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Full text of "Von Der Koniglichen Gesellschaft Der Wissenschaften Zu Gottingen Geschaftliche Mitteilungen 1920"

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GOVERNMENT OF INDIA 
ARQPiEOLOGICAL SURVEY OF INDIA 

ARCHiEOLOGICAL 

LIBRARY 


ACCEcsSION NO. 3 /^3 ^ . 

CALL No. 0 6 . / yy ft-c /6. 


D.G.A. 79 







Nachrichten 

'von der Koniglichen Gesellschaft 
der Wissenschaften zu Gottingen 


GeschMiche Mitteilungen 
aus dem Jahrei[92d ) 


( 



‘/VclcJgm- 





BERLIN 

Weidmannsche Buchhandlung 
1920 



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0.11 N., |G-M 


Brack der Dieterichschen Uniy.-Bachdruckerei (W. Fr. Kaestner) in Gottingen. 



I N H A L T. 


Seite 

Bericht des abtretenden Sekretars iiber das Oeschaftsjahr 1919/20 ... 1 

Verzeichnis der im Jahr£ 1919 20 abgehaltenen Sitzungen und der darin 

gemachten wissenschaftlichen Mitteilungen 5 

Verzeichnis der Mitglieder der Koniglichen Gesellschaft der Wissenschaften 

zu Gottingen Ende Marz 1920 11 

Verzeichnis der im Jahre 1919 eingegangenen Druckschriften 19 

Benekesche Preisstiftung 34 

Bericht der Kommission fiir die Herausgabe der alteren Papsturkunden 

1919/20 36 

Wedekind-Stiftung 38 

Zwolfter Bericht fiber das Septuaginta-Untemehmen 39 

Lagarde-Stiftung und Stiftung der Freunde Lagardes 40 

Bericht der Religionsgeschichtlichen Kommission bei der Kfiniglichen Ge- 
sellschaft der Wissenschaften 41 

Bericht der Kommission der Wolfskehl-Sfiftung 42 

Bericht der Kommission ffir die luftelektrische Forschung 43 

XIX. Bericht fiber das Samoa-Observatorium ffir das Jahr 1919,20 ... 44 

Bericht fiber die ausgesetzten Preisaufgaben 45 

C. RUNGE, Woldemar Voigt 46 

A. BERTHOLET, Hermann Oldenberg 53 

P. JENSEN, Friedrich Merkel ... 65 

D. HILBERT, Adolf Hurwitz .... .... 75 

R. REITZENSTEIN, Wilhelm Bousset 84 




Bericht des abtretenden Sekretars iiber das Gescbafts- 

jahr 1919/20. 

Die Gesellschaft der Wissenschaften hat wahrend des abge- 
laufenen Geschaftsjahres 14 ordentliche und zwei offentliche Sit- 
znngen gehalten, iiber deren wissenschaftlichen Teil miten be- 
richtet ist. 

Die Nachrichten der mathematisch-physikalischen Klasse sind 
in drei Heften und einem Beiheft, die der philologisch-historischen 
Klasse in drei Heften erschienen. 

Von den Abhandlungen der mathematisch-physikalischen Klasse 
sind erschienen: 

X. Bd. Nr. 6 J. Hartmann, Die astronomischen Instrumente 
des Kardinals Nikolaus Cusanus. 

Die Gottingischen Gelehrten Anzeigen sind unter der Redak- 
tion des Herrn Dr. Joachim fortgefiihrt worden. 

Der Tauschverkehr wurde fiir die mathematisch-physikalische 
Klasse mit der Geophysiske Kommission in Christiania aufge- 
nommen, fiir die philologisch-historische Klasse mit der Redaktion 
des Neophilologus in Amsterdam und der Redaktion des Journal 
of oriental research in Chicago. 

Aus dem NachlaB des Herrn Professor Tiiselmann warden 
der Gesellschaft von seiner Wit we Manuskripte und Bucher mit 
wertvollen Vorarbeiten fiir eine Ausgabe derWerke Oppians ver- 
macht. 

Frau Lili Wit t ichen in Marburg schenkte der Gesellschaft 
zur Erinnerung an ihre gefallenen Sohne Paul und Friedrich Karl 
eine Sammlung von historischen Werken. 

Uber die der Gesellschaft im Jahre 1919 durch Tausch und 
sonst zugegangenen Schriften gibt das weiterhin mitgeteilte Ver- 
zeichnis Auskunft, das zugleich als Empfangsbescheinigung dient. 

Xmchiichten; geacbmi. UitteiUngen 1920. I. 1 



2 


Bericbt des abtretenden Sekretars iiber das Geschaftsjahr 1919/20. 


Zur UnterstiitzQiig wissenschaftlicher Arbeiten bewilligte die 


Gesellschaft : 

HermSethe fiir das aegyptische Worterbuch (ver- 

teilt auf drei Jabre) M. 3000 

Herrn Schroder fiir die mittelalterlichen Biblio- 

thekskataloge M. 1000 

Herrn Lidzbarski fiir das arabische Worterbnch 

von A. Fischer in Leipzig M. 500 

Fiir die Teneriffa-Expedition M. 400 

Herrn Littmann fiir den Druck seiner Arbeit iiber 

die arabischen Zigeunersprachen M. 700 


Die Gesellschaft wahlte am 18. Jnli 1919 zn ordentlichen Mit- 
gKedern die Herren 

Hermann Thiersch 
Alfred Bertholet. 

Znm Ehrenmitgliede wurde am 28. Marz 1919 gewahlt 
Friedrich Schmidt, Exzellenz, in Berlin-Steglitz. 

Zu auswartigen Mitgliedern warden gewahlt die Herren 
Hugo vonSeeliger in Miinchen (korrespondierendes Mit- 
glied seit 1901, gewahlt am 28. Marz 1919), 

Adolf Erman in Berlin (korrespondierendes Mitglied seit 
1888, gewahlt am 18. Juli 1919), 

Dietrich Schafer in Berlin-Steglitz (korrespondierendes 
Mitglied seit 1894, gewahlt am 18. Juli 1919), 

Harry BreBlau in Heidelberg (korrespondierendes Mit- 
glied seit 1906, gewahlt am 18. Juli 1919). 

Zu korrespondierenden Mitgliedern wahlte die Gesellschaft in 
der philologisch-historischen Klasse die Herren 

Heinrich Alfred Schmid in Basel, 

Wilhelm Heraeus in Offenbach, 

Rudolf Ehwald in Gotha, 

Karl Geldner in Marburg, 

Wilhelm Braune in Heidelberg, 

He rmann Oncken in Heidelberg, 

Friedrich Techen in Wismar, 

Erich Berneker in Miinchen. 

Durch den Tod verier die Gesellschaft ihre ordentlichen Mit- 
glieder Friedrich Merkel, Gustav Cohn, Woldemar 
V^oigt und Hermann Oldenberg, zu deren Gedachtnis in der 
offentlichen Sitzung am 15. Mai gesprochen wurde ; ferner die 
auswartigen Mitglieder 



Bericht des abtretenden Sekretars uber das Geschaftsjahr 1919/20. 


3 


Emil Fischer in Berlin, gestorben am 15. Jnli 1919 den 
bahnbrechenden Chemiker , dem die kunstliche Darstellung des 
Traubenzuckers gelang and dessen Untersnchnngen das schwierigste 
ehemiscbe Problem die Darstellang von EiweiBstoffen der Losung 
naherbrachten. 

Adolf Hurwitz in Zurich, gestorben am 21. November 1919 
zn dessen Gedachtnis Herr Hilbert in der ofPentlichen Sitzang 
gesprochen hat. 

Wilhelm Pfeffer in Leipzig, gestorben am 31. Jannar 
1920, den langjahrigen Fiihrer in der Pflanzenphysiologie , darch 
seine osmotischen TJntersuchungen bahnbrechend anch fiir grnnd- 
legende Gebiete in Physik und Chemie. 

William Lord Rayleigh in Witham, gestorben am 
30. Juni 1919, den Meister der mathematischen Physik, den Letzten 
ans der groBen Zeit, die mit den Namen Helmholtz, Kelvin, Kirch- 
hof, Maxwell, Stokes verbunden ist. 

Gustav Retzins in Stockholm , gleich hervorragend als 
Anatom wie als Anthropologe, der als Anatom alle Lebensformen 
in den Kreis seiner Untersuchung zog. 

Wilhelm Bousset in GieBen, gestorben am 8. Marz 1920, 
zu dessen Gedachtnis Herr Reitzenstein in der offentlichen 
Sitzung gesprochen hat. 

Von ihren korrespondierenden Mitgliedern verlor die Gesell- 
schaft. 

Heinrich Bruns in Leipzig, den verdienten Mathematiker 
und Astronomen, seit 1882 Direktor der Sternwarte in Leipzig. 

Otto Biitschli in Heidelberg, gestorben am 2. Februar 
1920, den sinnreichen Erforscher des Protoplasmas, dessen Be- 
wegung er mechanisch erklarte, beriihmt durch seine umfassenden 
Arbeiten iiber Protozoen, als Sekretar der Heidelberger Akademie 
unsrer Gesellschaft besonders nahestehend. 

TJlisseDini in Pisa, gestorben im Jahre 1918, d n- das 
Stadium der reellen Funktionen reeller Veriinderlicher in Italien 
angepflanzt und gepflegt hat, ankniipfend zumeist an Arbeiten 
deutscher Forscher. 

Eugen Petersen in Berlin - Halensee , gestorben im De- 
zember 1919, den langjahrigen Sekretar des kaiserlichen deutschen 
archaologischen Instituts in Rom. Die letzte Arbeit des 80jah- 
rigen iiber den „Rythmus“ ist vor wenigen Jahren in unsern Ab- 
handlungen erschienen. 

Theodor Reye bisher in StraBburg, gestorben am 2. Jnli 
1919, den Altmeister der synthetischen Geometrie, Gottinger Doktor 

1 * 



4 Bericht des abtretenden Sekretirs uber das Gescbaftsjabr 1919/20. 

ans dem Jahre 1861, in seinem 81. Lebensjahre ans StraBbnrg 
vertrieben, wo er seit 1872 als Universitatslehrer gewirkt hat. 

Goswin Freiherrn von der Eopp in Marburg, gestorben 
am 17. November 1919, der als Schiiler von Georg Waitz hier 
promoviert hat und nns znletzt dnrch seine mustergiUtige Aus- 
gabe der ^Gottiuger Statuten“ wieder nahe getreten ist. Seine 
Tatigkeit als Heransgeber und Organisator ist gleicbmaBig der 
Hansischen und der Hessischen Geschichte zu Gute gekommen. 

Simon Schwendener in Berlin, gestorben im Juni 1919, 
den Begriinder der physiologisch-anatomischen Forschungsrichtnng 
in der Botanik. 

Josef Seemiiller in Wien, gestorben am 20. Januar 1920, 
den hochst erfolgreichen Lebrer der Wiener Ilniversitat und viel- 
seitigen Forscher germanischer WissenscLaft , der besonders als 
Editor bleibendes und vorbildliches geschaffen hat. 

Paul Stackel in Heidelberg, gestorben am 12. Dezember 
1919, der auBer durch seine mathematischen Arbeiten, durch sein 
padagogisches und historisches Interesse in alien die Mathematik 
angehenden Dingen ausgezeichnet war. Er hat das Tagebuch von 
Gaufi aufgespurt, das uns die merkwiirdigsten Aufschlusse iiber 
GauB’ Entwicklung gegeben hat. 

Alfred Werner in Zurich, gestorben am 15. November 
1919, den hervorragenden Chemiker, dessen klassische Unter- 
suchungen iiber Isomerie-Erscheinungen bei anorganischen Verbin- 
dungen und die Auffindung optisch aktiver anorganischer Molekiil- 
verbindungen, sowie seine theoretischen Erorterungen, die zur Ein- 
fiihrung des Begriffs der Koordinationszahl and der Nebenvalenzen 
fiihrten ihm einen dauernden Namen sichern. 



Verzeichnis der im Jahre 1919/20 abgehaltenen 
Sitzungen und der darin gemachten wissenschaftlichen 

Mitteilungen. 

Offentlicbe Sitzang am 10. Mai 1919. 

Jahresbericht des Sekretars E. Schroder. 

A. Peter halt eine Vorlesung iiber Landschaften, Vegetation und 
Eingeborene von Deutsch - Ostafrika. (Greschaftliche Mittei- 
lungen 1919.) 

Ordentliche Sitzang am 16. Mai 1919. 

A. W i n d a a s, Tiber die Umwandlang des Cholesterins in Cholan- 
carbonsaare. (Nachrichten, math.-phys. Kl. 1919, S. 167.) 

Gr. Tammann, Die Entstehang des mascheligen Braches. (Nach- 
richten, math.-phjs. Kl. 1919, S. 218.) 

Derselbe, Tiber Anlaaffarben von Metallen. (Nachrichten, math.- 
phys. Kl. 1919, S. 226.) 

0. Mugge legt vor : 

A. Johns en (Kiel), Feaerschlagen. (Nachrichten, math.-phy3. 
Kl. 1919, S. 416). 

E,. Reitzenstein, Bemerkungen zur Martyxerliteratur II. (Nach- 
richten, phil.-hist. Kl. 1919, S. 177.) 

K. Sethe, Die relativischen Partizipialumschreibungen des Demo - 
tischen and ihre TIberreste im Koptischen in zwei Ausdrucken 
der hellenistischen Mysteriensprache. (Nachrichten, phil.-hist. 
Kl. 1919, S. 145.) 

Ordentliche Sitzang am 30. Mai 1919. 

E. Schroder legt vor: 

£. Littmann (Bonn), Das Arabische in den morgenlandischen 
Zigeanersprachen. (Erscheint in den Abhandlnngen, phU.- 
hist, Kl.). 



6 VerzeichDis der ■wisseDschaftlichen Mitteilungen. 

F. Klein legt vor: 

K. Fricke (Braunschweig), tiber Transfoimations- und 
Klassenpolygone. (Nachrichten , math. - phys. Kl. 1919, 
S. 100.) 

C. Runge legt vor: 

F. Noether (Karlsruhe), Tiber analytische Berechnung der 
Geschofipendelnngen. (Nachrichten, math.-phys. Kl. 1919, 
S. 373.) 

A. Windaus, Die Konstitution des Cholesterins. (Nachrichten, 
math.-phys. Kl. 1919, S. 237.) 

Ordentliche Sitznug am 20. Juni 1919. 

G. Tammann, tiber den Einflnfi des Druckes auf die Explosions- 

temperatnr. (Nachrichten, math.-phys. Kl. 1919, S. 220.) 

F. Klein legt vor: 

A. Ostrowski (Gottingen), Znr arithmetischen Theorie der 
algebraischen Grofien. (Nachrichten, math.-phys. Kl. 1919, 
S. 279). ' 

E. Schroder, Zur Uberlieferung und Textkritik der Kudrun. V. 
(Nachrichten, phil.-bist. Kl. 1919, S. 159.) 

H. Oldenberg, Zur Metrik des Rgveda - Prati^akhya. (Nach- 

richten, phil.-hist. Kl. 1919, S. 170.) 

K. Sethe, Das koptische Kausativ von ,.geben“. (Nachrichten, 
phil.-hist. Kl. 1919, S. 139.) 

Ordentliche Sitzung am 4. Juli 1919. 

E. Hermann, Die Bedeutung der Wortchen ne, ne, nei in den 
indogermanischen Sprachen. (Nachrichten, phil.-hist. Kl. 1919, 
S. 223.) 

Derselbe, Kleine Beitrage znr lateinischen Deklination. (Nach- 
richten, phU.-hist. Kl. 1919, S. 220.) 

Derselbe, TJrkundliche Bestatigung einer sprachwissenschaftlichen 
Hypothese. (Nachrichten, phil.-hist. Kl. 1919, S. 176.) 

E. Landau, Uber die Zerlegung total positiver Zahlen in Qua- 
drate. (Nachrichten, math.-phys. Kl. 1919, S. 392.) 

G. Tammann, Das Zustandsdiagramm von Kalium-Natriumchlorid 

und ihre Atzfiguren. (Nachrichten, math.-phys. Kl. 1919, S. 422.) 

Ordentliche Sitzung am 1». Juli 1919. 

H. Stille, Tiber alte und junge Saumtiefen. (Nachrichten, math.- 

phys. Kl. 1919, S. 337.) 



Verzeichnis der wissenschaftlichen Mitteilungen. 7 

0. Wallach, Mitteilungen aus dem Universitatslaboratorium XXX. 
(Nachrichten, naath.-phys. Kl. 1919, S. 321.) 

Ordentliche Sitzung am 31. Oktober 1919. 

H. Stille legt vor: 

R. Wedekind (Marburg), Uber die Ansbildnng des Ober- 
devons in der TJmrandung der Siegerlander Blocks. (Nach- 
richten, matb.-pbys. Kl. 1919, S. 435.) 

H. Salfeld (Gottingen), Tiber die Ausbildung der Lobenlinie 

bei Jura- und Kreide-Ammonoideen. (Nachrichten, math.- 
pbys. Kl. 1919, S. 449.) 

E. E h 1 e r s legt vor ; 

B. Diirken (Gottingen), Versuche fiber die Erblichkeit des 
in farbigem Licbt erworbenen Farbkleides von Pieris 
brassicae. (11. vorlaufige Mitteilnng.) (Nachrichten, math.- 
phys. Kl. 1919, S. 428.) 

Ehlers, Hans Boring, ein hessischer Maler des 16. Jahrhun- 
derts. 

G. Tammann, Die chemischen und galvanischen Eigenschaften 
von Mischkristallreihen und ihre Atomverteilung. Zum Ge- 
dachtnis der Entdeckung des Isomorphismus vor 100 Jabren. 
R. Reitzenstein, Die Entwicklung des BegrifiFes der ewigen 
Stadt. 

E. Hermann, Eine Charakteristik des lateinischen Lautsystems, 

I. Vokalismus der alten Haupttonsilben. (Nachrichten, phil.- 
hist. Kl. 1919, S. 229.) 

Offentliche Sitzung am 14. November 1919. 

Vortrag von 0. Mfigge, Die Vorgange in der Gesteinswelt und 
ihre Messnng. (Geschaftliche Mitteilungen 1919, S. 78.) 

Ordentliche Sitzung am 28. November 1919. 

M. Pohlenz, Un mensonge de la science allemande? (Aus den 
neuen Jahrbfichern 1919.) 

A. Bertholet, Knlturgeschichte Israels. 

E. Hermann, Eine Charakteristik des lateinischen Lautsystems, 
II. Konsonantismus. (Nachrichten, phil.-hist. Kl. 1919, S. 229.) 
G. Tammann, Tiber eine Methode zur Bestimmung der Abhan- 
gigkeit des Schmelzpunktes einer Kristallamelle von ihrer Dicke. 
Derselbe, Tiber die Knallgaskatalyse durch Palladiummischkri- 
stalle. 



8 


Verzeichnis der wissenschaftUchen Mitteilangen. 


O. Miigge, Zar Petrographic des alteren Palaeozoikums im 

Werratal zwischen Albnngen nnd Witzenhansen. (Nachrichten, 
math.-phys. Kl. 1919, S. 468.) 

E. Landan legt vor: 

Gr. Polya (Zurich), Tiber gauze ganzwertige Fonktionen. 
(Nachrichten, math.-phys. Kl. 1920, S. 1). 

Ordentliche Sitzung am 12. Dezember 1919. 

G. Tam man n, tJber die Vorgange beim Abbau von Raumgittern 

besetzt mit zwei versehiedenen Atomarten, insbesondere dem 
Abbau von Silber-Gold-Mischkristallen. 

Ordentliche Sitznng am 16. Januar 1920. 

Bonwe tsch, Bach 1,1 — 14 des Danielkommentars Hippolyts. 
(Nachrichten, phil.-hist. KL 1919, S. 347.) 

E, Schroder legt vor: 

F. Bechtel (Halle), Znr Kenntnis der griechischen Dialekte. 

(Nachrichten, phil.-hist. Kl. 1919, S. 339.) 

P. J. Meier (Braunschweig), Die Entstehung der Stadt 
Konigslutter. (Nachrichten, phil.-hist. Ki. 1920, S. 1.) 

K. Set he. Die Zeitrechnung der alten Aegypter im Verhaltnis 
zu der der andern Volker. I. (Nachrichten, phil.-hist. Kl. 
1919, S. 287.) 

H. Thiersch, Das Leibnizbild der Gemaldegalerie unserer TJni- 

versitat. 

H. Oldenberg, Bemerkungen uber die Bhagavad Gita. (Nach- 
richten, phil.-hist. Ed. 1919, S. 321.) 

E. Landau, Tiber Dirichlets Teilerproblem. (Nachrichten, math.- 
phys. Kl. 1920, S. 13.) 

C. Range legt vor: 

G. Angenheister, Sonndntatigkeit , Strahlung and Erd- 

magnetismus im Verlauf der Sonnenrotation. (Nachrichten, 
math.-phys. Kl. 1920, S. 11.) 

Ordentliche Sitzung am 30. Januar 1920. 

E. Landau legt vor : 

G. H. Hardy und J. E. Little wood (Cambridge), Some 
Problems of ‘Partitio Numerorum’. I: A new Solution of 
Waring’s Problem. (Nachrichten, math.-phys. Kl. 1920, 
S. 33.) 

P. Debye, Die van der Waalschen Kohasionskrafte. (Nach- 

richten, math.-phys. Kl. 1920, S. 56.) 



Verzeichnis der wissenschaftlichen Mitteilangen- 


9 


K. Set he, Die Zeitrechnung der alten Aegypter im Verhaltnis 

za der der andem Volker. H. (Nachrichten , phil. -hist. Kl. 
1920, S. 28.) 

Ordentliche Sitzung am 13. Febrnar 1920. 

Gr. Tam maun, Die elektrolytische Saaerstoffentwicklong an Ca- 
Au- nnd Ag-An-Legierungen in Abhangigkeit von ihrer Zn- 
sammensetzung, (Erscheint in der Zeitschrift fiir anorganische 
nnd allgemeine Chemie.) 

P. Jensen, Znr Frage des chemischen TJnterschiedes zwischen 
lebendigem nnd totem Organismus. (Erscheint in den Ana- 
tomischen Heften.) 

L. Prandtl, Tiber die Harte plastischer Korper. (Nachrichten, 

math.-phys. Kl. 1920, S. 74.) 

K. Sethe, Die Zeitrechnung der alten Aegypter im Verhaltnis 
zu der der andem Volker. III. (Nachrichten, pbil.-hist. Kl. 
1920, S. 97.) 

H. Thiersch, Der Universitatsbaumeister G. H. Borheck (1780 
—1805). 


Ordentliche Sitzung am 27. Febrnar 1920. 

A. Bertholet, Tiber den Ursprung des Totemismus. (Erschienen 
in der Festschrift fiir Julius Kaftan.) 

O. Miigge legt vor; 

Ramdohr, Vorkommen Cristobalits an der blauen Kuppe bei 
Eschwege. (Erscheint im Jahrbuch der preuBischen geo- 
logischen Landesanstalt.) 

Ordentliche Sitzung am 12. Marz 1920. 

M. Pohlenz, Thukydidesstudien. II. III. (Nachrichten, phil.-hist. 

Kl. 1920, S. 56.) 

Ordentliche Sitzung am 26. Marz 1920. 

N. Bonwetsch legt vor; 

K. Muller (Tubingen), Beitrage zum Verstandnis der Valen- 
tinianischen Gnosis. (Nachrichten, phil.-hist. Kl. 1920, 
S. 179.) 

R. Rei tzens t ein , Das erste Prooemium des Lukrez. (Nach- 
richten, phil.-hist. Kl. 1920, S. 83.) 

E. Ehlers, Polychaeten von Java und Amboina, ein Beitrag zur 
Kenntnis der malaiischen Strandfauna. Mit 3 Tafeln, (Ab- 
handlungen, math.-phys. Kl. 1920, Bd. X, Nr. 7.) 



10 Verzeichnis der wissenschaftlicben Mitteihingen. 

E. Wiechert legt vor: 

G. Angenheister, Sonnentatigkeit, Sonnenstrahlang, Luft- 
temperatar and erdmagnetische Aktivitat im Verlaaf einer 
Sonnenrotation. (Nachrichten, math. -phys. Kl. 1920, 
S. 93.) 

G. Angenheister, Uber die Fortpflanzangsgeschwindigkeit 
erdmagnetischer Stornngen and Pnlsationen. (Nach- 
richten, math.-phys. Kl. 1920, S. 86.) 



Verzeichnis der Mitglieder der 
Kdnigl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Gottingen 

Ende Marz 1920. 

Sekretare. 

Carl Range. 

Edward Sckroder. 


Ekren-Mitglieder. 

Conrad von Studt, Exzellenz, in Berlin, seit 1901. 

Ulrich von Wilamowitz-Mollendorff, Exzellenz, in Ber lin - 
Westend, seit 1918. (Zuvor ordentl. MitgHed seit 1892, aas- 
wartiges Mitglied seit 1897.) 

Theodor Noldeke in Strafibnrg i. Els., seit 1918. (Zuvor korresp. 

Mitglied seit 1864, auswartiges Mitglied seit 1883.) 

Sven von He din in Stockholm, seit 1918. 

Friedrich Schmidt, Exzellenz, in Berlin, seit 1919. 

Ordentliche Mitglieder. 

Mathematisch - physikalische Klasse. 

Ernst Ehlers, seit 1874. 

Felix Klein, seit 1887. (Zuvor Assessor seit 1871, korresp. Mit- 
glied seit 1872.) 

Gottfried Berthold, seit 1887. 

Albert Peter, seit 1889. 

Otto Wallach, seit 1890. 

David Hilbert, seit 1893. 

Emil Wiechert, seit 1903. 

Otto Miigge, seit 1909. 

Gustav Tammann, seit 1910. 

Georg Elias Muller, seit 1911. 

Carl Range, seit 1914 (zuvor korresp. Mitglied seit 1901), z. Z. 
Sekretar. 



12 


Verzeichnis der Mitglieder. 


Johannes Hartmann, seit 1914. 

Paul Jensen, seit 1914. 

Richard Zsigmondy, seit 1914. 

Ludwig P r a n d 1 1, seit 1914. 

Edmund Landau, seit 1914. 

Peter Debye, seit 1916. 

Hans Stille, seit 1916. 

Adolf Win da us, seit 1918. 

PhUologisch-historische Klasse. 

Hermann Wagner, seit 1880. 

Ferdinand Frensdorff, seit 1881. 

Nathanael Bonwetsch, seit 1893. 

Richard Pietschmann, seit 1897. 

Lorenz Morsbach, seit 1902. 

Edward Schroder, seit 1903 (znvor korresp. Mitglied seit 1894), 
z. Zt. Sekretar. 

Friedrich Andreas, seit 1904. 

Karl Brandi, seit 1909. 

Max Lehmann, seit 1914. 

Richard Reitzenstein, seit 1914. (Zuvor korresp. Mitglied seit 
1904.) 

Kurt Sethe, seit 1914. 

Max P 0 h 1 e n z, seit 1916. 

Alfred R a h 1 f s, seit 1918. 

Max Lidzbarski, seit 1918. (Zuvor korresp. Mitgl. seit 1912.) 
Eduard Hermann, seit 1918. 

Hermann Thiersch, seit 1919. 

Alfred Bertholet, seit 1919. 

Auswartige Mitglieder. 

Philologisch - historische Klasse. 

Friedrich Bechtel in Halle, seit 1895. (Zuvor Assessor seit 1882.) 
Harry Bresslau in Heidelberg, seit 1919. (Zuvor korresp. Mit- 
glied seit 1906.) 

Hermann Diels in Berlin, seit 1899. 

Louis Duchesne in Rom, seit 1891. 

Franz Ehrle in Rom, seit 1901. 

Adolf Erman in Berlin-Dahlem, seit 1919. (Zuvor korresp. Mit- 
glied seit 1888.) 

Friedrich Imhoof-Blumer in Winterthur, seit 1901. (Zuvor 
korresp. Mitglied seit 1886.) 



Verzeichnis der Mitglieder. 13 

Hermann Jacobi in Bonn, seit 1918. (Znvor korresp. Mitglied 
seit 1894.) 

Paxil Kehr in Berlin, seit 1916. (Znvor ordentl. Mitgl. seit 1895.) 

Enno Littmann in Bonn, seit 1917. (Znvor korresp. Mitglied 
seit 1913, ordentl. Mitglied seit 1914.) 

Heinrich M a i e r in Heidelberg, seit 1918. (Znvor ordentliches 
Mitglied seit 1918.) 

Gerold Meyer von Knonau in Ziirich, seit 1914. 

Moritz Ritter in Bonn, seit 1914. (Znvor korresp. Mitglied seit 
1892.) 

Carl Robert in Halle, seit 1918. (Znvor korresp. Mitglied seit 
1901.) 

Gnstav Roethe in Berlin-Westend, seit 1902. (Znvor ordentl, 
Mitglied seit 1893.) 

Dietrich Schafer in Berlin-Steglitz, seit 1919. (Znvor korresp. 
Mitglied seit 1894.) 

Wilhelm Schnlze in Berlin, seit 1902. (Znvor ordentl. Mitglied 
seit 1898.) 

Eduard Schwartz in Miinchen, seit 1909. (Znvor ordentl. Mit- 
glied seit 1902.) 

Elias von Steinmeyer in Erlangen, seit 1918. (Znvor korresp. 
Mitglied seit 1894.) 

Vilhelm Thomsen in Kopenhagen, seit 1891. 

Jacob Wackernagel in Basel, seit 1914. (Znvor korresp. Mit- 
glied seit 1901, ordentl. Mitglied seit 1902.) 

Lndvig W i m m e r in Kopenhagen, seit 1909. 

Theodor von Zahn in Erlangen, seit 1913. 

Mathematisch-physikalische Klasse. 

Walter von Dyck in Munchen, seit 1914. 

Julios Elster in Wolfenbuttel, seit 1902. 

Wilhelm F o erst er in Berlin-Westend, seit 1886. (Znvor korresp. 
Mitglied seit 1875.) 

Sir Archibald Geikie in Shepherdsdown Haslemere (England) 
seit 1906. (Znvor korresp. Mitglied seit 1889.) 

Camillo Gol gi in Pavia, seit 1906. (Znvor korresp. Mitglied seit 1892.) 

Giovanni Battista Gras si in Rom, seit 1910. (Znvor korresp. 
glied seit 1901.) 

Theodor Liebisch in Berlin-Westend, seit 1908. (Znvor ordent- 
liches Mitglied seit 1887.) 

Karl von Linde in Munchen, seit 1918. 

Hendrik Anton Lorentz in Haarlem, seit 1906. 



14 


Ver2eichnis der Jlitglieder. 


Lnigi Luciani in Rom, seit 1906. 

Walter Rernst in Berlin, seit 1905. (Zuvor ordentl. Jlitglied 
seit 1898.) 

Carl Neumann in Leipzig, seit 1868. (Zuvor korresp. Mitglied 
seit 1864.) 

Johannes Orth in Berlin, seit 1902. (Zuvor ordentl. Mitglied 
seit 1893.) 

Max Planck in Berlin, seit 1918. (Zuvor korresp. Mitglied seit 
1911.) 

Josef Pom peck j in Berlin, seit 1913. (Zuvor ordentl. Mitglied 
seit 1911.) 

Johannes Reink e in Kiel, seit 188-3. (Zuvor ordentl. Mitglied 
seit 188*2.) 

Augusto Righi in Bologna, seit 1911, 

Hermann Amandus Schwarz in Berlin, seit 1892. (Zuvor korresp. 
Mitglied seit 1869, ordentl. Mitglied seit 1875.) 

Hugo von Seeliger in Miinchen, seit 1919. (Zuvor korresp. Mit- 
glied seit 1901.) 

Charles Scott Sherrington in Liverpool, seit 1906. 

Josef John Thomson in Cambridge, seit 1911. 

Gustav Tschermak in Wien, seit 1902. (Zuvor korresp. Mit- 
glied seit 1884.) 

Max Verworn in Bonn, seit 1910. (Zuvor ordentl. Mitglied seit 
1903.) 

Wilhelm von W aldey er-Hartz in Berlin, seit 1901. (Zuvor 
korresp. Mitglied seit 1877.) 

Korrespondierende Mitglieder. 

Philologisch-historische Klasse. 

Walter Amelung in Berlin, seit 1917. 

Erich Berneker in Miinchen, seit 1919. 

Friedrich von Bezold in Bonn, seit 1901. 

Adalbert Bezzenberger in Konigsberg i. Pr., seit 1884. 

Wilhelm von Bippen in Bremen, seit 1894. 

Petrus J. Blok in Leiden, seit 1906. 

Johannes Boehlau in Kassel, seit 1912. 

Franz Boll in Heidelberg, seit 1917. 

Johannes Bolte in Berlin, seit 1914. 

Max Bonnet in Montpellier, seit 1904. 

Wilhelm Braune in Heidelberg, seit 1919. 

Ulysse Chevalier in Romans (Drome), seit 1911. 



Verzeichnis der Mitglieder. 


15 


Grraf Carlo Cipolla in Florenz, seit 1898. 

Maxime Collignon in Paris, seit 1894. 

Carlo Conti Rossini in Rom, seit 1908. 

Franz Cnmont in Grent, seit 1910. 

Olof August Danielsson in Upsala, seit 1914. 

Rudolf Ehwald in Grotha, seit 1919. 

Sir Arthur J. Evans in Oxford, seit 1901. 

Wnhelm Frohner in Paris, seit 1881. 

Percy Gardner in Oxford, seit 1886. 

Rarl Geldner in Marburg, seit 1919. 

Ignaz Goldziher in Budapest, seit 1910. 

Sir George A. Grierson in Rathfarnham, seit 1906. 

Albert Griinwedel in Berlin, seit 1905. 

Ignazio Guidi in Rom, seit 1887. 

Georgios N. Hatzidakis in Athen, seit 1901. 

Joh. Ludvig Heiberg in Kopenhagen, seit 1899. 

Richard Heinz e in Leipzig, seit 1917. 

Wilhelm Heraus in Offenbach a. M., seit 1919. 

Alfred Hillebrandt ih Breslau, seit 1907. 

Riccardo de Hinojosa in Madrid, seit 1891. 

Georg Hoffmann in Kiel, seit 1881. 

Theophile Homolle in Paris, seit 1901. 

Eugen Hultzsch in Halle a. S., seit 1895. 

Julius Jolly in Wurzburg, seit 1904. 

Finnur Jonsson in Kopenhagen, seit 1901. 

Adolf Jiilicher in Marburg, seit 1894. 

Axel Kock in Lund, seit 1901. 

Carl von Kraus in Miinchen, seit 1901. 

Bruno Krusch in Hannover, seit 1911. 

Charles Rockwell L a n m a n in Cambridge (Mass.), seit 1905. 
Albert von Le Coq in Berlin, seit 1910. 

Felix Liebermann in Berlin, seit 1908. 

Hans Lietzmann in Jena, seit 1914. 

Heinrich L ii d e r s in Berlin, seit 1907. 

Paul Jonas Meier in Braunschweig, seit 1904. 

Antoine Meillet in Paris, seit 1908. 

Giovanni Mercati in Rom, seit 1 902. 

Eduard Meyer in Berlin, seit 1895. 

Hermann M 6 1 1 e r in Kopenhagen, seit 1894. 

Ernesto Monaci in Rom, seit 1901. 

Karl Muller in Tubingen, seit 1899. 

Friedrich W. K. Muller in Berlin, seit 1906. 



16 


Verzeichnis der Mitglieder. 


Jacob Wijbrand Mnller in Leiden, seit 1918. 

Eduard Norden in Berlin, seit 1910. 

Henri Omont in Paris, seit 1906. 

Hermann Oncken in Heidelberg, seit 1919. 

Paolo Orsi in Syracns, seit 1904. 

Josef Partsch in Bonn, seit 1914. 

Joseph Partsch in Leipzig, seit 1901. 

Holger Pedersen in Kopenbagen, seit 1908. 

Pio Eajna in Florenz, seit 1910. 

Otto Rubensohn in Berlin-Lankwitz, seit 1911. 

Luigi Schiaparelli in Florenz, seit 1907. 

Heinrich Alfred Schmid in Basel, seit 1919. 

Carl Schnchhardt in Berlin, seit 1904. 

Reinhold Seeberg in Berlin, seit 1917. 

Otto Seeck in Munster i. W., seit 1895. 

Georg Sello in Oldenburg, seit 1918. 

Antonio Spagnuolo in Verona, seit 1912. 

Friedrich Techen in Wismar, seit 1919. 

Rudolf Thurneysen in Bonn, seit 1904. 

Girolamo Vitelli in Florenz, seit 1904. 

Franz R. von Wieser in Innsbruck, seit 1917. 

Georg Wissowa in Halle a. S., seit 1907. 

Thaddaeus Zielinski in Petersburg, seit 1910. 

Paul Zimmermann in Wolfenbuttel, seit 1914. 

Heinrich Zimmern in Leipzig, seit 1918. 

Mathematisch - physikalische Klasse. 

Svante Arrhenius in Stockholm, seit 1901 . 

Dietrich Barfurth in Rostock, seit 1904. 

Charles Barrois in Lille, seit 1901. 

Louis Agricola Bauer in Washington, seit 1906. 

Friedrich Becke in Wien, seit 1904. 

Robert Bonnet in Bonn, seit 1904. 

Josef Boussinesq in Paris, seit 1886. 

Egbertus Brouwer in Amsterdam, seit 1918. 

Alexander von Brill in Tiibingen, seit 1888. 

Woldemar Christoffer Brogger in Christiania, seit 1902. 
Constantin Caratheodory in Smyrna, seit 1919. 
Giacomo Ciamician in Bologna, seit 1901. 

John Mason Clarke in Albany (Newyork), seit 1906. 
Theodor Curtins in Heidelberg, seit 1919. 

Albert Einstein in Berlin, seit 1915. 



Verzeichnis der Mitglieder. 


17 


Leopold Fej4r in Budapest, seit 1917. 

Lazarus Fletcher in London, seit 1901. 

Erik Ivar Fredholm in Stockholm, seit 1907. 

Robert Fricke in Braunschweig, seit 1904. 

Karl 7 on Goebel in Miinchen, seit 1902. 

Fritz Haber in Berlin-Dahlem, seit 1918. 

Erich He eke in Hamburg, seit 1918. 

Oskar Hecker in Jena, seit 1919. 

"Viktor Hensen in Kiel, seit 1892. 

Oskar Hertwig in Berlin, seit 1911. 

Richard von Hertwig in Miinchen, seit 1910. 

William Hillebrand in Washington, seit 1907. 

Erich Kallius in Breslau, seit 1919. 

Alexander von Karpinski in Petersburg, seit 1892. 
Ludwig Kiepert in Hannover, seit 1882. 

Paul Koebe in Jena, seit 1915. 

Martin Knudsen in Kopenhagen, seit 1919. 

Leo Koenigsberger in Heidelberg, seit 1874. 

Eugen Korschelt in Marburg, seit 1918. 

Albrecht K o s s e 1 in Heidelberg, seit 1918. 

Johannes von Kries in Freibttrg i. Br., seit 1917. 
Ludwig Kruger in Potsdam, seit 1918. 

Friedrich Kustner in Bonn, seit 1917. 

Paul Langevin in Paris, seit 1911. 

E. Ray Lankester in London, seit 1901. 

Ferdinand Lindemann in Miinchen, seit 1882, 

Sir Joseph Norman Lockyer in London, seit 1876. 
Franz Carl Joseph Mertens in Wien, seit 1877. 

Gosta Mittag-Leffler in Stockholm, seit 1878. 

Max Noether in Erlangen, seit 1892. 

Heike Kamerlingh 0 n n e s in Leiden, seit 1910. 

Wilhelm Ostwald in GroBbothen bei Leipzig, seit 1901. 
Friedrich Paschen in Tubingen, seit 1918. 

William Henry Perkin (jun.) in Oxford, seit 1906. 
Edmond Perrier in Paris, seit 1901. 

Heinrich Precht in Hannover, seit 1908. 

Alfred Pringsheim in Miinchen, seit 1904. 

Georg Quincke in Heidelberg, seit 1866. 

Santiago Ramon y Cajal in Madrid, seit 1906. 

Fritz Rinne in Leipzig, seit 1911. 

Wilhelm Conrad Rontgen in Munchen, seit 1883. 
Heinrich Rubens in Berlin, seit 1908. 

Nachrichten; geschSitl. MiUeilongen 1920. 1. 


2 



18 


Verzeichnis der Mitglieder. 


Ernest Rutherford in Manchester, seit 1906. 

Adolf Schmidt in Potsdam, seit 1917. 

Friedrich Schottky in BerHn-Steglitz, seit 1911. 

F. A. H. Schreinemaker s in Leiden, seit 1913. 
Franz Eilhard Schulze in Berlin, seit 1883. 

Issai Schur in Berlin, seit 1919. 

Arthur Schuster in Manchester, seit 1901. 

Arnold Sommerfeld in Miinchen, seit 1917. 

Johann Wilhelm Spengel in GieBen, seit 1918. 
Johannes Stark in Greifswald, seit 1913. 

Eduard Study in Bonn, seit 1911. 

Johannes Thomae in Jena, seit 1873. 

Emil Tietze in Wien, seit 1911. 

Vito Volterra in Rom, seit 1906. 

Aurelius V o fi in Miinchen, seit 1901. 

Paul Walden in Riga, seit 1913. 

Emil AVarburg in Charlottenburg, seit 1887. 

Eugen Warming in Kopenhagen, seit 1888. 

Rudolf Franz Johann Wegscheider in Wien, seit 1917, 
Willy Wien in Wurzburg, seit 1907. 

Richard Willstatter in Miinchen, seit 1910. 

Wilhelm Wirtinger in Wien, seit 1906. 

Robert Williams Wood in Baltimore, seit 1911. 



Verzeichnis der im Jahre 1919 eifigegangenen 
Druckschriften. 

A. Von Gesellschaften und Vereinen, Instituten, Behdrden. 

(Das Druckjahr ist in runden Klammern angegeben, wenn es mit dem Jahrgang 
der Zeitschrift nicht ubereinstimmt.) 

Verband deutscher wissenschaftlicher 
Kbrperschaften; 

Protokolle der Kartellversammlang in Miinchen 1918 (Sonderabdr. 
a. d. Jahrbuch der Bayeriscben Akademie d. Wissenschaften 
1918) [12 Abdriicke]. 

EncyklopSdie der Mathematiscben Wissenschaften mit Einschlnss 
ihrer Anwendongen II Analysis 3 s 1919. 

Deutsches Belch 

Akademien der Wissenschaften nnd allgemein- 
wissenschaftliche Vereine 

Berlin (Kgl.) Prenss. Akademie der Wissenschaften ; Abhandinngen 
Physik.-mathem. Kl. 1919. Haberlandt, Gr., Gedachtnisrede anf 
Simon Schwendener 1919. Philos.-hist. KI. 1918 ii— is 1919 
1-10 (1918—19). 

— Sitznngsberichte 191839— ss 1919 1—39. 

Erfurt Akademie gemeinniitziger Wissenschaften: Jahrbiicher N.F. 
44/45 1919. 

GieBen Hochschulgesellschaft (Gesellschaft von Freunden und 
Forderem der Universitat GieBen) : Abhandinngen 1 1919. 

Odrlitz Oberlausitz. Gesellschaft der Wissenschaften: Neues 
Lansitzisches Magazin 94 1918 95 1919. 

Heidelberg Akademie der Wissenschaften: Abhandinngen Mathem.- 
natnrwiss. Kl. 4 — 6 1918. 

— Sitznngsberichte Jahresheft 1918 (1919). Mathem.-naturwiss. 
Kl. A 9 1918 B9 1918. Philos.-hist. Kl. 9 1918 i-u. 

2 * 



20 Verzeichnis der im Jahre 1919 eingegangenen Drnckschriften. 

KSnigsherg i.Pr. Physikalisch-okonomisclie Gesellschaft: Schriften 
54 1913—57 1916 (1914—17). 

Leipzig (Kgl.) Sachs. Gesellschaft der Wissenschaften : Abhand- 
lungen Mathem. -phys. Kl. 35 e 1918 36 1 1919. Philol. - hist. 
Kl. 35 1 1918 36 1-3 1918—19. 

— Berichte iiber die Verhandltmgen Mathem.- phys. Kl. 69 1917* 
70 1918 (1918-19). Phaol.-hist. Kl. 69 1917 7.8 70 1918 71 
1919 1 . 

Leipzig Purstl. Jablonowskische Gesellschaft : Jahresbericht im 
Febr. 1919. 

— Preisscbriften 45 46 1919. 

Munchen (Kgl.) Bayer. Akademie der Wissenschaften: Jahrbnch 
1918. 

— Abbandlungen PhOos.-philol. u. hist. Kl. 29 4 30 1—4 1918 — 19. 
Mathem.-physik. Kl. 28 11 1919. 

— Sitzungsberichte Pbilos.-phaol. u. hist. Kl. 1918 i—n; ScLlufi- 
heft. 1919 1 — 5 . Mathem.-physik. Kl. 1918. 1919 1 . 

— Preisaufgabe der Samson- Stiftung f. d. J. 1919 [2 Expl.]. 

— Neue AnnaJen der K. Stemwarte in Miinchen 02 1918. 

Thorn Coppemicns-Verein fhr Wissenschaft nnd Knnst: Mit- 

teilnngen 26 1918 27 1919. 


Munchen (Kgl.) Technische Hochschule: Doktordissertationen A. 
Baner H. Graf L. Hurtzig 1918 A. Borger H. Sallinger F. 
Schwabl 1919. 


Berlin Kytfhaaser-Verband der Vereine Deutscher Stndenten : Aka- 
demische Blatter 34 le 1919. 

BOttingen Intemationaler Stndenten -Verein „Corda Fratres": 
Satzongen [1912]. 

— Verband intemationaler Stndenten- Vereine an deutschen Hoch- 
schulen (Berlin, Gottingen, Leipzig, Munchen) Znr intematio- 
nalen Knltnrbewegung 2 Wint.-Sem. 1912/13. 

Mathematik nnd Naturwissenschaften 

Halle (Kaiserl.) Leopoldiniscb-Carolinische Deutsche Akademie der 
Naturforscher : Leopoldina 54 1918 10 55 1919. 

Munchen Deutsches Museum: Verwaltungs-Bericht 141916/17(1917) 
1917/18 (1918) [2 Expl.]. 



Verzeichnis der im Jahro 1919 eingegangenen Druckschriften. 21 

Altenbarg Naturforschende Gesellscliaft des Osterlandes: Mit- 
teilungen aus dem Osterlande N. F. 16 (35) 1919. 

Bonn Natarliistoriscber Verein der preafsiscben Eheinlande and 
Westfalens: Verhandlangen 70 1913 2 71 1914 72 1915 73 
1916 74 1917 (1914—19). 

— Sitzungsberichte 1913 2 (1914) 1914 (1916) 1916 (Fur 1915 u. 
1916) (1918). 

Bremen Naturwissenschaftlicher Vereia: Abhandlungen 24 1 1919. 

— Jabresbericbt 51 1915/16 52 1916/17 53 1917/18 (1916—18). 
Danzig Naturforscbende Gesellscbaft : Schriften N.F. 15i/2 1919; 
Emden Naturforscbende Gesellscbaft : Jabresbericbt 101. u. 102. 

f. 1916—1917 (1918). 

GieBen Oberhess. Gesellscbaft fiir Natar- und Heilkunde: Bericbt 
N.F. Naturwissenschaftl. Abtlg. 7 1916—19 (1919). Medizin. 
Abtlg. 11 1918. 

Heidelberg Naturbistoriscb-mediziniscber Verein: Verhandlangen 
N.F. 14 1 1919. 

Kassel Verein fiir Natorkunde: Abbaudlungen und Bericbt 55 lib. 

d.‘81./83. Vereinsj. 1916/19 (1919). 

Marburg Gesellscbaft zur Beforderung der gesamten Naturwissen- 
scbaften: Sitzungsberichte 1918 (1919). 

NBrnberg Naturhistorische GeseUscbaft: Jabresbericbt 1918 (1919). 
Wiesbaden Nass. Verein fiir Naturkunde: Jahrbiicher 71 1919. 
Wurzburg Physikalisch-mediciniscbe Gesellscbaft: Verhandlangen 
N. F. 454-7 1918. 

— Sitzungs-Berichte 1917 7—9 1918 1 — e. 


Hamburg Mathematische Gesellscbaft : Mitteilungen 5 7 1919. 


Berlin Deutsche Physikalische Gesellscbaft: Verhandlangen 1918 
21/24 1919 1 — 16 . 

Frankfurt a. M. Pbysikalischer Verein: Jabresbericbt 1917/18 
(1918). 


Charlottenburg Physikaliscb-Tecbnische Reichsanstalt : Bericbt fiber 
die Tatigkeit 1915 (1916) 1916 (1917) Als Manuskript gedruckt. 
— Die Tatigkeit bis Ende 1890 [1.] Bericbt (1891). [4.] in den 
Jahren 1891 und 1892 (1893). 1915 (1916). 1916 (1917). 1918 
(1919). (Sonderabdr. a. d. Zeitschrift fiir Instrumentenkunde 
11 1891 13 1893 36 1916 37 1917 39 1919.) 



22 Verzeichnis der im Jahre 1919 eingegaiigenen Druckschriften. 

Bamberg Remeis-Sternwarte : Hartwig, Ernst, Katalog nnd Ephe- 
meriden veranderlicher Sterne fiir 1919 (1918) (Sonderabdr. 
a.: „Vierteljahrsschrift der A stronomischen Gesellschaft“ 53 
1918). 

Bergedorf Hamburger Stemwarte: Jahresbericht 1918 (1919). 

— Meteorologische Beobacbtnngen 1917 (1918). 

Berlin Astronomisches Rechen-Institut; Veroffentlichungen 43 1919. 

— Kleine Planeten Bahnelemente nnd Oppositions-Ephemeriden 
1920 (1919). 

Potsdam Astrophysikalisches Observatorinm : Pnblikationen 285 
(73) 24 1 (74) 1919. 


Dresden (Kgl-) Sachs. Landes- Wetterwarte: Jahrbnch (Deutsches 
Meteorologisches Jahrbnch Kbnigreich Sachsen) 31 1913 2 
(3. Abtlg.) (1917) 32 1914 1 (1. 2. Abtlg.) (1917) 33 1916 1 (1.2. 
Abtig.) (1917) 34 1916 1 (1. n. 2. Abtlg.) (1918). 

— Dekaden-Monatsberichte (Vorlanfige Mitteilnng) 19 1916 (1918). 
Mnnchen Bayer. Landeswetterwarte : Veroffentlichungen (Deutsches 
Meteorologisches Jahrbnch Bayern 37 1915) Beobachtungen der 
Meteorologischen Stationen im Kbnigreich Bayern 1915 (1919). 


Lindenberg Preufi. Aeronautisches Observatorinm: Die Arbeiten 
12 1916 (1918) 13 1919. 

— Veroffentlichungen des Dentschen Observatorinms Ebeltoft- 
hafen Spitzbergen 1 — 7 1916 — 17. 


Potsdam Preufi. Geodatisches Institut; Verbffentlichung N. F. 76 
77 78 80 1919. 

— Zentralbureau der intemationalen Erdmessung: Verbffent- 
lichungen N. F. 33 1919. 


Berlin Preufi. Geologische Landesanstalt : Arbeitsplan f. d. Jahr 
1919. 


Danzig Westpreuss. Botanisch-Zoologischer Verein : Bericht 41 1919. 


Berlin Zoologisches Museum; Mitteilungen 92 1919. 


Halle Landwirtschaftliches Institut der Universitat: Kiihn-Archiv 
7 1918 8 1919. 



Verzeichnis der im Jahre 1919 eingegangenen Druckschriften. 23 

G-escliichtswissenschaften 

Heidelberg Historisch-philosophischer Verein; Neue Heidelberger 
Jahrbiiclier 21 1 1919. 


Berlin Yerein fiir Yolksknnde: Zeitschrift 29 1919. 


Halle n. Leipzig Deutsche Morgenlandische Gesellschaft: Zeitschrift 
72 1918 73 3,4 1919. 


Berlin Deutsches Archaologisches Institut Athenische Abteilung: 
MitteUungen 32 1917 1,2 ('1919). 


Niirnberg Germanisches Nationalmuseum: Mitteilungen 1918 und 
1919 (1918). 

— Anzeiger 1918 (1919). 


Berlin Deutscher Bund fiir Heimatkunst : Die Heimatkunst 1 19192. 


Berlin Gesellschaft fiir deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte: 
Zeitschrift fiir Geschichte der Erziehung und des TJnterrichts 
7 1917 3 . 4 . 

Berlin Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertums- 
vereine : Korrespondenzblatt 66 1918 11/12 67 1919. 

Aachen Geschichtsverein : Zeitschrift 40 1918. 

Altenbnrg Geschichts- und Altertumsforschende Gesellschaft des 
Osterlandes ; Mitteilungen 13 1 1919. 

Angsbnrg Historischer Verein fiir Schwaben und Neuburg: Zeit- 
schrift 44 1918/19 (1919). 

Bayreuth Historischer Verein fiir Oberfranken: Archiv fiir Ge- 
schichte und Altertumskunde von Oberfranken 27 2 1919. 

Berlin Verein fiir die Geschichte Berlins: Mitteilungen 35 19188 
36 1919. 

Braunschweig u, Wolfenbflttel Geschichtsverein fiir das Herzog- 
turn Braunschweig: Braunschweigisches Magazin 24 19189 — 12 
25 19191-10. 

Dresden Kgl. Sachs. Altertumsverein : Jahresbericht 94 1918 (1919). 

— Neues Archiv fiir Sachsische Geschichte und Altertumskunde 
40 1919. 

EichstStt Historischer Verein: Samelblatt 33 1918 (1919). 



24 Verzeichnis der im Jahre 1919 eingegangenen Druckschriften. 

Elberfeld Bergisclier Geschichtsverein ; Zeitschrift 49 (n. F. 39) 
1916 50 (n.F. 40) 1917. 

Erfart Verein fiir die Geschichte nnd Altertamskunde von Erfort: 
38 1917 39 1919. 

Frankfart a. M. Verein fiir Geschichte nnd Altertamskunde : Mit- 
tedongen iiber romische Fonde in Heddernheim 6 1918. 

Freiburg i. B. Edrchengeschichtlicher Verein fiir Geschichte, christ- 
liche Konst, Altertums- nnd Literatnrknnde des Erzbistums 
Freiburg mit Beriicksichtigang der angrenzenden Bistiimer : 
Freibnrger Diozesan-Archiv N.F. 19 (46) 1919. 

Greifswald u. Stralsund Riigisch-Pommerscher Geschichtsverein : 
Pommersche Jahrbiicher 19 1918. 

Guben Niederlansitzer Gesellschaft fiir Anthropologie nnd Alter- 
tumskunde: Niederlansitzer Mitteilangen 14 1918. 

Hamburg Verein fiir Hamborgische Geschichte : Mitteilungen 38 1918 
(132) (1919). 

Hildburghansen Verein fiir Sachsen -Meiningische Geschichte u. 
Landesknnde: Schriften 77 1918. 

Kassel Verein fiir bessische Geschichte and Landesknnde : Zeit- 
schrift 62 N. F. 42 1919. 

— Mitteilangen an die Mitglieder 1917/18 (1918). 

Kempten Historischer Verein fiir das Allgan : Allganer Geschichts- 
freund 1919 1 n. F. 16. 

Kiel Gesellschaft fiir Schleswig -Holsteinische Geschichte: Zeit- 
schrift 48 1918. 

Kflln Historischer Verein fiir den Niederrhein insbesondere die 
alte Erzdidzese Koln: Annaleu 102 1918. 

Landshnt Historischer Verein fiir Niederbayern : Verhandlnngen 
542 1919. 

Lubeck Verein fiir Liibeckische Geschichte und Altertamskunde: 
Zeitschrift 20 1 1919. 

— Mitteilangen 13 9—12 1918—19. 

Hainz Romisch-Germanisches Central-Maseam and Verein zur Er- 
forschang der rheinischen Geschichte nnd Altertiimer : Mainzer 
Zeitschrift 12/13 1917 n. 1918 (1918) 14 1919. 

Hannheim Altertumsverein : Mannheimer Geschichtsblatter 19 1918 
ii/i2 20 1919. 

MeiBen Verein fiir Geschichte der Stadt MeiBen: Mitteilungen 8 
1-4 1910—13 9 1-3 1913—16 10 1 1917* 1918. 

Mirnbcrg Verein fiir Geschichte der Stadt Niirnberg: Jahres- 
bericht 41 1918 (1919). 



Verzeichnis der im Jahre 1919 eiagegangenen Druckschriften. 


Plauen i. Y. Verein fiir vogtl. Geschichte nnd Altertumskunde ; 
Mitteilungen 29 1919. 

Regensburg Historiscker Verein von Oberpfalz nnd Regensburg:- 
Verbandlnngen 69 1919. 

Speier Historischer Verein der Pfalz: fiCtteilungen 37/38 1918. 
Stade Verein fiir Geschicbte nnd Altertiimer der Herzogtumer 
Bremen nnd Verden nnd des Landes Hadeln: Stader Arcliiv 
N.F. 9 1919. 

StrUlsnnd Edgisch - Pommerscher Geschichtsverein s. : Greifsw'ald. 
Stuttgart Wiirttemb. Kommission fiir Landesgeschichte : Wiirttem- 
bergiscbe Vierfceljahrshefte fiir Landesgescbichte 27 1918 (1919). 
Wiesbaden Verein fur Nassanische Altertnmsknnde nnd Gescbichts- 
forschung: Nassanische Annalen 44 1916 n. 1917 (1918). 

— Nassanische Heimatblatter 21 1917/18 (1918). 

Wolfenbuttel Geschichtsverein fiir das Herzogtnm Braunschweig 

s. : Braunschweig. 

Wlirzburg Historischer Verein von Unterfranken nnd Aschaffen- 
burg: Jahres-Bericht 1917 (1918). 

— Archiv 60 1918. 

Zwickau Altertnmsverein fiir Zwickau und XJmgegend : Mitteilungen 
12 1919. 

Frankfurt Institat fUr Wirtschaftswissenschaft der TJniversitat : 
Griindangs- und Tatigkeitsbericht 1919. 


Berlin Reichsernahrungsministerium : Beitrage zur Kommunalen 
Kriegswirtschaft 3 5— is 1918 — 19. 


Vereinlgte Staaten von Amerika 
Washington Smithsonian Institution United States National Mu- 
seum: Bulletin 103 extract Cushman, J. A., The smaller fossil 
foraminifera of the Panama Canal Zone 1918 Jackson, R. T., 
Fossil echini of the Panama Canal Zone and Costa Rica 1918. 
105 107 1919. 

Chicago University: The astrophysical journal 44 1916 2— 5 45 — 49 
1917—19 50 1919 1-4. 

— The journal of geology 24 1916 ?• s 25 1917 26 1918 27 1919 1—7. 

— The journal of political economy 24 1916 8— 10 25—27 1917 — 19. 

— The American journal of sociology 22 3 — c 1916 — 17 23 1917 — 18 
24 1918—19 25 1-3 1919. 



26 Verzeichnis der im Jahre 1919 eingegangenen Druckschriften 

Chicago John Crerar library: Annual report 22 1916 23 1917 
24 1918 (1917—19). 

New York Amer. Greographical society: The geographical review 
7 19195. 

Argentinien 

Cordoba Academia nacional de ciencias: Boletin 21 1916 22 1917. 

Baenos Aires Facultad de filosofia y letras seccion de historia: 
Documentos para la historia Argentina 9 1918. 

La Plata TJniversidad nacional: Actos universitarios 1916. 

Danemark 

Kobenhavn Det K. Danske Videnskabernes Selskab (Academie 
r. des sciences et des lettres de Danemark) : Skrifter (Me- 
moires) Naturvidensk. og mathem. Afdig. (Sect. d. sciences) 8. K. 
(ser.) Sz.-s oi 1918 — 19. Hist, og files. Afdig. (Sect. d. lettres) 
7. R. (ser.) 2 a Addenda II 3 b 1918. 

— Oversigt over Forhandlinger (Bulletin) 1918 Juni (juin) — 1919 
Maj (mai) (1919). 

— Mathematisk-fysiske Meddelelser I9— 12 1918 — 19. 

— Biologiske Meddelelser I5— 12. 14 1918 — 19. 

— Historisk-filologiske Meddelelser 2 3 — b 1919. 

Finnland 

Helsingfors Finska Vetenskaps-Societeten (Societas scientiarum Fen- 
nica): Acta 43 1 1914 (1918) 44 3. 3.7 1914 Norrlin, J. P., Minnes- 
ord ofver William Nylander 1913. 45 2—4 1914 — 15 Wrede, 
R. A., Minnestal ofver Leopold Henrik Stanislaus Mechelin 1914. 
46 1—8 1914 — 18 Ramsay, Wilh., Minnestal over frih. August 
Benjamin af Schulten 1913 (1916) Sundvik, E. E., Lefnadsteck- 
ning ofver Konrad Gabriel Hallsten 1914 (1916) Homen, E. A., 
Minnestal ofver Otto E. A. Hjelt 1914 Palm4n, J. A., Odo 
Morannal Reuter som zoologisk forskare Minnesord 1914 (1915) 
Tallqvist, Hj., Minnestal ofver Karl Fredrik Slotte 1915 Hjelt, 
Edv., Minnestal over Gustav Otto Mattsson 1915. 47 1917 
48 1-4 1916—19. 

— Ofversigt af Forhandlingar 66 1913/14 A. B. C. (1914) 57 1914/15 
A. B. 0.(1915) 58 1915/16 A. B. C. (1916) 59 1916/17 A (1917) 
C (1918) 60 1917/18 A. B. (1919). 

— FinlandischeHydrographisch-bioIogischeUntersuchungenl3 1914. 

— Bidrag till kannedom af Finlands natur och folk 74 1 1914 
75 2 1914 77 1919 78 1. 3 1918. 



Verzeichnis der im Jahre 1919 eingegangenen Bracks chriften. 27 

Helsingfors Societas pro fauna et flora Fennica: Acta 43 44 
1916—19. 

— Meddelanden 40 1913/14- 44 1917/18 (1914-18). 

Helsingfors Suomen Maantieteellinen Seura Sallskapet for Finlands 

Geografi (Societe de Geographie de Finlande): Fennia 37 1914. 

Griechenland 

*AS^';oi ’E7Ci6trj(iovixrj ituiQeCu: ’A^rivci 30 1919. 

GroBbritannien nnd Irland 

Cambridge Philosophical society : Transactions 22 5 — i* 1914 — 18. 

— Proceedings 195 1919. 

London Secretary of the admiralty: Report of His Majesty’s 
astronomer af the Cape of good hope 1918 (1919). 

Italien 

Manfora R. Accademia Virgiliana: Atti e memorie n. s. 7 19142 
(1915) 8 1915 (1916—19). 

Torino R. Accademia delle scienze: 51 1915/16 1 — 9 . 12. 15 (1916) 52 
1916/17 (1917) 54 1918/19 i-n (1919). 

— R. Osservatorio astronomico di Torino Osservazioni meteoro- 
logiche 1915 (1916) (Estr. d. Atti . . . vol LI. Adunanza del 
19 marzo 1916). 

Palermo Circolo matematico : Rendiconti 40 — 42 1915 — 17. 

Portici R. Scuola superiore di agricoltnra; Annali 12 — 14 1914 — 17. 

Torino Societa Piemontese di archeologia e beUe axti : Atti 9 1 1918. 

— Bollettino 2 1918. 

Hexiko 

Mexico Institute geologico de Mexico : Parergones 5 1—9 1913 — 14. 

— Anales 1 1917. 

— Boletin 18 19 1919 31 Atlas 1916 34 1916. 

— Bolland, Luis, El goniografo (la plancheta) 1919. 

Niederlande 

Amsterdam K. Akademie van Wetenschappen: Proceedings of the 
section of sciences 21 3—10 22 1. 2 1919. 

Amsterdam Wiskundig Genootschap (Society mathematique): Nieuw 
Archief voor wisknnde 124 1918 13 1 1919. 

— Revue semestrielle des publications math4matiques Tables des 
matieres contenues dans les cinq volumes 21 — 25 (1913 — 1917) 



28 


Yerzeichnis der im Jahre 1919 eingegangenen Drackschriften. 


suivies d’une table generale par noms d’auteQts 1918 26* 
1917/18 (1918) 27 1.2 1918/19 (1919). 

Amsterdam Wiskundige opgaven met de oplossingen 126 1918 
13 1 1919. 

Leiden Physisch Laboratorimn der Rijks-Universiteit (Physical 
laboratory of the university); Communications 11 153 (1917) 
Supplt. 41 (1916 — 17). 

Delft Rijkscommissie voor Graadmetingen Waterpassing (Niederland. 
Geodatische Kommission) : Uitgave ( Veroffentlichung) Zwiers, 
H. J., TJntersuchnngen fiber die Deklinationen und Eigen- 
bewegungen von 163 Sternen, welche 1899 — 1906 am Zenit- 
teleskop in Leiden beobachtet worden sind 1918. 

Amsterdam K. Nederl. Aardriikskundig Genootschap; Tiidschrift 
2. Ser. 36 1919. 

Amsterdam K. Zoologisch Genootschap Natura artis magistra: 
Bijdragen tot de dierkunde Feest-Nummer nitgegeven bij ge- 
legenheid van den TOsten geboortedag van Dr. Coenraad Ker- 
bert, Directeur van het Genootschap 1919. 

’s Gravenhage K. Instituut voor de Taal-, Land- en Volkenkunde 
van Nederlandsch-Indie: Bijdragen tot de Taal-, Land- en 
Volkenkunde van Nederlandsch-Indie 744 1918 75 1/2 1919. 

— Lijst der leden enz. 1919. 

’s Gravenhage Ministerie van Binnenlandsche Zaken: Mnemosyne 
Bibliotheca philologica Batava n. s. 47 1—3 1919. 

— Museum Maandblad voor Philologie en Geschiedenis 264—12 
(5 2 Expl.) 27 1-3 1919. 

Niederifindisch-lndien 

Batavia Genootschap van Kunsten en Wetenschappen: Verhande- 
lingen 61 1 1914. 

— Notulenvande algemeene en Directievergaderingen 52 1914i— 3. 

— Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde 563/4 

1914. 

— Oudheidkundige Dienst in Nederlandsch-Indie : Rapporten 1913 
(1914). 

— Oudheidknndig Verslag 19142.3. 

Weltevreden K. Magnetisch en meteorologisch Observatorium (Ob- 
servatory): Seismological bulletin 1915 Nov. Dec. 1916 Ja- 
nuary — October. 

Norwegen 

Kristianla Videnskapsselskapet: Forhandlinger 1917 (1918). 



Verzeichnis der im Jahre 1919 eingegangenen Drackschriften. 29 

Trondbjem Det k. norske videnskabers selskab: Skrifter 1916 1 . 
Aarsberetning 1916 (1917). 

Bergen Bergens Musenm: Aarbok 1916/17 2 (1919). 1917/18 1 (1918) 3 
(1919) Aarsberetning (1918). 

— Sars, Gr. O., An account of the Crnstacea of Norway 7ii% 1919. 
Staranger Stavanger Musenm: Aarsbefte 28 1917 (1918). 

Osterreich 

Wien (Kais.) Akademie der Wissenschaften: Almanack 68 1918. 

— Denkschriften Mathem.-naturwiss. Kl. 94 95 1918. Philos.-hist. 
Kl. 61 1.2 62 2 1918—19. 

— Sitzungsberichte Mathem.-naturwiss. Kl. Abt. I 126 1917 10 
Abt. na 126 1917 10 127 1918 128x.2 1919 Abt. II b 127 
1918 3 - 10 . Philos.-hist. Kl. 177 1 1919 185 2 186 4 187 s. 4 
1882 — 4 189 1 . 3 — 5 190i. 2 . 4. 5 191 1. 2 192 1. 2 1918 — 19. 

— Mathem.-natnrwiss. Kl. Erdbeben-Kommission : Mitteilnngen N. 
E. 51—54 1918. 

— Philos.-hist. Kl. Historische Kommission: Archiv fiir oster- 
reichische Geschichte 106 2 1918 108 1 1919. 

Prag Gesellschaft znr Forderung deutscher Wissenschaft, Knnst 
and Literatnr in Bohmen: Rechenschafts-Bericht iiber die 
Tatigkeit 1917 (1918) 1918 (1919). 

Linz Museum Francisco-Carolinum : Jahres-Bericht 77 1919. 

Prag Deutscher Naturwissenschaftlich - medizinischer Verein fiir 
Bohmen „Lotos“ : Lotos N. F. 66 1918. 

Wien (K. K.) Zentral-Anstalt fiir Meteorologie nnd Geodynamik: 
Meteorologische Zeitschrift 35 (Zeitschrift der K. K. Osterr. 
Gesellschaft fiir Meteorologie 53) 1918 9—12 36 (54) 1919 1 — 10 . 

— Klimatographie von Osterreich 9 1919. 

Elagenfnrt Geschichtsverein fiir Karnten: Jahresbericht 1917 und 
Voranschlag 1918 (1918). 

— Carinthia I 108 1918. 

— Bericht iiber die Jahresversammlnng (24. April 1918'>. 

Prag Verein fiir Geschichte der Deutschen in Bohmen: Mittei- 
lungen 67 1919. 

Schweden 

Stockholm K. S^enska Vetenskapsakademien (Acad^mie r. des scien- 
ces de Suede): Skrifter 1826-1917 Register (1917). 

— Arsbok 16 1918. 

— Handlingar n. f. 57 1916 — 17. 

— Arkiv for matematik, astronomi och fysik 13 14 1/2 1918—19. 



30 


Verzeichnis der im Jahre 1919 eingegangenen Druckschriften. 


(Stockholm) Arkiv for kemi, mineralogi ock geologi 7 1—3 1918 — 19. 

— Arkiv for botanik 15 1 /* 1917 — 18. 

— Arkiv for zoologi 11 3/4 1918. 

— Berzelius, Jac., Bref utgifna af (Lettres publiees par) H. Gr. 
Soderbaum (III 1) 6 1918. 

— Samuel Klingenstiemas levnad ocb verk 1 1919. 

— Nobelinstitut : Meddelanden 84 1918 5 1919. 

— Meteorologiska centralanstalt (Institut central de meteorologie) : 
Meteorologiska iakttagelser i Sverige (Observations meteoro- 
logiques suedoises) 58 2. ser. (ser.) 44 1916 (1918). 

— Fr&n Statens Meteorologisk-Hydrografiska anstalt Bergstrom, 
Sverker, Om utjamning vid bekant funktionsform 1919 (Sartr. 
ur Teknisk Tidskrift 1919, Veckoupplagan H. 2). 

— Fran Hydrografiska ByrSn Wallen, Axel, Om afdunstnings- 
bestamningar 1918 (Sartr. nr Teknisk Tidskrift, Veckoupp- 
lagan 1918, H. 44). 

ders., Nederbord, afrinning ocb afdunstning i Lagans vatten- 

omrlde 1919 (Sartr. ur Teknisk Tidskrift, Vag- ocb Vatten- 
byggnadskonst, 1918, H. 11). 

Land Ilniversitetet (Universitas) : Acta n. s. Arsskrift n. f. 1. Avd. 

13 1917 14 1.2 1918. II. Avd. 13 1917 14 1.2 1918. 

Stockholm Hbgskolas matem. - naturvet. avdelning: Akademiska 
avbandlingar (Inaugural-Dissertationen) 1919 [2 Expl.] K.-Gr. 
Hagstrom E. Berlin I. Holmgren Gr. Ising H. Lundbolm Gr. Sil- 
verstolpe T. Swensson. 

IJppsaia Universitets biblioteket: Arsberattelse 1918(1919) (IJr K. 

IJniversitets i Uppsala Redorogelse 1918/19). 

Upsala Meteorologiska institutionen (Observatoire meteorologique 
de I’universite) : Bulletin mensuel 50 1918 (1918 — 19). 

Land Humanistiska Vetenskapssamfundet (Society des lettres) : 

Arsberattelse (Bulletin) 1918/19 (1919). 

Stockholm K. Vitterbets bistorie ocb antikvitets akademien: Forn- 
vannen 11 1916. 


Schweiz 

Bern Scbweizer. Naturforschende Gesellscbaft (Societe belvet. des 
sciences naturelles); Verbandlungen (Actes) 98 1916 1.2 [1917] 
99 1917 (1918) 1918 (1919). 

— Geologiscbe Kommission (Commission g^ologique): Beitrage 
zur geologiscben Karte der Scbweiz 262 Materiaux pour la 
carte geologique de la Suisse nouv. s4r. 30 (60) 3 34 2 1918 
Beitrage ... N. F. 46 (76) 4 1917. 



Verzeichnis der im Jahre 1919 eingegangenen Druckschriften. 


31 


(Bern) — Geologische Spezialkarte des Grosslierzogtams Baden 145 
Wiecks -Schaffhausen brsg. v. d. GroBhz. Bad. Geologischen 
Landesanstalt in Verbindnng mit der Schweizer. Geologischen 
Kommission & Erlantemngen 1916. * 

Basel Naturforscbende Gesellscbaft ; Verbandlnngen 29 1918. 

Bern Naturforscbende Gesellscbaft : Mitteilungen 1916 (1917) 1917 
(1918) 1918 (1919). 

Chnr Naturforscbende Gesellscbaft Graubiindens : Jahresbericht 59 
1918/19 (1919). 

Genfeve Societe de physique et d’bistoire naturelle: Memoires 39 2 
1919. 

— Compte rendu des seances 35 1918 (Supplement aux Archives 
des sciences physiques et natnrelles 1918) 3 36 1919 (Supple- 
ment aux Archives . . . 1919) 1 . 2 . 

Winterthur Naturwissenschaftliche Gesellscbaft: Mitteilungen 12 
1917 u. 1918 (1918). 

Zurich Naturforscbende Gesellscbaft: Vierteljahrsschrift 63 1918 
3/4 64 1919 1 / 2 . 

Basel u. Geneve Schweizer. cbemiscbe Gesellscbaft Societe suisse 
de chimie: Helvetica cbimica acta 1 1918 3— s 2 1919 i-s. 

Geneve Conservatoire et jardin botaniques: Annuaire 20 1916/18 
(1916—19). 

Zurich Schweizer. Landesmuseum : Jahresbericht 27 1918 (1919). 

— Anzeiger fiir Scbweizerische Altertumskunde Indicateur d’anti- 
quites suisses 20 1918 3 21 1919 1 . 2 . 

Bern Allgemeine gescbichtforschende Gesellscbaft der Schweiz : 
Jahrbuch fiir Scbweizerische Gescbichte 44 1919. 

Chur Historisch-antiquarische Gesellscbaft von Graubiinden : J ahres- 
bericht 48 1918 (1919). 

Lausanne Societe d’histoire de la Suisse romande: Memoires et 
documents 10 1918. 

St. Gallen Historiscber Verein: (Neujabrsblatt 5. F.) Dierauer, 
Jobs., Bernhard Simon Architekt 1816—1900 1918. Scbedler, 
Rob., Die Freiherren von Sax zu Hobensax 1919. 

Zfirich Antiquarische Gesellscbaft: Mitteilungen 284 1919. 

Spanien 

Barcelona R. Academia de ciencias y artes : Memorias 3. 4poca 11 
1914/15 24-30 (1915) 12 1915/16 13 1916/18 14 1917/19 
15 1-10 1919. 



32 


Verzeichnis der im Jahre 1919 eingegangenen Drnckschriften. 


(Barcelona) Boletin 4 1—3 1917 — 19. 

— Nomina del personal academico Ano academico de 1915 a 1916 
CLIII de la creacion de este cnerpo CALVI de su ereccion en 
R. Academa [1915] de 1916 a 1917 CLIV . . . CXLVJI . . . 
[1916] de 1917 a 1918 CLV . . . CXLVIll . . . [1917] de 1918 
a 1919 CLVI . . . CXLIX . . . [1918]. 


B. Die sonst noch eingegangenen Druckschriften. 

Acta mathematica Zeitschrift hrsg. v. - Jonmal r^d. p. Gr. Mittag- 
Lef'fler Uppsala & Stockholm 36* 1913 [Ersatzexpl.] 42 1 
1918. 

Berndt, G., Festigkeit von Quarz. (Mitteilung ans dem Mechani- 
schen Laboratorinm der Optischen Anstalt C. P. Goerz A.-G., 
Berlin-Friedenau.) Sonderabdr. a. d. Verhandlungen d. Dent- 
schen Physikalischen Gesellschaft XXI. Jahrg. Nr. 5/6 Brann- 
scbweig 1919. 

Feist, S., Der Runenspeer von Muncheberg. Sonderabdr. a. d. Mit- 
teilungen d. Vereins fiir Heimatknnde des Kreises Lebos in 
Muncheberg Bd. II, H. 1 (1919). 

Flora Batava 392/395 ’s-Gravenhage (La Haye) 1918. 

Herbarinm Th. 0. Weigel in Leipzig 47 1919. 

Imago Zeitschrift fiir Anwendung der Psychoanalyse anf die 
Geisteswissenschaften Hrsg. v. Prof. Dr. Sigm. Freud redig. 
V. Dr. Otto Rank und Dr. Hanns Sachs Leipzig u. Wien 
5 1919 4 . 

Lenz, Max, Fiir die Hamburgische Universitat Hamburg 1918. 

MeiBner, 0., Isostatische Reduktion von 34 Stationen ausgefiihrt 
im Geodatischen Institut von f Dr. E. Hiibner und 0. MeiBner 
Abdr. a. d. Astr. Nachr. Nr. 4967 (Bd. 207 Nov. 1918) Kiel 
1918. 

Romane, R., Einiges fiber Charakterismus-Verstandigungsversuche 
Bern-Bfimpliz 1919. 

Rundscban, Internationale Zfirich 4i5/i6 1918. 

Schemann, Ludwig, Paul de Lagarde Leipzig u. Hartenstein in 
Sachsen 1919. 



Verzeichnls der im Jahre 1919 eingegangenen Druckschriften. 33 

Tammann^ Gr,, Die chemischen und galvanischen Eigenschaften 
von Mischkristallen nnd ihre Atomverteilnng Leipzig 1919. 

Tietze, Hans, Die Entfiihrnng von Wiener Knnstwerken nach 
Italien. Mit einem offenen Brief an die italienisclien Fach- 
genossen von Max Dvorak. Wien 1919. 

Wllkens, A., TTntersuchungen zn einer Stomngstheorie der Pla- 
neten der Jnpitergruppe. (Sitznngsberichte der Heidelberger 
Akademie der Wissenschaften Mathem.-natnrwiss. Kl. Abt, A 
Jg. 1918 16. Abbdlg.) Heidelberg 1918. 


Nachrichten ; gescb&fU. Mitteilangen 1920. 1. 


3 



Benekesche Preisstiftung. 

Fiir das Jahr 1918 hatte die philosophische Fakultat der Uni- 
versitat Grottingen folgende Preisaufgabe gestellt, deren Frist bis 
31. August 1919 verlangert war: 

^Die chemischen Vorgange, welche bei der Umwandlung des 
Blutfarbstoffs in Gallenfarbstofife und weiter in Earn- nnd Kot- 
farbstoffe vor sich gehen, sind in exakter Weise klarzulegen und 
durch ausreichend begriindete Strukturformeln zu erklaren“. 

Es ist eine Bewerbungsschrift eingegangen mit dem Motto 
j, In bunten Bildern wenig Klarheit, viel Irrtum und ein Fiinkchen 
Wahrheit*'. In der Einleitxing scbildert der Verfasser, wie durch 
physiologische Untersuchung bewiesen ist, da6 sich Blutfarbstoff 
im Organismus in Gallen- und Kotfarbstoff verwandelt, wie aber 
alle Bemiihungen Zwischenprodukte zwischen diesen Farbstoffen zu 
isolieren vergeblich gewesen sind. 

Im Hauptteil schildert er eine Reihe von Oxydations- und 
Reduktionsversuchen, die mit dem Blut- und Grallenfarbstoft vor- 
genommen worden sind, nnd begriindet in einleuchtender Weise 
eine Strukturformel, nach welcher der Blutfarbstoff vier Pyrrol - 
ringe enthalt, die durch Methylengruppen zusammengehalten sind 
und zwei ungesattigte Seitenketten enthalten. An der Hand dieses 
Formelbildes sucht er dann den Ubergang zwischen Blut- und 
Gallenfarbstoff zu finden. 

Das von dem Verfasser herangezogene experimentelle Material 
ist wertvoll, seine SchluBfolgerungen sind gut begriindet. Obwohl 
ein abschlieBendes Ergebnis noch nicht erzielt ist, hat die Fakultat 
daher der Arbeit doch den ersten Preis znerkannt. 

Die Eroffnung des versiegelten Briefes ergab als Verfasser 
Herrn Dr. William Kuster, Professor an der Technischen 
Hochschule in Stuttgart. 



Benekesche Preisstiftang. 35 

Fiir die neae Bewerbangsperiode hat die Fakultat folgende 
Aufgabe gestellt: 

„Die Psychologie des Vergleichens soli in einer Gesamtdar- 
stellang behandelt werden, welche die bisherigen empirischen Fest- 
stellungen hinsichtlich des Vergleichsvorganges vollstandig be- 
riicksichtigt, wenigstens in einem Versnchsgebiete iiber nene eigene 
experimentelle Untersuchungen zu berichten wei8 und eine zu- 
sammenfassende theoretische Behandlnng dieses ganzen Gebietes 
bietet“. 

Bewerbnngsschreiben sind bis zum 31. Angnst 1922, auf dem 
Titelblatt mit einem Motto versehen, an die nnterzeichnete Fa- 
knltat einznreichen zusammen mit einem versiegelten Brief, der 
anf der AnBenseite das Motto der Abhandlnng, innen Namen, 
Stand und Wohuort des Verfassers anzeigt. In anderer Weise 
darf der Name des Verfassers nicht angegeben werden, Anf dem 
Titelblatt muB ferner die Adresse verzeichnet sein, an welche die 
Arbeit zuriickznsenden ist, falls sie nicht preiswdrdig befnnden wird. 

Der erste Preis betragt 1700 Mk., der zweite Preis 680 Mk. 
Die Zuerkennung des Preises erfolgt am 11. Marz 1923, dem Ge- 
bnrtstage des Stifters, weiland Konsistorialrat Karl Gustav Beneke, 
in offentlicher Sitzung der Fakultat. 

Die gekrouten Arbeiten bleiben unbeschranktes Eigentnm der 
Verfasser. 

Die Frist fiir Einreichung der 1917 gestellten Aufgabe : „Ent- 
wicklung der neupythagoreischen Literatnr und Verhaltnis der 
einzelnen Schriften untereinander" ist bis zam 31. August 1920 
verlangert. Die 1918 und 1919 gestellten Aufgaben, fiir welche 
Bewerbungsschreiben bis zum 31. August 1920 und 31. August 
1921 einznreichen sind, finden sich in den geschaftlichen Mittei- 
lungen von 1918 and 1919. 

Gottingen, den 1. April 1920. 

Die philosophische Fakultat 
der Georg - August - Uuiversitat . 

Der Dekan. 

E. Hermann. 


3 * 



Bericht der Kommission fiir die Herausgabe 
der alteren Papsturkunden 1919/20. 

So wenig wie im Vorjahre haben die Arbeiten wesentlicb ge- 
fordert werden bonnen. Von der Gallia pontificia wird nocb anf 
large binans keine Rede sein konnen, nnd wer konnte bei der 
jetzigen Valuta an Reisen nnd arcbivaliscbe Forscbnngen in Spanien 
Oder gar im feindlicben Frankreicb nnd England denken? 

Dennoch sehen wir der Znkunft mit wacbsender Znversicbt 
entgegen. Der TJnterzeichnete war wahrend der Monate Jannar 
bis Marz 1920 im Anftrage der Reicbsregierung nnd der PrenBi- 
scben Staatsregiernng in Rom, nm die Interessen nnserer Institute 
wahrznnehmen, nnd ist dabei nicbt nnr anf das frenndscbaftlicbste 
anfgenommen worden, sondern es wnrde ibm ancb der Wnnscb aus- 
gesprocben, daB die Arbeiten fiir die Italia pontificia mog- 
licbst bald wieder anfgenommen werden mbcbten nnter Znsicberung 
der nnentbebrlicben amtlicben nnd privaten Fordernng. Nun liegt 
das Material fiir Band VII der Italia pontificia, der Venetien nnd 
Istrien (die alte provincia Aqnileiensis) nmfassen soli, gesammelt 
nnd kritiscb gesicbtet 1 angst bereit; es bedarf nnr nocb einer Re- 
vision nnd Erganznng banptsacblich nacb der bibliograpbiscben 
Seite, aber das erfordert einen langeren Anfentbalt in Italian nnd 
die freie Verfiignng fiber die Bibliotbek des Historiscben Institnts, 
die znr Zeit nocb unzngiinglicb ist. Es wird also nocb einige Zeit 
hingeben, ebe die Arbeiten daffir wieder anfgenommen werden 
konnen. 

Ancb fiir die Germania pontificia liegen die Verbalt- 
nisse nngefabr nocb so wie sie in dem Bericbte ffir 1918/19 ge- 
scbildert worden sind. Der Bearbeiter der Mainzer Provinz Pro- 
fessor Brackmann in Konigsberg hat die geplante Reise nacb 
Karlsruhe nnd Mfinchen nocb nicbt ausffibren konnen. Ebenso- 
wenig hab en die in dem polnischen Material vorhandenen Lficken 



Bericht der Kommission fur die Herausgabe der alteren Papsturkunde 1919/20. 37 

von dem Unterzeiclineten ansgefullt werden konnen. Er hat aber 
die alteren Magdeburger Papsturkonden einer eingehenden Kritik 
unterworfen nnd deren Ergebnisse in einer Abhandlnng nieder- 
gelegt, die demnachst in den Abhandlungen der Berliner Akademie 
erscheinen wird. 

So ist nun alle Aussicht vorhanden, dafi im kommenden Jahre 
die lang unterbrochene Friedensarbeit, wenn anch nicht im alten 
Umfange, wieder anfgenommen werden kann. 


Kehr. 



W edekind - Stiftung. 

TJnser Mitarbeiter Professor Brackmann in Konigsberg berichtet, 
dafi er dnrch die politischen Verhaltnisse verhindert war, die noch 
notwendige Archivreise zu imternehnien. £r hofft aber, dafi seine 
Ubersiedelang nach Marburg es ihm im nachsten Jahre moglich 
machen wird, nach Beendigung aller Vorarbeiten den 2. Band 
seiner Germania pontificia der VoUendung entgegen zn fuhren. 

Max Lehmann. 



Zwolfter Bericht 

liber das Septuaginta-TJnternehmen. 

(Berichtsjahr 1919.) 

In der Septuaginta-Kommission nnd der Arbeitsleitnng ist 
keine Andemng eingetreten. 

Das Bureau des Septuaginta-Untemehmens, das sick seit Ostem 
1912 im Hause des Herrn Dr. Lindemann Dusterer Eichenweg 
19^^ befunden hatte, ist Ende Dezember 1919 in das Gartenhaus 
des Herrn Prof. Rahlfs Friedlanderweg 10 iiberfuhrt worden. 

Ein standiger Hilfsarbeiter war auch in diesem Jakre nicht 
vorhanden, dock kaben drei friihere Mitarbeiter auBerkalb Gbt- 
tingens etwas fiir das Unternekmen gearbeitet: Herr Oberlekrer 
Dr. GroBe-Brauckmann kat die friiker begonnene KoUation 
der Handsckriften des Ezeckiel, Herr Oberlekrer Dr. Beyer die 
der Handsckriften des Jeremias, Herr Studienreferendar Beer die 
Sammlung der Bibelzitate Philos fortgefiihrt. 

Herr Prof. Rahlfs hat die Vorarbeiten fiir die Handausgabe 
der LXX, iiber deren Plan das vorige Mai berichtet war, weiter- 
gefuhrt, aber zu seinem Bedauern nicht so fordem konnen, wie 
er gewiinscht hatte, da seine Zeit durch den im letzten Jakre fast 
ununterbrochenen Universitatsbetrieb zu sehr in Anspruck ge- 
nommen war. 


Die Septuaginta-Kommission. 



Lagarde-Stiftung 

und Stiftung der Freunde Lagardes. 

Die in den Geschaftlichen Mitteilungen des Vorjahres erlassene 
Bekanntmachung hat zwar zu verschiedenen Anfragen gefiihrt, 
aber kein Untemehmen gezeitigt oder angebahnt, das den dort 
mitgeteUten Bestimmangen entspracbe. 

Von den lange vergriffenen Dentschen Schriften Lagardes ist 
eine nene Ausgabe im Drnck, far deren Korrektheit und Sauber- 
keit vor allem Herr Bahlfs Sorge tragt. 


Schroder. 



Bericht der Eeligionsgeschichtlichen Kommission 
bei der Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften. 

Die religionsgeschichtliche Kommission erlitt einen rmersetz- 
lichen Verlust durch den Tod ihres Vorsitzenden Hermann 
Oldenberg. AJs anerkannter Meister aof dem Grebiete der alt- 
indischen Religionsgescbichte war er wie kein zweiter befahigt, 
auf diesem wichtigsten Gebiete der Kommission die geeignete Ans- 
wahl nnd Begrenzung der herauszugebenden Werke anznempfehlen 
und die besten wissenschaftlichen Krafte heranznziehen. Ver- 
offentlicbt warden im Berichtsjahre „Die historischen Quellen der 
Shinto-Religion“ von Karl Florenz, die neben den fiir die ja- 
panische Mythologie wichtigen Teilen des Kojiki (etwa die Halfte) 
und des Nihongi (die groBere Halfte) auch das znm ersten Male 
iibersetzte Kogoshui voUstandig enthalten. Begonnen ist mit dem 
Druck des namentlich fiir das Verstandnis der indischen Kultge- 
brauche wichtigen Apostamba-Sutra, das C aland zam ersten Male 
iibersetzt, sowie ernes Originalberichts von Diedrich Wester- 
man n fiber Religion und Mythen der in Liberia ansassigen Stamme 
der Kpelle, Mende nnd Gola. 


i. V. Titius. 



Bericht der Kommission der Wolfskehlstiftung 1919. 

Professor Paul Bachmann hat fiir sein Buch „Das Fermat- 
prohlem“ als Anerkennung aus den Zinsen der Wolfskehlstiftung 
eine Remuneration von 1500 Mk. erhalten. 


Hilbert. 



Bericht der Kommission fiir luftelektrische Forschung. 

Die Arbeiten bezogen sich vornehmlich auf die TJntersnchung 
des Znsammenhaiiges zwischen den meteorologischen Vorgangen 
und dem Wechsel des Potentialgefalles in der Atmospbare. Die 
Scbwierigkeit, da6 gerade in besonders wichtigen Zeiten die Nieder- 
scblage die Registrierungen storen, wnrde scbon im vergangenen 
Jahr dnrch Verwendnng einer StoBelektrode beseitigt. Nun stellte 
sich eine neue Scbwierigkeit ein. Fiir die Registriernng wnrde 
bis dabin eine Vorrichtnng verwendet, die jede Minnie eine Anf- 
zeicbnnng gab. Dies Intervall erwies sich aber als zn groB fiir 
schnell verlanfende Vorgange: bei heftigen Regenschanern, rasch- 
ziehenden Wolken, Been, Gewittern. So wnrde erne Registrier- 
einrichtnng hergestellt, welcbe Anfzeicbnnngen in Intervallen von 
16 Seknnden, selbst von 10 Seknnden erlanbt. Das gewonnene 
Material wnrde erganzt dnrch Beobachtnngen von Blitzerschei- 
nnngen. 

Seit dem Herbst 1919 hilft bei den Arbeiten der Assistent 
des geophysikalischen Institntes, Herr Hanbo Id mit. Der Nenban 
des schnellregistrierenden Elektrometers geschah dnrch den Me- 
chaniker des Samoa-Observatoriums, Herrn P. Liebrecht, der 
seit seiner Heimkehr ans dem Krieg im geophysikalischen Institnt 
beschaftigt ist. 


E. Wiechert. 



XIX. Bericht liber das Samoa-Observatorium fiir das 

Jahr 1919/20. 

Auch im vergangenen Jahr ist es Professor Dr. Angen- 
heister gelungen, den Betrieb des geophysikalischen Observa- 
torinms in Samoa voU aufrecht zu erbalten. Die Postverbindung 
wnrde wieder hergestellt. Wir erhielten von Professor Angen- 
h e i s t e r eine Reihe von geophysikalischen Arbeiten, die ein hochst 
erfrenliches Zengnis von seiner wissenscbaftlichen Tatigkeit ab- 
legen. Die Arbeiten, welche teils in den Nachrichten der Gesell- 
schaft, teils in der Meteorologischen Zeitschrift veroffentlicht 
werden, beziehen sicb anf 

Sonnentatigkeit, Sonnenstrahlnng, Lnfttemperatnr nnd erd- 
magnetiscbe Aktivitat im Verlauf einer Sonnenrotation ; 

Fortpflanzungsgeschwindigkeit erdmagnetiscber Storungen nnd 
Palsationen ; 

Jahrlichen Gang der erdmagnetischen Aktivitat; 

Wirkong der Regenelektrizitat anf den Sondentrager bei der 
Registrierung des Potentialgefalles der Atmosphare; 

Meteorologische Beobacbtungen ; 

Momentverlust der permanenten Magneten; 

Erdbeben nnd Flutwellen im Pazifischen Ozean. 

AuBerdem erhielten wir eine Kopie der groBen erdmagnetischen 
Storung vom 10. August 1919. — 

Von bier wurden auf Wunsch von Professor Angenheister 
Ersatzteile fiir seine Apparate, wissenscbaftliches Material fiir 
seine Arbeiten und wissenscbaftlicbe Zeitschriften nacb Samoa 
gesandt. 

Wiederum arbeitete der Mecbaniker des Observatorinms, Paul 
Liebrecht im Gottinger geophysikalischen Institut. 

Fraulein F. Kreibohm, die Sekretarin des Gottinger Samoa- 
Biiros war auch in diesem Jahr nur einen Tag in der Wocbe im 
Biiro tatig; im iibrigen arbeitete sie wieder in der biesigen Mo- 
dellversuchsanstalt fur Aerodynamik. 

An den Rechenarbeiten im Samoa-Biiro waren anBer Frl. F. 
Kreibohm noch Frl. H. Kreibohm, Frl. H. Burgtorf, sowie 
Herr P. Liebrecht beteiligt. 


E. W iechert. 



Bericht 

iiber die ausgesetzten Preisaufgaben. 

Die fur das Jahr 1921 gestellte Anfgabe lautet: 

Hiemann hat vermutet, daji alle nicht negativen Nullstellen der 
Zetafunhtion den reellen Teil V 2 haben. Es soil diese Vermutung 
hewiesen oder widerlegt icerden. Gelingt keines von beiden oder sollte 
die Losung imwischen veroffentlicht werden, so konmen fur den Preis 
auch andere wichtige Entdeckungen iiber die Page der Wurseln der 
Riemannschen Zetafunktion oder verwandter Funktionenfs.B. Diricldet- 
sche L-Funktionen, Dedekindsche Zetafunktion, die einem Korper ent- 
spricht) in Betracht. 

Fur das Jahr 1923 wird die Anfgabe gestellt: 

„I)ie Bedeutung des Mahdbhdrata als Quelle fur die Geschickte 
der Philosophie soil erortert, die hauptsdchlichsten dort vorgetragenen 
Philosopheme sollen dargestelU und ihre Stellung in der Entwickelung 
der indischen Philosophie bestimmt werden.'^ 

Die zur Bewerbung um den ausgesetzten Preis bestimmten 
Arbeiten miissen vor dem 1. August 1921, bezw. 1. Februar 1923 
an die Gesellschaft der Wissenschaften eingeliefert werden, mit 
einem Motto versehen und von einem versiegelten Zettel begleitet 
sein, der auBen den Spruch tragt, der die Arbeit kennzeichnet und 
innen den Namen und Wohnung des Verfassers. Der Preis be- 
tragt 1000 Mk. 



Woldemar Voigt. 

Von 

C. Ran^e. 

Am 13. Dezember des vorigen Jahres ist Woldemar Voigt 
gestorben. Unerwartet schnell bat der Tod seiner rastlosen Tatig- 
keit ein Ende gesetzt. Koch eine Wocbe vorber hatte er seine 
Vorlesung gehalten nnd weder er noch seine Familie noch seine 
Frennde abnten, da6 er von nns genommen werden sollte. Nach 
einem knrzen schmerzhaften Krankenlager ist er verschieden. 

Voigt hat der Gesellschaft der Wissenschaften seit 1883 als 
ordentlicbes Mitglied angehort and es gibt kaum einen Band der 
Nachrichten, in dem nicht eine oder mebrere seiner Arbeiten er- 
schienen sind, baafig ancb Arbeiten, die er mit Einem seiner Scbiiler 
znsammen veroffentlicbt bat. Den Sitzangen hat er mit groBer 
RegelmaBigkeit beigewohnt and hat an alien Angelegenheiten der 
Gesellschaft mit der ibm eigenen Intensitat Anteil genommen. Es 
ziemt sich daher wohl, daB wir an diesem Tage seiner gedenken, 
wenn ich ancb wohl weiB, daB ich seiner wissenschaftlichen Tatig- 
keit nicht gerecht werden kann; genug daB ich ihm nahe ge- 
standen, daB ich seine groBen nnd liebenswerten Eigenschaften 
gekannt habe. 

Woldemar Voigt ist im Jahre 1850 in Leipzig geboren, 
wo er anch seine Schnlbildung erhalten and im Jahre 1868 mit 
dem Maturitatsexamen abgescblossen hat. Dort hat er auch die 
ersten Jahre seines Universitatsstudiums verlebt, nnd wenn er sein 
spateres Leben auch fern von seiner Vaterstadt zubrachte, den 
bodenstandigen Leipziger hat er nie verleugnet. Als zwanzig- 
jahriger Jiingling nahm er an dem deutsch-franzosischen Kriege 
teil. Er hat die Schlachten von St. Privat, von Sedan nnd die 
Belagemng von Paris mitgemacht nnd pflegte von den Gewalt- 



Woldemar Voigt. 


47 


marschen der kleinen Sachsen zu erzahlen, die sie im Umkreis von 
Paris machen muBten, urn hier und da eine Stelle zu verstarken, wo 
ein Ausfall gemacht oder befiirchtet wurde. Die Anstrengungen des 
Peldzuges half ihm ertragen, da6 er in der Heimat ein getreues 
Herze wuBte. Er hat die Brant mehrere Jahre spater heimge- 
fiihrt nnd damit eiuen Bund geschlossen, der sein Leben geadelt 
nnd geschmiickt und nur durch seinen Tod ein Ende gefunden hat. 

Nach dem Kriege nahm er seine Studien in Konigsberg unter 
Richelot und Eranz Neumann wieder anf. Er hat damals 
geschwankt, ob er Physik studieren solle. Seine groBe musika- 
lische Begabung lockte ihn, sich ganz der Musik zu widmen. Die 
bescheidene Uberlegung, daB er in der Wissenschaft anch dann 
noch Tuchtiges werde leisten konnen, wenn seine Begabnng sich 
nicht als so groB herausstellen wiirde, ftihrte ihn zur Physik. „In 
der Musik gibt es nur ganz oben oder ganz nnten“, hat er spater 
einmal gesagt, „in der Physik gibt es auch eine gate Mitte“. 

Die Liebe zur Musik war Tradition des Elternhauses, in dem 
jseit der Zeit, da Felix Mendelsohn und Robert Schumann darin 
verkehrten, Frau Musika als wundertatige Heilige verehrt wnrde“. 
Auch auf dem Feldzuge hat „Frau Musika" ihn begleitet nnd er- 
quickt, wenn er etwa Gelegenheit fand, in den Kirchen der Orte, 
wo sie im Quartier lagen, die Orgel zu spielen. Aber anch auf 
dem Marsche. Er besaB die symphonischen Schatze unsrer groBen 
Meister so zu eigen, daB er vor seinem innem Ohr sich eine Sym- 
phonie Takt fiir Takt mit alien Instrumenten und ihrem Zu- 
sammenklang vergegenwartigen konnte. „Manch liebes Mal“, so 
schreibt er, „hat mir so die teure deutsche Musik iiber schwere 
Marschstunden freundlich hinweggeholfen". 

Die Universitat Konigsberg, auf die er sich nach dem Kriege 
begab, hat im neuuzehnten Jahrhundert fiir das Aufbliihen der 
Mathematik und mathematischen Physik eine groBe Rolle gespielt. 
Aus dem von C. G. J. Jacobi und Franz Neumann, die beide 
im Jahre 1826 nach Konigsberg kamen, begriindeten mathematisch- 
physikalischen Seminar, dessen physikalische Abteilung Franz 
Neumann seit der Begrundung im Jahre 1833 mehr als vierzig 
Jahre geleitet hat, sind eine groBe Reihe bedeutender Gelehrter 
hervorgegangen. G. Kirchhoff, F. A. Clebsch, 0. Hesse, 
S. Aronhold, R. Lipschitz, G. H. Quincke, 0. E. Meyer, 
P. du Bois-Reymond, J. Amsler, H. Weber, um nur einige 
der bekannteren zu neimen. Franz Neumann war der Erste, 
der an einer deutschen Universitat uber die verschiedenen Teile 
der mathematischen Physik zusammenhangend Vorlesungen gehalten 



48 


C. Runge, 


hat. Dem Mangel der Universitat an einem physikalischen Labo- 
ratoriom hat er ans eignen Mitteln abgeholfen, als er 1847 durch 
seine zweite Fran in den Besitz eines bescheidenen Vermogens 
kam. Ein Saal, fiinf groBe nnd zwei kleine Zimmer in seinem 
Haase dienten seinen and seiner Stadenten physikalischen Arbeiten, 
wahrend er sich fiir seine personlichen Bediirfnisse mit einer Dach- 
kammer begniigte. Das war za einer Zeit, wo die Notwendigkeit 
die Stadierenden zam Experimentieren anzaleiten noch keineswegs 
allgemein erkannt war. So kam es, daB Konigsberg dnrch Jahr- 
zehnte hindarch die deatschen Hochschnlen bei der Besetzong ma- 
thematischer and physikalischer Lehrstnhle mit geeigneten Lehr- 
kraften versorgt hat. Als Voigt nach Konigsberg kam, stand 
Franz Neamann zwar schon in seinem dreiondsiebzigsten Le- 
bensjahr, aber der alte Recke ans den Freiheitskriegen war da- 
mals noch in riistiger Tatigkeit. Er ist erst im 97. Lebensjahr 
gestorben. In seinem 92. Lebensjahr wies er noch einen nach 
mehrstiindigem Marsch zur Abendfahrt ihm angebotenen Mantel 
nnwillig mit den Worten zariick; „Grade als wenn ich ein alter 
Mann ware". 

Voigt hat von ihm die nachhaltigsten Anregongen fiir sein 
ganzes Leben empfangen, wissenschaftlich sowohl wie ethisch. In 
der idealen AufiPassang der Wissenschaft and des Gelehrten gleicht 
er seinem alten Lehrer. „Das’ groBte Gluck", sagt Franz Nea- 
mann, „ist doch das Finden einer neuen Wahrheit; die daran 
gekniipfte Anerkennnng kann dem wenig oder nichts hinzafiigen". 
Das hatte anch Voigt gesagt haben konnen. Auch sein Stand- 
pnnkt den technischen Wissenschaften gegenaber ist der Neu- 
manns, die leise Ablehnung wissenschaftlicher Bestrebungen, denen 
wirtschaftliche Ziele die Richtang geben. Allerdings hat Voigt 
spater seine Ablehnung eingeschrankt, als er sah, daB die wirt- 
schaftlichen Ziele der aafbliihenden Technik vielfach zu neuen 
wissenschaftlichen Fragen, zu groB angelegten Untersachangen nnd 
in grofiem MaBstabe ausgefiihrten Experimenten fiihrten, die auch 
die reine Wissenschaft in ungeahnter Weise vorwarts brachten. 

Nachdem V oigt im Jahre 1874 in Konigsberg mit einer Disser- 
tation uber die Elastizitatsverhaltnisse des Steinsalzes den Doktor- 
grad erworben hatte, kehrte er nach Leipzig zariick and uber- 
nahm an der Nikolaischale, deren Schuler er gewesen war, die 
Stelle eines Hilfslehrers ; aber schon bald daraaf entschloB er sich 
auf Franz Neumanns Anregung zur akademischen Laufbahn 
and gab za Ostem 1876 seine Lehrerstelle auf, am sich in Leipzig 
zu habilitieren. Noch vor seiner Probevorlesnng in Leipzig er- 



Woldemar Voigt. 


49 


ging an ilm der Rnf nach Konigsberg als auBerordentlicher Pro- 
fessor, nm Pranz Neumann zu vertreten, der sich mehr seinen 
eignen wissenschaftlichen Arbeiten widmen und von den regel- 
mafiigen Vorlesungen und der Leitung der pbysikalischen Abtei- 
lung des matbematisch - pbysikalischen Seminars entbunden sein 
wollte. Die Vertretung war bei den aufierst bescbrankten Mitteln 
der IJniverstat nicht leicbt. BesaB die Universitat doch damals 
weder ein chemisches noch ein physikalisches Institnt. Erst zu 
Neumanns fiinfzigjahrigen Doktorjubilaum im Jahre 1876 iiber- 
bracbte der Oberprasident von Ostpreufien im Auftrage des Mi- 
nisteriums das bindende Versprecben zur Errichtung eines pbysi- 
kalischen Laboratoriums. Das Institnt wurde aber erst 1885 fertig, 
als Voigt scbon Konigsberg verlassen batte. Denn im Jabre 
1883 folgt er einem B,ufe als Ordinarius fiir matbematische Physik 
nach Gottingen, wo er bis zu seinem Tode gewirkt hat. Auch 
bier liefi der versprochene Ban eines neuen pbysikalischen Insti- 
tuts fiir ihn und E. Riecke, den Vertreter der experimentellen 
Physik lange auf sich warten. Man mufite sich mit dem alien 
pbysikalischen Institnt behelfen, dessen Raume durch die Anglie- 
derung einer Abteilung fiir physikalische Chemie und einer andern 
fiir angewandte Elektrizitiitslehre bald unertraglich enge wurden. 
Voigt verpflanzte die Konigsberger Tradition nach Gottingen, 
indem er in seinen mathematiscb-physikalischen Vorlesungen das 
ganze Gebiet der Physik in regelmaBiger Folge behandelte. Die 
Raume, die ihm fiir experimentelle Arbeiten zunachst zur Verfiigung 
standen, waren sehr diirftig. Sie bestanden aus einem Raum im 
Erd- und einem im DachgeschoB des alten pbysikalischen Instituts. 
Der erste war durch geeignet aufgestellte Schranke in zwei Halften 
geteUt; die vordere diente als Auditorium, die hintere als Labo- 
ratorium. „Der Dachraum aber“, so erzahlt er, „besa6 bemerkens- 
werte physikalische Eigenschaften. Der FuBboden war so schwin- 
gungsfahig, daB man die interessantestenBeobachtungen Tiber Eigen- 
schwingungen der FuBboden anstellen konnte, freilich aber auch 
keinerlei andere“. Erst als im nachsten Jahre das physiologische 
Institnt verlegt wurde, das bis dahin noch den nordhchen Fliigel 
des Gebaudes eingenommen hatte, konnte die Abteilimg fiir ma- 
thematische Physik wesentlich vergroBert werden. aln diesen 
diirftigen Raumen des alten Hanses sagt Voigt, „sind trotz 
groBer Hindemisse zahlreiche schone Arbeiten ausgefiihrt worden ; 
hochbegabte Schuler sind aus ihnen in die Welt gegangen und 
bewahren der Statte ihrer Ausbildung ein treues Andenken, Ich 
denke hierbei besonders an meine lieben alten Schuler Drude 

Nacbricbten ; gcscbUtl. MitteUuigen 1920. ^ 



50 


C. Runge, 


und Pockels, deren hier durchgefUhrte Arbeiten zum schonsten 
geboren, was in diesen Institnten geleistet ist“. 

Erst im Jahre 1905 konnte das neue pbysikalische Institut 
bezogen werden, in dem der Abteilung fiir theoretiscbe Physik 
etwa der gleicbe Raum zugeteilt werden konnte wie der fiir ex- 
perimentelle Physik. Hier waren fiir Kristallpbysik und fiir Optik, 
insbesondere fiir Spektralanalyse gnte Einrichtungen vorgesehen. 
Eine grofie Anzahl von Schiilern aus Deutschland und aus dem 
Auslande hat hier unter Voigts Leitnng gearbeitet. Kxistall- 
physikalische und optische Arbeiten herrschen unter den Disserta- 
tionen vor. 

Voigts wissenschaftliche Arbeiten schliefien unmittelbar an 
die Neumanns an, vor alien seine Arbeiten iiber Kristall physik 
„das groBe herrliche Gebiet“, wie er in der Vorrede seines 1910 
erschienenen grofien Lehrbnches der Kristallphysik sagt, „zu dessen 
Bearbeitnng ich seit 36 Jahren immer wieder zuriickgekehrt bin‘‘. 
Das Lehrbuch ist dem Andenken Franz Neumanns gewidmet. 
Bei der Abfassung leitete ihn das Bediirfnis, hervortreten zu lassen, 
wie seine eigenen zerstreuten und vielleicht dem Anscheine nach 
zusammenhanglosen zahlreichen Untersuchungen von einem einheit- 
lichen Bestreben geleitet gewesen sind. Er hat den Begriff des 
Tensors und des Tensortripels in die Kristallphysik eingefiihrt. 
Die groBe Mannigfaltigkeit der untersuchten thermischen, elektri- 
schen, magnetischen , elastischen Erscheinungen und denen der 
Reibung'und Festigkeit wird geordnet nach den dabei auftretenden 
physikalischen Funktionen, der skalaren Funktion, dem Vektor 
und dem Tensortripel. Die Erscheinungen bestehen aus Wechsel- 
beziehtmgen von GroBen dieser drei Arten, So ist z. B. die De- 
formation eines Korpers an jeder Stelle durch ein Tensortripel 
dargestellt und ebenso ist die Spannung durch ein Tensortripel 
dargestellt. Die Elastizitat ist nun eine Wechselwirkung zwischen 
Deformation und Spannung d. h. durch die elastischen Eigenschaften 
des Korpers entspricht an jeder Stelle einer beliebigen Deforma- 
tion ein bestimmter Spannungszustand und umgekehrt. Mithin ist 
mathematisch die Elastizitat als Wechselwirkung zwischen zwei 
Tensortripeln zu beschreiben und die Aufgabe des Physikers ist 
es, die eingehenden Parameter zu messen, durch deren Bestimmung 
dann die Erscheinungen vollstandig beherrscht werden. Eine groBere 
Anzahl Arbeiten Voigts und seiner Schuler beziehen sich auf 
die Messung solcher Parameter der Wechselwirkungen. 

Die von Zeemann in Amsterdam entdeckte Spaltung der 
Spektrallinien durch ein magnetisches Feld fesselte Voigts In- 



Woldemar Voigt. 


51 


teresse im Hinblick auf die Schlusse, die daraus auf den Baa der 
Atome zu ziehen sein miiBten. Ee entsprangen daraus eine Reihe 
von theoretischen Untersnchungen and experimentellen Arbeiten 
von ibm und seinen Schiilern. Seine theoretischen Betrachtungen 
hat er in einem Lehrbuch zusammenhangend dargestellt, das die 
Einwirknng eines magnetischen oder eines elektrischen Eeldes auf 
die optischen Eigenschaften der Korper behandelt. Es ist im Jahre 
1908 unter dem Titel Magneto- und Elektrooptik erschienen und 
beruht auf Vorlesungen, die er an der TJniversitat gehalten hat. 
Zum Verstandnis der Vorgange im Atom fehlte allerdings noch 
Wesentliches. Das hat erst Niels Bohr angebahnt, als er das 
Gresetz des Wirkungsquantums heranzog and auf sein Atommodell 
anwandte. 

Voigt hat auch seine Vorlesungen iiber theoretische Physik 
in Lehrbiichem zusammengefafit. Eine elementare Mechanik als 
Einleitung in das Stadium der theoretischen Physik erschien 1839 
in erster 1901 in zweiter Auflage. 1895 — 96 kam dann in zwei 
Banden sein Kompendium der theoretischen Physik heraus , das 
in einer bis dahin noch von keinem Werke erreichten Vollstandig- 
keit das gesamte Gebiet der theoretischen Physik behandelt. 

Seine Lehrbiicher, seine zahlreichen Abhandlungen in den An- 
nalen der Physik, den Gottinger Nachrichten und der physika- 
lischen Zeitschrift zeigen einen eisernen EleiB, der keine Minute 
nngeniitzt verstreichen lie6. Es ist kaum zu verstehn, wie er das 
AUes fertig brachte. Denn abgesehn von der Leitung seines In- 
stituts nahm er den lebhaftesten Anteil an alien Angelegenheiten 
seiner Universitat. Zwei Mai ist er ihr Rektor gewesen und war 
dadurch wie wenige Andere mit ihrem ganzen Organismus ver- 
traut. Er ist oftmals mit seinen eigenen Mitteln eingesprungen 
xmd hat dadurch manches Ilniversitatsunternehmen ermoglicht, 
manche Berufung verwirklicht, ohne da6 selbst die Naherstehenden 
es erfuhren. 

Bei all dieser intensiven Beschaftigung ist er „Frau Misika“ 
durch sein ganzes Leben treu geblieben. Besonders mit den Vo- 
kalwerken Johann Sebastian* Bachs hat er sich beschaftigt und 
wurde nicht miide darauf hinzuweisen, welche Schatze in ihnen 
liegen und wie wenig auch nur die Uberzeugung von ihrer Be- 
deutung Allgemeingut geworden ist. Voigt hat schon in Konigs- 
berg angefangen mit einem von ihm eingeiibten Chor musikalischer 
Freunde Kirchenkantaten von Bach aufzufiihren und hat es in 
Gottingen durch viele Jahre hindurch fortgesetzt. Das erforderte 
ein eingehendes Stadium und viel Arbeit. In seinem 1911 er- 



52 


C. Range, Woldemar Voigt. 


schienenen Bnche ^die Kirchenkantaten Jokann Sebastian Bachs“ 
hat er die Ergebnisse seines Stndinms nnd die Erfahrungen bei 
der Anffhhrung niedergelegt. „Die Kantate", so scbreibt er dort, 
„ist diejenige Form der Kirchenmusik, in der sich die scbopfe- 
rische Tatigkeit Bachs nicht nnr bei weitem am haufigsten, son- 
dem auch am mannigfaltigsten bewegt hat. Und doch ist von 
den iiberreichen Schatzen, die sie enthalten, nnr erst in wenigen 
Stadten ein nennenswerter Teil znr AnfFiihrong gelangt, and manche 
groBe Mnsikzentren wissen von ihnen so gnt wie nichts“. 

Die letzte Anffuhrnng fand im Sommer 1919 in der Johannis- 
kirche statt znr Trostnng nnd Erhebnng aller Besncher in schwerer 
Zeit, Gottingen wird die Voigtschen Kirchenkonzerte in dank- 
barer Erinnerung behalten. 

Anch in Voigts gastlichem Hanse warden die kostlichsten 
Anffiihrangen mit den mnsikalischen Freonden veranstaltet nnd 
Jedem, der das Gliick gehabt hat, dabei zn sein, wird der Ein- 
drnck der edlen Geselligkeit nnvergeBlich bleiben. 

Dort, wo er so oft begeistert and begeistemd den Taktstock 
geschwnngen, vor seiner Hansorgel, stand am 15. Dezember seine 
Bahre. Von dort wnrde er nnter den Klangen eines Bachschen 
Chorales znr ewigen Kahe hinansgetragen. 



Hermann Oldenberg. 

Von 

Alfred Bertholet. 

Da6 am Tage, wo die Ghesellschaft der Wissenschaften ihre 
Toten des Jahres ehrt, Hermann Oldenbergs, den sie am 18. 
Marz verloren hat, besondera gedacbt wird, ist selbstverstandlicb ; 
denn seit 1890 ihr korrespondierendes, seit 1909 ihr ordentlicbes 
Mitglied, war er ihrer GroBen eiuer. DaB aber mir, der ich nicht 
sein engerer Fachgenosse war, der Auftrag geworden ist, sein 
Erinnerongsbild zu zeichnen, scbeint besonderer Rechtfertigang 
zu bedurfen; war er dock selber geradeza vorbUdlich — so mancbe 
Besprechung aus seiner Feder legt davon ausdrucklich Zeugnis ab 
— sick stets der Grenzen seiner Hompetenz bewaBt zu bleiben. 
Aber daB ein seinem eigentlichsten Fache Femerstehender hier 
das Wort ergreifen darf, ist nur ein Zeicken seiner GroBe; denn 
von der gewaltigen Somme seiner Arbeitsleistung entfallen die 
Haoptposten nickt nor aof Seiten der indischen Philologie, son- 
dem nickt minder der Religlonsgesckichte. 

Von der Pkilologie ist er aosgegangen und zwar der klassi- 
scken. Ikr gait sein Stadium, das er in den Jakren 1871 — 75 in 
Berlin und Gottingen absolvierte ; ikr gekorte seine erste im Druck 
ersckienene Arbeit an, eine hier gekronte Preissckrift des Neun- 
zeknjahrigen ; de Platonis arte dialectica. Aber sckon der Titel 
der Dissertation, mit der er 2 Jahre darauf in Berlin promovierte : 
de sacris fratrum Arvalium quaestiones ist mit seinem religions- 
gesckicktlicken Einschlag wie eine Weissagung auf die Zukunft. 

Das Urteil der berufensten Fackgelehrten hatte Olden- 
berg ermutigen diirfen, bei der klassiscken Philologie zu bleiben. 
Mommsen warb formlick um ikn. Aber es lockte ikn der Reiz 
neuer, weniger begangener Baknen, er wandte sick der Indologie zu. 



54 


Alfred Bertholet, 


nnd es ist erstatmlich, fast unbegreiflich, mit welcher Schnellig- 
keit er sich in das nene Gebiet eingearbeitet hat. Schon 1878 
kann er sich in Berlin fiir Sanskritphilologie habilitieren. 1879 
veroffentlicht er Text nnd englische TJbersetznng des Dipavamsa, 
der „Inselchronik“, einer Geschichte Ceylons. Im selben Jahre 
erscheint der erste Band seiner Ansgabe des Vinaya Pitaka, der 
die bnddhistische Gemeindeordnnng enthaltenden Texte. Ihm folgen 
bis 1883 ihre 4 weiteren Bande; daneben hergehend (1881 f.) ihre 
im Verein mit Rhys Davids nntemommene englische TJbersetznng 
in 2 Banden der von Max Muller heransgegebenen Sacred Books 
of the East; im selhen Jahre 1883 die Ansgabe der Theragata, 
d. h. der bnddhistischen Monchslieder. Und nnn reiBen die Ar- 
beiten znr indischen PbRologie nicht mehr ab. In zwei weiteren 
Banden der Sacred Books of the East liefert Oldenberg eine 
TJbersetznng der Grihya Sutras, d. h. der vedischen Regeln iiber 
die hanslichen Zeremonien (1886. 1892). Von 1880 ab nimmt man 
kanm einen Band der, Zeitschrift der Dentschen Morgenlandischen 
Gesellschaft znr Hand, ohne anf eine Abhandlnng znm Rigveda 
aus seiner Eeder zn stoBen. 1888 erscheinen seine metrischen nnd 
textgeschichtlichen Prolegomena. Ein Band der Sacred Books of 
the East enthalt seine TJbersetznng der Hymnen an den Fenergott 
Agni in den 5 ersten Mandalas (1897). Znsammenfassend hat er 
seine Bemerknngen znm Rigveda in den Abhandlungen in nnserer 
Gesellschaft veroffentlicht (1909. 1912), nnd in den Nachrichten 
begegnet man immer wieder seinem Namen. Noch ihr letztes, 
nach seinem Tode erschienenes Heft bringt eine literarkritische 
TJntersnchnng des nnermiidlichen Ecrschers znr Bhagavadgita. 

Das facbmannische TJrteil iiber die Akribie der philologischen 
Arbeiten Oldenbergs ist ein einmiitiges. Von den Grundsatzen 
seiner Methode kann auch lernen, wer anf anderm Gebiete als dem 
seinen philologisch arbeitet, nicht znm mindesten der Alttesta- 
mentler. Z. B. mag es ihm zn denken geben, wenn Oldenberg 
die Anfgabe des Textkritikers des Rigveda oft , sogar moistens 
darin beschlossen sieht, den Text nicht zn verbessem, sondern zu 
zeigen, da6 voreiligen Bessernngsversnchen der rechtverstandene 
Text widerstehe. Wie er seine Methode im iibrigen selber ver- 
steht, entnehme ich vielleicht am hesten den Worten seiner Schrift 
znr Vedaforschnng: „Das Ziel miiBte sein, jeden Eingerzeig, den 
die Materialien geben kijnnen, frnchtbar zn machen, in breiter 
Eundamentiernng der TJntersnchnng alien Stellen ihren Platz zu 
gewahren, zu entdecken, wie sehr die eine natnrgemaB an die an- 
dere anschlieBt, wie die eine die Moglichkeiten, welche die andere 



Hermann Oldenberg. 


55 


offen lassen wiirde, vereugert. Man mnB tastend, versuchend jede 
denkbare Anpassnng an das Gegebene heranbringen , bis die Ge- 
wiBheit gewonnen ist, da6 das Gewand der Deuttmg dem Korper 
der Texte paBt, sick jeder Bewegnng des Korpers anschlieBt“. 

Oldenberg sagt es frei heraus, daB die alte Pbilologentechnik 
fiir sich allein den nenen Aufgaben nicbt uberall gewacbsen sein 
kann. „Die Deutnng der Hymnen versieht es nnvermeidlich in 
der konkreten Lokalfarbe, wenn wir ihre Verfasser nicbt auf dem 
Opferplatz, der ibre Welt ist, begleiten konnen, wenn der Erdge- 
rnch der dort anfsteigenden Diinste uns fremd ist“. TJnd noch 
mehr als das: jDer Erforscbnng des Veda liegt die Versucbnng 
nahe, sicb allzu einseitig anf das zuerst in die Augen Fallende, die 
Getter des vedischen Glanbens nnd den Knltus, einzustellen. Wir 
diirfen nicbt anBer Acbt lassen, daB aacb die allgemeinen Vor- 
stellnngen viber Sein nnd Gescbeben ibre in den Vedatexten sicb 
abspiegelnde Geschicbte baben“. Und zur Erkenntnis dieser Ge- 
scbicbte will Oldenberg mit seiner Vedaforscbnng einen Bei- 
trag liefern. Ja, aucb in den metriscben Studien, die er mit be- 
sonderer Vorliebe verfolgt bat, ist ibm das Formalistiscbe nicbt 
Selbstzweck nnd Endzweck. Den Sloka sncbt er im Gegensatz 
znm griecbiscben Jambns, in dessen Rbytbmen sich eine Welt des 
Handelns male, als Ansdrnck einer Welt des Gescbehens zu ver- 
stehen, die zwischen Werden nnd Yergehen endlos bin- nnd ber- 
flnte, nnd iiber seine Geschicbte des Sloka nrteilt er znsammen- 
fassend, er hoffe, daB die gefnndenen Ergebnisse scblieBlich anch 
fiir die Beligionsgeschichte nicbt wertlos seien, ein Urteil, das mir 
besonders lehrreich ist: nicbt nnr der Philologe, sogar der Me- 
triker will bier dem Religionshistoriker Handreichnng leisten — 
weil er selber im Gmnde seines Herzens Religionshistoriker ist. 

Als solchen erweist er sich schon mit dem ersten groBen zu- 
sammenfassenden Werk, mit dem er anf den Plan trat, seinem 
klassisch gewordenen Bnddba, der erstmalig 1881, mitten zwischen 
seinen Textpnblikationen, er schien. Oldenberg erfaBt den Buddhis- 
mns in seinen Urspriingenj denn „wer ihn versteben nnd dar- 
stellen will, darf ihn znnachst nicbt da aufsnchen, wo man den 
starkenWein seinerGedanken verdiinnthat", nnd zwischen „echtem“ 
nnd „nnechtem“ Bnddhismus zu nnterscheiden nnd dariiber aucb 
weitere Kreise anfznklaren, ist ibm ein nacbhaltiges Bedurfnis 
geblieben. So setzt er bei Buddha selber ein. Die Scbwierigkeit, 
ein znverlassiges Bild von ibm zu gewinnen, wird nicbt zum min- 
desten dadurch erhobt, daB dem alten Inder selber die Fahigkeit 
individneller Gestaltnng abgeht, wie denn aucb (beides hat Olden- 



56 


Alfred Bertholet 


berg gelegentlich aufgezeigt) die Schwache anschaulicheu Sebens 
ein Wesenszug indischen Geistes ist. So ist dem Inder aacb Baddha 
keine mit ihrem eigenen Stempel gepragte Person, er vdederbolt 
nur den Typus, den die nnzahligen vergangenen Buddhas ver- 
wirklicht haben, die kiinftigen verwirklichen werden, er ist, wie 
Oldenberg ihn spater einmal definiert hat, „das ans der groBen 
Formel des Weltvorganges berechenbare Gebilde, das an dem 
Punkte steht, wo dieser Vorgang, sich selbst belenchtend und 
durchschauend, sich aufheben mn6“. Aber doch weiB ihn Olden- 
berg als Menschen von Fleisch und Blut vor uns erstehen zu 
lassen, in seiner Zeichnung die kritisch wohlgesicherte Mittellinie 
verfolgend, voU weiser Zuriickhaltnng einerseits, weil der Ge- 
schichtsforscher, wo es nur Moglichkeiten gibt, keine GewiBheiten 
schaffen koime und man bis ins Geheimnis doch nicht einzudringen 
vermoge, aber anderseits ebensoweit entfemt von iibertriebenem 
Skeptizismus inbezug auf Buddhas Menschlichkeit : einer naturmy- 
thologischen Fassung gegenuber, die ihn zum Sonnenheros macht, 
bewahrt Oldenberg das feine Verstandnis fiir die Bedentnng 
historischer Erinnerung und ein noch feineres wombglich fiir ihre 
Unterschiede : von vornherein ist er mit aller Bestimmtheit fiir 
die Vorziige der sogenannten siidlichen Tradition vor der nbrd- 
lichen eingetreten, und er hat damit Recht bebalten, zumal wo 
seit dem Fund von Sanskritversionen buddhistischer heiliger Texte 
in Zentralasien der Norden anfangt, das Gewicht der siidlichen 
Zeugnisse selber zu verstarken. Mit besonderer Klarheit hat 
Oldenberg als beherrschenden Grundzug des Buddhismus her- 
ausgearbeitet, daB er das Heil von keiner Gnade sondern allein 
von der eigenen Rraft des Suchenden und Ringenden erwarte, und 
dieses gegensatzliche Widerspiel von Gottergnade und Menschen- 
kraft hat er, darin mit Recht ein Grundproblem religionsgeschicht- 
licher Entwicklung iiberhaupt erkennend, in seiner Kieler Rekto- 
ratsrede durch die ganze indische Religionsgeschichte hindurch 
auBerordentlich fein beobachtend verfolgt. 

Was ich im iibrigen an Oldenbergs Buddha neben seinen 
formalen Vorziigen wie dem eines glanzenden Stiles vor allem 
bewundere, ist einmal der ausgesprochene Sinn fur das spezifisch 
Indische der Bnddhareligion, das zu betonen so viel ungeschicht- 
lichen Propagandatendenzen der Gegenwart gegeniiber besonders 
wichtig ist. Oldenberg hiitet sich davor, durch die Edoster- 
garten und Einsiedeleien der Buddhaj linger die Liifte des Moder- 
nismus wehen zu lassen, vor denen der echte, alte indische Erd- 
geruch flieht. Er bleibt sich immer dessen bewuBt, daB [in der 



Hermann Oldenberg. 


B7 


schwiilen, traamerischen Stille Indiens die Gedanken anders wachsen 
als in der kahlen Luft des Westens, und diese indische Atmosphare 
zn fassen, ist er unablassig bemukt, um mit allem Nachdrack ihren 
verweicblichenden Einflofi auf die von Norden einziehenden arischen 
Eroberer des Landes zu betonen, deren Natur zn ilirer vollen 
Entfaltung ein gemaBigtes Klima verlange, wahrend das tropische, 
das sie finden, sie, den Pflanzen der Tropenwelt gleich, zwar schnell 
babe reifen, aber ebensoschnell an Leib und Seele erschlaffen lassen. 
TJnd das zeicbnet das indiscbe Volk mit einem „weiblichen Zug®, 
es sind „keine aus hartem Stofif geschaffene Menschen“, sie „baben 
Nerven, nicht Mnskeln®, bier „feblt dem Personlicbkeitsgefubl die 
voile Energie“, bier „versagt die Tatkraft“, man „entfremdet sich 
der Wirklicbkeit, man opfert das Wabre dem Ertraumten, die 
lebendige Gestalt dem Schmuck, nnter dem man sie begrabt“. In 
alledem findet Oldenberg Wnrzel nnd Erklarnng des negativen 
Wesens der bnddhistischen Ideale, der bnddbistischen Abkebr von 
Arbeit und Tatigkeit, nnd im Blick darauf stellt er den Bnddbis- 
mns in Gegensatz znm Christentom. DaB er es tut, ist zngleich 
ein Symptom, wie vollig fern er der Gefabr jeder Vercbristlicbnng 
in der Darstellung der fremden Religion bleibt. Zn der von de 
la Valine Poussin in Buddbas Jungem entdeckten anima natura- 
liter Christiana nnterdrackt er nicbt ein „gelindes Fragezeicben,“ 
und Piscbels Versucb, den altbnddbistiscben BegrifF der „maitri“ 
im Sinne der cbristlicben Liebe zu fassen, widmet er, ancb an 
einen groBeren Leserkreis sich wendend, eine ansfiihrliche Wider- 
legung. Schon der Frage buddhistischer Einflusse auf das ent- 
stehende Christentnm steht er mit groBter Skepsis gegeniiber. 

Und doch ist er der letzte, in einem religiosen Phanomen, das 
er in seiner indiscben Bedingtbeit zn erfassen sich bestrebt , n u r 
etwas Indisches zn sehen. So geflissentlich er dem Inder gibt, 
was des Inders ist, er sucht im Indiscben nnd hinter ibm das ty- 
pisch Menschliche, und das ist das andere, was icb an Olden- 
bergs Bnddha-Bucb besonders bewundere. Dariiber lassen gleich 
seine ersten Seiten keinen Zweifel aufkommen, die mit ihren Aus- 
fdhrungen iiber die Wiederkebr gewisser auf dem Boden religiosen 
Lebens sichtbarer Erscbeinungen, fiber die Natnr der Bedingongen, 
nnter denen einzelne Formen dieses Lebens hervortreten, ein be- 
redtes Zengnis ablegen, wie ihr Verfasser dorchdrungen ist von 
der Empfindnng ffir religiose GesetzmaBigkeit, wie es ibm letzten 
Endes zu tun ist um Erkenntnis und Verstandnis menschlicher 
Psyche fiberhanpt. 

Diese Weite des Horizontes bekundet nicht minder Olden- 



58 


Alfred B ertholet, 


bergs zweites Hauptwerk, die Religion des Veda, dessen nnver- 
gangliches Verdienst es ist, das altindische religiose Wesen in 
machtige iiber die Erde reichende Zusammenhange hineingestellt 
zn haben. Die mit Wortvergleichungen operierenden Bemiiliongen 
nm die Ermittelnng gemeinsamer indoeuropaischer VorsteUungen 
batten znm gnten Teil versagt. Oldenberg greift nngleich 
weiter aus. In grofitem AusmaB ziebt er Volker- und Volksknnde 
heran, nm etwas wie eine Eormenlebre der religiosen oder qnasi- 
religiosen Gebilde zu gewinnen, nach der sick die Bedentnng in- 
discber Brancbe nnd Vorstellnngen im Einzelfalle scbeint bestimmen 
zn lassen. Der vediscbe Knit als ganzer gewinnt dadurch ge- 
waltig an geschicbtlicher Tiefendimension. Aber die vediscbe 
Wissenscbaft wird in ihrem Verbal tnis znr Etbnologie damit nicht 
bios znr empfangenden. Oldenberg bat sie recbt eigentlich znr 
gebenden gemacbt, indem er sie in die Lage bracbte, nicbt allein 
zn der Eiille etbnologiscben Materiales ibrerseits beizntragen, son- 
dem auch bin nnd wieder korrigierend einzngreifen, wo der etbno- 
logische Forscher, der im Blick anf’s Ganze leicbt die Eigenart 
des Einzelfalles iibersiebt, die Tragweite gewisser Tbeorien zu 
uberspannen geneigt ist. Dabin gebort Oldenbergs uberzeu- 
gender Nacbweis Frazer gegeniiber, wie nnberecbtigt es sei, das 
Agnischicbtnngsritnal (das sogenannte Agnicayana) nnter die Rn- 
brik der Opfernng des Gottes einznordnen, oder wieder die ans- 
fuhrlicbe Darlegnng, wie wenig sich die zauberischen Vorgange 
in den Brahmanas in ibrer Gesamtbeit auf die glatte Formel einer 
einbeitlicben MsLnavorstellnng reduzieren lassen. 

23 Jahre nacb dem Erscbeinen der ersten Anflage der Religion 
des Veda, vor 3 Jabren, kam die zweite herans; das Bnddba- 
werk bat es anf 6 Anflagen gebracbt, nnd eine siebente stebt nn- 
mittelbar bevor. Man mnB die verscbiedenen Anflagen genaner 
miteinander vergleicben, nm in die Gewissenhaftigkeit der Ar- 
beitsweise Oldenbergs einen Einblick zn gewinnen. Selber un- 
ablassig bobrend nnd von fremder Forscbnng bereitwillig lernend, 
kebrte er seine kritische Veranlagnng zu allererst gegen sich 
selber, er lieB sich nichts durchgeben, er priifte nnd feilte, er 
liebte das fein Geschliffene; aber es muBte haltbar nnd echt sein. 

Es ist, als sei seine 1908 erfolgte Versetznng von Kiel nach 
Gottingen (1889 war er von Berlin als Ordinarius nach Kiel be- 
rnfen worden) seiner wissenschaftlicben Prodnktion noch ganz be- 
sonders forderlich geworden. Die letzten Jahre zeigen neben einer 
Fiille von Arbeiten, die er znm grofiten Teil in den Veroffent- 
lichnngen nnserer Gesellscbaft niedergelegt hat, zwei grofiere 



Hermann Oldenberg. 


59 


Werke von vollendeter Eeife. Dafi sie unter Kriegslanften er- 
scheinen konnten, ist an sich ein bleibendes Ehrendenkmal deut- 
scher Wissenschaft. Es ist znnachst das Bach: die Lehre der 
Upanishaden and die Anfange des Buddkismas, sodann: die vor- 
wissenschaftliche Wissenschaft, eine Darstellong der Weltanschauung 
der Brahmanatexte. Mit diesen beiden Werken ziebt Oldenberg 
die grofie Verbindungslinie zvpischen der Religion des Veda und 
dem Buddhismus. Der innere ZusammenschlnB ist ein so voll- 
standiger, dafi man nicht ohne Erstaunen vemimmt, was er noch 
in den letztjahrigen Anzeigen gelegentlich sagt, es hatte dem- 
selben kein im voraus festgestellter Plan zu Grunde gelegen. So 
scheint ein unbewuBt wirkender Zwang zur Synthese der divina- 
torische Fiihrer geworden zu sein, der Oldenbergs wissenschaft- 
lichem Werk zu seiner wundervollen Abrundnng verhalf. Wenn 
er einmal davon spricht, daB das indische Eorschungsgebiet ein 
geradezu ausnahmsweise schon erhaltenes Exemplar religionsge- 
schichtlicher Entwickelung aufweise, so ist seine Gesamtdarstel- 
lung jetzt ein umfassender und abschliefiender Beweis dieses Satzes 
geworden. Schritt fur Schritt leitet sie uns (und an dieser Fiih- 
rung laBt sie dank der kbstlichen Klarheit und Lebendigkeit 
Oldenbergscher Darstellungskunst einen weiten Leserkreis teil- 
nehmen) von der alten Zeit mit der in ihrer Weise zwingenden 
Logik des primitiven Denkens und ihrem Glauben an die leben* 
digen groBen Gotter durcb die Begionen des „Nicht mehr“ und 
des „Noch nicht“, wie Oldenberg sie selber genannt hat, zur 
lichtumstromten Freiheit philosophischer Gedankenkunst und zur 
Entdeckung der stillen Glorie jener Machte, die dann in den Upa- 
nishaden und weiterhin in der Buddhalehre zur Herrschaft iiber 
Denken und Seelenleben gelangen sollten. 

Was mir die beiden letzten Werke insonderheit auszuzeichnen 
scheint, das ist gerade der Sinn fiir die groBen durchgehenden 
Linien, fiir die Kontinuitat and die Zusammenhange dieser ganzen 
Entwicklung: alles weist nach riickwarts und deutet nach vor- 
warts. Man nehme z. B. die uns so seltsam anmutenden Identifi- 
kationen der Brahmanas, wonach die verschiedenartigsten Wesen- 
heiten einander einfach gleicbgesetzt warden konnen: die Maruts 
sind Wasser, Visnu ist das Opfer, Prajapati ist das Jahr, die Kuh 
ist Atem u. s. w. Ratios und hilflos steht man znnachst so bizarren 
Aussagen gegeniiber, und Oldenberg ist der letzte, uns fiber 
solche Bizarrerie hinwegzutauschen, Scharfer als irgend einer 
nennt er die Dinge mit Namen und laBt die brahmanischen Lehrer 
darin rivalisieren, alten Widersinn mit neuem noch barockerem 



60 


Alfred Bertholet, 


Widersinn zu ubertrumpfen. Aber man mu6 seinen eigenen Aus- 
fiihrangen fiber diese Identifikationen nur folgen, nm zu sehen, 
wie prachtvoU klar ihre geschichtliche Bedeutung in die Erackei- 
nung tritt: nach riick warts ihr Zusammenhang mit primitiven Vor- 
stellungen, wahrend sie nach vorwarts auf das tat tvam asi der 
Upanishaden deuten. TJberhanpt ist es eine Tat, aus dem Chaos 
der bunt dorcheinander wirbelnden wirren Eiazelvorstellongen der 
Gedankenwelt der Brahmanas die Grondformen herausbuchstabiert 
und zu einer Art Grammatik verarbeitet zu haben, um nicht nur 
ihre eigene Sprache und deren Gesetzmadigkeit zu verstehen, son- 
dem dariiber hinaus ein Verstandnis fur die Bildungen der Eolge- 
zeit zu gewinnen. Wie nnvergleichlich fein beobachtet da Olden- 
berg die Znnahme der Aufmerksamkeit auf die Eaktoren des 
Seelenlebens, in der sich die Bemiihungen der Upanishaden und 
des Bnddhismus vorbereiten, durch richtige Behandlung des seeli- 
schen Mechanismus den Weg zu einem hochsten Ziel zu finden, 
wie nnvergleichlich fein die znnehmende Entmaterialisierung ge- 
wisser allgemeiner Kategorien, die den Uberblick uber den Um- 
fang des Daseins klaren und die Einsicht in seinen Gehalt ver- 
tiefen! Die Upanishadenspekulation braucht dann schlieBlich bios 
den letzten Schritt fiber die Schwelle zu tun, an welche die Phan- 
tasie der Brahmanalehrer nur hatte heranfuhren konnen. Was im 
Zentrum der einen und was im Zentrum der andem jener Spharen 
steht, ist Eines: es ist das Eine, in dem allein alles Leben, aller 
Gehalt des Daseins beruht. Das Ich, vieUeicht schon in mystische 
Versenkungen hinabzutauchen gewohnt, schaut sich im All, das 
All in sich. Und Oldenberg rfickt mit BewuBtsein die Upani- 
shaden in den nmfassenden religionsgescbichtlichen Zusammenhang 
des Parallelismus der Gedankengebilde der groBen christlichen 
Mystiker wie anderseits eines Plotin und des Snfismus, um darin 
die fiber die Erde reichende Identitat des raumlich und zeitlich 
Entfernten, die den Betrachter niedrigster religioser Gebilde so 
oft erstaunen macht, auf anderer Stufe noch einmal wiederkehren 
zu sehen. Aber zugleich weist er die Upanishaden, unbeirrt vom 
Uberschwang einer Schatzung, die das AngenmaB fiir ihre zeitge- 
schichtliche Bedingtheit verloren zu haben scheint, in die Schranken 
ihrer bestimmten Stellung im Entwickelungsgang indischen Den- 
kens am Bertihrungspnnkt zweier geistiger Welten, und wie er 
sie literarisch als ein eigenartiges Gemisch von Kunstlosigkeit und 
Kunst, hilflosem Gestammel und Inspiration des Genius charak- 
terisiert, so zeigt er, wie sie nach ruckwarts in die groteske Phan- 
tasie des alten Zaubertums zurfickreichen, wahrend sie mit ihren 



Hermann Oldenberg. 


61 


nach Befreinng davon trachtenden Abstraktionen nach vorwarts 
weisend den IJbergang bilden zum Baddhismns, in welchem er 
Indien den Hohepnnkt seines religiosen G^staltens erreichen sieht. 
Der Bnddhismns wachst aber dock nicht nnr ans Vorhandenem 
herans, er ist von eigener starker Schopferkraft, und darin ist 
Oldenberg das wichtigste Element die menschlicb-ubermensch- 
licbe Gestalt des Buddha selber. ein Grofiter anfgetreten 

ist, erfullt von nnvergleichlicher seelischer Wirkungskraft , das 
war das entscheidende Ereignis". Damit miindet Oldenbergs 
Alterswerk da ein, von wo er 34 Jahre zuvor mit seinem ersten 
Hanptwerk den Ansgang genommen hatte. Der Kreis schlieBt 
sich, ein Kreis voU Arbeit, aber aucb voll Treue, nnd ich fiige 
hinzn : voll Liebe nnd Leben. 

Ich weiJB, man hat Oldenberg znweilen eine gewisse Kiihle 
seinem Stoff gegenuber nachgesagt und etwas von personlicher 
AnteUnahme am Dargestellten, von Begeisternng dafiir an ihm 
vermifit. Es ist mit falscher Begeisternng gerade anf diesem Ge- 
biet genng gesiindigt worden, nnd Oldenbergs Objektivitat ist 
seine Starke. Auch mSchte ich glanben, er sei schon ein viel zu 
grofier asthetischer Genie6er gewesen mit dem ansgepragten Sinn 
fiir die Schonheit indischen Dnftes, der indisch Gedachtes nnd Ge- 
formtes dnrchdringt, als da6 er nicht intensiv genossen hatte, wo 
es zu geniefien gab. Dafur ist mir vorab seine Indische Literatnr- 
geschichte beweisend, die selber von jener Lenchtkraft dnrchdrungen 
ist, welche allein der Schildernng einer Poesie nnd einer Gedanken- 
welt wie der altindischen voiles Leben zu verleihen vermag. Vor allem 
besaB Oldenberg die Leidenschaft zur Arbeit, tmd sie begliickte 
ihn. Ereilich war er im Kerne seines Wesens eine kritische Natnr 
mit einem entschiedenen Znge zur Skepsis. Nicht nmsonst spricht 
er beim beriihmten rigvedischen Lied, das in die Zweifelsfrage 
inbezng anf das gbttliche Wissen ansklingt, von der „wnndervollen 
Hohe seiner SchlaBworte“. Die AuBenseite seines Skeptizismus 
war eine prachtige, mit feinem Humor dnrchsetzte Ironie. Man 
liest sie oft genng bei ihm zwischen den Zeilen, so wie man sie 
ans seiner faszinierend geistreichen Unterhaltnng heranshorte. 
Dnrch alles hindnrch lenchtete sein klarer, scharfer Verstand, der 
sichtend, ordnend Ordnung, MaB nnd Gleichgewicht snchte, der 
das Material nnerbittlich anf Gehalt und Festigkeit dnrchforschte 
und nach organischem Anfban verlangte. In dieser Hinsicht kam 
ihm allerdings der indische Volksgeist wenig entgegen mit seiner 
mangelnden organisatorischen Begabung, mit seinem Hang zur 
MaBlosigkeit, mit seiner Neignng »zu Formen, deren Charakter 



62 


Alfred Bertholet, 


Formlosigkeit ist, zn kuhnen, aller Wirklichkeit entfliehenden Lnft- 
reisen, in denen der Gedanke anbegrenzte Reiche gestaltloser Phan- 
tasmen durcheilt, um dann aus grandiosen Tranmen hilflos in kind- 
liches Gefasel zu versinken“. Oldenberg macht kein Hehl darans, 
wie schwer er die Anfgabe empfnnden hat, diesen Geist in seinen 
Begrenztheiten wie in seinem Reichtum zn schildern und was far 
ein Gefiihl tiefer Fremdheit er ihm gegennber im Reste behalt. 
Er hat ein scharfes Auge fiir seine Schwachen, und er zerstort 
stellenweise den Nimbus, mit dem eine friihere Zeit seine Erzeug- 
nisse geme umgeben hatte. „Sie pflegen keine hohen Meister- 
werke zn sein, diese Dichtangen“, sagt er vom Rigveda. „Hier 
wird das Poetenamt mit einer gewissen alltaglichen und behag- 
lichen GeschaftsmaBigkeit geiibt" . In den Brahmanatexten wiederam 
sieht er die vollkommensten mythologiscb-speknlativen MiBgeburten 
zur Welt kommen, und die Upanishaden „waren nicht indisch, 
wenn sie dem Verfallen ins Lappische entgangen waren“. Der 
Mahabharata „ein Heldengedicht, wie es in Indien sein muB, arm 
an Heldentum, ungehenre Taten der Kraft und Kuhnheit ersonnen 
nnd besungen von Schwachlingen“, dazu „der nur in Indien denk- 
bare Versuch, das Unvereinbare zu vereinen, das ungehenre Helden- 
gedicht zu einem ungeheuren Lehrgedicht zu gestalten, ein AusfluB 
der alles beherrschenden MaBlosigkeit", nnd diese MaBlosigkeit 
weist Oldenberg bis ins alteste indische Strafrecht nach, wo es 
an der mafivollen Gesinnung fehle, die auch den Schuldigen da- 
gegen sichere mehr zu leiden als ihm nach fester Ordnung zu leiden 
gebuhre. 

Oldenberg liebt es, dem Indischen das Griechische gegen- 
iiberzustellen, das bewegte Leben im treien Licht irdischer mensch- 
licher Wirklichkeit voll Tatenlust und Schonheitsfreude, die Span- 
nnng von Willen gegen Willen, von Kraft gegen Kraft, die ganze 
Klarheit der geistigen Atmosphare, und es ist unschwer zu ent- 
decken, welcher von beiden Seiten er innerlich mehr zuneigt. Seine 
schbnheitsdurstige Seele vermiBt schon im indischen Vokabnlar ein 
Wort von der zentralen Stellung, dem vollen und tiefen Klang 
des griechischen xaX.6v. Jene Vergleiche sind wie eine Ruckkehr 
zur ersten Liebe, die ihn sein Stadium mit der klassischen Philo- 
logie hatte beginnen lassen. Darf ich weiter gehen und sein ganzes 
religionsgeschichtliches Interesse zuriickfiihren auf eine erste Liebe, 
auf die Einflusse, die vom Elternhaus auf ihn ausgegangen waren 
als den Sohn eines Pastors, des getreuen Mitarbeiters und Bio- 
graphen Wicherns? Freilich fuhrte Her mann Oldenberg seine 
Entwickelung dazu, von diesem Anschauungskreis Abstand zu ge- 



Hermann Oldenberg. 


63 


winnen. Aber er besaB einen zu ausgepragten Sinn fiir Echtheit 
und Wahrheit, als da6 er, wo immer er anf wirklichen Grlauben 
und lebendige Frommigkeit stieB, sie nicht anzuerkennen gewuBt 
hatte. So spricht er nicht als ein Fremder von der bewnndernden 
Empfindang fiir die wundervolle Kiihnheit und Kraft jener Inder, 
die die Welt am MaBstabe mach tiger jenseitiger Ideale gemessen 
nnd das Urteil iiber sie gesprochen hatten, fiir die ganze Eiick- 
sichtslosigkeit ihres sich Loslbsens von dieser Welt, fiir ihr nicht 
klagendes Ertragen, sondem beseligtes Ergreifen der Folgen dieser 
Tat. Er weiB von manchen Pnnkten, wo vor den Gedanken, die 
er darzustellen hat, ein Gefiihl der Ehrfnrcht nicht schweigen 
kann, und wieder hbrte man es aus den Worten heraus, mit denen 
er hier in offentlicher Sitzung seine personliche Teilnahme an einem 
Feueropfer in Indien beschrieb : „Es beruhrte mich feierlich wie 
ein Hauch unendlich fernen Altertums, als der Priester, so wie 
die vedischen Sutras es vorschreiben, die Opferspende in das Feuer 
schiittete und dann vor den 3 Feuern seine Verehrung vollzog“. 

Die respektvolle Anerkennung des Fremden, in Wahrheit nor 
eine Seite seiner Objektivitat, verlieh ihm auch in seiner wissen- 
schaftlichen Auseinandersetzung mit abweichenden Ansichten jene 
literarische Lebensart, deren Mangel er gelegentlich an andern 
riigt. Sie floB bei ihm letzten Endes aus der Vornehmheit 
seiner Gesinnung, die ein Grundzug seines ganzen Wesens war. 
Er besaB in hohem Grade jene Hoflichkeit des Herzens, von der 
Goethe spricht. Wer mit ihm in geistigen und geselligen Aus- 
tausch treten durfte, den zog er in den Bann einer bezaubernden 
Liebenswurdigkeit, die man aus der Tiefe aufsteigen fiihlte. Da- 
neben gehbrte er zu den Naturen, die es lieben und fertig bringen, 
mit sich selber allein zu sein. Er ging seine einsamen Gauge, 
ging vorzugsweise die gleichen, und wenn man ihn zuriickkehren 
sah, schien es, als komme er von Selbstgesprachen innerlich be- 
reichert zuriick. Er scheint mir den Gang des Lebens gegangen 
zu sein alswie eine lebendige Verkorperung des indischen Wortes: 

„Wie auf des tiefen Sees Wassern leuchtender Klarheit Frieden 
ruht, 

Dringen, der Wahrheit Wort horend, Weise zu stiller Klarheit 
durch“. 



Friedricli Merkel. 


Gredaehtnisrede, gehalten in der bffentlichen Sitzung der Gesell- 

schaft der Wissenschaften zu Gottingen am 15. Mai 1920. 

Von 

Paul Jensen. 

Fast 40 Jahre hat Friedrich Merkel nnserer Mnsenstadt 
angehort, und fast ehenso lang nnserer Gesellschaft. Sein Lehen 
reprasentiert daher ein gnt Stiick Geschichte Gottingens xmd seiner 
Georgia Aognsta. Am Anfang des Wintersemesters 1866/67 war 
er als Student hierher gekommen, um an nnserer Universitat seine 
klinischen Stndien zn beginnen. Damals machte nnsere Stadt, wie 
Merkel in nicht verofiPentlichten Lebenserinnemngen erzahlt, einen 
ziemlich landlichen Eindrnck. Vormittags 11 Uhr lantete der 
Rinderhirte, der vor einigen Jahren am Gronertor sein Denkmal 
erhalten hat, mit einer groBen Glocke dnrch die StraBen, wo aus 
vielen Tiiren die Angehorigen seiner Heerde heranskamen, nm die 
gemeinsame Weide auf der Masch zu beziehen. Und abends kehrten 
sie von dort zuriick, ohne weitere menschliche Hilfe StraBe, Hans 
und Stall aufsuchend. Und wenn der solide Burger zur Rnhe ge- 
gangen war, machten sich die ,Nachtkanonen“ auf den Weg, als 
Vorganger der erst erheblich spater folgenden Kanalisation, die 
Nase des nachtlicben Wanderers erschreckend, aber den Feldem 
die gewunschte Nahrung spendend. Fine in der Stadt weit ver- 
breitete Schweinezucht, als Grundlage der allgemein ublicben Haus- 
schlacbtungen, znsammen mit — ahnlich wie heute wieder — viel 
betriebenem Gemiisebau nnserer Burger, vervollstandigte den stark 
landwirtschaftlichen Charakter der Stadt. Ihre Grenzen fand diese 
damals im wesentlichen noch dnrch den Wall und kahl sahen noch 
die Hange des Hainberges und Kleperberges auf die Stadt herab. 



Friedrich Merkel. 


65 


Nach nur karzer Abwesenheit warde Merkel im Jahre 1869 
ein zweites mal nach Grottingen verpflanzt, nnd zwar nm Prosektor 
am anatomischen Institnt nnserer Hochschnle zu werden. Und 
als er dann nach ISjahrigem Verweilen an nordlichen Universi- 
taten im Jahre 1886 ein drittes mal nach Grottingen zog, da war 
er ein gereifter Mann, der inzwischen hereits zwei Ordinariate der 
Anatomic bekleidet hatte nnd non bis zu seinem Ende nnserer Stadt 
erhalten bleiben sollte. Anch sie hatte sich inzwischen weiter 
entwickelt, sie war vielfach iiber die Grenzen des Walles hinans- 
gewachsen nnd die Anpflanznngen auf den Bergen waren anfge- 
gangen. Das Leben war mannigfaltiger nnd anspruchsvoUer ge- 
worden, bis dann der nns wieder so bescheiden machende, der nns 
so gewaltige innerliche nnd anfierliche Umwalzungen bringende 
Weltkrieg kam. Neben der allgemeinen groBen Traner hat er 
Merkel nnd den Seinen ihr iiberreichlich Teil an personlichem 
Leid gebracht, bis am 28. Mai 1919 der Tod ibn nns entriB. 

Blicken wir znriick zn seinen Anfangen ! Vor allem die ersten 
Dezennien seines Lebens, die nns Einblicke in das Werden seiner 
Personlichkeit gewabren, wollen wir etwas naher betrachten. 

Friedrich Merkel wnrde am 5. April 1845 in Niimberg 
geboren, als Abkommling einer dort alteingesessenen Familie. Sein 
Vater, der Inhaber der Mohrenapotheke, war ein Mann von viel- 
seitigem Bildnngsdrang, der nach voUbrachter geschaftlicher Ar- 
beit des Tages abends am Familientisch Ranke s historische Schriften 
las. Gmndlegende Charaktereigenhchaften , die der Sohn vom 
Vater besonders hervorhebt, hat er olFenbar selbst von ihm geerbt : 
Ernst nnd Umsichtigkeit, zngleich mit groBer Giite nnd lebens- 
frohem Gemiit, das Heiterkeit nnd gnte Lanne nm sich verbreitete. 
Dagegen fiel das schwerlebige Wesen der Mutter, einer Tochter 
des hochgebildeten Arztes Dr. Osterhausen, wohl weniger ins 
Gewicht, nnd anch nicht die pietistischen Bestrebnngen, die dnrch 
zwei Schwager des Vater s in die Merkelsche Familie Eingang 
fanden. 

Es ist immer interessant festznstellen, daB ein Mann, der, 
wie Friedrich Merkel, im Leben Bedentendes geleistet nnd 
sich hohe Wertschatzung errnngen hat, sich anf der Schule nicht 
der gleichen Anerkennnng erfreute. Das lag zum Teil offenbar 
an den Lehrern, denen Merkel mit wenig Ausnahmen kein gates 
Zengnis anszustellen vermochte. Znm Teil war es aber anch in 
dem Gegensatz zwischen den herrschenden Dnterrichtsprinzipien 
nnd der Natur nnd Begabnng des Schillers begriindet. Man tadelte 
ihn dariiber, daB er nnr Inter esse fiir den Inhalt der behandelten 

Nachrichten. gescliaftl. MitleiluDgen 1920. 5 



66 


Paul Jensen, 


LektUre habe, nicht aber fiir die grammatische Form. Und er 
selbst sagt aucb in seinen Erinnemngen ; „Icb muB zageben, daB 
es mir ziemlicb gleichgultig war, ob nt den Indikativ oder Kon- 
jnnktiv regiert nnd was die Partikel &v fiir einen Wert hat“. 
Also eine ansgesprochen nnpbilologische Natnr, der das vorwie- 
gend anf Erlernung der alten Sprachen abzielende Grymnasinm 
nicht entspracb. 

Als es an die Bernfswabl ging, auBerte sich Merkels Sehn- 
sucht, feme Lander zu sehen, in dem gliihenden Wunsche, Seemann 
zn werden. Obgleicb scklieBlich die elterliche EinwUligung hierzu 
gegeben wnrde, gelangte der Plan doch nicht zur Ausfiihrung, da 
der Andrang znr Marine zn groB war. Nach der Zerstorung dieser 
Marinetraume kam dann die ebenfaUs scbon altere Neigung, Me- 
dizin zu studieren, zur Geltung; sie war bereits wabrend seiner 
Schulzeit durch Besuche Merkels im Niirnberger Krankenhaus, 
wo ein alterer Bruder Assistent war, genabrt worden. Und fur 
den Beginn des Studiums wnrde zunachst das benachbarte Er- 
langen gewahlt, wo Merkel nach AbschluB einer sehr von ihm 
genossenen oberitalienischen Maultier-Reise zum Wintersemester 
1864/6B eintraf. 

Da seine urspriingliche Absicht, in die Burschenschaft einzu- 
treten, vereitelt wurde, lieB er sich durch Verwandte und Freunde 
dazu bestimmen, im Corps Baruthia aktiv zu werden. Die damit 
verbundenen Zerstreuungen und Einschrankungen der Bewegungs- 
freiheit hinderten Merkel aber nicht, von Anfang an in konse- 
quenter Weise seinen mit warmem Interesse betriebenen Studien 
obznliegen. Es zeigte sich hier schon in vollem MaBe die Eigen- 
art seiner Personlichkeit : als denkender Mensch nahm er das Leben 
ernst, wuBte aber nicht minder auch seine heiteren Seiten herz- 
haft zu wurdigen; und dabei hatte er noch die gluckliche Gabe, 
in vergniigter Gesellschaft auch dann, wenn es wohl nicht ganz 
nach seinem Geschmack zuging, kein Spielverderber zu sein. 

ProgrammgemaB wnrde nach zwei Semestern das Admissions- 
Examen abgelegt, in dem Pbysik, Chemie, Mineralogie, Zoologie 
nnd Botanik die Priifungsgegenstande waren; auf dieses Examen 
folgte dann erst das Studium der Anotomie und Physiologie mit 
der sich anschlieBenden klinischen Ausbildung. Die sogar mit Be- 
lobung bestandene Priifung trug dem jungeu Studenten als Beloh- 
nung von seiten seines Vaters eine Reise nach Belgien und Hol- 
land ein. Im dann folgenden dritten Semester, das auch noch in 
Erlangen verbracht wurde, machte Merkel die erste nahere Be- 
kanntschaft mit dem Gegenstand, der nachher seinen Lebensbernf 



Friedrich Merkel. 


67 


darstellen soUte, der Anatomie. Damals aber zeigte sich noch 
nichts von der spateren Neigang. Im Gregenteil; als seine Matter 
ihn in jener Zeit einmal fragte, welches Fach ihn am meisten in- 
teressiere, erwiderte er: sie interessieren ihn alle, aber das wisse 
er, dafi er Anatom nicht werden wiirde. 

In seinem vierten Semester, im Sommer 1866, sehen wir 
Merkel in Greifswald dem Stndinm der Anatomie und Phy- 
siologie obliegen. Und hier findet er aof dem Wege fiber das 
Mikroskop den Zugang zu seinem anatomischen Lebensberuf. Mi- 
kroskopische Karse bei Budge und Sommer und bei Herz er- 
ofiPnen ihm eine Welt, die ihn nicht mehr los laBt. Dock worde 
schon nach Pfingsten das Semester jah abgebrochen, infolge des 
Krieges zwischen PrenBen und Osterreich. Merkel gelang es 
nur mit groBen Schwierigkeiten, aaf weiten Umwegen das heimat- 
liche Nfimberg zu erreichen; knrz vor der Besetznng desselben 
durch die PreuBen traf er dort ein. 

Von dieser Zeit an stand sein Leben unter dem Zeichen der 
mikroskopischen Anatomie. Und um der Lehre des Meisters dieses 
Faches teilhaftig zu werden, begab sich Merkel jetzt nach Got- 
tingen, zn Jakob Henle. Dort brachten sein Interesse und 
seine Begabnng fiir dieses Gebiet, dem er seine ganze freie Zeit 
neben den jetzt beginnenden klinischen Stndien widmete, ihn seinem 
Lehrer rasch naher. Zwar erschwerten ihm anfangs die dfirftigen 
raumlichen Verhaltnisse im anatomischen Institut und ein unza- 
langliches Mikroskop das Arbeiten. Die ihm von Henle fiber- 
gebene Untersuchung des Anges schritt aber sofort rascher vor- 
warts, als ihm seinVater einHartnacksches Mikroskop geschenkt 
hatte. Zwischenhinein hatte Merkel auf dem Sezierboden eine 
selbstandige Beobachtung gemacht, zu deren VerofiPentlichung ihn 
Henle aufforderte. Der jange Antor war aber nicht wenig 
beschamt, als er von seinem Lehrer, dem er den Aufsatz vorge- 
legt hatte, diesen vollstandig neu geschrieben zurfickerhielt. Um 
bei einer bald folgenden neuen Veroffentlichung, die einer Beob- 
achtung an der Muskulatur der Iris gait, sich nicht wieder einem 
solchen MiBgeschick ansznsetzen, studierte Merkel nun sorgfaltig 
an den Aufsatzen verschiedener Autoren die Technik der wissen- 
schaftlichen Schriftstellerei. Und er hatte als Frucht dieser Stu- 
dien die Genngtuung, daB sein Lehrer Henle diesmal das Mana- 
skript besonders lobte : es sei ihm noch nie vorgekommen, daB sich 
einer seiner Schfiler so schnell in die wissenschaftliche Schreib- 
weise hineingefunden babe. 

Die Wertschatznng, deren sich Merkel bei Henle erfreute, 

5* 



68 


Paul Jensen, 


veranJafite diesen, den erst sechssemestrigen Stndenten dazn za 
ermntigen, sich ganz der Anatomie zu widmen. Und fiir den Fall 
des Freiwerdens der Prosektor am anatomischen Institut wnrde 
ihm diese in Aussicht gestellt. Und femer raumte ihm Henle 
in seinem eigenen Arbeitszimmer im Institut einen Arbeitsplatz 
ein und gewahrte ihm Anteil an einer umfassenden Untersuchung 
iiber die Neuroglia, die er im Hinblick auf sein Handbuch der 
Anatomie unternommen hatte. Auf der dann von Henle abge- 
fafiten DarsteUung dieser Untersucbungen stand Merkels Namen 
neben dem seines beriihmten Lehrers. 

Bald wurden die Beziehungen zwischen den beiden Mannem 
dadurch noch enger gekniipft, daB sich Merkel mit Henle s 
zweiter Tochter, Anna, verlobte, unter freudiger Zustimmung der 
beiden Familien. Er wollte nun in Erlangen seine medizinischen 
Studien abschliefien, erhielt aber dort alsbald die Nachricht von 
dem Freiwerden der ihm zugesagten Gbttinger Prosektur. Daher 
reicbte die Zeit nicht mehr fiir die Absolvierung des arztlichen 
Staatsexamens und die Erlangung der Approbation als Arzt, die 
ihm erst nachtraglich, als er schon ordentlicher Professor war, 
vom Reichskanzler verliehen wnrde. Doch erwarb er sich in Er- 
langen noch die medizinische Doktorwurde, und zwar auf Grund 
einer Dissertation „uber die Macula lutea des Menschen und die 
Ora serrata einiger Wirbeltiere", machte dann noch eine kurze 
Studienfahrt nach Leipzig, besonders in C. Ludwigs Labora- 
torium, und trat hierauf im Oktober 1869 die neue Stellung in 
Gottingen an. 

Nach einem auBerordentlich arbeitsreicben Semester folgte ira 
Marz 1870 seine Habilitation als Privatdozent der Anatomie, mittels 
einer Schrift iiber „die Zonula ciliaris“, woran sich eine Ferien- 
stndienreise nach Paris anschloB. 

Das neue Semester aber erreichte bald wieder ein vorzeitiges 
Ende durch den Ausbruch des deutsch-franzosischen Krieges. Doch 
fand zur festgesetzten Zeit, am 16. August, Merkels Hochzeit 
statt, am Tage von Mars la Tour. 

Im Mai des Jahres 1872 erhielt der erst 27jahrigc Forscher 
fast gleichzeitig einen Ruf als ordentlicher Professor der Ana- 
tomie nach Rostock und nach Basel, welch’ ersterem er im 
Herbst des Jahres Folge leistete. Er konnte damals bereits auf 
15 wissenschaftliche Arbeiten zuriickblicken, die sich hauptsachlich 
mit der mikroskopischen und makroskopischen Anatomie der Mus- 
keln, mit der Bindesubstanz des Zentralnervensystems, mit ver- 
schiedenen Teilen des Auges imd mit der Spermiogenese befaBten. 



Friedrich Merkel. 


69 


Mit der Ernennung zum Ordiaarius in Rostock hatte Merkel 
in raschem Elnge das Ziel erreicht, an das jeder, der die aka- 
demische Laafbakn wahlt, in nicht zn ferner Zeit zu gelangen 
wunscht. Er hat es erreicht innerhalb der Zeit, wo der von den 
Frenden wissenschaftlicher Arbeit erfiillte Forscher und Lehrer 
noch kaum an dieses hochste Ziel zn denken pflegt. Die bangen 
Zuknnftssorgen, die sich bei langerem Warten einstellen, die peini- 
genden Zweifel, ob der Weg, den die innere Stimme uns gewiesen, 
der richtige war, die wachsende Sehnsucht nach dem erstrebten 
Ziel — er hat sie nicht kennen gelernt. Ihm ist das Gliick zu- 
teil geworden, schon so frtih das ruhige Grefiihl der gesicherten 
Lebensstellnng zu gewinnen, das dem ans innerem Triebe Schaf- 
fenden so forderlich ist, das Grldck, schon so friih die einer freien 
nnd harmonischen Entfaltung seiner geistigen Anlagen giinstigsten 
Wirkungsbedingangen zu finden. 

Wahrend 10 an Erfolgen reichen Jahren, die ihm anch die 
Auszeichnnng brachten, daB er zweimal nacheinander zum Rektor 
der Universitat gewahlt wurde, wirkte Merkel in Rostock. In 
diese Zeit, namlich das Jahr 1880, fallt anch seine Ernennung 
zum korrespondierenden MitgUed unserer GeseUschaft. Nachdem 
er dann fur kurze Zeit Rostock mit Konigsberg vertauscht hatte, 
kehrte er im Jahre 1885 nach Gottingen zuriick; zu der Ehre 
ansersehen, der Nachfolger Jacob Henles zu werden. Hier 
wurden ihm dann noch zahlreiche weitere akademische Ehren zu- 
teil. Im Jahre 1885 wurcle er ordentliches Mitglied unserer Ge- 
sellschaft und anch die preuBische Akademie der Wissenschaften 
erwahlte ihn zu ihrem korrespondierenden MitgUede. 31 Jahre 
hat Merkel jetzt noch an unserer Hochschule gewirkt, in hin- 
gebender und erfolgreicher Arbeit. Freilich sind anf seinen Le- 
bensweg, anf dem ihm so sicher und schnell voranzuschreiten ver- 
gonnt war, anch manche tiefe Schatten gefallen. Von fiinf Kindern 
sind vier den Eltern im Tode vorangegangen ; zwei Tochter in 
fruher Kindheit, zwei Sohne im Mannesalter, als Opfer des grau- 
samen Krieges. Sich gegenseitig stiitzend hat das schwer ge- 
troifene Elternpaar diese unerbittlichen Schicksalsschlage, wie auch 
sonst noch manche Sorge, in treuer Gemeinschaft getragen. 

Was Friedrich Merkel der anatomischen Wissenschaft ge- 
wesen ist, kann nur der anatomische Fachmann voll wiirdigen. 
Dem Bilde, das ich als Angehoriger des benachbarten physiolo- 
gischen Faches von Merkels Lebenswerke zu entwerfen ver- 
suchen will, seien einige Bemerkungen voransgeschickt. 

Es gibt zweierlei Arten der Einstelluug auf die wissenschaft- 



70 


Paal Jensen, 


liche Forschung, zwischen denen freilich auch Ubergange and Kom- 
binationen vorkommen. Man kann seine Arbeitsthemata entweder 
so wahlen, dad man vor allem die sick besonders anfdrangenden 
mannigfachen Liicken in den verschiedenen Wissensgebieten seines 
Faches aaszufiillen sucht and dann nach Beantwortang einer so 
gestellten Frage za emer anderen iibergeht; oder man sucht sich 
diejenigen Probleme aus, deren Bearbeitnng man fur besonders not- 
wendig and fruchtbringend halt, hanptsachlich allgeroeinere Probleme, 
die dann systematisch auf breiter Basis in Angriff genommen 
werden, womit sich ein bestimmtes Programm fiir die Lebensarbeit 
ergibt. Merkels Natur entsprach die erstgenannte Einstellong; 
er erzahlt selbst in seinen Erinnerungen , ihn habe bei seiner 
wissenschaftlichen Tatigkeit immer das Bestreben geleitet, dunkle 
Punkte anfznhellen, da es ihm bei seinen Vorlesungen stets pein- 
lich war, seinen Zuhorern gestehen zu miissen, dad er ihnen iiber 
einen Gegenstand nichts Zaverlassiges aussagen konne. So kam es, 
dad Merkels wissenschaftliche TJntersuchungen sich iiber das ganze 
grode Gebiet der Anatomie ansbreiteten and er so, wie wohl kein 
anderer seiner Fachgenossen, zu einem einzigartigen Kenner und 
Beherrscher seiner ausgedehnten Wissenschaft wurde; was beson- 
ders auch seinem Unterricht zugute kam, 

Merkels Hauptwerk und eigenartigste Leistung ist wohl 
sein dreibandiges Handbuch der topographischen Anatomie. Hier 
gait es ihm, eine besonders fUhlbare Liicke auszufvUlen. Schon 
im Jahre 1878 hatte er es als nbtig erkannt, die anatomischen 
Vorlesungen durch eine solche iiber topographische Anatomie zu 
erganzen. Dem Plan, eine umfassende Bearbeitung dieses auch 
fiir den Arzt, insbesondere den Chirurgen, so wichtigen Gegen- 
standes zu geben, ist er dann im Jahre 1882 naher getreten. In 
zwei Jahren hatte er die Arbeit zu bewaltigen gedacht und mehr 
als 20 Jahre hat die Fertigstellung dieser fundamentalen Schopfung 
erfordert. Ein gewaltiger Stoff ist hier verarbeitet, das bis dahin 
vorliegende Tatsachenmaterial sorgfaltig durchgepriift imd in weit- 
gehendem MaBe vermehrt worden, sodaB ein wirklich grundlegendes 
Werk entstand', in Inhalt und Form gleicherweise den Meister 
offenbarend, 

Durch seine Art der wissenschaftlichen Tatigkeit, die ihn fast 
alle Bezirke des grofien anatomischen Reiches vermoge eigener 
Forschungen unmittelbar kennen lehrte, war Merkel iiberhaupt 
zum Verfasser von Lehrbiichem besonders berufen. So hatte er 
denn auch zunachst den klassischen GrundriB der Anatomie von 
Henle in mehrfach aufgelegten Neubearbeitungen herausgegeben. 



Friedrich Merkol. 


71 


Und spater, als die vierte Auflage dieses Werkes vergriffen war, 
fafite Merkel die Erfakrungen seiner langen Forscher- nnd Lehr* 
tatigkeit in einem ganz neuen Lehrbnch der Anatomie des Men- 
schen zasammen, von dem die erste Abteilung im Jahre 1913, die 
sechste nnd letzte 1918 erschien. Wir erkennen bier iiberall den 
reifen, seinen Stoff sonveran beherrschenden nnd fast durcbweg 
anf ansgewahlte eigene Praparate sich stiitzenden Forscher und 
Lehrer, und wir konnen ihm nur freudig zustimmen, wenn er zur 
Erzengnng dieses Werkes eine besondere Berechtigung zu besitzen 
glaubte. Einzelne Gebiete der Anatomie hatte Merkel schon 
frviher gelegentlich zusammenfassend behandelt, als Mitarbeiter an 
dem Handbuch der Anatomie von Bardeleben und dem Hand- 
buch der Augenheilkunde von Graefe-Samisch. 

Uber die Fiille der einzelnen Forschnngen, mit denen Merkel 
die Wissenschaft bereichert hat und anf die sich auch seine lehr- 
buchmafiigen Darstellungen griinden, kann ich nur eine kurze tlber- 
sicht geben. 

Yon den zahlreichen Leistungen auf dem Gebiete der mikro- 
skopischen Anatomie oder Histologic sei nur die bekannte Ent- 
deckung der „Merkelschen Tastzellen" erwahnt nnd die nicht 
minder bekannte Einfuhrung des Xylols in die histologische Technik. 

Merkels Arbeiten iiber makroskopische Anatomie, die groBten- 
teils mit seine’’ Bearbeitung der topographischen Anatomie zu- 
sammenhangen , konnen durch Aufzahlung der vielen einzelnen 
TJntersuchungen nicht gebuhrend charakterisiert sondern nur als 
groBes Ganzes genannt werden. 

Auf entwicklungsgeschichtlichem Gebiete ist Merkel durch 
seine Arbeiten iiber das Altern der Gewebe, iiber die Entwicklung 
des Schadels, iiber die Vergleichung der Medianschnitte verschieden 
alter menschlicher Embryonen und den Yersuch einer mechanischen 
Analyse ihrer Entwicklung u. a. besonders bekannt geworden. 
Hervorheben mochte ich hier nur noch die Festrede, die er im 
Jahre 1897 in unserer Gesellschaft hielt iiber dasThema; „Welche 
Krafte wirken gestaltend auf den Korper der Tiere?“ 

Schon friih hatte sich Merkel auch der Anthropologic zu- 
gewandt, besonders angeregt durch die reichhaltige B lumen - 
bach sche Schadelsammlung der hiesigen anatomischen Anstalt. 
Er hatte den wertvoUenj Gedanken, fiir die Yergleichung ver- 
schiedener Schadel dadurch eine sichere Grnndlage zu gewinnen, 
daB maTi bei alien Betrachtungen und Messungen von einer be- 
stimmt definierten Horizontalebene ansgeht; eine Idee, die seitdem 
danerndes Gemeingut der Anthropologen geworden ist. Sein In- 



72 


Paul J ensen, 


teresse fiir neae anthropologische und ethnologische Funde, dem 
er schon von seiner Rostoeker Zeit an wiederholt in Vortragen 
Ausdruck verlieh, fuhrte ihn spater zu Rekonstmktionen prae- 
historiscker Bewohner des Leinegaues. Anf Grand bestimmter 
anatomischer Richtlinien aas der Form des Sckadels, uberhaupt 
des Skeletts, anf die zagehorigen Weichtede sckliefiend, modellierte 
Merkel die Biiste des „Mannes ans Rosdorf“ and der „Fraa aus 
Grone“. 

Im Znsammenhang mit diesen Stadien seien einige Schriften 
genannt, in denen Merkel sein anatomisches Konnen auch Pro- 
blemen zugnte kommen lieB, die jenseits der engeren Grenzen 
seines Faches liegen: so in den „Bemerkangen eines Anatomen 
iiber die Gruppe des Laokoon", in einem anthropologischen Aufsatz 
iiber den „Kn6“ und in den „Bemerkungen iiber Korperschonlieit“. 

Endlich babe ich noch seiner Verdienste um die Geschichte 
der Anatomie zu gedenken. Vor allem muB bier die im Jabre 
1891 von ibm veroffentlicbte bocbgescbatzte Biograpbie seines 
Lebrers und Freundes J. Henle genannt werden; ferner seine 
Darstellung der Gescbicbte der Anatomie im 19. Jabrbundert, die 
den Inbalt seiner Gottinger Rektoratsrede bildete, und ein Vor- 
trag iiber den Hauptbegriinder der anatomiscben Wissenscbaft, 
V esalius, den er als Vorsitzender der anatomiscben Gesellscbaft 
in Basel bielt. 

Merkels schon vorhin cbarakterisierte Art des wissenscbaft- 
licben Schaffens, seine auBerordentliche Vielseitigkeit und Produk- 
tivitat, seine hervorragende Griindlichkeit und Zuverlassigkeit 
brachten es mit sich, daB seine Name in biologischen, insbesondere 
in medizinischen Kreisen, einen ausgezeicbneten und weitgehorten 
Klang gewann; der Name des Forschers ebenso wie der des Leh- 
rers. Bei den Medizinern wurde sein Ansehen noch speziell da- 
durch erhoht, daB er mit seinen Lebrbiichem den Wiinschen der 
praktischen Arzte in besonderem MaBe entgegenkam. Auch sein 
Interesse fiir allgemeine Unterrichtsfragen hat ihn auf weitere 
Kreise wirken lassen, wie auf der Naturforscherversammlung 1904 
durch seinen Vortrag iiber „Wiinscbe betreffend den biologischen 
Unterricht“. Und endlich ist die Bekanntheit seines Namens noch 
dadurch gefordert worden, daB er zusammen mit R. Bonnet ein 
paar bocbgescbatzte Zeitschriften in’s Leben rief, namlich die ;,Er- 
gebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschicbte“ und die Ana- 
tomiscben Hefte“. 

All das aber , was Merkel dem weiten Kreise der Biologen 



Friedrich Merkel. 


73 


und Arzte gewesen ist, das ist er ia erhohtem Grrade uns Grot- 
tingem gewesen, als Forscher, Lehrer und Mensch, 

Hier unter uns salien wir ihn bis zuletzt als einen unermudUch 
tatigen Forscher, stetig in seiner Wissenschaft voranschreitend, 
auf vielen Wegen als Fiihrer, fiber aUe wicbtigen Fragen seines 
Faches aufs beste und zuverlassigste orientiert. Wissenscbaftlicbe 
Arbeit war ihm wie das tagliche Brot. Bis zu seinem Ende hat 
er noch eigene wissenscbaftlicbe Untersuchungen ausgefiibrt ; seine 
letzte derartige Arbeit, die sicb mit dem Haarwecbsel in der 
menscblicben Kopfbaut befafit, erscbien erst nacb seinem Tode im 
Druck. 

Als Lehrer hat sicb Merkel bier der groBten Beliebtheit 
und Hochschatzung erfreut. Sein Vortrag war bei aller Einfach- 
heit und Scblichtbeit des Ausdrucks wirkungsvoll durch das Gre- 
wicht seiner Personlicbkeit und seine souverane Beherrschung des 
Stoffes, die sicb in groBter Klarheit, Anschaulichkeit und Uber- 
sichtlichkeit der Darstellung auBerte. Er batte ein besonderes 
Verstandnis daffir, in welcher Weise der Unterricht der Vorbil- 
dung seiner Zuhorer anzupassen war. In seinem schon erwahnten 
Vortrag fiber den biologiscben Unterricht an unseren Schulen 
spricbt er es aus, daB der fiberwiegenden Mebrzahl der jungen 
Studenten die Fabigkeit, ein Natnrobjekt zu beobacbten, vollig 
abgebt; was damit zusammenhange, daB auf der Schule die ge- 
druckten und geschriebenen Wortbilder den Hauptinhalt des Un- 
terricbts ausmachen statt der so wicbtigen Vorstellungen von den 
Dingen selbst. Diese verhangnisvollen Schaden unserer vorwiegend 
philologischen Scbulbildung durch geeignete Einwirkungen in seinen 
Vorlesungen und vor allem durch seine praktischen Unterweisungen 
auf dem Seziersaal und in den mikroskopischen Ubungen moglichst 
auszubessem, war sein stetes lebbaftes Bestreben. Er hat sicb 
dadurcb um seine Studenten, die bei dem Anatomen besonders frfih 
und lang in die Lehre gehen, und daher von ihm besonders stark 
beeinfluBt werden konnen, andauernd ein groBes Verdienst er- 
worben. Speziell sei noch der Anregungen gedacht, die ihm als 
langjahrigem Vorsitzenden des hiesigen antbropologiscben Vereins 
weite Kreise zu verdanken haben. 

Unter den Verdiensten, die Merkel sicb um die anatomiscbe 
Wissenschaft und Lehre erworben hat, sind endlich aucb die groBen 
Forderungen zu nennen, die das seiner Ffirsorge anvertraute ana- 
tomische Institut ihm zu verdanken hat. Dreimal, in den Jahren 
1885, 1900 und 1914 bat er erhebliche, die Leistungsfabigkeit der 
Anstalt erbohende VergrbBerungen und Umbauten derselben durch- 
zusetzen gewuBt. 



74 


Paul Jensen, Friedrich Merkel. 


TJnvergefilich iiber all das Gesagte hinaas wird Friedrich 
Merkel denen bleiben, die ihm als Menschen naher zu treten das 
Grliick batten. Seine festgefiigte, sicher in sich mhende Person- 
lichkeit beherbergte nicht nnr einen reichen Schatz von Erfah- 
rnngen, die jederzeit zn Rat nnd Tat bereit standen, sondern sie 
strahlte anch Giite, WohlwoUen nnd Behagen ans. Dessen haben 
sich in besonderem Made sowohl UniversitatskoUegen als anch 
Studierende erfrenen diirfen. Innerhalb der Dozentenschaft nicht 
znm wenigsten die medizinische Faknltat, in der er hochstes An- 
sehen genod, gleicherweise dnrch seine grode Erfahrung wie dnrch 
sein gerechtes nnd ruhiges Urteilen, das bei aller Warme des Ge- 
fiihls in hohem Grade frei war von den Verhlendnngen der Leiden- 
schaft. Ebenso besad er in besonderem Made die schbne Gabe, 
bei sachlichen Differenzen nicht personlich verletzend zn werden, 
strenge Sachlichkeit mit WohlwoUen fiir die Person anfs beste 
zn vereinen. Seinen Stndenten, deren begeisterte Verehrnng er 
genod, war Merkel ein vaterlicher Frennd, der die Gelegenheiten 
wahmahm, sie genaner kennen zn lemen nnd ihnen personlich 
naher zn kommen. Bis znletzt hat er bei seiner nnter den Kriegs- 
verhaltnissen, znmal fiir seine hohen Jahre, iibergrod gewordenen 
Unterrichtstatigkeit getrenlich ansgeharrt; nnd ehe der damals 
bevorstehende Rucktritt von seinem Lehramte Wirklichkeit werden 
konnte, nahm der Tod ihm plotzlich alle seine Lasten ab. 

Obglelch Merkel im wesentlichen eine nmgangliche, gesellige 
Natnr war, anch fiir zwangloses Scherzwort empfanglich, so besad 
er doch seine ansgepragten Sympathien nnd Antipathien, als Ans- 
dmck einer starken Individnalitat. Der markige Franke hatte 
eine echt demokratische Gesinnnng, die er als jiingerer Mann anch 
nach anden lebhaft betatigt hatte nnd die ihn bis znletzt noch 
stets anf den Plan rief, wenn er dies fiir notwendig hielt. Dieser 
Gesinnnng entsprach es anch, dad Merkel frei war von aUen 
Aufierlichkeiten, von einer Uberschatznng von Titeln and anderen 
Wiirden. Er suchte in anderen nnr den Menschen and woUte 
anch selbst nnr als Mensch gewertet werden. 

So steht Friedrich Merkel vor xms als ein ganzer Mann. 
Und das grode Trauergeleit, das ihm am 2. Jnni 1919 mit hochster 
akademischer Weihe die letzte Ehre erwies, legte Zeugnis ab fiir 
das hohe Ansehen und die hohe Verehrnng, deren er sich ganz 
allgemein bei uns erfrente. Unverganglich ist, was er in seinem 
langen nnd reichen Leben gewirkt. Zu nnserer stolzen Freude 
aber an ihm nnd seinem Werk gesellt sich das warme Gefiihl des 
Dankes dafiir, dad er uns gehorte und unser bleiben wird. 



Adolf Hurwitz. 


Von 

David Hilbert. 

Adolf Hurwitz wurde am 26. Marz 1869 in Hildesheim 
geboren. Hier besuchte er das stadtiscbe Eealgymnasium , an 
welchem damals der in Facbkreisen spater bekannt gewordene 
Mathematiker Hannibal Sckubert den mathematischen Unter- 
richt erteilte. Schubert fuhrte den jungen Hurwitz schon 
auf der Sekunda in den ^Kalkiil der abzablenden 6eometrie“ ein, 
eine damals neu emporkommende Disziplin, deren systematische 
Bearbeitung und Ausbilduug Schubert sich zu seiner Lebens- 
aufgabe gemacht batte. Hurwitz wurde durch diesen person- 
lichen Verkehr mit Schubert sehr fruhzeitig zu selbstandigem 
Forschen angeregt und veroffentlichte bereits als 17jahriger Schuler 
mit seinem Lehrer zusammen in den Nachrichten unserer Gesell- 
schaft eine Arbeit uber den Chasles’schen Satz a/t + /3v. 

Auf Schuberts Rat begann Hurwitz 1877 sein Studium 
bei Klein, der damals an der Technischen Hochschule in Miinchen 
lehrte. Hier lernte Hurwitz vor allem die Zahlentheorie kennen, 
die Klein gerade las. Von Munchen ging Hurwitz auf drei 
Semester nach Berlin, wo er die strengen funktionentheoretischen 
Metboden von WeierstraB und nicht minder die eigenartigen 
arithmetischen Denkweisen vonKronecker in sich aufnahm und 
verarbeitete. Nach Miinchen znruckgekehrt trat er mit Klein, 
dem er auch 1880 nach Leipzig folgte, in regsten personlichen 
Verkehr und es entstanden so die bedeutenden Arbeiten von 
Hurwitz liber elliptiscbe Modulfunktionen, unter ihnen vor allem 
1881 die Inauguraldissertation, in der er auf Anregung von Klein 
mit Benutzung Eisensteinscher Ansatze eine von der Theorie 
der elliptischen Funktionen unabbangige Theorie der elliptischen 



76 


Darid Hilbert, 


Modulfanktion schuf. Ein Hauptteil dieser Dissertation handelt 
von den sogenannten Mnltiplikatorgleichnngen, die er im AnschloB 
an die Arbeiten von Klein nnd Kiepert mit der ihm eigenen 
Griindlicbkeit nnd Sorgfalt stndiert. 

Der Leipziger Verkehr mit Klein (1881 — 1882) brachteHur- 
witz insbesondere einen wissenschaftlichen Gewinn, der fiir seine 
gesamte Entwicklang von entscheidendem EinfluB gewesen and be- 
standig in seinen Publikationen erkennbar ist, namUch das Ver- 
trautwerden mit den Riemannscben Ideen, die damals noch nicht 
wie heute Allgemeingut waren and deren Kenntnis gewissermafien 
die Versetzong in eine hohere Klasse von Mathematikem bedeutete. 
Und Hurwitz lemte in Leipzig nicht nur allgemein die Rie- 
mannschen Methoden, sondern anch deren so fruchtbare Anwen- 
dung auf die Theorie der aatomorpben Fnnktionen kennen, die 
Klein gerade mit hochstem Erfolge betrieb. 

Da nach einem Beschlnsse der Leipziger Faknltat die Habili- 
tation eines Realgymnasialabiturienten nnter keinen Umstanden 
mehr znliissig sein sollte, so war fiir Hurwitz ebenso wie fiir 
den jungen Holder, den gegenwartigen Leipziger Ordinarins fiir 
Mathematik, die Habilitation in Leipzig bei Klein nicht moglich. 
Hurwitz habilitierte sich daher 1882 ebenso wie nachher Holder 
in Gottingen. 

In diese Gbttinger Zeit fallt die Veroffentlichung einer Reihe 
von interessanten Abhandlungen insbesondere aus dem Gebiete der 
Funktionentheorie, so der Beweis des Satzes, daB eine einwertige 
Funktion beliebig vieler Variabler, welche iiberall als Quotient 
zweier Potenzreihen dargestellt werden kann, eine rationale Funk- 
tion ihrer Argumente ist. Dieser von WeierstraB ohne Beweis 
ausgesprochene Satz wird hier von Hurwitz in sehr eleganter 
Weise auf Grand der Nichtabzahlbarkeit des Kontinuums be- 
wiesen. 

Zwei Jahre spater, noch nicht 25 Jahre alt, wurde Hurwitz 
auf Veranlassung von Lindemann, der seine auBerordentlichen 
Fahigkeiten als Forscher wie als Lehrer erkannte , nach Konigs- 
berg berufen. Hier wurde ich, damals noch Student, bald von 
Hurwitz zu wissenschaftlichem Verkehr herangezogen und hatte 
das Gliick, durch das Zusammensein mit ihm in der miihelosesten 
und interessantesten Art die Gedankenrichtungen der beiden da- 
mals sich gegenuberstehenden und doch einander sich so vortrefflich 
erganzenden Schulen, der geometrischen Schule von Klein und 
der algebraisch-analytischen Berliner Schule kennen zu lernen. 
Dieser Verkehr wurde um so anregender, als auch der geniale 



Adolf Hurwitz. 


77 


Hermann Minkowski, mit dem ich schon vorher befreundet 
war und der wahrend der Universitatsferien regelmaBig bei seiner 
Familie in Konigsberg weilte, zu nnserm Frenndschaftsbnnd hin- 
zutrat. Anf zahllosen, zeitenweise Tag fiir Tag nnternommenen 
Spaziergangen haben wir damals wahrend acht Jahren wohl alle 
Winkel mathematischen Wissens durchstobert nnd Hnrwitz mit 
seinen ebenso ausgedehnten nnd vielseitigen wie festbegrundeten 
nnd wohlgeordneten Kenntnissen war nns dabei immer der Fiihrer. 

Die Konigsberger Jabre waren fur Hnrwitz eine Zeit in- 
tensivster Arbeit. Znnachst setzte er seine schon friiher nnter 
dem EinfluB von Klein begonnenen Untersnchnngen iiber Klassen- 
anzahlrelationen fort, wobei er merkwurdige Anfschliisse fiber ge- 
wisse in diesen auftretende zahlentheoretische Fnnktionen'indnktiv 
gewinnt nnd dann allgemein, als richtig nachweist. Anch der 
geometrische Interessenkreis , der dnrch seine frliheren Arbeiten 
fiber SchlieBnngsprobleme und Tangenten-Konstrnktionen charak- 
terisiert ist, fesselt ihn noch, wie seine Bemerknngen fiber die 
Schrotersche Konstruktion der ebenen Knrven 3 ter Ordnnng zeigen ; 
aber seine Hanptkraft wendet er der Erforschnng schwieriger 
algebraischer Fragen mittelst funktionentheoretischer , insbeson- 
dere Riemannscher Methoden zu. Ans der Ffille der in rascher 
Folge erscheinenden Abhandlnngen seieu aJs die bedeutendsten nnd 
ans dieser Schaffensperiode tiefgehendsten die folgenden erwahnt: 

Tiber algehraische Correspondemen und das verallgenieinerte Cor~ 
respondenzpr inzip. 

Tiber diejenigen algebraiscJien Gebilde, welche eindeutige Trans- 
formationen in sich zulassen. 

Tiber Riemannsche FldcJicn mit gegebcnen Verziveigimgspunldeti. 

Zur Theorie der Abelsclien Fanldioncn. 

Die erste Abhandlnng bringt eine Klarung der Frage nach 
der Anzahl der Koinzidenzen einer algebraischen Correspondenz 
anf einer beliebigen Kurve. In der zweiten Abhandlnng , die 
eine Ffille von nenen Ergebnissen enthalt, wird nnter Anderem 
eine obere Grenze ffir die Anzahl der Transformationen einer al- 
gebraischen Kurve in sich und fiir ihre Ordnnngen angegeben. 
Die letzte der genannten Arbeiten schafft fruchtbare Ansatze zur 
IJbertragang der Riemannschen Theorie der algebraischen Funk, 
tionen anf Fnnktionen, die sich anf einer Riemannschen Flache- 
mnltiplikativ verhalten. 

Ein mit Vorliebe von Hnrwitz behandeltes Thema war die 
Theorie der arithmetischen Kettenbrfiche. In seiner Arbeit Tiber 
die Enhciciclung komplexer Grbfien in Kettenbriiche ging er dabei 



78 


David Hilbert 


liber den bisher allein beriicksichtigten Bereich der reellen Zahlen 
hinaus und stellte einen allgemeinen Satz iiber die Periodizitat der 
Kettenbrncbentwicklang relativ qoadratischer Irrationalitaten auf, 
der auf die Kettenbruckentwicklungen in den Korpern der dritten 
nnd den vierten Einheitswurzeln eine interessante Anwendung findet. 

Die sehr merkwiirdigen Resultate iiber spezielle Kettenbrdcbe, 
namlich iiber die Kettenbrncbentwicklang der Zahl e nnd iiber die 
Kettenbriiche, deren TeBnenner arithmetische Reihen bUden, sind 
ebenfalls bier zn erwabnen, obwobl die Veroffentlicbong der letzten 
Arbeiten in eine spatere Zeit fallt. 

Aucb entsteben in der Konigsberger Zeit die Abbandlungen 
tiher arithmetische Eigenschaften transzendenter Funktionen. 

ScblieBlicb beginnt in der Konigsberger Zeit die Veroffent- 
licbnng einer Reibe von Abbandlungen wie tlber die NuUstellen 
der Besselschen Funktionen und Uber die Wurzeln einiger trans- 
zendenten Oleichungen, in denen er verscbiedene funktionentbeo- 
retiscbe HUfsmittel znr Trennnng der Wurzeln transzendenter 
Gleicbungen beranziebt und dabei zn Ergebnissen gelangt, die 
aucb fiir den praktiscben Gebraucb dieser Funktionen von Bedeu- 
tung sind. 

Michaelis 1892 folgte Hurwitz einem Rufe als ordentlicber 
Professor an das eidgenossiscbe Polytechnikum in Ziiricb, wo er 
27 Jabre bindurcb bis zn seinem Tode wirkte. Wabrend dieser 
Zeit in Ziiricb, die an Produktivitat der Konigsberger Zeit nicht 
nacbstebt, hat Hurwitz den Bereich seiner schopferiscben Tatig- 
keit bestandig erweitert, so da6 diese schlieBlich alle TeUe der 
reinen Matbematik betraf. 

Unter den Abbandlungen iiber neu hinzukommende Gegen- 
stande seien bier folgende hervorgeboben : 

Zur Invar iantentheorie, eine Arbeit, in der Hurwitz unter 
Anderem eine Verallgemeinerung des bekannten Hermiteschen Re- 
ziprozitatsgesetzes der binaren Invariantentheorie auf Formen 
von beliebig vielen Variabeln findet. 

Uber die Erzeugtmg der Invarianten durch Integration, eine 
Arbeit, in der Hurwitz eiu neues Erzeugnngsprinzip fiir alge- 
braische Invarianten entdeckt, das ihm insbesondere ermoglicht, 
ein von mir eingescblagenes Verfahren zum Nachweis der Endlicb- 
keit des vollen Invariantensystems auf den Fall orthogonaler In- 
varianten anzuwenden. 

Uber die Theorie der Ideate. 

Uber einen Fundamentalsatz der arithmetischen Theorie der at- 
gebraischen Gr6fien. 



Adolf Hurwitx. 


79 


Zur Theorie der algebraischen Zahlen. 

JDer Euklidische Divisionssatz in einem endlichen algebraischen 
ZaMlorper. 

Diese Arbeiten enthalten zwei neue Beweise des Fnndamental- 
satzes der Idealtheorie fiber die eindeutige Zerlegbarkeit der Ideale 
in Primideale. Der erste schliefit an die Gedankengange von 
Kronecker fiber die Verwendnng von Unbestimmten an; der 
zweite Beweis, den er in der letzten Arbeit noch ausffihrt und 
sehr vereinfacht, ist bemerkenswert darch die Analogic mit dem 
Euklidischen Algorithmns in der elementaren Zablentheorie. 

Die ununodularen Substitutionen in einem algebraischen Zahl- 
Tcorper. 

In dieser Arbeit handelt es sich nm die Gmppe aller derjenigen 
linearen binaren Sabstitutionen, deren Koeffizienten ganze Zahlen 
eines gegebenen algebraischen Zahlkorpers von der Determinante 
1 sind. Das Hanptergebnis ist in dem Satze enthalten, da6 diese 
Gruppe stets eine endliche Anzahl von erzengenden Substitutionen 
besitzt. 

fiber lineare Fornien mit ganzzahligen Variabeln, eine Arbeit, 
die einen direkten und klassisch gewordenen Beweis des beruhmten 
Minkowskischen Satzes fiber Linearformen bringt. 

fiber die Bedingungen, unter toelchen eine Gleichung nur Wur- 
zeln mit negativen reellen Teilen besitzt. Dieses Problem aus der 
Theorie der kleinen Schwingungen ist auch fiir die technischen 
Anwendungen von hbchster Bedeutung. Fiir die Entscheidung 
ergibt sich als notwendig und hinreichend, daB gewisse in Deter- 
minantenform aus den Koeffizienten der Gleichung gebildete Zahlen 
positiv ausfallen. 

fjber die Zahlentheorie der Quaternionen. 

Vorlesungen iiber die Zahlentheorie der Quaternionen. (Berlin, 
J. Springer, 1919). Der wesentliche Gedanke besteht in der Er- 
kenntnis, dafi die ganzzahligen Quaternionen zu einem Bereich er- 
weitert werden koimen, der analoge Eigenschaften besitzt, wie 
die Gesamtheit der ganzen algebraischen Zahlen eines Korpers. 
Dadurch wird die Theorie schoner Anwendungen auf alte klassische 
Probleme der Zahlentheorie fahig. 

fiber die Entwicklungskoeffizienten der lemniskatiscken Funk- 
tionen. Diese Arbeit behandelt die Eigenschaften der Entwick- 
lungskoeffizienten der WeierstraBschen jo-Fonktion im lemniskati- 
schen Falle, die den gewohnlichen Bernoullischen Zahlen ent- 
sprechen, und das Hfilfsmittel ist die komplexe Multiplikation der 
lemniskatischen Funktion. Die Eleganz, mit der die groBen Schwie- 



80 David Hilbert, 

rigkeiten des Problems iiberwunden werden, ist bewundermigs- 
wiirdig. 

Sur tin thcorenie de M. Hadamard. Die knrze Arbeit enthalt 
ein Seitenstiick zu einem bekaimten Hadamardschen Satze, in dem 
sie ein Verfahren angibt, aus zwei gegebenen Potenzreihen eine 
nene zn bilden, deren singnlare Stellen sick ans den singularen 
Stellen der beiden gegebenen additiv znsammensetzen. Die Arbeit 
ist noch besonders dadnrch bemerkenswert , dafi Hnrwitz darin 
die Poincaresche Theorie der Residnen der Doppelintegrale in 
nener Weise anwendet. 

Sur quelques applications geomeiriques des series de Fourier. 
Hnrwitz beweist bier nnter prinzipieller Anwendnng der Pou- 
rier-Koe£Bzienten anf elegante Art die klassischen Minimaleigen- 
schaften des Kreises. 

L'ier eine Barstellung der Klassenzahl hiniirer quadratischer 
Fornien durch iinendliche Reiken. In dieser Arbeit, die im Di- 
richlet-Bande des Crelleschen Journals erschienen ist, gibt Hnr- 
witz eine sehr merkwurdige anf vollstandig nenen Prinzipien be- 
ruhende Darstellung fiir die Klassenanzahl binarer qnadratiscber 
Formen negativer Disteriminante durch nnendliche Reihen. 

t'ler die Trdyheitsformen eines aigthraischcn Moduh. Durch 
Einfiihrung des Begrilfs der Tragbeitsform gelingt es Hnrwitz 
nnter Anderem nene Beweise der Mertensschen Satze iiber die 
Resnltante von n Formen mit n homogenen Variabeln zn gewinnen 
nnd iiber sie hinans zn gehen. Insbesondere ergibt sich eine nene 
sehr elegante Darstellung der Resnltante als grbfiter gemeinsamer 
Teller von gewissen n Determinanten. 

Vbcr die Entwicldung der allgemeinen Theorie der analytiselien 
Funktionon in nenercr Zeit. Anf dem Ziiricher internationalen 
KongreB gab Hnrwitz ein Bild von dem damaligen Stande der 
Theorie der analytiscben Fnnktionen: es ist ein Vortrag, mnster- 
giiltig durch die klare and pragnante Ausdrucksweise, sowie die 
gliickliche Umgrenznng nnd Auswahl des so weit ansgedehnten 
Stotfes. 

Hnrwitz hat seit seiner Habilitation 1882 in unnnterbrochener 
RegelmaBigkeit von Allem, was ihn wissenscbaftlich beschaftigte, 
Anfzeichnnngen gemacht nnd anf diese Weise eine Serie von 31 
Tagebuchern hinterlassen, die ein getreues Bild seiner bestandig 
fortschreitenden Entwicklung geben nnd zugleich eine reiche Fund- 
grube fiir interessante nnd zur weiteren Bearbeitnng geeignete 
Gedanken nnd Probleme sind. 

Aber Hnrwitz war nicbt bloB Forscher, er gehbrte vielmehr 



Adolf Hurwita. 


81 


zu den hervorragendsten and erfolgreichsten mathematischen Uni- 
versitatsdozenten unserer Zeit. Insbesondere nach der Wegbern- 
fung Minkowski’s von Zurich widmete er sich der ihm am eid- 
genossischeu Polytechnikam ubertragenen Aufgabe der AusbOdiing 
der mathematischen Oberlehrer mit hingebender Liebe and Pflicht- 
trene. Seine Vorlesungen waren durch die sorgfaltige Answahl 
des Stoffes, die abgerundete Ansdrncksform nnd die rubige klare 
Sprache ansgezeichnet. In den Ubungen war er bestandig darauf 
bedacht, dnrch anregende Anfgaben znr Mitarbeit heranzuziehen 
und es war charakteristisch, wie oft man ihn in seinen Gedanken 
anf der Suche nach geeigneten Anfgaben nnd Problemstellungen 
fiir seine Schuler antraf. Von welchem Erfolge seine Miihe war, 
davon legen die zablreichen schonen Dissertationen, die unter seiner 
Leitnng entstanden sind, Zeugnis ab. 

Von seinen Pnblikationen gilt das Gleiche, wie von seinen 
Vorlesungen, sie sind in Form und Stil ein Spiegelbild seiner Per- 
sbnlichkeit. Einige darunter, z. B. das kleine schon vorhin erwahnte 
Buch liber die Zahlentheorie der Quatemionen sind Meisterstiicke 
der Darstellungskunst. Er war besonders eingenommen gegen alle 
Art von Anfmachung und unechtem Beirut bei der Publikation: 
eine mathematische Arbeit sollte nirgends iiber den Bereich der 
wirklichen Leitxmg und der erkannten Wahrheit hinaus mehr er- 
scheinen woUeu and er konnte, wie mild sonst sein wissenschaftliches 
Urteil war, dann wohl ein scharfes Wort brauchen, wenn er die Ver- 
schleierung einer Lucbe im Gedankengang irgendwo zu riigen fand. 

Unter seinen Betatigungen auBerhalb des Bernfes stand obenan 
die Musik, die ihm eine notwendige Erganzung zur Wissenschaft 
war. Er betrieb von Jugend an das Klavierspiel und vervolU 
kommnete sich darin bestandig. Musikalische Darbietungen berei- 
teten ihm zugleich Erhebuug und GenuB, nnd namentlich in der 
spateren Ziiricher Zeit wurde sein Hans mehr nnd mehr eine Pflege- 
statte der Musik. 

Hurwitz war ein harmonisch entwickelter nnd philosophisch 
abgeklarter Geist, gern bereit zur Anerkennung der Leistungen 
Anderer und von aufrichtiger Freude erfuUt iiber jeden wissen- 
sehaftlichen Fortschritt an sich : ein Idealist im guten altmodischen 
Sinne des Wortes. Er war eine vornehme Natur : angesichts der 
heute so verbreiteten Unsitte, die eigene Berufung zu betreiben, 
schatzen wir in Hurwitz ganz besonders den Mann, der so 
tief innerlich bescheiden und zugleich so frei von allem auBeren 
Ehrgeiz war, daB er keine Krankung dariiber empfand, wenn 
ein Mathematiker, der ihm an Bedeutung nachstand, ihm bei 

HiChrichten, gescliaftl. Uitteilongen 1920. 6 



82 


David Hilbert 


Berufungen vorgezogen worde. Ubrigens fuhlte er sich in der 
schonen Natnr der Schweiz and ihren freiheitlichen Einrichtangen 
auBerst wohl and darch das Entgegenkonunen von Seiten der 
eidgenossischen Schulbehorde war seine amtliche Tatigkeit genau 
seinen Wiinschen gemaB gestaltet. Es ist ihm schlieBlich znm 
Gliick ausgeschlagen, daB er in der Schweiz blieb, da er den kor- 
perlichen and seelischen Anstrengangen, die das Leben in Dentsch- 
land wahrend des Krieges fitr ihn mit sich gebracht hatte, nicht 
gewachsen gewesen ware. 

Hurwitz war von nnscheinbarem AaBeren; aber das klage 
and lebhafte Auge verriet seinen Geist. Sein freundliches and 
offenes Wesen gewann ihm, als er nach Konigsberg kam, rasch 
die Herzen Aller, die ihn dort kennen lernten and wie sehr man 
ihn in Zurich schatzte, bezeugen allein die zahlreichen warmen 
Nachrufe, die ihm ans schweizerischen Ehreisen zn Teil geworden 
sind. 

Seine friihzeitigen Erfolge hatten ihn nicht uberhebend ge- 
macht, vielmehr blieb er seiner bescheidenen Natnr treu and mied 
jedes personliche Hervortreten im akademischen and offentlichen 
Leben. 

In Zurich war er ein Mittelpunkt fur den Kreis der jiingeren 
Mathematiker and wahrend der letzten Dezennien hat gewiB kein 
Mathematiker des In- und Auslandes Zurich passiert, ohne ihn, 
der selbst wenig reiste, zu hesuchen. 

Auch auBere Anerkennangen sind ihm zu Teil geworden: die 
mathematischen Gesellschaften zu Hamburg, Charkow und London 
ernannten ihn zu ihrem Ehrenmitglied ; auch war er auswartiges 
Mitglied der Academia dei Lincei zu Rom. TJnserer Gesellschaft 
gehorte er seit 1892 als korrespondierendes and seit 1914 als aas- 
wartiges Mitglied an. 

Hurwitz war seit seiner Jugend von zarter Gesundheit : 
zweimal in den Jahren 1877 und 1886 wurde er von schwerem 
Typhus heimgesucht. Heftige Migrane zwang ihn bereits auf der 
Universitat ofters seine Stadien zu unterbrechen. Am besten ging 
es ihm gesundlich in den ersten Jahren in Zurich. Die damals 
berechtigte Hoffnong seiner Freunde, daB seine Beschwerden nur 
nervoser Natur seien, erfitllten sich nicht. Im Juli 1905 muBte 
zu einer Operation geschritten werden: es wurde ihm die eine 
Niere entfemt und als spater auch die zweite Niere erkrankte, 
war auBerste Vorsicht and Schonung geboten. Wahrend dieser 
schweren Jahre stand ihm seine Fran, die Tochter des Konigs- 
berger Professors der Medizin Samuel, in aufopferndster Treue 



Adolf Harwitz. 


83 


znr Seite; ihrer keinen Augenblick ruhenden Sorge and aafs ge- 
naaeste bedachten Pflege gelang es, vorabergehende Besserangen 
in seinem Befinden za erzielen und es warde ihm dadarch moglich, 
bis zaletzt seine Bernfspflichten za erfiiUen. Harwitz selbst 
ertrag sein Schicksal mit der iiberlegenen Rahe des Philosopben. 
Der Wonsch, von den Seinen nicht Abschied nehmen za mussen, 
ist ibni erfullt worden: er erwachte in den Tagen vor seinem 
Tode nicht mehr zam Bewafitsein. 

Es war ein ganz der stillen Denkerarbeit gewidmetes, sich 
selbst stets treaes G-elehrtenleben, das am 18. November 1919 all- 
zafruh za Ende ging — in dankbarem and treaem Andenken be- 
wahrt aach aaBerhalb des Verwandten- und Freandeskreises uberall 
in der mathematischen Gelehrtenwelt. 


6 * 



Wilhelm Bousset. 


Von 

B. Bcitzenstein. 

Am 8. Miirz dieses Jahres verschied zu GieBen der ordentliche 
Professor der Theologie Wilh. Boosset, im 55. Lebensjahre mitten 
ans liberreichem Schaffen nnd weitgreifenden Planen jab and 
scbmerzlos dahingerafft. Unserer Gesellschaft hat er erst seit 
1915, dem Lehrkorper mehr als 25 Jahre, der Universitat von der 
Stndentenzeit bis iiber das fUnfzigste Jahr hinans angehort nnd 
an der Stadt mit inniger Liebe gehangen. Sie war ihm die zweite 
Heimat geworden, in die es ihn immer wieder znruckzog. So emp- 
finden wir, wenn es nns jetzt von alien Seiten entgegenschallt, 
daB ein GroBer im Reiche der Wissenschaft dahingegangen ist, 
mit Schmerz nnd Stolz : er ist der Unsrige gewesen nnd geblieben. 

Sein Leben nnd Werk kann ich nicht voll schildem. Erst spat 
dnrfte ich ihn personlich kennen lernen nnd seine Frenndschaft 
wnrde mir in einem Alter, in dem wir sonst nnr noch verlieren 
nnd vereinsamen, reiches, Uberraschendes Gliick. Meine Wissen- 
schaft ferner, die Philologie, beriihrt sich in ihren schwersten nnd 
reizvollsten Anfgaben wohl anch mit der Theologie, nnd wenige 
Theologen haben ihr je so gewaltige Hilfsarbeit geleistet wie 
Wilhelm Bonsset, dem sie znletzt noch die wohlverdiente Wiirde 
des philosophischen Ehrendoktors zuerkannte; aber fiir Bonsset 
selbst bedentet die intensive philologische Tatigkeit nnr ein nach- 
tragliches Erwerben des Handwerkszenges, dessen er fiir die eigene 
Wissenschaft nicht entraten wollte. Theologe ist er mit all seinem 
Denken nnd jeder Easer des Herzens geblieben. 

Ans einem Pfarrhanse hervorgegangen nnd Kind der freien 
Beichsstadt Liibeck hat er mir gegeniiber seinen Jngendeindriicken 



Wilhelm Bousset. 


86 


und Heimatstraditionen die fiir sein Leben bestimmende Bedeutung 
zngeschrieben. Als Student fand er in Erlangen und Leipzig nicht, 
was ihn fesseln konnte; die theologische Eakultat Gottingen, die 
unter Ritschls iiberwiegeudem EinfluB in hochster Bliite stand und 
eine reiche Zahl stark ausgepragter junger Talente an sick zog, 
hat ihn dauemd festgehalten. Ritschl selbst machte auf ihn tiefen 
Eindruck, ja gewann ihn erst eigentlich der Theologie und der 
Arbeit am neuen Testament ‘), doch iibte daneben auch dessen 
grofier Gegenpart Lagarde wenigstens mittelbar Wirkung; neben 
beiden Hermann Schultz und Bernhard Duhm. Bei Haturen, die 
nach Selbstandigkeit ringen, ist die Entwicklung oft ein Loslosen 
gerade von dem verehrten Lehrer, und die Altersgenossen und 
Freunde gewinnen dann fiir sie besondere Wichtigkeit. In dem 
Kreis, in den Bousset eintrat, herrschte neben harmloser Jugend- 
lust impulsreiches, ja stiirmisoh nach Neuem drangendes Leben. 
Troeltsch und Gunkel, Wrede und Johannes WeiB, Wemle, spater 
Heitmiiller und andere wirken auf Bousset ein und werden von 
ihm beeinfluBt. Und Altersgenosse war auch der Mann, der auf 
Boossets politisches und soziales Empfiuden sogar beherrschenden 
EinfluB geiibt und bis zum Ende bewahrt hat, Friedrich Naumann, 
der groBe Idealist und Kiinstler, an dem Bousset mit einer Art 
Carlylescher Heldenverehrung gehangen hat. Denn auch politische 
Betatigung war ihm von friih an Mannespflicht und Christenpflicht, 
Herzensbediirfnis und Gewisseussache, fiir die ihm keiu Opfer zu 
groB war. Den vielseitigen Anregungen kam die eigene Veran- 
lagung entgegen : ein starker Optimismus, der, in dem festen Glauben 
an den Sieg des Guten wurzelnd, was er ersehnte, immer wieder 
in greifbarer Nahe sah, ein Drang zum Universalismus, der ihn in 
jedem Each seiner Wissenschaft mitarbeiten und nocb in reifen 
Mannesjahren das Studium der kritischen Philosophie neben dem 
der Philologie auf sich nehmen lieB, wahrend doch die Grund- 
richtung seines Denkens auf historisches Erkennen ging, der Drang, 
sich hinzugeben und anzuschlieBen, und der nicht minder starke 
Drang, anderen ein Fiihrer und Leiter zu werden. Aus jenem 
jugendlich begeisterten Kreise hat schwerlich ein anderer das Ideal 
eines „modernen Christentums^, das alle Lebens- und Denkkreise 
durchdringen und auch der Wissenschaft neue Impulse geben sollte, 
so ruckhaltslos ergriifen und zu verwirklichen versucht. 

Der Betrieb der theologischen Wissenschaft konnte damals 
wohl auch in Gottingen trotz des reichen inneren Lebens einer 


1) Troeltsch, Die christliche Welt 1920 No. IS. 



86 


R. Reitzenstein, 


historisch interessierten, vorwarts drasgenden Jugend den Ein- 
drnck schematischer Gebnndenheit machen, wie mir wenige Jahre 
fruher in Halle. Die Disziplinen waren sorgfaltig geschieden, die 
Erklarung des neuen Testamentes dnrch den vielbernfenen metbo- 
discben Grnndsatz Ritschls, der freilich nur dem herrschenden TJsns 
entsprach, ansschliefilich anf das alte Testament beschrankt. Es 
allein sollte als Quelle erscheinen; die innere Einheit beider wurde 
anfierlich dutch die Art der Behandlung gesichert. Selbst als 1892 
der groBe Historiker Israels Julius Wellhausen in die Nachbar- 
fakultat eintrat, anderte sich hieran zunachst nicht viel; auch er 
sah in den grofien Gestalten des neuen Testamentes im wesentlichen 
nur die imVolk erhaltenen Krafte altisraelitischen Geistes weiter 
wirken. Auch die Gesamtauffassnng der spateren Entwicklung konnte 
selbst bei Ritschl stark traditioneU erscheinen: das apostolische 
Zeitalter das Ideal, die Reformation der Versuch, es wiederzuge- 
winnen, seine VoUendung die Aufgabe der eigenen Systematik. Es 
vrar begreiflich, daB der kurze Zeit in Gottingen weilende geist- 
voUe und scharfblickende Kritiker Albert Eichhorn, der spater 
als Begriinder der religionswissenschaftlichen Schule gait, auf die 
Altersgenossen starke Wirkung iibte. „Die ganze Gottinger Privat- 
dozentenschaft jener Jahre war von Eicbhorns Geist irgendwie 
beruhrt“ — so urteilte Troeltsch spater in einem Briefe. Eich- 
homs starker EinfluB auf Gunkel und Wrede, die alteren Frennde 
Boussets, mag auf diesen weitergewirkt und zu seiner Entwick- 
lung beigetragen haben. Er trat der religionsgeschichtlichen Schule 
oder, wie er lieber sagte, Gruppe bei, hat als einer ihrer Piihrer, 
zuletzt fur viele wohl als der Fiihrer gegolten und hat unter 
dieser nicht besonders gliicklich gewahlten Etikette und der Nei- 
gung vorwarts drangender Jugend, Gegensatze der Methode zu 
prinzipiellen Fragen zu machen, iiber absolute und relative Be- 
wertung des Christentums zu diskutieren und dutch Kampfrufe 
wie „das Christentum eine synkretistische Religion" *) den Gegnern 
reich benutzten AnlaB zu MiBverstandnissen zu geben, mehr als 
ein anderer gelitten. Er hat sie widerlegt, wie man das Unzu- 
trefiPende solcher Parteischlagworte widerlegen soil, dnrch das 
Leben und die Personlichkeit und bat sich spater ausdrucklich von 
jenen Losungen losgesagt. 

1) Vgl. Gunkel, Zum religionsgesch. Verstandnis des N.T. (1903) S. 95 (dock 
vgl, au(h 34. 35) und hierzu Bousset, Die Mission und die sogenannte religionsge- 
schiehtliche Schule (1907) S. 15. In einem Vortrag in Marburg 1919 „Ist das 
Christentum eine sjnkretische Religion lehnte Bousset diese Bezeichnung noch 
uachdriicklicher ab. 



Wilhelm Bonsset. 


87 


WoU mag es auf den EinfluB der Schnle mit zuruckzufiihren sein, 
daB er im Beginn seiner Taligkeit sick gerade das Ratselbuch der 
Apokalypse Jokannis zur Erklamng nakm. Nicht nur tkeologiscke 
Religionsforscker glaubten damals, daB aus ihm das neue Testa- 
ment kanptsacklich Lickt empfangen miisse; hier lagen die Spnren 
orientaJischer Mythen am deutlichsten vor, von hier sei die Christo- 
logie selbst eines Paulas zu begreifen; die Esckatologie sei der 
Sitz des im Evangelium iiber das Judentam Herausgekenden. Aber 
Bonsset ging nickt nur in den drei groBeren Sckriften, welcbe den 
beiden Ausgaben des Commentars vorausgingen und sie entlasten 
soUten, weit iiber diese Aufgab’e hinaus — selbst das der Text- 
kritik oder richtiger TextgesckicLte gewidmete Buck erweiterte 
sick ihm sofort zur Betracktung der TJeberlieferungsgeschickte des 
ganzen nenen Testaments — , sondem gebt auch in der Beband- 
lung der Hauptvorstellung in dem Buck „Der Antichrist in der 
TJeberliefernng des Judentums des neuen Testaments und der alten 
Kirche“ 1895, das stark von Gunkels „Sck6pfung und Ckaos“ mit- 
beeinfluBt ist, in der Beurteilung und Entwirrung der literariscken 
Tradition durchaus eigene Wege und polemisiert gegen den Freund. 
Von einer Ubersckatzung der Apokalyptik, ja der ganzen Escha- 
tologie kam er spater immer mehr zuruck und erschloB sick selbst 
fiir die orientalischen Religionen wie fiir die friihchristlichen Vor- 
stellungen neue und sicherere Quellen. Als spater zu der Erklarung 
der Apokalypse Franz Boll uberraschend reiches kellenistisches Ma- 
terial brachte und ein neuer Fund uns gar die Vorstellung eines 
in der Endzeit erscheinenden falschen Gesandten Gottes auf irani- 
schem Boden zeigte, wo sie im Zusammenhang mit religiosen Grund- 
ansckauungen stekt und zugleich historisch erklarbar ist, wahrend 
sie im Judentum gar keiuen Anhalt hat, konnte beides ihn nicht mehr 
zur Aufnahme der friiheren Arbeiten locken; er war fiber sie hinaus- 
gewachsen. 

Das Wesen Boussetscher Arbeit zeigt sich in diesen Jugend- 
sckriften schon klar. Die Gabe, in einem groBen Werden rasck 
die bestimmenden Linien zu erkennen, und ein feines Gefiihl fiir 
das Einfache und Naturliche in der Erklarung eigneten ihm in 
hohem Grade. Die Scharfe der Einzelbeobacktung erwarb er sick 
allmahlich hinzu, von Gebiet zu Gebiet fortschreitend, zuletzt selbst 
zur philologisch-lexikalischen Beobachtung. Empfanglich fiir jede 
Anregung dachte er sich wunderbar schnell in fremde Arbeit hin- 
ein, um sie aus eigener zu bereichern, und leicht floB ihm dabei 
die' Rede wie das geschriebene Wort. Sehe ich recht, so fiihrt da- 
bei sein Entwicklungsgang von der Weite in die Tiefe, von der 



88 


R. Reitzenstein, 


allgemeinen Anschanxmg zu der Einzelforschong, die ihm doch kein 
Geniige tat, bis sie sich nach alien Seiten erganzt and zu einer 
jener grofien Gesamtdarstellungen gefiihrt hat, von denen keine 
ohne viele Jahre muhsamster Vorarbeit entstanden ist. Mit einer 
gewissen Herbheit konnte er spater iiber Schriften reden, die zn 
fremder Detailarbeit nur die „hoheren Gesichtspunkte“ oder nene 
Einteilangen fiigen wollten. Den Wert intensiver Kleinarbeit hat 
er anfs tiefste empfanden, wenn er sich auch nicht auf sie be- 
schranken konnte; schulmeistemde Versnche, ihm Fliichtigkeiten 
nachznweisen, berahten recht oft nnr anf nngeniigenden Kennt- 
nissen der Beurteiler. 

Den Arbeiten iiber die Apokalypse batten zwei kleinere Schriften 
iiber die Quellen von Justins Angaben iiber Jesns nnd iiber Jesn 
Predigt im Gegensatz zum Judentnm vorausgelegen ; in die Mitte 
seines Schaifens fallt das schone Volksbnch Jesns; die letzte 
groBere wissenschaftliche Pablikation tragt den Titel „Jesns, der 
Herr“. Die Fragen, was wir von Jesns wissen konnen nnd wie er 
im Wechsel der Generationen aufgefaBt wird, bilden in der Tat 
den Mittelpnnkt in Bonssets Forschnng, nnd anch Arbeiten, die 
scheinbar weit vom diesem Zentrnm abfiihren, haben ahnlich wie 
die Schriften znr Apokalypse es als letztes Ziel. Als ich vor 
einigen Jahren die in zwei groBen Sammelwerken vereinigten Er- 
zahlnngen von den agj’ptischen Anachoreten im Hanptteil als freie 
Spiele frommer Phantasie, Novellen, nicht Tradition, zu erweisen 
versnchte, ging Bousset hierauf voll Eifer ein, wies mich aber anf 
die sogenannten Apophfhcgmata patrum bin, in denen neben verein- 
zelten Novellen auch ganz schlichte Erzahlungen oder Ausspriiche 
standen, in denen er echte Tradition erkenne. Die Ueberlieferung 
zieht sich in reicher Veriistelung durch die griechische, lateinische, 
syrische, koptische, arabische nnd armenische Literatur. Sie zn 
entwirren war noch nieraandem gelnngen; Bousset, der, um sie 
durch Handschriften und Drucke verfolgen zu konnen, als Fiinfzig- 
jahriger noch zwei orientalische Sprachen gelernt und eine dritte 
sich wiederbelebt hatte, stellte bald die Ordnungsprinzipien der 
verschiedenen Corpora, ihre Abhangigkeit von einander, Herkunft, 
Zeit und Umfang der Ursammlung fest nnd drangte die ganze un- 
geheure Arbeit in kurze Tabellen zusammen, fiir die sich eine 
Druckmoglichkeit leider nicht mehr bot. Erst spat verriet er mir, 
er habe an dem nichtnovellistischen Teil dieser Apophthegmata die 
Eigenart der vorliterarischen religiiisen Literatur studieren wollen ; 
sie boten ein lehrreiches Gegenbild zu der Ueberlieferung von Jesus 
vor ihrer Sammlung zu Evangelien. Eine andere, ahnlich miihe- 



Wilhelm Boasset. 


89 


voile und ahnlicli nahe mit der Philologie zusammenhangende Ar- 
, belt gestaltete sich ihm noch selbst zum Bacb. Ein Schuler von 
Prof. Pohlenz batte im Jabre 1910 ein Stuck des Riesenwerkes 
des Leiters der Katecbetenschule von Alexandria, Clemens, als Ma- 
terialsammlung und Lehrvortrag der Scbule erwiesen. Bousset, 
der damals scbon mit den beiden Vertretern des G-riechiscb in 
engerer Fiihlung stand und an Clemens wie Philo ahnliche Beob- 
achtungen gemacht batte, nahm diese Untersncbung in groBerem 
Umfang wieder auf, um den Typenzwang einer verkannten litera- 
rischen Grattung zu verfolgen und besonders in dem ratselhaften 
jiidiscben Autor, der zwiscben rabbiniscber Tbeologie, griechiscber 
Philosophie und iranischer Mysterienfrommigkeit eigensirtig hin- 
nnd berscbwankt, Ueberkommenes und Selbstempfundenes zu scheiden. 
Die Art der antiken Schulscbriftstellerei, die wir am klarsten in 
der Grrammatik, z. B. an Herodians Werk Jtsgi jcad-Sv verfolgen 
konnen, war auf philosopbischem Grebiet von Philologen wie Gronan 
und W. Jager weiter nacbgewiesen worden; an sie scbloB sich 
Bousset, spiirte mit glanzendem Scbarfsinn in Philo sichere Kenn- 
zeichen des fruher nur vermuteteu Herganges auf und entwarf in 
seinem Bucbe „Judischer und cbristlicber Lehrbetrieb in Alexandria 
und Rom, literarische Untersuchung zu Philo und Clemens von 
Alexandria, Justin und Irenaeus“ 1914 nach einer Fiille sorgsamer 
Quellanalysen das historische Bild des altchristlichen dtddexuXog, 
dem wieder der jiidische Lehrer vorausgegangen war. Nachhaltiger 
fesselte ihn die liturgische Literatur, gewiB Schopfung des ein- 
zelnen, aber doch zugleich das wichtigste Zeugnis fiir die Ge- 
meindefrommigkeit. DaB Bousset sie fiir das Judentum durch- 
forscht batte, gab ihm spater die Moglichkeit, nicht nur ihre un- 
mittelbare Einwirkung auf die christliche Litnrgie in einem wunder- 
vollen Anfsatz unserer Nachrichten zu erweisen, sondern auch im 
KjTios Christos diese Beobachtungen als klarsten Beweis fiir das 
Eortwirken der synagogalen Frommigkeit in der neuen Religion 
zu verwerten. Die von anderer Seite festgestellte Aufnahme ganzer 
hellenistischer Gebete in christliche Sammlungen hatte er danach 
zweifellos tiefer, als es bisher geschehen ist, gewiirdigt. Eifrig 
sammelte er und plante fiir spater ein groBes Werk, von dem 
hoffentlich wenigstens einzelnes durch die Mitteilung an jiingerc 
Freunde gerettet sein wird. Aber auch wo die Vergleiche nicht 
so augenscheinlich in die Grundfragen des Werdens unserer Reli- 
gion hineinfiihren, bieten sie dem Forscher ein wichtiges Hilfs- 
mittel, dessen Ausbildung der Freundeskreis sich schon friih ange- 
legen sein lieB, das Feinempfinden fiir die verschiedenen Ueber- 



90 


R. Reitzenstein, 


lieferxmgsformen imd Arten des Schrifttmns und den Zwang, den 
die literarische rorm auch in der Unterschicht der Literatnr, ja . 
gerade in ihr am starksten, anf den Schreibenden iibt. Da6 sicb 
dies Vergleicben wenigstens anf die religiose Literatnr bescbranken 
soUe, ist von Wortfubrem der Kircbengescbicbte gefordert und 
sogar tbeoretiscb gerecbtfertigt worden, docb scbeint sicb gerade 
an einzelnen ihrer Arbeiten diese freiwillige Bescbrankung emp- 
findlich geracbt zu haben. Xnr ein Vergleicben der verscbiedensten 
Literatnrarten bildet in der Tat jenes Eormempfinden in dem 
Forscber ans. Fiir Bousset ware eine Bescbrankung bierin schon 
nacb der Grnndricbtung seiner Natur nnmoglicb gewesen. Mit frober 
Nengier drang er aocb in fernliegende Gebiete der Profanliteratar 
wie Novelle und Roman ein, lieB sicb von ibnen weiter zum Marcben 
fiihren, versucbte sicb selbst in der Bebandlnng einzelner Stoife 
und bebielt z. B. in der Beurteilung ernes znr Legende verarbeiteten, 
besonders weit verbreiteten Marcbenstoifes selbst- gegen einen 
Forscber wie Wilbebm Meyer in alien Hanptpunkten Recbt. Im 
Gefiibl seiner Kraft durfte er diese verscblungenen Pfade wandeln, 
sicber, docb stets zn demZiel seiner Lebensarbeit denWeg zu finden. 

Wicbtiger nocb als diese Verfeinernng des literariscben Emp- 
findens ist die Scbarfung des Blickes flir die Eigenart und die 
Wandlungen der einzelnen religiosen Vorstellung. Wieder bedarf 
es dazu ein bestandiges Vergleicben, nur diesmal ein Vergleicben 
anderer Religionen. Fiir Bousset war es nicbt Hilfsmittel nur, 
sondern zugleicb Herzensbediirfnis. Da6 Gott zu alien Zeiten und 
an alien Orten zu dem Gescblecbte der Menscben geredet babe, 
ja geredet baben miisse, war ibm lebendiger Glaube. Ibn stieB es 
ab, wenn man das Gefiibl der Ebrfurcbt vor jeder ecbten Frommig- 
keit als Leugnung der Offenbarung Gottes oder auch nur als 
Scbwache des eigenen Glaubens hinstellte. Gerade im Vergleicben 
woUte er sicb des Wertes der eigenen Religion frob bewuBt wer- 
den. Diesen Sinn seiner mit eisemem Fleifi betriebenen religions- 
gescbicbtlicben Studien zeigen acbt vor gebildeten Laien gebaltene 
Vortrage, die 1904 unter dem Titel „Das Wesen der Religion dar- 
gestellt an ibrer Gescbicbte“ erschienen. Als Vortrage binreiBend, 
wirken sie docb als Bucb gerade wegen der Abzwecknng anf ein 
persbnliches Bekenntnis und des dafiir notigen systematiscben Auf- 
baus, bei dem ungebeuren Umfang des Stoffes und der Wabl des 
Leserkreises auf micb wenigerj der Philologe empfindet peinlich, 
wie wenig Bousset damals nocb dem Griecbentum innerlicb gerecbt 
werden kaim. Die wissenscbaftlicbe Bedentung dieser Arbeiten 
tritt erst bervor, wenn er eine Einzelvorstellung bebandelt, wie 



Wilhelm Bousset. 


91 


in dem drei Jahre friiher erscMenenen Aufsatz fiber die Himmels- 
reise der Seele (Archiv f. Religionswissensch. IV), der schon sein 
groBes Werk fiber die Gnosis vorans verbfindet. 

Fast gleichzeitig mit jenem popnlaren Werk erschien das Bach, 
das Bousset in die erste Eeihe der Forscher ruckte „Die Religion 
des Judentnms im neutestamentlichen Zeitalter“ (1903). Kerne 
Streitschrift, sondern ganz in dem rnhigen, objektiven Ton des 
Lehrbuchs geschrieben, ist es doch auch Programmschrift der nenen 
Forschung : nicbt an die alttestamentliche Religionsgeschichte kann 
die nentestamentliche schlieBen; zwischen beiden liegt eine neue, 
wichtige Weiterentwicklnng, deren leitende Gedanken aus den Apo- 
kryphen, ans dem spateren jfidischen Schrifttnm und nicbt zuletzt 
aus der Literatnr des frfihen Christentnms erst znrfickgewonnen 
werden mfissen, und die wir nicbt ohne weiteres als rein jfidisch 
ansprechen dfirfen. Bot ffir vieles Scbfirers fleiBiges Sammelwerk 
jGeschichte des jfidischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi“ An- 
regung und HBfsmitttel, so ist Ziel und Art des Buches ganz neu, 
die Religiositat dieses ganzen V olkes in all seinen Kreisen und in 
all ihren Lebensaufierungen und Gegensatzen zu erfassen und als 
Einheit zu empfinden. Liebe und Sorgfalt des Schriftstellers ver- 
teilen sich gleich auf die niichterne, fast rationalistische synagogale 
Frommigkeit und auf den oft phantastischen Schwung der indiri- 
duellen, den er friiher allein verfolgt hatte. Ein letzter Abschnitt 
fiihrt dann kurz in das religionsgeschichtliche Problem ein, die 
Frage der Beeinflussung besonders durch die iraniscbe Religion, 
die gegeniiber Soderblom nachdriicklich bejaht wird. Neue Ur- 
kunden haben uns jetzt weit fiber Boussets Vermutungen hinaus- 
geffihrt; der Weg, den er wies, war richtig. 

Ein groBer Gegner prophezeite damals bei Gelegenheit einer 
Bemfnng, von Bousset habe man nichts mehr zu erwarten; alles 
was er zu sagen habe, habe er bier gesagt. Aber kaum vier Jahre 
spater trat dieser, nachdem er inzwischen das Buch ffir die zweite 
Auflage auf Grand der Kritiken umgestaltet und erweitert hatte, 
mit einem neuen Meisterwerk hervor, ffir das die Vorarbeiten wieder 
zehn Jahre zuriickreichen, den „Hauptproblemen der Gnosis" (1907), 
in gewissem Sinne einer Erganzung zu dem vorausgegangenen Werk. 
In den seltsam phantastischen Mischbildungen zwischen Christentum 
und Heidentum, die in den ersten drei Jahrhunderten im Orient 
in verwirrender Fiille emporschieBen, hatte man sich nach mancherlei 
tastenden Erklarungsversuchen mit Hamack gewohnt, als treiben- 
des heidnisches Element die griecbische Philosophic zu sehen, 
ohne dabei Sprache oder Vorstellungen jener Kreise wirklich aus 



92 


R. Reitzen. stein, 


der Philosophie herleiten za konnen. Bonsset setzte fur die grie- 
chische Philosopkie im wesentlichen die orientalischen Volksreli- 
gionen ein, deren Reste ans hier wie in Versteinerung weit reicher 
als in der jiidischen Apokalyptik erhalten seien. Er erkannte, da6 
das Griechentnm des Ostens wie das Judentum von einem ge- 
waltigen Strom religioser Gedanken ans dem innern Orient sckon 
befruchtet war und weiter befrnchtet wurde, fand mit sicherem 
Scharfblick ans dem Gewirr der Systeme der Gnostiker leitende 
religiose Vorstellnngen herans und bezeichnete im Vorwort selbst 
sogar die beiden Quellen, die einst, voller erschlossen, seine Re- 
snltate bestatigen und erganzen wiirden, die mandaischen und mani- 
chaischen Religionsurkunden. Einer seltsam gehassigen, Boussets 
klare Darlegung seines Zieles ignorierenden Polemik von theologi- 
scher Seite trat denn auch bald die rubige Benutznng und An- 
erkennung durcb orientalistiscbe Facbmanner entgegen. 

Die Summe zog das dritte und tiefste Werk ^Kyrios Christos, 
Geschichte des Cbristusglaubens von den Anfangen des Christeu- 
tnms bis Irenaeus“ 1913. Zwei Welten, fiir die sicb Bousset tiefes 
Empfindeu und reicbe Erkenntnis errungen batte, treffen in diesem 
Glauben zusammen, die judische und die beidnisch-hellenistiscbe. 
Ihnen entsprecben zwei liturgische Urformeln, der Menschensohn 
und der Herr, von denen Bousset auf Grund glanzender sprach- 
licher Beobachtungen die erste der jiidischen Urgemeinde, die 
zweite der ersten hellenistischen Gemeinde zuweist. Der urspriing- 
liche Gemeindekult gibt an beiden Stellen die Grundlage fiir die 
personliche Frbmmigkeit und den Beginn des Dogmas. Die Tat- 
sacbe, die unabbangig von einander Bousset und Heitmiiller her- 
vorhoben, daB Paulus, der Jude der Diaspora, die nene Religion 
in dem Denken und Leben einer hellenistischen Gemeinde 
kennen und erfassen gelernt bat, gewinnt nun ungebeure Bedeu- 
tung. Ein Grundgedjmke der Tiibinger Schule scbeint mir hier in 
eigentumlicher Umgestaltung und Verinnerlichung wieder aufzu- 
leben. In groBgeschauten eigenen Bildern und wundervoll scbarfen 
Analysen ziebt dann die Entwicklung der eigentlichen Christologie 
von der gewaltigen Mystik des Paulus bis zu ihrer kirchlichen Um- 
pragung und Unscbadlichmachung durcb Irenaeus an uns voruber; 
denn selbstverstandlicb flieCen fiir Bousset die zu Unrecht ge- 
trennten Disziplinen Neutestamentlicbe Tbeologie und Dogmen- 
gescbichte in einander, und nur der sacbliche AbschluB der Uber- 
reicben Entwicklung kann den Endpunkt der Darstellung geben. 
Eine unendlicbe Eulle von Einzelarbeit auf alien Gebieten der 
Tbeologie und allgemeinen Religionsgescbicbte vereinigfc sicb, und 



Wilhelm Bousset. 


93 


jede Einzelnheit ordnet sich ein in eine gewaltige, trotz der Mannig- 
faltigkeit einheitliche geistesgescWclitliclie EntwicMung. 

Wohl hat diese dogmengeschichtliclie Studie grofiten Stiles 
einen anderen Charakter als die bisher besprochenen Bucher, ist 
weit mehr Bekenntnisbuch nnd daher in gewissem Sinne auch Streit- 
huch. Das Bousset von friih eigene Bedurfnis, jeden neuen Ge- 
danken bis in die auBersten Konsequenzen durchzndenken und in 
scharfste Pragung zu bringen, tritt mir bier wieder besonders 
entgegen. Ich bin zum Urteil nicht berechtigt und wage dock dem 
Empfinden Ausdruck zu geben, daB so fest der Gesamtbau fun- 
diert ist, manche Formulierung zu scharf, mancher Beweis noch 
zu rasch zusammengerafft ist, und daB die Schroffheit der Be- 
hauptung, die Cfaristusmystik des Paulus sei rein hellenistisch 
empfunden, sich wesentlich mildem wird, wenn wir erkennen, daB 
die Menschensohn-Anschauung der judischen TJrgemeinde von den 
gleichen, ursprunglich nicht judischen, aber friiher judaisierten Vor- 
stellungen beeinfluBt ist wie das Kyriosempfinden des Paulus. Er 
bleibt doch wohl mehr Jude, als es in dieser Darstellnng hervor- 
tritt, wenn auch nicht so stark, wie es Ed. Schwartz unter Well- 
hausens EinfluB annnahm. FreBich hat Bousset selbst eine ge- 
wisse Einseitigkeit, zu der die Wahl des Themas zwang, schon in 
der Ausfiihrung driickend empfunden und liebevoller und langer, 
als es die Oekonomie seines Werkes verlangte, bei dem, was er 
jcntschranktes Diaspora-Judentum" nannte, verweilt. 

In einer musterhaft sachlichen Auseinandersetzung mit seinen 
Kritikern, besonders dem Jugendfreunde Wernle, die 1916 unter 
dem Titel „ Jesus der Herr“ erschien, schrankt er manche Behaup- 
tung ein, nimmt Einwande zur nahern Ueberlegnng und weist vor 
allem gegeniiber einer falschen Auffassung seines Werkes darauf 
bin, daB er durch die Wahl des Stoffes gezwungen gewesen sei, 
nur die eine Halfte des zum Verstandnis des Werdens des Gesamt- 
christentums Erforderlichen darzustellen, namlich „gerade die Er- 
scheinungen, in denen die nene Religion der Zeit und Umwelt 
ihren Tribut zahlte“. Ein Gesamtbild miiBte starker hervorheben, 
was es fiir sie bedeutete, daB schon in den Anfangen das P e r - 
sonenbild Jesu, die Ueberlieferung seiner Worte und Parabeln 
vorliegt, und miiBte die Wirkungen dieser schlichten Urelemente 
der neuen Frommigkeit schildern. Es miiBte hervorheben, wie 
von Anfang an das Alte Testament den Gang der neuen Religion 
begleitet und sie mit dem kampfesfrohen Monotheismus nnd der 
starken und gesunden Ethik beherrscht. Wie das Christentum sich 
die Schatze des synagogalen Gottesdienstes, dieser Anbahnung 



94 


R. Reitzenstein, 


einer Gottesverehning in Geist und Wahrlieit, zu eigen macht, 
nnd wie diese einfache und schlichte Seite des Gottesdienstes sich 
neben Sakrament und Kyxios-Kult behauptet. Wie diese werdende 
Weltreligion aus der jndischen Apokalyptik und Eschatologie zu- 
letzt doch nur den gewaltigen Ernst des Gerichtsgedankens und 
die geistige Scbwungkraft im Widerstand gegen eine Welt ent- 
nommen hat. Kurz wie innerhalb jener hellenistischen Eormeln, 
die sein Bnch in Kyrioskult und Chris tusmystik, Sakrament nnd 
haibgnostischen SapranaturaJismus geschildert habe, sich die fiber 
die Antike siegende Religion durehsetzte, namlich doch schliefilich 
die klassische Religion des Alfcen Testamentes, der Propheten und 
Psalmisten mit ihrem kronenden und befreienden AbschluB in 
Jesus. 

Wir empfinden leicht, wie in diesem Bilde, das ich leider nor 
verkurzt geben kann, die Grundgedanken Wellhansens, abet auch 
Ritschls wiederkehren nnd all das, was Bonsset in dreiBigjahriger 
Arbeit und znletzt noch in seinem groBen Kampfwerk erstritten 
hat, doch nur als Nebenwerk erscheint, als eine Bereicherong, die 
man wohl kennen und berficksichtigen muB, nm das historische 
Werden zu verstehen, die aber den letzten Kem der Sache nicbt 
antastet. 

Noch einmal konnen wir dabci die Art der Arbeit Boussets 
verfolgen. Der Plan einer solchen Gesamtdarstellung, ja selbst ein 
erster Versnch der Ausffihrung war vor zwolf Jahren bald nach 
dem AbschluB des Werkes fiber die Gnosis entstanden. Nur mit 
seiner Gattin hatte Bonsset davon gesprochen und ihr erklart, daB 
er wohl noch ein Jahrzehnt ffir die Vorarbeiten brauchen werde. 
Nach AbschlnB der letzten, des Kyrios Christos, trat der Plan 
wieder lebhafter hervor; seine Gesprache zeigten, daB ihn die Auf- 
gabe beschaftigte, Judentum, Hellenismus und Christentum in ihrem 
Verhaltnis zu einander allseitig zu betrachten, nnd bald nach Ab- 
schluB jener Auseinandersetzung mit seinen Kritikern versuchte er, 
sie das erste Mai in einer knrzen Vorlesung zn losen. In seinem 
letzten Lebensjahr gestaltete er diese dann in einem groBen Privat- 
koUeg zur umfassenden Darstellung aus, bewogen hauptsachlich 
dnrch das Bedfirfnis seiner Horer, die Seelennot vieler der aus 
dem WeltkriegHeimgekehrten. Seine gauze Auffassung des Christen- 
tnms soUte ihnen hierbei entgegentreten. Schwer fiel ihm die 
Aufgabe gerade wegen der PUlle der fremden und eigenen Vor- 
arbeiten, schwerer noch, weil er das Colleg gleich als Pondament 
ffir dies neue Bnch, sein Lebenswerk, benutzen woUte. Er hielt 
durch und kfindete mir froh den AbschluB dieser Vorarbeit an. 



Wilhelm Bousset. 


95 


Nur den Kyrios Christos wollte er noch fiir eine zweite Ansgabe 
fertig umgestalten and zwei bereits in G-edanken entworfene 
polemische Anfsatze iiber das Aionfest in Alexandria und die 
friihchristlichen Anschauungen von der Hollenfahrt niederschreiben. 
Froh sprach er noch wenige Tage vor seinem Tode von dem 
groBen Plan. Der letzte, wohl anch die Gegner versohnende 
nnd MiBverstandnisse beseitigende AbschlnB seines Schaffens blieb 
ihm versagt. tJnd doch ware es unberechtigt zn klagen, daB nns 
damit verloren sei, was nur im Laufe von Generationen einmal 
sich bietet, ein ganz selbstandig aus der vollen Snmme wissen- 
schaftlichen Erkennens der Zeit and zagleich ans tiefster Herzens- 
frommigkeit geschaffenes Bild des Werdens nnserer Religion. So 
viel uns das geplante Werk auch sicher gebracht hatte — noch 
stand er ja anf der Hohe der Schaffenskraft, ja begann erst mit 
der Falle des Erlemten und Erarbeiteten frei za schalten — , jenes 
Bild hat Bonsset im wesentlichen doch schon gegeben, freilich 
nicht fiir den fliichtigen Leser oder den Gegner, wohl aber fiir den 
Schiller, der den Andeatangen im Kyrios Christos nachzngehen and 
sie liebevoll zn erganzen weiB. 

Ein Werdender and Lemender ist er geblieben sein Leben 
lang. So war sein Los reich and gliicklich. Als beim Scheiden 
aas Gottingen ein Redner ihn riihmte, er sei trotz vieler Znriick- 
setzongen nie bitter geworden, spradelte es von seinen Lippen: 
,Dazu hatte ich ja gar keine Zeit; es gab immer zn viel zn 
lemen.“ Mit dem Ertrag seiner wanderbar reichen Arbeitskraft 
schaltete er koniglich freigebig, ja sorglos und konnte selbst TJn- 
bekannten Vorarbeiten zar freien Benatzang bieten, die ihm Jahre 
gekostet batten. Leicht geneigt, die Leistungen Schwacherer zu 
iiberschatzen , and immer bereit, eigene Behaaptnngen nachza- 
priifen, ja froh, wenn er sie mit seinem Rezensenten dorch- 
sprechen and den Grand der Verschiedenheit der Ansichten sich 
selbst ganz klar stellen konnte, war er von dem Gelehrteniibel der 
Eitelkeit vollig frei. Die Person trat dabei ganz znriick, auch die 
des Gegners. Nie habe ich, auch gegeniiber gehassigem Angriff, von 
ihm ein herbes Wort uber den Angreifer selbst gehort. Um so 
reicheren Raum fand das Personliche in dem Leben. Ihm war 
das Gluck geworden, durch mehr als zweiundzwanzig Jahre hin- 
gebende Teilnahme and feinstes Verstandnis fiir all sein Denken 
bei der Gattin zn finden, aber die Frexmdschaft behielt in seinem 
Leben denselben Platz wie in der ersten Jagend, und anendlich 
zart and riicksichtsvoU konnte der Streitgewohnte and Kampfes- 
frohe da sein, wo er liebte. Zum Lehrer war er geboren and 



96 


R. Reitzenztein, Wilhelm Bousset. 


hatte anch in Gottingen in ungiinstiger SteUnng immer dankbare 
nnd trene Schiiler gehabt. Die voile Wirksamkeit freilich bracbte erst 
das Ordinariat in Giefien, nnd ais bei der Heimkehr nnserer E[rieger 
die Znborerzahl jab stieg nnd immer mebr personlicbe Anliegen 
an ibn berantraten, scbrieb er mir gliickselig von der Verantwort- 
licbkeit nnd Herrlicbkeit gerade des tbeologiscben Lebramtes in 
dieser Zeit. Die Scbiiler fiiblten, da6 er ihnen sein Herz erscbloB, 
nnd ancb auf den Ferneretebenden wirkte, mebr nocb aJs der 
lebendige Vortrag nnd das seelenvolle Ange, das tiefe, wncbtige 
Etbos der ganzen Personlicbkeit. 

DaB er wirken konnte, gab ihm in allem Elend der Zeit 
tiefe Lebensfrende; aber der Tod hatte kein Granen fiir ibn, ja 
der Gedanke an ibn ward ibm immer mebr znm vertranten Ge- 
nossen. Wenn sein Tagewerk ancb zn friih abbrach, — wir, seine 
Frennde, hoffen fest, daB es anf die EntwickJnng seiner Wissen- 
scbaft wirken wird wie das weniger anderer. 


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