 19. 4. 1829 zu 
London; deutscha Musiktheoretiker, war 1781 
Organist in Lüne bei Lüneburg und kam 1784 
nach London als Küsta und Kantor da deutschen 
Kapelle von St. James. EL war theoretisch veran- 
lagt, was auch die Mehrzahl seiner Kompositionen 
offenbart: Analysed Symphony (= Klaviertrio) 
op. 3; Symphonien für Klaviertrio op. 7; Klavier- 
konzert op. 8; The Mehdy of the lOOth Psalm , with 
100 Harmonies op. 9; Twelve Analysed Fugues für 
KL 4h ä n d ig op. 10; Programm-Symphonie The 
Shipwreck. Seine didaktischen Wake sind alle in 
London erschienen: First Begirming on the Pianoforte 
(1796) ; Essay on Practical Harmony (1796) ; Essay on 
Practical Musical Composition (1799, 2 1812); Practi- 
cal Guide to Thorough Bass (1801, deutsch Offen- 
bach ohne Jahr), dazu die Verteidigung eines darin 
enthaltenen Lehrsatzes: Vindication . . . (1802); A 
New Theory of Musical Harmony (1806, 21823); 
A Second Practical Guide to Thorough Bass (1807); 
Remarks on what Mr. Logier Calls his *New System 
. . .« (London 1824) ; Über Logier* s Musikunter- 
richtssystem (München ohne Jahr, mit C. F. Mül- 
la). Eine eigene Musikzeitung, Quarterly Musical 
Register (1812), erschien nur m 2 Quartalheften. 
Die von KL 1799 angekündigte Ausgabe von Bachs 
Wohltemperiertem Klavia kam nicht zur Aus- 
führung (nur je eine Nummer erschien in den 
beiden Au fla gen des »Essay on . . . Composition«), 
doch veröffentlichte er die en glis che Übersetzung 
von Forkels Bach-Biographie. Sein Bruder Georg 
Christoph war 1789-1827 Organist da Katha- 
rinenkirche in Hamburg. - 2) George August, 

* 1780 und f 19. 3. 1845 zu London; englischer 
Organist, Sohn von A. Fr. Chr. K., wurde 1829 
Nachfolga seines Vaters an da deutschen Kapelle. 
Er schrieb Klaviersonaten und -stücke und erfand 
eine neue Methode des Klavierstimmern. S eine 
Schwesta Johanna Sophie K. (1789-1849) 
wurde 1845 seine Nachfolgerin als Organistin. 



Kondradri 


Lit.: E. R. Jacobi, A. Fr. Chr. K. als Theoretiker, 
AfMwXin, 1956. 

Kollo (eigenfEchKollodziepski),-l) Walter, 
* 28. 1. 1878 zu Neidenburg (Ostpreußen), f 30. 9. 
1940 zu Berlin; deutscher Operettenkomponist, 
studierte in Sondershausen, war in Königsberg, 
Stettin und Berlin Kapellmeister und gehört zu den 
volkstümlichsten Komponisten von Berliner Ope- 
retten, Possen und Revuen: Wie einst im Mai (1913, 
darin: Es war in Schoneberg und Die Männer sind 
alle Verbrecher ), Der Juxbaron (1913, darin: Kleine 
Mädchen müssen schlafen gehn). Große Rosinen (1913, 
darin: Pauline geht tanzen! und Mädel jung gefreit), 
Filmzauber (1913, darin: Unteren Linden), Immer 
feste druff (1915), Drei alte Schachteln (1917, darin: 
Ein Märchenglück, ein Sommertraum und Ach Jott, 
was sind die Männer dumm). Die tolle Komteß (1917), 
Fräulein Puck (1921), Marietta (1923, dann: Was 
eine Frau im Frühling träumt und Warte, warte nur 
ein Weilchen), Die Frau ohne Kuß (1924, darin: Das 
ist der Frühling von Berlin), Olly-Polly (1925), Lieber 
reich - aber glücklich (1933), Detjflinger (1934), 
Frauen haben aas gern (1940). - 2) Willy, * 28. 4. 
1904, Sohn von Walter K., lebt als Textverfasser 
und Komponist von Operetten, Schlagern und 
Filmmusik in Berlin. 


KQlneder, Walter, * 1. 7. 1910 zu Wels (Ober- 
österreich); österreichischer Musikforscher, stu- 
dierte am Mozarteum in Salzburg, lehrte 1936-39 
am Konservatorium Graz, 1936-45 an der Hoch- 
schule für Musikerziehung Graz-Eggenberg, war 
1947-53 Solobratschist des Städtischen Orchesters 
Innsbruck. Daneben studierte K. Musikwissen- 
schaft bei W. Fischer und Volkskunde, promo- 
vierte 1949 mit einer Arbeit über Die vokale Mehr- 
stimmigkeit in der Volksmusik der österreichischen 
Alpenländer und habilitierte sich 1956 in Saar- 
brücken mit Antonio Vivaldi. Neue Studien zur Bio- 
graphie und Stilistik seiner Werke (Teildruck als 
Auffuhrungspraxis bei Vivaldi, Leipzig 1955). Seit 
1953 ist er Direktor des Konservatoriums in 
Luxemburg, seit 1956 Dozent an der Universität 
Saarbrücken. Seine Aufsätze behandeln vorwie- 
gend österreichische Volksmusik und Vivaldi. 
Außerdem gab er Instrumentalmusik des 17./ 18. 
Jh. sowie Bearbeitungen heraus. 

Kolodin, Irving, * 22. 2. 1908 zu New York; 
amerikanischer Musikkritiker, studierte am Insti- 
tute of Music Art in New York und unterrichtete 
hier Theorie (1930/31), wurde Musikkritiker der 
Sun und hielt Sommerkurse an der Juilliard SchooL 
K. schrieb The Metropolitan Opera (New York 
1936). 

Komarowa, Warwara Dmitrijewna Stas- 
sow, Wladimir Wasiljewitsch. 


Komma, Karl Michael, * 24. 1 Z 1913 zu Asch 
(Böhmen) ; deutscher Musikforscher, studierte 
1932-34 an der Deutschen Universität in Prag 
(Becking), der Deutschen Akademie für Musik 
(F. Finke) und 1934-36 der Universität Heidelberg 
(Besseler). Hier promovierte er 1936 über Johann 
Zach (Studien zur Heidelberger Musikwissenschaft 
VII, Kassel 1938) und war 1936-39 Assistent. 1940 
bis 1945 war K. Direktor der Musikschule Reichen- 


berg (Böhmen). Er ist seit 1954 an der Musikhoch- 
schule Stuttgart Dozent und gleichzeitig seit 1957 


an der dortigen Technischen Hochschule. IC gab 
Gruppenkonzerte der Bachzeit (RD XI, 1938 heraus). 
Kompositionen: Orchesterwerke, Klavierkonzert, 
Kammermusik, Chorwerke, darunter die Kantate 
Erhält uns Herr und eine Ostervesper. 

Komorzynsld, Egon, Ritter von, * 7. 5. 1878 zu 
Wien; österreichischer Musikschriftsteller, stu- 
dierte an den Universitäten Wien (G. Adler), Ber- 
lin, München, Leipzig (H. Riemann), Breslau und 
Würzburg, promovierte 1900 und war 1904-34 
Professor für Deutsche Sprache und Geschichte des 
Altertums an der Handelsakademie in Wien. Nach 
grundlegenden frühen Arbeiten über Schikaneder 
und die Textgeschichte von Mozarts Zauberflöte 
wandte er sich der Romanschriftstellerei zu, was 
auch in seinen späteren wissenschaftlichen Ver- 
öffentlichungen Spuren hinterlassen hat. Er schrieb 
Emanuel Schikaneder (Berlin 1901, Wien 31951), 
Mozarts Kunst der Instrumentation (Stuttgart 1906), 
Mozart (Berlin 1941, Neudruck 1955) sowie die 
Romane Pamina, Mozarts letzte Liebe (Wien 1941), 
über Schubert Genius zwischen zwei Welten (Wien 
1947), Der Vater der Zauberflöte (Wien 1947). 

Lit.: O. E. Deutsch, in Mozart-Jb. 1956, S. 48 f. 

Kompan?jsldj, Nikolaj Iwanowitsch, * 1848 
zu Prijutino bei Taganrog, + 28. 3. 1910; russischer 
Komponist, Autodidakt, ist in seinen geistlichen 
Kompositionen Verfechter eines strengen altrus- 
sischen Kirchenstils und legte seinen 41 geistlichen 
Chorwerken die charakteristischen Wendungen 
des mehrstimmigen russischen Volksgesanges zu- 
gnmde. In zahlreichen Aufsätzen bemühte er sich, 
die Zusammenhänge des altrussischen Kirchenge- 
sanges mit dem russischen Volkslied nachzuweisen. 

Kpmzäk, - 1) Karl, * 4. 11. 1823 und f 19. 3. 
1893 zu Net&howitz bei Moldautein; tschechi- 
scher Komponist, war zuerst Schullehrer, dann in 
Prag Organist und Leiter einer eigenen Kapelle 
(der Dvordk zeitweise angehörte), mit der er am 
Tschechischen Theater wirkte. 1865 wurde er Ka- 
pellmeister im österreichischen Heer. K. schrieb 
beliebte Märsche (Erzherzog Albrecht-Marsch) und 
Tänze (Badner Madeln, Walzer) sowie Stücke für 
Salonorch. (Volkslied, Märchen). - 2) Karl, * 8. 11. 
1850 zu Prag, + 23. 4. 1905 zu Baden bei Wien; 
tschechischer Komponist, Sohn von - 1), studierte 
am Prager Konservatorium, wurde als Militär- 
kapellmeister berühmt und war zuletzt Kurkapell- 
meister in Baden bei Wien. K. schrieb ebe nfalls 
Potpourris, Tänze ( Münchner Kindl, Walzer) und 
Märsche. 

Kondracld (ksmdr'atdri), Michal, * 4. 10. 1902 
zu*Poltawa; polnischer Komponist, studierte bis 
1927 am Warschauer Konservatorium (Szyma- 
nowski), danach bis 1931 bei P. Dukas und N. 
Boulanger in Paris, wo er sich auch ab Sekretär 
der Vereinigung junger polnischer Komponisten 
betätigte. Nach seiner Rückkehr nach Polen Heß 
er sich in Warschau nieder, lebte ab 1940 in Rio de 

S aeiro und ist seit 1948 ab Musikpädagoge in 
ew York tätig. Werke: die Opern Marchott und 
Popieliny (Warschau 1934), Ballette Metropolis 
(1929) und BaM kräkowska (Krakauer Märchen, 
19370 J för Orchester: Symphonie (1942), Mäta 
Symfonia i Göralska (Kleine Goralen-Symphonie, 
1931), Partita (1928), Suita Kurpiowska (1933), 

951 



Konetzni 


Orchesterkonzert (1935), Toccata und Fuge (1938), 
Taniec brazylijski (Brasilianischer Tanz, 1944), 
2 Klavierkonzerte (1926, 1936); Chorwerke: Can- 
tate ecclesiastica (1937), Motette Legende (1937), ein 
Psalm (1945). 

Konetzm-Wiedmann, Anny, * 12. 2. 1902 zu 
"Wien; österreichische Opemsängerin (Sopran), 
begann als Altistin, wurde Mitglied der Staatsoper 
Berlin und (ab 1934) Wien, unternahm ausge- 
dehnte Gastspielreisen. Ihre Hauptrollen sind 
Isolde, Brunhüde, Ortrud, Kundry und die Feld- 

■maTsrhflllfn- 

Konetzni, Hilde, * 21. 3. 1905 zu Wien; öster- 
reichische Opemsängerin (Sopran), studierte am 
Wiener Konservatorium, ging an das Deutsche 
Theater Prag und 1936 an die Staatsoper Wien, 
wirkte ab 1936 bei den Salzburger Festspielen mit 
und ist besonders in der Rolle der Feldmarschallin 
bekannt geworden. 

Koning, David, * 19.3.1820 zu Rotterdam, 
■f 6. 11. 1876 zu Amsterdam; niederländischer 
Komponist, studierte 1834-38 bei A. Schmitt in 
F rankf urt am Main, ließ sich 1840 in Amsterdam 
nieder und übernahm die Direktion des Chorver- 
eins Musae. Vorübergehend lebte er auch in Lon- 
don, Paris und Wien, kehrte aber immer nach 
Amsterdam zurück, wo er 10 Jahre lang Sekretär 
und später Präsident des Vereins Caedlia war und 
als M usiklehr er sehr geschätzt wurde. Von seinen 
Kompositionen sind hervorzuheben: Domine , sal- 
vumfac regem mit Orch. op. 1; Ouvertüre op. 7; 
Elegie auf den Tod eines Künstlers op. 22; Oper 
Das Fischermädchen ; Chöre, Lieder; Streichquar- 
tette, Klaviersonaten und -etüden. 

Konink, Servaas de (van), f um 1720 zu Amster- 
dam; niederländischer Komponist, unterrichtete 
wahrscheinlich in Amsterdam und schrieb im 
Lullyschen Stil eine Musik zu Racines Athalie 
(Amsterdam 1697), die zu den frühen Zeugnissen 
theatralischer Musik in den Niederlanden gehört. 
K. schrieb außerdem Hollandsche Minne - en Drink- 
liederen (Amsterdam um 1700), Hollantsche Schou- 
hurgh (Tänze und Airs; Amsterdam o. J., 7 Teile) ; 
l-4st. Motetten; Triosonaten op. 1 und 4 (Amster- 
dam 1696 und um 1700) ; 12 Flötensonaten (hand- 
schriftlich, 1700); Airs in »K. Sweerts Mengel- 
en« (Amsterdam 1695) und in Rogers »Re- 
d’Airs« IV-V (Amsterdam 1697). 

Ausg.: Zwei leichte Sonaten f. Altblockfl u. 

Cemb., hrsg. v. W. Friedrich, Mainz (1937); 4 Flö- 
tensonaten, hrsg. v. dems., Celle o. J.; Drmklied, hrsg. 
v. Fr. Noske, in: Das außerdeutsche Sololied, =* 
Das Musikwerk, Köln (1958). 

Iit.: E. H. Meyer, Die Vorherrschaft d. Instrumen- 
talmusik . . ., TVer XV, 1939; Fr. Noske, Une par- 
dtion hollandaise d’Athalie, in: Mdlanges Masson n, 
Paris (1955). 

Könitz, Lee, * 13. 10. 1927 zu Chicago (USA); 
amerikanischer Jazzmusiker, spielt TClannette und 
Altsaxophon. K. war 1948-50 Mitglied der Band 
von M. Davis und 1952-53 des Orchesters St. 
Kenton. Seit 1954 leitet er eine eigene Kapelle. 
Beeinflußt von Ch. Parker und L. Tristano ist K. 
einer der führenden Musiker des -► Cool Jazz. Als 
Altsaxophonist läßt er das rhythmische Element 
zurücktreten zugunsten von lang ausgesponnenen 
Melodien. 


Konius, Georgij Eduardowitsch (Conus), * 1. 
10. 1862 imd f 29. 8. 1933 zu Moskau; russischer 
Komponist, studierte bei S. L Tanejew und Aren- 
skij am Moskauer Konservatorium, war 1891-99 
und wieder ab 1920 Professor an dieser Anstalt, 
1902-10 an der Musikschule der Moskauer Phil- 
harmonischen Gesellschaft und 1910-20 am Kon- 
servatorium in Saratow. K. schrieb ein Ballett 
Daita (Moskau 1896), eine Kantate auf Zar Alex- 
ander EI. op. 8, eine Serenade für 7 Bläser op. 45, 
Orchesterwerke, Klavierstücke und Lieder. Ober 
seine Methode der »metrotektonischen Formana- 
lyse« berichtete er in Musykalnaja kultura I (1924). 
Seine Brüder Julius (Violinist) und Leo K. (Pia- 
nist) waren gleichfalls Schüler des Moskauer Kon- 
servatoriums und dort als Musikpädagogen tätig; 
sie gingen 1921 nach Paris, Leo 1936 nach Cin- 
cinnati. 

Konjovid (k'onjovit^, Petar, * 5. 5. 1883 zu 
Curug; jugoslawischer Komponist, absolvierte 
seine Studien bei Novdk am Prager Konservato- 
rium, wurde Professor und Chorleiter in Zemun 
und zugleich Professor an der Musikschule in 
Belgrad, später Direktor der Oper in Zagreb, 1947 
bis 1950 Direktor des Musikwissenschaftlichen 
Instituts der Serbischen Akademie der Wissen- 
schaften in Belgrad. Er komponierte: 4 Opern; 
Tondichtung Makar Tckudra, symphonische Va- 
riationen; 2 Streichquartette; Klavierstücke; Lie- 
derzyklen. Von Wert ist sein Buch Ltfuosti (»Per- 
sönlichkeiten«) über Musiker und musikalische 
Richtungen. 

Kon^ye, Hidemaro, * 18. 11. 1898 zu Tokio; 
japanischer Dirigent und Komponist, Leiter des 
Nya Symphonieorchesters in Tokio und der Kai- 
serlichen Musikakademie, unternahm als Dirigent 
Konzertreisen durch Europa und die USA. 

Konrath, Anton, * 14. 5. 1888 zu Innsbruck; 
österreichischer Komponist, war Schüler von J. 
Pembaur sen. und Fr. Marschner, leitete 1913-27 
das Wiener Tonkünstlerorchester, wurde dann 
Dirigent des Wiener Konzertvereins und der Sing- 
akademie, 1947 Dirigent der Konzertvereinigung 
Linz. Als Komponist trat er hervor mit Sympho- 
nien, Ouvertüren und Orchesterliedem. 

Konsek, Edmund, * 9. 11. 1888 zu Herne, f 11. 
4. 1958 zu Bad Salzuflen; deutscher Chorleiter, 
bÜdete sich nach seiner Ausbildung zum Volks- 
schullehrer 1910 noch am Institut für Kirchen- 
musik in Charlottenburg. Neben seiner Tätigkeit 
als Lehrer wirkte er als Organist und Chorleiter, 
wurde 1930 Geschäftsführer des Westfälischen 
Sängerbundes, 1956 Präsident des Deutschen Sän- 
gerbundes. 

Konta, Robert, * 12. 10. 1880 zu Wien, f 19. 10. 
1953 zu Zürich; österreichischer Komponist, 
Schüler von Novdk, 1911-38 Lehrer für Musik- 
theorie am Neuen Wiener Konservatorium, da- 
neben Kritiker der Wiener Allgemeinen Zeitung, 
des Wiener Extrablatt und der Mittagszeitung. 
Nach der Besetzung Österreichs mußte er 1938 
Wien verlassen und ging nach Zürich. Als dra- 
matischer Komponist und sein eigener Textdichter 
suchte er einfachen Volksliedstil mit Märchenton 
zu vereinigen. Opern: Das kalte Herz (Düsseldorf 
1908, umgearbeitet als Kohlenpeter, Wien 1916), 



952 



Kopsch 


Jugunde (Prag 1922), Verirrt ; Tanzpantomime Der 
bucklige Geiger (Prag 1909) ; eine Symphonie (1909) ; 
ein Violinkonzert; Lieder, 
de Kontski (eigentlich K^tski), polnische Mu- 
sikerfamilie, die Geschwister: - 1) Charles, * 6. 9. 
1815 zu Krakau, f 27. 8. 1867 zu Paris; Pianist, 
trat mit 7 Jahren zuerst auf, studierte in Warschau 
und Paris, wo er als Klavierlehrer lebte. Er schrieb 
Klavier- und Violinstücke. - 2) Euednie, * 22. 
11. 1816 zu Krakau; Pianistin. - 3) Antoine, 
* 27. 10. 1817 zu Krakau, f 2. 12. 1899 zu Iwa- 
nitschi bei Akulowka (Gouvernement Nowgorod) ; 
Pianist, war 1829-32 Schüler Fields in Moskau, 
studierte dann am Wiener Konservatorium und 
lebte ab 1836 in Paris, 1853-67 in St. Petersburg, 
dann in London und schließlich in New York. 
Von seinen zahlreichen Salonstücken wurde Le 
riveil du Hon op. 115 allgemein bekannt. K. schrieb 
auch die Opern Les deux distraits (London 1872) 
und Le sultan de Zanzibar (New York 1886). - 

4) Stanislas, * 8. 10. 1820 zu Krakau, Violin- 
lehrer in Paris, schrieb Klavier- und Violinstücke. - 

5) Apollinaire, * 23. 10. 1825 und t 29. 6. 1879 
zu Warschau; Violinist, soll einige Zeit den Unter- 
richt Paganinis in Paris genossen haben, war 1853 
bis 1861 Kaiserlicher Kammervirtuose in St. Pe- 
tersburg und erweckte dann das Warschauer Kon- 
servatorium, das bereits 1821-30 bestanden hatte, 
zu neuem Leben. K. blieb dessen Direktor bis zu 
seinem Tode. 

Konus, Georgij Eduardowitsch Konius. 

Konwitschny, Franz, * 14. 8. 1901 zu Fulnek 
(Nordmähren); deutscher Dirigent, studierte Mu- 
sik an der Deutschen Musikvereinsschule in Brünn 
(1921-23) und am Konservatorium in Leipzig 
(1923-25), wo er bereits während der Studienjahre 
als Geiger und Bratscher tätig war (Gewandhaus- 
und Theaterorchester). 1925 ging er als Bratscher 
des Fitzner-Quartetts und als Violinlehrer an das 
Volkskonservatorium nach Wien. 1927 wechselte 
er zum Kapellmeisterberuf über und stieg am 
Stuttgarter Staatstheater 1930 zum 1. Kapellmei- 
ster auf, wurde 1933 GMD in Freiburg im Breis- 
gau, 1938 in Frankfurt am Main und 1945 in 
Hannover. Seit 1949 ist er in Leipzig Gewandhaus- 
kapellmeister, war von dort aus gleichzeitig 1953 
bis 1955 GMD der Staatsoper Dresden und ist seit- 
dem daneben GMD an der Deutschen Staatsoper 
Berlin. 

Koole, Arend Johannes Christiaan, * 24. 4. 1908 
zu Amsterdam; niederländischer Musikforscher, 
studierte 1925-30 am Amsterdamer Konservato- 
rium und 1933-37 bei Smijcrs an der Universität 
Utrecht, wurde Professor an den Konservatorien 
in Rotterdam (1938-41), Utrecht (1941-44) und 
Amsterdam 1946-49) und promovierte 1949 über 
Leven en Werken van Pietro Antonio Locatelli da 
Bergamo (Amsterdam 1949). Daneben war er als 
Dirigent in Utrecht und Haarlem sowie als Pianist 
tätig. 1945 gründete er das Amsterdams Vocaal 
Kwartet Seit 1949 ist K. Lektor für Musikwissen- 
schaft an der Universität in Bloemfontein. Er 
schrieb BadCs geestelijke vocale Muziek (Amsterdam 
1949), Felix Mmdelssohn^Bartholdy (Bloemendaal 
1953) sowie Bühnenmusik zu Oedipus Rex, die 
Tanzpantomime Die Schneekönigin , Chöre, Schul- 
und Universitätslieder. 


Kopecky (k'opstski), Ottokar, * 29. 4. 1850 zu 
ChotSbor (Böhmen), f im Dezember 1917 zu 
Hamburg; tschechischer Violinist, besuchte 1864 
bis 1870 das Prager Konservatorium und wirkte 
dann in Orchestern in Brünn, Wien, Sonders- 
hausen, war Konzertmeister der Philharmonischen 
Gesellschaft in Hamburg, zeitweilig auch Dirigent 
des SchäfFerschen Orchestervereins und zuletzt 
Lehrer am Hamburger Konservatorium. 

Kppfermaxm, Albert, * 15.1.1846 zu Dort- 
mund, f 29. 5. 1914 zu Berlin; deutscher Musik- 
bibliothekar, studierte in Bonn, Berlin und Halle 
Jurisprudenz, Philologie und Musik, trat 1878 als 
Nachfolger Espagnes in die Königliche Bibliothek 
zu Berlin ein, deren Musikabteilung er bis zu sei- 
nem Tode leitete. Seine umfangreiche Amtstätig- 
keit und seine selbstlosen Bemühungen für alle, 
die seine Hilfe in Anspruch nahmen, ließen ihn 
wenig zu eigenen Arbeiten kommen; doch gab er 
mehrere unbekannte Kompositionen erstmals 
heraus: ein Duett Mozarts zur Zauberflöte im 
Klavierauszug (vergleiche Köchel-Einsteins Mo- 
zart-Verzeichnis, Leipzig 31937, Seite 790; in: 
Mitteilungen für die Mozart-Gemeinde in Berlin 
VII, 1899), Ein unbekanntes Adagio von Beethoven 
(WoO 33, 1 für Flötenuhr; in: Die Musik I, 
1901/02), Mozarts Violinkonzert D dur (EC-V. 
271a; Leipzig 1907). 

Koppel, Herman David, * 1. 10. 1908 zu Ko- 
penhagen; dänischer Pianist und Komponist, stu- 
dierte 1926-29 am Königlich Dänischen Musik- 
konservatorium, dem er seit 1949 als Klavier- 
lehrer (1955 Professor) angehört. Konzertreisen 
führten ihn seit 1930 über Skandinavien nach 
England, Holland, Frankreich und Deutschland. 
Werke: 5 Symphonien, 3 Klavierkonzerte, Ca- 
priccio für V. und Orch., ein Cellokonzert, Kon- 
zert für V., Va und Orch., Klarinettenkonzert, 
Bühnen- und Filmmusiken, Chorwerke (3 David- 
psalmen), 3 Streichquartette, ein Klavierquintett, 
ein Sextett für Bläser und KL, sonstige Kammer- 
musik, Klaviermusik und Lieder. 

Koprüwa (k^pi^iva), Karl, * 9.2. 1756 und 
1 16. 5. 1785 zu Czitolib, wo sein Vater - Wenzel 
K. - Rektor und Organist war; tschechischer Or- 
ganist, schrieb Messen, Arien, Symphonien, Or- 
gelkonzerte und -stücke. 

Ausg.: 3 Orgelstücke in: Museum f. Orgelspieler n, 
Prag o. J.; 2 Fugen in: A. Guilmant, Klass. Schule 
d. Orgelspiels XHI, Mainz 1900; Orgelfuge F moll, 
hrsg. v. J. Racek u. J. Reinberger in MAB XU. 

Kopsch, Julius, * 6. 2. 1887 zu Berlin; deutscher 
Dirigent, studierte in Berlin 1905-11 Jura, gleich- 
zeitig Dirigieren bei Kleffel und Komposition bei 
Klatte, war Theaterkapellmeister in Berlin, Kre- 
feld, Lübeck, Lodz und Warschau, 1920-24 Musi- 
kalischer Oberleiter am Landestheater Oldenburg, 
1924-25 Dirigent des Berliner Symphonieorche- 
sters; seitdem lebt er als freier Dirigent in Berlin. 
Er trat kämpferisch in Wort und Schrift zugun- 
sten der Schaffenden für die Entwicklung des 
Urheberrechts ein, war bis 1930 geschäftsfüh- 
rendes Vorstandsmitglied der Genossenschaft 
Deutscher Tonsetzer und wurde 1951 Voiritzender 
der Richard-Straiiss-Gesdlschaft. K. schrieb: Ton- 


953 



Koptjajew 


dichtung Komödianten (1912), Klavierkonzert C 
dur (1914), Streichquartett C dur (1920), Violin- 
sonate D dur (1918), Symphonie B moll (1922), 
Trio für Ob., Klar, und Kl. (1932), Nächtlicher 
Festzug fiir Orch. (1936), Feierliches Vorspiel für 
Orch. (1936), Konzert für 6 FL und Streichorch. 
(1941), Ouvertüre Ritter von Malepartus (1942), 
Walzer-Symphonie (1942), Praeludium und Fuge 
für Klar, und Streichquartett (1945), Rondo amabile 
für V. solo (1950). 

Koptfejew, Alexander Petrowitsch, * 12. 10. 
1868 zu St. Petersburg, f 1941; russischer Musik- 
schriftsteller und Komponist, studierte Jura und 
Munk, schrieb (russisch) : »C. Cui als Klavierkom- 
ponist« (St. Petersburg 1895), Glasunow (1897), 
»Wagner und die Russen« (1897), d 9 Albert (1898), 
A. Skrjabin (1899), außerdem »Führer durch die 
Musikdramen R. Wagners«. Seine meist populär 
gehaltenen Aufsätze gab er in 3 Bänden heraus: 
»Musik und Kultur« (Moskau 1903), Euterpe (St. 
Petersburg 1908), »Zum musikalischen Ideal« (St. 
Petersburg 1916). Mit geringerem Erfolg kompo- 
nierte er Orchesterwerke, flavierstücke und Lie- 
der. 

Korda, Viktor, * 19. 8. 1900 zu Wien; österrei- 
chischer Komponist und Chordirigent, studierte 
1921-25 an der Staatsakademie in Wien Kompo- 
sition bei J. Marx und besuchte 1936-38 das Semi- 
nar für Schul- und Kirchenmusik. Seit 1926 ist er 
als Chorleiter, Musiklehrer und beim Rundfunk 
in Wien tätig, wirkt seit 1938 auch als Schulmusi- 
ker und ist von 1954 an maßgeblich an der Gestal- 
tung der österreichischen Sdiulmusik-Sendungen 
beteiligt. Er schrieb die Märchenoper Der Mona ist 
fiir alle da, ein Streichtrio und andere Kammer- 
musik, größere Chorwerke wie Stunde der Befrei- 
ung (1927), Gesang von den Kindheiten (1949), Mai- 
kantate (1952), TKW (Das Lied von Kaprun), Die 
Geschichte von den Musikanten für Sprecher und 
Orch., Heinere Chöre, Lieder, vor allem Volks- 
liedbearbeitungen. Seit 1947 veröffentlicht er Auf- 
sätze in der Zeitschrift »Musikerziehung«. 

Kor£h (Höre:), Endre, * 13. 10. 1906 zu Sepsi- 
szentgyörgy (Ungarn); Österreichischer Sänger 
(Baß), studierte an der Budapester Akademie, war 
dort 1930-47 Mitglied des Opernhauses und ging 
1946 an die 'Wiener Staatsoper, der er heute ange- 
hört. 1952/53 trat er im Metropolitan Opera 
House New York auf, sang als Gast u. a. bei den 
Salzburger Festspielen, beim Maggio Musicale in 
Florenz und beim Glyndebouzne FestivaL 

Koreschtsch^nko, Arsenij Nikolai ewitsch, * 18. 
12. 1870 zu Moskau, t 3. 1. 1921 zu Charkow; 
russischer Komponist, studierte am Moskauer 
Konservatorium Theorie bei Arenskij und Klavier 
bei S. L Tanejew und unterrichtete dann an die- 
sem Institut und an der Moskauer Synodalschule. 
Werke: Phantasie für KL und Orch. op. 3, Barca- 
role für Orch. op. 6, Armenische Suite für Orch. 
op. 20, Scbies noctumes für Orch. op. 21, Sym- 

j >honie op. 23, Streichquartett op. 25, Kantate Don 
uan op. 5, Armenische (op. 8 und 13) und Gru- 
sinische (= Georgische, op. 27b) Lieder für Chor, 
Lieder, 3 Opern, Schauspielmusiken und ein 
Ballett. 


Korg$now, Wassilij Dawydowitsch, * 3.2. 
1865 zu Tiflis; russischer Musikkritiker, verfaßte 
eine Biographie Beethovens (St. Petersburg 1909, 
mit Ausgabe sämtlicher Briefe). 

Kornauth, Egon, * 14. 5. 1891 zu Olmütz (Mäh- 
ren); Österreichischer Komponist, studierte 1909 
bis 1913 an der Wiener Akademie für Musik und 
darstellende Kunst bei R. Fuchs, Schreker und Fr. 
Schmidt, zugleich an der Universität Musikge- 
schichte bei G. Adler, wo er 1915 mit einer Dis- 
sertation über Haydns Streichquartette promovierte. 
Nach einer Tournee als Konzertbegleiter durch 
Nordamerika war er 1916 Solorepetitor an der 
Wiener Hofoper, hielt in den folgenden Jahren 
musiktheoretische Kurse am Musikhistorischen 
Institut der Universität ab, war 1926/27 Dirigent 
in Medan (Sumatra) und unternahm mit einem 
»Wiener Trio« Konzertreisen durch Ostasien und 
Indien. 1936 kehrte er nach Wien zurück und 
wurde 1940 Professor an der dortigen Musik- 
hochschule, 1945 Professor für Komposition am 
Mozarteum Salzburg, dessen stellvertretender Di- 
rektor er 1946/47 war. Er schrieb: Lieder, Klavier- 
stücke, Violinsonaten op. 9 und 15, Bratschen- 
sonate op. 3, Cellosonate op. 28, Klarinettensonate 
op. 5, IQaviertrio op. 27, Streichquartette op. 14 
und 26, Klavierquartett op. 18, Streichquintette 
op. 30 und 40a; Klarinettenquintett op. 33, Kla- 
vierquintett op. 35a, Streichsextett op. 25, Nonett 
op. 31, Orchesterwerke und Gesang der späten Lin- 
den für Frauenchor und Orch. op. 16. 

Lit.: E. H. Mueller v. Asow, E. K., Wien u. Lpz. 
( 1941 ). 

Kpmerup, Thorvald Otto, * 11. 3. 1864 und 
t 20. 12. 1938 zu Kopenhagen; dänischer Akusti- 
ker, setzte sich für ein 31stufiges Tonsystem ein 
und schrieb Musical Acoustics (Kopenhagen 1922), 
Acoustic Methods of Work (Kopenhagen 1934). 

Korngold, Erich Wolf gang, * 29.5. 1897 zu 
Brünn, f 29. 11. 1957 zu Hollywood; österreichi- 
scher Komponist, war Schüler von R. Fuchs, A. 
v. Zemlinsky und H. Grädener in "Wien. Schon 
mit 11 Jahren erregte er als frühreifer Komponist 
Aufmerksamkeit, vor allem durch seine Strauss- 
sche und Regersche "Wirkungen verwertende Har- 
monik. Als dramatischer Komponist zeigte er 
einen ausgeprägten Sinn für szenisch-musikalische 
Wirkung und für die natürlichen Rechte des Ge- 
sangs ; hier wie in seiner Kammermusik stört freilich 
oft die Neigung zu allzu sinnenfroher Farbigkeit. 
1921 nahm K. eine Dirigentenstellung am Ham- 
burger Stadttheater an, wo er 1920 mit der Ur- 
aufführung seiner Oper »Die tote Stadt« einen 
Welterfolg und den Höhepunkt seines Schaffens 
erreicht hatte, lebte dann wieder in Wien und 
wurde 1931 Professor für Musiktheorie und Leiter 
der Kapellmeisterklassen an der Wiener Staats- 
akademie für Musik und darstellende Kunst. 1934 
siedelte K. nach den USA über und stand dort 
12 Jahre mit der Filmfirma Warner Brothers 
unter Kontrakt. Werke: Patomime Der Schnee- 
mann, instrumentiert von A. von Zemlinsky (1908), 
Klaviersonate Dmoll (1908), Klaviertrio Ddur 
op. 1 (1910), II. Klaviersonate E dur op. 2 (1910), 
Schauspielouvertüre op. 4 (1911), Sinfometta B dur 
op. 5 (1912), Opern Der Ring des Polykrates op. 7 
und Violanta op. 8 (1916), Streichsextett D dur 


954 



Kosmas von Majuma 


op. 10 (1916), Oper Die tote Stadt op. 12 (1920), 
Ouvertüre Sursum Corda op. 13 (1919), Klavier- 
quintett E dur op. 15 (1921), I. Streichquartett 
A dur op. 16 (1922), Klavierkonzert Cis moll für 
die linke Hand allein op. 17 (1923), Oper Das 
Wunder der Heliane op. 20 (1927), Suite für 2 V., 
Vc. und Kl. op. 23, HI. Klaviersonate C dur op. 25 
(1932), II. Streichquartett op. 26, Psalm ... für S., 
Chor und Orch. op. 30, Tondichtung Tomorrow 
op. 33 (1942), HI. Streichquartett A dur op. 34 
(1945), Violinkonzert D dur op. 35 (1947), Cello- 
konzert op. 37 (1946), Serenade für Streichorch. 
op. 39 (1950), Symphonie Hs moll op. 40 (1950), 
Thema und Variationen für Orch. op. 42 (1953), 
Musical Comedy The Silent Serenade (1946), Lie- 
der, Schauspielmusiken ; Filmmusiken, darunter: 
Anthony Adverse (1936), Robin Hood (1938), Juarez 
(1939), Of Human Bondage (1945) und Escape Me 
Neuer (1946). Auch bearbeitete er 3 Operetten von 
Johann Strauß und Offenbach. - K.s Vater Julius 
(* 24. 12. 1860 zu Brünn, f 25. 9. 1945 zu Holly- 
wood) wurde 1902 als Hanslicks Nachfolger Mu- 
sikreferent der Neuen Freien Presse in Wien und 
war als solcher von großem Einfluß auf die musi- 
kalische Öffentlichkeit. Er folgte seinem Sohn 1938 
nach den USA; von ihm erschienen 2 Bände ge- 
sammelte Kritiken: Deutsches Opemschaffen der 
Gegenwart (Wien 1921) und Die Romanische Oper 
der Gegenwart (Wien 1922), ferner: Arthur Nikisch 
(Neue österreichische Biographie VI, 1923). 

Lit: R. St. Hoftmann, E. W. K., Wien 1923. 

KpmmSIler, Utto, OSB, * 5. 1. 1824 zu Strau- 
bing, f 15. 2. 1907 in Kloster Metten, wo er Prior, 
Novizenmeister und Regens chori war; deutscher 
Kirchenmusiker, erhielt die Priesterweihe am 16. 
7. 1847, trat 1858 in das Kloster Metten ein und 
war bis 1903 Diözesanpräses des Cäcilienvereins. 
Werke: Messen und Motetten, Der katholische 
Kirchenchor (Landshut 1868), Lexikon der kirchlichen 
Tonkunst (Regensburg 1870, in 2 Bänden 21891-95), 
Die Musik beim liturgischen Hochamte (Regensburg 
1871), Die Pflege der Musik im Benediktinerorden 
(Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- 
orden I, 1880, H, 1881, und VI, 1885), Aufsätze in 
Kmjb und in MfM. 

Körte, Werner, * 29. 5. 1906 zu Münster; deut- 
scher Musikforscher, studierte Musikwissenschaft 
an den Universitäten Münster und Freiburg im 
Breisgau, zuletzt bei J. Wolf in Berlin, wo er 1928 
mit einer Arbeit über Die Harmonik des frühen 
15. Jahrhunderts in ihrem Zusammenhang mit der 
Formtechnik (Münster 1929) promovierte. 1928-31 
Assistent in Heidelberg, habilitierte sich K. 1932 an 
der Universität Münster mit einer Studie zur Ge- 
schichte der Musik in Italien im ersten Viertel des 15. 
Jahrhunderts (Kassel 1933). 1937 wurde er zum ao., 
1946 zum o. Professor ernannt. Neben kleineren 
Aufsätzen und Abhandlungen in Fachzeitschriften 
schrieb er: Deutsche Musikerziehung in Vergangen- 
heit und Gegenwart (Danzig 1931), Joh. Seb . Bach 
(Berlin 1934), Ludwig von Beethoven (Berlin 1936), 
Robert Schumann (Potsdam 1937), Musik und Web- 
bild (Leipzig 1940). 

K6sa (k'o:Ja), György (Georg), * 24.4.1897 
zu Budapest; ungarischer Komponist und Pianist, 
schrieb bereits mit 7 Jahren eine Oper Robinson 


Crusoe , studierte 1905-16 bei Bartök, Herzfeld und 
Dohnänyi, war 1916-17 Korrepetitor am Buda- 
pester Opernhaus, dann Begleiter des Violinisten 
Fr. von Vecsey, dirigierte 1920-21 am Theater von 
Tripolis und übernahm 1926 eine Klavierklasse an 
der Budapester Musikakademie. K. begann mit 
Werken expressionistischer Prägung; in späteren 
Jahren macht sich zunehmend der Wille zu einer 
ständigen Vereinfachung und Präzisierung der 
satztechnischen Elemente geltend. Werke: 6 Or- 
chesterstücke, Orchestersuite Ironische Portraits ; 
4 Streichquartette; Kamarazene (»Kammermusik«) 
für 17 Instr. ; Quintett für 4 Bläser und Harfe ; Trio 
für S. (ohne Text), V. und Klar.; Violinsonate; 
Divertimento für Cymbal; 2 Klaviersonaten; Duo 
für 2 KL; Klavierstücke; 6 Opern; 4 Ballette; 
6 Panto mi men, darunter Laterna magica , Arva 
JSzsi hdrom esoddja (»Die drei Wunder des Waisen- 
knaben Josef«; beide mit Singstimmen) und Bur- 
leske; Osteroratorium; Oratorien Jonas, Saul , fer- 
ner für Solostimmen und -instrumente: Joseph , 
Ulis (»Elias«) und Christus; Chorwerke Kincses 
Addm hcddla (»Der Tod des mächtigen Adam«), 
Laodameia, Dies irae; eine Messe; ein Requiem; Job 
(*Hiob<t) für A. und Orch.; Lieder. 

Koschat, Thomas, * 8. 8. 1845 zu Viktring bei 
Klagenflut, f 19. 5. 1914 zu Wien; österreichischer 
Komponist, studierte in Wien Naturwissenschaf- 
ten, wurde aber dann Chorist der Hofoper, 1874 
Sänger der Domkapelle und war 1878-1913 Mit- 
glied der Hofkapelle. 1871 erschienen seine ersten 
Männerquartette im Kärntner Volkston, welche 
Furore machten und eine zahlreiche Nachfolge- 
schaft fanden, wegen ihrer Sentimentalität aber 
nicht ohne Widerspruch geblieben sind. K., der 
die Texte seiner Lieder selbst verfaßte, gab auch 
mehrere Bändchen und Feuilletons heraus. Sein 
Liederspiel Am Wörther See wurde mehrfach auf- 
geführt. 

Lit.: O. Schmid, Th. K., * Musikheroen d. Neuzeit 
IV, Lpz. 1887; M. Morold, Das Kärntner Volkslied 
u. Th. K.,Lpz. 1895 ; K. Krobath, Th. K., Lpz. 1912; 
Führer durch d. Kunuseum, hrsg. v. Männerge- 
sangverein »Koschatbund«, Klagenfurt 1954. 

Kosleck, Julius, * 1. 12. 1825 zu Naugard (Pom- 
mern), 1 5. 11. 1905 zu Berlin; deutscher Virtuose 
auf der Trompete und dem Comet ä pistons, trat 
1852 in das 2. Garderegiment in Berlin ein, wurde 
nach einigen Jahren in der Königlichen Kapelle 
angestellt und 1873 Lehrer für Trompete und Po- 
saune an der Königlichen Hochschule. K. war der 
Gründer und Leiter eines berühmten Quartetts 
von Pistoninstnunenten, 1890 erweitert zu einem 
»Patriotischen Bläserbund«. Außer Arrangements 
für dieses Quartett schrieb er eine Schule für Trom- 
pete und Comet ä pistons. 

Lit: E. A. Friese, Ein deutscher Meister d. Trom- 
pete, in: Das neue Blasorch. LXXVI, 1955. 

Kosmas von Majuma* (Kreta, Jerusalem), * um 
700 zu Damaskus, t tun 760; der jüngste der drei 
großen Kanondichter der byzantinischen Kirche, 
wurde zusammen mit dem Heiligen Johannes von 
p ^twafilnis erzogen trat mit: ihm in d as Kloster 
St Sabas nahe dem Toten Meer ein. Er verfaßte 
19 Kanons, darunter den »Großen Kanon«, der im 
Gründonnerstagsofflrium zu den Laudes gesungen 
wird. 


955 



Koßmaly 


Koßmfly, Karl, * 27. 7. 1812 zu Breslau, f 1. 12. 
1893 zu Stettin; deutscher Komponist und Musik- 
schriftsteller, war 1828-30 in Berlin Schüler von 
L. Berger, Zelter und B. Klein, dann Opemkapell- 
meister in "Wiesbaden, Mainz, Amsterdam (1838), 
Bremen (1841), Detmold und Stettin (1846-49) 
und lebte von da an in Stettin als Musiklehrer und 
Konzertdirigent. Als Komponist hat er sich mit 
Liedern und einigen Instrumentalwerken bekannt 

f emacht. Bedeutender ist seine schriftstellerische 
atigkeit: Schlesisches Tonkünstler-Lexikon (1846/ 
1847), Mozarts Opern (1848, nach Ulybyschew), 
Über die Anwendung des Programms zur Erklärung 
musikalischer Kompositionen (1858), Über Richard 
Wagner (1874, antiwagnerisch). 

Kosspwski, Edmund, * 1920 zu Osiek (Groß- 
polen); polnischer Sänger (Baß), begann seine 
Gesangsstudien 1941 in Krakau, wo er 1943 an der 
Oper debütierte. Er singt jetzt auch an den Bühnen 
von Breslau und Warschau, trat als Gast in Ruß- 
land, Ungarn und Rumänien auf. 

Kostel^netz, Andr6, * 22. 12. 1901; russischer 
Dirigent, lebt in Amerika, studierte an der Musik- 
hochschule in Petrograd, war Kapellmeister an der 
dortigen Oper, ging 1922 nach den USA und 
wurde Dirigent des Columbia Broadcasting 
System. Zeitweise leitete er ein eigenes Unterhal- 
tungsorchester, unternahm Gastspielreisen auch 
durch Europa und machte S rba11p 1atf wiaTTfnahm PT> 

Koster, Ernst, * 8. 10. 1904 zu Hamburg; deut- 
scher Komponist, war Violinist der Hamburger 
Philha rmonie (1922-24) und des Städtischen Or- 
chesters Hagen (1924-30), 1933-52 Musikreferent 
am Hamburger Anzeiger. K. ist Mitarbeiter der 
Jugendmusikschule in Hamburg. Er schrieb Kam- 
mer- und Schulopcm, Orchester- und Kammer- 
musik, ein Oratorium Duldete Stimmen kreisen , 
Liederzyklcn und Chorwerke. 

Käthe, - 1) Bernhard, * 12. 5. 1821 zu Gröbnig 
(Kreis Leobschütz, Oberschlesien), f 25. 7. 1897 
zu Breslau; deutscher Kirchenmusiker, besuchte 
das Königliche Institut für Kirchenmusik in Ber- 
lin, genoß auch eine Zeitlang den Unterricht von 
A.B.Marx und wurde 1851 als Kirchenmusik- 
direktor und Schulgesa nglehrer in Oppeln ange- 
stellt, von WO er 1869 als S mimr m ugkfchr f.r n arh 
Breslau ging. 1896 trat er in Ruhestand. Er gehört 
zu den Gründern des Cäcilienvereins und schrieb 
Chorwerke, Orgelstücke, ferner einen Abriß der 
allgemeinen Musikgeschichte für Lehrerseminare und 
Dilettanten (Leipzig 1874, vielfach neu herausgege- 
ben, zuletzt von M. Chop 121929) sowie mit Th. 
Forc hh a mme r einen Führer durch die Orgelliteratur 
(Leipzig 1890, neue Ausgaben von O. Burkert 
2 1909, von B. Weigl 31931). Seine beiden Brüder - 
2) Aloys (* 3. 10. 1828, j* 13. 11. 1868, Seminar- 
musiklehrer in Breslau) und - 3) Wilhelm (* 8. 1. 
1831, f 31. 12. 1899, Seminarmusiklehrer in Ha- 
beüschwerdt) gaben kirchliche Kompositionen 
heraus. 

Kothe, Robert, * 6. Z 1869 zu Straubing, f 24. 5. 
1944 zu GräfeLBng (Oberbayem) ; deutscher Sän- 
ger, studierte in München Jura und M usik, war 
einige Zeit Rechtsanwalt, wandte sich dann aber 
dem Studium des älteren deutschen Volksliedes 


und des Lautenspiels zu und trat als Sänger zur 
Laute auf, zuerst ab 1903 bei den »Elf Scharfrich- 
tern« in München. K., der der künstlerischste 
Vertreter des Lautenliedes war, leitete später eine 
Volksmusikschule in Gelsenkirchen. Er veröffent- 
lichte 12 Hefte Lieder zur Laute, auch je eins mit 
Laute und Gambe sowie mit Laute und Frauen- 
chor, eine Gitarren- und Lautenschule und Ge- 
dichte. 

Lit.: Fr. Jöde, R. K., Magdeburg 1917. 

Kothen, Carl Axel, * 15. 8. 1871 zu Hamina 
(Finnland), f 7. 7. 1927 zu Tammisaari; finnischer 
Sänger (Bariton) und Komponist, studierte in Hel- 
sinki, Rom, St. Petersburg, Wien und Paris, lebte 
1900-06 als Gesanglehrer und ab Musikkritiker 
der Finsk Musik-Revy in Helsinki, war 1906-08 
noch Schüler von Thuille und Courvoisier in 
München, ab Herbst 1908 Gesanglehrer am Kon- 
servatorium zu Helsinki und Konzertsanger. K. 
trat ab Komponist hervor mit Chorwerken, einer 
Orchestersuite, Liedern und Klavierstücken. 

Kptilainen, Otto, * 5. 2. 1868 zu Heinävesi 
(Finnland), f 9. 8. 1936 zu Helsinki; finnisch er 
Komponist, Schüler von Wegelius und Sibelius 
am Konservatorium und der Orchesterschule in 
Helsingfors, studierte noch in Berlin und lebte in 
Helsingfors ab Lehrer und Musikkritiker. Ab 
Komponist trat er hervor mit einer Orchestersuite, 
einer Legende für Streichorch., B ühnenmusik^ 
Festkantaten, Chorliedem, Liedern und Violin- 
stücken. 

Kotschetfw, Nikolaj Rasumnikowitsch, * 8. 7. 
1864 zu Oranienbaum bei St Petersburg, f 1925; 
russischer Komponist und Musikkritiker, studierte 
in Moskau Jura, widmete sich jedoch bald ganz der 
Musik und trat ab 1886 ab Komponist, Dirigent 
und Musikkritiker hervor. Ab 1906 war er Dozent 
der Musikgeschichte an der Universität sowie an 
der Philharmonischen Schule und Synodabchule 
in Moskau. Nach der Oktoberrevolution arbeitete 
er in der Musikabteilung des Volkskommissariats 
der Aufklärung mit und beteiligte sich an der 
Organisation des 1921 gegründeten Staatlichen 
Instituts für Musikwissenschaft. Werke: Oper 
Straschnaja mest (»Die schreckliche Rache«; Moskau 
1901), 2 Symphonien, eine Orchestersuite, Kla- 
vierstücke und Lieder; Otscherk istorii musyki (»Ab- 
riß der Musikgeschichte«; Moskau 1909, *1929), 
Wokalnafa technika (»Vocaltechnik«; Moskau 1930). 
Sein Sohn Wadim Nikolaj ewitsch (1898 bis 
1951) schrieb 2 Orchestersuiten TU Ulenspigel , eine 
Kinderoper und Lieder. 

Kotte, Johann Gottlieb, * 29. 9. 1797 zu Rath- 
mannsdorf bei Schandau, 1 3. 2. 1857 zu Dresden; 
deutscher Klarinettist, folgte 1817 einem Rufe 
C. M. v. Webers nach Dresden und wurde dort 
später 1. Klarinettist. Webers Grand Duo concer- 
tant für Klar, und KL op. 48 ist EL gewidmet. Auch 
Raßiger schrieb mehrere Werke für ihn. 

Kotter, Hans, * um 1485 zu Straßburg, 1541 zu 
Bern; deutscher Organist, 1498-1500 auf Kosten 
Kurfürst Friedrichs des Weisen Schüler Hofhai- 
mers, dann bis 1508 ab Organist am Hofe von 
Torgau nachwebbar, 1513 in Freiburg im Breis- 
gau, wurde 1514 Organist in Freiburg in der 
Schweiz, aber 1530 ab Protestant verbannt. K. 


956 



Kowaljow 


ging zunächst in seine Vaterstadt zurück und über- 
nahm 1534 eine Lehrerstelle in Bern. Sein 1513 
begonnenes Tabulaturbuch für B. Amerbach ge- 
hört zu den wichtigsten Zeugnissen oberrheini- 
scher Musik der Reformationszeit. 

Ausg.: 5 Sätze in: Frühmeister d. deutschen Orgel- 
kunst, hrsg. v. H. J. Moser u. Fr. Heitmann, Lpz. 
1930; weitere Stücke in: Klaviertänze d. 16. Jh., hrsg. 
v. H. Halbig, Stuttgart 1928; W. Apel, Musik aus 
früher Zeit 1, Mainz (1934); Schering Beisp. 82; 
in DavisonApel Anth. I, 84 g. 

Lit: A. Fluri, Sechs Briefe d. Organisten H. K. an 
B. Amerbach, Arch. d. hist Ver. d. Kantons Bern 
XVII, 1904; W. Merian, Die Tabulaturen d. Orga- 
nisten H. K., Diss. Basel 1916; ders., B. Amerbach 
u. H. K., Basler Zs. f. Geschichts- u. Altertumskunde 
XVI, 1916; ders.. Drei Hss. aus d. Frühzeit d. Kla- 
vierspiels, AfMw II, 1919/20; ders.. Der Tanz in d. 
deutschen Tabulaturbüchem, Lpz. 1927, darin 20 
Sätze u. ein thematisches Verz. d. Tabulaturbuchs; A. 
Pirro, Deux danses anciennes, Rev. de Musicol. 
VIII, 1923-24; H. J. Moser, Paul Hofhaimer, 
Stuttgart u. Bin 1929; O. zur Nedden, Quellen u. 
Studien zur oberrheinischen Mg., Veröff. d. Musik- 
Instituts d. Univ. Tübingen IX, Kassel 1931; A. 
Gebring, Die Vokalmusik in d. Schweiz, SJbMw VI, 
1933; G. Frotscher, Gesch. d. Orgelspiels I, Bin 
1935; W. Gurlitt, J. K., Elsaß-Lothringisches Jh. 
XIX, 1940. 

KQtzebue, August Friedrich Ferdinand von, 
* 3. 5. 1761 zu Weimar, f 23. 3. 1819 zu Mann- 
heim (durch K. L. Sand ermordet); deutscher 
Schauspieldichter, schrieb auch Opemtexte: Das 
Zauberschloß (T. Fr. Reichardt, Berlin 1802; als Des 
Teufels Lustschloß: Dieter, Stuttgart 1804, Schu- 
bert, 1813-14, nicht aufgeführt, Fr. Weiss, Buda- 
pest 1820, als Pasticdo Wien 1816), Fanchon nach 
Bouilly (Himmel, Berlin 1805), Das Dorf im Ge- 
bürge (j. Weigl, Wien 1798), Die Alpenhütte (C. 
Kreutzer, Wien 1815, J. Ph. S. Schmidt, Berlin 
1816), Der Spiegelritter (Schubert, um 1812, nicht 
aufgeführt). Das Gespenst (auch Deodata , B. A. 
Wdjer, Berlin 1810). Weitere Stücke dienten als 
Vorlage für die Libretti folgender Opern: Sultan 
Wampun (Elsner), Bdniowski (Boieldieu), Kam- 
tchatka (Welsh), Die Kreuzfahrer (Spohr), Der 
Wildschütz (nach dem Schauspiel Der Rehbock, 
Lortzing). Von den Inzidenzmusiken zu Stücken 
K.s ist besonders die Beethovens zu dem festlichen 
Prolog König Stephan und Epilog Die Ruinen von 
Athen (Budapest 1811) zu nennen; zu einer Umar- 
beitung des letzteren für Wien schrieb Beethoven 
1822 die Ouvertüre Die Weihe des Hauses . 1815 
und 1817 gab K. einen Opem-Almanach heraus 
mit 5 bzw. 4 Libretti; wichtiger sind einige Wiener 
Musikberichte in seiner Zeitung Der Freimütige . 
Lit: E. Th. A. Hoffmann, Rezension v. K.s Opem- 
Almanach in: Musikalische Novellen u. Aufsätze II 
= Deutsche Musikbücherei XXIV, hrsg. v. E. Istel, 
Regensburg o. J.; A. W. Thayer, L. v. Beethovens 
Leben II u. III, bearb. v. H. Deiters, neu bearb. v. H. 
Riemann, Lpz. 21910-1 1 ; Th. v. Frimmel, Beethoven- 
Hdb. I, Lpz. 1926; R.-A. Mooser, Annales de la 
musique en Russie U-IH, (Genf 1951). 

Kotzeluch, Johann Anton und Leopold An- 
ton Kozeluch. 

Kouba, Josef, * 21. 3. 1880 zu Prag; tschechi- 
scher Violinist und Komponist, studierte bei 
Sevdk und Benxiewitz am Prager Konservatorium, 
war Konzertmeister am Deutschen Theater in 


Prag. Bei Noväk studierte er privat Komposition. 
Werke: ein Streichquartett, eine Violmsonate, 
Klavier- und Violinstücke. 

Koussewitzky, Serge -> Kussewitzky. 

Koutzen, Boris, * 1. 4. 1901 zu Uman (Ruß- 
land); amerikanischer Violinist russischer Geburt, 
lebt in Pleasantville (New York), erhielt seine 
Ausbildung bei Zetlin und Gli&re am Staatskon- 
servatorium Moskau, ging 1922123 zu weiterem 
Studium an die Berliner Musikhochschule und 
trat in Deutschland als Solist auf. In der Folge ging 
er nach den USA und war 1924-27 Mitglied des 
Orchesters in Philadelphia, 1937-45 des NBC- 
Symphonieorchesters. Seit 1924 lehrt er am Phila- 
delphia Conservatory of Music, seit 1944 auch am 
Vassar College (New York). Neben seiner Tätig- 
keit als Solist und als Primarius eines eigenen 
Quartetts ist er als Komponist hervorgetreten, u. a. 
mit der symphonischen Dichtung Valley Forge , 
mit Konzerten, darunter einem Konzert für 5 Solo- 
instrumente und Streichorch. sowie mit Kammer- 
musik. 

Kovafovic (k'ovarjovits), Karel, * 9. 12. 1862 
und 1 6. 12. 1920 zu Prag; tschechischer Opem- 
komponist, studierte 1873-78 am Prager Konser- 
vatorium Klarinette und Harfe, war dann bis 1885 
Harfenist des Prager Nationaltheaters, gleichzeitig 
Kompositionsschüler Fibichs, 1885-88 Theater- 
kapellmeister in Pilsen und Brünn. Als Dirigent 
des Prager Nationaltheaters hat er sich 1900-20 
nachhaltig für die Pflege der Opern Smetanas und 
Dvoräks eingesetzt. Von seinen eigenen Opern 
wurden bekannt: Psohlavci (»Hundsköpfe«; Prag 
1898) und Na starim bflidlc (»Auf der alten Bleiche«; 
Prag 1901). Ferner schrieb er 7 Ballette, 3 davon 
sowie kleinere Werke unter den Pseudonymen: 
Charles Forgeron, C. Forgeron-Mardchal, J. Hcral, 
C. Biset. 

Lit. : Korrespondence L. Janäöka s K. K.em, hrsg. v. 
A. Rektorys, Prag 1950. - Zd. Nejedl^, Opera Nä- 
rodniho divadla . . . (»Die Oper d. Nationalthea- 
ters . . .«), Prag 1936; Vzpominäme K. Kovafovice 
(»Erinnerungen an K. K.«), hrsg. v. J. Petr, Prag 
1940. 

Koven -> de Koven. 

Kowal, Marian Viktorowitsch (eigentlich Ko- 
walew), * 4. (17.) 8. 1907 zu Pristan Wosnessenije 
(Gouvernement Olonez); russischer Komponist, 
erhielt 5jährig ersten Klavierunterricht an der St. 
Petersburger Musikschule, 1918-21 in Nischnij 
Nowgorod, danach wieder in Petrograd. 1925-30 
trieb K. am Moskauer Konservatorium Kompo- 
positionsstudien, die er bei Gnessin begann und 
unter Mjaskowslrij beendete. 1948 wurde er Sekre- 
tär und Vorstandsmitglied des Sowjetischen Kom- 
ponistenverbandes und hatte bis 1952 die Redak- 
tion der Sowjetskaja musyka inne. Er schrieb 
Opern, darunter WoVk i semero kosljat (»Der Wolf 
und die 7 Geißlein«; 1939, 2. Fassung 1953) und 
Sewastopolzy (»Die Verteidiger von Sewastopol«; 
1946), Oratorien, Kantaten (auch für Kinderchor), 
Kriegslieder, eine Volksliedsuite für Streichquar- 
tett (1946) und Klavierstücke. 

Kowaljpw, Pawel Iwanowitsch, * 7. 1. 1890 zu 
Nikolajew; russischer Komponist und Pianist, 


957 



Kowalski 


studierte am Konservatorium in Odessa, dann in 
Krakau und am Leipziger Konservatorium bei 
Krehi, Reger und TachmüUer, war 1919-22 Pro- 
fessor am Konservatorium in Odessa und lebt seit 
1922 in Moskau. K. schrieb eine Oper Ariane , ein 
Streichquartett Fis moll op. 23, Lieder und Kla- 
vierstücke. 

Kowalski, Max, * 10. 8. 1882 zu Frankfurt am 
Main, f 4. 6. 1956 zu London; deutscher Kompo- 
nist, ließ sich 1909 in Frankfurt am Main als 
Rechtsanwalt nieder; Komposition studierte er bei 
Sekles. Er ist mit gefälligen Liedern, Klavierstücken 
und Musik zu einem Schelm enspiel Till Eulen - 
Spiegel (Köln 1925) hervorgetreten. 

Lit.: H. F. Redlich, M. K., Musica XI, 1957. 

Kow^lsky, Alfred, * 17. 2. 1879 zu Luxemburg, 
1 1941 zu Metz; luxemburgischer Komponist von 
polnischer Abstammung, wurde nach autodidak- 
tischer Bildung mit 14 Jahren Organist, ging aber 
dann zuerst zu Widor ans Pariser Conservatoire 
und nach kurzem Aufenthalt in Luxemburg für 
mehrere Jahre nach Berlin, wo er Schüler von G. 
Schumann und R. Strauss war, und besuchte dann 
noch die Heidelberger Universität; 1926 wurde er 
Direktor des Städtischen Konservatoriums in Esch 
(Luxemburg). Werke: 4 Messen; Lieder; Sonate 
für V. allein; Pohne und Variationen für Vc. und 
KL; Zwei indische Bilder für FL, Ob., Englisch 
Horn und KL; eine Symphonie; Opern Griselinde, 
Flammentod, Bordun . 

Kpzetuch (Kotzeluch, Koäduh), - 1) Johann 
Anton, * 13. 12. 1738 zu Wdwam (Böhmen), 
1 3. 2. 1814 zu Prag; böhmischer Komponist, aus- 
gebildet im Jesuitenkolleg in Breznitz, später 
Schüler S eege rts in Prag sowie Glucks und Gaß- 
manns in Wien, war Musikdirektor einer Wiener 
Kirche, dann in Prag an der Kreuzherrenkirche, 
zuletzt Kapellmeister der St. Veitskirche. K. 
schrieb mehrere Opern, Oratorien, Messen und 
Symphonien. Zu seinen Schülern zählten Sechter 
undj. Proksch. - 2) Leopold Anton, *9. 12. 1752 
zu Wdwam, f 7. 5. 1818 zu Wien; böhmischer 
Komponist, Vetter und Schüler von Johann Anton 
KL, studierte in Prag Jurisprudenz, wandte sich 
aber ganz der Komposition zu, als er 1771 mit 
einem Ballett Erfolg hatte, und schrieb in den fol- 
genden 6 Jahren noch 24 Ballette und 3 Panto- 
mimen. 1778 ging er nach Wien und wurde bald 
Musiklehrer der Erzherzogin Elisabeth. Das Aner- 
bieten, als Mozarts Nachfolger 1781 Erzbischöf- 
licher Konzertmeister in Salzburg zu werden, 
schlug er aus; dagegen rückte er nach Mozarts 
Tod m dessen Stellung als Kaiserlicher Kammer- 
komponist ein. Seine einzige Tochter Katharine, 


Ausg. zu L. A. K.: eine Symphonie, Faks. d. 
Stimmen, Zwickau 1932. - 6 Lieder, hrsg. v. M. An- 
sion u. I. Schlaffenberg in DTÖ XXVII, 2 (= Bd 
LIV); Streichquartett Bdur op. 32, 1, hrsg. v. J. 
Micka, J. Racek u. A. NEmec, MAB XV; 3 Klavier- 
stücke, hrsg. v. V. J. Sykora in MAB XIV. 

Lit.: zu J. A. K.: R. Firkle, J. A. K., Prag 1944. - 
zu L. A. K.: A. Weinmann, K.-Bibliogr. 1784-1802, 
Wien 1950; J. Srb Debrnov, Dfcjiny hudby v Cfc- 
chach . . ., Prag 1891; A. Hniüöka, Portrdty £esk£ 
hudby z prv6 polovice 19. stoleti, Prag 1922; A. W. 
Thayer, L. van Beethovens Leben III, bearb. v. H. 
Deiters u. H. Riemann, Lpz. 2 1911; I. Pollak- 
Schlaffenberg, Die Wiener Liedmusik v. 1778-89, 
StMw V, 1918 (darin ein Lied); G. de Saint-Foix, 
About a Ballett by K., ML XXVII, 1946. 

Koztowsld (kozii'ovski), J6zef (Ossip Antono- 
witsch Koslowskij), * 1757 zu Warschau,^ 27. 2. 
1831 zu St. Petersburg; polnischer Komponist, 
wurde mit 18 Jahren Musiklehrer im Hause des 
Grafen Oginski und beteiligte sich darauf am 
Türkenkriege, wo er die Aufmerksamkeit des 
Fürsten PotemJrin erregte, der ihn 1791 nach St. 
Petersburg mitnahm. Hier wurde er nach Potem- 
kins Tod 1799 Inspektor der Musik, 1801 Musik- 
direktor der Kaiserlichen Theater und Direktor der 
Hofballmusik, ein Amt, das er bis 1810 innehatte. 
Er komponierte die Musik zu den Tragödien 
»Ödipus in Athen« (1804) und »Fingal« (1805) von 
Oserow, »König Ödipus« von Grusinzow (1811), 
»Deborah« von Schachowskij, »Esther« von Racine 
(1816). Sehr populär wurden seine etwa 70 Polo- 
naisen, von denen eine Grom pobedy rasdanajsja 
(»Siegesruf erschalle«; für Soli, Chor und Orch., 
auf Text von G. R. Derschawin; 1791) bis 1833 als 
russische Nationalhymne diente. Außerdem schrieb 
er einige Messen, ein Requiem auf den Tod des 
polnischen Königs Stanislaus August (op. 14, Es 
mall; St. Petersburg 1798), das auch beim Begräb- 
nis Zar Alexanders L 1825 aufgeführt wurde, ein 
Te Deum für 2 Chöre und Orch. zur Krönung 
Zar Nikolaus* 1. 1825, Kantaten, Klavierstücke und 
gegen 30 Romanzen. 

Lit : W. A. Prokofjew, O. A. K. (mit Werkverz.) in 
dem Sammelband: »Musik u. mus. Leben im alten 
Rußland« I, Leningrad 1927 (russ.); St. Gola- 
chowse, Missa pro defunctis J. Kozlowskiego, in: 
Kwartalnik muzyczny 1932; R.-A. Mooser, Annales 
de la musique . . . en Russie... II, (Genf 1951). 

Krabbe, Wilhelm Carl, * 13. 6. 1882 zu Wid- 
dert (Kreis Solingen) ; deutscher Musikforscher, 
studierte zuerst Jura in Bonn, ging aber 1904 in 
Berlin zur Musikwissenschaft uni Germanistik 
über, promovierte 1910 mit einer Studie über 
Johann Rist und das deutsche Lied und trat 1913 bei 
der Königlichen Bibliothek ein, wo er 1923 Vor- 
steher des Gesamtkatalogs der preußischen und des 


war als gute Pianistin, bekannt. K. schrieb mit 
außerordentlicher Tüchtigkeit, doch, ohne viel 
Selbstkritik: Opern (darunter Didone dbbandonata, 

ä di, Deboran), ein Oratorium Moisi in Egitto , 
taten, Chöre, Arien und Lieder, etwa 30 Sym- 
honien, 13 Klavierkonzerte, 6 Cellokonzerte, 
Klarinettenkonzerte, 2 Konzerte für Bassetthom, 
3 Symphonies concertantes, 57 Klaviertrios, viele 
Klaviersonaten, Klavierstücke. Auch bearbeitete er 
wie Haydn und Beethoven schottische Lieder für 
Thomson in Edinburgh. 


stellvertretender Direktor der Musikabteilung 
wurde. Seit 1945 lebt er in Göttingen. Schriften: 
Die Lieder Georg Niege’s von Allendoif und Das 
Liederbuch des Johann Heck (AfMw IV, 1922) ; Aus- 
gaben: Heinrich Elmenhorsts Geistliche Lieder (mit 
J. Kromolicki, DDT XLV) ; Georg Philipp Tele - 
mann. Vierundzwanzig Oden , und Johann Valentin 
Gömer, Sammlung neuer Oden und Lieder (DDT 
LVH). 

Krade nth aller, Hieronymus ^ Gradentha- 
ler. 


958 



Kramer 


Krafft, Ludwig, deutscher Komponist des 15. 
Jh., von dem ein 3st. Terribilis est sich in dem Co- 
dex 90 von Trient findet (geschrieben 1446-65 von 
Johannes Wiser). 

Krafffc-Lortzmg, Karl, t 28. 7. 1923 zu Mün- 
chen; Enkel A. Lortzings, war der Komponist der 
Opern Die Löwenbraut (Nordhausen 1886), Die 
drei Wahrzeichen ( Das Turnier zu Kronstein, Stettin 
1891), Frau Hitt (Innsbruck 1905) und Der Gold- 
schuh (Essen 1909). 

Kraft» - 1) Anton, * 30. 12. 1752 zu Rokitzan 
(Böhmen), f 28. 8. 1820 zu Wien; böhmischer 
Violoncellist, wirkte in den Kapellen der Hinten 
Esterhäzy (1778-90), Grassalkowitsch (bis 1795) 
und Lobkowitz (bis 1820) in Wien. Haydn war 
eine Zeitlang sein Kompositionslehrer. Ec schrieb: 
ein Cellokonzert, 6 Cellosonaten, 3 Duos concer- 
tants für Vc. und V., 2 Duos für 2 Vc., ein Diver- 
tissement für Vc. und Kb. und mehrere Trios für 
2 Barytons und Vc. - 2) Nikolaus, * 14. 12. 1778 
zu Esterhäz, f 18. 5. 1853 zu Stuttgart ; böhmischer 
Violoncellist, Sohn und Schüler von Anton Kr., 
wurde 1796 Kammermusikus des Fürsten Lobko- 
witz und spielte im Schuppanzigh-Quartett mit. 
1809 trat er in das Wiener Hoforchester ein und 
war 1814-34 Mitglied des Stuttgarter Hofor- 
chesters. Von ihm sind erhalten: 5 Cellokonzerte, 
eine Phantasie für Vc. und Streichquartett, Cello- 
stücke. Sein Sohn Friedrich Kr. war ebenfalls 
Cellist des Stuttgarter Hoforchesters. 

Kraft» Günther, * 2. 4. 1907 zu Suhl (Thürin- 
gen); deutscher Musikforscher, studierte Musik- 
wissenschaft an den Universitäten Jena und Berlin, 
1937-40 Musikerziehung an der Hochschule für 
Musikerziehung in Benin-Charlottenburg, pro- 
movierte 1938 in Jena mit einer Studie über Die 
Grundlagen der thüringischen Musikkultur um 1600 , 
mit besonderer Berücksichtigung von Johann Steuerlein 
(1546-1613). Er wurde 1949 für das Fach Musik- 
wissenschaft an die Musikhochschule Weimar be- 
rufen, dort zum Professor ernannt, leitet das von 
ihm in Weimar gegründete Volksliedarchiv. 
Schriften: Die thüringische Musikkultur um 1600 
(2 Bände, Würzburg 1939 f.). Die bäuerlich-hand- 
werklichen Grundlagen des künstlerischen Volksschaf- 
fens auf dem Gebiete der Musik (in: Deutsche Volks- 
kunde, Berlin 1954), Musikgeschichtliche Beziehun- 
gen zwischen Thüringen und Rußland im 18. und 
19. Jahrhundert (Weimar 1955), Singende und 
kampfende Bauern (Thüringische Heimat 1956), Zur 
Entstehungsgeschichte des *Hochzeitsquodlibet* (BWV 
524) (Bach-Jb. XLITI, 1956), Franz Liszt und die 
nationalen Schulen (Fs. für R. Münnich, Leipzig 
1957), Von Spielmännem, Volkssängem und Wander- 
musikanten (Weimar’ 1957). Kr. ist Herausgeber 
der Schrift J. S. Bach in Thüringen (mit H. Bessder, 
Weimar 1950) sowie der Festschriften für H. Al- 
bert und H. Schütz (beide Weimar 1954). 

Kraft» Karl, * 9. 2. 1903 zu München; deutscher 
Organist, wurde nach Studien an der Münchner 
Akademie der Tonkunst 1923 Domorganist in 
Augsburg. Werke: Messen, Kantaten, Chorwerke, 
Lieder, Konzert für Streichorch. op. 24, Orgel- 
konzert op. 27, Orgelsonate op. 7, Passacaglia und 
Doppelfuge für Org. op. 9, Toccata und Fuge für 
Org. op. 28; Kammermusik und Klavierwerke. 


Kraft» Walter, * 9. 6. 1905 zu Köln; deutscher 
Organist und Komponist, studierte Klavier (O, 
Rebbert) und Orgel (Hannemann) in Hamburg;, 
Komposition bei Hindexnith in Berlin. 1924 wurde 
er Organist an der Markuskirche in Hamburg, 
1927 an der Lutherkirche in Altona und wirkt seit 
1929 an St. Marien in Lübeck, daneben seit 1947 
als Professor an der Musikhochschule Freiburg im 
Breisgau. 1950-55 war K. Direktor der Schleswig 
Holsteinischen Musikakademie und der Nord- 
deutschen Orgelschule in Lübeck, denen er weiter 
als Lehrer angehört. Er unternahm Konzertreisen 
in Deutschland und im Ausland (vorwiegend Skan- 
dinavien). Kompositionen: a-cappella-Oratorium 
Christus für 3 Chöre (1944), Lübecker Totentanz für 
Soli, Chöre, 16 Solo-lnstr., Org. und Tänzer 
(1954), Gemeinschaft der Heiligen für Soli, Chore, 
Bläser, Glocken und Org. (1957), Kantaten (dar- 
unter Gott Schöpfer , heiliger Geist ; O lux beata trini- 
tas), Motetten (darunter Nun laßt uns den Leib be- 
graben ; O Welt ich muß dich lassen ), Orgel-, Kla- 
vier- und kleinere Instrumentalstücke. 

Kralik» Heinrich von, * 27. 1. 1887 zu Wien; 
österreichischer Musikkritiker, studierte in Wien 
Musikgeschichte und -theorie, promovierte 1913 
mit einer Arbeit über Dittersdorf, wurde 1912 
Musikreferent der Wiener Zeitung, schrieb 1918 
bis 1938 für das Neue Wiener Tagblatt und ist seit 
1946 an der »Presse« tätig. 1945 wurde er Direktor 
der Musikabteilung der Wiener Rundfunkstation 
RAVAG. Schriften: Die Wiener Philharmoniker 
(Wien-Leipzig-Olten 1937, als Das große Orchester 
21957), Das Buch der Musikfreunde (Zürich-Leip- 
zig-Wien 1951). 

Kram&f (kriamairfi, FrantiSek Vincenc (Franz 
Kr ommer), * 17. 5. 1760 zu Kamenice (Mahren), 
t 8. 1. 1831 zu Wien; tschechischer Komponist, 
wurde von einem Oheim, der Regens chori in 
Tufany bei Brünn war, zum Organisten ausgebil- 
det, kam als Violinist in die Kapelle des Grafen 
Styrum zu Simonthum (Ungarn), wurde Kapell- 
meister des Regiments Karoly, dann des Fürsten 
Grassalkowitsch in Wien, wo er fortan seßhaft 
blieb. Nach L. Kozeluchs Tod (1818) wurde er zum 
Kammerkomponisten ernannt. Seine Komposi- 
tionen sind fließend, aber ohne Tiefe: zahlreiche 
Streichquartette, Streidiqmntette, Streichtrios, 
Violinduette, Triosonaten, Violin- und Klarinet- 
tenkonzerte, Symphonien, Divertimenti, Kirchen- 
musik. 

Ausg.: Streichquartett op. 5, 1 Esdur, hrsg. v. A. 
NEmbc, MAB V; Klarinettenkonzert Bdur op. 36, 
hrsg. v. J. Racek, J. Kratochvil u. L. Simon, MAB 
XIII. 

Lit: W. H. Riehl, Fr. Kr., in: Mus. Charakterköpfe 
ET, Stuttgart 1878. 

Kramer (kt'eimai), Arthur Walter, * 23.9. 
1890 zu New York; amerikanischer Komponist, 
war 1910-22 Redakteur und 1929-36 Herausgeber 
der Wochenschrift Musical America und 1936-1956 
geschäftsführender Direktor des New Yorker Mu- 
sikverlags Galaxy Music Corporation. Er gehört 
zu den Gründern (1919) der Sodejy for Pubkcation 
of American Music, deren Präsident er 1934-40 
war; 1941 wurde er zum Direktor der American 
Society of Composers, Authors, and Publishers 
(ASCAP) gewählt. Von seinen zahlreichen Wer- 


959 



Krannhals 


kcn tind hier zu nennen: Symphonie Rhapsody 
Fmoll für V. und Orch. op.35 (1919); Two 
Sketches für Orch. op. 37a (1916); In Nortnandy 
für S., Frauenchor und Orch. op. 49 (1925). 

Iit: J. T. Howard, Out American Music, NY 1931, 
31956. 

Krannhals, Alexander, * 16. 2. 1908 zu Frank- 
furt am Main; Schweizer Dirigent, war am Kon- 
servatorium Basel Schüler von F. Weingartner, 
1929 Kapellmeister in Luzern, 1934-53 Musika- 
lischer Oberleiter am Stadttheater Basel, daneben 
1949-53 Dirigent des Konzertvereins St. Gallen, 
wurde 1953 Chefdirigent der Oper in Amsterdam 
und 1955 GMD des Staatstheaters in Karlsruhe. 
An der dortigen Musikhochschule leitet er die Di- 
rigentenklasse und die Opemabteüung. 

Krantz, Eugen, * 13. 9. 1844 zu Dresden, f 26. 
5. 1898 zu Gohrisch bei Königstein; deutscher 
Pianist, studierte 1858-65 am Dresdner Konser- 
vatorium, wirkte dann als Hausmusiklehrer des 
Obersten von Fabrice in Sassenburg (Pommern), 
war 1869-84 Korrepetitor der Dresdner Oper, zu- 
gleich Klavierlehrer am Konservatorium, 1877 
auch Lehrer für Ensemblegesang und Opemrollen- 
studium; 1884 übernahm er noch die oberste 
Chorklasse und 1890 (durch Kauf) die ganze An- 
stalt. Daneben war er zeitweilig als Kri ti ker tätig 
und trat als Begleiter auf. K. schrieb einige Lieder 
und einen Lehrgang im Klavierunterricht (2 Teile, 
Berlin 1882). 

Kranz, Johann Friedrich, * 1754 zu Weimar, 
f Anfang 1807 zu Stuttgart; deutscher Violinist, 
spielte in der Weimarer Hofkapelle, wurde (1780 
bis 1787) von Herzog Karl August zu weiterer 
Ausbildung nach Italien geschickt, erhielt aber 
auch Unterricht von Haydn in Wien, 1789 Kon- 
zertmeister in Weimar, übernahm nach E. W. 
Wolfs Tod 1792 die Leitung der Weimarer Ka- 
pelle, wurde jedoch 1803 Nachfolger Zumsteegs 
als Hofkapellmeister in Stuttgart. Als Komponist 
trat er hervor mit Schauspielmusiken für das Wei- 
marer Theater und mit Klavierstücken. 

Kr$sa, Hans, * 30. 11. 1899 zu Prag, f wahr- 
scheinlich 1944; tschechischer Komponist, war 
Schüler von G. von Keußler und A. von Zem- 
linsky, schrieb die Opern Lysistrata und Verlobung 
im Traum* eine Kinderoper Bnmdibdr, eine Sym- 
phonie für kleines Orch., Kammermusik, Lieder 
und Gesänge. 


necke, spielte im Berliner Philharmonischen Or- 
chester, an der Wiener Hofoper und im Boston 
Symphony Orchestra, war dann Kapellmeister in 
Danzig, Kiel, 1912-23 am Deutschen Opernhaus 
in Berlin, während dieser 25eit auch Leiter der 
Kapellmeisterklassen an der Königlichen Hoch- 
schule für Musik, 1924-43 Opemdirektor in Han- 
nover. 

Kraus, Egon, * 15. 5. 1912 zu Köln; deutscher 
Musikpädagoge, studierte an der Musikhochschule 
und an der Universität Köln sowie in Innsbruck, 
wo er 1957 zum Dr. phiL promovierte, wirkte zu- 
nächst im künstlerischen Lehramt und ist jetzt Do- 
zent an der Musikhochschule in Köln und Leiter der 
Schulmusikabteilung am Hochschulinstitut in Tros- 
singen, daneben Vorsitzender des Verbandes Deut- 
scher Schulmusikerzieher und Generalsekretär der 
Internationalen Gesellschaft für Musikerziehung. 
Veröffenthchungen: Musik in der Schule (mit F. 
Oberborbeck, Wolfenbüttel seit 1950, bisher 8 
Bände), Der Musikunterricht, Beiträge zu einer neuen 
Methodik (mit R. Schoch: Wolfenbüttel seit 1954) ; 
zusammen mit R. Schoch: Weckung des Formge - 
fühls (Wolfenbüttel 1955). K. gab heraus: Musik 
in der deutschen Bildung (Ratingen 1950), Musik- 
erziehung in der Schule (Mainz 1956). 

Kraus, Else C-, * zu Darmstadt; deutsche Pia- 
nistin holländischer Staatsangehörigkeit, lebt auf 
Wylerberg bei Nymwegen. In Dannstadt und 
Lausanne ausgebildet, studierte sie nach dem 1, 
Weltkrieg bei A. Schnabel in Berlin, hier vor 
allem zeitgenössische Klaviermusik, als deren Inter- 
pretin sie sich einen Namen machte. 1928-34 
lehrte sie an der Akademie für Kirchen- und Schul- 
musik in Berlin-Charlottenburg. Auf Grund ihres 
Einsatzes für die internationale Moderne, vor allem 
für Schönberg, wurde sie ihres Lehramtes entho- 
ben. Esquire in London legte Schallplattenauf- 
nahmen von ihr mit Schönbergs gesamtem Kla- 
vierwerk vor, über das sie im Jahrbuch 1930/31 der 
Berliner Akademie grundlegend abgehandelt hat. 

Kraus, Ernst, * 8. 6. 1863 zu Erlangen, f 6. 9. 
1941 auf seiner Besitzung zu Waldstadt am Wörth- 
see; deutscher Sänger, war zuerst Bierbrauer, stu- 
dierte auf Rat H. Vogls Gesang in Mailand und bei 
Frau Schimon-Regan in München, wurde 1893 in 
Mannheim engagiert und war ab 1896 geschätztes 
Mitglied (Helaentenor) der Berliner Königlichen 
Oper; 1924 ließ er sich in München als Gesang- 
lehrer nieder. 


Kr$sov£, Marta, * 16.3.1901 zu Protivfn; 
tschechische Sängerin (Alt), wirkte ab 1924 am 
Theater in Preßburg, gehört seit 1928 dem Natio- 
naltheater Prag an. Ais Gast sang sie in Wien, 
Hamburg, Berlin, Dresden, Paris, Madrid, War- 
schau und Moskau. 1938/39 auf zwei Wagner- 
Toumeen auch in den USA. 

Krasselt, - 1) Alfred, * 3. 6. 1872 zu Glauchau, 
f 27. 9. 1908 zu Eisenach; deutscher Violinist, war 
Schüler seines Vaters, LLPetris und Brodskys, 
wurde 1893 Konzertmeister des Krim-Orchesters 
in München und 1896 Hof konzertmeister in Wei- 
mar, - 2) Rudolf, * 1. 1. 1879 zu Badert-Baden, 
1 1Z 4. 1954 zu Andernach; deutscher Opemdiri- 
gent, Bruder von Alfred Kr., war ursprünglich 
Violoncellist, Schüler von J. Klengel und C. Ra- 


Kraus, Felix von, * 3. 10. 1870 zu Wien, f 31. 
10. 1937 zu München; österreichischer Konzert- 
sänger (Baß), studierte in Wien Musikwissenschaft, 
promovierte 1894 mit einer Arbeit über Caldara 
(unveröffentlicht), war 2 Monate Schüler Stock- 
hausens, im übrigen Autodidakt, wirkte aber be- 
reits 1899 in Bayreuth mit. Er gehörte zu den 
ersten Interpreten von Brahms* »Vier ernsten Ge- 
sängen« und war ein hervorragender Oratorien- 
sänger. Seine Gattin Adrienne, geborene Os- 
bome, war Bühnen- und Konzertsängerin (Alt). 
Das Ehepaar wohnte in München, wo Kr. 1908-35 
Gesanglehrer an der Akademie der Tonkunst war. 

Kraus, Joseph Martin, * 20. 6. 1756 zu Milten- 
berg am Main, f 15. 12. 1792 zu Stockholm; deut- 
scher Komponist, war als Gymnasiast in Mann- 


960 



Krause 


heim Schüler des Abbd Vogler, studierte in Mainz, 
Erfurt und Göttingen Jurisprudenz, folgte aber 
1778 einem schwedischen Studiengenossen nach 
Stockholm, wo er 1779 Mitglied der Musikaka- 
demie und 1781 Kapellmeister an der Hofoper 
wurde, reiste 1782-86 auf Kosten des Königs, zum 
Teil sogar als sein Begleiter in Deutschland, Italien, 
Frankreich und England, wobei er Gluck, Haydn 
und den Padre Martini kennenlemte, und war nach 
seiner Rückkehr neben Abb 6 Vogler als Hof kapell- 
meister tätig. Kr., der sich auch literarisch im Sinne 
des Sturm und Drang betätigte (Trauerspiel Tolon, 
Frankfurt am Main und Leipzig 1776, Schrift 
Etwas von und über Musik, Frankfurt am Main 1778, 
beide anonym), wird zu Unrecht zuweilen »der 
schwedische Mozart« genannt; mehr Ähnlichkeit 
als mit diesem hat er mit dem jungen Beethoven 
und den französischen Meistern der Revolutions- 
zeit, deren dramatischen und hochpathetischen 
Stil, aber auch Unausgewogenheit im Formaufbau 
er teilt. Kr. schrieb: die Opern Azira (1777, nur 
2 Stücke und Text erhalten), Proserpina (1781), 
Soliman den andre (»Soliman EL«; 1789) und Aeneas i 
Carthago („Aeneas in Carthago“; 1790, aufgeführt 
1799); Ballett Fiskarena (»Die Fischerin«; 1788); 
Quatre intermbdes et Divertissement zu Molifcres 
»Amphitryon« (1784) ; Geburtstagskantate für 
Gustaf EI. (1783) ; Trauerkantate auf Gustaf HI. 
(1792); Oratorium Der Tod Jesu (1776); Messe 
Emoll (1776); Requiem D moll (1775); kleinere 
Kirchenwerke, Konzertarien, Chöre und Lie- 
der; 11 Symphonien, davon die bekanntesten: 
C moll (1781), C moll (1783, in Wien geschrieben). 
Es dur, D dur, Symphonie Junbbre (1792). Ouvertüre 
Sinfonia conjugato per la chiesa D dur (1789) ; Vio- 
linkonzert C dur; Quintett für FL und 4 Streicher 
D dur (1783); 9 Streichquartette; Klaviertrio D 
dur (nach 1787); 4 Violinsonaten; Sonate für FL 
und Va D dur; Duo für V. und B.c. D moll; 
2 Klaviersonaten. Die Manuskripte der meisten 
seiner Werke liegen in Uppsala, eine Abschrift in 
München. 

Ausg. : Sonata a Fl. travcrso e Va, hrsg. v. J. St. Win- 
ter, NMA LXXVI. 

Lit.: K. Fr. Schreiber, Verz. d. musikalischen Werke 
v. J. M. Kr., AfMw VII, 1925. - C. Strtosberg, 
Äminnelse-Tal öfver... J. Kr., Stockholm 1798; 
anon. (Fr. S. Silverstolpe), Biogr. af K., Stockholm 
1833, mit Werkverz. u. 50 Briefen Kr.s; B. Anrep- 
Nordin, Studier över J. M. Kr., Diss. Stockholm 
1924, Teildrucke auch in STMf V u. VI, 1923 u. 1924; 
K. Meyer, Ein Musiker d. Göttinger Hainbundes 
J. M. Kr., ZfMw IX, 1926/27; K. Fr. Schreiber, 
Biogr. über d. Odenwälder Komponisten J. M. Kr., 
Buchen 1928; R. Engländer, Kr.s Proserpin, STMf 
XXI, 1939; der s., J. M. Kr. u. d. gustavianische 
Oper, = Skrifter utgivna av Kgl. Humanistica Veten- 
skaps-Samfundet i Uppsala XXXVI, 1, Uppsala- 
Lpz. 1943; A. Mayer-Reinach, Lannerstiemas 
»Afventyraren«, musik av Kr. med flera, STMf XXI, 
1939. 


Krause, Christian Gottfried, getauft 7.4. 
1719 zu Winzig (Schlesien), f 21. 7. (oder 4. 5.) 
1770 zu Berlin; deutscher Musikschriftsteller und 
Komponist, lernte bei seinem Vater, einem Stadt- 
musikus, Violine, Cembalo und Paüke, studierte 
jedoch ab 1741 in Frankfurt an der Oder Juris- 
prudenz und wurde Advokat, später Justizrat. In 
Berlin sammelte er einen Freundeskreis, dem die 
Dichter E. von Kleist, Gleim und Ramler sowie 


der Ästhetiker Sulzer angehörten. Kr. war die 
eigentliche Seele der »Berliner Liederschule«. 
Kompositionen: Symphonien, Triosonaten, Kla- 
viersonaten, Kantaten und Lieder, darunter die 
Melodien zu Gleims Preußischen Kriegsliedem (Ber- 
lin 1756, anonym). Schriften: Lettre ä Mr . le mar- 
quis de B. sur la diffhence de la musique italienne et la 
musique frangaise (Berlin 1748, deutsch in Fr. W. 

Von^de^ musikalischen Poesie (B^^1753); Ver- 
mischte Gedanken ... (in Fr. W. Marpurgs Histo- 
risch-kritischen Beyträgen II und IE, 1756-57) ; 
Brief an den Herrn Friedr . Wilh. Marpurg (in dessen 
Kritischen Briefen über die Tonkunst DI, 1766). 

Lit: E. O. Lindner, Gesch. d. deutschen Liedes im 
18. Jh., Lpz. 1871; A. Schering, Die Musikästhetik 
d. deutschen Aufklärung, ZIMG VHI, 1906/07; 
ders., Chr. G. K., Zs. f. Aesthetik II, 1907 ; B. En- 
gelke, Neues zur Gesch. d. Berliner Liederschule, 
Fs. Riemann, Lpz. 1909; H. Kretzschmar, Gesch. 
d. Neuen deutschen Liedes I, Kleine Hdb. d. Mg. 
nach Gattungen IV, 1, Lpz. 1911 ; G. Frotscher, Die 
Ästhetik d. Berliner Liedes . . ., ZfMw VI, 1923/24; 
R. Schafke, Quantz als Ästhetiker, AfMw VI, 1924; 
W. Serauky, Die musikalische Nachahmungsästhe- 
tik, = Universitas- Arch. XVII, Münster 1929; J. 
Beaujean, Chr. G. K., Diss. Bonn 1930. 

Krause, Emil, * 30. 7. 1840 und f 5. 9. 1916 zu 
Hamburg; deutscher Klavierpädagoge, war Schü- 
ler des Leipziger Konservatoriums unter Haupt- 
mann, Rietz, Moscheies, Plaidy und Richter, lebte 
ab 1860 als Lehrer für Klavierspiel und Theorie in 
Hamburg, war 1864-1907 Musikreferent des 
Fremdenblatt und ab 1885 Lehrer am Konserva- 
torium; schrieb Chorwerke, 3 Kantaten, Klavier- 
etüden sowie eine Anzahl musikalischer, besonders 
klavierpädagogischer Broschüren. 

Krause, Karl Christian Friedrich, *6. 5. 1781 
zu Eisenberg (Altenburg), f 27. 9. 1832 zu Mün- 
chen; deutscher Philosoph, lebte als Privatdozent 
in Jena und Göttingen, siedelte jedoch 1831 nach 
München über. Außer philosophischen Werken 
und Arbeiten zur Geschichte der Freimaurerei 
schrieb er: Darstellungen aus der Geschichte der Musik 
(Göttingen 1827; neue Ausgabe von A. Wünsche, 
Leipzig 1911); Abriss der Ästhetik (herausgegeben 
von G. Leutbecher, Göttingen 1837); Anfangs- 
gründe der allgemeinen Theorie der Musik (heraus- 
gegeben von V. Strauss, Göttingen 1838); System 
der Ästhetik (herausgegeben von P. Hohlfda und 
A. Wünsche, Leipzig 1882); ferner eine Klavier- 
schule Vollständige Anleitung . . . (Dresden 1808). 
Lit.: O. Quantz, Zur Gesch. d. neuen chromatischen 
Klaviatur, Bin 1877; H. Ehrlich, Musik-Ästhetik, 
Lpz. 1882; R. Wallaschek, Ästhetik d. Tonkunst, 
Stuttgart 1886; W. Serauky, Diemus. Nachahmungs- 
ästhetik, *= Universitas- Arch. XVII, Münster 1929. 

Krause, Martin, * 17.6.1853 zu Lobstädt 
(Sachsen), f 2. 8. 1918 zu Plattling (Niederbayem) ; 
deutscher Pianist, besuchte 1875/76 das Königliche 
Konservatorium der Musik in Leipzig, war an- 
schließend in der Schweiz und in Bremen tätig, 
ließ sich 1882 in Leipzig nieder, gründete dort 1885 
den Lisztverein, der sich bis 1900 als eines der 
namhaftesten Leipziger Konzertuntemehmen hielt, 
und entfaltete eine rege Tätigkeit als Klavierpäd- 
agoge und Musikreferent. 1900 wurde er Lehrer 
am Dresdner Konservatorium (von Leipzig aus), 


61 


961 



Krause 


1901 Lehrer an der Königlichen Akademie in 
München und 1904 am Stemschen Konserva- 
torium in Berlin. 

Krause» Paul, * 27. 12. 1880 zu Klingenthal 
(Vogtland), f 1945 zu Dresden; deutscher Kompo- 
nist, besuchte zeitweilig das Leipziger Konser- 
vatorium und die Universität, trat dann in Dresden 
in den Schuldienst, zugleich am Konservatorium 
sich weiterbildend und lebte dort als Volksschul- 
lehrer und Komponist. Er hat die Orgel besonders 
der lyrischen Impression dienstbar gemacht. Orgel- 
kompositionen: Sonate G moll op. 5; Kanonische 
Choralvorspiele op. 7; 36 Choralstudien op. 12; 
20 Choralimpressionen op. 25; 27 Choralmedi- 
tationen op. 26; Miszellaneen op. 27; Novelletten 
op. 28; Silhouetten op. 31; 3 expressionistische Ton- 
stucke op. 32. 

Krause» Theodor, * 1. 5. 1833 zu Halle, f 12. 12. 
1910 zu Berlin; deutscher Chorleiter, studierte 
Musiktheorie bei Naue, M. Hauptmann und Grell, 
Gesang bei Mantius und Blumner, gründete 1880 
in Berlin den Nikolai-Marien-Kirchenchor, diri- 
gierte zeitweilig den Seiffertschen Gesangverein 
und war als Musikreferent tätig. 1895 wurde er als 
Gesanglehrer am Königlich Akademischen Institut 
für Kirchenmusik angestellt. 1898 trat er als 
Städtischer Rektor in Ruhestand, behielt aber die 
Direktion des Kirchenchors und das Lehramt am 
Institut für Kirchenmusik. Seine eigenartige Me- 
thode des Gesangunterrichts in Schulen (»Wander- 
note«) führt unter ausschließlicher Benutzung der 
üblichen Notierung schnell zum Singen vom Blatt. 
Kr. schrieb : Die Wandemotc (1888, 31900), 3 Reden 
lieber Musik und Musiker (Berlin 1900) sowie zahl- 
reiche Männerchöre. 


Krauss» Clemens Heinrich, * 31. 3. 1893 zu 
Wien, f 16. 5. 1954 zu Mexico D. F.; österreichi- 
scher Dirigent, Sohn des Erzherzogs Johann Sal- 
vator von Österreich und der dramatischen Sän- 
gerin Clementine Kr. (später Spielleiterin an der 
wiener Volksoper). Mit 9 Jahren als Sängerknabe 
in die Hofkapelle aufgenommen, absolvierte er 
1912 das Wiener Konservatorium, war zunächst 
Chordirektor am Brunner Stadttheater, dann 
Opemkapellmeister in Riga, Stettin und Graz. 
1722 wurde er als Dirigent der Staatsoper und 
Leiter der Kapellmeisterschule an der Staatsaka- 
demie für Musik und darstellende Kunst nach Wien 
berufen, 1923 auch als Nachfolger Furtwänglers, 
Dirigent der Tonkünstler-Konzerte und war ab 
1924 zugleich Intendant des Opernhauses und Lei- 
ter der Museumskonzerte in Frankfurt am Main. 
1929-34 wirkte Kr. als Direktor der Wiener 
Staatsoper, dann an der Staatsoper Berlin, ab 1936 
in München, wo er 1937-44 Opemintendant war; 
ab 1939 leitete er auch die Festspiele und das Mo- 
zarteum in Salzburg. Ab 1945 war Kr. in Wien 
Dirigent an der Staatsoper und am Philharmoni- 
schen Orchester. Kr., der vor allem ein hervor- 
ragender Opemdirigent war, erwarb sich nach der 
Exilierung Fr. Busens allgemein Anerkennung als 
der beste Interpret der Werke von R. Strauss, mit 
dem ihn eine enge Freundschaft verband; unter 
Mitarbeit von Strauss schrieb Kr. das Libretto zu 


dessen Oper »Capriccio«, nachdem die Zusammen- 
arbeit mit Stefan Zweig, von dem ein Entwurf 
vorlag, aus politischen Gründen ausgefallen war. 


Kr. war verheiratet mit der rumänischen Sopra- 
nistin V. -► Ursuleac. Ein Cl.-Kr.-Archiv wurde 
in Wien eingerichtet. 

Lit: A. Berger, CI. Kr., Graz 1924, 31929; J. Gre- 
gor, CI. Kr., Wien 1953; O. v. Pander, CI. Kr. in 
München, München 1955. 

Krauß» Gabriele, * 24. 3. 1842 zu Wien, *f 6. 1. 
1906 zu Paris; österreichische Opemsängerin (dra- 
matischer Sopran), Großtante von Clemens Kr., 
war Schülerin des Wiener Konservatoriums, 1860 
bis 1868 an der Wiener Hofoper engagiert und 
dann nach längeren Gastspielreisen bis 1887 eine 
Hauptkraft der Pariser Großen Oper. 

Lit: G. de CHARNAci, Les itoiles du chant, Paris 
1868/69. 

Krausz» Michael, * 11.4.1897 zu Pancsova; 
ungarischer Komponist, studierte an der Buda- 
pester Musikhochschule, schrieb zuerst sympho- 
nische Musik und die Opern Marianka (Budapest 
1919), Die Tänzerin (nicht aufgeführt). Dann 
wandte er sich der Operette zu: Bajazzos Abenteuer 
(Wien 1923), Eine Frau von Format (Berlin 1927), 
Die Frau in Gold (Wien 1928). 

Krebbers, Herrn an, * 18. 6. 1923 zu Hengelo; 
holländischer Violinist, Schüler von O. Bade in 
Amsterdam, trat 1936 in Konzerten des Concert- 
gebouw-Orchesters Amsterdam und des Resi- 
dentie-Orchesters im Haag solistisch auf. Vor dem 
Krieg war er Konzertmeister des Amhemer Or- 
chestervereins, ging dann später in gleicher Stel- 
lung zum Residentie-Orchester. 

Krebs, Carl, * 5. 2. 1857 zu Hanseberg bei Kö- 
nigsberg (Neumark), f 9. 2. 1937 zu Berlin; deut- 
scher Musikforscher, studierte anfangs Naturwis- 
senschaften, dann Musik an der Königlichen 
Hochschule für Musik in Berlin, zugleich an der 
Universität Philosophie und bei Ph. Spitta Musik- 
wissenschaft, promovierte mit einer Arbeit über 
Girolamo Diruta's Transilvano (gedruckt VfMw 
Vm, 1892) 1895 in Rostock und wurde als Lehrer 
der Musikgeschichte an der Königlichen Hoch- 
schule für Musik angestellt. Er übernahm nach- 
einander die musikalische Berichterstattung für die 
Vossische Zeitung, die Moderne Kunst, die Deut- 
sche Rundschau und den Tag (bis 1931). Weitere 
Abhandlungen: Die besaiteten Klavierinstrumente bis 
zum Anfang des 17. Jahrhunderts (VfMw Vm, 1892) ; 
Die Frauen in der Musik (= Der Existenzkampf der 
Frau, herausgegeben von G. Dahms, Heft VI, Ber- 
lin 1895); Dittersdorfiana (Berlin 1900; mit Werk- 
verzeichnis und J. T. Hermes' Analysen der Meta- 
morphosen-Symphonien); Haydn , Mozart , Beet- 
hoven (Aus Natur und Geisteswelt XCII, Leipzig 
1906, 31920) ; Meister des Taktstocks (Berlin 1919). 
Auch gab er für die Berliner Akademie der Künste 
die Urtextausgaben der Klaviersonaten Beetho- 
vens und der »Sonaten für Kenner und Liebhaber« 
von C. Ph.E. Bach heraus, für die Deutsche 
Brahms-Gesellschaft den Briefwechsel mit DessofF 
und Ph. Spitta (Band XVI des Brahms-Brief- 
wechsels, Berlin 1920-22), ferner das von Brahms in 
jungen Jahren zusammengetragene Heft »Des 
jungen Kreislers Schatzkäsdein« (Berlin 1909). 

Krd>s, Helmut, * 8. 10. 1913 zu Dortmund; 
deutscher Opern- und Oratoriensänger (Tenor), 
1934-37 an der Berliner Hochschule in Gesang, 


962 



Kreidler 


Komposition und Dirigieren ausgebildet, trat seine 
Bühnenlaufbahn bei der Berliner Volksoper an, 
war nach dem Kriege vorübergehend an den 
Städtischen Bühnen Düsseldorf tätig und ist seit 
1947 1. lyrischer Tenor an der Städtischen Oper 
Berlin. Kr. trat auch als Komponist hervor, u. a. 
mit Liederzyklen nach Busch und Morgenstern. 

Krebs, - 1) Johann Tobias, * 7. 7. 1690 zu 
Heichelheim bei Weimar, f 11. 2. 1762 zu Butt- 
städt; deutscher Organist, war 1710-21 Kantor 
und Organist in Buttelstedt, von wo aus er bei 
J. G. Walther und J. S. Bach Unterricht nahm. 
1721 wurde er nach Buttstädt berufen. Von seinen 
Orgelkompositionen sind erhalten: Präludium und 
Fuge C dur, Trio C moll und ein OrgelchoraL - 
2) Johann Ludwig, * 10. 10. 1713 zu Buttel- 
stedt bei Weimar, f 1* 1- 1780 zu Altenburg; 
deutscher Organist, Sohn von Johann Tobias Kr., 
besuchte 1726-35 die Thomasschule in Leipzig, 
war ein Lieblingsschüler J. S. Bachs und sdhriä 
sich viele von dessen Orgelwerken ab. 1735-37 
studierte er an der Leipziger Universität, war 1737 
bis 1743 Organist an der Marienkirche in Zwickau, 
1744-56 Schloßorganist in Zeitz, bewarb sich 1751 
ohne Erfolg um die Nachfolge J. S. Bachs in Leip- 
zig und wurde 1756 zum Organisten der Schloß- 
kirche nach Altenburg berufen. Von seinen Wer- 
ken erschienen: Erste bis Vierte Piece von Klavier- 
stücken, Exercise sur le Clavecin op. 4 (6 Suiten), 
Clavier-Übung in 3 Teilen, 6 Triosonaten und 6 So- 
naten für Cemb. und Fl. (oder V.). Die unter dem 
Namen J. S. Bachs überlieferten »Acht kleinen 
Präludien und Fugen« für Org. (BWV 553-60) 
stammen vielleicht von J. L. Kr. oder von seinem 
Vater. 

Ausg.: J. L. Kr.: GA d. Tonstücke f. d. Org., 3 Ab- 
teilungen zu je 3 H., hrsg. v. C. Geissler, Magdeburg 
1847-49; 5 Orgelchoräle (u. einer v. J. T. Kr.), hrsg. 
v. G. Frotscher, in RD IX; 3 Fugen, hrsg. v. A. 
Farrenc in: Le Tr6sor des Pianistes IX; je ein Orgel- 
choral in: K. Straube, Choral Vorspiele Alter Meister, 
Lpz. 1907. u.: Schering Beisp. 302; eine Partita, 
Taguapietra Ant. XII; Triosonate D dur, hrsg. v. 
H. Riemann, Coli. mus. XXXI ; Triosonate A moll, 
hrsg. v. Th. W. Werner, NMA CIX. 

Lit.: H. Löffler, J. L. Kr., Bach-Jb. XXVII, 1930; 
ders., J. T. Kr. u. M. Sojka, Bach-Jb. XXXVII, 1940 
bis 1948; R. Sietz, Die Orgelkompositionen d. 
Schülerkreises um J. S. Bach, Bach-Jb. XXXII, 1935; 
G. Frotscher, Gesch. d. Orgelspiels II, Bin 1936. 

Krebs, Karl August (eigentlich Miedke, Kr. war 
der Name seines Adoptivvaters und Lehrers, des 
Opernsängers Johann Baptist Krebs), * 16. 1. 1804 
zu Nürnberg, 1 16. 5. 1880 zu Dresden; deutscher 
Dirigent, begann nach Studien bei Seyfried 1826 
seine Laufbahn als 3. Kapellmeister an der Wiener 
Hofoper und ging 1827 als Kapellmeister ans 
Stadttheater nach Hamburg. Am 1. 1. 1850 wurde 
er als Nachfolger R. Wagners an die Dresdner 
Oper berufen und war hier bis 1872 tätig; sein 
Nachfolger wurde E. v. Schuch. Von seinen Kom- 
ositionen waren besonders Lieder zeitweilig ver- 
reitet und beliebt (sein Vater unser noch heute 
bekannt); mehrere Opern {Sylva, Hamburg 1830; 
Herzog Albrecht , 1833, neu bearbeitet als Agnes 
Bemauer, Dresden 1858) wurden auf geführt; auch 
schrieb er ein Te Deum, Messen und Klavier- 
stücke. Seine Gattin Aloysia K.-Michalesi 


(* 29. 8. 1826 zu Prag, f 5. 8. 1904 zu Dresden) 
war eine gefeierte Opemsängerin. Beider Tochter 
Mary (vermählte Brenning), * 5. 12. 1851 und 
f 27. 6. 1900 zu Dresden, trat ab 1864 als Pianistin 
auf. 

Krehbid, Henry Edward, * 10. 3. 1854 zu Ann 
Arbor, t 20. 3. 1923 zu New York; amerikani- 
scher Musikkritiker, studierte in Cincinnati die 
Rechte, war 1874-80 Musikreferent der Cincinnati 
Gazette, zeitweilig Herausgeber der New Yorker 
Musical Review und lebte ab 1880 in New York 
als Musikreferent der Tribüne. Berühmt wurden 
seine eingehenden Analysen in den Programm- 
heften der Konzerte der New York Philharmonie 
Society. Von seinen größeren Arbeiten ist die 
wichtigste die erste englische Ausgabe von 
Thayers »Life of Beethoven« unter Benutzung der 
Ergänzungen von Deiters und Riemann (3 Bände, 
1921). Weiter seien genannt: Review of the New 
York Musical Season (5 Bände, 1885-90; gesam- 
melte Kritiken); Studies in the Wagnerian Drama 

® ; The Philharmonie Society of Netv York 
; How to Listen to Music (1896, viele Neu- 
auflagen) ; Music and Manners in the Classical Period 
(1898); Charters of Opera (1908, 21909); A Book 
of Operas (1909, 21936); The Pianoforte (1911); 
Afro-American Folk Songs (1914) ; A Secortd Book of 
Operas (1917, 21935 ); More Chapters of Opera 
(1919; alle Bücher erschienen in New York). 

Krehl, Stephan, * 5. 7. 1864 und f 9. 4. 1924 zu 
Leipzig; deutscher Musiktheoretiker, war Schüler 
des Leipziger und Dresdner Konservatoriums, 
wurde 1889 Lehrer für Klavierspiel und Theorie 
am Konservatorium in Karlsruhe und war ab 1902 
in gleicher Stellung am Leipziger Konservatorium. 
Für die Sammlung Göschen (Berlin) schrieb er: 
Musikalische Formenlehre (Nr 149 und 150; 1902, 
21914); Allgemeine Musiklehre (Nr 220; 1904, 
2 1910, bearbeitet von R. Hemried 31933) ; Kontra- 
punkt (Nr 390; 1908, 21912, 31920; spanisch von 
A. Ribera y Maneja, Barcelona 1930, in: Colecdön 
Labor V, 229) ; Beispiele und Aufgaben dazu (1908, 
21912, 31920); Fuge (Nr 418; ltt)9), spanisch von 
A. Ribera y Maneja, Barcelona 1930, in: Colecciön 
Labor V, 230); Harmonielehre (3 Bände, Nr 809 
bis 811; 1921). Ferner schrieb Kr.: Theorie der 
Tonkunst, I Allgemeine Musiklehre, II Harmonie- 
lehre (Berlin 1920-22), eine Kantate Tröstung op. 
33, Kammermusik, Klavierstücke und Lieder. 

Lit.: Fr. Reuter, St. Kr., = Leipziger Künstler HI, 
Lpz. 1921. 

Kreidler, Walter, * 13.8.1902 zu Stuttgart; 
deutscher Musikforscher, studierte in Stuttgart an 
der Technischen Hochschule, in Wien Musik- 
wissenschaft bei Lach und v. Ficker sowie Kom- 
position bei Stöhr und promovierte 1933 bei 
E. Kurth in Bern mit der Arbeit Heinrich • Schütz 
und der Stile concitato des Claudio Monteverdi (Kassel 
1934). Nach Mitarbeit am Atlas der Deutschen 
Volkskunde habilitierte sich Kr. 1941 in Frankfurt 
am Main mit der Schrift Die volkstümlichen Tanz- 
musikkapellen des deutschen Sprachgebietes . 1941/42 
hatte er eine Gastprofessur in Gent inne. Er schrieb 
Die Tonleiter ab Tonspektrum (Kgr.-Ber. Lüneburg 
1950) und Der Wert des Atlas der deutschen Volks- 
kunde für die Musikgeschichte (Kgr.-Ber. Bamberg 
1953).’ 


61* 


963 



Krem 


Krein, Grigorij, Alexander und Julian 
Krejn. 

Kreis, Otto, * 9. 6. 1890 zu Frauenfeld; Schwei- 
zer Komponist, studierte 1908-12 Komposition 
bei Andreae und Klavier bei Fr. Niggli in Zürich, 
wurde nach interimistischer Tätigkeit als Solo- 
repetitor an der Oper in Dresden 1914 zum Musik- 
direktor in Olten gewählt. 1919 vertauschte er die 
Stelle mit dem Amte des Leiters des Berner 
Männerchors und wurde Organist an der Frie- 
denskirche in Bern, wo er seit 1947 auch Dirigent 
des Lehrergesangvereins ist. Daneben leitet er seit 
1925 den Konzertverein Burgdorf. Werke: 
Streichquartett; Te Deum für Solo, Chor und 
Orch.; Chöre; Lieder. 

Kreiser, Kurt, * 4. 6. 1891 und f 14. 2. 1945 zu 
Dresden; deutscher Musikschriftsteller, studierte 
erst an der Dresdner Technischen Hochschule 
Chemie und Naturwissenschaften, dann in Leipzig 
bei H. Ricmann, Prüfer und Schering Musik- 
wissenschaft, promovierte 1917 mit einer Arbeit 
über C. G. Reißiger und veröffentlichte 1918 eine 
Studie zur Geschichte der Dresdner Stadtmusid. 
Danach lebte er als Musiklehrer, Kritiker, Dirigent 
und Komponist in Dresden. 

Kreisig, Martin Hermann, * 8. 9. 1856 zu Cun- 
nersdorf (Kreis Dippoldiswalde), f 17. 8. 1940 zu 
Zwickau; deutscher Musikforscher, war Lehrer in 
Chemnitz, Erzieher des späteren Fürsten Hein- 
rich XXIV. Reuß (ältere Linie) und ab 1904 Lehrer 
in Zwickau, wo er sich tatkräftig der Schumann- 
Forschung zuwandte: er baute aas 1910 gegrün- 
dete Schumannmuseum auf, gab 1914 die 5. Auf- 
lage von R. Schumanns Gesammelten Schriften 
heraus (2 Bände, Leipzig) und gründete 1920 die 
Robert-Schumann-Gesensdiaft. 

Kreisler, Fritz, * 2. 2. 1875 zu Wien; österreichi- 
scher Violinist, war Schüler von Hellmesberger in 
Wien, anschließend 1885-87 am Pariser Conser- 
vatcdre von Massart und Delibes, reiste bis 1889 als 
Virtuose in Europa und Amerika. Dann studierte 
er in Wien Medizin, wurde Ulanenoffizier und 
begann erst 1899 wieder als Violinist aufzutreten; 
er gehörte zu den beliebtesten und erfolgreichsten 
Virtuosen seiner Zeit. 1915-25 lebte er hauptsäch- 
lich in New York, dann in Berlin, 1933-39 in 
Paris, seitdem wieder in New York, wo er eine 
reiche Sammlung alter Violinen zusammengetra- 
gen hat. Seine Kompositionen umfassen ein Vio- 
linkonzert G dur, Concerto C dur für V., Streich- 
orch. und Org.; ein Streichquartett A moll, Vio- 
linstücke (darunter Romance , Caprice viennois, Re- 
zitativo und Scherzo-Caprice für V. solo. Tam- 
bourin chinois, Rondino über ein Thema von Beetho- 
ven ), Lieder und die Operetten Apple Blossoms 
(New York 1919) und Sissv (Wien 1932), ferner 
unter dem Titel Klassische Manuskripte eine große 
Zahl von zugleich virtuosen und bezaubernd mu- 
sikan tischen angeblichen Bearbeitungen älterer 
Stücke (darunter die 3 »Alt-Wiener Tanzweisen« 
JUebesfreud, Liebesleid und Schon Rosmarin), die er 
1935 als eigene Werke demaskierte, und Tran- 
skriptionen über Werke von Schubert, Chopin, 
Rimskij-Korsakow, Rachmaninof£ de Falla, Ravel 
und anderen; außerdem gab er Beethovens Violin- 
sonaten sowie Werke von Bach, CorelH, Mozart, 


Schubert, Mendelssohn, Schumann, Paganini und 
ander en heraus und schrieb Kadenzen zu den 
Violinkonzerten von Beethoven und Brahms, fer- 
ner: Four Weeks in the Trenches . The War Story of 
a Violinist (Boston und New York 1915). Elgars 
Violinkonzert (1910) ist Kr. gewidmet. 

Lit.: L.P. Lochner, Fr. K., NY u. London 1951, 
mit Werkverz. u. Bibliogr.; W. Strecker, Fr. Kr., 
Das Musikleben VIII, 1955. 

Kreißle von Hellbora, Heinrich, * 1812 und 
f 6. 4. 1869 zu Wien, der erste Schubert-Biograph, 
war Beamter im Finanzministerium. Seine Schu- 
bert-Schriften sind: F. Schubert , eine biographische 
Skizze (Wien 1861) und die ausführliche Biogra- 
phie Franz Schubert (Wien 1865; englisch von 
Coleridge als »The Life of Franz Schubert«, 
2 Bände, London 1869, mit einem Anhang von 
G. Grove, im Auszug von E. Wilberforce). 

Krejöf (kr'ejtli:). Ha (eigentlich FrantiSek), * 10. 7. 
1904 zu Krälovsk<$ Vinohrady bei Prag; tsche- 
chischer Komponist, studierte an der Prager Karls- 
Universität Geschichte und Musikwissenschaft, am 
Konservatorium Komposition bei Jiräk und No- 
väk, war 1933-34 Korrepetitor am Prager Na- 
tionaltheater, 1934-45 Dirigent des Tschechoslo- 
wakischen Rundfunks und wurde 1945 Opem- 
direktor in Olmütz. Werke: Divertimento für 
4 Bläser (1925) ; Streichquartett D dur (1928, revi- 
diert 1935); Sinfonietta (1929); Bläsertrio (1935); 
Concertino für KL und Bläser (1935); Concertino 
für V. und Bläser (1936); Ohlasy (»Nachklänge«) 
für Singstimme und Streichquintett (1936); An- 
tickt motivy (»Antike Motive«) für Singstimme und 
Orch. oder KL (1936); Trio für Klar., Kb. und 
KL (1936); Nonett (1937); Orchestersuite (1939); 
Concertino für V. und Orch. (1940); Orchester- 
variationen (1946) ; Oper Pozdvizeni v Effesu (»Auf- 
ruhr in Ephesus«, nach Shakespeares »Komödie der 
Irrungen«; Prag 1946); Lieder. Ähnlich wie Mar- 
tinü strebt K. eine Synthese des tschechisch-volks- 
tümlichen und neoklassizistischen Stils an. 

Krejöi (kr'gtji:), Josef, * 6. 2. 1822 zu Milostin 
(Böhmen), j 19. 10. 1881 zu Prag; tschechischer 
Organist, war Schüler von Wittassek und J. 
Proksch in Prag, wurde 1844 Organist an der 
Kreuzherrenkirche, 1848 Chordirektor der Mino- 
ritenkirche, 1849 Theorielehrer am Konservato- 
rium, 1853 Chordirektor der Kreuzherrenlrirche, 
1858 Direktor der Orgelschule und 1865 Direktor 
des Konservatoriums. Kr. schrieb Orgelstücke, 
Orchesterwerke und kirchliche Chormusik und 
gründete 1848 eine kirchenmusikalische Zeit- 
schrift Cecilia . 

Lit. : J. Branbergbr, Das Konservatorium f. Musik 
in Prag, deutsche Übers, v. E. Bezecn?, Prag 1911. 

Krejöf (krfejtji:), Miroslav, * 4. 11. 1891 zu 
Reichenau an der Knezna; tschechischer Kompo- 
nist, studierte an der Karls-Universität 1910-14 
Naturwissenschaften und war dann bis 1943 
Schullehrer in Prag. Komposition studierte er 
1911-13 bei Novdk; 1943-53 war er Professor am 
Prager Konservatorium. Werke: I. Streichquartett 
F dur op. 1 ; n. Streichquartett G dur op. 7 (1918) ; 
Klarin ettenquintett A dur op. 10 (1920); Streich- 
quintett B dur op. 15 (1926) ; Orchesterserenade 
op. 16 (1926); Bläserdivertimento op. 17 (1926); 


964 



Krenefc 


Violinsonate op. 18 (1926); HL Streichquartett 
Emoll op. 21 (1926); Chorsymphonie op. 30 
(1930); Oper Lito (»Sommer«) op. 41 (1937); 
Kantate Smrt Kristova (»Der Tod Christi«) op. 46 
(1939); Bratschensonate op. 57 (1942); Cello- 
sonate op. 59 (1943); V. Streichquartett Des Dur 
op. 60 (1943) ; Oper Poslednl hejtman (»Der letzte 
Hauptmann«) op. 62 (1943); Symphonie Gmoll 
op. 70 (1946); Bratschenkonzert op. 72 (1947); 
Klavierstücke, Lieder und Chöre. 

Krejn, russische Musikerfamilie, - 1) Grigorij 
Abramowitsch, * 6. (18.) 3. 1879 zu Nischnij 
Nowgorod, f 6. 1. 1955 zu Komarowo bei Lenin- 
grad; Komponist und Violinist, studierte in 
Moskau bei Hnmaly, Juon und Gli&re, 1905-08 
bei Reger am Leipziger Konservatorium. Kr. lebte 
als Violin- und Theorielehrer zumeist in Moskau, 
1926-34 in Paris, 1941-43 in Taschkent. In den 
20er Jahren schloß er sich der jüdischen Musik- 
bewegung in Rußland an. Werke: I. Klavier- 
sonate (1906) ; Violinsonate (1913) ; Streichquartett 
(1915); II. Klaviersonate (1924); Ewrejskaja rapso- 
dija (»Hebräische Rhapsodie«) für Kl., Klar, und 
Streichquartett (1925); Violinkonzert (1934); 3 
symphonische Episoden Lenin (1937) ; Symphonie 
(1946) ; Quartett für Klar, und Klaviertrio (1947) ; 
Konzertfantasie für V. und Orch. (1948). - 2) 
Alexander Abramowitsch, * 8. (20.) 10. 1883 zu 
Nischnij Nowgorod, f 21. 4. 1951 zu Staraja 
Rusa bei Moskau; Bruder von Grigorij Kr., Kom- 
ponist, studierte am Moskauer Konservatorium 
Violoncello und Komposition, büdete sich aber in 
der Hauptsache autodidaktisch. Neben Gnessin 
war Kr. der führende Vertreter der national-jü- 
dischen Musikbewegung in Rußland. 1918-27 war 
er in der Musikabteilung des Staatsverlags und der 
des Volkskommissariats für Kultur tätig. Haupt- 
werke: Ewrejskije eskisy (»Hebräische Skizzen«) für 
Klar, und Streichquartett op. 12 und 13 (1909-10) ; 
Klaviersonate (1922) ; Kaddisch für Chor und Orch. 
(1922); I. Symphonie (1925); Trauerode für Chor 
und Orch. auf WL I. Lenin (1926); Oper Sagmuk 
(1930); Chorwerk SSSR (»Die UdSSR«; 1932); 
Ballette Laurencia (nach Lope de Vegas »Fuente o 
vejuna«; 1937), Othello (1942) und Tatjana (1943, 
2. Fassung 1947); Musik zu Lope de Vegas 
»Maestro de danzar« (1945); n. Symphonie (1945). 
- 3) Julian Grigoqewitsch, *20. 2. (5. 3.) 1913 zu 
Moskau; Sohn von Grigorij Kr., Komponist und 
Pianist, trat schon 1924 mit einer Klaviersonate 
hervor, studierte 1926-33 bei Dukas an der Ecole 
Normale de Musique in Paris und lehrte 1934-37 
am Moskauer Konservatorium Instrumentation. 
Er schrieb: 2 Klaviersonaten, eine Cellosonate 
(1955); 4 Streichquartette; 3 Konzerte und eine 
Wesennjaja simfonija (»Frühlingssymphonie«; 1935) 
für Kl. und Orch.; ein Cellokonzert (1929, 2. Fas- 
sung 1954) ; Orchesterwerke, darunter eine Sym- 
phonie Arktitscheskaja poema (»Lied von der Ark- 
tis« ; 1937) und eine Anzahl Suiten für kleines Orch. 
Lit.: L. Ssabanejew, A. Kr., Moskau 1928 (russischer 
u. deutscher Text). 

Krejtner, Georgij Gustawowitsch, * 17. (30.) 12. 
1903 zu Libau; russischer Komponist, empfing 
seine kompositorische Ausbildung in Moskau 
durch Mjaskowskij, Schebalin und Kabalewskij. 
1949-52 war er Redakteur des Verlags Musgis. Kr., 


der zugleich Fachmann für nahöstliche Ökonomik 
und Kriegstheorie ist, wurde besonders durch 
seine Opern W grosnyj god (»In einem gefährlichen 
Jahr«, auch Waaim , nach Lermontow; 1952) und 
Tanja (1954) bekannt; er schrieb ferner: Chor- 
werke, Lieder und Gesänge, eine Konzertfantasie 
für Kl. und Orch. (1949), Orchesterstücke, Kam- 
mermusik. 

Kremberg, Jacob, * um 1650 zu Warschau; 
deutscher Komponist, ist möglicherweise ein Sohn 
des schon 1664 in Leipziger Akten genannten 
Kunstgeigers Kremberg (ohne Vornamen), im 
Winter 1672 an der Leipziger Universität inskri- 
biert, wird 1677 bei seiner Hochzeit in Leipzig 
»Hochfürsd. Sachs. Hoffmusicus zu Halla« ge- 
nannt, ging auf einige Jahre nach Schweden und 
veröffentlichte 1689 in Dresden ein Buch Arien 
Musicalische Gemüths-Ergötzung. 1693-95 war er 
mit Kusser Pächter der Hamburger Oper. Um 
1700 ging er nach London, wurde Mitglied der 
königlichen Kapelle und komponierte 1706 zum 
Geburtstag der Königin Anne die Masque Eng- 
lands Glory. Im gleichen Jahr erschien in London 
seine Collection of Easy and Familiär Aires für 2 FL 
Um 1718 verliert sich seine Spur. 

Ausg.: 3 Lieder in: M. Friedigender, Das deutsche 
Lied im 18. Jh. I, 2, Stuttgart u. Bin 1902. 

Kr$mplsetzer, Georg, * 20. 4. 1827 und f 6. 6. 
1871 zu VÜsbiburg (Niederbayem) ; deutscher 
Operettenkomponist, war längere Zeit als Tuch- 
macher tätig, als er sich entschloß, sich ganz der 
Musik zu widmen, und bei Fr. Lachner in die 
Lehre ging. Kr. wurde Kapellmeister in München 
(1865), Görlitz (1868) und Königsberg (1870) und 
schrieb einige Operetten und Opern. Von diesen 
verdient die einaktige Operette Der Vetter auf Be- 
such (1863) erwähnt zu werden, weil der, im 
übrigen, mehr als harmlose Text von Wilhelm 
Busch stammt, dem Freunde aus dem Verein 
»Jungmünchen«. 

Lit : Vorwort im K1.-A. zu »Der Vetter auf Besuch«, 
hrsg. v. R. Will, Lpz. o. J. 

Kremser, Eduard, * 10. 4. 1838 und t 26. 11. 
1914 zu Wien; österreichischer Chordirigent, war 
ab 1869 Chormeister (1899 Ehrenchormeister) des 
Wiener Männergesangvereins. Er komponierte 
Klavierstücke, Lieder, Chorlieder, Operetten und 
wurde besonders bekannt durch seine wirkungs- 
volle Bearbeitung von 6 Altniederländischen 
Volksliedern (darunter Altniederländisches Dank- 
gebet) für Männerchor, Soli und Orch. (1879, nach 
A. Valerius), denen er weitere Männerchorwerke 
mit Orch. folgen ließ (Balkanbilder, Prinz Eugen, 
Das Leben ein Tanz, Altes Weihnachtslied). Im Auf- 
trag der Stadt Wien gab er heraus: Wiener Lieder 
und Tänze (2 Bände, Wien 1912-13). 

Kfenek (krf'enek), Ernst, * 23. 8. 1900 zu Wien; 
österreichischer Komponist, wurde mit 16 Jahren 
Schüler F. Schrekers, besuchte die Universität 
und die Akademie der Musik in Wien und folgte 
anschließend seinem Lehrer Schreker an die Mu- 
sikhochschule Berlin. 1925-27 war K. künstle- 
rischer Beirat am Staatstheater Kassel, lebte 1928 
bis 1937 in Wien und siedelte dann nach Amerika 
über. Er hatte 1939-42 eine Professur am Vassar 
College, 1942-47 an der Hamline University (St. 


965 



jrenek 


aul, Minnesota) inne und lebt seitdem in Los 
uigeles. Mehrmals reiste er nach Europa, um 
Lurse über Zwölfton-Technik und Vorträge zu 
alten. K. ist ein äußerst produktiver Komponist, 
er sich in den verschiedensten Stilen von der Ro- 
lantik bis zu einem intellektuellen Konstruktdvis- 
ius, vom tonalen Lied bis zu Jazz und Zwölf ton- 
’echnik versuchte. Er stand zeitweise im Mittel- 
unkt eines von Sensationen entfachten Tages- 
nhms, spricht in seiner Selbst darstellung von 
Rückfällen« in die Romantik, reifte aber in spä- 
ten Jahren mehr und mehr. Seine Jugendwerke 
eigen ihn zunächst im Banne der Spätromantik 
nd des Impressionismus. Ab 1921 wendet er sich 
nter dem Einfluß Bartöks und Hindemiths der 
euen Musik zu und wird bald einer ihrer radi- 
alsten Vertreter. Expressionismus, eine von har- 
lonischer Rücksichtnahme befreite Linearität, 
izz, Neobarock, auf peitschende Ostdnatotechnik, 
ratorisches ebenso wie psychologisierendes Mu- 
ktheater und andere Srilelemente werden in ex- 
ternen Formen durchprobiert. Einen Welterfolg 
rzielte die Jazzoper Jotiny spielt auf (Leipzig 1927), 
ie in kurzer Zeit über mehr als 100 Bühnen ging 
nd Anlaß zu heftigen Auseinandersetzungen gab. 
lit nahezu gleicher Begabung schrieb K., wie zu 
inen anderen Bühnenwerken auch, den Text 
übst. Es folgte eine Phase »altväterlicher Roman- 
k« (Selbstdarstellung), die in dem an Schubert 
igdehnten Liederzyklus Reisetagebuch aus den 
tferreichischen Alpen (1929) gipfelt. Etwa ab 1930 
atieren die ersten Versuche in Zwölftontechnik, 
ie K. seit 1938 ständig verwendet, bereichert um 
rkenntnisse, die er aus der Analyse spätmittel- 
terlicher Werke, besonders Ockeghems gewann, 
ühnen werke: szenische Kantate Zwingburg (Ber- 
ti 1925), komische Oper Der Sprung über den 
chatten (Frankfurt a. M. 1924), Oper Orpheus und 
urydike (Kassel 1926), Operette Bluff (1924/25), 
>per Jonny spielt auf (Leipzig 1927), Oper Der 
Diktator (1926), Märchenoper Das geheime König- 
ich (Kassel 1928), Operette Schwergewicht oder 
ie Ehre der Nation (Kassel 1928), Oper Leben des 
test (Leipzig 1931), Oper ohne Titel op. 66 (1930), 
’arl V. (Prag 1938), Opern Cefdlo e Procri (V enedig 
>34), Tarquin (Köln 1950), WhatPrice Conjidence? 
945/46), Dark waters (Los Angeles 1951), Pallas 
thene weint (Hamburg 1955), The Bell Tower (Chi- 
go 1957); Ballette: Mammon (1925), Der ver- 
aschte Cupido (nach Rameau, 1925) und Eight 
olumn Line (1939); Bühnenmusiken: Vom lieben 
ugustin (1925), Die. Rache des verhöhnten Liebhabers 

925) , Das Gotteskind (1925), Der Triumph der 
npfindsamkeit (1926), Ein Sommemachtstraum 

926) , Marlborough s’en va-t-en guerre (1927), Die 
ühle( 1957) ; Pfmgstoratorium Spiritus intelligentiae, 
'tetus für Singstimmen und elektronische Klänge 
956); Orchesterwerke: 5 Symphonien (1921, 
22, 1922, 1947, 1949), 2 Concerti grossi (1921, 
24), symphonische Musik für 9 Solo-Instr. 
?22), 7 Orchesterstücke (1924), Symphonie für 
äser und Schlagzeug (1924/25), 3 Märsche für 
asorch. (1926), Kleine Symphonie (1928), 
icma und 13 Variationen (1931), Ouvertüre 
impo Marzio (1937), Symphonisches Stück für 
reichorch. (1939), symphonischer Satz I Wonder 
I Wonder in Form von Variationen über ein 
rikslied aus North Carolina (1942), sympho- 

S 


nische Elegie für Streichorch. (1946), Symphonie 
Pallas Athene weint (1954), Elf Transparente (1954), 
Zeichnung für Orch. Kette, Kreis und Spiegel 
(1958); Solo-Werke: 4 Klavierkonzerte (1923, 
1937, 1946, 1950), 2 Violinkonzerte (1924, 1954), 
Concertino für FL, V., Cemb. (oder Kl.) und 
Streichorch. (1924), Kleines Konzert für KL, Org. 
und Kammerorch. (1939/40), Konzert für V., Iu. 
und Kammerorch., Konzert für 2 KL (1951), Kon- 
zert für Harfe und Kammerorch. (1951), Cello- 
konzert (1954), Capriccio für Vc. und Kammer- 
orch. (1955); Vokalwerke: Konzertarien Stellas 
Monolog (1928) und Die Nachtigall (1931), Lieder- 
zyklus Durch die Nacht (1930/31, mit Orch.), La 
Corona (7 Sonette für Mezzosopran, Bar., Org. 
und Schlagwerk, 1941), dramatischer Monolog für 
S. Medea (1951), je 4 a-cappella-ChÖre nach F. Höl- 
derlin (mit A.-S 0 I 0 , 1924), Die Jahreszeiten (F. Höl- 
derlin, 1925) und nach Goethe (1926), Kleine Kan- 
tate für a-cappella-Chor (Goethe, 1927), 3 a-cap- 
peÜa-Chöre nach G. Keller (1929), Kantate von der 
Vergänglichkeit des Irdischen (1932), Jagd im Winter 
für Männerchor (Grillparzer, 1933), 2 a-cappella- 
Chöre für Frauenstimmen (1939), Proprium Missae 
in festo SS . Innocentium für Frauenchor a cappella 
(1940), Lamentatio Jeremiae Prophetae für a-cappella- 
Chor (1941/42), Cantata for Wartime für Frauen- 
chor und Orch. (1943), 5 Gebete für Frauenchor 
a cappella (1944), The Santa-Fi-Time Table für 
a-cappella-Chor (1945), Motette Aegrotavit Eze- 
chias rür Frauenchor und KL (1945), Motette In 
Paradisum für Frauenchor a cappella (1946); The 
Holy Ghosfs Ark (Die Arche des Heiligen Geistes) 
für Mezzosopran und 4 Instr. (1941); Lieder: op. 9 
(G. H. Goering, 1921), op. 15 (F. Werfel, 1922), 
op. 19 (O. Krzyzanowski, 1923), op. 30 (G. H. 
Goering, H. Reinhart, 1924), 3 Lieder op. 48 
OLacrimosa (Rilke, 1926), 4 Gesänge op. 53 (Dich- 
ter des 17. Jh., 1927), 3 Gesänge op. 56 (Goethe, 
1927), Liederzyklus op. 62 Reisetagebuch aus den 
österreichischen Alpen (1929), Fiedellieder op. 64 
(Th. Storni, Th. Mommsen, 1930), Liederzyklus 
Gesänge des späten Jahres op. 71 (1931), 5 Lieder 
op. 82 (F. Kafka, 1937/38), Liederzyklus The 
Ballad of the Railroads (Die Ballade von den Eisen- 
bahnen, 1944); Kammermusik: Bläserquintett 
(1951), Serenade für Klar., V., Va und Vc. (1919), 
7 Streichquartette (1921, 1921, 1923, 1923/24, 
1930, 1936, 1943/44), Triophantasie für V., Vc. 
und KL (1929), Trio für V., Klar, und Kl. (1946), 
Streichtrio (1948), Parvula corona musicalis ad hono- 
rem Johannes Sebastiani Bach für Streichtrio (1950) ; 
für Klavier: 6 Sonaten (1919, 1928, 1943, 1948, 
1950, 1951), 5 Sonatinen (1920), Toccata und 
Chaconne (1922), 2 Suiten (1924), 5 Stücke (1925), 
4 Bagatellen (1931), 12 Variationen (1937), 12 kurze 
Stücke (1938), Variationen Hurricane (1944), 
George Washington Variations (1950); Twenty Mi - 
niatures (1957); für Violine: 2 Sonaten mit El. 
(1919, 1944/45) und 2 Solosonaten (1924/25, 1948); 
für Viola: eine Sonate mit KL (1948) und eine So- 
losonate (1942); Suite für Vc. solo (1939), Kleine 
Suite für Klar, und KL (1924), Sonatine für Fl. 
und Va (1942, auch für EL und Klar.), Sonate für 
Org. (1941). Schriften: Problemi di Stile nelVopera 
(Rass. Mus. VH, 1934), Zur musikalischen Bearbei- 
tung von Monteverdis Poppea (SMZ LXXVI, 1936), 
The New Music and To-Day's Theatre (Modem 



Kretschmer 


Music XIV, 1937), Über neue Musik (Wien 1937; 
englisch als : Music Here and Now , New York 1939), 
Gustav Mahler (in: B. Walter, G. Mahler, New 
York 1941), Studies in Counterpoint (New York 
1940; deutsch als: Zwo Ifton-Kontrapunkt-Studien, 
Mainz 1952), New Developments of the Twelve - 
Tone Technique (MR VT, 1943), Herausgeber der 
Hamline Stuaies in Musicology (2 Bände, St. Paul, 
Minn., 1945-47; im 2. Band: A Discussion of the 
Treatment of Dissonances in Okeghem's Masses as 
Compared with the Contrapuntdl Theoryof Johannes 
Tinäoris ), Musik im goldenen Westen (Wien 1949), 
Selbstdarstellung . (»Versuch einer Selbst-Analyse«; 
Zürich 1948, mit W erkverzeichnis) ; De rebus prius 
factis (Frankfurt am Main 1956), Zur Sprache ge- 
bracht (Gesammelte Essays, hrsg. v. Fr. Saathen, 
München 1958. HS-G 

Krenn, Franz, * 26. 2. 1816 zu Droß (Nieder- 
österreich), f 18. 6. 1897 zu St. Andrä (Nieder- 
österreich); österreichischer Organist und Musik- 
theoretiker, war zuerst Lehrer, Schüler von Sey- 
fried, bekleidete Organistcnstellen in Wien, wurde 
1862 Kapellmeister an der Michaelis-(Hof-)Kirche 
und war 1869-93 Professor für Harmonielehre, 
Kontrapunkt und Komposition am Konservato- 
rium. Kr. komponierte 29 Messen, ein Te Deum, 
mehrere Requiem, Kantaten, Oratorien, Chorlie- 
der, Lieder, Orgel- und Klavierstücke, Quartette, 
eine Symphonie und schrieb mehrere Lehrbücher. 

Krentadin, Richard, * 27. 11. 1864 zu Magde- 
burg, f 27. 11. 1956 zu Hessisch-Oldendorf; deut- 
scher Pianist, studierte in Berlin bei Fr. Kullak 
Klavier sowie bei H. Urban und A. Becker Theo- 
rie und war lange Jahre Lehrer an Kullaks Akade- 
mie der Tonkunst. Seine melodisch eingängigen 
und technisch leichten Bearbeitungen sind im an- 
spruchslosen Klavierunterricht sehr beliebt, dar- 
unter eine Klavierschule, Sammlungen Der gute 
Pädagoge (8 Bande) und Der junge Pianist (3 Bände), 
viele kleinere Werke für Kl., von denen Bunte 
Bilder op. 15, Dorfszenen op. 19, Aus der Kinderwelt 
op. 63, Aus meiner Jugendzeit op. 85, Aus meiner 
Wanderzeit op. 150 am meisten verbreitet waren. 

Kreuz, Jan, * 14.7. 1926 zu WToclawek; pol- 
nischer Komponist und Dirigent, studierte Kom- 
osition, Klavier und Dirigieren an den Musik- 
ochschulen von Warschau und Lodz, debütierte 
1945 als Dirigent. Nach einer Tätigkeit bei der 
Philharmonie und der Oper in Posen wurde er 1953 
als Fiteibergs Nachfolger mit der Leitung des gro- 
ßen Rundfunk-Symphonieorchesters in Kattowitz 
betraut. Als Gastdirigent trat er wiederholt im Aus- 
land auf. Kompositionen: eine Symphonie (1949), 
Suita noktumSw (1950), Serenada klasyczna (1950), 
Taniec symfoniczny (1951), Serenada wiejska (1951), 
Rhapsodie für Streicher und Schlagzeug (1952), 
Dialog symfoniczny I (1955), Toccata (1943) und 
Concertino (1952) für Kl. und Orch., Bläserquar- 
tett (1950), Oboensonate (1947), Kantate Dwa 
miasta (Zwei Städte; 1950), 2 Chorlieder a cappella 
(1950), Triptychon für Singst, und KL (1946). K. 
war einer der Organisatoren der »Gruppe 49«, zu 
der außer ihm auch T. Baird und K. Serodri ge- 
hörten. 

Kreps, Dom Joseph, OSB, * 23. 5. 1886 zu Ant- 
werpen; belgischer Kirchenmusiker, studierte bei 


L. du Bois, J. Jongen und L. Mortdmans, hat sich 
auch historisch mit den romanischen Neumen be- 
schäftigt und schrieb: Die einigende Rolle des litur- 
gischen Organisten (Le röle unmcateur de Vorganiste 
iiturgique t mit Vorwort von dlndy, Löwen 1921), 
Het orgel in Tongerloo (Tongerloo 1933), Le tuyau 
ä bouche (M&anges E. Closson, Brüssel 1948). Er 
ist Organist der Abtei Keizersberg (Mont-O&ar) 
in Löwen, Schriftleiter der »Questions liturgiques 
et paroissiales« sowie der »Musica Sacra« (Mecheln) 
und komponierte Gesänge mit vlämischem Text, 
Orgelwerke und Musik zur Grundsteinlegung der 
Universitätsbibliothek Löwen (28. 7. 1921). 

Kres&nek (krisza.-nsk), Jozef, * 20. 12. 1913 zu 
Ci&nany ; slowakischer Komponist und Volkslieds 
forscher, studierte am Prager Konservatorium 
Komposition bei Karel und V. Noväk und an der 
Karls-Universität, wo er 1939 promovierte, wurde 
als Assistent an das Musikwissenschaftliche Semi- 
nar der Universität Preßburg berufen. Kr. be- 
schäftigt sich mit dem slowakischen Volkslied und 
schrieb ein Streichquartett, Klaviermusik, eine 
Kantate und Lieder. 

Kresz, G6za de (von), * 11. 6. 1882 zu Budapest; 
ungarischer Violinist, war Schüler von Hubay, 
Sev&k und E. und Th. Ysaye, 1908/09 Konzert- 
meister des Wiener Tonkünsderorchesters, 1909 
bis 1915 Professor am Staatlichen Konservatorium 
in Bukarest, 1917-21 Konzertmeister des Berliner 
Philharmonischen Orchesters, 1920-23 Leiter der 
Violin- Ausbildungsklasse am Stemschen Konser- 
vatorium. Seit 1923 lebt er in Toronto (Canada), 
wo er sich als Solist und Professor am Hambourg 
Conservatory und, nach einem längeren Aufent- 
halt in Budapest, als Lehrer am Royal Conser- 
vatory der Universität betätigte. 

Kretschmann, Theobald (Krefcman), * 1.9. 
1850 zu Vinos bei Prag, f 16- 4. 1919 zu Wien; 
tschechischer Violoncellist, wirkte in Salzburg, 
Breslau und ab 1881 an der Wiener Hof oper. 1889 
bis 1902 war er Kapellmeister der Votivkirche, 
1907-14 Kapellmeister der Wiener Volksoper. Er 
schrieb eine Oper Die Brautschau (1895) und die 
Burleske Salome die zweite (1906) sowie Erinne- 
rungen unter dem Titel Tempi passati (2 Bände, 
Teschen 1910-13). 

Kretschmer, Edmund, * 31. 8. 1830 zu Ostritz 
(Oberlausitz), f 13. 9. 1908 zu Dresden; deutscher 
Komponist, war Schüler von J. Otto und Joh. 
Schneider in Dresden, bildete sich durch Selbst- 
studium weiter, wurde 1854 Organist der Hof- 
kirche in Dresden, 1863-1901 Hoforganist, 1872 
Instruktor des Königlichen Kapellknabeninstituts, 
1880 Dirigent des Vokalchors der Hofkirche und 
Hofkirchenkomponist, dirigierte auch 1850-70 
verschiedene Dresdner Vereine. Schüler K.s sind 
Curti, Franchetti, Fiditz und Gunkel. Er schrieb 
4 Messen, die Chorwerke Pilgerfahrt, Festgesang 
und Sieg im Gesang , Mannerchöre, Orchester- 
werke, vor allem aber die großen Opern: Die 
Folkunger (Dresden 1874, darin der vielverbreitete 
Königsmarsch ), Heinrich der Löwe (Leipzig 1877), 
Der Flüchtling (Ulm 1881) und Schön Rotraut 
(Dresden 1887). 

Lit: O. Schmcd, E. Kr., Dresden 1890. 


967 



Kxetzschmar 


Kretzschmar, Hermann, * 19. 1. 1848 zu Ol- 
bemhau (Erzgebirge), f 12. 5. 1924 zu Groß-Iich- 
terfelde bei Berlin; deutscher Musikforscher, er- 
hielt den ersten Musikunterricht von seinem Vater, 
der Kantor und Organist war, besuchte die Kreuz- 
schule in Dresden (Musikunterricht von J. Otto), 
studierte in Leipzig Philologie, erwarb 1871 den 
Dr. phiL mit einer Dissertation De signis musicis 
quae scriptores per primam medii aevi partem usque ad 
Guidonis Aretini tetnpora florentes tradiderint und 
wurde im gleichen Jahr Lehrer am Leipziger Kon- 
servatorium, das er als Schüler von O. Paul, E. Fr. 
Richter und Reinecke besucht hatte. Da er gleich- 
zeitig eine umfangreiche Dirigenten tätigkeit ent- 
faltete (Ossian, Singakademie, Bach-Verein, Eu- 
terpe), zwang ihn 1876 Überanstrengung, seine 
Leipziger Stellungen aufzugeben. Nach kurzer 
Erholung übernahm er noch 1876 eine Kapell- 
meisterstelle am Metzer Stadttheater und wurde 
1877 Universitäts-Musikdirektor in Rostock, 1880 
auch städtischer Musikdirektor. 1887 kehrte er 
nach Leipzig zurück als Universitäts-Musikdirek- 
tor und Dirigent des studentischen Gesangvereins 
»Paulus«, gleichzeitig als Dozent der Musik- 
geschichte an der Universität und Mitglied der 
theologischen Prüfungskommission und des Di- 
rektoriums der Bach-Gesellschaft, 1888-98 auch 
als Dirigent des Riedel-Vereins. 1890 rief er die bis 
1895 bestehenden Akademischen Orchesterkon- 
zerte (mit historischen Programmen) ins Leben 
und wurde ao. Professor. 1904 erhielt er einen 
Ruf auf das neubegründete Ordinariat für Musik 
an der Universität Berlin und wurde 1907 daneben 
kommissarischer Direktor des Königlichen Insti- 
tuts für Kirchenmusik, 1908 Geheimer Regierungs- 
rat, 1909-20 Direktor der Königlichen Hoch- 
schule für Musik (Nachfolger T. Joachims) und 
1912 Vorsitzender der MusikgescniditKchen Kom- 
mission (Nachfolger Liliencrons). In seiner gast- 
freien Villa Clara in Schlachtensee bei Berlin trafen 
sich Musiker und Musikforscher aller Sparten, Kol- 
legen und Studenten. - In seiner Zeit galt Kr. als 
der bedeutendste deutsche Musikhistoriker neben 
H. Riemann. Musikgeschichte war ihm vor allem 
Kulturgeschichte; er hob die geistig-geschichtliche 
Perspektive hervor, die Verflechtungen zwischen 
Komponisten, musikalischem Kunstwerk, Musik- 
leben und dem »Geist der Zeit«, dem kultureilen 
Leben einer Epoche und eines Volkes. In den 
Kleinen Handbüchern der Musikgeschichte nach Gat- 
tungen , die Kr. ab 1905 herausgab, übertrug er 
O. Jahns »musikhistorische Monographie« aut die 
mu sikalis chen Gattungen, wie Messe, Motette, 
Oper, Oratorium, Lied. Am stärksten und nach- 
haltigsten wirkte Kr. als Pädagoge, dem die Ver- 
bindung der Musik mit dem Leben der Nation 
am Herzen lag. Besonders rein kommt diese Seite 
seines Wesens in den Musikalischen Zeitfragen zum 
Ausdrude, worunter »nicht Fragen über Tempo 
and Takt, sondern, dem allgemeinen Gebrauch des 
Begriffs entsprechend, musikalische Angelegen- 
heiten besonders dringlicher Natur gemeint« sind: 
Musikunterricht in den Schiffen, Privatmusik- 
iinterricht, Ausbildung der Fachmusiker, Weiter- 
bildung und Erwerbsverhältnisse der Musiker, 
Musik als dienende und als freie Kunst, Stand oder 
Staat? Diese und andere Themen werden von Kr. 
n ebenso glänzenden wie substantiellen Essays bc- 

>68 


handelt, die noch heute ihre Gültigkeit nicht ver- 
loren haben. Bahnbrechend waren seine Bemer- 
kungen über den Vortrag alter Musik (JbP VII, 1900), 
in denen er für die Musikschulen Spezialkurse über 
die Aufführungspraxis der Musik des 18. und 17. 
Jh. forderte. Audi seine vielberufene Hermeneutik 
ist pädagogischer Herkunft und Abzweckung; sie 
erwuchs aus den Erfahrungen des Dirigenten, 
»Konzertführers« und Lehrers, und erst später hat 
er sie im Anschluß an die AfFektenlehre des 18. Jh. 
zu systematisieren versucht (Neue Anregungen zur 
Förderung musikalischer Hermeneutik: Satzästhetik , 
JbP XII, 1905). Zu seinem 70. Geburtetag erschien 
eine Festschrift (Leipzig 1918). Schriften (alle in 
Leipzig erschienen): Führer durch den Konzertsaal, 
I, Sinfonie und Suite (1887, bearbeitet von Fr. 
Noack, H. Botstiber und H. Engel 71932) ; n, Vo- 
kalmusik: 1, Kirchliche Werke (1888, 51921), 2, 
Oratorien und weltliche Chorwerke (1890, bearbeitet 
von H. Schnoor 51939), 1930-33 um eine 3. Ab- 
teilung »Die Kammermusik.« (von H. Mersmann) 
erweitert; in den Kleinen Handbüchern der Musik- 
geschichte nach Gattungen: Geschichte des Neuen 
deutschen Liedes I (1911), Geschichte der Oper (1919), 
Einführung in die Musikgeschichte (1920); ferner: 
Bach-Kolleg (1922) ; Gesammelte Aufsätze über Musik 
aus den Grenzboten (herausgegeben von A. Heuß, 
1910), Band II Aus den Jahrbüchern der Musik- 
bibliothek Peters (1911), ein 3. Band »aus dem Ver- 
lag Breitkopf & Härtel« ist nicht erschienen. Wei- 
tere wertvolle Aufsätze im Musikalischen Wo- 
chenblatt, der VfMw und den Grenzboten ( Musi- 
kalische Zeitfragen, auch separat 1903). Ausgaben: 
Band XLIV (JoL Seb. Backs Handschrift in zeitlich 
geordneten Nachbildungen, 1894) und XLVI (Schluß- 
band, Bericht, 1899) der Bach-Gesamtausgabe; 
Holzhauers »Günther von Schwarzburg«, DDT 
VIE, EX; E. Bachs und V. Herbings Lieder, DDT 
XIH; Neuausgabe von J. Chr. Lobes »Lehrbuch 
der musikalischen Komposition«, 4 Bände, 1883 
bis 1887; Ausgaben älterer Orchesterwerke (Aka- 
demisches Orchesterkonzert). 

Lit. : H. Abert, Zum Gedächtnis H.Kr.s, JbP XXXI, 
1924, u. in: Gesammelte Schriften und Vorträge, 
hrsg. v. Fr. Blume, Halle 1929; A. Einstein, H. Kt., 
ZfMw VI, 1923/24; F. M. Gatz, Musik-Ästhetik in 
ihren Hauptrichtungen, Stuttgart 1929; R. Kötzsch- 
ke, H. Kr., in: Sächsische Lebensbilder II, Leipzig 
1938; W. Vetter, H. Kr. u. d. deutsche Schulmusik, 
in: Musik in d. Schule II, 1951; G. Braun, Die 
Schulmusikerziehung in Preußen, = Mw. Arbeiten 
XI, Kassel und Basel 1957. 

Kreube(kr0:b), Charles Frdd6ric, *5. 11. 1777 
zu Lun6wüle, f 1846 auf seiner Villa bei St. Denis; 

nist, Schüler von R. Kreutzer, -war 1805-28 Ka- 
pellmeister der Opdra Comique. Er komponierte 
1813-28 16 komische Opern für Paris, ferner 
Streichquartette und Violinstücke. 

Kreuder, Peter Paul, * 18. 8. 1905 zu Aachen; 
deutscher Komponist, von Unterhaltungsmusik, 
erhielt seine Ausbildung an der Akademie der Ton- 
kunst in München und in Hamburg, war 1928-30 
musikalischer Leiter der Reinhardtbühnen Berlin, 
1930-33 des Schauspielhauses München, wurde 1936 
zum Staatlichen Musikdirektor in München und 
nach Sjähriger Wirksamkeit in Südamerika 1950 
durch den damaligen argentinischen Staatschef Juan 



Kreutzer 


Per6n zum Prof. h. c. ernannt. Er schrieb über 
150 Filmmusiken, 3 Operetten und die Oper Der 
Zerrissene (Stockholm 1940). Besonders bekannt 
von ihm sind Sag* beim Abschied leise *Servus «, 
Schön war die Zeit, Im Leben geht alles vorüber und 
Einmal von Herzen verliebt sein . Zusammen mit 
A. Sailer verfaßte er die Autobiographie Schön war 
die Zeit (München 1955). 

Kreutz, Arthur, * 25. 7. 1906 zu La Crosse 
(Wisconsin, USA); amerikanischer Komponist, 
studierte an der Universität von Wisconsin, am 
Konservatorium in Gent und an der Columbia 
University in New York, war 1942-44 Leiter der 
Opera Company und des Symphonieorchesters 
der Universität von Texas, 1938-40 und ab 1946 
Dozent an der Columbia University. Er schrieb 
Bühnenmusik, darunter die Ballad Opera The 
University Grays (1954), 2 Symphonien, Orche- 
stersuite Paul Bunvan , ein Vioun- und ein Klavier- 
konzert, Liederzyklen und Jazzmusik für Kl. 

Kreutzberg, Harald, * 1902 zu Reichenberg 
(Böhmen) ; deutscher Tänzer, Schüler von Laban 
und M. Wigman, wirkte als Tänzer zunächst in 
Hannover, dann an der Staatsoper Berlin. Nach 
Auftreten bei den Salzburger Festspielen und auf 
Reisen in Amerika (1929/30) betätigte er sich als 
freier Solotänzer, wirkte auch als Gastdozent bei 
den Zürcher Sommerkursen. Er leitet jetzt ein 
eigenes Institut in Bern. K., der in seiner Ein- 
maligkeit zu den international bekanntesten Tän- 
zern gehört, vereinigt in seinen Schöpfungen Ele- 
mente des klassischen und freien Tanzes mit mi- 
mischen und anderen außerhalb des rein Tänze- 
rischen liegenden Mitteln (z. B. bei der Einbe- 
ziehung von Requisiten). 

Lit.: H. Wille, H. Kr., Lpz. 1930; E. Pirchan, H. 
Kr., Sein Leben u. seine Tänze, Wien 2 1950. 

Kreutzer, - 1) Auguste, * 3. 9. 1778 zu Ver- 
sailles, f 31. 8. 1832 zu Paris; französischer Violi- 
nist, Bruder von R. Kr. und sein Schüler am Con- 
servatoire, wirkte ab 1798 im Orchester der Ko- 
mischen und 1802-23 in dem der Großen Oper 
sowie im Hoforchester Napoleons, Ludwigs 
XVm. und Karls X. bis 1830 und trat 1826 an die 
Stelle seines Bruders als Violinprofessor am Con- 
servatoire. Von seinen Kompositionen für V. er- 
schienen: 2 Konzerte, 2 Duette, 3 Sonaten mit B. 
sowie einige Soli und Variationen. - 2) Charles 
L£on Francois, * 23. 9. 1817 zu Paris, f 6. 10. 1868 
zu Vichy; französischer Musikkritiker und Kom- 
ponist, Sohn des vorigen, schrieb besonders für 
die Journale: La Quotidienne, L’Union, Revue et 
Gazette musicale (1841 eine Serie wertvoller Stu- 
dien: L' Optra en Europe), Revue contemporaine 
(Studien über Meyerbeer) . Kr. ließ veröffcntlidien: 
Klaviersonaten, Streichquartette, ein Trio, Lieder, 
Vorspiel zu Shakespeares »Sturm« sowie einen 
Traitt de la modulation . Zu den nur als Manuskript 
erhaltenen Werken gehören 2 Opern und 2 Sym- 
phonien. 

Kreutzer, Conradin (Conrad Kreuzer laut 
Taufschein), * 22. 11. 1780 zu Meßkirch (Baden), 
t 14. 12. 1849 zu Riga; deutscher Komponist, 
Sohn eines Müllers, sollte eigentlich Theologe 
werden, bezog aber 1799 als stud. iur. die Univer- 
sität Freiburg im Breisgau. Nach dem Tode seines 


Vaters (1800) widmete er sich ganz der Musik 
(bereits 1800 wurde sein erstes Singspiel Die lächer- 
liche Werbung in Freiburg auf geführt). Er begab 
sich auf den Weg nach Wien, blieb aber einige 
Jahre in Konstanz; erst 1804 kam er nach Wien 
und wurde Schüler Albrechtsbergers. Sein Kom- 
positionstalent entwickelte sich schnell, und bald 
machte er sich durch Vortrag eines eigenen Kla- 
vierkonzerts bekannt. Die Aufführungen seiner 
großen Opern Konradin von Schwaben und Der 
Taucher wurden hintertrieben; doch hatte er mit 
dem Singspiel Jery und Bätely (1810) Erfolg. Ein 
zweites, 1808 komponiertes, Äsop in Phrygien, kam 
erst 1821 als Äsop am Hofe des Königs Krösus in 
Donaueschingen und 1822 als Äsop in Lydien in 
Stuttgart zur Aufführung. Eine Aufführung der 
Oper Konradin in Stuttgart (1812) verschaffte ihm 
die Ernennung zum Württembergischen Hof- 
kapellmeister. Er schrieb nun für Stuttgart meh- 
rere neue Opern, reichte aber 1816 seine Ent- 
lassung ein, lebte 1816/17 in Schaff hausen und ging 
1817 nach Donaueschingen als Kapellmeister des 
Fürsten zu Fürstenberg. 1822 kehrte er nach Wien 
zurück, brachte dort seine Libussa zur Aufführung 
und war 1822-27, 1829^-32 und 1837-40 Kapell- 
meister am Kämtnertor-Theater und 1833-39 am 
Josefstädter Theater. 1833 schrieb er eine Oper 
Melusine auf einen Text von Grillparzer für Berlin 
(Grillparzer hatte den Stoff schon Beethoven vor- 
geschlagen) sowie die vielgespielte Schauspiel- 
musik zu Raimunds Verschwender für Wien. 1840 
bis 1846 war er Kapellmeister in Köln, 1846-49 
wieder in Wien an O. Nicolais Stelle; als seine 
Tochter Cacilia, die er zur Ojpemsängerin aus- 
gebildet hatte, nach Riga engagiert wurde, über- 
siedelte er dorthin. Kr. besaß ein natürliches Talent 
für Melodie und einen ausgesprochenen Sinn für 
Wohlklang, doch fehlten ihm stärkere dramatische 
Impulse. Er schrieb im ganzen 30 Opern, einige 
Schauspielmusiken und ein Oratorium Die Sen- 
dung Mosis; doch haben sich von allen nur einige 
Stücke aus seiner erfolgreichsten Oper, dem Nacht- 
lager von Granada (Wien 1834) und einige Männer- 
chöre (Die Kapelle, Der Tag des Herrn) gehalten. 
Auch seine Kirchenmusik und die Instrumental- 
kompositionen (3 Klavierkonzerte, ein Septett, 
ein Quintett, ein Klavierquartett, Klaviertrios, ein 
Trio für KL, Klar, und Fag.) und seine Lieder sind 
vergessen, obwohl seine Lieder, besonders auf 
Uhlandsche Texte, dies Schicksal nicht verdienen. 
Ausg. : Trio f. Kl., Klar. u. Fag., hrsg. v. H. Schulz, 
Lpz. 1956; ein Jagdmadrigal in: Denkmäler deutscher 
Jagdkultur m, 1938; Lieder in DTÖ LXXIX. 

Lit: W. H. Riehl, Musikalische Charakterköpfe I, 
Stuttgart 1853, 31861, 51875; (H. Weber), C.Kr., 
LVHI. Neujahrsstück d. Allgemeinen Musik-Ges. 
Zürich 1870; H. Geehne in: Badische Biographien I, 
Heidelberg 1875; E. Eschmann, D. Heß, Aarau 1910 
(darin Briefe Kr.s); H. Burkard, K. Kr.s Ausgang, 
Schriften zur Gesch. d. Baar XIV, 1920; R. Ross- 
mayer, Kr. als dramatischer Komponist, Diss. Wien 
1928; A. Landau, Die Klaviermusik C. Kr.s, ZfMw 
Xin, 1930/31; dies., Das einst Kunstlied K. Kr.s, 
Lpz. 1930; K. S. Bader, C. Kr.s heimatliches Wirken, 
Zs. f. d. Gesch. d. Oberrheins IC (=* N. F. LX), 1950. 

Kreutzer» Leonid, * 13. 3. 1884 zu St Peters- 
burg, t 30. 10. 1953 zu Tokio; russischer Pianist 
von deutscher Abstammung, studierte am Peters- 
burger Kaiserlichen Konservatorium bei A. Essi- 


969 



Kreutzer 


pow Klavier und Glasunow Theorie, lebte 1906-08 
in Leipzig, dann als Pianist und Dirigent in Berlin, 
wo er 1921 Professor an der Hochschule für Musik 
wurde. 1933 mußte er Deutschland verlassen und 
ging nach Japan. Er komponierte eine Pantomime 
Der Gott und die Bajadere (nach Goethe, Mann- 
heim 1920) und schrieb: Das normale Klavierpedal 
(Leipzig 1915, 2 1928) und Das Wesen der Klavier- 
technik (Hesses Handbücher LXVU, Berlin 1923); 
auch gab er Werke von Chopin und Liszt heraus. 

Kreutzer, Rodolphe, * 16. 11. 1766 zu Ver- 
sailles, f 6. 1. 1831 zu Genf; französischer Violinist 
und Komponist, wurde als Sohn eines Violinisten 
im Königlichen Orchester von J. A. Stamitz wei- 
ter ausgebildet, schrieb bereits mit 13 Jahren sein 
erstes Violinkonzert, noch bevor er theoretischen 
Unterricht erhalten hatte. Mit 16 Jahren rückte er 
an Stelle des Vaters in die Königliche Kapelle 
(1783-92) ein, war 1804-27 wieder in der Kaiser- 
lichen bzw. Königlichen Kapelle, wurde 1790 auch 
als Soloviolinist am Theätre Italien angestellt und 
knüpfte Verbindungen an, um eine Oper herauszu- 
bringen. Seine Jeanne tTArc ä Orleans eröfihete 1790 
die Reihe von etwa 40 Opern, die er bis 1823 teils 
für die Große, teils für die Komische Oper schrieb ; 
sie fanden zumeist eine günstige Aufnahme (vor 
allem Paul et Virginie und Loaoiska, beide 1791), 
sind aber sämtlich vergessen. Dagegen ist sein 
Ruhm als Virtuose und Lehrer des Violinspiels 
noch heute lebendig. 1795 wurde er an dem neu- 
gegründeten Conservatoire als Professor angestellt 
und machte sich 1796 auf einer Konzertreise durch 
Italien, Deutschland (als Begleiter des Gesandten 
Bemadotte lernte er 1798 in Wien Beethoven 
kennen) und Holland auch im Auslande bekannt. 
Als Rode 1801 nach Rußland ging, rückte Kr. in 
seine Stelle als Soloviolinist der Großen Oper, 
avancierte 1816 zum 2. und 1817 zum 1. Kapell- 
meister und bekleidete daneben ab 1802 die Stelle 
eines Klammervirtuosen bei Napoleon und ab 1815 
bei Ludwig XVIII. 1827 trat er in den Ruhestand. 
Seine letzten Jahre waren ihm verbittert durch die 
Abweisung seiner letzten Oper Mathilde seitens 
der Großen Oper. Das Werk, das Kr.s Namen als 
Komponist am längsten erhalten wird, sind seine 
kl a ssis chen 40 Etudes ou Caprices für V. allein (um 
1807), deren Studium zur geigerischen Grundaus- 
bildung gehört; außerdem schrieb er mehrere 
Ballette und für sein Instrument 19 Konzerte, 

2 Doppelkonzerte, ein Doppelkonzert für V. und 
Vc.,15 Streichquartette, 15 Streichtrios, mehrere 
Violinsonaten, Violinduette und Variationen für 
Solovioline mit Orch. Kr. gab mit Rode und 
Baillot die große VloHnschule des Pariser Conser- 
vatoire heraus. 1805 widmete ihm Beethoven die 
Violinsonate op. 47 (Kr.-Sonate), doch war diese 
ursprünglich für den mulattischen Geiger Bridge- 
tower komponiert, mit dem sie Beethoven sonst 
1803 zweimal öffentlich spielte. 

Ausg.: La Molinara, in: Les Maltres classiques du 
violon . . ., Nr 19, hrsg. v. D. Alard; Concerto in 
Re, ebenda Nr 39. 

Lit: K. F. A. Hering, Über R. Kr.s Etüden, Lpz. 
1858; H. Kling, R. Kr., Brüssel 1898; P. Froma- 
geot, Les compositeurs de musique Versailles, Ver- 
sailles 1906; B. Cutter, How to Study Kr., London 
1907; J.Hardy, R. Kr.; sa jeunesse ä Versailles, 
Paris 1910; A. Moser, Gesch. d. Violinspiels, Bin 1923. 


Kfidka (krj'itjka), Jaroslav, * 27. 8. 1882 zu 
Keltsch (Mären); tschechischer Komponist, stu- 
dierte 1900-02 an der tschechischen Universität 
und anschließend bis 1905 am Konservatorium in 
Prag, dann ein Jahr lang in Berlin. Er war 1906-09 
Kompositionslehrer in Ekaterinoslaw (Rußland), 
hierauf in Prag Chorleiter 1911-20 des berühmten 
Hlahol, ab 1922 des Philharmonischen Chors. 
Dem Konservatorium gehörte er 1919-45 als Pro- 
fessor an (1942-45 Direktor). Als Komponist stand 
er nacheinander unter dem Einfluß der Russen und 
V. Noväks. Werke: mehrere Opern, darunter 
Hipolyta (1910-16, Prag 1917), BÜy pin (1927-29, 
Brünn 1929; als Spuk im Schloß , Breslau 1931), 
Krdl Ldvra (»König Lavra«, 1936-39, Prag 1940), 
Jdchym a Juli&na (1945-48; Troppau 1951);Bühnen- 
und Filmmusiken; mehrere Chorwerke mit Orch. ; 
Orchesterwerke, darunter Symphonie D moll op. 
3 (1905-07, neues Finale 1942), unvollendete Sym- 
phonie A moll op. 12 (1909), Serenade für Strei- 
cher op. 77 (1940/41) ; Violinkonzert E dur op. 89 
(1944); Concertino (Septett) op. 76 (1940); 
2 Streichquartette (op. 10 und 70, 1907 und 1938/ 
1939); Klaviertrio Doma op. 38 (1923/24); 
»Kleine Suite im alten Stil« op. 9 (1907) für 2 V. 
und Kl.; Violinsonate Emoll op. 40 (1925) und 
Solopartita für V. op. 48b (1941); Klavierstücke; 
zahlreiche Chöre und (Kinder-)Liedcr. 

Lit: J. Dostal, J. Kf., Prag 1944. 

Krieger, Adam, * 7. 1. 1634 zu Driesen (Neu- 
mark), f 30. 6. 1666 zu Dresden; deutscher Kom- 
ponist, war Schüler von S. Scheidt in Halle, 1655 
bis 1657 als Nachfolger Rosenmüllers Nikolai- 
organist in Leipzig; 1657 bewarb er sich vergeb- 
lich um das Thomaskantorat, ging jedoch 1658 als 
Hoforganist nach Dresden; dort war er auch Kla- 
vierlehrer der Kurfürstlichen Prinzessin. K. schrieb 
auf selbstgedichtete vortreffliche Texte »Arien« für 
Singstimmen mit Instrumentalritomellen in der 
Art derjenigen von H. Albert, die jedoch in der 
Kraft der Melodik und Lebhaftigkeit des Aus- 
drucks weit über Albert hinausgäen; sie geben 
von der Studentenmusik des 17. Jh. einen hohen 
Begriff. Die erste Sammlung (50 zu 1-3 St. mit 
2 V. imd B.c.) gab er 1657 selbst heraus, eine zweite 
erschien nach seinem Tode 1667, eine neue, um 
ein sechstes Zehen mit Ritom ell en von J. W. 
Furchheim vermehrte Auflage 1676. 

Ausg.: Arien (Neue Arien 1676 u. 6 Lieder aus d. 
Liederbuch d. Studenten Qodius), hrsg. v. A. Heuss, 
DDT XIX; 7 Ausgew. Arien, hrsg. v. M. Seiffert, 
Organum II, 7; Kantate An den Wassern zu Babel, 
hrsg. v. H. Osthoff, Kassel (1948). 

Lit.: A.KOPP, A. Kr., MfM XXXII, 1900; H. 
Kretzschmar» Gesch. d . Neuen deutschen Liedes I, 

= Kleine Hdb. d. Mg. nach Gattungen IV, 1, 
Lpz. 1911 ; K. Fischer, Über eine Gelegenheitskom- 
position A. K.s, AfMw H, 1919/20; A. Schering, 
Mg. Leipzigs II, Lpz. 1926; H. Osthoff, A. Kr., Lpz. 
1929, darin 11 Arien u. 3 4st Grabgesänge; ders., 
Neue Quellen zu A. Kr., AfMf VIII, 1943. 

Krieger, - 1) Johann Philipp (von), * 26. 2. 
1649 zu Nürnberg, f 7. 2. 1725 zu Weißenfels; 
deutscher Komponist, ging 1663 nach Kopen- 
hagen als Schüler von J. Schröder und wurde 1665 
dessen Stellvertreter in der Organistenstelle an der 
Pet r i kir che; 1670 wurde er Kammerorganist in 
Bayreuth, 1672 zu weiterer Vervollkommnung 


970 



Krfäkovsky 


nach Italien geschickt; er studierte bei Rosenmüller 
und Rovettmi in Venedig sowie bei Abbatim und 
Pasquini in Rom. Nach seiner Rückkehr wurde er 
zum Kapellmeister ernannt, ging aber bald wieder 
auf Reisen, wurde 1677 Kapellorganist und Vize- 
kapellmeister am herzoglichen Hof zu Halle und 
siedelte mit diesem 1680 nach Weißenfels über, wo 
er 1680 Hofkapellmeister wurde. Kaiser Leopold 
adelte ihn gelegentlich eines Hofkonzerts in Wien. 
Kr. schrieb mehrere Opern für Dresden, Braun- 
schweig und Hamburg und ist wahrscheinlich der 
Komponist der meisten der etwa 50 in Weißenfels 
1679-1715 aufgeführten Opern, desgleichen von 3 
1683 in Eisenberg aufgeführten Singspielen; erhal- 
ten sind von ihm: 12 Triosonaten op. 1 (1688); 
12 Sonaten für V. und Gambe op. 2 (1693); Musi- 
kalischer Seelenfriede (20 geistliche Arien mit V. 
und B.; 1697, 2 1717) ; Lustige Feldmusik (6 Ouver- 
türen für 4 Blas- oder andere Instr., 1704; »zu 
stärkerer Besetzung 1* Dessus 3 fach, 2 d Dessus 
2fach, Taille einfach, Basson 3fach gedruckt«); 
zahlreiche Arien aus den Opern Flora, Cekrops und 
Prokris , Phöbus, Eheliebe, Wunderbrunnen und Scipio, 
ferner Kirchenmusik. - 2) Johann, * 1. 1. 1652 
zu Nürnberg, f 18. 7. 1735 zu Zittau; deutscher 
Komponist, Bruder und Schüler von Johann Phi- 
lipp Kr., war 1672-77 als Vertreter seines Bruders 
Kammerorganist in Bayreuth, wurde 1678 Hof- 
kapellmeister in Greiz, war vorübergehend in 
Eisenberg tätig und ging 1681 als Musikdirektor 
und Organist nach Zittau. Werke: Musicalische 
Ergetzlichkeit (Lieder, 3 Teile, 1684); Sechs Musi- 
calische Partien für Kl. (1697) und Anmuthige Cla- 
vier-Übung (1699); handschriftlich erhalten sind 
Motetten und Messenteile (vor allem in Zittau und 
Berlin). Kr. genoß das Ansehen eines bedeutenden 
Kontrapunktikers und wurde auch von Händel für 
einen der besten Orgelkomponisten seiner Zeit 
gehalten. - 3) Johann Gotthelf, * 13. 9. 1687 
und f nach 1740 zu Weißenfels; Sohn und Schüler 
von Johann Philipp Kr., war zuerst Advokat, 
wurde jedoch 1712 Hoforganist und 1725 als 
Nachfolger seines Vaters Hofkapellmeister in 
Weißenfels. Von ihm ist eine Motette erhalten. 
Ausg.: J. Ph. Kr.: 21 ausgew. Kirchenkompositionen, 
hrsg. v. M. Seiffert, DDT LIII/LIV; 2 Kantaten, 
hrsg. v. dems. in DTB VI, 1, davon Die Gerechten 
werden weggerafft, hrsg. v. dems., auch Organum I, 
6; Kantate Wo wüt du hin, hrsg. v. dems., Organum I, 
3; 24 Lieder u. Arien, hrsg. v. H. J. Moser, Münster 
1930, später NMA CLXXTV-CLXXV; Triosonate 
op. 1, 3, hrsg. v. M. Seiffert, Organum III, 11 ; Trio- 
sonate op. 1 in A moll, hrsg. v. H. Osthoff, NMA 
GXXXV; Violinsonate op. 2, 2 in D moll, hrsg. v. 
M. Seiffert, Organum III, 10, Largo daraus auch 
Riemann Beisp. 99; Partie F dur (= Feldmusik Nr 3) 
f. Bläser u. Streicher, hrsg. v. M. Seiffert, Organum 
III, 9; 3 Stücke f. Tasteninstrument, hrsg. v. dems., 
DTB XVIII. - J. Kr.: 2 Kantaten, hrsg. v. dems. in 
DTB VI, 1 ; Ges. Werke f. Kl. u. Org., hrsg. v. dems. 
in DTB XVIII, 2 Stücke davon auch Davison- 
Afel Anth. II, 249; 6 Orgelchoräle, hrsg. v. G. 
Frotscher in RD IX. 

Lit.: zu J. Ph. Kr.: M. Seiffert, J. Ph. Kr., Verz. d. 
v. ihm . . . aufgeführten . . . eigenen Kirchenstücke, 
Lpz. 1916 (Separatdruck aus DDT LIII/LIV); R. 
Wagner, Beitr. zur Lebensgesch. J. Ph. Kr.s . . ., 
ZfMw VIII, 1925/26. - zu J. Kr.: M. Seiffert, Verz. d. 
kirchL u. weltl. Vokalwerke J. Kr.s, Lpz. 1919 (Sepa- 
ratdruck aus DTB XVIII); R. Eitner, J. Kr., MfM 
XXVII, 1895. 


Kriessteixi, Melchior, Augsburger Musik- 
drucker des 16. Jh., gab 2 Sammelwerke Sieg- 
mund Salblingers ( Selectissimae nec non familiarissi- 
mae cantiones ultra centum, 1540; Cantiones 7, 6 et 
5 vocum, 1545) und Kugelmanns Concentus novi 
trium vocum (1540) heraus. 

Krijanowsky -> Kryschanowskij. 

Krilow -> Krylow. 

Krips, Henry, * 10. 2. 1914 zu Wien; austra- 
lischer Dirigent und Komponist, studierte am 
Wiener Konservatorium und an der Universität 
Wien, wurde 1935 musikalischer Assistent am 
Stadttheater Innsbruck, wirkte 1936/37 als Musik- 
direktor am Stadttheater Salzburg, 1937/38 am 
Stadttheater und an der Volksoper in Wien und 
ging 1939 nach Australien, wo er als Musikleiter 
und Komponist des »Kirsowa-Balletts« arbeitete 
und Kammer- und Chorkonzerte dirigierte. 1948 
wurde er Dirigent des neuformierten Westaustra- 
lischen Symphonieorchesters in Peth, ist seit 1949 
Chefdirigent des Südaustralischen Symphonie- 
Orchesters in Adelaide. Er schrieb eine Oper Fiorda- 
liso , die Ballette Faust und Revolution of the Um- 
brellas, Filmmusiken, Instrumentalstücke und Lie- 
der (darunter die Australische Hymne). 

Krips, Josef, * 8. 4. 1902 zu Wien; österreichi- 
scher Dirigent, war Schüler von Mandyczewski 
und Weingartner an der Wiener Musikakademie, 
1918-20 Violinist, 1921 Korrepetitor und Chor- 
direktor, zuletzt Kapellmeister an der Volksoper 
in Wien, dann in Aussig und Dortmund tätig, 1926 
bis 1933 GMD in Karlsruhe, dann bis 1938 Diri- 
gent an der Wiener Staatsoper, 1938-39 Gast- 
dirigent in Belgrad. Während der Besetzung 
Österreichs hatte er 1939-45 Berufsverbot, wurde 
1945 wieder Dirigent der Wiener Staatsoper und 
der Hofmusikkapelle, leitete Mozart-Aufführun- 
gen bei den Salzburger Festspielen und wirkte 1950 
bis 1954 als Chefdingcnt des Symphony Orchestra 
in London; seitdem hauptsächlich Gastdirigent 
und Chefdirigent des Buffalo Philharmonie Or- 
chestra. 

Krisman, Franz Xaver (Griesmann, Chris- 
mann, nicht Christmann), * 22. 10. 1726 zu Rei- 
fenberg (zwischen Görz und Triest), f 20. 5. 1795 
zu Rottenmann (Steiermark); österreichischer Or- 
gelbauer. Sein Hauptwerk ist die berühmte Orgel 
mit 78 Registern im Stift St. Florian, an der 
Bruckner lange Jahre wirkte. 

Lit. : J. Mantuani, Fr. X Kr., Zagreb 1928. 

Kristoffersen, Karl Fridthjof, *28. 2. 1894 zu 
Oslo; norwegischer Pianist und Komponist, stu- 
dierte in Oslo, Berlin und am Leipziger Konser- 
vatorium, wurde Lehrer am Konservatorium in 
Stavanger sowie Musikreferent des Stavanger 
Aftenbkd. Werke: Violinsonate (1917); Lyrische 
Suite für V. und KL (1924) ; Streichquartett (1925) ; 
Fana-suite (1934), Fana-rapsodi (1937), 3 Caprices 
norvigiennes (1937) und andere Werke für Orch.; 
Klavierstücke. 

K$f2kov8k£ (krj'ijksvski:), Paul, * 9. 1. 1820 zu 
Holasovice (Kreuzendorf, Böhmisch-Schlesien) , 
f 8. 5. 1885 zu Brünn; tschechischer Komponist, 
trat 1845 in den Augustinerorden ein, beschäftigte 
sich mit dem mährischen Volksgesang und wurde. 


971 



Krjukow 


nach kurzem Studienaufenthalt in Prag, Musik- 
direktor des Augusdnerklosters in Brünn, studierte 
jedoch weiterhin bei seinem Vorgänger B. Rieger. 
Kr. schrieb eine Kantate Svaty Cyrill a Metodij 
(»Die Heiligen Kyrill und Methodius«; 1850, um- 
gearbeitet 1861), zahlreiche Männerchöre in volks- 
tümlichem Stil sowie Lieder. 

Krjukow, -1) Wladimir Nikolajewitsch,*9. (22.) 
7. 1902 zu Moskau; russischer Komponist, stu- 
dierte bis 1925 bei Gretschaninow, Mjaskowskij 
und Catoir amMoskauer Konservatorium. Werke: 
Opern Korol na ploschadi (»Der König auf dem 
Marktplatz«, nach A. Blök; 1925), Stanzionnyj 
smotritel (»Der Postmeister«, nach Puschkin; 1940) ; 
und Dmitrij Donskoj (1947); Orchesterstücke, dar- 
unter Konzerte mit Kl. (1953), Tip. (1954) und 
Klar. (1954); Kammermusik; Klaviermusik; Lie- 
der; Musik für Theater, Film und Rundfunk. 
- 2) Nikolaj Nikolajewitsch, * 21. 1. (3. 2.) 1908 
zu Moskau, Bruder von Wladimir Kr.; russischer 
Komponist, studierte bis 1932 am Moskauer Mu- 
sikalischen Technikum bei A. W. Alexandrow 
und Wasalehko. 1931 wurde er musikalischer Lei- 
ter der Mosfilm. Außer etwa 60 Filmmusiken 
schrieb er: 2 Symphonien (1936, 1955), Sympho- 
nie Aul Bastundscku (nach Lermontow) für Spre- 
cher, Solisten und Orch. (1941); Orchesterstücke; 
ein Streichquartett (1940) sowie die Kantate Ska- 
sanije o setnle Sibirskoj (»Legende vom Land Sibi- 
rien«; 1949). 

Krocker, Johannes, * zu Brieg, f Ende 1626 zu 
Königsberg; deutscher Komponist, war 1604 
Kurfürstlicher Hofmusiker in Königsberg, wurde 
1608 Vizekapellmeister, nach Eccards Tod 1611 
Kapellmeister. Von seinen Werken sind nur einige 
Gelegenheitskompositionen erhalten. 

Kroeger» Ernest Richard, * 10. 8. 1862 und 
1 7. 4. 1934 zu St. Louis (Missouri) ; amerikanischer 
Pianist, war ab 1886 an verschiedenen Kirchen von 
St. Louis und als Konzertorganist tätig, zugleich 
Chorleiter und ab 1887 Lehrer an Forest Park Uni- 
versity. 1904 gründete er daneben eine eigene 
Musikschule. Werke: Fantasie-Polonaise Esdur 
für KL op. 22; 12 Konzertetüden für KL op. 30; 
Vlolinsonate Hs moll op. 32; Oriental Scenes für 
Org. op. 37; Klaviersonate Des dur op. 40; 
Scherzo Es moll für KL op. 45; Klaviervariationen 
H moll op. 54; Liederzyklus Memory op. 66; Or- 

f l- und Klavierstücke; Kammermusik, darunter 
Streichquartette ; Orchesterwerke, darunter ein 
Scherzo D moll, die Suite Lalla Rookh und die 
Tondichtung Mississippi, 

Krogh (krug), Torben, * 21. 4. 1895 zu Kopen- 
hagen; dänischer Musikforscher, promovierte 1923 
in Berlin mit einer Arbeit Zur Geschichte des dä- 
nischen Singspiels (gedruckt Kopenhagen 1924), 
war 1924-29 Regisseur am Königlichen Theater in 
Kopenhagen, dann Lehrer an der zu diesem gehö- 
renden Schauspielschule. 1950 wurde er Professor 
für Opernästhetik und -geschickte an der Uni- 
versität Kopenhagen. Weitere Schriften: Studier 
wer Harlekinaden (Kopenhagen 1931); Bellman 
som musikalsk Digter (= Studier fra Sprog- og 
Oldtidsforskning CXCVL Kopenhagen 1945); 
Den kcngelige danske Ballet (mit S. Kragh-J acobsen, 
Kopenhagen 1952). 


Krog^lski, T6zef Wladyslaw, * 4. 10. 1815 zu 
Tamow (Galizien), f 9. 1. 1842 zu Warschau; pol- 
nischer Komponist und Pianist, Schüler Elsners, 
machte sich mit 10 Messen (darunter einem Re- 
quiem), Kantaten, Hymnen und einem Karfrei- 
tagsoratorium einen Namen als Kirchenkompo- 
nist, schrieb aber auch Orchester- und Kammer- 
musikwerke und 2 Klavierkonzerte. 

Krohn, Ilmari Henrik Reinhold, * 8. 11. 1867 zu 
Helsinki; finnischer Musikforscher, war Schüler 
von Faltin und 1886-90 von Schreck am Leipziger 
Konservatorium, promovierte 1899 in Helsinki 
mit einer Arbeit Ȇber die Art und Entstehung der 
geistlichen Volksmelodien in Finnland«, habili- 
tierte sich 1900 als Dozent der Musikwissenschaft 
an der Universität Helsinki und war 1918-35 Pro- 
fessor. 1894-1905 wirkte er als Organist in Tam- 
pere und 1911-44 an der Kallio-Kirche in Helsinki, 
war 1903-13 Mitglied der Choralkornmission und 
1918-23 der G^angbuchkommission; im Zu- 
sammenhang mit dieser Tätigkeit stehen folgende 
Ausgaben: Psalmen (1903 und 1951), Introitus- 
gesänge (1908), Wechselchoräle (1915), Oster- 
mette, Neujahrsvigiüe sowie Vesper für den Buß- 
tag, mit Litanei und Miserere (1925), Meßordnung 
für das Kirchenjahr (1925), Iltakellot (Kompleto- 
rien) I-IV (1928), Choralbuch (1947). Kr. gab fer- 
ner eine methodisch geordnete Sammlung der 
finnischen Volkslieder heraus: Suomen kansan 
sävelmiä (3 Bände, Helsinki 1893-1933); Schriften: 
Musiikin teorian oppijakso (»Lehrgang der Musik- 
theorie«, 5 Bände, Helsinki 1914-37); De la mesure 
ä 5 temps dans la musique populaire finnoise (Kgr.- 
Ber. Paris 1900); Lohengrins formbyggnad (STMf 
IV, 1922); Der metrische Taktfuß in der modernen 
Musik (AfMw IV, 1922); Die Entwicklung der 
Opemform in Wagners Frühwerken (Bayreuther 
Festspielführer 1924); Puccini: Butteifly (Gedenk- 
boek Dr. D. F. Schcurlecr, Den Haag 1925) ; Die 
Sammlung und Erforschung der Volksmusik in Finn- 
land (Memoires de la Sod6t6 Finno-Ougrienne 
LXVÜ, 1933); Der Formenbau in den Symphonien 
von Jean Sibelius (Annales Academiae Sdcntiarum 
Fennicae B XLIX, 1, Helsinki 1942); Der Stim- 
mungsgehalt der Symphonien von Jean Sibelius (2 
Bände, Annales Academiae Sdentiarum Fennicae 
B LVn-BLVm, Helsinki 1945-46); Einheitliche 
Grundzüge musikalischer Formgebung (AMI XXV, 
1953) ; Anton Bruckners Symphonien I— Hl (Annales 
Academiae Sdentiarum Fennicae, Ser. B LXXXVT, 
IC undCIX, Helsinki 1955, 1957, 1957). Als Kom- 
ponist ist Kr. hervorgetreten mit einer Klavier- 
sonatine In Memoriam (1899), Liederzyklen, den 
Oratorien Ikiaartehet (»Ewige Schätze«, 1912) und 
Voittaj'at (»Der Sieger«, 1935), einer Johannes- 
passion (1940) und der Oper Tühotulva (»Sint- 
flut«, 1918). 

Lit: A. O. Väisänen, J. K. 90 Jahre alt, in: AM 
XXIX, 1957; N.-E. Ringbom, J. K. 90 Jahre alt, in: 
Mf XI, 1958. 

Kroll» Erwin, * 3.2.1886 zu Deutsch-Eylau 
(Westpreußen); deutscher Musikkritiker, promo- 
vierte nach ausgedehnten Studien in Königsberg 
und München 1909 in Königsberg mit einer Ar- 
beit über E. Th, A, Hoffinanns musikalische An- 
schauungen, war dort bis 1914 im höheren Lehramt, 
daneben auch als Musikkritiker und Musiker tätig; 


972 



Kroyer 


später widmete er sich (nach nochmaligem Stu- 
dium bei Pfitzner und Sandberger und Korrepeti- 
torentätigkeit 1919-24 an der Staatsoper in Mün- 
chen) ganz der Musik. 1925-33 war er Leiter des 
Musikfeuilletons der Hartungschen Zeitung in 
Königsberg, lebt seitdem in Berlin und leitete 1946 
bis 1953 die Musikabteilung des Berliner Studios 
des Nordwestdeutschen Rundfunks. Er trat mit 
Liedern, Kammermusik und Orchesterwerken 
hervor und veröffentlichte außer zahlreichen Auf- 
sätzen und Kritiken: E. T. A. Hoffinann (Leipzig 
1923); Hans Pfitzner (München 1924); Aus den 
Werdejahren der neudeutschen Musik (Königsberg 
1933); C. M. v. Weber (Potsdam 1934); C. M. 
v . Weber, Sein Leben in Bildern (Leipzig 1936). 

Kroll, Franz, * 22. 6. 1820 zu Bromberg, + 28. 5. 
1877 zu Berlin; deutscher Pianist, war Schüler von 
Liszt in Paris und Weimar, lebte ab 1849 in Berlin, 
wo er 1863/64 als Lehrer am Stemschen Konser- 
vatorium wirkte. Sein Name hat einen guten 
Klang durch seine kritische Ausgabe von Bachs 
Womtemperiertem Klavier (Leipzig, auch Band 
XIV der Gesamt-Ausgabe der Bachgesellschaft), 
die Bibliothek älterer und neuerer Klaviermusik (Dres- 
den um 1871) sowie einige Klavierkompositionen. 

Kroü, William, * 30. 1. 1901 zu New York; 
amerikanischer Violinist, studierte zunächst in 
Berlin, danach am Institute of Musical Art in New 
York. K. wurde bekannt als Primarius des Coolidge 
String Quartet der Library of Congress in Wa- 
shington, an dessen Gründung 1936 er beteiligt 
war. Er leitet jetzt das Kroll String Quartet und 
bereiste Nord- und Südamerika sowie Europa. 

Krommer, Franz -> Kramär, Frantisek. 

Kromolicki (kromalltski), Joseph, * 16. 1. 1882 
zu Posen; deutscher Kirchenmusiker, war Schüler 
von Haberl und Haller an der Regensburger Kir- 
chenmusikschule, dann von Pfitzner und Loewen- 
gard in Berlin, studierte zugleich bei Krctzschmar, 
Stumpf, Friedlaender und J. Wolf an der Berliner 
Universität und promovierte 1909 mit der Disser- 
tation Die Practica Artis Musicae des Amerus . Ab 
1905 war Kr. Dirigent des Berliner Michaelis- 
kirchenchores. Er veröffentlichte in den DDT 
Geistliche Lieder von J. W. Franck, G. Böhm und 
P. L. Wockenfuß (mit W. Krabbe, Band XLV, 
1911), das Passionsoratorium von J. E. Bach 
(Band XLVHI, 1914) und Oden und Lieder von 
G. Ph. Telemann und J. V. Gömer (mit W. 
Krabbe, Band LVH), ferner zum praktischen Ge- 
brauch ein Florilegium cantuum sacrorum (52 latei- 
nische Motetten, Augsburg 1922, «1954). Als Kom- 
ponist trat Kr. hervor mit Messen, Chören, Lie- 
dern und Orgelstücken. 

Kronach, Emanuel Klitzsch. 

Kronke, Emil, * 29. 11. 1865 zu Danzig, + 16. 12. 
1938 zu Dresden; deutscher Pianist, war Schüler 
des Leipziger (Reinecke, Piutti, Paul) und Dresdner 
Konservatoriums (Nicodd, Th. Kirchner, Drae- 
seke), lebte in Dresden als konzertierender Pianist 
und Klavierlehrer. Außer brillanten Klavierstücken 
schrieb er: Das virtuose Arpeggiospiel op. 17; Cko- 
pin-Etüdm op. 23; Die moderne Technik für Kl. 
op. 44; Werke für Orch., Klavierkonzerte und 
Kammermusik. 


Krotschak, Richard, * 31. 12. 1904 zu Iglau 
(Mähren); österreichischer Violoncellist, lebt in 
Wien. Als Schüler von P. Grümmer studierte er 
Violoncello (1921-24) an der Wiener Staatsaka- 
demie für Musik und Darstellende Kunst, kam als 
Solo-Cellist zu den Wiener Symphonikern und 
nach 10 Jahren in gleicher Stellung an die Staats- 
oper. 1945 wurde er als Lehrer an die Staatsaka- 
demie berufen und erhielt 1946 den Professortitel. 
Kr. gehörte dem ehemaligen Schneideriian-Quar- 
tett an. 

Kroyer, Theodor, * 9.9.1873 zu München, 
f 12. 1. 1945 zu Wiesbaden; deutscher Musikfor- 
scher, studierte in München erst Theologie, dann 
Musikwissenschaft (Sandberger) und an der Aka- 
demie der Tonkunst Kontrapunkt. 1897 promo- 
vierte er an der Universität München, war 1897 bis 
1910 als Nachfolger Zengers (dessen »Geschichte 
der Münchner Oper« er 1923 in München heraus- 
gab) Musikreferent der Münchener Allgemeinen 
Zeitung, habilitierte sich 1902 mit der Arbeit 
Ludwig Senfi und sein Motettenstil an der Universität 
München und wurde 1907 ao. Professor, 1920 o. 
Honorarprofessor in Heidelberg, 1921 o. Professor, 
1923 als Nachfolger Aberts o. Professor in Leipzig. 
1925 rief er die »Publikationen älterer Musik« ins 
Leben, die er leitete, und erwarb 1925 mit staat- 
lichen und Stiftungsmitteln (darunter den nam- 
haftesten Betrag von H. Hinrichsen, dem dama- 
ligen Inhaber des Verlags Peters) die Heyersche 
Tnst nirnen t- pTiigarnTnlnng m Köln für das Musik- 
wissenschaftliche Institut der Universität Leipzig, 
das zugleich mit dem Staatlichen Forschungsinsti- 
tut und der Sammlung im Neuen Grassi-M useum 
zu einem Musikwissenschaftlichen Zentralinstitut 
ausgebaut wurde. 1932 bis zu seiner Emeritierung 
1938 war er Ordinarius in Köln. Kr. veröffent- 
lichte: Die Anfänge der Chromatik im italienischen 
Madrigal des 16. Th. (BIMG I, 4, 1902), Joseph 
Rheinberger (1906 in K. Wemmanns Sammlung 
Kirchenmusik), Walter Courvoisier (München 
1928), Band I einer Senfl-Gesamtausgabe (DTB 
ÜI, 2, 1903), Ausgewählte Werke (Band I) von Gr. 
Aichinger (DTB X, 1, 1909), Mozarts Symphonien 
K.-V. 385, K.-V. 425 und K.-V. 550 (Leipzig , in »Eu- 
lenburgs Kleiner Partiturausgabe«), ein Übungs- 
buch Der vollkommene Partiturspieler (Leipzig 1930) 
sowie zahlreiche wertvolle Aufsätze: Die Musica 
speculativa des Magister Erasmus Heritius (1918, 
Sandberger-Festschrift, die er redigierte), A cappella 
und conserto (1918, Kretzschmar-Festschrift), Dialog 
und Echo in der alten Chormusik (JbP XXVI, 1909), 
Die circumpolare Oper (JbP XXXVI, 1919), Die 
threnodisdte Bedeutung der Quart . . . (Kgr.-Ber. Ba- 
sel 1924), Zur Chiavetten-Frage (Fs. Adler, 1930), 
Die barocke Anabasis (ZfM 1933), Von der musica 
riservata ... (Fs. H. Wölfflin, Dresden 1935), gab 
ferner Max Webers Schrift »Die rationalen und 
soziologischen Grundlagen der Musik« (München 
1921) heraus. Kr. komponierte auch Symphonien 
in B dur und D moll (mit Chor und Soli), Streich- 
quartette, Klavierstücke und Lieder (sämtlich un- 

f edruckt). Zum 60. Geburtstag überreichten ihm 
chüler und freunde eine Festschrift (Regensburg 
1933). 

Lit : H. Zenck, Th. Kr., Mf 1, 1948. 


973 



Krsriö 


Krstiö (kr^sritH, Peter, * 18. 2. (2. 3.)/1877 zu 
Belgrad; jugoslawischer Komponist, studierte 
Komposition bei R. Fuchs am Konservatorium in 
Wien, zugleich Musikwissenschaft bei G. Adler. 
In Belgrad wurde er Kapellmeister am National- 
theater und Musiklehrer am ersten Belgrader 
Gymnasium. Danach war er Direktor der Belgra- 
der Musikschule, der Schule des Vereins »Stanko- 
voö« und musikalischer Leiter des Senders Belgrad. 
Als Komponist schafft er auf der Grundlage der 
nationalen Musik: Oger Sulumcar (1927), Kantate 
Jutro Slobode (1919), Lieder; Chöre und eine Litur- 
gie für gern. Chor; ferner eine Suite für Streich- 
orch.; Schauspielmusiken ; Ouvertüren Na liparu 
und Gutmar ; Kammermusik; Klavierstücke. 

Krüger, Eduard, * 9. 12. 1807 zu Lüneburg, f 8. 
11. 1885 zu Göttingen; deutscher Musikforscher, 
studierte in Berlin und Göttingen Philologie und 
promovierte 1830 mit einer Abhandlung De musicis 
Graecorum organis . . . Nachdem er G ymn as i al - 
lehrer und danach Seminardirektor in Emden und 
Aurich gewesen war und 1848/49 die Hannover- 
sche Zeitung redigiert hatte, wurde er 1861 als 
Professor der Musik und Universitäts-Bibliothekar 
nach Göttingen berufen. Seine Kritiken in den 
Göttingischen Gelehrten Anzeigen sind von her- 
vorragender Sachlichkeit, desgleichen seine Be- 
sprechungen in der Neuen Berliner Musikzeitung, 
der NZfM und der AmZ. Reiche Denkarbeit ent- 
halten auch seine Werke: Grundriß der Metrik an- 
tiker und moderner Sprachen (Emden 1838); Beiträge 
für Lehen und Wissenschaft der Tonkunst (Leipzig 
1847); Vom evangelischen Kirehengesange (Leipzig 
1861); System der Tonkunst (Leipzig 1866) ; Musi- 
kalische Briefe aus der neuesten Zeit (Leipzig 1870). 
1876 gründete er mit Herold und Schöberlein die 
kirchenmusikalische Zeitschrift Siona. Von seinen 
Kompositionen erschien nur wenig im Druck. 

lit.: Briefwechsel zwischen C. v. Winterfeld u. E. 
Kr., hrsg. v. A. Prüfer, Lpz. 1898. - W. Serauky, 
Die mus. Nachahmungsästhetik, Universitas- 
Arch. XVII, Münster 1929. 

Krueger, Felix, * 10. 8. 1874 zu Posen, f 25. 2. 
1948 zu Basel; deutscher Psychologe, promovierte 
in München 1898 mit einer Arbeit über Den Be- 
griff des absolut Wertvollen und kam über Buenos 
Aires (1906-08), Leipzig(1909) und Halle (ab 1910) 
1917 als Nachfolger W. Wundts nach Leipzig, 
wurde 1938 vorzeitig in den Ruhestand versetzt 
und wanderte 1945 nach Basel aus. Kr. entwickelte 
eine Konsonanztheorie, die noch heute Bedeutung 
besitzt: Theorie der Konsonanz (Vierteljahresschrift 
für wiss. Philosophie XXHI, 1899); Beobachtungen 
an Zweiklängen (Philosophische Studien XVI, 1900) ; 
Zur Theorie der Kombinationstöne (ebenda XVII, 
1901); Differenztöne und Konsonanz (Arch. für die 
gesamte Psychologie I-H, 1903/04) ; Die Theorie der 
Konsonanz (Psychologische Studien I, II, IV, V, 
1906-10); Beziehungen der experimentellen Phonetik 
zur Psychologie (Leipzig 1907); Mitbewegungen beim 
Singen , Sprechen und Hören (Leipzig 1910). Die 
späteren Arbeiten Kr.s galten vor allem allge- 
meineren Strukturuntersuchungen und dem Ganz- 
heitsproblem: Über Entwicklungspsychologie (Ar- 
beiten zur Entwicklungspsychologie I, 1915); 
Über psychische Ganzheit (Neue psychologische 
Studien I, 1926); Komptexqualitäten . . . (München 


1926); Das Wesen der Gefühle (Leipzig 1928, 
51936). Eine posthume Zusammenfassung seiner 
wichtigsten ab 1918 verfaßten Schriften erschien 
1953 unter dem Titel Zur Philosophie und Psycho- 
logie der Ganzheit (Berlin und Heidelberg). 

Lit.: C. Stumpf, Differenztöne u. Konsonanz, Zs. f. 
Psychologie XXXIX, 1905, u. LIX, 1911, auch in: 
Beiträge zur Akustik u. Mw. IV, 1909, u. VI, 1911; 
ders., Beobachtungen über Kombinationstöne, Bei- 
träge zur Akustik u. Mw. V, 1910; E. Kurth, Musik- 
psychologie, Bin (1930), Bern 2 1947; A. Wellek, 
Musik, Fs. F. Kr., — Neue psychologische Studien 
XII, 1934; ders., Die Aufspaltung d. »Tonhöhe«, 
ZfMw XVI, 1934; ders.. Das Problem d. seelischen 
Seins. Die Strukturtheorie F. Kr.s, Lpz. 1941 ; ders.. 
Die Wiederherstellung d. Seelenwissenschaft im Le- 
benswerk F. Kr.s, Hbg 1950; ders., Die Genetische 
Ganzheitspsychologie, = Neue Psychologische Stu- 
dien XV, 3, München 1954; O. Buss, Die Ganzheits- 
psychologie F. Kr.s, München 1934; H. Sandig, 
Beobachtungen an Zweiklängen, in: Neue psycho- 
logische Studien XTV, 1939; J. Handschin, Der Ton- 
charakter, Zürich (1948); H. Husmann, Vom Wesen 
d. Konsonanz, Heidelberg 1953. AW 

Krüger, Johann -> Krieger, Joh. 

Krueger, Karl, * 19. 1. 1894 zu Atdbison (Kan- 
sas, USA); amerikanischer Dirigent, studierte an 
der University of Kansas in Lawrence sowie an den 
Universitäten Heidelberg und Wien, Schüler von 
Chadwick und Goodrich in Boston, von Widor 
in Paris und R. Fuchs in Wien, studierte Orchester- 
leitung bei Schalk, Nikisch und Weingartner. 
Nach einer Tätigkeit als Kapellmeister an der 
Wiener Staatsoper (1919-24) leitete er 1925-32 das 
Seattle Symphony Orchestra, 1933-43 das Kansas 
City Philharmonie und 1943-50 das Detroit Sym- 
phony Orchestra. Seitdem steht er dem American 
Arts Orchestra in New York vor. Er schrieb: The 
Accursed Little Baton (New York 1958). 

Krüger, Walther, * 25.9. 1902 zu Hamburg; 
deutscher Musikforscher, studierte 1921-24 in 
Hamburg Musik, 1924-30 Musikwissenschaft an 
den Universitäten Berlin und Bonn, promovierte 
1932 in Berlin. 1934-41 lehrte BL an der Hambur- 
ger Volkshochschule, 1935-41 am dortigen Kon- 
servatorium, schrieb daneben 1936-41 für das 
»Hamburger Fremdenblatt«. Er ist seit 1947 Or- 
ganist und Kantor in Scharbeutz, seit 1957 Musik- 
lehrer am Gymnasium Timmendorfer Strand und 
habilitierte sich 1956 an der Universität Halle. 
Schriften: Das Concerto grosso in Deutschland (Wol- 
fenbüttel und Berlin 1932), Das Concerto grosso J . 5. 
Bachs (Bach-Jb. XXIX, 1932), Grundbegriffe und 
Periodizität in der abendländischen Musikgeschichte 
(Kgr.-Ber. Lüneburg 1950), J. S. Bach und der Zeit- 
geist (Bach-Jb. XXXIX, 1951/52), Singstil und 
Instrumentalstil in der Mehrstimmigkeit der St. Mar- 
tialepoche (Kgr.-Ber. Bamberg 1953), Der Entwick- 
lungsbegriff in der Musikgeschichte (Mf VTH, 1955), 
Zur Frage der Rhythmik des St. Martial-Conductus 
*Jubilemus* (Mf IX, 1956), Musikgeschichtliche 
Grundbegriffe ^iabilitationsschrift Halle 1956, ma- 
schinenschriftlich), Aufführungspraktische Fragen 
mittelalterlicher Mehrstimmigkeit (Mf IX, 1956, X, 
1957, XI, 1958), Wort und Ton in den Notre- 
Dame-Organa (Kgr.-Ber. Hamburg 1956), Die 
muhentische Klangform des primitiven Organum (Kassel 


974 



Kruse 


Krug, Arnold, * 16. 10. 1849 und f 4. 8. 1904 zu 
Hamburg; deutscher Komponist, Schüler seines 
Vaters Diederich Kr. (1821-80), von C. Gurlitt 
weitergebildet, 1868 Schüler des Leipziger Kon- 
servatoriums, 1869 Stipendiat der Mozart-Stiftung 
und als solcher Schüler von Reinecke und Kid 
(1871), im Klavierspid von E. Frank, war 1872-77 
Klavierlehrer am Stemschen Konservatorium in 
Berlin und ging 1877/78 als Stipendiat der Meyer- 
beer-Stiftung nach Italien und Frankreich. Von da 
an lebte er in Hamburg als Dirigent eines eigenen 
Gesangvereins und wurde 1885 Lehrer am Kon- 
servatorium sowie Dirigent der Altonaer Singaka- 
demie. Unter Kr.s Kompositionen finden sich eine 
Symphonie und zahlreiche Orchesterwerke (sym- 
phonischer Prolog zu Othello op. 27, Gretchen im 
Kerker , Romanische Tänze), ein Violinkonzert, 
mehrere Chorwerke mit Soli und Orch. (oder 
Kl.), Kammermusik (Streichsextett, Klavierquar- 
tett), Chorlieder, Klavierstücke und Lieder. 

Krug, Friedrich, * 5. 7. 1812 zu Kassel, f 3. 11. 
1892 zu Karlsruhe; deutscher Komponist und 
Opernsänger (Bariton), später Hofmusikdirektor 
in Karlsruhe, schrieb die Opern Die Marquise (Kas- 
sd 1843), Meister Martin der Küfer und seine Gesellen 
(Karlsruhe 1845) und Der Nachtwächter (Karlsruhe 
1846). 

Krug, - 1) Gustav, * 1803 zu Berlin, f 1873 als 
Oberlandesgerichtsrat zu Naumburg an der Saale; 
in der Musik Schüler von L. Berger. Von seinen 
Kompositionen erschienen im Druck: Klavier- 
und Violinsonaten, Klaviertrios, Streichquartette, 
Lieder; Bearbeitungen von Konzerten Bachs und 
Handels für 2 Kl. - 2) Gustav, * 16. 11. 1844 zu 
Naumburg, f 28. 7. 1902 zu Freiburg im Breisgau 
als Oberregierungsrat; Sohn des vorigen, veröffent- 
lichte mehrere Hefte Lieder und Gesänge, darunter 
solche nach Dichtungen von Nietzsche, dessen 
Jugendfreund er war. Von seinen Söhnen betätig- 
ten sich Siegfried K. (* 22. 3. 1879 zu Kassd) als 
Komponist und Walther K. (* 23. 9. 1875 zu 
Düsseldorf) als Musikschriftsteller. 

Krug, Josef (Krug- Waldsee), * 8. 11. 1858 zu 
Waldsce (Oberschwaben), f 8. 10. 1915 zu Magde- 
burg; deutscher Kapellmeister und Komponist, 
Schüler des Stuttgarter Konservatoriums, war (ab 
1901 in Magdeburg) als Chorleiter und Theater- 
kapellmeister tätig und schrieb die Opern Der Pro- 
kurator von San Juan (Mannheim 1893), Astorre 
(Stuttgart 1896), Der Rotmantel (Augsburg 1898), 
zahlreiche Chor- und Orchesterwerke (Symphonie 
C moll op. 46) und Kammermusik. 

Kr^gÜkow, S emj on Nikolaje witsch, * 1851 und 
t 1910 zu Moskau; russischer Musikkritiker, stu- 
dierte an der Moskauer Universität Naturwissen- 
schaften, ging aber in den 70er Jahren nach St. Pe- 
tersburg, studierte Komposition bd N. A. Rim- 
skij-Korsakow und blieb auch nach seiner Rück- 
kehr nach Moskau (1879) einer von dessen näch- 
sten Freunden. Als Kritiker war er beeinflußt von 
Cui und setzte sich für die Meister des »Mächtigen 
Häufleins« ein. Zugleich lehrte er 1881-1905 Mu- 
siktheorie an der Musikalisch-Dramatischen Schule 
der Moskauer Philharmonischen Gesellschaft. 

Lit.: Briefe an Kr. in: N. A. Rimsku-Korsakow, 
Letopis mojej musykalnoj schisn (»Chronik meines 
musikalischen Lebens«), Moskau 5 193 5, Anh. (russ.). 


Krtzis (kroiz), M. H. van ’t, * 8. 3. 1861 zu Oude- 
water, f 14. 2. 1919 zu Lausanne; holländischer 
Komponist, wurde 1877 Schüler Nicolais im Haag 
und 1881 Organist und Musikdirektor in Win- 
terswyk. 1884 ging er nach Rotterdam als Organist 
und Lehrer an der Musikschule und rief 1886 die 
Monatsschrift Het Orgel ins Leben. Kr. kompo- 
nierte Klavier- und Orgelstücke, Chöre, Orcne- 
sterwerke und die holländische Oper De bloem van 
Yland . 

Krumpholtz, - 1) Johann Baptist, * 1745 zu 
Zlonitz bei Prag, t 19. 2. 1790 zu Paris; böhmi- 
scher Harfenvirtuose und Komponist, wuchs in 
Paris auf, wo sein Vater Musikmeister eines fran- 
zösischen Regiments war. 1772 konzertierte er in 
Wien, war 1773-76 Mitglied der Kapelle des 
Fürsten Esterhdzy und genoß den Unterricht 
Haydns in der Komposition, Nach einer großen 
Konzertreise wandte er sich nach Paris, wo er 
große Triumphe feierte, besonders nachdem Nader- 
mann nach seinen Angaben Harfen mit einem 
Fortepedal und einem Dämpferpedal gebaut hatte. 
K. war es auch, der Erard auf die Idee der Doppd- 
pedalharfe brachte. Aus Kummer über die Untreue 
seiner Frau, die mit einein jungen Manne davonlief, 
ertränkte er sich in der Seme. Kr.s Kompositionen 
für Harfe (6 Konzerte, 32 Sonaten für Harfe mit 
Begleitung einer V., Variationen, Quartette mit 
V., Va und Vc., Harfenduos, Sinfonie für Harfe, 
2 V., FL, 2 Hörner und Vc.) sind musikalisch wert- 
voll - 2) Wenzel, * um 1750, f 2. 5. 1817 zu 
Wien; böhmischer Violinist, Bruder des vorigen, 
wurde 1796 Mitglied des Wiener Opemorchesters 
und war befreundet mit Beethoven, der seinem 
Andenken den Gesang der Mönche widmete. Er 
schrieb Kompositionen für V. 

Ausg.: J. B. Kr., Sonate f . FL u. Harfe, hrsg. v. H. J. 
Zingel, NMA XCVIII. 

Lit zu 2) : Th. Frimmel, Beethoven-Hdb. I, Lpz. 1926, 
S. 306 ff. 

Krupa (kj'u:po), Gene, * 15. 1. 1909 zu Chi- 
cago (USA); amerikanischer Jazzmusiker, war 
Schlagzeuger in verschiedenen Tanzkapellen, so 
1935-38 im Orchester B. Goodman. 1938-43, 
1944-51 und seit 1956 leitet er eigene Bands. K. 
zeichnet sich durch Beherrschung mehrerer Jazz- 
stile sowie durch Virtuosität und Exaktheit seines 
Spiels aus. Er schrieb The Science of Drumming 
(New York 1946). 

Kruse, Georg Richard, * 17. 1. 1856 zu Greif- 
fenberg (Schlesien), f 23. 2. 1944 zu Berlin; deut- 
scher Musikschriftsteller, erhidt seine musikalische 
Ausbildung in Leipzig, wirkte als Opemkapdl- 
meister in Deutschland und Amerika, war 1896 bis 
1900 Direktor der Stadttheater von Bern, St. Gal- 
len und Ulm und lebte anschließend in Berlin als 
Direktor des 1906 von ihm gegründeten Lessing- 
museums und Herausgeber der Textbücher in Re- 
dams Universalbibliothek. 1900-09 war er Redak- 
teur der Deutschen Bühnengenossenschaft. 1908 
rief er die Musik-V olksbibliothek des Tonkünstler- 
vereins ins Leben. Er veröffentlichte die erste grund- 
legende Biographie Albert Lortzings (Berlin 1899), 
der die erste Ausgabe von Lortzings Briefe (Leipzig 
1901 ; 2. vermehrte Auflage, Regensburg 1913) und 
Erst- sowie Neuausgaben von Lortzingschen Wer- 
ken (Ali Pascha, Die Jagd, Hans Sachs, Rolands 


975 



Kruse 


Knappen, Lieder und Chorwerke) folgten. Kr. 
schrieb auch die erste umfassende Biographie O. 
Nicolais (Berlin 1911) und gab dessen »Musikalische 
Aufsätze« heraus (= Deutsche Musikbücherei X, 
Regensburg o.J.). Zahlreiche Kompositionen für 
das Theater blieben unveröffentlicht. Bin von Kr. 
entdecktes Duett zur Zauberflöte gab die Mozart- 
gemeinde Berlin 1899 (im Klavierauszug von A. 
Kopf ermann) heraus; über die von ihm gefunde- 
nen Symphonien und die Weihnachts-Ouvertüre 
Nicolais berichtete K. in der AMz 1908. K. dich- 
tete den Text von Weigmanns Oper Der Klari- 
nettenmacher. 

Kruse, Johann Secundus, * 23. 3. 1859 zu Mel- 
bourne, + 14. 10. 1927 zu London; australischer 
Geiger deutscher Herkunft, 1876 Schüler Joachims 
in Berlin, war dort Konzertmeister des Philhar- 
monischen Orchesters und 1892 in Bremen, später 
Mitglied des Joachim-Quartetts, ging 1897 nach 
London, wo er die populären Samstags- und Mon- 
tagskonzerte (Kammermusik) zu neuer Blüte 
brachte. 

Kryg$ll, Johann Adam, * 18. 9. 1835 zu Näst- 
ved, f 27. 7. 1915 zu Kopenhagen ; dänischer Kom- 
ponist und Organist, Schüler des Kopenhagener 
Konservatoriums, schrieb Orgelwerke, 26 Streich- 
quartette, Symphonien, Ouvertüren, ein Orato- 
rium, eine Messe, auch eine Oper Saul. 

Krylow, Pawel Dmitrijewitsch, * 3. 3. 1885 zu 
Twer, f 21. 4. 1935 zu Moskau; russischer Kom- 
ponist, studierte bis 1912 an der Moskauer Phil- 
harmonischen Schule Komposition und wurde 
1920 Professor am Moskauer Konservatorium. 
Werke : Oper Die Fontäne von Bachtschissarai (nach 
Pusc hk i n) ; Symphonie Cmoll, symphonische 
Suite Der Frühling, Tondichtung Wolga ; Kammer- 
musik; 3 Klaviersonaten; geistliche und weltliche 
Chöre. 

Kryschan^wski j * Iwan Iwanowitsch, *8. 3. 1867 
zu Kiew, + 9. 12. 1924 zu Leningrad; russischer 
Arzt und Komponist, studierte Medizin in Kiew 
und St. Petersburg, Musik bei §ev£fk und Rimskij- 
Korsakow. 1909 wurde er Professor an der Mili- 
tärakademie, 1922 Professor des Russischen Kunst- 
historischen Instituts und 1923 des Konservatoriums 
in Leningrad, schrieb für russische Musikzeitungen 
und trat als Komponist hervor mit Violinwerken, 
einer Cellosuite, einem Klaviertrio, einer P hantasie 
für Org., 2 symphonischen Dichtungen, Liedern 
und Klavierstücken. Er schrieb The Biological Bases 
of the Evolution of Music (New York 1928). 

Ktesibios -*■ Heron von Alexandria. 

Kubdik (k'ubeürk), - 1) Jan, * 5. 7. 1880 zu 
Michle bei Prag, f 5. 12. 1940 zu Prag; tschechi- 
scher Violinist, war 1892-98 Schüler des Prager 
Konservatoriums (Sevüfk), machte sich s chn ell 
durch ausgedehnte Konzertreisen einen großen 
Namen als Violinvirtuose, trat mit 6 Violinkon- 
zerten, einer American symphony (1937) und kleine- 
ren virtuosen Violinstücken auch als Komponist 
für sein Instrument hervor. K. lebte in Prag, später 
in Abbazia oder auf seinem Sitz in der Slowakei. 
Für ihn schrieb Drdla die später populär gewor- 
dene sogenannte »K.-Serenade« (A dur). - 2) Jcro- 

976 


nym Rafael, * 29. 6. 1914 zu Bychory bei Kolin; 
tschechischer Dirigent und Komponist, Sohn des 
vorigen, studierte 1928-33 am Prager Konserva- 
torium, war 1936-48 Dirigent, ab 1942 auch künst- 
lerischer Leiter der Tschechischen P hilhar moniker. 
Anschließend ging er nach England und 1950 nach 
den USA, wo er bis 1953 mit dem Chicago Sym- 
phony Orchestra auftrat. Seit 1955 wirkt K. am 
Covent Garden Royal Opera House in London. 
K., der auch als Gastdirigent vorwiegend mit Or- 
chesterwerken der Romantik und tschechischer 
Komponisten konzertierte, schrieb 4 Opern, 2 
Symphonien mit Chor, Requiem, Kantate Pro 
Memoria Patris, Violoncello- und Violinkonzerte, 
4 Streichquartette, Klaviermusik und Lieder. 

Kudiarz, Johann Baptist, *5. 3. 1751 zuCho- 
te£, + 18. 2. 1829 zu Prag; böhmischer Organist 
und Komponist, Schüler Seegerts in Prag, dort 
Organist an der Heinrichskirche, 1790 an der 
Strahower Stiftskirche, 1791-1800 Kapellmeister 
der Prager Oper. K. komponierte Kirchenmusik, 
Orgelkonzerte und -stücke, Opern, Ballette und 
kleinere Instrumentalstücke. Er ist einer der ersten 
Verfasser von Klavierauszügen Mozartscher Opern 
und schrieb Rezitative zur Zauberflöte. 

Ausg. : Fantasie G moll f. Org., hrsg. v. J. Racek u. 
J. Reinberger in MAB XII. 

Kuczynski, Paul, * 10. 11. 1846, t 21. 10. 1897 
zu Berlin; deutscher Bankier und Komponist, 
Schüler von H. v. Bülow und Kiel. Sein Verkehr 
mit A. Jensen zeitigte die Herausgabe eines wert- 
vollen Briefwechsels (Aus Briefen Ad.Jensens, 1879). 
Über seine aktive Stellung zu Wagner und Bay- 
reuth gibt sein Buch Erlebnisse und Gedanken , Dich- 
tungen zu Musikwerken (1898) Aufschluß. K. 
schrieb eine Anzahl größerer und kleinerer Vokal- 
und Instrumentalwerke. 

Lit : A. von Hanstein, Musiker- und Dichterbriefe 
v. P. K., Bin o. J. 

Küchler, Ferdinand, * 14. 7. 1867 zu Gießen, 

+ 24. 10. 1937 zu Leipzig; deutscher Violinist, stu- 
dierte am Hochschen Konservatorium in Frank- 
furt am Main bei W. Hess, H. Heermann, J. Stock- 
hausen, Egidi und Knorr und war 1898-1910 an 
diesem Institut Violinlehrcr. Als Bratschist im 
Heermann-Quartett machte er mehrere Reisen 
nach Frankreich, Italien und Spanien, wirkte ab 
1910 wieder in Basel als Solobratschist der Sym- 
phoniekonzerte und Leiter einer Priva tmusik- 
schule, 1927—36 als Lehrer am Landeskonservato- 
rium Leipzig. Er schrieb eine weitverbreitete Prak- 
tische Violinsckule (2 Bände = 8 Hefte, Basel 1911, 
Leipzig und Zürich 11 1930). Darin bringt er, auf- 
bauend auf F. A. Steinhausens »Physiologie der 
Bogenführung« (Leipzig 1903, 21907), besonders 
sorgfältige technische Grundübungen für jede 
Hand getrennt. Er baute sein System mit mehreren 
Spezialstudien aus und verfaßte auch instruktive 
Violinstücke. Größere Werke sind noch: Lehrbuch 
der Bogenßhrung (Leipzig 1929), Lehrbuch der Tech- 
nik des linken Armes (Leipzig 1932; beide ebenso 
wie die Violinschule auch engrlkrh und französisch) ; 
Chorgesangschule (Basel 1915); Goethes Musikver- 
ständnis (Leipzig 1935). 

Kücken, Friedrich Wilhelm, * 16. 11. 1810 
zu Bleckede bei Lüneburg, f 3. 4. 1882 zu Schwe- 



Künneke 


rin; deutscher Komponist, wirkte als Spieler ver- 
schiedener Instrumente im Schweriner Hofor- 
chester, lenkte die Aufmerksamkeit auf sich durch 
schlichte Lieder, die schnell populär wurden (Ach 
wie ist’s möglich dam. Wer will unter die Soldaten) 
und wurde als Musiklehrer der Prinzen ang estdlt. 
1832 ging er zu weiteren Studien nach Berlin und 
errang dort mit einer Oper Die Flucht nach der 
Schweiz (1839) nachhaltigen Erfolg. Später stu- 
dierte er noch unter Sechter in Wien (1841) und 
Haldvy in Paris (1843). Trotz dieses Studieneifers 
ist K. als Komponist über primitiven künsderischen 
Geschmack nicht hinausgekommen. 1851 wurde 
er Hofkapellmeister in Stuttgart, anfangs neben 
Lindpaintner, nach dessen Tode allein als Dirigent, 
nahm aber 1861 seinen Abschied Aus der großen 
Zahl seiner Kompositionen sind noch zu erwähnen 
die Oper Der Prätendent (Stuttgart 1847), Polonai- 
sen für Chor und Orch. op. 38 und 72, Violin- und 
Cellosonaten sowie Männerquartette. 

Lit: E. Ritter, Mus. Begabung aus einer Scharfrich- 
terfamilie, Zs. f. uiedersächsische Familienkunde 
XXVI, 1951. 

Küfl&ier, Joseph, * 31. 3. 1776 und 9. 9. 1856 zu 
Würzburg; deutscher Komponist, war 1797 Mit- 
glied der Würzburger Hof kapelle und wurde 1802 
Militärmusiker. Als Komponist war er besonders 
fruchtbar auf dem Gebiet der damals üblichen 
Unterhaltungsmusik; von seinen zahlreichen In- 
strumentalkompositionen fanden seine Werke für 
Militärmusik besonderen Anklang. Seine Oboen- 
Schule gab 1894 Fr. Volbach in einer Umarbeitung 
heraus. 

Kühn, Walter, * 3. 12. 1883 zu Züllichau; deut- 
scher Musikpädagoge, Schüler der Akademie für 
Kirchen- und Schulmusik und der Universität 
Berlin; 1908-12 Dirigent, Organist und Gymna- 
sialmusiklehrer in Stralsund, dann wieder in Ber- 
lin, wo er 1913 das Seminar für Schulgesang am 
Stemschen Konservatorium und 1922 ein musik- 
pädagogisch es Forschungsinstitut gründete; 1928 
mit einem Lehrauftrag für Musikerziehung an die 
Universität Königsberg berufen ; Gründer und ehe- 
maliger Schriftleiter der Monatsschrift Die Musik- 
erziehung. Bücher: Schulmusik (Leipzig 1923), Vor- 
trag Grundlinien zu einer Theorie der Musikerziehung 
(Leipziger Kongreß 1925). Kompositionen: Lieder, 
Chöre, Motetten, Kantate für Soli, Chor und Orch. 
An der dunklen Pforte . 

Kühnel, Ambrosius -> Peters. 

Külrnel, August, * 3. 8. 1645 zu Delmenhorst 
(Oldenburg) ; berühmter deutscher Gambenspieler, 
Sohn des Mecklenburgischen Kammermusikus 
Samuel K., 1664/65 und auch später in der Zeitzer 
Hof kapelle, 1665 auf Reisen in Frankreich, 1680/81 
in München, 1685 in London nachweisbar, wirkte 
von 1695 bis etwa 1700 als Hofkapellmeister in 
Kassel und gab vortreffliche Sonate o Partite ad um 
o due Viole da gamba con il basso continuo (1698) 
heraus. 

Ausg.: 2 Sonaten f. Gambe u. KL (G dur u. D dur), 
hrsg. v. A Döbereiner, 1928. - ältere Ausgaben v. 
Fr. Bennat. 

Lit : A Einstein, Zur deutschen Lit f. Va da Gamba, 
BIMG II, 1, darin 3 Stücke v. K. 


Kühner, Wassilij Wassiljewitsch, * 1. 4. 1840 
zu Stuttgart, + im August 1911 zu Wilna; deutscher 
Komponist, Schüler des Stuttgarter Konserva- 
toriums, setzte seine Studien in Paris und St. Pe- 
tersburg fort; war 1870-76 Direktor einer Musik- 
schule m Tiflis, kehrte 1878 nach Petersburg zu- 
rück, wo er 1892 eine eigene Musikschule eröfmete. 
Von seinen Kompositionen sind zu nennen: 2 
Symphonien (G moll und Kaukasische ), 2 Streich- 
quartette, ein Quintett, eine Suite für KL und Vc., 
Klavierstücke und eine Oper Taros Bülba (Peters- 
burg 1880). 

Kühnhold, Karl, * 10.11.1864 zu Tambach 
(Thüringen), j* 30. 1. 1933 zu Gotha; deutscher 
Chorkomponist, 1 898 Musiklehrer am Oberlyzeum 
in Gotha, 1904 Herzoglicher Musikdirektor. Seine 
Dirigententätigkeit als Bezirks- und Bundeslieder- 
meister des Thüringischen Sängerbundes gab er 
1914 auf. Er schrieb annähernd 300 Opusnummem, 
neben einigen Instrumentalstücken vorwiegend 
Chöre, Lieder und Duette. Erfolgreich war sein 
op. 12 Im Waide (gern. Chor, Solo und Orch.). 

Kymmerle, Salomon, * 8. 2. 1838 zu Malms- 
heim bei Stuttgart, f 28.8.1896 zu Samaden 
(Schweiz) ; deutscher Kirchenmusiker, 1861-66 in 
Nizza Hauslehrer und Organist an der deutschen 
^uche,Jb^l874 Musiklehrerin L^wigsburg und 

Sekundarschule in SamaJen; gab heraus: Musica 
sacra (Meisterwerke alter Kirchenmusik für Män- 
nerchor, 2 Teile, 1869/70), Grabgesänge filr Männer- 
stimmen (1869), Zionsharfe (Sammlung geistlicher 
Chorkompositionen für gemischte Stimmen, 2 
Teile, 1870/71), eine Neubearbeitung von Andres 
(bzw. Gollmicks) Handlexikon der Tonkunst (1875), 
Choralbuch Jur evangelische Kirchenchöre (300 4- und 
5 st. Sätze für gern. Chor von Meistern des 16.-17. 
Jh. und neueren Tonsetzem, L TeÜ 1887, II. Teil 
1889), Enzyklopädie der evangelischen Kirchenmusik 
(Gütersloh: Band 1 1888, E 1890, EI 1894, IV 1895, 
sein Hauptwerk) sowie Studien zur württember- 
gischen Choralüberlieferung. 

Kuen, Johannes (Khuen), * 1605 oder 1606 zu 
München-Moosach, f 15. 11. 1675 zu München; 
deutscher Komponist, studierte am Kurfürstlichen 
Gymnasium und Seminar, 1630 zum Priester ge- 
weiht, später Benefiziat an der Warttenbergischen 
Kapelle und bei St. Peter in München. K. nimmt 
als Dichter-Musiker von zusammenhängenden 
Folgen geistlicher Lieder eine hervorragende Stel- 
lung im 17. Jh. ein und hat Liedstil und mono- 
dische Errungenschaften zu verschmelzen verstan- 
den. Seine Hauptwerke sind: Epithalamium Maria- 
num (5 Auflagen 1637-59), Die geistlich Turteltaub 
(1639), Cor contritum (1640), Mausoleum Salomonis 
(1641 und 1665), Tabemacula, Munera und Gaudia 
Pastorum (1650, 1651, 1655). K.s spätere Werke 
sind ausschließlich Andachtsbücher. 

Lit.: G. Westermayer, J. K., in: Hist.-politische 
Blätter f. d. kath. Deutschland LXXTV, 1874; 
C. v. Faber du Faur, J. K., in: Publications of the 
Modem Language Ass. of America LXIV, 1949. 

Künneke, Eduard, * 27. 1. 1885 zu Emmerich 
am Rhein, f 27. 10. 1953 zu Berlin; deutscher 
Komponist, Schüler der Berliner Hochschule 
(Bruch), wirkte 1907-11 als Kapellmeister in Berlin 


62 


977 



Küster 


und 'widmete sich dann ausschließlich der Kompo- 
sition. Er schrieb die Opern Robins Ende (Mann- 
heim 1909), Coeur As (Dresden 1913), Nadja (Kas- 
sel 1931), Walther von der Vogelweide (1945), Fest- 
spiel Die Circe (München 1912) sowie das Sing- 
spiel Das Dorf ohne Glocke (Berlin 1919) und eine 
Reihe durch feinere Arbeit aus der üblichen Pro- 
duktion hervorragender Operetten, darunter Wenn 
Liebe erwacht (Berlin 1920), Der Vielgeliebte (1920), 
Der Vetter aus Dingsda (Berlin 1921 ; sein belieb- 
testes Werk, darin das Lied Ich bin nur ein artner 
Wandergesell ), Die Ehe im Kreise (1921), Verliebte 
Leute (Berlin 1922), Casinogirls (1924), Die hell- 
blauen Schwestern (1925), Lady Hatnilton (1926, 
darin Komm mit nach Madrid ),Der Tenor der Herzo- 
gin (Prag 1930), Uselott (1932, darin Glücklich am 
Morgen , glücklich am Abend), Glückliche Reise (Ber- 
lin 1932, darin Glückliche Reise und Amazonas ), 
Lockende Flamme (1933, darin Ich träume mit offenen 
Augen), Zauberin Lola (1935), Herz über Bord (1935), 
Die große Sünderin (Berlin 1935, darin Immerzu 
singt mein Herz deinem Herzen zu). Der große Name 
(1938), Hochzeit mit Erika (Düsseldorf 1949), da- 
neben auch Filmmusiken, Lieder, eine Ouvertüre, 
eine Suite für großes Orch. op. 4, Tänzerische Suite 
op. 26 und Suite Blumenwunder sowie ein Klavier- 
konzert. 

Küster, Hermann, * 14. 7. 1817 zu Templin, 
1 17. 3. 1878 zu Herford; deutscher Musikschrift- 
steller, 1845-52 Musikdirektor in Saarbrücken, 
seitdem in Berlin, Gründer des Tonkünstlervereins, 
1857 Königlicher Musikdirektor sowie Hof- und 
Domorganist. Bedeutender als seine Komposi- 
tionen sind seine Schriften: Populäre Vorträge über 
Bildung und Begründung eines musikalischen Urteils 
(1870-77, 4 Bände, sehr wertvoll); Über Handels 
Israel in Egypten (1854), Die Elemente des Gesangs 
(1861) und viele Hinzelauf sätze in Berliner Musik- 
zeitungen. 1872 schrieb er eine Methode für den 
Unterricht im Gesang auf höheren Schulanstalten . 

Kufferath,- 1) Johann Hermann, *12. 5. 1797 
zu Mülheim an der Ruhr, f 28. 7. 1864 zu Wies- 
baden; deutscher Violinist, war Schüler Spohrs 
und Hauptmanns in Kassel, 1823 Musikdirektor in 
Bielefeld, 1830 Städtischer Musikdirektor in Ut- 
recht, hochverdient um das Musikleben dieser 
Stadt, zog sich 1862 nach Wiesbaden zurück. K. 
komponierte Festkantaten, Ouvertüren und Mo- 
tetten und gab 1836 eine Gesanglehre für Schulen 
heraus. - 2) Louis, * 10. 11. 1811 zu Mülheim, 
t 2. 3. 1882 bei Brüssel; deutscher Pianist, Bruder 
von J. H. K., 1836-50 Direktor der Musikschule 
in Leeuwarden sowie Gründer der Groote Zang- 
vereeniging, ab 1850 in Gent ansässig, sich ganz 
der Komposition widmend. Werke; eine Messe, 
250 Kanons, eine Kantate Artevelde, viele Klavier- 
kompositionen, Lieder und Chorlieder. - 3) Hu- 
bert Ferdinand, * 10. 6. 1818 zu Mülheim, f 23. 
6. 1896 zu Brüssel; deutscher Komponist, Bruder 
und Schüler der vorigen, studierte noch 1833-36 
unter Fr. Schneider in Dessau sowie unter Men- 
delssohn und David in Leipzig, war 1841-44 Diri- 
gent des Mannergesangvereins in Köln, ließ sich 
1844 in Brüssel nieder und wurde dort 1871 Kom- 
positionsprofessor am Conservatoire. Er veröffent- 
lichte neben Vokal- und Instrumentalwerken eine 
in Frankreich und Belgien verbreitete Choral- 


schule. - 4) Maurice, * 8. 1. 1852 und t 8- 12. 
1919 zu Brüssel; belgischer Musikschriftsteller, 
Sohn und Schüler von H. F. K., Cello-Schüler der 
beiden Servais, studierte in Brüssel und Leipzig 
Jura und Kunstgeschichte, wurde 1875 Mitarbeiter 
der Independance beige (für äußere Politik) und 
zugleich Redakteur, später Eigentümer der durch 
ihn zu Ansehen gelangten Musikzeitung Le Guide 
musical, auch Korrespondent der Frankfurter Zei- 
tung. 1900 zum Direktor des Monnaie-Theaters 
ernannt, übergab er den Guide ganz an H. Imbert. 
Schriften: Le thi&tre de Richard Wagner de Tann- 
häuser ä Parsifal (Paris und Brüssel 1891-98, 6 Teile), 
Uart de diriger Vorchestre ( 2 1901), Musicierts et philo- 
sophes (1897, spanisch von Chavarri 1906), eine 
Biographie H. Vieuxtemps* (Brüssel 1883), einen 
Bericht über die Musikinstrumente der Brüsseler 
Ausstellung 1881, Les abus de la sociitd des auteurs . . . 
(Brüssel 1897), Salomi (Brüssel 1908), ferner 
übersetzte er die Texte Wagnerscher, Brahmsscher 
Werke und Beethovens fidelio (Pseudonym: 
Maurice Reymont). 

Kgg elmann , - 1) Hans, * vielleicht zu Augs- 
burg, f Ende Juli oder Anfang August 1542 zu 
Königsberg; deutscher Komponist, oberster Trom- 
peter Herzog Albrechts von Preußen, verdrängte 
1536 durch Intrigen den Kapellmeister Adnan 
Rauch aus seiner Stelle und wurde sein Nachfolger. 
K. gab 1540 ein Sammelwerk Concentus novi trium 
vocum heraus (zum Kirchengebrauche in Preußen, 
Anhang eine Reihe Kunstgesänge von 2-8 St.), in 
dem er selbst mit 31 deutschen und lateinischen 
Sätzen vertreten ist. Sein Bruder - 2) Paul gab 
heraus: Etliche teutsche Liedlein, geistlich und weltlich 
mit drei, vier,fünff und sechs Stimmen, auf alle Instru- 
ment zu gebrauchen (Königsberg 1558). 

Ausg.: Johann K., Concentus novi 1540, hrsg. v. H. 
Engel, EDM, 2. Bd d. Sonderreihe; 2 Sätze aus d. 
Concentus im Antiqua Chorbuch I, 1, hrsg. v. H. 
Mönkemeyer; ein Satz aus d. Concentus, Schering 
Beisp. 109 ; eine Messe u. 2 Motetten, hrsg. v. Fr. Jöde, 
Chorbuch V, Wolfenbüttel 1931. - P. K.: 7 teutsche 
Liedlein, hrsg. v. H. Engel, Kassel u. Basel 1954. 
Lit: Fr. Spitta, Die Liederslg des P. K., in: Rie- 
mann-Fs., Lpz. 1909; C. v. Wenterfeld (zu H. K.) in 
Der ev. Kirchengesang I, Lpz. 1843, S. 205 ff.; H. 
Engel, Etliche teutsche Liedlein, geistlich u. welt- 
lich . . ., in: Ostpreußische Musik, 1937. 

Kuhaö (k'uhatj), Franz Xaver (ursprünglich 
Koch), * 20. 11. 1834 zu Essek (Kroatien), fl9. 
6. 1911 zu Agram; kroatischer Volksliedforscher, 
Schüler der Konservatorien in Budapest und Hans- 
licks in Wien, legte umfassende Sammlungen süd- 
slawischer Volkslieder an, die er mit Klavierbe- 
gleitung veröffentlichte. Auch veröffentlichte er 
mehrere Spezialstudien über die Musikanlage, die 
Musikinstrumente und die Notenschrift usw. der 
Südslawen (K. nahm Haydn als kroatischen Kom- 
ponisten in Anspruch: Josip Haydn; hrvazke po- 
pievke 1880, ebenso Tartini), Das türkische Element 
in der Musik der Kroaten, Serben und Bulgaren (1900 
im 6. Band der Wissenschaftlichen' Mitteilungen 
aus Bosnien und der Herzogewina). 

Kuhlau, Friedrich, * 11. 9. 1786 zu Ülzen, 1 12. 
3. 1832 zu Lyngbye bei Kopenhagen; dänischer 
Komponist deutscher Herkunft, kam um 1800 nach 
Hamburg (vorher einige Zeit in Braunschweig) 


978 



Kukuzeles 


und studierte bei Chr. F. G. Schwencke Harmonie, 
entzog sich Ende 1810 der französischen Konskrip- 
tion durch die Flucht nach Kopenhagen, wo er 
Anfang 1813 Kammermusiker ohne Gage wurde; 
gab Unterricht in Klavierspiel und Theorie, erhielt 
1818 Gage und den Titel Hofkompositeur, wurde 
1828 zum Professor ernannt. K. komponierte für 
Kopenhagen die Opern: Die Räuberburg (1814), 
Die Zauberharfe (1817), Elisa (1820), Luhi (1824), 
Hugo und Adelheid (1827), dramatische Szene JEwri- 
dice und Musik zu Heibergs dänischem National- 
schauspiel Elverhöj (Erlenhügd) op. 100 (1828) und 
Boyes Shakespeare (1826), welche m Dänemark be- 
geisterte Aufnahme fanden. Seine 3 Flötenquin- 
tette, 3 Klavierquartette, Trios concertants, Duette, 
Soli usw. für FL, 2 Klavierkonzerte, 8 Violinsona- 
ten, 4- und 2händige Klaviersonaten und Sona- 
tinen (letztere noch heute bdiebtes, wertvolles 
Unterrichtsmaterial für Anfänger), Rondos, Varia- 
tionen, Divertissements, Tänze usw. haben sich 
zum Teil gehalten. 

Ausg.: Musik zu C. J. Boyes Schauspiel »W. Shake- 
speare« u. 2 Ouvertüren, K1.-A., hrsg. v.: Samfundet 
til udgivelse af dansk musik I, 3, 10, 18. 

Lit.: K. Graupner, Das Leben u. d. dramatischen 
Werke Fr. K.s, Diss. München 1930. 

Kulilo, Johannes, * 8. 10. 1856 zu Gohfeld 
(Westfalen), f 16. 5. 1941 zu Bethel bei Bielefeld; 
deutscher Pastor, studierte in Halle, Leipzig und 
Erlangen, war im »Rauhen Haus« in Hamburg tä- 
tig und übernahm 1893 die Leitung der Diakonen- 
anstalt »Nazareth« in Bethel. K., der Flügelhom 
spielte, war (in Fortführung einer bereits von sei- 
nem Vater begonnenen Tätigkeit) der wichtigste 
Förderer der neueren volkstümlichen evangelischen 
Blasmusik in Deutschland, für die er im Geiste der 
musikalischen Renaissancebewegung des 19. Jh. 
Sätze (meist Kirchenlieder) des 16. und 19. Jh. 
sammelte (Posaunenbuch, 4 Bände) und die soge- 
nannte K.-schrdb weise einführte: eine nicht-trans- 
ponierendc Partitur-Notation in modernen Schlüs- 
seln. 

Lit: Fr. Bachmann, Pastor D. J. K., MuK XIII, 
1941 ; W. Ehmann, J. K., Stuttgart (1951). 

Kulmau, Johann, * 6. 4. 1660 zu Geising (Sach- 
sen), f 5. 6. 1722 zu Leipzig; deutscher Komponist, 
war Alumnus der Kreuzschule und Ratsdiskantist 
in Dresden, floh aber 1680 vor der Pest in seine 
Heimat, war einige Zeit als Gymnasiast inter- 
imistisch Klantor in Zittau (Schüler von Chr. 
Weise), 1682 stud. phil. et jur. in Leipzig (bis zu 
seiner Anstellung als Kantor auch Advokat), 1684 
Nachfolger Kühneis als Organist an der Thomas- 
kirche in Leipzig und 1701 Universitätsmusikdirek- 
tor und Thomaskantor als Nachfolger Schelles 
(sein Nachfolger wurde J. S. Bach). Neben diesen 
Tätigkeiten betrieb K. noch Rechtsstudien an der 
Universität. Er war ein Mann von allgemeiner 
dehrter Bildung und übersetzte aus dem He- 
räischen. Griechischen, Lateinischen, Italienischen 
und Französischen. In seinem Werk verdient neben 
zahlreichen kirchenmusikalischen Kompositionen 
(Kantaten) vor allem die Klaviermusik ein beson- 
deres historisches Interesse: Neue Clavier-Übung , 

2 Teile (1: 1689, 21695; H: 1692, 21695; je 7 Suiten), 
Frische Clavier-Frückte oder Sieben Suonaten von 
guter Invention und Manier (1696-1724 5 Auflagen) 


und Musicalische Vorstellung Einiger Biblischer Hi- 
storien In 6. Sonaten auff dem Claviere zu spielen 
(1700). K. nimmt in der Klavierliteratur eine be- 
deutsame Stellung ein als der erste, welcher nach 
dem Muster der italienischen Triosonate, die er 
aufs Klavier übertrug, ähnlich wie später J. S. Bach 
das italienische Concerto, mehrsätzige Sonaten für 
KL allein schrieb. Die musikalischen Schriften K.s 
sind: Jura circa musicos ecclesiasticos (1688) und Der 
musikalische Quacksalber (1700, Satire auf das 
Italianisieren in der Musik). Manuskript blieben: 
Tractatus de tetrachordo und Introductio ad compo - 
sitionem musicalem. Nach Mattheson kann sein 
Name »in allen dreien Stockwerken unsrer Ehren- 
pforte Platz haben: als ein braver Organist; als ein 
grundgelehrter Mann; und als ein großer Musikus, 
Componist und Chorregent. Fürs erste wüste ich, 
in allen diesen Stücken zusammen, noch seines 
gleichen nicht« (Seite 158). 

Ausg.: J. K.s Klavierwerke, hrsg. v. K. Päsler, DDT 
IV; 7 Sonaten für das Clavecin (1696), Nouvel cxer- 
cice I u. II (1695 u. 1703) u. eine Toccata, hrsg. v. 
A. u. L. Farrenc in: Le TrSsor des Pianistes III, 
Paris 1861 ; Partiten u. Sonaten, hrsg. v. K. Schu- 
bert, Mainz o. J.; 6 Stücke in: Tagliapxetra Ant. 
X; Stücke, hrsg. v. K. Herrmann in: Klaviermusik 
des 17. u. 18. Jh. I, Lpz. 1934; 2 Choralvorspiele, 
hrsg. v. K. Straube in: Choralvorspiele Alter Meister, 
Lpz. 1907. - Ausgew. Kirchenkantaten, hrsg. v. A. 
Schering, DDT LVIII/LIX; Kantate »Gott sei mir 
gnädig«, hrsg. v. A. Egidi, Bin (1929); Kantate »Ich 
habe Lust abzuscheiden«, hrsg. v. M. Seiffert, Or- 
ganum 1, 14. - eine Abhandlung J. K.s (Vorw. zu den 
»Texten zur Leipziger Kirchen-Music« 1709/10), 
hrsg. v. B. Fr. Richter, MfM XXXIV, 1902; Der 
mus. Quacksalber, hrsg. v. K. Benndorf, — Deutsche 
Literaturdenkmale des 18. u. 19. Jh. LXXXIII 
bisLXXXVüI, Berlin 1900; Praecedenz-Streit . . . (aus 
»Battalus, der Vorwitzige Musicant«, Freiberg 1691), 
hrsg. v. A. Schering, Lpz. 1928. 

Lit. : H. Bischoff, Über J. K.s mus. Vorstellung eini- 
ger biblischer Historien, Programm der Neuen Acad. 
der Tonkunst in Bin 1877; R. MOnnich, J. K., Diss. 
Bin 1902, davon Teil I als: K.s Leben, SIMG III, 
1901/02; R. Rolland, Voyage mus. au pays du pass6, 
Paris 1919, deutsch v. L. Andro, Ffm. 1921; A. 
Schering, Ein Memorial J. K.S, ZfMw IV, 1921/22; 
ders.. Mg. Lpz.s II, Lpz. 1926; J. Martin, Die Kir- 
chen-Kantaten J. K.s, Diss. Bin 1928; W. Serauky, 
Die ASekten-Metrik des LVossius, Fs. M. Schneider, 
Lpz. 1955. 

Kuller (k'oiler), Kor, * 21. 4. 1877 zu Alblasser- 
dam, f 13. 11. 1951 zu Groningen; niederländi- 
scher Dirigent, war am Amsterdamer Konser- 
vatorium Schüler von B. Zweers und J. Röntgen, 
wirkte 1910-44 als Dirigent des Orchestervereins 
in Groningen; er veröffentlichte viele Lieder und 
Kantaten für Kinderchor, eine Klaviersonate, eine 
Violinsonate, Chorwerke und eine Oper. 

Kukuzeles, Johannes (Koukouzdes, Kukuzdis, 
eigentlich ’lcodwrjs nanaöönovXoQ öKovxov££fa]c), 

* zu Durazzo; griechischer Musiker um 1300, 
lebte als gefeierter Sänger in Byzanz, trat aber dann 
in ein Kloster auf dem Berge Athos ein. K. gilt 
(nach dem heiligen Johannes von Damaskus) als 
der zweite Vater der byzantinischen Musik. In die 
Zeit seines Wirkens nd eine tiefgreifende Um- 
wandlung in Repertoire und Mdurgie der byzan- 
tinischen Gesänge, die bis zur Reform des Chrys- 
anthos bestimmend blieb. Das Vordringen des 


62* 


979 



Kulcnkampff 


kii]mze3iscbeii Notation mit ihrer stärkeren Ver- 
wendung cheironomischer Zeichen deutet auf die 
Aufnahme neuer auswärtiger Einflüsse hin, viel- 
leicht auch auf ein WIederanknüpfen an den älteren 
Kontakion-Gesang. K. schrieb außer einer Anzahl 
(zum Teil didaktischer) Gesänge eine 'EQprpeia rfjg 
TtaQoXXayfjg rov TQpypv (»Darlegung des Wech- 
sels des Pentachords«). 

Lit: P. Syrku, Das »Leben des J. K.« als Quelle f. 
d. bulgarische Gesch., Journal <L Ministeriums f. 
Volksaufklärung CCLXXXII, St Petersburg 1892 
(russisch, mit Teilveröff.) ; O. Fleischer, Die spät- 
griechische Tonschrift = Neumen-Studien III, Bin 
1904, darin Faks. zweier Lehrgesänge v. K.; H. J. W. 
Tillyard, Byzantine Music, London 1923; E. 
Wellesz, Das Problem d. byzantinischen Notatio- 
nen, Byzantion V, 1929/30; ders., A Hist of Byzan- 
tine Music, Oxford 1949, darin eine Oster-Ode K.s; 
R. Palikarova-Verdeil, Les Notations Mus. em- 
ployöes dans les Eglises slaves . . ., Atti de 1 congresso 
intemazionale di musica sacra Rom 1950, Toumai 
1952; G. D£vai, The Mus. Study of Cucuzeles . . ., 
Acta Ant Acad. Scientiarum Hungaricae III, 1955. 

Kylenkampff, Georg, * 23. 1. 1898 zu Bremen, 
1 5. 10. 1948 zu Schafflhausen; deutscher Violinist 
war 1912-15 Schüler von W. Heß an der Berliner 
Hochschule, ab 1916 1. Konzertmeister der Bre- 
mer Philharmonie, daneben Konzertsolist ab 1919 
in Berlin, 1923-26 Lehrer an der Hochschule, dann 
nur mehr als Solist tätig, ab 1931 wieder Lehrer 
einer Meisterklasse an der Berliner Hochschule,sie- 
delte 1943 in die Schweiz über und übernahm nach 
Heschs Tod dessen Klasse am Konservatorium in 
Luzern. In seiner relativ kurzen Konzertzeit war 
er ein in Deutschland besonders gefeierter Geiger. 
Geigerische Betrachtungen aus dem Nachlaß K.s gab 
G. Meyer-Stichting heraus (Regensburg 1952). 

KylenkampfT, Gustav, * 11. 8. 1849 zu Bremen, 
f 10, 2 . 1921 zu Berlin; deutscher Komponist 
war anfangs Kaufmann, dann Schüler Reinthalers 
und 1879-82 von H. Barth und Bargiel an der 
Königlichen Hochschule für Musik in Berlin, grün- 
dete dort einen Frauenchor, war mehrere Jahre 
Direktor des Schwantzerschen Konservatoriums 
und lebte zuletzt nur noch der Komposition. Er 
schrieb die Opern Der Page (1890), Der Mohren - 
fiirst (1892), Die Braut von Cvpem (1897), König 
Drosselbart (1899), Ammarei (1903), Anneliese (1904). 

KuBak, - 1) Theodor, * 12. 9. 1818 zu Kroto- 
schin (Provinz Posen), fl. 3. 1882 zu Berlin; deut- 
scher Pianist erregte früh die Aufmerksamkeit des 
Fürsten RadriwiH, welcher seine Ausbildung über- 
wachte und vermittelte, daß K. mit 11 Jahren in 
einem Hofkonzert zu Berlin als Pianist auftrat 


zurück und gründete die Neue Akademie der Ton- 
kunst, welche 1880 ihr 25jähriges Bestehen mit 
100 Lehrern und über 1000 Schülern feierte. Er war 
nicht nur ein vorzüglicher Pianist sondern auch ein 
Lehrer ersten Ranges (Schüler: Hans Bischof!*, M. 
Moszkowski, X. und Ph. Scharwenka und viele 
andere); unter seinen pädagogischen Werken ra- 
gen hervor: Schule des Oktavenspiels op. 48 (Berlin 
ohne Jahr, Neue Ausgabe um 1875; noch heute 
unentbehrlich) ; Materialien für den Elementar-Kla- 
vier-Unterricht (5 Hefte, Berlin um 1855) sowie auch 
Der praktische Teil zur Methode des Pianofortespiels 
von Moscheles und Fdtis (2 Hefte; Erweiterung des 
zuerst von Moscheles gegebenen Etüden-Matenals) . 
Sein Schaffen, das hauptsächlich dem Klavier ge- 
widmet war, umfaßt etwa 130 Werke; es sind ge- 
schickt und wohlklingend, doch ohne tiefere Ori- 
ginalität geschriebene Kompositionen, die zumeist 
dem Genre der Salonmusik angehören; hier seien 
genannt: Klaviersonate op.7; Symphonie de 
piano op. 27; Klavierkonzert Cmoll op. 55; 3 
Duos für V. und KL op. 57 (mit R. Wüerst) ; Kla- 
vierstücke Kinderleben, 2 Hefte, op. 62 und 81; 
Klaviertrio op. 77. - 2) Adolph, * 23. 2. 1823 zu 
Meseritz (Provinz Posen), + 25. 12. 1862 zu Berlin; 
deutscher Musiksch rif tstdler, Bruder von Theo- 
dor EL, studierte in Berlin Philosophie, daneben 
bei A. B. Marx Musik, wurde Mitarbeiter der Ber- 
liner Murikzeitung und unterrichtete an der Aka- 
demie seines Bruders. Schriften: Die Kunst des 
Anschlags (Leipzig 1855); Ein Wink für Klavier- 
spieler (Echo VT, 1856); Das Musikalisch-Schöne 
(Leipzig 1858); Ästhetik des Klavierspiels (Berlin 
1860, herausgegeben von Hans Bischoff 2 1876 und 
31889, von W. Niemann 41906, s-61916, 7-81920). - 
3) Franz, * 12. 4. 1844 und t 9. 12. 1913 zu Ber- 
lin; deutscher Pianist, Sohn von Theodor K., stu- 
dierte an der Akademie seines Vaters und leitete sie 
nach dessen Tod bis zu ihrer Auflösung (1890). Er 
machte sich bekannt durch eine Oper Ines de Castro 
(Berlin 1877), eine Jubiläumsouvertüre, Lieder, 
Klavierstücke, die Schriften Der Vortrag in der Mu- 
sik am Ende des 19. Jahrhunderts (Berlin 1898) und 
Beethovens Piano Playing (New York 1901), Die 
höhere Klaviertechnik (Leipzig um 1900) und andere 
kkvierpädagorische Werke. - 4) Ernst, * 22. 1. 
1855 und f 1914 zu Berlin; deutscher Komponist, 
Sohn von Adolph KL, studierte in Berlin und Leip- 
zig Philologie und Philosophie, dann an Th. Km- 
laks Akademie Musik, lebte als Lehrer für Kompo- 
sition und Klavierspiel in Berlin. Er schrieb Salon- 
stücke für KL sowie Lieder. 

Lit: zu Th. K.: O. Reinsdorf, Th. K. u. seine Neue 
Akad. d. Tonkunst, Neusalz an der Oder 1870; H. 
Bischöfe, Zur Erinnerung an Th. K., Bin 1883. 


Der Tod des Fürsten störte die musikalischen Zu- 
kunftspläne. K. besuchte nun das Gymnasium in 
Züllicnau und ging 1837 nach Berlin, um Medizin 
zu studieren. Zugleich erteilte er dort Klavier- 
unterricht und studierte unter Dehn Harmonie; 
1842 nahm er Unterricht bei Czerny, Sechter und 
O. Nicolai in Wien und wurde 1843 in Berlin als 
Musiklehrer der Prinzessin Anna und dann auch 
der andern Prinzen und Prinzessinnen des König- 
lichen Hauses angestellt. 1846 erfolgte seine Er- 
nennung zum Hofpianisten. 1850 gründete er mit 
J. Stern und A. B. Marx das Berliner (Stemsche) 
Konservatorium, trat aber 1855 von der Direktion 


Kulimann (k'Almaen), Charles, * 13. 1. 1903 
zu New Haven (Connecticut); amerikanischer 
Opernsänger (Tenor), studierte an der Yale Uni- 
versity, an der Juilliard Graduate School und am 
American Conservatory in Fontainebleau, sang 
1929/30 bei der American Opera Company, 1931 
an der Berliner Staatsoper, der er ab 1932 als Mit- 
glied angehörte. KL, der auch an der Wiener 
Staatsoper und an Covent Garden auftrat, gehört 
seit 1935 der Metropolitan Opera in New York an. 

Kummer, Friedrich August, * 5. 8. 1797 zu 
Mei ning en, f 22. 5. 1879 zu Dresden; deutscher 


980 



Kunst 


Violoncellist, Sohn eines Oboisten, studierte bei 
Dotzauer und gehörte 1814-64 der Dresdner Hof- 
kapelle an, die ersten 3 Jahre als Oboist, da keine 
Cellistenstelle frei war. Besonders bekannt wurde 
er als Lehrer am Konservatorium und Verfasser 
einer Violoncellschule op. 60 (Leipzig 1839, Neu- 
ausgabe 1910 von Hugo Becker). Zu seinen 
Schülern zahlen Cossmann und Julius Goltermann. 
Kompositionen: Konzerte und Stücke für Vc. so- 
wie viele Schauspielmusiken. 

Lit.: W. J. v. Wasielewski, Das Vc. . . ., Lpz. 1889, 
hrsg. v. W. v. Wasielewski 21911, 31925. 

Kummer, Kaspar, * 10. 12. 1795 zu Erlau bei 
Schleusingen, f 21. 5. 1870 zu Coburg, war dort 
ab 1813 Flötist der Schloßkapelle. Er schrieb zahl- 
reiche Konzerte, Duos und Stücke für FL, Kam- 
mermusik und eine Flötenschule. 

Lit. : L. de Lorenzo, My Complete Story of the Flute, 
NY 1951. 

Kunc (kunts), Bo£idar, * 18. 7. 1903 zu Zagreb; 
jugoslawischer Komponist und Pianist, bis 1927 
Schüler der Musikakademie Zagreb, an der er 1929 
die Leitung einer Klavierklasse, 1941 die des Opem- 
studios übernahm. Seit 1951 lebt er in New York. 
Werke: Idyll op. 1 (1927) und 2 Ouvertüren für 
Orch., 2 Violinkonzerte (1928, 1955), ein Klavier- 
konzert (1934), Three Episodes für KL und Streich- 
orch. (1957), je ein Klavierquintett, Klavier- und 
Streichquartett, Suite für 4 Vc. und Kl., Stücke für 
V. und Kl., Vc. und KL, Solostücke für FL, Ob., 
Klar., Fag., zahlreiche Werke für KL, darunter 
4 Sonaten und 6 Bagatellen op. 44 sowie Lieder. 

Kunc (kunts), Jan, * 27. 3. 1883 zu Doubrawitz 
(Mähren); tschechischer Komponist, besuchte das 
Lehrerseminar und studierte Musik an der Orgel- 
schule in Brünn und am Prager Konservatorium, 
in der Komposition Schüler von Janäöek und No- 
väk. Er war Lehrer und Musikkritiker in Brünn, 
1918-19 Chormeister am Prager Nationaltheater, 
dann Sekretär und Lehrer des neugegründeten 
Brünner Konservatoriums, das er 1923-45 leitete. 
Seit 1947 hält er Vorlesungen an der Masaryk- 
Universität in Brünn. Werke: Klaviertrio F moll 
op. 3; Streichquartett G dur op. 9; symphonische 
Dichtung Plsen mlddl (»Gesang der Jugend«) op. 12; 
Ballade Stdla Kalehka . . . (»Käthchen stand . . .«) 
für A. und Orch. op. 14; Violinsonate op. 22; 
Klavierstücke; Lieder, Chöre und viele Bearbei- 
tungen von Volksliedern. 

K^ndigraber, Hermann, * 6. 4. 1879 zu Graz, 
1 6. 12. 1944 zu Sankt Marein (Steiermark) ; öster- 
reichischer Komponist, studierte in Graz bei E. W. 
Degner, war 1902-04 Direktor des Musikvereins 
in Pettau, 1904/05 in Olli, 1905-39 Städtischer 
Musikdirektor in Aschaffenburg, dann Direktor 
des Konservatoriums in Klagenfurt, ab 1940 stell- 
vertretender Direktor der Landesmusikschule in 
Graz. Werke: Oper Das Narrentestament (auf eige- 
nen Text); 4 Tondichtungen nach Mathis Grüne- 
wald; Steyrische Suite für Orch.; Kammermusik, 
Chöre und Lieder, Klavierstücke sowie eine Kla- 
vierschule. 

Kunits, von -»-Von Kunits. 

Kunkel, Franz Joseph, * 20. 8. 1808 zu Dieburg 
(Hessen), f 31. 12. 1880 zu Frankfurt am Main; 


deutscher Musikschriftsteller, war 1828-54 Rektor 
der Bürgerschule und Seminarmusiklehrer in Bens- 
heim, komponierte kirchliche Gesangswerke, Or- 
gelstücke sowie ein Choralbuch und schrieb: 
Kleine Musiklehre (1844); Die Verurteilung der Kon- 
servatorien zu Pflanzschulen des musikalisdien Prole- 
tariats (1855) ; Kritische Beleuchtung des K. F. Weitz- 
mannschen Harmoniesystems , Die neue Harmonielehre 
im Streit mit der alten (1863), Theoretisch-praktische 
Vorschule zur Melodiebildungslehre (1874) und Das 
Tonsystem in Zahlen (1877). 

Kqnsemüller, Ernst, * 24. 6. 1885 zu Rehme 
(W estfalen), *f 25. 4. 1918 zu Düsseldorf; deutscher 
Dirigent, studierte anfangs Theologie, dann bis 
1909 Geschichte, Germanistik und Philosophie in 
Bonn und Berlin, wurde dann noch Schüler von 
Friedberg, Bölsche und Steinbach am Kölner 
Konservatorium, war 1918-12 Dirigent eines 
a-cappella-Chores in Neuß am Rhein una ging 1912 
nach Kiel als Dirigent des Vereins der Musikfreunde 
und des Kieler Gesangvereins. 1914 wurde er Nach- 
folger Stanges als akademischer Musikdirektor in 
Kid. Kompositionen: Lieder und Chöre; 2 Kla- 
viersonaten op. 4 und 10; Klaviervariationen op. 6 ; 
Serenade für kleines Orch. op. 9. 

Kunst (koenst), Jaap, * 12. 8. 1891 zu Groningen; 
niederländischer Musikforscher, promovierte 1917 
zum Dr. jur. und wurde, nach einer Kunstreise als 
Conferencier und Violinist durch Niederländisch- 
Indien, holländischer Regierungsbeamter in Ban- 
dung (Java), wo er eingehencl die indonesische 
Kunst, besonders die Musik studierte und eine 
reichhaltige Sammlung von indonesischen Musik- 
instrumenten und -aufnahm en einrichtetc. Nach 
Europa zurückgekehrt, wurde er 1936 Konser- 
vator am Tropeninstitut in Amsterdam und lehrt 
dort seit 1942 auch an der Universität. Von ihm 
sind, neben vielen kleineren Aufsätzen, erschienen: 
Terschellinger Volksleven (Den Haag 1914, 2 1938, 
31950); Het levende lied van Nederland (Amsterdam 
1919, 41948); De toonkunst van Bali (Weltevreden 
1925, mit C. J. A. Kunst-van Wdy); De toonkunst 
van Bali II (Tijdschrift van het koninldijk Bata- 
viaasch Genootschaap LXV, 1925, mit C.J. A. 
Kunst-van Wely); Hindoe-Javaansche muziekinstru- 
menten (Weltevreden 1927, mit R. Goris); De 
Vorigine des ichelles musicalesjavano-balinaises (Jour- 
nal of the Siam Society XXHI, 1929); Een over- 
walsche bloedverwant van den Javaanschen gamelan 
(Ned.-Indie Oud & Nieuw XIV, 1929); A Study 
on Papuan Music (Bandung 1930); De toonkunst van 
Java (2 Bände, Den Haag 1934, englisch als Music 
in Java, 2 Bände, Den Haag 1949; vergleiche dazu 
die Rezension von J. Handschin in AMI XXII, 
1950) ; Oude Westersche liederen . . . (Bandung 
1934) ; Ein musikologischer Beweis für Kulturzusam- 
menhänge zwischen Indonesien . . . und Zentral-Afrika 
(Anthropos XXXI, 1936, auch englisch); Music in 
Nias (Leyden 1938) ; Music in Flores (Leyden 1942) ; 
Hormon ered a gong? (Waar komt de gong an van- 
daan?) (in: Emtekkönyv Kodäly Zoltän . . ., M6- 
langes offerts ä Zoltän Kodäly, Budapest 1943); 
Around Von HombosteVs theory of the cycle ofblown 
fifihs (Publication LXXXVT of the Royal Tropical 
Institut, Amsterdam 1948); Metre , Rhythm and 
Multipart Music (Leyden 1950); Musicologica Publi- 
cation ...of the Royal Tropical Institut (Amsterdam 


981 


Kuntzen 


1950, erweitert separat als Etknor-Musicology, Den 
Haag 1955, mit umfassender Bibliographie zur 
musikalischen Völkerkunde). 

Kuntzen, Johann Paul, Adolph Carl, Fried- 
rich Ludwig Aemilus, -* Kunzen. 

Kunwald, Ernst, * 14. 4. 1868 und f 12. 12. 1939 
zu Wien; österreichischer Dirigent, studierte in 
Wien Jura (Dr. jur.) sowie unter H. Grädener und 
J. Epstein Musik, besuchte noch das Leipziger 
Konservatorium, war Kapellmeister in Rostock, 
Sondershausen, Essen, Halle, 1902-05 in Frankfurt, 
1905/06 an der Krollschen Sommeroper in Berlin, 
1906 am Stadttheater in Nürnberg, 1907-12 2. Di- 
rigent des Philharmonischen Orchesters in Berlin, 
Amn bis 1917 Dirigent des Cincinnati Symphony 
Orchestra, 1920-27 Leiter der Symphonie-Kon- 
zerte in Königsberg, 1928-33 als Nachfolger von 
E. Bohnke Dirigent des Berliner Sinfonie-Orche- 
sters. Er ist mit zahlreichen Aufsätzen hervorgetre- 
ten und hinterließ ein Lehrbuch des Dirigier ens im 
Manuskript. 

Kunz, Erich, * 20. 5. 1909 zu Wien; Österreichi- 
scher Opernsänger (Baß), Schüler der Wiener 
Akademie für Musik, wirkte an den Bühnen von 
Troppau (1935), Plauen (1936) und Breslau (1937 
bis 1941) und gehört seitdem der Staatsoper Wien 
an. K. wirkte bei den Festspielen von Glynde- 
boume, Salzburg und Bayreuth mit und trat ab 
Gast in mehreren europäischen Ländern sowie am 
Teatro Col6n in Buenos Aires auf. 

Kunz, Ernst, * 2. 6. 1891 zu Zimmerwald bei 
Bern; Schweizer Komponist, absolvierte das 
Lehrerseminar Wettingen und wandte sich an der 
Universität München akademischen Studien zu. 
Erst 1912 ging er endgültig zum Musikstudium 
über, war bis 1914 Schmer der Münchner Akade- 
mie (Klose, Kellermann, Schwickerath), 2 Jahre 
Musikdirektor in Lenzburg, vorübergehend Thea- 
terkapellmeister in Rostock, wurde 1917 von 
Bruno Walter an die Münchner Hofoper gerufen 
und genoß dort den für sein Schaffen entscheiden- 
den Einfluß Hans Pfitzners. 1918 in die Schweiz 
(Basel) zurückgekehrt, übernahm er das Amt eines 
Musikdirektors in Olten, später auch die Leitung 
mehrerer Chor- und Orchestervereinigungen. Von 
seinen Werken sind außer 3 Symphonien und der 
Ballade vom Wandersmann für Solos timm en und 
Orch. vor allem die Chorwerke zu beachten: 
Weihnachtsoratorium (1924), Huttens letzte Tage 
(1925), Madlee (1932), Requiem (1941), Pestalozzi- 
Kantate Weisheit des Herzens (1946), Vom irdischen 
Leben (1931-49), Abendlied an die Natur (1950), Ein- 
kehr (1951); Opern Der Fächer (1924-29), VreneU 
ab em Guggisberg (1937). 

Kunz, Konrad Max, * 30. 12. 1812 zu Schwan- 
dorf (Oberpfalz), f 3. 8. 1875 zu München; deut- 
scher Chordirigent, studierte in München Medizin, 
ging aber schließlich ganz zur Musik über, diri- 
gierte die Münchner Liedertafel und wurde 1845 
Chordirektor der Hofoper. K. ist der Komponist 
seinerzeit vielgesungener Männerquartette. 

Kunz, Lucas, OSB, * 16. 5. 1903 zu Crimmit- 
schau; deutscher Choralforscher, studierte Philo- 
sophie und Theologie sowie nach der Priesterweihe 
Musikwissenschaft in Münster (1933-36), wo er 

982 


mit der Dissertation Die Tonartenlehre des römischen 
Theoretikers und Komponisten Pier Francesco Valen - 
tini (= Münsterische Beiträge zur Musikwissen- 
schaft Vm, Kassel 1937) promovierte. An der 
Folkwangschule in Essen war K. Schüler von 
Nowakowski, Kaller und L. Weber. Er ist seit 
1930 Organist der Abtei Gerleve in Westfalen und 
schrieb neben Aufsätzen, die sich mit Komposi- 
tionsformen des gregorianischen Chorals und des- 
sen Rhythmus beschäftigen, Aus der Formenwelt 
des gregorianischen Chorals (4 Hefte, Münster 1946 
bis 1950). 

Kunze, Karl, * 25. 9. 1839 zu Halle, 1 27. 7. 1911 
zu Stettin; deutscher Musikpädagoge, besuchte 
1863/64 das Leipziger Konservatorium, gründete 
1868 ein Konservatorium in Stettin und wurde 
1897 Dirigent des Städtischen Männergesangver- 
eins. Er komponierte Klavierstücke, Lieder und 
ein Oratorium Des Herrn Leiden . Seine Tochter 
Frida K., verehelichte Ritter, wurde ab Violi- 
nistin bekannt. 

Kunzen (Kuntzen), - 1) Johann Paul, * 31. 8. 
1696 zu Leisnig (Sachsen), f 20. 3. 1757 zu Lübeck; 
deutscher Organist, Sohn eines Tuchmachers, be- 
suchte das Gymnasium in Freiberg, studierte 1716 
bb 1718 an der Universität und nahm zugleich 
Musikunterricht bei Kühne. 1718 ging er nach 
Zerbst, schlug jedoch die ihm angebotene Kapell- 
meisterstelle aus und gründete 1719 in Wittenberg 
eine Konzertgeselbchaft. Von dort ging er nach 
Dresden, 1723 nach Hamburg und wurde 1733 ab 
Nachfolger Schiefferdeckers Organist und Werk- 
meister an St. Marien in Lübeck, wo er im gleichen 
Jahre öffentliche Konzerte einrichtete. Er schrieb 
Bühnenwerke, Kirchenmusik, Konzerte und Ou- 
vertüren. - 2) Adolph Carl, * 22. 9. 1720 zu 
Wittenberg, beerdigt 11. 7. 1781 zu Lübeck; deut- 
scher Organist, Sohn und Schüler von Johann 
Paul KL, erregte 1728/29 in London durch sein 
Klavierspiel Aufsehen, wurde 1749 Konzertmeister 
und 1752 Kapellmeister der herzoglichen Kapelle 
in Schwerin, jedoch schon 1753 entlassen, lebte 
1754-57 in London und wurde dann Nachfolger 
seines Vaters in Lübeck. 1772 mußte ihm sein 
späterer Nachfolger J. W. C. von Königslöw zur 
Seite gestellt werden, da er durch einen Schlagan- 
fall gelähmt wurde. Werke: Oratorien, Sym- 
phonien, Klavierkonzerte, Violinsonaten, 12 Sonet- 
tes for the Harpsichord op. 1 und Lieder zum Un- 
schuldigen Zeitvertreib (Hamburg 1748 mit 2 Fort- 
setzungen Lübeck 1754 und London 1756). Sein 
Bruder Johann Gottfried K. war 1758-78 Or- 
ganist an St. Aegidien in Lübeck. - 3) Friedrich 
Ludwig Aemilius, * 24. 9. 1761 zu Lübeck, 
t 28. 1. 1817 zu Kopenhagen; deutscher Kompo- 
nist, Sohn von Adolph Carl K., studierte an der 
Universität Kid und ging 1783 nach Kopenhagen, 
wo er 1789 mit der Oper Holger Danske Aufsdien 
erregte. 1791-92 gab er in Berlin mit J. Fr. Rei- 
chardt das Musikalische Wochenblatt und die Musi- 
kalische Monatsschrift (auch zusammen ab Studien 
für Tonkünstler) heraus, war dann Kapellmeister 
in Frankfurt und Prag und wurde 1795 zum Kö- 
niglichen Kapellmeister in Kopenhagen ernannt. 
Er schrieb noch eine Oper ErikEiegod (Kopenhagen 
1798), Singspide, Schauspielmusiken, Chorwerke, 
eine Symphonie G moll (um 1795), Ouvertüren, 



Kurtz 


Klavierstücke und viele Lieder; deren wichtigste 
Sammlungen sind: Compositionen der in dem ersten 
Theile der Gedichte meines Vaters enthaltenen Oden 
und Lieder (herausgegeben von C. Fr. Cramer, 
Leipzig 1784); Viser (Kopenhagen 1786, deutsch 
Flensburg und Leipzig 1788); Zerstreute Composi- 
tionen (Kopenhagen und Altona 1789). 

Ausg.: A. C. K.: Symphonie D moll, hrsg. v. M. 
Schneider, Lpz. 1957 ; 4 Lieder in: M. Friedlaender, 
Das deutsche Lied im 18. Jh. I, 2, Stuttgart u. Bin 
1902. Fr. L. Ae. K.: Musik zu d. Schauspiel Gyrithe, 
K1.-A. hrsg. v. Chr. Barnekow, Samfundet til udgi- 
velse af danskmusikl, 1 , 1872; 3 Lieder in: M. Fried- 
laender, Das deutsche Lied im 18. Jh. 1, 2, Stuttgart 
u. Bin 1902; Klavierstücke, hrsg. v. E. Winkel, = 
Ancient Danish Piano Music I, Kopenhagen o. J. 
Lit: allgemein: J. Hennings u. W. Stahl, Mg. Lü- 
becks, 2 Bde, Kassel u. Basel (1951-52); zu J. P. K.: 

J. Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, Hbg 
1740, Neudruck hrsg. v. M. Schneider, Bin 1910; zu 
A. C. K.: Cl. Meyer, Gesch. d. Mecklenburg-Schwe- 
riner Hof kapelle, Schwerin 1913; J. Hennings, A. K. 

K. u. seine Lieder . . ., Mf HI, 1950; zu Fr. L. Ae. 
K.: C. A. Martienssen, »Holger Danske«, Z3MG 
XIH, 1911-12; B. Fans, Fr. L. Ae. K. I, Diss. Bin 
1943, maschr. 

Kupper-Herrmann, Annelies Gabriele, * 21. 7. 
1906 zu Glatz (Schlesien); deutsche Opern- und 
Konzertsangerin (Sopran), lebt in Haar (bei Mün- 
chen). Nach dem Schulmusik- und Gesangsstu- 
dium an der Universität Breslau widmete sie sich 
bis 1933 dem Schulmusikdienst, wechselte dann 
zum Konzertgesang über und nahm 1935 ihre 
Laufbahn auch als Opemsängerin auf. Ihr Bühnen- 
weg führte sie von Breslau über Schwerin und 
Weimar 1940 an die Staatsoper Hamburg, von 
hier 1946 an die Staatsoper München, deren Mit- 
glied sie bis heute ist. Gastverträge hat sie mit 
Wien und Berlin, Gastspiele in Salzburg (1952 
Titelpartie der Uraufführung von Strauss* Liehe 
der Danae), London, Stockholm, Paris, Amsterdam. 
Auch als Konzertsangerin ist sie vielerorts tätig. 
Seit 1956 gehört sie als Gastdozentin für Stimm- 
bildung der Münchner Musikhochschule an. 

KurpiAski (kurp'i:jnski), Karol Kazimierz, * 6. 
3. 1785 zu Luscnwitz (Posen), f 18. 9. 1857 zu 
Warschau; polnischer Komponist, Sohn eines Or- 
ganisten, 1810 2., 1825-42 1. Hofkapellmeister und 
Direktor der Oper in Warschau, schrieb 1811-26 
für Warschau 26 polnische Opern, beginnend mit 
dem »Palast von Luzifer« (1811). Die erfolgreich- 
sten waren Szarlatan (1814), Tadwiga (1815), Zamek 
na Czorsztynie (»Das Schloß von Czorsztyn«, 
1819). Er schrieb auch die Ballette Terpsichore , 
Mars und Flora, Bürger und Edelmann, Kirchen- und 
Orchestermusik sowie: Systematische Vorlesungen 
über die Grundlagen der Musik (Warschau 1819), 
Die Grundlagen der Harmonie (Warschau 1821). 
Seine »Reise-Erinnerungen aus dem Jahre 1823« 
gab Z. Jachimedri heraus (Lemberg 1911, Krakau 
21954). 

Kurth» Ernst, * 1. 6. 1886 zu Wien, f 2. 4. 1946 
zu Bern; Schweizer Musikforscher, betrieb in 
Wien praktische (Gund) und wissenschaftliche 
(G. Adler) Musikstudien und promovierte mit 
einer Arbeit: Der Stil der opera seria von Gluck bis 
zum Orfeo feedruckt als: Die Jugendopem von Gluck 
in StMw I, 1913), war zunächst Kapellmeister, 


dann Musiklehrer der Freien Schulgemeinde in 
Wickersdorf und habilitierte sich 1912 als Privat- 
dozent an der Universität Bern, wo er zugleich 
Lektor für Musiktheorie wurde und ein Collegium 
musicum ins Leben rief. 1920 wurde er zum ao. 
Professor, 1927 zum o. Professor ernannt. Er 
schrieb noch: Kritische Bemerkungen zum V. Ka- 
pitel der »Ars cantus mensurabilis « des Franko von 
Köln (Kmjb XXI, 1908); Die Voraussetzungen der 
theoretischen Harmonik (Bern 1913); Zur Motiv- 
bildung Bachs (Bach-Jb. XIV, 1917) ; und die beiden 
auf den Fundamenten der Stilpsychologie aufge- 
bauten, zu einem tieferen Verständnis des kompo- 
sitorischen Schaffens und seiner Gestaltungsprin- 
zipien führenden Werke: Grundlagen des Unearen 
Kontrapunkts, Einführung in Stil und Technik von 
Bach's melodischer Polyphonie (Bern 1917, Berlin 
21922, 31927, Bern 4*1946; dazu: H. Riemann, Die 
Phrasierung ... I, ZfMw I, 1918/19, ebenda K.s 
Erwiderung: Zur Stilistik und Theorie des Kontra- 
punkts) und: Romantische Harmonik und ihre Krise in 
Wagners »Tristan« (Bern und Leipzig 1920, Berlin 
21923), ferner die groß angelegte Monographie 
Bruckner (2 Bände, Berlin 1925), einen Vortrag 
über Die Schulmusik und ihre Reform (in: Schul- 
praxis XIX, 1930, und: SMZ LXX, 1930); und 
eine zusammenfassende Musikpsychologie (Berlin 
1930, Bern 21947). K. gab die Berner Veröffent- 
lichungen zur Musikforschung (ab 1927) heraus, so- 
wie: J. S. Bach, Sechs Sonaten und sechs Suiten für 
Violine und Violoncello solo (= Musikalische Stun- 
denbücher IV, München 1921). 

Lit.: E. Bücken, K. als Musiktheoretiker, Melos IV, 
1924/25; W. Schuh, E. K. zum 60. Geburtstag, SMZ 
LXXXVI, 1946; vor allem: K. v. Fischer, In me- 
moriam E. K., in: Der Musik-Almanach, hrsg. v. 
V. Schwarz, München (1948); W. Kreidler, E. K., 
Mf H, 1949. 

Kurthen, Wilhelm, *4. 2. 1882 zu Elsen (Rhein- 
land), + 22. 6. 1957 zu Weidesheim (Kreis Eus- 
kirchen); deutscher Komponist, war 1905-17 in 
Köln und Bonn angestellt, studierte an der Bonner 
Universität, wo er 1918 promovierte. K. lebte als 
Pfarrer in Weidesheim. Er war 1925-35 als Dozent 
für altklassische Polyphonie Leiter der Abteilung 
für katholische Kirchenmusik an der Hochschule 
in Köln und Herausgeber des Gregoriusblattes. 
Werke: Messen, Motetten und Lieder sowie viele 
Aufsätze zur Geschichte der Kirchenmusik, dar- 
unter Studien zu W. A. Mozarts kirchenmusika- 
lischen Jugendwerken (Z£Mw m, 1920/21). 

Lit: L. Schiedermair, W. K. als Musikforscher, Zs. 
f. Kirchenmusik LXXÜ, 1952. 

Kurtz» - 1) Ef rem, * 7. 11. 1900; amerikanischer 
Dirigent russischer Geburt, studierte an der Mu- 
sikhochschule Petersburg (Glasunow, N. N. 
Tscherepnin) und am Stemschen Konservatorium 
in Berlin, war 1933-42 Dirigent der Ballets Russes 
de Monte Carlo, leitete 1943-48 das Kansas City 
Philharmonie Orchestra, ab 1948 das Houston 
Symphony Orchestra und unternahm Konzert- 
reisen durch die USA und Europa. - 2) Edmund, 
* 29. 12. 1908, Bruder von Efrem K.; amerikani- 
scher Violoncellist russischer Geburt, Schüler von 
J. Klengel am Leipziger Konservatorium, ging 
1936 nach den USA und war bis 1944 Soloviolon- 
cellist am Chicago Symphony Orchestra. 


983 



Kurz 


Kurz, Johann Joseph Felix von (Kurtz), * 22. 2. 
1717 und t 2.2. 1784 zu Wien; österreichischer 
Schauspieler, verkörperte in zahlreichen Stegreif- 
spielen die Hanswurstrolle des Bemardon (daher 
auch K-Bemardon), trat auf zwischen 1737 und 

1770 in Wien, gelegentlich in Frankfurt am Main, 
München, Venedig, Nürnberg, Mainz und nach 

1771 in Breslau, Danzig und Warschau. Er ver- 
faßte Texte zu über 300 Singspielen, von denen 
vermutlich auch J. Haydn einige vertonte. 1751 
schrieb K. für Haydn das Libretto zu der Opdra 
comique Der krumme Teufel nach dem Roman Le 
didble boiteux von Le Sage (in der 2. Fassung von 
1758: Der neue krumme Teufel ). 

Ausg.: 3 Singspiele, hrsg. v. R. Haas, in: DTÖ 
XXXIII, 1 <» Bd 64). 

Lit: F. Raab, J. J. F. v. K., hrsg. v. Fr. Raab, Ffm. 
1899; C. F. Pohl, Joseph Haydn 1, 1, Lpz. 1878; R. 
Haas, in ZfMw m, 1920/21, S. 405 ff.; ders.. Die 
Musik in d. Wiener deutschen Stegreifkomödie, 
StMwXH, 1925. 

Kurz, Selma (K.-Halban), * 15.11.1874 zu 
Biala (Galizien), t 10. 5. 1933 zu Wien; österrei- 
chische Sängerin (Koloratursopran) , erst am Frank- 
furter Opernhaus, dann in Wien unter Mahler, der 
sie 1899 an die Hof oper brachte (dort bis 1926) und 
dem sie große Förderung verdankte; als Star 
wurde sie m Europa und Amerika gefeiert. 

Lit: H. Goldmann, S. K., Bielitz 1933. 

Kurzbach, Paul, * 13. 12 1902; deutscher Kom- 
ponist, studierte bei OrfF und an der Musikhoch- 
schule Leipzig, ist tätig als Kapellmeister in Chem- 
nitz. Er schrieb 2 Opern, darunter Thomas Münzer , 
Orchester- und Kammermusik, 3 Streichquartette, 
Lieder und Chöre. 

Kusche, Benno, * 30. 1. 1916 zu Freiburg im 
Breisgau; deutscher Opernsänger (Bariton), lebt 
in München. Er absolvierte 1938 die Akademie 
des Badischen Staatstheaters Karlsruhe, begann im 
gleichen Jahr seine Bühnenlaufbahn mit einem 
Sommerengagement bei den Heidelberger Fest- 
spielen und kam über Koblenz 1939 nach Ausg- 
burg. Seit 1946 ist er Mitglied der Staatsoper Mün- 
chen. 

Knsnez^w, Konstantin Alexjewitsch, * 9. (21.) 
9. 1883 zu Nowo-Tscherkask (Südrußland), f Juli 
1953 zu Moskau; russischer Musikforscher, stu- 
dierte Rechts- und Staatswissenschaften, lehrte ab 
1912 in Moskau, 1914-20 an der Universität 
Odessa, war jedoch 1921-31 Präsident des Staats- 
instituts für Musikwissenschaft in Moskau, später 
Professor am Moskauer Konservatorium. Schrif- 
ten: »Studien zur Musik« (1919); Musykahto- 
istoritscheskije portrety (»Musikgeschichtliche Por- 
traits«) I (1937); ferner g^ab K. heraus: Istorija 
russkoj musyki tu issledowanijach i materialach (»Ge- 
schichte der russischen Munk in Forschungen und 
Materialien«, 4 Hefte, Moskau-Leningrad 1924-27, 
von denen er selbst das 3. Heft über »Glinka und 
seine Zeitgenossen« verfaßte, 1926). 

Kasser, Johann Sigmund (Cousser), getauft 
13. 2 1660 zu Preßburg, f im November 1727 zu 
Dublin; deutscher Komponist, Sohn des evange- 
lischen Kantors in Preßburg, Johann KL (später 
Organist in Stuttgart). J. S. K. war der eigentliche 


Begründer des Glanzes der Hamburger Oper, nach 
dem Zeugnis von Walthers Lexikon ein unruhiger 
Geist, der nirgends lange bleiben konnte, so daß 
»wohl nicht leicht ein Ort sein wird, da er nicht 
bekannt geworden«. KL lebte 1674-82 in Paris in 
intimer Freundschaft mit Lully, war Kapellmeister 
am Hofe von Braunschweig-W olf enbüttel (wo 
vielleicht R.Keiser sein Schüler war), pachtete 
1694 mit Kremberg die Hamburger Oper und 
führte bis 1696 die Direktion und den Kapell- 
meisterstab so ausgezeichnet, daß Mattheson im 
Schlußkapitel des »Vollkommenen Kapellmeisters« 
ihn als Muster eines Dirigenten hinstellt. Ab 1696 
reiste er mit einer Opemtruppe in Süddeutschland 
und ist in Nürnberg und Augsburg nachweisbar. 
Nachdem er 1698-1704 als Kapellmeister an der 
Stuttgarter Oper gewirkt hatte, begab er sich nach 
England und wurde Kapellmeister des Vizekönigs 
von Irland. Der Sdl K.s ist, verglichen mit dem 
Keisers, etwas schwerfällig, aber von hohem Add 
der Melodik, dabei weitgehend geprägt von Lully 
und Steffani. K.s Werke sind: die Opern für 
Braunschweig: Julia (1690), Cleopatra (1691), Ari- 
adne (1692; Arien und Duette als Helikonische Mu- 
senlust, Stuttgart 1700), Andromeda (1692), Jason 
(1692), Nardssus (1692), Poms (1693); weiter für 
Hamburg: Erindo (1693; 44 Arien 1695 bei Spie- 
ringk in Hamburg gedruckt), Pyramus und Thisbe 
(nicht auf geführt), Scipio Africanus (1694), und für 
Stuttgart: Der verliebte Wald (1699) und Erminia 
(1698); dazu noch La Grotta di Salz dahl (Salzthal 
1691) und Junta (Augsburg 1697). K. ist der erste 
Komponist, welcher nach dem Vorbüde der fran- 
zösischen Opemsuiten Ouvertüren und Tanz- 
stücke als Konzertwerke herausgab, was eine voll- 
ständige Umwälzung der deutschen Orchester- 
musik zur Folge hatte (-* Suite). Das erste Werk 
dieser Art ist: Composition de musique suivant la 
mithodefrangoise (6 Suiten, 1682), die weiteren 1700 
folgenden 3 Werke enthalten mindestens teilweise 
Stücke aus seinen (nicht erhaltenen) Opern (je 
6 Suiten): Festin des Muses ; La Cicala della Cetra 
d’Eunomio und Apollon enjoui . Auch schrieb er noch 
in England eine Geburtstagsserenade für König 
Georg I. (1724), eine Trauerode auf Miss Arabella 
Hunt und eine Serenata teatrale zu Ehren der 
Königin Anna. 

Ausg.: Arien, Duette u. Chöre aus Erindo, hrsg. v. 
H. Osthoff, LDM Schleswig-Holstein u. Hanse- 
städte HI; Ouvertüre IV aus »Composition de Mu- 
sique«, hrsg. v. H. Osthoff, NMA C; Aria Schöne 
Wiesen aus Erindo, Schering Beisp. 250. 

Lit: Fr. Chrysander, Die Hbger Oper unter d. 
Direction v. J. S. K. 1693-96 u. Eine engl. Serenata 
v. J. S. K. um 1710, AMz XIV, 1879; H. Scholz, 
J. S. KL (Cousser), Diss. München 1911, Lpz. 1911; 
W. Schulze, Die Quellen d. Hbger Oper, Diss. Hbg 
1936 - Mitt aus d. Bibi. d. Hansestadt Hbg IV, 
Hbg 1938; H. Chr. Wolff, Die Barockoper in Ham- 
burg, 2 Bde, Wolfenbüttel 1957. 

Kussew)tzky, Sergej Alexandrowitsch (auch 
Koussevitzky, eigentlich Kusse wizkij), * 13. 
6. 1874 zu Wischnij-W olotschok (Gouvernement 
Twer), f 4. 6. 1951 zu Boston; russischer Dirigent, 
studierte an der M nsilralisc b-Hr amatisch en Schule 
der Moskauer philharmonischen Gesellschaft 1888 
bis 1894 Kontrabaß, gewann ab Virtuose großen 
Ruf und lehrte ab 1900 sdbst an dieser Anstalt. 


984 



Kwast 


1907 begann er als Dirigent aufzutreten und grün- 
dete 1909 ein eigenes Orchester in Moskau sowie 
mit seiner Gattin Natalie K. den Russischen Mu- 
sikverlag, der Werke von Skrjabin, Medtner, 
Strawinsky und Prokofjew herausbrachte. Da sich 
sein Orchester infolge der Revolution auflöste, 
übernahm er die Leitung des Staatsorchesters in 
Petrograd, ging aber dann nach Paris und leitete 
dort 1921-28 die Concerts Koussevitzky, als Nach- 
folger von Monteux 1924-49 das Boston Sym- 
phony Orchestra. Auch in Boston setzte sich K., 
der einer der gefeiertsten Dirigenten in den USA 
war, durch hervorragende Aufführungen und 
Vergebung von Aufträgen besonders für zeit- 
genössische Komponisten ein. 

Ut : A. Louri£, S. K., NY 1931 (engl. v. S. W. Pring) ; 
H. Leichtentrüt, S. K., Cambridge, Mass., 1946: 
M. Smith, KL, NY 1947. 

Rpsterer, Arthur, * 14. 6. 1898 zu Karlsruhe; 
deutscher Komponist, 1913-16 Schüler des Kon- 
servatoriums in Karlsruhe, dort 1917-19 Kapell- 
meister am Theater, 1936-45 Lehrer an der Ber- 
liner Hochschule, ab 1950 musikalischer Leiter des 
Opemstudios der Komischen Oper Berlin. Werke: 
Opern ( Casanova, Stuttgart 1921; Was Ihr wollt, 
Dresden 1932; Katharina , Berlin 1938), Orchester- 
werke (2 Symphonien), Klavierkonzert, Kammer- 
musik, Kantaten, kleinere Instrumentalstücke und 
Lieder. 

Kuttner, Fritz Alexander, * 8. 1. 1903 zu Posen; 
deutscher Musikforscher und Soziologe, promo- 
vierte in Wirtschaftswissenschaften in Berlin, stu- 
dierte hier Musikwissenschaft und Komposition. 
1944—47 lehrte er Musikgeschichte an der St. John’s 
University in Shanghai, wurde dann Musikkri- 
tiker, 1949-51 in New York am Musical Courier. 
KL beschäftigt sich mit orientalischer Musikwis- 
senschaft, Musikarchäologie und Akustik und ist 
Leiter der ForschungsabtSlung der Musurgia Re- 
cords, einer Schallplattenreihe mit Beispielen zur 
Musiktheorie. 

Kutzsdibach, Hermann Ludwig, * 30. 8. 1875 
zu Meißen, t 9. 2. 1938 zu Dresden; deutscher 
Kapellmeister, 1895-1906 mit kurzen Unter- 
brechungen Korrepetitor am Dresdner Hoftheater 
(ab 1898 als 3. Kapellmeister neben Schuch und 
Hagen), 1906-09 1. Hofkapellmeister in Mann- 
heim, kehrte dann in die Dresdner Stellung zurück, 
nach Hägens Pensionierung 1913 als 2. Kapell- 
meister, nach Schuchs Tod 1. Kapellmeister, mit 
Fr. Reiner, dann mit Fr. Busch koordiniert, war 
später auch Leiter der Dresdener Orchesterschule. 

Kuula, Toivo, * 7. 7. 1883 zu Vaasa (Finnland), 
t 18- 5. 1918 zu Vnpuri; finnischer Komponist, 
studierte am Konservatorium in Helsingfors sowie 
unter E. Bossi in Bologna, H. Sitt in Leipzig und 
Labey in Paris. Ab 1910 war er Orchester dingent 
in Oulu, 1913/14 Hilfsdirigent des Philharmoni- 
schen Orchesters in Helsingfors, zuletzt Dirigent 
des Städtischen Orchesters in Vnpuri, wo er als 
ein Opfer der Unruhen fieL Werke: Österbott- 
nische Suiten für Orch.; Klaviertrio A dur op. 7 
(1910); Violinsonate Emoll; Vokalwerke mit 
Orch.: Orion potka (»Der Sklavensohn«); Meren- 
kylpijäneidot (»Die Seenymphen«); Stabat mater; 


größere Chorkompositionen a cappella, Lieder 
und Klavierstücke. 

Lit: T. Elmoren-Heiroren, T. K. Elämäkerta (Le- 
bensbeschreibung), Helsinki 1938. 

Kuusisto, Taneli, * 19.6.1905 zu Helsinki; 
finnischer Organist und Komponist, studierte 1923 
bis 1928 an der Universität Helsinki, 1930-31 an 
der Kirchenmusikschule, bis 1935 an der Sibdius- 
Akademie. Studienreisen führten ihn nach Paris, 
Leipzig und Stuttgart. 1930 wurde er Organist in 
Helsinki, war außerdem 1936-41 musikalischer 
Mitarbeiter beim finnischen Rundfunk, 1942-46 
Chordirigent der Finnischen Oper, 1945-51 Män- 
nerchorleiter. An der Sibehus-Akademie in Hel- 
sinki ist er seit 1948 Lehrer für liturgisches Orgel- 
spiel, wurde 1955 Leiter der Kirchenmusikabtei- 
lung und 1956 Prorektor. 1952-56 arbeitete er auch 
als Musikkritiker an der Zeitung Uusi Suomi. Er 
schrieb die symphonische Dichtung Laatokka, Toc- 
cata für Orch., Nocturnes für Vc. und Orch., ein 
Streichquartett, Trio für FL, V. und KL, Trio für 
FL, V. und Va, Violinsonate, Klaviermusik, Orgel- 
werke, Chormusik, kirchliche Vokalmusik, zahl- 
reiche Lieder. 

Kuyper (k'oipsr), Elisabeth, * 13. 9. 1877 zu 
Amsterdam; holländische Pianistin und Kompo- 
nistin, Schülerin von H. Barth und M. Bruch an 
der Berliner Hochschule, dort 1908-20 Lehrerin 
für Theorie und Komposition, 1910 Gründerin 
und Leiterin des Berliner Tonkünsderinnen-Or- 
chesters und Dirigentin der Sängerinnen-V ereini- 
gung des deutschen Lyzeumklubs, 1922 des Lon- 
don Women’s Symphony Orchestra, 1923 des 
Women’s Symphony Orchestra in New York. 
Werke: 2 VioHnsonaten, Violinkonzert Hmoll 
op. 10, Orchesterserenade D moll op. 8; Klavier- 
trio D dur op. 13; Symphonie A moll; Kantaten, 
Chöre, Lieder. 

Kvapil, Jaroslav, * 21.4.1892 zu Freistadd 
(Mähren) ; tschechischer Komponist, Schüler von 
Tand£ek, 1920-45 Direktor der tschechischen phil- 
harmonischen Schule, ist seit 1945 Kompositions- 
lehrer an der JandÖek-Musikakademie in Brünn. 
Als Chorleiter des Philharmonischen Vereins führte 
er 1923 Bachs Matthäuspassion zum ersten Male in 
der Tschechoslowakei auf. Werke: Oper Pohddka 
mdje (Prag 1950), Oratorium Lvi srdee (»Löwen- 
herz«, 1928-31), Orchesterwerke (4 Symphonien), 
Violinkonzert G dur (1927/28), Burtesque für FL 
und Orch. (1945) ; Kammermusik: Nonett (1945), 
Quintett für Blechinstrumente (1925), Bläserquin- 
tett (1935), Klavierquintett (1914/15), 6 Streich- 
quartette, Quartett für FL, V., Va und Vc. (1948), 
Klaviertrio (1912), je 3 Violin- und Klaviersonaten, 
Sonate für V. und Org. (1931), Cdlosonate (1913), 
Zyklen von Klavierstücken und Liedern. 

Lit: L. Kundera, J. Kv., Prag 1944. 

Kwast, James, * 23. 11. 1852 zu Nijkerk (Hol- 
land), f 31* 10. 1927 zu Berlin; holländischer Pia- 
nist, Schüler seines Vaters, als Stipendiat Schüler 
von Reinecke und Richter am Leipziger Konser- 
vatorium, Th. Kullak und Wüerst in Berlin, und 
L. Brassin und Gevaert in Brüssel, wurde 1874 
Nachfolger Gernsheims als Lehrer am Kölner Konr- 
servatorium, war 1883-1903 am Hochschen Kon- 


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Kwast 


servatorium in Frankfurt Lehrer für Klavierspiel 
und wirkte 3 Jahre in gleicher Eigenschaft am 
Klindwoith-Scharwenka-, dann am Stemschen 
Konservatorium (auch für Ensemblespiel). Seine 
erste Frau (1877-1902) war Ferd. Hiliers Tochter 
Antonie ; später war er vermählt mit einer seiner 
Schülerinnen, der ausgezeichneten Pianistin (Re- 
gerspielerin) Frieda Hodapp (* 13. 8. 1880 zu 
Bargen bei Engen, f 14. 9. 1949 zu Bad Wiessee 
in Oberbayem). Als Komponist trat Kw. mit 
einem Trio, einer Ouvertüre, einem Klavierkon- 
zert in F dur und Etüden op. 20 hervor. Er gab 
Werke von Händel und Clementi heraus (Ton- 


meisterausgabe). Seine Tochter Mimi (1879-1926) 
wurde 1899 von H. Pfitzner entführt und in Eng- 
land geheiratet. 

Kyndel, Otto Herbert, * 3. 3. 1904 zu Lillkyra 
(örebrolän); schwedischer Violinist, Schüler von 
H. Marteau und Ch. Barkel, gehörte 1920-33 
(seit 1928 als 1. Konzertmeister) der Orchester- 
vereinigung in Norrköping an, wirkte danach 
beim Schwedischen Filmindustrie-Orchester und 
seit 1938 im Radio-Orchester. 1941 gründete er 
das K.-Quartett, betätigt sich daneben aber weiter- 
hin als einer der führenden schwedischen Violin- 
solisten. 


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