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Full text of "Indien und die Religionswissenschaft: Zwei Vorträge"

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INDIEN 



UND DIE 

RELIGIONSWISSENSCHAFT 

ZWEI VORTRÄGE 

VON 

HERMANN OLDENBERO 




STUTTGART UND BERLIN 1906 
J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER 



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Alle Rechte vorbehalten 



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108029 

JÜL 1 6 1Ö07 

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Inhalt 



Seite 

1. Die Erforschung der altindischen Religionen 

im Gesamtzusammenhang der Religions- 
wissenschaft. Ein Vortrag 1 — 30 

I. Die Indologie in sich begrenzt und über ihre 

Grenzen hinausweisend 3 — 5 

IL Die altindischen Religionen im Zusammenhang 
indoeuropäischer und indoiranischer Vergleich- 

ungen 5 — 10 

ni. Die altindischen Religionen und die Ethnologie 10 — 14 
IV. Zusammenhänge indischer und außerindischer Re- 
ligionen in historischer Zeit 14 — 21 

V. Innerer Parallelismus 21 — 30 

2. Göttergnade und Menschenkraft in den indi- 
schen Religionen. Rektoratsrede 31 — 57 

Efaüeitung: Das religionsgeschichtliche Problem der 

Gotteshilfe und Selbsthilfe 33—36 

I. Vermischung der beiden Elemente in der Religion 

des Veda 36—39 

II. Zunahme des Vertrauens auf die eigene Kraft. 

Seelenwanderung. Die Brahmamystik .... 39 — 44 
UI. Der Buddhismus als Glaube an die eigene Kraft 

des Menschen 44—51 

IV. Der Hinduismus und die Bhakti 52 — 57 

Anmerkungen 58 — 59 



Der erste Vortrag ist in der „Deutschen Rundschau" Nov. 1904 erschienen. 



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I 
Die Erforschung der altindischen Eeligionen 

im Oesamtznsammenhang der Religionswissenschaft 



Ein Vortrag 



Oldenberg, Zwei Vorträge 



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I 

Die Frage, die dieser Kongreß^) Vertretern aller 
Wissenschaften stellt, versuche ich für mein Arbeitsfeld 
zu beantworten. Wie verhält sich die Erforschung der 
altindischen Religionen zu den benachbarten Forschungs- 
zweigen und zum Ganzen der Religionswissenschaft? 

Ehe ich aber den Verbindungslinien nachgehe, die 
über die Grenzen unseres Gebiets hinausführen, darf 
ich, so selbstverständlich das erscheinen kann, nicht 
davon schweigen, daß sich ein großer Teil unseres 
wissenschaftlichen Tuns sozusagen innerhalb der eigenen 
Mauern, für sich selbst zu vollziehen hat. Wie alle 
Historiker, so erforschen auch wir individuelle Bildungen, 
die sich höchstens ähnlich, nie identisch wiederholt haben. 
Was wir zuvörderst wollen, ist nicht, diese Bildungen 



*) Der nachstehende Vortrag wurde für den Intefnational 
Congress of Arts and Science zu St. Louis (September 1904) ver- 
faßt und dort gehalten. Die Richtung, in der sich hier die Aus- 
führungen eines Indologen bewegen, wurde durch die Idee be- 
stimmt, welche diesem Kongreß zugrunde lag. Sie ist von ihrem 
Urheber, Professor Münsterberg (Harvard üniversity), in einem 
den Direktoren der Weltausstellung erstatteten Gutachten folgender- 
maßen formuliert worden : „Ich würde vorschlagen, daß wir statt 
hundert unzusammenhängender Kongresse einen einzigen Kongreß 
haben . . . und daß dieser einzige Kongreß die Gesamtheit des 
menschlichen Wissens umspannt und sich die einzige Aufgabe 
setzt, die Einheit der Wissenschaft herauszuarbeiten. ** 



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4 Die Erforschung der altindischen Religionen 

mit anderen vergleichen oder sie allgemeinen Formeln 
unterordnen. Wir wollen sie vielmehr als auf sich 
stehend, mit der ganzen Fülle und Wärme des ihnen 
eigenen Lebens erfassen. XJeberall in der Geschichts- 
wissenschaft drängt ja heute eine mächtige Strömung 
dahin, das Inkommensurable, Bodenständige in den Na- 
tionen wie in den Individuen hervorzukehren. Und viel- 
leicht auf wenigen Gebieten geschichtlicher Forschung 
akzentuiert sich dieser Zug naturgemäß so scharf wie 
auf dem unseren. Das altindische Volk steht unter den 
Völkern des Altertums besonders einsam da ; der indische 
Geist geht eigenwillig und eigensinnig seine seltsamen 
Wege. Wen kann es da verwundern, daß unter den 
Indologen die Mahnung besonders laut wird, die Be- 
trachtung indischen Daseins mit nichts ünindischem zu 
vermischen: „Indien für die Inder!" Und in der Tat 
würden wir uns nie an die dem indischen Denken eigen- 
tümlichen Bewegungsformen wirklich gewöhnen, unserem 
Mitfühlen mit jener Seele würde immer ein Letztes von 
Tiefe fehlen, verständen wir nicht sozusagen alle Neben- 
geräusche von außen fernzuhalten. Wie sollte aber der 
Historiker auf das Erleben jenes Mitfühlens verzichten ? 
Ihm liegt das Wort im Sinn — „mein eigen Selbst zu 
ihrem Selbst erweitern**. Die heißen Phantasien der 
indischen Religionen wollen wir mitphantasieren, uns 
mit der Sehnsucht des Buddhismus nach der Stille des 
Nirvana mitsehnen. Wir wollen die Tragödie des Kampfes 
der beiden Seelen in der Brust des indischen Volkes, 
der arisch-vornehmen und der niedrig-wilden, mitdurch- 
kämpfen. Und wenn sich das alles weit von unserer 



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Die Erforschung der altindischen Religionen 5 

Welt wie auf einer fernen Insel abzuspielen scheint, so 
mag eben daraus dem Heimischwerden in so fremden 
Gefilden noch ein eigener Reiz erwachsen. 

Sind nun aber auf diese Weise alle Forderungen 
erfüllt, die wir an unsere Arbeit stellen müssen? Kein 
Zweifel, daß sie- das nicht sind. Wir haben das Ge- 
sichtsfeld schärfer isoliert, als der wahren Wirklichkeit 
entspricht. Das bereuen wir nicht ; es ist nicht vergeb- 
lich geschehen. Aber nun bleibt anderes zu tun. XJeber 
dem Drang, uns in das Einzelne zu versenken, dürfen 
wir nicht vergessen, daß dies Einzelne Glied eines all- 
umfassenden Ganzen ist. Ein Glied, dessen Wachstum 
seine sehr selbständigen Sichtungen eingeschlagen hat; 
Glied des Ganzen bleibt es darum doch. Um es als 
solches zu verstehen, dazu gehört ein fernhin umher- 
blickendes, überall seine Anknüpfungen findendes, ver- 
gleichendes, einordnendes Forschen. Wie weit kann 
diese Arbeit von demselben Arbeiter bemeistert werden, 
dem jene Vertiefung in das Begrenzte gelang? Müssen 
Arbeitsteilungen eintreten? Eine persönliche Frage, die 
mehr die Diener der Wissenschaft angeht als die Wissen- 
schaft selbst. Sie gebietet, daß, gleichviel von welchen 
Händen, die eine und die andere Arbeit getan werde. 



n 

In den Grenzmauern unseres Gebietes also fehlt es 
nicht an Pforten, die ins Weite führen. Um die von 
ihnen ausgehenden Wege kennen zu lernen, müssen wir 
hier vor allem der beherrschenden Hauptbegebenheit der 



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6 Die Erforechung der altindischen Religionen 

altindischen Geschichte gedenken, die vielen jener Wege 
die Richtung vorschreibt: der Einwanderung der Arier 
in Indien. VolksstämÄe, die durch ihre Sprache als 
Verwandte der großen europäischen Völker erwiesen 
werden, die mit diesen in ferner Vorzeit ein Volk ge- 
bildet haben, sind in weiten Wanderungen von Nord- 
westen her gekommen. Lange haben sie zunächst, noch 
vor den Pforten Indiens, in Iran gesessen. Ein Teil von 
ihnen blieb dort: die Vorfahren der Iranier, die sich 
später um Zarathustra, um Cjrus und Darius scharten. 
Andere überstiegen die Berge und rangen den Norden 
Indiens dunkelfarbigen Urbewohnern ab. 

Diese Tatsachen sind allbekannt. Wir aber haben 
ihnen für die Fragen, die uns beschäftigen, zu entnehmen, 
daß zuvörderst der von jenen Einwanderern nach Indien 
mitgebrachte religiöse Besitz in vorgeschichtliche 
Zusammenhänge verwoben gewesen sein muß, die den 
Indologen weit über Indien hinausweisen, und die eben- 
so dem Erforscher außerindischer Religionen Anlaß geben, 
indische Verhältnisse in seine Untersuchungen einzu- 
beziehen. 

Die Sprachvergleicher, unter hervorragender Be- 
teiligung der Sanskritisten, haben sich mit immer ent- 
schiedenerem Erfolg an der Aufgabe versucht, die seit 
vielen Jahrtausenden verklungene Sprache jenes gemein- 
samen Muttervolkes der Inder, Iranier, Griechen, Italiker, 
Kelten, Germanen, Slawen — wir können mit einem 
Wort sagen: der Indoeuropäer — zu rekonstruieren. 
Geben sich die Religion und Mythologie Indiens und 
die entsprechenden Gebilde Europas zu ähnlichen Ver- 



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Die Erforschung der altindischen Religionen 7 

gleichungen her? Lernen wir so, etwa von Indien aus- 
gehend, das religiöse Wesen der indoeuropäischen Periode 
kennen, und gewinnen wir wiederum rückwärts von dem 
so erworbenen Standpunkt aus ein Verständnis für das 
Werden der altindischen, der europäischen Religionen? 
Der Versuch* solcher Fragestellung ist dem Prinzip nach 
unzweifelhaft berechtigt. Aber doch — dies ist wenig- 
stens meine und Vieler feste Ueberzeugung — von den 
betreffenden Bemühimgen der Forschung sprechen heißt 
zum größten Teil nichts anderes, als auf Illusionen 
zurücksehen, die hingeschwunden sind, die hinschwinden 
mußten. Die Zeiten sind nicht mehr, in denen Veda- 
forscher sein so viel hieß wie «vergleichender Mytholog* 
sein. Religiöse Vorstellungen sind von Natur viel un- 
berechenbareren Wandlungen unterworfen als die Sprache. 
Der Weg von vedischen Gottheiten zu Apollo oder Mars 
kann prinzipiell nicht als ein so klarer vorgestellt wer- 
den wie der Weg etwa von indischen zu griechischen 
und lateinischen Zischlauten oder Optativformen. Auch 
jene anschauliche Sicherheit, die manchen anderen 
Zweigen der vergleichenden Altertumsforschung aus der 
Anlehnimg an die konkreten Denkmäler der Vorzeit er- 
wächst, fehlt hier. Nicht zum wenigsten aber hängt 
das ungünstige Aussehen des ganzen Problems mit der 
Lage der indoeuropäischen Stammsitze zusammen. Einst 
hatte man sich diese etwa in Zentralasien gedacht; die 
Inder schienen sich von ihnen nicht sehr weit entfernt 
zu haben; sie konnten in mancher Beziehung nahezu 
für Repräsentanten der Indoeuropäer selbst gehalten 
werden. Jetzt haben wir eingesehen, daß jene Urheimat 



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g Die Erforschung der altindischen Religionen 

sehr wahrscheinlich in Europa gelegen hat. Zwischen 
ihr und dem vedischen Indien — was für Entfernungen, 
Berührungen der Wanderer mit stammfremden Völkern, 
unvermeidliche und zugleich für uns unberechenbare 
Rassenmischungen, Wechsel der wirtschaftlichen und 
sozialen Verhältnisse ! Mehr und Sichereres als der Veda 
würden uns über den Glauben der Indoeuropäer wohl — 
so müssen wir jetzt annehmen — mittel- und nordeuro- 
päische, germanische, litauische Materialien lehren, be- 
säßen wir nur solche Materialien aus annähernd ebenso 
hohem Altertum. Ganz ausgeblieben immerhin sind auch 
bei den zwischen Indien und Europa sich bewegenden 
Vergleichungen erfreuliche Ergebnisse nicht. Wir dürfen 
es auch heute noch für so sicher wie wichtig halten, 
daß die Zusammenstellung des altindischen Worts deva 
»der Gott" mit entsprechenden Worten des Occidents 
und die Verwandtschaft dieses Wortes mit dyaus (= Zeus) 
«der Himmel** uns das Recht gibt, den Indoeuropäern 
die Vorstellung von Göttern als lichten, in Himmelshöhen 
wohnenden Wesen zuzuschreiben. Aber die meisten Ver- 
gleichungen einzelner Götter, Dämonen, Mythen, die man 
versucht hat, — wie unsicher sind sie, wenn nicht nach- 
weislich falsch ! Namenanklänge, schattenhafte Aehnlich- 
keiten der Gestalten — weisen sie wirklich aus weiter 
Ferne aufeinander hin? Oder täuschen uns Zufällig- 
keiten ? Resultate, an die man glauben mag, wenn man 
will, an die zu glauben kein Beweis nötigt, die man 
am wenigsten wagen wird zu Fundamenten weiterer 
Forschungsbauten zu machen. 

Neben den überkühnen Kombinationen, die im Lichte 



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Die Erforschung der altindischen Religionen 9 

des Veda uns die ganze Reihe europäischer Gebilde von 
der Götterwelt Homers bis zu deutschen Volksmärchen 
und Kinderspielen verstehen lehren wollten, wie anders 
erscheinen uns heute die Vergleichungen , die sich auf 
die Religion der alten Inder und der benachbarten, 
engstverwandten Arier, der iranischen Zarathustrier, 
beschränken! So groß die Distanzen von Raum, Zeit, 
Rassenmischung sind, die es dort zu überbrücken galt, 
so gering sind sie hier. Dem anspruchsloseren Unter- 
nehmen konnte ein entsprechend sichereres Gelingen nicht 
fehlen. In der Tat darf ich behaupten, daß es durch 
das gedeihliche Bündnis indischer und iranischer Reli- 
gionsforschung erreicht ist, das Bild des Glaubens, der 
den Vorfahren der beiden Völker in ihrer vorgeschicht- 
lichen Gemeinschaft eigen war, in vielen Hauptzügen 
herzustellen. Der indischen Forschung fällt hier im 
ganzen von selbst die leitende Rolle zu. Denn durch 
die indischen Ueberlieferungen schimmert die gemein- 
same Grundlage deutlicher hindurch. Die Verpflanzung 
der indischen Arier in ihr neues Land, die Anbahnung 
neuer Rassenbildungen, die allmählich den Arierglauben 
hier auf das tiefste umgestalten sollte, hat ja in der 
Vedazeit ihre Wirkung eben nur begonnen. Fürs erste 
ist es das Zarathustratum, auf das die stärkeren Neues 
schaffenden Mächte eingewirkt haben: das Denken und 
der WiUe einer großen Persönlichkeit. Gewiß ist doch 
auch auf dieser Seite vom Alten genug übriggeblieben, 
um der Vedaforschung in ihrem Zusammenarbeiten mit 
den Iranisten manch wertvollen Gewinn fUr ihre eigenen 
Zwecke zu sichern. Vor allem aber darf sie sich dessen 



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10 Die Erforschung der altindischen Religionen 

freuen, daß es kein geringes Geschenk ist, das sie hier 
der Erforschung einer außerindischen Religion machen 
kann : sie lehrt den Untersucher des Avesta den Hinter- 
grund des alten Glaubens erkennen, von dem sich ab- 
hebt, was für jenen im Mittelpunkt des Gesichtsfeldes 
steht: die Verkündigung Zarathustras. 



III 

Man kann das Wesen der Untersuchungen, von denen 
ich bisher gesprochen habe, dahin zusammenfassen, daß 
die Erforschung der altindischen und die der verwandten 
Religionen gemeinsam durch ihre Vergleichungen das 
Bild des direkt Ueberlieferten nach rückwärts, in prä- 
historische Perioden hinein, zu erweitem sich bemühen. 
Daß da auf die Gebiete, die der geschichtlichen Zeit 
näher liegen, ein sehr viel helleres Licht fällt als auf 
die entferntere Vergangenheit, ist ja begreiflich. Aber 
nun kann es einen Augenblick paradox erscheinen, wenn 
ich jetzt weiter von Zurückdringen in noch tiefere Ver- 
gangenheit spreche und behaupte, daß hier die Sicher- 
heit unseres Vorgehens nicht nur nicht weiter abnimnvt, 
sondern im Gegenteil wieder zunimmt. Sie nimmt zu, 
weil wir bei jenen vorgeschichtlichen Fernen anlangen, 
in denen die Freiheit der Volksindividualitäten noch 
nicht ihr unergi'ündUches Spiel treibt, sondern eine Not- 
wendigkeit, mit der wir rechnen können, überall gleich- 
artige Gestalten hervorbringt. 

Ich rede von wissenschaftlichen Bewegungen, die 
noch in ihren Anfängen stehen. Meiner Schätzung 



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Die Erforschung der altindischen Religionen H 

widerspricht, wie ich mir nicht verberge, das Mißtrauen 
mancher Forscher von hoher Autorität. Ich kann mich 
nur zu meiner Ueberzeugung bekennen. Ueber ihr Recht 
muß die Zukunft entscheiden. 

Zu primitiven Formen des religiösen Wesens weit 
jenseits der indoeuropäischen Zustände führt die junge 
Wissenschaft der Ethnologie. Von ihr lernen wir be- 
kanntlich, daß gewisse roheste Typen religiöser Vor- 
stellungen und Gebräuche sich überall bei den Völkern 
von entsprechend tiefem Kultumiveau in wunderbar 
scheinender, aber unbezweifelbarer Uebereinstimmung 
wiederfinden. Die Religionsforschung nimmt hier fast 
etwas vom Aussehen der Naturwissenschaft an ; was sie 
berichtet, klingt nicht viel anders als ein Kapitel vom 
Leben der Tiere. Aus der Tatsache der erwähnten 
Uebereinstimmung ist dann weiter, wie nicht weniger 
bekannt ist, die Folgerung gezogen worden, daß eben- 
dieselben uralten Bildungen auch allen höheren Formen 
religiösen Wesens in femer Vergangenheit zugrunde ge- 
legen haben müssen. Durch diese Erkenntnis aber ist 
die indische Religionsforschung offenbar in neue, weiteste 
Zusammenhänge hineingestellt. Hatte sie bis dahin so- 
zusagen Küstenschiffahrt betrieben, muß sie nun auf das 
offene Meer hinaus. Sie wagt Vergleichungen, für die 
es die Beschränkung auf das Gebiet der Indoeuropäer 
nicht mehr gibt. Das Rüstzeug der vergleichenden 
Grammatik, der altehrwürdigen Philologentechnik wirft 
sie für eine Zeit beiseite und macht einen Sprung über 
die Zäune des gewohnten wissenschaftlichen Zunft- 
betriebes. Um höchstes Altertum wiederzufinden, lernt 



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12 Die Erforschung der altindischen Religionen 

sie in die Gegenwart blicken. Sie begleitet die Fahrten 
der Reisenden zu Indianern, KaflFern, Australiern und 
jene unscheinbareren Entdeckungsreisen zu den Schichten 
unseres eigenen Volkes, in denen so viel von primitiven 
Denkformen noch heute lebt. Den uralten religiösen 
Gebilden, die sie da kennen lernt, gräbt sie dann auf 
ihrem eigenen Felde nach.. Derselbe Zug hier wie über- 
all in der historischen Wissenschaft, wie ähnlich auch 
in der Kunst: der Drang, die alten StoflFe, die alten 
Probleme zu beleben, indem man in die Welt der Bücher, 
der Tradition das Licht des heutigen Tages hinein- 
scheinen läßt. Auf Nachbargebieten ging man uns voran. 
Ich nenne die tiefbetrauerten Namen zweier Meister. 
Erwin Rohde untersuchte den griechischen Seelenglauben, 
Robei*tson Smith den Kultus der Semiten ganz in diesem 
Sinne. Und wie nun unsere Wissenschaft auch ihrer- 
seits dies kühne, aber mögliche Werk begonnen hat, 
haben auch ihr — das dürfen wir schon jetzt sagen — 
die Erfolge nicht gefehlt, freilich auch nicht die Aus- 
blicke auf neue, früher überhaupt nicht aufgeworfene 
und nicht auf werf bare Probleme: denn, wenn irgendwo, 
so findet hier das Wort: 

Da muß sich manches Rätsel lösen, 

die alte, unvermeidliche Antwort: 

Doch manches Rätsel knttpfb sich auch. 

Die Elemente der altindischen Religion, die mit Hilfe 
der Ethnologie in die rechte Perspektive gerückt werden, 
sind natürlich meist andere als die, um welche sich die 
vergleichenden Betrachtungen der Indogermanisten be- 



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Die Erforschung der altindischen Religionen 13 

wegten. Es ist hier wenig von Göttern und Heroen, 
von poesiereichen Mythen die Rede. 'Es handelt sich 
um Niedriges, Derbes, Rohes: um Kobolde und Un- 
holde, um Kultus der Verstorbenen, um Fetischismus, 
um Zauberei — um Pratzenhaftes, das uns, wie wir es 
verstehen lernen, aufhört, nur fratzenhaft zu sein. In- 
dem wir solche allgemein menschliche Gestaltungen im 
Veda wiederfinden, stürzt etwas von den Mauern, die 
diesen von der Außenwelt zu isolieren schienen, zu- 
sammen. Wie jenes vorgeschichtliche Wesen sich mit 
den höheren religiösen Gebilden vermischt, sich in sie 
hüllt, in sie wandelt, sich in sie hinein verlängert, lernt 
die Vedaforschung, in die Beziehungen eingetreten, die 
ich zu beschreiben versuchte, durchschauen. Sie erkennt 
hinter der Gestalt des Priesters den Medizinmann, hinter 
manchem Opfer etwa uralten Regenzauber, hinter der 
pietätvollen Symbolik von Begräbnisgebräuchen die blasse 
Angst des Wilden vor der tückischen, begehrlichen Seele 
des Toten. Sie löst das Nebeneinander der in den Texten 
auf einer Linie erscheinenden Vorstellungen und Ge- 
bräuche in ein Nacheinander von Altem und Neuem auf, 
zwischen dessen Ursprüngen viele Jahrtausende liegen 
mögen. Es ist, wie wenn wir durch eine Stadt gingen 
und hinter ihrer zuerst einheitlich sich darstellenden 
Außenseite allmählich mächtige Trümmer ferner Ver- 
gangenheit und das Sichankleben des spät Hinzu- 
gekommenen an die alten Reste entdeckten. Weiß 
unsere Forschung der Aufhellung dieser Verhältnisse 
unerwartet Materialien dienstbar zu machen, die nach 
Raum und Zeit unendlich weit von ihrem eigenen Gebiet 



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14 Die Erforschung der altindischen Religionen 

abliegen, wer wollte es uns verargen, daß wir uns der 
kühnen Indirektheit solches Vorgehens erfreuen? Die 
führende Rolle freilich, wie einst bei den Versuchen der 
vergleichenden Mythologie, kann der Indolog hier nicht 
mehr für sich beanspruchen. Ueber Aussehen und Be- 
deutung der niederen mythologischen und kultischen 
Bildungen hat er nicht den Ethnologen zu belehren, 
sondern von ihm zu lernen. Gewiß liefert er zu den 
ungeheuren Materialiensammlungeu, mit denen die Eth- 
nologie arbeiten muß, auch seinerseits seine Beiträge, 
die jene Wissenschaft, glaube ich, wohl zu schätzen 
weiß. Aber im ganzen hat er doch durchaus die Rolle 
des Empfangenden. Er wird in der Sichtung und Ver- 
arbeitung dessen, was er sich anzueignen hat, noch auf 
lange Zeit hinaus manchem Mißgriff nicht entgehen. 
Hier, wo sich der Forschung so ungeheure Fernen er- 
öflhet haben, muß sich imvermeidlich der Blick oft ver- 
irren. Aber möge er sich verirren: kleinmütig, wer 
nicht darauf vertraut, daß auch hier die Irrtümer uns 
der Wahrheit näher bringen werden. 

IV 

Von den vorgeschichtlichen Zusammenhängen, an 
deren Aufhellung die indische Religionsforschung be- 
teiligt ist, wenden wir uns den geschichtlichen Zeiten 
zu. Die Wanderungen der Arier haben ihr letztes Ziel 
erreicht. Die alten Völkergemeinschaften sind zerrissen. 
Grenzen sind gezogen, die uns jeden Gedanken daran 
unmöglich machen, die altindische Geschichte als auf- 



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Die Erforschung der altindischen Religionen 15 

gehend in einer allgemeinen Geschichte des Altertums 
zu behandeln. Aber doch schließen solche Grenzen nicht 
das Dasein eines gewissen Grenzverkehrs aus, und auch 
über weitere Fernen erstreckt sich, durch die Jahr- 
hunderte fortgesponnen, zu Lande und zu Wasser ein 
nie ganz abreißender Verkehr zwischen Indien und der 
Außenwelt. Was hat dieser Verkehr von religiösen Be- 
sitztümern herüber- und hinübergetragen? 

Es genügt, eine solche Frage nur auszusprechen, um 
fühlbar zu machen, in wie vielgestalte Beziehungen die 
Indologie durch sie zu näher und ferner verwandten 
Arbeitszweigen gebracht werden muß. Kein einzelner 
kann das alles übersehen. Es beruht wirklich nicht auf 
Unterschätzung der betreffenden Forschungen, sondern 
allein auf dem Bewußtsein meiner Unzulänglichkeit, 
wenn ich hier von vielem schweige. Welche Aufgaben 
stellt uns die rasche, glänzende Entwicklung der Assyrio- 
logie? Welche entstehen uns aus dem Bedürfnis, die 
ungeheuren Wirkungen der religiösen Kultur des Brah- 
manentums und vor allem des Buddhismus auf Zentral- 
asien, Hinterindien, China zu ermessen? Ich darf diese 
Richtungen nicht verfolgen. Ich spreche nur von einigen 
der Probleme, welche in die uns näher liegende Welt 
weisen. 

Den Indologen sehen wir gemeinsam mit dem Er- 
forscher der griechischen Philosophie die Frage prüfen, 
ob, wie eine gewagte, neuerdings scharfsinnig verteidigte 
Hypothese behauptet, die Lehre des Pythagoras die Spur 
indischer Anregungen zeigt, ob — viele Jahrhunderte 
später — an den bunten und wirren Einflüssen orienta- 



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16 Die Erforschung der altindiscben Religionen 

lischer Mystik und Pliantästik, die in den Gedanken- 
gängen der Neuplatoniker zutage treten, auch indische 
Denker und Wundermänner Anteil haben. Und auf 
anderem Gebiet ein Problem, das uns wohl tiefer er- 
regen mag : wie steht es mit den auffallenden Aehnlich- 
keiten zwischen Erzählungen und Reden, die sich in 
unseren vier Evangelien und bei den Buddhisten finden? 
Di^ Darstellung Jesu im Tempel und die Lobpreisung 
Simeons — ist sie der Geschichte vom weisen Greis 
Asita nachgebildet, der dem Buddhakinde naht und seine 
kommende Herrlichkeit preist? Die Versuchung Jesu 
in der Wüste und die Versuchung Buddhas in der Ein- 
samkeit durch Mara den Bösen — Petri Wandeln auf 
dem Meer, das Wort vom Scherflein der Witwe, das 
Gleichnis vom verlorenen Sohn und die buddhistischen 
Parallelen dazu: wie soll man über das alles denken? 
Sind wirklich in das Christusbild Züge hineingetragen 
worden, die in den Mönchshütten am Ganges von der sin- 
nigen Phantasie der Buddhajünger geformt worden sind? 
Ich habe natürlich von diesen Fragen, so bedeutsam 
sie sind, hier nicht um ihrer selbst wiUen zu reden, 
sondern nur zu beschreiben, wie sich zu ihrer Behand- 
lung die Indologie mit anderen Forschungszweigen ver- 
einigt. Da möchte ich nun vor allem folgendes betonen. 
Wo das Problem so liegt, daß der etwaige Einfluß eines 
indischen Vorbilds auf irgendwelche außerindische Vor- 
stellungskreise in Betracht kommt, kann die Indologie 
immer nur ihre Beiträge dazu liefern, die Entscheidung 
vorzubereiten: erreicht werden kann aber diese Ent- 
scheidung allein auf dem Boden des anderen wissen- 



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Die Erforschung der altindisclien Religionen 17 

schaftlichen Gebiets. Der Indolog wird feststellen, daß 
das in Frage stehende indische Vorbild die und die Ge- 
stalt hat und in die und die Zeit zurückgeht oder zurück- 
gehen kann. Entsprechendes wird der andere Mitarbeiter 
seinerseits für die eventuell als Nachbildung zu beur- 
teilende Erscheinung ermitteln. Wenn diese Vorfragen 
erledigt sind, fängt aber die feinere Untersuchung über- 
haupt erst an, und sie liegt in Fällen dieser Art im 
wesentlichen außerhalb der Grenzen der Indologie. Bietet 
die angeblich entlehnende — also etwa die altchristliche 
— Kultur auf ihrem eigenen Gebiet die Voraussetzungen 
dar, oder bietet sie sie nicht dar, aus denen sich auch 
ohne Annahme einer Entlehnung die fraglichen Er- 
scheinungen hinlänglich erklären ließen ? Weist die Kon- 
figuration dieser Erscheinungen irgendwelche Abnormi- 
täten, Ausbuchtungen, Fugen, Risse auf, die der Ansicht 
Gewicht verleihen könnten, daß fremdartige Elemente 
beigemischt sind? Wo es dann schließlich, falls wirk- 
lich eine solche Beimischung anzunehmen ist, immer 
noch die Frage bleibt, ob sie gerade aus Indien her- 
geleitet werden muß, wozu den Indologen nur allzu 
leicht die spezielle Orientierung seiner Phantasie, beinahe 
möchte ich sagen eine Art von unbewußtem wissen- 
schaftlichem Patriotismus treibt. Er, der Erforscher eines 
Einzelgebietes, kennt allein dieses in voller Lebendigkeit. 
Fast unvermeidlich müssen sich ihm da, wenn ver- 
schiedene Gebiete in dem Anspruch konkurrieren, der 
Ausgangspunkt für irgendwelche geschichtliche An- 
regungen zu sein, die Maßstäbe zugunsten seines eigenen 
Gebietes verschieben. 

Oldenberg, Zwei Vorträge 2 



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Ig Die Erforschung der altindischen Religionen 

Damit habe ich* schon eine Eigentümlichkeit dieser 
Untersuchungen berührt, von der ich nicht schweigen 
darf: daß gerade bei ihnen die Subjektivität des Beur- 
teilers, sein wissenschaftliches Temperament eine be- 
sonders gefährliche Rolle zu spielen pflegt. Wir be- 
obachten hier auf der einen Seite Forscher, die sich mit 
rascher Zuversicht auf jede Aehnlichkeit zwischen ent- 
legenen Erscheinungen stürzen und beständig die Spur 
geschichtlicher Zusammenhänge wittern. Diesen Sangui- 
nikern gegenüber fehlen auch die Phlegmatiker nicht. 
Sie lassen das ängstlichste Mißtrauen überall da walten, 
wo ihnen das Wagnis zugemutet wird, einen Sprung 
oder auch nur einen Schritt aus der einen Kultursphäre 
in die andere zu tun. Je ernstlicher man aber bemüht 
ist, sich von dieser wie von jener Schwäche freizuhalten, 
desto öfter wird man bei einem non liquet als der Weis- 
heit letztem Schluß anlangen. Die Fälle, in denen ob- 
jektive Kriterien über diese Unsicherheit hinausführen, 
sind nicht sehr häufig, und leider trifft es sich wohl so, 
daß es nicht gerade die eigentlich wichtigen sind. 

So fürchte ich, daß beispielsweise jene Frage nach 
den Beziehungen zwischen Neuem Testament und Bud- 
dhismus zu denen gehört, die ein absolutes Ja oder Nein 
nicht zulassen. Ich selbst kann ja hierüber nicht mit 
der Autorität eines Fachmannes reden. In dem, was ich 
vorher bemerkt habe, liegt, daß die eigentliche Verant- 
wortung einer Entscheidung in diesem Falle durchaus 
nur der berufene Kenner des Neuen Testaments tragen 
kann. Als meinen subjektiven Eindruck wage ich es 
doch auszusprechen , daß nichts in den vier Evangelien 



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Die Erforschung der altiiidischen Religionen 19 

auf mehr als bloße innere Parallelität mit Buddhistischem, 
auf wirkliche Entlehnung aus Indien weisen muß oder 
mit besonderer Wahrscheinlichkeit weist. Ein hervor- 
ragender Indolog hat vor kurzem gesagt^ daß, wie jetzt 
Babel ungestüm an die Pforten des Alten Testaments 
pocht, so, vorläufig noch leise, an die Tür des Neuen 
Testaments Buddha klopft. Gewiß, solches Klopfen hört 
hier und dort, wer die späteren Schichten der altchrist- 
lichen Literatur durchforscht. Auch das stumpfste Ohr 
kann es nicht überhören, wenn sich in dem mittelalterlich- 
christlichen Roman von Barlaam und Josaphat die ganze 
Jugendgeschichte des Königssohnes vom Sakyahause 
wiederfindet. Aber an die Pforten des Neuen Testaments 
selbst scheint mir Buddha kaum zu klopfen. 

Aehnlich verlaufen die Untersuchungen übrigens, 
wenn wir prüfen, ob das Christentum seinerseits alt- 
indische Glaubensformen, etwa die Krishnareligion, be- 
einfiußt hat. Hier, wo die umgekehrte, von West nach 
Ost gehende Richtung der Einwirkungen in Frage kommt, 
fällt aus den Gründen, die ich besprochen habe, der 
Indologie die leitende Rolle zu. Auch hier aber ist das 
Ergebnis, wenigstens teilweise, ganz unsicher. Singt das 
wundervolle Gedicht Bhagavad Gita davon, wie Glauben 
und Liebe des Frommen sich dem menschgewordenen 
Gotte zuwendet, sagt dort Krishna der Gottmensch: „Wer 
mich liebt, der wird nicht verloren," so möchte ich 
meinerseits doch nicht allzu bestimmt behaupten, daß 
christliche Einwirkungen dabei im Spiele sind ; Zug für 
Zug fügen sich, scheint mir, die Gedankengänge der 
Bhagavad Gita in rein indische Entwicklungslinien un- 



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20 1^16 Erforschung der altindisclien Religionen 

gezwungen ein. Aber hier wieder zeigen die späteren 
Texte ein anderes Bild. Da finden wir den weihnachts- 
artigen Kult, welcher der Geburt des Krishnakindes 
gewidmet wird. Wir begegnen Darstellungen des neu- 
geborenen Gottmenschen in einem Stall; Hirten und 
Hirtinnen umgeben die gebenedeite Wöchnerin; auch 
„Ochs und Esel* sind treulichst anwesend. Gegenüber 
solchen Zügen freilich wird auch ein starkes Mißtrauen 
verstummen. 

Wir blicken zurück. Können wir uns verbergen, 
daß, wenn die Indologie gemeinsam mit der klassischen 
Altertumswissenschaft, mit der neutestamentlichen For- 
schung derartige Entlehnungsprobleme behandelt, der 
Ertrag im Grunde ein ziemlich geringfügiger ist? Was 
hat schließlich für das Christentum der heilige Märtyrer 
Josaphat zu bedeuten? Oder für das Hindutum das Idyll 
vom Krishnakind? Solche Entlehnungen mag man ge- 
wissenhaft verzeichnen; der Liebhaber mag gern an 
ihnen das Interesse des Sammlers an einem seltenen 
Fund nehmen. Der Historiker aber, der nach dem 
Wesentlichen in den Dingen fragt, wird hier doch kühl 
bleiben. Ja selbst wenn wirklich bei einer oder der 
anderen der neutestamentlichen Erzählungen buddhisti- 
scher Einfluß im Spiel sein soUte — woran mir doch 
meinerseits aller Grund scheint zu zweifeln — , auch 
dann noch würde das Bild des Christentums selbst wohl 
nach dieser Entdeckung kaum um eines Haares Breite 
ein anderes als vorher geworden sein. Ungeheure 
Mischungen religiöser Elemente der verschiedensten 
Herkunft erfüllen die letzten vorchristlichen und ersten 



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Die Erforschung der altindischen Religionen 21 

nachchristlichen Jahrhunderte — von Griechischem, 
Aegyptischem, Jüdischem, Babylonischem, Persischem. 
Indien ist von diesen Bewegungen zwar nicht durch 
unübersteigliche Schranken getrennt gewesen. Aber so 
weit abgelegen war es doch, daß sein Anteil nur ein 
nebensächlicher sein konnte. 



Und nun, wo wir alle jene vorgeschichtlichen und 
geschichtlichen Beziehungen an uns haben vorübergehen 
lassen, ist damit wirklich erschöpft, was die Erforschung 
der indischen Religionen dem Ganzen der Wissenschaft 
zu bieten hat? Die Ergebnisse über den Glauben der 
Indoeuropäer fanden wir spärlich und unsicher, das 
Gebiet, auf dem die indisch-iranischen Zusammenhänge 
ihr Dasein haben, eng beschränkt. Gegenüber der 
Ethnologie sahen wir uns vielmehr auf Empfangen als 
auf Geben hingewiesen. Dazu dann die Entlegenheit 
der von Indien beeinflußten Kulturen Zentralasiens und 
des fernsten Ostens, die Geringfügigkeit des religiösen 
Austausches mit dem Westen: gibt das alles einen aus- 
reichenden Maßstab für die Bedeutung, die dem Studium 
der indischen Religionen für das Verständnis der Welt, 
in der wir leben, zukommt? Man fühlt wohl, daß das 
nicht sein kann. Ob beispielsweise die Erforschung 
des Buddhismus eine über ihre speziellen, nächsten 
Ziele hinausgehende universale Bedeutung besitzt oder 
nicht, kann nicht davon abhängen, ob sich aus dem 
großen buddhistischen Legendenschatz ein paar Num- 



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22 I^i^ Erforschung der altindischen Religionen 

mem etwa in die christliche Literatur verirrt haben 
mögen. Nicht die Zufälligkeiten solcher äußeren Zu- 
sammenhänge sind es, worauf es hier ankommt, son- 
dern die Beziehungen innerer Verwandtschaft. 

Hüben und drüben gleichartige und doch verschie- 
dene Kräfte auf gleichartigem und doch verschiedenem 
Boden: sie erzeugen analoge und wiederum verschiedene 
Gebilde. Gewiß werden wir uns hüten, so zu sprechen, 
als wäre uns hier Gesetzmäßigkeit im vollen Sinne des 
Worts erfaßbar, oder als wäre die Geschichte eben nur 
eine Sammlung von Gestaltungen, die das symmetrische 
Fachwerk eines von uns entdeckten oder zu entdecken- 
den Systems gefällig ausfüllen. Aber jene früher von 
mir berührte wesentliche Identität der einzelnen niedrig- 
sten Kulturen, welche die Ethnologie uns kennen lehrt, 
kann doch auch in den höheren Sphären der Geschichte, 
inmitten der Differenzierungen, wie sie der Fortschritt 
erzeugt, unter diesen feiner organisierten, mit minderem 
Beharrungsvermögen ausgestatteten Gebilden nicht spur- 
los verschwunden sein. Was dort Identität war, nimmt 
hier die Gestalt einer gewissen, oft genug freilich ab- 
reißenden Parallelität der Entwicklung an. Parallelität 
aber heißt so viel wie Ordnung und Gesetz. Und in 
der Tat dürfen wir sagen, daß für manche Wegstrecken 
der ungeheuren geschichtlichen Gebiete schon jetzt hier 
der geduldigen Beobachtung des wissenschaftlichen Ar- 
beiters, dort der Intuition des wissenschaftlichen Genius 
ein Schimmer von Gesetz und Ordnung sichtbar wird — 
von einer Ordnung, deren beständiges Sichmischen mit 
ihrem Gegenteil, mit dem schlechthin unauflösbar Zu- 



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Die Erforschung der altindischen Religionen 23 

fälligen, eben ein Charakterzeichen historischen Ge- 
schehens ist. Die Auffindbarkeit manches Zuges von 
Gesetzmäßigkeit hat sich in der vergleichenden Er- 
forschung der Sprachen und Literaturen, des Rechts- 
lebens und sozialen Lebens bewährt: wie sollte sie sich 
in der Geschichte der Religionen nicht auch bewähren? 
Vom Ost zum West hilft Gleichartiges das Gleichartige 
verstehen. Es hilft die versteckten Spuren erkennen, 
die Fragmente ergänzen, etwa wie aus Fragmenten 
biographischer Notizen einem Leser, der eine Fülle von 
Lebensläufen und Seelenentwicklungen überschaut, das 
Ganze, das ihnen' zu Grunde liegt, entgegentreten mag. 
Jene Vergleichungen helfen weiter vor allem die hinter 
dem Tatbestand wirkenden Kausalitäten auf breiter 
Basis ermitteln. Und wie die Gleichheiten, so fördern 
auch die Ungleichheiten das Verständnis. Der Blick 
erweitert sich für die ganze Fülle der Möglichkeiten. 
Das einzelne tritt an seine Stelle, indem sich zeigt, daß 
es eine Varietät neben anderen ist: und wir lernen die 
Frage aufwerfen, vielleicht auch lösen, welche Ursachen 
einem jeden Exemplar seine besonderen Züge mitgeteilt 
haben. 

Wer solchen Problemen nachgeht, wird für viele 
und große Teile des Gebiets, das der religiöse Gedanke 
und das religiöse Leben umspannt, gerade die Ueber- 
lieferungen Indiens besonders wertvoll finden. In indi- 
scher Unermeßlichkeit, wundervoll erhalten liegen sie 
da: ein Urwald, durch den doch Wege zu bahnen dem 
beharrlichen Eifer der Philologie gelungen ist. Die 
ältesten Traditionen gehen in sehr hohes Altertum zu- 



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24 ^i^ Erforschung der altindischen Religionen 

rück; sie scheinen kaum viel jünger als das indische 
Volk selbst. Und dann läßt uns die üeberlieferung, 
immer gleich redselig, nichts verhüllend, die lange Ent- 
wicklung dieser Religionen durch Jahrhunderte und 
Jahrtausende begleiten. Wir glauben es in den Texten 
vor Augen zu sehen, wie sich die Erkenntnis von Natur 
und Welt, die sich in der Religion ausprägt, auf eigen- 
artigem Wege Schritt für Schritt entwickelt, — wie die 
Weise der Fragestellungen, die diese Erkenntnis schaffen, 
das gebundenere oder freiere Verhältnis des Erkennen- 
den zu seiner Erkenntnis Phase auf Phase durchläuft. 
Wir hören vor allem, welche Bedürfnisse, Hoffnungen, 
Sehnsuchten in verständlicher Folge, die einen nach den 
anderen, hier ihre Stimme erheben. Insonderheit die 
älteren Stadien dieser Entwicklung liegen in unvergleich- 
licher Klarheit vor uns: der Fortschritt von dem halb 
kindlichen, halb raffinierten Kultwesen des Veda zu den 
tiefsinnigen Spekulationen der Upanishaden, dann weiter 
zur Erlösungsreligion Buddhas. Von außen so gut wie 
unberührt, hat sich dieser Prozeß nach den in ihm selbst 
angelegten Richtungen vollziehen können. Wie sollte er 
nicht in dem Sinn, den ich bezeichnet habe, die paral- 
lelen Entwicklungen des Westens uns verstehen helfen? 
Daß diese Erwartung nicht täuscht, erfährt der 
Forscher in der Tat, ich kann sagen, bei jedem Schritt, 
Man betrachte etwa das Opfer — ein geschichtliches 
Problem großen Stils. Was für Kräfte, was für Ge- 
danken sind hier durch Jahrtausende in Bewegung ge- 
setzt worden! Aber die Gestalten, in denen das Opfer 
erscheint, sind zunächst unverständliche Hieroglyphen: 



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Die Erforschung der altindisclien Religionen 25 

es gilt, sie zu entziffern. Nirgends nun hören wir so 
Eingehendes wie im alten Indien über das Opfer, 
speziell über die Periode seiner vollen, üppigen Blüte, 
zu der es durch lange Arbeit zünftiger Priestertümer 
entfaltet wird. Mit wie anderer Deutlichkeit sehen wir 
den vedischen Brahman an der Arbeit als etwa den 
römischen Flamen! So muß sich, meine ich — und 
schon gewonnene Erfolge geben mir darin recht — vor 
allem in Indien die Inspiration holen, wer die Frag- 
mente westlicheren Opferwesens ergänzen und deuten will. 

Ebenso lehrreich ist die indische Ueberlieferung, 
sucht man eine Anschauung davon zu gewinnen, wie in 
die alten, den sittlichen Idealen gegenüber ziemlich in- 
differenten rehgiösen Vorstellungsmassen jene Tendenzen 
eindringen, die auf einen Bund von Religion und Moral 
hinstreben. Aber kein Ende wäre zu finden, wollte ich 
alle ähnlich liegenden Probleme durchgehen. Bei jedem 
von ihnen würden wir immer dieselbe Erfahrung machen : 
die Vedareligion, vermöge ihrer geschichtlichen Stellung 
an sich wie vermöge ihrer ausgezeichneten Erhaltung 
für uns, bietet ein wahrhaft unvergleichliches Unter- 
suchungsfeld dar, will man in das Innere, in die typi- 
schen Schichtungen jener alten Religionen eindringen, 
der Religionen mit der uralt-rohen Unterlage und den 
darüber liegenden Schöpfungen reiferen Denkens und 
Fühlens, und endlich — dürfen wir hinzufügen — mit 
den eben sichtbar werdenden Keimen noch reiferer, voll- 
kommenerer Zukunftsgebilde. 

An einem dieser Gebilde, die für die Vedazeit in der 
Zukunft liegen, möchte ich hier die Bedeutung der in- 



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2G ^^e Erforschung der altindischen Religionen 

dischen Religionen für die allgemeinen Probleme der 
Religionswissenschaft noch weiter veranschaulichen. Auf 
einem höchsten Höhepunkte alles religiösen Wesens stellt 
sich ims der Buddhismus dar. 

Buddhismus und Christentum — längst haben sie 
beide der Phantasie, die ihre symmetrischen Linien in 
das Gewirr der Erscheinungen hineinzuzeichnen sucht, 
vergleichbare Figuren darzustellen geschienen. Die ge- 
waltigste Religion hier des Ostens, dort des Westens. 
Die beiden alle nationalen Grenzen überfliegenden uni- 
versalen Religionen. Die beiden alle alten Schranken 
von Zeremonientum und Gesetzeswesen zerbrechenden 
Religionen der Erlösung. Derselbe Typus der Erlösungs- 
religion, so hat man das Verhältnis formulieren wollen, 
hat sich zweimal in der Weltgeschichte verwirklicht, in 
einem westlichen, in einem indischen Exemplar, dort 
dem Christentum, hier dem Buddhismus. 

Wie hohe Interessen der Religionswissenschaft bei 
der Diskussion dieser Formel auf dem Spiele stehen, ist 
klar. Aber gerade dem Erforscher des Buddhismus wird 
die Bemerkung besonders nah liegen, daß dazu, eine 
solche Diskussion möglich zu machen, er selbst und sein 
neutestamentlicher Arbeitsgenosse noch nicht genügen. 
Ein Dritter muß mithelfen: der Kenner griechischen 
Denkens. Es ist bekannt, wie nah dem Buddhismus 
Ideen verwandt sind, die in gewissen alten geistlichen 
Orden und philosophischen Schulen Griechenlands gelebt 
haben und hier und da bei Piaton selbst zu Worte 
kommen. Es sind Ideen, deren Struktur zu durchschauen, 
die an ihre Stelle zu rücken eben die Vergleichung des 



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Die Erforschung der altindischen Religionen 27 

Buddhismus den besten Anhalt gibt. Wie den Bud- 
dhisten, so erscheint auch diesen Griechen das irdische 
Dasein von Düsternis umflossen. Die Seele ist aus ihrer 
wahren Heimat hinabgestürzt in das ^Leben ohne Leben**, 
in die Welt der Vergänglichkeit. Wie im Buddhismus 
verlängert sich das Leiden unabsehbar in der Seelen- 
wanderung, wo die Seele „des Lebens schmerzliche Pfade 
einen gegen den anderen tauscht**. Aber der Weise, 
Buddha ähnlich, erkennt und zeigt „zum Heile die 
Straße**. Er lehrt die Kunst der Loslösung vom leib- 
lichen Dasein; er läßt die Erkenntnis, die Philosophie 
den Geist der üeberseligkeit jenes Augenblicks entgegen- 
führen, den Piaton verherrlicht: in plötzlicher Vision 
strahlt ihm da das ewig Seiende entgegen, in dessen 
Gemeinschaft er aller Fesseln ledig eingeht, so wie den 
Sakyasohn in heiliger Nacht die selige Gewißheit des 
Nirvana durchleuchtete: „vernichtet ist die Wiedergeburt, 
erfüllt der heilige Wandel, getan die Pflicht; nicht werde 
ich zu dieser Welt zurückkehren.** 

Zwar in der näheren Gestalt dieser Gedankengänge 
prägen sich — wie könnte das anders sein — auch die 
nationalen Verschiedenheiten der beiden Völker scharf 
genug aus. Aber vor allem hört man doch den wunder- 
vollen Einklang, in dem die Stimmen griechischer Denker 
und der gelbgewandigen indischen Mönche einander ant- 
worten. Fast fühlt man sich an jene üebereinstimmungen 
zurückerinnert, wie wir die Ethnologie sie zwischen Vor- 
stellungen weit entfernter Völker enthüllen sahen. Ueber 
diesen Ideenwelten, der griechischen wie der indischen, 
liegt derselbe Dufthauch unbestimmter Ahnungsfülle — 



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28 I^iö Erforschung der altindischen Religionen 

geht es doch hinaus in unbetretene Fernen. Dieselbe 
Sehnsucht nach dem Stillstehen der ziellosen Bewegung 
des Werdens und Lebens — und Triumphtöne mischen 
sich bei, das stolze Bewußtsein eigener Kraft, die jener 
Bewegung Halt zu gebieten weiß. Mit alldem aber ist 
es schon ausgesprochen: nie und nimmer dürfen wir 
daran festhalten, diese Stimmungen, diese Gedanken als 
indisch den christlichen gegenüberzustellen. Sie sind ja 
nicht indisch allein. Das Bündnis indischer und grie- 
chischer Forschung lehrt uns ja, daß sie das Erzeugnis 
von Kräften sind, die nicht nur einem Lande angehören. 
So ist denn jetzt der Religionswissenschaft die notwendige 
Basis für die Untersuchung dieser Kräfte gegeben; wie 
weit sind sie mit denen identisch, wie weit von denen 
verschieden, die das Christentum geschaflfen haben? 

Vielleicht werden die Verscbiedenheiten zuerst ins 
Auge fallen. Hier — in Indien und in Griechenland — 
der Weise, der den Bau des Weltwesens, das Wirken 
des Weltgesetzes durchschaut und sich dadurch über das 
Leiden, das es ihm bringt, erhebt. Dort — im Christen- 
tum — der Fromme, der, wenn auch als ein geistlich 
Armer, die Gnade eines allliebenden Gottes mit Kindes- 
vertrauen ergreift. Hier das letzte Ziel, wie es sich dem 
im Reich metaphysischer Abstraktionen heimischen 
Denken darstellen mag: Piatons Ideenreich mit seiner 
allem Werden entnommenen Ruhe oder jene stille Stätte 
des Nirvana, 

,Wo Entstehn und Vergehn aufhört." 
Dort die selige Hofl&iung lebendurstender Geister: die 



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Die Erforschung der altindischen Religionen 29 

in Gott sicli vollendende Verklärung lebendigsten, per- 
sönlichen Daseins. 

Da haben wir Gegensätze, schroffe Gegensätze, die, 
mit dem Einklang der indischen und griechischen Ge- 
dankenreihen unter sich verglichen, doppelt schroff er- 
scheinen. Wem könnte es in den Sinn kommen, sie zu 
verschleiern ? Aber es heißt nicht sie verschleiern, wenn 
wir fragen, ob nicht doch — trotz der Verschiedenheiten 
der Rassen, Kulturen, Temperamente, des Schrittes und 
Fluges der Phantasie, der Kunst und Kunstlosigkeit der 
Denkarbeit — zuletzt, zu allerletzt es dieselbe Sehnsucht 
hier wie dort ist, in Seelentiefen jenseits von jenem allen 
wurzelnd. Die Sehnsucht weit hinaus, hinauf aus der 
Dumpfheit von Sinnenwelt und Sinnenleben zu freiesten, 
lichtesten Höhen. Die Hand, die sich einst rasch und 
roh nach greifbaren Gütern ausstreckte, hat sich zurück- 
gezogen. Man träumt von Unnennbarem, dessen Ge- 
heimnis man doch mit Kamen nennen möchte, mit 
schwankenden, vielen Namen. Wie große Akkorde 
rührender und feierlicher Musik klingt es durch die 
Seelen . . . 

Doch ich darf es eben nur berühren, welche Bilder 
hier die Religionswissenschaft zu zeichnen hat — Bilder, 
die aus wallenden Nebeln zu fester Form zu verdichten 
nicht an letzter Stelle die Hilfe der Erforscher indischer 
Religionen ihr die Fähigkeit gibt. Unsere Mitarbeit 
begleitet jene Wissenschaft bis in ihre Höhen. Wir 
liefern ihr an unserem Teile den Stoff, die Realitäten, 
die sie davor bewahren, zu einem Spiel mit Luffcgebilden 
zu werden. Und was wir ihr gegeben haben, gibt sie 



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30 ^i® Erforschung der altindischen Religionen 

uns durchgeistigter, weiterem und freierem Verständnis 
erschlossen zurück. Ich sprach im Eingang meiner Aus- 
führungen davon, wie jede geschichtliche Bildung nur 
sie selbst ist, nur einmal in die Erscheinung tritt. Jetzt 
meinen wir in diesem Einen andere Gestaltungen, über 
weite Fernen von Raum und Zeit hinweg, sich spiegeln 
zu sehen* Das einzelne bleibt ganz das, was es ist, 
und doch kann es uns scheinen, als empfinge es erst 
durch dieses Sichabspiegeln seinen letzten, vollsten Sinn, 
seine Stelle im Zusammenhang alles Lebens. — 

Bin ich in dem, was ich gesagt habe^ von der Frage 
nach der Beziehung der verschiedenen Forschungszweige 
allzu weit in die Frage nach den Beziehungen der Ob- 
jekte dieser Forschungen hinübergeglitten? Das erste 
Problem wird man doch kaum anschaulich behandeln 
können, ohne beständig das zweite zu berühren. Mein 
eigentliches Ziel aber war immer dies, zu zeigen, wie 
durch die mannigfaltigsten Zusammenhänge, zufälligere 
und tiefe, unser Forschen mit dem unserer wissenschaft- 
lichen Nachbarn, mit Spezialistenarbeit und mit Unter- 
suchungen, die ins Große und Allgemeine gehen, un- 
lösbar verbunden ist. Ließe sich vorstellen, daß unser 
Anteil an all dem plötzlich annulliert werden könnte, 
so würde wohl manche Lücke bitter empfunden werden. 
Die Wissenschaft von den Religionen der Menschheit 
wäre enger und ärmer, fehlte unter den Stimmen der 
Völker, die sie hört und deutet, die Stimme des Volks, 
das die Gebete und Opfer des Veda, die geheimnisum- 
wobene Gestalt Buddhas hervorgebracht hat. 



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n 
Göttergnade und Menschenkraft 

in den indischen £eligionen 



Bede, gehalten beim Antritt des Bektorats der Königlichen 
Christian- Albrechts-Universitat, 5. März 1906 



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Das wissenschaftliche Arbeitsfeld des diesmal zur 
Rektorwürde Berufenen gehört nicht zu den vielbe- 
tretenen und darf nicht zu ihnen gehören. Der Sanskrit- 
forscher hat Gründe, sich mit seiner Zuhörerschaft in 
einiger Ferne vom Auditorium maximum zu halten. 
Eher wäre vielleicht bei ihm Vorliebe für ein Auditorium 
minimum zu bemerken: ein Raum, aus dem ich mich 
nicht ohne Sorge heute an diese ihm so unähnliche 
Stelle versetzt sehe. 

Unsere Universitäten gewähren auch solcher Wissen- 
schaft volles Bürgerrecht: da mag weltfernes Suchen 
geübt werden mit seinem Zauber und seinen Gefahren. 
Aber was erleben wir dann? Haben wir manch würdig 
Pergamen entrollt, uns nach Raum und Zeit von unserer 
Welt, unserer Gegenwart noch so weit hinweg verloren, 
und schlagen wir dann die Augen auf: so erstaunen wir 
oft, daß es in Wahrheit gar nicht so hoffnungslos be- 
stellt ist mit unseren Einsamkeiten. Wohl sind die ge- 
schichtlichen Organismen, die wir zergliedern, auf dem 
Boden entlegenen Landes, entlegener Kultur erwachsen. 
Aber so fest sie auch in diesem Erdgrund wurzeln: die 
Gesetze ihres Wachstums sind doch allgemeine Gesetze; 
die Formen, in denen sie sich entfalten, ordnen sich ein 
in einen allgemeinen Zusammenhang aller organischen 
Formen; Luft und Licht, zu dem sie aus ihrem Muttcr- 

Oldenberg, Zwei Vorträge 3 



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34 Göttergnade und Menschenkraft 

boden aufsteigen, umweht und bescheint alle, und so 
sieht sich denn der Arbeiter, der einen Augenblick 
meinen konnte, wie auf einer weltabgelegenen Insel zu 
weilen, in der Tat fortwährend in fühlbarsten Zusammen- 
hang mit anderen Arbeitsgebieten, mit anderen Arbeitern 
yersetzt, in Austausch des Gebens und Nehmens. Und 
ergeht an ihn die Forderung, für eine Spanne Zeit in 
den Mittelpunkt unserer akademischen Lebensinteressen 
zu treten, wird ihm der Hinblick darauf nahe liegen, 
daß der äußere Organismus der üniversitas literarum 
ein Abbild ist jener inneren Verkettung alles Forschens, 
in der ein Schlag tausend Verbindungen regt — Ver- 
bindungen, die auch bis dahin beispielsweise reichen, 
wo man betrachtet, was Goethe, von Schauder erfüllt, 
mit seinem Bann traf: 

„Wisclinu, Cama, Brama, Schiven, 
Sogar den Affen Hannemann/ 

In diese Gegenden nun der alten indischen Religionen 
bitte ich Sie heute mich zu begleiten: freilich nicht um 
bei den bunten und seltsamen Bildern zu verweilen, die 
mit jenen vom Dichter genannten Namen verknüpft sind. 
Ich wünsche, daß mir etwas anderes gelinge — daß es mir 
gelinge, von dem Spiel der nicht in Indien allein wirksamen 
geschichtlichen Mächte, das sich hinter jener bizarren 
Außenseite verbirgt, etwas festzuhalten und es Ihnen 
aufzuzeigen in seiner Begreiflichkeit — fast dürfte ich 
das Wort wagen in seiner inneren Notwendigkeit. Zwei 
bedeutende Tendenzen religiösen Fühlens und Denkens 
möchte ich in ihren indischen Erscheinungsformen be- 
trachten: zwei Tendenzen, deren Widerstreit, Vermisch- 



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Göttergnade und Menschenkraft 35 

ung, wechselseitiges Sichablösen, wie mir scheint, eins 
der örundphänomene dieser geschichtlichen Entwick- 
lungen bildet. 

Die indischen Texte — und das gilt eben nicht nur 
für Indien; es ist z. B., vor allem durch die glänzenden 
Forschungen Frazers, für sehr viel primitivere Kultur- 
stufen nachgewiesen worden — die indischen Texte, 
sage ich, zeigen den Menschen, das religiöse Subjekt, 
in doppelter Situation. Bald wendet er sich an Götter 
oder an einen Gott. Durch göttliche Macht und 
Gnade hoflPb er seine Ziele — höhere oder niedrige, 
irdische oder jenseitige — zu erreichen. Mag sein 
eigenes Tun dem des Gottes sich entgegen bewegen; 
das Entscheidende ist doch, daß der Gott handeln 
soll. Daneben aber erscheint ein anderes Bild. Der 
Mensch — vielleicht eben derselbe Mensch — spricht 
Worte, vollzieht Riten oft von seltsam dunkler Gestalt, 
durch die er ohne das Eingreifen eines Gottes, in 
direkter Einwirkung auf die Dinge und das Geschehen, 
jene selben Wünsche zu verwirklichen glaubt. Dies 
Verfahren mag auf seinen niedrigen Entwicklungsstufen 
sich etwa als das darstellen, was wir Zauberei nennen; 
wir werden aus der Geschichte Indiens lernen, daß es 
sehr viel höhere Formen annehmen kann, für die jene 
Bezeichnung schwerlich zutreffend scheinen wird. Wie 
weit solches Tun, wenn wir unsre Worte streng auf 
die Wagschale legen, der Sphäre der Religion zuzu- 
rechnen ist, darüber läßt sich vielleicht streiten. In 
jedem Fall drängt sich auf, daß dieser Typus sich mit 
dem unzweifelhaft religiösen fortwährend berührt, ver- 



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36 Göttergnade und Menschenkraft 

mischt, austauscht, daß dort und hier dieselben oder 
eng verwandte Ziele, vielfach unter Auftreten derselben 
oder eng verwandter Stimmungen verfolgt werden. Das 
darf uns genügen; welche Bezeichnungsweise die kor- 
rekteste wäre, kann hier dahingestellt bleiben. 

Wovon ich nun sprechen möchte, ist dies: wie im 
alten Indien das Verhältnis dieser beiden Weisen des 
Handelns erscheint. Wir können, glaube ich, über ihr 
Nebeneinanderstehen und Ineinandergreifen , über die 
Psychologie der einen und der anderen Aktionsart hier 
manche Beobachtungen machen. 

I 

Wo für uns die indische. Geschichte anhebt, treffen 
wir sie beide untrennbar durcheinander gemischt. Sie 
stehen in vieler Hinsicht noch auf recht niedrigem 
Niveau, sind plump und äußerlich. 

Unsere Quellen sind hier die Texte des Veda, vor 
allem der Rigveda, vermutlich aus dem zweiten Jahr- 
tausend vor unserer Zeitrechnung: diese Texte, deren 
Sprache in heißer asiatischer Feme so wunderbar ge- 
treu europäischen Klang, fast könnte ich sagen etwas 
von griechischem Klang bewahrt hat. Aber ich habe 
von den Göttern zu sprechen, die im Rigveda angerufen 
werden. Sie spiegeln — wie kann das anders sein? — 
das lebendige Gefühl menschlicher Bedürftigkeit wieder, 
um deren willen man sich an sie wendet, das Bewußt- 
sein der Abhängigkeit von imberechenbaren Gewalten. 
Der Regen, der unentbehrliche Lebenspender, kommt 



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Göttergnade und Menschenkraft 37 

oder er bleibt aus. Kriegerische Erfolge treten ein, 
aber auch Mißerfolge. Das eine Geschlecht sieht man 
wachsen, das andere aussterben. So gilt es denn, die 
Macht, die vielen Mächte, die hier und da und dort 
walten, sich geneigt machen. Gewiß müssen jene Macht- 
haber weit größer, stärker sein als der Mensch, aber 
warum sollten sie im übrigen so sehr anders sein als 
man selbst ist oder als die wohlbekannten Gestalten 
von Freund und Feind hier auf Erden? Weiß man die 
Götter richtig zu nehmen, so werden sie mit sich reden 
lassen, wie Menschen das auch würden. Für eine ge- 
wisse an das Gemütliche streifende Aufdringlichkeit sind 
sie ganz zugänglich. Aber Worte allein sind ihnen 
doch zu wenig. Die Götter wollen essen: Butter, Ge- 
bäck, Fleisch. Und sie wollen trinken. Sie trinken 
z. B. Milch; aber der vornehmste Göttertrank ist der 
berauschende Soma. Der stärkste Gott Indra ist der 
unergründlichste aller Somatrinker. Ein Poet schildert, 
wie er gezecht hat und nun nach Hause geht. In mehr 
als vergnügter Stimmung denkt er unter anderem auch 
— soweit es mit dem Denken noch gehen will — an 
seinen menschlichen Gastgeber und an dessen Wünsche. 
Er spricht vor sich hin: 

»So will ich's machen — oder so? 

Ich schenk 'ne Kühl Ich schenk ein Pferd I 

Hab etwa Soma ich gezecht?* 

Ein Bild hochaltertümlichen Götterglaubens. Der 
steigt nicht zu erhabenen Höhen auf und dringt nicht 
in unergründliche Tiefen. Zwischen dem Gott und dem 
Menschen — besonders wenn der zahlungsfähig ist um 



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38 Göttergnade und Menschenkraft 

den Soma fließen zu lassen und die Priester zu hono- 
rieren — herrscht behagliche, beide Teüe befriedigende 
Gegenseitigkeit. 

Aber in der Pflege solches Verhältnisses geht nun 
das Tun der Frommen und Priester keineswegs auf. 
So einfach und durchsichtig sind diese alten ölaubens- 
formen nicht, an deren Bau lange Zeitperioden hindurch 
unendlich mannigfaltige psychologische und geschicht- 
liche Vorgänge gearbeitet haben. 

Der vedische Inder ist froh, wenn der Gott sich zu 
Hilfe rufen läßt. Aber er versäumt nicht, auch selbst 
zu tun, soviel er eben tun kann. Und das ist nicht 
ganz wenig. Die primitive Physik, an die man glaubt, 
eröffnet dem, der mit ihr zu arbeiten versteht, mancher- 
lei Wege. Ein Hauptsatz dieser Physik besagt, daß 
Aehnliches Aehnliches herbeiführt: was der Mensch im 
kleinen geschehen macht, wird sich in der Natur im 
großen wiederholen. Also kann man Regen erlangen 
nicht nur, indem man opfert und zu dem gnädigen 
Gott betet, sondern man wirft Kräuter ins Wasser, 
taucht sie unter, läßt sie schwimmen; dann wird sich 
das Gras der Weiden auch in Wasser baden. Man 
schadet seinem Feind nicht nur, indem man den Zorn 
des Gottes gegen ihn erregt, sondern man bringt als 
Surrogat des ganzen Menschen ein kleines Teilchen von 
ihm in seine Hand und heftet dem irgend ein Abbild 
von Unheil an: beispielsweise nimmt man Haare von 
ihm, aus denen flicht man drei Ringe; die werden mit 
schwarzem Faden verknüpft und unter drei Steinen ver- 
senkt — und wie weiter solche Zauberpraktiken ge- 



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Göttergnade und Menschenkraft 39 

staltet sind, die einen verpönt und in Finsternis flüch- 
tend, die anderen über jeden Vorwurf durchaus erhaben. 
Ihrem Wesen nach sind sie nichts speziell Indisches. 
Sie gehen über die ganze Welt, reichen in uralte Zeiten 
zurück, leben bis auf den heutigen Tag fort. Wer weiß, 
ob es nicht in manchem von uns hier — oder in mancher 
— Winkel der Seele gibt, wo sich kleine und feine 
Reste solchen Glaubens und Verfahrens erhalten haben 
könnten. Feste Grenzen zwischen dem, was der alte Inder 
auf Wegen dieser Art, und dem, was er durch Anrufung 
seiner Götter erstrebt, gibt es natürlich nicht. Für viele 
Anlässe ist das eine wie das andere oder die Vermischung 
von beidem bezeugt. Wer wollte in derartigen Dingen 
so etwas wie ein säuberliches System erwarten? 

Also droben Uebermenschen mit menschlichen, all- 
zumenschlichen Allüren; ihren Leistungen verstehen die 
Menschen hier unten wertvolle Ergänzungen und Korrek- 
turen angedeihen zu lassen. Man hat Religion, dem 
Ideal nach, auf ein Gefühl schlechthinniger Abhängig- 
keit zurückgeführt. Diese Religion ist davon recht weit 
entfernt. Schlechthinniges gibt es hier nicht. 

II 

Das alles mag uns roh und kindlich erscheinen. 
Wir studieren es, wie wir Geräte der Steinzeit studieren. 
Aber nun folgt auf den ersten Akt des religionsge- 
schichtlichen Dramas ein zweiter. Der indische Geist 
wird älter, nach innen gekehrter. Neue Strömungen 
kommen zur Macht — im Reich des Phantasielebens, 



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40 Göttergnade und Menschenkraft 

des moralischen Empfindens, der Verstandestätigkeit, die 
an den Problemen des Geschehens arbeitet. 

Die Phantasie erschafft Welten, Unendlichkeiten, die 
es für den alten Glauben nicht gegeben hatte. Der war 
vor allem auf das sichtbare Diesseits gerichtet, auf zu- 
friedenes Genießen alltäglicher Freuden. Jetzt flammt 
der Gedanke an das Jenseits auf, an Ewigkeitsfernen 
von indischer Unabsehbarkeit. Seelen Wanderung, Irren 
von Existenz zu Existenz, überall die drohende Gefahr, 
den Leiden, die man hiernieden fürchtet, in ungeheurer, 
phantastischer Steigerung wieder zu begegnen. Diese 
Bilder treten nicht als luftig unbestimmter Traum, son- 
dern wirklicher als alle Wirklichkeit, greifbar, be- 
ängstigend vor die erregten Seelen. So muß denn jetzt 
die Religion eine neue Aufgabe lösen, neue Fragen be- 
antworten. Wie zerschneidet man das Band, das feste 
Band, das die Seele an diese Welt der ziellosen Wan- 
derungen fesselt? Das Scheinglück, das man mit angst- 
vollem Mißtrauen betrachtet und daran sich doch das 
Ich mit allen seinen Organen klammert, wie soll man 
es von sich abtun? Wie den schmalen, schwer gang- 
baren Weg zum stillen Frieden der Ewigkeit finden? 
Mit alledem aber ist natürlich auch das Problem des 
Verhältnisses zwischen göttlichem und eigenem Voll- 
bringen aufs neue gestellt. Und man fühlt wohl, welche 
Antwort jetzt immer mehr in den Bereich der Möglich- 
keit rücken wird. Auf die Güter, deren man sich aus 
eigener Kraft nie gewiß fühlen kann, auf die Güter 
dieser Erde hat man ja verzichtet. Von ihnen heißt es 
jetzt: »Das ist nicht mein. Das bin nicht ich". Die 



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Götiergnade und Menschenkraft 41 

Herrlichkeiten des Jenseits aber, nach denen man jetzt 
verlangt, fügen sich dem leichter, daß, wer seinem 
Innenleben die rechte Haltung zu geben weiß, sich im 
stände fühlen wird von ihnen zu sagen: »Das ist mein. 
Das bin ich". Hier mag sich dem Vertrauen auf das 
eigene Können eher die Bahn auftun. 

Und ferner ändert sich zu gleicher Zeit mit diesen 
wesentlich von der Phantasie ausgehenden Wandlungen 
ein zweiter Faktor: das Gewicht, mit dem die morali- 
schen Vorstellungen, die Gegensätze von Gut und Böse 
in die religiöse Sphäre hineinwirken. Der alte Glaube 
hatte nicht allzuviel darauf gesehen, ob der Mensch 
recht handelt, sondern ob er dem Gott und seinen 
Priestern freigebig Ziegenböcke zu essen und Rausch- 
trank zu trinken gibt. Jetzt erhebt reiferes sittliches 
Denken seine Forderungen. Die großen Entscheidungen 
sollen nicht mehr von der Laune des lustigen Trinkers 
dort oben kommen. Ob gut, ob böse: an dieser Alter- 
native müssen die Geschicke des Menschen hängen. Es 
ist klar, daß auch solche Gedanken auf ihre Weise da- 
zu mitwirken können, den Glauben an die entscheidende 
Kraft eigenen Handelns auf Kosten des Strebens nach 
göttlicher Hilfe zu verstärken. 

und endlich kommt zu alledem ein drittes Moment: 
das mächtiger werdende Bedürfnis des Intellekts, das 
Geschehen in der Welt als beherrscht von festen, ver-^ 
ständlichen Ordnungen zu begreifen. Die sozialen Ver- 
hältnisse Indiens hatten es begünstigt, daß sich in der 
priesterlichen Kaste so etwas wie ein Stand von Denkörn 
herausbildete, in deren Geistern sich Priesterstolz und 



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42 Göttergnade und Menschenkraft 

Denkerstolz mächtig und bizarr vereinte. Ihre Gedanken- 
arbeit mag uns noch so phantastisch erscheinen: wir 
entdecken in ihr doch das ernstliche Streben, aus dem 
Bilde des Geschehens die Unbegreiflichkeiten, die Will- 
kürlichkeiten zu verbannen und an ihre Stelle die Allein- 
herrschaft festgefügter Zusammenhänge von Ursachen 
und Wirkimgen zu setzen. Solche Weltmacht der Kau- 
salität kann der Mensch sich natürlich nicht bemühen 
milde zu stimmen wie den Gott Indra. Ihr gegenüber 
ist die Frage nur die, ob ihre Richtungen zu solchem 
Verlauf gebracht werden können, daß dem Ich das er- 
sehnte Ziel erreichbar ist. Auch diese Gestalt der Frage- 
stellung aber muß in allen denen, die nicht bei In- 
differenz oder Verzweiflung münden wollen, vor allem 
in den Selbstbewaßten und Eraftbewußten, den Glauben 
an die Macht eigenen Handelns in Bezug auf die höchsten 
Entscheidungen steigern. Meint man die Kausalitäten 
des Weltlaufs berechnen zu können, so wird die Stim- 
mung indischer Denker dem Ich nicht leicht die Hoff'- 
nung versagen, die alleslenkenden Fäden mit eigener 
Hand zu regieren. 

Ich versuche das Pazit von alledem zu ziehen. 

Was zusammengewirkt hatte, war eine ins Grenzen- 
lose schweifende Phantasie, dazu moralische Tendenzen, 
endlich die Verstandesneigung zur Entdeckung mecha- 
nischer Kausalitätsverknüpfung. Diese Faktoren mit- 
einander prägten jetzt den Anschauungen von der Stel- 
lung des Menschen im Weltlauf die entscheidenden 
Züge auf. Das Menschengeschick erschien, man kann 
sagen als beherrscht von einem ungeheuren ins Phan- 



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Göttergnade und Menschenkraft 43 

tastische getauchten, nach moralischen Formeln sich be- 
wegenden Mechanismus. Gute Taten und böse Taten 
sind die Bäder der Maschine; der Täter schafPt sich 
Lohn des Guten, Strafe des Bösen nicht vermöge des 
Eingreifens eines Uebermächtigen droben, der Lohn und 
Strafe verteilt, sondern vermöge des natumotwendigen 
Wirkens weltumfassender Kausalität. Der ersehnte selige 
Frieden des Stillstehens dieses Getriebes wird davon ab- 
hängen, ob es dem Verständnis und der Kraft des darin 
verflochtenen Ich gelingt, die notwendigen und aus- 
reichenden Bedingungen dieses Stillstehens zu realisieren. 

Das etwa, scheint mir, ist die Formel, welche die 
Richtung dieser religiösen Entwicklungen ausdrückt — 
die Formel farblos und abstrakt. Ich muß mir Rück- 
haltung darin auflegen, die ganze Reihe der Gebilde, in 
denen jene Abstraktionen geschichtliches Fleisch und 
Blut angenommen haben, Ihnen vor Augen zu führen. 

Da hätte ich zu schildern, wie zunächst das alte 
Götteropfer, das ursprünglich die Hilfe der Götter für 
den Menschen erflehen soll, im Sinne der Naturkau- 
salität, der Ichkausalität umgedeutet wird. Das Opfer 
wird jetzt als ein Zauber verstanden, durch den der 
Mensch das Geschehen lenkt: eine unklare Vermischung 
verschiedener Vorstellungslinien, neuer Wein in alte 
Schläuche gegossen. Und es wäre dann davon zu 
sprechen, wie der Wein bald die Schläuche gesprengt 
hat. Die alten Götter, durch die sich bedingt zu fühlen 
man ablehnt, läßt man verblassen. Man überbietet sie 
in grandiosem Phantasieschwung. Was sie verlieren, 
und mehr als das, gibt man dem Ich. Das Ich, den 



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44 Göttergnade und Menschenkraft 

Gütern des Diesseits entsagend, hebt sich zu höchsten 
jenseitigen Höhen in der Lehre vom Brahma, dem All- 
Einen, von dem es heißt: „Tat tvam asi", „Das bist 
Du": die Identität des eigenen Ich mit dem Ueber-Ich 
des Brahma gibt jenem den Schlüssel in die Hand, sich 
das Tor aufzuschließen, in zauberhafter eigener Kraft die 
Regionen der Ewigkeit zu beschreiten, in denen von 
unbegrenzten Gewißheiten und Siegen sich und andere 
zu überzeugen so leicht ist. 

Aber ich darf hier nur in flüchtigen Andeutungen 
auf die Gedankenkreise dieser Brahmamystik mit ihrer 
oft wirren Größe und weltüberfliegenden Kühnheit hin- 
weisen. Bei den Bildern, die ich hier zeichne, muß ich 
ja das Wort beherzigen, daß Zeichnen die Kunst des 
Weglassens ist. 

Wovon ich eingehender sprechen möchte, ist die 
Stellung des Buddhismus in diesem geschichtlichen Prozeß. 

m 

Nehmen Spekulationen, wie die vom Brahma, indem 
sie sich weiter entwickeln, eine minder schroffe, zugäng- 
lichere Gestalt an, werden sie vom Hauch gütiger 
Menschenliebe geschwellt, so mag ein Pädagog der 
Menschheit wie Buddha sich ihrer bemächtigen. 

Im Buddhismus hat Indien im größten Stil einen 
Glauben geschafien, der alles auf des Menschen selbst- 
eigenes Können stellt. 

Wir dürfen wohl meinen, die geschichtlichen Doku- 
mente zu besitzen , die uns von diesem Vorgang ein 



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Göttergnade und Menschenkraft 45 

Bild geben. Wir können die Gedanken nachdenken, die 
Kämpfe und die triumphierenden Seligkeiten nach- 
empfinden, die einst den erfüllt haben, dessen Gestalt 
über Weiten der Weltgeschichte ragend uns erscheint, 
den Mönch vom Sakyageschlecht. 

Die Gedankenmassen des Buddhismus sind nicht mehr, 
wie der Glaube der Vedazeit, ein Gemisch von Ver- 
schiedenartigem, ja Entgegengesetztem. Sie sind ein 
konsequentes System, wie es bewußtem Nachdenken ent- 
springt. Und dies System bewegt sich in der vielleicht 
entfernten Verlängerung, aber doch durchaus in der Ver- 
längerung der einen jener beiden Hauptlinien, in denen 
wir die alten vedischen Vorstellungen verlaufen sahen. 

In den Zauberpraktiken der Vedazeit machte man, 
wie ich gezeigt habe, primitive Versuche, durch eigene 
Aktion die Kräfte in den Dingen auszunutzen. Die 
Ueberzeugung war da, wenn auch dumpf und verwirrt, 
daß, wer die Objekte in die und die Situation bringt, 
damit die und die Wirkungen herbeiführt. Genau eben- 
so in der buddhistischen Lehre. Nur sind jetzt natür- 
lich — und das ist ja wesentlich genug — die Vor- 
stellungen über die Verkettung von Ursachen und 
Wirkungen reifer, tiefer, umfassender geworden. Das 
Altertum gab sich mit den einzelnen Zwischenfällen des 
äußeren Daseins ab — wie man Regen macht, wie man 
Krankheit wegzaubert; und die Meinungen darüber, wie 
das zu bewirken sei, hielten sich ganz auf der Ober- 
fläche. Jetzt sieht man auf die großen Verhältnisse 
des ganzen Weltlaufs; man sorgt sich um das Ewig- 
keiten überspannende Geschick der Seele. Und so sind 



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46 Göttergnade und Menschenkraft 

die Probleme, auf die sich jetzt intensivstes Nachdenken 
richtet, die des seelischen Geschehens: vermöge welches 
Mechanismus geht dies Geschehen vor sich und berührt 
es sich mit dem großen Mechanismus des Geschehens 
im All? Wie muß man die Räder der Maschine stellen, 
in welcher Richtung sie in Bewegung setzen, damit das 
gewollte Ergebnis zu stände komme? Von solchen Fragen 
war das ganze Zeitalter Buddhas tief bewegt. Da gab 
es, wie ein altbuddhistischer Text sich ausdrückt, «ein 
Dickicht der Meinungen, ein Bühnenspiel der Meinungen, 
einen Krampf der Meinungen**. An dem, was der 
Buddhismus da ein Bühnenspiel nannte, nahm er doch 
in Wahrheit selbst den alleremstesten Anteil. Er be- 
wegte sich fortwährend in Argumentationen, deren Stil 
ein anderer jener Texte charakterisiert: «wenn dies ist, ist 
auch jenes; wenn dies entsteht, entsteht auch jenes; wenn 
dies nicht ist, ist auch jenes nicht; wenn dies vergeht, ver- 
geht auch jenes" — durchaus wissenschaftliche Gesinnung, 
verbunden mit der Entschlossenheit, auf den Wegen, 
die das Denken findet, alles Handeln folgen zu lassen. 
Das Denken nun des Buddhismus zeigt den Menschen 
verstrickt in das ungeheure Netz, das nicht fremde Ge- 
walten, sondern seine eigenen Taten, die guten und die 
bösen, um ihn geworfen haben und fortwährend werfen. 
Der Samen seiner Taten reift in unabänderlicher, leidens- 
voller Notwendigkeit. Da bringt jede Ursache ihre 
Wirkung hervor; jede Wirkung wird zu neuer Ursache. 
Die Formeln, die das Gesetz dieser Verkettung aus- 
drücken, bewegen sich ganz überwiegend auf dem Ge- 
biet des Seelenlebens. Die letzte, tiefste Ursache des 



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Göttergnade und Menschenkraft 47 

WelÜeidens, aus dem die Rettung gesucht wird, benennt 
man — bezeichnend für den Wissensstolz, der hier herrscht 
— als das Nichtwissen. Unter seinen Folgen erscheinen 
die psychischen Vorgänge der Empfindung, des Be- 
gehrens, des Haftens an der Existenz; es erscheint das 
Werden in der Seelen Wanderung, und als letzte Wir- 
kung „Alter und Tod, Schmerz und Klagen, Leid, 
Kümmernis und Verzweiflung**. Wird aber jene Ur- 
sache aller Ursachen, das Nichtwissen aufgehoben — 
und auf ihre Aufhebung arbeitet die ganze Disziplin 
des buddhistischen Mönchtums hin — so fallt auch die 
Kette der Wirkungen in nichts zusammen, und den Er- 
kenner, den Ueberwinder nimmt jene Welt des ewigen 
Friedens auf, von der einer der alten Mönchspoeten sagt: 

»Wo's kein Etwas, kein Pesthalten gibt, die Insel, die einzige: 
Sie heißt mit Namen Nirvana, die Alter-Tod-entnommene." 

Es ist klar: ein Gott spielt bei diesem Vorgang der 
Erlösung keine Rolle. Die alten Götter sind zu imter- 
geordneten Statisten geworden. Mythische Vorstellungen, 
rituelle Aeußerlichkeiten sind freilich nicht ganz und 
gar abgetan. Das wäre ja undenkbar. Aber es ist be- 
wundernswert, wie sie zurücktreten. Das Beherrschende 
ist ein ethischer Rationalismus. Dem leidenbringenden 
Naturlauf steht, zu feindlicher Abwehr aufgerichtet, der 
Mensch allein gegenüber. Hier gibt es Charaktere, die 
solches Alleinsein ertragen, oder die einander in der 
menschlichen Gemeinschaft des Mönchslebens genügen, 
es sich ertragbar zu machen. Das eigene Wissen, die 
eigene Kraft bemächtigt sich in unendlicher Mühe und 
Arbeit des Stützpunktes, von dem aus der große Mecha- 



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48 Göttergnade und Menschenkraft 

nismus des leidenvollen Geschehens aus den Angehi ge- 
hoben werden soll. Ein alter buddhistischer Vers sagt: 

„Denn das Ich ist des Ich Schützer; 
Wie könnt ein andrer Schützer sein?** 

Das innere Leben eines solchen Ich, das daran ar- 
beitet, sich selbst den Schutz zu schaffen, malt sich in 
der schönen und tiefen Lyrik der asketischen Buddha- 
jünger. Oft enthüllt diöse Lyrik so alles Innerste und 
Letzte, daß der Betrachter sich zuweilen fast fragen 
möchte, ob er recht tut, für sich und andere von solchen 
Selbstbekenntnissen den Schleier zu heben. 

Da spricht sich die ganze Entschlossenheit derer aus, 
die als Mönche in der Hingabe aller irdischen Güter 
bewiesen haben, wie ernst ihnen die Sorge um ihrer 
Seelen Seligkeit ist. Aus Vergangenheitsfemen klingen 
die alten lockenden Töne, 

„Der Erde Lust und Liebesglück und Spiel und Scherz,* 

aber eiserne Festigkeit hält stand. Jeder Augenblick 
gehört der einen großen Arbeit. Die zwingt mit be- 
wußter Kunst alle Regungen des Innenlebens in ihren 
Dienst, 

„gleich Rossen, die der Lenker hat gebändigt." 

Auf Mühen und Kämpfe des Tages folgt die Nacht: 

„Nicht zu eigen dem Schlaf darf ich geben die stembekränzte 

Nacht; 
Wachender Arbeit Zeit ist sie, die Nacht, dem der die Wahrheit 

schaut." 

Und so kommt für manchen der Augenblick, wo ihm 
Gewißheit des erreichten Zieles zufällt. Der Glaube, 



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Göttergnade und Menschenkraft 4$ 

der alles von der selbstkräftigen Beherrschung der 
Kausalitäten abhängig macht, zeigt uns hier das Bild 
dessen, der als wandernder Bettler im gelben Fetzen- 
gewande diese Beherrschung verwirklicht hat. Durch 
ungeheure innere Spannungen und ihre Lösung ist er 
hindurchgegangen. Wenn die Entscheidung von einer 
bestimmten Einstellung des seelischen Mechanismus ab- 
hängt, so muß es ja einen einzelnen, namhaft zu machen- 
den Moment geben, wo jene Einstellung gelungen ist. 
Da muß sich eine gewaltigste innere Katastrophe zu- 
tragen; und wie aus den buddhistischen Texten, so 
kennen wir ja aus Zeugnissen verschiedenster Zeiten 
und Orte das tatsächliche Auftreten solcher plötzlichen 
Umwälzungen, die das ganze Seelenwesen in eine neue 
Region versetzen. In lichten Farben malen die bud- 
dhistischen Dichter das Freiheitsdasein, das dann anhebt. 
Es ist über alle Dumpfheit erhaben ; in leichter Freudig- 
keit geht es, nein schwebt es dem Augenblick entgegen, 
wo der letzte Erdenrest, den zu tragen nun so gar nicht 
mehr peinlich ist, zerfallen wird. 

Wie ist in dem Stolz solchen Seelenlebens der alte 
Brahmanenhochmut verschwunden! Jener Stolz aber 
verträgt sich mit Demut, mit dem Drang des Lobens 
und Dankens. Das kann sich nicht auf einen Gott 
richten, auch nicht auf das unpersönliche Gesetz des 
Weltlaufs, das ja bekämpft und tiberwunden worden ist. 
Wohl findet die Ehrfurcht vor der Majestät des höchsten 
Ziels, des Nirvana, leise, gemessene Worte, wie man 
sie der unbewegten, unbewegenden Sphinxgestalt jenes 
Ideals weihen mag. In voller Kraft aber wendet sich 

Oldenberg, Zwei Vorträge 4 



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50 Göttergnade und Menschenkraft 

der Drang der Verehrung an den Meister, an Buddha. 
Stimmungen, von denen man meinen möchte, daß sie 
dem Oottesglauben allein eigen seien, schaffen sich in 
yer'änderter Form auch hier ihren Ausdruck. Das Ge- 
dächtnis an die yorbildliche Persönlichkeit Buddhas hat 
den Ringer gestärkt. Von ihm als dem ersten Er- 
kennenden ist dem, der nach ihm kommt, der Weg zum 
Erkennen geebnet worden. Zu ihm hat die innere 
Stimme gesprochen: 

„Wolle du mir den Pfad künden, der fortfährt aus des Todes 

Reich, 

Daß heilig schweigend ich wandle, wie der Ganges zum Meere 

strömt' 

Nun ist das Ziel erreicht, der Strom zum Meere gelangt. 
Aber fort und fort bleiben die Gedanken an dem Bilde 
des Meisters haften, dessen menschliche Gestalt sich für 
die Seinen, ohne daß sie menschlich zu sein aufhörte, 
doch zu jenseitiger Höhe erhoben hat. — 

Blicken wir noch einmal in der Kürze zurück auf die 
Stellung des Buddhismus in der von uns betrachteten 
Entwicklung. Das Vertrauen des Menschen, durch eigene 
Kunst das Dasein beherrschen zu können, stellt, sobald 
die ^kindlichsten Stadien überwunden sind, alsbald den, 
der [dies Vertrauen hegt, vor allerschwerste Aufgaben, 
Es gilt nicht mehr Priesterhilfe zu erkaufen. Jeder 
steht für sich selbst ein. Ein Wissen von Dingen des 
Innenlebens wird gefordert, an das der Geist seine volle 
Kraft zu setzen hat. Und dies Wissen verlangt ein 
Handeln, das alle anderen Ziele fortwirft, um nur dem 



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Göttergnade und Menschenkraft 51 

einen Ziel der Ziele nachzutrachten. Dafür verheißt es 
dann den Lohn einer Emporhebung in Höhen, die keine 
Grenze mehr daran finden, daß einem Gott höhere Höhe 
vorbehalten sein müßte. Man sieht, wenn die alte Reli- 
gion des Veda eine Religion der Reichen genannt werden 
kann, so ist jetzt ^ine -Religion der Weisen entstanden. 
Sie läßt an Glaubens- und Lebensformen denken, die 
in gewissen griechischen Philosophenschulen geherrscht 
haben. Diese Religion durchklingt nicht nur mit ihrer 
Melodie das Leben der Gläubigen, sondern sie ist ihr 
Leben, ihr ganzes, volles Leben. Sie ist nur für die 
Vorhanden, die entschlossen sind nichts anderes zu sein 
als berufsmäßige Techniker des Innenlebens. 

Die anderen — nun, sie mögen dem Treiben der 
Wissenden und Entsagenden, der Psychologen und 
Ethiker bewundernd zusehen. Ganz sie beiseite liegen 
lassen kann der Buddhismus nicht, schon weil er sie 
nicht entbehren kann. Das äußere Dasein der mönchi- 
schen Bettler verlangt ja eine Umgebung von nicht- 
mönchischen Spendern. Und gewiß treibt neben diesem 
Bedürfnis auch die Stimmung milder Freundlichkeit 
dazu, sich der Draußenstehenden zu erinnern. Man 
schafft für den Laien einen gewissen Kultus, dem seine 
Verdienstlichkeit zuerkannt wird; Formen des frommen 
Tuns, über die der Wissende erhaben ist, werden dem 
Nichtwissenden als Surrogat dargeboten. Braucht es 
erst gesagt zu werden, daß damit auf Schwächen des 
Buddhismus hingedeutet ist, die dazu beitragen mußten, 
den geschichtlichen Prozeß in andere Bahnen zu leiten? 



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52 Göttergnade und Menschenkraft 

IV 

Und diese Bahnen sind beschritten worden. Auf die 
Zeiten des alten Buddhismus folgt, was wir Hinduismus 
nennen. Ein mächtiger Umschwung. Die Götter, die 
zurückgedrängt oder verblichen schienen, haben sich 
wieder erhoben. Das Heil kommt wieder von göttlicher 
Gnade. Kräfte des Seelenlebens, die der Buddhismus 
untätig liegen ließ oder denen er Fesseln anlegte, regen 
sich mit Uebergewalt. Kein Zweifel, daß solcher Glauben 
in den Weiten des Volkslebens auch zur Zeit der höchsten 
Erfolge der Buddhalehre immer fortgelebt hatte. Aber 
in den Vordergrund des Bildes, das die geschichtliche 
Ueberlieferung bietet, drängt er sich erst jetzt wieder. 

Man ist es müde, aus der Feme zu betrachten, wie 
andere an ihrer Seelen Seligkeit arbeiten. Jetzt kommen 
die zu Wort, deren Sache es nicht ist, die buddhistische 
Umwertung aller Werte vorzunehmen, sich weltflüchtig 
als Weltüberwinder zu fühlen. Sie sehnen sich nicht 
nach dem Nirvana, sondern nach Leben, nach den 
Lebensgütern, die ein gnädiger Gott verleiht. Sie er- 
tragen ep nicht, in einer von blinder Notwendigkeit be- 
herrschten Welt in Leid und Not allein zu sein, son- 
dern sie verlangen nach des Gottes persönlicher, nächster 
Nähe, nach beglückendem Verkehr mit ihm, nach Farben 
für die Phantasie, nach Wärme, glühender Wärme und 
Leidenschaft für das Herz. Vishnu, Shiva werden jetzt 
die beherrschenden Götter, sie selbst und das bunte Ge- 
^virr ihrer dem Menschen nahen, ganz nahen Verkörpe- 
rungen, Bilder, Symbole. Man kann sagen, an Stelle 



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Göttergnade und Menscbenkraft 53 

des Rationalismus Buddhas erhebt sich etwas wie ein 
Pietismus, ein in indische Farben getauchter Pietismus. 
Das große Losungswort, das einst Erkennen hieß, jetzt 
heißt es Yor allem Bhakti: Liebe, Gottesliebe. Das Er-> 
kennen erhält Schwung und Kraft erst durch diese Liebe. 
Auch die Nichterkennenden, die Hirtinnen, die Krishna 
geliebt haben, finden den höchsten Lohn. Im Lehr- 
gedicht Bhagayadgita, das zuerst in der indischen Lite- 
ratur die Glorie der Bhakti laut verkündet, sagt der 
menschgewordene Gott von dem Frommen: „Durch Liebe 
erkennt er mich in Wahrheit, meine Größe und mein 
Wesen.* »Wer mich liebt, der wird nicht verloren.* 
Und Ramakrishna, ein geistvoller Hindu der Neuzeit, 
sagt: «Die Erkenntnis Gottes gleicht einem Mann, die 
Liebe zu Gott einem Weibe. Darum gelangt Erkenntnis 
nur bis zu den Vorhallen Gottes. Aber in seine tiefsten 
Geheimnisse kann nur der Liebende dringen, denn ein 
Weib hat selbst zu den innersten Gemächern des All- 
mächtigen Zutritt." 

Wieder wie im alten Vedaglauben steht der Mensch 
dem Gott gegenüber. Aber dem Verhältnis beider hat 
das neue Zeitalter anderen, innerlicheren Charakter ver- 
liehen. Nicht mehr der alte geschäftsmäßige Austausch 
von Geben und Nehmen, wie im vedischen Opfer. Es 
ist, wie wenn ein Glutstrom sich zwischen Mensch imd 
Gott hin und her bewegte. Orgien der Gottesliebe wer- 
den gefeiert. Der wahre Fromme — sagt jener selbe 
Ramakrishna — , der den tiefen Trunk göttlicher Liebe 
getan hat, ist einem Trinker gleich, und so kann er die 
Gebote der Reinlichkeit nicht immer befolgen. 



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54 Göttergnade und Mensohenkraft 

In zahllosen Gestalten, in unendlich abgestuften 
Nuancen erscheint die Bhakti, die Gottesliebe. Sie er- 
faßt die Poesie. Dort mischen sich ihre Gluten oft un- 
abscheidbar mit denen der allerirdischsten Erotik. Oder 
sie tritt mit dieser, ihr nah verwandt, in abwechselnden 
Austausch; der Poet, in einem der Augenblicke, wo er 
der Frauenliebe müde ist, sitzt, wie Bhartrihari es malt, 

„Auf des himmlischen Stroms Sandbank in schweigender NacM> 
Mit weiß zitterndem Licht umspielt von des Mondes Strahl. 
Leidenschaftlichen Lauts »Shiva! Shiva! Shiva!' er ruft.* 

Die Bhakti übernimmt die Herrschaft über das As- 
ketentum« Sie setzt die Spekulation in Bewegung, mit 
den Künsten scholastischer Dialektik eine Theorie der 
Gottesliebe zu schaffen, die Definition für sie zu finden, 
ihre typischen Formen, ihre charakteristischen Aeuße- 
rungs weisen zu ermitteln. Man diskutiert, wie die 
Wechselwirkung zwischen dem Frommen und Gott sich 
vollzieht: geschieht es nach dem Schema vom Affen 
oder nach dem Schema von der Katze? Ergreift die 
Seele selbst handelnd die Gnade, wie das junge Aeffchen 
sich an seine Mutter klammert? Oder bleibt die Seele 
passiv und wird von der Gnade ergriffen, wie das Kätz- 
chen von der Mutterkatze gefaßt und fortgetragen wird? 
Vor allem aber durchflutet der Strom der Bhakti das 
Leben der Volksmassen, die ungeheuren Weiten des 
Hindutums. In weich hingebender, oft sinnlich gefärbter 
Verehrung wie jene Hirtinnen naht man Krishna; man 
läßt sich von dem wilden Taumel der Ekstase Shivas 
fortreißen. Wenn die Thugs, die Mitglieder der Raub- 
mörderbrüderschaft, ihr Gewerbe treiben, so tun sie es 



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Göttergnade und Menschenkraft 55 

voll öottvertrauen und Gottesliebe als Kult der Göttin 
Durga ; deren Segen ruht darauf . . . 

Man kann fragen, ob die Gegenüberstellung von 
Mensch und Gott, wie sie von dieser Frömmigkeit des 
Hinduismus vollzogen wird, im Grunde eine Gegenüber- 
stellung ist. Vielleicht haben diese Götter es gelernt, 
allzu gelenkig sich dem Wesen ihrer Anbeter anzu-^ 
schmiegen. Das Ich des Hindu sieht im Spiegel seiner 
Götter doch schließlich nur sich selbst ins ungeheure 
vergrößert; es strahlt seine eigenen allerirdischsten 
Regungen, die offenen und manche verborgene, dorthin 
aus und läßt sie von dort zurückstrahlen, indem sie 
auf diesem Weg vom Ich zum Ich neue Gluten in sich 
ansammeln. 

Doch der Gegensatz dieses subjektiven Charakters 
der Hindugötter zum objektiveren Wesen ihrer alten, 
vedischen Vorgänger würde uns zu weiteren Gedanken- 
gängen hinüberführen. Statt sie zu verfolgen muß ich 
zum Schluß eilen. 

Ich habe versucht, in einer bestimmten Richtung, 
von einer speziellen Fragestellung geleitet, sozusagen 
Durchschnitte durch den Körper dieser Religionen zu 
legen und die Figuren zu beschreiben, die da zur Er- 
scheinung kommen. Wir Indologen haben reiche Mate- 
rialien in Händen, um Entwicklungen religiösen Wesens 
zu studieren; freilich sollen wir die eigenartigen Ein- 
seitigkeiten der Ausgestaltung nicht übersehen, durch 
die gerade unsere Materialien uns leicht irre führen 
können; wir sollen nicht vergessen, daß die Religion, 
die wir untersuchen, bestimmte ihrer Organe in üppiger 



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56 Göttergnade und Menschenkraft 

Hypertrophie entwickelt hat, während andere verkümmert 
sind, verkümmern mußten. Die Entwicklung, die wir 
verfolgen, hebt in hohem Altertum an, ich möchte sagen 
noch in einer gewissen inneren Nähe bei den Regionen 
westlicher Geschichte ; sie schließt durchaus in asiatischen 
Femen. Anfang und Ende ist von sehr verschieden- 
artiger Bedeutung für die Religionsgeschichte, aber von 
hoher Bedeutung ist beides. Dessen sich bewußt zu 
sein ist das Recht des Indologen. Wir freuen uns solchen 
Rechts, wenn wir auch wissen, was für Pflichten seine 
Kehrseite sind. Zum allumfassenden Bau des mensch- 
lichen Wissens gehören auch Bausteine, die wir liefern 
müssen, die nur wir liefern können: die dürfen dem 
großen Werk nicht fehlen. 



Jener Bau — wir wissen ja alle, daß er und daß 
jeder seiner Teile immer im Werden bleiben wird. Und 
mancher Teil nicht einmal im Werden. Wie oft kann 
einer Quader keine Kunst und kein Fleiß die rechte 
Gestalt geben — vielleicht weil der Steinblock, aus dem 
sie gehauen werden muß, im Lauf der Zeiten durch 
elementare Ereignisse unheilbar beschädigt worden ist. 
Und wie oft stürzt zusammen, was wir gebaut hatten, 
oder wir müssen es selbst niederreißen. So bedeckt den 
Bauplatz manche Ruine. Und dennoch trotz aller Ruinen 
wächst der Bau, im einzelnen mit einer dichter und 
dichter sich drängenden Ueberfülle von Gestaltungen, 
und zugleich doch im großen mit immer klarerem Her- 
vortreten beherrschender Linien. Denn bald zielbewußtes 



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Göttergnade und Menschenkraft 57 

Menschenwollen, bald verborgene, von unserem Willen 
unabhängige bildende Kräfte, die an dem Werk mit- 
arbeiten: sie fügen es, daß von dem, was zu schaffen 
gelingt, immer und immer v^ieder das eine an das an- 
dere, oft aus weiter Ferne, sich anfügt, das eine und 
das andere sich höherer Einheit unterordnet, alles zu- 
sammen unendlich weit davon entfernt ein Ganzes zu 
sein und doch auf ein Ganzes hindeutend. 

Dies Ganze, diese Ahnung von einem Ganzen können 
andere von sehr viel zentralerem Standpunkt aus sehen 
und zeigen, als eine Wissenschaft wie die meinige ihn 
bieten kann. Aber auch von abgelegener Seite her dürfen 
und sollen wir in die Richtungen, die auf jenes Ganze 
weisen, den Blick lenken, nicht entmutigt, so oft auch 
all das Kleine dicht vor unserem Auge uns die freie 
Aussicht aufs Große zu verdecken droht. 

Sie, meine Herren Kommilitonen — die meisten von 
Ihnen — kommen hierher, um sich zur Mitarbeit an 
allerwichtigsten praktischen Aufgaben des Lebens zu 
rüsten. Gehen Sie nicht von uns, ohne daß Sie auch, 
von welchem Standpunkt es sein mag, etwas von jenem 
Anblick in Ihr Auge und in Ihre Seele aufgenommen 
haben. Das wünsche ich Ihnen und uns, Ihren Lehrern! 



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Anmerkimgeii 

S. 6. üebei* die Zugehörigkeit der indischen Arier zur indo- 
europäischen Völkerfamilie und ihre Einwanderung in Indien 
orientiert 0. Schrader, Reallezikon der indogermanischen Alter- 
tumskunde (1901), 878 ff. 

S. 7 f. Vergleichende Mythologie und die ihr gezogenen 
Schranken: H. Oldenberg, Aus Indien und Iran (1899), 44 ff. — 
Stammsitze der Indoeuropäer: Schrader a. a. 0. 888 ff* 

S. 9. Verbindung indischer und iranischer Religionsforschung: 
H. Oldenberg, B^ligion des Veda (1894), 26 ff.; ders., Veda- 
forschung (1905), 73 f. 

S. 11. Eingreifen der Ethnologie: es sei auf die Arbeiten 
Tylors, W. Mannhardts, A. Längs, Frazers hingewiesen. 
Versuche, von dieser Seite her für die Vedaforschung Ertrag zu 
gewinnen: H. Oldenberg, Religion des Veda; W. Caland, 
Altindisches Zauberritual (1900). 

S. 15. Hypothesen über Einwirkung Indiens auf Pythagoras 
hat L. V. Schroeder, Pythagoras und die Inder (1884), aufgestellt. 

S. 16. Mit dem Verhältnis des Neuplatonismus zu Indien be- 
schäftigt sich Lassen, Indische Altertumskunde III, 415 ff. (1858) 
und R. Garbe, Die Sämkhya-Philosophie (1894), 99 ff. 

S. 16. 18 f. Von der Literatur über die neutestamentlich-bud- 
dhistischen Anklänge sei hervorgehoben R. Seydel, Die Buddha- 
legende und das Leben Jesu, 2. Aufl. (1897), und G. A. van den 
Bergh van Eysinga, Indische Einflüsse auf evangelische Erzäh- 
lungen (1904); vgl. dazu die Besprechung von H, Oldenberg, 
Theolog. Literaturzeitung 1905, 65 ff. Zu der Ansicht, daß Buddha 
„an die Tür des Neuen Testaments klopfe*, bekennt sich R. Pischel, 
Sitzungsber. der Berl. Akademie 1903, 711. Ueber den Bud- 
dhistisches enthaltenden christlichen Roman von Barlaam und 



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Anmerkungen 59 

Joasaph vergleiche man E. Kuhn, Barlaam und Joasaph, Abh. 
der K, Bayr. Akad. 1897. 

S. 19. Die Hypothese der Beziehungen zwischen Kriahna- 
kult und Christentum prüft A. Barth, The Beligions of India 
(3. Aufl. 1891), 219 ff.; vgl. auch E. W. Hopkins, India, cid 
and new (1901), 145 ff. 

S. 26. Parallelität zwischen dem Buddhismus und orphischer, 
pythagoreischer, platonischer Spekulation; H. Oldenberg, Aus 
Indien und Iran, 83 ff. 

S. 35. Bei den hier erwähnten Forschungen Fr azers denke 
ich an ,The Golden Bough« (2. Aufl., 1900), I, insonderheit 60 ff. — 
Für die vedische Mischung von Götterkultus und Zauberhand- 
lungen s. H. Oldenberg, Religion des Veda. 

S. 40. Auftreten des Seelenwanderungsglaubens: H. Olden- 
berg, Buddha (4. Aufl., 1903), 47 ff. 

S. 40. „Das ist nicht mein" u. s. w. : ebendas. 68 f. 

S. 43. Moralischer Mechanismus, die Tat und ihre Vergel- 
tung: ebendas. 53. 

S. 44. Pantheismus der Brahmalehre: ebendas. 27 ff.; P. Deus- 
sen, AUg. Geschichte der Philosophie Bd. I, Abteilung 2 (1899) 

S. 46 f. Spekulation des Buddhismus :H. Oldenberg, Bud- 
dha (4. Aufl.), 231 ff. 

S. 48. Die Lyrik des alten Buddhismus versucht H. Olden- 
berg, Die Literatur des alten Indien (1903), 99 ff., zu charakte- 
risieren. Es sei auch auf die allerdings von der Subjektivität 
des modernen Bearbeiters stark berührte Uebersetzung K. E. 
Neumanns, Die Lieder der Mönche und Nonnen Gotamo Bud- 
dhos (1899) hingewiesen. 

S. 53. üeber die Bhakti: A.Barth, The Religions of India 
(3. Aufl.), 218 ff.; den Haupttext der Bhaktitheorie hat E. B. 
Cowell übersetzt (The Aphorisms of Sandilya, 1878), — Ueber 
Ramakrishna: M. Müller, Ram., his life and sayings (1898), 

S. 54. Ueber Bhartrihari: H. Oldenberg, Die Literatur 
des alten Indien, 221 ff. — Das Schema vom Affen und das 
Schema von der Katze: M. Monier-Williams, Brahmanism 
and Hinduism (3. Aufl., 1887), 125; Hopkins, The Religions of 
India (1895), 501. 



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