Skip to main content

Full text of "Indogermanische Forschungen; Zeitschrift für Indogermanistik und allgemeine Sprachwissenschaft"

See other formats


lii 


11 1 m 

iiiiilliiilliii^ 

liiii 


iililiiillilB^^^^^ 


inniiw.nmiii 


liiiliiiqH 


i  iilliliip 

fliliililillll 


'''lii 


iiiliiiiiiiliiiiiiiiiili; 


\mm 


^^^ 


iiiiiiiiiiii: 


liiiiiiiiiiiiiiiiiiiip^ 

1  i fli  j   il^ 


Jiiiii 

iiliikiliililiiJlilPlii^'ilWilillllli!^^ 

Ifei  PI '^ 


I 


iiiiiiiiiiii 


'11 


,  ililii 

iiiiP 


INDOGERMANISCHE  FORSCHUNGEN 


ZEITSCHRIFT 


FÜR 


NDOItERMANISCHE  sprach-  INI)  ALTERTUMSKUNDE 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


KARL  BRUGMANN  rxD     WILHELM  STREITBERG 

OKD.  PKOF.  DEK    IDG.  SFRACHWISSENSCHAFT  UKD.  PROF.  DER   IDfl.  SPliACHWISSENSCHAFT 

IN  LEIPZIG  IN  FKEIBUKG  (SCHWEIZ) 


SECHSTER    BAXD 


STRASSBURG 

VERLAG    VON   KARL   J.   TRÜBNER 
1896 


T 

501 

3cl.h 


Inhal  t . 

Seite 
H.  Osth  off  Griechisflie  und  lateinische  Wortdeiitung-en  (Zweite 

Reihe) 1 

Her  man  Hirt  Zu  den  g-crmanisehen  Aushxutsg'esetzeu  ...  47 
Karl  Brugmann  Die  lat.  Partikel  ne  ('nicht')  in  Zusammen- 
setzung mit  vokalisch  anlautenden  Wörtern 79 

Karl  Brugmann  Der  präteritale  Bildungstypus  ahd.  hiaz  aisl. 

het  und  ahd.  Hof  aisl.  Miöp 89 

Karl  Brugnnann  Lat.  fräcjräre 100 

Karl  Brugmann  Die  Verbindung  dentaler  Verschlusslaut  +s 

+  t  im  Lateinischen  und  im  Germanischen 102 

Gustav  Meyer  Etymologisches  aus  den  Balkansprachen    .     .  104 

J.  J.  Hess  Zur  Amtssprache  des  Griechischen 123 

Wilhelm  Streitberg-  Griech.  Axaioi  äg-ypt.  likajwasa    .     .     .  134 

Benj.  Ide  Wheeler  Greek  Duals  in  -e 13f> 

Karl  D.  Bül  bring-  Vokativformen  im  Altenglischen  ....  140 

W^ilhelm  Streitberg-  Zur  germanischen  Grammatik      .     .     .  140 

Josef  Zubat\-  Zu  ai.  kfmis,  lat.  rermh  usw 15"» 

Gustav  Herbig-  Aktionsart  und  Zeitstufe 157 

Josef  Zubaty  Baltische  ]Miszellen  (Fortsetzung) 269 

Christian  Barth  olomae  Zum  Cippus  Abellanus 307 

Joos.  J.  Mikkola  Zum  Wechsel  von  7' ^^ud /"im  Germanischen  312 
Willy  Foy   Die  indog-ermanischen  .s-Laute  (.s-  vmd  z)   im  Kel- 
tischen       313 

Wilhelm  Streitberg-  Die  griecliischen  Lokative  auf  -ei   .     .  339 

F.  Kluge  Vokativformen  im  Altenglischen 341 

O.  Böhtlingk  Die  erste  Person  Singularis  medii  des  umschrie- 
benen Futurs  im  Sanskrit 342 

Her  man  Hirt  Akzentstudien  1 344 

Joos.  J.  Mikkola  Slavica 349 

Gustav  Morgenstern  Sach-  und  Wortregister.     .     .     -     .     .  353 


Oriechisclie  uiid  hiteinische  Wortdeutuii^en. 
Zweite  Keihe  (vgl.  IF.  V  275  ff.). 

8.  ßeXiepoc,  dehilis;  aind.  hdlam,  abg-.  hoUJi. 

Unter  dieser  Überschrift  suchen  wir  kaum  irgend  eine 
völlig"  neue  Etymologie  aufzutischen.  Die  hier  vorzubringen- 
den Wortkombinationen  sind  im  einzelnen  schon  von  andern 
gemacht  worden;  es  gilt  für  uns  nur,  disjecta  membra  zu 
sannneln,  ferner  vornehndicli  allerlei  Spreu  von  gutem  Weizen 
zu  sondern,  damit  eine  im  Griechischen,  Lateinischen,  Altindi- 
schen und  Slavischen,  weniger  sicher  auch  im  Keltischen,  ver- 
tretene Wörterfamilie  sich  schlicht  und  l)estimmt  dem  Aug-e  des 
Lesers  darstelle. 

Das  lat.  de-bill-s  'entkräftet,  geschwächt,  schwächlich, 
schwach',  hat  zuerst  Bopp  Gloss.  Sanscr.  (1847)  S.  238-^  ein- 
leuchtend zu  aind.  ?>«/«■/«  N. 'Kraft,  Stärke,  Gewalt'  gestellt; 
nur  hätte  er  nicht  auch  lat.  raJere,  ralor,  vcdidus  zu  verglei- 
chen sich  verleiten  lassen  sollen.  Aus  dem  Latein  einzig-  dies 
valere  mit  ai.  häla-m  zusammenzubringen,  war  der  verfehlte 
Vorschlag'  Bcnfeys  Griech.  Wurzellex.  I  (1839)  S.  315  gewesen, 
nach  dem  auch  andere,  wie  Grassmann  KZ.  XII  123  und  zwei- 
felnd Leo  ]\[eyer  Vergleich.  Gramm.  P  733,  sich  richteten. 
Ebenso  Pott,  der  Wurzel-AVörterb.  V  64  bemerkt:  "Als  Gegen- 
teil von  habilis  ist  dehilis  [dehil  liomo  Enn.)  zu  betrachten, 
indem  das  de  hier  verneinende  Kraft  haben  soll  ....  Dass 
s.  hala  (Kraft)  bedeutet  und  a-hala  : kraftlos,  schwach:  darf 
uns  jener  Erklärung  nicht  abwendig  machen,  vollends  wenn 
mit  h(da  lat.  valeo  usw.  gleichen  Ursprungs  sein  sollte".  Ganz 
mit  Bopp  aber  ging-  Vanicek  Griecb.-lat.  etym.  Wörterb.  566  f. 
zusammen  und  verglich  sowohl  de-hdi-s  wie  auch  valere  mit 
dem  ai.  bdia  m. 

Die  schon  alte  Ansicht,  an  der  Pott  festhielt,  dass  dehilis 
die  Verneinung-  von  liahiU-s  sei,    vertrat   gegen  Vanicek   aus- 

Indogermaiiiscbe  Forscliungen  VI  1  u.  2.  1 


2  Hermann   Ost  hoff, 

drücklich  auch  Sclnveizer-Sidler  Jenaer  Litteraturzeit.  1878 
S.  159'\  und  darnach  dann  Vanicek  seihst  Etyni.  Wörter]»,  d. 
hat.  Spr.  -  78.  Schweizer-Sidler  verwirft  richtig-  die  Verhin- 
dung  von  debiU-s  mit  valere  als  eine  lautg^esetzlieli  unzulässige, 
er  berührt  aber  seinerseits  nicht  das  Veriiältnis  zu  aind.  hala-m. 
Auch  die  hateinischen  Lexikügrajiben ,  Freund  Würterb.  d. 
lat.  Spr.  II  16^  und  Georges  Ausführh  hit.-deutsch.  Hand- 
wörterb.  I"  1773,  halten  sich  an  die  Verknüpfung  von  dehill-s 
und  hahiU-s'^  ebenso  neuerdings  Stowasser  Lat.-deutsch.  Schul- 
wörterb.  283^.  Mir  scheint  aber  nicht,  dass  damit  begrifflich 
durchzukommen  sei;  denn  "untauglich",  nach  Vanicek  a.  a.  0., 
oder  "un gelenksam  durch  Schwächung,  Lähmung  od.  Ver- 
stümmelung", nach  Georges  und  Stowasser,  trifft  eben  nicht, 
oder  h()chstens  sehr  gezwungen,  den  eigentlichen  Sinn  des  de- 
bili-s;  und  bei  der  Freundschen  Begritfsl)estimmung  "der  Ge- 
lenkigkeit beraubt,  daher  mit  ausschliesslicher  Bezugnahme  auf 
physische  Kraft"  muss  es  auffallend  bleiben,  dass  von  solcher 
"  ausschliesslichen  Bezugnahme "  das  vermeintliche  Simplex  ha- 
bili-s  keine  Spur  aufweist,  ja  nicht  einmal  eine  Hinneigung  zu 
derartiger  Begriffsverengerung  oder  -Übertragung  verrät. 

Zu  berücksichtigen  ist  auch,  dass  sich  überhaupt  nur 
schwer  und  unsicher  in  der  ganzen  Latinität  die  unmittelbare 
Zusammensetzung  des  de-  in  "verneinender  Kraft"  mit  einem 
Adjektiv  nachweisen  lassen  wird.  Es  ist  de-parcus  'knau- 
serig, filzig'  Suet.  nur  verstärktes  Simplex  parcn-s,  wo  wie  das 
Adverb  de-magis  Lucil.  =  valde  magis]  den  i)artizipial  ge- 
formten de-cervicätus,  de-fämütiis,  de-fünätus,  in  denen  de- 
allerdings  j)rivativ  =  'ent-,  ver-'  ist,  liegen  natürlich  der  Idee 
nach,  wie  bei  ihren  Mustern  de-faecätus,  de-formätus,  de-spe- 
rütus,  de-truncidus,  de-virginätus  in  Wirklichkeit,  mit  de-  kom- 
ponierte denoniinative  Verba  zu  Grunde;  auch  de-seps  'aber- 
witzig, wahnsinnig'  Schol.  Juven.  X  233  scheint  wohl  nur  un- 
mittelbar von  dem  Verba  de-sipio  gezogen  zu  sein.  Es  bliebe 
somit,  ausser  dem  fraglichen  *de-habili-s  =  debiU-s,  einzig  de- 
hone.stus  'entehrend,  unanständig'  übrig,  das,  ärraS  eipimevov 
(ndl.  XIX  lU,  10,  sich  schon  durch  seine  I»edeutung  als  Rück- 
bildung aus  de-ho7iestdre,  nach  dem  Schema  honestus  :  Jione- 
stäre,  ankündigen  dürfte.  Ich  will  aber  auf  diesen  Umstand 
kein  sonderliches  (iewicht  legen;  da  das  Keltische  schon  etwas 
häufiger  solche  Zusammensetzung  dos  (//-  =  lat.  de-  als  priva- 
tiver Partikel  mit  einem  Adjektiv  kennt,  z.  B.  in  acymr.  di-auc 


Griechische  und  lateinische  Wortdeutungen.  3 

"segnem',  corn.  di-oc  'pig-er',  breton.  di-ec  :  aiiid.  äcü-sh  avest. 
äsu-sh'  'seliiieir,  g-riech.  ujku-c,  lat.  öc-lor  Komp.  (G.  Curtius 
Grundz.  d.  griech.  Etym.-^  131,  Brugiiiami  Grundriss  I  §  90 
S.  85  f.,  Verf.  PBiB.  XIII  438,  Wharton  Etyma  Lat.  m, 
Prelhvitz  Etym.  AVörterb.  d.  griech.  Spr.  369,  Stokes  Ficks 
Vergleich.  Wörterb.  II*  6.  143),  in  ir.  di-gayid  'dicht'  :  gand 
gann  'scaree,  scauty',  so  kömite  der  im  Lateinischen  beste- 
hende Mangel  auf  Einbnsse  eher,  denn  auf  Nichtentwiekelung 
•desselben  Kompositionstypns  beruhen. 

Jedenfalls  viel  üblicher  ist  es  im  Lateinischen,  sowie 
auch  im  Keltischen,  de-,  kelt.  dl-  im  Sinne  von  'ohne,  -los'  zur 
Bildung  von  Adjektiven  zu  verwenden,  deren  Schlussg'lieder 
^Substantiva  sind.  Solche  keltische  Gebilde  mit  der  ''parti- 
cula  substantiva  vertens  in  adjectiva"  sind:  air.  di-anim  acymi'. 
di-anaf  \)\'e\o\^.  dinam  'makellos'  :  air.  anhn  F.  'Makel,  Fehler' 
cymr.  anaf,  ir.  d'i-rini  'unzähll)ar'  :  rim  'Zahl,  zählen',  air. 
dl-thnih  nir.  di-threh  'Einiide,  Wüste'  cymr.  di-dref  'arroXic'  : 
air.  acymr.  treh  'Wohnsitz',  acynir.  di-daul  'expers'  :  daiil 
'pars'  air.  ddil  'Teil,  verteilen'  u.  a.;  vgl.  Zeuss-Ebel  Gramm. 
€elt.2  m2  f.  894,  Stokes  Ficks  Vergleich.  Wcirterb.  UM 43  f. 
Und  das  Latein  hat  an  solchen  Bahuvrihis  ausser  de-color 
mehrere  auf  -i-s,  Neutr.  -e  mit  der  gewöhnlichen  Umgestaltung 
der  Stammform  bei  zu  Grunde  liegendem  -o-  oder  -ä-  Stamme : 
de-Jumh-i-s,  de-pil-i-s,  de-somni-s  und  de-form-i-s,  de-plüm-i-x, 
das  von  Horaz  sat.  I  2,  93  gebildete  hibride  de-img-i-s  'ohne 
Hinterbacken,  lendcnlos'  :  griech.  rruYri. 

Diesen  letzteren  eben  reiht  sieh  unser  de-hil-i-s  'kraftlos, 
schwach'  an,  wenn  man  darin  doch  "^helo-m  =  ai.  hdla-jn  N. 
'Kraft,  Stärke,  Gewalt'  sucht.  Der  Wert  des  Anlautes  von 
ai.  häJa-m  wird  als  idg.  ?>-,  so  dass  schon  dadurcli  allein  der 
Anschluss  des  lat.  valere  abgeschnitten  wird,  gewährleistet 
durch  die  Vergleichung  des  abg.  hoJij'i  Komp.  'grösser,  vor- 
züglicher', nach  Bickell  KZ.  XIV  426,  Job.  Schmidt  KZ.  XXVI 
379,  Miklosich  Etym.  Wörterb.  der  slav.  Spr.  17'',  Brugmann 
Grundriss  II  §  135  S.  409  und  Uhlenbeck  Paul-Braune-Sievers' 
Beitr. XVIII242;  auch  nach  Fick  D.  eliemal.  Spracheinh.  d.Indog. 
Eur.  412,  der  noch  das  phryg.  ßaXrjv  'Kcinig'  (vgl.  dazu  Bezzen- 
berger  in  seinen  Beitr.  I  255)  hinzuzieht,  unter  gleichzeitiger 
Abweisung  der  Koml)ination  lat.  valere  und  aind.  hdla-m.  Ob 
man  mit  Uhlenbeck  auch  das  nl.  nd.  fries.  pal  Adj.  'unbeweg- 
lich, fest'  hier  einreihen  dürfe,  ist  freilich  nicht  sicher.    Bei  dem 


4  Henna  Uli  Ost  hoff, 

Verlust  des  Nomeus  urlat.  ^helo-m  'Kraft',  g-enauer  %olo-m 
nach  Verf.  Tran^saetions  of  tbe  American  ])liilol.  assoc.  XXIV 
ÖO  rt'.,  ans  dem  sell)ständig-cn  Gebrauche  ist  es  wahrscheinlich^ 
dass  de-hil-i-s  eiues  der  ältesten  lateinischen  Beispiele  des  durch 
de-himh-i-s,  de-foriu-i-s  und  Genossen  vertretenen  Kompositious- 
typus  war:  übrig-ens  aber  berechtig-t  dieses  Fehlen  des  ^'bolo-nt 
natürlich  ebenso  wenig-,  an  der  g-eg-ebenen  Deutung-  von  de- 
hill-s  zu  zweifeln,  wie  bei  dem  acymr.  di-nuc,  corn.  di-oc,. 
breton.  di-cc  das  Xichtvorhandensein  des  Simplex  urkelt.  "^öcu-a 
'schneir  die  anerkannte  Gleichsetzung-  des  Schlussg-liedes  mit 
aind.  dcn-sh,  av.  dsu-sk',  gr.  ujku-c  1»ceinträchtigt. 

Aus  dem  Keltischen  sollen  zu  ai.  bdla-m,  lat.  de-hili-s  und 
abg-.  boUj'i  nach  Stokes  Fieks  Verg-leich.  Wörterb.  1P17T  air. 
ad-hol  'g-ewaltig-,  g-ross',  ir.  aidbJlgod  'intentio'  und  diblide 
' Senium'  g-ehörcn.  Aber  adbol,  mittelirisch  auch  adlml,  adbal 
geschrieben,  und  das  als  Nomen  verbale  zu  einem  Denominativ 
"^aidbJhjim  'mache  g-ross,  g-ewaltig-'  erwachsene  aidbligod  ent- 
halten, laut  brietlicher  Mitteilung  Thurneysens,  sicher  ein  -b- 
aus  -C-.  Dagegen  in  diblide  sieht  Thurneysen  ''jedenfalls  eine 
Ableitung-  von  dem  im  Glossar  von  0'  Clery  (Rev.  Celt.  IV  399) 
g-enannten  dibeall  .  i.  sean  no  dosfa  d.  h.  'alt'''.  Ob  nun  we- 
nig-stens  dieses  dibeall  'alt'  als  di-heall  eigentlich  'schwach' 
bedeutet  habe  und  so  mit  lat.  de-biJi-s  in  seinen  Bildungbestand- 
teilen etymolog-isch  zusammenkomme,  ist  bei  dem  Glossenwort^ 
bevor  man  dessen  g-enaueren  Gebrauch  in  Litteraturdenkmäleru. 
kennt,  kaum  auszumachen.  Am  ehesten  neige  ich  noch  dazu, 
air.  mir.  b(dc  'fest,  dick,  stark',  cymr.  balcli  ' hochrag-eud, 
stolz',  bret.  bcdc'h  'steil,  schroff',  wofür  Stokes  a.  a.  0. 
11^  163  die  freilich  sehr  frag-würdig-en  Anknüpfungen  "gr. 
cpoXKÖc,  Beiwort  des  Thersites  (?).  lat.  /"m/c/oV"  beibring-t.  aus 
idg.  ■■'bJ-k-6-s  zu  deuten  und  zu  aind.  bdla-in  zu  stellen;  doch 
ist  bei  dem  stärkeren  Auseinanderg-ehen  der  Bedeutung-en  in 
den  einzelnen  keltischen  Dialekten  der  Urbeg-rilf  schwer  erfass- 
bar, und  über  die  blosse  Mrigjieiikeit,  dass  er  in  der 'Festigkeit, 
Stärke'  liege,  kommt  man  nicht  hinaus. 

Von  Ahrens  KZ.  VIII  ^JöS  f.  wird  mit  aind.  bula-m,  von 
Bickell  KZ.  XIV  42(i  mit  demselben  und  mit  abg.  bolij'i  auch 
das  griech.  homer.  ßeX-repo-v  'liesser',  wozu  ßfeX-Taio-c  Sui)erl. 
])ei  Aeschylus,  als  jüngere  Nebenformen  im  Attischen  ßeX-T-JLuv, 
ßeX-T-icTO-c,  zusannuengebracht,  was  sich  dline  die  mancherlei 
sonstigen  h«Jchst  l'rau-wiirdiiren  Zuthaten,    die    die    beiden    Ge- 


Gi'iechische  und  lateinische  Wortdeiitixngen.  5 

lehrten  noch  bring-en,  wohl  hören  lässt.  Den  Zusammenhang 
der  Beg-riffe  'stärker'  und' besser'  erläutert  schon  Ahrens  treff- 
lich durch  den  Hinweis  auf  das  griech.  KpeiTxujv  'stärker,  über- 
leg-en'  und  'tüchtiger',  'besser,  vorzüglicher'.  Man  kann  dafür 
auch  die  Bedeutungsentwicklung-  der  bekanntlich  zu  ai.  -jyä 
'Gewalt,  Obergewalt'  in  ved.  parama-jya-s  'höchste  Gewalt 
habend'  und  zu  griech.  ßiä  'Gewalt'  gehörigen  2ä\\({.  jyä'-ijän 
Komp.  'überlegen,  mächtiger',  'vorzüg-licher,  grösser,  stärker', 
'älter'  und  ji/eshfha-s  ji/ef<hthd-s  Superl.  'der  vorzüglichste, 
vornehmste,  praecipuus',  'obenanstehend',  'der  oberste,  erste', 
'der  beste,  grösste'  usw.,  'der  älteste'  (Böhtlingk-Eoth  Sans- 
krit-AVörterb.  III  156.  157,  Grassmann  "Wörterb.  z.  Rigv.  502  f, 
503)  anführen;  ferner  insbesondere,  dass  das  abg.  holiji  Komp. 
*  grösser',  eigentlich  'stärker',  mehrfach  auch  in  der  Bedeutung 
'KpeixTUJV,  praestantior,  melior'  belegt  ist.  ähnlich  holje  Adv. 
'magis,  plus'  und  'melius'  (Miklosich  Lex.  Palaeoslov.  39^^40*^). 
Es  würde  also  das  Verhältnis  von  lat.  de-hil-i-s,  ai.  a-haJ-d-s 
'kraftlos,  schwach'  zu  homer.  ßeX-tepo-v  'besser'  und  abulg. 
hol-ijl  'grösser',  'vorzüglicher,  besser'  begrifflich  ein  solches 
sein,  wie  dasjenige  von  d-Kpairic  'ohne  Kraft,  schwach'  zu 
KpeiTTuuv  'stärker',  'tüchtiger',  'vorzüglicher,  besser'. 

Die  Grundbedeutung  'stärker,  kräftiger'  nimmt  für  ße\- 
Tepo-v  auch  Jac.  Wackernagel  KZ.  XXX  301  f.  in  Beschlag, 
allerdings  dabei  von  etymologischen  Voraussetzungen  ausge- 
hend, die  ich  nicht  billigen  kann.  Es  hatten  Ahrens  KZ.  VIII 
358  f.  und  Bickell  ebend.  XIV  426  unter  anderm  auch  das  lat. 
7nel-lo)'  zu  ßeX-xepo-v  bezogen,  und  V.  Henry  Etüde  sur  l'ana- 
logie  §  72  S.  114  hatte  den  ersten  Anlauf  gemacht,  diese 
Kombination  lautlich  zu  rechtfertigen.  Ferner  hatte  Ahrens 
auch  griech.  |ud\a,  uäWov,  ladXicTa  in  dieselbe  Sippe  einge- 
rückt; desgleichen  so  andere,  jedoch  mit  Beiseitelassung  des 
ßeXTepov,  z.  B.  Curtius  Grundz.  d.  griech.  Etym.'*  594;  mit 
Hinzufüguug  weiteren  Materials,  wie  gr.  |ua\epö-c  'stark,  heftig, 
gewaltig',  lat.  midtu-s  'viel',  lett.  mUn-s  'sehr  viel'  u.  dgl., 
Fick  Vergleich.  Wtb.  IP  188,  Vanicek  Griech.-lat.  etym.Wtb. 
724.  Etym.  Wörterb.  d.  lat.  Spr.^  217,  Verf.  Z.  Gesch.  des 
Perf.  450  Anm.,  Prellwitz  Etym.  Wörterb.  d.  griech.  8pr.  189. 
Das  alles  fasst  nun  Wackcrnagel  zusammen,  vergleicht  seiner- 
seits ausserdem  noch  griech.  d-|uaXö-c  'sehwach,  zart'  und  be- 
sonders d-)ußXLi-c,  dem  er  überzeugend  die  eigentliche  Bedeu- 
duug  'kraftlos,  schwach'  nachweist  (im  Grunde  ebenso  Neisser 


6  Hermann    Osthoff, 

BB.  XIX  143  Anni.  1  bei  allerdings  erheblich  abweichender 
formaler  und  beiiTifHicher  AnflCassung  des  d)ußXu-c),  und  sucht 
dann  das  Werk  Henrys  zu  vervollständigen,  indem  er  aus  d-)aßXu-c 
auf  ein  Simplex  *)aaX-u-c  und  *ßX-u-c  'kräftig,  stark'  schliesst 
und  nach  letzterer  Form  den  ihr  beigehörigen  Komparativ 
*)aeX-Tepo-c  durch  Ausgleichung  der  Anlaute  zu  ßeXTepo-c  werden 
lässt.  Ich  denke,  das  ist,  obschon  es  die  Zustinnnung  von  StolzL 
Iav.  Müllers  Handl)uchlI-o54und  wohl  auch  Brugmanns  Grundriss 
II  §  81  S.  231  findet,  doch  nicht  so  einfach  und  "leicht  ver- 
ständlich", wie  es  Wackernagel  erscheint,  wenn  mau  die  rein 
hypothetische  Natur  des  *ßX-ii-c  und  ferner  den  Umstand  erwägt, 
dass  doch  das  gemutmasste  *)aeX-Tepo-c  "besser'  durch  seine 
eigenartige  Bedeutungsentwickelung  gewiss  frühzeitig  in  Isolie- 
rung gegenüber  dem  Positiv  *ßX-u-c  geraten  war.  Wo,  wie  in 
ßepvuj)ae9a  und  korkyr.  att.  ßapvdjLievoc  nach  dem  weiter  unten 
S.  8  ff.  Darzulegenden,  Verdrängung  des  Anlauts  m-  durch  ß- 
nach  verwandten  Formen  mit  ßp-,  ßX-  aus  |up-,  ^iX-  angenommen, 
werden  soll,  da  muss  offenbar  eine  für  das  Sprachgefühl  leben- 
dige Wechselbeziehung  der  in  Ausgleich  tretenden  Formen  vor- 
aussetzbar sein.  Wir  notieren  aber  gern,  indem  wir  ßeX-xepo-v 
von  meJ-ior  etymologisch  getrennt  halten,  für  unseren  Zweck 
die  durch  Wackernagel  gewiesene  weitere  Begriffsanalogie 
dieses  lateinischen  Komparativs:  auch  zwischen  meJ-ior  und 
ü-)LtaX-ö-c,  d-jaßX-u-c  besteht  in  semasiologischem  Betracht  ein 
dem  ßeX-xepo-v  :  aind.  a-hal-d-s,  lat.  de-hil-i-s  paralleles  Ver- 
hältnis. 

Das  att.  d-ße'Xxepo-c  'einfältig,  dumm'  hat  seinen  Wert 
für  die  Geschichte  des  ßeX-iepo-c,  von  dem  es  trotz  Daniels- 
son  Epigraphica  Upsala  1890  S.  47  Anm.  3  und  Ncisser  a.  a.  0. 
nicht  loszulösen  ist,  darin,  das  es  im  Verein  mit  dem  homer. 
ßfeX-tepo-v  die  Priorität  der  -tepo-Bildung  vor  dem  auf  das. 
Attische  beschränkten  und  "im  Anschluss  an  sinnverwandte 
Konijtarative  entwickelten"  ßeX-x-ioiv  (Wackernagel  a.  a.  ().  301^ 
Solmscn  Stud.  z.  lat.  Lautgesch.  196,  vgl.  auch  Ascoli  Curtius' 
Stud.  IX  352,  Henry  a.  a.  0.,  Gust.  Meyer  Griecli.  Gramm  -. 
§  391  8.  3(57)  wahrscheinlich  macht.  Dass  aber  d-ße'XTepo-c 
noch  bei  der  Feststellung  des  (irundbegriffs  des  ßeX-Tepo-c 
mitzusprechen  habe,  glaube  ich  nicht.  Woher  käme  bei  der 
Auffassung  als  'schwachsinnig',  die  Wackernagel  em]ttiehlt, 
die  kom])arativisch('  Form?    Es  war  wohl  d-ßeXrepo-c  nur  eine 


Griechische  und  lateinische  Wortdeutung'en.  7 

Art  humoristischer  Wortschöpfung-,  ein  Bahuvrihi  'ohne  das 
Bessere,  wem  es  an  dem  Besten  fehlt',  der  Verstand  als  tö 
ßeXTepov  gedacht  gemäss  echt  attischer  Denkungsweise,  wonach 
KpeiTTOV  TÖ  CLucppoveiv,  vgl.  KpdTicTov  KTrijudTLUv  eußouXia  Soph. 
Ant.  1050,  cppevac,  TtdvTUJV  öc'  e'cTi  Kirnudiiuv  Tj-nepTarov  ibid. 
683  f.,  TToWuJ  TÖ  cppoveiv  eubaiuoviac  TtpOuTOV  uTidpxei  ibid. 
1347  f.  Ziendicli  trefteud  also  sagt  schon  Benfey  Oriech. 
Wnrzellex.  I  321,  dass  "Verfehlen  des  Besseren"  die  Grundvor- 
stellung bei  d-ße'XTepo-c  und  d-ßeXTepeio-c,  d-ßeXTep-iä  sei. 

Die  landläufige  Anknü]>fung  des  homer.  ßeX-Tepo-v,  att. 
ßeX-T-iuuv  an  ßouXouai  'ich  will,  will  lieber,  ziehe  vor'  verwirft 
mit  Recht  auch  Wackernagel.  Da  sie  aber,  wie  an  Fick  BB. 
YI  212  und  Hübschmann  ZDMG.  XXXIX  93  Anm.  3,  so  bis  in 
die  neueste  Zeit  hinein  Fürsprecher  findet  an  Danielsson  a.  a.  0., 
Prellwitz  Etym.  Wörterb.  d.  griech.  Spr.  1.  47.  51  und  X^eisser 
a.  a.  0.,  so  sei  hier  dagegen  bemerkt,  dass  auch  sie  lautlich 
keineswegs  unanstössig  ist.  Es  wäre,  da  das  ß-  von  ßouXo|uai 
=  idg.  ß-  war,  *beX-Tepo-c  zu  erwarten,  sowie  ja  lokr.  delph. 
beiXo|uai  und  dor.  biiXo)uai  'ich  will'  diese  normale  Behandlung 
des  Labiovelars  vor  ('-Vokal  zeigen,  mögen  innnerhin  vielleicht 
böot.  ßeiXö|Lievoc  und  thess.  ßeXXeiTei,  ßeXXo|uevou  als  "äolische" 
oder  "nurd-achäische"  Formen  ihren  lautgesetzlich  gerechtfer- 
tigten Labialanlaut  haben;  vgl.  Fick  a.  a.  0.,  Brugmann  Iw. 
Müllers  Handbuch  II-  55,  Grundriss  I  §  42cSb  S.  318  und  ebend. 
Anm.  S.  318  f.,  Gust.  Clever  Griech.  Gramm.-  §  194  S.  199,  Hoft- 
mann  Die  griech.  Dial.  l'l  311.  498  ff..  Bück  IF.IV  156  f.  Anm. 

Die  Spuren,  die  man  für  labiovelaren  Anlaut  auch  bei  ßeX- 
Tepo-c,  ßeXTiLuv  selbst  gefunden  zu  haben  meint,  sind  gar  zu 
unsicher.  >So  vor  allem  das  nach  wie  vor  dunkel  bleibende 
maked.  ili\a  •  d-fotOri  Tvx^,  MaKebövec  Hesych.,  in  welchem 
Fick  a.  a.  0.  und  Prellwitz  a.  a.  0.  47  den  Positiv  zu  ßeXTiuuv, 
ßeXTicToc  erhalten  sehen  wollen;  vgl.  Mor.  Schmidt  zu  d.  Gl. 
Besonders  aber  \vird  auf  das  kret.  be'XTOV,  das  bei  Photius 
Bibl.  p.  1511)  1.  15  s(iq.  ed.  Bekker  mit  der  Bedeutung  d^aGöv 
überliefert  wird,  in  diesem  Sinne  nachdrücklich  hingewiesen; 
so  von  Danielsson  a.  a.  0.  und  Prellwitz  a.  a.  0.  nach  dem 
Vorgänge  Kleemanns  Reli(iuiae  dial.  Cret.  31.  Dieses  be'XTov 
nun  könnte  allerdings  wohl  das  -^o-Partizip  zu  (jel-,  ßouXo|aai 
sein,  mit  dem  aber  darum  ßeX-Tepo-c  noch  nicht  notwendig 
etwas  zu  schaffen  haben  müsste;  ebenso  würde  ja  anch  daraus, 


8  Hermann  Oytlioff, 

dass  der  Wurzel  r<^;Z- 'wollen,  wählen'  tliatsäelilich  ein  Ausdruck 
für  '^"Ut,  besser'  ents])ring-t,  in  aind.  var-a-s  Adj.  'vorzüglicher, 
besser',  cynir.  com.  l)ret.  giiell  'besser',  heute  kaum  noch 
irgend  jemand  glaubhaft  folg-ern  dürfen,  dass  ßeX-iepo-c  auf 
*J^eX-Tepo-c  beruhe.  Noch  weniger  besag't,  was  J'rellwitz  a.  a.  0. 
1  unter  dßeXTepoc  vorbringt:  die  in  g-estörter  ]:>uchstabenfolg"e 
befindliche  nnd  sehr  wahrscheinlich  verderbte  Glosse  dbeiXov  • 
dßeXTepov  llesych.,  wofür  "ä  beiXoi  •  uu  dßeXTepoi  conj.  Ruhn- 
ken"  (Mor.  Schmidt  zu  d.  Gl.);  das  anf  vieles  andere  eher, 
denn  auf  dßeXTepoc,  hinzielende  Hesychglossenpaar  dßbeXov  • 
Taneivov  und  dßeXXov  •  Tarreivov.  Dass  ßeXxepo-c  anf  analo- 
gischem Weg-e  sein  ß-  statt  h-  von  ßouXo|uai  halie  bekommen 
können,  dürfte  bei  dem  zwischen  beiden  herausg'cbildeten  Be- 
deutungsabstand, ihre  Wurzelverwandtschaft  einmal  vorausge- 
setzt, auch  schwerlich  plausibel  erscheinen. 

9.  ßepva))ue6a. 

Das  in  den  Lemmaten  der  beiden  Hesychglossen  ßepvuu- 
|ue0a  ■  KXiipujcuj|ue9a,  AdKuuvec  und  ßeppeai  ■  KXiipüucai  enthal- 
tene Verbum  ist  bis  jetzt  ^on  zwei  verschiedenen  Seiten  ety- 
mologisch in  Angriff"  genommen  worden,  beidemal  überein- 
stimmend insoweit,  als  hinter  dem  Anlaut  ß-  nach  der  be- 
kannten Schreibweise  dialektischer  W(»rter  altes  /-  gesucht 
wurde.  Nach  G.  Curtius  Verb.  d.  griech.  Spr.  I-  175,  dem 
sich  Fritzsclic  Curtius'  Stud.  VII  1)84  und  Vanicek  Grieeh.- 
lat.  etym.  ^^'(■■)rterb.  888  anschliessen,  soll  aind.  rr-no-ii,  vr- 
tuhtl  'wählt'  zu  vergleichen  sein.  Dahingegen  zog  Persson 
Wurzelerw.  u.  AVurzelvar.  (il  air.  fera'nii  'ich  gebe'  und  got. 
wair-p-fi  Adj.  'wert,  würdig',  M.  'Wert,  Preis',  ags.  weord 
'wert,  würdig',  ahd.  werd  Adj.  'einen  gewissen  Preis  kostend', 
'von  hohem  Werte,  teuer,  herrlich,  vornehm',  X.  'Kaufpreis, 
kostbare  Ware,  Herrlichkeit',  sowie  aisl.  rarn,  ags.  u-ani, 
und.  ?'Y/)-e,  sj)ätndid.  tcarF.  'Kaufmannsgut,  Ware'  herbei.  Dass 
beide  Deutungsweisen  begrifHicli  irgendwie  von  zwingender 
Evidenz  seien,  wird  man  nicht  behaupten  wollen:  bei  der  Cur- 
tiusschen  Auflassung  stösst  man  sich  auch  formal  an  dem  ety- 
mologischen Lautwert  der  Liquida  von  aind.  vr-no-ti,  rr-nä-H, 
der  nach  unserem  viihlen,  trollen,  lat.  rolo.  abulg.  roJiti, 
'wollen',  voljd  'Wille',  lit.  pn-trehni  ich  will'  notoriscli  nur 
-l-  gewesen  sein  kann. 


Griecliische  und  lateinische  Wortdeiitungen.  9 

SdUtc  sieh  aber  nicht  ein  Weg  finden  lassen,  nm  ßepviu- 
lueGa  auf  --'luepvuuiLieBa  zurückzuführen  und  so  als  Gied  in  die 
bekannte  Wortsippe  von  |ueipo|uai  'erhalte  als  AnteiP,  |uepoc 
und  fiepic  'Anteil,  Teil',  luepiZluj  'teile,  verteile',  |uepiZ;o)aai  Med. 
'nehme  als  meinen  Anteil'.  |uöpo-c  'Loos,  Geschick',  |uöipa 
^Teil,  gehührender  Anteil,  Loos,  Schicksal'  einzureihen,  der 
aussergriechisch  das  lat.  mereo  'verdiene'  und  ^i\\\.  Ro-smetia, 
Name  einer  Göttin,  vermutlich  der  Glücks-  oder  Erwerbsgöt- 
tin in  der  bei  Zeuss-Ebel  Grannu.  Celt.  -  860  Anm.  zitierten 
Inschrit"t,  zugehören  sollen  (Pott  Etym.  Forsch.  II  -  388  f., 
Wurzehvörterb.  II  1,  545  ff.,  G.  Curtius  Grundz.  d.  griech. 
Etym.^'  331,  Fick  Vergleich.  Wörterb.  II  ^  197.  283  f.,  Joh. 
Schmidt  Verwandtschaftsverh.  d.  indog.  Spr.  50,  Vanicek 
Oriech.-lat.  etym.  Wörterb.  1203.  1204.  1205.  Etym.  Wörterb. 
d.  lat.  Spr.  -  215,  zweifelnd  Prellwitz  Etym.  Wörterb.  d.  griech. 
Spr.  194  f.)-? 

Das  korkyr,  und  att,  inschriftl.  ßapvduevoc  für  uapvd- 
ILievoc  und  das  von  Pischel  BB.  VII  334  f.  zu  aind.  mrdnati 
'drückt  heftig'  gestellte  ßapbfjv  *  tö  ßidZ^ecGai  YuvaiKac,  'A|u- 
TTpaKiüJTai  Hesych.  zeigen  diesen  Weg.  Man  hat  nur  diese 
ß-Formen  nicht  auf  *,upvd)nevoc,  *,upbfiv  unmittelbar  zurückzu- 
führen, mit  Bezzenberger  in  seinen  Beitr.  III  13G  und  Pischel 
a.  a.  0.  (vgl.  auch  Verf.  Mü.  II  51  Anm.,  Bury  BB.  VII  81, 
Gust.  Meyer  Griech.  Gramm.-'  ij  14  S.  13.  §  179  S.  186,  Jo- 
hansson De  deriv.  verb.  contract.  ling.  Graec.  59  Anm.  4,  Du- 
vau  Mem.  de  la  soc.  de  linguist.  VI  224  Anm.  2)  ;  sie  sind 
auch  nicht  "aus  *ßpavd)aevoc",  "aus  *ßpabfiv"  entstanden,  nach 
Brugmann  Grundriss  I  §  292  S.  235  f.  II  §  598  S.  973.  Iw. 
Mullers  Handbuch  II-  43.  156.  Das  einzig  annehndjare  lehrt 
vieiraehr  Kretschmer  KZ.  XXXI  393:  bei  dem  bekannten 
Nebeneinander  von  ap-  und  pa-Form  im  Griechischen ,  das 
zwar  Kretschmer  schwerlich  hinsichtlich  seiner  Genesis  rich- 
tig versteht,  das  al)er  altüberliefert  und  grundsprachlicher 
Herkunft  ist  (vgl.  Verf.  MC.  V  Vorw.  8.  III  tf.).  haben  sich 
inapvduevoc  und  *,uapbiiv  mit  den  Schwesterformen  ^ßpavduevoc, 
*ßpabr-|v  zur  Erzeugung  der  Mischprodukte  ßapvduevoc,  ßapbfiv 
*' kontaminiert".  Ebenso  entsprang  meines  Erachtens  das  aus 
Psellus  nachgewiesene  buc-ßdpKavoc  i  L(d)eck  Technol.  49.  Pa- 
thol.  serm.  Graeci  eleni.  I  494  f.)  für  ^-udpKüvoc  nach  den  ßp- 
Fornien    buc-ßpdKuvov   •    bucxepec ,    bucXiiTTTOv ,    bucKaiavöiiTov 


10  Hermann  Ost  hoff, 

Hesycb.,  ßpd£ai  •  cuXXaßeTv  und  ßpaKcIv  •  cuvievai  Hcsyeli., 
■wenn  die  Wurzel  iiulog.  merc-  'fassen,  berühren'  war,  gemäss 
der  Vcrg:leicliiuig'  des  aind.  marc-ana-m  'das  berühren',  Präs. 
mri'-d-H  'fasst  an,  berührt'  und  des  lat.  merx  'Ware'  oder 
aueh  nach  andern  des  hit.  mulcere  'streichehi'  (Fick  KZ,  XX 
171  f.  Vergleich.  Wörterb.  I^  108.  515,  G.  Curtius  Grnndz.^ 
463,  Sieg:ismund  Curtius'  Stud.  V  161,  Vanicek  Griech.-lat. 
etym.  Wörterb.  718.  Etym.  Wörterb.  d.  lat.  Spr.^  216,  Gust. 
Meyer  Griech.  Gramm.-'  §  179  8.  186,  Stolz  Iw.  Müllers  Hand- 
buch II  '^  2^2,  Persson  Wurzelerw.  u.  Wurzelvar.  62.  215  f. 
Anm.  2,  Brug-mann  Grundriss  II  §  527  S.  924). 

El»enso  leicht  nun  aber,  wie  von  einem  ßpa-  das  ß-  auf 
ebenfalls  tiefstufigcs  |uap-  =  indog.  mr-  überging  und  daher 
ßap-  sich  entwickelte,  konnten,  meine  ich,  auch  Hochstufeufor- 
nien  mit  )aep-,  wenn  sie  in  demselben  System  mit  Tiefstufen- 
gel)ilden,  die  ßpa-  aufwiesen,  sich  befanden,  von  diesen  ana- 
logisch atüziert  Averden  und  also  ein  ßep-  an  die  Stelle  des 
lautgesetzlichen  juep-  sich  schieben.  Das  eben  ist  l)ci  unseren 
ßepvdj)ae6a  und  ßeppeai  geschehen.  Von  dieser  Wurzel  mer- 
'zuteilen,  als  Teil  erlangen',  beziehungsweise  s-mer-  mit  ver- 
mutlich beweglichem  s-  (vgl.  Fick  Vergleich.  Wörterb.  11  ^ 
2^?>  f,  Verf  PHrB.  VIII  545,  W.  Schulze  KZ.  XXIX  262 
Anm.),  begegnen  neben  e'ijuaprai,  eiVapio,  eifiapiuevi-i  historisch 
die  Seitenformen  des  Perf  und  Piusiiuamperf  Pass.  mit  -pa- 
iu  e/aßpatai  •  e'i'iaapTai  Hes.  und  e)Lißpa|iievä  "  ei|uap,uevii  Hes., 
auch  in  eßpamuevov  [corr.  eßpafaevov]  •  ei|napuevov,  ßeßpauevujv 
e'mapue'vLuv  und  uJßpaTo  *  eiuapio  Hes.,  von  denen  e|ußpa|nevä 
gleichl'alls,  wie  das  ßepvuJiueOa,  ausdrücklich  als  lakonisch  und 
ferner  als  ))ei  Sojjhron  vorkunnnend  bezeugt  wird  nach  Et. 
M.  :}34,  10  (Ahrcns  De  graec.  ling.  dial.  H  349,  Veitch  Greek 
verbs  irreg.  *  438,  G.  Curtius  V'erb.  d.  griech.  Spr.  II  -  150. 
241,  Vanicek  Griech.-lat.  etym.  Wörterb.  1203,  Gust.  Meyer 
Griech.  Grannn.-  §286  S.  277).  So  wird  es  auch  zu  lueipo- 
|iai  und  *|nepvo)aai  oder  *)Liepva|nai  Präs.  ein  Partizip  *ßpa-TÖ-c 
und  etwa  noch  einen  Aorist  Med.  *ßpd-To,  vielleicht  dazu  einen 
Passivaorist  *ßpa-6fivai  w'ohl  gegeben  haben.  Solcher  Formen 
eben  bedarf  man  ja  auch  schon,  um  in  jenen  eßpauevov,  uj- 
ßpaxo  und  ßeßpauevuuv  den  l\langel  des  inneren  -\x-  vor  -ßp-  zu 
erklären,  nach  meinen  Darlegiuigcn  über  d-ßpoToc  für  ä-)aßpo- 
Toc  und   älmliclies  MU.  V  99.   112,    denn    mit  Ldbeck  Pathol. 


Griecliischo  und  lateinische  Wortdeutun^en.  11 

sevm.  Graeei  eleni.  I  81  ein  ^e^en  die  alphabetische  Reihen- 
folge verstossendes  uj.ußpaio  zu  konjizieren,  erweist  sich  als 
unnötii,^;  ich  nn'k'hte  ühri^-ens  g-lanben,  dass  in  uu-ßpaio  eben 
der  g-eumtniasste  Medialaorist  *ßpdTO  stecke,  das  von  (iust. 
Meyer  Griech.  Gramm.-  i?  179  8.  186  als  "dunkel"  bezeichnete 
lij-  könnte  =  aind.  avest.  d-,  dasselbe  Präfix  wie  in  griech. 
uj-qpe\eu),  uj-pjouai,  ib-pü-fii  n.  a.  (von  Fierlinger  KZ.  XXVII 
477  if.,  Moulton  Amer.  Journ.  of  Phil.  VIII  209,  Briig-mann 
Iw.  .Aliillers  Handbuch  11-  220.  Grundriss  11  §  24(i  S.  598 
Fussn.,  Wackernagel  D.  Dehnungsges.  d.  griech.  Xominalkomp. 
50)  gewesen  sein.  Und  von  solchen  Formen  wie  *ßpa-TÖ-c, 
*ßpd-TO  mögen  nun  auch  *|Li6pva)ue9a  und  *jaeppeai  den  Anlaut 
ß-  statt  |u-  übernommen  haben,  daher  ߀pvuu|ue6a,  ßeppeai.  Ja, 
das  Präsens  mit  Nasalsutiftx  selbst  mag  anfänglich  mit  Tief- 
stufigkeit  der  Wurzel  *ßpd-vo-.uai  oder  *ßpd-va-|uai  gelautet 
haben,  und,  indem  darauf  sich  der  Hochstufenvokalismus  der 
anderen  Präsensbildung  ineipouai  aus  *)uep-/yo-|Liai,  des  Futurs 
*|U€p-eecGai,  Aor.  med.  ••'laep-c-acGai,  auch  wohl  der  Xomina 
|uep-oc,  uep-ic,  jedoch  unter  Verbleiben  des  dem  *ßpd-vo-)aai 
eigenen  ß-,  verpflanzte,  entwickelte  sich  ßepva)|ue6a. 

Wenn  somit  ßepvuuueGa  und  ßeppeai  formal  sehr  wohl 
auf  die  Wurzel  ,uep-  zurückgehen  können,  so  ist  das,  dünkt 
mich,  von  selten  des  Sinnes  eine  vollauf  befriedigende  Auf- 
fassung des  ja  KXiTpoöcGai,  d.  i.  'sich  zuloosen  lassen,  durchs 
Loos  zugeteilt  bekommen',  bedeutenden  Verbums.  Denn  xXri- 
poucGai  und  |ueipec9ai  sowie  luepiZlecGai,  KXripoOv  Moosen,  durchs 
Loos  bestimmen,  durchs  Loos  zuteilen'  und  luepi^eiv,  KÄiipoc 
und  laepoc,  iiiepic,  luöpoc  stehen  unter  sich  in  dem  Verhältnis 
der  .Synonymität.  Gerade  das  Hesychlexikon  lässt  mit  Vor- 
liebe die  Wrtrter  dieser  beiden  Wortfamilien  gegenseitig  er- 
klärend für  einander  eintreten.  Dafür  sind  Zeugnis  die  (ilossen: 
ueipexai  •  RXiipoÖTai,  juepiZeiai. 

lUÖpOl    •     XÜupOl,     KÖTTOl,    TTOVOl,     KXllpOl. 

Und  ferner: 

KXiipcucei  •   uepicei. 

KXiipoc  •  t6   ßa\XJ|uevov  eic  tö  Xaxeiv,  i]  v|ii](poc, 

i]  Gucia,  li   luepoc. 
kXjipudv  •   uepibuuv. 
KXiipobocia  •  KXfipoc,   uepoc. 
Wie  nahe  es  liegt,  bei   ßepvuü|ae6a  an   ueipo)aai.   jjepoc  zu 


12  II  er  mann  Ost  ho  ff, 

denken,  das  zoiii't  auch  der  Eniendationsvorschlaii'  ]Mor.  Sebmidts 
ILieppeai  •  KXripoi  für  überliefertes  ßeppeai  •  KXiipujcai  in  der 
zweiten  der  beiden  in  Rede  stehenden  Gk)ssen.  P^inc  solche 
Abänderung-  des  Lemmas  ist  nun  jedenfalls  unnötig-.  Recht 
mag-  vielleicht  Schmidt  mit  der  Herstellung  des  Interpreta- 
mentums  als  kXitpoi  haben;  dann  wäre  nändich  ßeppeai  als 
l'räsensform  wegen  des  -pp-  für  -p//-  ''äolisch",  lesbisch  oder 
thessalisch,  dassell)c  was  .ueipeai  =  att.  laeipr].  Doch  bleibt 
auch  der  Gedanke  von  Curtius  Verb.  d.  griech.  Si)r.  1-175 
beachtenswert,  dass  ßeppeai  insofern  nicht  in  Ordnung  sein 
werde,  als  es,  nach  KXiipüJcai  ein  aktivischer  Infinitiv  des  Sig-- 
maaorists,  "vielleicht  verschrieben  für  ßeppai"  sei,  mithin  für 
uns  ein  *)Liep-cai  vertreten  würde.  Das  "ganz  unsicher",  wo- 
mit Gust.  Meyer  Griech.  Gramm.-  §502  Anm,  1  S.  446  die 
Konjunktivforin  ßepvuujueBa  kennzeichnet,  mag  sich  nunmehr 
nach  Authellung  der  \\'urzel  nur  noch  darauf  beziehen,  ob 
das  neben  dem  Jodpräsens  |ueipo)iiai  sich  ergebende  Xasal- 
suffixpräsens  *ßep-va-)aai,  wie  es  Fritzsche  und  Vanicek  an- 
setzten, oder  ein  '-'ßep-vo-uai,  an  das  Gust.  ]\Ieycr  dachte,  ge- 
wesen sei;  Curtius  a.  a.  0.  stellt  die  Form  auf  -va  uai,  aber 
ebenda  I  -  259  die  auf  -vo-juai  als  gleichfalls  mögliche  auf. 

Ist  sonst  noch  die  in  gleicher  Weise  zu  erklärende  Stell- 
A-ertretung  eines  vor  Vokal  stehenden  ß-  für  |u-,  wenn  eine 
der  Liquiden  -p-  und  -\-  in»  Spiele  war,  nachzuweisen"?  Die 
Zurückführuiig  des  ßeX-Tepo-c  auf  *,ueX-Tepo-c  g'laul)ten  wir 
ol)L'n  S.  5  f.  ablchiu'u  zu  müssen,  weil  die  Stützen  für  das 
Henry  -Wackernagelsche  Zurückgreifen  auf  wurzelverwandte 
ßX-Formen  zu  problematisch  erschienen  und  zudem  eine  an- 
dere und  zwanglosere  etymologische  Auffassung  des  ßeX-tepo-c 
sich  darbot.  Aber  unter  dem  von  Roseher  Curtius'  Stud.  III 
129  tf.  (Vgl.  dazu  (Just.  Meyer  Griech.  Gramm. 2  §  180  S.  186  f.) 
behandelten  Material  für  den  "Austausch  zwischen  ß  und  ,u", 
worunter  ja  auch  das  korkyr.  ßapvd|Lievoc  (Röscher  a.  a.  0.  lol), 
dürfte  einiges  gewiss  hierher  zu  stellen  sein. 

So  das  hesychische  ßeXXeiv  *  jueXXeiv  (Röscher  a.  a.  0. 
l.^>2.  Vgl.  aucli  L(»beck  TecluK»!.  116,  G.  Curtius  Grundz. 
d.  griech.  Ktym.'  596 1.  Zugehörige  Formen  mit  anlautendem 
ßX-,  wie  etwa  ein  Partizip  '-'ßXa-To-c,  ein  Aorist  *ßX-eiv,  sind 
zwar  liistnriscli  iiiclit  erweisbar,  werden  aber  zu  irgend  einer 
Zeit    dem  ( Irieeliiseheii    nicht   gefehlt    haben,    und    sie  lässt  ja 


Griechische  und  lateinisclie  Wnrtdcutiuic-en.  IS 

auch  das  Aiisselien  des  reduplizierten  ßeßXeiv  •  ueXXeiv  HcsvcIk 
und  ßeßXecGai  •  jueWeiv,  cppoviiZieiv  Hesyeli.  voraussetzen,  die, 
für  die  lautg-esetzlielieren  weußX'ecÖai  •  cppovTiZ;eiv  Hesycli.  und 
horaer.  lueußXeiai,  ueußXeio  vikarierend,  ihrerseits  mit  ßeßpa- 
ILievuuv  •  e'ifiapuevujv  von  ^ep-  ivi;-l.  oben  S.  10)  auf  g-leicher 
Stufe  stehen  und  in  denen  auch  schon  Röscher  a.  a.  0.  135 
das  doppelt  auftretende  ß  schliesslich  aus  dem  Zusannnenstoss 
des  -,u-  mit  der  Li(iuida  -X-  erklärt  sein  lässt.  Wie  viel  von 
diesen  ßeXXeiv  und  ßeßXeiv,  ßeßXecGai  dem  ^eXXuu  'bin  im  Be- 
gTÜf,  zög-ere'  und  andererseits  dem  lueXuu  'liege  im  Sinne', 
letzterenfalls  unter  erforderlicher  Al)änderung-  des  überlieferten 
|ueX\-  in  )aeX-  vornehmlich  in  der  Glosse  ßeßXecGai  •  jaeXXeiv, 
qppovTiZleiv,  zuzuweisen  sein  werde,  ist  hier  zu  scheiden  irre- 
levant. Selbst  das  wunderliciie  (lebilde  ßeuöXeTO  •  ecppöviice 
Hesych.,  worüber  Röscher  a.  a.  0.  135  f.,  kr)nnte  sich  unter 
unserem  Gesichtspunkte  wohl  rechtfertigen  lassen,  leichter 
allerdings  das  dafür  von  Schow  mit  ziemlicher  Wahrschein- 
lichkeit eingesetzte  ßefißXero  (vgl.  die  Redaktionsnote  von 
Curtius  zu  Röscher  a.  a.  0.  136  Anm.  1). 

Was  von  solchem  ßeVßXeTO  zu  sagen  wäre,  gälte  auch 
für  ße|ußXujK6v  "  eviuYxavei,  ecriiKe,  -rrdpecTi  Hesych.,  das  Sub- 
stitut an  Stelle  von  ueußXujKev,  Ferf.  zu  luoXeTv  'kommen'; 
während  wiederum  "das  bei  Bekker  Anekd.  223,  2S  bezeugte 
ßeßXuuKuuc  =  .ueußXujKUJc,  was  mit  eXiiXuGuuc  erklärt  wird  '\ 
auch  ein  ebendaselbst  angeführtes  ßeßXuuKev  •  npeiaei,  cpuetai, 
cpaiverai  (Röscher  a.  a.  O.  136,  Gust.  Me^^er  Griech.  Gramm. '-^ 
§  180  S.  186),  nur  vollständiger,  als  "die  [relativ]  primäre  Form 
ßeußXuuKev'',  von  der  Vermischung  des  Wurzel-  und  zugleich 
Reduplikationsanlauts  |u-  mit  dem  auf  Grund  der  ßX-Fonnen, 
hier  vor  allem  des  Präsens  ßXojCKuu,  entwickelten  ß-  Zeug-nis 
ablegen  würde.  Über  die  Aoristforni  eßXuu  •  eqpdvii,  Cux^to, 
ecTH  Hesych.  als  entsprechenden  Ersatz  für  lautg-esetzlicheres 
*e'-|ußXuu  habe  ich  bereits  MU.  V.  09.  112  das  meinige  gegen 
Johansson  De  deriv.  verl).  contract.  ling.  Graec.  59  gesag't. 

Beiläufig-  sei  bemerkt :  die  von  Brugmann  Iw.  Müllers  Hand- 
buch n  -  49  und  mir  zurückgewiesene  Ansieht,  dass  aus  altem 
-mr-  und  -ml-  sich  auch  inlautend  mit  Nasaleinbusse  griech. 
-ßp-  und  -ßX-,  anstatt  und  neben  -|ußp-j  -^ßX-,  lautgesetzlich 
habe  entwickeln  können,  gründet  Johansson  a.  a.  0.  vornehm- 
lich auf   seine  Auffassung    des    schwierigen  Verhältnisses    von 


14  Heriminn  Osthoff, 

Kußepvdu),  KußepvnTi-jc  zu  kypr.  KUjaepfivai  und  dem  aiigehlicli 
äolischen  Kuiuepvrirnc  Et.  U.  543,  2.  Et.  Giid.  851,  9:  er  leitet 
die  -ß-Fonu  Kußepvduj,  die  auch  Fick  BB.  VI  214.  Vcrg-leich. 
AV.irterb.  I^  '2f<.  :VM),  lion'nuiim  Die  griecli.  Dial.  1  212 
lind  Prelhvitz  Etyiii.  Wörterb.  d.  g-riech.  Spr.  1(J7  als  die  jün- 
gere hinstellen,  auf  solche  niutmasslicben  -|u-Fornien  y.urück, 
in  denen  das  -p-  unmittelbar  hinter  dem  Nasal  gestanden  habe, 
ein  *KU|iip-  sei  zu  *Kußp-  geworden.  Aber  gerade  wenn  nuai 
mit  Fick,  Hoffmann  und  Prellwitz  aind.  Ix-fih-ora-  M.  X.  Üeich- 
seF,  Ixüh-ari'  F.  dass.  und  lit.  lumh-ra-s  'der  krumme  Gritf 
am  Steuerruder',  Tvumh-r-rj-.^  'Bügel  am  Pfluge,  Knie  am  Kahn', 
'kumh-r-yti  'steuern'  vergleicht,  so  kommt  man  unbefangener 
Weise  nicht  zu  ihrem  Ausatz  einer  Grundform  ^kuniro-,  son- 
dern kann  eher  in  dem  Glauben,  dem  schon  G.  Curtius  in 
seinen  Stud.  III  197  Ausdruck  gab,  sich  bestärkt  fühlen,  dass 
vielmehr  die  Form  Kuß-  von  ht>herem  Alter  gewesen  sei  und 
dass  neben  ihr  ein  nasalinfixhaltiges  *KU|Liß-  =  lit.  liinih-  ge- 
legen habe.  Will  man  nun,  ähnlich  wie  Curtius,  die  Vermu- 
tung wagen,  dass  in  irgend  welchen  entlegenen  Dialekten 
"durch  progressive  Assimilation"  jenes  *KU)Liß-  zu  *ku|u,u-,  da- 
raus —  vielleicht  in  nicht-haupttoniger  Silbe?  —  vereinfach- 
tes ku)li-,  sich  entwickelt  habe,  so  dürfte  das  kein  kühneres 
Wagnis  sein,  als  die  Johanssonsche  und  wohl  auch  Fick-HoflF- 
mann-Prellwitzsche  Theorie  von  einer  gemeiugriechischen  Dop- 
pelbehandlung der  ursprünglichen  -mr-  und  -inl-  im  Inlaut. 
Auch  was  neuerdings  Johansson  IF.  III  239  Anm.  ül)er  Ent- 
stehung des  -ßp-  in  ößpi|ao-c  'stark,  gewaltig'  aus  -w?r-  und 
über  Beziehungen  von  griech.  ößpm,  ößpiKia,  ößpiKaXa  'Jungen 
der  Tiere'  zu  lueipaS,  |ueipdKio-v,  aind.  indr-ya-s  'junger  Mann, 
Hengst',  mar-ya-kd-s  'Männchen'  und  vollends  zu  aind.  md- 
nci-tih  '  Lichtstrom,  Lichtstrahl '  mutnuisst,  l)lcibt  durchaus 
unsicher. 

10.    asper,  sperno\  aind.  apasphüras. 

Lat.  asper  drückt  'rauh,  harsch,  uneben,  holperig,  barsch, 
kratzend,  stechend,  S])itzig,  scharf  für  den  Gef'ühlssinn,  'harsch, 
her!),  beissend'  für  den  Geschmack  und  Geruch,  'grob,  derb' 
für  das  Gelnir  aus,  dazu  wird  es  in  vielen  übertragenen  Be- 
deutungen, wie  'rauh,  barsch,  trotzig,  ungestüm,  spröde,  ab- 
hold,   streng,    wild'    von    menschlicher  Gcsiununi;-   und   Denk- 


Griechische  und  hUeinische  Woi-tdeutuni>-en.  15 

Aveise,  'rauh,  misslicli,  hart,  bitter,  empfindlich,  unang-enehin' 
von  widerwärtigen  und  scliwierigen  Zuständen  u.  dg-1.,  ge- 
braucht. 

Was  frühere  Deutungen  des  asper  anbetrifft,  so  verdient 
kaum  Erwähnung-  Bechtels  Vermutung  Üb.  d.  Bezeichn.  d. 
sinnl.  Wahrnelnnungen  16,  dass  es  mit  clridu-s  'trocken,  dürr' 
zusannnen  zu  einer  vermeintlichen  "W.  as,  bewerfen,  bestäu- 
ben", die  doch  wohl  dieselbe  wie  in  aind.  ds-ya-ti  Svirft^ 
schleudert'  sein  soll,  gestellt  werden  könnte.  Andererseits 
Fick  BB.  VII  94  meint,  dass  asper  "zu  unserem  espe  gehört 
(weil  die  Espe  schaudert,  cppiccei) " ;  gewiss  auch  kein  sonder- 
lich ansprechender  Einfall,  zumal  da  die  espe,  ahd.  aspa,  ags. 
-cesp,  aisl.  qsp  bei  nicht  klarer  Wurzel  auch  sehr  wohl  an- 
derswoher, als  von  dem  Schaudern  oder  Zittern  ihres  Laubes, 
den  Xamen  haben  mag  (vgl.  Grimm  Deutsch.  W(>rterb.  III 
1157,  Kluge  Etym.  Wörterb.^  93'',  Heyne  Deutsch.  Wörterb. 
I  833  f.).  Wbarton  Etyma  Lat.  8  setzt  unser  Wort  "=  ahs- 
per  unattractive,  abs-{-p)arö  {aee  jjaupter)",  überlässt  es  jedoch 
dem  Leser,  sich  auszudenken,  wie  durch  Zusammensetzung 
von  ahs  mit  paräre  'bereiten,  verschaffen'  der  Sinn  "unattrac- 
tive" zu  Staude  komme;  abgesehen  jedoch  auch  von  dieser 
Schwierigkeit,  gälte,  dass  'nicht  anziehend,  reizlos',  um  mit 
AVharton  a.  a.  0.  118  unter  vultus  zu  reden,  "gives  to  weak 
a  meaniug",  mit  so  mattem  und  farblosem  Allgemeinbegriffe 
liesse  sich  die  in  asper  liegende  charakteristische  Grundvor- 
stellung schwerlich  erfassen. 

Das  relativ  Beste,  namentlich  in  begrifflicher  Hinsicht, 
lehrte  über  asper,  unter  angebrachter  Verwerfung  der  Cors- 
senschen  Deutung  als  'hoffnungslos'  aus  ah  und  spes  (Ausspr. 
Vokal.  II-  593.  870),  Postgate  'Some  Latin  and  Greek  ety- 
mologies'  (Philological  Society  Cambridge  1881)  S.  5  f.  des 
Separatabzugs:  ein  "^acs-pero-s,  das  zu  Grunde  liege,  habe 
die  Bedeutung  "prik-causing"  oder  "prickly"  gehabt  und  finde 
in  seinem  ersten  Bestandteile  Anknüpfung  an  lat.  ac-ie-s,  ac-ti-s, 
äc-er,  griech.  ctK-po-c,  dK-,uri  und  ÖKpiöeic  'eckig,  scharf,  rauh' 
nebst  übrigem  Zubehör,  formal  zunächst  der  -s-Erwxiterung 
wegen  an  griech.  oH-u-c  'scharf,  sowie  an  lat.  astu-s  'List' 
gemäss  dessen  —  freilich  ganz  unsicher  bleibender  —  Zurück- 
führung  auf  *flcs-f?^,v  'Schärfe'  (G.  Curtius  Grundzüge-'  131). 
Ich  meine  aber,  dass  die  Wortbildung  von  asper  dabei  schwer 


16  Hermann    Osthoff, 

ZU  rec'littertigen  sein  würde.  Postgate  lässt  die  Wahl  zwischen 
zwei  Mr»g-lichkeiteii.  Entweder  sei  '^acs-pero-s  "a  Compound 
like  opi-paru-s,  e  being  tbr  a  a.s  in  puer-per-a'' \  in  diesem 
P'alle  wüsste  ich  mit  dem  Sinne  'rauh'  =  'Stacheln  bereitend, 
Schärfen  erzeugend'  nicht  zwanglos  zurecht  zu  kommen.  Oder 
es  sei  "more  probably"  das  -pet'  "a  corruption  of  -ter'',  so 
dass  asper  dem  lit.  asz-trü-s,  abulg.  oi^frü  '  scharf,  auch  dem 
avest.  ash'fra  F.  'Stachel,  Dolch'  und  aind.  äsh-trd  'Stachel' 
in  Wurzel  und  Suffix  nahe  stünde  ;  das  aber  scheint  mir  laut- 
gesetzlich Bedenken  zu  erregen,  da  das  Material  bei  Corsseii 
Ausspr.  Vokal.  I-  178,  worauf  Postgate  verweist,  keineswegs 
einen  Lautwandel  von  -.s-^  zu  lat.  -sp-  stützt. 

Auf  richtiger  Fährte  wird  wohl  Wharton  hinsichtlich  des 
ersten  Wortteils  von  asper  gewesen  sein,  indem  er  ahs  darin 
suchte.  Ich  möchte  es  aus  "^ap-sper-o-s  deuten:  es  war  eigent- 
lich 'abstossend,  wegschnellend,  was  hinwegzucken  macht', 
Avie  ein  spitziger  Gegenstand  bei  der  Berührung,  eine  rauhe 
Oberfläche  beim  Drüberhinfahren;  der  zunächst  auf  die  Re- 
aktion der  Tastnerven  gegen  widrige  Gefühlseindrücke  gehende 
Terminus  wurde  später  zur  Bezeichnung  unangenehm  empfun- 
dener Siuneseindrücke  im  allgemeinen. 

Wurzelhaft  stellt  sich  a-sper  in  seinem  Schlussteilc  also 
zu  sper-no  'stosse  weg,  trenne,  entferne',  'verwerfe,  verschmähe, 
verachte',  ferner  zu  griech.  CTiaipuu,  d-CTraipuj  'zucke,  zappele', 
'sperre  mich,  widerstrebe',  ags.  asächs.  ahd.  spiirnan  'mit 
dem  Fusse  stossen,  treten',  aisl.  sporna  "anstossen',  spyrna 
dass.,  aisl.  sperna  ags.  speornan  dass.,  ahd.  fir-spirnit  'stösst 
an,  tritt  fehl'  (Otfr.),  aisl,  spore  ags.  spora  spura  ahd. 
sporo  'Sporn',  lit,  spiriü  spirti  'hinten  ausschlagen,  mit  dem 
Fusse  stossen',  lett.  spehi  spert  dass.,  lit.  at-sjxira-s  'Wider- 
stand', aind.  sphiir-d-ti  'schnellt'  trans.  und  intraus.,  'stösst 
weg,  zuckt',  avest.  fra-sparat  'schnellte  hervor'.  Nicht  nur 
mit  lat.  a-sper näri  kommt  a-sper  als  Kompositionsbildung  in 
beiden  (Jliedern  überein,  sondern  auch  mit  aind.  ved.  dpa 
sphärish  Aor.  Injunkt.  'schnelle  weg,  entziehe  dich  rasch', 
apa-sphür-d-s  Adj.  '  wegstossend,  wegschnellend,  ausschlagend' 
(vom  gährendcn  Soniatrank),  ('ni-djni-sphur-,  än-apa-sphnr-a- 
und  dn-apa-sphur-ant-  'nicht  wegstossend,  nicht  wcgschnel- 
lend,  sich  nicht  entziehend'  i  von  einer  Milchkuh,  die  sich  ge- 
gen   das   Melken    nicht    sträubt).     Wofern    nicht    "'■'■(ip-sper-o-s. 


Griechische  und  lateinische  Wortdeiitung-en.  17 

sondern  vielmehr  ein  ''■'(ip-sjjar-o-s  die  dem  lat.  asper  zu  Grunde 
lieg-ende  Form  gewesen  sein  sollte,  würde  es  mit  dem  aind. 
apa-sphür-a-s  Laut  für  Laut  sieh  decken  unter  Voraussetzung 
eines  Urgebildes  "^apo-splirr-o-s  "wegstossend';  lat.  ital.  ar  = 
idg.  i-r  nach  Verf.  Transactions  of  the  Amer.  philol.  assoc.  XXIV 
52  und  .Aleillet  :\Iem  de  la  soc.  de  linguist.  VIII  279  f. 

Schliesslich  seien  noch  ein  ])aar  Begriffsanaloga  erwähnt, 
die  unsere  Autfassnng  des  ((S2)ei'  'rauh'  als  'abstossend'  stützen 
k(hnien.  Lit.  fra/ih-u-s  'holperig'  war  eigentlich  'stosscnd', 
als  zugehörig  zu  trenkia  frefildi  'heftig  stossen',  trank f/fi  iter. 
dass.,  l-tranka  'Anstoss',  pa-tranJcä  'lioli)riger  Weg'  (Les- 
kien D.  Ablaut  d.  Wurzeis.  im  Lit.  ?)i)2.  I).  Bildung  d.  Nom. 
im  Lit.  250),  "tranküs  kelias,  ein  Weg,  auf  welchem  sich 
der  Wagen  beim  Fahren  vielfach  stösst"  (Kurschat  Litt. -deutseh. 
Würterb.  461 '^i;  fälschlich  lässt  Bechtel  Bezeichn.  d.  sinul. 
Wahrnehm.  1(]  in  lit.  traiikn-s  das  'rauhe'  passivisch  als  "das 
abgestossene,  brüchige"  bezeichnet  sein.  Ahnlich  stellt  sich 
ferner  abulg.  ^jr^(fZ?/i^7  'asper'  zu  predafi  'springen'  (Bechtel 
a.  a.  0.).  Im  Latein  selbst  salehra  'holprige  Stelle  des  We- 
ges', sülehrö.sus  ""holperig,  uneben,   rauh'  zu  salire  'springen'. 

11.  indütiae  und  hellum. 
Gewiss  treffend  hat  man  lat.  dueUu-m  hellu-m  und  jjer- 
dueUi-s,  per-diieUlo  zu  griech.  homer.  bdi  Lok.  'in  der  Schlacht' 
aus  *baJ^-i,  biiio-c  'feindlich,  Feind',  wofür  bsj^-io-c  bei  Alk- 
nian,  gestellt;  so  Frrdide  BB.  III  5  und  Leo  Meyer  ebenda 
III  77  ff.  Vergleich.  Gramm.  P  62.  194  f.  658.  Wenn  Kluge 
Etym.  Würterb.''  424^'  und  Franck  Etym.  woordenboek  d. 
nederl.  taal  1044  von  der  Anknü[)fung  des  hellu-m  an  das 
Zahlwort  dao,  bis:,  sowie  an  ndid.  nhd.  zielst,  mul.  nnl.  twist 
'Entzweiung,  Streit'  noch  nicht  loskonnnen  können,  so  sollte 
wenigstens  der  Klugesche  Weg,  dies  Etymon  vermittels  einer 
"Grdf.  '"'dwerlo-  für  *dwisJo-"  zu  rechtfertigen,  als  ein  durch- 
aus ungangbarer  erkannt  werden;  aus  '^dicislo-m  wäre  nur 
ein  lat.  Huht-ni,  nicht  beUu-m,  hervorgegangen.  Al)er  Lud- 
wig Lange  hat  in  seiner  Abhandlung  "de  dueUl  vocabuli  ori- 
gine  et  fatis  commentatio"  üniversitätsprogr.  Leipzig  1877  = 
Lange  Kleine  Schriften  aus  d.  Geb.  d.  klass.  Altertumswiss. 
II  354  ff.  genügend  dargetlian,  wie  ül)erhau))t  jene  alte  Auf- 
fassung des  belluni  als  'Zweikam])f'  oder  auch  'Entzweiung' 
auf  allerlei  begriffsgeschichtliche  Schwierigkeiten  stösst. 

Imlogennanische  Forscluingcii   VI  l  u.  2.  9 


18  Hormann   Osthoff, 

Laiig-es  eigene  etymologische  Aufstellungen,  die  darin 
gipfelten,  dass  dn-elhi-m  h-enu-m  im  Sinne  von  'ineursio'  aus 
einer  Wurzel  dn-  'gehen,  sich  hewegen,  eingehen'  abgeleitet 
werden  sollte,  wurden  von  Leo  Äleyer  in  dessen  Aufsätze 
über  '"indvtlae  und  helJum"  BR.  III  74  f^.  eingehender  be- 
kämpft und  teilweise  durch  besseres,  eben  die  Beziehung  zu 
bat,  biVio-c,  ersetzt.  Doch  scheint  mir  Lange  in  dem  einen 
Punkte  Recht  zu  behalten,  dass  er  Kleine  Schriften  II  oTT  tf. 
in-dü-tiae  '  Wagenstillstand ,  Wafifenfrist ',  übertr.  'Stillstand, 
Ruhe,  Stille  (der  Nacht)',  'Frist  (bei  Steuerzahlungen)',  auch 
formal  als  Gegensatz  von  dii-elhi-m  h-eJlu-m  anerkannt  wissen 
wollte  und  also  betonte,  dass  jenes  auf  die  gleiche  Wurzel 
wie  dieses  zurückzubringen  und  in  dem  in-  das  privative  Präfix 
=  griech.  d-,  aind.  avest.  a-,  germ.  un-  zu  sehen  sei, 

'Waffenstillstand'  als  eine  Unterbrechung  der  kriegeri- 
schen Operationen  ist  gleichsam  eine  Verneinung  des  Krieges; 
in-dü-tiae  somit  eigentlich  'die  Xicht-Befeindungen'.  Dieselbe 
Idee  liegt  zu  Grunde,  wenn  die  Romanen  von  dem  Hinstelleu 
der  Waffen  in  Italien,  armistizio,  franz.  engl,  armi.stice,  wir 
desgleichen  in  Waffen- Stillst  and,  die  Griechen  von  dem  Hand- 
zurückhalten in  ihrem  eKexeipiä  den  Ausdruck  für  die  'Ein- 
stellung der  Feindseligkeiten'  gewinnen. 

Im  Vergleich  mit  einer  solchen  sehr  signifikanten  Be- 
zeichnungsweise wäre  es  gewiss  viel  blasser  und  matter,  wenn, 
wie  nach  Gerhard  Johann  Voss  (vgl.  Lange  Kleine  Schriften 
II  379)  Leo  Meyer  a.  a.  0.  76  f.  und  Whartou  Etyma  Lat.  47 
lehren,  in  indfdiae  die  Wörter  indu  und  ötium  'Ruhe  von 
Geschäften'  enthalten  wären;  mag  auch  immerhin  ein  -ütiae 
mit  otiu-rii  nach  der  neuesten  Deutung  dieses  aus  ^'ovefio-m 
oder  '^ai-efio-7)i  (Solmsen  Stud.  z.  lat.  Lautgesch.  95)  formal 
gut  vereinbar  erscheinen.  Formal  unanstössig  wäre  auch  der 
Vorschlag  Breal-Baillys  Dictionn.  etym.  lat.  134'^,  indiitiae 
als  *endo-itiae  "  Convention "  aufzufassen  (vgl.  auch  Schweizer- 
Sidler  u.  Surber  Gramm,  d.  lat.  Spr.  I-  i?  21,  11  S.  25  und 
Stowasser  Lat.-deutsch.  Schulwörterb.  547  *),  und  er  kihmte  sich 
begrifflich  auf  das  griech.  CTiovbai  'Vertrag,  Bündnis'  und 
'Waffenstillstand','  etwa  auch  auf  italien.  span.  tregna,  portug. 
tregoa,  provenz.  ti^eva,  franz.  trere  aus  ndat.  fr^^^^^^y« 'Waffen- 
stillstand', eig.  'Sicherheit,  Bürgschaft',  von  ahd.  triiaca,  asächs. 
trtiuca,  ags.  treoic  'Treue',  got.  friggica  'Vertrag'  (Diez  Etym. 


Griechische  und  lateinische  Wortdeutung-en.  19 

Wörterb.  d.  rouiau.  Spr."*  326  f.,  Körting  Lat.-roman.  Wörterb. 
734  No.  8349,  Kluge  Etym.  Wörterb.  d.  deutsch.  Spr.'^381^) 
stützen.  Aber  wenn  auch  inlre  societäfem  Cic,  foedus 
Prop.  u.  Isid.,  ja  selbst  indütias  Plin.  pan.  XI  5  gesagt 
wird,  ebenso  griech.  ecievai  ec  CTTOvbdc  Thuc,  so  ist  doch 
zu  bezweifehi,  ob  in-ire  oder  ein  ^endo-lre,  griech.  eic-ievai 
auch  absolut  vom  '  Vertragschliessen '  hätte  gebraucht  wer- 
den können;  eher  würde  man  für  'Vertrag,  Übereinkunft' 
aus  einer  Wurzel,  die  'gehen,  kommen'  ausdrückt,  eine 
Bildung  durch  Zusammensetzung  mit  com-,  co-,  nach  Ana- 
logie von  co-ire  {societäfem,  in  foedera,  in  amicitiam),  von 
con-venire,  con-renfio  —  vgl.  quaedam  parva  contra  pdeni 
c  o  n  V  ent  i  ö  n  i  s  tempore  i  n  d  ü  t  i  ü  r  u  m  facta  Liv.  XXVII 
30  —  und  con-ventuni,  auch  nach  griech.  cuvievai  lec  tojutö 
Her.,  Euvioucujv  tojv  TrpuuTUJV  -rröXeuuv  Thuc.)  und  cu,u-ßaiveiv, 
cuu-ßaci-c,  erwarten  dürfen.  Gegen  die  Erklärungen  aus  indu 
-\-öt(um  und  ""'endo-ifiae  wendet  sich  auch  Stolz  Festgruss 
aus  Innsbruck  an  die  XLII.  Versamml.  deutscher  Philol.  und 
Schulmänner  zu  Wien  107  f.  Histor.  Gramm,  d.  lat.  Spr.  I 
153,  desgleichen  gegen  die  von  Georges  Ausführl.  lat.-deutsch. 
Handwörterb.  II''  176  vertretene  Auffassung  als  "tempu.s 
indutum  od.  insertum,  d.  i.  eine  .Schaltzeit,  welche  die  Kriegs- 
zeit auf  eine  Weile  unterbricht".  Aber  wenn  Stolz  meint, 
das  Partizip  Indatu-s  von  induo  'ziehe  an,  lege  an,  bekleide' 
sei  insofern  wohl  herauziehbar,  als  eine  Redensart  feriäs 
induere  'Ruhetage  eingehen'  existiert  haben  kr»nne,  so  will 
mir  diese  ^löglichkeit  liei  Erwägung  des  Sprachgebrauchs  von 
induere  auch  keineswegs  sonderlich  einleuchten. 

In  morphologischer  Hinsicht  wird  man  aber  Georges  und 
Stolz  wohl  darin  folgen  dürfen,  dass  indütlae  als  Al)leitung 
aus  einem  Partizip  auf  -ü-to-s  zu  passieren  habe,  nach  der 
Weise  der  von  Stolz  herangezogenen  minü-t-iae  und  argü-t-iae. 
Freilich  könnte  die  ursi)rüngliche  Wurzelgestalt  el)enso  gut,  wie 
dii-,  auch  ""'(lau-  gewesen  sein,  so  dass  ''■in-dan-t/a/  die  Ablauts- 
vollstufe mit  dem  homer.  ba(/)-i  Lok.  geteilt  haben  würde ; 
das  archaische  indotiarum  Cic.  legg.  119,21  deutet  vielleicht 
auf  alten  Diphthong  hin,  gemäss  Lindsay  The  Latin  language 
248  if.  Die  Suftixl)ildung  unseres  in-dn-tiae  war  jedenfalls  genau 
sOjWie  die  von  nup-tiae  zu  nüho\  auch  an  com-i-tiae,  die  seltenere 
und  spätere  Nebenform  von  com-i-tia  Ntr.,  darf  mit  P)real-]jailly 


20  Henna  11)1   Osthoff, 

a.  a.  0.  erinnert  werden.  Will  man  nun,  demg:emäss  wie  ja 
grä-t-ia  grd-t-iae  doch  wohl  anf  grä-fu-s,  vielleicht  so  mip-f- 
-iae  auf  nup-ta  Part.  Fem.,  grieeh.  Gu-c-ia  auf  *9u-tö-c  (vg-l. 
Ou-xe-o-v)  oder  Gu-xii-c,  upo-bo-c-iä  auf  Trpö-bo-TO-c  oder  irpo-bö- 
-Tr|-c  lieruht,  so  lat.  in-dü-f-iae  zunächst  auf  ein  '^in-dü-to-a 
J^art.  'unbefeindet'  oder  aktivisch  'nicht  bekämpfend,  nicht 
feindselig-'  zurückleiten,  so  trifft  man  damit  jedenfalls  der  Idee 
nach  bei  der  uisprünglichen  Nichteinheitlichkeit  des  Suffixes 
-t-yü-  das  richtige. 

Der  Plural  drückt,  sowie  nup-tiae  eigentlich  'Hochzcits- 
feierlichkeiten,  Inbegriff  der  Vermählungsfeierlichkeiten'  sind, 
so  auch  in  in-dü-tiae  kollektivisch  den  'Inbegritf  aller  einzelnen 
durch  den  temporären  Waffenfrieden  bedingten  Akte',  also 
ungefähr  auch  'Zustand  der  Nichtbefehdung-'  aus.  Ähnlich  so 
der  Plural  in  excnh-iae,  exsequ-iae,  Infer-iae,  Insld-iae  u.  dgl. 
mehr.  Am  ähnlichsten  unserem  Falle  in  iiiirmci-fiae,  als  einer 
Art  begrifflichen  Gegensatzes  zu  fu-dü-tiae;  übrigens,  sowie 
selteneres  inimlci-tia  Sing,  neben  der  g-ewöhnlichen  Pluralform, 
so  wird  auch  ein  Singular  In-dü-tia  als  bei  den  "scri])tores 
veteres  nonnunquam"  vorgekommen  durch  Gell.  XIX  8,  13  be- 
zeugt (Neue  Formenl.  d.  lat.  Spr.  1-  467,  Ludwig  Lange  Kleine 
Schriften  II  381).  Man  vergleiche  jetzt,  was  Delbrück  Ver- 
gleich. Syntax  I  §49  S.  103  ft".  ül)cr  die  Wahl  des  Plurals  zur 
Bezeichnung  von  "Zeitabschnitten,  Festen,  Mahlzeiten",  bei 
denen  "an  mehrere  Handlungen  oder  Vorgänge,  Abschnitte 
usw.  gedacht  wird",  lat.  nupt/ae,  fer'iae  und  idüs,  calendae, 
nündinae,  griech.  yö^oi»  tacpai  und  Tdqpoi,  ahd.  hrüflouftl, 
zUi,  lit.  derybos  'Verlobung,  Verloliungsfest',  ziralgal  'Braut- 
schau', szermens  und  szermeni/s  'Begräbnismahr,  russ.  pocho- 
rony  'Beerdigung'  u.  dgl.  bemerkt:  insbesondere  teilt  ja  auch 
das  griech.  crrovbai  'Vertrag,  Waffenstillstand'  diese  Eigentüm- 
lichkeit. 

12.  queo. 

Die  Etymologie  des  lat.  (lueo  'ich  kann,  vermag'  ist  von 
jeher  eine  viel  umstrittene.  Mit  den  meisten  der  angestellten 
Deutungsversuche  sind  ihre  Urheber  allein  stehen  g-ebliel)en 
oder  haben  nur  den  Widerspruch  von  Seiten  anderer  hervor- 
g-erufen.  Man  braucht  nur  die  ]\Iehrzahl  dessen,  was  ver- 
griciclisweise    herl)eigczogen    worden    ist,    einfach    aufzuzählen, 


Griechische  und  lateinische  Wortdeutungen.  21 

lim  den  urteilsfähig-en  Leser  die  sei  es  lautliche  und  mor])ho- 
logische  sei  es  begTÜfliche  Unlialtbarkeit  oder  wenigstens 
Schwierigkeit  der  betreffenden  Kombinationen  unmittelbar 
selbst  emptinden  zu  lassen.  Irgend  ein  brauchbares  Körnchen 
mag  freilich  bei  näherem  Zusehen  noch  zu  entdecken  sein 
anter  dem  folgenden,  was  Revue  passiert. 

Lat.  g?f?-,v  Pron.  'wer',  qiu  Ady.  'wodurch,  wovon,  wie': 
Döderlein  Lat.  Synom.  u.  Etym.  IV  160  ff.,  Breal  Mem.  de  la 
SOG.  de  linguist.  VI  127  f.  Griech.  Koeuu  'höre,  merke':  Döder- 
lein a.  a.  0.  VI  296,  Pott  Personennamen  125;  dag:eg-en  G. 
Curtins  KZ.  IV  238  und  Pott  selbst  Wurzel-Wcirterb.  I  459. 
Ai.  gal'-no-ti  'vermag-,  ist  im  Stande,  kann',  cdk-ü-sh  'Ver- 
mögen, Kraft,  Fähigkeit,  Geschick',  calx-rd-s  'stark,  vermö- 
g;end',  cdc-i  'Anstelligkcit,  Geschicklichkeit,  Hilfeleistung-',  aisl. 
Jiag-r  'geschickt',  Iwga  'anordnen',  hwg-r  'passend,  behaglich', 
^gs.  on-J}a;^i((n,  as.  hi-Jiagön  'passen,  g-efallen',  mhd.  hagen, 
he-Jiagen  'gefallen,  behag-en',  ahd.  hi-hagan  Part,  'frisch,  freu- 
dig-, behaglich':  Benfey  Griech.  Wurzellex.  II  160,  Bopp  Gloss. 
Sanscr.3  379'^;  dag-egen  Froehde  Beitr.  z.  lat.  Etym.  Progr. 
Lieg-nitz  1865  S.  XIII.  Ai.  ci-nö-ti  'schichtet,  sammelt', 
ci-l'e-ti  'ninnnt  wahr,  bemerkt,  sucht  auf,  forscht  nach',  cdy- 
-a-te  'rächt,  straft',  cdt/-a-ti  'hat  Scheu  vor,  verehrt',  g-riech. 
Tt-vu-)aai 'strafe,  räche  mich',  tivuu  'büsse',  xiuu  'schätze,  ehre': 
A.  Kuhn  in  seiner  Zeitschr.  II  390  f.;  dag:eg-en  Froehde  a.  a.  0., 
Pott  Wurzel-Wörterb.  I  459  und  Breal  a.  a.  0.  Lat.  sclo  'ich 
weiss':  zweifelnd  Pott  Personennamen  125.  Wurzel-Wörterb.  I 
459.  704.  Griech.  tti-vu-tö-c  'verständig,  klug-,  einsichtsvoll', 
vri-TTio-c  'unmündig,  kindisch,  töricht',  dazu  auch  Troieuu  'ich 
mache,  schaffe,  verfertige':  Froehde  a.  a.  0.  XII  ff.;  dagegen 
Bugge  KZ.  XIX  411,  G.  Curtius  Grundzüg-e  d.  griech.  Etym."* 
471  und  Bezzenberger  in  seinen  Beitr.  II  272.  Ai.  l-sJidyafi 
^besitzt,  verfügt  über,  beherrscht',  l-shafi-d-m  N.  'Herrschaft, 
Macht,  Gewalt',  av.  l-hshai/ete  Med.  'herrscht,  ist  mächtig,  be- 
sitzt, vermag-',  khshathrem  apers.  l-Jishatra-m  X.  'Herrschaft, 
Eeich',  a])ers.  Ihsldi/afhl/ja  'König-',  g-riech.  Kidoiaai  'erwerbe 
mir',  KfeKTimai  'besitze',  abg-.  sl-ofü  'Vieh':  Fick  Vergleich. 
Wörterb.  I^  233.  305.  438.  ll  ^  265  (zweifelnder  jetzt  h  29. 
192.  392),  Bezzenberger  a.  a.  0.,  Zehetmayr  Analog.-vergleich. 
Wörterb.  366 '"^i  dag-egen  Breal  a.  a.  0.  Cymr.  j>m«  'to  own, 
to  possess':  Whartou  Etyma  Lat.  84. 


22  Hermann   Osthoff, 

Die  meiste  und  vcrbreitetste  Anerkeunuug  hat  noch  der 
Anschluss  des  lat.  queo  an  die  Sippe  von  ai.  cdv-as  N.  'Über- 
legenheit, Stärke,  Heklenkraft',  qävira-s  'mächtig',  cü-cuv-e 
Perf.  'ist  überlegen,  ist  siegreich',  gü'-ra-s  'kriegerisch,  tapfer, 
Hekr,  ^H-nd-s  'geschwollen',  av.  sav-ö  N.  'Nutzen',  suyamna 
Part.  Präs.  ]\[ed.  'wachsend,  zunehmend',  süidyäl  Inf.  'zum 
Nutzen',  a-silrö  'nicht  stark',  si-t^pimnö  Part.  Med.  'stark,, 
dick',  griech.  ki-ku-c  'Kraft',  d-Kü-po-c  'ungiltig,  ohne  Rechts- 
kraft', KÖ-p-oc  N.  'Gewalt,  Macht',  KÖ-p-io-c  'Herr,  Gebieter, 
Eigentümer'  und  Kueuu  'bin  schwanger',  air.  caur  cur  'Held', 
cymr.  cawr  corn.  caur  'gigas'  und  lat.  in-ciens  'trächtig', 
cu-mulu-s  'aufgetürmte  Masse,  Haufe,  Übermass,  Zuwachs'  ge- 
funden; in  ai.  cv-dija-ti  'schwillt  an'  und  unserm  queo  sah  man 
dieselbe  Präsensbildung.  Vgl.  Pott  Wurzel-Wtb.  I  459.  704, 
Ascoli  Vorles.  über  die  vergleich.  Lautl.  55,  Fick  Vergleich. 
Wtb.  13  60  f.  I"^  44  f.,  Vanicek  Griech.-lat.  etym.  Wtb.  160. 
Etym.  Wörterb.  d.  lat.  Spr.  -  70,  Leo  Meyer  Vergleich.  Gramm. 
I^  86.  601,  King-Cookson  The  principles  of  sound  and  in- 
flexion  133,  Brugmann  Grundriss  d.  vergleich.  Gramm.  II 
§  715  S.  1073.  §  717  S.  1075.  §  790  8.  1146  f.  §  802  S.  1161^ 
Persson  Wurzelerw.  u.  Wurzelvar.  114,  Solmsen  Stud.  z.  lat. 
Lautgesch.  54. 

Dieser  also  weiter  verbreiteten  Ansicht  ist  zunächst  ein. 
semasiologisches  Moment  nicht  günstig.  Nach  allgemeiner  und,^ 
so  weit  ich  sehe,  unwidersprochener  Anschauung  bezeichnet  queo 
nicht  das  'können'  als  'Macht,  Kraft  haben';  das  thut  viel- 
mehr im  Lateinischen  pos-sum,  allenfalls  auch  noch  valeo.  Dem 
queo  kommt  dagegen  die  Rolle  zu,  dass  es  ausdrückt  'in  der 
Lage  sein',  d.  i.  so  viel  als  'durch  die  Umstände,  die 
äusseren  Bedingungen  befähigt  sein  etwas  zu  thun'.  Dies 
führt  vormehmlich  Döderlein  lat.  Synora.  u.  Etym.  IV  159  ff. 
in  Anknüpfung  an  die  Ansichten  von  Vorgängern,  Ernesti, 
Habicht  und  Herzog,  aus  und  bemerkt  unter  anderm,  "dass  die 
Möglichkeit  durch  posse,  k  ö  n  n  e  n,  als  M  a  c  h  t,  und  durch 
quire,  im  Stande  sein,  als  Qualifikation  zu  etwas 
bezeichnet  werde".  Ähnlich  Kraft  Deutsch-lat.  Lex.  11-^  57^^: 
"posse  bezeichnet  die  Möglichkeit,  das  Können  als  Macht,  queo^ 
ich  bin  im  Stande,  als  Qualitikation  (Geeignetheit,  Befähigung) 
zu  etwas  ....  Zwischen  non  possuni  und  nequeo  macht 
man  gew.  den  Unterschied,  dass  das  erstere  sich  auf  die  innere 


Gricchiselie  und  lateinisL-lie  Wortdeutung-eu.  23 

Kraft,  auf  das  moralische  Veniu)i;-en  beziehe,  das  letztere  auf 
das  äussere  Veninig-en,  auf  die  Gelegenheit,  etwas  möglich  zu 
machen,  und  bedeute:  die  Cmstände  erlauben  es  nicht;  es  geht 
min  einmal  nicht;  s.  Herz,  zu  8all.  Cat.  18,  o'\  In  g-leichem 
Sinne  spricht  sich  Georg-es  Ausführl.  lat.-deutsch.  Handwörter- 
buch in  1015.  1919  aus.  Döderlein  betont  auch  noch  "die 
Vergleichung  des  griechischen  oiöc  xe  ei)ui,  welches  sich  nicht 
fühlbarer  von  buvaiaai  unterscheidet  als  queo  von  possum'\ 
Unter  diesem  Gesichtspunkte  liegt  dem  Döderleinschen  Vor- 
schlage, den  später  unabhängig  auch  Breal  machte,  dass  man 
queo  zu  dem  Pronomen  qnis,  insbesondere  aber  zu  dessen  Ad- 
verbialform qiit  'wie'  in  Beziehung  bringen  solle,  allerdings  ein 
berechtigter  Kern  zu  Grunde,  der  sich  uns  hernach  (S.  31  ff.) 
noch  klarer  herausstellen  wird. 

Aber  auch  rein  formalerseits  ist  die  Gleichsetzung  von 
queo  und  ai.  ccdi/änä  nicht  einwandsfrei.  Warum  ist  nicht 
bei  solcher  Herkunft  die  lateinische  Flexion  queo,  "^ques,  ^quet, 
*quenius  usw.,  Inf.  "^quere?  Man  antwortet  bekanntlich:  weil 
von  den  Formen  wie  queo,  Konj.  Präs.  queam,  Part,  quitu-s 
der  Übertritt  in  die  Analogie  des  Paradigmas  eo,  Ivi,  Ire 
'gehen'  veranlasst  wurde;  so  Stolz  Iw.  Müllers  Handbuch  11^ 
3(52  und  Brngmann  Grundriss  d.  vergleich.  Grannn.  II  §  790 
S.  114(5.  Wer  aber  gebührend  erwägt,  dass  dem  isoliert  ste- 
henden und  für  das  Sprachgefühl  sicherlich  abnorm  flektieren- 
den eo  zu  liebe  unser  queo  von  der  Bahn  der  regelmässigen 
Verbalbiegung  der  fieo,  neo,  -pleo,  vollends  das  häutiger  ge- 
brauchte nequeo  von  der  der  vielen  Verlja  mehrsilbigen 
Stammes  auf  -eo,  -ere  abgewichen  sein  soll,  der  wird  solcher 
Annahme  der  Analogie  Wirkung  sich  schon  skeptischer  gegen- 
überstellen; zum  mindesten  würde  er  wohl  den  schwer  zu  er- 
bringenden Nachweis  eines  besonderen  in  den  Bedeutungen 
liegenden  Momentes  verlangen,  welches  die  dem  lateinischen 
Sprachemptinden  angesonnene  Assozierbarkeit  des  queo  mit  eo 
gerechtfertigt  erscheinen  lassen  könnte. 

Allerdings  meint  man,  dass  ein  derartiger  Einfluss  des  eo 
auf  andere  Verba  sonst  sporadisch  vorkomme:  Loewe  Pro- 
dromus  corp.  Glossar.  Lat.  4o9  zieht  aus  Glossen  nit,  neunt, 
das  letztere  auch  aus  dem  Nachahmer  des  Tibull.  III  3,  36, 
hervor  und  erklärt  el)end.  Anm.  1  diese  Formen  von  7ieo  als 
Analogiebildungen  nach  /7.  eunf  von  Zre:  ebenso  Stolz  a.  a.  0. 


24  Hermann    OythoCt', 

Dies  einmal  als  richtig-  ani,^euoiiiiueii,  so  bliebe  das  (loch  iiimier 
ein  vereinzelter  Vorgang-,  solches  gelegentliche  Abirren  des  sonst 
durchaus  im  regelmässigen  Geleise  sich  haltenden  neo,  nere, 
während  bei  queo,  neqiieo  keine  Spur  des  vorausgesetzten  älteren 
Zustandes  übrig  sein  würde.  Es  tragt  sich  aber,  ob  die  Loewe- 
Stolzsche  Ansicht  über  nif,  nennt  so  in  Bausch  und  Bogen 
annehmbar  sei.  Die  o.  Flur,  neunf  kann  nicht  getrennt  werden 
von  anderen  ebenso  beschatitenen  Bildungen  derselben  Person, 
von  doleunf  CIL.  III  No.  3362.  V  No.  ITUO,  doceunfö  Prob, 
inst.  art.  p.  164,  27  K.  (vgl.  Neue  Formenl.  d.  lat.  Sju".  11^ 
433),  zu  denen  noch  censeunt  und  per-teneant  in  den  spät- 
lateinischen Belegen  bei  Schuchardt  Vokal,  d.  Vulgärlat.  II  504 
kommen.  Für  diese  alle  gibt  Schuchardt  die  gewiss  ohne 
weiteres  ansprechende  Erklärung,  dass  sie  durch  die  Analogie 
der  Verba  vierter  Konjugation  auf  -h-e  ins  Leben  gerufen  seien, 
"wie  cen'mnf,  so  feneunf,  und  daher  auch  italien.  tengono 
wie  vengono;  gerade  nur  die  3.  Plur.  auf  -etinf  fehlte  dazu,  um 
den  Parallelismus  der  Präsensüexion  di.'r  Verba  auf  -eo,  -es, 
-et,  Konj.  -eam  und  derer  auf  -io,  -i.s,  -it,  -iam  zu  einem  voll- 
ständigen zu  macheii.  Dass  bei  diesem  Ausgange  -eiint,  wie 
Brugmann  Grundriss  I  i?  134  S.  112  will,  noch  die  Miigliehkeit 
einer  älteren  lautgesct/lichcren  Entwickeluiig.  im  Vergleich  mit 
-ent,  in  Betracht  konune,  daran  ist  bei  dem  meist  sehr  späten 
Auftauchen  der  Formen  nennt,  doleunt  usw.  schwerlich  zu 
denken.  War  aber  nennt  in  der  angegebenen  Weise  entsjjrun- 
gen,  so  mochte  auch  in  ihm  selbst,  ausser  in  neo,  neam,  der 
Anstoss  zu  der  gelegentlichen  Neubildung  der  einzigen  3.  Sing, 
in  der  Form  des  Loeweschen  nit,  nach  Massgabe  von  it  nebi'u 
eunt  und  eo,  eam,  gefunden  werden,  und  hierauf  allein  würde 
sich  somit  der  Einfluss  des  eo  auf  die  Fexion  des  ihm  gleich- 
silbigen  neo  reduzieren. 

Auf  die  Gleichheit  der  Abwandlung  des 
queo,  ne-queo  m  i  t  eo,  ive  ist  in  d  e  r  T  h  a  t  volles  Ge- 
wicht zu  legen.  Sie  erstreckt  sich  sogar  bis  auf  die  mit 
nasaler  Stammerweiterung  auftretende  altlateinische  Piiidung 
der  3.  Plur.  Präs.  Ind.  ne-qulnont  Fest.  p.  162b.  24  M.,  ge- 
mäss deren  formalem  Einklänge  mit  alat.  oh-'innnt,  pröd-inunt, 
red-lnnnf  (Stolz  Iw.  Müllers  Handbuch  H- .■)6r),  zur  Erklärung 
anders  Bru.n-mann  Ber.  üb.  d.  Verhandl.  d.  kdu.  sächs.  (ies.  d. 
Wiss..  pliih.l.-hist.   Kl.   Leipz.  ISOO  S.  -I-ll.  (^rundriss  II   i?  6lö 


Griecliisclu'  u!id  lateinische  Wortdeutung-en.  ?o 

S.  9S4.  §  1022  S.  lo()G  und  Holg-er  rederscn  IF.  II  302 
nach  Jdliaiissoii  Akad.  afhaiidl.  til  Prof.  S.  Biig-g-e  30  ff.); 
zu  gosc'hweigen  des  Ühereiutreffcus  in  sonstig'cn  Einzelheiten, 
z.  1).  der  Doppell)ildung-  des  Perfekts  qulvit  neqiurif  und 
quiit  nequiit,  wie  n-if  und  ah-ilt,  der  Verkürzung-  der  -><t- 
uud  -.s'.s^-Formen  des  Perfekts  und  Plusquamperfekts  hQ\  quistls 
nequlstl,  qulsse  nequlsse,  qiüssent  neqiüsseiit ,  wie  bei  Isti, 
tsse,  issem.  Die  Beleg-e  für  das  Zusammengehen  ersieht  mau 
im  Einzelnen  bei  Neue  Formenl,  d.  lat.  Spr.  11^  413,  433.  513. 
514  ff.  517.  518.  519.  520.  521  f.  525.  526.  582.  607  ff.  Nur 
in  einem  einzigen  Punkte  hat  sich  queo  von  eo  einen  Schritt 
eutfeint:  zur  Seite  von  quiens,  Oen.  queuntis,  wie  iens,  euntis, 
ist  dort  durch  Ausgleichung  mit  der  grossen  Mehrzahl  der 
Partizi})iunisformen  ein  queens  zustande  gekommen,  das  nach 
Quint.  VIII  3,  33  H.,  wie  nach  demselben  II  14,  2  H.  das 
Nomen  queentia  'das  Können,  Vermögen',  wohl  für  eine  reale 
histoi-Jsche  Grösse  zu  halten  ist  i^vg-l.  Georges  Ausführl.  lat,- 
deutsch.  Handwörterb.  II  '^  1919^),  während  in  den  "Worten 
Priscians  De  nom.  et  pronom.  70  p.  456,  22  K.  "euphoniae 
causa  iens  \)yo  eens  et  quiens  pro  queens"  das  eens  und  que- 
ens augenscheinlich  nur  als  grammatische  Versuchsformen  figu- 
rieren. 

Die  Frage  nun,  wie  diese  vtillige  Gleichheit  der  Flexion 
entstanden  sein  könne,  lasst.  S(»  viel  ich  sehe,  an  und  für  sich 
eine  dreifache  Peantwortung  zu. 

Erstlich :  queo,  ursprüng-Iich  anders  flektierend,  schloss 
sich  wirklich  frühzeitig  heteroklitisch  werdend  dem  Vorbild 
des  eo,  Ire  an.  Hätte  man  die  Sache  so  anzusehen,  dann 
brauchte  aber,  dünkt  mich,  immer  noch  nicht  das  aind.  qvä- 
yämi,  das  nun  einmal  in  seiner  Bedeutung  nur  ung:enügend 
zu  queo  stimmen  will,  herangezogen  zu  werden.  Eher  schon 
würde  mir  gefallen,  an  das  von  Benfey  und  Bojjp  vei'g-licheue 
aind.  rak-no-ti  'vermag,  kann'  so  anzuknüpfen,  dass  man  einen 
aus  tiefststutiger  Wurzelform  hervorgegangenen  durch  Verbal- 
suftix  -e-  erweiterten  Stannn  indog.  "^cq-e-  ^=  lat.  ^que-  auf- 
stellte, sowie  ja  pl-e-  in  lat.  -pJeo  auf  pel-  'füllen'  beruht; 
die  Geltung  des  -Ä'-  von  aind.  cal--  als  Labiovelars  =  idg.  -q- 
könnte  gestützt  erscheinen  durch  die  Zusammenstellung  der 
keltischen  -/>-Fornien  ir.  coJ>  'Sieg,  Siegeskraft',  gall.  Coh-ner- 
tus    mit    tler    altiudischen  -//-Form   ved.  (^ag-nni-s  ' vermfigend, 


26  Hermann    O^tholf, 

kräftig-,  liiltVcic'ir  (Fick  Vergleich.  W.irterb.  I'  45.  425,  Verf. 
IF.  IV  '26(y).  Allein  es  würde  doch  wohl,  da  ne-queo  augen- 
scheinlieh eine  Zusannnenriickung  älteren  Datums  ist  und  an 
Häutigkeit  des  Gebrauchs  so  entschieden  überwieg-t  vor  dem 
manchen  Schriftstellern,  wie  Caesar,  Sallustius,  Curtius,  ganz 
abgehenden  Simplex  queo  (vgl.  Döderlein  Lat.  Synou.  u.  Etym. 
IV  161),  bei  solcher  Auffassung  die  eine  oder  andere  Spur 
eines  *necqueo  zu  erwarten  sein.  Dazu  kommt  nun  die  her- 
vorgehobene allgemeine  ünwahrscheinlichkeit  der  Umwandlung 
einer  dem  Sprachgefühl  schwerlich  befremdlich  werdenden 
Flexion  queo,  '^qiies,  *quet  nach  dem  einzigen  Muster  eo,  is,  it. 

Zweitens:  die  gleiche  Konjugation  von  queo  und  eo 
könnte  daher  rühren,  dass  es  von  einer  AVurzel  idg.  qe/j-  (oder 
auch  cicey-,  Tcweij-)  seit  grundsprachlicher  Zeit  dieselbe  alte 
Präsensbildung  nach  der  Wurzelklasse  gal),  wie  ^eijini  =  aind. 
emi  avest.  aeimi  griech.  eiui  lit.  ehu/  von  ei/-,  und  dass  sol- 
ches ^qey-m'i  im  Lateinischen  in  formaler  Hinsicht  genau  die- 
selbe Entwicklungsgeschichte  hatte,  wie  das  durch  lat.  eo 
fortgesetzte  ^etj-mi.  Zur  Voraussetzung  eines  derartigen  ur- 
alten Flexionsparadigmas  idg.  '^qeij-mi,  *qei/-.si,  "^qeij-ti  liegt 
aber,  soweit  ersichtlich,  nirgends  ein  bestimmter  etymologischer 
oder  anderweitiger  Anhalt  vor. 

Eine  dritte  und  letzte  ^löglicbkeit  ist  die,  dass  queo  und 
eo  darum  sich  wie  ein  Ei  dem  anderen  in  ihrer  Flexion  glei- 
chen, weil  in  qu-eo,  ne-qu-eo  thatsächlich  das  Verbum  eOy 
Ire  selbst  steckt.  Diese  Ansicht  möchte  ich  vertreten  und 
hier  begrifflich  und  formal  zu  stützen  suchen. 

"Es  geht  nun  einmal  nicht",  heisst  es  zur  Erläuterung 
des  spezifischen  Gebrauchs  von  ne-qu-eo  in  den  vorhin  S.  22  f. 
ausgeliobenen  Worten  des  Kraftschcn  Lexikons.  Die  Über- 
setzung mit  unserem  'gehen'  stellt  sich  zunächst  ungesucht 
zur  Verfügung,  wenn  das  Subjekt  zu  </«eo,  ne-queo  ein  säch- 
liches mit  dem  Passivintinitiv  ist;  man  vergleiche  nur  quod 
solidum  est  flectique  nequit  Ov.  met.  I  409,  id  quidem  im- 
petrarl  nequi'it  Liv.,  multa  quae  repnräri  nequ'ihant  Taq. 
mit  deutschen  Wendungen  wie  der  Stiefel  geht  nivJif  anzu- 
ziehen, der  Deckel  geht  nicht  zuzumachen,  es  ging  nicht 
fertig  zu  machen.  Diese  letzteren  verzeichnet  Hildebrand 
Grimms  deutsch.  Wörterb.  IV  1,  2A'.V^  und  bemerkt  erläuternd 
dazu:  "Dabei  schlich  sich  dann  ein  J)e;;rit1'  ein  und  verwuchs 


Griechische  und  lateinische  ^Vortdent^^ly•en.  27 

mit  gehen,  der  erst  recht  eigcutlieh  jenes  8elbstwillii2:e  der 
Dinge  ansdriiekt,  der  der  Mög-lichkeit,  eig-entlich  der  Wil- 
ligkeit oder  Unwillig-keit  der  Dinge";  daher  "dann  auch  be- 
jahend (lau  (jeht,  ist  thnnlich,  möglieh,  schon  im  16.  Jh." 
Ferner  bei  Hildebrand  ebend.  2461  die  Sachen,  so  ifzt  gehen 
auszurichten  aus  Lnther  belegt,  dies  "mit  dem  Begritt"  der 
Notwendigkeit",  jedoch  "anch  das  blosse  gehn  so  von  .Mög- 
lichkeit, Thnnliehkeit,  d.  h.  die  Dinge  wie  selbstwillig  be- 
handelt"; weiteres  Ijei  Hildebrand  ebend.  2474  über  das  ab- 
solute es  geht  "auch  wieder  von  ^Möglichkeit,  Thunlichkeit, 
in  Hinsicht  auf  eine  Hemmung,  die  dem  es  in  den  Weg  tritt". 

Wenn  im  Lateinischen  bei  der  erwähnten  Verbindung 
mit  dem  Intin.  Pass.  in  der  Sprache  der  vorklassischen  Schrift- 
steller und  zuweilen  deren  Nachahmer  auch  queo  und  ne-iiueo 
selbst,  wie  übrigens  desgleichen  possuni,  sich  mit  der  passiven 
Form  bekleiden,  z.B.  in  sl  nön  saräri  qultur  Caecil.,  unde 
omnia  perdiscl  ac  percipl  queuntur  Att.,  neque  vi  impelU 
neque  prece  qiiitus  suni  id.,  forma  in  tenehris  nösci  nön 
quita  est  Ter.,  supplen  summa,  queätur  Lucr.,  nee  suhig'i 
queantur  umquam  Plaut.,  nequltur  compriml  id.,  fänuni 
nequitum  fest)  exauguräri  Cat.,  in  potestur  investlgäri 
via.  Pacuv.,  bell  um  gen  poterätur  Cael.  Antip.,  cum  nön 
possetur  decernl  Claud.  Quadrig.  (Neue  Formenl.  d.  lat. 
Spr.  II 2  603.  609,  Kühner  Ausführl.  Gramm,  d.  lat.  Spr.  II 
1  §  125,  2  S.  498,  Georges  Ausführl.  lat.-deutsch.  Handwör- 
terb.  IV  1015.  1606.  1919),  so  ist  das  nur  eine  sekundäre 
Erscheinung,  als  derselbe  Prozess  formaler  Attraktion,  der  all- 
gemeiner bei  coeptus  sum,  auch  bei  desitus  sum  mit  dem 
passiven  Infinitiv  sich  zeigt. 

An  den  Sinn,  den  wir  ihm  in  qu-lre  und  ne-qu-lre  bei- 
legen, streift  das  einfache  lat.  Ire  allerdings  nur  selten  und^ 
Avie  es  scheint,  vorwiegend  nur  in  familiärer  Redeweise  noch 
heran;  so  in  incipit  res  melius  Ire  Cic.  Att.  XIV  15,  3,  jjrör- 
sus  ibat  res  ibid.  20,  4,  auch  wohl  in  omnia  ftitls  Caesaris 
Ire  videt  Lucan.  IV  143  sq.  Deutlicher  bekundet  den  Über- 
gang der  Bedeutungen  von  'gehen'  zu  'vor  sich  gehen,  von 
statten  gehen,  gelingen'  und  demnächst  zu  'möglich  sein, 
thunlich  sein'  das  Baltische  mit  lit.  etti,  lett.  i't  'gehen'  :  lit. 
ta)  pou'isdm  (oder  nekü  hüdu)  n'elt  'das  geht  durchaus  nicht' 
ist   das   begriffliche  Ä(iuivalent    V(m    ne-gal   hüti    'kann  nicht 


28  He  rill  a  n  n    0  s  t  li  o  f  f, 

sein'  oder  auch  von  ue-gal  nuskUlfi  'kann  nicht  iicschehcn, 
kann  sicii  nicht  ereignen'  (Kurschat  Deutsch-litt.  Wörtcrb.  502''); 
entsprecliend  lett.  fas  ne-et  'das  g'cht  nicht'  ung-cfähr  gleich- 
^vertig•  mit  tas  ne-icar  bat  'das  kann  nicht  sein'  (Ulmann- 
Brasche  Lett.  W«>rterb.  II  o24'').  Leskien  meint,  nach  brief- 
lieber Mitteihing  (18.  Februar  1894),  dass  die  Wendungen  lit. 
ta7  eis  'das  wird  geben',  liein  'es  gebt  nicht'  ursprünglichem 
litauischem  Spracligcbrauche  abzuerkennen  und  für  Germanis- 
mus 7Äi  halten  kein  genügender  Grund  vorlieg-e,  obg-leich  sie 
ihm  nur  aus  der  Litteratur  und  der  g-ewöhnlicben  Sprache  der 
preussiscben  Litauer  bekannt  seien.  Über  Analoges  im  Slavi- 
scben  schreibt  aber  Leskien:  "In  den  slav.  Sprachen  ist  die- 
selbe oder  ähnliche  Wendungen  gebräuchlich,  im  Serbischen 
wenigstens  mit  Adverbien,  z.  B.  ne  /de  taJ:o  'so  geht  es  nicht', 
posao  /de  zlo  'die  Sache  geht  schlecht':  auch  russisch  sagt 
man  z,  B.  delo  cto-to  iie  id'et  'die  Sache  geht  nicht  recht', 
-oder  id'ot  Ji  u  ras  delo  'geht  die  Sache  bei  euch?'  cechisch: 
io  nejde  'das  geht  nicht';  iiolnisch  z.  B.  rzeczij  z'Je  '/da  'die 
Dinge  gehen  schlecht';  ob  man  polnisch  auch  sagen  kann  to 
nie  idz'/e  'das  geht  nicht',  ist  mir  nicht  geläutig".  Dieses  to 
nie  idzle  bestätigt  mir  mein  medizinischer  Kollege  Professor 
Jurasz  als  in  seiner  ^hittersprache  wohl  gangbar,  doch  habe 
€S  für  sein  Si)rachgefül)l  den  Beigeschmack  eines  Germa- 
nismus. 

Wir  beobachten  auch  sonst,  dass  Verba  des  'Gehens', 
der  'Fortbewegung'  in  übertragener  Anwendung  auf  Handlun- 
g-en  und  Zustände  die  Bedeutungen  'Fortgang  haben,  von  stat- 
ten gehen,  Erfolg  haben,  gelingen,  glücken'  und  demnächst 
"ausführbar  sein,  thunlich  sein'  okkupieren.  Das  franz.  le Jeic 
'C.sf  fait,  r'/en  ne  va  jjlus  der  Croupiers  berühre  ich  nur  strei- 
fend. Man  berücksichtige  aber  hier  aus  dem  Latein  den  Ge- 
brauch von  cedere  und  prö-cedere,  suc-cedeve :  res  cedit  Flor. 
Gell.,  res  cedunt  Verg.  und  absolut  male,  hene  cedit  Hör. 
Ov.  Vell.  u.  a.,  pmuf  hene  auf  secus  cessit  Pliu.  pan.,  ttt- 
cumqiie  cesserit  Curt.,  cui  hene  quid  pröcesserif  Cic,  oninia 
^rospere  pröcedent  Cic,  sl  cönsilia  pröcessissent  Liv.,  abso- 
lut hene  pröcedit  Ter.,  sl  hene  pröcessit  Cic,  quihiis  cum 
pariiin  prOcederet  Cael.  bei  Cic,  vehit  pröcessisset  Sp.  Li- 
ciniö  Liv.  II  44,  1,  auch  mit  einem  Inlinitiv  in  der  Kecht- 
sprache    ifjitiir    no/t    pröcedit    (es  geht  nicht    an,    es  ist  ganz 


Griechische  und  hitoinische  Wortchnitungen.  29- 

übeitliissi^-)  quaerere,  an  heredl  et  in  heredem  danda  sit 
Paul.  (lig-.  X  4,  1:^  §  (5,  ut  jn'öciidaf  (daiiiit  es  angehe)  in 
füre  inan'ifexfö  tracfdre  de  condktiöne  Ulj).  dig'.  XIII  1,  10 
pr.  (Georg-es  Aiisführl.  lat.- deutsch.  Handwörteib.  in  ITol); 
res  succedit  Caes.  Sen.,  succedif  negötiam  Plaut.,  parum  suc- 
cedit  quod  ago  Ter.,  haec  prospere  succedehant  Cie.  Ncp., 
absolut  succedit  'es  geht  von  statten,  gelingt'  Cic.  Liv.  u.  a. 
Das  letztgenannte,  succedere,  für  'gelingen'  auch  noch  im 
Italienischen,  dazu  franz.  succeder  und  engl,  to  succeed. 

Entsprechendes  tritt  entgegen  im  Gebrauche  des  griech. 
Xuupeiv  und  Trpo-xujpeTv,  auch  Trpo-ßaiveiv  :  iravta  oi  ex'Jupee 
euTuxeuöc  Herod.,  Kai  ccpi  x^^pnceiv  xd  ßouXovTai  id.,  x^P^lcav- 
TÖc  Ol  TOUTOu  id.,  ou  x^pei  xoup-fov  Aristoph.,  KaKoJc  autoic 
eX>JUpi]cev  \\  KaToiKicic  Plat.,  tct  TTpdyiuaTa  x^P^i  Kard  Xötov 
Polyb.,  absolut  öiav  iuiikcti  X'J^Pi]  ccuxaic  epYaZ^Ojuevaic  Aristot. ; 
eTiei  cqpi  ou  irpoexuupee  Kdxoboc  Herod.,  fiv  oi  rrpoxujprici;]  xd 
voeuuv  \efei  id.,  oüxujc  cxdcic  TTpouxotprice  Thuc,  xö  epYOv 
TTpouxuuprice  id.,  xd  nXeiiu  auxoic  TrpoeKexuupiqKei  id.,  absolut  ujc 
oü  TTpoexoupee  Herod.,  üjc  oi  böXtu  ou  TipoexuJpee  'da  es  ihm 
mit  der  List  nicht  gelang'  id.,  ou  Ttpouxujpei  auxilj  Thuc. 
Plat.,  mit  dem  Intin.  ^v  ui]  Trpoxuupncii  Tcov  eKdcxuj  e'xovxt 
direXGeiv  Thuc.  IV  .öl);  uii  Trpoßai)")  ueiZiov  küköv  Eurip.,  xö  xric 
xuxiic  dqpavec  ou  Trpoßi'icexai  Alciphr.  Vgl.  l*a])e-8engebusch 
Grieeh.-deutsch.  HandwOrterb.  II -^  709 1'.  800''.  1.^87'^,  Passo\Y 
Handwörterb.  d.  g;-iech.  Spr.  TI  '  1092-'^.  12.ö8'^  f.  2548 '\  Wie 
nahe  von  da  aus  der  Ül)ertritt  in  den  Begriff  der  'Thunlichkeit, 
Möglichkeit'  liegt,  zeigt  nach  Pape-Öengebusch  a.  a.  0.  K  1387^^ 
der  Gebrauch  des  x^JupeTv  "bei  sp[äteren]  ^  angehen,  möglich 
sein,  Ael."  (s.  u.j,  ferner  ebend.  II"  80(1^"'  "ÖTTÖca  coi  TTpoxujpeT, 
so  viel  du  kannst,  Xen.  Cyr.  ?>,  2,  29 ;  tivIk'  dv  eKdcxuj  Ttpoxujpri, 
1,  2,  4,  wenn  es  jedem  seine  Zeit  und  Geschäfte  erlauben'  oder 
—  nach  Passow  a.  a.  0.  II  ■'  1258  '^  —  "  wenn  es  jedem  genehm  ist". 

Aber  lat.  queo  und  neqiieo  haben  in  aktiver  Form  ge- 
wöhnlich die  Bezeichnung  einer  Person  als  Subjekt  bei  sieh, 
was  man  geradezu  als  eine  bei  der  Etymologie  zu  berück- 
sichtigende Eigentümlichkeit  des  Gebrauches  derselben  hin- 
gestellt hat  (Breal  Mem.  de  la  soc.  de  linguist.  VI  128).  Ich 
denke  nun  nicht,  dass  es  nötig  sein  w^erde,  anzunehmen,  es 
habe  sich  aus  id  impeträri  nequit  'das  geht  nicht  durchzu- 
setzen',   quod   flecti    nequit,    multa    reparärl    nequeunt    erst 


30  H  e  r  ni  a  n  n    O  s  t  li  o  f  f , 

liystor<»g-eii  die  vSprochweise  id  impeträre  iiequeo,  quod  fle- 
ctere  nequis,  multa  reparäre  nequimus  herausgebildet,  also 
die  auf  dinu-licdie  Subjekte  bezogenen  Formen  der  3.  Pers. 
Sing',  und  IMur.  qu/f  ueqiiit,  queunt  nequennt  seien  Grundlag-e 
und  Keim  des  g-anzen  vollen  J'aradig-mas  g-eworden.  Sondern 
von  vorn  herein  werden  '^■on  statten  g-ehen,  Fortgang  hal)en' 
Beg-ritt'e  gewesen  sein,  die  nnm  auch  W(dil  von  i)ersr)n]ielien 
oder  persönlich  gedachten  Subjekten  im  Sinne  des  'Fertig-- 
bringens',  ferner  'Imstandeseins,  Könnens,  Vermögens'  der  l)e- 
treftenden  Person  prädizieren  konnte,  so  dass  hnpetrare  ne- 
queo  im  ursprüng-licheren  Verstände  'ich  habe  keinen  Fort- 
gang-, ünde  kein  Gelingen  beim  Durchsetzen'  war. 

Es  ist  wiederum,  als  ein  Aualogon  auch  dazu,  hier  das 
lat.  pi'öcedere  zu  erwähnen:  dieses  wird,  wenngleich  seltener, 
auch  persönlich  angewandt,  um  auszudrücken  'den  und  den 
Erfolg  ha])en'-,  z.  B.  pröcessistl  hodie  pidchre  'hast  heute 
Glück  gehabt'  Ter.  Adelph.  V  9,  22  (vgl.  Georges  Ausführl. 
lat.-deutsches  Handwörterb.  11^  ITol),  aud'ire  est  operae  pre- 
tium,  pröcedere  rede  qul  rem  Bömänam  Latiumque  miges- 
cere  vidfis  Enn.  ann.  fr.  477  Müll.  Die  humoristische  Parodie 
dieser  letzteren  Stelle  bei  Hör.  sat.  I  2,  37  hat  Bentley  in 
pröcedere  rede  qul  moechös  nön  voJti.s  hergestellt,  indem  er, 
um  Übereinstimmung  mit  der  Konstruktion  l)ei  Ennius  zu  er- 
zielen, allerdings  auf  minderwertige  Überlieferung  fussend  das 
moechls  der  meisten  und  l)esten  Handschriften  verwarf.  Er 
bemerkt  dazu  jedentalls  treflend:  "Porro,  quod  ad  sententiam 
attinet,  eodem  recidit,  sive  moechos  rede  pröcedere  dixeris, 
sive  rede  pröcedere  moechls.  Terentius  Adelph.  act.  et  seeu. 
ult.  [v.  22]  '' Syre,  processlsti  liodie  pidchre :  quod  ])crinde 
est,  ac  pidchre  tibi  hodie  processit".  Spätere  Horazheraus- 
geber  folgen  Bentley  teils,  teils  widersprechen  sie  auch  sei- 
nem Vorschlage;  zu  Aveit  gehen  aber  wohl  Schütz  und  Kiess- 
ling  z.  d.  St.,  wenn  sie  zur  Verteidigung  der  Bentleyscheu 
Lesart  l>ehaui)tcn,  dass  der  impersonelle  Gebrauch  von  j)rö- 
cedif  sich  nicht  nachweisen  lasse. 

Ganz  ähnlich  ist  es  mit  dem  Italien,  riiiscire,  franz. 
reussir.  Dies  romanische  Verl)  beruht  bekanntlich  auf  einem 
lat.  '^re-ex-ire,  wenn  auch  verndttelst  einer  V(dksetymologisclicn 
Beinnschung  —  italien.  nscio,  altfranz.  ns  'Tliüre'  =  lat.  östium 
—  nach  Diez  Etym.  W<irterb.  d.  roman.  Spr.-*  127,  ferner  viel- 


Griechische  und  hUeiiiisclie  Wortdeutung-en.  31 

leicht  mit  italienischer  Entlehmiii^-  auf  Seiten  des  Französi- 
schen nach  Kr»rtiiig-  Lat.-roinaii.  Wr)rterb,  297  No.  2944  exeo. 
Im  Italienischen  wird  unpers(iiilicli  oni  rlesce  di  fare,  d'otte- 
mere  g-esag-t,  jedoch  auch  i)ersünlich  riesco  a  fare,  ad  offenere, 
ci  riuscirö  (Tommaseo-Bellini-Meini  Dizion.  della  lingua  ital.  IV 
415'^  tt'.,  Petrocchi  Novo  dizion.  univ.  della  lingua  ital.  II 
792''  f.,  Mussatia  Italien.  Sprachl.^'  242*=);  die  französische 
Sprache  lässt  bekannterniassen  weitaus  die  persönliche  Ge- 
brauchsweise je  reussis  überwiegen  und  verstattet  daneben 
nur  spärlich  so  etwas  wie  fout  reusslt  (Littre  üictionn.  de  la 
langue  franc.  IV  1700^^  f.). 

Dass  im  Griechischen  x^jpew  bei  Späteren,  worunter  na- 
mentlich Aelian,  geradezu  in  der  Bedeutung  'angehen,  mög- 
lich sein'  vorkomme,  ist  vorhin  S.  29  nach  Pape-Seugebusch 
erwähnt  worden.  Ebendarauf  beziehen  sich  die  Angaben  und 
Zitate  bei  Stephanus  Thcs.  Graec.  ling.  VIII  1804,  die  es  zu- 
dem nahe  legen  könnten,  persönlichen  Gebrauch  des  x'Jupe'J^ 
im  Sinne  von  'können'  zu  statuieren  für  Ael.  v.  h.  I  o  ou 
yap  Ol  x^Pti  (£TX^P£i  conj.  Hercher)  TiepiXaßeTv  tocoOtov  tö 
cTÖua,  epist.  Socr.  XXX  p.  632,  31  ed.  Hercher  ßouXoi|uiiv  b' 
av  x^Jupncai  TÖ  ßißXiov  dva|uvficai  xdc  ....  Trpocpdceic.  Aber 
hier  ist  doch  die  sinnliche  Piedeutung'  'amplum  esse,  capacem, 
satis  capacem  esse'  die  nächstliegende  und  an  sich  ausrei- 
chende; desgleichen  LXX  Gen.  13,  6  ouk  ex^J^P^i  auiouc  fi 
yri  KaTOiKeTv,  wo  zwar  Luther  hat  "das  Land  niochts  nicht 
ertragen,  dass  sie  l)ei  einander  wohneten",  genauer  aber  Pas- 
sow  Handwörterl).  d.  griech.  Spr.  IP  2548'^  "von  der  Erde, 
welche  zu  klein  ist,  um  die  ]\lenge  Menschen  zu  fassen".  Im- 
merhin lehren  diese  Stellen  die  Leichtigkeit  des  Begriffsüber- 
gauges  von  'Raum  haben,  fassen'  zu  'können,  vermögen',  und 
für  xu^^P£iJu  "suflicio  aliquid  facere  vel  intelligere,  cum  intini- 
tivo"  mag  wenigstens  das  Zeugnis  der  einen  aus  Dionys.  Areop. 
angeführten,  auch  von  Steph.  Thes.  als  Hau])tbeleg  hervorge- 
hobenen Stelle  übrig  bleiben:  "ouie  iKavüuc  voiicai  xd  Geia  xw- 
poOjuev,  non  sufticimus,  non  possumus". 

Was  ist  nun  aber,  wenn  in  lat.  qu-eo,  ne-qu-eo  das  Vcr- 
l)um  eo  'ich  gehe'  enthalten  ist,  das  qu-  von  qu-eo'^  Ganz 
passend  erscheint  es  mir,  an  eine  die  ]\lodalität  des  'Vonstat- 
teugehens,  Fortgaughabens'  ausdrückende  und  ursprünglich  en- 
klitisch gesetzte  Adverbialform  aus  dem  Stamme  des  Indefinit- 


32  Hermann    Ostlioll', 

pronomciis  quo-  oder  qui-  zu  denken:  ne-qu-if  ei^i,^entlieli  'es 
geht  nicht  irg-endwie,  gelingt  nicht  auf  irgend  welche 
Weise',  quantum  qu-eo  'so  viel,  insoweit  ich  irgend  Krtulg- 
habe'.  Auf  solche  Weise  also  käme  der  von  Döderlein  und 
Breal  gewollte  Zusammenhang'  mit  qui-s  ^wer'  und  qui  'wie' 
zu  Stande,  mittels  dessen  diese  Gelehrten  den  in  queo  liegen- 
den Begritf  der  "Qualifikation  zu  etwas''  am  besten  erklä- 
ren zu  können  glaubten  (vgl.  oben  S.  21.  '>?>). 

Die  Adverbiumsform  des  Indetinitums,  die  wir  in  qu-eo 
suchen,  könnte  der  bekannte  Instrumental  idg-.  *ge,  ein  lat. 
*que  =  griech.  dor.  Tifl  (lakon.  nr[-TiOY.a,  gortyn.  ö-Ttri),  got. 
he,  gewesen  sein.  Dass  ^que-e(y)ö,  ^que-e(y)ont,  *qtie-e(y)äm 
durch  *queö,  ^queonf,  '^qumm  hindurch  zu  den  historischen 
Formen  queo,  queunf,  queam,  nach  der  Regel  "vocalis  ante 
vocalem  corripitur"  werden  konnten,  ist  wohl  nicht  zu  bezwei- 
feln; ebenso  wenig,  dass  ^'que-eis,  ^que-eit,  ^'que-einios  usw., 
woraus  zunächst  "^queis,  '^'queit,  "^que/mos,  in  qu/.'i,  quit,  qiümua 
ausmünden  mochten,  zufolge  bekannter  Verkürzung  des  "Lang- 
diphthongen", w^elche  mithin  die  gleichen  Ausgänge  herbeiführte, 
wie  in  den  kurzdiphthongischen  Simplexfornien  eh  is,  elf  it, 
*eimos  Imus,  eitur  Uur,  elre  Ire.  Hehr  weniges,  was  sich  nicht 
auf  ebensolche  Weise  rein  lautgesetzlich  erklären  würde,  wie 
vornelnnlich  das  Partizip  quitus,  ne-quitus,  und  eigentlich  nur 
dieses,  verstünde  sich  unschwer  als  eine  bei  so  viel  Formen- 
zusanunenfall  nahe  gelegene  Xeuschöi)fung  nach  Analogie  der 
cnts})rcchenden  Bildung  vom  einfachen  eo.  Selbst  der  Xoni. 
Sing.  Partiz.  Präs.  quiens  und  quii  Perf.,  die  Nebenform  zu  quivi, 
würden  wohl  noch  die  lautgesetzmässige  Zurückführung  auf 
*que-i(y)ens,  sowie  '■''que-f'i/)l  aus  "^que-lfyjal  sich  getallen  lassen; 
an  meiner  Deutung  von  //,  älter  u,  Z.  Gesch.  d.  Perf.  225  (vgl. 
dazu  auch  Srdmseu  Stud.  z.  lat.  Lautgesch.  179),  halte  ich  fest, 
Bartholomae  IF.  111  2^  f.  6o  scheint  mir  sein  "idg.  eiaV'  als 
1.  Sing.  Med.  und  die  ^löglichkeit  der  lautgesetzlichen  Zu- 
rückführung des  lat.  (ah)-ii  auf  solche  (Grundform  doch  nicht 
zwingend  genug  erwiesen  zu  haben.  Über  queens  Part.  s. 
oben  S.  20.  Wie  man  nequlfia  'Nichtsnutzigkeit,  Nichtswür- 
digkeit', es  von  nequcoi)  'nichtsnutzig'  und  Adv.  nPquitev, 
Komp.  nPqu'ior  al)rückend,  näher  zu  uequeo  hat  stellen  mögen 
(Fick  Vergleich.  Wörterb.  I'  Gl,  Vanicck  Gricch.-lat.-etym. 
Wrn-trrb.  l<');i.  Ktyni.  \V(»rterb.  d.  lat.  Spr.-  7<i,  Zehetninyr  Analog.- 


Griechische  und  hiteinische  Wortdeutungen.  33 

verg-leicli.  Wörterb.  291 ''),  ist  bei  dem  Abstand  der  Bedeutun- 
gen und  der  Quantitäten  von  ne-  und  ne-  unfasslich. 

Geg-en  die  vorg-etrag-ene  Analyse  unseres  queo  liesse  sich 
wohl  nur  der  eine  Einwand  erheben,  dass  die  Instrumental- 
form ^que  =  idg-.  *ge  im  Latein  sonst  nicht  nachweisbar  sei. 
Wenigstens  nicht  sicher:  man  könnte  sie  allenfalls  in  dem 
verallgemeinernden  -que  von  uter-que,  quis-que,  quandö-que, 
qul-cun-que  u.  derg-1.  vermuten,  indem  mau  auch  unibr.  -pe, 
-pei  in  putres-pe,  podruh-pei,  panu-pei,  pura-pe  in  glei- 
chem Sinne  in  Beschlag  nähme.  Aber  wie  will  man  die  stän- 
dige Verkürzung  des  "^-qiie  in  diesem  enklitischen  Gebrauche 
auf  lateinischem  Boden  rechtfertigen,  da  es  kaum  irgendwelche 
AVortformcn  von  ursprünglich  iambischer  Messung,  deren  laut- 
gesetzliche Endsilbenkürzung  für  die  übrigen  hätte  vorbildlich 
sein  können,  unter  der  Gruppe  der  das  indefinite  -que  ent- 
haltenden lateinischen  AVortbildungen  gil)f?  Dazu  zeigen  sich 
andere  Mr»glichkeiten  der  Auffassung.  Lat.  -que  von  uter-que 
usw.  vielmehr  =  aind.  -ca  in  Icäc  ca,  ijdJj  l-dc  ca,  avest.  -ca 
in  ijCi-ä-ca  Neutr.  Plur.  'quaecunque'  zu  setzen,  andererseits 
dann  osk. -pid, -^j/tZ  in  püterei-pid,  pütüriis-pid,  pükka- 
pid  p]oca-pid  =  aind.  -cid  in  Tcäc  cid,  t/dlt  l-dc  cid,  i/dg 
cid,  kva  cid,  avest.  dt  in  l'as-cif,  i/at-cit,  beides  mit  Bück 
Vokal,  d.  osk.  Spr.  48  f.,  das  erstere  auch  mit  Delbrück  Ver- 
gleich. Syntax  I  §  222  S.  515,  das  letztere  auch  mit  Bro- 
nisch  D.  osk.  i-  u.  e- Vokale  127  (vgl.  dazu  auch  Verf.  Mor- 
phol.  Unters.  IV  238.  258  Anm.,  jedoch  unhaltbares  ebenda 
S.  233.  235  f.  über  umbr.  -jjei),  ist  an  sich  gewiss  statthaft 
und  wohl  das  nächstliegende;  sehr  würde  für  lat.  -que  = 
aind.  -ca  ins  Gewicht  fallen,  wenn  lat.  qito-que,  eigentlich 
'jederorts,  jedenfalls',  seinen  genauen  Reflex  in  dem  amd.kva 
ca  hat,  nach  Jac.  Wackernagel  IF.  I  418,  doch  ist  wohl  die 
Erklärung  aus  ^qtiö-que  mit  der  "Quantitätsminderung  infolge 
Tonanschlusses''  (Solmseu  Stud.  z.  lat.  Lautgesch.  100,  vgl. 
auch  oben  S.  290  Anm.)  ansprechender.  Endlich  liesse  auch 
das  umbr.  -pe,  -jjei  mit  dem  osk.  -pid,  -pid  zusammen  aus 
einem  ablativischen  idg.  '^-qed  sich  wohl  deuten,  gemäss  Beeh- 
tels  Vorschlage  Deutsche  Litteraturz.  1886  Sp.  1680.  Alle 
drei  Formen  aber,  lat.  -que  und  umbr.  -pe,  -pei,  osk.  -pid, 
-pid,  unter  diesem  '^-qed  zu  vereinigen,  wie  Corssen  KZ.  XIII 
242.    Ausspr.  Vokal.   Il-^  471.   603.   838,    Breal    Mem.    de    la 

Indogermanische  ForscluiiiKeii  VI   i   u.  2.  3 


34  He  rill  an  11    Ost  ho  ff, 

soc.  de  ling-uist.  VI  128  f.  imd  von  Planta  Grainni.  d.  osk.- 
urabr.  Dial.  I  §  38  S.  90  es  wollten,  ähnlich  auch  schon  Ehel 
KZ.  V  415  f.,  scheitert  am  Lateinischen,  das  in  solcheni  Falle 
sicher  im  Vokal  unverkürztes  *-g'^^e,  dazu  vielleicht  ;uicli  in  der 
älteren  Si)rache  S])uren  des  erhaltenen  Schlusskonsonanten, 
nach  Art  von  alat.  facUiimed,  erwarten  lassen  würde  ^). 

Vielleicht  hält  mau  es  unter  den  obwaltenden  Umständen 
für  ii-eratener,  den  ersten  Teil  unseres  qu-eo  an  eine  Foi-m  des 
Iudetinit})ronomens  anzuknüpfen,  die  im  Lateinischen  selbst  als 
Adverbium  offenkundig  fungierend  vorliegt;  man  mag-  es  also 
iu  der  That  auch  mit  dem  von  Rreal  herangezogenen  qnt 
'wie'  versuchen.  Freilich  stösst  mau  dabei  auf  lautliche  Schwie- 
rigkeiten, wenn  mau  dies  Adverbialgebilde  auf  ursprünglichem 
*5'^,  als  Listrumental  des  Pronomens  lat.  qui-s,  beruhen  lässt, 
nach  Joh.  Schmidt  KZ.  XXVII  288.  291.  XXXII  403.  D. 
Pluralbild.  d.  indog.  Neutra  43,  King-Cookson  The  principles 
of  sound  and  inflexion  341  und  Brugmann  Gruiulriss  II  §  278 
S.  631.  §  421  S.  783.  IF.  IV  226.  229  ff.  Doch  geben  Bü- 
cheler-Windekilde  Grundriss  d.  lat.  Dekl.  §  316  S.  121  f.  und 
Stolz  Iw.  Müllers  Handbuch  II-  348  quei  qui  vielmehr  für 
einen  Lokativ  Sing,  des  Stammes  quo-  aus,  so  dass  es  mit 
kret.  Tiei  'wo?',  korkyr.  o-rreT  aus  idg.  *qe-y  zusammen- 
käme, sowie  Bechtel  Zeitschr.  f.  deutsch.  Altert.  XXIX  366 
aisl.  hvi  'wozu,  warum',  asächs.  hici  'warum,  wie',  ags.  Incy 
hwi  'warum'    als  "das  Spiegelbild  des  dorischen  ttci"    hinge- 


1)  Die  Ansicht  Jac.  Wackernagels  KZ.  XXVII  90,  dass  das 
indefinite  -que  des  Latein  und  das  gr.  -xe  in  äWo-re  dem  osk.  -pid, 
-pi(l  gleich  stehe,  und  zwar  unter  der  Voraussetzmig,  dass  letzteres 
ein  *-ped  vertrete  und  av.  cat  die  diesen  italischen  und  j>riecliisclien 
Enklitiken  jfenau  entsprechende  Form  sei,  hat  woiil  kaum  weiteren 
Anklang-  gefunden.  Daran  dürfte  jetzt  aucli  aus  lautliclien  Gründen 
gar  niclit  mehr  zu  denken  sein;  denn  einerseits  wäre  ja  ein  Abtall 
des  -d  im  Lateinischen  nach  kurzem  Vokale  unerhört  (Brugmann 
Grundriss  I  S  'i55,  8  S.  SOG,  V.  Henry  Precis  de  granun.  comp.  §  65 
S.  74,  Joh.  Schmidt  KZ.  XXXIl  401  Anm.),  und  sodann  würde  hinter 
dem  Vokal  des  osk.  -pid,  -pid  etwas  anderes  als  entweder  kxirzes  i 
oder  langes  ü  zu  suchen  der  heutige  in  diesem  Punkte  besonders 
gesicherte  Stand  unseres  Wissens  vom  oskischen  Vokalismus  nicht 
g-estatten  (vgl.  Bück  D.  Vokal  d.  osk.  Spr.  S5  ff.,  Bronisch  D.  osk. 
i-  u.  e-  Vokale  124  ft'.,  von  Planta  Granun.  d.  osk.-umbr.  Dial.  I  ^  33 
S.  89  ff.  §  36  S.  96  ff.) 


Griechische  und  lateinische  Wortdeutungen.  35 

-i5tellt  hat.  Wer  das  annimmt  und  zur  Erklärung-  unseres  queo 
Terwendet,  der  g:elang't  von  einem  ^que(ij)-e(ij)ö  und  von  ^que(y)- 
■eis  zu  '-^queö,  '^queis,  und  von  da  aus  ergibt  sich  ihm  der 
historische  Formenbestand  mit  queo,  qiils,  quit  usw.  in  der- 
selben Weise,  wie  oben  (S.  32)  geschiklert. 

Xoch  ist  ein  Wort  über  die  Stellung  des  in  queo  ver- 
:schmolzenen  Modaladverbs  zu  sagen. 

Bei  ne-qu-eo,  wie  es  da  vorliegt,  und  bei  seinem  jünge- 
ren Substitut  nön  qu-eo  hat  das  '''que  oder  quel  qul  natürlich 
immerfort  seinen  ihm  als  Enklitikon  von  alters  her  gebühren- 
den Platz  behauptet;  die  Negation  ging  als  haupttoniges  Glied 
der  Verbindung  voran,  wie  in  aind.  ndkish,  griech.  homer. 
ou-TTr),  ou-TTuuc,  Vgl.  aucli  oube  mi  ecii  'es  geht  nicht  an'  II. 
Z  267.  Q  71.  hymn.  Homer.  YII  b><.  XXXIV  IS,  oube  Tiri 
eixev  d,uTrveOcai  II.  TT  110  sq.,  oube  mi  d9pficai  buvdjuiiv  Od. 
ju  232.  Was  von  ne-qu-eo,  nön  qu-eo,  gilt  selbstverständlich 
ebenso  von  vix  qu-eo,  wo  dieses  den  Anfang  eines  Satzes 
oder  Satzgliedes  bilden  würde,  von  mhms  qu-eö  virl  culpa 
Ter.  Phorm.  V  3,4. 

Zu  behaupten  nun,  dass  sich  positives  qu-eo  erst  auf 
dem  Fusse  des  verneinenden  ne-qu-eo  oder  nön  qu-eo  für  die 
Sprache  ergeben  habe,  würde  namentlich  in  anbetracht  des 
viel  selteneren  Vorkommens  und  stetigen  Minderbeliebtseins 
der  bejahenden  Form  (vgl.  oben  S.  2'o)  kein  allzu  grosses 
Wagnis  sein.  Der  Vorgang  hätte  seine  Parallele  an  der  Ent- 
stehungsweise von  fdlui<  im  Lateinischen,  nach  dem,  was  von 
Eozwadowski  IF.  III  2(3.5  darüber  lehrt:  "hier  ist  das  De- 
minutivsuftix  am  Platz:  uUus  entstand  nändich  offenbar  in  der 
Verbindung  mit  vorausgehender  Xegation,  indem  der  ganze 
Begriff  ne  (resp.  n)  iinus  durch  Deminuierung  des  unus  ver- 
stärkt wurde  und  nuUus  auf  diese  Weise  urs})rünglich  etwa 
=  ne  unus  quidem  war",  und  ebend.  Anm.  3:  "Dieses  ur- 
sprüngliche Verhältnis  lässt  sich  daraus  erkennen,  dass  ullus 
in  nicht  negierten  Sätzen  selten  vorkonnnt.  Die  Verwendung 
des  blossen  tdlus  ^=  'irgend  einer'  ist  sekundäres  Produkt". 
Aber  ganz  so  weit  brauchen  wir  in  unserem  Falle  nicht  ein- 
mal zu  gehen.  In  s'i  qu-lvero  Varr.  ling.  lat.  V  §  ö  Müll., 
si  qu-eant  Justin.  V  4,  lä  qu-lmus  djunf,  quando  ut  ridinnus 
nön  licet  Ter.  Andr.  IV  5,  10,  id  qu-lvero  Terentiai;.  Maur. 
litt.  2Q>,    quam    qu-eäf;   minimö   Ter.  Eun.  I  1,  29,    quantum 


36  H  e  r  m  a  11  n    0  s  t  h  0  f  f, 

qu-eo  id.  Eim.  V  2,  5,  quantum  qu-eam  id.  Andr.  III  3, 45,  quod 
qu-irem  Plant,  merc.  i»rol.  ö.ö  dürfen  wir  die  Überreste  oder 
Nacliahnningen  einer  Wortfügung  seilen,  wie  sie  der  älteren  Zeit 
gebräuelilic'h  und  geläufig  war,  der  Jac.  Waekernagel  IF.  I 
3o3  ff.  als  etwas  ganz  Stereotypes  das  in  weitem  Umfjinge 
erkennbare  grunds))rachliche  Wortstellungsgesetz  vindiziert  bat, 
dass  "die  Stelle  unmittelbar  binter  dem  ersten  Wort  des  Satzes 
mit  Tonschwäche  verbunden  sei,  und  die  dorthin  gestellten 
AVörter  entweder  von  Haus  aus  enklitiscli  seien  oder  es  durch 
eben  diese  Stellung  werden "  (W^ackernagel  a.  a.  0.  406). 
Wohl  begreiflich  ist  es  aber,  dass,  nachdem  erst  qu-eo  zu  einer 
Worteinheit  für  das  Sprachgefühl  geworden  war,  nachdem 
man  jene  si  qu-uero,  ut  qu-lnms,  quantum  qu-eo  als  mit  st 
potuero,  ut  possumus,  quantum  possum  auf  ganz  gleichem 
Niveau  stehend  zu  empfinden  angefangen  hatte,  da  Verletzun- 
gen der  alten  Stellungsregel  hinfort  nicht  ausl)leil)eii  kdiinten; 
derartige  Neuerungen  nämlich,  wie  ne  circumvenlre  qu-eat 
Sali.  Cat.  58,  oder  quls  est,  qul  pro  verum  atröcitäte  deplö- 
rare  tantas  calamltates  qu-eat  Cic.  Phil.  XI  2,  6,  wofür  nach 
älterer  Sprechweise  ne  *que  (bezw.  qui)  circumtenire  eaty. 
qul  *que  (qut)  ....  deplöräre  ....  eat  gesagt  sein  müsste. 
Die  Stellung  des  queo  im  Anfange  des  Satzes  oder  eines 
Satzgliedes  dürfte,  wenn  überhaupt,  doch  gewiss  nur  hcichst 
vereinzelt  innerhalb  der  ganzen  Latinität,  insbesondere  in  der 
Prosa,  sieh  vorfinden.  Indessen  ist  einerseits  bekanntlieh  ül)er- 
haupt  dem  lateinischen  Verbum  finitum  seit  ältester  Zeit,  im 
Gegensatz  zu  der  beliebten  regelmässigen  Endstellung  (vgl. 
Wackernagel  a.  a.  ().  427),  die  Satzanfangsstellung  etwas  un- 
gewöhnliches und  nur  zu  bestimmten  rhetorischen  Zwecken, 
emphatischer  Hervorhebung  des  Verbalbegriffs  u.  dergl.,  ge- 
legentlich dienendes  gewesen.  Andererseits  ist  das  ganze  po- 
sitive queo  auch  im  Vergleich  mit  dem  synonymen  possum 
durcii  eine  zu  grosse  Seltenheit  des  Gebrauchs  charakterisiert, 
als  dass  das  weniger  häufige  oder  vielleicht  gar  nicht  nach- 
weisljare  Vorkommen  jenes  in  analoger  Stellung,  wie  possunt 
(seil.  doJ&re)  ocull,  pofest  capnt,  latera,  pulmönes,  possunt 
oninia  Cic.  Tusc.  II  19,  44  oder  potest  ut  alu  ita  arbitren- 
tur  Plaut.  Pseud.  II  2,  38,  possum  sclre,  quo  profectus  quo- 
jus  SIS  aut  quid  vetieris  id.'  Amph.  1  1,  190,  possumne  ego 
hodle  ex  te  exsculpere  verum  Ter.  Eun.  IV  44,  zu  dem  Schlüsse 


Griechische  und  lateinische  Wortdeutungen.  37 

berechtig-eii  könnte,  es  sei  auch  in  historischer  Zeit  die  En- 
klisis  dem  in  qu-eo  steckenden  "^que  (qin)  nicht  so  sehr  ab- 
handen gekommen,  dass  diesem  Verbum  in  Reminiszenz  an 
die  ursprüug-liche  Wortnatur  seines  Anfang-sbestandteils  die 
-erste  Satzstelle  allgemeiner  und  dauernder  versagt  geblieben  sei. 

lo.   saucius  'versehrt'. 

Dass  die  bisherigen  Versuche  der  etymologischen  Erläu- 
terung des  lat.  saucius  'verwundet,  verletzt',  nämlich  die 
Vergleichungen  mit  got.  siuk-s,  ahd.  sioh  Adj.  'krank,  siech', 
got.  siukan  'krank  sein',  got.  sauht-s,  ahd.  siiM  F.  'Krank- 
heit' (Döderlein  Lat.  Synon.  u.  Etym.  VI  319,  Zehetmayr  Aua- 
log.-vergleich.  Wörterb.  396 '^j  James  Byrne  Origin  of  the  Greek, 
Latin,  and  Gothic  roots  London  1888  S.  92),  mit  griech.  cau- 
KÖv  •  Eripöv.  ZupaKOucioi  Hesych.  und  cauxiuöv  •  caxvöv,  xöuvov, 
<:a9pöv,  dcGevec  Hesych.  (Döderlein  a.  a.  0.,  King-Cookson 
The  ])rinci])les  of  sound  and  intlexion  79),  oder  mit  caßaKÖc  • 
-6  ca9pöc.  Xioi  Hesych.  (Wharton  Etyma  Lat.  91),  mit  »iiuuxuJ, 
cuuxuu  'reibe,  zerreibe'  (Stowasser  Lat.-deutsch.  Schulwörterb. 
898"^),  allesammt  in  lautlicher  und  begrifflicher  Hinsicht  dar- 
nach angethan  sind,  das  Bedürfnis  nach  etwas  neuem  und  besse- 
rem rege  zu  machen,  liegt  für  den  Kundigen  auf  der  Hand. 

Ich  stelle  saucius,  indem  ich  es  auf  '*sa(y)-üc-ios  zurück- 
führe, zu  der  Sippe  unseres  nhd.  sehr,  versehren,  also  zu 
g-erm.  '^sai-ra-  in  got.  sair,  as.  ahd.  ser  N.  'Schmerz',  aisl.  sär, 
mnl.  nnl.  zeer  N.  'Schmerz,  Wunde',  aisl.  sär-r  Adj.  'schmerz- 
haft, verwundet',  ags.  sdr  'schmerzlich,  verletzend',  as.  ahd. 
^er  'schmerzlich,  l)etrübt',  schwäb.-bair.  ser  'wund,  schmerz- 
haft' (entlehnt  tinn.  sairas  'krank'),  afries.  serilsa  'Wunde', 
sowie  zu  air.  saefh  soefh  'Leid,  Krankheit',  saethar  N.  'Leid, 
Mühe,  Arl)eit';  vgl.  Windisch  Ber.  über  d.  Verhandl.  d.  kön. 
Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  philol.-hist.  Kl.  Leipz.  1891  191  Anm.  1, 
Kluge  Etym.  Wörterb.-"'  344'',  Franck  Etym.  woordenboek  d. 
nederl.  taal  1198. 

Der  iutervokalische  Jodausfall  wird  als  ein  dem  Latein 
und  den  übrigen  altitalischen  Dialekten  zu  vindizierender  Laut- 
wandel von  keiner  Seite  in  Abrede  gestellt.  Über  einzelne  ihn 
betreffende  Punkte,  wie  die  chronologische  Datierung  des  Vor- 
ganges, die  Gestaltung  der  dadurch  entstehenden  Vokelzusam- 
menstösse,   die  Berechtigung,   diesen  oder  jenen  Einzelfall  mit 


38  H  e  r  ni  <a  n  n    0  s  t  h  0  f  f , 

der  Frage  in  Verbinduiiii:  zu  l)ringen,  mag  noch  gestritten  wer- 
den; vgl.  Bnigmann  Grundriss  I  §  134  S.  122,  Stolz  Iwau 
Müllers  Handbuch  II  ^  260  f.,  Henry  Prceis  de  gramm.  comp. 
S.  39  §  44  i.,  King-Cookson  Tbe  principles  of  sound  and  in- 
flexion  185,  Verf.  PBrB.  XIII  404.  405  Anm.,  Bartbolomae 
Stud.  z.  indog.  Spracbgescb.  II  136  if.,  von  Planta  Grannn.  d. 
osk.-umbr.  Dial.  I  §  87  S.  174  tf.,  Solmsen  Stud.  z.  lat.  Laut^ 
geseb.  54  f.  71.  Dass  aber  für  a'ij'jü,  wenn  dies  auch  durch 
kein  anderes  Beispiel  ausser  unserem  saucius  zu  erhärten  sein 
wird,  bei  Entweichung  des  Jod  am  naturgemässesten  der  Diph- 
thong lat.  au,  d.  i.  ein  Zusammenfassen  des  a  und  des  ü  unter 
einen  Silbeniktus,  eintrete,  wird  man  wohl  widerspruchslos  be- 
haupten dürfen. 

Von  der  Wurzel  !<ay-  in  air.  saeth  =  indog.  *saij-tu-Sy 
got.  sair  aus  *sai/-ro-m  ist  urlat.  *sa^i/)-üc-io-s  'versehrt'  der- 
artig abgeleitet,  dass  man  es  mit  lat.  cad-ücu-s  'fallend,  ge- 
fallen', 'hinfällig',  mand-ücu-s  'Fresser',  wovon  mandücäre,. 
"^ftd-ücu-s  'vertrauend'  in  ful-üc-ia  'Vertrauen,  Zuversicht'  in 
suffixaler  Hinsicht  zusammenzustellen  hat,  sowie  weiterhin  mit 
russ.  M-yh  'Hauer',  poln.  hzd-yl:  'peditor',  abulg.  vlad-ylca 
'Herrseher,  Herr',  mit  griech.  Krip-üE  'Herold'  und  den  von 
reduplizierten  Verbalformen  ausgegangenen  altindischeu  Xomi- 
nalbildungen  dan-dag-tl'ka-s  " hchfiemV ,  jd-gar-tika-s  'wachsam',. 
vä-vad-ülca-s  'schwatzhaft'  (ßrugniann  Grundriss  II  §  89  S. 
256  f.,  Stolz  Festgruss  aus  Innsbruck  an  die  XLII.  VersammL 
deutscher  Philol.  u.  Schulmänner  in  Wien  93).  Macht  man 
geltend,  dass  hier  überall  die  Funktion  des  Nomen  agentis 
hervortrete,  lat.  saudu-s  dagegen  die  des  Passivpartizips  habe, 
so  könnte  erwidert  werden,  dass  wir  doch  nicht  notwendig 
mit  Kluge  und  Franck  a.  a.  0.  der  Wz.  say-  die  transitive  Be- 
deutung 'schmerzen'  zuzuweisen  brauchen:  drückte  say-  viel- 
mehr intransitiv  'Schmerz  empfinden,  an  Wundenschmerz  leiden" 
aus,  so  ist  das  Verhältnis  des  lat.  sauc-iu-s  'versehrt'  dazu 
entsprechend,  wie  dasjenige  von  cad-ücu-s  'fallend,  gefallen* 
(haccae  glandesque  cadücae  Lucr.,  oJeae  Cato,  folia  Ovid., 
rtg-Mrt  Varr.  Ovid.,  hello  cadncl  'im  Kriege  Gefallene'  Verg.)  zu 
intransitivem  cadere,  auch  wie  das  von  ixm([.  jdciar-n'ka-s  'wach- 
sam' zu  ji'tgdr-ti  Präs.  'wacht'.  Aber  gesetzt  auch,  say-  habe 
transitiv  'schmerzen'  oder  'versehren,  verwunden'  bedeutet,  so 
wäre  die  Weiterbildung  durch  das  Suffix  -io-  bei  ^sa(y)-üc-io-s: 


Griechische  und  lateinische  Wortdeutungen.  39 

gebührend  zu  berilcksichtigen :  ein  *sai/-f(]iO-m  Neutr.  —  vgl. 
cad-äcu-m  'abgefallene  Rlüte'  Cael.  Aiir.  —  oder  *say-üka 
Fem.  könnte  'Versehrendes,  Verwundendes,  Verwundung, 
Wunde'  besagt  haben,  davon  käme  urlat.  *sa(ij)-üc-io-s  ähn- 
lich, wie  griech.  Tpau|uaT-iä-c  'verwundet,  Verwundeter'  von 
TpaO)ua  N.  'Wunde,  Verletzung'.  Rein  formal  gesellen  sich  mit 
smcc-iit-s  und  ful-iic-ia  als  Bildungen,  die  die  Suffixkomplexe 
-ük-tjo-,  -hI-/J(1-  enthalten,  die  bei  Miklosich  Vergl.  Gramm.  II 
337  augeführten  russ.  sfet-i/c  M.  'Fackel'  und  aksl.  tek-ijca  M. 
'viator'  zusammen. 

Zu  der  Auffassung,  dass  saiic-m-s,  sowie  das  griech.  ipau- 
|LiaT-ia-c  auf  TpaO|ua  beruht,  so  von  einem  ^say-üko-m  oder  "^say- 
üka  'Versehrung,  Wunde'  herzuleiten  sei,  würde  ganz  gut  auch 
stimmen,  was  Döderlein  Lat.  Synom.  u.  Etyni.  IV  257  f.  und 
Kraft  Deutsch.-lat.  Lex.  11^  1182^  f.  nach  Vavassor  Antibarb. 
584  f.  als  den  begrifflichen  Unterschied  des  saucius,  das  den 
'an  Wunden  oder  Verwundung  Leidenden',  daher  'durch  Ver- 
wundung Kampfunfähigen'  im  allgemeineren  Sinne,  daher  insbe- 
sondere auch  den  'Schwerverwundeten',  bezeichnet,  und  des 
vulnerütus  angeben:  '' Saucius,  mdneratus.  Non  ideni  proj3rie. 
Prius  apud  Graecos  rpauLiaxiac,  posterius  TeTpuuuevoc.  Cum 
saucium  dicimus,  vulneratum  quidem  intelligimus,  sed  indefi- 
nite ac  sine  designatione  vulnerum,  quot,  quae,  qualia,  aut  qua 
in  ])arte  acceperit;  cum  vulnerafuDi  kxiuimur,  signiticamus  per- 
cussum  certa  parte  sui  aut  quoties,  aut  (juo  vulnere.  Itaque 
l)roprie  eft'erri  saucios  ex  acie,  uon  vulnemtos,  historici  dicere 
solent,  qui  melius  quam  ceteri  Latine  loquuntur".  Ahulich 
die  neueren  Synonymiker  Ferd.  Schulz  Lat.  Synonymik  '^  No. 
95  S.  6ö  und  Tegge  Stud.  z.  lat.  Synonymik  22L 

14.  cictima,  umbr.  eveietn;  got.   iceihan,  aind.  vinaMi. 

Es  muss  fast  auffallen,  dass  der  richtigen  Herleitung  des 
lat.  vktima  F.  'Opfertier,  Opfer'  l)ishcr  so  gut  wie  gar  keine 
Beachtung  zu  Teil  geworden  ist.  Ich  selbst  bin  vor  Jahren 
selbständig  darauf  gekommen,  sah  dann  aber  hinterdrein,  dass 
die  betreffende  Erkläi-ung  längst  von  zwei  andern  Seiten  an- 
gedeutet oder  auch  mit  Bestimmtheit  ausgesprochen  war. 
Düntzer  KZ.  XI  (1862)  S.  65  bemerkt  über  das  Wort:  "wohl 
nicht  das  Siegsopfer  oder  das  gebundene  oder  das  kräf- 
tige,   sondern   das   geweihte  Tier".     Und  der  unter  vielem 


40  Her  lu  a  ii  n    0  s  t  li  o  f  t , 

Schlamm  bisweilen  ein  Goldkörnehen,  gleich  dem  15!].  XIX 
322  von  mir  anerkamiten,  bringende  James  Byrne  gibt  'Origin 
üf  the  Greek,  Latin,  and  Gothik  roots'  London  1888  S.  160 
klipp  und  klar  die  Zusammenstellung  "Goth.  veihs,  holy  (de- 
voted  to  the  g-ods  for  worship);  Lat.  victhna". 

Trotzdem  wissen  llavet  Mem.  de  la  soc.  de  linguist.  VI 
(1889)  S.  1 1 1,  Wharton  'Etyma  Latina^  London  1890  S.  1 15  und  Sto- 
wasser  Lat.-deutsch.  Schulwörterb.  (1894)  S.  1057  •'  für  ricfima 
keinen  besseren  Rat,  als  den  Anschluss  an  vic-,  Gen.  vic-is 
'Wechser,  vlcissim  Adv.  'wiederum,  gegenscits\  rlcärius  'stell- 
vertretend', ahd.  asächs.  wehsal.  Noch  andere  und  teils  be- 
g^riflflich  teils  lautlich  minderwertige,  meist  auch  schon  in  den 
Worten  Düntzers  kurz  al)gethane,  sowie  von  Bücheier  Umbrica 
143  in  Bausch  und  Bogen  zurückgewiesene  Auifassungeu  des 
victima  bei  G.  Curtius  Grundz.  d.  griech.  Etym.  P  105,  Cors- 
sen  Krit.  Beitr.  61  f.  Aussi)r.  Vokal.  I-  510,  Schwcizer-Sidler 
KZ.  XIII  306,  Pott  Wurzel-Wörterb.  III  293,  Vanicek  Griech. - 
lat.-etym.  Wörterb.  865.  Etym.  Wtb.  d.  lat.  Spr.  ^  259,  Zehet- 
mayr  Analog-.-vergleich.  Wörterb.  h'2i^ ''. 

Dem  Adjektiv,  gerni.  '^'w/ya-z  =  got.  iceih-s,  asäeli.  ahd. 
Will,  ndid.  tüich  'heilig'  geht  unser  Verbum  vieihen  zur  »Seite: 
got.  tceihan,  ga-iveihan  'weihen,  heiligen'  (Prät.  iceiJiaida), 
dazu  asächs.  wihian  'segnen',  ahd.  wfJien  'dedicare,  sancire, 
benedicere,  initiare,  ordinäre,  exorcizare',  aucli  'offerre,  facere' 
von  Opfern  und  Gelübden  (Graft"  Althd,  Sprachsch.  I  724  ff.), 
mit  grammatischem  Wechsel  aisl.  vigja  'to  consecrate',  afries. 
tülga,  md.  icigen  'weihen';  näheres  über  die  —  nur  scheinbar 
deuominativische  —  Bildungsweise  weiter  unten  (S.  45  f.).  Aisl. 
ve,  aschwed.  m  N.,  ags.  ?(5e'o7i,  asächs.  ic'fh  M. 'Heiligtum'  und 
got,  weiha  M.  'Priester',  tceihnan  'dYid^ecBai'  sind  weiteres 
Zubehör.  Vgl.  Kluge  Etym.  Wörterb.^  40U'M".  Hiermit  auch 
das  air.  pach  'Schuld,  Schulden'  zu  vergleichen,  nach  d'Arbois 
de  Jubainvillc  Mem.  de  la  soc.  de  linguist  IV  364,  lehnt  wohl 
mit  Recht  Eeist  Grundriss  d.  got.  Etym.  13))  der  Bedeutungen 
wejren  ab'i. 


'O 


1)  Vielleicht  liiulet  Jibef  ix'w. /iiich  M.  '  ilehituin,  di'bita  pcL'Uuia' 
seinen  g-ebührenden  Platz  neben  dem  lat.  r/r-,  rir-is,  vicinsitüdo, 
ahd.  as.  n-l''fisfif.  hiü.  mrifuitin  'Borg,  Dahilehir,  viäfiia  pecünia  und 
dazu  <:ehalten  der  I)o])]>el.sinn  des  nhd.  bort/en  iind  leihen  Hesse  sich 
in  b»\ti'ril'flieher  Hiiisii-Iit    <i;ilur  aiilühren;  es  "l)ezeii-Iint't   unser   J>o)'- 


Giieehische  und  lateinische  Wortdeiitmigen.  41 

Den  suffixalen  Aiisi^ang-  des  lat.  vk-tima  haben  Düntzer, 
Corssen  und  Havet  mit  dem  Superlative  bildenden  -t'uno-s,  -fii- 
mo-s  in  op-fimn-s,  auch  in  Dutr/tinni-s  und  ähnliehen  aus  Sub- 
stantiven entsi)rungenen  Adjektiven  in  Verbindung-  gebracht.  Es 
müsste  denniach  wohl  ein  AVurzelnomen  *r/c-  'Weihung'  vor- 
ausgesetzt werden,  und  vic-tlma  wäre  eigentlich  'die  engst  zur 
Weihe  gehörige'  gewesen,  sowie  ^'marl-timu-s,  flni-timu-s,  legi- 
-fhnu-ti  ursprünglich  s.  v.  a.  'engst  zugehörig  zum  jNfeer,  zur 
Cxrenze,   zum  Gesetz'"   (Brugmann  Grundriss  II  §  73  S.  168). 

Vielleicht  ist  aber  dieser  Auftassung  eine  andere  vorzu- 
ziehen: wenn  man  es  dreiteilig  in  vic-ti-ma  zerlegt,  könnte 
das  Wort  zunächst  mit  den  griechischen  Adjektiven  auf  -ci-|uoc, 
die  von  femininen  Verbalabstrakten  auf  -ci-c  =  indog.  -ti-s  aus- 
gehen, zusammenzustellen  sein,  also  z.  B.  mit  homer.  qpOEi-wo-c 
^zufluclitmässig,  wohin  man  fliehen  kann':  cpuEi-c  'Flucht',  gr. 
ßd-ci-|uo-c  'gangbar,  fest,  sicher'  :  ßd-ci-c 'Gang',  Xu-ci-mo-c  'lös- 
bar' :  Xu-ci-c  'Lösung',  mit  ßpuj-ci-iuo-c  'essl)ar',  Kau-ci-|uo-c 
'brennbar',  Tpuu-Ei-|uo-c  'zu  benagen',  eTr6i|»i-|uo-c,  epYdci-|uo-c, 
dKeci-)uo-c,  aipe-ci-)uo-c,  dpö-ci-|uo-c,  id-ci-|uo-c,  Z;iiTri-ci-|uo-c,  dXuu- 
ci-|uoc,  TTopeu-ci-uo-c  usw.,  die  fast  durchweg  Fähigkeit,  Ge- 
eignetsein zu  etwas,  Möglichkeit,  wie  unsere  Adjektiva  auf 
-bar,  ausdrücken.  Vgl.  Leo  Meyer  Vergleich.  Gramm.  II  *  620. 
621  f.,  Brugmann  Grundriss  II  §  72  S.  163.  Iw.  Müllers  Hand- 
buch II-  04.  Insbesondere  sei  an  griech.  Bu-ci-|uo-c  'opferbar, 
zum  Opfern  tauglich'  erinnert,  das  zwar  begrifflich  näher  zu 
6u-ciä  'Opfer,  Oi)ferhandlung',  als  zu  dem  vielleicht  auch  gar 
nicht  wurzelverwandten  0u-ci-c  'das  Brausen,  Stürmen',  steht. 
Also  wäre  das  substantivierte  Adjektiv  in  Femininform  vic- 
ti-ma,  ein  "^vk-ti-M  Fem.  'Weihung'  voraussetzend,  im  Grunde 
'die  Weihbare,  zur  Weihung  geeignete'  gewesen,    wobei  Bezie- 


yen  das  zwisclu'u  Glaul)i,ü'i'r  und  Scliuldner  entstellende  wechselsei- 
tige Ohligationenverhältnis,  ^^  odiirch  beide  Teile  sicher  gestellt  wer- 
den, vmd  borgen,  wie  leihen,  drückt  sowohl  mutuiim  sumere,  accipere 
als  auch  niutuuiri  dare  aus"  (Grimm  Deutsch.  Wörterb.  II  241,  vgl. 
auch  Heyne  Deutsch.  Wörterl).  I  470.  II  618  f.).  Dass  im  Keltischen 
mit  air.  fiach  dann  auch  air.  fecht  'Gang,  Weg',  fecht  N.  'Mal'  {a 
fecht  sa  'dieses  mal,  jetzt',  oen-fecht  'einmal')  \\u&  Q\mv.  <jweith,  un 
iceifh  'seniel'  wurzelhaft  zusannneukänien,  gemäss  der  üblichen  Deu- 
tung dieser  und  Zusanunensteihuig  mit  ai.  ved.  vishfi,  i-islifibJiish 
^wechselnd,  A'icibus'  (Stokes  Kuhns  Beitr.  III  161,  Windisch  Curtius* 
■Gruudzüge^"'  135,  Acadeniy  18b6  S.  415  =i),  hätte  keinen  Anstand. 


42  Hermann   Ost  hoff, 

liuiii;'  etwa  auf  eine  hos,  eine  ovis,  eine  süs,  viclleieiit  aiicli 
allgemeiner  auf  hos-tla  F.  ' Schlaehtopfer,  Opfertier',  wenn 
dieses  von  Hause  ans  Substantiv,  wie  das  gleicligebildete  9u-ci«, 
oder  auch  nur  früher  zur  substantivischen  Geltung  entwickelt 
war,  vorschweben  mochte. 

In  dacru-ma  lacni-ma  lacri-ma  F.  :  griech,  bdKpu,  corn. 
dagr  (Plur.  dagrou)  'Zähre'  besitzt  das  Lateinische  ein  den 
Adjektiven  von  sekundärer  AVortschöpfung  griech.  eTu-|uo-c, 
exilTu-^o-c  'wahr,  echt',  aind,  diju-mä-s  'hell,  leuchtend'  sich 
anreihendes  Noniinalgebilde ;  vgl.  Leo  Meyer  a.  a.  0.  620, 
624,  Brugmann  Grundriss  II  §  72  S.  162.  163.  164.  Iw. 
jMüllers  Handbuch  II-  94.  Wenn  nun  dem  Vorkommen  der 
archaistischen  .Schreibung  vic-tu-ma,  die  in  vktumärhis  (R. 
Fabretti  Inscr.  antiq.  639,  332.  677,  34  u.  35  und  Bullet,  dell' 
inst,  di  corrisp.  archeol.  1857  S.  65,  vgl.  auch  Ariod.  Fa- 
bretti Glossar.  Ital.  1962  f.)  inschriftliche  Beglaubigung  hat, 
die  Bedeutung  beizumessen  wäre,  dass  der  "Mittellaut  zwischen 
u  und  i"  hier  ursprüngliches  -u-  vertreten  hätte,  wie  eben  m 
dacru-ma  lacru-ma  neben  lacrlma,  in  mami-festus  neben  ma- 
ni-fesfus,  lacu-hus  neben  lacl-bits  (IJrugniann  Grundriss  I  §49 
S.  43,  Stolz  Iw.  Müllers  Handbuch  11-  '2i^S),  nicht  ursprüng- 
liches -/-,  wie  seltener  und  z.  B.  in  puntu-fex  =  pontl-fex, 
so  könnte  eventuell  auch  ein  ^vic-fu-s  Alask.  'das  Weihen, 
Weihung'  unserem  vic-ti-ma  als  Stammwort  untergelegt  werden. 

Es  liegt  nahe  zu  vermuten,  dass  ein  so  abstrakter  Be- 
gritf  wie  ^veihen,  heiligen,  zum  Opfer  bestinnnen'  auf  einer 
konkreteren,  sinnlichen  Grundanschauung  lu  ruht  lial)eu  werde. 
Diese  hat,  wie  mir  scheint,  Potts  Spürsinn  richtig  herausge- 
funden, indem  der  Altmeister  Wurzel- Wörterb.  III  288  unser 
weihen,  got.  iceih-s  'heilig,  öyioc,  d-fvoc'  zu  aind.  r'ic-  'son- 
dern, aussondern,  abtrennen',  Präs.  cinak-fi,  vi-reJx-fi,  Perf. 
vi-vec-a,  Part,  vi-vik-fa-s  'gesondert,  al)gesondert,  isoliert,  ein- 
sam, frei  von',  'von  allem  Ungehörigen  getrennt,  rein,  lauter', 
pra-vel-a-H  Adj.  'der  auserlesenste,  vorzüglichste'  stellte  mit 
der  trefflichen  Begründung:  "Geht  man  davon  aus,  wie  von 
dem  Geweihten,  Heiligen  das  Profane  fern  gehalten  wird, 
und  in  diesem  Betracht  jenes  recht  gut  selbst  als  das  Geson- 
derte, Abgetrennte,  Unnahbare  (ctbuTov,  aßatov;  alts.  ic'th 
st.  M.  Heiligtum,  Tempel)  vorgestellt  werden  mag:  dann  gäbe 
man  sich  ü-ern  der  A'ernnitun^'  liiii.  i^-oth.  ircih^   mit  (Genossen 


Griecliische  und  lateinische  ^Yortde^^t^lng•en.  43- 

sei  eig'.  i)assivisc'h,  iiml  etwa  s.  v.  a,  s.  vivikfa  (separatus, 
(lesertns,  decretns,  solitariiis)".  Vg-1.  aneb  Scbade  Altdeutseh. 
Wörterb.-  1150-^  iiiul  Wbeeler  D.  g-rieeb.  Noniinalakzent  83. 
Die  Bedeutung-  des  germ.  ^wix-a-z  Adj.  =  got.  iceih-s-,  alt- 
sächs.  abd.  wih  als  Passivpartizip  'abgesondert'  bei  Stamm- 
bildung mit  -o-Sutifix  illustrieren  die  IF.  V  320  f.  für  lat.  pö- 
mu-m  aus  "^po-ein-o-in  'Abgenommenes'  beigeljracbten  Bildungs- 
analogien, Mitbin  wäre  aucli  lat,  ^ric-fi-s  oder  ^vk-tu-s  'Wei- 
bnng'  in  vktima  eigentlicb  'Absonderung'  gewesen. 

Den  Begrit!sübergang-  von  'abtrennen,  aussondern'  zu 
'weiben'  zeigt  uns  das  Semitiscbe  mit  tblg-endem  Beispiele. 
Die  Wurzel  HRM  mit  der  Grundbedeutung  'abscbneiden,  ab- 
sondern' drückt  bebräiseb  im  Hipbil  'weiben'  aus;  daber  arab. 
harama  'er  verweigerte,  verbot',  haruma  'es  war  verboten', 
harain  'beiliger  Ort',  bebr,  heJi'^rbn  'er  weibte'  usw,  leb  l)in 
meinem  Kollegen  Professor  Brünnow  und  meinem  Freunde 
Nöldeke  für  diesen  Nachweis  verpflicbtet. 

Über  das  scbwierige  umbr.  eveietu  Tab,  Iguv,  IIb  8. 
11  haben  Breal  Les  tabl,  Eugub.  266,  Bücbeler  Umbrica  142  f,, 
von  Planta  Granun.  d,  osk,-umbr.  Dial,  I  §  143  S,  288.  §  182 
S.  372  ff.  und  Ceci  'Contributi  alla  fonistoria  del  latino'  Roma 
1894  S.  11  =  Rendic.  della  R,  Accad.  dei  Lincei  III  309  ge- 
bandelt. Den  Sinn  bat,  bei  verfebltem  Etymon,  am  richtigsten 
Breal  getroffen  mit  den  Worten:  "Eveietu  correspond  })eut-etre 
en  sa  seconde  partie  au  latin  vovefo  .  .  ,  .  Le  pretixe  e  servirait 
ä  renforcer  l'idee  du  verbe:  'devoveto'".  Dem  Etymon  kam 
am  nächsten  Bücbeler,  indem  er,  ausser  seiner  unhaltbaren 
Anknüpfung  an  e-vincere,  e-vicfio,  die  sich  Bronisch  D,  osk.  i- 
u,  e-Vokale  §  68  S.  164  aneignet,  auch  diejenige  an  victima 
andeutete:  "veiiementer  dubito  an  cognatum  buic  verbo  sit  lati- 
num  cictiinae  nomen".  und  von  von  Planta  dürfen  -wir  uns 
teilweise  dessen  formale  Auffassung  des  eveietu  aneignen, 
insofern  nämlicb,  als  er  a.  a,  0.  S,  372  f.  richtig  das  Wort  mit 
umbr.  tnuk'to  Part,  :  laugiifn  Imper.,  lat.  ntfigio,  com-mugenfö 
zusannnenordnet;  ihm  "ist  a  i)riori,  olnie  Kücksicbt  auf  die 
Etymologie,  die  wahrscheinlichste  Erklärung  die  aus  '^evegefu'\ 
Nach  keiner  Seite  bin  scheint  mir  Ceci  a.  a,  0.  die  Frag-e 
der  Herkunft  und  eig-entlicben  Bedeutung  des  eveietu  irgend- 
wie gefrirdert  zu  haben. 

Natürlich    haben   wir,    wenn   wir    mit  Bücbeler   das  um- 


44  Hermann    Ostliölf, 

briscbe  Wort  zu  lat.  vktima  stellen,  jenes  nicht  etwa  als 
'victiinato,  er  soll  opfern'  aufzutassen,  sondern  wir  müssen  an 
diejenige  Bedeutung-  anknüpfen,  von  der  auch  vicfinia  selbst 
ausgegangen  ist,  also  an  'weihen,  heiligen'.  Büeheler  erläu- 
tert seine  Übersetzung  von  Tab.  Iguv.  IIb  is  si  perakne  se- 
vakne  upetu  eveietu  .  sevakne  naratu  ''sueni  agona- 
leni  soUemnem  oi)tato  evincito  .  sollemnem  narrato"  und  IIb 
11  kapru  perakne  sevakne  upetu  eveietu  naratu  "ca- 
prum  agonalem  sollemnem  optato  evincito  narrato"  im  Kom- 
mentar durch :  "  prinium  optatur  sive  i)rol)atur  hostia,  tum 
ei'eiefer,  tum  verbis  sollemnibus  nuncu])atur  dicaturque  deo 
.  .  .  .,  deniiiue  caeditur",  der  ganze  Ausdruck  sei  ein  solcher 
"ut  si  latine  dixeris  caprum  hosfiam  eligito  dedarato  nun- 
cupato".  Jetzt  aber  gibt  mir  Bücheier  selbst  zu,  dass  an  die 
8telle  seines  "declarato"  der  von  Brcal  gewiesene  Begriff 
''voveto",  so  wie  ich  ihn  durch  rictima  zu  stützen  suche, 
durchaus  passe,  indem  er  mir  schreibt  (Bonn,  20.  März  1894): 
''Ich  tinde  Ihre  Darlegung  über  eveietu  ganz  überzeugend. 
Der  Sinn  'weihen,  heiligen'  passt  so  treitend  für  den  Zusam- 
menhang, da  der  betreffende  Akt  zwischen  der  Schau  des 
Opfertieres  und  der  ad  hoc  spezialisierten  Gebetsformulierung 
liegen  muss,  dass  ich  alle  Ihre  Worte  unterschreiben  möchte ". 
In  dem  Prätix  e-  von  e-veietu  mag,  anstatt  dass  es  nach 
Breal  den  Verbalbegriff  zu  verstärken  hat,  noch  die  Hindeu- 
tung auf  das  'aussondernde  Weihen',  also  gerade  auf  die 
für  ridinui  und  unser  iceihen  ermittelte  sinnliche  Gvundvor- 
stellung,  liegen. 

Bei  von  Planta  a.  a,  0.  S.  oTo  heisst  es:  "Dass  eveietu 
zu  1.  vidima  gehöre  (doch ')  vgl.  Bücheier  148),  wäre  möglieh, 
wenn  letzteres  =  *veg-tima  ist  (vgl.  auch  1.  ar-viga  'Opfer- 
Widder'?)":  und  in  der  Anm.  ?>  dazu:  "Das  /  in  vidima  Hesse 
sich  allenfalls  durch  Anlehnung  an  vigor  (^wozu  es  die  Alten 
stellten)  oder  an  vidus  usw.  erklären".  Das  iirt  weit  ab 
vom  Richtigen  und  zunächst  Liegenden.  Kann  denn  nicht  in 
imserem    -veietu    das    wurzclhafte  e    den   alten  Diphthong  ei 


1)  Dieses  "doch"  ist  mir  nieht  recht  verständlich;  liat  etwa  von 
Planta  irrtümlicli  das  Büciielersclie  "diibito  an",  womit  dii'ser  l'm- 
brica  143  zur  Zvisainiuenstelhuig  von  eveietu  und  ricfinin  hinneigt, 
negativ  tür  "dul)ito  num"  "enommen? 


Griechisclie  und  lateinische  Wortdentung-en.  ib- 

vertreteil,  für  den  ja  iincli  von  Plantas  eig-ener  Darstellung- 
a.  a.  0.  I  §  71  S.  147  im  ümbrischen  "fast  ausnahmslos  e" 
(vgl.  dazu  aucdi  Broniscii  D.  osk.  /-  u.  e-Vok.  §§  67  ff.  S.  162  ff.) 
erscheint?  Ich  leite  e-veietu  auf  ein  urital.  ^eks-veig-e-töd 
'soll  aussondern,  soll  weihen'  zurück.  Der  Wurzelauslaut  -g- 
in  dieser  Form  neben  der  Tenuis  in  aind.  vinc-antl  3.  Plur. 
Präs.  'sie  sondern  aus',  fi-vec-a  Perf.,  pra-velx-a-s  Adj.  und 
in  got.  weih-s,  iceih-an  findet  eben  durch  das  Vorhandensein 
der  altindischen  Präsensbildung  mit  Xasalintix  seine  Rechtfer- 
tigung, nach  zahli'eichen  wohlbekannten  Analogien;  vgl.  Verf. 
Z.  Gesch.  d.  Perf.  548  und  die  dort  angeführte  Litteratur, 
Brugmann  Grundriss  I  §  221  8.  190  f.  §  469,  7  S.  348,  Feist 
Grundriss  d.  got.  Etym.  19  Anm.  und  ebenda  Vorw.  S.  IX, 
neuerdings  Johansson  IF.  II  9  und  X'oreen  Abriss  d.  urgerm. 
Lautl.  §  49,  2  S.  181  ff.  nebst  ihren  Zitaten,  endlicii  Verf. 
IF.  V  294. 

Nicht  zu  übersehen  ist  auch,  dass  bei  unserer  Auffassung- 
des  e-veietu  ein  Verhältnis  der  verbalen  Stammbildung  zwi- 
schen urital.  ^veig-e-töd  und  got.  iveihan,  Prät.  iceih-ai-da, 
Part,  iceih-ai-p-s  sich  einstellt,  wie  es  als  das  zwischen  altita- 
lischer e-  und  germanischer  ''dritter  schwacher  Konjugation" 
ganz  übliche  anerkannt  ist  und  gerade  in  jüngster  Zeit  die 
mannigfachste,  wenngleich  immer  noch  nicht  abschliessende, 
Behandlung  ertahren  hat.  Unser  Fall  reiht  sich  als  neuer  den 
Entsprechungen  wie  lat.  habe-re  unibr.  habe- tu  habi-tti  'ha- 
beto'  :  got.  hahan  habai-da  liabai-ps  ahd.  habe-n  habe-ta  gi- 
habe-t,  lat.  vide-re  umbr.  virse-to  Part.  :  got.  loitan  witai-da 
ahd.  gl-  ir-icizze-n,  \at.tace-re  umbr.  tace-z  tase-s  tase-turVuYi. 
:  got.  pahan  paliai-da  ahd.  dage-n,  lat.  sile-re  :  got.  mia-süan 
-silal-da  an,  in  deren  Beurteilung  ich  bis  auf  weiteres  der  Auf- 
fassungsweise Brugmanns  Grundriss  II  §  590  S.  964.  §  592 
S.  965.  §  708  S.  1063  ff.  §  738  S.  1087.  §  739  S.  1087  f. 
mich  am  nächsten  stellen  möchte;  beachtenswert  ist  auch  der 
neueste  an  Bremer  PBrB.  XI  46  ff.  anknüpfende  Lösungsver- 
such von  ^Möller  Anzeiger  f.  deutsch.  Altert.  XX  131  ff.  Je- 
denfalls lässt  unser  umbr.  e-veietu  aus  ital.  '^-veigetöd  es 
nun  auch  desto  klarer  hervortreten,  dass  das  Bildungsverhält- 
nis von  got.  weihau,  Prät.  iceihakla,  zu  asäclis.  icihuni  ahd. 
wihen  aisl.  i'igja  allerdings  der  gleichen  Art  ist,  wie  die  be- 
kannten got.  haban  ahd.  haben  :  asächs.  hebbian  afries.  hebba, 


46  Hermann    Ost  ho  ff, 

got.  palian  alul.  äugen  :  aisl.  pegja,  got.  Uban  alul.  lelxoi  : 
asäclis.  Ubhian  ag-s.  lifyan  lihhan  afries.  libba,  got.  hafan 
alid.  hazzen  :  got.  Jiatjan  alid.  hezzen  asäclis.  hettian,  ahd. 
sagen  :  alul.  ^\seggen  (vgl.  ^e^/*-^  se^i^  2.  3.  Sing.  Ind.  Präs.) 
mnl.  zeggen  asächs.  seggian  ags.  secjan  afiies.  sedsza  aisl. 
segja,  ahd.  hogen  :  huggen  asäeliz.  huggian  ags.  hijc-^an  aisl. 
hyggja  got.  liugjan  u.  älinl.  mehr  (vgl.  Sievers  PBrB.  VIII 
90  ff.,  Kög-el  ebend.  IX  516  ff.,  Bremer  a.  a.  0.,  Brugmnnn 
Grundriss  II  §  708  S.  1064,  Möller  a.  a.  O.i. 

Seinerseits  war  von  Planta  Grannn.  d.  osk.-und)r.  Dial. 
I  §  143  S.  288.  §  182  8.  373  f.  u.  S.  374  Anm.  1  nicht  ab- 
^•eneigt,  das  innbr.  e-veietu  mit  lat.  e-Ugifö  oder  auch  mit 
lat.  legäre  7Aisammenznl)ring-en.  Abgesehen  davon,  dass  nach 
Bücheier  der  Begriff  'eligito'  durch  das  dem  e-veietu  an 
beiden  Stellen  der  iguvinisehen  Tafeln  unmittelbar  vorausge- 
hende upetu  'optato'  präokkui)iert  ist,  steht  und  fällt  solche 
Deutungsweise  auch  mit  der  noch  immer  schwebenden  Frage, 
ob  im  ünibrischen  ursprüngliches  wortanlautendes  l-  durch  v- 
vertreten  werde  oder  nicht.  Ich  muss  g-estehen,  dass  ich  trotz 
der  auffallenden  Thatsache,  dass  auf  den  Tafeln  von  Ig-uvium 
Wörter  mit  anlautendem  /-  fehlen,  und  trotz  des  Scharfsinns, 
den  von  Planta  a.  a.  0. 1  §  143  S.  285  ft\  aufbietet,  um  im  An- 
schluss  an  andere  Forscher,  so  Knötel,  Aufrecht-Kirchhoff,  Pau- 
zerbieter,  Breal  und  vielleicht  Bugge,  umbr.  v-  aus  /-  wahr 
scheinlich  zu  machen,  auch  trotz  Thurneysen  KZ.  XXXII  560, 
mich  vor  der  Hand  nicht  zur  Bejahung  dieser  Frag-e  ent- 
schliessen  kann,  sondern  mit  Bücheier  in  der  Skepsis  verharre. 
Bücheier,  indem  er  mir  darüber,  in  Übereinstinnnung  mit  sei- 
ner früheren  negativen  Haltung  Jenaer  Literaturzeit.  1876 
S.  397'^f.  sehreibt  (30.  Mai  1892):  "Wegen  v-l  bin  ich  nach 
wie  vor  gleich  skeptisch,  der  Wechsel  müsste  mir  durch  ein 
handgreiflich  richtig-es  Beispiel  bewiesen  werden",  hält  auch 
ferner  seinen  Zweifel  an  der  zu  "italischen  Augural-  und  Kol- 
legialsitzeinrichtungen" nicht  stimmenden  Gleichung-  umbr.  va- 
pect-  rapers-  =  lat.  lapid-  durchaus  aufrecht;  ist  gegen  die 
etymologische  Verbindung  von  uud)r.  vestikatu  vesflcafu 
Mibato',  vestigia  resti.sia  '  libamcntunr  (vgl.  Umbrica  52  f.) 
mit  lat.  llbüre  (von  Planta  a.  a.  0.  S.  288  f.)  "mistrauisch"  we- 
gen der  "Regel,  dass  alle  lieiligsten  sakralen  Aktionen  von 
jedem  Stamm    in  besonderer  Denomination    entwickelt    sind"; 


Griechische  und  lateiuisch.e  Wortdeutung-cn.  47 

verwirft  die  Zusammenstellung-  von  vef  mit  lat.  hhra  'Wage, 
Pfund'  (nach  Thurneyscn  bei  von  Planta  a.  a.  0.  S.  288)  aus 
sachlichen  und  formalen  Gründen,  weil  die  Analogie  des  Sprach- 
gebrauchs der  griechischen  und  lateinischen  Inschriften  für  das 
umbrische  Wort  den  Begriff  V^piöac,  partes'  erheische,  den 
eines  Gewichts  entschieden  al)lehne,  "obendrein  zeigt  vef  die 
nötige  Kasusendung  und  hat  ein  Verb  vetu  zur  Seite''  (vgl. 
zur  formalen  Vermittelung  der  und)r.  vef,  vetu  mit  lat.  di- 
vido ausser  Bücheier  ünibrica  o9.  111  f.  auch  Brugmanu  Ber. 
üb.  h.  Verhandl,  d.  kön.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  i)hilol.-hist.  Kl. 
Leipz.  1890  S.  211.  Gruudriss  II  §528  S.  925).  Und  insbe- 
sondere über  e-veietu  bemerkte  mir  mit  Rücksicht  auf  den 
von  Plantascheu  Deutungsvorschlag  Bücheier  damals  (1892): 
"eveietu  =  eJigito  halte  ich  für  unmöglich,  weil  nur  Schwä- 
chung nach  upetu,  während  mir  die  Zuordnung  zu  'weihen' 
durchaus  angemessen  scheinen  würde,  an  eviiicito  halte  ich 
auch  nur  das  fest,  dass  ein  Akt  bezeichnet  wird,  der  ausser 
der  boKi|uacia  des  Opfers  speziell  für  göttlichen  Dienst  ausson- 
dert, recht  gut  Ihr  ungefähres  victimato". 

Heidelberg,  im  September  1894.  H.  Ost  hoff. 


Zu  deu  geriiiaiiisclieii  Aiislautsgesetzeii. 


M.  H.  Jelliuek  unterwirft  ZfdöG.  1893  S.  1092  ff.  und 
HZ.  XXXIX  125  ff.  meinen  Versuch,  die  Gestaltung  der  lan- 
gen germanischen  Endsilben  aus  dem  Einfluss  verschiedener 
Akzentqualitäten  zu  erklären,  einer  eingehenden  Kritik  und 
unter  xVblehnung  meiner  Ansichten  stellt  er  eigene  auf,  die 
ich  hinwiederum  für  nichts  weniger  als  richtig  halten  kann. 
Sie  scheinen  mir  in  demselben  Geist  geschrieben  zu  sein,  den 
Jellinek  in  seinen  "Beiträgen  zur  Erklärung  der  germanischen 
Flexion"  gezeigt  hat.  Hier  hat  er  etwas  früher  als  ich  die 
germanischen  Auslautsgesetze  behandelt,  ohne  zu  irgendwie 
aunehm])aren  Resultaten  zu  konunen.  Seine  diese  Frage  be- 
treffenden Ansichten,  die  gewiss  z.  T.  recht  scharfsinnig  sind, 
nach  meiner  Meinung   al)er  ein  mangelndes  Gefühl   für  Wahr- 


48  Herir. iiii  Hirt, 

schciiiliclikeit  und  für  das  sprachliclic  Leben  übcrlianpt  ver- 
raten, sind  ebenso  wie  sein  ganzes  Bueli  allg-emein,  z.  T.  ziem- 
lieh seharf  ab-elehnt,  vgl.  Kauifmann  ZZ.  XXVI  265,  CoUitz 
Af'dA.  XVII  270,  Miehels  IP\  Anz.  I  2i),  Johansson  Arkiv  f. 
nord.  Fil.  XI  97,  Mahlow  DLZ.  1891  Sp.  1708.  Diese  Be- 
sprechungen tretfen,  abgesehen  von  allem  anderen,  sehon  des- 
halb das  rechte,  weil  Jellinek  in  kürzester  Frist  die  alten  An- 
sichten aufgegeben  und  rascli  neue,  reclit  wenig  begründete 
an  ihre  Stelle  gesetzt  hat. 

Nicht  gern  gehe  ich  auf  eine  genauere  Erwiderung  ge- 
gen den  letzten  Artikel  Jellineks  ein.  Doch  da  mich  dieser 
direkt  zu  einer  Antwort  auffordert  und  mir  eine  nochmalige 
schärfere  Ausführung  meiner  Theorie  der  Wichtigkeit  der 
Sache  wiegen  erwünscht  erscheint,  hoffe  ich  mit  einer  Ent- 
gegnung einem  griisseren  Interesse  entgegenzukonnnen. 

Ich  scheue  mich  nicht  einzugestehen,  dass  Jellinek  einige 
Irrtümer,  die  ich  zum  grössten  Teil  schon  selbst  bemerkt 
hatte,  in  meinen  Aufsätzen  berichtigt  hat;  um  so  nachdrück- 
licher möchte  ich  darauf  hinweisen,  dass  Jellinek  das  allge- 
meine Prinzip  meiner  Erklärung  nicht  zu  erschüttern  vermochte. 
Dasselbe  löst  in  der  That  eine  Reihe  von  Schwierigkeiten  so 
überraschend,  dass  es  sich  schon  eine  Anzahl  von  Freunden 
erworben  hat.  Von  Streitberg  und  Michels  abgesehen  haben 
Kauftmann  ZZ.  XXVI  265,  Johansson  Arkiv  XI  99,  Axel 
Kock  und  andere  der  allgemeinen  Idee,  nicht  allen  Einzel- 
heiten zugestinnnt.  Auch  Wilmanns  Gr.  235  erkennt  die  Be- 
deutsamkeit meines  Prinzips  an  und  stellt  meinen  Gedanken- 
gang ganz  richtig  dar,  wenngleich  er  sich  im  übrigen  noch 
skeptisch  verhält.  Mehr  habe  ich  nie  erwartet.  Ich  brauche 
auch  hierüber  nichts  weiter  zu  sagen,  da  Jellinek  HZ.  S.  VM) 
bemerkt:  "Es  wird  sich  dabei  herausstellen,  dass  die  An- 
nahme des  Fortwirkens  der  ursprünglichen  Verschiedenheit 
langer  Vokale,  die  im  Griecli.  und  Lit.  als  Unterschied  der 
Akzentcjualität  sich  zeigt,  allerdings  gewisse  Erscheinungen 
cintach  erklärt",  und  weiter  hcisst  es:  "Ein  gewisser  Fort- 
schritt ist  durch  die  neue  Akzenthypothese  allerdings  gege- 
ben". Dieses  Zugeständnis  ist  um  so  wertvoller,  als  Jellinek 
in  seinen  Beiträgen  sowohl  Mahlows  wie  Ilanssens  Erklärungs- 
versuche, die  auf  dasselbe  Prinzip  gcgründi't  waren,  abgelehnt 
hatte.     Unter  diesen   Umständen    darf  ich   wohl  meiner  Arbeit 


Zu  den  g-ermanischen  Auslautsg'csetzcn.  49 

die  ^reiiiinig'säiuleniiii;-  und  bessere  Erkenntnis  Jellineks  zu- 
schreiben. Damit  liabc  ich  mir  doch  wenig-stens  ein  Verdienst 
erworl)en,  selbst  wenn  die  wirkliclie  Gestaltung-  der  germ.  End- 
silben erst  durch  Jellin.ek  aut'g-ehellt  sein  sollte  ^), 

Obgleich  ich  mich  in  meiner  Erwiderung  mög-lichst  kurz 
fassen  und  möglichst  wenig  auf  das  zweifelhafte  eingehen 
möchte,  so  bleibt  mir  doch  nichts  anderes  übrig  als  noch  ein- 
mal die  Hauptfragen  zu  erledigen-). 


1)  Das  soll  nicht  etwa  eine  Ztistimmttng'  aitsdrüeken.  Ich  be- 
merke dies,  weil  J.  ans  einem  ähnlichen  Passus  IF.  I  199  einen  sol- 
chen Schluss  gezogen  hat. 

2)  Btr.  XVIIl  fi2ß>  habe  ich  in  einer  Note  die  prinzipielle 
Verschiedenheit  unser  beider  I^orschiing*  ausgesprochen  mit  den 
Worten:  "Im  übrigen  lieg't  für  mich  die  P'rag'e  g-anz  anders,  als 
sie  Jellinek  formuliert.  Da  im  Idg.  stossender  und  schleifender 
Ton  vorhanden  waren,  so  handelt  es  sich  um  die  Untersuchung', 
ob  sich  im  Germ.  Spuren  dieser  Differenz  nachweisen  lassen."  Jel- 
linek HZ.  XXXIX  12(3  bemäng-elt  diese  Note,  an  der  vielleicht  der 
Ausdruck  "formuliert"  zu  beanstanden  war.  Ich  hatte  allerdings 
keine  bestimmte  Formulierung-  Jellineks  im  Sinn,  ich  wollte  viel- 
mehr auf  den  prinzipiellen  Unterschied  in  der  Betrachtung-  hinwei- 
sen. Jellinek  sucht  die  g-ermanischen  Auslautsg-esetze  zu  erklären, 
eine  g-ewiss  dankenswerte  Aufgabe,  und  er  zieht  dazu,  soweit  als 
nötig-,  das  Idg-.  heran.  Mir  aber  kam  es  darauf  an,  wie  schon  der 
Titel  meines  Aufsatzes  in  den  IF.  beweist,  die  idg-.  Akzentqualitä- 
ten zu  erforschen  und  ihre  Entwicklung-  klarzustellen.  Nicht  die 
germanischen  Endsilben  interessierten  mich,  sondern  die  aller  Spra- 
chen, die  namentlich  im  Adverbium  so  mannigfach  verschiedene 
Bildungen  zeigen.  Nachdem  ich  die  sicheren  Sprachen  betrachtet, 
musste  ich  auch  das  Germ,  heranziehen.  Ich  hatte  micli  allerdings 
auch  schon  vorher  mit  der  Gestalt  der  germanischen  Endsilben  ab- 
gemüht —  der  Ausdruck  sagt  nicht  zu  viel  — ,  aber  alles  blieb  hier 
zu  unsicher,  so  lange  man  den  wichtigen  Faktor  der  Akzentciuali- 
tät  nicht  in  Betracht  ziehen  konnte,  und  daher  entschloss  ich  mich 
erst  eine  Grundlage  für  das  Germanische  ebenso  wie  für  die  an- 
deren Sprachen  zu  schalfen. 

Ich  halte  diese  Art  der  Betrachtung  von  der  Jellineks  lür 
prinzipiell  verschieden.  Das  drückt  sich  auch  noch  auf  andere 
Weise  aus.  So  stiche  ich  zu  erforschen,  was  aus  den  sicher  zu  er- 
schliessenden  idg.  Formen  im  Germ,  geworden  ist,  während  Jellinek 
das  im  Germ,  vorhandene  zu  erklären  unterninnnt.  Würden  wir 
uns  auf  historischem  Boden  bewegen,  so  würde  niemand  zweifeln, 
wie  vorzugehen  ist.  Niemand  würde  die  nhd.  Endsilben  ohne  Hilfe- 
nahme  des  Ahd.  und  Mhd.  zu  erklären  versuchen,  vielmehr  wird 
allgemein  das  Ahd.  und  Mhd.  zu  Grunde  gelegt  und  die  nhd.  For- 
Imlogermanisclie  Fürscliuiij-'en  VI  i  u.  2.  4 


50  Henna u   Hirt, 

Ehe  ich  das  Akzentprinzip  zur  Erklärung-  amvandte 
hatte  ich  die  gemi.  Auslautsg-esetze  uacli  allen  Richtungen 
und  Erklärungsarteu  untersucht,  und  Jellinek  ist  daher  im 
Unrecht,  wenn  er  HZ.  127^  sagt:  "Hirt  scheint  es  jetzt  also 
auch  der  Untersuchung-  für  wert  zu  halten,  ob  nicht  die  alte 
Differenz  der  Vokalqualität  ä  —  ö  ihre  Spuren  im  Germ,  zu- 
rückg-elasseu  habe."  Diesen  Schluss  zieht  er  aus  einer  zufäl- 
ligen Verschiedenheit  zweier  sinnesg-leicher  Stellen.  Al)er  ich 
begreife  nicht,  wie  J.  dies  aus  meinen  Worten  entnehmen 
kann,  da  ich  mich  direkt  über  diese  Frage  g:eäussert  habe. 
Schon  IF.  I  203  wies  ich,  allerding-s  ohne  weitere  Begrün- 
dung, die  Ansicht  ab,  dass  idg-.  ö  und  ä  in  g;ermanischen 
Endsilben  noch  unterschieden  würden.  Ich  habe  es  bisher  als 
selbstverständlich  ang-esehen,  vor  dem  Aussprechen  eines  so 
bestimmten  Urteils  eine  Frag-e  auch  zu  i)rüfen,  wenngleich 
ich  es  nicht  für  nötig  hielt,  mit  der  Zurückweisung  einer  in 
der  damaligen  Zeit  fast  nirgends  mehr  vertretenen  Ansicht 
mehrere  Seiten  zu  füllen.  Dieselbe  Meinung-  vertritt  van  Kel- 
ten Btr.  XVII  272.  Da  Jellinek  diese  Hypothese  wieder  auf- 
nimmt, so  will  ich  mit  den  Gründen,  die  mich  zu  ihrer  un- 
bedingten Verwerfung  auch  heute  noch  führen,  nicht  zurück- 
halten 1). 


men  werden  daraus  historisch  abg-eleitet.  Nun  ist  zwar  das  Idg'. 
nur  erschlossen,  aber  heute  so  gut  zu  rekonstruieren,  dass  wir  es 
unbedenklich  einer  historisch  ■  überHeferten  Sprachepoclie  gleich- 
setzen können.  Die  Kluft,  die  in  der  historischen  Überlieferung 
gähnt,  ist  im  Prinzip  nicht  grösser  als  die  zwischen  Lateinisch  und 
Konuiniseh.  Eine  vorwärtsschreitende  Betrachtung  ist  aiich  deshalb 
vorzuziehen,  weil  wir  im  aligemeinen  von  einer  grösseren  Anzahl 
Formen  zu  weniger  gelangen,  und  uns  unser  Standpunkt  gleich 
darauf  hinweist,  dass  wir  in  der  historischen  Epoche  mit  dem  Zu- 
sammenfall verschiedener  Formen  zu  rechnen  haben. 

1)  Lit.-Bl.  f.  g.  u.  r.  Phil.  1891  Sp.  367  bemerkte  ich  "eine 
Scheidung  von  -ö  und  -ä  im  Germ,  schwebt  völlig  in  der  Luft." 
Wenn  Jellinek  an  diesem  Ausdruck  Anstoss  nimmt,  so  verweise 
ich  ihn  auf  Btr.  XVHT  289,  wo  ich  dieselben  Worte  von  meinen 
eigenen  Ansichten  gebraucht  habe.  Ob  er  treffend  war  oder  nicht, 
darüber  lohnt  es  sich  wahrlich  nicht  zu  streiten.  Ich  konnte  ja 
auch  sagen:  dass  idg.  ö  und  «  in  germ.  Endsilben  bis  in  die  histo- 
rische Zeit  getrennt  erhalten  geblieben  sind,  Avird  direkt  durch  die 
Thatsachen  widerlegt,  und  nicht  einmal  mit  Hilfe  unwahrschein- 
lichster Analogiebildungen  lässt  sich  diese  Ansicht  durchführen. 


Zu  den  g-ermcanischen  Auslautsgesetzen.  51 


I.     Die  Unterscheidung'  von  idg.  o  und  a. 

Zur  Aufliellung  der  germ.  Auslautsg-esetze  haben  Mah- 
low  und  Müller  die  Differenz  von  idg-.  ä  und  ö  herangezogen; 
ein  jeder  von  ihnen  gelangte  zu  anderen  Annahmen.  Heute 
ist  man  klar  darüber,  dass  ihre  Aufstellungen  nicht  haltbar 
sind.  Wir  wollen  nun  sehen,  wie  es  mit  der  Jcllinekschen 
Vermutung  bestellt  ist. 

A.  Im  Gotischen.  Mahlow  erklärte  bekanntlich,  dass 
idg.  ö  im  Germ,  zu  e  geworden  sei.  Über  diese  Ansicht  ur- 
teilt Jellinek  in  seinen  Beiträgen  S.  4:  "Mahlows  bekannte 
These,  dass  ö  im  Germ,  mit  e  zusammengefallen  sei,  ist  un- 
lialtbar  und  wird  wohl  von  niemand  mehr  als  richtig  ange- 
sehen." Jetzt  nimmt  Jellinek  die  Mahlowsche  These  z.  T.  wie- 
der auf,  nicht  in  ihrem  vollen  Umfange,  sondern  sie  soll 
nur  Geltung  haben  für  die  gotischen  und  nordischen  Endsil- 
ben und  auch  hier  wieder  nur  in  gedecktem  Auslaut  ^).  Wenn 
man  nun  etwa  glaubt,  dass  sich  bei  dieser  engen  Formu- 
lierung, für  die  absolut  keine  Ratio  zu  finden  ist  und  für  die 
Jellinek  nicht  einmal  eine  sucht,  das  Gesetz  glatt  durchführen 
Hesse  und  bestimmte  Gründe  für  den  absonderlichen  Laut- 
wandel nachgewiesen  würden,  so  befindet  man  sich  in  einem 
grossen  Irrtum.  Der  Leser  wird  nur  darauf  hingewiesen, 
dass  die  Endsilben  der  germ.  Sprachen  erfahrungsmässig 
musikalisch  anders  akzentuiert  sind,  als  die  Haupttonsilben. 
''In  dem  einen  Dialekt  sind  sie  höher,  in  dem  anderen  tiefer 
betont  als  diese."  Warum  waren  denn  aber  nur  gedeckte 
Endsilben,  warum  keine  inlautenden  nebentonigen  Silben  höher 
betont  als  die  Wurzelsilben?  Warum  nur  im  Got.  und  im 
Nordischen?  Warum  nicht  im  Westgerm.'?  So  lange  Jellinek 
keinen  bestimmten  Anhaltspunkt  für  diese  musikalische  Beto- 
nung giebt,  so  lange  er  nicht  etwa  in  der  angenommenen  hö- 
heren   musikalischen   Betonung    einzelner    Endsilben    die   Wir- 


1)  Ganz  klar  ist  mir  Jellineks  Auffassung  nicht  geworden. 
Da  er  auch  das  e  von  hamma  (Ivammeh)  aus  ö  herleitet,  so  niüss- 
ten  auch  im  absoluten  Auslaut  stehende  5  zu  e  geworden  sein.  Dem 
widerspricht  aber  das  Nordische.  Sonst  könnte  ja  Jellinek  1.  Sg. 
got.  baira  aus  *baire  entstehen  lassen. 


52  Her  man  Hirt, 

kling  des  idi;-.  Hauptakzentes  nachweist,  wobei  es  dann  wie- 
der sehr  autiallig-  sein  würde,  dass  nur  gedeckte  Endsilben 
oxytoniert  gewesen  wären,  so  hinge  wird  man  nicht  ernstlich 
mit  dieser  Ansieht  rechnen  dürfen.  Auch  Kluges  die  Ver- 
hältnisse gerade  umkehrende  Annahme,  got.  e  zu  ahd.  o,  stösst 
ja  gerade  wegen  der  Absonderlichkeit  des  Lautwandels  auf 
Bedenken. 

Aber  was  gewinnen  wir  schliesslich,  wenn  wir  diesen 
Lautwandel  annehmen?  Die  einzige  Form,  die  damit  gut 
aufgeklärt  wird,  ist  got.  dage  ~  ahd.  tago.  Ich  gebe  jetzt 
zu,  dass  dem  got.  dage  weder  im  Germ.  —  auf  as.  linda 
ist,  wie  Jellinek  richtig  bemerkt,  gar  nichts  zu  geben  —  noch 
in  den  verwandten  Sprachen  irgend  etwas  entspricht,  und  ich 
zweitle  heute  auch  aus  anderen  Gründen  daran,  ob  wir  eine 
Endung  -em  für  das  Idg.  ansetzen  dürfen.  Aber  wenn  im 
Lok.  ei  neben  o/,  im  Abi.  ed  neben  od,  im  Gen.  Sing,  e.s-  ne- 
ben OS  lag,  so  konnte  sich  auch  im  den.  Plur.  ein  eni  neben 
öm  stellen.  Ähnlich  van  Helten  Btr.  XVII  57(J.  Aber  wel- 
chen Grund  konnte  .Jellinek  aus  dem  Xichtauftreten  dieser 
Endung  in  den  verwandten  Sprachen  entnehmen,  da  er  doch 
selbst  so  vielfach  mit  nicht  belegten,  rein  theoretisch  kon- 
struierten und,  wie  wir  sehen  wei'den,  sicher  nicht  vorhande- 
nen Urformen  operiert?  Aber  wie  die  Form  auch  entstanden 
sein  mag,  wir  konnnen  bei  Jellineks  Auffassung  nur  aus  dem 
Regen  in  die  Traufe. 

1.  Der  Noni.  Tlur.  dagös  müsste  im  (iot.  dages  lauten. 
"Nur  wenn  man  sich  dazu  versteht,  dagos  ai.  -asns  gleichzu- 
setzen, lässt  sich  die  Regel  idg.  ö  =  got.  e  durchführen ". 
Nun  dazu  will  ich  mich  verstehen.  Sonst  bietet  sich  wohl 
auch  die  Übertragung  vom  Femininum,  die  ja  Brugmann  Grd. 
II  662  für  ahd.  icolfa  vorgeschlagen  hat. 

2.  Es  bleiben  aber  noch  die  Adverbien.  Jellinek  hätte 
für  papt'ö  usw.  darauf  hinweisen  können,  dass  Streitberg  und 
ich  die  Mahlowsche  Ansicht  eines  Ablativsuftixes  -äd  ange- 
nommen haben.  Doch  dazu  hat  er  sich  den  Weg  verlegt, 
da  er,  mir  folgend,  die  Adver))ien  auf  -dre  und  -pro  zusam- 
menstellt. Ist  das  aber  der  Fall,  so  müsste  alter  Ablaut 
vorliegen.  Bis  jetzt  ist  mir  aber  nur  ein  Ablaut  e — o,  nicht 
e  —  <i  bekannt.  Aber  Jellinek  hat  für  die  got.  Adverbien 
iioi'li   eine  ganz   andere  (irnndfoi-ni    ü'i'\vonucu.     'Für   die  got. 


Zu  den  g-ermauischen  Aixslautsgesetzten.  53 

Adverbien  auf  -ö  bietet  sich  nur  die  Herkunft  aus  -äm"{\)^). 
Eine  Spur  irgend  einer  Beg-riindung-  dieser  merkwürdigen  En- 
dung- tindet  sich  nirgends,  und  so  kann  ich  nur  behaupten, 
dass  diese  Annahme  einer  Nichterklärung  gleichwertig  ist, 
und  über  eine  Theorie,  die  bedeutende  Kategorieen  nicht  zu 
^erklären  vermag,  braucht  man  kein  Wort  weiter  zu  verlieren. 
Natürlich  kann  nun  auch  kein  Zusammenhang  mehr  zwischen 
g-ot.  gale/l'ö  und  ahd.  gilihho  bestehen,  und  die  durch  Got. 
As.  und  Ags.  sich  erstreckenden  bemerkenswerten  Gleichungen 
der  Adverbien  auf  -ngö^  got.  imiveniggö,  as.  damungo,  fd- 
rungo,  gegnnngo,  ags.  fceringa,  semninga,  mitmga,  genunga, 
deren  hohes  Alter  jetzt  Delbrück  Grd.  III  635  nachweist,  be- 
ruhen auf  ganz  verschiedenen  Grundformen.  Meiner  Ansieht 
nach  sind  diese  Bildungen  vcillig;  isoliert  und  beweiskräftig-. 
Aber  ich  l)etinde  midi  in  der  Bewertung-  einzelner  Formen- 
kategorien in  einem  offenbaren  Gegensatz  zu  Jellinek.  In  der 
Adverbialbildung-  scheint  Jellinek  alles  für  erlaubt  und  mög- 
lich zu  halten,  während  er  auf  Pronominalformen  g-rosses  Ge- 
wicht legt.  Ich  erlaube  mir  dem  meine  eigene  Ansicht  ent- 
geg-euzustellen,  dass  aus  Adverbialformen,  richtig  benutzt,  sehr 
viel  zu  erschliesseii  ist,  vgl.  unten  S.  70',  aus  Pronominalfor- 
nien  recht  wenig.  Ich  bin  überzeug-t,  dass  die  meisten  Sprach- 
forscher meine  Meinung-  teilen-). 


1)  Zur  Beurteilung-  dieser  Aufstellung-  verweise  ich  auf  Mali- 
low  AEO.  S.  59  Zeile  12  v.  u.  ff. 

2)  P^iniges  zur  näheren  Erläuterung.  Auf  den  Unterschied 
von  got.  Ivamma  [hammeh)  und  Gen.  Plur.  dage  gründet  Jellinek 
die  Behauptung,  "dass  es  nicht  möglich  scheine,  die  Differenz  got. 
hmnma  —  dnge  auf  einen  Unterschied  der  Akzentqualität  zurück- 
zuführen." Vorher  geht  der  Passus:  "Ob  man  *hamme  als  Dativ 
(-e  aus  -ö  aus  -oi)  oder  als  Ablativ  (-e  aus  -ö  aus  -öt)  fasst,  in  jedem 
Falle  haben  wir  ursprüngliche  zirkumflektierende  Betonung  anzu- 
nehmen". Ja,  wenn  es  -nun  aber  weder  Ablativ  noch  Dativ  ist? 
"Zunächst  steht  so  viel  fest,  dass  got.  hmnma  {Ivamvieh)  neben  ahd. 
iJemu,  wie  auch  got.  daga  und  ahd.  tagu  nach  meinen  Auslauts- 
gesetzen beide  gestossene  Qualität  und  den  Ablaut  e  —  ö  zeigen. 
Was  ist  nun  ahd.  dei7iu?  Nach  Jellinek  geht  es  auf  geschleiftes  -ö 
<Dativ  oder  Ablativ)  zurück.  Im  Ahd.  existiert  aber  ein  demo,  das, 
wie  Jellinek  selbst  gezeigt  hat,  ziemlich  alt  ist.  Diese  Form  lässt 
sich  unbedenklich  auf  ^deiniJf  =  ai.  fasmäd,  einen  alten  Ablativ,  zu- 
rückführen. df))in  wird  aber  einfach  von  dem  und  dies  wieder 
A'on  gebii   beeintlusst   sein,    vgl.  ags.  divre  wie  jiefe.     Ebenso  steht 


54  Her  man  Hirt, 

3.  Im  Gen.  Phir.  Fein,  tritt  im  Got.  -o  als  Endung  auf^. 
gibö,  tiiggönö,  die  nach  Jellinek  auf  idg.  -am  zurückg-elicn 
muss.  Die  Endung-  -am  mag  beim  Femininum  einst  vorhan- 
den gewesen  sein,  aber  in  keiner  idg.  Sprache  lässt  sie  sich 
noch  nachweisen,  —  die  lit.  Form  ralikü  geht  auf  -dm  zu- 
rück, vgl.  Streitberg  IF.  I  264  — ;  sie  steht  also  mit  dage 
ganz  auf  einer  Linie.  Derselbe  Grund,  der  J.  zu  seiner  Hy- 
pothese führt,  liegt  auch  hier  vor. 

Nach  Streitbergs  mich  überzeugenden  Ausführungen  IF. 
1  282  ist  das  slav.  -i,  das  man  früher  aus  -om  ableitete,  eben- 
falls aus  -öm  entstanden,  wodurch  es,  wie  Jellinek  selbst  zu- 
gibt, wahrscheinlich  wird,  dass  schon  in  idg.  Zeit  -öm  auck 
auf  alle  konsonantischen  Stämme  übertragen  ist.  Warum 
heisst  es  dann  nicht  got.  Huggöne'i  Und  wieder  konmit  man 
mit  Jellineks  Ansicht  in  den  übrigen  germ.  Dialekten  nicht 
weiter.  Den  ags.  Gen.  Flur,  -^'lefa  führt  Jellinek  nur  zwei- 
felnd auf  'am  zurück,  da  es  dem  Verdacht  analogischer  Neu- 
bildung unterliegt.  Würde  es,  wie  man  bisher  fast  allgemein 
gethan  hat,  got.  glhö  gleichgesetzt,  so  wäre  die  von  Jellinek 
angenommene  Scheidung  von  -ö  und  -a  im  Germ,  hinfällig. 
Aber  woher  weiss  denn  Jellinek,  dass  die  Endung  des  Gen. 
Plur.  Fem.  im  Idg.  auf  -am  auslautete?  Wenn  er  darül)er 
besser  unterrichtet  ist  als  Brugmann,  der  Grd.  II  690  die  En- 
dung als  zweifelhaft  bezeichnet,  so  erwürbe  er  sich  um  die 
sprachwissenschaftliche  Welt  ein  nicht  geringes  Verdienst,    es 


es  im  Got.  pamma  stimmt  zu  dacja  in  der  Endung-  und  i.st  daiier 
absolut  nicht  beweiskräftig".  Auf  diese  Pronominalformen  vermag* 
ich  nicht  das  g-eringste  Gewicht  zu  leg-en,  und  ich  bewundere  den 
Mut  Jellineks,  wenn  er  auf  dieser  Grundlage  die  Auslautsgesetze 
konstruiert.  Auf  den  Fels  ist  sein  Gebäude  nicht  gegründet.  — 
An  einer  anderen  Stelle  (S.  135)  versucht  er  durch  einen  Hinweis 
auf  Collitz  BB.  XVH  15  f.  meine  Verwertung  der  Adverbialendun- 
gen zu  beanstanden.  Aiif  diese  Bemerkungen  hätte  er  sieh  nicht 
berufen  sollen.  Denn  die  Methode,  die  Collitz  bei  der  Betrachtung* 
der  Adverbia  anwendet,  ist  nichts  weniger  als  einwandfrei.  Wenn 
wir  ein  Adverbium  lokativisch  übersetzen,  so  besagt  das  nichts 
über  die  ursprüngliche  Herkunft.  Man  könnte  sonst  auch  sagen,^ 
im  Lat.  sind  Dativ  und  Akkusativ  nicht  unterschieden,  weil  wir 
tibi  und  te  in  per.suadeo  tibi  und  doceo  te  beidemale  mit  'dich' 
übersetzen  können.  Wer  von  unten'  (ai.  adharät,  got.  undarö)- 
kommt,  der  ist  'unten'  gewesen. 


Zu  den  g-ermaiiischen  Aufelaut.sgesetzen.  55 

allgemein  bekannt  zn  machen^).  Beim  Gen.  Plur.  Fem.  der 
Personalpronomina  bestand  sicher  -Öm,  vgl.  grieeh.  xdujv,  lat. 
hdrum,  is-tärum,  osk.  elzazun-c,  und  diesen  Formen  sollen 
wieder  got.  pizö,  alid.  dero,  ags.  ddra  nicht  entsprechen. 
Das  glaube,  wer  es  kann.  Ich  muss  gestehen,  dass,  wenn 
etwas  geeignet  ist,  die  Unmöglichkeit  der  Scheidung  von  idg. 
-ö  und  -a  nachzuweisen,  so  sind  es  die  Aufstellungen  Jelli- 
ueks.  Ich  werde  unten  einen  Fall  anführen,  in  dem  die  Er- 
haltung der  Differenz  von  -ä  und  -ö  zwar  nicht  wahrscheinlich, 
aber  doch  wenigstens  möglich  ist. 

1).  Im  Westgermanischen.  Hier  betindet  sich  Jelli- 
nek  in  einer  etwas  besseren  Position,  da  die  Entsprechungen 
-a  =  idg.  -ä,  -0  =  idg.  -ö  in  Endsilben  von  der  lautlichen  Seite 
wenigstens  nichts  zu  wünschen  übrig  lassen.  Aber  auch  hier 
fügen  sich  die  Thatsachen  nicht. 

1.  Jellinek  setzt  -ä/n  =  -«,  öm  =  -o,  und  er  gewinnt  da- 
mit eine  gute  Erklärung  von  Akk.  Sg.  geha,  1  Sg.  Prät.  ne- 
rita  aus  -tarn  auf  der  einen  und  hano,  tago  aus  -öm  auf  der 
anderen  Seite.  Aber  was  nützt  das,  wenn  zimga  und  ouga 
nicht  dem  Gesetze  folgen?  In  der  ZfdöG.  1893  S.  1092 
verzichtete  Jellinek  sehr  bequem  auf  die  Erklärung  des  Nom. 
Fem.  und  Xeutr.  der  ^^-Deklination,  und  was  er  nun  zur  Deu- 
tung anführt,  das  trägt  den  Stempel  der  Unmöglichkeit  auf 
der  Stirn.  Die  schwachen  Feminina  und  Xeutra  sind  ja  ge- 
rade der  Angelpunkt,  um  den  sich  alles  dreht.  ]\Iahlow  wollte 
sie  aus  -en,  ^löller  aus  -an  ableiten,  beides  längst  als  unmög- 
lich erkannte  Ansichten,  und  nun  finden  wir  bei  Jellinek  fol- 
gende Erklärung:  "Sicher  scheint  mir  nur,  dass  der  Nom. 
Fem.  der  «-St.  einmal  auf  -ö  ausgegangen  sein  muss."  Mir 
nicht.  ''Man  könnte  nun  auf  den  Gedanken  konmien,  die  in 
allen  gerni.  Dialekten  —  mit  Ausnahme  des  Got.  (!j  —  zu 
konstatierende  Gleichheit  dieses  Kasus  mit  dem  Akkusativ  der 
«-Stämme''  —  ich  will  das  als  sicher  gelten  lassen  —  "auf 
folgende    Weise    zu    erklären.     Im    Akkusativ    der    «-Stämme 


1)  Die  Kontraktion  von  -ä-\-om  zn  -mn  stützt  sich  bisher  nur 
auf  eine  Bemerkung-  Osthoffs  MU.  II  126,  wo  er  sie  durch  einen 
Hinweis  auf  die  Zusammenziehung  von  -ä-os  zu  -äs  wahrscheinlich 
zu  machen  sucht.  Aber  dem  -äs  des  Gen.  Sg.  Fem.  kann  auch 
-ä-eti  zu  Grunde  liegen,  oder  auch  nach  Streitberg"  IF.  III  371  -äso. 


56  Her  man  Hirt, 

lagen  die  Endiing-  -q  ans  -cnt/  und  -o  ans  -a  nebeneinander. 
Man  bildete  nach  diesem  Muster  aneli  zu  den  Nominativen 
auf  -ö  Nebenformen  auf  -q."  Diese  Ansiebt,  die  unwalirsebein- 
lich  genug-  aussieht,  stützt  sieh  auf  die  Annahme  einer  idg. 
Sandhiform  -ä  neben  -dm  im  Akk.  Sing.,  für  deren  Vorhan- 
densein, wie  wir  weiter  unten  seilen  werden,  auch  nicht  der 
Schatten  eines  Beweises  beizul)ringen  ist,  und  auf  einen  Xom. 
auf  -ö  bei  den  ?i-Stämmen,  der  absolut  unbelegt  ist.  Diese 
Hypothese  gleicht  also,  um  mit  Streitberg  zu  reden,  dem  be- 
rühmten Messer  ohne  Klinge,  dem  der  (iritf  fehlt.  Wenn  Jel- 
linek  die  ])ostulierten  Formen,  nämlich  -u  im  Nom.  Sing,  der 
fem.  ?i-Stämme,  und  -u  im  Akk.  Sing,  der  fem.  <^7-Stännne  in 
irgend  einem  Falle  nachgewiesen  hat,  dann  wird  man  über 
diese  Vermutung  diskutieren  können  i).  Vorläutig  ergibt  sich 
das  Resultat,  Jellineks  Hypothese  vermag  weder  die  got.  Ad- 
verbien auf  -ö  noch  die  schwachen  Femininen  des  Wgerm. 
zu  erklären,  und  damit  ist  schon  über  ihren  Wert  und  Un- 
wert genug  gesagt. 

Bei  dieser  eben  bes])rochenen  Erklärung  des  Xom.  der 
fem.  «-Stämme  setzt  nun  al>er  Jellinek  voraus,  dass  -«  (jiefu) 
und  -ö  (Hungu)  im  absoluten  Auslaut  zusammengefallen  sind, 
und  zwar  in  sehr  früher  Zeit,  da  ja  das  aus  -ö  verkürzte  -u 
nach  langer  Silbe  abfällt.  Warum  dann  nicht  -am  (Akk.  geha) 
und  -ön  (Xom.  zunga)  durch  denselben  Laut  vertreten  sein 
sollen,  dafür  fehlt  bei  Jellinek  jeder  Grund.  Hier  erklärt  die 
Akzenthypothese  alles  ohne  Schwierigkeit.  Gestossenes  -am, 
-öm  wird  -a,  ahd.  geha  =  griech.  Tifiiiv;  zunga  =  griech. 
dribuuv;  ahd.  Ihha  =  griech.  eYuuv;  nerita  aus  -fäm  (die  Ak- 
zentqualität ist  hier  nicht  zu  belegen,  aber  sicher  zu  ersehlies- 
sen),  gegenüber  geschleiftem  -öm  und  -ö  tago  =  griech.  6eu)v; 
agü.  jiefa  =  lit.  algfl^  ahd.  gumo  =  lat.  homo,  lit.  alm/l:  ahd. 
namo,  got.  namö  —  ai.  nämä\  ahd.  sämo  =  lit.  semH\  ahd. 
mäno  =  lit.  meni}-^  ahd.  g'ilthho,  got.  gaJeilö  =  griech.  Ka- 
Xiljc.  Auf  Grund  ähnlicher  Erwägungen,  namentlich  wegen 
der  Uninr»glichkeit  ahd.  zunga  anders  als  aus  -ön  zu  erklären, 
hielt  ich  niicli  zu  dem  Urteil  berechtigt,  dass  im  .Mid.  idg.  ö 
und  ä,    die    uu/,wi'ifelliai"t    in  Wurzelsilijcn    und    im    absoluten 


1)  ('her    die   ay,s.    Fonacn   auf  -ii    v<>-l.  Sifxcrs  15tr.  XVH  2Sl 
Fussnotc 


Zu  den  g-ermanischeu  Aiislautsgesetzen.  57 

Auslaut  znsammeng-efjilleu  !>iiKl,  auch  sonst  nicht  nielir  g-c- 
treinit  erhalten  waren,  und  ich  denke,  daran  lässt  sich  nicht 
rütteln. 

'2.  Nach  alledem  wird  man  von  vornherein  nicht  glau- 
ben können,  dass  ein  -äii  und  -ös,  das  Jellinek  als  letzte  Stütze 
anführt,  im  Wg-erm.  noch  unterschieden  waren.  Er  setzt  den 
Gen.  Sg.  und  Nom.  Plur.  der  fem,  «-8t.  auf  -d  =  idg-.  -äs. 
Mir  scheint  das  schon  deshalb  bedenklieh,  weil  es  hJinfo 
heisst,  und  wenn  wir  hierin  auch  eine  Übertragung  von  der 
Pronominalform  *do  sehen,  so  ist  das  o  in  do  doch  unstreitig  die 
Vorstufe  zu  dem  a  des  Ahd.,  wie  man  bisher  auch  allgemein 
g,-eg-laubt  hat.  Jellinek  vermag  nun  aber  die  erste  Voraus- 
setzung für  seine  Erklärung,  ein  -Os,  das  anders  behandelt 
wäre,  als  -äs,  nicht  nachzuweisen.  Es  g-ibt  kein  -ö  im  Xom. 
Plur.  des  Mask.  =  got.  -ös.  Vielmehr  heisst  die  Form  faga. 
Aber  dieses  a  ist  kurz,  während  das  der  Feminina  lang  ist, 
und  diesen  Unterschied  hätte  ich  nicht  übersehen  dürfen. 
Jellinek  hat  schon  in  seinen  Btr.  13,  nicht  erst  ZfdöG. 
1893  1095,  wie  ich  Btr.  XVIII  Ö2G  irrtümlich  l)emerkte,  die 
IMahlowsche  Gleichung  ahd.  faga  =  dagans  wieder  aufge- 
nommen, er  irrt  al)er,  wenn  er  damit  allen  Schwierigkeiten 
entronnen  zu  sein  glaubt.  AUerding-s  ist  die  Endung  von  taga 
g-ewr»hnlich  kurz,  und  als  Kürze  umss  sie  als  Akk.  aufgefasst 
werden,  aber  bei  Xotker  erscheint  sie  doch  9  mal  zirkumflek- 
tiert,  vgl.  Btr.  II  13;'),  löl,  nändich  in  tdgä  78'^,  rüoftä,  scdzzä 
10ö^  tmegä  118^  121'',  scdlchü  \W\heJfendä  120%  stddä 
122'\  feftachd  163  .  Da  diese  Fälle  auf  engem  Räume  auf- 
treten, so  kann  ich  darin,  ebensowenig  wie  Braune,  Schreib- 
fehler sehen.  Man  wird  sie  vielmehr  als  regelrechte  Xomina- 
tive  autt'assen  dürfen.  In  ahd.  Zeit  hatte  eben  der  Xom.  die 
Länge,  der  Akk.  die  Kürze,  und  es  siegte  schliesslich  beim 
Mask.  die  Akkusativform,  während  beim  Fem.,  bei  dem  ja 
Xom.  und  Akk.  ,<;lcichlautend  waren,  die  Länge  bewahrt 
blieb').  Wenn  es  nun  ahd.  taga  wmX  geha  heisst,  so  ist  auch 
der  letzte  Stein  in  Jellineks  Bau  verrückt.  Zur  Erklärung 
der  ahd.  Formen  hal)e  ich  darauf  hin^-ewiesen,  dass  zwischen 


1)  Ich  verweise  noch  zweifelnd  auf  Hoffmann-Krayer  AfdA. 
XXT  29,  der  in  den  Formen  toga,  v<ih-a,  v.ougla  de.s  Dialektes  von 
Ala>i-na  die  Entsprecliung-  des  a.lid.  -ü  sieht.  Bei  meiner  Aut^"as.sun<? 
der  Lauto-eset'/e  steht  dem  nicl.ts  entii'eu'en. 


58  He  rill  an   Hirt, 

alul.  (ji/ha^  tagil  —  g-ot.  gibös,  dagös  auf  der  einen  Seite  und 
namo,  gillhho,  zungöno  =  got.  namö,  galeiJcö,  tuggönö  auf 
der  anderen  Seite  nicht  blosss  eine  Qualität^-  sondern  auch 
eine  Quantitätsditferenz  vorhanden  ist,  und  dass  jene  die  Folge 
der  ersten  sein  wird.  Ich  meinte,  dass  zirkumflektierte.  Län- 
gen im.  ahsohiten  Anlaut  im  Ahd.  verkürzt  wurden  und  daher  -o 
blieben,  während  sich  vor  -s  die  Länge  erhielt  und  -ö  dann 
später  in  -a  überging.  Jellinek  erhebt  dagegen  Einwände,  die, 
wie  wir  weiter  unten  sehen  werden,  nicht  zutreffend  sind. 

Ich  hoffe  hiermit  mein  Urteil,  dass  idg.  o  und  a  im  ger- 
manischen Auslaut  in  keinem  Falle  mehr  unterschieden  waren^ 
hinlänglich  begründet  zu  haben. 

II.     Die  nasalierten  langen  Vokale. 

A.  Idg.  -öm,  -dm.  Wenn  nicht  die  Vokalqualität  die 
Ursache  des  Wechsels  verschiedenartiger  Vokale  im  Got.  und 
Wgerm.  ist,  was  ist  dann  der  Grund  V  Die  ältere  Wissenschaft 
antwortet:  ''durch  einen  erhaltenen  Konsonanten  (s)  und  n 
gedeckte  Längen  sind  erhalten,  solche  im  absoluten  Auslaut 
sind  gekürzt"^).  Beide  Annahmen  führen  zu  Schwierigkeiten, 
beide  lassen  sich  als  nicht  stichhaltig  erweisen.  Als  erste  Frage 
warf  ich  IF.  I  199  auf,  ob  lange,  nasalierte  Silben  gekürzt 
sind,  und  ich  bemerkte  a.  a.  (). :  Die  nasalierten  Silben  sind 
offenbar  der  feste  Punkt,  von  dem  allein  aus  die  Frage  nach 
der  Unterscheidung  der  idg.  Akzentqualitäten  in  germ.  End- 
silben definitiv  erledigt  werden  kann.  Durch  einen  merkwür- 
digen Zufall  haben  die  (meisten)  der  urgerm.  im  alisoluten 
Auslaut  stehenden  Vokale  uridg.  gestossenen  Ton,  die  ge- 
deckten schleifenden.  Von  den  mit  Nasalen  gebildeten  Silben 
sind  aber  beide  Arten  vertreten.  Hier  erkennt  ja  auch  Jelli- 
nek die  Unterscheidung  an,  jedoch  mit  Aufstellung  anderer 
Entsprechungen  -). 


1)  Soviel  ich  sehe,  ^-eht  die  Vulgut-Ansielit  auf  Leskieiis  Vor- 
trag auf  der  Leipziger  Philologenversammkinj?  1872  zurück. 

2)  Icii  niuss  mich  liier  auch  g'egeii  die  Art  von  Jeiliueks  Kritik 
wenden.  Es  heisst  HZ.  S.  128:  "Noch  schlimmer  steht  es  mit  der  Über- 
einstimmung der  einzelnen  Dialekte  hinsiclitlicli  der  Entsprechun- 
gen von  ursprünglichem  -un.  I)ie^es  ei\üibt  nach  Hirt  got.  -aü, 
ahd.  -a,    ags.  -e,    altn.  -a.     Aber    überall,    wo  Wgenii.  und   Altii.   -a 


Zu  den  yennauisclaMi  Auslautsgesetzten.  59' 

Nach  dem  Vorgang  von  Haussen  habe  ich  die  Gleichung 
urgerm.  -Om  =  got.  -cm  aufgestellt.  Ob  sie  richtig  ist.  hat 
für  die  Akzenthypothese  keine  ausschlaggebende  Bedeutung, 
wie  denn  auch  Streitberg  nicht  davon  überzeugt  ist.  Aber  man 
kann  doch  nicht  geschlossenen  Auges  an  den  got.  Formen  auf 
-au  vorübergehen.  Dass  sie  in  den  wgerm.  Dialekten  keine 
Entsprechung  haben,  liegt  an  der  Ungunst  der  Verhältnisse^ 
die  den  Imperativ  und  das  Mediopassivum  haben  zu  Grunde 
gehen  lassen.  Jellinek  bietet  keine  Erklärung  der  got.  For- 
men, denn  die  Partikel  u,  die  er  Btr.  95  heranzieht,  pflegt 
sich  überall  da  einzustellen,  wo  eine  Deutung  nicht  gefunden 
ist.  Nur  dem  einen  kann  ich  zustimmen:  "bah-au,  berjau, 
bairadauj  bairandau,  bairaidau,  bairaizau,  bairaindati  er- 
fordern offenbar  eine  einheitliche  Erklärung."  Seit  Scherer 
hat  man  nun  in  diesem  rätselhaften  au  des  Got.  einen  Nasal 
vermutet.  Scherer  ZGDS.-  194  suchte  hierin  die  Partikel  rt;?^ 
Mahlow  AEO.  55  setzte  sijau  =  skm  und  Schleicher  schon 
früher  -au  =  -öm.  Indessen  erst  die  Akzenthypothese  vermag 
die  lautgesetzliche  Erklärung  zu  schaffen.  Denn  wenn  -Öm 
anders  als  -öm  behandelt  wird,  so  präjudiziert  der  G.  Plur. 
gibö  nichts  für  die  Entwicklung  von  -öm.  Got.  bairau  lässt 
sich  nun  schlechterdings  nicht  als  Optativ  deuten,  weder  aus 
*bheroim  noch  aus  Hilieroim,  vgl.  Jellinek  Btr.  94  ff.,  wo  die 
Geschichte  dieser  Form  besprochen  ist.  Ausserdem  ständen 
wieder  der  Imperativ  und  der  Opt.  Medii  bei  dieser  Auffas- 
sung in  der  Luft,     bairau  aus  "^berön  hergeleitet  und  als  Ent- 


habon,  zeigt  das  Gotische  eine  andere  Bildung-."  Ich  habe  bisher 
geglaubt,  dass  man  die  Ansichten  eines  Autors  vollständig  anfüh- 
ren müsse.  IF.  I  206  sagte  ich,  "dass  man  am  ehesten  got.  -a  für 
die  lautgesetzliche  Vertretung  von  idg.  -un  (^  wgerm.  an.  -a)  hal- 
ten könne",  begründete  dann  aber  die  Vermutung,  dass  got.  -ciä  die 
Entsprechung  von  -an  sein  dürfte,  weil  sich  bei  dieser  Annahme 
die  Formen  bairau,  hairadau,  bairandau  erklären  Hessen.  Jellinek 
schliesst  aber  diese  Formen  ganz  von  der  Betrachtung  aus.  Ich 
hätte  es  für  selbstverständlich  gehalten,  die  Leser  von  HZ.  darüber 
zu  unten-ichten,  dass  nur  zur  Erklärung  dieser  hors  de  concours- 
gestellten  Formen  die  Lautvertretung  got.  -aü  =  idg.  -an  vorge- 
schlagen ist,  und  dass  sich,  wenn  ich  von  ihrer  Erklärung  absehe, 
für  mich  die  Gleichungen  got.  giba  =  ahd.  geha,  1.  Sg.  nasida  = 
ahd.  nerita,  an,  -da,  Adverbien  got.  auf  -a,  ahd.  -«,  ags.  -«?  und 
hana  aus  *hanön  ero-eben  würden. 


€0  H f r ni an   H i r t. 

spreeliung  von  lat.  ferani,  abulg-.  hera,  ai.  bhanln-i^)  g-etasst, 
ist  tadellos  erklärt.  Über  den  Lautwert  des  got.  (mi  iindj  ai  können 
wir  ohne  die  Zuliilfenahnie  der  verwandten  Sprachen  g-ar  nichts 
anssag-en,  bemerkte  schon  Scherer  ZGDS^.  202,  der  ja  auch 
blindai,  nimai  lesen  wollte,  wie  ich  es  jetzt  thue.  Also  kön- 
nen wir  got.  -au  sehr  wohl  für  die  Schreibung-  von  offenem 
-0  halten.  Gegen  diese  f^rklärung-  spricht  eben  nichts  anderes 
als  die  frühere  Fassung-  der  Auslautsg-esetze. 

Allg-emein  wird  zug-eg-eben,  dass  idg-.  -Om,  -dm  im  Nord. 
<^lurch  -a  vertreten  ist,  und  so  hätte  lat.  ferani  im  Nord, 
zu  der  überlieferten  Form  hera  führen  müssen.  Die  ganze 
Flexion  von  an.  hera,  berh%  heri  stimmt  aber  wieder  auf  das 
beste  zu  got.  hairai'i,  hairais,  hairai,  so  dass  es  sehr  hart 
wäre,  die  Formen  von  einander  zu  trennen.  Im  Ahd.  hätte 
sich  aus  den  Grundformen,  die  dem  Nord,  zu  Grunde  liegen, 
bera,  here,  here  ergeben,  und  da  ahd.  -a  zu  ags.  -ff  führt,  so 
rausste  hier  herw,  herce,  berce  eintreten.  Im  Ahd.  tiel  die 
1.  Sg.  bei  der  grossen  Menge  der  /-Verben  mit  der  ^5.  laut- 
gesetzlich zusammen  (ja  zu  e),  und  dadurch  erst  wird  es  ver- 
-ständlich,  dass  das  a  bei  den  übrigen  Verben  durch  das  -e 
der  dritten  Person  ersetzt  wurde.  Wie  hätte  das  sonst  kom- 
men kchmen.  da  doch  im  Ind.  die  1.  und  '5.  Sg.  unterschie- 
den l)leil>en?  Oder  ist  .lellinek  der  ^Meinung,  dass  die  o.  Sg. 
so  olnie  weiteres  für  die  erste  gebraucht  werden  kann?  Wenn 
ich  die  ags.  1.  Sg.  berw  auf  -am  =  got.  bairaü  zurückführe, 
so  ist  das  absolut  keine  Willkür,  sondern  nur  die  Konse(iuenz 
<lcs  oben  S.  49  -  charakterisierten  Standi)unktes,  der  sieh  eben 
von  dem  Jellineks  unterscheidet.  Für  die  1.  Ps.  des  Opt.  im 
Wgerm.  muss  doch  auch  Jellinek  irgend  eine  Grundform  kon- 
-struieren.  Mit  der  Bemerkung,  die  Form  der  1.  Sg.  unter- 
scheidet sich  nicht  von  der  '>.,  ist  für  mich  die  Geschichte 
der  Form  noch  nicht  beendet. 

Die  1.  Ps.  Opt.  Praet.  berjai!  ist  freilich  keine  lautge- 
setzliehe  Bildung,  es  ist  vielmehr  für  got.  ^'berja  aus  ^berjem 
herjau  nach  dem  Oi)t.  Präs.  eingetreten.  Nur  eine  Form  fällt 
aus  dem  Rahmen  dieser  Opt.  heraus,  weil  es  keine  Präterital- 
f(irm  ist.  nämlicli  v/Ijati.  n-ilfis,  und  sie  mag  auch  die  Brücke 


1)  Ich  ybiuhc,  dass  das  /  im  Ind.  erst  iiacli  di-r  Analogie   von 
bhnrämi  an  ^hharün  ffotreten  ist. 


Zu  fU'i)  germanisclieii  Auslautsgesetzen.  61 

für  die  Auulog'iewirknng-  g-ebildet  liabcn.  Es  ist  auch  kein 
Optativ,  siehe  Briiiinianii  IF.  1  81,  vergleicht  sich  viehnehr 
genau  mit  ahulg.  i-djq,  reim.  Im  Alul.  besteht  noch  als  2. 
und  3.  >Sg.  icUi,  während  neben  häutigem  wülu  auch  iclUe 
(öfter  bei  0.,  auch  in  Pa.  Voc.  Cass.)  und  bei  Tatian  iciUa 
auftritt.  Schon  l'aul  Btr.  IV  oT9  hat  sich  um  die  P^rklärung 
bemüht,  und  auch  er  setzt  ahd.  iciUa,  icille  gleich  got.  icll- 
jau.  Für  ihn  blieb  aber  die  lautliche  Schwierigkeit,  dass 
dem  diphthongischen  got.  -au  im  Ahd.  -o  entsjjricht  (ahfau  — 
a7ifo,  sunaus  —  fridoo).  Auch  an  diesen  Formen  geht  Jelli- 
nek  vorüber,  seine  Theorie  vermag-  sie  nicht  zu  erklären,  ob- 
gleich das  Auttreten  von  Formen  wie  icUle,  iciUa  vrillig  un- 
verständlich bleibt,  da  die  3.  Sg".  icUi  lieisst\). 

Wie  hairai'i  =  lat.  ferani  so  setzte  ich  nach  dem  Vor- 
g-ang  von  Haussen  hairandaü  =  g-riech.  qpepövTuuv.  Dazu  be- 
merkt Jellinek  136:  "Hirt  stellt  dieses  {bairandim)  zu  dem 
bisher  wohl  allgemein  als  griech.  Analogiebildung  geltenden. 
cpepövTuuv."  Ich  habe  den  Aufsatz  Brugmanns  Mü.  I  163  If., 
auf  den  sich  die  allgemeine  Annahme  gründet,  WH)hl  gekannt,- 
seine  Ausführungen  aber  nicht  für  vollständig-  bewiesen  er- 
achtet. Es  kam  mir  auch  damals  wenig-  auf  diesen  einzelnen 
Punkt  an.  Man  braucht  sich  nun  g-ar  nicht  an  griech.  qpe- 
pövTuuv  zu  halten.  Denn  es  bestand  beim  Imperativ  sicher 
nicht  nur  die  Endung  -töd,  auf  die  griech.  qpepeiuj  zurückg-eht,. 
sondern  auch  -toni  und  -fäin,  wie  denn  griech.  cpeperov,  cpe- 
petnv  unmittelbar  mit  ai.  hlidvatani,  hlidfatCun  identisch  sind.. 
]\Ian  könnte  also  das  germanische  -ai'i  vom  Dual  ausgehen  las- 
sen, in  dem  die  Endung  -täm  sicher  alt  ist.  Ausserdem  linden 
wir  im  Aind.  in  der  3.  Ps.  Sing.  Du.  und  Plur.  Inip.  ]\Ietlii  die 
Endung  -täm,  hhdcatüm,  hhdvetäm,  hhdvantäni,  die  meine 
Auslautsffesetze   als    richtiü-   vorausgesetzt    im  Got.  zu  hairfaj- 


1)  Auch  das  sonst  im  Konj.  aultreteude  -a  (Freis.  Paternoster 
tverda,  icesa,  7'ichisöia;  Sam.  7  yeba  (1  Ps.);  Is.  bichnäa  möchte  ich 
eher  als  den  Rest  der  laiitg-esetzlichen  ersten  Person,  die  dann  auch 
für  die  dritte  g-ebraxicht  wurde,  ansehen  als  für  blosse  Schreibfehler 
halten.  Von  Formen  wie  dhlna,  mlna,  chifestinöda  (Is.)  wird  viel- 
leicht auch  Jellinek  annehmen,  dass  sie  die  Entsprechung-  von  g-ot. 
-ans  sein  können.  Für  die  Formen  der  SiibstaiUivflexion  erklärt 
sie  axxch  van  Hclten  Btr.  XVII  274 '.  Zur  Sicherheit  ist  freilich  nicht 
zu  kommen. 


<52  Her  in  .111    Hirt, 

daü,  hairandaü  hätten  führen  müssen.  Des  Beweises,  dass 
die  got.  Formen  medio-passiv  sein  k»)nneu,  bin  ich  überhoben, 
da  Jellinek  Btr.  101  bemerkt:  ''Ich  g-laube  nicht,  dass  es 
irii^end  welche  Scliwierig-keiten  hat,  atsteiqadaii  usw.  als  me- 
diale Formen  zu  betrachten"^).  Auch  in  diesem  Falle  würden 
sich  die  g-ot.  Formen  gut  meiner  Auffassung"  fügen.  Dass 
g'Hech.  qpepovTuuv  eine  Neubildung:  sein  muss,  kann  ich  nicht 
zAigeben,  will  aber  an  dieser  Stelle  diese  Frage  nicht  weiter 
-erörtern,  weil  sie  für  die  Autfassung-  der  germ.  Formen  von 
keiner  Bedeutung-  ist.  Der  Vergleich  mit  den  indischen  ^le- 
dialformen  ist  aber  deshalb  vorzAiziehen,  weil  dadurch  die  3. 
Sg.  unmittelbar  erklärt  werden  kann. 

Ich  brauche  heute  auch  nicht  mehr  an  den  Opt.  hairal- 
zau^  hah'aidon,  hairaindau  vorüberzugehen.  Auch  hier  bietet 
sieh  bei  der  Gleichung-  -aü  =  -öm  eine  Erklärung-.  An  Ost- 
hotfs  Annahme,  die  Partikel  u  sei  vor  Wirkung  des  vokali- 
«chen  Auslautsgesetzes  an  ein  dem  griech.  qpepoiTO  entspre- 
chendes germ.  ^bairaida  getreten,  kann  ich  nicht  glauben, 
weil  eine  Partikel  u  im  lebendigen  Gebrauch  nicht  nachge- 
wiesen ist,  und  ebensowenig  wahrscheinlich  erscheint  es  mir, 
dass  die  Endung  -mi  vom  Imperativ  übertragen  ist,  weil  die- 
ser viel  seltener  als  die  Optativformeu  vorkommt.  Sicher 
haben  wir  es  mit  analogischer  Ausbreitung-  einer  vielleicht  nur 
in  einer  Form  berechtigten  Endung-  zu  thun.  Hatte  sich  nun 
in  irgend  einem  Falle  dem  primären  -ai  ein  sekundäres  -öm 
zur  Seite  gestellt,  so  war  der  Anlass  zur  Durchführung  des 
-öm  durch  alle  Personen  gegeben.  Ein  -ö7n  oder  -am  tretfen 
wir  in  verschiedenen  Medialendungen.  Griech.  (pepoi.urjv,  dor. 
-^äv  hätte  im  Got.  '■^hairaimait  ergeben.  Führte  man  die  En- 
dung weiter,  so  trat  im  Urgerm.  -mm  für  -so  -töm  für  -to 
ein,  und  es  entstanden  got.  hairaizaü,  hairaidaü,  hairaindau, 
und  wie  *haita  durch  haifada  ersetzt  wurde,  so  wurde  in  der 
1.  Ps.  ein  hairaidaü  gebildet.  Noch  sichrer  wäre  die  Ent- 
wickung, wenn  es  in  der  1.  Ps.  Sing,  ^haitomai  hiess  = 
griech.  cpepoinai,  wie  das  von  den  atheniatischen  Verben  wahr- 


1)  Bruginanii  hält  Grd.  H  1328  die  .•iii<|,etuhrteu  iudisclien 
Formen  für  arische  Neubildnng'en,  aber  ohne  zureiclieudeu  Grund. 
Die  aufgestellten  Gleicliuiia-eii  finden  sich  sclion  bei  Bopj)  nnd 
Schleicher  Komp.-*  .'J27. 


Zu  den  g-ennanischen  Auslaiitsgesetzen.  G3 

scheinlich  ist,  also  bei  hahan  und  salbön  (griecli.  qpepuu  :  ri- 
eri,ui  =  ai.  hhdrcli  :  icxaiuai)  M.  Auch  vom  Dual  aus  konmicn 
wir  zu  dem  g-ot.  -<7?f,  da  g-riech.  cpepoic-6r|v,  ai.  -dthäm,  -ätäm 
eine  ursprachliclie  Endung  -tJul»/,  -tclm  erscbliessen  lassen. 
Die  Unsicherheit  dieser  Kombination  verkenne  ich  natürlich 
nicht,  aber  ebensowenig  unterliegt  sie  irgendwelchen  Schwie- 
rigkeiten ;  sie  bewegt  sich  vielmehr  unter  Voraussetzungen  von 
der  sprachlichen  Entwicklung,  die  keiner  Erläuterung  weiter 
bedürfen. 

Natürlich  braucht  nicht  jedes  got.  -au  auf  -öm  zurück- 
zugehen, sicher  dann  nicht,  wenn  ihm  im  Ahd.  ein  -o  entspricht, 
vgl.  alltau,  ahd.  alito,  und  in  aippau,  jau,  pau  kann  daher  sehr 
wohl,  wie  Jellinek  meint,  die  Fragepartikel  u  stecken.  Diese 
Partikel  u  ist  aber  ein  lebendiger  Faktor  (vgl.  got.  skuld-u  ist), 
während  jene  zur  Verbalerklärung  postulierte  Partikel  n  nir- 
gends nachweisbar  ist,  und  bald  vor,  bald  nach  der  Wirkung 
<ler  germ.  Auslautsgesetze  an  die  Verbalformeu   antreten  soll. 

Ist  diese  Auffassung  des  got.  -au  richtig,  so  mttsste  es 
-öm  und  -ätn  entsprechen,  denn  der  Konjunktiv  und  loiljau 
hatten  -am,  ebenso  auch  der  Opt.  des  Passivunis,  griech.  -|uäv, 
-6av,  während  der  Imi)erativ  auf  -öm.  weist.  Man  könnte  aber 
doch  zur  Not  vermuten,  dass  -au  =  -öm,  -a  dagegen  =  -am  sei, 
aber  nur  zur  Xot,  weil  man  dann  eigentlich  den  ganzen  Zu- 
sammenhang der  historischen  Vergleichung  zerstcirte,  und  man 
würde  damit  nur  eine  lautgesetzliche  Erklärung  vom  got.  Akk. 
giba  aus  ^güui^n  und  von  der  1.  Sg.  naskla  aus  "^nasldäm  ge- 
winnen. Aber  noch  Niemand  hat  daran  Anstoss  genommen, 
jenes  nach  dem  Nom.  (vgl.  PI.  N.  Akk.  gihös,  an.  giqf,  giqf), 
und  dieses  nach  der  o.  Ps.  (vgl.  1.  3.  Sg.  band)  ausgeglichen 
sein  zu  lassen.  Ja  iiasida  könnte  man  auch  auf  ^nasidem  zu- 
rückführen, das  sich  nach  -des,  -det  eingestellt  hätte,  vgl. 
Lorentz  'Das  schwache  Präteritum'  S.  10.  Thatsächlich  wäre 
also  keine  der  im  Wgerm.  auf  -öm  zurückgehenden  Formen 
im  Got.  erhalten,  ein  Zutall,  der  nicht  grösser  als  die  Aus- 
gleichung des  gram.  Wechsels  im  got.  Verbum  ist. 

Zum   Schluss   bemerke   ich   noch  einmal,   wer   selbst  auf 


1)  -.so  und  -to  hätten  zu  -s  und  -p  geführt,  und  es  wäre  in 
Kier  zweiten  Sing-.  Zusammenfall  mit  dem  Opt.  Aktivi  eingetreten, 
Orund  genug,  xim  eine  Analogiebildung  ins  Leben  zu  rufen. 


64  Her  111  an    Hirt, 

die  Erklärung-  der  got.  Formen  auf  -au  verzichtet,  darf  nicht 
bei  einem  anderen  diese  Formen  herausgreifen  und  ein  falsches 
Bild  beim  Leser  erwecken.  Auf  jeden  Fall  bleibt  es  dabei, 
dass  im  Germ.  -6m  und  -öm  noch  getrennt  erhalten  sind.  Denn 
got.  -a  oder  -au,  wgerm.  -a  steht  neben  sicherem  -ö^  -o,  und  es 
bereitet  die  grössten  Schwierigkeiten,  diese  Differenz  zu  be- 
seitigen. 

B.  Idg.  -em.  Um  den  angeführten  Hatz,  dass  auch  nasa- 
lierte Endsilben  gekürzt  sind,  zu  beweisen,  habe  ich  auch  die 
idg.  Endung  -em  herangezogen. 

ZirkumÜektiert  erscheint  sie  got.  als  -e,  dage,  akuiert  als 
■a.  Ich  stützte  mich  zuerst  auf  den  aurtalligen  Unterschied 
von  got.  X.  bandi,  Akk.  bandja;  Adj.  icilpi,  ivilpa:  ,s'/,  ija. 
Dazu  bemerkt  Jellinek  S.  140^:  "Ich  setze  als  Grundform  des 
Akk.  -iäm,  nicht  -iem  an.  Denn  da  im  historischen  Got.  die 
langsilbigen  fem.  J-Stämme  sich  nur  im  Nom.  von  den  rZ-Stäm- 
men  unterscheiden,  scheint  es  mir  nur  erlaubt,  eben  für  diesen 
Kasus  eine  besondere  Form  anzusetzen,  nicht  aber  einen 
beliebigen  oblicjuen  Kasus  herauszugreifen  und  seine  En- 
dung als  die  lautgesetzliche  Entwicklung  einer  ziemlich  hy- 
pothetischen Urform  zu  erklären."  Der  letzte  Teil  dieses 
Passus  stützt  sich  wahrscheinlich  auf  Brugmanns  Ausführungen 
imGrdr.  II Ö.  549,  die  aber  der  Berichtigung  bedürfen.  Es  lassen 
sich  thatsächlich  nur  die  Endung  -im,,  ai.  brhatim  und  -iem 
für  den  Akk.  der  fe-Stänime  nachweisen.  Diese  liegt  in  lit. 
zeme^,  abulg.  zemljq,  lat.  faciem  sicher  voi-,  und  die  Grund- 
form ist  daher  nichts  weniger  als  zweifelhaft.  —  Die  Verwei- 
sung auf  Brugmann  Grdr.  II  526  Fn.  wegen  des  Nebenein- 
anderstehens von  ie-  und  ?Vz-Stämmen  ist  hinfällig,  da  Brug- 
mann dort  nur  eine  Andeutung  gibt,  die  erst  der  näheren 
Untersuchung  bedarf  und  sich  dann  wahrscheinlich  als  nicht 
richtig  herausstellen  wird. 

Ich  habe  auch  nicht  allein  den  Akk.  herausgegriffen, 
sondern  Btr.  XVIII  276  auch  den  Dativ  auf  -ei  zurückgeführt. 
Von  den  4  Kasus  des  Singulars  lassen  sich  drei  lautgesetzlicli 
erklären,  wie  auch  der  Nom.  sunja,  sibja,  haija  auf -/e  zurück- 
gehen und  lit.  zeme,  abulg.  zemlja,  lat.  facies  entsprechen 
wird.  Dadurch  erst  wird  der  Übertritt  des  Gen.  zur  rt-Dekli- 
nati<tn  leicht  verständlich.  Wiederum  stimmt  die  nordische 
Fk'xiuii  ausgezeichnet  zur  gotischen.    Wie  iiäiiilich  got.  1.  Sg. 


Zu  den  g-ermanischen  Auslautsgesetzen.  65 

haha  dem  an.  hefi,  N.  Sg-.  hana  dein  an.  hani,  so  entspricht 
der  Akk.  gut.  handja  dem  an.  heide  (i)  und  der  Dativ  handjai 
an.  heide(i).  Die  Lautgesehiclite  bereitet  gar  keine  Schwierig- 
keit. Die  folgende  Erklärung  des  Wegfalls  des  l  stammt  von 
Streitberg.  Bei  allen  langsilbigen  jo-  und  ja-Stämmen  ist  im 
Nordischen  das  vokalische  i  geschwunden ;  lürdar  ist  aus  *ÄzV- 
d{ijar  oder  ^hir-diai'  entstanden  und  entspricht  hairdjös  usw.; 
ebenso  wird  G.  Sg.  handjös  im  Nord,  über  ^heid(i)ar  zu  Jieidar, 
und  handja,  handjai  über  ^heid(i)eni  zu  heidi,  über  *heid(i)ei 
zu  7?e/ff/.  Das  im  Akk.  und  Dat.  auftretende  i  ist  also  nicht 
etwa  das  Element  J,  sondern  die  Endung,  die  nur  auf  -em, 
nicht  auf  -dm  zurückgehen  kann.  Jellinek  erklärt  dagegen 
an.  Akk.  heidi  aus  '■^heidi(ej  oder  '^heidi(a)  einer  idg.  Saudhi- 
form  zu  -atn,  die  sich  nirgends  in  den  verwandten  Sprachen 
nachweisen  lässt^). 


1)  Jellinek  bernt't  sich  bei  seiner  Erklärung"  der  germ.  Aus- 
lautsgesetze auf  eine  idg.  Sandhiregel,  nach  der  nach  langem  Vokal 
n  oder  m  schwinden  konnte.  Diese  Sandhit'rag'e  habe  ich  ausführ- 
lich IF.  I  220  behandelt,  und  es  stellte  sich  dort  heraiis,  dass  der 
Sandln  von  der  Silbenqualität  abhängig  war,  wie  Bezzenberg-er 
zuerst  vermutet  hat.  IF.  I  221  wies  ich  darauf  hin,  dass  sich  in 
keiner  Sprache  im  Gen.  Flur,  eine  «-lose  Form  zeige.  Dazu  be- 
merkt Jellinek  S.  138:  "Zweitens  übersieht  Hirt,  dass  nach  diesen 
seinen  Auslautsgesetzen  das  Germ,  wenigstens  gar  nicht  ins  Spiel 
kommen  kann,  da  ja  nach  ihm  -ö  und  -am  dieselbe  Entsprechung 
haben."  Wenn  nicht  dafür,  so  doch  auch  nicht  dagegen.  Nur  ein- 
deutige Formen  können  etwas  beweisen.  Wenn  Jellinek  Lust  hat, 
die  verkürzten  Endungen  des  Gen.  Flur,  der  schwachen  Adjektiva 
im  Ahd.  auf  idg".  Sandhiverhältnisse  zurückzuführen,  so  mag'  er 
sich  mit  meinem  Artikel  über  diese  Frag-e  auseinandersetzen,  und 
wenn  er  dann  auf  irgend  einem  Gebiete,  das  eine  sichere  Entschei- 
dung gestattet,  in  Sprachen  also,  die  keinen  Nasal  im  Auslaut  ver- 
loren haben,  im  Griech.,  Ital.,  Ind.  etwa,  eine  solche  Sandhiform 
ohne  m  nachweist,  dann  bin  ich  zu  weiterer  Erörterur  g-  bereit.  Fer- 
ner weist  Jellinek  darauf  hin,  dass  sich  im  Akk.  Sing,  auf  -ätn  keine 
Sandhiform  auf  -ä  ündet,  aber  ich  begreife  auch  hier  den  Einwand 
nicht.  Denn  wenn  ich  auch  zugeben  wollte,  dass  im  Idg.  einst  eine 
Form  auf  -ä  vorhanden  gewesen  wäre  —  sicher  nachgewiesen  ist  nur 
der  Sandhi  -öm  -ö  —  so  hätte  doch  das  ni,  das  bei  allen  anderen  Klas- 
sen Kasuszeichen  des  Akkusativs  war,  alsbald  wieder  übertragen 
werden  müssen,  oder  es  hätte  von  den  beiden  Formen  auf  -öm 
und  -ä  jene  als  die  stärkere  sich  allein  erhalten  können.  Ob  nun 
eine  solche  Form  jemals  bestanden,  das  können  nur  die  Sprachen 
lehren,  in  denen  der  auslautende  Nasal  bewahrt  ist,  also  Lateinisch, 
Indogermanische  Forschungen  VI  1  u.  2.  ö 


66  Her  Hl  au  Hirt, 

Die  übrigen  Formen,  die  ich  dureh  den  Ansatz  idg.  -em 
=  got.  -a,  an.  -e,  -i  erklärte,  bespriclit  Jellineck  nicht.  Tliat- 
sachlicli  g'iebt  es  drei  tadellose  got.-nordische  Gleichung-en,  die 
sich    in    den    verwandten    iSprachen    wiederfinden:    1.    handja 

—  heidi  =  lat.  faciem,  lit.  zeme,  aksl.  zemljq-^  2.  1.  Sg.  haha 

—  hefi  =  griech.  e-|advTiv;  o.  ha)ia  —  hani  =  grieeh.  TTOi)uriv,  lat. 
lien,  abulg.  ,senie.  Ein  Sandhi  -eu  -e  ist  bis  jetzt  noch  nir- 
gends nachgewiesen,  und  in  Folge  dessen  kann  man  auch  die 
got.  nord.  Formen  nicht  ohne  weiteres  auf  -e  zurückführen. 
Beim  Nom.  des  schwachen  Maskulinums  sprechen  ausserdem 
die  Runeninschriften  direkt  gegen  den  Ansatz  von  -e.  Denn 
Avenu  auch  im  späteren  Nordischen  -e  und  -en  zusammenge- 
fallen sind,  so  schreiben  jene  doch  in  der  3.  Ps.  Sg.  -e,  loiirte 
(Tjurkö),  orte  (By),  säte  (Gommor),  iirti  (Sölvesborg)  aus  -e, 
bei  den  mask.  w-Stämmen  aber  a,  Wiicila  (Veblungsnjes),  Niu- 
wila  (Varde),  Hariuha  (Sja^ll.  brakt),  und  andere  zweifelhaf- 
tere  mehr.     Dieses    a    kann    nicht    -öm    oder   -am   sein,   das 


Griechisch,  Altindisch,  nicht  aber  Sprachen,  die,  wie  das  Germa- 
nische, kein  sicheres  Urteil  g'estatten.  So  lange  Jellinek  diese  San- 
dhiform  nicht  anderweitig-  belegt,  behaupte  ich,  dass  sich  seine  Aiis- 
führung'en  auf  nicht  nachgewiesene  und  wahrscheinlich  nie  vor- 
handene Formen  g-ründen,  dass  sie,  um  mich  nochmals  eines  ver- 
pönten Ausdrucks  zu  bedienen,  in  der  Luft  schweben.  Al)er  auch 
auf  germanischem  Boden  sind  die  Sandhiformen  nicht  im  gering-- 
sten  wahrscheinlich  g-emacht.  t'ber  an.  heidi  siehe  oben.  Sie  findet 
in  got.  handja  und  ahd.  fjutinne  ihre  nälieren  und  in  lat.  faciem, 
lit.  zanr,  aksl.  zeniljq  ihre  weiteren  Verwandten.  Dann  wird  noch 
g-ot.  (/iba  herang-ezog'en,  das  aber  nach  Jellinek  auch  auf  *gibä7n 
zurückgehen  kann.  Da  es  ferner  nicht  zu  widerlegen  ist,  dass  im 
Got.  die  Nominativform  den  lautgesetzlichen  Akkusativ  verdrängt 
hat,  so  beweist  es  ebensowenig-  etwas,  wie  an.  Akk.  soi],  dem  die 
Adjektivform  spalca  zur  Seite  steht.  Man  hat  sqy  bisher  ohne  jede 
Schwierig-keit  als  Übertrag-ung  aus  dem  Nom.  angesehen,  und  man 
wird  einigermasseiv  über  den  hohen  Adel,  den  J.  dieser  Bildung 
zuerteilt,  überrascht  gewesen  sein.  Es  bleibt  an.  Akk.  kü^  Nom. 
kyr,  während  es  pä  lieisst.  pä  erklärt  sich  einfach  aus  der  Unbe- 
toutheit;  das  a  stinunt  mit  dem  von  spaka  überein,  ebenso  wie  sü 
mit  dem  Nom.  <jjqf  auf  einer  Linie  steht,  kn  aber  setze  ich  direkt 
gleich  griecl).  ßüüv.  Dies  hätte  zu  */iö  geführt,  das  dann  durch  den 
Kintiuss  des  Nasals,  oder  wahrscheinlicher  a\  eil  ö  im  Auslaut  stand, 
zu  kü  wurde.  Für  den  Sandiii  kann  es  schon  deshalb  nichts  be- 
weisen, weil  es  nie  ein  '*;j'Jö  gegeben  hat.  Gegenüber  g-riech.  ßüüv, 
ai.  {jätii  einen  idg.  Akk.  *.v'/ö  zu  konstruieren,  ist  reine  Willkür. 


Zu  den  g-ernianischen  Auslautsg-esetzen.  67 

durch  -0  vertreten  wird,  und  auch  nicht  =  e,  es  bleibt  also  nur 
-I  oder  -en  übrig;  ich  entscheide  mich  für  dieses,  da  es  auf  der 
Spang-e  von  Etelhelm  ek  erla  icrfa  heisst.  Dieses  icrta  könnte 
man  got.  naslda  gleichsetzen  und  beide  aus  -em  herleiten,  vgl. 
Lorentz  Das  schwache  Prät.  S.  10.  Ausserdem  Axel  Kock 
Skandinav.  Archiv  I  17^). 

Von  diesen  got.-nordischen  Formen  tritt  nun  wiederum  nur 
eine,  nämlich  bandja  im  Ahd.  als  gutinne  auf.  Für  haha  erscheint 
Tiahem,  das  aus  '^haheml  hergeleitet  werden  muss,  und  für  Jiana 
—  Jiani  findet  sich  eine  Form  auf  -o  hano,  die  ganz  sicher  nicht 
der  nordischen  entsprechen  kann.  Ich  vermag  in  dem  Um- 
stand, dass  sich  die  aufgestellten  Gleichungen  nicht  durch  alle 
germanischen  Dialekte  verfolgen  lassen,  kein  Hindernis  für 
meine  Aufstellungen  zu  sehen.  Thatsächlich  finden  sich  in  der 
Flexion  auft'allende  Berührungen  zwischen  Got.  und  Nordisch. 
Die  maskulinen  «-Stämme  zeigen  in  beiden  Sprachen  den  Aus- 
gang -en,  und  im  Nord,  wie  im  Gotischen  ist  wahrscheinlich 
der  Nom.   Sing.    Fem.   für   den   Akk.   eingetreten   giba — glha, 

mf—mf- 

III.    Längen   im   absoluten  A  u  s  1  a  u  t. 

Sind  lange  Vokale,  die  im  absoluten  Auslaut 
standen,  nicht  gekürzt,  ist  die  Frage,  die  über  das  Schick- 
sal der  früheren  Theorien  ebensogut  wie  die  vorige  entscheidet. 
Einige  Silben,  die  auf  4  oder  d  ausgingen,  teilen  das  Schicksal 
im  absoluten  Auslaut  stehender  Längen,  vgl.  got.  o.  Sg.  Opt. 
Prät.  nemi  aus  '^nemit,  ?>.  Sg.  Prät.  iiasida  aus  *7iasidef.  Auf 
Grund  dieser  Gleichungen  sehe  ich  diese  Kategorie  als  der 
vorigen  gleichwertig  an-). 

Folgende  Fälle  konnnen  für  diese  Frage  in  Betracht. 

1.  Seit  Bopps  Zeiten  hat  man  in  den  got.  Adverbien  aut 


1)  Wenn  ich  Btr.  XVIII  216^  got.  D.  daya  nicht  mein-  aus 
*dagem  herleite,  so  ist  natürlich  meine  Erklärung  des  ags.  Instr.  £uf 
-^  hinfällig-,  da  ihm  weder  im  Germ,  noch  im  Idg.  irgend  etwas 
entspricht.  Das  ist  die  notwendige  Konsequenz  aus  meinen  sonsti- 
gen Anschauungen. 

2i  Wie  Jellinek  ZfdöG.  1H93,  1093  aus  dem  Passus  IF.  I  ]!t9 
schliessen  konnte,  dass  ich  dem  Dental  Erhaltung  der  Länge  von 
Jvaprij  zu  schreibe,  ist  mir  ebenso  wie  Sireitberg'  IF.  Anz.  111  190 
unerfindlich. 


68  Her  man   Hirt, 

-pro,  Jvaprö  usw.  Ablative  gesehen,  und  nur  die  Unmöglichkeit 
diese  Auffassung-  mit  den  Auslautsgesetzen    zu  vereinigen,   hat 
die  Forscher  immer  wieder  von  dieser  Annahme  Al)stand  neh- 
men lassen,  vgl.  BoppGr.  1352,  Scherer  ZGDS-.  601  \),  Mahlow 
AEO.  135,  J.  Schmidt  Festg-russ  an  Böhtlingk   102,  Streitberg 
Komp.  38,  und  noch  jüngst  sagt  Delbrück  Grd.  III  556  "die 
got.  Adverbia  auf  -pro   sind  jedenfalls   auch    der  Form   nach 
Ablative'',   zu  ergänzen  ist:   sicher  der  Bedeutung  nach.     Auf 
Jellineks    dagegen    gerichtete  Äusserungen    hat  Streitberg  IF. 
Anz.  III  190  bereits  geantwortet,   aber  Jellinek  hat  seine  Be- 
merkungen,   wie  es  scheint,    gar  nicht   verstanden.     Er  meint 
nämlich,    die  Richtungsbedeutung  'woher'   werde   nicht  durch 
die  Endung,  sondern  durch  das  Element  tr  bezeichnet.     Streit- 
berg Aveist  zur  Widerlegung  auf  ai.  tatra  usw.  hin,    in  denen 
dieses  Suffix  lokativische  Bedeutung  hat-)  und  &\\i  \n\.  exträd, 
das  Mahlow  schon  herangezogen  hat.  Jellinek  weiss  also  nicht, 
dass  das  Suffix  -tr  gar  nichts  mit  der  Ortsbezeichnung  zu  thun 
hat,    sondern    mit    dem    Komparativsuffix    -tero    identisch    ist. 
Tvaprö  heisst:    'von   welcher  von   beiden  Seiten   her',    und  ist 
der  Ablativ  von  got.  hapar.  Thatsächlich  gibt  es  auch  Gleichun- 
gen,   die   das  Suffix  tr  gar  nicht   kennen.     Got.  undarö  'un- 
ten', ist  Laut  für  Laut  identisch  mit  ai.  adJiaräd  zu  ddliaras 
mit  der  Bedeutung  'von  unten  her,  unten',   letzteres  in:  asäu 
yö  adharäd  grhds  tdtra  santv  ardyyah  'in  jenem  Haus,  wel- 
ches unten  ist,   sollen  sich  die  Unholde  aufhalten'.     Delbrück 
Grd.  III  558.     Lat.  entspricht  infra.    Got.   ufaro   dürfen    wir 
einem  zufällig  nicht  belegten  ai.  *uparäd  (Nom.  üparas)  gleich- 
setzen, und  mit  lat.  s-upra[d)  nach  Mahlow  direkt  vergleichen. 
Ebenso  ist  afta-rö  'ÖTTic9ev,    otticuj'  nur  mit  ö  gebildet.     Die 
Endung  -trad  lat.  extrdd,    conträid),    inträ{d),    ulträ{d)  war 


1)  Scherer  sagt:  "Ablative  des  Suffixes  tra  fand  Bopp  in  got. 
Icaprö,  paprö,  jainprö,  und  dagegen  lässt  sich  bei  der  sicher  ab- 
lati vischen  Bedeutung  jener  Wörter  kaum  etwas  stichhaltiges  ein- 
wenden." 

2)  Jellineks  Bemerkung  lautet  ZfdA.  1251;  "Zugegeben,  dass 
die  Adv.  auf  -pro  von  allein  Anfang  an  ablativische  Bedeutung 
gehabt  hätten,  so  liegt  doch  die  Determinieruug  in  dem  ganzen 
Suffixe  -pro.  Dass  dieses  Suffix  einmal  auf  -d  ausgelautet  habe, 
welches  allein  schon  im  Stande  war,  den  Stannn  ablativisch  zu  de- 
tcrniiniercn,  ist  ganz  unerweisbar. 


Zu  den  g-ermanischen  Auslautsg-esetzen.  69 

bei  Präpositionen  und  nanientlieli  bei  Pronominen  berechtigt, 
und  hat  sich  bei  ihnen  analog-isch  ausgebreitet.  Die  Bestim- 
mung der  Richtung  kann  demnach  nicht  in  dem  SuiRx  -fr-, 
sondern  muss  in  dem  Kasus  liegen,  der  kein  anderer  als  der 
Ablativ  sein  kann. 

Im  Indischen  tritt  neben  -tra  in  tdt7'a  auch  -trä  in 
lokativischer  Bedeutung  auf.  "Da  der  Lokativ  auch  verwen- 
det wird,  um  das  Ziel  der  Bewegung  auszudrücken,  so  be- 
kommen die  Adverbia  auf  -tra  ebenso  gut  eine  akkusativische 
wie  lokativisehe  Bedeutung:  patho  devaträ  yänan  (RV.)  'die 
zu  den  Göttern  führenden  Pfade'.  Whitney  §  1099  S.  383. 
Zu  diesem  -trä  stimmt  in  Ton  und  Bedeutung  got.  -dre  in 
hadre  'wohin',  jaiyidre  'dorthin',  Indre  'hierher'.  Welcher 
Kasus  darin  steckt,  lässt  sich  nicht  sicher  sagen,  jedenfalls 
kein  Ablativ,  wie  ich  IF.  I  209  vermutete.  Streitberg  hält 
diese  Adverbien  für  Instrumentale  und  verweist  zur  Begrün- 
dung ansprechend  auf  den  Instr.  der  Raumerstreckung,  den 
Delbrück  Grd.  III  242  behandelt  hat. 

Ebenso  führen  got.  untej  pande,  ahd.  danta,  ivanta  auf 
~e.  Mahlow  vergleicht  ivanta  richtig  mit  lat.  qtiando.  Die 
Formen  sind  bis  auf  den  Ablaut  e — ö  identisch.  Hierin  wird 
der  Instrumental  der  Zeiterstreckung  (Delbrück  Grd.  III  245) 
vorliegen.  Ebenso  in  got.  simle  'einst'  und  in  as.  simbla 
^ immer'.  Jedenfalls  lassen  sich  diese  beiden  Kategorien  auf 
diese  Weise  gut  verstehen  und  bieten  so  weitere  Beispiele 
für  erhaltene  Länge  ohne  deckenden  Konsonanten.  Ich  brauche 
sie  aber  nicht  als  Stütze  meiner  Ansicht  zu  verwenden,  denn 
die  got.  Adverbien  auf  -pro,  dabei  bleibt  es,  waren  Ablative 
und  gehen  auf  -tröd  oder  -trdd  zurück^).  Da  nun  in  ande- 
ren Fällen  auf  Dental  auslautende  Silben  verkürzt  werden,  so 
muss  der  Grund  der  Erhaltung  der  Länge  in  einem  anderen 
Faktor  gesucht  werden.  Es  kann  weder  der  Dental  noch  ein 
Nasal,  noch  auch  der  idg.  Wortton  in  Betracht  kommen  (vgl. 
Jvdprö,  aber  hadre),  es  bleibt  nur  der  schleifende  Ton,  den 
wir  dem  Ablativ  mit  absoluter  Sicherheit  zuschreiben  können. 

2.  Hieran   schliesse   ich   die   gewöhnlichen   Adverbia  auf 


1)  Die  recht  plausible  Deutung-  der  Adverbialendung  -ö,  -pro 
Streitbergs  (Comp.  37),  auf  die  van  Helten  Btr.  XVII  285  verweist, 
ist  vom  Urheber  längst  als  unmöglich  erkannt. 


70  Herman  Hirt, 

-ö,  got.  gnleilxö,  ahd.  gHihho ').  Auch  hier  hat  man  einen 
Nasal  für  die  Erhaltung-  der  Länge  verantwortlich  gemacht^ 
sie  also  auf  -öm  zurückgeführt,  und  Jellinek  setzt  sogar  -am 
an;  wahrscheinlich  soll  das  ein  Gen.  Plur.  Fem.  sein.  Auch 
hier  hat  die  ältere  Sprachforschung  in  der  Autfassung  der  For- 
men nicht  geschw'ankt.  Bopp  Gr.  I  353  sah  in  ihnen  Ablative^ 
und  Scherer  stimmte  ZGDS^.  .")9H  zu.  Neuerdings  nimmt  dies- 
Streitberg  Z.  germ.  S})r.  26  wieder  auf.  Es  ist  vor  allem  zu 
vermuten,  dass  eine  so  lebenskräftige  Kategorie  wie  die  germ. 
Adverbien  auf  -ö,  die  in  allen  germ.  Dialekten  vorhanden  und 
daher  urgermanisch  sind,  eine  Entsprechung  in  den  verwandten. 
Sprachen  tindet.  Wie  trefflich  stinnnt  nun  ein  got.  galeiJcö- 
von  galeiks  zu  griech.  aiboiuuc  von  aiboToc,  cpiXuuc  von  cpiXoc. 
Die  griechischen  Adverbia  erklärt  Delbrück  Grd.  III  561  für 
Ablative,  und  ich  schliesse  mich  ihm  hierin  an,  indem  ich  auch 
die  germanischen  Formen  mit  Streitberg  als  Ablative  auffasse. 
Auch  im  Italischen  ist  wahrscheinlich  der  Ablativ  zum  Adver- 
bialkasus geworden,  und  es  ist  nur  der  eine  Unterschied  gegen- 
über dem  Griechischen,  dass  hier  -ed  und  -öd  wechseln,  vgL 
osk.  mnprufid,  falisk.  rected,  ennianisch  alted,  Epist.  über 
die  Bachanalien  fadllumed  und  auf  der  anderen  Seite  meritöd,. 
an  das  sich  certo^  vero,  fcdso  usw.  anschliesseu.   Dieser  Wechsel- 


1)  Jellinek  hält  es  HZ.  149  nicht  für  angezeigt,  mit  "diesen 
Adverbien  zu  operieren,  bevor  nicht  eine  befriedigende  Erklärung" 
dafür  gegeben  ist,  dass  im  Wgerm.  die  Adv.  der  J-Stämme  kein  j 
zeigen."  So  sehr  auftauend  ist  nun  diese  Thatsache  g-ar  nicht,  imd 
man  kommt  auch  hier  wieder  zu  einem  reclit  anuelimbaven  Ergeb- 
nis, wenn  man  die  Sprachgeschichte  und  den  S.  53  gegebenen  Ge- 
sichtspunkt ins  Auge  fasst.  Unter  den  /o-Adjektiven  befinden  sich 
nämlich  eine  Reihe  von  ti-  und  o-Stämmen,  bei  denen  das  Adverb, 
dem  Systemzwang  entzogen,  die  Formen  ohne  j  bewahrt  \ind  da- 
her auch  keinen  Umlaut  bekommen  hat,  vgl.  got.  aggicus,  ahd.  Adv. 
ancjo  =  g-ot.  *a(/gicö,  Noin.  aber  engi,  got.  hardus,  ahd.  Adv.  hartOy. 
Nom.  herti\  adv.  suozo  zu  griech.  i'jbuc,  got.  suts,  ahd.  festi,  Adv. 
fn.sto  ist  ein  alter  o-Stamm,  vgl.  as.  fast,  ags.  ftcst,  anord.  fasfr. 
Ferner  Avird  ahd.  semfti,  Adv.  .samffo,  ags.  sefte,  Adv.  softe  ein  alter 
//-Stamm  sein.  Nimmt  man  hierzu  noch  ahd.  durri,  got.  pat'irsus, 
ndid.  türre,  griech.  öpacuc,  ahd.  zähl,  ahd.  strengi,  ag\s.  sträng  und 
andere,  so  dürften  diese  genüget  haben,  um  im  Sprachbewusstsein 
das  Gefühl  hervorzurufen,  dass  J'Adjektive  ihr  Adverbium  ohne 
j  bildeten.  Dieser  Fall  ist  ein  treft"liches  Beispiel  dafür,  wie  leicht 
sich  gerade  Adverbien  dem  Systemzwang  entziehen. 


Zw  der.  ^'ennanischen  Aiis'.autsg-esetzon.  71 

von  e  und  o  im  Lateiiiiseben  i:<t  uralt,  und  es  ist  nichts  wahr- 
scljeinlieher,  als  dass  er  auch  im  Germ,  vorliegt.  Während 
nämlich  g'ot.  galeiJcö,  ahd,  giUhlio,  as.  gilico  und  warscheinlich 
nord.  -liga  den  lat.  griech.  Formen  gleichzusetzen  sind,  dürften 
die  ags.  Formen  auf  -ef(e)  hearde,  söde  dem  lat.  -efd)  ent- 
sprechen, da  ja  zirkumtiektiertes  -e  im  Ahd.  zu  -a  und  im  Ags. 
zu  -re  wurde,  vgl.  got.  pandi,  unte  =  ahd.  danfa,  icanta.  as. 
hwandü,  g'Ot.  hidre  =  ahd.  hera.  Jellinek  zerreisst  dagegen 
erstens  den  Zusammenhang  innerhalb  der  germanischen  Dia- 
lekte und  vermag  auch  keine  irgendwie  plausible  Anknüpfung 
an  die  verwandten  Sprachen  zu  geben. 

3.  Ich  habe  ferner  gewisse  Fälle  von  Metaplasraus  für 
meine  Behauptung  verwendet,  nämlich  den  Übertritt  von  ai.  na- 
päfy  lit.  mtuä  in  die  «-Deklination,  ahd.  nefOj  mclno.  Auch  Jel- 
linek wird  zugeben,  dass  nach  der  gewöhnlichen  Annahme  ai. 
lutpät  im  Ahd.  zu  ^nifu,  ^menöt  oder  was  man  sonst  als  Grund- 
form will,  zu  '^'tnäna  geführt  hätte.  3Iir  ist  nun  der  Übertritt  in 
die  «-Deklination  nur  verständlich,  wenn  1.  f  frühzeitig  abge- 
fallen war,  2.  wenn  bei  den  «-Stämmen  ein  Nominativ  auf  -ö 
vorhanden  war,  und  3.  wenn  das  ö  von  ''^nepOt  und  ^'menö 
ein  anderes  war  als  das  von  haira,  ahd.  hiru,  griech.  qpe'puu, 
lit.  iiükh.  Für  '''menö  ist  der  schleifende  Ton  in  lit.  menü 
unmittelbar  gegeben,  für  nefo  ist  er  nur  zu  erschliessen. 
Wollten  wir  etwa  dem  t  die  Erhaltung  der  Länge  zuschreiben, 
so  gerieten  wir  in  einen  Widerspruch  zu  feststehenden  That- 
sachen. 

4.  Ich  habe  weiterhin  got.  icaiö  unmittelbar  mit  lit.  candüj 
aksl.  coda  verglichen  und  geschlossen,  dass  diese  Form  kein 
n  gehabt  hat.  Jellinek  wendet  mit  van  Helfen  Btr.  XVII  2^d 
ein,  dass  ja  dies  eine  Neubildung  nach  den  obliquen  Kasus 
sein  könnte.  Aber  woher  stannnt  denn  der  got.  Nominativ 
auf  -ö  der  Neutra?  Ich  sehe  nicht,  dass  ihn  Jellinek  irgend- 
wie erklärt  hat.  Von  den  got.  «-Stämmen  sind  offenbar  die 
ältesten  die,  welche  die  abstufende  Flexion  noch  erhalten  haben, 
und  das  sind  namö  und  watö  ^).  Gerade  ihre  beiden  Nomina- 
tive finden  wir  in  den  verwandten  Sprachen  vrieder,  aber  ohne 
einen  Nasal,  icaiö  in  lit.  rdudtl,  aksl.  voda  und  iiatnö  in  aind. 


1)  Auch  der  einzige  niask.  /^-Stainm,  der  im  Got.  alt  ist,  got. 
aiihsa  zeiji't   neben  aha  noeli  die  abstufende  Flexion. 


72  Hernian  Hirt, 

nämä.  Innerhalb  des  Germ,  entspricht  aber  einem  im  Got,  un- 
gedeckten ö  im  Wgerm.  -o,  galeikö  —  giJ/hho,  gibö  =  ag-s. 
^iefa,  ahd.  tago,  und  so  wird  man  unbedenklich  ahd.  namo 
]\[.  unmittell)ar  mit  g-ot.  namö  vergleichen,  vor  allen  Dingen 
deshalb,  weil  nur  so  der  (Tcnuswcchsel  im  Ahd.  verständlich 
wird.  Nach  den  beiden  alten  neutralen  Nominativen  icatö 
und  namö  haben  erst  die  Kör])erbezeiclinung"en  liairtö,  ansö, 
augö  den  Nominativ  auf  -ö  statt  -a  oder  -aü,  wie  wir  als  Ent- 
sprechung der  wgerm. -nordischen  Formen  erwarten  raüssten, 
angenommen,  dem  dann  die  wenigen  anderen  Neutra  gefolgt 
sind.  Wenn  Jellinek  die  Ursprünglichkeit  des  got.  Nom.  auf 
-ö  bei  den  anderen  Worten  nachweist,  so  werde  ich  zugeben, 
dass  got.  watö  und  namö  Analogiebildungen  nach  den  obli- 
quen Kasus  sein  können,  natürlich  nicht  sein  müssen. 

Ich  halte  daher  auch  in  diesem  Punkte  meine  Behaup- 
tung, dass  auslautende  lange  Vokale  z.  T.  nicht  gekürzt  sind, 
vollständig  aufrecht. 

IV.   Gedeckte    lange  Vokal  e. 

Ob  die  langen  auslautenden  Vokale  vor  einem  in  histo- 
rischer Zeit  noch  vorhandenen  Konsonanten  verkürzt  oder 
nicht  verkürzt  seien,  habe  ich  von  Anfang  an  als  sehr  zweifel- 
haft und  schwierig  zu  entscheiden  hingestellt.  Ich  selbst  habe 
die  in  Betracht  konnnenden  Formen  mehr  als  einmal  sorgfältig 
erwogen  und  kann  auch  heute  nur  dies  Problem  als  zweifelhaft 
bezeichnen.  In  meinem  System  spielt  diese  Frage  eine  sehr 
untergeordnete  Eolle.  Da  nur  s  in  Betracht  kommt,  könnte 
man  auf  das  Lateinische  hinweisen,  wo  ebenfalls  alte  Längen 
fast  nur  vor  .**  erhalten  bleiben,  vgl.  sies  aber  s'i(''f,  eräx,  aber 
erat.  Gegen  diesen  Punkt,  den  ich  als  nebensächlich  l)ctrachte, 
richtet  aber  Jellinek  seinen  Hauptstoss,  Ich  würde  nicht 
weiter  darauf  eingehen,  wenn  ich  nicht  einige  Bemerkungen 
Jellineks  riciitig  stellen  niüsstc.  Jellinek  bemerkt  S.  KU: 
"Zu  dem  wenigen  sicheren,  was  wir  von  den  germanischen 
Auslautsgesetzen  wissen,  gehört  die  Thatsache,  dass  im  Got. 
die  langen  Vokale  der  Endsilben  erst  verkürzt  worden  sind, 
als  die  ursprünglich  kurzen  Vokale  schon  abgefallen  waren." 
Ich  bezweifle  diese  angeblich  sichere  Thatsache.  Sie  stützt 
sich  nur  darauf,  dass  die  aus  langen  X'dkaion  entstandenen 
Kürzen  nicht  wie  die  ursprünglichen  Kürzen  im  (iot.  abfallen. 


Zu  den  germanischen  Aiislautsgesetzen.  T3 

Aber  es  können  sehr  wolil  -ä,  -e,  -i,  -fi  zu  den  entsprechenden 
gemurmelten  Vokalen  geworden  sein  und  noch  bestanden  haben, 
als  -a  nsw,  zu  vollstimmig-cm  -ä  verkürzt  wurden.  Es  tielen 
dann  später  nur  die  gemurmelten  Vokale  ab^).  Jellinck  sagt 
weiter:  "Hätten  also  Hirt  und  Streitberg  Recht,  so  niiissten 
diejenigen  langen  gestossenen  Vokale,  welche  ursprünglich  in 
vorletzter  Silbe  standen,  gleichfalls  verkürzt  worden  sein.  Wir 
könnten  also  kein  managein,  managelni,  nemeip,  salbös,  giböm, 
salhöm,  mlböp,  ßdicör  usw.  finden."  Selbst  wenn  man  Jellineks 
Annahme  zugeben  wollte,  so  ist  es  ein  jetzt  oft  genug  belegter 
Vorgang,  dass  eine  geschwundene  Silbe  ihre  Quantität  auf  die 
vorhergehende  Silbe  überträgt.  Weshalb  sollte,  was  sonst  ge- 
wöhnlich ist,  hier  nicht  eingetreten  sein? 2) 

Was  nun  die  Frage  nach  der  Erhaltung  der  Länge  durch 
s  betritft,  so  kommt  nur  ein  Fall  dafür  in  Betracht,  nämlich 
die  2.  Ps.  Sing,  nemeis,  u-lleis  und  nasides,  nasidedeis,  die 
oiTenbar  zusammengehören.  Gewiss  ist  die  Annahme  einer 
analogischen  Beeinflussung  nach  der  2.  Plur.  nemeis  :  nemeip, 
icileis  :  icileip  =  bairis  :  bairip,  nimais  :  nimaip  kein  beson- 
ders sicheres  Auskunftsmittel,  aber  absolut  verwerflich  ist  es 
nicht.  Bei  nasides  kommt  ausserdem  die  Entstehung  der  Form 
in  Betracht,  -des  kann  sehr  wohl  unter  dem  Nebenton  entstan- 
den sein.  Ich  kann  diese  Kategorie  aber  auch  nicht  als  Be- 
weis der  alten  Anschauung  gelten  lassen.  Wenn  Jellinek  S.  135 
sagt:  "Es  ist  auch  nicht  der  Schatten  eines  Beweises  dafür 
vorhanden,  dass  vor  got.  erhaltenem  Konsonanten  ein  ursprüng- 
lich langer  Vokal  gekürzt  worden  wäre'',   so   ist   auf  der  an- 


1)  Ich  möchte  doch  darauf  hinweisen,  dass  man  auch  im  Got. 
mit  der  Apokope  xirsprüngliclier  Längen  zu  rechnen  hat.  Dem 
Pronomen  der  1.  Du.  got.  icit,  *jut  entspricht  im  lit.  vedü,  judü,  die 
aus  re,  ju  und  du  zusammengesetzt  sind,  du  tührt  man  auf  d(u)Ö 
'zwei'  zuvücl<.  Es  wäre  also  auch  im  Got.  -5  abgefallen,  wenngleich 
ich  die  näheren  Bedingungen  nicht  anzugeben  weiss. 

2)  Brugmann  Grd.  I  §  699  Anm.  kommt  nach  Jellinek  Btr.  17 
das  Verdienst  zu,  die  Unmöglichkeit  urgerm.  Apokopeu  kurzer  Vo- 
kale dargothan  zu  haben.  "Hätte  '■berizi,  *heridi  im  Urgerm.  sei- 
nen auslautenden  Vokal  verloren,  so  müssten  wir  im  got.  bairs, 
bairp  finden."  Ich  könnte  zur  Widerlegung  auf  IF.  I  216  f.  ver- 
w^eisen.  Aber  davon  abgesehen,  hat  Jellinek  die  Möglichkeit  einer 
Kompensation  des  abgefallenen  i  in  der  vorhergehenden  Silbe  gar 
nicht  in  Betracht  o-ezos'en. 


74  HeriiiJiii  Hirt, 

deren  Seite  kaum  zu  beweisen,  dass  das  -.s  die  Länge  erhalten 
hat.  Der  Grund  kann  ebensogut  der  schleifende  Ton  sein,  da  mit 
Ausnahme  der  zweiten  Pers.  Sing.,  die  die  Länge  zeigt,  alle 
Fälle  auch  schleifenden  Ton  hatten,  vgl.  gihös  =  'r\}Jif\c,  N.  PI. 
gibös  =  lit.  ranlös,  N.  PI.  dagös  =  ai.  nsväs,  hairdeis  —  lit. 
gaidfjs.  Das  sagt  Jellinek  wieder  seinen  Lesern  nicht.  Ich 
lasse  also  die  Frage  mitentschieden,  Avenngleich  ich  mich  heute 
doch  mehr  der  Ansicht  zuneige,  dass  vor  -s  die  alte  Länge 
erhalten  blieb,  nicht  wegen  der  got.  Formen,  sondern  wege» 
der  ahd.^). 

V.  Idg.  -Ol  und  -oh 

Jellinek  sagt  S.  142:  "Für  die  Erklärung  der  verschie- 
denen Behandlung  von  -ai  in  haifada  einerseits  und  Dat.  glbai^ 
Opt.  hairai  und  Nom.  meinal  andererseits  kommen  so  viel  ^lög- 
lichkeit  in  Betracht,  dass  man  kaum  eine  Entscheidung  treffen 
kann."  Er  verweist  auf  seine  Btr.  65  ff.  Dort  ist  ja  nun  aller- 
dings des  längeren  ül)er  das  Schicksal  des  auslautenden  -ai 
gehandelt,  aber  es  ist  auch  keine  einzige  Möglichkeit  angeführt, 
kein  Gedanke  geäussert,  der  sich  als  irgendwie  fruchtbar  er- 
wiese. Nach  p]rwägung  der  früher  von  andern  erörterten 
Möglichkeiten  giebt  er  selbst  eine  Erklärung,  die  ich  doch 
nicht  mit  Stillschweigen  übergehen  möchte.  Es  soll  nändich 
-ai  nur  im  absoluten  Auslaut  zu  -e  und  dann  zu  -a  geworden 
sein,  während  es  im  Satzzusammenhang  vor  konsonantischem 
Anlaut  als  -al  erhalten  blieb.  "Wir  müsstcn  also  bei  allen  Kate- 
gorien Doppelformcn  antreffen,  finden  sie  aber  thatsächlich 
nirgends.  Die  Annahme  eines  solchen  Sandhis,  der  sich  auf 
nichts  vorhandenes  stützt,  kann  ich  mn*  für  eine  moderne 
Kenniug  lür  Nichtwissen  einer  Erklärung  halten. 

Die  Thatsachen  liegen  folgendermassen.  Got.  haifada, 
haifanda  sind  ganz  evident  gleich  griech.  (pepexai,  qpfcpovrai^ 
ai.  hhdrafe  hhärante.  Also  wurde  gestossenes  -ai  über  -i'  zu  -e 
zu  -((.  hairaiM,  hairai  ist  ebenso  sicher  gleich  griech.  XeiTToic, 
XeiTTOi,    lit.  te-sulce  un<l   g'ilxii  =  griech.  ti)ui],    lit.  ranlai.     Es 

1)  Streitherg  nimmt  jetzt  an,  dass  *•  die  Vcrkürzunp-  aufhielt. 
In  Folge  dessen  haben  wir  mit  ihm  im  Gotischen  zwischen  einem 
drciniorigen  f/ibö.s  und  einem  zwoimorigen  icileis  zu  scheiden.  Jenes 
bewahrt  auch  im  Ahd.  die  L;in;^o  f/cbä,  während  dieses  als  Kürze 
auftritt,  vgl.  Notkers  teile,  uil. 


Zu  den  g'ennanisohen  AushiutsgTsotzen.  75 

ist  mir  eine  Aiialog-iebildiing-,  hliiukii  nach  pai,  nötig-,  um  die 
gotischen  Formen  anstandslos  zu  erklären^). 

Nach  meiner  Ansicht  bietet  auch  r/ihai,  ags.  jiefe  einen 
Beleg-  für  die  Rehandlnng-  des  /irkiimflektiertcn  -a?.  Aber 
Jellinek  kann  sich  S.  142  nicht  von  der  Richtigkeit  meiner 
Chronologie  der  Kürznng-sgesctze  iiberzeng-en,  weil  es  ihm  un- 
möglich erscheint  anstal  aus  ^ansfel  herzuleiten,  wie  dies 
schon  Mahlow  gethan  hat.  "Es  ist  mir  umnög-lich  zu  g-lauben. 
dass  eine  Sprache,  die  alle  g-erm.  e  zu  /  werden  Hess,  und  in 
der  ein  unbetontes  i  der  Brechung-  widerstand  (parihs)  ein 
unbetontes  e  vor  einem  /  in  a  wandelte."  Auch  hier  sind  die 
Bemerkungen  Jellineks  zu  bestreiten.  Zunächst  ist  es  sehr 
frag-lich,  ob  e  im  Urg-erm.  dem  e  qualitativ  entsprach.  Mit 
Mahlow  ist  vielmehr  w  anzusetzen,  das  erst  im  Got.  zum  ge- 
schlossenen e  wurde.  Während  im  Wgerm.  ce  unter  dem  Ton 
oft'en  bleibt,  war  es  in  unbetonter  Silbe  geschlossen.  Im  Got. 
kehren  sich  die  Verhältnisse  gerade  um.  Betont  entsteht  in 
haupttoniger  Silbe  e,  im  Auslaut  aber  le.  Denn  ohne  diese 
x\nnahme  bleibt  es  absolut  unverständlich,  wie  e  im  Auslaut 
zu  a  werden  k(»nnte.  Hätte  das  auslautende  -e  die  geschlossene 
Qualität  gehabt,  so  müsste  das  Kürzungs})rodukt  e,  ai  oder  z\ 
nicht  a  sein. 

Und  nun  beachte  man  die  sicii  genau  entsprechenden 
Gleichungen:  got.  fadar  —  ahd.  fater,  gricch.  Trairip;  got. 
üunau  —  ahd.  siiniu  aus  ^suneu:  got.  Ixindja  —  an.  heidi, 
ahd.  (jntinne,  lat.  faciem,  und  schliesslich  anstal  —  ahd.  ensH 
aus  ''''ansfei.  Ich  will  auch  gar  nicht  behaupten,  dass  got. 
anstal  noch  den  Diphtong  ai  enthält.  Nach  meiner  Meinung- 
giebt  es  in  got.  Endsill)en  überhaupt  keine  Diphthonge  mehr. 
In  anstal  und  handjal  ist  al  die  Sehreibung  für  oifenes,  langes 
cp,  zu  dem  (cl  g-eworden  war-). 


1)  Jellinek  halt  Braunes  Vermutung,  ai  zu  a  in  dritter  Silbe, 
der  Diskussion  für  wert.  Ich  sehe  das,  was  von  Mahlow  AEO. 
94  f.,  Paul  Btr.  II  389,  J.  Sohniidt  KZ.  XXVI  42  tf.  geo-en  Braune 
angeführt  ist,  für  völlig-  ausreichend  an,  um  die  von  dem  Urheber 
selbst  aufg-eg-ebene  Ansieht  zu  widerlegen. 

2)  Auch  die  Behau]itung-  Jellineks,  dass  im  Got.  jedes  e  zu  i 
gewandelt  ist,  bedarf  noch  der  genaueren  Untersuchung.  Vor  r 
scheint  in  unbetonter  Silbe  a  aus  e  entstanden  zxi  sein.  Es  fällt 
auf,  dass  sich  hier  kein  //■  oder  alr  tindet,  und  so  dürfte  man  wohl 


7ß  Her  man  Hirt, 

VI.  Ahd.  gehä. 
Wir  haben  oben  gesehen,  dass  Jellineks  Versuch  ahd.  a 
auf  idg-.  ä,  ahd.  o  auf  idg.  o  zurückzuführen,  nicht  durchführbar 
ist.  Meine  Erklärung-  des  ahd.  geba  sucht  er  nun  durch  eine 
genaue  Betrachtung  der  Chronologie  umzustürzen.  Er  sieht 
aber  nicht,  dass  wenn  sich  meine  Annahme,  dass  -s  im  Got. 
die  Verkürzung  nicht  aufhielt,  als  falsch  erweisen  sollte,  die 
Verkürzung  vor  -s  wahrscheinlich  in  keinem  Dialekte  eintrat. 
Man  braucht  dann  nur  zu  sagen:  dreimoriges  -ö  wurde  im 
absoluten  Auslaut  zu  zweimorigem,  -ös  aber  blieb.  In  Jellineks 
S.  145  gegebene  Tabelle  hat  man  für  I  nur  ohsö  und  *gebös 
einzusetzen,  um  alles  klar  zu  macheu.  Auf  den  Gegensatz  von 
Notkers  gehä  und  loile,  zcil  'du  willst'  ist  schon  oben  aufmerk- 
-sam  gemacht,  vgl.  Streitberg  Urgerm.  Gram.  Doch  kann  man 
-auch  davon  absehen,  da  die  aufgestellte  Chronologie  Jellineks 
nicht  zweifellos  ist.  Dass  es  Mittelstufen  zwischen  Länge  und 
Kürze  giebt,  dass  der  Sehwund  des  .s  eine  Verlängerung  her- 
vorrufen konnte,  zieht  Jellinek  gar  nicht  in  Betracht.  Er 
meint  dagegen:  "Es  ist  nuiglich,  dass  -ö  in  vorlitterarischer 
Zeit  gekürzt  wurde,  während  -cl  seine  Länge  behielt."  Da  beert 
ouch  geloul)e  zuo.  Warum  lieisst  es  denn  aber /V/r/oo  und  ahfö? 

Ich  fasse  noch  einmal  zi;sainmen.  Ich  glaube  nachge- 
wiesen zu  haben,  dass  Jellineks  auf  die  Unterscheidung  von 
idg.  -«  und  -ö  gegründeter  Versuch,  die  germanischen  Aus- 
lautsgesetze aufzuhellen,  vollständig  misslungen  ist.  Er  ist 
nicht  im  Stande  ein  ganzes  halbes  Dutzend  von  Formenkate- 
^orien   zu   erklären'),    und   das  sagt  genug  ü])er  seinen  Wert. 

5l-ot.  ufar  =  ahd.  uhh%  grieoh.  üir^p,  l;it.  super  setzen.  Ebenso  die 
Kndung  -tai'ö  in  aftarö  =  griceli.  -Tepoi  övtuT^puu,  Jvapar  =  griech. 
TTÖrepoc,  Akk.  fadar  =  griecli.  iraTepa.  Zur  völligen  Sicherheit  ist 
freilich  nicht  /ai  konunen,  da  sich  zur  Erklärung  überall  auch  For- 
men mit  0  oder  e  finden  oder  wenigstens  konstruieren  lassen.  Aber 
diese  Annahme  wird  doch  sein-  wahrscheinlicli  diirch  den  Hinweis 
^aiif  die  Behandlung  der  Fremdworte,  got.  lukarn,  knrkara.  Vgl. 
Paul  Jt\  IV  334,  der  de  Saussiire  als  geistigen  Urheber  angibt. 
Die  ol)ige  Annahme  habe  ich  auch  selbständig  gefunden.  Man 
.sieht  daraus,  wie  es  mit  den  Behaujitungen  Jellineks  bestellt  ist. 

1)  Got.  Jcaprö,  galeikö,  hairau,  hairadau,  bairaidaii,  got.  tvil- 
Jau,  ahd.  iville,  ahd.  zuni/a.  oiign,  ahd.  7tefo,  viäno,  got.  hidre,  Jjande, 
ahd.  dunfa,  huanfa. 


Zu  den  germanischen  Aut^lautsgesetzen.  IT 

Da  sich  nun  die  Aniuibnic,  dass  die  Läiig-e  im  Got.  und  Ahd. 
durch  einen  Nasal  erhalten  sei,  widerlegen  Hess,  und  andrer- 
seits im  absoluten  Auslaut  stehende  Längen  bewahrt  sind,  so 
sind  damit  auch  die  früheren  Theorien  als  hinfällig-  erwiesen. 
Die  Erklärung  der  verschiedenen  Behandlung  der  germanischen 
auslautenden  Längen  durch  die  Akzenthypothese,  d.  h.  die 
Unterscheidung  zwei-  und  dreimorigcr  Längen,  stüsst  auf 
keine  Schwierigkeiten.  Sie  vermag  die  germanischen  Formen 
stets  an  die  unmittelbar  belegten  Formen  der  verwandten. 
Sprachen  anzuknüpfen.  Freilich  konnte  sie  das  nicht  leisten, 
was  bisher  noch  keiner  Theorie  gelungen  ist,  alle  Formen, 
innerhalb  des  Germanischeu  je  aus  einer  einzigen  Grundform 
zu  erklären.  Dieses  Ziel  zu  erreichen  wird  schon  deshalb  nie 
gelingen,  weil  das  Idg.  und  auch  das  Urgerm.  mehr  Formen 
besessen  haben  als  in  den  historisch  überlieferten  Dialekten 
vorhanden  sind,  und  darum  auch  in  den  einzelnen  Dialekten 
verschiedene  Formen  verallgemeinert  worden  sind^).  Auf  an- 
dere nebensächliche  Bemerkungen  Jellineks  einzugehen,  unter- 
lasse ich  hier  unter  der  ausdrücklichen  Bemerkung,  dass  mein 
Schweigen    nicht    etwa   Zustimmung    bedeute^'),    und    nur    auf 


1)  Die  einzige  Form,  die  bisher  noch  nicht  in  den  verwandten 
Sprachen  anfgetunden  ist,  ist  ahd.  Dat.  gebu,  an.  sog  aus  *sagÖ. 
Man  kann  sie  weder  als  Dativ  erklären,  der  in  g-ot.  gibai,  ags.  jiefe, 
got.  bandjai,  an.  heidi  vorliegt,  noch  auch  unmittelbar  als  Instru- 
mental, da  dieser  nach  Ausweis  des  lit.  rankq,  abulg.  rakq  auf  -am 
auslautete.  Ich  glaube  aber,  dass  nach  dem  Muster  urgerm.  Dat. 
*dagöi  und  "^geböi  ein  neuer  Instrumental  *gebö  nach  dagö  (got^ 
daga,  ahd.  tagu  =  lit.  vilkii)  geschaffen  ist.  Das  lag  sehr  nahe, 
weil  der  Instr.  *gebäm  mit  dem  Akk.  zusammenfiel,  und  die  beiden 
Paradigmata  auch  im  Nom.  und  Gen.  Plur.  (got.  dagös,  gibös,  ags. 
döma,  jiefa)  gleichlautend  waren.  Bei  der  Vermischung  der  beiden 
Kasus  ist  schliesslich  im  Got.  und  Ags.  die  alte  Dativform,  im  Nord, 
und  Ahd.  die  Instrumentalform  verallgemeinert.  Doch  vergleiche 
got.  sunja  und  sunjai,  die  sich  wie  ags.  J2e/"e  zu  ahd.  gebii  ver- 
halten können. 

2)  So  halte  ich  die  Erklärung  von  ags.  brödor  usw.,  Jellinek 
134,  aufrecht.  Wenn  Jellinek  mir  die  Ansicht  zuschreibt,  dass  im 
Nord,  ebenso  wie  im  Wgerm.  der  Vokalausfall  nur  nach  langer 
Silbe  stattfand,  so  habe  ich  darauf  zu  bemerken,  dass  dieses  'nur' 
eine  Phantasieschöpfung  Jellineks  ist.  In  meiner  Anmerkung  findet 
sich  (lies  Wort  nicht.  Was  diese  bedeuten  soll,  ist  nach  den  Unter- 
suchungen Axel  Kocks  völlig  klar.  Jellinek  muss  bei  mir  eine  voll- 
ständige Unkenntniss  der  altnordischen  Grammatik  und  der  Arbeiten. 


78  Her  in  an  Hirt, 

eines  iiKiclite  ich  hinweisen.  Die  Probleme,  die  die  germani- 
schen Anslautsgesetze  darbieten,  sind  in  voller  Klarheit  zuerst 
von  Scherer  und  Mahlow  erfasst,  wenngleich  ihnen  die  g-ründ- 
lichc  und  überzeugende  Lösung  nicht  gelingen  konnte,  da  zu 
ihrer  Zeit  die  Grundlagen  für  die  Akzenthyi)otliese  oder  für 
die  Unterscheidung  zwei-  und  dreimoriger  Längen  nicht  vor- 
handen Avaren.  Nachdem  der  feste  Grund  dafür  durch  die 
Vergleichung  der  nichtgermanischen  Si)rachen  gelegt  ist,  kann 
man  mit  g-rösserer  Sicherheit  als  damals  die  Konsequenzen 
ziehen,  und  ich  zweitle  nicht,  dass  in  nicht  zu  langer  Zeit  die 
neubegründete  Erklärung  allgemein  angenommen  sein  wird. 
Wenn  Jellinek  aber  meint,  dass  er  in  sehr  wesentlichen  Punkten 
zu  den  Mahlow-Schererschen  Gleichungen  zurückkehre,  so  muss 
ich  dem  entschieden  widersprechen.  Abgesehen  von  der  Glei- 
chung idg.  ö  =  got.  e,  die  er  z.  T.  von  Mahlow  herüber- 
nimmt, steht  er  durchaus  im  Gesensatz  zu  jenen  Forschern. 
Kicht  um  einzelne  Gleichungen  aber  handelt  es  sieh,  sondern 
um  das  allgemeine  Prinzip  der  Erklärung,  und  in  diesem  stimme 
ich,  nicht  Jellinek,  mit  jenen  P^orschern  überein. 

Die  Akzenthypothese  nuichte  ich  jetzt  folgendermassen 
darstellen,  vgl.  Idg.  Akzent  S.  53,  66.  Im  Idg.  gab  es  Endsill)en, 
die  verschiedene  Silbenakzente  zeigen.  Das  Wesen  dieser  Silben- 
akzente liegt  aber  darin,  dass  den  Vokalen  mit  gestossenem 
Ton  2  Moren,  denen  mit  geschleiftem  3  Moren  zukommen.  Diese 
Unterscheidung  war  im  Urgermanischen  noch  erhalten.  Es 
Averden  dann  genau  wie  im  Litauischen  alle  Endsilben,  vielleicht 
mit  Ausnahme  der  durch  -.s'  gedekten,  um  eine  More  gekürzt, 
sodass  wir  als  Resultat  im  Gotischen:  Kürzen,  zweimorige  (nor- 
male) und  vor  s  vielleicht   dreiniorigc    überdehnte  Längen  cr- 

Axel  Kocks  voraussetzen,  wenn  er  mir  die  Ansicht  zuschreibt,  dass 
im  Nordischen  die  kurzen  Endvokale  erhalten  blieben.  Seine  Pole- 
mik ist  um  so  sonderbarer,  als  ich  mich  IF.  I  215,  4  Seiten  vor  der 
besprochenen  Aimierkiing-,  über  die  Ansicht  Axel  Kocks  ausgespro- 
chen habe.  Es  lieisst  dort:  "Nachdem  Sievers  nacligewiesen  hat, 
dass  im  Wgerm.  die  kurzen  Vokale  nach  langer  Silbe  ablallen,  nach 
kurzer  erhalten  lileiben,  denen  die  aus  langen  Vokalen  durch  ge- 
stosseiien  Ton  verkürzten  Silben  hinzuzutügen  sind,  hat  Axel  Kock 
PBrB.  XIV  53  ff.,  dasselbe  Grundprinzip  tür  das  Altnordische  be- 
hauptet." Auf  diesen  Passus  bezog  sich  meine  kurze  Anmerkung- 
zu  einer  Tabelle,  in  der  natürlich  die  Kenntnis  des  vorhergehendeu 
vorausgesetzt  wurde. 


Zu  den  g'eriiuiiii^cheu  A-U«lautsg-eset/.on.  79 

halten.  Im  Ahd.  schreitet  der  Frozess  weiter  und  wieder 
werden  diese  Silben  um  eine  More  gekürzt.  Die  Kürzen 
fallen  nach  langer  Silbe  fort,  die  zweimorig-en  gotischen  Län- 
gen erscheinen  als  Kürzen,  goleikö  —  gilihho,  wile'is  —  lüUi 
und  die  dreimorigen  als  normale  Längen,  ahd.  geha  —  got. 
glbös,  lit.  rüTll'öii.  Bei  Jellinek  dagegen,  der  ja  auch  die 
Akzentqualitäten  herangezogen  hat,  tindet  sich  von  einem  Prin- 
zip keine  Spur.  Die  Wahrscheinlichkeit  meiner  Ansicht  wird 
nun  dadurch  erhöht,  dass  sich  im  Litauischen  genau  dasselbe 
Auslautsgesetz  nachweisen  Hess,  vgl.  Idg.  Akzent  S.  65.  Da- 
durch erhalten  wir  eine  vortreffliche,  klare  Illustration  der 
germanischen  Verhältnisse,  wie  wir  sie  besser  nicht  wünschen 
können. 

Leipzig-Gohlis,  April  1895.  H.  Hirt. 


Die  lat.  Partikel  ne  ('nicht')  in  Zusammensetzung 
mit  vokalisch  anlautenden  Wörtern. 

Das  durch  ai.  nd  lit.  ne  usw.  vertretene  idg.  *«e  'nicht' 
hat  sich  im  Lateinischen  nur  in  enger  Verbindung  mit  andern 
Wörtern  behauptet,  und  zwar  entweder  enklitisch  angehängt, 
wie  vides-ne,  oder  als  erstes  Glied  von  Zusammensetzungen, 
wie  7ie-sciö,  7ie-fäs. 

Hier  fragen  wir,  wie  ne  in  den  Verbindungen  der  letz- 
teren Art  behandelt  wurde,  wenn  das  zweite  Glied  vokalisch 
-anlautete.  Es  kommen  in  Betracht  7iunquam  7iusquam  näUus 
noemifm)  nön  7ieufiquam  neiitiqiie  neuter^).  Von  ningulus 
und  negäre,  die  man  diesen  angereiht  hat,  ist  abzusehen. 
Denn  tiingulus  (Ennius  bei  Festus  j).  188,  30  Th.  d.  P.)  war 
nicht   lautgesetzlich    aus    ''■'ne-oin/ijdos-)    entstanden,    sondern 


1)  In  der  folg'eiiden  Untersuchung-  konnte  ich  Zusammenstel- 
lungen über  das  Vovkonnnen  von  neuter  und  neutiquam  bei  den 
szenischen  Dichtern  benutzen,  die  mir  mein  Bruder  Dr.  Oskar  Brug- 
mann  zur  Verfügung-  stellte. 

2)  neuncula  =^  nulla  bei  Cicero  De  leg-.  II  8,  19  steht  auf  sehr 
schwachen  Füssen.  S.  Jordan  Krit.  Beitr.  zur  Gesch.  d.  lat.  Spr. 
22G.  249. 


80  Karl   Bruyin.inn, 

Neubildung  nach  sinqulus\  negäre  aber  ist  mit  {äö  ad-ägium 
nicht  zusammenzubringen  ^),  wahrscheinlich  war  es  von  der  in 
neg-öthun  neg-Jigere  erhaltenen  Partikel  *ne-g'  (vgl.  lit.  ne-gi 
ne-gu  'nicht')  abgeleitet,  wie  unser  verneinen  von  nehi  (s. 
Verf.  Grundr.  II  1116). 

Ohne  weiteres  klar  sind  nunquam  and  nusquam,  in  denen 
das  e  von  7ie  elidiert  worden  ist.  Sie  müssen  in  einer  Zeit 
aufgekommen  sein,  wo  ne  noch  eine  gewisse  Selbständigkeit 
hatte.  Vgl.  Fälle  wie  nec-oplnäns  nec-opimfs  mit  neqtie  als 
erstem  Glied. 

Ferner  ist  evident,  dass  noenuni  noenu  als  /Aveites  Glied 
oinos  ünus  enthält,  und  wahrscheinlich  ist,  dass  üUuh,  das 
das  zweite  Glied  von  nüllus  bildet,  aus  "^oln-lo-s  hervorge- 
gangen w\ar.  noenum  und  nüllus  müssen  also  im  Zusammen- 
hang betrachtet  werden. 

Nun  gehen  über  die  Entstehung  von  noenum  und  nön 
die  Ansichten  auseinander,  indem  mehrere  Gelehrte  in  dea 
letzten  Jahren  die  Richtigkeit  der  früher  allgemein  gangbaren 
Ansicht,  noenum  sei  als  noenum  mit  nunquam  =  uunquam 
auf  eine  Linie  zu  stellen,  bestritten  haben.  Ich  verweise  auf 
Wackernagel  Beitr.  zur  Lehre  vom  griech.  Akzent  19  Fussn.  1, 
Stolz  Histor.  Gramm.  I  130,  Solmsen  Stud.  zur  lat.  Lautgesch. 
53  und  die  dort  zitierte  sonstige  Litteratur. 

Thurneysen,  Kretschmer,  J.  Schmidt  und  Solrasen  haben 
nemlich  dem  nun  zulieb  ein  '^nöinom  angesetzt,  dessen  ö  aus 
e  -}-  0  {^ne-oinom)  kontrahiert,  und  aus  dem  sowohl  noenum  als 
nön  entstanden  sein  soll.  Wäre  das  richtig,  so  käme  in  Frage, 
ob  nicht  in  entsprechender  Weise  7iüllus  Fortsetzung  eines 
"^nöinlos  ^'nöillos  sei,  wobei  das  historische  ü  eventuell  dem 
analogischen  Einiluss  von  idlus  zuzuschreiben  w'äre.  Mich 
dünkt  aber  diese  Hypothese  nichts  weniger  als  sicher.  Wenn 
sich  in  vorhistorischer  Zeit,  als  noch  die  urlateinische  Beto- 
nung herrschte,  ein  vokalisch  auslautendes  Präfix  mit  einer 
vokalisch  anlautenden  Wortform  verband,  so  wurden  die  beiden 


1)  Am  wenig-sten  in  der  Weise,  wie  Birt  Rhein.  Mus.  XXXIV 
3  meint:  ein  *neaijo  .soll  über  '^neeyo  zu  *ni'ijo  geworden  und  dicse.s 
dann  zu  neyo  verkürzt  worden  sein.  Diese  Kürzung-  soll  dieselbe 
sein  wie  jüheo  aus  jübeo.  jüheo  hat  aber  iiridg-.  kurzes  u,  s.  mei- 
nen Grundr.  II  S.  1152  f.,  Lindsay  The  Latin  Lang'U.  S.  481. 


Die  lat.  Partikel  ne  ('uiclit')  usw.  81 

einander  berülirenden  Vokale,  falls  der  zweite  kurz  Avar,  zu 
der  Länge  des  Präfixvokals  zusammeng-ezogen,  z.  B.  cömö 
cömptiis  aus  '^cö-emö  '■'xö-emfpjtos,  cögltö  aus  '^cö-agltö,  cöjmla 
aus  '■■cö-ap(ujla,  degö  aus  '^de-agö  ''^de-agö.  War  dagegen  der 
zweite  Vokal  lang  und  (lualitativ  vom  ersten  verschieden,  so 
erfolgte  keine  Kontraktion,  z.  B.  co-äctus  co-dgulnm  co-egl. 
S.  Osthoff  Zur  Gesch.  d.  Perf.  158  f.  Dieser  Sprachperiode 
düi'fte  eine  Kontraktion  von  '-''ne-oinos  zu  '■'nöinos  nicht  zuge- 
wiesen werden.  Aber  auch  nicht  der  jüngeren,  in  der  durch 
Neukoinposition  die  Formen  wie  co-ägitö  co-hibeö  entstanden, 
da  diese  nunmehr  uuzusammengezogen  blieben  (s.  Osthoff  a.  0. 
159  f.).  Weiter  jedoch  auch  nicht  der  gleichfalls  jüngeren, 
der  die  Formen  deorsum  seorsum  (aus  '''de-rorsom  '■■\se-rorsom) 
angehörten.  In  diesen  blieb  nach  Solmsen  a.  0.  60  eo  un- 
koutrahiert,  weil  die  zweite  Silbe  "schw^er"  war.  El)enso  sollen 
nach  diesem  Gelehrten  (S.  54)  die  aus  uevolt  '■'■nevoltis  her- 
vorgegangeneu '''neolt  ''^neoltis,  im  Gegensatz  zu  ^neölö  =  nölö, 
keine  Kontraktion  erfahren  haben,  weil  ihr  o  in  schwerer  Silbe 
stand*,  als  Parallele  wird  aenus  aus  *«e.s-wos  herangezogen.  Ist 
das  richtig,  so  hätte  damals  auch  '"^ne-oinom  dreisilbig  bleiben 
müssen;  denn  seine  zw^eite  Silbe  w^ar  ja  gleichfalls  "schwer". 
Man  darf  aber  ferner  auch  queö,  eö  emit,  moneö,  Abi.  eö  als 
Formen  bezeichnen,  die  der  Annahme  einer  Zusammenziehung 
von  '^neoinom  zu  '^nöinom  ungünstig  sind.  Denn  man  wird 
trotz  Solmsen  a.  0.  kaum  fehl  gehen,  wenn  man  den  Ausfall  des 
intervokalischen  i  in  diesen  Formen  einer  sehr  frühen  Periode 
des  Urlateinischen  oder  selbst  der  uritalischen  Periode  zuweist. 
AVo  haben  wir  also  eine  irgend  zuverlässige  Parallele  zu  der 
behaupteten  Kontraktion  von  eoi  in  öi'^  Und  w'elche  Stützen 
hat  die  Meinung,  das  ö  von  nön  sei  aus  öi  entstanden"?  Im 
Dat.  Sing,  der  o-Stämme  ist  gewiss  -öi  zu  -ö  geworden,  aber 
diese  Behandlung  im  Auslaut  licweist  nichts  für  den  Inlaut. 
Ausserdem  beziehen  sich  J.  Schmidt  und  Solmsen  auf  pröd-, 
das  aus  "^'prökl-  hervorgegangen  sei,  indem  es  aus  pro  und  dem 
ai.  hervorhebenden  kl  zusammengesetzt  sei.  Näher  liegend 
und  wahrscheinlicher  ist  aber,    dass    das  lat.  '"^pvöd-^)  (neben 


1)  Daneben  ist  meiner  Ansicht  nach  Avegen  osk.  ^yru  (auf  der 
tab.  Bant.)  ein  ital.  *prö  anzusetzen.     Vg-I,  Zieler  Beitr.  zur  Gesch. 
des  Lat.  Ablat.  S.  24,  von  Planta  Gramm.  I  113.  577. 
Indogermanische  Forschungen  VI  1  u.  2.  (3 


82  K  a  r  1  B  r  u  i>"  m  a  n  n, 

^prö)  mit  lit.  pro  aksl.  jj;-«-  idcutiseh  sei,    vgl.  lit.  ö  aksl.  a 
aus  *ö^  und  viÜxO  vhka  =  lat.  lupö(d)  (IF.  IV  470  ff.). 

Osthoff  und  von  Planta  nelimen  noenum  in  der  herkömm- 
lichen Weise  als  n'oenum  und  deuten  nö7i  aus  ^■'n'oin(om), 
indem  das  auslautende,  tautosyHal)isehe  -oin  zu  -ön  g-eworden 
sei.  Ein  weiterer  Beleg-  für  diesen  Lautwandel  ist  freilieh 
nicht  vorhanden,  aber  es  ist  auch  noch  keine  Geg-eninstanz 
nachgewiesen,  und  mir  ist  unklar,  warum  Solmsen  diese  An- 
sicht schlechthin  "unhaltbar"  nennt  ^). 

Thomas  und  Wackernag-el  endlich  finden  sich  mit  nö7i 
so  ab,  dass  sie  es  auf  idg.  ^nö-ne  zurückführen;  *«ö  sei  eine 
Ablautvariante  von  *?ie  *we.  Dieses  *«ö  findet  von  Planta 
Gramm,  der  osk.-umbr.  Dial.  I  152  mit  Wahrscheinlichkeit  im 
air.  nä  wieder,  das  ja  aus  *we  nicht  entstanden  sein  kann 
(dieses  ist  vielmehr  durch  m  vertreten),  und  Wackernag-el  stellt 
den  Ablaut  '^'ne :  *?^ö  auf  g-leiche  Stufe  mit  *c?e  (g-r.  he  ahd.  ze) : 
*dö  (g-r.  biu  ahd.  zuo)  und  *Me  (lat.  ve):  *mö  (gr.  J^uuc).  Ausser- 
dem erinnern  von  Planta  und  Conway  (Amer.  Journ.  of  Philo!. 
X  455)  an  das  noisl  der  Duenosinschrift  und  an  das  gewöhn- 
lich als  'nisi'  gedeutete  umbr.  nosue  (vgl.  jedoch  Ber.  der 
Sachs.  Ges.  der  Wiss.  1890  S.  227  ff.).  Das  schlicssende  w 
von  nö-7i  kann  eine  zweite  Negation  oder,  was  annehmbarer 
erscheint,  eine  andere  (hervorhebende  oder  dgl.)  Partikel  ge- 
wesen sein,  für  die  es  mannigfache  Anknüpfung-  im  Italischen 
selbst  wie  in  den  andern  idg.  Sprachen  gibt  (s.  P.  Pcrsson 
IF.  II  204  ff.  217  ff.).  Diese  Auffassung  von  nön  ist  sicher 
die  einfachste.  Tritt  man  ihr  bei,  wie  ich  thue,  so  wird  man 
aber  Thomas  nicht  zugleich  darin  Eecht  geben,  dass  noenum 
=  ^'noi  +  num  (gr.  vuv  vu)  sei.  Alan  wird  vielmehr  bei  der 
völlig  unanstössigen  Deutung-  dieser  Form  als  noenum  'non 
unum'  (vgl.  unser  nein  =  'nicht  eines')  stehen  bleiben. 


1)  Der  Vollständigkeit  weg-en  sei  aiicii  Parodi'«  Deutungsver- 
öuch  Arch.  glottolog.  ital.,  serie  g-ener.,  I  17  erwähnt:  "Nfe  io  sa- 
prei  trovare  un  motivo  alla  consei-vazioiie  dell'  o  di  non,  se  nou 
öupponendo  che  in  una  foi-ma  di  transizione,  noenofmj  o  simile,  il 
reg-olare  proeesso  fonetico  fosse  turbato  dall'  illusionc  che  in  questo 
vocabolo  si  avesse  o  dovcsse  aversi  come  la  reiteraziouc  di  una 
stessa  sillaba:  *nono,  poi  nonfiij  iier  la  l'reiiuente  ]M-ocii8ia".  Das 
klingt  nicht  sehr  überzeugend. 


Die  lat.  Partikel  ne  ('nicht')  usw.  83 

Hiernach  stellen  sich  noenum  nnd  nülhis  als  n'oenum 
und  hrUks  an  die  Seite  von  n'unquatn. 

Wir  konnnen  zu  netitiquam,  das  mit  ne-qul-qnam  und 
ne-quä-quam  zu  verg'leiehen  ist.  Dieses  Adverb  beg-eg*net  bei 
den  szenischen  Dichtern  (Enn.,  Plaut.,  Ter.),  bei  Cicero  und 
Livius,  s.  Hand  Tursell.  IV  181  sqq.,  Neue-Wag-ener  IP  657. 
Bei  den  Dichtern  ist  es  stets  dreisilbig  als  Tribrachys  (nüH- 
quam)  zu  lesen.  Merkwürdiger  Weise  findet  sich  aber  niemals 
nutiquam  in  der  handschriftlichen  Überlieferung-,  wie  man  nach 
nunquam  nusquam  erwarten  sollte,  vielmehr  immer  neutiquam 
oder  ne  utiquam.  Bei  Ennius  fab.  250  L.  M.  {sed  miM  neu- 
tiquam cor  consentit  cum  öculormu  adspectü  ^-),  welchen 
Vers  Cicero  Ac.  2,  52  und  88  überliefert,  hat  der  Erlang. 
(s.  XV)  ne  utiquam.  Dieses  findet  sieh  ferner  in  Plautus- 
und  Terenzhandschriften,  bei  Plautus  besonders  in  B.  Auch 
steht  es  ])ei  Cicero  Cat.  Mai.  42  im  Monac.  7809  (s.  XHI). 

Das  AVort  war  sicher  von  der  ältesten  Latinität  an  ein 
Kompositum.  Denn  ein  utiquam  ohne  ne  kommt  nicht  vor; 
auch  wäre  seltsam,  wenn  ne,  das  sonst  nirgends  mehr  als 
selbständiges  Wort  auftritt,  hier  seine  Selbständig-keit  behauptet 
haben  sollte.  Dass  die  Schreibungen  neutiqtiam  und  iie 
iitiquam  (statt  nutiquam)  durch  das  der  Aussprache  nach  drei- 
silbige neuter,  das  sich  auch  ne  uter  geschrieben  findet,  ver- 
anlasst sein  sollten,  ist  nicht  anzunehmen.  Es  hätte  doch  viel 
näher  gelegen,  neunquam  neusquam  (ne  unquarn  ne  usquam) 
für  muiquam  nusquam  nach  neuter  (ne  uter)  zu  schreiben, 
da  sich  unquam  usquam  wie  titer  als  selbständige  Wörter 
daneben  erhalten  hatten. 

Ich  glaube  daher,  dass  neutiquam  überhau])t  nicht  ne 
enthält,  sondern  dessen  Nebenform  7ie,  die  dem  osk.  nl  ni-p, 
dem  air.  m  und  vielleicht  dem  ai.  nä  (falls  dieses  nendich 
nicht  idg,  *«ö  war)  entspricht  und  in  ihrem  alten,  nicht  spe- 
ziell prohibitiven  Sinn  in  den  mit  neutiquam  gleichbedeuten- 
den Adverbia  nequlquam  nequäquam  und  in  ne  quoque,  ne 
quidem  vorliegt  ^j.     Das  e  von  7ie-  wurde  bereits  in  vorhisto- 


1)  Ob  ne  aucli  sonst  noch  im  Altlateinischen  nicht  prohibitiv 
gebraucht  wurde,  muss  zweifelhaft  bleiben.  S.  Oskar  Brugmann 
Über  den  Gebraucli  des  konditionalen  NI  in  der  älteren  Latinität, 
Leipzig-  1887,  S.  3.  3L 


84  Karl  Brixg'iuann, 

risclier  Zeit  vor  -utiquam  lautg-esetzlich  verküi-zt,  und  bei  der 
Betonung-  neutiquam  wurde  e  weiter  durch  die  sogen.  Syni- 
zese  zu  einem  ganz  kurzen  Gleitlaut,  so  dass  die  Dichter  das 
Wort  dreisilbig  gebrauchten.  Zu  vergleichen  sind  deorsum 
aus  '^deorsum  und  seorsum,  deren  e  dieselbe  Reduktion  erfuhr, 
und  die  daher  in  der  szenischen  Dichtung  zweisilbig  gemessen 
wurden  (s.  Solmseu  a.  0.  60)^). 

Die  getrennte  Schreibung  ne  utiquam  scheint  aufgekom- 
men zu  sein,  um  die  dreisilbige  Aussprache  neidiquam  zu  ver- 
hüten, die  durch  eu  heu  lieus,  seu  neu  ceu  und  durch  das 
später  als  neiiter  gesprochene  neüter  (s.  u.)  nahe  gelegt  war. 
Die  neueren  Herausgeber  der  altlateinischen  Dichter  schliessen 
sich  dieser  Schreibung  ne  utiquam  an.  Dabei  ist  Brix  inso- 
fern der  konsequenteste,  als  er  bei  Plautus,  wie  ne  utiquam, 
so  auch  ne  uter  schreiben  möchte  (zu  Capt.  586),  wie  auch 
Vahlen  Men.  785  7ie  uter  in  den  Text  gesetzt  hat.  Indessen 
ist  weder  dieses  noch  jenes  vom  grammatischen  Standpunkt 
aus  zu  rechtfertigen.  ]Mau  schreibe,  wenn  man  neutiquam  ver- 
meiden will,    nmtiquam  oder  noch  deutlicher  nei'diquam. 

neutique,  bez.  ne  utique  findet  sieh  an  einigen  Livius- 
stellen  in  geringeren  Handschriften,  wo  die  neueren  Heraus- 
geber auf  Grund  der  besten  Überlieferung  neutiquam  geben. 
Zuverlässig  überliefert  erscheint  neutique  erst  im  Cod.  Theo- 
dos. 15,  2,  3  supra  ternas  (aquae  uncias)  neutique  possidere 
.  .  .  decernimus.  S.  Hand  Tursell.  IV  183  s(|.,  Xeue -Wagener 
IP  657  f.  Das  AVort  ist  offenbar  erst  im  Anschluss  an  das  ältere 
neutiquam  aus  utique  gebildet  worden. 

Schliesslich  neuter.  Dieses  Pronomen  erscheint  in  der 
Dichtung  der  vorklassischen  Zeit  nur  dreisilbig:  neuter  neä- 
trum  als  Tribrachys,  neütrt  als  Anapäst  usw.    Wenn  in  Plau- 


1)  :\Iit  seorsum,  das  auch  sorsum  g-eschrieben  wurde,  stellt 
Stolz  Iw.  ]Müliers  Handb.  II 2  276  südus  aus  '■■ne-üdus  zusammen. 
Diese  Etymologie  von  südus  ist  zwar  schon  sehr  alt  (vg-1.  Festus 
416  und  Paul.  Fest.  417  Th.  d.  P.:  sudum  siceum,  quasi  seudum,  id 
est  sine  udo),  aber  höchst  unsicher.  Es  müsste  von  ued  ndö  aus- 
gegangen werden  (vgl.  sed  fraude,  sed  früde  CIL.  I  198,  64.  69 
und  200,  29.  42),  woraus  ein  *sedüdus  entstanden  wäre,  wie  .seduJus 
aus  se  dulö.  Von  einem  ■^.stdüdus  aus  kommt  man  aber  nicht  zu 
südus.  Dieses  entstand  wahrscheinlich  aus  -^suz-do-  und  g-ehört  zur 
Wurzel  saus-  'trocknen'  (lit.  saüsas  susü  usw.). 


Die  lat.  Partikel  ne  ('nicht')  usw.  85 

tusliandschriften  ne  uter  beg-egnet  (Stich.  141  ne  utrum  B^ 
Cas.  1011  ne  uter  VEJ,  Aul.  232  ne  utrubi  BD),  so  dürfte 
diese  Sclireibimg  aus  der  Absieht  7AI  erklären  sein,  die  Aus- 
sprache neiiter  zu  verhüten,  vg-l.  oben  über  ne  nfiqtiam.  neu- 
ter  war  aber  schon  in  den  ältesten  Zeiten  der  römischen  Litte- 
ratur  ebenso  sicher  ein  Kompositum  als  neutiquam,  und  so  ist 
ne  titer,  wie  bereits  bemerkt,  el)enso  zu  verwerfen  wie  ne  uti- 
quam.  Auch  noch  in  späterer  Zeit  g-alt  die  dreisill)ige  Aus- 
sprache neiiter  als  die  normale.  Denn  Consentius  de  barbar. 
et  metapl.  p.  389 K.  heisst  es:  Si  aliquis  dicat  neutrum  di- 
syllaljum,  quod  tri><yllal)um  euuntiamus,  bar1)arismum  faciet. 
Die  Tradition  von  dieser  dreisilbigen  Aussprache  scheint  sich 
lange  erhalten  zu  hal)en.  Denn  in  der  dem  9.  Jahrb.  ange- 
hörigen  Noniushandschrift  L  findet  sich,  worauf  L.  Havet  in 
Wölfflin's  Archiv  I  44(3  aufmerksam  macht,  in  neun  Fällen, 
wo  das  Wort  auf  zwei  Zeilen  verteilt  ist,  die  Trennung  ne 
utr-  {ne  utro,  ne  utrum,  ne  utri).  Vgl.  auch  Schmitz  in  dem- 
selben Band  des  Archivs  S.  286f.  Zuerst  ist  Zweisilbigkeit  zu 
konstatieren  Ciris  68  sive  est  neutra  parens.  Hier  will  Birt 
Ehein.  Mus.  XXXIV  4  niitra  lesen  (vgl.  Plioelms  aif:  puer  est. 
Mars:  femina.  Inno:  neutrum  in  der  Antholog.  Lat.,  Niese 
n.  786).  Aber  trotz  der  Consentiusstelle  liegt  neutra  näher  ^), 
wie  denn  später  bei  Claudian  im  24.  Epigr.  V.  16  neuter  enim 
quaestor  die  Aussprache  neuter  die  einzig  denkbare  ist  (hier- 
nach ist  auch  neutrl  in  dem  Hexameterschluss  de  IV  cons. 
Honor.  81  evadere  neutri  zu  lesen).  Der  Übergang  von  drei- 
silbigem neiiter  neutrum  zu  zweisilbigem  neuter  neutrum  war 
ungemein  leicht,  zumal  da  die  Sprache,  als  er  eintrat,  in  den 
genannten  eu  heu  Jieus  und  seu  neu  ceu  bereits  den  Diphthong 
eu  hatte,  neuter  stellte  sich  zuerst  in  der  rascheren  und  lässi- 
geren Rede  ein,  und  es  ist  gar  nicht  zu  verwundern,  wenn 
dreisilbiges  neiiter  noch  weiterhin  daneben  bestehen  blieb  und 


1)  Das  Epylliou  Ciris  scheint  bald  nach  Vei-gils  Tod  gedichtet 
zu  sein  (Ribbeck  Gesch.  der  Rom.  Dicht.  II  355).  Man  nniss  daher 
mit  der  Mög-lichkeit  rechnen,  dass  auch  in  Stellen  wie  Hör.  Sat.  II 
2,  G6  in  neiUram  partem  cultus  miser,  Ov.  Met.  IV  379  neufrumque 
et  utrumque  videnfur,  wo  neu-  die  daktylische  Thesis  einnimmt,  ein- 
silbig 7ien-  gesprochen  worden  ist.  —  Wagener  (Neue-Wagener  II 3 
345)  lässt  es  unentschieden,  ob  in  der  Cirisstelle  neutra  mit  eu  als 
Diphthong  oder,  im  Anschluss  an  Birt,  mit  u  zu  sprechen  sei. 


86  Karl  Brugraann, 

den  Grammatikern  als  die  normale  und  korrekte  Aussprache 
galt.  Es  verg-leicht  sich  diese  Doppelhcit  damit,  dass  bei  den 
Griechen  i  +  Vokal  l»ald  so  gesprochen  wurde,  dass  i  eine 
Silbe  ausmachte  (die  Aussprache  der  getrageneren  und  lang- 
sameren Rede),  bald  so,  dass  es  zum  blossen  Gleitlaut  reduziert 
war  (die  des  schnelleren  Sprechtempos),  eine  Zwiefältigkeit, 
die  von  Homer  an  durch  eine  ganze  Reihe  von  Jahrhunderten 
zu  verfolgen  ist  (vgl.  Ber.  der  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  1895- 
S.  47  ff.). 

Nun  fragt  sich,  ob  neuter  die  Partikel  ne  enthält,  wie 
die  allgemeine  Annahme  ist.  Man  erklärt  den  Gegensatz  von 
neuter  und  nunquam  nusquam  niillus  daraus,  dass  jenes  den 
Wortton  auf  ne-,  diese  auf  der  nächstfolgenden  Silbe  gehabt 
hätten.  S.  Skutsch's  Bemerkung  zu  Stolz  Iw.  Müller's  Handb. 
II 2  276  in  Vollmöllers  und  Ottos  Kritischem  Jahresber.  über 
die  Fortschritte  der  roman.  Philol.  I  26,  Zubaty  Zur  Etymo- 
logie einiger  lat.  Wörter,  Separ.  aus  den  Sitzungsber.  der  kgL 
böhm.  Ges.  d.  AViss.  1892,  S.  5,  Lindsay  The  Latin  Language 
p.  39.  143.  245.  Etwas  Entscheidendes  gegen  diese  Auffassung- 
habe  ich  nicht  vorzul)ringcn.  Zur  Zeit  der  urlateinischen  Be- 
tonung muss  *ne  unquam  ^'ne  usquam  gesprochen  worden  sein, 
da  die  Indefinitpronomina  enklitisch  w^aren.  Gab  es  nun  da- 
mals auch  schon  ^ne  uter,  so  müsste  angenommen  werden,  dass 
sich  der  Gegensatz  n'unquam  und  neuter  neütrum  erst  in  der 
Periode  der  Herrschaft  der  Paenultima  bildete. 

Diese  Auffassung  von  neuter  ist  aber  keineswegs  sicher. 
Es  ist  gerade  so  gut  möglich,  ja  mit  Rücksicht  auf  neutiquam 
sogar  wahrscheinlicher,  dass  neuter  die  Form  ne  oder  die 
Form  nel  ni  als  erstes  Glied  enthielt. 

Enthielt  es  ne,  so  gleicht  es  dem  neutiquam  {neutique^ 
aus  *ne-uti-  völlig,  '^neuter  wurde  zu  neuter  wie  '^pleö  zu 
pleö,  *?ieö  zu  neö. 

Etwas  ausführlicher  nniss  ich  bezüglich  der  Annahme 
einer  Zusammensetzung  mit  nei  ni  sein,  der  Form  der  Nega- 
tion, die  sich  mit  osk.  nei  {nei-p  nei-p\  umbr.  nei  (in  neil*- 
habas  "ne  adliibeant'  nei-p)  und  lit.  nel  deckt,  ferner  auch 
mit  lit.  ne-fl^as]  und  av.  nae-fcisj,  falls  diese  nicht,  was  laut- 
gesetzlich UKiglich  wäre,  die  AblautNariante  *«(>/  re])räseiitieren. 

Es  giebt  freilich  im  E:\tciiiisclien  kein  anderes  Prono- 
minal- oder  Nominalkomposituiii    mit  nei  n'f   als  erstem  Glied, 


Die  lat.  Partikel  nc  ('nicht')  usw.  87 

das  man  einem  '^nei-uter  au  die  Seite  stellen  könnte.  Denn 
dass  nl-mlriun,  wenn  es  auch  nei  enthält,  kein  solches  ist, 
zeigt  mein  Bnidev  in  der  S.  83  Fnssn.  1  genannten  Abhandlung 
S.  19.  33.  nei  ist  in  der  geschiehtliehen  Zeit  der  lat.  8])raehe 
nur  noch  in  hypothetischen  und  finalen  Sätzen  sicher  nach- 
weisbar Doch  lässt  der  Gebrauch  dieser  Form  der  Partikel 
in  den  italischen  Schwesterdialekten  und  im  Litauischen  (nei 
jöl:s,  nei  venas  'nullus')  die  Annahme  als  wenig  kühn  er- 
scheinen, dass  nei  sich  im  Lateinischen  auch  mit  pronominalen 
Wörtern  im  Sinne  von^non'  oder  'ne  quidem'  verbunden  hatte. 

Auch  die  Lautgesetze  stehen  dem  Ansatz  eines  *nei-uter 
nicht  im  Wege, 

Von  Planta  a.  0.  I  145  stellt  osk.  cevs  =  lat.  celvis 
clvis  mit  lat.  seu  ceii  zusammen  und  vermutet  als  osk.  und  lat. 
Eegel:  " eiu  vor  Kons,  und  im  Auslaut  wird  eu  {eu?Y\  Ob 
diese  Regel  für  das  Oskische  Stich  hält,  lasse  ich  dahinge- 
stellt (vgl.  Bronisch  Die  osk.  i-  und  e-Vokale  31.  162,  Bück 
Der  Vok.  der  osk.  Spr.  156).  Für  das  Latein  ist  sie  richtig. 
seu  ist  nicht,  wie  Stolz  Histor.  Gramm.  I  1.55  will,  aus  "^se-ue 
hervorgegangen  (ein  ''■'■se  neben  sei  st  ist  auf  italischem  Boden 
nicht  nachgewiesen),  sondern  aus  dem  volleren  sei-ve  (si-ve), 
indem  in  diesem  zur  Zeit  der  Synkopierung  des  -e  (Skutsch 
Forsch.  I  53)  in  der  ersten  Silbe  langes  geschlossenes  e  (die 
Vorstufe  des  i  der  klassischen  Zeit)  gesprochen  wurde  ^).  Was 
weiter  das  von  v.  Planta  herangezogene  ceu  betrifft,  so  war 
sein  -u  aus  einem  -iie  entstanden,  das  mit  dem  Schlusstheil 
von  ai.  i-va  'wie,  gleichsam'  zu  identifizieren  ist  (L.  Havet 
Melangcs  Renier  1886  S.  37Uf.).  Sein  erster  Teil  ist  zum  Pro- 
noniinalstannn  *Äo-  (Grundr.  II  769)  zu  ziehen.  '■^he-ije  (vgl. 
ce-do  hun-ce,  osk.  ce-bnusf)  darf  man  schwerlich  als  Grundform 
ansetzen;  denn  die  Verschmelzung  der  beiden  Glieder  zur  Wort- 
einheit muss  sehr  alt  gewesen  sein,  und  da  wäre  wohl  nach 
bekanntem  Lautgesetz  '^'cove  entstanden.  Dagegen  können 
gleich  gut  '''ce-ue  und  '^cei-tce  als  Grundformen  gelten-).   Ausser- 

1)  Wegen  si-ve  si-quis  si-cuhi  \\.  (1<;'1.  ist  niclit  g-erade  wahr- 
scheinlich, dass  st,  wie  Solmsen  IF.  IV241  wegen  osk.  svai  g-laiibt, 
uritalisches  *sai  gewesen  sei,  das  unbetont  zu  si  Avurde.  sl  und 
svai  verhalten  sich  zu  einander  wie  g-riech.  ei  und  ai. 

2)  Beiläufig-  bemerkt,  auch  ceterl  gehört,  wie  ich  ghuibe,  hier- 
her,   indem  es  entweder  aus  ■"'ce-eteroi  oder  aus  *ceietero!  entstan- 


88  K  a  r  1  B  r  u  g'  in  a  n  n, 

dem  kommt  hier  neu  in  Betracht.  Es  wird  ixewölmlich  aus 
ne-ve  lierg-eleitet.  z.  11  von  Skutseh  Forsch.  I  53  und  von 
Liudsay  The  Lat.  Langu.  614.  Nur  von  Birt  Rhein.  Mus. 
XXXIV  10  finde  ich  neu  auf  neive,  wie  seii  auf  fieive,  zurück- 
g:eführt.  Wie  ne  und  nei  nt,  so  gehen  im  Altlateinischen  ne-ve 
und  nei-ve  ni-ve  nebeneinander  her,  s.  Ritschi  Opusc.  II  622  ff., 
Georg-es  Lex.  der  lat.  Wortf.  458.  Erst  um  das  Jahr  700  d. 
8t.,  als  nei  seine  Funktion  als  \x.r\  einbüsste  und  sich  ne  in 
der  Bedeutung  der  Abwehrung-  fortsetzte,  wui-de  in  den  pro- 
hibitiven  Sätzen  auch  ne-ve  die  Xormalform.  Nun  tallt  der 
Prozess  der  Syukopierung  des  -e,  dui'ch  den  die  Form  neu 
entsprang-,  vor  diesen  Zeitpunkt.  So  kann  man  denn  neu 
ebenso  g-ut  auf  ^'nei-iie  als  auf  ne-ue  zurückführen.  Vermut- 
lich sind  diese  beiden  Formen  in  ihm  zusammengefallen. 

Mit  seu  stellt  Lindsay  a.  0.  244  deus  zusammen.  Über 
dieses  Wort,  das  aus  urital.  '■'dehio-s  =  ai.  devd-s  hergeleitet 
wird,  ist  in  den  letzten  Jahren  ausführlicher  von  Thurneyseu 
KZ.  XX VIII  155 f.,  V.  Planta  a.  0.  I  202 If.  und  Solmsen  Stud. 
zur  lat.  Lautgesch.  68  tf.  gehandelt  worden.  Ich  schliesse  mich 
unbedenklich  der  Ansicht  an,  nach  der  deus  mit  deivos  dlvos 
aus  urital.  '■rleiuos  in  der  Weise  hervorgegangen  ist,  dass  in 
dem  Paradigma  durch  Lautprozesse  eine  doppelte  Art  von  For- 
men entstand,  jede  der  beiden  Formenreihen  sich  dann  durch 
Neubildung  zu  einem  vollen  Paradigma  ergänzte  und  die  so 
entsprungene  Doppelgestalt  des  Wortes  benutzt  wurde,  um 
substantivische  und  adjektivische  Funktion  zu  scheiden.  Aus 
^deiuo-s  ^deiuo-m  wurde  '''deion  ''-'deiom  ^).     '■'dcio-  aber  ging. 


den  war.  Der  zweite  Bestandteil  war  das  umbr.  efro-  'alter',  wo- 
mit Corssen  KZ.  III  272  ff.,  Vok.  II-  537  ansprecliend  Etrüria  ver- 
I)indet,  das  so  viel  als  'Fremdland.  Elsass'  bedeutet  hätte.  Das 
Präfix  in  ceteri  hatte  die  Kraft  des  bestimmten  Artikels,  'die  an- 
dern', und  die  Stellung-  des  deiktischen  '*ce  {*cei)  vor  dem  Prono- 
men verg'Ieicht  sich  mit  dem  roman.  ecce  ille  =  altfranz.  eil  prov. 
cel  geg-enüber  lat.  illl-c(e)  ülü-c(e).  Weniger  angemessen  ist  Jo- 
hanssons Auffassung  BB.  XV  313,  nach  der  das  Wort  als  cii-teH 
unmittelbar  von  *ce-  durch  Anfügung  des  KoniparativsufHxes  g-e- 
l)ildet  worden  wäre.  Birts  Herleitung  aus  ^cei-ten  (Rhein.  Mus. 
XXXIV  12)  unterscheidet  sich  von  der  Johanssonsclien  nur  dadurcli, 
dass  sie  von  der  'Lokativform'  der  Partikel  ausgeht.  Sie  ist  aber 
falsch,  weil  aus  der  augesetzten  Urform  *clterl  hervorg-eg-angen  wäre. 
1)  Ich  kann  Meyer-Lübke  nicht  beistimmen,  der  in  der  Zeit- 
schrift f.  d.  österr.  Gvmn.  1H95  S.  41  annimmt,    dass  nur  in  dreisil- 


Die  Int.  Partikel  ne  ('nicht')  usw.  89 

wie  ich  mit  Tlmnieyseu  g-laiibe  annehmen  zu  müssen,  weiter 
in  *f?eo-  mit  g-eschlossenem  e  über,  indem  der  folgende  o-Vokal 
die  Verwaudhmg-  von  et  in  i  in  derselben  Weise  verhinderte, 
wie  in  den  obigen  Fällen  das  tautosyllal)ische  u.  '-'deo-  wurde 
schliesslicli  zu  deo-  den-. 

Endlich  ist  noch  -euni  -eci  =  -eiov  -eia  in  frühzeitig  aus 
dem  Griechischen  überkommenen  W()rteru,  z.  B.  halineum  hal- 
neum  =  ßaXaveiov,  platea  =  irXaTeia  (Saalfeld  Die  Lautge- 
setze der  griech.  Lehnwörter  im  Lat.  98  f.),  zu  vergleichen. 
Auch  hier  wurde  geschlossenes  e  vor  folgendem  Vokal  ver- 
kürzt. 

So  kann  also  neuter  sowohl  aus  '"^ne-iiter  als  auch  aus 
^nei-uter  erklärt  werden. 

An  sich  könnte  hiernach  auch  das  oben  auf  '■'ne-ufiquam 
zurückgeführte  neufiqnam  ein  älteres  '-'nei-utiquam  gewesen 
sein.  Wenn  ich  mich  bei  diesem  Worte  für  ne-  entscheide, 
so  bestimmt  mich  die  Rücksicht  auf  die  form-  und  bedeutungs- 
verwandten ne-qnäquam  ne-qiüqiiam,  für  die  Xeljenformen  mit 
nei  nJ  nicht  nachzuweisen  sind. 

Leipzig.  Karl  Brugmann. 


Der  präteritale  Bilduugstypus  alid.  /»«j  aisL  lief  und 
alid.  Hof  ciisL  lüiop. 


Die  von  Jelliiiek  und  Sievers  aufgestellte  Ansicht,  dass 
das  urgerm.  geschlossene  e  (e)  in  ahd.  her  hiar,  zeri  ziari 
und  andern  Wörtern  aus  vorgerm.  ei  entstanden  sei  (PBrB. 
XV  297tt'.  XVI  246.  XVIII  409 ff.),  empfiehlt  sich  dadurch 
bestens,  dass  bei  den  etymologisch  klaren  Formen  Nebenformen 
mit  i -Vokalismus  teils  im  Germanischen  selbst,  teils  in  den 
verwandten  Sprachen  auftreten.  Dabei  ist  auf  das  Vorkommen 
von  verwandten  Wörtern  mit  idg.  7  oder  di,  den  schwächeren 


bigen  Wörtern  -7jo-  zu  -o-    gewonlen    sei,    was  zur  Leuguning    der 
Entstehung-  von  deus  aus  *deüjoii  führt. 


90  Karl  B rüg- mann, 

Stufen  zu  ei,  Gewicht  zu  leg-eii,  z.  1>.  zeri  :  ags.  tir  aisl.  tirr 
'Ruhm,  Ehre'  ai.  su-dtfi-s  'schönen  Ghinz  habend'  ax.döidra- 
'Auge'  daema  'Gesicht',  also  idg-.  dei-  :  di-  :  dai-.^)  Vg-1.  die 
Beispielsammlung-en  bei  Schrader  BB.  XV  131  ff.  und  ])ci  Noreen 
Abriss  der  urg-erm.  Lautl.  30  if.  (auch  Kögel  W.  III  285  f.). 
Auch  macht  das  Laut  gesetzliche  keinerlei  Schwierigkeit.  Im 
Germ,  galt  zAvar,  gleichwie  in  anderen  idg.  Sprachen,  das  Ge- 
setz, dass  langer  Vokal  vor  ?',  u,  Nas.,  Liqu.  +  Konson.  ver- 
kürzt wurde  (Noreen  a.  a.  0.  27  f.).  Es  ist  aber  leicht  begreif- 
lieh, wenn  antekonsonantisches  ei  eine  Ausnahme  machte : 
dieser  Diphthong  konnte  vor  der  Wirksamkeit  des  Kürzung's- 
gesetzes  eine  qualitative  Ausgleichung  seiner  Komponenten 
erfjihren,  die  zu  e  führte.  Genau  dasselbe  haben  wir  im  atti- 
schen Dialekt  des  Griechischen,  wo  r|i  (aus  urgriech.  el  imd 
äi  sowie  späterhin  durch  Kontraktion  aus  e  oder  ä  -\-  i  ent- 
standen) im  5.  Jahrh.  v.  Chr.  zu  e  wurde,  z.  B.  Dat.  ^^.  Fem. 
mile  aus  auif],  während  uüi  und  ai  diphthongisch  blieben  (Verf. 
Gr.  Gr.-'  S.  36)2). 


1)  Stufe  dei-  auch  in  av.  däis  'du  sahst'  (s-Aore'st). 

2)  Wenn  idg.  antekonsonantisches  ei  zu  e  wurde,  so  wäre 
möglich,  dass  idg.  ö«  in  gleicher  Stellung  zu  ö  geworden  sei,  zu 
einem  ö-Laut,  der  g-eschlossener  war  als  idg*.  ö  in  sonstiger  Stellung", 
geschlossener  natürlich  auch  als  das  aus  idg-.  ä  entstandene  urgerm. 
ö.  Da  der  Wandel  sich  in  einer  Zeit  vollzogen  hätte,  wo  idg.  ö 
und  ä  noch  geschieden  waren,  so  wäre  aisl.  naust  nicht  im  Wege, 
da  diesem  ein  idg.  *nän-  zu  Grunde  liegt.  Nun  ist  ja  antekonso- 
nantisches öu  bereits  im  Uridg.  zu  ö  geAvordeu,  aber  entweder 
nicht  durchgehends,  indem  unter  besonderen  Bedingungen  «  er- 
lialten  blieb,  oder  es  wurde  der  Diphthong  sclion  damals  durch 
Neubildung  hie  und  da  wiederhergestellt,  wie  er  aiich  einzelsprach- 
lich durch  Neubildung  neben  dem  aus  ön  entstandenen  d  wieder  auf- 
kam. Ich  möchte  fragen,  ob  ein  aus  solchem  ön.  hervorgegangenes 
urgerm.  ö  nicht  hinter  einigen  von  den  noeii  rätselhaften  ü  der 
german.  Sprachen  steckt.  Ich  denke  zunächst  an  got.  ahtuda  'oc- 
tavus',  das,  ahfüda  g'elesen,  ein  *oktöu-to-  fortsetzte;  es  wäre  eine 
/o-Bildxmg  auf  Grund  des  unflektierbar  gewordenen  Cardinale  (got. 
ahtau)]  ahd,  ahtodo  bekam  o  durch  Anlehnung  an  cdifo  {ahtodo  : 
ahto  =  sihunto  :  sibim).  Dass  sich  in  ohtuda  ein  idg.  *oktii-  erhal- 
ten habe,  ist  darum  unwahrscheinlich,  weil  die  Bildung  unseres  Or- 
dinale mit  Suffix  -to-  nach  Ausweis  der  andern  idg.  Sprachen  nichts 
urindogern)anisches  sein  kann.  Ferner  Messe  sich  aisl.  kyr  als  Fort- 
setzung von  *k(U)ö?js  =  ai.  f/ätiit  griech.  ßoOc  ansehen  (vgl.  hierzu 
Streitberg  Zur  gerni.  Sprachgesch.  (JO  ff.,  Kock  IF.  II  332  tf.,  Bremer 


Der  präteritalc  Bildungstypiis  ahd.  hia,^  aisl.  het  usw.  91 

Im  Anscliliiss  hieran  versuche  ich  eine  Erklärung-  der  in 
der  Überschrift  genannten  Präteritalbildung-en.  Vor  den  bis- 
herig-en  Deutungen  hat  sie  jedenfalls  den  Vorzug,  dass  sie  das 
e  von  /i/rtj  het  sowie  das  von  ßang  feM^,  hlias  hles  von  dem 
der  "Wörter  lüar  her  usw.  nicht  trennt  und  dabei  /Aigleich 
Ma;^  het  und  liof  hllöp  als  ganz  gleichartige  Bildungen  er- 
scheinen lässt.  Der  Kürze  wegen  übergehe  ich  diese  älteren 
Erklärungsversuche,  indem  ich  es  dem  Leser  überlasse,  zu  ent- 
scheiden, ob  meine  Hypothese  auch  im  Übrigen  den  Vergleich 
mit  jenen  aushält. 

Das  idg.  Perfekt  zeigt  von  Anfang  an  redui)lizierte  und 
unreduplizierte  Formen  nebeneinander,  und  zwar  war  der 
eine  oder  der  andere  Bildungstypus  bei  einem  Verbum  nicht 
durch  seine  Zugehörigkeit  zu  dieser  oder  jener  Ablautreihe 
bedingt.  Auch  Wurzeln  desselben  Ablauts,  ja  dieselben  "Wur- 
zeln bildeten  das  Perfekt  mit  und  ohne  Reduplikation.  S.  Verf. 
Grundr.  11  S.  1208ft'.  Auch  das  ürgermanische  hatte  also 
beide  Perfekttypen,  und  die  germanischen  Spraclien,  im  Ver- 
balsystem mehr  als  die  Schwestersprachen  regelnd  und  uni- 
formierend, lial»en  sich  bei  der  Verteilung  der  zwei  I'orma- 
tionen  vorwiegend  von  den  Verhältnissen  des  Ablauts  leiten 
lassen.  Am  klarsten  tritt  dies  im  Gotischen  hervor,  wo  das 
reduplizierte  Perfekt  nur  in  Verbalklassen,  die  bestimmten  Vo- 
kalreihen angehören,  erhalten  ist. 

Trotz  got.  hai-hait  fai-fäh  hai-hald  ral-röp  Vial-hlauj) 
(vgl.  al-aiil-)  steht  also  prinzii)iell  nichts  im  "Wege  anzunehmen, 
dass  ahd.  Ämj  ficmg  hialt  riat  liof  und  die  korrespondierenden 
Formen  der  andern  westgerm.  Dialekte  und  des  Nordischen 
von  Haus  aus  ohne  Reduplikation  waren,  und  dass  sie  in  der 
"Wurzelsilbe  gegenüber  dem  Präsens  etwa  in  derselben  Weise 
durch  Verschiedenheit  der  Ablautstufe  charakterisiert  waren 
wie  got.  sköf  sl'öJudu,  neben  skaba  (vgl.  lat.  scdhl  :  scähö), 
oder  wie  air.  ro  täich,  ro  rclith,  neben  techim  'fliehe',  rethhn 
''laufe'.  Und  thatsächlich  treten  ja  im  "Westgermanischen  bei 
jenen  Verben  zwei  Perfekttypen  nebeneinander  auf,  von  denen 
der  eine  Reduplikation  aufweist,  Avährend  man  den  andern  bei 
unbefangener  Betrachtung  als  reduplikationslos  bezeichnen  mnss, 


bei  Solmsen  Stud.  zur  lat.  Lautgescli.  15(3  f.);  Icyr  entspräche  ebenso 
genau  dem  griech.  ßoOc,  wie  syr  dem  griech.  öc. 


t)2  Karl  Bruymaun, 

ich  meine  die  Fälle  wie  ags.  heht  neben  het  'biess%  leolc 
neben  Jec  'sprang-'.  Dass  lief  und  Jec  ebenfiilJs  einmal  Re- 
duplikation hatten,  hat  man  lediglieh  dem  Gotischen  znlieb 
angenommen. 

Beide  Typen  werden  demnach  im  ürgerm.  voihanden 
gewesen  sein,  wenn  auch  niclit  beide  bei  jedem  "\'erbiim,  und 
es  wird  sich  im  Gotischen  der  reduplizierte  auf  Kosten  des 
unreduplizierten,  im  Westgermanischen  und  Nordischen  der 
unreduplizierte  auf  Kosten  des  reduplizierten  ausgedehnt  haben. 

2. 

hei^u  :  Ma^  war  vorgerm.  ''^li^idö  {^'kaidö)  :  ^keida,  ent- 
sprechend den  lat.  faciö  :  fecl  (eGi"|Ka),  pcingö  :  pegJ.,  capiö  : 
cepi,  dem  osk.  hafiest  'habebit'  :  Jiqjid  (aus  '^heped)  "habuerif. 

Von  den  germ.  «i-Verben  mit  e|-Präterita :  ahd.  hei^an 
Rg^.hdtan  ais\.heita  'heissen',  ags.Jdcaii  aisl.  Ze/Ä'«  'springen, 
spielen',  ahd.  sceidan  ags.  scddan  'scheiden',  ahd.  sicelfan 
'winden',  mei^an  'schneiden',  zeisan  'pflücken'  sind  zwei  ety- 
mologisch aufgeklärt,  und  bei  beiden  ist  die  ei  -  Stufe  auch 
ausserhalb  unserer  german.  Perfektformen  zu  belegen. 

Das  aus  ahd.  sceidu  Part,  lii-sceifan  usw.  zu  entnehmende 
urgerm.  '■'slriipö  ist  mit  ai.  chid-  gr.  crxib-  lat.  seid-  lit.  sMd- 
zu  verbiiulen  und  enthält  ein  Präsenssuffix  oder,  was  auf  das- 
selbe hinauskommt,  ein 'Wurzeldeterminativ'  f,  gleichwie  ahd. 
flih-fii  got.  fal-pa  u.  a.  (s.  Grundr.  II  S.  1038  tf."  1042  f.),  wäh- 
rend die  Formen  mit  d  der  andern  Sprachen  mit  ai.  Txür-da-ti 
'springt,  hüpft'  got.  giu-ta  'giesse'  ahd.  ^m-jw 'fliesse'  u.dgl. 
(s.  a.  a.  0.  1045 ff.  1052)  auf  gleicher  Linie  stehen;  zu  ''•'sl'M-d- 
stellt  man  vermutlich  richtig  ahd.  sct^:^an  ags.  scitan  'scheissen', 
eigentl. 'ausscheiden'.  Die  unerweiterte  Wurzel  liegt  in  lat. 
de-sciscö  'reisse  mich  los  von  etwas',  sciö  sci-tti-s  sci-scö,  ahd. 
sl'eri  'sagax,  acer  ad  investigandum',  got.  sl'eir-s  ahd.  sclr 
aisl.  .s'Ä//v  'rein,  klar,  lauter,  hell'  vor;  wegen  der  Bedeutung 
vergleiche  man  unterscheiden,  ent-scheiden,  gescheit,  lit.  .s7.v//- 
drüs  'hell,  klar',  Ictt.  sl'aidrs  'hell,  klar,  deutlich,  durchsich- 
tig, lauter,  rein,  redlich'.  Vgl.  Ostholf  MF.IV  ;5241iV,  P.  Pers- 
son  Stud.  zur  Lehre  von  der  Wur/.eK-rw.  4o.  Vier  Ablaut- 
stufen lassen  sich  l)ei  dieser  Wurzel  unterscheiden:  1)  slhei-: 
ahd.  .sAv^r/,  sciad,  <ü.  achaitsd.  '2 1  sl-hf)i- :  ahd.  sceid(i}i,  ai.  Fut. 
chetsijatl    Aor.  dchedi,   lit.  skdidriis,    3)  sJiJi/-  :  lat.  scttus,   got. 


Der  präteritale  Bilchingstypus  ahd.  hia,^  aisl.  liet  usw.         93 

sl-eirs,  ahd.  seit  'abgespaltenes  Holzstück,  Scheit'  (weg-eii  der 
Bedeutung-  vgl.  lit.  sl-edrä  'Span'),  \it.  sl-ysti  'dünn  werden' 
sl'i/stas  'dünnflüssig',  wohl  auch  ahd. -s-tvjrrn  (das  in  die  Reihe 
der  Verba  mit  i  =  ei  im  Präsens  übertrat),  4)  skM-  :  ahd. 
scesso  'rupes'^),  ai.  Aor.  chitsi,  gr.  oxilw,  lat.  scindö  scissus, 
lett.  .sc/iA;'ic?/>' "  dünnflüssig'.  Zu  1)  .s'/i/iei- sind  auch  \\{.  sl^edziu 
skesiii  slcesü  'scheiden',  s'kemenys,  jünger  sl'edineni/s,  Plur., 
eigentlich  'Scheidung',  'der  beim  Weben  durch  Trennung  der 
oberen  und  unteren  Fäden  mittels  der  Hevelten  entstehende 
Raum,  durch  welchen  das  Schiffchen  geworfen  wird',  lett. 
schk'imeni  PI.  'die  über  den  Weberhefteln  sich  kreuzenden 
Fäden'  zu  ziehen,  da  nach  den  Untersuchungen  von  Fortu- 
uatov,  Bezzenberger,  Streitberg  und  de  Saussure  Entstehung 
der  lit.  gestosseu  betonten  Diphthonge  aus  idg.  Langdijjhthon- 
geu  sehr  wahrscheinlich  ist^). 

Ahd.  meinem  'schneiden'  ist  samt  got.  aiza-smlpa  " Erz- 
arbeiter' ahd.  smeidar  'Künstler'  mhd.  ge-smüle  'Metallgerät, 
metallne  Waffen,  Schmuck'  ge-smulec  'leicht  zu  bearbeiten, 
gestaltbar'  von  einer  W.  (s)mei-  {(s)mdi-  (sjml-  (s)mi-)  herzu- 
leiten, von  der  auch  gr.  a)ut-\Ti  'Schnitzmesser,  Bildhauerwerk- 
zeug' (7fii-vuTi  'Hacke,  Karst',  lat.  mt-ca  ausgegangen  sind. 
Die  durch  ahd.  mia^  vertretene  Stufe  (s)mei-  begegnet  auch  in 
gr.  cr^i^  'reibt  ab,  putzt'  (P.  Persson  a.  0.  119).  Auf  sie  ist 
nach  Xoreen  (AbrissSl)  ferner  got.  mes  ahd.  meas  ;n/rt.s' 'Tisch' 
zu  beziehen,  das  dieser  mit  ahd.  meissa  vieisa  aisl.  meiss  'höl- 
zernes Gestell  zum  Tragen  auf  dem  Rücken'  norw.  dial.  meit 
'Traggerät'  zu  mel^an  zieht:  eine  jedenfalls  beachtenswerte 
Vermutung,  da  der  Annahme,  mes,  meas  sei  aus  lat.  mensa 
entlehnt  (Kluge  Paul's  Grundr.  I  310),  ernstliche  13edenken 
entgegenstehen. 


1)  Ahd.  scidün  'scheiden',  skidunc/a  'Scheidung'  sind  mög- 
licherweise erst  auf  germanischem  Boden  zu  dieser  Ablautstute  ge- 
kommen. 

2)  Zu  den  Ablautstufen  skhei-,  skh,^/-,  .skhl-  vergleiche  man : 
1)  dhei-  ('saugen,  säugen,  ernähren')  :  ai.  dliäyas-  'Saugen,  Ernäh- 
rung', ahd.  täen  'säugen',  lett.  deju  'sauge',  2)  dhdi-  :  ai.  dhäyati 
'saugt',  arm.  dayeak  'Amme',  got.  daddja  'säuge',  aksl.  dojq  'säuge', 
ai.  dhenü-s  'milchend',  arm.  dail  (dal)  'Biestmilch',  alb.  del'e  'Schaf, 
lit.  dena  'trächtig',  lett.  atdinlte  'eine  Kuhstärke,  die  im  zweiten 
Jahre  kalbt',  3)  dhl-  :  ai.  Part,  dhltä-s,  lat.  fdiu-s  fllia,  lett.  dlle 
'sauo-endes  Kalb'. 


94  Karl  Briig-mann, 

Ich  glaube  imu  noch  für  ein  drittes  Verbuni  unserer  oi- 
Klasse  eine  annehmbare  Anknüpfung  an  Aussergermanisches 
bieten  zu  können,  haitan  bedeutet  im  Gotischen,  AVestger- 
manischen  und  Nordischen  nicht  bloss  'mit  Namen  rufen,  nennen', 
sondern  auch  "iubere,  KeXevjeiv',  z.B.  got.  Luk.  XVIII,  40  hai- 
hait  ina  üuhan  du  sis,  eKeXeuaev  auiov  äxOrivai  Trpoc  auTov. 
Die  letztere  Bedeutung-  kann  die  ursprünglichere  sein,  wie  das 
zu  peUere  gehr>rige  lat.  appeUare  und  das  zu  KeXXuu  geh(>rige 
gr.  KeXo)Liai  ^)  zeigen.  Vergleicht  man  ausserdem  noch  das  Ver- 
hältnis von  \üi.  jiiheö  zu  \\t.  jüdimi  Mch  bewege,  muntre  auf 
judk  Mch  bewege  mich  zitternd',  so  liegt  es  sehr  nahe,  heissen 
mit  lat.  cieö  elvi  'erregen,  anregen,  aufregen,  herbeirufen,  auf- 
rufen, aufbieten,  ausrufen,  rufen,  nennen',  f/cc/ö  ffcc^re 'herbei- 
kommen lassen,  herbescheiden,  herbeirufen'  und  gr.  Ki-veu) 
"bewege'  Ki-vu)aai  'bewege  mich'  zu  verbinden-).  Auch  hier 
wieder  haben  wir  es  mit  dem  'Determinativ'  d  zu  tliun,  das 
im  (Griechischen  vielleicht  in  KivbaS  '])eweglieh'  övo-Kivbioc 
'Eselstreiber'  Kivbüvoc  'Gefahr'  wiederkehrt  (Prellwitz  Etym. 
Wtb.  148);  Kivb-  wäre  mit  axivb-  in  axivbaXjaöc  'al)gespaltenes 
JStück  Holz,  Schindel',  lat.  6r/??f?ö,  ai.  c/?/>?(7(/;/^/ 'scindunt'  ver- 
gleichbar. Die  Stufe  Tii-  haben  wir  in  lat.  c'itiis  cifdre,  Jä- 
in  gr.  Kiveuu  lat.  accHus  (ob  hierzu  das  von  Noreen  Altnord. 
Grannn.  1-  §  429  zitierte  hit,  das  Nebenform  von  Jiet  sein  soll?), 
]i9i-  in  got.  haitan,  TxH-  in  ahd.  hia^  aisl.  het. 

3. 

Ich  nehme  weiter  an,  dass  e  von  dem  Präteritum  der 
Verba  mit  ?' -Vokalismus  auf  das  Präteritum  derer  wie  ahd. 
falian  übertragen  worden  ist. 

Entsprechend  dem  lat.  pangö  :  pegl  hatte  das  ürgerma- 
nische  zu  '^fanxö  (got.  fäha  ahd.  fahu)  einen  Präteritalstamm 
*/(*j-  mit  der  Ablautstufe  idg.  pek-.  Nach  ''^skep-  neben  Präs. 
'■■'skaipö  wurde  */fPj-    in  */ej-  al)geändert.     Dann    erst  wurde 


1)  K^Xojaai  nicht  nur  'ich  treibe  an,  ermuntere,  fordere  auf, 
sondern  auch  'ich  rufe  an,  rufe  bei  Namen,  nenne'. 

2)  Ob  auch  ai.  hinuti  heranzuziehen  und  denigemäss  von  idg. 
klü-  auszugehen  ist  (vgl.  Bugge  BB.  XIV  74),  mag  unentschieden 
bleiben.  Was  jetzt  N.  Flensburg  Zur  Stannnabstufung  der  mit  Na- 
.salen  gebildeten  Priisentia,  Lund  1894,  S.  45  f.  bietet,  scheint  mir 
unhaltbar. 


Der  präteritale  Bildungstypus  ahd.  hia^  aisl.  het  usw.  95 

der  Präseiisiiasal  durch  das  g-aiize  Verbimi  diirclig-eführt :  ahd. 
fiang  fiangum,  gi-fangan.  Seine  Einführung  ins  Perfekt  ver- 
gleicht sich  damit,  dass  im  Ahd.  neben  -stuot  =  g-ot.  siol)  die 
Form  stuont  trat  nach  dem  Präsens  sfanfto  =  g-ot.  sfanda. 
Als  *fetdj-  entsprang,  wirkte  nicht  mehr  das  urgerm.  Vokal- 
kürzungsgesetz, das  in  got.  u-ind!^  ahd.  ivint  =  ai.  vdnt-,  got. 
minis   =   ai.  müsä-  u.  dgl.  zu  beobachten  ist. 

Wie  bei  dem  Präsens  '"'fahixo,  so  war  auch  bei  den  Prä- 
sentien  ahd. /«?/« 'falle',  «cfliZ?«  "walle,  sprudele',  halhi ' \\&\\.q\ 
spaltu  'spalte',  waltii  'walte'  und  umiztt  'walze,  drehe  mich' 
die  Doppelkonsonanz  hinter  dem  Wurzelvokal  ursprünglich  auf 
dieses  Tempus  beschränkt.  Denn  die  beiden  ersten  enthalten 
das  Präsenssuffix  -no-  {-II-  aus  -In-),  die  andern  die  Präsens- 
suffixe -to-  und  -do-.  S.  über  die  einzelnen  Formen  meinen 
Grundr.  II  8.  980.  983.  1039  f.  1042.  1046  f.  1052.  Es  ist 
darnach  wohl  denkbar,  dass  im  Urgermanischen  z.  B.  neben 
^falnö  ^fallö  ein  Prät.  '^fcela  (vgl.  etwa  got.  fraihna  :  ft'ah), 
neben  ^ualdö  ein  Prät.  ^'uceJa  (vgl.  etwa  lit.  verdu  'koche': 
Prät.  viriaü)  bestand.  Diese  bekamen  ebenfalls  zunächst  e 
statt  ce,  und  die  Ausgleichung  gegenüber  dem  Präsens  ist  die- 
selbe, die  späterhin  z.  B.  ags.  fripie  :  frcejn  fr'upion  frujnen 
zeigt.  Übrigens  wird  man  bei  der  Ansicht  stehen  bleiben 
müssen,  dass  die  ahd.  fud  ficdum,  wial  icialum  einmal  U  hatten, 
dass  die  Geminata  hinter  der  Vokallänge  also  erst  später  wieder 
vereinfacht  worden  ist  (in  gleicher  Weise  sjjiau  .^planum  zu- 
nächst aus  '^speiin  ^'spennum). 

Dem  lat.  capiö  :  cejn  entsprechend  hatte  man  urgerm. 
*flWö  'pflüge' :  *ferrt.  Aus  letzterem  *e>'rt.  Daher  ahd.  eriu: 
iar.     Im  Gotischen  ist  das  Perfekt  zu  arja  leider  unbelegt. 

Der  Ablaut  e  :  ^,  mit  dem  wir  es  hier  zu  thun  haben, 
ist  derselbe,  den  man  in  folgenden  Beispielen  ])eol)achtet. 
''■'qep-,  \a.t.cepl,  aisl.  7ia/"r 'Fischhamen':  '^q^p-,  \ä.t.  capiö,  got. 
hafja  'hebe',  lett.  kampju  'fasse,  greife'.  *qiiep-,  lit.  hvepti 
'hauchen' :  "^quap-,  \\\.'ki-apa-s  'Hauch,  Duft',  gr-Karrvö-c' Rauch', 
lat.  rapor.  '^led-,  gr.  Xribeiv  •  KOTriäv,  KeK|uriKevai  (Hesych.),  alb. 
l'od  'mache  müde'  l'ohem  'werde  müde',  got.  ?ef« 'lasse' :  */ac?-, 
iRt.  lassii-s,  got. /«f-6' 'lass,  lässig',  '-^pleth-,  lit. ^7t%/^■ 'ausbrei- 
ten' :  "^pldtJi-,  Wi.platü-s  'breit',  gr.  TrXdöavo-v  'Kuchenbrett',  ahd. 
flado  'Kuchen'  (gr.  TiXatu-c  kann  ebenso  gut  dem  \\\.platü-sy\''m  dem 
m..p2'thü-s  gleichgesetzt  Averden).     ^'sleg-,  gr.  XriT^Ju  'lasse  ab': 


9(3  K  a  r  1  B  r  u  y  111  a  11 11 , 

*8/^^-,  lat.  laxu-s,  ahi\.  sl ach  ah\.  .sJalr  'sclilaft',  wohl  auch 
gT.  XttYapö-c  'schlaff,  düuif.  '-"ureg-,  gr.  priTvü|LU  "zerbreche': 
"^urdg-,  gl'.  Aor.  paTnvai,  pa-fil  pa-fotc 'Riss',  ndl.  icraJc'V^^YRitk'. 
Hreh-,  osk.  triibüm  "aediticiimi'  :  ''^trdh-,  lat.  trahs.  '-'sieb-,  got. 
slepan  "schlafen'  :  ahd.  slaf  "schlaff',  lat.  lahäre.  '^bhles-: 
got.  hlesan  "blasen'  :  ahd.  ana-hlast  'Ansturm'  ag'S.  hlcest 
"Blasen'. 

Einige  Wurzeln  zeigen  in  nichrcrcn  Sprachen  in  der  Voll- 
stufe sowohl  a  als  e.  Es  liegt  der  Gedanke  nahe,  dass  die 
den  «-Wurzeln  und  den  e -Wurzeln  gemeinsame  a -Stufe  den 
Anlass  zum  Übertritt  aus  der  einen  Reihe  in  die  andere  gege- 
ben habe,  doch  kann  das  nicht  für  sicher  gelten.  So  haben 
wir  neben  der  durch  gr.  TTocYiivai  "fest  werden'  TrdYn  "Schlinge', 
\dii.  imclscor,  air.  aü  "angenehm'  {^'pagli-),  got.  fahan  "fahen, 
fangen'  fagr-s  'passend'  ags. /cßjr  'schön'  ahd. /«Ä  "Fach^ 
vertretenen  Stufe  pdlc-  pdg-  1)  die  Stufe  pcik-  pclg-,  dor.  irdY- 
vü|ui  'befestige',  lat.  coin-pclges  pclx,  2)  die  Stufe  p)^^-  P^§-j 
\'üii.  pegl,  got.  ga-fehaha  "passend'  ahl.  fwgelegr  "angenehm'; 
ahd.  hi-fuoga  'Ehestifterin'  as.  /o^m«  "fügen'  kann  ebenso  gut 
pah-  als  auch  ein  näher  zu  pek-  gehöriges  "^'pök-  repräsentie- 
ren (vgl.  gr.  puuE  puüTjLiri  eppw^a  :  priYvO|ui ;  lit.  trobä "  Gebäude'  : 
osk.  trüb  um  u.  a.),  während  das  ä  von  '^i\.  pdsa-s  'Schlinge, 
Strick'  a,  e  und  ö  sein  kann.  Vgl.  noch  '^j^Uq-  ''■'plc>g-,  gr. 
-TtXaYnvai  'einen  Schlag  erhalten',  TrXdZiuu  "schlage,  verschlage' 
(aus  •■'TT\aTT-lu^)j  bi-TrXaE  "zweifach',  \sii.  plangö,  unibr.  tu-plak 
Neutr.  'duplex'  (lat.  -plex  also  aus  '''-plax),  Mi.plakü  'schlage, 
peitsche'  :  ''plaq-  '^pläg-,  dor. -rrXdacTuu  'schlage'  iiXäTd  "Schlag', 
lat  p)läga;  '^pUq-,  lit.  jiZeA-m  ^j/e^f/  'schlagen,  prügeln';  die 
zur  selben  Wurzel  gehörigen  got.  faiflokun  'eKÖTTTOVTo',  ahd. 
fltcoh  "Fluch',  \\t.p)löki-s  'Streich,  Hieb'  und  aksl  placq  j^if'- 
kati  'weinen,  klagen'  sind  wieder  zweideutig  («  oder  ö);  ferner 
lat.  Iclhi  gcgcnül)er  got.  sUpcui  (zweideutig  aksl.  slahh  'schlaff, 
schwach'). 

Diese  Thatsachen  rechtfertigen  es,  wenn  wir  ein  dem 
\at.  pegi  entsprechendes  Präteritum  für  das  Germanische  vor- 
aussetzen; die  e-Stufe  ist  bei  dieser  Wurzel  im  Germanischen 
durch  got.  ga-fchaha  aisl.  fcOgelegr  ja  unmittelbar  belegt.  Dass 
wir  im  l'räteritum  nur  'Y^^wj-,  kein  ^ftwx-  haben,  lässt  sich 
daraus  erklären  —  was  auch  an  sich  schon  wahrscheinlich 
ij;t  — ,  dass  pegl  und  sein  germanisches  Gegenstück  Ursprung- 


Der  präteritalc  BikUingstypus  ahd.  hla,^  aisl.  Mt  ixsw.         97 

lieh  keine  eigentlichen  Perfektformen  waren  (mit  den  Singu- 
larendiingen  -a  -tJia  -e),  sondern  Aoriste,  3.  Sg.  Ind.  etwa 
^peke-t.  Alter  Ablaut  <>  :  e  mag  auch  in  ahd.  spaunan:  spicm 
('spannen,  ausbreiten,  in  erwartungsvoller  Aufregung  sein')  vor- 
liegen, da  dieses  zur  Wurzel  .spe-  (lit.  spejii  lat.  sp>es-  spatiu-m) 
gehört.  Das  präsentische  Nasalsuftix  wäre  dann  auch  hier 
erst  später  auf  das  Perfekt  übertragen  worden. 

Ein  Theil  von  den  Verba  unserer  Klasse  kommt  von  Wur- 
zeln der  e  :  o-Reihe,  z.  W.  icalzan  'walzen,  sich  drehen'  von 
W.  ijel-.  Hier  kann  das  e-Präteritum  alt  sein  (vgl.  got.  fr-tt 
-et um  von  AY.  et^" essen',  setum  von  sec?- 'sitzen'),  ?^mZ2  kann 
auf  demselben  ißl-  beruhen,  das  in  lit.  veliau  Mch  verdrehte, 
verwirrte'  (Präs.  veliü)  und  lett.  icelu  "ich  wälzte'  (Präs.  icel'u) 
enthalten  ist.  Man  hat  dann  anzunehmen,  dass  das  Präteritum 
nur  in  Folge  davon  in  unsere  Bildungsweise  hineingezogen 
wurde,  dass  im  ürgermanischen  das  Präsens  a  {al  =  /)  be- 
kommen hatte. 

Got.  arjan  gehörte  von  Haus  aus  vermutlieh  der  «-Reihe 
an  (vgl.  lit.  ariu  'pflüge'  :  ore  'Pflügezeit').  Ahd.  iar  ist  dann 
ähnlich  zu  beurteilen  wie  lat.  egl,  das  nach  Ausweis  von  gr. 
rix«  fiYluai  (r)  aus  ä)  aisl.  ok  (zu  Präs.  ajeiv,  aka,  ai.  dja-ti) 
eine  lat.  Neubildung  war. 

4. 

Weiter  die  Verba  mit  e  im  Präsens.  Sie  zeigen  im  Go- 
tischen ö  im  Perfekt,  z.  B.  leta  'lasse'  :  lailöt.  Jedoch  zu 
sJepa  'schlafe'  stellt  sich  als  Perfekt  saizlep  (zweimal)  und 
mislep  (dreimal),  kein  '■'saizlöj)  oder  '^saislöjJ-  Das  erinnert 
an  gr.  p^YvOui,  wozu  Perf.  eppuufa  und  Part.  Perf.  Fem.  epprj- 
Yeia.  Im  reduplizierten  Perfekt  waren  also  vernnitlich  von  Haus 
aus  e  und  ö  in  irgend  welcher  Verteilung  vorhanden. 

Jedenfalls  ist  nun  auch  für  diese  Klasse  die  Annahme  zulässig, 
dass  es  neben  den  reduplizierten  Perfekta  einmal  unreduplizierte 
Präteritalformen  gab,  die  man  ins  alte  Perfektsystem  hinein- 
zog. Ahd.  liag  stellt  sich  zu  lit.  leidmi  Jeidüu  'lasse',  avozu 
auch  aisl.  lett  ahd.  fir-lei^  (''verliess')  mit  ^^  (vgl.  P.  Persson 
BB.  XIX  2^0").     Nach  Z?V/j  schuf  man  hlias  usw. 

5. 
Wenn  wir  Recht  hatten,  den  «/-Präsentien  Präterita  mit 
ei  zuzusprechen,    so   ist   es   konsequent,    für   die   «?^«-Präsentia 

Indogermanische  Forschungen  VI  1  u.  2.  7 


98  Karl  Briifinianii, 

Präterita  mit  eu  zu  jx^stulieren^  also  /.  li.  ahd.  Hof  aisl.  liUöi) 
'lief  auf  '^'hleupa  (^Meuba)  zurückzuführen. 

Dass  autekousonantisc'hes  eu  zu  eu  g-e worden  ii<t,  dafür 
haben  wir  im  Germanischen  noch  andre  Bek'ge.  Got.  stiur- 
jan  'feststellen'  ahd.  süuri  'stark'  stlura  'Pfahl'  aus  *.'?few-ro- 
ueben  aisl.  staurv  'Pfahl'  lat.  re-staurclre  g-r.  ciaupö-c  'Pfahl' 
aus  ^stdu-,  wonach  auch  gr.  cxeOrai  fcTeuTo)  'er  stellt  sich  zu 
etwas  an'  auf  *s#ew-frti  (wie  Zeuc  auf  '^'dieu-s)  zurückzuführen 
ist,  vg'l.  KeTxai  'liegt'  aus  *kei-fai-^  hierher  auch  got.  stiur  ahd. 
stior  ags.  steor  'Stier'  (eigentl.  'der  Starke')  =  ^steuro-.  Die 
zu  steu-  gehörige  Schwundstufenform  stü-  liegt  in  ai.  sthürd-s 
sthülä-s  'massiv,  stark'  griech.  ctöXo-c  'Säule'  u.  a.  vor,  wäh- 
rend lit.  störas  'dick,  umfangreich'  aksl.  stan  'alt'  idg.  ^stö(u)- 
-ro-  ist.  Weiter  aisl.  piörr  'Stier'  aus  ^feu-ro-  neben  griech. 
Tttöpo-c  lat.  tauru-s  osk.  Taupo)u  'taurum'  umbr.  forn  turuf 
'tauros'  aus  "^'tdu-ro-,  vgl.  ai.  täu-ti  'ist  stark'  (Gramm.)  und 
tümra-s,  Beiwort  des  Stiers,  'strotzend';  preuss.  tauris  'Wisund' 
und  aksl.  f^^>•5  'Auerochs'  können  gleich  gut  aus  '^t,m-  und  aus 
Heu-  hergeleitet  werden.  Sicher  ist  ferner  ahd.  ginmo  'Gaumen' 
:^  *gheumen-  neben  goumo  caunnni,  griech.  xauvo-c  'klaffend' 
mit  '^ghdu-,  während  ahd.  guomo  aisl.  gömr  und  lit.  gomurys 
'Gaumen'  die  Stufe  '^ghöu-  repräsentieren. 

Es  ist  hiernach  lautlich  unbedenklich,  in  den  Formen  wie 
liof  hliöp  den  vorgerm.  Diphthong  eu  zu  sehen. 

Sieben  germ.  Verba,  deren  Wurzel  konsonantisch  schliesst, 
haben  solches  Präteritum,  ausser  dem  genannten  ahd.  louf'an 
aisl.  lilaupa  noch  ahd.  stö^an  (got.  stautan)  'stossen',  scrötan 
'schneiden',  ags.  heatan  (aisl.  hmita)  'schlagen',  Cthneapan 
'abptlücken',  aisl.  auka  (got.  ouJcan)  'mehren ',  ausa  'schöpfen'. 
Davon  haben  vier  ausserhalb  Anknüpfung.  hJaupan  gehört 
zu  lit.  Mumpü  IxHipti  'stolpern'  Ihmpti-s  'niederknien';  die 
Stufe  Müp-  in  Idüpo-mis  Adv.  (Instr.  PI.)  'knieend'  Idüpoti 
'knieen',  lett.  Jdiiim  Adv.  'strauchelnd';  ob  mhd.  nhd.  geld/fen 
neben  gelaufen  von  vorgerm.  Zeit  her  die  Stufe  l-Iilj)-  II üb-  be- 
wahrt hat  oder  germ.  Neubildung  war,  ist  nicht  zu  entscheiden. 
Die  Grundbedeutung  mag  'die  Kniee  stark  biegen'  gewesen 
sein,  stautan  zu  ai.  fudä-tl  Aor.  atäuts/f  (unl)elegt),  lat.  tundö\ 
die  Stufe  (s)tfid-  in  lat.  con-tudl  Part,  tüsti-s,  im  Griech.  viel- 
leicht in  Tübeuc  ne))en  Tuvbdpr|c  (Curtius  Grundz.^  226,  vgl. 
Fick-Hcchtel  Personenn.^  S.  432)  und  im  Germanischen  wahr- 


Der  präteritale  Bildung-stypus  ahd.  hia,^  aisl.  het  usw.  99 

scheinlicli  in  ag&.  pnfan  'einen  Ton  ausstossen',  nach  dem  für 
g-ot.  puthaürn  'Posaune'  ii  anziuielimen  scheint  (OsthoiT  Mü.  IV 
10.  335);  von  mhd.  stutz  'Stoss,  Anprall',  dessen  Zng-ehörig- 
keit  zu  stössen  ausser  Frage  steht,  gilt  dasselbe,  was  oben 
von  ge-löff'en  gesagt  ist.  aukan  zu  lit.  äugu  'wachse',  lat. 
migeö,  griech.  aüEuu  auEdvou.  Endlich  cnisa  zu  griech.  auuu 
'ich  schöpfe',  ^'ou  den  übrigen  drei  Verben  weisen  noch  zwei 
im  Germanischen  die  ?7-Stufe  auf:  ags.  heatan,  wozu  mhd.  Inl^ 
'Schlag,  Schmiss,  Stoss'  aisl.  büfr  'Holzklotz',  und  ahd.  scrö- 
tan,  wozu  ags.  scrnd  aisl.  skrüd  'Kleid,  Kleidung'. 

Alle  diese  Verba  können  von  Haus  aus  der  t^-Eeihe  an- 
gehört, also  Präterita  mit  eij,  })esessen  haben  ausser  aukan. 
Hier  haben  wir  es,  wie  griech.  deEuu  neben  auHuj  und  der  ge- 
stossene  Ton  von  lit.  dngu  zeigen,  mit  einer  ursprünglich  zwei- 
silbigen Basis  "^cdjeg-  zu  thun  [vgl.  jetzt  Hirt  Der  idg.  Akzent 
136],  deren  a-  schwerlich  als  3  und  als  Schwächung  eines 
älteren  e  angesehen  werden  darf.  Das  germ.  '^euk-  im  Präteri- 
tum war  also  eine  Neubildung  von  derselben  Art  wie  ahd.  iar 
nnd  lat.  egi  (S.  97). 

Zu  den  genannten  sieben  Verba  mit  e?^f-Präteritum  kommt 
noch  eins,  bei  dem  der  Diphthong  im  Wurzelauslaut  steht: 
ahd.  houwan  ags.  lieaican  aisl.  hoggua  'hauen',  Prät.  ahd. 
Mo  ags.  heoic  aisl.  hiö  (Plur.  hioggom  hluggom).  Das  "Wort 
gehört  zu  aksl.  kovq  kovati  'schmieden',  lit.  kduju  köviaii  kdutl 
'schlagen,  schmieden,  kämpfen'  kovd  'Kampf  küjis  'Hammer', 
lat.  cüdö.  Der  Ablaut  ist  1)  ^qü-,  lit.  küjis^  2)  ^'q<iii-,  ahd. 
houwan^  aksl.  kova^,  lett.  kaica  'Schicht'  (über  Szyrwid's  kava 
'Schlacht'  s.  Leskien  Die  Bildung  der  Nomina  im  Lit,  79), 
3)  ^geu-,  ahd.  Mo,  4)  ^göii-  oder  '''qdu-,  lit.  kduju  köriau  kovd. 
Lat.  cüdö  kann  ^qü-,  ^^qeu-  und  ^qöu-  enthalten.  Sollte  die  4. 
Stufe  idg.  *qdij-,  nicht  '-^qöu-  gewesen  sein,  so  hätten  wir  es 
mit  einer  Wurzel  der  «-Reihe  zu  thun.  Dann  wäre  das  germ. 
Präteritum  eine  germ.  Neubildung.  Es  verhielte  sich  zu  lit. 
köviau  so,  wie  lat.  egl  zu  griech.  fix«  aisl.  ök  (S.  97). 

Die  Annahme,  dass  das  eu  von  Mo  aus  eu  hervorgegan- 
gen sei,  ist  unverfänglich,  weil  das  wurzelschliessende  u  dieses 
Verbums  schon  urgermanisch  geminiert,  die  Verbindung  Vokal 
+  M  hier  mithin  ebenso  gut  tautosyllabisch  war  wie  z.  B.  in 
stautan.  Schwierigkeit  l)ereitet  dabei  jedoch  das  aisl.  Miö, 
da  man  im  Auslaut  -gg  erwarten  sollte.     Vermutlich  löst  sieh 


1 00  K  a  r  1  B  r  ii  g  m  a  n  n, 

diese  so,  dass  der  Abfall  des  -a  in  der  1.  und  der  des  -e  (-i) 
in  der  3.  Sg.  (^heuu/a),  '^heim(i))  älter  war  als  der  nordisch- 
gotische Übergang  von  tm  in  ggu,  und  in  den  Auslaut  ge- 
kommenes -tjij  bereits  vorher  zu  -ti  geworden  war,  so  dass 
hier  ggu  nicht  entwickelt  werden  konnte,  hnogg,  das  Präteritum 
7A1  hnqggua  ''stossen',  dessen  ggij,  ebenfalls  auf  mi  beruht, 
nnisste  dann  sein  gg  durch  Formtibertragung  erhalten  haben. 
AVegen  des  frühen  Abfalls  des  -e  der  3.  8g.  s.  Jellinek  Beitr. 
zur  Erklär,  d.  gcrm.  Flex.  45. 

Zum  Schluss  noch  eine  Frage:  Steht  mit  der  Gemination 
des  ti  in  Iwuioan  hqggua  das  g  in  lit.  Irmge  'Heuhaufen'  =^ 
lett.  Tcaudfe  "Schober'  und  lit.  T^ügis  'grosser  Hammer,  grosser 
Heuhaufen'  (Leskien  Ablaut  S.  38  f.)  in  einem  näheren  Zu- 
sammenhang:' Dieses  halt,  g  war  sicher  ein  suffixales  Element 
(s.  Leskien  Die  Bildung  der  Nom.  im  Lit.  373  f.),  und  so 
könnte  man  an  eine  urgerm.  Präsensform  *haij-jijö  denken, 
aus  der  schon  in  einer  frühen  Periode  des  ürgermanischen 
'^hmmö  hätte  werden  müssen,  vgl.  as.  töm  aisl.  taumr  'Zaum' 
aus  *toijf^;^)ii-mo-,  as.  dröm  aisl.  draumr  'Traum'  aus  ^drou;^u- 
-mo-  u.  ähnl.  Über  g-h  als  'Wurzeldeterminativ'  s.  P.  Persson 
Stud.  zur  Lehre  von  der  Wurzelerweiterung  25  If.  Da  urgerm. 
'Verschärfung'  von  intervokalischem  u  nach  langen  Vokalen  laut- 
physiologisch  unwahrscheinlich  ist,  das  Adjektiv  got.  triggics 
aisl.  tryggr  ahd.  gi-triuici  ags.  treowe  neben  got.  trauan  ahd. 
trüen  aber  auf  eu  weist,  so  möchte  ich  auch  hier  ein  Velar- 
suffix, urgerm.'  Hreii-^uo-  idg.  *dreu-q'-'ö-  ansetzen.  Bewährt 
sich  ^hmj.-f'jJuö  als  Grundform,  so  dürfen  wir  ein  urgerm.  Prät. 
*hemia  annehmen,  welches  nicht  erst  im  Anschluss  an  das 
kurzvokalische  Präsens  zu  seinem  nij,  gekommen  war. 

Leipzig.  Karl  Brugmann. 


Lat.  frägräre. 


Dass  frägräre  'stark  riechen,  stark  duften'  mit  griech. 
6c-cppaivec6ai  öcqppecGai  öcqppiicecGai,  deren  Anfangssilbe  6c-  der 
Nnminalstanun  öbi€)C-  =  lat.  or/or  war  (Wackeniagcl  KZ.  XXXIII 
43),    und   mit   ai.   3.  IMur.   jh/hr-afi,    3.   Sg.  jighra-ti   ghrä-fi, 


Lat.  frocjrore.  101 

Partiz.  ghrä-fd-s  yAisamiuenliäng't  iiiid  eine  reduplizierte  Bil- 
dung- ist,  bat  schon  Pott  Wurzelw.  I  64  f.  erkannt.  Durch 
das  qp  des  g-rieehischen  Verbums  ist  idg.  g'-'h  erwiesen,  und 
hierzu  stimmt  sowold  das  f  als  auch  das  g,  als  Fortsetzungen 
von  urital.  y}^.  "Wegen  -gr-  ist  auf  aegro-  zu  verweisen,  das  zu 
g-ot.  un-aiioislis  aiwishi  mit  lo  aus  jm  und  zu  g-riech.  aicxoc  aus 
*aicpcKOc  g-ebört  (Fick  Wtb.  P  84ö  f.);  lanuv.  nehrund'mes  und 
praenest.  nefrönes  aus  idg.  "^neg'-'hro-  (abd.  nioro  g-r.  vecppöc) 
sind,  als  unlateinische  Wörter,  für  die  Bestimmung  der  Ver- 
tretung des  urital.  -x'-'i'-  im  Lateinischen  bei  Seite  zu  lassen. 

Welcher  Art  ist  nun  die  Reduplikationssilbe  von  frä- 
grdre?  Als  Reduplikationssilbe  bat  man  frä-  jedenfalls  vom 
Standpunkt  der  Einzelsprache  aus  zu  bezeichnen,  ebenso  wie 
das  (e)TPil"  von  griech.  eTpriyopa  ''l)in  wach'  (eYP^Topöujv  u  6, 
eYpriYOpTi  K  182),  das  Pott  a.  a.  0.  mit  Recht  vergleicht. 
S.  Verf.  Grundr.  II  S.  848  f.  Aber  etymologisch  betrachtet, 
waren  frä-  und  ypii-  Gebilde  wie  die  vorderen  Glieder  von 
flä-ham  hid-ham  amä-l)am  fle-ham  tace-ham  fere-ham  und  die 
von  ai.  glicmä-gliand-  'mit  leichter  Mühe  erschlagend'  carä-carä- 
"weithin  laufend',  welche  man  formal  wie  syntaktisch  wohl  am 
besten  als  Instrumentale  bezeichnet  (Verf.  a.  a.  0.  S.  1265, 
Lorentz  Über  das  schwache  Präter.  des  German.  28  ft'.).  Auch 
die  ai.  Intensiva  wie  bhdrl-hJirafi  sind  zu  vergleichen:  denn 
auch  hier  haben  Avir  es,  wie  der  Wechsel  -i  -l  im  Ausgang 
des  ersten  Gliedes  zeigt,  mit  sogen,  unechten  Komposita,  mit 
jüngeren  Zusammenrückungen  zweier  Woi'tformen  zu  thun  (vgl. 
Wackernagel  Dehnungsgesetz    18  f.,    Verf.  a.  a.  0.  S.  852  f.). 

frägräre  eTPHTopot  cardcard-  hhdribhrati  standen  alle 
einmal  auf  der  Stufe  des  lit.  delie  dega  'brennt  hell  auf, 
und  ich  bemerke  bei  dieser  Gelegenheit,  dass  ich  auch  dekte 
für  einen  Instr.  Sg.  halte.  Freilich  nicht  in  der  Weise,  dass 
ich  mit  Zul)aty  z.  B.  helie  als  Instr.  des  Fem.  heAie  'Lauf 
betrachte  (IF.  III  141).  Dem  widerspricht,  wie  Zubaty  selbst 
bemerkt,  dass  der  Ostlitauer  Szyrwid  diese  Formen  mit  -fe, 
nicht  mit  -fi  -ti/  schreibt  (vgl.  gdJihi/  usw.,  Szyrwid's  Punktay 
Sakimu  hg.  von  Garbe  p.  XXXI),  und  wir  haben  meines  Er- 
achtens  keinen  Grund,  die  Dialektrichtigkeit  von  Szyrwid's 
rogfe  'furtim'  anzuzweifeln.  Vielmehr  haben  wir  es  mit  dem 
Instrumentalausgang  idg.  -e  von  o-Stänunen  zu  thun.  Bei 
Leskieu  Bildung-  der  Noni.  im  Lit.  S.  535  flf.  findet  man  zahl- 


102  Karl   Brug-mann, 

reiche  Abstrakta  auf  -tas  neben  Inf.  auf  -tl  verzeichnet  (z.  B. 
nü-detas  'Vergehen'  neben  nu-si-deti  'sich  verg-ehen'),  welche 
ursprünglich  grösstenteils  Neutra  von  der  Art  des  ai.  matcim 
'^leinung'  lat.  commentiun  "Einfall,  Erfindung,  Anschlag'  air. 
derniet  'das  Vergessen'  (Verf.  a.  a.  0.  S.  445)  gewesen  sein 
mögen. 

Mit  Rücksicht  auf  ai.  ghanä-ghands  könnte  man  geneigt 
sein  anzunehmen,  fragräre  sei  von  einem  partizipialen  Adjek- 
tiv ^frä-gro-  'stark  duftend'  ausgegangen,  und  dessen  Neutrum, 
mit  dissimilatorischem  Verlust  des  zweiten  r,  sei  in  frägiim 
'Erdbeere'  enthalten  (vgl.  Pott.  a.  a.  0.,  Osthoff  MU.  V  66). 
Indessen  ist  die  intransitive  Bedeutung  von  fragräre  dieser 
Ableitung  von  ^frä-gro-  ungünstig  (vgl.  caecäre  'blenden'  von 
caecus,  sanäre  'heilen'  von  sänus  usw.),  und  ich  möchte  daher 
den  zweiten  Teil  \o\i  frä-grat  lieber  direkt  mit  ai.  ghra-ti  zusam- 
menbringen. Letzteres  muss  freilich  nicht  idg.  '^g^-hrä-tl,  e» 
kann  auch  ^g^-hre-ti  (vgl.  6c-(ppiico|uai)  oder  '^'g^-'hrö-ti  gewesen 
sein.  Wegen  der  Doppelheit  ""'g-hrcl-  und  '^g'-lire-  f^'g^-hrö-) 
vergleiche  man  %1mä-  ^hhuuä-  lat.  -harn  air.  hä  ha  lit.  Inwo 
und  *hhue-  '^hJiuue  aksl.  he  griech.  ecpuii  u.  dgl.  m. 

Leipzig.  Karl  Brugmann. 


Die  Yerbindung  dentaler  Yersclilusslant  -f-  §  -f  f  im 
Lateinischen  und  im  Gennanisclien. 

Dentaler  Verschlusslaut  +  t  erscheint  im  Italisclien  und 
im  Germanischen  ausser  vor  /•  als  ss,  s.  Das  scheinbar  für 
SS  auftretende  st  erklärt  sich,  soweit  nicht  Analogiel)ildung'' 
im  Spiele  war,  wie  z.  B.  bei  lat.  comestns  für  comesus,  aus  Er- 
weiterung der  auf  dentale  Explosiva  ausgehenden  "Wurzel  mittels 
eines  s-Suffixes.  Wir  haben  es  also  mit  Bildungen  zu  thun 
von  der  Art  des  lit.  anksz-tas  'enge'  neben  lat.  anx-ius  angus- 
tus  ai.  qhas-.     Die  sicheren  Beispiele  dürften  folgende  sein. 

Lat.  aestds  aestus,  alid.  gan-eista  'Feuerfunken',  ein 
Kompositum,  dessen  zweiten  Teil  Tii.  v.  Grienberger  (PBrB. 
XVIII  397)  in  dem  altgerm.,  im  Ausgang  latinisierten  Eigen- 
namen   Aisto-mödius    (vgl.    ahd.    hei^-miiati    'furiosus')    wie- 


Die  Verbinduiio"  dentaler  Vci-.sclilusslaiit  +5  +  ^  usw.         103 

derfindet.  '"^aiclhs-  '-Uiidhes-  auch  Id  av.  aesma-  '  Brennholz ' 
(Bartholomae  IF.  IV  124),  aisl.  eifi-a  'glühende  Asche'  (Joh. 
Schmidt  Pluralb.  379),  ai.  edhas-  griech.  tö  aiGoc.  Vgl.  air. 
tes  'Wärme'  aus  ^teps-tu-,  thiune  'Wärme'  aus  Heps-mia  neben 
ai.  tdpas-  lat.  tepor.  Die  Entstehung  von  aestäs  aus  ^aklh-s- 
-tat-  hat  schon  Froehde  erkannt  BB.  XVII  312. 

Ahd.  as.  rost  ags.  rünt  'ßost,  robigo'  aus  *rudhs-to-,  zu 
ahd.  i'osamo  'Rost'  aus  '''rudhs-inen-  (neben  rofamo  'Röte'), 
lett.  rasa  'Rost'  aus  '^'rüdhs-ä,  lit.  ritsvas  'rotbraun'  rafisvas 
'rot',  lat.  ruhor,  griech.  tö  epeuöoc  (P.  Persson  BB,  XIX  271  f.). 

Ahd.  last  F.  ags.  Jilce.st  X.  'Last'  aus  '^hlats-ti-  Vdafs-ta-, 
zu  got.  hlapan  ags.  hladan  und  aisl.  Mass  N.  'Last',  eigentlich 
'Geladenes'.  Kluge  Et.  W.""  unter  laden  erschliesst  eine  idg. 
Wz.  Madli: 

Got.  heist  N.  'Sauerteig'  nebst  haitrs  'bitter'  zu  beitau, 
Wz.  hheid. 

Ahd.  qnist  F.  'Verderben,  Vernichtung',  got.  qisfjan 
traus.  'verderben'  aisl.  l'cisfa  'verstümmeln'  zu  lit.  gendü 
gesti  intrans.  'verderben'  gadinti  trans.  'verderben'  pa-gadas 
'Verderben'.  Wenn  zu  g-edh-  auch  lit.  ge'da  'Schande'  aksl. 
gaditi  'tadeln'  ndid.  qudt  'Unrat'  mnd.  quäf  spreJcen  'maledicere' 
gehrirt  (IF.  V  375),  so  dürfte  g-edlis-  auch  in  griech.  be'vvoc 
'Schimi)f.  Beschimpfung'  bevvdz:tju  'beschimpfe'  stecken,  aus 
*beTC-vo-.  Aus  diesem  zunächst  *becvo-,  das  zu  bevvo-  wurde, 
als  *d,u(piecvOui  *TTe\oTTÖcvricoc  in  üf.icpievvCiiui  TTeXoTTÖvviicoc  über- 
gingen (Verf.  KZ.  XXVII  589  tf.  Gr.  Gr.^  S.  62  f.)  i). 

Unsicherer  sind  folgende  zwei  Beispiele. 

Lat.   cHstös   (Quantität   des  u  unbekannt)    aus   "^'l-ndlis-t- 


1)  Ein  Analogen  zu  6evvoc  scheint  sich  in  ßXevva  F.,  ßXevvoc 
N.  'Schleim,  Rotz'  ßXevvöc  'langsam  von  Verstand,  verdumraf  zu 
bieten.  Ich  vergleiche  ai.  manda-  'Schleim,  die  von  g-ekochten  Kör- 
nern abgegossene  Brühe,  die  fettesten  Teile  der  Milch,  Kahm',  eine 
prakritische  Form  aus urind.  '■^mrandd-  '''mlanda-  oder  *mrnda-  ''-^nlnda- 
(Bartholoinae  IF.  III  174),  ferner  ai.  i-l-viradati  'erweicht'  mrdü-s 
'weich',  griech.  duaXbuviu  'erweiche,  schwäche'  ßXabapöc  'schlaff, 
locker,  albern',  lat.  moLüs,  ags.  meltan  'schmelzen,  weich  werden' 
g'ot.  ga-mcdteins  'Auflösung'  (vgl.  P.  Persson  Wurzelerweit.  37, 
Verf.  Grundr.  II  1047).  *mhl-s-  (zu  ai.  -mradas-)  in  ai.  mrtsna-  'Staub, 
Pulver'  mrtsnä  'Lehm,  Thon'  aisl.  7?«?//.svu< 'Staub'  ags.  for-molsnian 
'zu  Staub  werden'  (Kluge  Festgruss  an  Böhtlingk  60).  So  kann 
ßXevvo-  altes  *mledü-no-  sein.     Aber  auch  ''■'vilend-no-  wäre  möglich. 


104  Gustav  Meyer, 

öder  *kf(dhs-f-,  zu  alul.  hüs  N.  'Haus'  (eigentl.  'Bergrendes') 
aus  *küdhs-  und  zu  g-rieeh.  tö  KeuGoc.  Oder  mit  got.  hnzd 
'Schatz'  g-riecb.  kucGoc  'Höhlung:,  weibliche  Scham'  aus  H-uzdh- 
=  *Jciidh-dh-,  wie  lat.  hasta  got.  gazds  aus  ^ghazdh-? 

Ahd.  lisfa  ag-s.  ILs-t  aisl.  lii^ta  'Saum,  Eand,  Streifen, 
Leiste'  kann  als  ^'llts-fcl  mit  lat.  iHus  verbunden  werden,  doch 
ist  auch  andere  Autfassung-  mög-lich  (Fi-oebde  BB.  XVH  314, 
P.  Persson  BB.  XIX  272). 

Leipzig.  Karl  B  r  u  g-  m  a  n  n. 


Etyiiiologisches  aus  den  Balkanspracheii. 

1.     Albanisch  ffVf. 

Tosk.  tei'e,  geg.  fqns  ])edeutet  'ganz,  unversehrt'.  Die 
Formen  führen  auf  ^'tano-.  Ich  habe  Alb.  Wtb.  429  dies  aus 
einem  lat.  Hötämis  erklärt,  das  von  tötus  mit  dem  Suffixe 
■änus  weitergebildet  sei;  fdani^  ist  durch  ttane  zu  tarn  ge- 
worden. Meyer-Lübke  hat  in  der  Anzeige  meines  Alb.  Wtb. 
im  Litteraturblatt  für  germ.  und  rom.  Philologie  1891  Sp.  242 
gegen  diese  Herleitung  Widerspruch  erhoben;  er  meint,  dass 
alle  diese  Bildungen  auf  -änus  sich  blos  an  Adverbia  an- 
schlössen, frz.  certain  an  ceyfa,  prochain  an  prope,  span. 
cercano  an  ce7'ca.  Das  ist  ja  gewiss  für  einige  Fälle  anzu- 
nehmen, aber  die  Berechtigung  diese  Erklärung  auf  alle  Bei- 
spiele auszudehnen,  vermag  ich  nicht  zuzugeben.  Es  liegt 
nicht  der  geringste  Grund  vor  ""■cerfanus  frz.  certain,  ^'altänus 
frz.  hautain,  ^medfänus  it.  niezzano,  *no.sfr<Jmis  it.  nosfrano 
nicht  für  Ableitungen  von  den  betreftcndcn  Adjektiven  zu 
halten,  und. zwar  hat  das  Suffix  wahrscheinlich  individualisie- 
rende P.edeutung.  Es  scheint  übrigens,  dass  Meyer-Lübke  jene 
Auflassung  in  der  Rom.  (irannu.  1I49(I  sell)st  aufgegeben  hat. 
Individualisierend  ist  auch  das  -änus  -äna,  das  ich  All).  Stud. 
III  76  in  den  liildungen  tersaiu  'Hafer'  =  ^fr/mensäiKt,  .■^tane 
'wildes  Tier'  =  '■■'bestann,  mura  'Nordwind'  =  ^wreänum, 
suVq  'Sonnenlage'  =  *solänum  nachgewiesen  habe.  Zu  .sfane 
vgl.  ladiniscli  hcsfian  'Vieh'  Gärtner  in  Gi"()l)ers  (irundriss  I 
40(3  aus  ^bestiana.     Bugges  Erklärung  (BB.  XVIII  180)   von 


Etymologisches  aus  dou  Balkausprachou.  105 

stane  ans  ^'exti-äna  ist  lautlich  nicht  möglich.  Ein  Jupcina 
'Hure'  für  Jupa  hat  W(")lfflin  im  Arch.  f.  lat.  Lex.  IX  5  nacli- 
g-ewiesen.  [Meine  Erklärung'  von  hrs  'Unterarm'  aus  ^ulnäna 
wird  selbstverständlich  durch  den  apodiktischen  Ausspruch 
Pedersens  (KZ.  XXXIII  544  "dies  "Wort  aus  lat.  '^uJnOna  zu 
erklären  g-eht  natürlich  [I]  nicht  an''),  nicht  aus  der  Welt  g-e- 
schatift-  ich  wünschte  vx\  erfahren,  wo  sonst  der  Abfall  eines 
anlautenden  Vokals  (=  lijXevri)  durch  /  bezeichnet  wird,  denn 
dass  Jup  aus  it.  aUupare  stammt,  ist  einerseits  nicht  erwiesen, 
andrerseits  würde  /  hier  das  it.  //  vertreten.  Daneben  hal)en 
wir  z.  B.  Vige  aus  elegium.  Dass  /  nicht  aus  In  entstehen 
könne,  hat  Pedersen  nicht  im  entferntesten  bewiesen. 

1\     Albanisch  nunon. 

Alb.  menön  'halte  auf.  zögere,  komme  zu  spät',  memiam 
'träg-e'  Kavall.  Xo.  TU,  gehört  zusammen  mit  südrum.  amhi 
'zög'cre,  verspäte  mich'  Weig-and  Aromunen  II  292,  amänätorii 
'träg-e'  Kav.  TU,  amanatahii  'spät'  Bojadschi  Gramm,  119, 
si  puteacl  nica  pucinu  si  rä  cDnanaci  'wenn  Sie  noch  ein 
w^enig'  verzögen'  Boj.  152.  Rumänisch  ist  amin  'schiebe  auf; 
geht  man  von  dieser  letzteren -Bedeutung-  aus,  so  ergibt  sich 
die  Ableitung-  von  lat.  mane  (=  südrum.  m'ine  Weig-and  II 
319)  als  wahrscheinlich:  'auf  morg-en  verschieben',  dann  'zö- 
gern'. Cihae  I  166  ist  auf  einem  Irrweg-e;  auch  ich  hatte 
UiH-echt  im  Alb.  ^^  tb.  2T4  die  all),  und  rum.  Wörter  auf  lat. 
manere  zurückzuführen.  Dies  ist  in  www.  man,  maiu  'bringe 
die  Xacht  zu'  erhalten  und  hat  im  Komanischeu  nirgends  jene 
Bedentung-sentwicklung-  durchgemacht. 

.3.     Alhaniscli   goren. 

Kavalliotis  hat  unter  Xo.  129  alb.  TKopev  als.  Übersetzung 
von  griech.  ßopeac.  Ich  habe  AVtb.  4TT  dazu  ein  aus  Xylan- 
der  stammendes  gvore  'Xordcn'  gestellt.  Dies  beruht  aber 
auf  einem  Druckfehler  in  der  von  Xylander  benützten  Über- 
setzung des  Xeuen  Testaments,  Corfu  182T,  wo  Apoc.  21,  D> 
neben  -fxa  -beXX  "bieXi,  -(kö.  voiia,  'fxa  irepevTÖv  falsch  -fK-ßo- 
pe-fia  statt  -{kü  ßopefi«  gedruckt  ist :  die  Neuausgabe  Athen 
1858  hat  das  richtige,  grore  ist  also  ein  'ghostword'.  Dass 
jenes  goren  aus  ßopeac  stammt,  wie  ich  a.  a.  0.  annahm,  ist 
doch    wegeu    des    Anlautes    zweifelhatt.      Es   gehört    wohl    zu 


106  Gustav  Meyer, 

slav.  gora  'Berg-',  vgl.  bulg.  gorenh  'oben  l)efiii(llieli\  gorn- 
jalh  'Wind,  der  von  oben  kommt'  (Dnvernois  3iSb),  serb.  gorn- 
■jaJt  'Nordwind',  ßopeac  selbst  ist  mit  slav.  gora  wahrscliein- 
licli  urverwandt. 

4.     Albanisch  hasJce. 

Für  alb.  basks  'zugleicli,  gemeinsam,  zusammen',  haslcön 
'nähere  an,  vereinige'  habe  ich  Alb.  Wtb.  29  keine  Erklärmig- 
aufgestellt.  Ich  schlage  jetzt  vor  das  AVort  mit  griech.  cpdc- 
kujXoc  'Beutel,  Ränzer,  lat.  fascia  'Binde',  fascis  'Bündel'^ 
air.  hasc  'Halsband'^)  zu  verbinden.  Diese  führen  auf  eine 
Wz.  hhask-  mit  der  Bedeutung  'zusanmienbinden'.  Hierher 
gehört  auch  lat.  fascino  'behexe',  fascinum:  Wz.  hhasl:-  im 
Sinne  von  'den  Willen  jemandes  binden,  unfrei  machen'  oder 
ähnlich.  Damit  ist  griech.  ßacKaivuu,  ßdcKavoc  verwandt:  das 
Wort  ist  im  Griech.  Lehnwort  aus  einer  nrirdlichen  Sprache 
(Illyrisch,  Thrakisch  o.  ä.),  in  welcher  die  Mediae  aspiratae 
zu  Medien  wnn-den.  cpdcKuuXoc,  auch  ov,  ist  mit  demselben 
Suffixe  gebildet  wie  ei'buuXov,  vgl.  auch  die  Adjektiva  d)Liap- 
TuuXöc,  cpeibuuXöc,  das  im  Ablautv>}rhältnisse  zu  -r|Xo-  stehen 
mag.  All),  hasl'e  muss  zunächst  als  Subst.  aufgefasst  werden 
in  der  Bedeutung  'Bündel'  oder  'Verbindung'.  Dies  ist  dann 
zum  Adv.  geworden  ganz  wie  ngriech.  iiali,  was  eigentlich 
das  Deminutivuni  \ialiov  von  näla  ist  und  schon  in  der  Sep- 
tuaginta  in  der  Bedeutung  'blasse,  Klumpen'  gebi-auclit  wird, 
in  welcher  es  ins  Lateinische  (massa)  Eingang  gefunden  hat; 
heute  bedeutet  es  als  Adverl)  'zusannnen',  davon  luaZ^uuvuu  'ver- 
einige'. Hatzidakis  im  nXdTuuv  VI  (1884)  o5  ft'.  Vgl.  auch 
niederd.  to  lioop  (zu  Haufen  i  'zusammen'.  Pott  l'liilologus 
XI  2(JG. 

5.     Albanisch  knfsedrf'. 

Das  Wort,  das  in  mannigfacher  Gestaltung  vorkommt 
(kul't^edre,  kul'tsetidre,  Meteore,  Meieöer,  Mesiöer)  bedeutet 
'Drache'  und  ist  in  Märchen  häutig  verwendet.  Ich  habe  Wtb. 
211)    keine    befriedigende   Erklärung    dafür    vorzubringen    ver- 


1)  Dciss  altbrit.  hascauda  dazu  g-ehört,  wie  Fick  II'*  16.3  will^ 
ist  sehr  zweifelhaft;  die  Bedentun<i"  \ü-etioehtencr  Korb'  ist  k;uim 
erweislich,  die  Angaben  der  Giosso<i"raphen  führen  auf  ein  Ph'zg-e- 
fäss,  s.  Hohler  Altkeit.  Sprachschatz  I  354. 


Etymologisches  aus  den  Balkansprachen.  107 

mocht.  Jetzt  möchte  ich  g-lanbeii,  dass  es  aus  dem  lat.  cher- 
sydrus  =  x^P'^'J^poc  'eine  Schlange,  die  im  Wasser  und  auf 
dem  Lande  lebt'  entstanden  ist.  Dies  musste  in  der  Volks- 
sprache ^cei'sidrus  lauten,  von  wo  man  leicht  zu  den  alb. 
Formen  gelangt  (mit  Dissimilation  "^celsidrus,  durch  Einfluss 
des  l  '^culsidrus:  auf  der  vorletzten  Silbe  l)etont,  gab  dies 
JiiiUedre).  Das  lat.  Wort  ist  bei  Georg-es  aus  Lucan.  9,  711 
und  Servius  zu  Verg.  Georg.  3,  415  belegt.  Es  war  auch 
im  Mittelalter  noch  gebräuchlich :  ich  tinde  es  in  einer  der 
lateinisch  geschriebenen  Xovellen  des  Neapolitaners  ]Morlini 
S.  156  (der  Ausgabe  Paris  1855). 

6.     Neugriechisch  dTcaXoc. 

dxcaXoc  heisst  im  Xgriech.  'schmutzig',  dxcaXeuuu  'be- 
schmutze'. Das  Wort  kommt  bereits  in  den  mg-riech.  vulgä- 
ren Gedichten  vor,  z.  B.  Wagner  Carm.  gr.  S.  69,  179  (Sach- 
likis);  S.  146,  163  (Tetrap.);  S.  180,  35  (Pulol.,  TTavdicaXn); 
in  Prosa  z.  B.  Chron.  Mach.  167,  5.  Es  ist  auch  ins  Süd- 
rumänische übergeg-angen :  dtsalu,  arlaXoxj  Kavall.  Xo.  91. 
Roesler  Die  griech.  und  tUrk.  Bestandteile  im  Rum.  S.  22 
leitet  das  Wort  aus  dcKaXoc  'incultus'  her:  die  Quelle  dieser 
Etymologie  ist  Korais  "AraKta  I  381  A.,  der  dcKaXa  •  dKdGapia 
zitiert.  Dieses  Wort  steht  Theokr.  10,  14  in  der  wahrschein- 
lich sprichwörtlichen  Redensart  dirö  CTTÖpuu  dcKaXa  rrdvTa  und 
bezieht  sich  auf  einen  nicht  umgeg-rabenen  (cKdXXuu)  Acker. 
Ausserdem  hat  noch  niemand  bewiesen,  dass  ck  im  Ngriech. 
zu  TC  werden  könne.  Auch  was  bei  Yyzantios  55  steht,  ist 
unhaltbar.  Ich  halte  dicaXov  für  gebildet  von  dicdXi  'StahP, 
das  romanisches  Lehnwort  ist  (ven.  azzcde,  it.  accicde):  'stahl- 
farben,  dunkelgrau,  schmutzig-grau,  schmutzig'.  Vgl.  Juridus 
'blaugelb,  fahl',  das  in  den  romanischen  Sprachen  schmutzig- 
bedeutet. 

7.     Xeugriechische  Froschnamen. 

Über  die  verschiedenen  Formen  des  Froschnaniens  ßd- 
xpaxoc  im  Agriech.  hat  Röscher  in  Curtius  Studien  IV  189 — 
194  gehandelt;  vgl.  meine  Griech.  Grannn.  S.  183  A.  2.  Unter 
diesen  Formen  sind  besonders  zwei  dem  Ionischen  zugeschrie- 
bene interessant,  weil  sie,  wie  so  manche  lonismen,  in  die 
Koivii  Eingang-  gefunden  und  von   dort  sich   weiter  verbreitet 


108  Gustav  Meyer, 

haben.  Die  eine  ist  ßpöraxoc:  Et.  M.  214,  44  ßpöiaxoc,  töv 
ßdipaxov  "luuvec,  xai  'ApiCTOcpdviic  Kai  Tiafid  Eevo9dvei.  Bpö- 
Tuxoc  ist  als  Eig-ennanie  aus  Pantikapäon  l)ezeiiii-t  (Heelitel 
Inscliriften  des  ion.  Dialekts  No.  117),  aus  Epliesos  (Wood 
Discoveries  at  Epbesos.  App.  2  No.  2),  aber  auch  aus  Gortyn 
in  Kreta  (Simon,  frg-.  127  Bpöiaxoc  ropTuvioc).  Vg-1.  Fick 
Grieeb,  Personennamen-  S.  315.  Durch  Hauehversetzunii-  ist 
daraus  ßpöBaKoc  entstanden,  das  in  kyprischem  ßöBpaKac.  ßö- 
epaKOC,  ßopTttKOC  (Sakellarios  II  491),  pontischeni  ßpo9dKa  vSyll. 
XVIII  128),  bovesischem  vrüdako  lebt  und  aus  dem  uuterit. 
Oriechisch  als  vrosacn  in  süditalienische  Mundarten  überge- 
gang-en  ist  (Mandalari  Canti  del  ])opolo  reggino  S.  338).  Auch 
gl',  sprofaco  'hicertolone'  in  Roceaforte  in  Calabrien  (Racconti 
di  Roccaf.  1,  2ö)  gehört  dazu.  Als  ^'In'ofacns  ist  dieses  Wort 
ins  Vulgärlatein  übergegangen,  und  daraus  stammt  in  Bova 
vrötil'o,  in  Süditalien  vrötacu  (Morosi  Arch.  glott.  XII  83. 
Mele  L'ellenismo  nei  dialetti  della  Calabria  media  S.  113),  aber 
auch  rum,  bröafec,  hrotöc,  hrotdc  'diese  aus  ^'hrotäcus),  hro- 
tävel  =  */>roi^r^(TZ/«.5? 'Laubfrosch',  alb.  ?>re^fÄ- (Verf.  Alb.  Wtb. 
47).  Eine  zweite  ionische  Form  war  nach  dem  Zeugnisse  der 
alten  Grammatiker  ßdepaKOC  (Röscher  a.  a.  0.  189.  Smyth 
Greek  Dialects.  lonic.  S.  152  f.)  und  auf  sie  gehen  die  ngriech. 
Formen  ßaOpaKÖc  ßdGpaKac  ßap9aKÖc  bei  Jannarakis  zurück. 
Aus  ßpö9aKOC,  ßöpGttKOc  sind  durch  Ortswechsel  des  stimmhaf- 
ten und  des  stimmlosen  Spiranten  (vgl.  xoßoXi  aus  qpOYoXi,  be- 
Xaiepa  aus  eufarepa,  Verf.  Byz.  Zeitschr.  III  164)  entstanden 
(popbaKdc  Legrand,  qpöpbaKac  cpopbaKÖc  Deheque,  (popbaK(\)d 
zakonisch  Detfner  134,  cpoupbaKXdc  Leukas  TTavbiupa  X  37. 
Andere  Entstellungen  sind  ßopbaKdc  Somavcra,  |UTTo9paKXäc 
Kephallenia  'AvdXeKia  II  2G3,  CTTOpbaKdc  Zante  TTavbiijpa  X 
37  (vgl.  0,  sprofaco). 

Andere  ngriech.  Froschnamen,  (»ffenbar  lautnachahmen- 
den Ursprungs,  sind  z.  !>.  KdpXaKac  in  Corfu,  TTavb.  X  37, 
KttKapäc  in  Skvros  ('Eqpiiu.  cpiXoju.  Xo.  224 1,  KOÜßaKac  in  Thes- 
salien (Oikonomos  Aoki)uiov  II  517),  lUTraKOKac  in  Epirus  (TTavb. 
a.  a.  a.j.  Letzteres  kehrt  in  kaukasischen  Sprachen  wieder; 
georg.  hnqaqi,  ingiloi  haqaij.  Erckert  Die  Sprachen  kauka- 
sischen Stannnes  S.  ()0. 


Etymologisches  aus  deu  Balkanspracheii.  10J> 

8.  Neugrieclii.scli  ßoußöc. 

ßoußöc  'stumm',  mgriecli.  ßuußöc,  im  Lexikon  von  So- 
pboklis  seit  dem  8.  Jahrhundert  belegt,  g-ehört  zu  einer  weit 
verzweig-ten  Gruppe  von  Wörtern,  die  aus  dem  reduplizieren- 
den Lautkomplex  boh-  g-ebildet  sind.  Sie  ordnen  sich  einer 
Reihe  ähnlicher  'Wurzeln'  ein,  die  als  ursprüng-lich  kindliche 
Lallworte  aufzufassen  sind.  Indem  ich  eine  ausführliche  Be- 
handlung solcher  Wortgruppen  einer  späteren  Gelegenheit  vor- 
behalte, weise  ich  hier  nur  auf  einig-es  zunächst  liegende  hin. 
Der  Bedeutung-  des  g-riech.  Wortes  zunächst  stehen  afrz.  hohii 
'Dummkopf,  span.  bobo  'dumm,  einfältig',  port.  bobo  'Xarr, 
Hanswurst',  sard.  bovit  'babbeo,  gotfo'.  Das  deutsche  dumm 
bedeutet  in  engl,  dumb  'stumm';  vgl.  auch,  was  ich  Xgr.  Stud. 
II  97  über  die  Sippe  von  icoutcöc  ausgeführt  habe.  Wie  dort 
—  und  anderweitig- —  'verstümmelt'  und  'stossen'  nebenein- 
ander liegt,  daraus  'Knopf,  Knoten,  Bündel'  u.  ä.  (vgl.  Schu- 
chardt  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  XV  97  ft".),  so  auch  bei  bob-, 
z.  B.  im  Germanischen  (der  Lautverschiebung  ist  ein  solches 
Wort  entrückt):  altengl.  bob,  bobbe  'Bund,  Strauss',  an.  bobbi 
'Knoten',  altengl.  öoftöe« 'schlagen,  betrügen,  verspotten' u.  a. 
bei^Iüller  Etym.  AVr»rterbuch  der  engl.  Sprache  I-  105.  Wei- 
ter hat  bobö  in  der  Kindersprache  die  Bedeutung-  'Unwohlsein, 
Krankheit',  z.  B.  piem.  piacent.  franz.,  oder  'Popanz',  z.  B. 
friaul.  bergam.,  vgl.  i)oIn.  bobo  'Pf»])anz'.  Im  Comaskischen 
und  ^lailändischen  ist  bobö  Kinderwort  für  'bevanda',  daher 
boba,  bobba  'dicke  Suppe',  besonders  ' Gefang-euensuppe '  (ber- 
g-am.  ferrar.  mail.  venez.);  im  Venezianischen  ist  es  dann 
übertrag-en  worden  auf  'Augenbutter,  Eiter,  Syphilis',  in  ]\Ian- 
tua  ist  boba,  bobazza  dagegen  'Überfluss'.  Wie  sich  bob-  m 
der  Bedeutung-  'dumm'  mit  bcib-  berührt,  so  auch  in  der  Be- 
deutung 'Alter':  bresc.  bergam.  ist  boba  'Vater'  (vgl.  asl. 
boba,  lit.  böba  'altes  Weib').  Auch  bid^-  steht  nahe,  z.  B. 
magy.  bub  'Schopf,  Kopf,  Spitze',  bubiis  'Popanz'. 

9.  Xeug-rieehisch  Ziapiuvoi. 

Ziapiuvuj  'runzle',  in  Thera  lapoöbi  n.  'Kunzel',  ^[apoubiac- 
|uevo  'runzlig'  (Pet.  62),  ist  noch  nicht  etymolog-isch  erklärt, 
denn  die  Ableitung  aus  caipuu  bei  Korais  "AtaKta  I  2L3  ist 
lautlich    unmöglich.     Ich    stelle    das   Wcn-t    zu    emCapeuj    Eur. 


110  Gustav  Meyer, 

Rhosos  441.  IMioiii.  45  'bcdräiiii-e';  Ziuupöc  'feurig-,  lebhaft', 
die  Hoffniaini  (li'ieeh.  Dial.  I  102  riehtii;'  von  ßapuc  iietrciiiit 
und  mit  asl.  Jan  '  amarus,  iratus'  verbunden  bat.  Der  Be- 
dentung'siU»cri;ang'  ist  derselbe  wie  von  alid.  grbn  'grimmig, 
zornig'  zu  ital.  gr'imo  'runzlig-', 

10.     Namen  von  Hanstieren  in  Griechenland. 

Das  g-ewöhnliehe  Wort  für  'Kuh'  ist  im  Ngriech,  otYC- 
Xdba,  Augmeutativ  von  dxeXdbiov,  das  bei  Const.  Porph.  Caer. 
464  in  der  Bedeutung-  'Kuir  vorkonimt  und  Deminutiv  zu 
ÖYeXdc  'zu  einer  Herde  gehörig'  ist,  Schol.  Apoll.  Rhod.  11 
89.  Yg'l.  ßoöc  dfeXaiii  bei  Homer.  In  Trapezuut  sagt  man 
für  'Kuh'  XTnvov  (=  ktiivoc),  in  Ophis  ^uj  (=  2ujov),  Syll. 
XVIII  135,  Wörter,  die  sonst  'Schaf  oder  'Zieg-e'  bezeichnen. 
Vgl.  blG},  Plur.  bla.  'Schaf  in  Kreta:  TTapvaccöc  VIH  715; 
Legrand  Poemes  historiques  284,  364-,  294,  516;  Jann.  Für 
'Ziege'  in  Cerigo,  TTavbuupa  XI  479.  503,  über  das  6-  vg-1. 
Analecta  Graeciensia  S.  22.  Davon  ZiouXa  'Ziege'  in  Naxos, 
'AvdXeKia  II  9;  in  Milos,  auch  ZiouXdKi,  'Ecp.  qpiX.  No.  792; 
in  Paxos,  Erzh.  L.  Salvator  42.  In  Astypaläa  bedeutet  o^uuv 
^Lasttier':  Ross  Inselreisen  II  66.  Das  alte  ai'H  'Ziege'  hat 
sich  erhalten  in  ^ax-^a,  Epirus,  Oikonomos  Aok.  II  196;  aiYia, 
Cypern,  Sakellarios;  aia  Ikaria,  Stamatiades;  sonst  allgemein 
das  Deminutiv  ^'\h\  (aiYibj  noch  in  Trapezunt,  Syll.  XVIII  164) 
und  davon  das  Augmeutativ  yi^ö-  Ziege'  heisst  weiter  xai- 
ciKi,  KttTciKa,  besonders  auf  den  Inseln  (MvriiueTa  I  434),  daraus 
wohl  IiKtt  in  Kythnos,  'Ecp.  cpiX.  431 :  vgl.  Alb.  Wtb.  185. 
C9axTÖ  (=  'Schlachttier')  wird  in  Tinos,  'Ecp.  qpiX.  238,  CTraxTÖ 
in  Saracho  im  Pontos,  Syll.  XVIII  164,  gebraucht.  Auch 
ccpaxTÖ  ist  sonst  für  'Schaf  in  Verwendung.  In  Thera  ist 
KpußiTca  für 'Ziege'  gebräuchlich  (Petalas):  zu  asl.  A-y/i*?» 'schief, 
krumm',  also  KpißiicaV  Agriech.  oTc  ist  untergegangen,  das 
gewöhnliche  Wort  für  'Schaf  ist  TTpößaTOv;  in  Kreta  rd  Ka- 
\x\ii\xa.ja  Jann.  337.  Die  Bezeichmmgeu  der  Ziegen  und  Schafe 
nach  Alter,  Farbe  und  andern  Eigenschaften  sind  bei  den 
Hirten  sehr  zahlreich.  Ziegennamen  aus  Makedonien  sind  z.  B. 
'Apxeia  1  2,  77  f.  zusammengestellt:  ipai  'verschnittener  Zie- 
genbock' (=  TpaYiov  von  xpdYOc);  irpouTCidbi  'unverschnittener 
Bock'  (slavisch  pirch,  Ngr.  Stud.  II  5.'));  -rricouKepaTOu  'mit 
rückwärts  gebogeneu  Hörnern'  (oTTicuü-Ke'paTa) ;  TpaiouciCKOu  'mit 


Etymologisches  aiis  den  Balkansprachen.  111 

gTaden  Höniern'  (von  xpaYiov  iiiul  i'coc),  xpaoOcca  eine  e))en 
solche  Zieg-e  (von  xpdYoci;  KarciKi  'saugende  Ziege',  s.o.;  ßi- 
ToOXi  von  der  Entwöhnung  bis  zum  Ende  des  ersten  Lebens- 
jahres (lat.  t'if«?e?<5,  Alb.  Wtb.  113,  Ngr.  Studien  III  14,  auch 
zakonisch  vetiili  Deffner  14);  tix^abi  'zweijährige  Zieg-e'  (= 
Se-xei)ndbi) ;  KÖpiuTiou  'schwarze  Z.'  (rum.  oder  alb.  Jcorh  'Eabe'); 
göaov  'schwarze  Z.  mit  rotem  Gesicht  und  Füssen'  (türk.  ;f_«,5^ 
'de  couleur  rouge  foncc'y);  KavouTOV  'cpaiöv'  (rmn.  '^cänüt  aus 
lat.  canütiis,  vgl.  Ngr.  Stud.  II  75) ;  vjjapi  '  dcTTpOKÖKKivov '  (De- 
minutiv von  i[jdp  'Staar',  vgl.  vjjapöc  von  einer  Art  grauer 
Farbe,  Korais  "AxaKia  lY  699,  schon  agriech.  'grau,  gespren- 
kelt'); TTicxpa  'gefleckte  Ziege'  (slavisch  pbstrd  Ngr.  Stud.  II 
50);  qpXojpa  F.,  cpXuupou  N.  'weisse  Z.'  (lat.  flörus,  das  Duvau 
Mem.  Soc.  Ling-.  VIII  187  f.  in  der  Bedeutung  'flävus'  als 
Beiwort  von  crinis,  lanugo  u.  ä.  und  als  etymologische  Ent- 
sprechung- von  xXuupöc  nachweist);  poucca  F.,  poOccou  N.  'weisse 
Zieg-e'  (rum.  ms  'blond,  rötlich'  vom  Vieh,  aus  asl.  vns7j  = 
lat.  russus)\  luoupxZlia  'rote  Z.  mit  schwarzrotem  Gesicht  und 
Füssen'  (:=  mürcUa.  rum.  nmrg  'braun',  Alb.  Wtb.  292,  vgl. 
juoOpYOuc,  fioupxZiiGoc  'schwarz,  schwärzlich'  Yelvendos  'Apxeia 
I  95;  luoOpYOC  'sonnverbrannt'  Kephallenia,  'AvdX.  II  26U; 
luoupxZiivoc  'dunkelrot'  im  Erotokritos;  inoupxZioijXmvuu  'be- 
schmutze, schwärze'  Epirus,  Mvrmeia  I  3;  laoupTi^ei  'es  wird 
Nacht'  Yelvendos  a.  a.  0.,  vg-1.  rum.  murgeste  'es  wird  Nacht', 
vgl.  Ngr.  Stud.  II  42;  auch  bulg.  murg  Duvernois  II  1249). 
juTrdXia  F.,  juiTraXiou  N.  'schwarze  Z.  mit  weissem  Kopfe'  (vgl. 
Ngr.  Stud.  II  69,  albanisch) ;  fioOcKpou  'schwarze  Z.  mit  klei- 
nem weissem  Fleck  an  den  Augen'  (von  7nuscus,  vgl.  span. 
^musco  'dunkelfarbig');  dagegen  bei  Papaz.  462  laoucKOupoc 
'Bock  von  weisser  Farbe',  juoupdKi  'schwarz  mit  zwei  weissen 
Streifen  auf  beiden  Seiten  der  Nase  und  längs  derFüsse'  (Demi- 
nutiv von  juujpoc  =  lat.  maurus  'Mohr",  vgl.  slov.  mavra 
'schwarzgestreifte  Kuh');  lairdpxZ^m  'schwarz  mit  rotem  Kinn', 
vgl.  fiTrdpxZiov  Epirus,  Syll.  XI Y  220  (Ursprung?  zu  slav.  hrada 
'Bart'?).  Ebenda  S.  87  f.  sind  Beinamen  der  Schafe  ver- 
zeichnet: ßapßdxou  'unverschnittener  Schafbock'  (lat.  havhäfus, 
Ngr.  Stud.  III  13);  KouTravdpi  und  laouvoOxi  'Hammel'  (er- 
steres  zu  köttxuu,  KÖTravov,  letzteres  von  euvoOxoc);  ouxcidbi 
'Leithammel'  (wohl  aus  ou-fixcidbi,  vgl.  alb.  tigif.s,  ogif.s,  serb. 
zigic,  bulg.  jogic  Duvernois  II  2605);    Trpoußaxiva  'weibliches 


112  Gustav  Meyer, 

Schaf  (TTpößaTOv) ;  dpvi  'Lamm  \m  zur  Trcminiig-  von  der 
Äfutter'  (ag-riecli.  dpviov);  Z;iYOÜpi  laiicli  in  Epiruj^,  Syll.  MII 
385)  'einjähriges  Lamm';  Eixudbi  dass.  (=:  Eexei|udbi,  vgl.o.); 
ILiTrXiöpi  'Bock,  der  zum  ersten  Mal  hesprung-en  hat',  lUTrXiöpa 
'Lannn,  das  zum  ersten  Mal  geworten  hat'  (riim..  vgl.  Xgr. 
8tud.  II  76;;  Kpourdpa  dass.  (ttpujtoc);  CTpiqpdba,  crpiqpa  'Lamm 
nach  dem  zweiten  Wurf  (zu  cTepcpoc  'unfruchtbar',  was  in 
die  Bedeutung  'jung'  übergegangen  ist,  vgl.  Alb.  "Wtb.  416  f.); 
Xdiou  X.  'schwarzes  Schaf  (alb.  l'aj,  vi.  lai,  s.  Alb.  Wtb. 
235);  fiTTeWou,  itmeWa,  f-iTriWiicou  'weissliches  Schaf  (asl.  heh'^ 
vi.  hei  'schwarzer  Widder  oder  Hund  mit  weissem  Flecke  auf 
der  Stirn',  Weigand  II  297);  KdXiccou,  KaXecca  'weisses  Schaf 
mit  kleinen  schwarzen  Streifen  im  Gesicht  (vgl.  Ngr.  Stud.  II 
66);  TrapaTiouciKou  'weisses  Schaf  mit  einem  schwarzen  Kranze 
um  die  Augen  und  schwarzen  Füssen '  (türk.  ».5  'schwarz'  und 
\  ».^  'Auge');  KÖTCiavou  'weiss  mit  rötlichem  Gesicht  und  Füs- 
sen' (=  KÖKKivoc?);  pouYOuciKou  'weibliches  Schaf  mit  Hör- 
nern' (slav.  rogb,  Ngr.  Stud.  II  54);  TTOubapouciKOu  'schwarz 
mit  gefleckten  Füssen'  (Trobdpi);  inTrdXXiou  'schwarz  mit  Aveis- 
sem  Gesicht'  (Ngr.  Stud.  II  69);  pouviou  'Schaf  mit  dicker, 
schöner  Wolle'  (Xgr.  Stud.  II  54);  TcaTY«^«  'Ziege  oder  Schaf, 
der  man  ihr  Junges  bald  nach  der  Geburt  weggenommen  haf 
(zu  it.  zanco  'link',  eigentlich  verstümmelt';  vgl.  tcaYTdba 
'Schaf  oder  Frau,  die  keine  ^lilch  gibt'  Peloponnes,  Papaz. 
407;  'Schaf,  das  Milch  hat  ohne  geworfen  zu  haben'  Epirus 
MviTiiieia  I  56;  TcafYdxii  Ziegenname,  Chios  Kanellakis  1U3; 
alb.  tsangade  F.  'unfruchtbar'). 

S.  93  werden  Bezeichnungen  von  Ochsen  und  KiduMi 
zusammengestellt.  Xidpouc,  -a  'gefleckt'  (alb.  l'are,  Xgr.  Stud. 
II  68);  Kapdc  M.,  Kapöcou  F.  'schwarz'  (türk.  sJj);  dpdTtc,  dpa- 
ttouXXtc  'schwarz'  (dpairric);  uipiZlidvTC  'dunkelrot'  (türk.  ^^y^^.'^ 
'Koralle');  capic  'rotgelb'  (türk.  ^^^-o  'gelb');  koukkivtc,  kou- 
KKivou  ''rot'\KÖKKivoc);  TTipbiKC  'wciss'  me'pbiKa);  juiXiic,  luiXiccou 
'grau'  (^eXiccöc  'melisseufarbig',  Papazaf.  459);  faiTavTC,  -ou 
'dunkclrot  mit  zwei  weissen  Streifen  längs  der  Xase'  (yaiidvi 
'Band');  Y«^dvTC,  Y"^dvou  'weissgell)  mit  rötlichem  Bauclie' 
(YaXavöc  'bläulich');  )uaTOuXXTC,  iLiaTOuXXou  'von  belieltiger 
Farbe,  ausser  schwarz,  mit  einem  schwarzen  Ring  um  die 
Augen'  {\x6.x\.  'Auge');  TcmTTOuXXTC  'mit  rückwärts  gebogenen 
Hörnern'  (alb.  tsiap  'Bock',  daraus  TcidTtoc  Xgr.  Stud.  II  73^ 


Etymologisches  aus  den  Balkaiisprachen.  113 

vi.  rura.  fcqy)'-,  tciouytouc  "mit  einem  vcrstümmelteu  Hörn'  (alb. 
tsttng  usw.  Alb.  Wtb.  442);  cioOtouc  "ohne  Hörner'  (NgT.  Stiid. 
II  72);  KOuXoußöc  =  KoXoßöc;  Xaßßdtc,  TTapacKißdc,  TpiTC, 
TTeqpTC,  Aicpiepc  usw.  nach  dem  Tage  der  Geburt  am  Samstag-^ 
Freitag-,    Dienstag-,  Donnerstag,  hl,  Eleutherios;    Ka^irepc  (von 

KdjUTTOC). 

S.  95  endlich  stehen  Namen  von  Maultieren:  lucupiZiiouc 
■"schwärzlich'  (Ngr.  Stud.  11  42);  KOuXa  (türk.  ^j:6  "fahl',  vgl. 
serb.  bulg-.  kula-s  'fahles  Pferd');  poucca  (asl.  ru.'^h,  hiüg.  se. 
alb.  vi.  rus,  aus  lat.  7'iisstts)\  cißa  (asl.  nun  'g-rau');  ypißa 
(Ngr.  Stud.  II  81  f.);  Kapdc  (türk.  ».i  "schwarz');  ipapi  (s.  o.); 
Z;dpKOu  (■?). 

Aus  den  Schafbenennungen  aus  Epirus,  Syll.  XIV  220, 
sind  noch  nachzutragen  vidfKpov  'mit  schwarzen  Haaren'  (rum. 
negru,  vom  Fem.  neagrä)-^  YKdX-mvo  'gelbhaarig-'  (rum.  gcil- 
hän  aus  lat.  galhinus);  YKe'cov  'schwarz  mit  zwei  weissen 
Streifen  im  Gesicht'. 

Aus  Makedonien  führt  Oikouomos  Aokiuiov  III  148  an 
ßiTOuXi  für  ein  zweijähriges,  ßeppdbi  für  ein  dreij'ährig-es,  xpd- 
Yoc  für  ein  vierjähriges  Böcklein;  bei  den  Schafen  bezeichnet 
dpvi  das  einjährige,  Ixjovpi,  ZiiYdpi  das  zweijährige,  luiXioupi 
das  drei-,  Kpiöc,  Kpidpi  das  vierjährige.  Hängt  ßeppdbi  zusam- 
men mit  zakon.  ßepYdbi  "Ziege  von  1 — 2  Jahi'cn'  Dcftnerllo 
(zu  ßepYa  virga  im  Sinne  von  "penis',  vgl.  alb.  rrrgär  "un- 
vcrschnittener  Bock'  Alb.  Wtb.  470)? 

Auf  Kreta  sind  gebräuchlich  lYYaXo  "ovis  lactaria"  Jann. 
332  (YdXa);  iiidpujTTO  "weibliches  Lannn'  Jann.;  CTeipOTrpoßaTO 
"einjähriges  Schaf  und  ebenso  cieipoiiiaTZlieTa  \jungc  Kuh'  (zu 
it.  manzo  usw.),  cieipocdvabo  'junge  Gemse'.  YiTCiKd  sind 
unfruchtbare  Ziegen'  Jann.  328,  Koupvöc  "schwarz  und  weiss- 
gestreift',  von  Ziegen,  Jann.  343;  Ka-rrapoc  'aschenfarbiger 
Ochs'  OiX.  IV;  lueXiccöc  ebentalls  von  Ochsen,  vgl.  o.  xpiöxTiic 
"dreijährig'  braucht  man  von  Böcken  und  AViddern.  Ein 
Schwein,  das  einen  Gürtel  von  anderer  Hautfarbe  hat,  nennt 
man  Ikuvoc,  OiX.  IV:  ckoXivoc  ist  auch  Bezeichnung  eines 
Schweines,  ebenda. 

Eine  reiche  Sammlung-  von  Ziegen-  und  Schafnamen, 
leider  ohne  Erklärung-,  hat  Kanellakis  XmKd  'AvdXeKia  S.  10.3 
A.  3.  Ziegen:  xe^^iöc,  auch  in  x^^eioXißav)']  und  xe^eio,ue'pYa; 
XaXabdtri   (von  XaXdcV);    TCOU|UTra,    TcouuTrdTn    l7-ii    •'mii-  climip 

ludogermaiiisc-lie  For.scliunpen  VI  I   u.  2.  S 


114  Gustav  Meyer, 

'Stumpf  usw.);  Xißavri  (Koseform  von  Xißavöxpouc  ""de  couleur 
d'enceus);  (puuKn  f  feucrfavben '  V  von  cpÖKOC  :  it.  fuoco)\  Xao- 
TTOC  fhasenf lissig- ',  XaYUJc);  Kacxetv»!  (""kastauienfarben');  xcaY- 
Ydxri,  s.  0.;  dcirpoKOUTeXa  ^mit  weisser  Stirn";  qjarcoiuuTa  "mit 
g-esicht(faccia)-artig'cr  Schnauze';  TTOuXiapr)  (ttoXiöc,  'grau'?); 
luacxaXdiri  'mit  breiten  Achsehi,  iiiacxdXec';  ipapiT  'g-rau'  (ipa- 
pöc);  £uvri,  Suvarri  (oHuvöc  'aigre'?);  iraxvdTri  (irdxvri  "givre, 
rosee');  KaviiXepid  (KavrriXa 'Kerze');  laovoKepa  'mit  einem  Hörn'; 
KauXdni  (KauXöc  'penis');  jnovoßuZla  'mit  einem  Euter  (ßuZ^i)'; 
KopiuJca  (KÖpic,  Kopiöc  'Laus') ;  iiiaupoXaiiua  'mit  schwarzem 
Halse';  KauXoKepdTii,  CTpaßoKepdTri ;  dcTrpojuoÜTCouvii  'mit  weis- 
ser Schnauze'.  Schafe:  luouZ^oupri,  wohl  'fleckig-',  zu  \xo\)ta, 
Alb.  Wtb.  290;  dcTrpoKdva,  mit  it.  cano  zusammengesetzt,  wie 
TpeßXoKdva  und  juaupoKdva;  jULupa  'schwarze'  (moro)\  \xa\}po\x- 
ladxa  'schwarzäugig-e';  KaucaXri  'brandfarbig"';  x^^eioiuou^oupov 
'mit  der  Schnauze  eines  Aales';  cpoiviKidpiKri  'rot';  xceTipid 
(von  KuTtpoc"?);  KepaxcoöXa  (Ke'pac);  cpupi'i  'meliert'  (9upuü)? 
yaXavn  'bläulich';  CKecpapödir) ;  TrexZ^ouXii  'mit  dickem  Fell, 
TTexci'?  KaTrouXdx»!  'breitschultrig'  (KarroiiXa);  Traxvöppaxn  vgl. 
o.  TTaxvdxri;  biTrXdx»!  (biirXa  'Falte'). 

11.     Neugriechische  Namen  des  Regenbogens. 

boSdpi  'Bogen',  steht  für  xoEdpi;  von  xöHov,  durch  Ein- 
wirkung von  böEa;  die  Vermischung  ist  von  xöEov  als  'Regen- 
bogen' ausgegangen,  vgl.  Psichari  Mem.  Soc.  Liug.  VI  315 
(Sept.  Gen.  9,  14.  Hes.  eipic  [=  ipic]  \\  eK  xou  fiXiou  Yivojuevri 
xaTc  veqpeXaic  xpöa,  xö  KaXoü|uevov  xöEov.  Et.  Vi.  475,  .•>9  Tpic 
—  criiuaivei  Kai  xnv  veqpeXuubii  lwv\\\),  xö  xöEov  xö  ev  xiu  oü- 
pavuj  qpaivöiuevov;  er  hcisst  noch  heut  xöEo  z.  li.  in  Ikaria, 
Stam.  140;  xö  xöEo  xf^c  TTavaYidc  (Zante).  oupdviov  xötov  in 
der  Schriftsprache.  Der  Regenbogen  wurde  als  böHa  xou  ou- 
pavoö  bezeichnet,  Somav.  204  b;  Korais  At.  IV  264  (der  das 
Verhältniss  umdreht);  auch  böHa  schlechthin  (Jann.;  Kastello- 
rizo  Syll.  XXI  319);  ferner  boEdpi  xci  KaXoYpidc  'Bogen  der 
Nonne'  oder  xci  YPidc  'der  Alten'  (Kephallenia).  Ich  schliesse 
einige  andere  volkstümliche  Namen  des  Regenbogens  an:  das 
alte  Tpic  hat  sich  als  Tpo  in  Ophis  erhalten,  ^y\\.  XVIII  137; 
identisch  damit  ist  dipov  in  Surmena  (ebenfalls  Pontos),  'Ap- 
xeia  I  3,  27.  Zlujvdpi,  Ziouvdp,  besonders  xfic  TTavaYiac  xö  Z;uü- 
vdp  Trapezunt  Joaun.  ib',  xnc  KaXÖYpiac  xö  ^ouvdpi  Peloponnes, 


Etymologisches  ans  den  Balkansprachen.  115 

KiepaZlojvii  Som.  204  b,  Korais  At.  IV  2(34  ans  Kupäc  (=  ku- 
piac,  Mutter  Gottes)  Ziuuvii  und  daraus  entstellt  KepacouXe  Ikaria 
Stani.  131  und  Kepalov  Kytlinos  'E9.  qpiX.  Xo.  247.  In  Cy- 
pern  (Sakellarios  II  553)  ^uuvdpiv  ty]c  dYiac  'EXevnc,  der  Scliutz- 
patronin  der  Insel,  und  daher  stanniit  KiapaceXevn  bei  8oin., 
das  Korais  a.  a.  0.  g-ründlich  misdeutet  hat.  Ähnlich  tci  Ke- 
päc  TÖ  Xoupi  'der  Riemen  der  Madonna'  Jannar.  Man  ver- 
g-leiche  hie/.u  (aus  den  reichen  Zusanuuenstellungen  im  IL  und 
III.  Bande  der  Melusine)  Ceinture  du  Bon  Dien  und  Tcliam- 
balJia  (Strumpfband)  dl  Bonn  Dloi  et  de  la  Santa  Vierdza 
aus  der  Haute-Loire,  zahata  vacaijo  'Gürtel  des  Hinnuels'  bei 
den  Galla,  Enne  Maryam-t  matemiya  'Gürtel  der  Maria'  im 
Chamir  in  Abess3'nien,  lit.  dangaüfi  jüsta,  laumes  jdsta  'Gür- 
tel des  Himmels,  der  Laume';  alb.  ioA-  e  zois  'Gürtel  der 
Jungfrau  Maria'  Wtb.  412;  türk.  'Gürtel  Allahs'  Bodenstedt 
Tausend  und  ein  Tag-  im  Orient^  110;  courroie  de  Saint  Leo- 
nard, lothringisch;  amarou  —  leroii  ar  potr  koz  'die  Strumpf- 
bänder der  alten  Knaben'  bret.  In  Arkadien  sagt  man  Ka- 
)udpa,  in  Attika  Ka|udpa  xoO  GeoO  (Politis  Melusine  II  39),  d.  i. 
'Wölbung'.  Zusammen  gehören  TapdiXxc  in  Trapezunt,  Syll. 
XVIII  137,  und  TapayiXiv  in  Kerasunt,  'Apxeia  I  3,  27;  ist 
der  zweite  Teil  türk.  jj^X^e^J  'Stern'"?  Ein  seltsamer  Ausdruck^ 
zu  dem  mir  Analogien  fehlen,  ist  vcKpoKÖviaXo  und  luiKpiKÖv- 
rapo  in  Epirus,  Syll.  XIV  241.     Mviiueia  I  47. 

12.     Rumänisch  hag. 

Südrum.  hagu  bei  Kavalliotis  Xo.  109,  hägare  bei  Obe- 
denare  Texte  macedo-romäue  S.  343,  hag  bei  Weigand  Aro- 
munen  II  296  heisst  'setze,  stelle,  lege'  und  entspricht  rum. 
bag  'stecke  hinein,  führe  ein'.  Das  Wort  wird  von  Cihac 
II  638  aus  ngriech.  ßdZiuj  hergeleitet,  was  ganz  unmöglich  ist, 
da  sich  so  weder  das  b-  noch  das  -g  erklären  lässt.  Ich 
glaube,  dass  in  rum.  bagii  das  Verbum  erhalten  ist  zu  dem 
Stamme,  von  dem  sich  in  den  romanischen  Sprachen  verschie- 
dene Ableitungen  finden:  prov.  afrz,  hagua,  bague  'Bündel', 
span.  haga  'Last  die  dem  Maulthier  aufgelegt  wird',  nordit. 
baga  'Schlauch,  dicker  Bauch'  (ven.  vicent.  cremask.  cremon, 
mant.  piac.  parm.  bresc.  berg.  mail.,  davon  cremon.  haghetto 
'Dudelsack',  parm.  hagön  'Trunkenbold',  bresc.  bagär,  berg. 
haga  'saufen'),    friaul.  baghe  'Schlauch',  it.  bagaglio,    frz.  ba- 


IIG  Gustav  :\Ieycr, 

(jage  ""Gepäck'.  Griindbeclentniig-  von  haga  ist  die  tleiii  Tiere 
aufgelegte  Last,  .speziell  der  grosse  gefüllte  AVeiiisclilancli. 
Hielier  gehört  auch  alb.  hagdi  'Lasttier'  Wtb.  22.  Falls  dieses 
hag-  im  Lateiiiisch-Rouiaiiischeii  fremd  wäre,  könnte  man  es 
mit  idg-.  Mag-  vermitteln,  das  in  ai,  hhdjafi  'er  teilt  zu', 
g-riech.  (payeTv  (vom  Speiseanteil),  slav.  hogr,  'Reichtum'  in 
hogaih,  nhogh  =  ai.  hhcigas  'Gut'  sowie  in  dem  Gottesnamen 
ai.  hJuigas,  ap.  haga,  av.  daya,  phryg.  ZeOc  BaYaToc,  asl.  hogi 
erhalten  ist.  Grundbedeutung  von  haga  wäre  dann  die  zuge- 
teilte, auferlegte  Last.  Das  rom.  Wort  müsste  dann  aus  einer 
der  nördlichen  Sprachen,  die  idg.  hJi-  zu  h-  wandeln,  ent- 
lehnt sein. 

Mit  diesem  hag-  nichts  zu  thun  hat  das  in  den  nordit. 
Mundarten  vorkommende  hagola  (bresc.  berg.  com,  mant.  cre- 
mask.  mail.),  hagouJe  (cremen.),  hagula  (mirand.),  hagoJ  (pa- 
ves.),  hegra  (regg.),  hegla  hegra  moden.),  das  die  Bedeutungen 
'harter  Kot  von  Tieren,  bes.  Schafen,  Ziegen,  Hasen,  jMäusen 
u.  ä.',  und  'Strassenkot,  der  sich  an  die  Kleider  ansetzt'  hat. 
Davon  übertragen  pav.  hagola  'Unsinn,  Spass',  bresc.  hago- 
Jare  'schwatzen'.  Dies  ist  Deminutiv  von  haga  aus  lat.  häca 
'l)cere',  von  der  Form  dieser  Kliimpchen.  Ich  erAvähne  das 
Wort,  um  eine  Etymologie  von  mir  Alb.  Wtb.  23  zu  berich- 
tigen. Es  ist  ins  Alb.  als  hägel'e,  hage  und  daraus  umgestellt 
(halge)  haige,  in  Griechenland  hdlige  'Kuh-  und  Pferdemist' 
tibergegangen,  und  in  letzterer  Form  auch  im  Vlacli.  [halicd 
'Ballen  des  Kotes  der  Tiere',  Weigand  Olympoval.  47,  dazu 
hdligti  'seheisse'  AVeig.  128),  Rum.  {halegä  '3Iist,  Kot',  haleg 
'miste'),  Serb.  (balega  halaga  haloga  'Vichkot'i,  Klruss.  {ha- 
lyga,  helega,  haloh)  vorhanden.  Ich  hatte  also  nicht  nötig 
a.  a.  0.  mit  Hasdeu  Cuv.  T  20i)  den  Ursprung  des  Wortes  im 
Tatarischen  zu  suchen. 

1)>.     Rumänisch  mat. 

Kordrumänisch  nuit  'Darm',  stidrum.  waffui  bei  Kaval- 
liotis  Ko.  {j'2,  ist  bei  Ciliac  11  r)'.t4  falsch  aus  dem  Türk.  er- 
klärt. Es  ist  lat.  maf'ia,  das  in  den  Glossen  des  Placidus 
(^Corp.  Gloss.  lat.  V  8;))  so  erklärt  wird:  in  pristine  [lies  in- 
testina] (|ue  sordes  cmitlunt.  unde  niatiarii  dicuntur  (|ui  cadem 
tractant  ad  [lies  ac]  vendunt.  Daraus  Pajtias  l)ci  Ducange  IV 
ij'2\.     Dieses   iiiaiia    ist    vii'lleiclit    idcntiscli    mit    inaitea,    das 


Etymologisches  aus  den  ßalkanspracheu.  117 

schon  VaiTO  L.  L.  V  112  richtig'  als  Leliuwovt  ans  (angeblich 
makedonischem)  fiaiTun  erkannt  hat  und  das,  wie  dieses,  ein 
feines  Fleischhache  mit  Gewürz  und  Kräutern  bezeichnete; 
vgl.  auch  Friedländer  Petronii  Cena  Trimalehionis  S.  295.  Es 
ist  möglich,  dass  diese  7nattea  in  Därme  gefüllt  wurde,  und 
dass  Wort  dann  zur  Bezeichnung  des  Darmes  wurde.  Ver- 
gleichbar ist  lat.  ^caldümen,  das  in  nordit.  caldume  'Wam- 
penfleck', in  cat.  escahlnms  'coudimentum  ex  avium  minutis' 
bezeichnet  (Mussafia  Beitr.  z.  Kunde  der  nordit.  Mundarten 
40),  in  alb.  gardäiup  'gefüllte  Därme',  in  ngriech.  -foipbouiuia 
^ Kalbsgekröse',  in  deutsch  Kaidaunen  und  cech.  JcaJdoun 
'Eingeweide',  in  kroat.  Icaldmii  "Lungen'  bedeutet.  Vgl. 
Kluge''  182.  Miklosich  Et.  Wtb.  109.  Ebenso  sie.  quadumi 
■"le  interiora  degli  animali  mangiabili';  bol.  caldöni  dass.  (Coro- 
nedi  Berti  I  241,  wo  es  falsch  aus  Kaidaunen  hergeleitet  wird). 

14.     Südruiuänisch    räfäldh. 

Weigand  Aromunen  II  338  verzeichnet  südrum.  rätäldh 
'Sehlauch  von  Ziegenfell'  und  bestätiget  damit  die  Angabe  von 
Kavalliotis,  der  No.  Sß  ßaraXdxou,  d.  i.  vätälaliu  'dcKi'  hat. 
Ich  halte  das  Wort  für  eine  Entstellung  eines  slavischen  Wor- 
tes: russ.  potrolm  Plur.  'Eingeweide',  poln.  patrach,  patroch 
dass.,  daraus  lit.  patralMi  'Gekröse',  rum.  patroacä  'Kaidau- 
nen', magy.  potroh  'dicker  Bauch'  (vgl.  Miklosich  Etym,  Wtb. 
353).  Auch  rum.  ö^^/•c?^'^/" Schlauch,  Wanst'  dürfte  hierin  seine 
Quelle  haben. 

15.     Rumänisch  cdtusä. 

Über  den  Xameu  der  Katze  und  seine  Verbreitung  vgl. 
Sittl  Arch.  lat.  Lexik.  V  133.  Hehn  Kulturpflanzen «  452.  589. 
Die  am  zuletzt  genannten  Orte  aufgestellte  Behauptung,  dass 
\atus  in  allen  romanischen  Sprachen  vorhanden  ist  und  nur 
im  AValachischen  fehlt',  woraus  chronologische  Folgerungen 
zu  ziehen  seien,  ist  unrichtig.  Im  Südrumänischen  ist  cätusä 
bei  Weigand  Aromunen  II  311  und  schon  bei  Kavalliotis 
No.  155  bezeugt;  Cihac  II  76  führt  aus  Alexi  Gr.  48  ein 
rum.  cätusä  an.  Im  Nordrumänischen  und  im  Meglen  (pisä, 
Weigand  Vlacho-Meglen  48)  gelten  allerdings  sonst  andre  Aus- 
drücke, vgl.  Verf.  Alb.  Wtb.  339.  -um  ist  slavisches  Suffix, 
vgl.  serb.  rogum  kulum  seljakum  soldatusa  und  viele  an- 
dere, Miklosich  Vergl.  Gramm.  II  344  f.     Auch  rum.  gäinusä 


118  Gustav  yieyev, 

'kleine  Henne',  nnuernsa  'Weibehen',  mätusä  'Tante',  turtu- 
reliisä  'TiirteltänbeLcn'.  Zu  cäUisä  vg-1.  poln.  l'otus,  Fem. 
Jcotusia  'Kätzchen'.  Die  Ansicht  Mcver-Lübkes  Rom.  Gramm. 
II  516,  (las  Suffix  -usa  sei  magyarisch,  erweist  sich  durch 
sein  Vorkommen  im  Südrumänischen  als  unrichtig-. 

Das  Maskulinum  zu  diesem  -nsa  liegt  in  südrum.  aus 
'Greis'  vor  (AVeigand  II  296),  bei  Kavalliotis  und  Obedenare 
ausu,  bei  Daniel  aus-l'i  TTreise'  (ungenau);  auseskii  Verde  alt' 
Weigand.  Da  im  Rum.  -v-  zwischen  Vokalen  ausfällt,  steht 
nichts  im  Wege  aus  für  *arus  zu  nehmen  und  auf  lat.  avus 
zurückzuführen,  das  im  Romanischen  meist  nur  in  den  Formen 
*avius  und  '^aviolus  erhalten  ist,  während  das  Grundwort  in 
ital.  avo,  ava  (friaul.  are)  lebt  ^).  -iis  führt  nicht  aut  ein 
lat.  -üsius,  wie  Miklosich  annahm;  auch  Bugge  BB.  XVIII 
176  hat  dessen  Existenz  nicht  sehr  wahrscheinlich  gemacht. 
Es  ist  viehnehr  das  auch  im  Kordrum.  vorkommende  -us.  das 
z.  B.  in  piciorüs  'Füsschen',  mägärüs  "Eselchen',  piircelüs 
■"Schweinchen',  negrn.^  ^schAvärzlich',  calüs  'Einsteckholz'  (eig. 
Tferdchen')  verkleinernd  auftritt  und  eben  das  Maskulinum  zu 
dem  oben  besprochenen  Fem.  -usa  ist,  wie  dieses,  slavischen 
Ursprungs,  vgl.  z.  B.  russ.  batjusb  'Vater'  u.  a.  Miklosich 
Vgl.  Gramm.  II  344. 

16.     Rumänisch   cauf. 

Kordrum.  caitf,  ccmtare  heisst  'suchen'.  Ihm  entspricht 
südrum.  caffu  'suche,  verlange,  beabsichtige'  Weigand,  cäffare 
oder  cavfare  bei  Obedenare,  coftu  mit  den  Bedeutungen  tcuo- 
\xa\  'koste',  Tupeuui,  )ijak^\}\x}  'suche'  bei  Kavalliotis  Xo.  ITC. 
193.  1102.  Cihac  I  48  hat  das  Wort  auf  lat.  cr/^^f^rt^  zurück 
geführt.  Indessen  ist  Übergang  von  -pf-  zu  -//-  für  das  Rumä- 
nische unerweislich,  obwohl  er  im  Xgr.  und  Alb.  Regel  ist. 
preftu  ist  nicht  "^prepter  aus  ^'pre(s)h}tev,  sondern  ^prerifer, 
^prevter,  vgl.  istr. -rum.  prevt,  neap.  prevete,  cal.  prevltCj 
alb.  prift.  Danach  M'ird  auch  caftu  auf  ''■'cai-fK  zurück  gehen, 
was  auf  '-'cavitare  oder  ''xautare  von  caveo  führt.  Rum.  caut 
heisst  auch  'besorgen,  pflegen';  dazu  lässt  sich  das  ani'  H'ovicare 
zurückgeführte  frz.  choyer  'verzärteln'  vergleichen.  \\\\\\\.  preot 
^{c\\X  \\\v  prent.  A'or  Medien  wird  lat.  r///  zu  südniiii.  r/r.  n<ird- 
runi.  au  :  audio,  sr.  avdu,  nr.  aud\  Jaudo,  sr.  alacdu,  nr,  laud. 

1)  Vgl.  jetzt  T.-ippolet  Die  romanischen  Yerwandtschaftsna- 
incn  S.  62. 


Etymologisches  aus  den  Balkansprachen.  119 

17.     Südriimäniscli  minfe,  minde. 

Kavalliotis  iS'o.  180  hat  als  Übersetzung-  von  yvoj^it  sr. 
juivvte,  d.  i.  minde.  Tlnmmann  liat  unrichtig-  juivte  abgeschrie- 
beu  und  Miklosich  ist  ihm  gefolgt.  Bei  Obedeuarc  und  Wei- 
gand  lautet  das  Wort  allerdings  minte  und  ebenso  im  Rum. 
minte,  aus  lat.  menfem.  Es  ist  indessen  nach  der  Schreibung 
des  Kavalliotis  und  nach  dem,  was  Miklosich  Beitr.  III  76 
anführt,  nicht  zu  bezweifeln,  dass  wenigstens  in  einigen  Teilen 
des  südrumänischen  Sprachgebiets  minde  für  minte  gesprochen 
wurde.  Den  Übergang  von  -nt-  in  -nd-,  der  im  Griech.  und 
Alb.  Lautgesetz  ist,  kennt  das  Südrum.  sonst  nicht,  ausser  in 
griech.  und  alb.  Wörtern.  Lat.  -nt-  bleibt  -nt-,  vgl.  z.  B.  (die 
Beispiele  sind  aus  Weigand,  der  genau  aufgezeichnet  hat): 
amintrei  .  amintu  .  dininte  .  dinte  .  fäntinä  .  friminfu  .  frinte  . 
Mntu  .  mirmintu  .  munte  .  nainte  .  näintru  .  näunfru  .  pärinte  . 
punte  .  sintii  .  sMnteale  .  Intinu.  -nd-  ist  in  lat.  Wörtern 
immer  ursprünglich:  ajjrindii  .  asl'undu  .  dimhidu  .  dinde  . 
fund  .  Tturundu  .  Tcindn  .  lindnrä  .  tindit  .  fnndu  .  vindik  . 
vindu.  Ebenso  in  slavischcn  Wörtern:  mintesl'u  :  metq  (aller- 
dings auch  mendesfi  Mi.  a.  a.  0.).  pämant  :  pameth.  Da- 
gegen griech.  -vt-  ist  der  x^ussprache  des  Xeugr.  gemäss  -nd-: 
afendi  .  anda  (öviav)  .  apändiseslxU  .  'kandilä  .  TxundiJi  .  kin- 
disit  (Kevieuu)  .  Vunddr  (Xeovxdpi)  .  trandabotdn  .  trandäfilä  . 
jamandä  (bia|udvTi).  Ebenso  aus  dem  Alb.  argande  .  mindu- 
esku,  minduire.  Diese  letzten  Formen,  die  durch  ilir  -n-  ihren 
Ursprung  aus  alb.  mefidöj  verraten,  haben  offenbar  auf  das 
lat.  minte  gewirkt  und  ihm  die  Aussprache  minde  mitgeteilt. 

18.    'Eumäniscli  zadä,  dzadä. 

Nordrum.  zadä  'pin  sau  vage,  eclat  de  bois  resineux  ser- 
vant  de  torchc'  Cihac  II  712;  'Lärchenbaum'  Iszer  65,  Polysu 
135;  'Lärchenbaum,  Edeltanne'  Saincanu;  ungenau  bei  Clemens 
Walachisches  Wörterbuch  120.  ol2  sada  'Kien'.  Südrum.  ent- 
spricht dzadä  'Tanne'  Weigand  bei  Kavalliotis  Nr.  197  vTlävia, 
d.  i.  dzadä  'babi';  ungenau  bei  Daniel  xläja  (dzata).  zadä, 
dzadä  stehen  für  zeadä,  dzeadä  und  stammen  aus  lat.  taeda 
'Kienbaum,  Fichtenbaum,  Kien,  Fackel'.  Auch  sizilisch  deda 
zeigt  die  Media  im  Anlaute;  man  erklärt  sie  aus  Assimilation. 
Mir  ist,  obwohl  die  allgemeine  Ansicht  jetzt  dagegen  zu  stehen 


120  Gustav  Meyer, 

scheint,  iiuincr  noch  wahrscheinlich,  dass  lat.  taeda  aus  griech. 
baba,  Akk.  von  bac  'Kienholz,  Fackel'  entlehnt  ist,  zu  einer 
Zeit,  als  man  den  Diphthong-  von  bäiba  in  Unteritalien  noch 
sprach.  Dann  hätte  die  siz.  und  rum.  Form  den  ursprünglichen 
Aiüaut  eines  vnlgärlat.  ""'daeda  hewahrt,  lat.  taeda  wäre  dissi- 
miliert. 

19.     Eumänisch  chrr,  tdr. 

Nordrum.  chir  ist  \Sieb';  ihm  entspricht  siidrum.  tsir  bei 
Weigand,  tsiru  l)ei  Kavalliotis  Nr.  456.  cnir  ist  lat.  clhrum 
für  cribrum-,  die  Folge  der  zwei  r  ist  in  umgekehrter  Weise 
erleichtert  wie  in  span.  crtbo,  ])ort.  crivo,  lat.  cribeUum.  Die 
Form  ist  in  den  Plaeidusglosscn  direkt  bezeugt  (Corp.  Glos.«, 
lat.  V.  59,  25):  crihrum  non  cibriim.  -hr-  ist  nordrum.  zu  -ur- 
geworden,  wie  in  faur  aus  fahrum,  fäurdr  aus  fehriiarius, 
leuruscä  aus  lahrusca  u.  a.  In  südrum.  tsir  ist  v  vor  r  ge- 
schwunden, vgl.  kusurin  bei  Daniel  =  consohrini,  rum.  lunec, 
wenn  es  wirklich  =  hibrico  ist.  x\nders  ist  die  Auffassung 
von  ]\Iiklosich  lieitr.  2,  55.  Nach  ihm  soll  cmr  aus  cir  =  tsiric 
entstanden  sein,  dieses  aus  *ciribrum,  tsirir,  das  zu  tsir  kon- 
trahiert wurde.  Auch  für  cirihrum  beruft  sich  Miklosich  auf 
die  Glossen  des  Placidus,  aber  diese  Form  der  älteren  xVus- 
gaben  ist  schon  von  Deuerling  beseitigt  und  im  Corp.  Gloss. 
durch  obige  Lesart  ersetzt.  Ü))rigcns  wird  *ciribru7n  durch 
das  daraus  entstandene  sardische  diiliru  vorausgesetzt. 

20.    Rumänisch  strig. 

Nurdrum.  strig  'rufe,  schreie',  südrum.  strigü  Weigand, 
strigu  Kavalliotis  No.  485  'rufe,  schreie'  hat  Cihac,  dem  Kör- 
ting folgt,  von  ^'exquirifare  al)geleitet.  Ich  sehe  zwischen 
beiden  AVörtcrn  die  tiefsten  lautlichen  Abgründe,  strig  ent- 
spricht einem  lat.  "^'strigare,  das  zu  strix  'Ohreule',  striga 
'Hexe',  CTpi-fH  'Art  Eule'  gehCtrt  und  zunächst  das  kreischende 
Geschrei  dieser  Wesen  bezeichnet  hat.  tpiZiuj,  xprf-  wird  dazu 
gehören.  In  derselben  Weise  ist  ein  mgriech.  CTpiYTiZ^iu  'rufe' 
von  CTpi^H  gebihlet,  s.  Ducange;  an  einer  dort  angefiUu'teu 
Stelle  steht  es  synonym  mit  KpdZuu:  KpdZ;ei  boKÜj  KaX\i)aaxov, 
Ka\\i)uaxov  CTpiffiZlei.  Hinzuzufügen  ist  z.  15.  Flor.  u.  Tlatziall. 
1(528.  161)0;  (iTTOCTpiYTiZ^uj  Machäras  183,  5  »Sathas;  CTpiTT« 
'ruft'  Kappadokien,  AcXtiov  I  725,   15. 


Etymolog-ischeö  aus  den  Balkanspraehen.  121 

21.  Rumäiiiscli  acdf. 

Nordrniu.  acdt  'häiige  an',  südrum.  aMts  'erg-reife'  Wei- 
gand  ;  dazu  nl-afsu  'streite'  Kavalliotis  No.  574.  Das  Wort 
scheint  zu  bulg.  Icacja  "hängen',  otkacja  'loshaken',  zakacja 
"anfangen',  hacja  'erheben',  Imcja  se  'steigen'  zu  gehören, 
dem  im  Serb.  l^acati  'sich  auf  die  Oberfläche  des  Wassers 
werfen,  von  Fischen'  entspricht.  Die  slavischen  Wörter  sind 
bei  ]\Iiklosich  Et.  Wtb.  108  nicht  gedeutet.  Das  von  ihm 
dazu  gestellte  bulg.  kacam,  Mcna  'sich  setzen'  führt  auf  die 
Herleitung  aus  dem  griech.  Aorist  eKdica  für  eKcüGica  'setzte 
mich';  ebendaher  oder  aus  dem  Slavischen  stammt  das  rumä- 
nische Wort. 

22.  Rumänisch  stuj). 

Nordrum.  sUtj)  ist  'Bienenkorb',  südrum.  stiqm  nach 
Kav.  No.  604  'Biene'.  Die  erste  Bedeutung  ist  die  ursprüng- 
liche. Auch  alb.  hVefe  'Biene'  hat  daneben  die  Bedeutung 
'Bienenkorb'  (Rossi,  Reinhold)  und  wird  wohl  eigentlich  %Z- 
hethis  *abletUis  von  aicus  'Bienenkorb'  sein  (vgl.  Verf.  Alb. 
Stud.  II  79;  anders,  aber  schwerlich  richtig,  wegen  &-,  Alb. 
Wtb,  39).  Das  kollektive  'Bienenkorb,  Bienenschwarm'  ist 
auf  das  Einzelwesen  übertragen.  Die  ursprüngliche  Bedeutung 
von  stuj)  ist  'Stumpf,  Ijaumstamm':  in  hohlen  Baumstämmen 
sind  Bienenstöcke  angelegt.  Vgl.  it.  bufjno  'Bienenstock'  = 
neuprov.  hugno  'Baumstamm',  das  man  auf  air.  Imn  'Wurzel- 
stock', kymr.  bön  'Baumstumpf  zurückführt;  ngriech.  Kop|ui, 
Kopiaepo  im  Pontos,  Syll.  XVIII  142;  Detfuer  Archiv  I  227) 
'Bienenstock',  eig.  'Stumpf'^).  Das  Wort  gehört  zu  der  Wurzel 
stuj),  die  samt  ihren  Nebenformen  sfump,  tup,  tump  ähnliche 
Bedeutungen  hat,  wie  Int,  kuts,  but,  btds,  cok,  conk,  tsop, 
tsomp  u.  ä.  (vgl.  Ngr.  Stud.  II  99).  Es  gehört  hieher  z.  B. 
1)  zu  stup  :  ai.  stiipäs  'Schopf,  auch  mit  u  stiipas  'Schopf, 
Balken,  Haufen';  griech.  ctuttoc 'Stock,  Stumpf,  Stiel';  cxuTrdZiuj 
'schlage'  Hes.;  dTTOCTUTidZiuj  'prügle  weg'  bei  Archilochos;  lat. 


1)  Ich  bemerke  zu  Byz.  Ztsclir.  111  158,  wo  ich  über  ngrieeh. 
Bezeichnungen  des  Bienenkorbes  gesprochen  habe,  dass  meine  Er- 
klärung von  Iu|udpi  und  äc|no6öxoc  falsch  ist.  Ersteres,  das  auch  in 
Ikaria  als  ^o|uäpi  vorkommt  (Stamatiadis  129),  ist  =  Z:,udpi  von  agr. 
^Cjuöc  'Bienenschwarm'';  damit  ist  auch  ücjaoböxoc  zusammengesetzt» 


122  Giistcav  Meyer, 

stupeo  'bin  starr',  stupidus,  stuprum  eig.  'Verstümmelung', 
^shqmla  'Stoppel'  (=  ital.  stoppia  usw.,  sclirift lateinisch  sti- 
ptila),  wahrscheinlich  auch  Htipulus  'fest',  wovon  stipularij 
und  mit  t  stipes  'Stuni})f';  anord.  stüfr  'stumpf;  2)  zu  stump: 
ai.  prastumpaü  'stösst  mit  den  Hörnern';  3)  zu  tup:  griech. 
TU7TTUJ  'stosse',  asl.  thpiAütl,  bulg.  tipca  'treten',  poln.  ttipac 
'mit  dem  Fusse  stampfen';  lit.  hqjüi  'kauern,  hocken'  (wie 
ein  Stumpf);  4)  zu  tump:  ai.  tumpati  (unbelegt);  griech.  TU)i- 
TTavov.  "Weiter  schliessen  sich  hier  an  stemp-,  stomp-  (asl. 
stqpiti  'treten'  =  serb.  stupiti  usw.),  temp-  tomp-  (asl.  tqp'b 
'stumpf  =  serb.  tup  usw.),  stemh-  (lit.  stamhras  'Stumpf, 
deutsch  stumpf),  stembh-  (ahd.  stuiu'bal  'Stumpf,  verstümmelf) 
usw.,  worauf  ich  hier  nicht  eingehen  kann. 

23.     Rumänisch  puHn. 

Rum.  puün  'wenig',  auch  im  Südrum.  bei  Kavalliotis 
und  Weigand,  ist  von  Cihac  I  224  aus  lat.  ^paucinus  erklärt 
worden,  und  andre,  Avie  Körting,  Saineanu,  sind  ihm  gefolgt. 
]\Iiklosich  sagt  Ru.  ünt.  II  33  "man  vergleicht  paucus,  wohl 
mit  Unrecht".  Man  kann  sagen,  gewiss  mit  Unrecht:  weder 
die  Behandlung  des  cm  noch  die  von  -ci-  würde  verständlich 
sein;  man  müsstc  im  Nordrum.  wenigstens  piiciii  erwarten. 
Das  dem  Kord-  und  Südrum.  gemeinsame  ts  weist  auf  '■^puti- 
nus.  Dies  gehört  zu  einem  Stamme  p«f-,  der  ebenso  wie  der 
ähnliche  Stamm  pit-  (Alb.  "Wtb.  341),  etwas  'Kleines,  Junges' 
bezeichnet.  Von  ihm  sind  Ableitungen  z.  B.  ai.  ^^<^rrts  'Kind', 
ptittalas,  puttilxä'V\{])\iQ.'  (mit  Diphthong  ^;ofrt5  'Tierjunges'); 
lat.  putus,  putülus,  noch  ital.  putto,  putto,  puttana  u.  a.; 
venez.  auch  putin,  putina  für  'kleines  Kind'.  Asl.  pita 
'Vogel'  (eig.  'junger  Vogef),  lit.  puf/'/fis  als  Zärtlichkeitsaus- 
druek,  etwa  'Hähnchen',  Kurschat  (hielior  auch  paütas  'Ei'). 
put  put  dient  zum  Hühnerlocken  im  Litauischen  (Kurschat)  und 
Deutschen,  Heyne  leitet  Pute,  Puter  =  Truthahn  davon  ab, 
jedenfalls  stannuen  daher  J^uttel,  puttlle,  puttele  für  'Hühn- 
chen' (z.  B.  Lexer  Karin.  Wtb.  48j  und  aus  dem  Deutschen 
ßlov.  cech  ^jwfrt  'Henne'. 

24.     Serbisch  j)Jiiii((. 

Miklosich  Et.  Wtb.  250:  "plhini  serb.  'Flut,  Überschwem- 
mung';   pliina   i   osjeka    'Ebbe    und    Flut'.     Man    möchte    an 


Etymologisches  aus  den  Balkansprachen,  123'- 

griech.  uXuiiia  denken,  das  jedoch  'Spülwasser'  Ijedeutet."  Das 
serb.  Wort  ist  natürlich  nichts  anderes  als  griech.  irXriiari  'Flut 
des  Meeres',  anch  icXriiiniT  geschrieben,  das  bei  PoljiDios,  Diodor, 
Strabon  und  andern  spätem  Schriftstellern  vorkommt. 

25.     Sloveuisch  prun. 

Ohne  Deutung  steht  bei  Miklosich  Et.  Wtb.  266  nslov. 
p7nin  'blau\  im  Nordwesten  des  Sprachgebietes.  Im  sIoy. 
Wörterbuche  von  Janezic;  hrg.  von  Kleinmayr  (1874)  findet 
sich  prün  'grün,  grasgrün,  bläulich';  die  neue  Ausgabe  von 
Hubad  hat  das  Wort  weggelassen.  Das  neue  Wörter1)uch  von 
Pletersnik  II  358  gibt  aus  Jarnik  die  Bedeutung  'blau',  und 
zitiert  aus  einem  Volksliede  prun  liokor  jasno  nebo  'blau 
wie  der  heitere  Himmel'.  Die  Bedeutung  'grasgrün'  scheint 
apokryph  zu  sein.  Strekelj  hat  sich  Arch.  slav.  Phil.  XII  467 
mit  dem  Worte  beschäftigt  und  es  auf  ahd.  mhd.  hrün  'braun' 
(it.  bruno)  zurückgeführt.  Das  ist  gewiss  möglich,  denn  die 
Farbenwörter  unterliegen  mannichfachem  Wechsel  der  Bedeu- 
tung. Aber  einfacher  liegt  es  jedenfalls  in  dem  Worte  das 
lat.  prünum  zu  sehen,  so  dass  es  eigentlich  'pflaumenfarbig' 
bedeuten  würde,  wie  in  ladinischen  Mundarten  briim,  hruny 
hurna  'blau'  auf  dasselbe  prunum  zurückgeht  (Alton  Lad. 
Idiome  158.  Schuchardt  KZ.  XX  249  A.).  b-  auch  in  friaul. 
hrugnul,  venez.  brogna  usw. 

Graz.  Gustav  Meyer. 


Zur  Ausspraclie  des  Griecliisclieii. 
(Griechische  Umschriften  demotischer  Wörter.) 


Die  demotischen  Papyri  von  London  ^j  und  Leyden-)^ 
welche  wie  ich  nachgewiesen,  die  beiden  Hälften  einer  und 
derselben  gnostischen  Handschrift  sind,  enthalten  mehrere  hun- 
dert griechische  Glossen,  die  durch  ihre  genaue  und  streng 
konsequente  Umschreibung  der  darunterstehenden  demotischen 
WortC;  nicht  nur  das  kostbarste  Material  zur  genauem  Bestim- 

1)  Der  gnostische  Papyrus  von  London,  Einleitung  Text  und 
Deniotiscli-deutsches  Glossar  von,  J.  J.  Hess.  Freiburg  (Schweiz)  1892. 

2)  Ägyptische  Monumenten  van  het  Nederlandsche  Museum 
van  Oudhedcn  te  Leyden  uitgegeven  door  Dr.  Conradus  Leemans 
Leyden  1839. 


124  J.  J.  Hess, 

miing-  der  Lautwerte  des  ägyptischen  Alphabetes  sind,  sondern 
auch  wert\olle  Aiifscliltisse  ü)3er  die  Aussprache  des  Griechi- 
schen, Avie  es  im  2.  Jahrhundert  3)  n.  Chr.  in  Äii'vpten  ge- 
sproclien  wurde,  liefern.  Ich  g-ebe  im  Folgenden  alles,  was 
für  den  Hellenisten  von  Belang  sein  kann  und  zwar  so,  dass 
ich  zuerst  das  vollständige  Material  resp.  alle  Glossen,  in  denen 
der  zu  bestimmende  Laut  vorkommt,  zusammenstelle  und  dann 
erst  meine  Schlüsse  ziehe;  die  demotischen  Formen  sind  na- 
türlich umschrieben,  wobei  ich  l>emerkcn  muss,  dass  die  Laut- 
werte des  demotischen  Alphabets  absolut  sicher  sind,  sofern 
nicht  das  Gegenteil  bemerkt  ist. 

0 

entspricht  mit  xlusnahme  von  2  Fällen  stets  demotischem  j^li. 
Im  I'apyrus  von  London  findet  sich : 

cqjhöe  =  aqpuui"!  v.  II  3;  aphöhös  =  aqpoßuuc  II  14;  am- 
jjhöit  =  a)ucpoou  IX  14;  enphe  =  evqpe  V  17,  VII  13;  iph 
=  icp  V.  II  1  ;  phälelcmi  =  cpaXeK|ui  X  5 ;  phekse  =  qpuHe  VII 
22]  plirrja  =  cpupKa  YTI 22]  mephrobriäs  =^  jiieqppujßpiac  VII  22; 
oiieUlxhripTis  =  laeXixpicpc ;  nephro  =  veqppuu  \ll  21;  ntsiu- 
phiu  =  biouqpia  VII  22;  lephoger  =  XucpoKep  v.  II  7;  laöre- 
grepJiie  =  XaopeKpricpie  VII  23;  lierephes  =^  upuqpiic  VII  22; 
pliihieg  =  cpißiriK  X  6;    gephäersöre  =  Kecpaepcuüpe   v.  II  7. 

Im  Papyrus  von  Leyden:  phrilxS  =  cppeiH  VII  9;  mäs- 
plK'ynege  =  luacqpoveKC  VII  10;  periphäe  =  rrupicpari  IX  2; 
Hrpönghnuph  =  apTTOVXVoucp  IX  6;  hrintatenöphri  =  ßpiv- 
TttTiTvuucppi  IX  7;  meseglwlpli  =  juecexpicp  IX  8;  ömph  =  a)|uq) 
IX  9;  emphe  =  eiacpri  X  6,  31;  arJxhel-hemphe  =  apx€X6|Li- 
<pai  X  18;  nepliär  =^  vr|cpap  XXI  8;  aplioe  =  acpoin  XXI 
8;  lephoger  =  Xuqpoxep  XXI  9;  gephäersöre  =  Kecpaepcuüpe 
XXI  10;  hfiisiphth  =  l^^'eiciqpS  XXII  10;  phaJdhiöp  =  cpaK- 
GeiOTT  XX  14:  ptaräphne  =  TTTapaqpvr)  XX  15;  nrnphnu  = 
apacpvou  XX  15;  phnugentahaö  =  qpvouKevraßauu  v.  XV  2. 

Ein  dcmot.  p  transkribiert  9  in  pfaJch  =  00a  IX  2  wo 
der  Schreiber  statt  einer  genauen  Transkription  einfach  die 
griechische  Form  des  G(»tternamens  hinsetzte  und  in  egompto 
IX  21,  X  25  (an  letztenu  Oite  fehlerhaft  egomthö)  =  eKO|uq)0uü. 

Das  cp  ist  also  unzweifelhaft  j)-\-h  und  noch  nicht  ein 
labiodentales  /'  wie  im  Xengriechisclion,  es  ist  dies  um  so 
sicherer,    als    unser  ^Manuskript   den   stimnduscn   labiodentalen 

1)  Nach  der  italaograpluselicu  Bestinnnung'  U.  Wilckens. 


Zur  Aussprache  des  Griechischen,  125- 

Laut  durch  ein  besonderes  dem  Ägyptischen  entlehnten  Zei- 
chen t|  wiedergibt:  ornuorf  =  opvouajp:|  London  II  10  bis^ 
^ähörof  =  TTaeuüpoL|  ib.  II  10,  11-  ntof  =  viaq  Leydeu 
XIV  41). 

X 
Die  Aussprache  des  x  hisst  sich  nicht  so  unmittelbar 
nachweisen  wie  die  des  cp,  da  der  Wert  der  demotischen  Ji- 
Laute  die  mit  h  dem  x  entsi)recheu,  nicht  ohne  Weiteres  fest- 
steht. Ich  gehe  daher  von  dem  griech.  k,  j  aus,  um  zunächst 
den  genauen  Wert  derjenigen  Zeichen  die  wir,  weil  sie  im 
16.  Jahrh.  v.  Chr.  einem  semit.  :t,  d,  p  entsprechen  mit  g,  Je 
nnd  k  umschreiben,  festzustellen. 

I.  K  transkribiert: 

anlautend  vor  a  ^(13  mal)  Ä- (10  mal)                     (1) 

vor  e  g  (11  mal)  /v  (4mal)                       (2) 

vor  r|  g  (1  mal)  Je  (1  mal)                       (3) 

vor  i  g  (2  mal)  Je  (4  mal)                       (4) 

vor  u  7i-  (1  mal)  (5) 

vor  0  g  (3  mal)  Je  (2  mal)     (6) 

vor  uu  g  (2  mal)  (7) 

vor  ou  g  (1  mal)  Je  (1  mal)     (8) 

vor  Konsonant  ^  (11  mal)  7v  (8  mal)                       (9) 

auslautend  g   (2  mal)  l-  (3  mal)                      (10) 

(1)  Papyi'.  von  London:  pJirgn  =  opupYa  VII  22;  nfote- 
gägisfe  =  bobeKaKicxri  VII  20 ;  semeägäntii  =  cr||ueaKavT[ou] 
VII  2'^\  gäsäntra  =  Kacavrpa  I  15;  gätJiurä  =  xaGapa  VIl 
25;  gänah  =  Kavaß  VII  20;  galagantsi  =  KaXav6i  III  24; 
gäräh  =  Kapaß  III  26;  Pai)yrus  von  Leyden:  gnm  =  Ka|u 
VII  2b -^  garJire  =  Kappr)  IX  7;  gahaön  Kaßaujv  X  lO;  äga- 
nägtip  =  ttKavaKOUTT  XVI  28;  JnragatJit  =  ßipaKaGai  XIX 
10^);    Papyr.  von  London:    Jei  =  xae  V  14;   leJeauJes  =  Xu- 


1)  Aus  andern  Texten  zitiere  ich  die  Lehnwörter:  (tfhluphii- 
rus  =  ae\o(popoc  B.  G.  D.  Tafel  V  2  (210  v.  Chr.);  phile  =  qpiaXri  B. 
Thes.  V  S.  1019  (254  n.  Chr.).  —  In  riUns  Inschr.  von  Rosette  3 
(195  V.  Chr.)  =  OiXivoc  und  Trnpin  pass.  z.  B.  B.  Thes.  V  p.  <S9;> 
(73  V.  Chr.)  =  Tpucpaiva,  wird  qp  durch  p  vertreten.  <|  umschreibt 
einmal  lat.  /'  in  Flgis  =  Felicis  (Titel  des  Commodus)  im  Ostracou 
20300  d.  Brit.  Museum  vom  "Jahre  12  des  Flgis". 

2)  Vgl.  das  Lehnwort  ijainna  London  v.  IX  4,  6.  7,  8  =  KaO|Lia 
'Hitze'. 


126  J.  J.  Hess, 

KttuH  VII  28;  häriJcätei  =  ßapiKarei  MI  29;  lätei  =  Kaxei 
VII  29;  Papyr.  von  Levden:  l-rö7nulnf  =  KpuujuaKaT  XVIII 
3;  l'ahm  =  KaXeou  XVIII  4;  päiikt  =  TTavKai  ib.;  infiktsltäkät 
=  fittKaTCiTaKaT  XVIII  45;  hirägatht  =  ßipaKaBax  XIX  10; 
ämämarkär  =  ajua)LiapKac  XX  9. 

(2)  Papyr.  von  London:  Jephöger  =  XucpoKCp  v.  II  7;  ge- 
jjJiuersöre  =  Kecpaepcuupe  v.  II  7;  genteu  =  Kevreu  VII  28;  ge- 
tJws  =  KeGoc  VII  7;  Papyr.  von  Leydeu:  mäsplwnege  = 
)aaccpov6Ke  VII  10;  gutliuhäsätliuri  =  Ke9oußaca9oupi  IX  17; 
getliö  =  KtGuu  IX  31,  X  25;  hiragetht  ^=  ßipaKeBax  XVIII 
34,  XIX  2;  gephäerstjre  =  Keqjaepcoupe  XXI  10;  phnugen- 
täbao  =  cpvouKevTaßauu  v.  XV  2;  Papyr.  von  London:  märmä- 
reke  =  juap^apeKe  VII  23;  hake  ==  uaKe  VII  30;  Papyr.  von 
Leyden :  mäskelJi  =  laacKeXXi  v.  XV  2 ;  mäskellö  =  juacKeXXuj 
V.  XV  2. 

(3)  Papyr.  von  London:  geriteu  =  Kiipibeu  \'II  28;  Pa- 
pyr. von  Leyden:  keke  =  KrjKri  XII  15. 

(4)  Papyr.  von  London:  ginnt atlnir  =  KivbaG[oup]  v.  II  2; 
ntötegägiste  =  bobeKaKiciii  VII  26^);  Papyr.  von  London:  ki 
=  Kl  V  14;  IcikJi  =  kik^  VIII  1;  Papyr.  von  Lej^den:  öäp- 
Jcis  =  uaiTKic  XXII  6;  Mkia  =  uaKie  XXII  10. 

(5)  Papyr.  von  Leyden :  hrinskalmu  =  ßpivcKuX)aa  IX  8. 

(6)  Papyr.  von  London:  göntere  =  Kuubiipe  VII  26;  gön- 
teu  =  KOVTeuVII28;  Papyr.  von  Leyden:  egöwptö  =  eKOiicp- 
Guj  IX  21,  X  25;  kmre  =  KOjapr]  V  15;  etsiknipto  =  ebi- 
ko)li7t[t]uu  IX  17  2).     ' 

(7)  Papyr.  von  London:  goghir  =  Kuuxip  v.  II  6;  Papyrus 
von  Leyden:  göklürhn'mtör  =  Kuuxippobop  XXI  9. 

(8)  Papyr.  von  Leyden:  äganagup  =  aKavaKOuir  XVI 
28;  Papyr.  von  London  .särbiaku  =  capßiaKou  X  (5. 

(9)  Papyr.  von  London :  läöregreplüe  =  XaopeKpjiqpie  VII 
23;  sulgmö  =  caXK)Liuu  VII  20;  igrä  =  iKpa  X  6;  glö  = 
kXo  V.  IIIC;  Papyr.  von  Leyden:  higt  =  ßiKi  II  13;  gläfe  = 
KXarai  I  4;  glahanö  =  KXaßavo  V  15;  grähunsänunl  =  Kpa- 
ßouvEavouvi  IX  17;  tagrfat  =  TaKpiar  IX  11,  13,  X  10, 
XI  4-j;  Pai)yr,  von  London:  nkruröhöre  =  aKpoupoßope  VII 


1)  Vg'l.  das  Lelinwort  gissös  Leyden  XVIII  18  =:  kiccöc  'Epheu'. 

2)  Yg].  das  Lehnwort  yru<jus  London  III  29,  Leyden  XIV  18 
=  KpoKOC  'Safran'. 


Zur  Aussprache  des  Griechischen.  127 

26;  phalekmi  =  cpaXeKfii  X  5;  Papvr.  von  Leyden:  anMliöm 
=  avaKGofi  VII  13;  tasli  =  xacKX  XVIII  3;  krömäkät  = 
Kpuu|uaKaT  XVIII  3;  phuldlüöp  =  qpaK6eioiT  XX  14;  Tcräänä 
r=r  Kpaava  XXII  14;  In'atris  =  Kpaipic  XXII  14. 

(10)  Papyr.  von  London:  phihieg  =  c})ißiriK  X  6;  Pa- 
pyr.  von  Leyden:  ig  =  ik  XVIII  2;  Papyr.  von  London: 
j)rä]{:  =  ßpdK  VII  21:  Papyr.  von  Leyden:  bäresäk  =  ßape- 
^aK  VI  5;  fäfäl'  =  TaxaK  XVIII  2. 

IL  Y  transkribiert: 
anlautend  vor  a  g  (1  mal)     ng  (3  mal)  (1) 

vor  e  ng  (1  mal)  (2) 

vor  i  k  (1  mal)   (3) 

vor  ö  ng  (2  mal)  (4) 

vor  f  ng  (2  mal)  (5) 

vor  Konsonant  ng  (1  mal)     k  (1  mal)  (6) 

(1)  Papyr.  von  London:  arsingä  =  apciVYa  v.  III  5  (nach 
7il) ;  Papyr.  von  Leyden:  peripegäneks  =  irupTrriYavriE  v.  XV  3  ^); 
Papyr.  von  London:  eresghfgäJ  =  epec\v{a\  VII  26;  Jiesen- 
mingäntön  =  uceviuiTabuuv  VII  25. 

(2)  Papyr.  von  Leyden:  sengänhäi  =  ceYevßai  IX  10 2). 

(3)  Papyr.  von  Leyden:  mekiste  =  fieTicxe  VII  8. 

(4)  Papyr.  von  London:  ngöngetsiks  =  y^TuöiE  v.  II  5; 
Papyr.  von  Leyden:  ngöngefhigs  =^  YuufuGig  XXI  6. 

"^  (5)  Siehe  (4). 

(6)  Papyr.  von  London:  lärngnunes  =  XapYvavric  VII 
22;  Papyr.  von  Leyden:  muknes  =  luaYvric  v.  II  11. 

Aus  den  Übersichten  I  und  II  ersieht  man,  dass  1)  k 
sowohl  g  als  k  umschreibt,  2)  dass  das  Demotische  um  den 
stimmhaften  Laut  y  darzustellen  sich  der  Kombination  ng  be- 
dienen muss  (wie  es  b  durch  nt  und  l  durch  ns  wiedergibt) 
woraus  folgt,  dass  g  ein  stimmloser  Laut  war. 

Aus  dem  Umstände  das  g  g-riech.  k  auch  vor  den  o- 
Lauten  (wie  das  tief  artikulierte  k)  vertritt,  erhellt,  dass  es 
auf  keinen  Fall   (wie    später    im  Koptischen)   palatalisiert   ist 


1)  Vgl.  die  Titel:  Atogrtur  Gsrs  Giu  Ubiu  Trhunie  Glue 
Inschrift  des  Termin  Zeile  25  nach  meiner  Kopie  =  Imperator 
Caesar  Gaijus  Vibius  Trebonianus  Gallus. 

2)  Vgl.  dagegen  die  Wiedergabe  von  Germanicus  in  den  Ti- 
teln des  Nero:  Nrne  Gluts  Gisrs  Sbste  Grmnks  Äutkrtre  Inschrift 
in  Dakke  LD  IV  144  Z.  7—8  nach  meiner  Kopie. 


128  J.  J.  Hess, 

1111(1  dalicr  niig-efähr  ^)  aiicb  dieselbe  Ai-tikiilationsstelle  haben 
iniiss  wie  Tc,  was  andrerseits  auch  dadurch  erwiesen  wird^ 
dass  in  iiiiserm  Papyrus  g  und  Ä;  in  deniotischeii  Wörtern 
wechselt  (so  gid  Loiid.  VI  15,  Leyd.  XIV  5  =  hid  Lond. 
VI  16  k.  cri.x  'Haiur;  gi  Lond.  III  6,  17,  Leyd.  VIII  21,  IX 
18  =  M  Leyd.  VI  1,  X  1  k.  o-i-  'Art,  "Weise')  und  in  dem 
Leydener  Papyrus  der  Tierfal)e]n,  der  wohl  einer  etwas  spä- 
teren Zeit  ang-ehört,  das  g  g-anz  unterdrückt  und  überall  durch 
Tc  ersetzt  ist. 

Das  gTiechische  x  n^^ii  v;\\'(\.  durchwegs  und  wie  es  nach 
den  vorhergehenden  Erörterungen  über  die  Natur  des  g  und 
Ic  natürlich  ist,  unterschiedslos  mit 

gh  (1)  und  Ä7i  (2) 
transkribiert. 

(1)  Papyr.  von  London :  eresghingal  =  epecxiTcX  VII 
26;  märighäri  =  jaapixape  I  22;  sngJiärnanm  =  couxa|ua)aou 
VII  6;  gögJiir  =  Kuuxip  v,  II  6;  ghubähö  =  x«ß«?u^  V  22,  VII 
18;  gTiöghömöh  =  xoxof-ioXri  VII  24;  gJiJa  =  xXav.  III5;  Pa- 
pyr. von  Lcyden:  arponghnuph  =  aprrovxvoucp  IV  6;  mene- 
hdriaJcJiegh  =  jLieveßapemxux  I-^  7 ;  mesegliriph  =  )uecexpicp 
1X8;  glumgJie  =  x^J^ouxe  IX  10;  lugluiv  =  XoiJxa[p]  v.  XXVII 
8;  Papyr.  von  London:  arlilie  =  ripxn  X  5;  itkliulhunhu  = 
axa[x]avßou  VII  6;  älhlhu  =  «xxou  VII  7;  'bakaksilxhelxh  = 
ßaJKaJgixux  VllI  10;  melilhriphs  =  jueXixpicpc  VII  21;  ma- 
lt hdhäi  =  |uaxa?ai  X  5;  muuekh  =  |uouvaix  X  6;  Papyr.  von 
Leyden:  IhöJthi'eJxhi  =  xoXPCXi  I  o;  Ihurmdi  =  x«PMöi  I  6t 
■inulvlwpneumä  =  )aaxoTTveu)Lia  VII  16;  psiklilrneälxhelmi  = 
ipiXiMeaxeXo  IX  5;  hrnlhdnsplä  =  ßXaxavcirXa  IX  6;  mene- 
hnriakhegh  =  laeveßapeiaxux  IX  7 ;  idl-Jilh  =  laxx  IX  8 ; 
mdörkhäräm  =  ^aopxapa^  IX  0;  lannlhelxli  =  Xaavxux  IX 
9;  n/ptumikh  =  vitttouiliix  IX  )^;  hukham  =  Xaixaju  IX  10; 
hasukham  =  ßacouxa)a  IX  !(>;  nkhägharkhun  =  axax«PX«v 
IX  16;  sökliom  =  coxoju  IX  20;  ökhökh  =  oxox  IX  20; 
arkhrempto  =  axpe|UTTT0  X  0;    ((rkhckhouphe  =  apxexcMcpai 


1)  Ich  sag'c  Uli  <>'c fähr,  ck'ini  aus  dein  Uiiistamlo,  dass  y  i" 
der  weitaus  überwiegenden  Zahl  der  Fälle  mit  //  oder  7ig  und  nicht 
mit  k  oder  vk  wiederg-eji^eben  wird,  k  auch  nicht  g-riech.  k  vor 
o,  lu  oder  ov  umschreibt,  möchte  ich  schliessen,  dass  «/  etwas  tiefer 
artikuliert  wurde  als  k. 


2xiv  Aussprache  des  Griechischen.  129 

X  18;  söMiömmua  =  coxo|U|uoa  X  24;  okh  =  ox  X  24; 
öT^hlxliun  =  oxx«v  X  2ö;  göJcJürJirontur  =  Kuuxippobop  XXI 
9;  iurmel'h   =  iap|Liiix  XXII  9. 

Das  X  ist  also  immer  noch  l--\-h  nnd  iiielit  der  stimm- 
lose Reibelaut  für  den  die  Transkriptionen  das  ägypt.  Zeichen 
I)  beibehalten  (so  ho  =  I)UJ  Levd.  XXII  9,  Misiphfh  = 
l)A"eicicp9  XXII  10).  In  zwei  Fällen  steht  g  für  x  nämlich 
in  hrel'ssigtJiö  =  priEixOuu  Leyden  v.  XY  3  u.  perigthön  =  ttu- 
pixOuuv  ib.  in  denen  unser  Laut  unmittelbar  vor  dem  aspirier- 
ten fh  steht.  Ob  dies  blosse  Schreibfehler  sind  oder  ob  x 
vor  der  aspirata  9  wie  k  g-e^prochen  wurde  mag  ich  bei  der 
geringen  Zahl  der  Beispiele  und  in  Hinsicht  auf  die  Glossen 
hdisiphfh  =  r)3:eicicp9  Leyden  XXII  10   nicht    entscheiden^). 

1)  In  altern  Texten  wird  x  je  nach  dem  nachfolgenden  Vo- 
kale nur  niit  k  oder  k  umschreiben:  Muskian  Inschrift  von  Cano- 
pus,  Gedicht  des  Moschion  =  Mocxiudv;  Antimkus  Pap.  Berol.  116 
=  'AvTiiLiaxoc  Pap.  Gas.  IV  5  (auch  in  der  Zeug-enliste  des  Pap.  Berl. 
1475  und  des  Antigraphon  Greyanum).  Das  letzte  Beispiel  ist  des- 
halb interessant,  -weil  es  dazu  beiträgt  die  Zweifel  zu  beheben,  die 
sich  der  Identifizierirng  des  VölUernamens 

'Aknjicasa  (erwähnt  im  Jahre  5  des  Mernptah  c.  1275  v.  Chr.)  mit 
Axo.i/'oi  entg-ogenstellen.  Man  würde  allerdings  eher  Akaiwam  mit 
gewöhnlichem  k  erwarten,  doch  konnte  auch  vor  a,  sofern  dies  nicht 
nach  e  hinklang,  das  k  so  tief  artikuliert  sein,  dass  der  Ägypter  es 
durch  k  wiedergeben  musste.  Die  Bemerkung  Müllers,  Asien  und 
Euro])a  Leipzig  189i3  p.  371  Anm.  3:  "Ganz  charakteristisch  wäre 
die  Wiedergabe  des  altgriechischen  x,  kh  mit  dem  Semitischen  (im 
Ägyptischen  bereits  sich  verlierenden)  k,  p,  das  ja  auch  empha- 
tisches k  vorstellt"  zeigt,  dass  der  Verfasser  weder  eine  klare  Vor- 
stellung über  die  Natur  des  "emphatischen"  k  hat,  noch  seine  Ge- 
schichte im  Ägyptischen  verfolgt  hat.  Dass  k  d.  i.  das  linguo-velare 
k  selbst  in  den  spätesten  Epochen  seinen  Ursprung].  Wert  nicht  ver- 
loren hat,  beweist  der  Umstand,  dass  die  griech.-lat.  Endung  -koc, 
•cus  fast  immer  mit  ku,  ks  wiedergegeben  wird  und  unser  Manu- 
skript mit  Ausnahme  von  3  Fällen  k  nicht  durch  k,  sondern  durcii 
ein  besonderes  Zeichen  wiedergiebt.  Vgl.  Anm.  2  S.  127  sowie  die 
Titel  des  Marcus  Aurelius  u.  Lucius  Veriis  in  einer  mit  Tinte  ge- 
schriebenen Inschrift  auf  Philae,  die  nach  meiner  Kopie  lauten: 
(3)  A[tog7'tse]   (4)  Gsrs  Mrkse  Aulrise  Antonine  Sbste  P[rtsikiie]  (5) 

sie 

Hrminikue  Mgiste  erme  Atogrtrse   Gsrise  Lugiu    (6)   Ursufie  Sbste 

sie 

Prt.sitkue  Hrmini[k]ue  7ngis[te]   d.  i.  Imperator  Caesar  Marcus  Au- 
relius Antonius  Augustus  Parthicus  Armeniacus  Maximus   und  Tm- 
Indogennaiiische  Forschungen  VI  1  u.  2.  9 


130  J.  J.  Hess, 

e 

traiit>kril)iert 
anlaiitciul  vor  n  th  (26  mal)  (1) 

vor  e  th    u)  mal)  (2) 

vor  e  th    (1  mal)  (3) 

vor  i  th    (2  mal)      /.<?  (in  mal)     (4) 

xov  ei  th    (2  mal)      t.s   (1  mal)      (ö) 

vor  0  th  (10  mal)  (6) 

vor  ö  th  (11  mal)  (7) 

vor  u  th    (8  mal)  (8) 

vor  Konsoiiaiit  th    (3  mal)  (9) 

anslaiitcnd  th  (14  mal)  (10) 

(1)  Papyr.  von  London:  laltsnthu  =  XaSav0a  T  14;  ah- 
länäthänulbä  =  aßXava9[a]vaXßa  I  16;  thutJät  =  GaxXaT  VII 
34;  Papyr.  von  Leyden:  thäni  =  6a|u  YII  11;  thämthöm  = 
9a|u9o)Li  Villi;  fhämäthöm  =  ea)aa6o)n  VII  11;  thämäthiim- 
thäm  =  6a)LiaGo)a0a^  VII  12;  thämuthutsi  ==  ea|ua0ou9i  VII 
12;  särhithä  =  capßiGa  XII  16;  tlhau  =  Gav  XVI  20; 
tlhanä  =  9ava  XVI  26;  tlhnäthä  =  9ava0a  XVI  26;  saJuia- 
th[aV}]  =  caßaa9aX  XVIII  35;  hirägetht  =  ßipaKeGar  XIX 
2,  =  ßipaKttGat  XIX  10;  suqninithäs  =  camouviGac  XIX  7, 
8;  lätht  =  XaGar  XIX  11;  säsupunithu  =■  cacouTTOuviGa  XIX 
16;  solsöutha  =  caXcuuaGa  XXII  16;  äuebflfhiäbathahuithaheua 
=  aueßuü9iaßa9aßai9Lußj-iua  XXII  18;  slthäni  =  ci9avi  v.  XVII 
1;  uthäni  =  ouQavix.  Will '^  e-mesiethurmlthid  =  a|Licie9ap- 
lUiGar  v.  XVII  3;  ahlu[nuthan]alhä  ==  a'^\a\aQ[ayja\'^a\  v.  XXIV 
12,  13. 

(2)  Papyr.  von  Leyden:  theu  =  Geou  IX  1,  2;  theren- 
thö  =  9epev9uu  IX  5. 

porator  Caesar  Lucius  Aiu-elins  Verus  Aiignstus  Partliicus,  Arme- 
iiiaciiH  Maxinms.  I^crnor  den  Pap.  Bcrol.  IK!  (aus  dem  Jalire  114  v. 
Chr.)  der  j^-riecli.  k  vor  o,  ov  mit  k  dagegen  sonst  mit  (/  oder  k  wie- 
derg'iebt.  Was  nixn  den  Zischlaut  in  Akaiicasa  betritt,  so  kann  der- 
selbe hier  ebensogut  griecli.  c  vertreten  wie  das  .v  in  >Sardana,  deren 
Identität  mit  den  Sarden  Müller  o.  c.  p.  372  s.  mit  Sicherheit  erwiesen 
hat.  Der  S.  134  von  Streitberg'  vorg-eschlag-enen  Zurück tührung-  von 
Akaiicasa  auf  urgriech.  *Axw^wc  sieht  demnach  von  lautlicher  Seite 
kein  Hindernis  entg-egen.  Das  auslautende  a  kann  rein  g-raphi.scli 
sein,  da  die  Ägypter  des  neuen  Reiches  sich  bei  der  Transkription 
IVemder  KigTnnanien  einer  syllabischen  Schreibweise  bedienen.  Für 
Niciit-Äg'vptologen  sei  noch  bemerkt,  dass  der  Vokalbuchstabe,  den 
wir  a  transkribieren,  ebensog-ut  e  oder  n  dnrstellen  knnn. 


Zur  Aussprache  des  Griechischen.  l3l 

(3)  Piipyr.  von  London:  aptlie  =  aTtGii  VII  24. 

(4)  Papyr.  von  London:  et  sie  =  eGie  VII  6;  ngönget,sil:s 
=  Y^T'JÖiS  V.  II  5;  gaJaganisi  =  KaXoKavGi  III  24;  Papyi'.  von 
Lcyden:  tsie  =  Biai  I  4;  thämutlmtsl  =  6a)ua9ou9i  VII  12; 
thutsi  =  6ou9i  VII  18;  jii^t'ifsi  =  mcpeiBi  VII  "26;  sritsi  = 
cpeiBi  VII  26;  ahrifsi  =  aßpiGi  VII  26;  ufsiö  =  oueiuu  IX  12; 
heutsi  ■=  ßaou9i  IX  14;  hahmtsl  =  ßaivou9i  X  11;  XI5;  tsi- 
rlpl  =  9ipiTTei  XXII  13^);  Papyr.  von  Lcyden:  ngöngethigs 
=  Yu^Tu9iH   XXI  9;  äuehöthiä  .  .  .  =  aueßuuGia  .  .  .  XXII  18. 

(;"))  Papyr.  von  Leyden:  nethi  =  vi9ei  XVIII  36;  phäk- 
fhiöp  =  (paK9eiOTT  XXII  14;  Papyr.  von  London:  epälet.siä 
=  eTTttXriBeia  II  14. 

(6)  Papyr.  von  London:  bäsäefhöri  =  ßacae9opi  VII  7; 
gethös  =  KeBoc  VII  7;  Papyr.  von  Leyden:  thämthöm  = 
9a)u9o^  VII  11;  thämäthöm  ^=  6a)Lia9on  VII  11;  thämätlium- 
thäm  =  9a|aa9o)a9a)a  VII  12;  anlihöm  =  avaK9o|u  VII  13; 
thöm  =  9o^  VII  12;  sitliöm  =  ci9o|u  VII  13;  anithöm  = 
avi9o)u  VII  13;  sethör l  =  ceBopi  X  '2b, 

(!)  Papyr.  von  London:  örthöbaiiho  =  opGcußaußoi  VII 
25;  tsithö  =  ctiGou  X  6;  Papyr.  von  Lcyden:  sötlion  =  cuu- 
Guuv  I  6;  therenthö  =  Gepev9(ju  IX  5;  egömtliö  =  €K0|acp9uu 
X  25;  gethö  ==  KeGuj  X  25;  hrelsigthö  =  pr|Six6uüv  v.  XV3; 
.  .  .  buithöbeua  =  .  .  .  ßatö^ßnoua  XXII  18;  perlgthön  ==■ 
TrupixGujv  V.  XV  3;  ampthö  =  aiarrGuu  XXII  9;  iöbasaumpthö 
^=   luußücaouiaTrTGuu  v.  XXVil  7. 

(8)  Papyr.  von  London:  ginntdthur  =  Kivba9[oup]  v.  112; 
Papyr  von  Leyden:  thämuthutsi  =  GajaaGouGi  VII  12;  thutsi 
=  GooGi  VII  13;  sethuri  =  ceGoupi  IX  21;  ginnfethnr  = 
KivbaGoup  XXI  8;  burbarethu  =  ßapßapaiGou  IX  6;  gafhn- 
busä  =  KeGoußaca  IX  7;  thurithmilälö  =  GoupiGmXaXai  IX  17. 

(9)  Papyr.  von  London:  thivilä  =  GjuiXa  VII  7;  Papyr. 
von  Lcyden;  thurithmilälö  =  GoupiG|uiXaXuj  IX  17;  thmilä 
=  GmXa  X  25. 

(10)  Papyr.  von  London:  baöth  =  ßaoG  V  9;  subaöth 
=  caßauuG  X  4;  Pa])yr.  von  Leyden:  eeöth  =  aiaioG  I  5; 
nabrisotht  —  vaßpi:'Jo9  VII  29;  böth  =  ßuuG  IX  2;  brimbai- 
nuiöth  =  ßpijußaivauiuuG  IX  9;  armiöuth  =  apiauucuG  IX  10; 
arbeth  =^  apßnG   IX  12,   XI  4;    ösisauöth  =  ujcicaauG   X  9; 

1)  Vergleiche  die  Wiedergabe  von  Partliicus  im  obij^-en  Titel 
sowie   das  Lehnwort  psim/fsi  Leyden  v.  VI  2  —  i]Ji',uu9ic  'H!ei\vei,s', 


132  .).  J.  Hess, 

sahäoih  =  caßüuuB  XI  2o;  sabautli  =  caßaouB  XIX  ß;  M/- 
siphth  =  jj.xeiciqpe  XXII  10;  abiath  =  aßeiaO  v.  XXIV  13. 
Das  griehisc'lie  6  war  also  in  unserer  Epoche  weder 
durchwegs  ein  t-\-h  wie  das  Blass  Über  die  Aussprache  des 
Griechischen  S.  104  annimmt,  nocli  überall  ein  ling-uodentaler 
Reibelaut  wie  im  Neugriechischen.  Es  ist  =:  p  vor  i  aber 
t-\-h  in  allen  andern  Fällen^). 

b 
entspricht  anlautend 

vor«  ^(Imal)     ??^(;2mal)  (1) 

vor  e  t  (2  mal)  (2) 

vor  i  ts  (3  mal)     nts  (1  mal)     (3) 

vor  0  nt  (4  mal)  (4) 

vor  Konsonant       f  nach  n  (2  mal)  (5) 

(1)  Papyr.  von  London:  afael  =  abai"|X  VII  24;  nfu- 
rengö  =  bapuYKtu  VII  28;  ginntathur  =  Kivba9[oup]  v.  II  2. 

(2)  Papyr.  von  London:  ntotegagiste  =  bobeKaKiCTii  MI 
26;  leriteu  =  Knpibeu  VII  28. 

(3)  Papyr.  von  London:  tsifshi  =  bibiou  II  26;  Pai)yr. 
von  Leyden :  eff>il'?neto  =  €biK0)aTT[T]uL)  IX  IT;  öv'itsmhi  = 
opeibiiußaei  XXI  1;  Papyr.  von  London:  ntsiuplnä  =  bioucpia 
VII  22  2). 

(4)  Papyr.  von  London:  niöntromä  =  bovbpO|ua:  7iföfe- 
gäglste  =  bobeKUKiCTn  VII  26;  hronfor  =  pobop  II  6;  Pa- 
pyr. von  lieyden:  ntöntrömä  =  bovbpo|ua  XXI  9. 

(5)  Siehe  (4). 

Von  b  gilt  dasselbe  was  von  6.  Linguodentales  d  (ö) 
vor  i,  wurde  es  in  allen  andern  Fällen  wie  unser  d  ausge- 
sprochen. Da  im  Äg-yptischen  des  2.  Jahrhunderts  der  stinnn- 
liafte  Dental  {d)  in  den  stinnnloscn  it)  aufgegangen  war,  be- 
dient sich  der  Papyrus  besonders  (wie  bei  t  =  »'</  i'cs^P-  "^^" 
und  2  =  ns  s.  u.)  der  Kombination  nt  resj).  nts,  um  das 
stimndiafte  b  aus'/Aidrücken. 

1)  Wie  f.s  für  das  ä^ypt.  Ohr  das  linguodontale  9  am  besten 
wiedergab,  traii.skril)iercn  auch  die  Griechen  die  Gruppe  T-sen- 
"die  Toditer  de«  — "  statt  mit  dem  regelreciiteu  Tcev-  auch  mit  Oev- 
oder  0iv-  z.  B.  0ivtu)-|eic  neben  Tcevcuiix;  GivßiiKi  =  T-se-nphOk  Q^\ia- 
ILicövic  =  T-iie-namun\  Givvupic  =  T-,se-n-liOr,  OivaBupic  =  Tse-n- 
l}at-h6r  usw. 

2)  Vgl.  die  Wiedei-gabe  Tnugl  des  Namens  Diokletianus  in 
einer  unjinbliz.  PhiU'iiser  Inschrilt  aus  dem  .Jahre  90  der  diokl.  Ära. 


Zur  Aussprache  des  Griechischen,  133 

l 
nnischreibt  mit  einer  einzigen  Ausnahme  ns^). 

Papyr.  von  London:  nsälähähö  =  ZiaXaßvuu  VII  30;  Pa- 
pyr.  von  Leyden :  grdbunsänunl  =  KpaßouvZlavouvi  IX  17; 
hmisänau  =  ßouZiavau  IX  20,  X  25 ;  ärunsärhä  =  apouZiapßa 
IX  8;  nseu  =  leou  X  18.  —  Dag-egen  sa  =  la  ib.  XX  20. 

Da  s  stets  einem  c  entspricht  und  y  uutl  b  durch  die 
Kombinationen  ng  resp.  nl-  und  nt  ausgedrückt  werden,  so 
ergiebt  sich  die  Gleicliung 

Z  :  c  =  j  :  K  =^  b  :  T 
woraus  erhellt,    dass  l  ein  stimmhaftes  s  also  z  (nach  franzö- 
sischem Werte)  war. 

kommt  im  Anlaut  und  verdoppelt  im  Inlaute  in  fünf  Glossen 
vor:  Papyr.  von  London:  hrontor  =  pobop  v.  II  6;  Papyr.  von 
Leyden:  räi  =  pai  III  13;  garlire  =  Kappri  IX  7;  göTchlr- 
hröntör  =  Koixippobop  XXI  9;  hrubäöt  =  paß[a]uuT  XXII  14. 
Lassen  wir  die  zweite  aus  dem  Spiele,  da  rat  ein  acht  ägyp- 
tisches Wort  ist,  so  ersehen  wir,  dass  dem  anlautenden  ß  de- 
mot.  hi'  und  dem  inlautenden  pp  demot.  rhr  entsi)rechen,  und 
dass  daher  die  Ägypter  im  Gegensatze  zu  den  Römern  den 
Hauch  vor  dem  r  zu  h(iren  vermeinten.  Dieser  Gegensatz 
nun  giebt  uns  die  Mittel  an  die  Hand  den  wahren  AVert  des 
p  zu  bestimmen.  Die  bei  den  Römern  sowohl  als  im  Hierogl., 
Demotischen  und  Koptischen  2)  so  konsequente  und  gegensätz- 
liche Schreibung  von  i'h  und  hr  zeigt  nämlich,  dass  p  keines 
von  beiden  war,  sondern  sich  zum  gewöhnlichen  inlautenden 
p  verhielt  wie  engl,  tvh  von  dem  die  Phonetiker  sagen,  es 
wäre  hw,  zu  iv  oder  das  chinesische  (Pekinger  Dialekt  z.  B. 
in  hsiao  'lernen'  =  'Kwanhwa'  hiao)  Tis  zu  unserni  s.  Engl. 
hw  oder  ich,  griech.  hr  oder  rh  und  chinesisches  hs,  das  mir 
mehr  wie  sh  tönt,  sind  die  Repräsentanten  einer  Klasse  von 
Konsonanten,  welche  weder  mit  der  Unterstimmenge  (wie  bei 
den    stimmhaften),    noch  mit    der    Blaseöffnung    (wie  bei   den 


1)  Schon  längst  bekannt  ist,  dass  die  Griechen  das  Eigen- 
namenbildende  JVs-  'o-ohörig-  zu'  mit  Z  umsehriel)en  Zuivic  =  X.s-nihi, 
ZßevbuTic  =  Ns-bi}ib-det. 

2)  Vg-l.  Hierogl.  Ilrum'.t,  T-hrum't.t  ChampoU.  Gramm,  hierogl. 
=    demot.    Hrme   Inschrift    des    Trrmen   1   =   'Puuiari,    Roma.    kopt. 


131     Wilhelm  Streitbevg-,  Gricch.  'Axaio(  ägypt.  'Alcajnrtsa. 

stiniiiiloscn)    der   Stimmbänder,    sondern  mit    der    Hanelicni^-e 
derselben  ansgesprocbcn  werden'). 

Freiburg'  in  der  .Seüwciz,  J.  J.  Hess. 


Griecli.  'Axaioi  ägypt.  "Alajicam. 


An  der  Identität  von  ägyptisch  'Akajicam  mit  g-riech. 
'Axaioi  scheint  mir  nach  der  oben  von  Prof.  Hess  g-cg-ebncn 
Darstellung-  des  Sachverhalts  nicht  mehr  gezweifelt  werden  zu 
können:  alle  Punkte  der  Lautumschreibung  sind  in  befriedigen- 
der Weise  aufgehellt  worden.  Ich  brauche  deshalb  nur  aut 
die  voi'ausg'egangnen  Erörterungen  zu  verweisen. 

Aber  nicht  nur  für  die  Lautgeschichte,  auch  für  die 
Formenlehre  trägt  die  Vergleichung  Frucht.  Jedem  wird  die 
Verschiedenheit  der  Endung  in  'Al-ajioam  und  'Axaij^oi  sofort 
autfallen.  Sie  lässt  sich  einfach  erklären,  wenn  man  annimmt, 
das  ägyptische  Wort,  dessen  Überlieferung  etwa  ins  Jahr  1275 
vor  Christus  fällt,  sei  zu  einer  Zeit  entlehnt  worden,  als  die 
grieeh.  e/o-Stämme  noch  keinen  pronominalen  Nominativ  Plur. 
kannten.  Der  idg.  Ausgang  war  bekanntlich  -ös,  entstanden 
durch  die  Kontraktion  des  stammauslautenden  Vokals  o  mit  dem 


1)  Für  den  Vokalisiüii«  Uisst  sich  ans  iin,sern  Glossen  wi'e'i'ii 
der  niano'cliial'ten  ä^-yptisclien  Vokalisieriinji'  iiiclits  enii(M-en.  Das 
eiiizifi'c  Moment,  das  sich  znr  Bestinnnnn«;'  eines  ii'riecli.  Vokales  im 
A;i\vptisclien  findet,  ist  vielleicht  der  llmstand,  dass  eine  Keihe  ü'rie- 
chischer  Transkriptionen  dort  u  g'ieljt,  wo  das  Koptische  lu  hat 
wie  in 

iip-ic  in  TTevTjpic,  0evup:c,  Tevupic  nsw.        kopt.  ^tDp        'ein  Gott' 
-aOup-ic  in  OvaB.'pic,  TTaerpienc  nsw.  „      ?A()l()|> 'eineGöttin' 

Neipeu-c  „      N(;!UHO  VineGöttin' 

-ax  MIC  in  l'evueuiuic  ..      OTdJII    'ein  Gott' 

-6KUC-C  in  TTeKucic  bil.MumieiU'ti(|ni'tte  Gizch     .,      (;(»•(().")  'Ätl'.io]ie' 
-vip-ic  in  Vauupic  =  J'-m-ni6r  V.  B.  1  Ki  V  l.'J      .,      (uoop     'Fluss' 
-et  [  I  in  0oTcu[-  -]  =  Thof-söfm  V.  B.  21()  V  20     „      (Ut)Tll    '  höreir 
Es  scheint  mir  dai-ans  nnt  Sicherheit  hcrvorzng-ehen,  dass  u  in  Ä<i\vp- 
ten  noch   bis  in   das  zweite  Jahrlinndert  nach  Chr.  [TTevTupic  n.  TTcku- 
C!C  stammen   ans  dieser  Zeit]  elier  nach  d  hin   also  wie  //,  als  nach  i 
hin  wie  ü  gesprochen   wnrde. 


Benj.  Ide  Wheeler,  Greek  Du;ils  in  -e.  135 

anlautenden  Vokal  der  Endung".  Dass  das  Griechisclie  die 
idg".  Urfovm  so  gut  wie  die  andern  Sprachen  einmal  besessen 
haben  müsse,  ist  niemals  bezweifelt  worden;  ein  direkter  Be- 
weis hat  aber  bisher  gefehlt.  Durch  'Alajwam  ist  er  meines 
JkHliinkens  erbracht.  Denn  wde  Hess  oben  S.  129  f.  Fuss- 
note  1  ausführt,  hindert  uns  nichts,  in  dem  ägyptischen  Wort 
die  Wiedergabe  von  *'Axaiv'^ujc  zu  erblicken,  d.  h.  die  genaue 
Transskribierung  der  idg-.  Erbform  des  Nominativs  Plural  der 
e/o-Stämme. 

Freiburg  i.  d.  Schweiz.  Wilhelm  Streitberg. 


Greek  Duals  in  -e. 


It  has  been  a  widely  if  not  universally  accepted  expla- 
nation  of  the  Greek  dual  endings  -uj  and  -e  (ittttoj,  nöbe),  that 
the  -e  of  consonant  stems  represents  the  Indo-Europcan  case- 
endiiig  proper,  and  that  -uj  is  the  representative  of  an  I.  E. 
-ö,  rcsulting  from  an  I.  E.  contraction  of  the  stem-vowel  -ö- 
with  this  primitive  ending-  -e,  i.  e.  -ö-\-  e  =  -ö.  This  view  first 
siiggested  by  Brugmann  MU.  I  159  was  further  enforced  by 
Osthoff  MU.  I  226,  II  120.  It  beeame  the  orthodoxy  of  all 
the  handbooks,  and  is  apparently  not  wholly  relinquished  by 
Brugmann  Grundriss  II  §  285,  Anm.,  cf.  I  §  115.  Osthoff  MU. 
IV  258  ft\  Anm.  explains  the  duals  of  the  type  Sanskr.  -äu 
as  rcsulting  from  those  in  -a  (I.  E.  -ö)  by  the  affixing  of  the 
cmphatic  particle  -u. 

This  entire  coneeption  of  the  relation  existing-  betwecn 
the  duals  in  -e  and  in  -uu  (I.E.  -ö,  -öu)  must  now  be  rcgardcd 
as  untenable,  and  for  the  foUowing  reasons: 

1.  The  two  Vedic  endings  -ä  and  -äu  have  bcen  sliown 
to  reprcscnt  an  original  Indo-Europcan  Variation  of  form  ba- 
sed  ou  Position  in  the  sentence  bcforc  consonants  and  vowels 
respectively,  cf.  Meringer  KZ.  XXVIII  217  ff.,  who  revivcs 
and  establishes  an  explanation  suggcsted  some  four  ycars  ear- 
licr  by  llavct  Mcm.  de  la  Soc.  de  Ling.  IV  274.  Tlic  form 
in  -öu  is  the  older  form,  from  wliicli  tiiat  in  -ö  is  obtaincd 
by    the    Omission    of  ti.      Brugmanns    proposal    (Grundriss  II 


136  Benj.  Ide  Wheeler, 

§  285  Aiim.)  to  reconeile  the  views  of  Mcringcr  and  Osthoflf, 
by  siipposing"  that  tlie  particle  u  was  added  to  an  original  -ö 
(== -ö  A-eT),  but  lost  again  bcfore  consonants  is  in  itself  rea- 
sonable  enough,  but  cannot  be  used  in  tbe  interest  of  res- 
eiüng  the  equation  -ö  =  'ö  +  e.    The  acccnt  forbids  (see  follo- 

wing). 

2.  The  fact  that  the  ending  -uj  carries  the  acute  accent, 
and  not  the  civenmflex,  is  evidence  that  the  vowel  is  not  the 
rcsultant  of  an  Indo-European  contraction;  cf  Streitbevg  Ent- 
stehmig  der  Dehnstufe  p.  Tl. 

3.  The  genitive-loeative  ending,  Sanskr.  -ö.s,  Indo-Europ. 
-öiis  appears  to  have  the  genitive  ending  -s  \Yhich  we  tind 
in  the  genitive  singnlar,  e.  g.  of  ii-  and  i-stems,  as  in  Sanskr. 
Mtrös,  agnBs\  Goth.  sunchis,  ansfdis',  I.E.  -oijs,  -ois.  The 
öij,  of  -aus  can  scarcely  be  separated  from  the  -öu  of  the  no- 
min.-accus.  We  are  dealing  here,  as  Meringer  saw  (BB.  XVI 
228  Anm.),  with  stem-formation  rather  than  infiexion.  A  pa- 
rallel stem  is  the  -oi  (-ei)  of  Sanskr.  clve,  dvciyös  which  ac- 
quired inflexion  only  in  the  separate  languages;  e.  g.  in  Greek 
either  as  in  Elean  buoi-oic,  or  as  in  Homeric  TroboT-iv  by  ad- 
ding  the  ending  of  \i\x\x\v  ccpiv,  e^iv,  etc.  directly  (cf  vuu,  vOuiv). 
Traces  of  the  earlier  non-inflexion  may  remain  in  Argive  /avd- 
KOi,  etc.     Gr.  buo  represents  '-'buoi  influenced  by  buuu. 

If  no  bond  of  eonneetion  betwcen  the  ^-ending  and  the 
other  noniin.  dual  cndings  appears,  our  only  rccourse  is  to 
regard  the  e  either  as  an  originally  distinct  and  separate  de- 
vice  for  indicating  duality,  or  as  a  latcr  and  sceondary  for- 
mation.  The  former  of  the  suppositions  is  howcwer  a-priori 
unlikely,  as  the  foUowing  considerations  tcnd  to  show: 

1.  All  the  other  endings  niay  be  coneeivcd  as  standing 
in  clusc  relation  to  inflcxions  or  fonns  of  the  word  for  't\vo\ 
The  ending  öu  appears  not  only  in  ^'duijöu  (Sanskr.  dväu, 
Gr.  buuj  etc.),  but  also  in  the  old  isolatcd  dnals,  uhhän  : 
äiaqpuj  :  amhö\  astäü  :  oktuu  :  octö  :  alitäu.  The  ending  nsed 
by  neuters  and  rt-stems  is  characterized  by  -/;  thus  in  o-stenis, 
-Ol  or  -el\  Sanskr.  !ii((ß,  dve\  0.  Bulg.  di-e\  Ö.  E.  ticä]  in  i- 
and  2t-stenis,  «;  0.  Bulg.  oci,  Avcst.  asi\  in  coiisonant  stcnis 
-l  (?);  Sanskr.  mnnaxl.  The  antiquity  of  this  onding  of  the 
Word  'Iwo'  is  guarautcod  by  its  ai)pcarance  in  an  carly  Indo- 
Euroj)can  Compound  likc  "^uei-lmti,  in-lmti  (Gr.  /JKaii,  eiKoci, 


Greek  DuaKs  in  -e.  137 

Lat.  ticjinH)  'two  tcns',  in  which  uei  ninst  rcpvescnt  a  form 
of  tlie  primitive  worcl  for  'two';  cf.  Bnig-raann  MU.  V  23  ff. 
The  postulation  of  a  neuter  eiKÜng-  -ie  (Job.  Schmidt  KZ.  XXVI 
17)  contracting  in  all  languages  exccpt  Greek  to  -l  (henee 
öcce  =  akH)  is  false  to  the  laws  of  sound.  Not  only  is  the 
inheritance  in  the  separate  languages  of  such  a  case  of  primi- 
tive hiatns  contrary  to  all  that  we  otherwise  know  of  I.  E. 
contraction,  but  the  contraetion  of  I.  E.  ie  to  a  Sanskr.  l  is 
withont  parallel.  The  laws  of  sound  might  however  tolerate 
the  postulation  of  the  I.  E.  doublets  -id  :  -l  (cf.  TCKiaiva  : 
iäk^ni),  in  which  case  we  should  expect  Gr.  *öcca  (see  be- 
low).  The  endings  i  and  -u  of  the  i-  and  w-stems  find  as 
yet  their  only  plausible  explanation  in  the  influence  of  the 
praeconsonantal  -ö  of  o-stems  (Osthoff  MU.  II  132  ff.)  rein- 
forced  by  the  influence  of  the  neuter  ending  -i.  The  nom. 
and  accus,  dual  endings  with  the  sole  exception  of  -^  are 
united  therefore  in  a  more  or  less  close  connection  with  the 
Word  for  'two'.     The  presumed  ending  -e   Stands  by  itself. 

2.  The  dual  is  a  sharply  individualized  and  specialized 
type  of  the  Indo-Europ.  neun  with  sharply  limited  use.  Its 
primitive  value  was  'ambal'  rather  than  dual.  It  stood  for 
a  unity  made  up  of  a  natural  alliance  of  two.  Indo-Europ. 
'"^el'ijöu  meant  not  'two  horses'  but  a  'span  of  horses'.  This 
is  substantially  the  Homeric  use  of  the  dual  when  standing 
by  itself,  i.e.  without  buuj;  cf.  Monro  Homeric  Grammar -' 
§  173,  Delbrück  Vergl.  Syntax  §  32  ff.  It  is  used  prevailingly 
of  things  which  go  in  pairs,  like  eyes,  feet,  hands,  Shoulders, 
parents,  etc.  In  its  original  mcaning  it  was  evidently  a  col- 
lective  singular  (cf.  ^leringer  BB.  XVI  228  Anm.),  and  with 
this  conception  of  it  its  inflexional  endings,  which  are  analo- 
gous  to  tliose  of  the  singular  rather  than  the  plural  accord; 
cf.  Sanskr.  -hhtjam,  -ös  (=  I.  E.  -oijs).  It  is  a-pi'iori  unlikcly 
that  a  nountype  of  such  specialized  value  and  such  limited 
use  should  have  originally  cmployed  a  variety  of  signs.  The 
indications  are  rather  that  it  was  constructed  solcly  l)y  means 
of  forms  of  the  word  'two'.  Such  considerations  it  must  be 
confesscd  however  have  by  themselves  only  slight  weight, 
and  WC  cannot  entirely  exclude  from  vicw  the  possibility  that 
the  neuter  dual  -^  may  re|)rcscnt  the  group-sign  or  collcctivc 
ending,  I.  E.  -i :  -i,>   which  can    have    acquired    a    dual    value 


138  Beuj,  He  Wheeler, 

from  iisc  in  sonie  wortl  or  words  in  which  thc  natural  g-roup 
is  a  pair. 

Of  raore  importanee  liowevev  than  these  a-priori  cousi- 
dcrations  is  tlic  cxtraordinary  scantincss  and  iincertainty  of 
the  evidcnce  for  an  Indo-Europ.  existence  of  tlie  ending-  -('. 
It  has  an  assured  existence  only  in  Greek.  Aside  from  casiial 
siig-gestions  such  as  Brate  BB.  XIII  43,  Joh.  Schmidt  KZ. 
XXVI  360,  supposed  traces  of  it  have  been  discovered  else- 
where  only  in  Celtic  and  in  Sanskrit.  The  facts  of  the  Gel- 
tic  are  explained  equally  well  by  means  of  the  ending-  -?. 
The  short  -a,  which  has  been  noted  in  a  few  cases  in  Sans- 
krit and  seized  lipon  as  representative  of  au  Indo-Eiirop.  dual 
-e,  has  probably  nothing-  to  do  with  it.  Thus,  Osthotf  Mü.  I 
227  cites  the  Vedic  duals  devcl,  Miträvdruna  (for  other  forms 
see  Lanman  Noun-Inflec.  p.  342).  These  Vedic  shortenings 
are  however  quite  as  common  in  the  case  of  vowel-stems  as 
of  eonsonant.  Any  explanation,  metrical  or  other,  which  is 
to  dispose  of  them  satisfactorily,  will  have  to  dcal  with  con- 
ditions  shared  l)y  both  classcs  of  stems.  The  emphasis  which 
Meringer  KZ.  XXVIII  230,  lays  opon  the  sandhi  -  contrast 
lidstäv  iva  versus  pddeva  in  the  hymn  RV.  II  39,  is  mislca- 
ding.  ]\Ieringer's  Statement  teuds  to  leave  the  impression  that 
the  latter  type  attaches  especially  to  eonsonant  stems.  The 
fact  is,  that  in  this  peeuliar  hymn,  which  rings  upon  the  en- 
ding -eva  (==  -ä-\-ha),  the  type  pddeva  occurs  five  or  at  most 
six  timcs  with  eonsonant  stems,  six  times  with  masculine  o- 
steras,  tliree  times  with  neuter  o-stems  {lirwcjeva,  yiuiei-a,  nd- 
hhijera),  where  contrary  to  the  pada  a  division  sn^ge-j-va 
is  nccessary,  or  a  rccognilion  of  the  extension  of  -ei-a  by 
analogy,  and  finally  twice  in  i-stems;  ndxeca  is  doubtful,  nd- 
se-\-va  or  ndm-\-ii-a.  Thc  type  Jidstäv  Ica  occurs  not  only 
with  o-stems,  but  also  in  al\ji  Iva.  It  is  evident  that  no  evi- 
dcnce (if  an  t'uding  -e  can  be  safcly  based  upon  such  mate- 
rial  as  tliis.  Finally  thc  casc  of  ndJxfo.jäsd  (Hvc  occurrences 
in  RV.),  uj^in  wliich  Geringer  lays  particular  strcss,  is  in  no 
wise  rcmarkable,  but  on  tlic  (-(nitrary  is  pivciscly  wliat  we 
should  expcct  frnm  Ksdsändlia  itcn  (»ccurrcnccs  in  RW).  The 
cvidcnccs  adduccd  for  the  existence  of  1.  \\.  -e  are  not  in  gc- 
neral  siicli   as  in  tliemsclvos  bcai'  (•(uniction:   tiicN'  nicrely  scck 


GreeU  Duals  in  -e.  139 

confirmation  for  a  prcconeeived  and  apparcntly  unquestioning- 
bclief  in  such  an  existence. 

The  ending-  -e  has  therefore  an  assnred  existence  only 
in  Greek.  It  niay  liave  existed  in  Indo-Europenn,  bat  the 
appearances  ave  against  it.  Is  it  possible  to  account  for  it 
as  a  separate  product  of  the  Greek? 

It  appcars  in  Homer  in  the  noims:  Aiavie,  dvepe,  avbpe, 
apve,  ßöe,  t^tte,  b)auje,  GepotTTOVie,  Oiipe,  uiifipe,  Kfjpe,  KripuKe, 
Kuve,  XeovTe,  ,uncTujpe,  rraibe,  Trrixee,  TeXa^uDve,  Tevovte,  TOKiie, 
ui6,  qpOuTe,  x^ipt  (18  ^^sed  in  the  nominative,  12  in  the  accu- 
sative,  11  nsed  only  in  the  nomin.,  5  only  in  the  accus.),  and 
the  two  neuter  nouns,  boOpe  and  occe,  both  of  whieh  show 
themselves  foreig-n  to  the  dual  by  the  absence  of  forms  *bou- 
poiv,  *öccoiv  (boupujv,  boupecci,  boupaciv  are  Surrogates;  öccuuv, 
öccoic,  öccoici  from  Hesiod  on),  as  well  as  by  other  marks. 
boOpe  is  attended  by  buo  (buuu)  in  eleven  of  its  thirteen  occur- 
renees,  boOpa  (5  occurrences)  not  once.  The  adjective  with 
boöpe  is  always  neuter  plural  (5  times).  The  nomin.  öcce  is 
(without  reekoning  repetitions)  three  timcs  subjcct  of  a  Sin- 
gular verb,  eleven  times  of  a  plural  verb,  and  but  four  times 
of  a  dual.  This  led  Lobeck  Pathol.  El.  I  262,  to  postulate 
an  *öcc€a,  *öcce\  It  is  possible  that  an  old  neuter  dual 
*öcca  {^oJcid  :  *oÄ'«;  Avest.  a.n,  0.  B.  oci)  has  bccn  remodeled 
to  öcce? 

However  this  may  be,  it  is  evident  that  in  Homer  the 
ending  -e  is  in  general  used  by  consonant  stems  of  mas- 
culine  and  feminine  gen  der.  If  it  were  certainly  nscer- 
tained  that  the  ending  were  not  Indo-Europeau,  it  could  bc 
explaiiied  with  perfcct  simplicity  as  the  product  of  the  pro- 
portion:  *-ö.s'  :  -ö  :  :  -es  :  -e;  i.  e.  ^ittttuuc  (old  nomin.  plnr.  o- 
stems)  is  to  ittttlu  (iiomin.  dual  o-stems)  as  is  Kuvec  (nomin. 
plur.  conson.  stems)  to  KÜve  (new  nomin.  dual  conson.  stems). 
With  the  facts  now  available  I  belicve  this  to  be  the  history 
of  the  ending.  The  nomin.  plur.  in  -ös  certainly  existed  in 
proetlmic  Greek.  That  the  nomin.  dual  in  -e  was  also  a  fact 
of  proethnic  Greek  must  be  inferred  from  its  appearance  in 
Homer  and  in  Attic,  and  at  least  by  traces  in  Thessalian, 
Lesbian  (?)  and  Arcadian.  If  tlie  existence  of  the  ending  in 
Indo-European  should  be  ultimately  demonstrated,  it  must  bo 
regarded  as  a  product  of  the  last  pei'ictd  prior  to  the  scpara- 


140       Karl  D.  Bülbring-,  Vol<ativfonuen  im  Altenglischen. 

fion  and  according-  to  tlic  sar.ic  proportion,  stated  howcver  in 
terms  of  Indo-Europcan  Clements. 
Ithaca,  N.  Y.,  Feb.  20,  1895. 

Bcnj.  Idc  Whccler. 


Tokativformen  im  Alteiifflischen, 


Bekanntlich  ist  im  Ae.  im  allgemeinen  der  Vokativ  dem 
Nominativ  gleich.  Doch  sind  mir  vier  Belege  für  abweichende 
Formen  bekannt.  In  der  ältesten  Version  des  Cädmonschen 
Hymnus  heisst  es  scepen.  In  der  kentischen  Paraphrase  des 
51.  Psalmes  (Kluges  Angelsächsisches  Lesebuch  1888  S.  107  ff.) 
findet  sich  ferner  der  Vokativ  icalden  31,  sceppen  46  und  im 
kentischen  Hymnus  (ebenda  S.  Ulf.)  icalden  9,  während  der 
Nominativ  und  Akkusativ  immer  ein  d  hat:  sceppend  Ps.  8, 
neriend  Ps.  16,  ägend  Hy.  3,  holend  Hy.  16.  Diese  Formen 
werden  häufig  auch  in  den  Vokativ  hinübergenommen:  Im 
Psalm  Juelend  33,  138;  neriend  60,  84;  sceppend  40,  64; 
helpend  114;  icaldend  81,  93,  117;  im  Hymnus  nergend  35, 
39;  sceppend  34.  Der  Mangel  des  d  erklärt  sich  leicht  aus 
dem  indogerm.  Vokativausgang  -nt. 

Groningen,  Niederlande.  Karl  D.  Bülbring. 


Zur  geruianisclieii  Oraiiiniatik. 


Die  vorliegenden  Blätter  behandeln  Fragen,  die  ich  in 
meiner  Uigcrmanischen  Grannnatik  anders  zu  beantworten  ver- 
siiciit  habe,  als  gewöhnlich  der  Fall  ist.  Ich  mache  nicht  den 
Anspruch,  dem  in  der  Grammatik  gesagten  hier  wesentlich 
neues  hinzuzufügen.  Meine  Absieht  ist  imr,  indem  ieli  die 
einzelnen  Probleme  ausfülirlieher  er<'»rterc,  als  in  einem  Lehr- 
buch miinlieli  war.  die  Aufmerksamkeit  der  I\u'hgenossen  auf 
einige  viel  umstrittene  Tinikte  /ii  lenken  und  so  deren  ei'neutc 
Prüfung  anzuregen. 


Wilhelm  Streitberg',  Zur  g-ermanischen  Grammatik.       141 

1.    Die  langen  silbiseheu  Nasale  und  Liqiiiden  im  Germauischen. 

Seit  de  Saussiire  inul  von  Ficrliuger  hat  man  ziemlich 
allgemein  an  und  am,  ar  und  al  als  die  g-ermanischen  Ver- 
treter der  indogermanischen  Längen  n  und  m,  f  und  /  ange- 
setzt. Und  doch  lässt  sich  unschwer  erweisen,  dass  diese 
Annahme  unrichtig  ist,  da  sie  auf  eine  der  klarsten  und  wich- 
tigsten Thatsachen  aus  der  Geschichte  der  silbischen  Nasale 
und  Liquiden  keine  Rücksicht  nimmt.  Die  Wahrheit  ist  viel- 
mehr, dass  im  Germanischen  Kürze  und  Länge  unterschiedslos 
zusammengefallen  sind,  r  und  f  also  gemeinsam  durch  ur,  n 
und  n  gemeinsam  durch  un  vertreten  werden.  Das  hat  schon 
Möller  AfdA.  XX  135  Fussnote  3  ausgesprochen,  ohne  jedoch 
das  punctum  saliens  erkannt  zu  haben. 

Der  strikte  Beweis  für  den  Zusammenfall  beider  Quan- 
titäten wird  durch  Vergleichung  des  Litauischen  erbracht. 
Wie  Fortunatov  schon  vor  langen  Jahren  richtig  erkannt  hat, 
sind  im  Litauischen  kurze  und  lange  silbische  Nasale  und  Li- 
quiden durch  die  Akzentqualität  geschieden:  jene  sind  ge- 
schleift, diese  gestossen.  Dieses  Gesetz  ist  ganz  neuerdings 
durch  de  Saussure  in  einen  weitern  Zusammenhang  gerückt 
und  dadurch  zugleich  glänzend  bestätigt  worden:  alle  litaui- 
schen Kurzdiphthonge  haben  schleifende,  alle  lit.  Langdiph- 
thonge gestossne  Akzent([ualität.  Es  ist  das  eine  ausdrückliche 
und  klare  Formel  für  die  Thatsachen,  die  bereits  durch  Bez- 
zenbergers  Forschungen  im  siebenzehnten  Bande  der  Beiträge 
und  des  Verfassers  Untersuchungen  über  die  Entstehung  der 
Dehnstufe  im  wesentlichen  festgestellt  waren. 

Unterscheiden  sich  also  lit.  vUkas  und  pilnas  ')  genau 
wie  ai.  vfkas  und  pürnüs  durch  die  Quantität  der  Wurzel- 
silbe, indem  hier  idg.  "^pnws,  dort  idg.  ^uJk'os  zu  Grunde 
liegt,  so  ist  es  klar,  dass  derselbe  Unterschied  auch  zwischen 
germ.  iculf's  und  fulls  bestehn  muss.  hi  full.s  muss,  wie 
jMöller  schon  richtig  erkannt  hat,  Reduktion  eines  ursprüng- 
lichen Langdiphthongs  stattgefunden  haben. 

Das  gleiche  Verhältnis  wie  zwischen  pilnas  und  fiiJJs 
besteht  z.  B.  zwischen  vilna  und  icuUa,  ph'mas  und  fruma, 
zirnis  und  kaum,  paz'mtas  und  kunps  und  manchen  andern. 


1)  Meine  Akzent^latinn  ist  die  Barauowskis. 


Uä  Wilhelm  Streitbei'g', 

Die  Beispiele  zu  häufen  ist  bei  der  Klarlieit  der  Saehe  über- 
flüssig-. 

Die  Auuahine,  dass  zwischen  r'dna  und  icuUa  in  der 
Wurzelsilbe  Quantitätsdifterenzen  beständen,  sodass  dennoch 
die  Möij;-lichkeit  ])leibc  an  der  alten  Theorie  festzulialten,  die 
vielleicht  vor  einem  Jahrzelmt  auf  überzeugte  \'erteidii;-cr  hätte 
rechnen  dürfen,  wird  heute  schwerlich  zahlreiche  Anhänger 
finden. 

2.     Zwei-  und  dreimorig'c  Vokale  im  Ahd. 

Es  ist  kein  Zufall,  dass  sich  Fr.  Hanssen,  als  er  die 
idg-.  Differenz  zwischen  schleifender  und  g-estossner  Betonung 
auch  im  Germanischen  nachzuweisen  versuchte,  ausschliesslich 
aufs  Gotische  bescliränkte.  Denn  das  Gotische  ist  der  einzige 
gcrm.  Dialekt,  wo  der  Unterschied  in  der  Behandlung  schlei- 
fender und  gestossner  Endsilben  unmittelbar  in  die  Augen 
springt.  Mit  einer  Konseouenz,  die  der  des  Litauischen  eben- 
bürtig ist,  scheidet  das  Gotische  die  ererbten  Akzentqualitätcn. 
Es  gehört  daher  die  ganze  Voreingenommenheit  gegen  jedes 
Neue,  das  einen  Bruch  mit  altgepflegten,  in  Fleisch  und  Blut 
übergegangnen  Gewohnheiten  fordert,  dazu,  fürs  Gotische  die 
Berechtigung  der  Akzenttheorie  stillschweigend  abzulehnen. 
Ich  sage  stillschweigend.  Denn  abgesehn  von  M.  H.  Jellinek 
liat  niemand  es  der  Mühe  wert  gefunden  in  die  Diskussion 
einzugreifen,  das  Für  und  Wider  ernsthaft  abzuwägen.  Denn 
aprioristische  Behauptungen  allgemeiner  Art,  wie  sie  letzthin 
Möller  aufgestellt  hat,  können  in  Fragen,  wo  es  in  erster  Linie 
auf  die  Beurteilung  von  Einzelheiten  aid^ommt,  zur  Entschei- 
dung nichts  Wesentliches  beitragen. 

Viel  weniger  durchsichtig  als  das  Gotische  sind  das  Xord- 
und  das  Westgermanische.  Noch  heute  bin  ich  wie  vor  zwei  Jah- 
ren der  Ansicht,  dass  man  allein  von  ihrem  Standpunkt  aus 
schwerlich  jemals  dazu  gekonnneu  wäre,  den  Unterschied  der 
idg.  Akzentqualitäten  an  dem  Unterschied  in  der  Behandlung 
der  germ.  Endsilben  nachzuweisen.  Freilich,  um  gerecht  zu 
sein,  darf  man  auch  auf  der  andern  Seite  nicht  die  Augen 
dagegen  verschliessen,  dass  es  ohne  Hilfe  des  Gotischen  mit 
der  gegenwärtig  herrschenden  Ansicht  von  der  alleinselig- 
nuichendcn  Kraft  auslautender  Nasale  auch  nicht  zum  Besten 
bestellt  wäre.     Mit  andern   Worten:    wie  man  die  Sache  wen- 


Zui*  germanischen  Grammatik.  143 

den  und  drehen  möge,  weder  das  West-  noch  das  Nordg-erma- 
nische  ist  der  Boden,  auf  dem  die  Entsclieidungsschlaelit  ge- 
schlagen wird,  sondern  einzig  und  allein  das  Gotische.  Wenn 
vielen  dies  weit  Aveniger  scharf  bei  der  alten  als  bei  der  neuen 
Lehre  bewusst  zu  werden  pflegt,  so  ist  das  eine  —  psycho- 
logisch leicht  verständliche  —  Wirkung,  die  die  sanfte  und 
doch  so  starke  Macht  der  Gewohnheit  auf  den  Mer.schen  aus- 
übt, ändert  aber  an  der  Richtigkeit  der  Thatsache  selbst  nicht 
das  geringste. 

Nord-  und  AV estgermanisch  kiinnen  daher  im  Streit  um 
die  Formulierung  der  germanischen  Auslautgesetze  nur  eine 
sekundäre  Rolle  spielen.  Ihre  Aufgabe  ist  es  die  auf  goti- 
schem Boden  erwachsnen  Theorien  zu  bestätigen  oder  zu 
stürzen,  zu  stützen  oder  zu  erschüttern.  Thun  sie  das,  so 
haben  sie  alles  geleistet,  was  man  billigerweise  von  ihnen  er- 
warten kann.  Denn  mau  darf  sich  nicht  darauf  kaprizieren 
aus  Steinen  Buttermilch  pressen  zu  wollen  Avie  der  Drache  im 
rumänischen  Märchen. 

Doch  wie  gering  oder  wie  hoch  man  die  Bedeutung  der 
aussergotischen  Dialekte  des  Germanischen  auch  für  die  Lösung 
der  Auslautfrage  anschlagen  möge,  zum  mindesten  einen  Punkt 
gicbt  es,  der  die  Entscheidung  zu  beeinflussen  geeignet  ist. 

Im  Anschluss  an  Hirt  hab  ich  in  meiner  Schrift  Zur 
germanischen  Sprachgeschichte  angenonmien,  dass  im  Goti- 
schen lange  Vokale  auch  vor  wortschliesscndem  -s  Verkürzung 
erleiden  müssten,  falls  sie  gestossne  Akzentqualität  aufwiesen; 
mit  andern  AVorten,  dass  im  Gotischen  das  gleiche  Gesetz 
gelte  wie  im  Litauischen,  vgl.  z.  B.  lit.  Akk.  Plur.  M.  gerüs  : 
gerüs-jus,  Akk.  Plur.  F.  ranl^äs  :  ranJiOs-na.  Dass  diese  An- 
nahme unhaltbar  sei,  hat  Fr.  Lorentz  im  letzten  Bande  der 
Indogermanischen  Forschungen  zu  beweisen  unternommen.  Der 
Aufsatz  brachte  mir  willkommne  Bestätigung,  dass  die  Zweifel, 
die  ich  schon  seit  längrer  Zeit  an  der  Richtigkeit  des  Ge- 
setzes gehegt  hatte,  nur  allzu  begründet  waren. 

Bleibt  aber  im  Gotischen  ein  langer  Vokal  vor  -.s*  auch 
dann  unversehrt,  wenn  er  gestossne  Akzentqualität  hat,  so 
folgt  daraus,  dass  unter  der  gleichförmigen  Decke  der  got. 
Orthographie  altererbte  Differenzen  verborgen  sein  müssen: 
die  Endungsvokale  von  dagös  und  gihös  sind  von  denen 
in  icileis  und  fniittv/undo-s  in  ihrem  Wesen  verschieden.   Denn 


144  Wilhoim  Streitbei'g', 

jenen  entsprechen  sclilcifentle  oder  drciniorig-e,  diesen  gestossnc 
oder  i^weimorige  idg-.  Längen.  Grai)liisch  könnte  man  den 
Unterschied  mit  Hirt  etwa  durch  dagös  gihös  geg-enü))cr  ici- 
leis  sniumundös  wiedergeben. 

Vielleicht  wäre  mir  diese  Verschiedenheit  niclit  zu  Be- 
wusstsein  gekommen,  wenn  sie  nicht  durch  eine  merkwürdige 
Differenz,  die  in  der  ahd.  Grammatik  schon  vielfach  die  For- 
scher beschäftigt  hat,  ohne  jedoch  eine  abschliessende  Erklä- 
rung zu  finden,  plötzlich  unerwartetes  Licht  empfangen  hätte. 

Im  Ahd.  entspricht  dem  got.  gibös  der  Nom.-Akk.  gehä. 
Die  Länge  des  auslautenden  Vokals  ist  durch  Notker  gegen 
jeden  Zweifel  gesichert.  Da  im  Ahd.  alle  Längen,  die  schon 
in  urgermanischer  Zeit  im  absoluten  Auslaut  standen,  als  Kür- 
zen erscheinen,  auch  wenn  sie  schleifend  1)etont  sind,  vgl.  z.  B. 
den  Gen.  Flur.,  das  Adverbium  auf  -o,  so  muss  die  Erhaltung 
der  auslautenden  Länge  geba  notwendigerweise  damit  zusam- 
menhängen, dass  sie  ursprünglich  nicht  im  absoluten  Auslaut 
stand,  sondern  durch  -s  oder  -z  gedeckt  war. 

Ein  langer  Vokal,  der  auf  ursprünglich  schleifendem 
Diphthong  beruht,  findet  sich  in  ahd.  fridoo  (B),  dem  Genitiv 
Singular  eines  e*-Stamms.  Die  Akzentqualität  wird  durch  lit. 
sünaüs  dargethan. 

Während  die  Länge  des  auslautenden  Vokals  im  Nom. 
Plur.  der  f?-Stännne  aufs  reichlichste  bei  Notkcr  belegt  ist, 
finden  sich  nur  9  Belege  für  auslautendes  -«  im  Nom.  PI.  der 
e/o-Stämme.  I\Lin  wird  daher  nicht  ohne  weiters  iaga  und 
gel)a  in  bezug  auf  die  Quantität  des  Endvokals  auf  eine  Linie 
stellen  dürfen.  Wäre  das  -a  in  taga  die  Fortsetzung  des  ur- 
germ.  Ausgangs  -02,  so  hätte  es  genau  so  behandelt  werden 
müssen  wie  -ft  =  urgerm.  -öz  in  gehü.  Denn  dass  hier  das 
urgerm.  ö  auf  idg.  ä,  dort  auf  idg.  n  zurückgeht,  kann  für 
die  Quantität  natürlich  nichts  verschlagen.  Die  Formen 
mit  kurzem  -a  kömien  denmach,  wie  schon  längst  erkannt 
ist,  niclit  als  Nominative,  sondern  müssen  als  Akkusative  an- 
gesetzt werden.  Warum  diese  Ansicht  'niclit  genügend  be- 
gründet' sein  soll,  wie  Braune  Ahd.  Granunatik  -  §  193  Anm.4 
behaui)tet,  entgeht  mir.     Denn 

1 .  entweder  ist  -a  von  taga  lang  —  was  man  mit  der 
Überlieferung  auszumachen  hat  — ,  dann  entspricht  es  dem  -il 
von  gehü  in  jeder  Beziehung; 


Zur  germanischen  Grammatik.  145 

2.  oder  es  ist  kurz,  alsdaim  steht  es  im  Widerspruch 
mit  dem  auslautenden  -a  von  gebä.  Es  wäre  demnach  an 
Braune  zu  beweisen,  woher  es  komme,  dass  urg-erm.  -öz  im 
Ahd.  einmal  als  -a,  ein  ander  mal  als  -«  erscheint.  Gelingt 
es  ihm  nicht  dafür  eine  lautliche  Ratio  zu  finden,  so  wird  er 
nicht  umhin  können  die  Berechtigung-  der  abg-elehnten  Theorie 
anzuerkennen  ^). 

Kurz  ist  der  auslautende  Vokal  im  Gen.  Sing',  der  femi- 
ninen i-Stämme,  z.  B.  in  ensti.  Das  i  wird  niemals  doppelt  ge- 
schrieben und  erscheint  bei  Notker  als  e.  Die  Kürze  des 
auslautenden  Vokals  in  ensti  steht  in  Widerspruch  mit  der 
Länge  des  -ö  in  fridö :  beide  Endungen  gehn  gleicherweise 
auf  schleifende  Diphthonge  zurück,  wie  lit.  naltes  neben  sü- 
nails  beweist;  beide  Endung-en  sind  auch  im  Gotischen  ent- 
sprechend g-ebildet,  vg"l.  anstais  und  sunaus.  Folgt  daraus, 
dass  sich  urgerm.  -iz  quantitativ  anders  entwickelt  als  -aüz 
bezw.  -öz'}  Es  dürfte  nicht  leicht  sein,  diesen  Unterschied 
plausil)el  zu  machen.  Glücklicherweise  sind  wir  nicht  g-c- 
zwungen,  um  jeden  Preis  den  Versuch  zu  wagen.  Denn  ensti 
unterscheidet  sich  nicht  nur  in  der  Quantität  des  Endvokals 
von  fridö.  Es  entspricht  nämlich  weder  dem  lit.  naktes  noch 
dem  got.  anstais,  während  fridö  aufs  genauste  zu  lit.  si'tnaüs 
und  zu  got.  sunaus  stimmt.  Aus  dieser  doppelten  Differenz 
zwischen  ensti  und  fridö  folgt,  dass  nur  dieses  eine  lautge- 
setzliche Form  sein  kann,  jenes  nicht.  Auch  dieses  Hindernis 
ist  somit  aus  dem  Wege  geräumt. 

Es  bleiben  uns  schliesslich  zwei  klare,  auch  nicht  dem 
Schatten  eines  Verdachtes  ausgesetzte  Fälle  für  die  Behand- 
lung von  schleifender  Länge  +  z  im  ahd.  Auslaut :  gebä  = 
got,  gihos,  fridö  =  got.  sunaus. 

Was  entspricht  nun  dem  got.  icileis  auf  ahd.  Sprnch- 
boden?  Wie  wird  gestossne  Länge  -|-  z  im  ahd.  Auslaut 
behandelt?  Die  Antwort,  die  uns  die  Thatsachen  geben,  ist 
kurz  und  bündig.  Dem  got.  icUeis  entspricht  schon  in  der 
ältesten  Zeit  alid.  icili.  Die  Kürze  des  auslautenden  Vokals 
ist  zweifellos :    nicht  nur,  dass  er  niemals  doppelt  geschrieben 


1)  Der  Genitiv  Sing,  der  «-Stämme  kommt  nicht  in  Betracht, 
da  seine  Quantität  nicht  objektiv  festgestellt  Averden  kann:  Notker 
kennt  die  Form  nicht  mehr. 

Indogennaiüsclio  Fui-.schuiiiren  VI  1  u.  2.  10 


146  Wilhelm  Streitberg-, 

wird,  sondern  auch  —  was  beweiskräftiger  ist  —  bei  Notker 
erscheint  icile,  ivil. 

Das  Erg-ebnis  der  voraiisgegangucn  Erörterung-  ist  also 
dies  : 

got.  gihos      =   ahd.  gebä. 

got.  sunaus  =   ahd.  fridö. 

g'ot.  wileis    =  ahd.  iciU. 
In  Worten  ausgedrückt  heisst  das:    Schleifende  oder 
dreimorige  Länge   des  Indogermanischen   erscheint   vor  -z 
als  ahd.  Länge,  gestossnc  oder  zweimorig-e  Länge  des 
Indogermanischen  erscheint  vor  -z  als  ahd.  Kürze: 

^ekuäs  :  *uells  =  gehä  :  will. 

Wenn  irgend  etwas,  so  beweist  diese  Thatsache,  dass 
auch  auf  westgermanischem  Sprachboden  der  idg-.  Unterschied 
der  Akzentqualitäten  und  dei-  damit  zusammenhängende  — 
oder  besser:  identische  —  Unterschied  der  Quantitäten  langer 
Silben  eine  Rolle  gespielt  hat.  Es  ist  schwerlich  anzuneh- 
men, dass  die  behandelten  Fälle  ganz  sui  generis,  dass  sie 
die  einzigen  seien,  bei  denen  dieser  Unterschied  gewirkt  habe, 
während  überall  sonst  ganz  andere  Mächte  die  Entwicklung 
der  langen  Endsilben  bcstinnnt  hätten.  Denn  es  geht  nicht 
an,  mit  Jellinck  bei  irgend  einer  Schwierigkeit  plötzlich  Sche- 
rer und  jMahlow,  Haussen  und  Hirt  als  Nothelfer  anzurufen, 
ihre  Theorie  aber  als  ganzes  zu  verwerfen.  Hier  heisst  es : 
entweder  —  oder.  Gleich  jenem  biedern  Bäuerlein  sowohl  St. 
Michael  als  anch  Luzifer  eine  Kerze  zu  opfern,  ist  vom  Übel. 

An  den  Gegner  der  Akzent-,  oder  was  dasselbe  ist,  Mo- 
rentheorie  ist  es  nun,  die  behandelten  Unterschiede  auf  ihre 
Weise  zu  erklären,  ohne  dass  sie  zu  einer  Differenz  der  Ak- 
zentqualitätcn  ihre  Zutincht  nehmen.  Nur  wenn  ihnen  dieses 
gelingt,  kann  ihnen  die  Berechtigung  zugestanden  werden,  die 
westgcnnanischeii  Aushuitgesctzc  ohne  jede  Rücksicht  auf  die 
ind( »germanische  Akzcntuation  festzustellen.     Eher  nicht. 

3.     Die  g'ot.  jrt-St;innii('  in  der  Komposition. 

Sievers  Rauls  (irundriss  1  S.  414  §  8  und  PRrR.  XVI 
262  ft".  hat  erkannt,  dass  in  der  germanischen  Urzeit  die  Ver- 
bindung 'einfache  Konsonanz  -f.y'  ^'bic  neue  Silbe  eröffnete, 
dass    also    nrs])i1ingh'cli    die    L;iiit,:uiuj>p('    nicht    in    <ler  Weise 


Zur  germauisclieu  Grammatik.  147 

verteilt  war^  das.s  j  allein  die  neue  Silbe  einleitete,  während 
der  voransg-ehnde  Konsonant  den  Absehhiss  der  vorherg-ehnden 
bildete.  Diese  nrgcrnianisclic  Trennnngsrcgcl  sei  im  West- 
gennanisclien  tren  bewahrt,  im  Nord-  nnd  Ostgermaniscben 
dag-eg-en  anfgegeben  worden.  Anf  diese  Differenz  der  Silben- 
trennung führt  Sievers  dann  weiterhin  die  Erscheinung  zurück, 
dass  nm-  das  West-,  nicht  aber  das  Nord-  nnd  Ostg-ermanische 
eine  Konsonantendehnnng  vor  ;  kenne. 

Es  scheint  mir  nicht  zweifelhaft,  dass  Sievers  mit  seiner 
Annahme  das  Rechte  g-etrotTen  hat.  Doch  bedarf  sie  noch 
einer  Ergänzung-.  Ich  will  nicht  bezweifeln,  dass  das  Gotische 
im  Laufe  der  Zeit  die  urgermanische  Weise  der  Silbentren- 
nung- bei  Konsonant  -f-j  aufgegeben  hat.  Jedenfalls  aber  lässt 
sich  noch  aufs  deutlichste  nachweisen,  dass  auch  das  Gotische 
einmal  die  ganze  Gruppe  'Konsonant  -\-j'  an  den  Silbenanfang- 
gestellt  hat.  Und  zwar  nmss  diese  urgermanische  Trennungs- 
art noch  zur  Zeit  bestanden  haben,  da  a  in  der  Kompositions- 
fuge synkopiert  ward.  Das  beweist,  wie  mir  scheint,  eine 
bisher  nicht  nach  Gebühr  gewürdigte  Eigentümlichkeit  der 
Komposita,  deren  erstes  Glied  durch  j«-Stännne  gebildet  wird. 

Bekanntlich  wird  hier  das  a  nur  bei  den  langstämmigen, 
nicht  bei  den  kurzstämmigen  Bildungen  beseitigt.  Es  heisst 
daher  andi-Inus,  co'hi-numja,  aglaiti-icanrdel  aber  icadja- 
hoTxOS,  lubja-leis,  midja-sweipains,  alja-leiJio.  So  bekannt 
die  Thatsache  ist,  hat  man  doch  versäumt,  die  notwendigen 
Folgerung-en  daraus  zu  ziehn.  Und  doch  liegen  sie  nahe 
genug-. 

Der  Unterschied  in  der  Synkope  des  a,  wie  er  zwischen 
andi-laus  und  luhja-Ieis  besteht,  muss  darauf  beruhn,  dass 
die  Quantität  der  ersten  Silbe  hier  nicht  die  gleiche  war  wie 
dort.  Mit  andern  Worten,  die  erste  Silbe  in  luhja-  nmss  kurz, 
die  in  andi-  lang  gewesen  sein.  Da  aber  eine  geschlossne 
Silbe  unter  allen  Umständen  als  lang  gilt,  kann  zur  Zeit  der 
rt-Synkope  die  Silbentrennung  luh-ja-  im  Gotisclien  nicht  be- 
standen haben,  es  muss  vielmehr  lu-hja-  gesprochen  worden 
sein.  Nur  bei  dieser  Annahme  erklärt  es  sich,  warum  das  a 
der  Kompositionsfuge  bei  den  'kurzstämmigen'  ya-Bildungen 
regulärer  Weise  erhalten  ist. 


148  Wilhelm  Streitberg-, 

4.    Ahd.  gm. 

Das  alid.  Verbuin  gen  hat  der  Deiitiing-  von  jeher  man- 
cherlei Schwierigkeiten  bereitet,  so  dass  es  bis  heute  zu  einer 
allg'CHicin  anerkannten  Erklärung-  nicht  g-eliomnien  ist.  Ein 
Teil  der  Forscher  verbindet  das  Wort  bekanntlich  mit  griech. 
Kiximi.  Fr.  Kluge  dagcg-en  erblickt  darin  ein  Kompositum 
aus  g-erm.  ga-  und  dem  gcrm.  Repräsentanten  von  idg,  ''ümni 
'gehe'.  Es  lässt  sich  nicht  behaupten,  dass  diese  Etymologie 
zahlreiche  Anhänger  g-efnnden  habe.  Trotzdem  hält  Kluge 
seit  lang-en  Jahren  unerschttttert  an  ihr  fest.  Und  doch  lässt 
sich  die  Unmöglichkeit  seiner  Auffassung  unschwer  erweisen. 
Ich  will  nicht  von  lautlichen  Bedenken  reden:  viel  zwingen- 
der ist  der  \\'idcrspruch,  der  sieh  aus  der  Bedeutung  entneh- 
men lässt.  Wenn  überhaupt  bei  einem  Verbum  die  durative 
Aktionsart  klar  und  unverkennbar  ausgeprägt  ist,  so  ist  dies 
bei  gen  der  Fall,  gen  verhält  sich  zum  perfektiven  Simplex 
qiieman,  coman  wie  griech.  ievai  :  epxecBai,  lat.  Ire  :  uenire, 
frz.  aUer  :  venir  usw.  Diese  ausgesprochen  durative  Bedeu- 
tung widerstreitet  aber  aufs  schroffste  der  Kompositionshypo- 
these Kluges.  Dass  man  den  Stein  des  Anstosses  auch  nicht 
aus  dem  AVege  räume,  wenn  man  erklärt,  mit  dem  Gefühl 
für  die  Zusammensetzung  sei  auch  die  Perfektivbedeutung-  ver- 
loren gegangen,  zeigt  deutlich  das  perfektive  'Simplex'  got. 
gaumjan.  Wie  i\Iiklosich  und  K.  F.  Johansson  erkannt  haben, 
ist  dieses  scheinbare  Simplex  in  Wahrheit  ein  Kompositum  aus 
der  rrä])Osition  ga-  und  dem  Verl)um  'hiumjan,  das  zu  dem  abg. 
Substantiv  raz-umh  'Verstand'  gehört.  Trotzdem  aber  das  Be- 
wusstsein,  es  mit  einem  Kompositum  zu  thun  zu  haben,  voll- 
ständig verloren  gegangen  ist,  hat  sich  die  PerfektiAbcdeutung 
unverkennbar  erhalten.  Das  gleiche  niüsstc  bei  ahd.  gen  der 
Fall  sein,    wenn  Kluges  Etymologie  der  AVahrhcit  entspräche. 

0.     Die  ircrlsiinrt   des  r-  im  Pert'.  I'Jur.  der  xicrtcii   und   fünften 
Ablaiitreihe. 

Das  geheimnisvolle  e  im  Plural  der  Perfekta  vierter  und 
fünfter  Ablautrciiic  hat  seit  alter  Zeit  die  Erklärer  gelockt. 
Doch  lässt  sich,  glaul)  ich,  auch  nicht  von  einem  der  zalil- 
reichen  altern  Deutungsversuche  behaui)ten,  dass  er  des  Kätsels 
Lösung  gebracht  habe.    Nur  soviel  darf  wdhl  gegenwärtig  als 


Zur  germanischen  Grammatik.  149 

g-esichert  gelten,  dass  die  Entstellung-  dieses  seltsamen  'schwnnd- 
stutig-cn'  e  nicht  als  spezifiscli  g-erraanisclier  Akt  l)etraclitet 
werden  darf,  vielnielir  in  die  Zeit  der  idg-.  Urg-emeinscliaft 
znrilekverleg't  werden  muss. 

Am  nächsten  ist  meines  Bedünkens  Victor  Michels  IF. 
IV  64  ff.  dem  Kern  der  Frage  gekommen.  Nur  seine,  wie 
mir  scheint,  unhaltbare  Metathesentheorie  hat  ihn  gehindert, 
eine  ahschliessende  Antwort  zu  geben.  Mit  geringer  Modifi- 
kation aber  lässt  sich  seine  Erklärung,  wie  ich  darzuthun  hoft'e, 
nichtsdestoweniger  aufrecht  erhalten.  Des  bessern  Verständ- 
nisses halber  sei  mir  gestattet,  die  entscheidenden  Punkte  noeli 
einmal  kurz  im  Zusammenhang  darzulegen. 

Vor  allen  Dingen  muss  mit  der  Thatsache  gerechnet 
werden,  dass  im  Germanischen  das  lange  e  nur  im  Plural 
des  Perfekts,  also  nur  in  einer  von  Haus  aus  schwundstufigeu 
Form  erscheint.  Nicht  bloss  der  vollstufige  Singular  weiss 
von  ihm  nichts,  sondern  auch  das  schwundstufige  Partizipium 
Perf.  entbehrt  es  durchaus. 

Ein  zweiter  Punkt,  der  nicht  genügend  berücksichtigt 
worden  ist,  dem  aber  entscheidende  Bedeutung  zugemessen 
werden  muss,  ist  die  Thatsache,  dass  nur  die  Verba  der  4. 
und  5.  Ablautreihe  das  e  im  Perf  Plur.  kennen,  d.  h.  nur 
solche  Verba,  deren  Wurzel  auf  einfache  Konsonanz  endet. 
Es  liegt,  wie  mir  scheint,  nahe  genug  diese  Thatsache  mit 
der  vorhererwähuten  in  einen  logischen  Zusammenhang  zu 
bringen  und  die  Frage  aufzuwerfen:  Lässt  sich  ein  (Irund 
dafür  ausfindig  machen,  der  allein  bei  Wurzeln  von  einfachem 
konsonantischen  Auslaut  die  Entwicklung  eines  'schwundstu- 
figen' e  im  Plural  des  aktiven  Perfekts  möglich  macht"? 

Ich  glaube,  jeder,  der  die  Untersuchungen  über  die  Ent- 
stehung der  Dehnstufe  verfolgt  hat,  wird  die  Frage  bejahn: 
Darf  man  annehmen,  dass  das  '  schwundstufige '  e  das  Produkt 
einer  Dehnung  ist  oder  mit  andern  Worten,  ist  die  Länge  des 
Vokals  durch  den  Schwund  einer  folgenden  Silbe  verursacht 
worden,  so  hat  dies  nur  geschehn  können,  wenn  der  zu  deh- 
nende Vokal  ursprünglich  in  offener  Silbe  d.  h.  vor  einfacher 
Konsonanz  gestanden  hat. 

Sehn  wir,  ob  dieser  Weg  zum  Ziele  führt. 

Wenn  e  in  gehum  neimim  als  Dehnstufenläuge  betrachtet 
werden   soll,    so  erhebt  sich  sofort  die  Frage:    welche  Rolle 


150  Wilhelm  Slroitberg, 

hat  (las  zu  Grunde  liegende  kurze  e  g-cspiclt?  Was  kann  es 
g-ewesen  sein?  Die  Antwort  hat  Michels  bereits  gegeben, 
indem  er  an  die  vedischen  Perfekta  mit  langem  Reduplika- 
tionsvokal erinnert  hat.  YAw  langer  Reduplikationsvokal  an 
Stelle  der  üblichen  kurzen  kann  im  Perfekt  lautg-esctzlich  nur 
in  den  schwachen  Formen  entstanden  sein,  d.  h.  in  den  For- 
men, wo  die  hinter  der  Reduplikationssilbc  stehndc  Wurzelsilbe 
schwundstufig-  war.  Und  zwar  muss  die  Ausbildung-  der  Schwund- 
stufe den  Verlust  einer  Silbe  herbeiführen,  da  nur  bei  Silben- 
verlust ein  vorausgehnder  kurzer  Vokal  in  offner  Silbe  ver- 
längert werden  kann.  Schwache  Perfektformen,  in  deren 
Wurzelsilbe  Saprasärana  eintritt  (z.  B.  grijmm,  hudum,  hun- 
dum),  können  daher  niemals  g-edehntcn  Reduplikationsvokal 
haben. 

Aber  noch  eine  zweite  Bedingung  muss  erfüllt  werden, 
soll  Vokaldchnung  durch  Silbenverlust  eintreten :  der  zu  deh- 
nende Vokal  nniss  betont  sein.  Nun  wird  aber  im  Plural  des 
Perfekts  nicht  die  Reduplikationssilbe,  sondern  die  Endung 
betont.  Die  Schwierigkeit,  die  diese  Thatsache  bereitet,  ist 
nicht  unüberwindlich.  Schon  Michels  hat  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dass  die  blosse  Existenz  des  Vollstufcnvokals  e  in 
der  historisch  unbetonten  Reduplikationssil])e  die  Annahme 
nötig-  mache,  dass  das  historische  Verhältnis  nicht  in  jeder 
Beziehung  ursprünglich  sein  könne.  Er  hat  ferner  darauf  hin- 
gewiesen, dass  die  P]ndung  '  der  3.  Plur.  Perf.  Akt.  ai.  -ur 
europ.  -nt  Schwundstufenvokalismus  hat,  also  nicht  von  jeher 
den  Wortton  getragen  haben  kann.  Da  auch  die  Wurzelsilbe 
schwundstufig  ist,  so  bleibt  als  Träger  des  AVorttons  nur  noch 
die  Reduplikationssilbe  übrig.  Endlich  hat  Michels  auch  noch 
angedeutet,  dass  das  Verhilltnis  von  ai.  -ma  :  griech.  -)nev  in 
der  1.  ]*lur.  Perf.  Akt.  einem  idg.  Ablaut  -nin  :  -men  ent- 
sprechen könne,  sodass  also  für  die  1.  Plur.  dieselbe  Urbeto- 
nung  angenommen  werden  dürfe  wie  l'iir  die  .3.  Plur. 

Setzt  man  diese  EWh-tcrungen  in  formelhafte  Grundtyi)en 
um,  so  ergicbt  sich  etwa  folgendes  Bild: 

1.  Vor  der  Ausl)ildnng  der  Schwundstufe  hat  ''j/hcghehh- 
men^)  als  1.,  '■'(jJu'fjhehhont^)  als  3.  Plur.  Perf.  existiert. 


1)  Ifli    sotze  den  Wur'/cl vokal  n;u-li    (]cm  l'räs.  an;   auf  seine 
Färbung  kommt  es  nicht  weiter  an. 


Zur  germanischen  Grammatik.  151 

2.  In  den  beiden  unbetonten  Silben  mnss  der  Vollstiifen- 
vokal  schwinden.  Dies  hat  die  Dehnung  der  Tonsilbe  im  Ge- 
folge :  ^glieglibhmn  ^■'cjMgTiblinf. 

3.  Die  so  gewonnenen  Grundformen  sind  die  unmittel- 
baren Vorläufer  der  historisch  überlieferten  Bildungen.  Nur 
hat  man  nicht  mit  Michels,  mit  dem  ich  bis  hierher  überein- 
stimmen konnte,  eine  mehr  als  zweifelhafte  uridg.  Metathesis 
zur  Beseitigung  der  schweren,  nach  langem  Vokal  stehnden 
Konsonantengruppen  des  Inlauts  anzunehmen.  Denn  die  zahl- 
reichen lit.  Laugdiphthonge  lehren  deutlich  genug,  dass  eine 
Beseitigung  mittels  Umstellung  ü1)erhaupt  nicht,  oder  doch 
besten  Falls  nicht  entfernt  in  dem  von  Michels  angenomme- 
nen Umfang  stattgefunden  hat. 

Ich  glaube,  wir  können  vielmehr  ohne  jedes  Bedenken 
lautgesetzliche  Vereinfachung  der  schweren,  durch  das  Schwund- 
stufengesetz entstandnen  Konsonautengruppen  nach  langem  Vo- 
kal annehmen,  also  '■^gMglih]i{d)mn  '^gheghbhnt  direkt  zu  *//7<e- 
J)Ji{d)m)i  ^ghehlint  werden  lassen.  Dieser  Vorschlag  ist  um 
so  weniger  anstössig,  als  man  voraussetzen  darf,  dass  die  As- 
soziation an  die  im  Paradigma  so  häufige  VoUstufcnform  ghebli- 
das  Zustandekommen  von  ghehh-  aus  '^'gheglibli-  wesentlich  er- 
leichtert und  beschleunigt  haben  mag. 

Die  wie  ich  glaube  einzig  mögliche  Erklärung  des  e  im 
Perfekt  Plur.  der  Verba  vierter  und  fünfter  Klasse  verhilft 
uns  auch  zum  Verständnis  einei*  Verbalform,  die  bis  in  die 
neueste  Zeit  vielfach  verkannt  worden  ist;  ich  meine  den  Plur. 
ahd.  tätum  zum  Sing.  teta.  Brugmann  Grundriss  II  §  886 
S.  1254  vermutet  als  das  wahrscheinlichste,  fätum  sei  eine 
Neubildung  nach  gäbum.  Ich  muss  gestehn,  dass  mir  diese 
Annahme  wenig  einleuchtend  scheint,  da  ich  ein  Tertium  com- 
parationis  vermisse.  Ein  teta  '^tetiim  (oder  wie  man  den  Plu- 
ral sonst  ansetzen  will)  stand  viel  zu  isoliert,  um  mit  galmm 
unter  einen  Hut  gebracht  werden  zu  können,  selbst  wenn  auch 
einmal  ein  Präsens  nach  Art  von  ai.  dädhati  lit.  deda  im 
Germanischen  existiert  haben  sollte  —  was  wir  nicht  wissen. 
Wenn  tätum  nach  gühum  gebildet  sein  soll,  warum  ist  nicht 
auch  ein  ""'tat  für  teta  nach  gab  eingetreten? 

Ich  halte  im  Widerspruch  zu  Brugmann  den  Gegensatz 
von  teta  und  tatum  für  uralt,  teta  entspricht  dem  ai.  Perf. 
Akt.  dadhä{u)  und  ist  nur  in  seiner  Endung  an  die  schwachen 


152  Wilhelm  Streitberg-, 

Vcr))a  ang-elehut.  Eiu  Plural  mit  Nullstiifc  der  Wurzelsilbe 
inusstc  den  (ursprüng-licli  betonten)  Reduplikationsvokal  deb- 
uen:  ^'dliedhemen  ward  ''■'dhedhmn,  d.  i.  alid.  tätum. 

G.     Die  jrt«-Verba  und  ihre  Verwandten. 

leb  versucbe  einen  flücbtig-en  Überblick  über  die  vcr- 
sebieducn  Bildung-stypen  der  indogermaniscben  Urspracbe  und 
deren  Entwicklung-  im  Germaniscbeu  zu  geben.  Zu  meiner 
Freude  kann  icb  in  wicbtigen  Punkten  mit  Hirt  übereinstim- 
men.    Vgl.  dessen  Ausfübrungeu  in  seinem  Akzeutbucb. 

1.  Die  eigentlichen  «e/io-Verba. 
1.  Die  starren  Bildungen. 

Die  Vollstufe  des  Suffixes  gebt  durchs  ganze  Paradigma 
durch.  Als  Repräsentant  mag  abg.  sejeim  —  lit.  sejame  die- 
nen. Im  Germanischen  sind  mit  Sicberheit  nur  die  vokaliscb 
auslautenden  Wurzeln  wie  z.  B.  got.  stöja  liierher  zu  rechnen, 

2.  Die  abstufenden  Bildungen. 

a)  Die  einsilbige  Vollstufe  -iejio-  ergiebt  als  Schwund- 
stufe -1-.  Sie  erscbeint  ganz  lautgesetzlicb  nacb  kurzer  AVur- 
zelsilbe  im  Lateinischen,  wie  Dr.  Ericli  Berneker  bei  Hirt  Idg. 
Akzent  S.  196  zuerst  klar  erkannt  hat.  Vgl.  cäjjio  cdpis 
cäpit  usw.,  säpio  cüpio  quätio  u.  a.  Auch  auf  gcrmaniscliem 
Boden  lässt  sich  diese  Klasse  nachweisen,  wie  ich  vor  Jahren 
dargethan  zu  haben  glaube:  dem  lat.  cajno  capis  cnplt  ent- 
spricht aufs  genauste  ahd.  heffu  lievis  Jievit.  Wie  lat.  cap'mnf 
ist  ahd.  lieffent  gebildet;  dagegen  weichen  die  1.  und  2.  Plur. 
ab:  he f fernes  und  lieffet.  Die  1.  Plur.  entspricht  überall 
der  1.  Sing.  3.  Plur.,  daher  ist  die  Nou))ildung  hefj'emes  un- 
mittelbar verständlich.  Die  2.  Plur.  schliesst  sich,  wie  auch 
sonst  (vgl.  nemet)  der  1.  und  3.  an. 

Das  Gotische  ist  einen  Schritt  weitergegangen  und  hat 
—  unter  dem  Einfluss  der  abstufungslosen  ielio-Xarha  —  das 
j  in  allen  Personen  eingeführt:  hafja  hafßs  hafjip.  Dass 
dies  nicht  das  ursprüngliche  sein  kann,  lehrt  die  Übereinstim- 
mung des  westgermanischen  Paradigmas  mit  dem  lateinischen. 

]))  Zweisilbiges  -iejio-  ergiebt  als  Schwundstufe  -1-.  Sie- 
vers' Gesetz  fordert,  dass  die  zweisilbige  VoUstufc  nach  lan- 
ger Wurzelsilbe    rrscbeint.     Denigeniäss    hat    aucli    der    hinge 


Zur  germanischen  Grammatik.  153 

Scliwundstufenvokal  nach  langer  Wurzelsilbe  aufzutreten.  Das 
ist,  wie  Berneker  gesehn  hat,  bei  den  jjrimären  lat.  Verben 
der  4.  Konjugation  der  Fall:  farcio  farcls  farcU  usw.,  vgl. 
fulcio,  sancio,  saejjio,  uincio,  sentio  u.  a. 

Aul"  westgermanischem  Dialektgebiet  sind  die  Spuren 
dieser  Klasse  nicht  mehr  nachzuweisen,  aus  dem  einfachen 
Grunde,  weil  hier  überhaupt  die  durch  Sievers'  Gesetz  ge- 
schaffnen Differenzen  vollständig  verwischt  sind.  Dagegen 
stimmt  das  Gotische,  von  der  1.  Flur,  abgesehn,  in  jeder  Be- 
ziehung mit  dem  Lateinischen : 


sägio 

sölxja 

sägls 

söTieis 

sclgit 

söTieip 

säglmus 

[sökjam 

sägitis 

SöTxeip 

sägiunt 

sökjand 

II.    Die  Kausatiya. 

Die  Vollstufe  ist  -eie-  -eio-.  Einer  zweisilbigen  Vollstufe 
entspricht  aber  bekanntlich  regulärer  Weise  eine  langvoka- 
lische  Schwundstufe,  die  nach  Joh.  Schmidt  unter  gewissen 
Bedingungen  gekürzt  werden  kann.  Das  Indische  kennt  im 
Kausativ  nur  die  Vollstufe  des  Suffixes,  das  Baltisch-Slavische 
nur  die  Schwundstufe.  Während  im  Slavischen  das  lange  -t- 
in  allen  Präsensformen  auftritt,  erscheint  im  Litauischen  nur 
im  Infinitiv  langer  Suffixvokal  analog  dem  Slavischen.  Das 
Präsens  dagegen  ist  abweichend  gebildet.  Vgl.  abg.  morjq 
monsi  nioriti  usw.  Inf.  moritl  =  ai.  märdyatr^  lit.  Inf. 
ramyti  =  ai.  rämdijati  usw. 

Im  Germanischen  flektieren  die  Kausativa  ganz  wie  die 
übrigen  Jr/?i-Verba:  nasja  nasjis  nasjip  aber  sandjan  sandeis 
sandeip.  Wie  schon  Hirt  erkannt  hat,  kann  diese  Flexion 
nicht  streng  lautgesetzlich  entwickelt  sein,  mögen  wir  nun  ur- 
germ.  -iji-  -ija-  =  ai.  -dya-  -dyä-  oder  urgerm.  -i-  =  abg.  -i-  als 
Suffix  ansetzen.  Auf  alle  Fälle  müsste  auch  nach  kurzer  Wurzel- 
silbe -l-  erscheinen  (=  idg.  i  oder  kontrahiert  aus  -iji-).  Offenbar 
hat  eine  Analogiebildung  stattgefunden  und  e})enso  offenbar 
ist  sie  von  den  langstännnigen  Vei-ben  ausgegangen :  laug- 
stämmige Kausativa  und  langstämmige  J-Verba  sind  in  einer 
Reihe  von  Formen  zusammengefallen.     Hierdurch  hat  sich  das 


154  Wilhelm  Streitberg, 

Gefühl   für  die   ursprüngliche  Verschiedenheit  beider  Klassen 
auch  bei  den  kurzstämniig-en  verloren. 

Es  bleibt  noch  die  Frage  zu  beantworten,  ob  die  Suf- 
fixform der  germ.  Kausativa  zu  der  des  Indischen  oder  der 
des  Slavischen  gestimmt  habe.  Mit  absoluter  Sicherheit  lässt 
sich,  soviel  ich  sehe,  keine  Entscheidung  treffen.  Doch  spricht 
eine  gewisse  Wahrscheinlichkeit  für  den  ersten  Fall.  Vor 
allen  Dingen  scheint  mir,  dass  die  auffällige  2.  Sing.  Imperat. 
auf  -ei,  die  allen  kurzstämmigen  jcm-Yerhen  gemeinsam  ist, 
nur  dann  ungezwungen  erklärt  werden  kann,  wenn  man  bei 
den  Kausativen  urgerm.  -ije  aus  idg.  -eie  ansetzt.  Bei  schwund- 
stufigem Kausativsuffix  -^  hätte  im  Auslaut  Kürzung  eintreten 
müssen,  da  es  nur  gestossen  betont  sein  kann. 

III.    Die  e/-Verba. 

Bartholomae  hat  zuerst  erkannt,  dass  der  slavischen  Fle- 
xion sezdq  sediH  sediU  usw.  Inf.  sedeti  ein  idg.  Stamm  auf 
-ei  zu  Grunde  liegt.  Die  regelrechte  Schwundstufe  zu  -ei-  ist 
-^-:  sie  liegt  im  slav.  Präsens  vor.  Die  Vollstufe  -ei-  verliert 
unter  bestimmten  Bedingungen  ihr  i,  wird  also  zu  -e-:  dies 
ist  z.  B.  der  Fall  im  abg.  Infinitiv  auf  -eti. 

Der  Stannn  auf  -e  erscheint  in  aoristischer  Bildung;  vgl. 
griech.  ejudv^v,  lit.  mineti  abg.  rtihneti.  Er  kann  auch  ins 
Präsens  eindringen:  lat.  uideo  uides  uidet  usw.  gegenüber 
abg.  vizdq  vidisi  vidih  usw.  Inf.  videti. 

Was  wird  aus  den  Verben  dieser  Art  im  Germanischen? 

a)  Im  Präsens  erscheint  die  Schwundstufe.  Verba  dieser 
Form  sind  vollständig  in  die  Klasse  der  Jan-Y erha  übergetre- 
ten.    Vgl. 


liggu 

lezq 

ligis 

lezisi 

liglt 

leziti  usw. 

sitzu 

sezdq 

sifzis 

sedisi 

sitzit 

sedifh  nsw, 

b)  Das  Präsens  mit  schwundstufigem  Suffix  ward  durch 
ein  Paradigma  mit  vollstufigem  Suffix  verdrängt,  vgl.  lat.  nides 
uidet  uidenius  lüdetis  uidvnt.  Das  ist  der  Fall  bei  den  germ. 
e-Verben.  Vgl.  dagen  =  tacere,  haben  =  habere  usw.  Der 
unmittelbaren  Entsprechungen  giebt  es  so  viele,  dass  trotz  Col- 


Zur  germanischen  Grammatik.  155 

litz  und  Miss  Sweet  nicht  an  dem  engsten  Zusammenbang 
der  Verba  der  dritten  scbwachen  Konjugation  mit  ausserger- 
maniscben  e-Verben  gezweifelt  werden  kann. 

Auf  die  Flexion  dieser  Kategorie  geh  ich  heute  nicht 
ein.  Nur  soviel  sei  bemerkt,  dass  die  ursprüngliche  Gestalt 
des  Paradigmas  am  reinsten  durchs  Gotische  repräsentiert  wird; 
der  gotische  Typus  und  die  ihm  entsprechenden  Typen  in 
andern  Dialekten  lassen  sich  allein  unmittelbar  mit  bekannten 
Bildungen  andrer  idg.  Sprachen  verknüpfen.  Das  genügt,  ihnen 
den  Vorrang  zu  sichern. 

c)  Da  das  urgcrm.  nichthaupttonige  (S  in  einer  ganzen 
Anzahl  von  Formen  zu  a  gekürzt  werden  musste,  so  entstan- 
den Bildungen,  die  den  Typus  der  starken  Verba  trugen.  Hier- 
durch erklärt  sich,  dass  einzelne  e- Verba  in  die  e/o-Fiexion 
übergetreten  sind,  vgl.  got.  sitan,  got.  gapairsan  =  lat.  fo7'- 
rere  u.  ä. 

d)  Die  Berührungen  zwischen  ö-  und  6-Verbis  lassen  sich 
auf  denselben  Umstand  zurückführen.  Abgesehn  von  andern 
Formen  stimmen  beide  Klassen  nach  AVirkung  des  Kürzungs- 
gesetzes im  ganzen  Optativ  überein:  unbet.  öi  wie  ei  ergeben 
vor  Konsonanz  urgerm.  ai.  Daher  Doppelbildungen  wie  fholön 
und  tholen  pulan-^  gien  und  Märe,  Minen  und  Minön  cUnäre 
u.  ä.  Es  ist  vergebne  i\Iühe  aus  Formen  wie  Minen  ginen 
ein  uraltindogermanisches  Suffix  -näi-  zu  erschliesseu.  Um 
eine  solche  Konstruktion  wagen  zu  dürfen,  müssten  wir  doch 
etwas  sichrem  Boden  unter  den  Füssen  haben,  als  thatsäch- 
lich  der  Fall  ist.  Denn  nicht  nur,  dass  alles  germanische 
Beweismaterial  zweifelhafter  Natur  ist:  auch  das  Baltisch-Sla- 
vische  erhebt  Einspruch,  worauf  schon  LOB.  1891  Sp.  1465 
aufmerksam  gemacht  worden  ist. 

Die  denominativen  Ja« -Verba  geben  zu  Erörterungen 
keinen  Anlass. 

Wiesbaden.  Wilhelm  Streitberg. 


Zu  ai.  Tx'rmis,  lat.  rermis  usw. 


Die  ))eiden,  durch  lat.  vermis,  got.  waürms  einer-,  durch 
ai.  Ixfmis,  lit.  Jcirmis,  sl.  *cbrm-  "^chrvh  anderseits  repräsen- 
tierten Bezeichnungen  für  'Wurm'  sind  schon  seit  langem  bald 
zusammengehalten,  bald  getrennt  worden:    vgl.    zuletzt  Wiede- 


156  Josef  Zubaty  Zur  ai.  khnU,  lat.  vermis  tisw. 

mann  IF.  I  255  ff.  Für  das  letztere  bietet  meines  Eraclitens 
zu  den  längst  bekannten  lautlichen  Bedenken  das  Baltiscli-Sla- 
viselie  noch  ein  anderes,  welches  allerdings  diese  lautlichen 
Bedenken  eigentlich  nur  verschärft:  dieser  Sprachenzweig 
scheint  nämlich  beiderlei  Formen  besessen  zu  haben,  was, 
w^enn  wahr,  eine  lautliche  Vermittelung  von  z.  B.  lat.  vermis 
mit  lit.  hirmis  geradezu  unmöglich  macht  (wenigstens  für  den 
heutigen  Stand  der  Wissenschaft). 

Die  slav.  Bezeichnung  für  'rot'  *chrmhm,  '^cwtem, 
'^'cwvjem  (Miklosich  Et.  Wort.  3.3)  gehört  bekanntlieh  zu 
^cbrm-,  ''xbrvb:  das  Rote  ist  nach  den  dasselbe  gewährenden 
Würmern  benannt  worden,  vgl.  z.  B.  nach  frz.  vermeil.  Wenn 
nun  im  Kruss.  neben  rumjanyj  'rot'  vermjdnyj  (ursl.  *?;?>?•- 
menh  oder  *vh7'mem^),  vgl.  Afsl.  Phil.  XV  496  f.)  vorkommt, 
so  gehört  dieses  offenbar  ebenso  zu  einem,  sagen  wir  ^'vbrmb 
'Wurm'.  Und  hieher,  nicht  zu  sl.  rumem  —  rumem,  ist 
auch  preuss.  urminan  (Akk.,  Kat.  III),  icormyan  (Vokab.), 
warmun  (Grünau)  'rot'  zu  ziehen:  nur  dass  für  das  Preuss. 
nicht  virm-  (sl.  vbrm-),  sondern  eher  vürm-  (sl.  ^vhrm-),  anzu- 
nehmen sein  wird,  was  nach  Fortunatows  und  Bezzenbergers  For- 
schungen über  die  balt.-slav.  Reflexe  der  sonantischen  Nasalen 
und  Liquiden  auch  nichts  überraschendes  hat.  Grünau  schreibt 
zu  ungenau,  als  dass  man  berechtigt  wäre,  auf  sein  a  ein  be- 
sonderes Gewicht  zu  legen. 

In  einer  dem  Ursprünglichen  näheren  Bedeutung  scheint 
Vbrm  in  einer  von  Sreznevskij  s.  v.  angeführten  altruss.  Stelle 
zu  stehen:  als  Nahrung  des  heil.  Johannes  wird  dort  angege- 
ben vermie  duhnoe  i  medi)  duhii,  vgl.  Math.  III  4  fi  be  rpoqpri 
auToO  fjv  ciKpibec  Kai  laeXi  ciYpiov.  Also  ein  *vb7'mbje^)  als 
Kollektivbezeichnung  für  Insekten  o.  dgl.  Dann  könnte  man 
vielleicht  trotz  der  von  lat.  vermis  abweichenden  Bedeutung 
und  Tonstufe  auch  an  lit.  varmas  'Mücke'  denken'? 

Smichov  bei  Prag:.  Josef  Zu  bat  v. 


1)  Das  Suflix  *-m*  :=  *-em  kann  in  vermjcini/J  übrig"ens  auf 
direkter  Nachbildung-  von  rumjanyj  beruhen  (wie  dasselbe  über- 
haupt in  allen  slav.  Sprachen  sich  bedeutend  über  die  urspr.  Gren- 
zen verbreitet  zu  haben  scheint). 

2)  Dieses  altruss.  vermije  verbürgt  ein  slav.  vbrm-  =  got.  icaurm- 
auch  für  denjenigen,  der  viell.  kruss.  vernijanyj  für  ein  im  Suffix 
slavisiertes  frz.  Lehnwort  halten  möchte,  was  bei  Annahme  etwa  des 
polu.  Mediums  immerhin  möglich  wäre. 


G.  Herbig',  Aktionsart  und  Zeitstufe.  157 

Aktionsart  iiiul  Zeitstufe. 
Beiträge  zur  Funktioiislehre  des  idg.  TerbninM. 


§  1.  Wir  sind  i^-ewolint  die  Formen  eines  Verbums  nach 
verschiedenen  Gesicbtspunkten  in  verschiedenen  g'rannnatischen 
Kategorien  unterzubringen.  Diese  beruhen  im  letzten  Grund 
auf  psychologischen  Assoziationen  und  sollten  für  jede  Sprach- 
g-ruppe  aus  dem  ihr  eigentümlichen  Geist  heraus  neu  geschaffen 
werden.  Der  Gang  der  Kultur  brachte  es  indessen  mit  sich, 
dass  eine  Sprachgruppe  die  fertigen  Begriffe  von  der  andern 
tibernahm  und  die  ihr  eigentümlichen  Verhältnisse  in  den  Rah- 
men eines  entliehenen  Systems  zwang.  In  diesem  Verfahren 
liegen  zwar  Keime  der  später  sich  so  fruchtbar  erweisenden 
vergleichenden  Methode  der  Sprachbetrachtung;  es  ist  indessen 
klar,  dass  im  Lauf  der  Zeit  ein  gewisses  Missverhältnis  zwischen 
den  erstarrten  historisch-konventionellen  Kategorien  und  den 
lebendigen  psychologischen  Assoziationsgruppen  sich  bemerk- 
bar machen  musste.  (Vgl.  Herm.  Paul  Prinzipien  der  Sprach- 
geschichte, Halle  1886  2  S.  219  if.).  Die  ersteren  sind  gerade 
dem  grammatisch  Geschulten  so  in  Fleisch  und  Blut  überge- 
gangen, dass  sie  die  letzteren  erdrücken,  dass  sie  ihm  wenig- 
stens wichtiger  erscheinen  als  sie  es  bei  natürlichem  Sprach- 
gefühl sind.  Die  Tempora  z.  B.  vermögen  wir  vom  Wesen 
des  Verbums  nicht  mehr  zu  trennen.  Und  doch  fragt  es  sich, 
ob  die  wissenschaftliche  Betrachtung  nicht  besser  thut  auch 
solche  altererbte  Form-  und  Bedeutungskategorieen,  die  unserm 
durch  grammatische  Theorien  beeinflussten  Sprachbewusstsein 
als  selbstverständlich  und  natürlich  erscheinen,  immer  wieder 
daraufhin  zu  prüfen,  ob  sie  wirklich  im  Wesen  des  Verbums 
bedingt  sind.  Dies  würden  sie  sein,  wenn  sich  ihr  Vorkommen 
auf  das  Gebiet  des  Verbums  beschränkte  oder  wenn  sie  seine 
unzertrennlichen  Begleiter  wären. 

§  2.  Beides  trifft  auf  den  Begriff  der  Tempora  nicht  zu. 
Sie  erscheinen  auch  auf  nominalem  Boden.  Ausgeprägte  Form- 
kategorien sind  hier    freilich,    wenigstens    in  idg.   Sprachen i), 

1)  Nicht    ebenso    in    andern   Sprachen.      Im  Holontalo,    einer 
Si)rache  auf  Celebes,  wo  das  sog-.  Verb  noch  ganz  als  indifferenter 
Indogermanische  Forschungen  VI  3  u.  4.  ii 


158  G.  Herbig, 

fast  nur  bei  dem  vcrbiim  infinitum  7A\  finden,  das  aber  entschie- 
den^) nominalen  Charakter  trägt  und  so  recht  geeignet  ist,  das 
Bedürfnis  der  Tempusbezeichnung  auch  auf  nominalem  Gebiet 
zu  befriedigen.    In  Ansätzen  oder  wenigstens  dem  Begriffe 
nach  kehren  diese  Kategorien  aber  wieder  bei  vielen  Adjekti- 
ven, welche  dem  Partizipium,  oder  abstrakten  Substantiven,  die 
dem  Infinitiv  bedeutungsverwandt  sind.    'Ein  totkranker  Mann' 
ist  ein  Mann,  der  jetzt  eben  im  Sterben  liegt  oder  bald  sterben 
w^ird  (diToBvriCKUJV,  moribundus);  'ein  toter  Mann'  ist  ein  Mann, 
der   gestorben   ist  (TeGvriKuuc,  mortuus).     Die  'Erstürmung  der 
Stadt'  wird  im  Lateinischen  je  nach   dem  Zusammenhang  zu 
einem  oppidum  cxpugnatum,  einem  oppidum  expugnandum  oder 
einem  oppidum,  (piod  hoc  ipso  tempore  expugnatur.    Mit  andern 
"Worten:   in  allen   Fällen,   avo  Adjektiv  und  Substantiv  keinen 
dauernden  inhärenten,  sondern  einen  zufälligen,  vorübergehen- 
den Zustand  eines  Dinges  anzeigen,  nehmen  sie  Teil  an  einer 
bestimmten  Zeitstufe,  sobald  sie  vom  Standpunkte  des  Reden- 
den aus  betrachtet  werden.     Dies  wird  sofort  klar,  wenn  wir 
jene  Nomina  verl)al  umschreiben:    der  in  ihnen  schlummernde 
Begriff  der  Zeitstufe  tritt  dann  auch  formell  in  die  Erschei- 
nung.    'Ein  ])lauer  Himmel  lag  über  der  Gegend'  lautet  verlial 
'der  Himmel,  der  über  der  Gegend  lag,  war  blau'  oder  'Ein 

Nominalausdruck  sich  darstellt,  ist  die  innere  Entwicklung-  nach 
Seite  der  Zeitunterschiede  ziemlicli  beträchtlich.  Wilh.  Joest  Zur  Holon- 
talo-Sprache.  Berlin  1883,  Inaug.-Diss.  S.34u.  §  38.  —  Heinr.  Winkler 
Zur  Sprachgeschichte.  Berlin  1887  S.  37.  In  den  Algonquin- Spra- 
chen wird  durch  das  gleiche  Suffix  -hcm  die  Vergangenheit  an  Verb 
und  Substantiv  bezeichnet;  an  letzterem  in  Fällen  wie  i>i  nmsoni- 
ban  'mein  verstorbener  Grossvater',  ni  moTckiimani-ban  'mein 
altes  Messer'.  Vgl.  etwa  französisch  feu  man  graiid-pere,  ex-no- 
taire.  Raoul  de  la  Grasserie  Etudes  de  Grammaire  Coniparee.  De 
]a  categorie  du  temps.  Paris  1888  S.  176,  177.  Weiter  auch  Friedr. 
Müller  Grundriss  der  Sprachwissenschaft,  Wien  1879  II  1  S.  181. 
Im  Annatomischen  kommen  temporale  und  modale  Bestimmungen 
am  Pronomen  zur  Darstellung 

ek  asaig         ich  —  sagen 
ek-i.s  a.saiff     ich  —  Präteritalsuflix  —  sagen 
ek'pu  asaig  ich  —  Futursutüx  —  sagen. 
Das  Verb    ist    -vollständig  beugungslos.     II.  L.  v.   d.  Gabelentz   Ab- 
handl.   d.  kgl.   sächs.   Ges.  d.  Wissensch.   VII 1   (1860/1)   =  Phil.-hist. 
Kl.  111  S.  iiO  ff. 

1)  Franz    Kern    Die    deutsche    Satzlehre.     Berlin    1888  2   s.  4, 
137,  143. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  159 

traurig-es  Ende  wird  nicht  ausbleiben'  =  'das  unausbleibliche 
Ende  wird  ein  trauriges  sein'. 

Ansätze  zu  g-rammatischen  Kategorien  von  Zeitstufen 
am  Adjektiv  sind  ganz  deutlich  z.  B.  im  Lateinischen  vorhan- 
den. Dies  hat  Frederick  Hanssen  in  seinem  Aufsatz  The  Latin 
Adjektive  Am.  Journ.  of  Phil.  X  (1889)  S.  34—44  nachge- 
wiesen. Er  führt  aus,  dass  der  einzige  wesentliche  Unterschied 
zwischen  Adjektiv  und  Verb  ein  rein  formeller  ist,  und  dass 
Begriffe  Avie  die  Tempora  und  Modi  beim  Verbum  zwar  in 
einem  klaren  Licht,  beim  Adjektiv  nur  in  einer  unbestimmten 
Dunkelheit  erscheinen,  dass  aber  solche  Unterscheidungen  that- 
sächlich  dem  Adjektiv  nicht  fremd  sind.  S.  40  ff.  kommt  er 
dann  auf  präterito-präsentische  und  futurische  Adjektiva  zu 
sprechen.  Aus  seinen  Beispielen  hebe  ich  hervor:  Campanus 
entweder  präsentisch  'one  who  is  in  Campania'  oder  prätcrital 
'one  who  was  formerh^  in  Campania';  Scipio  Aemilianus  prä- 
tcrital "Scipio  who  was  formerly  in  the  gens  Aemilia';  ager 
011)iensis  präsentisch,  epistola  Olbiensis  präterital;  mortalis 
futurisch  'one  who  can  or  will  die';  laudabilis  futurisch  ""one 
who  can  be  praised  in  the  future'. 

§  3.  Die  Tempora  sind  auch  nicht  die  unzertrennlichen 
Begleiter  des  Yerbums;  sie  sind  nach  einem  glücklichen  Aus- 
druck der  Alten  1)  nur  TrapeTTÖiueva,  Begleiterscheinungen,  die 
das  eine  Mal  auftreten,  das  andere  Mal  nicht.  Alle  nicht 
indikativischen  Formen  des  griechischen  Aoristes  z.  B.  werden 
jetzt  allgemein  als  zeitlos  bezeichnet;  ganz  geläufig  ist  be- 
sonders der  zeitlose  Gebrauch  des  Präsens  in  abstrakten-) 
Sätzen. 

§  4.  Es  lässt  sich  indes  nicht  leugnen,  dass  im  indo- 
germanischen Verbalsystem  die  Kategorie  der  Zeitstufen  eine 
ganz  hervorragende  Rolle  spielt.  Wir  sprechen  von  einem 
Zeitwort,  und  schon  Aristoteles  gibt  das  Fehlen  der  Zeitbe- 
zeichnung als  negatives  Kennzeichen  des  övo)Lia  aus  und  sieht 
in  dem  Vorhandensein  derselben  beim  pfi|ua  einen  entscheidenden 
Unterschied  zwischen    diesem    und   dem   övo.ua^).     Diese   Auf- 


1)  Dionysü  Thracis  Ars  g-rammatica  ed.  Gust.  Uhlig-.    Lipsiac 
1883  S.  46—47. 

2)  Herrn.  Paul  Prinzipien    der  Spraciigeschichte.     Halle  18862 
S.  103. 

3)  Aristoteles  De  Interpret,  c.  2  et  3. 


160  G.  Herbig, 

fassnngsweise  ist  berechtigt,  so  lange  sie  nicht  von  den  histo- 
risch vorliegenden  Verhältnissen  einer  bestimmten  Periode  idg. 
Sprachentwickliing  auf  das  Wesen  des  Verbums  überhaupt  aus- 
gedehnt wird.  Dasselbe  kann  m.  E.  nur  gefunden  werden  in 
der  Funktion  des  tiniten  Verl)ums  im  Satze,  welche  durch  die 
Personaleudungen  gekennzeichnet  wird,  und  die  an  sich  von 
den  Zeitstufen  völlig  unabhängig  ist.  Jene  Funktion  spiegelt 
sich  schon  wieder  in  der  ältesten  abendländischen  Bezeichnung 
ihres  Trägers:  f>f\ixa  ist  das,  was  vom  övo/aa  ausgesagt  wird.^) 
Kern  hat  Deutsche  Satzlehre  S.  137  für  die  tiniten  Verba 
den  deutschen  Ausdruck  ^A.ussagewörter'  vorgeschlagen.  Man 
wende  nicht  ein,  dass  weder  die  griechische,  noch  die  deutsche 
Bezeichnung  die  Begriffe  Verbum  und  Prädikat,  das  ja  auch 
ein  Nomen  mit  vorhandener  oder  zu  ergänzender  Kopula^) 
sein  könne,  genügend  unterscheiden.  Dieser  Einwand  beruht 
auf  einer  ungehörigen  Vermischung  der  morphologischen 
und  der  funktionellen  Kategorie  Verbum.  Dass  aber  der 
Begriff  des  Verbums  d.  h.  dasjenige,  was  das  Verbum  von  an- 
dern Wortarten  scheidet  und  zum  Verbum  macht,  nur  aus 
seiner  Funktion  und  zwar  nur  aus  der  Funktion  des  finiten 
Verbums  abgeleitet  werden  kann,  scheint  mir,  von  Innern  Grün- 
den ganz  abgesehen,  namentlich  auch  daraus  hervorzugehen, 
dass  die  Personalendungen,  die  jener  Funktion  doch  gewöhn- 
lich morphologisch  entsprechen,  öfters  im  Stich  lassen  (lat. 
legimini,  ai.  data  "er  wird  geben'). 

§  5.     Verbieten  schon  diese  allgemeinen  Erwägungen  die 
Zeitstufen  als  eine  notwendige  und  daher  von  Anfang  an  vor- 


1)  Über  die  Schwankungen,  denen  die  älteste  Bedeutung-  von 
^r\\ia  als  eines  grammatischen  Terminus  unterliegt,  vgl.  H.  Steinthal 
Geschichte  der  Sprachwissenschaft  bei  den  Griechen  und  Römeru. 
Berlin  1863  S.  134,  233,  238,  239. 

2)  Der  ganze  Begriff  ist  willkürlich  genug.  Kern  Deutsche 
Satzlehre  Kap.  III  S.  83—98.  —  H.  Steinthal  Abriss  der  Sprachwis- 
senschaft. 2.  Teil:  Charakteristik  der  hauptsächlichsten  Typen  des 
Sprachbaues,  neu  bearbeitet  von  Franz  Misteli.  Berlin  1893^  S.  51. 
—  Ferner  die  Bemerkungen  von  Miklosich  über  die  Verba  coucreta 
und  abstracta,  Vergleichende  Grammatik  der  slavischen  Sprachen. 
Wien  1868-74  IV  Syntax  S.  261.  Über  die  Holle,  welche  der  Be- 
griff Kopula  von  jeher  spielte:  ß.  Delbrück  in  Brugmanns  und  sei- 
nem Grundriss  d.  vergleich.  Gramm,  der  idg.  Sprachen  III  Syntax 
Strassburg  1893  S.  22. 


Aktionsart  und  Zeitstiife.  161 

handene  Verbalkategorie  anzusehen,  so  werden  wir  noch  we- 
niger dazu  g-eneigt  sein,  wenn  wir,  wie  es  in  syntaktischen 
Fragen  notwendig  ist,  den  Blick  über  den  engen  Kreis  der 
idg.  Sprachen  hinaus  erheben.  "Uns  drängt  sich  die  Zeit", 
sagt  Whitney  ^),  "als  eine  besonders  wichtige  Beziehung  auf  und 
die  Angabe  einer  Handlung  scheint  uns  beinahe  notwendig 
deren  Mitbezeichnung  zu  fordern;  und  doch  halten  manche 
Sprachen  es  für  weniger  wichtig,  diese  in  den  Grundbau  des 
Verbums  aufzunehmen  als  andere  Beziehungen,  lassen  sie 
vielmehr  aus  dem  Zusammenhang  erschliessen  oder 
deuten  sie  durch  äussere  ^Mittel,  Partikeln  und  Hülfsworte,  an, 
wie  wir  unsrerseits  andere  Beziehungen,  die  jene  in  den  Bau 
des  Verbums  verweben,  so  behandeln".  Es  soll  kein  Gewicht 
darauf  gelegt  werden,  dass  in  Sprachen,  die  zwischen  Nomen 
und  Verb  überhaupt  nicht  scheiden,  wie  z.  B.  im  Chinesischen, 
die  Kategorie  der  Zeitstufen  vollständig  fehlt  2)  und  dass  sie  in 
andern,  wenn  sie  vorhanden  ist,  au  Nomen  und  Pronomen 3) 
haftet.  Auch  in  den  semitischen  Sprachen,  den  einzigen,  die 
neben  den  idg.  ein  achtes  Verbum  aufzuweisen  haben'^),  fehlen 
bestimmte  Formen  für  die  absoluten  und  relativen  Zeitver- 
hältnisse, und  die  Aktionsarten  der  Vollendung  und  Nichtvollen- 
duug  werden  ersatzweise  zur  Darstellung  der  Zeitstufen  ver- 
wendet^). 

§  6.  Wir  brauchen  übrigens  gar  nicht  so  weit  zu  gehen, 
wir  brauchen  nicht  einmal  über  das  Gebiet  unserer  Mutter- 
sprache hinauszuschweifen.  Hier  finden  wir,  wie  in  andern 
modernen  Sprachen,  nach  einer  langen  Entwicklung,  die  an- 
fangs zu  ganz  andern  Zielen  zu  führen  schien,  Erscheinungen, 


1)  Leben  und  Wachstum  der  Sprache.  Übersetzt  von  August 
Leskien.  Leipzig  1876  S.  231—32  (=  Internationale  wissenschaft- 
liche Bibliothek  XX.  Band). 

2)  G.  V.  d.  Gabelentz  Chines.  Gramm.  Leipzig  1881  §  979.  — 
Steinthal-Misteli  Charakteristik  S.  190,  193. 

3)  s.  Anm.  1  S.  157  u.  158. 

4)  Steinthal-Misteli  Charakteristik  S.  52  ff. 

5)  Philippi  Die  semitische  Verbal-  und  Nominalbildung  in 
Beitr.  z.  Ass.  II  (1894)  S.  373  bes.  Anm.  ***.  —  Ed.  König  Lehr- 
gebäude der  hebr.  Spr.  II  1  (1895)  S.  385—391.  —  W.  Gesenius  He- 
bräische Grammatik.  Leipzig  187822  §  40,  48,  125  ff.  —  Steinthal- 
Misteli  Charakteristik  S.  463. 


162  G.  Herbig-, 

die  sich  psycliolog-isch  mit  dem  berührten  Maug-el  anderer 
Sprachen  wenigstens  vergleichen  lassen.  Wir  sagen  im  Deut- 
schen: 'ich  thue'  im  Präsens,  "ich  thiie',  seltener  'ich  werde 
thun'  im  Futur,  und  im  Präteritum,  neben  starker  Verwendung' 
des  praesens  historicum,  in  manchen  oberdeutschen  Dialekten  ^) 
schon  ausschliesslich  'ich  habe  gethan'  d.  h.  die  Entwicklung 
des  Deutschen  geht  dahin  die  drei  Hauptzeiten  des  verbum 
finitum  formell  durch  Präsentia  oder,  wenn  man  will,  zeitlose 
Formen  wiederzugeben.  Es  sei  zwar  zugestanden,  dass  ein 
Unterschied  gegen  jene  primitiven  Zustände  in  zweifacher  Hin- 
sicht besteht:  die  ganze  Erscheinung  ist  nur  ein  Glied  einer 
sprachlichen  Entwicklung,  die  überall  von  synthetischer  zu  ana- 
lytischer Ausdrucksweise  drängt;  es  ist  ferner  nicht  zu  leugnen, 
dass  wir  die  in  unserm  Bewusstsein  lebenden  Tempuskatego- 
rien auch  mit  jenen  formellen  Präsensformen  verknüpfen.  Es 
bleibt  aber  eine  offene  Frage,  ob  im  Sprachgefühl  naiv  Spre- 
chender unserer  Zunge  —  und  sie  sind  Träger  jener  Ent- 
wicklung —  der  Begriff  verbaler  Tempora  vorhanden  ist. 
August  Schleicher  spricht  wenigstens  die  Überzeugung  aus^ 
dass  im  Sprachgefühl  des  Redenden  keine  grammatischen  Kate- 
gorien existieren,  die  derselbe  nicht  auch  lautlich  bezeichnet-); 
er  müsste  demnach  dem  naiv  sprechenden  Deutschen  ein 
klares  Gefühl  für  Unterscheidung  der  Zeitstufen  absprechen 
oder  aber  in  der  usuellen  Verwendung  der  Hilfszeitwörter 
'werden'  und  'haben'  neue  Ansätze  zu  grammatischen  Zeitstufen- 
Kategorien  erblicken.  Ich  begnüge  mich  an  dieser  Stelle  das  Pro- 
blem, wie  folgt,  zu  formulieren:  ist  das  Gefühl  psychologischer 
Zeitstufenkategorien  bei  unserm  Volk  so  stark,  dass  es  trotz 
des  mechanisch  erfolgten  Verfalles  seiner  ererbten  lautlichen  Ent- 
sprechungen als  etwas  selbstverständliches  bestehen  bleibt  oder 
es  ist  so  schwach,  dass  es  jenen  lautlichen  Verfall  der  einfachen 
Formen  nicht  mehr  aufzuhalten  im  Stande  ist,  oder  ist  die 
sprachliche  Bequemlichkeit,  Avclche  einfache  Formen  gleich- 
gültig zerfallen  sieht,    um  sie  durch  umständlichere  wieder  zu 


1)  IL  Keis  PBrB.  XIX  (1894)8.334.  —  Herrn.  Wunderlicli  Der 
deutsche  Scatzbau.    Stuttgart  1892  S.  36—55. 

2)  Die  Unterscheidung  von  Nomen  und  Yerbuni  in  der  hiut- 
lichcn  Form.  Abhandi.  d.  kgl.  sächs.  Gesellsch.  d.  Wissenscii.  riiil.- 
hist.  Kl.  Bd.  IV.     Leipzig  18G5  S.  502. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  163 

ersetzen,  g-rüsser  als  das  Bedürfnis   psycholog-ische  Kategorien 
auch  scharf  und  präzis  lautlich  wiederzugeben^)? 

Die  morphologische  Tempusbezeichnung  in  den 
idg.   Sprachen.     §  7 — 14. 

§  7.  Sahen  wir  so  auf  der  einen  Seite,  dass  in  modernen 
idg.  Dialekten  das  Bedürfnis  die  verschiedenen  Tempora,  wenn 
sie  überhaupt  klar  empfunden  werden,  morphologisch  g-enau 
zu  kennzeichnen  nicht  eben  stark  ist,  und  dass  es  andrerseits 
in  vielen  nicht  idg.  Sprachen  gar  nicht  besteht,  so  müssen 
wir  die  Frage  aufwerfen:  ist  für  die  idg.  Sprachen  eine  Periode 
vorauszusetzen,  in  welcher  sie  sich  gleich  vielen  der  weniger 
entwickelten  nicht  idg.  Sprachen  ohne  verbale  Tempora  be- 
half eu  oder  giebt  es  in  den  idg.  Sprachen  morphologische  2) 
Elemente,  die  von  allem  Anfang  an  Tempusverhältnisse  be- 
zeichneten und  so  für  die  Ursprüuglichkeit  verbaler  Zeitstufen 
im  Idg.  sprechen?  Die  Frage  führt  gleich  in  die  letzten 
Probleme  der  idg.  Sprachwissenschaft  hinein,  und  es  lässt  sich 
bezweifeln,  ob  sie  je  exakt  beantwortet  werden  kann.  Aber 
ich  glaube  die  allgemeine  Überzeugung  der  heutigen  Forscher 
neigt  sich  mehr  und  mehr  der  Ansicht  zu  in  der  Bezeichnung 
der  subjektiven  Zeitstufen  nicht  die  ursprüngliche  Funktion 
der  idg.  'Tempora'  zu  sehen  ^). 

§  8.  Dabei  ist  freilich  der  Begriff  'ursprünglich'  (oder 
"primär')  dehnbar  genug.  Ich  bezeichne  im  folgenden  mit  ihm 
die  älteste  Periode,  die  für  jede  einzelne  Spracherscheinung 
erschliessbar  ist.    Der  Begriff  wird  also  kein  einheitlicher  sein; 


1)  Zur  ganzen  Frage  beachte:  J.  Grimm  Deutsche  Grammatik 
IV.  Göttingen  1837  S.  139.  —  G.  v.  d.  Gabelentz  Die  Sprachwissen- 
schaft. Leipzig  1891  S.  248.  —  W.  Streitberg  Perfektive  und  imper- 
fektive Aktionsart.  PBrß.  XV  (1891)  S.  116,  117.  —  Auch  Ph.  We- 
gener  Untersuchungen  über  die  Grundfragen  des  Sprachlebens. 
Halle  1885  S.  12  ff. 

2)  Über  eine  ev.  vorauszusetzende  syntaktische  Bezeichnungs- 
weise siehe  §§  11,  90,  98,  106. 

3)  Friedr.  Müller  Der  Verbalausdruck  im  arisch -semitischen 
Sprachkreise.  Sitzungsberichte  d.  phil.-hist.  Kl.  der  Kaiserl.  Ak.  d. 
Wissenschaften.  Bd.  XXV  S.  379  ff.  Wien  1857.  —  W.  Streitberg  PBrB. 
XV  S.  117  ff.  —  Friedr.  Stolz  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  407  (1894).  —  Auch 
Herr  Prof.  Leskien  hat  in  Vorlesungen  (1893)  diese  Ansicht  vertreten. 


164  G.  Herbig-, 

er  ist  g-ebraucht  1.  für  verscliiedene  Epochen  der  einheitlichen 
idg-.  Ursprache,  2.  für  verschiedene  Entwickliing-sstufeu  klei- 
nerer Sprachkreise,  wie  wir  sie  im  Sinne  der  Schmidtsehen 
"Wellenthcorie  vor  der  endg-iltig-en  Sprach trennung  anzusetzen 
haben.  Eine  g-cnauere  chronologische  Zerlegung  des  Begrift'es 
scheint  mir  bei  dem  jetzigen  Stand  der  Forschung  aussichtslos. 

Morphologische  Elemente  als  Träger  der  Tempus- 
funktion.    §  9—14. 

§  9.  An  welche  morphologischen  Elemente  der  einfachen 
Verbalform  knüpft  sich  nun  die  Funktion  verschiedener  Zeit- 
stufen? In  unserer  Muttersprache,  um  mit  dem  Nächstliegenden 
zu  beginnen,  nur  noch  an  zwei:  an  den  Ablaut  im  starken 
Präteritum,  an  den  Ablaut  und  die  Vorschlagsilbe  ge-  im 
Perfektpartizip  des  Passivs. 

ge-  ist  etymologisch  eine  einfache  Präposition ;  funktionell 
diente  sie,  wie  uns  Wilhelm  Streitberg  belehrt  hat^),  in  der 
verbalen  Zusammensetzung  zuerst  zur  Aktio-,  nicht  zur  Tempus- 
bezeichnung. Der  Ablaut  vollends  ist  im  letzten  Grunde  eine 
lautmechanische,  durch  Akzentverhältnisse  veranlasste  Erschei- 
nung, und  wenn  er  auch  in  vielen  Sprachen  ein  willkonmines 
Mittel  zur  Tempusunterscheidung  geworden  ist:  von  Haus  aus 
hatte  er  sicher  nichts  damit  zu  thun. 

Unser  schwaches  Präteritum  kommt  als  einzelsprach- 
liche und  daher  sichör  erst  sekundäre  Entwicklung  für  unsere 
Frage  überhaupt  nicht  in  Betracht,  ebensowenig  wie  ähnliche 
Erscheinungen  in  andern  8}>rachen.  Ich  nenne  nur,  ohne  auf 
moderne  Dialekte  einzugehen:  das  ai.  umschreibende  Futur 
wie  dätäsmi  aus  data  asmi  ^ich  werde  geben',  dätäsmas  für 
datdraJt  .wta.s  'wir  werden  geben':  das  griech.  K-Perfektum;  das 
lat.  Perfektuni  MÜ'-fi  und  -ur^  italokelt.  Futura,  die  mit  dem  Prä- 
sens von  '■hheu-  'werden'  zusammengesetzt  sind,  wie  lat.  äre-hö, 
alat.  >ici-ho,  falisk.  care-fo,  air.  no  chanih  'werde  lieben'  aus 
*-bhu-ö-^  die  umbr.  saninit.  Perfekta  wie  osk.  aa-mana-jf'ed 
'mandavit'  mit  dem  uridg.  themavokalischen  Aorist  ^{e)-hhu-e-t\ 
die  ital.  Iniperfekta  wie  ple-haiu,  alat.  fnu-haw,  osk.  fu-faua 
'erant',  deren  zweites  Kompositionsglied  einem  ]*räterituin  iXcv 
X.  Präsens-Klasse  Brugmanns  gleichkonunt  (*(e)-hhu-ä-m)\  das 


1)  PBrB.  XV  (1891)  S.  80,  81. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  165 

slav.  Imperfektum  auf  -jach7>  ans  '"^es-o-in  wie  abg-.  videacln> 
'ich  sah',  nese-acla  'ich  trug-';  das  lit.  Gewohnheitsiniperfekt 
auf  -dai'cm  wie  piäu-davau  'ich  pflegte  zu  sclnieiden'. 

§  10,  Sehen  wir  von  all  diesen  und  ähnlichen  Bildungen  ab 
und  fassen  wir  die  altgTiechischen  und  altindischen  Verbalver- 
hältnisse als  solche,  die  der  Ursprache  am  nächsten  stehen, 
ins  Aug-e,  so  ])leiben  als  morphologische  Mittel,  an  denen  nach 
gewöhnlicher  Auffassung  der  Tempusbegrifif  haftet:  die  Redu- 
plikation, das  Augment,  die  sog.  Tempusstämme,  die 
P  e  r  s  0  na  1  eu  d  u  n  g  e  n. 

Dass  die  Reduplikation  erst  sekundär  zur  Darstellung 
von  Zeitstufen  benutzt  wurde,  beweist,  von  schwerwiegenden 
Innern  Gründen  ganz  abgesehen,,  die  einfache  Thatsache,  dass 
sie  seit  uridg.  Zeit  sowohl  im  Präsens  als  im  Präteritum  er- 
scheint. Von  den  Futura  wie  Te-9vr|Huj,  bi-bd)cuj,  bi-Zii'icoiuai, 
Kexap^icuj  muss  abgesehen  werden,  weil  sie  einzelsprachliche 
Neuerungen  sind.  Ist  aber  die  Reduplikation  im  Präsens-, 
Aorist-  und  Perfektstanmi  vom  Beginn  der  Überlieferung  an 
vorhanden,  so  ist  sie  für  ursprüngliche  Tempusunterscheiduug 
nicht  charakteristisch  genug.  Man  könnte  höchstens  versucht 
sein,  die  verschiedenen  Formen  der  Reduplikation  mit  den 
Zeitstufeu  in  Zusammenhang  zu  bringen,  und  das  Vorherrschen 
der  Reduplikation  mit  e- Vokal  im  Perfekt,  mit  z- Vokal  im  Prä- 
sens gäbe  ja  thatsächlich  ein  gewisses  Recht  dazu.  Fassen 
wir  aber  die  drei  ^)  Brugmannischen  Reduplikationsklassen 
schärfer  ins  Auge,  so  zeigt  sich,  dass  dieses  Recht  auf  schwa- 
chen Füssen  steht. 

Die  erste  Reduplikationsklasse,  in  der  Reduplikations- 
und Wurzelsilbe  gleichen  Vokalstotf  haben,  wenn  auch  die  Ab- 
lautstufe verschieden  sein  kann,  erstreckt  sich  über  Präsens, 
Aorist  und  Perfekt.     Vgl. 

griech.  Präsens  TTopcpupuj,  Ttaiiicpaivuu 
Aorist  iipapov,  lyra-fov 
Perfekt  öpiupa,  ÖTTuuTra 
oder  ai.  Präsens  jaid-ghan-ti  o.  Sg.  von  han  Wz.  ^ghen-  'schla- 
gen, töten',  Aorist  am-am-a-t  'er  litt  Schaden',  Perfekt  än-qia 
zu  Präsens  as-nö-tl  aus  "^nk-  'er  erlangt'. 


1)  Den  4.  Typus  mit  seiner  unklaren  Entstehung-sweise,  Grund- 
riss  II  §  474,  kann  ich  hier  bei  Seite  hissen. 


166  G.  Herbio-, 

Die  zweite  Klasse,  deren  Rediiplikationssilbe  e  oder  e 
ohne  Rüeksieht  auf  die  Vokalisation  der  Wurzelsilbe  enthält, 
ist  ausser  dem  Perfekt  auch  dem  Präsens  und  Aorist  eigen. 
Vgl.  ai.  Perfekt  ta-sthimd,  e-CTa|aev,  ste-thnus  von  Wz.  *stä 
"stehen',  da-dhära  von  ^dhar-  'halten'.  Daneben  das  intensive 
Präsens  dä-dliar-tl;  ein  anderes  Präsens  3.  PI.  sa-sc-ati  neben 
dem  griech.  Aorist  e-CTr-oiio  von  der  Wz.  ^'seq  'sequi'-,  Präsens 
xe-rpaivuu  und  Aorist  xe-ipriva. 

Die  3.  Klasse  mit  i  oder  l  in  der  Reduplikationssilbe 
beschränkt  sich  zwar  auf  Präsens  und  Aorist  und  fehlt  im 
Perfekt  (vgl.  ti-sth-a-ti,  i'-CTri-|ui,  si-stö\  yi-YV-o-juai  neben  Aorist 
ä-ß-jan-a-t)'^  aber  ihre  Ausdehnung  auf  zwei  verschiedene 
Tempora  ist  für  unsern  Zweck  beweiskräftig  genug. 

Ich  höre  den  Einwand,  dass  i  und  e  in  der  Reduplika- 
tionssilbe anderer  Tempora  als  des  Präsens  und  des  Perfekts 
sekundäre  Übertragungen  sein  kchmen,  mithin  in  ihrer  gewöhn- 
lichen Verwendung  möglicherweise  doch  von  Anfang  an  1)C- 
stimmte  Zeitstufen  zum  Ausdruck  brachten.  Es  wird  im  Verlauf 
der  Untersuchung  (§§  20,  55)  aus  andern  Gründen  klar  Avcrden, 
dass  Präsens  und  Perfekt  in  ihrer  ältesten  Gebrauchsweise  der 
Zeitstufe  nach  völlig  identisch  sind.  Aber  Avenn  dies  auch 
nicht  so  wäre:  durch  jenen  Einwand  würde  das  Prol)lem  nur 
etwas  mehr  in  die  Urzeit  verschoben,  denn  an  dem  einheit- 
lichen Urtypus  der  verschiedenen  Reduplikationsarten,  der 
Doppelsetzung  der  Wurzel  oder  des  Stannnes,  ist  unbedingt 
festzuhalten.  Gegen  die  Wucht  innerer  Gründe,  die  bei  einer 
so  durchsichtigen  Bildung  wie  der  Redu])likation  für  die  Deu- 
tung ihrer  ursprünglichen  Funktion  vor  andern  den  Ausschlag 
geben,  scheint  mir  die  ganze  Beweisführung  überhaupt  erst 
in  zweiter  Linie  in  Betracht  zu  konnncn  (vgl.  §§  55,  62). 

§  11.  Das  Augment  ist  etymologisch  noch  dunkel;  es 
weist  indes  alles  darauf  hin,  dass  es,  so  weit  wir  historisch 
zurückschauen  krinnen,  recht  eigentlich  zum  Ausdruck  der 
Vergangeidieit  ^)  diente,  also  morphologisch  von  Antang  an  ein 
tempusbezeichnendes  Element  ist.  Aber  noch  sicherer  bleibt, 
dass  die  unaugnicnticrten  Formen  die  älteren  sind,  dass  also 
nur  sie  für  unsere  Frage  zunächst  herangezogen  werden  dürfen. 


1)  Über  die  sekundäre  Einschleppung  des  Augmentes  in  an- 
dere Tempora  vgl.  Brugmann  Grundriss  II  S.  863  und  863  Anm.  2. 


Aktionsart  und  Zeit  stufe.  16T 

Man  beachte,  dass  der  Terminus  'Abwerfung-  des  Augmentes' 
auf  ganz  unbewiesenen  und  unwahrscheinlichen  Voraussetzun- 
gen beruht.  (Näheres  über  die  .ganze  Frage  §  98.)  Wir 
dürfen  sogar  aus  der  Thatsache  des  Aufkommens  und  Durch- 
dringens  des  Augmentes  den  Schhiss  ziehen,  dass  die  anfäng- 
lich beliebig,  später  ausschliesslich  mit  ihm  versehenen  Ver- 
balformeu  an  sich  überhaupt  keine  bestimmte  Zeitstufe  zum 
Ausdruck  brachten. 

§  12.  Auch  die  sog.  Tempusstämme  erweisen  sich 
nicht  als  ursprünglich  tempusbezeichnende  Kategorien.  Zu- 
nächst fällt  der  Bildungsunterschied  zwischen  den  Formen  des 
Präsensstammes  und  des  starken  Aoristes;  man  bedenke  nur, 
dass  die  Formen  ^e-gene-t  (Wz.  ^gen  ^g-ignere')  und  ^e-dnhe-t 
(Wz.  ^denk  'beissen')  im  Ai.  als  Imperfekta  djanat,  ddasat,  im 
Griech.  als  Aoriste  t\iveio,  ebaKe  erscheinen.  Die  Indikative 
des  Futurs  entpuppen  sich  teils  als  Konjunktive,  teils  als  prä- 
seutische  Indikative.  Namentlich  das  -sio  Futur  ist  der  Form 
nach  identisch  mit  Brugnianns  XXX.  Präsensklasse.  Es 
kann  also  morphologisch  von  primären  Futurstämmen  nicht 
die  Rede  sein.  Ebensowenig  von  primären  s-Aoriststämmeu. 
Die  Herkunft  dieses  s  ist  freilich  zweifelhaft,  aber  es  darf  von 
dem  präsentischen  und  iüturischen  s,  wie  es  etwa  in  ai.  dve-s-ti 
"er  hasst',  lit.  dil-f<iu  'ich  werde  geben'  erscheint,  nicht  g-e- 
trennt  werden.  Yg:l.  besonders  ai.  Aorist  ä-hr-s-i  neben  Prä- 
sens l-i'-s-e  1.  Sg.  Med.  zu  kdr-ti  "er  macht',  lat.  vis-l  neben 
Präsens  vJsö,  aiixl  neben  griech.  Präsens  auHuu.  Die  ganze 
Kategorie  fällt  unter  Brugmanus  XIX.  Präsensklasse. 

Es  bleibt  der  Tempusstannn  des  idg-.  Perfektes.  Er 
weist  in  der  That  zwei  Verschiedenheiten  gegen  den  Präsens- 
stamm auf:  eine  besondere  Abstufung  im  Sg.  Ind.  Act.  und 
einige  besondere  Personalendungen  im  Indikativ.  Ob  mit  diesen 
morphologischen  Verschiedenheiten,  zu  denen  insbesondere  noch 
eine  fast  ausnahmslose  Reduplizierung-  kommt,  ursprüngliche 
Bedeutungsverschiedeuheiteu  Hand  in  Hand  gingen,  bleibe 
dahingestellt;  waren  sie  vorhanden,  dann  sind  sie  sicher  nicht 
in  einem  Unterschied  der  Zeitstufen  zu  suchen,  denn  hier 
stimmen  Präsens-  und  Perfektstamm  in  ihren  ältesten  Gebrauchs- 
typeu  vollständig-  und  nach  Aufkommen  des  präteritaleu  Per- 
fekts noch  zum  Teil  überein  (§  20,  55).  Es  sei  nur  nebenbei 
erwähnt,  dass  trotz  der  morphologischen  Eigentümlichkeiten  de» 


168  G.   Herbig-, 

Perfekts  in  einzelnen  Fällen  eine  reinliche  Scheidung  vom 
Präsensstamni  unmög-lich  ist^)  und  dass  Curtius-;  vor  allem 
das  älteste  Perfekt  nur  als  besondere  Präsensklasse  gelten  lassen 
wollte. 

§  13.  Ich  komme  zu  den  Personalendungen:  wie 
stehen  sie  zu  unserer  Frage?  Sie  sind  das  hau})tsächlichste 
formelle  Charakteristikum  des  Verbums  gegenüber  Nomen  und 
Pronomen,  sie  kennzeichnen  den  Unterschied  der  Personen 
und  der  Genera:  zeugen  sie  vielleicht  in  einer  als  ursprünglich 
anzusehenden  Verschiedenheit  für  die  Ursprünglichkeit  verbaler 
Tempuskategorien?  Dass  es  die  besonderen  Endungen  des  Per- 
fekts nicht  thun,  wurde  soeben  betont.  Die  übrigen  Personal- 
endungen scheiden  wir  in  primäre  und  sekundäre;  wir  glauben 
also,  dass  die  einen  früher  vorhanden  waren  als  die  andern,  und 
der  Parallelismus,  der  das  System  durchzieht,  giebt  uns  ein  ent- 
schiedenes Recht  zu  der  Annahme,  dass  die  einen  Persoualeu- 
dungen  nach  dem  Muster  der  andern  oder  aus  ihnen  entstanden 
sind.  Es  bleibt  freilich  die  Frage,  ob  die  sog.  sekundären  aus  den 
primären  etwa  unter  dem  Einfluss  des  betonten  Augments  oder 
als  konjunkte  Formen  unter  dem  Einfluss  der  betonten  Präpo- 
siton  verkürzt  oder  ob  die  sog.  primären  aus  den  sekundären 
vielleicht  durch  Anhängung  einer  präsensbezeichnendeu  Par- 
tikel i  geschaffen  wurden^).  Ich  versuche  §  89,  90  Stelhmg  zu 
der  Frage  zu  nehmen.  Jedenfalls  beweist  die  vorauszusetzende 
Einheit  dieser  Typen,  dass  sie  von  Haus  aus  nicht  geeignet 
waren  verschiedene  Tempuskategorien  zu  unterscheiden,  sie 
haben  es  ja  auch  nach  ihrer  Spaltung  in  zwei  Klassen  nur 
sehr  wenig  konsequent  gethan. 

§  14.  Wir  können  also  für  die  morpholo- 
gischen Elemente,  die  in  historischer  Z  e  i  t  T  r  ä- 
g  e  r  der  Tempusbedeutung  sind,  f  o  1  g  e  n  d  e  n  S  a  t  z 
aufstellen:  die  meisten  reichen  überhaupt  nicht 
in  die  Zeit  vor  der  S  p  r  a  c  h  t  r  e  n  n  u  n  g  hinein;  bei 
den  wenigen,  die  es  thun,  ist  es  durchaus  un- 
wahrscheinlich,   dass    sie   von   vornherein   oder 


1)  B.  Delbrück  Altiudisclies  Verbum  (1874)  S.  122.  12:3.  — 
Will.  D.  Whitnoy  Indische  Grammatik,  deutsch  von  H.  Zimmer. 
Leipzig  1879  S  868. 

2)  Das  Verbum  d.  <:-riech.  Spr.  II  (1876)  S.  120. 

3j  Litteratur  bei  Brugmanu  Grundris.s  II  1330  Anm. 


Aktion.sa.rt  und  Zeitstiife.  16^ 

in  d  e  r  ä  1 1  e  s  t  e  n  S  p  r  a  c  h  p  e  r  i  0  d  e,  d  i  e  f  ü  r  j  e  d  e  s  e i n- 
zeliie  noch  mit  Sicherheit  er  seh  Hess  bar  ist, 
zur  morphologischen  Kennzeichnung-  subjek- 
tiver T  e  m  p  u  s  k  a  t  e  g-  0  r  i  e  n  b  e  n  u  t  z  t  w  u  r  d  e  n. 

§  15.  In  einem  Atem  mit  dem  Tempus  pflegen  wir  den 
Modus  zu  nennen.  Müssen  wir  die  Tempuskategorien  als  un- 
ursprünglich ansehen,  so  entsteht  die  Frage:  sind  die  Modi 
älter,  lassen  sich  die  Tempora  aus  ihnen  ableiten?  Eine  Ant- 
wort wird  versucht  in  dem  gehaltvollen  Aufsatz  von  L.  Tobler 
"Übergang  zwischen!  Tempus  und  Modus"  im  2.  Band  (1862) 
der  "Zeitschrift  für  Völkerpsychologie  und  Sprach wissenschaft'% 
hsg.  von  Lazarus-Steinthal  S.  29  tf.  Tobler  kommt  zu  dem 
Schluss  (S.  34):  "Im  Ganzen  wird  man  mit  der  Ansicht  der 
Wahrheit  ziemlich  nahe  kommen,  dass  keines  von  beiden,  we- 
der Tempus  noch  Modus,  ursprünglich  fertig  für  sich  ausge- 
bildet war,  ehe  noch  vom  andern  eine  Spur  keimte,  sondern 
dass  entweder  in  einer  dem  Hebräischen  ähnlichen  Weise 
beide  in  einander  lagen  und  sich  allmählich  durch  besondere 
]\Ierkmale  von  einander  lösten  oder  dass  zwar  eines  von  beiden 
vorherrschte,  aber  schon  sehr  früh  auch  zu  Zwecken  des  an- 
dern syntaktisch  verwandt,  wohl  gar  formell  umgebildet  wurde''. 
Als  Anhänger  von  Brugmanns  Injunktivtheorie  gebe  ich  der 
ersten  Möglichkeit  den  Vorzug. 

§  16.  Ich  beschränke  mich  darauf  Toblers  Ergebnis 
mit  den  Fortschritten,  welche  die  idg.  Sprachwissenschaft  seit 
Erscheinen  jenes  Aufsatzes  (1862)  machte,  zu  kombinieren  i). 
Konjunktiv  und  Indikativ  fliessen  morphologisch  zu  einer 
Kategorie  zusammen,  denn  die  sog.  Bildungselemente  des  Kon- 
junktivs (einerseits  -e-,  -o-,  der  sog.  thematische  Vokal,  andrer- 
seits -a-,  -e-  (öj)  kehren  in  allen  Sprachen  auch  in  indikati- 
vischer Funktion  wieder  2). 

Der  Optativ  mit  seinem  charakteristischen  Lautzuwacha 
erscheint  jener  Kategorie  gegenüber  morphologisch  und  psycho- 
logisch als  sekundäre  Erscheinung^). 

Die  Imperativformen  entpuppen  sich  in  ihrer  Mehrheit 


1)  Vgl.  auch  G.  Curtius  Zur  Chronolog-ie  der  idg-.  Sprachfor- 
schung (Abh.  d.  k.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  12  =  Phil.-hist.  KI.  5  (1865- 
1870)  S.  229  fF. 

2)  Brug-mann  Grd.  II  §  489. 

3)  Delbrück  SF.  I  S.  15  (1871). 


170  G.  Horbi<i-, 

i\ls  Iiijuuktiv-,  Konjunktiv-,  Optativ-,  Indikntivfnrnicn  und  als 
Formen  des  veihiun  intinitum.  A'on  echten  Imperativformen 
untersclieiden  Avir:  reine  Tempusstämme  als  2.  Sg.  Akt.,  die 
2.  Sg.  auf  -dhij  die  Formen  auf  -töd.  Die  beiden  letzten 
Formen  setzen  die  erste  voraus  (Brug:mann  Grd.  II  S.  1321  u. 
1323).  Diese  allerdings  ist  uralt:  Formen  ohne  Personalbe- 
zeichnung- wie  icxri  und  cpe'pe  vergleichen  sich  ohne  weiteres 
den  des  Kasuszeichen  entbehrenden  Vokativen  wie  öqpi,  iirTre 
und  begegnen  diesen  auch  semasiologisch  in  der  Funktion  des 
Anrufs;  sie  reichen  als  Kategorie  höchstwahrscheinlich  in  eine 
Zeit  zurück,  in  der  ein  Bedeutungsunterschied  zwischen  Nomi- 
nal- und  Yerbalstamm  noch  niclit  ins  Bewusstsein  getreten  war. 
So  könnte  man  sie  zwar  als  die  morphologisch  einfachsten  und 
ältesten  Formen  des  verbum  finitum  bezeichnen.  Ich  sehe  indes 
keine  Möglichkeit  sie  formell  oder  in  ihrer  imperativischen 
Funktion  zur  Grundlage  des  Tempus-  oder  Modalsystems  zu 
machen:  sie  stehen  geradezu  ausserhalb  desselben,  ähnlich  wie 
der  Vokativ  nur  mit  Zwang  in  das  Kasussystem  eingereiht 
werden  kann. 

Um  zusammenzufassen :  s  e  k  u  n  d  ä  r  f  i  n  den  Übe  r- 
g ä  n  g  e  zwischen  T  e  m  p  u  s  u  n  d  j\[  o  d  u  s  st  a  1 1 ;  ich  er- 
innere nur  an  die  futurische  Funktion  mancher  Konjunktiv-Op- 
tative und  an  den  Gebrauch  des  präteritalen  Indikativs  als  mo- 
dus Irrealis.  U  r  s  j)  r  ü  u  g  1  i  c  h  bilden  sie  eine  einheit- 
liche Masse;  die  Fragen,  welche  von  beiden  Ka- 
tegorien älter  ist  und  ob  eine  aus  der  andern 
abgeleitet  werden  kann,    sind  falsch   gestellt^). 

§  18.  Es  bleiben  die  Aktionsarten,  auch  objek- 
tive Zeiten  genannt-).  Sind  sie  eine  ursprüngliche,  oder, 
da  solche  Begriffe  immer  nur  relativ  sein  können,  eine  ur- 
sprünglichere Kategorie?  Wie  sind  sie  historisch  und  psycho- 
logisch in  das  idg.  Verbalsystem  einzugliedern?  S  i  n  d  s  i  e  den 
Z  e  i  t  s  t  u  f  e  n  oder  mit  andern  Worten:  sind  die 
Objekt  i\en    den    subjektiven    Zeiten    vorausge- 


1)  Vgl.  aucli  La  Grasserie  De  la  catc^porie  (hi  teinps  S.IO. 

2)  Über  den  Be;i-riff  orientiere  man  sich  vorläufig-  bei  Bnig-- 
111  ann  Griecliische  Grarninatik  1890 2  t}  Ifvt  ff.  —  La  Grasserie  De  la 
categorie  du  teiiips  S.  1—8.  —  K.  W.  L.  Heyse  System  d.  Spraeli- 
■w-iss.     Berlin  18r)(;  ij  227  ff. 


Aktionsart  xind  Zeitstufe.  171 

gangen?  Oder  hat  man  vielleicht,  wie  in  a n- 
d  e  r  n  S  p  r  a  c  h  k  r  e  i  s  e  n,  die  ]\I  i  1 1  e  1,  w  o  d  ii  roh  die 
Aktionsarten  morphologisch  gekennzeichnet 
w  u  r  d  e  n,  später  ersatzweise  z  u  m  Ausdruck  des 
u  n  a  h  h  ä  n  g  i  g-  von  ihnen  entstandenen  Begriffes 
der  Z  e  i  t  s  t  u  f  e  n  verwertet?  Diese  und  ähnliche  Fra- 
gen sind  meines  Wissens  noch  nicht  im  Zusammenhang  be- 
handelt. Auch  die  folgende  Untersuchung  kann  diese  Lticke 
nur  zum  Teil  ausfüllen.  Sie  beschränkt  sich  auf  gewisse 
Punkte  und  wird  dieselben  nur  für  einen  Teil  des  idg.  Sprach- 
gebietes durchführen.  So  sind,  von  Albanesisch  und  Armenisch 
ganz  zu  schweigen,  Keltisch  und  Iranisch  gar  nicht,  andere 
Sprachen  nur  gelegentlich  herangezogen.  Diese  Beschränkung 
ist  natürlich  nur  zum  Teil  durch  die  Natur  der  Sache,  zumeist 
durch  die  Grenzen  meines  Wissens  und  den  Charakter  dieser 
Arbeit  geboten.  Ein  Umstand  kommt  mir  ül)rigens  zu  gut. 
Ich  mache  das  Griechische,  zum  JMittelpunkt  meiner  Dar- 
stellung und  kann  die  altindischen,  slavischen  und  germa- 
nischen Verhältnisse  dank  der  Vorarbeiten  von  Miklosich, 
Leskien,  Dell)rück,  Streitberg  heranziehen:  gerade  diese  Sprach- 
gruppeu  aber  scheinen  mir  für  unsere  Frage  am  ersten  in  Be- 
tracht zu  kooamen. 

Geschichte  des   grammatischen  Begriffes  Aktionsart. 

§  19—23. 

§  19,  Wir  müssen  uns  vor  allem  über  den  Begriff  der 
Aktionsarten  klar  werden.  Er  hat  sich  im  wissenschaftlichen 
Bewusstsein  erst  nach  und  nach  von  dem  der  Tempora  abge- 
löst, und  man  darf  wohl  sagen,  dass  erst  Curtius  den  letzten 
Schritt  in  dieser  Entwicklung  gethan  hat.  So  empfiehlt  es 
sich  die  einschlägigen  Abschnitte  der  Verbaltheorie  einer  histo- 
rischen Kritik  zu  unterwerfen^).  Dabei  soll  die  Zeit  vor  der 
Blüte  der  klassischen  Philologie  und  der  Bec-ründunff  der  ver- 


1)  Das  Material  ist  grösstenteils  gesammelt  bei  Hermann 
Schmidt  Doctrinae  temporum  verbi  Graeci  et  Latini  expositio  liisto- 
rica  p.  I— IV.  Halle  1836—42.  —  H.  Steinthal  Geschichte  der  Sprach- 
wissenschaft bei  den  Griechen  und  IJömern  mit  besonderer  Rück- 
sicht auf  die  Logik.  Berlin  1863  und  1890—91  -\  R-h  zitiere  nach 
der  ersten  Auflaore. 


172  G.  Herbio;, 

gleichenden  Sprachwissenschaft  in  iinserm  Jahrhundert  etwas 
ausführlicher  behandelt  werden,  einmal  weil  uns  die  Forschun- 
gen des  letzten  Zeitraums  vertrauter  und  zugänglicher  sind, 
besonders  aber,  weil  Begriffe  wie  Zeit-  oder  Aktionsart  bei 
manchen  immer  noch  als  Produkte  hyperfeiner  moderner  Klü- 
geleien gelten,  von  denen  die  Alten  sich  nichts  träumen  Hessen. 
Die  ältesten  Belege  dafür,  dass  die  Alten  den  Begriff 
des  grammatischen  Tempus  lebendig  erfasst  hatten,  finden  sich 
bei  Plato  und  Aristoteles;  sie  kennen  schon  die  drei  sub- 
jektiven Zeitstufen,  es  sind  ö  ixapuuv  und  ö  evecTuuc,  ö  rrape- 
XriXuGüuc,  6  jueXXuJv  xpövoc^).  Dagegen  scheint  ein  Bedürfnis, 
daneben  Aktionsarten  zu  unterscheiden,  noch  nicht  vorhanden 
gewesen  zu  sein.  Es  war  auch  dazu  kein  zwingender  Anlass, 
so  lange  im  wissenschaftlichen  Bewusstsein  die  Präterita  der 
drei  Tempusstämme,  deren  Scheidung  am  ehesten  wohl  auf 
den  Begriff  der  actiones  geführt  hätte,  sich  noch  nicht  von 
einander  abhoben,  und  Aorist  und  Imperfekt  z.  B.  enger  asso- 
ziiert wurden  als  Präsens  und  Imperfekt.  Auch  die  rein 
logische  Definition  des  Präsens  als  einer  Grenzlinie,  eines 
Punktes  zwischen  Vergangenheit  und  Zukunft-),  welche  an- 
dere richtigere  Beobachtungen^)  immer  wieder  verdunkelte, 
trug  dazu  bei,  dass  man  seine  Dauernatur  und  mithin  den 
bezeichnenden  Unterschied  zum  Aoriststamm  nicht  klar  er- 
kannte :  und  gerade  auf  dieses  in  seinem  wahren  Wesen  nicht 


1)  Plato  Sophistes  p.  262.  Parm.  p.  151  E  et  152  A.  —  Aristo- 
teles De  Interpret,  c.  2,  3.  De  eateg.  c.  4  §  6.  Nat.  auscult.  1.  IV 
c.  14  §  1. 

2)  Aristoteles  Nat.  auscult.  1.  IV  c.  17  §  4  tö  bi  vöv  den  cuvd- 
Xeia  xpövou  •  cuv^x^»  töv  Trape\r|XueöTa  koI  dcö|aevov  Kai  TT^pac  xpf^^ou 
^CTi.  ?CTi  yäp  Toö  fjiiv  äpxn,  toö  bk  xeXeuxrj.  Vgl.  auch  Priscian  1.  VIII 
c.  10  §  51,  52.  Dass  noch  in  späten  Zeiten  diese  für  das  g-rannna- 
tische  Präsens  ganz  unpassende  Definition  in  den  Köpfen  spukte, 
beweist  z.  B.  die  Polemik  des  Ursinus  Instit.  ling.  Lat.  et  Germ. 
(1701  u.  1727)  I  S.  534  pi*aesens  hie  non  praecise  et  rigide  sensu 
philosophico  de  unico  momento  et  puncto  temporis,  sed  cum  am- 
pliatione  quadam  et  niora  usu  vulgari  saepius  capiendum. 

3)  Aristoteles  Nat.  auscult.  1.  VI  c.  3  §  4  toö  vöv  tö  |udv  ti 
Y^TOvöc  fcTai,  TÖ  bi  (aAXov.  Das  Präsens  erstreckt  sich  also  von  der 
Vergangenheit  bis  in  die  Zukunft:  damit  ist  seine  durative  Aktions- 
art angedeutet. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  178 

sicher  erfasste  Tempus  baute  man  die  Beurteilung-  der  übri- 
g-en  aufV). 

§  20.  Erst  als  die  Alten  antingcn,  die  Grammatik  syste- 
matischer zu  betreil)en,  mussten  sie  auf  die  Frage  stosseu : 
wie  kommt  es,  dass  es  in  Wirklichkeit  mehr  als  die  drei 
l)hilosophisch  denkbaren  Tempora  gibt?  Die  Stoiker  sehei- 
nen zuerst  eine  x\ntwort  versucht  und  einen  neuen  Einteilungs- 
grund, wenigstens  die  Ahnung  eines  solchen^  für  genauere 
termini  technici  verwertet  zu  haben. 

Nach  Innn.  Bekker  Anecdota  Graeca  II  (1861)  891  unter- 
schieden sie  das  Präsens  töv  dvecTUJxa  TraparaTiKÖv,  das  Imper- 
fekt Tov  TTapujxriMevov  TTapaiaTiKÖv,  das  Perfekt  töv  evectOuTa 
cuvteXiKÖv,  das  Plusquamperfekt  töv  Trapujxrnuevov  cuvtcXiköv. 
Zur  Erklärung  von  TTapaxaTiKÖc  sagt  der  Scholiast  Stephanos 
(Bekker  Anecd.  II  891):  töv  evecTUJTa  oi  Ztuuikoi  evecTuJTa  irapa- 
TüKiKÖv  öpiZiovTai,  ÖTi  TTapttTeiveTaiKai  eic  jueXXovTa  •  ö  xdp  XeYoiv 
TTOiÜL)  Kai  ÖTi  eTToirice  ti  ejucpaivei  Km  öti  TTOirjcei  *  töv  be  Tiapa- 
TttTiKÖv  Ttap'  fi)uiv  TTapujxrmevov  TtapaTaTiKÖv  "  ö  ydp  Xe^aiv 
eTToiouv,  ÖTI  TÖ  TiXeov  eiroiricev,  e)ucpaivei,  outtuü  be  TteTrXripujKev, 
dXXd  TTOir|cei  )nev,  ev  oXitlu  be  XPO^H^  "  ^^  T^P  fö  TTapujxnM^vov 
TrXeov,  TÖ  Xemov  öXitov.  Es  wird  also  der  imperfektiv-dura- 
tive Charakter  des  Präsensstammes  in  unzweideutig-en  Worten 
betont  und  bis  zur  Entwicklung-  des  Begritfes  Aktionsart  war 
nur  noch  ein  kleiner  Schritt.  Die  Stoiker  haben  ihn  nicht 
gemacht^).  Wir  können  das  zwar  nicht  g-anz  sicher  beurtei- 
len, da  die  auffallende  Thatsaclie,  dass  bei  dem  als  stoisch 
überlieferten  Tempussystem  Aorist  und  Futur  aus  dem  Spiel 
bleiben,  noch  nicht  genügend  erklärt  ist.  Aber  dass  sie  in 
der  Aktionsart  des  Aoristes  den  natürlichen  Gegensatz  zu  der 
des  Präsensstammes  nicht  erkannt  haben,  beweist  der  Um- 
stand, dass  sie  vielmehr  Perfekt-  und  Präsensstamm  nach  die- 
ser Richtung  hin  als  Gegensätze  auffassten.  Dem  Präsens- 
stamm, dem  xpovoc  irapaTaTiKÖc  oder  dTeXric  wurde  der  Per- 
fektstanmi  als  xpovoc  cuvteXiköc  oder  TeXeioc,  dem  tempus 
inchoatum  oder  infectum  das  tempus  perfectum  gegen- 
überg-estellt'^). 


1)  Aristoteles  De  Interpret,  c.  3  §  5  (tö  ü-fiaivei  /)rj)aa)  tö  i)-(ia- 
V6V  r^i  TÖ  ÜYiavei  oü  ^f||Lia,  dtXXä  iTTUuceic  ^riuaTOC. 

2)  Vgl.  auch  Steinthal  Gesch.  d.  Sprachw.  S.  308. 

3)  Varro  De  lingua  Latina  1.  IX  §  96.  I.  X  §  33,  48.     Da  uns 
Indogermanische  Forschungen  VI  3  u.  1.  12 


174  G.  Herbig, 

Es  war  ein  logischer  Fehler,  diese  Beg-riflFe  als  Gegen- 
sätze zu  betrachten.  Zunächst  ist  es  falsch,  sie  als  Attribute 
des  xpovoc,  der  grammatischen  Zeitstufe,  hinzustellen.  Das 
hat  ein  Scholiast  geahnt,  Priscian  oder  seine  Gewährsmänner 
klar  gesehen.  Der  Scholiast  sagt  vom  Imperfektum  Bekker 
Anecd.  II  S.  889  TrapaiaTiKÖc  ecxi  KaB'  öv  6  juev  xpövoc  Trapuj- 
XriTtti,  TÖ  be  epYOV  luexd  irapaTdceuuc  ireTTpaKTai  oiov  exuTTTOv; 
beachte  die  Gegenüberstellung  von  xpovoc  und  epYOV.  Pris- 
cian sagt  VIII  8  §  39:  quod  accidit  ipsis  rebus,  quas  agi- 
raus,  nomen  imponere  solfemus  tempori. 

Im  Sinn  Priscians  müsstcn  wir  also  cuvteXiKÖc  und  dieXric 
zu  Eigenschaften  der  Verl)al handln ng  machen.  Als  solche 
gilt  den  Alten,  die  den  abstrakten  Begriff  der  Wurzel  nicht 
kannten,  die  des  Präsensstammes,  pars  pro  toto.  Dann  ist 
freilich  der  Präsensstamm  dieXric,  der  Perfektstamm  cuvteXiKÖc. 
Aber  dabei  wurde  der  eine  an  und  für  sich  betrachtet,  der 
andere  lediglich  in  seinem  Unterschied  zum  Präsensstamm. 
Würde  beide  Male  mit  dem  gleichen  Mass  gemessen  d.  h. 
auch  die  Verbalhandlung  des  Perfektstammes  aus  sich  selbst 
heraus  beurteilt,  so  müsste  sich  zeigen,  dass  das  sog.  perfec- 
tum  praesens,  evecTÜbc  cuvteXiKÖc^),  nach  Zeitstufe  und  Aktions- 
art —  Avenigstens  was  die  Scheidung  in  Perfektiva  und  Im- 
perfektiva  (§  M  ff.)  anlangt  —  dem  Präsens  gleich  ist.  Beispiele 
machen  die  Sache  klar:  ev9u)aeTc9ai  'erwägen'  —  evreBuiufic- 
9ai  'von  einem  Gedanken  durchdrungen  sein'  Xen.  An.  III  1, 
43,  CTTOubdZieiv  'eifrig  sein'  —  ecTTOubaKevai  'voll  Eifers  sein' 
Luc.  Char.  20,  e-mGuiueiv  'Verlangen  tragen'  —  eiriTeeuiLniKe- 
vai  'vor  Begierde  brennen'  Plat.  Phaedr.  227 d;  dazu  die  be- 
sonders geläufigen  Beispiele  d7To9vr|CKeiv  'im  Sterben  liegen' 
—  TeGvriKevai  'tot  sein',  KaXeic9ai  'genannt  werden'  KeKXfic9ai 
'einen  Namen  haben'.     Es    ist   charakteristisch,    dass  wir    im 


hiei*  die  stoische  Theorie  von  Varro  überlielert  wird,  l)U'ibt  zti  un- 
tersuchen, wie  viel  von  der  Verwirrung  auf  Varros  Reclinung  zu 
setzen  ist:  er  berücksichtigt,  worauf  mich  Prof.  Christ  aufmerksam 
macht,  nur  das  lateinische  Perfektum  und  lässt,  eben  weil  er  nur 
vom  Lateinischen  handelt,  den  Aorist  ausser  S])iel.  Es  kann  zuge- 
geben werden,  dass  mit  TraparaxiKÖc  und  cuvreXuöc  ein  Gegensatz 
zunächst  nicht  bealjsichtigt  war.  Steinthal  Geschichte  der  Sprach- 
wissenschaft I  S.  ;J02— 807.  Joseph  Schmid  I'ber  den  gnomischen 
Aorist  der  Griechen.  I'rg.  v.  Passau  1H94  S.  11,  !•_>. 
1)  Nicht  so  andere  Perfekttypen  vgl.  t?  57. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  175 

Deutschen  mangels  entsprechender  perfecta  praesentia  die  Per- 
fekta  durch  Präsensformen  vollkommen  genügend  wiedergeben 
können.  So  ist  auch  die  Aktionsart  dieses  Perfekts,  gleich 
der  des  Präsens,  nicht  etwa  teXeioc,  cuvieXiKÖc,  sondern  dte- 
Aric,  durativ-im  perfektiv  1)  (§  34,  55  S.  211,  212).  Denn  die 
Perfekta  der  erstgenannten  Verba  der  Gemütsbewegung  z.  B. 
Tjezeichnen  nicht,  dass  die  Gemütsbewegung  vorüber  ist,  dass 
die  Handlung  einen  Abschluss  gefunden  hat  (was  nur  durch 
ein  tempus  actionis  perfectivae  vgl.  §§  b'2  ff.  geschehen  könnte), 
sondern  "dass  das  Ergriffen  werden  von  derselben  vollendet 
ist  und  das  Subjekt  nun  in  dem  Zustand  des  Ergriffen  s  e  i  n  s 
verharrt"  (Ernst  Koch  Griech.  Schulgrammatik  Leipzig  188P). 
Der  wirkliche  Unterschied  zwischen  Präsens-  und  Perfektstamm 
wird  sich  aus  den  §§  55  ff.  ergeben.  Hier  is  tfestzuhalten : 
bezieht  sich  dieXric  beim  Präsens  auf  die  Aktionsart  des  Prä- 
sensstammes, TcXeioc  beim  Perfekt-)  aber  auf  etwas  anderes 
als  die  Aktionsart,  so  dürfen  beide  Eigenschaften  überhaupt 
nicht  verglichen  werden,  können  auch  in  dieser  Anwendung 
keine  Gegensätze  bezeichnen. 

§  21.  Die  alexandrinischen  Grammatiker  bilden  die 
3.  Gruppe,  an  deren  Namen  und  Wirken  sich  ein  Fortschritt 
der  grammatischen  Theorie  knüpft.  Bei  Dionysius  Thrax 
tinden  wir  zum  ersten  Mal  den  Namen  Aorist.  Er  sagt  über 
die  Tempora  in  der  Ars  grammatica  (Ed.  Gust.  ühlig  Lipsiae 
1884  S.  53):  xpovoi  be  ipeic  •  evecTuuc,  TrapeXriXuBuuc,  |ueXXujv  • 
TouTUJV  6  TtapeXriXuödjc  e'xei  bmqpopdc  xeccapac  '  TTaparaTiKov, 
7TapaKei|uevov,  uTrepcuvieXiKÖv,  döpiciov  '  luv  cux^eveiai  eici  xpeic, 
evecTUJTOC  Ttpöc  TrapataTiKÖv,  TrapaKeiiaevou  irpöc  uTrepcuvieXiKÖv, 
dopicTou  Tipöc  jueXXovTtt.  Von  neuen  Namen  und  Begriffen  be- 
gegnen uns  hier:  TrapaKei|uevoc  für  das  Perfekt,  uTTepcuvieXiKÖc 
für  das  Plusquamperfekt,  döpicxoc  für  den  Aorist. 

Der  xpövoc  rrapaKeiiuevoc  wird  vom  Scholiasten  (Bekker 
Auecd.  n  889)  so  erklärt:  6  be  TiapaKeiiuevoc  voeixai  dTTÖ 
Toö  TTapaKcicOai   küi  ejjvc  eivai  tou   evecTÜuioc   t\-]v  TipdEiv  aü- 


1)  Dieser  Punkt  ist  für  die  weiteren  Ausführungen  im  Auge 
zu  behalten,  sonst  wird  die  gelegentliche  Verwechslung  der  Begriffe 
'perfektiv'  und  'perfektisch'  unausbleiblich  sein  (§  68). 

2)  Bei  welchem  griechischen  Tempus  sich  r^Xeioc  oder  cuvxe- 
XiKÖc  auf  die  Aktionsart  bezieht,  ergibt  sich  aus  §  22. 


176  G.  Herbig, 

ToO  •  briXoT  Tctp  tö  ixx]  npö  ttoXXoO  toO  xpovou  TteTTpäxOai  xa 
TTpctYMa.  Es  wird  also  vom  Perfekt  gesagt,  es  stehe  dem  Prä- 
sens nahe,  weil  seine  Handlung  vor  nicht  langer  Zeit  bethä- 
tigt  oder  zum  Abschlnss  gebracht  worden  sei.  Mit  dieser  De- 
finition ist  sicher  an  eine  bestimmte  Gebrauchsweise  des  Per- 
fektes angeknüpft,  über  die  noch  zu  handeln  ist  (§§  55,  ö6); 
man  darf  aus  dem  Vorhandensein  der  Definition  sogar  schlies- 
sen,  dass  jene  Perfektfunktion  damals  mehr  verl)reitet  war 
lind  tiefer  im  Sprachbewusstsein  wurzelte,  als  wir  auf  Grund 
unvollkommener  Beobachtungen  anzunehmen  geneigt  sind.  Wird 
aber  diese  Erklärung  auf  das  Perfekt  überhaupt  ausgedehnt, 
so  merkt  man  ihr  bald  das  Kompromiss  an,  durch  welches 
zwischen  der  präteritalen  und  präsentischen  Gebrauchsweise 
vermittelt  werden  soll.  Es  braucht  wohl  kaum  eigens  hervor- 
gehoben zu  werden,  dass  es  von  vornherein  unwissenschaftlich 
war,  diese  beiden  verschiedenen  Gebrauchsweisen  des  Perfekts, 
von  denen  die  eine  sicher  sekundär  ist,  in  den  Rahmen  einer 
einheitlichen  Definition  spannen  zu  wollen.  Apollonios  Dys- 
kolos  irrt  noch  weiter  ab,  Avenn  er  den  napaKeiiuevoc  ohne 
weiteres  zu  den  Präteritis  rechnet;  praktisch  kommt  er  da- 
durch natürlich  fortwährend  ins  Gedränge^).  Wie  das  Per- 
fekt das  soeben  (äpii)  Geschehene,  so  sollte  das  Plusquam- 
perfekt das  früher  (-rrdXai)  Geschehene^)  bezeichnen. 

In  engstem  Zusammenhang  mit  dieser  Auffassung  der 
beiden  Tempora  steht  der  Name  des  Aorists:  er  lässt  den 
Zeitabstand  vom  Präsens  unbestimmt,  während  ihn  jene  be- 
stimmt angeben  3).  Diese  ganze  Erklärung  ist  nicht  viel  mehr 
als  ein  Verzicht  darauf  das  Wesen  des  Aorists  zu  definieren; 
ihre  Grundlage,  die  clpri  —  iraXai-Theorie  ist  w^ackelig  genug 
und  mit  den  Thatsachen  nicht  vereinbar*). 

Die  dopicTia  des  Aoristes  wurde  auch  auf  den  jueXXuuv 
übertragen  und  hierin  scheint  man  neben  der  morphologischen 
Verwandtschaft  des  ^--Aoristes  und  .s-Futurs  die  cuYTeveia  bei- 


1)  De  adv.  p.  534.     De  synt.  III  c.  6  p.  205. 

2)  Be.kkcr  Anecd.  III  S.  1281,  II  S.  891. 

3)  Apollonios  Dyskoios  De  adv.  5.34,  30;  891,  7. 

4)  In  andern  Spraciien  sind  solche  Unterscheidnnjren  übri- 
gens vorhanden.  Vgl.  was  Frd.  Müller  Grundr.  d.  Sprachwissen- 
schaft II  S.  22  über  das  unbestimmte  und  bestimmte  (heutige,  ge- 
strige und  entferntere)  Perfektuin  australischer  Sprachen  sagt. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  177 

der  Tempora  g-efunden  zu  haben  (Bekker  Aiiecd.  II  891).  Im 
Oegensatz  zu  diesem  infiniten  Futur  hat  man  erst  sehr  spät 
das  Futur  des  Perfektstammes  als  djpicjuevoc  oder  juei'  oXiyov 
^eWuuv  bezeichnet  und  damit  augenscheinlieh  nur  rein  analo- 
;g-isch,  nicht  auf  Grund  von  Beobachtungen,  den  zwischen 
Aorist  und  Perfektstamm  konstruierten  Unterschied  auf  die 
beiden  Futura  angewandt^). 

§  22.  Xeben  solchen  gänzlich  unbefriedigenden  Erklä- 
rungen des  Aoristes  finden  sich  aber  auch  deutliche  Spuren, 
dass  schon  die  Alten  die  wirkliche  Natur  desselben,  seine 
perfektive  Aktionsart  (§§  51  ff.)  erkannt  haben.  Sie  geben 
ihm  gelegentlich  das  Attribut  cuvxeXiKÖc,  ohne  die- 
ser Erkenntnis  bei  Aufstellung  des  Verbalsystems 
wirklich  Rechnung  zu  tragen.  Vgl.  Schol.  in  Hom.  II. 
ed.  Bekker  zu  A  600,  ed.  Gull.  Dindorf  vol.  I  zu  I  578  A 
368,  0  -)3.  Ferner  Apollonios  Sopliista,  Lexicon  Graecum 
Iliadis  et  Odysseae  unter  iuüv.  Die  Stellen,  an  denen  Apollo- 
nios Dyskolos  von  der  cuvieXem  des  Aoristes  spricht,  sind 
aufgezählt  und  besprochen  bei  Steinthal  Geschichte  d.  Sprachw. 
S.  656  u.  657.  Die  ganze  Litteratur  jetzt  bei  Fr.  Hultsch 
Die  erzählenden  Zeitformen  bei  Polybios,  Abh.  d.  phil.-hist. 
Kl.  d.  kgl.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  13.  Bd.  (der  gesamten  Reihe 
30.  Bd.)  S.  203. 

i?  23.  Die  Lateiner  haben  fast  diese  ganze  Termino- 
logie mit  mehr  oder  minder  Glück  in  ihre  Sprache  tibersetzt; 
dass  es  bedenklich  war,  Begriffe,  die  sich  bei  ihnen  z.  T. 
g"anz  anders  entwickelt  hatten,  in  ein  fremdes  Gewand  zu 
zwingen,  leuchtet  ohne  weiteres  ein.  Die  Stelleu  aus  latein. 
Grammatikern,  welche  vom  Tempus  handeln,  sind  jetzt  hübsch 
'/usannnengestellt  von  Ludwig  Jeep  Zur  Geschichte  der  Lehre 
von  den  Redeteilen  bei  den  lateinischen  Grammatikern,  Leip- 
zig 1893  S.  239.  Wir  fragen  blos:  haben  die  Lateiner  für 
den  uns  interessierenden  Teil  der  Verbaltheorie  etwas  neues 
beigebracht? 

Die  wichtige  Stelle  Priscians,  der  freilich  hier  aller 
"Wahrscheinlichkeit  nach  nur  die  Lehre  der  Griechen,  des 
Apollonios  oder  Herodian,  wiedergab,  wurde  schon  erwähnt 
(§  20).     Vor   ihm    verdanken  wir    auch   Varro    einen    kleinen 


1)  Tbeodosius  p.  148,  16.  —  Etym.  M.  p.  507,  50. 


178  G.  Herbig, 

systematischen  Fortschritt:  er  hat  den  Gegensatz  der  infccta 
nnd  perfecta,  den  wir  freilich  als  solchen  nicht  anerkannten 
(§  20),  auch  auf  das  Futur  übertragen.  Seine  zwei  geuera 
oder  divisioues  verborum,  das  infectum  oder  inchoatum  und 
das  perfectum,  werden  mit  den  3  tempora  methodisch  kom- 
biniert (piingebam,  pungo,  pungam]  pujmgeram,  pupiigi,  pn- 
pugero)^).  Bei  dem  Mangel  einer  eigenen  Aoristkategorie  in 
historischer  Latinität  waren  die  lateinischen  Grammatiker  A'on 
vornherein  weniger  veranlasst,  den  Begriff  der  Aktionsart  aus 
dem  des  Tempus  loszuschälen  als  die  griechischen. 

§  24.  So  haben  die  Alten  zwar  die  meisten  Gesichts- 
punkte, die  sich  auf  die  Dauer  als  fruchtbar  erwiesen,  teils 
erkannt,  teils  im  Keime  geahnt.  Aber  die  einzelnen  rich- 
tigen Beobachtungen  wurden  noch  von  falschen  Vorstelluogen 
überwuchert,  und  im  Ganzen  ist  die  antike  Theorie  zu  keiner 
Klarheit  gelangt. 

Besonders  die  au"ch  von  uns  durch  Vermittlung 
des  Latein  übernommene  Terminologie  hat  diese  Un- 
klarheit verewigt.  Präsens,  Futur  und  Präteritum  sind 
benannt  nach  dem  zeitlichen  Verhältnis  der  Verbalhandlung 
zur  Gegenwart;  das  Imperfekt  dagegen  nach  der  Art  seiner 
Verbalhandlung,  das  Perfekt  nach  seinem  Unterschied  zum 
Präsensstamm;  Perfekt  und  Plusquamperfekt  deuten  in  ihrem 
Namensverhältnis  den  Gradunterschied  (ctpri  —  TrdXai)  des  zeit- 
lichen Abstandes  einer  vergangenen  Verbalhandlung  zur  Ge- 
genwart an ;  der  Name  Aorist  schliesslich  besagt  blos  negativ, 
dass  durch  das  sobenannte  Tempus  eine  solche  Gradbestim- 
mung nicht  gegeben  wird. 

§  25.  Ich  suche  im  folgenden  die  Entwicklung  dieser 
Theorien  bei  den  Humanisten  und  den  Neueren  in  ge- 
drängter Kürze  wiederzugeben;  ohne  auf  die  mannigfachen 
Irrtümer  dieser  Grammatiker  näher  einzugchen,  bestrebe  ich 
mich  blos  das  hervorzuheben,  wodurch  die  Theorie  wirklich 
gefördert  wurde. 

Der  Name  futurum  exactinu  im  Sinne  eines  tempus 
futurum  des  Perfektstammes  findet  sich  nach  dem  Zeugnis 
des  Thomas  Linacre^)  zuerst  bei  Julius  Pomponius  Laetus. 

1)  Varro  De  lingua  Lat.   I.  IX  §§  32,  96—101,  1.  X  §§  33,  47,  48. 

2)  Thomas  Linacre  De  Eniendata  Structiira  Latini  Serinonis 
libri  sex.     London  Richard  Pvnson  1524.     In   der  Pariser  Ausgabe 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  179 

Es  wird  freilich  mit  diesem  Ausdruck  kaum  etwas  Neues  ge- 
sagt; man  scheute  sicli  bloss  den  Terminus  perfectum,  der  mit 
der  Vorstellung  eines  tempus  praeteritum  zu  innig  ver- 
wachsen war,  auf  das  futurum  zu  übertragen;  in  der  Sache 
selbst  stand  schon  Varro  auf  ähnlichem  Standpunkt  (§  23). 

§  26.  Ein  entschiedener  Fortschritt  knüpft  sich  an  den 
Namen  des  Julius  Caesar  Scaliger.  Er  wirft  in  seinem 
Werke  De  causis  linguae  Latinae  libri  XIII  Lugduni  1540 
(1.  V  c.  113  S.  231)  die  für  das  Perfekt  und  Plusquamperfekt 
konstruierte  äpxi  —  iraXai-Theorie  über  den  Haufen  und  sagt: 
ita  diflferunt  ut  Perfectum  nihil  praeterea  notet,  Scripsi :  Trans- 
perfectum  indicet  et  ipsum  Perfectum,  et  tractuni  interponat 
inter  ipsum,  et  aliam  non  cohaerentem  actionem,  Scripseram, 
cum  Coenabam:  non  cohaeret  coena  scriptioni,  quae  scriptio 
est  absoluta.  Diese  Definition  des  Plusquamperfektes  gilt  zwar 
nicht  für  das  griechische,  sie  ist  aber  insofern  wichtig  als 
uns  in  ihr  m.  W.  zum  ersten  Mal-  der  Begriff  der  relativen 
Zeit  im  engern  Sinn^j  klar  entgegentritt,  welcher  später  zu 
den  wiclitigen  Untersuchungen  über  die  Gleichzeitigkeit  und 
Vorzeitigkeit  zweier  Handlungen  geführt  hat  2).     Dagegen  sah 


von  1527  auf  fol.  7:  huius  (i.  e.  futuri)  aliud  genus  facit  Pomponius 
nempe  quod  exactum  vocat,  ut  videro,  abiero.  Hoc  g-enus  Graeci 
non  habent,  sed  utuntur  pro  eo  particii^io  praetei'iti  cum  futuro 
verbi  sum  ■fefpctqpdjc  eco|uai,  eYvuuKuuc  ^cofioi. 

1)  Über  den  Begriff  vgl.  La  Grasserie  De  la  categorie  du 
temps  S  5  u.  6.  Über  das  Alter  der  sog.  relativen  Zeitstufe  s. 
Brugmanns  Ausführungen  Ber.  d.  kgl.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  Phil.- 
hist.  Kl.  35  (1883)  S.  173-181;  der  dort  an  G.  Mahlotv  KZ.  2G 
(1881—83)  S.  570  ff.  geübten  Kritik  stimme  ich  vollkommen  bei  und 
werde  demnach  die  relativen  Zeitstufen  als  durchaus  sekundäre  im 
weiteren  Verlauf  dieser  Arbeit  ausser  Acht  lassen.  Den  Namen 
bringt  zuerst  Cornelius  Valerius  Ultraiectinus,  Institutiones  gram- 
maticae.  Antverp.  1.567  p.  162  praeteritum  plusquamperfectum  quo 
significamus  rem  perfectam  ante  aliam  actam  .  .  hoc  relativum 
praeteritum  dici  possit,  quod  semper  ad  aliquod  aliud  tempus  refe- 
ratur  ut  et  imperfectum. 

2)  Diese  Untersuchungen  sind  für  die  lateinischen  Verhält- 
nisse freilich  ungleich  wichtiger  als  für  die  griechischen.  Karl 
Mutzbauer  Die  Grundlagen  der  griechischen  Tempuslehre  und  der 
Homerische  Tempusgebrauch  1893  S.  5  ff.  —  Über  die  Litt.  vgl. 
Jahresbericht  d.  klass.  Altertumsw.  77  (1893)  S.  262  ff.  —  Dazu  H. 
Blase  Geschichte  des  Plusquamperfekts  im  Lateinischen  1894. 


IbO  G.  Herbig-, 

auch  Scaliger,  wie  es  inzwischen  immer  mehr  üblich  gewor- 
den war,  im  Perfekt  lediglich  ein  tempus  praeteritum. 

§  27.  Erst  Samuel  Clarke  macht  zu  dem  klassischen 
Beispiel  A  37  öc  Xpucriv  diaqpißeßriKac  ^)  die  Anmerkung,  dass 
hier  kein  Präteritum,  sondern  ein  praesens  perfectum  vor- 
liege und  führt  dabei  näher  aus:  voeabula  ista:  aedificatum 
est,  coenavit,  abiit,  periit,  d)ucpißeßr|Ke  et  similia  tam  Praesens 
exhibere  tempus  rei  perfectac  quam  illa:  aedificatur,  coenat, 
perit,  abit,  ctjuqjißaivei  et  similia  Praesens  exhibent  tempus  rei 
imperfectae.  Man  beachte  hier  auch  die  Gegenüberstellung 
von  tempus  und  res.  Freilich  bezeichnet  res  in  beiden 
Fällen  die  allgemein  gedachte,  mit  der  des  Präsensstammes 
bequemer  Weise  identifizierte  Verbalhandlung,  nicht  in  einem 
Fall  die  besondere  Aktionsart  des  Präsens,  im  andern  die 
des  Perfekts;  denn  die  gegebenen  Beispiele  bedeuten  als  per- 
fecta praeseutia  'es  steht  erbaut  da,  seine  Mahlzeit  ist  vorüber, 
er  ist  fort,  er  ist  ein  verlorener  Mann'  d.  h.  die  Aktionsart 
ist  in  Wirklichkeit  imperfektiv-durativ  (vgl.  §  20  gegen  Ende). 
Das  Beispiel  djuqpißeßriKe,  von  dem  er  ausging,  steht  mit  den 
andern  übrigens  nicht  auf  gleicher  Stufe;  es  ist  iterativ,  zeit- 
los (§§  55,  87). 

§  28.  Auch  über  die  Natur  des  Aoristes  wurde  man 
sieh  klarer.  In  einer  Anmerkung  des  Henricus  Stephanus  zu 
Clenardus^)  heisst  es:  vulgo  aoristum  ita  appellari  aiunt,  quia 
nou  liqueat,  ])aullone  an  multo  ante  praeterierit.  Sed  bic  usus 
aoristi  vix  un(iuam  a  scriptoribus  observatur.  Er  räumt  also 
mit  einer  vorgefassten  Meinung  auf  und  deutet  an,  wie  man 
die  Natur  die  Aoristes  am  besten  erschliessen  könne :  durch 
unbefangene  Untersuchung  seiner  Gebrauchsweise  bei  den 
Schriftstellern.  Der  Wink  blieb  leider  lange  Zeit  unbeachtet: 
bis  in  unsere  Tacre   haftete  sich  die  Erkläruni;-   innucr  wieder 


1)  Samuel  Clarke  Homori  Tlias  Graece  et  Latine  1729;  in  der 
Londoner  Ausgabe  von  1754  S.  5. 

2)  Zitiert  in  dem  Anm.  25  ang-eführten  Werk  von  Hermann 
Schmidt  III  S.  3  mit  den  Worten:  in  Clenardi  institutionibus  grannna- 
ticae  Graecae,  ubi  annotatio,  nisi  opinio  me  fallit,  Ilenrici  Ste- 
phani  exstat  haecce  ....  Primus  hoc  docuisse  videtur  Sylburg-ius  (lui 
Stephani  praeceptum  modo  commemoratum  .  .  .  eodem  loco  ita 
corrig'it  .  .  .  Ich  konnte  die  ang-ezog'ene  Steile  in  keiner  der  mir 
zugänglichen  Ausgaben  der  Institutiones  des  Nicol.  Clenardus  linden. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  181 

an  den  überlieferten  Namen  döpicTOc  statt  von  sprachlichen 
Thatsachen  ansziig-ehen;  so  lang-e  sie  sich  nicht  dazn  cntschloss, 
war  sie  unfähig-,  eine  positive  Erklärung-  der  rätselhaften  Ver- 
bal kateg-orie  zu  bring-en.  Was  Henricus  Stephanus  selbst  po- 
sitiv liefert,  ist  allerdings  herzlich  wenig-;  er  meint  der  Aorist 
werde  bald  für  das  Perfekt,  bald  für  das  Plusquamperfekt, 
zuweilen  für  das  Imperfekt  g-ebraucht.  Dazu  macht  Sylbur- 
g-ius^)  eine  für  die  spätere  Auffassung  des  Aoristes  entschei- 
dend g-ewordene  Bemerkung-,  von  der  man  sieh  nur  wundern 
muss,  dass  sie  früher^)  niemand  beifiel:  imo  non  praeteriti 
tantum,  sed  crebro  etiam  praesentis  sig-nificationem  habet, 
praesertini  in  infinitivo,  interdum  et  futuri  maxime  in  im])era- 
tivo  et  subjunctivo.  Und  Gretserus^)  fügt  hinzu:  eandem 
r  a  t  i  o  n  e  m  habet  interdum  a  o  r  i  s  t  u  s  in  i  n  d  i  c  a  t  i  v  o : 
Isoer.  ad  Dem.  KdXXoc  )aev  y^P  y\  XPÖ^oc  dvrjXujcev  f)  vöcoc 
eiudpave.  Er  setzt  freilieh  recht  unwissenschaftlich  hinzu: 
nisi  quis  dicat  esse  enallag-en.  Auch  dass  dieser  Gebrauch 
thatsächlich  nicht  präsentisch,  sondern  zeitlos  ist  (§  88),  hat 
er  übersehen.  Aber  der  Fortschritt  lag  darin,  dass  man  den 
Aorist  nicht  mehr  schlechtweg  als  t  e  m  p  u  s  p  r  a  e  t  e  r  i  t  u  m 
betrachtete:  kam  diese  Ansicht  einmal  ins  Wanken,  so  musste 
sich  die  Erkenntnis,  dass  er  seinem  Ursprung  nach  eine  actio 
bezeichne,  bald  von  selbst  einstellen. 

i?  29.  Neue  Gesichtspunkte  bietet  Jacob  Harris  in 
seinem  Buch  Hermes  or  a  philosophical  inquiry  concerning 
imiversal  grammar  1786*.  Nach  einer  philosophisch-mathe- 
matischen Erörterung-  über  den  Beg-riff  Zeit,  bringt  er  folgende 
Theorie  der  grammatischen  Zeiten  (S.   119): 

The  Tenses  are  used  to  mark  Present,  Past  and  Future 
Time,  either  indefinitely  without  reference  to  any  Beginning-, 
Middle  orEnd;  or  eise  definitely  in  reference  to  such  distinc- 
tions.     Das  Neue    an   dieser  Hypothese    ist  1)    die  Einteilung 


1)  s.  die  vorige  Aniii. 

2)  Dass  auch  Apollonios  Dyskolos  sicli  bei  der  Betrachtung 
der  nicht  indikativischen  Modi  des  Aoristes  von  dem  Begriff  der 
Vergangenheit  nicht  losreissen  konnte,  erörtert  Steintlial  Gesch.  d. 
Sprachw.  S.  6.%— 657. 

3)  Jacob  Gretserus  Institutionum  de  octo  partibus  orationis, 
syntaxi  et  prosodia  Graecoruni  Hbri  tres.  Ingolstadii  1593  lib.  I 
S.  139. 


182  G.  Herbig-, 

der  Aktionsart  in  3  Stufen,  die  Anfang,  Mitte  oder  Ende  der 
Handlung  bezeichnen  und  2)  die  konsequent  durchgeführte 
Scheidung  der  terapora  in  indefinita  und  definita.  Die  tem- 
pora  definita  verschränkt  er  mit  den  3  Aktionsstufen  und  ge- 
langt, die  3  tempora  indefinita  hinzugezählt,  theoretisch  zu 
12  grammatischen  Zeiten,  die  er  für  das  Griechische  und  La- 
teinische nur  mit  Hilfe  verschiedener  Zusammensetzungen  und 
der  Annahme  verschiedener  Gebrauchsweisen  einer  Form  not- 
dürftig zu  belegen  vermag.  Seine  Theorie  hat  daher  geringen 
"Wert;  seine  2.  und  3.  Aktionsstufe  deckt  sich  im  grossen 
Ganzen  mit  der  alten  Einteilung  in  infecta  und  perfecta; 
seine  1.  verteilt  sich  auf  beide,  je  nachdem  der  weitere  Fort- 
gang (inchoative  Präsentia)  oder  der  dem  wirklichen  Eintritt 
der  Handlung  vorausgehende  Zustand  (ingressive  Aoriste)  den 
Gegensatz  zu  ihrem  Anfang  bilden.  Die  Dreiteilung  der  actio 
verdankt  ihre  Entstehung  nicht  praktischen  Beobachtungen, 
sondern  der  Lust  des  Verfassers  zum  Schematisieren.  Obwohl 
sie  nach  seiner  Darstellung  als  natürliche  Folge  einer  fast 
mathematischen  Entwicklung  erscheint,  kann  man  sich  des 
Gedankens  nicht  erwehren  als  habe  lediglich  der  Name  Aorist 
und  das  Bestreben  ihm  gerecht  zu  werden  die  Scheidung  der 
tempora  indefinita  und  definita  und  die  Erklärung  des  Wesens 
der  letzteren  veranlasst.  Harris  erkennt  zwar  nicht  die  wirk- 
liche Bedeutung  des  Aoristes;  er  sieht  aber,  dass  sie  nicht 
in  einer  bestimmten  Zeitstufe  liegen  kann,  sondern  auch  im 
Präsens^)  und  Futur  denkbar  sein  muss-).  Sein  Satz:  der 
griechische  Aorist  bezeichne  die  reine  fsimple)  Vergangenheit, 
ist  luichstcns  auf  den  Ind.  Aor.  anwendbar;  die  von  ihm  als 
Beispiele  eines  aoristischen  Futurs  angeführten,  allgemeingül- 
tigen Verbote  erstrecken  sich  auf  alle  Zeiten  uiul  sind  so 
wenig  geeignet  den  Begriff  eines  reinen  Futurs  zu  erläutern. 
Natürlich  wären  die  modi  obliqui  des  Aoristes  selbst  die  besten 
Belege  für  den  futurischen  und  präsentischen  oder  den  zeit- 
losen neben  dem  präteritalen  Gebrauch  dieses  'Tempus'  ge- 
wesen.    Nur   auf  das  Präsens    angewandt   führt  auch  Harris' 


1)  Dass  sie  im  tempns  praesens  nur  mit  «iowissen  Einschrän- 
kungen (§§  44  fF.  64  ff.)  denkbar  ist,  komite  er  nicht  seilen,  so  lang: 
ihm  die  wirkliche  Bedeutung-  entging. 

2)  Steintiiai-Misteli  Charakteristik  S.  575. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  185 

Definition  der  aoristischen  Aktionsart  auf  einen  neuen  i")rak- 
tisch  verwertbaren  Gedanken:  Harris  konstatiert  ni.  W.  zuerst 
den  sog.  zeitlosen  Gebrauch  des  Präsens,  obwohl  gerade 
er  das  Wesen  dieses  Präsens  nicht  im  Mangel  einer  bestimm- 
ten Zeitstufe,  sondern  einer  bestimmten  Aktionsart  sieht.  Vgl, 
seine  Beispiele  (S.  124,  125)  Milton  Paradise  lost  IV  277:  Mil- 
lions  of  Spiritual  creatures  walk  the  earth  ünseen,  but  wheii 
we  wake,  and  when  we  sleep.  Ad  poenitendum  properat 
cito  qui  judieat.     Avarus,  nisi  cum  moritur,  nil  recte  facit. 

Jedentalls  ist  seine  Aufstellung:  die  Aoriste  dienen  als 
tempora  indefinita  oder  als  time  absolute  gegenüber  time  un- 
der  its  respective  distinctions  zum  Ausdruck  der  reinen  (simple) 
Handlung  lange  Zeit  massgebend  geblieben.  Sie  kehrt  bei 
späteren  in  allen  möglichen  Variationen  wieder,  von  der  nüch- 
ternen Fassung  "er  bezeichne  die  Handlung  schlechthin"  bis- 
zu  dem  wunderlich-geschraubten  Vergleich,  der  für  die  ältere 
halb  poetische,  halb  philosophische  Auffassung  sprachlicher  That- 
sachen  so  charakteristisch  ist  und  den  man  auch  neuerdings^) 
noch  "schön  und  treffend''  gefunden  hat:  "Wie  die  Psyche 
aus  der  Materie,  so  tritt  der  Aorist  aus  der  Schwere  des  Seins 
heraus  als  die  durchsichtigste  und  stoffloseste  Form,  in  wel- 
cher die  Zeit  überhaupt  sprachlich  zur  Erscheinung  kommen 
kann-i". 

§  30.  Auf  Harris  fusst  auch  die  Tempustheorie,  die 
Hermann  Schmidt  in  seinem  schon  S.  181  Anm.  1  zitier- 
ten Werke  aufstellt  und  bei  der  die  Begriffe  conditio  und 
das  Verhältnis  derselben  zur  actio  verbi  eine  besondere  Rolle 
spielen.  Was  er  unter  beiden  versteht,  lässt  sich  aus  fol- 
genden Stellen  entnehmen:  I  S.  1 1  spricht  er  von  Formen 
wie  ÜTiaivei  und  ufiaivLuv  ecTi  und  sieht  ihren  Unterschied 
darin:  ut  illa  significent  motum  aliquem  seu  actionem,  haee 
contra  stabilitatem  aliquam  seu  conditionem.  Oder  er  sagt 
IV  6  bei  der  actio  inchoanda  und  perfecta  trete  die  conditio 
deutlich  hervor,  weil  hier  die  actio  nachfolge  oder  vorausge- 
gangen   sei;    bei  der  actio  imperfecta  fühle  man  sie  weniger^ 


1)  Joseph  Schmidt  Über  den  gnoniisehen  Aorist  der  Griechen. 
Pro-,  von  Passau  1894  S.  15. 

2)  Hermann  Schmidt    Der  griechische  Aorist   in  seinem   Ver- 
hältnis zu  den  übrigen  Zeitformen  dargestellt.     Halle  1845  S.  25. 


184  G.  Her  big-, 

weil  sie  hier  aufs  engste  mit  der  actio  verbunden  werde ; 
l)ei  der  actio  aoristi  sei  sie  nicht  vorhanden.  Vgl.  dazu  das 
Schema  der  nicht  aoristischen  Tempora  II  27.  Diese  Zeiten 
könnten,  meint  er  IV  7,  8,  relative  genannt  werden,  nicht, 
weil  sie  sich  auf  andere  verbale  Zeitstufen  bezögen,  sondern 
weil  in  ihnen  selbst  schon  die  actio  auf  die  conditio  zu  be- 
ziehen sei,  während  der  Aorist  actionem  carenteui  condicione 
bezeichne.  Man  hüte  sich  also  seine  actio  und  conditio,  die 
er  gelegentlich  auch  actionis  und  conditionis  tempus  nennt, 
etwa  mit  Zeitart  und  Zeitstufe  zu  vergleichen.  Sie  bezeich- 
nen beide  eine  Zeit-  oder  Aktionsart,  und  actio  wie  conditio 
werden  mit  den  Zeitstufen  noch  besonders  verschränkt.  Seine 
Ausführungen  gipfeln  in  dem  Satz :  ut  solius  conditionis  for- 
inas  exstare  docuimus  in  verbo  substantivo,  ita  iam  solius 
actionis  vidimus  indicem  apud  Graecos  habendum  aoristum 
esse.  Ulis  uil  significatur  nisi  aliquid  esse,  hoc  nil  nisi  ali- 
quid fieri,  utraque  autem  notio  exstat  in  formis  reliquis,  qui- 
bus  aliquod  ita  fieri  ut  simul  sit  indicetur.  Das  Verdienst 
dieser  Erörterungen  besteht  darin,  dass  für  die  Betrachtung 
des  Verbums  die  Aktionsarten  in  den  Vordergrund  treten ; 
durch  die  Gegenüberstellung  von  actio  und  conditio  hat  Schmidt 
namentlich  das  Wesen  des  perfectum  praesens  glücklicher  er- 
kannt als  seine  Vorgänger ;  auch  seine  Definition  (IV  S.  10) 
der  aoristischen  actio  als  einer:  non  quae  fieri  nee  quae  iam 
facta  esse,  sed  quae  fieri  facta  seu  perfici  cogitatur  streift 
schon  an  das  hin,  was  man  später  perfektive  Aktionsart 
genannt  hat  (§  51).  Aber  noch  waren  die  Degriftc  nicht 
klar  genug  um  Aktionsart  und  Zeitstufe  in  scharfer  Beleuch- 
tung hervortreten  zu  lassen;  seine  actio  bezeichnet  noch  viel 
'/u  philosophisch-abstrakt  die  Bewegung  der  Verballiandlung 
überhaupt,  und  actio  wie  conditio,  namentlich  aber  letzterer 
Begriff,  verschwimmen  noch  mit  dem  der  Zeitstufe  (I  27 
IV  6j. 

ij  31 .  Auch  die  1  a  n  d  1  ä  u  f  i  g  e  n  (1  r  a  ni  m  a  t  i  k  e  n 
vom  Ende  des  vorigen  und  in  der  ersten  Hälfte  dieses  Jahr- 
liunderts  nehmen  am  geeigneten  Ort  Stellung  zu  unserer  Frage. 
Sie  bringen  im  eiirzelnen  manche  scliarfsinnige  Bemerkung, 
lassen  aber  im  ganzen  das  für  ein  riciitiges  Verständnis  von 
Aktionsart  und  Zeitstufe  erhisende  AVort  unausgesprochen. 
Da  die  Bücher    leicht  zugänglich    sind,    begnüge  ich  mich  in 


Aktionsart  und  Zeitstute.  18& 

der  Anmerkung  1  auf  sie  hinzuweisen;  die  einschlägig-en  Stel- 
len sind  mit  Hilfe  der  Register  leicht  zu  finden  \). 

§  32.  Erst  G  e  0  r  g  C  u  r  t  i  u  s  that  den  entscheidenden 
Schritt.  In  der  1846  erschienenen  Schrift  "Die  Bildung  der 
Tempora  und  Modi  im  Griechischen  und  Lateinischen"  spricht 
er  sich  freilich  über  den  Unterschied  der  Begriffe  Zeitart  und 
Zeitstufe  noch  nicht  aus.  Erst  die  1852  in  erster  Auflage 
erschienene  Schulgrammatik  bringt  die  neuen  Termini.  Am 
besten  kann  man  sich  über  Curtius'  Auffassung  oiienticren 
nach  seinen  ''Erläuterungen  zu  meiner  griechischen  Schulgram- 
matik"  Prag  1863  S.  171 — 179.  Bei  der  Zeit  stufe  kommt 
es  darauf  an,  welchen  zeitlichen  Standpunkt  der  Sprechende 
der  Verbalhandlung  gegenüber  einnimmt;  die  drei  möglichen 
Zeitstufen  sind  also  Gegenwart,  Vergangenheit,  Zukunft.  Die 
Zeitart  deutet  an,  dass  es  sich  bei  ihr  "um  eine  innerhalb 
der  Handlung  selbst  liegende  Differenz,  nicht  blos  um  das 
Verhältnis  zu  etwas  ausser  ihr  liegendem  handelt".  Sie  kann 
eine  dauernde,  vollendete  und  eintretende  sein  und  wird  dann 
durch  Präsens-,  Perfekt-  und  Aoriststamm  bezeichnet.  Die 
eintretende  oder  aoristische  Zeitart  hat  zwei  Hauptschattie- 
rungen: die  ingressive  und  effektive. 

§  33.  Statt  der  Ausdrücke  Zeitstufe  und  Zeitart  bringt 
K.  W.  L.  Heyse  in  seinem  von  H.  Steinthal  1856  veröffent- 
lichten "System  der  Sprachwissenschaft"  die  Unterscheidung 
subjektiver  und  objektiver  Zeiten  S.  457  tf.  Statt 
Zeitart  hat  man  später  (Brugmann)  passend  Aktionsart 
vorgeschlagen,    weil   Zeit    in    den  Zusammensetzungen   Zeitart 


1)  Ph.  K.  Biittmann  Griecli.  Gramni.  Berlin  1792.  —  Godofredi 
Hermanni  De  emendanda  ratione  Graecae  grammaticae  pars  prima. 
Lipsiae  1801.  —  A.  H.  Matthiä  Ausführl.  griech.  Gramm.  Leipzig- 
1807.  —  Fr.  Thiersch  Grieeh.  Gramm,  vorzügl.  des  hom.  Dialekts, 
Leipzig  1812.  —  G.  Beriihardy  Wissenschaft!.  Syntax  der  grieeh. 
Sprache.  Berlin  1829.  —  R.  Kühner  Ausführl.  Gramm,  d.  grieeh. 
Sprache.  Hannover  1834/35.  —  K.  W.  Krüger  Grieeh.  Sprachlehre 
für  Schulen.  Leipzig  1842/46.  —  J.  N.  Madvig  Syntax  der  grieeh. 
Sprache,  besonders  der  attischen  Sprachform  für  Schulen.  Kopen- 
liagen  1846  (dänisch),  Braunschweig  1847  (deutsch).  Dazu  im  Phi- 
lologus  Suppl.  des  2.  Jalirg.  (1847)  S.  29—47  ein  Aufsatz  von  Mad- 
vig  "Über  die  Bedeutung  des  Aorists  im  Infinitiv  mit  einer  An- 
merkung über  das  Partizipium  des  Aorists".  Weitere  Litteratur 
über  die  Syntax  des  Aoristes  insbesondere  s.  E.  Hübner  Grundris.s- 
zu  Vorlesungen  über  die  Grieeh.  Syntax.  Berlin  1883  §  37. 


im  G.  Her  big, 

und  Zeitstufe  etwas  verschiedeueä  bedeutet.  Neben  der  in- 
;gressiven  und  eftektiven  wurde  fernerhin  eine  k  o  m  p  1  e  x  i  v  e 
(Koch)  oder  k  o  n  z  e  n  t  r  i  e  r  e  n  d  e  (Pfubl)  und  eine  niebr  al)- 
geblasste  f  a k  t  i  s  c  b  e  (Kocb)  oder  konstatierende  (Del- 
brück) Gebrauchsweise  des  Aoristes  beobachtet.  In  neuester 
Zeit  hat  Joseph  Schmidt^)  den  m.  E.  überflüssigen,  jedenfalls 
aussichtslosen,  Versuch  gemacht  die  neuen  Kunstausdrücke 
V  e  r  b  a  1  z  e  i  t  und  V  e  r  b  a  1  g  r  a  d  oder  Verbal  t  e  m  p  u  s  und 
Verbal  Stadium  einzuführen. 

In  diesem  Zusaumienhang  muss  noch  ein  Buch  erwähnt 
werden,  das  es  zum  ersten  Mal  unternimmt,  die  grammatische 
Kategorie  der  Zeit  auf  breitester  Grundlage  systematisch  zu 
behandeln :  R a o u  1  de  1  a  G r  a s s e  r  i  e  De  la  categorie  du 
temps.  Paris  1888.  Das  Buch  zeichnet  sich  aus  durch  einen 
weiten  Blick  und  eine  überaus  klare  Darstellung,  Vorzüge, 
die  freilieh  auf  Kosten  einer  wirklich  historischen  und  tiefer- 
bohrenden Behandlungsweise  erkauft  werden.  Doch  wird  nie- 
mand, der  die  einzelnen  sprachlichen  Thatsachen  selbständig 
zu  beurteilen  versteht  und  darnach  Veraltetes  und  Willkür- 
liches auszuscheiden  weiss,  das  gedankenreiche  Buch  ohne 
mannigfache  Anregung  aus  der  Hand  legen. 

La  Grasserie  hat  die  Sprachvergleichung  im  weitesten 
Sinn  herbeigezogen;  Curtius,  dem  wir  in  unserer  besonderen 
Frage  die  kräftigste  Förderung  verdanken,  gilt  als  Hauptver- 
mittler der  einzelsprachlichen  und  sprachvergleichenden  Me- 
thode. Weitere  Forscher  dieser  Richtung  sollen  in  anderem 
Zusammenhang  zu  Wort  kommen.  Für  jetzt  breche  ich  ab 
und  gehe  auf  ein  anderes  Gebiet  über,  dessen  Durchquerung 
neues  Licht  auf  die  Sache  werfen  wird:  ich  meine  das  sla- 
vische  Verbum. 

Die   Aktionsarten   des   s  1  a  v  i  s  c  h  e  n   V  e  r  b  u  m  s. 
i?  ;}4-36. 

§  o4.  Eine  noch  weit  grössere  Rolle  als  beim  griechi- 
schen spielte  der  Begriff  Aktionsart  beim  s  1  a  v  i- 
schen  Verbum,  Er  lag  hier  mehr  auf  der  Oberfläche, 
war  also  leichter  zu  packen.     So  blieben  denn  der  slavischeu 


1)  Über  den  gnoini.solien  Aorist  der  Griechen.    G.  Prg-.  Ptassaii 
1894  S.  8. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  187 

Verbaltheorie  die  Irrweg-e  erspart,  aus  denen  die  griechische 
sich  Jahrhunderte  lang  nicht  zurechtfand.  Die  Geschichte 
des  Begrilfes  ist  daher  im  Slavischen  zu  kurz  und  zu  einfach 
um  lehrreich  zu  sein:  da  die  thatsächlichen  Verhältnisse  klar 
liegen,  thun  wir  besser  sofort  zu  ihnen  überzugehen^). 

Wilhelm  Streitberg  hat  PBrB.  XV  (1889)  S.  70  ff.  im 


1)  Aus  der  Litteratur,  die  mir  nur  zum  Teil  zug-änglich  war, 
verzeichne  ich  hier:  B.  Kopitar  Grammatik  der  slavischen  Sprachen 
in  Krain,  Kärnten  und  Steiermark.  Laibach  1808.  —  J.  Navratil 
Beitrag-  zum  Studium  des  slavischen  Zeitwortes  aller  Dialekte,  ins- 
besondere über  den  Gebrauch  und  die  Bedeutung-  der  Zeitformen 
in  Vergleichung-  mit  den  klassischen  und  modernen  Sprachen.  Wien 
1856.  —  Chr.  Traug-ott  Pfuhl  De  verborum  slavicorum  natura  et 
potestate.  Progr.  Dresden  1857.  —  Fr.  Miklosich  Vergleichende 
Grammatik  der  slavischen  Sprachen.   Wien  1868—1874  IV  S.  274  ff. 

—  C.  W.  Smith  De  verbis  imperfectivis  in  lingvis  Slavonicis.  Ind- 
b.ydelsesskrift  til  Kjebenhavns  Universitets  aarsfest  til  erindring-  om 
Kirkens  Reformation.  Kjobenhavn  1875.  —  A.  Leskien  Handbiich 
der  altbulg-arischen  (altkirchenslavischen)  Sprache.  Weimar  1886  ^ 
S.  150  £F.  —  Friedrich  Kurschat  Grammatik  der  litauischen  Sprache. 
Halle  1876  §  463.  —  Kobliska  Über  d.  Verhältnis  des  Aorists  zu  den 
Formen  des  cechischen  Verbums.  König-grätz  1851.  —  E.  Tyn  Über 
des  Verhältnis  der  böhmischen  Aoristformen  zu  den  g-riechischen 
Imperfekten  und  Aoristen.  Olmützer  Progr.  1858.  —  K.  Kunz  Der 
griechische  Iterativaorist  und  seine  Übereinstimmung  mit  böhmi- 
schen Verbalformen.  Pilsen  1891,  Progr.  (böhmisch);  besprochen 
ZföG.  XLIII  5  S.  468—469  v.  Alois  Fischer.  —  Vgl.  ferner  die  Re- 
ferate zu  H.  iNIayer  Poznämsky  k  'Studiim  homerskym'  V.  Stein- 
manna (Bemerkungen  zu  V.  Steinmanns  Homerstudien)  Listy  filol. 
XIX  (1/2)  51—54,  Anzeiger  f.  idg.  Sp.  III  S.  63  und  zu  Ultjanovz. 
G.  Znacenija  g-lagol6nych%  osnova  v^.  litovskoslavjanskoms  jazyke. 
I.  casti.  Varsava  1891  II.  casti  1895.  Arch.  f.  slav.  Phil.  XIV  613 
u.  XVII  607—611  (V.  J.).  Anz.  III  155  ff.  (Zubaty).  —  Für  eine  Ver- 
g'leichung-  mit  den  germanischen  Verhältnissen  kommen  in  Betracht: 
W.  Streitberg-  Perfektive  und  imperfektive  Aktionsart  PBrB.  XV 
(1891)  S.  70—177;  daselbst  ist  auch  die  ältere  Litteratur  verzeich- 
net S.  77—80.  —  V.  E.  Mourek  Syntaxis  gotsk<'ch  pfedlozek.  Spisüv 
poctenych  jubilejni  cenou  kräl.  ceske  spolecnosti  näuk  v  Praze 
cislo  V.  V  Praze  1890  (Rez.  v.  Felix  Hartmann  Jahresb.  üb.  d.  Ersch. 
auf  d.  Geb.  d.  germ.  Phil.  13,  XI  10.  —  R.  Heinzel  Anz.  f.  deutsch. 
Alt.  XVII  91—93).  —  Carl  Recha  Zur  Frage  über  den  Ursprung  der 
perfektivierenden  Funktion  der  Verbalpräfixe.  Dorpater  Inaug.-Diss. 
(1893).  —  Herm.  Wunderlich   Der   deutsche  Satzbau  1892  S.  25-28. 

—  Rudolf  Wustmann  Verba  perfectiva  namentlich  im  Heliand.  Inaug.- 
Diss.  1894  (Rez.  v.  W.  Streitl)erg  Anz.  f.  idg.  Spr.  V  (1895)  S.  78—83.  — 
V.  E.  Mourek  ZfdA.  XXXIX  (1895)  S.  195—204). 


188  G.  Herb  ig, 

Anschlnss  au  andere  den  interessanten  Versuch  gemacht  die 
Termini  perfektiv  und  imperfektiv  auf  das  Gotische  zu  über- 
tragen, seine  Abhandlung  leitet  er  mit  einer  übersichtlichen 
Darstellung  der  slavischen  Verhältnisse  ein.  Zum  Verständnis 
des  P'olgenden  mag  man  Streitbergs  Ausführungen  und  die 
reiche  Fülle  der  von  Miklosich  (Grammatik  IV  274)  gebrach- 
ten Beispiele  nachlesen.  Ich  gebe  zur  Orientierung  nur  das 
wichtigste  in  dogmatischer  Form,  vorzüglich  nach  einer  Vor- 
lesung Leskiens  über  vergleichende  Syntax  der  slavischen 
Sprachen  (SS.  1893).  Die  Verbalkategorien,  auf  die  es  an- 
kommt, lassen  sich  folgendermasscn  gru])pieren : 

1.  Imperfektive  Verba 

a.  sie  sind  einfach  durativ  (-) ') 

b.  sie  sind  iterativ-imperfektiv  ( ) 

{hiti  'schlagen'  —  Nvati,  'wiederholt  schlagen'). 

2.  Perfektive  Verba 

a.  sie  sind  momentan-perfektiv 
a.  nicht  iteriert  (.) 

ß.  iteriert  (...) 
{ubiti  'erschlagen'  —  uhicati  'erschlagen',    wenn    die   Hand- 
lung   sich    auf    mehrere  Objekte   bezieht    oder    von    mehreren 
Subjekten  ausgesagt  wird). 

b.  sie  sind  durativ-perfektiv 
a.  nicht  iteriert  (H ) 

ß.  iteriert  (H  H  H). 
Die  letzte  Kategorie  (2  b)  ist  formell  von  2  a  nicht  ver- 
schieden, sie  lässt  sich  an  einzelnen  Verben  schwer  klar  machen, 
da  sie  sich  nur  aus  dem  Zusammenhang  ergibt,  z.  B.  im  Deut- 
schen: 'sie  weinte  sich  einmal  tüchtig  aus'  im  Sinne  von  'sie 
weinte  so  lange  fort,  bis  sie  sich  satt  geweint  hatte'  oder 
'lies  die  zwölf  Bände  durch,  so  wirst  du  überzeugt  sein'^).  Für 
uns  kommt   es  hauptsächlich    auf  den  Gegensatz    von    imper- 


1)  Über  den  Urheber  dieser  graphisehen  Darstellung  vgl.  Mi- 
klosich Gramm.  IV  S.  280. 

2)  Mourek  stellt  ZfdA.  XXXIX  (189Ö)  S.  195  die  Möglichkeit 
durativ-perfektiver  Verba  in  Abrede,  weil  der  Ausdruck  einen  kon- 
tradiktorischen Gegensatz  enthalte.  Was  durativ  sei,  sei  eben  nicht 
perfektiv,  sondern  iiiiiterfektiv,  was  i)erfektiv  sei,  setze  nicht  ein- 
mal immer  eine  Dauer  voraus,  sondern  das  Eintreten  und  der  Ab- 
schluss  der  Handlung  könnten  in    ein  einziges  Moment  zusannnen- 


Aktionsart  und  Zeitstiile.  189 

fektiveii  und  perfektiven  Verben  an,  ich  füge  noch  einige 
abg.  Beisj)iele  bei : 

znati  'kennen'  —  pozmitl  ^erkennen' 

paclati  '\\\\  Fall  begriffen  sein'  — pastl  "hinfallen,  auf- 
schlagen ' 

Jesti  'to  be  mounting'  —  vjjslesfi  "ersteigen' 

hytl  (jesmh)  "sein'  —  hadq  "ich  werde' 

stojati  "stehen'  —  sfati  {stanq)  "sich  stellen' 

gnati  (zenqj  "treiben,  jagen'  —  oUgnati  "verjagen' 

pbsati  (pUq)  "schreiben'  - —  chpbsatl  "niederschreiben, 
einschreiben' 

prosifi  (prosq)  "fragen,  bitten  —  vhsprosifl  "erbitten, 
einfordern',  viprositl  "befragen' 

cvlsti  (cvbtq)  "blühen'  —  procvisfi  "erblühen'. 

§  35.  Zur  Erläuterung  und  weiteren  Ausführung  dieses 
Systems  stelle  ich  folgende  Sätze  zusammen. 

1.  Die  perfektiven  Yerba  unterscheiden  sich  von  den 
imperfektiven  dadurch,  dass  ihre  Aktionsart  noch  das  Moment 
der  Vollenduno-  in  sich  schliesst. 


gedrang-t  sein  oder  in  demselben  ^Moment  zusammenfallen.  S.  198 
meint  er  dann  auf  Verba  wie  böhmisch  donäsim  'ich  bin  im  Hin- 
trag-en  beg'riffen',  prlvädim  'ich  bin  im  Herbeiführen  begriffen', 
prichäzim  'ich  bin  im  Herbeilvommen'  u.  ä.  lasse  sich  der  Ausdruck 
durativ-perfektiv  noch  am  ehesten  anwenden,  wenn  er  überhaupt 
möglich  wäre.  Dieser  letzte  Satz  scheint  mir  ganz  ung'lücklich  zu 
sein,  nachdem  Mourek  unmittelbar  vorher  den  richtigen  Gedanken 
ausg'esprochen  hat,  dass  alle  durch  Präfixe  perfektivierten  Verba, 
mit  Beibehaltung-  ihrer  Präfixe  in  eine  andere  Konjugationsklasse 
überführt  —  und"  hierher  gehören  seine  Beispiele  —  Avieder  imper- 
fektive Geltung-  bekommen.  Dagegen  scheint  mir  Moureks  Zweifel 
an  der  Thatsache  eine  Stütze  zu  haben,  dass  im  Altbulgarischen, 
das  doch  sonst  schon  die  Aktionsarten  genau  scheidet,  und,  soweit 
ich  sehe,  auch  in  den  andern  slawischen  Sprachen  eine  gram- 
matische Kategorie  durativ-perfektiver  Verba  nicht  vorhanden 
ist.  Ich  sehe  indes  nicht  ein,  warum  man  die  Möglichkeit  einer 
psycholog-ischen  Kateg"orie  leug-nen  soll,  wie  es  Mourek  that- 
sächlich  thut.  Ja,  wir  besitzen  sog-ar  im  Deutschen  Ansätze  zu 
einer  grammatischen  Kateg-orie  durativ-perfektiver  Verba,  zwar 
nicht  die,  welche  Wunderlich  Deutscher  Satzbau  S.  27  annimmt, 
wenn  er  die  Komposita  mit  tje-  als  durativ-perfektive  bezeichnet, 
nachdem  er  die  mit  er-  als  momentan-perfektive  gedeutet  hat,  son- 
dern die,  welche  Streitberg-  Anz.  V  (1^<9.5)  S.  81  im  Anschluss  an 
Leskien  ansetzt.     Vg-1.  übrigens  §  38. 

Indogermanische  Forschungen  VI  3  u.  4.  13 


190  G.  Herb  ig-, 

2.  Perfektiv  sind  im  Abg.,  auf  das  wir  uns  hier  in  der 
Hauptsache  beschränken : 

a.  die  2.  Klasse  Leskiens  (Handbuch  ^  S.  104).  Der 
Präsensstamra  wird  durch  das  Suffix  -no-,  -ne-  gebildet,  der 
zweite  Stamm  ist  gleich  der  Wurzel  oder  hat  das  Suffix  -nq-, 
der  Infinitiv  hat  stets  -nq- 

z.  B.  hegnqti  'entlaufen' 
gasnqfi  'erlöschen' 
Miknati  'einen  Aufschrei  thun' 
prenqti  'aufspringen,  auffahren'. 
Imperfektiv  sind  in  dieser  Klasse  nur  die  Verba,   welche  den 
allmählichen  Übergang    von    einem  Zustand    in    einen    andern 
bezeichnen  wie  sichnqti  'trocken  werden' 
hysiiqU  'sauer  werden^). 

b.  einige  primäre  und  wenige  abgeleitete  Verba  simpli- 
cia  anderer  Klassen  durch  ihre  natürliche  Bedeutung  wie 

hadq  'ich  werde' 

sesti  (sedq)  'sich  setzen' 

roditi  (7'ozdq)  'gebären' 

Tcuinti  (hup] ja)  'kaufen'  (nie 'handeln'). 

c.  fast  alle  mit  Präpositionen  zusammengesetzten  Verba. 
Beispiele  §  o4. 

3.  Die  momentanen  Verba  gehören  alle  zu  Klasse  II, 
die  durativen  haben  kein  morphologisches  Kennzeichen,  die 
iterativen  sind  alle  sekundäre  Denominativa  oder  Deverbativa^) 
und  werden  durch  die  Suttixe  -va-,  -a-,  -ja-,  sowie  zum  Teil 
durch  besondere  Vokalabstufung  in  der  Wurzelsilbe  charak- 
terisiert (Leskien  Handbuch-  §  12). 

4.  Das  im  Slavischen  bis  auf  einen  einzigen  Rest  (Les- 
kien i^  149j ,  untergegangene  ,y-Futur  wird  ersetzt  durch  das 
Präsens  des  perfektiAeu  Verbs 

z.  B.  I\Iatth.  4,  (3  na  rqkachi  vhZhma4h  tq  im  x^ipuJV 
dpoOci  ce.  —  Psalm  2.  8  proi^l  u  mene  l  damh  ti  airricai  rrap' 
e)aoO  Kai  biijcuu  coi. 


1)  Smith  IX'  verb.  impcrlcctivis  et  in'iiectivis  S.  13  gibt  die- 
ser ganzen  Klasse  momentane  Bedeutung-  iind  konnnt  dadurch  in 
die  Zwangshig-e  für  Verl)a  wie  die;  letztgenannten  eine  moinentan- 
in)perfektive  Aktionsart  anzusetzen,    was  begrifliicli  undenkbar  ist. 

2)  \g\.  jetzt  aber  J.  v.  Kozwadowski  IF.  IV  S.  407. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  191 

Indes  muss  nicht  jedes  perfektive  Präsens  ein  Futur 
bezeichnen,  diese  Amvenduug  ist  nur  eine  seiner  Gebrauchs- 
weisen: in  abhängigen  Sätzen  entspricht  das  verbum  perfec- 
tivum  einem  Futur,  dem  g-riechischen  Konjunktiv  des  Aorists 
und  dem  lateinischen  Futurum  exactum.  Das  imperfektive 
Futur  rauss  im  Slavischen  durch  den  Intinitiv  mit  Hilfsverben 
wie  imamb  '  ich  habe ',  cho.stq  "ich  wünsche',  nacbnq  'ich  fange 
an'  umschrieben  werden. 

5.  Das  tempus  praesens  des  verbum  perfectivum  wird 
ausgedrückt  durcli  das  perfektive  Iterativ 

z.  B.  padq  ""ich  werde  hinfallen'  —  padajq  'ich  falle' 

sedq  'ich  werde  mich  niedersetzen  —  sedajq  'ich  setze 
mich'. 

(5.  Das  slavische  Imperfektum  auf  -eachh  ist  der  Gestalt 
nach  eine  Neubildung  (Leskien  i<  94),  der  Bedeutung  nach 
fällt  es  mit  dem  Imperfekt  anderer  idg.  Sprachen  zusammen. 
Ein  nicht  iteriertes  Perfektivuni  kann  kein  Imperfektum  bilden. 

7.  Auf  die  Bedeutung  des  slavischen  Aoristes  lässt  sich 
nach  Leskien  die  Definition  anwenden,  die  Delbrück  SF.  V 
280  von  der  des  idg.  giebt  "es  kommt  bei  der  aoristischeu 
Äusserung  der  Gesichtspunkt  der  Zeitdauer  gar  nicht  in  Be- 
tracht. Es  wird  ja  nur  betont,  dass  eine  Handlung  überhaupt 
in  die  Erscheinung  getreten  sei".  Einen  Aorist  bilden  nicht 
blos  die  perfektiven,  sondern  auch  die  imperfektiven  und  iten\- 
tiven  Verba. 

§  36.  Im  Serbisch-Kroatischen  erscheint  die  Sachlage 
etwas  verändert.  Im  Hauptsatz  hat  das  Präsens  des  perfek- 
tiven Verbums  nicht  mehr  Futurbedeutung  (wohl  aber  im  Ne- 
bensatz); das  Futur  des  Hauptsatzes  wird  im  Serbischen  all- 
gemein durch  Umschreibung  mit  'wollen'  ausgedrückt.  Da- 
gegen dient  das  perfektive  Präsens  etwa  seit  der  2.  Hälfte 
des  vorigen  Jahrhunderts  als  praesens  narrativnm  überall 
dort,  wo  der  Aorist  nicht  mehr  gewöhnlich  ist,  und 
zwar  recht  eigentlich  als  Tempus  der  fortlaufenden  Erzählung; 
in  Einzcisätzen  wäre  es  unerhört,  der  Zuhörer  würde  dann 
immer  noch  auf  die  weitere  Erzählung  warten.  Eine  dauernde 
Plandlung  wird  dabei,  wenn  Imperfektum  und  Aorist  nicht 
mehr  gang  und  gäbe  sind,  durch  das  Perfektum  des  imperfek- 
tiven Zeitwortes  ausgedrückt.  Das  praesens  narrativum  ist 
keineswegs  identisch  mit  dem  rhetorischen  praesens  historicum, 


192  G.  Her  big-, 

(las  meist  durch  imperfektive  Verba  gegeben  wird;  iiicht  eben 
selten  ist  dieses  praesens  liistoricnm  in  den  Volksliedern,  wo 
das  praesens  narrativnm  fehlt,  weil  der  Aorist  funter  dem  Zwang- 
der  überlieferten  gebundenen  Rede?)  noch  erhalten  ist.  In 
zeitlosen  allgemeinen  Sätzen  wird  das  imperfektive  und  |)er- 
fektive  Präsens  verwendet ;  letzteres  lässt  sich  dem  gnomischen 
Aorist  im  Griechischen  vergleichen.  Im  Sinne  des  Aoristes 
und  des  praesens  narrativnm  wird  in  lel»endiger  Erzählung- 
merkwürdiger  Weise  auch  das  Futur  und  sogar  die  2.  P.  Sg. 
imperfectivi  für  alle  Personen  verwendet  ^). 

Methodologisches.     Umgrenzung  der  Termini. 
§  37—50. 

§  37.  Welche  Mittel  hat  das  Griechische,  das  wir  zu- 
nächst als  Repräsentant  anderer  idg.  Sprachen  heranziehen, 
um  die  sprachliehen  Bedürfnisse  zu  befriedigen,  denen  im 
Slavischen  durch  die  soeben  behandelten  verbalen  Kategorien 
Genüge  gethan  wird? 

Ich  halte  es  für  notwendig,  ehe  ich  auf  diese  Frage  ant- 
worte und  in  den  vergleichend-syntaktischen  Teil  dieser  Stu- 
dien eintrete,  einige  Worte  über  die  anzuwendende  ^Methode 
vorauszuschicken  und  im  Anschluss  daran  die  künftig  zu  be- 
nutzenden Termini,  die  leider  noch  willkürlich  genug  gehand- 
habt werden,  möglichst  scharf  zu  umgrenzen.  Solche  prinzi- 
piellen p]rörterungen,  die  man  gern  als  aprioristische  brand- 
markt, sind  jetzt,  wo  die  systematische  Syntax  und  Funktions- 
lehre, in  eine  neue  vielverheissende  Entwieklungsperiode  ein- 
getreten ist,  nicht  zu  umgehen:  sie  versuchen  für  bestimmte 
Einzelfragen  das  zu  leisten,  was  Pauls  Prinzipien  für  die  ge- 
sammte  Sprachwissenschaft  geleistet  haben;  sie  müssen  der 
Detailforsehung,  vorläutig  wenigstens,  Richtung  und  Ziel  an- 
deuten, damit  sich  dieselbe  nicht  ohne  Steuer  und  Kompass 
nutz-  und  trostlos  ins  Blaue  verirrt. 


1)  Diese  Darlegung  des  Tiiatbestandes  verdanke  ich  HcIkmis- 
würdigen,  brieflichen  Mitteiiung-en  des  Herrn  Prof.  und  Akademi- 
kers P.  Budniani  in  xVg-ram,  den  icii  aucli  an  dieser  Stelle  meines 
wärmsten  Dankes   vt-rsichere. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  193 

1.     Psychologische  und  grammatische  Kategorie. 

Wir  haben  uns  im  Vorausg-ehenden  Pauls  'ps^ycliologisclie' 
und  'g'i'anunatiselic'  Kateg-orien  zu  eig-en  g-emacht.  Die  psycho- 
logischen Kategorien  müssen,  wenn  anders  die  Grundthatsachen 
des  Seelenlebens  überall  dieselben  sind,  dem  über  der  Einzel- 
sprache  stehenden  Forscher  in  allen  menschlichen  Sprachen 
wesentlich  als  gleich  erscheinen.  Sie  wirken  aber  erst  dann 
auf  die  Gestaltung-  der  Sprache  ein,  wenn  sie  mehr  oder  minder 
deutlich  in  das  IJcwusstsein  des  Sprechenden  treten.  Den  Grad- 
messer für  diese  grössere  oder  geringere  Deutlichkeit  bilden  die 
grannnatischen  Kategorien.  Es  ist  natürlich  nicht  so,  dass  eine 
grammatische,  also  formell  gekennzeichnete  Kategorie  sozu- 
sagen über  Nacht  an  die  Stelle  einer  bloss  psychologischen 
tritt:  zwischen  Iteiden  gibt  es  unendlich  viele  Durchgangs- 
phasen. Was  in  der  einen  Sprache  ])loss  als  psychologische 
Kategorie  erscheint,  ist  in  einer  andern  schon  auf  irgend  einer 
Station  des  Weges  zu  einer  grammatischen  angelangt  und  in 
der  dritten  nach  untrüglichen  äusseren  Kennzeichen  schon  eine 
ausgesprochen  grammatische  gCAVorden.  Der  Weg  wird  auch 
umgekehrt  gemacht  d.  h.  eine  grannnatische  Kategorie  zer- 
fällt und  sinkt  allmählich  Avieder  zur  bloss  psychologischen 
lierab.  Als  Beispiel  für  letztere  Erscheinung  diene  das  gram- 
matische Geschlecht  im  Englischen;  zur  Erläuterung  der  erst- 
genannten Entwicklung  die  Kategorie  des  Belebten  und  Un- 
belebten. Sie  hat  in  vielen  amerikanischen  Sprachen  der 
Form  (namentlich  im  Plural)  ihren  Stempel  aufgedrückt  (Wink- 
ler Weiteres  zur  Sprachgeschichte,  Berlin  1889  S.  5);  im  Sla- 
vischen  tritt  sie  wenigstens  dadurch  äusserlich  in  die  Erschei- 
nung, dass  der  Akkusativ  von  Wörtern,  die  einen  Gegenstand 
bezeichnen,  dem  Nominativ  gleich  ist,  während  er  bei  Wör- 
tern, die  ein  lebendes  Wesen  bezeichnen,  mit  dem  Genetiv 
zusammenfällt;  in  den  meisten  idg.  Sprachen  ist  sie  aber  blos 
als  ps3-chologische  Kategorie  vorhanden  (denn  die  Unterschei- 
dung von  genus  masculiuum  und  femininum  einerseits  und 
neutrum  andrerseits  steht  zwar  mit  der  besprochenen  Kate- 
gorie in  irgend  einem  Zusammenhang,  deckt  sich  al)er  kei- 
neswegs mit  ihn. 

^  38.  ]\Ian  kann  nun  Streitberg  in  der  Theorie  zuge- 
ben, dass  man  nichts  anderes  aus  einer  Form  herauslesen  soll, 


194  G.  Herbig; 

als  was  'irgend  wie  durch  objektive  äussere  Mittel'  als  ihr 
Bedeutuiig-siuhalt  gekennzeichnet  ist  (Anz.  V  1895  S.  80)  und 
somit  ohne  weiteres  auf  eine  ausgesprochene  grammatische 
Kategorie  hinweist. 

Aber  praktisch  stösst  man  sofort  auf  die  Frage:  was 
ist  denn  alles  den  'irgendwie'  objektiven  äusseren  Mitteln  bei- 
zuzählen"? Auch  solche,  die  zwar  sehr  häufig  aber  nicht  aus- 
schliesslich und  nicht  notwendig  der  Form  eine  bestimmte  Be- 
deutung geben,  so  dass  also  nicht  die  isolierte  Form  schon 
entscheidet  (wie  Streitberg  will  S.  79),  sondern  immer  erst 
der  Zusammenhang  den  Ausschlag  geben  muss?  Ich  denke 
gerade  an  die  durch  Präpositionen  präfigierten  Verba  im  Deut- 
schen, von  denen  Streitberg  ausgeht.  Er  sieht  in  dem  Bei- 
spiel 'der  Tischler  bohrt  das  Brett  durch'  (S.  81)  das  ans 
Ende  gestellte  'durch'  als  das  Mittel  an  den  durativ- perfek- 
tiven Charakter  der  Handlung  äusserlich  darzustellen.  'Wäh- 
rend bohrt  nichts  weiter  aussagt,  als  dass  der  Tischler  die 
Handlung  des  Bohrens  vornimmt,  bringt  das  nachklappende 
durch  eine  nähere  Bestinmunig:  es  bezeichnet,  dass  die  Hand- 
lung des  Bohrens  zu  einem  gewissen  Abschluss  gebracht  wird'. 
Diese  Autfassung  ist  bloss  richtig,  wenn  sich  aus  dem  Zu- 
sammenhang ergibt,  dass  der  Satz  zeitlos,  futurisch  oder 
iterativ  (§§  44 ff.  64 ff.)  zu  verstehen  ist;  wenn  ich  im  Hinblick 
auf  einen  konkreten  Fall  und  einen  bestimmten  Tischler,  etwa 
einen,  dem  ich  zuschaue,  den  Satz  gebrauche,  so  wird  er, 
nach  meinem  Sprachgefülil  wenigstens,  den  Sinn  haben  '  er 
ist  gerade  damit  beschäftigt  das  Brett  durchzubohren',  das 
durch  gibt  dann  die  Richtung,  nicht  den  Abschluss  und  das 
Ziel  der  Handlung  an,  denn  diese  fallen  ausserhalb'  der  präsen- 
tischen  Zeitstufe  (i<  ß9).  Mit  andern  "Worten:  die  besondere  Stel- 
lung des  durch  wird  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  als  äusscrliches 
Mittel  zur  Kennzeichnung  der  Handlung  als  einer  durativ-perfek- 
tiven beliebt,  aber  noch  nicht  ausschliesslich;  eine  ausgespro- 
chene grammatische  Kategorie  ist  noch  nicht  entstanden^). 


1)  Es  ist  zu  beiiierkeii,  dass  bei  der  Melirzahl  der  deutschen 
Perfektiva,  deren  i)erl'ektivierendes  Präfix  ge  ,  er-,  ent-  ausserhalb 
der  Zusaniineusetzunft-  nieht  mehr  vorkoinint,  die  besondere  Stellung- 
des  Präfixes  zur  Bezeichnung  einer  dur.  i)erf.  Aktionsart  überhaupt 
versagt. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  195 

§  39.  Es  wäre  nun  freilich  recht  bequem,  wenn  man 
alle  ähnlichen  Fälle  als  'unsicher'  von  der  wissenschaftlichen 
Betrachtung  ausschliessen  oder  ihnen  einen  'wissenschaftlichen' 
ßeweiswert  absprechen  würde.  Das  käme  aber  g-leich  einem 
Verzicht  auf  die  wissenschaftliche  Beobachtung  einer  Sprach- 
erscheinung, die  zu  den  allerinteressantesten  gehört:  die  Be- 
obachtung der  allmählichen  Entwicklung  vom  Vereinzelten  und 
Individuellen  zum  Regel-  und  Zweckmässigen  oder,  mit  Paul 
zu  reden,  von  der  okkasionellen,  nur  aus  dem  Zusammenhang 
erschliessbaren,  zur  usuellen  oder  auch  der  isolierten  Form 
anhaftenden  Bedeutung  eines  Wortes  oder  einer  Wortform. 

2.     Die  sprachvergleichende  Methode. 

§  40.  Wenn  nun  aber  untrügliche  äussere  Kriterien  bei 
bestimmten  Erscheinungen  einer  einzelnen  Sprache  mehr  oder 
minder  versagen,  dann  tritt  die  Vergleichung  mit  andern  ^) 
Sprachen,  in  welchen  dieselbe  Erscheinung  sich  klarer  auf 
die  Oberfläche  drängt,  in  ihr  gutes  Recht,  und  gleich  dem 
Anthropologen,  der  aus  dem  voll  entwickelten  Gliede  eines 
Organismus  auf  die  Xatur  des  rudimentär  gebliebenen  des 
andern  schliesst,  wird  hier  der  Sprachforscher  die  eine  Sprache 
als  Schlüssel  für  die  andere  benützen. 

i^  41.  Um  das  Gesagte  auf  unsern  besondern  Fall  an- 
zuwenden : 

Bei  einer  historischen  oder  systematischen  Darstellung 
erschlossener  Thatsachen  wäre  das  Ausgehen  von  den  sekun- 
dären slavischen  Verhältnissen  freilich  verkehrt ;  sind  die  That- 
sachen erst  zu  erschliessen,  dann  ist  einfach  der  Ausgangs- 
punkt der  methodischste,  der  die  besten  Erfolge  verheisst. 
Natürlich  muss  im  folgenden  stets  unterschieden  werden  zwi- 
schen einem  historischen  und  einem  bloss  psychologischen  Zu- 
sammenhang ähnlicher  Erscheinungen  in  verschiedenen  Spra- 
chen. Dass  aber  auch  der  bloss  psychologische  Zusammenhang 
oft  ein  überraschendes  Licht  auf  die  Verhältnisse  der  einen 
Sprache  wirft,  ist  ein  Grundsatz,  den  die  neuere  Sprachwis- 
senschaft   in   hartem  Kampf   zu  Ehren    gebracht    hat.     Einem 


1)  Auch  mit  unverwandten.  Schuchardt  Der  mehrzielige  Frage- 
und  Relativsatz.  Analecta  Graeciensia.  Graz  1893  (Festschrift  z.  42 
Phil.-Vers.)  S.  200. 


lOß  G.  Her  big-, 

Fehler  müssen  wir  noch  entgehen.  H.  Panl  sagt  Prinzipien  ^ 
S.  28:  "Unser  gramniatisohes  System  ist  lange  nicht  fein  ge- 
nug- gegliedert  um  der  Gliederung  der  psychologischen  Grup- 
pen adäquat  sein  zu  können  ...  Es  verführt  .  .  dazu,  das 
was  aus  einer  Sprache  abstrahiert  ist,  i  n  u  n  g  e  h  ö  r  i  g  e  r 
Weise  auf  eine  andere  zu  übertragen".  Wir  müssen  daher 
bei  der  Vergleichung  die  psychologischen  Gruppen  ite- 
rierter  oder  imperfektiver  und  perfektiver  Verbalhandlungen 
in  den  \'ordergrund  stellen  und  müssen  uns  hüten  das  ihnen 
in  der  einen  Sprache  mehr  oder  minder  genau  entsprechende 
grammatische  System  ohne  weiteres  auf  die  andere  zu  über- 
tragen; bei  der  Betrachtung  der  aus  einem  psychologischen 
Grundgedanken  erwachsenen  grammatischen  Kategorien  sind 
ausserdem  die  Verschiedenheiten  nicht  minder  scharf  zu  l)e- 
tonen  wie  die  Berührungspunkte. 

3.     Die  'natürliche  Bedeutung'  des  Verbums. 

§  42.  Sind  scharf  umgrenzte  grammatische  Kategorien 
der  einen  Sprache  in  der  andern  noch  nicht  oder  nicht  mehr 
vorhanden,  so  niuss,  wie  angedeutet  wurde,  der  Zusammen- 
hang für  die  besondere  Bedeutung  den  Ausschlag  geben.  Es 
genügt  also  die  Betrachtung  isolierter  Formen  in  der  Syntax 
und  Funktionslehre  höchstens  dann,  wenn  an  dem  Vorhanden- 
sein einer  ganz  bestimmten  grammatischen  Kategorie  kein 
Zweifel  möglich  ist.  Dies  führt  zu  einem  neuen  Gesichtspunkt. 

Wir  sprachen  oben  davon,  dass  einige  verba  simplicia 
im  Slavischen  durch  ihre  'natürliche'  Bedeutung  i)erfektiv 
seien.  Was  heisst  das"?  Was  verstehen  wir  unter  natürlicher 
Bedeutung  eines  Verbums  V  Wir  Deutsche  pflegen  sie  durch 
den  Indikativ  oder  Infinitiv  Bräsens  wiederzugeben,  vermischen 
sie  also  bewusst  oder  unbewusst  mit  den  verschiedenen  Ak- 
tionsarten und  Zeitstufen,  welche  durch  diese  Formen  ausge- 
drückt werden.  Dass  dies  zu  einer  Quelle  von  IrrtünuM-n 
fuhren  muss,  hat  G.  ]\Iahlow  in  seinem  Aufsatz  ''über  den  Futur- 
gebrauch griechischer  Präsentia"  KZ.  XXVI  (18S1— 1883) 
S.  57s  von  einem  etwas  andern  Gesichtspunkt  aus  nachgewie- 
sen. Wir  müssen  also  stets  im  Auge  l)elialten,  dass  wir  bei 
der  deutschen  Wiedergabe  perfektiver  Aktionsarten  Missver- 
ständnisse und  Zweideutigkeiten,  die  in  einem  besonderen 
Mangel    unserer   Muttersprache    ihre   Erklärung    finden,    kaum 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  197 

vermeiden  können,  bes.  in  Fällen,  wo  die  vorgetragenen  Bei- 
spiele ans  dem  lebendigen  Zusammenhang  der  Rede  heraus- 
gerissen sind,  also  wenn  wir  einfach  Infinitiv  gegen  Infinitiv 
oder  1.  Sg.  Präs.  gegen  1.  Sg.  Präs.  stellen. 

Besser  als  wir  sind  die  Griechen  daran.  Sie  geben  zwar 
die  natürliche  Bedeutung  auch  durch  den  Infinitiv  wieder  (er 
eignet  sieh  ja  als  dirapeiuqpaTOV  pfi|ua  am  besten  dazu).  Aber 
ihr  Infinitiv  nimmt  im  Gegensatz  zum  Deutschen  an  einer  Zeit- 
stute ül)erliaupt  nicht  teil  und  ist  nach  Seiten  der  Aktion  hin 
eindeutig. 

Der  Infinitiv  als  ganz  sekundäre  Spracherscheinung  ist 
in  dieser  Verwendung  freilich  nur  ein  Notbehelf:  wissenschaft- 
lich setzen  wir  dafür  die  sog,  Tempusstämme  ein.  Da  es  von 
einem  Verbum  fast  immer  mehrere  Tempusstämme  giebt,  inüsste 
€S  auch  mehrere  natürliche  Bedeutungen  geben.  Wir  kommen 
also  mit  dem  Ausdruck  ''natürliche  Bedeutung  eines  Vcrl)ums" 
überhaupt  nicht  weit.  Wie  sich  noch  ergeben  wird,  entsjjre- 
chen  den  perfektiven  und  imperfektiven  Verl)alkategorien  des 
Slavischen  giiechische  Tempusstännue;  wenn  daher  im  Slavi- 
schen  gewisse  Verba  durch  "ihre  natürliche  Bedeutung"  der 
einen  oder  andern  Kategorie  angehören,  so  heisst  das  aufs 
Griechische  übertragen,  ihre  Gebrauchsweise  beschränkt  sich 
auf  diesen  oder  jenen  Tempusstauun. 

Dass  CS  nicht  im  Geist  der  S})rache  liegt,  wenn  die  ver- 
schiedenen Tempusstämme  unter  einer  hohem  abstrakten  Form, 
der  Wurzelbedeutung,  vereinigt  werden,  beweist  die  Thatsache 
(§  65),  dass  einzelne  Verba  nur  in  bestimmten  Tcm])usstäm- 
raen  vorkommen,  diese  Tempusstämme  mithin  die  ursi)rüng- 
liche  Bedeutung  des  Verbums  darstellen. 

Es  ist  daher  auch  nicht  richtig,  wenn  man  einen  dieser 
Tempusstämme,  den  des  2.  Aoristes,  schlechthin  Verbalstamm 
nennt  und  von  hier  aus  die  Bedeutung  der  übrigen  Tempus- 
stämme entwickelt.  Denn  seit  die  alte  fjuna-  und  vrddhi- 
Theorie  der  Inder  durch  die  neue  Akzent-  und  Ablautlehre 
über  den  Haufen  geworfen  wurde,  ist  der  Stamm  des  2.  Ao- 
ristes morphologisch  nicht  mehr  der  Ausgangspunkt  für 
die  übrigen  Tempusstänune;  dass  er  es  der  Bedeutung  sei- 
ner Aktionsart  nach  sei,  hat  man  ohnehin  mehr  aus  der  fälscli- 
lich  angenommenen  Piiorität  seiner  morphologischen  Gestal- 
tung geschlossen  als  aus  der  abstrakt-negativen  Kennzeichnung 


108  G.  Herbig-, 

seiner  Funktion  als  einer,  welche  die  Handlung-  ohne  jeden 
Xebenbeg-ritf  ausdrücke.  Es  g-eht  aber  auch  nicht  an  diejeni- 
gen Ablautsstufen,  welche  jetzt  als  die  morpholog-isch  ältesten 
betrachtet  werden,  etwa  Xeiir-  in  der  Ablautreihe  Xeiir-  Xm-  Xoitt-, 
für  die  natürliche  Bedeutung  des  Verbums  in  Anspruch  zu 
nehmen  oder  als  die  auch  der  Bedeutung-  nach  über  allen 
Formen  des  Verbalsystems  stehende  Verbalwurzel  anzusehen: 
wir  vermögen  den  Nebenbegriff  der  durativen  Aktionsart  nicht 
mehr  von  ihr  abzustreifen,  wenn  auch  zugegeben  werden  muss, 
dass  diese  Bedeutung-sschattierung  vielleicht  erst  aufkam,  nach- 
dem XiTT-  aus  XeiTT-  mechanisch  entstanden  war,  und  die  Be- 
deutung verschiedener  Aktionsarten  sich  an  die  so  differenzier- 
ten Formen  knüpfte. 

4.     Der  ' Verbalbegrift"  und  die  Aktionsart. 

§  43.  Es  sei  hier  auch  darauf  aufmerksam  gemacht, 
dass  es  fast  gar  keinen  'Verbalbegriff'  giebt  mit  so  scharf  aus- 
geprägter Bedeutung,  dass  er  nicht  in  beiden  Aktionsarten, 
der  imperfekti^'en  Avie  der  perfektiven,  denkbar  wäre,  wenn 
er  auch  die  eine  vor  der  andern  entschieden  begünstigt,  und 
der  lebendige  Zusammenhang  in  der  Regel  nach  dieser  oder 
jener  Seite  hin  entscheidet.  Dagegen  spricht  nicht,  dass 
einige  Wurzeln  nur  in  einem  bestimmten  Tempusstamm  vor- 
kommen (B.  Delbrück  SF.IV92,  93):  gerade  die  Thatsache,  dass 
sie  durch  Tempusstänune  anderer  Wurzeln  sich  zu  einem  voll- 
ständigen Verbalsystem  ergänzen,  beweist,  dass  der  Verbal- 
be griff  auf  alle  Aktionsarten  ausdehnbar  ist. 

Hierher  gehört  auch,  dass  sich  der  Bestand  jener  sla- 
vischen  Vcrba,  die  durch  ihre  natürliche  Bedeutung  perfektiv 
sind,  in  den  verschiedenen  Dialekten  etwas  verschiebt:  die 
Perfektivität  des  Verbalbegriffs  wurzelt  zwar  in  seinem  Wesen, 
sie  tritt  aber  je  nach  der  vorzüglich  beliebten  Gebrauchsweise 
des  Verbums    in    verschiedenen  S|)rachcn    verschieden    hervor. 

Der  Begriff  der  Wurzel  *e.s'  dürfte  der  einzige  sein,  der 
vermöge  seiner  verblassten  allgemeinen  Bedeutung  nur  eine 
Gebrauchsweise,  die  imperfektive  zulässt  (nebenbei  gesagt:  ein 
entschiedener  Beweis  gegen  die  Identität  dieser  Wurzel  mit 
dem  -.s-  des  ])erfektiven  I.  Aoristes!).  Aber  schon  die  Wurzel 
*hheu,  die  man  ihr  mit  Recht  als  perfektive  Ergänzung  an 
die  Seite  stellt,  springt  sehr  leicht  in  die  imperfektiv-durative 


Aktionsart  und  Zeitstiife.  199 

BedeutUDg  über.  Man  denke  an  das  italische  durativ-imper- 
fektive Imperfektura,  das  im  Lat.  durch  die  Formen  auf  -ham 
repräsentiert  wird,  oder  man  erwäge,  dass  von  der  sonst  per- 
fektiven II.  Klasse  der  abg-.  Verba  gerade  solche,  die  wir 
im  Deutschen  mit  der  Übersetzung  jener  Wurzel  *bheu,  mit 
'werden'  wiedergeben,  imperfektiv  sind  und  den  allmählichen 
Übergang  eines  Zustands  in  einen  andern  bezeichnen  (z.  B. 
s^chnati  "trocken  werden',  l^ysnaii  "sauer  werden' i).  Es  ge- 
nügt auch  an  deutsche  Verba  zu  erinnern,  wie  "erwachen,^ 
blitzen',  welche  auf  den  ersten  Blick  und  unzweifelhaft  auch 
ihrer  vorherrschenden  Gebrauchsweise  nach  entschieden  mo- 
mentan-perfektiv erscheinen.  Aber  wir  sprechen  auch  von 
einem  'langsamen Erwachen',  einem  'unaufhörlichen Blitzen',  d.h. 
die  Summe  perfektiver  Handlungsphasen  lässt  sich  iterativ 
oder  durativ-imperfektiv  auffassen.  Dies  ist  auch  der  Grund, 
warum  im  Slavischen  perfektive  Iterativa  in  der  Form  des- 
Indikativ Präsens  nicht  Futurbedeutung  erhalten. 

5.     Die  actio  perfectiva  und  das  tempiis  praesens. 

§  44.  Dass  die  Aktionsart  des  Präsensstarames  nur  du- 
rativ sein  kann,  wird  allgemein  (vgl.  §  20)  zugegeben,  die 
momentan-perfektive  Handlung  widerstreitet  also  seinem  We- 
sen, und  es  kommt  für  uns  eigentlich  nur  das  Verhältnis  der 
durativ -perfektiven  Aktionsart  zu  dem  tempus  praesens  in 
Betracht.  Bei  den  verschiedenen  Funktionen  der  formellen 
Präsenskategorie  bleibt  indes  auch  für  die  mom.  perf.  actio 
die  Frage  offen,  ob  es  nicht  Typen  giebt,  die  zwar  scheinbar 
Präsentia  und  Perfektiva  sind,  deren  Bedeutung  aber  in  Wahr- 
heit eine  andere  Zeitstufe  oder  eine  andere  Aktionsart  be- 
zeichnet. 

Diese  Frage  drängt  sich  auf,  wenn  man  an  deutsche 
Indikative  Präsentis  denkt  wie  '"ich  konnne,  ich  erwache,  ich 
entfliehe,  ich  hole  ein,  ich  vollende,  ich  treffe',  die  der  Form 
nach  Präsentia  sind  und  daneben  nach  Form  oder  Bedeutung- 


1)  Beachte  ferner,  dass  wir  g-erade  bei  unserni  deutschon 
'werden'  die  Präteritaldoiibletten  'ward'  und  'wurde'  mit  der  per- 
fektiven und  imperfektiven  Bedeutunj^-  in  Beziehung-  gesetzt  hal)en. 
Georg  V.  d.  Gabelentz  Die  Sprachwissenschaft  1891  S.  2-48.  —  Paul 
Prinzipien  1886 -'  S.  218. 


-200  G.  Her  big, 

entschieden  momentan-perfektiv  ersclieinen.  Ich  sag-e  "erschei- 
nen', denn  betrachten  wir  sie  g-enaner  und  nelnuen  wir  das 
Beispiel  'ich  konnnc  zu  dii-  um  dir  das  und  das  mitzuteilen', 
so  kann  dies  'ich  komme'  verschiedenes  bedeuten: 

1.  ich  bin    gerade    im  Kommen   zu  dir   begritifen,    wenn 
ich  es  ihm  zurufe,  ehe  ich  bei  ihm  angelangt  bin: 

2.  ich  bin  soeben  ang-ekommen,  wenn  ich  den  Satz  aus- 
spreche, nachdem  ich  schon  Platz  g-enommen  habe; 

3.  im  Sinne  eines  praesens  historicum,  ich  kam: 

4.  ich  komme,  d.  h.  ich  werde  sofort  oder  später  zu 
dir  kommen. 

Die  erste  Gebrauchsweise  ist  die  des  wirklich  durativen 
Präsens,  In  den  drei  letzten  Fällen  ist  die  Aktionsart  aller- 
dings ])erfektiv,  aber  das  Präsens  ist  kein  tempus  praesens, 
.sondern  nur  ein  formelles  Präsens,  die  wirkliche  Zeitstufe  ist 
in  Fall  2  und  3  das  Präteritum,  in  Fall  4  das  Futur.  Fall 
1  und  4  l)erühren  sich  psycholog-isch :  hier  reicht  blos  das 
gar  nicht  betonte  ^loment  der  Perfektivierung-  in  die  Zukunft, 
während  die  durativ-imperl'ektive  Handlung,  auf  welcher  der 
Nachdruck  liegt,  schon  in  der  Gegenwart  spielt,  dort  fällt 
die  ganze  Handlung  in  die  Zukunft,  und  es  wird  vor  allem 
das  Moment  der  Perfektivität  l)etont;  aus  dieser  Unterschei- 
dung erklärt  sich,  warum  im  Deutschen  das  durative  und 
das  perfektive  Präsens  Futurstelle  vertreten  krmnen.  Fällt 
nun  aber  auch  bei  der  durativ-perfektiven  Aktionsart  ein 
Moment  der  Handlung,  nämlich  das  der  Perfektivierung,  aus- 
serhalb der  ])räsentischen  Zeitstufe,  so  ergibt  sich  als  Schluss- 
stein der  ganzen  Gedankenreihe  der  Satz:  der  modus  indi- 
cativus  tem})oris  praesentis  und  die  actio  i)erfectiva 
sehliessen  sich  begrifflich  einander  aus. 

i?  45.  Der  Satz  ist  ja  nicht  allzu  schwer  zu  begründen. 
Logisch  genommen  stellte  sich  das  l^räsens  als  ein  Punkt  zwi- 
schen Präteritum  und  Futur  dar  (vgl.  Anm.  2  S.  172);  der 
Augi'nblick  der  Perfektivierung  ist  ebenfalls  ein  Punkt,  der  ge- 
nau genoiiinn'ii  mit  jent'm  andei'u  nie  zusammentreffen  kann. 
Demi  jedes  Diktum  bei'uht  auf  eiiu-r  innei'u  oder  äusseren 
Wahrnehmung,  und  die  Wahrnehmung  muss  als  Grund  des 
Diktunis  diesem  vorausgehen;  die  Perfektivierung  der  ^'erbal- 
liandhnig  einer  sedchen  Wahrnehnumg  gelir»rt  also,  wenn  sie 
sprachlich   wiedergegeben   wird,  schon  der    Vergangenheit   an. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  201 

()der  (las  Diktum  ist  ein  ans  Walinichimingeii  g'ezogener 
Schluss,  eine  auf  diesem  .Scblnss  beruhende  Willensäusseniug, 
ein  Befehl,  eine  Frage :  dann  g-eht  das  Diktum  der  Perfekti- 
vierung  vorans,  und  diese  fällt  in  die  nähere  oder  fernere 
Zukunft.  AVenn  ich  meinen  Freund  beim  Pistolenschiesseu 
frage:  'Triffst  du  die  Scheibe?',  so  meine  ich  'Wirst  du  die 
Scheibe  treffen'?',  und  wenn  er  nun  mit  Erfolg  schiesst,  so 
rufe  ich  'Er  trifft  sie  wirklieh'  d.  h.  's(>e))en  hat  er  sie  ge- 
troffen'. 

i?  46.  Man  wende  nicht  ein:  das  sind  logische  Sjiitz- 
findigkeiten,  über  welche  die  vSi)rache  zur  Tagesordnung  iiljcr- 
geht.  Auch  wenn  wir  das  Präsens  im  Sinn  der  psychologi- 
schen Grammatik  aus  einem  Stück  Vergangenheit  und  einem 
Stück  Zukunft  zusammensetzen,  die  jenem  Punkt  zunächst 
liegen,  konnnen  wir  zu  einer  ähnlichen  Beobachtung.  Denn 
fällt  der  Augenblick  der  Perfcktivierung  vor  den  gegenwärti- 
gen Augenblick,  so  fällt  er  thatsächlich  in  die  Vergangenheit, 
weil  jenes  Stück  Vergangenheit  plus  jenem  Stück  Zukunft  nur 
durch  den  dazwischenliegenden  Augenblick  der  (legen wart 
zum  grammatischen  Präsens  werden.  Oder  fällt  die  Perfckti- 
vierung nach  jenem  gegenwärtig*en  Moment,  so  rückt  sie  den 
Nachdruck  der  Handlung-  auf  jenes  Stück  Zukunft,  das  auf 
den  Augenblick  der  Gegenwart  folgt  und  der  Schwerpunkt  der 
ganzen  Zeitstufe  liegt  nun  in  der  Zukunft.  Mag  man  zugeben, 
dass  die  Sprache  kraft  ihrer  Souveränität  über  die  Log-ik  das 
logisch  unnnigliche  Zusammentreften  des  Momentes  der  Perfckti- 
vierung- und  des  Momentes  ihrer  sprachlichen  Wiedergabe  in 
Einzelfällen  um  besonderer  rhetorischer  Zwecke  willen  gestattet  t 
ein  psychologisches  Bedürfnis  nach  einer  perfektiven  Indikativ- 
Präsens-Kategorie  muss  entschieden  geleugnet  werden.  Ich  habe 
bisher  immer  bloss  von  einer  einmaligen  Handlung  des  Indica- 
tivus  Praesentis  gesprochen.  Die  Sachlage  ändert  sich  sofort, 
wenn  die  Präsensform  nur  türmeil  eine  solche  ist,  wenn  sie  in 
Wirklichkeit  also  iterative,  zeitlose  oder  futurische  Funktion 
hat,  wie  es  bescniders  häutig  bei  den  nichtindikativischen  Modi 
und   dem   Verbum   intinitum  der  Fall   ist. 

G.     Scheinbare   aetio    pert'ectiva. 
s?  47.     Es  werden   indes  häu%   genug  in   sprachwissen- 
schaftlichen Aufsätzen    wirkliche  Präsentia    als  Beispiele   per- 


i?02  G.  Her  big-, 

fektiver  Verba  angeführt,  so  neuerding-s  wieder  von  Wnst- 
maiiu  'Verba  perfeetiva  namentlich  im  Heliand'  Inaug-.  Diss. 
Lcii)zig'  1894.  Gerade  sein  Verfahren  ist  für  diese  Art  des 
Irrtums  bezeichnend :  es  kann  m.  E.  nur  Verwirrung-  hervor- 
rufen, wenn  man,  wie  er  und  andere  (§  (38)  den  Terminus 
perfectiv  aus  dem  Sla vischen  adoptiert,  dem  zu  Grunde  lie- 
genden Begriff  aber  eine  andere  Färbung  giebt.  Wustmann 
übersieht  \or  allem,  dass  nach  dem  Wesen  dieser  Aktionsart 
die  perfektiven  Formen  des  sog.  Präsensstammes  naturgemäss 
^us  der  Sphäre  des  Präsens  hinausgedrängt  werden  und  in 
die  futurisehe,  wie  in  den  meisten  slavischen  Sprachen,  oder 
in  die  präteritale  Zeitstufe,  wie  im  Serbokroatischen,  über- 
treten müssen.  Er  übersieht  ferner,  dass  es  bei  den  slavi- 
schen Perfektivis  nicht  darauf  ankommt,  ob  der  Abschluss 
der  Handlung  wirklich  erreicht  wird  oder  erreicht  ist,  auch 
nicht  darauf,  ob  der  Abschluss  der  Handlung  nach  dem  Zu- 
sammenhang mit  in  der  Absicht  des  Sprechenden  liegen  muss, 
sondern  darauf,  ob  der  Sprechende  bei  seiner  Äusserung 
gerade  auf  das  Moment  des  Abschlusses  oder  der  Perfekti- 
vierung  ein  Gewicht  legt.  Zur  letzten  Klasse  gehören  die 
slavischen,  zur  zweiten  Wustmanns  Perfektiva.  Wenn  man 
sich  einmal  auf  seinen  Standpunkt  stellt,  dann  wäre  es  aller- 
dings "nur  folgerichtig,  jedes  transitive  Verbum  perfektiv  zu 
nennen,  bei  dem  ein  Aufhören,  ein  Unterbrechen  der  Thätig- 
keit  zugleich  den  ganzen  Begriff  der  Handlung  negiert".  Aber 
die  Verbalhandlung  seines  Beispieles  'ich  baue  ein  Haus'  oder 
des  in  einen  andern  Zusammenhang-  gebrachten  'ich  gehe  in 
die  Kirche'  ist  nach  slavischer  Auffassung,  und  nur  diese  darf 
hier  massgebend  sein,  durchaus  nicht  immer  perfektiv.  Die 
Verba  in  diesen  Verbindungen  können,  genau  wie  die  einem 
Verbum  prätigierte  Präposition,  die  Richtung  und  das  Ziel 
oder  den  Al)schluss  der  Thätigkeit  bezeichnen  (§  69);  nur 
wo  der  Sprechende  auf  den  letzteren  einen  Nachdruck  legt, 
ist  das  Verb  als  perfektiv  zu  bezeichnen.  Wir  können  z.  B. 
einen  Architekten  fragen:  'womit  bist  du  jetzt  eben  beschäf- 
tigt:'' und  er  antwortet:  'ich  baue  ein  Haus  für  den  Herrn 
so  und  so'.  Auf  die  gestellte  Frage  kann  nach  Navratil  nie- 
mals ein  slavisehes  verbum  perfectivum  antworten.  Dass  der 
Architekt  thatsächlich  die  Absicht  hat,  den  Bau  auch  wirk- 
lich   zu  Ende   zu    fidn-en,    thut   nichts   zur  Sache:    es  kommt 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  203 

ihm  bei  seiner  Autwort   blos  darauf  au  die  gauz  unbegrenzte 
(imperfektive)  Handlung-  des  liauens  S})racblich  wiederzugeben. 

Perfektiv  können  jene  Verbalhandlungcn  nur  dann  wer- 
den, wenn  ihr  formelles  Präsens,  wie  es  im  Deutschen  so  häufig 
geschieht,  zeitlose,  iterative  oder  futurische  Funktion  erhält,  und 
die  Beispiele  dann  etwa  den  8inn  haben:  ''ich  gehe  jeden  Sonn- 
tag in  die  Kirche'  oder  'ich  werde  mir  ein  Haus  bauen  um  es 
dann  zu  verkaufen'.  Nur  in  solchen  Fällen  wäre  eine  imper- 
fektive Autfassung  unmöglich  und  lächerlich  ('ich  bin  jeden 
vSonntag  auf  dem  Weg  zur  Kirche',  'ich  werde  mit  dem  Bauen 
eines  Hauses  beschäftigt  sein  um  es  dann  zu  verkaufen'). 

Auch  das  Litauische  scheidet  hier  scharf:  imperfektiv 
(  hiitq  eiü  'ins  Haus  gehen'  d.  h.  'auf  das  Haus  zugehen  mit 
der  stillschweigenden  Absicht  auch  wirklich  hineinzuge- 
hen' (vgl.  englisch:  to  be  going  to  the  house),  perfektiv  | 
hütq  i-elti  'ins  Haus  hineingehen'. 

An  anderer  Stelle  (S.  1,  2)  nennt  Wustmann  'werden'  und 
'bringen'  deutsche  Stammperfektiva.  Aber  wenn  die  lustige 
Person  im  Vorspiel  zu  Goethes  'Faust'  sagt: 

'Wer  fertig  ist,  dem  ist  nichts  recht  zu  machen; 

Ein  Werdender  wird  immer  dankbar  sein' 
und  der  Dichter  mit  der  Antwort  einfällt: 

'So  gib  mir  auch  die  Zeiten  wieder. 

Da  ich  noch  selbst  im  Werden  war  .  .  .', 
so  beweisen  der  Gegensatz  'wer  fertig  ist'  und  die  Umschrei- 
bung 'im  Werden  sein'  deutlich  genug,  dass  'w-erdender'  nur 
imperfektiv  aufgefasst  w^erden  kann.  Weiteres  über  das  im- 
perfektive 'werden'  s^  35,  2  und  i?  43.  Oder,  wenn  ich  ein  Kind 
frage:  'Wo  gehst  du  hin"?'  und  es  erwidert  mir:  'Ich  bringe 
dem  Vater  das  Essen'  d.  h.  'ich  bin  auf  dem  Weg,  bin  ge- 
rade daran  das  Essen  zum  Vater  zu  tragen',  so  hat  das  Kind 
nur  das  im  Auge,  was  es  jetzt  eben  tliut;  der  Moment  der 
Perfekti\ierung  der  Handlung  liegt  ausserhalb  des  Rahmens 
meiner  Frage  und  seiner  Antwort. 

§  48.  Es  ist  für  den  grossen  Zusammenhang  natürlich 
oft  ganz  gleichgültig,  ob  dieser  Moment  betont  wird  oder  nicht, 
und  blos  die  individuell  beliebte  Auffassung  gibt  der  einen 
oder  andern  Möglichkeit  den  Vorzug.  Unser  deutsches  'ich 
gehe  hinaus'  übersetzt  die  lateinische  Volkssprache  mit  exeo, 
die  Schriftsprache    mit   exiho   (Schmalz   Latein.  Syntax,  Mün- 


204  G.  Her  big, 

dien  1890  2  §  23).  Die  eine  betont  die  Richtung-,  die  andere 
das  Ziel.  Die  Vo]kssi)raclie  ])etont  anseliaulieli  und  olme  sieh 
in  der  Phantasie  über  die  zunächst  Hegende  Gegenwart  zu 
erheben,  das  g-eg-enwärtig  vor  sicli  gehende  (also  noch  Imper- 
fektive) der  Handlung,  ihre  Vollendung  ist  ihr  vorläutig  noch 
ein  unbetontes  Nebenmoment ;  die  Schriftsprache  l)etont  logisch 
und  weitsichtiger  das  Moment,  in  dem  die  Handlung  nach  der 
Autfassung  des  Redenden  wirklich  zum  Al)schluss  konnnt.  Die 
Volkssprache  schildert  subjektiv,  die  Schriftsprache  konstatiert 
objektiv.  Im  Grunde  ist  der  Unterschied  derselbe,  welcher 
für  die  Erzählung-  verg-angener  Thatsachen  zwischen  dem 
behaglich  ausmalenden  Imperfekt  Homers  und  dem  kühl  auf- 
zählenden Aorist  der  Späteren  besteht. 

7.     Actio  resultativa. 

i?  49.  Wie  der  Ausdruck  'perfektiv'  verschiedene^)  Deu- 
tungen erfahren  hat,  so  auch  der  mit  ihm  z.  T.  synonym  ge- 
brauchte 'resultativ'.  Es  wird  ihm  von  verschiedenen  verschie- 
dener Sinn  untergelegt,  und  häufig  polemisiert  der  eine,  von 
seinem  persönlichen  Stand] )unkt  aus  ganz  richtig,  gegen  Fol- 
gerungen, die  der  andere,  aus  seinem  besondern  Gesichtswinkel 
betrachtet,  mindestens  ebenso  richtig-  gezogen  hat. 

Kurschat  (Gramm,  d.  lit.  Spr.  1876  §  463)  nennt  kurz- 
weg diejenigen  litauischen  Verba  Resultativa,  welche  den  sla- 
vischen  l'erfektiva  entsprechen.  Auch  Streitberg  gebraucht 
die  Ausdrücke  als  gleichbedeutend  (PßrB.  XV  71  'die  perfek- 
tive Aktionsart,  auch  resultative  geheissen'). 

Wustmann  Verb.  perf.  S.  2  und  22  meint  die  resultative 
gehe  noch  eine  Stufe  über  die  perfektive  Verbalhandlung 
hinaus.  Wenn  der  vielbeschäftigte  Handwerker  klage:  'ich 
kann  es  nicht  ermachen',  so  sei  'ermachen'  ein  absolutes  Per- 
fektiv, das  Hauptgewicht  liege  auf  dem  Augenblick  der  Voll- 
endung der  in  dem  Stannnwort  bezeichneten  Thätigkeit. 
Wenn  ich  aber  'die  Wohnung  jemandes  erfrage',  so  sei  nicht 
nur  das  'bis  zu  Ende  fragen'  gemeint,  sondern  die  'Erlangung 
eines  geistigen  Zieles,  der  Antwort'  sei  'als  unmittelbare  Folge 
mit  inbegriffen'. 


1)  Neben  Wustiiianii    iiiaclie  ich    einstweilen  auf  Recha  (§  68) 
aufmerksam,  (h'i-  ihn  mit   ]ic  r  fe  k  t  i  seil  (lurcheiiianderl)ring't. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  205 

Mourek  sieht  in  seiner  Besprechung  von  Wustmanns 
Schrift  ZfdA.  189Ö  S.  198)  umgekehrt  die  resultative  Stufe 
als  das  prius  an,  obwohl  er  —  und  hier  irrt  er  oifenbar  — 
unter  resultativen  Verben  dieselben  zu  verstehen  g-laubt  wie 
AVustmann.  Der  Unterschied  zwischen  den  germanischen  und 
slavischen  Sprachen  besteht  nach  ihm  darin,  dass  diese  fast 
ausnahmslos  zur  zwingend  und  momentan  perfektivierenden 
Wirkung  des  Präfixes  fortgeschritten  sind,  jene  in  den  meisten 
Fällen  bei  der  resultativen  stehn  bleiben.  Letztere  werde 
durch  die  materielle  Bedeutung  des  Präfixes  veranlasst,  die 
perfektive  ergebe  sich  aus  jener  durch  fortgesetzte  Entwick- 
lung 'gleichsam  durch  Vorausnahme  des  angedeuteten  Endes'. 

Von  anderer  Seite  wieder  packt  CI.  Mahlow  die  Sache 
an  KZ.  XXVI  580  "Eine  grosse  Anzahl  unserer  Verba",  führt 
er  aus,  "ist  resultativ  d.  h.  drückt  auch  das  Resultat  der 
Handlung  aus,  die  bei  Intransitiven  am  Sul)jekt,  bei  Transi- 
tiven am  Objekt  erfolgt  ist;  z.  B.  töten  bezeichnet  nicht 
allein  die  Handlung  des  Subjekts,  sondern  auch  den  Erfolg 
der  Handlung  am  Objekt;  ich  tötete  setzt  immer  ein  getö- 
tetes Objekt  voraus.  Die  Verba  der  älteren  Sprachen,  auch 
des  Griechischen  sind  aber  durchaus  nicht  resultativ;  die  grie- 
chischen Verba  können  es  durch  Komposition  werden,  beson- 
ders mit  KttTa-,  drro- ;  doch  ist  auch  hier  die  resultative  Be- 
deutung nicht  notwendig,  sondern  nur  üblich.  Zwischen  Kxeiviu 
und  töten  ist  also  ein  bedeutender  Unterschied,  der  nämlich, 
dass  Kteivuu  einzig  und  allein  die  Handlung  des  Subjekts  aus- 
drückt, nicht  aber  den  Erfolg  der  Handlung  am  Objekt.  Die 
Grundbedeutung  von  Kteiva)  ist  also  das  thun,  was  zum 
Töten  eines  andern  gehört.  Wenn  eKteiva  in  den  mei- 
sten Fällen  ich  tötete  bedeutet,  so  haben  wir  wieder  den 
Fall,  dass  der  Zusammenhang  einer  Verbalform  eine  Bedeu- 
tung giebt,  die  sie  an  und  für  sich  nicht  hat;  denn  dass  sie 
dieselbe  nicht  hat,  beweisen  die  Fälle,  in  denen  CKteiva  nicht 
ich  tötete  ist,  sondern  ich  versuchte  zu  töten".  Bei- 
spiele bei  Kühner  Gr.  Gr.  II  i?  382,  6,  §  386,  12;  die  von 
Mahlow  selbst  hinzugefügten  (Her.  I,  109  —  Soph.  Oed.  Col. 
993)  sind  zu  streichen,  weil  bei  ihnen  der  Nichterfolg  der 
Handlung  am  Objekt  ebenso  gut  durch  die  präsentische  Zeit- 
stufe (§§  44  ft'.)  und  den  nicht  indikativischen  Modus  angedeutet 

Indogermanische  Forschungen  VI  ;5  u.  4.  \^ 


206  G.  Her  big-, 

sein  kann    als  durch    die    vorausgesetzte    verschiedene  Grund- 
bedeutung von  töten  und  Kieivuj. 

8.  Actio  pei-fectiva  und  actio  resultativa. 
§  50.  Wie  verhalten  sich  all  diese  Resultativa  zu  den 
Perfektiva?  Ich  habe  oben  (§  47)  3  Kategorien  unterschie- 
den, die  man  a  priori  —  ein  Verfahren,  das  ich  dort  aus- 
drücklich ablehne  —  Perfektiva  nennen  könnte,  und  von  de- 
nen jede  einzelne  auch  schon  so  bezeichnet  wurde. 

1.  Der  Abschlnss  der  Handlung  wird   wirklich  erreicht. 

2.  Der  Abschluss  der  Handlung  liegt  nach  dem  Zusam- 
menhang mit  in  der  Absicht  des  Redenden. 

3.  Der  Abschluss  der  Handlung  wird  vom  Redenden 
ausdrücklich  betont. 

Unter  Kategorie  3  gehören  Kurschats  und  Streitbergs 
Resultativa  als  Synonyma  der  slavischen  Perfektiva;  unter 
Kategorie  2  gehören  Wustmanns  deutsche  Perfektiva  und 
Moureks  Resultativa ;  unter  Kategorie  1  gehören  Mahlows  und 
Wustmanns  Resultativa,  nur  dass  sie  vom  blosen  Abschluss 
der  Handlung  zum  wirklich  erreichten  Erfolg  fortschreiten; 
auf  Klasse  1  und  3  verteilen  sich  Moureks  Perfektiva,  nur 
dass  er  ausser  Acht  lässt,  dass  in  Fällen,  wo  der  Abschluss 
der  Handlung  nach  dem  zufälligen  Zusannnenhang  zwar  wirk- 
lich erreicht,  aber  vom  Redenden  nicht  betont  wird,  das  sla- 
vische  Perfektivum  nicht  an  seinem  Platze  ist.  Bei  dieser 
subjektiven  Willkür,  mit  welcher  gleichen  Termini  verschie- 
dener Pedeutungsinlialt  untergek^gt  wird,  halte  ich  es  zur  Ver- 
meidung weiterer  Verwirrung  für  das  Zweckmässigste,  den 
Terminus  'rcsultativ'  für  die  folgende  Untersuchung  auszu- 
scheiden. Ich  verkenne  zwar  nicht,  dass  besonders  Wustmanns 
Resultativa  einen  neuen  Begriff  in  die  Debatte  werfen,  aber, 
da  sie  es,  soviel  ich  sehe,  nirgends  zu  nennenswerten  Ansätzen 
einer  grammatischen  Kategorie  gebracht  haben,  sind  sie 
vorläulig   noch   kein  Objekt  der    linguistischen   Forschung. 

Die  actio  perfektiv;!   und  die  actio  aoristica. 

ij  ")!.  Ich  gehe  nach  diesen  prinzipiellen  EriMlerungen 
nunmehr  zin-  vergleichend  syntaktischen  Betrachtung  über, 
liesteht    im    (hiechischen    eine    morphologische    Bezeichnung, 


Aktionsart  uud  Zeitstufe.  207 

namentlich  für  die  momentane  oder  als  momentan  dargestellte 
actio  perfectiva?  Die  Frage  ist  nicht  neu,  so  wenig-  wie  die 
Antwort.  Schon  Curtius  hat  in  seinen  "Erläuterungen  zu 
meiner  griechischen  Sehulgrammatik"  S.  174  die  Aktionsart 
der  sla  vi  sehen  Perfektiva  mit  der  des  griechischen 
Aoristes  verglichen.  Es  wurde  nur  bestritten,  dass  beide 
Funktionen  sich  vollständig  decken.  Einmal  nahm  man  das 
Imperfektum  der  Erzählung  für  die  durativ-perfektive  Aktions- 
art in  Anspruch,  andrerseits  konstruierte  man  einen  Gegensatz 
zwischen  der  perfektivierenden  und  der  konstatierenden  Ge- 
brauchsweise des  Aoristes.  Wie  der  erste  Punkt  zu  berichtigen 
sei,  wird  noch  §  54  ausgeführt.  Den  zweiten  Einwand  mag 
mau  so  weit  gelten  lassen,  als  bei  der  konstatierenden  Gebrauchs- 
weise des  Aoristes  die  Perfektivität  der  Handlung  nicht  in 
der  Weise  in  den  Vordergrund  gestellt  wird  wie  durch  die 
slavischen  verba  perfektiva:  perfektiv  (im  Sinne  des  Konsta- 
tierenden) bleibt  indes  auch  der  konstatirende  Aorist  jedesmal. 
Dagegen  spricht  nicht,  dass  im  Slavischen,  mit  Ausnahme  des 
Sorbischen,  auch  die  verba  imperfektiva  einen  Aorist  bilden, 
während  die  verba  perfektiva  ein  Imperfekt  nicht  haben  können. 
Der  Aorist  ist  im  Slavischen  bei  der  Verkümmerung  der  Modi 
ein  wirkliches  fast  ganz  auf  den  Indikativ  beschränktes  tempus 
praeteritum  geworden,  und  dass  bei  einem  solchen  auch 
vorwiegend  imperfektive  Verba  gern  perfektiver  Auffassung 
entgegenkommen,  lehrt  §  54.  Vgl.  besonders  auch  §§  43,  65. 
Dass  der  griech.  Aorist  perfektive  Funktion  hatte,  scheint  mir 
aus  der  Fülle  der  überlieferten  Beispiele  unmittelbar  hervorzu- 
gehen^); wie  er  dazu  kam  (ob  auf  griech.  Boden  oder  in  idg. 
Urzeit)  soll  später  (§§  85  if.)  erörtert  werden. 

Die  actio  perfectiva  und  die  verschiedenen 
Tempora.     §  d2 — 67. 

§  52.    Wäre  der  Indikativ  des  Aoristes  nicht  an  eine  be- 
stimmte Zeitstufe  gebunden,  so  würden  die  Aoristljildungen  als 


1)  Vg-1.  F.  Blass  Demosthenische  Studien  III  Rh.  M.  XLIV  (1889) 
S.  406—430  bes.  S.  429.  —  Fr.  Hultsch  Erzählende  Zeitformen  bei 
Polybios.  Abh.  d.  sächs.  Ges.  d.  W.  30  (1893)  S.  1—210,  245-468 
Bd.  XXXIV  (1894)  S.  1—100  bes.  Bd.  XXX  S.  7.  —  Vgl.  aucli  §  22. 


208  G.  Herbig, 

zeitlose  Verbalkategorie  zum  Ausdruck  der  Perfektivität  in  jedem 
Fall  genügen;  unter  den  historisch  gegebenen  Verhältnissen  (vgL 
aber  §  88)  gilt  dies  blos  von  den  übrigen  Modi  und  dem  ver- 
bum  intinitum.  Dass  auch  in  diesen  Fällen  noch  andere  Mittel^ 
vielleicht  ähnlich  den  slavischen,  zum  Ausdruck  der  Perfckti- 
vierung  vorhanden  waren,  ist  von  vornherein  recht  wohl  mög- 
lich; es  wird  aber  methodisch  richtiger  sein,  die  Untersuchung 
der  Frage  nach  diesen  andern  Mitteln  vorerst  auf  den  Indikativ 
der  verschiedenen  Tempora  zu  beschränken,  weil  wir  hier  ein 
Ersatzmittel  zur  Bezeichnung  der  sonst  durch  den  Aorist  aus- 
gedrückten Verbalfunktion  am  ehesten  erwarten  dürfen. 

So  stellen  wir  denn  die  Frage  so:  wodurch  wird  im 
Griechischen  der  indicativus  actionis  perfectivae 
bezeichnet? 

§  53.  Für  das  Präteritum  haben  wir  natürlich  in 
erster  Linie  den  Indikativ  des  Aoristes.  Er  bildet  in  formaler 
Hinsicht  keine  einheitliche  Masse,  es  werden  auch  verschiedene 
Funktionen  unterschieden.  Mit  diesen  müssen  wir  uns  abfinden, 
Wir  sprechen  von  einem  ingressiven,  effektiven  und  konstatieren- 
den Aorist.  Dass  diese  Funktionsverschiedenheiten  mit  der 
verschiedenen  Bildungsweise  der  unter  dem  Namen  Aorist  zusam- 
mengefassten  Formkategorien  ursprünglich  zusammenhingen,  ist 
vermutet  worden  (z.  B.  von  Brugmann  Griech.  Gramm. ^  §  159), 
scheint  mir  aber  ziemlieh  fraglich  zu  sein.  Es  bleibt  vielmehr 
erst  noch  zu  untersuchen,  ob  hier  wirklich  immanente  Funk- 
tionsverschiedenheiten vorliegen,  oder  ob  wir  es  mit  zufälligen 
Bedeutungsschattierungen  zu  thun  haben,  die  lediglich  wir 
vom  Standpunkt  unserer  Sprache  aus  anzunehmen  geneigt  sind. 
Die  Summe,  die  sich  aus  dem  aoristischen  Moment  der  Per- 
fektivität und  der  auch  im  Präsens-  und  Perfektstamm  vor- 
handenen Bedeutung  des  Verbums  ergiebt,  wirkt  auf  uns  frei- 
lich das  eine  Mal  ingressiv,  das  andere  Mal  effektiv.  Aber 
wenn  wir  z.  B.  ßaXeiv  bald  ingressiv  mit  'entsenden,  abschleu- 
dern' bald  effektiv  mit  'aus  der  Ferne  treffen' i)  wiedergeben, 
so  liegt  die  in  der  deutschen  Übersetzung  hervortretende  Be- 
deutungsschattierung niclit  in  der  Verschiedenheit  der  Aorist- 
funktiou,  sondern  in  der  Verschiedenheit  der  Akkusative  (ßeXoc- 


1)  K.  Lehrs  De  Aristarchi  studiis  Homericis  1833  S.  61  ff. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  209 

«vbpa)^).  Bei  andern  Verben  fliessen  auch  für  unser  Empfin- 
den die  Begriffe  effektiv  und  ingressiv  in  einander:  cpuTeiv  'ent- 
fliehen': 'die  Fhicht  antreten'  (ing-ress.),  'durch  die  Flucht  ent- 
kommen' (etf.);  TToXeiuiricai  'einen  Krieg  führen':  'Krieg  anfan- 
:gen'  (ingr.),  'einen  Krieg  zu  Ende  führen'  (eff.);  ibeiv  'etwas 
erblicken',  was  man  lange  mit  den  Augen  suchte,  (eff.)  oder 
etwas  zufällig  erl)licken,  um  es  dann  länger  zu  betrachten 
(ingress.);  ßaciXeOcai  'König  werden':  nach  langem  Warten, 
langem  Kampf  (eff.)  oder  die  Herrschaft  antreten  (um  sie  dann 
auszuüben)  (ingress.).  Die  Gebrauchsweisen  eßaciXeuce  'er 
wurde  König'  (ingress.-eflf.)  und  eßaciXeuce  TpidKOVia  etri  fliessen 
■zusammen  in  dem  weiteren  Begriff  der  Perfektivität.  Welche 
Gebrauchsweise  die  ältere  ist,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 
Dass  der  konstatierende  Gebrauch  erst  nach  Homer  immer 
mehr  an  Umfang  zunimmt,  beweist  noch  nichts  für  seinen 
sekundären  Ursprung:  höchstens  darf  mau  eben  diese  weitere 
Ausdehnung  mit  der  allerdings  sekundären  (i?§  88, 100)  Präterital- 
Ijedeutung  des  Indikativ  des  Aoristes  in  Zusammenhang  bringen. 
§  54.  Da  der  Aorist,  insbesondere  der  konstatierende, 
durchaus  nicht  immer  momentan  sein  muss,  so  kann  er  auch 
zum  Ausdruck  der  durativ-perfektiven  Aktionsart  benutzt  wer- 
den (eßaciXeuce  TpidKovia  eiri)").  Man  könnte  geneigt  sein, 
auch  dem  Imperfektum  diese  Funktion  beizulegen,  etwa  in 
Fällen  wie  =  428—429: 

.  .  TÖv  b'  dp'  exaipoi 

Xepciv  deipaviec  qpepov  eK  növou  öqpp'  'keG'  ittttguc  .  . 
Ausgangspunkt  und  Ziel  des  Tragens  sind  angegeben,  die  Hand- 
lung ist  also  durch  Anfang  und  Ende  begrenzt.  Und  doch 
nimmt  der  Dichter  mit  dem  Imperfekt  qpepov  nur  auf  die 
Dauer  und  Entwicklung  der  Handlung  Rücksicht,  er  malt 
uns  ein  Bild,  wir  sehen,  wie  mit  eignen  Augen,  die  Gefährten 
den  schweren  Körper  des  Verwundeten  dahintragen.  Dieses 
Beispiel    ist    für    die    Zeit,    in    welcher    das    Imperfektum    als 


1)  W.  Streitberg  PBrB.  XV  (1891)  S.  72.  —  R.  Wustmann  Verba 
perfectiva  namentlich  im  Heliand.  Inaug-. -Diss.  Leipzig'  1894  S.  19. 
—  W.  Streitberg  IF.  Anz.  V  79. 

2)  Vgl.  was  F.  Blass  Demosthenische  Studien  Rh.  M.  XLIV 
(1889)  S.  424 — 425  über  Aoriste  von  Verben  der  Dauer  (feiarpinjai, 
-biuTeX^cai)  gegen  O.  Riemann  La  Question  de  l'aoriste  Grec  (Me- 
langes  Graux  (1884)  p.  585—599)  bemerkt. 


210  G.  Herbig, 

Tempus  der  Erzählung  gebraucht  wird,  nur  eins  von  tausendeu. 
Die  von  unserm  8tand])unkt  aus  thatsächlich  vorliegeude,  vom 
Redenden  aber  nicht  betonte  (§  47)  Perfcktivität  der  Hand- 
lung steckt  in  all  diesen  Fällen  keineswegs  im  Imperfektum, 
sie  ergiebt  sich  lediglich  aus  dem  Zusammenhang  (in  unserm 
Fall  geht  sie  aus  dem  Nebensatz  unzweideutig  hervor).  Und 
ein  solcher  Zusammenhang  entsteht  sehr  häufig,  wenn  ein  im- 
perfektives Verbum  in  die  Vergangenheit  tritt;  denn  die  \^er- 
gangenheit  wird,  vom  Standpunkt  der  Gegenwart  aus  betrach- 
tet, sich  in  der  Eegel  als  abgeschlossen  darstellen,  d.  h.  das 
in  dieser  Zeitstufe  gebrauchte  Verbum  wird  uns  perfektiv 
erscheinen,  aber  der  Redende  hat  das  Moment  der  Perfck- 
tivität nicht  urgieren  wollen. 

§  55.  Hat  neben  Aorist  und  Imperfekt  auch  das  präteri- 
tale  Perfekt  oder  das  Perfekt  überhaupt  wirkliche  oder  schein- 
bare Perfektivfunktion?  Bei  den  manniehfachen  Gebrauchs- 
W' eisen  dieses  Tempus  muss  ich  weiter  ausholen.  Welche  sei- 
ner Funktionen  ist  die  älteste? 

In  den  eigentümlichen  Ablautsverhältnissen  des  Perfekts^ 
würde  man,  da  sie  höchst  wahrscheinlich  nur  mechanischen 
Einflüssen  ihre  jetzige  Gestaltung  verdanken,  nur  dann  die 
morphologischen  Träger  jener  ältesten  Bedeutung  suchen,  wenn 
sie,  wie  etwa  der  Ablaut  im  2.  Aorist,  die  einzigen  Merk- 
male wären,  welche  das  Perfekt  gegen  andere  Tem])usstämme 
abgrenzen.  Die  Personalendungen  sind  zwar  merkwürdig  ge- 
nug; doch  wird  ihre  Funktion  kaum  über  das  hinausgehen^ 
was  ihr  Name  besagt.  So  bleibt  noch  die  Rcdu])likation. 
Sie  findet  sich  zwar  nicht  ])ci  allen  Verben;  wir  haben  aber 
Grund  zur  Vermutung,  dass  sie  einmal  vorhanden  war,  wo 
sie  jetzt  fehlt  (Brugmann  Grdr,  II  S.  1215).  Jedcntalls  müssen 
wir  uns  für  die  Feststellung  der  ältesten  Bedeutung  des  Per- 
fekts bei  methodischem  Vorgehen  an  die  grosse  reduplizierte 
Klasse  halten,  in  Avelcher  die  vereinzelten  anders  gestalteten 
Typen  verschwinden.  Durch  die  Reduplikation  wird  die  itera- 
tiv-intensive   Bedeutung^)    als   die   älteste   erwiesen.     Diese 


1)  K.  Fritzsche  Über  das  griechische  Perfekt  mit  Präsensbe- 
deutung. Abhandl.  der  Lpz.  grauimat.  Gesellsch.  1874  S.  43  ft".  — 
R.  Kohlnianu  Über  die  Annahme  eines  Perfectum  intensivum  im 
Griechischen.     Prg.  Salzwedel  1886.  —  Delbrück  SF.  V  §  169. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  211 

Folgerung  aus  der  morphologischen  Gestaltung  des  Perfekt- 
stammes wird  durch  die  älteste  Überlieferung  bestätigt.  Wenig- 
stens ist  die  iterativ-intensive  eine  der  altcrerbten  Funktionen 
des  Perfektstammes,  der  in  diesen  Fällen  der  Zeitstufe  nach 
ganz  dem  Präsens  gleicht. 

Vgl.  Te9r|\a  'blühe  sehr,  stehe  in  voller  Blüte'  l  293 

irecppiKa  'schaudere  heftig  vor'  A  383 

bebopKtt  'leuchte  helF  Pind.  Ol.  I  94 
Ähnliche  Beispiele  aus  späterer  Zeit  bei  Herondas  IV  2 
III  50  I  33  (Rieh.  Meister  Die  Mimiamben  des  Herodas 
Abh.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  Bd.  XXX  (1893)  S.  873).  Dass 
die  Zeitstufe  dabei  von  den  Alten  als  präsentisch  empfunden 
wurde,  ergiebt  sich  aus  Beispielen,  in  denen  Präsens  und 
intensives  Perfekt  nebeneinander  gebraucht  werden,  oder  aus 
Fällen,  in  welchen  ein  intensives  Perfekt  einfach  durch  ein 
Präsens  umschrieben  wird  (J,  168  ibc  ce,  Yuvai,  ayaiaai  xe  xeGriTid 
re  beibia  x'  aivuJc--,  oder  Hesych  erklärt  xexiiqpev  .  eKTteTrXriKxai, 
eKuXrixxexai).  Aus  dem  Indischen  vgl.  ydt  säyäm  juhöti  rcdryat 
tena  dadhära  'wenn  er  am  Abend  opfert,  hält  er  damit  Agni 
für  die  Nacht  fest'  MS.  1,  8,  1-,  ydd  vdi  divä  hhdvaty  ap6 
rätrih  prd  visati  tdsmclt  tclmrä  äpo  divä  dadrsre  'wenn  es 
hell  ist,  taucht  die  Nacht  ins  Wasser,  deshalb  sieht  das  Wasser 
bei  Tag  immer  dunkel  aus'.     TS.  6,  4,  2,  4. 

Daneben  bezeichnet  der  Perfektstamm  aber  noch 

1.  das,  was  soeben  vollendet  wurde.  Diese  Bedeutungs- 
schattierung war  den  Griechen  lebendig,  wie  die  §  21  wieder- 
gegebenen Definitionen  des  Perfekts  beweisen.  Wir  können, 
da  uns  ein  griechisches  Sprachgefühl  mangelt,  diese  Fälle  von 
den  unter  2  registrierten  nicht  mehr  scheiden;  wir  schwanken, 
ob  wir  nach  Fällen  wie  e  87,  88 

xiTcxe  |uoi,  'Epjueia  xP'JCÖppaTTi,  eiX)iXou9ac 
aiboTöc  xe  9iXoc  xe ;  -rrdpoc  '[e  )aev  oüxi  Qaixxlexc 
die  Bedeutung  'soeben  gekommen  sein'  auch  der  isoherten  Ver- 
balform   zuweisen    dürfen    oder    ob    sie    lediglich    okkasionell, 
durch  den  Zusammenhang  gegeben  ist. 

2.  als  sog.  Perfektum  praesens  die  Handlung  im  imper- 
fektiv-durativen Zustand  des  Vollendet-  und  Fertigseins.  Plato 
Krit.  p.  46'"^  oube  ßouXeuec9ai  exi  ujpa,  dtXXd  ßeßouXeöcGai  d.  h. 
es  ist  nicht  mehr  Zeit  hin-  und  her  zu  überlegen,  sondern  ein 
fester  Entscbluss  muss  schon  vorliegen.     Man  stosse  sieh  niclit 


212  G.  Herbig, 

daran,  dass  wir  die  Handlung  eines  Perfekts  imperfektiv 
nennen;  der  Stein  des  Anstosses  liegt  nicht  in  der  Sache, 
sondern  in  der  historisch  gegebenen,  aber  nicht  eben  glück- 
lichen Terminologie.  Wäre  die  Aktionsart  von  ßeßouXeöceai 
perfektiv,  so  würde  das  bedeuten,  dass  der  Zustand  des  'Eut- 
schlossenseins'  sein  Ende  erreicht  hat:  Plato  würde  also  unge- 
fähr das  Gegenteil  von  dem  sagen,  was  er  sagen  will  (vgl. 
§  20). 

3.  im  Ai.  Lat.  Germ,  und  nachklassisch  auch  im  Griech. 
ein  einfaches  tempus  praeteritum. 

§  56.  Wir  haben  nicht  den  geringsten  Anhalt  für  eine 
dieser  weiteren  Funktionen  etwa  die  nicht  reduplizierten  Per- 
fekta  7Aun  Ausgangspunkt  zu  nehmen.  So  handelt  es  sich 
darum  die  verschiedenen  Gebrauchsweisen  des  Perfektstammes 
mit  einander  zu  vereinigen,  natürlich  nicht  in  der  Weise,  dass 
man  einen  abstrakten  Generalnenner  sucht,  sondern  so,  dass 
man  sie  aus  der  ältesten  Bedeutung,  der  iterativ-intensiven, 
ableitet. 

Ich  halte  folgende  psychologische  Brücke  für  die  wahr- 
scheinlichste. Die  Intensität  einer  Handlung  oder  eines  Zustan- 
des  geht  sehr  leicht  in  den  Begriff  der  Perfektivierung  über*) 

z.  B.  tüchtig  zuschlagen  —  erschlagen, 
eifrig  hin  und  her  überlegen  —  zu  einem  Entschluss  kommen, 

angestrengt  horchen  —  vernehmen. 
Dass  die  Perfektivierung  in  irgend  einem  Fall  eintreten,  oder 
dass  jedes  Verb  im  Perfekt   diesen  Entwicklungsgang   durch- 
machen  musste,   soll  natürlich  nicht  gesagt  werden:  genug, 
wenn  er  bei  einigen  Typen  nahe  lag  und  eintreten  konnte. 


1)  K.  W.  L.  Heyse  System  der  Sprachwissenschaft.  Berlin  1856 
S.  458.  —  G.  Curtius"  Verb  II  S.  160.  —  Delbrück  SF.  II  102.  —  R. 
Fritsche  Über  j^-riech.  Perfekta  mit  Präsensbedeiitung.  Spraclnv. 
Abh.  aus  G.  Curtius  gramm.  Ges.  Lpz.  1874  S.  45—4(5.  —  C.  Mutz- 
bauer Grundlagen  d.  griech.  Tempuslelire  S.  38—39.  —  Die  begriff- 
liche Verwandtschaft  zwischen  dem  Intensivum  und  dem  Perfektum 
Präsens  ist  so  stark,  dass  sie  sogar  lautliche  P'olgen  haben  kann. 
Brugmann  Grdr.  II  852.  Dass  die  Bedeutung  eines  hohen  Grades 
auch  sonst  sehr  gern  in  die  der  Vollendung  übergeht,  beweist  z.  B. 
die  Bedeutungsentwicklung  des  alten  Präpositionsadverbs,  das  im 
Ai.  durch  pari,  im  Griech.  durch  irepi,  im  Lateinischen  durch  per 
vertreten  ist.  J.  Schmidt  Vokalismus  11  :»9  ff.  —  Delbrück  Grdr.  III 
1  S.  700  ff. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  213 

Das  Moment  der  Perfektivität  kombiniert  mit  der  prä- 
sentischen Gebrauchsweise  des  Perfektstammes  ergibt  die  Be- 
zeichnung der  soeben  vollendeten  Handlung.  Sie  ist  so  recht 
ein  Kompromiss  zwischen  der  actio  perfectiva  und  dem  tem- 
pus  praesens,  die  sich  sonst  nicht  vereinigen  hissen  (§§  44  ff.). 
Die  Notwendigkeit  die  'soeben  vollendete'  Handlung,  welche 
die  Griechen  als  solche  empfanden,  als  besondere  Zwischen- 
stufe in  der  Entwicklung  der  Bedeutung  des  Perfekts  an/.u- 
setzen,  ergibt  sich  aus  dem,  was  in  §  101  über  eine  bisher  nicht 
genügend  erklärte  Gebrauchsweise  des  ai.  Aoristes  noch  zu 
sagen  ist. 

Von  dieser  Stufe  der  Perfektbedeutung  aus  sind  ver- 
schiedene Weiterentw^icklungen  eingetreten : 

1.  Der  Begriff  der  soeben  vollendeten  Handlung  er- 
weiterte sich  zu  dem  der  vollendet  vorliegenden  Handlung 
überhaupt,  und  so  entstand  die  Funktion  des  Perfektes,  welche 
den  seinerseits  wieder  imperfektiven,  weil  nicht  abgeschlosse- 
nen, sondern  in  die  Gegenwart  hineinragenden  Zustand  des 
Vollendetseins  bezeichnet,  der  sich  an  die  zu  irgend  einer  Zeit 
erfolgte  Perfektivierung  der  Handlung  anschliesst.  R.  Kohl- 
mann hat  daher  in  seiner  sonst  verfehlten  Abhandlung  'Über 
die  Annahme  eines  Perfectum  intensivum  im  Griechischen' 
(Progr.  Salzwedel  1886)  ganz  Recht,  wenn  er  (S.  12)  das 
Perfekt  als  ein  Mischtempus  bezeichnet,  welches  ein  Präsens 
und  einen  Aorist  zugleich  in  sich  trage.  Es  habe  mit  dem 
Präsens  die  Bedeutung  eines  dauernden  Zustaudes  gemein, 
mit  dem  Aorist  den  —  wie  er  meint,  durch  die  im  Aorist 
und  Perfekt  vorhandene  Reduplikation  mit  e  bezeichneten  — 
Begriff  der  effektiven  Handlung,  während  es  sich  wieder  vom 
Aorist  dadurch  unterscheide,  dass  es  nicht  wie  dieser  die 
effektive  Handlung  an  sich,  sondern  gerade  den  auf  ihr  beru- 
henden Zustand  ausdrücke.  Mehr  kurz  als  treffend  sagt  Hultsch 
a.  a.  0.  30  S.  13:  Das  Perfekt  drückt  seiner  Zeitart  nach  die 
Vollendung  aus,  der  Zeit  stufe  nach  gehört  es  zur  Gegenwart. 

Es  ist  anzunehmen,  dass  diese  ganze  Gebrauchsweise  von 
einzelnen  durch  ihre  natürliche  Bedeutung  prädestinierten  Verben 
ausging  und  sich  nach  und  nach  zum  Typus  der  'perfekti- 
schen' Funktion  herausbildete.  Es  wäre  daher  höchst  thöricht, 
eine  direkte  Ableitung  der  perfektischen  aus  der  intensiven 
Funktion   bei  jedem   einzelnen  Verbum    erzwingen   zu    wollen. 


214  G-  Herbig-, 

2.  Die  perfektive  Handlung  entwicl^elt  sieh  zu  einem  prä- 
teritalcn  Tempus.  Analoga  siehe  §  100  ff.  Dasselbe  entsprach 
entweder  dem  konstatierenden  Aorist,  der  als  Aorist  perfektiv 
ist,  oder  dem  narrativen  Imperfekt,  dem  der  Zusammenhang 
und  das  Wesen  des  Präteritums  den  Nebenbegriff  der  Per- 
fektivierung  geben  (Delbrück  SF.  V  §  170,  171). 

Begünstigt  wurde  diese  Funktionsversehiebung  dadurch, 
dass  auch  das  Perfectum  praesens,  wiewohl  es  an  und  für 
sich  durchaus  auf  präsentischer  Zeitstufe  steht,  präteritale  Fär- 
bung gewinnt,  sobald  es  mit  den  Präsensformen  desselben 
Verbums  verglichen  wird.     (Vgl.  i^  20.) 

Wenn  man  sagt,  das  lat.  Perfekt  habe  durch  die  formale 
Vermischung  mit  den  präteritalen  Aoristformen  Präteritalbe- 
deutung  erhalten,  so  ist  dies  nur  unter  der  Voraussetzung 
richtig,  dass  die  Keime  zu  dieser  Entwicklung  schon  im  Per- 
fekt vorhanden  waren.  Im  Sanskrit  sind  sie  aufgegangen 
ohne  dass  jene  Vermischung  eintrat. 

§  57.  Es  hat  sich  also  gezeigt,  dass  das  Perfekt  mit 
seinen  verschiedenen  Bedeutungstypen  nicht  auf  eine  Aktions- 
art beschränkt  ist,  falls  man  in  den  beiden  Aktionsarten  im- 
perfektiv und  perfektiv  alle  Verbalformen  ohne  Rest  aufgehen 
lässt.  Dies  gilt  ül)rigens  schon  von  seiner  Grundbedeutung. 
Die  Iterativa  werden  auch  im  Slavischen  mit  der  perfektiven 
sowohl  als  mit  der  imperfektiven  Aktionsart  gekreuzt.  So 
wird  es  auch  begreiflich,  warum  die  Reduplikation  sich  nicht 
auf  das  Perfektum  beschränken  konnte:  wo  es  darauf  ankam, 
den  Begriff  der  Perfektivität  oder  sein  Gegenteil  neben  dem 
der  Wiederholung  hervorzuheben,  musste  sie  beim  Aorist  und 
Präsensstamm  Eingang  finden.  Bei  dieser  Anschauungsweise 
erledigt  sich  auch  der  Einwand,  die  Reduplikation  sei  für 
das  Perfekt  nicht  charakteristisch  genug,  um  als  Ausgangs- 
punkt der  Erklärung  seiner  Funktionen  zu  dienen. 

§  58.  Auf  das  Plusquam])erfektum  gehe  ich  nicht 
ein.  Es  ist  im  Griechischen  lediglich  Präteritum  seines  l*er- 
fektes.  Für  unsere  Frage  wäre  also  dem,  was  über  das  Per- 
fekt gesagt  wurde,  höchstens  hinzuzufügen,  was  i?  54  vom  Prä- 
teritum und  seinem  Verhältnis  zur  Perfektivität  schon  ausge- 
führt wurde. 

^  51).  Die  Erwähnung  des  iterativen  Perfekts  veranlasst 
uns  zu  einem  Exkurs:  welche  Mittel  hat  das  Griechische 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  21& 

zum  Ausdruck  der  i  t  e  r  i  e  r  t  e  n  Handlung-  überhaupt,  und 
wie  verhält  es  sich  in  diesem  Punkt  zum  Slavischen  V  Ein 
Eingehen  auf  die  Frage  scheint  um  so  notwendiger,  als  die 
iterierte,  wie  wir  gesehen  haben,  zu  der  imperfektiven  oder 
perfektiven  Aktionsart  in  bestimmte  Wechselwirkung  tritt. 

Dass  iterative  Bedeutungsgruppen,  vom  Perfekt  zunächst 
abgesehen,  beim  griechischen  Verbum  als  psychologische  Katego- 
rien vorhanden  sind,  braucht  nicht  erst  bewiesen  zu  werden.  Eben- 
soAvenig,  dass  in  historischer  Gräzität  kein  jModus  (weder  der 
Konjunktiv,  noch  der  Optativ)  und  kein  Tempus  (namentlich 
nicht  das  Imperfektum)  an  und  für  sich  Träger  jener  itera- 
tiven Bedeutung  sind.  Diese  ergibt  sich  in  den  meisten  Fällen 
mehr  oder  minder  genau  aus  dem  Zusammenhang  und  wird 
öfters  durch  Adverbia  bestimmter  ausgedrückt.  Besonders  im 
Nebensatz  gewinnt  dv  in  bestimmten  Fällen  iterierende  Funk- 
tion; die  iterierte  Verbalhandlung  des  Nebensatzes  kann  dann 
die  des  Hauptsatzes  in  ihren  Bannkreis  ziehen,  ohne  dass  diese 
weiter  morphologisch  gekennzeichnet  wird.  Ich  betone,  dass 
hier  syntaktisch  ein  fast  nie  versagendes  Mittel  geschaffen 
war,  auch  die  Iteration  im  Hauptsatz  zum  Bewusstsein  des 
Hörers  zu  bringen.  Auf  nähere  Ausführungen  lasse  ich  mich 
nicht  ein,  da  ich  das  Griechische  mehr  als  Repräsentant  der 
indogermanischen  Sprachen  älterer  Stufe  heranziehe,  und  das- 
Vorhandensein  von  Nebensätzen  im  Indogermanischen  minde- 
stens zweifelhaft^)  ist. 

§  60.  Morphologische  Iterativkategorien  sind  im  Grie- 
chischen in  Ansätzen  vorhanden,  die  aber  nicht  zur  Entfaltung 
gediehen  sind.  Ich  erinnere  an  Deverbativa  wie  piTTTdCu> 
(piTTTUj),  dKOudZ!o)aai  (dKouuu),  cxevdZluj  (ctevuj),  eXKucid^uu  (eXKoi), 
ojcTiZiuj  (uj9eu)),  aiTiZluj  'l)ettele'  (aiieuü);  auch  die  im  Lateini- 
schen stark  vertretenen  Intensiv-  und  Frequentativbildungen 
auf  -tare  und  -itare^)  kehren  im  Griechischen  nach  Form  und 


1)  Ed.  Hermann  Gab  es  im  Tdg.  Nebensätze?  KZ.  XXXIII 
(1894)  S.  481-535. 

2)  Brugunann  Grdr.  II  1126.  Job  v.  Ro/.wadowski  Avill  nacb 
einer  Bemerkung-  in  seinem  Aufsatz  '  Über  die  lateinischen  Verba. 
denominativa  auf -fare'  (Sonderabdruck  aus  dem  Anzeiger  der  Aka- 
demie der  Wissenschaften)  Krakau  1892  S.  268 — 286  in  einer  zwei- 
ten Abhandlung-  auf  die  Entwicklung  der  iterativen  Bedeutung  ein- 
gehen. 


216  G.  Herbig, 

Bedeutung,  allerdings  in  sehr  beschränkter  Anzahl,  wieder : 
€uxeTdo|aai  ( euxo|uai),  vaieiduu  ( vaiujj ;  weitere  Beispiele  siehe 
Eapli.  Kühner  Ausführliche  Grammatik  der  Griechischen  Sprache, 
Hannover  1892  3,  besorgt  von  Friedrich  Blass  I  2  §328,  4  u. 
10.  Es  ist  zu  beachten,  dass  auch  die  ganze  slavische  Itera- 
tivkategorie auf  Nomina  oder  primäre  Verba  zurückgeht  (Les- 
kien Abg.  Gr.  1886  2  §  12  Schluss) '). 

Die  ionischen  iterativen  Präterita  auf  -ckov  leiTrecKOV, 
(peufecKov)  sind  in  historischer  Zeit  auch  auf  dem  kleinen  Ge- 
biet, auf  das  sie  wohl  von  Anfang  an  beschränkt  waren,  schon 
im  Aussterben  begriffen,  immerhin  bei  Homer  noch  pro- 
duktiv. Merkwürdig  ist,  dass  sie  nicht  auch  im  Präsens  in 
gleicher  ^Yeise  verwendet  werden,  und  dass  die  vorhandenen 
Präsentia  auf  -ckuj  die  iterative  Bedeutung  nicht  teilen,  son- 
dern inchoativer  Autfassung  entgegenkommen.  Soll  man  eine 
<ler  beiden  Funktionen  in  dem  'Wurzeldeterminativ'  -ck-  suchen? 
Brugmann  lehnt  es  für  die  inchoative  wie  für  die  iterative  ab 
(Grdr.  H  1036  u.  1034).  Die  andern  Sprachen  helfen  nicht 
viel  weiter,  da  in  ihnen  die  entsprechenden  Formen  mit  Aus- 
nahme der  lateinischen  Inchoativ-Präsentia  auf  -scö  stark  zu- 
rückgedrängt sind  (ahd.  ir-lüku  'erlösche',  abg.  iskq  'suche', 
ai.  ichdti).  Ist  das  s  von  -ckuu,  wie  mehrfach  angenommen 
wird,  dasselbe  Element  wie  das  Aorist-.^,  so  Hesse  sich  wohl 
auch  die  inchoative  mit  der  aoristischen  Bedeutung  vergleichen 
(über  den  Unterschied  beider  vgl.  i?  82; ;  bemerkenswert  scheint 
ferner,  dass  im  Armenischen  unser  Präsenssuffix  aoristische  Be- 
deutung gewinnt  und  als  Aoristsuffix  produktiv  wird  (Brug- 
mann Grdr.  II   1033). 

Die  iterative  Bedeutung  der  Präterita  auf  -ckov  lindet 
sich  nur  im  Griechischen;  auf  eben  diese  Sprache  beschräidct 
sich,  vom  isolierten  lat.  discö  aus  '■di-fc-scö  abgesehen,  die 
Keduplikation  bei  den  Präsensformen  auf  -ckuj,  und  zwar  sind 
diese  hier  recht  häutig  ibibpdcKo»,    ttittpückuu,    kikXj'ickuü,    ßißpoj- 

CKUJ,     -flTVUUCKUU,     TlTpUüCKU),     TTITTICKUÜ,     beiblCKOUai,      blbdcKUU,     TITU- 

CKOiaai,  dpapicKuj,  ■feTiAJvicKuj,  juiuvriCKU)).  Sollte  zwischen  den 
beiden  Thatsachen  ein  Zusaninienliang  bestehen,  etwa  in  dem 
»Sinn,  dass  in  den  ursprüiigiielien  Typen  die  iterierende  Funk- 
tion der  Reduplikation    vom  Sprachbcwusstsein    auf  das   nun- 


1)  Anders  jetzt  J.  v.  Rozwadowski  IF.  IV  407. 


Aktionsart  und  Zeitstufc.  217 

nielir  produktiv  werdende  Wurzeldeterminativ  -ck-  der  Endung- 
-CKOv  übertragen  wurde,  nachdem  sie  bei  der  Reduplikation 
zu  verblassen  begann'?  In  ganz  ähnlicher  Weise  wird  ja  auch 
die  Bedeutung  der  Vergangenheit  vom  Augment  auf  die  se- 
kundären Personalendungen  verlegt. 

§  61.  Die  morphologischen  Elemente,  an  welche  sicli 
das  slavische  Iterativsystem  angegliedert  hat,  sind  im  Grie- 
chischen zwar  vorhanden,  aber  spärlich  und  in  anderer  Ver- 
wendung. Das  slavische  -ra-  nahm  seinen  Ursprung  von  W(")r- 
tern  wie  pira-jq  von  jji-vo  'Trunk',  lit.  ptj-ra-s  'Bier'  oder 
na-seva-jq  'besäe'  von  russ.  se-vb  'Säen,  Saatzeit'  (Brugmann 
Grdr.  II  1137)-,  es  wurde  auf  andere  vokalisch  auslautende 
Stämme  analogisch  übertragen  und  bildete  von  Einzeltypen 
ausgehend  schliesslich  eine  ganze  Form-  und  Bedeutungskate- 
gorie. Im  Griechischen  tindet  sich  das  Suffix  in  Wörtern  Avie 
öpeöc  aus  *öp9-/ö-c  ai.  ürdh-vä-s  lat.  ard-uo-s  oder  Xai-j^ö-c, 
lat.  lae-vo-s,  abg.  U-vi  und  sekundär  in  den  Verbaladjektiven 
auf  -xeoc  aus  *Te-/o-c.  Ableitungen  von  solchen  Stämmen  wie 
etwa  *öp9-/o-iuj  (vgl.  -va-jq)  sind  indes  vereinzelt  geblieben,, 
und  Ansätze   zu  Iterativkategorien  lassen  sich  nicht  erkennen. 

Etwas  anders  steht  es  mit  den  andern  slavischen  Itera- 
tiven, den  Denominativen  und  Deverbativen  der  III.  Klasse 
(nach  Leskien)  mit  Suffix  -jo-,  -je-.  Sie  gehen  auf  idg.  *-e/a 
zurück  z.  B.  ai.  t-i-vöhai/afi  neben  vi-vahatl  'führt  die  Braut 
weg'  abg.  vozdq,  voditi  it.  neben  vedq  'führe',  Wz.  *uedh-\ 
griech.  (/)oxeo|uai  'werde  hin-  und  hergefahren'  got.  vag-ja 
'bewege'  neben  ga-viga  'bewege'  abg.  voM^,  voziti  it.  neben 
vezq  'fahre  etwas',  Wurzel  '^ijegh-  (Brugmann  Grdr.  II  1148). 
Die  in  den  meisten^)  idg.  Sprachen  wiederkehrende  iterativ- 
intensive Bedeutung  schinnnert  auch  im  Griechischen  noch 
durch  in  Formen  wie  cpopem  (qpepuj),  öxeoi  (e'xiwi,  cxpoqpeuu 
(ctpeqpuu),  tpoTTeuu  (xpeTTuui,  ßpo)aeuü  (ßpeiuin).  Aber  auch  diese 
Bildungen  sind  nur  in  beschränkter  Zahl  vorhanden  und  reichen 
an  die  üppige  Fülle  entsj)rechender  Formationen  im  Balt.- 
Slav.  nicht  entfernt  heran;  j'a  sie  uKigen  sogar  zum  Teil  erst 
auf  griechischem  Boden  entstanden  sein  (qpopeui  von  cpöpoc) ; 
der  Zusammenhang  mit  den  slavischen  Typen  wäre  in  diesem 
Fall  ein  ganz  loser. 

1)  Für  das  Arische  s.  Delbrück  Der  Typus  qpepuu  —  cpopäu  im 
Arischen.    IF.  IV  S.  132-133. 


218  G.  Herbig-, 

Über  Bilduiiii-eii  ^vie  cxpujcpduu,  TpuuTTduu  vg-1.  Ed.  "Weiitzcl 
<5ua  vi  posuit  Hoiucrus  verba  ixiKüj,  TTe\o|Liai,  TruuXeoiuai,  vuujaduu, 
cxpujcpda),  TruJTdo)uai,  ipuuxduu,  xpujTTduj,  tttuuccuu  Glogau  1840. 
Kozwadowski  erinnert  IF.  IV  S.  412  daran,  dass  sich  die 
slavisehen  Iterativa  von  den  Kausativen  (Intensiven)  wie  -gan- 
Jati  zu  gonitl  (:  zenq)  offenbar  nalie  mit  Bildungen  wie  ttuu- 
TdojLiai  :  TTOTeo)aai  berühren. 

§  62.  Primäre  Iterativkateg-orien  sind  uns,  seit  wir  in 
die  Behandlung-  der  Iterativa  eintraten,  noch  nicht  beg-eguet. 
Man  hat  ihr  Vorhandensein  überhaupt  g-eleug-net.  Carl  Mutz- 
baucr  sag-t  in  seinem  Buch  ''Die  Grundlagen  der  griechischen 
Tempuslehre  und  der  homerische  Tempusgebrauch",  Strass- 
Ijurg  1893  S.  8:  wenn  die  homerische  Sprache  es  schon  unter- 
lasse, das  zeitliche  Verhältnis  der  einzelnen  Handlungen  zu 
einander  bei  ganz  einfachen  Beziehungen  besonders  zu  bezeich- 
nen, so  müsse  dies  noch  viel  mehr  der  Fall  sein  "bei  den  viel 
feinern  logischen  Unterscheidungen  der  Wiederholung,  Gleich- 
zeitigkeit und  Dauer".  Mit  welchem  Recht  wird  die  Wieder- 
holung eine  feine  logische  Unterscheidung  genannt  V  Ihre  ur- 
alte lautliehe  Entsprechung  in  Sprachen  aller  Weltteile,  seien 
sie  auch  n(»ch  so  primitiv,  ist  die  Reduplikation  i).  Von  ihrer 
iterativen  Funktion  ist  zwar  in  einzelsprachlicher  Zeit  der  idg. 
Entwicklang  nicht  mehr  allzuviel  zu  spüren:  ihr  morph(do- 
^'isches  Wesen  ist  so  durchsichtig,  dass  über  ihre  älteste  Be- 
deutung kein  Zweifel  sein  kann.  Der  Stamm  wurde  zur  Be- 
zeichnung von  mehrmaligem  Sein  oder  Geschehen  halb  sym- 
bolisch, halb  mechanisch  doppelt  gesetzt.  Im  Griechischen 
findet  sich  die  Reduplikation,  vom  Nomen  abgesehen,  bei 
iillen  Tempusstämmen  (vgl.  i^  10);  je  mehr  indes  der  erste 
Teil  des  urspr.  doppeltgesetzten  Wortes  zur  blos  andeutenden 
Redui)likationssilbe  sich  verflüchtigte,  um  so  mehr  verblasste 
iiuch  die  reine  Bedeutung  der  Wiederholung  und  die  daraus 
entwickelte  der  Intensität.  Es  lässt  sich  nicht  mit  Sicherheit 
sagen,  was  Ursache  und  was  Wirkung  war,  ob  die  semasio- 
logische  Vcrblassung  die  lautliche   nach  sich  zog   oder  ob  die 

1)  A.  F.  Pott  Doppelung'  (Reduplikation,  Gemination)  als  eines 
der  wichtigsten  liildungsinittel  der  Sprachen,  beleuchtet  aus  Spra- 
chen aller  Weltteile.  Lemgo  und  Detmold  18(>2.  —  G.  Gerland  In- 
tensiva  und  Iterativa,  eine  s]>rncli\viss('nscliat'tliche  Abhandlung 
Leipzig  18IJ9. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  219 

rein  mechanisch  erfolgende  lautliche  die  semasiologische  zur 
Folge  hatte. 

Die  häufige  Iterativbedeutung  nicht  reduplizierter  Prä- 
sentia und  Iniperfekta  wird  ermöglicht  durch  die  Verwandt- 
schaft der  durativen  und  iterativen  Aktionsart  (erstere  kann 
ja  als  eine  Sunnne  iterativer  Momente  aufgefasst  werden). 

Über  die  Perfektreduplikation  wurde  ^  55—57  schon 
gesprochen;  die  Präsensreduplikation  perfektiver  Verba  wird 
noch  berührt  werden  (§  60 1. 

§  63.  Zum  Schluss  des  Abschnitts  bleibt  eine  Haupt- 
frage, die  ich  wenigstens  noch  aufwerfen  will:  wie  kam  das 
Slavische  dazu  sekundär  die  iterative  Aktionsart  so  peinlich 
zu  bezeichnen,  nachdem  es  wie  alle  andern  idg.  Sprachen  ein 
80  bequemes  Iterationsmittel  wie  die  Reduplikation  in  ihrer 
ursprünglichen  Bedeutung  wieder  aufgegeben  hatte'?  Vgl.  was 
über  den  Untergang  und  sekundären  Ersatz  der  Tempora  im 
Deutschen  gesagt  Avurde  (§  12).  Für  das  Griechische  lässt 
sich,  wie  schon  >?  59' angedeutet  wurde,  folgendes  vermuten: 
es  hat  syntaktisch  ausgedrückt,  was  die  idg.  Sprachen  älterer 
Stufe  durch  die  Reduplikation,  das  Slavische  durch  seine  I>e- 
yerbativa  auf  -vaja,  -ajq  morphologisch  bezeichneten.  Mau 
darf  wohl  auch  sagen,  dass  das  Slavische  unter  der  Gewalt 
des  Systemzwanges,  der  die  meisten  Verba  in  den  Strudel 
der  Iterativbildungen  zog,  viel  Aveiter  getrieben  wurde,  als  für 
die  Klarheit  des  Ausdrucks  notwendig  oder  wünschenswert 
w^ar;  konnte  doch  das  iterative  Moment  der  Verbalhandlung 
oft  genug  schon  durch  den  Plural  des  Subjekts  oder  Objekts 
angedeutet  werden  (vgl.  das  Beispiel  ubivati  §  34). 

§  64.  Das  Verhältnis  der  tempora  praeterita  zur  actio 
perfectiva  wurde  erörtert  (§§  53 — 58);  auf  das  V'erhältnis  des 
tempus  futurum  zur  actio  perfectiva  werde  ich  in  anderem 
Zusammenhang  zurückkommen  (§§  83,  84).  Dass  sich  die  actio 
perfectiva  und  das  tempus  praesens  begrifflich  ausschliessen, 
wurde  §  44  ff.  ausgeführt.  Es  bleil)t  noch  übrig,  mit  einigen 
Worten  auf  die  scheinbaren  Ausnahmen  von  dieser  Regel  zu- 
rückzukommen. Sie  erklären  sich  ausnahmslos  aus  dem  Satz : 
die  sog.  praesentia  perfectiva  sind  alle  entweder 
blos  scheinbar  perfektiv  oder  blos  scheinbar  prä- 
sentisch. 

§  65.    Es  mag  zunächst  auffallen,  dass  neben  den  meisten 


220  G.  Herbig-, 

perfektiven  Aoriststämmen  Präsensstämme  oder  umge- 
kehrt neben  imperfektiven  Präsensstämmen  Aoriststämme  glei- 
cher Wurzel  vorhanden  sind,  auch  wenn  der  sog.  RegriiF 
des  Verbums  eine  der  beiden  Aktionsarten  auszuschliessen 
scheint.  Zur  Erklärung  der  Thatsache  ist  auf  §43  zu  verweisen. 
Weiter  muss  aber  betont  werden,  dass  bei  Homer  noch  vieles 
darauf  hindeutet,  dass  eine  grosse  Anzahl  von  Verben  anfangs 
nur  im  Aorist-  oder  nur  im  Präsensstamm  vorhanden  war.  Frei- 
lich sind  Avir  in  den  meisten  Fällen  nicht  mehr  in  der  Lage 
zu  entscheiden,  ob  das  historisch  vorliegende,  erdrückende 
Überwiegen  von  Aorist-  oder  Präsensstammformen  einer  Ver- 
balwurzel auf  Zufall  der  Überlieferung  ])cruht  oder,  gerade 
bei  Homer,  durch  metrische  Bedürfnisse  oder  durch  die  Vor- 
liebe für  das  narrative  Imperfekt  veranlasst  ist,  oder  aber  ob 
es  im  Wesen  der  Verbalbcdeutung  seine  Begründung  findet. 
Eine  systematische  Betrachtung  der  homerischen  Verba  nach 
diesem  Gesichtspunkt  würde  ja  durch  Eugen  Frohweins  Verbum 
homericum,  Leipzig  1881  sehr  erleichtert;  ich  glaube  indes 
nach  gemachten  Erfahrungen  nicht,  dass  sie  sich  lohnen 
würde.  Es  geht  uns  hier,  wie  mit  den  Analogiebildungen: 
die  Thatsache  im  Aveitesten  Umfang  steht  unzweifelhaft  fest, 
von  einzelnen  Fällen  können  wir  kaum  einen  exakt  beweisen. 
Ich  habe  daher  eine  über  diesen  Punkt  eröffnete  Untersuchung 
nicht  zu  Ende  geführt;  sie  ergab  innncrhin,  dass  die  Verba, 
deren  Gebrauchsweise  sich  auf  einen  Tempusstamm  beschränkt, 
ungleich  zahlreicher  sind  als  man  gemeinhin  anzunehmen  pflegt. 
Über  die  griech.  und  ai.  Verba,  die  wegen  ihrer  einseitigen 
Aktionsart  nur  einen  Präsens-  oder  nur  einen  Aoriststamm 
bilden,  vergl.  B.  Delbrück  SF.  IV  S.  92  u.  93;  der  Aktionsart 
nach  verhält  sich  z.B.  a'i.  pa.syafi  zu  ddräl-  wie  griech.  öpdii) 
zu  eibov.  Beispiele  homerischer  Verba,  die  wegen  ihrer  im- 
perfektiven Bedeutung  ohne  Aoristl)ildung  bleiben,  lassen  sich 
mit  Hilfe  des  Registers  von  Mutzbauers  zitiertem  Werk  zu- 
sannnensuchen.  Die  Verweise  S.  402  können  allerdings  auf 
Vollständigkeit  keinen  Anspruch  machen;  das  liegt  aber  in 
der  Natur  der  Sache,  da  sich  feste  Grenzen  überhaupt  nicht 
ziehen  lassen.  Vergl.  irpeTrei  'es  geziemt',  epTTin  'krieche  über 
den  Boden  hin',  cpeßoiaai  'schwebe  in  Furcht',  ßpe^uj 'rausche', 
7T€V0|aai  'bin  ])eschäftigt',  öpo^al  'führe  die  Aufsicht',  bioiKW 
'verfolge'.     Ganz    oder  fast   ganz    auf  den  Aorist   beschränkt 


Aktionsart  und  Zeitstiife.  221 

sind  Verbal  Stämme  wie  6\ac-  'zerbrechen',  cttoc-  '  wegreissen ', 
Xaß-  'erg-reifen",  juaG-  'erlernen'  (elf.),  dXqpo-  '  einbringen  \ 
d)iiapTO-  (u.  d|biapTr|c-)  'verfehlen'  häutig  gegen  drei  Mal  ii|udp- 
xave,  eupo-  'tinden'  sehr  häutig  gegen  ein  einziges  eüpicKuu. 
Die  nur  im  Aorist  gebrauchten  Yerba  sind  geringer  an  Zahl 
als  die,  welche  nur  im  l'räsensstamm  vorkonnuen;  sie  sind 
aber  um  so  beweiskräftiger,  je  mehr  die  Aoristformen  über- 
haupt bei  Homer  gegen  die  Präsensstananformen  zurückstehen. 
Einige  sind  so  stark  gebräuchlich,  dass  ein  zufälliges  Fehleu 
der  Präsensstämme  ausgeschlossen  erscheint.  Wir  dürfen  mit 
Sicherheit  annehmen,  dass  bei  vielen,  vielleicht  den  meisten 
Verben  neben  einem  ursprünglich  allein  dominierenden  Präsens- 
oder Aoriststamm  Formen  des  andern  Stammes  zunächst  ver- 
einzelt, dann  in  grösseren  Massen  auftraten.  Es  geschah  dies 
vorzugsweise  unter  dem  Druck  des  Systemzwanges,  d.  h.  die 
Sprechenden  sind  leicht  geneigt,  ein  für  gewisse  Begritfe  aus- 
gebautes, vielgliedriges  Verbalsystem  selbst  mit  einigem  Zwang 
auf  alle  auszudehnen.  Da  die  Präsensstämme  sich  dem  Be- 
wusstsein  des  Sprechenden  am  ehesten  aufdrängen,  wenn  er 
überhaupt  verbale  Tempora  klar  empfindet,  so  wird  es  be- 
greiflich, dass  die  Aoriststämme  fast  immer  Präsensstämme 
derselben  Wurzel  hervorrufen,  während  umgekehrt  auch  in 
spätem  Zeiten  viele  Präseusstämme  keinen  Aorist  bilden,  ob- 
wohl sie  sich  mit  eben  so  viel  oder  eben  so  wenig  Zwang  in 
die  perfektive  Aktionsart  überleiten  Hessen. 

§  66.  Wie  in  diesem  Fall  ist  auch  bei  iterativ- per- 
fektiven Präsensformen  eine  durative  Auffassung  mög- 
lich; ihr  Wesen  steht  also  der  })räsentischen  Zeitstufe  nicht 
im  Weg.  Wir  sahen,  dass  in  den  meisten  slavischen  Spra- 
chen die  nicht  iterierten  Perfektiva  Futurbedeutung  gewinnen, 
während  die  iterativen  Perfektiva  das  dazu  gehörige  Präsens 
bezeichnen  (§  35,  4.  5)..  Eine  schlagende  Analogie  findet  sich  im 
Griechischen:  man  bedient  sieh  dort  der  iterierenden  Redupli- 
kation, um  vorwiegend  ])erfektive  d.  h.  aoristische  Begritfe,  also 
solche  die  im  Abg.  durch  "ihre  natürliche  Bedeutung"  perfektiv 
sind,  bei  der  Ausbildung  des  Verbalsystems  in  die  durativ-im])er- 
fektive  Aktionsart  des  Präsens  überzuleiten.  Den  iterativen  Prä- 
sentien  der  abg.  Perfektiva  b({dc{,  damb,  padc{,  .sedq,  roMq, 
vrhgq,  legq,  also  Formen  wie  byrajq,  dajq,  padajq,  sedqjq 
usf.  entsprechen    im  Griechischen   semasiologisch   und  funktio- 

Indogennanische  Forschungen  VI  3  u.  4.  15 


222  G.  Herbig, 

nell,  dem  Stamm  nach  z.  T.  auch  etymologisch,  die  redupli- 
zierten Präsensformen  TiTVO|uai,  bibuuini,  ttitttuu,  xLvj,  tiktuu, 
ir|)ii,  iCTrmi,  TiGriiai^).  Die  Formen  müssen  natürlich  in  einer 
Zeit  entstanden  sein,  in  der  die  iterierende  Kraft  der  Redu- 
plikation noch  empfunden  wurde;  andrerseits  setzt  die  Tbat- 
sache  dieser  durchi2,-ehenden  Iterierung-  im  Präsens  schon  eine 
entschiedene  Empfindung-  für  den  grammatischen  Beg-riff  der 
Perfektivität  voraus.  Da  diese  reduplizierten  Präsentia  z.  T. 
proethnisch  sind,  lassen  sie  sich  wohl  zur  Altersbestimmung 
jenes  Begriffes  verwerten  (§  99). 

§  67.  Die  iterierten  Präsentia  lassen  sich  häutig  von 
den  zeitlos-perfektiven  nicht  bestimmt  scheiden.  Bei  die- 
sen kann  die  Aktionsart  ausgesprochen  perfektiv  sein,  weil 
die  Zeitstufe  nicht  mehr  präseutisch  ist.  Beispiel:  Jugend 
enttiieht,  Schönheit  vergeht.  Weiteres  über  die  ganze  Kate- 
gorie zeitloser  Indikative  §§  87  ff.  Die  nicht  indikativischen 
Formen  des  griechischen  Präsensstammes  sind  immer  zeitlos; 
eine  durativ-perfektive  Aktionsart  ist  bei  ihnen  also  nicht  a 
priori  ausgeschlossen.  Doch  gehen  sie,  so  viel  ich  sehe,  mit 
dem  Indikativ  Hand  in  Hand. 

Perfektivierung  durch  Zusammensetzung  mit 
Präpositionen.     §  68 — 78. 

§  68.  Ist  so  die  perfektive  Aktionsart  in  bestimmten 
Funktionen  des  formellen  Präsensstammes  möglich,  so  entsteht 
die  Frage:  konnte  sie  in  solchen  Fällen,  nachdem  hier  der 
Aorist  als  Mittel  zur  Perfektivierung  versagte,  anderswie  mor- 
phologisch ausgedrückt  werden,  etwa  durch  Präfigieruug 
von  Präpositionen  wie  im  Slavischen  und,  in  geringerem 
Umfang,  auch  im  Germanischen  und  Lateinischen"? 

Dabei  ist  zunächst  zu  untersuchen :  w  i  e  k  o m  m  t  es 
ü  b  e  r  h  a  u  p  t,  d  a  s  s  die  Z  u  s  a  m  m  e  n  s  e  t  z  u  n  g  m  i  t  P  r  ä- 
Positionen  ein  V  e  r  b  u  m  ji  e  r  f  e  k  t  i  v  m  a  c  h  e  n  k  a  n  n  ? 


1)  In  andern  Fällen  entspricht  dem  Verbuni,  das  im  Abg-. 
durch  seine  natürlielie  Bedeutung  perfektiv  ersclieint,  ein  griechi- 
scher Aoriststamm  (kujjati  irpiacGai,  le.sfi  \i£ucQai  (Xex),  7'e.sfi  eirtelv). 
Es  ist  sehr  bemerkenswert,  dass  alle  abg.  Pert'ektiva  dieser  Art 
sich  aucli  im  Griechischen  durch  ihren  Formen  st  and  als  solche 
kennzeidmen. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  223 

Der  Gegenstand  wurde  ausführlicher  behandelt  von  CarlRecha 
Zur  Frag-e  über  den  Ursprung  der  perfektivierenden  Funk- 
tion der  Verbalprätixe.  Dorpater  Inaug. -Diss.  1893.  Der 
Verfasser  entwickelt  ungefähr  folgende  Ansicht :  durch  die 
semasiologische  Steigerung  eines  Wortes  wird  der  Grundbe- 
griff desselben  zur  Innern  Vollendung  gesteigert,  und  zwar 
geschieht  dies  durch  Formenzuwachs,  der  ursprünglich  durch 
Reduplikation  beschafft  wurde.  Die  perfektivierende  Funktion 
der  Reduplikationssilbe  wurde  später  auf  alle  Präfixe  über- 
tragen. Das  in  Bezug  auf  die  Reduplikation  lax  gewordene 
Sprachgefühl,  sowie  die  semasiologische  Verblassung  der  Prä- 
positions-Adverbia,  sobald  sie  als  Präfixe  ans  Verbum  traten, 
mussten  diese  Funktionsübertragung  in  hohem  Grade  begünsti- 
gen, "wo  nicht  geradezu  provozieren".  Der  Grundirrtum  die- 
ser Sätze  beruht  darauf,  dass  ihr  Verfasser  die  Begriffe  per- 
fektisch und  perfektiv  nicht  zu  scheiden  weiss.  Seine  Defini- 
tion: der  Grundbegriff"  eines  Wortes  werde  durch  semasiolo- 
gische Steigerung  zur  Innern  Vollendung  gesteigert,  ist  viel 
zu  abstrakt  und  verschwommen,  als  dass  sie  einen  der  beiden 
Termini  so  scharf  umgrenzte,  dass  mau  sähe,  unter  welchem 
von  beiden  Begriffen  er  die  zwei  Kategorieeu  fälschlich  ver- 
einigt. Dass  er  sich  über  den  Ausdruck  perfektiv  am  wenig- 
sten klar  war,  •  ergibt  sich  aus  seiner  Polemik  gegen  Streit- 
bergs vollkommen  richtigen  Satz,  dass  der  Aorist  das  indo- 
germanische Mittel  zur  Perfektivierung  war.  Die  Polemik  be- 
schränkt sich  freilich  auf  ein  Frage-  und  ein  Ausrufezeichen, 
sowie  auf  den  nicht  näher  begründeten  Vorwurf  subjektiver 
Annahmen,  mit  dem  er  Streitberg  belastet.  Sind  nun  aber 
entgegen  Rechas  Ansicht  perfektive  und  perfektische  Verbal- 
formen verschiedene  Begriffe,  und  bezeichnen  insbesondere  die 
in  Frage  kommenden  morphologischen  Elemente  verschiedene 
Aktionsarten,  so  kann  von  einer  Funktionsübertragung  von 
den  einen  auf  die  andern,  von  der  Reduplikation  auf  die  Prä- 
positionsadverbia,  nicht  mehr  die  Rede  sein.  Die  Quelle  des 
Irrtums  ist  eine  doppelte:  einmal  lehnt  Recha  (§  '22)  aus  Be- 
denken, wie  wir  sie  schon  i?  41  auf  das  richtige  IMass  zu 
beschränken  suchten,  em  Hereinziehen  slavischer  Verhältnisse 
ab,  und  verbaut  sich  so  selbst  den  Weg  zum  Verständnis  des 
Begriffes  perfektiv;  sodann  lässt  er  sieh  durch  einige  Berüh- 
rungspunkte,   welche    die    Begriffe   perfektisch    und    perfektiv 


224  G.  Herbig, 

haben  (^  ö7)  verleiten,  sie  einander  ganz  gleichzustellen.  Jeden- 
falls war  es  h<")chst  inkonse(|ncnt,  den  Terminus  perfektiv  ans 
der  slavischen  Grammatik  he;  überzunehmen  und  sich  gegen 
die  Herübernahme  des  BegriM'es  der  perfektiven  Verbalkate- 
gorie zu  sträuben.  Ähnliche  Vorwürfe  mussten  gegen  andere 
erhoben  werden  §  47.  Merkwürdigerweise  ist  sich  der  Ver- 
fasser in  dem  nicht  theoretischen  Teil  seiner  Abhandlung  über 
den  Begriff  perfektiv  klarer  geworden:  trotz  seiner  Polemik 
gegen  die  pcrfektivierende  Kraft  des  idg.  Aoristes  gibt  er  sie 
für  den  griechischen  zu.  S.  97  kommt  er  auf  Grund  von 
gotischen  Beispielen  wie  Marcus  VI  5  jaJi  ni  mahta  jainar 
ainohun  mähte  gataujan  als  Übersetzung  des  griechischen  Kai 
ouK  ebuvato  eKei  oube)Liiav  buva)aiv  TTOifjcai  oder  ]\Iatth.  5,  36 
ni  magt  ciin  tagl  heit  aithfhan  svart  gataujan  =  oü  buvacai 
jaiav  xpix«  XeuKfjv  TTOifjcai  y\  jueXaivav  zu  dem  Ergebnis  "die 
vollendete,  oder  auf  einen  ganz  speziellen  Fall  gerichtete 
^oft  auch  die  einmalige)  oder  die  schlechthinnige,  sogen,  tem- 
puslose Handlung,  wie  z.  B.  der  griechische  Aorist  und 
das  lat.  Perfekt,  bist,  (natürlich  dementsprechend  auch  das  grie- 
chische und  lateinische  Präs.  bist.)  erfordern  unbedingt  das 
pcrfektivierende  Präfix  ga-  im  Gotischen". 

i?  69.  Die  Ursache  der  perfektiviercnden  Kraft 
der  Präpositionen  ist  vielmehr  in  ihrer  ursprünglichen 
sinnlichen  Bedeutung  zu  suchen.  Als  Ortsadvcrbia  gaben 
sie  dem  Status  motivus  einer  Verbalhandlung  eine  bestimmte 
Richtung  oder  ein  bestimmtes  Ziel.  Im  letzten  Fall  wirkten 
sie  perfektivierend,  denn  das  erreichte  Ziel  setzt  der  Verl)al- 
handlung  ein  Ende^).  Wo  das  sinnliche  Äloment  in  der  Be- 
deutung der  Präposition  noch  entschieden  hervortritt,  und  an- 
dere ]\littel  ^.ur  Perfektivierung  vorhanden  sind,  wird  die  pcr- 
fektivierende Kraft  der  präfigierten  Präposition  ein  unbetontes 
Nebenmoment  der  Handlung  bleiben.  (Sie  ist  okkasionell.)  Ist 
dagegen   das   sinnliche  Moment   in   der  Bedeutung  der  Präpo- 

1)  Auf  die  Fraji'o,:  pertVktiviert  eine  bcstiininte  Präposition 
im  Doutsch(Mi  und  Latoinisclien  oder  nicht?  erhält  man  von  Ver- 
schiedenen verschiedene  Antwort.  Ein  *>rosser  Teil  der  Verwirrung* 
würde  sich  auflösen,  wenn  man  sich  immer  g'egenwärtig"  hielte,  dass 
die  Präposition  im  wirklichen  Präsens  nach  der  Natur  dieses 
Tempus  nicht  i)erfekti\ieren  kann,  hier  also  stets  die  Richtung:  und 
nie  das  erreichte  Ziel  bezeichnet. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  225 

sition  so  verblasst,  dass  ihre  perfektivierende  Kraft  als  einzi- 
ger Rest  bleibt,  oder  stehen  andere  perfektive  Formkateg-orieen 
nicht  mehr  zur  Verfügung,  so  kann  die  Prätigierung  von  Prä- 
positionen als  willkommenes  Ersatzmittel  zur  Perfektivbezeich- 
nung weitere  Ausdehnung  gewinnen.     (Sie  wird  usuell.) 

Im  Slavischen  ist  sie  usuell  geworden,  im  Lateinischen 
und  Germanischen  ist  sie  auf  dem  besten  Weg  dazu,  im  Idg. 
konnte  die  Erscheinung  noch  gar  nicht  in  Frage  kommen 
(vgl.  Streitberg  PBrB.  XV  70  tt'.  Einleit.);  wie  steht  es  im  Grie- 
chischen ? 

§  70.  Die  zu  Anfang  des  Abschnittes  aufgeworfene  Frage 
kann  jetzt  nur  noch  so  formuliert  werden:  finden  sich  im  Grie- 
chischen Anzeichen,  dass  die  Perfektivierung  der  Verbalhand- 
lung durch  Zusammensetzung  mit  Präpositionen  aus  einer  ok- 
kasionellen eine  usuelle  zu  werden  beginnt?  Denn  dass  sie 
okkasionell  ab  und  zu  vorkommen  kann  ^),  geht  aus  dem,  was 
über  ihr  Wesen  gesagt  wurde,  unmittelbar  hervor.  Auszu- 
schlicssen  von  der  Untersuchung,  als  nicht  beweiskräftig,  sind 
natürlich  alle  ausgesprochenen  präfigierten  Aoristformen,  weil 
hier  das  Moment  der  Perfektivität  ebensogut  durch  den  Ao- 
riststamm bezeichnet  sein  kann.  Als  sichere  Beweise,  dass 
prätigierte  Präsensstämme  die  Aktionsart  perfektiver  Aoriste 
übernommen  haben  und  so  Ansätze  zu  einer  neuen  Formen- 
kategorie bilden,  kann  ich  nach  allem,  was  bis  jetzt  ausge- 
führt wurde,  bloss  drei  ansehen: 

1.  wenn  die  Bedeutung  der  Präposition  ganz  verwischt 
und  lediglich  ihre  perfektivierende  Kraft  geblieben  ist,  wie 
namentlich  im  Deutschen; 

2.  wenn,  auch  bei  noch  entschieden  sinnlicher  Bedeutung 
der  Präposition  die  präligierten  Präsensindikative  Futur-  oder 
Präteritalfunktion  übernehmen  wie  in  slavischen  Sprachen; 

3.  wenn  der  Charakter  der  Aktionsart  des  Präsensstam- 
mes so  zurücktritt,  dass  die  präligierten  Formen  momentan- 
perfektive Bedeutung  gewinnen. 

§  71.  Dem  lat.  coin)-  und  dem  got.  ga-,  die  vor  an- 
dern als  Perfektivierungsprätixe  erscheinen,  entspricht  im  Grie- 


1)  Bei  dtrnxöeTo  scheint  z.  ß.  die  Präposition  der  indifferen- 
ten Form  Aoristbedeutung-  gegeben  zu  haben.  Thurnej'sen  IF.  IV  80. 
Vgl.  im  folgenden  auch  §  73  und  §  75. 


226  G.  Herbig, 

chischen  semasiologisch  die  Präposition  cuv.  Hat  sie  einmal 
ähnliche  Funktion  gehabt  wie  jene?  Anton  Funck  hat  in 
seinem  Aufsatz  "der  Gebrauch  der  Präposition  cuv  in  der  Zu- 
sammensetzAiug"  Curtius  Studien  X  155 — 202  die  Frage  be- 
handelt. Das  Hauptinteresse  der  mit  cuv  gebildeten  Yerbal- 
komposita  bietet,  wie  er  S.  158  ausführt,  die  Verwendung  der 
Präposition  in  effektivem  Sinn.  Als  Material  dient  ihm  eine 
vollständige  Sammlung  homerischer  und  eine  ansehnliche  Zahl 
euripideischer  Beispiele.  In  Abschnitt  I  bespricht  er  diejeni- 
gen Verba,  in  denen  die  Präposition  cuv  ein  Zusammensein 
oder  Zusammenwirken  mehrerer  Subjekte  oder,  obwohl  selte- 
ner, eine  auf  mehrere  Objekte  gleichzeitig  sich  ausdehnende 
Thätigkeit  ausdrlickt.  Die  Aktionsart  des  Präsensstammes 
dieser  Klasse  ist  ohne  weiteres  als  iterativ  oder  durativ-im- 
perfektiv zu  bezeichnen.  In  Abschnitt  II  geht  er  zu  denje- 
nigen Verben  über,  welche  nicht  ein  Verbundensein  mehrerer 
Subjekte  oder  Objekte  in  der  gleichen  Thätigkeit,  sondern  eine 
durch  die  Thätigkeit  selbst  erst  zu  liewirkende  Verbindung 
ausdrücken.  Dem  cuvepxo|uai  der  Klasse  I  in  der  Bedeutung 
'zusammengehen,  einen  gemeinschaftlichen  Gang  machen'  tritt 
in  der  II.  Klasse  ein  cuvepxouai  =  congredi  'zusammenkom- 
men, sich  vereinigen',  dem  cujuqpepuu  'zusammen  mit  jemand 
etwas  tragen'  ein  cu)nq)e'puj  conferre  'zusammentragen'  gegen- 
über. Hier  ist  mit  gewissen  Einschränkungen  effektiv-perfek- 
tive Aktionsart  zuzugeben.  S.  186  ff.  wird  eine  hübsche  Er- 
örterung über  die  Entwicklung  der  effektuierenden  aus  der 
sinnlichen  Bedeutung  der  Präposition  gegeben,  die  in  ihren 
Grundzügen  mit  der  von  uns  §  69  adoptierten  Erklärung  über- 
einstimmt. Dann  bringt  er  das  ^Material  im  einzelnen.  Wird 
aus  der  reichen  Fülle  desselben  ausgeschieden,  was  nach  den 
Bemerkungen  §  70  für  unsern  Zweck  nicht  beweiskräftig  er- 
scheint, so  bleibt  von  seinen  fünf  Kategorieen  nur  die  letzte 
S.  200,  in  welcher  er  alle  diejenigen  Verba  zusammenstellt, 
bei  denen  mit  der  sinnlichen  Grundbedeutung  von  cuv-  nichts 
mehr  anzufangen  ist,  so  dass  also  die  perfektiviercnde  Kraft 
als  einziger  Bedeutungsinhalt  der  Präposition  bliebe.  Aber 
auch  hier  schlüpfen  uns  alle  Beispiele  durch  die  Finger,  ohne 
dass  wir  ein  sicheres  festhalten  können.  Funck  selbst  sieht 
sehr  richtig,  dass  diese  mit  cuv-  präfigierten  Verba  meist  Ana- 
logiebildungen sind  nach  solchen,  bei  denen  die  sinnliche  Be- 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  227 

deutung-  der  Präposition  nocli  erkennbar  hervortritt,  und  das 
perfektive  Moment  nur  akzessorisch  ist.  So  vergleichen  sich 
cu|ucp9eipuu  'verderbe',  cuWuuu  'löse  auf  mit  cuvdTVU|m,  cup- 
priYvu)ui;  cuvOripeuuu  'erjage'  mit  cuXXajußdvuu,  cuvapTrd^uj;  cut- 
YiTvuucKUJ  'eog-noseo',  cuvopduu  'conspicio'  mit  cuviinui.  Es  ist 
zum  mindesten  zweifelhaft,  ob  man  in  diesen  mechanischen 
Analogiebildungen  Ansätze  zu  einer  rein  perfektiven  Gebrauchs- 
weise der  prätigierten  Präposition  cuv-  sehen  darf.  Bei  man- 
chen Beispielen  kann  man  überhaupt  mit  gutem  Grunde  statt 
der  vorausgesetzten  effektiv-perfektiven  Aktionsart  eine  itera- 
tiv-durative oder  eine  rein  durative  annehmen.  Vgl.  Eur. 
fr.  684 

cocpoi  be  cuYKpuTTTOuciv  oiKeiac  ßXdßac 
'sie  halten  verborg-en\ 
Xeu.  An.  IV  1,  11 

TTUpd  eKaiov  Kai  cuveuupuuv  ä\\r]kovc 
'sie  konnten  einander  sehen'. 

§  72.  Prüfen  wir  einmal,  ob  statt  des  cuvopdv  ein  an- 
deres Kompositum  des  Präsensstammes  von  öpduu  geleg-ent- 
licli  die  Funktion  des  Aoriststammes  ibeiv  'erblicken'  erhält. 
Etwa  eicopdv;  dieses  Kompositum  wird  (nach  Paul  Kriebitzsch 
Quaestiones  de  usu  verborum  cum  praepositionibus  composi- 
torum  apud  Sophoclem.  Diss.  Inaug.  Halis  Saxonum  1881  und 
Ernst  Lesser  Quaestiones  Aeschvleae  de  ubertate  verborum 
cum  praepositionibus  compositorum.  Diss.  Inaug.  Halis  Saxo- 
num 1893)  bei  Homer,  Äschylos,  besonders  aber  bei  Sophokles 
sehr  häufig  statt  des  Verbum  simplex  gebraucht,  ohne  dass 
bisher  ein  Bedeutungsunterschied  festgestellt  werden  konnte. 
Sollte  dieser  vielleicht  in  der  Aktionsart  liegen"?  Bei  nähc- 
rem Zusehen  muss  uns  aber  schon  die  eine  Thatsache  bedenk- 
lich machen,  dass  der  Aoriststannn  häufiger  mit  eic-  zusam- 
mengesetzt erscheint  als  der  Präsensstamm.  Das  könnte  indes 
ein  Pleonasmus  sein,  wie  er  in  der  Sprache  so  häufig  vor- 
kommt; oder  man  mag  sich  die  Sache  so  zurechtlegen,  dass 
das  Zurücktreten  der  perfektiven  Funktion  des  Aoristes  in 
seiner  konstatierenden  Gebrauchsweise  (vgl.  §§  51,  53)  eine  mor- 
phologische Neubezeichnung  der  Perfektivität  wünschenswert 
machte.  Die  Formen  des  mit  eic-  komponierten  Präsensstam- 
mes sind  schon  bei  Homer  häufig  (vgl.  Mutzbauer  a.  a.  0. 
S.  294);    ich  finde  indes  kein  Beispiel,    bei  dem  ich  versucht 


228  G.  Herbig, 

wäre,  sie  mit  'erblicken'  zu  übersetzen.  Eher  mag-  man  für 
einige  Sophokles-  und  Äschvlosstellen  diese  Bedeutung  in  An- 
spruch nehmen.     Soph.  Phil.  663 — 665 

öc  Y  ^^iou  TÖb"  eicopav  e)Lioi  qpdoc 
)uövoc  bebuuKac,  öc  x^öv'  Oiiaiav  ibeiv, 
öc  TTttiepa  Tipecßuv,  öc  qpiXouc  .  .  . 
Kriebitzsch  sagt  Kompositum  und  Simplex  seien  hier  sine  ullo 
notionis  discrimine  gebraucht,  und  wir  könnten  von  unserm 
Standpunkt  aus  etwa  beifügen,  die  perfektive  Aktio  sei  das 
eine  Mal  durch  Zusammensetzung  mit  eic-,  das  zweite  Mal 
durch  den  Aorist  ausgedrückt.  Aber  hat  Kriebitzsch  über- 
haupt Eecht?  Philoktet  verdankt  seinem  scheinbaren  Retter 
Neoptolemos  zweierlei:  er  schaut  jetzt  wieder  mit  Freuden 
die  glänzenden  Strahlen  der  Sonne  (xöbe  qpdoc),  und  er  wird 
später  Heimat,  Vater  und  Freunde  wieder  erblicken;  das 
eine  ist  ein  gegenwärtig  dauernder  Zustand  eicopav,  das  an- 
dei-e  ein  zukünftiger  Moment  ibeiv:  beide  Verba  sind  also 
trotz  ihrer  korrespondierenden  Stellung  im  Satze  und  trotz 
ihrer  Bedeutungsverwandtschaft  nicht  bedeutungsgleich.  Aesch. 
Prom.  973 

dXX'  eicopo)  Ydp  xövbe  töv  Aiöc  ipöxiv 
Hermes  tritt  auf,  und  Prometheus  unterbricht  seine  trotzige 
Rede  mit  diesem  Verse.  "Wir  könnten  übersetzen:  'doch  ich 
erblicke  hier  den  Boten  des  Zeus'  ferblicken'  im  Sinne  des 
2.  Beisjnels  §  44;.  Aber  diese  Übersetzung  ist  nicht  notwendig. 
Das  Erblicken  des  Hermes  ist  der  Grund,  warum  Prometheus 
seine  Rede  al)bricht,  es  muss  also  diesem  Abbrechen  voraus- 
gehen. Das  Erblicken  bildet  den  ersten  Moment  des  durativen 
Sehens,  nur  dieses  Sehen  hat  sprachlieh  Ausdruck  gefunden 
(eicopuüj,  das  Erl)licken  wird  höchstens  durch  eine  Geste  des 
Schauspielers  markiert. 

Ähnlich  steht  es  mit  Soph.  El.  1430.  Orestes  fragt,  im 
Innern  des  Hauses  auf  Ägisthos  lauernd,  eicopdte  ttoO  töv  dvbp"; 
wir  ktinnten  die  Stelle  wiedergeben  mit:  erblickt  ihr  den  Mann, 
wo  denn')?  Aber  es  liegt  keine  Nötigung  dazu  vor,  im  Ge- 
genteil: nachdem  der  Chor  1429  gesagt  hat  TiuOcacee  •  Xeüccuj 
fdp  Arficeov  eK  npobriXou  ninnnt  der  ungeduldig  harrende  Gre- 
stes  mit  eicopav  einfach  das  durative  Xeuccuj  wieder  auf.    Die 

1)  Ob  eicopÜTe  ttoO  oder  elcopäTe  ttou  zu  lesen  ist,  bleibt  uu- 
entschieden. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  229 

Beispiele  Hessen  sich  an  der  Hand  der  g-enannten  Dissertatio- 
nen vermehren ;  ich  breche  ab  und  rücke  der  Sache  von  an- 
dern Seiten  näher. 

§  73.  Mntzbauer  sagt  a.  a.  0.  S.  15  es  "erscheint  bei 
Homer  die  Form  iivtcto  ihrer  Bedeutung-  nach  als  Imperfekt 
(er  stand  gegenüber),  das  Kompositum  cuviiviexo  dagegen  als 
Aorist  (zusammentretfen,  zusammenstossen)" ;  ähnlich  diene 
dmixöeio  als  Aorist,  fixöeio  als  Imperfekt.  Spricht  dies  nicht 
für  die  perfektivierende  Kraft  der  Präposition?  In  den  oben 
(§  70)  gezogenen  Grenzen,  ja;  aber  diese  Funktion  ist  nur 
eine  zufällige,  vereinzelte,  durch  den  Zusammenhang  bedingte; 
denn  auch  die  nicht  zusammengesetzte  Form  dviöiuevoc  hat 
stets  Aoristbedeutung,  und  andrerseits  kommt  das  zusammen- 
gesetzte dtTirixöeTO  auch  als  Imperfekt  vor.  Beachte  auch,  was 
über  die  Pertektivität  der  Präterita  überhaupt  1)emerkt  wurde. 
(§  ö4). 

Ähnlich  ist  die  Behauptung  G.  Mahlows  (KZ.  XXVI  580) 
zu  verstehen,  dass  gewisse  Simplicia  durch  Komposition  mit 
diTO-  und  Kttia-  'resultativ'  werden  können;  über  das  Ver- 
hältnis von  rcsultativ  zu  perfektiv  vgl.  §  50. 

§  74.  Brugmann  gibt  GrGr.^  §  154  Anm.  für  den  Satz, 
<iass  die  aoristische  Aktionsart  auch  durch  den  Präsensstamm 
mit  vorgesetzter  Präposition  ausgedrückt  werden  könne,  das 
Beispiel  Xen.  Hell.  I  6,  16  Kövuüv  b'  ecpeuTe  täte  vauciv  eu 
■nXeoucaic,  xai  KaiacpeuTei  eic  MuriXiivriv  inc  Aecßou.  Das  Prä- 
sens Kaiacpeüfei  lässt  sich  hier  entschieden  momentan-perfektiv 
autfassen,  hätte  also  nach  §  70  (3)  eine  gewisse  Beweiskraft. 
Aber  nur  scheinbar:  KaxacpeuTei  ist  nur  formell  ein  Präsens, 
in  Wahrheit  hat  es  als  praesens  historicum  präteritale  oder, 
wenn  man  will,  zeitlose  Funktion.  Dass  aber  das  praesens 
historicum,  auch  das  nicht  präfigierte,  ohne  weiteres  auch 
den  Aorist  mit  der  ihm  eigentümlichen  Aktionsart  vertreten 
kann,  hat  Karl  Theodor  Rodemeyer  Das  Praesens  historicum 
bei  Ilerodot  und  Thukydides.  Inaug.-Diss.  Basel  1889,  für 
Herodot  und  Thukydides,  Fr.  llultsch  für  Polybius  nachge- 
wiesen. Rodemeyer  konnnt  S.  (33  zu  dem  Schlussresultat,  das 
praes.  bist,  beim  Futurum  und  in  der  Erzählung  vergangener 
Ereignisse  werde  ganz  in  derscll)cn  Weise  verwendet,  dass 
dasselbe  nämlich  eine  Handlung  bezeichne,  welche  in  einem 
vorher  genau  bezeichneten  Zeitpunkt  vor  sich  gehe.     Die  in 


230  G.  Hevbi<j, 

einem  Zeitpunkt  vor  sieh  g-ehende  Handlung-  nennen  wir  eine 
momentan-perfektive  (vgl.  die  g-raphische  Darstellung  §  M), 
Fr.  Hultsch  weist  in  der  3.  der  §  51  genannten  Abhandlungen 
nach,  dass  das  praes.  hist.  den  Aorist  wie  das  Im])erfektum 
vertrete  (S.  42  ff.).  In  unserm  Fall  hat  zudem  auch  die  Prä- 
position Kttta-  nach  der  bekannten  griechischen  Auffassung  fvon 
der  hohen  See  ans  Land)  noch  entschieden  sinnliche  Bedeutung. 
Wir  sind  nicht  genötigt,  die  perfektive  Bedeutung  in  ihr  zu 
suchen;  diese  kann  mindestens  mit  demselben  Recht  in  dem 
einen  Aorist  vertretenden  verbum  simplex  cpeuYei  gefunden 
werden;  kurz,  das  Beispiel  ist  so  wenig  eindeutig,  wie  alle 
andern,  und  beweist  für  unsern  Zweck  nichts. 

Wie  man  KaiacpeuYeiv  einem  (pu^eiv  gleichgesetzt  hat, 
könnte  man  auch  KaiaXaiußdveiv  etwa  mit  XaßeTv,  Kaxa-  od. 
dtTTOKTeiveiv  mit  Kteivai  vergleichen.  Hier  ist  zudem  die  sinn- 
liche Bedeutung  der  Präposition  bis  zur  Unkenntlichkeit  ver- 
Avischt.  Aber  Pralle  wie  Thuk.  IV  116,  1  eTnopepö|uevoc  tuj 
cxpaTLu  euGuc  xö  xeixicjua  \a|ußdvei  od.  Herod.  III  128,  23  Kxei- 
vouci  TTapauxiKa,  wo  das  nicht  zusammengesetzte  praes.  hist. 
entschieden  momentan -perfektive  Aktionsart  vertritt,  warnen 
vor  allen  einseitigen  Schlüssen. 

§  75.  Die  Erwähnung  von  arro-  oder  KaxaKxeiveiv 
bringt  auf  einen  neuen  Gedanken.  Es  gibt  im  Griechischen 
eine  Anzahl  von  Verben,  die  stets  oder  in  der  überwiegenden 
Mehrzahl  der  Fälle  mit  einer  Präposition  verbunden  erschei- 
nen. Vgl.  CK-  und  KaxaixXriccuu,  dTT6x9dvo|uai,  uTTicxveouai, 
d,u(pievvu|Lii,  dno-  und  Kaxacßevvum,  dvoiYvu)Lii,  djröXXuiui,  dva- 
ßiuucKO)aai,  dTTobibpdcKUj,  dTToBvriCKuu,  KaQilix).  Man  muss  zuge- 
ben, dass  in  solchen  Fällen  wegen  der  vorwiegend  perfektiven 
Aktionsart  der  Verbalbegriffe  durch  die  ständige  Prätigierung 
des  Präsensstammes  eine  Assimilation  desselben  an  den  Aorist- 
stamm im  Keime  vorliegt;  von  einem  wirklich  sprachbildcn- 
den  Prinzip  kann  noch  keine  Rede  sein.  Einige  diese  Verba 
kommen  durativer  Auffassung  sehr  weit  entgegen:  dvaßaOcKe- 
c9ui  '"allmählich  wieder  auf  lel)cn',  dTToBvncKeiv  ^im  Sterben  lie- 
gen'*); daneben  liegen  andere  ftist  ständig  prätigierte  Verba 
vor,    die   rein    durativ   sind:    KaxabapBdvuu,    Ka6eubuj,    KdBrmai. 


1)  Vau    liübsclu'S   Beispiel    für    die    iterative    Funktion    dieses 
Verbuiiis  findet  sich  bei  Herondas  I  HO: 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  231 

§  76.  "Wir  haben  bisher  immer  einzelne  Beispiele  heraus- 
gegriffen. Versuchen  wir  einmal  die  Verhältnisse  bei  einem 
Schriftsteller  mehr  im  Zusammenhang  zu  überblicken.  Als 
solcher  eignet  sich  vorzüglich  Polybius.  Er  gilt  gemeinhin, 
als  Vertreter  der  koivt],  für  einen  Autor,  der  Aorist-  und  Prä- 
sensstamm ziemlich  promiscue  gebraucht,  und  gerade  das 
Schwinden  der  Aoristempfindung  ist  ja  mit  die  günstigste 
Vorbedingung  für  das  Aufkommen  neuer  perfektiver  Verbal- 
kategorieen.  Es  ist  weiter  nicht  unbemerkt  geblieben,  das  Po- 
lybius sehr  häufig  Verbalkomposita  statt  der  attischen  Sim- 
plicia  in  Gebrauch  hat  und  neu  erfindet;  eine  Anwendung  auf 
unsern  Fall  liegt  nahe.  Schliesslich  wird  ein  Überblick  ge- 
rade bei  diesem  Schriftsteller  dadurch  bedeutend  erleichtert, 
dass  zuverlässige  Vorarbeiten  zur  Verfügung  stehen.  Als  solche 
nenne  ich:  Gustav  Mollenhauer  De  verbis  cum  praepositioni- 
bus  compositis  Polybianis.  Diss.  Inaug.  Halis  Saxonum  1881.  — 
Franz  Krebs  Die  Präpositionen  bei  Polybius.  1.  Heft  der  'Bei- 
träge zur  historischen  Syntax  der  griechischen  Sprache  hgg. 
V.  M.  Schanz'  "Würzburg  1882.  —  Gustav  i\Iollcnhauer  De 
eis  verbis  cum  ])racpositionibus  compositis  quae  a  l^olybio  ipso 
novata  sunt.  Progr.  des  Dom-Gymnasiums  zu  Merseljurg  1888, 
Schliesslich  die  schon  beigezogene,  höchst  umfangreiche  und 
sehr  gewissenhafte,  wenn  auch  etwas  umständliche  Arbeit  von 
Fr.  Hui t seh.  (§  51  Anm.  1). 

Krebs  liefert  nach  dem  Vorgang  von  Tycho  ^Monnnscn 
in  desseji  Abhandlungen  über  cuv-|aeTd-ä|ua  bei  Homer,  Euri- 
pides  und  den  Nachhomerikern  Frankfurter  Jahresberichte  1874,^ 
1876,  1879  (jetzt  auch  in  Beiträge  zur  Lehre  von  den  grie- 
chischen Präpositionen  Berlin  1895)  eine  statistische  Arbeit 
über  das  Leben  der  Präpositionen  bei  Polybius.  Da  er  die 
Präposition  in  der  Zusammensetzung  mit  Verben  von  der  syste- 
matischen Betrachtung  ausschliesst,  hat  die  Arbeit  für  uns  nur 
mittelbaren  Nutzen. 

Mollenhauer  gibt  in  seiner  Dissertation  zunächst  eine  kurze 
Angabe  der  Gründe,  warum  bei  Polybius  in  und  ausserhalb 
der  Zusammensetzung   die  Präpositionen  häufiger  sind  als  bei 


KOI  f.i€u  ouxe  vuKTÖc  oux'  Itt'  ri,uepr)v  Xeinei 
TÖ  6üj|aa,  xeKvov,  äXXa  jaeu  KaxaKXaiei 
Küi  TüTaKiZei  Kai  TToBduuv  dTToevi^cKei. 


■232  G.  Herbig-, 

früheren.  Dann  behandelt  er  nacheinander  die  mit  ducpi,  dvd, 
dvTi,  dnö,  bid  ziisamuieng-esetzten  Verl)a,  namentlich  in  ihrem 
Unterschied  zum  attischen  Sprachg-ebrauch.  Dieselbe  Dispo- 
sition verfolgt  er  in  seinem  Programm,  nur  dass  er  hier  alle 
die  Komposita  herbeizieht,  welche  ihm  als  Neuerungen  des  Poly- 
l)ius  erscheinen.  Im  einzelnen  betont  er  auch  die  vis  effec- 
tiva  atque  intensiva  der  Präposition  in  der  Zusammensetzung. 

Fr.  Hultsch  spricht  nach  einigen  allgemeinen  Bemer- 
kungen über  die  erzählenden  Zeitformen  im  allgemeinen  über 
das  Imperfekt  der  Dauer,  der  Entwicklung  und  der  Schilde- 
rung. Dann  werden  23  grosse  Verbalgruppen  auf  ihr  Ver- 
hältnis zum  Imperfekt  und  Aorist  hin  untersucht.  Dabei  hält 
■er  immer  einfache  und  zusammengesetzte  Verba  scharf  aus- 
einander. Nach  ergänzenden  Bemerkungen  über  den  Aorist 
nnd  über  den  Wechsel  von  Aorist  und  Impeifekt  werden  zum 
Schluss  noch  das  Präs.  bist,  und  das  Plusquamperfekt  erörtert. 
Ich  habe  an  der  Hand  dieser  erschöpfenden  Arbeiten  unsere 
Frage  nach  den  §  70  gegebenen  drei  Gesichtspunkten  geprüft 
lind  die  bisher  gewonnenen  negativen  Resultate  in  allen  Pmik- 
ten  bestätigt  gefunden.  Ich  halte  es  daher  für  überflüssig, 
die  gegebenen  Beispiele  durch  solche  aus  Polybius  beliebig 
zu  vermehren. 

Nur  den  Grund  möchte  ich  anführen,  warum  auch  hier 
die  Resultate  der  Untersuchung  negativ  bleiben,  obwohl  gün- 
stigere Vorbedingungen  positive  Ergebnisse  verhiessen.  Er  ist 
einfach  genug :  die  günstigeren  Vorbedingungen  sind  nur  Schein, 
sie  beruhen  auf  einem  wissenschaftlichen  Vorurteil,  das  Hultsch 
zerstört  hat,  und  auf  der  übereilten  Anwendung  anders  zu  er- 
klärender Thatsachen  auf  unscrn  Fall.  Dass  die  Zunahme 
präfigierter  Verl)a  in  der  si)äteren  Gräzität  auf  andern  Grün- 
den beruht  als  auf  dem  Bedürfnis  nach  neuen  Perfcktiv-Kate- 
^orieeu,  lese  man  in  den  Einleitungen  bei  ^lolleuhauer  nach; 
<lass  die  Ansiclit.  als  habe  Polybius  Präsens-  und  Aoriststamm 
ziemlich  willkürlich  gebraucht,  fallen  muss,  hat  Hultsch  m.  E. 
unzweifelhaft  festgestellt.  Sein  Verfahren,  einzelne  Bedeutuugs- 
gruppen  von  Verben  auf  den  einen  Gesichtspunkt  hin  zu  ])rü- 
fen,  scheint  mir  sehr  glücklich  zu  sein,  weil  hier  dem  Grund- 
satz Rechnung  getragen  wird,  dass  verschiedene  Verbalbegriffe 
sich  verschie<len  zu  den  einzelnen  Aktionsarten  verhalten  und 
deiuiremäss  auch   verschieden   beurteilt    werden    müssen.     Die 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  235 

Definition,  welche  er  S.  7  der  ersten  Abhandlung;  vom  Aorist 
ixiht,  dass  er  nämlich  "die  einmal  hervortretende  oder  die  in 
eins  zusammeng-edräng'tc,  jedenfalls  aber  eine  solche  Handlung 
bezeichnet,  welche  zugleich  mit  ihrer  Erwähnung-  als  abg-e- 
sch Jossen  zu  g-elten  hat",  darf  wohl  in  ihrem  letzten  Teil 
als  eine  Umschreibung-  der  perfektiven  Aktionsart  g-eltcn,  wenn 
sie  auch  Hultsch  zunächst  nur  für  den  präteritalen  Indikativ 
Aorist  g-ibt. 

§  77.  Es  trifft  sich  g-ut,  dass  zu  derselben  Zeit,  in  der 
Hultsch  diese  Thatsachen  für  INdybius  konstatiert,  von  ^lutz- 
bauer  ein  ähnlicher  Versuch  für  Homer  g-emacht  wird.  Von 
^lutzbauer  lernen  wir,  dass  auch  Homer  schon  Präsens-  und  Ao- 
riststamm der  Verschiedenheit  ihrer  Aktionsarten  nach  scharf 
auseinanderhält;  nur  darf  man  diesen  Erweis  nicht  in  dem  ersten 
theoretischen  Teil  von  Mutzbauers  ])Uch  suchen,  der  vielfach 
anfechtbar  ist,  sondern  in  dem  ausführlichen  zweiten  Teile,  in 
dem  er  die  einzelnen  Verba  der  Reihe  nach  vornimmt.  Sind 
so  von  zwei  verschiedenen  Seiten  für  den  Anfang-  der  g:rie- 
chischen  Schriftsprache,  für  Homer,  und  für  den  Anfang-  einer 
neuen  Entwicklung-  derselben,  für  Polybius,  ähnliche  That- 
sachen festgestellt,  die  man  bisher  nicht  in  vollem  Umfang' 
g-elten  lassen  wollte,  so  darf  man  wohl  von  der  weiteren  For- 
schung in  dieser  Richtung  annähernd  gleiche  Resultate  erwar- 
ten, d.  h.  es  wird  sich  zeigen,  dass  die  perfektive  Aktionsart 
des  Aoristes  zu  allen  Zeiten  viel  deutlicher  in  der  griechischen 
Sprache  hervortritt,  als  man  bisher  anzunehmen  geneigt  war  ^). 
Es  lässt  sich  ja  manches  a  priori  dafür  anführen.  Man  be- 
achte z.  B.  dass  die  Aoriste  des  Neuen  Testamentes  von  Ul- 
filas  in  der  Regel  durch  gotische  Perfektiva  wiedergegeben 
werden.  Auf  eine  ununterbrochene  gleichartige  Gebrauchs- 
weise lässt  namentlich  auch  der  Umstand  schliessen,  dass  diese 
Funktion  des  Aoristes  auch  im  Neugriechischen  noch  lebendig- 
ist und  sogar  auf  einer  andern  Zeitstufe  Proselyten  macht, 
"Im  Neugriechischen",  sagt  G.  N.  Hatzidakis  in  seiner  Ein- 
leitung- in  die  neugriechische  Grammatik  S.  o90  (  =  Idg.  Gram- 
matiken Bd.  V  Leipzig  1892),    "werden  ganz  wie  im  Altgrie- 


1)  Vgl.  auch  Guil.  Schmidt  De  Flavii  Josephi  elocutione  ob- 
servationes  criticae.  Leipzig'  1893.  Comment.  ex  vices.  annalium 
philol.   suppl.  seors.   expressa.     Dazu  LC.  1894  Xo.  37  (Blassj. 


•234  G.  Her  big, 

einsehen  Aorist  und  Imperfekt  streng  auseinandcrg'elialten  z.  B. 
eXe^a  =  dicebani,  eiTta  =  dixi.  Ausserdem  bildet  das  Neu- 
griocliische  durch  das  Hültsverb  Ge'Xuu  und  den  Infinitiv  des 
Präsens  und  Aoristes  zwei  Futura.  Das  erste  z.  B.  BeXuu  :fpd- 
<pei  oder  9d  Ypdcpuj,  dem  Präsensstamni  angehörend,  drüekt 
eine  dauernde,  das  zweite  GeXuu  YpdiiJei  oder  öd  ^pd^^uu,  dem 
Aoriststamm  angehörend,  eine  momentane  Handlung  aus,  ein 
Unterschied,  der  nie  vernachlässigt  wird". 

§  78.  Es  zeigt  sich  also,  dass  die  griechische  Sprache 
in  ihrem  Aorist  stets  ein  Mittel  besass,  die  momentan-perfek- 
tive Aktionsart  zu  bezeichnen;  es  wird  sich  noch  ergeben  (§  84), 
dass,  wie  die  prätigierte  Präj)osition  nur  sporadisch  perfekti- 
vierend  wirkte,  so  auch  das  mit  ihr  zusammengesetzte  Ver- 
bum  nur  sporadisch  Futurstelle  vertrat,  weil  eben  ein  Bedürf- 
nis zu  solcher  Verwendung  nicht  vorhanden  war;  erwähnen 
wir  noch,  dass  die  Bedeutung  der  griechischen  Präposition 
fast  niemals  ihren  sinnlichen  Grundcharakter  verleugnete,  dass 
sie  nie  mangels  ausgeprägter  Bedeutung  morphologisch  ver- 
kümmerte und  sieh  nie  von  der  selbständigen  Gebrauchs- 
weise im  Satze  auf  die  Funktion  eines  Präfixes  zurückzog, 
so  werden  wir  so  ziendich  alle  Gründe  erschöpft  haben,  die 
im  Griechischen  verhinderten,  dass  aus  vereinzelten  Beispielen, 
die  man  als  perfektive  Verbalkomposita  deuten  könnte,  sich 
wie  anderwärts,  eine  neue  grammatische  Kategorie  entwickelte. 

Ich  halte  es  übrigens  für  meine  Pflicht  zu  erklären,  dass 
diese  Untersuchung  keine  systematische  und  vollständige  sein 
will  im  Sinn  der  modernen  Spraclistatistik,  und  dass  sie  sieh 
insbesondere  auf  keinen  Schriftsteller  erstreckt,  der  nach  Ab- 
schluss  des  Neuen  Testamentes  geschrieben  hat:  sie  wurde 
abgebrochen,  weil  das  Resultat  auf  der  ganzen  Linie  nega- 
tiv war. 

Indogermanische  'Präsens'-Klassen   als  Trägerinnen 
perfektiver  Bedeutung.     §  79 — 106. 

tj  70.  Ausser  den  Verben,  die  mit  einer  Prä])osition  zu- 
f^annncngesetzt  sind,  i)esitzt  das  Abg.,  von  dem  wir  ausgehen, 
noch  eine  morphologisch  gekennzeichnete  Kategorie  perfektiver 
Verl)a,  die  nasalierte  Präsensklasse  '§  35). 

Ist  im  Griechischen   oder  in   andern    idg.  Sprachen   eine 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  235 

ähnliche  Erscheinung-  zu  beobachten?  Wenn  ja,  wie  ist  sie 
zu  erklären,  und  insbesondere,  welches  Verhältnis  besteht  zwi- 
schen der  perfektiven  Funktion  und  den  morphologischen  Ele- 
menteU;  an  welche  sie  geknüpft  erscheint?  Eine  ähnliche 
Frage  wurde  für  die  Yerba,  welche  durch  Zusammensetzung 
mit  Präpositionen  perfektiv  werden,  schon  §§  68  ff.  aufgeworfen 
und  beantwortet.  Es  ist  sofort  klar,  dass  die  dort  gegebene 
Erklärung,  die  von  der  Bedeutung-  der  Präposition  ausging, 
nicht  ohne  weiteres,  wahrscheinlich  sogar  überhaupt  nicht  auf 
die  ganz  anders  g-earteten  morphologischen  Elemente  bestimm- 
ter Präsensstämme  ül)ertrag-en  werden  kann. 

Wir  pflichteten  oben  (§  51)  der  Ansicht  von  Curtius  bei, 
dass  im  Griechischen  der  Aorist  das  Mittel  zur  Perfektivierung 
des  Verbalbegriffes  ist;  wir  hatten  schon  früher  (§  12)  mit 
Brugmann  erkannt,  dass  die  Aoristformen,  morphologisch  ge- 
nommen, sich  von  den  Typen  gewisser  Präsensklassen  in  nichts 
unterscheiden.     Sie  sind  also  hier  mitzubehandeln. 

Für  die  Judikative  bestimmter  perfektiver  Präsensklas- 
sen gilt  natürlich  dasselbe,  was  vom  perfektiven  Indikativ  Prä- 
sens überhaupt  ausg-eführt  wurde:  sie  sind  entweder  bloss  formell 
präsentisch  oder  bloss  formell  perfektiv.  Zur  ersten  Abteilung 
gehören  (von  Brugmanns  Präsensklassen)  die  Hauptmasse  der 
Fälle  aus  Klasse  II  B,  XIX,  XXX  B,  für  das  Abg.  auch  aus 
der  Xasalklasse,  dazu  viele  Formen  aus  Klasse  I  und  X;  zur 
zweiten  Abteilung  die  übrigen  Formen  dieser  Klassen,  nament- 
lich die  sog.  Aoristpräsentia  und  viele  Nasal-,  -sko-  und  -dho- 
Präsentia  mit  inchoativer  Bedeutung.  Die  Gründe  dieser  Zu 
teilung-  und  Klassifizierung-  werden  sich  im  Lauf  der  Unter- 
suchung von  selbst  ergeben. 

§  80.  Ich  konnnc  nun  zunächst  zu  der  Vorfrage:  in 
welchem  Zusammenhang  steht  perfektive  Form  und 
perfektive  Bedeutung  in  den  Präsensklassen  (§  81)? 
Darnach  behandele  ich  in  zusammenfassender  Darstellung  I. 
diejenigen  Präsensklassen,  welche  nur  scheinbar 
perfektiv  sind  (§82);  II.  diejenigen,  welche  nur  schein- 
bar präsentisch  sind  d.  h.  solche,  die  unter  dem 
Zwang  der  perfektiven  Bedeutung  auf  eine  andere 
Zeitstufe  übertreten  und  zwar  a)  auf  die  futurische 
(§  83—84),  b)  auf  die  präteritale  (§  85—106). 

§  81.     Zur  Erledigung  der  Vorfrage  nehme  ich  die  ein- 


^  36  G.  Herbig-, 

zelneii  Präsensklassen,  die  in  Betracht  kommen,  der  Reibe 
nach  vor. 

Klasse  I:  die  reine  Wurzel  als  Präsensstamm,    (e-ciri-v). 

Dass  die  reinen  Wurzeln  von  Anfang-  an  eine  bestimmte 
Aktionsart  bezeichneten,  ist  von  vornherein  unwahrscheinlich; 
ihnen  vermöge  ihres  Bildungscharakters  von  alters  her  aori- 
stisch-perfektive  Aktionsart  zu  vindizieren,  geht  auch  deshalb 
nicht  an,  weil  dann  alte  durative  Präsentia  wie  '^es-ti  unver- 
ständlich würden  (Brugmann  Gr.  Gr.-  8.  181).  Die  Sache  liegt 
jedenfalls  so:  die  reine  Wurzel  war  je  nach  ihrem  Bedeutungs- 
inhalt perfektiv  oder  imperfektiv,  daher  sind  die  Verba  der 
ersten  Klasse  auf  beide  Aktionsarten  oder,  ins  Griechische 
übersetzt,  auf  Aorist-  und  Präsensstamm  verteilt.  Bemerkens- 
wert ist,  dass  den  Hauptvertretern  der  perfektiv-aoristischen 
Aktionsart  in  der  Klasse,  den  Wurzeln  '^dhe  *se  ^dö  *sta,  der 
Bedeutung-  nach  auch  im  Slavischen  Verba  entsprechen,  die 
durch  ihren  Wurzelbcgriff  an  und  für  sich  perfektiv  sind  und 
der  Zusanmiensetzung-  mit  einer  Präposition  zur  Perfektivierung 
nicht  mehr  bedürfen  (§§  35,  66). 

Klasse  II  B:  die  tiefstufig-e  Wurzel  mit  angefügtem  be- 
tonten Themavokal  als  Präsensstamm.     (Xm-eTv). 

Die  morphologische  Entstehung  dieser  Klasse  im  Geg-en- 
satz  zum  Typus  II  A  führe  ich  mit  Fick,  PauP)  u.  a.  ledig- 
lich auf  lautmechanische,  durch  Akzent  veranlasste  Ditfcrenzie- 
rung  eines  Paradigmas  zurück;  die  Formen  haben  also  an 
und  für  sich  mit  der  aoristischen  Aktionsart  nichts  zu  thun. 
]\Ian  scheint  l)loss  im  Sinne  Toblers-)  eine  Funktionsdiflferen- 
zierung  an  eine  rein  mechanisch  entstandene  und,  wie  sie 
vorlag,  überflüssige  Lautdifferenzierung  geknüpft  zu  haben. 
Mciglicherweise  hat  zu  dieser  Verknüpfung  u.  a.  eine  Deutung 
beigetragen,  welche,  wde  es  von  modernen  (ielehrten  noch 
heute  geschieht^),  in  gedrängten  Formen  wie  Xmo-  die  meist 
momentane,  perfektive,  in  voller  und  länger  klingenden  Formen 
wie  XeiTTO-  die  durativ-imperfektive  Aktionsart  symbolisch  dar- 
gestellt fand. 

1)  Brug-mann  Gnlr.  II  914  Anni.  —  Fritz  Bechtcl  H;iuptpro- 
bleme  3.  Kap. 

2)  Zcitschr.  1".  Vi.li<erp.sychologie  1H71  S.  207.  Auch  Raoul 
<le  la  Grasserie  Cat.  du  temps.  S.  23. 

3)  Mutzbauer  Orundlag-ou  d.  g-riecli.  Teini>.  S.  14. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  237 

Klasse  X:  Die  "Wurzel  mit  angefügtem  a  e  ö  als  Prä- 
sensstamm,    ('e-bp-ä-v). 

Auch  die  Verba  dieser  Klasse  hatten  von  Haus  an  mit 
dem  Sinn  der  präsentischen  oder  aoristiscben  Aktionsart  nichts 
zu  thun,  weil  sie  seit  urindogermanischer  Zeit  nicht  an  ein 
bestimmtes 'Tempus'  gebunden  waren  (Brugmann  Grdr.  II951). 

Dies  wird  noch  sicherer,  wenn  wirklich  a  und  e,  wie 
Brugmann  sehr  wahrscheinlich  macht,  mit  den  Nominalsutfixen 
ä  e  identisch  sind,  in  gleicher  Weise,  wie  die  Themavokale 
o-e  dem  o-e  nominaler  o-Stämme  gleichgesetzt  werden.  Wie 
sie  mit  Vorliebe  aoristisch  -  perfektive  Bedeutung  erlangen 
konnten,  ist  unklar;  vielleicht  wurden  sie  der  morphologischen 
Ähnlichkeit  halber  auch  funktionell  an  Typen  der  1.  Klasse 
angelehnt  wie  e-cxri-v,  d-sthä-t,  d-dä-t,  ä-dhä-t,  die  ihrer 
natürlichen  Bedeutung  nach  perfektiv  waren  (s.  oben).  Sehr 
zweifelhaft  bleibt,  ob  sich  Spuren  dieser  Erscheinung  auch 
noch  im  Lateinischen  finden,  wo  sonst  die  idg.  Bezeichnung 
perfektiv-aoristischer  Aktionsart  nicht  mehr  für  diese  Bedeu- 
tung üblich  ist;  vgl.  occiipare  :  capiö,  suspicdri  :  speclö,  prö- 
fligäre  :  fllgö,  compelldre  :  pellö,  aspernäri  :  spernö  (Brug- 
mann Grdr.  II  957).  Selbst  bei  der  Annahme,  dass  die  vor- 
wiegend perfektive  Bedeutung  der  ersten  gegenüber  den  zweiten 
Formen  sich  eben  durch  die  «-Bildung  als  sehr  alt  erweist, 
w^äre  unbedingt  zuzugeben,  dass  jene  Aktionsart  in  histor.  Zeit 
nicht  mehr  in  diesem  morphologischen  Element  empfunden, 
sondern  durch  Präfigierung  mit  Präpositionen  durchweg  neu 
bezeichnet  Avurde.  Aber  jene  «-Bildungen  sind  überhaupt 
allem  Anschein  nach  jüngeren  Ursprungs  und  anders  zu  er- 
klären, worauf  mich  Prof.  Brugmann  aufmerksam  macht.  Dass 
die  «-Bildung  sich  gerade  innner  beim  Kompositum  zeigt, 
ist  eine  Konsequenz  des  Verhältnisses  von  pavtldpäre.  manci- 
päre,  mancupäre  zu  capere,  sacrißcare  zu  facere,  jüdkäre 
zu  dicere  usw.  Diese  Verl)a  waren  Denominativa  (von  particeps 
manceps,  sacrifex)  und  nach  ihrem  Verhältnis  verfuhr  mau 
auch  bei  den  Präpositionskomposita;  so  entstand  occupäre  nach 
mancupäre,  suspicdri  nach  auspicäri  und  in  weiterer  Folge 
aspernäri  zu  spernere. 

Klasse  XIX :  die  Wurzel  mit  angefügtem  -s-,  -es-,  -f>.v-  als 
Präsensstamm,     (rjb-e-a,  ä-vfd-is-am). 

Über  die  Identität  dieses  s  im  Präsens  mit  dem  Aorist- 
indogermanische  Forschungen  VI  3  u.  J.  Iß 


238  G.  Herbig', 

s  wurde  im  Anscliluss  an  Brngmann  Grdr.  II  1019  schon  §  12 
gesprochen;  über  die  Identität  mit  dem  s  im  Futnrsnflfix  -sio 
§  V2,  mit  dem  s  des  rräsenssuftixes  -sl-o  §  60.  Die  Entste- 
hung der  ganzen  Klasse  aus  Typen  mit  dem  Nominaltufifix  -es-, 
entsprechend  den  Typen  mit  Xominalsuffix  o  ä  e  hat  sehr 
vieles  für  sich,  lässt  sich  aber  bis  jetzt  nicht  im  einzelnen 
durchführen.  Jedenfalls  ist  das  -s-  kein  morphologisches 
Element,  in  dessen  Wesen  die  Perfektivität  begründet  wäre. 
Auch  hier  scheint  diese  Funktion  von  -es-Typen  ausgegangen 
zu  sein,  die  nach  ihrer  natürlichen  Bedeutung  mit  Vorliebe 
perfektiv  waren.  Als  der  Begrifit'  der  Perfektivität  weiter  um 
sich  griflt",  und  die  psychologische  Kategorie  sich  zu  einer  gram- 
matischen entwickelte,  wurde  das  -(e}s-  produktiv,  da  das  Be- 
dürfnis nach  morphologischem  Ausdruck  der  perfektiven  Ak- 
tionsart durch  das  im  zweiten  Aorist  vorliegende  Mittel  nur 
bei  den  wenigsten  Verben  befriedigt  werden  konnte. 

Klasse  XXX  B :  (beiK-c-iu).  Vgl.  oben  Kl.  XIX  dazu  §§  83, 84. 

§  82.  Zeigt  sich  bei  den  bis  jetzt  besprochenen  Klassen, 
dass  die  perfektive  Bedeutung  und  das  ihr  entsprechende 
morphologische  Element  sich  nicht  wesentlich  einander  bedin- 
gen, so  wird  verständlich,  dass  auch  eine  Anzahl  wirklicher 
Präsentia,  die  sog.  Aoristpräsentia,  mit  dem  Element  ver- 
sehen sind,  ohne  aus  der  durativen  Aktionsart  des  Präsens 
herauszutreten  und,  bedrängt  durch  den  psychologischen  Zwang 
der  i)erfektiven  Aktit)nsart,  auf  eine  andere  Zeitstufe  ül)erzu- 
springen.  Die  Formen  wurden  entweder  rein  analogisch  ohne 
Rücksicht  auf  die  Bedeutung  der  Aktionsart  ins  Präsens  ver- 
schleppt: nach  etpeTTOV  :  xpeTTUü  bildete  man  etwa  zu  eTparrov 
ein  dorisches  ipd-rTuu.  Oder  wir  müssen  für  Präsensforiiien  wie 
ai.  tirdti  neben  fdrati,  krsdti  neben  l-dr.snfi  ähnliclie  Akzent- 
gesetze voraussetzen,  wie  die,  welche  die  verschiedene  Stannn- 
abstufung  im  iiijunkti\'  Acranlassteu,  an  ancIcIic  sich  die  Bedeu- 
tung i)erfektiver  und  imperfektiver  Aktidiisart  knüpfte.  Dass 
letzteres  nicht  im  Präsens  eintrat,  erklärt  sich  aus  der  Unver- 
träglichkeit des  teni])ns  |traesens  und  der  actio  perfectiva; 
es  steht  auch  der  Annalniie  nichts  im  Weg,  dass  ImpiM-fekt- 
und  Aoristinj'uid^tiv  begiifliich  schon  gescliicMJcn.  nnd  dass  das 
sie  sclifidcndc  scmasiologischc  Prinzip  niriif  mehr  lebendig 
war,  als  die  Präsensformen  gleicher  Formation  unter  ähnlichen 
mechanischen  Akzent ".-esetzen  ":eschall'('n  wurden. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  239 

Die  weitere  Ausdehnung  solcher  Aoristpräsentia,  besonders 
auch  auf  solche  Vcrba,  deren  Aorist  niorpholog'isch  anders 
g-ebildet  war,  wurde  namentlich  dadurch  gefördert,  dass  in 
einigen  Sprachen  nach  dem  Aufkommen  der  Zeitstufen  die 
Kategorie  der  Aktionsarten  verkünnnerte  oder  doch  an  andere 
morphologische  Elemente  geknüpft  wurde.  Das  erste  scheint 
mir  der  Fall  7A\  sein  im  Altindischen,  wo  die  Kl.  II  B.  im 
Präsens  grossen  Umfang  gewinnt'),  das  zweite  im  Slavischen, 
wo  eine  ähnliche  Erscheinung  zu  beobachten  ist-). 

In  andern  Fällen,  bei  der  Nasal-,  -slxO  und  -dho 
Prä sensk lasse,  beruht  die  Gleichstellung  mit  der  aoristischeu 
Aktionsart  auf  einer  Verwechslung  der  Begriffe  inchoativ  und 
Ingressiv.  Sie  sind  aber  wohl  zu  scheiden.  Dass  der  ingres- 
sive  Aorist  im  Grund  genommen  ein  effektiver  ist,  wurde  §  53 
gezeigt.  Bei  ihm  fallen  Anfang  und  Abschluss  der  Handlung 
in  der  Absicht  des  Redenden  zusammen;  das  inchoative  Prä- 
sens bezeichnet  wirklich  den  Anfang  einer  Thätigkeit  im  Gegen- 
satz zu  ihrem  Abschluss  und  betont  so  nachdrücklich  die  Im- 
perfektivität  der  Handlung.  Dass  beide  Begriffe  ein  gemein- 
sames haben,  soll  nicht  bestritten  werden;  die  Thatsache  spie- 
gelt sich  sogar  in  der  Gleichheit  morphologischer  Elemente 
wieder:  die  Nasalklasse,  die  sich  im  Germanischen  als  inchoativ 
darstellt^),  erscheint  im  Altbulgarischen  als  Ingressiv  oder 
aoristisch-perfektiv  (§  35),  und  das  s  in  dem  inchoativen  -sko 
scheint  mit  dem  s  des  perfektiven  1.  Aoristes  identisch  zu  sein 
(§  60).  Über  die  Bedeutung  der  nasalen  Präsensklasse  vgl.  jetzt 
Holger  Pedersen  IF.  II  318  ff.;  die  Litteratur  über  die  -dho, 
griechisch  -Ouu  Klasse  hat  C.  Mutzbauer  Grundl.  d.  griech.  Tem- 
puslehre S.  40,  41  zusammengestellt. 

§  83.  Es  ergab  sich  aus  der  Betrachtung  der  sog. 
'Aoristpräsentien',  dass  dieser  Terminus  nur  dann  berechtigt 
ist,  Avenn  er  auf  morphologische  Kategorien  angewandt 
wird,  dass  er  hingegen  einen  Widersi)ruch  in  sich  trüge,  wenn 


1)  Die    6.    (hidäti)   Klasse    der   ai.   Grammatiker.      Vgl.   auch 
F.  Hartmanu  De  aoristo  seeundo.     Berolini  1881. 

2)  Leskien  Die  Präsensbildung-en  des  Slavischen  und  ihr  Ver- 
hältnis zum  Infinitivstamni.     Arch.  f.  slav.  Phil.  V  (1881). 

3)  Egge  Inchoative  or  n-verbs  in  Gotliic.    Am.  Journ.  of  Phil. 
VII  S.  38. 


240  G.  Herbig, 

man  mit  ihm  eine  funktionelle  Verbalkategorie  bezeichnea 
wollte  1). 

Anders  steht  es  mit  andern  'Präsensklassen':  sie  müssen 
zwar  morphologisch  als  solche  bezeichnet  werden,  sie  sind 
es  aber  funktionell  nicht  geblieben.  Es  sind  solche,  die 
durch  den  Druck  der  aoristisch  -  perfektiven  Bedeutung-  auf 
eine  andere  Zeitstufe  gedrängt  wurden. 

Dieser  Fall  ist  eingetreten  einmal  im  idg.  *-sio  Futur, 
Pr.  Kl.  XXX  B.  Psychologisch  ist  der  Fall  genau  der  gleiche, 
wie  bei  den  slavischen  Perfektivis,  welche  im  formellen  Indi- 
kativ Präsens  Futurbedeutung  erhalten  (§  35).  Jedenfalls  hängt 
auch  die  Thatsache,  dass  die  deutschen  Zusannnensctzungen 
mit  icerden  sich  zu  einer  Futurkategorie  entwickelten,  mit  der 
vorwiegend  perfektiven  Aktionsart  dieses  Hilfszeitwortes  zusam- 
men. Das  italische  -&o- Futur  lässt  sich  nicht  vergleichen 
wegen  des  durativen,  mit  derselben  Wurzel  zusammengesetzten 
-&aw-Imperfektes. 

Ein  Zusammenhang  dieses  -s-Futurs  mit  dem  Konjunktiv 
des  sigmatischen  Aoristes  wird  durch  die  für  ältere  Zeiten 
vorausgesetzte  perfektive  Aktionsart  dieses  Futurs  noch  wahr- 
scheinlicher gemacht,  als  sie  aus  morphologischen  Gründen  schon 
ist.  "Wie  man  sich  diesen  Zusanmienhang  des  näheren  zu 
denken  hat,  bleibt  unklar;  ebenso,  warum  gerade  die  Verbin- 
dung des  s-Suflfixes  mit  -io  die  ])erfektive  Aktionsart  so  fest- 
hielt, dass  eine  Änderung  der  Zeitstufe  notwendig  wurde. 

§  84.  Eine  weitere  Frage  ist,  ob  die  perfektive  Bedeu- 
tung in  diesem  Aoristfutur  noch  klar  hervortritt,  oder  ob  über- 
haupt in  der  einmal  konsolidierten  futurischen  Zeitstufe  ver- 
schiedene Aktionsarten  unterschieden  werden. 

Brugmann  leugnet  es  Gr.  Gr.^  §  Ißo  (aHuu  bedeutet  in 
gleicher  Weise  'ich  werde  geleiten'  —  vgl.  ctTeiv  —  als  'ich 
werde  hinbringen'  —  vgl.  dtafeTv).  Mutzbauer  lässt  Grundl. 
d.  griech.  Tempuslclire  S.  40  schon  in  homerischer  Zeit  die 
im  Absterben  begrit^'enen  Aoristfutura  durch  solche,  die  vom 
Präsensstamm  gebildet  sind,  ersetzen;  dal)ei  fasst  er  als  Aorist- 
futura nicht  alle   .v-Futura,    sondern  nur   solche   wie  cTricoiuai, 


1)  VAnQ.  erscliöpfeiidc  Zusaimncnstcllung  der  in  den  einzelnen 
idg.  Sprachen  vorliandenen  '  Aori.sti)raesentia'  wäre  wünschenswert. 
Vgl.  F.  Hartmann  De  aoristo  seeiindo.  Berlin  1881.  —  De  Saussure 
Syst.  prirn.  S.  9.  —  Thurneysen  n'\  IV  (1894)  S.  84. 


Aktiousart  und  Zeitstufe.  241 

TreTTiöiico).  In  ähnlicher  Weise  spricht  Fr.  Bhxss  von  einem 
Aoristfutnri)  (Rhein.  Mus.  47  (1892)  S.  269  ff.  Ausführl.  Gramm. 
(1.  g-riech.  Spr.  von  Raphael  Kühner  o.  Auflag-e  Hannover  1892 
besorgt  von  Fr.  Bhiss  II  S.  112,  d8ö,  587).  Er  denivt  an  For- 
men wie  cxricuu  (ecxov)  neben  e5uu  (e'xuj),  ßaXuj  (eßaXov)  neben 
ßaXXr'icuu  (ßdXXuu),  x^PncoMai  (exapHv)  neben  x«ipncw  (xaipuj), 
bujcuj  (e'bo)uev)  neben  bibojcai  (bibuj|ui),  TrpaxOricojuai  (eirpdxOriv) 
neben  TrpdEoiuai  (rrpaTTOiLiai).  Merkwürdig  bleibt,  dass  im 
Passiv  dieses  Aoristfiitiir  häufiger  ist,  während  die  Scheidung 
eines  durativen  Fut.  Präs.  und  eines  perfektiven  Fut.  Aor.  im 
Aktiv  und  Medium  in  den  Anfängen  blieb.  Die  ganze  Erschei- 
nung reicht  kaum  über  die  griecliische  Sprachentwicklung 
hinaus.  Dass  die  andern  idg.  Sprachen  älterer  Stufe  keine 
Aktionsarten  im  Futur  unterscheiden,  erklärt  sich  einfach  daraus, 
dass,  als  dieses  ganz  sekundäre  Tempus  aufkam,  der  Begriff 
der  Aktionsarten  überhaupt  dem  der  Zeitstufen  gegenüber  im 
Erlöschen  begriffen  war.  Jedenfalls  war  die  Verwischung  der 
Aktionsarten  im  Futurum  nicht  im  Wesen  dieses  Tempus  be- 
gründet. Ob  die  von  Blass  als  Aoristfutura  bezeichneten  For- 
men wirklich  durchweg  noch  die  aoristisch-perfektive  Aktions- 
art haben,  scheint  mir  noch  erneuter  Untersuchung  zu  bedürfen. 
Aber  es  giebt  auch  andere  Sprachstufen,  auf  denen  der  Begriff 
der  Aktionsarten  wieder  so  stark  wird,  dass  er  auch  im  Futur 
hervortritt:  es  ist  dies  der  Fall  im  Altbulgarischen  und  andern 
slavischen  Dialekten  (§  35)  und  im  Neugriechischen  (§  77). 

Für  das  Altgriechische  steht  vorläufig  so  viel  fest:  wo 
■der  Zusammenhang  es  wünschenswert  machte,  waren  Mittel 
vorhanden,  auch  auf  futurischer  Zeitstufe  den  Unterschied  der 
Aktionsarten  hervortreten  zu  lassen.  In  den  nichtindikativi- 
schen  Modis  und  im  Yerbum  intinitum  traten  die  entsprechen- 
den Formen  des  Präsens-  und  Aoriststammes  ersatzweise  ein, 
da    sie    nicht    an    eine    bestimmte    Zeilstufe    gel)unden   waren. 


1)  Es  wird  ledig-licli  Sache  der  Übereinkunft  sein,  was  man 
unter  'Aoristfutur'  verstehen  will.  Verschiedene  Mög-lichkeiten  ste- 
hen offen:  1.  funktionell  sind  Aoristfutura  blos  solche,  welche 
die  aoristisch-perfektive  Aktionsart  zum  Ausdruck  bring-en;  2.  als 
Aoristfutura  können  alle  .s'-Futura  bezeichnet  werden,  wenn  anders 
das  aoristische  und  futurische  .s  identisch  sind;  3.  Aoristfutura  sind 
blos  solche,  welche  neben  dem  aoristischen  .s-  auch  sonst  die  Stamm- 
g-estaltung-  des  Aoristes  haben.  (Vgl.  die  nach  Blass  zitierten  Bei- 
spiele.) 


242  G.  Herb  ig, 

Sollte  der  durative  Charakter  des  Indikativs  futiirischer  Zeit- 
stufe betont  werden,  dann  vertrat,  wie  im  Deutschen,  das 
durative  Präsens,  ev.  mit  einem  Adverbium,  die  Stelle,  wie  in 
A  81/2 

eiTiep  'fäp  16  x6\ov  ye  Kai  auifiiLiap  KaxaTceiyri, 
dXXd  xe  Kai  jueTÖTTicBev  e'xei  kötov  .  .  . 
Dagegen  kann  ich  nicht  finden,  dass,  abgesehen  von  der  Kl, 
XXX  B,  perfektive  Präsentia,  mögen  sie  nun  durch  ihre  na- 
türliche Bedeutung  oder  durch  Zusammensetzung  mit  Präposi- 
tionen perfektiv  sein,  zur  Bezeichnung  der  futurischen  Zeitstufe 
nennenswerte  Ansätze  zu  einer  Kategoriebildung  machen.  Es 
giebt  zwar  Präsensformen,  die  bei  Homer  in  der  Eegel  als  Futura 
verwendet  werden,  aber  neben  veojuai  und  briiu,  bei  denen 
dieser  Gebrauch  durch  ihre  perfektive  Bedeutung  begründet 
wird,  findet  sich  auch  das  durchaus  durative  eT)ui.  Die  Er- 
klärung bei  Brugmann  Gr.  Gr.-  182  befriedigt  nicht.  Bespro- 
chen sind  ähnliche  Präsentia  bei  Curtius  Verbum  II-  315  ff.  — 
Krüger  Gr.  Spl.  (18916)  I§53.  1.  Anm.  6.  8.  —  Kühner  Gr. 
d.  gr.  Spr.  I  2  (18923)  §  382,  5.  6.  Vgl.  bes.  G.  Mahlows  schon 
herbeigezogene  Abhandlung  'Über  den  Futurgebrauch  griechi- 
scher Präsentia'  KZ.  XXVI  570  tf. 

§  85.  "Wie  in  Pr.  Kl.  XXX  B.  sich  eine  actio  per- 
fectiva  zum  tempus  futurum  entwickelt  hat,  trat  sie  in 
andern  auf  die  präteritale  Zeitstufe  über,  Pr.  Kl.  II  B 
(e-XiTTO-v)  XIX  (e-beiKC-a)  I  (e-ctri-v)  X  (e-bp-a-v)  liefern  die 
Hauptmasse  der  Aoristformen:  ich  muss  weiter  ausholen,  um 
Form  und  Bedeutung  der  Aoristtypen  möglichst  weit  zurück 
zu  verfolgen. 

Der  Aorist  ist  keine  morphologische,  sondern  eine  syn- 
taktische Einheit.  Der  Druck,  den  das  Band  dieser  syntak- 
tischen Einheit  auf  die  Formen  ausübte,  muss  sehr  stark 
gewesen  sein,  da  es  so  verschiedenartige  mori)hologische  Kate- 
gorien fest  zusammenfügte  und  andere  hinwiederum  ausein- 
anderriss,  die  sich  morphologisch  so  eng  berührten  wie  Imper- 
fekt und  Aorist  II.  Zu  irgend  einer  Zeit  muss  also  die  Be- 
deutung des  Aoristes  eine  durchaus  einheitliche,  scharf  ausge- 
prägte gewesen  sein.  Diese  Zeit  ist  proethnisch,  weil  in  ver- 
schiedenen idg.  Sprachen  dieselben  verscliiedenartigen  Form- 
kategorien zu  einer  syntaktischen  Einheit  zusammengeschmiedet 
sind.     Die  Sprachen,  in  denen  noch  eine  besondere  Bedeutung 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  243 

des  Aoriststanimes  g-reifbar  hervortritt,  sind  g-riecli.  und  ai. 
Aber  die  Aoristt'unktion  in  beiden  Sprachen  ist  nicht  dieselbe. 
Da  eine  ursprünglich  einheitliche  Funktion  vorausgesetzt  wer- 
den muss,  fragt  sich,  wo  ist  diese  zu  suchen  oder  mit  andern 
Worten:  stellt  der  griech.  oder  ai.  Aoristgebrauch  die  ältere 
Stufe  dar? 

§  86.  Delbrück  sucht  SF.  V  280  (1888)  nach  einer 
"allumfassenden  Formel"  für  die  Bedeutung  des  Aoristes.  Ein 
"völlig  betriedigender  kurzer  Ausdruck  dafür"  scheint  ihm 
noch  nicht  gefunden  zu  sein.  Er  formuliert  die  Sache  vor- 
läutig  so  "es  kommt  bei  der  aoristischen  Äusserung  der  Ge- 
sichtspunkt der  Zeitdauer  gar  nicht  in  Betracht.  Es  wird  ja 
nur  betont,  dass  eine  Handlung  überhaupt  in  die  Erscheinung 
getreten  sei".  Das  Präteritum  "getreten  sei"  weist  darauf  hin, 
dass  diese  Deiinition  nur  vom  präteritalen  Indikativ  gilt,  wie 
denn  auch  Delbrück  schon  S.  273  erklärt  hatte,  es  werde  in 
seiner  ai.  Tempuslehre  immer  nur  vom  Indikativ  die  Rede  sein. 
Delbrück  verzichtet  also  darauf,  auf  das  Wesen  des  Aoristes  über- 
haupt einzugehen,  wahrscheinlich  weil  es  noch  nicht  gelungen 
ist,  die  Funktionen  der  nicht  indikativischen  Modi  des  ai.  Ao- 
ristes unter  eine  befriedigende  Formel  zu  bringen.  Es  wird 
aus  der  zitierten  Stelle  nicht  ganz  klar,  ob  Delbrück  mit  seiner 
Definition  die  ursprüngliche  Gebrauchsweise  des  Ind.  Aor. 
meint,  oder  ob  er  sie  als  einen  abstrakten  Generalnenner  be- 
trachtet, in  welchem  alle  historischen  Funktionen  desselben 
ohne  Rest  aufgehen.  SF.  IV  101  (1879),  also  schon  vor  Ab- 
fassung der  ai.  Syntax  (=  SF.  V  1888)  hat  sich  Delbrück 
über  diesen  Punkt  geäussert.  Er  bespricht  die  Mciglichkeit, 
dass  die  formelle  Doppelhcit  des  1.  und  2.  Aoristes  eine  ur- 
sprüngliche Doppelheit  der  Bedeutung  widerspiegele,  etwa  so, 
dass  der  s-Aorist  von  Anfang  an  ingressiven,  der  thematische 
effektiven  Sinn  gehabt  habe;  andererseits  betont  er  aber,  dass 
sich  auch  der  gesammte  Gebrauch  des  Aoristes  aus  dem  höhern 
Begriff  der  eintretenden  Handlung  ableiten  lasse:  man  sieht, 
er  lehnt  eine  bestimmte  Stellungnahme  in  unserer  Frage  ab. 
Wie  er  es  hier  bei  Betrachtung  des  griechischen  Aoristes  thut, 
hatte  er  sich  auch  schon  bei  Besprechung  des  ai.  Aoriststam- 
mes geäussert.  SF.  II  (1877)  S.  87  konstatiert  er,  dass  der 
Aorist  das  soeben  Geschehene  bezeichne  und  fährt  S.  88  fort, 
er  wolle  sich  an  dieser  Stelle  noch  kein  Urteit  gestatten,  wie 


2U  G.  Herbig, 

mit  dieser  Anwendung;  des  Aoristes  sich  der  seltnere  historische 
Gebrauch  und  der  noch  seltnere  zeitlose  vermitteln  lassen. 

G.  M  ah  low  kennzeichnet  in  seiner  Abhandlung  "üeber 
den  Futurg-ebrauch  griechischer  Präsentia''  KZ.  26  (1883) 
S.  570  tf.  den  Unterschied  von  Perfekt  und  Aorist  durch  fol- 
gende Beispiele  (S.  571):  "ei'priKa  bedeutet  'ich  habe  es  gesagt', 
und  legt  auf  die  Handlung  des  Sagens  den  Nachdruck,  ent- 
weder im  Gegensatz  zu  'ich  habe  es  nicht  verschwiegen'  oder 
um  auf  die  Folge  'und  es  ist  daher  bekannt'  hinzuweisen; 
eXeHa  konnte  nur  einen  Gegensatz  ausdrücken,  der  im  Tempus 
lag,  also  'ich  habe  es  gesagt',  in  der  Regel  aber  drückt  es 
keinen  Gegensatz  aus,  sondern  konstatiert  bloss  die  Thatsache. 
€KT0va  hebt  die  Handlung  des  Tötens  hervor  und  auch  ihre 
Wirkungen;  eKxeiva  erzählt  nur  das  Faktum".  Ich  glaube,  er 
giebt  damit  ein  praktisches  Mittel  in  die  Hand,  gewisse  Ge- 
brauchsweisen des  Perfekts  und  Aorists  in  ihrem  Verhältniss 
zu  einander  klar  zu  legen ;  einen  Beitrag  zur  wissenschaftlichen 
Erklärung  historisch  entwickelter  Spracherscheinungen  wird 
man  darin  nicht  suchen  dürfen.  Aus  seiner  Feststellung  der 
Bedeutung  des  Perfekts  als  eines  Tempus  der  Vergangenheit 
geht  Mahlow  hervor,  "dass  in  einem  älteren  Sprachzustande  als 
dem  griechischen,  die  Wahl  zwischen  Perfektum  und  Aorist  viel 
freier  war,  als  sio  im  Griechischen  ist".  Er  erklärt  also  die 
farblos  konstatierende  Gebrauchsweise  des  Präteritalaoristes  für 
älter  als  die  ingress.-eff.  und  setzt  sie  für  einen  altern  Spraclizu- 
stand  als  den  griechischen  voraus.  Ein  \' ersuch,  die  eigentliche 
Funktion  des  Aoristes  in  den  Veden  mit  dieser  Definition  in 
Einklang  zu  bringen  wird  nicht  gemacht. 

W.  Streitberg  nimmt  PBrB.  XV  (1891)  S.  138  ff.  Stel- 
lung zur  Frage.  Er  lehnt  zunächst  einen  Zusannnenhang  zwi- 
schen Bedeutungs-  und  Formverschiedenheiten  des  Aoristes  ab 
und  leugnet  ferner,  dass  bei  isolierten  Formen  eine  Doppclheit 
der  Bedeutung,  nach  der  ingress.  und  elf.  Seite  hin,  überhaupt 
bestehe.  Durch  Hinweise  auf  Bartholomae  Das  airan.  Verbum 
1878  S.  222  und  Delbrück  SF.  IV  80  ft'.  wird  die  ])crfektive 
Bedeutung  als  die  älteste  des  Aorists  hingestellt.  Vom  Indi- 
kativ ausgehend  habe  sich  dann  im  jüngeren  Avesta  und  im 
Griechischen  aus  der  rein  perfektiven  die  konstatierende  Ge- 
brauchsweise entwickelt:  der  Verfasser  tritt  also  hier  in  Ge- 
gensatz   zu    Alahlows    Auflassung.     Auch    bei    Streif berg    ver- 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  245 

misse  ich  eine  eingehendere  Erörterung-,  welche  die  älteste 
ai.  Aoristfunktion  mit  der  vorausgesetzten  perfektiven  in  klaren 
Zusammenhang  l)ringt. 

Einen  solchen  Versuch,  wenn  auch  mit  anderem  Ausgangs- 
punkt, macht  Carl  Mutzbauer  im  ersten  Teil  seines  schon 
öfters  zitierten  Buches.  Er  sieht  in  der  vedischen  Funktion 
des  Aoristes  als  des  Ausdrucks  einer  Handlung,  die  soeben 
geschehen  ist,  seine  älteste  Gebrauchsweise.  Während  beim 
ai.  Aorist  der  Begriff  der  historischen  Erzählung  von  ent- 
scheidender Wichtigkeit  sei,  werde  im  Griech,  ein  ganz  neues 
Moment,  die  Art  der  Handlung,  das  absolut  herrschende.  S.  15 
folgt  dann  ein  eingehender  Versuch  aus  der  im  Rigveda  vor- 
liegenden Urbedeutung  die  einzelnen  Arten  der  Verwendung 
des  Aoristes  auf  dem  Gebiet  der  homerischen  Sprache  zu  ent- 
wickeln. 

§  87.  Meine  P^inwände  gegen  diese  Art  der  Ableitung' 
ergeben  sich  aus  der  Entwicklung  meiner  eignen  Ansicht,  mit 
der  ich  hier  einsetze. 

Ich  gebe  zu,  dass  im  Vedischen  die  älteste,  in  grösserem 
Umfang  belegte  Ind.  Aor .-Funktion  vorliegt;  ich  glaube  aber, 
dass  wir  eine  noch  ältere  sicher  erschliessen  und  an  Resten  in 
historischer  Zeit  nachweisen  können,  mithin  von  dieser  aus- 
zugehen hal)en.  Es  ist  dies,  zunächst  negativ  ausgedrückt, 
die  zeitlose  Funktion. 

Ehe  ich  versuche  ihr  Vorhandensein  im  Idg.  nachzuweisen 
möchte  ich  noch  einiges  über  den  Terminus  zeitlos  bemerken. 
Es  ist  insofern  ungenau  als  er  sich  auf  die  Zeitstufe  und  auf 
die  Zeitart  (§  32)  beziehen  köimte.  Sagen  wir  also  liel)er 
zeitstufenlos.  Dabei  können  wir  einen  bestimmten  und  einen 
unbestimmten  Gebrauch  unterscheiden^).  Als  Beispiele  für 
den  letzten  Fall  mögen  dienen:  'der  Hund  bellt'  im  Sinne 
von  'alle  Hunde  bellen'  oder  'der  Knabe  geht  in  die  Schule' 
d.  h.  entweder  'wenn  ein  Kind  ziun  Knaben  geworden  ist, 
pflegt  es  in  die  Schule  zu  gehen'  oder  'der  Knabe  ist  jetzt  in 
dem  Alter,  in  welchem  man  in  die  Schule  zu  gehen  })flegt'; 
im  einen  Fall  sind  Subjekt  und  Prädikat  unbestimmt,  im  an- 
dern  nur   das  Prädikat.     Oder   die   Formen   sind  b  e  s  t  i  m  m  t 


1)  Ich    entnehme    die  Ausdrücke    der   russischen    Grainnuitik, 
vgl.  z.  B.  O.  A'sbüth  Kurze  i-ussische  Grammatik  (1889)  S.  83. 


246  G.  Eerbig, 

zeitstufenlos  d.  h.  sie  gewinnen  je  nach  dem  Zusammenhang 
präsentische,  präteritale  oder  fnturische  Bedeutung-,  Mit  andern 
Worten :  die  Zeitstuten  Averden  noch  nicht  durch  morphologisch 
gesonderte  Formen  bezeichnet;  sie  sind,  falls  die  Sprache  den 
Begriff  überhaupt  schon  kennt,  eine  im  Entstehen  begriffene 
psychologische,  aber  noch  keine  grammatische  Kategorie.  Die 
unbestimmte  ist  jüngeren  Ursprungs  als  die  bestimmte  Ge- 
brauchsart. Denn  der  naiv  Sprechende  hält  sich  an  einen 
bestimmten  Einzelfall;  die  Verallgemeinerung,  aus  welcher  die 
unbestimmte  Gebrauchsweise  entspringt,  ist  sekundär;  sie 
schliesst  aus  thatsächlich  vorliegenden  Fällen  auf  andere  oder 
sie  erhebt  vereinzelte  Beobachtungen  zu  einem  Gesammturteil. 

Es  fällt  dem  jetzigen  Sprachgefühl  sehr  schwer  den  uns 
als  selbstverständlich  erscheinenden  Begriff  der  Zeitstufe  zu 
eliminieren.  Und  doch  war  er  sicher  einmal  nicht  vorhanden, 
wie  er  auch  jetzt  noch  in  der  Kindersprache  fehlt.  Wenn  uns 
das  Kind  weinend  mitteilt:  'Hund  beissen'  so  verbindet  es 
zunächst  nur  die  beiden  Wortbegriffe,  und  wir  erst  sind  es, 
die  aus  den  begleitenden  Nebenumständen  der  sprachlichen 
Äusserung  eine  bestimmte  Zeitstufe  ergänzen,  wenn  wir  das 
Stammeln  des  Kindes  in  unsere  Sprache  übersetzen  (entweder: 
der  Hund  hat  das  Kind  gebissen  oder  das  Kind  fürchtet, 
dass  der  Hund  es  beissen  wird).  Im  Bewusstseiu  des  Kindes 
fliessen  solche  Begrittsnüancen  lange  ungeschieden  in  einander; 
erst  wenn  es  sie  begrifflich  scheiden  lernt,  wird  es  auch  ver- 
suchen in  Anlehnung  an  seine  Sprachmuster  die  neue  Erkenntnis 
morphologisch  wiederzugeben. 

Wie  dem  Stannneln  des  Kindes  stehen  wir  auch  andern 
Sprachen  gegenüber,  welche  den  Begriff  der  Zeitstufen  nicht 
kennen;  ja  unsere  Gewohnheit  alle  Verbalhandlnngen  besonderen 
Zeitstufen  zuzuteilen,  verleitet  uns  oft  genug  in  die  fremde 
Sprache  etwas  hineinzulegen,  was  sie,  objektiv  genommen,  nicht 
besitzt  fvgl.  §  5.  —  La  Grasserie  De  la  categorie  du  tenips 
S.  184/5). 

§  88.  Dass  nun  der  In(likati\'  des  idg.  Aoristes  ursprüng- 
lich eine  solche  zeitstufenlose  Form  war,  gleichwie  es  seine 
übrigen  Modi  innner  geblieben  sind,  scheint  mir  erweisbar  zu 
sein  1.  durch  Jirugmanns  Injimktivtheorie,  die  noch  etwas  zu 
modifizieren  sein  wird;  2.  durch  die  ndch  in  liistorisclirr  Zeit, 
besonders  im  Griechischen,    vorliegende  zeitstufenlose  Funktion 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  24T 

des  Aor.  gnoui.  und  des  Aor.  comparativus,  wie  ich  nach  an- 
dern den  Aorist  in  Gleichnissen  der  Kürze  halber  nennen  wilL 
Über  die  Injunktivtheorie  orientiert  man  sich  am  besten 
in  Brug-manns  Aufsatz  'Der  sog-,  unechte  Konjunktiv'  in  den 
Morphol.  Untersuch.  HI  (1880)  S.  1  if.  und  in  seinem  Grdr.  II 
§909.  Vg-1.  dazu  Delbrück  SF.  V  (1888)  §  199—205,  Avery 
AOS.  XI  326  ff.  und  R.  Thurneysen  KZ.  XXVII  (1882-5) 
S.  172 ff.  Formell  genommen  handelt  es  sich  dabei  bekannt- 
lich um  die  augmentlosen  Indikative  eines  Augmenttempus; 
die  Funktion  eines  Injuuktivs  umfasst  3  Zeitstufen  und  2 
Modi  d.  h.  Tempus  und  Modus  haben  an  diesen  Verbalformeii 
noch  keinen  Ausdruck  g-efunden.     Vgl. 

I.  Die  pr  äsen  tische  Funktion: 

griech.  axei-c,  axei  (aus  "^ei-s  *-e/-^)   =  ved.  Präteri- 
tum djäi-s)^) 

dor.  kypr.  cpe'pe-c  'du  träg-st' 
att.         TiGn-c  'du  setzest' 
ved.  R.  V.  1,  152,  3  nl  täri-t  'er  vernichtet' 
10,  80,  2  codai/a-t  'er  feuert  an' 

II.  Die  voluntativ- futurische  Funktion: 
griech.  beiEa-ie  'ihr  sollt  zeigen' 

ütY-e-c  •  afe,  cpepe  (Hesych) 
ved.  R.  V.  1,  32,  1  j^''^'  i'ocam  'ich  will  preisen' 

1,  24,  1  Ä'o  no  iDühucl  dditane  pünar  düt 
'wer  wird  uns  der  grossen  Aditi  zurückgeben'  (Delbrück,  'wer 
gibt'  Grassmann,  'wer  soll  geben'  Ludwig). 

Beispiele  für  die  ganz  geläufige  präteritale  Funktion 
kann  ich  mir  erlassen. 

Ich  sehe  keine  Möglichkeit  Funktion  I  und  11  aus  der 
präteritalen  abzuleiten;  der  Versucli  von  Jolly  Ein  Kapitel 
vergleichender  Syntax  S.  22  befriedigt  nicht.  Es  bleibt  nichts 
übrig  als  die  3  Gebrauchsweisen  auf  eine  ursprünglich  zeit- 
stufenlose  zurückzuführen.  Dass  von  diesem  Boden  aus  die 
Weiterentwicklung  zum  präteritalen  Aorist  und  Imperfekt  sich 
etwas  verschieden  gestaltete,  wird  §  106  erörtert. 

§  89.  Schwierig  ist  die  Frage  nach  dem  Verhältnis  der 
'sekundären'  Injunktivendungen  zu  den  'primären'  Präsens- 
formen  auf  -/.     Vgl.   i?   13. 

1)  Bezzenberger  Zur  Gesch.  d.  lit.  Spr.  195.  —  Brugmann 
Grdr.  II  896  Aura.  1. 


248  G.  Herbig, 

Die  Auffassung-,  welche  in  diesem  -i  ein  präsensbe- 
zeieiinondes  Suffix  sieht,  das  hinter  die  Personalendung-en 
tritt,  scheint  mir,  von  anderm  abgesehen,  durch  die  ganze 
Bauart  des  idg-.  Verbum  finitum  nicht  begünstigt  zu  werden. 
Viel  eher  werden  diejenigen  Recht  behalten,  welche  die  For- 
men mit  primären  und  sekundären  Personalendungen  im  letz- 
ten Grund  auf  die  betonte  oder  enklitische  Stellung  des 
idg.  verbum  finitum  zurückführen.  Schlagende  Analogieen  für 
den  Abfall  des  -i  enklitischer  Formen  weiss  ich  freilich  nicht 
beizubringen;  die  Berufung  auf  Lokative  wie  ved.  mürdhdn 
neben  mürdhdni  {milrdh-an-  'Spitze,  Kopf)  läge  nahe,  wenn 
Avir  irgendwie  Grund  zur  Annahme  hätten,  dass  mürdhdn  ein- 
mal enklitisch,  etwa  nach  betonten  Ortsadverbien,  gebraucht 
Avurde. 

Die  enklitische  Stellung  des  Verbums,  mithin  Formen 
mit  Sekundärendung,  war  besonders  beliebt  nach  dem  beton- 
ten, noch  ein  selbständiges  Wort  darstellenden  Augment  und 
nach  der  Prohibitivpartikel  ai.  md  ^),  sie  war  jedoch  kcines- 
Avegs  darauf  beschränkt,  sondern  fand  sich  auch  nach  Präpo- 
sitionsadverbien und  andern  Partikeln  und  scheint  lediglich 
dur(di  den  Sinnakzent  geregelt  gewesen  zu  sein. 

Man  darf  die  enklitische  und  betonte  Stellung  auch 
durchaus  nicht  der  aus  dem  Indischen  bekannten  gleichstel- 
len, Avo  die  beiden  Kategorien  sich  auf  Haupt-  und  Nebensatz 
verteilten.  Denn  einmal  ist  das  Vorhandensein  von  Neben- 
sätzen im  Idg.  überhaupt  zweifelhaft,  und  zweitens  spiegelt 
die  verschiedene  Behandlung  des  Verbalakzentcs  im  indischen 
]laupt-  und  Nebensatz  nur  auch  wieder  den  logischen  Sinn- 
akzent Avider,  welcher  auch  schon  in  einer  Sprachperiode, 
die  nur  Hauptsätze  kannte,  wirksam  sein  musste:  auch  im 
Ved.  Avird  noch,  entgegen  der  allgemeinen  Regel,  das  Verbum 
des  Hauptsatzes  betont  und  an  die  Spitze  gestellt,  Avenu  es 
einen  starken  Sinnakzent  trägt  (;Dell)rnck  SF.  V  §  23,  29). 
Jm  Indischen  wurde  der  natürliche  ursprüngliche  Zustand  durch 
Festlegung  neuer,  betonter  und  enklitischer.  Formen  auf  Ne- 
ben- und  Hauptsatz  verwischt,  nachdem  die  alten  unter  dem 
»Sinnakzent  und   der  Tonlosigkeit   lautlich   dilferenzierten  Dop- 


1)  So  erkljirt  sicli  das  scliiifssliclio  Durchdringen  der  Sekun- 
dJireiuluiigen  in  den  Verbalt'oniien  dieser  Funktions(i'rnj)pen. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  24^ 

pelformeii  zum  Ausdruck  neu  aufg-ekoinnieuer  Fuiiktiousver- 
schiedenlieitcii  ^)  verbraucht  Avaren.  Im  Griecliisclien  durch- 
brach der  neue  rezessive,  auf  die  3  letzten  Silben  l)eschränkte 
Akzent  die  alten  Verhältnisse.  (Wackernagel  KZ.  XXIII  457  tf.. 
—  Hirt  Idg.  Akzent  (1895)  i?  169.) 

§  90.  Bei  einer  solchen  Erklärungsmethode  miisste  Brug- 
manns  Injunktivtheorie  nach  einer  »Seite  hin  modifiziert  wer- 
den. Er  hat  meines  Erachtcns  wahrscheinlich  gemacht,  dass- 
die  von  ihm  so  benannten  Injunktive  ursprünglich  zeit-  und 
moduslose  Formen  gewesen  sind.  Ich  g-laube,  dass  sie  und 
die  i-Formen  im  letzten  Grund  nur  die  enklitische  und  betonte 
Gebrauchsweise  des  ältesten  verl)um  finitum  darstellen.  Erst 
in  späterer  Zeit  hat  man,  ohne  darin  besonders  konsequent 
zu  Averden,  die  rein  mechanisch  entstandenen  Doppelformen, 
mit  Funktionsverschiedenheiten  ^)  nach  Seite  der  Zeitstufen 
hin  in  Zusammenhang  gebracht. 

Dass  auch  die  i-Formen  einmal  zeitstufeu-  und  moduslos 
gewiesen  sind,  lässt  sich  unschwer  wahrscheinlich  machen :  in 
allen  idg-.  Sprachen  haben  sie  neben  der  präsentischen  noch 
eine  zeitstufen  lose  Funktion  (in  Pauls  abstrakten  Sätzen); 
auf  eben  dieser  zeitstufenlosen  beruht  auch  die  präteritale 
Verwendung,  wie  sie  in  dem  nicht  rhetorischen  Praes.  bist.  -) 
und  nach  Adverbien  der  Vergangenheit  griech.  irdpoc  ai.  purä 
und  nach  ai.  sma^)  oder  die  futurische,  wie  sie  etwa  nach 
lieTÖTTiceev  A  81/2  vorliegt  (vgl.  §  84).  Die  ältesten  Typen 
sind  aber  auch  moduslos:  Indikative  wie  hhäcati  sind  for- 
mell und  daher  im  letzten  Grunde  auch  funktionell  identisch 
mit  Konjunktiven  wie  dsati  (vgl.  §  15)  und  der  Indikativ 
hhdcaii  verhält  sich  zu  hhdvat  wie  der  Konjunktiv  dsati  zu 
dsat.  Es  scheint  mir  auch  nicht  ausg-emacht,  ob  wir  in  home- 
rischen Konjunktivformen  wie  e0e\uj)ai  ohne  weiteres  Neubil- 
dungen anzunehmen  haben  i  Brugmann  Grdr.  II  §  979,  2):  sie 
sind  morphologisch  von  Indikativformen  wie  ai.  hhdrämi  nicht 
zu  scheiden.  ]\I(>glich,  dass  sie  als  Kategorie  nur  eine  Nach- 
blute darstellen,  die  Typen  sind  uralt. 

§  91.     Auch   im  gnomischen  und  komparativen  In- 


1)  Vgl.  Anni.  2  S.  23G. 

2)  Brugmann  Gr.  Gr.^  §  156. 

3)  Brugmann    Ber.   d.  sächs.   Ges.   d.   Wiss.   188.3  S.  170  ff.  — 
Delbrück  SF.  V  278.  502  ff. 


250  G.  Herbi«;-, 

dikativ  Aorist')  sehe  ich  mit  Brug-niann  Gr.  Gr.  1890^  i<  160 
Anm.  Keste  des  ursprüng-lich  zeitstufeidosen  Gehrauches. 

Die  Grenzen  des  anomischen  Aoristes  sind  von  Ver- 
schiedenen verschieden  gezogen  worden  (Franke  S.  96.  — 
Schmid  S.  28  If".  88  ff.  —  Pfnhl  S.  38).  Namentlich  ist  eine 
Scheidung  oft  schwierig  gegen  wirklich  präteritale  Erfah- 
rnngsaoriste.  Solche  liegen  vor,  wenn  sich  der  Schrift- 
steller durch  Znsätze  wie  ttoWoi,  TroXXdKic,  fjbri,  ouTTLUTTOie 
und  ähnliche  ausdrüeklich  auf  die  Vergangenheit  beruft  (Krü- 
ger Griech.  Sprachl.  S.  178),  und  alle  etwaigen  Schlüsse  auf 
die  Gegenwart  und  Zukunft  dem  Leser  überlässt,  auch  wenn 
er  selbst  die  Ansicht  teilt,  dass  sein  Satz  für  alle  Zeiten  gültig 
ist.  Ein  historischer  und  kein  gnomischer  Aorist  ist  also  an- 
izunehmen  in  Fällen  wie  Xen.  Mem.  II  4,  7  TToXXdKic  hk  a  irpo 
aÜToO  TIC  oÜK  eipTacaTO  r\  ouk  eibev  r|  ouk  fJKOucev  f\  ou  bir|- 
vuce,  TaÖTa  6  cpiXoc  rrpö  toO  qpiXou  eEripKecev,  (Franke  S.  65). 
In  andern  Fällen  —  aber  hier  werden  im  einzelnen  die  Zweifel 
beginnen  —  geht,  wie  Moller  S.  115  bemerkt,  die  nachdrucks- 
volle Berufung  auf  die  Erfahrung,  also  die  Vergangenheit,  aus 
<lem  Zusammenhang  hervor,  oder  der  Aorist  lässt  sich  wenig- 
stens ohne  Zwang  als  Präteritalaorist  erklären  und  übersetzen. 
Unter  die  Beispiele  der  ersten  Art  uKiehte  ich  Schillers  '"Des 
Lebens  ungemischte  Freude  ward  keinem  Irdischen  zu  Teil' 
rechnen,  das  immer  wieder  als  Paradebeispiel  eines  deutschen 
gnomischen    Aoristes    vorgeführt    wird.     Aber    der    warnende 


1)  Litteratur:  G.  Hermann  De  emend.  rat.  g-r.  gr.  p.  187  (1801). 
Opusc.  T.  II  S.  42  (1827)).  Zu  Viger  Anm.  96,  97  (1802).  —  E.  Moller 
Ül)cr  den  griom.  Aor.  Philologus  8  (1853)  S.  113—129.  —  Franke 
ijl)er  den  gnom.  Aor.  der  Griechen.  Ber.  d.  säehs.  Ges.  d.  Wiss. 
phil.-hist.  Kl.  6  (1854)  S.  63—96.  —  Tr.  Pfuhl  Die  Bedeutung  des 
Aoristus.  Progr.  Dresden  1867  be.s.  §  16.  —  Rud.  Kohlmann  De 
verbi  Graeci  temporibiis.  Inaug.-Diss.  Halis  Sax.  1873.  —  B.  Del- 
brück SF.  IV  (1879)  S.  108—109.  —  K.  Brugmann  Grdr.  II  1277. 
Gr.  Gr.  1890 2  §  160.  —  C.  Mutzbauer  Die  Grundlagen  der  griech. 
Toiipuslehre  (1893)  S.  30— 38.  Vgl.  auch  das  Register  S.  397.  —  Jo- 
seph Schmid  i'l)er  den  gnom.  Aor.  der  Griechen.  Prgr.  Passau  (1894). 
—  A.  Music  Giiomicki  aorist  u  ^rckom  i  hrvatskom  je/.iku.  Prestam- 
pano  iz  CXII.  knjige  Rada  Jugosiavenske  akademije  znanosti  i  um- 
jetnosti.  U  Zaj>'rebu  1892.  (Mir  nur  bekannt  ;ius  der  Sell)stanzeige 
Anz.  V  91-96.)  —  H.  C.  Eimer  (Corncll  Univ.  Ithaka  N.  Y.)  Über 
<len  gnom.  Aor.  Vortrag  auf  der  26.  Jahresversammlung  der  Americ. 
Philol.  Ass.  in  Williamstown  Mass.     (Mir  unbekannt.) 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  251 

Freund  des  Polykrates  führt  gleich  in  der  nächsten  Strophe  des 
näheren  aus,  auf  welchen  ])estimniten  Fall  der  ^'erg•ang•enheit 
er  sein  Präteritum  Svard'  aufbaut,  und  er  will  mit  jenem  iSatze 
nicht  mehr  sag-en  als  durch  das  parallele  ^Noch  keinen  sah 
ich  fröhlich  enden '  usw.,  wo  durch  den  Zusatz  ^noch  keinen' 
die  Beziehung-  auf  die  Verg-ang-enheit  in  die  Augen  springt. 

Bei  Sprichwörtern  ferner  sind  als  solche  Erfahrungs- 
aoriste auszuscheiden  diejenigen,  welche  nach  Delbrück  SF. 
IV  S.  108  in  einer  bestimmten  Situation  das  Eingetretensein 
eines  bestimmten  Umstandes  usw.  konstatieren  z.  B.  w^er  Glück 
gehabt  hat,  sagt  ecpuYOV  küköv,  eupov  otjaeivov. 

Auch  bei  Gleichnissen  lassen  sich  Fälle  denken,  in 
welchen  der  Dichter  mit  Bewusstsein,  aber  dann  auch  aus- 
drücklich und  konsequent  mit  allerlei  sprachlichen  Mitteln  das 
beigezogene  Gleichnis  anschaulich  als  einen  Vorfall  aus  der 
Vergangenheit  darstellt,  gerade  als  wenn  es  sich  wirklich  er-, 
eignet  hätte.  AA^enn  Scheffel  z.  B.  darstellen  will,  wie  es  Ekke- 
hai'd  zu  Mute  war  in  der  Sänfte,  in  der  man  ihn  zum  Hohentwiel 
entführte  (6.  Kap.)  so  erzählt  er  ganz  behaglich  im  alten  Mär- 
chen- oder  Fabelstil:  "Es  schwamm  einmal  ein  Fisch  klafter- 
tief unten  im  Bodensee,  der  könnt  sichs  gar  nicht  erklären, 
was  den  Cormoran  zu  ihm  hinabführte,  der  schwarze  Taucher- 
vogel hatte  ihn  schon  im  Schnabel  und  flog  mit  ihm  hoch 
durch  die  Lüfte  weg:  noch  wars  iinn  unbegreiflich.  So  lag 
Ekkehard  in  der  Sänfte,  ein  gebundener  Mann;  je  mehr  er 
über  seines  Geschickes  Wendung  nachsann,  desto  weniger 
mocht  ers  fassen."  Mau  fühlt,  dass  solche  Fälle  anders  be- 
urteilt werden  wollen  als  der  bekannte  Aor.  compar.  in  home- 
rischen Vergleichen. 

Ich  halte  es  bei  der  Unmöglichkeit  in  einzelnen  Fällen 
sicher  zu  gehen,  für  das  Kichtigste  zur  Erklärung  gnom.  und 
compar.  Aoriste  blos  die  herbeizuziehen,  welche  sich  durch 
untrügliche  äussere  Kennzeichen  scharf  von  präteritalen  Er- 
fahrungsaoristen abheben.  Solche  Kriterien  lassen  sich  den  3 
Erwägungen  entnehmen,  die  AloUer,  der  entschiedenste  Be- 
kämpfer  des  präteritalen  Ursprungs  des  gnomischen  Aoristes, 
gegen  die  Möglichkeit  einer  solchen  Entwicklung  ins  Feld 
führt.  Sie  scheinen  mir  so  schwerwiegend,  dass  ich  nicht 
begreife,  w^ie  sie  Franke  und  Spätere  durch  Frankes  Ant- 
wort als  erlediü't  ansehen  konnten. 


252  G.  Herbig-, 

§  92.     Möller  gibt  dreierlei  zu  bedenken: 

1.  Sehr  bäutig-  wechseln  in  generellen  Darstellungen 
schnell  nacheinander  das  Präsens  des  aligemeinen  Gedankens 
und  der  gnoniische  Aorist,  ohne  dass  ein  Motiv  zu  finden  wäre, 
das  eine  Mal  unmittelbar  das  allgemeine  auszusprechen,  das 
andere  Mal  auf  die  Erfahrung  sich  zu  berufen.  Demosth.  2. 
Olynth,  p.  24.  —  Thukvd.  1,  70  (Moller  S.  116)  i). 

2.  Es  gibt  zahlreiche  Fälle  des  gnomischen  Aoristes,  wo 
eine  Berufung  auf  die  Vergangenheit  entweder  unpassend  und 
geschmacklos  oder  sogar  unmöglich  ist.  Lukian  Charon  cap. 
19  1)  (Moller  S.  117). 

3.  Wäre  der  gnomische  Aorist  eine  historische  Form,  so 
müsste  in  relativen,  temporalen  und  kondizionalen  Nebensätzen 
der  Optativ  stehen;  es  steht  aber  inuner  der  Konjunktiv  mit 
und  ohne  av.     Beispiele  wie  unter  1   (Moller  S.  118). 

Von  diesen  3  Argumenten  hält  Franke  das  2.  für  das 
schwächste,  indem  es  auf  der  Voraussetzung  beruhe,  einesteils, 
dass  der  Fall,  auf  den  sich  der  Aorist  beruft,  auch  reale  Wirk- 
lichkeit haben,  andernteils,  dass  eine  solche  Berufung  auch 
bei  steifer  wörtlicher  Übersetzung  ins  Deutsche  passend  und 
geschmackvoll  erscheinen  müsse  (S.  67).  Die  erste  Voraus- 
setzung wird  aber  .Moller  fälschlich  untergeschoben.  Moller 
wendet  sein  2.  Argument  ausdrücklich  auch  gegen  Fälle  an, 
in  denen  durchaus  keine  Wirklichkeit,  auch  nicht  der  Schein 
einer  solchen  bezweckt  wird  (S.  117).  Er  erklärt  damit  klipp 
und  klar,  dass  sein  2.  Einwand  weder  eine  reale  noch  eine 
ideelle  AVirklichkeit  zur  Voraussetzung  habe  (um  Mollers 
Sprache  in  Frankes  Terminologie    zu  übersetzen).     Und  wenn 


1)  Dciiiostli.  2.  Olynth,  p.  24  üucTrep  t«P  ^v  toIc  ciüiaaci,  feuuc 
|Li^v  äv  ^|5f)UJ)a^voc  f\  Tic,  oübev  ^Traicedvexai,  ^rräv  b^  ä()i)wc.Tr]uü  Ti  cu,ußi], 
TTÜvTa  KiveTrai  .  .  .,  oütuu  Kai  tüüv  uöA.eujv  Kai  tüüv  TUpdwuuv,  euuc  u^v 
eEuj  iroXeiaöiciv,  acpavf|  TCt  koko  toTc  ttoWoic  ^ctiv,  iixeibäv  be  ö)uopoc 
TTÖXeiaoc  cuia-n-XaKrj,  TTÖvra  diroiricev  t'Kbn^«-  —  Thulc.  I  70  Kai  a  |Litv 
äv  ^mvoncavT€C  nn  ^ireEeXeoiciv  oiKcTa  CT^pecÖai  t'iYoüvTai,  ö  bi  äv  ^irtX- 
eövTec  KxrjcujvTai,  bXifa  irpöc  xd  n^XXovxa  xuxelv  irpdEavxec  •  f\v  bi  äpa 
xoi)  Kai  ueipa  cqpaXiIiciv,  ävxeXiricavxec  äXXa  ^irXripuucav  xi^v  xpeiav,  — 
Liik.  Charon  cap.  1!)  xäc  tpucaXibac  Xi^uj  äcp'  übv  tuvareipexai  6  dqjpöc  • 
^Keivujv  xoivuv  xivk  |uiKpai  eiciv  Kai  aüxiKO  dKpaYcTcai  dir^cßricav,  ai 
b'  im  ttX^ov  biapKoOci  Kai  -rrpocxujpoucüüv  aüxalc  xüjv  äXXuuv  ouxai  üirep- 
(puciu.uevai  ic  fxifiCTOV  ö-fKOv  ai'povxai,  eixa  la^vxoi  KOtKeTvai  ttuvxluc  ^E- 
€(^^äfr|cdv  TToxe  .  . 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  253 

Franke  in  seiner  Antwort  den  Nachdruck  auf  i-  e  a  1  e  Wirk- 
lichkeit leg't,  so  sagt  er  S.  69  selbst.  Moller  erkenne  in  ge- 
nerellen Sätzen  die  Thatsache,  auf  welche  der  Aorist  sich 
bezieht,  als  eine  ideelle,  als  einen  'phantasierten  Vorgang', 
als  eine  '])liantasielieh  angeschaute  Handlung-'  (Moller  S.  128). 

Im  2.  Teil  seines  Einwandes  räumt  Frauke  offenbar  ein, 
dass  unser  deutsches  Sprachgefühl  sich  häutig  gegen  eine  Be- 
rufung auf  die  Vergangenheit  sträube;  nur  meint  er,  wenn 
ich  ihn  recht  verstehe,  dass  das  griechische  Sprachgefühl  hier 
anders  auffasse.  Dass  Hesse  sich  hören,  w^enn  wir  nicht  sichere 
Beweise  hätten,  dass  das  griechische  Sprachgefühl  hier  urteilte 
wie  das  deutsche  d.  h.  dass  es  den  gnomischen  Aorist  als 
tempus  praesens  (oder  besser  als  eine  nicht  historische  Form) 
und  nicht  als  tempus  praeteritum  ansah.  Das  geht  namentlich 
aus  Mollers  3.  Einwand  hervor,  den  Franke  freilich  ebenfalls 
bekämpft.  Aber  er  muss  selbst  gelegentlich  zugeben,  dass  der 
gnom.  Aorist  an  vielen  Stellen  "nur  noch  zum  Ausdruck  des 
Momentanen  diente"  (S.  73),  dass  er  ein  "blos  formelles  Prä- 
teritum" sei  (S.  74). 

Auf  Mollers  1.  Bedenken  erwiedert  Franke,  der  Wechsel 
der  Tempora  werde  auch  bei  der  bisherigen  Erklärung  moti- 
viert. Wie  er  sich  diese  Erklärung  ungefähr  denkt,  möge  ein 
Beispiel  zeigen.  Er  meint  S.  77,  der  Aorist  werde  überall  da 
nicht  gewählt,  wo  eine  Wahrheit  in  ihrer  sinnlichen  Erschei- 
nung, als  eine  konkrete  Thatsache  vor  das  Auge  gestellt,  für 
die  Phantasie  etwas  Unangenehmes  und  Widriges  haben  würde, 
zitiert  dann  Pindar  Pyth.  TI  40  ^)  und  fährt  nun  wörtlich  fort: 
"Displiceret  TTap)i|aeiq;aTO  beXqpTva,  bemerkt  Dissen  zu  dieser 
Stelle.  Warum"?  Offenbar  weil  es  keine  unedle  Vorstellung 
ist,  den  Gott  im  Wettflug  mit  dem  Adler  zu  denken;  aber  ein 
Gott  mit  einem  Fisch  um  die  Wette  schwimmend 
wäre  ein  hässlicbes,  ein  des  Gottes  unwürdiges  Bild. 
Daher  das  Präsens:  Der  Gott  thut  es,  wenn  ers  thut,  er 
kann  es  thun."  Mit  wie  durchtrieben  einfachen  Mitteln  sich 
hier  der  fromme  Pindar  eine  eventuelle  Anklage  wegen  Got- 
teslästerung vom  Halse  hält! 


1)  öeöc  änav  in\  eX-Tribecct  r^Kuap  ävuerai, 

Geöc,  ö  Kai  itTepöevT'  aiexöv  Kixe,  koi  Öa\.accaiov  TrapaiiieißeTai 
beXqpTva,  Kai  0v|;iq)p6v(juv  xiv'  äKafi\\>e  ßporOüv, 
^Tepoici  ö^  KÜboc  UYripaov  TrapeboiK'. 
Indogermanische  Forschungen  VI  ;t  u.  \.  17 


254  G.  Herbig, 

Besonders  aber  in  homerischen  Gleichnissen,  also  in  Fäl- 
len wie  A  474  ff.,  könnte  ich  trotz  Fraukes  Bemerkuug-en 
S.  78/79  in  dem  fortwährenden  Wechsel  von  Präsens  und 
Präteritum,  wenn  wirklich  zwei  verschiedene  Tempora  vor- 
läg:en,  nur  ein  unmotiviertes  und  —  man  verzeihe  den  harten 
Ausdruck  —  akrobatenhaftes  Herumturnen  zwischen  g-rund- 
verschiedenen  Auffassungsweisen  erblicken,  das  man  einem 
einigermassen  guten  Schriftsteller  vielleicht  einmal  um  rheto- 
rischer Zwecke  willen  gestattet  oder  als  Nachlässigkeit  hin- 
gehen lässt,  nimmermehr  aber  als  Stilgewohnheit  zutrauen  darf. 

Delbrück  erklärt  die  Präterital-Aoriste  neben  den  Prä- 
sensfornien  in  Gleichnissen  wie  P  23  ff.  als  eine  Art  Assimi- 
lation an  die  Aoriste  der  Haupthandlung,  hervorgerufen  durch 
das  Fehlen  eines  zeitstufenlosen  indicativus  actionis  perfectivae 
oder,  wie  er  sagt,  eines  "Präsens  der  eintretenden  Handlung''. 
Ich  glaube  eine  Erklärung  des  komparativen  Aoristes  ist  nicht 
statthaft,  wenn  sie  auf  den  gnomischen  ^)  nicht  angewendet 
werden  kann  und  auch  schon  beim  komparativen  versagt, 
falls  im  Satz,  der  durch  den  Vergleich  erläutert  werden  soll, 
etwa  ein  narratives  Imperfektum  steht  oder  ein  genau  ent- 
sprechender Aorist  nicht  vorhanden  ist. 

Nur  von  Mollers  3.  Argument  glaubt  auch  Franke,  es 
sei  schwer  zu  beseitigen.  Doch  lasse  es  sich  auch  gegen 
Mollers  Erklärung  geltend  machen:  Moller  selbst  setze  den 
aoristischen  Begriff  der  momentanen  vollendeten  Handlung  in 
nähere  Beziehung  zur  Vergangenheit  und  führe  aus,  wenn  der 
praktische  Mensch  eine  vollendete  Handlung  auf  die  Gegen- 
wart, in  der  er  wirkt,  beziehe,  erscheine  sie  ihm  notwendig 
als  vergangen  (Franke  S.  67).  Gut,  wenn  er  es  thut,  aber 
wer  sagt  uns  denn,  dass  in  den  generellen  Sätzen,  in  welchen 
der  gnomische  Aorist  seine  Stelle  hat,  die  Handlung  gerade 
unter  dem  Gesichtswinkel  ihres  Verhältnisses  zur  Gegenwart 
betrachtet  wurde?  Die  einzigen  äussern  und  daher  die  ein- 
zigen objektiven  Kennzeichen,  die  wir  zur  Entscheidung  der 
Frage  haben,  sprechen  entschieden  gegen  Franke:  gerade  der 
rasche  Wechsel  solcher  Aoriste  mit  zeitstufenlosen  Präscnsfor- 
nien  und  die  konjunktivischen  Nebensätze,  liefern  hier  wieder 


1)  Molk'r    S.    12;5/4.     Franko,    S.    70.     Sclniiid    S.    57/8.     Mutz- 
bauer S.  88 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  255 

den  Beweis,  dass  das  griechische  Sprachgefühl  solche  Hand- 
lungen eben  nicht  zur  Gegenwart  in  Beziehung-  setzte  und  in- 
folge dessen  auch  nicht  als  Präterita  empfand. 

So  scheint  mir  Frankes  Polemik  nirgends  das  Herz  von 
Mollers  Bedenken  zu  treffen.  Dass  die  von  ihm  gegebene 
Erklärung  von  allen  vorhandenen,  welche  auf  dem  Axiom  der 
ursprünglich  präteritalen  Bedeutung  des  Aoristes  aufgebaut 
sind,  sich  noch  am  l)csten  mit  den  ihr  unbequemen  That- 
sachen  abfindet,  sei  gern  zugegeben^;.  Dass  ihm  bei  seinem 
Bestreben,  den  gnomischen  Aorist  innerhalb  der  Konsequenzen 
einer  unbewiesenen  Voraussetzung  zu  erklären,  der  Vorwurf 
von  Spitztindigkeiten  nicht  erspart  bleiben  könne,  hat  Franke 
selbst  sehr  wohl  geahnt  (S.  75). 

Ich  resümiere  zum  Schluss:  Frankes  Theorie  wurzelt  in 
dem  auf  Treu  und  Glau])en  übernommenen  Dogma,  dass  der 
Aorist  ursprünglich  ein  historisches  Präteritum  sei  und  diese 
seine  eigentliche  Bedeutung  nie  und  nirgends,  auch  in  den 
Modis  nicht,  ganz  verloren  habe  (S.  70  u.  75);  sie  gipfelt  in 
dem  Zugeständnis,  dass  der  gnomische  Aorist  an  vielen  Stellen 
nur  noch  zum  Ausdruck  des  Momentanen  diente,  dass  er  ein 
blos  formelles  Präteritum  sei  (S.  73,  74).  Bei  diesem  That- 
bestand  wird  es  erlaubt  sein  die  Axt  der  Kritik  auch  einmal 
an  die  Wurzel  der  ganzen  Anschauungsweise  zu  legen. 

§  93.  Gegen  die  Möglichkeit  einer  Erklärung  im  Sinn 
Frankes  lassen  sich  ja  noch  weitere  Punkte  anführen. 

Moller  selbst  bringt  S.  129  eine  Bemerkung  Schneide- 
wins,  welcher  Sophokles  Ajax  v.  1083^)  auch  in  einem  Infinitiv 
des  Aoristes  den  gnomischen  Aorist  erkennt.  Franke  sieht 
freilich  auch  solche  Infinitive  als  ursprüngliche  Präterita  au 
(S.  70),  aber  hierin  werden  ihm  auch  die,  welche  sonst  den 
guomischen  Aorist  wie  er  beurteilen,  kaum  Gefolgschaft  leisten. 

Es  erhebt  sich  ferner  die  Frage:  wenn  der  gnonnsche 
oder  komparative  Aorist  auf  einen  koidvreten  oder  als  konkret 
vorgestellten  Fall  der  Vergangeniieit  bezogen  werden  nniss, 
warum  erscheint    in  solchen  Fällen   nicht  auch   das  Imperfek- 


1)  Delbrück  SF.  IV  S.  108. 

2)  Soph.  Aj.  1080-3. 

ÖTTOu  6'  üßpiJeiv  6päv  6"  ä  ßoOXexai  Trapri, 
raüxriv  vö|uiZe  Tr^v  ttöXiv  xpo^o)  ttot'  äv 
i.t  oüpiuuv  bpa,uoücav  ec  ßuGöv  irecelv. 


256  G.  Herbig, 

tiiin  *)  entweder  an  Stelle  des  gnomischen  Aoristes,  mit  dem 
er  das  tempus  praeteritiim  gemein  hätte,  oder  statt  des  mit 
dem  Aorist  in  Vergleichen  abwechselnden  Präsens,  mit  welchem 
es  die  actio  imperfectiva  teilt?  Das  ausmalende  Imperfekt 
ist  bei  Homer  das  Tempus  der  Erzählung,  wie  es  später  der 
konstatierende  Aorist  wird:  an  Stelle  der  anschaulichen,  noch 
im  vollen  Fluss  belindlichen,  imperfektiven  Handlung  wird 
beim  tempus  narrativum  immer  mehr  die  nüchterne,  trocken 
aufzählende,  perfektive  beliebt.  Wenn  nun  Homer  seine  Gleich- 
nisse wie  Vorfälle,  die  sich  in  der  Vergangenheit  abspielten^ 
erzählen  will,  warum  verzichtet  er  gerade  bei  ihnen  durch- 
aus auf  das  ihm  sonst  geläutige  Tempus  der  E  r  z  ä  h  1  u  n  g, 
das  Imperfektum?  Oder  wenn  er  den  Aorist  in  diesem  be- 
sondern Fall  wegen  seiner  Aktionsart  vorzog,  warum  bringt 
er  dann  statt  des  mit  ihm  so  unvermittelt  wechselnden  Prä- 
sens nicht  manchmal  das  Imperfekt,  das  mit  dem  Präsens 
gleiche  Aktionsart  hat  und  die  Beziehung  des  Falles  auf  die 
Vergangenheit,  wodurch  die  Darstellung  poetischer,  anschau- 
licher werden  soll,  viel  plastischer  wiedergeben  würde  als  das 
Präsens,  mit  dem  der  Dichter  aus  seiner  Rolle,  die  Darstellung 
zu  individualisieren,  wieder  herausfällt V  Was  soll  dieses  Prä- 
sens überhaupt  für  ein  Präsens  sein?  Ein  praesens  historicum? 
das  Hesse  sich  neben  einem  präteritalen  Aorist  wenigstens 
denken,  aber  gerade  Homer  hat  es  sonst  nirgends.  Oder  ein 
Präsens  in  abstrakten  Sätzen?  Aber  dann  wird  der  rasche 
Wechsel  mit  einem  präteritalen  Erfahrungsaorist  geradezu  un- 
leidlich. 

§  94.  Von  den  Nachfolgern  Frankes  hat  keiner  die 
Schwierigkeiten  der  von  ihm  am  energischsten  vertreteneu 
alten  Theorie  verkannt,  und  so  sind  sie  denn  auch  ihre  eige- 
nen Wege  gegangen.  Zwei  von  ihnen  stellen  freilich  in  der 
Hauptsache,    in    der    ])räteritalen    Auftassung    des    gnomischen 


1)  G.  IleiiiKinn  Vigcr.  S.  SUI.  Zweimal  isl  in  Glciclinissen  ein 
Imperfektum  konstatiert,  beide  Mai  in  der  Wendung-  oüö'  äpa  ,  . 
aici^ov  fjev  0  4115  0  274.  Franke  sagt  S.  7fi  das  unbedingte,  aus- 
nahmslose Feiik'u  von  Imperfekt  und  Pinsquampertekt  im  Haiipt- 
satz  von  Gleiclmissen  beruhe  darauf,  dass  liier  beide  Tempora  ohne 
die  Beziehung  seien,  welehe  ihr  eigenstes  Wesen  ausmaehe.  Kr 
verfällt  also  wieder  in  den  alten  Irrtum  Ix'ide  Tempora  als  relative 
anzusehen. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  257 

Aoristes,  noch  auf  Frankes  Seite.  M  u  t  z  b  a  u  e  r  führt  S.  35 
aus:  da  der  Grieche  g-ering-en  Wert  auf  zeitliche  Beziehungen 
Ig^q,  sei  er  durch  die  Anah)g-ie  des  Aorist-Konjunktivs  (in 
Gleichnissen  nach  ibc  b'  öt  dv  wie  P  520)  dazu  bestimmt  wor- 
den, den  Ind.  Aor.  im  Gleichnisse  zur  Bezeichnung-  der  g-lei- 
clien  Art  der  Handlung  zu  verwenden,  ohne  Rücksicht  auf 
die  zeitliche  Bedeutung-  der  Vergangenheit,  die  demselben 
zugleich  noch  eigen  sei.  Aber  dann  würden  Mollers  Ein- 
wände wieder  in  Kraft  treten,  die  Mutzbauer  nur  aus  Franke 
kennt  und  keiner  Beachtung  würdigt.  Bremer  hat  m.  E.  mit 
Recht  in  der  Woch.  f.  kl.  l'h.  1894  S.  890  Mutzbauers  ganze 
Erklärungsweise  abgelehnt  ^). 

Schmid  nimmt  direkt  in  Frankes  Polemik  gegen  Moller 
füi'  ersteren  Partei  ohne  wesentlich  neue  Gründe  beizubringen 
(S.  24—26).  Gegen  Mollers  3.  Punkt  führt  er  2  optativische 
Nebensätze  ins  Feld,  einen  Z  322  nach  Franke,  zu  dem  Pfuhl 
S.  38  Anm.  Stellung  nimmt,  und  einen  weiteren  e  490.  Hier 
handelt  es  sich  um  einen  Absichtssatz  mit  iva,  aber  Moller 
hat  S.  118  ausdrücklich  erklärt,  dass  die  Absichtssätze  nicht 
unter  seinen  Einwand  fallen,  weil  in  ihnen  der  Konjunktiv 
iiuch  sonst  nach  historischen  Zeiten  öfters  gebraucht  wird. 
Vgl.  Philipp  Weber  Entwicklungsgesch.  der  Absichtssätze  im 
Oriech.  in  Schanz  Beiträge  z.  bist.  Syntax  d.  griech.  Spr.  Heft  4 
(1887)  S.  47  ff'.  Auch  die  Behauptung  S.  44,  dass  in_ solchen 
generellen  Sätzen  Aorist  und  Präsens  für  einander  stehen 
können,  während  Moller  S.  122  entschieden  verneine,  dass  sie 
"wirklich  miteinander  wechseln",  ist  so,  Avie  sie  gebracht 
wird,  unhaltbar.  Moller  meint  blos,  dass  der  Geln-auch  des 
Präsens  oder  des  Aoristes  auf  einer  verschiedenen  Auff'assuug 
l)eruhen  müsse, -wobei  er  an  momentane  oder  dauernde  Hand- 
lungen denkt:  einen  Unterschied  in  der  Auffassung  konstatiert 
aber  auch  Schmid,  wenn  er  S.  57  seinen  Aoristus  emphatieus 
dem  Präsens  gegenüberstellt.  Ob  dieser  Unterschied  zwischen 
Präsens  und  Aorist  grfisser  oder  kleiner  ist,  thut  nichts  zur 
Sache.  Auch  in  Fällen  wie  Isoer.  1  6  küWoc  laev  t^P  il  Xpo- 
voc  dvr'-)\ujcev  f]  vöcoc  ejadpave  und  Soph.  Aias  714  TrdvO'  ö 
jucYac  xpovoc  )aapaivei  (Schmid  S.  45)  ist  ein  Unterschied 
in  der  Auffassung  noch  festzustellen.     Im  ersten  Beispiel  wird 


1)  Anders  Monro  Class.  Kev.  1894  S.  34. 


258  G.  Herbig, 

bei  dem  scharfen  Gegensatz  von  Schönheit  und  Zerstönmg- 
blos  das  entscheidende,  perfektive  Moment  der  Vcrbalhand- 
lung-  betont,  im  andern  Fall  ist  von  der  unermüdlichen,  stets 
sich  erneuernden,  alles  bezwingenden  zerstörenden  Macht  der 
Zeit  die  Rede:  das  zeitlose  ejudpave  ist  einfach  perfektiv,  das 
zeitlose  i^apaivei  iterativ-perfektiv  (§  66).  Die  Abhandlung-  ist 
übrigens  bemerkenswert  durch  die  reiche  Fülle  der  gebrach- 
ten Beispiele,  die  allerdings  nach  höchst  pedantischen  Gesichts- 
punkten zusammengestellt  sind  (S.  29  if.  "Der  gnomische  Ao- 
rist wird  gebraucht  I.  von  der  Gottheit  a)  im  allgemeinen  b) 
von  einzelnen  Gottheiten;  IL  von  der  Natur  a)  von  der  leb- 
losen b)  von  der  belebten;  III.  von  dem  Menschen  a)  vom 
physischen  b)  vom  psychischen  usf.)  Die  Zahl  der  Beispiele 
wird  auch  bedeutend  einzuschränken  sein;  Fälle  wie  Philemon 
fr.  95  (pucei  Tdp  oubeic  boOXoc  ejevriOri  TTOTt  wird  niemand  mit 
solchen  wie  II.  IX  o2U 

KtttGav'  6|ua)c  ö  t'  depföc  dviip  ö  te  iroWd  eopYuuc 
auf  gleiche  Stufe  stellen  wollen.  Schmids  Hau])trcsultat  ist 
niedergelegt  in  dem  Satz:  ''Der  gnomische  Aorist  dient  sei- 
ner Grundbedeutung  zufolge  in  allgemeinen  Sätzen  zunächst 
nicht  zum  Ausdruck  des  Momentanen,  sondern  des  Wichtigen, 
Bemerkenswerten,  d.  li.  zur  Hervorhebung,  Urgierung  des  Ver- 
balbegriflfs".  Die  ganze  Erklärung  passt  auf  den  Aorist  über- 
haupt und  triift  nicht  die  Eigenart  des  gnomischen.  Sie  ist 
in  ihrem  negativen  Teil  nicht  neu  ^)  und  in  ihrem  positiven 
nicht  prägnant  genug.  Im  Grunde  gibt  er  seinem  "Aoristus 
emphaticus"  dieselbe  Funktion,  welche  wir  nach  andern  für 
ihn  ansetzten,  die  perfektive:  S.  44  nennt  er  ihn  komplexiv, 
resultativ,  weil  er  das  Ergebnis,  Resultat,  Facit  vorgekommener 
Fälle  ausdrücke. 

§  95.  Erst  Pfuhl,  Brugmann  und  Musie  haben  endgültig 
mit  der  alten  Anschauung  gebrochen,  rfniil  kommt  zu  dem 
Resultat  (S.  38),  dass  der  gnomische  Aorist  sieli  niclit 
als  Präteritum  betrachten  lässt,  und  dass  seine  Bedeutung 
identisch  ist  mit  der  Grundbedeutung  des  Aoristes  überliaui)t 
(§  14,  1  i?  5).  Als  solche  sieht  er  die  ohne  Entwicklung  ge- 
dachte Verbalthätigkeit  an,  die  irgendwann  vorkonnnt  (S.  11). 
Er  betrachtet   also  den   ältesten  Aorist   nicht   mehr  als  ein 


1)  Was  Sclitnid  nach  S.  5.*?  anzunehmen  scheint. 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  259 

Tempus  und  g-laubt,  dass  dessen  ursprüng-liche  Funktion  sich, 
wie  in  den  nichtindikativischen  Modis,  so  auch  im  g-uomischen 
Gebrauche  des  Indikativs  erhalten  habe. 

Schon  Moller  hatte  seinen  positiven  Ausführungen  ähn- 
liche Anschauungen  zu  Grunde  gelegt.  Er  führt  die  tempo- 
ralen Bedeutungen  der  Yerbalformen  auf  modale  Bestimmun- 
gen zurück  (S.  113);  die  ursprüngliche  Natur  aller  Aoristfor- 
men, die  Bestimmung  des  Momentanen,  schlechthin  Vollendeten, 
der  in  einem  ungeteilten  Denkakt  als  abgeschlossen  vorge- 
stellten That  (S.  120)  tindet  er  auch  für  den  Indikativ  wieder 
im  gnomischen  Aorist  genereller  Sätze  (S.  122). 

§  96.  Pfuhl  zieht  mit  vielem  Geschick  die  slavischen 
Verhältnisse  zum  Vergleich  herbei  (§  6,  §  16);  A.  Music  hat 
neuerdings  den  gnomischen  Aorist  im  Griechischen  und  Kroa- 
tischen behandelt.  Das  Kroatische  ist  hier  ganz  besonders 
beachtenswert,  weil  im  Serbokroatischen,  wie  §  36  ausgeführt 
wurde,  perfektive  Präsensformen,  die  gewöhnlichen  Träger  der 
Funktion  des  griechischen  gnom.  Aoristes,  auch  an  die  Stelle 
untergehender  Aoriste  in  der  Erzählung  traten. 

Music  versteht  unter  gnomischem  Aorist  otfenbar  jeden 
zeitlosen  Indikativ  des  Aoristes,  sonst  würden  Delbrücks  ve- 
dische  Beispiele,  auf  die  er  sich  beruft  (Anz.  V  91  j,  nur  z.  T. 
passen. 

Den  Thatljcstand  schildert  er  folgendermassen  (S.  92): 
ist  die  zeitlose  Handlung  abstrakter  Sätze  imperfektiv,  so  er- 
scheint im  Griechischen  und  Kroatischen  das  Präsens,  ist  sie 
perfektiv,  so  erscheint  im  Griechischen  der  (gnomische)  Aorist, 
im  Kroatischen  neben  dem  (gnomischen)  Aorist  häutiger  das 
Präsens  perfektiver  Verba  z.  B.  'A  xelp  xäv  x^ip«  ^i^^i  (Epichar- 
mos)  Rulxci  riikii  pere.  (Vuk,  Poslovice)  —  Kdxöav'  öjaüuc  ö  x' 
depTÖc  dvrip,  ö  xe  iroWd  eopyiuc  I  320.  Cuclo  jjcisa  ujedose 
vulxCi  (Vuk,  Poslovice).  Xeko  se  za  Ust  sakrije,  a  nekoga 
ne  moze  ni  cluh  da  pokrije  (ebd.). 

Dabei  hält  er  den  zeitlosen  Aorist  zwar  für  idg.,  glaubt 
aber,  dass  er  sich  im  Kroatischen  aus  der  (präteritalcn?)  Grund- 
bedeutung selbständig  entwickelt  habe  (S.  93).  So  bekämpft 
er  denn  auch  Brugmanns  Ansicht,  der  Aor.  gnom.  wurzele  im 
Injunktiv,  weil  das  Kroatische  zwar  den  gnomischen  Aorist, 
nicht  aber  den  Injunktiv  kenne  (S.  91). 

Die  Entstehung   des   zeitlosen  Präsensgebrauchs   liält    er 


260  G.  Herbig, 

gleichfalls  für  idg-.,  betont  aber  ausdrücklich,  das  Präsens  habe 
von  Haus  aus  eine  geg-enwärtig-e  Handlung  bezeichnet,  weil 
man  sonst  nicht  absehe,  warum  die  idg.  Ursprache  kein  per- 
fektives Präsens  (Aoristpräsens)  kennt. 

Es  ist  nun  für  mich  misslich  genug  zu  diesen  Ansichten 
Stellung  nehmen  zu  müssen.  Einmal  kenne  ich  die  Abhand- 
lung nur  im  Auszug ;  sodann  sind  meine  Kenntnisse  des  Serbo- 
kroatischen durchaus  mangelhaft,  und  ich  müsste  mich  eigent- 
lich auf  ein  relata  refero  beschränken.  Doch  möchte  ich  Ken- 
nern folgendes  zu  erwägen  geben. 

Die  Verwendung  der  Aoriste  neben  der  üblicheren  der 
verba  perfectiva  zum  Ausdruck  der  perfektiven  Handlung  ab- 
strakter Sätze  im  Kroatischen  darf  m.  E.  von  der  Verwendung 
der  verba  perfectiva  zum  Ersatz  untergehender  iVoriste  der 
Erzählung  für  die  Erklärung  nicht  getrennt  werden.  Die 
actio  perfectiva  muss  vom  Standpunkt  der  Zeit  des  Redenden 
aus  betrachtet  als  tempus  futurum  oder  tempus  praeteritum 
erscheinen  (§§  44  ff.).  Letzteres  trat  wie  im  idg.  Aorist  (§  100) 
auch  bei  den  serbokroatischen  verba  perfectiva  ein,  welche 
die  Aktionsart  mit  jenem  teilten.  So  wurden  sie  geeignet  in 
die  zerfallende  Kategorie  des  serbokroatischen  Aoristes  ersatz- 
weise einzutreten.  Es  erscheint  mir  nun  ganz  natürlich,  dass 
umgekehrt  diese  Aoriste,  so  weit  sie  tiberhaujjt  noch  vorhan- 
den waren,  auch  ihrerseits  Funktionen  jener  Perfektiva  über- 
nahmen und  so  in  zeitlosen  abstrakten  Sätzen  Eingang  fanden. 

Pludet  so  der  kroatische  "gnom.  Aorist"  in  den  beson- 
deren Verhältnissen  dieser  Si)rache  eine  genügende  Erklärung, 
so  lässt  sich  die  Thatsache  seines  Vorhandenseins  nicht  mehr 
gegen  Brugraanns  Hypothese  anführen,  welche  im  gnom.  Aorist 
des  Griechischen  einen  Rest  der  alten  Injunktiv])edeutung  sieht. 

Auch  der  Grund,  den  Music  gegen  die  Urs])riingliclikeit 
der  zeitstufenlosen  Funktion  des  idg.  Präsens  anführt,  scheint 
mir  nicht  sticlilinltig.  Wir  erklärten  uns  oben  für  die  etwas 
moditizierte  Injunktivtheorie,  wonach  die  Formen  mit  Sekun- 
därendungen als  enklitische  Formen  zu  denen  mit  Primäreu- 
dungen  gleich  diesen  einmal  zeitlose  Funktion  hatten  i  §  89,  90 1, 
In  diesem  Stadium  der  Entwicklung  scheinen  die  Formen  mit 
Sekundärendungen  sich  aus  (Miicm  Paradigma  in  Perfectiva 
und  Imi)erfectiva,  den  zeitstiitV'nhtsen  Vorläufern  der  späteren 
Aoriste  und  Imperfekta,  gesi)altet  zu  haben  (,§  bl  S.  2;>l3).  Ein  Be- 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  261 

(lürfnis  uacli  perfektiv-zeitlosen  Handlung-en  war  also  damals  ein- 
lach g'einig-  zu  hetViedig-en :  es  ist  noch  in  historischer  Zeit  durch 
den  g-nomischen  Aorist  in  gleicher  Weise,  wenn  auch  vielleicht 
in  geringerem  umfang-,  befriedig-t  worden.  Als  si)äter  die  Un- 
terscheidung subjektiver  Zeitstufen,  insbesondere  die  zwischen 
Präsens  und  Präteritum,  sich  auf  Kosten  der  Aktionsarten 
(§§  100  ff.)  schärfer  herauszul)ilden  beg-ann,  war  in  dem  nunmehr 
vorhandenen  wirklichen  tempus  praesens  (trotz  der  beibe- 
haltenen durativ-zeitlosen  Nebenfunktion)  für  eine  erst  neu  wieder 
zu  schaftende  perfektiv-zeitlose  Kateg-orie  ('Aoristpraesens') 
kein  Raum  mehr,  zumal  auch  das  Bedürfnis  nach  einer  sol- 
chen geringer  g-eworden  war,  nachdem  der  Pegriff"  der  Ak- 
tionsart vor  dem  der  Zeitstufe  in  den  HintergTund  trat. 

§  97.  Gegen  die  von  Pfuhl  inaugurierte  und  von  Brug- 
mann  klar  ausgesprochene  Auffassung  des  g-nomischen  Ao- 
ristes lässt  sich  m.  E.  nur  ein  ernsthafter  Einwand  erheben: 
die  Thatsache,  dass  .das  Aug-ment  sich  häutig  genug-  beim 
gnomischen  Aoriste  findet.  Die  Art  und  Weise,  wie  Kohlmann 
S.  10  und  Möller  S.  122  die  Sache  erklären  wollen,  befrie- 
dig-t nicht.  Die  ganze  Erscheinung  ist  indes  nicht  befremd- 
licher, als  der  Gebrauch  von  ai.  agät  für  gät  nach  niä  im 
jVIahäbh.  (Holtzmann  Grammatik  aus  dem  Mahäbh.  ^S),  wo- 
rauf Brugmann  Grdr.  II  1277  Anm.  aufmerksam  macht.  Vgl. 
auch  Brugmanns  Gr.  Gr.  1890  ^  §  160  Anm.  Grdr.  11  863 
Anm.  2;  dazu  weiter  unten  §  106. 

§  98.  Das  Augment  bietet  überhaui)t  den  Gegnern  der 
Hypothese  von  der  ursj)rünglicli  zeitlosen  Bedeutung  des  Ind. 
Aor.  eine  willkommene  Waffe,  und  wer  von  einer  'Abwerfung' 
des  Augmentes  si)richt  wird,  von  vornherein  geneigt  sein  die 
iiugmentierten  Formen  für  älter  anzusehen  als  die  augment- 
losen. Dieselbe  Ansicht  müssen  natürlich  auch  die  verfechten, 
Avelche  die  Formen  mit  Sekundärendung  1  e  d  i  g  1  i  c  h  unter 
■dem  Eintiuss  des  betouten  Augmentes  entstehen  lassen. 

Ich  habe  mich  §§  89,  90  zu  einer  andern  Auffassung  be- 
kannt und  halte  so  lange  diese  oder  eine  auf  gleichen  (irund- 
lagen  beruhende  für  die  richtigere  als  die  Vertreter  der  Theorie 
von  der  'Abwerfung'  des  Augnu-ntes  die  Antwort  auf  folgende 
Fragen  schuldig  bleiben.  Unter  welchen  Eintlüssen  ist  das 
Augment  in  der  Mehr/alil  der  idg.  Sprachen  gleichmässig 
untergegangen?     Wie  sind  das  einheitliehe  idg.  oder  die  ein- 


262  G.  Herbig, 

zelsprachlichen  Lautgesetze  zu  formulieren,  welche  den  histo- 
risch vorliegenden  Thatbestand  schufen?  Oder,  wenn  an  me- 
chanische Lautgesetze  nicht  zu  denken  ist,  wie  soll  man  dazu 
kommen  ein  durch  den  Akzent  geschütztes  Wort  'abzuwerfen', 
besonders  wenn  die  Sprachen,  welche  uns  zur  Kontrolle  noch 
offen  stehen  (griech.  imd  ai.),  gerade  die  entgegengesetzte  Ten- 
denz verfolgen,  nämlich  das  Gebiet  der  augraentierten  Formen 
immer  mehr  auszudehnen? 

Nur  nebenbei  sei  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  zwei 
sehr  beachtenswerte  Hypothesen  nur  dann  ohne  Zwang  ge- 
halten werden  können,  wenn  die  augmentlosen  Formen  uralt 
sind.  Tn  einer  Zeit,  in  der  das  Augment  notwendig  und  be- 
tont, und  das  Verbum  enklitisch  war,  ist  unmöglich  die  Ent- 
stehung des  Imperfekts  und  2.  Aorists  aus  der  Gabelung  eines 
Paradigmas  durch  Akzentwechsel  und  doppelte  Ausgleichung 
im  Sinne  Pauls.  Ebenso  fiele  Streitbergs  Gesetz  von  der  Ent- 
stehung der  Dehnstufe  in  Fällen  wie  {a)naisam  gegenüber 
(a)nayisam,  denn  eil  in  der  ersten  Form  setzt  eine  idg.  Voll- 
stufe und  diese  eine  betonte  Silbe  voraus.  (IF.  111  oOö,  396). 

§  99.  Der  Bezeichnung  zeitstufenlose  Funktion  des  Ao- 
ristes fehlt  die  positive  Seite.  Sie  kann  nach  allem,  was  aus- 
geführt wurde,  nur  in  der  Aktionsart  gesucht  werden.  Als- 
die  Aktionsart  des  griechischen  Aoristes  haben  wir  die  per- 
fektivicrende  erkannt  (§  51).  Wir  sahen  Aveiter,  dass  diese 
sehr  alt  sein  niuss  und  beim  Aufkommen  von  Typen  wie  xi- 
0r|)m  bibuj)ui  schon  vorhanden  war  (§  66).  Die  Funktion^ 
Avelche  dieselben  verschiedenartigen  morphologischen  Aorist- 
typen im  Griech.  und  Ai.,  also  in  proethnischer  Zeit,  zu  einer 
syntaktischen  Einheit  aneinander  kittete,  muss  die  gleiche 
gewesen  sein  (§  85):  was  liegt  näher  als  die  Aktionsart  des 
griechischen  Aoristes  für  den  idg.  anzusetzen,  wenn  es  nur  ge- 
lingt, die  Gebrauchsweise  des  ai.  Aoristes  damit  zu  vereinigen? 
Ein  solcher  Versuch  wird  im  folgenden  gi-niacht  (§  101). 

§  100.  Jetzt  erst  scheint^^mir  der  Boden  geebnet,  um 
die  Frage  aufzuwerfen:  wie  kommt  der  zeitstufenlose 
Ind.  Aor.  dazu  Präteri  talbedm  t  iiuü-  zu  gewinnen? 

Dass  die  sekundären  PerscMialcndiingen  mit  der  Bedeu- 
tungsentwicklnng  nielit  in  ursächlie  hem  Zusnnimenliang  ste- 
hen können,  leuchtet  naeli  aUem,  was  danilter  gesagt  wurde 
(§§13,89)  ohne  weiteres  ein;   li(iclistens  kTmiite  man  annehmen^ 


Aktionsart  und  Zeitstufe.  263 

dass  nach  erfolg-ter  BedeiituugsentAvickliuig-  die  ucue  Bedeu- 
tung- an  sie  geknüpft  wurde. 

Die  Sache  hisst  sich  auch  nicht  so  erkhiren,  dass  man 
sag-t,  das  Durchdringen  der  präteritalen  Augnienttbrnien  habe 
die  anderen  auah)g-isch  mit  fortg^erissen.  Dadurch  würde  die 
Fragestellung  nur  verschoben,  denn  es  gälte  nun  begreiflich 
zu  macheu,  warum  gerade  die  durch  das  Augment  als  präte- 
rital  bezeichneten  Formen  durchgedrungen  sind. 

Ich  formuliere  also  die  Frage,  wie  folgt:  welche  Wir- 
kung musste  das  Aufkommen  der  Unterscheidung  von  Zeit- 
stufen auf  die  zeitstufenlosen  perfektiven  Aoristformen  aus- 
üben? Da  die  Zeitstufe,  wie  das  Griechische  erweist,  an  den 
Indikativ  gebunden  ist,  musste  sich  die  Wirkung  ihres  Auf- 
kommens auf  diesen  beschränken.  Man  erinnert  sich  der  Aus- 
führungen §§  44  ff. :  es  wurde  dort  nachgewiesen,  dass  das  tem- 
pus  praesens  und  die  actio  perfectiva  sich  ausschliessen.  Eine 
perfektive,  zeitstufenlose  Form  konnte  sich  also  nur 
zum  Futur  oder  zum  Präteritum  entwickeln:  der 
erste  Fall  ist  im  -.§/o-Futur  (§§  83,  84),  der  zweite  im 
Ind.  Aor.  eingetreten.  Wie  der  Intinitiv  und  namentlich  das 
Partizipium  ^)  des  Aoristes  oft  wegen  ihrer  perfektiven  Bedeu- 
tung okkasionell  den  Sinn  eines  tempus  praeteritum  erhal- 
ten (ohne  dass  hier  die  Möglichkeit  besteht,  die  Sache  durch 
ein  'abgeworfenes'  Augment  zu  erklären),  so  geschah  es  usuell 
mit  dem  Ind.  Aor.  Sobald  einmal  die  Unterscheidung  von 
Zeitstufen,  zunächst  bei  einzelnen  Fällen,  wo  sie  besonders 
wünschenswert  erschien,  ins  Bewusstscin  trat,  war  der  Unter- 
gang bestimmter  zeitloser  Indikative  besiegelt,  die  sprachliche 
Neuerung  war  von  ganz  hervorragend  praktischem  Wert,  alle 
vorhandenen  Formen  mussten  ihr  gegenüber  Partei  ergreifen^ 
um  ihre  Existenzberechtigung  zu  siciiern. 

§  101.  Bei  dem  nunmehr  erwachten  Trieb  der  Sjiraclic 
die  zeitstufenlose  perfektive  Verbalfunktion  mit  den  subjek- 
tiven Zeitstufeu  zu  verschränken,  wird  als  das  natürliche  Kom- 
promis  zwischen  der  actio  perfectiva  und  dem  tempu» 
praesens  erscheinen:  die  Funktion  der  soeben  eingetrete- 
nen 2)  Handlung.     Denn  sie  ist   das  Präteritum,    welches  dem 

1)  Pfuhl  Aorist  S.  16—20,  S.  50-57.  Cuvtius  JM-läutcruimen 
S.  178/9. 

2)  Vg-1.    auch  F.  Haussen    Phil.  P.  1.S81   S.  1515,    der    darin  F. 


2ß4  G.  Herbig, 

Präsens  am  nächsten  steht  und  bei  der  Weiterentwicklung' 
nach  einer  bestimmten  Riciitung  hin  auch  wieder  zum  Präsens 
werden  kann  (§  103).  Tritt  so  die  soeben  eing-etretene  Hand- 
lung- in  eine  bestimmte  Beziehung  zur  perfektiven  Aktionsart, 
dann  ist  mit  einem  Schlag  auch  für  die  Beurteilung  der  vedi- 
schen  Aorist funktion  der  richtige  Gesichtspunkt  gew^onnen: 
sie  ist  das  Produkt  aus  actio  perfectiva  und  tempus  praesens; 
in  ihr  hat  sich  wahrscheinlich  auch  die  Übergangsstufe  von 
perfektiver  Aktionsart  zu  präteritaler  Zeitstufe  versteinert  er- 
halten. Sie  ist  in  Spuren  auch  noch  im  Griechischen  vorhan- 
den vgl.  darüber  Mutzbauer  a.  a.  0.  S.  16  und  Delbrück  SF. 
IV  107  tf. 

Vom  einseitigen  Standpunkt  der  indischen  Grammatik 
aus  lassen  sich  diese  Verhältnisse  nicht  genügend  erklären : 
einmal  ist  in  der  Frage  des  Gebrauchsunterschiedes  der  nicht- 
indikativischen Modi  der  indischen  Präsens-  und  Aoriststämme 
noch  nicht  das  entscheidende  Wort  gesprochen,  andrerseits 
hat  sich  im  Indikativ  die  ganze  Weiterentwicklung  um  die 
neue  Errungenschaft  der  Zeitstufen  gedreht  zu  Ungunsten  der 
Aktionsarten,  deren  Bezeichnung  nunmehr  als  überflüssig  er- 
achtet wurde. 

§  102.  Einen  ähnlichen  Weg  scheinen  die  meisten  übri- 
gen idg.  Sprachen  eingeschlagen  zu  haben,  beispielsweise  das 
Lateinische,  wo  Aorist  und  Perfekt  auf  Grund  der  gemein- 
samen Tempusfunktion  unter  Vernachlässigung  der  urs])rüng- 
lichen  Verschiedenheit  ihrer  Aktionsarten  sogar  morphologisch 
zu  einer  Kategorie  zusammenflössen.  Anders  im  Griechischen. 
Die  vielgerühmte  Keichhaltigkeit  des  griechischen  Verbal- 
systems l)eruht  nicht  darauf,  dass  der  griechische  Sprachge- 
nius alle  möglichen  neuen  Verbalkategorien  erflndet,  sondern 
<larauf,  dass  er  neben  der  neuen  Errungcnsciiaft  der  Tempus- 
bezeichnung auch  deren  primitive  Vorstufe,  die  Aktionsarten, 
beibehält  und  beide  Kategorien  in  bewundernswerter  AVeise 
XU  einem  vollkommenen  System  verschränkt. 

§  103.  Psychologisch  ist  der  geschilderte  Übergang  genau 
derselbe,  wie  er  für  verschiedene  Spracherscheinungen  schon  be- 

Hartniann  Do  aoristo  secundo  S.  52  zustimmt:  "Hori  non  potest  ut 
eodem  temj)oi-c  fiat,  quod  is  qui  loquitur  dicendo  dcsignat";  daher 
bezeichnet  das  perfektive  'Präsens'  entweder  Zukunft  oder  jüngste 
Vergangenheit.     Dazu  oben  S.  200  Beispiel  2  u.  S.  213. 


Aktionsart  und  Zeitstiife.  265 

sproelien  wurde.  Das  grieeliische  Perfekt  ist  auf  dieselbe 
Weise  in  gewissen  Gebrauchsarten  ein  Präteritum  g-eworden 
wie  der  Ind.  Aor.  (§  56).  Bei  ihm  kann  7Aulem  ebensowenig 
wie  bei  den  nichtindikativiscben  Formen  des  Aoristes  das  Aug- 
ment als  Quelle  der  Präteritalbedeutung  betrachtet  werden. 

Die  Berührungspunkte  zwischen  dieser  Perfektfunktiou 
und  der  des  vedischen  Aoristes  liegen  so  auf  der  Hand,  dass 
Whitney  mit  vollkommenem  Eecht  umgekehrt  dem  Aorist  der 
älteren  Sprache  die  Geltung  eines  eigentlichen  Perfekts  bei- 
legt (Ai.  Gr.  §  928);  auch  die  Weiterentwicklung  des  Per- 
fekts /u  einem  Präsens  der  "vollendeten  Handlung"  macht 
der  vedische  Aorist  gelegentlich  mit  (ebenda  §  93U). 

§  104.  Weiter  vergleichen  lässt  sich  die  Bedeutungs- 
entwicklung der  mit  g  a-  p  r  ä  f  i  g  i  e  r  t  e  n  P  a  r  t  i  z  i  p  i  a 
im  Deutschen.  Brugmann  hat  IF.  V  93  ausgeführt,  dass 
die  Verbaladjektiva  auf  -fo-s  (und  wohl  auch  die  damit  in  Aus- 
tausch stehenden  auf  -no-s)  ursprünglich  kaum  etwas  anderes 
angaben  "als  dass  durch  sie  eine  Handlung  als  anhaftende 
Eigenschaft  und  Merkmal  prädiziert  wird".  Erst  später  wur- 
den sie  an  ein  bestimmtes  Tempus,  an  ein  Präteritum,  ange- 
gliedert. Im  Deutschen  spiegelt  sich  diese  Thatsache  darin 
wieder,  dass  das  anfangs  blos  perfektivierende  ga-  bei  diesen 
Formen  mit  ihrer  Entwicklung  zu  Prätcritalformen  immer  mehr 
an  Boden  gewinnt  und  schliesslich  geradezu  als  der  Träger  der 
Präteritalbedeutung  erscheint.  Zunächst  blos  das  Moment  der 
Vollendung  der  Handlung  bezeichnend  dient  es  zuletzt  einfach 
zur  Konstatierung  der  absoluten  Handlung  in  der  Vergangen- 
heit :  in  ähnlicher  Weise  entwickelt  sich  der  griechische  Aorist 
aus  einer  effektiven  Aktionsart  zu  einem  konstatierenden  tem- 
pus  praeteritum.  Der  ganze  Vergleich  ist  freilich  deswegen 
nicht  ganz  schlagend,  da  das  i)räfigierte  ga-  die  Präterital- 
bedeutung zwar  beförderte,  kaum  aber  hervorrief:  das  lat.  Ver- 
baladjektiv nuf -tus  und  das  ai.  auf -»rt.s-  haben  sich  ohne  solche 
Zusammensetzung  gleichfalls  dem  Präteritum  angeschlossen. 

§  105.  Eine  überraschende  Analogie  bieten  aber  die 
serbischen  Perfekt  iva  in  der  Funktion  eines  Präsens 
narrativuni  zum  Ersatz  verloren  gegangener  P  r  ä  t  e  r  i  t  a  1- 
Aorist  e.  Hier  hat  sich  im  Lauf  der  Jahrhunderte  das 
gleiche,  im  Wesen  der  actio  perfectiva  begründete  Schauspiel 
wiederholt:    sie    ist    zum    tempus    praeteritum    geworden.     Es 


5G6  G.  Her  big-, 

ist  höchst  bezeichnend,  dass  nach  Bndmanis  ausdrücklicher 
Bemerkung  (§  3G)  diese  präteritale  Bedeutung  nur  im  Zusam- 
menhang- der  Erzählung  auftritt :  ganz  in  entsprechender  Weise 
musste  auch  der  griechische  Aorist  in  Gleichnissen  und  Sen- 
tenzen, die  ausserhalb  der  fortlaufenden  Erzählung  stehen, 
uaturgemäss  seine  zeitstufenlose  Bedeutung  bewahren.  Da 
die  serbischen  Perfektiva  nicht  allmählich  in  eine  ganz  neue 
Funktion  hineinwuchsen,  sondern  einfach  an  die  Stelle  einer 
nior])h()logisch  untergehenden,  aber  psychologisch  noch  beste- 
henden Verbalkategorie  traten,  wird  leicht  begreiflich,  warum 
bei  ihnen  die  Übergangsstufe  der  soeben  eingetretenen  Hand- 
lung nicht  vorhanden  ist.  Dass  auch  das  serbische  Futurum 
manchmal  diese  Funktion  übernimmt,  erklärt  sich  daraus,  dass 
die  serbischen  Perfektiva  einmal  Futurfunktion  hatten,  wie 
sie  in  andern  slavischen  Sprachen  gang  und  gäbe  ist,  und  wie 
sie  sich  auch  im  serbischen  Nebensatz  erhalten  hat.  Es  liegt 
hier  syntaktisch  eine  sog.  falsche  Analogie  vor  ^). 

§  106.  Bei  einer  solchen  Erklärung  der  Präteritalfunk- 
tion  des  Ind.  Aor.  löst  sich  vielleicht  auch  ein  anderes  Rätsel. 
Der  willkürliche  Gebrauch  augmentierter  und  unaugmentierter 
Imperfekt-  und  Aoristformen  legt  a  priori  den  Gedanken  nahe, 
dass  hier  einmal  feste  Regeln  bestanden,  die  erst  dur'di  se- 
kundäre Verschleppungen  verwischt  wurden.  Ich  nehme  an : 
das  Augment  diente  zunächst  nur  zur  Bezeichnung  des  Prä- 
teritums der  imperfek'tiven  Aktionsart,  es  w^ar  notwendig  also 
nur  im  Imperfekt;  die  perfektive  Aktionsart,  also  der  Aorist, 
besass  eo  ipso  präteritale  Bedeutung,  sobald  man  sie  vom  Ge- 
sichtspunkt der  Zeit  des  Redenden  aus  betrachtete;  darnach 
wurde  das  Augment  auch  in  den  Aorist  vertragen,  und  auch 
das  unaugmentierte  Imperfekt  (der  Imperfckt-Injunktiv  i  erhielt 
Präteritalbedeutung.  Hervorgerufen  und  gcfiirdert  wurde  die 
Vermischung  durch  die  mor[)hologisehe  Verwandtschaft  von 
Im|)erfekt  und  Aorist  II. 

§  107.     Es   mag   zum  Schluss  erlaubt,  sein   Aktions- 


1)  Es  wurde  §  36  crwälmt,  dass  in  solrlicu  FällcMi  öt'tors  aucli 
der  Imperativ  stellt.  V;^!.  dazu  iMiklosi.'  Gr.  d.  sl.  Spr.  IV  704—797. 
Eine  ansprechende  Erkläruii<>-  bringt  WaeUernag-ol  Über  die  Ge- 
.schiclite  des  historischen  Infinitivs.  (Verhandl.  d.  ■".O.  \'ers.  d.  deutsch. 
Phiiol.  1HH7  S.  27G— 2H3). 


Aktionsart  und  Zeitstut'e.  267 

art  und  Zeitstufe  des  idg.  Verbums  noch  einmal  kurz  ge- 
genüberzustellen. 

Die  Aktionsart  hängt  mit  der  Verbalhandlung  (actio) 
unlösbar  zusammen;  im  lebendigen  Zusammenhang  der  Rede 
muss  jeder  Verbalbegrift"  als  solcher  zu  ihr  in  irgend  ein  Ver- 
hältnis treten. 

Die  subjektiven  Zeit  stufen  sind  eine  ausserhalb 
und  überhalb  der  einfachen  Verbalhandlung  stehende  Kate- 
gorie; die  einzelne  Verl)alform  kann  zu  ihnen  Stellung  neh- 
men, sie  muss  es  nicht.  Es  giebt  zeitstufenlose  Verbalformen, 
aber  keine  ohne  Aktionsart. 

Zeitstufenlos  sind  im  Griechischen  z.  B.  alle  Ver- 
balformen mit  Ausnahme  des  Indikativs,  dazu  alle  Judikative 
in  allgemein  gültigen  Sätzen;  ohne  Aktionsart  sind  blos 
theoretische  Abstraktionen  der  Grammatiker:  die  sog.  Verbal- 
wurzel, oder  der  jetzt  an  ihrer  Stelle  als  Repräsentant  des 
Verbalbegrift's  geltende  Inlinitiv,  natürlich  nur  so  lange  er  nicht 
im  lebendigen  Fluss  der  Rede  steht. 

In  vielen  uichtindogermanischen  Sprachen,  besonders  deut- 
lich in  den  semitischen,  ist  der  Begriff  der  Aktionsarten  der 
herrschende  geblieben.  Der  ältere  ist  er  auch  im  Indoger- 
manischen. Unter  der  Schicht  der  subjektiven  Zeitstufen  linden 
wir  deutlich  die  verwitterten  Reste  der  älteren  Aktionsarten, 
und  dem  schärfer  zublickenden  Auge  werden  hie  und  da  noch 
die  Fäden  offenbar,  die  von  der  einen  zur  andern  Auflfassungs- 
weise  hinüberleiten. 

Der  Fortschritt  —  denn  ein  solcher  sind  die  subjektiven 
Zeitstufen  unbedingt  —  ging  hervor  aus  einer  Verschiebung 
des  Standpunkts  des  Redenden.  Er  sah  zunächst  die  Hand- 
lung blos  auf  ihre  Art  an  und  gab  sie  demnach  sprachlich 
wieder.  Dann  betrachtete  er  sie  nach  ihrem  zeitlichen  Ver- 
hältnis zur  lebendigen  Gegenwai't,  aus  der  heraus  er  sjjracli, 
und  dieselben  Formen,  welche  unter  dem  einen  Gesichtswinkel 
als  perfektiv  erschienen,  stellen  sich  unter  dem  andern  als 
Futura  oder  Aoristpräterita  dar,  ohne  dass  die  letzteren  im 
Griechischen  ihre  ursprüngliche  Funktion  je  verleugnet  hätten. 
Der  Übergang  von  der  einen  zur  andern  Betrachtungs- 
weise erfolgt  allmählich;  sie  gehen  im  Griechischen  ncl)en- 
einander  her,  in  den  meisten  andern  Sprachen  hat  die  zweite 
als  die  praktischere  die  erste  fast  gänzlicli  abgelöst. 


268  G.  Herbig-, 

Der  erste  Anlass  zur  Verschiebung  ist  unklar.  Vielleicht 
hat  sich  die  zweite  Betrachtungsweise  ganz  unabhäugig-  von 
der  ersten  entwickelt,  vielleicht  reichen  ihre  Wurzeln  in  die- 
selbe zurück.  Jedenfalls  hat  man  bei  ihrem  Übertritt  aus 
einer  psychologischen  zu  einer  grannnatischen  Kategorie  die 
morphologischen  Elemente,  an  welche  die  erste  Betrachtungs- 
weise geknüpft  schien  (Reduplikation,  Vokalabstufung,  -es- 
Stämme  im  1.  Aorist),  auch  zur  sprachlichen  Wiedergabe  der 
zweiten  benützt. 

Solche  Aufstellungen  sind  nicht  neu.  Wenigstens  zucken 
ähnliche  Grundgedanken  in  verschiedenem  Zusammenhang 
auf^j.  Neu  scheint  mir  nur  die  systematische  Art  der 
Ableitung. 

Wir  haben  versucht  aus  der  Verschiedenheit  der  natür- 
lichen Bedeutung  der  Verbalbegrifite  die  Scheidung  und  Ver- 
breitung der  Aktionsarten  abzuleiten  und  neben  und  aus  die- 
sen die  Entwicklung  der  psychologischen  und  grammatischen 
Kategorie  der  Zeitstufen  begreiflich  zu  machen.  Damit  wäre 
eine  Brücke  geschlagen  zwischen  den  bescheidenen  Anfängen 
und  der  stolzen  Krönung  des  indogermanischen  Verbalsystems. 

Es  liegt  mir  natürlicii  fern  für  die  Richtigkeit  aller  der 
Schlüsse,  welche  in  das  glottogonische  Nebelheim  hineinragen, 
aber  zum  Ausbau  der  ganzen  Theorie  notwendig  schienen, 
mehr  in  Anspruch  zu  nehmen  als  einen  hohen  Grad  von  Wahr- 
scheinlichkeit. Das  liegt  in  der  Natur  der  Sache.  Ich  Avürde 
es  aber  auch  schon  als  einen  Fortschritt  betrachten,  wenn 
dieser  bescheidene  Versuch  dazu  beitrüge  den  einen  oder  an- 
dern von  einer  vorgefassten  und  dogmatischen  Theorie  der 
indogermanischen  Tempora  zu  einem  non  li(|uet  zu  bekehren; 
schon  die  Bestärkung  in  der  Einsicht,  dass  sie  nicht  auf  einmal, 
wie  Athene  aus  dem  Haupt  des  Zeus,  in  die  Erscheinung  tra- 
ten, sondern  aus  primitiven  Vorstufen  langsam  sich  entwickel- 
ten,   Avird    zu    weiterem    Forschen    Anlass    geben.     Jedenfalls 


1)  K.  W.  L.  Heyse  Systcin  dci-  S])r;u'liwissonscliart  lirsy.  v. 
H.  Stt'iDtlial  IH.öG  J?  •i.'52.  —  Frd.  Mülk-r  Der  Verbalausdruek  im 
arisch-soiiiitischcn  Sprachkreise.  Sitz.-Ber.  d.  phil.-lii.st.  KI.  d.  Kais. 
Ak.  d.  W.  Wien  Hd.  XXV  (1.SÖ7)  S.  37;>  tf.  namentlioli  S.  2C.,  29,  39. 
—  La  Grasserie  De  la  catc'-gorie  du  teinps  (ISSHi  S.  3.  —  Pfulil  Die 
Bedeutung  des  Aoristus  ;lSf)7;  S  i3,  4  und  t;  14,  2.  —  F.  llanssen  Pliil. 
R.  1881  S.  1515. 


Aktionsart  und  Zeitstut'c.  269 

hoffe  ich  gezeigt  zu  haben,  dass  der  Vevsiicli  sekundäre  Bc- 
griffc  der  shivi.sohen  Grainniatik  mutatis  uiutandis  auf  dai4 
Griechische  und  Indogerinanisclie  zu  übertragen  eine  Reihe 
fruchtbarer  (Tcsichtspunkte  aufdeckt.  So  würden  diese  Aus- 
führungen ihrerseits  wieder  den  Satz  Itestätigen,  in  dem  sie 
ihre  Berechtigung  suchen,  dass  die  i)sychoh)gischen  Falvtoren 
in  der  natürlichen  Sprachentwickhmg  ewig  dieselben  bleiben, 
und  dass  die  Sprachen,  deren  lebendigen  Odem  wir  noch  füh- 
len, uns  die  besten  Watfen  in  die  Hand  geben  zur  wissen- 
schaftlichen Eroberung  eines  Gebietes,  das  an  der  Schwelle 
oder  jenseits  aller  Erfahrung  liegt. 

G  u  s  t  a  V  11  e  r  b  i  ff. 


Baltische  Miszellen  ^). 


{'■>.  Die  Tostpositionen  -an  -eti  und  die  litauisch-lettischen 

Lokale. 

1.  Das  Litauische  besitzt  bekanntlich  eine  Postposi- 
tion -na,  -n,  die  behufs  Zielbezeichnung  an  Akkusativformeu 
gehängt  wird,  heutzutage  jedoch  nui-  im  östlichen  Sprachge- 
biet in  voller  Lebenskraft  steht.  S.  z.  !>.  Kurschat  Grammatik 
§  1445  und  14^8,  Bezzenberger  Beitr.  z.  Gesch.  d.  lit.  Sprache 
248  ff.  BB.  XVIII  25:)  habe  ich  noch  gedacht,  dieses  -na  (-n) 
mit  der  slav.  Präposition  na  'auf  verbinden  zu  dürfen:  dies 
ist  jedoch  durchaus  unzulässig. 

Sch(m  Bezzenberger  a.a.O.  250  führt  Belege  an,  die  für 
-7ia  ein  -na^  (-no,  -nu)  haben:  die  Zahl  derselben  ist  al)er  so 
gering,  dass  es  mir  scheinen  wollte,  dieselben  seien  unter  die 
in  älteren  Drucken  so  überaus  zahlreichen  Druckfehler  res]), 
Belege  einer  sehwankenden  Schreibungsart  zu  rechnen.  Ent- 
scheidend ist  für  mich  jedoch  der  Umstand,  dass  die  ostlitaui- 
sche Übersetzung  von  Ledesmas  Katechismus  v.  J.  1005  (hrsg. 
von  Dr.  Jan  Bystroii,  Krakau  1890.  S.A.  a.  d.  XIV.  Bd.  der 
philol.  A1)h.  der  Krakauer  Akademie  i  durchwegs  -nu  (neben 
-n)  schreibt:  in  jjasJxundosnu  S.  37,  41,  44,  Dungüsnn  .'»7, 
41,  44,  zemesnü  44,  luriuosnu  61,  namüsnu  82,  Der  unbe- 
kannte Übersetzer  schreibt  jedoch  (wie  Szyrwid:  s.  Garbe  in 
ßezzenbergers  Lit.  u.  Lett.  Drncke  4  S.  XXVI  ff.)   in    einem 

1)  Vg-i.  IF.  IV  470  ti'. 

Imlu{,'ermani.si.'hc  Forschuiifreii  VI  J  a.  -l.  ly 


270  Josef  Zuhat y, 

Dialekt,  wo  taiitosyllabiselies  an  am  a  v.w  nn  um  i{  Twie  tau- 
tosyll.  en  em  e  zu  /w  im  1}  wird'):  wir  haben  die  Postposi- 
tion also  etymologisch  richtiii:  als  -na  zu  \erstchen  und  zu 
schreiben.  Auf  -ne,  welches  auch  vorkommt  TBezzenberg-er 
1.  1.  2ö()i  ist  kein  Gewicht  zu  legen:  entweder  verdankt  -ne 
sein  -e,  wie  Hezzenberger  meint,  den  zahlreichen  Lokalen  auf 
-e,  oder  aber,  Formen  auf  -ne  sind  nur  künstliche  Produkte 
einer  gTammatischen  Spekulation  der  betreffenden  .Schriftsteller, 
die  zu  der  ihnen  geläutigen  Form  auf  -n  eben  auf  (irund  der 
volleren,  gewählteren  Lokalformen  auf  -e.  die  im  Lit.  seit 
lange  neben  apokopierten  ohne  -e  gebräuchlich  sind,  eben 
Formen  wie  rardane  usw.  gebildet  haben. 

Wie  ist  nun  dieses  -»r;  zu  fassen?  Bezzenberger  schreibt 
(S.  250 ) :  ''  Die  Form  -nq  scheint  mir  aus  -na-n(a),  der  's  er- 
doppelten l'ostposition,  entstanden  zu  sein:  an  die  fertigen 
Formen  auf  -na  wurde  die  Postposition  -na,  verkürzt  -»,  pleo- 
nastisch   hinzugefügt".     Der  Vorgang   wäre   ziemlich    seltsam. 


1)  Eine  Aiisnaliine  bilden  die  Wörter  kantryJx'-  'Geduld',  /.y//7- 
trei  'gediildig-'  55,  81,  83,  die  in  dem  Dialekt  des  Kat.  als  Lehn- 
wörter zu  gelten  haben;  der  Übersetzer  hat  diese  der  Religüonster- 
minolog'ie  ang-ehörigen  Wörter  anderswo,  zunächst  in  Daukszas 
Übersetzung  desselben  Buches  v.  J.  1595,  die  er  ja  ausdrücklich 
nennt,  kennen  gelernt.  Auch  bei  Szyrwid  ist  z.  B.  idant  neben  dem 
dialektniässigen  adiinf  in  diesem  Sinn  ein  Lehnwort  (s.  Garbe  XXVII, 
auch  IF.  III  141  f.).  Wenn  daher  Szyrwid  auch  z.  B.  knnuosna, 
dulkiesna,  namuosna  für  zu  erwartendes  '''kunüsnn  usw.  schreibt 
(40  18,  43  13,  61  16),  so  dürften  auch  dies  keine  seinem  Dialekt  zu- 
kömmlichen  Formen  sein:  er  selber  sprach  offenbar  für  das  postpo- 
sitionelle  -nq  (-nv)  bereits  auch  im  Plural  mit  Apokope  -n  (z.  B. 
61  21,  89  24,' 98  14,  137  25,  139  13,  Garbe  XLII)  und  Formen  mit  -na 
schrieb  er  zuweilen  so,  wie  er  sie  aus  andern  Dialekten,  resp.  Bü- 
chern kannte.  —  Wenn  im  Kat.  1605  neben  vielen  Belegen  von 
itnfaras  (=  anfras  'secundus',  daneben  rnfi-u-kärf  'zum  zweiten 
Mar,  Bystron  126;  auch  in  Baron-Wissendorfts  Dainas  steht  312 
tltar.s  für  .sonst,  lett.  vtrs)  aueli  anfars  43,  äniaro  86  steht,  so  sind 
dies  offenbare  Druckfehler  (viell.  sprach  der  Setzer  ontaras  oder 
antras).  In  treihti  {isztremtiey  d.  h.  iszfremfe-ji  58)  dürfte  e  für 
lautgesetzliclies  /  der  Analogie  des  Präsens  zu  verdanken  sein 
{trenäii-,  die  Jotation  hat  im  Balto-Slavisclien  nirgends  die  (xeltung 
eines  Konsonanten,  so  dass  em  in  fremik  u.  dgl.  nicht  tautosyllabiscli 
ist);  so  hat  Szyrwid  aucii  affremf  67  7,  ittremtl  106  3.  i-irenis  155 
31  (remiüj,  sutem.s  136  4  (aus  dem  Aor.  siifi-nio:  l)ei  den  lit.  Inclioa- 
tiven  kömmt  ja  der  Aorist  bei  Weitem  am  häufigsten  vor). 


Baltisclie  Miszellen.  271 

aber  iiielit  iiinnöglicli :  so  sag-t  man  aucli  in  Hrilnncn  dialek- 
tiscli  ?:e  z  PJzne  statt  z  Plzne  ('aus  Pilsen'),  indem  z  Plzne 
(^wie  derii'leiclien  ja  bei  Ortsnamen  nicht  selten  vorkonunt)  zu- 
sannnen  als  ein  Wort  enn)funden  wird.  Bei  dieser  Deutung' 
bleibt  jedoc'li  ein  anderes  Rätsel  ungel(>st:  und  ieli  glaube 
eine  andere  Lösung  bieten  zu  kr>nnen.  die  beiden  Kätseln  ge- 
recht wird. 

"Vor  -u((;  -n  tindet  nicht  die  .  .  .  8chwäehung  der  Ak- 
kusativ-Endung ([  zu  H,  res|).  e  zu  //  ("i)  statt",  sag't  nändich 
<iarbe  S.  XLII  über  .Szjrwids  Sprache;  und  dasselbe  g-ilt 
-auch  für  den  Katechismus  \.  J.  1605.  Neben  Akkusativen 
Dieicu  icUfa\,  wdrdn  (vardcf)  usw.  (Bystron  8.  18)  finden 
wir  g'anz  Avie  l)ei  .Szyrwid  icardan  S.  34,  galan,  izganlman 
■36,  niekan  4<),  pagünd'iman  49,  öO,  03,  ipidiman  74  ^).  Ge- 
gen AkkusatiA'formen  Avie  zemi  (zeme),  malöny  (mcdöne)  u.  ä. 
(Bystroh  19)  steht  Jxaralisfen  8.48:  nachdem  jedoch  bei  fem. 
-«-Stämmen  neben  unerweiterten  Akkusativen  auf  -q  (-?()  die 
durch  unsere  Postposition  erweiterte  Form  -ona  -on  {praustön 
48,  iszmonlon  62,  vgl.  Bezzenberger  249,  Kurschat  i^  1488, 
Garbe  XLII  i  hat,  werden  wir  schwerlich  irren,  Avenn  wir  in  die- 
sem -en  i-enq)  eig.  -en  {-enq}  sehen,  Avie  ja  Kurschat  a.  a.  0.  gi- 
reii,  im  AVörterbuch  sziduren  Unkal  sehreibt;  und  tautosylla- 
bisehes  -en  '-e-),  g-esetzt,  dass  es  sich  um  ein  solches  über- 
haupt handelt,  d.  h.  g'tren,  sziduren  u.  dgl.  als  gtren,  szidu- 
ren zu  verstehen  ist.  kennen  Avir  ja  in  keinem  einzig-en  an- 
derweitigen Beleg,  um  sagen  zu  können,  Avie  dasselbe  etwa 
in  unserem  Dialekt  erscheinen  sollte  (abgesehen  davon,  dass 
tautosyll.  -oji-  -en-  -o-  -e-  nach  den  bekannten  Lautgesetzen 
im  Lit.  ja  eigentlich  nicht  denkbar  ist). 

Xachdem  das  a  v(ir  -nuD  in  diesem  Dialekt  in  devan(q), 
rardan^q)  u.  ä.  nicht  zu  n  wird,  Avird  es  eben  auch  kein  q 
sein.  Wir  haben  da  unter  zAvei  jMrtglichkeiten  die  Wahl. 
Entweder  haben  Avir  es  mit  dem  Resultat  eines  Gesetzes  zu 
tlnm.    AVdrnach  -an)i-    zu  -an-    gcAvorden   ist.    was  ja    an   und 


1)  Die  beiden  Fonueii  -??//,  -u  sind  in  diesem  Denkmal  so 
verteilt,  dass  die  erste  an  Plui-al-,  die  andere  an  Singnlarbildnng'en 
tritt.  Dass  in  rardau  u.  dgl.  -(tu  tautosyllabiseh  ist  und  doch  bleibt, 
ist  kein  Verstoss  gegen  die  obige  Kegel:  denn  es  ist  eben  aus  •■'ra/-- 
danu,  resp.  ^rardcutit  durch  Apokope  entstanden. 


272  Josef  ZuTjuty, 

für  sich  niclits  Unmögliclies  wäre.  Oder  al)er,  z.  B.  vardanq 
ist  cardan-a  /u  teilen:  der  iirsprüiigliclie  Akk.  8g-.  vai'daUy 
den  wir  ja  für  das  Vorlitaiiisclie  unbedingt  Adraussetzen  müs- 
sen iwic  aiiel)  das  Preiiss.  im  Akk.  Sg.  -(in  bietet')'),  wäre  in 
unserem  Dialekt  hier  nicht  /u  "'vardun  vai'dn  geworden,  weil 
die  Endung-  -an  in  Verbindung  mit  *<772  a  eben  nicht  tauto- 
syllabisch  war;  nicht  tautosyllabisches  -an-  Itleibt  sow<ild  im 
Katechismus  als  l)ei  Szyrwid  (z.  W.  in  anas.  -inai/ijfi,  -<ja- 
nt/fi  u.  dgl.  m.). 

Von  diesen  beiden  ^lögliehkeitcn  geben  ^vir  entsehieden 
der  zweiten  den  Vorzug-.  Hauptsächlich  deshalb,  weil  ein. 
])ost|)oniertes  */?«»  *Mr(  in  den  verwandten  Si)raelien  nichts 
ähnliches  bat  und  überhaupt  einem  echtem  indoeuropäischen 
Wortg-ebilde  wenig  ähnelt,  während  ^an  q  sieh  vortreftlich  an 
slav.  on-  (in  '^'on-utia  'Fusslap])en'  S(dmsen  KZ.  XXIX  '.•7'. 
Meillet  Mem.  d.  1.  Soc.  d.  Lingu.  lX49i.  n-  asl.  adoji,  w.  ä., 
^lildosich  Etym.  Wiirt.  221)  =  r7>  n-  'vh  njeti/i,j,  vij,  ferner 
an  *ew  (lett.  e-^  preuss.  en,  lat.  ir.  got.  in.  griech.  ev  ;,  *r>?i 
(oder  *«  :  lit.  in  /)  reiiit.  Die  l>eiden  Umstände,  dass  das 
urspr.  akkusativische  -m  schon  als  -;^  und  das  urbaitische  -an 
(=  urs])r.  -oni)  noch  nicht  als  -</  erscheint,  ergeben  die  chrono- 
logischen (Trenzen  der  Zeit,  in  welcher  die  besprochene  Ver- 
bindung- zu  (''intMu  \\'(»rt  geworden  ist.  Sonst  kann  ja  diese 
Verbindung  bereits  in  einer  Zeit  aufgetaucht  sein,  wo  der  Akk. 
8g-.  noch  -m  auslautete:  slav.  r&,  s7,  z.  B.  als  Präposition,  mit 
dem  lür  auslautendes  -o>//  lautgesetzlichen  -7>  neben  a-  sa- 
als  Prätix  lehrt,  dass  Präpositionen  (und  Posti»(tsitionen  i  nicht 
seit  jeher  und  innnei-  mit  dem  zu  ihnen  gehrtrigen  Xomcn  als 
ein  Wort  gefasst  werden  (wie  z.  15.  auch  die  ved.  Postposition 
A'äin  =   slav;  A-&  ihren  Ton  bewahrti. 

Mit  dieser  Auflassung  von  ml'iitan-a,  rardan-(i  stimmt 
auch  {(Hon-q,  giren-q  vertrcfHich  überein:  die  Endung-en  -an 
f urspr.  -äni),  -en  /"urspr.  -len/)  haben  ihre  urs|)rüng-Iiehe  Länge 
bewahrt,  weil  sie  nicht  tautosy Ilabisch  sind.  Ilei  -ei-  -eu-Ütimi- 
men   finden    wir   das    ihrem    Akkusativ   8:;-.    v<ni   Keclitswee-en 


1)  Bczzciihcrger  führt  a.  a.  0.  123  aus  Bretken  und  Si'iigstock 
noch  ein  (dijdn,  scliitiin  szcvien,  akmenin,  tirnidfiiin  an,  wo  jcdocl» 
das  <;'e.srhrieb(Mic  -//  scliwcrlich  .ils  die  Wifdciunbc  eines  volK'U 
Konsonanten  zu  •iclteii   lial. 


Bultischc.  Miszellen.  27a 

y.ukoiunieiule  -in  -nn  :  su  in  dangiin  (dangtin-a)  'in  den  Him- 
mer,  szaJln  'fort',  eig\  'auf  die  Seite'  (szaJin-a).  Für  den 
Plural  haben  wir  -iis-a,  -os-a  (-ds-q),  -es-q,  -ysa-  (*üs-q?)  voraus- 
zusetzen ^j  (ja,  wie  wir  unten  zu  zeig-en  suchen,  dg-1.  Formen 
siinl  in  älteren  lUichern  zu  finden,  wenn  auch  mit  einer  etwas 


1)  An  der  Saclie  ändert  niclits.  dass  im  Akl.:.  PI.  der  ursp. 
-o-Stämme  die  Endung'  -iis  -u.s  (neben  diai.  -iui>:)  noch  niclit  zur 
•Genüge  aufgeklärt  scheint.  So  lang-e  man  keinen  probablen  Grund 
hat.  warum  aus  i;rspr.  '■■uns  im  Akk.  PI.  im  Arischen  -ans  statt  des 
^VAvarteteu  *-ans  entstanden,  halte  ich  es  für  unumgänglich,  von 
urs]).  ■■'-uns  auszugehn.  Tn  \nbetracht  von  sl.  jjeshkh  'Sand'  :  ai. 
■päsn-,  von  Lok.  PI.  wie  -Doliash  zu  Doljon-  (ursj).  -iöii-)  halte  ich 
es  noch  immer  für  müglich  (Arch.  f.  sl.  Phil.  XV  498),  trotz  Streit- 
bergs EinAvenduiigen  IF.  TTI  15G  [mcsä  ist  jedoch  mit  Streitberg-  für 
^in  slav.  Lehnwort  zu  halten,  wie  nach  de  Saussures  Gesetz  der 
Schleifton  auf  «'  y.ii  zeugen  scheint),  dass  auf  dem  baltoslav.  Gebiete 
unter  uns  nicht  ersichtlichen  Umständen  -ens-  -ö/is-  zu  -es-  -ös-  wer- 
den konnte.  Doch  auch  dies  nicht  ztigegeben  halten  wir  nicht 
Streitbergs  Deutung  der  Akkusativendung-  -üs  -iis  1.  1.  ]ö2  ft'.,  die 
von  ursp.  ''■-6ns  ausgeht,  für  die  einzig  mögliche.  Ich  halte  noch 
immer  die  Endungen  des  Akk.  PI.  im  Ai.  für  das  treueste  Abl)ild 
der  urspr.  Verhältnisse:  darnach  hätten  wir  für  die  Ursprache  ■-öns, 
*-«.■*  für  die  -o-  und  -ä  Stämme,  '''-ins  für  die  männlichen  neben  *-is 
für  die  weibl.  -e/Stämme,  und  ebenso  '^-nns  neben  '■•-».v  iür  die  -e?j- 
Stännne  anzunehmen.  Ob  dies  richtig-  ist  oder  nicht,  geht  uns 
g-lücklicher\veise  diesmal  gar  niciits  an:  für  das  Litauische  muss  man 
von  älterem  -äs  bei  -ä-,  von  -ts  -üs  bei  allen  -ei-,  bzw.  -e«-Stänunen 
ausgehen  (sämmtlich  mit  Stosston),  mag  man  dieses  -äs  -is  -üs  schon 
als  wie  immer  entstanden  ansehen.  Diese  Formen  können  nun  ganz 
wohl  die  eigentliche  Akkusativendung-  der  -o-Stämme,  mag-  sie  wie 
innner  ausgeschaut  haben,  beeinfiusst  und  ein  -ös  daraus  gebildet 
haben.  Der  ^'organg•  wäre  allerdings  in  eine  ziemlich  frühe  Zeit 
zu  datieren.  Die  dialektische  Endung  -uiis  ist  ganz  Avie  ]»reuss. 
-ans  der  direkte  Nachkomme  von  ursp.  '-^-öns,  oder  wenn  man  Avill, 
''■'■-öns;  sein  -u-  (man  erwartet  ja  eher  -ans)  mag  den  Neubildungen 
auf  -iis  -Ks  zu  verdanken  sein,  was  natürlich  voraussetzen  würde, 
dass  beides  eine  Zeit  lang  in  demselben  Dialekt  nebeneinander  stand. 
Oder  haben  wir  \  iellciciit  in  dem  -ii-  den  Beweis  der  urspr.  Länge 
von  -ö-  zu  sehen':'  Vgl.  -ii  im  Gen.  IM.  und  Nom  Sg.  der  -e/?-Stämme 
aus  urs]).  -öni  -ön  neben  -q  im  Akk.  Sg.  aus  ursj).  -o/»;  allerdings 
scheint  lit.  I:(idn  'wann'  für  vorlit.  '■■kodun  bzw.  ■■'kiulon  zu  stehen 
<Afsl.  Phil.  X\'  ,'iO(3  f.),  so  dass  der  Wandel  von  -ün-  in  Auslauts- 
silben zu  -ün-  bzw.  -un-  für  gestossene  Silben  nicht  Geltung  hätte 
(dial.  «Ä:???M,  resp.  dessen  Vorfahre,  hätte  den  Schleifton  der  -/<-loseu 
.  Form,  woraus  akmu,  zu  verdanken;  anders  Streitberg  IF.  I  '2^a). 


274  Josef  Zubat}'', 

iibweichenticn  Geltuuii-):  durch  diese  Formen  .«^ind  offenbar  aueli 
die  Xenbildung-eii  (resp.  Umwaiidhiiig-cn  von  -((s-a  uswj  -m^-na, 
-os-na,  -es-n({,  -ys-nrr  {^-iis-ua/)  in  betreff  der  \'okal(ßiantität 
beeinflusst  worden;  sonst  hätten  ^vir  ja  anzunehmen,  -na  sei 
ischon  in  einer  Zeit  ani^-eliängt  worden,  wo  im  Akk.  PI.  nocli 
die  nrsi)r.,  nielit  nacli  den  lit.-lett.  Auslautsg-esetzen  verkürzten 
Läng-en  standen.  Bihlung-en  wie  namiis-nq,  (für  '''namiis-q)  usw.. 
deute  ich  nun  so,  dass  im  Sg.  (-an-q)  nicht  -q.  sondern  -nq 
als  die  angehängte  Postposition,  resp.  als  Endung  autg-et'asst 
und  in  dieser  Gestalt  in  den  Plural  übertrag-en  wurde,  was 
namentlich  seit  jener  Zeit  besonders  naheliegend  war,  als  -n 
in  nicht  mit  -q  verbundenen  Akkusativtbrmen  des  Sg.  irardq, 
aki  usw.)  seine  volle  Geltung  eingel)üsst  hatte.  Man  vgl. 
indessen  z,  B.  -dem  in  lat.  idem,  eiusdem  usw.,  Avelches  au& 
id-em  in  ähnlicher  Weise  verallgemeinert  worden  ist,  obwohl 
das  alte  id  daneben  intakt  blieb.  —  Neben  namus-nq,  ranlos- 
7ia.,  dübes-nq,  akys-nq  hat  man  bei  den  -e?^Stä)nnicn  kein 
z.  B.  ^'dangü.'i-nq,  sondern  wie  bei  den  -o-Stännnen  nur  dau- 
f]üs-nq  (s.  z.  B.  Bezzenberger  1.  1.  und  o.  S.  269);  ebenso  lautet 
der  Lok.  PI.  dancjiise,  nicht  ^dangüse,  wie  man  z.  B.  nach 
alvjjse  erwarten  m()chte.  Dies  ist  natürlich  eine  Neuerung  nach 
namus-nq,  namuse,  die  teils  durch  den  Zusannncnfall  im 
verkürzten  Akk.  PI.  (namus,  dangaa  aus  *nam/is,  ■■■ddngus)^ 
teils  vielleicht  auch  durch  die  Lokale  >Sg.  auf  -((  bei  den  -eu- 
Stännnen,  die  im  heutigen  Lit.  und  Lett.  nunnehr  dialektisch 
vorkommen  (Bezzenberger  Götting.  Nachr.  ISi^")  IGU,  BH.  XTI 
227^)  früher  aber  wohl  weiter  verbreitet  waren,  begünstigt 
wurde. 

Selbstverständlich  ist  es,  dass  die  Apokope  der  Schluss- 
vokale  'z.  B.  rardan  aus  rardan-q,  namusn  aus  n<(nuis-)iq), 
die  soviel  es  scheint  zuerst  und  vorwiegend  im  Singular  zum 
Vorschein  kommt ^),  erst  dann  möglich  wurde,  nachdem  die 
ursprünglichen  Akkusative  rni-dan  u.  dg),  so  gesprochen  \\ur- 
den,  dass  keine  Verwechslung  mit  dem  späteren  iuirdan,  näm- 
lich dem  apokopierten  vardan-q  mehr  nKiglich  war. 


1)  Am  Uinfi,-sten  scheint  sii-li  thi.s  rituelle  rardana  (neben  car- 
dan)  'im  Namen'  ^ielialteii  zu  lialien:  das  '.samo<i-itische'  N.  Test. 
z.  B.  hat  sehr  oft  r(ir<l<ma,  wahrciid  sonst  im  Sing-,  in  der  Regel  nur 
-n  .steht. 


Baltische  :Miszellen.  275 

Eines  bleibt  noch  zu  erörtern:  nänilieh.  wai'nni  neben 
vardana  varchoi  n.  A.  jxm/dn  'nach  Hause'  (zu  junnas)^), 
neben  szaliti,  daugun  u.  di^l.  szlrdfjn  'zu  Herzen'  izu  szirdtf^) 
g-esi)roelien  wird  (Kurschat  1.  1.).  Die  abweichende  \'okalläni;e 
könnte  man  so  deuten,  dass,  während  vardan,  szcdhi  das 
ursprüng-liche  cardan-q,  szaUn-({  respräsentieren  würde,  ncwwn, 
szirdtjn  die  unursprüngliche  Form  der  Fostposition,  -nq,  hätte 
(namq-nq,  szirdi-)iq):  wir  hätten  da  etwa  mit  einei'  Krsatz- 
dehnung  zu  thun  (Bezzenberger  a.  a.  0.  :^49i.  Xur  dass  in  diesem 
Fall  völlig  unbegreitlich  bleibt,  warum  namön,  szirdf/n  eine 
andere  Behandlung-  erlitten  haben,  als  die  sonstigen  Bildung-en 
dieser  Art.  Was  namön  anbelangt,  so  scheint  es  überhaupt 
ursprünglich  keine  hieherg-ehörige  Bildung"  zu  sein.  Das  Wort 
ist  nändich  das  einzige,  welches  auch  ohne  -n  vorkommt^), 
ja  es  giebt  Dialekte,  welche  überhaupt  namön  nicht  kennen, 
sondern  nur  namö  oder  namu:  und  ich  glaube,  namön  ver- 
danke sein  -n  überhaupt  nur  der  Analogie  der  übrigen  uns 
beschäftigenden  Bildungen,  zu  welchen  es  wegen  seiner  Be- 
deutung- g-ezogen  wurde.  Xaeh  namön  mög-en  sich  Adverl)ia 
wie  cziön,  sziczion,  Union  (=  lniTx\  linlxai  Kurschat  i?  1489; 
urspr.  ninlau^)  z.  B.  Auszra  l  163,  297  TI  94,  100  so  wie 
die  vereinzelten  Bildung-en  wie  südon  für  sCidan  (s.  Anm.  1) 
gerichtet  haben.  Was  szirdi/n  für  das  erwartete  Hzirdin, 
"^szirdin-q  anbelangt  (vgl.  .szalin,   woneben   nie    szalf/n   steht ; 

1)  Übrigens  kömmt  -on  uvisser  namön  hie  und  da  auch  sonst 
bei  niännl.  -«-Stämmen  wov:  so  z.  B.  nusidejimon,  uzstaton,  kaleji- 
7)ion  ÄnszraJl  IQo.  [Dowkonts  ]jatcaisd(m,  gaton  \\.  dgl.  ist  indessen 
wohl  als  i^avaizdan  zu  fassen:  in  seinem  Dialekt  wird  taiitosyll.  an 
zu  an,  selbst  dann,  wenn  es  urspr.  heterosyllabisch  war;  so  ont 
=  ant,  ons  (=  ans,  urspr.  anäs)  neben  Plur.  anti  (ane-ji)].  Im  Var- 
pas  V  156  werden  Formen  wie  sudon  st.  süda?i,  pragaron  st.  pi-ä- 
gavan,  ja  sog-ar  iiamü.snon  st.  namnsna,  akiesnon  st.  aki/s-nq  (resp. 
akesnq  nach  der  -e-Dekl.),  allerdina-s  als  tVhlerliaft,   angeführt. 

2)  Nur  im  Plural  verliert  sich  -n  dialektisch  wegen  der  unbe- 
quemen Konsonantenprupi)e  -sii  :  sratimuöü  miszkuös  =  svetimüs-na. 
oniszkus-nq  'in  fremde  Wälder '  Baranowski  An.  Szil.  (Ostlit.  Texte)  329. 
Allerdings  führt  Kurschat  im  Wörterbuch  auch  ein  szal{  =  szalifl 
an,  deutet  aber  durch  Klammern  an,  die  Form  nicht  verbürgen  zu 
können.  Man  vg-I.  übrigens  varda,  dangii  für  vardan,  dangun  bei 
Bezzenberger  249;  vielleicht  (aber  schwerlich)  sind  so  auch  die  Be- 
lege des  Akk.  der  Richtung  bei  Delbrück  Grdr.  III  79.3  zu  S.  365  zu 
fassen. 


276  Josef  Zu  bat}'-, 

aiicli  szirdi]}}  n.  dgl.  ist  siclierlicli  nicht  in  alleinigem  Oe- 
braucli),  so  dürfte  es  eine  nach  aulxzifjn  "\\\  die  Höhe'  u.  dg). 
(s.  u.)  umgeänderte  Endung  haben,  lielehrend  sind  Phrasen 
wie  inifyn  elti  'ringen'  (eig.  wohl  'in  einen  Ringkampf  gehn'), 
Idrstfjn  eiti  'in  Zweikampf  auf  den  Hieb  gehn',  lenkt fjn  begti 
(Jöti,  razuitii  'um  die  Wette  laufen  (reiten,  fahren)',  die  auf  in 
den  Infinitiven  imf'i,  l-irsti,  leilkti  enthaltene  -«'/-Stämme  zurück- 
zuführen sind  'Vgl.  Icnkf/M  '  Wettlauf'  ])ei  Nesselmann  307), 
woneben  kein  intfiri  usw.  zu  bestehen  scheint;  -t/)i  für  -in  ist 
da  offenbar  der  Proportion  hJitas  (Part.  Pf.  Pass.i:  imfi/n  = 
duksztas  :  auksztfjn  zu  verdanken.  Für  danguii  ist  kein  ana- 
loges ^dangün  (mit  ü)  aufgekommen,  offenbar  aus  dem  Grunde, 
weil  neben  -iin  aus  -nn-a  nirgends  Bildungen  auf  *-ini  aus 
-ün-c{  existieren  (Dangim  bei  Bezzenberger  Beitr.  z.  Gesch.  d. 
lit.  Sjjr.  249  ist  natürlich  ein  Druckfehler  für  daugun). 

Was  die  Betonung  anbelangt,  so  scheint  die  Postjtosition 
-a  (-nqi  im  Plural  den  Stossakzent  zu  tragen  überall,  wo 
der  blosse  Akkus.  PI.  oxytoniert  ist:  es  konnnt  im  Lit.  auch 
sonst  vor,  dass  bei  Komposition  eine  Akzentverrückung  gegen 
das  Ende  zu  eintritt.  So  namüs  :  namüsna^,  rankäs  :  rankos-nq^ 
(Kurschat  i?  1488 1;  bei  A])okope  übergeht  nach  der  bekann- 
ten Kegel  der  Akzent  auf  die  vorhergehende,  nun  geschleifte 
Silbe  (Brugmann  Grdr.  I  564):  namn.sn,  rankösn.  Im  Sg. 
scheint  der  Nominativakzent  massgebend  zu  sein:  rardas  :  i-ar- 
dan.  Idüka.s :  laakan  (aber  abweichend  miszkan  aus  miszkan-q, 
medziafi,  klanan  Baranowski  1.  1.  20,  76,  335  zu  miszkas, 
medis,  klänas);  haznyczia  :  haznijczion  Kurschat  I.  1.,  aber 
krüvön  (aus  krüvon-q),  sriuhön  zu  krnrri,  sriubä  Bar.  122, 
170,  293  (rankan  Kur.  1445  für  rankön  erklärt  sich  aus  der 
Neigung  gewisser  Dialekte,  den  Akzent  auf  der  Wurzelsilbe 
zu  stabilisieren);  glren,  szldnren  Kur.,  zu  gire,  szidurc,  aber 
gi'snien  Bar.  320  zu  gl\sme\  szalin,  puszln,  debesln  (Bar.  143, 
297)  zu  fizalis,  pusz'ix,  dehcftis;  dangiin  zu  dangus  (aus  dan- 
gun-ii).  Wir  machen  auf  den  unverkennbaren  Zusammenhang 
dieser  Akzentuierung  mit  der  der  hctrclfcnden  Lokative  auf- 
merksam, der  n(»ch  schlagender  ist,  wenn  man  annimmt,  Ba- 
ranowskis  m'iszkan  habe  eine  ältere  Betonung  als  Kurschats 
rai-dan,  und  z.  B.  für  ranko.se  im  Lok.  PI.  sei  älteres  *>*^«- 
kose  zu  vermuten. 

Merkwürdig  sind  die   unter   Cmständen    l)ei   :\\\en  Adjck- 


Baltisclie  Miszellen.  277 

tivcn  inügliclien  Bilduiig-en  auf-//;?,  ^vie  anJcsztfjn  'in  die  Höbe' : 
äulx^ztas  'hoch',  zenifjn  'hinab'  :  zemas  'niedrig'',  szaltf/n  {szal- 
ff/n  e/fi  'kalt  werden',  eig-.  'in  Kälte  kommen';  vg'l,  gerof'na 
icers  Hezzenljerger  2r)0?i,  vg-j.  Knrsehat  i?  799.  Dieses  -f/n 
stellt  sicherlich  für  *-//'^"'{-  Din'fte  man  die  Apokope  von  -q 
in  sehr  frühe  Zeit  verleg-en,  was  wohl  nicht  ang'eht,  so  wäre 
die  Deutung-  der  Läng-e  g-anz  einfach:  anlszit/ii  usw.  wäre 
der  Akk.  Sg-.  eines  -/e-Stammes,  vermehrt  durch  die  (apoko- 
pierte '  l*ostposition  -a  und  -y-  würde  dann  gerade  so  zu  fassen 
sein  wie  in  Xom.  f/((id//.s.  Vok.  gakUj  neben  zödi.s,  zndi.  (In 
der  That  besteht  z.  B.  nel)en  szaltf/n  ein  szalth  i-czio)  'Kälte')  ^}. 
Da  die  Apokope  aber  sicherlich  verhältnismässig*  späten  Da- 
tums sein  muss,  bleiben  uns  nur  vage  Yermutung-en  übrig:. 
Es  ist  möglich,  dass  in  '^(mJcsztt/n-q  schon  vor  der  Apokope 
der  g-edehute  Ton  bestand,  ol)zwar  die  Endung-  des  Akk.  Sg. 
im  Lit.  'verschiedene  Pronominalformen  ausgenommen )  sonst 
nie  den  Ton  hat.  !Man  könnte  auch  annehmen,  die  Endungen 
-fs  (Xom.),  -hl  lAkk.i,  -/  (Vok.  8g.)  der  männl.  -/e-8tämme 
hätten  lange,  l)is  in  die  Zeit  nach  der  Apokopierung  der  in 
Rede  stehenden  Formen  hinein,  'halblanges'  /  gehabt,  das 
sich  späterhin  je  nach  dem  Akzent  als  /  oder  aber  als  t  (y) 
offenl)art.  ]\Ian  könnte  sogar  versucht  sein,  eine  Anknüpfung 
au  die  merkwürdigen  Formen  auf  -7-  von  -rt-Stämmen  im  Alt- 
indischen (z.  B.  siil-Jf  hhavafi,  astl,  .saJdl  l-aröti  'weiss  wer- 
den, sein,  machen'  von  snldä-  'weiss')  zu  suchen.  —  Sei  dem 
wie  es  wolle,  jedenfalls  sind  unseres  Erachtcns  diese  Formen 
hierherzuzielm.  Bezzenberger  11<>  l)ezweifelt  dies,  indem  er 
auf  altlitauische  Bildungen  mit  -ijuiui  -i/)i/u  -tjmii  -i/nai  ver- 
weist. Schon  die  Mannigfaltigkeit  dieser  Formen  allein  ge- 
nügt sie  verdächtig  zu  machen.  Ich  glaube,  wir  haben  in 
diesen  verschiedenen  Xebenformen  lediglich  einen  Versuch  der 
Sprache  vor  uns,  die  doch  am  Ende  vereinzelt  dastehende 
Advcrbialbildung  -"'/jnti  -f/n  nach  sonstigen  Adverbialbildungcn 
umzudeuten:  nämlich  nach  den  Adverbien  auf  -ai,  und  nach 
den  adverbiellen  Dativen  und  Instrumentalen  auf  -ui  -Ini  -u 
(z.  1>.  apJlnkui,  pavejui,  Jaüku  —  laühan,  pesfh  u.  dgl.). 
Man  vgl.  namöniiij  Juskevic  Dajnos  824.  15,  was  ähnlicher- 
weise aus   namön   'nach   Hause'    umirebildet    zu    sein   scheint. 


1)  Zu  vergleichen  wäre  iiain.  Noin.  Sir.  flulisi  neben  demselbeu 
Kasxxs  uach  der  zusammengesetzten  Deklination  didys-is. 


278  Josef  Zubaty, 

2.  Auch  (las  Lettische  liat  äliiiliclic  Formen  aufzu- 
weisen, die  jedoeli,  wie  es  auf  den  ersten  Blick  scheinen  will^ 
aasschliesslich  dem  Singular  angehören  und  immer  apokopicrt 
sind');  auch  tritt  uns  da  die  zur  Bekräftig-ung  der  unten  fol- 
genden Vermutungen  wichtige  Eigentiunlichkeit  vor  die  Augen, 
dass  diese  Formen  nicht  nur,  wie  im  Litauischen,  zur  Ziel- 
hezeichnung,  sondern  auch  in  rein  lokalem  Sinn,  zur  Bezeich- 
nung eines  Verweilens  irgendwo,  verw^endet  werden.  Aus  dem 
Katechismus  v.  J,  1586  (Bezzenbergers  Lit.  und  lett.  Drucke 
II I  sowie  den  Vndeudschen  Psalmen  v.  J.  1587  (hrsg.  von 
I).'zzenberger  und  Bielenstein,  Mitau  1886)  geht  hervor,  dass 
diese  Formen  ehemals  in  einem  ziemlich  lebendigen  Gebrauch 
waren;  jetzt  scheinen  sie  nur  im  poln.  Livland  vereinzelt  noch 
vorzukommen.  Vgl.  Bezzenberger  Drucke  II  54,  Lett.  Dialekt- 
Studien  18-*,  Vndeudsche  Psalmen  zu  1  6,  28.  Xachdem  selbst 
im  Lit.  im  Sg.  die  Postposition  -i{  seit  den  ältesten  Quellen 
fast  immer  apokopiert  wird  (neben  cardan-a  S.  274'  vgl.  noch 
fehle  feilt  ona,  gedona,  dehefina  Bezzenberger  Z.  (iescli.  d.  lit. 
Spr.  248),  fehlt  sie  selbstverständlich  um  so  eher  im  Lett., 
Avo  lit.  -q  natürlich  -u  zu  werden  hätte.  Es  ist  übrigens  nicht 
einmal  sicher,  ob  im  Lett.  -u  (lit.  -q)  apoko})iert  ist:  es  könnte 
ebenso  gut  ein  -i  dit.  -^i  gewesen  sein.  Ich  kenne  aus  den 
genannten  Quellen  und  aus  Bielenstein  folgende  derartige  Bil- 
dungen : 

-an  (lit.  -an-({)  :  draii  'hinaus'  i  Bielenstein  Lett.  Sju".  II 
13,  276,  oft  in  Kat.  und  Ps.  i.  d.  Bed.  'aus')  =  lit.  öran  zu 
vras  (lett.  drs),  häufig  z.  B.  im  'samogit.'  N.  Test,  und  bei 
Szyrwid  (vgl.  ved.  clre  Mn  der  Ferne',  ardttäd  'von  Ferne 
her',  Johansson  BB.  XV  ol5,  und  lit.  ore  'draussen');  nach 
Ulmann  auch  rein  lokal,  'draussen,  im  Freien';  li-usfan  'an» 
Kreuz'  Kat.  2  27,  12  1,  Ps.  15  9;  louuan  (d.  i.  Icdiinan,  l\ 
fapt  'in  Schande  geraten')  Ps. ;  dewan  (devan)  'zu  Oott'  Kat. 
Interessant  ist  iz  iltran  {no  wene  galle  is  ofran  'von  einem 
Ende  zum  andern'),  wo  eigentlich  ])leonastisch  noch  die  Prü- 
j)Osition  /.:•  'auf,  zu'  (worüber  Vnd.  Ps.  zu  1    15  zu  vgl.)  stellt. 


1)  Man  könnte  hücli-stens  dehbeszls/te  iniliinnnel'  in  Grünaus 
Vatermiser  anführen  (Bezzenberger  Lit.  u.  Lett.  Drucke  II  52),  was, 
falls  richtig,  wie  lit.  namfis-na  usw.  zu  beurteilen  wäre.  Freilich 
ist  die  Ouclle  nicht  lauter  genug,  auf  dass  ein  "so  vereinzelt  stehen- 
der Beleff  aus  derselben  viel  Glauben  verdienen  sollte. 


Baltisclic  Miszellen.  27:^- 

Lokativiseh  ist:  enaklan  tur  (ihididan)  'sie  liasseii'  (cii;-.  'ha- 
ben in  Hass';  K.  11  'I)):  parädan  'schuldig-,  in  Schuld'  12' 
11,  19  2?),  2'.)  IT;  fa)i  ri/taii,  tan  ivacJcaran  'des  iMorg-ens, 
des  Abends'  2<)  15,  ;>■>;  ßouioan  Imßan  (saran  hiUcan)  'zu 
seiner  Zeit'  K.  21  19,  Ps.  1  28;  tun  laylrin  'zu  der  Zeit' 
K.  29  18,  Ts.  ;)1  1;  czetuman  (ceturnan)  'in  Gefan^^-ensehaft' 
Ps.  11  5;  mußan  (jcdlan  'an  unserem  Ende'  30  ö:  sfarpan 
'zwisclien'  K.  14  ?),  Ps.  22  8,  24  3,  3U  26;  icenan  prafan 
{cenan  prdtan)  'in  einhelligem  Sinn'  Ps.  21  16;  tadan  pnt- 
taii  'in  solcher  Gesinnung'  12  1,  9.  Hielier  gehört  auch  put- 
laban  'just  zum  reebten  Moment,  soeben'  (lit.  ^^«fZrt/y 'soel)en')^ 
teitan,  ^elfan  'hier'  Biel.  II  14,  15,  272V 

-an  (lit.  -o«,  -on-a^i  :  hafniczan  [baznican,  lit.  huinf/czion^ 
'in  die  Kirche'  K.  5  19;  Ixopan  'zusammen'  zu  ktipa  'Hau- 
fen, Sunnne')  Kat.  Ps.;  hoijan  edtli  (hüjan  ef>  'zu  Grunde 
gehn'  K.  28  6.  Lokativisch  ist  pirman,  ufran  usw.  kdrfan 
^zum  ersten,  zweiten  Mal'  Biel.  II  !.'>,  275.  Kat.  li).  17,  26,. 
27;  tan  x.  icetan  (i-efan)  'im  x.ten  Vers'  K.  1  7,  16  22,  33, 
17  28  (vgl.  exlan  to  treffche  icete  17  20):  tan  tt-effchan  denan 
(clenan)  'am  dritten  Tag'  2  28,  12  19,  Ps.  15  K».  11.  Hie- 
her gehört  auch  eksan  "hinein'  Biel.  11  13,  275,  in  Kat.  und 
Ps.  'in'  ivom  Ziel  und  Verweilen,  geschr,  e.rkan,  i'.rhan,  cr- 
kan),  prexkan,  prexan,  preexkan,  preef'chan  Ps.  K.,  prik- 
szan  Kurmins  Wtb.  1858  'vor'  (=  pr<''ksan<,  ape/'kan.  appe- 
skan  Ps.  K.  i=  apakmn)  'unter',  ankszan,  auch  atikszon, 
oukschin  (etwa  dtik.san}  'in  die  Höhe'  Bezzenberger  l)ial.-8t^ 
18 '^j  27  4  (lit.  etwa  '^dukszczion  oder  "^dukczion,  vgl.  aulx- 
sztfjn),  was  alles  zu  lit.  Bildungen  wie  apaczid  'das  Untere' 
zu  ziehen,  worüber  Bezzenberger  BB.  IX  334.  Vf.  KZ.  XXXI 
60,  Atsl.  Phil.  XIV  151,  8it^zungsber.  d.  k.  r,ölmi.  Ges.  d. 
Wiss.  1892  7  zu  vergleichen  i).     Rätselhaft   ist  /,■   \nv  x.    wie 


1)  So  gehört  zu  uzü-czin  'Verboro-eiiheit'  Bezzoiil)('r<i'('r  Z.  Gesch. 
3.%  (eig. 'das  Hinter  etwas  sein')  Mielckes  uzicacziou,  wo  ;(v/ graphiseh 
ü  vertritt  wie  in  gicalis  BB.  XVIII  2(52.  Die  Präposition,  über  deren 
Zusammenhang-  mit  slav.  za  Meillct  Meni.  di'  la  Soe.  de  L.  IX  55 
nachzusehen  (das  dort  vorgetragene  ist  sicherlicli  richtig-,  wenn  auch 
Einiges  dunkel  bleibt:  vgl.  ähnliche  wunderbare  Kontaminationen 
auf  präpositionellem  Gebiet  bei  Brandt  Russ.  fil.  vest.  XXII  13(5)  hat 
im  Lit.  die  Formen  nzä-  in  Komposition  (z.  B.  uzü-marka  'ein  Über- 
sichtiger, der  mit  den  Augen  blinzelt'),  sonst  mit  Kürzung  uzu,  mit 


280  Josef  Zubaty, 

auch  sonst  im  Lctt.  v(ir  Zisclilaiiteii  (z,  V>.  in  y>^r/.'.s-^s'  lit.  ^j/r- 
■jszfas,  halst if  lit.  Ixistf/tl  \\.  (lii'l.);  man  k(innte  am  Ende  ,i;-lau- 
beii,  pr('ks<t,  apiiksü  habe  sein  /»■  aus  duk-sa,  wo  es  etymoh)- 
giseh  ist  (daneben  he-sa  in  e*-  paliku  he.sd  'ich  blieb  ohne' 
u.  di^l.,  ohne  //,  y.ur  Präpos.  /^e  'ohne'  geh(3rig-);  docli  kommt 
/•-v,  resp.  (b(S  daraus  entstandene  sk  (vgl.  oben  apeskan  u.  dgl.) 
auch  im  Futur  für  s-  (aus  .s/j  vor,  z.  B.  in  huhschkls,  proe- 
wähschkis,  eescJikis,  buJischkof,  mäezihschlxoete  u.  ä.  im  Dia- 
lekt von  Fehteln  (in  Livland)  vor:  Jelgawas  Kakstu  Krahjums 
II  12:)  f.,  vgl.  Bezzenl)erger  Dial.-Stud.  40-'. 

-en  (lit.  -en,  -en-q)  :  zemen  'nach  unten'  Kai.  2  27.  12 
18,  Ps.  15  10,  Bezzenbergcr  Dial.-St.  18^ 

-nn  (lit.  -un,  -un-a)  :  ivue)'ßon,  icuerffon,  icerfon  (vlr- 
-suii)  öfters  im  Kat.  und  Ps. 

Der  funktionelle  Zusammenhang  dieser  Formen  mit  dem 
Lokal  ist  im  Lett.  h(3chst  innig.  Die  -«-Formen  stehen  auf 
<lie  Frage  wohin'  und  'wo'  (manchmal  ist  dies  bei  derselben 
Form  der  Falli.  und  in  der  heutigen  Sprache  werden,  so  viel 
ich  sehe,  so  gut  wie  allgemein  in  beiden  Bedeutungen  nur 
Lokati vformon  ü'ebraueht.  Bielenstein  hat  wie  es  scheint  aus 
etyniologischeMi  (iriinden  die  l)eiden  Bildungen  nach  der  zwei- 
fachen rx'di'utung  auseinanderhalten  wollen,  indem  er  z.  B. 
eksdii  als  hinein',  ek.sd  als  'drinnen',  (iran  'hinaus',  ärä 
'draussL'u  aiifiiln-t  dl  275);  Ulmann  macht  u.  ärs  diesen  Un- 
terschied nicht,  und  zwar  im  Einklang  mit  dem  Sprachge- 
braucli.  Der  Unterschied  zwischen  den  beiden  Formen  ist 
wie  gesagt  der,  dass  eJ,-mn  u.  dgl.  heute  veraltet  ist:  man  sagt 
lu'Ute  r/'/v/  hinaus'  und  'draussen,  hüjä  et,  pinnd  kdrtd,  eksd 
hinein'  U)id  Mrinnen',  älinl.  ^jWV/.sy/,  diigsd,  zeiiie,  vn'sit.  Und 
wie  im  Kn\.  hdziücan  'in  die  Kirche'  bedeutet  und  sicherlich 
•damals    auch    'in   der  Kirche'    bedeuten    konnte,    so    bedeutet 


Apokope  uz;  daiu'lx'n  g-eht  aiii.  Dies  letztere,  neben  dein  häufigsten 
■diz,  aufli  genau  als  az-  im  Lett.:  Kzuts,  azüte  'Busen'  (zu  lit.  antis). 
V.m  iiieri<\vüi(lig-es  Wort  ist  lit.  /^.i:*// (Kurschat  sehreibt  itziöt)  uiit  In- 
Jinitiv  oder  Partizip  ('statt,  dass  .  . .')  oder  aucii  mit  Genitiv  (,'anstatt'); 
<laiit'l)<")i  abermals  dziit  Auszra  II  2(;.'i.  Tin  das  Rätsel  noeb  ver- 
-w'ickelter  zu  maelicn,  hat  das  Lett.  aueb  ein  üz  neben  uz  (Biel.  II  809), 
welches  durch  lit.  üzvalkas,  iizvaJkalas  g-escbützt  erscheint.  Auch 
lett.  dial.  Iz  iz  —  uz,  üz  (Hz  (Bezzenberg-er  Dial.-St.  16n,  Bielenstein  II 
293,  Vndeudöche  Psalmen  zu  1  l.ö)  gehiut  zu  dieser  merkwürdigen 
i^ijipe. 


Baltische  Miszelleii.  28f 

auch  haznicd,  <ler  Lokal,  in  der  lieutig-en  Sprache  beides,  wie 
der  lett.  Lokal  überhaupt  (Bielenstein  Lett.  Gramm.  2To,  Bez- 
/eiil)cr£;'er  Über  die  Spr.  d.  preiiss.  Letten  1888  05,  AT,  f)!), 
<)1\  Man  könnte  vielleicht  sa;;-en,  als  Zielkasiis  stehe  viel 
(Uter  der  Lok.  Sg'.  als  der  Lok.  IM.  Doch  ist  dies  ein  durch- 
aus irrelevanter  Unterschied,  der  darauf  zurückzuführen  ist. 
dass  man  liäu%er  Gelegenheit  hat  'in  die  Kirche',  oder  'auf 
di'ii  IJerg'  zu  sagen  als  'in  die  Kirchen',  'auf  Bei'ge'  u.  dgl. 
Im  (irunde  genommen  ist  der  plur.  Lokal  mit  dem  Sing,  durch- 
aus  gleichberechtigt;  man  sagt  miljäs  'zu  Hause'  und  'nach 
Hause'  (oder  'ins  Haus'),  weil  der  IMui'al  majas  eigentlich 
eine  kollektiv-singulare  Bedeutung  haben  kann,  aber  auch  z.  B. 
l-am  acis  sh-af'des  'Jemand  in  die  Augen  schauen',  rtik-as  lie- 
s(is  .^alx/rd  'die  Hände  in  die  Taschen  stecken'  u.  dgl.  Bez- 
zenberger  hat  seiner  Zeit  i  Lit.  und  lett.  Drucke  H  54  M  sich 
geäussert,  man  habe  im  Lett.  'echte'  und  'unechte'  Lokale 
(z.  B.  krustd  'an  dem  Kreuz'  und  'an  das  Kreuz')  zu  unter- 
scheiden: man  kann  auch  diese  Terminohigie  beiljehalten,  wobei 
uns  natürlich  (und  heute  sicherlich  auch  Bezzenberger)  nicht 
einfällt,  zwischen  beiden  irgendwelchen  morphologischen  Un- 
terschied zu  statuieren.  In  den  ind(»europ.  Sprachen  sind 
ttberhaui)t  die  Grenzen  zwischen  den  W<»-  und  Wohinkasus 
recht  vage  (vgl.  z.  B.  I)ell)rück  Grdr.  HI  >?  09  2)  und  die 
baltischen  Sprachen  stehen  in  dieser  Beziehung  durchaus  nicht 
zurii(;k.  Man  vgl.  die  bekannte  Thatsache,  dass  im  Lit.  dia- 
lektisch 1  mit  dem  Akk.  den  Lok.  vertritt,  ferner  z.  B.  lit. 
dial.  naine  'nach  Hause'  Kurschat  §  iVlS,  rankon  in  der 
Hand'  u.  dg-1.  i?  602.  In  dieser  funktionellen  Verwandtschatt 
der  'echten'  und  'unechten'  Lokalformen  suche  ich  auch  die 
Erklärung  des  Umstandes,  warum  im  Lett.  die  -o-Stännne 
ihren  Lok.  Sg'.  nach  der  -«-Deklination  bilden:  nachdem  urspr. 
-an-a  und  -än-n  dit.  -an,  -on)  durch  Aj)okope  und  Kürzung- 
im  Lett.  in  -au  zusammengefallen  war,  lag*  es  nahe,  aucdi  in 
der  echten  LokatiAform,  die  ja  im  Wesentlichen  dieselbe  Be- 
deutung hatte,  den  Gleichkiang  herzustellen. 

Lett.  äran  usw.  ist  selbstverständlieli  wie  lit.  nra»  zu 
tassen:  Bielenstein  hat  recht,  wenn  er  in  -an  die  ^(tllere  Ak- 
kusativendung für  sonstiges  -tt  sieht,  nur  hat  er  nicht  erkannt, 
dass  eine  ursprünglich  dagewesene,  später  apoknpii'rte  l'ost- 
position  die  vollere  Enduni;-  erhalten   hatte,  wie  dies  z.  B.   ndt 


•282  Josef  Znbaty, 

dem  im  Deiitsclien  als  j  erhaltenen  Xeutral-f/  dieselbe  Be- 
wandtnis hat.  An  und  für  sich  ist  es  allerdings  wahrschein- 
lich; dass  die  abg-efallene  rost])nsition  mit  dem  für  die  bisher 
besprochenen  Formen  des  Lit.  feststehenden  -({  identisch  war: 
aber  sicher  ist  dies  ]iic!it.  Hat  l>ezzenber<ier  BH.  XV  2!U  tt". 
die  lett.  Prononiinallokale  laui,  fani,  .sini,  san'i  richtij;'  aus 
'■'/,■(()>-?  (mit  Dclnumg-  von  -/  nach  sonstig'cn  Lokalen)  d.  h. 
*A•a?^- (Akk.  Si;-.)  -{- en^)  (rostpos.)  gedeutet  —  und  wir  sehen 
nichts,  was  g'cg-en  diese  Deutung-  einzu\venden  wäre  —  so  ist 
€S  möglich  wenn  nicht  wahrscheinlich,  dass  das  Lett,  auch  in 
sonstigen  post])ositionellen  Verbindungen  nicht  *««  wie  das 
Lit.,  sondern  das  natürlich  eng  verwandte  *e7i  verwendete  -). 
S.  Bezzenberger  1.  1.  295,  296.  Schade,  dass  das  Grunausche 
Vaterunser  so  wenig  verlässhch  ist:  dort  steht  für  d.  o.  v'/r- 
stin  {i-h\sü)  die  Form  tcorsimtj,  möglicherweise  die  nicht  apo- 
ko])ierte  Gestalt  des  'unechten'  Lokativs  (Lit.  u.  Lett.  Dr. 
II  54:  jetzt  auch  Meringer  Afsl.  Phil.  XVII  407,  502). 

o.  Im  Plural  hat  das  Litauisch -Lettische  seiner  Zeit 
•ofifcnbar  neben  Lokalen  *-esw  {*-aisu?'),  -äsu,  *-esu,  ^'-isu,  *-iisti 
■die  Akkusativformen  +  Postpos.  -üs-mi,  -äs-an,  -es-an,  -Is-an, 
-üs-an  (beziehungsweise  -iis-en  usw.)  gehabt.  Schon  Brugmann, 
der  noch  von  den  unserer  Meinung  nach  unursjjrünglichen 
lit.  Formen  -üs-nq  usw.  ausgeht,  hat  unzweifelhaft  richtig  eine 
Vermengung  von  beiderlei  Formen  angenommen  (Grundriss  II 
•674).  Die  ältesten  lit.  Formen  i-iisu,  -osu,  -esii,  -ysu,  -usu) 
des  eigentlichen  Lokals  unterscheiden  sich  von  den  vorauszu- 
setzenden in  der  That  nur  durch  Merkmale,  die  offenbar  eine 
Anlehnung  an  die  'unechten'  Lokale  involvieren"'),  eine  An- 
h'liiiung,  die  gerade  hier  durch  die,  besonders  bei  den  -ä-e- 
Stämmen    grosse  Ähnlichkeit    der    F<»rm.    begleitet    \(»n    einer 

1)  \'j:\.  IcJ.  P-.  Die  dritte  Mii^liclikeit  wan'  auch,  iu-l)alt.  *in 
=  lit.  7  zu  vermuten,   was  im  Aiislaut  gleichfalls  -/  ergeben  würde. 

2)  Bezzenberger  führt  (Z.  Gesch.  250)  auch  aus  dem  Lit.  ein 
paar  Belege  au,  wo  e  für  a  steht:  nrirdavc,  (fönoxne  u.  dgl.  ""Die 
l'mwancljuiig'  von  -na  /u  -nr  scheint  durch  den  Eiufluss  der  zahl- 
reichen Lokative  auf  -c  bewirkt  zu  sein",  meint  Bezzenberger  wohl 
mit  vollem  Recht;  es  sclu'int  nur,  dass  liiebei  niciit  ^■on  den  vollen 
rornien  auf  -na,  sondern  \(>n  apokopierlen  auf  -ii  auszugehen  sei: 
in  Viudan  ist  die  Ajtokope  alt,  und  druosiic  erst  in  einer  modernen 
Schrift  belegt.    \'gl.  c  S.  270. 

.")i  Zu     iisK   hei    den  -eifz-Stiimmcn   s.  o.  S.  271. 


Baltiselie  Miszellen.  283 

Ähnlichkeit  der  Ijedeutniii;',  nng-eineiii  Ijegüiistiiit  wurde.  Wir 
irren  kaumj  wenn  wir  das  Aiit'koinnien  der  im  Lettischen  so 
deutlich  erkennbaren  funktionellen  Vermengung'  der  'echten' 
und  unechten'  Lokale  gerade  im  Plural  suchen.  Das  Li- 
tauische unterscheidet  sich  vom  Lettischen  dadurch,  dass  in 
der  ersteren  Sprache  diese  Vermengung-  im  Wesentlichen  auf 
den  Plural  beschränkt  blieb,  und  selbst  hier  späterhin  durch 
das  Zustandebringen  der  -;/^{-Formen  gewissermassen  re})ariert 
wurde. 

Die  hier  vorgetragenen  Vermutungen  gewinnen  auch  da- 
durch an  Wahrscheinlichkeit,  weil  sie  auch  noch  andere  Rätsel 
zu  liisen  im  Stande  sind.  Wir  meinen  die  merkwürdige  Ver- 
änderlichkeit des  Auslautsvokals  der  Endung  des  Lok.  PI. 
Neben  -su,  welches  die  urs})r.  Endung  repräsentiert  i),  hat  das 
Altlit.  auch  -sa  (und  zwar  nicht  bloss  bei  Fem.,  wie  Klein 
hat  statuieren  wollen  [Bezzenbcrger  Beitr.  z.  Gesch.  d.  lit.  Spr. 
146]),  welches  zu  häutig  auftritt,  als  dass  uns  das  Recht  zu- 
käme, es  für  fehlerhaft  halten  zu  dürfen;  Avir  fassen  -sa  na- 
türlich als  -sq,  -s-q  id.  h.  Akk.  PI.  -\-  q)  auf,  wozu  altlit. 
zmonesamp  u.  ä.  Bezzenbcrger  1.  1.  146,  251  mit  seinem  vor 
-p>i)  erhaltenen  Xasal  (vgl.  -um-pi  im  Gen.  PI.,  ebd.  200)  vor- 
trefflich stinnnt.  Das  Lettische  hat  in  der  Regel  a})okopierte 
Formen  auf  -s  (grelxtts,  lepc'ts,  meles,  sirdis),  die  uns  in  nichts 
zu  belehren  vermögen:  im  Volkslied  tauchen  jedoch  auch  Lo- 
kale auf -.s«  und  -sl  auf  i  P>ielenstein  11  29 ),  welche  auch  eben 
'unechte'  Lokale,  Formen  mit  postponiertem  *-«»  oder  *-e« 
sein  können  -). 

4.  Das  Verständnis  fui-  die  ursprüngliche  Xalur  dieser 
'unechten'  Lokale  muss  im  Lit.  und  Lett.  sehr  fridi  verloren 
gegangen  sein:  die  Sprache  hat  offenbar  sehr  früh  gelernt,  in 


1)  Natürlich  mit  Bestimmtheit  nur  in  solchen  Dialekten,  die 
den  Wandel  (i  zu  n  nicht  kennen.  In  Ledesmas  Katechismus  v.  J. 
IGO.")  z.  B.  könnte  in  -.sii  auch  -sq  stecken. 

2)  Der  Kat.  v.  J.  1589  hat  im  Glaubensbekenntnis  debessia 
'gen  Hinnner,  also  dehesis  mit  Ziell)edeutung-,  im  Sinne  der  'un- 
echten' Lokale.  T^okale  mit  -/  [fänfä.sl  tür  tauf  äs  u.  dgl.)  können 
allerdings  auch  den  'P^lickvokal'  -/  enthalten,  nämlicli  ein  -i,  welches 
durch  Nachahmung  von  F'ällen,  wo  es  etymologisch  berechtigt  ist, 
gerade  im  Volkslied  so  oft  au  verschiedene  Wortformen  der  Melodie 
halber  gefügt  wird  |\gl.  Sjtzuna'sber.  d.  lM"ihin.  Ges.  d.  W.  1895  XIX). 


284  Joaef  Zubat<-, 

denselben  einheitliche  Kasustbrmen,  nicht  Verbindnng-en  von 
Akkus.  +  Post])osition,  zu  sehen.  Den  IJeweis  davon  liet'cni 
Stellen,  wo  zwei  oder  mehrere  Wörter  a])i)ositionell  oder  attri- 
butiv in  'unechtem' Lokal  stehn.  Wir  linden  in  solchen  Fällen 
die  Postposition  meist  nicht  an  den  einen  Akkusativ  ^),  son- 
dern g'lcichmässig  an  beide,  res]),  alle  angehäui^-t.  Lett.  Be- 
lege findet  man  oben  S.  279,  für  das  Lit.  fülii-cn  wir  beispiels- 
weise an  naujusud  inditsna  IJezzenbei-ger  Beitr.  z.  Gesch.  d. 
lit.  Spr.  24V),  Hipi'ni  nm^tnon,  icieruoi  /rietou  >\.  renoii),  haz- 
nicion  kok'ion  bei  Szyrwid  Lit.-lett.  Dr.  IV  8  9;  IG  15;  21, 
25  u.  s.  0.).  Beicanntlich  gilt  dasselbe  bei  der  BostiKisition 
-p{;i)  (viele  dgl.  Belege  findet  man  z.  B.  bei  Bezzenl)crger  a.  a.O. 
251  f.),  die  ja  in  der  zusannnengesetzten  Adjektivdeklination 
in  der  Regel  sowohl  an  das  Adjektiv  als  an  das  Pronomen 
tritt  {szicinfümpiiuap  Kat.  Led.  16<)5  S.  55,  Bezzenberger  156, 
253)^).  Auch  die  ])leonastisclien  Verbindungen  ing  Macedo- 
oiion,  u.  ä.  bei  Bezzenberger  250  l)ezeugen  dasselbe  (vgl.  lett. 
if  otran  o.  S.  27^!). 

5.  Das  bisher  En'irterte  enthält  wie  ich  glaube  auch 
eine  gewisse  Stütze  für  die  Annahme,  in  der  im  Litauischen 
so  fortwuchernden  Endung  -e  in  allerhand  Lokativformen  stecke 
eigentlich  eine  Postposition  -en  -e  :  s.  Bezzenberger  BB.  X  312 
und  XV  295,  Schmidt  KZ.  XXVII  3S5.  Leider  ist  unser  Wis- 
sen über  die  lit.  Dialekte  auch  in  Bezug  auf  diese  Formen  zu 
fragmentarisch  um  unzweifelhafte  Folgerungen  zu  ernniglichen: 
doch  muss  man  sich  ja  so  oft  mit  einer  blossen  Wahrschein- 
lichkeit begnügen.  Wir  haben  im  Ganzen  vier  Fälle  ilc^  Lo- 
kal-e  (bzw.  -^)  zu  unterscheiden:  1.  im  >^^.  der  nominalen  -o- 
Stämme  (vlll-e),  2.  in  -je  (mergoje  kateje  nalxit/je  dangüje, 
auch  bei  männl.  -a-  und  -^«-Stämmen,  gaidf/je  sveti/Je,  na- 
ineje  drveje  Kurschat  §  502 1,  3.  im  Plur.  ri/hnse,  ii/ergose^ 
hafese,  naktijst'  [dangüsi'],  4.  in  drr  Prononiinaldeklination 
(tarne,  gerame,  szime).  Schon  Schmidt  hat  darauf  hingewie- 
sen, dass  die  litauische  l)ialektol(»gie  es  wahrscheinlich  macht. 


1)  Wenn  Bez/.cnberi^^er  2öO  auch  faire  Dieiran  nu.s.siflkiii  an- 
führt, so  ist  zu  bedenken,  da.ss  wie  es  sehoint  die  Personalpronnniina 
diese  pnstpositioneile  Form  (mit  -jii  kommen  diesell)en  dafür  olt  vor) 
überhaupt  nieht  zulassen.   Man  v.i:i..jedoeli  Bezzenberjier  Dial.-St.  343. 

2)  Dies  letztere,  g-ilt  bei  -im  nicht:  vyl.  suriisi/isfiu  ras-Jusnä 
Karanowski  Ostlit.  Texte  im   Vorwort 


Baltische  Mi.szelleu.  285 

lokales  -e  als  -e  zu  fassen.  Dies  gilt  aucli  vom  Lettischen,  so- 
fern wir  dem  im  Volkslied  erscheinenden  lokativischen  -i  ety- 
molog'isclie  Bedeutung-  beimessen  wollen  (s.  o.  S.  283) :  haznicd-i 
wäre  somit  lit.  haznyczioje,  ähnlich  wie  zdle-i  lit.  zoleje,  vl- 
clü-i  lit.  vidüje,  gerade  so  wäe  etwa  haznicüsi  lit.  haznycziose. 
Ja,  das  Lettische  scheint  auch  eine  andere  Stütze  für  diese 
Auffassung  zu  bieten:  neben  -/  konnnt  im  Lokal  auch  -«  vor 
[dzi'stneju,  otfenbar  als  dzesuieju  zu  fassen,  lit.  desrtieje,  u.  dgl,, 
Bielenstein  II  18),  w^elches  auf  älteres  -a  zurückgehen,  aber 
allerdings  auch  einfach  dem  Flur,  -.'^u  nachgebildet  sein  kann 
(nachdem  längst  im  Lett.  apokopierte  Formen  wie  baznlcd 
gebräuchlich  sind,  konnte  zu  melodischen  Zwecken  ganz  leicht 
ein  nicht  berechtigter  ' Flick vokaF  angefügt  werden,  wie  dies 
ja  im  Volkslied  nicht  selten  der  P^all  ist).  Auch  unsere  ostlit. 
Quellen  —  der  Katech.  1605,  Szyrwid  und  Baranowski  — 
stimmen  mit  Bezzenbergers  und  Schmidts  Auffassung  im  We- 
sentlichen überein,  wie  aus  der  folg.  Übersicht  hervorgeht: 

1.  Im  Lok.  Sg.  der  -«-Stämme  haben  alle  drei  Quellen 
innncr  -/',  offenbar  nach  dem  Gesetze,  nach  welchem  e  zu  / 
wird:  tt/l'ieimi,  sudeimi,  dayl't//  K  36,  .37,  39,  raszf//,  pra- 
gary,  sakramenty,  ziicaty  Szyrwid  (Drucke  IV )  13  12,  14  4, 
16  \'2j  18  2,  20  19,  miszkly  punzyiü,  szöni,  mati  An.  sziL 
23,  39,  82,  90,  183,  291,  wobei  zu  bemerken,  dass  Baranowski 
in  der  schriftsprachlichen  Fassung  miszhe  usw.  schreibt.  Für 
draucje  'mit,  zusammen',  im  Kat.  draugi  40,  schreibt  Szyrwid 
draugie  (z.B.  7  19,  17  5,  29  20,  45  22,  59  2),  w^as  für  seinen 
Dialekt  abermals  eine  unrichtige  Form  ist  (vgl.  S.  270\i,  mag 
dies  schon  der  Lok.  Sg.  von  dniügas,  oder  der  Instr.  Sg.  von 
einem  *drauge  'Gemeinschaft'  sein  für  das  Letztere  würde 
der  Umstand  sprechen,  dass  für  dränge  zuweilen  auch  draugiä 
geschrieben  wird,  wie  z.  B.  für  szaU  IF.  III  141   auch  szaliä), 

2.  Für  -je  haben  unsere  drei  Quellen  immer  -l  -y  -j, 
w'obei  nicht  zu  unterscheiden,  ob  bei  Szyrw.  oder  im  Kat.  z.  B. 
-oj  (mit  Apokope)  oder  -oji  (aus  -oje)  zu  lesen:  Drulörnioy, 
wisoliöy  icietoy  Kat.  29,  35,  hazni&ioy,  ziamey,  vgniy  u.  dgl. 
bei  Szyrw.;  Baranowski  hat  nur  apokoi)iertes  -oj  u.  dgl. 

S.  Im  Plur.  hat  Kat.  immer  -su  (die  stehende  IMirasc 
pasahos  e}f  Anz.  IV'  57  abgerechnet),  w'obei  natürlich  nicht 
zu  erkennen  ist,  ob  -sii  älteres  -sk  oder  -sq  (S.  283> ')  darstellt. 
Baranowski    schreibt    in    seinem  Dialekt   nur   -.s-   mit  A|)oko|te 

Indogermanische  Forscluuifjeii  VI  ;i  u.  1.  19 


286  Josef  Zubat<-, 

(/..  B.  tunlxumos,  plikuös  plötos  2\1,  316,  318i.  Szyrwid 
schreibt  -se,  was,  wenn  liier  -e  als  -e  aufzufassen,  für  seinen 
Dialekt  unzulässi«;-  ist  (man  würde  -.s/  erwarten).  Szyrwid 
selbst  hat  offenbar  im  Lok.  Plur.  nurmehr  -s  (wie  Baranowski) 
g-esprochcn .  Avie  üljcrhaupt  in  seinen  Punkty  die  Apokope 
bereits  sehr  weit  fortiicschritten  ist  (z.  B.  -t  im  Inf.,  -esn  im 
Keutr.  Komp.,  -.s-w  für  -sna  -fimi  u.  s.;;  er  schreibt  aber  -se 
(wie  -.s'/irt  S.  270  ^1  durch  Nachahmung'  anderer  Dialekte,  deren 
nicht  apokopierte  Form  ihm  gewählter  scheinen  mochte^). 

4.  In  der  rronominaldeklination  haben  Kat.  und  Szatw. 
-aml  (deicintami,  szytmni,  saldziausiami  Kat.  69,  71,  77, 
Itiriami,  iami  Szyrw.  12  25,  13  13.  31  16),  während  Bara- 
nowski die  apokopierte  Form  -am  setzt  (l-o^nain  291).  Jenes 
-aml  dürfte  wohl  als  -am-c  zu  fassen  sein,  obwohl  auch  urlit. 
-am'i  nicht  ausg'cschlosscn  ist.  Wir  glauben  nämlich,  im  Lit. 
ein  zweierlei  z.  B.  tami.,  resp.  tarn  (mit  Apokope)  unterschei- 
den zu  müssen.  Ein  älteres  tami,  apokopiert  tarn,  war  mit 
slav.  tomh  identisch.  Dieses  tami  hat  offenbar  (wenigstens 
in  dem  durch  Kat.  und  Szj-rw.  repräsentierten  Dialekt)  sehr 
früh  eine  Apokope  erlitten:  im  Gegensatz  zu  imrdan  apoko- 
piert aus  älterem  vaPdan-a,  va?dan-i{,  vgl.  S.  271  ^j  unterliegt 
nämlich  tarn  u.  dgl.  in  Szyrwids  Dialekt  bereits  dem  Gesetze, 
wornach  tautosyllabisch  am  zu  um  wird,  daher,  mit  der  Post- 
position -pi  verbunden,  z.  B.  tum-p{i),  jum-p{i)  Szyrw.  30  27, 
37  9,  40  7,  42  13,  43  17,  18,  44  8,  46  6,  50  3,  54  20,  55 
19,  61  7  usw.  Dieses  apokopierte  tarn  hat  sich  im  Ostlit. 
(noch  vor  Antritt  des  erwähnten  Lautgesetzes)  einesteils  mit 
-pi,  anderseits  mit  -en  -e  verbunden,  wodurch  tam-pi  i  ostlit. 
tum-pi  tum-p)  'bei  diesem'  und  tam-e  (ostlit.  tam-i)  'in  die- 
sem' entsteht.  Dieses  andere  tarn)  (aus  tame)  konnte  natür- 
lich später  auch  zu  tarn  a])okopicrt  werden:  und  dieses  zweite 
tarn  unterliegt,  wie  wir  aus  Barauowskis  (gedieht  ersehen, 
nicht  mehr  jenem  ostlit.  Lautgesetze-).  Die  sufligiertc  Post- 
position -en    hat  sich  ja  in   einigen   zenuiitischen  Dialekten  in 


1)  liechtcl  (Lit.-Lett.  Drucke  III  LXXVI  verweist  auf  Jxiiriiis) 
(=  kuriuose)  Geitler  Lit.  Stud.  21-,  doch  scheint  der  Dialekt  dort 
nicht  ganz  genau  wieder^'egeben  zu  sein:  \gl.  (ifshyiifis  =  atskal- 
tp^s,  neben  pasljrmf'.s  u.  dgi.  =^  i>asin>irs. 

2)  Dassellje  gilt  sclion  für  Szyrwid  von  dem  apokopierten  (tm 
im  Dat.  Sg-. 


Baltisclie  Miszellcn.  287 

<ler  znsaninicngesetzten  Adjektivflexion  noch  voll  erhalten : 
lieben  gercmie  (bzw.  geram))  steht  ja  da  noch  geramen-je 
(Jaunis  bei  Schmidt  a.  a.  0.,  Weber  A.  f.  sl.  Phil.  lY  592  ^  i.  Auch 
dieses  ^tam-en  u.  dg-1.  konnte  vielleicht  mit  -pi  kombiniert 
werden,  woraus  tati/hn-pi  n.  d^-1.  bei  ßezzenberg-er  Z.  Gesch. 
200  zu  erklären  wäre:  doch  scheint  es,  dass  vor  -j}i  durch 
Xachahmung-  von  Fällen,  wo  der  Nasal  historisch  berechtig-t 
ist,  in  zuweilen  auch  rein  mechanisch  auftreten  konnte. 

In  tam-e  und  den  pluralen  Lokativen  auf  -tn^-e,  -os-e, 
~es-e,  -tjs-e  (neben  -its-q_,  -os-q,  -es-q,  -i/s-c{)  w^äre  somit  die 
Verbindung-  der  Postposition  mit  fertigen  Kasusformen  (in 
fam-e  mit  dem  Lok.,  in  -ns-e,  -us-q  usw.  mit  Akkusativen) 
noch  ziemlich  deutlich  zu  sehen:  der  vordere  Bestandteil  der 
Verbindung  lässt  sich  noch  ganz  leicht  als  selbständige  Ka- 
susform darlegen.  Schwieriger  sind  die  übrigen  Lokalformen 
auf  -(\  Es  l)leibt  nichts  übrig,  als  vorlitauische  Lokale  auf 
-fti  (bei  den  ä-),  -iei  (bei  den  -ie-  -^^-Stämmen)  anzunehmen, 
die  übrigens  um  kein  Haar  unbegreiflicher  sind  als  die  griech. 
(mit  vorlit.  -ai  offenbar  identischem  Dative  auf  -oti.  Doch 
müssen  wir  noch  einmal  hervorheben,  dass  in  -oj-e  usw.  der 
urs])r.  nasale  Charakter  des  e  durchaus  nicht  so  glaubwürdig 
dargethan  ist,  wie  bei  tarne  oder  vülüse :  in  den  meisten 
Dialekten  wii"d  eben  der  Auslautsvokal  apokopiert.  Man  kann 
sich  nur  auf  ostlit.  ruFikoi  (offenbar  dreisilbig,  also  etwa  rnn- 
Ji'ojl.,  ganz  wie  lett.  rüld-i  im  Volkslied i  neben  runl^oj  bei 
Ivurschat  §  G<)2  berufen,  was,  wenn  verlässlich,  ein  rankoje, 
verbürgt.  Nach  mergoje,  katejq  mag  nakti/je  fauch  gaidi/je), 
dangüjp  gebildet  w^orden  sein  (viell.  nach  der  Proportion  mer- 
gose  :  mergoje.  katese  :  kateje  =  naktyae:  x,  wobei  zu  beden- 
ken bleibt,  dass  -e  im  Lok.  PI.  nicht  so  allgemein  gewesen 
zu  sein  scheint,  wie  im  Sg.i. 

Am  schwierigsten  sind  die  Lokalformen  Sg.  der  -o-Stänune 
zu  deuten.  Neben  vereinzelten  Metaplasmen  wie  z.  B.  nach 
der  -?<-Deklination  (poniije  u.  dgl.  Bezzenberger  Z.  Gesch.  137) 
kommen  da  folgende  drei  Bddungen  in  l^etracht:  L  vilke,  die 
gebräuchlichste  Form,  2.  *vilke  (etwa  vilke?)  in  altlit.  pone-p 
deve-})  u.  dgl.  Bezzenberger  1.  1.  201,  ?>.  *i-i]keje  '■^'riJkeJ  ■^rilke. 
Die  letzte  Form  im  allgemein  gebräuchlichen  nameje  ncnnej 
name  'zu  Hause',  im  dial.  deceje  Kurschat  i?  502,  528,  altlit. 
paneie,  fiefceje  Bezzenberger  133,  bei  Andriewo  sodne   Geitler 


288  Josef  Zu  bat  \-, 

1.  1.  iTi  u.  s.  Man  darf  nicht  die  unter  2  und  3  angeführte 
Form  für  identisch  halten,  wie  dies  zuweilen  yeschielit :  die 
Schreibart  mimeje,  namej,  name  scheint  nicht  berechtigt  zu 
sein  (Texte,  die  e  und  e  sehr  genau  unterscheiden,  schreiben 
name  u.  dg-1.),  und  auch  das  Lettische  scheint  Lokale  auf  -ey> 
bei  -o-Stämmen  zu  verbürgen.  Neben  valarä  (zu  valäi-.s,  lit. 
väkaras),  was  lit.  '^vakarojo  lauten  würde  (nach  der  -^/-Dekli- 
nation, s.  S.  281)  kommt  auch  val-are  vor  (Bielenstein  II  18), 
d.  h.  lit.  '^vakare,  daneben  mit  -/  im  Volkslied  auch  vakarei 
(viersilbig),  etwa  =  lit.  ^^cakareje.  Diese  Formation,  '■'i-ilkeje, 
mit  Apokoi)e  ^fUkej  ^-'vilke,  ist  möglicherweise  in  einer  vor 
unsern  ältesten  Denkmälern  liegenden  Zeit  die  ])aradigmatische 
gewesen,  daneben  '-'rilkP  isclnverlich  '''vilke)  etwa  in  der  er- 
starrten Verbindung  mit  -j)/.  Im  Lett.  ist  -e,  -e-'i  zuweilen  auch 
bei  -ä-Stämnien  zu  linden  ^cel'mal(\  miigare  u.dgl.  Hielenstein 
1.  1.).  Ein  -ei  im  Lok.  8g.  der  -o-Stännnc  ist  sonst  allerdings 
nicht  sonderlich  fest  verlnirgt:  undenkbar  ist  es  jedoch  nicht, 
und  jedentalls  wäre  es  gewagt,  etwa  eine  ursprünglich  den 
-ei-Stämmen  zugehr»rige  Lokativform  darin  sehen  zu  wnilen. 
Die  Ursprünglichkeit  oder  Nichtursprünglichkoit  dieser  l'orm 
ist  übrigens  eine  Frage,  die  uns  hier  weiter  nicht  zu  beschäf- 
tigen hat:  jedenfalls  ist  -^  in  namej-i]  dasseli)e  Element,  wie 
in  mergoje.  Die  heute  übliche  Form  rilke  —  wir  machen 
darauf  aufmerksam,  dass  vielleicht  in  einigen  altlit.  Denk- 
mälern -e  im  Lok.  Sg.  als  -e  zu  fassen  ist:  Lokale  wie  nwrgö 
aus  mergoje  kommen  ja  seit  der  ältesten  Zeit  vor  —  kann 
nichts  denn  eine  unorganische  Neubildung  sein.  Aus  *?•«>•- 
dei-en  (Schmidt  a.  a.  0.)  wäre  ja  schwerlich  je  ein  varde  gewor- 
den und  doch  hätte  die  Postposition  -en,  wäre  die  Bildung 
auf  morphologisch  organische  Art  und  Weise  entstanden,  an 
irgend  eine  greifbare  Kasusform  treten  müssen,  wie  dies  z.  B. 
in  tam-e  der  Fall  ist.  Ich  glaube,  die  Form  cilke  sei  eintach 
durch  mechanische  Nachbildung  der  i)ronominalen  Formen 
tarne,  geram^  usw.  zu  Stande  gekonnnen,  etwa  nach  der  Pro- 
portion Dat.  Sg.  tdmui  :  Lok.  Sg.  tarne  —  vilkui  :  c'dke.  Es 
ist  jedenfalls  l)emerkenswert,  dass  das  Lettische,  welches  in 
der  Deklination  überhaupt  und  auch  in  der  Lokativbildung 
dem  Litauischen  s(»  treu  an  der  Seite  steht,  keine  irgendwie 
verlässliehc  Spur  von  einer  Form  aufweist,  die  sich  mit  r'ilke 
decken    würde. 


Baltisclie  Miszellon.  289 

7.     Zu  den  lettisclien  Clenetiven  auf  -ü  -u. 

Ein  altes  Rätsel  l)ilden  Genetive  Sg-.  der  männl.  nomi- 
nalen und  pronominalen  Deklination  im  Baltischen.  Neben 
-ä  hat  Bezzenberger  BB.  IX  248  Ü".  im  Lettischen  in  dieser 
Form  auch  Bildungen  auf  -ä  -u  nachgewiesen,  und  es  ist  bis- 
her nicht  gelungen,  das  Verhältnis  der  beiden  Bildungsarten 
untereinander  sowie  deren  Entsprechungen  in  den  verwandten 
Sprachen  genau  festzustellen.  Auch  uns  ist  dies  nicht  gelungen: 
wir  holten  jedoch  durch  eine  neue  Vorführung  resp.  Ergänzung 
der  hiebei  in  Frage  kommenden  Thatsachen  eine  endgiltige 
Lösung  der  schwierigen  Frage  doch  wohl  einigermassen  för- 
dern zu  können. 

1.  Die  augenfälligste  Eigentümlichkeit  des  uns  durch 
Juskevics  Verdienst  bekannt  gewordenen  litauischen  Dialekts 
aus  der  Gegend  von  Veliüna  (Gub.  Kowno,  Kr.  Jui-borgj  bil- 
det die  Art  und  Weise,  wie  in  demselben  ausl.  -o  im  Gen. 
Sg.  der  nom.  und  pronom.  -rt-Stännne  und  in  der  o.  Ps.  der 
-0- Verbalstämme  reflektiert  wird.  Die  Thatsachen  sind  wichtig 
genug,  um  eine  eingehendere  Darstellung  zu  verdienen :  sonst 
ist  deren  meines  Wissens  nur  ])ei  Bezzenberger  1.  1.  und  Brug- 
mann  Grundriss  II  591  Anm.  2  in  allei-  Kürze  erwähnt  worden. 

Für  -o  (-d)  der  uns  sonst  bekannten  lit.  Dialekte  haben 
wir  in  diesen  beiden  Formen  im  Veliüner  Dialekt  -a  als  die 
eigentliche  Endung  anzusetzen.  Dieses  -ii  bleibt  jedoch  nur 
dann  erhalten,  wenn  es  1.  den  Akzent  trägt  i),  oder  2.  wenn 
das  unbetonte  -u  durch  ein  herantretendes  Enklitikon  als  nicht 
auslautend  erscheint:  das  Erstere  ist  im  Gen.  Sg.  der  bekannten 
pronominalen  -rt-Stämme,  das  Andere  in  der  zusannnengesetzten 
Deklination  und  in  der  Reflexivform  der  3.  Ps.  Sg.  der  -o-Ver- 


1)  Juskevic  schreibt  nur  das  Akutzeicheii;  wir  si7id  leider 
ausser  Stande  anzugeben,  ob  er  den  Unterschied  zwischen  dem  o-e- 
schleit'ten  und  g-estossenen  Ton  einfach  vernachlässig't,  oder  ob  der 
betr.  Dialekt  selbst  denselben  aufgegeben  hat.  Wir  behalten  im 
Folg.  womöglich  seine  Schreibweise  (also  z.  B.  auch  c  =^  cz,  1  vor 
nicht  palatalen  Vokalen  =  sonst,  li-,  z.B.  lo  =  lio);  nur  aus  typogr. 
Rücksichten  geben  wir  sein  i  (das  Zeichen  der  Präjotation  vor  Vo- 
kalen) in  der  sonst  üblichen  Weise  durch  i,  sein  Zeichen  für  den 
Laut  iea  {=  etymol.  c)  durch  ein  nicht  kursives  e,  sein  te  durch  ü 
wieder. 


290  Josef  Zubat\-, 

biilforuicii  der  Fall.  Sonst  koiiimt  das  -ü  zu  -u  vei'kür/.t  zum 
Vorsehein,  eine  Verkürzung-,  die  nicht  mit  der  sonst  bekannten 
urlitauisehen,  viellcieht  urbaltischen  Verkürzung-  von  g-estosseneni 
-ü  zu  -u  (Brug-mann  Grundriss  I  §  664  3),  sondern  mit  der  im 
Lit.  cinzeldialektisch  auftretenden  Kürzung  von  urlit.  ungekürzt 
gebliebenen  (zunächst  unbetonten)  auslautenden  g-eschleiften 
lang-eu  Vokalen  {-e  zu  -e,  -o  zu  -a,  1.  1.  §  664  7)  in  eine  Reibe- 
zu  stellen  ist').  Im  Folgenden  wollen  wir  in  der  Kürze  an- 
deuten, wie  sich  die  Thatsachen  auf  dem  angedeuteten  Ge- 
biete in  Juskevics  Texten  verhalten,  wobei  zu  bemerken  ist^ 
dass  dieser  Darstellung-  nur  der  zweite  Teil  seiner  Dajnos 
zu  Grunde  lieg-t,  welcher  wohl  in  dieser  Hinsicht  ein  hin- 
reichendes Material  bietet  (Lietüviskos  Dajnos,  Kasan  L^SO, 
1881). 

Im  (ienetiv  Sg-.  der  männl.  -«-Stämme  steht  -h  zu- 
nächst für  Kurschats  -ö  in  der  Pronominaldeklination.  So  fa, 
ja,  l'n,  slü,  l^iiriu,  l-atrü  =  to,  ja,  lö,  szio.  kurio,  Lafrö. 
Wenn  bei  Juskevie  l'a,  ganz  wie  schriftlit.  lö,  in  der  Bedeu- 
tung- 'warum'  steht  (z.  ?>.  462  4,  488  4,  49U  1,  öOo  5i,  so 
sieht  man  wohl,  dass  es  wenigstens  für  den  Veliüner  Dialekt 
nicht  angeht,  Lu  direkt  für  einen  Ablativ,  gegenüber  dem  Gen. 
lö,  zu  halten:  dieses  lii  ist  ganz  das  schrittlitt.  lö.  Xebenltei 
wollen  wir  noch  einen  Zug  von  diesem  Dialekt  erwähnen.  Der 
Gen.  Sg.  tä  usw.  fällt  sonnt  hier  ganz  mit  dem  alten  Instr.  Sg. 
tä  usw.  zusammen.  Unser  Dialekt  hat  beide  Kasus  dadurch 
auseinander  zu  halten  gewusst,  dass  er  im  Instr.  fast  aus- 
schliesslich die  erweiterte  Form  tnnii  tum  usw.  zur  \'erweu- 
dung  bringt :  unerweitert  sind  nur  die  zu  Partikeln  gewordenen 
Instrumentale  kü  beim  Superlativ  (z.  B.  zodH\  M  mejlimsiq 
Mas  womöglichst  liebe  Wort'  519  4,  ähnl.   12,  ö.')0  f),  6.  550 


1)  Juskevie  ist  in  mancher  Hinsieht  in  seiner  Wiedergabe  der 
dialektischen  Texte  nicht  konsequent  g-enxig.  Schon  nach  diesem 
Verhältnis  von  -ü  :  -u  {  -o  :  -a  in  einifj-en  Dialekten)  kann  man 
von  vorn  herein  schliessen,  dass  unter  analogen  Umständen  auch 
-e  zu  -e  g-ekürzt  wird;  diese  Voraussetzun.<;-  wird  zur  Gewissheit, 
wenn  wir  Dajnos  il  S.  VI  lesen,  dass  im  Veliüner  Dialekt  ausl.  -e 
ganz  so  wie  ausl.  -e  "nicht  selten"  wie  -i  lautet  (z.  B.  däri,  v'trviy 
zväki  -  däri',  vh-n]  schriftlit.  rirvf',  zvCtkv,  ganz  wie  tarn),  hmk\  -- 
tamf:,  iauke.  Juskevie  schreibt  jedoch,  von  vereinzelten  offenbaren 
Druckfehlei-n  ab;:-cselien,  ausl.  -c,  -c  überall  in  der  schriftlit.  Weise. 


B;ilti.sclie  Miszellen.  291 

4,  660  7,  8,  687  2,  834  1,  '2  n.  s.)  und  ja  \]e'  i799  3,  s. 
Kurschat  §  1614).  Ancli  die  ttbrig-en  lit.  Dialekte  kennen 
meines  Wissen«  in  dieser  Verwendung-  nur  lii,  Ja  (dieses  auch 
in  der  bei  Kurscliat  §  1533  erwälniten  Kedeweise)  ^).  So  auch 
Jcüne  'beinahe'  613  11. 

Sonst  steht  -a  noch  im  Gen.  Sg'.  der  zusannnengesetzten 
Deklination,  z.  B.  cf/sfuja,  fdjic,  in  allen  übrigen  Fällen  finden 
wir  nur  -u  {anf  Jddbei'in  zirgükiu,  zedüziu,  manu,  t'f'JK,  (iuJtstic 
us^y.:l.  Eine  einzige  Ausnahme  bildet  namü  'nach  Hause' 
z.  B^  490  9,  491  4,  5,  559  1,  2,  bSS  1,  622  3,  6,  629  6,  12, 
715,  5,  13,  778  12,  787  4,  856  6,  7,  12).  Dieses  Wort  wird 
iiändieh  in  unserm  Dialekt  entschieden  als  Oen.  Sg.  empfunden, 
wie  unzweifelhafter  Weise  aus  Stellen  hervorgeht,  wo  dazu 
ein  Deminutiv  gebildet  wird,  was  bekanntlich  in  litauischen 
Dainos  sehr  oft  der  Fall  ist.  So  namil,  svetelej,  namüciu 
491  4,  5,  652  5,  «.s-  ejciau  namü.  namytukelu  724  1,  namüciu 
639  4,  721  7,  748  1,  770  1.  Auch  namü  Inil-uJ  607  1  darf 
man  vielleicht  anfidiren,  nachdem  linl-,  I/nlru,  l/nlui,  Unl'on 
nicht  nur  an  die  sog.  Casus  impositivi  gehängt  wird  (Kurschat 
s.  V.  u.  §  1487),  sondern  auch  als  Postposition  mit  dem  Gen. 
verbunden  wird  (pefün  -  Jinkai,  manP.s  -  UnJt'ai,  valarün  -  lin- 
kai  Kurschat  1.  1.,  Auszra  I  163,  291,  II  68,  94,  135,  160, 
228).  Dass  Sätze  wie  ejva.  SQse  namüciu,  toll  niüsii  namücej 
748  1  es  keineswegs  nahelegen,  in  namüciu  den  Gen.  PI.  zu 
suchen,  brauchen  wir  nicht  auszuführen:  es  ist  ja  bekannt, 
dass  der  Litauer,  von  erstarrten  Singularformen  wie  namö(n), 
nameje,  name  abgesehen,  das  W(jrt  »ainas  mit  A'orliebe  als 
Plur.  tantum  verwendet. 

Xamü  wird  also  in  unserm  Dialekt  als  Gen.  Sg.  empfun- 
den: eine  andere  Frage  ist  es,  ob  es  ein  solcher  von  Haus 
aus  auch  ist.     Dies   glauben   wir  auch  in  der  Tliat  verneinen 


1)  Etwas  ähnliches  können  wir  auch  aus  dem  Bölnn.  anfüliren. 
Die  2.  Ps.  Sg.  des  Verbi  subst.  (jsi,  d)  geht  in  der  Volkssprache 
g-ewöhnlich  als  jses,  ses  zur  themat.  Flexion  über:  dieses  jüngere 
jses,  ses  hört  man  jedoch  niemal;^,  wenn  das  Verbum  zur  Umschrei- 
bung des  Präteritum  dient  {psal  Jsi  'scribebas'),  dasselbe  also  niclit 
wie  ein  selbständiges  Verbum,  sondern  als  ein  formelles  Element 
auftritt.  Dasselbe  gilt  in  denjenigen  mährischen  Dialekten,  wo  die 
l.Ps.  Sg.  in  gleicher  Weise  zu  jsu,  su  (für  Jse?n,  .sem)  umgewandelt 
worden  ist,  auch  für  die  1.  Ps.  vSg. 


292  Josef  Zubaty, 

ZU  müssen.  Erstens  ans  syntaktischen  Gründen,  weil  ein  Gen. 
des  Zieles  doch  etwas  gar  zu  inerkwürdig-cs  sein  würde  (Ver- 
bindung'cn,  wie  z.  B.  vandens  elti  'um  Wasser  gelien'')  sind 
doch  etwas  g-anz  anderes).  Zweitens  auch  aus  dem  Grunde, 
weil  es  nicht  abzusehen  ist,  warum  der  Gen.  des  Zieles  *nainö 
die  Endung-  betont  haben  sollte,  wo  doch  der  sonstige  (aller- 
dings wohl  wenig  gebräuchliche)  Gen.  8g'.  von  namas  ganz 
regelrecht  namo  lautet.  Dazu  kommt  noch,  dass  wir  diesen 
vermeintlichen  Gen.  i^^^.  namii  nur  in  einem  Dialekt  finden, 
wo  durch  anderweitige  Gen.  Sg.  auf  -ü  die  Äbiglichkeit  gege- 
ben ist,  ein  ursprünglich  keinen  Gen.  Sg.  abg:ebendes  namü 
für  einen  solchen  zu  halten:  andere  Dialekte  kennen  zwar 
namü  'nach  Hause'  auch,  besitzen  jedoch  keine  -/r-Genetive 
und  betrachten  im  Einklang  damit  dieses  namü  auch  nicht  als 
einen  Gen.  8g-. 

Ich  halte  namü  für  nichts  Anderes  als  einen  alten  Lok. 
Sg'.,  der  natürlich  auf  einen  -eM-Staram  zurückdeutet.  Für 
das  Baltische  stehen  ja  Lok.  Sg.  auf  -ü  über  alle  Zweifel  er- 
haben fest  (s.  0.  274),  und  ich  begreife  in  der  That  nicht, 
warum  Streitberg-  (o.  1  296 '))  diesen  Lokalen  gegenüber  meine 
Deutung  von  slav.  doma  (Afsl.  Phil  XIV  150  if. )  so  bedenklich 
erscheinen  mag  (das  Einzige,  was  dagegen  einzuwenden  wäre, 
ist  seine  Annahme,  dem  halt,  -ü  entspreche  slav.  -ij,  o  I  295, 
die  mir  noch  eines  strikteren  Beweis  zu  bedürfen  scheint;  vgl. 
A.  f.  sl.  Phil.  XV  502).  Wir  k()nnen  nicht  umhin,  an  das  min- 
destens merkwürdige  Nebeneinander  aind.  amä  'zu  Hause',  sl. 
doma  id.,  lit.  namü  'nach  Hause'  hinzuweisen:  es  erscheint 
mir  noch  innncr  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  Differenzen  im 
Anlaut  durch  Aimahmc  von  verschiedenen  Präfixen  (resp.  Über- 
bleibseln von  solchen)  zu  schlichten  sind  (vgl.  BB.  XVIII  159). 
Dass  ai.  amä,  sl.  doma  'zu  Hause',  lit.  namü  'nach  Hause' 
bedeutet,  hat  nam.  im  Baltischen,  wo  die  Kategorien  wohin' 
und  'wo'  so  viclfa('ht>  Kreuzungen  aufweisen  (s.  o.  281),  sehr 
wenig  zu  bedeuten:  wir  erinnern  daran,  dass  der  unzweifelhafte 
Lok.  Sii-.  name  dialektisch     nach    Hause'    ))edeutet   (Kurschat 


Ij  Falls  vcd.  htuilie  \\.  A.  (wie  dies  ,j;i  ;uu-li  an  inul  für  «ich 
höchst  walirsclieinliclii  wirklic-h  zur  Wurzel  ('i-  'y-eiicn'  gcliört,  so 
erinnort  di(!s('  Konstruktion  an  vOd.  Wendung-en  vic  fiiin  Imahe 
räyäh,   Ji/äfC-  rasunäin  (Delbrück  Altind.  Synt.   158,  15!»). 


Baltische  MiszoUen.  293 

§  Ö28;  aiicli  im  Deutschen  hört  man  ja  z^l  Hause  für  nach 
Hause). 

Dieses  nama  kommt  nun  auch  in  andern  Dialekten  vor. 
In  der  Bedeutung"  'naeh  Hause'  hat  das  Litauische  niunlich 
die  Formen  nama,  namö,  namun,  namön  im  Gebrauch;  die 
ältere  Sprache  setzt  dafür  auch  namüp,  namiiprifn),  namopri(7i) 
(s.  Bezzenberg-er  Beitr.  z.  Gesch  d.  lit.  Spr.  251,  254).  Das 
Verhältnis  von  diesen  Formen  denke  icli  mir  folg-ender  Massen. 
Das  älteste  ist  nama,  jener  alte  Lok.  Sg.  eines  -e?«-Stammes. 
Die  Sprache  kam  irgendwie  dazu,  namfi  auch  g-enetivisch  auf- 
zufassen: dies  wurde  möglich  in  einer  Zeit,  wo  etwa  wirk- 
liche Gen.  Sg.  ndmo  und  "^nämii  nebeneinander  standen  (s.  u.), 
oder  in  Yerbindung-en  wie  namu-pi,  namü-prin  neben  namo- 
-pi,  namo-prin^)  (vielleicht  akzentuierte  man  namö-pi,  na- 
mö'prhi',  vor  -pi  scheint  zuweilen  eine  Akzentverrückung 
dem  Ende  zu  stattzufinden:  Kurschat  §  1477).  Und  so  sagt 
man  für  namü  auch  naniö:  so  nahe  die  Vermutung  liegt, 
namö  beruhe  nur  auf  ungenauer  Schreibung,  so  wäre  sie 
dennoch  nicht  richtig,  wie  ich  an  der  Aussprache  eines  Litauers 
mich  deutlich  zu  überzeugen  Gelegenheit  gefunden  habe.  AVeil 
endlich  Bildungen  wie  haznyczion  mestan  usw.  dieselbe  Ziel- 
bedeutung haben  wie  nama.  namö  'nach  Hause',  sagt  man 
in  einigen  Gegenden  durch  Nachahmung  von  diesen  Formen 
auch  namün,  namön'^). 

Sonst  steht  l)ei  Juskevic  auch  -o  im  Auslaut  von  Formen, 
dit'    wahrscheinlicher  Weise    zu   den   Gen.   Sg.   der  -a-Stämme 


1)  Streng-  gi-amniatiseh  richtig-  wäre  nur  namo-pi,  ?iamo-prin, 
weil  die  Postpositionen  den  Gen.  regieren;  namü'prin,  namü-pi  ist 
gewissermassen  eine  pleonastische  Ausdrucksweise,  wie  wenn  der 
Deutsche  für  "dem  Hause  zu'  etwa  'nach  Haxise  zu'  sagen  würde. 
Ein  analoges  Scliwanken  der  Konstruktion  sieht  man  bei  der  Post- 
position linkai  Kurchat  §  1487,  die  urspr.  wohl  ein  Verbale  mit  der 
Bed.  'sich  Avei  dend'  (etwa  Unkui,  wie  apsukul  u.  dgl.)  war  und  daher 
eig".  eine  volle  Zielbezeichnung-  erfordert:  hier  steht,  etwa  durch 
Nachahmung-  von  Verbindungen  mit  -in,  umgekehrt  der  eigentlich 
nicht  zureichende  Gen.  (z.  B.  'gen  HimmeF:  dangun-linkai  oder 
t-dangu -linkai,  aber  auch  dangaüs-linkai). 

2)  Juskevic  schreibt  sehr  oft  namü  {namün  nur  1018  11),  hat 
daneben  sonst  aber  unzweifelhaft  'unechte  Lokale'  immer  nur  mit 
-n  :  faükan  968  4,  7,  Mhi  707  2,  gilfin  638  9,  799  3,  tolyn  799  3, 
tn/mpijn  908  5,  zemyn   1018  6,  1019  7.     Vgl.  allerdings  auch  S.  2752. 


294  Josef  Zulia  t  <•, 

(resp.  zu  den  Abi.  Si;-.  der  iirsj)!".  -oStämuie)  i^elirircu :  so  sehr 
oft  0,  pro  (I>15.  XVIII  243),  das  entschieden  lieiietiviselie  Ixünö 
'wessen'  ff'iir  das  sehriftlit.  kend,  und  auch  wold  daraus  durch 
Aulehnuni^-  an  /.v).v.  /.v?  usw.  entstanden).  Hier  wollen  wir  auch 
des  dunkeln  po  und  lajpö  tajpn  erwähnen,  das  hier  auch  über- 
all mit  -0  erscheint  {do  526  6,  529  13,  541  10,  1)00  6,  684  6, 
778  13,  860  14,  917  3,  945  1,  ho  845  2  dürften  slav.  Lehn- 
Avörter  sein).  Dunkel  ist  auch  rijtö  521  (),  530  6,  584  3  '  morgen V 
atijalö  671  3  'zurück',  wo  das  auslautende  -o  vielleicht  ur- 
sprünglich nicht  im  Auslaut  gestanden  (Kurschat  hat  njtöj,  njtö, 
vgl.  rytöjus  neben  rytas  'Morgen',  af gallo,  atgaliön,  atgah. 
►Sonst  steht  -o  im  Auslaut  nur  in  "Wortformen,  wo  es  erst  durch 
Apokope  (\qv  ursitrünglich  auslautenden  Vokale  und  \'erlust 
des  davor  befindlichen  J  (-o  für  -oje  im  Lok.  Sg.  der  -o-Stämme, 
für  -oja  in  der  3.  Ps.  Sg.)  oder  v  (sfo  =  stövi,  IF.  IV  476) 
auslautend  geworden,  also  in  Fällen,  die  uns  weiter  niciit  zu 
beschäftigen  haben.  Wäre  -ii  für  ausl.  -o  im  Veliüner  Dialekt 
lautgesetzlicheu  Ursprungs,  etwa  einem  einzeldialektischen  Wan- 
del von  lit.  -o  zu  -«  zu  verdanken,  so  müsste  man  o,  pro,  po, 
Icanö  für  unrichtig  erklären,  und  es  wäre  das  Wahrscheinlichste 
zu  vcrnnithen,  Juskevic  habe  sich  hier  wie  sonst  durch  die 
»Schriftsprache  leiten  lassen:  es  Avärc  dies  ja  umso  leichter, 
als  Juskevic  in  einigen  unzweifelhaften,  8.  296  anzuführenden 
Fällen  in  der  Tliat  ii  und  o  mengt.  Hätten  wir  die  Erschei- 
nungen des  Veliüner  Dialekts  allein  vor  uns,  würden  wir  auch 
diesen  öchluss  wagen  (man  erinnere  sich  z.  15.,  das  Szyrwid 
den  Lok.  Sg.  auf  4  l)ildet,  aber  daneben  konseipient  draugie 
=  dränge  'zusammen'  schreibt,  o.  S.  285):  allein  die  unter 
2,  3  folgenden  Thatsachcn  lassen  uns  diesen  Schluss  wenn 
nicht  als  unmöglich,  so  doch  als  niciit  nötig  erscheinen  M. 


1)  Bei  ö,  pro,  pö  könnte  man  nötig-enfalls  die  Ursache,  warum 
ausl.  -o  des  Wandels  zu  -ü  verschont  geblieben,  auch  so  begreifen, 
dass  o  als  fortsetzende  Partikel,  ?)rö,  pö  als  Präpositionen  zu  wenig- 
selbständige  Wörter  sind,  und  ihr  o  demnach  nicht  im  vollen  Sinne 
auslautend  ist.  —  Was  Ica  anbelangt,  das  ziemlich  oft  in  der  Be- 
deutung 'warum'  vorkonnnt  (z.  ß.  514  3,  9,  15,  21,  522  2.  5,  57G  3^ 
4,  6513  7,  711  2,  739  2,  754  2,  7S5  13),  so  glau1)e  ich  weder  ein  ge- 
kürztes kö,  noch  ein  Av?  (bei  Jusk.  kdu)  darin  siuiicn  zu  dürfen. 
Ks  ist  wohl  als  urspr.  kam,  D;it.  Sg.  zu  fassen.  Juskevic  schreibt 
M  f.hl  auch  volles  Icam  (.524  16,  741  3,  7,  5(U  15,  703  7—10,  787  4,  844  5)„ 
aber  es  ist  nichts  rncrliörtes,  dass  Wortbildungen,    die  eine  adver- 


Balrisclie  Miszelicn.  29r> 

Wir  wenden  uns  z  u  d  e  n  v  e  r  b  a  1  e  n  -o-F  o  r  m  e  n.  Der 
Veliüner  Dialekt  bietet  uns  im  -o-Präteritnin  und  im  -o-Präseus 
ein  sehr  merkwürdiges  Paradig-ma,  das  wir  iiier  in  Juskevics 
Schreibung  folgen  lassen: 

Aktivum.  Reflexivum. 

Sg.  1.  sul'an  siikaü-s(i) 

2.  sul'dj  sulxdj-s(i) 

?).  sul:u  siihii-s(i) 

Du,  ] .  Kiil:iira,  sidiw  suhttvo-sfi) 

2.  '^siiJaita,  siiJctit'         "^sulnito-sfi) 
PI.  2.  '^süJi'ume,  siikum        *stthäme-s(i) 

2.  *sükufe,  siikuf  *snJcvte-s(i). 

Belege  für  die  1. — 3.  Sg.  Akt.,  die  gar  zu  häutig  sind  (3.  Sg. 
z.  B.  sedeja,  dugu,  dumöjn,  im  Präs.  vdru,  ddru,  hil-stu,  zlnu 
usw\)  und  für  die  allerdings  seltene  1.  2.  Ps.  Sg.  Retlex.  können 
wir  getrost  bei  Seite  lassen.  Dafür  seien  angeführt:  Akt.  1. 
Du.  sejiiva  581  1,  jöjuva  861  3,  dovejuva  686  6,  7,  943  4^ 
vdjlsciojiwa  Mo  4:-,  duguv  487  1,  581  1,  7t)9  1,  4.  80U  1,  7, 
ähnl.  504  4,  581  2,  601  14,  15,  670  1,  4,  7,  791  1,  800  3, 
802  8,  17,  803  1,  840  8,  861  4,  882  9,  890  3,  4,  9,  10,  964 
9.  —  2.  Du.  suejut'  568  5,  l-albejuf  568  5,  girdejut'  802  6, 
7,  15,  1()  /1)ei  dem  lebendigen  Gebrauch  des  Duals  in  unserem 
Dialekt  dürfte  -ut  aus  -nfa,  nicht  aus  dem  ])luralen  -uie  apo- 
kopiert  sein).  —  1.  Plur.:  pasenum  503  4,  949  2,  pahägum 
731  6,  7,  sufil-um  881  17,  hüvum  518  1,  ()71  1,  774  1,  941  1, 
ähnl.  486  7,  503  3,  4,  549  1,  2,  550  5,  6,  7,  578  1,  ()09  6, 
671  1,  2,  6,  774  2,  881  16.  17,  919  17,  949  2,  954  4,  5,  14,  955- 
1,  2,  958  1,  9S5  4.  —  2.  Plur.  pavijtnf  667  2,  729  5,  731  3, 
sudiimöjuf  int/niojuf'   1006  6,   ziniit'  553  5,   567  4,   962  17, 


biellc,  partikelhafte  o.  ä.  Bedeutung"  entwickelt  haben,  in  einem  über 
die  sonstiji-e  Art  und  Weise  hinausgehenden  Mass  verstümmelt  wer- 
den. So  finden  wir  für  und  neben  küclel  'warum'  auch  kud  (514 
3,  9,  15,  21,  552  1,  4,  618  7,  (J73  3,  691  2,  4,  711  1),  für  das  permissive 
tegül  nur  fef/ii  (z.  B.  514  6,  530  7,  834  16,  17,  867  5,  S88  10).  So  ge- 
hört auch  laJ  zur  Wurzel  laid-;  im  Lett.  finden  wir  die  interjektio- 
neilen Imperative  klait  {z\i  klausit ' hören'),  ra  (zu  rerfzeY 'schauen'), 
rau  Austrums  VT  662,  Rakstu  kraj.  VI  106  [raiidzit  'schauen'),  dzi, 
tedzi  Aust.  VI  386,  388,  407,  521,  660  (zu  dzlrdet  'hören');  vgl.  böhm. 
hie  'ecce'  iüvhJed'.  Namentlich  auf  dem  baltischen  Gebiet  ist  dergl. 
sehr  häufig-  zu  finden:  auch  die  Apokope  ist  da  am  gewaltigsten 
in  Wörtern,  die  Avie  Adverbien  u.  ä.  empfunden  werden. 


296  Josef  Zub.at\'-, 

1006  8,  ähnl.  677  15,  731  4,  813  3,  881  14,  15.  —  Reflex. 
3.  Sing-.  :  vilMs  728  3,  liöju.s  689  10,  stöjüs(i)  791  7,  854  5, 
^erejüs(i)  769  2,  5,  800  3,' 828  3,  4,  926  2,  df/L-ojüs  689  2, 
915  12,  992  15,  16,  riipinusi  611  1,  4,  fnlmjnmls  689  7, 
dallnüs  856  9;  >'dfZ/^5  526  3,  538  6,  689  7,  drdjküs  856  3, 
räjktls  856  3.  Einigemal  steht  auch  -os(X):  dyvojos  965  2, 
zhiyjosi  856  5,  rtqnnosi  964  6;  rec^o.s  706  10,  838^  5,  yoc/o*' 
896  15,  984  2  12,  drdjkos  863  2,  Avas  jedenfalls  nicht  g-enau 
sein  wird  (man  vgl.,  dass  neben  Unlxsminos  689  2  im  selben 
Lied  fünfmal  -üs,  einmal  in  dersell)en  Strophe,  geschrieben 
steht):  erstens  wird  o  und  il  auch  im  Veliüner  Dialekt  wohl 
einander  sehr  ähnlich  lauten  (894  4  finden  wir  in  ein  und  der- 
selben Strophe  vcnüUJcq,  sesiöUl-q),  namentlich  aber  ist  zu  be- 
denken, dass  JuskeviÖ  selbst  (z.  B.  gleich  im  Vorwort)  nicht 
in  diesem  Dialekt  schrieb.  —  Sonst  habe  ich  noch  die  1.  Du. 
dahöjüvos  722  2,  3  und  mijlejüvos  722  3,  ferner  die  Partizipien 
Präs.  Pass.  nezinumas  790  1,  räjtumas  vUgumas  redamas 
Txdjsiimas  sägstuma.t  865  6 — 8  (für  -omas)  notiert. 

Einen  nicht  misszuverstehenden  Wink,  wie  wir  diese  vom 
Schriftlitauischen  abwciclienden  Formen  zu  betrachten  haben, 
giebt  uns  meines  J^raclitens  das  Verhältnis  von  iiiißi'ju  :  mi/le- 
jui-ü,  mjilejü-si  :  mylejuvo-sL  Hier  stellt  die  1.  Du.  unzweifel- 
hafter "Weise  im  P)aune  der  3.  Sg.,  denn  auch  derjenige,  der  ii 
in  nitjlejärosi  für  organisch  iiält,  kann  n  in  inijlfjura  nur  als 
durch  myUju  hervorgerufen  begreifen.  Mir  scheint  in  der 
That  ü  ausserhalb  der  3.  Ps.  nicht  ursprünglich  zu  sein.  Mau 
beachte  nur,  dass  auch  im  Veliüner  Dialekt  die  1.  und  2.  Ps. 
Sg.  -au  -ai  lautet,  höchst  wahrscheinlich  aus  dem  (i runde,  weil 
in  diese  Formen  aus  lautlichen  Gründen  ein  ü  u  nicht  leicht 
Eingang  iinden  konnte.  Das  wird  freilich  für  immer  unent- 
schieden bleiben,  ob  aus  mylejova  gleich  myiejmut,  oder  vor- 
erst mylejäva,  dann  mylejuva  entstanden  ist :  von  der  chrono- 
logischen Reilicnfolgc  der  hier  ihre  Wirkungen  äussernden 
Thatsachen  (Kürzung  von  ü  zu  u,  Verschleppung  desselben 
über  die  3.  Ps.  Sg.  hinaus)  werden  wir  eben  wohl  nie  etwas 
bestinmites  erfahren. 

Neben  den  angetübrten  Formen,  dem  Gen.  Sg.  -o  und 
der  3.  Sg.  der  verbalen  -o-Stämmc  giebt  es  schliesslich  im 
Lit.  noch  einen  vereinzelten  Fall,  wo  im  Auslaut  ^<  mit  o 
wechselt.     Es  ist  dies  in  der  Präpo.sition  nn  'von'.    Aussprache 


Baltische  Miszellen.  29T 

mit  i(  ist  hier  über  alle  Zweifel  erhaben:  es  wird  ja  vielfach 
g-eradezu  nno  geschrieben,  und  auch  das  Lett.  hat  mc,  während 
lit.  no  hier  nä  oder  nd  lauten  niüsste.  Und  doch  giel)t  es 
Dialekte,  und  zwar  solche,  die  a  von  o  scharf  unterscheiden, 
wo  für  nii  ein  nö  gesprochen  wird.  Jener  oben  er^^■^lhnte 
Litauer  (er  war  aus  dem  Gouv.  Öuwalki)  sprach  /.  B.  vandü 
sehr  deutlich  als  citnäud,  aber  für  nd  sagte  er  nö  (ebenso  wie 
für  namn  nanK"))  mit  reinem,  langem,  geschlossenem  o  (unbe- 
tontes 0  klang  im  Auslaut,  z.  15.  in  ciüxO,  siil'o,  kurz  und  fast 
wie  u^.  So  schreibt  auch  M.  F.  Mareinski  in  seiner  Gramma- 
tyka  litewskopolska  (Warschau  1861)  z,  B.  in  duana  (düna), 
icandua  ü-andn),  tuam  (tum)  usw.  durchaus  konsequent  ua 
für  ^^  daneben  aber  für  nä  ebenso  konsequent  nog  [no  ver- 
stärkt durch  g'r,  namentlich  in  älteren  Schriften  ist  dgl.  häufig) 
und  auch  namo.  Im  Folg.  sehen  wir  von  nd  —  nö  ab,  weil 
wir  dessen  Etymologie  nicht  kennen:  falls  nii  trotz  der  ab- 
weichenden Bedeutung  zu  sl.  na  'auf  gehört,  füldt  man  sich 
unwillkürlich  versucht,  im  Sinne  unserer  unten  (§  4)  ausge- 
sprochenen Vermuthung  auf  das  Nebeneinander  na  'auf  nadz> 
'oberhalb'  im  Slav.  zu  denken.  Freilich  hätten  wir  dann  ein 
ursp.  *wö^  anzunehmen. 

2.  Das  Verdienst,  die  lettischen  Genetive  Sg.  auf  -w 
-a  hervorgehoben  zu  haben,  gebührt  bekanntlich  Bezzenberger 
(BB.  IX  248;  XV  297  2).'  Er  führt  an  zunächst  M,  m,  tu  = 
veliün.  Jctl,  sziü,  til,  was  bei  väijaga  'es  bedarf  im  Lett.  für 
Txd  ß'ä),  m  (m?),  tä  (tä)  =  schriftlit.  Äv),  sziö,  tö  allgemein 
üblich  ist,  ferner  noch  mehr  vereinzelt  und  dialektisch  auftre- 
tende Belege,  wo  sii,  tu  ausserhalb  der  Verbindung  mit  väi- 
jaga steht,  wie  deV  Äv'c;  mehrsilbige  Formen  auf  -u  hat  er 
mehrfach  im  Volkslied  gefunden  itiltu,  ritu  usw.).  [Allerdings 
dürften  nicht  alle  Nominalforuien  auf  -u,  die  Bezzenberger 
anführt.  Gen.  Sg.  sein:  es  sind  auch  den.  PI.  darunter.  So 
namentlich  in  tiJtu  grkV  'Brückenbelag',  Jämi  herni  'Johan- 
nisburschen'  Cm  Lihgoliedern),  cel'tc  mala  'Wegesrand'.  Der 
Lette  setzt  nämlich  in  (ienetivverbindungen,  denen  im  Deut- 
schen etwa  Komposita  entsi)rechen  würden,  sehr  gerne  den 
Gen.  PI.,  sel])st  wo  man  eher  den  Gen.  Sg.  erwarten  würde; 
vgl.  ^[ühlenbach  Dafchi  j'autajumi  I  16.  So  z.  B.  in  Tauf- 
liedern neben  Irusta  dels  '  Tauf kind '  aucli  Irusfa  dels  (oder 
l-n(sfdel.s\].     Es  ist  von   grösster  Wichtigkeit    zu    sehen,    dass 


298  Josef  Zubaty, 

diese  Formen  keineswegs  nach  Dialekten  verteilt  sind :  in  einem 
imd  demselben  liucli  kommt  /..  B.  vor  )w  ilia  Kuncjha  und  no 
to  Kunglia  {VAj.W  2S)~i-).  Ebenso  wichtig-  ist  es  jedoch,  dass 
sich  zwischen  beiderlei  Formen  kein  syntaktischer  Unterschied 
nachweisen  lässt:  wenn  in  8aussen  und  Fehteln  mnnu  däV 
(neben  tuuinifi  däV  'in  meinem  Interesse'  1jI>.  XY29T-)  nur 
in  konzessivem  Sinn  ('meinetwegen')  gesagt  wird,  so  liegt  offen- 
bar nur  eine  spätere  Dift'erenzierung  vor  uns,  Avie  dergl.  in  der 
Sprachgeschichte  gar  oft  nachzuweisen. 

Schon  Bezzenberger  (IX  249)  hat  auch  der  Veliüner 
Formen  erwähnt,  die  wir  im  Vor.  behandelt  haben:  er  glaubt 
jedoch,  wegen  -ü  -u  im  Präteritum,  bei  ihnen  jeden  Zusammen- 
hang mit  den  lettischen  'A))lativen'  leugnen  zu  müssen,  indem 
er  das  Veliüner  -ü  -u  für  eine  rein  lautliche  Umwandlung  von 
-o  hält.  Anders,  und  zwar  mit  vollem  Recht,  Brugmann  (Gruud- 
riss  II  591  Anm.  2),  wo  jedoch  ein  Hinweis  auf  die  verbalen 
-u-  -?t-Formen  fehlt.  Wir  glauben,  im  Folg,  (3)  durch  An- 
führen von  Analogem  aus  dem  preussischen  Verbum  die  Zu- 
sammengehörigkeit von  -u  im  Veliüner  Gen.  Sg,  und  im  Ver- 
bum näher  legen  zu  können,  und  wollen  vorläufig  nachsehen, 
ob  sich  vielleicht  nicht  auch  auf  dem  verbalen  Gebiete  für  das 
Lettische  etwas  Ähnliches  vermuten  lässt. 

Im  -«-Präteritum  bietet  das  Lettische  nichts,  was  mit 
den  Veliüner  Formen  zu  vergleichen  wäre.  Es  befindet  sich 
hiebei  wie  es  scheint  im  Einklang  mit  dem  Preussischen,  das 
ebenfalls  für  lit.  -o  in  3.  Ps.  Prät.  höchst  wahrscheinlich  nur 
-a  besessen  haben  wird.  Es  ist  auch  leicht  abzusehen,  warum 
eine  Form,  die  im  Veliüner  Dialekt  so  geläufig  ist,  im  Lett. 
hat  keinen  festen  Fuss  fassen  können:  während  im  Veliünischen 
vilkaü,  villai,  vill-ü  (vUJxu)  ganz  klar  dirt'erenzierte  Formen  bie- 
tet, wäre  in  der  lettischen  Lautgcstaltung  v'/lLu,  r'illi,  '■r'/Iku 
die  1.  mit  der  3.  Ps.  zusammengefallen,  daher  nur  v'ilka  = 
lit.  vilko. 

Was  die  lit.  -o-Präsentia  anbelangt,  so  finden  wir  dafür 
in  der  Regel  Formationen,  die  nur  im  Singular  lautlich  auf 
dem  Lit.  ents])rccliende  Formen  zurückgelicn:  Vit.  salriii,  saka/, 
säko  (=  vcl.  sä/xK,  aaktt)  =  lett,  saku,  .saki,  .saka.  Der  Plural 
ist  den  thematischen  Präsensbildungen  nachgeformt  isakam, 
sakat  —  lit.  sdkome,  .sdkote  ganz  wie  ri'lkain,  velkat  =  lit, 
vetkame,  velkat e),  im  Gegensatz  zum  Präteritum,  welches  die 


Baltische  Mi>zeli(Mi.  299 

iirsprüng-liclic  Läug-e  behält  fffikäm,  nllxäf  =  lit.  vUliome, 
viJkote).  Es  ist  dies  ganz  natürlich,  naehdeui  im  Sing-,  die 
-ä-  und  die  rt-Präsentia  im  Lett.  hiutlieh  zusammenfallen  mussten, 
das  Fehlen  von  gewissen  Wirkungen  bei  /  aus  a'i  in  der  2. 
Ps.  abgerechnet  iz,  11.  lit.  reJI,}  =-  lett.  rZ/r/.  aber  lit.  sal^al 
=  lett.  sciki).  Zuweilen  sind  die  -«-Präsentia  zu  den  -äja- 
(lit.  -öja-)  Formen  übergegangen:  so  lüjäjii-s  =  lit.  hijan-si, 
mefdjn  =  lit.  metau,  hrauVdju  =  lit.  hraiüxciü,  drasJidjic 
=  lit.  (Irasl-aCf  u.  A.:  bei  Verbis,  die  im  Lit.  im  Inf.  -yfl 
haben,  linden  Avir  gleichzeitig  für  -if,  Avelches  die  erstercu 
haben  (z.  B.  salti,  sacit),  diesmal  -df  :  hraulidt  (lit.  hrmil^yti), 
draslxdt  (draskijti),  mefdf  {meti/f/K  hraddt  C^Jnridi/fi  =  slav. 
hroditi).  In  lälidt  (lül-dju)  neben  lücif  {h(l•^l)  schwankt  die 
Sprache  zwischen  beiden  Arten  der  Behandlung-  (=  lit.  'Haiikau 
'''lanJiijti,  vgl.  lanl'stari  htnlstf/ti).  Merkwürdiger  Weise  stossen 
wir  zuweilen  noch  auf  eine  dritte  Art:  den  lit.  -o-Yerbis  ent- 
sprechen zuweilen  auch  lett.  -«-Verba  (Präs.  -üjit,  Prät.  -uju, 
Inf.  -nt).  So  z.  B.  lalstütes  'flattern'  neben  lit.  Inl^staü  lal'sf//fj, 
esH'des  'sich  fressen,  grämen'  (lit.  '^esfau  ^esttjti) ;  lett.  tiküt  (dane- 
ben auch  tiTidt)  'lauern'  neben  lit.  iijliau  tylxoti,  lett.  Zz/A'^i  (dane- 
ben Uikdt)  'schauen',  was  im  Lit.  g-ewiss  Hulxcm  '■^lül'otl  lauten 
Avürde.  Ist  es  g-ewagt,  zu  vermuthen,  diese  absonderlichen 
Formen  hätten  ihren  Ursprung  in  einer  Flexion  zu  suchen, 
die  etwa  der  oben  g-eschilderten  veliimischen  euts])recheu  wairde? 
etwas  g-anz  ähnliches  werden  wir  bald  auch  auf  dem  preussi- 
schen  Gebiete  konstatieren  können.  Wir  machen  dabei  noch 
darauf  aufmerksam,  dass  der  Form  lett.  filüju  tiMit  neben  lett. 
iiJcäju  flJtdf,  lit.  ftjlriu  t/jl-ofi  ganz  genau  z.  B.  das  veliü- 
iiische  rymüju  rijmüti  =  schriftlit.  ry^iuni  rfjmoti  'gestützt 
sein'  (auch  ein  Präsens  rt/moju  kommt  vor,  das  auf  gleiche 
Stufe  mit  lett.  fjl'dju  =  lit.  tyl-au  zu  stellen)  entsi)richt  (.Jus. 
880  2,  998  16).  Es  ist  vielleicht  etwas  gewagt,  aber  ich 
kann  nicht  umhin  bei  dieser  Gelegenheit  auf  das  merkwürdige 
Schwanken  zwischen  -äju  -dti  und  -fiju  -(tfi  hinzuweisen,  wel- 
ches im  Litauischen  und  Lettischen  so  deutlich  uns  entgegen- 
tritt, und  welches  viellelclit  ebenfalls  hier  irgendwo  seine  Deu- 
tung finden  wird.  Dass  im  Lit.  zwischen  -i(fi  und  -ofi  im 
Denominativ  keine  festen  Grenzen  zu  ziehen  sind,  mag  man 
aus  Kurschats  Grammatik  §  414.  1280  Anm.  4  zur  Genüge 
klar  ersehen;  auch  das  Lettische  schwankt  hier  sehr  zwischen 


300  Josef  ZubatN', 

-üt  -dt  {atjdunüt  atjäundt\  jüM'd  jidrit,  lit,  Jfd-uti;  kdrtüf 
Jidrfdf,  Ht.  Jiariiifi;  sflpnt  .sfipdf:  suJi-üf  siil-dt,  lit.  szuldti; 
klibüt  kUhdt\  putdt  piitdt,  \\i.  putdti;  ripdt  ripdt;  apsündtes 
apsündtes;  dzivdt  dzivdt,  lit.  gyvoti  u.  A.). 

Doch  genug-  mit  Vermutungen.  Eines  steht  im  Lettischen 
fest,  dass  im  Gen.  Sg.  der  -^^kStämme  -ü  -u  mit  -ä  -a  wechselt^ 
ohne  dass  das  Lettische  allein  uns  berechtigen  würde,  diesen 
Wechsel  dialektisch-lautlich  zu  nennen.  Auch  für  die  -rt- Ver- 
balformen dürfte  ein  ehemaliger  ähnlicher  Wechsel  beim  Minde- 
sten als  wahrscheinlich  hinzustellen  sein^). 

3.  Auch  im  Preussischen  glauben  wir  einen  ähnlichen 
Wechsel  von  d — ü  annehmen  zu  müssen.  Im  Gen.  Sg.  der 
-fl-Stämme  linden  wir  freilich  da  nichts  dem  lit.  -o  {-ii)  ent- 
sprechendes: die  alten  Formen  sind  da  offenbar  nach  den  -a- 
Stämmen  umgebildet  worden  (Leskieu  Die  Deklination  im  Slav.- 
Lit.  und  Germ.  33 1.  Falls  Leskiens  Vermutung  (a.  a.  0.  34),  in 
arrientUiku  Kat.  III  sei  ein  lit.  dria  ant  IctüTxO  'pflügt  auf 
dem  Felde'  zu  suchen,  richtig  ist,  so  könnte  man  auch  für 
das  Preussische  Gen.  Sg.  auf  -d  -u  voraussetzen-):  freilich  ist 
eine  Verniuthung,  mag  sie  noch  so  ingeniös  sein,  noch  keine 
Thatsache. 

Aber  auf  dem  Verbalgebiete  können  wir  wohl  mit  Be- 
stimmtheit Analoges  konstatieren.  Man  stelle  sieh  nur  die 
Frage,  wie  so  es  kommt,  dass  dem  lit.  Verbalstamni  Jidko- 
ilaikaü  -iaü-fjti  'halten',  vgl.  lett.  lailn  laiciju  -if  'verschieben, 
aufsparen,  länger  aufhalten')  im  Preussischen  laiku-,  d.  li.  hdkd- 
entsprichtV  Freilich  ist  da  -ü-  überall  eingedrungen,  auch  in 
den  Intinitiv-  und  Aoriststamm:  man  vgl.  Inf.  hdkdt  halten' 
erlaiküt,  polaiküt,  preilaikiit ;  Part.  Pass.  laiküts,  polaikufs; 
3.  Ps.  Präs.  Idiku,  efldiku,  poldiku,  eÜdiku-sin  idas  einmalige 
isldika  dürfte  wohl  ein  Druckfehler  sein);  1.  Pliir.  Idlkumai, 
enJaikümai,  poldikumai;  2.  I'hir.  Inipt.  Idikutei,  enJdikuti; 
Part.  Prät.  erlaiknuns,  ishiiküuns.  Man  sieht,  dass  dieses 
einzige  Verbum  uns  Belege  genug  bietet  i  einige  Formen  kom- 
men auch  mehrmals  vor),  um  uns  selbst  bei  der  Zerfahrenheit 


1)  Auch  ri'Janov  Znac^oiiija  {jla<i-.  osnov  II  0  stellt  es  als  mög- 
lich hin,  zwischen  den  iterativen  r//7-Stiiniinen  und  den  lett.  «-Ite- 
rativen bestehe  ein  gewisser  Zusaninienliang. 

2)  Über  ä  u         lit.  u  vgl.  KB.  XVI II  24;")  \ 


baltische  Miszcllcn.  AOl 

der  Sclireihuiii;-  des  Katecliisimis  ein  niii^vfülires  IWld  seiner 
Flexion  zu  gehen.  Ein  anderer  älinliclier  Fall  liei;'t  \t)V  in 
teik-tft  'niaebcn,  seliafA-n'.  Part.  Fass.  euteikafoUj  Xoni.  abstr. 
telküsna,  Frät.  teikfi.  Part.  Prät.  feiki'inuH,  was  siclierlicli  /u 
lit.  tälkdu  -i/fi  '/,nsaniinenrii<;('ii,  oi-dnen'  zu  ziehen:  der  Wurzel- 
vokal seheint  an  das  nicht  ahi;eleitetc  Verhuni  '■'teikf,  '''feikticei 
angepasst  zu  sein  lit.  tc/kti  'zutheilen',  auch  etwa  'werden 
lassend,  das  wohl  in  f<'/ks  liiijjt.  l^  Sg.  zu  suchen  sein  wird;  für 
teikünns  Kat.  III  hat  Kat.  1  ttit/koinius  {Kid.  II  das  anders 
gebildete  Kausale  fi/k//)n>oihs'.  AVir  glaulten,  die  Formen  von 
laiküf  g-anz  mit  der  \eliiin.  Plexion  von  hiik/'/fi  zusanmienstel- 
leu  zu  dürfen,  die  im  Präsens  etwa  J/iikaa  Idika)  la/kn  (ht/kü-) 
Idlkura  hrtkutd  Id/kniite  Id/kiitc  ires]).  Jdikucosl  usw.)  lauten 
würde:  den  einzigen  wesentlichen  Fnterscbied  bildet  ehen  der 
bereits  erwähnte  Umstand,  dass  im  Preuss.  der  Präsensstamm 
verallgemeinert  worden  ist.  Ob  und  inwiefern  ??  (=  ü)  im 
Preuss.  wie  im  A'eliünischen  zu  n  verkürzt  worden  ist.  entzieht 
sich  unserer  Petrachtung  \i. 

Ob  noch  andere  -^?-Verba  wie  Idil-Cd  zu  fassen  sind,  ist 
nicht  leicht  zu  erkennen.     A'ielleieht  pogldlnl  'er  umarmte'  (lit. 

1)  Gänzlich  aber  vielleicht  docli  nicht.  Neben  dem  konsequent 
mit  -u  g-eschviebenen  Präs.  :l.  Ps.  laikti  stehen  die  Prät.  teiJiü,  j)0(jJabü, 
und  ich  glaube,  Will  sei  hier  der  richtigen  Aussprache  gefolgt.  Sein 
laikii  wäre  ganz  das  A'eliüner  hdku.  d.  h.' verkürztes  ■iaikii  :  Prät.  laikü 
hätte  seine  Analoga  in  veliünischen  Formen  wie  rymü  (880,  2,  998  IG) 

rymüja,  zu  rymütl.  Das  Präteritum  zu  laiküt  scheint  also  eine 
Neubildung  (für  eine  dem  lit.  laikiau  entsprechende  Form)  zu  bieten, 
deren  3.  Ps.  iirspr.  '■hiiküja  (lit.  ■Haikvjo)  gelautet  haben  mag:  auch 
das  I.ett.  hat  hier  eine  Neubildnng,  die  jedoch  vom  Inf.  hticit  ausge- 
gangen ist  (laiciju).  So  wird  anch  -n  im  Prät.  der  preuss.  -(?-Verba 
(z.  B.  ehaiynä,  neben  sh/iiai  w  ohl  s/(/)iai)  auf  -aja  zurückzu- 
führen sein:  im  Einzelnen  lässt  sieh  die  Sache  leider  nicht  ver- 
lolgen,  liauptsäc-hlicli  wegen  der  ungenauen  Schreibunii'  der  ])reiiss. 
Texte.  Damit  würde  stinnnen,  dass  z.  R.  hnma  :i  Ps.  Präs.  mid 
Prät.  zuii'leich  ist.  Ist  dies  alles  richtig,  so  dürfen  ^\'ir  wohl  minde- 
.stens  in  htiku  .').  Ps.  Präs.  g'cgenüber  laiküf,  ■lailcü  (Prät.)  eine 
im  Au.vlaut  erfolgte  Kürzung  von  ü  zu  u  annehmen.  Dann  wäre 
aufli  in  bi((  (lit.  h'ijo-),  siiina  (lit.  zino)  dieselbe  Kürznng  anzuneh- 
men, wodurch  —  ganz  wie  im  Lett.  —  die  -ä-  und  -a-Flexion  in  der 
3.  Sg.  zusannnengefallen  wären:  dadurch  Avürde  es  sich  erklären, 
warum  z.  B.  in  der  1.  PI.  für  das  erwartete  ■zindmai  ein  offenl)ar 
der  -«-Flexion  (vgl.  z.  B.  innnimni,  u-frphnal,  mflkinnimai)  nachge- 
biltetes  zininuü  zum  Vorschein  kommt. 

Indogennaiiische  Fdrscluintrcii  \'I  :;  u.  4.  20 


302  Josef  Zubaty, 

'^'(jltibdu  '■■(jldhi/fi':',  \^\.  Ictt.  (/Idbdjii  gldhdt)^'.  Auf  Deiioiiii- 
nativa  wie  etioimU  'entseliiildigen'  i^cclit  preuss.  ^Yäl•e  icuiniif, 
BB.  XVIII  248 1,  ''demüt  in  dencüfs  'selig-',  dwibngüf  dicigu- 
hiit  'zweifeln'  zu  dwiguhhvs  ' doppelt '  (Gen.  8g-.,  lit.  ^-hiigaus':!) 
wie  popecTx'üt  'behüten'  zu  pecku  'Vieli'-'  ist  nicht  viel  zu 
g-ehen,  da  auch  im  Lit.  und  Lett.  -a-  und  -^/'-Denoniinativa 
vielfach  mit  einander  wechseln  (so  gleich  lit.  viiinojii  -öfi, 
lett.  vdindju  -/if).     Vgl.  übvigens  oben  S.  299  f. 

Daneben  hat  jedoch  das  Preussischc  auch  seine  -«-Verba. 
So  namentlich  hija-  :  Inf.  hidticei  hidfiri.  Xom.  abstr.  biäsmin, 
3.  Ps.  (Plur.)  bid  'sich  fürchten'.  Es  steht  nicht  das  geringste 
im  Wege,  dieses  bid  direkt  mit  lit.  bijof-si)  zu  identifizieren. 
Die  Verschiedenheit,  mit  welcher  lit.  bljo-,  hrilo  im  Preuss. 
als  hija,  laiku  wiedererscheint,  hat  wohl  in  der  Verschieden- 
heit des  Infinitivstamnies  ihren  Anlass:  in  urpreuss.  ^hi'ilfi 
Hdllalmdi  ^'Uiil-itirel  lagen  die  Chancen  für  ii  viel  günstiger 
denn  in  ur])reuss.  ^■^bijü  *bijämai  %ijcltwe'i,  vorausgesetzt,  dass 
im  .Sg.  '^'bija  von  vorne  herein  alleinherrschend  war,  und  nicht 
vielmehr  neben  '%ijä  einherging.  Ähnlich  ist  preuss.  ^'zlnat  = 
lit.  zinaü  zinöti  'kennen'  (Inf.  ersinnat,  posinndt,  Part.  Pass. 
poshuiafn,  1.  Ps.  Sg.  jjoshina,  1.  Ps.  PI.  ersinnlmdi,  poshin'i- 
mai,  2.  Ps.  PI.  ersinnati),  wo  die  3.  Ps.  ohne  Beleg-  ist.  Sonst 
scheinen  im  Preuss.  nur  solche  -ä-Verba  vorzuliegen,  denen  im 


1)  Nach  Nesselmann  (Thesaur.  s.  v.)  und  I'lilenbeck  (Die  drei 
Katechismen  in  altpreuss.  Spr.,  Leiden  —  Leipzig  1889,  Nachtr.)  wäre 
noch  emhaddusisi  'er  stecket,  sie  staken'  Kat.  III  80.  82  hiehcr  zu 
rechnen,  als  3.  Ps.  Reflex,  von  einem  -^badtU  (denn  so  würde  nach 
laiktlf,  teiküt  der  Inf.  anzusetzen  sein)  lit.  badyti  lett.  badif.  ste- 
chen, stossen'.  Man  erwartet  dann  jedoch  '■^'embadii-sieii,  oder  em- 
badu-si,  woraUfS  embaddusisi  wohl  nur  durch  einen  Druckfehler  (der 
sich  zweimal  wiederiiolt  hätte)  entstanden  sein  könnte.  Ich  halte 
cmbriddusisi  für  ein  reflexives  Pai't.  Prät.  von  einem  dem  slav.  bodq 
bosfi  entspreclienden  Verb,  welches  wie  iin  Preuss.  auch  sonst  (s. 
z.  ß.  das  (ilaubensbekenntnis)  das  Verbnm  flnitinn  vertritt.  Dazu 
stimmt  ja  auch  die  Bedeutung:  ■endMidusien  (oder -s/)  könnte  iiöcii- 
stens  bedeuten  'er  steckt  sich,  drängt  sich  hinein',  nicht  das  perfek- 
tivische  'er  steckt'.  -  Zur  Form  vgl.  einerseits  die  flektierten  preuss. 
I'art.  Prät.  mit  dem  Staiinii  -iis-  neben  den  'untlektiertcn'  auf  -uiis- 
(Nessehiiann  Die  8praclie  der  alteu  Preussen  Gu  f.),  andererseits  das 
(allerdings  iiöehst  seilen  auftanehende)  lit.  reflex.  Gerundium  si'tku- 
si-H(i)  (Kur.schat  4?  1141»). 

1)  Oder  ist  vielleicht  /'/  liier  echtes  i'i,  kein  urspr.  u?  Vgl.  3. 
Ps.  Sg.  i)Oi)eckinr},  wo  die  Kndung  jed.ich  eher  als  -nja)  zu  fassen 
sein  wird. 


Baltische  IMiszelleu.  308 

Lit.  -oju  -ofi  nicht  -au  -of'i  entsprechen  würde,  die  also  nicht 
hicher  g'cliören.  So  .si</)i(U  'sciiiien'  {dgnäuns^  3.  Ps.  Prät. 
si(/)i(ii,  signä),  icdltldt  'spreclien'  (ica'itiamal,  3.  Sg".  ^aaifia, 
taoifiduns).  Auch  peisät  'sclireil)en'  zielie  ich  liielier:  wie  das 
slav.  pim'^)  piseU,  Inf.  pbmti  zeigt,  diirtte  ä  iirspr.  nni-  dem 
Tnfinitivstannn  angeliört  hal)en  (und  zwar,  wie  im  Slav.,  mit 
Tiefstufe  des  Wiirzelvokals),  und  wo  ein  solches  -ä-  in  den 
Präsensstamm  verschleppt  wird,  pflegt  die  Sprache  die  -iolie- 
Flexion  anzuwenden  (z.  B,  lit.  raudöju  raudötf  für  raudmi, 
algoju  (dgoti  'nennen,  rufen'  bei  Szvrwid  Lit.  Lett.  Drucke  IV 
37  13,  38  21,  39  7,  53  3,  .54  24,  72  13,  74  15.  1.34  9,  136  1 
für  älteres  alga  algofi  G eitler  Sitzungsl)er.  d.  Wiener  Ak. 
(A'III  350,  Bezzenberger  Beitr.  z.  Cesch.  d.  lit.  8pr.  270, 
Wolter  Katich,  Dauksi  65).  Neben  sonstigen  -ö^-Formen  steht 
h/Uä  'er  spricht,  er  s])rach'  (vgl.  lit.  hylöti)  und  quoitä  'er 
wiir,  quoifdmi  1.  PL,  wo  schon  wegen  des  ä  eine  -r?/e-Flexion 
wahrscheinlich  ist  (s.  o.  S.  301  ^). 

Ziehen  wir  Alles  zusammen,  so  ergibt  sich  auch  im 
Preuss.  für  ein  sehriftlit.  ausl.  -o  wenigstens  in  der  3.  Ps. 
wohl  mit  Sicherheit  ein  -ü  (-ü)  -u  (?).  Ob  daneben  auch  ein 
-d  (-a?)  als  möglich  vorauszusetzen,  lässt  sich  nicht  entschei- 
den, nachdem  hia,  sinna  sein  a  nnig-licherweise  dem  Inf.  zu 
^•erdanken  haben  kann:  nach  Präteritis  wie  imma  ist  dies 
jedenfalls  nicht  unwahrscheinlich. 

4.  Wir  haben  im  Vorig-en  in  allen  drei  S])rachen  der 
baltischen  (iruppe  neben  -^7,  lit.  -o  ein  rätselhaftes  -u  zu  kon- 
statieren gehabt.  Wie  haben  wir  uns  diese  Thatsache  zu  er- 
klären? Ein  entscheidendes  Wort  wage  ich  in  dieser  Hin- 
sicht nicht  zu  thun  und  begnüge  mich  damit,  andern  For- 
schern das  mir  dazu  heute  vorlieg-endc  ^Material  vorg-eführt 
zu  haben.  Doch  will  ich  noch  im  Folgenden  einige  Gesichts- 
punkte nandiaft  machen,  von  denen  aus  man  das  Kätsel  viel- 
leicht ins  Auge  lassen  krmnte. 

Man  kihnite  das  Xebenein.-inder  -fi  -a  als  die  Folge  einer 
lautlichen  Kntwickelung  auffassen.  Im  Veliiiner  Dialekt  allein 
wäre  dies  wohl  allenfalls  m/iglich:  man  Avürdc  ein  Gesetz 
aufzustellen  halten,  demzufolge  gemeinlit.  ausl.  -o  in  diesem 
Dialekt  zu  -ii,    dieses  -k    unter  Umständen    weiter    zu   -u   ge- 


1)  Sl.  pii([  liat  in  lit.  prxziii  (z.  B.  JuSk.  (3.37  .5,  7U  13,  982  5, 
Auszra  III  377,  Af.sl.  Phil.  Xill  42S,  Geitler  Sitzung-sber.  d.  Wien. 
Ak.  CVIII  391)  sein  Gegenstück. 


304  Josef  Zubaty, 

worden  wäre.  Wie  man  Einig-es^,  was  damit  direkt  iiiclit  zu 
vereinbaren  ist,  deuten  kr)nn((\  halten  wir  ol)onS.  204^  zu  zci- 
i;'en  vcrsnclit:  Anderes  - —  -ti-  im  (ien.  der  zusanimenii'csetzten 
Deklination,  in  tikU'l,  im  Reflexivum,  wo  überall  ein  auf  urspr. 
eigentlieh  nicht  auslautendes  -o-  zurüekzutuhi-endes  -n-  vorliegen 
würde  —  fände  in  einer  sehr  be^•reit^iehen  Formenassoziation 
eine  nicht  al)zuweisende  Erkläruni;'.  Für  das  Lettische  er- 
scheint jedoch  diese  Deutung-  unzulässig:  wir  tinden  ja  da 
offenbar  in  einem  uud  demselben  Dialekt  z.  B.  tä  neben  tu. 
Und  auch  das  Pi'eussisclie  scheint  wenigstens  damit  nicht  zu 
vereinbaren  zusein:  haben  wir  ja  da  neben  lailxu  =\\i.JalTxO 
möglicherweise  ein  Ima  =  lit.  ^'ittto  anzunehmen.  Dazu  ge- 
sellt sich  der  weitere  umstand,  dass  wir  die  wenn  nicht  un- 
mögliche so  doch  sehr  unwahrscheinliche  Thatsache  anzuneli- 
men  hätten,  derselbe  Lautwandel  wäre  auf  drei  verschiedenen 
Gebieten  in  wesentlich  derselben  Weise  vor  sich  gegangen. 
Wer  das  Nebeneinander  -a  -ii  auf  lautlichem  AVege  deuten 
wollte,  müsste  wohl  zu  der  geradezu  abenteuerlichen  Annahme 
seine  Zuflucht  nehmen,  -a  sei  im  ürbaltischen  dialektisch  zu 
-«  geworden,  und  habe  sich  mit  einer  Ungleiclnuässi,ü-kcit, 
die  nur  durch  eine  Dialektenmischung  zu  deuten  ^väre,  teil- 
weise neben  diesem  -a  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten. 

Ein  anderer  Ausweg  wäre,  die  -ä-  und  -//'-Formen  von 
einander  als  von  Haus  aus  verschieden  zu  trennen.  Man  könnte 
in  lit.  fd  ein  ursi)r.  fäcl,  in  lit.  fd  ein  urspr.  fod  ngl.  I>rug- 
mann  Grundriss  II  T)!)!  i,  und  dem  entsprechend  auch  in  ht/lv. 
'*lalkn  Jaiku  einerseits  die  Form  einer  urspr.  -ä-,  an(b'rseits 
die  einer  -o-Konjugation  suchen.  Es  bliebe  jedoch  innnerbin 
sehr  merkwürdig,  dass  in  zwei  so  weit  von  einander  lit\:ux'nden 
grannnatisclien  I-'onnen  so  ii'cnau  analoge  Lautverscliieib'nlieitcn 
nebeneinander  bestehen  sollten.  Ausserdem  \väre  ja  ein  urspr. 
genitives  -ad  vrillig  aus  dci-  Luft  gegriffen:  und  was  anderes 
sollte  in  fd,  hifiLo  zu  suchen  sein?  Es  ist  auch  nicht  zu  Acr- 
gessen,  dass  das  Lit.  ancb  in  fc  sf<t  wohl  ein  ui'spr.  '-'csfixl 
oder  '-'sfod  besitzt  11'.  1\'  4T.)H'. '.  Am  ansprechendsten  wäre 
noch  hiebci  die  Annalnnc,  die  l'aiaHclität  -ä — ti  hätte  ur- 
sprünglicli  mir  auf  einer  Seite  bestanden  -  etwa  in  den  Ver- 
balformcn  --  und  nach  dem  hier  bestehenden  Xebeneinander 
-((  -II  \väre  (lasscHic  aiicli  auf  der  an(b'rn  Seite  - —  bei  den 
Ablativen-denetiven   —  ins   Leiten  gerufen   W(trden. 

Eine  dritte  ]M(t<;iiclikeil,    <lie   vielliMcdit  auch   in   Iletracht 


Baltische,  :\Iiszcllen.  305 

koniinen  kann,  wäre  die  folgciido.  Wie,  wenn  das  Nebenein- 
ander -a — ü  ein  älteres  Nebeneinander  -äd  -ö  (im  Al)lativ), 
-df  -ö  (in  der  .').  Ps.^  rep-rüsentieren  würde '?  AVir  hätten  so- 
mit für  das  Urbaltiselie  neben  den  noch  konsonantisch  aus- 
lautenden Formen  Satzdoiibletten  anzunehmen,  die  die  schlies- 
sende  Dentalis  unter  bestimmten  Bedingung-en  eing-ebüsst  hätten. 
Es  ist  ja  von  vorn  herein  wahrscheinlich,  dass  zwischen  dem 
Stadium  mit  überall  erhaltenen  und  dem  mit  überall  eing-e- 
büssten  Sehlusskonsonanten  ein  Mittelstadium  anzunehmen  ist, 
wo  der  Schlusskonsonant  nach  gewissen  Regeln  fehlen  oder 
bestehen  konnte:  analoge  Fälle  aus  anderen  Sprachen  brau- 
chen wir  nicht  anzuführen.  Der  Schlusskonsonant  w  ürde  sieh 
bis  in  eine  Zeit  gehalten  haben,  wo  das  Gesetz,  wornach  ein 
jedes  auslautendes  -ö  im  P)altischen  zu  ü  werden  musste,  zu 
wirken  aufgehrirt  hatte  ^).  Freilich  müssen  wir  in  diesem  Fall 
wohl  -ü  l)ei  den  halt.  -«-Verbis  als  ein  ursprünglich  nur  den 
urspr.  -ö-Verbis  angehüriges  Gut  betrachten,  welches  (nur  zum 
Teil)  auch  den  urspr.  -«-Verbis  übermittelt  worden  ist.  Den 
Vorgang  kann  man  sich  etwa  folgendermassen  denken:  Das 
Urbaltische  besass  zunächst  urspr.  -ä-  und  -ö-Verba.  Nur  ne- 
benbei bemerken  wir,  dass  es  möglicherweise  zweierlei  ver- 
l)ale  -ö-Stämme  gab;  einesteils  scdche,  deren  -ö-  in  Beziehung 
zu  der  e — o- Ablautsreihe  steht  (so  nam.  die  Denominativa), 
andernteils  solche,  bei  denen  dies  nicht  der  Fall  ist  fgriech.  edXujv 
edXtuKa,  iJjJxuJKa,  TTTÜuua  tttlucic  TrerrTLUKa,  yvujtöc?  vgl.  Uljanov 

1)  Ob  dieses  Gesetz  nur  den  absoluten  Auslaut  betrat',  wie  ich 
im  Einklan-;-  mit  Wiedemann  BB.  XVIII  243  anji'enommen  liabe,  oder 
ob  -ö-  auch  in  sonstigen,  durch  »'ewisse  Konsonanten  (z.  B.  durch 
Dauerlaute)  geschlossenen  Auslautssilben  zu  -ii-  Averden  konnte, 
wollen  wir  hier  nicht  weiter  Nerl'olgen.  Xiir  soviel  bemerke  ich, 
dass  lit.  kii?-  nelien  der  Mahlowsclien  Herleitun.u'  aus  ^r/ri/-  (s.  Streit- 
berg 0.  1  ■2~i\  1'.,  11  11.')  f.)  auch  eine  andere»  zulässt,  die  ich  nur  ver- 
muthungswt'ise  hiei-  anrühren  will:  lit.  kur  wäre  demnach  das  Neu- 
trum zu  ki(r)s  kiirs,  womit  namentlich  der  Umstand  zu  vereinbaren 
wäre,  dass  kiir  dialektisch  auch  als  allgenu'ines  Belativum  vorkommt 
(z.  B.  Jusk.  596  IT)  :  n  ir  at't'jii  tds  s('liiii.s  beniOJis,  kiir  [  <[ui] 
in'ijdmc  rajnikell  nu  )ii<i/ti/  (jalri-leK)',  Vii'i.  ähnlich  /lor-ei,  por-i  im 
l'mlirischen  (Brc'^al),  jio<(  in  Tabula  Baut.  2.".  (Lisly  hioloo-.  XITl  209), 
aind.  i/dd  u.  A.  i'rof.  Streitber<>-  iiiariit  mich  brietlich  darauf  auf- 
merksam, dass  ICD  geradeso  wie  Ht.  ki(r  in  vielen  ober-  und  mittel- 
deutschen Dialekten  allgemein  lelativ  auftritt  ('der  Mann,  die  Frau, 
das  Kind,  iro  ich  gesehen  habe;  das  Haus,  iri>  ich  dir  gezeigt  habe'): 
es  fraji-t  sich  jedoch,  ob  dieser  Redeweise  nicht  wovon  von  wel- 
chem, vodurvh  =^  durch  welchen  u.  der^'l.  zu  Grunde  lieii't. 


806  Josef  ZubatV, 

Znaßeiiija  i;-la,<;-.  osnov,  Warschau  1891,  230,  241,  Brng-niann 
Griindriss  11  §  587  ft'.).  Den  ersteron  würde  im  Lit.  mir  in 
absolutem  Auslaut  ü  zukommen,  neben  sonstii2,'em  o,  den  letz- 
teren überall:  das  (neben  a)  überall  durclig-efülirte  n  der  vie- 
len -?<-Denominativa  im  Baltischen  könnte  geradezu  auf  einer 
Vermeng-ung-  der  beiderlei  Verba  beruhen  (vgl.  BB.  XVIII 
258).  Abgesehen  von  dieser  Möglichkeit,  würde  sich  die  Bil- 
duugsweise  der  genannten  Verbalformen  etwa  in  dieser  Weise 
ansetzen  lassen:  bei  den  urspr.  -«-Verbis  3.  Sg.  -ät  -cl  (lit. 
-o),  1.  PI.  -äme  (lit.  -ome,  -oiiie-sl),  bei  den  nrs])r.  -ö-Verbis 
3.  Sg.  -dt  (aus  -öt)  -ü  (aus  -ö)  in  der  3.  Bs.  (lit.  -o  -u),  in 
der  1.  PI.  -citne  (lit.  -onw,  -ontesi);  wären  wir  berechtigt, 
-ö-Verba  mit  jenem  andern  ö  anzunehmen,  welches  im  Balt. 
tiberall  zu  n  wird,  so  hätten  wir  in  denselben  Formen  schon 
urbalt.  -?if  -fi,  -föne  anzusetzen.  Dass  diese  Verhältnisse  eine 
Ausgleichung,  zunächst  das  Auftauchen  von  -ü  in  der  3.  Ps. 
der  -«-Bildungen  sehr  nahe  gelegt  ha])en  würden,  liegt  auf 
der  Hand. 

Die  Sache  läge  —  vorausgesetzt,  dass  wir  die  Lösung 
des  Rätsels  gerade  auf  diesem  Wege  zu  suchen  haben  —  viel 
glatter  vor  uns,  dürften  wir  annehmen,  urspr.  -ä  hätte  im 
Pjaltischen  auf  einem  nur  lautlichen  Wege  im  Auslaut  zu  -k 
werden  müssen.  Diese  Annahme  würde  zur  unabweislichen 
Folge  die  andere  haben  müssen,  das  Litauische  stehe  mit  sei- 
nem 0  den  urbaltisehcn  Zuständen  näher  als  das  Prcuss.,  Lett., 
und  einige  lit.  Dialekte  selbst  mit  ihrem  ä.  Urspr.  cl  und 
dasjenige  ö,  welches  im  Inlaut  und  Anlaut  nicht  zu  ii  wird, 
wären  im  Urbalt.  in  einem  ö-Laut  zusannnengcfallen,  welcher 
im  Auslaut  zu  -k  wurde,  um  im  Inlaut  später  auf  einem  Teil 
des  baltischer!  Gebietes  zu  d  zu  werden.  An  und  für  sich 
wäre  dies  durchaus  nicht  unmr»glich  ^  i:  ja,  wenn  wir  uns  in 
Erinnerung  rufen,  dass  in  dem  durch  Kat.  111  dargestellten 
preuss.  Dialekt  urs|ir.  nui  ni  als  mn  rä  [jV)  reflektiert  er- 
seheint, gewinnt  diese  Annahme  sogar  an  AVahrs(dieinlichkeit : 
von  einem  mö  zu  mn  ist  der  Weg  jedeHlalls  küiv.cr  als  von 
einem  um.  Dann  alicr  würde  mau  in  lit.  rinilö  das  jeden- 
falls aul'    -i(   zurückfiihi-ende  -a    nicht   l)e:;'feifen -"t :    und   ^V(»llte 

1)  Wvv  (1  im  l>alt.  liir  iillcr  Iiäll  als  das  lit.  o,  niuss  Ja  etwas 
•^in\7.  anal(i;4'<'s  anncliiiicii :  <i  und  o  ist  in  t'i  znsainiiicn.uerallcn.  wel- 
ches im  Lit.  wieder  zu  ö  wird. 

2)  Oder  sollte  man  vielleicüt  aniirlmieii,  <lie  in  anderen  Kasus 


Bnltisclic  Miszcllon.  30? 

lunii  zu  der  Aiuialiiiie  seine  Zutluelit  iieliiiicii,  die  Kürzung 
v(in  auslautenden  gestossenen  Längen  sei  älter  als  das  (iesetz, 
naeh  welclieni  ansl.  -ö  im  Baltiselien  zu  -u  wird,  käme  man 
in  einen  fatalen  Konflikt  mit  r'illii  finstr.  Sg.,  Nom.  Du.), 
sul'H  (1.  Sg'.),  aueli  z.  I>.  mit  dem  Fragen  lierv(»rliel)enden 
-gi(,  Avelcbes  doeh  wohl  mit  Aed.  (jlui  lenkl.  Verstärkungspar- 
tikel; das  ausnahmsweise  vorkommende  (jIki  dürfte  die  Kürze 
der  ähnlielien  l'artikel  lui  verdanken),  lausiz.  ga,  ha  (Ver- 
stärkende Partikel  in  Fragesätzen,  s.  Miklosich  Etym.  Wort, 
59)  identiscli  und  daher  als  aus  -gü  {"^'gö,  ^ghö)  verkürzt  zu 
deuten  sein  wird. 

Smiehov  bei  Prag.  Josef  Zubaty. 


Zinn  Cippus  Abellaiiiis. 

Die  hcrkrinnnliehe  Fassung  der  Zeilen  11 — 17  des  Cip- 
l)us  Abellanus,  deren  Bekanntschaft  ich  voraussetze,  habe  ich 
nie  für  richtig  halten  kr»nnen.  Tm  Folgenden  lege  ich  eine 
andre  Fassung  vor,  die  meines  Erachtens  jedentalls  den  ^'or- 
zug  besitzt,  dass  sie  uns  ein  deutliches  Bild  der  Ortlichkeit 
zu  entwerfen  verstattet,  um  die  es  sich  in  dem  dort  verewig- 
ten Vertrag  zwischen  Abclla  und  Nola  handelt. 

Die  Worte  sJaagid  püd  fst  (Zeile  12 1   müssen   eine  ge- 
naue   örtliche   Bestimmung    desjenigen    mlaroldum    JiereJdets 
darstellen,  um  das  sich  der  Vertrag  dreht.    Ich  nehme  *slaagl- 
als  'Markscheide,  Grenze'.     Eine  Etymologie  des  Wortes  weiss 
ich  nicht    zu  geben.     Ich   bemerke   aber,    dass  aueh    die  her- 
gebrachte Zusammenstellung  mit    lat.  locus,    auf  Grund  deren 
man  sh/ag/d  ndt  in  loco  oder  e  reglone^)  übersetzt  hat,   weit 
entfernt  ist,  den  Ansprüchen  strenger  (»ranniiatik  zu  genügen. 
[Brugmami,  dem  ich  meine  Auffassung  des  Cipp.  Ab. 
brieilich   mitgeteilt   habe,    erinnert  nuch   für  osk.  s/aagi- 
an  air.  sllcht  'Spur,  (Jeleise'  und  .v//V/e • 'Strasse'  (auf  der 
sich  Wagen    ausweichen    kr»nneiO :    s.  Wiiidis(di  W('»rter- 

;vls  nicht  auslautend  bleibenden  ö-fä-jLaiite  hätten  aiich  im  Noiii.  Sg. 
der  -(7-Stämme  die  Endung-  vor  dem  lantgesetzlichen  Wandel  y.xi  -il 
geschützt  ? 

1)  "Erat  tenii)luui  e  reii'ione  id  est  in  eonspectu  et  ad  liiieam 
hiijus  monunienti  contra  i)ositunr'  heisst  es  bei  Biiecheler  Coiinneu- 
tationes  philol.  in  hon.  Mommseni  231. 


308  Christian  Bart  li  ol  omae, 

biK'li  T<St)  t".     Das  ;iir.  .sliy-  wäre   die  Seliwuiidstiife  /um 

üsk.   dag-.] 

.s(i/><ira/iUait  hereJde'is  sJaagid  p/id  /sf  bedeutet  sonaeli: 
''das  lleiliiituni  des  Herkules,  das  auf  oder  'au  der  (ireu/.e 
g'cleg'eu  ist",  wrirtlieli  ''''\on  der  Oreu/e  Iier",  uäuilieli  iu  der 
üielitung-  auf  die  beiden  Städte  zu,  deren  lieauite  den  Ver- 
trag absehjiesseu.  Man  ^  ergegenwärtige  sieh  dazu  den  latei- 
nisclien  (iel)raueh  des  Abhiti\s  mit  cUm"  Träposition  al);  s. 
Klotz  IIan(l\\(>iterl)ueli   d.  lat.   Spr.  unter  ah  1. 

Es  iolgt  biei'auf:  /.N'ni/  fee)-\i(ii/\  piid  iip  eisäd  sahara- 
lh)d  [}>it\  piid  (ii/fcr  fercim/'/ss  e/i[frit}s]  )sf  jxi)  feremeniiia 
niii\)iit/:ad]  familniid  j)i'i(/'fi(s<'f  f\ehflid\  (iinniid.  Die  in  eckige 
Klammern  eingeseblossenen  Zeichen  sind  ergänzt.  Neu  ist 
nur  die  Ausfüllung  der  Lücke  hinter  eli  zu  <'/itrii}.s.  ]\l(»mm- 
sen  u.  And,  halten  chtrad  lesen  wollen.  Dagegen  hat  J5ue- 
cheler  a.  a.  0.  i?.')2  l)egriindetc  Einwendungen  erhoben,  ohne 
aljer  selbst  etwas  aiulcres  an  dessen  Stelle  zu  setzen:  ^'inte- 
rim  abstinenduni  censeo  clausulae  c()mi)lementis".  Die  fere- 
menniü  ehtrü,  die  äussern  ("-renzmarkcn,  stehen  den  fetlnis 
püs  hereTxle'iH  f/tsnam  (inifrvf  gegenübei",  d.  i.  dem  Wall '') 
oder  der  Mauer'),  womit  zunächst  das  Heiligtum  umfriedigt 
ist.  Es  sollte  aber  nach  dem  Vertrag-  der  beiden  Städte  nicht 
nur  das  Heiligtum  sell)st  und  der  unmittelbar  anliegende,  von 
dem  Wall  abgeschlossene  Landstreifen  g-emcinsames  Eig-entum 
sein,  sondern  auch  noch  das  aussen  längs  des  Walls  sich  hin- 
ziehende Grundstück.  Die  (Jrenzen  dieses  äussertMi  (irund- 
.stü(dcs  wei'deii  nun  nicdit  abermals  durch  einen  Wall  bezei(di- 
net,  sondern  lediglicdi  durch  (Trenzmarken,  die.  in  gewisser 
P2iitfernung  \  on  einander  festgelegt,  re/ifiid  aniniid  die  Scheide 
angeben,   d.  h.  und    ich   komme  damit  auf  das  di-itte  \\drt, 

das  ich  al»weichend  fasse  —  nicht  recfo  c/raiifu,  sondern 
recta  recjknie  'in  gerader  IJiclitimg',  d.  i.  wenn  man  sich 
jeweils  zwei  näclistgelegeiic  Marken  geradlinig  mit  einander 
verbuu<len  denkt.  Das  muss,  wie  Jeder  weiss,  auch  bei  un- 
sern  Miirmarken  ,i:es(dielien.  Die  Uedentung  'Richtung'  i)asst 
l'iir  das  Wort  auch  in  dci-  Tnliida  llantina.  ('(pi/as  forfiais 
aiin/ud  ist  '"in  der  Richtung  auf  das  (Hfentliche  Interesse", 
d.  i.  indem  man  si(di  nach  dem    liflt'ntlichen   Interesse  richtet, 

1)  fe'i/iiis  I)('Uamitli(.-li  aus  i(l<;-.  ■il/ic/y/ius,  zu  y-ricrh.  tcIxüc, 
TO^xoc,  ai.  i/e/ti  usw.  icli  litnicrkc  das  l'üi'  die  IJenutzi-r  der  Zve- 
taieffseiuMi  Ansg.-ibcu  und  dei-  IJuei-helersclH'ii  Übersetzung  a.  a.  0, 


Zum  Cippiis  Abellanus.  309 

flaraiif  Rücksicht  uininit,  'rci  pnblicae  caussa'.  Was  die  Ety- 
mologie von  osk.  amniid,  amnud  angclit.  so  müclite  icli  es 
am  liebsten  mit  dem  lat.  amnis  in  Ziisammeiihaiig'  bringen. 
mn  darin  kann  aus  idg.  j))i,  hn  oder  aucli,  wie  Johansson 
IF.  IV  141  will,  ans  hdn  hervorg-eg-ang-en  sein.  Es  seheint 
mir  nicht  eben  schwierig-  anznnchnien,  dass  sicli  ans  der  Grund- 
bedeutung- Tluss,  FlusslanF'  die  abgeleitete  'Richtung'  ent- 
wickelt habe^). 

fBrugmann  (brieflich)  fragt,  ob  osk.  ^anino-  nicht  viel- 
mehr, aus  '''cq)-)w-  hervorgeg-angen,  mit  griech.  dnö  usw. 
zu  verknüpfen  sei.  In  gleicher  Weise  führe  osk.  come- 
nei,  umbr.  Jiti/mie  auf  ein  '''l-ont-no-,  zu  lat.  com-,  zurück. 
Die  Bedeutungsentwicklung  wäre  'Entfernung'  —  'Rich- 
tung-' gewesen -i]. 

Danach  übersetze  ich  Zeile  lU — 19  des  Cippus  so: 
"Es  wird  vereinbart,  dass  das  auf  der  ]\Iarkscheide  ste- 
hende Heiligtum  des  Herkules,  sowie  das  an  dieses  Heilig- 
tum anstossende  Grundstück,  soweit  es  innerhalb  der  durch 
gemeinschaftlichen  Beschluss  festgestellten  äussern  (irenz- 
marken  geradlinig-  belegen  ist,  dass  dies  Heiligtum  und  dies 
Grundstück  gemeinschaftlich  auf  gemeinschaftlichem  Grunde 
sein  sollen''. 

Die  Sachlas-e  ist  fokendc: 


1)  Ich  mache  dabei  auf  folgende  Parallele  auimevksam:  jAw. 
jqfnavü  raonam  besagt  'die  Einsenkung'en,  Thäler  der  Flüsse, 
Fluss laufe',  welche  den 'Hölienzügen  der  Berg-e'  gogenüberg-e- 
stellt  werden.  Vgl.  Geldner  KZ.  XXIA'  15G,  wo  aber  sehr  viel  Fal- 
sches mit  wenig-  Eichtigem  gemischt  ist;  Verf.  Wochenschr.  für  klass. 
Philol.  1890  1108  und  Neryosenghs  Wiedergabe  von  Phlv.  aicar  an 
zufr  i  rösfäk  (^  jAw.  jafnusva  raonam)  zu  Y.  10.  17  mit  ägadhesu 
tölä.mye.^u,  d.i.  "in  den  sehr  tiefen  Teichen"  oder  "Flüssen".  Dem 
jAw.  raon"  (aus  ar.  '■'.•o-du/r- ,  /.u  griech.  ptui  usw.)  entspricht  i'hlv. 
rön  'Seite,  Gegend,  Hichtuni;';  vgl.  Verf.  bei  Hörn  Grundriss  der 
neup.  Etym.  290;  und  in  der  neujjersischen  Litteratur  soll  nacli  An- 
g-abe  der  Lexikographen  rfui  in  der  Bedeutunt;-  'caussa.  ratio' 
vorkommen;  s.  Fr.  Müller  ^^■ZK.M.  \  i  187.  [0(\i;('nüber  dem  .-lutAu- 
lass  nieiner  Bemerkung-  bei  Hörn  von  I'r.  Müller  a.  a.  O.  Ml  290 
gegen  mich  erhobenen  Vorwurf  des  Plag-iatN  verweise  ich  auf  seine 
p:rklärung  a.  a.  O.  VIII   192.  | 

2)  Man  vergleiche  übri<;-ens  auch  Conway  IF.  III  8(i  wo,  ek.suk 
amvianud  gefasst  Avird  als  'durch  diese  Biegung'  oder  'in  dieser 
Richtung'.  Es  fällt  aber  schwer,  ohne  Zwang  einen  etymologischen 
Zusanunenhang-  zwischen  ainnüd  und  amr'taniid  jierzustellen. 


310  Christian  Bartholomae, 

Das  Heiligtum  des  Herkules,  um  das  sich  der  Vertrag 
dreht,  war  an  einem  Weg  erbaut,  der  dort  die  Gemarkungs- 
greuze  von  Abella  und  Nola  bildete.  Vgl.  Z.  3.'>  f. :  viam  .  . 
pal  rp  isf  püsfin  slaghn  "der  Weg.,  der  dort  als  Grenze  dient" 
und  Z,  56  f. :  avt  anter  slag'/m  [ajbellanam  inlm  nüvlanam 
[p]i(Uad  viii  uriwtt  ist  tediir  \e\\sai  v)al  mefia)  feremen[n]ii< 
sfaiet  "wo  aber  auf  der  Grenze  zwischen  Abella  und  Xola  der 
Weg  (.der  die  Grenze  bildet,)  eine  Biegung  macht ^),  da  sind 
mitten  auf  dem  Weg  (irenzzeichen  aufgerichtet"  (die  man 
wiederum  rehtud  auinud,  'geradlinig'  mit  einander  verbinden 
muss,  um  die  Grenze  zu  erhalten)  ^i.  Der  Hag  oder  Hof  rings 
um  den  Tempel  ihür?:  der  Tafel  von  Agnone),  worin  ausser 
dem  Tempel  auch  noch  ein  Schatzhaus  stand,  war  von  einem 
A\'all  <»(ler  einer  Mauer  umgeben,  so  dass  er  nur  >ou  dem 
mitten  hindurch  führenden  Grenzweg  aus  zugänglich  war.  Zur 
Schattung  des  gemeinsamen  (Jrundstücks  wurde  dann  noch 
ein  Stück  Landes  rings  um  i\<'\\  Wall  herum  zu  beiden  Seiten 
des  Grenzwegs  —  also  aus  den  (Jebieten  beider  (Tcmeinden 
entnommen  —  abgetriedet,  dessen  Umfang  durch  die  äussern 
Grenzmarken  (Z.  14)  geradlinig  (Z.  16  f.)  umschrieben  wurde; 
s.  oben  S.  309  und  unten  zu  Z.  29  {ierel  püd  llrm'ithis 
tenunafer).  Eine  der  \'ertragsbestinmmngen  lautet,  dass  auf 
dem  gemeinsamen  Grundstück  jede  der  beiden  Gemeinden 
Bauten  errichten  dürfe,  deren  ausschliessliche  Benutzung  der 
erbauenden  Gemeinde  zustehen  solle;  aber  diese  Bauerlaubuis 
erstreckt  sich  für  jede  der  beiden  Gemeinden  nur  auf  das  Ter- 
rain diesseits  des  die  Grenze  bildenden  Wegs  und  ausserhall) 
des  den  Tempelhof  umgebenden  Walls.  Die  Stellen  des  Cip- 
pus,  die  noch  in  Betracht  konunen,  sind: 

1  )  Z.  27  If..  wo  ich  lese:  [svai  pid  heresef]  truhara- 
k[avi(hi  fere)  piid]  luin'ita\}s\  termn[at€r  jjuts  hereldeia  ß)x- 
nii  mefi[tt]  ist  chtrad  fe/hitss  pu[s]  hereJchis  füsnam  an/frcf 
pert  ciain  pussttst  pai  ip  /st  phsfii/  sJai/fin  tteuatels  snre}s 
tanyinud    tnhnral-avtii//    Idntnd.       Die    Ergänzung    li/mHu'/s 

li  Xatürlicli  ans'^crhalb  dos  •iH'incinsrliattliclu'ii  (Grundstücks, 
von  dein  /iivor  die  Ki-do  war. 

■2)  Es  handelt  sicii  hier  on'enbar  uiclit  um  eine  Kunststrasso, 
denn  dann  Aväi-e  (He  h(;soiulcre  Markieiun;^"  der  Gren7A'  üljerflüssly 
gewesen,  sondern  um  einen  gewöhnlichen  Feldwey.  Durcli  Aul- 
riehtun;;-  der  firen/./eielien  an  allen  Biegung-en  wurde  einer  Verle- 
ffun"-  des  \Ve"-s  lund  damit  aueh  der  Grenze)  vorgebeugt. 


Zum  Cippus  Abellanus.  311 

termnater^i  in  Z.  29  räliit  von  mir  her.  Ich  ühcrsctze : 
^'Wenn  sie  vorliaben,  einen  Bau  auf  dem  Grundstück  aufzu- 
führen^ das  durch  die  Grenzlinien  abg-emarkt  wird,  in  deren 
Mitte  sieh  das  Heiligtum  des  Herkules  beündet,  (und  das)  -) 
xiusserhalb  des  Walls,  der  das  Heiligtum  des  Herkules  umg-iebt, 
(und)  jenseits  des  Wegs  g-elci^en  ist,  der  dort  als  (Jrenze  dient, 
so  soll  ihnen  der  Bau,  wenn  ihr  Senat  ihn  beschlossen  hat, 
:gestattet  sein".  —  (jjud)  .  .  pert  v/am  jjtissflst  "(das)  .  . 
über  den  Weg-  hinaus  dahinter  g-eleg-en  ist":  die  P>estinnuung: 
erfolg't  vom  zuerstg-enannten  Mittelpunkt  des  Grundstücks,  dem 
Heiligtum  aus;  s.  dagegen  unten  zu  Z.  45. 

2)  Z.  44  f. :  avf  phst  felhhss  ^jf^s  fisnam  ainfret  esel 
teret  nep  ahell/nihs  nep  nhclanus  pfdu/n  fi'ibarakatt'ins  acf 
thesavrum  pkd  esel  fere)  f.'^'f  pun  pate^mns  miünikad  fa[n\- 
ginhd  pafeiis/ns  ...  D.  i.:  "Al)er  auf  dem  Grundstück  hinter 
dem  Wall,  der  das  Heiligtum  umgiebt,  sollen  weder  die  Abel- 
lauer  noch  die  Xolaner  einen  Bau  auftuhren  dürfen,  uiul  wenn 
sie  das  auf  diesem  Grundstücke  befindliche  Schatzhaus  ötfnen, 
so  sollen  sie  es  nach  gemeinschaftlichem  Beschluss  thun  .  .  .". 
—  pasf  fefhhss  "hinter  dem  Wall":  hier  ist  im  Gegensatz  zu 
Z.  33  die  Ortsl^estimmung  von  aussen  her  gegeben.  Das 
Bauterrain  reicht  für  jede  der  beiden  Gemeinden  diesseits 
des  Grenzwegs  von  der  Aussengrenze  des  Grundstücks  bis 
zum  Wall  des  Tempelhofs,  aber  nicht  darüber  hinaus,  nicht 
'hinter'  den  Wall. 

Münster  (Westf.j,   11.  Oktober  1895. 

Chr.  Bartholomae. 


Ziiiii  Wechsel  von  p  imd  /  im  (lennaiiisclieii. 


Das  Folgende  ist  ein  Versuch  einige  der  gennanischen 
Wörter,  in  welchen  anlautendes  antivokalisches  p  mit  /"  wech- 
selt, etymologisch  zu  beleuchten:  vgl.  Xoreen  Abriss  197. 

An.  pel  "geronnene  Milch'  gehört  zur  AVurzel  feq  (lit, 
tekic,  slav.  fekq-  usw.)  Haufen,  Hiessen,  rinnen',  also  aus  '^pehhi] 
sehwed.  fil-mjölk  dass.  ist  aus  ''■'pilnJa  entstanden. 

1)  Mau  erwartete  freilich,  nach  teremnatteiis  u.  a.  zu  schlios- 
sen,  viehaehr  feremnafer.  Aber  die  Buchstabenfofüc  o-m  ist  dodi 
wohl  gesichert.     Vgl.  von  Planta  Gramm,  der  osk.-umbr.  Dial.  I  2ü9. 

2j  "so  weit  es". 


312     Joos.  J.  Mikkola:  ZiimWecli.sol  von/' vnid /"im  GoniiaiiLschen, 

XikUI.  dluie  :  alid.  fhi/d,  fiu  'Kornliaiifcn'  krnmtc  zu 
lit.  taikinu  V.iisaniiiicnfüg-eii,  -ordnen,  -i)asscn'  g-eliören,  also 
aus  '^pihina  zu  erklären  sein. 

All.  piös  :  //ox  'Wallfischfleisch'  g-chört  vielleielit  zu  lit. 
täukas  Tettstückchen',  wozu  aiieli  an.  pi6,  ag-s.  peoli,  Fick  '■' 
II  372  gehört,  Urtorin  ^penhs.  AVabrscbeinlich  Rest  eines 
«alten  s-Stammes. 

}>ei  au.  pel  :  fei,  aselnvcd.  fcel,  alid.  fihaJa  müssen  wir 
Avohl  von  zwei  verschiedenen  Wurzeln  ausgehen,  vgl.  Bugge 
Arkiv  II  234,  Noreen  Arkiv  III  2(».  Abriss  26,  Plelbivist  Ar- 
kiv  VII  IßO  f. 

An.  fiol  '])rett',  fiör-ßle  ''Dielung  eines  Viebstalles'  sind 
\(m  an.  pilu(  '"Kuderbank',  püe,  abd.  clili  "Diele',  ags.  pel 
'l>rett'  zu  trennen.  Jene  sind  mit  slav.  (russ.)  poh)  'Diele, 
Fussboden'  zusanmienzustellen.  Die  ursprüngliche  Bedeutung 
ist  'Seite'  (slav.  pohj  'Seite,  Hälfte,  Ufer,  sexns').  Abd.  diu, 
ags.  pel.  an.  p'ile,  p'd'ia  sind  l)ekai)iit]ieb  mit  slav.  füo  'pavi- 
mentum'  verwandt. 

In  den  Wcirtern.  in  welchen  nach  meiner  ^'ermutung  ein 
wirklicher  Wechsel  von  p  uml  /'  im  Anlaut  vorkommt,  ist  p 
etymologisch  älter.  Dieser  AVecbsel.  vermute  ich.  rührt  vom 
Finfiuss  des  //-Lautes  in  demselben  Worte  her.  liier  liegt 
eine  Art  Dissimilation  vor.  Der  akustische  Eindruck  von  p 
und  //  ist  vielen  Ohren  derselbe.  So  erklärt  sich  auch,  dass 
germ.  '^poha  (au.  pö/'e)  Tilz'  ins  Finnische  als /??/o^jrt  übergehn 
konnte.  So  vermute  ich,  dass  ags.  pen;^el  :  feujel,  an.  pen- 
(jell  'Fürst'  aus  Formen  mit  grammatischem  Wechsel  entstan- 
den sein  können.  Abd.  faekala,  ags.  fwcele  :  pa'cele  sind 
kaum  anders  denn  als  Entlehnungen  aus  dem  Lat.  zu  betrach- 
ten. Bei  piöx  :  fiö.s  ist  noch  die  Zusammensetzung  hua/fiös. 
in  welcher  vielleicht  fiös  am  häutigsten  gebraucht  wurde,  zu 
beachten.  Auch  wenn  an.  Jud  :  fei  'Feile'  beide  aus  *pinhlö 
entstanden  sind,  lialtcii  wir  es  jedenfalls  mit  einer  F(inii  mit 
//-Laut  in  demsell>en   Worte  zu  thun. 

Der  \\'ecbsel  //  : /'  ist  wohl  eine  eiiizels|ir;ieblielK'.  dia- 
lektische,  wenn   auch   sehr  alte  Erscheinung. 

(legen  meine  Vermutung  spricht  as.  fuiisfar,  abd.  fitsfar  : 
diiisldf.     Vielleiebt   sind  aber  diese  Wörter  unverwandt. 

Ilelsinii'fors.  .Jo(ts.   ,1.    Mikkoja. 


Willy  Foy,  Di«^.  id^'.  i--L;iute  (s  und  z)  im  Kcltiselieii.        813 


Die   iiHloüoruiaiiischeu  .s-Laiite   (,s  und  .:)   im   Keltisclieii. 

Im  Fuli;'cii(U'ii  l)cabsiclitii:'i'  ich,  die  Entwickliini;-  der  u\g. 
s-hantQ  im  Keltischen,  d.  h.  in  der  Hauptsache  mir  his  zu 
den  ältesten  uns  ül)erkommenen  8iira(dij)eviodcn,  also  mit  Ll)er- 
^■eliuni;'  sekundärer  spontaner  Veränderung-eu  späterer  Zeiten, 
an  der  Hand  miig-lichst  sicherer  Beispiele  vorzuführen.  Dem 
Keltolog-en  vom  Fach  werde  ich  kaum  grössere  Neuig-keiteu 
bieten;  wohl  aber  hoffe  ich,  dass  es  dem  weiteren  Kreise  der 
Indogermanisten  dienlich  sein  wird,  sich  mühelos  über  das 
höchst  interessante  Kapitel  der  .s'-Laute  auch  fiii-  das  Keltische 
orientieren  zu  können. 

Von  den  keltischen  Sprachen  sind  namentlich  das  Irische 
und  die  3  britannischen  Dialekte  herang-ezogen  Avorden.  So 
weit  es  mciglich  und  dienlich  war,  fand  auch  das  Gallische 
15erücksichtigung-.  Die  Beispiele  sind  nur  da  g-ehäuft,  avo  die 
Lautentwicklung  zweifelhaft  sein  könnte  oder  von  einigen  Ge- 
lehrten Avirklich  bestritten  wird.  Die  meisten  Beispiele  ver- 
danke ich  dem  urkeltischen  Sprachschatz  von  Stokes  (=  Fick 
Etym,  Wr)rt.  ^  H).  Tm  übrigen  darf  ich  es  aa'oIiI  unterlas- 
sen, an  allen  Stellen  auf  die  Quellen  meines  Materials  hin- 
'/uweisen. 

1(1?.  s. 

I.    Im  Anlaut, 
a.    Vor    N'okalcii. 

Im  Gallischen  und  Irischen  ist  .s--  erhalten,  im  Britan- 
nischen aber  —  abg-esehen  von  den  Xamen  bei  alten  Schrift- 
stellern und  auf  Ogaminschriften  —  meist  zu  h  fresp.  r/o  ge- 
worden, vgl.  gall.  .sti-  in  >^uc(>n(.-<.  ir.  .s7^-  z.  B.  in  sv-fhain 
'ununterbrochen',  kynn-.  hij-  hret.  he-  z.  I>.  in  kymr.  ////-(/((r, 
bret.  hefjar  'Freund'  :  ai.  su-  usw. 

Verloren  ist  anl.  .s-  im  Tr.  und  Brit.  schon  vom  Anfang- 
der  Überlieferung-  an  in  dem  bestimmten  Artikel :  air.  ///,  'nxL 
an-',  körn.  an\  bret.  oin,  au.  Es  hat  sich  mir  in  A'erhindung 
mit  Präpositionen  erhalten,  z.  B.  in  ir.  i.s.^iu  aus  ""■■/» -\- s/ii. 
Ebenso  steht  ir.  amail  '"und,  wie'  neben  samail  '(ileichnis, 
Bild',  akymr.  amal  neben  kymr.  lia/aJ  'gleich,  ähnlich'.   Der 

Indogermanische  Forschungen  VI  5.  21 


314  Willy  Foy. 

^'(•lillst    des    .<-    in    »Icii    iiX'iianuton    "Worten    ])ernlit    wohl    auf 
T(inl(»sii;-keit  derselben. 

Drei    lirit.  Wörter,    die    l)ei  Stokes   mit  grösserer  Walir- 
selieiidiehkeit   als   keltiselie  Krbwcirter    ctymoloiiiseh    g-edeutet 
werden,  und  denen  ich  keinen  neuen  Fall  liiii/Jizufüg-cn  habe, 
zeigen    an!,  .y    unregelniässiger   Weise    bewahrt:    Kynir.   seifh, 
koru.  seijtli,  bret.  i^eiz  :  air.  secM  :  lat.  Septem,   g-rieeh.  emä 
usw.     Kvnir.  sjjbinjdd  (körn,  sih-uit  \  Ttihre'  aus   '^soqo-nkln- 
'Ilarzbaum'  :  lit.  sal-aVWavvJ',  aksl.  soj^ü  "Saft',  alb.  yal-  'Blut' 
nach  (i.  ]\Ieyer  Et.  Wb.  ]'>6).     Kvnir.  nertli   'o1)seoenus'    aus 
'■'.■<ei'to-s   :   an.    sei'da,    ags.    serdan ,    ndid.    serten   ^stul)rare^ 
Eine    sichere    p]rklärung-    dieser   Unregebnässigkeit    lässt    sich 
heute    noch   nicht    geben.     An    eine   unter    Ijcstimmten  Bedin- 
gungen   satzphonetisch    berechtigte    Erhaltung    des    .s--    in    den 
angeführten  Wörtern    ist  kaum  zu   denken.     Von  Stokes  wii'd 
das  th    des  Auslauts    in    unserem    ersten    und   letzten  Beis]»iel 
dafür  verantwortlicli  gemacht:    dagegen  s))rechen  al)er  andere 
Worte   der  britannischen  Sprachen,    die   eine  Lautfolge  li — /// 
dulden.     Am    einfachsten    kommt   man    natürlich   mit    der  An- 
nahme von  Entlehnung-  dieser  Wörter  aus  keltischen  Dialekten 
oder  anderen  Sprafdien  aus,  die  anlautendes  s  bewahrten.  Für 
sertli   ist    eine  Entlehnung-    aus    dem  (iermanischen    nicht    un- 
wahrscheinlich.    J'ür  sijhu-ydd   scheint  zwar  ein  gleichlauten- 
des Wort    der  Xachbarsprachen    zu    fehlen,    doch    dürfte  dies 
bei  der  mangelnden  Kenntnis  des  älteren  Sprachguts  der  ger- 
manischen  Dialekte,    die    allein   in  Betracht    kommen,    nichts 
l>eweisen,  so  dass  auch  dieses  Wort  aus  einem  Xachbardialekt 
entlehnt   sein   könnte').     Bei   einem  Zahlwort    wie  sei/tli    darf 
man  aber  nicht  ohne  weiteres  an  Entlehnung-  denken,  obwohl 
auch  hierfür  in  anderen  Sj)rachen  sich   l'aiallelen  tindc\i.    wie 
■/..  r>.  lett.  fschetri  =  slav.  ceft/re,  da  die  Vierzahl  lautgesetz- 
lich   ''''.zefri    hätte  lauten    müssen    (vgl.   zeturtas   "der   vierte'). 
Nach  Loth   \erdankt  es  sein  s-  <lei-  Nachbarschaft  \on  chvech 
aus    vsccLs    in    der   Zahlenreihe     vgl.    K'c\ue  celt.  XIV  29^)/; 
danach    niüsste    also  .•<//-    später    zu    lic    ycJnc)   g-eworden    sein, 
als  .V  zu  h.    was    sich    nicht    beweisen    lässt.     Wir    müssen  es 
daher  der  Zid\Uid"t   überlassen,  au(di  über  diese  Ansnahme  Licht 
zu   bringen. 

1)  Das  cntspreeliendc    Uoni.  Wort    kann  aus   <lciii  Kyiiir.  ent- 
lehnt  sein,  oflei'  iiingekelirt. 


Die  iudoyennaiii.sclien  s-Laute  [s  und  z)  im  Keltischen.       315 

Alle  soiistii;'en  l)rit.  Wörter  mit  .s-  siiul  in  o  (Jruppcn  zu 
teilen:  entweder  entsprielit  ihr  .v-  einem  idi;-.  i<f-  (s.  unter  die- 
sem); oder  es  ist  vor  dem  .<?-  ein  \'okal  ahg-efallen,  wie  in 
kvmr.  ssef\  sef  =  isisi  e/"e.s  ist';  oder  endlieli.  in  den  meisten 
Fällen,  lieg-en  Lehnwörter  vor. 

1).  Vor  Konsonanten. 

1.  sl--  und  Verl»indung-en. 

sk-  wird  ir.  und  brit.  als  .sc  erhalten  (kymr.  später  i/sc, 
V-W)}  "^'o'l-  ''^i'"-  ■''^'('f^i,  kyiuv.  cji-xgod,  körn,  send,  hret.  s-quent 
'Schatten'  :  g-rieeh.  ckötoc,  got.  ,s]i-adt{.s:  air.  scaraiin.  kymr. 
ysgar  'trennen'  aus  ^'slai-o,  daneben  ir.  scorim,  scairim  'aus- 
.spannen'  ans  ^■■skoreio  :  lit.  sl-nii,  ahd,  ag-s.  .scerau. 

sl-ji-  wird  ir.  zu  su,  brit.  zu  ii,  vgl.  air.  sned,  gael. 
sneadh,  manx  snieg  :  kynn\  nedden,  körn,  nedhan,  bret.  nezenn 
'Lausei' :  g-riech.  Kovibec,  ags.  hnltu,  ahd.  niz;  hierzu  air.  .sv^^- 
dach,  kymr.  neddog  'lansig'  aus  "^slinidclTio-s.  Der  AVandel 
von  sJcn-  zu  sn-  ist  wcdd  schon  urkeltiseh  vollzogen  worden: 
€s  fiel  also  damals  schon  mit  idg.  .s)t-  zusammen. 

sku-.  Stokes  bietet  für  diese  Lautverbindung-  zwei  liei- 
si)iele:  gall.  Sparno-^nagus,  iSparnacum,  körn.  bret.  spem 
'Dornen'  :  lat.  .^pariis,  ahd.  S2)er,  g-riech.  CKi/iopiTioc,  lit. 
sl'icerhfi  'mit  einem  spitzen  Werkzeug  bohrend  stechen'  (Etym. 
von  Bezzenberger) :  Wz.  sfater  'stechen';  air.  sce  (Gen.  Tl. 
sciad),  kymr.  t/.ihi/ddaden,  körn,  spedlies,  mbret.  spezed-enu  : 
Of.  *skiäidt-  'Hagedorn'.  Danach  würde  idg-.  sku-  gall.  brit. 
zu  i^p,  ir.  zu  sc  geworden  sein.  Aber  das  erste  lieispiel  ist 
nichts  weniger  als  wahrscheinlich;  g-riech.  CKopTTioc  ist  jeden- 
falls von  den  dort  g-enannten  AVorten  zu  tremien,  da  man  sonst 
CTT-  erwarten  sollte;  ebenso  ist  der  A'ergleich  von  lat.  spar/is 
un\eistän(llieh  und  der  von  ahd.  sp('r  mindestens  sehr  zwi-i- 
felhaft.  Wir  tliun  daher  l)esscr,  nur  gall.  Sparua-magus,  iSpar- 
)iacii)iu  k<ti-n.  bi-et.  speru.  lat.  spanis  und  ahd.  spcr  zusam- 
menzufassen und  eine  Wurzel  sper  anzusetzen,  wobei  inn-  das 
Jat.  a  Schwierigkeiten  macht ^),  während  sich  die  keltischen  ar 
als  idg.  [•  erklären  lassen  (s.  den  Exkurs).  Unklar  bleibt  mir 
^Stokes'  zweites  Beispiel.  In  keiner  der  mir  bekannten  kelti- 
schen Etymologien  steht  sonst  einem  ir.  sc-  ein  brit.  ,s7^-  ge- 
§-enttber.     Eine  Entscheidung-,    ob  Stokes'   Ansatz    der  Grund- 

1)  Lat.  sparus  viellcielit  keltiscli  (aus  *spr)'o-)? 


316  Willy  Foy, 

fonn  lic-litij;-  ist.  lässt  sicli  ^^•C£^•e^  des  Mangels  eines  ausscr- 
kcltischen  verwandten  AVortes  nicht  treffen. 

2.  .sY/-  Onit  Labialisierung-j. 

sq-  wnrde  ir.  zu  .sc,  brit.  über  .^ij  zu  Jiv  ikynir.  dnc,. 
körn,  ich,  bret.  ha)^).  In  der  vorhistoriselien  Zeit  des  Brit. 
fiel  also  sq-  und  .s7/-  zusammen,  im  Urgäliscben  aber  .sfc- 
und  sq-,  indem  der  «Laut  nach  Gutturalen  vollkommen  ver- 
loren .ging-. 

Die  etymologiscli  sichersten  l)eispiele  sind :  air.  sceJ  : 
kymr.  chiredL  körn.  irJiefhl  'Erzählinig'  :  Gf.  "■'sqeflon  :  grieeh. 
eviCTie,  lat.  iusoce  usw.  und  ir.  .sccud'nii  :  kvmr.  i-y-cluryn 
'aufs])ringen'  :  ai.  skändnti,  lat.  scando.  Ebenso  verbinden 
sich  air.  sceifh  und  kymr.  cJiirt/d  "Erbrechen'  aus  ^sqefi-, 
wozu  kymr.  cJiwi/dK,  bret.  huedaff  "erbrechen',  wenngleich 
die  A'ergleichung  von  griech.  CTTaiiXri  "dünner  Stuhlgang',  oi- 
CTTuuTii  "Schmutz  an  der  Schafwolle'  < Bezzenberger  bei  Stokes) 
nichts  weniger  als  sicher  ist-).  Desgleichen  a\\'.  scoiltlm  "ich 
spalte',  scailt  "Sjjalte'  mit  kymr.  liolH  "Spalte',  lioUii  und 
lioUi  "spalten'  (vgl.  lit.  slu'lti  'spalten',  griech.  CKuXXeiv),  über 
deren  h  Stokes  im  Unklaren  zu  sein  gesteht.  ]\ran  darf  wolil 
annehmen,   dass  Im  vor  o  zu    blossem  h  geworden  ist-^).     Ein 


1)  Ziniincr  l)eiii('ikt  ]\Z.  XXXIII  iK)  im  Auschhiss  an  die  \vv- 
tretuiig-  von  -.s7.'-  durch  ir.  sr,  hrir.  ch  aus  A".s'  (darüber  unten):  "Das 
Verhältnis  dos  ir.  -sc-  zum  brit.  -ch-  ist  wie  ir.  scel  :  kymr.  clncedl^ 
ir.  scendim  :  kymr.  rt/cInci/N,  d.  li.  die  Lautverbindung'  sc  ist  im 
Urbrit.  zu  es-,  x  und  daraus  regelrecht  zu  ch  geworden".  Doch 
liegt  in  den  von  Zimmer  vergiiehenen  Fällen  nur  idg.  sq-  vor,  wäh- 
rend idg\  .s7i-  im  Brit.  erhalten  gel)liel)en  ist  (s.  dieses).  Zimmer 
scheint  nun  wenigstens  für  jenes  angenommen  zu  haben,  dass  es 
brit.  über  sk7l  zu  ks/j  und  u citei-  zu  c/iir  geworden  sei  (mit  dersel- 
l)en  Umstellung-  von  sk  avIc  im  Inlaut).  Dagegen  spricht  aber  der 
Umstand,  dass  nur  stj-  nicht  auch  .sÄ--  dieser  Umstellung  verfallen 
sein  sollte,  während  im  InlaiU  gerade  umgekehrt  brit.  nur  -sk-  zu 
ch.  -sq-  aber  wahrscheinlich  zu  sp  geworden  ist.  Die  Erklärung  von 
l)rit.  chfc  aus  sq-  über  sij  bleibt  somit  als  die  einzig  wahrscheinliche 
bestehen  (so  schon  Brugmann  Gnuidr.  I  377  zu  chiccdl). 

2)  Noch  weniger  gliicUlich  vergleicht  P^rnault  (Dictionnaire 
etym.  du  breton  moyen  S.  ."»l.'!  unter  Inicilaff)  die  keltischen  AVorte 
mit  ahd.  sclzan. 

3)  Korn,  fflja  und  bret.  /W»/  'S|ialte'.  fnuta  'spalten'  sind 
jedenfalls  hiervon  zu  trennen;  das  letztere  ist  gewiss  mit  germ. 
spalten  zusammenzubringen  (vgl.  Krnault  a.  a.  O.  S.  289  unter  f(iiit\ 


Die  indo^-ermanischen  s-Laute  {s  und  z)  im  Keltischen.       317 

w(?iteres  Beis[)icl  (bei  Stokesi  ist  nir.  ciofrui,  ciototj  Wie  Linke', 
ciofach  'linkbändig-'  (mit  sekiuuläreni  Verlust  (\q:<  anlautenden 
.y)  :  kynir.  clurith  dass.,  wofür  Stokes  die  (U'.  '''s(//fft(-  ansetzt; 
wahrselieinlicli  liäng-t  es  im  letzten  Grunde  mit  grieeli.  CKai/oc, 
lat.  ^caei'iis  zusammen. 

Bezzenberger  führt  bei  Stokes  ir.  srert,  cerdd  und  kvmr. 
purth  ^Teir,  körn,  a-lxird,  a-bartli  '\w\  Seite'  usw.  imV'^.s(i<'rto-, 
^qerto-,  "^qarto-  zurück  und  vergleicht  zweifelnd  griecli.  cna- 
pdccuj  'zerreisse,  rupfe'.  cndpaY^a  'abgebrochenes  Stück'.  Na- 
türlich müsste  dann  das  anlant.  .s-  schon  uridg.  oder  urkelt. 
unter  bestinnnten  Beding-ung-en  geschwunden  sein,  da  l)ei  einem 
späteren  Schwunde  dessell)en  brit.  q  sich  schon  über  lij  zu 
ij  entwickelt  haben  würde.  Moraus  nie  p  entstehen  komite. 
Doch  glaube  ich  trotz  Loth  ^'ocabulaire  vieux-breton  unter 
(jitpar,  parth  und  Mots  latins  dans  les  langues  brittoni(pies 
unter  parth,  dass  die  ))ritannischen  AVorte  dem  lat.  pars  ent- 
lehnt sind*).  Ir.  .scert,  cerdd  ist  zur  Wz.  {K)ker  'absondern, 
trennen'  (vgl.  air.  scoritit  und  scaraiitt.  kynn\  ij-^>/ari  zu  stellen. 

y>.  sf-  und  Vei'ltindungen. 

st-  hat  von  allen  anlautenden  Konsonantenverbindungen 
mit  s  besonders  häutig  dieses  unter  bestimmten  satzphoneti- 
schen Bedingungen  schon  in  uridg-.  Zeit  verloren,  vgl.  air. 
tech,  kymr.  ti  'Haus'  :  g-riech.  re-foc,  lat.  tego,  an.  pa/.\  ahd. 
dalt  :  g-riech.  cTen],  lit,  stögas. 

Das  aus  dem  Idg.  überkonunene  .s-^-  hat  im  Keltischen 
sich  weiter  in  doppelter  Weise  entwickelt,  je  nachdem  ent- 
weder das  s  oder  das  t  geschwunden  ist.  Dabei  scheint  die 
erstere  Entwicklung  schon  urkeltisch  xov  sich  gegangen  zu 
sein,  während  die  andere  eine  einzeldialektische  Xeueiung-  ist. 
Daher  zeigen  im  letzteren  Falle  noch  hie  und  da  komische 
und  bretonische  A\'orte  das  st-  i)ewahrt.  In  keinem  etvniolo- 
g,-isch  sichern  Beisj)iel  hal)e  ich  al»er  st-  im  Ir.  und  Kymr. 
bewahrt  gefunden.  Nur  Lehnw(irter  zt-igen  st-,  das  im  Kynn-. 
später  zu  i/st-  A\ird. 

st-  :  ir.  brit.  t,    vgl.    air.  tiaija'un    'ich   schreite,    gehe'  : 


über  brit.  /'  =  .s7>  s.  u.),  geht  also  auf  ■■'sp{/i)/tä,  *sp{Ji)Jtö  zurück 
(vg-1.  Brug-mann  Grundr.  II  10i59  und  wegen  kelt.  id  aus  /  den  Exkurs). 
1)  In  bret.  (jupar,  (/uparol  liegen  waiirscheinlich  nur  andere 
(resp.  falsche)  Schreibungen  für  t/iiparfh,  ijnpartol  (resp.  -olaid),  die 
daneben  stehen,  vor. 


318  Willy  Foy, 

ni.  sfi(jh)iHfii  'siiriiiii-t  ant",  iiTiecli.  cteixuj,  g-ot.  stei(/a,  lit.  sfai- 
gf/tis  'eilen';  hierzu  ir.  teclit  'g-elien',  kymr.  taith  'Weg-',  bret. 
Hz  'Eile'  ans  ^'iifiLiä.  Air.  -fäu  'bin'  aus  *!^tä-iö  :  lit.  sföju  usw. 
Air.  f(Oid,  kynir.  f/j)/  'fest,  steif  :  an.  sfinnr  'liart,  rauh'.  Jr. 
fininn  'Buseh'  aus  '''sfomho-  :  ai.  sfitmJxi-  dass.  Kviiir.  tacn 
'Spritzen'  aus  ^'tagna  :  g-rieeh.  cidZuu  'träufeln',  ctqyojv  "Fro- 
l)fen',  an.  sfoll-ra  ' sju-engen' :   vgl.  abret.  s/«(^r  'Fluss\ 

sf-  :  ir.  kynn*.  .s-,  körn.  bret.  .v  und  st,  vgl.  kynn*.  safir 
'Mund',  körn,  sfefenic  'Gaumen',  bret.  stafjn  dass.  :  av.  sta- 
iiKin  'Maur,  griech.  CTÖ|aa,  ahd.  sfiiiina,  stimma  usw.').  Kymr. 
seren,  körn,  sfi^/j)-  i  PI. ),  l)ret.  sferenn  'Stern'  :  ai.  sfr-,  av. 
star^,  g-riech.  dcTi^p,  lat.  Stella,  got.  sfairnö.  Air.  serc,  kynn*. 
serch  'Liebe',  nd)ret.  sercli  'Beischläfer(in)'  :  griech.  cxopTn. 
Air.  samaigiin  'ich  stelle',  kynn*.  sef/jJl,  körn.  l)ret.  serell 
'stehen'  :  ai.  sthciinan-  'Standort',  griech.  citiiaevai,  lat.  sfa- 
men  'g"ot.  Stoma  'Stoff',  lit.  stoinä  'Statur'). 

.S'fr-  wird  ir.  zu  sj\  bleibt  al»er  l)rit.  erhalten  (kymr.  spä- 
ter ystr),  vgl.  air.  sveth,  kymr.  i/stret  aus  '''strtä  :  Wz.  ster, 
'ausbreiten'^).  Air.  sndth  'alt,  ehrwürdig',  akymr.  strntiu 
<;l.  zu  luvencus  'antiquam  g-entem'  :  aksl.  stryjh  'Oheim  . 
strifuja  'Tante',  lit.  strujus  'CJrcis'.  Abret.  strouis  Gl.  zu 
'stravi'  zu  einem  Präs.  '''strouO,  mbret.  strebet  'gepflasterter 
Weg'  :  lat.  strno,  got.  straujan,  ag"S.  streorjan^).  Altes  sr- 
ist  in  sichern  Etymologien  brit.  durchaus  zu  fr-  geworden  fs. 
unten). 

Windisch  stellt  IF.  ill  SO  ff.  mir.  tret  iGen.  treöit  ■ 
'Herde'  zu  griech.  CTpaiöc,  das  er  von  CTopevvu|ui,  cTpujvvuui. 
ai.  strtd-  usw.  trennt,  und  giebt  als  Gf  '''strejito-  an.  An 
und  für  sicii  wäre  i-iiu'  Entwicklung  von  str-  zu  tr  im  Kel- 
tischen w(»hl  nuiglich  (vgl.  .v/'- zu  ^:  l)ei  Stokcs  wäre  noch  zu 
vergleichen:  kyuw.  trn/     Arlx'it.  .Alühe,  Kampf:  griech.  ctpr)- 


1)  Kyuw.  _i/sli'f'iii;/  'Gauiiion'  ciitiiält  wriicii  nhvi-i.  Isfoni/'d  mit 
(Icrsolbeii  IJedeutuiij^-  in  //-  ji'i'wis.s  ciiu'  Pr;i|iositi(iii,  da  im  Bret.  niul 
Koni,   der  Vorsflihi^-  von  /,  wie  im  Kymr.,  uiiiit  ül)lieli  ist. 

2)  .Sfftkcs  stellt  talscldieiierweise  aii-  srcfli  mit  ak\  inr.-al>i-ct. 
Worten  //vV  (in  Kompositionen)  zusannnen,  oluie  kymr.  i/sf/-ef  /.w 
lioaeliten,  und  vergleicht  lat.  series,  sero  usw. 

3)  Air.  snith  Strand",  kymr.  ystrat  {straf,  ist  rat,  estrat)  'Thal, 
Khene'  sind  doch  wohl  spätere  Lehnwörter  aus  dorn  Lateinischen, 
da  man   hei   I  rverwandtschaft   rä  aus   /"•  erwarten  sollte. 


Die.  iiulog-ermanisclieu  .v-Lautc  (n  und  z)  im  Keltisoheii.       '519 

vrjc  'liart,  raiili,  kraftvolT,  cTpfivoc  'Kraft,  Übennut',  lat.  sfre- 
nuns-^  als  weiteres  Beispiel  bringt  Windiseh  ]kr.  d.  sächs.  des. 
(l.  Wiss.  1886  S.  24.')  bei:  i^nW.  N.  Fr.  Trogus,  air.  tnkj  triUig 
'elend,  iingliieklieir  aus  ■'■'sfroijgos'  oder  "^streugos  :  grieeli. 
CTpeuYecGai  ' autg'eriel)en  werden'  (z.  B.  Od.  XII  .'kjl  i,  Doeli 
selieint  mir  Stokes  das  nur.  frei  deshalb  besser  zur  Wz.  tre7)i 
'tiinnueln'  {\i\t.  furma,  ags.  drumo  'Wixnia')  gestellt  zu  haben, 
weil  es  dem  grieeh.  CTpaiöc  nicht  ganz  entspricht.  Dieses 
ginge  auf  ■■'sfnjfö-,  jenes  aber  auf  '■'■'■.strento-  zurück  (^gl.  über 
die  Infektion  Rieh.  Schmidt  \F.  I  67),  während  sich  ir.  cef 
(den.  ceif)  und  grieeh.  eKaiöv  .die  "Windiseh  als  \'ergleich 
herbeizieht)  vollkonnnen  decken  :  Gf.  *Ä?«fo-.  Desgleichen 
wird  ir.  trüag  (wozu  noch  kynn\  frii,  bret.  fru  und  verschie- 
dene A))leitungen)  von  Stokes  vorteilhafter  zu  an.  prüga  be- 
drückeir,  ahd.  rfrw/i  Fussfesser  gestellt.  Ebenso  ist  die  Ety- 
mologie des  kynn-.  trlii  von  Seiten  der  Bedeutung  gewiss  nicht 
einwandsfrei.  Ein  sicheres  Beispiel  für  die  an  sieh  sehr  wahr- 
scheinliche Entwicklung  des  anl.  sfi--  zu  fr  fehlt  also:  doch 
vgl.  patr-. 

Desgleichen  wird  sfl-  ir.  zu  x/  und  l)leibt  brit.  erhalten  ■  kynir. 
später  jjxtl).  A'gl.  air.  .s7/.s-.s-,  kymr.  //■'^■fli/s  Seite'  aus  '"'.sf/f-si-  : 
lat.  latus  'Seite'  aus  '-'sf/fos,  beide  vielleicht  zu  einer  Wurzel 
sfelf,  Erweiterung  von  .s-f(V  'ausbreiten',  wozu  lat.  latus-  'bri'it' 
aus  '''sfl-to-,  aksl.  sfeljq  (vgl.  air.  leth  'Seite'  :  ai.  präthas 
■"Breite';  aksl,  strana,  russ.  .storona  aus  '^'fitr-nd  'Gegend,  Seite' 
zur  Wz.  stet-  'ausbreiten').  Ohne  Etymologie  ist  air.  sloud 
'Bezeichnung'  aus  ■^'.s-tlondo-,  sluimVnn  ich  nenne',  akymr.  isf- 
liiniif  Gl.  zu  'profatur'  usw. 

4,  Hj)-  und  \'erbindungen. 

xp-  ist  ir.  zu  .s-  resp.  ph  (=  /'},  brit,  7.\\  f  [ff')  geworden. 
j)  ist  also  in  der  \'('rbin(luiig  mit  .s-  urkeltiseh  noch  nicht  ge- 
scln\  imdcn:  \gl.  unten  ül)er  -sp-.  Damals  wird  sp-  zu  sv- 
(wo  r  Spirant  isti  gew(trden  si'in,  aus  dem  sich  im  li'ischen 
/.um  grr»ssten  Teil  .s-  über  .s-(^  imit  ij  =^  lIali)\okal  i  entwickelte, 
während  im  Brit.  .vr  zunächst  ei'halten  blieb,  so  dass  es  mit 
Sil-  und  .svy-  nicht  znsannneiiti<'l.  \\\\i\  spätiM"  mit  Verlust  des  a 
V.W  /■  wurde. 

\\gl.  air.  sctg  :  ml)ret.  f'clc/i  aus  ^spehjhü  Milz'  :  ai.  ph- 
Ik'oi-,  a\".  spt'r' .1(1,  grieeh.  CTrXt'iv  wozu  CTiXdfXva  'P^ingewcide'), 
lat.  iicn,  aksl.  aUzi'na.     Air.  setr  :  kymr.  ffei\  mbret.  fer-  in 


320  Willy  Foy, 

Feiujidif  ans  '^-".speref-  'KiKiclicl  am  Fuss,  Ferse'  :  g-rieeb.  cqpu- 
pöv,  aj)!'.  spertltDi  'Zeliballen'.  Air.  sine  'Zäpfchen,  Zit/e'  : 
lit.  speni'js,  apr.  speiiis,  an,  speni. 

Neben  air.  sij/e  tiiulct  sich  -pinie  in  Ix'i  frl-phne,  neben 
f>eir  der  Akk.  Du.  di  phtf'id\  wir  haben  in  diesen  Formen 
siclierlicli  einen  ähnliclien  sat/i)honetisch  berechtig-ten  AVechsel 
zu  seilen,  wie  in  <lcmjeni,i;en  von  ,v-  und  /-  =  idg-.  su-  iß.  die- 
ses). Irisch  sind  also  wohl  sj)-  u)id  su-  vorhistorisch  zusammeu- 
getaileu. 

»Stokes  führt  in  seinem  urkcltischen  Spracbseliatz  S.  0^)2 
unter  '''s{p)es  'bauchen'  folgende  Beispiele  von  ir.  sp-  =  idg. 
s^)-  an:  .speil  'Vieh,  Herde'  :  lat.  spoUtim-^  speal,  Gen.  spe/le 
aus  '^^spelä  'Sense'  :  g-riech.  vjjc/Xic;  coin-speacli' \\ovmi^^\  schott. 
(d.  i.  gael.)  speach  'Wespe'  aus  *sp)ekä  :  griech.  cqprjE.  Aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  haben  wir  in  diesen  keltischen  Wor- 
ten spätere  Lehnwörter  zu  sehen  ^),  da  die  oben  gegebenen 
Beispiele  für  idg.  67^-  sicherer  als  diese  sind,  nach  ihnen  al)er 
S2J-  schon  urkeltisch  zu  sr  übergegangen  war.  Deshalb  l)ewegt 
sieh  auch  das  auf  ganz  unsicherem  Boden,  was  Stokes  ebd. 
über  jj-  —  idg.  ,vy>-  sagt:  ir.  paisd,  peist  'Hauch,  Atem'  soll 
zur  "Wurzel  s2)es  (griech.  CTreoc  'Höhle',  lat.  spiräre)  gehören, 
zu  derselben  Wurzel  kvnu'.  Ifän  aus  '^sposnä  und  ir.  paiidh 
'Durst'  aus  spasätu-.  Statt  ff'ün  sollte  man  dann  ddcli  wenig- 
stens ^ffonOi)  erwarten. 

spr-  ist  wahrscheinlich  ir.  zu  sr,  brit.  zu  />  1 /fr)  gewor- 
den, also  wie  sr-  Itehandelt  worden,  mit  dem  es  schon  nikel- 
tisch  zusanunengefallen  sein  kann.  Die  beiden  mir  zu  (!ebote 
stehenden  Beispiele,  haben  allerdings  keine  zwingende  Etymo- 
logie aufzuweisen.  Es  sind:  körn,  fran  '  Krähe  ,  bi'et.  /)-/(/(■ 
'Eule'  aus  '''sprfid  :  got.  spanra,  ahd.  sparo,  an.  sporr  usw. 
(vgl.  noch  griech.  CTTopYiXoc,  TTt'pTOuXov,  apr.  spcrijln-,  spnrijJiii 
'Si>erling'i.  Air.  sr^'^'nu  ich  werfe'  aus  '''■'s))reinti  :  ahd.  spreifan 
(vgl.  noch  ndul.  sjira'Jnt  'spritzen',  spraf  'S)>riiheu'  zur  ^^'z. 
sprO)^  kynn'. ///Y/?<  Stritmiing'  aus  '■^'sprcijo-,  f/'r/rsf  Hast  ans 
'^'sj)r/id-fo-:  ahd.  spri/i,  spriozan,  got.  sprautn  schnell,  lett. 
spridifis   'eni|>orkommen '. 


1")  sj>i-il  gt'lit  w.ilil  auf  <la>  lat.  sjui/imii  /urüek.  wu-  s/neitlh 
auf  '\s-pr<i('jhi  (lat.  pnici/fi),  das  ('hciifalls  ilie  iHMlculung  'N'ieli'  or- 
lialtfii   liat. 


Die  inclogcnnanisclieu  .s'-Laute  (.s'  und  s)  im  Keltischen.       321 

Für  sj)!-  liabe  ich  kein  Beispiel,  Air.  slaidim  'icli 
schlage,  zerhaue',  kymr.  IJadd,  abret.  ladcon  usw.  kann  weder 
zu  as.  spUdian  'töten',  an.  spUla  'vernichten'  usw.  (Stokes) 
noch  zu  lat.  chlde.s  (zu  perceUo  aus  '''-ceJdo)  g'cstellt  werden, 
da  sich  aus  den  Gf.  "^'spldö  oder  '^'sJc/do  in  den  brit.  S])rachen 
ein  Hlaicdd  u.  ähnliches  hätte  entwickeln  sollen,  es  nüisste 
denn  sein,  dass  wir  eine  Orundtbrni  "^sphKlo  oder  '-'skLidö  an- 
nehmen krmnten. 

5.  .s'«-,  sni-,  sr-,  }<1-. 

Diese  Yerbindung-en  sind  g-all.  und  ir.  anlautend  erhalten, 
brit.  al)er  verändert  worden. 

sii-  :  ir.  sn,  \mt.  n.  Vgl.  ir.  sndiu  'das  Schwimmen'  : 
kymi".  lunrf  dass.,  bret.  neuff  'schwinnnen'  :  ai.  sncnni,  lat. 
nare.  Ir.  snigirn  'tropfen,  regnen'  :  kynn-.  di-neu,  bret.  di-iwii 
'ausgiessen'  :  Wz.  {s)nigh  (vgl.  Ostliofit'  IF.  IV  275,  280  HtVi. 
ir.  sHiiiit  :  kymr.  nyddu,  körn.  netJte,  bret.  nezaff  'Hechten'  : 
ai.  snäi/afi  usw.;  air.  snaflie  :  kynn'.  noden^),  bret.  neudenn 
'Faden'  :  vgl.  lett.  sndte  'leinene  Decke';  hierzu  noch  air. 
sndthah  :  kynn*.  nodicyd,  akorn.  nofukU  abret.  nadoez 
'Xadel'-).  So  verbindet  sich  auch  ir.  snddim  'ich  schütze', 
snddud  'das  Schützen'  und  kymr.  iniicdd,  abret.  nod  dass., 
obwohl  ich  keine  annehmbare  Etymologie  beibringen  kann. 
Im  übrigen  vgl.  skii-. 

.s'/«-  :  gall.  ir.  sni,  brit.  in.  Vgl,  air,  smir  'Mark',  ,sme)'- 
tlut'in  'schmieren'  :  kymr.  nun-  'Mark':  alid.  smevo,  got.  smah'pr, 
lit.  .wiarsas  'Fett';  aus  dem  Gall.  AgI.  cv.  SmerfnUos,  Smer- 
forix  u.  a.  Air.  stnech  'Kinn'  :  ai.  snnlsni  'Schmirrbart',  alb. 
injdn-F  'Kinn,   liart',  lit.  sinakra  'Kinn'. 

.s7-  :  ir.  sj,  brit.  lill).  Vgl.  air.  demun,  sleiiuiiit  'glatt'  : 
kynu'.  ll//fit  dass.,  abret,  Uinii-  in  limn-collbi  Gl.  zu  tilia' 
usw.  :  (if.  *.s•Z^7>;^o-6';  dazu  air.  sllah  aus  ^sleibo-s  :  griecli.  Xiiji, 
Xeißuj,  lat.  delibuere,  libare,  ahd.  slij)h  'lapsus',  -s-///«« 'gleiten'^ 
an.  sleipf  'schlüpferig'.  Air.  sh(ciiii  'ich  schlucke'  :  kymr. 
Ihjncaf,  ll)/nf/af  'verschlucken'  :  griccli.  Xu-fKaivuu.  XuYT«vo,uai 


1;  Kyinr.  i/snoden  'Band',  kf)rn.  >;/iot/  sind  Koiiiiiosita  mit  dem 
PriiAcrb  e.s-,  i/s-.  Vg'I.  die  BedeutiinüsdiftVreuz  zwiselien  ysnodcn 
und  uoileii. 

2)  Dass  hier  im  Brit.  eine  idg.  Form  ohne  .s-  (vg-1.  got.  iiepla, 
isl.  nöl  'NadeD  fortg-ef'ührt  sein  sollte,  ist  Avegen  der  IJegelmässig- 
Ueit  des  Wechsels  ir.  sn-  :  brit.  fi-  nicht   wahrscheinlich. 


322  Willy  Foy, 

'ich  sc'lilucli/.c'.  Ebenso  erklärt  sich  ir.  sJnag  g-cgenüber  kyinr. 
knrii.  IIa  "Schaar,  Heer'.  —  In  gleicher  Weise  wird  idg.  sl-  be- 
handelt. Vgl.  ir.  s1fi(j  'Speer'  :  ai.  srjdfi.  Ir.  slän,  kynir. 
Jlaicn  'heil,  ganz'  aus  '^sl-no-  :  lat.  salvtis. 

s)--  :  ir.  sr,  brit.  fr  (ffV).  Vgl.  air.  .snifh  :  kynir.  ff'rtcdd, 
körn,  f'rof,  abret.  frtif,  frot  :  Gf.  '■^sj-nfu-  '.Strom'  :  W/.  ftreu. 
Ebenso  erklärt  sich  das  Verhältnis  von  ir.  srtjii  zu  kynir.  ffroen, 
bret.  froan  'Nase',  die  wohl  zu  griech.  pi'[KM,  ()ijx^  i^''' 
schnarche'  zu  stellen  sind.  Im  übrigen  vgl.  spr-.  JJret.  sfrum 
neben  ir.  srunhn  'Strom'  und  akorn.  strefih)  'Flüssigkeit,  Xass* 
(vgl.  alid.  sfredau  'strudeln')  kr»nnen  nur  aus  dem  Germanischen 
entlehnt  sein.  —  Für  idg.  sr-  habe  ich  kein  lieispiel;  vgl.  aber 
unter  spr-. 

6.  SU-. 

SU-  ist  im  (Jallisehen  oder  auf  Ogaminschriften  vgl. 
sra(/(/i(ci  =  kymr.  chfc(ij)  'schneir)  erhalten,  im  Ir.  wechseln 
.v  und  /',  im  Hrit.  ist  es  zu  chir  i-es]).  hu,  hw,  ich)  gewoi-dcn. 
Der  ii-ische  Wechsel  erklärt  sich  aus  der  ursprünglich  Ncr- 
scliiedcnen  Stellung  des  Wortes  nach  einem  Worte  mit  konso- 
nantis(diem  oder  vokalisclicm  Auslaut:  vgl.  das  über  >•;>  be- 
merkte. 

^'gl.  air.  siur  und  /iur  :  kyuir.  chuuicr  :  ai.  srdsar-  usw. 
Air.  se  (aber  tnör-fe.ser  'magnus  seviratus',  d.  i.  '7'):  kymr. 
chicech  :  aus  *.s//eÄ".v.  Air.  sf,  -b  :  kymr.  chici,  körn.  u-Jit/, 
bret.  hui  'ihr'  :  aus  *.s'-«ev  ('vgl.   Brugmann  Grundr.  II  804  f.). 

7.  si-  :  ohne  IJeleg.     Vgl.  -si-. 

C-.  Xacli  Koiisonjintcu. 
Hier  können  nur  die  Wrbindungen  /:.s-  und  ps-  in  Be- 
traciit  kommen.  />s-  kann  ich  dui'ch  kein  keltisches  A\'(»rt 
belegen.  Für  7>.s-  v^l.  :  air.  sreod  'Niesen'  Ksrennim  'schnar- 
chen') :  kymr.  /jsfvcu-/  und  tveu-i  'niesen',  fveu^  'das  Niesen', 
bret.  sfrcui/d/f  ' u'ii'^^ew'  :  Wz.  psfrcij,  wozu  ii'riech.  iTTdpvuuu 
lat.  stci-iiuo.  IW'aclif^'nswcrt  ist  die  Fntw  ickhui.:;'  von  psfr-  zu 
//•-  im  Kymr.,  die  aul"  tViUizcitigen  Sclnviuid  des  p  liindciitct 
und  analog  dcrjcni,i;cn   ^()n  sf-  zu   /-   ist. 

II.      Im    Inlaut. 
;i.    Ijnr.Mclics  .S-. 
-.s-  ist   ^all.   und    aul'  <  >,:;aminschrit'ten    n<ich    bewahrt   ge- 
blieben, dage.i;-en   im    Ir.   und   \\\-\\.  durch   die  Mittelstufe  h   hin- 


Die  indoji'ermanischcii  .s-Laiite  (s  und  z)  im  Keltischen.       323 

(liircli  verloren  g-eg'aiigeu.  ^'g•l.  gall.  }'isu-)y:r  (ein  Franen- 
iiame):  ir.  fin,  kymr.  giclir  'würdig'  usw.  :  ai.  vcisn-,  av.  rohu-, 
alid.  icisu-  in  Wisunch.    Air.  siftr,  kynn".  cJncaer  aus  '■■■sijesor-. 

b.  s  +  Kons,  oder  Kons,  -f  .s-  -f  Kons.,    wobei  der  erste  Kons, 
sch-svindet. 

1.  'sk-  und  Kons.  +  -■'^^^'-' 

-.SÄ'-  ist  im  Ir.  als  .sc  erhalten,  im  Brit.  aber  zu  ch  über 
('S  geworden,  wie  zuerst  Loth  (Voeab.  vieux-bret.  S.  14o  unter 
gaohi,  Mots  latins  dans  les  langues  britt.  S.  83  Anm.)^)  er- 
kannt hat.  Vgl.  air.  basc  'Halsband'  :  kymr.  beich,  bret.  becli 
'Last,  Bürde'  aus  V)ha.Ä-i-  :  lat.  fascia  'Binde',  fascis  'Bündel', 
griech.  qpdcKuuXoc  'Ränzel';  nkynn'.  ffffsg,  ffcisgl  usw.  'Bünder 
sind  Lehnwörter  aus  dem  Lat.  So  erklären  sieh  auch  die  brit. 
(kynu'.)  Iterativbildungen  auf  -t/cJm,  wie  z.  B.  chicem/ _i/chu 
'wünschen',  die  auf  Formen  mit  -isJcö  zurückgehen. 

Alle  Beispiele,  die  bei  Stokes  u.  a.  in  der  Grundtunu 
mit  blossem  .s/.'  =  ir.  brit.  sc  ang;eführt  sind,  haben  vor  diesem 
sJi  einen  Konsonanten  verloren,  vgl.  z.  B.  air.  mescaim,  kymr. 
iiujsga  zur  AVz.  mik.  Besonders  sei  noch  folgendes  erwähnt. 
Für  kynu'.  gicrysgen  f.  'Ast'  setzt  Stokes  eine  Gf.  ^i-rsl-ä  an 
und  vergleicht  ai.  vrixsd-,  got.  ga-u-risqan  'Frucht  bringen', 
an.  roxlxenn  'erwachsen'.  Zunächst  stinnnt  die  E^tymologie 
niclit  ganz,  da  das  kynn*.  AVort  einen  palatalen  Guttural,  das 
got.  aber  einen  velaren  enthält.  Ausserdem  sollte  man  iiu 
Kymr.  Fmstellung  von  sc  erwarten.  Ich  vernmte  daher,  dass 
jenes  zu  ir.  f'rem  'AVurzel'  aus  ^'urdmu-,  kymr.  gicrdddun, 
körn,  gracttcn,  bret.  grnizjjenn  'AA'urzel,  Stamm'  aus  ^■^ai-dio- 
(vgl.  griech.  päba|uvoc  'junger  Zweig',  pubiE  'Zweig,  Eute', 
lat.  rädix,  got.  irnHiis  'AVurzel'  usw.)  gehört,  also  »\\i  ^crd-shcl 
zurückzuführen  ist.  —  Stokes  stellt  kymr.  bloesg  n)laesil0(juus', 
niliret.  Jdis'ic  'blaesus'  zu  skr.  rnJeccha-  'Wälsclier,  Bai'bar'; 
besser  sind  die  brit.  AVorte  als  Lehnwoi'tc  aus  einem  lat. 
^'Idaesicus  (zu  lat.  b]acsiis,  griech.  ßXaicoc  usw.)  aufzufassen, 
wdfür  schon  das  mbret.  blisic  spricht,  da  bei  Stokes'  Annahuie 
-sie  fiii"  -sc  stehen  niüsste,  eine  mir  sdust  uid)ekaniite  Konso- 
nantenlockeruni;-.  —  Line  weitere  l^emerkuni;'  ertordert  kAinr. 


1)  A'.2-l.   RC.  XV  220  f.,  wo  der  Verweis  auf  S.  23  di<>ses  AVer- 
kes  nach  der  oben  gemachten  Angabe  zu  iiorrigieren  ist. 


324  Willy  Foy, 

ascicrn,  koni.  oscorn,  bret.  asLourn  'Bein'.  Fick  151).  XVI 
171  stellt  diese  Worte  zu  av.  asca  'Schienbeiu',  arm.  osJcr 
'Bein'.  Dann  sollte  man  im  Brit.  ^  statt  c  erwarten.  .Johansson 
BB.  XVIII  24  setzt  als  Gi'.  '^ofitiJD-uer-eii  an,  wozu  auch  arm. 
oskr  aus  o.st(hyijer-  und  g-riecb.  öcqpOc  mit  cp  ans  einem  g-en. 
'"^osthudü  *öc(päc\L  Doch  entspricht  dies  nicht  den  bretonischen 
Lauti^esetzen,  da  sich  hier  schon  im  9.  Jh.  ein  ascorbiol 
'knochig-'  tindet,  das  niclit  auf  ^'ast-guerinol,  '•'(isf-gnori)wl 
zurückgeführt  werden  kann;  denn  idg.  u  ist  bret.  bis  Ende 
*.».  Jh.  durch  nu,  no,  erst  von  da  ab  bis  Ende  10,  Jh.  durch 
{/uo.  (ju  vertreten,  und  tio  wird  erst  im  11.  Jh.  zu  o  (vgl. 
Loth,  Vocab.  vieux-bret.  S.  15).  Daher  schliesse  ich  mich 
Herrn  Prof.  A\'indischs  Deutung-  des  fraglichen  Wortes  als  ^'ost- 
cornu-  an.  das  als  zweiten  Kompositionsteil  dasselbe  Wort 
wie  got.  ha/h'ii,  lat.  cornu  enthalten  würde -i.  Vgl.  kynn-. 
Uosgicrn  neben  Uost  'Schwanz'. 

Schwindet  vor  -.s'Ä--  ein  Konsonant,  so  bleibt  es  auch  im 
Brit.  als  sc  erhalten.  Der  völlige  Schwund  dieses  Konsonanten 
muss  also  iün2,-er  sein  als  der  Übei-gang-  \()n  -sk-  zu  -A-.y-  in 
der  britannischen  Lrzeit,  hat  sich  also  erst  nach  der  Auflösung 
der  keltischen  Urgemeinschaft  vollzogen.  Geradezu  unverständ- 
lich ist  es,  wie  Zimmer  KZ.  XXX  214  das  Gesetz  aufstellen 
kann,  dass  Kons,  (exclus.  Dental)  +  «  +  Kons,  zu  Kons,  -f- 
Kons.  würden.  Dagegen  si)rechen  die  Verbindungen  -hsh-, 
-fjsk-,  -psk-,  -pst-.  Daher  ist  auch  nur  die  unten  von  den 
Verbindung-en  -ksm-,  -psui-,  -msr-.  -ksJ-,  -qsl-  gegebene  Ent- 
wicklung- zulässig. 

-ksk-  :  ir.  brit.  .sc.  A'gl.  air.  mescaiin,  kynn-.  mijsiju  '. 
Wz.  mik  ''mischen'.  Beachte  auch  gall.  E.vcingoreii'  aus  ^"Ex- 
cingorlx  zu  excingos  '"sehr  ta|)fer'. 

-qsk-  :  ir.  brit.  sc.  Vgl.  air.  faiscim,  kymr.  girasgii, 
abret.  gtiescim,  \\\\)Vi^t.  goascd ff  ^ ich  (pietsche,  presse  zusannnen': 
Gf.  ■' tuiqsko  aus  ua^h-skö  :  ai.  jn-arähate  'er  drängt,  drückt', 
nhd.  iceggi,  icekki  'Keil',  lit.  r^/_7Äv  Ttlock',  lett.  ?rr/r//?.s' 'KeiT. 
Air.  gesca  'Zweig'  aus  "'/>•(( iiqskaio-  :  ir.  gcc  aus  ^'kanqd  kymr. 
cdiiigc  aus  ''■kai/t//  dass.  :  ai.  s<i»/kii-  rfahl,  I'tlock'.  aksl. 
sak?,     Zweig-    (Strachan   BI5.   XX  .'»()i. 

1;  Gegen  Fick  (a.  a.  U.)  mit  Rocht  Krctscliiiicr  KZ.  XXXI  ;];{2. 
2)  In  abret.  (iscnnnol  müsste  dann  Konsoiiantenlockerung-  vou 
)'/!■  statty-eiuiulen  liaiieii. 


Die  indog-ermaiiisclicn  .\'-Laiite  {s  und  .r)  im  KcltisclKMi.       ö25 

-fsli-  :  ir.  l)rit.  sc.  Vg'l.  air.  nascaim,  Iiret.  »aska  ich 
])in(le'  aus  ■^nadh-skö  :  ai,  luiliyatl,  nadhä-.  In  Fällen  wie: 
air.  ßesc  'Rute,  Oerte'  aus  ^ij/tskcl  :  air.  foU,  kynir.  gwallt 
'Haar',  ags.  weald,  ahd.  irald;  air.  «?e.<?c  'betrunken'  aus  *med- 
sko-  :  ai.  viada-,  air.  m«/,  kvnir.  iitedd',  air.  ?/,f('e  'Wasser'  : 
ai.  udaka-  usw.;  e.§c  'Wasser'  aus  "^'pkl-skä  :  kynn-.  uisc  ans 
^peid-skä  :  g-riecli.  iribaE,  TTibuuu  (Stokes  BB.  XIX  73)  — 
in  diesen  Fällen,  meine  ieli,  kann  das  .s-k  ebenso  gut  und 
vielleicht  besser  auf  -fk-  (resp.  t-{-q  ohne  Labialisierung-,  vg-l. 
Sutüx  -ilqo-)  als  auf  -tsk-  zurückgeführt  werden,  nur  niuss 
man  annehmen,  dass  -fk-  im  Urkeltischen  in  -fsk-  übergegan- 
gen ist. 

-psk-.  Hierfür  kann  ich  kein  Beis})iel  l)eibring-en.  Air. 
loscaim  'ich  brenne',  kymr.  llosg  und  körn,  lose  'Feuersbrunst', 
bret.  lesqui/f  'brennen'  sind  nicht  mit  Stokes  auf  Hoji-skö 
usw.  (vgl.  griech.  \d)UTTUj  usw.)  zurückzuführen,  wobei  der  Ab- 
laut auttallen  würde,  sondern  zur  Wz.  luk  zu  stellen  (vgl.  schon 
Loth  Mots  latins  S.  83  Anm.). 

2.  -sq-  und  Kons.  -H  -sq-. 

Im  Gall.  ist  -sq-  zu  sj)  geworden,  wenn  der  Name  Atespa- 
fns  mit  d'Arbois  de  Jubainville  (vgl.  Holder  Altkeltischer  Sprach- 
schatz S.  2ßi})  zur  Wz.  seq  'sagen'  gehört:  vgl.  ir.  aithesc 
'Antwort'  aus  ^afe-sqon,  kynn*.  ate}}  aus  ^'ate-seqon.  Fürs 
Irische  ergiebt  sich,  wie  auch  nicht  anders  zu  erwarten,  .sc 
als  regelrechte  Vertretung  von  idg,  -sq-,  vgl.  das  eben  erwähnte 
aithesc  und  air.  insce  'Rede'  aus  "^'enisqiä  :  griech.  evicTie,  hit. 
insece,  ahd.  insagen,  lit.  isakyti. 

Ein  für  die  Behandlung  v(»n  -sq-  im  Brit.  ausschlagge- 
bendes Beispiel  steht  mir  nicht  zui-  Verfügung.  Air.  fescoi\ 
kxmx.  ucher  \\^y\\  'Abend'  sind  anders  zu  erklären,  als  Stokes 
will  (s.  unter  -sp-).  Ans  nibrct.  quehezl  =  ^kosqeflon  'Ge- 
rücht, Erzählung'  könnte  sich  ergeben,  dass  -sq-  ebenso  wie 
im  Anlaut  auf  britannischem  Sprachgebiet  behandelt  worden 
sei:  doch  wird  Jidi)  nur  auf  L'bertragung  aus  dem  Simplex 
resp.  auf  einer  späten  Komposition  beruhen.  Ir.  sesc,  kynn*. 
Jit/.^j)  (F.  he.sp),  bret.  hexp  'trocken,  unfruchtbar'  werden  auf 
eine  urkeltische  Gf.  ^sifsqo-  aus  idg.  ^sitqo-  'vgl.  av.  hisku, 
lat.  siccus)  zurückgehen ;  vgl.  das  unter  -tsk-  Gesagte.  Xur 
air.  cosc  :  kymr.  kosp  'Strafe'  macht  es  wahrscheinlich,  dass 
-sq-  im  Brit.  zu  sp  geworden  ist  (Gf.  also  '^'ko-sqo-),   da  beim 


326  Willy  Foy, 

Ansetzen  einer  Of.  '^kon-Hqo-  das  Felileii  der  L:ill,^•e  heim  o 
aull'allen  würde,  oliwold  auch  dies  in  den  keltischen  Sjjrachen 
vereinzelt  sieh  findet. 

;>.  -stt-  und  Verbind nn.i;en. 

Einlaches  -st-  wird  im  Ti-.  mid  Hrit.  meist  zu  .s'.s*  us-i  assi- 
miliert. Vg-1.  air.  aix,  aes,  kynn-.  o'ih,  oea,  koi'u.  Ini'is  aus 
*üiues-tu-  'Alter'  :  ai.  ciijns,  grieeh.  aie'c,  lat.  aenni/,  p>t. 
diics.  Air.  ross  'Wald,  A'org-ebirge'^  kynn-.  r/io.s  'Moor',  bret. 
ros  'ein  nnt  Farrn-  und  Heidekraut  bedeckter  Hüg-er  aus 
^pro-sto-s  :  ai.  pra.stha-  ^JJergebene,  Plateau'.  Ist  Windiselis 
Yerg-leichung-  (Ber.  säclis.  Ges.  AViss.  1892  S.  168,  172)  von 
gall.  vassus,  ir.  foss,  kynir.  gicas,  körn,  guas,  bret.  goaz, 
giraz  mit  griecli.  /acroc,  ai.  vas  (wozu  väsiu  'Haus'  usw.), 
lat.  vestibulum,  got.  wiscoi,  an.  visf  und  ahd.  icisf  'Wohnung' 
richtig,  so  ergiebt  sich  auch  für  das  Gallische  die  Assimila- 
tion von  .^f  zu  SS.  Es  würde  also  ein  urkeltischer  Vorgang 
sein.  Nun  linden  sicli  aber  in  den  keltischen  Sprachen  noch 
liäufige  .sf.  Zum  Teil  beruhen  sie  auf  jüngerem  Zusammen- 
stoss  von  s  und  f,  vgl.  kynn-.  elstedd  'Sitzung,  Sitzen',  abret. 
est  kl  'JJelagerung'  aus  ^'ex-sodilo-.  Aber  auch  sonst  seheint 
-.s^  im  lirit.  bewahrt  zu  sein,  vgl.  z.  15.  kynn-.  Ilosf,  l)ret.  lost 
neben  ir.  los  'Schwanz'  aus  */o.s'fo-,  ■''losfä. 

-pst-  führt  mit  Schwund  des  p  ebenfalls  zu  ss  (.s-).  Vgl. 
air.  kymr.  körn,  tes,  bret.  tez  'Hitze'  aus  "^-fepstu-  :  ai.  täpas, 
lat.  tepor. 

Anders  scheint  die  Lautgrupjje  -Ist-,  -qst-  behandelt  wor- 
den zu  sein,  vgl.  ai.  ecJitar  aus  '■^ekstero-  :  lat.  e.rtni ;  air. 
öchtar  üachtar  'hrdier',  kymr.  nthijr  'bewunderungswürdig' 
aus  '^'ouqstero-  :  i\'\\\  ÖS  uns,  kynn-.  «c/^  aus  ^'oiujsn  usw.  Doch 
kr»nnen  die  Grundformen  dieser  Wiirter  auch  -''ekteru-,  ^'oijq- 
fero-  gewesen  sein. 

-str-  scheint  bewahrt  geblieben  zu  sein,  vgl.  air.  Jestar, 
akymr.  lesfir  neben  lestr  in  tu.sJestr  'Weihrauchkästehen', 
nkynn-.  liest r.  körn,  lesfer,  bret.  lesfr  '(iefäss'  iStokes  'viel- 
leicht unkeltiseh').  Air.  cafhir,  kynn-.  (uiir  euer,  bret.  Ixue}' 
'Stadt'  k(tnnen  weder,  wie  Stokes  will,  auf  eine  Gf.  *A-<'/.v^r('/.'.s', 
*kastro-  zurückgehen  noch  auch  aus  lat.  castra  usw.  entlehnt 
sein.  Im  letzteren  Falle  sollte  man  castr  erwarten  (vgl.  schon 
Loth   \'ocab.  vieux-bret.  S.  (52  unter  calou,  Mots  latius  S.  95), 


Die  iiidog'ernianisflien  .v  Laute  (.s-  und  z)  im  Kellischcii.       327 

Avc'lclies  Wort  tliatsiiclilicli  im  Kynir.  und  lirct.  Aoi-kdiuiiit  ^j. 
Xaeli  den  keltischen  L:inti;-eset/.en  aber  sollte  sieh  ans  einer  (If. 
'■h'd.'^fi'el-!^  ein  '''coistii'  und  im  g-itnsti^i;-sten  Falle  ein  ■'x'ais{s-)ir 
entwickelt  haben.  Das  air.  catJiir  setzt  vielmehr  eine  (!t". 
'■'/lafi'el'is)  voraus.  Die  brit.  Worte  kr>nnen  meinei-  Meinun^ii' 
nach  mit  ihm  nur  dadurch  \erknüpt't  werden,  dass  man  an- 
ninunt.  sie  seien  aus  ihm  /.u  einer  Zeit  entlehnt  worden, 
als  fit  schon  zu  h  i^'cworden  resp.  geschwunden  war.  Sonst 
uiuss  man  eben  zu  dei"  nicht  besonders  wahrscheinlichen  An- 
uahme  seine  ZuHucht  nehmen,  dass  sie  zu  kvmr.  cae,  bret. 
cai  (PI.  caiou)  :  g-erm.  hag  g-eh(»reu  ( vg-l.  Loth  Vocab.  a.  a.  0.). 
Auf  '■■'casra  sind  sie  gewiss  nicht  mit  Loth  (]\[ots  latins  a.  a.  0.) 
zuriickzutiihren  (s.  die  Behandlung  von  -sr-).  Ir.  cathir  so- 
wohl wie  die  italischen  Worte  (lat.  castnim,  osk.  casfroc.s 
V'cn.  '"tundi',  casfrid  Abi.  'fundo',  umbr.  Iri.sfmvuf  ' hrndos'), 
die  auf  ein  ^'l'os-fro-  oder  */vY/^fy•o-  zurückweisen,  gehTtren  am 
^vallrscheiulichsten  zu  einer  Wx.  Idt  'bergen',  die  noch  durch 
lat.  c^/.s-.s/.v  "Helm',  (\ei\UQ.h  huf,  häfeu  l)elegt  ist  (vgl.  v.  IManta 
Usk.-Umbr.  Gramm.  I  422  f.  i. 

-sti-  scheint  bew^ahrt  zu  sein  in  kymr.  hnsfl,  körn,  hisfel, 
bret.  besfl  'Galle'  :  lat.  Inlis  aus  *o/.s'f?/.s'  und  vielleicht  an. 
Ifcisa  'Beule',  eiii-kcelsa  von  einer  giftigen  Person  gesagt; 
ferner  in  kymr.  (jicystijl,  körn,  guistel,  bret.  goeafl,  gall.  -gest- 
Jns  in  Cogestlus  'GeisseP  aus  '''geistlos. 

4.  -sj)-. 

Ein  ziendich  sicheres  Beispiel  für  sj)  liefert  die  Wort- 
f<ippe:  gall.  Crixos,  kymr.  crijcli,  bret.  crech  'kraus'.  Sie 
entspricht  dem  lat.  crispns  (woraus  gall.  Crispos  entlehnt) 
und  ist  entweder  früh  aus  dem  Ital.  entlehnt  oder  mit  dem- 
selben urverwandt.  Zu  vergleichen  ist  wohl  noch  ahd.  hres- 
pan  'rupfen,  raffen'  (Ik'zzenberger  bei  Stokes\  Ks  liegt  als<» 
ursprüngliches  -sp-  vor,  das  im  Gall.  und  IJrit.  zu  ./•  und  ch 
über  CS  geworden  ist-),  t'ber  den  Entwicklungsgang  von  -sp- 
■m  CS  kann  man  al)er  zweifelhaft  sein.  Wurde  -sjj-  erst  um- 
gestellt   zu  ps,    wie  .sc  zu  CS,    und    dann   zu  es?   oder   wurde 


1)  Auch  das  lat.  castellum  ist  entlehnt:  air.  caissel,  kymr. 
cesfj/ll,  körn,  und  bret.  castell  'Bollwerk'. 

2)  Über  di  j)1ierid  (zu  seir  'Ferse'  aus  =^.sy>eyff-),  in  dem  Stra- 
eliau  BB.  XX  36  Anni.  2  die  lautgesetzliehe  Behandlung  von  -sp- 
sieht,  vgl.  das  unter  sp-  Gesagte. 


328  Willy   Foy, 

es  erst  zu  sc  und  daiiii  zu  (•-s?  Die  Entscheid inii:',  dic^  zu 
Gunsten  des  letzteren  ausfällt  iviul.  Lotli  Voeal).  vieux-lnet. 
8.  143  unter  gauhi,  Zinnuer  KZ,  XXXIII  '2H\) ,  l)rin,i;'t  das 
keltische  Wort  für  'Abend'.  Air.  fescor,  u'iv.  feascur,  .uacl. 
feasgar,  nianx  fa>ffiji'  :  kynn-.  ucher,  körn,  gurfh-uher  'ves- 
peruni'  lassen  sich  unter  der  Voraussetzung-  eines  urkeltischen 
Vberg-anges  von  -sp-  zu  -.sc-  auf  die  beiden  Gf.  ^'vespero- 
und  ^-'tispero-  zurückführen  und  sich  dadurch  allein  mit  dem 
griech.  ecirepoc,  lat.  vesper  vereinig-en.  -^p-  fiel  also  urkeltisch 
mit  -sk-  zusammen^).  Von  der  Grundform  '-^vespero-  '^uspevo- 
ist  das  slav.  vecen,  lit.  i^äkaras  zu  trennen  (aus  ^veqero-  mid 
'^reqoro-,  vgl.  Joh.  Schmidt  Pluralb.  107.  Solmsen  Studien  z. 
lat.  Lautgesch.  25).     Vollkommen  unklar  ist  arm.  glser. 

Nach  dem  bisher  Erörterten  geht  wahrscheinlich  auch 
körn,  guhi-en,  bret.  giiolü  'Wespe'  auf  eine  Gf.  '^'vnspes  zu- 
rück 2),  obwohl  es  die  verwandten  .'sprachen  zweifelhaft  lassen: 
vgl.  lat.  respa,  ahd.  iccfsa,  ags.  väsp  und  räps,  lit.  vap.sä. 
apr.  2co])s<-',  aksl.  osa.  Air.  foicJi  ist  aus  dem  l)rit.  '■'ii/iochi 
entlehnt    vgl.  Zimmer  KZ.  XXXIII  27G  ff.). 

.").  -.s'«-,  -s7n-,  -sr-,  -d-  und  Verbindungen. 

s  assimiliert  sich  ir.  und  brit.  in  diesen  Verl)indungen 
an  den  zweiten  Komponenten,  so  dass  Doppelkonsonanten  ent- 
stehen, die  häufig,  nain.  nach  langem  Vokal,  vereinfacht  Aver- 
den.  Ein  Konsonant  vor  ,<?  schwindet.  —  Im  Gallisf'hen  sind 
die  betr.  Verbindungen  erhalten,  wie  man  aus  X'amen  wie 
Mosmerta,  Atesmerius,  Cintummis,  Cuslamis  usw.  ersehen 
kann. 

-sn-  zu  nn{n).  Vgl.  air.  (Z</» 'Kunst',  di'nia  'kühn'  aus 
*däsmi-,  ^düsnouo-H  :  ai.  däsa-  Sachkenner',  av.  ddiiha  'weise', 
griecli.  brjvea  'Anschläge'  usw. 

-sni-  7A\  mm  (ni).  Air.  ////.  am  'ich  bin'  und  uniini  wir 
sind'  aus  '-^esmi  und  '^esmes.  Air.  hoiu/ni  aus  ^•hliosineii  "His- 
sen,   Stück'  :  ai.  hhäsman-  'zermabnond,    vcrzehreiur,    Subst. 

1)  Ausser  den  ^-enannten  keltischen  Worten  für  'Abend'  linden 
•sich  noch  air.  fespcrfun  'abendlicir,  kynir.  f/osper  'Al)endj;'el)et\ 
bret.  i/oiisfifrou.  und  körn.  i/ires])er  ' Abeudyottesdicnst'.  Natürlich 
sind  dies  Lehnworte  aus  dem  lat.  cesper  und  Ableitungen. 

2)  Anders  Duvau  Memoires  de  la  Societe  de  Lingniistiquc  VIII 
2.% — 259  (vgl.  RC.  XV  14ö),  der  von  einer  Form  'h-rpsa  ausgeht  und 
annimmt,  ps  sei  zu  ks  geworden.  Das  ist  noch  nicht  bewiesen, 
aber  wahrscheinlich. 


Die  indo.ucniiaiiisc'lic'ii  .s-L;infe    x  nud  ,-)  im  Kcltiselien.       329 

'Aselic'^),  iilid.  Ixiii/ii/e,  hcniine  (lazii  haiaineii  iiasclion');  vgl. 
uof-li  ai.  (ipsn-  'ohne  Lebensmitter,  ij^viech.  övjjov.  ijjuj^öc  'Bissen'. 

-kxiD-  zu  II) m  [m).  Vg'l.  kymr.  cirem.  biH-t.  dreiaui  aus 
'^dvlcsmä  "Aublick,  Gesicht'  :  g-ricch.  bepYMÖc  "Blick',  bepT,Lia 
'"Anl)lick'.  Xir.  dreaiii.  gael.  dreamag,  bret.  dramm  'Bündel', 
aus  ^drefj-snio-  :  kriech,  bpdfua  'eine  Handvoll'  zur  Wz.  derg. 
drey  'halten'. 

-tsm-  zu  mm  im).  Vgl.  air.  dru'im.m,  kymr.  ^yvr?w 'Rücken' 
aus  '''drof.s-men  :  lat.  dorsiim  aus  ''dortsoia  (y). 

-psm-  zu  jum  (m).  Vg-l.  air.  fimme  'Hitze'  aus  '■■'f('ps- 
mijl  :  kynir.  hoijm,  körn,  toitif,  bret.  foe?n  'lieiss'  aus  '-'fe- 
pesmo-. 

-nsm-  zu  m.  Vgl.  air.  heim,  körn,  bom,  bret.  hoem,  bom 
'Schlag-'  aus  '^hensmen  oder  ^'beismen  (vgl.  Strachan  BB.  XX 
19  f.)  :  Wz.  bM  rs.  Thurneysen  KZ.  XXXI  83  f.). 

-sr-  wird  zu  rr  (/•).  Vgl.  air. /««• 'Sonnenaufgang',  kynir. 
gwau'v  '^lorgenröte'  aus  *uösri-  :  ai.  väsard-  'morgendlieh', 
grieeh.  eap,  lat.  vei\  lit.  vasard  usw.  Air.  c'iv  'Kannu'  aus 
'^qesra  :  lit.  Jca.sfjfti  'kratzen',  äy/.w  'Haarflechte',  aksl.  cesafi 
kämmen',  J:osa  'Haar'  usw.  Air.  ar  n-  'unser'  proklitiseh  aus 
''■psroji  (aus  *;?.s"?"o»)  :  got.  iDisar. 

-msr- 7A\  r.  Vgl.  air.  mir  'Stück  Fleisch'  aus  */>/r^/».s/'o- : 
lat.   membnini,  ai.   iixln/sa-,  got.   mimza-, 

-.s7-  zu  11  {l)\  gall.  ist  sl  noch  bewahrt.  Vgl.  air.  coli, 
akymr.  coli,  abret.  -colUn,  corn.  col-.  gall.  cosJo-  in  Coslum 
'Haselstaude'  :  lat.  corijhis,  an.  Iiasl,  ahd.  lidüaL  Air.  gell 
'Einsatz,  Pfand'  aus  '''gido-.  wozu  gellaim  'ich  verspreche'  : 
air.  giall  'Geisel'  aus  '^geislo-  (vgl.  aisl.  gisl,  ags.  j/s^;/,  ahd. 
glsal)  :  kynir.  girgsfyJ,  körn.  guisfeL  bret.  goesfj,  gall.  -gestio^ 
in  Coge.stJn.s  aus  '■'geisflo-.  Kyiur.  f/y////  'Bruchstück'  aus 
'^dhruslo-  :  grieeh.  Bpauuj  aus  *Bpaucuu. 


1)  Zuletzt  handelte  Pischel  A'edisi-lie  Studien  II  54  ff.  über  die 
altindisclie  Wurzel  bhas  und  ihre  Ableitungen.  Er  nimmt  für  sie 
die  Grundl)edeiituno-  'blasen'  an,  A'on  der  alle  anderen  abgeleitet 
sein  sollen.  Mir  ist  es  viel  wahrscheinlicher,  dass  wir  zwei  Wurzeln 
bhas  zu  unterscheiden  haben:  1)  'blasen',  2)  'zermalmen,  verzehren, 
fressen'  (daher  nicht  von  ISIenschen  gebraucht).  Zur  letzteren  gehört 
auch  bhasman  adj.,  Avenigstens  Rgv.  X  115,  2.  Ebenso  äussert  sich 
jetzt  Hülebrandt  ZDMG.  XCVIII  428  f. 

Indogermanische  Forschungen  VI  5.  OO 


330  Willy  Foy, 

-Isl-  zu  /.  \'i;I.  air.  fdl  Ziiimienixt'  aus  '■■'tökslo-^).  Ai. 
fdksdfi,  a\'.  fasa-  ''Axt',  iirieeli.  leKTuuv,  xöSov,  lat.  fe.vo,  aksl. 
tcsla  'lioir.  alid.  dehsala  'Heil.  Hacke'. 

-7.sV  /u  //  (/.).  V^^l.  air.  toU  Miohl'.  kyiiir.  /^r//.  hret.  fouU 
usw.  'I^(»eli'  aus  '^fm/slo-  :  grieeli.  tukoc  '  Meisser.  aksl.  /.>•- 
thLiiqfi  'ausgraben',  tiJdo  'Spitze,  Stachel'. 

().  SU-.  Nur  für  das  Ir.  stehen  mir  Beis])iele  zur  Ver- 
fü,gung-.  Inlautendes  -sii-  wird  hier  zu  /";  zu  h  nani.  im  Aus- 
hiut  und  vor  tönenden  Konsonanten.  Z.  B.  red.  Pf.  3.  »g. 
do-.se/'ai)in  =  ^se-monde,  3.  PL  do-sefnatar,  o.  Sg\  Imp.  Pracs. 
toihned  (zunächst  aus  Ho-fenned).  (Jen.  feibe,  Dat.  Akk.  feib 
'Trefflichkeit,  Schicklichkeit'  aus  urkelt.  '■^uesij-iids,  Dat.  i, 
Akk.  -in  neben  Nom.  fiu  aus  *ißsu-s  {*uesus). 

7.  -.v/-.  Im  Keltischen  scheint  i  nach  jedem  Konsonan- 
ten zu  -//-  geworden  zu  sein;  vgl.  ir.  caire,  akymr.  cared, 
caredd,  nkymr.  cerijdd,  bret.  carez  'Tadel'  aus  *kariä  :  lat. 
carmare  'schmähen,  schelten';  ir.  trölge,  kymr.  tniedd  'Elend' 
aus  Hroiigiä  :  An.  prt'iga  'bedrücken'-).  Für  unsern  Fall  (-.v/-) 
kenne  ich  nur  ein  Beisi)iel:  kymr.  liaidd,  bret.  heiz  'Gerste' 
aus  ■'■sa.slo-  (vgl.  ai.  .swy^/- 'Feldfrucht',  av. /irt/jT/rt 'Getreide'), 
wozu  vielleicht  iu)ch  ligur.  Akk.  istasicnn  'Koggen'. 

s.  -6-,s-.  Hierfür  mangelt  es  mir  an  sicheren  Belegen. 
Vielleicht  gehört  hierher:  ir.  brit.  hras  :  lat.  gros-sus.  Air. 
cas.s  'GcHecht'  vgl.  lat.  qnalns,  quahnti  ^getlochtener  Korb', 
quasilliis  ' Wollkrtrbchen'  usw.,  aksl.  kash  'Korb')  geht  wahr- 
scheinlich nicht  auf  ■^qa.sso-  (Stokes),  sondern  *qasfo-  zurück. 
Vielleiclit  liegt  eine  idg.  Bildung  mit  -.s-.s-  auch  in  den  ,«<'-Prä- 
teriten  des  Irischen  und  liritannischen  vor. 

.lungentwickeltes  -.s-.'*-  (aus  ks  im  Ir.,  aus  sf  im  Ir.  und 
Brit.,  aus  Dent.  +  Dental  ebd..  usw.'  blcHit  natürlich  ir.  und 
brit.  stets  als  .s.v,  s  erhalten. 

c.  Kons.  -(-  s  resp.  Kons.  +  ,v  -|-  Kons.,  wobei  aber  die   l'>nt\vic-klung 
des  .s-  von  dem  ersten   Kons.  ;il)li;ini.ii^-  ist. 

1.  -ks-  und  -qs-. 

Beide  Verbindungen  ergeben  im   Ir.  .v.v  (.s),  im  Writ.  ch{h), 

1)  Kigentlich  niüsste  als  Gf.  */ok-p/(>-  (mit  Ji  naeh  IJingmann 
Grundr.  T  40H/10  §  504)  angesetzt  Merden.  Die  Lantentwieklung  von 
-Jc/jl-  ist  aber  jedenfalls  diesen)e  wie  die  von  -Ä'.sV-;  vgl.  -qsl-. 

2)  Beiläuüg  sei  bemerkt,  dass  die  kymr.  Bildungen  des  Nom. 
Plur.  auf  -yd,  -ydd  nicht  nur  als  P'ormen  der  i-,  ii-,  sondern  auch 
der  /V>-Stämme  (Endung-  -/o/)  erklärt  werden  können. 


Die  indog-eniianisclieii  .v-Laute  (n  iiiid  z)  iin  Keltischen.       331 

im  Gall.   tiiulet   sieh  .r  und  .is  geschrieben.     Der  «-Laut   (Um 
idg.  q  hat  sieh  in  -qs-  wahrscheinlich  schon  urkeltisch  verloren. 

-A-.S-.  Vgl.  gall.  Dexsira,  air.  de.ss^  akynir.  hret.  dehou, 
körn,  di/yhoir  rechts'  aus  '^delso-  :  lat.  de.rfer.  gricch.  beEioc, 
g'Ot.  faihsva  usw.  Gall.  e.r,  air.  e  (als  selbständiges  ^Vort, 
sonst)  es-,  kymr.  eh-  (z.  B.  eh-ofijn  'furchtlos'  =  gall.  E-roh- 
nus)  \)  :  lat.  ex  usw\  Air.  coss  'Fuss'  :  ndul.  hahse  '"Hesse' : 
Gf.  *qokso--^  kynn-.  coes  niuss  aus  dem   lat.  co.ra  entlehnt  sein. 

-qs-.  Vgl.  air.  i>s  ;^r/.s-,  kymr.  iicli  aus  '■■'■oij(/so-  :  ai.  nksati, 
griech.  auEuu.  lit.  duks^fas  'h(»cir  :  A\'z.  aijq.  Air.  no  fes  'elfa- 
g-ianr  .s-Fut.  zu  teclüni  'Hiehen'  :  lit.  tekn.  Wz.  teij.  Palatales 
und  nicht  velares  k  (wie  Stokes  will)  enthält  air.  mos  '"bald'  : 
vgl.  av.  mosH   lai.  maksn,  lat.   nio.v). 

2.  -ts-. 

Es  wird  ir.  und  brit.  zu  ss  (s).  Vg-1.  air.  fel.s,  körn,  guis, 
bret.  giriz,  gicez  aus  '■^retsi  'Schwein'  :  ai.  cätsa-.  Kymr. 
chwys,  koru.  ichi/.s,  bret.  clioues  aus  "''s-ij/d-so-  \Sehweiss'  : 
griech.  Tboc,  lat.  .sfidof  usw. 

o.  -HS-,  -ms-  und  Verbindung-en. 

Im  allgemeinen  gilt  die  Regel,  dass  der  Nasal  vor  dem 
.•^  im  Ir.  und  IJrit.  mit  Ersatzdehnung-  sehwindet,  dieses  aber 
intersonantisch  erhalten  bleibt.  Es  erg-iebt  sich  daraus,  dass 
jener  noch  nicht  g-anz  g-eschwunden  war,  als  intervok.  .s  ir. 
und  brit.  zu  h  wurde  und  weiterhin  auch  dieses  verloren  ging-. 
Die  einzelnen  Fälle,  für  die  Strachau  J]B.  XX  ^»4  ff.  eine  An- 
zahl Beispiele  gesannnelt  hat,  sind  folg-ende: 

-ans-,  -ens-,  ebenso  -anks-,  -enks-,  -etds-  werden  zu  es  : 
air.  es,  kymr.  körn,  ois  uis,  bret.  oes  usw.  Den  bei  Straehan 
zitierten  Beispielen  ist  noch  folgendes  hinzuzufügen:  aii'.  bes, 
g-ael.  beiis,  bret.  hoez,  hoaz,  boes  ""Gewohnheit,  Sitte'  aus 
*bha)i.so-  :  g-ot.  baiists  'Scheuer',  ndid.  banse  Kuhstall',  and. 
bäss,  ditmars.  bös  dass.,  ai.  bhä.stt  dass.  (über  die  Bedeutung:s- 
entwicklung  vgl.  Windiseh  IF.  III  TT  f.  und  unser  tcohnen); 
anders  Straehan  BB.  XI\'  iWJ  laus  -^beid-ftt-  =  idg.  ^'bhendh- 
tu-,  Wz.  bhendh  'binden')-). 

-ens-,  -ins-  werden  zu  /s. 


1)  Brit.  es-  vor  Verschlusslauteii.   /..  15.  i^yiiir.  es-<jar,  koru.  es- 
kar:  air.  es-cara  :  Gf.  *eks-karanf-. 

2)  Die.selbe  Behandlung  erfahren  Leiinwörter  wie  lat.  pensum: 
kymr.  picys,  körn,  poys,  bret.  poe$  u.  a. 


332  Willy  Foy, 

-ons-  Avird  zu  ös. 

Für  -uns-  fehlt  ein  sicheres  Beis])icl.  Über  kymr.  cus 
'Kuss'  usw.  vg'l.  Brug'iiiaim  Gruiulr.  II  971   Amii.   1. 

Für  -iiif<-  kann  ich  nur  auf  ir.  nös,  mbret.  naux  'Ge- 
brauch' verweisen,  die  auf  eine  Gf.  '•'iiomso-  zurückg-ehen : 
griech.  vÖ)lioc,  lat.  numerus  aus  "^'nomesos. 

Junge  Verbindungen  von  ns  und  ms  bleiben  natürlich 
intakt,  wie  air.  insce  aus  '■^eni-sqiir,  air.  aimser,  kynir.  amser. 
körn,  anser  'Zeit'  aus  ^rid-messerä. 

4.  -rs-,  -Is-  und  Verbindungen. 

In  der  Verl)indung-  rs,  Is  assimiliert  sich  ir.  und  l)rit.  >• 
an  die  Li((uida,  so  dass  deren  Doppelkonsonanz  entsteht,  die 
vor  Konsonanten  usw.,  wie  g-ewöhnlich,  vereinfacht  wird.  Der 
vorausgehende  Vokal  bleibt  intakt.  —  Das  Gallische  schwankt 
zwischen  rr  [carrus,  Barrus  u.  a.)  und  rs  (versicnos,  JJor- 
sus,  Arsäcus  u.  a.).  Zum  Teil  kann  dies  auf  alten  Akzent- 
unterschieden beruhen  (vgl.  Barrus  neben  Boj'sus),  so  dass 
vor  dem  Ton  zu  rr  assimiliert  wurde,  nach  demselben  a])er 
nicht;  es  können  aber  auch  nur  dialektische  und  zeitliche  Un- 
terschiede vorliegen,  denen  wir  nicht  mehr  nachkommen  kön- 
nen.    -Js-  ist  gall.  erhalten  in  Alsa,  BciJsa,  heJ.sa  'Feld'  usw. 

Im  einzelnen  gelten  folgende  Regeln  (vgl.  Strachan  ]>B. 
XIV  315,  XX  37/8): 

-ars-  wird  zu  arr.  Vgl.  gall.  carros,  air.  kymr.  bret. 
carr  aus  *Ä'r.so-^)  :  lat.  currus  aus  Jcrs/'t-  zu  accersö  aus  *«(/- 
vers-sö,  as.  an.  hross,  alid.  Ju'os,  ags.  hors.  Air.  farf  'Durst' 
aus  Hrsto-  :  got.  paürstei,  av.  thursf.  ahd.  dursf  usw.  Aii*. 
ga7'b,  kymr.  garu-,  bret.  garii  'rauh'  aus  -'U/hr-s-no-  :  ai.  Jn-.j- 
t/afi  'starren',  lat.  horreo,  Tiorridus.  Ir.  farr  'Säule,  Pfeiler'. 
kymr.  jy^rf/rr  'Hinterhaupt,  Nacken'  :  Wz.  vers  in  ai.  vars- 
inan-  'Hödie'  usw.  Ir.  tarr,  al)ret.  tar  'Kücken'  aus  HrtjsCi  : 
kymr.  mbret.  forr-i  :  lat.  tcrgus.  Gall.  harrns  (in  Xamen). 
ir.  harr  'Gipfel',  kymr.  heryn,  körn.  har.  hre\.  harr  'Zweig' 
aus  *hhrso-  :  lat.  f'a(r)sfi(/ium   (vgl.   noch    ai.  h/irsfi-  'Spitze', 


1)  Über  kelti.scli  nr  =  idg.  f  vgl.  luv  dieses  und  die  lol.ucii- 
(leii  Beispiele  den  Exkurs. 

2)  Über  den  Vokaiisnnis  dieses  brit.  Wortes  bin  ich  im  Un- 
klaren; denn  auf  Horgsä  lässt  es  sieh  deshalb  nicht  zurückführen, 
weil  es  zur  e-Reihe  o-ehört  und  deren  2.  Hochstufe  bei  den  Nominal- 
bilduugen  mit  -cn  -os  und  ihren  Ableitungen  nicht  vertreten  ist. 


Die  indog-ermauischen  .s-Laute  (.<;  und  z)  im  Keltischen.      333 

abd.  an.  hur.^f,  ags.  bt/rst  'Borste');  daucheii  g-all.  Bornas, 
ir.  borr  'Stolz',  körn.  bo7-  'fett'  ans  ^bliorso-.  Ir.  farrach  aus 
Hi'.mlo-  'furclitsam'  :  Wz.  fre.'^.  Ir.  efarru,  etarro  'unter  ilinen' 
aus  efar  =  '■'enfer  und  -sie  (Akk.  PL  zum  Pronominalst,  .so-). 
Xir.  g-ael.  car]-  'Klippe'  aus  *ÄY/r.§o-,  air.  carrlc,  kymr.  l»ret. 
cco'vecc  'Fels.  Stein'  aus  Txtirseßni-  (?)  :  an.  herren  'steif, 
harren  'hart,  rauh',  nlid.  harsch;  hier/u  auch  ir.  carrach 
niudig-'  aus  '^karsäJxO-  :  aksl.  srrjchhJxh  'rauh'.  Diesen  zum 
Teil  durchaus  sichern,  zum  andern  Teil  mindestens  äusserst 
wahrscheinlichen  Etymolog-ien  i;-eg-enül)er  wird  es  zur  Gewiss- 
lieit.  dass  die  von  Zinnner  KZ.  XXX  i^ll  für  den  Übergang- 
von  -ars-  zu  er  geltend  gemachten  Formen  wie  adcjer  nach 
Stracban  \M\.  XX  22  f.  (vgl.  Thurneysen  KZ.  XXXI  81)  zu 
erklären  sind. 

-ers-  wird  zu  err.  Vgl.  air.  err  'Schwanz'  aus  '^ersä 
(wozu  auch  gall.  Ar.sacus'^  Ernault)  :  griech.  öppoc,  abd.  arfi. 
Air.  gerr  'kurz',  gerrahii  'Kürze',  kymr.  gerran  'Zwerg'  aus 
(jhers-  :  ai.  hrascd-  'minder,  kurz,  klein',  hrd^afl  'abnehmen', 
griech.  x^ipuuv.  Air.  ferr  'besser',  gall.  rersknos  :  ai.  vrsan-, 
lit.  viriizüi^  'das  obere',  aksl.  rrhchrj  dass.  Air.  eirr  'Kämpe' : 
griech.  äpcnv,  epcriv,  ai.  rsabha-.  Nir.  gael.  cearr  'linkisch, 
verkehrt'  :  lat.  cerrlfus  'verrückt',  lit.  skersas  'quer'.  Air. 
berr  'kurz'  (wozu  berraim  'ich  scheere'),  kynn'.  bjjrr  dass. 
aus  '^bhers-o-.s  :  griech.  cpdpcoc,  abd.  bref<tan  usw.  Air.  ferc 
's])ärllcir  :  alat.  fes(iuos,  tesca  PI.  'unwirtbare  Stätten'  :  (U". 
''■'fersqo-.  Auch  diesen  gewiss  äusserst  wahrscheinlichen  Ety- 
mologien steht  Zinnner  mit  seiner  durch  nur  zwei  Heispiele 
(air.  f/r  usw.  und  cir  'Kamm'i  gestützten  Ansicht  gegenüber, 
-ers-  werde  zu  ir.  Aber  cir  lässt  sich  mit  Stracban  sehr  gut 
auf  ■■■qesrä  zurückführen  (s.  o.),  und  auch  für  air.  fir,  akymr. 
knrii.  bret.  fir  ist  zugleich  mit  einer  neuen  xVutfassnng  von 
lat.  terra  eine  andere  Erklärung  als  die  bisherige  (aus  "^terso-) 
wahrscheinlich.  Dem  lat.  terra  steht  das  osk.  teerüm  gegen- 
über, das  gewiss  unserem  keltischen  AYorte  so  genau  entspricht, 
•dass  niemand  zau<lern  sollte,  sie  auf  die  gemeinsame  Gf.  ^'terom 
zurückzuführen 'i.     hat.  terra  ist  dann  für  *^em  eingetreten -), 

1)  Die  Flexion  des  ir.  Wortes  ist  unklar  und  Uaiiu  auf  sekun- 
dären Veränderungen  beruhen. 

2)  Dasselbe  seheint  ailerding's  schon  Khys  I^eetures  on  Weish 
philology  S.  98  r>  angenommen  zu  haben,  wenn  er  sagt:  The  instan- 


334  Willy  Foy, 

wie  lat.  nai'yare  l'lir  ^(jiKlrare  (vg-l.  Jiniguiaiin  (iruiidr.  1464/5); 
auch  hier  steht  dem  ausschliesslichen  Gebrauch  mit  Doppel- 
kousonanz  ausschliesslicher  Gebrauch  des  einfachen  r  im  um- 
brischen  narafii  iieg-eniiber^).  Gegen  die  lautlich  wohl  mög- 
liche  Verbindung-  unserer  Wortsippe  mit  griech.  CTr]pv{E,  ctii- 
pi^uj  —  *fe}'om,  *terü  wäre  dann  urspr.  'das  feste'  —  spricht 
der  Gebrauch  der  keltischen  Wörter.  Im  Ir.  wird  tir  fast 
oder  auch  nur  ausschliesslich  im  Sinne  von  Gebiet,  nicht  im 
Gegensatz  zum  Wasser  verwendet  (vgl.  Windisch  Wörterb.); 
dasselbe  gilt  für  die  brit.  Sprachen.  Dadurch  wird  es  wahr- 
scheinlich, dass  lat.  terra  seine  Bedeutung  'Erde'  erst  sekun- 
där erhalten  hat;  seine  ursprüngliche  Bedeutung  war 'Gebiets- 
komi)lex\  vgl.  .Tob.  Schmidt  Pluralb.  S.  10.  Ferner  werden 
wir  dadurch  genr»tigt,  die  irischen  Wörter  ftr,  fh'bn  'dürr, 
trocken',  tirma  'Dürre,  Trockenheit'  usw.  von  ir.  tir  'Land' 
zu  trennen.  Scheinen  sie  ihrer  Bedeutung  nach  auch  sehr 
gut  zur  Wz.  fL'i-s  'trocken,  dürr  sein '  zu  passen,  so  müssen  sie 
davon  doch  aus  lautlichen  (tründen  ferngehalten  werden,  da 
sie  das  einzige  Beispiel  für  einen  Übergang  vcm  ers  zu  /;•  bil- 
den würden.  Sie  sind  vielleicht  mit  dem  alb.  ter  'ich  trockne' 
'/usammenzustellen,  womit  G.  Meyer  Alb.  Studien  III  72  nichts 
anzufangen  weiss;  dieses  geht  dann  auf  ^fairo,  das  air.  tir 
auf  ^'tirö-  zurück. 

-ors-  wird  zu  orr.  Vgl.  gall.  Borsus,  ir.  harr  'gross, 
stolz',  körn,  hör  'fett'  aus  '^'hJiorso-  s.  o.  ir.  dorr  'grol)'  :  ccch. 

ces  alluded  to  ;ire  those,    wliere  Welsh  and  Irish  have.  t  answerin«;' 
to  Latin  e,  as  follows:  —  (Uynir.)  tir,  ir.  tir,  lat.  terra. 

1)  Bleibt  .so  für  das  Oskische  nur  eine  Vertretung-  de.s  idg. 
-TS-,  näml.  /•/•,  wie  im  Lateini-sclicn,  Ijestehen,  so  handelt  es  sich 
darum,  den  angeblichen  \Veehsel  von  ?-.s  inid  /•/'  =  idg-.  -rs-  im 
Umbr.  und  Pälig-n.  von  neuem  in  Erwäg-ung-  zu  ziehen.  Nun  giebt 
08  im  Umbrisclien  nur  2  Beispiele,  die  /•/' =  rs  enthalten  könnten: 
parfa  und  der  Eigenname  Serfo-  (vgl.  v.  Planta  Gramm,  der  osk.- 
umbr.  Dial.  I  486  ff.).  Ersteres  erklärt  Brugmann  Berichte  der  sächs. 
Ges.  1890  S.  210  aus  *parhhä  gegenüber  lat.  pnrra  aus  *pära.  In 
Bezug  auf  umbr.  Serfo  neben  osk.  kerT'i,  pälign.  Cerfum  neben  Cerri, 
mars.  Cerf'ennia  ist  es  mir  das  Wahrscheinlichste,  dass  wir  es  in 
diesen  Worten  mit  jungem  -rs-  (resp.  -rz-)  zu  thun  haben,  das  im 
Osk.  und  einem  Teile  des  Pälig-n.  mit  altem  -rs-  zusanimentiel,  im 
Umbr.,  Mars,  und  dem  and<'ren  Teile  des  Piilign.  aber  anders  be- 
liandelt  wurde,  l'ber  eine  andere  Möglichkeit  der  Erklärung  s. 
I'lanta  «.  a.  <>.  S.  4!tO. 


Die  indoii'ennaiiisc-lH'ii  .s-Laiite  (x  und  z)  im  Keltisclieii.       3.'35 

drsen  'raiili ',  drsnafi)  '  liol])eri^-\  Ir.  co>"r  aus  */i'0)7i'.w  :  kyiur. 
cvfjdiijdiL  körn.  cherJiit,  abret.  corcid  ans  *krk}io-  ^'korkiio- 
' Kranich'  :  g-riecli.  KÖpaE,  lat.  cornix  (V). 

-als-  wird  zu  all.  V,i;'l,  air.  all  'Klippe'  aus  ■•v/Z.s-o-  (wo- 
neben all  'Fels,  Stein'  aus  *r/?eA'-)  :  lit.  «Z^/  'Fels',  lett.  ola 
'Stein,  Kiesel';  oder  /u  ahd.  felis,  an.  fjall  'Berg',  ai.  pä- 
Sana-  'Stein',  g-riech.  rreWa  •  XOoc  (Hesyeli),  dann  aus  *p/so- 
(resp.  ^plsek-)'^  (vgl.  den  Exkurs i. 

-eis-  wird  zu  eil.  Vgl.  air.  mellaim  'icii  betrüge'  aus 
*melsö,  mell  'Sünde,  Fehler'  aus  *melso-  :  griech.  ßXdcqpiiuoc, 
lett.  meist  'verwirrt  reden'  i'vgl.  noch  griech.  laeXeoc  'vergeb- 
lieh', arm.  //?(^/ 'Sünde'  usw.).  Kynir.  cy/y?-//^«/ '(ielenk',  körn. 
7iiaV],  bret.  mell  'Knöchel'  aus  '^melsa  :  g-riech.  lue'Xoc,  ai. 
onarman-  'Gelenk',  lit.  melmu  'Rückgrat',  lett.  melmet'il  Kreuz' 
(Bezzenberger  l)ei  Stokes). 

111.     Im  Aushiut. 

Im  Oallischen  und  auf  den  Ogaminsehriften  ist  einlaches 
ausl.  .s-  noch  erhalten,  ebenso  g-all.  -.r,  Avährend  -ns  zu  -ss  ge- 
Av<trden  zu  sein  scheint  (vg-l.  artva.ss  '(irabsteine'.  falls  inschrift- 
lich Ixi  =  ss  ist).  In  der  historischen  Zeit  des  Ir.  und  l>rit. 
ist  aber  jedes  auslautende  oder  in  AusIautsgTup])en  stehende 
,S'  geschwunden.  Über  die  einzelnen  Fälle  in  der  Deklination 
vgl.  Stokes  Celtic  declension  BB.  XI  158  fF.  Beispiele  anzu- 
führen kann  ich  mir  bei  dieser  ))ekannten  Tliatsache  ersparen. 

Idg.  z  findet  sieh  nur  in  ^'erbindung  mit  nachtulgeniKM* 
Media  und  Media  as])irata.  l-'ürs  Keltische  sind  Iiisher  nur 
die  beiden  Lautgruppen  zdJn  und  ztjji),  zgh  zu  l)elegen. 

1.  --dhy. 

Im  L'rkeltischen  war  es  gewiss  n<»eh  erhalten,  wie  man 
aus  der  Bewahrung  von  zg  im  (Haliischen  schliessen  kann.  Im 
Ir.  und  I>rit.  wurde  z  zu  d.  dd  ging  im  Ir.  in  dd.  d,  aii'.  f 
oder  ff  geschrieben,  ültci-.  Im  Hrit.  wurde  es  zu  dd  und  wei- 
ter kymr.  zu  fJi  p),  körn,  zu  d  später  th),  l)ret.  zu  z.  \  gl. 
air.  tieft,  manx  edd,  kymr.  ni/t/i,  akorn.  tieid,  später  indtli 
lufth,    bret.  nez,    nezz,    neiz  aus   *neddos  (idg.  "^nizdo-s)  :  ai. 


1)  ])as  kynir.  koni.  (d  ist   liier  woii]   kaiiiii  ^i'lfirli   idi;-.  /    s.  den 
Exkiirsi.  sondern  in   der  Tonlosiü'keit  aus  el  ei]tstan<leii. 


336  Willy  Foy, 

nidä-,  arm.  nist,  lat.  nldus,  alul.  nest.  Im  iibrig-eu  vgl.  Tliiirn- 
eyj>eii  KZ.  XXXIl  iüö  f.  An  ciiiig^ermasseii  sicheren  Beispie- 
len seien  noch  liin/,ni;et"iig-t:  Ir.  duU  'Sehwein'  aus  ^'mazdä  : 
ai.  niedas  Tett',  rnhlana-  'iMästuni;-',  ahd.  iniiHt  ^^Ivi^i,  ge- 
mästet'. Ir.  (itt  '  llüekcr.  Geschwulst'  aus  "^azdo-  :  ag-s.  öst 
Mas  Rauhe  an  einer  Krache,  Knorren  am  BaunT,  nnid.  öfif 
'Knorren'.  Kynn-.  llifhro  'g'leiten',  lUthrig  'schlni)trig-'  aus 
Hlzdh-  :  g-riech.  6-XicBdvuu  'gleite',  ö\ic6r|pöc  'schlii[)frig'.  Kymr. 
cictJn-  'After,  Mastdarm'  aus  ^'hizdhro-  :  grieeh.  kucGoc  'Hcili- 
lung,  weibliche  8eliam'  aus  ^hizdho-, 

Für  den  Anlaut  hat  Johansson  IF.  II  4  ein  Beispiel  bei- 
gebracht: ir.  tcnga,  tenge  aus  Hng(u)a  =  ^'zdijgJmä  'Zunge'. 
Es  sei  hier  notiert,  ohne  dass  ich  es  für  sicher  ausgebe. 

2.  -zgih)-,  -zgh-. 

Das  sicherste  Beispiel  ist  tVdgendes :  gallolat.  mesga  (= 
mezgd)  'Molken',  air.  tnedg,  nir.  ineklhg,  kymr.  maküL  körn. 
maith,  abret.  )iieid  'Mark'  :  ai.  majjdn-,  av.  mazga,  lat.  7ner- 
gus,  ahd.  as,  iiuirg,  lit.  mazgöt'i  'waschen',  slav.  mozgrj  (vgl. 
Thurneysen  KZ.  XXVI 11  U)2l  Es  ergiebt  sich  hieraus,  dass 
-zf/-  im  Urkelt.  noch  erhalten  war  und  im  Gall.  erhalten  blieb. 
Im  Ir.  wurde  es  zu  dg,  geschrieben  dg.  Im  Brit.  ergab  -zg- 
zunächst  -gz-'^i,  wie  -.s7>-  ein  -Ä-.s-  (s.  dieses),  und  dieses  wurde 
iil)er  jd  zu  id. 

Bestätigt  wird  unsere  Ansicht  durch  kymr.  Idoedd  F. 
'Geschrei,  Gejauclr/e',  das  aus  'HMozgha  zu  erklären  ist:  vgl. 
grieeh.  cpXoicßoc  'Brausen,  Getöse',  lit.  hläzgu  hldzgefl  'schal- 
len, klappern'.  <ih  tiel  nach  Osthoff  IF.  IV  264  f[".  urkeltisch 
mit  g(h\  zusannuen.  Xur  ungern  trennt  man  ir. />/o.sr 'Getöse' 
von  dem  kymrischen  Wort;  doch  sollte  man  nach  medg  ein 
*blodg  erwarten,  und  icli  sciu'  keinen  Grund,  der  diese  Ent- 
wicklung v('rliin(U'i-t  haben  sollte.  Stokes  führt  es  in  seinem 
urkeltisclien  Sprachscliatz  auf  '■'hUtskos  zurück  und  vergleicht 
grieeh.  cpXuaE,  qpXiJoc  '(4esclnvätz':  das  ist  eine  annehmbare 
Etymologie  (vgl.  Brelhvitz  Etym.  W'r.rterbueh  unter  cpXoaE  uml 
qpXuuj  .  Oder  aber  wir  lialx'u  es  in  dem  irischen  Worte  mit 
einem   andern  Sutlix.   niinilieli  -(/<>-  v.w  tliun.  so  dass  das  ir.   und 

1)  Möglicli  wäre  es  auch,  dass  -:;//-  ir.  und  l)i-it.  '/u  r///  <;-e- 
worden  ist  und  dann  erst  die  t)ril.  Umstellung-  von  Htf  /.u  (/(t  sich 
voll/.o^cn  hat.  Schon  Lotli  v(>nMUtet  Vocab.  vieux-brct.  S.  1.S3  un- 
ter inani,  dass  iliesps  liir  ^mtiid  slclic. 


Die  indog-ermanischen  .s-Laute  (.v  viiul  z)  im  Keltischen.       337 

das  kymr.  Wort  im  Grunde  g-enonimen  doch  etymolog-isch  ver- 
wandt sind. 

Über  ir.  rg  =  zg  in  nachtouig-er  .Silbe  vgl.  Thurneysen 
KZ.  XXXII  569. 

Exkurs. 

Keltiseli  ai\  al  =  idg.  /■,  /. 

Über  die  Entwicklung  der  sonantisclien  r  und  /  in  den 
einzelnen  idg.  Sprachen  herrscht  hie  und  da  noch  Unklarheit. 
80  ist  es  auch  in  Bezug-  anf  die  keltischen  Sprachen. 

Bekannt  ist,  dass  r  allgemeinkeltisch  zu  vi.  Vi  wurde, 
auch  im  Anlaut  (vgl.  ir,  lern  'Ulme'  aus  ^'Imo-^  :  lat.  nlnms, 
an.  dhnr,  ag-s.  ahd.  el/u);  weiter  die  Entwicklung  von  rr  und 
//  zu  ar,  cd:  schliesslich  die  Vertretung  von  7  durch  lä  und 
f  durch  rd  im  ürkeltischen.  Vgl.  Brugraann  (irundr.  I  2o8/9. 
Für  rä  =  idg-.  r,  wofür  Brugmann  keine  Beispiele  anführt, 
vgl.  z.  B.  ir.  träinin  'kleiner  Orashalm'  :  ai.  tfna-  'Gras, 
Grashalm',  got.  paürnus,  aksl.  trjjm  'Dorn';  dazu  kymr.  cgn- 
rJwni/n  'Holzwurm',  körn,  contronen  'Wanze',  bi'ct.  conf ron- 
nenn 'ver  de  viande'  :  Gf.  ^kon-frno-  :  griech.  repiibojv  'Holz- 
wurm', xpavöc  'durchbohrend'  :  idg.  Wz.  tev  'durchmachen, 
durchbohren,  durchreiben'.  Korn,  fraii  'Krähe',  bret.  frau 
'Eule'  aus  '^'spJ-ua  (s.  0.  unter  spr-K  Auch  ir.  gt'dn,  kymr. 
(jfon-ijn,  körn,  gronen,  bret.  greunenn  'Korn'  braucht  nicht 
auf  einer  Entlehnung-  aus  dem  lat.  granum  zu  l)eruhen,  son- 
dern kann  mit  ihm  urverwandt  sein. 

Xun  giebt  es  aber  aus  den  kelt.  Spraclieii  eine  Beihe 
von  Fällen,  in  denen  ein  ar  auftritt,  das  nach  der  Etynn>lo- 
g,ie  der  betr.  Worte  nur  einem  idg.  r  oder  ?  entsprechen  kann. 

Schon  Brugmann  Grundr.  11  li'T  und  Strachan  Bl).  XIV 
.Tl.')  Amn.  vermuten,  dass  kelt.  ar  einem  idg.  ?  entspräche. 
Ihnen  haben  sich  andere,  z.  B.  Per  l*er.><.son  Zur  Lehre  von 
der  Wurzelerw.  und  Wurzelvar.  S.  8*)  izu  farraclv,  angeschlos- 
.sen.  Es  würde  also  ar  neben  ra  in  derselben  AVei.se  wie 
g-riech.  op  neben  puu,  lat.  ar  neben  ru  stehen.  Meiner  ]\Ieinung 
nach    sind  so  jedenfalls  folgende   beiden  W(»rter  zu   erklären : 

Kymr.  .sarn  '"Fläche'  aus  '''sfrnn-  :  ai.  sftrnd-.  griech. 
ctepvov,  ahd.  sfirna. 

Kymr.  körn.  bret.  dam  'Stück,  Teil'  aus  ''Ulrnö-  :  ai. 
d.lrnd-,  griech,  bepuu,  got.  dis'-fairan.  lit.  d'/rfi.  aksl.  dera^. 


338  Willy  Foy, 

Ein  ciits])rcc]ioii(los  lU'ispicl  für  al  =  idii.  /  l)ietet  sich 
vielleiclit  in  ir.  siuiUf  Spalte'  ans  '■■■sf//t/-  :  ir.  scoiltim  'ich 
spalte',  \\t.  sl-elfi;  ^^eitel•  in  bret. /W?/^ 'Spalte',  fnufa  ' s\)a\tcn' 
ans  '^'.'ip'hJfä,  "^sjjiJiVfo  :  i;-erni.  spalten  nsw. 

Andere  Fälle  für  <ir,  denen  in  den  verwandten  Sprachen 
nur  /•  (nicht  ?)  ;!;-eg'eniil)erstelit,  sind: 

(iall.  carro/^,  air.  kymr.  bret.  cdn'  'ein  Wag-en'  :  lat. 
curnis,  as.  an.  hros.s  :  Gf.  *Ä";'.s'o-. 

Air.  farf  'Durst'  :  ,i;ot.  pdt'ü'sfei,  as.  fJuirsf,  alid.  durst 
usw.   :  (!f.  'Hi'sfö-. 

Ir.  ort,  kynn-.  urfli  (aueli  in  Arfh-I)()dn) 'WAr' :  n\.  rlsa-f 
grieeii.  upKioc,  lat.  nrsus  :  Gf.  ^rlpo-. 

Zweifelhaft  (ob  v  oder  [•  enthaltend j  sind: 

(lall,  arduo-  in  Ardnenna,  ir.  ard  'hoch'  aus  *PdJmo-  : 
ai.  ürdhcd-,  i;-ri(M'h.  opöoc,  lat.  ardi(ii><  mit  r.  av.  er''dhwa 
mit  /'. 

Ir.  tan'  'Ivüeken',  abret.  far  <lass.  ans  ^fffi-sa  :  kynir. 
inbret.  torr  <niit  einem  mir  unverständlichen  o),  lat.  fergufiy 
ter(}nm. 

(Jall.  Jiarrns,  ir.  b(tn',  kynir.  heri/it,  kurn.  Ixrr,  bret. 
harr  aus  '■^hhPso-  :  lat.  pr  rjsfigiuii/  mit  /'•,  ai.  hJir.jfi-,  ahd. 
7y«r.sf  '  Horste'  mit  r. 

Ir.  forrac/i     furchtsam '  ans  ''■'frsa/.-o-  :   Wz.  fre.s. 

Ir.  /W>'r  'Säule,  Pfeiler',  kymr.  (fn-arr  ' IIinterko])f,  Nacken' 
aus  '-'rrso-  :  Wz.  vfirs. 

Ir.  f/nrh,  kymr.  gcn'tc,  l)ret.  (/(ini  'ranh'  ans  ""'(/hr.s-uo-  : 
ai.  hrsfjiii'i.   lat.  horreo,  /iurrid/is. 

Von  den  drei  Beispielen  des  zweiten  Falles  enthalten 
nun  die  beiden  ersten,  ^all.  carros  nnd  air.  fart,  ein  .v  hinter 
dem  /•;  dasselbe  gilt  für  die  letzten  vier  Beispiele  des  dritten 
Falles  ('üall.  han-us,  ir.  farrdch,  ir.  farr,  ir.  (jarh).  Sollte 
da  nicht  die  N'ermiitnnii'  berechtiiit  sein,  dass  idi^-.  /■  vor  .s- 
im  Keltisclien  zu  ar  ,ü-ew(»rden  ist?  So  viel  ich  ,::eselien  habe, 
spricht  kein  Heispiel  dai;e^en.  \'on  den  obi-n  an,i;efülii"ti'n 
Worten  zeiii'cn  dami  ;i'all.  <irdnn-,  ir.  ard  und  ir.  farr,  aluct. 
tor  in  ihrem  ar  den  Vertrett'r  von  i\  woix'i  zu  beachten  ist, 
dass  bei  dem  ersteren  auch  die  meisten  verwandten  id.:;-.  Spra- 
chen anf  r  weisen. 

Kiner  bes(»nderen  Ijkiäiini.::'  bedarf  so  nur  noch  ir.  arf, 
^ymv.  (ii'f/i     l)är'.      Die   verwandten   id^.  Sprachen   eriicben   als 


Die  indog-ermanisclien  .s-Laute  {s  und  z)  im  Keltischen.       339 

Gf.  *>-A^o-.  Das  Fehlen  des  l-  in  den  keltischen  Worten  Hesse 
sich  von  vornherein  auf  zweierlei  Art  erklären.  Einmal  wäre 
es  inriglich,  dass  nach  der  Entwicklung-  von  r  zu  ar  das  k 
zwischen  r  und  f  ausgestosscn  wurde.  Dabei  wäre  aber  die 
Vertretung-  des  idg.  ;•  durch  ar  unerklärt.  Oder  aber  wir 
nehmen  an,  dass  kp  über  yp  (vgl.  urkelt.  yt  aus  1d)  zu  ])p^ 
p,  ir.  weiterhin  zu  ff,  f  wurde;  dass  aber  die  »Stute  pp  schon 
zu  der  Zeit  erreicht  war,  als  idg.  ;•  sich  im  Urkeltischen  vor 
s  zu  ar  zu  entwickeln  begann.  Wir  müssen  dann  unser  oben 
autgestelltes  Lautgesetz  nur  erweitern  und  sagen,  dass  idg.  r 
vor  allen  Zischlauten  (also  auch  vor  p)  in  ar  verwan- 
delt wurde.  Auch  bei  dieser  Fassung  des  Lautgesetzes  habe 
ich  kein  gegenteiliges  Beispiel  gefunden. 

(ileiche  Fälle  für  al  =  /  stehen  mir  mit  Sicherheit  nicht 
zu  (lebote.  Vielleicht  gehört  hierher  air.  all  'Klippe',  ail 
'Fels,  Stein'  aus  "^p/so-,  '^p/sel-  (s.  oben  unter  -als-).  Ande- 
rerseits kenne  ich  auch  kein  keltisches  Wort  mit  sicherer  Ety- 
mologie, in  dem  //  aus  /  vor  .sr  entwickelt  worden  wäre;  über 
ir.  sliss,  kymr.  ysflys  s.  o.  unter  sfl-. 

Die  Kichtigkeit  meiner  Ansicht  über  ar  =  idg.  ;•  (res]). 
al  =  /)  hängt  davon  ab,  ob  in  Zukunft  zwingende  Etymolo- 
gien gefunden  werden,  die  ein  Auftreten  des  ar  auch  unter 
aiulereii  Bedingungen  als  den  von  mir  aufgestellten  erweisen 
würden.  Dass  wir  es  jedenfalls  in  den  von  mir  angeführten 
W(irtern  mit  einem  ar  zu  thun  haben,  das  eiuem  idg.  >•- Vokal 
entspricht,  scheint  mir  sicher  zu  sein. 

Leipzig,  Nov.  181)4.  Willy  Foy. 


Die  srriechischen  Lokative  auf  -ei. 

Es  lässt  sich  nicht  bezweifeln,  dass  der  Lokativ  Sing. 
der  ^'o-Stänmie  in  indogernnmiscdier  Urzeit  durch  Anfügung 
des  Kasussuftixes  -i  an  den  Stannn  auf  -e  (vielleicht  auch  schon 
daneben  an  den  auf  -o)  gebildet  worden  ist.  Dass  uns  noch 
die  ursprüngliche  /-lose  Bildung  in  Resten  erhalten  sei,  ist 
wahrscheinlich.  Sie  wäre  vor  allem  in  den  ai.  Adverbien  auf 
-fra,  vgl.  dfra  fätra,  zu  suchen,  wie  ich  in  meiner  urgerman. 
Grammatik  S.  ]S4  Fussnote   vernmtet   habe.     Weniger   sicher 


340     Wilhelin  Streitberg-,  Die  g-riechischen  Lokative  auf  -ei. 

ist  die  Frag'C  zu  entselieideii,  ob  nucli  die  lit.  Lokative  auf 
-e,  z.  B.  f/lfe  hierher  g-ehöreu,  vyl.  IF.  Anz.  II  17<);  denn 
der  Ausi;-ang-  lässt  m(>f;-licherweise  noch  eine  andere  Deutunu- 
zu,  vgl.  Zul)aty  oben  S.  284  fl". 

Trat  -/■  an  den  Stamm  auf  -e,  so  entstand  ursprünglich 
zweisilbiges  -e-L  das  im  Laufe  der  Zeit  den  z\veigii»tligen 
Diphthong  -el  ergeben  miisste.  Er  liegt  in  den  normalen  griedi. 
Lokativen  auf  -ei  Aor,  z.  B.  ireT,  eKei,  oi'Kei  u.  dgl.  m. 

Neben  diesen  regelmässigen  Bildungen  erscheinen  aber 
im  Griechischen  auch  Lokative  auf  -ei,  vgl.  z.  B.  dBeei  (lin- 
mer),  dcuXei,  cicTTOvbei,  TTavbiiiuei  u.  a. 

Soviel  ich  sehn  kann,  hat  man  diesen  l)etonungsunter- 
8chied  bisher  völlig  vernachlässigt.  Man  scheint  sich  nicht 
einmal  bewusst  geworden  zu  sein,  dass  der  Akzent  von  dGeei 
neben  dem  von  eKei  überhaupt  irgendwelche  Schwierigkeit 
bereitet.  Und  doch  liegt  die  Frage  so  nahe:  wie  erklären 
sich  die  griech.  Lokative  auf  -ei,  wenn  die  Verschmelzung 
zweier  Silben  in  der  Urzeit  zweigipfligen  Akzent  ergeben  nuiss"? 
Warum  stinnnt  nur  ein  Teil  der  griech.  Lokative  mit  dieser 
Eegel  überein  ? 

Die  Antwort  ist,  glaub  ich,  die  folgende. 

Der  Unterschied  zwischen  dBeei  und  eKei  ist  genau  der- 
.selbc  wie  der  zwischen  eKTTobuuv  und  irobOüv  und  wie  der  zwi- 
schen Kai  und  lit.  An/. 

Wie  ,1.  Wackernagel  KZ.  XXVIII  i:50  f.  eine  Keihe  von 
Akzenteigentündichkeiten  bei  Bräpositionen  und  Konjunktionen 
durch  Proklise  erklärt,  so  hat  auch  F.  Solmsen  KZ.  XXXIil 
300  diese  herangezogen,  um  die  Akzentvcrschiedenheit  von 
Kai  und  l-a?  zu  erklären.  Ebenso  hat  II.  Hirt  Akzent  S.  4.) 
<lie  seltsame  Betonung  von  eKTTobujv  aus  der  enklitischen  An- 
lehnung von  -TTobuuv  an  die  vorausgehnde  Brä])osition  herge- 
leitet. 

Dieselbe  Erklärung  ist  al)er  aiieii  auf  dOeei  und  Genossen 
iinwendbar.  Aus  dem  Umstand,  dass  im  Lokativ  Sing,  kon- 
.sonantischer  Stännne.  ebenso  wie  im  \'okativ,  häutig  die  Deh- 
muig  unterl)leil)t.  Iiab  ich  IF.  III  D'ü  l'.  den  Schluss  gezogen, 
d('\-  Lokativ  müssr  in  weitem  Undang  enklitisch  gestanden 
haben.  Ist  diese  Annahme  richtig,  so  erklärt  sieh  der  Akut 
in  dSeei  nicht  anders  als  der  in  Kai.  .la.  man  kann  die  Brii- 
jKirtion  aufstellen: 


F.  Kluge,  Vokatlvl'onneii  im  Alt('iii>'lisclien?  3-41 

dOeei  :  *d-9eei  (vg-1.  dBeoc)  =   eKTTobuuv  :   eK-TTobuJv. 

Der  Akzentunterschied  zwisclicn  d9eei  und  £Kei  ist  also 
e1)ens()\venig-  der  idg.  Urzeit  zuzuschreiben  wie  der  zwiselien 
eKTTobdjv  und  TTobüuv,  zwischen  Kai  und  ka/. 

Freihuri.'  i.  d.  Sclnveiz.         Wilhelm  8t  reitberi;-. 


yolvativforiiieu  im  Alteiiglisclieii  J 

Der  (Jedanke,  den  Jiülhring-  IF.  VI  140  soeben  veröticnt- 
licht.  hat  auf  den  ersten  Blick  wohl  für  manchen  etwas  be- 
stechendes und  es  wäre  ja  auch  hübseh,  wenn  wir  alte  laut- 
gesetzliche  Vokativformen  im  Westgermanischen  noch  anträfen. 
Wer  sich  jedoch  mit  dem  Kentischen  beschäftigt  hat,  wird 
nicht  gleich  zustimmen  und  bei  näherem  Zusehen  ergibt  sich 
die  Haltlosigkeit  der  Behauptung.  An  sich  ist  es  schon  un- 
wahrscheinlich, dass  g-rade  nur  in  Partizipien  solche  alten  Voka- 
tive erhalten  sein  sollen;  denn  ihre  Flexion  ist  im  (Jerm.  und 
speziell  im  Angels.  keinesweg-s  altertündich  und  grade  ein 
kent.  Sprachdenkmal,  das  von  jenen  Formen  wie  icalden  und 
sceppen  etwas  weiss  —  die  kent.  Glossen  ZfdA.  XXI 1  —  zeigt 
jüngere  Flexionserscheinung-en  im  Partizip.  Vor  allem  aber 
spricht  das  Kent.  selbst  gegen  eine  Autfassung,  wie  Bülbring 
sie  äussert.  Es  wird  nämlich  im  Kent.  auslautendes  ng  gern 
bloss  n  gescin-ieben,  also  hren  für  hreng,  stron  für  sfrong 
(auch  im  Silbenauslaut  lünrad  für  lüngrad  'hungert').-  Xach 
Zupitza,  der  a.  a.  0.  S.  11  dies  aus  den  kent.  Glossen  fest- 
stellt, ist  so  in  derselben  Weise  "im  Auslaut  d  abgetallen  in 
heccen  für  becgend  hjjcgend,  icrehtea  für  irrehfeud";  er  hätte 
hinzufügen  können,  m  pundergeon  b4ib  für  pundergeond :  und 
so  steht  behecddenra  10;^>0  für  hehealde)idra  (wohl  auch  scepp- 
tenras  245  für  sceppendrasT),  geirihiienJic  23<-!  iür  geicilni- 
endlic  T1>1,  iiudüeöenlic  d'2'2.  lUol  für  undsedendlic  471.  Also 
nd  im  Silben-  und  im  Wortauslaut  wird  kent.  konform  dem 
ng  behandelt.  Und  wenn  neben  xceppen  auch  sceppend  steht 
(in  den  kent.  (dossen  begegnen  dgend  hodiend  hismeriend 
Idiicend  speriend  feiend  u-f/'e)'e)id),  so  glaube  ich,  dass  man 
in  diesem  Dialekt  bezüglich  des  auslautenden  «cZ — n  keinerlei 
Aufschlüsse  fürs  Urgerm.  oder  vielmehr  fürs  Idg.  erwarten  darf. 

Freiburg  i.  B.  F.  Kluge. 


342  0.  Biihtliii--k, 


Die  erste  Pers(Mi  Siuijularis  Medii  des  nnisehriebeiieii 
Futurs  im  Sanskrit. 

Unter  dieser  L'l)er8eliritt  Iiat  Joliaiiues  Seliuiidt  in  der 
Festg'abe  zmii  t'iintziü-jähri.ueii  Doktor  Jubiläum  xon  Albrecbt 
Weber  (8.  IT  f.)  das  Ji  in  der  aus  der  älteren  Litteratur  nur 
einmal  beleihten  Form  t/asfdhe  Taitt.  Ar.  1.  11,  4  inicbt  1,  4, 
11)  auf  eine  sinnreiebe  Weise  /u  erklären  versuebt:  i/asfähe 
sei  ans  yasfä/Kun  gelnldet^i.  Dass  Päninis  Zerlegung  des  um- 
scbriebenen  Futurs  wissensebaftlicb  unbaltbar  ist,  kann  keinem 
Zweifel  unterliegen.  I^ine  andere  Frage  aber  ist  docb.  ob 
Päiiini  das  Ricbtige  nicbt  erkannt  liaben  sollte.  Da  er  das 
Präsens  Med.  von  as  in  denselben  Sütra  wie  das  Medium  des 
umsebriebenen  Futurs  zu  ))ilden  lebrt.  ist  es  kaum  denkbar, 
dass  er  den  Zusanmieidiang-  dieser  Formen  nicbt  erkannt  baben 
sollte.  Man  vergesse  doeb  nicbt,  worauf  icb  an  einem  andern 
Orte  aufmerksam  geniacbt  babe,  dass  es  l^änini  nur  darum  zu 
tbun  ist,  eine  g-rammatiscbe  Form  auf  die  kürzeste  Weise  zu 
Stande  zu  bringen.  So  lange  man  also  nicbt  dartbut,  dass 
Pänini  die  in  Frag-e  stellende  Form  ndt  ebenso  wenigen  Wor- 
ten auf  eine  der  Wissenschaft  entsprechende  Weise  hätte  bil- 
den können,  muss  der  von  Johannes  Schmidt  gegen  ihn  vf»r- 
gebrachte  Vorwurf  als  ungerechtfertigt  erscheinen.  Diese  Recht- 
fertigung glaubte  ich  meinem  alten  Liebling  selmldig  zu  sein. 
Deshalb  halte  ich  aber  nocli  nicht  den  alten  Grammatiker  für 
infallibel,  auch  nicht  innerhalb  seines  eigenen  Systems.  Die 
Bemühungen  seines  treuen  Freundes  Patanjali  ihn  auch  da  in 
Schutz  zu  nehmen,  wo  er  oftenbar  gefehlt  hat.  sind  ein  ."Meister- 
stück indischer  Spitztindigkeit.  Recht  lehrreiche  Versuche 
dieser  Art  hat  Kielhorn  in  derselben  Festgabe  auf  S.  ol  an- 
geluhrt.  Dass  sfrt  P.  1,2,  4<^^  (hl/tarn  'ilhikiirininm  1,4,  45 
und  mit  7,  1,  r)4  mit  dem  Svarita  ^■ersehen  seien,  um  rich- 
tige Formen  zu  ergeben,  bat  Patanjali  aus  der  Luft  gegriffen. 
Man  darf  doch  nicht  veri,^essen,  dass  Päninis  (Iranmiatik  st>  zu 


1)  Dieselbe  Deutung  gil>t  ^Vackernagel  in  den»  gleiehzeiti<>- 
mit  Joii.  Schmidts  Aufsatz  erscliienenen  1.  Band  seiner  Altind. 
Gramm.  S.  2r)5. 


Die  erste  Person  Siayularis  INIedii  usw.  343 

8a,^en  ein  iiiatheinatisclies  Kuiistwerk  ist,  in  dem  eine  nielit 
an  riehtig-er  Stelle  eingereihte  Keg-el  oder  ein  zu  wenig-  prä- 
zisiertes Wort  eine  dem  Autor  naeliteilig-e  Schlusstblg-erung 
nach  sicdi  zieht.  Solehe  Selnväehen  zu  entdecken  und  sie 
dann  auf  künstliche  Weise  zu  verdecken,  konnte  nur  den 
Orannnatikern  in  Indien  licling-en :  ein  europäischer  oder  ame- 
rikanischer Gelehrte  hätte  sie  wahrscheinlich  nie  bemerkt, 
weil  er,  das  Richtige  anderswoher  kennend,  nicht  wahrg-enoni- 
men  hätte,  dass  nach  rruiini  das  Richtige  sich  nicht  heraus- 
stelle.    Man  entschuldige  diese  Ahschweitung. 

Päninis  Lehre  7,  4,  b2,  dass  das  Ji  aus  ,y  entstanden 
sei,  weist  Johannes  Schmidt  und  seine  Vorgänger  ndt  Recht 
zurück.  Das  h  soll  auf  das  h  von  ahain  zurückgehen,  da  im 
Epos,  wie  Holtzmann  nachgewiesen  habe,  hantäham  usw.  für 
luiiifilsnii  usw.  vorkomme.  Johannes  Schmidt  begeht,  wie  ich 
glaube,  den  Fehler,  dass  er  diese  Form  sowie  adhlganta  fad 
asiiii  und  gantärö  naraliam  vaijain  für  älter  als  das  im  S'at. 
Br.  vorkonnnende  hhavifäsnias  hält.  Es  sind  aber  Neubildun- 
gen, die  Pänini  nicht  kennt  oder,  wenn  er  sie  gekannt  hat, 
nicht  anerkennen  wollte,  weil  er  sie  nicht  für  gutes  Sanskrit 
hielt.  Dass  tertiäre  Formen  in  der  Sprache  den  primären  bis- 
weilen näher  kommen  als  die  sekundären,  wissen  doch  die 
Sprachforscher.  Nun  kommt  aber  noch  ein  Umstand  hinzu, 
der  mir  gegen  Johannes  Schmidt  zu  sprechen  scheint.  For- 
men wie  hantähani  lassen  ja  ganz  unentschieden,  ob  wir  es 
mit  einem  Aktivuni  oder  Medium  zu  thun  haben;  wie  sollte 
also  aliam  die  Personalendung  des  Medium  liefern/ 

In  den  Berichten  der  Kgl.  s.  Ges.  der  W.  Bd.  4.')  S.  2h?> 
sage  ich:  "Vielleicht,  aber  auch  nur  vielleicht,  steht  he  zu 
svahe  des  Duals  und  zu  smahe  des  Plurals  in  näherer  Bezie- 
hung. Die  1.  u.  2.  Person  durften  nicht  zusannnenfallen ". 
Demnach  wäre  he  eine  Analogiebildung  oder  wie  de  llarlez 
irgendwo  sagt,  durch  Attraktion  zu  erklären.  Ich  schwöre 
nicht  auf  die  Richtigkeit  meiner  Erklärung,  möchte  aber  die- 
ser noch  immer  den  ^'orzug  vor  der  Schmidtschen  gel)en. 

Leipzig,  den  27.  Dezember  1895.      0.  Böhtlingk. 


344  He  rill  au  Hirr, 


Akzeiitstiidieii. 

1.    (ienii.  got.  pfmundi. 

Die   g-oriH,    liezeicliining-en    des  Zalilheiirittes    lUUO   'i^'ot. 
püsundi,   alid.  tastuif,   dasunt,   mlul,  tfisenf,   as.  thüsind,  ndl. 
duicend,    ags,    dase^id,    au.   püsund,    pushund,    pi'tsJitindrap) 
stimnicu  auffallend  mit  den  lit.-slav.  Ausdrücken  für  denselben 
Beg-riff  überein,    vgl.   lit.  tiil:stantis,    [jrcuss.   tilsimtons,    abg. 
tf/sq.sta,   tyseMa,    russ.   tysjaca,   serb.-kroat.   üsuca  F.,    usbn'. 
tisoc,  czech.  tisic  M.,  sorb.  ftjsac  M.,  ])oln.  fysiac.    Der  letzte, 
der  das  Verhältnis   der  Worte   behandelt  hat.  Kluge  in  Pauls 
Grdr.  I  400,  kommt  zu  dem  Ergebnis,  dass  weder  die  slavi- 
schcn  Worte  aus  dem  Germaniselien  noeh  umgekehrt  die  ger- 
manischen   aus    dem  Slavischen    entlehnt   sein   können.     Dem- 
nach   haben    wir  Urverwandtschaft    und  llerleitung  aus    einer 
idg.  Grundform    anzunehmen.     Trotzdem    habe   ich   die  auffal- 
lende Akzentübereinstimmung  zwischen  got.  püsundi  und  russ. 
tysjaca  in  meinem  idg.  Akzent  nicht  verzeichnet,  was  Kluge  mir 
Literaturbl.  f.  g.  u.  r.  Ph.  1895  Sp.  ooO  als  Fehler  anrechnet  und 
als  Beweis  anführt,    dass  ich  nicht  über  Verner  binausgekom- 
nien  sei.     Bei  dem  Passus  über  die  Zahlworte  hätte  nun  Kluge 
vielleicht  auffallen  können,    dass  ich  auch  die  slavische  Form 
sifo,    russ.-serl).  sto,    also  urslav.  .shfö   nicht   neben  ai.  .satd»/, 
griecli.  tKttTÖv,    got.  Inind,    lit.  szimfas  verzeichnet  habe,    ob- 
gleich auch  sie  sich  bei  Verner  hndct.     Wenn  man  dann  noch 
eine  Gleichung    auslässt,    die    in    den    letzten  Jahren    vielfach 
bcs]»i-(»clu'ii  ist,    1111(1  sieh  schon    in  Verners  Aufsatz  findet,    so 
kann  (hich   hier  kaum  ein  Versehen  vorliegen,  sondern  nur  be- 
wusste  Absieht.     Und  in  der  That  konnte  die  Form  gar  nicht 
angeführt  werden.     Ist  nämlich   got.  pfiaundL    wie  noch   \'er- 
ner  annahm,    dem  russischen  tyxava  direkt  gleichzusetzen,    so 
kann  das  slavische  Wort  nur  ein  Lehnwort  sein,  denn  .y  hätte 
nach  //  in  .v  oder  ch  übergehen  müssen  nach  einer  Kegel,  die 
Ibdger  Pedersen  IF.  V  .'),•]  ff.    jetzt  auf  das   ausführlichste  be- 
gründet hat,    die  aber  auch  ich  nach  den  Andeutungen  Brug- 
manns  im  (irundriss  T  444  untersucht  iiiul   klar  erkannt  iiatte. 
vgl.   IF.  IV  44.      Ist  aber  püsundi  aus  '^pnshundi  entstanden, 
so  ist  der  Akzent  nicht  sicher  zu  bestimmen.   Es  beweist  dann 


Akzentstudien,  345 

nur  (las  d,  dass  die  Silbe  -und  niclit  betont  g-ewesen  sein 
kann.  Der  Eifer  des  Gefecbtes  bat  Kiug-e  bier  also  etwas 
zu  weit  g-efiibrt.  leb  gestatte  mir  noeb,  meine  sonstig-en  Er- 
wägungen über  das  merkwürdige  Wort  vorzulegen,  da  icb 
micb  aucb  mit  den  übrigen  Erklärungen  Klug-es  nicbt  einver- 
standen erklären  kann. 

1.  Die  g-erm.  Worte  wurden  zuerst  von  Vigfusson  (Icel.Diet.) 
als  eine  Zusammensetzung;  von  pun-  und  hund  g-edeutet;  Bugge 
PBrB.  XIII  327  vermutete  dann  eine  vorgerra.  Form  HüsJcnfi, 
^füsl'onti,  das  eigentlicb  '  Kraftbunderscbaft,  Scbwellbundert' 
bedeutet  babe.  Im  Altnordiscben  tritt  das  h  wirklieb  noeb 
auf  z.  B.  in  püs-hundrap,  ascbwed.-run.  pushuntrap.  Nacb 
Kluge  wiegt  besonders  scbwer  salfränk.  (Lex  Salica)  thüs- 
chunde  Jak.  Grimm  GDS.-^  o85.  leb  muss  gesteben,  dass  mich 
diese  Annahme  einer  Zusammensetzung-  trotz  ihrer  verführe- 
rischen Aussenseite  nicbt  befriedigt.  Die  got.  Form  lautet 
püsundl,  abd.  finden  wir  fäsunf  und  so  durchweg  in  allen 
ttbrig-en  Dialekten  Formen  ohne  eine  Spur  des  h.  Demnach 
muss  in  diesen  Dialekten  das  h  schon  vidlig  geschwunden 
gewesen  sein,  denn  sonst  würde  doch  Ulfilas  z.  B.  pusknndl 
gesehrieben  haben.  Wenn  also  wirklich  unser  Wort  auf  eine 
Zusannnensetzung  zurückgeht,  so  kiinnen  m,  E.  doch  die  an- 
geführten Formen  nicbt  beweisen,  was  sie  sollen.  Sie  können 
nur  als  Volksetymologien  angesehen,  als  Zeugnis  dafür  be- 
trachtet werden,  dass  das  natürliche  Bewusstsein  -iind  in  pä- 
sundi  mit  hund  in  Verl)indung  bracbte,  was  nun  mit  beson- 
drer Deutlichkeit  gerade  aus  den  nordischen  Formen  folgt, 
die  nicht  nur  das  einfache  hund,  sondern  auch  hundrap  zeigen. 
Eine  solche  volksetymologische  J>eeinfiussung  konnte  natürlich 
erst  dann  eintreten,  als  das  h  im  Anlaut  zum  wirklichen  Hauch 
geworden  war.  Auch  dazu  stimmen  wieder  die  Tbatsachen, 
denn  gerade  unsre  ältesten  Quellen  zeigen  das  h  nicht.  Trotz- 
dem könnte  natürlich  got.  püsundl  usw.  aus  ^püshnndi  ent- 
standen sein,  wenn  es  sich  mit  den  Lautgesetzen  und  den 
morphologischen  Bildungsprinzi])ien  verträgt.  Aber  scbon  der 
zweite  Teil  der  Zusammensetzung  steht  im  Germanischen  allein. 
Kluge  vergleicbt  '-'knifi  =  hundi  mit  ai.  satt  in  dd.satl,  pan- 
cüsati,  .satsutij  das  auch  in  griech.  TrevxriKocioi  neben  Trevuv 
Küvta  vorliegen  soll.  Brugmann  bemerkte  dazu  Grdr.  iir)(i:}': 
"Unhaltbar  ist  Kluges  Ansiebt "  —  Ganz  kann  icb  zwar  l')rug- 

IiKlogoniuinisi-lie  ForscliuiitriMi   VI  5.  23 


346  Ho  rill  an  Hirt, 

iiiniiii  uiclit  heistiiiuiK'ii.  jcdeiil'alls  ist  aber  ein  ^'Ixmtl  nur  in 
der  Komposition  belegt,  und  ein  '■^komfl,  das  vom  Germani- 
schen und  Slaviseben  gefordert  Avürde,  ist  bis  jetzt  nocli  nir- 
gends naeligewiesen,  denn  g-riech.  -kocioi,  auf  das  man  sieh 
berufen  könnte,  ist  /weifellos  eine  Neubildung,  vg-1.  Brugmann 
Grdr.  II  §  176  Anm.  2.  Nur  das  Gennanisehe  und  Slavisehe 
sollen  also  den  eigentümliehen  Ablaut  von  -homt't  und  -hntl 
bewahrt  haben,  während  nur  eine  Bildung  wie  ^hmti  morpho- 
logisch verständlich  ist,  vgl.  Streitberg  IF.  V  372.  Die  slav. 
Formen  wie  abg.  tysaßa,  die  im  Slaviseben  weit  verbreitet 
sind,  stehen  also  vollständig  isoliert,  und  auch  auf  germani- 
schem Boden  wird  man  gegen  die  Bildungsweise  "^hntl  = 
hundi  starken  Verdacht  der  ünursprünglichkeit  hegen.  Jeden- 
falls müsste  *pusundi  ein  uraltes  Kompositum  sein  und  in  die 
idg.  Urzeit  zurückreichen,  wenn  die  neuere  Ansicht  richtig 
sein  soll.  Es  bleiben  aber  auch  lautliche  Schwierigkeiten. 
Denn  bei  einem  festen  Kompositum  hätte  -sk-  nicht  verscho- 
ben werden  dürfen.  Freilich  hat  Bugge  a.  a.  0.  gemeint, 
dass  im  Germanischen  deshalb  nicht  verschoben  wäre,  weil 
die  Silbentrennung  .s- — /.•  aufrcclit  erhalten  blieb.  Ich  habe 
vergebens  nach  einem  Beispiel  gesucht,  dass  diese  Annahme 
sicher  zu  widerlegen  im  Stande  wäre,  ich  kann  daher  nur 
darauf  aufmerksam  machen,  dass  es  doch  wohl  nicht  angeht, 
die  germanische  Lautverschiebung  in  lauter  einzelne  Prozesse 
zu  zerlegen.  Auch  in  den  Lautverbiudungen  hf,  f't  bleibt  das 
f  unverschoben.  obgleich  wir  hier  sicher  die  Silbentrennung 
// — /*,  /' — t  vor  uns  haben.  Ebenso  bleibt  k  in  der  Verbindung 
tk  erhalten,  wenn  Brugmann  sk  auf  fk  mit  Kecht  zurückführt. 
Nach  der  Analogie  andrer  Fälle  zu  urteilen,  ist  hier  pk  ent- 
standen, das  weiter  zu  .s7.-  wurde.  Die  Verl)indungen  .s'A-,  s}}, 
st  stehen  mit  den  erwähnten  auf  einer  Linie.  Auch  hier  geht 
dem  Verschlusslaut  ein  Si)irant  voraus.  Allzu  wahrscheinlich 
dünkt  mich  demnach  Bugges  Ansicht  nicht  zu  sein.  Vgl.  auch 
Streitberg  Urg.  Gram.  ll.'Mf.  ,Ia,  wenn  wir  im  Gotischen 
*pHskund/  fänden!  Freilich  steht  auch  hier  ein  Mittel  zur 
Erklärung  zur  Verfügung,  Das  //  kann  aus  dem  Siiiiiilex  h/iud 
wieder  eingeführt  sein.  Aber  selbst  wenn  '■pus-yiD/d/  lautge- 
setzlich im  Germanischen  entstanden  wäre,  so  ist  noch  nicht 
bewiesen,  dass  die  Verbindung  sy  zu  s/i  hätte  werden  müssen. 
So  re^en    sich   also    bei    mir    gegen    die   llerleitung    von 


Akzentsturiien.  347 

pKsnndi  aus  '•'tnslmff  auch  lauflielie  Bedenken,  i^'auz  a!ti;-e- 
seheii  von  den  inneren  Gründen,  die  man  in  extenso  bei  Schade 
Altd.  Wb.  s.  V.  fhusundi  nachlesen  Ivann,  Keine  idg-.  Sprache 
kennt  eine  derartig-e  Komposition  in  der  Bedeutung-  \Seliwell- 
hnndertschaft'.  Keines  der  andern  Worte  für  1000  ist  mit 
100  oder  andern  Zaldansdrücken  zusammeng-csetzt.  Überall 
lieg-t  vielmehr  ein  einfaches  Wort  7X\  Grunde,  dass  'Fülle, 
Meng:e'  oder  etwas  ähnliches  bedeutet  haben  mag-.  Demnach 
wird  man  doch  auch  im  Germanischeu  in  unserm  Worte  zu- 
nächst nichts  anderes  suchen  als  das,  was  in  den  übrig-en 
Sprachen  vorlieg-t.  In  der  ersten  Silbe  steckt  ein  Wort  ''^pfis, 
das  mit  ai.  tavas  usw.  verwandt  ist,  und  das  nach  Ausweis 
der  Eigennamen  Thn{meUcus)  und  Thus-{nelda)  oder  wie  der 
Name  zu  schreiben  ist,  in  das  g-ermanische  Sonderleben  hinein- 
g-ekommen  ist.  Dieses  püs-  kann  ein  Adjektivum  g-ewesen 
sein,  und  von  ihm  konnte  pfis-undi  vielleicht  in  der  Bedeutung- 
' Fülle,  Meng-e'  ebenso  abgeleitet  werden,  wie  got.  nehundja 
'der  nächste',  von  neJva-  und  hidiindi  von  g-ot.  ^hida-  in  dem 
damaligen  Sprachbewusstsein  abgeleitet  Avaren.  Die  Formen 
mit  h  wird  man  dann  leicht  volksetymologisch  verstehen  kön- 
nen.    Vgl.  auch  ai.  facisds  'stark',  fävisi  'Kraft,  Stärke'. 

'2.  Die  slavischen  und  litauischen  Bezeichnungen  sind  in 
erster  Linie  untereinander  zu  vergleichen,  da  die  beiden  Spra- 
chen ja  eng  zusammengchrtren.  Es  ergibt  sich  sofort,  dass 
die  Formen  zwar  ähnlich  klingen,  aber  nicht  mit  einander 
identisch  sind.  Zwar  scheint  preuss.  fusimton.s  auf  das  ])este 
mit  abg.  fi/se.sta,  got.  Julsundl  zu  stimmen.  Aber  wie  alt  ist  die 
Form?  Auch  bei  ihr  kann  eine  Anlehnung  an  die  preussische 
Entsprechung  von  lit.  szimfas  stattgefunden  haben.  Sie  zeigt 
aucli  -o-Flexion  und  ist  nur  einmal  überliefert.  Soll  hier  viel- 
leicht noch  eine  andere  idg.  P)ildung  vorliegen?  Lit.  ful'.sfa7itis 
weist  eigentlich  schon  durch  sein  Ä'  auf  Entlehnung  hin,  vgl. 
duksas  =  lat.  «ni-um.  Hiistantis  können  wir  zunächst  ersehlies- 
sen.  und  das  nuisste  für  *-ti'(Sszontu  stehen,  wieder  mit  der  sonst 
absolut  unbelcgten  o-Stufe  '^kotntl.  Jedenfalls  zeigt  dies  alles, 
dass  hier  bedeutende  Schwierigkeiten  vorhanden  sind.  Dass  nun 
die  slavische  Form  eine  Zusannnensetzung  mit  100  ist,  ist  wei- 
ter deshalb  unwahrscheinlich,  weil  auf  dem  ganzen  slavischen 
Sprachgebiet  der  idg.  Ausdruck  für  100,  der  lautgesetzlich 
abg.  '''seto    lauten  musste,    verloren    gegangen   und   durch    das 


348  He  IUI  au   Hirt, 

wahrselu'inlic'h  aus  deiu  Iraniselieii  entk-lmlc  shto  ersetzt  ist. 
Das  Slavisclie  gebt  auch  sonst  in  der  Entlehnung-  von  Zahl- 
wörtern weiter  als  die  andern  idg.  Sprachen.  Im  Südslavischen 
herrscht  das  gricch.  Wort  für  lÜOO,  s.  hiljada,  ebenso  iniNbg.; 
im  Neusloven.  ist  jezero  aus  dem  Ungarischen  berübergeuommen 
sowie  sicher  toozynt  noch  einmal  aus  dem  Germanischen  ent- 
lehnt. Was  uns  im  Lichte  der  Geschichte  dreimal  als  wohl 
verbürgte  Thatsache  entgegentritt,  dürfte  auch  wahrscheinlich 
für  eine  Zeit  sein,  in  die  unsre  Kunde  nicht  zu  dringen  ver- 
mag. Aus  allgemeinen  Gründen  ist  es  mir  in  hohem  Grade 
wahrscheinlich,  dass  slav.  tysaMa  aus  dem  Germauischen  ent- 
lehnt ist,  vielleicht  nicht  überall  zu  einer  und  derselben  Zeit. 
Dagegen  scheint  allerdings  die  Lautgestalt  der  slavischen  Worte 
zu  sprechen.  Keine  Schwierigkeiten  bereitet  die  Annahme 
der  Substitution  von  f  für  p,  nur  das  t  für  d  bleibt  zu  er- 
klären. Ich  denke  einerseits  an  den  EinHuss  von  desetb,  de- 
veth,  andrerseits  besonders  an  die  Einwirkung  der  Partizipia 
auf  -o-,stb,  besonders  da  ja  auch  lit.  hiksfanfis  als  Partizip 
gefühlt  zu  sein  scheint. 

Um  nun  noch  einmal  auf  den  Akzent  zurückzukommen, 
so  ents])richt  dem  got.  pnsundi  mit  ursprünglicher  AVnrzelbe- 
tonung  —  diese  Annahme  ist  nur  möglich,  wenn  man  keine 
Zusammensetzung  annimmt  —  das  russ.  tysjaca,  wie  Kluge 
nach  Yerner  richtig  bemerkt.  Zu  meinem  Bedauern  aber  sehe 
ich,  dass  Kluge  von  den  Untersuchungen  meiner  Arbeit,  die 
nicht  das  Germanische  betreffen,  gar  keine  Notiz  genommen 
hat.  Denn  sonst  hätte  er  sich  doch  sagen  müssen,  dass  ich 
wegen  serb.  fi.suca  überhaupt  nichts  bestinnntes  über  die  Beto- 
nung des  slavischen  Wortes  aussagen  konnte.  Freilich  war  die 
Form  t'lsuca  nicht  bei  Verner  zu  linden.  Gerade  die  Antangs- 
betonung  des  Slavischen  aber  legt  wiederum  der  Annahme  nichts 
in  den  Weg,  dass  die  slavischen  Worte  aus  dem  Germanischen 
entlehnt  sind.  Diese  Annahme  scheint  mir  auch  heute  noch 
nicht  streng  bewiesen  zu  sein,  aber  doch  eine  grössere  Wahr- 
scheinlichkeit zu  besitzen  als  die  Annahme  der  Urverwandt- 
schaft. Zwischen  Slaviscli  und  Germanisch  bestehen  m.  E.  so 
wenig  engere  Beziehungen,  dass  die  Annahme  der  Urgemein- 
schaft eines  Wortes  für  lOOO  schon  au  und  für  sich  eine  harte 
Aunalimc  ist.  Ich  belinde  mich  dabei  allerdings  im  (iegen- 
sal/   zu   Kluge  (irdr.   1   .')2t>;    wenn    man    seinen    >^  7    liest,    so 


Akzent.stiulicn.  349 

imiss  mau  sich  wundei'n,  mit  welcher  Leichtigkeit  hier  Zn- 
sammenhäng-e  konstatiert  werden.  Dass  die  Verwendung-  des 
Suffixes  -m  gar  nichts  heweist,  braucht  heute  nicht  wiederholt 
zu  werden.  Der  Wandel  von  sr  und  .s'^/•  ist  auch  in  dem 
Dialekt  vorhanden,  der  den  Zxpu.uuuv  und  den  "Ictpoc  benannte. 
Es  bleibt  also  nur  die  Übereinstinmiung-  der  Zahlwortc  11  und 
12,  die  in  ihrer  Bildung-sweise  selbst  noch  ein  Eätsel  sind. 
Ich  denke  auch  hier  an  Entlehnung-.  Die  ang-el)liclien  Über- 
einstimmungen im  Wortschatz  sind  so  unbedeutend,  dass  man 
darauf  eine  nähere  Verwandtschaft  nicht  g-ründen  kann.  Zu 
streichen  ist  übrig-ens  manches,  z.  H.  asl.  lo.sh,  an.  elgr  "Elch', 
da  dies  Wort  auch  im  ni.  r><;ia-  sich  wiederfindet.  xVhd.  eiscön, 
lit.  JeszJcöfi,  asl.  i.slafi  sieht  ganz  wie  eine  Entlehnung-  aus, 
hat  aber  auch  im  Indischen  seinen  ^'crwandten,  ai.  icchdmi. 
7a\  lit.  l-emas,  g'ot.  halniH  g-eh()rt  g-ricch.  kujilui,  ai.  Ixsemas 
'sichrer,  behaglicher  Wohnsitz'").  Ich  kenne  in  der  Tliat  keinen 
Punkt,  der  für  eine  nähere  Verwandtschaft  des  Lit.-Sla vischen 
und  Germanischen  spräche,  ja  mir  scheint  sogar  eine  recht 
bedeutende  Kluft  zwischen  beiden  zu  bestehen,  eine  Kluft,  die 
auf  alte  Trennung-  durch  ein  anderes  Volk  schliessen  lässt. 
Leipzig--Gohlis.  Herrn  an  Hirt. 


Slavica. 


1)  Nocli   ('iiuiial   ;isl.  sfrrija,   lit.  sn'f/vii  'liiitc'   iliicl  ^^■l•\\•;lll(llcs. 

Sütterlin  liat  \F.  IV  101  f.  asl.  sfirga  'hüten,  bewachen' 
von  lit.  serciml  zu  trennen  versucht,  weil  russ.  störozh  allein 
auf  eine  slavische  Wurzel  sferg-,  storq-  weise.  Es  scheint  mir 
jedoch  ül)ereilt  zwei  so  an  einander  mahnende  und  begrifllicli 
identische  Sippen   bei   der  ersten  Schwierigkeit  von   einander 


1)  Obig'e  Gleicliniii:'  findet  sicli  schon  in  der  ersten  Auflage 
des  EWB.,  trotzdem  wird  im  Jahre  ISiU  die  Solnnidtsehe  Zaisaiinncn- 
stelluiig-  wiederholt;  ebenso  findet  sieii  auch  schon  in  der  ersten 
Aiifla<>-e  des  EWB.  der  Hinweis  auf  ai.  icch-.  Zu  der  g-erin.-slav. 
Gleichung-  an.  herr,  aslov.  hnsh,  lit.  basas  ist  ebenda  schon  arm. 
bok  hinzugefügt,  ebenso  zu  f/ktf,  asl.  f/kuhkh,  lit.  i/Iodns  das  im 
Vokalisnius  stimmende  lat.  t/ltihcr.  Auf  diesen  Punkt  werde  ich  in 
einem  späteren  Artikel  eingehen. 


350  Joos.  J.  Mikkola, 

zu  trciiiicii.  Das  \'('i-li;iltiiis  (l(>s  slav.  sferg-  sforf/-  zu  lialt. 
serg-  sarg-  bedarf  noeli  nälierer  Uiiter8iichiing. 

Lit.  sergml  '\n\W\  .surgaH'WMQx'  weisen,  weil  ii'estossen 
l)ctont,  auf  eine  ursprüni;lieli  zweisilhig-e  Wurzel  mit  Vokal  auf 
beiden  Seiten  von  der  Liquida,  vgl.  Bezzeuberg-er  BB.  XVII 
221  ff.  So  haben  wir  also  erst  lit.  .sch'gmi,  sdrgas  mit  Ver- 
lust des  Vokales  nach  der  Liquida.  Diesen  entsi)riclit  voll- 
kommen slav.  ^'sorg-  in  asl.  sragh  'terribilis,  austerus',  russ. 
dial.  soröga  'ein  ^lenscli  der  schwer  zu  überreden  ist'  Thesgo- 
voreivyj  cclovekr/j ')  und  poln.  srogi  "hart,  grausam'.  Dass 
poln.  srogi  auf  sorg-  zurückgeht,  wird  aus  der  Anlautsverbin- 
dung sr  ersichtlich.  Im  Polnischen,  wie  auch  im  Aslav.,  kommt 
nändicli  .sr  nur  im  Anlaute  solcher  Wörter  vor,  in  welchen  im 
Urslav.  ein  \''okal  zwischen  s  und  r  gestanden  hat,  in  welchen 
also  sr  nach  der  Li(|uida-Mctathcse  und  nach  Ausfall  von  b 
entstanden  ist.  Beispiele  im  Poln.  sind  ausser  srogi  srac  'ca- 
care',  vgl.  asl.  shroti,  srehro  aus  ^serhro,  sroda  aus  *serda, 
sroha  aus  ■^sorl-a,  srom,  aus  sorm.h,  srzon  aus  ^'serm>.  Dagegen 
ist  eine  aus  indogermanischer  Zeit  stannnende  Lautverbindung 
sf'hon  urslavisch  zu  str  geworden,  so  z.  B.  in  poln.  struga 
'Bach',  oströw  'Insel',  vgl.  lit.  sraunis,  sravä. 

Die  zweite,  neben  sergJi,  sorgh  erscheinende  Wurzelform 
srogh,  srögh,  also  urslavisch  sfrog,  strclg  ist  viel  reicher  ver- 
treten; sie  kommt  in  allen  slav.  Sprachen  vor,  z.  B.  in  asl., 
serb.,  poln.,  russ.  ostrogy,  'befestigter  Ort',  russ.,  serb.  strogi 
'streng',  ])oln.,  russ.  6'^/*rti:rt 'Wache' usw.  Hieraus  erhellt,  dass 
poln.  srogi  nicht  mit  russ.,  serb.  strogi.  wohl  aber  mit  asl. 
sragh  auf  eine  I^inic  gestellt  werden  kann,  und  dass  kein 
(Irund  vorliegt  mit  ^liklosich  Etym.  AVb.  29)5  Entlehnung  für 
russ.  strogi  aus  dem  Pohi.,  für  serb.  strogi  aus  dem  Russ.  an- 
zunehmen. Was  russ.  straza  betrifft,  so  kiinnfe  Jemand  ein- 
wenden, dass  es  aus  dem  Asl.  entlehnt  sei.  Dies  ist  freilich 
nicht  unmöglich,  besonders  da  storöza  daneben  steht.  Weil 
aber  auch  das  Poln.  strahl  hat  —  auch  hier  Entlehnung  aus 
(b'iu  ('cell,  anzunehmen,  scheint  mir  gesucht  —  kann  die  Kus- 
sizitäl  \n\\  strahl  nicht  ohne  weiteres  abgewiesen  werden. 
Russ.  störoth  cnts|iricht  liiiisichtlicli  seiner  Bedeutung  natürlich 

1)  Ich  '/itiero,  das  Wort  nach  Mikiosich  Ktyiu.  Wh.  'i;).'l.  So- 
wolil  Dal'  als  die  mir  zu.si'änji'lichcii  l)ialckt\vörtcri)üclicr  kennen 
CS  nicht. 


Slavic.'i.  351 

niclit  dem  lit.  sdrgas,  soiuleni  einem  lit.  '''sargis;  Vi^l.de  Sanssnre 
Memoires  de  la  8oe.  de  liiig-,  VIII  4oü.  Die  Ak/eiitverscliiebung- 
bei  den  -/o-Stänuuen  hat  auch  im  Slaviscben  stattg-efunden. 

Mit  -s'-Sniitix  erweitert  haben  wir  die  g-edehnte  Wurzelt'orm 
s)'ögh  in  slav.  strachh  'timor'  aus  vorshiv.  '^'sröqs-.  Hierher 
scheint  auch  sLav.  stt'ik-ha  'Dach'  aus  ^'sfreqsfi  zu  g-ehören. 
Mit  ähnlichem  8ulüx  gebihlet  ist  ai.  raksati  aus  sragh-\-s 
(Sütterlin  a.  a,  0.). 

Da  nun  serg  sorg  und  strog  sfräg  nebeneinander  vor- 
kamen, big-  ja  die  Biulung  einer  Kontaminationsform  sferg 
stoyg,  welche  bekanntlich  russ.  sferegü,  störozh,  asl.  strega 
usw.  ei'geben  hat,  sehr  nahe. 

Über    dieselbe  Wui-zel   im  Lat.   s.  Holger  Pedersen  RB. 
XIX  298  f. 
2)   Slav.  zceno  'Glied,  Radfelge'  und  das  idg-.  Wort  l'ür  'Knie'. 

Slav.  zveno  ist  meines  AVissens  nicht  mit  ixi.Jmiu,  griech. 
YÖvu,  lat.  ge?iu  usw.  zusammengestellt  worden.  Es  erscheint 
als  5-Stamm  im  ])olab.  zveni'i,  Plur.  ztenesa  'Radfelge'.  In  den 
übrigen  slav.  Sj)rachen,  wo  zveno  vorkonnnt,  tritt  es  als  o-Stannn 
auf;  so  poln.  dzicono,  obersorb.  zvjeno,  niedersorb.  zfono  'Rad- 
felge', russ.  zfenö  bedeutet  'Glied  einer  Kette,  Glied',  pozvo- 
nök^  'Wirbelknochen',  wone])en  zveno  auch  'durch  den  Wirbel 
geschnittenes  ►Stück  des  Irisches'  bedeutet.  Als  die  gemeinsame 
Bedeutung-  ergibt  sich  'Knochen,  Glied'.  Die  angeführten  For- 
men gehen  auf  guen-  guon-  zurück.  Die  Afifrikata  von  poln. 
dzwono  ist  gewiss  ein  älterer,  nicht  erst  im  Sonderleben  des 
Polnischen  entstandener  Laut.  Palatales  gij,  ist  vor  Palatal- 
vokalen schon  urslavisch  zu  dz  geworden ').  Sowohl  poln. 
dzicono  als  russ.  zveno  gehen  also  auf  urslav.  '''dzveno  zurück ; 
russ.  po-zvon-öl'h  ist  aus  zvon  gebildet. 

Den  Übergang  in  o-  und  .s'-Stännne  si)richt  weder  für  noch 
gegen  die  von  Hirt  IF.  II  ;)47  ff",  gegebene  Erklärung  über  die 
Behandlung  der  idg.  Auslaute  im  Slav.  Mau  würde  natürlich 
slav.  *dzvem>  erwarten.  Da  ich  bei  einer  anderen  (ielegenheit 
Hirts  Auslautsgesetze  eingehend  enirtern  werde,  so  erwähne 
hier  nur,  dass  Hirts  Erklärung  der  neutralen  Nominativendung 
bei  den  o-Stännnen  obgleich  scharfsinnig,  mir  deswegen  nicht 
überzeugend  scheint,  weil  sie  nfitigt  auch  niiditendbetonte  Formen 
wie  veno,  se'no  als  nach  Analogie  von  vedrö,  hedrö  usw.  ent- 
1)  DariÜMT  inclir   ln'i   rinci-  niKlcrn   (u-lcgciilieit. 


352  Joos.  J.  Mikkola,  Slavica. 

standen  und  das  -o  im  Nominativ  der  e.s^-Stämme  als  nicht  laiit- 
g-eset/licii  anzusehen  (Hirt  IF.  11  o4y).  Auslautendes  -os  ist 
nach  meiner  Ansicht,  betont  oder  unbetont,  im  Slav  nur  o 
geworden,  g-anz  wie  auch  idg.  -es,  betont  oder  unbetont,  slav. 
-e  gibt,  z.  li.  asl.  Gen.  8g.  slovese  im  Vergleich  mit  Y^veoc, 
asl.  Nom.  PI.  si/noce  im  Vergleich  mit  russ.  Nom.  PL  sijnovbjd, 
das,  wenn  auch  mit  Kollektivendung  -ia  erweitert,  unbedingt  auf 
Endbetonung  weist,  asl.  Gen.  Sg.  di.^tere  :  lit.  dukteres^).  For- 
men wie  Ulo,  endo  sehe  ich  als  lautgesetzlich  an.  Aus  idg. 
^orhos  würde  man  demnach  auch  ^^orho  erwarten;  diese  laut- 
gesetzliche Form  haben  wir  auch  in  Fällen  wie  asl.  raho-H, 
narodo-sb  (Leskien  Handbuch  ^  22).  Auslaut  -an,  betont  oder 
unbetont,  wird  -5 ;  demnach  würde  man  *.s7^'w&,  *.§e/&'  iür  ,seno, 
seid  erwarten.  Nun  sind  die  auf  -os  und  -an  auslautenden  No- 
minative der  o-Stämme  fast  spurlos  aus  dem  Slav.  verschwun- 
den. Das  Slav.  hat  hier  die  pronominalen  Endungen  nicht  nur 
fürsNeutrnm,  sondern  auch  fürs  Maskulinum  angewandt.  Bei  dem 
Maskulinum  der  Pronomina  ist  der  Nominativus  auf  -os  ganz 
unbekannt:  slav.  fzi  'illc'  entspricht  nicht  dem  \\i.  tas,  sondern 
dem  idg.  Nom.  */o,  vgl.  griech.  6,  d.  li.  das  Slav.  gebraucht 
nicht  den  zusanunengesetzten  Prononiinalstamm,  sondern  den 
einfachen.  Slav.  z.  ist  hier  Ablautstufe  zu  o;  5  lautet  im  Slav. 
juit  0  ab,  sowie  auch  h  mit  e  nicht  nur  bei  Li(|uiden.  AVie 
*seh'  in  die  pronominale  Deklination,  in  selö  überging,  so 
wurde  auch  '■'dzvcMh  zu  ^dzDeiiö.  Der  Übergang  in  .s-Stämmc 
ist  wohl  nur  eine  speziell  polabische  Erscheinung. 

Ü)  Poln.  trwac,  cech.  trvati  'dauern',  lit.  fverti  '  daucrir. 
Pohl,  trwac,  cech.  trvati  stellt  Miklosich  Etym.  Wb.  oO(J 
zu  asl.  trajati  'durare'.  Dies  ist  kaum  denkbar.  Pohi.  trwac, 
cech.  trvati  sind  durch  Metathese  aus  '^tvhratl  entstanden,  wie 
poln.  drzwi,  cech.  di-vi  aus  *rfr/v'  und  dies  aus  dvbri.  Slav. 
*fvbrati  stellt  sich  zu  lit.  tverih  'halten,  ausdaucrn'  (Nessel- 
mann Wb.,  Kurschat  scheint  diese  Bedeutung  nicht  zu  kennen, 
si(;  ist   jedoch  gew()hnlicir),    '^tr'irtas  'fest',    tv'irttmi  'festigen'. 

llelsingfors.  ,loos.  J.  Mikkola. 

1)  Diese  letztgenannte  wie  auch  cini^-e  andere  iilniliilu"  For- 
men sind  von  mir  im  Sommer  1H95  in  Süd-Litauen  (Sereje  im  Kreise 
Seing  im  Gouvernement  Suwalki)  aus  dein  Dialekte  der  sog.  '  Dzu- 
ken '  HUlgezeiclinet  worden.  ¥<;•].  auch  altlit.  Formen  w'iv  niot eres 
diik  tcrcs  u.  a.,  Iiez/,e)d)erger  Beitr.  z.  (Jeseiiielite  l.'K),  1  10,  de  Saus- 
surc   IF.    !\'    ir.i;  IV. 


Sachregister. 


Ablaut.  Der  Ablaut  als  Trä- 
g"er  der  Tempusfunktion  1G4. 167. 
—  e  :  d  95  ff.  skhei-  :  skhai-  : 
skhl-  :  skhi-  92  f.  lat.  ne,  ne  :  ni 
82.  dei-  :  dl- :  cht-  89  f.  got.  unte  : 
lat.  quando  69.  lat.  facülumed: 
lat.  meritöd  =  figs.  söde  :  g'ot. 
galeikö  70  f.  e — ö  in  got.  Ad- 
verbien auf  -dre,  -pro  52.  got. 
daga,  ahd.  ^«.g^^  53^).  Germ,  e 
im  Perf.  Phir.  der  4.  und  5.  Ab- 
lautsreihe 149  ff.  Agr.  ßpa- :  uep- 
10  f.  S  1  a  V.  ^  :  o,  b  :  e  352.  — 
Abstufung  des  Suffixes  ielio  in 
der  Verbalbildung  152  ff.  —  Vgl. 
Dehnstufe.  Deklination.  Konju- 
gation.    Siiffix. 


234  ff.     Der   agr.    und    a  i.    Ao- 
ristgebrauch 243  fi\ 

Akzent.  Agr.  eKei  —  Travöi-j- 
|UGi  340  f.  —  Fortwirken  i  d  g-. 
Akzentverschiedonheit  im  G  erm. 
47  ff.  Got.  püsundi  344  ff.  —  Be- 
tonung der  lit.  Diphthonge  141  f. 
Lit.  Akzentverrückung  bei  Kom- 
position 276.  Lit.  Akzentuieriing- 
bei  Apokope  276.  —  Vgl.  Voka- 
lismus. 

A  p  0  k  0  p  e  der  Schlussvokale 
im  Lit.  269  ff.,  im  Lett.  278  ff". 
—  Vgl.  Akzent.  Vokalismus.  Kon- 
sonantismus. 


A  d  V  e  r  b  i  a.  A  i.  Adverbia 
auf  -fra,  -trä  69.  Got.  auf  -ö 
52  f.  56.  68  ff".,  -pro  68  ff.  L  i  t. 
auf  -cd,  -ui,  -Uli,  -u  211,  auf  -yn 
von  Adjektiven  277.  —  Vgl.  Ab- 
laut.    Deklination.     Suffix. 

Aktionsart.  Geschichte  des 
grammatischen  Begriff's  Aktions- 
art 171  ff.  Die  Aktionsarten  des 
slav.  Verbums  186  ff.  Actio  per- 
fectiva  199  ff.  Actio  resultativa 
204  ff.  Bezeichnung  der  actio 
perfectiva  im  Agr.  206  ff.  Be- 
zeichnung der  iterierten  Aktions- 
art im  Agr.  215  f.  Indogerma- 
nische Präsensklassen  als  Trä- 
gerinnen perfektiver  Bedeutung 

Indogcrmani.sche  Forschung'en  VI  5. 


Augment.     166  f.     261. 

Auslaut.  Germanische  Aus- 
lautsgesetze erklärt  mit  der  Ak- 
zenthypothese 47  ff.  Slavische 
Auslautsgesetze  351  f.  -os  =  slav. 
-0,  -es  =  slav.  -e,  -on  =  slav. 
^  352.  —  Vgl.  Apokope.  Konso- 
nantismus.    Vokalismus. 

B  e  d  e  u  t  u  n  g  s  e  n  t  w  i  c  k  1  u  n  g. 
'Stärker'  zu  'besser'  5  f.  'Gehen' 
zu  'vor  sich  gehn,  gelingen,  mög- 
lich sein'  26  ff". 

D  e  h  n  s  t  u  f  e.  G  e  r  m.  e  im 
Perf.  Plur.  der  4.  iind  5.  Ablauts- 
reihe 149  ff. 

24 


354 


Sachregister. 


Deklination.  Übertritt  ans 
der  t-  in  die  y;-Deklination,  ahd. 
nefo,  memo  71.  —  Nom.  Sg.  der 
n  -  Deklination  im  Germ.  55  f. 
65  1^'.  71  f.  Got.  hana,  an.  hani 
65  f.  Got.  u-atö,  nnmö  71  f.  An. 
(run.)  auf  a  66  ff.  L  i  t.  N  o  ni. 
Sg-.  der  -e?y-St.  278 1.  Slav.  Nom. 
Sg-.  der  e/oSt.  352.  —  Gen  it.  Sg. 
der  u-  und  i-St.  auf  idg.  -ons, 
-ois  (ai.  mtrös,  cujnes)  136,  der 
femininen  ä-St.  im  Germ.  57  f., 
im  A  h  d.  145,  der  femininen  ^-St. 
im  Ahd.  145,  von  ?f-St.  ahd. /"W- 
doo  144.  Lit.  atif -?f  290  ff.,  Lett. 
auf  -II,  -u  297  ff.,  P  r  e  u  s  s.  auf 
-«,  -u  300.  —  Dat.  Sg'.  der  o-St. 
im  Lat.  auf  -ö  aus  -öi  81.  Got. 
bandjai,  an.  heide  Qö  f.  Got.  //«'- 
&a^■  74  f.  Ahd.  (yeöw  77 1.  —  Ak- 
kus. Sg.  der  ie-St.  auf  -im  (ai. 
brhaflm)  und  -/ewi  (lat.  fadem) 
64  f.  Got.  bandja,  a.n.heide  65  f. 
Alid.  .^eöa  55  f.  Lit.  auf -q,  -r 
271  ff.,  auf  -in,  -un  von  -ef  und 
-e?,<-St.  272  f.  Preuss.  auf  -an 
272.  —  Instrument.  Sg.  Idg. 
*^e  =  a  g  r.  irfi,  got.  Jve  32  f. 
Lat.  gut  34.  Lit.  dekfe,  idg.  -e 
von  o-St.  101  f.  —  Lokat.  Sg. 
der  e/o-St.  ohne  Kasussuffix  im 
Ai.  itdtra)  339,  Agr.  auf  ei  (e( — 
€i)  340  f.  Lat.  quei,  qui  34  f.  Lit. 
auf  -e  {tüte)  340;  auf  -il  von 
den  eii-St.  274.  Die  lit.  und  lett. 
Lokale  269  ff.  —  A  b  1  a  t.  S  g. 
Got.  Icafjrö  usw.  68  f.  —  Vokat. 
Sg.  A  g  s.  Hceppen  140.  341.  — 
Nom.  Dual.  Ved.  auf  -«,  -äu 
135  f.,  auf  -a  138.  Agr.  iTnruj, 
TTÖbe  135  ff.  —  Nom.  Plur.  der 
e/o-St.  im  Urgriech.  134  f.;  der 
femin.  «-St.  im  Germ.  57  f.;  der 
ä-  und  e/o-St.  im  A  h  d.  143  ff. 
Got.  daf/ii.s  52.  Ahd.  taga  57  f. 
—  Gen.  ]Mur.  Fem.  der  Perso- 
nalpronomina auf  -dm  55.  Got. 
dai/e,  ahd.  farjo  b'2  ff.   Got.  gibö, 


tugcjuno  54.  59.  Der  e»-St.  im 
Lit.  2731.  —  Akkus.  Plur.  im 
A  i.  27;{  \  im  L  i  t.  273  ff.,  im 
P r  e u s s.  auf  -ans  273  ^.  —  Lo- 
kat. P  1  u  r.  der  e?f-St.  im  Lit. 
274.  —  Vgl.  Ablavit.  Adverbia. 
Akzent.  Enklise.  Pronomen. 
Stamnibildung. 

Di])hthonge.  Vgl.  Vokalis- 
mus. 

Enklise.  Lokativ  enklitisch 
340. 

Inciioativa.  Agr.  auf  -ckuj, 
lat.  auf  -scö  216. 

Injixnkti vtheorie  247  ff. 

Iterativa.  Idg.  mit  Suftix 
-eio-  217.  Ag'r.  iterative  Präte- 
terita auf  -CKOv  216  f.  Iterative 
Deverbativa  (pitttöiZuj)  215  f. 

Kategorien.  Grammatische 
und  psychologische  157  ff.  193  ff. 

Kausativa  mit  Suffix  -eVe-, 
-eio-  152  f. 

Kom])Osita.  Lat.  mit  de-, 
kelt.  mit  dl-  2  ff.  Lat.  ne  in 
der  Komposition  79  ff.  Got.  ja- 
Stämme  als  erstes  Glied  eines 
Kompositxim  14G  ff. 

Konjugation.  Das  Verhält- 
nis von  Präsens-  zuPerfektstannii 
167  f.  —  Die  ./a?J-Verba  im  Idg. 
152  ff.  Präsensklassen  I  236. 
II  B.  236.  X  237.  XIX  167.  237  f. 
XXX  167.  238.  240  f.  Aoristprä- 
sentia 238  f.  Agr.  Nasalsuffix- 
präsentia auf  -vauai,  -vo|uai  11  f. 
Lit.  und  Lett.  «-Präsentia  29S  f. 
Preuss.  ä-  und  «-Verba  300  ff. 
Ab"-.  2.  Präsensklasse  mit  Suffix 


Sachregister. 


355 


-«0-,  -ne-  190,  iterative  mit  Suttix 
-va-,  -Ja-,  -a-  190.  217.  Die  alt- 
i  t  a  1.  e  -  Konjugation  und  die 
g-erm.    dritte   schwache   K.  45  f. 

—  Das  si'o- Futurum  167.  240  f. 
Das  slav.  s-Futurum  190.  Das 
ai.  umschreibende  Futurum  164. 
Das  ital.  Futurum  (lat.  arehö) 
164.  240,  keit.  no  charub  164.  — 
Das  agr.  K-Perfekt  164.  P  e  r- 
fektum  lat.  auf  -vi,  -in  164; 
umbr. -samnit.  (osk.  aamanaf- 
fed)  164.  Ahd.  hiaz,  an.  Mt, 
ahd.  liof,  an.  hliiyp  89  if.  Ahd. 
teta  —  fätum  151  f.  Perfektum 
Plur.  der  4.  und  5.  Ablatitsreihe 
im  Ger  m.  148  ff.  Das  g  e  r  m. 
schwache  Präteritum  164.  —  Im- 
p  e  r  f  e  k  t  a.  L  a  t.  lüeham  164. 
199.  240.  Lit.  Gewohnheitsim- 
perfekt auf  -davau  165.  Slav. 
Imperf.  auf  -jach^  165.  191.  — 
Der  .s- Aorist  167.  —  Optativ. 
G  o  t.  bairais  74  f.  G  o  t.  hairai- 
zaii  Q2  f.  —  Got.  iciljau  60  f.  63. 

—  Der  Imperativ  170.  Got.  bai- 
raiidaü,  agr.  cpepövTuuv  61  f.  — 
1.  Pers.  Sg.  Präs.  got.  ?iaba, 
an.  Iiefi  65  ff.  Prät.  an.  wrta, 
got.  nasida,  ahd.  nerida  55  f. 
67.  Des  umschriebenen  Fxit.  Med. 
im  Ai.  3421".  Optat.  got.  bairau, 
an.  bera,  lat.  foram  59  ff".,  got. 
berjau  60 f.  —  2.  Pers.  Sg.  Got. 
nemeis,  ivileis,  nasides  73  f.  — 
5.  Pers.  Sg.  Prät.  An.  ivurte 
€6.  Lit.  der -o-Verba  295  f.  Lett. 
der  ä-Verba  298.  —  1.  Plur. 
Per  f.  Akt.  im  Ai.  auf -»«r/,  agr. 
-|Li€v  l.öO.  —  3.  Plur.  Per  f.  Akt. 
im  Ai.  auf  -ur,  europ.  -ut  150. 
Vgl.  Ablaut.  Aktionsart.  Akzent. 
Auslaut.  Dchnstufe.  Inchoativa. 
Injunktiv.  Iterativa.  Kausativa. 
Partizip.  Ivcdujilikation.  Suffix. 
Stammbildung. 

K  0  n  s  0  n a  n  t  i  s  m  us.     Bewes'- 


liches  s  im  Anlaut  10.  121  f.  317. 
—  Ai.  ö-  =  abg.  b-  3.  —  Agr. 
Aussprache  von  cp,  x,  6,  6,  Z,  ^ 
im  zweiten  Jhd.  n.  Chr.  in  Ägyp- 
ten 124—134.  ß-,  bez.  h-  =  idg. 
g-  7  f.  Idg.  -mr-,  -ml-  =  agr. 
-Mßp-,  -Mß^-  lind  -ßp-,  -ßX-  (?)  13  f. 
Anlautendes  |u-  verdrängt  durch 
ß  nach  verwandten  Formen  6. 
9  ff.  -  Ngr.  -nd-  aus  -nt-  119. 
Tc  107.  —  Alb.  I  105.  -nd-  aus 
-7it-  119.  —  Schwund  von  inter- 
vokalischem  /  im  Ital.  37  f.  81. 
Schwund  von  lat.  -d  34  i.  Idg. 
-rs-  =  lat.  -rr-,  osk.  -rr-  333  f., 
lat.  -sj)-  =  idg.  -af-  16.  Lat. 
Dentaler  Verschlusslaut  +t  =.w, 
s  102  ff.  Dentaler  Verschlusslaut 
+  .s-  +  ^  =  sf  102  ff.  ~  Umbr.  v 
aus  /  46  f.  -rf-  aus  -r.s-  334 1.  Lat. 
osk.  -mn-  aus  -j^n-,  -bn-  309. 
Südrum.  -nt-  =  lat.  -nf-;  -nd- 
=  lat.  -nd-  119.  —  Idg.  .v  im 
Kelt.  1)  anlautendes  .v  a)  vor 
Vokalen  313  flf.  b)  vor  Konsonan- 
ten 315  ff.  2)  inlautendes  *■  a) 
-s-  322  f.  b)  s  +  Konsonant.  Kon- 
sonant -f  .s  -f  Konsonant  323  ff.  3) 
auslautendes  ,v  335.  Idg.  p.<itr- 
im  Kelt.  322.  Idg.  z  im  Kelt. 
335  ff.  —  Germ.  Lautverschie- 
bung 346.  Wechsel  von  Jj  und  f 
311  f.  Dentaler  Verschlusslaut  -{-f 
=  SS,  s  102  flf.  Dentaler  Ver- 
schlusslaut +  .s- -h  t  =  st  102  ff. 
Kent.  Schwund  von  d  und  g 
im  Wort-  und  Silbenauslaut  in 
den  Verbindungen  -nd,  -ng  341. 
An.  figir  aus  ijij  99  f.  —  Lett. 
-/i.s-  "für  -.s-  27'9*f.  B alt. -Slav. 
-e.s'-,  -ÖS-  aus  -ens- ,  -ans-  273  ^ 
I  d g.  gn  =  u  r s  1  a  v.  dz  351.  Pol  n. 
.s-r-  350.  —  Vgl.  Apokope.  Aus- 
laut. 


K  o  n  t  a  ni  i  u  a  t  i  o  n  s  b  i  1  d  u  ng. 
Agr.  ßapvtiuevoc  9. 


356 


Sachregister. 


Kürzung-  vgl.  Vokalismus. 

li  c  h  11  w  ö  r  t  e  r.  Entlehnung 
von  Zahlwörtern  347  f.  Lat.  aus 
dem  Gr.  120.  Rum.  aus  dem 
.Slav.  117  f.  121.  Agr.  qpdcKuuXoc 
106.  Ngr.  aus  dem  Rom.  107, 
dem  Türk.  111  fl".  Serb.  aus 
dem  Griech.  123.  Kelt.  318  3. 
320.  Ägypt.  aus  dem  Griech. 
125  f.  129  1.  134. 

Modus.  Übergang  zAvischen 
Modus  und  Tempus  169  ff. 

Partikel  -u  135  f.  Fragepar- 
tikel  «  im   Germ.  63.     Lat.   ne 

78  ff.  ne  83  ff.   nei,  ni  86  f. 

Partizipium  Perfekti  Pass. 
im  Nhd.  164. 

Postpositum  lit.  -na,  -nq, 
-«269  ff.,  im  Lett.  278ff.  Lit. 
-en,  -e  284  f. 

Präfix.  Agr.  uu-  =  ai.  av. 
d-  11.  Lat.  in-  =  agr.  d-,  ai. 
av.  a-,  o'erm.  un-  18. 


Silbentrennung.  Einfacher 
Konsonant  +,;'  eröffnet  im  L^r- 
germ.  eine  neue  Silbe  146  f. 

Stamnibildung.  Lat.  Bahu- 
vrihis  auf  -in,  -e  bei  zugrunde- 
liegendem -0-  oder  -ä-St.  3  f.  Na- 
sale Stammerweitrung  im  alat, 
Verbuin  24  f.  Wechsel  von  o- 
und  .s--St.  im  Slav.  351  f. 

Suffix.  -  fyä-  1 9  f.  Abstufung* 
des  Suffixes  /e/w  in  der  Verbal- 
bildung 152  ff.  Präsentia  mit  Nh- 
salsuffix  im  Agr.  11  f.  -ra-  im 
Agr.  217.  Agr.  -cijucc  41  f.  -w- 
im  Lat.  38  f.  -iikyä  im  Lat.  und 
Russ.  37  ff'.  Lat.  -timos,  -fumos- 
41  f.  Lat.  -ima,  icma  42.  Lat. 
-änu.s  104  f.  Rum.  -um-,  -ns  aus 
dem  Slav.  117  f.  -no-,  -ne-  in  der 
abg.  2.  Präsensklasse  190;  -va-, 
-ja-,  -a-  bei  den  iterativen  Ver- 
ben im  Abg.  190.  217.  —  Ad- 
verbialsuffixe ai.  -fra,  -tvä  69. 
got.  -pro  68  ff. 

Synkope  des  a  in  der  Kom- 
positionsfuge im  Got.  147.  Vgl. 
Vokalismus. 


P  r  ä  15  0  s  i  t  i  0  n.  Perfektivie 
rung  eines  Verbums  durch  Zu- 
sammensetzung mit  Präpositio- 
nen 222  ff".  Germ,  ga-,  nhd.  ge- 
148.  164.  265.     Agr.  cüv  226  ff. 

Pronomen.     Got.  a-it  73 '. 

Reduplikation  erst  sekun- 
där zur  Darstellung  der  Zeit- 
stufe verwandt  165.  Drei  Re- 
duplikationsklassen 165  f.  210  f. 
Bei  Präsensformen  auf  -ckuu  216. 
Lat.  frag  rare  100  ff.  Beim  germ. 
Präteritum  91  ff. 

Sandlii.    Id;;'.  -äin  und  -ä65i. 


V  e  r  w  a  n  d  t  s  c  h  a  f  t  s  a-  e  r  h  ä  1 1- 
n  i  s  zwischen  L  i  t.  -  S  1  a  v.  und 
Germ.  348  f. 

Vokalismus.  Idg.  öv  ante- 
konsonantisch  zu  ö  90 -.  —  Agr. 
Aussprache  des  u  im  zweiten  .Jhd. 
n.  Chr.  in  Ägypten  134  i.  —  Lat. 
ital.  ar  =  idg.  rr  17.  —  Lat. 
■eoi-  zu  -öf-  (?)  80  f.  -öi  zu  -ö  81. 
Kürzung  des  Langdiphthongen 
ei  32.  Kürzung  eines  gesciiloss- 
nen  e  vor  folgendem  Vokal  86  ff. 
—  L  a  t.  au  —  s  ü  d  r  u  m.  av, 
nordruin.  au  vor  Medien  118. 
Nordrum.  -«?'-  aus  -br-  120.  — 
Idg.  /•  /  =  kelt.  ar,  al  315.  332, 


Sachreo'ister. 


357 


335.  337  ff.  Idg-,  r  =  kelt.  W, 
i  d  g-.  /  =  k  e  1 1.  li,  i  d  g.  rr  = 
kelt.  ar,  idg.  II  =  kelt.  al,  idg. 
/  ^  kelt.  lä,  idg.  f  =  kelt,  r« 
337.  —  Urgerin.  geschlossenes 
e  aus  V  0  r  g  e  r  m.  ei  89  f.  Ante- 
konsonantisches  en  aus  e?,/  98  f. 
Idg".  f  und  r  =  germ.  ur.  n 
und  n  =  germ.  un  141.  Germ. 
e  im  Perf.  Plur.  der  4.  und  5. 
Ablautsreilie  148  ff.  Idg.  ö  und 
/7  im  Germ.  51  ff.  Behandlung 
aixslautender  langer  Vokale,  die 
durch  -s  gedeckt  sind  72  ff".  76. 
143  ff.  Idg.  -oi  und -or  im  Germ. 
74  f.  Idg.  -em  =  got.  -a,  an.  -e, 
-i  CA  ff.  Ind.  -^m  =  got.  e  64. 
Urgerm.  -öm  =  got.  -aii  59  ff. 
Got.  a  aus  e  in  unbetonter  Silbe 
vor  r  75-).  —  Slav.  -^  =■  -öm 
.54.  —  Vgl.  Akzent.  Auslaut.  Syn- 
kope. 

Wortbildung.     A  g  r.  Kom- 
parative auf  -Tepoc  6  f.  Onomato- 


poetische Wortbildungen  im  Ngr. 
108.  —  Komposita. 

Wortstellung.  Negation  — 
Enklitikon  —  Verbum  35  f. 

W  u  r  z  e  1  d  e  t  e  r  m  i  n  a  t  i  v  -d- 
(Präsenssuffix)  92.     Vgl.  Suffix. 

Zahlwörter.  Got.  püsundi 
344  ff.  Entlehnung  von  Zahl- 
wörtern 347  f. 

Z  c  i  t  s  t  u  f  e.  Die  Kategorie 
der  Zeitstufe  und  das  idg.  Ver- 
balsystem 157  ff.  Die  morpholo- 
gischen Elemente,  die  im  i  d  g. 
Verbum  zur  Kennzeichnu.ng  der 
Zeitstufe  dienen,  sind  entweder 
nicht  ursprachlich  oder  hatten 
nicht  von  allem  Anfang  an  die 
spätre  Funktion  163  ff.  Aorist 
ursprünglich  zeitstufenlos  243  ff. 
Der  gnomische  und  komparative 
Aorist  im  Agr.  249  ff.  —  Vgl. 
Aktionsart.    Modus. 


Wortregister. 


I.    IiHlogermaiiische  Sprachen. 


Altindisch. 

a-  18. 

ctJias-  102. 

dkrsi  167. 

aksi  137. 

dgät  261. 

agne.s  136. 

cichedi  92. 

achäitsit  92. 

W;a^«  97. 

üjanat  167. 

äjljanat  166. 

vecl.  rtjäw  247. 

d^rrt  339. 

ädasat  167. 

o</ä<  237. 

«</r«7t  220. 

ädharas  68. 

adharät  .53'. 

adharäd  68. 

arf/t««  237. 

cinapasphiir-,  -a-,  -coit- 

16. 
anayisam  262. 
anäisam  262. 
vcd.  r/y>a  spharlM  16. 
(ijHisphüra.s  H.  16  f. 
(ip.su-  329. 
iihaläs  1.  5  f. 
^/?n<i  292. 
ticed/sam  237. 
äsnOti  165. 
asfän  1.36. 


rt.s'fr«  16. 

dsa/?'  249. 

rt.s^/j«i   237. 

äsyati  15. 

ä-'ll. 

äyi^i'a  165. 

ämaniat  165. 

«ji/ti.'i  326. 

ärä'tfäd  278. 

ved.  «re  278. 

d^w.s'  3  f. 

icchämi  349. 

ichäti  216. 

M  81. 

ii/a  87. 

ved.  wiahe  292^. 

ükmti  331. 

udaka  325. 
j  üparas  68. 
j  ubJiäü  136. 
[  UHäNänäktä  138. 

ü'rdhvd-  217.  338. 

fksa-  338. 

rsabha-  333. 
:  ri-.ya-  349. 
'  edhas-  103. 

e««/  26. 

ved.  Ä;d«i  272. 

fcdr^?  167. 

kävHidi  238. 

kübara-  14. 

kübari  14. 

kürdati  92. 

khnis  1.55. 


fcf.srti'/  238. 

Ärr.se  167. 

Ä-Tf^  c«  33. 

ksafräm  21. 

k.idyati  21. 

ksemas  349. 

^dw  65 1. 

{/äJt.s-  90-. 

(//<«  307. 

gJianä(/hand-  101  f. 

ved.  .(//u<  307. 

(jhi'ätds  101. 

f//ira^?'  100.  102. 
I  ca  33. 

cdyate  21. 
I caräcard-  101. 

cäydti  21. 

c'ikefi  21. 

-c?V/  .'53. 

cinuti  21. 

ved.  codaynt  247. 

cA^Y-Sif  93. 

c/i/rf-  92. 

chindänti  94. 

chetsydfi  92. 

jayarukas  38. 

jcmylmntl  165. 

jäydntkds  38. 

jäydrti  38. 

ja  HU,  .351. 

jighvati  100. 

jydi/üii  5. 

tdksati  3.30. 


Wortreg-ister. 


359 


fak.pü  137. 
täträ  68  f.  339. 
täpas  103.  326. 
tärati  238. 
tavas  347. 
tavisds  347. 
färisl  347. 
fasfhhnd  166. 
tasmäcl  53  2. 
^/?YJf/  2.38. 
fisthafi  166. 
/»/?<'Jf;  98. 
fiim/xffi  122. 
tümras  98. 
^•»rt-  337. 
f^m^^■  98. 
-^rä  69. 
dddhati  151. 
((adliä{u)  151. 
(laudaiiikas  38. 
fZäf<^  160. 
dätäsmi  164. 
dädharfi  166. 
dädhära  166. 
(fäsa-  328. 
vecl.  fZet'a  138. 
devds  88. 
(/e/i<  3081. 
dyumds  42. 
dräi/ös  136. 
dcisafi  345. 
(toe  136. 
rfre.«i  167. 
<]fi;äti  136. 
dhäyati  932. 
dhäyas  93  2. 
(/Äz/a.v  932. 
</;ie/»/.s-  932. 
y/rt  79. 
ndkis  35. 
iidktö.^äsä  138. 
nadhd-  325. 
napät  71. 
ndhhyeva  138. 
luihyati  325. 
/*«  83. 

nämä  56.  72. 
«4«e?/a  138. 


ved.  ?«i  ^«/'Z^  247. 
/ilfZa-  336. 
pancasati  345. 
ved.  paramajyds  5. 
pasyati  220. 
päsas  96. 
päsänd-  3.35. 
päsii-  273  1. 
pidtälas  122. 
pidtikä  122. 
jyidrds  122. 
2)urä  249. 
pürnds  141. 
prtliUH  95. 
pötas  122. 
prdthas  319. 
pravähate  324. 
pravekas  42.  45. 
prastumpati  122. 
pra.stha-  326. 
plihdn-  319. 
hälam  1 — 4. 
brhcdfm  64. 
bhdyas  116. 
hhdjati  116. 
bhärate,  74. 
hharäni  60. 
bhdribhrati  101. 
bhdräi  63. 
bhdvati  249. 
bhavitdsmas  243. 
bhdsman-  328.  329  1. 
bhäsd  331. 
&Är,s-^2-  332.  338. 
maksü  331. 
majjdn-  336. 
manda-  103 1. 
viaidtn  102. 
mada-  325. 
mänasl  136. 
mdrlciit  14. 
mdnnan-  335. 
maryakäs  14. 
mar  y  (IS  14. 
marsanam  10. 
mä  248. 
mäsä-  95.  329. 
märäyati  153. 


ved.  Miträvaruna  138. 
ved.  mürdhdriii)  248. 
mrtsna-  103  1. 
mrtsnä  103  1. 
mrdÜH  103  1. 
mrdnäti  9. 
mrsäti  10. 
medaua-  336. 
med((S  336. 
-raradciH-  103 1. 
mleccha-  323. 
yWrf  3051. 
yaMdhe  342  f. 
?/?6^e  136. 
yugeva  1,38. 
raksati  351. 
rä7näyati  153. 
vdtsa-  331. 
varas  8. 
varsman-  332. 
t-ös  326. 
va.9t<-  323. 
väw^-  95. 
vävadükas  38. 
väsard-  329. 
västu  326. 
üec-  42. 
vincanti  45. 
vinakti  39.  42. 
vimradafi  103  '^. 
vivahdti  217. 
vivähayafi  217. 
viviktas  42  f. 
vivekti  42. 
ved.  ui.S'ii  40 1. 
ved.  vistibhis  40  ^. 
vfkas  141. 
«;rA:.s-d-  323. 
vrnäti  8. 
vrnöti  8. 
vrsan-  333. 
samku-  324. 
^dÄ-^M  21. 
mknöti  21.  25. 
sakrds  21. 
ved.  sagmdx  2i>. 
.vflcl  21. 
iatdm  344. 


360 


Wortregister. 


sätrös  136. 
sdvas  22. 
Sävlras  22. 
suklä-  211. 
sukll  bhavati  277. 
susuve  22. 
Minds  22. 
säras  22. 
^fngtva  138. 
^mäsru  321. 
,^üdyati  22  f.  25. 
üatsati  345. 
sascati  166. 
sasyä-  330. 
6-i<-  313. 
svdJfi^  90. 
67;;«fi  322. 
skändati  316. 
stamba-  318. 
stif/hnute  318. 
stlrnä-  337. 
stupds  121. 
stupas  121. 
s^/•-  318. 
«^°/'^«-  318. 
sthäman-  318. 
sthürds  98. 
sthulds  98. 
snämi  321. 
$näyati  .321. 
sjihurdti  16. 
sma  249. 
svdsar-  322. 
Aa  307. 
hantüHmi  343. 
hantäham  343. 
AmÖif«  942. 
hrsyafi  332.  338. 
hrdsati  333. 
hraavd-  332. 

Avestlscli. 

ö- 18. : 

aeiini  26. 
aesma-  103. 
a.s'£  136.  139. 
(isfo'ö  22. 


asca  324. 
ash'tra  16. 
ä-  11. 
äsusK  3  f. 
eredhu-a  338. 
khshaihrein  21. 
khshayete  21. 
CO?  34  1. 
fa.srt-  330. 
daema  90. 
dä/.s  90 1. 
döi&ra-  90. 
(Zo/iÄa  328. 
ööfj'a  116. 
frasparat  16. 
naecis  86. 
mazga  .336. 
mo6»  331. 
yacica  33. 
^;oÄM-  323. 
raonq  309  ^. 
sa?;ö  22. 
sisphnnö  22. 
suyamnö  22. 
süidyüi  22. 
staman  318. 
sfrt?-«  318. 
spereza  319. 
haliya  330. 
hisku  325. 

Altpersisch. 

kh.sJutfi-am  21. 
khshäyafhlya  21. 
öö^a  116. 

PehlevT. 

?-ö?i  3091. 

Neupersisch. 

rr<«  309». 

Georgisch. 

haqaqi   108. 


lugiloi. 

baqaq  108. 

Armenisch. 

&0Ä;  349  1. 
^rwer  328. 
da^7  (d«/)  93  2. 
dayeak  93  2. 
me2  335. 
»iis^  336. 
osÄ;?-  324. 

Phrygisch. 

Zeüc  BuY«"ioc  116. 
ßaXriv  3. 

Altgriechisch. 

a-  18. 

aßoTov  42. 

äßbeXov  8. 

äßeUov  8. 

äßeXxepeioc  7. 

dßeXxepia  7. 

att.  öß^Xxepoc  6  ff. 

aßpoToc  10. 

dTeXd&iov  110. 

hom.  d^eXaii-)  110. 

dreXäc  110. 

äYO)  247.    iiY"Tov,   äta- 

yeiv    165.    240.     rix"> 

fiTMö»  97.  99. 
äbuTov  42. 
ä^Euu  99. 
dr|öuüv  56. 
deeei  340  f. 
deeoc  341. 
deXoqpöpoc  1251. 
ai  S7. 

Aiavre  139. 
aiboioc  70. 
aiboiiuc  70. 
ai^c  326. 
aieoc  103. 
aiE  110. 


Wortreo-ister. 


361 


aipeci,uoc  41. 
akxoc  101. 
«'iTeuu  215. 
aixiZuj  215. 
etK^ciiLioc  41. 
c(K,uiT  15. 
äKoudZo^ai  215. 
ÖKoüiu  215. 
«Kpaxi'ic  5. 
otKpöc  15. 
ctKupoc  22. 
äXXoxe  341. 
«\u)ai|uoc  41. 
duaXouvuu  103  ^. 
d.\jLa\6c  5  f. 
ctjLtßXüc  5  f. 
c(,uapTUL)\öc  lOG. 

ÖußpOTOC   10. 
«faqpißeßqKOX  180. 
df.iqpievvu|.ii  103.  230. 
ct.ucpu)  136. 
dvaßiuJCKouai  230. 
arg".  .-avdKoi  136. 
dvrjp,  dvbpe  139. 
«vepe  131). 
dvorfvuiai  230. 
dvTÖnevoc  229. 
dvujTepuL)  75  ^. 
«TT6x6dvo|uai,    dTDTXÖexo 

2251.  229  f. 
dirö  309. 

dlToblbpUCKLU    2.30. 

«TToSvt'icKeiv  174.  230. 
dTTOKTciveiv  230. 
dTTÖX\u|ui  230. 
<iiTocß6vvu|ni  230. 
iiTTocTUTrdZiuj  121. 
dpapiCKUj  216. 
dpKTOc  338. 
«pvc  139. 
dpviov  112. 
dpöcifioc  41. 
öpcrjv  333. 
äcKuXoc  107. 
«ciraipui  16. 
dcTTOvbei  340. 
dcTi^p  318. 
.^acTÖc  326. 


dcu\ei  340. 

aüEdvuu  99. 

aüSuu  99.  167. 

aÜTi]  90. 

aöai  99. 

'Axaioi  1291.  134. 

ßdepöKoc  108. 

ßa\aveiov  89. 

ßdWiu,  ßaXOü,    ßaXXt'icu), 

eßaXov  241.  ßaXeiv  208. 

ßap&fjv  9. 

kork.    att.    ßapväuevoc 

6.  9.  12. 
ßapüc  110. 
ßaciXeOcai  209. 
ßdci|uoc  41. 
ßdcic  41. 
ßacKaivuu  106. 
ßäcKavoc  106. 
ßdxpaxoc  107. 
ßeßXeiv  13. 
ßeßXecGai  13. 
ßeßXaiKCv,  ßeßXuuKuüc  13. 
ßeßpa.ueviuv  10.  13. 
böot.  ßeiXö|uevoc  7. 
ßeXXeiv  12  f. 
thes.s.  ßeXXeixei  7. 
thess.  ßeXXo|uevou  7. 
ßeXraToc  4. 
ßdXrepoc  1.  4-8.  12. 
ßeXxiuuv,  ßeXriCTOc  4.  6  f. 
ße.ußXeTO  13. 
ße,ußXa)Kev  13. 
ße^öXexo  13. 
ßepvuujLieea  6.  8 — 12. 
ßeppeai  8.  10—12. 
ßia  5. 

ßißpuucKU)  216. 
ßXabapöc  1031. 
ßXaicöc,  323. 
ßXdcqpn^oc  335. 
ßXevvu  1031. 
ßXevvoc  1031. 
ßX€vvöc  1031. 

ßXuÜCKUU    13. 

ßopeac  105  f. 
ßoüXoinai  7  f. 
ßoöc  90-. 


ßüjv  65  ^ 
ßöe  139. 
ßpUKeiv  10. 
ßpdEai  10. 
ßpe.uiu  217.  220. 
ßpo|ueuu  217. 
ßpÖTuxoc  108. 
Bpöraxoc  108. 
ßpuüciLioc  41. 
Yd|uoi  20. 
YeYuuviCKUu  216. 
Yevoc,  Yeveoc  352. 
YiYvo|aai  166.  222.    eY6- 

vero  167. 
YiYviücKUJ  216. 
YviuTÖc  305. 
YÖvu  351. 
YUTre  139. 
hom.  bai  17  if. 
ba.-ioc  17. 
bdKviu,  eöaK€  167. 
6dKpu  42. 
bäc,  bäba  120. 
be  82. ' 
bebopKtt  211. 
bei6iCK0|uai  216. 
lokr.  delph.  beiXo|Liai  7. 
beiEare  247. 
kret.  beXTOv  7. 
bewäZu)  103. 
öevvoc  103. 
beEioc  331. 
bepY.u«  329. 
bepYMÖc  329. 
ö^puj  337. 
br\ioc  17  f. 
dor.  bqXo|uai  7. 
b^vea  328. 
b^w  242. 
bibdcKiu  216. 
6i6pöcK(Ju216.  6Öpav237. 

242. 
bi6uu|ui,    biücuu,    bibuücuu, 

eöo.uev  165.  222.  241. 
6i2»ico,uai  165. 
biTiXaE  96. 
biuiKO)  220. 
bmij€   139. 


362 


Wortregister. 


Ula  114. 

öoöpe,  boOpuuv,  boüpecci, 
boOpaciv,   öoöpa  139. 

t'^pfrriua  329. 

^uva|uai  23. 

hvo,  bOuu  136.  139. 

el.  öuoioic  136. 

bucßdpKavoc  9. 

?)ucßp(iKavoc  9. 

bn>  ,S2. 

euXuuv,  eäXuuKa  305. 

€ap  329. 

eßXu)  13. 

fcf^paf^iaevov  10. 

eypriYopa  101. 

eyü)v  ö6. 

eöeiKca  242. 

eeeXuJiui  249. 

ei  .S7. 

eibov 220,  ibeiv 209.227 f. 

eibuuAov  106. 

e'iKOCi  136. 

€i|napTai,  el'ibiapTO,  eiinap- 
luevri  10. 

eim  26.  242.   ievai  148. 

eiireiv  222  '. 

eiTT€CKOV   216. 

eicievai  19. 
eicopäv  227  f. 
eKOTÖv  319.  344. 
^K€l  340  f. 
^Kcx^ipicx  18. 

€KTT\riCCUJ    230. 

eKTTobuüv  .340  f. 

«XkvjctüJuj  215. 

€'\kiu  215. 

^ladvi-jv  66.   154. 

^ußpafutva  10. 

^MßpaTai  10. 

4|aiv  136. 

^v  272. 

^vöuiLieicOai,     ^vT60u|je- 

icBai  174. 
tvicue  316.  325. 
^TTiCap^uj  lOi). 

^TTieuiaelv,     ^TTIT66U|U»1K^- 

vai  174. 
^növj)i)aoc  41. 


eTTTÜ  314. 

^PYOtciiuoc  41. 

epeuGoc  103. 

epiTU)  220. 

epcriv  333. 

^PXeceai  148. 

icnöc  121 1. 

gcTTcpoc  328. 

ecTToiTO  166. 

eTr|TU|noc  42. 

eTU|Lioc  42. 

eüvoöxoc  111. 

eupicKuu  221. 

eüxerdoiuai  216. 

eöxo|uai  216. 

icpvr]  102. 

e'xuu,  cx^cuu,   eEo),    ecxov 

217.  241. 
Zeüc  98. 
Z:)iTriai|.ioc  41. 
Juupöc  110. 
fiöea  237. 
r\b\)c  70  ^ 
i*l|udipTave  221. 
rivrexo  229. 
lipapov  165. 
Tixeero  229. 
Beöc,  9ed)v  56. 
eepÜTTovTe  139. 
er-|pe  139. 
9paci)C  70  ^. 
0paOuj  329. 
eucia  20.   II  r. 
eOöijaoc  41. 
Gücic  41. 
0UTeov  20. 
eürric  20. 
ictci|uoc  41. 
Töoc  331. 
iluu  222. 
irilLii  222. 
iriTfjpe  139. 
.flKOTl   136. 
miToc.    iTTTre    170.    iirniu 

135.  139. 
ipic  114 
iCTiim    166. 


ecxaiLiev  166.    icraiaai 

63. 
Kaeeübuü  230. 
Kä0ri|uai  230. 
Ka0iZuj,6Kd0ica  121.230. 
Ka{  340.  f. 

KoXeicGai,  KeKXficeai  174. 
KaXÜJC  56. 
Kauvöc  95. 
KaraöapGdvuu  230. 
KaxaKTCivoj  230. 
KaxaXujußdvuu  230, 
KaxaTrXriccuj  230. 
Kaxacßevvujui  230. 
Kaxacpeüyeiv  229  f, 
Koö^a  125  2. 
Kauci|uoc  41. 
KeXo|nai  94. 
KeO0oc  104. 
Kexapricoj  165. 
Kfipe  139. 
KfjpuE  38. 
KrjpuKe  139. 
kikXtickuu  216. 
kTkuc  22. 
KivbaE  94. 
Kivbuvoc  94. 
Kivtuj  94. 
Kivu|uai  94. 
Kiccöc  126  ^. 

KIXVIILH    148. 

KXripoc  11. 

KXrjpoOv,  KXiipoücGai  11. 

Koeui  21. 

Koviöec  315. 

KÖTTaVOV    111. 
KÖTTXUU    111. 

KÖpaE  335. 
Kpeixxujv  5. 
KpOKOC   126 -. 
Kxdo|uai,  K^KxriiLiai  21. 
Kxeivu),  Kxeivai  205  f.  230. 
Kußepvduu  14. 
Kußepvtixrjc  14. 
Ku^uu  22. 
lypr.  Kui^iepqvai  14. 


..,^..    222.     icxr)  :  äol.  KU|uepv)ix>ic  14. 

170.  ^cxnv  236  f.  242.  |  Kupioc  22. 


Wortregister. 


363 


KÖpoc  22. 

KÜcBoc  104.  336. 

Kuujv,  Kuve,  KÜvec  139. 

KUJ|u)'i  349. 

Attjapoc  96. 

Xai^öc  217. 

Xafaßctvuu,  Xaßeiv  230. 

Xd.uTTUj  325. 

XeiTTU),     eXiTTOv,      XiireTv 

236.  242.  321. 
XetacGai  222  i. 
Xeiuov,  Xeovxe  139. 
XiVfU)  95. 
XiiöeTv  95. 
Xivv  321. 
XuYTÖivofiai  321. 
XuYKaivuj  321. 
Xüciiuoc  41. 
Xucic  41. 
ILiäZa  106. 
LiaZiov  106. 
]udXa  5. 
,uaXepöc  5. 
laäXicxa  5. 
luäXXov  5. 
|uapvd|uevoc  9. 
jLiaTTÜri  117. 

|Ll€ipdKlOV    14. 

i.i6ipaS  14. 

Lieipouai  10  ff. 

LieXeoc  335. 

lueXXuj  13. 

lueXoc  335. 

lueXuj  13. 

|ue|ußXeceai  13. 

luepiZo),  |nepiZo,uai  9.  11. 

I^iepic  9.  11. 

uepoc  9.  11. 

laeTÖTTioOev  249. 

lariCTUjpe   139. 

miivricKuu  216. 

jaoTpu  9. 

luoXeiv,  f.ief.iß\ujKev  13. 

fjöpoc  9.  11. 

vaieTdu)  216. 

vaio)  216. 

ve'ouai  242. 

veqppoc  101. 


I  vriTTioc  21. 
vö|uoc  332. 
vuv,  vü  82. 
vuO,  vAiv  136. 
6  352. 
ößpia  14. 
ößpiKaXa  14. 
ößpiKia  14. 
ößpifjoc  14. 
o'iKei  340. 
oiöc  xe  eiui  23. 
oTc  110. 

OlCTTUUTl'l    316. 

ÖKpiöeic  15. 

ÖKTUJ    136. 

öXtcGdvuü  336. 

öXicGripöc  336. 

övoKivbioc  94. 

öEüc  15. 

kork,  öfrei  34. 

g'ortyn.  öirri  32. 

ÖTTuuira  165. 

öpdu)  220.  227. 

öpeöc  217.  338. 

öpo|uai  220. 

öppoc  333. 

öpuupa  165. 

öcc€    137.    139.    öccujv, 

öccoic,  öccoici  139. 
öccppaivecöai    100.    öcqp- 

pecöai ,      öcqppiicecöai 

100.  102. 
öcqpöc  324. 
oöirri  35. 

OÖTTUUC   35. 

ö(pi  170. 

ÖX6UU,  öxeouai  217. 

öi^ov  .329. 

TidYH  96. 

iTdYVU|ui,  TTaYnvai  !><;. 

TTaic,  -rraibe  1.39. 

TTa|U(paivuu  165. 

iravöriiuei  340. 

irdpoc  249. 

TTOxrip  75. 

Trei  34.  340. 

TTcXXa  335. 

TTeXoTTovvricoc  103. 


TTevoiuai  220. 
irevTriKovTa  345. 
irevTriKÖcioi  345  f. 
ireTTiGricuu  241. 
irepYouXov  .320. 
TTe9piKa  211. 
dor.  -nf]  32. 
lakon.  TTHTTOKa  32. 
irrixeG  139. 
TTibaE  325. 
TTibüuj  325. 

TTIVUTÖC    21. 
TriTTlCKUU    216. 
triTTpdcKiu  216. 

TTITTTUU  222.  TTeiTTUUKUHOS» 

dor.  TiXäTd  9(5. 
TrXdJ^uj  96. 
•n-Xdöavoy  95. 
TTXdccuj  96. 
TtXaxOc  89.  95. 
TTXrmn  123. 
TTXri,u|Liri   123. 
TrXüiua  123. 
TTOieu)  21. 
TTOif-iriv  66. 
iToXe|uf|cai  209. 
TTopeüciiuoc  41. 
TTopqpüpuj   165. 
Troxeo,uai  218. 
TTÖxepoc  75  -. 

TTOÖC,    TTO&ÜJV   340  f. 

TTÖbe  135. 

lioin.  TToöo'uv  136. 

irpdxxouai,     TTpdEouai, 

TTpaxGricouui,     eTTpdx- 

Gev  241. 
TTpeirei  220. 
irpiacGai  222  ^. 
TTpoßaiveiv  29. 
TTpoöocia  20. 
irpobÖTric  20. 
irpööoxoc  20. 
TrpoxuJpe'iv  29. 
TTxdpvui.u  322. 
TTxuj,ua  305. 

TTXÜÜCIC   305. 

TTUYn  3. 
TTuuxdouai  218. 


364 


AYortreo-ister. 


^ayri,  ^aYÖc  96. 

^äba.uvoc  323. 

pubii  323. 

^cYKuu  322. 

peYX^  ^22. 

^eiju  3091. 

^r)YVU|ui    96  f.     eppiuya, 

eppriyeia  97. 
pxnTäZu}  215. 
^(tttlu  215. 
^uuYMn  96. 
^u)E  96. 
caipuj  109. 
cauKÖv  37. 
cauxMÖv  37. 
<:Kai.-öc  317. 
cKopirioc  315. 

CKÖTOC   315. 
CKuWeiv  316. 
c]ur)  93. 
<:,uiXri  93. 
ciaivür]  93. 
ciraipu)  16. 
CTTÖpaYM"  317. 
cTTupäccuj  317. 
CTTaTiXr)  316. 
CTTeoc  320. 
CTxXü-fXva  319. 
cttXtiv  319. 
CTTOvbai  18.  20. 
CTTopYiXoc  320. 
CTTOubciZeiv,    eciroubaK^- 

vai  174. 
CTUYiiiv  318. 
CTÜltu   318. 
CTUupöc  98. 
creYl  317. 
creixuj  318. 
cjevälvj  215. 
CT^vuu  215. 
<T^pvov  337. 
CTCÜTui,  creÜTo  98. 
cxriuevai  .31H. 
<:Tr|C0|u«i  240. 
cxripiY-  334. 
cxripiZiu  3.34. 
CTÖ)Lia  318. 
CTopYi'i  318. 


CTopevvu|Lii  318. 
CTpUTÖC  318  f. 
cxpeuYecOai  319. 
i  CTpeqpuu  217. 
CTprivrjc  318  f. 
cxpfivoc  319. 
cxpiYH  120. 
cxpoqpeo)  217. 
cxpijOvvu|ui  318. 
cxpuuqpduj  218. 
cxüXoc  98. 
CTVTiäZw  121. 
CxOlTOC   121. 
cuYYiTvuücKUJ  227, 

CUYKpUTTXUJ    227. 

cuXXaiußdvuj  227. 
cuXXüuu  227. 
cu|ußaiveiv  19. 
cüiußacic  19. 
cu|Licpepuu  226. 
cu)acp9eipaj  227. 
CUV  226. 
cuvdYvu|ui  227. 
cvvap-nalw  227. 
cuv6pxo|nai  226. 
cuvi'ivxexo  229. 
cuvGripeüuu  227. 
cuvievai  19. 
cuviriiai  227. 
cuvopduu  227. 
cuppriYvu|Lii  227. 
C(pns  320. 
cq)iv  136. 
C(pupöv  320. 
cxiSuj  92  f. 
cxivbaX|u6c  94. 
cuuxwJ  37. 
xaOpoc  98 
raqpai  20. 
xdqpoi  20. 
xdcuv  55. 
x^Yoc  317. 
x^enXa  211. 
xtBvriK^vai  174. 
xeSvriHa»  165. 
xeixoc  30S1. 
T^Kxaiva  137. 

T^KXIU   330. 


xeXa|uü)v6  139 
xevovxe  139. 
xeprjbuüv  337. 
xexpaiviu,   xexprjva  166. 
xiGrini  63.  222.  247. 
xiKxoj  222. 
xijur)  56. 
xivujuat  21. 
xivuu  21. 
xixpuücKUJ  216. 
xixücKO|uai  216. 
xiuj  21. 
ToTxoc  3081. 
xoKfie  139. 
xöEov  114.  330. 
xpdYoc  110  f. 
xpoivöc  337. 
dor.  xpdTTO)  238. 
xpaö|ua  39. 
xpauf-iaxiac  39. 
xpdtTuu,    SxpeTTOv,    expa- 

TTov  217.  238. 
xpiCuu  120. 

XpOTT^U)    217. 

xpiüEiuoc  41. 
xpuuTrduj  218. 
Tvjöeüc  98. 
xÜKOc  330. 
xüilIttovov  122. 
XÜTTXUJ    122. 
TuvbdpiTC  !>8. 
uie  139. 
ü|U|uiv  136. 
üirep  75  -. 
iJiTicxveouai  230. 
öc  902. 
cpuYfiv  116. 
qpdpcoc  333. 
qpdcKiuXov  106. 
q)dcKUjXoc  106.  323. 
cp^ßoiaui  220. 
(peibiuXöc  106. 
cp^pu)  63.  71.  217. 
dor.  kypr.    cp^pec   247. 

(pipe  170.  (piperai  74. 

q)6pövxiuv  61. 
cpevfecKov  216. 
cp-.dXr)  125  1. 


Wortregister. 


36& 


q)iXoc  70. 

qpiXujc  70. 

qpXoicßoc  336. 

(pXval  336. 

qpXüoc  336. 

cpoXKÖc  4. 

qpopeo)  217. 

(pöpoc  217. 

cpu-feiv  209.  230. 

hom.  qpuEiuoc  41. 

q)iJEic  41.  ■ 

qpu)T€  139. 

Xaipiu,    x«ipiicuj,    xapn- 

coiaai,  exöp'iv  241. 
Xaüvoc  98. 
Xeipe  139. 
Xeipujv  3.33. 
xepcubpoc  107. 
xXujpöc  111. 
XUJpeTv  29.  31. 
HjaXic  320. 
lyapöc  111. 
ipi|uueoc  131  ^. 
lya'.uöc  329. 
HJUüXUJ  37. 
üjßpaTO  10  f. 
uiGeuj  215. 

U)KÜC    3  f. 

iwXevr]  105. 

lupuTH  11- 
uüpüouai  11. 
ujCTiZo)  215. 
lucpeXeo)  11. 
tuxiJUKa  .'505. 

Mittelgriecliisch. 

äTTOCTprfTi^iuj  120. 
ßiußöc  109. 
CTpvcfiZM  120. 

Xeiigrieclilsch. 

ä'feXdba  110. 
aia  110. 
mpa  110. 
ai-fibj  110. 
dipov  114. 


dpctTTiic  112. 
dpaTTOüXXxc  112. 
äpÜTTC   112. 
äpvi  112  f. 
dcuoböxoc  121  ^ 
dcirpoKdva  114. 
dcTTpoKOUT^Xa  114. 
dcTTpouoÜTCouvri  114. 
drcaXeüuu  107. 
drcdXi  107. 
äTcaXoc  107. 
ßöriu  115. 
ßdepaKttc  108. 
ßaGpuKÖc  108. 
ßapßdrou  111. 
ßapGttKÖc  108. 
ßepT«  113. 
zakon.  ßepYÖbi  113. 
ßeppdbi  113. 
zak.  vetiili  111. 
ßiToüXi  111.  113. 
ßöepoKac  108. 
ßöepoKoc  108. 
ßopbaKÖc  108. 

ßÖpTOKOC    108. 

ßoußöc  109. 
ßpoGÖKa  108. 
ßpöGaKoc  108. 
bov.  vrötiko  108. 
bov.  vrü^ako  108. 
ßuZ:i  114. 

YöiT"  110- 
YöiTdvi  112. 
YaiTdvTC,  -ou  112. 
YdXa  113. 
YaXavri  114. 
YaXavöc  112. 
YoXdvou  112. 
YoXdvTC  112. 
Yapbou|aia  117. 
Yi6a  110. 
Yiöi  110. 

YITCIKÜ    113. 

YKÜX-mvo  113. 
YK^cov  113. 
göcov  111. 
Ypißa  113. 
6€X«Tepa  108. 


6ia|uävTi  119. 
öiTTXa  114. 
ömXdTii  114. 
böSa  114. 
boEdpi  114. 
eiTTa  234. 
eXeY«  234. 
Z:dpKOU   113. 
Z:apoö&i  109. 
Zapoubiacuevo  109. 
J^apujvuj  109  f. 
ZiiYdpi  113. 
ZiiYoOpi  112  f. 
rka  110. 
Z^idpi  1211. 
ZoMdpi  1211. 
Zou\a  110. 
2ouXdKi  110. 
louvdp  114. 
^ujudpi  121  1. 
rOÜ  110. 
Zuüvdpi  114  f. 
Zluuvöc  113. 
GeXu)  234. 
i'YYCiXo  113. 
Tpo  114. 
KaKttpdc  108. 
KaXecca  112. 
KdXiccou  112. 
Koiudpa  115. 
KttUTrepc  113. 

KdlUTTOC   113. 

KamjJ|uaTa  110. 

KUVOÜTOV    111. 
KuvxriXa  114. 
KUVTiXepid  114. 
KOTrapöc  113. 
KatroüXa  114. 
KaiTouXdTri    114. 
Kapäc  1 12  f. 
KdpXoKac  108. 
Kapöcou  112. 
KacTUvri  114. 
KttTClKa    110. 

KaxciKi  110  f. 
KttuXdrri  114. 
KauXoKepdrri  114. 
KauXöc  114. 


3Ü6 

KoucaXri  114. 
Kevxeuj  119. 
KepaZoö  115. 
KepacouXe  115. 
KapaxcoOXa  114. 
KiapaceXeviT  115. 
KiepaZujvr)  115. 
KoXoßöc  113. 
KOplÖC   114. 
KÖplC   114. 
Kopiüjca  114. 
Kopuepö  121. 
Kopui  121. 

KÖpUTTOU     111. 

KÖTCiavou  112. 
KOÜßuKac  108. 

KOUKKIVOU    112. 
KOUKKIVTC    112. 

KoOXa  113. 
KOuXoußöc  113. 

KOUTTttVäpl    111. 

Koupvöc   113. 

KOUTCÖC    lOi). 

Kpidpi  113. 

KplÖC    113. 

KpouTÜprx  112. 
KpußiTca  110. 
Kupiac  115. 
Xöiou  112. 
XaXafcÖTn  113. 
XaXäc  113. 
XaÖTTOC  114. 
XeovT(ipi  1111. 
Xiäpouc,  -a  112. 
Xißavn  114. 
Xißavöxpouc  114. 
Aiqjxepc  113. 
laaZi  lOG. 
laaZujvuü  10<j. 

ILläpOJTrU)    ll."i. 

|iacx«X(iTri  114. 
jLiacxcxXec  114. 
^ÜTl    112. 
fiaxoüXXon    112. 
liUTOÜXXTC    112. 

juaupoKOiva  114. 
iaaupoXai|ua  114. 
|aaupo|U|U(iTU  114. 


Wortregister. 

lueXiccöc  112  f. 
ILiiKpiKÖvrapo  115. 
[uiiXiic  112. 
luiXioüpi  118. 
luiXiccou  112. 
fiipTZiiävTC  112. 
luovoßüla  114. 
luovoKepa  114. 
luoüZia  114. 
|uou2oupri  114. 
luouvoöxi  111. 
laoupcxKi  111. 
laouYi^ei  111- 
ILioOpYoc  111. 
luoöpTOuc  111. 
laoüptZia  111. 
luoüpxZiivoc  111. 
luoüpT^iouc  111.  113. 
luoupxZiouXuüvuj  111. 

|UOl)CKOUpOC    111. 
lUOÖCKpOU    111. 

liTTOtKaKac  108. 
luiröXia  111. 
laTtdXiou  111. 

ILlTTäXXlOU    112. 
ILlTTÖpT^OV    111. 

luireXXa  112. 
lnireXXou  112. 
ILiiriXXiTCOu  112. 
jLnriXXiTCou  112. 
iLiTiXiöpa  112. 
lnTiXiöpi  112. 
lUTTOÖpaKXäc  108. 
|uuupa  114. 
veKpoKÖvToXo  115. 
viÖYKpov  113. 
2iX|uäbi  111  1'. 
ivväxY]  1 14. 
Suvr)  114. 
blüi  110.' 
blwv  110. 
övxav  119. 
öEuvöc  114. 
oöxciäf)!  111. 
TTapaYiouciKou  112. 
TTapacKißäc   11.3. 
TTOxvcixii   114. 
-rrdxvn  114. 


-iraxvöppax'l   114. 
irepöiKU  112. 
-rrexZouXri  114. 
trexci  114. 
TTeqpxc  113. 

TTlpölKC    112. 

TTicouKepaxou  110. 
TTicxpa  111. 
iTobdpi  112. 
TTOubapoüciKou  112. 
TTOuXiapri  114. 
Tipößaxov  110. 
irpoußaxiva  111. 

TTpOUXCldbl    110. 

^ouYouciKou  112. 
^oüvxou  112. 
poücca  111.  113. 
^oüccou  111. 
laßßäxc  113. 
capic  112. 
cißa  113. 
cioöxouc  113. 
CKeqpapbdxn   114. 
CKoXivöc  113. 

CTTOXXÖ    110. 

CTTOpbaKdi;  108. 
sprofaco  108. 
cxpeipofiax^Iiexa  113. 
cxeipoTTpößaxo  113. 
cxeipocdvuöo  113. 
cxepcpoc  112. ; 
cxpaßoK6pdxr|  114. 

cxpiTT^  1-0- 

cxpiqpa  112. 

cxpiqpdöa   112. 

ccpaxTÖ  110. 

xopa^iXiv  115. 

xnpaiXxc   115. 

xö£o(v)  114. 

xpdYoc  113. 

xpoi  110. 

xpaioOciCKOu  110. 

xpaoOcca  111. 

xpeßXoKdva  114. 

xpiöxxric  113. 
!  Tpixc  113. 

xca-fTd^a   112. 
I  xcaffdx)!  112.  114. 


Wortregister. 


3G7 


TCCTTplÜ  114. 
TCIÖTTOC  112. 
TCiaTTOUWTC    112. 

TCiouYToi-ic  113. 
TcoüuTra  113. 

TCOU|LlTTäTri    113. 

<paTCo,uuTa  114. 
(pXibpa  111. 
q)OiviKidpiK)-i  114. 
q)ÖKOc  114. 
<pöp6aKac  108. 
<popbaKäc  108. 
qpopa6aK(\.)ä  108. 
<popf)aK6c  108. 
q)oup&aK\äc  108. 
qpupi''!   114. 
q)üpiu    114. 
{piUKll    114. 

X6\€io\ißavri  113. 
Xe\eio|LiepYa  113. 
Xe\eio|LioüZoupov  114. 
XcXeiöc  113. 
XÖßaXi  108. 

XTfjVOV    110. 

\\iäf>  111. 
\jjapr)  114. 
ijjapi  111.  113. 
vjjapöc    111. 

Albaiiesisch. 

bcif/K  116. 
bägel  £   IK). 
bagefi  116. 
baif/s  116. 
bdlige  116. 
ba.sks  106. 
baskön  106. 
bl'ets  121. 
bretsk  108. 
dele  932. 
yak  314. 
yardi'imp  117. 
goren  105. 
gvore  105. 
ke.serk/'  106. 
kleseHrs  106. 
klesidsr  106. 


korb  111. 
kulsedrs  1061. 
kul't.sedrE  106. 
kul'UendrE  106. 
TöJ  112. 
rare  112. 
7e?'£  105. 
r/<7e  105. 
lodern  95. 
ro^  95. 
?M^j  105. 
niEndöj  119. 
mewoji  105. 
■nunuatn  105. 
mjekrs  321. 
miira  104. 
o^/^.s'lll. 
p?-2yY  118. 
riis  113. 
i'ofc  e  goz's  115. 
sta7is  104  f. 
smZ'o  104. 
tqns  104. 
fer  334. 
^£rf  104. 
tsrmns  104. 
tsangade  112. 
fc/c//?  112. 
tsung  113. 
M_giXs  111. 
vergär  113. 

Lateinisch. 

a^eo,  «&/i  25. 
accerso  332. 
acciö,  accltus  94. 
acer  15. 
ac2eÄ  15. 
actf.s-  15. 
adagintn  80. 
aeger  101. 
aeniis  81. 
ae.yff7.s-  102  f. 
ae.sf«&-  102. 
aevum  326. 
a^o,  e^Ti  97.  99. 
fl/ö  80. 


alat.  r??/e(Z  70. 
alvus  121. 

amäre,  amäbam  101. 
ambo  136. 
amnis  309. 
angustus  102. 
anxiuH  102. 
apiielläre  94. 
arduus  217.  338. 
arebo  164. 
argütiae  19. 
äridus  15. 
arviga  44. 
afiper  14 — 17. 
aspernärl  16.  237. 
astus  15. 
audio  118. 
augeo,  auxl  99.  167. 
auruni  347. 
auspicärl  237. 
or?/s  118. 
ö«c«  116. 
balineum  89. 
balneum.  89. 
barbätus  111. 
bellum  17  f. 
&i?i.s-  327. 
öi6-  17. 
blaesus  323. 
cacZo  38. 
cadücus  38  f. 
caecäre  102. 
caecus  102. 
calendae  20. 
canüfus  111. 
capiö,  cepi  92.  95.  152. 

237. 
captäre  118. 
caHnare  330. 
cassis  327. 
castellum  327 1. 
castra  326  f. 
catus  117. 
caveo  118. 
cerfo  28.  87. 
ceivis,  clrLs  87. 
censeunt  24. 
cerrltus  333. 


568 


Wortregister. 


certö  70. 
ceterl  87  2. 
ceu  84  f.  87. 
cheyydrufi  107. 
clbrum  120. 
cieö,  elvi  94. 
*ciribrum  120. 
citäre  94. 
ceYit.9  94. 
cläcUs  321. 
clinäre  155. 
coagifö  81. 
coägulum  81. 
coeptus  suvi  27. 
cögitö  81. 

cö</ö,  coegl,  coactus  81. 
cohibeö  81. 
colre  19. 
comestiis  102. 
comesus  102. 
comitia,  comitiae  19. 
cotn^nentum  102. 
commuyentö  43. 
cömö,  cömptus  81. 
comjyäges  96. 
compelläre  237. 
conferre  226. 
congredi  226. 
conträ(d)  68. 
contüdl  98. 
convenlre  19. 
conventio  19. 
conventum  19. 
cöpula  81. 
cor  nix  335. 
coiviu  324. 
corylus  329. 
CO,'««  .331. 
crlhelliim  120. 
crlbriim  120. 
cnspus  327. 
czirfö  99. 
cumidiis  22. 
cupio  IÖ2. 
t»<rm.s  332.  338. 
cnsfos  103. 
dacriiina  42. 
<Ze-  1  ff. 


fZeö?7  1. 
debüis  1—6. 
decervlcatus  2. 
decolor  3. 
defaecatus  2. 
defämcdus  2. 
defänätus  2. 
deformätus  2. 
deformis  3  f. 
fZe.i^ö  81. 
dehonesfäre  2. 
dehonest  US  2. 
deiros  88. 
delibiiere  321. 
dalmnbis  3  f. 
demagis  2. 
deorsum  81.  84. 
depareus  2. 
depüis  3. 
deplumis  3. 
depügis  3. 
deselscö  92. 
deseps  2. 
desipio  2. 
desitus  sum  27. 
desomnis  3. 
desjyerätus  2. 
datruncätus  2. 
deifs  88  f. 
devirginätus  2. 
dexter  331. 
cZicere  237. 
discere  216. 
divido  47. 
(Zü'os  88. 
doceuntö  24. 
doleunt  24. 
dorsum  329. 
duellinn  17  f. 
cZwo  17. 
elegium  105. 
eligere  46. 
eö,  ir^  2.3—27.  31  f.  81. 

148. 
Etrüria  87-. 
e»/  84  f. 
(irictio  43. 
('i-incere  43. 


;  eoc  331. 
I  excubiae  20. 
j  exsequiae  20. 
extra{d)  68.  326. 
/aöer  120. 

fades  64.  65^.  66.  75.. 
facillumed  34.  70. 
/•ao^o,  /"ecl  92.  237. 
,  /«Zsö  70. 
farcio  153. 

fa{r)stigium  332.  338. 
/"ä!6T?a  106.  323. 
fascinö  106. 
!  fascinum  106. 
/«6•c^■.s  106.  323. 
februarius  120. 
feriae  20. 
/ero,  feram,  60  f. 
ferebam  101. 
fldüciam  38  f. 
/'tZia  93  2. 
/'rZe?<.s'  932. 
^?^^o,  finlbam  164. 
flnitimus  41. 
^äre,  fläbam  101. 
^ere,  ^e&am  23.  101. 
^1^0  237. 
ftöriis  111. 
frägräre  100  ff. 
fräguni  102. 
fulcio  4.  153. 
galbinus  113. 
ijrenM  .351. 
^Zaöer  349 1. 
gränum  337. 
grätia,  grätiae  20. 
grütus  20.\ 
grossus  330. 
habere  45.  154. 
habilis  1  f. 
hasta  104. 
Äeu  84  f. 
Äew..v  84  f. 

hiärelbh,  hiäbamlOl. 
hie,  hänim  25,    hunce 

87. 
homo  56. 
Jionesfüre  2. 


Wortregister. 


369 


honestus  2. 

horreo  332.  338. 

horrkliis  332.  338. 

id  274. 

idem  274. 

idus  20. 

illic{e)  87  2. 

«7i-Mc(e)  87  2. 

in  272. 

inciens  22. 

arch.  indotiarum  19. 

induo,  indütus  19. 

indidia  20. 

indutiae  17 — 20. 

inferiae  20. 

infra  68. 

inimJcitiae  20. 

«7ilre  19. 

insece  316.  325. 
in.sidkie  20. 

intra{d)  68. 

i.9,  eö  81. 

26"ife,  istärum  55. 

mfteo  80 1.  64. 

iüdicäre  237. 

labäre  96. 

Z«?>Z  96. 

lacriima,  lacrima  42. 

lacubus,  lacibus  42. 

laevus  217. 

Zaj^is  46. 

lassuH  95. 

Z«<?^.v  319. 

?a^?f.s-  319. 

laudo  118. 

laxus  96. 

legäre  46. 

legimini  160. 

legitimus  41. 

Zi&äre  46.  321. 

ZZör-a  47. 

Zien  66.  319. 

^^7^«.s•  104. 

Zoctf.s  307. 

Z«/:»rt  105. 

lupäna  105. 

lupoid)  82. 

luriduH  107. 


manceps  237. 

mancupäre  237. 

mandücäre  38. 

mandücus  38. 

meine  105. 

m,anere  105. 

manufestus,   m anifes 
tuH  42. 

maritiinus  41. 

massa  106. 
I  juafia  116. 
j  mattea  116  f. 
I  tnatirus  111. 
I  m.elior  5  1". 
j  memhrum  329. 

mens,  menteni  119. 

mensa  93. 
I  mereo  9. 
I  meritöd  70. 
I  mergus  336. 
merx  10. 
I  wica  93. 
I  minictiae  19. 
?>^oM^■*•  1031. 
moneo  81. 
mo£C  .331. 
mügio  43. 
mulcere  10. 
midfus  5. 
muscus  111. 
mütuum  401. 
nare  321. 
narräre  334. 
7?e  79  ff.  83.  86.  88. 
nehrundlnes  101. 
necoplnäns  80. 
necoplnus  80. 
nefäH  79. 
iiefrönes  101. 
negäre  79  f. 
negligere  80. 
negotium  SO. 
/ie?',  ?iZ  36  ff. 
?^e^^■e  88. 

?«e^v  23  f.,  ««Y  23  f. 
neunt  23  f. 
nequani  32. 
nequäquam  83.  89. 


neque  80. 

nequeo  22—27.  29—32. 

35.  nequlnoid  24. 
nequior  32. 

nequiquam,  83.  89. 

nequiter  32. 

nequitia  32. 

nescio  79. 

«ew  84  f.  88. 

neuncula  79  2. 

we?<fer  79.  83—86.  89. 

neidiquam  79.  83—86. 
89. 

neiäique  79.  84.  86. 

iieve  88. 

?zl  86  f}'. 

«üZ?<.s-  336. 

nimirum  87. 

ningulus  79. 

?ziüe  88. 

noenu{m)  79—83. 
IwöZö  81. 

•«ö;i,  79—82. 

71»  öo  19. 

nulluft  79  t'.  83.  86. 

mmrerus  332. 

nündinae  20. 

nunquam  79  f.  83.   86. 

nuptiae  19  f. 

nusquam  79  f.  83.  86. 

nutiquam  83. 

obinunt  24. 

occupare  237. 

öc^o?•  3. 

oc^ö  136. 

of?o;-  100. 

oinos,  unus  80. 

optimus  41. 

östiuin  30. 

ötium  18. 
paciscor  96. 
pangö,  ])egl  92.  f*4.  96. 
parcus  2. 
parva  334  1. 
7>ar.s-  317. 
particeps  237. 
participäre  237. 
paucuH  122. 


Indogermanische  Forschungen  VI  5. 


370 


Wortrc'iistei-. 


pax  !»(3. 
pellö  94.  237. 
'j)ensu7n  331  -. 
2^ercellö  321. 
perdueUio  17. 
perduelU.s  17. 
perteneunt  24. 
pläga  96. 
plangö  96. 
platea  89. 
plebam  164. 
-y^^eo  23.  25. 
pömum  43. 
pontufex,  pontifex  42, 
possum  22  f.  36. 
praeda  320. 
7^rö  81. 
pröcedo  28  ff. 
prödinunt  24. 
jrröfiujare  237. 
])rünum  123. 
]}ungo  178, 
jmtülus  122. 
putus  122. 
guälus  330. 
qitandö  69. 
ijuandöque  33. 
quasiUus  330. 
qnatiö  152. 
queeiis  25. 
fjueentia  25. 
(/iteo  20-37.  81. 
<?zä  21.  23.  32.  34. 
quicunque  33. 
<7W2S  21.  23.  32.  34. 
quisque  33. 
quoque  33. 
rädix  323. 
redlnimt  24 
restauräre  98. 
rit&or  103. 
russus  111.  113. 
sacrifex  237. 
sficrificäre  237. 
saepin  153. 
.sflf/io  löfi. 
salebra  17. 
sidebrösuH  17. 


salire  17. 
salvus  322. 
sänäre  102. 
sancio  153. 
sänus  102. 
sapio  152. 
saucius  37 — 39. 
scabö,  scäbl  91. 
scaevus  317. 
scando  316. 
altlat.  SC7&Ö  164. 
.scmt^o  92  ff. 
6-C2Ö  21.  92. 
sciscö  92. 
scitiis  92. 
serf  841. 
sedidus  84 1. 
see,  Si  87. 
sentio  153. 
seorsum  81.  84. 
Septem  314. 
6-eries  318  2. 
5ero  318  2. 
sct*  84  f.  87  f. 
sl  87. 

siccus  325. 
slctibi  87  1. 
silere  45. 
singidua  80. 
stqui-s  87  1. 
*7'6fÖ   166. 

6-Zt;e  87  '. 
sorsum  84 1. 
sparuft  315. 
spatiimi  97. 
speciö  237. 
sperno  14.  16.  237. 
.S7>(^.s-  97. 
splräre  320. 
spnliinu  320. 
s tarnen  318. 
s^ei^a  318. 
stermio  322. 
stlpes  122. 
stipida  122. 
stijHildri  122. 
stijudiis  122. 
.v/o,  .sfefimus  166. 


streninis  319. 

s/?'^■5fa  120. 

6-/Wcc  120. 

s/mo  318. 

stupeo  122. 

stupidus  122. 

stiiprum  122. 

succedö  28  f. 

südor  331. 

südus  84  1. 

.SMm,  67'em  59.  .s•^ei.•,  Si'e^ 

72.  eräs,  era/  72. 
super  75  2. 
su2)rä{d)  68. 
suspicäiH  237. 
tacere  45.  101.  154. 
taeda  119  f. 
faurus  98. 
/eg'o  317. 
/ei>or  103.  326. 
tergiim  338. 
/e7\(5ri<6-  332.  338. 
ferro  333  f. 
altlat.  tesquos,  fesca 

333. 
feaso  330. 
torrere  154. 
/ö/»,v  104. 
/r^^ö.v  96. 

mittellat.  treuga  18. 
tundö  98. 
turma  319. 
j/i^its  35.  80. 
idmus  337. 
idträ(d)  68. 
unquam  83. 
»«<<s  80. 
iirsus  338. 
usqnam  83. 
•?</er  83. 
tcterque  33. 
*utiquam  83. 
utique  84. 
vaZeo  Iff.  22. 
voll  das  1. 
/;a/or  1. 
vapor  95. 
f<'  82. 


Woi-treffister. 


371 


venire  148. 
ver  329. 
vermis  155  f. 
ve.rö  70. 
ve.spa  328. 
resper  328. 
i-estibidinn  326. 
vicäi'ins  40. 
v'ife/.s'  40. 
vicissim  40. 
vicissihidn  40  i. 
victinia  39 — 47. 
vichima  42. 
victmnärius  42. 
victus  44. 
^7'rfeo  45.  154. 
vu/inti  137. 
rigor  44. 
vincio  153. 
»j/?\</rt  113. 
i7.sv7,  ?;I6'Z  167. 
vüuleus  111. 
ro?o  8. 

Faliskisch. 

cat'pfn  164. 
rer^e«;  70. 

Oskiscli. 

aamanaffed  164. 
ainnud  308  f. 
amprilfid  70. 
mnnanud  309  ^ 
castrovs,  castrid  327. 
cebnusf  87. 
cei-.s-  87. 
cometiei  309. 
ehtritia  308. 
eizazunc  55. 
/e</t?<6'  308. 

fufdHH   164. 
Af///e.s7  92. 
/<?>/d  92. 
Äe/'y/  334  1. 
«e/yj,  noip  86. 
Jie  83. 


nip  83. 
pocapid  33. 
2>r?i  81  ^. 
pVikka])id  33. 
pütercipid  33. 
pütünispid  33. 
slaagi-  307  f. 
«ra/  87  f. 
Taupo|u  9S. 
teerüm  333. 
termnafe)'  311. 
tviibiim  96. 

Umbrisch. 

e^ro-  87  2. 

eveietu  39.  43—47. 

habetu  45. 

habiht  45. 

kastruvuf  327. 

kumne  309. 

mugatu  43. 

muieto  43. 

naratu  334, 

neip  86. 

neiihahas  86. 

nosue  82. 

pamipei  33. 

i^rtz/r/  3341. 

iJ>od  305  1. 

jyodruhjyei  33. 

poi-ei  305  1. 

pumpe  33. 

putrespe  33. 

.S'e;/o-  3341. 

tayez  45. 

tases,  tasetur  45. 

<o/'^/.,  turuf  98. 

tuplak  96. 

upetu  46  f. 

vaped-  i-apers-  46. 

re^  47. 

vesti(;ia,  restisia  46. 

vestikatii,  resticatu  46 

vetu  47. 

virseto  45. 


Marsiscli. 

Cerfennia  334 1. 

Pälig^niscli. 

Cerfinn  334 1. 

Italienisch. 

acciale  107. 

allupare  105. 

armist  izio  18. 

ava  118. 

fl!^;o  118. 

ven.  azzale  107. 

ö«(/a  115. 

öf/^ö  115. 

bagaglio  115. 

bagär  115. 

haghetto  115. 

bagol  116. 

bagola,  bagoule  IKJ. 

bagolare  116. 

bagön  115. 

bagida  116. 

öegf/a  116. 

hegra  116. 

&06«,  bobba  109. 

?^o&ö,  bobazza  109. 

?>o&ö  109. 

ven.  brogna  123. 

bruno  123. 

bugno  121. 

caldiime  117. 

ca«o  114. 

Sic.  rfec/rt  119  f. 

/?<c>co  114. 

grimo  110. 

manzo  113. 

mezzano  104. 

nostrauü  104. 

prevete  118. 

jyrevite  118. 

ven.  putin,  judina  122. 

p?/«rt  122. 

puttana  122. 

;>?/ffo  122. 


372 

Wortregister. 

sie.  quaclumi  117. 

öoiu  109. 

öar/u  115  f. 

riuscire  30  f. 

c^7  87  -. 

bägare  115  f. 

.stoppia  122. 

WS  30. 

öaZe.9  116. 

tengono  24. 

balegä  116. 

tregua  18. 

Frauzösisch. 

broatec  108. 

vscio  30. 

örofac  108. 

vengono  24. 

aller  148. 

brofäcel  108. 

südital.  vrosacu  108. 

ar'inistice  18. 

ftro^dc  108. 

zanco  112. 

bagage  116. 

burclüf  117. 

certain  104. 

cäftare  118. 

Ladiiiisch. 

choyer  118. 

ca/"^M  118. 

hautain  104. 

c«Z?(.s  118. 

hestian  104. 

reussir  30  f. 

cätum  117  f. 

örw?«  123. 

succeder  29. 

caw^  'll8. 

&?'Mn  123. 

^/■e'ye  18. 

cäutare  118. 

burna  123. 

i;emr  148. 

ciump  113. 

vermeil  156. 

emr  120. 

Friaxiliscli. 

dimlndu  119. 

Proveuzalisch. 

(linde  119. 

rti-e  118. 

dininte  119. 

baghe  115. 

bagua,  bague  115. 

di«^e  119. 

brugnul  123. 

neuprov.  bugno  121. 

rfzrtfZrt  119  f. 

ceZ  87  2. 

fäntinä  119. 

Sardiscli. 

irei;«  18. 

/awr  120. 
fäurär  120. 

ftoot  109. 

Rumäuisch. 

frimintu  119. 

cÄ^7//■H  120. 

/■rtyj^e  119. 

rtrd^^  121. 

/"«Hrf   119. 

Spanisch. 

a/'t'n'rf?  119. 

gäinusä  117. 

«fca^s  121. 

galbän  113. 

&r/<7rt  115. 

alavdu  118. 

?w«nit  119. 

/jo&o  109 

amannt(di(i  105. 

jamandä  119. 

o'j'&o  120. 

amän('doru  105. 

kandilä  119. 

musco  111. 

amin  105. 

Kindisit  119. 

tregua  18. 

amintrel  119. 

Ä;(»(Z?/  119. 

amintu  119. 

Ä:i«f»  119. 

Catalanisch. 

rt/«/a  119. 

/twö  111. 

escaldums  117. 

apändisesJcu  119. 

kundili  119. 

aprindu  119. 

kurundu  119. 

argande  119. 

kusurin  120. 

Portugiesisch. 

askundu  119. 

ZattcZ  118. 

/>o6o  109. 

(itsalu  107. 

leuruscä  120. 

r/v'ro    120. 

fli^rf  118. 

lindiirä  119. 

tregoa  IH. 

cm-s  118. 

l'undär  119. 

ausesku  118. 

Z»7?ec  120. 

Altfran/üsiscli. 

a«.s'»  118. 

mägäri'is  118. 

rti-rft<  118. 

?H«?^,  w«/»  105 

bagua  hague  115. 

6a</  115  f. 

?«rt/  116. 

Wortregister. 


373 


tnatsK  116. 
inätusä  118. 
tninde  119. 
minduesku  119 
minduivc  119. 
mtne  105. 
minfe  119. 
mirmintu  119. 
inulerusn  118. 
"mimte  119. 
murg  111. 
murgeste  111. 
nainfe  119. 
näintru  119. 
näuntru  119. 
neagrä  113. 
negru  113. 
negru.9  118. 
j>äinänt  119. 
jyärinte   119. 
2)atroarä   117. 
piciori'is  118. 
jJreftu  118. 
preot  118. 
2irevt  118 
'punte  119. 
purcelt'is  118. 
putin  122. 
rtw  111. 
«m^M  119. 
sklnteale  119. 
.sf^vV/  120. 
üfrigif  120. 
■j>-<^<p  121. 
stupu  121. 
J^^a;^  113. 
tindu  119. 
trandabotän  119. 
tranddfilä  119. 
fi-/?-  120. 
As7'/-H  120. 
)^w??f7//   119. 
turturelasä  118. 
vätäläh  117. 
vindik  119. 
vindu  119. 
zac/rt  119  f. 


Irisch. 

mir.  adbal,  adhal  4. 

air.  adhol  4. 

adger  333. 

aidhligod  4. 

air.  o^7  96.  335.  339. 

air.  aimser  332. 

air.  ai.s-,  aes  326. 

aithesc  325. 

air.  aZZ  335.  339. 

air.  am  328. 

air.  amaü  313. 

air.  ammi  328. 

air.  an-  313. 

air.  anim  3. 

arf?  338. 

air.  ar  n-  329. 

ar^  338. 

öf^  336. 

air.  -&  322. 

air.  &ä&«  102. 

air.  mir.  &«7c  4. 

öar?-  332.  338. 

air.  ööST  106.  323. 

air.  öemi  329. 

air.  &e;*r  .33. 

air.  berraim  333. 

air.  &e's  331. 

ftZosc  336. 

air.  boimm  328. 

öor/-  333  f. 

ö?'«.s  330. 

air.  ?>?//?  121. 

cae're  330. 

air.  caissel  327  ^. 

air.  carr  332  f.  338. 

earrach  333. 

air.  carric  333. 

air.  crt.ss  330. 

air.  r-fl^/?/;-  326  f. 

air.  rfl?<r  22. 

nir.  caarr  333. 

cerdd  317. 

ceY  319. 

nir.  ciotach  317. 

nir.  ciotan  317. 

nir.  ciotog  317. 


air.  c/r  329.  333. 
C0&  25. 

coinspeach  320. 
air.  CO/?  329. 
cor?'  335. 
air.  cosc  325. 
air.  co6".«f  331. 
air.  c?/r  22. 
air.  (/ö^7  3. 
air.  cZdn  328. 
air.  däna  328. 
air.  dermet  102. 
air.  fZcss  331. 
air.  dianim  3. 
dibeall  4. 
diblide  4, 
digand  3. 
dirim  3. 
nir.  dithreb  3. 
nir.  dithrub  3. 
rforr  334. 
c?o-  sefainn  330. 
nir.  dream  329. 
air.  driiimm  329. 
air.  e,  6a-  331. 
air.  echtar  326. 
air.  e2r  333. 
air.  e?-r  383. 
air.  esc  325. 
air.  escara  331 1. 
etarrtf,  etarro,  333. 
air.  /Vf//-  .329. 
air.  faiscivi  324. 
/arr  ,332.  338. 
nir.  feascur  328. 
air.  /ec/t^  40  i. 
/eiöe,  /■e^■ö  330. 
air.  /e?«  331. 
air.  ferahn  8. 
air.  /er?-  333. 
air.  /e.vcor  325.  328. 
air.  fespertan  328  i. 
air.  /?ar/?  40. 
^»,  323.  330. 
air.  ^i/r  322. 
air.  ^e.sr  325. 
air.  foich  328. 
air.  /"oi^  325. 


374 


Wovtrco'ister. 


foss  326. 

frem  323. 

II and,  gann  3. 

'garb  332.  338. 

gec  324. 

air.  gell  329. 

air.  gellahn  329. 

air.  gerr  333. 

air.  gerr  ahn  333. 

air.  ge.sca  324. 

air.  ^t'rtZ/  329. 

grän  337. 

air.  z'm  328. 

air.  fn,   f«(^   an-   272. 

313. 
air.  /?i.9ee  325.  332. 
issin  313. 
Ze?yt  337. 
air.  lestar  326. 
air.  leth  319. 
«06-  326. 

air.  losraim  325. 
w«^  336. 
air.  medg  336. 
nir.  meidg  336. 
air.  «ieZi  335. 
air.  mellahn  335. 
air.  ««e.sc  325. 
air.  mescahn  323  ff. 
s^ir.  ?nüZ  325. 
air.  mir  329. 
air.  mos  331. 
air.  morfeser  322. 
air.  Atä  82. 
air.  nascaivi  325. 
air.  »e^^  335. 
air.  nl  82  f. 
air.  no  charuh  164. 
??o.s-  332. 
air.    ochtar,    uaehiar 

326. 
air.  o.y,  aas  326.  331. 
paadh  320. 
i/«/.s(/  320. 
pe?.v<  320. 

air.  -pherid  320.  327  2 
air.  -phne  320. 
air.  refhini,  ru  rälf.h  91 


»•iWi  3. 

air.  /"o.s'.s-  32(5. 

air.  saeth,  soeth  37  f. 

air.  saethar  37. 

air.  satnaigim  318. 

samaü  313. 

air.  scrt^Ä  315. 

air.  scarahn  315.  317. 

air.  scailt  316. 

air.  See  315. 

air.  sceith  316. 

air.  sce7  316. 

scetidim  316. 

sceri  317. 

air.  scoüthn  316.  338. 

scorim,  scuh'im  315. 

317. 
air.  se  322. 
air.  sec/ji  314. 
air.  seir  319  f.  327  2. 
air.  .S'eZ(7  319. 
air.  serc  318. 
6-esc  325. 
air.  si  322. 
air.  .S'we  320. 
air.  siur  322  f. 
air.  slaidim,  321. 
.§?rt?i  322. 
sieg  322. 
air.  slemun,   slemain 

321. 
air.  *•/(«/;  321. 
air.  slicht  307  f. 
air.  .s////e  307  f. 
süss  319.  339. 
aix\  slond  319. 
sluag  322. 
j  air.  slucim  321. 
air.  sluindim  319. 
air.  smech  321. 
air.  smcrthain  321. 
air.  .s-»t//'  321. 
snddhn  321. 
snädud  321. 
snäm  321. 
air.  snäthail  321. 
air.  snäthe  321. 
air.  .s'//e^/  .315. 


air.  snedach  315, 

snigim  321. 

snihn  321. 

.yjf'aZ  320. 

s/)ee7  320. 

spreidh  320^. 

air.  sraf/i  318  3, 

air.  sreim  320. 

air.  srennhn  322. 

air.  .sveof^  322. 

air.  .svef/t  318. 

STOW  322. 

sruaim  322. 

air.  sruith  318, 

air.  srtäh  322. 

suthain  313. 

air.  ^rti  330. 

^arr  332.  338. 

tarrarh  333.  338. 

air.  irtr^  332.  338. 

air.  -^«M  318. 

air.  ^ecÄ  317. 

air.  techim  91.  33  L 

#ec/if  318. 

air.  fe??rf  318. 

tenga,  tenge  336. 

air.  ferc  333. 

air.  ^es  103.  326. 

air.  tiagaitn  317. 

air.  ^m?He  103.  329. 

air.  /('r  333  f. 

tirim  334. 

tirma  334. 

air.  ^0^/  330. 

tomm  318. 

trdinin  337. 

air.  ^/'eö  3. 

mir.  ^e<  318  f. 

air.  #ro</,  früag  31i>- 

tröige  330. 

air.  //.vre  325. 

Og:aiiiiiischrirteii. 

arfrass  .335. 
svaqquci  322. 


Wortregister. 


375 


(iJaelisch. 

beus  331. 
carr  333. 
cearr  333. 
dreaniay  329. 
feasfjar  328. 
sneadh  315. 
speach  320. 

Manx. 

etZd  335. 
fastyr  328. 
snieg  315. 

Altbritanuisch. 

bascauda  106  ^ 

Kymrisch. 

ak.  rtWiaZ  313. 
amser  332. 
«y?rt/'  3. 
«r^/t  338. 
Arthbodn  338. 
uficicrii  324. 
a^ep  325. 
ört^cÄ  4. 
Öe2c/i  323. 
feer<//i  332.  338. 
bloedd  336. 
bloe.sg  323. 
öö»  121. 
6M.s-^i  227. 
ö?/rr  333. 
cae  327. 
caer,  ca^V  326. 
caingc  324. 
ak.  cared(d)  330. 
<"a;T  332.  338. 
rarrecc  333. 
ca.s-^?'  326  f. 
caH/'  22. 
nk.  cerydd  330. 
cestyll  327  i. 
chicaer  322  f. 


chicap  322. 
c/i<recÄ  314.  322. 
chu-edl  316. 
chwennychu  323. 
cÄtce  322. 
chicith  317. 
cÄif?/d  316. 
chicydu  316. 
chicys  331. 
('oe.s'  331. 
ak.  fco/Z  329. 
fcosp  325. 
crych  327. 
crychydd  335. 
CMS  332. 
ci/if/i?-  336. 
cyrhwyn  316. 
cymmal  335. 
cynrhonyn  337. 
cysgod  315. 
rfa/'?i  337. 
ak.  t?ai<Z  3. 
ak.  dehou  331. 
ak.  dianaf  3. 
ak.  diauc  2.  4. 
ak.  didaxd  3. 
didref  3. 
dineu  321. 
rfre??i  329. 
cZrz/«  329. 
ehofyn  331. 
eistedd  326. 
es  gar  331  *. 
e.sZ?v/^  318  3. 
nk.  /7rt.s(7  323. 
nk.  /fa.s-.^^  323. 
/fer  319. 
#ra?<  320. 
ffroen  322. 
/fr»o/(/  322. 
//■/•?r.s/  320. 
/fü>i  320. 
ak.  /r/^  318  2. 
^</r<f  332.  338. 
garran  333. 
.^o.sper  3281. 
gronyn  337. 
ryue/Z  8. 


gicallt  325. 

^tcm-r  332.  338. 

^ifas  326. 

gwasgn  324. 

gtvatcr  329. 

gweith  40  ^ 

i^it-iit;  328. 

givreiddyn  323. 

gtcrysgen  323. 

gicyatyl  327.  329. 

/ifl/«Z  313. 

Äa2dd  .330. 

ÄoZ^^■  316. 

/töZ?^  316. 

TioZZ^*  316. 

hygar  313. 

Äy-s^j  325. 

ak.  isfUnnit  319. 

^■6•^raf  318  3. 

ak.  ZcsifzV  326. 

ZZarfd  321. 

llaivn  322. 

nk.  ?Zesifr  326. 

llithrig  336. 

ZZ2^/iro"  336. 

ZZö.9^  325. 

llosgicrn  324. 

ZZos'ü  324.  326. 

ZZm  322. 

ZZ2//n  321. 

llyncaf,  llyngaf  321. 

nxaidd  336. 

medd  325. 

wie/'  321. 

niysga  323. 

mysgu  324. 

naicdd  321. 

?ia?c/  321. 

nedden  315. 

neddog  315. 

noden  321. 

nodwyd  321. 

nyddu  321. 

7?«/Z/i  335. 

ois,  oe.s-  326. 

j^arf/i  317. 

piait  21. 

;»c.Vs"  331  -. 


376 


Wortregister. 


rhos  326. 
safn  318. 
sarn  '537. 
.sef  315. 
sefijll  318. 
seith  314. 
6-erc/?.  318. 
seren  318. 
se/'f/t  314. 
nibiiit  314. 
6-.s'e/"  315. 
Ä^raf  318  3. 
ak.  .sfrutiu  318. 
sybui/dd  314. 
^«e?i  318. 
<a^7/i  318. 
tes  326. 
ii  317. 
ak.  tir  333. 
/orr  332.  338. 
ak.  treb  3. 
iretf  322. 
treici  322. 
irm  318  f. 
irw  319. 
truedd  330. 
<r»?«  329. 
ak.  fiislestr  326. 
#n7Z  330. 
tifijii)  329. 
i?/?^  318. 
licÄ  326.  331. 
ucher  325.  328. 
uisc  325. 
w<%>-  326. 
yshyddaden  315. 
y.syar  315.  317. 
ysnoden  321 1. 
ystefajg  318  i. 
^.sY/.?/.s-  319.  339. 
y  st  rat  318  ■'. 
j/6«re«  318. 
ystrewi  322. 

Komisch. 

abard,  aburth  317. 
rt/i  313. 


unser  332. 
ascorn  324. 
&«r  332.  338. 
&«.s<eZ  327. 
öom  329. 
feor  333  f. 
ca,s^e«  327  1. 
caitr  22. 
c7ier7i?^  335. 
col-  329. 
contronen  337, 
dar-Ti  337. 
rf/oc  3  f. 
dyghow  331. 
esÄ;ar  331 1. 
/eO«  316  3. 
frcm  320.  337. 
f/-o^  322. 
gronen  337. 
grueiten  323. 
^fHav  326. 
_(f/MeW  8. 
guhien  328. 
^i«?.s'  331. 
.<7?mfeZ  327.  329. 
gtirthuher  328. 
gicespcr  328  i. 
Ä?m-  326. 
/e.s-ff'r  326. 
llu  322. 
^o.sc  325. 
maith  336. 
ma/  335. 
nedhan  315. 
7^e^f/,  7ie?7Ä  335. 
??e«/*e  321. 
notitid  321. 
/i.?/^/j  335. 
7-»o?/.s-  331  -. 
scod  315. 
.sere/?  318. 
seyth  314. 
.s»'o^/  321 1. 
sj>edhes  315. 
spern  315. 
stefenic  318. 
.s7^7/r  318. 
.s7/r/(//)  322. 


«es  326. 
«er  333. 
«02m  329. 
ichethl  316. 
tt-Äi/  322. 
whys  331. 

Bretoiiisch, 

«?i  313. 

ab.  aacorinol  324. 

ascoiirn  324. 

Ö(7?CÄ   4. 

&arr  332.  338. 
bec'h  323, 
&es«^  327. 
rabr.  blisic  323. 
öoes,  0002,  öoe.y  331, 
boem,  bom  329. 
fcaer,  326. 
cai  327. 
carez  330. 
carr  332.  338. 
carrec  333. 
ca.s-«c?f  327  V 
casfr  326  f. 
c'houes  331. 
ab,  -coZ/Z/i  329. 
contronnenn  337. 
ab.  corcld  335. 
c/*ec/i  327. 
rfarn  337. 
dehou  331. 
rfeec  3  f. 
dinam  3. 
dinou  321. 
dramm  329. 
dremm  329. 
e«?*,  «»  313. 
ab.  e.sfiV/  326. 
/■«»«  316  •■'.  338. 
/■a?</a  316  3.  338. 
mb.  felch  319. 
mb.  fer-  319. 
inb.  Fergant  320. 
/•/•au  320.  337. 
ab.  /"W«  318  -'. 
froan  322. 


Wortreo-ister. 


377 


ab.  frot,  friif  322. 

garu  332.  338. 

iiib.  goasca/f  324. 

«7002  326. 

goesü  327.  329. 

(lousperou  328 1. 

(])'eunenn  327. 

(/rttizyenn  323. 

guell  8. 

ab.  (/iiesrhn  324. 

guohi  328. 

pupar,  giiparth  317  ^. 

gi/paroI,f/upartol{aid) 

3171. 
gicaz  326. 
^/fls,  5r?i-e2;  331. 
he  gar  313. 
Äe^s  330. 
Äesp  325. 
huedaff  316. 
7ii«e  322. 

ab.  istomid  318  i. 
ab.  ladam  321. 
lesquiff  32.Ö. 
Ze.s-^r  326. 

ab.  limncolUn  321. 
2osi  326. 
ab.  «leicZ  336. 
«le^^  335. 
ab.  nadoez  321. 
naaka  32;"). 
mb.  ?«a«a;  332. 
neudenn  321. 
«e?/;^-  321. 
?ies,  ??e22,  7?e2s  335. 
?zeza/f  321. 
nezenn  315. 
ab.  ?io(Z  321. 
;?9oe.s-  331  -. 
mb.  quehezl  325. 
ro.s-  326. 
*e/z  314. 
inb.  Herch  318. 
aerell  318. 
mb.  spezedenn  315. 
spern  315. 
sqeiit  315. 
ab.  .s-^aer  318. 


.s-iayfw  318. 

sterenn  318. 

mb.  strehet  318. 

streuyaff  322. 

ab.  strouis  318. 

strum  322. 

ab.  ^ar  332.  338. 

^es  326. 

)'?■?•  333. 

^?:z  318. 

<oem  329 

mb.  #or?-  332.  338. 

<o?^ZZ  330. 

#r»  319. 

Gallisch. 

Alsa  332. 
Anduenna  338. 
Arsäcus  332  t'. 
Atesmerius  328. 
Atespatus  325. 
^rt^sa  332. 
?></?•/■«.>;  332.  338. 
Barrus  .■J32. 
&e/.srt  332. 
£or.s-?<.s-  332  ff. 
crtrrz<.s-  332.  338. 
Cintusmus  328. 
Cohnertiis  25. 
Cogestlits  327.  329. 
Cos^?mi  329. 
Crispos  327. 
Crixos  327. 
Cuslanus  328. 
Dexsiva  331. 
ecc  331. 

Excingoreix  324. 
excingos  324. 
Exobnus  331. 
g-allolat.  mesgn  336. 
Rosmerta  9.  328. 
Smerforix  321. 
Smertiillos  321. 
Sparnacum  315. 
Sparnomagus  315. 
Succarus  313. 
Irogus-  ,'>19. 


vassiis  326. 
versicnos  332  f. 
Visurlx  323. 

Gotisch. 

a^o  71  ^ 
«/■^aj-ö  68.  752. 
aggicus  70  1. 
aglaitiwaurdei  147. 
«Ä/öM  61.  63.  136. 
ahtiida  90  2. 
aippau  63. 
aiiviski  101. 
fn'«f.s  326. 
aizasmipa  93. 
aljaleikö  147. 
anasilan  45. 
andilaus  147. 
ansts,  anstais  75.  136. 

145. 
arhinumja  147. 
<7?'jfa  95.  97. 
atsteigadau  62. 
aukan,  aiauk  91.  98  f. 
«»//ö  72. 
a7/.sö  72. 
ai'ihsa  71  ^ 
bairan  51  ^  71.   bairaü 

59  ff.  bairandaü  61  f. 

berjau  60. 
&a//r.s-  103. 
bandi  64—67.  75. 
öo/?.s-f.v  331. 
ö<>^■.s^  103. 
beiton  103. 
bindan,  bundum  150. 
blesan  96. 
biiidan  150. 
rfarZdyV/  93  2. 
dag.s,  daga  53  2.  67  1. 
cZflJ/ös  52.  58.  134  f. 
da^e  52.  53-'.  54.  64. 
distairan  337. 
fadar  75. 
fagrs  96. 

/"flÄaJi  94.  96.  /V/Z/wÄ  91, 
A'^y^^'  92. 


378 


Wortveo-ister. 


foiflökion  96. 

fraihna,  fr  ah  95. 

fret  97. 

fruma  141, 

fulls  141. 

<jafehaha  9fi. 

yaleikö  53.  56. 58.  70  ff. 

78. 
i/aleiks  70. 
gamalteins  103  i. 
(jajmirüan  155. 
(/(iiimjdJi  148. 
f/iiiceihan  40. 
(j<(tviga  217. 
(/anrisqan  323. 
(/azds  104. 
i^y7>rt  63.  651.  67. 
f/'<7>ö.v  58.  78.  143—146. 
^«7>(>  54.  59. 
gibdii,  gebum  149. 
giutan  92. 
haban  45.  65  ff. 
hafjan  95.  152. 
haims  349. 

hairdeis,  hnirdjös  65. 
hairtö  72. 

haitan.  Iiailiait  91.  94. 
haitada  62.  74. 
hcddan  91. 
Ä«/yV<  64. 
Aa?ia  66  f. 
hatan  46. 
hatjan  46. 
haürn  324. 
Ä^■d/•e  69.  71. 
hhtpan  103. 
hugjtin  46. 
hulundi  347. 
/«/«(/  344  ff. 
A«2rf  104. 
/yadre  69. 
loamma  51 1.  53  -. 
fcainmeh  51 '.  .53  -. 
tcuptir  6S.  75  -. 
/my>;-ö  67  2.  6«  f. 
/«e  32. 
/jia  64. 
irt  272. 


Jaindre  69. 
jainprö  68  i. 
Ja»  63. 
karkara  75  ^. 
kaum  141. 
;t-»/0.y  141. 
/«^.s-  95. 

/e/o?«,  /a(7ö^  95.  97. 
Z?5«?i  46. 
lubjaleis  147. 
lukarn  75  2. 
»ne.s-  93. 

midjasu-eipains  1 47 . 
mimt)  95.  329. 
namö  56.  58.  71  f. 
nasjan,  nasida  63.  67. 

73.  153. 
nehnindja  347. 
nepla  321  2. 
niman,  nemum  149. 
/iem/'  67. 
nemeis  73. 
qistjan  103. 
rairöp  91. 
.saü-  37  f. 
sandjan  153. 
sauhts  37. 
Av'  64. 
se'&Jrt  64. 
s(/a«  59. 
.s*mZe  69. 

sitan,  setum  97.  155. 
aiukan  37. 
siitks  37. 
skaba,  -sköf  91. 
skadus  315. 
skeirs  92  f. 
skuldu  63. 
slepan,  saizUp  96  f. 
amairpr  321. 
Hniumundös  143  f. 
sökjan  153. 
.sparira  320. 
sjtildimi  321. 
spraiitö  320. 
.sfairno  318. 
staiida  95. 
stuutan  98  f. 


steige  318. 

.v^2«r  98. 

stiurjan  98. 

Stoma  318. 

straujan  318. 

sunja  64. 

sunus.  siinaus  61.  136. 

145  f. 
sunaii  75. 
.s»i^.v  701. 
taihsva  .331. 
traiian  100. 
triggua  18. 
triggics  100. 
[  tunga,  tungönö  54.  58. 
pahan  45  f. 
pamma  53  2. 
pande  69.  71. 
Jjaprö  52.  68  i. 
/jrtu  63. 
paärnus  337. 
paürstei  332.  338. 
pnnrsus  70  i. 
7>^2ö  55. 
pidau  155. 
pHsundi  344  f.  347  f. 
pidhaürn  99. 
«t/ar  75  2. 
I  ufarö  68. 
I  unaiicisks  101. 
iindarö  53  -.  68. 
unsar  329. 
imfe  69.  71. 
uiitceniggü  53. 
icadjabokos  147. 
wag  ja  217. 
tcairpH  8. 
ifofö  71  f. 
xvaurms  155.  156 -. 
«•öf«y<s  323. 
weAhan  39  f.  45. 
weihnan  40. 
/fe/V/A-  40.  42  f.  45. 
iciljaii  ()0  f.  63. 
wiieisTd.  78.  143-146. 
IV dpi  64. 
icinds  95. 
ivisaii  326.  ; 


Wortreü'ister. 


i57& 


n-it  73  ^ 
icifan  45. 
iriilfs  141. 
iculla  141  f. 

Altwestnordiscli. 

aka,  6k  97.  99. 

älinr  337. 

mtfca  98. 

ausa  98  f. 

öait^rt  98  f. 

bera  60. 

öer/-  349  i. 

bles  91. 

öoftö«  109. 

6t</-6-!5  333. 

bütr  99. 

draumr  100. 

ewrt  103. 

eitrkoeisa  327. 

ei<//-  349. 

/«,  /"efcÄ;  91. 

/V/.s-^r  70  1. 

/e7  312. 

^o7i  335. 

fios  312. 

/?-o/  312. 

ß&rfile  312. 

fctfjelegr  96. 

^/.s"z  329. 

(/^o/'  63.  65  i.  67. 

gomr  98. 

Ärt/r,  Äe/[  65  f. 

hdfr  95. 

Äa^«  21. 

hcif/r  21. 

/u7>ji  66  f. 

run.  H((riuha  66. 

/irr.s/  329. 

Äe^Vo,  /(e7  91  f.  94. 

hit  94. 

Äe«rfe  65  f.  75. 

hirdar  65. 

Ä?rt.s.s  103. 

hlaupu,  hliop  91.  98. 

hno(/(ji((t,  hnoyy  100. 

Amv.s-  332.  338. 


hualfiös  312. 
Äi<t  34. 
hyggia  46. 
hqyyua,  Mo  99  f. 
/«te^r  21. 
kveisa  327. 
kvista  103. 
Ä;?/r,  Ä,7i  65  i.  90  2. 
Zfl^a,  ?e^^  97. 
leika  92. 
-ZüV/a  71. 
lista  104. 
meiss  93. 
mylsna  103  i. 
naust  90  2. 
run.  Niau-lla  66. 
?70?  321  2. 
run.  orfe  66. 
roakenn  323. 
sor  37. 
.SYfrr  37. 
run.  Srt^e  66. 
S6</m  46. 
serda  314, 
sfc«'/"r  92. 
skrüd  99. 
sZa/cr  96. 
sleipr  321. 
spaka  65  ^ 
spcui  320. 
spcnui  16. 
sj>iUa  321. 
spare  16. 
sporna  16. 
spyrna  16. 
sp0ri'  320. 
staurr  98. 
stinnr  318. 
.vf ///•/•  122. 
stukkna  318. 
.s7y/-  90  2. 
.s-o/y  65  ^.  77  '. 
taumr  100. 
fryggr  100. 
run.  u/'^i  66. 
ra/'a  8. 
re  40. 
/•(V//u  40.  45. 


i^i's^  326. 

run.  Wiicila  66. 

run.  Rv^rt  67. 

run.  icurte  66. 

0.9p  15. 

/>a  65  1. 

/•rfÄ;  317. 

pegia  46. 

))e7  311. 

j^e7,  /e7  312. 

pengell  312. 

/>^7e  312. 

/>^7^■a  312. 

;)iö  312. 

piörr  98. 

;>iäs'  312. 

j&o/e  312. 

jbrif^a  319.  330. 

püslmnd  344. 

püshundvap  344  f. 

püsund  344. 

Neuuorwegiscli. 

9/?e27  93. 

Altschwedisch. 

/•(pZ  312. 
rl  40. 
pHshiuitraJ)  .345. 

Schwedisch, 

filmjölk  311. 

.ilthoclideutsch. 

^?/<^>  61.  63.  76.  90  2. 
a/j('o<?r>  902. 
anablast  96. 
««90  70 '. 
ars  333. 
as/>a  15. 
bihagan  21. 
bichnäa  61  '. 
&?n«  71. 
öZms  91;  97. 


380 


AVortreo-ister. 


hlinto  57. 
hrestan  333. 
brün  123. 
brüüoufti  20. 
hurst  333.  338. 
dagen  45  f.  154. 
^lah  317. 
danta  69.  71. 
dehsala  330. 
demu,  demo  53-.  derw 

53  ■-.  d6?'o  55. 
rfeVi  312. 
dhlna  61  ^. 
dinstar  312. 
■tholm  155. 
tholön  155. 
^Zr«7t  319. 
durri  70  ^ 
H(/?/r.s-^  332.  33<s. 
düsund  344. 
eiscön  349. 
€Zm  337. 
eng'i  70  ^ 
-en6-^2  75.  145. 
«Hm,  2«r  95.  97.  99. 
/«/<  96. 

/•«Äa??,  A\//<.7  91.  94  f. 
fackala  312. 
/«ZZz*  95. 
fanto  70  1. 
/«^e?-  75. 
felis  335. 
/e.s•<^■  701. 
fettachä  57. 
/7/mZa  312. 
/7«irt  312. 
fin  312. 
/instar  312. 
firleiz  97. 
firspirnlf  Kl. 
flado  95. 
/zTi^tt  92. 
fliuzu  92. 
/^^o/i  96. 

/"r/rfoo  ()1.  7(;.  114  ir. 
fjaneista  102. 
f/ebat},  f/ah,  f/ühiim  151. 
Hahft,  (/ef)ä  55—58.  7(5. 


79.  144  ff.   //eöit  53  2. 

771. 
^ren  148. 
/7Zen  155. 
giirwizzen  45. 
^27lMo  53.  56.  58.  70  ff. 

78. 
ginen  155. 
^i.9a^  329. 
gitriuici  100. 
giumo  98. 
goumo  98. 
</rem  110. 
gumo  56. 
guomo  98. 
gutinne  65  1.  67.  75. 
Äa6m  45.  63.  67.  154. 
ÄaZ^M  91.  95. 
/ia?io  67. 
harto  70 1. 
/ia.9fl^  329. 
hazzen  46. 
heffu,  hevis  152. 
heizmuoti  102. 
heizu,  hiaz  91  f.  94. 
helfendä  57. 
/je>  89.  91. 
Äera  71. 
Äer^?  701. 
hezzen  46. 
Ätar  89.  91. 
hlfuoga  96. 
Minen  155. 
ho  gen  46. 
houivan,  hio  99  f. 
hrespan  327. 
Äros  332. 
huggen  46. 
Äf<s  104. 
iÄ/ifl  56. 
insagen  325. 
iWüi-«,  216. 
cavmun  98. 
cTiifestinöda  61  '. 
/«.s/  103. 
läzzftu  97. 
/r7;r«  46. 
liggii  154. 


;7.s-^«  104. 

Zo7iAm,  /20/'  91.  98. 

memo  56.  71. 

marg  336. 

mas<  336. 

meas,  mias  93. 

meisa,  meissa  93. 

meiza?i  92  f. 

mlna  61 1. 

namo  56.  58.  72. 

7ie/b  71. 

nerita  55  f. 

wesf  336. 

yie'oro  101. 

w/s  315. 

qiceman,  koman  148. 

g?«*s^  103. 

rät  an  91. 

richisöia  61  1. 

rosamo  103. 

ros^  103. 

rotamo  103. 

rüoftä  57. 

sagen  46. 

salbön  63. 

samfto  70  1. 

sämo  56. 

.s-e»«/ife  701. 

ser  (subst.)  37. 

ser  (adj.)  37. 

sibiin  90  -. 

sibunto  90  2. 

sio/<  37. 

s?fe«f  154. 

scälchd  57. 

SCrt22Ö   57. 

sceidan  92. 
sceran  315. 
sfcer/  92. 
scesso  93. 
scidön  93  1. 
skiditnga  93  1. 
.sYv/-  92. 
.SCI/  93. 

.ST7zr/;j  92  f.  316  2. 
scröfan  98  f. 
s/a/"  96. 
.s7flr/t  96. 


Wortreg'istei*. 


381 


slifan  321. 

sUph  321. 

smeklar  93. 

smero  321. 

spaltu  95. 

sparo  320. 

.s;/>er  315. 

spannan,  spian,  spia- 

num  95.  97. 
sporo  16. 
spreitan  320. 
spriozan  320. 
spriu  320. 
apiirnan  16. 
.sfädä  57. 
sfantu  95. 

stimmet,  stimna  318. 
.yf/o/'  98. 
HÜrna  337. 
stiura  98. 
.stiuri  98. 
Htözan  98. 
stredan  322. 
streiigi  70  i. 
sfiimhal  122. 
.s«/if  37. 
suniu  75. 
.s?<02:o  70 1. 
sweifan  92. 
/är>n  932. 

^«/yrt,    ^(7</ä  57  f.    144  f. 
i'rt.i^o  52.  56.  fa^H  53  2. 
triuiva  18. 
<r«e«  100. 

^Mow,  ^e^a,  tätum  151  f. 
tüfsund  344  f. 
?<&eV  75  2. 
«•rt^cZ  325. 
icallii  95. 
icaltu  95. 
icalzu  95.  97. 
tcanta  69.  71. 
iceA-a  328. 
tiuegd  57. 
icecfiji,  icekki  324. 
wehsal  40. 

iCf'Vt^  8. 
iverda  61  ^ 


?fe6'a  61  ^ 

tflÄ  40.  43. 

wlhen  40.  45. 

it;i7i,  ^t•^7e,  ?fe7  61.    76 

78.  145  f. 
lüillu,  tvilla,  2cille  61. 
?fi«i  95. 
if2's^  326. 
TF/si«-IcA  323. 
wolfa  52. 
2äÄ*  701. 

26   82. 

zeisan  92. 
Serif  89  f. 
siVtre  89. 
s^^^  20. 

zunga  55  f.  58. 
s^io  82. 

Mittelhochdeutsch. 

banse  331. 
behagen  21. 
öril«  123. 
öfts  99. 
geloffen  98  f. 
gesmide  93. 
gesmldec  93. 
hagen  21. 
hahse  331. 
gwä^  103. 
sei'ten  314. 
sprcejen  320. 
.si^/'ä^  320. 
stifte  99. 
türre  70 1. 
tusend  344. 
war  8. 
?flc/i  40. 
2?f2S<   17. 

Neuhochdeutsch. 

bamme  329. 
bammen  329. 
-öar  41. 
bemme  329. 
borgen  40  ^ 


[  dumin  109. 

entscheiden  92. 

ei;^9e  15. 

gehen  26  f. 

gelaffen  98  f. 

gescheit  92. 

harsch  333. 

heissen  94. 

/jMi  327. 

Äüfe?»  327. 

Haldaunen  117 

laden  103. 

leihen  40  1. 

?iem  80.  82. 
pit^  pt<^  122. 
|jwfe  122. 
puter  122. 
i?w«eZ  122. 

seÄr  37. 

67X/Zie?i  316  3.  338. 

stossen  99. 
stumpf  122. 

dial.  ^ogra  57  1. 
unterscheiden  92. 
dial.  vatra  57  1. 
j  versekren  37. 
I  verneinen  80. 
dial.  vougla  57  1. 
tcählen  8. 

icaffenstillstand  Ib. 
tceihen  40.  42.  44. 
tcerden  240. 
tfo  305  1. 
wodurch  305  1. 
tcodurcJi  305  ^ 
tcohnen  331. 
tcollen  8. 
ivovon  305  1. 
zuhause  293. 
zifiV  17. 

Altsächsisch 

bihagön  21. 
darnungo  53. 
drö7n  100. 
färungo  53. 
/as«;  70  i. 


^82 


Wortregister. 


finisfar  312. 
fögian  9o. 
(jcgnungo  53, 
(lülco  71. 
hebbian  45. 
liettion  4'i. 
hlinon  155. 
7J/-06-.S  332.  338. 
huf/f/ion  46. 
Incanda  71. 
7iy;Z  34. 
klnda  52. 
libbian  46. 
marg  336. 
/•06-^'  103. 
seggian  46. 
.ser  37. 
aimbla  69. 
sp%irna7i  16. 
/ö»i  100. 
freiava  18. 
f/i»/-.s-^  332.  3.38. 
thüsind  344. 
icehsal  40. 
a-I/j  40.  42  f. 
icihhtu  40.  45. 

Mittelniederdeutsch. 

ö.s-f  .3.36. 

<7«^7^  sprekcn  103. 

»uiiiederdeutscli. 

dime  312. 
7)rt7  3. 

Salfräiikisch. 

fhfiscliiinda  .345. 

3Iittelniederländi.sch. 

.//f/.s/  17. 
^Crt/v  8. 
zeer  37. 
zegge/i  46. 


Neuuiederländisch. 

diäzend  344. 
7>a?  3. 
<^t•^■s^  17. 
icra/t-  96. 
zeer  37. 

Friesisch. 

afries.  hebba  45. 
afrles.  Zeö&a  46. 
paZ  3. 

afries.  sedsza  46. 
afries.  serilsa  37. 
afries.  ^iw^ra  40. 

Angelsächsisch. 

ceÄ/>  15. 

ä^-end  140.  341. 

ähneapan  98. 

änunga  53. 

&e«f«n  98  f. 

hehealden{d)r(i  341. 

beccenid)  341. 

bismeriend  341. 

ftZcesZ  96. 

&0&,  öo&öe  109. 

öo&&en  109. 

hodiend  .341. 

hren{g)  341. 

hrödor  11  ^. 

hyrst  333. 

rfd?*a  55. 

eZm  337. 

/cB^^r  96. 

/cc'ce/e  312. 

fceringa  53. 

/tesf  70  1. 

fengel  .312. 

formolHnian  10.3  ^ 

friijne,  frcvgn  95. 

genungd  5.3. 

geicilnien{d)lk-  311. 

5'7e/e  53  2,  «/ze/a  54. 56. 

j^/.vf/  329. 

/<fl^ö«,  //e/»^  /«'Y  92. 


hearde  71. 
heatvan,  heoio  99  f. 
holend,  hcelend  140. 
helpend  140. 
hin{g)rad  341. 
/i?rtrfr/??  103. 
/?ZcB.sf  103. 
TimVi/  315. 
/jors  322. 
/«f/,  /nf^  .34. 
hycgan  46. 
Icbivend  341. 
läcan,  leolc,  lec  92. 
libban  46. 
lifgan  46. 
Zi.s-/  104. 
weZZ««  1031. 
neriend,  nergend  140. 
onhagian  21. 
ö.sf  336. 

2nindergcon{d)  .341. 
?-(<.s/  103. 
.w?'  37. 
6(^/e  701. 
.secgan  46. 
semnhiga  53. 
sevdan  314. 
scddan  92. 
sceppe7i{d),  scepen  140. 

341.      sceppen{d)ras 

341. 
sceran  315. 
scitan  92. 

6YT??(/   99. 

.so/"/e  701. 
.s-dcfe  71. 
sjieornan  16. 
speriend  341. 
spora  16. 
spiira  16. 
s])iini(iii  16. 
.sVc'or  9)S. 
Strang  70  1. 
sf)-eovj(in  318. 
Htron(g)  341. 
^'7e«(?  341. 
f/r  90. 
^re'oir  18. 


Wortreg'ister. 


383 


ireoice  100. 
ticä  13(5. 
pa'cele  ol2. 
dcere  53  ~. 
pel  312. 
ßengel  312. 
fieoh  312. 
druma  319. 
dü-send  344. 
7>»f««  99. 
tmdseden{d)lic  341. 
väsp,  väps  328. 
u-alden{d)  140.  341. 
tcaru  8. 
zcecdd  325, 
«f(?oÄ  40. 
tceord  8. 
■tciferend  341. 
icrdhtenid)  341. 

Englisch. 

rf«jn&  109. 
#0  succeed  29. 

Germanische  Namen. 

Aistomödius  102. 
Thumdicus  347. 
Thusnelda  347. 

Litaiiisch. 

adunt  270  ^. 
«A:j  274. 
akmcnin  272  ^. 
akinii  fiG.  273  i. 
akysna,  akiesno7i  274. 

275  1.' 
akyse  274. 
algan  272  i. 
cdgoju,  algoti  303. 
«/^<7  5G. 
(UikHztds  102. 
äntaro  270  ^ 
antdvs  270  i. 
«r^f'/.v  279  1. 
antras  270  ^ 


apacziä  279. 
ajdinkui  277. 
apf>i(kuT  293  i. 
ar^w  97. 
asztrüs  16. 
a^^<?Z  294. 
«if.9aW  294. 
atskditis,     afskaifes 

286  1. 
atsparas  16. 
attremt  270  i. 
r/?^^»  99.  295. 
duguv  295. 
duk.sas  347. 
dnksztas  211.  331. 
a?<Ä:.s/i«  291. 
auksztijn  276  f.  279. 
öir//  2791. 
öa(7?yf^  302  1. 
& Jsä.v  349  1. 
bastyti  280. 
baznyczia,  baznyczioje 

285.  haznyczion  276. 

279.  haznycziose  285. 

haznivioy  285. 
&eWf'  101.  " 
6eA-^^  101. 
hijausl  299. 
öyo(.s-/)  301  1.  302. 
ö.V/'>^/  303. 
bldzgii,  bldzgeti  3-36. 
öo  294. 
öoöa  109. 

braukaü,  braukyti  299. 
7>»?;o  102. 
biivum  295. 
cs^■o^^  275. 
czysNiju  291. 
duböjüvos  296. 
tZa?/Ä-f?/  285. 
dahnus  296. 
dangüH,    dangun  273. 

275  f.    dan'giije   284. 

287.     diingi/se     274. 

dangüsnd  274. 
d«W,  (/^7;t  2901. 
drt?'»  295. 
debesis,  debesiil  276. 


debefino  278. 
f/e(/;V  151. 
(?eÄ:/e  ^/e^«  101. 
dcrybos  286. 
deicinfami  286. 
tfena  932. 
dönosne  282  2. 
!  desnieje  285. 
Dieica,  devq  271. 
devoniq).  211  f. 
dfet-eje  284.  287. 
devep  287. 
tZit?*.s  2771. 
didysis  277  '. 
t7?rf/  337. 
dycojos  296. 
dycojüs  296. 
rf'o  294. 
drdjküs  296. 
drdjkos  296. 
draskaü,  draskyti  299. 
draügas,    drauge, 
draugie,  draugi  285. 
294.  ' 
draugiä  285. 
Druköi'nioy  285. 
dukteri's  352. 
dulkiesna  270  1. 
dumöju  295. 
Dungusnu  269. 
dübe.snd  274. 
düsiu  167. 
eimi,  e?^^  26  ff. 
gadinti  103. 
gaidys  277. 
gaidyß,  gaidyje  284. 

287. 
gafnn  271. 
/r/a/iö^  101. 
^fe'tZ«  103. 
gedona  278. 
gendü,  gesti  103. 
gerame,  -i,  -enje  281  f. 
gerame  284. 
gert'jüs{i)  296. 
geriis,  gerüsjits  143. 
gesjne,  geamäii  27(>. 
gird'ejüt  295. 


364 


AVortreo-ister, 


<//re,  giren  271.  276. 
gireno  272. 
gyvoti  300. 
glodiis  349  ^ 
goviurgH  98. 
-cyyf  307. 
/c???t«  286. 
/(^fr/if  2701. 
imfyn  alti  276. 
ipülhnan  271. 
isakyti  325. 
iszmonion  271. 
ftrauka  17. 
izganiman  271. 
iztremti  270  i. 
izicemf!  270  i. 
jiiszköH  349. 
Jöjuva  295. 
jiidinu  94. 
j«(?u  72  1.  94. 
jump{i)  286. 
J«,  jö  290  f. 
jtklberiu  291. 
j«/cuf^■  300. 
Jästci  115. 
ÄYf  2941. 
/carfr)  2731. 
fca?  340  f. 
Ä:a/?>o  294. 
kdjmma.s  296. 
kalhi'jut  295. 
kalejimon  '21b  i. 
Ä:a?io,  Ä:e«ö  294. 
kautrei  270  i. 
kantrghe  270  i. 
karalisten  271. 
Ä:arf</7i  300. 
Ay/.s«  329. 
Avi.s/y/?  329. 
A-a^^.yV'  284. 
/Crt/e>;  287. 
/£rt^:.s<'  284. 
katrii,  kaf.ro  290. 
kduge.  100. 
kmiju,  kdutl  99. 
kt'mas  349. 
kirmis  155  f. 
kirstyn  eiti  276. 


klänas,  klau  au  276. 
ktaiqMs  98. 
Ä;^djiw.s'  296. 
kiiimpü,  ktüidi  98. 
kiii])omis  98. 
khipofi  98. 
fcofä  99. 
koznanl  286. 
krüvä,  krüvön  276. 
kügi.s  100. 
Ä;tij>',v  99. 
kumhras  14. 
kumhrijs  14. 
kumbrgfi  14. 
kunnosna  270  i. 
Ä:i<r-  305  1. 
kuriami  286. 
kur'is,  kitrs  305  i. 
kuriü,  kuriö  290. 
kuriuosnu  269. 
kuriusi,  kuriuose  286 1. 
M,  Ä:o  290  f.  297. 
Ä:Mrf<;7  fciM  294  1. 
fcÄwe  291. 
kväpas  95. 
kvepti  95. 
ia?  294  1. 

laikaü,  laikyti  300  f. 
lalku,  laTko  304. 
lakstaii,  lakstyti  299. 
^fl/c.s-fw  295. 
lankas,  laükan  276. 
;a?</ce  2091. 
^mtÄTi  2901. 
laukstaii,  laukstyti  299. 
laüku,  laükau  277. 
Uidmi,  Uidziu  97. 
?e«Ä-^<.v  276. 
lenktijn  h'egti  276. 
Zf«/i;,     linkai,    linkui, 

linkon  271.  275.  291. 

293  1. 
linksminoa  296. 
maiöny,  malönr  271. 
manu  291. 
«1«^)  285. 
mazyöfi  336. 
7nedi.s,  incdziau  276. 


melmu  335. 

menu  56. 

menü  71. 

mergoje  284.   mergojq 

287  f.     «lerf/ö    288. 

tnergose  284. 
me.5rt  273  1. 
metau,  metyti  299. 
mestana  272. 
mineti  154. 
mxszkas,  miskan  276. 
mi.Hzki,  miszke  285. 
miszküs  275  -. 
mylejüvos,    mylejiiva 

296. 
myniojuf  295. 
moteres  352. 
-Wrt,  -A<(7,  -n  269  ff.  275. 
naktSs  145. 
naktyje    284,    naktyje 

287. 
naktyse  284. 
nämas  275.  291  ff. 
9ia???,f^  281.  292. 
naineie  284. 
namt'jP,  namej,   name 

287  t' 
namön,  namo  275. 
namöniuj  211. 
nanulin)  275.  291  ff. 
naniiij) ,    na7ni(pin{n) , 

namopri{n)  293. 
namü.se  274. 
na7nuosna  270 1. 
naninsn  274.  27(5. 
namüsnq  274. 276. 2781. 
namüsnon  275  i. 
namüsnu  269. 
-«e  270. 
«e  79. 
/je<7i  80. 
'/ie</«  80. 
716?  86  f. 
nezvmimas  296. 
«^A:«.s-  86. 
niekan  271. 
«ö  297. 
7J0.9  297. 


Wortreo-ister. 


385 


nKsideJhnon  275  i. 

nusideti  102. 

mi  296  f. 

nüdetas  102. 

o  294. 

Ö  82. 

omn  278.  281. 

öras  278. 

oy-e  278. 

ore  97. 

jjabüfjiim  295. 

payadas  103. 

paqüiidiman  271. 

paneie  287. 

pasijemes ,     pasi^mes 

2SB  1. 
pd.senum  295. 
jxiskundoünu  269. 
^x/i'/r^/'i  279. 
patrankä  17. 
■patr((k((7  117. 
paütas  122. 
pavejui  277. 
paivehni  8. 
jxirtjfuf  293. 
pdzintds   141. 
piistü  211. 
p'esziu  303  i. 
piäudarau  165. 
pünas  141. 
pirmafi  141. 
pirztas  280. 
pf/cas  217. 
pfakh  96. 
ptafüfi  95. 
pW'kiu  96. 
pU'sti  95. 
pliktrön  286, 
plökis  96. 
7>^;fo.s-  286. 
y>o  294. 
pon'ep  287. 
j)onüJe  287. 
jrriifjarar,    pragarou 

275  1. 
■praijary  285. 
prauaton  271. 
joro  294. 

Indogermanische  Forsi 


y>/'ö  82. 

■puszis,  piiszin  276. 

puszyni  285. 

7>?t^  ^?M^  122. 

jnäf/ti.s  122. 

jmtVäi  300. 

rdjfumas  296. 

rmnyti  153. 

rankä    306.     rankäs , 

rankosna  143.    r<:m- 

kosna  274.  276.  ?Ym- 

fcö.9?i  276. 
rankan,    i^ankön   276. 

rankose  276.  rankon 

281.  rankü  54.  ra/l- 

fcoyV  287. 
raszty  285. 

raiidöju,   raudöti  303. 
raäsvas  103. 
redos,  redumas  296. 
7'y7nfiji(,    rymvti    299. 

301  1. 
ri/f<'^v  294. 
?7y<o  294. 

rödüs,  rödos  296. 
runkoi,  ruhkoj  287. 
rüpmiisi,  rüpinosi  296. 
rüsvas  103. 
sägstumas  296. 
sakal  314. 
sakramenty  285. 
saldziausniami  286. 
särgas  350 1". 
HdCiSds  84  ^. 
Si'di'ja  295. 
sejuva  295. 
.s-em«  56. 
sergmi  349  f. 
skaidrns  92. 
.5fc^'Zf«  316.  338. 
skersds  .333. 
sk'irfi  315. 
skVdmenys  93. 
.s-A-eJ/v"?  93. 
skedziu  93. 
sklhnenys  93. 
skesiii  93. 
skvt'rpfi  315. 

huniren  \"I  ä. 


skystas  93. 
skysti  93. 
smakrd  321. 
smarsas  321. 
.socZwe'  287. 
spejM  97. 
sjjenys  320. 
Spirille  sptrti  1(5. 
sraunis  350. 
sravä  350. 
sriubd,  sriubön  276. 
staiyytis  318. 
stamhras  122. 
.s-io,  s•fdy^■  294.  304. 
stögas  317. 
s^djM  318. 
stöji(s{i)  296. 
sfomu  318. 
störas  98. 
stovejuva  295. 
strujus  318. 
Sudan  275. 
sudehni  285. 
südon  275. 
sudumöjut'  295. 
suejuV  295. 
.S7^Ä'».  71.  307. 
sükusisii)  302  i. 
sünaüs  144  f. 
.s'öf.m  84  ^. 
sufems  270  i. 
suükum  295. 
svatimüs  275  2. 
svetyje  284. 
szale,  szalid  285. 
szalis,  szalin,    szalinq, 

273.  275  f. 
szaltis,  szaltyn  211. 
szemen  272  i. 
.szePmens  20. 
szermenys  20. 
sesi6lik<{  296. 
.szidure,  szuiiirrii  271. 

276. 
schieschtona  278. 
sziczion  275. 
szime  284. 
szinitas  344.  347. 


386 


Worti-c'ü-ister. 


szird'is,  szirdyn  275  f. 
aziu,  sziö  290.  297. 
schitan  272 1. 
szi/fami  286. 
szöni  285. 
szukiiti  300. 
sicintiimjnujnj)  284. 
täilcau  301. 
taikmu  312. 
jfaj/JÖ  294. 
takieimi  285. 
tarne,    tami,    tani  284. 

2SG  ff. 
tamimpi  287. 
tampi  286. 
/«.s  352. 
^W«7vrt.5  312. 
fe  304. 

)^e?fc^«  301. 
/cÄ:«f  311.  331. 
üeweje  287. 
^«7^6  340. 

tykau,  tijkofl  299. 
/o,  ftl  304. 
frankj/fi  17. 
tranküs  17. 
tremiii  trewti  270  ^ 
trenkiit,  frenkti  270  ^. 
/rofor)  96. 
tri'impinits  296. 
tukstantis  344.  347  f. 
tumjtii)  286. 
tunkumös  286. 
/i<;>2/V  122. 
fj),  fo  290.  297. 
/».yif  291. 
tümi,  tiriT)  290. 
tveriü.  tverfi  352. 
tvlrtinu  352. 
ttnfar((s  270  ^. 
untrukärf  270  i. 
uzstaton  275 '. 
itzf/y)  279'. 
uzüczia  279  '. 
uzumarkd  279  '. 
«z»^  279  1. 
iizicdczion  279  *. 


üzvalkalds  279  '. 
üzvalkas  279. 
/Hfl  335. 
odgis  324. 
vdjksclqjuva  295 . 
väJküH  296. 
vainoju  vainöti  302. 
vdkaras  288.  328. 
wandenin  272^. 
vandü  71. 
vapsd  328. 
vasarä  329. 
vafd(f.s,  vardan{q)211  f. 

274  ff".  278.  286.  ra?-- 

t?a«e  270. 2822.  i;ard(; 

288.    ivdTdu,    vardq 

271.  274. 
voPma.s  156. 
ufl/'»  295. 
vediV  72  1. 
üp;«  291. 
veliü,  ri'liau  97. 
vemiii  270  i. 
verdu  95. 
venülikq  296. 
vetona  272. 
vtjniy  285. 
vi  da  je  285. 
ivietoy  285. 
v'dgmnas  296. 
vilkas  141. 
^;^7Ä;e  284. 
?;i7/tr^  287  f. 
^;^7A■o  82. 
^"^7/t?>  307. 
vilkus  296. 
?.77/tV/.s-r'  2.S4. 
vilkiisr  287. 
ff/^ifl  141  f. 
virsziis  333. 
vlrvi,  v'n've,  vircc  290  ^ 
wisokiöy  285. 
i;o.9^e  101. 
zemcsnü  269. 
zemas  277. 
s('Wf'  64.  65 '.  6(). 
^e?«/  271. 
zemyu   211. 


Mnyjosi  296. 
zediiziu  291. 
ziamey  285. 
zinau,  zinoti  302. 
2)7iO  301  1. 
2i??i<  295. 
zinid'  295. 
zirgüziu  291. 
zirnis  141. 
ziwaty  285. 
ZTnonesanip  283. 
zödi.s,  zödi  277. 
zoZfijV;  285. 
i7:aA7,  irfl/.;e  290  i. 
zwalgal  20. 

Lettisch. 

«22  279  1. 

apak.san  279  f. 

ajyeskan  279  f. 

apsünät(\s  300. 

apsirniiffs  300. 

«r«  2H0. 

ö?'a?i  27S.  281. 

flr*  278. 

afjaunät  300. 

atjaunüt  300. 

atdinlte  93  -. 

äug.sä  280. 

auk.szatt,  aukszon  2791". 

flz  2791. 

fl2/>^s'  279  1. 

?;fld<Y  3021. 

i')fl/.-6-/tY  280. 

haznicd  281.  285.  öfl-.^- 
vican  279  f.  haznicäi 
285.  bdztiicfisi  285. 

^^^^^  2S0. 

öe.s-fl  280. 

btjäjiis  299. 

boyan,  biijan  279. 

&raf/r/^  299. 

braitkdjn,  bfaiikdt  299. 

bii fisch kis  280. 

Imhschkot  280. 

/^///fl  280. 

cd' male  288. 


Wortregister. 


387 


czetum  an,  ceh(inan21\). 

debhesis  283'. 

debbeszisne  27S  i. 

deju  932. 

denan,  dtnan  279. 

deican,  devan  278. 

dlle  9S2. 

draskdju,  draskdt  299. 

dzesmeju ,    dzesmeju 

285. 
</si  2941. 
</z(rfZÄ  294. 
dzivät  300. 
</z(f»7  300. 
eesc?ikis  280. 
f'Ä-.sä  280. 
C'ksan  279. 

enaidau,  ("■ni'tidan  279. 
f'i!  27  f. 
ijallan  279. 
ißabäju,  glabät  302. 
{frekiis  283. 
f.s^«7f:.s-  299. 
/s,  72  278.  2791. 
j^Ay?^  300. 
J*rA-</^  300. 
A-a  297. 
kampiu  95. 
Ä:«Hi  282. 
kdrfan  279. 
A-rtr^<<  300. 
A-äH»7  300. 
käunan,  kounan  278. 
kmidfe  100. 
A-a««  99. 
A-f««/.  2941. 
Ä-Zfl».s77  2941. 
AZ«öä<  300. 
A7<7yW<  300. 
klnpu  98. 
kojKin  279. 
kru.std  2iSl. 
krasUui  278. 
A:w  297. 
A7/y>rt  279. 
laykan,  laikan  279. 
^7?Ay<,  Za«e/<  300.3001. 
lakstütt^.s  299. 


/f'7>a.s  283. 
Z(7Avi^  299. 
ZrtA-»^  299. 
ii/A-«^  299. 
Zv/c/Y  299. 

mdezihschkoete  280. 
■müjds  281. 
7)i<'l<'s  283. 
melmeüi  3.35. 
»2e/.s7  335. 
metdjii,  mttdt  299. 
milns  5. 
mugare  288. 
munu  298. 
«<?  297. 
ö/a  335. 
parädan  279. 
patlaban  279. 
pirA-.s/.s-  280. 
pirmä  280. 
pirmon  279. 
praUin  279. 
p/vA-.sä  280. 
prt'ksan  279  f. 
])roea-ühsclikis  280. 
jjK^f//  300. 
i)«*^//!"  300. 
rmt  294  1. 
raudzit  294. 
re  2941. 
rerfzft'^  2941. 
ripdf  300. 
/•?■/>///  300. 
/•/<»  297. 
rytan  279. 
rtl.s'a  103. 
rdkäi  287. 
.s-ircZis  283. 
skaidr.H  92. 
.v>ir/^e  321. 
.speru,  spert   16. 
spraufis  320. 
stdrpdii  279. 
.s!'T;:>äi'  300. 
s^I;;«/;  300. 
.s-ztAvJ^  300. 
.si/Av//  300. 
schk'idrs  93. 


schk' imeiii  93. 

.ya  297. 

/?«?it  282. 

.seitan  279. 

imi  282. 

■SM  297. 

to  297. 

^ä,  f«  304. 

^cm«'  282. 

tdidäsi  283  2. 

^ecZ2«  2941. 

teitan  279. 

^lÄroi  299. 

<7A-»7  299. 

f««t6  297. 

tschefri  314. 

^?f  297. 

^ts,  liz  2791. 

lUran  278  f. 

«frÄ  2701. 

tcadfis  324. 

vainüju,  -üt  302. 

vakärs,     rakard     288. 

vakare  288.  vaktm-'t  288. 

wackaran  279. 

icetan,  vetan  279. 

j-iicZi«'  285. 

fir.s-tt  280.  282. 

ivorsun  282. 

icuerßon,   v)rsvn   280. 

282. 
sö/f'V  285. 
zeme  280. 
zemen  280. 
zehirfaa  314. 

Preussisch. 

arrientldku  300. 
öza  301  1.  302  f. 
bidsnan  .302. 
bidticei,  bidtici  302. 
ö«7Z«  303. 
dehcüts  302. 
dicibugüt  .302. 
dicigtibbtis  302. 
divigubiU  302. 
ebsigna  301  1. 


388 


Wortres'ister. 


embaddusisi  302  ^. 
en  272. 

enldikümai  300. 
erlaiküt  300. 
efsinnaf  302. 
etläikimn  300. 
eticinät  302. 
zm?n«  301 1.  303  f. 
immimai  301 1. 
?.s7a/Av/  300. 
Zrn'A-i?^  300  ff.  304. 
'mCüdnnhna'i  301  i. 
]jeis(U  303. 
pecka  302. 
pofflabü  301. 
polaiküt  300. 
popecküt  302. 
jjo.sinnat  302. 
jireilaikvt  300. 
<7?<o//(?  303. 
.s7\(/n//  301  1. 
.sigiiät  303. 
siiina  301  i.  303. 
sjjenis  320. 
spergln-  320. 
sj/ertlan  320. 
ftjnirglis  320. 
taykoicun.s  301. 
tanris  9S. 
iea-.v  301. 
teiküsna  301. 
iee'Ä:«;^  301  f. 
tykynnons  301. 
tüsimtons  344.  347. 
urmiiKtn  IM. 
n-aUiät  303. 
tvarmun  156. 
uerpivKu'  301  i. 
7cobse  328. 
tcorrdyan  15(i. 
zinimai  301  ^ 

Altbiilnjariscli. 

//  H2. 
fidolh  272. 

7x//;a  io;>. 

/>^/J<>    1S!I  f.   iwi. 


/>e?Y/  60. 
?>f^  102. 
begnati  190. 
öe'/s  112. 
ö(Y?   188. 
ö^l•a^^■  188. 
&o^»   ll(j. 
6o/?ji'ä  1.  3  ff. 
öo/je  5. 
öo.s-s  .349  1. 
?>r/^/  189. 
hyraja  221. 
c^-i.s-^ü'  189. 
ce.s«^<  329. 
cAasW/  191. 
rfa;q  221. 
damb  221. 
(Zer«  337. 
de-s-cVs  .348. 
c?6^:efz.  348. 
(/q/q  93  a. 
dzstere  .352. 
rfre  13(5. 
gaditi  103. 
-ganjati  218. 
gasnqti  190. 
gladikh  349  i. 
gnafi  189. 
(T/ortiV/  218. 
imanih  191. 
iskafi  .')49. 
zsfca  216. 
isthknqü  330. 
jrtra  lio. 
/»'a.sv,  330. 
kliknati  190. 
/t-o.s-rt  329. 
/i,Y>?/VY,  knrati  99. 
/tV2fÄ   110. 
kupati  222  ' , 
kupiü,  rit}>lj([  190. 
kysnati  190.  199. 
/es/«  2221. 
/•^.'zq  1.^4. 

/',7/'?  221. 
/f^'s7/  189. 
/f'/T.  217. 
/o.s/,  349. 


mendesti  119, 
?npto  119. 
mbneti  154. 
morjq  153. 
nachnq  191. 
narodosh  352. 
nasevajq  217. 
neseachh  165. 
0«  136.  139. 
06-«  328. 
ostrogh  350. 

O.V/7'Ä    16. 

othgnati  189. 

;;»adryVv  161.  221. 

_?j»acZq  i91.  221. 

padati  189. 

pameth  119. 

^x<.sf/  189. 

/>e.s-5Ä:Ä  2731. 

pivajq  217. 

;9fc.s-af?   189. 

2>la6({  plakidi  96. 

poznati  189. 

pr-öf-  82. 

X>rqdim  17. 

pred(di  17. 

prcnafi  190. 

procvisfi  189. 

;>/■o.s•^^«  189. 

7>»r(-i  110. 

j>»fr^  122. 

rabot^  352. 

razumh  148. 

re«f<  222  i. 

rorf^Y^^  j-osirfrf  190.  221. 

ri/SJ  111.  113. 

7v//t»  324. 

.se/o  352. 

.srrfq,  .sT.s/;  190  f.  221. 

sedajq   191.  221. 

Äem<;  66. 

sezdq,  uedefi  154. 

*/ct  113. 

sbrafi  .350. 

.S/t-O/7,   21. 

.s7rt/>t  96. 

slezena  .319. 

slnresf.  352. 


Wortregister. 


389 


sokh  314. 

srcii]^  350. 

srehfo  350. 

srhchtlcb  333. 

starh  98. 

stati  189. 

,s^r/7>ifi  122. 

.stelj<{  319. 

.s-to>^:  189. 

strana  319. 

.s-<re<7</  349.  351. 

stryjb  318. 

strynjn  318. 

synove  352. 

kchnaü  190.  199. 

f<V>^  122. 

feA'.V'-'/  39. 

^es^a  330. 

trajati  352. 

^/■z««s  337. 

/?<rÄ  98. 

/^fcZo  330. 

fhphfafi  122. 

tysiisfa ,    fysesta    344. 

346  ff. 
«/>«Y/  188. 
uhivofi  1S8. 
fcJrf  217. 
veljd  ()1. 
?;ezr;  217. 
videach^  165. 
vizda,  videti  154. 
vladyka  38. 
r/z.AY7  S2. 
i"Of/rt  71. 
^•f>Z27?  8. 
i'o//«  8. 

^•o^^_^  rozifi  217. 
vozdd  voditi  217. 
Wich?)  333. 
vr^gii  221. 
vhphsafi  189. 
vhpro.yifi  189. 
vhslesti  189. 
vhHproaiH  189. 
zemlja  64.  r!5  ^  66. 
z??r^Ai  189. 


Bulgarisch, 

gorem  106. 

gornjakh  106. 

joyir  111. 

kaccnii  121. 

kacna  121. 

A-rtc/a  121. 
1  kidas  113. 
I  mitry  111. 

otkacja  121. 
I  /'«.s-  113. 
j^Ä^^m  122. 

zakacjd  121. 

Russisch. 

batjusb  118. 
2C?ey  28. 
Ä:Z?/Ä:  38. 
oafrogh  350. 
pochorony  20. 
7)0^?.  312.' 
potroliä  117. 
pozvonökh  351. 
sc%t  217. 
soröga  350. 
steregii  351. 
Sifo  344. 
storona  319. 
storöza  350. 
Hiörozh  349  ff. 
strazd  350. 
strogi  350. 
svefyc  39. 
synovhjä  352. 
i'?/.v./a(V«  344.  348. 
filtruss.  vermije  15(5. 
zrenü  351. 

Kleinrussisch. 

6a7oA   11<".. 
balya  116. 
!  belega  116. 
rurnjanyj  156. 
vermjnnyj  156. 


Serbisch. 

bcdaga  116. 
balega  116. 
baloga  116. 
gornjak  106. 
Mljada  348. 
^Ve  28. 
fcflcaf/  121. 
kalas-  113. 
kidu.sa  117. 
osfrogh  350. 
2)lima  122. 
rogusa  117. 
rw.s  113. 
seljakum  117. 
soldatusa  117. 
sto  344. 
strogi  350. 
stupiti  122. 
^26-Mca  344.  348. 
fi<p  122. 
^?/sac  344. 
M(7«V'  111. 

Kroatisch. 

kalduni  117. 

Sloveuisch. 

jezero  348. 
mavrn  111. 
priiu  12;>. 
/>?//«  122. 
fi'ifoc  344. 
toozynt  348. 

Cechisch. 

dondshn  188"^. 
drsen  335. 
drsnaty  335. 
rf/yi  352. 
Äie  2941. 
ys?',  j.se.s-  291  '. 
kaldnun  117. 
72e;V/e  28. 


390 


Wortregister. 


pHchazim  188  '^. 
piirädim  18S2. 
jmta  122. 
Ki,  ses  291 1. 
ti.sic  344. 
tmiti  352. 

Laiisitziscli. 

.(/(«,  /<a  307. 

Ober.sorbiscli. 

zvjeno  351. 


Xiedersorbiscli. 

zvono  351. 

rolabiscli. 

zvenü  351. 

Poliiiscli. 

&oZ;o   109. 
&2«;Z?/A;  38. 
drzwi  352. 
dzicono  351. 
^•c^«  28. 
TxotuHia  118. 


Ä:oi'?/.s  HS. 

ostroijh  350. 

oströw  350. 

])atr(ich,  pafrnch  117. 

.src/c  350. 

srodo  350. 

.sro^r«  350. 

sroka  350. 

.srom  350. 

.s/'20»  350. 

strazn  350. 

striuja  350. 

ti'ivac  Bb2. 

tupac  122. 

tysiac  344. 


II.     NichtiiHlo^eriiianisclie  Spraclieii. 


Finnisch. 


Juiopa  312. 
sairus  37. 


3Iagyai'iscli. 


6«&  106. 
öt<&»s  109. 
potroli  117. 


.\rabisch. 


Jjiaräm  43. 
harama  43. 


Hebräiscli. 

heh^rlm  43. 

Ägji>tiscli. 

'Akajicasd  129  i.  134  f. 
afhlupuriis  125 '. 
güumä  125  -. 
f/isfiös  120  1. 
(jriifjus  12()  -. 
"/>/<*7e  1251. 
pamifsi  131  '. 
Sardctud  129  i 


Türkiscli. 

/yöÄ-s  111. 
^ö?;  112. 
jildiz  115. 
/i-(//7^  112.  113. 
/.v//r/  113. 
merdzdii  112. 
.s-ar?  112. 


München. 


Gustav  Morgenstern. 


Uriversitats-BiichdriKk».r(.i  \mii  (all  (uorgi  in  Bonn. 


ANZEIGER 


FÜR 


nDOGEPJAJISCHE  SPRACH-  IIP  ALTERTUMSRÜ.\DE. 


BEIBLATT  ZU  DEN  IXÜOÜEBMAXISCHEX  FORSCHUNGEN 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


^MLHELM  STREITBERG 


SECHSTER    RAM) 


STRASSHUKG 

VERLAG  VON  KARL  ,1.  TKÜBNER 

1896 


Inhalt. 


Seite 
GiessAveiii    Die    Hauptprobleme    der    Sprachwissenschaft    in 
ihren  Beziehungen  zur  Theologie,  Philosophie  und  Anthro- 
pologie (Bojunga) 1 

Ries  Was  ist  Syntax?     Ein  kritischer  Versuch  (Hermann)  .     .        2 
Bastian    Die  Verbleibsorte  der   abgeschiedenen   Seele  (E.  H. 

Meyer) 4 

Di  et  er  ich  Nekyia.  Beiträge  zur  Erklärung  der  neuentdeck- 
ten Petrusapokalypse  (Maass) 5 

Leist  Alt-arisches  lus  Civile  (von  Bradke) 6 

Hirt  Der  indogermanische  Akzent;  Finck  Über  das  Verhält- 
nis   des    baltisch -slavischen   Nominalakzents   zum   Urindo- 

g-ermanischen   (Hirt) 15 

Caland  Altindischer  Ahnenkult.  Das  Cräddha  nach  den  ver- 
schiedenen Schulen  mit  Benutzung-  handschriftlicher  Quel- 
len dargestellt  (Fr.  Knauer) 21 

Civädityi  Saptapadärthi:  Prinnim  edidit,  prolegomena,  inter- 
pretationem    latinam ,    explanatioues    et    exempla    adiecit 

Augustus  Winter,  Dr.  phil.  (Biedenkapp) 26 

von  Marikowski  Der  Auszug  aus  dem  Pancatantra  in  Kshe- 

mendras  Brihatkathämanjari  (Jacobi) 26 

Grundriss  der  iranischen  Philologie,  herausgeg'eben  von  Wllh. 

Geiger  und  Ernst  Kuhn  (Hübschmann) 28 

Darmesteter  Le  Zend-Avesta  (Bartholomae) 39 

Hübschmann  Persische  Studien  (Hörn).     .  47 

Kühner    Ausführliehe    Grammatik    der    griechischen    Sprache 

Erster  Teil.     H.  Bd.  (Brugmann) 50 

van  Leeuwen  Enchividium  dictionis  epicae  (G.  [Meyer)      .     .       52 
Flensburg  L^ber  Ursprung  und  Bilduni>-  des  Pronomens  aÜTÖc 

(Dyroff) ' 55 

Fürst  Glossarium  gracco-hebraeitm  oder  der  griechische  Wör- 
terschatz der  jüdischen  Midraschwerke  (Tliumb)     ....       56 

Matov  Griechisch-bulgarische  Studien  (Gaster) 60 

Pauli  Altitalische  Forschungen  (Stolz) 62 

Cordenons  Un  po"  pii'i  luco    sulle   origini,    idioma  e  sistema 

di  scrittura  degü  Euganei-^'eneti  (Stolz) 64 

Deecke  Lateinische  Scliulgrannnatik;  Deecke  Erläuterungen 

zur  lateinischen  Schulgrammatik  (Funck) 65 

Keller  Lateinische  Volksetymologie  und  Verwandtes;  Keller 

Lateinische  Etymologien  ("von  Planta) 69 

Maurenbrecher  Carminum  SaJiarium  reliiiuiae  (Skutsch) .     .       72 

Lindsay  The  Saturnian  ^letre  (Skutscli) 72 

Witkowski  De  vocilius  hybridis  apud  antiquos  poetas  Roma- 
nos (Weyman) 73 

Stengel  Diez-Reliquien  (().  Knauer) 74 

Memo i res    de    la    societe    neo  -  philologiqxte    ä    Helsingfors  I 

(Meyer-Lübke) 77 

Beiire ns  Bibliographie  des  Patois  Gallo-romans  (.Marcliot).     .       78 


]V 

Seite 

Hold  Ol-  Alt-celtischer  Sprachschatz  (R.  Schmidt» 79 

DAibois  de  Jubaiii ville   Les  nonis  g-aulois   chcz  Ccsar  et 

Hirtius.de  hello  Gallico  (R.  Schmidt) 82 

Lorentz    Über   das   schwache   Präteritum    des   Germanischen 

und  verwandte  Bildung-en  der  Schwestersprachen  (Michels)  85 
<j>vig-stad  Nordische  Lehnwörter  im  Lappischen  (Streitberg-).  92 
Kahle  Die  Sprache  der  Skalden   auf  Grund  der  Binnen-  und 

Endreime  verbunden  mit  einem  Rimarium  (Morgenstern)  .  94 
Lindelöf  Beiträg'e  zur  Kenntnis  des  Altnorthumbrischen  (Bül- 

bring') 96 

Sweet  Ä  New  English  Grannnar,  logical  and  historical  (Holt- 

hausen) 99 

Lichtenberg- er  Histoire  de  la  lang-ue  allemande  (Streitberg-)     102 

Wunderlich  Der  deutsche  Satzbau  (Bojung-a) 103 

Topolovsek  Die  basko-slavische  Spracheiniieit  (Zubaty)    .     .     104 

Rezensionen  Verzeichnis  1894  (Herbig-) 105 

IVI  i  1 1  e  11  u  n  g-  e  n : 

Die   indogermanische  Sektion   auf  der  Kölner  Philologen- 
versammlung- (Thumb) 152 

Vorläufige  Mitteilung-en 157 

Erklärung-  (Geig-er,  Kuhn) 1(J6 

Lefmann    Franz   Bopp,    sein  Leben   und   seine  Wissenschaft 

(2.  Hälfte)  (Streitberg) Iti7 

Darbishire  Relliquiae  philologicae:  or  Essavs  in  Comparative 

Philolog'v  (Streitberg) •.."... 1(59 

Hehn    Kulturpflanzen  und  Haustiere   in   ihrem  rbergang  aus 

Asien  nach  Griechenland  und  Italien    sowie  in  das  übrige 

Europa.  6.  Auti.  (Hirt) 173 

F.M.Müller  Natürliche  Religion.  Physische  Religion  (Mogk)  175 
Henry  Atharva-^•eda,  Traduction  et  Coinmentaire  (Oldenberg)  178 
Scher  man    Materialien  zur  Geschichte  der  indischen  Visions- 

litteiatur  (Franke) 185 

Avesta,    die  heiligen  Bücher  der   Parsen   herausgegeben    ^  on 

Karl  F.  Geldner  (Bartholomae) I.s7 

Haie  'Extended'  and  'Remote'  Deliberatives  in  Greek    (Son- 
nenschein)    188 

Thumb  Handbuch  der  neugriechischen  Volkssprache  (G.  Meyer)  1S9 
Amatucci  II  Aocabolo  'carmen'  nel  latino  arcaico  (Skutsch)  .     193 

Stokes  Urkeltischer  Sprachschatz  (Thurneysen) 193 

Storni  Eng-lische  Philologie.  Anleitimg  zum  wissenschaftlichen 

Studium  der  englischen  Sprache  I,  1  (Victor) 1!>7 

Wright    A  Grammar  of  the  Dialect  of  Wiudhill  in    the  West- 

Riding  of  Yorkshire  (Bül))ring) 198 

Franck    Etvmologisch    Woordenboek    (1er  Nederlandsche   taal 

(Jostes)' 202 

Kauffmann  Deutsche  Grammatik  (Streitberg) 20(> 

Wunderlich   Unsere    Uiiigangs]>rache   in    der    Eigenart    ihrer 

Satzfügung-  (Leitzinann).    " ' 209 

Die  mittel-  uml  neugriechische  Sprachforschung  (mit  Einschluss 

der  KoiviV  in   den  Jahren   1S!)2-1.S95  (Thunibi 210 

M  i  I  t  eil  ungen: 

Personalien 232 

Bericlitiii-ungen 232 


ANZEIGER 

FÜR  INDOGERMANISCHE  SPRACH-  m  ALTERTOMSKL'NDE. 

BEIBLATT  ZU  DEN  INDOGERMANISCHEN  FORSCHUNGEN 
HERAUSGEGEBEN 

VON 

WILHELM  STREITBERC;. 

SECHSTER  BAND.  ERSTES  UND  ZWEITES  HEFT. 

Giessweiii  A.  Die  Hauptprobleme  der  Sprachwissenschaft  in 
ihren  Beziehungen  zur  Theologie,  Philosophie  und  Anthro- 
pologie. Freiburg  i.  B.  Herdersche  Verlagsbuchhaudl.  1892. 
VIII  u.  245  S.  80.     5  M. 

Des  Verfassers  Rüstzeug  reicht  für  die  Aufgabe,  die  er 
sich  gestellt  hat,  nicht  im  entferntesten  aus.  Es  besteht  aus 
dem  zuversichtlichen  Glauben  an  die  Wissenschaftlichkeit 
seiner  Autfassung,  der  Begeisterung  für  seine  magyar.  Mut- 
tersprache, mühsam  zusammengestoppelter,  grossenteils  veral- 
teter KompendienAveisheit  und  einem  leidigen  ungardeutschen 
Stile.  Er  behandelt  die  bekannte  morphologische  Einteilung 
der  Sprachen,  deren  Verhältnis  zueinander,  ihre  übliche  genea- 
logische Gruppierung,  Phonetik,  Laut-  und  Bedeutungswandel, 
die  Verwandtschaft  der  Sprachfamilien,  die  Theorien  über  den 
Ursprung  der  Sprache,  Kindersprache,  sprachbildende  Fähig- 
keit des  Menschengeistes,  Ursprache  und  Urgeschichte. 

Die  erste  Hälfte  des  Buches  (S.  6 — 139)  wird  dem  Sprach- 
forscher wegen  der  Ansichten  des  Verfassers  über  das  Aus- 
sehen der  idg.  Ursprache  eine  Quelle  reiner  Freude  sein ; 
speziell  für  Germanisten  ist  es  z.  B.  interessant,  dass  S.  35 
ein  bis  dato  total  unbekanntes  ahd.  Verbum  giulm  durch- 
konjugiert wird.  Leider  wird  Aveder  Quelle  noch  Bedeutung- 
angegeben  ^).    Schwächlichen  Personen  ist  indes  von   der  Lek- 


1)  Darf  ich  mir  eine  küline  Konjektur  erlauben,  so  iiiöcht  it-h 
abnehmen,  dass  der  Verf.  (jiuhn  für  bii/fju  verlesen  hat!  Ich  be- 
nutze diese  Geleg'enheit,  um  meine;  in  der  Beilage  zur  AlJiiemeinen 
Zeitung  1(S98  Nr.  107  ausg'es])rochene  Verurteilung  des  Buches  trotz; 
der  lobenden  Kritiken  Aon  Dahlmann  'Stimmen  aus  Maria  Laaeh 
LXV  Nr.  1),  von  der  Gab  eleu  tz  LCB.  1893  Nr.  18  und  Misteli 
Ungarische  Revue  1893  S.  513  in  vollstem  Umfang  aufrecht  zu 
halten.  Das  Buch  ist  ein  Werk  des  ausgesprochensten  Dilettantis- 
nuTs,  nichts  mehr  und  nichts  weniger. 

W  i  1  h  e  1  m  S  t  r  e  i  t  b  e  r  g. 
Anzeiger  VI  1  u.  2.  1 


2  Giessweiii  Die  Hauptprobleme  dei*  Sprachwissenschaft. 

türc  der  SS.  129 — 138  abzuraten,  da  dem  Leser  auf  diesen 
10  Seiten  nicht  weniger  als  3  vergleichende  Tabellen  der 
idg.-sem.,  idg.-ugrofinn.  und  idg.-sem.-ugrofinn.  Sprachen  ver- 
setzt werden.  Der  zweite  Teil  (S.  140 — 234)  ist  weniger  unter- 
haltend, aber  auch  der  Natur  der  Sache  nach  von  so  krassen 
Fehlern,  wie  sie  im  ersten  auf  Schritt  und  Tritt  dem  Leser 
begegnen,  freier.  Wirkliche  Förderung  der  in  Augriff'  genom- 
menen Probleme  bietet  auch  er  nicht. 

Marburg.  Klaudius  Bojunga. 


Ries  J.    Was   ist  Syntax?    Ein   kritischer  Versuch.     Marburg 
Elwertsche  Verl.  ^894.     163  S,     8».     3  M. 

Der  Verfasser  beschäftigt  sich  nicht,  wie  es  nach  dem 
Titel  wohl  scheinen  könnte,  mit  sprachphilosophischen  Er- 
örterungen ähnlicher  Art,  wie  sie  uns  Paul  in  einigen  Ka- 
piteln seiner  Prinzipien  in  so  musterhafter  Weise  vorgeführt 
hat,  sondern  er  verfolgt  vielmehr  eingehend  und  sorgfältig 
die  Frage,  Avie  ''der  Begriff'  der  Syntax  zu  verstehen,  ihr 
Stoff  zu  begrenzen,  zu  behandeln  und  zu  ordnen  sei".  Wenn 
also  die  Schrift  zum  grösseren  Teil  nur  für  die  Systematik 
von  Bedeutung  ist,  so  möchte  ich  mir  doch  nicht  versagen, 
den  Inhalt  auszugsweise  vorzuführen,  in  der  Hoffnung,  dass 
des  Verf.  erneuter  Kuf  nach  besserer  Systematik  in  der  Syntax 
nicht  ungehört  verhallt,  sondern  dass  infolge  verbesserter  Grup- 
pierung des  Stoffes  manches  bisher  vernachlässigte  Kapitel 
eifrigere  Förderung  findet.  In  seinem  ersten  Teil  bespricht  V. 
die  verschiedenen  Systeme  der  syntaktischen  Darstellung  und 
Forschung.  Er  stellt  drei  Gruppen  auf.  In  erster  Keihe 
kritisiert  er  das  System  oder  vielmehr  die  Systemlosigkeit 
der  Mi  seh  Syntax.  Hierhin  gehören  alle  die  Werke,  welche 
unabsichtlich  oder  absichtlich  in  der  Auswahl  des  Stoffes  oder 
in  der  Behandlung  desselben  kein  einheitliches  Prinzip  zeigen. 
Die  zweite  Gruppe  nennt  Verf.  nach  ihrem  konsequentesten  Ver- 
treter das  System  Miklosi eh.  M.  hat  durch  seine  zu  enge 
Definition  (Syntax  =  Lehre  von  der  Bedeutung  der  Wortklassen 
und  Wortformen)  wichtige  Kapitel  der  Syntax,  wie  die  Wortstel- 
lung, Betonung  usw.,  ganz  von  der  Behandlung  ausgeschlossen, 
seine  Nachfolger  (Erdmann)  fallen  dadurch,  dass  sie  die  aus- 
geschlossenen Kapitel  durch  Ilinterthüren,  freilich  an  unver- 
muteter Stelle,  wieder  einführen,  aus  dem  System  M.  heraus, 
in  das  der  Mischsyntax  zurück.  Bei  der  dritten  Grui)pe, 
welche  Syntax  als  reine  Satzlehre  auffasst,  stehen  die  Kai)itel, 
Avelche  die  noch  keinen  Satz  ausmachenden  syntaktischen 
Gebilde  umfa^isen,    ausserhall)   der  Disposition    (vgl.  Schmalz). 


Eies  Was  ist  Svntax? 


Der  zweite  Teil,  der  nicht  durcliaus  eiiiwandsfrei  sein 
dürfte,  zeigt,  welchen  Platz  der  Verf.  der  Syntax  innerhalb  der 
Grammatik  anweist.  Er  beginnt  mit  der  Gegenüberstellung 
von  Formenlehre  und  Syntax;  er  will  statt  dessen  Wort- 
lehre und  Syntax  sagen.  Die  "Wortlehre  solle  Flexionslehre 
und  AYortbildungslehrc  umfassen,  darum  könne  man  die  beiden 
nicht  unter  dem  Namen  Formenlehre  zusanmien fassen  (S.  67  f.); 
trotzdem  gebraucht  der  Verf.  S.  79  im  Schema  und  sonst  in  dem 
alten  Sinne  'Formenlehre'.  Auch  hätte  der  Verf.  zeigen  sollen, 
dass  sich  die  Begriffe  Formenlehre  und  Syntax  in  der  selben 
Weise  kreuzen,  wie  er  es  im  folgenden  Abschnitt  an  den 
Begriffen  Bedeutungslehre  und  Syntax  dargethan  hat. 
Der  Syntax,  der  Lehre  vom  W^ortgefüge,  hat  die  Wortlehre 
gegenüberzustehen,  der  Bedeutungslehre  dagegen  die  Formen- 
lehre.    So  ergeben  sich  zwei  sich  kreuzende  Einteilungen: 


Formenlehre 


Wortlehre 


Lehre  von  den 
Formen  der  Worte 


Svntax 


Lehre  von  den  For- 
men der  syntakti- 
schen Gebilde 


Bedeutungslehre 


Lehre  von  der  Bedeutung 

i     der  syntaktischen 


der  Worte 


Gebilde 


Das  folgende  Kapitel  grenzt  W  o  r  1 1  e  h  r  e  und  Syntax 
gegen  einander  ab.  Manchmal,  z.  B.  S.  84.  scheint  es  so,  als 
wolle  der  Verf.  alles,  was  Mikl.  Syntax  nannte,  der  Wortlehre 
zuweisen.  Ob  sein  Wunsch,  die  materielle  Bedeutung  der 
Worte  und  Kasus  in  der  Wortlehre,  dagegen  die  syntaktische 
Bedeutung  in  der  Syntax  zu  behandeln,  praktisch  durcliführ- 
bar  ist,  scheint  mir  zweifelhaft,  z.  B.  beim  Akk.  Eine  einheit- 
liche Bedeutung  ist  nicht  aufzufinden;  müsste  also  jede  ein- 
zelne Bedeutung  in  der  Wortlehre  aufgeführt  werden?  Wo  soll 
die  Grenze  gezogen  werden?  Nachdem  der  V.  im  weiteren  kurz 
über  Syntax  und  Lautlehre  gesprochen,  zeigt  er,  dass  die 
Frage  wie  Syntax  und  Stilistik  abzugrenzen  seien,  schief 
gestellt  ist.  Die  Stilistik  steht  vielmehr  der  ganzen  Grammatik 
als  eine  ästhet.  Wissenschaft  gegenüber  und  behandelt  dieselben 
Objekte  wie  diese,  nur  unter  anderen  Gesichtspunkten.  In  einem 
Schlusskapitel  bespricht  V.  eine  Disposition  der  Syntax. 
Hier  lultte  er  etwas  konkreter  und  ausführlicher  sein  können, 
ist  er  doch  sonst  nicht  zu  knapp  und  Avortkarg^). 

Coburg.  Eduard  Hermann. 

1)  In  F.  Holthauseiis  jüngst   erschienenem   aisl.  Elementar- 


4  Bastican  Die  Verbleibsorte  der  «abgeschiedenen  Seele. 

Bastian  A.  Die  Verbleibsorte  der  abgeschiedenen  Seele.  Mit 
3  Tafeln.  166  S.  8".  Berlin,  Weidmannsche  Buchhandlg. 
1893.     3  M. 

Der  gelehrte  Verf.  hat  in  vorliegender  Schrift  einen  Vor- 
trag, den  er  im  Februar  1893  im  Verein  für  Volkskunde  za 
Berlin  hielt,  zu  einem  Büchlein  erweitert.  Er  will  darin  eine 
Anzahl  der  allmählich  erkannten  Elementargedanken  der 
Menschheit  für  "ergänzende  Anknüpfungen  zum  Ausverfolg" 
vorläufig  nebeneinanderstellen.  Die  dabei  leitenden  Gesichts- 
punkte sollen  in  späteren  Monographieen  Aveiter  ausgeführt 
werden.  Hier  macht  er  uns  zunächst  bekannt  mit  einer  Reihe 
von  Vorstellungen  der  verschiedensten  Völker  und  Zeiten  vom 
Tode,  von  der  Seele,  dem  Seelenkultus,  der  Wiederkehr  der 
Toten  zu  den  Lebenden,  den  Mitteln  dieselbe  zu  verhindern 
und  von  den  Aufenthaltsörtern  der  Seele.  Die  weltweite 
Völkerkenntnis  Bastians  bringt,  wie  immer,  manche  neue 
Daten,  bald  aus  diesem,  bald  aus  jenem  Lande  der  Erde 
herbei,  stellt  aber  kaum  neue  Gesichtspunkte  auf,  auch  nicht 
in  den  allgemeinen  Betrachtungen,  die  hin  und  wieder  jene 
lange  Notizenkette  unterbrechen,  um  auf  den  Zusammenhang 
jener  uralten  Volksanschauungen  mit  der  indischen  und  helle- 
nischen Philosophie  und  der  modernen  Geisterseherei  hinzu- 
weisen. Wie  es  nun  weniger  die  Tiefe  oder  Neuheit  der 
Gedanken,  als  die  Ungeheuerlichkeit  des  Stils  ist,  die  ihr  Ver- 
ständnis sehr  erschwert,  so  wird  die  wissenschaftliche  Benut- 
zung jener  Daten  dadurch  sehr  beeinträchtigt,  dass  sie  ohne  Qel- 
lenangal)e,  unvollständig,  ungenau  oder  auch  falsch  voi'geführt 
und,  wenn  an  sich  richtig,  oft  durch  die  Einschachtelung  in 
ein  falsches  Licht  gerückt  werden.  Dazu  hat  die  mangelhafte 
Disposition  manche  Wiederholungen  und  andrerseits  manche 
Gedankensprünge  veranlasst,  und  nicht  wenige  Druckfehler 
mahnen  zu  Aveiterer  Vorsicht.  Selbst  die  drei  beigegebenen 
Tafeln  mit  ihren  interessanten  Bildern,  welche  Sterbe-  und 
Tramnscenen,  das  biblische  Paradies  und  eine  russische  Auf- 
fassung des  jüngsten  Gerichts  darstellen,  tragen  zur  Aufklä- 
rung des  vorliegenden  Textes  kaum  bei,  da  sie,  aus  frühern 
Werken  des  Verfassers  herübergenommen,  mit  diesem  seinem 
jüngsten  in  keinem  engeren  Zusammenhang  stehen.  Ein  reicher 
Stott'  liegt  vor  uns  ausgeschüttet,  der  rasch  zu  ein  paar  Gedanken- 
haufen aus  einander  geschoben  ist.  Wertvolles  und  Nichtiges, 
Brauchbares  und  Vieles,  das  man  nicht  einmal  begreift,  liegt 


buch  (Weimar  Fdbcr  1S'.I,5)  ist  zxuii  ersten  ]\Ia]  (Ut  interessante  Xvv- 
siich  gemacht  worden,  das  von  Kies  thcorctiscli  (Mitwoifnc  Srliciiia. 
in  die  Praxis  einzuführen. 

W.  Str. 


Bastian  Die  Verbleibsorte  der  abgeschiedenen  Seele.  o 

durch  einander.  Ein  paar  Beispiele:  S.  23  ist  von  Weissen 
die  Eede,  die  unter  Wilden  anlangend  als  Wiedererstandene 
(Eing-eborene)  begrüsst  werden.  Darauf:  ''Der  in  den  Busch 
entlaufene  Convict  wurde  an  einer  Narbe  als  wiedergeborener 
Verwandter  erkannt  im  Aveiss  Geschruppten  (der  "lilack 
felloAvs")."  Wer  ist  Convict,  welche  black  felloAvs  sind  ge- 
meint? S.  24  finden  wir  den  doppelt  und  dreifach  falsch 
konstruierten  Satz:  "Der  durch  Xolotl  aus  der  Unterwelt 
heraufgebrachte  Knochen  wurde  zum  Menschen  belebt  (in 
iMexico),  und  das  Kuöchelchen  Lus  (zur  rabinischen  Wieder- 
geburt), in  des  Bockes  Knochen  (für  Thors  Schmaus),  wenn 
unverletzt  (in  Sibirien)"!  Und  fünf  Zeilen  weiter:  "Erwache 
('Vigila'  bei  Vandalen)  zum  anbrechenden  Licht  (s.  Sahagun), 
wurde  (in  Mexico)  den  Seelen  zugerufen,  als  Teotl  (Göttlich)'. 
Wer  ist  Sahagun?  Mit  dem  vandalischen  'Vigila'  ist  offenbar 
das  wahrscheinlich  slavische!  'vigila  Hennil'  (die  Morgenröte?) 
gemeint,  von  dem  zuerst  Ditmar  von  Merseburg  aus  seiner 
Gegend  berichtet  hat  vgl.  J.  Grimm  Deutsche  Mythol.'^  II  625, 
III  22?).  Der  Verf.  wird  bei  seiner  eingehenden  Bekannt- 
schaft mit  der  Ethnologie  die  seltsamen  Ideen  dieses  Ge- 
biets durchweg  richtig  gedeutet  haben,  doch  nicht  immer. 
Schwerlich  z.  B.  ist  für  die  Einheriar  Walhall  deshall)  so 
prachtvoll  ausgestattet,  "damit  sie  durch  solche  Genüsse  hoffent- 
lich allzu  sehr  verwöhnt  sein  Averden,  um  sich  nach  den  Arm- 
seligkeiten des  Erdenlebens  zurückzusehnen,  so  dass  dieses 
ungestört    bleibt    (mit    den    dort    Zurückgebliebenen)". 

Der  Nutzen  des  Buches  besteht  für  den  Laien  darin,  dass 
er  einen  Gesamteindruck  vom  Alter  und  von  der  weiten  Ver- 
breitung gleichartiger  Todes-  und  Seelenvorstellungen  bei  den 
verschiedensten  Völkern  bekommt.  Neben  ihm  mag  der  Fach- 
mann eine  oder  die  andre  Notiz  nach  vorsichtiger  Prüfung  für 
seine  Forschung  sich  aneignen. 

Freiburg.  Elard  Hugo  Meyer. 


Dietericli  A.    Nekyia.     Beiträge   zur  Erklärung   der   neuent- 
deckten   Petrusapokalypse.     Leipzig  Teubner  1893.     VI  u. 
■  238  S.    8«.     6  M. 

Der  Verf.  unternimmt  es,  die  Höllenschildcrung  der  neu- 
gefuiulenen  Petrusapokalypse  als  eine  im  Wesentlichen  grie- 
chischen Quellen  entnommene  nachzuweisen.  Es  sind  nach 
D.  hauptsächlich  orphiseh-pythagoreische  Bilder  vom  Jenseits, 
die  aus  der  apokryphen  Schrift  des  Apostels  auf  uns  blicken. 
Es  ergibt  sich  ihm  diese  Thatsache  nicht  aus  einer  allgemei- 
nen  Übereinstimmung^    sondern    aus    der    völligen   Gleichheit 


6  Dieterich  Nekyia. 

der  Einzelheiten  in  der  Ausmalung-.  Wer  das  zeigen  wollte, 
hatte  die  Pflicht,  die  Jenseitsschilderungen  der  Orphiker  aus 
den  zwar  zahlreichen,  aber  in  alle  Zeiten  und  Kreise  der 
Antike  auseinandergesprengten  Bruchstücken  zusammenzulesen 
und  zu  ordnen.  Die  ja  bekannte  Gelehrsamkeit  des  Verf.s 
hat  die  schwierige  Aufgabe  in  kurzer  Frist  in  der  Haupt- 
sache zu  Wege  gebracht;  sein  Wissen  auf  entlegenen  Gebie- 
ten ist  erstaunlich !  Ergänzungen  und  Verbesserungen  sind 
billig.  Ich  will  seine  Gedanken  nicht  einzeln  vorführen.  Das 
Buch  will  gelesen  sein. 

Unter  den  Einwänden,  die  von  Seiten  der  wissenschaft- 
lich arbeitenden  Theologie  den  Ergebnissen  des  Buches  ge- 
macht sind,  ist  mir  einer  vorgekommen,  auf  welchen  Diete- 
rich keine  Antwort  hat.  Wir  wissen  aus  den  altchristlichen 
Quellen  und  verstehen,  dass  den  Christen  die  dionysisch-or- 
phische  Eeligion  mit  ihrer  Ekstase  und  ihrer  AVildheit  ver- 
hasst  war.  Und  doch  sollen  die  Christen  auf  dionysisch-or- 
phischer  Grundlage  weitergebaut  haben?  Man  sieht  die  Un- 
wahrscheinlichkeit  der  These,  die  Dieterich  verficht.  Irgendwo 
muss  ein  Fehler  stecken,  nicht  in  D.s  Beweisführung,  wohl 
aber  in  seinen  Voraussetzungen.  Das  heisst  so  viel  als:  'dio- 
nysisch' und  'orphisch'  sind  nicht  identisch,  sondern  ursprüng- 
lich ganz  verschieden  gewesen,  die  dionysische  Religion  ist 
mit  der  'orphischen'  Religion  auf  sekundärem  Wege  erst  ver- 
schmolzen worden,  hier  und  da,  nicht  überall;  die  i*ein  or- 
phische  Religion  (d.  i.  die  reine  Jenseitsreligion),  nicht  die 
erst  später  zusammengeAvachsene  dionysisch-orphische,  Avar 
es,  welche  mit  dem  Christentum,  wie  mit  manchen  andern 
Kulten,  eine  Verbindung  einging.  Diesen  und  andere  Nach- 
weise findet  man  in  meinem  eben  erschienenen  Buche  'Or- 
pheus. Untersuchungen  zur  griechischen,  römischen,  altchrist- 
lichen Jenseitsdiclitung  und  Religion';  München    1895. 

Greifswald  (Marburg  i/H.).  Ernst  Maass. 


Leist  B.  W.    Alt-arisches  lus  Civile.     Erste  Abteilung.     Jena 
Gustav  Fischer  1892.     XII  und  531  S.    8«.     12  y\. 

"Durch  die  Sprache  Avird  der  Beweis  geliefert,  welche 
einzelnen  Völker  zu  den  indogermanischen  oder  arischen  ge- 
hören. Damit  ist  die  Möglichkeit  gemeinsam-arischer,  auf 
historischer  Ursprungs-Verwandtschaft  beruhender  'stamra- 
rechtlicher'  oder  'stammverwandter'  (d.  li.  auf  alter  Stamm- 
basis gleichartig  fortcntwickelter )  Institutionen  gegeben ". 
Diese  Worte,  welche  auf  der  ersten  Seite  des  Buches  stehen, 


Leist  Alt-arisches  Ins  Civile.  7 

enthalten  den  Grundg'edanken,  von  dem  der  Herr  Verfasser 
in  diesem  Werke  ebenso  Avie  in  den  beiden  vorliergehenden 
über  'Graeco-italische  Rechtsgescliichte'^)  und  'Alt-arisclies 
Ins  Gentium'^)  ausg-etit.  Der  Hr.  Verf.  beabsichtigt  keines- 
wegs, von  vorn  herein  mit  einer  abstrakten  Lein'e  darüber 
aufzutreten,  wie  überhaupt  bei  allen  Völkern  'das'  Recht 
entstehe;  er  Avill  die  Grundelemente  der  bei  arischen  gentes 
entwickelten  Rechtsordnung  darlegen.  Dabei  steht  die  Sprache 
notwendig  schon  deshalb  im  ^Mittel punkte  der  Argumentation, 
weil  die  gemeinsame  Herkunft  dieser  gentes  eben  durch  sie 
erwiesen  ist.  Die  Vergleichung  der  Rechtsordnungen  solcher 
Völkerstämme,  die  mit  den  arischen  nicht  sprachverwandt 
sind,  die  Prüfung  der  verschiedenen  'Rechtsschemata'  auf 
ihre  'rationelle'  Verwandtschaft^)  ohne  Rücksicht  auf  ihren 
historischen  Zusammenhang,  also  die  Probleme  der  sog.  'ver- 
gleichenden' Rechtswissenschaft  im  e.  S.  liegen  ausserhalb 
des  Planes  dieser  Bücher;  was  sie  bringen  Avollen,  sind  ge- 
schichtliche Untersuchungen  über  die  EntAvickelung  ari- 
scher Rechtsinstitutionen.  Nur  beschränkt  sich  die  Un- 
tersuchung nicht  darauf,  was  die  direkte  Überlieferung  von 
den  Institutionen  eines  oder  mehrerer  arischer  Völker  be- 
richtet oder  Avas  sich  auf  Grund  der  Einzelüberlieferung,  und 
diese  ergänzend,  vermuten  lässt;  um  eine  ältere  Schiclit  ari- 
scher Rechtsordnung,  welche  der  Überlieferung  vorangegan- 
gen ist,  zu  ergründen,  bedient  sich  der  Hr.  Verf.  des  Mittels 
der  Vergleichung,  so  wie  die  'vergleichende'  Grammatik  den 
Zustand  der  arischen  Sprache  vor  dem  Beginn  der  Über- 
lieferung aufzudecken  trachtet. 

Geht  nun  die  gescliichtliche  Erforschung  uralter  arischer 
Institutionen  von  den  Resultaten  der  Sprachwissenschaft  aus, 
so  bleibt  sie  in  ihrem  Verlaufe  doch  nicht  von  ihnen  abhän- 
gig. Es  giebt  Institutionen,  die  bei  den  einzelnen  arischen 
gentes  mit  ganz  verschiedenen  Namen  bezeichnet  werden  und 
bei  denen  dennoch  die  sachliche  Untersuchung  das  Resultat 
sicherer  geschichtlicher  Kohärenz  konstatiert.  Es  giebt  um- 
gekehrt bei  den  arischen  gentes  Einrichtungen,  welche  den 
gleichen  Namen  tragen,  die  aber  nicht  als  ein  und  dieselbe 
Institution  bezeichnet  werden  dürfen  (S.  13).  So  muss  die 
sacldich-juristische  Untersuchung  in  BetreflF  der  geschichtlichen 
Zusammenhänge,  welche  zwischen  den  Institutionen  der  ver- 
schiedenen arischen  gentes  bestehen  sollen,  gegenüber  der 
sprachlichen  ihre  selbständige  Stellung  immer  festhalten.    Wird 


1)  Jena  1884.     XVIII  und  7G9  S.  8«.     (GIRO.). 

2)  Jena  1889.     XIV  und  G24  S.  8<\     (IG.). 

3)  S.  bes.  IG.  12. 


8  Leist  Alt-nrisclies  lus  Civile. 

diese  aber  gewahrt,  so  ist  neben  der  sachlichen  Beweisfüh- 
rung- die  ausgiebige  Verwendung  der  Ergebnisse  der  Sprach- 
wissenschaft nicht  allein  unbedenklich,  sondern  unumgänglich; 
grade  in  der  Wechselwirkung  der  beiden  Faktoren  auf  ein- 
ander ist  die  unentbehrliche  Voraussetzung  gegeben,  um  zu 
sicheren  Resultaten  zu  gelangen.  Der  Hr.  Verf.  glaubt  dem 
Betriebe  der  Sprachwissenschaft  nicht  nahe  genug  zu  stehen, 
um  für  die  von  ihm  herbeigezogenen  Resultate  derselben 
eigene  Verantwortung  übernehmen  zu  dürfen.  Er  verwende 
nur  das  von  zuverlässigen  Gewährsmännern  Gesagte;  und 
w^enn  die  Ansichten  in  der  Sprachwissenschaft  auch  selbst- 
verständlich wechseln,  so  stehe  Manches  und  Vieles  doch  als 
unumstösslich  da.  So  ist  z.  B.  die  Gemeinsamkeit  des  Dijäus 
inta  Janifa,  Zeuc  7TaTr)p  yeveTrip,  lovis  pater  gejiitor  nicht  zu 
erschüttern.  Dagegen  sieht  der  Hr.  Verf.  von  der  Benutzung 
dessen  ab,  was  über  die  Geschichte  der  Trennung  und  der 
alten  materiellen  Kultur  der  arischen  gentes  gedacht  oder 
geschrieben  ist.  Nicht  dass  er  deren  Wert  für  die  Unter- 
suchung des  Rechtes,  der  Sitte  und  des  Kultus  jener  Zeiten 
gering  schätzte  oder  daran  zweifelte,  dass  die  Wechselbezie- 
hung zwischen  dem  im  juristischen  und  dem  im  kulturge- 
schichtlichen Gebiet  sicher  Festgestellten  noch  einmal  frucht- 
bringend sein  werde;  die  Unsicherheit,  welche  in  der  Be- 
handlung der  alt-arischen  Kulturgeschichte  vorherrscht,  lässt 
es  ihm  aber  für  seine  Aufgalje  der  Institutionen-Erforschung 
als  einen  Gewinn  erscheinen,  dass  sie  sich  von  den  kultur- 
geschichtlichen Fragen  einstweilen  lösen  lasse. 

Der  Hr.  Verf.  sucht  vor  Allem  festzustellen,  welche  ein- 
zelnen Institutionen  gleichmässig  bei  den  Griechen  Italikern 
und  Indiern,  in  einigen  Fällen  auch  noch  Aveiter  bei  anderen 
arischen  Stämmen  nachgewiesen  und  als  'historisch  kohärent' 
erwiesen  werden  können.  Unter  'Institutionen'  versteht  er 
die  mit  gewisser  fester  Wirkung  vom  Volke  fort  und  fort 
durch  die  Generationen  getragenen  Akte  oder  Beziehungen; 
diese  Institutionen  können  religiös,  oder  Sitte,  oder  rechtlicher 
Natur,  oder  endlich  alles  drei  zugleich  sein  (S.  7).  AVcnn 
eine  Institution  gewisse  Sätze  enthält,  die  schon  bei  den  Vor- 
vätern der  Indier,  Griechen  und  Italiker  als  festgestaltete 
anzunehmen  sind,  so  nennt  der  Hr.  Verf.  das  'Stammrecht'. 
Anderes  ergiel)t  sich  zwar  als  aus  gewissen  ursprünglichen 
Keimen  nationaler  Gleichartigkeit  entstanden,  aber  docii  erst 
in  der  Zeit,  wo  Griechen  und  Italiker  getrennte  Wohnsitze 
hatten,  in  eigenartiger  Weise  hier  und  dort  fortentwickelt; 
das  heisst  er  'stammverwandtes  Recht'.  Beides  ist  oft  wegen 
der  Mangelhaftigkeit  der  Quellen  nicht  genau  zu  scheiden, 
auch  hat  l»eides   für  die  Verfolgung   der  geschichtlichen  Ent- 


Leist  Alt-arisches  lus  Civile.  9 

Wickelung,  Avie  der  Hr.  Verf.  sie  in  diesen  Büchern  unter- 
nimmt, den  gleichen  Wert;  ja  die  stammverwandten  Gebilde 
haben  dafür  oft  ein  noch  erhöhtes  Interesse,  da  sie  zeigen, 
wie  entfernt,  bei  aller  fundamentalen  Gleichartigkeit  der  grie- 
chischen und  latinischen  Rechtsordnung,  manche  Institutionen 
sich  schon  wieder  gestellt  haben.  Denn  Avie  die  'verglei- 
chende' arische  Sprachgeschichte,  indem  sie  Sprachformen  als 
*  historisch  kohärent'  erweist  und  die  'Urformen'  rekonstru- 
iert, nicht  sosehr  die  Kenntnis  der  'Ursprache'  als  vielmehr 
das  geschichtliche  Verständnis  der  alt-überlieferten  Sprachen 
im  Auge  hat;  wie  Viktor  Hehn,  wenn  er  sich  ein  Bild  von 
der  materiellen  Kultur  der  "Ur-arier'  zu  machen  sucht,  damit 
insonderheit  den  Zweck  verbindet  festzustellen,  was  die  histo- 
rischen arischen  Stämme  in  ihre  geschichtlichen  Sitze  mitge- 
In-acht,  und  Avas  sie  später  entlehnt  haben:  so  stehen  auch 
die  Leistischen  Untersuchungen  über  alt-arisches  Recht  im 
Dienste  der  Aufgabe,  die  Grundelemente  des  historisch  gege- 
benen Rechtes  arischer  Völker  und  vorzüglich  die  des  römi- 
schen Rechtes  aufzudecken. 

Das  Recht  der  urbs  Roma,  AA^elches  für  das  ganze  römische 
Reich  subsidiäre  Geltung  gcAA^ann  und  auf  die  RechtsentAA'icke- 
lung  der  modernen  arischen  Völker  einen  gewaltigen  Einfluss 
ausgeübt  hat,  trat  in  die  geschichtliche  Zeit  als  striktnatio- 
nales ius  ciAile  ein.  Das  Recht  der  römischen  civitas  und 
der  älteren  latinischen  civitates  kann  aber  ebensowenig,  als  das 
der  griechischen  TtöXeic  in  der  griechischen,  in  der  italischen 
Halbinsel  ganz  neu  entstanden  sein;  Avie  von  ihrer  Sprache, 
so  müssen  die  Italiker  und  Griechen  auch  von  ihrer  sozialen 
Ordnung  gcAA'isse  Grundelemente  mit  sich  gebracht  haben. 
Schon  das  Altertum  unterscheidet  deutlich  zweierlei  Rechts- 
quellcn.  Einerseits  das  Recht,  nach  Avelchem  die  schon  zu 
TTÖXeic-  oder  ciAitates-Verfassungen  gelangten  populi  leben; 
solches  Gesetzes-  und  GcAvolmheitsrecht,  Avelches  die  richter- 
liche Zwangskraft  der  ttöXic  oder  civitas  hinter  sich  liat,  ist 
partikulares  ius  ci\ile.  Andrerseits  dasjenige  Recht,  AA-^elches 
A^or  den  iröXeic-  oder  civitates-Verfassungen  bestand,  und  aus 
dem  grade  auch  diese  hervorgegangen  sind;  das  ist  alt-ari- 
sches ius  gentium,  das  alte  ius  non  scriptum,  das  die  Römer 
fas,  die  Griechen  öemc  nennen.  Dieses  Themis-  und  Fas- 
Recht,  welches  durch  die  kombinierte  Einzeluntersuchung  her- 
vorragender Institutionen  als  untereinander  und  mit  dem  in- 
dischen Dharma-Rechte  historisch  kohärent  erwiesen  Avird, 
galt  als  ius  divinum,  das  durch  priesterliche  Exegeten  den 
Älenschen  vermittelt  AA-ird;  es  AA-ar,  aaüc  auch  immer  in  den 
einzelnen  Volksstämmen  \'erschieden  fortgel)ildet,  gemeinsa- 
mes Besitztum  A'on  gentes,  AA-elche  als  Wurzel  des  Rechts  den. 


10  Leist  Alt-arisches  lus  Civile. 

schützenden  und  strafenden  göttlichen  Vater  Zeus  anbeteten» 
Das  alte  ius  gentium  stand  zu  hoch,  als  dass  es  von  den 
Auktoritäten  des  kleinen  Partikularstaates  hätte  abgeschafft 
\verden  können.  Doch  bestand  es  aus  wenigen  allgemeinen 
und  vieldeutigen  Sätzen ;  und  man  hatte  das  Bedürfnis,  für 
eine  immer  wachsende  Zahl  von  Einzelpunkten  klare  Straf- 
bestimmungen behufs  xVufrechterhaltung  der  Ordnung  im  Ge- 
raeinwesen zu  schaffen.  So  hat  sich  in  den  griechischen  ttö- 
Xeic  und  den  italischen  civitates  auf  eigentümliche  und  we- 
sentlich gleichartige  Weise  eine  kleinstaatliche  weltliche  Rechts- 
satzungsmacht herausgebildet;  und  dieses  eigentümliche  Vor- 
scli reiten  der  iröXeic  und  civitates  zur  scharfen  Ausprägung 
der  Macht,  weltliche  partikularrechtliche  Normen  zu  schaffen, 
ist  für  das  Gelangen  der  Menschheit  zu  höherer  Rechtsaus- 
bildung von  entscheidender  Bedeutung  geworden:  es  ist  da- 
mit der  klare  Begriff  des  ius  civile  in  die  Welt  gekommen.  — 
Nachdem  der  Hr.  Verf.  in  seinem  Buch  über  'Graeco- 
italische  Rechtsgeschichte'  besonders  das  griechische  Tliemis- 
Recht  und  im  'Alt-arischen  Ius  Gentium'  das  indische  Dharma- 
Recht  einer  eingehenden  geschichtlich-vergleichenden  Analyse 
unterzogen  hat,  unternimmt  er  es  in  dem  Werke  über  'Alt- 
arisches  Ius  Civile',  dessen  Erste  Abteilung  vor  uns  liegt,  mit 
Hülfe  des  reichlicher  überlieferten  Dharma-  und  Themisrech- 
tes  das  alte  römische  Fas,  von  dem  uns  nicht  mehr  als  ein 
Trümmerhaufe  von  Einzelheiten  erhalten  ist,  zu  rekonstru- 
ieren und  nachzuweisen,  wie  sich  an  das  alte  Fas  die  Ent- 
wickelung  des  ius  civile  der  urbs  Roma  anschliesst;  als  Pa- 
rallele dazu  dient  die  Erklärung  des  gortynischen  ius  civile 
aus  dem  allgemeingriechischen  Themis-Rechte.  An  diesen 
beiden  Typen  will  der  Hr.  Verf.  zeigen,  Avie  alt-arisches  ius 
civile  aus  älterem  ius  gentium  lua'vorgegangen  ist.  Er  ist 
sich  der  naheliegenden  Forderung  wohl  bcAvusst,  dass  das 
ius  civile  aller  oder  doch  möglichst  vieler  TtöXeic  und  civi- 
tates mit  dem  Themis-  und  Fas-Rechte  zusammengestellt  Aver- 
den  sollte;  doch  ist  der  Zustand  der  Quellen  dem  entgegen. 
So  beschränkt  sich  der  Hr.  Verf.  einstweilen  darauf,  das  Ver- 
ständnis einzelner  Hauptpartien,  die  als  Anhaltspunkte  für 
weitere  Forschung  dienen  können,  zu  crschliessen.  Es  geht 
eben  nicht  gleich  Alles  auf  einmal.  Der  Titel  des  Buches 
lautet  nicht  'Das  alt-arische  Ius  Civile',  sondern  nur  'Alt- 
arisches Ius  Civile';  (,'l)enso  ist  das  diesem  vorhergehende 
Werk  'Alt-arisches  Jus  Gentium' betitelt.  Wer  das  alt-arische 
ius  gentium  beschreiben  Avollte,  müsste  alle  Institutionen 
aller  arischen  Völker  auf  ihre  historische  Kohärenz  durch- 
sucht haben;  das  Avürde  aber  für  jetzt  auf  nicht  viel  mehr 
als   eine;    oberlläcliliche   Zusammenstellung    des   Augenfälligen 


Leist  Alt-arisches  Ins  Civile.  11 

aus  allen  arischen  gentes  herauskommen.  Dem  zieht  es  der 
Hr.  Verf.  vor,  zunächst  in  einem  engeren  Gebiete  den  Din- 
gen mehr  auf  den  Grund  zu  gehen;  das  ist  da  möglich,  "\vo 
wir  in  den  sakralen  Zusammenhängen  ein  vortretfliches  Ma- 
terial besitzen,  um  daraus  für  die  historische  Kohärenz  der 
Institutionen  Beweismomentc  zu  entnehmen.  Dabei  versagt 
er  sichs  keineswegs,  wo  es  ihm  zweckmässig  erscheint,  über 
den  engeren  Kreis  hinauszugreifen  und  Einrichtungen  ande- 
rer arischer  Stämme,  iranische,  germanische,  keltische,  arme- 
nische zu  erwägen ;  in  der  Hauptsache  sind  aber  diese  Bücher 
den  Institutionen  der  drei  Stämme  gewidmet,  von  denen  uns 
die  vorchristliche  Überlieferung  in  reicher  Fülle  erhalten  ist,. 
der  Indier  Griechen  Italiker^). 

Die  Zeit  ist  dahin,  da  der  Sprachforscher  unbefangen  die 
ur-arische  Kultur  erschloss;  man  hatte  sich  zu  vielversprechend 
und  ist  skeptisch  geworden.  Am  Schlimmsten  ist  dabei  die 
geistige  Kultur  der  Arier  gefahren,  Religion  Sitte  Recht.  Dass 
das  'Ürvolk'  Viehzucht,  auch  Ackerbau  und  manche  Fertig- 
keit getrieben  habe,  nimmt  man  wohl  hin ;  und  mancher 
weiss  gar  zu  berichten,  wo  einst  der  'Ursitz'  lag.  Von  ur- 
arischem Kult,  der  ^Mythologie  zu  geschweigen,  wollen  aber 
nicht  viele  etwas  hören.  Das  sind  unsichere  Dinge,  und 
besser  ists  ein  jeder  bleibt  auf  seinem  Gebiet,  ohne  sich  um 
die  verwandten  Stämme  gross  zu  kümmern :  wo  man  da  nicht 
mehr  weiter  kann,  hilft  wohl  die  neue  Wissenschaft  der  Eth- 
nologie aus,  zumal  sie  in  dem,  Avas  über  die  'Naturvölker' 
erkundet  wird,  die  schönsten  Analogien  für  das  Leben  eines 
'Urvolkes'  darbietet.  Die  Beobachtung  geschichtsloser  Völ- 
kerstämme mit  geringer  Kultur  hat  dazu  beigetragen,  das- 
Urteil  über  unsere  eigene  Vorzeit,  besonders  deren  materielle 
Kultur,  klarer  und  sicherer  zu  machen ;  die  Dinge  des  äusse- 
ren Lebens,  Nahrung  Kleidung  Kunstfertigkeit  sind  verhält- 
nismässig leicht  festzustellen,  Beobachtungsfehler  auf  diesem 
Gebiet  bei  sonst  zuverlässigen  Beobachtern  nicht  überhäufig.. 
Ganz  anders  steht  es,  auch  in  einfachen  Verhältnissen,  mit 
Religion  und  Mythologie,  Sitte  und  Recht.  Auch  die  sicherste 
Beobachtung  kommt  über  die  Feststellung  des  Äusserlichen 
schwer  hinaus,  und  die  Neigung  und  Fähigkeit,  dem  Frem- 
den die    eigene  Vorstellungswelt  und  das    innerlichere  Le])en 


1)  So  g-ebrauc'ht  der  Hr.  V.  ziiweilen  auch  das  Wort  'Urvolk' 
der  Kürze  halber  für  die  Vorlaliren  dieser  Völker  und  der  sonst 
grade  behandelten  Stämme,  oline  dass  er  damit  das  von  ihnen  Aus- 
gesagte gleich  dem  alten  Urvolk  der  ungetrennten  Arier  zuschrei- 
ben wollte. 


12  Leist  Alt-arisches  Ins  Civile. 

zu  erschlicsscn,  pflegt  bei  wenig  kultivierten  Stämmen  gering 
zu  sein;  ausserdem  ist  die  naturgemässe  Schwierigkeit  der 
Verständigung  über  solclie  Dinge,  und  am  Beobacliter  die 
Seltenheit  der  Befähigung  zu  berücksichtigen,  sich  vom  ge- 
wohnten Vorstellungskreise  frei  zu  machen  und  in  die  fremde 
Welt  hineinzuempfinden.  Auch  ist  der  grade  gegebene  Zu- 
stand eines  geschichtslosen  Volkes  nur  ein  zufälliger  Quer- 
schnitt, den  wir  mit  anderen  vergleichen  und  in  seiner  Be- 
sonderheit aufzufassen  suchen  aber  nicht  eigentlich  verstehen 
können;  denn  Verstehen  ohne  geschichtliches  Begreifen 
ist  in  diesen  Dingen  nicht  möglich.  Und  dass  solch  ein  ge- 
schichtsloser  Stamm  mit  seiner  geringen  Kultur  jünger  als 
das  höchstkultivierte  Volk  wäre,  würde  sich  schAver  wahr- 
scheinlich machen  lassen,  —  er  mag  in  der  Entwickelung 
zurückgeblieben  oder  zurückgegangen  sein;  hätte  es  aber 
nicht  seine  Bedenken,  die  Vorstellungen  eines  geistig  zurück- 
gebliebenen Mannes  zur  Erschliessung  der  Ideen  zu  verwen- 
den, Av eiche  die  Kindheit  eines  hoch  entwickelten  Mannes 
b-eherrscht  haben  mögen  V  da  Avendet  sich  Vieles  doch  recht 
anders.  Die  Beobachtung  anderer,  auch  der  geschichtslosen 
Volksstämme  kann  unsere  Anschauung  bereichern  und  uns 
neue  Möglichkeiten  der  EntAvickelung  zeigen.  Zunächst  gilts 
aber,  meine  ich,  vor  Allem,  den  Ideenkreis  und  deren  Ver- 
körperung, die  Einrichtungen  des  bestimmten  arischen  Volks- 
stammes so  weit  als  möglich  zurück  zu  verfolgen  und  in 
ihrer  Eigentümlichkeit  aufzufassen,  indem  Avir  uns  daA'or  hü- 
ten Fremdartiges  hineinzutragen;  dann  AA'ird  es  sich  deut- 
licher erkennen  lassen,  AA'^as  daA^on  den  Menschen  gemein, 
AA'as  individuell  arisch  ist,  und  AA^elehe  besondere  Nuance  das 
Gemeinmenschliche  auf  arischem  Boden  angenommen  hat. 

Die  arischen  Völker  sind  einmal  ein  Volk  gcAA^esen. 
Sie  haben  lichte  Götter  gehabt,  die  dii,  und  den  hellen  Him- 
melsgott Zeus,  den  sie  Vater  nannten.  Den  Zeuc  Tratiip  linden 
wir  Avenigstens  bei  denjenigen  arisclien  Stämmen,  von  deren 
Kultus  Avir  frühe  und  reichlichere  Kunde  haben;  auch  im 
Zoroastrischen  pitar  Ahura  Mazda  Avird  sich  der  alte  Dyäus 
pitar  asura  spiegeln.  Die  Behandlung  von  Kultus  und  Göt- 
terlehre alt-  und  ur-arischer  Zeiten  steht  in  den  Anfängen; 
die  Untersuchung  ist  Avesentlich  der  Mythologie  zu  Gute  ge- 
kommen, \'on  der  darüber  hereinbrechenden  skeptischen  Stim- 
mung haben  daim  Kultforschung  und  Götterlehre  ihr  ül)er- 
reichlich  Teil  gehabt.  Beides  ist  in  der  AVissenschaft  mehr 
nebenlier  betrieben  Avorden.  Auch  die  'sprachlichen  Glei- 
chungen' sind  nicht  erschöpft;  ich  glaube  z.  B.  dass  der  ai. 
Pdtihan  und  der  griech.  TTotv  nicht  nur  den  Lauten  nach  zu- 
sammengehören   (vgl.    sü)'!i<i  :  iiXioc),    sondern    sich    auch    in 


Leist  Alt-arisches  lus  Civile.  13 

ihrem  Wesen  als  'histoiisch  kohärent'  werden  erweisen  lassen. 
Doch  ist  immerhin  eine  Reihe  bedeutender  Indizien  gesam- 
melt, welche  auf  Form  und  Inhalt  der  Götterverehrung  und 
die  Art  der  Ehe  und  Familiengemeinschaft  bei  den  alten 
Ariern  hinweisen^);  und  während,  wie  zuerst  in  grossem  Zu- 
sammenhange Viktor  Hehn  gezeigt  hat,  in  der  materiellen 
Kultur  arisches  Gemeingut  in  weitem  Umfang  auf  Entlehnung 
zurückgeht,  wird  das,  was  in  Sitte  und  Kult  den  Indiern  mit 
Griechenland  oder  Rom  gemeinsam  ist,  dessen  nicht  oft  ver- 
dächtig sein.  Der  Zufall  aber  ist  als  mögliche  Fehlerquelle 
stets  im  Auge  zu  behalten;  doch  werden  wir  uns  insonder- 
heit hier,  wo  es  sich  um  stammverwandte  Völker  handelt, 
davor  hüten  ihn  zur  Aushülfe  heranzuziehen,  bevor  die  Über- 
einstimmung sorgfältig  auf  ihre  'historische  Kohärenz'  geprüft 
ist.  Nun  stellt  der  Hr.  Verf.  nicht  sowohl  einzelne  Bräuche 
der  verwandten  Stämme  zusammen,  sondern  es  sind  vor 
Allem  die  fundamentalen  Einrichtungen  des  Gemein- 
lebeus,  die  er  seiner  genauen  geschichtlich -vergleichenden 
Prüfung  unterzieht.  Im  Mittelpunkte  des  kultrechtlich  ge- 
ordneten arischen  Gemeinlebens  steht  die  Ehe,  welche  unter 
Gleichen  zur  Erzeugung  legitimer  Kinder  und  insonderheit 
legitimer  Söhne  nach  festem  Brauch  geschlossen  Avird.  Die 
Ehe  ist  nicht  auf  'Patriarchats-'  oder  'Matriarchats-'  sondern 
'Parental-Recht'  gegründet.  Zwar  steht  dem  'Eheherrn'  (pdti) 
nicht  allein  die  potestas  nach  Aussen  zu,  auch  im  Innern  des 
Hauses  herrscht  er  mit  absoluter  Gewalt;  doch  wird  voraus- 
gesetzt dass  die  'Eheherrin',  die  Mitpriesterin  in  den  Haus- 
sacra  (pdfnl),  auf  seine  Entschliessung  beratend  eingewirkt 
haben  werde  (s.  z.  B.  S.  74  ff.),  Zentrum  des  Hauses  und 
der  Haussacra  ist  der  Herd  ('Hestia-Institution'),  Haus  und 
Herd  stehen  unter  göttlichem  Schutze,  der  den  Griechen  und 
Römern  vor  Allem  vom  Vater  Zeus  ausgingt).  Die  Gesamt- 
heit der  südarischen  gentes  steht  nach  ihrer  Anschauung 
unter  neun  Geboten,  die  der  Gottheit  entstammen  und  von 
weisen  Männern  'gesehen'  wurden.  Selbständiges  Glied  der 
Rechtsorganisation  des  Gemeinwesens  ist  der  Haushalter;  er 
ist  Richter  im  eigenen  Hause  und  bei  ihm  steht,  mit  be- 
stimmter kultrechtlicher  Einschränkung,  die  Selbsthülfe  nach 
aussen.  —  Ich  habe  damit  einige  grundlegende  Sätze  aus 
der  Aveit    und  tief    greifenden  Untersuchung    kurz    wiedcrzu- 


1)  Vgl.  z.  B.  die  GGA.  1890  S.  908  ff. 

2)  Es  ist  bemerkenswert  dass  auch  in  den  altzoroastrischen 
Gäthäs,  denen  die  arischen  mid  indoiranischen  Götter  sonst  fremd 
sind,  neben  Ahura  Mazda  das  heilige  Feuer  ätar  steht  (vgl.  skr. 
dtharvan,  Atharva-Veda,  und  lat.  atrium). 


14  Leist  Alt-arisches  Ins  Civilc. 

^cbeii  versuclit.  Der  Beweis  von  der  geschichtlichen  Ver- 
wandtschaft der  arischen  Sprachen  ist  nicht  durch  einzelne 
frappante  Etymologien,  sondern  durch  die  Übereinstimmung 
in  der  Flexion  erbracht  worden.  So  könnte  auch  die  frap- 
pante Ähnlichkeit  vereinzelter  Bräuche,  wie  etwa  des  Um- 
liarnens  des  Sklaven  (vgi.  IG.  577),  auf  Zufall  beruhen;  die 
Übereinstimmung  in  den  grossen  Linien  der  Ordnung  des 
Gemeinlebens  weist  deutlich  auf  den  gemeinsamen  Ursprung 
dieser  Ordnung  hin,  zumal  bei  Stämmen,  deren  gemeinsame 
Herkunft  durch  ihre  Sprache  verbürgt  ist.  Der  Hr.  Verf. 
beschränkt  die  Geltung  seiner  Ergebnisse  ausdrücklich  auf 
die  Vorfahren  der  von  ihm  behandelten  Völker;  wenn  er  den 
Bau  nicht  gleich  fertig  zu  stellen  unternimmt,  so  hat  er  mit 
mutiger  Umsicht  doch  den  festen  Grund  gelegt.  Mit  dem 
schärferen  Hervortreten  der  aus  späterer  Zeit  überlieferten 
Sprachen  haben  sich  die  Züge  der  arischen  Sprachgeschichte 
mannigfach  verändert ;  in  den  grossen  Linien  werden  sie  doch 
vom  Griechischen  und  Sanskrit  mit  ihrer  mächtigen  alten 
Überlieferung  bestimmt.  So  wird  sich  mit  der  kräftigeren 
Einwirkung  besonders  der  nordeuropäischen  Tradition  auch 
die  Auffassung  des  alt-arischen  Kultrechtes  mutmasslich  ver- 
schieben ;  in  der  Hauptsache  Averden  dafür,  wie  ich  glaube, 
die  südarischen  Völker  mit  ihrer  reichlichen  alten  KultülK^'- 
lieferung  in  noch  höherem  Grade,  als  in  der  Sprachwissen- 
schaft, massgebend  bleiben. 

Mit  Viktor  Hehns  'Kulturpflanzen'  bilden  die  Leistischen 
Arbeiten  die  Grundlage  für  die  wissenschaftliche  Erforschung 
des  arischen  Altertums.  Scheinbar  sind  die  beiden  Männer 
entgegengesetzte  Wege  gegangen.  Viktor  Hehn  hat  uns  ge- 
zeigt, Avic  tief  der  Stand  der  materiellen  Kultur  in  alt-ari- 
schen Zeiten  gewesen  ist,  und  in  Avie  weitem  Umfange  die 
Übereinstimmung  zAvischen  Ost  und  West  (man  denke  nur 
an  den  StreitAvagen)  durch  umfassende  Kulturentlehnung  be- 
dingt Avar;  B.  W.  Leist  Aveist  ein  kultrechtlich  durch  festen 
Brauch  geregeltes  alt-arisches  Gcmeinleben  nach.  Doch  AA'ider- 
spricht  sichs  nicht,  beides  zusammen  ergiebt  erst  das  rechte 
Bild.  Die  Aufgabe  das,  was  von  den  A^erschiedenen  Seiten 
her  dargeboten  Avird,  zu  einem  Gesamtbilde  der  arischen  Vor- 
zeit zu  verschmelzen,  Avird  durcli  die  Natur  des  Forsclmngs- 
gebietes,  das  durch  die  Sprache  erschlossen  und  abgegrenzt 
ist,  in  erster  Linie  dem  Sprachforscher  zugeAA'iesen.  Nicht 
in  dem  Sinne  dass,  Aver  sprachgeschichtlich  denken  gelernt 
hat,  gleich  auch  dazu  berufen  Avärc,  die  arischen  'Altertümer' 
"wissenschaftlich  zu  behandeln  oder  deren  Behandlung  sach- 
A'crstäudig  zu  beurteilen;  um  sich  die  Befähigung  dafür  zu 
erwerben,  Avird  er  hier  denselben  müliseligeu  Weg  der  stren- 


Hirt  Der  indogermanische  Alczcnt.  15 

gen  Schulung"  in  der  Erforschung  und  Abwägung  der  Mög- 
lichkeiten und  ihrer  Wahrscheinlichkeit  gehen  müssen,  welcher 
ihn  dazu  geführt  hat  dass  er  sprachgeschichtliche  Probleme 
recht  anzufassen  und  ihrer  wissenschaftlichen  Lösung  näher 
zu  bringen  weiss.  Wer  diesen  mühseligen  Weg  nicht  scheut 
und  sich  in  die  Probleme  der  arischen  Altertumswissenschaft 
ernstlich  hineinzudenken  unternimmt,  wird  in  B.  W.  Leist 
ebenso,  wie  in  Viktor  Hehn,  einen  kundigen  Führer  finden; 
und  Avenn  sich  ein  Spracliforscher  mit  diesen  Problemen  be- 
reits eingehender  beschäftigt  hat,  so  sieht  er  sich  durch  die 
Leistischen  Bücher  in  eine  Fülle  von  wolil  geordnetem  Stoff 
und  geschichtlicher  Anschauung  hineinversetzt,  die  dem  sorg- 
fältigen Studium  reiche  Ausbeute  sichert.  So  darf  ich  zum 
Schlüsse  der  Hoffnung  Ausdruck  geben,  dass  es  dem  Hrn.  Verf. 
nicht  allein  vergönnt  sein  möge  uns  bald  mit  den  beiden  an- 
deren Teilen  dieses  Buches  zu  beschenken,  sondern  auch  noch 
durch  viele  gute  Gaben  derselben  Art  belehrend  zu  erfreuen. 
Giessen.  P.  v.  Bradke. 


Hirt  H.  Der  indogermanische  Akzent.    Ein  Handbuch.    Strass- 
burg  Karl  J.  Trübner  1895.     XXIV  u.  354  S.    gr.  8".    9  M. 
Fiiick  F.  N.   Über  das  Verhältnis  des  baltisch-slavischen  Nomi- 
nalakzents  zum  Urindogermanischen.     Marburg  Elwertsche 
Verlagsbuchhandlung  1895.     60  S.     gr.  8«.     1,80  M. 

In  dem  vorliegenden  Buch  habe  ich  versucht  eine  Ge- 
samtdarstellung dessen  zu  geben,  was  wir  über  den  Akzent 
wissen.  Die  Arbeit  gründet  sich  nur  zum  Teil  auf  das,  was 
bisher  erkannt  war,  sie  bietet  daneben  auch  die  Forschungs- 
ergebnisse mehrerer  Jahre.  Sie  zerfällt  in  eine  Einleitung, 
in  der  ich  in  Kürze  über  einige  allgemeine  Probleme  zu 
orientieren  versucht  habe,  und  in  4  Kapitel:  I  Akzent  der 
Einzelsprachen;  II  der  Silbenakzent;  III  der  Wortakzent; 
IV  der  Satzakzent.  In  dem  ersten  habe  ich  eine  Übersicht 
über  den  Akzent  der  Einzelsprachen  gegeben,  nur  kurz  und 
ohne  Anspruch  auf  Originalität  bei  den  Sprachen,  die  nichts 
zur  Erforschung  der  idg.  Betonung  beitragen.  Von  den  übri- 
gen glaube  ich  nur  auf  griechischem  Gebiet  einige  neue  Ge- 
sichtspunkte für  die  Beurteilung  bieten  zu  können,  da  nament- 
lich die  Heranziehung  des  Litauischen  viel  zur  Aufhellung 
der  griechischen  Betonung  beiträgt.  Der  7.  Abschnitt,  der 
das  Litauisch-Slavische  behandet,  ist  am  ausführlichsten  ge- 
raten. Hier  musste,  der  Natur  der  Sache  nach,  die  Dar- 
stellung vielfach  den  Charakter  einer  Untersuchung  anneh- 
men.     Die    Hauptaufgabe    dieses    Teils    war    eine    genauere 


16  Hirt  Der  indogermanische  Akzent. 

Untersuchung-  der  litauischen  Betonung,  eine  Orientierung- 
über  die  einzelnen  modernen  slavischen  Dialekte  und  eine 
Darstellung  der  Verschiebungen  und  Veränderungen,  die  diese 
im  Verhältnis  zum  Urslavischen  erfahren  haben.  Ich  habe 
versucht  das  bisher  Erkannte  durch  eigene  Forschung  zu 
erweitern,  und  ich  habe  in  Folge  dessen  einige  Ansichten 
über  die  Verschiebungen  des  Akzentes  im  Slovenischen  und 
Polabischen  aufgestellt,  ohne  dass  ich  sieher  davon  überzeugt 
bin,  mit  meinen  Annahmen  völlig  das  Richtige  getroffen  zu 
haben.  Es  sind  mehr  Hinweise  auf  die  auf  diesen  Gebieten 
dringend  notwendigen  Arbeiten  als  die  endgültige  Erledigung 
der  Probleme.  Der  urslavische  Akzent  liess  sich  in  der  Haupt- 
sache allein  mit  Hilfe  des  Eussischen  und  Serbischen  rekon- 
struieren, und  es  musste  nun  die  Frage  nach  dem  Verhältnis 
des  slavischen  und  des  in  vielen  Punkten  übereinstimmenden 
litauischen  Akzentes  zum  indogermanischen  bearbeitet  und 
erledigt  Averden,  sollte  eine  neue  Darstellung  der  indogerma- 
nischen Betonung  überhaupt  einen  Zweck  haben.  Ich  habe 
in  dieser  Frage,  soviel  ich  weiss,  keinen  Vorgänger.  Das, 
was  ich  kurz  und  systematisch  auf  S.  91 — 98  dargestellt  habe, 
ist  nicht  ein  Einfall  müssiger  Stunden  und  wird  sich,  wie  ich 
zuversichtlich  glaube,  von  Einzelheiten  abgesehen,  als  richtig 
erweisen. 

Das  zweite  Kapitel  enthält  die  Lehre  vom  Silbenakzent 
(S.  99 — 167).  Hier  ist  ja  in  den  letzten  Jahren  recht  be- 
deutend vorgearbeitet,  und  wenn  ich  auch  in  diesem  Kapitel 
nicht  so  viel  neues  bieten  kann,  als  ich  ursprünglich  hoffte, 
so  wird  doch  manchem  eine  zusammenfassende  Darstellung 
der  zerstreuten  Einzelarbeiten  willkommen  sein.  Neben  dem 
Litauischen,  das  von  Bezzenberger  und  de  Saussure  allein  be- 
nutzt ist,  sind  überall  die  slavischen  Dialekte  herangezogen. 
Im  Grossen  und  Ganzen  hoffe  ich  über  die  lit.-slavischen 
Silbenakzente  in  Wurzelsilljen  genügende  Auflclärung  gege- 
ben zu  haben. 

In  dem  dritten  Kapitel,  dem  Wortakzent,  wird  der  Leser 
vieles  bekannte  wiederfinden.  Neu  ist  hier,  von  Einzelheiten 
abgesehen,  die  Heranziehung  des  Lit.-Slavischen,  die  man  ja 
von  einer  neuen  Darstellung  des  indogermanischen  Akzentes 
erwarten  durfte.  Dieses  Kapitel  hätte  vielleicht  auch  anders 
geordnet  sein  können,  aber  Schwierigkeiten  wären  auf  jede 
Weise  eingetreten. 

In  dem  vierten  Kapitel,  dem  Satzakzent,  habe  ich  die 
Vokativbetonung,  die  Enklise  des  Nomons  nach  Präpositio- 
nen, di(!  Betonung  des  Vcrl)unis  behandelt,  im  übrigen  aber 
namentlich  aus  der  Betonung  der  Komposita  Schlüsse  auf  die 
ursprüngliche   Satzbetonung  gezogen.     Auf  der  aiuleren  Seite 


Hirt  Der  indogermanische  Akzent.  17 

habe  ich  versucht,  den  Akzent  der  Komposita  aus  der  Satzbe- 
tonung abzuleiten  und  diesen  dadurch  dem  Verständnis  nälier 
zu  bringen. 

Am  Schluss  werden  noch  einige  allgemeine  Fragen  er- 
örtert, die  ich   gelegentlich  weiter  auszuführen  gedenke. 

Durch  Sach-  und  Wortregister  und  durch  eine  ausführ- 
liche Inhaltsangabe  glaube  ich  die  Benutzung  des  Buches 
nach  Möglichkeit  erleichtert  zu  haben.  Zum  Schluss  möchte 
ich  auch  hier  dankbaren  Herzens  darauf  hinAveisen,  wie  viel 
ich  in  meinen  Forschungen  Herrn  Prof.  Leskien  zu  verdanken 
habe,  und  zwar  nicht  nur  an  den  Stellen,  an  denen  ich  ihn 
zitiert,  und  da,  avo  er  mir  mündlich  oder  schriftlich  Material 
geboten  hat,  sondern  durch  die  steten  Anregungen,  die  ich 
im  Verkehr  mit  ihm  empfangen  habe. 

Ich  erfülle  wohl  den  Zweck  dieses  Anzeigers,  wenn  ich  kurz 
das  hervorliel^e,  was  ich  als  die  Ergebnisse  meiner  Forschung  be- 
ti-aehte.  Im  Griechischen  sind  abgesehen  von  Endsilben  keine  Sil- 
benakzente erhalten.  Die  historische  griechische  Betonung  erklärt 
sich  bei  der  Annahme  zwei-  und  dreimoriger  Längen.  In  paroxy- 
tonierten  Worten  trochäischen  Ausgangs  ist  der  Akzent  um  eine 
More  zurückgezogen,  der  idg.  Akzent  ist  zum  Zirkumflex  gewor- 
den, aus  ei'boc  ist  also  erst  im  Griechischen  eifcoc  entstanden,  ebenso 
sind  Worte  Avie  *eXuTpov  =  ai.  varütrmn  zu  eXuxpov  geworden.  In 
vielen  Fällen,  nicht  immer,  ist  der  Akzent  von  der  langen  letzten 
auf  die  vorletzte  Silbe  zurückgezogen,  welche  Erscheinung  nach 
meiner  Ansicht  nichts  mit  dem  sogenannten  rezessiven  Akzent  zu 
thun  hat. 

Im  Litauischen  ergab  sich  unter  Benutzung  von  Leskienschem 
Material  die  Regel,  dass  alle  betonten  Vokale  um  eine  More  gedehnt 
sind.  Kürzen  zu  zwei  Moren,  Längen  zu  drei  Moren.  Im  Auslaut 
haben  wir  dagegen  keine  Dehnung  anzunehmen,  sondern  Verkürzung 
aller  Endsilben  um  eine  [More,  so  dass  die  ursprünglich  zweimorigen 
Vokale  einmorige  Kürzen,  die  iirsprünglich  dreimorigen  zu  zwei- 
morigen geschleiften  Längen  werden.  —  Für  die  slovenische  Ak- 
zentverschiebung (S.  TS)  glaubeich  drei  Regeln  gefunden  zuhaben: 
\.  Paroxytona  werden  Oxytona,  wenn  der  Silbenakzent  fallend  war; 
2.  von  der  letzten  Silbe  wird  der  Akzent  auf  die  vorletzte  zurück 
gezognen;  3.  mehrsilbige  Paroxytona  bewahren  ihren  Ton.  —  Jiii 
Polabischen  tritt  der  Akzent  bei  ursprünglich  steigendem  Ton  auf 
die  Endung,  bei  Endbetonung  Avird  er  zurückgezogen.  —  Den 
Silbenakzent  einiger  Endsilben  konnte  ich  aus  dem  Serbischen 
und  .SloA'enischen  bestimmen.  —  Die  lit. -slavische  Betonung  kann 
erst  nach  Abzug  der  einzelsiirachlichcn  Verschiebung  mit  der 
idg.  A-erglichen  Averden,  und  es  gelten  für  diese  folgende  Gesetze: 
L  Eine  stossend  betonte  Silbe  zii'lit  den  Akzent  der  folgenden 
Silbe  auf  sich.  Dieses  Gesetz  gilt  für  das  Litauisch-Slavische,  die 
folgenden  Avahrscheinlich  für  das  Litauische  allein.  2.  Bei  ur- 
sjirünglichen  Oxytonis,  deren  Wurzelsilbe  stossend  betont  ist,  tritt 
der  Akzent  auf  die  Wurzelsilbe  zurück,  wenn  die  Endung  stos- 
send betont  Avar.  3.  Stossend  betonte  ein.silbige  Endungen'zieheu 
bei  schleifendem  Ton  der  Wurzelsilbe  den  Ton  auf  sich.  Durch 
diese  Gesetze  Avird  der  litauisch-slavische  AkzentAvechsel  auf  ein 
viel  geringeres  Mass,  als  jetzt  vorhanden  ist,  zurückgefüiirt;  und 
Anzeiger  VI  i  u.  2.  O 


18  Hirt  Der  indogermanische  Akzent. 

es  zeigen  sich  nun  auch  genügende  Übereinstimmungen  zwischen 
Lit.-Släv.  und  Idg. 

In  dem  zweiten  Kapitel  habe  ich  zunächst  die  Natur  der  idg. 
Sill)enakzente  zu  l^estimmen  versucht  und  als  wesentlichstes  Merk- 
mal des  schleifenden  Tones  die  Dreimorigkeit  aufgestellt.  In  der 
Tiiat  beruht  der  Zirkumflex  auf  denselben  Bedingungen  Avie  die. 
Dehnstufe,  und  wenn  hier  durch  Silbenverlust  aus  einer  More  zwei 
wurden,  so  muss  in  jenem  Fall  ein  Anwachsen  um  eine  weitere 
More  stattfinden.  Für  die  Bestimmung  des  Silbenakzentes  in  Wur- 
zelsilben kommt  nur  das  Litauisch-Slavische  in  Betracht,  aber  es 
erwies  sich  hier  die  Hoffnung  auf  Ausbeute  für  das  Idg.  in  der 
Hauptsache  als  illusorisch.  Ich  konnte  in  diesem  Punkt  in  der 
Hauptsache  das  für  das  Litauische  behauptete  für  das  Slavische 
bestätigen.  Für  die  Entstehung  der  lit.-slav.  Akzentqualitäten  er- 
geben sich  folgende  Gesetze:  1.  die  idg.  Kurzdiphthonge  sind  im 
Lit.-Slav.  durch  schleifend  betonte  Lautgruppen  vertreten  (de  Saus- 
sure);  2.  die  idg.  langen  Vokale  sind  im  Lit.-Slav.  durch  gestossen 
betonte  vertreten  (de  Saussure) ;  3.  die  idg.  Langdiphthonge  wer- 
den dem  entsprechend  zu  stossend  betonten  Diphtliongen  (Bezzen- 
berger,  Streitberg) ;  4.  idg.  r,  l  und  f,  l  sind  im  Lit.-Slav.  zu  ir,  il 
und  ir,  il  geworden  (de  Saussure);  5.  nur  auf  langen  Vokalen  geht 
der  Schleifton  auf  idg.  schleifenden  Ton  zurück  (Bartholomae). 

Darauf  folgt  eine  Vergleichung  des  Lit.  mit  dem  Lettischen. 
Der  lit.  schleifende  Ton  entspricht  dem  lettischen  gestossenen  ziem- 
lich regelmässig,  der  lit.  gestossene  aber  dem  lett.  gedehnten  und 
gestossenen.  Den  sicheren  Grund  dieses  Wechsels  konnte  ich  nicht 
ermitteln,  ich  Aermute  einen  Einfluss  des  Sitzes  der  Betonung. 

Das  Kapitel  HI,  Wortakzent,  beginnt  mit  dem  Verbum,  und 
zwar  mit  der  Frage,  ob  in  d(;n  Einzelsprachen  die  vollbetonten 
oder  die  enklitischen  Formen  verallgemeinert  sind.  Die  lit.  Verbal- 
betonung ist  die  Fortsetzung  der  idg.  enklitischen,  die  slavische 
die  der  orthotonierten  Formen  von  eiriigen  Ausnahmen  abgesehen. 
Im  Slavischen  ist  bei  den  e-o-Verben  die  Betonung  der  indischen 
sechsten  Klasse  verallgemeinert.  Wahrscheinlich  war  dies  schon 
im  Urslavisch-Litauischen  der  Fall.  Der  slavische  Verbalakzent  er- 
möglicht uns  ausserdem  eine  genauere  Scheidung  der  alten  w- 
Verbon.  Im  Idg.  gab  es  wurzel1)etonte  /V>-Verben,  die  sekundären 
Ursprungs  sind  (indische  vierte  Klasse),  und  /o-Verben  mit  einem 
zweiten  Stamm  auf  -e,  zu  dem  i  und  l  Ablautsformeu  waren  Im 
allgemeinen  hat  das  Slavische  in  der  Verbalbetonung  manche  Al- 
tertümlichkeit bewahrt. 

In  der  Xominaldeklination  handelt  es  sich  um  die  Feststellung 
alten  Akzentwechsels  in  der  Deklination.  Für  das  Idg.  ergibt  sich 
die  Unterscheidung  starker  und  schwacher  Kasus  bei  den  /-,  »-(?) 
xiiid  kons.  Stämmen,  während  die  (^-Stämme  keinen  Akzentwechse! 
in  idg.  Zeit  hatten.  Bei  ilmen  waren  vielmehr  oxytonierte  Nomina 
agentis  und  paroxytonierte  Nomina  actionis  vorhanden.  Bei  den 
sekundären  Ableitungen  herrschte  iirsprünglicii  meistens  Oxyto- 
nierung,  doch  ist  diese  zum  grossen  Teil  durch  eine  Betonung  der 
ersten  Silbe,  die  wir  auf  einen  EinHuss  des  Grundwortes  zurück- 
führen dürfen,  ersetzt.  In  zweifeliiaftcn  Fällen  bietet  daher  die 
Betonung  ein  ziemlich  sicheres  Mittel,  primäre  und  sekundäre  Bil- 
dungen von  einander  zu  sondern. 

In  dem  vierten  Kapitel  'Satzakzent'  ist  zunächst  die  Beto- 
nung des  A'okativs  beliandelt.  Die  Akzentuierung  der  ersten  Silbe 
in  verschiedenen  S])rachen  führe  ich  auf  ursprüngliche  Enklise  zu- 
rück.    An    eine  Präposition    konnte    sich    ein   Nomen    häufig'  enkli- 


Finck  Verhältnis  d.  balt.-slav.  Nom. -Akzents  z.  Uridg-.  19 

tisch  anschliessen.  Die  slavische  Betonung-  erweist  sich  in  diesem 
Falle  als  sehr  altertümlich.  In  meinen  Ansichten  über  die  Satzbe- 
tonung- des  Verbums  schliesse  ich  mich  zum  grössten  Teile  an  Zim- 
mer an,  doch  glaubte  ich  einiges  von  seinen  Aufstellungen  noch 
moditizieren  zu  müssen.  Es  folgt  dann  4.  Präfix  und  Nomen,  5. 
koordinierte  Worte,  6.  subordinierte  Worte,  7.  Adjektivum  und 
Substantivum,  8.  die  Pronomina,  9.  die  Partikeln,  und  ich  konnte 
zum  Scliluss  konstatieren,  dass  sich  die  idg.  Satzbetonung-  in  den 
HauptpiTukten  nicht  von  der  modernen  unterscheidet. 

Neben  diesen  allgemeinen  Grundzügen  wird  sich  wohl  noch 
das  eine  oder  andere  neue  oder  die  festere  Begründung  einer  alten 
Ansicht  finden.  Ich  bin  mir  bewusst,  nichts  abgeschlossenes  gebo- 
ten zi;  haben,  hoffe  aber  zu  neuen  Akzentforschungen  durch  mein 
Buch  anzureg-en. 

Als  ich  die  letzten  Seiten  zur  Korrektur  erhielt,  g"ing 
mir  die  kleine  Schrift  von  Finck  zu,  die  nach  dem  Titel  zu 
urteilen  demselben  Ziele  zusteuert,  das  ich  mir  zum  Teil  ge- 
steckt hatte.  Ich  war  natürlich  äusserst  gespannt,  zu  wel- 
chen Ergebnissen  der  Verfasser  gekommen  war.  Der  Titel 
des  Buches  ist  indessen  etwas  zu  weit  gewählt.  Der  Ver- 
fasser erstrebt  vielmehr  die  Beantwortung  folgender  zwei 
Fragen : 

1.  Welche  Silbe  war  bei  jeder  Kasusform  der  am  we- 
nigsten durch  Ausgleichung  beeinflussten  Nomina  im  Balt.- 
Slav.  betont,  d.  h.  durch  Exspirationsstärke  oder  Tonhöhe 
A'or  anderen  hervorgehoben? 

2.  Wieweit  darf  die  erschlossene  älteste  balt.-slav.  Be- 
tonung als  eine  aus  der  idg.  Ursprache  ererbte  angesehen 
werden  ? 

Ich  kenne  den  W^eg,  den  der  Verfasser  eingeschlagen 
hat,  sehr  wohl,  da  ich  ihn  zuerst  selbst  gewandelt  bin.  Wie 
ich  auf  ihm  zu  keinem  Ergebnis  gekommen  bin,  so  ist  es 
auch  dem  Verfasser  ergangen.  Er  hat  erreicht,  was  auf  diese 
W-'eise  zu  erreichen  war,  aber  man  wird  eingestehen  müssen, 
dass  seine  Resultate  nichts  weniger  als  befriedigend  sind. 
Die  zweite  Frage  beantwortet  er  überhaupt  nicht,  und  bei 
der  ersten  nimmt  er  die  litauische  Betonung  so,  wie  sie  über- 
liefert ist,  ohne  sie  auf  ihre  Ursprünglichkeit  zu  prüfen,  und 
daher  stellt  sich  richtiges  neben  unrichtiges.  Gleich  in  dem 
ersten  Punkt,  der  Betonung  des  Vokativs,  bin  ich  zu  wesent- 
lich anderen  Resultaten  als  der  Verfasser  gekommen.  Er 
gelangt  zu  dem  Schluss,  dass  der  idg.  Vokativ  auf  der  ersten 
Silbe  betont  gewesen  sei,  während  ich  die  in  den  verschie- 
denen Sprachen  auftretende  Betonung  der  ersten  Silbe  aus 
ursprünglicher  Enklise  herleite,  die  im  Lit.-Slav.  nicht  bloss 
beim  Vokativ,  sondern  auch  beim  Verbum  zu  einer  Betonung 
der  ersten  Silbe  geführt  hat.     Daneben    lag  auch  Orthotouie- 


20  Finck  Verhältnis  d.  balt.-slav.  Noni. -Akzents  z.  Uridg'. 

rung,  jedenfalls  aucli  im  Slavischen,  so  dass  icli  die  Polemik 
gegen  meine  Ausführungen  über  die  Behandlung  des  -o  auf  sich 
beruhen  lassen  kann.  —  In  der  Auffassung  der  lit.  3  Gruppen 
der  fem.  «-St.  im  Lit.  muss  ich  ebenfalls  vom  Verfasser  abwei- 
chen. Er  führt  sie  auf  eine  Urfiexion  zurück,  wälirend  2  an- 
zunehmen sind  (Idg.  Akzent  252).  Ausführlich  handelt  der  Verf.. 
dann  über  die  Betonung  der  ä-St.  in  den  slavischen  Dialek- 
ten. Seine  Bemerkungen  sind  hier  völlig  zutreffend,  und  sie 
mögen  zur  Erläuterung  des  Idg.  Akz.  S.  254  bemerkten  dienen. 

Das  lit.  e  in  der  /(^-Deklination  kann  Verfasser  auch  nicht 
befriedigend  erklären.  Denn  eine  Übertragung  von  den  obli- 
quen Kasus  ist  doch  wegen  des  daneben  stehenden  valcUia, 
raldziös  recht  unwahrscheinlich.  Wenn  nicht  etwa  im  Lit. 
eine  unbekannte  rein  lautliche  Entwicklung  vorliegt,  so  wird 
man  mit  Streitberg'  auf  mote,  dulde  zurückgehen  müssen ; 
ausserdem  befinden  sich  einige  Nominative  von  w?e«-Stämmcn 
mit  dem  Nom.  auf  -me  unter  den  u-'-Stämmen,  und  schliess- 
lich könnte  das  Verhältnis  von  devas  und  gcddijs,  dort  kurzer, 
hier  zweimoriger  Vokal  vorbildlich  gewirkt  haben.  Dagegen 
halte  ich  die  Ansicht  Fincks,  dass  wir  schon  idg.  ie  anzu- 
setzen hätten,  für  nicht  wahrscheinlich  im  Hinblick  auf  got. 
sibja.  —  S.  20  führt  F.  den  Akk.  rankq  direkt  auf  idg. 
^ronJcäm  zurück.  Das  geht  deshalb  nicht  an,  weil  dieselbe 
Form  im  Instrumental  zu  rankä  geworden  ist.  rankq  hat 
die  zweimorige  Endung  von  den  übrigen  Klassen  erhalten. 
—  S.  23  ff",  spricht  F.  ausführlich  über  den  Gen.  Plur.  der 
o-rt-St.  im  Slavischen.  Ich  verkenne  die  Schwierigkeiten,  die 
der  Gen.  Plur.  hinsichtlich  seiner  Betonung  im  Slavischen 
bietet,  nicht.  Aber  wir  sind  doch  der  Lösung  der  Frage  um 
ein  gut  Stück  näher  gerückt. 

IF.  II  359  konnte  ich  die  Unbetontheit  der  Endung  des 
Gen.  Plur.  nur  aus  dem  7,  erschliessen,  das  hier  im  Gegen- 
satz zu  sonstigem  o  auftritt.  Es  lässt  sich  aber  heute  der 
BeAveis  erbringen,  dass  die  Endung  -öm  in  urslavischer  Zeit 
unbetont  gewesen  sein  muss.  Das  folgt  aus  der  Dehnung 
des  Stammvokals  im  Serbischen,  die  nur  (hum  eingetreten 
zu  sein  scheint,  wenn  der  Vokal  kurz  und  betont  war,  vgl. 
Leskien  Unters.  S.  534,  Verf.  Akzent  S.  90.  Formen  wie 
Cak.  nog,  gor,  kos  sind  also  lautgesctzlicli :  von  den  kurzvo- 
kalischen  Stämmen  muss  die  Dehnung  ausgegangen  sein. 
Allerdings  könnte  man  auch  vcniuiicii,  dass  bei  den  paroxy- 
tonierten  o-Stämmen  der  Ursprung  der  Dehnung  zu  suchen 
sei.  Die  vollkr)mmene  Beantwortung  dieser  Frage  erheischt 
aber  ein  Eingehen  auf  die  Geschichte  der  serbischen  Sprache, 
zu  der  mir  jetzt  die  Zeit  fehlt.  —  S.  31  ül)er  eKTTobüjv  vgl. 
Idg.  Akzent  43.  —  S.  47   der  Instr.  lit.  devü   k;nin  uaeli  Streit- 


Finck  Verhältnis  d.  halt.-slav.  Nom. -Akzents  z.  Uridg-.  21 

tergs  Ausfülirung-en  IF.  I  274  nicht  auf  *deiu6m  zurückge- 
führt werden. 

Auf  Aveitere  Einzelheiten  einzugehen  verzichte  ich.  ]\Iein 
Urteil  kann  ich  dahin  zusammenfassen,  dass  der  Verfasser 
trotz  allen  Fleisses  keine  wesentliche  Förderung  der  von  ihm 
behandelten  Probleme  geboten  hat.  Der  Grund  liegt  darin, 
dass  auf  dem  vom  Verf.  eingeschlagenen  Wege  überhaupt 
nichts  zu  erreichen  war.  Das  kann  ich  selbst  recht  gut  be- 
urteilen, und  ich  bedaure  daher,  dass  der  Verfasser  seine 
]\Iühe  und  Arbeit  nicht  einem  dankbareren  Objekt  zugewen- 
det hat,  das  er  mit  den  Kenntnissen,  die  er  besitzt,  besser 
hätte  bearbeiten  können.  AbAveichend  von  dem  herrschenden 
sprachwissenschaftlichen  Gebrauch  gibt  der  Verfasser  das  In- 
dische. Iranische,  Altslavische  und  sogar  das  Altirische  in 
den  Originalalphabeten.  Weshall)  dann  das  Serbische  nicht 
ebenfalls  cyrillisch  gedruckt  ist,  und  weshalb  für  das  Go- 
tische nicht  die  Originalbuchstaben  angewendet  sind,  ist  mir 
unklar.  Der  Verfasser  hätte  den  Druck  auch  übersichtlicher 
gestalten  können,  wenn  er  für  die  im  lateinischen  Alphabet 
gegebenen  Worte  die  Kursive  verwendet  hätte.  Er  druckt 
nur  die  idg.  Formen  kursiv  und  manchmal  steht  Antiqua  und 
Kursive  in  demselben  Wort.  An  sinnesstörenden  Druckfeh- 
lern notiere  ich  S.  22  Fn.  Z.  1  'dor'  statt  \slav\  S.  24 
Z.  2  u.  3  sind  die  Ziffern,  die  iiuf  die  Fussnoten  weisen, 
falsch.  S.  47  Z.  7  v.  u.  lies  '«'e-Stämme'  statt  'e|-Stämme\ 
S.  57  Z.  7.  8  lies  'villa,  ranica,  na'kfe'  statt  'villü,  rcmkd, 
nullte'. 

Leipzig-Golilis.  H.  Hirt. 


Altiudi.sclier  Aliiienkult.  Das  (^räddha  nach  den  verschie- 
denen Schulen  mit  Benutzung  handschriftlicher  Quellen  dar- 
gestellt von  Dr.  W.  Caland.  Leiden  1893.  XII  u.  266  S. 
7,50  M. 

Jede  Arbeit,  in  der  der  Frage  nach  dem  Ahnen-  oder 
Seelenkult  in  irgend  welcher  Beziehung  ernstlieh  näher  ge- 
treten Avird,  darf  von  vornherein  auf  erhöhtes  Interesse  von 
Seiten  des  Lesers  rechnen.  Liefert  sie  doch  einen  Beitrag 
zur  Lösung  eines  religions-  und  kulturgeschichtlichen  Pro- 
blems von  einschneidendster  Bedeutung.  Wer  der  Frage  nach 
dem  Ursprung  einzelner  Religionen  wie  der  Religion  über- 
haupt nachspürt,  wird  auch  Stellung  zu  der  Rolle,  die  der 
Manenkult  hie  und  da  gespielt  hat,  nehmen  müssen.  Zwar 
die  Anschauung  derjenigen  braucht  man  nicht  zu  teilen,  die 
geneigt  sind,  das  Aufdämmerungslicht  der  Religion  im  See- 
lenkult zu  suchen;    zweifellos  aber  ist,    dass  der  Verstorbene 


22  Altindiscliei-  Ahnenkult. 

auf  die  naive  Phantasie  der  Hinterbliebenen  schon  im  Anfang' 
der  Menschheitsgeschichte  einen  überwältigenden  Eindruck 
gemacht  haben  muss,  so  dass  daraus  sich  frühzeitig  irgend 
welche  Art  von  Ahnenkult  entwickeln  konnte.  Der  erste 
Eindruck  wird  ein  peinlicher  gewesen  sein,  dann  kam  Furcht, 
zuletzt  Verehrung.  Der  Vorgang  ist  zu  natürlich,  als  dass 
man  ihn  nicht  bei  allen  Naturvölkern  voraussetzen  dürfte, 
gleichviel  ob  er  geschichtlich  sich  fortgesetzt  und  darum  noch 
nachgewiesen  werden  kann  oder  nicht.  Neben  der  religiösen 
hat  sodann  der  Manenkult  bei  einzelnen  Völkern  eine  grosse 
Bedeutung  bei  der  Frage  nach  der  sozialen  Stellung  des  In- 
dividuums zu  Familie  und  Staat,  zu  Recht  und  Sitte.  Kaum 
weniger  interessant  wird  die  Seelenkultfrage,  wenn  man 
schliesslich  das  kulturgeschichtliche  Fazit  für  gewisse  Völker 
zieht.  Es  steckte  vielleicht  ein  Fünkchen  Wahrheit  darin, 
wollte  man  behaupten,  die  Ägypter  seien  an  ihrer  Toten- 
verehrung versumpft  und  verdorben.  Es  wäre  freilich 
falsch,  die  kulturelle  Stabilität  eines  Volkes  auf  eine  einzige 
Ursache  zurückführen  zu  wollen;  sind  aber  Völker  mit  her- 
vorragendem Seelenkult  kulturell  stabil  geblieben  wie  Chine- 
sen und  Inder,  dagegen  Völker,  die  ihn  mehr  oder  weniger 
abstreiften,  zu  hoher  kultur-  und  weltgeschichtlicher  Bedeu- 
tung gelangt  Avie  Juden  und  Griechen,  so  wird  man  der  Wahr- 
heit nicht  ins  Gesicht  schlagen,  wenn  man  sagt,  dass,  nega- 
tiv oder  positiv,  der  Seelenkult  einen  nicht  unwesentlichen 
Anteil  an  dieser  Entwickelung  gehabt  hat.  Dass  die  Indo- 
germancn  ihre  Toten  bereits  in  klarer  Form  verehrten,  da- 
für spriclit  die  ähnliche  Art  der  Totenverehrung  bei  Einzel- 
völkern dieses  Stammes,  deren  NachAvirkungen  bis  auf  den 
heutigen  Tag  zu  verspüren  sind.  Keines  der  indogerm.  Völ- 
ker aber  hat  den  Seelenkult  schon  im  grauen  Altertum  so 
hoch  entwickelt  wie  das  indische,  das  ihn  auch  bis  zur  Ge- 
genwart innerhalb  der  brahmanischen  Welt  ungebrochen  er- 
halten liat;  ja  es  hat  ihn  auf  die  Spitze  getrieben,  indem  es 
ihm  in  dem  sog.  ('räddha  eine  Wendung  gab,  für  die  sich 
bei  verwandten  Völkern  keine  Parallele  mehr  findet.  Natür- 
lich ;  denn  das  (/räddha  ist  nur  die  Frucht  brahmanischer 
Spekulation,  ein  priesterliches  Brahmanentum  in  der  Art  des 
indischen  aber  haben  eben  nur  die  Inder.  Cräddha  ist  mit  Zere- 
monien verbundene  Bralimanenspeisung  ins])esondere  in  Form 
eines  Totenoplers.  Brahmanen  sind  dabei  die  Stellvertreter 
der  Verstorbenen ;  unter  Beobachtung  des  Totenkultritus  wer- 
den sie  feierlichst  und  reichlichst  gespeist,  indem  in  ihnen 
angeblich  auch  die  ]\Ianen,  di(!  dabei  natürlich  recht  mager 
wegkdmmen,  gesättigt  werden.  Darum  lautet .  die  indisclie 
Definitiim:    was  mau    im   CHauben   an    die  Väter   und  mit  Be- 


Altiiidischer  Ahnenkult.  23 

Ziehung:  ^nf  sie  den  Brahmanen  gibt,  das  heisst  C,'räddha. 
Obschon  also  das  indische  (,'räddha  bei  verwandten  Völkern 
keine  direkte  Parallele  hat,  so  liegt  ihm  doch  der  Ritus  für 
die  indischen  Haupttotenopfer  zu  Grunde,  der  nun  seinerseits 
auch  den  interessantesten  und  reichsten  Stoff'  zur  Vergleichung- 
bietet.  Aus  doppeltem  Grunde  können  wir  daher  Calands 
Buch  über  das  (^Yäddha  warm  willkommen  heissen. 

Es  enthält  'I.  das  Klösseväteropfer'  (1 — 17)  zur  Orien- 
tirung-  für  den  folgenden  Hauptteil,  nämlich  'II.  das  ('räddha' 
nach  den  verschiedenen  Schulen  (^18 — 144),  wozu  sich  'III. 
das  gegenseitige  Verhältnis  der  verschiedenen  (^'räddhakalpas' 
(145 — 149)  als  Anhang  ansehen  lässt.  Dann  folgt  ein  Kapitel 
'IV.  zur  Geschichte  des  Gräddha'  (150 — 165),  ferner  'V.  die 
Astakä'  (166 — 172),  endlich  'VI.  zur  Erklärung  des  Ritus' 
(173 — 192).  Beigegeben  sind  a)  zwei  Exkurse  (193 — 206) 
und  b)  Textbeilagen  aus  einschlägigen  zur  Zeit  noch  un- 
edierten  Ritualschriften  (209 — 261).  Selbstverständlich  fehlen 
auch  nicht  Einleitung  und  Inhaltsverzeichnis. 

Schon  aus  dieser  Inhaltsangabe  ersieht  der  Leser,  dass 
er  es  mit  einer  philologischen  Spezialuntersuchung  zu  thun 
hat,  die  an  die  Adresse  von  Fachgelehrten  gerichtet  ist.  Für 
einen  beträchtlichen  Leserkreis  der  Indogerni.  Forschungen 
ist  daher  das  Buch  nicht  berechnet.  Wenn  es  dennoch  hier 
zur  Sprache  gelangen  soll,  so  geschieht  es  in  berechtigter 
Rücksicht  auf  das  ]\Iaterial,  das  in  Übersetzungen  und  Er- 
läuterungen geboten  wird  und  Aveitercn  Zwecken  dienen  kann. 
Das  Buch  trägt  den  Stempel  einer  reichen  Materialsammlung; 
was  der  Verfasser  aus  Ritualschriften  zusammenzutragen  im 
Stande  war,  hat  er  redlich  gethan.  Er  hält  sich  streng  im 
Rahmen,  den  er  seiner  Aufgabe  gestellt  hat  und  wie  er  dem 
Spezialtitel  des  Werkes  entspricht.  Neben  letzterem  klingt 
der  allgemeine  Titel  'Altindischer  Ahnenkult',  auch  wenn  er 
sich  nicht  mit  'Der  altind.  Ahnenkult'  zu  decken  braucht, 
fast  etwas  zu  voll;  denn  einmal  werden  Avir  nur  über  das 
Qräddha  der  Sütraperiode,  nicht  über  den  Totenkult  in  sei- 
ner vollen  Ausdehnung  belehrt,  und  sodann  ei'lahren  wir 
über  den  ]\Ianenkult  nach  den  Brähmanas  und  den  ältesten 
Veden  doch  viel  zu  wein'g,  als  dass  die  bei  Gelegenheit  ge- 
gebenen spärlichen  Bemerkungen  darüber  genügen  könnten. 
Im  Grunde  ist  diese  Titelfrage  freilich  ziemlich  gleichgültig, 
da  wir  im  (,'räddharitual  jedenfalls  die  Hauptsache  haben  und 
dasselbe  neben  neuerem  altes  und  uraltes  Gut  enthält,  dessen 
Fäden  bis  in  die  indogerm.  Zeit  hineinreichen.  Es  sei  daher 
das  Buch  auch  denen  empfohlen,  denen  ein  zuverlässiger 
Stoff"  genügt;  zu  vorgängiger  Orientierung  werden  aber  we- 
niger Eingeweihte    gut    thun,    auch    Calands   'Über  Totenver- 


24  Altiiulischer  Ahnenkult. 

cliruug  bei  einigen    der  indogerni.  Völker,   Amsterdam  1888* 
mit  zu  Rate  zu  ziehen. 

Um  etwas  über  den  grösseren  und  geringeren  Wert 
des  Buches  im  einzelnen  zu  sagen,  will  ich  im  folgenden 
einige  Punkte  berühren,  die  der  Nichtindologe  ungelesen  las- 
sen mag,  da  sie  litterar-historischer  und  philologischer  Natur 
sind.  Ich  greife  einige  Beispiele  von  dem  heraus,  was  mir 
im  Augenblick  am  nächsten  liegt.  In  litterar-geschichtlicher 
Beziehung  wird  die  grosse  Bedeutung  von  Hemädris  Catur- 
vai'gacintämani  betont;  Hemädri,  sagt  der  Verf.,  sei  sehr  ge- 
wissenhaft in  der  Unterscheidung  der  Texte  und  verwechsele 
z.  B.  niemals  die  Texte  der  Mänavamaiträyaniyas  und  der 
Maiträyaniyas  (X  ff.),  indem  er  die  Zitate  aus  dem  Maiträya- 
iiiyasütra  streng  scheide  von  denen  aus  dem  Mänavamaiträya- 
nlyasütra  oder  (^räddhakalpa  (88  ff.).  Dem  entsprechend  gibt 
nun  auch  Caland  für  die  Mänavaschule  1)  das  (,'räddha  nach 
den  Mänavamaiträyaniyas  (77  ff.)  resp.  Mänavas  (82  ff.)  und 
2)  das  (^'räddha  nach  den  Maiträyaniyas  (88  ff.).  Danach  be- 
stände die  sog.  Mänavaschule  aus  zwei  resp.  drei  (.'äkhäs. 
Längst  vor  dem  Erscheinen  von  Calands  Buch  glaubte  ich 
aus  der  Beschaffenheit  der  Man.  (,'r.-  und  Man.  Gr.-Mss.  und 
deren  Auf-  und  Unterschriften  einen  ähnlichen  Schluss  auf 
den  Charakter  der  Mänavaschule  machen  zu  dürfen  und  finde 
daher  in  Calands  feiner  Beobachtung  eine  interessante  Bestä- 
tigung. Doch  bedarf  die  Frage  der  Klärung  so  wie  einer 
eingehenderen  Kontrole  Hemädris,  ehe  sie  historisch  verwer- 
tet werden  darf.  —  Bei  der  Frage  nach  dem  C'räddharitus 
der  Mänavas  tritt  der  Verf.  der  Anschauung  Bühlers  und, 
können  wir  hinzufügen,  anderer,  dass  das  Mänavadharma- 
9ästra  (Manu)  ein  Ausläufer  der  Mänavaschule  sei,  entgegen 
mit  dem  Resultat  seiner  Untersuchung,  dass  das  Mänavadhar- 
ma^ästra  Avenigstens  mit  dem  Mänavai^'räddhakalpa  nicht  mehr 
Übereinstimmungspunkte  habe,  welclie  auf  ein  näheres  Ver- 
hältnis weisen  könnten,  als  mit  irgend  einem  andei'en  Cräd- 
dhakalpa  z.  B.  mit  dem  des  Kätyäyana  (78 — 82  vgl.  Exkurs  2). 
Nachdem  bereits  von  Bradke  (ZDMG.  XXXVI  417 — 477)  der 
Jierrschenden  Anschauung  gegenüber  fast  bis  an  die  Schwelle 
der  Negation  getreten,  leugnet  nun  Caland  die  Abhängigkeit 
Manus  von  den  Mänavas  zu  einem  Teil  direkt.  Es  ist  nur  ein 
Tropfen,  den  er  für  die  ganze  Frage  bietet;  viele  Tropfen  könn- 
ten aber  doch  Wassc^r  geben.  So  könnte  auch  ich  gegen  die  gang- 
bare Ansicht  auf  eine  Thatsache  von  tiefgreifender  Bedeutung 
liinwcisen.  Während  nämlich  nach  Manu  IV  26  die  Cäturmä- 
syaopfer  rtvante  'am  Ende  einer  jeden  Jahreszeit'  (vgl.  Büli- 
1er  ZDM(J.  XLVI  74)  stattfinden,  heisst  es  Man.  ()v.  5,  2,  14 
u.   9,  5,    1    riuinukhcSLi    ('an   .ji'dem   Anfang   einer  .lalircszeit') 


Altindischer  Ahnenl<ult.  25 

sanvatsaram  juhuyät,  womit  auch  Man.  Gr.  2,  7,  9  überein- 
stimmt: trini  näbhyäni  (=  Tertialopf erfeste)  phälgunyäm 
äsädliyäiu  kärttikyäm.  In  diesem  Punkt  stellt  also  Manu  in 
direktem  Gegensatz  zu  den  IMänavas. 

Hat  somit,  um  meine  Besprechung  nicht  über  Gebühr 
auszudehnen,  Calands  Buch  auch  in  Einzelheiten  Vorzüge,  so 
leidet  es  doch  auch  an  beträchtlichen  Mängeln.  Die  Astakä- 
frage  (166 — 172)  z.  B.  ist  selbst  zusammengenommen  mit  dem, 
Avas  der  Verf.  anderswo  darüber  gesagt,  allzu  lückenhaft  be- 
handelt; auch  werden  astakä  und  anvastakä  nicht  ^streng  ge- 
nug geschieden  sowie  die  bedeutsamen  Angaben  Acv.  Gr.  2, 
4,  12  u.  Gobh.  3,  10,  1 — 3  nicht  beherzigt.  Die  Folge  da- 
von ist  meiner  Meinung  nach  eine  unrichtige  oder  wenigstens 
schiefe  Auffassung  der  ursprünglichen  Bedeutung  der  Asta- 
käzeremouie.  Die  bei  dieser  Gelegenheit  gegebene  Erklärung 
des  uttamäyäli  pradose  Man.  Gr.  2,  9,  1  könnte  man  scharf- 
sinnig nennen,  wenn  sie  notwendig  wäre.  Auch  Karmapra- 
dipa  1,  ö,  4  Avird  m.  E.  nicht  richtig  interpretiert:  na  cräd- 
dhe  cräddham  isyate  ist  nicht  cpexegetisch  zu  fassen,  wie 
Caland  thut,  sondern  bildet  in  der  Aufzählung  einen  Fall 
für  sich;  ergo!  In  textkritischer  Beziehung  vermisse  ich 
philologische  Sorgfalt.  Dass  die  Prosatextbeilagen  ohne  eigent- 
liche Interpunktion  gegeben  sind,  mag  gleichgiltig  erschei- 
nen; auch  will  ich  kein  Gewicht  darauf  legen,  dass  falsche 
Text-  und  Stellenzitate  vorkommen,  die  man  schwerlich  als 
Druckfehler  ansehen  kann;  dass  aber  z.  B.  von  den  var.  lect, 
zu  Beil.  I  nicht  weniger  als  acht  nach  meinen  Koi^ieu  falsch 
sind,  ist  mir  doch  des  Bösen  zu  viel.  Ich  würde  allen  Mut 
zu  einer  Edition  verlieren,  wenn  Caland  Recht  hätte.  Mög- 
lich, dass  einen  Teil  der  Schuld  Kuhn  trifft;  allein  S.  209 
z.B.  wird  Anm.  4)  auch  'C  "noparyava"'  angegeben,  während 
diese  vorzügliche  und  sehr  deutlich  geschriebene  Hs.  unzwei- 
deutigst patny  avahanti  zitiert  (wie  auch  die  Münchener  Mss. 
lesen)  und  durch  krsiiäjinasyo  'pari  erklärt;  so  hat  denn  Ca- 
land die  völlig  richtige  Lesart  der  Hss.  krsnäjine  patny  ava- 
hanti durch  sein  krsnäjiuopary  avahanti  verdorben  und  den 
Inhalt  gänzlich  entstellt.  Schliesslich  habe  ich  den  Verf.  im 
Verdacht,  dass  er,  nicht  zum  Vorteil  der  Sache,  wiederholt 
Textstellen  stillschweigend  korrigiert  hat.  Da  jedoch  in  die- 
ser Hinsicht  der  Zufall  eine  Rolle  gespielt  haben  mag,  so 
darf  man  die  gerügten  Mängel  nicht  zum  Nachteil  des  Gan- 
zen allzu  hoch  anschlagen.  Es  bleibt  daher  bei  dem  allge- 
meinen Urteil,  dass  wir  in  Calands  Altind.  Ahnenkult  ein 
gediegenes  Werk  vor  uns  haben,  das  eingehenderen  Studiums 
wert  ist. 

Kiew.  F.  Knauer. 


26  Civjidityi  Saptapadartln. 

^ivädityi  Saptapadärthi:  Primum  edidit,  Prolegomena  intcr- 
pretationem  Latinam,  Explanationes  et  exempla  adiecit 
Augustus  Winter,  Dr.  phil.  Lipsiae.  Apud  H.  HarassoAvitz 
1893.     11  u.  14  u.  28  S.     8".     2  M. 

Ist  Philosophie  an  sich  schon  in  der  Gegenwart  ein  dis- 
kreditiertes Gebiet,  um  wie  viel  mehr  muss  indische  Philosophie 
unter  dieser  oberflächlichen  Verrufenheit  leiden.  Man  muss 
es  daher  denjenigen  um  so  grösseren  Dank  wissen,  die  sich 
durch  die  üppig  wuchernde  Scholastik,  welcher  der  indische 
Geist  reichlichen  Zoll  entrichtet  hat,  nicht  abschrecken  lassen, 
an  der  Blosslegung  der  Wurzeln  des  indischen  Denkens  mitzu- 
arbeiten. Obige  Schrift  bringt  einen  kurzen  Leitfaden  der 
Vaiceshikalehre  und  ZAvar  der  reinen,  nicht  mit  der  Nyaya- 
philosophie  vermischten.  Die  reine  Lehre  des  Kanada  unter- 
scheidet sich  von  den  im  Bhashapariccheda,  Tarkasamgraha, 
Tarkakaumudi  enthaltenen  gemischten  Systemen  hauptsächlich 
durch  die  Annahme  von  nur  2  Erkenntnismitteln,  der  Sinnes- 
wahrnehmung und  der  Schlussfolgerung  und  dem  Nichtgelten- 
lassen  der  Analogie  und  der  Autorität.  Der  Verfasser  der 
'sieben  Kategorieen',  in  deren  Kahmen  nur  zum  teil  Logisches, 
im  übrigen  aber  auch  Physisches  und  Metaphysisches  vorge- 
führt wird,  ist  QivAditya,  dessen  Lebenszeit  vom  Herausgeber 
vor  oder  in  das  Ende  des  12.  Jahrhunderts  gesetzt  wird. 
Dem  Text  ist  eine  im  ganzen  wohlverständliche  lateinische 
Übersetzung  nebst  erläuternden  Anmerkungen  beigefügt.  In 
der  Übersetzung  einzelner  Termini  weicht  der  Herausgeber  von 
M.  Müller,  Röer  usav.  ab.  Atma  Avird  mit  anima,  äkäga  mit 
aer  wiedergegeben.  In  den  Erläuterungen  Avird  mit  Rücksicht 
auf  Sanskritunkundige  manches  reproduziert,  was  schon  bei 
i\L  Jlüller  und  Röer  bequem  zu  lesen  Avar.  Hätte  uns  der 
Herausgeber  statt  dessen  nicht  besser  Einiges  aus  seinen 
Kommentaren  mitgeteilt?  Sagt  er  doch  selbst,  dass  z.  B.  die 
Mitabhashini  von  einem  echten  Philosophen  verfasst  sei  und 
der  grössere  Teil  dieses  Kommentars  gedruckt  zu  Avorden 
verdiente.     Aber  vielleicht  kommt  dies  noch. 

Frankfurt  a.  M.  Georg  Bie  den  kapp. 


von  Maiikowski  L.  Der  Auszug  aus  dem  Pancatantra  in 
Kshemendras  Brihatkathämanjari.  Einleitung,  Text,  Über- 
setzung und  Anmerkungen.  Leipzig,  Otto  HarrassoAvitz  1892. 
LX  u.  80  S.     8^     6  M. 

Gunädhyas  in  Pai^aci  Präkrit  abgefasste  riesige  Märchen- 
sammlung, die  Brihatkathä,    aus  den  ersten  Jlid.  unserer  Zeit- 


von  Maükowski  Der  Auszug  aus  dem  Paiicatantra.  27 

rechiuing  besitzen  Avir  zAvar  nicht  im  Original,  dagegen  in 
zwei  von  Kaslimirern  angefertigten  Sanskrit-Bearbeitungen. 
Von  diesen  ist  eine,  Somadevas  Kathasaritsagara,  selion  zwei- 
mal herausgegeben;  von  der  andern  aber,  nämlich  Kshemen- 
dras  Brihatkatharaanjari,  wurde  erst  1871  das  erste  MS.  ent- 
deckt und  sind  seitdem  erst  einige  Proben  veröffentlicht  wor- 
den. Zur  Controlle  von  Somadevas  Bearbeitung  und  zur 
Feststellung  des  Inhalts  des  Grundwerkes  ist  Kshemendras 
an  poetischem  Wert  arme  Epitome  von  grösster  Bedeutung. 
Der  das  Pancatantra  behandelnde  Abschnitt  derselben,  der  in 
oben  genanntem  Buche  zum  ersten  Male  veröffentlicht  Avird, 
beansprucht  noch  ein  besonderes  und  weiteres  Interesse,  Aveil 
sein  Inhalt  kein  ausschliesslich  indischer  geblieben  ist,  son- 
dern auch,  wie  bekannt,  in  die  Erzählungs-Litteratur  des 
Abendlandes  Eingang  gefunden  hat. 

Die  reichhaltige  Einleitung  des  zu  besprechenden  Buches 
zerfällt  in  drei  Teile.  Der  erste,  überschrieben:  Gunadhyas 
Brihatkathä  als  Quelle  von  Kshemendras  Brihatkathämafijari 
und  Somadevas  Kathasaritsagara,  behandelt  das  Geschiclnliche 
über  diese  Werke,  das  Verhältnis  beider  Bearbeitungen  zu 
einander  und  zum  GrundAverk.  Ksh.s  Epitome  ist  nicht  nur 
viel  kürzer  als  die  Somadevas,  sondern  in  ihr  stehen  auch 
einzelne  Bücher  nicht  in  derselben  Keihenfolge  Avie  in  jener. 
Der  Herausgeber  will  nun  aus  Somadevas  eigenen  Worten 
(kävyamcasya  ca  yojana)  sein  Geständnis  herauslesen,  dass  er 
einen  Teil  des  Gedichtes  anders  eingefügt  habe;  ich  deute 
dieselben  Worte  nur  so,  dass  ein  Teil  des  kdvjja,  nämlich  die 
alaiikäras,  Somadevas  Eigentum  seien,  und  möchte  glauben, 
dass  verschiedene  Rezensionen  des  Originals  bestanden  haben, 
ohne  S.s  selbständiges  Vorgehen  leugnen  zu  Avollen. 

Der  2.  Teil  handelt  von  dem  "Text  des  Auszugs  aus 
dem  Pancatantra  in  Kshemendras  Brihatkathamaiijari",  und 
der  dritte  über  "die  ältest  erreichbare  Gestalt  des  Pancatantra". 
Die  Resultate,  zu  denen  Dr.  v.  M.  gelangt  und  die  als  ge- 
sichert betrachtet  Averden  dürfen,  sind  folgende.  Da  beide 
Sanskrit-Bearbeitungen  der  Brih.  K.  das  Panc.  enthalten,  so 
hat  sicher  schon  Gunädhya  es  in  seine  Sammlung  aufgenom- 
men; seine  Version  des  Panc.  übertrifft  daher  an  Alter  alle 
andern,  selbst  das  Pehlevi-Original  des  Kalilah  o  Dimnali,  um 
mehrere  Jahrhunderte  und  ist  somit  für  die  Kritik  des  Pane. 
das  Avichtigste  Zeugnis.  Durch  die  Klarlegung  dieses  That- 
bestandes  erweist  sich  Benfeys  Annahme,  das  Pelevi-Original 
repräsentire  das  indische  GrundAverk  des  Panc.  besser  als 
die  indischen  Versionen  desselben,  als  nichtig,  wie  schon 
Bühler  bemerkt  hat,  und  damit  fallen  auch  die  übrigen  mit 
so  viel  Geist  und  Scharfsinn  aufgestellten  Hypothesen  Benfeys 


28  von  IMankowski  Der  Auszug-  aus  dem  Paucatantra. 

über  die  urspiningliche  Gestalt  des  indischen  Fabehverkes 
in  sich  zusammen.  Durch  Vergleichung;  der  verschiedenen 
Versionen  lässt  sich  nun  der  ursprüngliche  Bestand  des  Pauca- 
tantra mit  ziemlicher  Wahrscheinlichkeit  feststellen,  eine  Auf- 
gabe, deren  Lösung  Dr.  v.  M.  sich  in  dem  letzten  Teile  seiner 
Einleitung  mit  Umsicht  und  Geschick  unterzieht. 

Darauf  folgen  Text  und  Übersetzung  von  Kshemendras 
Auszug  aus  dem  Pancatantra,  eine  durchaus  saubere,  dabei 
aber  keineswegs  leichte  Arbeit;  denn  der  Herausgeber  -war 
auf  ein  einziges  Ms.  angewiesen,  dessen  zahlreiche  Fehler  er 
meist  glücklich  verbessert  hat.  In  folgenden  Fällen  aber  kann 
ich  seine  Verbesserungen  nicht  gut  heissen.  I  97  konjiziert  er 
für  (sakhe)  vaktram  'kayä  huddhyä  wegen  v.  99.  vakrakäyo 
rriddhijai,  was  metrisch  unzulässig  ist.  Muss  verbessert  wer- 
den, so  ändere  man  vaktram  in  kravyam.  Ebenso  verbietet 
das  Metrum  Kshemendras  grammatischen  Schnitzer  lahhatäm 
in  lahliefcnn  zu  verbessern,  und  II  7  vrittiynkfani  api  stJid7iam 
in  vrittyayuktam  adya  sthänam  zu  ändern.  In  III  5  giebt 
die  Lesart  des  Ms.:  pancängatn  ])ancamo  mantram  den  allein 
richtigen  Sinn,  vgl.  (^igupälavadha  2,  28  (das  pancamam 
angam  ist  slddhi  und  die  ist  kein  mantra).  Ebenso  ist  in 
III  9  grastakodauda  'den  Bogen  ergreifend'  beizubehalten; 
nya.sta"  würde  bedeuten  'den  Bogen  niederlegend',  was  Avegen 
dhanurdliara  v.  12  nicht  passt.  In  III  69  lese  man  inukhäd 
vaman  raktain\  des  Herausgebers  Konjektur  wukhodcama- 
draktah  ist  wegen  des  transitiven  Gebrauchs  von  Wz.  vam 
nicht  zulässig,  es  müsste  wenigstens  mnkhodeäntarakfah  lauten. 

Der  Verfasser  der  besprochenen  Arbeit  hat  sich  in 
Krakau  für  Sanskrit  habilitiert.  Wir  begrüssen  in  ihm  einen 
fleissigen  und  umsichtigen  Mitarbeiter,  der  in  seiner  Heimat 
neue  Kräfte  für  unsere  Wissenschaft  gewinnen  möge. 

Bonn  1893.  H.  Jacob i. 


<j}nin<lriss   der   iranisclieii  riiiloloi-ie,    herausgegeben   von 
Wilh.    Geiger    und    Ei'nst    Kuhn.      Strassburg   Trübner 
1895.     Lex.  8".     Band    I    Lieferung    1.     S.  1—160.     8  M. 
"Die  germanische  Philologie  verliält  sich  zum  Grundriss 
■der  germanischen  Philologie    wie    die    iranische  Philologie  zu 
a;."     Nach    dieser    oder    einer    ähnlichen  Gleichung    ist    ohne 
Zweifel    der   Plan    zum    Grundriss    der    iranischen    Philologie 
entstanden,    der  somit  als  eine  'Analogiebildung'   zu  bezeich- 
nen Aväre.     Das  Eigentümliche    daran   ist    nur   dies,    dass  die 
iranisclie  Philologie,    für    die    dieser    Grundriss    bestinnut    ist, 


Gnindriss  der  iranisclien  Philologie.  29" 

noch  selbst  kaum  existiert,  während  die  andern  Disziplinen, 
für  welche  Grundrisse  geschrieben  sind  oder  werden  sollen, 
schon  herangereifte  oder  gar  hochbetagte  Wissenschaften  sind. 
Was  aber  bei  diesen  berechtigt  und  wünschenswert  ist:  die 
Zusammenfassung  der  Resultate,  die  ganze  Generationen  von 
Gelehrten  gewonnen  und  in  zahllosen,  Aveitzerstreuten  Schrif- 
ten niedergelegt  haben,  passt  nicht  für  eine  werdende  Wissen- 
schaft, die  vor  allen  Dingen  noch  Resultate  liefern,  sich  eine 
feste  Basis  schaffen  und  kräftig  entwickeln  soll.  In  dieser 
Hinsicht  könnte  der  iranische  Grundriss  also  als  verfrüht  an- 
gesehen werden.  Denn  wenn  auch  die  iranische  Philologie  auf 
dem  Gebiete  des  Avesta  und  der  altpersischen  Keilinschriften 
glänzende  Resultate  zu  verzeichnen  hat,  so  hat  doch  die  Er- 
forschung der  übrigen  Gebiete  eben  erst,  zum  Teil  auch  noch 
nicht  begonnen  und  das  Geleistete  verschwindet  vor  der  Grösse 
der  zu  lösenden  Aufgaben.  Man  lese  z.  B.  was  Teufel  ZDMG. 
Bd.  36 — 38  über  die  Vorarbeiten  zu  einer  politischen  und 
Litteraturgeschichte  Persiens  und  Zentralasiens  in  neuerer  Zeit 
bemerkt^)  und  denke,  dass  der  Grundriss  demnächst  schon 
eine  ^Geschichte Irans  in  islamitischer  Zeit'  bringen  soll!  Nicht 
viel  besser  steht  es  auf  dem  Gebiete  der  modernen  iranischen 
Sprachen  und  Dialekte.  Hier  leiden  zum  Teil  noch  die  not- 
wendigsten philologischen  Vorarbeiten  und  Hülfsmittel  oder 
die  sprachwissenschaftliche  Forschung  hat,  wenn  überhaupt, 
erst  schüchtern  eingesetzt.  Selbst  ein  scheinbar  so  bekanntes 
Gebiet  wie  das  Neupersische  ist  aus  den  gleichen  Gründen 
für  die  Behandlung  in  einem  Grundriss  noch  keineswegs  reif. 
Indessen  braucht  es  doch  nicht  der  Zweck  eines  Grund- 
risses zu  sein,  nur  die  Summe  aus  der  bisherigen  Forschung  zu 
ziehen,  er  kann  vielmehr  auch  die  Aufgabe  haben,  das  Pro- 
gramm der  künftigen  Forschung  zu  entwerfen  und  zu  zeigen, 
was  noch  zu  leisten  ist,  indem  er  die  vorhandenen  Lücken 
unseres  AVissens  nicht  verhüllt,  sondern  diese  scharf  hervor- 
treten lässt  und  sich  nicht  scheut,  da  nur  Bruchstücke  zu 
geben ,  wo  zusammenhängendes  Wissen  bisher  noch  nicht 
erreicht  worden  ist.  In  der  Annahme,  dass  dieses  die  Auf- 
gabe ist,  die  der  iranische  Grundriss  für  jetzt  lösen  soll, 
begrüsse  ich  sein  Erscheinen  und  hoffe,  dass  er  nun  selbst 
eine  iranische  Philologie  im  weitesten  Sinne  des  Wortes  zu 
schaffen  helfen  wird. 


1)  Vgl.  Bd.  XXXVI  236:  "Aber  es  ist  thöricht,  ciiion  sok-lien 
Rück-  und  Ausblick  dann  schon  thun  zu  wollen,  Avcnn  erst  wenige 
Schritte  des  ungeheuren  Weges  zurückgelegt  sind,  wenn  noch  fast 
gar  nichts  von  dem  geleistet  worden,  Avas  vor  allem  zu  leisten 
nach  aller  P^insichtigen  Urteil  selbstverständlich  und  unalnveis- 
bar  ist". 


30  Grundriss  der  iranischen  Philologie. 

Statt  der  in  Aussicht  gestellten  Einleitung-:  "Geschichte 
■der  iranischen  Philologie"  bietet  die  erste  Lieferung  die 
"Vorgeschichte  der  iranischen  Sprachen"  nebst  einem  Stück 
des  zweiten  Teiles  "Awestasprache  und  Altpersisch"  von 
Bartholomae.  In  dieser  Vorgeschichte  S.  1 — 151  konstruiert 
B.  von  der  indogermanischen  Urspi'ache  ausgehend  und 
sich  -wesentlich  auf  Zend  und  Altpersisch  stützend  die  ira- 
nische Ursprache;  indem  zweiten  Teile  S.  152  fiF.  zeigt  er, 
welche  Veränderungen  die  ermittelten  uriranischen  Sprachfor- 
men im  Zend  und  Altpersischen  erfahren  haben.  Beide  Teile 
zusammen  geben  die  Grammatik  (Laut-  und  Formenlehre)  der 
beiden  altiranischen  Sprachen  in  streng  historischer  Entwick- 
lung. Eine  solche  Darstellung  kann  und  will  natürlich  nicht 
praktischen  Zwecken^)  dienen,  sie  setzt  vielmehr  die  Kenntnis 
der  behandelten  Sprachen  voraus,  die  sie  nur  wissenschaftlich 
erklären  will.  Dies  thut  nun  B.s  Werk  in  vorzüglicher  Weise. 
B.  l)eherrscht  nicht  nur  das  altiranische  und  das  in  Betracht 
kommende  indogermanische  Material  nebst  einschlägiger  Litte- 
ratur  vollkommen  sondern  weiss  auch  scharfsinnig  und  kühn 
zu  kombinieren  und  handhabt  eine  ebenso  sichere  Avie  schnei- 
dige Methode,  die  ihn  nur  bei  irriger  Voraussetzung  nicht 
zum  Ziele  führt  und  die  mit  der  Willkür,  die  in  gramma- 
tisch-etymologischer Beziehung  so  lange  auf  iranischem  Ge- 
l)iete  geherrscht  hat^),  für  immer  aufräumt.  Dank  diesen 
Eigenschaften  hat  B.  eine  Arbeit  geliefert,  die  auf  dem  Ge- 
biete der  wissenschaftlichen  ur-  und  altiranischen  Grammatik 
die  erste  Stelle  einnimmt  und  voraussichtlich  noch  lange  mass- 
gebend und  führend  bleiben  wird.  Es  ist  nur  dringend  zu 
wünschen,  dass  die  Benutzung  dieser  trefflichen  Arbeit  bal- 
digst durch  Zugabe  eines  ausführlichen  Index  erleichtert  werde, 
da  sich,  wie  ich  fürchte,  ohne  einen  solchen  gar  Viele  schwer 
oder  nicht  darin  zurecht  finden  werden. 

Selbstverständlich  ist  die  Arbeit  auch  nicht  frei  von  Irr- 
tümern, sei  es  dass  B.  in  manchen  Fällen  das  iranische  Material 
noch  nicht  von  einem  sicliercn  uriranischen  oder  idg.  Stand- 
punkt aus  beurteilen  kann  oder  dass  er  seine  Theorien  auf 
falsch  beurteilte  iranische  Formen  oder  Wörter  stützt.  Besonders 
bei  seltenen  Avestawörtern,  die  B.  behandelt,  dürfte  es  sich 
empfehlen,  immer  zu  prüfen,  ob  ihre  Bedeutung  durch  den  Zu- 


1)  Für  diese  wird  man  sicli  l)esser  an  Jacksons  Avesta  Gram- 
mar  halten. 

2)  Man  bedenke,  dass  ich  z.  B.  noch  ZDMG.  XXXV  G64  die 
von  Roth  und  Geldner  wiederholt  verteidi^-te  Gleichnng  zd.  urvis 
=  skr.  vart  wiederholt  liabe  bekäniplen  müssen.  Vielleicht  sieht 
Geldner  jetzt  ein,  dass  ich  schon  damals  Recht  hatte,  zd.  nrvi.f  auf 
idg".  K-rili^,  dagegen  skr.  rarf,  rrf  auf  idi;'.  rerf,  vrt  znrückzuführen. 


Grimdviss  der  iranischen  Philolog-ie.  31 

sammenhang  der  Stellen  oder  g-ute  Tradition  ^)  cfesichert  oder 
ob  sie  nur  durch  die  Etymologie  gewonnen  ist,  in  welchem  Falle 
der  letzteren  gegenüber  Vorsicht  am  Platze  ist.  Auch  bei  den 
Erklärungen  neupersiseher  Formen  laufen  verschiedene  Irrtümer 
unter,  weil  B.  das  Mittelpersische,  aus  dem  das  Neupersische 
hervorgegangen  ist,  nicht  oder  ungenügend  zu  Rate  zieht  und 
das  Neupersische  meist  direkt  aus  dem  Indogermanischen 
oder  Uriranischen  erklärt.  Dies  Verfahren  ist  prinzipiell  falsch, 
auch  wenn  es  zufällig  zu  richtigen  Resultaten  führt. 

Die  Darstellung  B.s  ist  —  den  ihm  auferlegten  Bedin- 
gungen gemäss  —  sehr  knapp,  nach  meiner  Ansicht  zu  knapp. 
So  ist  es  allerdings  der  Brauch  in  Grundrissen,  aber  kein 
guter  Brauch.  Die  an  sich  trockene  Grammatik  wird  dadurch 
noch  unerquicklicher  und  für  weitere  Kreise,  auf  die  doch 
solche  Grundrisse  berechnet  sind,  unverständlich.  Daher  wird 
auch  mancher  Satz  B.s,  wenn  auch  wohl  erwogen  und  gut 
formuliert,  gar  manchem  Leser  unverständlich  bleiben,  zumal 
Avenn,  wie  meist  geschieht,  statt  der  Begründung  nur  kurze 
Litteraturhin weise  gegeben  werden.  So  knapp  aber  die  Dar- 
stellung B.s  ist,  ebenso  reichhaltig  ist  der  auf  verhältnismäs- 
sig engem  Räume  zusammengedrängte  Inhalt,  so  dass  ein  nä- 
heres Eingehen  auf  denselben  ganz  unmöglich  ist.  Es  sei 
mir  gestattet,  hier  nur  einige  Punkte  zu  erörtern,  die  beim 
ersten  Studium  des  Buches  mein  Interesse  zufällig  in  Anspruch 
genommen  haben. 

§  5.  B.s  Bemerkung  über  np.  gösäla  ist  richtig,  vgl. 
P.  St.^)  S.  95.     Nur   sollte  B.    das   am  Ende   der  up.  Wörter 


1)  Dass  B.  bei  seinen  Forschung-en  die  Par^entradition  bisher 
kaum  berücksichtig-t  und  verwertet  hat,  kann  ich  niciit  billig'en, 
Avenn  sie  auch  öfter  wertlos  ist.  Der  Wert  der  Tradition  ist  frü- 
her von  Spieg'el  überschätzt,  von  Roth  und  Geldner  unterschätzt 
Avorden.  Ich  habe  immer  mit  Haug*  den  Standpunkt  eing-enommen, 
dass  die  Tradition  sehr  wertvoll  für  den  Vendidad  und  jüng-ere 
Jasna,  von  sehr  geringem  Werte  für  die  Gathas  ist.  Vg*l.  Ein  zo- 
roastrisches  Lied  (1872)  S.  9,  Avestastudien  (1S73)  S.  639  ff.,  l)eson- 
ders  S.  642:  "Die  Ausbeute  (aus  der  Pehleviübersetzung-)  wird  frei- 
lich eine  verschiedene  sein:  reich  für  den  Vendidad,  befriedigend 
für  den  ji^ng-ern  Jasna,  aber  dürftig-  für  die  Gathas."  Zu  dieser 
Ansicht  hat  sich  jetzt  endlich  aucli  Geldner  bekehrt,  der  in  den 
Proleg'omena  S.  XLVIII  seiner  Ausgabe  des  Avesta  (Stuttgart  1895) 
bemerkt:  "Ich  gestehe  jetzt  unumwunden  ein,  dass  mein  anfäng- 
licher Standpunkt  den  einheimischen  Ivommentaren  gegenüber  ein 
falscher  war.  Meine  frühere  mit  anderen  geteilte  Geringachtung" 
dieses  Werks  hat  im  Lauf  der  Arbeit  steigender  Wertschätzung 
Platz  gemacht.  —  Obenan  steht  die  \'endidäd-Cbersetzung,  an  zwei- 
ter Stelle  kommt  diePehlevi-Übersetzung  des  Jasna  und  desKhorda- 
Avestä." 

2)  P.  St.  ^  meine  Persischen  Studien,  Strassburg  1895. 


32  Grundriss  der  iranischen  Philolooio. 

in  der  Schrift  erscheinende  Ti,  wenn  es  nicht  lautbar  ist, 
auch  nicht  umsclireiben,  wie  es  im  ganzen  Werke  geschieht. 
Denn  es  hat  keinen  Sinn,  dass  wir  uns  der  unvollkommenen 
arabischen  Schrift  hier,  wo  sie  uns  nur  irre  führt,  eng  an- 
schliessen,  da  wir  sie  doch  nicht  Zeichen  für  Zeichen  wieder- 
geben können.  —  B.s  Erklärung  des  langen  ä  von  np.  mühi 
'Fisch'  aus  *massya-  =  zd.  masya-  durch  Verschiebung  der 
Silbengrenze  befriedigt  nicht,  so  lange  nicht  durch  mehrere 
Beispiele  die  Giltigkeit  der  Eegel  erwiesen  wird:  kurzer  Vo- 
kal -f-  geminierter  Konsonant  Avird  unter  bestimmten  Umstän- 
den zu  langem  Vokal  +  einfachen  Konsonant.  Die  Kegel 
wäre  nicht  uriranisch  (vgl.  zd.  masya-)  und  nicht  einzel- 
sprachlich (vgl.  g.  miim,  kurd.  mäsl).  Vielleicht  ist  westira- 
nisch *mäsiya-  =  medisch  *masiya-,  ap.  *mäßiya-  anzusetzen, 
vgl.  P.  St.  110,  219.  Andere  Fälle  von  np.  «  =  zd.  skr.  ä 
s.  P.  St.  132.  —  §  8.  Ich  füge  hier  hinzu  ap.  *pi"du-' Brücke' 
(=  zd.  pdrdtu-),  s.  P.  St.  195,  207.  Als  uriranisch  ist  übri- 
gens keine  der  angeführten  Formen  erwiesen.  —  Zd.  gen. 
zairicyä  'der  goldäugigen'?  Es  kommt  nur  einmal  als  Name 
einer  Frau  vor  und  seine  Bedeutung  ist  nicht  sicher.  Die 
Endung  -anc,  -ac  hat  weder  im  Indischen  noch  im  Iranischen 
(Joh.  Schmidt  Pluralb.  391,  Barth.  IF.  II  267)  die  Bedeutung 
'Auge'  bewahrt  (vgl.  skr.  cvitlct  'glänzend').  Zd.  ayasyä 
(gen.)  'der  Dämon  des  bösen  Blickes'  kann  mit  zd.  asi  (statt 
idg.  ok-)  gebildet  sein,  vgl.  zd.  xsvasasi-  'sechsäugig'.  — 
§  9.  Wo  findet  sich  fänkavö  'Berge'?  Im  Nirangistan?  Bei 
allen  nicht  von  Justi  verzeichneten  Wörtern  hätte  die  Beleg- 
stelle angeführt  werden  sollen.  —  §  12.  Skr.  ch  (aus  Ä'Ä)  soll 
=  iran.  .v  sein  wegen  zd.  sandin  'Grabscheit'  :  skr.  Ahani- 
tram  'Schaufel';,  np.  rls  (res)  'Bart'  :  osset.  rexe  und  zd. 
hasi-  'Freund'  =  skr.  sal-hi-.  Zd.  .sdUdm  ZPGl.  S.  19,  Z.  3  wird 
durch  phl.  teg,  das  doch  nur  =  np.  tey  'Spitze,  Schwert* 
sein  kann,  übersetzt  und  passt  daher  nicht  zu  skr.  l'Jianitram 
'Schaufel'.  Die  Etymologie  von  np.  r7.v  'Bart'  (nach  P.  St. 
()8  =  iran.  *i'lsa-)  ist  dunkel  und  seine  Zugehörigkeit  zu 
osset.  rexe  nicht  sicher.  Zd.  hasi-  könnte  durch  Eintluss  der 
obliquen  Kasus  (dat.  ha.se  usw.)  für  haxi-  eingetreten  sein. 
So  bedarf  die  Regel  noch  der  Stützen.  —  §  13.  Zu  iran.  laii 
=  skr.  I-Jian  vgl.  P.  St.  88  Anm.  —  §  24.  Ich  halte  die  alte 
Auffassung,  wonach  iran.  hn  zu  mn,  iran.  dn  zu  7m  =  n 
wird,  noch  nicht  für  widerlegt.  Iran,  lammi-  geht  auf  Hahna- 
=  idg.  Ixmbhiiö-  zurück;  ein  iran.  Han/hna-  hätte  erst  naeli 
dem  Komparativ  *l-amhyah-  neugebildet  sein  müssen.  Das 
von  B.  angeführte  zd.  (jdrdwnäiti  kann  Neubildung  sein  für 
urspr.  ^'(/rtiinäti  nach  den  Formen,  in  denen  gftrdw  {aus  f/rh, 
f/rhJi)  erlialten  w.ir.     Vgl.  ferner  np.  gfnii  'verloren'  =  iran. 


Grundriss  der  iranischen  Philologie.  33 

*gtihna-  (ksl.  gtjlmqti)  nach  Fr.  Müller  WZKM.  IX  81 ;  np. 
sikanam  'zerbreche'  =  arisch  '^'slxadnämi  und  den  späteren 
Übergang  von  anl.  dm  in  nm  in  zd.  nmäna  =  gd.  dmana- 
(geschriebei"!  ddmäna-)  'Wohnung'.  —  §  28,  2.  Die  Bemer- 
kung über  zd.  xawza-  :  np.  häza  ist  falsch,  vgl.  P.  St.  56 
und  89.  —  §  29.  Zu  np.  gurs  s.  P.  St.  92.  —  Die  Bedeu- 
tung von  fmmd  'Heerdenbesitzer'  halte  ich  nicht  für  sicher. 

—  §  40.  Phl.  öpasfUn  ist  ein  Unding  und  existiert  nicht. 
Der  Infinitiv  lautet  öpastan,  das  Verbalnomen,  das  regelmäs- 
sig vom  Präsensstamni  gebildet  wird,  öft(i)sn,  wie  Hörn  Grdr. 
92  richtig    angegeben  hat    und  wie  Ys.  43,  4    deutlich  steht. 

—  §41.  Wo  findet  sich  phl.  azdln'^  —  §43.  Zd.  aicz  (af.s-) 
soll  =  arisch  ^ahzh-  aus  '-^abhs-  sein  und  zu  skr.  ämbhas- 
gehören.  Also  awz-  aus  idg.  *mhhs-  =  *emhhes-?  Wo  lie- 
gen solche  Verkürzungen,  bei  denen  die  beiden  Vokale  eines 
zweisilbigen  Wortes  ausfallen,  sonst  vor?  —  §49.  Ich  nehme 
an,  dass  np.  sk  {silxastan  usw.)  lautgesetzlich  für  ap.  sk  ein- 
tritt, P.  St.  219.  —  §  50.  Mit  Sicherheit  können  hierher  nur 
die  Ausdrücke  für  'sechs'  :  zd.  xsvas  usw.  gestellt  werden. 
Aber  Kretschmers  Annahme,  dass  hebr.  ses  'sechs'  auf  arisch 
'^svas  eingewirkt  habe,  musste  bestimmt  zurückgewiesen  wer- 
den. —  §  51,  2.  Zd.  zazuH-  (tdmö)  für  *hazu6--  aus  idg.  ^e- 
zyli-us  ist  mir  unwahrscheinlich.  — ■  §  52.  Np.  farl  'gratus, 
bonus'  könnte  ebensogut  =  zd.  friya-  wie  zd.  '^frida-  sein. 
Entscheiden  müsste  die  Pehleviform,  die  leider  nicht  vorliegt, 
da  zd.  friya-  durch  phl.  döst,  zd.  fri&a-  durch  phl.  fraväft 
wiedergegeben  wird.  Doch  ist  die  Etymologie  überhaupt 
nicht  sicher^).  —  §  53,  I,  2.  Die  Bedeutung  von  zd.  vaw- 
zcika-  (nach  B.  ==  'Spinne')  ist  noch  ganz  unsicher.  —  II,  5. 
Darmesteter  Etud.  iran.  II  303  übersetzt  zd.  misti-  nach  der 
Tradition  durch  'immer'.  —  §  55.  Der  Wechsel  von  k^-  und 
k^  -  Lauten  im  Zend  scheint  mir  durch  diesen  Paragraph 
nicht  erwiesen  zu  sein.  Np.  kai'r  'taub'  ist  doch  der  Be- 
deutung wegen  von  zd.  karsna  'die  Ohren'  (böser  Wesen), 
skr.  kdrna-  zu  trennen.  Vgl.  Ilorn  Grdr.  Nr.  845,  IF.  III 
169  Anm.  Auf  keinen  Fall  gehören  sie  zur  Wz.  kUeu  (zd. 
sru,  skr.  cru)  'hören'.  —  Für  np.  surüd  ist  suröd  zu  lesen, 
P.  St.  75.  —  Dass  zd.  ardsa-  'Bär'  (=  np.  xirs)  mit  dem 
Eigennamen  zd.  r)ra,c.sa-  (=  np.  Aris)  identisch  ist,  lässt 
sich  durchaus  nicht  erweisen.  Eine  Veranlassung  zur  Ver- 
knüpfung der  nach  Laut  und  Bedeutung  vollkommen  getrenn- 
ten Wörter  liegt  nirgends  vor.  —  Für  das  eine  zd.  a'iwix- 
soldne  'zum  Bewohnen'  (nur  vd.  II  an  zwei  Stellen,  die  iden- 


1)  Hörn  Grdr.  Nr.  827    belogt    das    Wort    nicht.     Ich   finde  es 
bei  Fird.  I  28,  91,  wo  Rückort  es  durch  'froh'  übersetzt. 
Anzeiger  VI  i  u.  2.  3 


34  Grundriss  der  iranischen  Philologie. 

tiseli  sind)  ciuc  Wz,  xM  statt  der  sonst  im  Avesta  gut  be- 
zeug-tcn  Wurzel  .sl  (ZDÄIG.  XXXVIII  429)  anzunehmen,  bat 
Avenig"  für  sich.  Ich  halte  alwi-xM  gegenüber  aiwi-.sl  'woh- 
nen' Yt.  10,  TT  (aiwisayamna-,  aiwimyana-)  für  ünursprüng- 
lich.  Vgl.  zd.  frapixstsm  nach  §  86  für  '^■^frapistdin,  phl. 
ätaxs  für  ütas  usw.  Auf  den  Namen  AmiEic  ist  natürlich 
nichts  zu  geben.  —  Zd.  agusta-  Ys.  31,  1  'unangenehm'  (zu 
hören,  sc.  Worte)  ist  sonst  durch  'ungehört,  unerhört''  über- 
setzt und  zur  Wz.  gu.^  'hören'  gestellt  worden,  was  doch 
möglich  ist.  Gegensatz  ist  vahista-  'beste'.  —  Bai.  zarjös 
'geldliebend'  mit /ö-v  für  2ö-s'  steht  mir  nicht  fest.  Wo  findet 
sich  das  Wort?  Geiger  führt  in  der  Lautlehre  zar  als  pers. 
LehnAvort  an  (wie  schon  Dames)  und  erwähnt  jös  (s.  Laut- 
lehre §  28:  /)  nicht  wieder.  —  Zd.  hunjainU  heisst  nicht: 
'sie  nützen'  sondern  'sie  retten'.  Über  zd.  l)uj  'lösen,  ab- 
legen, befreien,  retten'  habe  ich  ZDMG.  XXVI  45T  gehandelt 
und  das  Richtige  getroffen^).  Zu  zd.  huj  gehören  arm.  hu- 
zem  'heile,  rette,  befreie'  (als  Lehnwort),  phl.  pcäz.  höxtan 
.'retten,  erlösen',  bal.  hözaj,  höjag  'öffnen,  lösen,  losbinden', 
vgl.  meine  Armen.  Studien  S.  53,  Geiger  Etym.  des  Bai. 
Nr.  48,  Hörn  Grdr.  S.  2T0.  Ob  das  N.  pr.  hujasravah-  'Ruhm 
geniessend'  oder  etwas  anderes  bedeute,  ist  fraglich.  Zd. 
hüsti-  könnte  wohl  'Genuss'  bedeuten,  es  kommt  aber  nur 
einmal  in  den  Gäthäs  Ys.  43,  8  vor  und  sein  genauer  Sinn 
steht  nicht  fest.  In  keinem  Falle  gehört  es  zu  zd.  htij.  — 
Zd.  dardzay-  'fesseln,  fest  machen'  scheidet  sich  auch  in  der 
Bedeutung  von  zd.  c^r-öfi 'halten';  zd.  cZr^??«/ heisst  sonst  immer 
'rezitieren',  nur  Vd.  9,  14  (=  41  bei  Spiegel)  heisst  es  'be- 
festigen' (Darmesteter  'allonger'?),  was  höchst  auffällig  ist 
und  der  Untersuchung  bedarf.  —  Zd.  azgatö  findet  sich  nur 
Yt.  13,  lOT  und  seine  Bedeutung  lässt  sich  in  Ermangelung 
aller  Ilülfsmittel  nur  erraten,  jedenfalls  aber  nicht  sicher  er- 
weisen. Die  Gleichung  zd.  azgatö  =  griech.  äcxexoc  zeigt 
Avieder  die  feine  Kombinarionsgabe  des  Verfassers,  ist  aber, 
so  lange  der  Sinn  von  azgatö  fraglich  bleibt,  nicht  sicher 
genug,  um  als  Stütze  für  eine  Wurzel  segVi  neben  dem  fest- 
stehenden seg^h  =  iran.  Jiaz  zu  dienen.  —  §  5T.  Das  Altper- 
sische hat  den  r- Vokal  noch  gehabt,  s.  P.  St.  143—150.  — 
§  6(J.    Zu   zd.  rai-rwiis    füge    hinzu    bal.    gvarm    'Brandung', 


1)  Auch  in  lU'zug  auf  die  Wurzel  ?)«/•  '  Aer\virken'  (durch 
grosse  Sünde),  (leidner  hat  meine  Dciitiin<4'  natürlicii  verworfen 
\u\<\  pur  erst  durcii  '  ausschliessen",  dann  durch  '  verdannnen',  neuer- 
dinj^-s  iIvZ.  XXX  510)  durch  'Aerfallen'  üliersetzt  mit  dem  g'eg-en 
nücii  g-ericliteten  Zusatz:  "nicht  verwirken".  Als  ob  (pesö-tajiu) 
'mit  verwirktem  T^tübj^'  so  verschieden  wäre  von  'mit  verfallenem 
Leibe!     Zu  zd.  p(tr  geliürt  das  arm.  Lehnwort  jxtrt-k  "ScliiUd'. 


Grundriss  der  ircanischen  Philologie.  35 

üeiger  Etym.  des  Bai.  Nr.  141.  —  §  69  Anm.  B.  hält  Brug- 
niamis  Satz:  idg.  o  in  offener  Silbe  =  skr.  ä  für  falsch,  ich 
lialte  ihn  für  richtig.  Auf  arm.  ekul  3.  Pers.  Aor.  darf  sich 
B.  nicht  berufen.  Denn  dass  die  arm.  Wurzel  lud  'verschlin- 
gen', von  der  alle  Verbalformen  abgeleitet  sind,  ihr  ti  von 
dem  ö  (=  arm.  u)  des  spurlos^)  verschwundenen  Perfekts 
^gegöle  oder  ""'göle  bezogen  habe,  lässt  sich  nicht  wahrschein- 
lich machen.  —  §  76.  In  diesem  und  mehreren  späteren  Pa- 
ragraphen wird  ein  phl.  hU  'geworden'  nebst  verwandten 
Formen  zu  lat.  fief,  f'ifum,  fUe  gestellt.  Dazu  lädt  ap.  hlyä, 
der  Optativ  von  hü,  allerdings  ein.  Aber  Pehleviformen  ge- 
genüber ist  grosse  Vorsicht  nötig.  B.  nimmt  ein  phl.  hit 
'geworden'  an  nach  Hörn  Grdr.  Nr.  233  =  BB.  XVII  264, 
wo  auf  Phl.  Vd.  159,  Z.  2  verwiesen  wird.  Dort  steht:  axar 
guft  hlt  (=  het)  'dann  ist  gesagt'.  Ich  lese  het  und  nehme 
an,  dass  h-et  hier  für  phl.  yalivün-et  steht  und  also  havat 
zu  lesen  ist.  Vgl.  Gl.  and  Ind.  S.  83:  "3.  Sg.  Pres,  het  sub- 
stituted  for  tjehevünet;  2.  Sg.  Ipt.  häs  substituted  for  ijehe- 
vü7iä.s\  3.  Sg.  Conj.  hat  substituted  for  yehevünät"  Das  Par- 
tizipium der  Wurzel  hü  =^  skr.  hhü  lautet  im  Phl.  hüf  = 
np.  hüd,  eine  Nebenform  *hU  liegt  bis  jetzt  nicht  vor.  — 
Von  der  Form  np.  had  3.  Sg.  Konj.  nehme  ich  an,  dass  sie 
aus  hacät  ^=  ap.  havütiy  kontrahiert  ist,  P.  St.  168.  Np.  hld 
'seid'  lautet  in  älterer  Zeit  hed  und  könnte  also  =  ap.  *&a- 
vaitä  2.  PI.  Opt.  Präs.  sein.  Np.  huvam,  huvad  usw.  führe 
ich  auf  älteres  havain,  havad  usw.  (vgl.  ap.  ahavam,  ahaca, 
havätiy)  zurück;  in  htiväd,  huvid  sehe  ich  Neubildungen  nach 
piirsäd,  pursld  usw.  Im  Übrigen  kommt  alles  darauf  au, 
wie  die  mp.  Formen  lauteten-)  und  ZAvar  in  der  gesproche- 
nen Sj)rache.  Denn  auf  die  geschriebenen  Päzendformen 
(vgl.  3.  Sg.  Präs.  hahöd,  zu  lesen  havad)  ist  kein  Verlass.  — 
Über  den  Wechsel  von  5  und  sp  siehe  P.  St.  76,  77,  123, 
178.  Die  Verhältnisse  sind  noch  nicht  klar.  Für  arm.  aspa- 
dez  lies  asparez.  —  §  80,  1  und  2.  Ich  nehme  an,  dass  das 
idg.  Wort  für  'Ferse'  (persni-J  das  r  unter  keinen  Umstän- 
den verlor  und  erst  die  iranische  Ursprache  r  nach  langem 
Vokal  vor  ,sn  auswarf.  Vgl.  die  iranischen  Formen  bei  Hörn 
Grdr.  Nr.  276.  Nach  kurzem  Vokal  blieb  uriran.  r  vor  sn 
bestehen.  —  Idg.  mens-  'Mond'  =  np.  mäng  usw.  P.  St.  97, 
219.  —  Zd.   pa.sndm    'Augenlid'   (ZPGl.   =  phl.  pes   i   ca,sm 


1)  Spuren  des  Perl'ektunis  sind  l)is  jetzt  im  Armenischen  über- 
haiipt  nicht  nachg-ewieseu  worden. 

2)  Das  Verbum  war  deshalb  so  unregelmässig-,  Aveil  auf  viele 
seiner  Formen  die  P.  St.  168  entwickelten  "Kontraktionsgesetze  An- 
wendung fanden. 


36  Grundriss  der  iranischen  Philologie. 

'was  vor  den  Augen  ist')  hat  mit  zd.  sjxis,  skr.  jjrrg  'sehen' 
nichts  zu  thun.  Das  Lid  ist  doch,  wie  d.  Augenlid  besagt, 
der  Augendeckel!  Fr.  Müller  hat  das  Wort  iDCSser  zu  skr. 
paJc.sman-  'Augenwimpern'  gestellt.  —  Über  np.  |9arrt?2fZ  s. 
Hörn  Grdr.  Nr.  293  und  vgl.  Nr.  78.  —  Die  Bedeutung  von 
zd.  naezsm  steht  noch  nicht  fest,  es  fragt  sich  daher  auch, 
ob  es  aus  *snaezdm  entstanden  ist.  —  §  86.  Für  B.s  Ansatz: 
Präs.  histaiti  'steht'  :  einf.  Aor.  xstät  'trat,  ging'  spricht  der 
Umstand,  dass  der  einfache  Aorist  stät  im  Awesta  fehlt.  Für 
paitistät  hat  die  Neuausgabe  paitimt.  —  Wo  findet  sich  snus 
'befriedigend'  und  wie  ist  es  bezeugt?  Die  reduplizierten 
Formen  ci-o'.smis-  und  lin-xsnu-  scheinen  mir  doch  mehr  für 
eine  Wurzel  ksjiu  zu  sprechen  trotz  S.  55  Nr.  2.  Man  er- 
wäge die  von  B.  vorausgesetzte  Entwicklung:  idg.  si-snit  usw. 
=  arisch  si-mu-s  =  iran.  hl-hm.s,  dann  mit  xs  für  s  (von 
der  Anlautsform  x.smi  aus  snu)  hi-xsnus,  daraus  zd.  ci-x.snu 
neben  Jcu-xsnu  und  vgl.  dagegen  Formen  wie  zd.  ztxsndn- 
hemna-  (aus  arisch  zi-znä-s,  idg.  gH-g^nö-s)  und  zd.  hisiÖyät 
(=  idg.  se-sJc%id-yet-).  Oder  man  sollte  mit  Rücksicht  auf 
die  Neubildungen  zd.  miniarö,  sumyqm  wenigstens  *xi-xs- 
nus,  ^xuxsnu  für  ci-xsnu-s,  kuxmu  erwarten.  Im  Übrigen 
behält  B.  Recht,  wenn  er  im  iranischen  Anlaut  -s-  vor  Kon- 
sonanten zu  xs  werden  lässt.  —  §  88.  Zu  np.  dar  aus  drar 
vgl.  np.  dlgm'  =  dadigar,  phl.  datlgar  zu  ap.  duvitiya-,  P, 
St.  166.  —  §  89.  Die  Identifizierung  von  zd.  x^ardnoh-  mit 
ap.  farnah-  macht  Schwierigkeiten,  da  nur  hier  f  für  x'^  er- 
scheint und  im  Neup.  fnrreh  und  x^arreh  nebeneinander  lie- 
gen. Nach  B.  hatte  man  sich  die  Entwickelung  in  folgender 
Weise  zu  denken.  Arisch  *suar-  wurde  uriran.  zu  ^livar- 
und  *.'z;^'fl7'-;  iran.  *hvar-  ist  =  zd.  *hi'ar-  (hvaraxmeta-)  und 
ap.  *''uvar  fnp.  hör  'Sonne');  iran.  *x'^ar-  ist  =  zd.  *.r'rtr 
(vgl.  Gen.  x'eng  "der  Sonne'  aus  idg.  '^svens)  und  ap.  '^x^'ar, 
das  in  dem  einen  Dialekt  erhalten  blieb  =  mp.  np.  .r*'«?'  in 
x^'arsed,  xurseÖ  'Sonne',  x'arfrjeh,  xurreh  'Glanz',  in  dem 
andern  Dialekt  (der  Keilinschriften)  zu  */'ar  wurde  :  ap.  far^iah- 
=  np.  farr,  farreh  'Glanz'.  Das  Mittel-  und  Neupersische  ist  dia- 
lektisch gemischt  und  hat  daher  farr,  farreh  neben  xurreh.  — 
§  90.  Ist  anl.  .sy  (aus  cy)  schon  uriranisch  "im  Satzanlaut'  zu  s 
geworden  oder  erst  cinzelspraclilich?  Im  Ap.  liegt  .s-?y,  im  Np. -v 
(np.  Osiyäna  kommt  als  unsicher  nicht  in  Betracht,  P.  St,  7 — 8), 
im  Gd.  sy  (mit  einziger^)  Ausnahme  von  saralte  Ys.  29,  3,  das 
B.  noch  IF.  II  267  slvaite  lesen  wollte),  im  jüngeren  Awesta  .v 
(mit  Ausnahme  von  .syaodna-,  das  aber  auch  dem  Gäthädia- 
lekt  angehört).     Zur  Entscheidung  dieser  und  vieler  anderen 


1)  Für  Justis  saväi  Ys.  33,  8  liat  die  Neuausg-abe  synväi. 


Grundriss  der  iranischen  Philologie.  37 

Fragen  wird  einmal  die  Lautlehre  der  modernen  iranischen 
Sprachen  schärfer  und  gründlicher  untersucht  werden  müssen 
als  es  bisher  geschah,  und  ferner  wird  künftig  auch  zwischen 
uriranischer  und  gemeiniranischer,  zwischen  ost-  und 
westiranischer  Entwicklung  zu  unterscheiden  sein,  ähnlich 
wie  es  im  Germanischen  geschieht.  Denn  es  giebt  auch  im 
Iranischen  viele  Erscheinungen,  die  allen  oder  vielen  Dialek- 
ten gemeinsam  sind,  ohne  darum  uriranisch  zu  sein.  Vgl. 
die  Entwicklung  der  fc-Sufßxe,  der  Passivkonstruktion  usw. 
Dieser  Gesichtspunkt  ist  bisher  mit  Unrecht  ausser  Betracht 
geblieben.  —  §  95.  Ich  halte  den  BeAveis,  dass  die  leichten 
Vokalreihen  ein  tiefstutiges  9  =  arisch  i  hatten,  noch  nicht 
für  erbracht.  —  §  97,  5.  Ich  setze  ap.  ziirah  "Unrecht,  Falsch- 
heit' mit  langem  ü  an  wegen  np.  ziü'  ZDMG.  XLVI  329.  — 
§  100.  Zd.  päiti  in  päitivcll'e  ist  eine  Nebenform  zu  paiti 
und  liegt  auch  im  Persischen  vor,  vgl.  P.  St.  133,  193.  Ist 
p)äiti  =  griech.  ttoti?  —  §  107 — 110.  Die  np.  Präsensendun- 
gen i,  im,  id  (älter  ^,  Im,  ed)  hat  B.  falsch  erklärt.  Vgl. 
Darmesteter  Etud.  iran.  I  190 — 192  (wo  aber  die  Endung  der 
2.  P.  Sg.  falsch  als  e  angesetzt  ist,  während  sie  auch  in  älte- 
rer Zeit  i  lautete,  also  nicht  aus  aya  entstanden  sein  kann). 
—  §  122  flg.  Die  Zahl  der  Präseusklassen  ist  hier  wie  in 
Brugmanns  Grundriss  zu  hoch  angesetzt.  Besonders  fraglich 
scheinen  mir  Kl.  4  (die  np.  Formen  gehören  alle  der  10.  ind. 
Klasse  an;  die  Erklärung  der  Präterita  np.  däst  usw.  ist 
falsch),  Kl.  19  (die  np.  Formen  sind  ganz  junge  Neubildungen, 
zudem  griech.  tutttud  doch  Avohl  aus  *tuttjuj  entstanden),  Kl.  20, 
21,  25,  28.  —  §  131.  Über  np.  sunüdan  'hören'  s.  P.  St.  d)2, 
über  np.  glravam,  das  nicht  aus  '^vrnav-  entstanden  sein  kann, 
s.  P.  St.  162.  —  §  132.  Über  burridan,  darridan  s.  P.  St. 
28  und  62.  —  Die  Bemerkungen  über  die  np.  Präsensendun- 
gen Im,  id  sind  zu  streichen.  —  §  136.  Zu  dös  'melken' 
vgl.  P.  St.  64,  234.  —  §  142.  Streiche  Nr.  1,  denn  np.  tcf- 
tcldan  ist  Analogiebildung  nach  estcidan  P.  St.  15 — 16.  — 
§  143.  Die  Beurteilung  der  np.  Formen  halte  ich  durchgän- 
gig für  falsch.  —  §  148.  Zu  np.  mirad  vgl.  P.  St.  145.  — 
§  151.  Die  angeführten  Formen  sprechen  mir  für  Brugmanns 
Eegel:  idg.  o  =  arisch  ä  in  offener,  ä  in  geschlossener  Silbe. 
Im  Skr.  haben  die  Formen  mit  a  (in  offener  Silbe)  kausative 
Bedeutung  (IF.  IV  132)  wie  hier  im  Iranischen,  also  ist  arisch 
südäyairni)  'mache  sitzen'  mit  got,  gcrm.  satja  auf  idg.  so- 
dejö  zurückzuführen.  Vgl.  griech.  cpoßeuu  'mache  flüchten, 
scheuche'  neben  qpeßoiaai  usw.  'flüchte'.  Die  Formen  mit  kur- 
zem a  (skr.  patayati,  zd.  patayen)  sind  iterativ.  Das  Grie- 
chische hat  in  seinem  historischen  Verlauf  den  ursprünglichen 
Unterschied    zwischen  Kausativen,    Iterativen   und  Denomina- 


38  Grundriss  der  iranischen  Plii]olo<^-ie. 

tiveii  verwischt.  —  Hierher  gehört  noch  zd.  täcayeinti  'sie 
machen  flicssen'  Yt.  14,  54  =  up.  täzand.  Für  zd.  fratcl- 
cat  Yt.  5,  78  vermutet  Geldner  fratäcaijai  'machte  fliessen'. 

—  §  156.  Np.  däst  ist  kein  Aorist  sondern  das  Part.  Perf. 
Pass.,  daher  B.s  Erklärung  falsch.  Vgl.  Geiger  Die  Passiv- 
konstruktion  des  Präteritums  transitiver  Verha  im  Iranischen, 
Festgruss  an  Roth  S.  1  ff.;  meine  P.  St.  108  Anm.;  Fr.  Müller 
Bemerkungen  über  den  Ursprung  des  Präteritums  im  Neu- 
persischen, Wien  1895.  —  §  159,  164,  171.  Hier  macht 
Brugmanns  Regel:  idg.  o  =  skr.  Ci  in  offener  Silbe  Avieder 
alle  künstlichen  Annahmen  überflüssig.  —  §  174  y.  Da  im 
Skr.  und  Zend  nur  usas-,  umh-  (nicht  *ösas-,  aok(h-)  'Mor- 
genröthe'  vorliegt,  ist  die  Wahrscheinlichkeit  nicht  gross, 
dass  das  Persische  die  Form  ^ausah-  in  plil.  päz.  liö.s  bewahrt 
haben  sollte.  Dazu  kommt,  dass  zd.  u.si  =  np.  hös  'Ver- 
stand' im  älteren  Persisch  (Pehlevi)  us  gelautet  haben  muss, 
da  die  Armenier  es  in  alter  Zeit  in  der  Form  u.s  entlehnt 
haben.  Die  Vokale  u  und  i  sind  im  Mp.  im  Anlaut  nicht 
lauge  erhalten  geblieben,  entweder  sind  sie  zu  a  geworden 
(s.  P.  St.  138)  oder  es  ist  ihnen  x  (vgl.  xirs  aus  *rsa-,  xiH  i 
zd.  istya-,  xurmcl  :  arm.  armav  P.  St.  265:  hier  steht  i,  m 
vor  Doppelkonsonanten)  oder  li  (vgl.  /iö.v)  vorgeschlagen  wor- 
den. Ebenso  wird  vor  mp.  e  =  ap.  ai  und  mp.  ö  =  ap. 
au  ein  h  oder  x  vorgeschlagen  (P.  St.  265).  Galt  etwa  die 
Regel:  anl.  u-  vor  einfachen  Konsonanten  in  mp.  einsilbigen 
Wörtern  (wie  tis  'Verstand')  wird  zu  ö  =  hö-?  —  §  175. 
Phl.  snahfs  ist  unsicher,  vgl.  Hörn  Grdr.  S.  291,  P.  St.  110. 

—  §  176  Anm.  Arm.  hei'd  gehört  weder  zu  zd.  vdVdz-  noch 
zu  ap.  vardanam.  —  §  178.  Zu  phl.  patjitllx    vgl.  P.  St.  44. 

—  §  181  T-  Zu  np.  timd  vgl.  P.  St.  48.'—  §  185.  Zu  np. 
päd  vgl.  P.  St.  35.  —  §  188.  Ich  bleibe  entschieden  bei  der 
alten  Erklärung  der  np.  Pluralendung  -ün  {=  ap.  -änäm). 
Np.  dandiln  'Zahn'  (vgl.  arm.  dandan-a-vand  'Zaum'  = 
*Zahn-band'  P.  St.  190)  =  ap.  Akk.  '*dantdnam.  Die  kur- 
dische Pluralendung  dn  stammt  aus  dem  Persischen.  —  §  210. 
B.  setzt  ansprechend  np.  cär-  'vier'  (in  Komp.)  =  zd.  caßru- 
"vier'  (in  Komp.),  vgl.  np.  jjür  aus  jmhr-  =  ap.  pud^'a-,  mr 
aus  sahr  usw.  (P.  St.  206 — 207);  nur  ist  auffällig,  dass  sich 
nirgends  eine  Si)ur  des  älteren  "■cahr  lindet  und  dass  die  mp. 
Komposita  cahar  haben  :  päz.  cihdncäi  'V'ierfüssler'  Min. -Gl. 
51  =  phl.  caharpäi  Phl.  Min.  6,  Z.  10.  Vgl.  auch  Hörn  Grdr. 
Nr.  452.  —  §  211.  Für  phl.  tasum  der  ^vierte'  kann  nicht 
tuhriiin  gelesen  werden.  Es  gehört  wolil  zu  np.  fa.su  'pon- 
dus  (juattuor  granorum  hordei'  usw.,  arab.  Lehnwort  fassüj 
'quarta  pars  poiideris',  arm.  fasu  'der  vierte  Teil  eines  dang', 
die  alle  auf  ein   phl,  '-idsüJi  'Viertel'  zurückgehen  werden.  — 


Grundriss  der  iranischen  Philologie.  39 

§  243.  Die  np.  Izafe  führe  aucii  ich  auf  das  Relativum  ap. 
liya-  zurück.  Allerdings  geht  das  Neupersische  nicht  immer 
auf  das  Keilschriftpersische  zurück,  aber  doch  immer  auf 
einen  Dialekt,  der  von  jenem  nur  wenig  verschieden  war 
und  der  schwerlich  eiu  anderes  Relativpronomen  (y(i-)  als 
dieser  hatte.  Man  mag  auch  meinetwegen  von  ap.  Kanzlei- 
sprache sprechen,  darf  sich  aber  diese  von  der  Volkssprache 
doch  nur  im  Stil  verschieden  denken.  Denn  wie  alt  war 
denn  das  persische  Schriftwesen  unter  Darius?  Von  Cyrus 
und  Cambyres  haben  Avir  keine  persischen  Inschriften  und 
nach  Weissbach  ZDJIG.  XLVIII  664  hat  erst  Darius  die  per- 
sische Keilschrift  erfunden,  also  zuerst  persisch  geschrieben! 
—  §  264.  Die  Deutung  von  ap.  ahdcarü-  'Wasserleitung'  aus 
"^dbahäcaris  ist  ganz  und  gar  unsicher.  Die  Etymologie  ist 
nicht  schön  und  die  Bedeutung  nicht  passend.  Denn  "Was- 
serleitungen' konnte  Gaumäta  nicht  Svegnehmen'  und  sie 
zerstören,  wäre  ein  Frevel  gewesen,  der  ihn  nur  unpopulär 
gemacht  hätte,  ohne  ihm  Nutzen  zu  bringen.  —  §  271.  Dass 
B.  der  iranischen  Ursprache  nach  Vokalen  nicht  tönende  Spi- 
ranten statt  der  Mediae  zuschreibt,  befremdet  mich  bei  sei- 
nem sonstigen  Verfahren.  Denn  die  idg.  Mediae  und  aspi- 
rierten Mediae  liegen  als  tönende  Spiranten  nach  Vokalen 
vor:  im  Neupersischen  und  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
auch  im  Altpersischen,  im  Kurdischen,  Afghanischen,  in  den 
Pamirsprachen,  im  Nordbalücl,  in  der  Sprache  des  jüngeren 
Awesta  und  im  Ossetischen,  das  nur  ö  in  cl  (wie  d  in  t)  zu- 
rück verwandelt.  Verschlusslaute  liegen  also  nur  im  Galha- 
dialekt  und  Südbalüci  vor.  Können  sie  hier  nicht  unursprüng- 
lich sein?  Vgl.  KZ.  XXIV  384—402,  413,  ZDMG.  XXXVI 
133—134,  P.  St.  115,  180,  198,  246.  Hier  taucht  wieder  die 
noch  oft  aufzuwerfende  Frage  auf:  Avar  der  Vorgang  urira- 
nisch, gemeiniranisch  oder  einzelsprachlich? 

Strassburg.  H.  Hüb  sc  hm  an  n. 


Darmesteter  J.  Le  Zend-Avesta.  Traduction  nouvelle  avec 
commentaire  historique  et  philologique  Ernest  Leroux,  Paris 
1892.  4".  (Annales  du  Musee  Guimet  XXI,  XXII).  Prem. 
Volume.  La  Liturgie  (Yasna  et  Vispered),  CXIX  u.  ÖOO  S. 
u.  6  Tafeln.  See.  Volume.  La  Loi  (Vendidad)  —  L'Epopee 
(Yashts)  —  Le  Li  vre  de  Pritre  (Khorda  Avesta).  XXXV 
u.  747  S.  u.  4  Tafcdn^). 

Das  dem  ersten  Band    vorgeheftete  Widmungsblatt   sagt 


1)  Ich  bediene  micli  in   der   folgenden  Besprechung-   der   von 
dem  Verfasser  g'cwählten  Unischreibun^sweise. 


40  Darmesteter  Le  Zend-Avesta. 

uns,  dass  'cette  traduction  francaise  de  l'Avesta'  im  Jahr  1877 
begonnen  und  im  Jahr  1888  wieder  aufgenommen  worden  sei. 
Inzwischen  ist  in  den  Sacred  Bocks  of  the  East  V,  XXIII 
(Oxford  1880,  1883)  seitens  des  selben  Gelehrten  eine  englische 
Übersetzung  jener  Teile  des  Avesta  veröffentlicht  worden, 
welche  in  der  jetzigen  der  zweite  Band  umfasst.  Für  Yasna 
und  Visparad  war  in  den  SBE.  Mills  eingetreten,  dessen  Über- 
setzung SBE.  XXXI,   1887   erschienen  ist. 

Bedeutet  nun  die  neue  vollständige  Übersetzung  Darme- 
steters  einen  wesentlichen  Fortschritt  in  unserm  Verständnis 
des  Avesta? 

Darmesteter  hat  eine  Anzahl  von  Übersetzungen  und  Um- 
schreibungen in  Pahlavi,  Neupersisch  und  Sanskrit  zu  solchen 
avestischen  Stücken  zur  Verfügung  gehabt,  welche  bisher  nur 
im  Originaltext  vorlagen.  Auch  hat  er  die  bereits  bekannten 
Versionen  und  ebenso  die  übrige  mitteliranische  Litteratur  aus- 
giebig benutzt^).  Wir  sind  dadurch  jetzt  genauer  darüber 
unterrichtet  denn  früher,  wie  man  im  sechsten  Jahrhundert 
und  später  die  avestischen  Schriften  verstanden  hat  und  ver- 
standen wissen  wollte.  Aber  damit  ist  das  Lob,  das  ich  Darme- 
steters  umfangreichem  Übersetzungswerke  spenden  kann,  er- 
schöpft. Die  oben  aufgeworfene  Frage  muss  ich  entschieden 
mit  nein  !  beantworten. 

Darmesteter  bezeichnet  sich  selbst  in  der  'Introduction' 
als  einen  Anhänger  der  'ecole  traditionelle'  in  der  Avestaphilo- 
logie.  Ihr  stellt  er  gegenüber  die  "ecole  etymologique  au  plutöt 
vedisante,  qui  remonte  en  realite  ä  Bopp'.  Und  in  einer 
längern  Auseinandersetzung  über  die  Grundsätze  der  beiden 
Schulen  wird  von  den  Anhängern  der  letzteren  gesagt:  "Ils  ont 
volontairement  ignore  la  tradition  pehlvie,  non  pas  apres  un 
examen  approfondi  qui  les  aurait  convaincus  de  son  insuffi- 
sance,  mais  en  vertu  d'un  a  priori  qui  les  dispensait  de  l'etu- 
dier.  Partant  du  fait  ou  de  Thypothese  que  la  traduction 
indienne  a  absolument  perdu  les  sens  des  Vedas  et  que  le 
commentaire  de  Sayana  est  inutile  et  dangercux,  parce  qu'il 
ne  represente  pas  une  tradition  ininterrompue,  et  s'appuyant 
sur  nombre  d'erreurs  apparentes  du  commentaire  pehlvi,  ils 
poserent  en  principe  que  ce  commentaire  n'avait  aucune  valeur 
propre  et  ne  represente  qu'unc  fantaisie  artificiellc  et  pedante" 
(I-  XXX).  Das  sind  —  ich  will  mich  gelinde  ausdrücken  — 
Übertreibungen,  welche  den  gewünschten  Eindruck  sell)st  bei 


1)  Ich  sag-e  ausg-iebig-  —  nicht  erschöpfend;  dcnin  sonst  hätte  er 
z.  B.  Phlv.  azdtn  I  320,  womit  av.  azrhi  Y.  50.  1  wiodorg'egebon  wird, 
nicht  als  ein  'd(''riv(''  obscin-'  Ix-zcicliiicn  dürfen;  vgl.  Geiger  Sitz.- 
Ber.  Bayr.  Ak.W.  1H90  II  47  und  Xöldekc  ZDMG.  XLVI  138.  (Spiegels 
Text  bietet  azU).     S.  noch  unten  S.  44. 


Darmesteter  Le  Zend-Avesta.  41 

denen  verfehlen  müssen,  die  mit  den  einschlägigen  Thatsachen 
auch  nur  ganz  oberflächlich  bekannt  sind. 

Als  Vertreter  der  'ecole  etymologique'  werden  Benfey, 
Hang,  Roth  und  Geldner  namhaft  gemacht.  Die  beiden  ersten 
können  sich  gegen  den  Vorwurf,  aus  Bequemlichkeit^)  die 
Forderungen  strenger  Wissenschaftlichkeit  vernachlässigt  zu 
haben  —  vgl.  I  S.  XXX  f.  — ,  nicht  mehr  wehren.  Im  Namen 
der  beiden  andern  zu  sprechen  habe  ich  weder  Auftrag  noch 
Neigung.  Da  ich  aber  auch  selbst  schon  einige  Beiträge  zur 
avestischen  Philologie  geliefert  habe,  so  halte  ich  mich  für 
berechtigt,  meinerseits  entschiedenen  Einspruch  gegen  die  Art 
nnd  Weise  zu  erheben,  wie  Darmesteter  die  Leistungen  derer 
beurteilt,  welche  nicht  zur  Fahne  der  'ecole  traditionnelle* 
schwören.  Ich  für  meine  Person  habe  niemals  die  Behauptung 
aufgestellt,  dass  die  traditionellen  Übersetzungen  der  avesti- 
schen Schriften  usw.  ungestraft  vernachlässigt  werden  können. 
Im  Gegenteil^).  Aber  anderseits  habe  ich  es  immer  für  ver- 
kehrt gehalten,  jenen  Übersetzungen  für  die  verschiedenen 
Teile  des  Avesta  den  gleichen  oder  auch  nur  annähernd 
gleichen  Wert  beizumessen.  Insbesondere  für  den  ältesten 
und  wichtigsten  Teil,  die  Gathas  ist  ihr  Wert  ein  sehr  ein- 
geschränkter. Das  erkennt  Spiegel  ganz  ausdrücklich  an 
(Kommentar  II  188),  während  Darmesteter  auch  hier  den  Da- 
sturen  vertrauensvoll  durch  Dick  und  Dünn  nachgeht^).     Und 


1)  "  .  .  la  tentation  est  trop  forte  de  l'aborder  (FAvesta)  direc- 
tement  par  la  route  aisee  de  la  g-ramiuaire  comparee,  au  lieu  de  la 
contoarner  peniblement  .  .  .  ."  (I  XXXI).    —    Vgl.  dazu  unten  S.  43. 

2)  S.  unten  S.  44. 

3)  Vgl.  die  Bemerkung  zu  Y.  32.  16:  "  yahyä  mä  aithUhcU  dvae- 
thä  ['d'eclaircir  nies  doutes']:  aifhtsh  est  rendu  dshkärak;  laudrait- 
il  corriger  en  haWnsh,  dshkdrak  etant  la  traduction  ordinaire  de 
haifJii/a?  Ce  qu'il  y  a  d'etrange,  c'est  que  le  dernier  vers  de  la  Strophe 
sembi<!  presenter  une  laute  d'orthographe  du  nu-me  genre:  ahhayd 
est  traduit  arjdnUjlh,  ce  qui  senible  renvoyer  ä  hanat/d:  ce  sont 
deux  lautes,  si  taute  11  y  a  (car  il  faudrait  en  supposer  une  encore 
au  Hfl  L,  3a),  qui  s'expliqueraient  assez  bien  dans  Thypothese  que 
dans  la  copie  d'oü  derivent  nos  manuscrits  cette  Strophe  a  ete  ecrite 
sous  la  dictee".  Ich  erlaube  mir  demgegenüber  auf  Justis  Hand- 
buch 47  unter  dithi  zu  verweisen.  Dass  haUhtsh,  wie  Darmesteter 
korrigieren  will,  nicht  zu  haithya-  gestellt  werden  könnte,  sei  nur 
nebenher  erwähnt.  —  Auch  an  andern  Stellen  glaubt  Darmesteter 
'malgre  l'accord  des  manuscripts'  den  überlieferten  Text  der  über- 
lieferten Übersetzung  zu  lieb  ändern  zu  müssen;  z.  B.  Y.  46.  6b, 
wo  aithyd  ydt  statt  hdi"  gelesen  werden  soll  (1  .303)  —  Geldners 
textkritische  Bemerkung  zur  Stelle  KZ.  XXX  532  No.  2  kennt  er 
nicht  — ;  ferner  Y  44.  13 d  "qui  enseignent  le  bien  sans  le  parti(|uer", 
was  nach  D.  den  Urtext  iwit  a.shahyu  ddisyeintl  hacemnd  voraus- 
setzen lässt  (I  291),  usw. 

Ja  so  weit  geht  Darmesteters  Unabhängigkeit  von  der  Tradi- 
tion, dass  er  sogar  den  genau  gleichen  Text  an  verschiedenen  Stelleu 


42  Darmesteter  Le  Zend-Avesta. 

ferner  ist  es  immer  meine  Meinung  gewesen,  dass  eine  wissen- 
scliaftliche  Übersetzung  —  selbst  eine  solche  des  Avesta  — 
unmöglich  sei  ohne  sichere  grammatische  Kenntnis  der  Sprache, 
in  der  die  zu  übersetzenden  Texte  geschrieben  sind.  Die 
(Jrammatik  bildet  ja  den  Prüfstein  für  die  Richtigkeit  einer 
jeden  Übersetzung.  Sie  kann  nicht  richtig  sein,  wenn  sie 
sich  nicht  grammatisch  rechtfertigen  lässt.  Eine  derartige 
Prüfung  aber  hält  Darmesteters  Übersetzungswerk  nicht  aus. 
Ich  habe  vor  etwa  10  Jahren  bei  der  Besprechung  von 
Darmesteter  Etudes  Iraniennes  (Kuhns  Litteraturblatt  I  17) 
die  Lautlehre  als  des  Verf.s  "schwache  Seite"  bezeichnet, 
daT)ei  aber  ausgesprochen  "es  sollte  mich  nur  freuen,  wenn 
ich  diese  meine  Ansicht  recht  bald  auf  Grund  neuer  Schriften 
des  Verf.s  als  unhaltbar  aufgeben  müsste".  Darmesteter  hat 
diese  Erwartung  leider  in  keiner  Weise  erfüllt.  Auf  Schritt 
und  Tritt  passieren  ihm  die  schlimmsten  Verstösse.  Die  Zisch- 
laute weiss  er  noch  geradesowenig  auseinanderzuhalten  wie 
früher.  So  wird  II  124  karshfa  abgeleitet  von  l:arent  'le 
verbe  de  la  creation  demoniaque';  astä  gilt  ihm  I  309  für 
"un  derive  de  la  racine  äz  'oppresser,  etauft'er'  {äzö  angoisse)"; 
vazdanhä  ebd.  324  für  ein  solches  "de  vaz  avec  sens  pejo- 
ratif",  daher  "emportee  vers  le  mal";  verezda  bedeutet  'oeuvre" 
und  ist  "doublet  de  varsJita'  (I  302);  vdstra  d'oü  västrya 
est  .  .  rarez-tra"  (I  230);  minash  ( \\  convertit')  suppose  un 
verbe  mish  ou  mit  (I  307)  und  alimarshtanam  stammt  nach 
II  221  "de  a  et  hmared  ou  hmarez".  Das  ou  in  den  beiden 
letzten  Beispielen  ist  sehr  bezeichnend,  ebenso  die  Note  zuuzva- 
zhat  (II  532).  Den  andern  Lautem  geht  es  auch  nicht  besser. 
Ich  begnüge  mich  mit  einem  belehrenden  Beispiel.  Zu  Y.  11. 
9,  das  mit  "pour  un  de  nous,  deux  de  toi;  trois  et  quatre; 
cinq  (mnnddidyäi)  et  six;  [sept]  et  huit;  neuf  et  dix,  venant 
de  vous"  übersetzt  wird  —  vgl.  dazu  KZ.  XXVII  255  — ^), 


versi'hieden  übersetzt,  wenn  sie  ihm  nur  darin  vorangcjjt.  \.  52.  1 
und  68.  22  stehen  di(!  Worte:  haiihyälca  haraif/ii/äica  bilshi/difhi/aica,. 
wofür  die  Tradition  dort  (in  Hauys  Transskription)  wd«  hömand 
va  man  yeheründ  va  7)iünic  yehenmt  fiöwand,  liier  aber  mün  alt 
va  müiiic  yeherünf  hömand  va  mTinic  yeheründ  bietet.  Entspreehend. 
übersetzt  D.  dort  "  presente,  ä  venir  et  passee",  liier  aber  "])resente, 
passee  et  fiiture";  und  au  ersterer  Stelle  wird  noch  erläuternd  zu- 
get'ü^'t  (I  .'!40):  " hiisliyuithyäi  n'a  (lue  i'apparenee  d'un  participe  lutur 
(le  veritalile  lütur  serait  *haiisliyaitliydi,  ef.  jiersan  bäsham)-,  c'est 
en  reaiite  un  deliris  d'aoriste ".  Aber  au  allen  andern  Stellen  be- 
deutet büsJiyaid-  doeh  auch  ilmi  'l'uture'  oder  '(|Ui  serait'.  Ist  das 
philolog-isclie  Kritik?  So  'traditionell'  ist  niciit  einmal  Neryosenii-h, 
der  zu  Y.  52.  1  ganz  richtig  übersetzt. 

1)  "Le  rapport  —  der  Schlussworte  von  Y. 28.  9:  yöi  ve  yöifhemd 
xlasemo,  stiltäm  —  avec  daseme.  yöi  re  yaetlivid  —  in  Y.  11.  9  —  semble 
accidentel,  daaeme.  etant  lä  le  nomljre  ordinal"  lieisst  es  I  210. 


Darmesteter  Le  Zend-Avesta.  43- 

■wird  die  Bemerkung  gegeben:  ''mandäidyäi  forme  enigma- 
tique;  peut-etre  due  . .  ä  nne  simple  erreur  paleographique  pour 
*pandäidijäi.  La  difficulte  est  moins  dans  la  Substitution  de 
m  k  p  que  dans  la  chute  de  la  gutturale:  en  attendrait  au 
moins '^7näzhddidi/äi"^).  Vgl.  noch  I  289  zu  Y.  44.  8b:  'par 
cinq  fois'. 

Dass  es  Darmesteter  bei  so  ganz  eigenartigen  gramma- 
tischen Anschauungen  gelungen  ist,  auch  auf  dem  Gebiet  der 
Wortbildung  und  -beugung  manch  neue  Entdeckung  zu  machen, 
versteht  sich  von  selbst.  So  ist  z.  B.  dish  nicht  nur  Instr.  Flur. 
des  Pronomens,  sondern  auch  'Gerondif'  (I  S.  CVIII);  als  sol- 
ches kann  es  sowohl  zu  ai.  emi  als  auch  zu  ai.  ikshe  gehören  j 
im  erstem  Fall  bedeutet  es  'en  venant',  im  andern  'en  regar- 
dant'  (I  210,  227  u.  ö.).  Auch  apandish  Y.  28.  10  ist  Gerondif 
oder  'formation  invariable'  und  stellt  sich  zu  apa-ni-  (I  210)-). 
Diese  Gerondifs  kommen  auch  negiert  vor,  z.  B.  andisli  Y.  53. 
6,  8  "s'ils  ne  reviennent  pas".  In  das  nämliche  Kapitel 
schlägt  auch  avaen  V.  19.  13  'sans  voir',  "compose  d'  a  pri- 
vatif  et  du  mot  racine  raen  pris  adverbialement''  (II  263).  ]\Ian 
beachte  dabei  die  Erklärung  zu  dish  'en  venant':  "peut-etre 
une  formation  du  perfait  comme  rklu.sh  .  .  rdiinush"  (II  210). 
näslidmd  Y.  44.  13  "est  k  nl  comme  le  persan  bdsh  k  Jdiil, 
c'est-ä-dire  suppose  un  theme  futur  ndi/ish";  m  aber  ist  ni-i 
und  heisst  'chasser'  (I  291).  " vaozlrem  traduit  par  conjecture 
comme  formation  redoublee  de  vzar  =  ^v)'az,  ui'vdz''  (II  634 
zu  Yt.  19.  69).  '' paröTi-atar.^htemem  .  .  ,  superlatif  de  parö- 
Icatar,  kafar  etant  le  nom  d'agent  de  Ttaiii"  (I  363  zu  Y.  57, 
13)  usw.  Ich  fürchte,  all  diese  schönen  Erklärungen  werden 
in  keiner  avestischen  Grammatik  Eingang  finden. 

Wie  Darmesteter  mit  der  Syntax  umgeht,  kann  sich 
jeder  denken,  der  einmal  die  traditionellen  Übersetzungen 
mit  dem  überlieferten  Text  zusammengehalten  hat.  Beispiele 
für  deren  Vergewaltigung  zu  geben  sehe  ich  für  überflüssig  an. 

Die  bisher  erhobenen  Einwendungen  gegen  Darmesteters 
Übersetzung  stützen  sich  auf  die  Grammatik.  Nun  ist  es  ja 
ganz  gut  möglich,  dass  der  Verfasser,  den  Spiess  umdrehend, 
mir  erwidern  wird:  Nicht  meine  Worterklärungen  und  Über- 
setzungen   sind    falsch,    sondern    deine    Grammatik.      Darüber 


1)  Eine  für  weitere  Kreise  bemerkenswerte  Etymologie  sei 
hier  notiert:  "merezu,  ia  moelie:  tra(hiit  d'apres  le  sanscrit  majjd, 
pour  *ma>-Jd  (cf.  germ.  mark)",  II  262.  P"'ür  einen  Iranisten,  der 
doch  das  av.  mazgacadi  'riclie  en  moelie',  np.  mayliz  usw.  kennen 
miiss,  bleibt  das  auch  dann  noch  ein  starkes  Stück,  wenn  man  von 
der  Forderung-  linguistischer  Kenntnisse  g'anz  absieiit. 

2)  Dass   alle  Handschrilten   ohne  Ausnahme   üpandish  bieten 
scheint  belang-los  zu  sein.     Doch  s.  unten  S.  45. 


44  Darmesteter  Le  Zend-Avesta. 

will  ich  nicht  weiter  mit  ihm  rechten.  Ich  habe  aber  Darme- 
steter noch  zwei  weitere  Vorwürfe  zu  machen,  die  sich  nicht 
durch  den  Hinweis  auf  die  Verschiedenheit  des  prinzipiellen 
Standpunkts  entkräften  lassen.  Der  Verf.  schreibt  I  XLIII  f. : 
"D'apres  ce  que  nous  avons  dit  de  la  methode  des  ecoles  ri- 
vales,  le  lecteur  m'excusera  si  au  cours  de  ce  livee  il  m'arrive 
rarement  de  me  referer  aux  traductions  europcennes  anterieures, 
soit  pour  des  adopter,  seit  pour  les  combattre.  Outre  que  ces 
discussions  auraient  indefinement  grossi  le  volume  de  l'ouvrage 
il  m'a  semble  que  l'etat  des  choses  ne  le  demandait  pas.  Les 
traductions  purement  etymologiques  n'avaient,  ä  mes  yeux, 
aucune  autorite  intrinseque,  meme  quand  j'etais  conduit  aux 
memes  resultats  par  l'examen  des  temoins  historiques.  D'autre 
part  les  traductions  europeennes  qui  emanent  de  l'ecole  tradi- 
tionelle sont  trop  anciennes  .  .".  Das  Hesse  sich  hören,  wenn 
er  die  Ergebnisse  andrer  Forscher  nicht  auch  da  —  ohne 
Nennung  der  Urheber  —  übernommen  hätte,  wo  die  '  temoins 
historiques'  fehlen  oder  wo  er  sie  nicht  verstanden  hat.  Z.  B. 
zu  Y.  50.  1  vgl.  oben  S.  40  Note  und  KZ.  XXVIII  15  f.;  zu 
Yt.  13.  99  s.  II  532  Note  188  und  KZ.  XXV  561  Note  111 
usw.  An  solchen  Stellen  hatte  er  die  Pflicht  zu  zitieren;  auf 
ein  Dutzend  Seiten  kommts  ja  doch  bei  einem  Werk  von  1400 
Seiten  Umfang  nicht  an.  Ich  behaupte  aber,  dass  Darmesteter  die 
neuere  Litteratur  auf  dem  Gebiet  der  Avestaphilologie  —  ausser 
durch  de  Harlez  und  Mills  Noten  zu  ihren  Übersetzungen  — 
zum  grössten  Teil  gar  nicht  kennt.  So  hat  er  die  Gleichung 
av.  azdä  =  ai.  adclhä  aus  Mills  171 ;  den  ebenda  zitierten  Auf- 
satz hat  er  aber  nicht  gelesen,  denn  sonst  würde  ihm  Phlv. 
azdln  nicht  haben  dunkel  bleiben  können,  weil  dort  auch 
auf  das  ap.  azdä  'Kunde'  verwiesen  wird.  Zu  Y.  33.  1  wird 
gesagt:  "M.  Roth  a  reconnu,  avec  beaucoup  de  sagacite,  dans 
ce  passage  l'origine  de  V harnest agän^)  des  Parsis".  Das  stützt 
sich  Aviederum  auf  Mills  72 ;  aber  die  hier  zitierte  Abhandlung 
Roths  hat  er  auch  nicht  gelesen,  und  ebensowenig  die  um- 
längreiclie  weitre  Litteratur,  die  sich  mit  der  Frage  beschäf- 
tigt; denn  sonst  hätte  er  jene  Entdeckung  nicht  auf  Roths 
Konto  setzen  können,  und  es  würde  ihm  die  richtige  Etymo- 
logie von  hamistagän  nicht  haben  entgehen  können;  vgl. 
die  Litteraturzusammenstellung  in  IF.  HI  51.  Die  Note  56 
zu  Y.  31.  91  (I  231  j  zeigt,  dass  er  Jacksons  hymn  of  Zoroaster 
bei  seiner  Übersetzung  der  Gatha  nicht  zu  Rate  gezogen  hat, 
sonst  würde  er  die  Lesung  mainish  statt  maenlsh  nicht  wie- 
derholt haben;  s.  ferner  I  284  Note  48  und  KZ.  XXX  320 
Note  1 ;  II  39  Note  29  und  ZDMG.  XXXIV  420,  KZ.  XXXIII 


1)  So  als  Sing-uiar!  S.  AF.  II  »)2. 


Darmesteter  Le  Zend-Avesta.  4^ 

6  Note  usw.  Es  wäre  jedenfalls  dem  Buche  mancherlei  er- 
spart geblieben,  Avas  ihm  nicht  eben  zur  Zierde  gereicht,  hätte 
der  Verfasser  sich  nicht  das  zu  Schulden  kommen  lassen,  was 
er  mut.  mut.  an  der  ecole  etymologique  zu  tadeln  findet: 
".  .  .  non  pas  apres  un  examen  approfondi  ..."  (oben  S.  4U). 
Der  zweite  Vorwurf,  den  ich  noch  erhebe,  ist  der,  dass  die 
Neuausgabe  des  Avesta  bei  Darmesteter  nicht  in  vollem  Masse 
Berücksichtigung  gefunden  hat,  entgegen  der  Versicherung  I, 
CIX.  So  finden  wir  gleich  in  der  Introduction  XLVI  ff.,  wo 
die  Entdeckung,  dass  die  Worte  uta  he  vanta  azäni  usw.  in 
Yt.  5.  34  auf  die  Frauen  des  Azhdahak  gehend,  gebührend 
hervorgehoben  wird,  die  alten  Westergard'schen  Lesungen 
savanharäca  erenaväca,  ebenso  II  376,  435,  585,  606.  I  380 
zu  Y.  60.  3  steht:  " asishtem  .  .  vient  d'un  verbe  syah  qui 
parait  dans  syödilm'';  aber  die  Neuausgabe  hat  asisf"  (vgl. 
BB.  XII 100,  XIII  88).  I  283  zu  Y.  43.  13  wird  arefhä  vöizJidyäi 
zitiert;  aber  NA.  hat  vöizdyäi^).  I  97  zu  Y.  9.  32  wird  upasta- 
hairyäi,  wie  Spiegel  las,  mit  ap.  upastäm  ahara  zusammen- 
gebracht; aber  NA.:  tipasht".  I  110  zu  Y  11.  2:  Tcarshyäo 
'de  la  bataille';  aber  NA.:  Icarshuyäo;  II  371  zu  Yt.  5.  17 
Tiaonia  yö  gava  'Haoma  avec  le  lait';  aber  NA.:  haomayö 
gava^);  und  so  noch  öfter.  Wenn  Darmesteter  dem  neuen 
Text  nicht  folgen  will,  so  musste  er  es  doch  sagen,  wie  er 
ja  I,  CIX  auch  selbst  zugesteht.  Freilich  zitiert  er  in  den 
Erläuterungen  zu  seinen  Übersetzungen  auch  mehrfach  einen 
Text,  der  weder  in  den  alten  Ausgaben  enthalten  ist  noch  in 
der  neuen  noch  auch  in  den  Handschriften,  soweit  sich  das 
aus  Geldners  Angaben  erkennen  lässt;  und  auch  das  geschieht 
ohne  weitre  Bemerkung.  So  z.  B.  wird  Y.  10.  13,  Zeile  6 
yat  usäm  aeti  vaedhya  gelesen,  mit  der  Note:  "litt,  '[aussi 
grand]  que  si  la  science  va  a  son  plaisir'  {usäm,  l'horsrmdfh)", 
I  105.  usdm  ist  Korrektur'*).  Y.  30.  6a  wird  I  222  über- 
setzt: "Ces  demons  et  ceux  qu'il  strompent  nont  point  choisi 
le  droit ",  wozu  die  Note :  "  hyat  cd  ish  ädebaomä  .  .  ."  Aber 
das  cd  worauf  'et  ceux'  basiert,  fehlt  im  überlieferten  Text-''). 
Zu  Y.  10.  15  Anfang  wird  avanharezdmi  zanyöish   als  Text 


1)  Das  selbe  wurde  unabhängig-  von  Darmesteter  in  ZDMG. 
XXXVI  58.3  ausgesprochen;  vg-j,  ebd.  584  und  Geldner  3  Yasht  114  f. 
zu  Yt.  17.  51  g-eg-enüber  D.s  Übersetzung";  das  mag-  auch  zur  Be- 
leuchtung- der  oben  S.  40  abg-edruckten  Behauptungen  dienen. 

2)  Seine  Skrupellosig-keit  in  grammatischen  Ding-en  gestattet 
ihm  freilich  wieder  zu  übersetzen,  als  ob  es  vöizd"  hicsse:  "de  faire 
connaitre  votre  loi";  vg-1.  oben  S.  42. 

3)  Caland  KZ.  XXX  459  t.,  XXXI  273  f.  hat  der  Verf.  natürlicji 
auch  nicht  gelesen. 

4)  Zur  Stelle  s.  meine  Studien  II  50 

5)  Zur  Stelle  s.  KZ.  XXVIIl  199  f. 


46  Darmesteter  Le  Zend-Avesta. 

angeführt,  was  ^je  fais  tomber  en  -t'agitant'^)  lieisseii  soll. 
Überliefert  ist  aber  jani/öish  oder  janyaosh  wie  die  NA.  hat. 
Und  so  öfter.  Der  Wert  des  Buches  wird  dadurch  noch  mehr 
herabgedrückt. 

Münster  i.  W.   11.  3.   1893. 

Nachschrift.  Inzwischen  ist  von  J.  Darniesteters 
Zend-Avesta  auch  der  dritte  Band  erschienen,  Paris  1893. 
CVII  u.  262  S.  (Annales  du  Musee  Guimet  XXIV).  Er  ent- 
Mlt  die  Übersetzung  der  'Fragments  de  l'Avesta'  und  zwar 
■der  folgenden:  1.  fragments  de  Westergaard  (S.  331,  334  u. 
300),  2.  fragments  cites  dans  le  farhang  zend-pehlvi,  3.  frag- 
ments du  yasna  pehlvi,  4.  fragments  zends  cites  dans  le  ven- 
didad  pehlvi,  5.  fragments  'Tahmaras',  6.  Nirangistan,  7.  frag- 
ments divers,  8.  Aogmaide.  Überall  ausser  bei  1  ist  auch  der 
avestische  Text  mitgeteilt.  Dass  damit  die  Aufgabe  'qui  est 
la  traduction  de  l'Avesta  dans  toute  son  etendue,  teile  qu'elle 
est  connue,  du  moins  de  nous,  ä  cette  heure  (P'"  janvier  1893)" 
wirklich  vollendet  sei,  wie  Seite  I  gesagt  wird,  ist  freilich 
nicht  richtig;  denn  SBE.  XXXVII  war  dem  Verf.  bekannt, 
wie  das  Zitat  auf  S.  150  und  West  veröffentlicht  darin  einige 
avestische  Sätze,  deren  Übersetzung  ich  bei  Darmesteter  ver- 
geblich gesucht  habe;  z.  B.  die  auf  S.  471,  474,  475,  485  fiF. 
u.  a.  Aber  Darmesteser  hat  sich  schon  durch  die  Publikation 
der  unter  5  und  6  aufgeführten  Texte  besondern  Dank  verdient. 
Dass  der  Nirangistan  manch  wichtigen  Beitrag  für  das  Ver- 
ständnis des  Avesta,  für  die  Grammatik  und  für  das  Lexikon 
biete,  war  ja  längst  bekannt.  Eine  Textausgabe  war  aber  bis- 
her bei  dem  Zustand  der  Münchencr  Handschrift,  der  einzigen 
in  Europa,  unmöglich.  Darmesteter  konnte  zwei  verschiedene 
Handschriften  benutzen,  die  sich  im  Besitz  der  Herren  Tahmu- 
ras  und  Hosangji  befinden.  (Eine  Abschrift  der  letzteren  wird 
wohl  die  Münchener  Handschrift  sein).  Für  die  Fragmente 
unter  5.  stand  nur  eine  Handschrift,  im  Besitz  Talnnuras', 
zur  Verfügung.  Ob  die  Texte  philologisch  genau  wiedergegeben 
sind,  darüber  kann  ich  nicht  sicher  urteilen.  Die  zahlreichen 
inkorrekten  Textanführungen  aus  den  publizierten  Texten  in 
allen  drei  Bänden  —  Proben  sind  oben  gegeben  —  lassen 
kein  volles  Vertrauen  aufkommen.  Die  Übersetzungen  ent- 
sprechen den  oben  geschilderten  Anschauungen  und  Eigen- 
schaften des  Verf.  Die  gefälirliche  Etymologie  von  aod^rds, 
aodra  (Nir  1.5),  aodrn  serait-il  pour  aofra,  de  aota  'frois'", 
S.  194  wäre  uns  erspart  geblieben,    wenn  sicli    der   Verf.  KZ. 


1)  Vermutlich  ist  zanyöish  wieder  mal  ein    Gerondil"  vg-1.  oben 
ß.    43. 


Darmesteter  Lc  Zend-Avesta.  47 

XXX  524,  IF.  I  191  f.,  Am.  Jonrn.  Phil.  XII  69  angesehen 
hätte  ^).  Aber  von  der  Forderung,  auch  die  Arbeiten  von 
Gelehrten  mit  abweichenden  Ansichten  zu  lesen,  will  er  ja 
nichts  wissen.  Nur  an  einer  Stelle  in  den  Übersetzungen 
finde  ich  einen  Hinweis  auf  eine  in  Deutschland  erschienene 
Arbeit.  Zur  Nir.  -  Stelle  hvaeihya  tisihija  aiwisurunvaiti 
gicbt  D.  S.  96  die  Note:  "tt.vi,  cf.  auris  (Julius,  Zeitschrift 
de  Kulm  1883)".  Ich  will  gleich  des  Eätsels  Lösung  bei- 
setzen ;  gemeint  ist :  von  Fierlinger  (mit  dem  Vornamen 
Julius),  KZ.  XXVII  335  f.  Übrigens  zeigt  die  Stelle,  dass 
von  Fierlinger  gegen  Geldner  im  Eecht  ist;  s.  auch  meine 
Studien  I  22  Note. 

Eine  sehr  willkommene  Beigabe  sind  die  Indizes,  S.  199 
—258. 

Die  Einleitung  beschäftigt  sich  mit  den  'origines  de  la 
litterature  et  de  la  religion  zoroastrieunes''.  Von  den  Gathas 
heisst  es:  "La  date  des  Gathas  se  place  entre  des  limites  assez 
restreintes'.  Sie  können  nicht  vor  dem  1.  Jahrh.  v.  Chr.  ent- 
standen sein,  weil  sie  'presentant  des  idees  neo-platoniciennes', 
sie  müssen  andrerseits  älter  sein,  als  110  n.  Chr.,  denn  die 
Münzen  Huviskas  (100 — 130)  zeigen  den  Namen  shahrevar; 
"l'expression  dont  Shahrevar  derive  phonetiquement  est  une 
expression  artificielle,  nee  dans  le  cercle  de  l'ecole;  .  .  .  klisha- 
thra  vairya  n'existe  que  par  les  Gathas:  il  fallait  donc  que  les 
Gathas  fussent  dejä  existantes  pour  que  Shahrevar  naquit". 
"Si  les  Gathas  ont  ete  ecrites  au  milieu  du  P'"  siecle  de  notre 
cre,  il  suit  que  les  Gathas  et  ä  plus  forte  raison  le  reste  de 
l'Avesta  ont  ete  ecrits  dans  une  langue  morte".  Ich  sehe 
mich  auch  hier  ausser  Stande,  Darmesteter  Gefolgschaft  zu 
leisten. 

Münster  i.  W.  30.  7.  1894.  Chr.  Bartholomae. 


Hübschniann    H.     Persische    Studien.      Strassburg    Karl    J. 
Trübner  1895.     IV  u.  288  S.  8^     10  M. 

Wenn  ein  Buch  von  302  Seiten   (ohne  die  Indizes)    112 
Seiten  'Beiträge'  eines  Fachmannes  hervorruft,  und  dieser  aus- 


1)  Auf  die  Lautlehre  (!)  beruft  sich  D.  zu  Gunsten  einer  neuen 
Erklärung-  des  Namens  Zarathashtra-,  s.  LXXVI  Note.  Die  Laute 
gelten  ihm  doch  sonst  verzweifelt  -wenig,  zarathushtra-  ao\\^=zar<dhu- 
*jauiie'  -f  ushtra-  'cliameau'  sein.  Das  Adjektiv  ^zarathu-  ist  keine 
erfreuliche  Eirtindung-.  Trotz  meines  gewiss  i-echt  hohen  Respekts 
vor  der  Lautlehre  bleibe  ich  doch  bei  dem  AF.  I  KJO  g-esagten  stehen; 
vgl.  auch  Hübschmaun  KZ.  XXVI  503  f.  und  meine  '  Vorgeschichte ' 
§  93,  L  Dass  F.  Müllers  Deutung  (WZKM.  VIII  2.54)  Anklang  findet, 
s-laube  ich  nicht. 


48  Hübschmann  Persische  Studien. 

drücklicli  erklärt,  "nicht  alle  Fehler  korrigiert  zu  haben',  so 
"vvird  sein  Autor  dies  mit  einigermassen  gemischten  Empfindun- 
gen betrachten.  Über  meinen  'Grundriss  der  neupersischen 
Etymologie'  ist  die  Avissenschaftliche  Welt  durch  die  gegen  ihn 
geführte  Campagne  ja  wohl  schon  längst  genügend  aufgeklärt 
worden,  und  es  wird  nun  von  Neuem  Gelegenheit  sein,  bei 
der  Besprechung  von  H.s  Buche  das  früher  Gesagte  zu  wieder- 
holen und  etwa  Vergessenes  nachzutragen.  Ich  habe  jeden- 
falls bereits  öfter  konstatieren  können,  dass  er  benutzt  Avorden 
ist  (auch  ohne  zitiert  zu  werden),  also  trotz  seiner  Mängel  nicht 
ganz  unbrauchbar  ist.  H.s  Beiträge  bringen  sehr  viele  that- 
sächliche  Berichtigungen,  im  Übrigen,  meine  ich,  wird  auch 
in  ihnen  Verschiedenes  Ansichtssache  bleiben  (so,  um  nur 
einige  Beispiele  zu  erwähnen:  ap.  *ndiy  doch  =  np.  e,  und 
ein  Präfix  muss  doch  zweifelsohne  in .  den  Worten  stecken, 
z.  B.  evcln  'Überdach'  (?),  wie  zer,  beva;  jäi  'Ort'  doch  —  ap. 
*yäya-  wie  jöi  =  ap.  ymw^ya-;  hacca  phlv.  vac(c)aJc  bei.  gvac 
vgl.  skr.  vacchala-  neben  vatsald-  oss.  väss  usw.;  hör  'Fuchs* 
doch  =  skr.  babhrii-  wie  süräx  =  ap.  *subräka-  (bezw.  erst 
mp.  Suffix  -ak  -ax;  vgl.  skr.  .sväbhra-,  das  wohl  s^pör-äx  im 
Np.  gegeben  hätte).  Käs.  öu  usw.  =  np.  üb-,  ,söhar  nicht  nach 
pidar  sondern  söh^-r).  Eine  so  breite  Ausdehnung,  wie  sie 
H.  z.  B.  durch  Hinzufügung  von  äsp  i  l'äbüd  'Grau-,  Blau- 
schimmel'  zu  kabüd  oder  von  zaryün  'grün,  lieblich'  zu 
meinem  'gelbfarbig'  andeutet,  habe  ich  von  vorn  herein  mei- 
nem Buche  nicht  geben  wollen.  Die  np.  Lautlehre,  Avelche 
den  zweiten  Teil  der  'Persischen  Studien'  bildet,  ist  eine  vor- 
treffliche Leistung.  Sie  ist  mir  noch  nachträglich  eine  wert- 
volle Beihilfe  für  den  gleichen  Abschnitt  meiner  'Np.  Schrift- 
sprache' im  Grundriss  der  iranischen  Philologie  gewesen. 
Wenn  H.  das  Manuskript  desselben  mit  seiner  Arbeit  hätte 
vergleichen  können,  so  würde  er  gesehen  haben,  dass  ich  in 
vielen  Auffassungen  über  die  sprachliche  Erklärung  np.  For- 
men mit  ihm  übereinstimme,  auch  solclier,  die  ich  im  "Grund- 
riss der  np.  Etymologie"  S(!iuer  Zeit  falsch  vorgetragen  habe. 
Der  Fundamentalfehler  meines  Grundrisses  war,  dass  ich 
nicht  selbst  sogleich  aus  dem  gesammelten  Material  eine  Laut- 
4ehre  verfasst  und  an  dieser  die  einzelnen  Etymologieen  dann 
nochmals  nachgeprüft  habe.  Statt  dessen  habe  ich  das  Buch, 
das  wenig  mehr  als  ein  erster  Entwurf  war,  drucken  lassen. 
Es  war  bereits  ein  Jahr,  ehe  es  in  die  Druckerei  kam,  vom 
Verleger  angekündigt  (ohne  mein  Zuthun),  und  ich  fürchtete 
schliesslich  bei  läiig(!rem  Zögern  das  "Tant  de  bruit  pour  une 
Omelette".  Im  Allgemeinen  habe  ich  auf  sprachliche  Bemer- 
kungen zu  den  einzelnen  Artikeln  verzichtet,  dieselben  für 
eine  spätere  Laut-  und  Formenlehre  vorbehaltend,    und    auch 


Hübschmann  Persische  Studien.  4D 

nicht  die  Urformen  der  np.  Worte  konstruiert,  da  es  mir  die 
Hauptsache  war,  dieselben  in  ihren  etymologischen  Zusammen- 
hang mit  ihren  Verwandten  zu  rücken.  Ich  glaube  darum 
aber  doch  nicht  annehmen  zu  müssen,  dass  H.  mir  zugetraut 
hat,  ich  hätte  z.  B.  np.  manis  'Sinn'  mit  aw.  manah-  identifi- 
zieren wollen  (H.,S.98),  ebensowenig  wie  ich  nicht  häli.s  'Kissen' 
direkt  aw.  har-'zis-  ai,  barhis-  gleichdachte  (das  Suffix  im  Mp. 
ist  '{i)m.  vielleicht  analogisch  statt  -is  aus  einem  obliquen  Kasus, 
vgl.  Käs.  bölesm),  oder  nicht  np.  härän  =  aw.  vära-,  np. 
gett  =  aw.  gaeßya-,  naxun  =  ai.  nakhd-  usw.,  wenn  jene 
auch  ohne  Bemerkung  neben  den  np.  Worten  erscheinen. 
Da  ich  im  Grundriss  der  iranischen  Philologie  H.s  'Persische 
Studien'  sehr  häufig  zitiere  und  bei  etwaigen  abweichenden 
Auffassungen  meinerseits  zu  ihnen  Stellung  nehme,  so  darf 
ich  hier,  statt  dort  Gesagtes  zu  wiederholen,  Avohl  einige  all- 
gemeine Bemerkungen  anschliessen. 

Mir  scheint  es  im  Np.  nicht  berechtigt,  eine  Etymologie, 
welche  gegen  eines  der  als  sicher  geltenden  Lautgesetze  ver- 
stösst,  desshalb  sogleich  zu  verwerfen.  Unter  dem  neuhoch- 
deutschen Sprachschatze  findet  man  bekanntlich  Dialektisches 
aus  dem  ]\Iitteldeutschen,  Niederdeutschen,  Niederländischen, 
Oberdeutschen,  das  heute  vollständig  das  Bürgerrecht  erlangt 
hat;  der  Germanist  kann  es  aber  ausscheiden.  So  günstig  steht 
es  im  Np.  längst  nicht.  Die  np.  Schriftsprache  ist  ein  Kon- 
glomerat von  Wörtern  aus  allen  möglichen  Gegenden  Persiens, 
auch  Kurdisches,  Afghanisches  und  anderes  Ostiranische  steckt 
sicher  darin  (als  ostiranisch  sehe  ich  das  /  in  maJax  'Heu- 
schrecke' neben  echt  persischem  malg  an,  einen  np.  Über- 
gang von  cl  in  l  giebt  es  nicht:  hüist  'Spanne'  ist  verschrie- 
ben aus  hidast,  ebenso  namaldän  'Salzfass'  aus  namakdän; 
älmäs  aus  dba)Lidc  hat  sein  /  wohl  im  Ara])ischen  erhalten  Avie 
ebendort  ^h'limiija  h'ihiuiya  Ibn  Beithär-Leclerc  I  S.  180  III 
S.  10(5  neben  dem  regulären  h'adm'niü  J,'(id")iii/ä  III  S.  63  = 
griech.  Kab|ueia  —  als  Lehnwort  könnte  alnui.s,  auch  wenn  sein 
l  persisch  wäre,  kein  Lautgesetz  begründen).  Und  für  alle  diese 
Sprachen  und  Dialekte  gelten  natürlich  nicht  dieselben  Gesetze. 
Es  ist  sehr  billig,  eine  Etymologie  wie  die  von  das  'Ofen' 
(Nr.  526)  für  lautgesetzlich  unmöglich  zu  erklären  (WZKM.  Yll 
279);  wer  mit  den  Verhältnissen  Bescheid  weiss,  Avird  beden- 
ken, dass  hier  wie  öfter  dialektisch  .<■  statt  z  stehen,  das  also 
dialektisch  sein  kann.  Die  np.  Schriftsprache  ist  sehr  stark 
von  Choräsän  aus  beeinflusst  worden,  aber  bereits  frühzeitig 
haben  auch  andere  Teile  Persiens  Beiträge  für  sie  geliefert. 
Daher  denn  die  dialektischen  Mischungen.  Im  Sahn,  steht 
ftis  'Pferdemähne'  (519,  1444;  1712,  ;}792  [P.  aber  Zm.vJ; 
1720,  3934)  neben  regulärem  np.  bus  busk  aw.  bar-sa-,   Avas 

Anzeiger  VI  1  u.  2.  ^ 


50  Hiibschmann  Persische  Studien. 

choräsänisch  sein  kann,  wo  man  auch  farästük  'Schwalbe' 
(Kor'änkomni.  S.  477;  ^tiiii  p an- a st üViiiw.  sag^te,  ferner  kafldan 
'spalten'  (-24,  1695)  neben  kavad,  kamdan  usw.  Was  gegen 
die  allg.  Lautgesetze  verstösst,  scheint  mir  für  eine  bessere  Um- 
grenzung des  Np.  KttT'  eHoxr|V  notwendig,  möglichst  streng  als 
dialektisch  zu  fassen.  So  werden  z.  B.  die /nach  Vokalen  neben 
zz  (fßi  g-h)  dialektisch  sein;  im  Sahn,  sind  meiner  Ansicht  nach 
ursprünglich  nur  Formen  wie  beiz  häzhcln,  zärldan  berechtigt, 
nicht  häj  (19,  38  ?)  häjbän,  jüvldan  usw.,  ebenso  (mit  g'^) 
nur  hizisk  nicht  hijisk  (Xäkänl  im  Westen).  Allerdings  kann 
ich  dies  nicht  im  Einzelnen  beweisen,  da  es  mir  an  den  nöthigen 
Sammlungen  fehlt.  Die  iMischungen  sind  sehr  frühzeitig  einge- 
treten, findet  sich  doch  auch  hier  medisches  Sprachgut  unter 
persischem  Avie  die  Wz.  vac-  'sprechen'  gegen  pers.  gauh-  (H. 
S.  116  Anm.  2)  in  guväza  'Schmähung'  (727,  845),  und  der 
einzige  bisher  bekannt  gcAvordene  Dialekt  der  Persis,  der  von 
Sivend  (n.  w.  von  Persepolis),  weist  auch  die  medischen  For- 
men ^spa  'Hund',  zire  'gestern'  (np.  diröz)  auf.  Im  Grund- 
riss  der  iran.  Phil,  versuche  ich  diese  Andeutungen  noch 
weiter  auszuführen. 

Wir  besitzen  zwar  noch  kein  persisch-deutsches  Lexi- 
kon, ich  möchte  aber  dafür  eintreten,  die  persischen  Worte 
nicht  mehr  mit  VuUers  lateinischen  Übersetzungen,  die  doch 
keinen  kanonischen  Wert  haben,  aufzufüliren,  sondern  das 
denjenigen  zu  überlassen,  die  nicht  genug  Persisch  können, 
um  die  beigedruckten  Originalerklärungen  zu  verstehen.  Vul- 
lers  Übersetzungen  sind  ja  keineswegs  immer  richtig  oder 
klassisch. 

28.  Febr.  1895.  Paul  Hörn. 


Kühner    Dr.    R.    Ausführliche    Grammatik    der    griechischen 

Sprache.    Erster  Teil:  Elementar-  und  Formenlehre,  3.  Aufl. 

in  2  Bden.,  in  neuer  Bearbeitung  besorgt  von  Dr.  Fr.  Blass. 

II.  Bd.     Hannover  Hahnsche   Buchh.    1892.     XI  u.  652  S. 

gr.  8".     12  M. 

Der  vorliegende  2.  Band  der  neuen  Bearbeitung  der  Küh- 
nerschen  Grammatik,  der  den  S.  490—976  des  1.  Bandes  der 
zweiten  Autlage  entspricht,  behandelt  die  Flexion  des  Verbums, 
die  Bildung  (ler  AVörter  durch  Ableitung  (TrapafOJYn)  und  die 
Zusammensetzung  und  bringt  in  einem  Anhang  S.  343 — 577 
ein  alphabetisches  Verbalverzeichnis. 

Was  wir  Anz.  I  15  zum  Lol)  des  ersten  Bandes  der 
Blass'schen  Bearbeitung  gesagt  haben,  gilt  auch  von  diesem 
zweiten.     Mit   grosser  Sorgfalt   sind   di(!   zalilreichen   seit   der 


Kühner  Ausführliche  Grammatik  der  griech.  Sprache.  51 

2.  Aufl.  bekannt  gewordenen  sprachlichen  Thatsaclien,  nament- 
lich die  aus  den  inschriftlichen  Funden,  nachgetragen  und  die 
im  Thatsächlichen  begangenen  Irrtümer  getilgt,  so  dass  das 
Werk  nunmehr  nach  dieser  Richtung  hin  ein  höchst  schätz- 
bares Repertorium  für  jeden  bilden  Avird,  der  sich  wissen- 
schaftlich mit  der  griechischen  Sprache  beschäftigt.  Leider 
müssen  Avir  aber  Aviederum  zugleich  unser  Bedauern  darüber 
aussprechen,  dass  uns  Blass  mit  den  'Steinen'  so  vielen  'Sand' 
bietet.  Auch  in  diesem  Band  sind  die  sprachgeschichtlichen 
Deutungen  der  Thatsachen,  auch  wenn  man  von  dem,  was 
Blass  aus  der  früheren  Auflage  unverändert  herübergenommen 
hat,  absieht  und  sich  nur  an  das  hält,  Avas  er  als  seine  An- 
sicht vorträgt,  gar  zu  oft  A^öllig  A'crfehlt.  Man  lese  z.  B. 
folgendes.  S.  47  :  "Die  Entstehung  von  cpepei  aus  qpepexi  findet 
ihr  Analogon  in  dor.  ttoi  aus  ttoti;  ob  indes  cpepeixi  ttoiti  (zend. 
bharaiti  [sie]  paiti)  als  Mittelformen  existiert  haben,  oder  der 
Übergang  direkt  geschehen  ist,  lässt  sich  aus  den  Thatsachen  nicht 
ersehen''  (I  ^  179  Avird  ttoi  synkopiert  genannt,  A^gl.  auch  11^ 
250).  S.  96:  "Diese  Aspiration  der  Tennis  bezAv.  Media  [AA'ie 
in  TeTpo9a]  findet  sich  ganz  entsprechend  in  den  homerischen 
Formen  der  3.  PI.  Pf.  Med.  auf  -aiai,  als  xeipdcpaTai  A'on  xpeTTuu; 
es  ist  also  bei  diesen  thatsächlich  dxai,  in  den  Perfekten  des 
Aktivs  d  angetreten".  S.  97:  "Mir  scheint  am  einleuchtend- 
sten die  von  Curtius  (Tempora  und  Modi  201)  aufgestellte  Er- 
klärung [des  K-Perfekts]:  es  steht  darnach  das  k  aus  eupho- 
nischen Gründen,  um  des  Hiats  willen".  S.  106  f.:  "Die  Verben 
auf  il^xi  (Char.  b)  bilden  eine  Futurform  auf  lüu,  indem  sie  die 
(nach  dorischer  Weise  gebildete)  Endung  iceuu  nach  Ausfall 
des  c  (!)  in  lüu  kontrahieren".  S.  159  heisst  es  von  den  dor. 
Formen  Avie  xujpiSuJ  exuupiHa  mit  E  statt  c(c):  "Es  scheint  dies 
ein  lautlicher  Übergang  des  ursprünglichen  xc  (altkret.  noch 
Z  geschrieben)  in  kc,  E".  S.  249:  "Im  Griechischen  selbst 
ist  für  diese  Trennung  [yow  Tipoxi  und  ttoxi]  nicht  der  geringste 
Grund,  da  p  auch  sonst  oft  genug  nach  Konsonanten  ausfällt, 
s.  §  68,  11"  (hier  Averden  Beispiele  Avic  CKdirxov  für  CKdTTxpov 
und  pÖTTXov  für  pÖTtxpov  angeführt).  Auch  Sanskritformen 
deutet  Blass;  S.  40  heisst  es:  "boiri-v  (d.  i.  bo-iri-v,  St.  bo),  sk. 
alt  cU-jäm  (d.  i.  dal-Jäm,  mit  euphonisch  eingeschobenem  J)"^). 


1 )  Dem  Sanskrit  ergeht  es  in  unsrer  Neubearbeitung  recht 
Übel.  S.  22  wird  bu-hhaug-a  geschrieben,  während  z.  B.  S.  6  ä-töp-am 
erscheint.  S.  31  stellt  va-vaR-mi,  in  der  2.  Aufi.  richtig  vi-fali-mi. 
S.  422  rak-vü,  S.  429  cif-kh-f-,  in  der  2.  Aull.  richtig  vak-ml  und  ar-Rh-e. 
Kiihncr  schreibt  den  cerebralen  Zischhiut  sh,  Blass  dagegen  .v,  ohne 
Kühuers  Beispiele  liiernach  umzuschreiben;  so  stehen  denn  z.  B. 
S.  102  n-dik-sha-m,  d-dik-s-ha-s  usw.  und  apdksam,  -si.s  usw.  friedlich 
nebeneinander.   Fehler  in  der  Kühuerschen  Schreibung  der  Sanskrit- 


52  Kühner  Ausführliche  Grammatik  der  griech.  Sprache. 

Die  sprachgescliichtliche  Beurteilung  steht  also  auf  dem- 
selben niedrigen  Niveau  Avie  im  ersten  Bande,  und  wenn  ich 
schon  bei  der  Besprechung  von  jenem  diese  schwache  Seite 
des  Werkes  hervorhob,  so  kann  ich  jetzt  von  einer  Wieder- 
holung des  Tadels  um  so  Aveniger  absehen,  weil  es  in  einer 
auf  dem  Umschlag  des  zweiten  Bandes  abgedruckten  Rezension 
des  ersten  Bandes,  die  einen  angesehenen  Philologen  zum  Ver- 
fasser hat,  heisst:  ''Es  scheint  sicher,  dass  in  dieser  sorgfältigen 
Überarbeitung,  vielleicht  im  Konferenzzimmer  der  Gymnasien 
ausstehend,  das  Buch  den  Lehrern  des  Griechischen,  über 
streitige  Punkte  um  Rat  gefragt,  aus  seinem  geordneten  und 
durchleuchteten  Reichtum  nicht  leicht  die  Antwort  schuldig 
bleiben  wird.  Es  liegt  in  dieser  Grammatik  eine  wissenschaft- 
lich philologische  Behandlung  des  Griechischen  vor,  welche 
von  den  sichern  Resultaten  der  indogerma- 
nischen S  p  r  a  c  h  w  i  s  s  e  n  s  c  h  a  f  t  K  e  n  n  t  n  i  s  nimmt,  es 
aber  als  ihre  Hauptaufgabe  betrachtet,  das  historische  Griechisch 
von  dem  Punkte  der  Überlieferung  an  in  seiner  ganzen  Breite 
und  Mannigfaltigkeit  darzustellen".  Mit  den  'sichern  Resultaten' 
einer  Wissenschaft  hat  es  eine  eigne  Bewandtnis,  und  ich  will 
diesen  Begriff"  hier  nicht  näher  erörtern.  Jedenfalls  ist  ja 
klar,  dass  die  sichern  Resultate  der  Sprachwissenschaft  von 
den  unsichern  zu  scheiden  der  nicht  befähigt  ist,  der,  wie  der 
Herr  Bearbeiter,  nicht  einmal  die  Anfangsgründe  dieser  Wissen- 
schaft (hierunter  verstehe  ich  nicht  etwa  die  Kenntnis  des 
Sanskrit  oder  andrer  indogermanischer  Sprachen  neben  den 
klassischen)  hinter  sich  hat,  und  der  von  ihrer  älteren  und 
neueren  Literatur  nur  einiges  weniges  gelesen  hat,  was  ilim 
der  Zufall  entgegentrug. 

So  Avird  denn,  wer  der  Sprachwissenschaft  fern  steht 
und  das  Buch,  sei  es  im  Konferenzzimmer  oder  sonstwo,  über 
streitige  Punkte  um  Rat  fragen  will,  gut  thun,  wenn  er  es 
in  allem,  was  über  die  ^laterialsammlungen  als  solche  hinaus- 
geht, als  völlig  unglaubAvürdig  ansieht. 

Leipzig,  5.  IMai   1893.  K.  Brugniann. 


van  Leeuwen  J.    Enchiridium    dictiunis  epicae.  Lugduiii  Bata- 
vorum  1894.     LXXII  u.  6U6  S.   gr.  8".     14,25  M. 

Diese  neue  Grammatik  der  homerischen  Sju'ache  ist  nach 
alter  Iiolländischer  Phihjlo'renweise  lateinisch  ii'eschrieben  und 


Wörter  sind  wohl  .säiutlicli  uiivcrbessert  geblieben,  z.  B,  S.  SO  ti- 
shthä-mi,  S.  i*0  sfr-nO-ini.  —  Beiläufig  bemerke  ich,  dass  ieli  die 
Form  TXacca  bei  Herodas  nicht,  wie  Blass  S.  .079  angibt,  als  -^{Xäccu, 
sondern  als  t^üccu  lese  (s.  Crusius'  Ausgabe  p.  XI). 


van  Leeuwen  Enchiridhim  dictionis  epicae.  53 

zeigt  schon  dadurch,  dass  sie  sich  vorzugsweise  an  philolo- 
gische Kreise  wendet.  Man  wird  ihr  auch  andere  schätzbare 
philologische  Eigenschaften  nicht  absprechen  dürfen,  grossen 
Fleiss,  Genauigkeit  und  Gründlichkeit,  dazu  anerkennenswerte 
Klarheit  der  Darstellung.  Sie  ist,  Avas  Vollständigkeit  der 
.Materialsammlungen  und  übersichtliche  Gruppierung  des 
Stoffes  betrifft,  gewiss  die  beste  und  brauchbarste  der  vor- 
handenen homerischen  Grammatiken  und  wird  darum  jedem, 
der  sich  mit  Fragen  derselben  beschäftigt,  in  Zukunft  unent- 
behrlich sein.  Leider  geht  mit  diesen  lobenswerten  Seiten 
•eine  tüchtige  linguistische  Schulung  und  eine  aufmerksame 
Selbstkritik  nicht  immer  Hand  in  Hand,  so  dass  das  Buch 
als  ganzes  eigentlich  keinen  Fortschritt  bedeutet.  Zwar  hat 
der  Verfasser  von  sprachwissenschaftlichen  Arbeiten  Notiz 
genommen,  aber  man  merkt  überall,  dass  dies  nur  ganz  äusser- 
licli  geschehen  ist  und  dass  ihm  eine  wirklich  wissenschaft- 
liche Auffassung  der  Spracherscheinungen  nicht  in  Fleisch  und 
Blut  übergegangen  ist.  Er  hat  es  sich  zum  Ziele  gesetzt, 
die  ursprüngliche  Sprachform  der  homerischen  Gedichte,  welche 
den  alexandrinischen  Gelehrten  nicht  mehr  vorlag  und  von 
ihnen  auch  nicht  mehr  erkannt  werden  konnte,  Aviederherzu- 
stellen.  Sein  Gruudirrtum  ist,  dass  er  diese  Sprachform  für 
eine  einheitliche  hält  und  dem  Faktor  keine  Rechnung  trägt, 
dass  die  Gedichte,  in  einem  langen  Zeitraum  durch  Überarbei- 
tungen und  Zusätze  zu  ihrer  letzten,  definitiven  Gestalt  ge- 
langt, notAvendig  auch  in  ihrer  Sprache  die  Spuren  dieser 
langen  EntAvickelung  tragen  müssen.  So  Avird,  Avie  man  das 
schon  aus  der  früher  erschienenen,  zusammen  mit  Mendes  da 
Costa  besorgten  Homerausgabe  LeeuAvens  kannte,  eine  ZAvar  in 
sich  sehr  konsequente,  aber  mit  Rücksicht  auf  die  zweifellose 
Entstehungsart  der  homerischen  Gedichte  gänzlich  Avillkürlichc 
und  zu  den  grössten  Verkehrtheiten  führende  Kritik  ange- 
Avcndet.  Es  ist  ein  Trugscliluss,  Aveun  der  Verf.  folgert:  die 
und  die  Form  ist  jünger,  als  jene,  Avelche  man  an  zahlreichen 
and(a'n  Stellen  findet,  also  liegt  eine  Korruptel  vor.  Nein, 
sondern  deshalb  muss  man  schliesscn,  dass  eben  jene  Stelle 
von  einem  Jüngern  Dichter  herrührt,  der  eine  andre  Sprache 
handhabte.  Immer  und  überall  ist  neben  dem  grossen  Ein- 
fluös  der  epischen  Tradition  die  indiA'iduelle  Sprachform  der 
jüngeren  Dichter  in  Betracht  zu  ziehen. 

Die  ursprüngliche  Sprachform  der  homerischen  Gedichte 
ist  lur  LeeuAven  nicht  das  Äolische,  sondern  das  Ionische. 
Alles,  Avas  man  —  mit  Recht  oder  mit  Unrecht  —  für  Überreste 
der  äolischen  Urform  in  Anspruch  genommen  hat,  ist  für  Leeu- 
Aven  altionisch,  so  geAvisse  auffallende  ä  statt  ri,  oder  das  Di- 
gamma.     Nun,  man  kann  geAviss  über  diese  besonders  durch 


54  van  Leeiiwen  Enchiridium  dictionis  epicae. 

Ficks  Homeraiisg-abe  aufg-eroUte  Frage  verschieden  denken. 
Aber  nun  höre  man  z.  B.  den  Erklärungsversuch  Leeuwens 
über  den  auffälligen  Wechsel  von  ä  und  r|  S.  33:  H  bezeichnete 
zur  Zeit  der  ersten  Niederschrift  der  homerischen  Gedichte 
lediglich  den  7?-Laut.  Ergo  quo  tempore  homincs  ionici  car- 
mina  epica  scribere  coeperunt,  vocalis  ä  aut  signo  A  aut  signo 
E  erat  reddenda:  tertium  non  dabatur.  Man  wird  sich  wun- 
dern, wie  die  alten  loner  darauf  kamen,  für  ä  den  Buchstaben 
E  zu  schreiben:  aber,  belehrt  uns  L.,  in  ihrem  Munde  hatte 
das  lange  ä  einen  Mittellaut  zwischen  ä  und  <?,  und  dabei 
kommt  richtig  auch  wieder  das  Schafgeblök  des  Kratinos  und 
Aristophanes  zu   Ehren. 

Die  Gleichgiltigkeit,  mit  der  der  Verfasser  im  Herzen 
den  Arbeiten  der  Sprachwissenschaft  und  der  griechischen 
Dialektologie  gegenüber  steht,  zeigt  sich  eigentlich  bei  der 
Behandlung  aller  irgend  schwierigeren  Probleme.  So  werden 
S.  192  die  Nominative  auf  -a  wie  eupuoTra  einfach  aufgezählt 
mit  der  Bemerkung:  masculina  nonnulla,  quae  in  certis  tantum 
formulis  certisque  hexametri  sedibus  reperiuntur,  nomiuativum 
singularem  habent  in  -ä  exeuntem.  Spätere  Dichter  Averden  ge- 
tadelt, dass  sie  absurde  his  formis  abusi  sunt;  ob  nicht  schon 
bei  Homer  ein  solches  absurde  abuti  vorliege,  wird  nicht 
untersucht.  Die  Weglassung  des  Augments  ist  für  L.  (S.  336), 
trotz  allem,  was  die  Vergleichung  idg.  der  Sprachen  uns  längst 
gelehrt  hat,  noch  immer  rein  metrischer  Natur:  daraus  folgt, 
ut  augmentum  scribamus,  ubicunque  per  metrum  liceat,  quo- 
niam  metri  tantum  causa  negligi  solet.  Ebenso  wird  die  von  L. 
schon  in  der  ]\Inemosyne  1885  S.  400  vertretene  Ansicht,  dass 
ä)UjU€,  u)Li)Lie  eigentlich  Dualformen  sind,  Avas  sich  merkwürdiger 
Weise  Dyroff  in  seiner  Geschichte  des  Pronomen  reflexivum  I 
36  zu  eigen  gemacht  hat,  durch  die  einfachsten  Erwägungen 
der  Sprachwissenschaft  als  unhaltbar  erwiesen. 

Niemand  wird  von  einem  Buche  wie  dem  vorliegenden 
verlangen,  dass  es  allen  den  flüchtigen  Einfällen,  wie  sie  in 
unserer  Wissenschaft  jeder  Tag  bringt  und  der  nächste  wieder 
fort  spült,  Rechnung  trägt.  Aber  grade  bei  der  Behandlung 
der  homerischen  Sprache  lassen  die  gewöhnlichen  Hilfsmittel 
der  philologischen  Metliode  oft  genug  im  Stich,  wenn  nicht  aus- 
giebige Kenntnisse  der  griechischen  Dialekte  und  der  verwand- 
ten Sprachen  ihnen  zur  Seite  stehen.  Darum  kann  Leeuwens 
Buch,  das  jedem  reifen  Forscher  ein  brauchbares  Hilfsbuch 
sein  wird,  zur  Einführung  in  das  Studium  dieser  Probleme 
Niemandem  empfohlen  Averden;  es  wird  den  Anfänger  nicht 
nur  nicht  fördern,  sondern  ihm  nicht  einmal  die  gegenAvärtig 
erreichte  Höhe  der  Forsciiung  vermitteln. 

Graz.  Gustav  Mever. 


Flensburg'  Über  Ursprung  nnd  Bildung  des  Pronomens  auxöc.    55 

Flensburg  N.    Über   Ursprung   und    Bildung  des  Pronomens 
auTÖc.     Lund  1893.     69  S.     S«^.     1,40  i\[. 

Diese  beachtensAverte  Abhandlung  ist  ein  erfreuliches 
Zeichen  des  im  Norden  regen  Eifers  für  linguistische  For- 
schung. Der  Gegenstand  derselben  verdiente  einmal  eine  be- 
sondere Besprechung,  so  dass  der  Ref.  selbst  schon  daran  ging' 
sich  auf  eine  solche  einzulassen.  Durch  vorliegende  Arbeit 
jedoch  soAvie  durch  J.  Wackernagels  neueste  Bemerkungen 
ist  die  Frage  auf  einen  Punkt  gebracht,  dass  es  schwer  halten 
dürfte  zu  widersprechen.  Nach  erfolgreicher  Kritik  der  von 
Windisch  (S.  1 — 11)  und  der  früher  von  Wackernagel  (S.  11  bis 
15)  aufgestellten  Etymologie  bespricht  der  Verf.  zunächst  auc, 
die  dialektische  Nebenform  zu  auTÖc,  die  nicht  aus  auxöc  ver- 
kürzt und  gleich  auTÖc  auch  in  Formen  Mäe  auc  aüxöv  (wie 
es  nach  S.  29  scheint,  selbst  in  aucujTÖv  u.  ä.)  in  der  Schrift  zu 
trennen  ist  (S.  16 — 29).  Dann  wird  weiter  negativ  die  formelle 
Beziehung  von  au-xoc  zu  ou-xöc  (S.  30 — 43)  und  zu  eKacxoc 
(S.  43 — 44)  in  Abrede  gestellt.  Der  positive  Teil  der  Arbeit 
rindet  nach  einer  Durchmusterung  der  verschiedenen  sprach- 
lichen Mittel  zum  Ausdruck  des  Begriffes  'selbst',  dass  die 
idg.  Sprachen  zu  jenem  Zwecke  Wortgebilde  teils  pronomi- 
nalen teils  nominalen  Ursprungs  verwerten  (S.  44 — .56).  Nomi- 
nalen Urpprung  vermutet  Flensburg  denn  auch  für  auxöc, 
indem  er  die  Silbe  au  ai.  dsu  (av.  anhu)  gleichsetzt.  Er 
rechtfertigt  dies  kurz  'sematologisch',  dann  ausführlicher  laut- 
lich, indem  er  das  Thema  dsti,  asu  von  der  Wz.  es  mit  V9shi, 
vastu  aus  der  Wz.  vese,  mit  xaüc  '  )aeYOtc,  TroXuc  aus  ^ta-vu 
(Wz.  teva  :  iav(e))  vergleicht  nnd  auch  i'cOi  heranzielit.  Der 
regelmässig  aus  *as-u  gebildete  Nominativ  duc  (vgl.  i^uc  xaiic) 
wäre  später  durch  Verschmelzung  der  beiden  ursprünglich 
getrennten  Vokale  in  auc  übergegangen  (vgl.  eu,  auuj\  Von 
der  anfänglichen  Flexion  habe  sich  ausser  dem  Nominativ 
nichts  erhalten;  daneben  aber  habe  schon  von  der  ältesten 
Zeit  an  eine  Ableitung  mit  dem  SufF.  -xöc  *dcu-xöc,  auxöc 
(vgl.  air.  rhhu-tds,  amü-tas)  bestanden,  die  in  ablativisch- 
lokativischer  Bedeutung  verwendet  wurde  und  also  der  Funk- 
tion nach  dem  ai.  sva-tas  genau  entsprach.  Aus  auxöc  sei 
im  Anschluss  an  die  gewöhnlichen  Gen.  x\.bl.  auf  -oc  ein  nomi- 
nales Thema  aux-  abstrahiert  worden,  welches  dann,  wohl  zu- 
nächst infolge  der  lautlichen  Unbequemlichkeit  der  ursprüng- 
lichen Fexion,  sich  verallgemeinerte  und  die  älteren  Kasusfor- 
men durchgängig  verdrängte.  Zum  Schlüsse  werden  zu  diesem 
Vorgang  Analogien  und  Beispiele  für  die  ursprünglich  adver- 
biale ablativisch-lokativische  Funktion  des  Nominativs  auxöc 
aus  Homer  beigebracht  (S.  06 — 69).  Mit  einem  Worte  hätte 
doch  darauf  hingewiesen  werden  sollen,  dass  au-xöc  "von  sich 


56  Fürst  Glossarium  graeco-hebraeuiu. 

selbst  aus",  da  es  eben. die  Tätigkeit  des  Subjekts  hervorhebt, 
der  Bedeutung  nach  einem  Nominativ  fast  gleichkommt;  so 
können  wir  Xenoph.  Hell.  2,  3,  13  epev|jeiv  b'  auTOi  utticxoOvto 
übersetzen:  "sie  versprechen  die  Besatzung  von  sich  aus,  auf 
eigene  Kosten  zu  unterhalten".  Beispiele  für  dieses  Zusam- 
mentreffen ablativischer  und  nominativischer  Bedeutung  lassen 
sich  in  der  griechischen  Litteratur  gewiss  noch  manche,  nicht 
nur  für  den  Singular  (ich  steuere  einstweilen  bei  A  356  zu 
vgl.  mit  A  324.  A  133.  137.  246.  a  117.  132),  sondern  auch 
für  den  Plural  entdecken.  —  In  den  zahlreichen  Digressionen 
der  Darstellung  fällt  vieles  auch  für  andere  Spracherschei- 
nmigen  ab  (Vokalismus  von  ujtujv  usw.  S.  29  f.  outoc  S.  31  ff". 
rVebarröc  usw.  S.  35  if.  Ableitungssuffix  ba  S.  41  f.  r|ÜTe,  eure 
S.  62  f.  'selbst'  S.  55  Anm.  u.  a.).  Zu  bedauern  ist,  dass 
dem  Verf.  die  eindringende  Untersuchung  von  J.  Wackernagel 
KZ.  XXXIII  13  ff.  (1893)  nicht  vorlag,  in  welcher  die  gleiche 
Etymologie  von  auTÖc  vorgetragen  ist;  seine  umsichtige  Dar- 
legung, die  freilich  in  einzelnem  anfechtbar  ist,  wäre  dann 
noch  umsichtiger  geworden. 

^München.  Adolf    D  y  r  o  f  f. 


Fürst  J.  Glossarium  graeco-hebraeum  oder  der  griechisch« 
"Wörtersehatz  der  jüdischen  Midraschwerke.  Ein  Beitrag 
zur  Kultur-  und  Altertumskunde.  Strassburg,  Trübner 
1891.     216  S.    80.    7  M. 

Das  vorliegende  Buch  ist  nach  zwei  Seiten  hin  als  dan- 
kenswerte Gabe  zu  betrachten:  einmal  ermöglicht  es  einen 
Einblick  in  die  reichen  Beziehungen  zwischen  der  römisch- 
griechischen Kulturwelt  und  dem  Orient,  indem  es  im  beson- 
deren zeigt,  einen  wie  nachhaltigen  Einfluss  jene  auf  das  gei- 
stige und  materielle  Leben  der  Midrasepoche  ausgeübt  hat; 
weiter  aber ,  ist  das  Glossar  eine  ergiebige  Quelle  für  den 
spätgricchischen  und  frühbyzantinischen  Hellenismus,  sowohl 
für  sprachliche  wie  für  kulturgeschichtliclie  Dinge.  Fürst  ver- 
sucht in  der  Einleitung  (S.  5 — 30)  eine  kurze  Skizzierung 
der  aus  dem  Buclie  zu  gewinnenden  Ergebnisse.  Es  gehört 
sicherlich  zu  den  anziehendsten  Aufgaben  linguistisch-histo- 
rischer Forschung,  den  mannigfachen  Wanderungen  und 
Schicksalen  griecJüscher  Wörter  und  B(>grifll"e  in  den  orienta- 
lischen Sprachen  nachzugehen.  Und  doch  ist  gerade  dieses 
Gebiet  noch  recht  wenig  bearbeitet;  das  neuste  ist  G.  Meyers 
Behandlung  der  griechischen  und  romanischen  Elemente 
im  Türkischen  (Türk.  Studien  1.  =-  Sitzungsber.  der  Wiener 
Akad.  CXXVIII  No.  1   1893),    worin   eine  knappe,    aber  sehr 


Fürst  Glossarium  g-raeco-hebraeum.  57 

interessante  Einleitung  alles  wesentliche,  was  auch  hier  bei 
unserem  Werke  in  Betracht  kommt,  berührt.  Die  Einleitung 
Fürsts  betont  die  geschichtliche  Seite  und  zwar  mehr  mit  Rück- 
sicht auf  die  jüdische  als  auf  die  griechische  Kultur;  es  werden 
überdies  nur  einige  Punkte  herausgegriffen,  ohne  dass  ein 
Gesamtbild  gegeben  würde.  Da  die  i:)hiloIogische  und  text- 
kritische Behandlung  der  Midrasim  meinem  Arbeitsgebiet  ferne 
liegt,  möchte  ich  vor  allem  den  Blick  der  Gräzisten  auf  das 
lenken,  was  für  die  griechische  Sprachgeschichte  von  Interesse 
ist,  um  so  mehr  als  der  Verf.  diese  Verwertung  seines 
Glossars  nur  andeutet  und  überdies  in  falschen  Anschauungen 
befangen  ist.  Es  sind  daher  einige  Berichtigungen  und  Zu- 
sätze am  Platze:  der  Name  'Romäer'  (S.  5)  ist  heute  im  Volke 
noch  nicht  verdrängt  ('Puu|ui^6c,  puj|uaÜKOc),  wenn  auch  die  Be- 
jzeichnung  "E\Xr|V6C  als  die  offizielle  bei  den  Gebildeten  heute 
im  Gebrauch  ist  und  infolge  dessen  den  byzantischen  Volks- 
namen immer  mehr  verdrängt.  Feilsch  ist  ferner  die  Behaup- 
tung (S.  8.  16.  31),  "dass,  wie  schon  Sachs  bemerkt,  im  Spät- 
griechischen sehr  häufig  der  Nominativ  der  Hauptwörter  mit 
Akkusativendung  gebraucht  wird".  In  dieser  Allgemeinheit 
hat  Sachs  meines  Wissens  gar  nicht  gesprochen;  der  Satz 
gilt  nur  für  neugr.  it  Traxpiba,  eptriba  (=  eX-rric)  u.  dgl.,  Aväh- 
rend  gerade  das  Nominativ-c  des  Maskulinums  bis  auf  den 
heutigen  Tag  festgeblieben  ist  und  sogar  in  Formen  wie  ö 
dpxovtac  =  ctpxujv  u.  dgl,  seinen  Bestand  erweiterte ;  im  Plural 
siegte  bekanntlich  der  Nominativ  in  den  meisten  Fällen  über 
den  Akkusativ  (epTTibec,  dpxoviec,  Ti,uec  Nom.  Akk.) ;  in  einzel- 
nen Gebieten  haben  wir  sogar  dvBpuuTTOi  als  Akkusativ  (vgl, 
Hatzidakis  Einl.  S.  29).  Nur  das  Pontisehe  zeigt  Akkusativ 
statt  Nominativ  (6  Xukov),  doch  berechtigt  das  nicht  zu  dem 
allgemeinen  Satze  Fürsts,  und  ich  glaube  auch  nicht,  dass 
Verf.  von  der  pontischen  Erscheinung  Kunde  hatte.  AVenn 
in  Wörtern  wie  "'rw\  dXXov,  "jr^i-iN  epriuov,  pric"':  NediroXiv, 
^V:>''C"::2'iT0  7Tpi)aoTTiXov,  ]"'ü"';-iaip  Kußepv/iTiiv,  V--^?  kuilittov 
(campus),  ]"'"ip  lat,  cnrrtis  u.  dgl.  die  Akkusativform  steht, 
so  kommt  dies  auf  Rechnung  des  Entleihers,  nicht  des  Dar- 
leihers. In  Fällen  wie  ]'-03"'--n  (s.  53),  ]ti"':2i:  (147),  "iToirp 
(205).  und  vielleicht  einigen  anderen  liegen  nicht  griechische 
Akkusative,  sondern  neutrale  Formen  zu  Grunde:  tö  duiavTOV, 
TÖ  vou)aepov,  xö  KOvbTtov  (vlmim  conditumi.  worüber  Belege  in 
Sophoclis'  Lexikon^).  —  Ferner:  dKK0U|ußi^eiv  (S,  73)  ist  nicht 
von  dem  ins  Griechische  gedrungenen  accuhitum  abgeleitet, 
sondern  entspricht  unmittelbar  dem  lat.  acciimhere.  —  laetaEa 


1)  Über  den  in  Betracht  kommendeu  Genuswechsel  vgl.  Hatzi- 
dakis Einl.  S.  350—358. 


58  Fürst  Glossarium  graeco-liebraeum. 

'Seide'  (138)  ist  im  Griechischen  Fremdwort,  keinesfalls  aber 
durch  Lautversetznng  ans  Damascus  entstanden !  —  Die  Ein- 
seh iebung  eines  n  in  -pzi^-;-  fivioxoc  (S.  35.  111)  "der  besseren 
Aussprache  halber''  wird  durch  Hinweis  auf  dvbpöc,  dvGpujTTOC 
nicht  plausibel  gemacht;  sie  ist  (in  dieser  Lautgruppe)  weder 
griechisch,  noch,  soviel  ich  weiss,  hebräisch  (oder  aramäisch). 
Auch  ist  mir  weder  aus  dem  Griechischen  noch  dem  Hebräi- 
schen und  Aramäischen  bekannt,  dass  ein  ~i  "aus  Dehnung 
des  Jod"  entstehe,  Avie  Fürst  zur  Erklärung  von  w\:pr-i  eiKuuv 
(100)  und  ^nrp-'-'T  udKivGoc  (104)  annimmt. 

Verkehrt  ist  endlich  die  Behauptung  (S.  IT)  "dass  der 
längst  aus  der  Schrift  geschwundene  Laut  des  icaw  (f)  in 
den  griechischen  Wörtern  vor  einem  Vokale  oder  Halbvokale 
in  der  Aussprache  wohl  gehört  wurde"  (ähnlich  S.  80  Anm.). 
Der  Digammamissbrauch  sollte  nun  doch  einmal  ein  Ende  neh- 
men. Überdies  stehn  die  drei  von  Fürst  angeführten  Belege 
auf  ganz  schwachen  Füssen :  Np'^i^rT  ist  ein  lateinisches  Wort 
(lecfica),  nm  'Rose'  ist  ebenfalls  nicht  dem  Griechischen,  Avie 
F.  meint,  sondern  einer  orientalischen  Sprache  entnommen 
(vgl.  armen,  vard  u.  Prellwitz  Etym.  Wtb.  d.  griech.  Spr.); 
';-':i;L:-na  öpGoTUJViv  (S.  80)  enthält  offenbar  die  Präposition  z; 
endlich  statt  "i""'«,  N~i''\N'  (drip,  depa)  schlage  ich  vor  ~i"'"'N  (ajer) 
zu  lesen:  Verwechselung  von  i  und  "•  ist  nicht  selten;  sie  liegt 
z.  B.  offenbar  vor  in  N"'~ns"'N  oiTuupmTa  (47),  Nrr'rN  dcfüxoc  (65), 
'•r-'CDN  cxoXai  (65),  N"'D"i::;  neben  ä^^c^a  -fevecia  (90),  üt^^i-]  berfMa 
(93),  w\riS"'n  boOXoc  (99),  ai'-"':  neben  richtigem  Di'oi:  vö|uoc  (147), 
"":Tnp  Ke'bp^voc  (189,  bei  Levy  wie  zu  erwarten),  üiTz'ip  kÖ|u>;c 
(192j,  n^-iVrip  KoWrpic  (200),  Fälle,  in  denen  sowohl  i  statt  "• 
wie  umgekehrt  "•  statt  t  gesetzt  wird.  Wir  dürfen  daher  un- 
bedenklich jene  leichte  Änderung  in  'T'\v  annehmen  und  er- 
halten so  einen  Beleg  für  neugriech.  dy^pac  neben  depac  mit 
sog.  'irrationalem'  Spirant,  der  schon  frühzeitig  zu  belegen 
ist  (s.  Kruniml)acher  Sitzungs-Ber.  der  Münchener  Akad.  1(>86 
S.  366  f!'.),  wenn  auch  gerade  dyepac  aus  mittelgriechischeu 
Texten  noch  nicht  sich  feststellen  liess. 

Verf.  scheint  das  reichhaltige  Lexikon  von  Sophoclis 
(Greek  lexicon  of  the  Roman  and  Byzantine  periods,  2.  Aufl. 
188h)  nicht  zu  kennen;  es  war  für  sein  Buch  in  mancher 
Beziehung  wichtiger  als  das  Glossar  von  Ducange,  da  es  ge- 
rade diejenigen  Zeiten  der  griech.  Sprache  umfasst,  die  auch 
für  die  Epoche  der  Midrasim  in  Betracht  kommen.  Bei  So- 
phoclis hätte  Verf.  manchen  vermissten  Beleg  gefunden  oder 
anderes  daraus  richtig  stellen  können :  z.  B.  Belege  für  dciv 
laiv  (S.  65),  cxoXai  (ib.),  für  irdcTiXoc  (71)  =  lat.  pasfillns,  6p- 
vuTOC  (77)  =  lat.  oniafus,  Ypdboc  =  gradus,  ictpiujv,  vau- 
TuXioc,   TTpiiaoTTlXoc    —   pvi iiiopiUis,   Kttucdpioc  cansiu'iufi.    kovco- 


Fürst  Glossarium  graeco-hebraeum.  5^ 

ßpivoc  consobrinus.  Es  bleiben  freilich  immer  noch  sehr  viele 
Wörter  übrig,  die  bei  Sophoclis  (manchmal  auch  bei  Ducange) 
iinbelegt  sind,  um  die  Avir  also  das  Lexikon  jener  Zeit  be- 
reichern dürfen;  das  gilt  von  altgriechischen  (z.  B.  dciXXa, 
cuKuucic)  wie  neugriechischen  (z.  B.  luaxaipiv),  besonders  aber 
von  lateinischen  Wörtern  [solea,  stativa,  .<^emifa),  bei  welch 
letzteren  freilieh  die  Form  meist  nicht  entscheiden  lässt,  ob 
sie  wirklich  durch  das  Medium  des  Griechischen  hindurch- 
gegangen  sind. 

Es  wäre  gut  gewesen,  wenn  Verf.  die  Quellen  der  selteneren 
griechischen  Substrate  nicht  gar  so  spärlich  bezeichnet  hätte, 
besonders  dort,  wo  eine  ungewöhnliche  Bedeutung  angegeben 
wird:  woher  stammt  z.  B.  die  Bedeutung  'Fuge,  Spalt'  für  cuv- 
0€|ua  (S.  151)?  xaEeibiov  bedeutet  gewöhnlich  'Eeise'  (so  auch 
Sophoclis),  nicht  'Anordnung'  (122);  woher  dies?  Woher  hat 
Verf.  ferner  die  Form  Z^dviv  neben  2;iZ;dviov  (113)?  Soph.  kennt 
sie  nicht;  aber  auch  im  neugriech.  Wörterbuch  von  Legrand 
linde  ich  nur  Z^iZ^dviov^);  das  Zakonische  hat  zizänje  (Deffner 
Zak.  Gr.  83);  auf  Chios  lilävm  und  IxlavevöJ  (Paspatis  XiaKÖv 
rXuucc).  Weitere  Belege  sind  mir  eben  nicht  gegenwärtig,  aber 
es  genügt  das  Vorgebrachte,  um  zu  zeigen,  wie  sehr  eine  ge- 
Avissenhafte  Anführung  von  Zeugnissen  die  Brauchbarkeit  und 
Zuverlässigkeit  des  vorliegenden  Buches  erhöhen  Avürde. 

Verf.  ist  in  der  Annahme  griechischer  Entlehnungen 
nicht  engherzig;  manche  Identifizierung  scheint  mir  wegen 
lautlicher  Differenzen  problematisch,  z.  B.  cn:;::w\  =  oiKetic, 
■'rrrN  'Kastell,  Burg'  =  auXi]  (vgl.  hebr.  r~w\  'Zelt,  Wohnung', 
auch  'Burg'  usw.),  crtcx  =  KataXucic  "mit  Weglassung  des 
k"  (?),  ccrwN  =  KXdcjLia  ''mit  Abwerfung  des  k",  rr'CCN  =  crdcic, 
3"i-''i  =  dlmissio  'vgl.  auch  Levy  und  Fleischer  s.  v.),  "|~ir  = 
XapdKuujua,  ic"":  ■=^  Xr|TTTrip.  N'":"ip  =  y^vaiov  (vgl.  Levyi  u.  a.  m. 
In  zahlreichen  andren  Fällen  hat  der  Verf.  ein  falsches  oder 
doch  nicht  genau  entsprechendes  griechisches  Sulistrat  ange- 
geben, wodurch  die  lautlichen  Beziehungen  verdunkelt  wur- 
den ;  durch  Einsetzung  der  richtigen  (griech.)  Form  wird 
oft  ohne  weiteres  die  Gleichsetzung  einleuchtend:  statt  d^fopa- 
vö)Lioc  (S.  37) :  '''dYopabarmuuv  (Levy),  statt  auroieXiic  ( S.  43)  : 
dieXi^c  (mit  gleicher  Bedeutung),  st.  diaKTOC  (ib.):  "'diaKTiKÖc, 
St.  dvdßaOpov  (Ü5)  vielleicht  dvdßatov,  st.  dvdKXrjCic  (()*•):  dvd- 
xXriTOV?,  St.  cxaKTÖv  (61):  cxaKTr),  neben  cipdia  (62)  vielleicht 
^CTpaTe^d  (nach  TTXaxeid),  st.  'EtTiKOupaioc  (70) :  'EiriKOupoc  (in 
genereller  Bedeutung),  st.  agitafor  (74):  actor  dKTuup,  st.  ßaXi- 
CTi-|c,  ßaXicxdpiov  (83):  ßaXicTpa  (Belege  bei  Soph.),  st.  biaiir]- 
xripiov  (99)  'Gemach,  Stube':  *biaiTdpiov  (vgl.  biairdpioc  atrl- 


1)  Das  Wort  fehlt  bei  Diicange,  Korais,  Byzantios,  Kind. 


€0  Fürst  Glossarium  g-raeco-hebraeum. 

ensis  im  Lexikon  des  Sopli.),  st.  laßXiov  (116):  laßXdpiv,  st. 
Ti|ari  (120)  wohl  Ti)aoc  (Levy),  st,  koxXic  und  x«pct  (125):  x^Xuc 
und  xdpxc  (Levy),  st.  KOtCTpa  (137)  Avohl  e'EuJCTpa  Avie  beim  vor- 
hergehenden Wort,  St.  laeiaXXa  (138):  *|ueTaXXeia;  Nnp"!:»  'rote 
Erde  von  der  Insel  Skyros,  ein  Färbemitter  (155)  ist  vielleiclit 
k\j";''"T'C  zu  lesen  und  gehört  dann  zu  t6  cupiKÖv  'Mennig'  u. 
verw,  (vgl.  IF.  II  103);  st.  ciKcxpioi  (160):  *ciKapiK0i,  st.  TToba- 
■fpiKÖc  (163):  TTobttYpöc  in  derselben  Bedeutung  (vgl.  Soph.), 
St.  TieZioi  (174):  qpoccdTOV  'Heer',  st.  ßouXeutripiov  (180):  *7Ta- 
pebpiov,  St.  TTpoGöpov  (181):  TTpöcoboc  (Levy),  st.  Kebpic  (198): 
KiTpov,  St.  Ki-fKXic  (206)  vielleicht  KOtYKeXXoi.  Einige  Wörter, 
die  wir  als  zur  Zeit  unbelegt  mit  einem  *  versehen  mussten, 
werden  so  für  das  Lexikon  der  späteren  Gräzität  gewonnen. 

Unsere  wenigen  Bemerkungen  können  schon  zeigen,  wie 
ergiebig  Fürsts  Sammlung  für  die  griechische  Sprachgeschichte 
ist,  obwohl  die  Durcharbeitung  des  Stoffes  manches  zu  wün- 
schen übrig  lässt.  Wenn  wir  jedoch  bedenken,  dass  grade 
für  die  Zeit  des  5.  bis  10.  .Jahrhunderts  unsere  Quellen  für 
die  Kenntnis  der  damals  gesprochenen  griech.  Sprache  sehr 
spärlich  fliessen,  so  müssen  wir  dem  Verf.  für  seine  mühe- 
volle Arbeit  dankbar  sein;  denn  seine  Vorarbeit  giebt  ein 
reiches  Material  für  Feststellung  besonders  lautlicher  und  lexi- 
kalischer Thatsachen  der  späteren  Gräzität.  Die  Verwertung 
des  Materials  in  dem  angegebenen  Sinne  ist  eine  Aufgabe, 
■die  noch  ihrer  Ausführung  harrt. 

Freiburg  i.  B.  A.  T  h  u  m  b. 


Matov  D.  Griechisch-bulgarische  Studien.  Sbornik.  Bd.  IX. 
(Sofia  1893).     S.  21—84. 

Die  bulgarische  Regierung  veröffentlicht  jedes  Jalir  einen 
oder  zwei  stattliche  Sammelbände  wertvoller  Untersuchungen 
über  Sprache,  Geschichte  und  Volkslitteratur  der  Bulgaren. 
Die  Arbeiten  in  diesem  "Sborniks",  von  Avelchem  soeben  der 
IX.  Band  erschienen  ist,  stehen  alle  auf  der  Höhe  der  modernen 
Forschung.  Es  ist  billig  und  gerecht  dieses  öffentlich  anzu- 
erkennen, und  ich  ergreife  die  Gelegenheit  es  auch  in  dieser 
Zeitschrift  zu  thun.  An  andrer  Stelle,  avo  ich  die  philolo- 
gischen und  folklorischen  Arbeiten  behandeln  werde,  gedenke 
ich  es  nocli  ausführlicher  zu  thun. 

In  dem  soeben  erschienenen  Bande  (Bd.  IX),  Sofia  1893 
(4",  736  u.  175  u.  239  S.)  veröffentlicht  D.  Matov  (S.  21— 84) 
unter  dem  Titel:  "Griechisch-bulgarisclie  Studien"  eine  ein- 
geliende  Untersuchung  über  den  Einffuss  des  Slavischen  auf 
die  griechische  Sprache. 


Matov  Griechisch-bulgarische  Studien.  61 

Er  hebt  zuerst  diejenigen  Punkte  hervor,  welche  beiden 
Sprachen  gemeinsam  sind;  beleuchtet  mög-lichen  griechischen 
Einfluss  auf  bulgarische  Verbalbildung;  zeigt,  dass  auch  auf 
dem  Gebiete  der  Volksetymologie  und  Semasiologie  Analogieen 
zwischen  den  beiden  Sprachen  sich  nachweisen  lässt.  In  einem 
zweiten  Kapitel  wird  die  ganze  Literatur  von  Fallmereyer  bis 
auf  G.  Meyers  jüngste  Abhandlung  und  Weigands  Wlacho- 
Meglen  seriatim  durchgenommen  und  nach  den  Resultaten 
geprüft.  Ein  drittes  Kapitel  behandelt  nun  die  slavischen 
Elemente  im  Griechischen.  Der  Verf.  legt  natürlicherweise 
Miklosichs:  Slavische  Elemente  im  Neugriechischen,  seiner 
Aufzählung  dieser  Elemente  zu  Grunde,  und  fügt  zahlreiche 
neue  Worte  hinzu,  die  er  meistens  der  griechischen  Volks- 
litteratur  entnommen  hat.  Er  giebt  zuerst  eine  reichhaltige 
Bibliographie  und  verweist  häufig  auf  die  Arbeiten  der  Vor- 
gänger, wo  er  eine  neue  und  abweichende  Etymologie  vor- 
bringt. Zwei  Thatsachen  sind  nun  zu  bemerken  die  der 
Verfasser  nicht  genügend  berücksichtigt  hat  1)  dass  die  mei- 
sten slavischen  Elemente  im  Neugriech.  sich  auch  im  Alba- 
nesischen  und  im  Macedo-Rumänischen,  häufig  auch  im  Daco- 
Rumänischen  sich  finden.  Es  müsste  erst  genau  untersucht 
werden,  welchen  von  diesen  die  griechischen  phonetisch  am 
nächsten  stehen.  Die  Möglichkeit  ist  durchaus  nicht  ausge- 
schlossen, dass  manche  slavische  Elemente  erst  durch  Albanesen 
oder  Walachen  den  Griechen  vermittelt  Avurden,  wie  z.  B, 
ßouXKoXaKtt,  welches  aus  asl.  vlül'odlal'ä  entstanden  ist  und  in 
der  Form  vürloldkil  (=  russ.)  zu  den  Bulgaren  zurückge- 
wandert sein  soll;  wobei  auch  eine  Verschiebung  des  Akzentes 
stattgefunden  haben  müsste,  oder  YKopiTxid,  welche  malb.  göritse 
vollkommen  entspricht,  aber  kein  slavisches  Wort  in  dieser 
Form;  KOxeTCi  in  derselben  Bedeutung  und  demselben  Akzent 
auch  im  Rum.  nicht  so  im  Slav.  Zu  rum.  luncä  stimmt 
viel  besser  neugriech.:  Xd^KOC,  XaffC'c  und  XÖTfOC  mit  nasalem 
Y,  (welches  aslav.  A  entspricht),  als  zu  irgend  einem  ncuslav. 
Worte.  Diese  Beispiele  Hessen  sich  noch  vermehren.  Die 
Frage  einer  möglichen  Vermittlung  slavischer  Bestandteile 
durch  andere  Völkerschaften  kann  nicht  ausser  Acht  gelassen 
Averden,  bei  Untersuchungen  dieser  Art.  Der  Verf.  hat  sie 
leider  nicht  berücksichtigt. 

Oftizielle  Titulaturen  und  Worte,  die  von  byzantischen 
Schriftstellern  als  slavische  angeführt  werden,  können  auch 
schwerlich  als  slavische  Elemente  im  Neugriech.  betrachtet 
werden;  trotzdem  zählt  sie  der  Verf.  auf. 

Dagegen  ist  es  von  der  grössten  Bedeutung  solche  Wörter 
aufzuspüren,  die  sich  in  die  Volkssprache  eingebürgert  haben. 
Darin  liegt  auch  zunächst  der  Wert  dieser  interessanten  Arbeit, 


62  Pauli  Altitalische  Forschungen. 

die  auf  jeden  Fall  die  vollständige  Aufzählung  aller  slavischen 
Elemente  im  Neugriecli.  enthält  und  somit  den  Forschern  ein 
durch  Belege  wertvolles  Material  bietet.  Bei  den  wenigsten 
wird  sich  der  slav.  Ursprung  bestreiten  lassen,  nur  wird  die 
unmittelbare  Quelle,  aus  Avelcher  das  Wott  in  den  neu- 
griech.  Sprachschatz  gedrungen  ist,  noch  genauer  bestimmt 
werden  müssen. 

Bei  Gelegenheit  erwähne  ich  auch  die  umfang-  und  lehr- 
reiche Abhandlung  des  Dr.  J.  D.  Schischmanov  in  demselben 
Sbornik  (S.  442 — 646)  über  bulgarische  Volksetymologie.  Es 
ist  die  erste  gründliche  Untersuchung  und  der  Verf.,  der  ein 
gründlicher  Kenner  des  Griechischen  ist,  bringt  häufig  Bei- 
spiele und  Analogien  aus  dem  Neugriechischen,  indem  er  die 
eine  durch  die  andere  Sprache  beleuchtet.  Die  Bedeutung 
solcher  Vergleichungen  für  Völkerpsychologie  bedarf  kaum 
hervorgehoben  zu  werden.  Eine  ähnliche  eingehende  Unter- 
suchung, die  alle  Balkanvölker  umfassen  würcle  —  auch  die 
Rumänen,  wobei  ich  auf  die  bedeutende  Arbeit  Schaineanus 
(Incercare  asupra  Semasiologiei  limbei  Romane.  Bucuresti  1887) 
hinweise   —  Avürde   reich   an  überraschenden  Resultaten  sein. 

London.  j\[.  Gast  er. 


Pauli  C.  Altitalische  Forschungen.  II.  Band.  Eine  vorgrie- 
chische Inschrift  von  Lemnos.  2.  Abtlg.  Leipzig  J.  A.  Barth 
(A.  Meiner)  1894.     262  S.     14  M. 

Nach  einer  ausführlichen,  ihrem  Wesen  nach  polemischen 
Auseinandersetzung  mit  allen  früheren  Erklärern  unserer 
Doppelinschrift  und  mit  den  Rezensenten  der  ersten  im  Jahre 
1886  erschienenen  Abteilung  dieses  Bandes  giebt  der  wohl- 
verdiente Etruskologe  eine  auf  solidester  Basis  aufgebaute 
Erklärung  der  Inschrift,  Avelche  zweifelsohne  in  einer  dem 
Etruskischen  naheverwandten,  nach  der  Ansicht  des  Referenten 
kaum  mehr  als  dialektisch  davon  verschiedeneu  Sprache  ab- 
gefasst  ist.  Auch  lässt  sich  nicht  ernstlich  bezweifeln,  dass 
die  lemnische  Doppelinschrift,  wie  dies  ja  auch  schon  früher 
die  vorwiegende  Ansicht  der  Erklärer  gewesen  war,  eine 
Grabschrift  ist  und  zwar  eines  Beamten  (ziazi),  namens  holale, 
der  im  Alter  von  51  Jahren  auf  Lemnos  beigesetzt  wurde. 
Es  ist  P,  nicht  gelungen,  sämmtliche  Worte  unserer  Doppel- 
Inschrift  zu  deuten,  al)er  dass  dieselbe,  soweit  es  gelungen 
ist,  ihren  Sinn  zu  enträtseln,  der  Hauptsache  nach  richtig  ge- 
deutet ist,  glaubt  Referent  unter  dem  Vorbehalte  zugeben  zu 
dürfen,  dass  im  einzelnen  nicht  alle  von  P.  gewonnenen 
Ergebnisse  der  Deutung,    die   auf  dem  gewiss  einzig  richtigen 


Pauli  Altitalische  Forschungen.  63 

Wege  der  Erklärung  aus  dem  Kreise  des  inschriftlich  über- 
lieferten Materials  mit  umfassender  Heranziehung  von  In- 
schriften verwandten  Gepräges  und  unter  Ausschluss  der 
etymologischen  i\Ietliode  zustande  gekommen  ist,  Anspruch 
auf  denselben  Grad  der  Sicherheit  erheben  können.  Immer- 
hin haben  wir  Grund  genug,  für  diese  Ergebnisse  der  Deu- 
tung, die  zum  Teil  auf  recht  mühevollem  Wege  errungen 
sind,  ihrem  Urheber  dankbar  zu  sein. 

Nachdem  so  die  sprachliche  Seite  unseres  Gegenstandes 
in  erschöpfender  Weise  ilu'e  Erledigung  gefunden  (S.  1 — 106), 
wird  in  sehr  umfassendem  Masse  die  ethnographische  Bedeutung 
unserer  Inschrift  erörtert.  P.  hält  dabei,  ohne  vorläufig  noch 
von  Ed.  Meyers  Forschungen  über  die  Pelasger  (Forschungen 
zur  alten  Geschichte  I  1  ff.)  Notiz  zu  nehmen,  an  seiner 
bereits  in  der  ersten  Abteilung  dieses  Bandes  ausgesprochenen 
Anschauung  fest,  dass  die  Pelasger  (nur  tyrrhenische  Pelasger 
sind  eben  die  Verfasser  der  Lenmos-Iuschrift  gcAvesen)  ein 
von  den  Indogermanen  und  Semiten  verschiedener  Sprach- 
stamni  gewesen  seien.  Dem  Referenten  scheint  jedenfalls  nur 
soviel  sicher,  dass  die  Verfasser  der  Lemnosinschrift,  für  die 
man  die  Tyrrhener  zu  halten  hat,  durch  ihre  Sprache  als 
nahe  Verwandte  der  Etrusker  erwiesen  werden.  Aber  unklar 
bleibt  vorläufig  noch,  ob  diese  Tyrrhener  auf  Lemnos,  wie  P. 
annimmt,  der  Überrest  einer  von  Osten  nach  Westen  gerich- 
teten Völkerwanderung  sind,  die  die  Etrusker  nach  Italien 
brachte,  oder  ob  sie,  wie  Bugge  und  Ed.  Meyer  annehmen, 
aus  Italien  ausgeflogene  Etrusker  sind. 

P.  hat  sich  nicht  damit  begnügt  auf  diese  naheliegende 
Verwandtschaft  der  Etrusker  und  Tyrrhener  hinzuweisen, 
sondern  angeregt  durch  eine  Aveitausgreifende  Hy^DOthese 
von  Fr.  Hommel  im  Archiv  für  Anthropologie  1890,  251  flf. 
auch  die  Sprachen  einer  Reihe  von  Völkern,  die  der  eben 
genannte  Gelchi'te  zum  alarodischen  Sprachstamm  rechnet, 
auf  ihre  Verwandtscliaft  mit  dem  Etruskisclien  untersucht, 
Tim  so  weitere  ethnographische  Anknüpfungspunkte  für  das 
rätselhafte  Volk  der  Etrusker  zu  finden.  Das  Ergebnis  dieser 
mit  grossem  Scharfsinn  geführten  Untersuchung  ist  ein  wenig 
greifbares.  Nur  ganz  entfernte  ^Möglichkeiten  einer  Verwandt- 
schaft ergeben  sich,  von  einem  positiven  Resultat  ist  eigent- 
lich nicht  zu  sprechen.  Daran  trägt  natürlich  nicht  der 
Verfasser  die  Schuld,  sondern  die  Natur  des  äusserst  schwie- 
rigen Gegenstandes. 

Ich  ha1)e  mit  Rücksicht  auf  den  mir  zur  Verfügung 
stehenden  Raum  mich  damit  begnügen  müssen,  die  Haupt- 
gedanken dieses  neuesten  Buches  von  Paiüi,  das,  wie  alle 
Arbeiten  des  rührigen  Verfassers,  als  eine  wirkliche  Bereiche- 


64  Cordenons  Un  po'  piu  luce  siille  origine,  usw. 

ruiig'  der  Wissenschaft  bezeiclmet  Averden  muss,  hervorzuheben; 
auf  einige  einzelne  Punkte  bin  ich  in  einer  Besprechung  des 
Pauli'schen  Buches  in  der  Zeitschr.  für  die  öst.  Gymn.  1895 
S.  45 — 50  ausführlicher  eingegangen. 

Innsbruck.  Fr.  Stolz. 


Cordenons  F.  Un  po'  piü  luce  sulle  origini,  idioma  e  sistema 
di  scrittura  degli  Euganei-Veneti.  Venezia,  F.  Ongania  1894. 
212  S.     8». 

Diese  Schrift,  in  Avelcher  in  vier  Teilen  über  das  Schrift- 
system der  Veneto-Euganeer,  über  das  epigraphische  Material 
und  dessen  Deutung,  über  die  Zeit  der  Einführung  des  Alpha- 
betes in  das  Veneterland,  endlich  über  die  Herkunft  der 
Veneter  gehandelt  wird,  bedeutet  nicht  nur  keinen  Fortschritt 
über  Paulis  verdienstliche  Arbeit  hinaus,  sondern  einen  wesent- 
lichen Rückschritt  und  ist  daher  ganz  und  gar  nicht  geeignet, 
über  diese  Frage  neues  Licht  zu  verbreiten.  In  ganz  dilet- 
tantenhafter  Weise  nimmt  der  Verf.  zur  Erklärung  der  vene- 
tischen Schriftzeichen  die  kyprische  Silbenschrift  und  über- 
haupt die  ihm  geeignet  scheinenden  Alphabete  der  Mittelmeer- 
länder zu  Hilfe  und  gelangt  hinsichtlich  des  venetischen 
Alphabetes  zu  folgenden  Thesen,  die  ich  zur  Charakterisierung 
der  Arbeitsweise  des  V.s  hier  mitteile  (S.  77).  1)  Die  Punkte 
an  der  Seite  der  Buchstaben  zeigen  die  Auslassung  von  Buch- 
staben an,  welche  mit  dem  von  ihm  eingeschlossenen  Buch- 
staben eine  Silbe  ausmachen.  2)  In  dem  venetisch-euganei- 
schen  Alphabet  giebt  es  ''segni  sillabici  tolti  dall'  antichissimo 
sillabario  asiano".  3)  Die  übrigen  Buchstabenzeichen  sind 
semitischen  oder  phönikischen  Ursprungs;  aber  einige  von 
ihnen  haben  manchmal  neben  ihrem  buchstäblichen  Werte  auch 
den  von  Silbenzeichen.  4)  Die  beiden  Hasten  ||  bezeichnen 
'i  nasale'.  5)  Diakritische  Punkte  und  doppeltgesetzte  Buch- 
staben giebt  es  nicht.  Da  der  Verfasser  manche  Zeichen  in 
ganz  eigener  Weise  deutet,  gelangt  er  natürlich  zu  einer  von 
Pauli  wesentlich  abweichenden,  aber  keineswegs  richtigeren 
Lesung.  Auch  was  über  die  Zeit  der  Einführung  des  Alpha- 
betes ins  Veneterland  (9. — lU.  Jahrhundert  v.  Chr.)  gesagt 
wird,  ist  wenig  glaubhaft,  und  Avas  über  die  Herkunft  der 
Veneter  auseinandergesetzt  ist,  bcAveist  mehr  das  Bestreben 
des  V.s  ihre  Vurfahn-n  zu  nahen  Verwandten  der  Italiker  zu 
stempeln  als  kritiscii-historischen  Sinn,  vor  dem  seine  Plianta- 
siegebilde  keinen  Bestand  lialjen  Averden. 

Innsbruck.  Fr.  Stolz. 


Deecke  Lat.  SchiilgTanimatik.  Erläuteniiig-.  z.  lat.  Schiilgrammatik,  G5 

Deecke  W.    Lateinische  Schulgrammatik.    Berlin  Calvary  1893. 

VIII  u.  3U0  S.     8^.     2,40  M. 
—  Erläuterungen    zur    lateinischen    Schulgrammatik.      Berlin 

Calvary  1893.     II  u.  477  S.     8'^.     4,80  M. 

Eine  Schulgrammatik,  Avelche  die  Ergebnisse  der  fort- 
schreitenden AVissenschaft  in  der  Praxis  schon  des  elemen- 
taren Unterrichtes  verwerten  will,  verdient  auch  den  Dank 
der  allgemeinen  Sprachwissenschaft;  denn,  indem  sie  die 
heranwachsende  Generation  lehrt  über  sprachliche  Erschei- 
nungen das  Richtigere  zu  denken,  hebt  sie  weite  Kreise  zu 
einer  besseren  Grundanschauung  vom  Wesen  der  Sprache 
empor,  regt  manche  Köpfe  zu  fruchtbarem  Nachdenken  an 
und  rüstet  den  künftigen  Sprachforscher  von  früh  auf  mit 
Kenntnissen  und  Ansichten  aus,  auf  denen  er  ohne  das  Funda- 
ment zu  ändern  später  selbst  weiterbauen  kann.  Ein  solcher 
Versuch  darf  aber  vollends  auf  lebhaftes  Interesse  rechnen, 
wenn  er  von  einem  Manne  wie  Deecke  unternommen  wird,  der 
während  40-jähriger  Praxis  im  Schuldienst  gleichzeitig  in  der 
wissenschaftlichen  Erforschung  der  italischen  Sprachen  immer 
als  einer  der  führenden  Geister  tätig  gewesen  ist.  Schon  die 
Programme  von  Buchsweiler  (1887  "Die  griech.  und  lat.  Ne- 
bensätze, auf  Avissenschaftlicher  Grundlage  neu  geordnet") 
und  Mülhausen  (1890  "Beiträge  zur  Auffassung  der  lat.  Infin.-, 
Gerund.-  und  Supin.-Konstruktionen")  legten  den  Wunsch  nahe 
zu  erfahren,  wie  der  Verf.  seine  neuen  Ansichten  im  Zusam- 
menhange praktisch  zur  Geltung  bringen  würde.  Der  Wunsch 
wird  jetzt  in  dankenswerter  Weise  so  erfüllt,  dass  die  Neu- 
gestaltung des  Lehrbuches  in  den  Erläuterungen  sprachwissen- 
schaftlich und  pädagogisch  gerechtfertigt  Averden  soll.  Der 
bedeutende  Umfang  dieser  "Erläuterungen"  zeigt  schon,  dass 
der  Verfasser  in  seiner  Begründung  viel  mehr  ins  Einzelne 
zu  gehen  beabsichtigt,  als  das  einst  G.  Curtius  in  seinen 
"Erläuterungen  zu  der  griech.  Schulgrammatik"  zweckmässig' 
fand.  In  der  That  bieten  Deeckes  beide  Bücher  vereint  dem 
Lehrer  eine  so  vollständige  wissenschaftliche  Grammatik  des 
Lateinischen,  wie  Avir  sie  bei  gleicher  Kürze  sonst  kaum  be- 
sitzen; sie  kann  demnach  namentlich  in  Lehrerkreisen  höchst 
förderlich  wirken. 

Da  ist  es  nun  doppelt  zu  bedauern,  dass  der  Verf.  durch 
die  wunderlichen  Verdeutschungen  der  grammatisclien  Termi- 
nologie es  in  hohem  Grade  unl)equem  macht  seine  Schulgram- 
matik zu  benutzen.  Was  dagegen  im  allgemeinen  zu  sagen 
ist,  hat  in  seiner  drastischen  Weise  bereits  Jean  Paul  ausge- 
sprochen, so  wirksam,  dass  Philipp  Wackernagel  (Lesebuch  IV 
80)  nichts  lieber  thun  mochte  als  die  köstlichen  Worte  des 
Dichters  sich  einfach  aneignen.     Wie  kann  man  aber  gar  in 

Anzeiger  VI  1  u.  2.  5 


(36  Deecke  Lat.  Schulgrammatik,  Erläuterung-,  z.  lat.  SchulgTammatik. 

jetziger  Zeit,  wo  der  ganze  altsi)racliliche  Unterricht  aufs 
äusserste  gefährdet  ist,  lioffen  mit  einer  gewaltsamen  Neuerung 
durchzudringen,  die  statt  allbei^annter  knapper  Ausdrücke 
uns  umständliche  und  mannigfachen  Missverständnisseu  aus- 
gesetzte Wendungen  aufnötigen  will?  Es  ist  geradezu  be- 
trübend zu  sehen,  dass  es  eben  ein  ausgezeichneter  Sprach- 
forscher ist,  der  so  wenig  Respekt  vor  dem  historisch  begrün- 
deten Sprachgebrauche  hat,  dass  er  uns  zumutet  statt  Nomi- 
nativ 'Werfair,  statt  Passivum  'Leidensart',  statt  Imperfektum 
'Mitvergangenheit'  u.  dgl.  m.  zu  sagen.  Man  höre  nur,  wie 
einfache  Regeln  sich  in  dieser  Sprache  ausnehmen:  §  127,  6 
"In  der  2.  E.  und  2.  M.  der  Vorzukunft  der  Wirklichkeits- 
form und  der  Vergangenheit  der  Möglichkeitsform  in  der 
Tätigkeitsart  brauchen  die  Dichter  auch  -zs  und  -Uis  (statt 
is  und  itis),  das  heisst  "das  i  der  2.  Sg.  und  Plur.  Fut.  ex.  und 
Konj.  Perf.  Akt.  Avird  von  Dichtern  auch  lang  gebraucht". 
Man  muss  alle  Geduld,  zu  welcher  die  Achtung  vor  den  hohen 
Verdiensten  des  Verfassers  uns  nötigt,  zusammennehmen,  um 
seiner  eigenwilligen  Redeweise  durch  das  ganze  Werk  hin 
soweit  zu  folgen,  das  man  die  sonst  so  kurz  zu  fassende  Grund- 
regel der  oratio  obliqua  aus  folgenden  Worten  heraushören 
kann:  §  369  "Hauptsätze,  auch  gegenwirkliclie  und  bezüg- 
lich-beigeordnete,  sowie  rednerische  Fragen  stehn  im  Wenfall 
mit  Dingform."  Der  Verf.  hat  in  berechtigter  Scheu  die 
"spezifisch  lateinischen  Bildungen  wie  Deponens,  Gerundivum, 
Supinum"  nicht  angetastet,  seine  eigenen  Verdeutschungen 
befriedigen  ihn  nicht  immer  völlig  (vgl.  Erl.  §  19);  Avarum 
Hess  er  den  Schülern  und  Lehrern  nicht  in  der  Grammatik 
die  alten  Ausdrücke,  welche  er  ausdrücklich  in  seinen  Er- 
läuterungen den  Fachleuten  noch  gönnt? 

Es  wäre  dann  um  vieles  erfreulicher  sich  mit  dem  In- 
halte des  Buches  zu  beschäftigen,  und  dieser  verdient  aller- 
dings schon  der  vielfach  neuen  Anordnung  des  Stoffes 
wegen  aufmerksam  geprüft  zu  werden.  Das  Verhältnis  der 
Teile  zu  einander  wird  am  klarsten  hervortreten,  wenn  ich 
zu  den  Seitenziffern  der  Grammatik  gleich  die  der  Erläute- 
rungen (E.)  hinzusetze.  An  die  allgemeinen  Bemerkungen 
über  die  Geschichte  der  lateinischen  Sprache,  soweit  sie  für 
die  Schulgrammatik  wichtig  ist  S.  1  u.  2.,  E.  1 — 6,  schliesst 
sich  als  Erster  Teil  die  Lautlelire  1 — 9,  E.  6 — 23,  darauf  der 
Zweite  Teil,  die  Wortlehre  10—149,  E.  23—312,  endlich  der 
Dritte  Teil,  die  Satzlehre  löU — 264,  E.  312—444,  zum  Schluss 
steht  in  beiden  Büchern  ein  reiches  Inhaltsverzeichnis  26ö — 
300,  E.  452 — 477;  in  den  Erläuterungen  ist  noch  von  445 — 
451  ein  Abriss  der  Wortbildungslehre  eingeschoben.  Der 
breite   Raum,    Avelehen    die  Wortlehre    einnimmt,    erklärt  sich 


Deecke  Lat.  Schulg-rammatik.  Erläuterung,  z.  lat.  Scluilg-rammatik.  G7 

daraus,  class  die  neue  Ordnung  der  Zeitwörter  eingehend  — 
•auf  mehr  als  200  Seiten  —  begründet  wird;  hier  findet  man 
zu  jedem  Verbum  alles  für  seine  Bildung  Wesentliche  in  ganz 
erstaunlicher  Fülle  vereinigt.  In  der  zweiten  Konjugation 
werden  als  regelmässig  die  etwa  50  nach  moneo  gehenden 
Verba  vorangestellt,  für  die  dritte  ist  trotz  unverkennbarer 
Abweichungen  ago  als  regelmässiges  Paradigma  beibehalten. 
Auf  die  regelmässige  Konjugation  folgen  ausführliche  Erörte- 
rungen über  die  Bildung  der  Stammformen,  der  Vergangen- 
heit, des  Supinums,  und  über  die  Zusammensetzung  der  Zeit- 
wörter; dann  erst  kommen  die  "abweichenden  Abwandlun- 
gen" und  die  "unregelmässigen  Zeitwörter"  (verba  anomala). 
Auf  diese  Weise  wird  es  dem  Lehrer  ermöglicht  einen  Über- 
blick über  den  gesammten  Bau  des  lateinischen  Verbums  zu 
gewinnen. 

Auch  aus  der  Syntax  kann  ich  nur  einzelne  Punkte  als 
besonders  ins  Auge  fallend  hervorheben.  In  §  248  wird  für 
den  Akkusativ,  Ablativ  und  Lokativ  (vermengt  mit  dem  Dativ) 
entschieden  die  räumliche  Grundbedeutung  behauptet,  dem  ent- 
sprechend dann  z.  B.  beim  Akk.  §  275  und  Abi.  §  298  von 
der  Konstruktion  der  Städtenamen  ausgegangen.  Dass  sich 
die  Mannigfaltigkeit  des  Kasusgebrauchs  im  klassischen  Latein, 
der  doch  allein  hier  Schülern  begreiflich  gemacht  werden  soll, 
-schon  nicht  leicht  in  dieses  System  einfügen  lässt,  tritt  hier 
überall  hervor.  Während  in  den  Erläuterungen  noch  die  Ver- 
mengung des  Dativs  mit  dem  Lokativ  anerkannt  wird,  veran- 
lasst das  Streben  nach  Vereinfachung  des  Systems  den  Verf.  in 
'der  Schulgrammatik  beim  Dativ  den  Satz  voranzustellen:  §  263 
"  der  Wemfall  ist  ursprünglich  ein  räumlicher  Fall,  der  auf  die 
Frage  wohin?  das  Ziel  angiebt,  an  dem  eine  Bewegung  zur 
Euhe  kommt".  Auch  der  Ablativus  absolutus  findet  nun  (§384) 
eine  diesen  Anschauungen  entsprechende  Erklärung;  es  heisst 
von  ihm  in  der  Grammatik:  "der  unabhängige  Woherfall  war 
^irsprünglich  ein  Woherfall  der  Zeit",  in  den  Erläuterungen: 
"^irsprüngiich  ist  er  sicherlich  als  ahl.  temporis  auf  die  Frage 
woher?  zu  fassen,  dann  auf  die  Frage  wann?  (vermengt  mit 
dem  Lokativ.;  s.  §  306)  z.  B.  Gallis  devictis  Caesar  caatra 
movit  =  von  der  Besiegung  der  Gallier  her  (gleich  nach  Be- 
siegung der  Gallier)  verlegte  Cäsar  das  Lager."  —  In  der 
gleichen  Weise  zeigt  sich  auch  sonst  der  Verfasser  bestrebt 
an  Stelle  der  in  der  Wissenschaft  noch  schwankenden  Vermu- 
tungen klar  bestimmte  Ansichten  bereits  im  Schulunterrichte 
durchzuführen.  Zwar  seine  schon  früher  ausgesprochene  Mei- 
Jiung,  dass  man  die  ursprünglich  lokativische  Xatur  des  Infi- 
nitivs sich  beim  Akk.  e.  I.  an  der  Übersetzung  video  te 
currere  "ich   sehe   dich  im    Laufen"    klar    zu   machen   habe, 


68  Deecke  Lat.  Schulgrammatik.  Erläuterung-,  z.  lat.  Schulgrammatik. 

kommt  hier  nur  in  den  P^rläuterungen  (§  349)  vor;  aber  seine 
Auffassung  der  Nebensätze  als  wesentlich  relativen  Ursprungs 
wird  in  der  Lehre  von  der  Unterordnung  so  streng  durchge- 
führt, dass  überall  von  den  eigentlichen  Relativsätzen  ausge- 
gangen, an  diese  erst  die  Konjunktionalsätze  angefügt  Averden. 
Ausser  simulatque  und  licet  lässt  er  aber  auch  die  Bedin- 
gungssätze und  abhängigen  Fragesätze  in  der  Grammatik  aus 
diesem  Rahmen  heraustreten;  seine  1887  näher  begründete 
Erklärung  der  Relativsätze  aus  eigentlich  unabhängigen  Fra- 
gen wird  nur  in  den  Erläuterungen  (§§  211  und  437)  aufs 
neue  aufgestellt. 

Sieht  man  nun  auch  von  den  mancherlei  aufsteigenden 
pädagogischen  Bedenken  hier  ganz  ab  und  behält  nur  die 
wissenschaftliche  Seite  des  Buches  im  Auge,  so  tritt  es  auch 
da  störend  entgegen,  dass  der  Verf.  die  nur  in  unsicheren 
Spuren  erkennbare  Vorgeschichte  der  grammatischen  Formen 
mit  der  Darstellung  des  sicheren  Thatbestandes  der  klassischen. 
Zeit  öfter  vermengt  hat.  Auf  diese  Weise  wird  statt  des  Alten, 
was  ja  vielleicht  irrig  war,  nur  ein  Neues  gelehrt,  was  keines- 
wegs bereits  allgemeine  Geltung  beanspruchen  kann,  oft  nicht 
einmal  den  Vorzug  der  leichteren  Verständlichkeit  besitzt. 
Man  vergleiche  in  dieser  Hinsicht  z.  B.  die  Erläuterungen  zu 
§  101  und  §  104  über  den  Bau  der  lateinischen  Konjugation 
und  namentlich  die  allgemeinen  Bemerkungen  über  die  ein- 
zelnen Kasus  §§  263,  274,  297.  Und  um  der  Logik  des 
Systems  gerecht  zu  werden,  trägt  der  Verf.  sogar  nicht  Be- 
denken in  der  Schulgrammatik  Dinge  zu  lehren,  welche  er 
nach  den  mit  so  richtigem  Urteil  von  ilim  selbst  (Erl.  S.  4  unt.) 
aufgestellten  Grundsätzen  unbedingt  verwerfen  muss:  die  ge- 
feilteren Schriften  Ciceros,  Cäsar  und  Livius  dürften  schwer- 
lich Beispiele  aufweisen,  um  die  Lehre  zu  rechtfertigen,  dass 
sperno  mit  dem  Inf,  (Gr.  §  347,  2),  volo,  nolo,  mala,  cuph 
mit  ut  (Gr.  §  457)  zu  verbinden  seien.  Selbst  kleinen  Schülern 
mitss  es  unbegreiflich  erscheinen,  wenn  §  301  gelehrt  wird: 
"Auf  die  Frage  Avobin?  mit  Angabe  des  Zieles  steht  der 
(scheinbare)  Woherfall  in  den  fürwörtlichen  Umstandswörtern 
eö  dahin"  usw.  oder  in  §  321  Zus.  2.  "Abweichend  vom  Deut- 
schen steht  in  mit  dem  Woherfall  bei  den  Zeitwörtern:  setzen" 
usw.  Hier  rächt  sicli  zugleich  die  leidige  Verdeutschung  em- 
pfindlich, indem  nun  die  Vorstellung  erweckt  wird,  als  ob 
die  Römer  das  Woher?,  Wohin?  und  Wo?  in  unglaulilicher 
Weise  vermengt  hätten.  —  h\  reichlichem  Masse  nimmt  der 
Verf.  bei  seinen  Erläuterungen  zu  der  Annahme  von  Ellipsen 
seine  Zuflucht:  bei  den  Verben  des  Erinnerns  wird  memoria 
in  verseliiedenen  Kasus  ergänzt  (§  20(1),  bei  den  Verba  iudi- 
cialia  crimine  (§  257),    wo    in    beiden   Fällen    schon   die  Ana- 


Keller  L.it.  Volksetymologie  ii.  Verwandtes.    Lat.  Etymologien.     69 

logie  des  Griechischen  und  Deutschen  zu  verwerten  gewesen 
wäre,  vgl.  ferner  §§  259  Zus.  1,  262  Zus.  2  Schluss;  beim 
Akk.  des  Ausrufs  werden  Verba  wie  dico,  appello^  voco  hin- 
zugedacht (Gr.  §  291)  u.  a.  m.  Auch  hier  wäre  es  rätlicher 
gewesen  nur  die  Thatsachen  zu  lehren,  anstatt  Lehrer  und 
gelegentlich  auch  Schüler  zu  höchst  zweifelhaften  Anschauun- 
gen zu  verleiten. 

Doch  ich  breche  al),  soviel  auch  noch  im  einzelnen  für 
Tind  gegen  das  Werk  zu  sagen  wäre.  Der  ungewöhnlich 
breite  Raum,  der  einer  Besprechung  an  dieser  Stelle  gegönnt 
ist,  wird  den  Verf.  überzeugen,  dass  der  Rezensent  den  auf- 
Tichtigen  Wunsch  hegt,  auch  dieses  sein  neustes  Werk  möge 
bei  allen  Sprachforschern  die  volle  Beachtung  finden,  welche 
er  um  seines  Geistes  und  seiner  Gelehrsamkeit  willen  verdient. 

Kiel.  A.  F  u  n  c  k. 


Keller  0.  Lateinische  Volksetymologie  und  Verwandtes.  Leipzig 

Teubner  1891.     Xu.  387 ^S.     gr.  8".     10  M. 
Keller  0.  Lateinische  Etymologien.     (Auch  u.  d.  T.  Zui'  latei- 
nischen Sprachgeschichte.  Erster  Teil).  Leipzig  Teubner  1893. 
VII  u.  196  S.     gr.  8".     5,60  M. 

Es  war  ohne  Zweifel  ein  guter  und  zeitgemässer  Gedanke, 
die  volksetymologischeu  Erscheinungen  des  Lateinischen  einmal 
im  Zusammenhange  zu  behandeln.  Als  gelegentliches  Hülfs- 
mittel  zur  Erklärung  von  Unregelmässigkeiten  ist  ja  die  Volks- 
etymologie häufig  genug  auch  im  Lateinischen  in  Anspruch 
genommen  worden,  aber  bei  einer  systematischen  Untersu- 
chung musste  sich  gar  manches  bisher  nicht  beachtete  Bei- 
spiel finden.  Allerdings  bringt  solches  fortgesetztes  Suchen 
leicht  die  Gefahr  mit  sich,  allzu  vieles  hereinzuziehen  und 
andere  Gesichtspunkte  nicht  genügend  zu  berücksiclitigen. 
Dass  dies  auch  hier  zuweilen  geschehen  sei,  ist  nicht  zu 
leugnen.  Auch  in  einem  anderen  Punkte  geht  Keller  etwas 
zu  Aveit:  in  der  Annahme  von  griechischen  Lehnwörtern  im 
Lat.,  doch  ist  es  jedenfalls  anregend,  wenn  dieser  Staud- 
punkt hie  und  da  wieder  stärker  betont  wird.  Was  Avir  noch 
iiussetzen  möchten,  ist  die  allzu  weitgehende  Ignorierung  der 
neueren  grammatischen  und  etymologischen  Litteratur.  Immer 
AA'ieder  AA-ird  gegen  Vanicek  polemisiert,  als  ob  dessen  Bücher 
den  heutigen  Stand  der  Anschauungen  darstellten.  Bei  besserer 
Beachtung  der  neueren  Forschungen  hätten  mancherlei  Irrtümer 
vermieden  AA-erdeu  können.  Wir  stehen  aber  trotz  solcher 
Ausstellungen  durchaus  nicht  an,  die  'Lateinische  Volketymo- 
logie'   als   eine    bedeutende   und   sehr  A'crdienstliche  Leistung 


70     Keller  Lat.  Volksetymologie  n.  Verwandtes.    Lat.  Etymologien. 

anzuerkennen,  und  halten  einen  grossen  Teil  der  vorgebrachten 
Erklärungen  für  richtig.  Das  Buch  zerfällt  in  zwei  Teile: 
I.  Lateinische  Volksetymologie  (S.  1 — 222),  II.  Etymologien 
und  Formen  von  Lehnwörtern  (S.  223 — Schluss).  Im  ersten 
Teil  wird  zunächst  das  ganze  ^Material,  nach  der  Bedeutung 
der  behandelten  Wörter  geordnet,  vorgeführt:  Ortsnamen,  Per- 
sonennamen, Götternamen,  Tiernamen,  Pflanzennamen,  I\Iinera- 
lien,  Körperteile,  Krankheiten,  Speisen  und  Getränke,  Handel 
und  Verkehr,  Litteratur  usw.,  der  unter  diese  Rubriken  nicht 
unterzuordnende  Rest  nach  grammatischen  Kategorien:  Sub- 
stantiva,  Adjektiva,  Adverbia,  Pronomina,  Verba.  Dann  wird 
das  Material  betrachtet  nach  den  laut-  und  formengeschicht- 
lichen Erscheinungen,  die  es  darbietet;  Vertauschung  oder 
Hinzutreten  einzelner  Laute,  Veränderung  der  Quantität, 
Gestaltung  der  Endungen  usw.  Anhangsweise  folgt  ein  Ab- 
schnitt über  griechische  Volksetymologie.  Der  zweite  Teil 
bespricht  die  Etymologie  vieler  Lehnwörter,  grösstenteils 
solcher,  die  im  ersten  T.  berührt  wurden.  Die  Ergänzung 
hierzu  bildet  der  erste  Teil  (S.  1 — lo8)  der  'Lateinischen  Ety- 
mologien', indem  hier  (in  alphabetischer  Folge)  die  Etymologie 
vieler  ächtlateinischer  Wörter  besprochen  wird.  Der  zweite 
Teil  (S.  139 — 182)  dieses  zweiten  Buches  bringt  Nachträge  zur 
'Lat.  Volksetymolologie'.  Auch  diese  Schrift  enthält  viel  Gutes, 
daneben  aber  verhältnismässig  viel  mehr  Verfehltes  und  Unwahr- 
scheinliches als  die  'Lat.  Volksetymologie'.  Auf  Einzelheiten 
in  den  beiden  Büchern  einzugehen  würde  zu  viel  Raum  er- 
fordern. Statt  dessen  möge  es  gestattet  sein,  einiges  Aveitere, 
vielleicht  oder  wahrscheinlich  aus  Volketymologie  zu  erklä- 
rende beizufügen  (alphabetisch  geordnet),  agnomen  ist  bloss 
volketymologisch  mit  nomen  verknüpft  (Brugmann  Grundriss 
II  345).  amb(i)-egnus  hatte  wohl  ursprünglich  nichts  mit  agnus^ 
zu  thun,  sondern  gehörte  zu  ago  (Huschke  Osk.  u.  sabell. 
Sprachdenkm.  21).  Aquilonia  ist  an  aqnilo  angelehnt,  vgl. 
die  osk.  Form  Akiidunnia-,  jetzt  iMcedogna,  und  iimbr.  Alce- 
runia-;  sollte  auch  Aceruntia  bei  Bantia  und  Aceronia  bei 
Volcei  gleicher  Herkunft  sein  (Anlehnung  an  Acheron)':'  arvi- 
pend'mm  ist  vielleicht  aus  dem  gall.  Lehnw.  arepennis  um- 
gebildet, assidarms  kommt  vor  für  easedorius.  In  avreae 
mireax  cniriga  st.  ör-  spielt  vielleicht  mirum  herein,  das  vul- 
gär örum  lautete,  aurigo  ündet  sieh  mehrfach  st.  cmrugo. 
bihio  für  vijyio.  Das  aus  den  roman.  Sprachen  zu  erschlies- 
sende  *bonacia  'stilles  AVetter'  ist  aus  mcdacia  umgebildet, 
indem  bei  letzterem  an  vnalns  gedacht  wurde  (vgl.  Beneven- 
tum  aus  Mcduenimu).  congerro  vielleicht  mit  g  nach  gero  für 
*concerro  (vgl.  concera  bei  Festus),  zu  cena  =  ^cernna  und 
osk.  karanfer  'edunt'.     Das    obsolete   e.rfa/iUai'e   exfahiUare 


Keller  Lat.  Volksetymologie  u.  Verwandtes.    Lat.  Etymologien.     71 

'exserere'  (s.  Biicheler  Umbrica  132)  findet  sich  umgebildet 
zu  eocinfulare  und  zu  expapiUare.  falisca  'Raufe'  ist  viel- 
leicht erst  sekundär  an  den  Namen  der  Falisker  angeglichen 
(s.  Bücheier  Umbr.  155  f.).  ferrumen  üiait  ferumen  nach  fer- 
riLm'i  Fluvionia  st.  Fluonia  nach  flnvius'^  fringuUtjio  frin- 
guitio  statt  frig-  nach  fringWa'^  gemellar  st.  ^'camellar  (vgl. 
camella)  nach  gemellns?  gener  statt  '^'gemer  nach  genus  ge- 
nero  usw.  (Curtius  Grdz.^*  547).  Cermälus  Germälus  mit  er- 
haltenem ä,  weil  man  an  malus  (und  gero?)  dachte,  herhum 
—  errum  (spät.).  Über  iUcet  s.  Wackernagel  KZ.  XXXIII  54. 
impilia  von  in  pede,  erst  später  mit  pilus  plleus  verbunden '? 
Bei  der  Bedeutung  'Anreizer,  -rin'  von  incentor  -fr ix  kann 
griech.  Kevteuu  Kevipov  im  Spiele  sein,  intusium  (Varro)  für 
indumim  nach  intus,  inferus  inferior  inßtmis  verdanken 
die  Erhaltung  des  f  falscher  Auffassung  als  Composita  (As- 
coli),  vgl.  amfractiis  (Bücheier  Lex.  It.).  inrectio  'Schmähung' 
invecfivus  gehören  wohl  mit  conriciuni  (aus  ^-vecium)  zu  Wz. 
veq,  vocare,  wurden  aber  auf  inveJio  bezogen,  wovon  viel- 
leicht nicht  ganz  unabhängig  ist  iynproperare  (nach  prope- 
rare)  statt  ^'inqj rohrare  (vgl.  exproljrare  opprohrare).  Die  Le- 
horiae  oder  campi  Leborini  in  Campanien  Avurden  als  Labo- 
riae  -ini  gedeutet  (noch  jetzt  Terra  di  Javoro).  lennncnJus 
'Nachen'  statt  lemh-.  mantiJe  neben  manteJe  weil  man  -ele 
als  Suffix  auffasste  (wegen  mantus  mantica  manteUiim),  Aväh- 
rend  das  Wort  wohl  Compos.  =  *man-ferg-sle  ist.  mavors 
'Mantel'  neben  mafors.  mithridax  sX.  mitlirax.  necessifas'Yvr- 
wandtschaft,  Freundschaft'  für  *nexitas,  necessarius  'verwandt, 
befreundet'  für  ^7iexarins  durch  Angleichung  an  necessifas 
'NotAvendigkeit',  necessarius  'notwendig'  (urlat.  nee  betont)? 
nefrens  zu  griech.  veßpöc  'Junges  von  Tieren'  (Hirsch,  Hahn), 
etymologisiert  als  non  frendens?  Niger  =  Kicer  'Neckar'. 
dicKs  Orhius  oder  Urhius  in  Rom  für  Virbius?  peUäx  st. 
^pelläx  tfperläx,  zu  läcio),  weil  zu  j^dlo  gezogen  (ä  nach 
loquax  mordüx  usw.).  poculentus  =  poiulentus.  scripiulnni 
=  scripulum  scrujmlum.  Die  nux  terentina  (angeblich  'weieh- 
schalig')  ist  vielleicht  eine  nux  Tarentina,  nach  griech.  li- 
pTiv  (sabin.  Lehnw.  terenum':')  umgedeutet,  turgio  =  tiirio. 
In  ver  sacrum  bedeutet  ver  ursprünglich  vielleicht  'Junge 
Mannschaft'  (zu  osk.  rereia-),  s.  Bronisch  Die  osk.  i-  u.  e-Vo- 
kale  154  Anm.  Ein  Wort  veternus  'Lethargie'  ist  mit  vetus 
'alt'  verknüpft  worden  (s.  Wackernagel  KZ.  XXX  400).  ]>- 
tulonia  nach  vetulus  statt  Vat-  (Vati,  auf  den  etrusk.  Miii^- 
zen  der  Stadt). 

Fürstenau  i.  d.  Schweiz,  .Juli  1893.      R.  v.  Planta. 


72  Maurenbrecher  Carminiim  Saliariuin  reliquiae. 

Maurenbrecher  B.  Carminum  Saliarium  reliquiae.  Separat- 
abdruck aus  dem  21.  Suppl.-Band  der  Jahrbüclier  f.  klass. 
Philol.  S.  313—352.    Leipzig  Teubuer  1894.    gr.  8. 

Was  wir  von  und  aus  den  salischen  Liedern  sowie  über 
die  Salier  selbst  wissen,  ist  hier  sorgfältig  zusammengestellt. 
Die  Bruchstücke  sind  von  einem  Commentar  wesentlich  gram- 
matischer Natur  begleitet.  In  diesem  werden  die  Gelehrten, 
die  sich  früher  um  den  Text  der  Fragmente  bemüht  haben, 
nicht  gerade  immer  sänftlich  behandelt.  Gewiss,  sie  haben 
vielfach  arg  gefehlt,  aber  das  nachzuweisen  ist  bei  unserer 
vorgeschritteneren  Kenntnis  der  lateinischen  Sprachentwicke- 
lung ein  recht  billiges  Vergnügen.  Der  Verf.  hat  sich  dabei 
nicht  einmal  die  Weisheit  des  horazischen  Fuchses  zu  eigen 
gemacht,  sondern  selbst  munter  darauf  loskonjiziert.  Dass 
er  dabei  Scharfsinn  zeigt,  leugne  ich  nicht;  nur  hätten  ihm 
eben  doch  wohl  die  Vorgänger  zeigen  können,  wie  unfrucht- 
bar hier  auch  grosser  Scharfsinn  bleibt.  Die  geringe  Zahl 
der  probabeln  Konjekturen  in  diesem  Text  ist  durch  ihn  nicht 
vermehrt;  ein  und  das  andere  Mal  verfällt  er  sogar  selbst  in 
einen  Verstoss  gegen  unsere  heutige  Kenntnis  des  Altlateins  ^). 
HoflFentlich  begegnen  wir  dem  Verf.  das  nächste  Mal  auf 
schöner  grüner  Weide-). 

Breslau.  F.  S  k  u  t  s  c  h. 


Liiidsay  W.  M.  The  Saturniau  Metre.  Eeprinted  from  the 
American  Journal  of  Philologv  Vol.  XIV.  S.  139 — 170, 
305—334. 

Der  Verf.,  durch  anregende  Arbeiten  auf  dem  Gebiet 
der  altlateinischen  Metrik  vorteilhaft  l)ckannt,  ist  ein  entschie- 
dener Anhänger  der  akzentuierenden  Richtung.  Diese  ver- 
ficht er  im  ersten  Teil  seines  Aufsatzes  mit  Geschick  und 
Sachkenntnis'  gegen  die  Quantitierer,  namentlich  mit  Hilfe 
proso. lischer  Betrachtungen.  Ref.  weicht  zwar  in  einzelnen 
Punkten  al),  wie  er  z.  B.  eine  Verkürzung  wie  rel'iquhset 
(S.  158)  in  archaisch-vulgärer  Poesie  durchaus  für  möglich, 
dagegen  die  sog.  Synizese  von  7neos,  si(((.s  u.  dgl.  für  liöchst 
fraglich  hält,    aber    im    allgemeinen    findet    er    volle    Ülxn'cin- 

1)  Ein  Beispiel:  wie  immer  es  um  das  durch  Varro  bezeiig-te 
ianitos  stehe,  dass  es  Varro  in  einem  alten  Texte  aus  ianUnos  ver- 
lesen habe,  ist  uniiiöj^lich,  weil  dies  in  vorvaiTOiiiseher  Zeit  *iani- 
fumiis  (oder  -o.s)  hätte  lauten  müssen.  Siehe  lief.  Forsch,  zur  lat. 
Gramm.  I  22  Anm.,  wo  Gelliiis  XIl  10  nachzutrap-en  ist. 

2)  Vielleicht  schreibt  «t  dann  lieber  deutsch;  sein  Latein  {iit 
mit   liidik.  S.  ."ilOj  ist  manchmal  etwas  zweifelhaft. 


Lindsay  The  Saturnian  Metre.  73 

Stimmung  mit  seinen  anderwärts  dargelegten  Ansichten  und 
manche  treffende  und  feine  neue  Bemerkung.  Dieser  Teil 
scheint  ihm  wohl  geeignet  der  akzentuierenden  Sache  neue 
Anhänger  zuzuführen.  Dem  zweiten,  in  dem  Verf.  Einzelge- 
setze für  den  Bau  der  Saturnier  aufstellt,  steht  Kef.  skeptisch 
gegenüber,  nicht  nur  wo  Verf.  über  Thurneysen  hinausgeht, 
nämlich  in  der  Annahme,  dass  auf  fallenden  Rhythmus  am 
Ende  des  ersten  Hemistichs  (x  ^  x)  steigender  (x  x  X  x  X)  im 
zweiten  folge  (plurimae  \  consentiunt  gentes)  und  umgekehrt 
(xzx  j  xxxxxx  prognatum  \  Publio  Öorneli)  sowie  dass  das 
erste  Hemistich  7,  das  zweite  6  Silben  haben  solle  (die  Aus- 
nahmen sind  durch  das  S.  306  gesagte  nicht  beseitigt),  son- 
dern auch  in  einem  Punkte,  der  L.  und  Thurneysen  gemeinsam 
ist;  der  Annahme  von  nur  zwei  Hebungen  für  den  zweiten 
Halbvers.  Mir  scheint  ein  Nebenton  auf  der  dritten  Silbe  in 
Gt'aeciäm  redire  u.  dgl.  sich  unAvill kürlich  einzustellen;  auch 
ist  ein  Zusammentreffen  von  vier  Senkungssilben  wie  regihus 
siibigendis  nicht  wahrscheinlich.  In  Fällen  wie  consentiunt 
gentes  hätten  dann  Nebenton  und  erster  Hauptton  ihre  Stel- 
lungen vertauscht.  Doch  vielleicht  ist  hierüber  bei  der  Dürftig- 
keit unseres  Materials  überhaupt  nicht  mehr  ins  Klare  zu 
kommen^).  Versuche,  wie  sie  der  Verf.  am  Schlüsse  macht, 
die  Saturnier  auf  einen  idg.  Urtypus  zurückzuführen  und 
italische  Dialektinschriften  in  das  saturnische  Metrum  zu 
pressen,  würden,  mit  wieviel  Scharfsinn  sie  auch  angestellt 
Averden  mögen,  auf  akzentuierender  Seite  vorläufig  besser 
unterlassen,  um  nicht  den  Quantitierern,  die  freilich  auch  auf 
diesen  Gebieten  gesündigt  haben,  allzu  bequeme  Angriffspunkte 
zu  bieten-). 

Breslau.  F.  S  kutsch. 


Witkowski  St.  De  vocibus  hybridis  apud  antiquos  poetas 
Eomanos.  Cracoviae  1892.  Apud  bibliopolam  societatis 
librariae  Polonicae.     8°.     1   Bl,    29  S.     Sonderabdruck   aus 


1)  Eine  solche  Resignation  würde  natürhch  nicht  das  mindeste 
gegen  die  akzentuierende  Aiiö'assung'  im  ganzen  besagen. 

2)  Bei  der  Gelegenheit  möchte  ich  mir  doch  die  Bemerkung 
erlauben,  dass,  was  Saran  Anzeiger  22  ff.  über  den  Saturnier  und 
die  szenischen  Verse  vorgebracht  hat,  auf  Unkenntnis  der  akhitei- 
nischen  Metrik  und  der  letzten  Arbeiten  über  sie  beruht.  Insbeson- 
dere war  ein  sehr  wesentlicher  Punkt  (der  angebliche  Widerspruch 
zwischen  der  Bedeutung  des  Wortakzents  in  der  saturnischen  und 
der  szenischen  Poesie)  bereits  in  diesem  Anzeiger  III  11  f.  kin-z  er- 
ledigt. 


74     WitkoAvski  De  vocibus  hybridi.s  apud  aiiti(ino.s  poetas  Romanos. 

dem  XVIII.  Bande  der  philologischen  Klasse  der  Krakauer 

Akademie  S.  204—232. 

Die  kleine  Arbeit  zeichnet  sich  durch  Sauberkeit  und 
vorsichtige  Ziirückhaltung  aus.  Der  Verf.  tritt  einerseits  der 
Ansicht  von  Kost  entgegen,  welcher  der  alten  Latinitiit  die 
Mischbildungen  vollständig  absprach,  und  hütet  sich  andrer- 
seits, ohne  zwingenden  Grund  einem  Worte  den  reinlateini- 
schen Ursprung  abzuerkennen  und  die  geistreichen,  aber  viel- 
fach haltlosen  Aufstellungen  Stowassers,  der  z.  B.  persona  aus 
])er  -\-  Z^ujvii  zusammengesetzt  sein  lässt,  sich  anzueignen.  Die 
Sammlung  und  Sichtung  des  aus  den  altrömischen  Dichtern 
zu  gewinnenden  Materials  ergiebt,  dass  die  sog.  dvandca-Kom- 
posita  (composita  copulativa)  gänzlich  fehlen,  während  unter 
den  composita  determinativa  diejenigen  vorherrschen,  deren 
erster  Teil  durch  einen  casus  obliquus  gebildet  wird  (tatpu- 
nisha).  Dass  die  alten  Dichter,  besonders  Plautus,  bisweilen 
hybride  Bildungen  verwendeten,  erklärt  sich  u.  a.  aus  dem 
Umstände,  dass  für  einige  griechische  'Begriffe'  sich  kein 
lateinisches  'Wort  einstellen'  wollte,  aus  der  geringen  Kom- 
positionsfähigkeit des  Lateinischen,  aus  metrischen  Nöten  und 
aus  dem  Bestreben,  durch  groteske  Zusammensetzungen  eine 
komische  Wirkung  zu  erzielen.  Eingebürgert  hat  sich  von 
den  in  der  archaischen  Poesie  begegnenden  Mischbildungen 
nur  percontari.  Doch  ist  dessen  Entstehung  aus  per  +  kovtöc 
(vgl.  übrigens  das  in  der  letzten  Zeit  an  verschiedenen  Stellen 
—  s.  z.  B.  Archiv  f.  lat.  Lexikogr.  VIII  129.  136;  L.  Havet 
La  prose  metrique  de  Symmaque  Paris  1892  p.  33  —  aus 
seinem  Schlafe  im  kritischen  Apparate  auferweckte  continari} 
nicht  völlig  gesichert.  Im  Einzelnen  habe  ich  folgendes  zu 
bemerken:  S.  3  werden  mit  Unrecht  deutsche  Zusammen- 
setzungen wie  'Bravorufen'  und  'Erznarr'  auf  eine  Stufe 
gestellt.  S.  11  scheint  mir  das  Substantivum  inanüoquium  eher 
für  Rosts  und  Ritschis  Schreibung  inaniloquos  (Plaut.  Pseud. 
256)  zu  sprechen.  S.  13  Anm.  1  vgl.  zu  Augustins  'Graecigena^ 
Apoll.  Sidon.  epist.  IV  1,  4  p.  53,  7  L.,  'Caucasigenas  Alanos'. 
S.  19  hätte  erwähnt  werden  sollen,  dass  die  Abhandlung  von 
G.  Curtius  über  elogium  in  dessen  Kleinen  Schriften  II  230  ff. 
wieder  abgedruckt  ist. 

München.  Carl   Wevman. 


Stengel  E.    Diez-Reliquien.     Aus  Anlass  des  hundertsten  Ge 
burtstagcs    des   xVltmeisters   Romanischer   Philologie    zusam- 
mengestellt und  herausgegeben.     Marburg  Elwertsche  Ver- 
lagsl)uchhandlung   1S94.     48  S.     gr.  8".      1,20  M. 

Wie  seiner  Zeit  der  Tod  Diez'  und  si)äter  die  Enthüllung 


Stengel  Diez-Eeliquieii.  75 

einer  Gedenktafel  an  seinem  Geburtshause  in  Giessen  kleine 
literarische  Beiträge  zu  einer  Beschreibung  seines  Lebens  ge- 
zeitigt hatten,  so  hat  dies  nun  besonders  das  Kentenarium 
seiner  Geburt,  das  am  15.  März  v.  J.  allgemein  gefeiert  wurde, 
gethan.  Zu  diesen  Beiträgen  hat  Stengel  als  alter  Schüler 
von  Diez  früher  durch  seine  ''Erinnerungsworte"  und  jetzt 
durch  vorliegende  "Diez-Reliquien"  seinen  Anteil  geliefert. 
Das  Schriftchen  bringt  I.  die  Beschreibung  einer  Diez-Hand- 
schrift  aus  dem  Jahr  1816;  II.  handschriftliche  Kollektaneen 
zur  Eomanischen  Grammatik;  III.  das  (in  den  späteren  Auf- 
lagen weggebliebene)  Vorwort  zur  1.  Auflage  der  Romanischen 
Grammatik  (1836);  IV.  Diez'  Briefe  an  Karl  Bartsch;  V.  zwei 
Dankschreiben  von  Diez  an  die  Göttinger  Gesellschaft  der 
Wissensch.;  VI.  Nachträge  zu  den  den  "Erinnerungsworten" 
beigegebenen  Briefen  Diez'  an  Keller,  Ebert,  Mussafia;  VII. 
Ergänzungen  zu  den  "Erinnerungsworten". 

Über  I  sei  nur  bemerkt,  dass  die  Handschrift,  jetzt  in 
Stengels  Besitz,  einen  Oktavband  von  140  Seiten  in  Pappeln- 
band  bildet  und  ausser  verschiedenen  Xotizen  und  der  Dis- 
position eines  wohl  nie  ausgeführten  Werkes  eine  nur  zum 
Teil  ausgefüllte  Sammlung  spanischer  Lieder  unter  dem  Titel 
Silva  de  Canciones  viejas  enthält  mit  Andeutungen  einer  be- 
absichtigten Übertragung  derselben.  —  In  II  wird  der  Inhalt 
zweier  Heftchen  mitgeteilt,  deren  erstes  (16  S.)  Bemerkungen 
zur  romanischen  Lautlehre  im  Anschluss  an  die  3.  Auflage 
der  Grammatik  verzeichnet,  also  aus  den  letzten  Lebensjahren 
des  Gelehrten  stammt,  während  das  zweite  (40  S.)  unter  dem 
Titel  "Zusätze  zur  Grammatik  II"  eine  grössere  Zahl  von 
Einträgen  bietet,  welche  den  zweiten  Band  der  zweiten  Auf- 
lage betreffen  und  zum  Teil  in  der  dritten  Auflage  in  ver- 
kürzter oder  veränderter  Form  mit  verwertet  sind.  Die  in 
Betracht  kommenden  Stellen  der  dritten  oder  beider  genannten 
Auflagen  hat  für  beide  Heftchen  der  Herausg.  meist  erst  hin- 
zufügen müssen,  hat  es  aber  so  dem  Leser  bequem  gemacht, 
das  Werden  des  Buches  in  einer  Reihe  von  Punkten  zu  ver- 
folgen. —  Unter  dem  brieflichen  Material,  das  die  "Reliquien" 
uns  mitteilen,  sind  die  18  Briefe  an  Bartsch  (IV),  die  dieser 
bei  seinen  Lebzeiten  nicht  gedruckt  sehen  mochte,  an  Um- 
fang und  Inhalt  das  Bedeutendste;  die  Nachträge  in  VI  um- 
fassen wenig  über  2  Seiten  und  sind,  wie  die  formellen  Dank- 
sehreiben in  V  (für  die  Wahl  zum  ^litgliede  und  für  den 
Glückwunsch  zum  fünfzlgzährigen  Doktorjubiläum),  ohne 
grossen  Belang.  In  den  Briefen  an  Bartsch  aber  sehen  wir 
dessen  romanistische  Werke  unter  dem  Beirat  von  Diez 
sich  vorbereiten  und  mit  seinem  lebhaften  Beifall  erscheinen, 
hören    den  Meister    wie   gewöhnlich    die    fremden    Leistungen 


76  Stengel  Diez-Reliquieu. 

neidlos  preisen  und  die  eignen  bescheidenst  anschlagen,  wie 
ihm  auch  beim  Austausch  ihrer  Photographien  Jener  "einen 
ungleichen  Tausch"  zu  machen  scheint;  können  dann  Diez' 
Bemühungen  im  Wintersemester  1867/68  um  die  Marburger 
neuphilologische  Professur  für  Bartsch,  der  sich  von  Rostock 
wegsehnte,  verfolgen  und  müssen  sie  an  der  Abneigung  ein- 
flussreicher Kreise  in  Berlin  gegen  den  Empfohlenen  schei- 
tern sehen.  Noch  weniger  bekannt  als  das  eben  Erwähnte 
dürfte  sein,  dass  es  sich  gleich  darauf  um  eine  Berufung 
Bartschs  nach  Würzburg  handelte,  bis  endlich  im  Jahre  1871 
die  von  Diez  freudig  begrüsste  nach  Heidelberg  erfolgte. 
DazAvischen  lesen  wir  von  der  wohlthätigen  Wirkung  des 
Wechsels  zwischen  germanistischer  und  romanistischer  Beschäfti- 
gung, die  Diez  wie  Bartsch  empfindet,  von  dem  Plane  Conrad 
Hofmanns,  ein  altfranz.  Lesebuch  herauszugeben,  lange  ehe 
das  von  Bartsch  erschien,  von  einer  schweren  Krankheit 
Simrocks  im  Jahre  1860  u.  a.  —  Eine  Bemerkung  möchte 
sich  Ref.  übrigens  zu  Stengels  ZwischenAvorten  S.  29  erlauben, 
wo  der  schliesslich  nach  Marburg  als  Ordinarius  berufene 
unglückliche  Privatdocent  Dr.  Treitz,  der  1869  im  Irrenhause 
starb,  als  "völlig  unbefähigt"  bezeichnet  wird.  Treitz'  An- 
fänge als  akademischer  Lehrer  in  Bonn  im  S.-S.  1866  waren 
durchaus  nicht  verheissungslos  gewesen:  allerdings  brach  er 
damals  eine  angekündigte  Vorlesung  über  Geschichte  der 
französischen  Litteratur  im  17.  Jahrhundert  nach  einer  recht 
interessanten  Stunde  ab,  aber  die  über  Geschichte  der  eng- 
lischen Sprache,  die  uns  ganz  auf  der  damaligen  Höhe  der 
Wissenschaft  zu  stehen  schien,  wurde  von  uns  mit  Interesse 
und  Eifer  gehört,  ebenso  wie  wir  uns  gern  an  der  sich  an- 
schliessenden Interpretation  ags.  Texte  (nach  Riegers  Lesebuch) 
beteiligten.  Treitz  füllte  damit  eine  selbst  in  Bonn,  vollends 
aber  auf  anderen  Universitäten  (Ref.  war  soeben  von  Leipzig 
nach  Bonn  gekommen)  vorhandene  Lücke  aus  und  gewann 
dabei  durch  Vortrag  und  Lehrgabe,  worin  wir  allerdings  in 
Bonn  nicht  verwölmt  waren.  Ob  sein  Wissen  und  Können 
sich  auch  ohne  seine  von  Grössenwahn  ausgehende  Geistes- 
umnachtung späterhin  als  unzulänglich  herausgestellt  hätte, 
das  möchte  Ref.  daher  nicht  ohne  weiteres  zu  Treitz"  Un- 
gunsten entschieden  sehen.  —  Aus  den  unter  VII  gegebenen 
Ergänzungen  liel)en  Avir  hervor,  dass  Diez'  Vater  nicht  Ge- 
richts-, sondern  Regierungs-Sekretär  war,  dass  sich  der  Stamm- 
baum der  Familie  väterlicherseits  bis  um  die  Mitte  des  17. 
Jahrhunderts  verfolgen  lässt,  dass  Diez'  bald  gelöste  Ver- 
lobung mit  Fräulein  Bernd  (deren  Vater  Professor  betitelt 
wird)  am  9.  Juni  1832  stattfand,  endlich,  dass  sich  Reisen 
von   ilim  nach  Turin   und  Mailand  nachweisen  lassen. 


Memoires  de  la  societe  neo-philologiqixe  ä  Helsing-fors  I.       77 

Ref.  benutzt  diese  Gelegenheit,  um  eine  kleine  Diez- 
Eeliquie,  die  sich  iii  seinem  eignen  Besitz  befindet,  mitzuteilen. 
Es  ist  ein  schlichtes  Oktavblättchen  von  Konzeptpapier  (ein 
Geschenk  von  Diez  aus  seiner  Vorlesung  "Provenzalische 
Interpretation"  [nach  Bartsch]  im  S.-S.  1866),  worauf  er  die 
Parallelstellen  geschrieben  hat: 

Plaut.  Merc.  2,  2,  32. 
Hodie  ire  in  ludum  occocpi  litterarium 
.  .   .  ternas  scio  Jam  .   .   .  A,  M,  0. 

Cadeuet  (Choix  III.  248) 
Tres  letras  de  l'A  B  C 
Aprendetz,  plus  no  us  deman 
A,  M,  T,  quar  atretan 
Volon  dire  com  am  te. 
Leipzig.  Otto    K  n  a  u  e  r. 


Memoires  de  la  societe  neo-philologique  ä  Helsingfors  I.    Ilel- 
singfors  1893.     412  S.     8  ^ 

Mit  Freude  wird  man  die  l)losse  Thatsache  dieses  Bandes 
begrüssen,  da  er  den  Betrieb  sprachAvissenschaftlicher  Studien 
in  einer  Gegend  bekundet,  aus  der  der  Indogermanistik  bisher 
noch  Avenig  zugekommen  ist,  und  die  Freude  wird  nacli  Ein- 
sichtnahme in  den  Inhalt  nicht  getrübt  werden,  vielmehr  em- 
pfängt man  ein  sehr  vorteilhaftes  Bild  von  der  Vielseitigkeit 
und  der  Arbeitsfähigkeit  der  Gesellschaft.  Die  Aufsätze  sind  teils 
pädagogisch-didaktisch,  teils  litterarhistorisch,  teils  linguistiscli. 
Nur  diese  letzteren  sind  für  die  Leser  dieser  Zs.  von  Interesse. 
Unter  dem  Titel  Etymologisches  weist  Mikkola  einige  neue 
germanische  Wörter  im  Finnischen  nacli  und  deutet  slav. 
JiOi'7jy7,  (Teppich)  aus  anord.  l'ögurr;  Annie  Edelfelt  handelt 
von  französischen  Wörtern,  die  ins  SchAvedische  Finnlands  ge- 
drungen sind,  aber  eine  von  der  ursprünglichen  abweichende 
Bedeutung  angenommen  haben:  parlör  'Konversationsbuch', 
portör  'Botanisiertrommcr  usw.;  Max  Seil  in  g  weist  deutsche 
Svetizismen  in  Finnland  nach:  'Staub  trocknen'  statt  'abwi- 
schen', 'einen  ledig  angeschlagenen  Dienst  suchen'  statt  'sicli 
um  eine  ausgeschriebene  Stelle  bewerben'  usw.;  Werner 
Söderhjelm  spricht  unter  dem  Titel  "Über  einige  Fälle  so- 
genannter formaler  Ausgleichung"  im  Anschluss  an  Ziemer 
über  syntaktische  Analogiebildungen,  über  die  Natur  des 
Modalverbums  in  'ich  hätte  sagen  können'  statt  'gekonnt', 
und  über  den  Singular  d(;s  Substantivums  nach  Zahlwörtern. 
Zu  diesen  Artikeln,  die  auch  weiteren  Kreisen  der  Sprach- 
forscher  ein   gewisses  Interrcsse   bieten,    kommen    noch   zwei 


78     BibliogTaphie  des  Patois  Gallo  romans  par  Dietrich  Behrens. 

mehr  für  engere  Fachkreise  bestimmte  von  Uschalvoff  über 
x.las  -e  in  der  1.  Pers.  Sing',  der  frz.  Verba:  ahn-e  und  von 
Lindelöf,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Altnorthumbrischen^).  Der 
erste  Artikel  ist  nicht  nur  Avegen  der  feinsinnigen  Erklärungen 
des  Verfassers  beachtenswert  sondern  namentlich  auch  des- 
halb, weil  er  zur  Lösung  der  Frage,  welche  Formen  bei  der 
Analogiewirkung  passiv  und  welche  aktiv  seien,  sich  der 
Statistik  nicht  nach  dem  "Wörterbuche  sondern  nach  längeren 
Texten  bedient. 

Hoffentlich  bleibt  der  erste  Band  nicht  auch  der  einzige: 
von  den  aufstrebenden  Kollegen  im  hohen  Norden  ist  nach 
dieser  ersten  Probe  viel  gutes  zu  erwarten. 

W.  Meyer-Lübke. 


Bibliographie  des  Patois  Gallo-romans  par  Dietrich  Beh- 
rens, Deuxieme  edition,  revue  et  augmentee  par  l'auteur, 
traduite  en  franeais  par  Eugene  Rabiet.  Berlin  1893. 
in-8  de  255  p.  Extrait  des  Französische  Studien.  Neue 
Folge  Heft  I. 

On  connait  ce  livre  si  utile  de  M.  Behrens  dont  les 
-dialectologues  out  salue  l'apparition  avec  joie  partout,  aussi 
bien  en  France  qu'  en  Allemagne.  La  Romania,  en  le  sig- 
nalant  k  ses  lecteurs,  avait  emis  le  voeu  qu'on  Ic  traduisit  en 
fran9ais.  C'est  mon  eminent  et  tres  regrette  predecesseur, 
feu  l'abbe  Rabiet,  qui  s'est  acquitte  de  cette  täclie  et  cela,  on 
peut  le  dirc,  de  maniöre  k  satisfaire  les  plus  difficiles. 

L'etude  des  patois  est  d'une  importance  capitale  pour 
la  linguisticiue  romane  et  l'on  a  pu  dire  avec  raison  que 
si  l'on  connaissait  les  formes  de  tous  les  villages  de  notre 
mode  roman,  on  pourrait  reconstruire,  etape  par  etape,  la 
marche  qu'a  suivie  le  latin  vulgaire  pour  aboutir  au  parier 
qui  s'en  eloigne  le  plus.  Helas !  les  patoisants  fervents  sont  bien 
rares.  Les  romanistes  s'occupent  trop  des  langues  litteraires  et 
des  litteratures,  de  ces  six  ou  sept  parlers,  en  somme,  qui 
au  debut  n'etaient  que  d'humbles  patois  perdus  au  milieu 
de  leurs  congeneres  et  qui  ont  acquis  rang  de  Suprematie 
gräce  k  des  circonstances  fortuites.  C'est  agir  k  peu  pres 
comme  ferait  un  naturalistc  qui,  ctudiant  six  ou  sept  espö 
ces,  les  plus  importantes  au  point  de  vue  utilitaire,  le 
cheval,  le  bcuuf,  etc.,  negligerait  tout  le  reste.  Le  monde  offi- 
ciel,  dont  l'intervention  pourrait  etre  si  utile,  ne  donne  guere 
non    plus    sa    consecration    aux    etudcs    dialectologiques.     Les 

1)  Vgl.  unten 


Bibliographie  des  Patois  Gallo-vonians  pav  Dietrich  Behi'cns.     79 

divers  Etats  devraient  allouer  aux  travailleurs  de  larges  sub- 
ventions  pour  la  creation  d'Atlas  linguistiques. 

La  Suisse  cependant  n'a  pas  lieu  de  se  plaindre  et  eile 
vient  en  tete  (si  Ton  excepte  la  Lorraine  amiexee)  pour  les 
etudes  de  dialectologie  romane.  Quatre  de  ses  romanistes 
ont  etudie  ä  eux  seuls  quatre  eantons,  ce  qui  est  enorme: 
M.  Haefelin  a  etudie  les  eantons  de  Neuchätel  et  de  Fribourg, 
M.  Odin  le  canton  de  Vaud  (pour  la  phonetique),  M  M.  Gillie- 
ron  et  Cornu  le  Valais.  Tout  ce  qui  est  important  est  donc 
-connu  chez  nous  et  il  ue  reste  plus  qu'ä  mettre  de  l'ordre 
dans  ce  vaste  recueil  de  materiaux  et  ä  condenser  les  resul- 
tats  du  travail  dans  mi  ouvrage  general.  Ce  serait  une  oeuvre 
de  dialectolog-ue  en  chambre,  pas  bien  difficile. 

La  France  et  la  Belgique  romane,  au  contraire,  sont  bien 
€n  retard.  On  u'y  trouve  pas  une  seule  region  qui  ait  ete  etudiee 
methodiquement  (j'entends  d'une  facon  complete,  phonetique 
et  flexion),  a  part  peut-etre  le  pays  de  Cellefrouin  etudie  dans 
la  these  de  M.  Rousselot.  Rien  que  quelques  monog'raphies 
isolees  des  parlers  de  tel  ou  tel  village. 

Teile  est  la  Situation,  satisfaisante  pour  la  Suisse,  mau- 
vaise  pour  la  reste  du  domaine  gallo-roman,  que  nous  i'ait 
«onstater  la  lecture  du  livre  de  M.  Behrens.  Car  je  n'envisage, 
bien  entendu,  que  les  travaux  scientifiques,  faits  par  des  philo- 
logues.  Les  autres,  ceux  d'amateurs,  concus  en  des  ortho- 
g'raphes  bizarres  et  en  depit  des  plans  et  des  methodes  de  la 
science,  sont  presque  sans  utilite  pour  les  romanistes. 

Fribourg  (Suisse).  Paul  'Marchot. 


Holder  A.  Alt-celtischer  Sprachschatz.  Lief.  1 — 7  {Ä — Galli). 
Leipzig  B.  G.  Teubner  1891—95.     1792  Sp.    Jede  Lief.  8  M. 

Das  umfängliche  Werk,  von  dem  bisher  7  Lieferungen 
-erschienen  sind  (das  ganze  ist  auf  18  berechnet)  beabsichtigt 
in  lexikalischer  Form  eine  Sammlung  zu  geben  1)  der  alt- 
gallischen Sprachreste  mit  historischer  Ordnung  der  Beleg- 
stelleu, 2)  der  Wörter,  die  ''die  gemeinsame  Grundlage  der 
gaelischen  und  der  brettanischen  Sprachen"  bilden. 

Dass  eine  vollständige  Sammlung  aller  bisher  bekannt 
gewordenen  altgallischen  Sprachreste  höchst  Avünschenswert 
ist,  braucht  nicht  weitläutig  auseinandergesetzt  zu  werden; 
freilich  ist  es  auch  klar,  dass  ein  solches  Unternehmen  schon 
wegen  der  ungemeinen  Zerstreutheit  des  Materials,  das  viel- 
fach in  schwer  erreichbaren  Zeitschriften,  teuren  epigraphi- 
schon  und  numismatischen  Werken  verborgen  liegt,  mit  gros- 
sen Schwierigkeiten  zu  kämpfen  hat.  Ausserdem  ist  das  frag- 


80  Holder   Alt-celtischer  Sprachschatz. 

liclie  Gebiet  ein  Grenzgebiet  zwischen  verschiedenen  Wissen- 
schaften und  zur  vollständigen  Durchforschung  das  Rüstzeug 
des  klassischen  Philologen  ebenso  unentbehrlich  wie  das  des 
indogermanischen,  insbesondere  keltischen  Sprachforschers, 
ja  auch  des  Romanisten;  nicht  minder  Averden  historische 
Kenntnisse  und  solche  der  benachbarten  nichtindogerma- 
nischen Sprachen  verlangt.  Diese  Umstände  muss  man  sich, 
um  bei  Beurteilung  eines  Werkes  wie  des  vorliegenden,  nicht 
unbillig  zu  werden,  vor  Augen  halten;  die  genannten  Erfor- 
dernisse dürften  sich  schwer  sämtlich  in  Einer  Person  verei- 
nigt finden,  und  darum  wollen  wir  in  unserem  Falle  dem 
Verf.  von  Herzen  dankbar  sein  für  das  mit  ausserordentlichem 
Fleisse  gesammelte  Material,  wenn  Avir  freilich  auch  des 
öfteren  daran  gemahnt  werden,  dass  er  nicht  Sprachforscher  ist. 

Dieser  Mangel  macht  sich  übrigens  weniger  fühlbar  in 
der  Behandlung  des  altgallischen  Sprachgutes,  Aveit  mehr  und 
oft  unangenehm  in  der  des  urkeltischen.  Da  dieses  seit 
Ende  1893  in  dem  Urkeltischen  Sprachschatz  von  Stokes  und 
Bezzenberger  gesammelt  vorliegt  und  der  Verf.  doch  nicht 
in  der  Lage  ist,  durch  eigne  neue  Beiträge  oder  durch  kritische 
Prüfung  über  diese  Leistung  liinauszugehen,  so  wäre  es  wohl 
das  beste  gewesen,  er  hätte  sich  auf  das  Altgallische  be- 
schränkt. Leider  war  aber  einmal  das  Urkeltische  in  den  Plan 
des  Ganzen  aufgenommen  und  ist  es  geblieben. 

Von  dem  Standpunkte  des  Sprachforschers  aus  Avünschte 
ich  überhaupt  in  der  Anlage  des  Werkes  Verschiedenes  an- 
ders als  es  ist,  und  ich  finde  es  entschieden  bedauerlich,  dass 
der  Verf.,  der  sich  doch  manche  nach  dem  Erscheinen  des 
ersten  Heftes  geäusserten  Vorschläge  zur  Abstellung  von  Übel- 
ständen zu  Nutze  gemacht  hat  (z.  B.  durch  reinlichere  Sich- 
tung des  Wortmaterials  von  nichtkeltischen  —  iberischen, 
ligurischen  usw.  —  Bestandteilen),  den  Ratschlägen  Zim- 
mers*), mögen  sie  auch  nicht  in  allzu  verbindlicher  l'orni 
erteilt  sein,  so  wenig  Rechnung  getragen  hat.  Meiner  Ansicht 
nach  hätte  er  sie  befolgen  müssen,  soweit  er  irgend  konnte. 
Dann  wären  auch  die  folgenden  Ausstellungen,  die  sicli  auf 
die  jüngst    erschienenen  Hefte    beziehen,    hinfällig  geworden. 

Der  Verf.  hat  es  für  nötig  gehalten,  alle  aus  klassischen 
Autoren  zitierten  Stellen  im  vollen  Wortlaute  mitzuteilen;  so 
nehmen  die  zwei  Artikel  Galata  und  GalU  zusammen  nicht 
weniger  als  25U  Spalten  ein,  wobei  der  letzte  noch  nicht 
einmal  zu  Ende  ist;  oder  weil  das  römische  Cognomen  Galha 
nach  einer  Notiz  bei  Sueton  von  einigen  Grammatikern  aus  dem 
Gallischen  gedeutet  Avurde,  finden  sich  auf  11)  Spalten  sämtliche 


1)  Gott.  «-el.  Anz.  1S91,  S.  31  ;J  tV. 


Holder  Alt-celtischer  Sin-achschatz.  81 

Belege  für  diesen  Namen  in  extenso  ausgeschrieben.  Wir  wür- 
den uns  hierüber  nicht  aufhalten,  wenn  dieser  grossartigen  Frei- 
gebigkeit nicht  auf  der  andern  Seite  eine  höchst  bedauerliche 
Kargheit  entgegenstünde,  sobald  es  sich  um  Zitate  aus  der 
sprachwissenschaftlichen  Litteratur  handelt.  Von  den  beiden 
für  die  Kenntnis  des  Ältgallischen  bahnbrechenden  auch  heutzu- 
tage noch  unentbehrlichen  Werken,  der  Grammatica  Celtica 
von  Zeuss  und  den  bei  Julius  Caesar  vorkommenden  galli- 
schen Namen  von  Glück,  enthält  das  erstere  einen  ungenü- 
genden, das  zweite  gar  keinen  Index;  hier  hätte  ganz  unbe- 
dingt der  Sprachschatz,  Avenn  er  darauf  Anspruch  erheben 
wollte,  als  zuverlässiges  Nachschlagewerk  nicht  nur  dem  Kel- 
tologen  von  Fach,  sondern  auch  dem  klassischen  Philologen 
zu  dienen,  durch  genaue  und  erschöpfende  Zitate  bei  allen 
einschlägigen  AVorten  diesem  Mangel  abhelfen  müssen.  Dass 
dies  nicht  geschieht,  dass  diese  fast  selbstverständliche  For- 
derung Avenigstcns  nicht  in  den  späteren  Lieferungen  erfüllt 
ist,  ist  ebenso  unbegreiflich  Avie  bedauerlich  und  tadelnswert. 
Auch  sonst  wird  stets  nur  der  kahle  Name  eines  Autors,  von 
dem  z.  B.  eine  Etymologie  oder  Worterklärung  herrührt,  ge- 
geben, kein  Buchtitel,  keine  Seitenzahl.  Nun  suche  der  Leser! 
Aber  Avenn  Avenigstens  in  sprachwissenschaftlichen  Din- 
gen der  Verf.  überall  seinen  GcAvährsmann  namentlich  anführte 
und  durch  Unterlassen  dieser  Angabe  oder  irgendAvie  anders  die 
eigenen  Zuthaten  kenntlich  machte  (Avenn  er  sich  einmal  nicht 
dazu  entschliessen  Avollte,  solche  Zuthaten  ganz  bei  Seite  zu 
lassen  —  Avas  freilich  das  empfehlensAverteste  gewesen  Aväre) ! 
Allein  diese  Unterscheidung  fehlt,  und  dadurch  Avird  die  Brauch- 
barkeit des  Werkes  schwer  beeinträchtigt  für  Jeden,  der  nicht 
selbständige  Kritik  an  den  \'orfindlichen  Angaben  üben 
kann.  Um  nur  ein  Beispiel  anzuführen:  Sp.  1442  lesen  Avir: 
*-ep-  ir.  ec  ech,  cy.  ejJ  'Angesicht',  in  *eneq-o  ^aneqo  (air. 
ain-ech  'Gesicht'  ....  griech,  ev-uuirr),  rd  ev-uÜTT-ia,  ai.  (hi/la, 
zd.  ainika);  ^matr-epä  'Antlitz  einer  Mutter',  Tante,  av.  inodr- 
yb  usw.  Ein  GeAA'-ährsmann  Avird  zu  dem  Artikel  nicht  ge- 
nannt. Der  Anfang  stammt  Avohl  aus  S tokos'  Urkelt.  Sprach- 
schatz, AA'o  S.  46  von  Wz.  oq  kelt.  eneqo,  aneqo  Gesicht,  Ehre 
abgeleitet  Avird  und  aa'o  auch  die  Worte  der  A'erAvandten  Spra- 
chen mit  Ausnahme  von  evuuTrri  (dafür  aber  evuÜTTia)  angeführt 
sind.  Nur  hat  sich  Holder  zu  seinem  gallischen  ej)  ein  ir. 
ech,  kymr.  ep  konstruiert  und  ohne  Sternchen  in  die  Welt  ge- 
sandt, Avodurch  der  Anschein  gcAAeckt  Avird,  als  handle  es  sich 
um  wijjklich  belegte  AVörter,  Avährend  es  nur  höchst  fragAA'ür- 
dige  grammatische  Schemen  sind.  Übrigens  hat  Stokes  Avalir- 
scheinlich  mehr  vereinigt  als  zusammengehört,  sodass  es  sich 
schon  aus  diesem  Grunde  empfohlen  hätte,  ihn  durch  Nennung 

Anzeiger  VI  1  u.  2.  a 


82  D'Arbois  de  Jubainville  Les  noms  g-aulois. 

seines  Namens  die  Verantwortung  für  seine  Etymologie  über- 
nelimen  zu  lassen.  Aber  woher  stammt  am  Schlüsse:  " *mätr-epä 
'das  Antlitz  einer  Mutter',  Tante"?  Viele  Leser  werden  diese 
unglückliche  und  ungeheuerliche  Deutung  gewiss  auf  Treu  und 
Glauben  hinnehmen,  tritt  sie  ja  kühn  und  keck,  ohne  Frage- 
zeiclien,  wie  eine  anerkannte  "Wahrheit  auf.  Welchem  Ge- 
währsmanne  verdankt  der  Verf.  so  etwas?  Doch  wohl  sich 
selbst?  Und  wie  leicht  konnte  er  aus  Stokes'  Sprachschatz 
S.  199  die  richtige  Ableitung  (=  Siind.  mätrka  Mutter)  ersehen! 

Diese  und  ähnliche  Ausstellungen  wurzeln  im  letzten 
Grunde  darin,  dass  der  Verf.  der  Sprachwissenschaft  fremd 
gegenüber  steht  oder  sich  wenigstens  auf  diesem  Gebiete  zu- 
viel zugetraut  hat;  daher  denn  der  Keitologe  auch  die  All- 
gemeingiltigkeit  des  Satzes  im  Prospekte  "für  die  Gramma- 
tica  Celtica  liefert  der  'Sprachschatz'  in  eigenen  Abschnitten 
fertig  behauene  Bausteine"  nicht  anzuerkennen  vermag.  Unter 
diesen  Umständen  möchten  wir  dringend  wünschen,  dass  sich 
der  Verf.  künftighin  in  linguistischen  Dingen  möglichster  Selbst- 
beschränkung befleissige;  das  kann  dem  grossangelegten  und 
In  vieler  Hinsicht  dankenswerten  Werke,  das  für  weitere 
Studien  eine  unentbehrliche  Grundlage  bilden  wird,  und  dessen 
Fortscheint  wir  mit  regem  Interresse  verfolgen  nur  zum  Vor- 
teil gereichen. 

Leipzig.  Eichard  Schmidt. 


l)'Arl)ois  de  Jubainville  H.  Les  noms  gaulois  chez  Cesar 
et  Ilirtius  de  bello  Gallico.  Avec  la  collaboration  de  MM. 
E.  E mault  et  G.  Dottin.  Premiere  Serie.  Les  composes 
dont  rix  est  le  dernier  terme.  Paris  Emile  Bouillon  189L 
XV  und  259  S.    8«. 

Die  bei  Cäsar  überlieferten  gallischen  Eigennamen  fan- 
den zum  ersten  Male  eine  zusammenfassende  sprachliche  Be- 
handlung durch  Chr.  Willi.  Glück  in  scünem  1857  erschienenen, 
hervorragenden  Werke:  Die  bei  Caius  Julius  Cäsar  vorkom- 
menden keltischen  Namen.  Mit  ebenso  grosser  Schärfe  der 
Methode  wie  der  Polemik  zog  Glück  der  damals  in  üppigster 
Blüte  stehenden  Keltomanie  zu  Leibe,  —  Zeussens  1853  ver- 
öffentlichte Grammatica  Celtica  hatte  ihr  wenig  anhaben  kön- 
nen —  und  gab  an  Stelle  thörichter,  auf  jämmerliche  neu- 
keltische Wörterbücher  gestützter  Deuteleien  Etymologien 
vieler  gallischer  Eigennamen,  die  grösstenteils  noch  heute  als 
richtig  gelten.  , 

Derselbe  Stoff  wird  jetzt  von  dem  bekannten  französi- 
schen Forscher  IL  d'Arbois  de  Jubainville  einer  erneuten 
Bearbeitung  unterzogen,  wovun  uns  der  erste  Teil,  die  Kom- 


D'Arbois  de  Jiibaiuville  Les  noms  gavilois.  83 

posita  mit  rix  umfassend,  vorliegt ;  auf  eine  Fortsetzung  haben 
wir  bisher  vergebens  gewartet.  Der  Text  des  Büchleins  ist 
aus  einer  Reihe  von  Vorlesungen  erwachsen,  während  die 
Anmerkungen,  die  zum  Teil  von  den  beiden  Mitarbeitern 
herrühren,  aus  Vorarbeiten  zu  einem  durch  Holders  Sprach- 
schatz unnötig  gewordenen  gallischen  Wörterbuche  stammen. 
Das  Werk  ist  offenbar  für  einen  weiteren  Leserkreis  berech- 
net, bei  dem  der  Verf.  nicht  zu  viel  Interesse  für  sein  Thema 
voraussetzt;  sonst  hätte  er  es  kaum  für  nötig  befunden,  aller- 
hand unterhaltendes  Beiwerk  des  mündlichen  Vortrags  — 
Lebensskizzen  von  Trägern  gallischer  Namen,  Anekdoten, 
Dichterstellen  nebst  Übersetzung  —  auch  in  den  Druck  über- 
gehen zu  lassen,  wo  ein  kurzes  Zitat  vollauf  genügte.  Übri- 
gens bietet  der  vorliegende  Band  mehr  als  der  Titel  verspricht; 
die  Komposita  mit  rlg-  bilden  gewissermassen  nur  das  Stand- 
quartier, von  wo  aus  der  Verf.  das  Gebiet  der  gallischen 
I^amen  durchstreift  und  wohin  er  irnmer  wieder  zurückkehrt; 
so  dringt  er  über  die  Zwischenstationen  Vercingetorix,  Ver- 
cassiu  eil  minus,  Durocassus,  Octodtiru.s  bis  zu  einer  Bespre- 
chung des  Stammes  octo-  vor.  Diese  Willkür  mochte  schwer 
zu  vermeiden  sein;  störend  wird  sie  auch  erst  durch  unge- 
nügende Anlage  des  Registers,  in  dem  ohne  Hervorhebung 
der  Hauptstellen  durch  den  Druck  jedes  noch  so  beiläuflg 
erwähnte  Wort  aufgenommen  ist;  man  hofft  z.  B.  S.  104  f. 
etwas  über  die  Etymologie  von  essedum  zu  linden  und  hört, 
dass  es  ein  Kriegs  wagen  Avar. 

Es  ist  ein  misslich  Ding  gallische  Namen  zu  deuten. 
Unsere  Kenntnis  der  Sprache  ist  höchst  dürftig;  die  ganze 
Überlieferung  besteht  fast  nur  eben  aus  Eigennamen.  Aller- 
dings kann  man  ihnen  mit  Hilfe  der  verwandten  keltischen 
Sprachen  beizukommen  versuchen;  aber  jedes  Korrektiv,  Avie 
es  irgend  ein  fortlaufender  Text  in  sich  selbst,  in  seinem 
Zusammenhange  birgt,  fehlt  hier  bei  diesen  disiecta  membra. 
Oft  ist  es  lediglich  Geschmackssache,  einer  Deutung  Glauben 
zu  schenken  oder  nicht,  und  vollends  seinem  GefühlsAA^erte 
nach  lässt  sich  der  Sinn  eines  gallischen  Wortes  immer  nur 
höchst  unvollkommen  Aviedergeben.  Man  kommt  über  ein 
vages  'gut'  oder  'sehr'  nicht  hinaus;  vgl.  S.  187  Vercassi- 
vellaunos  "tres  superieurement  (oder  elegamment  oder  joU- 
ment  [ad  libitum])  hon'.  Häufig  wird  man  sich  mit  einer 
gCAAÜssen  Wahrscheinlichkeit  in  der  Analysierung  bescheiden 
müssen;  daher  denn  paraitre  und  semhler  in  unserer  Schrift 
mit  Recht  eine  nicht  unbedeutende  Rolle  spielen.  In  den 
meisten  Fällen  kann  man  den  A^orgetragenen  Erklärungen 
zustimmen,  besonders  AA'enn  man  mit  einer  gcAvissen  SchAA'an- 
kungsbreite  der  übersetzten  Begriffe  rechnet;    doch  geht  der 


84  D"Arbois  de  Jubaiuville  Les  noins  gaulois. 

Verf.  einig-e  Male  in  dem  Bestreben,  möglichst  viel  zu  deu- 
ten, zu  weit  und  lässt  die  nöthige  Kritik  vermissen.  Dahin 
gehören  besonders  die  Fälle,  in  denen  irgend  ein  obskure» 
neuirisches  aus  einer  trüben  Quelle  geschöpftes  Wort  die 
Grundlage  für  eine  Etymologie  abgeben  soll.  Da  von  dem 
Leser  nicht  zu  verlangen  ist,  dass  er  die  Erbärmlichkeit  von 
O'Reilly  und  Konsorten  kennt,  so  musste  zum  mindesten 
die  vollständige  Haltlosigkeit  derartiger  Deutungen  aus- 
dräcklich  betont  Averden,  was  aber  z.  B.  S.  23  {folg)  oder 
S.  58  {cond  =  Vollfreier)  nicht  geschieht.  S.  66  f.  werden 
auf  Grund  des  irischen  donn  'braun'  und  eines  andern  donn 
(bei  O'Davoreen)  in  den  Bedeutungen  'hoch',  'Richter'  und 
'König'  für  das  gallische  zwei  verschiedene  donnos,  als  'braun' 
und  als  'Fürst'  angenommen.  Aber  die  Worte  sind  ursprüng- 
lich identisch  gewesen,  wie  der  analoge  Bedeutungswandel 
bei  ir.  ruad  beweist,  den  ich  IF.  I  56  Anm.  besprochen  habe. 
Wann  dieser  bei  donnos  eintrat,  weiss  man  nicht;  also  ist 
dem  gallischen  AVorte  nur  die  Grundbedeutung  'braun'  mit 
Sicherheit  zuzusprechen. 

Leider  ist  bei  der  ganzen  Anlage  des  Buches  der  Sprach- 
forscher, besonders  der  Keltist,  entschieden  zu  kurz  weggekom- 
men. Der  Verf.  vermeidet  es  geflissentlich,  auf  lautliche  Ver- 
hältnisse näher  einzugehen,  wiewohl  sich  ihm  reichliche  Gele- 
genheit dazu  bot  und  mancher  dunkle  Punkt  hierbei  aufge- 
hellt werden  konnte;  wir  gestehen,  dass  wir  zu  Gunsten  der- 
artiger Ausführungen  sehr  gern  auf  die  anekdotenhaften  Zu- 
gaben verzichtet  hätten.  Die  Lautgesetze  —  sowohl  keltische 
wie  romanische  —  erfahren  nicht  immer  die  Berücksich- 
tigung, die  sie  beanspruchen  dürfen.  Um  nur  einiges  wenige 
aus  keltischem  Gebiete  herauszugreifen :  S.  44  wird  kelt.  afe- 
mit  lat.  Herum  zusammengestellt,  was  unmöglich  ist;  ir.  heo 
hibendig'  S.  02  geht  nicht  auf  eine  Grdf.  *rZyo.s',  sondern 
*gtvos  zurück ;  aus  '^mogetios  ( S.  73)  konnte  niemals  ir.  mochte 
werden,  ebensowenig  S.  87  aus  *i'«Y/  ir.  /e/>;  falsch  ist  die 
kelt.  Grdf.  leiiceto-  mit  langer  Penultima  für  kymr.  Iluched. 
Ganz  verkehrt  ist,  was  gleich  zu  Anfang  des  Buches  bei  der 
Besprechung  des  idg.  reg-  von  bret.  roe  'König',  Flur,  roua- 
nez,  roiKnitelez  'regnum'  (hinzuzufügen  war  rouanez  'Köni- 
gin') gesagt  wird;  sie  werden  auf  einen  Stamm  '■''rfg<()ifo-  zu- 
rückgeführt. Hier  soll  der  Regel  zum  Hohn  idg.  e  im  Kelti- 
schen e  geblieben  sein;  wie  man  selbst  unter  dieser  Voraus- 
setzung von  ^rcganto-  zu  roe  kommt  verschweigt  wohlweis- 
lich der  Verf.  Da  die  Worte  auch  in  Stokes-Bezzenbergers 
Kelt.  Spraclieinlieit  S.  229  f.  nicht  genügend  behandelt  sind, 
mögen  sie  hier  kurz  erörtert  werden.  Zunächst  ist  l)ret.  roe^ 
roue,    koiii.   nd  Leiiiiwort  aus  lat.  rca-,    gerade   so  wie  bret. 


Lorentz  Über  das  schwache  Präteritum  des  Germanischen.     85 

])loe  aus  pJebs;  ferner  lässt  sich  brat,  rouanez  ""regina'  nicht 
trennen  von  dem  gleichbedeutenden  l^orn.  ruifcmes  und  kymr. 
rhwjjfanes,  Fem.  zu  ruif,  bez.  rhiciif,  brittann.  Grdf.  ^7'ema- 
nissü  (idg.  Wz.  prei) ;  dasabret.  anzusetzende  ^roivanes  ist  nach 
Analogie  von  roue  verändert  worden;  dem  entsprechend  lässt 
sich  bret.  rouanez  'reges'  direkt  als  Plural  zu  körn,  r^<^/' ziehen; 
dieselbe  Analogie  hat  aus  dem  abret.  regelmässigen  riant  (=; 
urkelt.  ^^rtganto-)  später  rolant,  rouant  geschaffen,  das  noch 
im  modernen  rouanteJez  vorliegt.  Sehr  bedauerlich  ist,  dass 
der  Verf.  so  interessante  Akzentverliältnisse  Avie  Bodiöcasses 
=  frz.  Baijeux,  Duröcasses  =  frz.  Dreux  nur  ganz  beiläufig 
S.  190  erwähnt,  ohne  solcher  Fälle  wie  Catnriges,  frz.  Chor- 
ges,  Bitüriges  frz.  Bourges  zu  gedenken,  in  denen  nach  sei- 
nen Ausführungen  doch  auch  ursprünglich  lange  Penultima 
umzusetzen  ist. 

Trotz  dieser  Ausstellungen  wird  das  Buch  denen  von 
Nutzen  sein,  die,  der  keltischen  Philologie  ferne  stehend, 
sich  über  ihre  Ergebnisse  in  der  gallischen  Namenforschung 
zu  unterrichten  wünschen.  Die  Ausstattung  ist  gefällig,  der 
Druck  sauber;  nur  machen  sich  einige  störende  Druckfehler 
in  griechischen  und  deutschen  Worten  bemerklieh. 

Leipzig.  Richard  Schmidt. 


Lorentz  Fr.  Über  das  schwache  Präteritum  des  Germani- 
schen und  verwandte  Bildungen  der  SchAvestersprachen. 
Eine  sprachwissenschaftliche  Untersuchung.  Leipzig  Harrasso- 
witz  1894.    8«.    79  S.    2  M. 

Von  zwei  verschiedenen  Seiten  ist  neuerdings  die  Frage 
nach  der  Entstehung  des  germanischen  schwachen  Präteri- 
tums gleichzeitig  wieder  in  Angriff  genommen  von  R.  Löwe 
JF.  IV  365  ff.  und  von  F.  Lorentz  in  einer  Arbeit,  die  der 
Leipziger  philosophischen  Fakultät  als  Doktordissertation  vor- 
gelegen hat.  Beide  Forscher  sind  darin  einig,  dass  die  all- 
mählich herrschend  gewordene  Ansicht,  nach  welcher  der 
Dental  des  Präteritums  als  idg.  t  anzusehen  ist,  unhaltbar 
und  zu  Gunsten  jener  älteren  aufzugeben  sei,  die  in  ihm  ein 
idg.  dh  sehen  wollte.  Es  liegt  ein  ähnliches  Zusammentreffen 
vor,  wie  bei  der  Herleitung  des  griech.  Passivaorists  auf 
-9r|v  aus  der  2.  Sg.  Med.  idg.  -thes,  in  der  auch  J.  Wacker- 
nagel und  V.  Henry  seiner  Zeit  zusammentrafen. 

Beide  Forscher  sind  zu  iliren  Ausführungen  offenbar 
angeregt  durch  das  Eintreten  Brugmanns  für  ein  dh-Fväteri- 
tum  Gr.  II  2  §  908  S.  1274  ff.  und  für  beide  sind  Präterita 
wie  as.  lihda,  liahda  usav.  von  Bedeutung  gcAvesen.  Ihre 
Wege    gehn    aber    auseinander.     Löwe    geht    nicht    ohne  Ge- 


86    Lorentz  Über  das  sclnvache  Präteritum  des  Oormanisehen. 

waltsamkeit  vor.  Er  setzt  got.  salhöda  gleich  einem  vor- 
germanischen Inf.  *salpönon  +  *dhedhöm,  habaida  =  ''^•/(l- 
henon  +  *dhedhöm  (a.  a.  0.  S.  374)^)  und  muss,  um  zu  den 
historisch  belegten  Formen  zu  kommen,  zwei  'Gesetze'  an- 
nehmen, nach  welchen  diese  Formen  allmählich  komprimiert 
wurden:  1)  ein  Wortkürzungsgesetz,  nach  dem  ^salpönon  in 
dieser  Verbindung  zu  '^'salpö,  '^yahenon  zu  ^yahe  wurde  nach 
Muster  von  nhd.  sfiidiosus  zu  studio-,  2)  ein  Silbendissimila- 
tionsgesetz, das  ein  Hwtfli-deda  zu  got.  fweißida,  as.  twl- 
flida^)  werden  Hess. 

Lorentz  geht  besonnener  zu  Werke;  er  hat  für  das  Pro- 
blem mehr  aus  Brugmanns  Grundriss  gelernt  und  stellt  e& 
in  einen  grösseren  Zusammenhang.  Mit  den  Bemerkungen 
über  das  germ.  Präteritum  hat  er  verknüpft  was  Brugmann 
Grdr.  II  2  §  896  S.  1246  f.  und  §  899  S.  1267  über  die  peri- 
phrastischen  Perfekte  im  Indischen  wie  icidq  ccü^ära,  icidäTn 
äsa  fhahhuicaj,  über  lat.  are  facio,  are  fio  fim  Auschluss  an 
Deecke),  are-bam,  are-ho,  fle-bam,  fle-bo,  amäba»/  ama-bo, 
über  abulg.  nese-achh,  dela-achi  bemerkt  (vgl.  Lorentz  S.  61  ff".). 
Brugmann  ist  geneigt  allenthalben  syntaktische  Verbindung 
eines  Verbs  mit  dem  Instrumental  eines  Nomen  actionis  an- 
zunehmen. Lorentz  fügt  noch  hinzu  das  lit.  Sg.  Präteritum 
der  Gewohnheit  bylö-daicau  sene-daicau  daJ/j-dawau  (S.  60), 
ohne  das  Element  -dawau  weiter  analysieren  zu  können,  stellt 
ferner  in  diesen  Zusammenhang  sowohl  den  griech.  B-Aorist, 
ohne  die  Erklärung  von  Wackernagel  und  Henry  ganz  zu_ 
verwerfen,  als  das  germanische  schwache  Präteritum  und  lässt 
die  Bildungen  von  den  Denominativen  ihren  Ausgangspunkt 
nehmen.  "In  der  idg.  Ursprache",  so  formuliert  er  S.  59 
seine  Hypothese,  "bildeten  die  denominativen  Verba  kein 
eigentliches  Präteritum;  sie  ersetzten  dies  durch  eine  syn- 
taktische Verbindung  des  Instrumentals  des  dem  Verlmm  zu 
Grunde  liegenden  Nomons  mit  dem  ä-  oder  [dem]  Wurzel- 
Injunktiv  von  dhe-  bezw.  dem  r^-Injunktiv  von  bheu-T 

So  ist  er  im  Grunde  nur  tMnen  Schritt  über  Brugmann 
hinausgegangen  und  sucht  nun  seine  Hypothese  in  klar  dis- 
ponierter ruhiger  Darlegung  zu  stützen,  indem  er  den  Leser 
zunächst  von  der  Prüfung  der  vorliegenden  Sprachformen  aus 
an   dieselbe  heran  führt. 

Er  zeigt  (S.  S  ft".),  indem  er  die  germanischen  Formen 
mustert,    zuerst,    dass  von  Seiten   der  Personalendungen  sich 


1)  Ich  übernehme  die  merkwürdige  Iukoiise(|uenz  in  der  Durch- 
führuui;-  der  Lautvi'rschiebuug  aus  LöAves  Abhandlung. 

■2)  Lowes  Beispiele  sind  imglücklieli  gewählt:  denn  got.  ticei- 
filda  ist  niciit  belegt  und  as.  tinfUdn  meines  Wissens  aueh  nicht. 
Das  Verb  heisst  as.  iwlflon. 


Lorentz  Über  das  schwache  Präteritum  des  Germanischen.     S7 

kein  Wiclerspruch  dagegen  erhebt,  in  den  Ausgängen  des 
schw.  Präteritums  Flexionsformen  der  Wurzel  dlie-  zu  sehen. 
Bei  der  Prüfung  der  germanischen  Auslautveränderungen 
verhält  er  sich  gegen  die  neuen  Aufstellungen  von  Hirt  und 
Streitberg  sehr  reserviert  und  nimmt  auch  vorsichtig  ein 
doppeltes  Paradigma  an  1)  urgerm.  -dem,  -dez,  -dep,  PL  -diima^ 
-dtidi,  -dup  und  2)  urgerm.  -döin^  -döz,  -ööp,  PI.  -ööma,  -doöi, 
-öönp  zu  -danp.  Die  erste  Reihe  der  Formen  identifiziert  er 
mit  den  Ausgängen  des  regelrechten  Injunktivs  der  idg.  Wur- 
zel dhe;  in  den  Nebenformen  erblickt  er  den  des  im  Idg. 
mit  ä  erAveiterten  Stammes.  Ich  kann  hier  nicht  unbedingt 
zustimmen,  weil  mir  diese  mit  «  erweiterten  Sämmc  primärer 
Verba  überhaupt  etwas  zweifelhaft  sind;  doch  ist  das  eine 
sekundäre  Frage.  Unerklärt  muss  L.  die  ahd.  (alem.)  Opta- 
tive auf  i  lassen,  und,  was  wesentlicher  ist,  auch  mit  den 
eigenartigen  got.  Pluralformen  wird  er  nicht  fertig.  Denn 
die  Kögeische  Erklärung  Ztschr.  f.  d.  Gymnasiahv.  XXXIV 
407  finde  ich  allzu  halsbrecherisch.  Von  got.  *nasidep  soll 
nasidedup  ausgegangen  sein  ''mit  der  Endung  der  starken 
Konjugation".  Warum  denn  nicht  *n(mdup,  wie  nach  Kögel 
ahd.  neritut  entstanden  ist?  Auf  eine  andere  eigene  Erklä- 
rung, nach  der  ein  lautgesetzliches  *iddjem,  '^iddjep  erst  nacli 
*nasidum,  *nasidup  zu  iddjedtim,  iddjedup  umgebildet  sein 
und  dann  zurückgewirkt  haben  soll,  legt  der  Verf.  selbst 
kein  Gewicht.  Nach  nasida  :  kldja  hätte  *nasidum  doch 
wohl  nur  *iddjum  zeugen  können. 

Vielleicht  darf  man  einen  Gedanken  Lowes  i'a.  a.  0. 
S.  370  ff'.),  der  allerdings  vor  der  Hand  nur  ein  flüchtiger 
Einfall  ist,  hier  nicht  ganz  abweisen.  Löwe  will  statt  des 
einfachen  Injunktivs  den  reduplizierten  Aorist  zur  Erklärung 
des  schw.  Präteritums  heranziehen  (=  ai.  ddadham).  Er  setzt 
als  vorgotische  Ausgänge  an  Sg.  -deda,  Plur.  -öeöuvi  und 
stellt  das  'Silbendissimilationsgesetz'  auf:  "Westg.  und  nordg. 
schAvand  die  inlautende  Gruppe  'unl)etonter  Vokal  -\-  d\  got. 
nur  die  Gruppe  'unbetonter  kurzer  Vokal  +  ö'  ".  Das  Gesetz 
ist  aber  nicht  bewiesen.  Auch  können  es  die  krimgotischen 
Formen  fzo  icarthata  tu  fecisti',  ies  warf  hat  a  'ille  fecit', 
ich  malthata  'ego  dico'  bei  Busbeck  nicht  stützen.  Nach 
Löwe  sollen  sie  ein  altertümliclies  got.  -dedü  im  Singular 
erweisen.  Mir  ist  vor  der  Hand  Massmanns  Auffassung  noch 
am  Avahrscheinlichsten,  wonach  Avir  aus  dem  ata  enklitisclies 
got.  pata  zu  entnehmen  hätten,  sie  also  mit  wulfilanisch  pu 
tcaih'htf.s  pata,  is  icaürhta  pata,  il-  maplja  pata  Aviedergeben 
Avürden  (vgl.  ZfdA.  I  362 1.  ies  icarthata  könnte  ja  auch  allen- 
falls Neubildung  nach  dem  Plural  sein  und  ein  "'iraui'htfda 
repräsentieren,    wenn    man    annimmt,    dass    e    in    unbetonter 


88    Lorentz  Über  das  schwache  Prätei'itum  des  Gei'inanischen. 

Stellung  krimgot.  a  werden  konnte;  aber  malthata  kann 
sclnvcrlich  ein  '■^mapUdeda  oder,  wie  Löwe  will,  ^mapUdida 
repräsentieren,  zumal  es  Busbeck,  was  Löwe  —  zum  Teil 
Avohl  durch  Massmann  verleitet  —  völlig-  ignoriert,  als  Prä- 
sens auffasste. 

Ich  bin  eher  geneigt  zu  glauben,  dass  die  got.  Plural- 
formen —  die  Ansicht  ist  ja  nicht  neu  —  durch  das  verlo- 
ren gegangene  gotische  Präteritum  des  Verbums  'tun'  (Wz. 
dhe-)  sekundär  beeinflusst  wurden,  also  durch  got.  *dedum. 
=  ahd.  tatilm  usw.  Lautete  der  Sg.  einst  *dem,  *dgs,  ^dep 
wie  vorgot.  '^nasidem,  '^nasides,  *nasidep  bestanden  haben 
werden?  Ahd.  teta  Avürde  auf  ein  got.  *didem  führen;  aber 
die  kurze  Reduplikationssilbe  ist  im  Germanischen  nur  aus- 
nahmsAveise  erhalten.  Vielmehr:  dass  in  haihald  usw.  die 
Reduplikationssilbe  ursprünglich  kurz  war,  möchte  ich  we- 
nigstens nicht  als  so  unbedingt  sicher  annehmen,  wie  es  ge- 
wöhnlich geschieht.  Ich  möchte  im  Zusammenhang  damit 
beiläutig  die  Frage  aufwerfen,  ob  man  ein  Reclit  hat,  ohne 
M'eiteres  Betonung  auf  der  ersten  Silbe  für  die  got.  redupli- 
zierenden Präterita  anzunehmen.  Sind  Formen  Avie  anord. 
sera  zu  sd  ('=  got.  ^saizö'  setzt  Osthoff"  PBrB.  VIII  559  dazu), 
snera  zu  sni'ia  ahd.  steröz  zu  stözas  wirklich  red.  Präterita, 
so  würden  sie  direkt  dagegen  beweisen,  insofern  man  sonst 
ein  "^sesa,  ^.ste.sdz  erwarten  müsse.  Nimmt  man  aber  an. 
dass  got.  haihald  auf  der  zweiten  betont  wurde,  so  würde 
sich  ai  als  Entwicklung  aus  e  fassen  lassen  und  man  ge- 
wänne eventuell  den  Vorteil,  in  der  Mehrzahl  der  Bildungen, 
das  ai  durch  Analogiebildung  zu  erklären.  Es  kann  laut- 
gesetzliche Umgestaltung  vorliegen.  Denn  wenn  die  Streit- 
bergsche  Hypothese  über  den  Übergang  eines  unbetonten  e 
in  ai  irgend  Anspruch  auf  AVahrscheinlichkeit  erheben  kann, 
so  darf  sie  nicht  auf  die  Stellung  bloss  vor  stimmlosen  den- 
talen Spiranten  sieli  beseliränken,  Aveil  sonst  die  lautphysio- 
logischen Gründe,  die  ja  überliaupt  nicht  ganz  klargelegt 
sind,  fehlen  würden.  Entstand  fti  aus  t^  vor  tonloser  Spirans, 
so  wären  die  Präterita  von  liahhni,  haitan,  h-opan,  hlaupan, 
falpan,  fähan,  fraisan,  flökan,  stcddan,  diqmn,  skaldan,  saltan, 
stantan,  fiaian,  gnplaihan  lautgesetzlich.  Auch  die  von  ail^an, 
(inkan,  tisalpan  würde  man  als  lautgesetzlich  begreifen  können, 
und  für  htikan,  Ictan,  laian  Hesse  sich  auf  fralla  verweisen,  das 
allenfalls  in  unbetonter  Stellung  aus  '-'irida  entstanden  sein 
könnte.  Als  Rest  blieben  nur  redan,  icaJdan,  waian  einer- 
seits und  hlandan,  blesan,  blötän,  grefan,  teJcan  andrerseits. 
Ob  aber  di(!S  ai,  wie  Streitberg  für  sijais  annimmt,  als  lang 
aufzufass(;n  ist  oder  als  kurz,  ist  eine  Frage,  die  ich  hier 
auf  sieh   beruhen   lasse,    da  sie   mich    nötigen   würde,    Fragen 


Lorentz  Über  das  schwache  Präteritum  des  Germanischen.    89 

■der  got.  Aussprache  zu  berühren,  die  mir  noch  keineswegs 
■erledigt  scheinen.  Ich  möchte  überhaupt  das  Problem  nur 
beiläutig  zur  Diskussion  stellen,  nicht  etwa  entscheiden. 

Bei  der  Beurteilung  der  Stammbildung  des  schwachen 
Präteritums  (S.  23  ff.)  hat  Lorentz  bei  den  «-Stämmen  das 
leichteste  Spiel,  ^uorä,  das  aus  griech.  eujpd9r|v,  ahd.  bi-wa- 
rö-fa  zu  erschliessen  ist,  lässt  sich  in  der  That  lautlich  als 
Instrumental  fassen;  zu  ahd.  horota,  lat.  forclham  lässt  sich 
der  Instrumental  eines  «-Stammes  H)1irrä  'Durchbohrung'  kon- 
struieren. Zweifelhafter  ist  und  bleibt  denn  doch,  dass  in 
sede-bäm,  claude-bam,  lege-bäni  der  Instrumental  eines  ejo- 
Stammes  stecke.  Bezzenberger  sah  in  lat.  sede-bam  einen 
Dativ  auf  e  aus  ei  (BB.  XV  244  =  Arisches  und  Linguisti- 
sches S.  104  Fussnote).  Das  wird  S.  76  durch  Hinweis  auf 
Hirt  IF.  I  22U  ff.  erledigt.  Mit  Streitberg,  der  den  ersten 
Bestandteil  von  nese-achh,  lege-bam  als  Lokativ  fasste  (IF. 
Anz.  II  196  ff.)  findet  sich  Lorentz  S.  62 — 76  ab,  indem  er 
dessen  Annahme  für  prinzipiell  möglich,  aber  1)  als  nicht 
direkt  bewiesen,  2)  nicht  so  glatt  durchführbar  wie  die  seine 
darthut. 

Zweifelhaft  bleibt  mir  auch,  dass  griech.  ibpöBriv,  eYI" 
pu9iiv  (ü  yj,  lat.  moJlfbam,  ßniham  Instrumentale  auf  ^,  ü  ent- 
halten sollen.  Dass  bisher  so  wenig  Sicherheit  über  die  ur- 
sprachliche Bildung  des  Instrumentals  gewonnen  ist,  ist  auch 
für  L.s  Ausführungen  hinderlich  gewesen.  Hirts  Annahme, 
dass  dcis  Suffix  des  Instrumentals  -m  (nach  Streitberg  IF.  III 
368  f.  -7no)  gewesen  sei,  verwirft  er  (S.  31  f.),  giebt  aber  idg. 
Instrumentale  auf  -m  als  Nebenformen  zu  und  sucht  sie  (S.  33  f.) 
auch  bei  den  Denominativen  nachzuweisen.  In  griech.  Ao- 
risten wie  bripivGt^Triv  zu  bripio|uai,  dpxuvBriv  zu  dprua),  äxXuv- 
Griv  zu  dxXuuu  und  andern  seien  Instrumentale  auf  Im,  um 
enthalten.  Das  ist  freilich  mehr  geistreich  als  voll  überzeu- 
gend. Für  die  e/o-Stämme  kommt  auch  ein  Instrumental  auf 
ö  in  Betracht  und  L.  sieht  in  einem  '^ö-dliem  den  Hauptanstoss 
zur  Bildung  der  griech.  Denominative  auf  -öuu  (S.  38). 

Für  die  Ausbildung  der  eigenartigen  germanischen  For- 
mationen nimmt  L.  dann  5  Akte  an:  1)  den  Übergang  von 
eiö  zu  iiö  und  damit  Zusammenfall  der  e-  und  eZ-Dcminu- 
tiva;  2j  die  Vermischung  der  Kausativa  und  Denominativa 
im  Präsens;  3)  die  Übertragung  des  Partizips  der  Kausativa 
mit  -i-tö-  auf  die  Denominativa  und  die  damit  zusammenhän- 
gende völlige  Vermengung  beider  Klassen;  4)  die  Neubildung 
eines  Präteritums  auf  -i-dhäin  (statt  -e-dham,  -ö-dham,  -i-dham) 
bei  e-  und  e/-Deuominativen  (Kausativen)  nach  dem  Muster 
-ä-tö  :  -ä-dham  =  -i-tö  :  -f-dJidm-,  5)  das  Gleichwerden  des 
Dentals  im  Präteritum  und  Partizip  durch  die  Lautverschiebung 


90     Lorcntz   Über  das  schwache  Präteritum  des  Germanischen. 

und  Vorers  Gesetz:  die  Schöpfung  des  innigen  Zusammen- 
hangs zwischen  beiden  Formen. 

Schwierigkeiten  bereiten  dabei  dem  Verf.  die  Präterita 
ohne  Mittelvokal  (S.  43  f.),  und  er  gerät  nun  in  die  eigen- 
artige Verlegenheit  die  Präterita  ahd.  hapfa,  as.  J'ihda  u.  a., 
die  vorher  als  Hauptstützen  für  ein  c//i-Präteritum  dienten, 
nachträglich  als  xVnalogiebildungen  erklären  zu  müssen.  Zum 
idg.  Part.  *Jt-habh-tö-,  *lip-tö-  wurde  nacli  ihm  ein  Prät.  *lhal>h' 
dam,  Hib-dhäm  :  urgerm.  ^hahöotn,  Hibdöm  gebildet.  *?i5- 
döm  übte  dann  seinerseits  Einfluss  auf  das  Partizip,  das  sich 
aus  *Iifta-  zu  Hibda-  umbildete  (ags.  jelifd,  as.  gllihd).  Möl- 
lers Annahme  eines  urgerm.  Synkopierungsgesetzes:  ^^^^  zu 
w^  versucht  er  zu  widerlegen.  Aber  got.  winpida  (belegt  ist 
disicinpinn),  ijafahrida  vermögen  doch  nicht  mit  Sicherheit 
Wurzel betonung  des  Prät.  zu  erweisen;  ebenso  wenig  ist  frei- 
lich Suffixbetonung  irgend  crAviesen.  Es  steht  hier  Hypothese 
gegen  Hypothese  (S.  58). 

Zur  Erklärung  von  got.  licmpasta  nuiss  ein  kleiner  Um- 
weg helfen  (S.  46  f.).  Für  got.  hräJita,  hcnüita,  tcmirhta, 
pclhta,  piihta,  ags.  sollte  und  die  Präterita  der  Präteritoprä- 
sentia  kann  L.  an  Behaghels  Gedanken  anknüpfen,  der  got. 
mnndes,  ags.  ivoldes  direkt  mit  ai.  a-mafhds,  a-icrthäs  iden- 
tifizierte, also  als  Medialformen  fasste:  idg.  '^e-mnthes,  ^e-ul- 
thes  (KZ.  XXX  313).  Entsprechend  möchte  L.  in  got.  tcaurJi- 
tes,  paurftes,  pülites,  hauhtes,  daurstes  mediale  Plusquaui- 
perfekta  sehen:  *e-ue-urcthes,  *e-te-trpthes,  *e-teti3l:fhes,*e-bhe- 
hhnlfhes,  ^^e-dhe-dhrsthi's.  Urgerm.  ^pohtes  muss  er  dann  als 
Neubildung  nach  *pä/itt's  fassen  (an  ü  scheint  er  nicht  zu 
glauben)  und  für  got.  niosfes,  öhfea,  aihtes  annehmen,  dass 
sie  an  Stelle  von  *inasses,  *a/ites,  ^aihtes  getreten  seien.  Ähn- 
liche Hülfshypothesen  gelten  für  brclhtes,  ags.  söhtes,  as.  tca- 
raJites.     Das  alles  ist  nicht  unbedenklich. 

Eher  wird  man  zugeben,  dass  aus  der  2.  Sg.  Med.  idg. 
"^•'{pitlies  =  got.  l-uiipes,  *s]tlfhes,  "'uilthes,  '■^nf/ies  die  Prät. 
got.  hunpa,  anord.  unna  (aus  *uvpa),  ostnord.  .slnlle  (aus 
*.skulpa),  ville  (aus  *vilpa)  herausgewachsen  sein  können. 
Löwe  sucht  sich  statt  dessen  für  Ixiinpa  mit  der  alten  Pani- 
schen Annahme  zu  helfen,  dass  ursprüngliches  nn  zur  Ver- 
schärfung des  dh  geführt  habe.  Aber  dieses  ad  hoc  aufge- 
st(;llte  Lautgesetz,  wird  dadurch  nicht  wahrscheinlicher,  dass 
Löwe  es  moderner  ä  la  "Winteler-Heusler-Bremer  frisiert,  "die 
Fortis  nn  habe  die  folgende  Lenis  d  zur  Fortis  p  verschärft." 

In  Westnord,  olla,  bekanntlich  iMölIers  Hauptstütze  für 
sein  t-  Prät.  (PBrB.  VH  467  ff.)  sieht  L(iwe  Analogiebildung 
nach  lunna:  wenig  Avahrscheinlich!  Lorentz  fasst  es  (S.  54) 
als  .5-Aorist.     3.  PI.  ollo  =  urgerm.  *iculzu/n  aus  ■■'■u/snt  (vgl. 


Lorentz  Über  das  schAvache  Präteritum  des  Gerniaiiischeu.     91 

*wissun  aus  '"'idd-snt  nach  Ostliotf  ZGclPerf.  397  f.).  Aber 
ist  wirklich  Avahrscheinlich,  dass  sich  ein  isoliertes  *;r«7,w, 
das  doch  kaum  an  iclssa  eine  Stütze  finden  konnte,  bis  in 
die  einzelsprachliche  Zeit  gehalten  habe,  wo  doch  die  Neu- 
bildung ^wulda  so  nahe  lag? 

Streitbergs  Versuch  die  Doppelheit  von  got.  tciujan  : 
an.  tdja  auf  einen  alten  Ablaut  zwischen  Präsens  und  Prä- 
teritum {töiö  :  tawidöm  Avie  lit.  szlüju  :  szlaiciaü)  zurückzu- 
führen (Z.  germ.  Sprachg.  S.  34  ff.)  niuss  L.  konsequenter- 
weise verwerfen,  lässt  aber  Streitbergs  Paradigma  ^dcliö  [oder 
vielmehr  ^sfäiö]  ^dcndsi  ^'däidti  gelten.  *däiö  =  an.  toja, 
dazu  ein  Präteritum  töda;  daneben  durch  Übertragung  des 
u:  "^dauiö  zu  *dauio  =  got.  fauja,  mit  Prät.  taicida  (S.  49  f.). 
In  der  That  hat  Streitberg  den  fraglichen  Ablaut  keineswegs 
bewiesen. 

Den  schwierigsten  Teil  der  Untersuchung  bildet  jeden- 
falls die  syntaktische  Erklärung  des  idg.  periphrastischen 
Präteritums  (S.  64  ff.).  Hier  freilich  versagt  L.  völlig.  Er 
korrigiert  die  Delbrücksche  Definition  des  Instrumentals  und 
fordert  die  Formulierung:  "In  den  Instrumental  tritt  der  Be- 
griff, der  mit  dem  die  Handlung  vollziehenden  zusammen  ist, 
oder  mit  dem  dieser  infolge  der  Handlung  zusammenkommt." 
Aber  der  positive  Beweis,  dass  die  Verba  'machen  zu,  wer- 
den zu'  im  Idg.  mit  dem  Instr.  verbunden  Averden  konnten, 
ist  er  uns  schuldig  geblieben.  Ein  paar  indische  Formen 
und  griech.  dKViv  in  otKriv  efevovTO  (ciuuTrri  'ausmalender  Instr.') 
sind  zu  unsichere  Belege.  Hier  klaff't  also  eine  Lücke,  die 
dringend  der  Ausfüllung  bedarf.  Die  Forschungen  über  den 
Gebrauch  des  idg.  Instrumentals  sind  noch  keineswegs  abge- 
schlossen. Doch  kann,  wie  L.  weiter  ausführt,  in  vielen  Fäl- 
len einfach  der  soziative  Instrumental  vorliegen:  hhn'ä  dlien 
'macht  mit  dem  Bohrer'  =  ahd.  borofa,  uorä  dhen  'that  mit 
Obacht'  =  ahd.  hi-icaröta,  neucl  dhen  'versah  mit  Neuheit' 
=  ahd.  niuicöta  u.  a.  sind  ohne  Aveiteres  verständlich.  L. 
hält  für  AA^ahrscheinlich,  dass  die  transitiven  Denom.  ihren 
Aorist  mit  dhem  bildeten,  die  intransitiven  mit  hhuam,  und  dass 
der  griech.  9- Aorist  erst  zu  seiner  passiven  Bedeutung  ge- 
kommen sei  durch  die  intransitiv-reflexive  hindurch  1)  unter 
Einfluss  der  Aoriste  auf  -r|v  2)  unter  Einfluss  der  2.  Sg.  Äled. 
auf  -thes. 

Bleibt  noch  manches  zu  erledigen,  alles  in  allem  haben 
Avir  es  mit  einer  sehr  sorgfältigen  Untersuchung  zu  thun. 
und  die  Lorentzsche  Hypotlicse  über  das  schAA'ache  Präteri- 
tum darf  gegenwärtig  als  die  am  Konsequentesten  durchge- 
führte gelten. 

Göttingen,  5.  April   1895.  Victor  Michels. 


■92  Qvigstad  Nordische  Lehnwörter  im  Lappischen. 

4^vigstatl  .1.  K.  Nordische  Lehnwörter  im  Lappischen.  (  = 
Christiania  Yidenskabs-Selskabs  Forhandlinger  for  1893 
No.  1).  Christiania  J.  Dybwad  in  Komm.  1893.  357  u. 
6  +  8  S.     gr.  8". 

Die  vorzüg-liche  Arbeit  ist  durch  V.  Thomsens  klassische 
Schrift  'Den  gotiske  sprogklasses  indflydelsc  paa  den  finske' 
veranlasst  Avorden.  Der  Verf.  hatte  den  Eindruck  gcAvonnen, 
dass  Th.  das  Alter  der  nord.  Lehnwörter  im  Lappischen  zu 
überschätzen  geneigt  sei,  dass  vielmehr  ein  grosser  Teil  der 
Entlehnungen  ebensogut  der  norwegischen  Volkssprache  wie 
dem  Altnorwegischen  entstammen  könne.  Deshalb  hat  er  seit 
dem  Jahr  1879  die  lappischen  Dialekte  des  Amts  Tromsö, 
des  Kirchspiels  Kaaresuanto,  des  Amts  Nordland  und  des 
•Stifts  Drontheim  durchforscht.  Auch  mit  schwedischen  Lappen 
aus  Tärna,  Sorsele  und  Arjeploug  hat  er  verkehren  können. 
Von  den  Mundarten  Finnmarkens  hat  er  die  der  Kirchspiele 
Karasjok,  Koutokteino  und  Hammerfest  näher  untersucht,  die 
andern  kennt  er  aus  dem  Verkehr  mit  einzelnen  ihrer  Ange- 
hörigen oder  aus  der  Litteratur. 

Die  Einleitung  zählt  die  gcAvöhnlich  unterschiedenen 
vier  Hauptdialekte  des  Lappischen  auf  und  bringt  die  not- 
wendigen Litteraturangaben.  Um  dem  Leser  die  Umbildungen, 
die  das  Lehngut  in  lappischem  Mund  erfahren  musste,  ver- 
ständlich zu  machen,  folgt  eine  Übersicht  über  den  Konso- 
nantismus im  Anlaut  sowie  im  In-  und  Auslaut;  über  die 
Vokale  der  Wurzelsilben  und  die  unbetonten  Vokale  des  In- 
lauts; über  i)arasitisches  j  und  r;  über  die  Endungen  (der 
Substantiva,  Adjektiva  und  Verba). 

Der  letzte  Abschnitt  der  Einleitung  erörtert  die  Frage, 
wann  die  Lapjjen  zuerst  mit  nordischen  Völkern  in  Berührung 
gekommen,  und  wie  alt  die  am  frühesten  aufgenommenen 
Lehnwörter  sein  dürften.  ObAvohl  der  Verf.  eingestehn  niuss, 
dass  die  Beziehungen  zwischen  Lappen  und  Norwegern  uralt, 
vielleicht  sogar  bis  in  die  ältere  Eisenzeit  zurückzudatieren 
seien,  so  bezAveifelt  er  dennoch  sehr  stark,  dass  man  die 
ßprachform  der  ältesten  Lehnwörter  auf  eine  nordische  Sprach- 
form zurückführen  dürfe,  die  der  Sprache  der  altern  Runen- 
denkmäler entspreche. 

Thomsen  folgert  aus  den  Lehnwörtern  eine  nordische 
Sprachform,  die  1)  noch  die  Dii>hthonge  <i}  an  In  gekannt,  2) 
von  Brechung  und  Umlaut  nichts  gewusst,  3)  j,  i\  h,  7.-,  ns 
im  Inlaut  überall  bewahrt  und  endlich  4)  die  Nominativ- 
endungen -f^s•,  -is,  -US,  die  Akkusativendungeu  -a,  -n  bei 
den  a-,  i-,  «-Stämmen  unversehrt  erhalten  habe. 

Dagegen  Avendet  Qvigstad  ein:  1)  ei  sei  im  Lapi)isehen 
.selten,    im    Kalfjord-Dialekt    fehle   es   sogar   ganz.      Auch    die 


Qvigstad  Nordische  Lehnwörter  im  Lapi^ischen.  93 

läpp.  Lehnwörter   mit  au  und   iti   können   ohne    Anstand   ans 
ou,  eu  und  jö,  ja,  jo,  ju,  y,  hervorg-eg-ang-en  sein. 

2)  Der  scheinbare  ]Mangel  der  Brechung-  und  des  Uni- 
hxuts  ist  dem  Umstand  zuzuschreiben,  dass  es  dem  Lappischen 
an  Lauten  fehlt,  die  gebrochnen  und  umgelauteten  Vokale 
genau  wiederzugeben.  Läpp,  a  entspricht  z.  B.  einem  nord. 
e,  auch  avo  dieses  nicht  durch  Umlaut  entstanden  ist,  vgl. 
z.  B.  äldagas  =  anorw.  elcUng  (aus  eilding)  u.  a. 

3)  Spuren  eines  J  oder  v  das  im  Anorw.  in  keiner  Form 
des  Paradigmas  mehr  erscheint,  fehlen  auch  im  Lappischen. 
Ausnahmen  sind  nur  slarja,  sfur'Ja,  ßerva,  spaJfo.  Aber 
auch  diese  Wörter  setzen  keine  nordischen  Formen  voraus, 
die  über  die  Vikingerzeit  zurückreichen. 

4)  die  Endung  -as  kann  dadurch  erklärt  werden,  dass 
das  lappische  Substantivsuffix  -sa  (Nom.  -s)  angefügt  wird. 
Sie  kommt  auch  bei  solchen  Lehnwörtern  vor,  denen  urnord.. 
Substantive  mit  -.s-  im  Nom.  nicht  zu  Grunde  liegen  können. 
Vgl.  äldagas,  ävnas  u.  a. 

Überhaupt  braucht  man  um  die  auslautenden  Vokale 
der  Lehnwörter  zu  erklären  niemals  über  das  Altnorwegische 
hinauszugehn,  besonders  Avenn  man  bedenkt,  dass  das  Lap- 
pische vokalischen  Auslaut  fordert  und  imr  zwischen  a  e  o  i 
die  Wahl  hat.  Ausserdem  ist  mit  der  Wahrscheinlichkeit  zu 
rechnen,  dass  der  anorw.  Stamm,  wie  er  in  den  obliquen  Kasus 
hervortritt,  bei  der  Entlehnung  eine  grössere  Rolle  gespielt 
haben  wird  als  der  Nominativ  allein. 

Ein  wichtiges  Bedenken  allgemeiner  Natur  gegen  Thoni- 
sens  Auffassung  wird  man  endlich  daraus  herleiten  müssen, 
dass  eine  ganze  Anzahl  von  Lehnwörtern,  die  aus  formellen 
oder  kulturhistorischen  Gründen  erst  in  neuerer  Zeit  ins 
Lappische  eingedrungen  sein  können,  genau  dieselben  Laut- 
wandlungen aufweisen  wie  die  angeblich  urnordischen  Lehn- 
wörter Thomsens.  Man  müsste  sich  sclion  zu  dem  verzweifelten 
Ausfluchtsmittel  entschliessen,  die  Wörter  dieser  Art  samt  und 
sonders  für  Analogiebildungen  zu  erklären,  wozu  man  schwer- 
lich geneigt  sein  dürfte. 

Dies  sind  die  Gründe,  die  Qvigstad  zu  der  Annahme 
bestimmen,  kein  lappisches  Lehnwort  reiche  über  die 
Vikingerzeit  zurück. 

Alan  sieht,  das  Buch  hat  nicht  nur  für  die  norwegische 
Sprachgeschichte  Bedeutung,  sondern  auch  iiir  die  allgemeine 
germanische  Grammatik.  Es  wäre  interessant,  die  Antwort 
Thomsens  auf  Qvigstads  Einwände  zu  hören.  Bei  der  Wich- 
tigkeit der  Frage  ist  es  dringend  zu  wünchen,  dass  das  Für 
und  Wider  allseitige,  eingehnde  Erörterung  erfahre.  Viel- 
leicht ist  es  nur  die  Macht  der  Gewohnheit,  wenn  ich  gestehe. 


94    Kahle  Die  Spraclie  der  Skalden  aiit' Grund  d.  Binnen-  u.  Endreime. 

noch  niclit  von  der  entscheidenden  Bedeutung-  der  Qvigstad- 
schen  Bedenken  überzeugt  zu  sein,  mich  noch  nicht  entschlies- 
sen  zu  können  all  die  Formen,  die  so  genau  zu  dem  passen, 
was  wir  aus  andern  Quellen  über  die  älteste  Gestalt  der 
germanischen  Wörter  Avissen,  als  spezifisch  lappische  Sonder- 
entwicklungen preis  zu  geben.  Immerhin  Avird  man  sich, 
namentlich  wenn  man  der  finnischen  Sprachwissenschaft  fern 
steht,    des  Gefühls  der  Unsicherheit   kaum    erwehren   können. 

Den  Hauptteil  des  Buches  nimmt  natürlich  das  unge- 
mein reichhaltige  Wörterverzeichnis  ein,  das  S.  83 — 357  um- 
fasst.  Auf  Einzelheiten  hier  einzugehn,  ist  unmöglich.  Es 
wäre  sehr  zu  Avünschen,  dass  der  verdiente  Verfasser  die 
aus  seinen  Sammlungen  sich  ergebende  kulturhistorische  und 
grammatische  Ausbeute,  die  sicherlich  keine  geringe  sein 
wird,  selbst  einmal  im  Zusammenhang  vorführen  möchte. 

Den  Schluss  machen  Nachträge  und  Berichtigungen. 

W  i  1  h  e  1  m  S  t  r  e  i  t  b  e  r  g. 


Kahle  B.  Die  Sprache  der  Skalden  auf  Grund  der  Binnen- 
und  Endreime  verbunden  mit  einem  Rimarium.  Strassburg, 
Karl  J.  Trübner  1892.     VIII  u.  303  S.      8^     7  M. 

Kahle  hat  sich  eine  ebenso  dankbare  als  schwierige  Auf- 
gabe gestellt.  Da  die  erhaltnen  altisländischen  und  altnor- 
wegischen Handschriften  nur  bis  etwa  1200  zurückreichen, 
sind  die  poetischen  Denkmäler,  deren  fester  metrischer  Bau 
Rückschlüsse  auf  ältre  Sprachzuständc  ermöglicht,  für  die 
nordisclie  Grammatik  von  unschätzbarer  Wichtigkeit;  und  es 
kann  daher  mit  Freuden  begrüsst  Avcrden,  wenn  es  unter- 
nommen wird,  alles  das  was  hier  erschlossen  werden  kann  im 
Zusammenhange  vorzuführen. 

Leider  entspricht  Kahles  Buch  billigen  Forderungen  nicht. 
Erstens  fehlt  dem  Verfasser  eine  genügende  Kenntnis  der  älte- 
sten Handschriften.  Das  beweist  die  Anmerkung  auf  S.  84, 
aus  der  hervorgeht,  dass  K.  die  Bedeutung  des  Buchstaben 
:(=/•)  nicht  kennt:  er  umschreibt  ihn  dreimal  mit  s.  Danach 
kann  K.  die  Larssonschen  Ausgaben  von  Cod.  AM.  645  und 
Cod.   1S12  kaum  gelesen  haben. 

ZAveiteus  hat  K.  seinen  Stott'  nach  zwei  Richtungen  hin 
l)escliränkt.  Einmal  behandelt  er  nur  die  Binnen-  und  End- 
reime und  lässt  die  feste  rhythmische  Gliederung  völlig  ausser 
Acht.  Und  doch  waren  gerade  hier  hochinteressante  Resultate 
zu  erzielen:  so  wenn  sich  bei  Bragc  gqfomk  mit  kurzem  q 
erweisen  lässt.  Auf  der  andern  Seite  werden  nur  behandelt 
die  von  Brage  erlialtnen  Fragmente,  die  Verse  in  der  Heims- 


Kahle  Die  Sprache  der  Skalden  auf  Grund  d.  Binnen-  u.  Endreime.    95 

kringla  und  den  Kouunga  sögur  ed.  Unger  und  was  Wisen 
in  den  Carmina  norroena  gesammelt  hat.  Ich  sehe  nicht  ein, 
Avarum  der  Stoff  so  begrenzt  ward;  doch  ich  würde  zufrieden 
sein,  wenn  K.  diesen  Stoff  intensiv  verarbeitet  hätte.  Aber 
er  geht  nicht  über  das  von  den  Vorgängern  gebotne  hinaus, 
und  die  ihm  eigentümliche  Erklärung  von  Hmskr.  624,  19a  ff. 
(S.  60  -)  ist  nicht  stichhaltig.  Er  hätte  auch  wissen  müssen, 
dass  die  Hmskr.  140,  32  ff.  abgedruckte  Strophe  weder  in 
den  Text  gehört  noch  mit  Wisen  leichthin  HallfreÖr  vandraiöa- 
skald  zugeschrieben  werden  kann. 

Aber  das  alles  möchte  noch  hingehn,  wenn  die  Resultate, 
die  auf  den  ersten  92  Seiten  des  Buches  geboten  werden, 
wirklich  den  Raum  von  92  Seiten  beanspruchten.  Nehmen 
wir  ein  Beispiel.  S.  79 — 82  wird  der  "Wechsel  von  -pr  und 
-nnr  behandelt.  Das  einzige  Neue  auf  diesen  Seiten  ist  der 
Nachweis  von  manny.  Im  übrigen  referiert  K.  die  Ansichten 
andrer  und  giebt  eine  halbe  Seite  Belegstellen.  Dasselbe  Ver- 
hältnis auf  S.  88 — 90.  Mangel  an  Revision  beweist,  dass  S.  73, 
24 — 31  ein  und  derselbe  Satz  in  veränderter  Form  zweimal 
erscheint.  Dazu  kommen  Versehn  wie  S.  52  ^):  stela  'stellen', 
für:  'stehlen';  S.  87,  Z.  3  v.  u.  Reykjah.  mäld.  im  Cod.  AM. 
237  fol.  Demnach  hätten  die  grammatischen  Bemerkungen  be- 
quem auf  einem  Bogen  untergebracht  werden  können. 

Wertvoll  ist  natürlich  das  angehangne  Rimarium,  das 
freilich  unvollständig  und  reich  an  Druckfehlern  ist. 

Ein  paar  kleine  Bemerkungen.  S.  21  erschliesst  K.  aus  Reimen 
wie:  ok par  :  tej/gpi  und  ok  pcilikt  :  segpi  die  Form  og  für  das  14. 
Jhd.  Dieser  Sehluss  ist  nicht  zwingend.  Im  Cod.  AM.  655,  4to, 
XXXIII  (c.  1300),  Bl.  li-,  22  steht  /hcpi  (=  sagdi),  in  demselben 
Sammelcodex,  Nr.  VII— VIII  (c.  1200)  Bl.  S^\  12:  rökpe  (=  rcegde). 
Diese  Präterita  sind  Neubildungen  in  Anlehnung-  an  Partizipia 
AS'ie  sact  (=  sagt)  im  Cod.  645,  4to  und  öfter.  Es  würde  also  in  den 
beiden  Fällen  ebenso  erlaubt  sein  und,  wie  mir  scheint  mit  mehr 
Recht,  Formen  wie  teyk])i  und  sekj)i  zu  erschliessen. 

Nach  S.  44  ^)  ist  nakkvat  aus  nekkvat  entstanden.  Aber  sie 
sind  gleich  alt;  vgl.  Noreen  §  57,  4a.  Danacli  sind  auch  die  Be- 
merkungen auf  S.  45  zu  korrigieren. 

Das  S.  60  ^)  besprochene  helf  ist  nicht  Präteritum  von  halda, 
sondern  gehört  zu  haf.  Die  von  Hoffory  gegebne  Erklärung  der 
reduplizierenden  Verba  fällt  also  deswegen  nicht. 

S.  79  wird  aus  den  beiden  Keimen:  last  :  hazti  und  skozklr  : 
alproskins  geschlossen,  dass  z  vielleiciit  doch  die  Geltung  von  st 
gehabt  habe.  Der  Ausdruck  ist  falsch.  Aber  richtig  ist,  dass  schon 
um  1200  neben  haztr   ein  hastr  stand;   vgl.  Cod.  AM.  655,  4to,  VII 


1)  [Dazu  vgl.  jetzt  meine  Ausführungen  im  Arkiv  X  207  f., 
wo  nachzutragen  ist:  enom  i/stom  (  i/zfom)  lipom,  Cod.  AM.  677, 
4to,  Bl.  2.3V,  21  (c.  1200).  Nach  1300 "  wird  allerdings  der  Ansatz 
z  =  .s'^  nicht  zu  iimgehn  sein  (2.  Pers.  Sg.  reiz  -  oeist^  wo  die  Schrei- 
bung mit  z  daher  rührt,  dass  das  regelrechte  veiztu  (gesprochen 
veitstit  und  veistu)  in  ceiz  +  tu  zerlegt  wurde?)] 


96       Lindelöf  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Altnorthunibrischen. 

—VIII  (c.  1200)  Bl.  3v  26:  havfto  (Akk.  Sing-.  Fem.)  und  Placitusdrnpa 
3,  3 :  eßr  (für  eztr) ').  Die  auf  S.  76  angeführten  Keime  üztr  :  hezta 
und  haztr  :  öztrar  bewei.sen  also  nichts. 

Der  S.  83  behandelte  Übergang  rs  zu  ss  begann  bereits  am 
Ausgang  des  12.  Jhd.  wenigstens  in  Norwegen,  val.  Cod.  AM.  655, 
4to,  IX  Bl.  iv,  16:  hvaf/'v  (=  hcarsu),  dazu  Cod.  1812,  S.  19,  11:  fystr. 

Kopenhagen,  d.  11.  Jan.   1893. 

Gustav  Mo  raren  Stern. 


Lindelöf  U.  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Altnortlmiubrischen. 
Sonderabdruck  aus  den  Memoires  de  la  Societe  Neo-philolo- 
gique  k  Helsingfors  I.  Helsingfors,  Helsingfors[sche]  Zentral- 
Druckerei  1893.     84  S.     8«. 

Der  bereits  durch  andre  grammatische  Untersuchungen 
altenglisciier  Texte  rühmlich  bekannte  Verfasser  liefert  in 
dem  vorliegenden  Aufsatze  eine  sorgfältige  und  lehrreiche 
Abhandlung  über  die  Schwankungen  des  Nominalgeschlechtes- 
und  die  Flexion  der  Feminina  in  den  altnorthumbrischen 
Interlinearglossen  der  Handschriften  Lindisfarne  (=  Li)  und 
Kushworth  (^  R^),  woran  sich  einige  wichtige  Folgerungen 
bezüglich  des  gegenseitigen  Verhältnisses  der  ]\Iundarten  der 
beiden  Schreiber  schliessen. 

Mit  behutsamer  Ausscheidung  der  vielen  unsicheren  und 
zweideutigen  Fälle  sind  im  ersten  Abschnitt  die  mit  Artikel 
oder  Pronomen  verbundenen  Substantive  nach  den  nachweis- 
baren Geschlechtern  übersichtlich  geordnet.  In  allen  Haupt- 
punkten stimmt  Li  mit  dem  Ritual  von  Durham  überein,  da& 
ja  von  demselben  Glossator  herrührt.  Nur  verhältnismässig 
wenige  der  häuüg  vorkommenden  Wörter  zeigen  in  diesen 
beiden  Hss.  immer  dasselbe  Geschlecht.  Es  sind  zumeist 
solche,  deren  grammatisches  Geschlecht  mit  dem  natürlichen 
übereinstimmt:  fwder,  .sunu,  broder,  bryd,  cwoen,  dohfer  u.  a. 
Aber  selbst  cncelit  und  god  kommen  mit  der  neutralen  Form 
des  Artikels  vor,  und  andre,  wie  ^rertf,  ichujeard,  lichonia, 
duru,  treo,  begegnen  sogar  mit  allen  drei  Geschlechtern.  Diese 
Regellosigkeit  scheint  fast  unmöglich  und  kann  in  der  Tliat 
nur  kurze  Zeit  in  der  gesprochenen  Sprache  bestanden  haben. 
Dass  sie  aber  nicht  durch  die  nahe  liegende  Annahme  einer 
blossen  Neigung  des  Glossators  zu  künstlichen,  wenn  auch 
verfehlten  x\rchaismen  wegerklärt  werden  darf,  schliesse  ich 
aus  der  ausnahmlosen  Geschlechtsbezeichnuiig  bei  den  eben 
erwähnten  f'ceder,  sunu  usw.,  und  wird  weiter  ))egründet  durch 
den  zweiten  Abschnitt  der  Abhandlung,  aus  dem  hervorgeht, 
dass  der  Hang  d(a-  —  am  meisten  schwankenden  —  Feminina 
männliches  oder  sächliclies  Geschlcclit  anzunehmen  eine  Folge 


Lindelöf  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Altnortlmuibrischen.        97 

der  Zerrüttung-  iln'er  Flexion  ist.  Dass  die  beiden  luterlinear- 
versionen  grade  ans  der  Übergangszeit  mit  ilirer  grössten  Ver- 
wirrung^ in  der  Geschlechtsgebung-  stammen,  giebt  ilmen  einen 
besonderen  Wert  für  die  Gescliichtsclireibung-  der  Spraclie. 
Die  entsprechende  Entwicklung-  in  den  langsamer  veränderten, 
südenglischen  Mundarten  können  wir  auf  Grund  der  obendrein 
reichlicher  vorhandenen  Texte  durch  mehrere  Jahrhunderte 
verfolg'en,  und  ihre  Untersuchung-  verspricht  eine  hervorragend 
dankbare  Aufgabe  zu  werden. 

Der  northumbrische  Teil  der  Glosse  in  der  RushAvorth- 
Hs.  (=  R2)  i^^i  jjjj  scharfen  Gegensatze  zu  Li  und  dem  Rituale 
das  grammatische  Geschlecht  der  Substantive  mit  wenigen  Aus- 
nahmen getreu  bcAvahrt,  Einen  Teil  dieser  Ausnahmen  hätte 
Lindelöf,  g-laube  ich,  als  Fehler  erklären  sollen.  Da  die  zahl- 
reichen Wörter  auf  -ung  und  -7iis  in  Li  mit  der  grössten  Will- 
kür behandelt  werden,  in  R^  aber  regelmässig  ihr  gemeinalt- 
englisches  feminines  Geschlecht  bewahren,  so  beruhen  die  zwei 
einzigen  Ausnahmen  (da't  yrnh-cerfuise  und  dcet  mara  i  mast 
curminge;  S.  24)  Avahrscheinlich  nur  auf  nachlässigem  Ab- 
schreiben der  Vorlage,  die  an  beiden  Stellen  ebenfalls  pcet 
hat  —  vorausgesetzt,  dass  Li  die  unmittelbare  Quelle  für  R^ 
ist;  ohne  bestimmten  Anhalt  aber  Zwischenglieder  anzunehmen 
wäre  nutzlose  und  verwerfliche  Tüftelei,  zumal  Skeat  in  dem 
Vorwort  zu  seiner  Ausgabe  des  'Gospel  acc.  to  St.  Mark', 
S.  XIII,  sehr  schwcrAviegende,  wenn  nicht  entscheidende 
Gründe  fürs  Gegenteil  angeführt  hat. 

Die  Zusammenstellung  und  Untersuchung  der  femininen 
Flexion  ist  mit  ebenso  viel  Vorsicht  als  Fleiss  geschehen.  Nur 
kann  ich  es  nicht  billigen,  dass  Lindelöf,  wenn  für  denselben 
Kasus  zweierlei  Formen  vorkommen,  grundsätzlich  die  älteren 
davon  dadurch  aus  dem  Wege  zu  scliaft'en  sucht,  dass  er  sie 
entweder  als  durch  Schreibertradition  erhaltene  Archaismen 
oder  als  Nachahmungen  der  westsächsischen  Schriftsprache 
erklärt  (s.  S.  34,  36,  44,  50,  53,  61  u.  81).  Vielleicht  haben 
ihn  dazu  die  beiden  allerdings  sehr  auffälligen  Formen  (üdido 
(piagas)  und  gloedi  (prunas),  S.  40  u.  69,  verleitet,  von  denen 
die  erste  einmal  in  R-,  die  andre  einmal  in  Li  vorkommt  und 
die  Lindelöf  als  archaistische  Vertreter  von  adlo  (so  in  Li), 
adle  und  gloede  hält.  Wenn  nur  die  Zeit  des  Diphthongs  ai 
nicht  gar  zu  weit  zurück  läge,  und  es  nicht  all  zu  unAvahr- 
sclieinlich  wäre,  dass  die  Schreibung  ai,  statt  des  jüngeren 
«,  dem  Glossator  je  zu  Gesichte  kam!  Und  ob  bei  der  über- 
aus schwankenden  Orthograi)hie  in  der  Hs.  Li  allein  aus  der 
Form  gloedi  eine  so  bedeutende  Folgerung  zu  ziehen  ist,  wie 
die  vorgeschlagene,  scheint  mir  sehr  fraglich. 

Was  nun  solche  häufige  Doppelformen  in  Li  wie  die  Gene- 
Anzeiger  VI  1  u.  2.  7 


98        Lindelöf  Bciträg'e  zur  Kenntnis  des  Altnorthumbi-ischen. 

tive  cydnise  und  cydnises  (S.  60)  oder  die  !A.kkusative  stefne 
und  stefn  (S.  34)  angeht,  so  kommt  es  L.  kaum  wahrscheinlicli 
vor,  dass  die  Formen  in  derselben  Mundart  neben  einander  be- 
standen liätten.  Ich  sehe  niclit  ein,  dass  dieser  Annahme  grös- 
sere Schwierigkeiten  entgegen  ständen,  als  der,  dass  dieselben 
Substantive  verschiedene  Geschlechter  haben.  Auch  im  Neuhoch- 
deutschen brauchen  dieselben  Personen  zuweilen  'der  Glaube' 
und  'der  Glauben'  nebeneinander,  oder  'Frieden'  neben  'Frie- 
de', 'Hirte'  neben  ^Hirt', 'Fink'  neben 'Finke',  oder  Dative  mit 
oder  ohne  e,  Genitive  auf  6'  und  -es,  oder  mit  und  ohne  s,  u.  dgl. 
mehr.  Im  Northumbrischen  müssen  natürlich  zu  einer  Zeit  mal 
die  älteren  und  Jüngern  Formen  nebeneinander  gestanden  haben, 
und  es  hat  ganz  den  Anschein,  als  wenn  die  Lindisfarner  Hs. 
aus  dieser  Zeit  stamme.  Es  kommt  mir  selbstverständlich 
nicht  in  den  Sinn,  dass  damit  alles  hinreichend  erklärt  sei,  — 
z.  B.  die  Thatsachen,  die  Lindelöf  S.  44  und  61  hervorhebt 
—  aber  L.  weist  die  Wahrscheinlichkeit  von  gleichzeitigen 
Doppelformen  zu  unbedingt  und  zu  beharrlich  ab.  Ferner 
scheint  mir  auch  die  Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dass 
beim  Glossieren  von  Li  die  ältere  Arbeit  eines  Andern  be- 
nutzt wurde  und  dass  dadurch  Unregelmässigkeiten  in  Schrei- 
bung und  Wortbiegung  in  die  Hs.  kamen.  So  bin  ich  auch 
überzeugt,  dass  manche  von  den  in  R-  begegnenden  Ausnah- 
men auf  einfachem  Abschreiben  von  Li  beruhen;  und  jeden- 
falls musste  mindestens,  wenn  dem  Sclireiber  von  R^  zwei 
Formen  geläuhg  waren,  die  E''orm  von  Li  seine  Wahl  beein- 
flussen. Lindelöf  fasst  diese  beiden  Möglichkeiten  nicht  scharf 
genug  ins  Auge  und  weist  nur  ein  paar  Mal  auf  einzelne 
Übereinstimmungen  zwischen  Li  und  R-  hin  (s.  S.  49  u.  70), 
aber  ohne  daraus  I'olgerungen  zu  ziehen.  Ich  glaube  eine 
fortlaufende  Vergleichutig  aller  Einzelfälle,  namentlich  aber 
der  seltenen  Formen  in  R'^  mit  Li  wäre  notwendig  gewesen. 
Dann  Avürde  der  einmalige  Genitiv  nedles  (S.  40)  in  anderem 
Lichte  erscheinen,  weil  er  an  derselben  Stelle  auch  in  Li 
steht;  und  gradeso  verhält  es  sich  mit  den  Genitiven  sibbes  und 
synnes  (S.  56),  die  ebenfalls  in  R^  nur  einmal  vorkommen. 
Auf  der  andern  Seite  erhält  die  Genitivform  costunges  (S.  48) 
eine  besondere  Bedeutung,  da  Li  hier  costango  schreibt:  und 
ebenso  der  Nominativ  synne  J.  9,  41  (S.  55),  weil  Li  syna 
hat;  und  nones  (S.  40),  in  Li  non. 

Gcnitivformen  wie  cursimgra  (S.  46  u.  49)  sind  wohl 
<lurch  Anlehnung  ans  Participium  Praosontis  (cursendra)  zu 
erklären.  Vgl.  die  in  mittelenglischen  Dialekten  und  in  der 
neuenglischen  Schriftsprache  durchgeführte  Verniiscliung  des 
Verbalsubstantivs  mit  dem  Part.  Pr. 

Unter  den  'Schlussbemerkungeu'  des  dritten  Abschnittes 


Sweet  A  New  English  Grammar,  logioal  and  historical.         99 

ist  am  wichtigsten  der  unzweifelhafte  Nachweis  aus  den  in  den 
beiden  vorhergelienden  Kapiteln  dargethanen  Verschiedenheiten 
der  Sprache  der  beiden  Hss.,  dass  Li  in  einer  anderen  und 
ZAvar  in  einer  nördlichen  Mundart  verfasst  ist  als  R-,  Dieses 
Ergebnis,  womit  die  früheren  irrigen  Meinungen  beseitigt 
sind,  stellt  noch  weitere  Erfolge  von  einer  fortgesetzten  genauen 
Vergleichung  der  zwei  Hss.  in  Aussicht. 

Zu  bessern  ist  der  sinnstörende  Druckfehler  synne,  statt 
sunne,  auf  S.  76;  und  S.  30  Z.  18  füge  als  zweiten  Beleg 
für  geafa  L.  2,  40  ein. 

Die  in  der  Anmerkung  auf  S.  28  aus  der  Lindisfaraer 
Glosse  angeführte  belustigende  Übersetzung  von  malum  durch 
yfel  l  apoltre  erinnert  mich  an  eine  Stelle  in  dem  von  mir 
herausgegebenen  Earliest  Gomplete  English  Prose  Psalter  (1891), 
wo  der  Schluss  von  Ps.  78  (79),  1  (posuemnt  lerusalem  in 
pomorum  custodiam)  in  [hijj  seit  lerusalem  hi  pe  kepeing 
of  a  maner  of  folh  pat  ivas  clepecl  Pornos  verkehrt  ist. 

Groningen,  Niederlande.  Karl  D.  Bülbring. 


Sweet  H.  A  New  English  Grammar,  logical  and  historical. 
Part  I:  Introduction,  Phonology  and  Accidence.  Oxford, 
atthe  Clarendon  Press  1892.  XXIV  u.  499  S,  8».  10  sh.  0  d. 
Von  berufenster  Hand  wird  uns  hier  eine  historische 
Laut-  und  Formenlehre  des  Englischen  geboten,  wie  sie 
bisher  noch  nicht  existierte.  Von  der  Erkenntnis  ausgehend, 
dass  es  nutzlos  sei  über  den  Ursprung  einer  Erscheinung  zu 
reden  bevor  diese  selbst  klar  geworden,  hat  S.  in  einer  Ein- 
leitung von  über  200  Seiten  zunächst  die  grammatischen  Kate- 
gorien und  sprachlichen  Begriffe  ab  ovo  erläutert,  über  die,  wie 
er  im  Vorwort  zeigt,  in  den  meisten  Grammatiken  und  bei  vielen 
Lehrern  noch  die  unklarsten  Vorstellungen  und  widersprechend- 
sten Ansichten  herrschen.  Ohne  Rücksicht  auf  die  Etymologie 
der  Bezeichnungen  wird  mit  einer  genauen  und  einheitlichen, 
z.  T.  neugeschaffenen,  Terminologie  zuerst  allgemein  über 
Grammatik  und  Sprache,  logische  Kategorien  (Ausdruck  von 
Ideen  durch  Worte,  Kombination  von  Worten  zum  Gedanken- 
ausdruck), grammatische  Kategorien  (Worte,  ihre  Bildung, 
Flexion  und  Beziehungen  zu  einander,  Redeteile,  Beziehungen 
zwischen  logischen  und  grammatischen  Kategorien),  sodann 
speziell  über  die  einzelnen  Redeteile  nach  Form,  Bedeutung 
und  Funktion,  und  schliesslich  über  Wortgruppen  und  Sätze 
gehandelt.  Dann  folgt  als  Überleitung  zum  Thema:  Geschichte 
der  Sprache  (Veränderungen,  Ursprung  und  Entwicklung),  gram- 
matische Scheidung  und  ^Methode,  und  endlich  eine  Übersicht 


100       Sweet  A  New  English  Grammar,  log'ical  and  historical. 

der  '6  Perioden  des  Englischen  mit  einer  knappen  Cliarakteri- 
stik  jeder  einzelnen.  Für  diesen  einleitenden  Teil  Ijekennt 
sich  S.  Pauls  'Prinzipien  der  Sprachgeschichte'  gegenüber 
als  besonders  verpflichtet,  und  der  Einfluss  dieses  vorzüglichen 
Buches  ist  denn  auch  neben  vielem  Originellen  und  Selbstän- 
digen deutlich  zu  spüren.  Überall  wird  möglichst  aus  neu- 
englischen Beispielen  die  Eegel  oder  Definition  erklärt,  so  dass 
der  englische  Leser  hierbei  zugleich  die  beste  Einführung  in 
das  Sprachstudium  überhaupt  wie  in  das  Studium  einer  ein- 
zelnen Fremdsprache  erhält. 

Der  zweite,  mit  S.  226  beginnende  Teil:  Laut-  und  For- 
menlehre nebst  Ableitung  (einheimische  und  fremde  Prä-  und 
Suffixe)  gibt  in  grossen  Zügen,  ohne  genauer  auf  Einzelheiten 
einzugehn,  eine  historische  Grammatik  der  englischen  Sprache 
von  der  ags.  bis  zur  Jetztzeit,  mit  genauer  Scheidung  der 
Dialekte,  der  Chronologie  der  sprachlichen  Erscheinungen  und, 
für  die  moderne  Periode,  auch  der  Schrift-  und  Umgangs- 
sprache, eine  Scheidung,  die  leider  in  unsern  Grammatiken  und 
Wörterbüchern  meist  vollkommen  ignoriert  wird.  Da  das  Buch 
für  elementare  Zwecke  bestimmt  ist,  beschränkt  es  sich  bei 
der  älteren  Zeit  auf  die  wichtigsten  grammatischen  Erschei- 
nungen und  gibt  auch  nur  die  Hauptzüge  in  der  EntAvicklung; 
weil  stets  aufs  Neuenglische  das  Hauptgewicht  gelegt  ist,  wer- 
den historische  Einzelheiten,  die  für  dieses  ohne  Bedeutung 
sind,  konsequent  übergangen.  Es  ist  fast  überflüssig  zu  sagen, 
dass  die  ganze  Darstellung  auf  rein  phonetischer  Basis  beruht, 
weil  sonst  die  englische  Grammatik  sich  in  ein  Chaos  von  ortho- 
graphischen Veränderungen  und  regellosen  Wandlungen  der 
Formen  auflösen  würde.  Die  phonetischen  Grundbegriffe  wer- 
den deshalb  kurz  dargelegt  und  bei  den  ne.  Wörtern  ist  fast 
stets,  soweit  dies  nötig  schien,  das  Lautbild  in  der  Sehreibung 
des  'Elementarbuchs'  beigefügt  worden. 

Wenn  auch  S.  die  weit  zerstreute  deutsche  Forschung 
im  allgemeinen  weder  gekannt  noch  benutzt  zu  haben  scheint, 
so  bietet  sein  Buch  doch  so  viel  des  trefflichen  und  neuen, 
dass  dieser  Mangel  reichlich  aufgewogen  wird.  Ich  habe 
mich  gefreut,  eine  Menge  feinsinniger  und  meist  überzeugender 
Erklärung  dunkler  Punkte  gefunden  zu  haben,  die  jetzt  wohl 
Gemeingut  werden  dürften;  die  'organische  Analyse'  bei  der 
Behandlung  der  Sätze,  auf  welche  das  Vorwort  (S.  XU)  hin- 
weist, ist  wirklich  eine  höchst  originelle  Verfeinerung  der  syn- 
taktischen Methode.  Überall  in  der  Laut-  und  Formenlehre 
werden  auch  Fragen  der  historischen  Syntax  mit  behantlelt, 
die  gerade  im  Englischen  ohne  beständiges  Eingehen  auf  jenen 
elementareren  Teil  der  Grammatik  kaum  zu  behandeln  sind 
und  wiederum  dort  stets  zu  Hülfe  geraten  werden  müssen,  um 


Sweet  A  NeAv  Eng-lish  Grammar,  logical  and  historical.       101 

■die  vielen,  oft  seltsamen  Um-  und  Neubildungen  verstehen  zu 
können.  Hierbei  ist  ihm  Jespersen  in  seinen  'Studier  over 
engelske  Kasus'  vorangegangen,  ein  Werk,  dessen  Wert  und 
Bedeutung  S.  auch  in  der  Vorrede  dankbar  hervorhebt. 

Es  dürfte  wohl  kaum  eine  Sprache  geben,  die  für  den 
Sprachforscher  methodologisch  so  lehrreich  wäre  Avie  die  eng- 
lische, die,  ursprünglich  reich  flektierend  und  in  Formen 
prangend  wie  ihre  germanischen  Schwestern,  im  Laufe  eines 
Jahrtausends  in  vielen  Punkten  fast  das  Ziel  erreicht  hat,  an 
dem  das  ehrwürdige  Chinesische  schon  längst  angelangt  ist. 
Darum  darf  auch  jedem  Linguisten  das  Studium  von  Sweets 
neuer  Grammatik  dringend  empfohlen  werden,  denn  an  der 
Hand  eines  solchen  Führers,  der  die  Ursachen  der  üppig 
"wuchernden  Um-  und  Neugestaltungen,  der  lautlichen,  formalen 
und  syntaktischen  Analogiebildungen  so  fein  aufzuspüren  und 
so  klar  darzustellen  weiss,  den  Entwicklungsgang  der  zu- 
künftigen Weltsprache  verfolgen,  ist  ein  Genuss  und  bleibender 
Gewinn.  Hoffentlich  wird  der  zweite  Teil,  der  die  Syntax 
behandeln  soll,  bald  erscheinen ! 

Zum  Schluss  einige  Bemerkungen  zu  Stellen,  wo  ich 
andrer  Meinung  als  der  Verf.  bin:  §  1068.  Das  fem.  Fron. 
sho  wurde  wohl  auch  durch  Einfluss  des  Mask.  he  zu  slie 
umgebildet.  —  §  1187  und  1234.  Im  Nordengl.  kann  doch 
-p  in  der  Endung  der  3.  Fers,  nicht  lautlich  zu  -s  geworden 
sein !  Letzteres  ist  die  aus  der  2.  Fers,  übertragene  Endung.  — 
1193.  Ist  het  aus  hellt  entstanden?  —  1298.  sweep  ist  wohl 
durch  Einfluss  von  creep,  sleep  und  weep  (wegen  der  gleichen 
Bildung  des  Frät.  und  Fart.  auf  -ept)  entstanden.  —  1340.  Me. 
■me  think  wäre  hier  zu  erwähnen  gewesen.  —  1429.  Das  o 
statt  00  in  lüoke  möchte  ich  eher  durch  Anlehnung  an  hroT^e, 
höre,  swore,  tore,  shore  als  (mit  S.)  an  rose  usw.  erklären. 
Denn  icake  hat,  resp.  hatte,  ja  denselben  Fräsensvokal  wie 
break  usw. !  —  1434.  speak  verlor  sein  r  vielleicht  durcli  Ein- 
fluss von  spell?  —  1450.  fleic  wurde  nach  hlew  usw.  gebildet 
wegen  des  gleichen  Fart.  Frät.  —  4179.  coupe  wurde  wohl 
nach  dem  Muster  der  übrigen  Fräterita,  bes.  sholde  und  icolde, 
zu  coiide  umgeformt,  da  es  das  einzige  mit  der  Endung  -pQ 
war.  —  1480  Z.  4  1.  dären  st.  adren.  —  1485.  Ist  icille,  got. 
wiljaii  ein  Konj.  Frät.?  —  1550  \. pröiclan.  —  1567.  Ein  Bei- 
spiel für  Fräfixbetonung  ist  geatwe  'Rüstung'.  —  1608.  hunig 
(worüber  jetzt  Schröder,  HZ.  XXXVI  124  ff",  zu  vergleichen 
ist),  gehört  nicht  mit  bodig  und  ifig  zusammen. 

Gotenbure:.  Ferd.  Holt  hausen. 


102  Lichteiil)erger  Histoire  clc  la  Langiie  allemande. 

Liclitenl)erger  H.    Histoire  de  la  Langiie  allemande.     Paris, 
A.  Laisney  1895.     XIV  u.  477  S.     gr.  8". 

Ein  erfreuliches  Zeichen  für  die  rege  wissenschaftliche 
Teilnahme,  die  man  jenseits  der  Vogesen  dem  Studium  der 
deutscheu  Sprache  entgegenbringt,  bildet  Lichtenbergers  Werk. 
Es  ist  aus  Vorlesungen  hervorgegangen,  die  der  Verf.  in  einem 
Zeitraum  von  sieben  Jahren  an  der  Universität  Nancy  gehalten 
hat.  Dass  es  mitten  aus  der  lebendigen  Praxis  hervorgegan- 
gen ist,  verrät  auch  die  Übersichtlichkeit  der  Anlage,  die 
Klarheit  der  Darstellung. 

Neue  Avissenschaftliche  Entdeckungen  darf  man  von  dem 
Werke  nicht  erwarten :  wie  sich  deim  auch  die  frühem  Ar- 
beiten des  Verfassers  weniger  durch  EröfiTnung  neuer  Gesichts- 
punkte als  durch  gewissenhafte  Verarbeitung  der  Ergebnisse 
fremder  Untersuchungen  auszeichnen.  Es  wäre  jedoch  Un- 
recht mit  derartigen  Ansprüchen  an  das  Buch  heranzutreten, 
da  es  nichts  andres  als  ein  möglichst  praktisch  angelegtes 
Handbuch  für  die  angehnden  Germanisten  französischer  Zunge 
sein  will.  Und  dieser  selbstgestellten  Aufgabe  ist  der  Verf, 
in  einer  Weise  gerecht  gcAvorden,  die  volle  Anerkennung  ver- 
dient. 

Ein  Vergleich  mit  Henrys  Precis  de  grammaire  com- 
jtaree  de  l'anglais  et  de  l'allemand  braucht  Lichtenbergers 
Histoire  de  la  langue  allemande  in  keiner  Weise  zu  scheuen. 
Es  wird,  glaub  ich,  dem  Anfänger  noch  erheblich  bessere 
Dienste  leisten,  da  es  Henry  trotz  seiner  grossen  pädagogi- 
schen Begabung  nicht  gelungen  ist  und  nicht  gelingen  konnte, 
den  disparaten  Stoff  in  so  engem  Rahmen  zu  bewältigen,  be- 
sonders da  durch  den  eingeschlagnen  Weg  von  der  lebenden 
Sprache  zu  den  ältesten  Anfängen  die  an  sich  schon  schwie- 
rige Aufgabe  ohne  Not  noch  erheblich   erschwert  ward. 

Lichtenberger  verfährt,  was  nur  zu  billigen  ist,  durch- 
aus historisch ;  auch  das  ist  der  Klarheit  zu  gute  gekommen, 
dass  er  sich  ausschliesslich  auf  die  deutsche  Sprache  be- 
schränkt. Das  Buch  zerfällt  nach  dem  Muster  deutscher  Vor- 
bilder in  zwei  grosse  Teile,  deren  erster  die  äussere  (S.  1  — 
158),  deren  zweiter  die  innere  Geschichte  der  deutschen 
Sprache  behandelt  (161 — 449).  Die  Kapitelüberschriften  des 
ersten  Abschnitts  mögen  ein  ungefähres  Bild  von  dem  be- 
handelten Stört'  geben:  1.  Origine  et  divisions  de  la  langue 
allemande  (germ.  Sprache;  ihre  Dialekte;  die  deutsche  Sprache 
und  ihre  Mundarten).  —  2.  La  1.  a.  pendant  la  periode  an- 
ciennc  et  moyenne  (Ahd. :  Deutsch  und  Latein ;  das  Überge- 
wicht der  Franken.  —  Mhd.:  franz.  Einfluss;  Entwicklung 
des  Deutschen ;  Schriftsprache  und  Dialekte).  —  8.  Formation 
de    l'a.    ecrit    et    litteraire    (Die  Sprache  der  Kanzleien;    der 


Wunderlich  Der  deiitsclie  Satzbau.  103 

Drucker;  Luthers).  —  4.  L'a.  moderne  (Einfluss  des  Lateins; 
des  Franz.;  die  Schriftsprache). 

Der  zweite  Abschnitt  bringt  die  eigentliche  Grammatik 
in  knapper,  aber  korrekter  und  übersichtlicher  Darstellung. 
Ein  Wortregister  macht  den  Schluss. 

Etwas  karg  ist  die  Bibliographie  zu  Beginn  des  Bandes 
ausgefallen.  Da  der  Verf.  gar  nicht  zitiert,  wäre  doch  eine 
reichhaltigere  Zusammenstellung  erwünscht  gewesen ;  mit  der 
Verweisung  auf  Pauls  Grundiiss  ist  dem  Anfänger  wenig  ge- 
dient. Ein  umfassendes  sachlich  geordnetes  Verzeichnis,  das 
auch  die  in  Zeitschriften  erschienenen  Einzeluntersucliungen 
aufzählt,  wäre  für  eine  neue  Auflage  entschieden  zu  empfehlen. 

Auf  einzelne  Irrtümer  und  Versehn  einzugehn  kann  ich 
mir  ersparen,  da  sie  die  Brauchbarkeit  des  Buches  nicht  be- 
einträchtigen. 

Wilh.  Stroitberg". 


"Wunderlich  IL  Der  deutsche  Satzbau.  Stuttgart,  ,J.  G.  Cottasche 
Buchhdlg.  Xachf.  1892.     XIV  u.  252  S.     4  ]\r. 

Wunderlich  hat  schon  in  seinen  nutzbringenden  Einzcl- 
untersuchungen  über  den  Satzbau  Notkers,  Luthers  und  Stein- 
liöwels  bcAviesen,  dass  er  im  Stande  ist,  von  grossen  Gesichts- 
punkten aus  Gesetz  und  Regel  im  Gewirre  des  hd.  Satzbaus 
nachzuweisen,  und  man  muss  das  Erscheinen  einer  knappen,^ 
in  grossen  Zügen  gehaltenen  deutschen  Satzlehre  aus  seiner 
Hand  gerade  jetzt  freudig  begrüssen,  avo  von  anderer  Seite 
aus  versucht  ist,  unsere  Schriftsprache  in  die  spanischen  Stiefel 
engherziger  Normen  von  höchst  zweifelhafter  Berechtigung  zu 
zwängen,  ohne  es  überhaupt  für  der  Mühe  wert  zu  erachten, 
sich  vorher  über  die  Grundlagen  und  die  historische  Entwick- 
lung der  schwierigen  Probleme  zu  unterrichten. 

Wunderlich  sagt  (S.  VII):  "Unserer  Wissenschaft  liegt 
vor  allem  Anatomie  ob",  und  diesem  Grundsatz  folgt  er  in  all 
seinen  Untersuchungen.  Ehe  er  in  die  Einzelbehandlung  ein- 
tritt, legt  er  den  Grund  für  den  Bau,  er  bestimmt  den  Be- 
griff des  Satzes,  gliedert  ihn  in  seine  gedanklich  notwen- 
digen Bestandteile,  grenzt  die  einzelnen  Gebiete  gegen  ein- 
ander ab  und  stellt  die  gram.  Ausdrucksmittel  der  einzelnen 
Begrifi'sgattungen  fest.  Diese  Ausdrucksmittel  (Verb.,  Subst., 
Adj.,  Pron.,  Partikeln;  werden  in  5  Abschnitten  einzeln  be- 
handelt. Von  ihrem  Grundwerte  ausgehend  Avird  ihre  Ge- 
schichte, das  Entstehen  neuer,  das  Vergehen  alter  Verwen- 
dungen, Gebietserweiterung  und  Gebietsverkleinerung,  im  ein- 
zelnen verfolgt,    durch   Beispiele   erläutert   und   psychologisch 


104  Wunderlich  Der  deutsche  Satzbau. 

begründet.  Eine  Fülle  von  Einzelheiten,  z.  B.  der  Eiufluss 
des  lat.  und  des  mundartlichen  Satzbaues,  des  Rhythmus  und 
der  Schablone,  ist  in  das  Gerippe  cing-eordnet. 

Wohl  kein  Fachg^enosse  wird  das  Buch  ohne  grossen 
Nutzen  durcharbeiten :  zum  ersten  Mal  ist  uns  eine  auf  dem 
Boden  Paulscher  Prinzipienlehre  erwachsene  Syntax  der  nhd. 
Schriftsprache  geboten.  Dass  die  Darstellung  der  historischen 
Entwicklung  manchmal  dürftig  ausfällt,  ist  bei  dem  Mangel 
an  Vorarbeiten  auf  dem  Gebiete  der  nhd.  Satzlehre  nur  natür- 
lich, und  der  Verfasser  rechnet  wohl  auch  nur  auf  Leser,  die 
seinen  Ausführungen  mit  eignem  Urteil  zu  folgen  vermögen. 
Mir  scheint  wenigstens  nicht,  dass  einer  das  Bucii  mit  Gewinn 
lesen  kann,  der  nicht  mit  der  in  Pauls  Prinzipien  niederge- 
legten Betrachtungsweise  der  Erscheinungen  von  vorn  herein 
völlig  vertraut  ist,  denn  der  Verfasser  hat  sich  selbst  in  diese 
Anschauungen  so  hineingearbeitet,  dass  er  vielfach  mehr  An- 
deutungen als  Ausführungen,  mehr  Verweise  auf  Spezial-Ar- 
beiten  als  Erläuterungen  giebt. 

Dass  bei  der  Fülle  von  gebotenen  Einzelheiten  mancherlei 
Anfechtbares,  ja  Unhaltbares  sich  vorfindet,  ist  selbstverständ- 
lich und  gar  nicht  zu  vermeiden.  Aber  Kleinigkeiten,  durch 
die  das  erfreuliche  Gesamtergebnis  doch  nicht  getroffen  wird, 
weitläufig  zu  erörtern,  ist  hier  nicht  der  Platz.  Eine  etwas 
sorgfältigere  Korrektur  einer  Reihe  sinnstörender,  nicht  nach- 
getragener Druckfehler  wäre  indes  sehr  erwünscht  gewesen, 
wenn  es  mir  auch  fern  liegt,  die  allerliebsten  Plural-Bildungen 
Pluralla  tmita  (S.  134,  23)  und  Sbigularia  tanta  (S.  135, 
16)  dem  Setzer  in  die  Schuhe  zu  schieben. 

Marburg  i.  IL  Klaudius  Bojunga. 


Topolovsek  J.  Die  basko-slavische  Spracheinheit.  I.  Band. 
Einleitung.  Vergleichende  Lautlehre.  Im  Anhang:  Iro-Sla- 
visches.  Wien.  Gomm.- Verlag  von  K.  Gerolds  Sohn  1894. 
XL VIII  u.  256  S.    8^.    8  M. 

"Das  Forscherauge  ist  zuweilen  noch  kurzsichtig;  aber 
es  besitzt  in  sich  die  Gabe,  sich  selbst  immer  mehr  und  mehr 
zu  schärfen.  Feine  Fäden  entgehen  oft  demselben,  bis  der 
Zufall  oder  ein  bewusstes  Suchen  sie  finden  lässt".  So  äussert 
sicii  der  Verf.  im  Vorwort  zu  scincnn  Buelu^  welches  für 
Jedermann,  der  ihn  verstehen  kann,  dc^ii  lautlichen  Beweis  ent- 
hält, dass  das  Baskische  von  Haus  aus  eine  slavische  Sprache 
ist,  und  speziell  seine  "vornehmste  und  eigentlichste  Quelle"  im 
Slovenischen,  der  Muttersprache  des  Verf.s,  zu  suchen  hat. 
Wir  müssen  uns  leider  versagen,  auf  die  in  kurzen  Zügen  die 


TopolovSek  Die  basko-slavische  Spracheinheit.  105 

Urgeschichte  der  Sprachen  der  mittelländischen  Rasse  skizzie- 
rende Einleitung  sowie  auf  die  vom  Verf.  erörterten  basko- 
slavischen  'Lautgesetze*  näher  einzugehen:  dem  Leser  dürften 
wohl  einige  Einzelergebnisse  von  T.-s  "mehr  als  zehnjährigen 
Studien"  vollauf  genügen,  um  namentlich  die  ausserordentliche 
Brauchbarkeit  seiner  Lautgesetze  zu  dokumentieren.  Das  slov. 
Präfix  pri-  erscheint  im  Bask.  als  lau-  XXXV  52,  61,  li-  XXXV, 
2«-  21,  chi-  41,  66,  au-  51,  zau-  b'2,  se-  85,  i-  106  wieder,  slov. 
iz-  ist  bask.  ez-  52  u.  s.,  haz-  56,  TT,  ich(e)-  56,  Tl,  des-  TT, 
slov.  l'rik  'Geschrei'  ist  bask.  ihausika  64,  hurrbika  69,  slov. 
skora  'Rinde'  ist  bask.  oscola  64  und  sokliaran  68,  slov.  host 
*  Knochen'  bask.  aztal  13  und  ister  44,  bask.  erreha  'Fluss' 
ist  slov.  reka  64  und  bask.  erreka  'Furche'  wiederum  slov. 
draga  'Bahn'  TO  usw.  Der  zweite  Band  soll  neben  einer  Ein- 
leitung Erörterungen  über  die  Redeteile  der  bask.  Sprache, 
Einiges  aus  der  bask.  Syntax  und  Erklärung  der  bask.  Sprach- 
denkmäler bringen.  Wir  möchten  dem  Verf.  raten,  lieber 
gleich  daran  zu  denken,  was  alles  sich  nocli  mit  seinen  'Laut- 
gesetzen' aus  dem  Slo venischen  deuten  lässt:  Avir  glauben 
(und  wie  es  scheint,  ist  nach  S.  VI  d.  Verf.  derselben  Mei- 
nung), es  wäre  schwer  eine  Sprache  zu  finden,  die  seiner  über 
allerhand  Skrupeln  eines  kurzsichtigen  Forscherauges  (z.  B. 
Tiber  Fragen,  ob  ein  Wort  heimisch  oder  fremd,  alt  oder  jung, 
"was  an  demselben  der  Kern,  was  Präfix  oder  Suffix  u.  dgl.) 
erhabenen  Methode  nicht  ebenso  zugänglich  wäre  wie  das  Bas- 
kische. Denjenigen,  welchen  der  A'orliegende  erste  Band  nicht 
überzeugt  hat,  wird  ja  ohne  dies  der  in  Aussicht  gestellte 
zweite  in  unverminderter  Kurzsichtigkeit  finden. 

Smichov  bei  Prag.  Josef  Zubatv. 


Rezensionenverzeichnis  (1894). 


Abende,  Indoo:ermanische,  an  der  Universität  zu  Wien.  Zeit- 
fichr.  für  die  österr.  Gynin.  S.  671)— 680,  S.  1064  Verzeichni.s  der  ge- 
haltenen Vorträge  (Theod.  Bloch). 

Abhandlungen,  Philologische,  Heinrich  Schweizer-Sidler  zur 
Feier  des  oOJährigen  Jubiläums  seiner  Dozententhätigkeit  an  der  Zü- 
richer Hochschule  gewidmet  von  der  I.  Sektion  d.  phii.  Fak.  d.  Hocli- 
«chule  Zürich.     Anz.  f.  idg-.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  3—5  (H.  Hirt). 

Abicht,  Rudolf.  Quellennachweise  zum  Codex  Suprasliensis. 
Byz.  Zeitschr.  S.  6i0— 641  Nachträge  (K.  K.). 


306  Eezensionenverzeichnis. 

Actes  de  la  Socit'te  philologique.  Paris.  22  (1892),  23  (1893, 
1894).    Eev.  de  Linguistique  S.  268—269. 

Alexander  de  Villa-Dei  s.  Eeichliiig-,  D. 

Altertum,  Griechisches.  Jahresb.  d.  Gesch.  35  I  74—92 
Übersicht  über  die  histor.  Litt.  1892  (S.  Bruck). 

Altertum,  Indisches.  Jahresb.  d.  Gesch.  15  I  48—73  Über- 
sicht der  histor.  Litteratiir  von  1892  (0.  Franke). 

Altertum,  Keltisches.  Jahresb.  d.  Gesell.  15  §  9,  11,  24—30, 
4G,  49  Überblick  über  die  Litteratnr  d.  J.  1892  (Von  verschiedenen). 

Altertum,  Persisches.  Jahresb.  f.  Gesch.  15  I  73 — 74  Über- 
blick der  histor.  Litt,  von  1892  (F.  v.  Spiegel). 

Altertum,  Römisches.  Jahresb.  d.  Gesch.  15  I  116—174 
Überblick  der  histor.  Litt,  von  1892  (Hüter). 

Amniann,  A.  s.  Garnier,  Ch. 

Andersen,  D.  Gm  Brugen  og-  Betjdning-en  af  Yerbets  Ge- 
nera i  Sanskrit  opljst  isaer  ved  Undersog-elser  om  Sprogbrugen  i 
Chändogya-Upanishad.  Anz.  1'.  idy.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  19—21  (J.  N. 
Keuter). 

Andree,  Eichard.  Die  Flutsagen  ethnographisch  betrachtet. 
Jahresb.  f.  kl.  Alt.  81  S.  56—58  Litteraturnachträge  (Gruppe). 

Andrian,  Ferd.  v.  Der  Höhenkultus  asiatischer  und  euro- 
päischer Völker.  Jahresb.  f.  .kl.  Alt.  81  S.  64—65  (Gruppe). 

Andrian,  Ferd.  v.  Über  "Wetterzauberei.  Arch.  f.  Ethnogr. 
S.  265  (J.  D.  E.  Schmetz). 

Angermann,  C.  Beiträge  7ur  griechischen  Onomatologie. 
Berl.  phil.  Woch.  Sp.  80—81  DankensAvert  (Fr.  Stolz). 

Annuaire  des  Traditions  populaires.  Zeitschrift  d.  Ver.  f, 
Yolksk.  S.  337—338.   Neuvieme  annee  1894  (K.  W.). 

L'Anthropologie.  Paris  1891  tome  II.  Arch.  f.  Anthr.  S.  288— 
299  (Georg  Buschan). 

d'Arbois  de  Jubainville,  H.  Comparaison  entre  Je  serment 
celtique  et  le  serment  grec  dans  l'Iliade.  Jahresb.  1'.  Geschichtsw. 
15  I  147  (Hüter). 

d'Arbois  de  Jubainville,  H.  Le  droit  des  fenimes  chez 
]es  Celles.     Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  147  (Hüter). 

d'Arbois  de  Jubain Aille,  H.  Les  premiers  habitants  de 
l'Europe  d'apres  les  ecriA-aiiis  de  l'antiquite  et  les  travaux  des 
linguistes.  2de  (■.(].  Tome  2e.  Les  Indo-Europeens;  suite  (Ligures, 
Hellenes,  Italiotes,  Geltes)  LOB  Sp.  1019-1021.  Sehr  inhaltsreiches 
Buch;  doch  sind  die  beiden  Hauptgedanken  desselben  nicht  be- 
wiesen: 1.  die  Annahme,  dass  ein  einziges  grosses  Volk,  die  Ligyer, 
in  vorhistorischen  Zeiten  über  die  Hälfte  von  ganz  Eurojia  gelagert 
gewesen  sei,  ist  ein  Anachronismus;  der  idg.  (  l;nrakter  ihrer  Sprache 
ist  durch  den  Hinweis  auf  die  Suffixe  -asco,  -asca,  -usco,  -usca 
keineswegs  sicliergestellt.  2.  Die  Hypothese,  dass  alle  Germanen 
eine  Zeit  lang  die  Unterjochten  in  einem  grossen  Celtenreichs 
waren,  wird  durch  die  keltischen  Lehnwörter  im  Germanischen  durch- 
aus nicht  genügend  unterstützt  (Wi.).  Berl.  ])hil.  Woch.  Sp.  1075  bei 
1077  (W.Deecke).  — Bull.  Grit.  S.  186— 194  (Emile  Ernault).  —  The  Sa- 
lurday  Eev.  S.  132— 133.  —  Eev.  arch.  1894  S.  271-274  (A.  Bertrand). 
—  Eev.  de  philol.  anc.  XVIII  S.  176—178  (L.  I).). 

Archiv,  Internationales  für  Ethnographie  VI  Athenaeum  I 
Febr.  S.  250. 

Archivio  jjcr  l'Antropologia  e  la  Etnologia  ..  publicato  dal 
Dott.  Paolo  Mantegazza.  Firenze.  Bd.  XX  (1890)  Arch.  f.  Anthr. 
!■.■-.  106—118  (Georg  Buschan).  Bd.  XXI  (1891)  ibidem  S.  443— 44I> 
(Georg  Buschan). 


Eezensioiienvcrzeiclinis.  107 

Avvalbrüder.  Jahresb.  f.  Geschiclitsw.  15  I  167  Litteratur- 
berieht  über  die  acta  patriim  Arvalium  (Hüter). 

AsiniTs,  Wilhelm.  De  appositionis  apud  Plautiim  et  Teren- 
tium  collocatione.     Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  328—331  (Seyffert). 

Ayoka- Inschriften.  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  53 — 5(3  Lit- 
teratur  über  dieselben  (R.  0.  Franke). 

Aiisg-rabnng-en  in  Griechenland  xind  den  umliegenden  Län- 
dern. Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  75—77.  Bericht  über  die  Litte- 
ratur  (S.  Brack). 

Bach,  Joseph.  De  iisu  pronominum  demonstrativorum  apud 
priscos  scriptores  latinos.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  300— 312  (Seyffert). 

Bachmann,  A.  s.  Staub,  Fr. 

Barber,  Henry.  British  Family  Names.  Academj*  46  S.  98  bis 
99.    Nicht  nur  nutzlos,  sondern  geradezu  irreleitend  (Isaac  Taylor). 

Bardonnaut,  G..  s.  Leg- er,  Louis. 

Bartal,  Anton.  Über  das  Wörterbuch  der  ung-arläiulischen 
mittelalterlichen  Latinität.     Ung.  Rev.  S.  381. 

Basiades,  Her.  TTepi  Trpoqpopäc  xfic  'EXXriviKfjc  -fXujcciic.  Byz. 
Zeitschr.  S.  435.     Wertlos  (K.  K.). 

Bastian,  A.  Controversen  in  der  Ethnologie  L  Die  g'eog-ra- 
phischen  Provinzen  in  ihren  kulturg'eschichtlichen  Berührung'spunk- 
ten.  LOB  1894,  Sp.  813,  814.  Konfus.  —  Arch.  f.  Ethnogr":  S.  158 
(J.  D.  E.  Schmeltz).  —  Globus  65  S.  71-72,  281-282  (Th.  Achelis). — 
Zeitschr.  f.  Ethn.  S.  41—42  (Max  Bartels). 

Bastian,  A.  Indonesien  V.Lief.  Globus  66  S.242  (C.M.Pleyte), 

Bastian,  A.  Vorg-eschichtliche  Schöpfung'slieder  in  ihren 
ethnischen  Grundgedanken.  LCB  1894  Sp.  829,  830  (K.).  —  Arch.  f. 
Ethnog-r.  S.  218— 219  (J.  D.  E.  Schmeltz).  —  Zeitschr.  f.  Ethn.  S.  43  bis 
44  (Max  Bartels).  —  Urquell  S.  114-115  (Th.  Achelis). 

Bastian,  A.  Ideale  Welten  nach  uranog'raphischen  Provin- 
zen.    Urquell  S.  82—83  (Th.  Achelis). 

Baudouin  de  Courtenav,  J.  Vermenschlichung*  der  Sprache. 
Ost.  Litt.-Bl.  Sp.  495  (H.  Bohattfi). 

Bauwens,  Js.  Geschiedeuis  en  Beschriiving-  der  Lijkbehan- 
deling'  en  Rouw  plechti  geden  bij  de  meeste  Volken.  Dublin  Rev, 
114,  1—21  (L.  C.  Casartelli). 

Beames,  John.  Grammar  of  the  Bengali  Lang'uag'e,  Literary 
and  Colloquial.  Athenaeum  1  Febr.  S.  243.  —  Journ.  ot'  the  R.  As. 
Soc.  S.  407-409  (J.  F.  Blumhardt). 

Bechtel,  Fritz.  Die  Haui)tprobleme  der  indog-ermanischeu 
Lautlehre  seit  Schleicher.  Literaturbl.  f.  g-erm.  u.  rom.  Phil.  Sp. 
321—326.     Stellung  des  Ref.  zu  den  Gutturahveihen  (P.  v.  Bradke). 

Bechtel,  F^-itz  s.  auch  Fick,  Aug. 

Beer,  Rudolf.  Heilige  Höhen  der  alten  Griechen  und  Römer. 
Jahresb.  f.  kl.  Alt.  81  S.  64-65  (Gruppe). 

Behaghel,  0.  und  Gallee,  J.  H.  Altsächsische  Grammatik. 
1.  Hälfte:  Laut- und  Flexionslehre.  Anz.  f.  deutsch.  Alt.  S.  238— 245. 
Zuverlässigkeit  und  Klarheit  fehlen  (Max  Roediger). 

Beiträge  zur  Anthrojiologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte 
von  Tirol.  Festschrift.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  S.  461.  —  Zeitschr. 
f.  Ethn.  S.  260  f.  (R.  Virchow). 

Beiger,  Chr.  Die  mykenische  Lokalsage  von  den  Gräbern 
Agameinnons  und  der  Seinen  im  Zusammenhang  mit  der  griechi- 
schen Sagenentwicklung.  Deutsche  Litt.-Z.   Sp.  1194  — 1195  (Otto  Kern), 

Beloch,  Jul.  Griech.  Geschichte  I  LCB  1.S94  Sp.  109-114. 
Entwicklung  des  griech.  Volkes  von  den  idg.  Uranfängen  herab. 
Gesamtauffassung-   der   kriech.  Sagengeschichte  richtig.     Das  Werk 


108  Rezensionenverzeichnis. 

im  ganzen  oft  allzu  radikal,  aber  hervorrag-ende  Erscheinung  (Ed. 
M...r).  —  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  529—531.  Allzu  oft  wird  mit  un- 
passendem modernem  Massstab  gemessen  (Friedr.  Cauer).  —  Class. 
Rev.  S.  163—164.  Besonders  bemerkenswerth  ist  die  Behandlung  der 
prähistorischen  Geschichte  (J.  W.  Headlom).  —  Neue  phil.  Rundsch. 
S.  246— 253  (Paul  Stein).  —  Beil.  z.  Allg.  Z.  Nr.  140  u.  141  (Ivo  Bruns). 

—  GGA  S.  !-90— 904.  Lässt  es  bei  der  Ausarbeitung  an  der  nötigen 
Sorgfalt  fehlen  (B.  Niese).  —  Bl.  f.  Gvmn.-Sch.  S.  671—676  (Melber).  — 
Württ.  Korr.-BI.  S.  39—41  (G.  Egelhaaf).  —  Rev.  des  etud.  Gr.  S.  96 
(Th.  Reinach).  —  Zeitschr.  f.  d.  Gvmnasialw.  S.  278— 2.S2  (Max  Hoff- 
mann). —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  37i-375,  400—404.  Der  Beweis  da- 
für, dass  die  dorische  Wanderung  nicht  stattgefunden  habe,  ist  nicht 
erbracht  (Holm).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  113-117  (A.  Hock). 

Bendall,  C.  s.  Catalogue  of  sanskrit  .  .  .  Books. 

BeoAvulf  s.  Wyatt,  A.  J. 

Berard,  V.  Essai  de  Methode  en  Mythologie  Grecque.  De 
rOrigine  des  Cultes  Arcadiens.  Journ.  des  Savants  I  S.  471—478, 
n  S.  660-674  (Georges  Perrot).  —  Rev.  Grit.  S.  402-409  (Salomon 
Reinach).  Dazu  Reponse  des  Verfassers  und  Reponse  des  Rezen- 
senten Rev.  Grit.  S.  515—517. 

Bergaigne,  A  et  Henry,  V.  Manuel  pour  etudior  le  sans- 
crit  vedique.  Precis  de  grammaire,  Chrestomathie,  Lexique.  Bull. 
crit.  S.  21-22  (J.  G.). 

Bettany,  G.  T.  Primitive  Religion,  being  an  introduction  to 
the  study  of  religion.     Jahresb.  f.  kl.  Alt.  81  S.  56  (Gruppe). 

Bezzenberger,  A.  s.  Fick,  August. 

Biese,  Alfred.  Die  Philosophie  des  Metaphorischen.  Deutsche 
Litt.-Z.  Sp.  260—262.  Gedankenreich.  U.  a.  werden  Sprach-  und 
Wortbildung  als  metaphorischer  Prozess  dargestellt  (Fr.  Paulsen).  — 
Litt.-Bl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  .385—387  (Karl  Groos).  —  Bl.  f. 
d.  Gvmn.-Sch.  S.  733-736  (Rob.  Thomas).  —  Ost.  Litt.-Bl.  Sp.  710— 
711  (R.  Kralik).  —  Beil.  z.  Allg.  Z.  Nr.  62.  —  Zeitschr.  f.  d.  Gvmna- 
sialw. S.  304-305  (L.  Spreer). 

Bikelas,  D.  La  Grece  bvzantlne  et  moderne.  Berl.  phil. 
Woch.  Sp.  340  (K.  Krumbacher).  —  Bull.  Crit.  S.  17  (E.  B.).  —  Rev. 
des  etud.  Gr.  S.  93-97  (T.  R.). 

Billerb  eck,  A.  Susa.  Eine  Studie  zur  alten  Geschichte 
Westasiens,  LCB  Sp.  1525.  Weiss  über  die  arische  Einwanderung 
viel  genauer  Bescheid  als  es  der  historisciien  Erkenntnis  möglich 
ist.  (Ed.  M  . .  r).  —  Deutsclie  Litt.  Z.  Sp.  906  (Hugo  Winckler).  — 
Petermanns  Mittli.  40  Litt.  Ber.  S.  35  (Partsch.)  —  Academy  46  S.  308. 

Blanchet,  A.  Melanges  d'archeologie  gallo-romaine  I.  Rev. 
Celt.  S.  235-236  (H.  d'A.  de  J.). 

Blase,  H.  Geschichte  des  Plusiiuamperfects  im  Lateinischen. 
LCB  Sp.  1034.  Auf  s])rachvergleichende  Fragen  lässt  sich  der  Ver- 
fasser nicht  ein;  innerhalb  des  Lateinischen  zieht  er,  von  der  poeti- 
schen Litteratur  nach  Plautus  und  Terenz  abgesehen,  alles  Notwen- 
dige herbei.  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  1270-1271.  Wirkliche  Berei- 
cherung der  Litteratur  über  lateinische  Svntax  (Fr.  Stolz).  —  Jahresb. 
f.  kl.  Alt.  80  S.  336-.33.S  (Sevffert).  —  Arch.  f.  lat.  Lex.  S.  315—316. 

—  Rev.  de  l'instr.  ])ubl.  en  "ß.  S.  406-408  (Paul  Thomas). 

Blass,  Friedrich  s.  Kühner,  Rajihael. 

Bloch,  (iilbcrt.  Die  Reform  der  französischen  Orthographie. 
Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  3(54—3(57  (K.  Sachs). 

Bloch,  Tiieodor.  Varariici  und  Hemacandra.  Ein  Beitrag 
zur  Kritik  uiul  Geschichte  der  Prakrit-Gramiiiatik.    GGA  S.  472— 482. 


Rezensionenverzeiehnis.  109" 

Fleissig-,  scharfsinnig",  aber  Grundanschauungen  g-anz  falsch  (Steii 
Konow). 

Bloinqiiist,  A.W.  De  genetivi  apiid  Plaiitum  nsu.  Jahresb. 
f.  kh  Alt.  80  S.  321—322  (Seyö'ert). 

Bloomfield,  Maurice.  Contribntions  to  the  Interpretation  of 
the  Veda,  5th  series.     Jonrn.  As.  9.  Ser.  3  S.  178—179  (L.  Finot). 

Bog'danow,  A.  Quelle  est  la  race  la  plus  ancienne  de  la 
Russie?     Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  3  (Hoernes). 

Bohnenberg-er,  K.  Zur  Geschichte  der  schwäbischen  Mund- 
art im  XV.  Jahrhundert.  Allgemeines  und  Vokale  der  Stammsilben. 
Anz.  f.  idg-.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  74—75  (Friedrich  KaufTmannj.  —  Li- 
teraturbl.  f.  g-erm.  u.  rom.  Phil.  Sp.  290-^291  (Adolf  Socin).  —  Anz. 
f.  deutsch.  Alt.  S.  26—29  (Andreas  Heusler). 

Bohnenberg'er,  Karl.  Der  altindische  Gott  Varuna  nach  den 
Liedern  des  Rgveda.  LCB  1894  Sp.  363  (R.  G— e).  —  Ost.  Litt.-Bl. 
Sp.  741  (-ie).  —  Journ.  of  the  R.  As.  Soc.  S.  627—630  (A.  A.  Macdo- 
nell).  —  Museum  (Groning-en)  Nr.  5  (H.  Kern).  —  Lit.  Rdsch.  f.  d. 
kath.  D.  S.  87  ff.  (Hardy).  —  Th.  Lit.-Z.  Sp.  201.  Mangelnde  Lite- 
teraturkenntnis  (H.  Oldenberg). 

Bollettino  di  Filologia  classica  redatto  da  G.  Cortese  e  L. 
Valmaggi.  Anno  I  1894  Nr.  di  Saggio.  LCB  Sp.  1001,  1002.  Diesem 
klassisch-pliilologischen  kritischen  Journal  für  Italien  ist  ein  guter 
Fortgang  zu  wünschen. 

Bonwick,  James.  Irish  Druids  and  Cid  Irish  Religions.  Athe- 
naeum  I  June  S.  835. 

Borchardt,  Wilhelm.  Die  sprichwörtlichen  Redensarten  im 
deutschen  Volksmunde  nach  Sinn  und  Ursprung  erläutert.  2.  Autl. 
V.  Gustav  Wustmann  (Otto  Lyon). 

Bordier.  Le  sifflet  chez  les  peuples  primitifs.  Jaliresb.  f. 
Geschichtsw.  15  I  5  (Hoernes). 

Braasch,  K.  Lateinische  Personennamen  nach  ihrer  Bedeu- 
tung zusammengestellt.     Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  168  (Hüter). 

Brandstetter,  Renward.  Malaio-polvnesische  Forschungen. 
II.     Wiener  Zeitschr.  f.  d.  K.  d.  Morgenl.  S.  176—177  (Friedr.  Müller). 

Brandstetter,  R.  Die  Luzerner  Kanzleisprache  1250—1600. 
Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  50—51  (Albert  Leitzmann).  —  Anz.  f. 
d.  A.  S.  26-29  (Andreas  Heusler). 

Brandstetter,  R.  Prolegomena  zu  einer  urkundlichen  Ge- 
schichte der  Luzerner  Mundart.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  72  bis 
73  (Friedrich  Kauffmann). 

Brandstetter,  R.  Die  Reeeption  der  nhd.  Schriftsprache  in 
Stadt  und  Landschaft  Luzern  (1600—1830).  Zeitschr.  f.  deutsche  Phil. 
S.  137  (L.  Tobler).  —  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  72—73  (Friedrich 
Kauffmann).  —  Anz.  f.  deutsche  Alt.  S.  26—29  (Andreas  Heusler). 

Braune,  Theodor.  Beiträge  zur  germanischen  und  romani- 
schen Etymologie.     Romania  S.  489 — 490. 

Braune,  Wilh.  Zur  Lehre  von  der  deutschen  Wortstellung 
(in  Forschungen  zur  deutschen  Philologie,  Festgabe  für  Rudolf  Hil- 
debrand).    Zeitschr.  f.  d.  deutsch.  Unterr.  S.  428  (Otto  Lyon). 

Breal,  M.  Causeries  sur  l'Orthograplie.  Nouvelle  i'dition. 
Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  709—710  (A.  Funcke 

Breal,  M.  Sur  le  manuscript  ctrusque  d'Agram.  Jahresb.  f. 
GeschichtsAv,  15  I  122  (Hüter). 

Bremer,  Otto.  Deutsche  Phonetik  (=  Grammatiken  deutscher 
Mundarten  1.  Bd.).  LCB  Sp.  1701—1702.  Führt  in  sehr  glücklicher 
W^ei.se  in  das  Studium  der  Phonetik  ein  (E.  S.).  —  Arch.  f.  d.  St.  d. 


110  Rezensioneuverzeichnis. 

neuer.  Spr.  u.  L.  92  S.  181—190  (G.  Micliaelis).  —   D.  neuer.  Spr.  1 
S.  536—538  (Ph.  Wag-ner). 

Brenner,  0..  und  Hartmann,  A.  Bayerns  Mundarten  II  1. 
Blätter  f.  d.  Gymn.  Schulwesen  XXX  110—114  (Fr.  Jacobi). 

Brinton,  D.  Antliropology,  as  a  science  and  a  hranche  of 
University  education  in  tlie  U.  S.  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  1 
<M.  Hoernes). 

Brinton,  D.  On  varions  supposed  Relations  between  the 
American  and  Asian  Races.     Globus  (i(5  S."  20G— 207  (R.  A.). 

Brinton,  D.  G.  The  Etrusco-Libyan  Elements  in  the  Song- 
of  the  Arval  Brethren.     Arch.  f.  Anthr.  S.  330  (Rudolf  IMartin). 

Brinton,  G.  On  the  physiological  correlations  of  certain 
linguistic  radicals.  Proceeding's  of  tlie  Am.  Gr.  Soc.  S.  CXXXIII  bis 
CXXXIV. 

Brizio,  E.  La  provenienza  d.  Etruschi.  Jahresb.  für  Ge- 
schichtsw. 15  I  3  (Hoernes).  —  Ibidem  I  122  (Hüter). 

Bronisch,  G.  Die  oskischen  i-  und  e-Yokale.  Anz.  f.  idg'. 
Spr.  u.  Alt.  IV  S.  40-41  (R.  v.  Planta]. 

Brooke,  Stopford  A.  The  history  of  Early  English  Litera- 
ture,  being-  the  History  of  English  Poetry  from  its  Beginnings  to 
the  Accession  of  King  Aelfred.  Litteraturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil. 
Sp.  299-302  (Gustav  Binz). 

Brugmann,  Karl.  Grundriss  der  vergleichenden  Grammatik 
der  indogermanischen  Sprachen.  IL  Bd.  Zeitschr.  f.  d.  österr.  Gymn. 
S.  629 — 632.  Polemik  gegen  das  neue  p]inteilungsprinzip  bei  der 
Darstellung  der  Konjugation.  Am  meisten  reizt  indes  die  Deklina- 
tion zum  Widerspruch.  Als  Schulbuch  ist  Brugmanns  Werk  nicht 
konservativ  genug  (Rud.  Meringer).  —  Berl.  pliil.  Woch.  Sp.  966  bis 
976.  Ein  Hauptverdienst  besteht  in  dem  fortwährenden  Hinweis  auf 
die  nocii  ungelösten  Probleme  und  Aporeme  der  idg-.  Flexionslehre. 
Der  Rez.  schläg-t  eine  andere  Einteilung  der  Präsensklassen  vor. 
Der  Stammbildungslehre  hat  B.  einen  neuen  Weg  augewiesen,  in- 
dem er  sie  von  den  Fesseln  der  Syntax  befreit  hat  (Otto  Bremer).  — 
Journ.  des  Savants  I  S.  445—460.  Wäre  Delbrück  nicht  gewisser- 
massen  Brugmanns  Gastfreund  in  dessen  Buch,  so  hätte  er  ihn  mehr 
als  eimnal  zu  bekämpfen.  Getadelt  werden  an  Brugmanns  Arbeit: 
die  Vermischung  von  sicheren  Resultaten  und  neuen  Hypothesen; 
die  Wiederholungen,  auch  von  Beispielen;  die  Ungleichmässig'keit 
der  Bibliograpliie.  Die  Wahrscheinlichkeit  von  Analogiebildungen 
wäre  im  eiiizelnen  Fall  näher  zu  begründen  gewesen;  glottogonische 
Probleme  werden  trotz  früherer  Absage  (in  den  i\Iorphol.  Unters. 
V.  Brugmann  und  Osthoff"  I)  häiiüg  berührt;  die  Etymologie  müsste 
mehr  Wert  auf  die  Bedeutungen  legen  (cf.  jetzt  Brugmann  Anz.  V 
S.  17—19)  (Michel  Breal).  —  Academy  45  S.  16. 

Brugmann,  Karl.  Grundriss  der  verg-leichenden  Granunatik 
der  indogermanischen  Sprachen.  Indices.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt. 
III  S.  173—174  (K.  Brugmann).  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  975-976 
(Otto  Bremer).  —  Academv  45  S.  16.  —  Zeitschr.  f.  d.  Gvmnasialw. 
S.  145-146  (H.  Ziemer). 

Brugsch,  H.     Die  Aegyptiologie.     Ein  Grundriss    der    ägyp- 
tischen Wissenschaft.     Jahresb"!  f.  Geschichtsw.  15  I  7  (G.  Steindorff). 
Brunn  hofer,  H.     Vom  Aral  bis  zur  Gangä.     Jahresb.  f.  Ge- 
schichtsw. 15  I  3  (Hoernes).  —  Ibidem  I  49  u.  50.     Geistvoll  und  aa- 
reg"end,  aber  gesegnete  Phantasie  (R.  0.  Franke). 

Bück,  C.  D.  Der  Vokalisinus  der  oskischen  Sprache.  Anz. 
f.  idg-.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  40-41  (R.  v.  Planta). 


Rezensionenverzeichnis.  111 

Blickmann,  L.  Der  Vers  von  7  Hebungen  im  deutschen 
Strophenbau.     Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  973  (Richard  M.  Meyer). 

ßug-g-e,  Sophus.  Der  Runenstein  zu  Rök  und  "die  Spange 
von  Fonnäs.     Arch.  f.  Anthr.  S.  483  (J.  Mesiorf). 

Bulic,  S.  Cerlsiovnoshivjanskie  Eiementy  v  Sovreraennom  Li- 
teraturnom  i  Narodnoni  Russkom  Jazylcje  I.  (Die  kirchenslavischen 
Elemente  in  der  modernen  Litteratur  und  der  russischen  Voli-cs- 
sprache.)  Am.  Journ.  of  Phil.  XV  S.  94—915  (Leo  Wiener).  —  Arch. 
f.  sl.  Phil.  S.  288—289.  Entspricht  nicht  dem  Titel.  Gibt  nur  die 
Litteratur  der  Sprache  und  eine  Art  Grammatik  der  kirchenslavi- 
schen Sprache  der  Ostroger  Bibel   (V.  J.). 

Bullettino  di  Paletnologia  Itaiiana.  Seriell,  Tomo  VI,  Anno 
XVI,  Parma  1890.  Arch.  f.  Anthr.  S.  118-128  (Georg  Buschan).  — 
Serie  11,  Tomo  VII,  Anno  XVII,  Parma  1891.  Ibidem  S.  449-455 
(Buschan). 

Bulletins  de  la  Societe  d'Anthropologie  de  Paris.  Tome  II 
(IVe  Serie)  Paris  1891.     Arch.  f.  Anthr.  S.  299—316  (G.  Buschan). 

Burchardi,  G.  Die  Intensiva  des  Saiiskrt  und  Avesta.  Teil 
IL     Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  11—13  (Chr.  ßartholomae). 

Burdach,  Konrad.  Zur  Geschichte  der  neuhochdeutschen 
Schriftsprache  (in  Forschung-en  zur  deutschen  Piiilologie,  Festgabe 
für  Rudolf  Hildebrand).  Zeitschr.  f.  d.  deutschen  Unterricht  S.  429 
(Otto  Lyon). 

Burdach,  Konrad  s.  Seh  er  er,  Wilh. 

Burton,  Ernest  de  Witt.  Svntax  of  tlio  Moods  and  Tenses 
in  New  Testament  Greek.  18931  Class.  Rev.  S.  369—370  (J.  Henry 
Thayer).  —  Th.  Lit.-Z.  Sp.  337-338.     Gründlich  (F.  Blass). 

Busolt,  G.  Griechische  Geschichte  bis  zur  Schlacht  bei  Chae- 
roneia  I  1893'.  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  918—920.  Gegen  die  erste 
Auflage  thatsjichlich  ein  neues  Werk,  besonders  für  die  älteste  Ge- 
schichte (Holm).  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  165— 170  (Adolf  Bauer).  — 
Bl.  f.  d.  Gvmn.-Sch.  S.  669-671  (Melberj.  —  Württ.  Korr.-Bl.  S.  41  bis 
42  (G.  Eg-elhaaf). 

Cagnat,  Rene.  Cours  d'epigraphie  latine  1889^.  Jahresb.  f. 
kl.  Alt.  81  S.  253-255  (Haug). 

Caland,  W.  Altiudischer  Ahnenkult.  LCB  1894  Sp.  2.52  (R. 
G— e).  —  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  1061  (H.  Oldenberg).  —  Lit.  Rdscli.  f. 
d.  kath.  D.  S.  128  fif.  (Hardv).  -  Museum  (Groningen)  1  (J.S.  Speijer). 
—  GGA  S.  1001—1006  (R.  Pischel). 

Caland,  W.  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Avesta.  Jahresb.  f. 
Geschichtsw.  15  I  73  (F.  v.  Spiegel). 

Cara,  R.  P.  de.  I  Traci-Frigii  (aus  Civiltä  cattolica  1894) 
L' Anthropologie  S.  484 — 485  (Salomon  Reinach). 

Castanier,  Prosper.  La  Provence  prehistorique  et  proto- 
historique  jusqu'au  VIe  siecle  avant  l'ere  chretienne.  L' Anthropo- 
logie S.  325-328  (E.  Cartailhac).  —  Polybib.  70  S.  245—246  (Adrieu 
Arcelin). 

Catalogue  of  Sanskrit,  Pali  and  Prakrit  Books  in  the  British 
Museum,  acquired  during  the  Years  1876—92.  (By  C.  Bendali)  Athe- 
naeum  I  Febr.  S.  243. 

Catalogue  of  Greek  Papyri  in  the  British  Museum  I  Texts 
edited  bv  F.  G.  Kenvon  II  FacsiTniles.  Academv  45  S.  60—62  (B. 
P.  Grenfell).  —  Class.  Rev.  S.  45—49  (J.  Rentlel  Harris).  GGA 
S.  716 — 749  Ref.  liefert  wertwolle  Beiträge  zur  Wiederherstellung" 
des  Textes  (Ulrich  Wilcken).  —  Athenaeum  I  Jan.  S.  108—109.  —  Journ. 
des  Savants  S.  242-2.53  (Berthelot). 

Catalogus  dissertationum  philologicarum  classicarum  (Gustav 


112  Kezensionenverzeichiiis. 

Fock)  LCB  1894  Sp.  481.  Nicht  annähernd  vollständig-.  Für  buch- 
händlerische  Zwecke  berechnet.  (K.  Klu).  —  Woch.  t.  kl.  Phil.  Sp. 
43—44.  Brauchbar,  genau  (Georg-  Andreren).  —  Kev.  des  etud.  Gr. 
S.  102  (Nemo).     Arch.  f.  lat.  Lex.  IX  S.  160. 

Cato.  M.  Porci  Catonis  de  ag-ricultura  liber:  ]\I.  Terenti 
Varronis  rerum  rusticaruni  libri  tres:  ex  recensione  H.  Keilii  II,  1. 
Class.  Rev.  S.  308— :309.  Der  Kommentar  Keils  zu  Catos  Schrift  ist 
eine  notwendige  Erg-änzung-  der  10  Jahre  früher  erschienenen  ki-i- 
tischen  Ausgabe  (A."  S.  Wilkins).  —  Berl.  phii.  Woch.  Sp.  1098—1100 
(O).  —  Woch.  f.  klass.  Phil.  Sp.  568— 5G9  (C.  W.).  —  Arch.  f.  lat. 
Lex.  S.  148—149. 

Cauer,  Paul.  Die  Kunst  des  Übersetzens.  LCB  Sp.  1424  bis 
1425  (H.  St.)  —  Berl.  phil.,  W^och.  Sp.  1431—14.33  (C.  Nohle).  —  Woch. 
f.  kl.  Phil.  Sp.  573—576  Äusserst  anregend  (Rudolf  Busse).  Württ. 
Korr.  Bl.  S.  42,3—425  (Herrn.  Planck). 

Cavalli,  Jacopo.  Reliquie  ladine  raccolte  in  Muggia  d' Istria 
con  appendice  sul  dialetto  Tergestino.  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  1620  bi& 
1621  (Gustav  Meyer). 

Champault,  Ph.  Les  heros  d'Homere.  Rev.  des  etud.  Gr. 
S.  98—99  (E.  Babelon). 

De  Charencev.  Le  Folklore  dans  les  deux  mondcs.  Polvbib, 
71  S.  249—250  (Th.  P.).  —  Globus  66  S.  194  (A.  Vierkandt). 

Chipiez,  Ch.  s.  Perrot,  Georges. 

Chowaniec,  Franz.  De  enuntiatoruni,  quae  dicuntur,  subiecta 
carentium  usu  Thucydideo.  Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn.  S.  855  bis 
856.  Der  Sprachgebrauch  des  Thukydides  bietet  dem  Verfasser 
keine  neuen  Anhaltspunkte  ziir  Aufklärung-  der  Hauptfrage  über 
das  Wesen  und  den  Ursprung  der  subjektlosen  Sätze  überhaupt. 
(B.  Kruczkiewicz). 

Ciampoli,  Domenico.  I  codici  paleoslavi  della  R.  biblioteca 
nazionale  di  San  Marco.     Journ.  des  Savants.  S.  774. 

Cinderella.  By  Marian  Roalfe  Cox.  LCB  Sp.  1422.  Klar 
und  kritisch  behandelte  Geschichte  des  Aschenbrödelmotivs  (L.  Fr.) 

Codex  Festi  Farnesianus  XLII  tabulis  expressus.  Ed. 
Aemilius  Thewrewk  de  Ponor.  LCB  1894  Sp.  55,  56  (Gn.) 

Codex  regius  s.  H;\ndskriftet. 

Comhaire,  Ch.  J.  L'äge  des  metaux  en  Belgique  (Extr.  du 
Bull,  de  la  Soc.  d'anthropologie  de  Bruxelles,  XII  1893—94).  L'An- 
thropologie  S.  88—90  (M.  B.). 

Comparetti,  D.  Le  leggi  di  Gortyna  e  le  altre  iscrizioni 
arcaiche  Crete.si.  Monumenti  antichi  pubblicati  per  cura  della  Reale 
Aecademia  dei  Lincei.  Vol.  III.  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  1200-1206, 
1-232-1235  (W.  Larfeld).  —  Journ.  des  Savants  I  1893  S.  639-654 
IT  1894  S.  100—111  (R.  Dareste). 

Comparetti,  D.  D.  Kalewala  od.  d.  traditionelle  Poesie  der 
Finnen.  Hist.  krit.  Studie  über  den  Ursi)rung  d.  gr.  nationalen 
Epopöen.     Jahresber.  f.  Geschichtsw.  15  I,  5  (Hoernes). 

Con  der,  F.  R.  The  Primer  of  Church  Latin.  Dublin  Rev. 
114  S.  2-28-229. 

Congrcss,  Der  XI.  internationale,  lür  Anthropologie  und 
Urgeschichte  in  Moskau.  August  1892.  Arch.  f.  Anthr.  S.  131—140. 
Fortsetzung-  und  Schluss  eines  Referates  (J.  Koihnann). 

Con  Staus,  Lroj).  Etüde  sur  la  langiie  de  Tacite.  IJev.  Grit. 
S.  108—110  (l'aul  Tiioiiias).  —  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.!)01  — 902  (J.  Pram- 
mer).  —  Berl.  i)hil.  Woch.  Sp.  650—652  (K.  Nieiuever).  —  Polybib.  71 
S.  151-152  (C.  Huit). 

Cordenons,  F.     Un   po'  piii  di   luce  sulle    origini,   idioma  e 


ßezensionenverzcichnis.  113 

siötema  di  scrittiira  degli  Eiiganei-Veneti.  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  120G  bis 
1207.  Wüster  Dilettautisinus  (Gustav  Meyer).  —  Woch.  f.  kl.  l'liil. 
Sp.  1161  —  llGo.  Trotz  nuuiehcr  Bedenken  ideenreich  und  frei  von 
Phantasmen  (Sittlj. 

Corpus  Glossariorum  Latinoruni.  Class.-Kev.  S.  263 — 264  Vol. 
III.  V  (John  E.  B.  Mavor).  —  LCB  Sp.  482-483  Vol.  V  (K,  K.).  — 
Berl.  phil.  Woch.  Sp.  (;87-G«9  (A.  Funck).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  652  bis 
653.  Gewaltige,  musterhafte  Leistung  (G.  Scheps.s).  —  Anz.  f.  idg. 
Spr.  u.  Alt.  IV  S.  60-61  Vol.  III  (W.  Mever-Lübke).  —  Arch.  f.  lat. 
Lex.  IX  S.  142—143. 

Corpus  Inscriptionum  Latinarum.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  81 
S.  182—183  (Hang). 

Corpus  papyrorum.  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  603 — 607,  635 — 638, 
667—670  (Krebs). 

Cook,  Albert.  A  Hrst  Book  in  Old  English.  C^rammar,  reader, 
notcs  and  vocabulary.  LCB  Sp.  1461-1462  (K.  W.) 

Gramer,  Franz.  Zu  alten  Optativ-  und  Konjunktivformeu 
im  Lateinischen.  Jahresber.  f.  kl.  Alt.  80  S.  334 — 336.  Der  von  Cr. 
versuchte  Beweis,  dass  sich  im  Altlatein  noch  bestimmte  Spuren 
des  Bedeutungsunterschiedes  zwischen  den  urspr.  optativischen  i- 
Formen  (diiini,  perduintj  und  den  konjunktivischen  a-Formen  er- 
halten haben,  scheint  dem  Ref.  nicht  erbracht  zu  sein  (Seyöert). 

Croiset,  Alfred.  Histoire  de  la  Litterature  Grecque.  Journ. 
des  Savants  I  1893  S.  300-306,  II  1893  S.  616-624,  III  1893  S.  718 
bis  728,  IV  1894  S.  78-89  (Jules  Girard). 

Crusius,  Otto.  Untersuchungen  zu  den  Mimiamben  des  He- 
rondas.  Ost.  Litt.-Bl.  Sp.  301—302  (Gitlbauer). 

Crusius,  Otto  s.  auch  Herondas. 

Cuervo,  R.  J.  Diccionario  de  construcciön  y  regimen  de  la 
lengua  castellana.  A.-D.  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  S.  552  —  555  (P.  de 
Mugica). 

C  u  n  0  w,  Heinr.  Die  Verwandtschafts  -  Organisationen  der 
Australneger.  LCB  Sp.  1246 — 1247.  Markstein  in  der  Theorie  vom 
Werden  der  menschlichen  Ehe-  und  Verwandtschaftsverhältnisse 
überhaupt  (K— ff). 

Curtius,  G.  Griechische  Schulgrammatik  1891-^  von  W.  v. 
Hartel.    Blätter  f.  d.  Gymn.  Schulwesen  XXX  36—38  (Fricdr.  Zorn). 

Czy  czkiewicz,  Andreas.  Betrachtungen  über  Homers  Odys- 
see.    Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn.  S.  851 — 853   (ß.  Kruczkiewicz). 

Czy  czkiewicz,  Andreas.  Untersuchungen  zur  zweiten  Hälfte 
der  Odyssee.  Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn.  S.  851 — 853  (B.  Krucz- 
kiewicz). 

Danielsson,  0.  A.  De  voce  AIZHOI  quaestio  etvmologica. 
Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  33  (F.  Skutsch). 

Dargun,  L.  v.  Mutterrecht  u.  V^aterrecht.  1.  Die  Grundlagen. 
Jahresb,  f.  Geschichtsw.  15  1,  5  (Hoernes).  —  Jahresb.  üb.  d.  Ersch. 
auf  d.  Geb.  d.  germ.  Phil.  15,  S.  105  (Böhm). 

Darmesteter,  A.  Cours  de  grammaire  historique  de  la 
langue  fran(;aise.  Deuxieme  partie:  Morphologie,  publi(;e  par  les 
soins  de  M.  L.  Sudre.    Rev.  Grit.  S.  292— J;)6  (E.  Bourciez). 

Darmesteter,  A.  Traite  de  la  formation  des  mots  compo- 
ses  dans  la  langue  fran(,'aise  comparee  aux  autres  langues  roma- 
ncs  et  au  latin.  1894"-.  Romania  S.  319  (G.  P.) 

Darmesteter,  A.  La  vie  des  mots  etudiee  dans  leurs  sig- 
nilications  1893*.  Berl.  phil.  Woch,  Sp.  727.  Im  besten  Sinn  popu- 
lär (G.  Meyer). 

Darmesteter,  J.    Lc  Zend-Avesta.    Traduction  nouvelle  a\ec 
Anzeiger  VI  1  u.  2.  y 


114  liezensionen  Verzeichnis. 

Commcntaire  liistoi'itiiie  et  pliilolog'iqiie.  AtheiKU'Uiii  I  June  S.  832  bis 
833.  —  Jouni.  des  Savants  I  1893  S.  729-737,  II  1894  S.  5—18,  JII 
S  152— 16G  (Miehel  BrOal).  --  Jaliresb.  f.  Gescbichtsw.  15  I,  73  (F. 
V.  Spiegel).  —  Tli.  Litt.-Z.  Sp.  (J49-G.'0  2.  Bd.  Ref.  wendet  sii-h 
g-eg'en  D.  Hypothese  einer  'Texträlscliung'  des  Zend-Avesta  aus 
alexandrinischer  Zeit  (H.  Oldenberg). 

David,  Ininianiiel.  Ilei-nieneumata  Vaticana.  Byz.  Zeitsc-br. 
S.  418—419.  Bringt  wertvolle  Belege  zur  Geschichte  des  Viilgärgrie- 
cliiscben  (K.  K.). 

Deeclce,  W.  Jaliresbericlit  über  die  lateinische  Gramniatil< 
und  Syntax  für  die  Jahre  1885—1892.  Arch.  f.  lat.  Lex.  IX  S.  146—147. 

Dceclce,  W.  Lateinische  Schulgrammatil<.  Erläuterungen 
zur  Lateinischen  Schulgranimatik.  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  1417  —  1418 
(F.  Skutscb).  —  Riv.  di  Fil.  S.  315—319  (Enrico  Cocchia).  —  Württ. 
Korr.-Bl.  S.  44—48.  Wissenschaftlich  bedeutend,  pädagogiscii  \vr- 
feblt  (Grotz). 

Degering.  Beiträge  zur  historischen  Svntax  der  lateinischen 
Sprache.     Arch.  f.  lat.  Lex.  IX  S.  314—315  (A^  Funck). 

Delbrück,  B.  Einleitung  in  das  Sprachstudium.  1893^  LCB 
1894  Sp.  438.  Die  neuen  Ausführungen  über  Schleichers  Stellung 
zu  den  Lautgesetzen  dürften  zu  einer  bestimmteren  Entscheidung 
gelangen  (H.  P.). 

Delbrück,  B.  Grundriss  d.  vergleich.  Gramm,  der  idg. 
Sprachen  III  Svntax.  Blätter  f.  d.  Gvmn.  Schulwesen  XXX  209—212. 
—  Class.  Rev."^S.  399—403  (D.  ß.  Monro).  —  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Air. 
III  S.  175—182.  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  8—12  (Fr.  Stolz).  —  Jahresb. 
üb.  d.  Pirsch,  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Rh.  15  S.  15  (Felix  Hartniann).  — 
Journ.  des  Savants  I  S.  445  —  446.  —  Zeitschr.  f.  d.  Gynniasiahv. 
S.  311  — 317.  Zurücksetzende  Behandlung  des  Lateinischen.  Ankr.ü- 
))fung  und  Verknüpfung  der  Thatsachen  oft  genial.  Einzelbemer- 
kungen (H.  Ziemer).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  33—36.  Ausserordent- 
lich wertvolle  Einleitung  (H.  v.  d.  Pfordten).  —  Rev.  Grit.  S.  141  — 
146  (V.  Henry). 

Dessau,  H.  Inscriptiones  Latinae  selectae  I.  Anz.  f.  idg.  Spr. 
u.  Alt.  IV  S.  41-43  (A.  Funck).  —  Jahresb.  f.  kl  Alt.  81  S.  256-258 
(Hang). 

Diez,  Antonio  s.  Lenz,  Rodolfo. 

D  ö  bring,  A.  Zu  den  griechischen  iind  lateinischen  Kon- 
junktionen der  Gleichzeitigkeit  und  der  Zeitgrenze.  Deutsche  Li(t,-Z. 
Sp.  807  (Paul  Cauer). 

Dörpfeld,  Wilh.  Troja  1893.  Ausgrabungsbericht.  LCB  Sp. 
1894-1895  (T.  S.).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  1385- 13S7  (P.  W.).  - 
Neue  i)liil.  Rundsch.  S.  411-413  (Rud.  Menge).  —  Beil.  z.  Allg.  Z. 
Nr.  196  (Bruno  Sauer).  —  Blätter  f.  d.  bayr.  Gymn.-Schuhv.  S.  537— 
538  (Preger). 

Donali tius,  Chrn.  Littauisclie  Dichtimgen.  Übersetzt  und 
erläutert  von  L.  Passarge.    LCB  Sp.  1300-1301. 

DrinovÄ  M.  0  bolgarskoms  slovare  A.  L.  Djuvernua.  Arch. 
f.  slav.  Phil.  S.  307  (V.  O.). 

Duden,  K.  Etymologie  der  nhd.  Sprache.  Blätter  f.  d.  Gvmn. 
Schulwesen  XXX  280-281  (R.  Schwenk). 

Duhn,  V.  Osservazioni  sulla  (juestione  degli  Etrusci  (Uber- 
setziing  von  '  Bemerkungen  zur  Etruskerfrage'.  Bonner  Studien  1890). 
Arch.  f.  Anthr.  S.  124  (Georg  Busciian). 

Durct,  Victor.  Grammaire  Savovarde  publice  par  Ed.  Kosch- 
witz  1893.    LCB  1894    Sp.  680  (W.  F.).  "—    Litteraturbl.  f.   germ.  u. 


ßezensionenverzeichnis.  Il5 

l'om.   Pliil.    Sp.  189-190    fW.  Mcver-Lübko).    —    Polvbib.  71    S.  2G5 
(J.  C.  F.). 

Dvroff,  A.  Geschichte  des  Pronomen  reflexivinn.  I  Honier-att. 
Prosa.  Blätter  f.  d.  Gyuin.  Schulwesen  XXX  137—138  (Stapler).  II 
Die  attische  Prosa  und  Schlusserg'ebnisse.  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  G9  bis 
71.  Bemerkungen  des  Rezensenten  über  svrakus.  ^le  und  lat.  'Hü-jise 
(Paul  Kretschmer).  —  Berl.  phil.  Woch."  Sp.  278—279.  Zwingendo 
Schlussfolgerung-en  (Fr.  Stolz).  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  20G  — 207 
(Meisterhans).  —  I  u.  II  Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn.  S.  305—307. 
Musterhaft  geführte  Untersuchung  (J.  Golling).  —  Journ.  des  Savants 
S.  125—126  (H.  W.). 

Easton,  M.  W.  The  divinities  of  the  Gathas.  Jahresb.  f. 
Geschichtsw.  15  I  73  (F.  v.  Spiegel). 

Ec kinger,  Th.  Die  Orthographie  lateinischer  Wörter  auf 
griechischen  Inschriften.     Jahresb.  f. ^Geschichtsw.  15  I  170  (Hüter). 

Eggeling.  Translation  of  the  Satapatha-Brähmana  III.  Pro- 
ceedings  of  the  Am.  Or.  Soc.  March  1894  S.  XCV— CI  (Whitney). 

Egli,  J.  Die  Hyperbel  in  den  Komödieen  des  Plautus  und  in 
Ciccros  Briefen  an  Atticus.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  350—351  (Seyfl'ert). 

Eimer,  H.  C.  A  Discussion  of  the  Latin  Prohibitive,  based 
upon  a  complete  collection  of  the  instances  from  the  earliest  times 
to  the  end  of  the  Augustan  period.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  338  bis 
341  (Seyffert). 

Engclhardt,  Max.  Die  Stamnizeiten  der  lateinischen  Kon- 
jugation.    Zeitschr.  f.  d.  Gymnasiahv.  S.  147—148  (Fügner). 

Eng c  1  i  en,  August.  Grammatik  der  neuhochdeutschen  Sprache. 
1892-1.     Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn.  S.  236-237. 

Enman,  Alexander.  Zur  römischen  Königsgeschichte.  Woch. 
f.  kl.  Phil.  Sp.  90—92.  Sucht  mit  Geist  und  Geschmack  durch  ety- 
mologische Deutung  der  Eigennamen  auf  Grund  der  vergleichenden 
Sprachwissenschaft  das  Dunkel  der  römisclien  Königsgeschichte  zu 
erhellen  (W.  Liebenam). 

Erdmann,  Axel.  Gm  folknamnen  Götar  och  Goter.  Litera- 
turbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  249—250  (Ferd.  Holthausen). 

Erdmann,  A.  Ueber  die  Heimat  und  den  Namen  der  Angeln. 
Litevaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  184 — 188.  Auch  für  Historiker 
und  Sprachforscher  dringend  zu  empfehlen  (Ferd.  Holthausen). 

Erhardt,  Louis.  Die  Entstehung  der  homerischen  Gedichte. 
Deutsche  Litt  -Z.  Sp.  41—49  (Ernst  Maass).  Dazu  ibidem  Sp.  184  bis 
185.  344—348.  —  Class.  Rev.  S.  408—410  (Walter  Leaf).  —  Woch.  f. 
kl.  Phik  Sp.  505-511  (C.  Rothe).  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  61-64. 
Dilettantenhaft  (H.  Kluge).  —  Athenaeum  I  May  S.  642.  —  Zeitschr. 
f.  d.  deixtsch.  Unterr.  S.  488—490.  Bedeutungsvoll  für  die  Frage 
nach  dem  Ursprung  (ier  nationalen  Epen  üljerhaupt  (Alfred  Müller). 
—  Histor.  Zeitschr.  73  S.  385—426.  Ref.  bi'ingt  Beiträge  zur  ge- 
schiciitlichon  Beurteilung  Homers  (Rob.  Pöhlniann). 

Etrusk erfrage.  Jahresb.  d.  Gesch.  15  §  9.  Zusammenstel- 
lung der  Litt.  d.  J.  1892  (L.  Hüter). 

Evans,  Arthur  J.  Le  cinietiere  celticjue  d'Aylesford  (Kent), 
resume  des  recherches.     Arch.  f.  Anthr.  S.  297  (Georg  Buschan). 

Faulmann,  Karl.  Etymologisches  Wörtcrbucli  der  deutschen 
Sprache.  Anz.  f.  deutscli.  Alf.  S.  81—83.  Bettelarmes  Wissen.  Geist- 
und  geschmacklos  (Franck). 

Fenneli,  C.  A.  M.  s.  Pindar. 

Ferger,  Wilhelm.  De  vocativi  usu  Plautino  Terentiannque. 
Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  322-328  (Seyffert), 


116  Rezensionen  Verzeichnis. 

Frroii,  P.  Notions  fraccentuation  iireciine.  Kc-v.  de  riiihti'. 
pul)l.  (Ml  \h'\g.  S.  lir)-14G  (L.  Preud'  Hoiiime). 

P^estii'rnss  an  llud.  v.  Roth  zvini  Doktorjiibiläiiiii,  124.  Ang-nst 
1893.  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  870—872.  Rezensent  besjji-icht  naiiieiit- 
lich  H.  Jacobi's  Aufsatz.  Ueber  das  Alter  des  Rgveda  (A.  Hille- 
l)randt). 

Festskril't  til  Vilholin  Thomsen.  Nord.  Tidsskrift-nti;-.  alLet- 
terstedtska  toren  S.  511—517  (A.  Noreen).  —  Nord.  Tidsskr.  f.  Kilol. 
3.  R.  3.  Bd.  S.  87—103  (G.  Cederschiöld,  F.  Holthauseii,  J.  Paulson, 
K.  Warburft-,  J.  Vising-). 

Festus  s.  Codex  Festi  Farnesianns. 

Fick,  Aug.  Die  griecliisclien  Personennamen  nach  ihrer  Bil- 
dung erklärt  und  systematisch  geordnet,  2.  Aufl.,  von  F.  Beclitel 
und'O.  Fick.  LCB  Sp.  1498—1499.  Ganz  neues  Buch  gegen  die 
erste  Auflage.  Unentbehrlich  für  Linguisten,  Philologen,  Epigra- 
l)iiiker  und  Historiker  (G.  M-r.).  —  Rev.  Grit.  p.  147—150.  Bcciitel 
war  der  geeignetste  Mitarbeiter  an  dem  vorzüglichen  Werke  Ficks 
(V.  Henry).  —  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  1226-1227.  Die  griechischen 
Namenmassen  aus  dem  lateinischen  Inschriftenwcrk  sind  leider  über- 
gangen. Fick  urteilt  oft  einseitig  willkürlich  (Ernst  Maass).  —  Class. 
Rev.  S.  459—462  (F.  W.  Thomas).  —  Württ.  Korr.-Bl.  S.  392-393 
(Meltzer).  —  Academy  46  S.  217.  Bemerkungen  zu  Personennanu-n 
orientalischer  Abkunft  (A.  H.  Sayce). 

Fick,  Aug.  Vergleichendes  Wörterbuch  der  idg.  Sprachen  I 
1890*  Zeitschr.  d.  deutsch,  morg.  Ges.  S.  504-531.  Ficks  Quellen 
sind  sehr  häxifig  veraltet.  Ref.  bringt  zahlreiche  Berichtigungen 
(Bartholomae).  —  2.  Teil:  Wortschatz  der  keltischen  Spracheinheit 
von  Whitley  Stokes.  Übersetzt,  überarbeitet  und  herausgegeben 
von  A.  Bezzenberger.  Zeitschr.  f.  d.  Gvmnasialw.  S.  317— 319  Nacli- 
träge  (H.  Ziemer)  —  Woch.  f.  kl.  Phil!  Sp.  913-915.  Erst  mit  die- 
sem Buch  tritt  für  die  grössere  Zahl  auch  der  Gelehrten  die  kel- 
tische Si)rache  in  die  ReUie  der  übrigen  ein  (W.  Prellwitz).  —  Rev. 
Celt.  S.  232-234  (H.  d'A.  de  J.). 

Ficker,  Jul.  Untersuchungen  zur  Erbenfolge  der  ostgernnmi- 
schen  Rechte  2.  Bd.  1.  Hälfte.     LCB  1894  Sp.  789,^790  (0.  .^ .  .). 

Fiök,  Karl.     Max  Müller  und  der  Rigveda.  Ung.  Rev.  S.  235. 

Fischer,  L.  H.  s.  Much,  M. 

Fischer-Benz  on,  R.  v.  Altdeutsche  Gartenflora.  Unter- 
suchungen über  die  Nutzpflanzxmgen  des  deutschen  Mittelalters, 
ihre  Wanderung  und  ihre  Vorgeschichte  im  klassischen  Altertum. 
Berl.  i)hil.  Woeh.  Sp.  820—822.  Der  Verfasser  besitzt  eine  Höhe  der 
Anschauung,  welche  ihn  mit  den  weitblickenden  Forschungen  Ilchns 
Unmittelbar  in  Berührung  bringt  (A.  Funck). 

Flavius,  Josephus  _s.  Schmidt,  Guil. 

Flensburg,  Nils.  Über  Ursi)rung  und  Bildung  des  Prono- 
mens aC)TÖ(;.  Rev.  Grit.  S.  51—52.  Gegen  die  bei  der  Etymologie 
des  Verfassers  notwendige  Annahme  einer  sekundären  engen  An- 
lehnung von  avröc,  an  oütoc  ^'Kaaroc  u.  s.  f.  nach  I'orm  und  Funk- 
tion spricht  der  Akzent  (My.).  —  Deutsche  Litt.  Z  Sp.  10i>  Möglich- 
keiten und  Denkbarkeiten,  aber  noch  keine  Wahrscheinliclikeit 
(Paul  Cauer). 

Fock,  G.  s.  Catalogus  Dissertationum. 

Folklore.  Slavische  Publikationen.  Arch.  i'.  slav.  Pli.  S 
242—254.     Kurze  Besprechung  des  hierher  Gehörigen  (A.  Brückner). 

Folk-Lore  Congress,  The  International  1891.  Pa])ers  and 
Transactions.  Ed.  bv  Joseph  Jacobs  and  Alfred  Nutt.  LCB  Sp.  1422 
(L,  Fr.). 


Rezeuslonenvei'zelchnia.  117 

Forchhammer,  P.  W.  Homev.  Seine  Sprache,  die  Kampf- 
plätze seiner  Heroen  und  Götter  in  der  Troas.  liCB  Sp.  1700. 
Deutsche  Litt.  Z.  Sp.  327—328.  Jao-t  einem  Phantom  nach  (Ernst 
Maass).  —  Woch.  f.  Id.  Phil.  Sp.  679-(3SÜ  (C.  Rothe).  —  Neue  phil. 
Rundsch.  S.  113-115  (IT.  Klug-e). 

Forschung'en,  Indoo-ermanische.  Hrsg",  v.  K.  Brugmann 
und  W.  Streitbero-.  4.  Bd.  LCB  Sp.  1220.  —  Rev.  Grit.  S.  429-431. 
Rezensent  spricht  über  das  wissenschaftliche  Prinzip,  das  die  ver- 
schiedenen Verfasser  dieses,  Leskien  gewidmeten,  Sammelbandes 
vereinigt  hat  (V.  Henry).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  1203-1206. 

Forschungen  zur  deutschen  Philologie,  Festgabe  für  Ru- 
dolf Hildebrand.  Zeitschr.  f.  d.  deutsch.  Unterr.  S.  427—430  (Otto 
Lyon). 

Foresti,  Arnoldo.  Mitologia  Greca.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  81 
S.  60—61.  Bedenkliche  Gleichsetzungen.  Zahllose  Druckfehler 
(Gruppe). 

Fraccaroli,  Guiseppe.  Le  Odi  di  Pindaro  dichiarate  e  tra- 
dotte.  Class.  Rev.  S.  207—209.  Bewundernsu-crte  Littcraturkennt- 
nis;  sorgfältige  Analysen  der  Hymnen  (R.  J.  Tyrrell).  —  Berl.  phil. 
Woch.  Sp.  1057 — 1062.  Ref.  sucht  die  drei  Richtungen  der  heutigen 
Pindarkritik  klar  zu  legen  (L.  Bornemann).  —  Woch.  f.  kl.  Phil. 
Sp.  1365—1367.  Referent  vermisst  ein  näheres  Eingehen  auf  sprach- 
liche und  dialektische  Eia'entümlichkeiten  (C.  Haeberlin).  —  Polv- 
bib.  71  S.  333-334  (Maxime  Formont).  —  Athenaeum  L  S.  798  bis  799. 

Fragmente,  Arnamagnaeani  sehe.  Ein  Supplement  zu 
den  Heilagra  Manna  Sögur  nach  den  Hdschr.  hgg.  v.  Gust.  Mor- 
genstern. LCB  1894  Sp.  729.  Haben  in  erster  Linie  Wert  für  die 
Grammatik.     Grosse  Genauigkeit  (— gk.) 

Francotte.  H.  Les  populations  primitives  de  la  Grece. 
Jahresber.  f.  Geschichtsw.  I  74  (S.  Brück). 

Franck,  Joh.  Etvmologisch  Avoordenboek  der  nederland- 
sche  taal.  Anz.  f.  deutsch"!  Alt.  S.  231—237.  Zuverlässig.  Randbe- 
merkungen des  Referenten  (F.  Holthausen). 

Fritzner,  Joh.  Ordbog"  over  det  gamle  norske  Sprog  1—22.  Ii. 
Arkiv  f.  nord.  filol.     10.  Bd.  S.  392—397  (H.  Gering). 

Fuhr,  Karl.  Die  Metrik  des  westgermanischen  Allitterations- 
verses.     Literaturbl.  f.  gerui.  u.  rom.  Pliil.   Sp.  73—75  (Herrn.  Hirt). 

v.  d.  Gabele ntz,  Georg.  Die  Sprachwissenschaft.  Zeitschr. 
für  die  österr.  Gymn.  S.  785.  Voll  Gedanken  und  Anregungen  (R. 
Meriiiger). 

Gallee,  J.  H.  De  Wording  van  het  Woord  cn  de  ontwikke- 
ling  der  Taal.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  S]).  178—179 
(Friedrich  Kauffmann). 

Gallee,  J.  H.  s.  Beliaghel,  O, 

Garnier,  Ch.  et  Ammann,  A.  L'liabitation  humaine.  L'An- 
thrnpologie  S.  221—222  (R.  Verneau). 

Gebauer,  N.  J.  Historickä  mluvnice  jazyka  eeskeho.  Arcli. 
f.  slav.  Pli.  S.  505—528.  Reiche  Fundgrube  der  Belehrung  für  alle, 
welche  einer  historischen  Grammatik  der  böhmischen  Sprache  Inter- 
esse entgegen  bringen  (V.  J.). 

Geig-er,  Wilh.  Etvmologie  und  r.,autlehre  des  Afghänisciien. 
LCB  1894  Sp.  792,  793.  "Setzt  den  rein  iranischen  Cliarakter  der 
Sprache  ins  hellste  Licht  (H.  lln.). 

Geikie,  .James.  The  great  Ice  Age,  and  its  Relation  to  the 
Anti(iuity  of  IMan.  1894:'.     xhe  Saturday  Rev.  S.  491-492. 

Geldner,  Karl  F.  s.  Pischel,  R. 


118  Ressensioneu  Verzeichnis. 

Gcorgeakis,  G.  et  Pineaii,  Leon.  Le  Folklore  de  Lesbos. 
Zeitsc'hr.  d.  Ver.  f.  VolU.sk.  S.  461-46.3  (K.  Weinhold). 

Geyer,  P.  Kritische  und  Kprachliche  Erläiitenino-en  zu  An- 
tonini Piacentini  Itinerarium.  Anz,  f.  idg-.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  68  (W. 
MoyerLübke). 

Giesswein,  A.  Die  Hauptprobleme  der  Sprachwibsensciiaft. 
Kev.  de  l'Instr.  publ.  en  Belg.  S.  147-148  (A.  Greg-oire).  —  Th. 
Qsohr.  76  S.  142-147  (Vetter).  -  Polybib.  70  S.  136-138  (E.  G. 
Lodos). 

Giltschenko,  N.W.  Materialien  zur  Anthropologie  des 
Kaukasus  1.  Die  Osseten  (russ.).  Archiv  f.  Anthr.  S.  73—88  (L. 
Stieda). 

Gimm,  Julius.  De  adiectivis  Plautinis.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80 
S.  289-292  (Seyffert). 

Girard,  Raymond  de.  Le  delug-e  devant  la  critique  histori- 
que.  Bull.  Grit.  S.^  101—104  (H.  Lesetre).  —  Th.  Lit.  Z.  Sp.  630-63. 
(Karl  Marty). 

Gislason,  Konrad.  Udvalg-  af  aldnordiske  skjaldekvad  med 
anmaerkninger.  Anz.  f.  deutsch.  Alt.  S.  145—148  (B.  Kahle).  —  Ark. 
f.  nord.  filol.  X  S.  209-219  (Th.  Hjelmqvist). 

Glur,  Gottlieb.  Beiträge  zur  Fauna  der  schweizerischen  Pl'ahl- 
bauten.     L'Anthropologie  S.  708—709  (Th.  V.). 

Godefroi  (F.).  Dictionnaire  de  l'ancienne  langue  fran(,'aise. 
Rev.  Grit.  S.  296-298  (A.  Delboulle). 

Goebel,  Ad.  Homerische  Blätter  I,  JI  Deutsche  Litt.  Z.  Sp. 
873—874.  Wortbedeutungen  werden  mit  Besonnenheit  und  Mate- 
rialbeherrschung behandelt  (E.  Maass). 

Gödel,  Vilhelm.  Katalog  öfver  Upsala  universitets  biblioteks 
fornisländska  och  fornnorska  handskrifter.  Ost.  Litt.  Bl.  Sp.  111 
(F.  Detter). 

Goetz,  Georg,  s.  Plautus. 

Gomme,  G.  Laurence.  A  Dictionary  of  British  Folk-lore. 
Part.  I  Vol.  L  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  S.  223  (K.  W.).  —  Aca- 
demy  46  S.  397. 

Goodwin,  Alfred  s.  Homer. 

Gorra,  Egidio.  Dell'  epentesi  di  iato  nelle  lingue  romanze. 
Komania  S.  594—601.  Wichtig  auch  lur  allgemeine  Linguistik 
(G.  P.). 

Gorra,  Egidio.  Lingue  neolatine.  LCB  Sp.  1259-1260.  Gibt 
Fernerstehenden  eine  allgemeine  Oricmtierung ;  mehr  Strenge  und 
Sorgfalt  hätten  dem  Buch  zinn  Vorteil  gereicht.  —  Berl.  jthil.  Woch. 
Sp.  1365-IJ366  (Fr.  Stolz).  —  Romania  S.  319.  —  Zeitschr.  f.  rom. 
Phil.  S.  296  (W.  Mever-Lübke).  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  191  (Felix 
Pabst). 

Graf,  Ernst.  Klivliiinns  und  Metrum.  Zur  .Svuonvmik.  Neue 
l.hil.  Rundscli.  S.  28—30  (Otto  Kahler). 

(framm.atici  graeci  IV  1 — 2  Thcodosii  Alexaudrini 
canones,  Georgii  Choerobosci  scholia,  Soiihronii  Patri- 
archae  Alexandrini  excerpta  recensuit  et  a})par.ituiii  criticum 
indic(S|Ue  adiecit  Alfredus  Hilgard.  LCB  Sp.  1218  (B.).  —Woch. 
f.  kl.  Pliil.  Sp.  SS1-,SH7,  917—922  (B.  Kühler).  —  Bvz.  Zeitschr. 
S.   162-163  (iv.  K.).  —  Berl.  i)hil.  Woch.  S]).  1411— 1418  (A.  Ludwich). 

Graves,  Charles.  <»ii  an  Ogam  Inscription  supjjoscd  to 
bcar  au  anglo-saxnn  Name.  Arcli.  f.  Anthr.  S.  .335—336  (Rudolf 
Martin). 

Gröber,  (i.  s.  Griindriss  dei-  rom.   Phil. 

Grun<lriss    der    "•crmanisclicn    l'hilolog'ie.      Hg"£i:.    v.  Herrn. 


Rezeusioneuverzeichni«.  119 

Paul.    Schlussliefening-en.    LCB  1894  Sp.  561—563.    Wünsche  für 
eine  etwaige  2.  Auflage  (Bhdr.). 

Grund ri SS  der  ronianischeu  Philologie  hg'g,  v.  G.  Gröber. 
2.  Bd.  2.  Abt.  2.  Lief.  (Portugiesische  Littcratur  von  Carolina  Mi- 
chaelis). LCB  1894  Sp.  680,  681  (Kn.).  —  2.  Bd.  2.  Abt.  3.  Lief. 
LCB  Sp.  1377—1378    (Beendigt  die  portugiesische  Litteratur)    (Kn.). 

Guardiola,  Jose.  Kosnial  idionia.  LCB  1894  Sp.  602,  603. 
Neue  Weltsprache:  nach  des  Verfassers  eigenen  Worten  „aus  Zeit- 
vertreib" erfunden  (W.  Str.). 

Gunkel,  Herrn.  Schöpfung*  und  Chaos  in  Urzeit  und  End- 
zeit.    Beil.  z.  Allg.  Z.  1894  Nr.  287  (Eduard  Meyer). 

V.  Gutschmid,  Alfr.  Kleine  Schriften.  Hgg.  v.  Franz  Kühl 
Deutsche  Litt.  Z.  Sp.  969-973  Bd.  III,  IV,  V  (Johannes  Toepffer). 
Zeit&chr.  für  die  österr.  Gvmn.  S.  790— 797  (J.  Krall).  —  Class.  Rev. 
S.  120-121  Bd.  IV  (J.  W.  Headlani).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp. 
1193-1197  Bd.  V  (A.  Wiedeniann).  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  140 
bis  141  Bd.  IV  (Reimer  Hansen).  —  Ibidem  S.  238  Bd.  V.  —  Bl.  f. 
d.  Gvmn.  Seh.  S.  685—687  (Heinr.  Welzhofer).  —  Th.  Lit.  Z.  Sp.  65 
bis  (57  Bd.  IV  (E.  Schürer).  -  Ibidem  Sp.  553-554  (Schluss-)Bd.  V 
(E.  Schürer). 

Hab  ich,  Alfred.  Observationes  de  negationum  aliquot  usu 
Plautino.     Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  319—321  (Seyftert). 

Hagen,  Bernhard.  Anthropologische  Studien  aus  Indien.  Arch. 
f.  Authr.  S.  270-271  (J.  Kollmann). 

Hale,M.  Horatio.  Language  as  test  of  mental  capacity  (aus 
Transnctions  of  the  Roval  Society  of  Canada  vol.  IX,  1891).  L'An- 
thropologie  S.  223—226'  (Comte  de  Charencey). 

Haie,  William  Gardner.  'Extended'  and  'Remote'  Delibera- 
tives  in  Greek  (Transactions  of  the  American  Philological  Associa- 
tion.    Vol.  XXIV).     Class.  Rev.  S.  410-413  (J.  Donovan). 

Hamilton,  Gavin.  Classic  Moods:  Latin,  Greek,  and  Eng- 
lish.     The  Academy  46  S.  28,  29. 

Hammer,  Martin.  Die  lokale  Verbreitung  frühester  romani- 
scher Lautwandlungen  im  alten  Italien.  Arcli.  f.  lat.  Lex.  IX 
S.  147.  —  Romania  S.  304-.305. 

Handskriftet  N.  2565,  4"  gl.  kgl.  Sämling  pä  det  störe  kgl. 
l)il)liothek  i  Kjobenhavn  (Codex  regius  af  den  aeldre  Edda)  i  foto- 
typisk  og  diplomatisk  gengivelse  (hgg.  von  Ludv.  P.  A.  Winnner 
und  Finnur  Jousson).  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  222—223 
(0.  Behaghel). 

Hansen,  Sören.  Om  bronzealders-folkct  i  Danmark  (Aarbok 
fra  nord.  Oldk.  og  Historie  1803  S.  121).  L' Anthropologie  S.  475 
bis  477  (J.  Deniker). 

Hardv,  Edm.  Die  vedisch-brahmanische  Periode  der  Reli- 
gion des  alten  Indiens.  WZKM.  VIII,  1,  S.  173-5  Tadelt  die  Über- 
treibung der  Mondtheorie  Im  Übrigen  anerkennend  (J.  Kirste). 
GGA  1894,  Nr.  6,  S.  417—31  Anerkennend.  Aber  P.'s  Ansichten 
weichen  in  hauptsächliclien  Punkten  von  denen  II.'s  ab.  Der  Grund- 
l)egritf  von  d  e  v  a  ist  Dämon ;  die  vedisclie  Religion  ist  z.  gr. 
Teil  vielmehr  Fetischismus  und  euhemeristisch  zu  verstehen,  nicht 
aber  natursymbolisch  (K.  Pischel).  LCbl.  1894,  Nr.  27,  Sp.  964—5 
Verurteilt  die  kühnen  Deutungen,  den  mancinnal  hervortretenden 
Mangel  an  Durcharbeitnng,  die  „Mondsichtigkeit"  der  mytholog. 
Deutungen  des  Verfassers  ;(lie  drei  letzten  Cajjitel  ül)er  das  Opfer- 
Avesen,  die  religiösen  Gebräuche  und  die.  Tiieosophie  am  einwand- 
freisten,   sie  werden   von    dauerndem  Nutzen  sein   (R.  G.).  —  Mitt. 


1 20  Kezensioiien  Verzeichnis. 

Anthropol.  Oes.  in  Wien,  XXTIT,  6,  228—4  Sehr  anerkomiend  (Ha- 
berlniult).  DLzo-,  1894,  Nr.  1.3,  Sp.  394  Wenio-  befiiedio-end,  hi-iiig-t, 
der  Wissenschaft  ]<einen  Gewinn  (H.  Oldenbera).  —  Ost.  Litt.  BI 
Sp.  741  (-ie).  —  Tli.  Qsclir.  7ß  S.  331—835  (Sclianz). 

Hartland,  E.  S.  Tlie  Legend  of  Perseus.  Academv  46 
S.  397. 

Hartmann,  A.  s.  Brenner,  O. 

Hart  well,  Jones  G.  The  Indo-Europeans  Conception  of  a 
P'^ntnre  Life  and  its  Bearing  upon  their  Religions.  Arch.  f.  Anthr. 
S.  339  (Rudolf  Martin). 

Hasse,  Ernst.  Der  Dnalis  im  Attischen.  Zeitschr.  für  die 
ö.sterr.  Gvmn.  S.  999-1000  (J.  Gollins'l  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  856 
(G.  MeveV).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  547.  Wertvoll  (J.  Sitzler).  — 
Ibidem'  Sp.  628—629.  —  Nene  phil.  Rundsch.  S.  55  (Meisterhans). 

Hatzidakis,  G-  N.  1)  TTepi  toö  •fXiuffGiKoO  ZntriuaToc;  ^v  'EXXd&i. 
M^poc  beÜTepov  koI  2)  uepl  xfic;  eTU^oXo-fia«;  Tfjc  Xeteac  Mopeac  (S.  A. 
aus  'Äerivä  V  1893).  LCB  1894  Sp.  92,  93.  Mop^a  ,Maulbeerland' 
ffesicherte  Erkläruno-  CA.  Th.).  —  Bvz.  Zeitschr.  S.  202.  Verweist  zu 
2)  auf  Byz.  Zeitschr.  H  283  f.  (K.  K.).  —  Ibidem  S.  420.  Hep  ixii? 
X^Eeujc  tAopiac,.     '0  Mopectt;  Kai  iv  Kpt'iTi].     Nachträge  (K.  K). 

Havet,  Louis.  La  simplification  de  l'orthographie.  Bull. 
Grit.  S.  3.S2-.3.33  (P.  Rousselot). 

Havet  Louis.  L'  S  latin  caduc.  Jahresb.  üb.  d.  Fortsein-,  d. 
kl.  Alt.  80  S.  254  (Seyffert). 

Hehn,  Victor.  Kulturpflanzen  und  Haustiere  in  ihrem  Über- 
gang aus  Asien  nach  Griechenland  und  Italien  sowie  in  das  übrige 
Europa  1894^  hrsg.  v.  0.  Schrader.  Mit  botanischen  Beiträgen  von 
A.  Engler.  LCB  Sp.  1757—1758.  Umfängliche  Anmerkungen  des 
Herausgebers  orientieren  über  den  heutigen  Stand  der  Forschung, 
stören  aber  den  ruhigen  Genuss  des  klassischen,  strena:  einheitlichen 
Buches  (W.  Str.).  —  Deutsclie  Litt.  Z.  Sp.  1032—1034.  Die  beiden 
Heraxisgeber  haben  alles  geleistet,  was  billigerweise  von  ihnen  ver- 
langt werden  konnte  (Richard  Bethge).  —  Academv  4(?  S.  282—283 
Einzelbemerkungen  (A.  H.  Savce). 

Heintze,  Alb.  Gut  Deutsch.  LCB  Sp.  900,  901.  Der  Ver- 
fasser b.estrebt  sich  mit  Erfolg  zwischen  Sprachgebrauch  und  Gram- 
matik die  rechte  Mitte  einzuhalten. 

Heintzeler,  Eugen.  Universala.  Weltsprache  auf  Grund 
der  romanischen  Sprachen  und  des  Latein.  Ost.  Litt.  BI.  Sp.  270 
(H.  Bohatta). 

Heller,  Ludw.  HalAyudha's  Kavirahasya.  Rev.  Grit.  S.  463 
bis  464  (Louis  Finot). 

He] wich,  N.  NabIJudenija  nad  iiiijcnämi  i)rilag;itclnymi  u 
Plawt;i  (Beobachtungen  über  die  Adjektive  bei  Plautus).  LCB  Sp. 
1160-1461.  Enthält  einen  zuverlässigen  Index  der  plautinischen 
Adjektiva.  die  sprac-hliclien  Beobachtunü-iMi  sind  Üeissiii"  und  eri>eb- 
ni.sreich  (!i.).  —  .lahresb.  f.  kl.  Alt.  80.  S.  2.S8-2S9  (Seyffertl 

Hemacandra's  Anekärthasamgraha.  mir  Auszügen  aus  dem 
Kommentare  des  Mahendra  herausgegeben  A'on  Th.  Zachariae. 
Deutsche  Litt.  Z.  Sp.  9:54 -937  (B.  Liebich). 

Hench,  George  A.  Der  ahd.  Isidor.  Facsinüle  -  Ausgabe. 
LCB  1894  Sp.  1H9,  190.  —  Literaturbl.  f.  aerm.  u.  rom.  Phil.  Sp. 
327—328  (O.  Behaghel). 

Henrv,  Vict.  Precis  de  arammaire  comparee  de  Fanglais 
et  de  ralleniand.  LCB  Sp.  1501  —  1503.  Für  zukünftige  Lehrer  be- 
stimmt. Die  Entwickluni;"  des  Deutsclien  ist  dem  Verfasser  weit 
besser  gelungen    als    die    des  Eniilisclien.     Ref.  bringt    eine    grosse 


Rözensioncuver;<nichnis.  121 

lleilie  hei'ichtifi'cndev  Notizen  (F.  H— ii).  —  Anz.  f.  i(\g.  Spr.  n.  Alt. 
Jir  S.  184-186  (W.  Streitbovg-).  -  Mod.  Lanff.  Not.  Sp.  3»U-364  (H. 
Schinidt-Wavtenbero').  —  Rev.  de  l'instr.  publ.  eu  Bei»-.  S.  199—211). 
p]iiie  lange  Reihe  Bemerkung'en  des  Ref.  (H.  Logeman).  —  Academv 
45  S.  16  u.  46  S.  283. 

Henry,  V.  s.  auch  Bergalgne,  A. 

H  erkenrath,  Rol.  Gerundii  et  geriindivi  apnd  Plaiitum  et 
Cvpvianum  usnm  comparavit  .  .  Arch.  f.  lat.  Lex.  IX  S.  316.  — 
Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  347—350  (Seyffert). 

Herold,  A.  Ferd.  s.  Upanishad. 

Heren  das,  Die  Mimiamben  des  Herodas.  Hgg".  und  er- 
klart mit  einem  Anhang  über  den  Dichter,  die  Überlieferung  und 
den  Dialekt  von  Rieh.  Meister.  Rev.  de  Tinstr.  pnbl.  en  Belg.  S.  334 
—  336  (Emile  Boisacq). 

Herondae  Mimiambi.  Iterum  ed.  Otto  Crusiiis.  LCB  Sp.  926 
bis  929.  EinAvendungen  gegen  Crusius'  Ansicht  von  der  Geltung 
der  Correkturen  des  Papyrus  und  der  Dialektform  der  Gedichte. 
Referent  tritt  mit  v.  Wilamowitz  ffecen  Crusius  u.  a.  für  die  Na- 
mensform 'Hpuuibac;  ein  (R.  M.).  -  Rev.  Grit.  S.  222-224.  Die  :Mei- 
nnngsverschiedenheiten  zAvischen  Crusius,  Buecheler  und  Blass  über 
den  Wert  der  Correkturen  sind  mehr  theoretischer  als  praktischer 
Art.  Cr.  Standpunkt  in  der  Dialektfrage  ist  prinzipiell  eine  gefähr- 
liche Sache  (G.  Dalmevda).  —  Württ.  Korr.  -  Bl.  S.  297—298  (W. 
Schmid).  Bl.  f.  d.  Gvmn.  Seh.  S.  456-460.  Nachträge  (H.  Stadt- 
niüller).  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  1446—1451  (H.  Stadtmüller).  — 
Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  971-972  (Sp.).  —  Ost.  Litt.  Bl.  Sp.  301-302 
(Gitlbauer). 

Herondas  s.  aucli  Crusius,  Otto.     ]M ekler  S. 

Hertz,  Wilh.  Die  Sage  vom  Giftmädchen.  LCB  1894  Sp. 
321,  322.     Reiches  Material,  formell  unfertig  (AI.  T.). 

Hess,  Georg".  Geist  und  Wesen  der  deutschen  Sprache. 
Arch.  f.  d.  Stud.  d.  neuer..  Spr.  u.  L.  92  S.  78  (Max  Roediger). 

Heusler,  Andr.  Über  germanischen  Versbau.  LCB  1894 
Sp.  362,  363.  Kein  Fortschritt  gegen  frühere  Arbeiten  des  Ver- 
fassers (H.  Ht.).  —  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  289-290 
(0.  Brenner). 

He  Witt,  T.  J.  The  Ruling  Races  of  Prehistoric  Times  in 
India,  South-Eastern  Asia,  and  Southern  Europa.  Athenaeum  p.  (;09. 
Nov.  3.  94. 

Hey,  Gust.  Die  slavischen  Siedelungen  im  Königreich 
Sachsen  mit  Erklärung  ihrer  Namen.  LCB  Sp.  1446— 1447.  —  Arch. 
f.  d.  St.  d.  neuer.  Spr.  ir.  L.  92  S.  471 — 472.  INIaterialsammlung  sehr 
verdienstlich,  Erkläruna"  meist  nüsslunffen  (A.Brückner).  —  Zeitschr. 
f.  d.  deutsch.  Unterr.  S.  204—207  (Oskar  Bi'.hme). 

Hevne,  Moritz.  Deutsches  Wiirterbuch  2.  Bd.  H— 0^>.  .5.  Halbbd. 
R-setzen.  LCB  1894  Sp.  682.  Trefliiches  Hülfsmittel  für  weitere 
Kreise,  denen  Grimms  Wörterbuch  zu  gross  ist. 

Hevne,  Moritz.  Deutsches  Wörterbuch.  H— Quittung.  Zeitschr. 
f.  deutsclie  Phil.  S.  132-134.     Nachträge  (0.  Erdmann). 

Heyse,  Joh.  Christ.  Aug.  Deutsche  Grammatik  oder  r>ehr- 
buch  der  deutschen  Sprache.  25.  Aufl.  Von  Otto  Lvon.  Centr. 
Org.  f.  d.  Int.  d.  Realschuhv.  S.  173  (Stühlen).  —  Jahresb.  üb.  d. 
Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Phil.  15,  S.  29  (Bötticher). 

Hickethier.  Zur  Betonung  des  Lateinischen.  Jnhresi).  f. 
Geschichtsw.  15  I  170  (Hüter). 

Hicks,  E.  L.  s.  Paton.,  W.  R. 

Hildebrand,    Rieh,     i'ber    das  Problem    einer    allgemeinen 


122  RezensionenvevzeichniH. 

Entwickhing'sgeschichte   des  Iicclitcs   und    der  Sitte.     Globus  66  S. 
210  (A.  Vierkandt).  —  Beil.  z.  Alig-.  Z.  Nr.  167. 

Hilg-ard,  Alfr.  s.  Grammatiei  g'raeci. 

Hintner,  Valentin.  Die  Verba  des  Befelilens  in  den  indo- 
g'eiunanisehen  Sprachen.     Neuphil.  Cbl.  S.  246. 

Hirt,  H,  Die  Urheimat  der  Idg-.  J.  F.  I  S.  464-484.  Jahresb. 
f.  Geschichtsw.  15  I  2  (Hoernes). 

H öf  er ,  0,  Die  Priesterschafteu  in  Karlen  und  Lvdien.  Jahresb. 
f.  Geschichtsw.  15  I  149  (Hüter) 

H  0  f  f  m  a  n  n ,  Eduard.  Der  mundartliche  Vokalismus  von  Basel- 
stadt. Zeitschr.  f.  deutsche  Phil.  S.  138—140.  Sorg-fältig-e  Lautsta- 
tistik (P.  Schild). 

Hoffmann,  Ernestus.  Sylloge  epig'rammatu.m  Graecorum 
quae  ante  medium  saeculum  a.  Chr.  n.  tertium  incisa  ad  nos  per- 
venerunt.  LCB  Sp.  898,  899.  Interimistische  Erg'änzung-  zu  Kaibels 
Sylloge  (Cr.).  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  865-869.  Verschiedene  Ände- 
rung-svorschläg-e  (H.  Stadtmüller).  —  Bl.  f.  d.  Gvmn.  Schuhv.  S.  748 
bis  750  (Preg-er). 

Ho  ff  mann,  Hug-o.  Der  erste  Sprech-  und  Sprach-Unterricht 
in  der  Taubstummenschule.  Centr.  Org".  f.  d.  Int.  d.  Realschulw.  S. 
.'^60-361  (L.  Rudolph). 

Hoffmann,  Otto.  Die  griechischen  Dialekte  in  ihrem  histo- 
rischen Zusammenhange  mit  den  wichtigsten  ihrer  Quellen,  l.u.  2. 
Bd.  Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn.  S.  738—747.  Referent  skizziert 
die  Entwicklung  der  griechischen  Dialektkunde.  Was  Hoffmann 
vor  Meister  voraiis  hat:  Planmiissigkeit  der  Anlage  und  Einreihung 
der  Avichtigsten  Texte  in  seine  Darstellung.  Ref.  gibt  ausführlichere 
Bemerkungen  zu  dem  kyprischen  Epigramm  144  (68)  aus  Golgoi, 
zum  3.  Gedicht  der  Balbilla,  zu  den  Fraa'menten  der  Sap]iho  und 
des  Alkaios  (Heinrich  Schenkl).  —  Class.'Rev.  S.  210—212.  2.  Band. 
Die  „ausführliche  kritische  Bearbeitung  der  Quellen"  ist  unnötig.  Laut- 
und  Formenlehre  sind  durch  Fülle  des  Materials  und  Klarheit  der 
Anordnung  ausgezeichnet  (A.G.  Laird).  —  Rev.  di?  philol.  18  S.  180  ff. 
(Ch.  Lambert). 

Holder,  Alfred.  Alt-celtischer  Sju-achschatz.  —  Zeitschr.  für 
die  österr.  Gvnui.  S.  145 — 146.  Benicrkuno-en  zu  einzelnen  Wörtern 
der  3.  u.  4.  Lief.  —  Deutsche  Litt.  Z.  Sp.' 743.  Zürn.  Lief.  (E.  Hüb 
ner).  —  Polvbib.  70  S.  1.38  4.  Lief.  (H.  Gaidoz).  —  Ibidem  71  S  249 
5.  Lief.  (H.  Gaidoz).  —  Rev.  Celt.  S.  236  (H.  d'A.  de  J.).  —  Academv 
46  S.  283. 

Holzweissig,  Friedrich.  Griechische  Schulgrannnatik  .  .  . 
auf  Grund  der  Ergebnisse  der  vergleichenden  Sprachforschung. 
Zeitschr.  f.  d.  Gymnasialw.   S.  321-330. 

Homer.  Hymni  Homerici,  codicibus  denuo  collatis  recensuit 
Alfredus  Goodwin  cum  quattuor  tabulis  ])hotograpliicis.  Rev.  Grit. 
S.  5  bis  7  (Mv.).  —  Class.  Rev.  S.  156-157  (E.  E.  Sikes).  -  Berl. 
phil.  Woch.  S]).  .3.53-3.57  (Arthur  Ludwich). 

Homer.  The  Riad  of  Homer,  edited  In-  Arthur  Platt.  Class. 
Rev.  S.  464-465  (D.  B.  Monro). 

Homer.  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  1  77— 78.  Liltcraturbcricht 
(S.  Brück). 

Homer  s.  auch  Erhardt,  Louis;  Kokorudz,  Elias;  La 
Roche,  Jacob;  Ludewig,  Anton;  Ludwich,  Arthur;  Maza- 
iiowki,  Nikolaus;  N<'umann,  Max;  Keichel,  Wolfgang. 

Hörn,  P.  Grundriss  der  Ncuiiersischen  Etvmologie.  Anz.  f. 
idg.  Spr.  u.  Alt  IV  S.  22-24  (Willi.  Geiger).  —  Zeit.schr.  d.  deutsch. 
inorgenUlndischcn  Ges.    S.  169—170.     Erklärung    zu    der  Rezension 


RezeiiHioncuvcrzcichnis.  123 

0.  Manns  zum  jGrundriss  der  neiiporsischcn  Etvmologio'  In  clor 
Zeitschr.  f.  deutsch,  moro-enl.  Ges.  47  S.  700  (Paul  Hörn).  —  Per- 
sische Studien  v.  H.  Hübschmann  S.  1—112  Reichliche  Beitrüge, 
Berichtigungen  und  Nacliträge, 

Howorth,  H.H.  The  beginning  ofPersian  hlstorv.  Jahrcsb, 
f.  Geschichtsw.  I  73  (F.  v.  Spiegel). 

Hub  ad,  Franc.  Anton  Janezieev  slovensko-nemslii  slovar. 
18933.  Arch.  f.  slav.  Phil.  S.  471-472  (V.  Oblak). 

Hübner,  E.  Römische  Epigraphik.  18922.  Jahresb.  f.  kl.  Alt. 
81  S.  252-253  (Haug). 

Hübner,  E.  s.  auch  iMonumenta  Linguae  Ibericae. 

Hultsch,  Friedr.  Die  erzählenden  Zeitformen  bei  Polvbius 
HI  in  Abb.  d.  phil.  bist.  Cl.  d.  k.  sflchs.  Ges.  d.  W.  XIII  (1893).  LCB 
1894  Sp.  16,  17.  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  454-457  (Theodor  Büttner- 
Wobst). 

Humboldt,  Wilh.  v.  Briefe  von  W.  v.  H.  an  Friedrich  Hein- 
rich Jacobi.  Hgg.  und  erläutert  von  Albert  Leitzmann.  Hist.  Zeit- 
schr. S.  97—98.  Wichtig  der  15.  Brief  mit  Ansichten  H.  über  Sprach- 
bereicherung und  Übersetzungskunst  (Albert  Köster).  —  Hist.  Zeit- 
schr. 73  S.  97-98  (Albert  Köster). 

Jackson,  A.  V.  W.  Avesta  Grammar  I  B.  B.  XX  180-184. 
Bemerkungen  zu  einzelnen  §§  (P.  Hörn).  —  Zeitschr.  d.  deutsch, 
morgenländ.  Ges.  S.  142—157.  Zahlreiche  Einwendungen  des  Re- 
zensenten (Chr.  Bartholomae).  —  Am.  Journ.  Phil.  XV  374  ff.  (C.  D. 
Bück). 

Jackson,  A.V.W.     Avesta  Reader  I  B.  B.  XX  184  (P.  Hörn). 

—  Rev.  Grit.  S.  338-3.39  (A.  Meillet).  —  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt. 
IV  S.  21-22  (Wilh.  Geiger).  —  Am.  Journ.  Phil.  XV  374  ff.  (C.  D. 
Bück). 

Jacobi,  H.  Über  das  Alter  des  Rgveda  (in  Festgruss  an 
Rud.  v.  Roth  zum  Doktor  Jubiläum,  24.  August  1893).  Deutsche  Litt. 
Z.  Sp.  871  (A.  Hillebrandt).  —  Bull.  Grit.  S  137.  —  Journ.  As.  9. 
Ser.  3  S.  156—172  (A.  Barth).  —  Proceedings  of  the  Am.  Gr.  Soc. 
March  1894  S.  LXXXII  bis  XCIV.  On  a  recent  attempt,  by  Jacobi 
and  Tilak,  to  determine  on  astronomical  evidence  the  date  of  the 
earliest  Vedic  period  as  4000  B.  C.  (W.  D.  Whitney). 

Jacobs,  Ämilius.  Thasiaca.  Deutsche  Litt.  Z.  Sp.  175— 17G. 
Wichtig  die  Behandlung  der  von  Miller  entdeckten  Theoreniuschrifteu 
(E.  Bethe).  —Berl.  phil.  Woch.  Sp.  7S9— 790  (L.  Bürchner).  —  Woch. 
f.  kl.  Phil.  Sp.  891-894.  Treffliche  Vorarbeit  für  eine  Sammlung 
der  thasischen  Inschriften  (Otto  Kern). 

Jagic,  V.  Glagolitica  II  Grsl^ovieev  odlomak  glagolskog 
apostola.     Arch.  f.  slav.  Phil.  S.  459-471  (Oblak). 

Jahrbuch  des  Vereins  für  niederdeutsche  .Sprachforschung 
1892.     Zeitschr.  f.  d.  deutsch.  Unterr.  S.  272-274  (0.  Glöde). 

Jahresbericht  über  die  Erscheinimgen  auf  dem  Gebiete  der 
germanischen  Philologie.  14  (1892).  Zeitschr.  für  die  österr.  Gvmn. 
S.  235  (R.  M.  Werner). 

Jahresbericht,  Kritiseher,  über  die  Fortschritte  der  Roma- 
nischen Philologie.  Von  Karl  ^'ollmölk'r  und  Richard  Otto.  I  1S90. 
Neuphil.  Cbl.  S.  47—48  (Wendt). 

Jahresberichte  der  Geschiclitswissenschaft,  hgg.  von  J. 
Jastrow  XV  (1892).  Berl.  phil.  Woch.    Sp.  1070-1072  (L.  Bürchner). 

—  Zeitschr.  f.  Realschuhv.  S.  298  (Josef  Frank).  —  Blätter  f.  d.  bnvr. 
Gymn.-Schulw.  S.  560 -.562  (H.  Simonsfeld). 

Tlie    Jaiminlya    or    Talavakära    Upanishad    Brülimana: 


124  Kezensionenverzeichnis. 

Text.  Translation,  and  Not<is.  Bv  Hanns  Oevtcl  (Jouvn.  ot'  tlu;  Am. 
Or.  Soc.  Vol.  XVI  1894).     Rcv.  Grit.  28  S.  14.Ö-147  (V.  Henry). 

Jai na- Inschriften.  Jahvesb.  f.  Geschichtsw.  15  1  56—58.  Litte- 
rn tur  über  dieselben  (R.  0.  Franke). 

Janezie,  Anton  s.  Hub  ad,  Franc. 

Jardon,  A.  Grammatik  der  Aachener  Mundart  I  (Laut-  u. 
Formenlehre).  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  70-71  (Friedrich 
Kauffmann). 

Idiotikon,  Schweizerisches  s.  Staub,  Fr. 

Jebb,  R.  C.  Homer.  Eine  Einführun«:  in  die  Ilias  und 
Odyssee.  Übersetzt  nach  der  3.  Aufl.  des  Orio-inals  von  Emma 
Schlesino-er.  LCB  Sp.  1699-1700  (Gr.).  —  Deutsche  Litt.  Z.  Sp.328 
bis  331  (Ernst  Maass).  —  Woch.  f.  kh  Phil.  Sp.  62-65,  92-96  (H. 
Draheim).  —  Blätter  f.  d.  bayr.  Gymn.-Schulw.  S.  515—519  (Seibel). 

Jeep,  Ludw.  Zur  Geschichte  der  Lehre  von  den  Redeteilen 
bei  den  lateinischen  Grammatikern.  LGB  Sp.  859  — 861.  Leider  ver- 
ziehtet der  Verfasser  auf  Heranziehung-  der  o-riechischen  Quellen; 
selir  nützliche  Einleitun.o-  über  Inhalt  und  Stellung-  der  hauptsäch- 
lichsten Grammatiker  (Gn.).  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  413—414  (0. 
Weise).  —  Nord.  Tidsskr.  f.  Filol.  III.  R.  3.  Bd.  S.  55-56  (C.  Jör- 
gensen). 

Jellinek,  M.  H.  Beiträge  zur  Erklärung  der  g-ermanischen 
Flexion.  Zeitschr.  f.  deutsche^Phil.  S.  265—267.  Darstellung-  des 
vokalischen  Auslautgesetzes  antiquiert.  Synkopierungs-Theorieen 
nicht  überzeugend  (Friedrich  Kauffmann).  ~  Ark.  f.  nord.  fil.  S.  97 
bis  100  (Karl  Ferdinand  Johansson). 

Jelling-haus,  H.  Arminius  iind  Sieg-fried.  Anz.  f.  deutsch. 
Alt.  S.  80—81.     Mang-el  an  Kritik  (R.  Henning). 

Jelling-haus,  H.  Die  Niederländischen  Volksmundarten. 
Literaturbl.  f.  g-erm.  u.  rom.  Phil.  Sp.  182—183  (J.  Vercoullie). 

Jespersen,  Otto.  Fremskridt  i  Sprog-et.  Literaturbl.  f.  germ. 
u.  roin.  Phil.  Sp.  177  —  178  (Friedr.  Kauffmann). 

Jespersen,  Otto.  Progress  in  Lang-uage.  Rev.  Grit.  S.  501 
bis  504.  Ein  für  Lehrer  und  Schüler  des  Englischen  höchst  lesens- 
wertes Buch  (V.  Henry).  —  Academy  46  S.  5,38-539  (A.  H.  Keane). 

Ihering,  Rud.  v.  Vorgeschichte  der  Tndoeuropäer.  Beil.  z. 
Allg.  Z.  Nr.  125. 

Ihne,  W.  Römische  Geschichte  I  2.  Aufl.  Gentr.  Org-.  f.  d. 
Int.  d.  Realschulw.  S.  181  (Lg.).  —  ßerl.  phil.  Woch.  Sp.  216  (Her- 
mann Schiller).  —  LGB  Sp.  176-177  (K.  J.  N.).  —  Woch.  f.  kl.  Pliil. 
Sp.  537—5.39  (A.  Hock).  —  Blätter  f.  d.  bayr.  Gymn.-Schulw.  .S.  552  — 
553  (Rottmanner). 

Norges  Indskrifter  med  de  aeldre  Runer.  Udgivne  for  det 
Norskc  Historiske  Kildeskriftfond  ved  Sophus  Bugge,  1.  und  2. 
Heft.  Deutsclie  Litt.  Z.  .Sp.  1062—1064.  Bemerkungen  des  Refe- 
renten namentlich  über  den  Stein  von  Tune  und  die  deutscheu 
Runen  (R.  Henning). 

Job,  Leon.  Le  present  et  ses  derives  dans  la  conjugaison  la- 
tine  d'apres  les  donnees  de  la  grammaire  comparee  des  langues 
indo-euro])eennes.  Rev.  Grit.  S.  353— .357.  Bemerkungen  des  Re- 
zensenten über  den  Unterschied  des  lateinischen  Präsens  von  dem 
anderer  idg.  Spradien  (A.  Meillet).  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  285— 287 
(Fr.  Stolz). 

Joiinson,  Franciscus.  De  Goniunctivi  et  Optativi  ITsu  Eiiri- 
pideo  in  Enuntiatis  Fiiialibus  et  Gondicionalibus.  GImss.  Rev.  S.  215 
(W.  J.  Battle).  —  Riv.  di  Fil.  S.  470-472.    —   Berl.  phil.  Woch.  Sp. 


SezönsiönCnverzeichnis.  125 

11-21  — 11-23  (Wecklein).  —  Neue  pliil.  Eimdsch.  S.  358  (Alphous  Steiii- 
bei-i^-er).  —  Eev.  de  philol.  18  S.  182—184  (Keelhoff). 

Jönssoii.  F.  Et  par  benuerkning'er  til  prof.  Noreeiis  'Jeinnäle' 
Ark.  f.  nord.  ttlol.  10  S.  219-222. 

Joyce,  P.  W.  Old  Celtic  Komances.  Translated  f'vom  the 
Gaelic.     Second  Edition.     Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  S.  339—340. 

Isidor  s.  Hen  eh. 

Issel,  A.  Sug'li  anticlii  Ligiiri.  Jahrcsb.  f.  Gescliiciitsw.  15 
I  122  (Hüter). 

Judeich,  Walter.  Kleinasiatische  Studien.  Rev.  des  etud. 
Gr.  S.  104—105  (Auguste  Michel). 

Jurenka,  Hugo.  Novae  Icctiones  Pindaricae.  Woch.  f.  kl. 
Phil.  Sp.  344 — 347.     Wenig  Waizen  unter  viel  Spreu  (C.  Haeberlin). 

Kaegi,  Adolf.  Die  Neunzahl  bei  den  Ostariern.  Anz.  f.  Idg. 
Spr.  u.  Alt.  IV  S.  3  (H.  Hirt). 

Kalb,  W.  Roms  Juristen  nach  ihrer  Sprache  dargestellt. 
Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  G5-66  (W.  Meyer-Lübke). 

Kaiinka,  Ernst.  De  usu  coniunctionum  quarundam  apud 
scriptores  Atticos  antiquissimos.  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  340—344.  In 
einzelnen  Partieen  fördernd  (P.  Egenolff). 

K  an a  j  e a n z ,  Stephan.  Catalog-  der  armenischen  Handschriften 
des  armenischen  Nersisian  Seminars  zu  Tiflis  (Armenien).  Wiener 
Zeitschr.  f.  d.  K.  d.  Morgenl.  S.  86—87.  Viel  Arbeit  und  Mühe  ist 
einem  nicht  besonders  Avertvollen  Objekt  geopfert  (Friedrich 
Müller). 

Karskij,  E.  Th.  K%  voprosu  o  razrabotke  starago  zapadno- 
russkago  narecija.     Arch.  f.  slav.  Phil.  S.  289—291  (V.  J.). 

Karsten,  H.  T.  De  particulae  tarnen  signiticatione  anti- 
quissima  ad  Ciceronis  lere  tempora  in  latinitate  conservata.  Jahresb. 
f.  kl.  Alt.  80  S.  317—318  (Seytiert). 

Karsten,  H.  T.  De  uitsprak  van  het  Latijn.  Romania 
S.  308-309. 

Kauffmann,  Fr.  Deutsche  Mvthologie.  1893^.  Dania  2.  Bd. 
S.  284-287  (Th.  A.  Müller).  —  Ark^  f.  nord.  Fil.  XI  S.  210-212 
(A.  Olrik). 

Keil,  H.  s.  Cato. 

Kelle,  Job.  Geschichte  der  deutschen  Litteratur  von  der 
ältesten  Zeit  bis  zur  Mitte  des  11.  Jahrhunderts.  Zeitschr.  f.  deutsche 
Phil.  S.  113—119.  Ausführliclie  Bemerkungen  des  Referenten  (O. 
Erdmann).  —  Academy  45  S.  374.  —  Jaln-esb.  üb.  d.  Erscii.  auf  d. 
Geb.  d.  g-erm.  Phil.  15'^S.  40-41  (Kinzel). 

Keller,  0.  Etvmolog'isches.  Jahresi).  üb.  d.  Erscli.  auf  d. 
Geb.  d.  germ.  Phil,  lö",  S.  23  (Felix  Hartmann). 

Keller,  0.  Zur  lateinischen  Sprachgeschichte  I  (Lat.  Ety- 
mologieen).  Neue  phil.  Rundsch.  S.  154—156.  Apercus  ohne  ein- 
heitliches Prinzip  (Carl  Pauli).  —  Bl.  f.  d.  Gymn.-Scli.  S.  509—511 
(Häussner). 

Keller,  0.  Lateinische  Volksetvmologieen  und  ^'er^vandtes. 
Jahresb.  f.  kl.  AI.  81  S.  63  (Gruppe). 

KelJer,  0.  s.  Maurenbrecher,  B. 

Kellner,  L.  Historical  Outlines  of  English  Syntax.  Zeitschr. 
für  d.  österr.  Gvnin.  S.  274—275  (F.  Wawra).  —  Litteraturbl.  f.  germ. 
u.  rom.  Phil.  Sp.  330-331  (Karl  D.  Bülbring). 

Kenyon,  F.  G.  s.  Catalogue  of  Greek  Papyri. 

Kerbaker,  Michele.  Saturno  Savitär  e  la  leggenda  dell'  Etä 
deir  oro.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  81  S.  60  (Grujjpe). 

Kern,   Otto.     Die    Gründungsgeschichte    von   Magnesia    am 


12Ö  Rezensionen  Verzeichnis, 

Miiiandros.  Eine  neue  Urkunde.  Wocli.  f.  kl.  Phil.  Sp.  1329-1332 
(F.  Hiller  von  Gaertring-eii). 

Kharouzin,  N.  Obzor  doTstoritchcskoi  arkheolog'liii  etc. 
(A]H'r(,'u  de  rarchcolog'ie  prc''hi.storique  des  proviiices  Baltique.s).  Aus 
Travaux  statistiques  du  youverncmeiit  de  rEsthonie  IX,  1894.  L'An- 
Ihropologie  S.  (i99— 703  (J-  Deuiker). 

Kirclnnayr,  Heinr.  Der  altdeutsche  Volksstanim  der  Qua- 
den.  Jahresb.  üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  gerin.  Ph.  15,  S.  49  —  50 
(Bolnn). 

Klemm,  Kurt  s.  S  ad  viui^abrähmaiia. 

Klotz,  Richard.  Grundzüge  der  altrömischen  Metrik.  Jah- 
resb. üb.  d.  Fortschr.  d.  kl.  Alt.  80  S.  255  (Seyffert). 

Kluge,  Friedr.  Etymologisches  Wörterbuch  der  deutschen 
Sprache.  5.  Aufl.  Zeitschr.  für  die  österr.  Gvmn.  S.  518—521 
(Josef  SeemüUer).  —  Ark.  f.  nord.  Fil.  XI  S.  208-210  (Fr.  Kauff- 
iiiann).    —  Centr.  Org.  f.  d.  Int.  d.  Realschulw.  S.  173  (G.  G.). 

Kl  US  s  mann,  Rudolf.  Systematisches  Verzeichnis  der  Ab- 
handlungen, welche  in  den  Schulschriften  sämtlicher  an  dem  Pro- 
grammaustausche teilnehmenden  Lehranstalten  erschienen  sind. 
2.  Band  1886-1890.  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  1559—1560  (R.  Weil).  — 
Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  270-271  (H.  D.).  —  Zeitschr.  f.  Realschulw. 
S.  115-116. 

Knauth,  P.  Über  Goethes  Sprache  und  Stil  im  Alter. 
Deutsche  Litt.  Z.  Sp.  1228—1229.  Beachtenswerter  Anfang  zu  einer 
Psychologie  der  Goethischen  Sprache  (Richard  M.  Meyer). 

Knote  1,  A.  F.  R.  Atlantis  und  das  Volk  der  Atlanten. 
Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  59-62.  Ohne  wissenschaftlichen  Wert  (A. 
Wiedemann). 

Koczyüski,  L.  De  flexura  Graecorum  nominum  pro]n-iorum 
apud  Lucilium,  Varronem,  Lucretium,  Vergilium.  Zeitschr.  für  die 
österr.  Gymn.  S.  858—859  (B.  Kruczkiewicz). 

Kögel,  R.  Geschichte  der  deutschen  Litteratur  bis  zum  Aus- 
gang des  Mittelalters  I  1.  Ost.  Litt.  Bl.  Sp.  555-557.  Ret',  wendet 
sich  u.  a.  gegen  das  Verfahren  K.'s  aus  deii  verschiedenen  Bedeu- 
tungen derselben  Wiirzel  in  verschiedenen  germanischen  Sprachen 
Schlüsse  auf  Thatsachen  in  der  Geschichte  des  nationalen  Cultur- 
lebens  7A\  ziehen  (Anton  E.  Schönbach). 

Köhler,  Reinhold.  Aufsätze  über  Märchen  und  Volkslieder. 
Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  S.  98  (K.  Weinhold). 

Köppner,  F.  Der  Dialekt  Megaras  und  der  megarischen  Ko- 
lonieen.     Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  32— .33  (A.  Thumb). 

Körting,  Gust.  Der  Formenbau  des  französischen  Verbums 
in  seiner  geschichtlichen  Entwicklung  dargestellt  (=  Formenlehre 
der  französischen  Sprache.  1.  Bd.).  LCB  Sp.  1538  —  1539.  Weg'cn 
A'ieler  Verstösse  gegen  die  Lautgesetze  nur  mit  Meyer-Lübke's  Gram- 
matik als  Correktiv  zu  gebrauchen.  —  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  1230— 
12.33.  Gegenbemerkungen  zu  Risops  Kritik  desselben  Buches  Arch. 
f.  d.  Stud.  neuerer  Spr.  u.  Litt.  92  S.  445-465  (W.  Cloetta).  —  Franco- 
Gallia  S.  102  (K.  Wilhehni).  —  Arcli.  f.  d.  St.  d.  neuer.  Spr.  u.  Litt. 
92  S.  445—465.  Ref.  bringt  wertvolle  Zusätze  (Alfred  .Risop).  — 
Roniania  S.  305. 

Körting",  Gustav.  Grundriss  der  Geschichte  der  englischen 
Litteratur  von  ihren  Anfängen  bis  zur  Gegenwart.  1893-.  Arch.  f. 
d.  St.  d.  neuer.  Spr.  u.  L.  92  S.  435—438  ((Jeorg  Herzfeld).  —  Engl. 
Stud.  S.  246-252  (E.  Kölbing). 

Kogier,  Peter.  Die  Dehnungsfrage  in  unserer  Rechtschrei- 
bung.   Zeitschr,  für  die  österr.  Gymn.  S.  1041  (Gustav  Burghauser), 


ßezensionenvei'zeichnis.  l27 

Kokoi'udz,  Elias.  Ablativus,  Locativus  und  Instrumentalis 
bei  Homer  in  formeller  und  syntaktischer  Beziehung'.  II.  Teil  (pol- 
nisch). Zeitschr.  für  die  österr.  Gynni.  S.  S4'J— 850.  Sehr  unyleich- 
niässige  Behandhuiy  des  Gegenstandes;  Urteil  im  einzelneu  beson- 
nen (B.  Kruczkiewicz). 

Kollmann,  S.  Les  races  humaines  de  l'Europe  et  la  question 
arienne.     Jahresb.  f.  GeschichtsAv.  15  I  2  (Hoernes). 

Konow,  Sten.  Das  Sfimavidhänabrähmana.  Ein  altindisches 
Handbuch  der  Zauberei.  Eing-eleitet  und  übersetzt.  LCB  Sp.  1848. 
Zuverlässig-  (Wi.). 

Kovalewsky,  Maxime.  Coxitume  contemporaine  et  loi  an- 
cienne.  Droit  covitumier  ossetien  eclaire  par  l'histoire  comparee. 
Rev.  Celt.  S.  131-132  (H.  d'A.  de  J.).  —  Polybib.  70  S.  497-498. 
Will  durch  Beobachtung"  des  Lebens  und  der  Sitten  der  iranischen 
Osseten  viele  dunkle  Fragen  des  indoeuropäischen  Rechts  lösen 
(Maurice  Lambert). 

Kraus,  Carl.  Deutsche  Gedichte  des  12.  Jahrhunderts.  LCB 
1894  Sp.  82(3—827.  Sammhing'  bisher  zerstreuter  geistlicher  Gedichte-, 
nach  einer  bestimmten  Seite  hin  ergänzende  Fortsetziuig  zu  Müllen- 
hoffs  und  Scherers  Denkmälern. 

Kraus,  Friedr.  S.  Böhmische  Korallen  aus  der  Götterwelt. 
Folkloristische  Börseberichte  vom  Götter-  und  Mvthenmarkte.  Arch. 
f.  Anthr.  S.  278-288  (Th.  Achelis).  —  Arch.  f.  d.  St.  d.  neuer.  Spr. 
u.  L.  92  S.  70-71  (L.  Fränkel).  —  Jahresb.  üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb. 
d.  germ.  Ph.  15  S.  123. 

Krause,  Ernst  (Carus  Sterne).  Die  nordische  Herkunft  der 
Trojasage  bezeugt  durch  den  Krug  von  Tragliatella.  Woch.  f.  kl. 
Phil.  Sp.  145—147  (H.  D.).  —  Zeitschr.  f.  Realschuhv.  S.  1G9— 170. 
Treibt  bei  seiner  Verurteilung  der  vergleichenden  Mythologie  den 
Teufel  mit  Beelzebub  aus.  (Vogrinz). 

Krause,  H.  L.  Die  Amazonensage.  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  583— 
585  (Ernst  Maass).  -  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  372— 373  (H.  Steuding). — 
Neue  phil.  Rundsch.  S.  216—217  (Weizsäcker). 

Krauss,  Friedrich  S.  Haarschurgodschaft  bei  den  Südslaven 
(in  'Internationales  Archiv  für  Ethnographie'  VlI).  Centr.-Org.  f.  d. 
Int.  d.  Realschuhv.  S.  763  (L.  Freytag). 

Krenkel,  Max.  Josephus  und  Lukas.  Der  schriftstellerische 
Einfluss  des  jüdischen  Geschichtschreibers  auf  den  christlichen  nach- 
gewiesen. LCB  Sp.  1633-1634.  These  und  Beweisführung  i)ara- 
dox  (B.). 

Kr  et  Schmer,  Paul.  Die  griechischen  Vaseninschriften  ilu'er 
Sprache  nach  untersucht.  LCB  Sp.  1570— 1571.  Diese  Untersuchung 
der  Sprache  der  griechischen  Töpfer  liefert  bedeutende  Ergebnisse 
für  die  griechische  Grannnatik  (K.  M.).  —  B.  ß.  S.  304—307.  Bemer- 
kungen zur  Etymologie  von  -|Liefaviuv  (W.  Prelhvitz).  —  Neue  phil. 
Rundsch.  S.  152—154  (Meisterhans). 

Krispin, K.  Etymologische  Uebcrsicht  d.  homerischen  Sprache. 
Zeitschr.  für  die  österr.  Gynni.  S.  572—573.  Kompilatorische  Arbeit 
ohne  genügende  Benützung  der  Hilfsmittel. 

Krumb  ach  er,  K.  Mittelgriech.  Sprichwörter.  Blätter  f.  d. 
Gymn.-Schulwesen  XXX  128—137.  Unverfälschte  Wiedergabe  in  der 
volkstümlichen  Sprachform.  Allerlei  für  die  neugr.  Grannn.  und 
Lexikogr.  (Ed.  Kurtz).  —  LCB  Sp.  1809—1811.  Bahnbrechend  und 
zugleich  innerhalb  gewisser  Grenzen  abschliessend  (Cr.).  —  Class. 
Rev.  S.  874  (A.  C.  Zenos).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  030-633  (Leopold 
Cohn).   --  Neue  phil.  Rundsch.  S.  274-279,  290-295.    Textkritische 


128  ftezensionoiivcrzoichnis, 

BeuH'ikiuiiA'eu  (J.  Sit/Jer).  —  Bvz.  Zcitschr.  S.  105 — 19G.  Selbstauzoigc 
(K.  K.).  — "Tli.  Lit.-Z.  Sp.  578-571)  (Pli.  Äleyer). 

Kriimbacher,  K.  Studien  yai  den  Leg'eiulen  des  h.  Tlieodo- 
sios.  LCB  1S5)4  Sp.  402—405.  Treiüiclie  sprachliclie  Bemerkungen, 
principielle  Erövterung-  über.'B.vz<intiner<iTiechi.sc'ir  (H.  U.). 

Krystyniacki,  Jan.  Über  die  g-rieobische  Spracbe  der  byzan- 
tiniscben  ScbriftsteUer  im  alig-emeinen  und  im  besondern  über  die 
Art  slavische  Namen  auszudrücken  (pohi.).  Bvz.  Zeitscln-.  S.  420 
(K.  K.). 

Kubier,  B.  Die  lateinisclie  Spracbe  auf  afrikaniscben  In- 
scbrii'ten.  Jabresb.  f.  Gescbiclitsw.  15  I  170  (Hüter).  —  Anz.  f.  idg". 
Spr.  u.  Alt.  IV  S.  67  (W.  Meyer-Lübke). 

Kühner,  R.  Ausführl.  Gramm,  d.  griech.  Sprache  F  besorgt 
V.  Fr.  Blass.  2.  Bd.  Blätter  f.  d.  Gymn.-Schulwe.sen  XXX  292—295. 
Nachträge  von  Litteratur  und  Belegstellen  (A.  Dyroff).  —  Zeitschr. 
I'.  d.  Gymnasialw.  S.  173  —  175.  Staunenerregende  Beherrschung 
de.s  sprachlichen  wie  des  bibliographischen  Materials  (O.Weissenfels). 

Kuhn,  Ernst.  Barlaam  und  Joasaph.  Eine  bibliograpliiscli- 
literargeschichtliche  Studie.  LCB  Sp.  1105  —  1106.  Wahres  Schau- 
stück von  Belesenheit  und  Literaturkenntnis  (Wi.).  —  Nation  (N.Y.) 
58  S.  143.  —  Journ.  of  the  R.  As.  Soc.  S.  402-404  (M.  Gastcr).  — 
Romania  S.  312. 

Kulturgeschichte.  Jahresber.  d.  Gesch.  15  §  70  B.  Giebt 
auch  die  Litteratur  der  ältesten  Zeiten  in  dem  Referat  üb.  d.  Jahr 
1892  (G.  Steinhausen). 

Laistner,  Ludw.  Germanische  Völkernamen.  Literaturbl.  f. 
gerni.  u.  rom.  Phil.  Sp.  105—107  (Herrn.  Hirt). 

Laiin,  Esaias.  De  particularum  comparativarum  usu  ai)ud 
Terentium.     Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  1258-1259  (0.  Piasberg). 

Landau,  M.  Menschopfer  bei  den  Römern.  Jahresb.  f.  Ge- 
Rchichtsw.  15  I  165  (Hüter). 

Landgraf,  G.  Beiträge  zur  lateinischen  Kasussvntax.  Arch. 
l'.  lat.  Lex.  S.  147—148.  —  Zeitschr.  für  die  österr.  Gvmn.  S.  1002— 
1003.  Mustergiltig  (J.  Golling).  —  Woch.  f.  kl.  Phik  Sp.  413—414 
(H.  Ziemer). 

Larfeld,  W.  Griechische  Epigraphik.  Jahresb.  f.  Geschichtsw. 
15  I  112  (S.  Brück). 

Larniinie,  William.  West-Irish  Folktales  and  Romances.  Rev. 
Celt.  S.  235  (H.  d'A.  de  J.). 

La  Roche,  J.  Beiträge  zur  gricch.  Gramm.  I.  Blätter  f.  d. 
Gynin.-Schuhvesen  XXX  228-229  (J.  Haas).  —  Rev.  crit.  S.  33-34. 
Der  Gewinn  für  die  Bereicherung  unserer  Kenntnis  griechischen 
Sprachgebrauchs  stellt  nicht  im  \'erhältnis  zu  der  aufgewandten  Ar- 
beit (My.).  —  Deutsche  Litt.-Z...  Sp.  872—873  (Paul  Kretschnier).  — 
Berl.  pliil.  Woch.  Sp.  245— 248.  Ode  Stellensaminlungeu  (Gust.  Meyer). 
—  Woch.  t.  kl.  Phil.  Sp.  572--573.  Wertvolle  Bausteine  (J.  Sitzler). — 
Rev.  des  etud.  Gr.  S.  252-253  (M.  E.).  —  Württ.  Korr.-ßl.  S.  473- 
474  (Meltzer). 

La  Roche,  Jacob.  Homerische  Untersiu-hungen.  2.  T.  LCB 
Sp.  1064  —  1065.  Ist  syntaktischen  Fragen  gewidmet.  Reiche  Matc- 
rialsammlung,  aber  wenig  gesichtet.  Die  syntaktisclie  Forschung 
der  letzten  Jahrzehnte  ist  auf  die  Anschauungen  des  Verfassers  ohne 
l'.inlluss  geblieben  (W.  S.  .  .  ze).  —  Rev.  cri't.  S.  .-,2— 33.  Der  Ver- 
lasser  täuscht  sich  über  die  Wichtigkeit  seiner  Schlüsse,  die  nicht 
HO  neu  sind  als  er  glaubt;  dabei  erdrückt  er  den  Leser  durch  eine 
Überfülle  von  Beisi)ielen,  statt  drei  oder  vier  besonders  einleuch- 
tende  aulzuführen  (My.).    —    Deutsche  Litt.-Z.    Sp.  201-203  (Ernst 


Rezensionenverzoiclmis.  129 

Maass).  —  Rev.  des  etiul.  Gr.  S.  105—10(5  (R.  Harmand).  —  Nord. 
Tidsskr.  f.  Filol.  III.  R.  3  Bd.  S.  47-54  (V.  Kuös).  —  Berl.  phil.  Woeh. 
Sp.  481—487  (R.  Peppmüller).  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  177—182 
(E.  Eberhard). 

Larsson,  Ludvig-.  Ordförrädet  i  de  ülsta  Islänska  Hand- 
skrifterna,  leksikaliskt  ock  g'ramatiskt  ordnat.     Acadeinv  45  S.  439. 

—  Arch.  f.  d.  St.  d.  neuer.  Spr.  u.  L.  92  S.  442-443  (A.'  Heiisler). 

La  Terza,  Ermenegildo.  Modi  e  teiiipi  forinatisi  sul  teina  del 
perfetto  nelle  ling'iie  indo-europee  e  specialmente  nell'  antico  indiano 
ed  iranico,  nel  g-reco  e  nel  latino.  Anz.  f.  idg-.  Spr.  u.  Alt.  III  S.  182 
(F.  Skutsch). 

Lattes,  E.  Sag-g'i  e  appimti  intorno  alla  Iscrizione  Etrusca 
della  Mummia.  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  331—333.  Fleissig-e  und  g-eist- 
volle  Untersuchungen  zur  Mumienbindeninsolirift  im  Sinne  der  ita- 
lisch-etruskischen  Sprachverwandtschaft  (\Y.  Deecke).  —  Berl.  phil. 
Woch.  S.  1109—1112  (W.  Deecke).  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  143  bis 
144  (Carl  Pauli).  —  LCB  1894  Sp.  218,  219.  Versuchter  Nachweis 
der  Verwandtschaft  des  Etruskischen  mit  den  italischen  Sprachen 
nicht  erbracht. 

Lavrovs,  P.  A.  Obzor^  zvukovvch;!)  i  formalMi3'ch»  osoben- 
nostej   bolg'arskag'o  jazyka.     Arch.  f.  siav.  Phil.  S.  282—284  (V.  J.). 

—  Ibidem  S.  481—492  Reichhaltig-es  historisches  Material  für  die 
bulgarische  Laut-  und  Formeidehre  (V.  Oblak). 

Le  Bon,  Gust.  Les  Monuments  de  l'Inde.  Rev.  Grit.  S.  241  bis 
245  (A.  Barth). 

Le  Braz.  La  leg"ende  de  la  Mort  en  Basse-Bretagne.  Rev. 
Celt.  S.  124—126  (H.  d'A.  de  J.). 

Leeuwen,  J.  van.  Enchiridion  dictionis  epicae.  Pars  poste- 
rior cum  proleg'omenis  et  indice.  LCB  Sp.  1295 — 1296.  Behandelt 
von  der  Homergrammatik  Verbum  und  Partikel.  Über  griechische 
Dialekte  und  vorhistorische  Grundlage  des  Griechischen  ist  der  V. 
ungenügend  unterrichtet  (J.  VV.). 

Lefevre,  A.  Ethnographie  linguistique.  La  science  des  re- 
ligions  dans  ses  rapports  avec  rethnogra])hie.  Place  des  indo-eiiro- 
peens  dans  l'evol.  bist.     Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  5  (Hoernes). 

Lefevre,  A.  Race  and  Language.  Academv  46  S.  514.  Nicht 
sorgfältig,  veraltet. 

Leger,  Louis  et  Bardonnant  G.  Les  racines  de  la  lana'ue 
russe.    Rev.  de  ling.  S.  169—170  (J.  V.). 

Le  Hir,  D.  M.  de  Quatretoges  et  ranthropoloü-ie.  Polvbib. 
70  S.  365—366  (Jean  d'Estienne). 

Leidolf,  Jul.  Die  Naunheimer  Mundart.  Literaturbl.  f.  u'orm. 
II.  rom.  Phil.  Sp.  112—113  (August  Höfer). 

Leipold,  W.  Über  die  Sprache  dos  Juristen  Aemilius  Pa- 
pinianus.     Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  {]G  (W.  Meyer-Lübke). 

Leist,  B.  W.  Alt-arisches  jus  civile.  1.  Abt.  Jahresb.  üb.  d. 
Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Ph.  15  S.  110  (Böhm). 

Lei  and,  Ch.  G.  Etruscan  Roman  remains  in  ])oinilar  tradi- 
tion.     Jahres)),  f.  Geschichtsw.  15  I  122  (Hüter). 

Le  Maitre.  Phonetique.  Organe  de  TAssociation  Phonetique 
des  Professeurs  de  Langues  Vivantes.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV 
S.  6,  10-11  (W.  Victor). 

Lenz,  Rudolfo.  La  Fonetica.  —  Derselbe,  Fonetica  aplicada 
a  la  ensenanza  de  los  idiomas  vivos.  Fonetica  francesa.  —  Der- 
selbe und  Antonio  Diez,  Metodolojia  para  la  ensenanza  inductiva 
del  frances.  —  Dieselben,  Libro  de  lectura  jiara  la  ensenanza  prac- 
tica del  frances.     LCB  Sp.  1600. 

Anz'igei-  VI  1  u.  2.  9 


130  Rezensionen  Verzeichnis. 

Leppermann,  Herrn.  De  correptione  vocabiilorum  iambi- 
corum,  cjuae  apiid  Plautum  in  senariis  atqiie  septeiiariis  iambicis 
et  trochaicis  inveniuntur.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  259—267  (Seyffert). 

Leskien,  A.  Die  Bildung-  der  Nomina  im  Litauischen.  Anz. 
f.  idg-.  Spr.  u.  Alt.  TV  S.  56-59  (Josef  Zubaty). 

Leskien,  A.  Untersuchuno-en  über  Quantität  und  Beto- 
nung* in  den  slavisc-hen  Sprachen.  2.  Teil.  LCB  Sp.  1178— 1179.  Reife 
Frucht  einer  niühselig-en  Arbeit  (Wdm.).  —  Anz.  f.  idg".  Spr.  u.  Alt. 
IV  S.  52—56  (H.  Hirt). 

Letoiirneau,  Ch.  L'PIvolution  litteraire  dans  les  diverses 
races  humaines.  1  vol.  L'Anthropologie  S.  109—110  (R.  Venieau).  — 
Revue  de  Ling.  S.  166—168  (Julien  Vinson). 

Letourneau.  Les  orig-ines  de  la  litterature.  Jahresb.  für 
Geschichtsw.  15  I  5  (Hoernes). 

Lichtenberger,  H.  De  vex-bis  quae  in  vetustissima  Germa- 
norum  lingua  reduplicatum  praeteritum  exhibebant  .  .  .  Anz.  f. 
deutsch.  Alt.  S.  83—84  (Ferd.  Holthausen). 

Lienhart,  Hans.  Laut-  und  Flexionslehre  der  Mundart  des 
mittleren  Zoruthales  im  Elsass.  Zeitschr.  f.  deutsche  Phil.  S.  137  bis 
138.  Einige  grundsätzliche  Erörterungen  des  Ref.  (Adolf  Sociu).  — 
Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  70—71  (Friedrich  Kauffmann). 

Lind,  Josephus.  De  dlalecto  Pindarica  I.  Prolegomena  et  de 
vocalismo  Pindarico  ex  proximis  sonis  non  apto.  Deutsche  Litt.-Z. 
Sp.  1132—1133.  Gesundes  Urteil  (Otto  Schroeder).  —  Berl.  phil. 
Woch.  Sp.  675  (L.  Bornemann). 

Linde,  S.  Über  das  Carmen  Saliare.  Jahresb.  f.  Geschichtsw. 
15  I  166  (Hüter). 

Lindsav,  W.  M.  Deminutives  in  -culus.  Their  metrical  treat- 
ment  in  Plautus.     Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  258—259  (Seyflfert). 

Lindsay,  W.  M.  On  the  Accentual  Element  in  Early  Latin 
Verse,  with  a  New  Theorv  of  the  Saturnian  Metre.  Athenaeum  I 
March  S.  317. 

Lindsav,  W.  M.  On  the  Satiu-nian  Metre  (Am.  Journ.  of 
Philol.  XIV  Nr.  2).  Class.  Rev.  S.  108-110.  Verficht  die  Akzent- 
theorie; methodisch  wichtig-  (A.  S.  Wilkins).  —  Berl.  pliil.  Woch. 
Sp.  1012—1015.  Kommt  auf  g-anz  anderem  Wege  zu  ähnlichen  Re- 
sultaten, wie  der  Verf.  schon  vor  ihm  (Keller).  —  Woch.  f.  kl.  Phil. 
Sp.  545—546  (Draheim). 

Liptay,  Alberto.  Lang-ue  Catolique.  Projet  d'un  Idiome  In- 
ternational sans  construction  grammaticale.  Med.  Lang.  Not.  Sp.  171 
—180  (Samuel  Garner). 

Losch,  Fr.  Balder  und  der  weisse  Hirsch.  Jahresb.  üb.  d. 
Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Ph.  15  S.  120. 

Lotli,  J.  Les  mots  latins  dans  les  lans'ues  brittoniqiies.  Anz. 
f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  43— 46  (R.  Thurneyscn). 

Lounsburv,  T.  R.  Historv  of  the  Enü'lish  Language.  1894^. 
Arch.  f.  d.  St.  d.  neuer.  Spr.  u.  L.  93  S.  174—176  (J.  Z.). 

Ludewig,  Anton.  Schliemanns  Ausgrabungen  und  die  home- 
rische Kultur.     Neue  phil.  Rundsch.  S.  330—331  (Kud.  Menge). 

Ludwich,  Arthur.  Homerica.  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  641— 644 
(P.  Eg-enolft'). 

Lud  wich,  Arthur.  Adnotationum  criticarum  ad  scholia  in 
Homeri  Iliadein  Genavensia  pars  II  et  conimentatio  'Quantitäts- 
zeichen in  den  ältesten  Iliashandschriften'  inscripta.  Berl.  Phil.  Woch. 
Sp.  1—3  (P.  Eg-enolft). 

LudAvich,  Arthur.  Batrachoniyomachiae  Homericae  arche- 
typon  ad  fidem  codicum   antiquissiniorum  .  .  .  restitutum.     Zeitschr. 


Rezensionenverzeichnis.  131 

für  die  österr.  Gymu.    S.  888 — 901.     Ausführliche  Bemerknng'en  des 
Rezensenten  zu  den  Eig'entümlichkeiten  der  Handschriften. 

Lübke.  LTber  Todtenbräuche  der  Neug-riechen.  BeiL  z.  Alla'. 
Z.  Nr.  7. 

Lukas,  Fr.  Die  Grundbeg'riffe  in  den  Kosmogonien  der  ahen 
Völker.  Arch.  f.  Anthr.  S.  27.S— 275.  Über  die  Grundprinzipien  der 
vergleichenden  Betraciitung-  in  der  Wissenschaft  (Th.  Achelis).  — 
Anz.  f.  deutsch.  Alt.  S.  113—115.  Methodisch  musterhaft  (Richard 
M.  Meyer). 

Lundell,  J.  A.  Svensk  ordlista  med  reformstavuing  ock  ut- 
talsbeteckning.  LCB  1894  Sp.  217,  248.  Weiter  Blick,  gründliche 
sprachgeschichtliche  Schulung  (-gk).  —  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV 
S.  51—52  (Gustav  Morgenstern). 

Lutz,  Leonh.  Die  Kasus-Adverbien  bei  den  attischen  Red- 
nern.    Neue  phil.  Rundschau  S.  219—220  (Meisterhans). 

Lyon,  Otto  s.  Heyse,  Joh.  Christ.  Aug. 

Mac  Cormac,  John.  The  Inlkience  of  Language  and  En- 
vironments upon  the  Individual  throug'h  the  nervous  svstem.  Arch. 
f.  Anthr.  S.  147  (Rudolf  Martin). 

Mc  Crindle,  J.W.  The  Invasion  of  India  by  Alexander  the 
Great  as  described  by  Arrian  Q.  Curtius  Diodorus  Plutarch  and 
Justin.  GGA.  S.  647 — 651.  Bemerkungen  mit  Bezug  auf  die  Geo- 
graphie des  Veda  (Alfred  Hillebrandt). 

Macdonald,  D.  The  Asiatic  Origin  of  the  Oceanic  Lauü-uages. 
Globus  65  S.  362—363  (Friedrich  Müller). 

Macdonald,  D.  Oceania.  Lina'uistic  and  anthropological. 
Globus  65  S.  362—363  (Friedrich  Müller). 

Mahaffv,  J.  P.  The  Flinders  Petrie  Papvri  IL  Athenaeum  I 
Apr.  S.  472—4^3,  511.  —  Zeitschr.  f.  d.  öst.  Gvmn.  S.  907—913  (Ad. 
W^ilhelm). 

Mahaffy,  P.  Problems  in  Greek  history.  Jahresb.  f.  Ge- 
schichtsw.  15  I  101.  Bespricht  u.  a.  neuere  Darstellungen  der  grie- 
chischen Geschichte  (S.  Bi-uck). 

Mair,  G.  Res  Raeticae.  Jahresb  f.  Geschichtsw.  15  1 148  (Hüter). 

Marchot,  Paul.  Solution  de  quelques  difficultes  de  la  pho- 
netique  fran(,'aise.  Chapitre  du  vocalisme.  Literaturbl.  f.  germ.  u. 
rom.  Phil.  Sp.  11— 13^(W.  Meyer-Lübke). 

Maretic,  T.  Zivot  i  knizevni  rad  Fraüa  Miklosica.  Arch.  f. 
slav.  Phil.  S.  494—497  (V.  Oblak). 

Marino V,  D.  Jiva  starina,  etnografitchesko  folklorno  spisa- 
nie  (L'Antiquite  vivante,  recueil  d'ethuographie  et  de  folklore)  L'An- 
thropologie  S.  228-229  (Th.  V.). 

Martin,  Johannes  s.  Varnhagen,  Herm. 

Martiny,  Benno,  Kirne  u.  Girbe.  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  1232 
1235.  i\Iit  historischem  Sinn  und  technischen  Kenntnissen  Avird  über 
Kirne  und  Girbe,  die  arische  und  die  semitisch-mongolische  Bezeich- 
nung für  die  Urform  des  Butterfasses  gehandelt  (Max  C.  P.  Schmidt). 
—  Öst.  Litt.-Bl.  Sp.  .658—659  (Wilhelm  Hein). 

Marty,  A.  Über  Sprachretiex,  Nativismus  und  absichtliche 
Sprachbildung.  Jahresb.  üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Ph.  15 
S.  12  (Felix  Hartmann). 

Marty,  A.  Über  das  Verhältnis  von  Grammatik  und  Logik. 
Jahresb.  üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Phil.  15  S.  13  (Felix  Hart- 
mann). —  Zeitschr.  f.  d.  österr.  Gymn.  S.  126  (Karl  Schenkl). 

Mascke,  C.  H.  Über  die  Bedeutungen  der  Sprachlaute  und 
die  Bildung  der  W^ortbegriftV.  Jahresb.  üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d. 
germ.  Ph.  15  S.  12  (Felix  Hartmann). 


132  Eezen.sioncnverzcichnis. 

^laspöro,  G.  Histoive  ancieiine  des  pouples  de  rOrient  I. 
Rev.  Grit.  S.  331— 332  (Salomon  Reinach).  —  Polybib.  71  S.  485-486. 

Maspero,  G.  Geschichte  der  morgenländisclien  Völker  im 
Altertum.  Nach  der  2.  Aufi.  übersetzt  v.  R.  Pietschmanu.  Ceiitr.- 
Org.  f.  d.  Int.  d.  Realschuhv.  S.  180-181  (Lg.). 

Mather,  Frank  Jewett.  The  Conditional  Sentence  in  Anglo- 
Saxon.     Engl.  Stud.  S.  406-408  (J.  E.  Wülfing). 

Matov,  D.  Gr^ko-bslgarski  studii.  Byz.  Zeitschr.  8.182—183. 
Behandelt  den  griechischen  EinHuss  auf  die  bulgarische  Sprache, 
die  Geschichte  der  Slavenfrage  in  Griechenland,  die  slavischen  Lehn- 
Avörter  im  INIittel-  i;nd  Neugriechischen:  das  Beste,  was  wir  über  den 
Gegenstand  besitzen  (Gustav  Mever).  —  Areh.  f.  slav.  Phil.  S.  304  bis 
307  (V.  Oblak). 

IMatthlas,  Tlieod.  Sprachleben  i;nd  Sprachschäden.  Arch.  f. 
d.  St.  d.  neuer.  Spr.  u.  L.  92  S.  86—88  (Max  Roediger).  -  Jahresb. 
üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Phil.  15  S.  31  (Bötticher). 

Maurenbrecher,  B.  Carminum  Saliarixim  Reliquiae.  Rev. 
Grit.  432-433  (P.  L.).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  1371-1372  (C.  W.). 

Maurenb  reell  er,  B.  Zur  Litteratur  der  lateinischen  Sprach- 
wissenschaft. Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  169.  Bespricht  eingehend 
0.  Keller,  Lateinische  Volksetymologie  und  0.  Weisse,  Charakteri- 
stik der  lateinischen  Sprache  (Hüter). 

Maurer,  Konrad.  Die  Huldar  Saga.  LGB  Sp.  1774— 1775  (-gk.). 

Maxwell,  Herbert.  Scottish  landnames,  their  origin  and  mea- 
ning,     Rev.  Gelt.  S.  234—235  (H.  d'A.  de  J.). 

Mav,  Mart.  Beiträge  zwr  Stammkunde  der  deutschen  Sprache. 
LGB  Sp.  962,  963.  Die  reinste  Makulatur  (Bgm.).  —  Zeitschr.  f.  d. 
österr.  Gvmn.  S.  1113— 1114.  Handgreiflicher  Unsinn  (F.  Detter).  — 
Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  HI  S.  183  (H.  Hirt).  —  Berl.  phil.  AVoch. 
Sp.  567—568  (F.  Skutsch).  —  Arch.  f.  d.  Stud.  d.  neuer.  Spr.  u.  L. 
92  S.  72-77  (J.  Z.). 

MazanoAvski,  Nikolaus.  Über  die  Gastfreiheit  der  Hom.eri- 
schen  Griechen.  Zeitschr.  f.  d.  österr.  Gymn.  S.  853—854.  Mangel- 
hafte Benützung  der  Litteratur  über  den  homerischen  Seivoc  (B. 
Kruczkiewicz). 

Meister,  Rieh.  s.  Her o das. 

M ekler,  S.  Neues  von  den  Alten.  Neue  phil.  Rundsch.  S.  88 
bis  90.  Bringt  schätzenswerte  Beiträge  zu  den  Mimiainben  des  Heron- 
das  (J.  Sitzler). 

Melandcr,  G.  A.  Archäologische  Fragen  in  botanischer  Be- 
leuchtung. Arch.  f.  Anthr.  S.  263—266.  Betont  die  Wichtigkeit  bo- 
tanischer Gesichtspunkte  für  die  Prähistorie  (J.  Mcstorf). 

Mendels ohn,  L.  Zum  griechischen  Lexikon.  Bvz.  Zeitschr. 
S.  419  (K.  K.). 

i\Ientz,  Ferd.  Bibliographie  der  deutschen  Mundartenfor- 
schung. Litteraturbl.  f.  germ.  u.  rem.  Phil.  Sp.  220  (0.  Behaghel).  — 
Jahresb.  üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Phil.  15  S.  35  (W.  Seel- 
mann).  —  Mod.  Lang.  Not.  Sp.  119—120  (G.  H.  Bierwirth). 

Meyer,  Ed.  Forschungen  zur  alten  Geschichte.  L  Jahresb. 
f.  Geschichtsw.  I  74  (S.  Brück). 

Mever,  Ed.  Geschichte  des  Altertums.  2.  Bd.  Geschichte  des 
Abendlands  bis  auf  die  Perserkriege.  LGB  Sp.  1205— 1207.  Der  Ver- 
fasser hat  selbst  ägyptische,  arabische,  Sanskrit-  und  Keiischrift- 
texte  gelesen.  Muster  universalgeschichtliciier  Forschung  und  Dar- 
stellung (R.  Phlmnn.).  —  Academv  45  S.  167.  —  Neue  phil.  Rundsch. 
S.118-123  (HeinricIiSwoboda).  —  Gentr.  Org.  f.  d.  Int.  d.  Realschuhv. 
S.  G44— 646  (J.  P  Jürgenscn).  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  781—787,  814  bis 


Rezensionenverzeichnis.  133 

820.  Wetteifert  mit  Curtius  in  der  Rekonstruktion  der  vorhistorischen 
g-riechischen  Geschichte.  Urteil  über  linguistische  Fragen  nicht 
selbständig-  (Holm).  —  Bl.  f.  d.  Gymn.-Sch!  S.  676—680  (Melber).  — 
Beil.  z.  Allg.  Z.  Nr.  8  u.  9.  'Die  Cultur  der  mykenischen  Zeit'  — 
der  bedeutendste  Teil  des  Werkes  (Georg  Ebers).  —  Ibidem  Nr.  140 
u.  141  (Ivo  Bruns). 

Meyer,  Elard  Hugo.  Die  eddische  Kosmogenie.  Jahresb.  f. 
kl.  Alt.  81  S.  71  (Gruppe). 

Mever,  Gustav.  Essavs  und  Studien  zur  Sprachgeschichte 
und  Volkskunde  IL  Berl.  phif.  Woch.  Sp.  310—313  (K.  Krurabacher). 
—  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  1-2  (Victor  Michels). 

Mever,  G.  Zur  neugriechischen  Grammatik  (Analecta  Grae- 
ciensia  s!'  1—23).  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  53  (E.  Hübner).  —  Byz. 
Zeitschr.  S.  202  (K.  K.). 

Meyer,  Gustav.  Albanesische  Studien.  III.  Lautlehre  der 
indogermanischen  Bestandteile  des  Albanesischen.  Arch.  f.  slav.  Ph. 
S.  308-309  (V.  0.). 

Meyer,  Gustav.  Neugriechische  Studien.  I.  Versuch  einer 
Bibliographie  der  neugriechischen  Mundartenforschung.  II.  Die 
slavischen,  albanesischen  und  rumänischen  Lehnworte  im  Neugrie- 
chischen. LCB  Sp.  1736—1738.  In  der  Bibliographie  fehlt  nichts 
Wichtigeres.  Mit  sicherem  Blick,  Scharfsinn  imd  ausgebreiteten 
Kenntnissen  sind  die  dunkelsten  Fragen  neugriechischer  und  bal- 
kansprachlicher  Lexikographie  erhellt.  (A.  Tli.).  —  Berl.  phil.  Woch. 
Sp.  1042  —  1044.  Teil  I  enthüllt  den  unerwarteten  Reichtum  des 
heute  schon  vorliegenden  Materials  (Karl  Krumbacher).  —  Bvz.  Zeit. 
S.  202.     Voranzeige  (K.  K.)  —  Ibidem  S.  420—421  (K.  K.)  S.  639  (K.  K.). 

]\Ieyer,  Gustav.  Türkische  Studien.  I.  Die  griechischen  und 
romanischen  Bestandteile  im  Wortschatze  des  Osmanisch-Türkischen. 
Arch.  f.  slav.  Phil.   S.  307—308  (V.  O.). 

Mever,  R.  M.  Imi  und  die  Weltschöpfung.  Jahresb.  üb.  d. 
Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Ph.  15  S.  119. 

Meyer-Lübke,  Wilh.  Grammatik  der  romanischen  Sprachen. 
2.  Bd.  Formenlehre.  LCB  Sp.  1571—1573.  Jeder  angehende  Sprach- 
forscher sollte  vor  Brugmanns  Grundriss  Meyer-Lübkes  romanische 
Grammatik  in  die  Hand  nehmen.  —  Romania  S.  494—495.  —  Arch. 
f.  lat.  Lex.  IX  S.  310-312  (G-r). 

Mever-Lübke,  Wilh.  Die  Schicksale  des  idg.  o  im  Latei- 
nischen.    Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  3—4  (H.  Hirt). 

Michaelis  de  Vasconcellos,  Carolina.  Fragmentos  etymolo- 
g-icos.     Romania  S.  493—494. 

Mi  kk  eisen.  Kr.  Dansk  Sprogloere.  Ark.  f.  nord.  Fil.  11 
S.  180—208.  Anzeige  mit  sprachgeschichtlichen  Exkursen  (F.  Dyr- 
lund).  —  Nord.  Tidsskr.  f.  Filol.  III.  R.  3.  Bd.  S.  74—87  (D.  Andersen). 

Miklosic  s.  Maretic,  T. 

.Mileties.  Miklosies  i  slavjanskata  filoloffija.  Arch.  f.  slav. 
Phil.  S.  494—497  (V.  Oblak). 

Millien,  Achille.  ßallades  et  chansons  populaires  tscheqvies 
et  bulgares.     Polybib.  71  S.  362  (Th.  P.). 

Mills,  Lawrence  H.  A  Study  ot  the  tive  Zarathushtrian  (Zoro- 
astrian)  Gäthäs,  with  texts  and  translation.  Jouru.  des  Savants 
S.  507—508. 

Minor  (J.).  Neuhoclideutsche  Metrik.  LCB  1894  Sp.  643— 
646  (W.  B.).  —  Beil.  z.  Allg.  Z.  Nr.  87  (M.  Carriere). 

Missale  Romanum  slavonico  idiomate  ex  decreto  sacrosancti 
concilii  tridentini  restitutuin  .  . .  Arch.  f.  sl.  Ph.  S.  210—216  (V.  Jagic). 

Misteli,  Fr.     Charakteristik  der  hauptsächlichsten  Typen  des 


134  Rezensionen  Verzeichnis. 

Sprachbanes.  Neubearbeitung'  des  Werlces  von  H.  Stointhal  (^  Ab- 
riss  der  Sprachwissenscliaft  II).  Anz.  f.  idg.  Spr.  \i.  Alt.  III  S.  171 — 
173  (G.  V.  d.  Gabelentz).  —  Centr.-Org.  f.  d.  Int.  d.  Realscluilw, 
S.  103  (Wasserzieher). 

yi  olle  r,  Herrn.  Die  Zeit  der  Runensteine  von  Wedelspang' 
und  die  beiden  Gnupa  (Verhandl.  d.  kgl.  dän.  Yidensk.  Selskab  1893). 
Arch.  f.  Anthr.  S.  471-473  (J.  Mestorf). 

jMonumenta  Linguae  Ibericae  edidit  Aeniilianus  Hübner. 
Zeitschr.  für  die  österr.  Gvnin.  S.  146—149.  —  Class.  Rev.  S.  357 — 
359  (R.  S.  Conway).  —  Rev.  Celt.  S.  137  (H.  d'A.  de  J.). 

Morel-Fatio,  A.  Notes  de  lexicologie  espaa-nole.  (Romania 
1893  Nr.  87.)  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  S.  297-298  (A.  Tobler). 

Morg-an  v.  Catalogue  des  Monuments  et  Inscriptions  de 
TEg-ypte  antique.     Beil.  z.  Allg.  Z.  Nr.  131. 

Morice,  A.  G.  Dene  roots.  Arch.  f.  Anthr.  S.  148.  Erläutert 
die  Bedeutung  der  vergleichenden  Sprachforschung"  in  allen  Fragen 
der  Völkerverwandtschaft  (Rudolf  Martin). 

Morris,  E.  P.  On  the  sentence-question  in  Plantus  and  Te- 
rence.     Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  341—347  (Soyffert). 

Mourek,  V.  E.  Syntaxis  slozenych  vet  v  gotstine  (Syntax 
des  zusammengesetzten  Satzes  im  Gotischen).  Anz.  f.  deutsch.  Alt. 
S.  140—144.  Ref.  giebt  dem  Verf.  in  seinen  Kontroversen  mit  Erd- 
mann und  Bernhardt  Recht  (R.  Heinzel). 

]\Iuch,  M.  imd  Fischer,  L.  H.  Voi--  und  frühg-eschichtliche 
Denkmäler  aus  Österreich-Ungarn.  Centr.-Org-.  f.  d.  Int.  d.  Real- 
schuhv.  S.  7(53. 

Mueh,  M.  Die  Kupferzeit  in  Europa  und  ihr  Verhältnis  zur 
Kultur  der  Idü'.  Jahresb.  f.  Gesch.  15  I  4  (Hoernes).  —  Polvbib.  70 
S.  349—350  (A"  Arcelin).  —  Jahresb.  üb.  d.  Ersch.  auf  d. 'Geb.  d. 
germ.  Ph.  15  S.  46—47  (Böhm). 

Much,  R.  Deutsche  Stammsitze.  Anz.  f.  idü*.  Spr.  u.  Alt. 
IV  S.  46-49  (G.  Kossinna). 

jMucke,  Ernst.  De  consonarum  in  Graeca  lingua  praeter 
Asiaticorum  dialectum  Aeolicam  geminatione.  Particula  altera.  Woch. 
f.  kl.  Phil.  Sp.  172—173,  254.  Man  gewinnt  öfters  den  Eindruck, 
dass  der  Verfasser  über  die  in  Frage  stehenden  Probleme  nicht 
g'anz  unterrichtet  ist  (Paul  Kretschmer).  —  Neue  phii.  Rundsch. 
S.  31-32  (Fr.  Stolz. 

Mucke,  K.  E.  Historische  und  vergleichende  Laut-  und 
Formenlehre  der  Niedersorbisclien  (Niederlausitzisch  -  wendischen) 
Sprache  (Preisschrift  der  Fürstl.  Jablonowski'schen  Gesellschaft  z. 
Leipzig).     Arch.  f.  slav.  Phil.  S.  530—549  (Josef  Karasek). 

Mühlefeld,  K.  Die  Lehre  von  der  Vorstellungsverwandt- 
schaft und  ihre  Anwendung  auf  den  Sprachunterricht.  Centr.-Org". 
f.  d.  Int.  d.  Kealschulw.  S.  626— 627  (L.  Rudolpii).  —  Berl.  phil.  AVoch. 
Sp.  1526-152M.  —  Neuphil.  Cbl.  S.  273-275  (S— e.). 

Müllenhoff,  K.  und  Sc  her  er,  W.  Denkmäler  deutscher  Poesie 
und  Prosa  aus  dem  VIII.— XII.  Jahrhundert.  3.  Ausg.  v.  E.  Stein- 
meyer.  Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn.  S.  128—142.  Der  Rezensent 
bringt  eine  Fülle  von  Bemerkungen  zu  den  poetisclien  Stücken  der 
Sanniilung  (Carl  Kraus).  —  Zeitschr.  f.  deutsche  Phil.  S.  109—113. 
R(^ferent  geht  im  einzelnen  auf  die  Veränderungen  gegenüber  den 
früheren  Auflagen  ein.  (H.  Wunderlich). 

Müller,  A.  Vorgeschichtliche  Kulturbilder  aus  der  Höhlen- 
und  älteren  Pfahlbauzeit.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  5—6  (H.  Hirt). 

Müller,  Fr.  Awestische  und  neupersische  Etymologieen.^ 
Jahresb.  f.  Geschicht.sw.  15  I  73  (F.  v.  Spiegel). 


Rezensionenverzeichnis.  135 

Müller,  H.  D.  Die  Sag-e  vom  trojanischen  Krieg:  tmd  die 
homerische  Dichtung-.     Jahresb.  f.  kl.  Alt.  81  S.  87—88  (Gruppe). 

Müller,  H.  D.  Hist.-mvtholog-.  Untersuchungen.  Jahresb.  f. 
Geschichtsw.  I  74  (S.  Brück). " 

Müller,  J.  V.  Handl).  d.  klass.  Altertumswissenschaft  I^  ent- 
hält u.  a.  Epig-raphik  v.  Hinrichs-Larfeld.  Blätter  f.  d.  Gvmn.-Schul- 
wesen  XXX  118—122  (Georg-  Orterer). 

Müller,  Max.  Physical  Religion.  —  Derselbe,  Anthropological 
Religion.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  81  S.  72 — 76.  Die  notAvendig  gewor- 
denen Konzessionen  M.'s  an  seine  Geg-ner  vermindern  die  innere 
Konsequenz  seines  Systems  (Gruppe). 

Müller,  Max.  Die  Wissenschaft  der  Sprache.  Deutsche  Aus- 
gabe von  R.  Fick  und  W.  Wischman.  Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn. 
S.  785.  Ist  geblieben,  was  es  war  und  was  es  nicht  war.  Zur  Ein- 
führung nicht  geeignet  (R.  Meringer).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  1 — 3 
2.  Band.  Bezeichnet  in  mythologischen  Dingen  eine  völlig  über- 
wundene Phase  der  Wissenschaft.  Auch  sonst  vielfacli  veraltet. 
Geistreiche  Einfälle  (P.  Kretschmer).  —  Litteraturbl.  f.  germ.  u.  rom. 
Phil.  Sp.  1— .3.   Neue  Bearbeitung-  entschieden  verbessert  (Herm.  Hirt). 

Mull  er,  H.  C.  Beiträge  zur  mittelalterlichen  griechischen 
Sprache.     Byz.  Zeitschr.  S.  203.     Nichtigkeiten  (K.  K.). 

Mull  er,  H.  C.  Neugriechische  Studien  und  neugriechische 
Dialektforschimg.     Berl.  ])hil.  Woch.  Sp.  1557—1558  (H.  Moritz). 

Baverns  Mundarten.  Ha'g'.  von  0.  Brenner  u.  A.  Hartmann. 
Litteraturbl,  f.  germ.  \i.  rom.  Phil.  Sp.  220—222  I  1891/2  (Friedr. 
Kauflmann).  —  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  S.  464  Band  II  Heft  2 
(K.  W.). 

Mimkäcsy,  Bernhard.  Die  urgeschiclitlichen  Lehren  der  un- 
garischen Metallnamen.  Ung.  Rev.  S.  231.  Behandelt  u.  a.  den 
iranischen  Kultureinfluss. 

Muret.  Encyclopädisches  Wörterbuch  der  englischen  imd 
deutschen  Sprache.  Lief.  12  (Schluss  der  1.  Hälfte  A-K).  Deutsche 
Litt.-Z.  Sp.  1262—1263.  Auf  dem  Gebiet  der  Lexikographie  uner- 
reicht dastehend  (Emil  Hausknecht).  —  Zeitschr.  f.  Realscliulw.  S.  496  bis 
497.  —  Neupliil.  Cbl.  S.  48-49  (Wendt).  —  Bl.  f.  d.  Gvmn.-Sch.  S.  657  bis 
659  (Wohlfahrt). 

IMurrav.  A  New  English  Dictionnarv.  Part  VII.  VIII.  Am. 
Journ.  of  Phil.  S.  82—85  (J.  M.  Garnett). 

Muss-Arnolt,  W.  On  Semitic  Words  in  Greek  and  Latin. 
Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  24-27  (Gustav  Meyer). 

Mutzbauer,  Carl.  Die  Grundlagen  der  griechischen  Tempus- 
lehre und  der  homerisciie  Tempusgebrauch.  LCB  Sp.  1459—1460. 
Nützliche  IMaterialsammlung,  darüber  hinaiis  Avertlos.  Die  sprach- 
wissenschaftlichen Ansichten  des  Verfassers  sind  meist  gänzlich  ver- 
altet (Bgm.).  —  Rev.  Grit.  S.  53—55.  Der  (allein  besj)rochene)  theo- 
retische Teil  des  Buches  ist  anregend,  fordert  aber  Air;lfat'h  zum 
Widerspruch  heraus  (My.).  —  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  741—742.  Im 
theoretischen  Teil  nichts  wesentlich  Neues,  die  im  2.  Teil  herbeige- 
zogenen Etymologieen  sind  meist  veraltet  (Paul  Kretschmer).  — 
Class.  Rev.  S.  33—34.  Verwirft  mit  Mutzbauer  die  alte  Auflassung 
des  Aor.  gnom.  (D.  B.  Monro).  —  Württ.  Korr.-Bl.  S.  419-423  (Mel- 
tzer).  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  404—407.  Bei  dem  ausgesprochenen 
Zweck  des  Buches  die  Bedeutung  der  Temjjora  der  homerisciien 
Verba  auf  ihre  wahre  Natur  zu  untersuchen,  fallen  die  Irrtümer 
der  Formenlehre  und  Etymologie  weniger  ins  Gewicht  (Fr.  Stolz).  — 
Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  887—891  (H.  G.). 

Mythographi  Graeci  I  Apollodori  Bibliotheca.   Ed.  R.  Wag- 


136  Kezcusionen  Verzeichnis. 

ner.  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  840-842  (E.  ßethe).  —  Bvz.  Zcitschr. 
S.  177-178  (K.  K.). 

Naue,  Julius.  Die  Bronzezeit  in  Oberbavcrn.  LCB  Sp.  1703  bis 
1704  (P.  H.).  —  Globus  65  S.  149  (A.  LissaueV).  —  Beil.  z.  AWg.  Z. 
Nr.  139  (H.  Arnold). 

Neophytos,  Aristotc  G.  Le  Grec  du  nord-est  de  l'Asie  Mi- 
neure  au  ])oint  de  vuc  anthropologique.  Arch.  f.  Anthr.  S.  290 
(Georg"  Buschan). 

Neue,  Fr.  Formenlehre  der  lateinischen  Sprache.  Berl.  phil. 
Woch.  Sp.  1397—1398  IIL  Das  Verbum  1894^  von  C.  Wag-ener  (A. 
Funck).  —  Anz.  f.  idg.  Spr.  vi.  Alt.  IV  S.  63  II.  Adjectiva,  Numeralia, 
Pronomina  etc.  (W.  Meyer-Lübke).  —  Arch.  f.  lat.  Lex.  IX  S.  310. 

Neumann,  Max.  Eustathios  als  kritische  Quelle  für  den 
Iliastext.  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  201—203  (Arthur  Ludwichj.  —  Neue 
phil.  Punidsch.  S.  1—2  (H.  Kluge).  —  Rev.  des  etud.  Gr.  S.  108  (R. 
Harmand). 

Nicolucci,  G.  Gli  Aryi  e  le  orig-ini  europee.  Jahresb.  f. 
Geschichtsw.  15  I  2,  3  (Hoernes). 

Nicolucci,  G.  I  Celti  e  la  formazione  d.  odierne  nazionalitä 
francese,  spagnuolaedinglese.  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  1513  (Hoernes). 

Niederle,  Lub.  Lidstvo  v  dobe  predhistoricke  ze  zvlastniin 
zretelem  na  zeme  slovanske.  fasc.  VII— XXIV  (Der  prähistorische 
Mensch  in  Europa,  besonders  in  den  slavischen  Ländern).  L'Anthro- 
polog-ie  S.  197—200  (Th.  Volkov). 

Norden,  E.  Sprachliche  Beobachtungen  zu  Plautus.  Jahresb. 
f.  kl.  Alt.  80  S.  296-299  (Seyff'ert). 

Noreen,  Adolf.  Abriss  der  urgermanischen  Lautlehre.  LCB 
Sp.  1260—1261.  Überraschend  reichhaltig,  fast  durchweg  zuverlässig-; 
sorgfältige  Litteraturangaben.  Nur  das  Kapitel  über  den  idg-.  Ab- 
laut hätte  eine  wesentlich  befriedigendere  Gestalt  erhalten  können. 
(W.  Str.).  —  Rev.  Grit.  S.  174—176.  Von  kleinen  Einwendun<;^cn  ab- 
gesehen durchaus  zustimmend  (V.  Henry).  —  Zcitschr.  für  die  österr. 
Gymn.  S.  1099  —  1100.  Bedeutend  und' originell.  Die  Auseinander- 
setzungen über  den  Ablaut  sind  sehr  wissenswert  (Rudolf  Meringer). 

Noreen,  Ad.  Jenmäle.  Ark.  f.  nord.  tilol.  10  S.  117—124 
{Gegen  die  Rcz.  F.  Jonsson's  von  'Altisländ.  Gramm.'"-,  ebenda  9 
S.  370). 

Novakovic,  Stojan.  Prvi  osnovi  slovenske  k  izevnosti  megju 
balkanskim  slovenima.  Legenda  o  Vladimiru  i  Kosari.  Arch.  f. 
slav.  Phil    S.  235—240  (J.  J.). 

Oertel,  Hanns  s.  The  Jaiminlya  .  .  Upanishad. 

Öhlert,  Arnold.  AUg-emeine  Methodik  des  Sprachunterrichts 
in  kritischer  Begründung.  Centr.-Org.  f.  d.  Int.  d.  Realschulw. 
S.  87— S8  (T.  Adrian). 

Ohnefalsch-Richter,  Max.  Kypros,  die  Bibel  und  Homer. 
Beiträg-e  zur  Cultur-,  Kunst-  und  Religionsgeschichti'.  des  Orients 
im  Altertum.  LCB  Sp  1814—1815.  Wichtig-  als  Materialsammlung 
aus  den  Denkmälern  (T.  S.).  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp  652-659.  In- 
haltsreiche Besprechung  (Eduard  Meyer). 

Ordbok  öfver  Svenska  Sprüket,  utgifven  af  Svenska  Aka- 
demien 1.  Haftet.  LCB  1894  Sp.  (i81,  682.  Der  schwedische  Grimm, 
klassisches  Werk;  durch  genaue  Angabe  von  Aussprache  und  Be- 
tonung- wertvoll  auch  für  Ausländer  (— gk.). 

Oldenberg,  H.  Le  Bouddha,  sa  vie,  sa  doctrine,  sa  com- 
munaute.  Traduit  de  TAIlemand  par  A.  Foucher.  Polybib.  70 
S.  330-332  (A.  Rousscl). 

Oppert,  G.  s.  Säkatäyana;  Yäda vaprakäsa. 


Rezensionenverzeichnis.  137 

Pais,  E.  I  Messapi  e  gli  Japig'i.  Jahresb.  f.  Geschichtsw. 
15  I  122  (Hüter). 

Pais,  E.  Intorno  alle  piü  antiche  relazioui  tra  la  Grecia  e 
ritalia.  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  77  (S.  Brück).  —  Ibidem  I, 
121  (Hüter). 

Palean,  Trdat  Publication  der  Schule  der  Beneficiaten  des 
Klosters  des  hl.  Johannes  des  Täufers  in  Caesarea.  Catalog-  der 
armenischen  Handschriften  in  der  Türkei.  Teil  I.  Lief.  1.  (Armen.) 
Wiener  Zeitschr.  f.  d.  K.  d.  Morg-enl.  S.  17G.  Wissenschaftliche  Aus- 
beute ohne  Bedeutung-  (Friedricli  Müller). 

Papadimitrakopoixlos,  Th.  Le  poete  Aristophane  et  les 
Partisans  d'Erasme  (aus  'EWäc;  IV).  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  491— 492, 
512—517,  540—545.     Eingehende  Widerlegung-  (Konrad  Zacher). 

Papvri,  Berliner.  Beih  z.  Allg.  Z.  Nr.  147.  —  GGA  S.  397  bis 
399  (F.  Blass). 

Papvri  s.  auch  Catalogue  of  Greek  Papvri;  Mahaffv, 
John  P.      ■ 

Papvrus,  Erzherzog-  Rainer.  Führer  durch  die  Ausstellung-. 
Globus  65  's.  345  (M.  Haberlandt). 

Paris,  G.  L'alteration  romane  du  c  latin.  Nord.  Tidsskr.  f. 
Filol.  in.  R.  2.  Bd.  1893-4  (Kr.  Nyrop). 

Paris,  G.  Le  pronom  neutre  de  la  3c  personne  en  fran^ais. 
(Romania  1894  Nr.  90.)     Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  S.  559  (A.  Tobler). 

Parodi,  Ernesto  Giacomo.  Notereile  di  fonolog-ia  latina. 
Romania  S.  314—315. 

Pascal,  Carlo.  Saggi  linguistici.  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  822  bis 
823.  Der  Verfasser  kennt  die  Werke  der  modernen  Sprachwissen- 
schaft, aber  ihre  Methode  ist  nicht  auf  ilin  übergeg-angen  (Bartho- 
lomae). 

Passarge,  L.  ,s.  Donalitius. 

Passy,  Paul.  Etüde  sur  les  changements  phonetiques  et  leurs 
caracteres  generaux.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  G— 10  (W. 
Vietor). 

Passv,  Paul.  Les  Sons  du  Fran(,'ais.  D.  neuer.  Spr.  1  Sp. 
569—580  (Qiiiehl). 

Pastrn  ek.  Fr.  Bibliog-raphische  Übersicht  über  die  slavische 
Philolog-ie  1876—1891  (Suppl.  Bd.  z.  Arch.  f.  slav.  Phil.).  Ö.st.  Litt.- 
Bl.  Sp.  236—237.     Vorzügliches  Hilfsbuch  (Jos.  Karäsek). 

Paton,  W.  R.  and  Hicks,  E.  L.  The  Inscriptions  of  Cos. 
Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  31—32  (Richard  Meister).  —  Jahresb. 
f.  Geschichtsw.  15  I  113  (S.  Brück). 

Paul,  H.  Grundriss  der  g-ermanischen  Philolog-ie  II.  2.  Centr. 
Org.  f.  d.  Int.  d.  Realsclmlw.  S.  100  (Sohns). 

Paul,  L.  Das  Druidentum.  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  151147 
(Hüter). 

Pauli,  Carolus.  Corpus  Inscriptionum  Etruscarum.  Primum 
seg'mentum.  Neue  phil.  Rundsch.  S.  12—14.  Pauli  war  zu  dieser 
Sammlung-  in  erster  Linte  berufen  (H.  Schaefer). 

Pauli,  Carl.  Altitalische  Forschungen  H.  Bd.  Eine  vorgrie- 
chische Inschrift  v.  Lemnos  2.  Abth.  LCB  Sp.  1028—10.30.  Die  Pe- 
lasger- Hypothese  des  Verfassers  (1886)  wird  namentlich  geg-en 
Deecke  und  Bug-ge  verteidigt  und  weitergeführt;  nach  Hommels 
Anregung  werden  weitere  Verwandte  der  Etrusker  gesucht  (H. 
Seh  . . .  r).  —  Rev.  Crit.  S.  224-225.  Riitsel  noch  ungelöst  (T.).  -  Woch. 
f.  kl.  Phil.  Sp.  1084-1087.  Verwirft  mit  Recht  den  idg.  Charakter 
lykischer  Inschriften.  Deutung  der  lemnischen  Grabinschrift  nicht 
wesentlich  gefördert.    Fernere  Verwandte  der  lemnischen 'Pelasger* 


138  Rezensionenverzeichnis. 

und  der  Etvnsker  werden  nicht  ei-wiesen    (R.  Thnrnevsen).  —  Aca- 
demy  46  S.  259.  —  Nene  phil.  Riindsch.  S.  378-383  (H.  Schaeler). 

Paulys  Realencyl^lopädie  der  klassischen  AltertunisAvissen- 
schaft.  Nene  Bearbeitung-  hga*.  von  Georg-  Wissowa  (Aal-Alexan- 
(Iros).  Berl.  phil.  Woch.^Sp.  737—743  (M.  Hertz).  —  Woch.  f.  kl. 
J'hil.  Sp.  1361—136.5  (Franz  Härder).  —  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  81  S.  171 
bis  179  (Schnlthess).  —  ßl.  f.  d.  Gymn.-Sch.  S.  755—758  ( J.  Melber). 
Pauw,  Napoleon  de.  Middelnederlandsche  Gedichten  en 
Frag-menten.  1.  2.  Atlev.  LCB  Sp.  1850—1851.  Zieht  Unbekanntes 
und  Ungedriicktes  ans  Licht  (J.  t.  W.). 

Penka,  K.  Die  Heimat  der  Germanen.  Jahresb.  üb.  d.  Ersch. 
auf  d.  Geb.  d.  germ.  Ph.  15  S.  45  (Böhm). 

Penka,  K.  Die  alten  Völker  der  östlichen  Länder  Mittel- 
europas.    Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  3  (Hoernes). 

Perez,  B.  Les  trois  premieres  annees  de  l'enfant.  Polvbib. 
71  S.  229—230  (A.  Ferrand). 

Perrot,  Georges  et  Ch.  Chipiez.  Histoire  de  l'Art  dans 
l'Antiquite.  Tome  VI  La  Grece  primitive,  l'Art  Mvcenien.  Bull, 
crit.  S.  201—208  (Emile  Beurlier).  -;-  Polvbib.  71  S.  525-527  (P.N.). 
Per  Persson,  Studien  zur  Lehre  von  der  WurzelerAveiterung 
lind  Wurzelvariation.  Deutsche  Litt.-Z.  S.  1031—1032.  Höchst  er- 
ireuliche  Iilrscheinung,  wenn  auch  äusserst  kühn  (F.  Hartmann). 
Petrie,  Flinders  s.  Mahafl'v,  John  P. 

Petrie,  W.  M.  F.  The  Egyptian  bases  of  Greek  history. 
(Journ.  otHell.  Stud  Vol.  XI  p.  271— 277).  Notes  on  the  antifjuities 
of  Mikenae  (Ibidem  p.  199—205).  L'Anthropologie  S.  208—210  (E. 
Cartailhac). 

Pindar.  The  Olympian  and  Pythian  Ödes,  by  Fennell.  Berl. 
phil.  Woch.  Sp.  673— 675  (L.  Bornemann).  —  Neue  phil.  Rundsch.  S. 
337—342,  354—357  (J.  Sitzler).  —  Athenaeum  I  June  S.  798—799. 

Pindar  s.  auch  Fraccaroli,  Giuseppe;  Jurenka,  Hugo; 
Lind,  Josephus. 

Pin e au,  I^eon  s.  Georgeakis,  G. 

Pischek,  Hans.  Zur  Fiage  nach  der  Existenz  einer  mittel- 
hochdeutschen Schriftsprache  im  ausgehenden  XIII.  Jahrhunderte. 
Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn.  S.  1042—1043  (.Gustav  Burghauser). 
Pischel,  R.  und  Gfeldner,  Karl  F.  Vedische  Studien  II. 
Band  1.  Hett.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  13—17  (R.  0.  Francke). 
—  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  65  (R.  0.  Franke). 

Pitre,  Gius.  Bibliogralia  delle  tradizioni  ])opolari  d'Italia. 
LCB  Sp.  1379—1380  (L.  Fr.).  —  Polvbib.  70  S.  455—456  (Th.  P.).  — 
Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  S.  218—219  (K.  Wcinhold). 

Pitt,  Ruth  J.  The  Tragedy  of  the  Xoix',  Gods.  Dublin  Rev. 
114  S.  441-448  (C.  B.). 

Placidus  s.  Cor})US  Glossariorum  Latinorum.     Vol.  V. 
V.  Planta,    R.     Grammatik  der    oskisch-umbrischen  Dialekte 
I.  Einleitung  und  Lautlehre.     Anz.  f  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  36—39 
(K.  Thurneysen). 

Platner,  S.  Ball.  Notes  on  the  use  of  gerund  and  gerun- 
dive  in  Plautus  and  Terence.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  347— 350 
(Seyifert). 

Platt,  Arthur  s.  H  omcr. 

Platzniann,  Julius.  Weshalb  icii  Neudrucke  der  alten  ameri- 
kanischen   Gramm.itiUer    veranla.sst    habe.        Ost.   Litt.-Bl.    S]).  748. 
Satyre  auf  die  Vertreter  einer  einlieitliciien  Ursprache  (H.  Bohatta). 
Plauti,  T.  Macci  Comoediae,  recensuit.  instrumento  critico  et 
prole.gomenis  auxit  Fr.  Ritschi  IV.  5:  Cistellaria.     Rcc.  Frid.  Schoell. 


Eezensionenverzeichnis.  139' 

Accedunt  deperditanim  fahulariim  frag:menta  a  Geor£:io  Goetz  re- 
censita,  LCB  Sp.  1218—1219.  Schlussstein  eines  Werkes,  das  den 
bedeutendsten  Erscheinnn<>-en  anf  dem  Gebiete  der  Pliilolosj-ie  an 
die  Seite  gestellt  werden  darf  (E.  R.).  —  Rev.  Grit.  S.  80—82  (Paul 
Lejav).  —  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  874—877  (F.  Langen).  —  Berl.  phil. 
Woch.  Sp.  134— 141  Tom.  IV  fasc.  IV  Mostellaria  a  Fr.  Schoell  re- 
cog-nita,  Einzelberaerkungen  des  Ref.  (F.  Skutsch).  —  Woch.  f.  kl. 
Phil.  Sp.  517—519  Tom.  IV  fasc.  III  Persa  (Langrehr).  —  Ibidem 
Sp.  982  Tom.  IV  fasc.  IV  Mostellaria  (Lana-rehr).  —  Neue  phil. 
Rundsch.  S.  84-86  Tom.  IV  fasc.  IV  (Fr.  Sigismund). 

T.  Macci  Plauti  fabularum  reliqiiiae  Ambrosianao.  Codicis 
rescripti  Ambrosiani  apograjihum.  Confecit  Guilelmus  Studemund. 
Jahresb.  üb.  d.  Fortschr.^d.  kl.  Alt.  80  S.  230—236  (Seyffert). 

Plautus  s.  auch  Asmus,  Wilh.;  Blomquist,  A.  W.;  Fer- 
ger, Wilh.;  Egli,  J.;  Gimm,  Jul.;  Habich,  Alfred;  Havet,  L.; 
Herkenrath,  Roland;  Lepp ermann,  Herm.;  Lindsay,  W.  M.; 
Morris,  E.  P.;  Norden,  E.;  Ryhiner,  Gust.;  Sigmund,  Carl; 
Skutsch,  F.;  T  es  sing,  Sven. 

Polari,  G.  Una  primizia  d.  Etrusco  e  le  lingue  tirreno-pelas- 
giche.  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  122  (Hüter). 

Prellwitz,  W.  Etymologisches  Wörterbuch  der  griechischen 
Sprache  mit  besonderer  Berücksichtigung  des  Neuiiochdeutschen 
und  einem  deutschen  Wörterverzeichnis.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt. 
IV  S.  27—31  (Karl  Brugmann).  —  Rev.  de  philol.  18  S.  179  f. 
(L.  D.).  -  Württ.  Korr.-Bl.  S.  391-392  (Meltzer).  —  GGA  S.  227 
bis  248.  Mitteilung  einer  Reihe  von  Bedenken  zu  einzelnen  Wör- 
tern (A.  Fick). 

P  r  o  b  u  s  s.  U 1 1  m  a  n  n ,  K. 

Psichari,  Jean.  Etudes  de  philologie  neogrecques,  recher- 
ches  sur  le  developpement  historique  du  grec.  Arch.  f.  slav.  Ph. 
S.  309-310  (V.  0.). 

Publikationen  der  kaiserl.  russ.  Gesellschaft  der  Bibliophi- 
len f.  d.  J.  1887—1893.     Arch.  f.  slav.  Ph.  S.  550—555  (V.  J.). 

Qvigstad,  J.  K.  Nordische  Lehnwörter  im  Lappischen. 
LCB  Sp.  1070.  In  mustergültig  kritischer  Weise  werden  die  Ge- 
sichtspunkte für  eine  streng  methodische  Ausscheidung  des  frem- 
den Sprachgutes  entwickelt.  Der  rein  sprachliche  Teil  ist  ein  Ca- 
binetstück  (H.  W-r). 

Ramult,  Stefan.  Slownik  jezyka  pomorskiego  czyli  kasziibs- 
kiego  zebral  i  opracowal.  Arch.  f.  slav.  Phil.  S.  301—304  (A. 
Brückner). 

Randaccio,  Carlo.  Dell'  idioma  e  della  letteratura  genovese, 
studio  seguito  da  un  vocabolario  etimologico  genovese.  Journ.  des 
Savants  S.  380. 

Recha,  C.  Zur  Frage  über  den  Ursprung  der  perfectivie- 
renden  Funktion  der  Verbalpraelixe  nebst  Einleitung  ül)er  das 
Zusammenwirken  des  syntaktischen  und  phonetischen  Faktors. 
Jahresb.  üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Phil.  15  S.  17—18  (Felix 
Hartmann). 

Regnaud,  Paul.  Les  preniieres  formes  de  la  religion  et  de 
la  traditio!!  dans  l'Inde  et  daus  la  Grece.  Polybib.  70  S.  425—426 
(A.  R.). 

Regnaud,  P.  Le  Rig-Veda  et  les  origines  de  la  mytholo- 
gie  indo-europeenne.  I.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  17—19  (H. 
Oldenberg).  —  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  65  (R.  0.  Franke). 

Reich  ardt,  Alex.  Der  saturnische  Vers  in  der  römischen 
Kunstdichtung.    Rev.  Grit.  S.  495—498.  Keine  wesentliche  Förderung 


140  Rezensionen  Verzeichnis. 

der  Frao-e  (Paul  Lejay).  —  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  49—51.  In  der 
Akzentt'ra<>-c  ungenüg-end;  wird  die  quantitierende  Satiirniertheorie 
nicht  retten  (F.  Skutsch).  —  Class.  Rev.  S.  58-60  (F.  D.  Allen).  — 
Riv.  di  Fil.   S.  280— 2s7.     Nicht  überzeugend  (Feiice  Ramorinol. 

Reich el,  Wolfg.  Über  Homerische  Waffen  (Abhandl.  des 
^rchäol.-epig-rapli.  Seminares  der  Universität  Wien  XI).  Rev.  Grit. 
S.  181—184  (Salomon  Reinach). 

Reichling-,  D.  Das  Doctrinale  des  Alexander  de  Villa-Dei 
(Monum  Germ.  Paed.  Bd.  XII).  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  1168—1173 
(M.  Manitius).  —  Romania  S.  588-594  (G.  P.).  —  Journ.  des  Sa- 
vants  S.  705—706  (H.  0.).  —  Ost.  Litt.-Bl.  Sp.  678—679  (0.  Will- 
jiiann). 

Rein  ach,  S.  L'etain  celtique.  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15 
I,  6  (Hoernes). 

Reinach,  S.  Sur  les  legendes  qui  s'attachent  aux  monu- 
ments  megalithiques.     Jahresb.  1'.  Geschichtsw.  15  I  74  (S.  Brück). 

Reinach,  S.  L'origine  des  Aryens.  Hist.  d'une  controverse. 
Jahresb.  f.  Geschichtsw^  15  I  2  (Hoernes). 

Report,  eighth  (and  ninth)  annual,  of  the  bureau  of  ethno- 
logy.     By  J.  W.  Powell.  1886/87  (88).     Polybib.  70  S.  525. 

Reuter,  M.  Die  Parsen  und  ihre  Schriften.  Anz.  f.  idg. 
Spr.  u.  Alt.  III  S.  182  (Paul  Hörn). 

Revue  d'exegese  mythologique,  redigec  par  M.  l'abbe  Four- 
riere.  Berl.  ph.  Woch.  Sp.  43  2me  annee,  no.  6.  Lässt  den  Homer 
seine  Ilias  aus  der  Bibel  abschreiben  (H.  Stending). 

Rhys,  John.  The  Inscriptions  and  Language  of  the  Nor- 
thern Picts.  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  126 — 128  (H. 
Schuchardt). 

Rhvs,  John.  The  Rhind  Lectures  in  Archaeologv.  Litcratur- 
Bl.  f.  gerin.  u.  rom.  Phil.  Sp.  125—126  (H.  Schuchardt)."^ 

Richter,  Alb.     Deutsche  Redensarten.  1893^.    LCB  Sp.  1069. 

—  Zeitschr.  f.  d.  deutsche  Unterr.  S.  202—203  (Theodor  Mathias). 

Richter,  Paul.  De  usu  particularum  exclamativarum  apud 
priscos  scriptores  latinos.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  313—317  (Sevffert). 

Ries,  John.  Was  ist  Syntax?  LCB  Sp.  958,  959.  Das  Pro- 
blem der  Abgrenzung  der  verschiedenen  Teile  der  Grammatik  gegen 
einander  ist  tief  und  gründlich  erfasst  und  sehr  klar  dargestellt. 
(G.  M  .  .  .  r).  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  1207-1209.  Sehr  beachtens- 
wert (Fr.  Stolz).  —    Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  743—746  (P.  Kretschmer). 

—  Neue  phil.  Rundsch.  S.  377  (Fr.  Stolz).  —  Franco-Gallia  S.  173 
(K.  Wilhelmi).  —  Arch.  f.  d.  St.  d.  neuer.  Spr.  u.  L.  93  S.  159—160. 
Wertvolle  B^'lelirung  (Adolf  Tobler).  —  Arch.  f.  lat.  Lex.  IX  S. 
529—330.  —  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Piiil.  Sp.  353—555.  Unge- 
mein anregend  (O.  Behagiiel). 

Rislev,  H.  H.  Tiie  Study  of  Ethnologv  in  India.  Arch.  f. 
Anthr.  S.  271—273  (J.  Kollmann). 

llisop,  Alfr.  Studien  zur  Geschichte  der  französischen 
Konjugation  auf  -ir.  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  1229—1230.  Mustergiltig 
(W,  Cloetta). 

Robion,  Felix.  La  question  des  mythes.  Premier  fasci- 
<;ule.  Berl.  phil.  Wocii.  Sp.  42—43.  Veraltete  Ansichten  (H.  Steu- 
ding). 

Roh  de,  Erwin.  Psyche.  Scelencult  u.  Unsterbliclikeitsglau- 
ben  der  Griechen.  2.  Abth.  LCB  S]).  1854—1859.  Es  ist  eine  nie 
ganz  zu  lösende  Aufgabe  ein  Buch  von  solciier  Fülle  und  Tiefe 
in  der  Kürze  zu  charakterisieren  (Cr.)  —  Deutsclie  Litt.-Z.  Sp.  1097 
bis  1098.  Die  2.  Hälfte  des  bewunderten  Werkes  ist  leider  nicht  mehr 


Rezensionen  Verzeichnis.  141 

aus  einem  Guss.  Der  Beweis,  dass  der  Unsterblichkoitso-Iaiibe  aus 
der  Ekstase  entstanden  sei,  ist  nicht  erbracht.  Die  Monumente 
sind  viel  zii  Avenig-  herangezogen  (Otto  Kern).  —  Class.  Rev.  S.  165- 
bis  166.  Überraschende,  paradoxe  Antwort  auf  die  Frage  nach 
der  Entstehung  des  griechischen  Unsterblichkeitsglaubens  (J.  E. 
Harrison).  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  908—918.  Macht  von  dem  Ana- 
logiewerte der  völkervergleicheuden  Betrachtung  ausgiebig'en  Ge- 
brauch (A.  Milchhöfer).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  393—402  (Paul 
Stengel).  —  Edinburgh  Rev.  180  S.  131  ff. 

Poiöric;  'E.  A.  Tot  EtbuuXa.  rXuuaoiKi]  lueXeTr).  ECB  1894  Sp. 
60,  61.  Energ-ischer  Vorkämpfer  für  eine  naturgemässe  volkstüm- 
liche neugriech.  Schreibwei.se  gegen  die  archaisierende  Schriftsprache. 
In  Dialekt-  und  andern  Sprachwissenschaft!.  Erag-en  nicht  frei  von 
Irrtümern  (A.  Th.). 

Romania  Nr.  87—90,  1893  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  S.  296-300. 
S.  556—562  (A.  Tobler  und  W.  Meyer-Lübke). 

Röscher,  W.  H.  Ausführliches  Lexikon  der  griechischen 
und  römischen  Mythologie.  Centr.-Org.  f.  d.  Int.  d.  Realschulw. 
S.  250  Lief.  20— 2f.     S.  705  Lief.  28  u.  29  (L.  Freytag-).  .. 

Roi  enstein,  Alfred.  Das  Leben  der  Sprache.  Ost.  Litt.-Bl. 
Sp.  495  (H.  Bohatta). 

Roth,  Rud.  V.  s.  Festg-russ. 

Rothfuchs,  Jul.  Beiträge  zur  Methodik  des  altsprachlichen 
Unterrichts.  LOB  Sp.  864,  865  (R.  R.)-  —  Württ.  Korr.-BI.  S.  295 
bis  296  (Bender).  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  81—88  (C.  Noble).  —  Woch. 
f.  kl.  Phil.  Sp.  496—498  (0.  Weissenfeis). 

Rousselot.  Les  modifications  phonetiques  du  langage  etu- 
diees  dans  le  patois  d'une  famille  de  Cellefrouin  (Charente).  Anz. 
f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  77-  79  (Friedr.  Kauffmann). 

Rozwadowski,  J.  Über  die  lateinischen  Verba  denomina- 
tiva  auf  -tare.     Berl.  phil.  Woch.  Sp.  1303-1304  (A.  Funck). 

Rubiö  y  Ors  Joaquin.  Bastero,  Provenzalista  Catalän.  Estu- 
dio  critico-bibliogräfico.  ECB  1894  Sp.  761,  762.  Nicht  unwichtig-er 
Beitrag  zur  Geschichte  der  romanischen  Philologie. 

Rvdberg-,  Gust.  Le  developpement  de  Facere  dans  les 
lang-ues '  romanes.  ECB  Sp.  961,  962.  Zeigt  trotz  der  Weite  des 
Arbeitsfeldes  ein  im  Ganzen  selbständiges,  wohlabwägendes  Ur- 
teil (y.).  —  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  S.  434—439.  Hervorragende  Lei- 
stungen. Ref.  gibt  viele  Einzelbemerkungen  (W.  Meyer-Lübke).  — 
Literaturbl.  f.  gvrm.  u.  rom.  Phü.  Sp.  302  (Herm.  Andersson). 

RvdberW,  Victor.  Die  Heldensage  auf  dem  Runensteine 
zu  Rök."  Arch.'  f.  Anthr.  S.  483-484  (J.  Mestorf). 

Rv hiner,  Gust.  De  deniinutivis  Plautinis  Terentianisque. 
Jahresb.^  f.  kl.  Alt.  80  S.  288  (Sevffert).  —  Arch.  f.  lat.  Lex.  IX 
S.  313.. 

SachmatovÄ  A.  Izsledovanija  vs  oblasti  russkoj  fonetiki. 
Arch.  f.  slav.  Phil.  S.  284-287  (V.  J.). 

Das  Sämavidhänabrähmana.  Eingeleitet  und  übersetzt 
von  Sten  Konow.  Deutsche  Litt.  Z.  Sp.  1326—1327.  Wichtig  für 
Folkloristen  (H.  Oldenberg). 

oäkatävana's  Grammar  I  Ed.  bv  Oppert.  Nachr.  d.  Ges. 
d.W.  z.  Göttingen  S.  1—14  (F.  Kiel  hörn). 

Sander,  Frederic.  La  mythologie  du  nord.  Anz.  f.  deutsch. 
Alt.  S.  79-80.     Wertlos  (Friedr. 'Kauffmann). 

Sander,  F.  Rigveda  und  P'dda.  Zeitschrift  für  di(>  österr. 
Gynni.  S.  531—532.  Dem  Autor  feiilt  die  elementarste  Kenntnis 
des  Sanskrit  (J.  Kirste). 


1 42  Rezensioncnverzoichiiis. 

Satapatha-Brahinana  s.  Eg-g-eling\ 

S  adviin^abrähmaii  a.  Mit  Proben  aus  Säyanas  Commentar 
nebst  einer  Übersets'.uno'  von  Kurt  Klemm.  Prapätliaka  I.  LCB 
1894  Sp.  855  (Wi.)-  —  Wiener  Zeitsclir.  f.  d.  K.  d.  Morg-enl.  S.  247 
bis  248  (Th.  Blocli).  —  Ptcv.  crit.  S.  442.  —  Journ.  of  tbe  R.  As. 
Soc.  S.  414. 

Sarasin,  Paul  undSarasin,  Fritz.  Ergebnisse  naturwissen- 
schaftlicher Forschungen  auf  Ceylon  in  den  Jahren  1884  bis  1886. 
3.  Band:  Die  Weddas  von  Ceylon  und  die  sie  umgebenden  Völker- 
schaften. Arch.  f.  Anthr.  S.  31()— 327.  Muster  einer  anthropogra- 
phischen  Studie  (Rudolf  Martin). 

Sauer,  W.  Mahabhärata  und  Wate.  Eine  idg.  Studie. 
Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  1383.  Dilettantisch  (H.  Oidenberg).  —  Zeit- 
schr.  für  die  östcrr.  Gymn.  S.  848—849.  Ein  hübscher  Gedanke 
(die  Identität  Bhima's  und  Wate's)  nichts  weniger  als  vollständig 
durchgeführt  (J.  Kirste).  Dazu  Entgegnung  und  Erwiderung 
S.  1160.  —  Wiener  Zeitschr.  f.  d.  K.  d.  Morgenl.  S.  84— 8G.  Die  De- 
duktion des  Verfassers  ist  nichts  wert  (H.  Jacobi).  —  Jahresb.  üb. 
d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Ph.  15,  S.  121—122. 

Savi-Lopez,  Maria.  Alpensagen.  Deutsch  von  Alfred 
Paihemann.  Centr.-Org.  f.  d.  Int.  d.  liealschulw.  S.  431—432.  Im 
Bezug  auf  vergleichende  Mythologie  schwach  (L.  Freytag). 

S  c  e  r  b  0  ,  Francesco.  Caratteristiche  del  Greco  e  del  Latino. 
LCB  Sp.  1175—1176.  Keine  neuen  Entdeckungen,  will  bloss  die 
sichersten  Ergebnisse  der  linguistischen  Forschung  der  studieren- 
den Jugend  vorlegen.  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  1591—1592.  Schüler- 
arbeit (Gustav  Meyer). 

S  c  h  a  n  z,  Martin.  Geschichte  der  römischen  Litteratur.  I  u.  II. 
Berl.  phil.  Woch.  Sp.  1224-1232  (M.  Hertz). 

Scheel,  Willy.  Jaspar  von  Gennep  und  die  Entwicklung 
der  nhd.  Schriftsprache  in  Köln.  Anz.  f.  deu.tsch.  Alt.  400—401 
(E.  Martin). 

Scheffler,  L.  De  perfecti  in  'vi'  exeuntis  forinis  apud 
poetas  latinos  dactvlicos  occurrentibus.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV 
S.  64  (W.  Meyer-Eiibke). 

Seh  er  er,  Wilhelm.  Kleine  Schriften  I:  Zur  altdeutschen 
IMiilologie  hgg.  von  Conrad  Burdach.     Ost.  Litt.-Bl.  Sp.  208—209  (a). 

Scherer,  W.  s.  auch  Müllen  ho  ff,  K. 

Seh  er  man.  Materialien  zur  Geschichte  der  iud.  Visions- 
Litteratur.     Am.  Journ.  Phil.  XV  381  (E.  W-  Hopkins). 

Schiber,  Adolf.  Die  fränkischen  und  alemannischen  Sied- 
lungen in  Gallien,  besonders  in  Elsass-Lotliringen.  Zeitschr.  f. 
rom.  Phil.  S.  440— 448.     Inhaltsreiche  Besprechung  (G.  Grüber). 

Schiemann,  Theod.  Victor  Hehn.  Ein  Lebensliild.  LCB 
Sp.  1244—1245.  Enthält  Auszüge  aus  Hehns  literarischem  Nach- 
lass  (ß).  —  Deutsche  Litt -Z.  Sp.  940—942.  Hehns  Leben  hätte 
keinem  richtigeren  Biographen  anheimfallen  können  (Herrn.  Grimm). 

Schild,  P.  Brienzer  Mundart  I :  Allgemeine  Lautgesetze 
und  Vokalismus.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  71—72  (Friedrich 
KiiulTmann).  —  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  76—78  (E. 
Hoffmaiin-Ki'ay(U'). 

Schlüter,  W.  Untersuchungen  zur  Geschichte  der  altsächsi- 
schen Sprache.  Anz.  f.  deutsch.  Alt.  S.  13—26,  Zusätze  (M.  H.  Jel- 
linek).  —  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sj).  181  (IL Wunderlich). 

Schmidt,  Gull.  De  Flavii  Joseplii  elocutione  observationes 
criticae.  LCB  Sp.  K!3S  — 1339.  Wichtig  für  die  Kenntis  der  Sprache 
in  der  hellenistischen  Literaturepoche  (B.). 


liozcnsioncnvcrzeicliiiis.  143 

Schmidt.  Horm.  De  duali  Graecorum  (>t  omoricnto  et  rcvi- 
viscciitc!.  Dculsflu;  Lilt.-Z.  Sp.  453—154  (I';iul  Krotschincr).  —  Herl. 
phil.  Woch.  Sp.  150—151.  Genaue  statisLisclie  ß('l(^;4-e  (Fr.  Stolz).  — 
Neue  i)iiil.  IJundsch.  S.  53—54  (Meisterlians). 

Seil  111  i  d  t,  Joli.  Die  9.  Praeseusklasse  der  Inder.  .Jaliresb. 
üb.  d.   JMSfli.    auf  d.  Geb.   d.  g-erm.  Pli.  15   S.  17    (Felix    liarlinaiin). 

Schmidt,  K.  Die  Gründe  des  Bedeutungswandels.  Arch.  f. 
lat.  Lex.  IX  S.  143-146  (0.  H.).  —  Wocii.  l'.  idass.  Pli.  Sp.  937—943 
(Kol)ert  Tiiomas). 

Schmid,  W.  D(u-  Atticismus  in  seinen  liauptvertretern  von 
Dionysius  von  llaliUarnass  bis  auf  den  zweiten  I'liilostratus,  3.  Band, 
7.  Abschnitt:  AeHan.  Rev.  erit.  S.  8— 9.  Bcu-ichtiii'ungen  von  Ungre- 
nauigi<eiten  (My.).  —  Byz.  Zeitschr.  S.  l!);)-2i)0.  Mäeiitige  Vor- 
arbeit für  eine  Geschichte   der    yriechisciien  Sclirifts|)raclie  {K.  K.). 

—  LCB  1894  Sp.  317,  318  (B.).  —  Wocli.  f.  Id.  Phil.  Sp.  4(;5— 4G7  (Sittl). 

Sciiocli,  K.  s.  Staub,  Fr. 

Sc  ho  eil,  Friedr.  s.  Plautus. 

Schrader,  0.  Sprachvergleichung  und  Urgeschichte  18902. 
Jahresb.  f.  kl.  Alt.  81  S.  tJl— <i2.  RvA:  Avc-ndet  sich  gegen  die  weni- 
g"en  von  Schrader  noch  gebillig'ten  linguistischen  («leichungen  auf 
religiösem  Gebiet  (Grupi)e). 

Schröder,  Friedr.  Zur  griechischen  Bedeutung'slehre.  Woch. 
f.   kl.  Phil.  Sp.  519-522.     Fortschritt  (11.  Ziemer). 

Seil  rüder,  G.  Über  den  Kinlluss  der  Volksetymologie  auf 
den  Londoner-  Slang-Dialekt.  Literaturbl.  f.  germ.  "u.  rom.  Phil. 
Sp.  397—398  (0.  Glöde). 

Schubert,  F.  Zur  mehrfachen  praefixalen  Zusammensetzung' 
im  Griechischen.  Xenia  Austriaca  I  S.  193— 25G.  Berl.  ))hil.  Woch. 
Sp.  21-22  (F.  Stolz).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  53  (E.  Hühner). 

Schlich a,r dt,  Hug-o.  Der  mehrzielige  Frage-  und  llelativsatz. 
Jahresb.  üb.  d.  Frsch.  auf  d.  Geb.  d.  g-erm.  Pliil.  15  S.  18  (Felix 
Hartmann).  —  Nord.  Tidsskr.  f.  Filol.  lil.  K.  2.  Bd.  1893—94  S.  94 
bis  9(j  (().  Jesp(u'sen). 

Schuciiardt,  Hug-o.  Baskische  Studien  I.  Ij'ber  die  Entstehung- 
der  Bezugsformen  des  baskischen  Zeitwortes.  Liter;itur])l.  f.  g-erm. 
u.  rom.  Phil.  Sp.  237—238  (H.  S.).  —  Academy  45  S.  227. 

Schiichardt,  Hug-o.  Welts])rache  und  Welts])rach(!n.  LCB 
1894  Sp.  243,  244.  Ungem(!in  lesensw(!rt,  abcu-  die  vom  Verfasser 
A'erfochtene  W(;ltsprache  bleibt  trotz  alledem  Utopie  (W.  Str.).  — 
Berl.  phil.  Woch.  Sp.  1079—1080  (Löschliorn). 

Schulze,  Guilebnus.  Gi-tliograpliica.  Arcii.  f.  lat.  Lex.  S. 
312-313  (li.  Thurneysen). 

Schulze,  Willi.  Alt-  und  Neugriechisches,  l'.vz.  Zeitschr. 
S.  201-202  (K.  K.). 

Schwab,  Otto.  Historische  Syntax  der  gri(!cliisclien  Compa- 
ration  in  der  klassischen  Litteratur  1.  u.  2.  Heft.  —  Class.  licv. 
S.  454—459  1.  H(!ft.  Polemik  gegen  Schwabs  Auffassung-  d(!S  Be- 
griffes Komparation  (Edwin  W.  Fav).  —  LCB  Sp.  1537  2.  Heft  (G. 
M-r).  —  Berl.  ])hil.  Woch.  S]).  1240-1241  2.  Heft.  Ausg-ezeicimet 
durch  eine  p.sychologisclie  Betrachtungsweise  der  Sprache  (Fr.  Stolz). 

—  Bl.  f.  d.  (iymn.-Sch.  S.  402—404  (Burger). 

Schwartz,  W.  Mythologische  Bezüge  zwischen  S(;mi(en  und 
Idg.  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  3  (Iloernes).  —  JahresI).  f.  kl. 
Alt.  81  S.  G6  (Gruppe). 

Schwartz,  VV.  Nacdikliinge  praehistorischen  Volksglaubens 
im  Homer.  Deutsche  Litt.  Z.  Sp.  ]3.")0  — 1355.  Sehr  viele  willkür- 
liche Erklärungen  um  vorgefasster  Theorieeu  willeu  (Eruöt  Mauäs). 


144  Rezensionenverzeichnis. 

—  Berl.  phil.  Woch.  Sp.  1444—1446  (H.  Steuding)-  —  Zeitschr.  d. 
Vor.  f.  Volksk.  S.  4G0  (K.  W.). 

Schweizer-Sidler,  H.  s.  Abhandlungen. 

Serg'i,  G.  Sugli  abitanti  primitivi  del  Mediterraneo.  Jahresb, 
f.  Geschichtsw.  15  I  3  (Hoerues). 

Siecke,  E.  Die  Liebesgeschichte  des  Himmels.  Unter- 
suchungen zur  idg.  Sagenkunde.  Literaturbl.  f.  genn.  u.  rom.  Phil. 
Sp.  107—108  (E.  Mogk).  —  Zeitschr.  für  die  üsterr.  Gymn.  S.  785 
bis  786.  Ein  keckes  Reiterstück,  ein  Versuch  per  Pegasus  ins  Pan- 
theon der  Mythologie  einzudringen  (Rud.  Meringer).  —  Jahresb.  f.  kl. 
Alt.  81  S.  59  (Gruppe). 

Sievers,  Eduard.  Altgermanische  Metrik.  Anz.  f.  deutsch. 
Alt.  S.  337—343  (Franck). 

Sievers,  Eduard  s.  auch  Tatian. 

Sigmund,  Carl.  De  coincidentia  eiusque  usu  Plautino  et 
Terentiano.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  336  (Seyifert).  —  Ost.  Litt.-Bl. 
Sp.  397^  (Jos.  Kohm). 

Simanovskij,  B.  Ocerki  po  istorii  russkix^  narecij.  Certy 
juznorusskago  narecija  vz.  XVI— XVII.  Arch.  f.  slav.  Ph.  S.  287 — 
288  (V.  J.). 

Simon,  Rieh.  Das  Amarui^ataka.  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  38 
bis  41.  Ergiebt  interessanten  Nebengewinn  für  die  Sanskrit-Lexi- 
kographie und  deren  Geschichte  (R.  Otto  Franke). 

Simonyi,  Siegmund.  Ein  Ereignis  auf  dem  Gebiete  der 
altaischen  Sprachen.     Ung.  Rev.  S.  230—231. 

Simon  vi,  Siegmund.  Wortcombination  und  Wortbildung. 
Ung.  Rev.   S.'235. 

Sismonov,  J.  D.  Prinosi!.  khrm  bz>lgarskata  narodna  eti- 
mologija.  (Aus  dem  Sbrnik*  Bd.  IX.)  Byz.  Zeitschr.  S.  183.  Aus- 
gezeichnete methodische  Darlegungen  (Gustav  Meyer). 

Sjö Strand,  N.  In  svntaxin  Draegerianam  notationes  non- 
nullae.     Anz.  f.  idg.  Spr.  u.^Alt.  III  S.  182—183  (Carl  Weyman). 

iKiä^,  Avbpeac;  N.  'H  Yeveait;  Tf\c,  veoeWriviKfli;  YXuuaöri<;.  Byz. 
Zeitschr.  S.  201.     Sehr  verständige  Studie  (K.  K.). 

Skutsch,  F.  Forschungen  zur  lateinischen  Grammatik  und 
Metrik  1.  Plautinisches  und  Romanisches.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt. 
IV  S.  62—63  (W.  Mever-Lübke).  —  Jahresb.  üb.  d.  Fortschr.  d.  kl. 
Alt.  80  S.  255-258  (Seyffert). 

Smith,  R.  Horton.  The  Theory  of  Conditional  Sentence» 
in  Greek  and  Latin,  for  the  Use  of  Stiidents.     Academy  46  S.  356. 

Smith,  Vincent  A.  Graeco-Roman  Tnfluence  on  tlie  Civilisa- 
tion  of  Ancient  India.     Jahresb.   f.  kl.  Alt.  81  S.  70  (Gruppe). 

Smith,  H.  W.  The  sounds  and  intiections  of  the  Greec  dia- 
lects.  Jonic.     Am.  Journ.  Pliil.  XV  497  flf.  (H-  Oortel). 

Sobestianskij,  J.  M.  Ucenija  o  nacionaltnycliÄ  osoben- 
nostjachs  charaktera  i  juridieeskago  bvta  drevnich7>  Slavjanz..  Arch. 
f.  slav.  Ph.  S.  254—268  (M.  Murko). 

Sobolewski,  Sergius.  Syntaxis  Aristophaneae  capita  selecta. 
De  sententiaruni  condicionalium  teniporalium  relativarum  formis  et 
u.su.     Neue  pliil.  Rundsch.  S.  81—84  (Otto  Kahler). 

Soerensen,  S.  Om  Sanskrits  Stilling  i  den  almindelige  Spro- 
gudvikling  i  Indien.     Rev.  Grit.  S.  460—463  (V.  Henry). 

Solmsen,  F.  Studien  zur  lateinisclien  Lautgeschiehte.  Neue 
phil.  Rundsch.  S.  396—399  (Fr.  Stolz).  —  Revue  Bourguignonne  de 
l'Enseignement  superieur.  Annee  1895  (A.  Meillet). 

Sosnosky,  Theod.  v.  Der  Si)raclnvart.  Sprachregeln  und 
Sprachsünden  .  .  .     LCB    Sp.  1539.     Das    einzige  Gute    an    diesem 


tlezensionenverzeichnis.  145 

ßuch  ist  die  Sammliino"  von  Proben  schlechten  Stiles  aus  der  moder- 
nen Erzählungsliteratur. 

Sozonovie,  J.  Bürgers  Lenore  und  die  ihr  verwandten 
Stoife  in  der  europäischen  und  russischen  Volkspoesie  (russisch). 
Byz.  Zeitsch.  S.  175—181  (Wilhelm  Wollner). 

Span  dl,  Josef.  Konstruktionsschwankungen  in  der  lateini- 
schen Sprache  und  deren  Ursache.  Zeitschr.  für  die  österr.  Gvmn. 
S.  959-960  (J.  Golling).  —  Ost.  Litt.-Bl.  Sp.  429  (H.  Bohatta). 

Spiller,  Eeinhold.  Zur  Geschichte  des  Märchens  vom  Dorn- 
röschen. Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  S.  221—223.  Ergänzungen 
(Ludwig  Fränkel).  —  Romania  S.  310— 311. —  Jahresb.  üb.  d.  Ersch. 
auf  d.  Geb.  d.  germ.  Ph.  15,  S.  121. 

Sprachverstand  ,  Allerliand.  Von  Dr.  X.  Arch.  f.  d.  St.  d. 
neuer.  Spr.  u.  Lit.  92  S.  85—86  (Max  Koediger). 

Stahl,  J.  M.  Über  Umfang  und  Bedeutung  des  Sprachstu- 
diums. Jahresb.  üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Phil.  15  S.  13 
(Felix  ^ Hartmann). 

Zivaja  Starina  Petersburg  1892  (2.  Jahrg.).  Arch.  f.  Ethuogr. 
S.  149—153  (H.  Kern).  —  1893  (3.  Jahrg.)  Ibidem  S.  258—263  (H. 
Kern). 

Staub,  Fr.  Schweizerisches  Idiotikon.  Von  Staub,  Fr.,  Tob- 
1er,  L.,  Schoch,  R.  u.  Bachmann,  A.  Centr.-Org.  f.  d.  Int.  d.  Real- 
schulw.  S.  177.  Heft  24  und  25  S.  692—693.  Heft  26  (L.  Frevtag). 
—  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  S.  338.     Heft  24—26  (K.  Weinhold). 

Steig,  Reinhold.  Goethe  und  die  Brüder  Grimm.  Zeitschr. 
für  die  öst.  Gymn.  S.  1022-1024  (Oskar  F.  Walzel). 

Steinmeyer,  E.  s.  Müllen  hoff,  K. 

Steinthal,  H.  s.  Misteli,  Fr. 

Stephens,  George.  The  Runes,  Whence  came  Thev?  Aca- 
demy  46  S.  258—259. 

Stoffel,  C.  Studies  in  English  written  and  spoken.  l.series. 
LCB  Sp.  1674  (R.  W^). 

Stokes,  Whitley  s.  Fick,  August. 

Stolz,  Fr.  Beiträge  zur  lateinischen  Etymologie  und  Gram- 
matik, Festgruss  aus  Innsbruck  z.  42.  Phil.  Vers.  S.  87—116.  Woch. 
f.  kl.  Phil.  Sp.  79.     Einwände  (E.  Hübner). 

Stolz,  Fr.  Linguistisch-historische  Beiträge  zur  Paläo-Eth- 
nologie  von  Tirol.  Zeitschr.  f.  Eth.  S.  261  (Rud.  Virchow). 

Stolz,  Fr.  Historische  Grammatik  der  lateinischen  Sprache. 
Beai'beitet  von  H.  Blase,  G.  l^andgraf  u.  a.  I,  1:  Einleitung  und 
Lautlehre.  Zeitschr.  für  die  österr  Gymn.  S.  1097 — 1099.  Leistet 
alles,  was  billig  verlangt  werden  kann  (R.  Meringer). 

Stolz,  Fr.  Die  Urbevölkerung  Tirols.  18922.  Zeitschr.  für 
die  österr.  Gymn.  S.  149 — 150.  Anspruchslos,  aber  gründlich  (W. 
Mever-Lübke). 

Storm,  Johan.  Englische  Philologie.  18922.  Engl.  Stud.  S.  252 
bis  257  (E.  Nader).  —  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  10—11  (Karl 
D.  Bülbring). 

Stowasser,  J.  M.  Lateinisch  -  deutsches  Schulwörterbuch. 
Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn.  S.  111—114.  Führt  gut  in  die  Prin- 
zipien der  Sprachgeschichte  ein,  namentlich  durch  die  Entwicklung 
der  Wortbedeutung.  Neue  Etymologieen,  die  z.  T.  wohl  wieder 
beseitigt  werden  (Eduard  Wrllft'lin).  —  Ibidem  S.  310—319.  Einzel- 
berichtigungen (August  Scheindler).  —  LCB  Sp.  216—218.  Sehr 
viele  Fehler  und  Ungenauigkeiten  (C.  W.).  —  Berl.  phil.  Woch.  Sp. 
1339—1340  (Fr.  Müller).  —  Blätter  f.  d.  Gymnasialschulw.  S.  222-225. 
Trefflich  (J.  Menrad).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  241—245  (Franz  Har- 

Anzeiger  VI  i  u.  3.  IQ 


146  Rezensionenverzeichnis. 

der).  —  Neue  pliil.  Ruudsch.  S.  58—60  (g.).  —  Württ.  Korr.-Bl.  S.  475 
(Meltzer). 

Streitberg-,  Wilhelm.  Die  Entstehung  der  Delmstufe.  LCB 
Sp.  1253-1254  (H.  Ht.).  —  Rev.  Grit.  S.  27-32.  Streitbergs  Verteidi 
gung  gegen  den  Vorwurf;  dass  er  Glottogonie  treibe,  wirkt  nicht 
überzeugend;  auch  in  diesem  Aufsatz  bringt  er  wieder  „des  con- 
jectures,  ingenieuses  souvent,  parfois  geniales,  attrayautes  toujours, 
raais  auxquelles  on  ne  peut  meme  assigner  le  rang  qu'occupe  en 
cosmogonie  l'hypothese  de  Laplace".  Epoche  machen  wird  die  Ab- 
handlung durch  ihre  ausschliesslich  mechanische  Auffassung  aller 
ursprünglichen  Spracherscheinungen  (V.  Henr^'). 

Streitberg,  Wilhelm.  Zur  germanischen  Sprachgeschichte. 
Anz.  f.  deutsch.  Alt.  S.  116  —  140.  Ref.  bringt  eine  Reihe  von  Be- 
denken. Polemik  gegen  die  termini  'gestossener'  und  'schleifen- 
der' Akzent  (Herrn.  Möller).  (Vgl.  Streitbergs  Erwiderixng  IF.  V. 
231—251). 

Strobel,  Intorno  alla  glossologia  preistorica.  Arch.  f.  Anthr. 
S.  127—128  (Georg  Buschan). 

Studi  itahani  di  filologia  classica  T.  II.  Deutsche  Litt.-Z.  Sp. 
1480—1482.  Enthält  u.  a.  einen  wertvollen  Wortindex  zu  Bechtels 
Inschriften  (Ernst  Maass).  —  I.  Riv.  di  Eil.  S.  300—309,  S.  473-479, 
S.  547-553  (Carlo  Tincani).  S.  553-554  (Giuseppe  Müller).  —  Woch. 
f.  kl.  Phil.  Sp.  1004—1005.  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  141—143  T.  I 
(J.  Sitzler).  —  Rev.  des  etud.  Gr.  S.  256-258  (H.  W.). 

Studien,  Griechische,  Hermann  Lipsius  zum  60.  Geburts- 
tag dargebracht.     Deutsche  Litt.-Z.    Sp.  1482  (Ernst  Maass). 

Studien,  Phonetische.  Hgg.  von  W.  Victor  VI.  Bd.  2.  u.  3. 
Heft.     Bl.  f.  d.  Gymn.-Sch.  S.  655  (J.  Jent). 

Oriental  Studi  es,  a  selection  of  the  Pajjers  read  bcfore  the 
Oriental  Club  of  Philadelphia  1888-94.     Rev.  Grit.  S.  337— 338  (V.  H.). 

Sütterlin,  A.  Laut-  und  Flexionslehre  der  Strassburger 
Mundart  in  Arnolds  Pfingstmontag.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  71 
(Friedrich  Kauffmann). 

Sweet,  Henry.  A  Primer  of  Historical  English  Grammar. 
Athenaeum  I  Jan.  S.  111—112. 

Sw'eet,  Mai'guerite.  The  third  class  of  weak  verbs  in  primi- 
tive Teutonic  with  special  reference  to  its  development  in  Anglo- 
Saxon.  Jahresb.  üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Phil.  15,  S.  22 
(Felix  Hartmann). 

Szarvas,  Gabor,  ivs  Simonyi,  Zsigmond.  Lexicon  linguae 
hungaricae  aevi  antiquioris.  Kötet  I — III.  LCB  Sp.  1931—1932. 
Bahnbrechend  für  die  Erforschung  der  Geschichte  der  magyari- 
schen Sprache  und  ihrer  Beziehungen  zu  den  verwandten  und  nicht 
verwandten  Sprachen  (E.  N.  Stlä).  —  Üst.  Litt.-Bl.  Sp.  76  (A.  Fischer- 
Colbrie). 

Szilasi,  Moritz.  Kombinirte  Kausative  und  momentane  Bil- 
dungssilben (im  Ungarisclien)  Ung.  Kev.  S.  226. 

Szulcego,  JanaParum:  Slownik  jczyka  polabskiego,  w^vdal 
Dr.  Antoni  Kaiina  (Polabisches  Wörterbuch).  <">st.  Litt.-Bl.  Sp.'  494 
bis  495.  Wichtiges  lexikalisches  und  grammatisches  Hilfsmittel  be- 
sondex'S  für  die  Laxit-  imd  Formenlehre  des  Polabischen  (Josef 
Karasek). 

Tacitus.  Germania  cd.  K.  Tücking.  1894«.  Woch.  f.  kL 
Phil.  Sp.  1312—1314  (U.  Zernial).  —  Württ.  Korr.-Bl.  S.  417—418 
(Bender), 

Tacitus.  Cornelii  Taciti  de  Germania.  Edited  .  .  by  H. 
Furneaux.    Academy  46  S.  395  (Franklin  T.  Richards). 


kezensionenverzeichnis.  147 

Taram,  Fredr.  Etvmologlsk  sveiisk  ordbog-  (A-bärga).  Anz. 
f.  deutsch.  Alt.  S,  399-400  (F.  Holthausen). 

Tan  nerv,  Paul.  Sur  retyinologie  du  mot  chiffre.  Bj'z. 
Zeitschr.  S.  639.  Keferent  gibt  diesen  Ausführungen  gegenüber 
seine  frühere  Ableitung  des  arabischen  sifr  aus  griechisch  \ji»-|q)op- 
(Hjriq)opia  aus  vyiicpocpopia)  auf  (K.  K.). 

Tatian  hgg.  v.  Eduard  Sievers.  2.  Ausgabe.  Zeitschr.  f. 
deutsche  Phil.  S.  269—272.  Einseitigkeiten  (H.  Wunderlich).  —  Lite- 
raturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  326-327  (0.  ßehaghel). 

Taylor,  J.  The  prehist.  races  of  Italy.  Jahresb.  f.  Ge- 
schichtsw.'  15  I  121  (Hüter). 

Telfy,  Jwän.  Chronologie  und  Topographie  der  griechischen 
Aussprache.  Nach  dem  Zeugniss  der  Inschriften.  LCB  1894  Sp.  793. 
Ohne  wissenschaftUchen  Wert  (B.).  —  Woch.  f.  kl.  Phil.  Sp.  491— 494. 
511 — 512.     Gänzlich  unbrauchbar  (Konrad  Zaclier). 

Qepiavöc,,  A.  'OXifa  -rrepi  Tr\c,  Xa\ovaiv)'\c,  Kai  Ypaq)0,ufvri(;  -fXwa- 
or]<;.    Byz.  Zeitschr.  S.  202  (K.  K.). 

Terrien  de  Lacouperie.  Beginning'S  of  Writing"  in  Central 
and  Eastern  Asia.     Acedemy  46  S.  425—426  (Isaac  Taylor). 

Tessing',  Sven.  Syntaxis  Plautina.  (Enuutiationes  relativae  — 
enuntiationes  conjunctionales  —  parataxis.)  Neue  phil.  Rundsch.  S.  99 
bis  100.  Planlos  (Fr.  Sigismund).  —  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  80  S.  331—334. 
Ohne  kritischen  Sinn  (Seyff'ert). 

Thewrek  de  Ponor,  Aemilius  s.  Codex  Festi  Farnesianus. 

Thiel  mann,  Ph.  Die  lateinische  Übersetzung-  des  Buches 
der  Weisheit.     Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV   S.  68  (W.  Meyer-Lübke). 

Thomas,  A.  Les  noms  de  rivieres  et  la  declinaison  femi- 
nine d'origine  germanique.  (Romania  1893  Nr.  88.)  Zeitschr.  f.  rom. 
Phil.  S.  298  (A.  Tobler). 

Thomas,  A.  Le  T  de  la  3«  pers.  sing-,  du  parfait  proven(,'al. 
(Romania  1894  Nr.  89.)  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  S.  557—558  (W.  Meyer- 
Lübke). 

Thomsen,  Vilh.  Beröringer  mellem  de  finske  og-  de  baltiske 
(litauisk-lettiske)  Sprog-.     Arch.  f.  slav.  Phil.  S.  269—281  (E.  N.  Setälä). 

Thomsen,  Vilhelm  s.  Festskrift. 

Thurneysen,  R.  Zur  Bezeichnung  der  Reziprozität  im  gal- 
lischen Latein.  "  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  69  (W.  Meyer-Lübke). 

Tille,  Alexander.  Die  Geschichte  der  deutschen  Weihnacht. 
Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volksk.  S.  100—101.  Sammlertleiss,  aber  unsichere 
Beweisführung  (K.  Weinhold).  —  Urquell  S.  140  (Ludw.  Fränkel). 

Tille,  V.  Literarni  Studie  I-Skupina  lidovych  pov[dek  o  nez- 
mämem  rekovi,  jenz  v  zävodech  ziskal  princeznu  za  chot.  Zeitschr. 
d.  Ver.  f.  Volksk.  S.  98—99  (A.  Häuften). 

Tobler,  Adolf.  Vermischte  Beiträge  zur  französischen  Gram- 
matik.    Romania  S.  491. 

Tobler,  L.  s.  Staub,  Fr. 

Tomaschek,  Wilhelm.  Die  alten  Thraker.  Eine  ethnolo- 
gische Untersuchung.  I.  Arch.  f.  slav.  Ph.  S.  311—312  (V.  0.). 

Topinard,  P.  L'anthropologie  du  Beng'ale  ou  etude  des  do- 
cuments  authropometriques.  Jahresb.  f.  Geschichtsw.  .15  149  (R. 
0.  Franke). 

Topolovsek,  Johann.  Die  Basko-Slavische  Spx'acheinheit.  L 
Urquell  S.  236.  Um  150  Jahre  veraltet  (F.  S.  Krauss).  -  Arch.  f. 
slav.  Phil.  S.  528—530.  Hoff"entlich  erspart  der  Verfasser  sich  und 
uns  den  verheissenen  2.  Band  (Hugo  Schuchardt).  Für  die  grenzen- 
lose Verblendung,  die  a\is  allen  Poren  des  Werkes  herausguckt,  i.st 
kein  Entschuldigxiugsg-rund  zu  ünden  (V.  J.).  —  Ost.  Litt.-Bl.  Sp.  336  bis 


148  Rezensionenverzeichnis. 

337.  Die  -weitere  Forschung-  wird  das  Buch  nicht  übergehen  Ivöil- 
nen  (?)   (H.  Bohatta). 

Torbiörnsson,  T.  Lilivida-metates  i  de  slaviska  spräken. 
Anz.  f.  idg-.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  59-60  (Josef  Zubaty). 

Torp,  Alf.  Zu  den  phrvg-ischen  Inschriften  aus  römischer 
Zeit.  LCB  Sp.  1772—73.  Ref.  ist  mit  Torp  g-eg-en  Hirts  Hypothese, 
dass  die  Phryg-er  (und  Thraker)  den  Centumsprachen  angehören, 
vermag  es  aber  nicht  im  entferntesten  für  erwiesen  zu  erhalten, 
dass  das  Lykische  idg.  sei  (G.  M— r). 

Transactions  of  the  American  Philological  Association. 
Vol.  XXIV  (1893).  Rev.  Grit.  S.  214-216  (V.  Henry). 

Transactions  of  the  Cambridge  Philological  Societv  vol.  III 
part.  IV.     Rev.  Grit.  S.  78-79  (V.  H.). 

Treitel,  Lcop.  Grundriss  der  Sprachstörungen,  deren  Ur- 
sache, Verlauf  und  Behandlung.     Zeitschr.  f.  Realschulw.  S.  369. 

Tropea,  G.  Studi  siculi  e  la  necropoli  Zanclea  (aus  Atti 
della  R.  Accademia  peloritana  X  1894)  L'Anthropologie  S.  707—708 
(Th.  Volkov). 

Tcjoüvrac;,  Xpriar.  MuKfivai  Kai  MuKnvaioc;  -n-oXiTiöiuoc;.  LGB 
Sp.  1894-1895  (T.  S.).  —  Neue  phil.  Rundsch.  S.  349-351  (Weizsäcker). 

Tylor,  E.  B.  Diffussion  of  Mvthical  Beliefs  as  Evidence  in 
the  History  of  Gulture.     Globus  66  S'.  206  (R.  A.). 

Uhlenbeck,  C.  G.  Gontribution  ä  l'etude  des  peuples  balti- 
ques  (Tydschrift  van  het  Kon.  Ned.  Aardrygskundig  Genootschap). 
L'Anthropologie  S.  710—713  (Meyners  d'Estrey). 

Ullmann,  K.  Die  Appendix  Probi.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt. 
IV  S.  65  (W.  Meyer-Lübke). 

L'Upanishad  du  Grand  Aranyaka,  traduite  pour  la  premifere 
fois  du  Sanskrit  en  franqais  par  A.  Ferdinand  Herold.  Rev.  Grit. 
S.  209-210  (L.  Finot).  —  Bull.  Grit.  S.  241-243  (A.  Roussel). 

Uppsalastudier  tillegnade  Sophus  Bugge  pa  hans  60-ara 
födelsedag,  den  5.  Januari  1893.  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  140—141 
(Andreas  Heusler).  —  Literaturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  145 — 147 
(B.  Kahle).  —  Nord.  Tidskrift  .  .  utg.  at  Letterstedtska  fören  S.  358  bis 
361  (H.  Schuck).  —  Nord.  Tidsskrift  f.  Filol.  III.  R.  3.  Bd.  S.  68—74 
(A.  Ülrik). 

Urgeschichte  des  Menschengeschlechts.  Jahresb.  d.  Gesch. 
15  I  1—7.  Kurze  Übersicht  der  hierher  gehörigen  Erscheinxingen 
des  Jahres  1892  (M.  Hoernes). 

Ussing,  J.  L.  Graesk  og  romersk  metrik.  LGB  1894  Sp.  318, 
319.  Besonnen.  Durchaus  wi.ssenschaftlich  (Gr.).  —  "Woch.  f.  kl. 
Phil.  Sp.  169—172  (H.  G.).  —  Nord.  Tidsskrift  für  Vetenskap  etc. 
utg.  of  Letterstedtska  fören  S.  173-177.  —  Nord.  Tidsskr.  f.  Filol. 
III.  R.  2.  Bd.  1893-4  S.  139—144  (Kr.  Mikkelsen). 

Varnhagen,  Herrn.  Systematisches  Verzeichnis  der  Pro- 
gramm-Abhandlungen, Dissertationen  iind  Habilitationsschriften  aus 
dem  (üebiete  der  romanischen  und  englischen  Philologie,  sowie  der 
allgemeinen  Sprach-  und  LitteraturwisstMischaft  und  der  Pädagogik 
und  .Methodik.  2.  Autl.  von  Johannes  Martin.  Gentr.-Org.  f.  d.  Int. 
d.  Realschulw.  S.  299  (Nölie).  —  Academv  46  S.  349.  —  Franco-Gallia 
S.  26  (K.  Wilhelmi).  —  Polvbib.  71  S.  367  V-  C.  P.).  —  Bl.  f.  d.  Gymn.- 
Sch.  S.  409.  —  Arch.  f.  d.  Stud.  d.  neuer.  Spr.  u.  Litt.  93  S.  166 
(Ludwig  Fränkel).  —  Romania  S.  .308.  —  Engl.  Stud.  S.  295-297 
(E.  Kölbing). 

Verel,  Charles.  Petite  grammaire  du  patois  de  l'arrondisse- 
ment  d'Alenvon.  Re\-.  de  Linguistique  S.  88—90  (De  Gharencev).  — 
Kev.  de  Liug.  S.  88-90  (De  Charencey). 


Rezensionenverzeichnis.  149 

Villenoisy,  F.  de.  Orio'ine  des  premieres  races  ariennes  (2) 
d'Europe.  (Aus  Museon  1894.)  L'Anthropolog'ie  S.  481—484  (Salomon 
Reinach). 

ViQwa  Mitra.  Les  Chamites.  Indes  preariennes.  Jahresb. 
f.  Geschichtsw.  15  I  3  (Hoernes).  —  Ibidem  I  49  (R.  0.  Franke). 

Viteau,  Jos.  Etüde  sur  le  Grec  du  Nouveau  Testament. 
Le  Verbe:  Syntaxe  des  pi-opositions.  Th.  Litt.-Z.  Sp.  338—340. 
Einzelbemerkung'en  (F.  Blass).  —  Rev.  de  l'instr.  publ.  en  Belg-. 
S.  290-292  (F.  C). 

Völckei".  Formal-sprachliche  Bildung'  durch  den  Unterricht 
in  der  Muttersprache,  formal-logische  Bildung  durch  den  Unterricht 
in  der  Mathematik.    Zeitschr.  f.  d.  deutsch.  Unterr.  S.  79—85  (G.  Berlit). 

Vogl,  A.  Die  Sprache  in  ihren  Beziehungen  zu  den  Sprach- 
werkzeugen. Jahresb.  üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Ph.  15 
S.  12.     Ganz  laienhaft  (Felix  Hartmann). 

Volkov,  Theodore.  Rites  et  usages  nuptiaux  en  Ukraine. 
Urquell  S.  266— 267  (Scurat). 

Vonbun,  F.  J.  Die  Sagen  Vorarlbergs.  2.  Aufl.  v.  Herm. 
Sander.     Centr.-Org.  f.  d.  Int.  d.  Realschulw.  S.  429  (L.  Freytag). 

Vorzeit,  Germanische.  Jahresb.  d.  Gesch.  15  it  1—18. 
Überblick  über  die  Litteratur  d.  J.  1892  (G.  Erler). 

Vorzeit,  Slavische.  Jahresb.  d.  Gesch.  15  §  53— 56.  Littera- 
turübersicht  für  das  Jahr  1892  (A.  Pawinski,  A.  Horcicka,  K.  Jirecek). 

Waals,  H.  G.  van  der.  Skeireins  aivaggeljons  Jjairh  Johannen. 
Vertaling  met  eenige  opmerking-en  omtrent  tekst  en  tekstcritiek. 
Anz.  f.  deutsch.  Alt.  S.  148-162  (M.  H.  Jellinek). 

Wackernagel,  Jak.  Beiträge  zur  Lehre  vom  griechischen 
Akzent.     Byz.  Zeitschr.  S.  200-201  (K.  K.). 

Wagner.  Der  gegenwärtige  Lautbestand  des  Schwäbischen 
in  der  Mundart  von  Reutlingen.  Anz.  f.  idg.  Spi-.  u.  Alt.  IV.  S.  75  — 
77  (Friedrich  Kaulfmann). 

Walker.  On  the  Greek  Aorist.  Class.  Rev.  8  S.  239-243 
(J.  H.  Moulton). 

Wal  ton,  Alice.  The  Cult  of  Asldepios.  Cornell  Stud.  in 
Class.  Phil.  III.  Rev.  Grit.  S.  491-495  (V.  Berard). 

Waltzing-,  J.  P.  Le  recueil  general  des  inscriptions  latines 
et  l'epigraphie  latiue  depuis  50  ans.  Jahresb.  f.  kl.  Alt.  81  S.  261— 
262  (Haug). 

Weber,  A.  Verzeichnis  der  Sanskrit  und  Prakrit  Hand- 
schriften d.  kgl.  Bibliothek  zu  Berlin.  II.  Bd.  3.  Abt.  Journ.  As. 
G.  Ser.  3  S.  172-177  (L.  Feer). 

Weissbach,  F.  H  und  Bang,  W.  Die  altpersisclien  Keilin- 
schriften 1.  Lief.  LCB  Sp.  150—152.  Wenig-  befriedig-ende  Trans- 
skription. Gesammturteil  erst  mög-lich,  wenn  der  noch  ausstehende 
Kommentar  erscheint  (Th.  N.).  —  Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  1096-1097 
(Paul  Hörn).  —  Academy  46  S.  307. 

Weisse,  0.  s.  Maurenbrecher,  B. 

Westphal,  Rudolf.  Allgemeine  Metrik  der  indogermanischen 
und  semitischen  Völker  auf  Grundlage  der  vergleichenden  Sprach- 
wissenschaft. Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn.  S.  784—785.  Ist  nicht 
für  solche  g-eschrieben,  die  blos  Orientirung  suchen.  Hartnäckiges 
Festhalten  an  einmal  Behauptetem.  Höchst  ärgerliche  Druckfehler 
(R.  Meringer).  —  Anz.   f.   deutsch.  Alt.  S.  86—87   (Andreas  Heusler). 

—  Jahre.sb.   üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Geb.  d.  germ.  Phil.  15  S.  26  (Felix 
Hartraann). 

Wide,  Sam.     Lakonische   Kulte.     LCB  1894   Sp.  62-64  (Cr.). 

—  Deutsche  Litt.-Z.    Sp.  295—297   (E.  Bethe).   —   Woch.   f.  kl.  Phil. 


150  Rezensionenverzeichnis. 

Sp.  6—8.  Methodische  und  vollständige  Sammlungen  (H.  Steuding). 
—  Neue  phil.  Rundsch.  S.  1.58-159  {Z.).  —  Anz.  f.  idg.  Spv.  u.  Alt. 
IV  S.  34-36  (Wilhelm  H.  Röscher).  —  Nord.  Tidsskr.  f.  Filol.  III. 
B.  3.  Bd.  S.  40—44  (Chr.  Blinkenberg).  —  Blätter  f.  d.  bayr.  Gvmn.- 
Schulw.  S.  544-546. 

Wilke,  Edwin.  Deutsche  Wortkunde.  LCB  S.  1540.  Will 
Elementarlehrer  mit  den  Hauptresultaten  der  sprachgeschichtlichen 
Forschung  bekannt  machen.  Im  Einzelnen  ist  manches  Fehlerhafte 
untergelaufen  (H.  F.).  —  Blätter  f.  d.  bavr.  Gvmn.-Schulw.  S.  492— 
493  (Rud.  Schwenk). 

Wilcken,  Ulrich.  Tafeln  zur  älteren  griechischen  Paläo- 
graphie.    GGA  S.  494-496  (F.  Blass). 

W^ilmanns,  W.  Deutsche  Grammatik.  1.  Abteilung:  Laut- 
lehre. Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  III.  S.  186—191  (W.  Streitberg).  — 
Zeitschr.  f.  Realschulw.  S.  606—608  (Gustav  Burghauser).  —  Litte- 
raturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  Sp.  217—220.  Einzelbemerkungen 
(K.  V.  Bahder). 

Wilmotte,  Maurice.  Le  Wallon.  Histoire  et  litterature  des 
origines  ä  la  flu  du  XVIII  e  siede.    LCB  Sp.  1339. 

Wilser,  L.  Bernstein  und  Bronze  in  der  Urzeit.  Jahresb. 
f.  Geschichtsw.  15  I  6  (Hoernes). 

Win  er,  G.  B.  Grammatik  des  neutestamentlichen  Sprachidioms. 
1894 8  von  P.  W.  Schmiedel.  I.  Einleitung  und  Formenlehre.  LCB 
Sp.  1030,  1031.  Konnnt  einem  allgemein  empfundenen  Bedürfnis 
entgegen.  Die  Unsumme  der  seit  Winers  Tod  (1858)  zugewachsenen 
sprachwissenschaftlichen  Litteratur  ist  gewissenhaft  und  vollständig 
beigezogen  (K.  K.)  —  Rev.  Crit.  S.  49  —  51.  Verrät  eine  tüchtige 
linguistische  Schi;lung.  Einzelbemerkungen  (V.  Henry).  —  Byz. 
Zeitschr.  S.  639.  Vortreffliches  Auskunftsmittel  für  die  ganze  spä- 
tere Gräzität  (K.  K.).  —  Tii.  Litt.-Z.  Sp.  532—534  (F.  Blass). 

Winternitz,  M.  Das  altindische  Hochzeitsrituell.  Mit  Ver- 
gleichung  der  Hochzeitsgebräuche  bei  den  übrigen  idg.  Völkern, 
Jahresb.  f.  Geschichtsw.  15  I  68. 

Wölfflin,  E.  Minucius  Felix,  ein  Beitrag  zur  Kenntnis  des 
afrikanischen  Lateins.  Anz.  f.  idg.  Spr.  u.  Alt.  IV  S.  67—68  (W. 
Meyer-Lübke). 

Wölfflin,  E.  Der  Dichter  der  Scipionen-elogien.  Jahresb. 
f.  Geschichtsw.  15  I  117  (L.  Hüter). 

Zbiör  Wiadomosci  do  antropolgii  krajowej  wydawany  sta- 
raniem  komisyi  antropologiczney  akademii  umiejetnosci  w  Krakowie 
Tom.  XVI  Krakow  1892  (Gesanunelte  Berichte  über  die  einheimische 
Antliroi)ologie).    Arch.  f.  Ethnogr.  S.  93—94  (C.  C.  Uhlenbeck). 

Wolfskehl,  Karl.  Germanische  Werbungen.  I.  Hugdictrich, 
Jarl  Apollonius.  I.CB  Sp.  1853—1854.  Sucht  den  mythischen  Kern 
der  Sagen  herauszuschälen,  scharfsinnig  und  geschickt,  aber  mehr 
überredend  als  überzeugend.  —  Jahresb.  üb.  d.  Erscli.  auf  d.  Geb. 
d.  germ.  Phil.  15  S.  121.  —  Zeitschr.  d.  Vereins  f.  Volksk.  220  (Max 
Roediger). 

Wolter,  E.  A.     Materialy   dlja  etnografij  latysskago  plemeni 
vitebskoj  gubernii,   casti  I.  Arch.  f.  slav.  Pli.  247—248  (A.  Brückner). 
Wrede,  F.     Berichte  über  G.  Wenkers  Siiracliatlas  des  deut- 
schen Reichs.     .Jaliresb.   üb.  d.  Ersch.  auf  d.  Gel),  d.  germ.  Phil.  15 
S.  35  (W.  Seelmaun). 

Wright,  Joseph.    A  grammar  of  tlie  dialect  of  Windhill  in  the 
west  riding  of  Jorksiiire.     Anz.  f.  deutsch.  Alt.  S.  30—35  (A.  Nai)ier). 
Wright,  Josepli.   A  Primcr  of  the  Gotliic  Language.   Deutsche 
Litt.-Z.  Sp.  302—303  (Max  Roediger). 


Rezensionenverzeichnis.  151 

Wunderlich,  Herrn.  Der  deutsche  Satzbau.  Rev.  Grit.  S.  204— 
20G.  Verdienstlich  trotz  der  dunklen  Schreibweise  (Alfr.  Bauer).  — 
Zeitschr.  für  die  österr.  Gymn.  S.  237—239.  Geistvoll,  aber  manches 
unsicher,  vieles  nur  Skizze  (Rudolf  Löhner).  —  Anz.  f.  deutsch.  Alt. 
S.  1—13.  Inhaltsreiche  Rezension  (Tomanetz).  —  Zeitschr.  f.  deutsche 
Phil.  S.  275—277  (O.  Erdmann). 

Wustmann,  Gustav.  Allerhand  Sprachdummheiten.  Arch. 
f.  d.  Stud.  d.  neuer.  Spr.  u.  L.  92  S.  79—85  (Max  Roediger). 

Wust  mann,  Gustav  s.  Borchardt,  W. 

Wyatt,  A.  J.  Beowulf.  Edited,  with  Textual  Footnotes,  In- 
dex of  Proper  Names,  and  Alphabetical  Glossarv.  Academy  46 
S.  69—70  (Henry  Bradley). 

Jädavaprakäsa.  The  Vaijavantl.  For  the  first  time  edited 
by  Gustav  Oppert.  GGA  S.  814—832.  Die  Vaijayantl  überliefert 
eine  Fülle  von  seltenen  oder  ganz  neuen  Wörtern  xmd  Wortbe- 
deutungen (Th.  Zachariae). 

Zachariae,  Th.  s.  Hemacandra. 

Zangemeister,  Karl  und  Braime,  Wilhelm.  Bruchstücke 
der  altsächsischen  Bibeldichtung.  Mod.  Lang.  Not.  Sp.  488—496 
(George  A.  Hench).  —  Lit.  Handw.  Sp.  637—639  (E.  Arens).  _ 

Zavitnevicb  B.  Z.  Proischozdenie  i  pervonacalbnaja  isto- 
rija  imeni  'Rusö'-     Arch.  f.  slav.  Ph.  S.  558  (M.  Speranskij). 

Bvzantinische  Zeitschrift.  Hgg.  von  K.  Krumbacher. 
Bd.  IL   "Deutsche  Litt.-Z.  Sp.  358—361  (C.  Frey). 

Z  e  i  t  s  c  h  r  i  f  t  f.  Kulturgeschichte.  Hgff.  von  Georg  Steinhausen. 
Zeitschr.  f.  Realschulw.  S.  546—547  (H.  Widmann).  —  Zeitschr.  f. 
Ethn.  S.  45.  Neue  Folge.  Heft  I  (Max  Bartels).  —  Bl.  f.  d.  Gymn.- 
Schiihv.  S.  687-688  (Markhauser). 

Zendavesta  s.  Darmesteter,  A. 

Ziegler,  Theob.  Das  Gefühl.  1893.  LCB  Sp.  709,  710.  Der 
5.  Abschnitt  handelt  von  unwillkürlichen  und  willkürlichen  Aus- 
drucksbewegungen; unter  den  letzteren  wird  auch  die  Sprache  be- 
handelt  (0.  K.). 

Ziemer,  H.  Lateinische  Schulgrammatik.  11.  gänzlich  um- 
gearbeitete Aufl.  der  Schulgrammatik  von  W.  Gillhausen.  Zeitschr. 
für  die  österr.  Gymn.  S.  IciOO— 1001.  Trägt  auch  den  Forderungen 
der  Sprachwissenschaft  vollauf  Rechnung  (J.  Golling).  —  Woch.  f. 
kl.  Phil.  Sp.  349  -354  (Fügner).  —  Zeitschr.  f.  Realschulw.  S  540— 
541  (G.  Vogrinz).  —  Bl.  f.  d.  Gymn.-Sch.  S.  398—401  (Gebhard).  — 
Centr.-Org.  f.  d.  Int.  d.  Realschulw.  S.  570—571  (— g.).  —  Berl.  phil. 
Woch.  Sp.  894—896.  Durch  und  durch  eigenartig  (Fr.  Müller).  — 
Zeitschr.  f.  d.  Gymnasialw.  S.  493—503.  Inhaltsreiche  Besprechung 
vom  pädagogischen  Standpunkt  aus  (Max  Engelhardt). 

Zimmer,  Heinr.  Nennius  Vindicatu.s.  LCB  1894  Sp.  155—157. 
Unumstösslicher  Beweis,  dass  die  sog'.  Historia  Brittonum  auf  Nen- 
nius selbst  zurückgeht  (W.  F.).  —  Litteraturbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil. 
Sp.  161  —  163  (W.  Golther).  —  Anz.  f.  deutsch.  Alt.  S.  225—227.  Mül- 
lenhotfs  Forschungsmetliode  wird  hier  erfolgreich  auf  keltische  Phi- 
lologie übertragen  (E.  Martin).  —  Rev.  Celt.  S.  126-129  (H.  d'A.  de  J.). 
—  GGA  S.  399—406  (G.  Heeger).  —  Romania  S.  306. 

Zlngerle,  Ignaz  v.  Sagen  aus  Tirol.  Zeitschr.  f.  deutsche 
Phil.  S.  280—281  (Jos.  Seeber). 

Münclien.  Gustav  Her  big. 


152  Mitteilungen. 


Mitteilungen. 


Die  iiulogernianische  Sektion  auf  der  Kölner 
Plülologenversanimlung:  ^). 

25.-29.  September  1895. 

Auch  auf  der  43.  Versammlung-  deutscher  Philologen  und 
Schulmänner  konnte  sich,  wie  auf  den  beiden  vorhergehenden  Ver- 
sammlungen eine  indogermanische  Sektion  bei  ansehnlicher  Mit- 
gliederzahl konstituieren:  hiermit  ist  unsere  Sektion  ein  für  alle 
Mal  in  den  festen  Bestand  der  künftigen  Versammlungen  aufge- 
nommen, was  Herr  Prof.  Jacobi  in  seinem  vor  der  letzten  Plenar- 
sitzung erstatteten  Bericht  hervorhob. 

In  der  (1.)  konstituierenden  Sitzimg  der  Sektion  (25.  Septem- 
ber) wurden  Herr  Prof.  Jacobi  (Bonn)  zum  1.  Vorsitzenden,  Herr 
Prof.  Thurneysen  (Freiburg)  zum  2.  Vorsitzenden,  ferner  Herr 
Dr.  Solmsen  (Bonn)  sowie  der  Unterzeichnete  zu  Schriftführern 
gewählt. 

In  der  (2.)  Sitzung  vom  26.  September  sprach  Herr  Prof. 
Osthoff  über  Die  griechische  Vertretung  der  langen 
Liquida  sonans.  Der  Vortragende  nimmt  —  abgesehen  A^on  dem 
Spezialfall  puu,  Xuu  lat.  rä,  lä,  den  er  als  idg.  Abart  von  f,  l  ausser 
Acht  lässt  —  op,  o\  als  griech.  Vertretung  von  f  1  an:  vgl.  z.  B. 
CTÖp-vuiai  zu  ai.  süriiäs,  ßoüXo|Liai  =  *gI-no-mai,  qpoXKÖc  'krummbei- 
nig' lat.  falx  zu  lat.  flecfo,  yopTÖc  air.  </arg  (zvi  abg.  yroza)]  griech. 
dipK^uj  imd  lat.  arceo  sind  auf  verschiedene  Formen,  rk-  und  fk, 
zurückzuführen.  Während  in  den  angeführten  und  andern  Fällen 
op  o\  =  idg.  f  /  mit  dem  einem  idg.  or  ol  entsprechenden  op  oX 
zxisammengefallcn  ist,  scheiden  sich  die  beiden  Gruppen  in  der 
Stellung  vor  t:  idg.  or«  oli  wird  im  Griech.  zu  oip  oXX  (|uoTpa,  koi- 
pavoc,  aiöXXuu),  dagegen  fi  li  nrgriech.  zu  upi  uXi  und  weiter  zu 
üp  (aus  *üpp)  bezw.  uXX.  Mit  Hilfe  dieses  Lantgesetzes  ist  es  nun 
möglich,  die  den  ai.  Präsenlien  jlryoti,  avat'iryati  entsprechenden 
griechischen  Formen  festzustellen,  sowie  eine  Gruppe  von  bisher 
dunkeln  u  der  ^-Reihe  zuzuweisen  oder  vielmehr  zu  erklären;  man 
vergleiche  z.  B.  Verba  wie  cupuu  aixs  *S7jHö  neben  caipuu  aus  *suriö 
zur  Wz.  suer  oder  fiOXXuj  lit.  maliü  vedisch  npa-müriiamänas  zu  slav. 
meljq,  und  Nomina  wie  cqjöpa  *sp(h)ria  neben  cqiaTpa  -^.^phria  Wz. 
sp(h)er  (Oder  cpOXXov  '*bhUom,  lat.  folium  ''''hhf iow.  zur  Wz.  bJiel  (ger- 
man.  blott  aus  *b?d-o-to-ni  oder  *bhl-,)-to-)n).  Formen  mit  up  uX,  in 
denen  kein   i  im  Spiele  ist,    sind    durcli  Übertragung    von    solchen 


1)  Den  Vortragenden,  welche  midi  biM  der  Ausarbeitung  die- 
ses Berichtes  unterstützten,  sei  auch  an  dieser  Stelle  bestens  ge- 
dankt. 


Mitteilungen.  153 

mit  i  entstanden,  z.B.  juüXr)  nach  laüWuj;  KÜp^u)  nach  *Ki)ppuj  (später 
Kupuj).  Die  verschiedene  Behandlung-  von  op,  oX  je  nachdem  es 
aus  f,  /  oder  or,  ol  entstanden  war,  erklärt  sich  daraus,  dass  op 
o\  aus  idg-.  f  I  ursprünglich  geschlossenen,  op  o\  aus  idg.  or,  ol 
ursprünglich  offenen  o-Laut  hatte,  also  z.  B.  *q)opiuu  (cpupu))  aber 
qpopuTÖc.  Im  ersten  Falle  trat  unter  dem  Elinfluss  des  t  weitere  Ver- 
dumpfung-  zu  u  ein,  während  die  übrig  gebliebenen  o  mit  den  alten 
Q  zusammenfielen. 

Au  der  Debatte,  in  der  Bedenken  gegen  die  Scheidung  von 
urgriech.  o  und  g  geäussert,  sowie  sonstige  Fälle  von  dunklen  u 
st.  0  (z.  B.  vüS,  fvvr])  hervorgehoben  wurden,  beteiligten  sich  ausser 
dem  Vortragenden  die  Herren  Prof.  Wackernagel  und  Dr.  Solrasen. 
Auf  den  mit  lebhaftem  Interesse  aufgenommenen  Vortrag  hier  näher 
einzugehen,  unterlasse  ich,  da  eine  baldige  Veröffentlichung  (im 
VI.  Bande   der  Morphologischen  Untersuchungen)   zu   erwarten  ist. 

Am  27.  September  fanden  2  Sitzungen  (Morgens  und  Nach- 
mittags) statt;  in  der  3.  Sitzung,  welche  von  Herrn  Prof.  Thurneysen 
geleitet  wurde,  sprach  zuerst  Herr  Prof.  Jacobi  (Bonn)  Zur  Ent- 
wicklung des  indischen  Satzbaus:  Die  Eigenart  des  indischen 
Satzbaus,  dem  kunstvolle  Periodisierung  gänzlich  fehlt,  beruht  auf 
der  Natur  der  indischen  Nebensätze;  die  Eelativsätze  mit  ihrer 
festen  Stellung  am  Anfang  oder  Ende  des  Hauptsatzes,  wie  sie  in 
gleicher  Weise  im  Vedischen,  im  klassischen  Sanskrit,  im  Mittel- 
indischen und  in  neuindischen  Sprachen  sich  findet,  sind  genauer 
Korrelativsätze,  welche  eine  wesentliche  Ergänzung  des  Hauptsatzes 
bezw.  eines  Gliedes  desselben  enthalten;  sie  sind  aus  demonstrati- 
ver Ausdrucksweise  hervorgegangen:  weiter  ausführende  oder  be- 
schreibende Nebenumstände  können  nicht  durch  Relativsätze,  son- 
dern nur  durch  Komposita  ausgedrückt  werden.  Hinter  den  Relativ- 
sätzen treten  die  Konjunktionalsätze  im  Indischen  zurück:  sie  sind 
übrigens  gleichfalls  relativisch,  wie  ihre  aus  dem  Relativpronomen 
hergeleiteten  Konjunktionen  {yadcl,  yafhä  itsw.)  zeigen.  Die  Ver- 
bindung eines  solchen  Konjunktionalsatzes  und  eines  Relativsatzes 
mit  dem  gleichen  Hauptsatz,  der  in  der  Mitte  steht,  ist  die  einzige 
Art  von  Periodenbildung  im  Indischen;  der  Nebensatz  kann  nur 
dann  in  den  Hauptsatz  eingeschoben  werden,  wenn  er  auf  2  Worte 
reduziert  ist.  Auch  der  Konjunktionalsatz  ist  von  derselben  Natur 
wie  der  Relativsatz:  wie  dieser  drückt  er  ein  enges,  wesentliches 
Verhältnis  zwischen  Haupt-  und  Nebensatz  aus;  Nebenumstände 
zeitlicher  oder  kausaler  Art  werden  durch  die  Form  des  Absolu- 
tivum  ausgedrückt.  So  kam  das  Sanskrit  (bezw.  das  Mittel-  und 
Neuindische,  dem  sich  auch  die  dravidischen  Sprachen  ansehliessen) 
durch  die  Natur  seiner  Nebensätze  dazu,  die  Ausdrucksform  des 
Kompositums  und  des  Absolutiviims  in  einer  überreichen,  uns  ge- 
künstelt erscheinenden  Ausdehnung  zu  gebrauchen  und  ein  perio- 
disches Satzgefüge  unentwickelt  zu  lassen. 

Herr  Prof.  Wackernagel  äussert  im  Anschluss  daran  die  Ver- 
mutung, ob  nicht  bei  dieser  Entwicklung,  die  ein  Zurücktreten  des 


154  Mitteilungen. 

verbalen  Ausdnicks  gegenüber  dem  nominalen  bedeute,  eine  äus- 
sere EinAvirkung',  also  etwa  des  Dravidischen,  im  Spiele  gewesen 
sein  könne. 

Hierauf  erhielt  Herr  Dr.  Solmsen  (Bonn)  das  Wort  zu  einem 
Vortrag  über  das  Thema  Zur  Frage  nach  dem  Wesen  des 
griechischen  Akzents.  Der  Vortragende  suchte  im  Anschluss 
an  Wackernagel  zu  zeigen,  dass  dem  griechischen  Akzent  auch  in 
alter  Zeit  bereits  neben  dem  von  den  griechischen  Grammatikern 
allein  hervorgehobenen  musikalischen  Charakter  ein  exspiratorisches 
Moment  innegewohnt  habe,  indem  er  zu  den  zwei  von  Wackernagel 
in  diesem  Sinne  geltend  gemachten  Lauterscheinungen  zwei  wei- 
tere hinzufügte:  1)  Die  Behandlung  der  ererbten  Lautgruppe:  Vo- 
kal +  ?i  -f  5  +  Vokal,  in  der  der  Diphthong  seinen  zweiten  Be- 
standteil unversehrt  erhält  oder  einbüsst,  je  nachdem  der  Akzent 
auf  ihm  ruht  oder  nicht:  auoc  aus  ^caöcoc  =  lit.  saüsas  usw.,  aber 
i^uüc  aus  *äücuüc  =  ai.  usäs,  lat.  auröra;  jeüoi  eüuu  aus  *jevcw  *eüciu, 
aber  dKor]  aus  *äKOucd,  dKrjKoa  aus  ^otKaKouca,  ötKpoaoiuai  aus  "*äKpou- 
cao|nai  usw.  Diese  Regel  hat  auch  für  das  Äolische  gegolten,  nur 
dass  sie  hier  erst  nach  Eintritt  der  spezifisch  äolischen  Akzentzu- 
rückziehung durchgedrungen  ist.  Äolisch  einerseits  auiuc  aöa  ira- 
paüa  dKoüa,  andererseits  aber  -aKooc;  daraus  ergibt  sich  für  das 
Alter  der  äolischen  Betonung  der  Schluss,  dass  sie  älter  als  Sappho 
und  Alkaios  sein  müsse.  2)  Gewisse  Fälle  der  Hyphaeresis  von  o, 
in  denen  der  Ausfall  dieses  Vokals  diirch  das  Fortrücken  des  Ak- 
zents bedingt  ist:  öXoöqppujv,  aber  öXocppov^oiv  (auf  einer  jungen  In- 
schrift aus  Karlen);  hom.  ßoriOöoc,  aber  ßorjO^uj  aus  *-6oeuL),  wonach 
ßoriGöc  neugebildet,  äol.  mit  Zurückziehung  des  Akzents  ßäBörnai; 
GuocKooc,  aber  öuocKeiv;  OXeioOc  'AvaYUpoOc  aus  *-öoic  *-ö^€vtc,  aber 
OXeiacioc  'AvaYupacioc  aus  *-o--aTioc;  Böciropoc  aus  einer  ursprüng- 
lichen Flexion  BoöcTropoc  BocTTÖpou  usw.  —  Da  der  Vortrag  an  an- 
derer Stelle  vollständig  veröffentlicht  werden  wird,  genügt  hier 
diese  kurze  Inhaltsangabe.  An  den  Vortrag  knüpfte  sich  eine  leb- 
hafte Debatte  an,  an  der  sich  die  Herren  Prof.  Osthoff,  Prof.  Wacker- 
nagel, Prof.  Schenkl  (Graz)  sowie  der  Unterzeichnete  beteiligten 
und  wobei  vor  allem  die  Beweiskraft  des  aus  einer  jüngeren  In- 
schrift angeführten  öXoqppov^u)  zu  öXoöqppwv,  ferner  die  Frage  nach 
einem  ähnlichen  für  i-Diphthonge  geltenden  I^autgesetz,  die  Ety- 
mologie von  vev')uj  und  väöc,  sowie  die  Frage  nach  dem  Wert  der 
Handschriften  in  betreff  der  Akzentsetzung  berührt  wurden. 

In  der  Nachmittags-(4.  mid  Srhluss-)Sitzung  von\  27.  Septem- 
ber, die  .sich  eines  besonders  regen  Besuches  von  Seiten  anderer 
Sektionen  erfreute,  spracii  Herr  Prof.  Thurneysen  über  Allitte- 
rationsdichtung  im  Westindogermanischen.  Der  Vortra- 
gende ging  aiis  von  der  bekannten  Thatsache,  dass  das  älteste 
Latein  und  übei-haupt  die  nltitalische  Dichtung  von  der  Allittera- 
tion  ziemlich  reichen  Gebrauch  macht.  Wenn  sich  auch  annehmen 
lässt,  dass  die  Allitteration  durch  das  Dreisilbengesetz  der  lat.  Be- 
tonung, welches  die  Irüherc  Anfangsbetonung  ablöste,  in  den  Hin- 


Mitteilung-en.  155 

tei-g-nind  g-edräng't  worden  sei,  stimmt  er  doch  Jordan  gegen  West- 
phal  bei,  dass  jeder  Beweis  dafür  fehle,  dass  einst  bei  den  Italikern 
wie  bei  den  Germanen  die  Allitteration  einen  oblig-atorischen  Be- 
standteil der  Verstechnik  g-ebildet  habe.  Überhaupt  ist  die  Anwen- 
dung- der  Allitteration  bei  den  Italikern,  welche  neben  einander 
stehende  haupttonig'e  Wörter  verbindet,  zu  verschieden  von  der 
g'ermanischen,  wo  sie  Halbverse  verknüpft,  als  dass  eine  g-emein- 
same  Entwicklung-  zunächst  wahrscheinlich  wäre.  Die  Frag-e  g-e- 
winnt  eine  andere  Gestalt  durch  Beiziehung-  des  Keltischen.  Die 
Iren,  welche  die  altkeltische  Anfangsbetonung-  bewahrt  haben,  ver- 
wenden auch  in  derjenig-en  Dichtung-,  die  sich  in  ihrem  Bau  der 
spätlateinischen  Hymnenrhythmik  anschliesst,  das  einheimische  Ele- 
ment der  Alliteration  als  häufigen  Redeschmuck.  Die  Art  der  Ver- 
Avendung-  ist  dieselbe  wie  im  Italischen;  die  Technik  im  einzelnen, 
die  Reg-eln  über  die  allitterierenden  Anlaute,  zeig-en  grosse  Ähnlich- 
keit mit  der  germanischen,  ohne  dass  Entlehnung-  von  den  Angel- 
sachsen anzunehmen  wäre.  Die  nahe  Verwandtschaft  der  Kelten 
mit  den  Italikern,  die  durch  sprachliche  Thatsachen  erwiesen  ist, 
lässt  gemeinsame  Entwicklung  bei  diesen  beiden  Stämmen  wahr- 
scheinlich erscheinen.  Dann  liegt  die  Vernuitung  nahe,  dass  die 
Germanen  sie  —  nach  der  Lautverschiebung  —  von  den  Kelten 
übernommen  und  selbständig  entwickelt  haben.  Der  Übergang- 
von  der  italokeltischen  Allitterationsweise  zur  germanischen  ist,  wie 
schon  Karl  Bötticher  gesehen  hat,  nicht  allzu  schwer  zu  vermit- 
teln. Von  den  drei  hauptsächlichsten  Typen  der  gei-manischen 
Allitterationszeile  (in  denen  a  alliterierende  haupttonige  Wörter  be- 
zeichnet) 

Ja        a       \       a 

II    _    iL    I    iL    _ 
III    iL    __    i    iL 

sind  die  beiden  ersten  aiich  im  Irischen  und  Italischen  ül)licli,  wo 
häufig  Cäsur  (oder  Versschluss)  zwischen  zwei  allitterierende  Wörter 
fällt.  Die  Erhebung  des  fakultativen  Versschmuckes  zum  obligato- 
rischen und  die  Entwicklung  von  Tj'pus  III  ist  kein  weiter  Schritt. 
Eine  Sicherung  dieser  Hypothese  ist  nur  möglich  auf  Grund  er- 
neuter eingehender  Prüfung  der  ältesten  Metrik  der  drei  Avestindo- 
germanischen  Völker. 

In  der  Debatte,  an  der  die  Herren  Prof.  Suciiier  (Halle),  Prof. 
Körting-  (Kiel)  und  Dr.  Solmsen  (Bonn)  teilnahmen,  ging  der  Vor- 
tragende vor  allem  auf  den  Einwand  näher  ein,  ob  ein  Volk  (hier 
also  das  Keltische)  seine  metrischen  Grundsätze  auf  die  volkstüm- 
liche Dichtung-  eines  anderen  Volkes  übertragen  könne. 

Als  letzter  sprach  Herr  Prof.  Cornu  (Prag)  Über  die  Be- 
tonung- annäque  im  latein.  Hexameter.  An  der  Hand  eines 
reichen  statistischen  JNIaterials  Aveist  der  Vortragende  nach,  dass 
im  Hexameter  ein  Wort  Avie  armäque  (so  betont  nach  dem  Zeug- 
uisse  der  sämtlichen  römischen  Grammatiker),    Avelches  der  Quanti- 


156  Mitteilungen. 

tat  nach  im  ersten,  AÜcrton  und  fünften  Fusse  verwendet  werden 
konnte,  nhf2,'esehen  von  überaus  seltenen  Ausnahmen,  nur  als  erster 
und  fünfter  Fuss  vorkommt;  dass  nur  dessen  Verwendung"  im  ersten 
Fusse  keine  Beschränkung  erleidet,  dagegen  im  fünften  gewöhn- 
lich an  die  bukolische  Cäsur  gebunden  ist,  welche  in  der  Regel 
dann  eintritt,  wenn  der  fünfte  Daktylus  die  Betonung  _.Lw  hat. 
Aus  dieser  Thatsache  folgert  er  weiter,  dass  die  Annahme,  die 
römischen  Dichter  hätten  sich  um  den  Akzent  nicht  gekümmert, 
unbegründet  sei,  dass  sie  im  Gegenteil  die  Akzentverhältnisse  sehr 
sorgfältig  beachtet  haben  müssen,  da  sie  stets  wussten,  dass  ein 
Daktylus  wie  corpora  (s^i,)  von  einem  Daktylus  wie  ai^mdque 
(_^^)  sich  unterscheidet. 

In  der  auf  den  Vortrag  folgenden  Diskussion  machten  die 
Herren  Prof.  Diels  (Berlin)  und  Prof.  Leo  (Göttingen)  Einwendun- 
gen gegen  das  von  dem  Redner  betonte  akzentuierende  Prinzip 
der  lateinischen  Metrik.  Hierauf  schloss  der  Vorsitzende,  Herr  Prof. 
Jacobi,  die  Sitzungen  der  indogermanischen  Sektion. 

Ein  von  dem  Unterzeichneten  nachträglich  angemeldeter  Vor- 
trag Über  den  Wert  des  neugriechischen  Sprachstudiums 
für  altgriech.  Grammatik  und  Textkritik  musste  der  vor- 
gerückten Stunde  wegen  ausfallen. 

Aus  dem  übrigen  Programm  der  Kölner  Tage  seien  zunächst 
die  in  Plenarversammlungen  gehaltenen  Vorträge  von  Prof.  Diels 
(Berlin)  und  Bibliothekar  Dr.  Wenker  (Marburg)  erwähnt;  jener 
gab  einen  Bericht  über  den  von  5  Akademien  unternommenen 
Thesaurus  linguae  latinae,  wobei  besonders  auch  die  tech- 
nische Seite  'Verzettelung'  erläutert  wurde;  dieser  sprach  Über 
den  Sprachatlas  des  deutschen  Reiches  und  betonte,  wie 
gTossen  Nutzen  derselbe  nicht  nur  iiir  die  deutsche  Dialektologie, 
sondern  auch  für  die  deiitsche  Stamniesgeschichte  verspreche.  Im 
Anschluss  daran  sind  zu  nennen  die  der  germanistischen  Sektion 
angehörenden  Vorträge  von  Privatdozent  Dr.  Wrede  (Marburg) 
Interpretation  einer  Sprachatlaskarte  sowie  von  Prof.  Dr. 
Kossinna  (Berlin)  über  Die  deutsche  Altertumskunde  und 
die  vorgeschichtliche  Archäologie.  Von  sonstigen  Vorträ- 
gen haben  spracliwissenschaftliches  Interesse  der  von  Prof.  Dr. 
Jerusalem  (Wien)  über  Psychologie  im  Dienst  des  Sprach- 
unterrichts (pädagogische  Sektion),  von  Prof.  Dr.  Koschwitz 
(Greifswald)  über  Methode  der  Lautchronologie,  und  endlich 
von  Prof.  Mutzliauer  (Neuwied)  über  Das  Wesen  des  Kon- 
junktivs und  Oi)tativs  im  Griechischen,  besonders  in  der 
homerischen  Sprache.  Da  Referent  keiner  der  betreffenden 
Sitzungen  beiwohnen  konnte,  so  muss  er  auf  eine  Inhaltsangabe 
dieser  Vorträge  verzichten. 

Freibiir«;-  im  15reis<rau.  A.  Tliumb. 


Mitteilungen.  157 

Vorläufige  Mitteilungen. 
1. 

Im  Frühjahr  1896  wird  im  Verlag-  der  Cambridg-e  University 
Press  erscheinen:  R.  S.  Conway  The  Italic  Dialects.  An  Edition 
of  the  remains  of  Oscan,  Paelig-nian,  Umbrian  and  the  minor  dia- 
lects of  ancient  Italy:  including  all  inscriptious  yet  discovered,  with 
critical  commentary;  the  dialectic  t'orms  recorded  in  Latin  and  Greek 
sources;  the  Place-names  and  Personal  names  of  all  the  dialect-areas 
verified  and  arranged;  briet"  Historical  Introductions  to  each  sec- 
tion;  a  Conspectiis  of  Italic  Grammar  (Alphabets,  Accidence  and 
Syntax);  a  dictionary  to  all  the  dialects;  and  an  Appendix  of  ex- 
planatory  notes  to  the  long-er  inscriptions. 


Herr  Dr.  Holg'er  Pedersen  beabsichtigt  eine  ausführliche 
Untersuchung-  über  die  Aspiration  im  Keltischen  zu  veröffentlichen, 
worin  er  u.  a.  (mit  Heranziehung-  des  Neuirischen)  darthun  wird, 
dass  im  Urkeltischen  alle  Konsonanten  aspirierbar  waren;  ferner 
wird  er  den  Nachweis  erbring-en,  dass  die  Aspiration  nicht  nur 
nach  Vokal,  sondern  auch  nach  Nasal  eintrat  (urkelt.  n])  usw.,  da- 
raus im  Irischen  zunächst  p  mit  Ersatzdehnung-,  dann  altir.  t,  neuir. 
d).  Die  sogenannte  Eklipse  ist  nur  ein  besonderer  Fall  der  Asjü- 
ration. 

Herr  Dr.  Pedersen  arbeitet  ausserdem  an  einer  Untersuchung- 
über  "Bartholomaes  Gesetz  im  Lateinischen". 

3. 

F.  de  Saussure.  —  Accentuation  lituanienne.  —  On 
peut  montrer  que  deux  systemes  tout  a  fait  differents  de  l'accent 
se  sont  succede  en  lit.  Ce  qui  forme  la  base  du  second,  nne  relation 
de  l'accent  avec  l'intonation,  est  inconnu  ä  tous  les  degres  du  ])re- 
mier.  Mais  ce  qui  caracterise  le  premier,  savoir  ixne  parfaite  sim- 
plicite  des  Schemas,  est  ä  son  tour  ce  qui  a  disparu  dans  Fautre. 
Un  seul  de  ces  faits  aurait  change  la  face  de  l'accent  lit.,  mais  tous 
les  deux  proviennent  du  meme  evenement: 

A  une  certaine  epoque  ante-dialectale  (du  reste  indetermi- 
nee),  l'accent  "s'est  rcgulicrement  porte  de  1  syllabc  en  avant  quand, 
reposant  orig-inairement  sur  une  syllabe  douce  (geschliffen),  il  avait 
imnnkliatement  devant  lui  une  syllabe  rudc  (g-estossen)".  —  Ainsi 
*Ialkyti  {ciT^y)  devenait  laikßti-^  j)endant  que  par  ex,  räizi/ti  {äi-\-y) 
n'etait  pas  amene  ä  changer  la  place  de  l'accent^). 


1)  La   somme   des   cas   possibles   (l'accent   se   trouvant  sur  la 
premiere  syllabe)  ctait: 

«i  +  ?/  =    C  w  vy  +  -1  w  w. 

al  -{-  y  =  v^  vy  C/  +  ^  w  ^. 

äi  -{-  y  ^=  C  «^  v^  +  w  w  ^. 

aX  -\-  y  =:  w  w  w  +  w  w  vy. 
Pourqiioi  c'est  justement  le  4e  cas  et  lui  seul  qui  s'est  trouve 
constituer  ponr  l'accent  une  position  critique,    c'est  ce  qu'un  simple 
coup  d'oeil  sur  ce  tableau  fait  comprendre. 


158  Mittciiung-etl. 

C'est  ce  qvii  «iiffit,  dans  toutes  Ics  pavties  de  raccent,  soit  ä 
decomposer  le   Systeme  actuel,  soit  ä  recomposex'  rancieu. 

—  Declinaison.  —  Toutes  les  divergences  d'aeceut  du  type: 
derüs,  ])onns  (de  devas,  pönas)  coutre  kelmu.s,  vyriis,  sont  poste- 
rieures,  siinpleinent  dues  au  fait  que  dans  *d{'viis,  le  ii,  etant  rüde, 
attirait  sur  lui  Taccent  toutes  les  fois  (lue  la  ])i-ecedente  syllabe 
etait  douce. 

Seules  donc  sout  primitives  les  divergences  qui  ne  trouveut 
pas  leur  Solution  dans  ce  fait  phonetique;  par  ex.  devais  kelmals 
contre  ])önais  vipriis. 

Mais  si  ceia  est  poursuivi  en  detail,  on  verra  qu'il  ne  reste 
rien,  ni  du  paradigme  la  de  Kurschat,  qui  devient  identique  ä  IIa; 
ni  du  paradigme  Ib  qui  devient  identieiue  a  IIb  (passaut  ainsi 
de  l'etat  de  paradigme  mobile  ä  l'etat  de  paradigme 
immobile). 

A  ee  moment,  on  aura  sans  le  chereher  fait  sortir  de  son  tom- 
beau  le  veritable  Systeme  cache  sous  l'accentuation  actuelle.  11  se 
compose,  comme  chaeun  le  voit;,  simplement  de: 

.  -,.  ,  .,  I  indirectement:    la. 

1  paradig.   mobile  =  {  gt  directement:  IIa. 
,     ,  ,    .  1  .,  I   indirectement:    Ib. 

+   1   parad.  immobile  =  [  ^^  ^i,eetement:  IIb. 

D'autre  part,  il  ne  connait  pas  l'intonation,  puisque  soit 
son  paradigme  Mob.  soit  son  paradigme  Im.  s'applique  avec  indifte- 
rence  ä  des  mots  ä  penultieme  rüde  ou  ä  des  mots  a  penultieme 
douce. 

[II  existe  donc  actuellement  deux  mouvemcnts  de  Taccent  meles; 
l'un  recent,  l'autre  ancien;  Tun  dependant,  Tautre  independant  de 
l'intonation ;  et  il  serait  chimeritiue,  dans  Tetat  present  du  lit.,  de 
vouloir  faire  abstraction  de  Fun  d'cux  pour  ne  considerer  que  celui 
qui  est  "grammaticar',  c'est-ä-dire  plus  ancien  que  Tautre.  On  peut 
seulement  s'ettorcer  de  trouver  des  sigles  appropries,  qui  tout  en 
indiquant  avec  precisiou  l'accent  moderne,  rappellent  constamment 
ce  qu'etait  cet  accent  dans  le  premier  Systeme.] 

'A  cet  egard,  les  mots  seront  de  4  classes  (au  Heu  de  deux 
du  premier  Systeme).  Ils  peuvent  suivre  ou  bien  les  paradigines 
Mob.  et  Im.  (autrefois  generaux,  aujourd'hui  speciaux  aux  mots  ä 
peiiultienu!  rüde);  ou  liien  INIob./a  et  Im./a,  noms  que  nous  adoptons 
pour  les  variantes  actuelles  de  Mob.  et  Im.  apres  i)enultieme  douce. 

Et  les  difterentes  formes  dont  se  coinposent  les  paradigmes 
(par  ex.  l'instrumental  en  -ff,  l'instrvimental  en  -vii,  le  geiiitif  en  -s, 
etc.)  seront  egalement  dans  quatre  situations  possibles  au  Heu  de 
deux.  II  n'y  avait  pour  elles,  dans  lorigine,  que  ces  deux  alter- 
natives: etre  oxytonables,  c.  a.  d.  oxytonees  dans  Mob.  (c'est  ce 
que  nous  a])pelons  ß),  ou  n'etre  pas  oxytonables,  c.  ä.  d.  baryto- 
nees  aussi  bien  dans  Mob.  qiie  dans  Im.  (c'est  ce  (|ue  nous  appelons 
Z).  11  y  a  inalntenant  pour  elles  ces  (juatre  alternatives: 
Z     =  Oxytonaisoni)  dans  zero  iiaradigme. 


1)  Quelques  principes  clemeiitaires  ne  sont  nullcmeiit  ici  hors 
de  projjos : 

La  ])arytonaison  est  l'accentuation  normale  de  toute  espece 
de  mot  et  de  forme  lit.  L'accent  radical,  (lUi  ne  maiKiuc  dans  au- 
cun  mot,  <'st  toujours  situe  ende(,-ä  de  l'ulticme  du  tlieme.  L'accent 
radical  est  mis  par  lä  dans  riiiii)nssibilite  de  jamais  se  trouver  sur 
liue    liiiale    ni   meme   sur   la  colonne   syllabique   oü  se  trouve   une 


Mitteiitiüg-eli.  1^9 

2a  =:  Oxytonaison  dans  Mob./a  et  Im./«. 

Q     =  Oxytonaison  dans  Mol),  a  vi  Mob. 

Qa  :=  Oxytonaison  dans  Mob./a.  Im./a,  et  Mob. 

Les  trois  premiers  cas  se  voient  partout.  Le  quatrienie,  nioins 
frequent,  est  celni  qiii  devait  se  presenter  si  iine  forme  finissant  par 
rnde  etait  par  hasard  au  nonibre  des  fornies  oxytonables  du  premier 
Systeme.  Ainsi  le  nom.  sing",  des  fem.  en  -ä-  est  oxytone  dans  trois 
paradig-mes,  contrairement  ä  toute  'regle',  parce  qu'il  est  ä  la  fois 
une  forme  Q  (eomme  tous  les  nom.  sing-.)  et  vine  forme  finissant 
par  rüde.] 

Polysyllabes.  —  Ici   se  produit   ce   qu'on  pouvait  prevoir: 

Les  tliemes  pakoxyton.s  offrent  le  meme  etat  caracteristiqxxe 
que  les  disyllabes  (qui,  cn  efTet,  n'ont  pu,  eux-memes,  developper 
Mob./a  et  Im./a  que  parce  qu'ils  etaient  des  paroxytons). 

Les  themes  ruoPAROXYTONs  et  hypei{rarvtoxs  ne  connais- 
sent  aucune  trace  de  cet  etat,  c"est-ä-dire  que  quelle  que  soit  chez 
eux  soit  l'intonation  de  la  penultieme  soit  I'intonatiou  de  la  toni- 
que,  ils  n'ont  Jamals  d'autres  paradigmes  que  Mob.  et  Im.  purs. 
Bien  inevitablement,  puisque  la  penultieme,  qui  est  en  contact  avec 
les  finales,  ne  dispose  pas  du  ton,  et  que  la  syllabe  qui  en  dispose 
n'est  pas  en  contact  avec  les  finales. 

Dans  un  tout  autre  ordre  d'idees,  ce  qui  parait  ressortir 
avec  une  grande  ju-obabilite  de  l'etude  des  polysyllabes,  c'est  que 
"pour  qu'un  mot  quelconque  jouisse  du  paradigme  mobile,  il  faut 
toujours  qu'il  ait  l'accent  radical  sur  l'initiale".  (Se  rappeler 
ici  que  tout  disyllabe  a  Taccent  siir  l'initiale.)  La  plupart  des  ex- 
ceptions  actuelles  comnie  sepfym  .sepfpiius  Parox.  Mob.  se  resolvent 
uu  moyen  de  la  loi  mecanique  {septfjnius  pour  *stpiynius,  ä  cause 
de  e  +  ?/,  ce  qui  donne  un  Proi)arox.  Mob.). 

—  Flexion  verbale.  —  Le  fait  le  plus  marqiiant  de  cette 
fiexion  est  qu'ä  la  difterence  du  nom,  eile  ne  connait  pour  tous 
les  verbes  (ju'un  seul  paradigme,  immobile.  Car  les  difterences 
comme  velkü  -äugu,  esmi  -sergmi  ne  sont  de  nouveau  qu'un  effet  de 
la  loi  mecani(iue.  En  presence  de  ce  fait  noiis  faisons  consister 
presque  tout  le  probleme  de  Faccentuation  verbale  ä  se  demander: 
s'il  n'a  pas  existe,  soit  selon  les  verbes  soit  plutöt  selon  les  Ibrma- 
tions  du  verbe  (fini),  une  difference  d'accent;  donc  un  second  ])ara- 
digme  "non  immobile",  —  quel  que  tut  au  juste  son  mouvemcnt, 
que  nous  ne  pretendons  pas  reconstituer. 

Parmi  les  nombreux  indices  propres  ä  confirmer  ce  soup(,'on, 
nous  ne  citerons  ([ue  les  plus  to])i(iues: 

1.  Le  partic.  en  -auf-.  —  Cette  formation  nominale  va  sur  Im. 
ou  Mob.  (car  il  va  saus  dire  que  toute  difierence  comme  ne.szqs  — 
ditgq.s  represente  une  pure  difference  de  jjaradigme;  accus,  ntszanti 
comme  äuganti)^).     Et   la   regle   serait,  ä   en  croire   Kurschat    dans 


finale.  Ainsi  toute  oxytonaison  a  le  caractere  formel  d'une  dero- 
gation  ä  l'accent  radical  (detail  ([ui  semble  ignore  de  presque  tous 
ceux  qui  citent  l'accent  lit.). 

Mais  etant,  de  plus,  le  seul  genre  de  derogation  a  l'accent 
radical  [ä  part  les  dat.  plur.  et  le  dat.  sg.  des  adj.],  l'oxytonaison, 
ou  plutot  la  somme  des  oxytonaisons  qu'adinet  un  mot  ou  une  forme, 
donnera  le  compte  exact  de  son  accentuation. 

1)  Le  contraire  serait  une  violation  des  regles  inviolables  sur 
roxytonaibon,  v.  plus  haut. 


160  Mitteilungen, 

sa  Grammaire,  qu'ellc  va  toujours  sur  Iin.  qiiand  la  radicale  est 
rüde,   partiellement  sur  Mob.  quand  la  radicale  est  douce.     Aiusi : 

szaükiäs  neszqn  \  äugäs. 
Regle  non-seulement  inexplicable,   rnais  qiii  serait  une  cajDitale  ob- 
jectiou  au  principe  posc  plus  haut  quo  jamats  Tintonation  ne  peut 
influer   sur   le   choix   d'un  paradigme. 

La  verite  est  ici  ([ue  toute  raccentuation  des  participes,  et 
autres  annexes  du  verbe,  dans  la  Grammaire  de  K.  n'est  qu'un 
tissu  d'erreurs  contredites  par  sou  Deutsch-Lit.  Wörterbuch 
aussi  bien  que  par  sou  Neues  Testameuti).  Et  il  resulte  de  ces 
derniers,  si  on  observe  les  formes,  que  l'accentuation  vraie  est: 

1.  sergcls  neszäs  \  cm  gas. 

2.  szaükiäs  \  träukiäs. 

3.  klypstäs  |  irüksfäs. 

c'est-ä-dire  que  le  paradigme  du  participe  est  a)  independant  de 
rintonatioii,  mais  b)  dependaut  de  la  formation  verbale,  en  -ö  -jö 
-stö  etc.  Cr  coniment  concevoir  ce  l'ait  si  le  pretexte  n'etait  pas 
doime  par  i;ne  differencc  de  paradigme  daus  le  verbe  fiiii  lui- 
meme^)? 

Des  observations  tout  analogucs  peuvent  se  faire  sur  le  partic. 
en  -ama-,  etc. 

2.  Accentuatioii  des  prefixes.  —  Ün  ne  voit  pas  d'abord  pour- 
quoi  tels  presents  rejettent  l'accent  sur  le  prefixe  et  pas  d'autres. 
Ainsi  ne-serga,  m-nesza,  mais  neszankia.  On  voit  bientöt  (jue  c'est 
la  meme  loi  que  pour  le  i)articipe.  Ce  qui  ne  prouve  pas  que  le 
paradigme  'tut  mobile';  mais  au  moins  qu'il  existait,  decidement, 
une  ditterence  entre  serga-  et  szaukia-,  —  II  est  presque  inutile  de 
dire  (pie  si  Ton  n'a  pas  de  meme  '7ie-auga\  mais  ne-äuga  comme 
ne-träukia,  c'est  simplement  qu'ici  encore  la  loi  mecanique  a  trans- 
porte  l'accent  d'une  syllabe^). 

—  D  e  r  i  V  a  t  i  0  n.  —  II  existe  au  point  de  vue  de  l'accent 
trois  categories  principales  de  sutfixes  (secondaires). 

Les  uns,  qui  n'offrent  (pi'un  minime  intcret,  posscdent  par  eux- 
memes  le  ton,  de  sorte  (jue  le  mot-base  est  indifferent.    Ainsi  -fjnas. 

Les  seconds  respectent  le  mot-base,  en  exigeant  que  le  derive 
ait  le  meme  ton  radical  (|ue  lui.  Ainsi  -iszkas  [j^agönas  :  pagönisz- 
kas,  etc.).  —  Ceci  aura  i)our  conscquence:  (|ue  si  le  siittixe  com- 
nicnce  par  rüde,  il  ju-endra  naturellement  le  ton  toutes  les  tois  cpi'ü 
aura  pour  mot-base  un  paroxyton  ä  penultieme  douce. 


1)  En  gencral  nous  ne  pouvons  nous  appuyer  que  sur  les 
oixvrages  non  granunaticaux  de  K.  Si  c'ctait  i)ar  excmple  d'apres 
la  Grammaire  de  K.  <|u'on  jugeait  de  l'accentuation  du  nom,  on  en 
aurait  une  idce  sinon  t'aussc,  du  moins  singuiicremcnt  insutHsante, 
coinmc  avait  dcjä  commencc  ä  le  montrer  Masing  (.Serbo-chorv. 
Accent).  i\Iais  les  erreurs  (innombrables)  de  K.  sur  le  nom  n'ont 
l)as  un  caractcre  irrcmcdiable;  Celles  (|u'il  repand  sur  le  verbe,  a 
projjos  des  participes,  avaient  ce  caractere. 

2)  II  taut  des  A  present  indiciuer  <|ue  si  la  prcsence  du  para- 
digme mobile  [nominal  ou  verbalj  a  la  signilication  (|ue  nous  lui 
attribuons  ]ilus  loin  (oxytonaison  du  thcme),  la  conclusion  ne  s'im- 
jiose  pas  sous  cette  forme.  Mais  il  est  avant  tout  nccessaire  de  ne 
pas  confondre  deux  ordrcs  didces  et  d'iiypotheses. 

3)  En    effet    Z  -j-  t  ^  k^    n'est   jamais    traite    autrcment    (jue 

^     W     V-'    "}"      w     V^     W 


Mitteilung-en.  161 

La  troisieme  categ'ovie,  et  la  plus  curieuse,  est  celle  (jui  veut 
(|iie  le  ton  soit  siirle  suffixe  ou  sxir  le  mot-base  (de  fondation), 
selon  (\\\e.  le  mot-base  suit,  dans  sa  flexion,  le  paradigme 
Mob.  ou  Tni.  Ainsi  darbininkas,  jyininfiininkas  de  ddrhas  Mob., 
ptningas  Mob.  contre  bürtininkas,  malunininkas  de  bürfas  Im. 
malCinas  Im./a.  —  Et  Ici  de  nouveau  se  presentera  la  complication 
prevue  si  le  suffixe  commence  par  une  rüde  comme  ütas,  -mgas 
etc.  C'est-ä-dire  qii'on  a,  pour  une  raison  g-ramniatieale,  kt'umittas 
de  krümas  Im.,  kaJnütas  de  kälnas  Mob.,  de  nieme  kampätas  de 
kampas  Mob./a,  niais  pour  une  raison  simplement  phonetique:  la- 
])iitas  de  läpas  lm.;a  (=  'Häpidas,  ä  cause  de  ä  +  ü)'^). 

Ces  remarques  ne  sont  relatives  qu'au  ton  radical  des  de- 
rives.  Mais  le  paradig-me  ((u'ils  peuvent  suivre,  en  outre  les  chan- 
g'ements  d'intonation  ('metatonie')  ([uMls  presentent  souvent,  ne 
sont  pas  non  plus  sans  d"etroits  raporrs  avec  la  classe  d'accent  du 
mot-base. 

—  Consequences  ä  tirer  ])Our  la  phonetique.  —  1. 
Douce  tonique  devant  breve  finale  prouve  que  la  finale  a  toujours 
ete  breve.  Ainsi:  tävi-^  mirti;  nesza;  furgus]  esfi.  (Une  forme  oü 
ceci  se  produit  ne  peiit  avoir  pour  courbe  d'accent  (|ue  Z  ou  Q, 
mais  il  n'importe  aucunement  de  connaitre  sa  courbe.) 

2.  Quand  on  peiit  affirmer  d'une  forme  iju'elle  suit  la  courbe 
Za  —  ce  qui  ne  suppose  pas  seulement  qu'elle  est  toujours  (et  non 
(|uel(iuefois)  oxjtonee  apres  douce,  mais  qu'elle  est  en  outre  non 
moins  absolument  barytonee  apres  rüde  — ,  il  devient  certain  <[ue 
sa  breve  finale-)  provient  d'une  ancienne  longue.  Par  ex.  inf. 
mirte  —  dugfe  ne  peut  pas  avoir  un  -e  bref  primitif.  (Cette  forme 
finit   du  reste  en  realite  par  -tq  comme  le  prouvent  les  dialectes)^). 

—  Le  paradig-me  (nominal)  lit.  et  les  them  es  oxytons. 
[Autre  chose  est  de  s'occuper  de  la  position  respective  des  accents, 
comme  situes  sur  une  colonne  radicale  ou  en-avant  d'elle,  ce 
qui  constitue  le  paradig-me  et  represente  un  fait  constatable;  autre 
chose  de  s'occuper  de  la  valeur  (jue  prennent  g-rammaticalement 
ces  accents  comme  'radicaux'  et  '  tlexionnels',  ce  qui  n'est  ni  une 
chose  toujours  limpide,  ni  une  chose  qui  corresponde  d'une  fai^on 
simple  ä  la  difference  indiquee,  puisque  Traxpoc  est  sur  la  colonne 
du  ton  radical  et  passe  pour  flexionnel.  Axxssi  ne  connaissons-nous 
pour  considerer  le  paradig-me  <iue  des  accents  columnaux  et  mar- 
ginaux. 

Un  element  materiel  qui,  outre  le  partage  des  accents  en  colum- 


1)  La  le  categ-orie  de  suffixes  n"a  pas  danalogue  dans  les 
finales  de  flexion.  La  seconde  est  tout  ä  fait  comparable  aux  finales 
Z  et  Za.     La  troisieme  axix  finales  9.  et  ßa. 

2)  II  faut  dire  en  effet  sa  breve  finale,  vu  qu'on  ne  peut 
concevoir  comment  une  forme  Za  ne  finirait  pas  aujourd'hui  par 
breve.  La  seule  exception  embarrassante  (ä  part  le  permissif  dont 
Taceent  est  faux  chez  Kurschat)  est  constituee  par  la  le  et  2«'  pre- 
terit,  lesquelles  admettent  toutefois  une  explication  simple. 

3)  Qa  ne  donne  pas  le  nu'-me  instrument  (jue  Za,  pour  cette 
raison  aecidentelle  «jue  sil  s'ag-it  d'une  forme  situee  hors  du  canon 
regulier  des  declinaisons,  il  devient  impossible  de  distinguer  les 
oxytonaisons  de  ßa  de  Celles  qui  sont  dues  ;'i  9.  pur.  Si  l'on  re- 
tranche  le  point  de  repere  extkuieuii  livre  par  gen.  rankos,  il  ne 
reste  nul  moyen  de  prouver  <|ue  nom.  mergä,  rankd,  galvä  et  vdrna 
represente  plutot  ßa  que  Q. 

Anzeiger  VI  1  u.  2.  11 


162  Mitteiliing-en. 

naiix  et  marg'iiiaux,  ])eut  sembler  appartenir  an  paradigme  est  la 
distance  de  la  col.  rad.  par  rapport  ä  la  fin  du  inot  (et,  par  lä,  par 
rapport  aux  accents  marginaux).  II  taut  au  coutraire  bien  se  gar- 
der de  uiettre  cela  dans  la  notion  de  paradia-nie  si  Ton  veut  coii- 
server  la  faculte  de  classer  les  paradigmes,  lorsque  ces  deux  ele- 
ments  de  la  distance  et  de  la  divisiou  des  accents  entreront  dans 
des  rap])orts  compliques.  Un  par;idig'ine  est  donc  pour  nous  pure- 
ment  la  somme  des  accents  columnaux  et  marg'inaux;  niieux  que 
cela,  purenient  le  contenu  de  la  colonne  radicale,  puisiiue 
par  ce  dernier  on  voit  immediatement  ce  qui  n"y  est  pas  contenu]^). 

1.  II  n'existe  en  iit.  qu'un  seul  paradigme;  qui  n'a  du  reste 
l'occasion  de  s'appliquer  qu"a  des  theines  barytons.  Si  on  Tappli- 
quait  par  hypothese  ä  des  tliemes  oxytons,  il  chang-erait  necessaire- 
ment,  et  doinierait  deux  nouveaux  paradigmes.  II  suffit  ])our 
le  voir,  de  transporter  la  colonne  du  ton  radical  sur  la  col.  1-Ext. 
(ce  qui  donne,  dans  tous  les  noms,  un  theme  oxyton)  et  de  compter 
combien  d'accents  sont  maintenant  cohimnaux  ou  marginaux.  Ce 
compte  ne  sera  en  aucun  cas  le  meme  que  dans  le  paradigme  ge- 
neral;  mais  il  differera  selon  qu'on  aura  fait  l'operation  sur  un  theme 
vocalique  {sünü-  au  lieu  de  sänu-),  ou  sur  un  theme  consonan- 
tique  {dukter-  au  lieu  de  dükter-). 

II  sera  permis  d'appeler  paradigme  G  le  paradigme  general; 
paradigme  f/  la  forme  qu'il  doit  prendre  chez  un  oxyton  vocalique: 
et  paradigme  t  celle  qu'il  doit  prendre  chez  un  ox^'ton  conso- 
nantique. 

2.  On  peut  constater  que  le  lei'  paradigme  ideal  y  n'offre  aucune 
difference  serieuse  avec  celui  dun  oxyton  consonantique  indo-eur. 
(du  moins  du  type  ttoüc  |  tto  böc  ou  j'Jvri  |  juvai  köc;  ce  qui  n'a  point 
de  rapport,  vu  notre  definition  du  paradigme,  avec  Trarnp  |  Traxpöc  ) ; 
et  que  de  son  cöte  g  concorde  essentiellement  avec  le  Schema  d'un 
oxyton  vocalique  indo-eur.  Or,  on  n'a  pas  fait  int ervenir  autre 
chose  pour  cela  que  le  paradigme  general  Iit.  qui  differe 
aussi  bien  de  g  que  de  t-  —  Lji  est  le  point  essentiel;  aussi 
n'avons-nous  pas  pris  la  peine  de  remarquer  que  ^  et  y  existent  en 
fait.  Tun  forcement  dans  azün-,  l'autre  librement  dans  katra-  et 
autres  oxytons  pronominaux;  circonstance  qui  n'aurait  rien  i)u  nous 
apprendre  par  elle-meme  sur  le  paradignue  general. 

3.  La  facilite  avec  laquelle  G  donne  des  paradigmes  indo-eur. 
quand  on  le  greffe  sur  des  themes  conjecturaux  oxytons  est  une 
raison  pour  croire  que  c'est  de  ce  cöte  qu'est  son  origine.  Une 
question  tout  ä  fait  distincte  en  soi  de  celle  du  i)aradigme,  celle  de 
l'absence  des  themes  oxytons  dans  la  langue,  se  trouve  ainsi,  sans 
qu'on  le  veuille,    abordee  en  meme  temps  que  celle  du  paradigme. 

Nous  posons  comme  hypothese  1.  que  seuls  g  et  y  existaient 
ä  l'origine  comme   ])aradigmes   mobiles  (en  sorte  que   les  mots  au- 


1)  Au  point  de  vue  de  la  place  que  peut  occuper  la  colonne 
du  ton  rad.,  comme  ä  d'autres  points  de  vue,  il  est  juste  dans  tou- 
tes  les  langues  de  classer  les  colonnes  syllabiques  du  paradigme 
(des  formes)  en  externes  (=  touchant,  füt-ce  une  seule  fois,  une 
finale)  et  internes  (=  ne  touchant  pas  de  finale): 

Mnt.  1-Ext.  2-Ext.     2-Int.  Mut.  1-Ext.  2-Ext.  3-Ext. 
nus    j  ap    .    lai  i!     die 


SU 

sü 
sü 


nif.     t  ap       lai  i'     de   i    ni 

mi     I    ini  aj)        lai        de        ni 


Mitteilung-en.  163 

joiii'd'hui  immobiles  seraient  seiils  d'anciens  ban'tons).  2.  que  tont 
accent  qui  par  hasard  se  trouvait  dans  </,  y,  sur  syllabe  interieure 
aiirait  ete  transportc  si;v  l'initiale,  tandis  que  tout  accent  final 
(qu'il  füt  d'ailleurs  columiial  ou  marginal)  restait  dans  sa  premiere 
Position. 

4.  Si  ce  principe  est  admis^),  le  passag-e  des  consonantiques 
de  Y  'i  (^  f"!^  decoule  rio-oureusement'-^): 

(t)         N.  V.  '^dulde  >  chik.te  (G) 

A.  *dukterin     >  dick  teri 
D.-L.  *dukte  ri       >  dükterX 
G.  *ditkte'ves     >>  dukteres 
I.  *dukfe  i'iml  >  dukterimi;  etc. 

5.  Quatre  clioses  nouvelles  sont  contenues  dans  ce  drjila- 
ceinent : 

a.  Le  tbeme  a  cosse  d'etre  oxyton. 

b.  Le  paradig'ine  a  chang-e,  pulscjue  le  contenu  de  la  col.  rad. 
(=  paradig-me;  v.  phis  haut)  est  diminue  de  dexix  accents,  ceux 
du  nom.  sg\  et  du  voc.  sg'.,  maintenant  places  dans  une  position 
marginale. 

c.  Une  distance  inconnue  auparavant  est  maintenant  permise 
dans  la  langue  pour  certains  mouvements  de  l'accent  (commence- 
ment  du  principe  du  'saut  de  l'accent ',  devenu  la  caracteristique 
generale  du  Systeme  lit.). 

d.  Tout  accent  sur  finale  a  pris  uniformement  la  significa- 
tion  (lu'il  n'avait  pas,  d'une  Opposition  necessaire  avec  l'accent 
columnal;  mais  il  fau.t  ajouter:  toute  position  de  l'accent  dans  le 
mot  eorrespond  maintenant  d'une  maniere  tellement  claire  ou  ä 
l'accent  columnal  ou  ä  l'accent  marginal  que  ceux-ci  vont  (pour  la 
premiere  fois)  meriter  les  noms  d'accent  radical  et  flexionnel, 
cf.  plus  bas  sur  ce  point. 

Ce  qui,  en  attendant,  caracterise  notre  point  de  vue,  c'est 
qu'il  y  a,  dans  ce  qui  compose  aujourd'hui  les  accents  marginaux 
d'un  consonantique,  un  morceau  de  la  col.  rad.  d'un  ancien 
oxyton. 

6.  Peut-on  de  meme  chez  les  vocaliques  deduire  G  de  g?  — 
Non-seulement  non,  mais  la  consequence  immediate  du  principe 
applique  aux  consonantiques  est  que  chez  les  oxytons  vocaliques 
aucun  accent  ne  devait  changer,  puisque  tous  les  accents  de  g 
(columnaux  et  marginaux)  sont  indistinctement  finals,  ä  la  diffe- 
rence  de  ceux  de  y-  Que  par  consequent,  soit  le  parad.  //,  soit 
la  classe  des  oxytons  voc.  devrait,  ä  l'heure  qu'il  est,  subsister 
comme  au  premier  jour.  C'est  en  effet  ce  que  nous  soutenons,  et 
ä  l'appui  de  quoi  nous  avons  tous  les  oxytons  voc.  pronominaux. 
Dans  katrä-,  anä-,  kuriä-  et  (dialectalemeiit)  kokiä-  tokiü-  2)ersiste 
Sans  aucun  changement,  avec  le  paradigme  g,  le  type  des  oxytons 
vocaliques.  Bien  loin  que  ces  oxytons  —  aujourdiiui  formant  une 
anomalie  etrange  au  milieu  du  Systeme  lit.  —  reclament  une  expli- 
cation,   ce  qu'il  faut  expliquer,   c'est  comment  le  reste  des  oxytons 


1)  II  est  malheureusement  ditticile  de  dire  le  caractere  exact 
qu'aurait  cette  loi,  car  il  y  a  des  obstacles  ä  la  transformer  en  loi 
phon«''ti(iue  pure  et  simple. 

2)  II  faut  excepter  dune  maniere  generale,  soit  ici  soit  dans 
la  suite,  le  dat.  plur.  {dukterimus),  seul  accent  marginal  Interieur, 
du  parad.  y  oii  du  parad.  G,  mais  qui  aurait  dii,  comme  interieur, 
passer  ä  l'initiale  aussi  bien  que  les  columnaux  Interieurs. 


164  Mitteilungen. 

voc.  (noniinaux)  a  \m  cesser  ile  lenr  Otre  conformes:  tait  sans  lequel 
ni  le  paradig-me  G  ne  serait  aiijoiiidhiü  le  paradigme  general  du 
lit.  (mais  au  contraire  un  petit  paradig-me  local),  ni  la  barytonie 
des  tlienics  une  autre  loi  constante  de  cette  langue. 

Nous  admettons  ici  —  non  comme  explication  connnode, 
mais  comme  une  chose  appuyee  sur  de  serieux  arg-uments  —  qxie 
systematiquement  le  lit.  a,  dans  ses  oxytons  voc.  (nominaux),  re- 
tire  l'accent  de  la  finale  dans  les  formes  oü  le  paradigme  G  (alors 
special  aux  consonantiqiies)  lui  en  fournissait  Texemple,  par  ex. 
nom.  pl.  sä?iüs  au  lieu  de  *sü7iüs  d'apres  diikferes  qui  etait,  lui, 
pour  *ih(kteres,  et  n'avait  jamais  connu  d'accent  final.  (Les  deux 
tendances  indiquees  plus  haut  sous  d  out  un  role  dans  les  motifs- 
de  ce  changement,  et  c'est  encore  le  meme  phenomi-ne  qui  se  pour- 
suit  quand  on  remplace  aujourd'hui  —  chez  les  oxytons  pronomi- 
naux  —  kok7  ou  kokii(s  par  köki,  kokius.)  —  A  ce  moment  etait 
accomplie  a.  Tunification  du  paradigme  eu  G  (apres  etre  parti  de 
Y  et  de  g)]  b.  la  suppression  du  type  de  themes  oxyton. 

Nota.  Quoique  les  formes  qui  ont  retire  l'accent  soient, 
par  consequent,  tout  ä  lait  les  memes  dans  svnü-  et  dans  diikter-, 
il  y  a  dans  sumi-  et  dükter-  un  nombre  inegal  d'accents  marginaux 
representant  la  continuation  de  l'ancienne  col.  rad.  de  1' oxyton 
(dans  Tun,  seulement  dukti"',  nom.  et  voc;  dans  l'autre  siuiüs,  sü- 
naü,  sünaüs,  sünu.)\  ce  qui  tient  ä  Tasymetrie  initiale  de  </  et  de 
Y,  mais  n'empeche  pas  G  de  se  trouver  aujourdhui  partout  identique. 

7.  Une  derniere  Observation  est  necessaire.  On  trouvera  peut- 
etre,  en  examinant  tout,  (|u'un  seul  fait  precis  existait  di'S  le  debut 
pour  pretendre  que  le  paradigme  general  lit.,  avec  ce  (jui  s'y  rat- 
tache,  doit  etre  sorti  d'un  paradigme  special;  et  ijue  ce  fait  est  simple- 
ment  laccentuation  du  nom.  sing,  et  du  voc.  sing,  dans  le  para- 
digme general  lit.  —  Sans  doute,  mais  Fargument  est  peremptoire. 

Car  si  le  paradigme  general  lit.  nest  que  la  continuation 
d'un  general  schema  indo-eur.  —  point  de  vue  sous  lecjuel  s'abri- 
tent  toute  espece  dautres  aflirmations,  par  ex.  (jue  le  "saut  de 
l'accent"  [=  mobilite  de  l'aecent  chez  les  barytons]  devait  etre  un 
principe  courant  de  lindo-eur.  —  nous  demandons  pourquoi  le 
nom.  sing,  et  le  voc.  sing.,  et  justement  ces  formes  (|ui  sont  dans 
tous  les  paradigmes  indo-eur.  columnales,  sont  devenues  dans  le 
paradigme  general  lit.  viarr/inales^). 

Et  demande-t-on  au  contraire,  en  admettant  l'origine  spe- 
ciale du  paradigme  lit.,  <iuelle  sera  la  centrale  difference  du  para- 
digme lit.  avec  tous  les  i)aradigmes  indo-eur.,  on  pourra  d'avance 
dire  exactement  ()ue  c'est  le  passage  non  evitable  du  nom.  sing, 
et  du  voc.  sing,  dans  l'accent  marginal.  Seulement,  cela  implique, 
comme  on  l'a  vu,  outre  la  supposition  generale  (jue  le  paradigme 
lit.  procede  des  oxytons,  la  supposition  plus  speciale  qu'il  provient 
des  oxj'tons  consonantiques  seuls. 

8.  De  meme  (\\ie  les  principes  fondamentaux  de  l'accent  lit. 
ne  rencontrent  aujourd'hui,  (|uand  on  y  prend  garde,  jamais  d'autres 
exceptions    <iue   celles   qui   tiennent   ä  la  presence  d'un  theme 


1)  C'est  precisement  quand  on  veut  partir  des  rares  Schemas 
indo-eur.  qui  rappellent  laccent  !it.  par  le  "saut  de  l'accent"  (scr. 
pänfhäs,  pathfis,  *pathibhis)  quil  devient  phis  impossible  que  jamais 
de  comprendre  (|ue  le  nominatif  lit.  soit  marginal.  —  En  ce  qui 
concern(!  ici  le  vocatif,  nous  laissons  completement  de  cöte  le  voc. 
emjjhatique  (äbeXqpe,  möteriszk,  etc.). 


Mitteilungen.  165 

oxyton^);  de  meme.  noiis  poiivons  voir  maintenant  que  c'est  histo- 
riqiiement  par  la  suppression  des  thc'mes  0x3  tons  que  l'accent  lit. 
a  atteint  son  ordre,  et  rt'-alise  tout-ä-coup  un  maximuni  d'ordre  (|ui 
ne  sera  depassi*  nulle  part  dans  un  Systeme  linguistique. 

Cet  ordre  est  qu'on  peut  toujours  couper  un  paradignie  lit 
l)ar  le  niilieu,  et  qu'on  aura  toujours  dans  toutes  les  fornies  un 
segnient  ä  gauelie  poiir  les  aecents  radicaux,  \\n  segment  ä  droite 
l)Our  les  autres.  En  outre,  que  Tun  de  ces  segments  correspond 
toujoiirs  aux  colonnes  internes,  l'autre  toujours  aux  colonnes  ex- 
ternes du  mot  (les  oxytons  etant  d'avance  exceptt-s  de  tout).  Gräce 
ä  cette  Position  relativenient  au  mot  on  sait  d'avance  si  un  accent 
est  cohimnal  ou  marginal.  Mais  grace  ä  leur  position  reciproque, 
laccent  columnal  et  marginal  prennent  en  nieme  temps  des  valeurs 
d'aceent  radical  et  flexionnel  qu'on  peut  leur  contester  gran- 
dement  dans  d'autres  langues. 

II  taut  que  l'accent  columnal  ait  toujours  devant  lui,  comme 
en  lit.,  une  autre  syllabe  marquant  la  position  virtuelle  de  l'accent 
oppose  pour  (|ue  la  distinction  existe.  Ainsi  on  peut  dire  de  Tuc- 
cent  de  panthäs  qu'il  est  columnal  et  radical;  mais  de  l'accent  de 
jntä,  TTOüc,  Traxpdjv,  Tl^^|c  ou  Ti|Lin  simplement  qu'il  est  columnal;  — 
ni  radical  ni  tlexionnel. 

Pour  qu'un  Systeme  tel  que  celui  du  lit.  ne  puisse  pas 
meme  etre  concju,  il  sutifit  que  l'accent  columnal  repose  plus  ou 
moins  souvent  sur  la  col.  1-Ext.  Et  il  suffit  en  revanche  qu'il  ne 
repose  jamais  sur  la  col.  1-Ext.,  ou  qu'on  ait  suppriine  les  oxytons, 
pour  que  ce  Systeme  existe  dans  sa  plenitude. 

9.  II  a  ete  fait  abstraction  constamment  de  la  declinaison  des 
masc.  en  -a  (subst.  et  adj.)  qui  presente  quelques  particularites. 
Au  pluriel,  simplement  le  l'ait  que  le  nom.  plur.  {devaT,  marg'i)  est 
reste  fidele  au  schema  oxyton,  parce  que  dükteres  et  meme  aunüs 
«'•taient  trop  differents  par  leur  finale  pour  Tinciter  ä  retirer  l'accent. 
Au  singulier  toutefois,  plusieurs  irregularites  qu'il  serait  imi)0s- 
sible  de  discuter  en  peu  de  mots. 

—  Les  intonations  lettes.  —  On  peut,  croyons-nous,  prou- 
ver  que  les  intonations  du  lette  n'ont  aucune  correlation  avec  le 
phenomene  correspondant  du  lituanien,  mais  sont  en  revanche  en 
rapport  avec  les  classes  d'aceent  du  lituanien. 

Lorsqu'un  nom  (disyllabe)  appartient  en  lit.  au  paradigme 
Mob./a  ou  Mob.,  il  offre  en  lette  l'intonation  gestossen,  ainsi  diics, 
digs  =  deras  Mob./a,  degas  Mob.,  et  dans  le  cas  contraire  l'into- 
nation gedehnt,  ainsi  pre'ds,  j^ens  =  j)redas  Im./a,  penas  Im. 

li  est  clair  que  cela  tient  simplement  ä  ce  que  dans  le  type 
Im.  (sans  decider  si  Im.  et  Im./a  difteraient  dejä  en  letto-lit.)  la 
syllabe  initiale  etait  sans  cesse  accentuee,  au  lieu  qu'elle  ne  pouvait 
letre  que  tres  rarement  dans  le  type  Mob.  —  Les  dialectes  lit.  du 
Nord,  qui  tendent  comme  le  lette  ä  retirer  laccent  sur  Tinitiale, 
offrent  des  differences  tres  sensibles  dans  leur  accent  selon  que 
l'initiale  etait  autrefois  tonique  ou  non,  mais  non  selon  qu'elle 
etait  autrefois  rüde  ou  doiu'e;  et  c'est  sans  doute  aussi  la  seule 
chose    qui  a  donne   lieu  a    la   difterence  lette  gedehnt  et  gestossen, 


1)  Ce  qui  l'ait  que  toute  exception  est  limitee  aux  themes 
forcenient  oxytons  comme  tä-,  tri-,  szün-,  ou  librement  oxytons 
comme  kafrä-,  mais  du  reste  sans  difference,  c"est-a-dire  sans  que 
la  circonstance  du  monosyllabisme  ajoute  quoi  que  ce  soit  ä  celle 
de  l'oxytonie. 


166  Mitteilungen. 

quoique  surtout  relativement  au  verbe  il  soit  prudeut  de  ne  vien 
affirmer  trop  catögoriquement. 

P.  S.  —  Je  n"avais  pas  connaissance  en  redigeant  ces  lignes, 
du  livre  i-ecent  de  M.  H.  Hivt:  Der  indogermanische  Akzent, 
(lui,  malgre  l'efFort  serieux  quil  apporte  dans  le  sens  d'une  meil- 
leure  comprehension  de  Taccont  lituanien,  m'aurait  oblige  ä  de 
iiombreuses  controverses. 

M.  Hirt  n'a  nulle  idee  dun  deplacenicnt  gem'*ral  de  l'accent 
par  le  groupe  douce  tnnique  +  rnde;  base  de  tout  l'etat  lituanien 
actuel, 

II  est  amenö,  dans  son  analyse  de  la  flexion,  a  voir  toutefois 
"que  les  desinences  rüdes  ont  attire  a  elles  l'accent  d'une  radicale 
douce"  (p.  95);  et  le  fait,  meme  sous  cette  forme,  aurait  pu,  sans 
donner  une  veritable  idce  de  la  loi,  eclairer  au  moins  toute  la 
flexion.  Mais  M.  Hirt  entremele  de  teile  facon  ce  t'ait  avec  une 
Serie  de  lois  indcmontrables  (p.  93 — 9.5)  qu'il  finit  par  navoir  chez 
lui  qu'une  portee  derisoire  meme  dans  le  domaine  de  la  flexion. 

Ce  que  nous  disons  ici  est  pour  marquer  la  ditference  des 
points  de  vue,  non  pour  revendiquer  une  priorite  qui  n'a  en  tons 
cas  pas  k  etre  revendiquee,  puisque  la  loi,  teile  que  nous  la  com- 
prenons  pour  notre  part,  avait  ete  exposee  des  1894  au  Congres 
des  Orientalistes  de  Geneve  et  qu'on  en  peut  lire  la  formule  depuis 
cette  epoque  dans  le  Bulletin  du  Congres.  (Je  l'avais  indiquee  deja 
anterieurement  Mem.  Soc.  Ling.  VIII  445;  Indog.  Forschungen  IV 
460,  note  3). 

Encore  plus  distantes  malgre  leur  analogie  exterieure  seraient, 
si  on  les  comparait,  la  theorie  de  M.  Hirt  et  celle  qu'on  vient  de 
voir  au  sujet  des  oxytons  et  de  leurs  attaches  avec  le  paradigme 
liti\anien. 


Erlvlärmicf. 

Das  letzte  Heft  der  Wiener  Zeitschrift  für  die  Kunde  des 
Morgenlandes  (IX  2)  enthält  einen  Aufsatz  des  Herrn  Prof.  Dr. 
Friedrich  Müller  in  Wien  zur  Transkription  und  Wertbestimmung 
der  awestischen  Buchstaben,  in  welchem  mehrfach  Herr  Prof.  Dr. 
Bartholomae  als  Urheber  der  im  "Grundriss  der  iranischen  Philo- 
logie" durchgeführten  Transkriptionsweise  angegriffen  Avird.  Dem 
gegenüber  erklären  die  beiden  unterzeichneten  Herausgeber  des 
Grundrisses,  dass,  wie  dies  ja  auch  anzunehmen  war,  das  im  ge- 
nannten Aufsatze  bemängelte  Transkriptionssystem  von  ihnen  den 
Herrn  Mitarbeitern  vorgeschrieben  wurde.  Übrigens  ist  dasselbe 
ein  Ergebnis  längerer  Verhandlungen  und  nu'hrfacher  Kom})romisse 
mit  einzehien  der  Herren  Mitarbeiter,  durch  deren  Aiiseinander- 
setzung  wir  in  Anbetracht  der  Geringfügigkeit  des  ganzen  Gegen- 
standes Niemand  langweilen  wollen.  Die  Hauptsache  ist  nach  un- 
serer Meinung  nicht  wie  die  Transkri[)tion  aussieht,  sondern  dass 
man  sich  unter  ihr  den  richtigen  Lautwert  voistt-lle  —  und  in  letz- 
tcrem Punkte  glauben  wir  hinter  Herrn  Friedrich  INIüller  nicht  zu- 
rückzustehen. 

Erlangen  \    a„,„„  f  iuur  Pi'of-  Di'-  Wilh.  Geiger. 

München       ^"»"«*  ^^•^''-  Prof.  Dr.  Ernst  Kuhn. 


ANZEIGER 

Flll  INDOCEllMAMSrilE  ^l'liAI'll-  m  ALTEIÜTMSKINDE. 

BEIBLATT  ZU  DEN  INDOGERMANISCHEN  FORSCHUNGEN 

HERAUSGEGEBEN 

vox 

AVILHELM  STREITBEKG. 

SECHSTER  RAM).  DRITTES  HEFT. 


Lefiiiaiiii  S.  Franz  Bopp,  sein  Leben  und  seine  Wissenschaft. 
2.  Hälfte.  Mit  einem  Anhang:  Aus  Briefen  und  anderen 
Schriften.  Berlin  G.  Eeimer  1895.  VI  S.  u.  S.  177—381; 
VlP-  S.  und  S.  171*— 284*  g-r.  8".     8  M. 

Dem  ersten,  als  Festgabe  zur  Boppfeier  erschienenen 
Halbband  ist  endlich  der  Schlussteil  gefolgt.  Er  erzählt 
Bopps  Leben  vom  Erscheinen  der  Vgl.  Grammatik  an.  Der 
Anhang  bringt  Briefwechsel  mit  Heiraine  v.  Chezy,  Jacob 
Grimm,  Friedr.  Rosen,  Friedr.  Kückert,  Lorenz  Diefenbach, 
Franz  Windischmann,  Varnhagen  von  Ense  und  einigen  an- 
dern; ferner  eine  Geschichte  der  Boppstiftung  und  einen  Ne- 
krolog aus  der  Feder  des  Verfassers,  der  aus  der  Augsburger 
Allgemeinen  Zeitung  abgedruckt  ist.  Eine  reiche  Sammlung 
von  Briefen  Wilhelm  von  Humboldts  an  Bopp  Avill  Lefmann 
demnächst  in  einem  besondern  Bande  veröffentlichen.  Man 
darf  dieser  Gabe  mit  begreiiiicher  Spannung  entgegensehn. 

Ich  kann  mich  diesmal  kurz  fassen :  denn  ich  habe  mei- 
ner Charakteristik  des  ersten  Teils  (Anz.  I  1  f.)  nichts  Avesent- 
liches  hinzuzufügen :  sie  scheint  mir  auch  auf  den  zweiten 
Halbband  zu  passen.  So  bleibt  mir  nur  übrig  aufs  neue  zu 
betonen,  dass  wir  dem  Verf.  für  die  hingebende  Sorgfalt, 
Avomit  er  ein  grosses,  l)isher  völlig  unbekanntes  ^laterial  ge- 
sammelt hat,  zu  herzlichem  Danke  verpflichtet  sind ;  dass 
seine  ungeheuchelte  Begeisterung  für  den  Begründer  der  idg. 
SpracliAvissenschaft  jeden  Leser  Avohlthuend  berühren  muss. 
Aber  alle  Anerkennung,  die  man  dem  verdienten  Veif.  Avillig 
spenden  Avird,  kann  doch  niclit  vergessen  lassen,  Avie  viel 
dem  Werke  zur  künstlerischen  und  zur  Avissenscliaftlichen 
Vollendung  fehlt. 

Dem  Verf.  mangelt  in  liohem  Maasse  die  Gabe  der  Kon- 
zentration und  Komposition,  ihm  mangelt  die  Kunst  der  Dar- 
stellung.    Nur  mit  Mühe    arbeitet  man    sich    durch    das  Avun- 

Anzeiger  VI  0.  12 


1G8     I.i'finanu  ]'r;niz  Bo]))).  sein  Lclx-n  und  seine  Wissensi'liaft. 

derlieli  verschnörkelte  und  seltsam  gespreizte  Satzgefüge  liin- 
durcli  und  hat  ungefähr  dasselbe  Gefühl  wie  bei  einem  Gang 
ül)t'r  ein  frisch  gepflügtes  Ackerfeld. 

Doch  ]nan  würde  die  formellen  jMängel  gerne  mit  in 
den  Kauf  nehmen,  wenn  sie  durch  rein  wissenschaftliche  Vor- 
züge aufgewogen  würden.  Al)er  dem  Verfasser  fehlt  —  so 
wunderbar  dies  bei  einem  Biographen  Bopps  klingen  mag  — 
das  rechte  Verständnis  für  gramnnitische  Fragen.  Daher  ge- 
lingt es  ihm  aucli  niclit  die  Entwicklungsgeschichte  der  idg. 
Spracliwissenscliaft  dem  Ivahmen  seiner  Biographie  einzufügen. 
Denn  gedehnte  lnhaltsangal)eu  nnd  eintönige  Namenlisten. 
die  mitunter  an  den  Schitlskatalog  der  llias  erinnern,  reichen 
nicht  iiin,  die  wissenschaftliche  Thätigkeit  des  Altmeisters  in 
ihrem  Verhidtnis  zu  den  Bestrebungen  seiner  Vorlänfer  und 
Nachfolger  charakteristiscli   liervortreten  zu  lassen. 

Man  sieht,  es  sind  die  alten  Bedeidvcn,  die  ich  auch 
heute  wieder  erheben  muss.  Ol)  sie,  wie  der  Verf.  im  Vor- 
wort vermutet,  die  Folge  eines  ungünstig  gewählten  Stand- 
]ninkts  sind,  der  mich  hindert  das  gebotne  richtig  zu  wür- 
dig«.'n.  kann  ich  selber  natürlich  nicht  beurteilen.  Vielleicht 
beruht  Jedoeh  die  ganze  Verschiedenheit  zwischen  des  Ver- 
fassers und  meiner  Auffassung  nur  auf  der  Verschiedenheit 
der  Anforderungen,  die  wir  beide  an  eine  Gelehrtenbiographie 
stellen.  Ich  kann  ilni  daher  nur  bitten,  sein  Buch  einmal  an 
Scherers  .Jacob  Grinnn  zu  nnssen.  Kr  wird  dann  ^■ielleicht 
selber  emphnden.   was  ich   bei  ihm  vermisse. 

Nun  will  ich  zwar  nicht  leugnen,  dass  die  Person  Bopps 
jenes  i)0etischen  Zaubers  entbehrt,  der  Jacob  Grimms  Gestalt 
so  Avunderbar  umfliesst  und  auch  den  unwiderstehlich  anzieht, 
der  dem  (ielelirten  fern  steht.  Aber  wvuw  die  Wirkung,  die 
ein  Lebensbild  Bopps  auszuüben  \ernuig,  auch  weniger  un- 
mittelbar ist.  wenn  sie  sich  auch  auf  einen  kleinern  Kreis 
beschräid<t  —  ganz  ausbleiben  iiätte  sir  nicht  dürfen.  Diinn 
Jiätte  dcv  Verf.  auch  nicht  zu  klagen  brauchen:  "Dankbar 
an  sich,  wt-nn  uielit  durch  die  Freude,  welclie  die  Arbeit 
selbst  macht,  sind  solche  ( Jeschichtsarbeiten  am  wenigsten." 
Denn  was  ist  anziehender,  was  ist  dankban-r  als  ein  bio- 
graphisches Kunstwerk?  Wenn  wir  als  Knaben  <\en  Lebens- 
beschreibungen gewaltigei"  Kriegshelden,  kühner  AVeltfahrer 
mit  glänzenden  Augen  gelauscht  haben,  sollten  wir  als  Män- 
ner nicht  gerne  von  den  Heroen  der  Wissenschaft  erzählen 
hören,  die  dem  menschlichen  Geiste  überraschende  Siege  er- 
fochten, ungeahnte  AVeiten  ei-schlossen  haben?  Noch  immer 
gilt  Popes  Wort:  "The  proper  study  of  nninkind  is  man." 

Wilhelm   Streitberü'. 


Darbisliirc  Keli(ini;u'  ]iliilologicae.  169 

Darbisliire  IT.  D.  Eeliquiae  pliilolojjicae:  or  Essays  in  Com- 
parative  Philology.  Edited  by  H.  Ö.  Coiiway.  With  a 
Biographical  Notice  by  J.  E.  Sandys.  Canil)rid£:e  Uni- 
versity  Press  1895.     XVI  u.  279  S.  k'K 

Der  stattliche  Band,  ein  Denkmal  pietätvoller  Freiuid- 
.schaft,  birgt  die  Ernte  eines  Mcnsclienlebcns.  Eines  Lebens, 
das  nicht  zur  vollen  Entfaltung  gelangen  durfte:  Herbert 
Dukinfield  Darbishire,  geboren  am  13.  oder  18.*)  Mai  1863 
zu  Belfast  in  Irland,  ist  schon  am  18.  Juli  1893  als  Fellow 
des  St.  John's  College  zu  Cambridge  gestorben.  Kein  Wun- 
der, dass  was  die  Zukunft  zu  verheissen  schien,  grösser  ist 
als  das,  was  die  Vergangenheit  bereits  gebracht.  "Wir  kön- 
nen nur  ahnen,  Avas  der  spürende  Scharfsinn,  der  unruhig 
vorwärts  drängende  Wagemut  und  die  ehrliche  Entschlossen- 
heit des  früh  Verstorbnen  unsrer  Wissenschaft  hätte  schen- 
ken können.  Denn  einen  grossen  Teil  des  Bandes  nehmen 
Fragmente  ein.  Und  auch  das  zu  Ende  geführte  trägt  fast 
nie  den  Charakter  des  abgeschlossenen,  fertigen.  Aber  er  hat 
genug  geleistet,  um  unter  den  Sprachforschern  seiner  Heimat 
nicht  so  bald  vergessen  zu  werden.  Auf  Darbishires  Grab- 
stein haben  die  trostlosen  Worte  keinen  Platz,  die  einst  .John 
Keats  für  den  seinen  schrieb:  "Here  lies  one  whose  name 
was  writ  on  water.'' 

Die  Sammlung  umfasst  in  ihr<-r  ersten  Abteilung  acht 
bereits  bekannte  Untersuchungen:  1.  The  Xumasios  Inscrip- 
tion.  —  2.  On  the  text  of  Tacitus  Ann.  I  32.  —  3.  Notes 
on  the  Spiritus  Asper  with  Addenda.  Die  Zusätze  behandeln 
I.  s?(-  st-.  II.  U-.  III.  Das  Präfix  s-.  IV.  Einzelne  Nachträge 
und  Berichtigungen.  Besonders  interessant  ist  der  gegen 
Brugmanns  Zweifel  (Gr.  Gramm.-  SS.  3U.  6ö)  gerichtete  Pas- 
sus, der  die  Gründe  für  die  Existenz  von  Spuren  eines  idg. 
Spiranten   r  auf  griecli.  Boden  kurz  zusammenstellt.   Er  lautet: 

<Treok  Zeuu.  Zvjöv.  Gr.  evvuiui,  eKUJv,  eiXii,  i^Xoc  etc. 

ci-fioc,  lJ^l6lc.  €'iToc,  ibeiv,  ^p*fov,  oivoc  etc. 

Latin,.;  aliUe  l'ov  botli.  Latin   r  alike  for  both. 

Sanskrit  //  alike  for  botb,  Sanskrit  r  alike  for  both, 

but  but 

Sanskrit  has  yasta  :  i.sfa  whero  Sanskrit  has  varase  :  vcP  wliere 
Oreek    has    Ziw,   äfioc    i-especti-   1        Greok  has  evvu|Lii,  cttoc  respec- 

vely :  tively ; 

therefore  Add   to    tliis    that    in    Arnie- 

Oreek  Z  :  '  represents  an  original  nian   three   roots   with   initial   v 

distinction  between  j  and  /.  have  been  shown  to  have  Greek 

Grundriss  I  §  117.  cognates:  in  all  oftheso  Greek 


1)  Beide  Ang-aben   finden  sich   in  der  Vorrede.     Welche.*;  Da- 
tum das  richtige  sei,  vermag  ich  nicht  festzustellen. 


170  Darbishire  Reliquiae  philologicae. 

i  has  the  i'ough  breathing" :  viz^ 
I  vasti  eKuüv,  vai-  eiXr|)  '■^^^'  n^oc^ 
with  possibly  n'-ra  aiuüXoc,  ai|aa- 
cict  ^).  In  all  tlie  roots  where 
Greek  replaces  --  by  '  Arme- 
nian  shows  «/  initial; 
thevefore 
there  is  more  evidence  for  au 
original  distinctiou  here  ihau 
therc  is  for  /,  j. 

AiitVallcnd  ist,  dass  sich  Darbishire  nicht  bei  der  von 
Sievers  g-cgebnen  Definition,  wonacli  /  u  unsilbische  Vokale, 
/*,  c  dagegen  Spiranten  sein  sollen,  begnügt,  vgl.  188  ff".,  196  &., 
sondern  sich  um  eine  neue  Unterscheidung  müht.  Das  Er- 
gebnis seiner  Erwägungen  ist:  "It  is  therefore  mucli  more 
probable  that  the  distinction  was  a  difterence  of  beginning, 
the  sound  usually  written  /  being  really  /  with  the  gradual 
beginning  iSweet's  H),  and  the  sound  written  j  being  / 
with  the  clear  beginning  (Sweet's  A)."  Ob  mit  dieser 
Definition  etwas  gewonnen  sei,  scheint  mir  zweifelhaft. 

4.  Lat.  Omentum.  —  5.  On  the  meanlng  and  use  of 
embeEioc,  eTribe'Eia  :  evbeEioc,  evbe'Em.  —  6.  On  the  I. -Eu. 
words  for  Fox  and  Wolf  (vgl.  die  Inhaltsangabe  IF.  Anz.  III 
37  f.).  —  7.  On  the  form  Katacßiiucai,  Herodas  v  '59  (zu  Brug- 
mann  IF.  I  501).  —  8.  Some  Latin  etymologies  (alfns,  colOy 
iifhnr,  numen,  scio). 

Der  zweite  Abschnitt  bringt  fünf  grössere  Rezensio- 
nen. 1.  From  a  noticc  of  AVharton's  Etyma  latiua.  —  2.  No- 
tice of  Fennell's  I.-Eu.  Vowel-System.  —  3.  Abnormal  De- 
rivations. —  4.  From  a  notice  of  Sweefs  English  Grammar. 
—  5.  Tlie  Göttingen  School  of  Comparative  Philology  (Über 
Ficks  Wörterbuch  I  ^  und  Beclitels  Hauptprobleme).  Im  letz- 
ten Aufsatz  sei  die  Charakteristik  der  Göttinger  Schule  her- 
vorgehoben: "It  represents  a  middlc  stand-point  between  tlie 
conservatism  of  Curtius  and  the  daring  but  somewhat  arid 
speculation  of  Osthoft"  and  Brugmann  witliout  falling  into  the 
pessimism  of  Johannes  Schmidt."  An  Ficks  Vokalsystem,, 
worauf  er  im  Verlauf  zu  sprechen  kommt,  rühmt  er  beson- 
ders zwei  Verdienste: 

1)  "In  the  first  place  the  recognition   that  e  o  a  are  the 

1)  Hr.  Prof.  H.  Hübselniiaun  sclireibt  mir  auf  eine  Anfrage:. 
"Von  den  Beispielen  für  armen,  r  =  griech.  '  kann  ich  nur  vasii 
=  griech.  ^K-  als  zuverlässig  anerkennen.  Arm.  rar-em  zünde  an' 
stimmt  im  /•  (=  griccli.  p)  nicht  liu  griech.  eiXn,  ein  arm.  i:el-k  (= 
riXo-)  kenne  ich  nicht  und  kann  ich  nirgends  linden,  ein  arm.  vsr 
'propt(!r'  (=  e'KriTi)  [das  an  andrer  Stelle  erwähnt  Avird]  ist  überhaupt 
innnöglich;  auch  rem  =  aiuüXoc  ist  problematisch.  Also  ruht  arnu 
V  =  griecli.  '  auf  recht  schwacher  Stütze." 


Darbishire  Reliquiae  philologicae.  171 

only  vowels.  and  tliat  /  n  are  tfie  'soiiant'  forms  of  y  r,  is 
strictly  logical.  and  tlie  far-reacliing  importance  of  it  will  be 
shown  immediately."  Schade,  dass  der  Verf.  zu  dieser  Er- 
kenntnis noch  nicht  vorgedrungen  war,  als  er  in  seiner  An- 
zeig'e  von  Fennells  ■wunderlichem  ^'okalsystem  auf  eine  Äusse- 
rung- von  mir  IF.  I  84  zu  sprechen  kam;  ich  sage  nämlieh 
an  der  genannten  Stelle:  "dass  die  Vokale  e  a  d  o  und  die 
ihnen  entsprechenden  Längen  —  die  sog.  Vollstufenvokale 
also  —  die  einzigen  Sonanten  oder  silbischen  Vokale  des 
Indogermanischen  waren  zu  einer  Zeit,  als  die  Schwundstufe 
sich  noch  nicht  ausgebildet  hatte."  Gegen  diesen  Satz  und 
seine  Konsequenzen  polemisierte  Darbishire  damals.  Und 
doch  hab  ich  damit  nichts  anders  sagen  wollen  als  tlas, 
was  er  bei  Fiek  anerkennt.  Der  Zusatz,  der  bei  ihm  haupt- 
sächlich Anstoss  erregt  zu  haben  scheint:  "als  die  Schwund- 
stufe sich  noch  nicht  ausgebildet  hatte ",  ist  auch  bei  Fick 
notwendigerweise  zu  ergänzen.  Er  Avill  niclits  Aveiter  besa- 
gen, als  dass  wir  nach  dem  heutigen  Stand  unsrer  Kenntnis 
kein  von  jeher  den  Wortton  tragendes  i  u  r  l  v  vi  nach- 
weisen können,  sondern  dass  wir  in  diesen  Lauten,  soweit 
sie  sich  nicht  nach  Sievers'  Gesetz  entwickelt  haben,  (ideell 
wenigstens)  Reduktionsprodukte  zu  erblicken  haben.  Wenn 
diese  Thatsaehe  für  die  silbischen  r-  und  /-Laute  den  meisten 
weit  unmittelbarer  einleuchtet  als  für  die  silbischen  /-  und 
u-h-dVLte,  wenn  es  ihnen  schwerer  anzukommen  scheint,  für 
diese  die  gleichen  Folgerungen  zu  ziehn  wie  für  jene,  so 
mag  dies  als  ein  Eudiment  älterer  Anschauungen  über  die 
Stellung  der  Vokale  i  und  n  zu  betrachten  sein.  Wie  dem 
auch  sei  —  auf  alle  Fälle  darf  ich  micli  der  Thatsaehe  freuen, 
dass  es  der  Autorität  Ficks  gelungen  ist  Darbishire  der  Anf- 
fassung  zu  gewinnen,  die  er  ein  .Jahr  vorher  bei  mir  noelt 
bekämpfen  zu  müssen  glaubte.  — 

2)  "In  the  second  place  an  equally  meritorious  feature 
is  the  distinction  between  'independent '  and  'dei)endent' 
sounds,  which  is  also  novel ....  In  point  of  fact  the  distinction 
is  historical,  not  natural,  and  its  neglect  is  due  to  tlie  exag- 
gerated  respect  for  the  less-(h'veloped  'science'  of  phonetics 
which  lias  done  philology  much  härm."  Der  Angriff  auf  die 
angebliche  Überschätzung  dei"  Phonetik  ist  charakteristisch 
für  Darbishire.  Trotzdem  hat  er  thatsächlich  mit  ihr  niclit 
anders  gerechnet  als  die  übrigen  Sprachforscher  auch.  Was 
die  erste  Behauptung  über  die  Neuheit  des  Unterschieds  von 
*  selbständigen'  und  'unselbständigen'  Lauten  anlangt,  so  muss 
ich  gestehn,  dass  mir  diese  Trennung  nicht  so  jungen  Da- 
tums zu  sein  scheint,  wie  Darl>ishire  annimmt.  Wenigstens 
war  mir  die  Unterscheidung  schon  .Jahre  vor  dem  Erscheinen 


172  Darbishire  IJeliciiiiae  ])liilologicae. 

des  Fickschen  liuclies  geläutig".  Und  ich  glaube,  dass  es 
vieJen  andern  ebenso  gegangen  ist. 

Xatürlicli  liegt  es  mir  fern,  mit  diesen  Bemerkungen 
den  glänzenden  Verdiensten  Ficks  irgendAvic  Abbruch  thun 
zu  wollen.  Nur  giaul)  ich,  dass  sie  in  dem  AV(")rterbuch  auf 
einem  andern  Gebiet  liegen  als  dort,  wo  der  Verf.  sie  sucht.  — 

Der  letzte  Abschnitt  endlich  bringt  sieben  bisher 
unverött'entlichte  Abhandlungen,  die  jedoch  bis  auf  eine  leider 
Bruchstücke  geblieben  sind.  1.  Opening  chapters  of  a  Pri- 
mer of  Philology  I.  Deflnitions  f der  Begriffe  'Wort'.  'Sprache' 
'Philologie').  IL  On  Variation  in  language  and  the  uuit-group 
of  Speakers.  III.  On  the  origin  of  language.  —  'J.  Shorter 
fragments  on  kindred  subjects:  a)  First  lecture  of  a  populär 
course  on  Philology.  b)  AVhat  is  Correct  Speech?  c)  The 
Cradle  of  the  Aryans  (D.  stimmt  den  Argumenten  Hirts  IF. 
I  464  If.  durchaus  bei).  —  ^5.  Principles  of  Analysis,  especially 
in  Seniasiology.  —  4.  The  relations  between  Phoneties  and 
Philology.  —  The  I.-Eu.  Phonological  System.  Im  System 
selbst  vermag  ich  neue,  Darbishire  eigentiimliche  Ideen  nicht 
zu  erkennen.  Der  Hauptwert  des  Fragments  beruht  in  dem 
schon  erwähnten  Versuch,  den  Unterschied  zwischen  /  und  J, 
u  und  r  neu  zu  definieren.  Erwähnt  sei,  dass  der  Verf.  den 
Unterschied  zwischen  'graduaU  und  clear  beginning'  auch 
bei  /  r  m,  n  nachzuweisen  bestrebt  ist:  -Z  -r  -m  -u  (mit  'gra- 
dual  beginning')  erkennt  er  vermutungsweise  in  griech.  dX- 
dp-  d)U-  dv-  d.  h.  in  den  Fällen,  wo  prothetische  Vokale  stehn. 
—  7.  Miscellanea  Etymologica  (a.  C|u-  in  Greek.  b.  Gr.  dXeiqpiu 
Lat.  Itbo.  c.  TeXcov  dpoüpr|c   :  lat.  feUus). 

Ausführlichere  Betrachtung  erfordert  Nr.  6.  ein  Aufsatz 
über  The  Sanskrit  Liquids,  der  wenige  Tage  vor  dem  Tode 
Darbishires  abgeschlossen  Avard.  p]s  ist  eine  ungemein  scharf- 
sinnige und  nicht  minder  kühne  Untersuchung.  Ich  notiere 
in  aller  Kürze  die  Ergel)nisse,  zu  denen  der  Verf.  gelangt 
zu  Sein  glaul)i.  nhne  mich  auf  eine  Diskussion  ehüassen  zu 
können. 

1.  In  licr  erstell  Periode  des  Ai.  hleilx'ii  die  aus  der  idg. 
Urzeit  ererbten  dentalen  /•-  und  /-Laute  in  sijliiselier  \\W  in  un- 
silbischer Kmiktioii  unverändert. 

II.  In  der  zweiten  Periode  wer<leii  die  sil  bisch«' n  Liqui- 
<len  in  allen  . Siellungen  kakuininal  (eerebral).  Die  unsilbischen 
dagegen  l)leiben  imter  lolgenden  liediiigungen  als  <lent.ile  Laute 
erhalten  : 

\.  Wenn  zwei   Li(|uiden  in  demselben  Wort  standen. 

2.  Dentales  /  bleibt,  wenn  ein  labialisierter  Velar,  ein  laltialer 
Vc'rsehlusslant  oder  ein  ///  in  dersell)en  Silbt'  sttiht. 

H.  Dentales  /•  bleibt,  wenn  ihm  ein  labialer  \'ersc'lilusslaut 
unniitten)ar  vorausgeht. 

III.  Im  Verlauf  der  dritten   Periode   eutstehn   die    kakunii- 


Hciliii  Kiiltiu-]»flaiiz('ii  und  Haust iero.  173 

naleu  Versclilusslaute.  \'on  besondrer  Wiehtig'keit  sind  diejeniji'en 
unter  ihnen,  die  nacli  Fortunatovs  Gesetz  aus  der  Gruppe  dentales 
f+Dental '  hervorgehn. 

IV.  Zu  Beginn  der  vierten  Periode  waren  diekakuniina- 
len  I  und  r,  1  und  f,  /'  und  r>'  einander  so  ähnlicli  geworden,  dass 
der  zwischen  ihnen  etwa  noch  bestehnde  Unterseliied  für  das  Gehör 
nicht  mehr  von  praktischer  Bedeutung  Avar.  Dieser  Zustand  war 
etwa  um  die  Zeit  erreicht,  wo  der  \i\ .  selu-ifth'ch  fixiert  ward.  Die 
graphische  Darstellung  war  daher  für  jede  der  drei  Grui)pen  die- 
selbe: r,  Ir  (ür),  ir  [ui-). 

Die  misilbischen  dentalen  r  l  waren  damals  von  den  unsil- 
bischen kakuminalen  r  l  noch  deutlich  geschieth^n.  Wie  nun  /• 
gleicherweise  für  kalvUininales  /•  und  /  gesclirieben  ward,  so  schriel» 
man  entsprechend  auch  /•  für  kakuminales  ;■  und  /.  So  blieb 
für  dentales  /'  und  /  nur  das  andere  Zeichen,  nämlich  /  übrig. 

Die  indischen  Grammatiker,  die  /  als  dental.  /•  als  kakuminal 
beschreiben,  stimmen  demnach  nnt  dieser  Theorie  durchaus  überein. 

V.  Die  fünfte  Periode  umfasst  die  Fortentwieklung  der 
vedischen  Sprache.  Analogiebildungen  zerstören  die  ursprüngliche 
Regelmässigkeit,  da  dem  Sprachgefühl  die  lautgesetzliche  Verteilung 
von  l  /'  ]'  unverständlich  geworden  war. 

VI.  Als  sechste  Periode  könnte  man  die  Zeit  des  klassi- 
schen Sanskrit  bezeichnen.  Doch  gestattet  das  andersgeartete  j\Ia- 
terial  nicht  die  Untersuchung  in  der  bisherigen  Form  Ibrtzusetzen. 

Eine  unvollendete  Abhandlung  Darbisliires  Ijricbt  mit 
den  Worten  ab:  "I  Avould  go  a  step  turthor  .  .  .  ."  Er  ist 
ihn  nicht  gegangen.  Sein  Fuss  hatte  schon  den  Weg  des 
Todes  betreten. 

Wi  1  Im- im   St  i'ei  t  berg. 


Hehii  \.  Kulturpflanzen  und  Haiistiere  in  ihrem  Übergang 
aus  Asien  nacii  Griechenland  und  Italien  sowie  in  das 
übrige  Europa.  Historisch-linguistische  Skizzen.  Sechste 
Auflage.  Neu  herausgegeben  von  O.  Sehr a der.  Mit  bota- 
nischen Beiträgen  von  A.  Engler.  Berlin  1894.  XXM 
u.  ^y2:^  S.     ll^  M. 

Victor  llehns  Werk,  an  dem  der  \'ertasser  in  d(;n  letzten 
Auflagen  wenig  geändert  hatte,  stand  nicht  mehr  in  allen 
Einzelheiten  auf  der  Höhe  der  Wissenschaft,  aber  jugendfriseh 
nnd  in  seinem  Kern  unveralt(?t  schaut  es,  wie  alles,  was  dieser 
wunderbare  Mann  geschrieben  hat,  trotz  seiner  2;")  Jahre  auf 
uns  herab.  Wenn  man  die  rasche  Entwicklung  der  Sprach- 
wissenschaft seit  1870  überschaut,  so  rauss  man  immer  wieder 
staunen  über  die  ausserordentlich  tiefgehende,  uuverrückbai-e 
Grundlage,  auf  der  Hehn  sein  Werk  aufgebaut  hat,  das  wahr- 
scheinlich noch  für  lange  Jahre  das  unentbehrliche  Küstzeug- 
jedes  Forschers  und  das  beste    bleiben    wird,    was    über    die 


174  Helm    Kuhuriitlaii/.eii  und   Haiustit-re. 

kulturellen  Zustände  und  die  Entwicklung'Sgeschichte  Europas 
g-eschrieben  ist.  Nach  dem  Tode  des  Verfassers  hat  jetzt 
0.  Schrader  das  Werk  neu  herausgegeben.  Dabei  ist  der 
eigentliche  Text  des  Werkes  unverändert  gelassen.  Am  Schlüsse 
eines  jeden  Abschnittes  sind  die  neuereu  Ansichten  hinzu- 
gefügt, durch  die  eine  Reihe  von  Einzelheiten  berichtigt  wer- 
den. In  den  Anmerkungeu  hat  der  Herausgeber  geändert, 
wenn  auch  mit  schonender  Hand.  Man  wird  zugestehen 
müssen,  dass  die  Aufgaben,  die  eine  neue  Ausgabe  stellte, 
auf  diese  Weise  im  allgemeinen  glücklich  gelöst  sind.  Doch 
hätten  die  Ergänzungen  zu  den  einzelneu  Kapiteln  an  den 
Schluss  des  ganzen  Buches  oder  in  die  Anmerkungen  ver- 
Aviesen  werden  müssen.  Denn  dahin  gehören  sie  der  Sache 
nach  und  auch  Hehns  Anordnung  zufolge,  der  schon  früher 
die  spezielle  Begründung  seiner  Ansichten  an  den  Schluss 
verwiesen  hatte.  Es  ist  sehr  wünschenswert,  dass  bei  einer 
weiteren  Auflage,  die  sicher  nicht  fehlen  wird,  der  Heraus- 
geber diese  Anordnung  befolgt,  damit  der  künstlerische  Ein- 
druck von  Hehns  Darstellung  nicht  leidet.  Sehr  angenehm 
und  dankbar  zu  begrüssen  ist  die  Thätigkeit  des  Botanikers, 
Herrn  Prof.  Englers,  geAvesen,  der  in  klarer,  allgemein  ver- 
ständlicher Form  die  Ansichten  anführt,  zu  denen  die  heutige 
IJotauik  oft  im  Gegensatz  zu  Helin  in  Betreff'  der  Herkunft 
der  Pflanzen  gekommen  ist.  Unsere  Wissenschaft  wird  da- 
durch sehr  gefördert.  Zu  einer  kritischen  Beurteilung  dieses 
Teiles  bin  ich  nicht  gerüstet. 

Schrader  bietet  in  seineu  Zusätzen  ausser  einer  Keihe 
neuer  Forschungsergebnisse  im  wesentlichen  die  aus  seinem 
Buche,  Si>rachvergleicluing  und  Urgeschichte,  bekannten  An- 
sichten, denen  ich  aber  des  öfteren  nicht  zustimmen  kann. 
Ich  hätte  es  lieber  gesehen,  wenn  Schrader  sich  zuweilen 
weniger  zuversichtlich  geäussert  hätte.  So  bemerkt  er  S.  64, 
dass  der  Übergang  der  europäischen  Indogennanen  (nach  Los- 
lösung der  Arier)  zu  einer  gewissen  Stufe  der  Agi'ikultur 
eine  der  sichersten  Erkenntnisse  der  verglcichcudcn  Altertums- 
kunde sei.  Ich  halte  diese  Annahme  für  nichts  weniger  als 
gesichert,  wie  ich  IF.  V  390  zu  zeigen  versucht  habe.  Sie 
ist  es  schon  um  dessentwillen  nicht,  weil  damit  die  alte  An- 
sicht von  der  ursiu-üngliclien  Spracheinheit  der  Indogermanen 
Europas  wieder  aufgenommen  wird,  oder,  was  wahrschein- 
licher ist,  noch  nachwirkt,  (legen  diese  Kulturcinheit  lassen 
sich  dieselben  Bedenken  wie  gegen  die  Spracheinheit  geltend 
machen.  Ich  halte  sie  für  völlig  unbegründet  und  bin  fest 
überzeugt,  dass  Hehn  diese  Bemerkungen  nicht  in  sein  Werk 
.uifgenommen  hätte. 

Ebensowenig  wii-d   sjcli   dir   Ansicht    vun    einer    zweiten 


Helm    Kiiltiirpflaii'/en  und  Haustiere.  175 

Heimat  in  Kussland,  für  die  SclirudiT  auf  sein  Buch  verweist, 
aufreclit  erhalten  lassen,  sclion  deshalb  nicht,  weil  die  Ent- 
wicklung" von  der  Viehzucht  zum  Ackerbau  wahrscheinlich 
gar  nicht  den  historischen  Thatsachen  entspricht,  vgl.  E.  Grosse 
Die  Anfänge  der  Kunst  S.  oölf.,  K.  von  den  Steinen  Unter 
den  Naturvölkern  Central-Brasiliens  S.  200  ff'.  In  Betrett"  der 
Pelasg-erfrage  ist  jetzt  auf  Ed.  Meyer  zu  verweisen.  —  S.  91  f. 
bedürfen  die  Bemerkungen  über  die  Lautverhältnisse  des 
Wortes  'Wein'  der  Berichtigung'.  Es  lässt  sich  nämlich  nur 
die  Form  \ioi)io-  nachweisen,  gr.  oivoc,  alb.  rene,  auf  die 
a.uch  lat.  rlnum  zurückgeht,  da  coi  (durch  Dissimilation?  ein 
cü  kommt  im  Lat.  nicht  vor)  zu  vi  geworden  ist.  In  I'olge 
davon  ist  es  im  h»")chsten  Grade  wahrscheinlich,  dass  die  kel- 
tischen, germ.  und  slavischen  Worte  mittel-  oder  unmittelbar 
aus  dem  Lat.  entlehnt  sind.  —  S.  99.  Hehns  Ansicht,  dass 
flctis  und  cÖKOV  zusammengehören,  bin  ich  nicht  geneigt,  so 
unbedingt  wie  Schrader  zu  verwerfen.  Lat.  ficus  könnte  auf 
eine  Grundform  pnnl'os  zurückgeführt  werden,  die  sich  mit 
gr.  CÖKOV,  TÖKOv  so  nahe  berührt,  dass  eine  Entlehnung  aus 
gemeinsamer  Quelle  nicht  a  limine  abzuweisen  ist.  Auch  das 
arm.  OouZ,  t'tlz  klingt  merkwürdig  ähnlich.  —  S.  158.  Altsl. 
syrh  'Käse'  lässt  sich  vorläufig  nicht  mit  ai.  sdras,  gr.  öpöc, 
lat.  seriihi  vereinigen.  Gr.  C|Liupov  neben  f.iupov,  das  aus  iiebr. 
uior  entlehnt  ist,  mit  ahd.  smero  zu  vergleichen,  ist  wegen 
des  erhalteneu  -s-  bedenklich.  Das  s  ist  im  Griechischen  nicht 
Aveiter  auffallend,  da  auch  sonst  Formen  mit  und  ohne  s  im 
Anlaut  Aveehseln.  —  S.  159.  Gr.  ßouxupov  ist  scinverlich  eine 
griechische  Übersetzung  eines  skythischen  ' cJmosinero'. 

Diese,  Einzelheiten  l)erühren  natürlich  weder  den  W<'rt 
des  Buches  noch  der  Zusätze,  und  so  horten  Avir,  dass  sich 
V.  Hehns  unsterbliches  Werk  auch  in  tler  neuen  Form  weitere 
Freunde  gewinnen  Avird. 

Leipzig-Gohlis.  11.   Hirt. 


Miiller  M.  F.  Xatürliche  Keligioii.  Gittbrd-Vorlesungen  ge- 
halten an  der  Universität  Glasgow  im  .Jahre  1888.  Aus 
dem  Englischen  übersetzt  von  E.  Schneider.  Leipzig 
W.   Engelman.i   1890.  r)87   S.  8".      14  31. 

—  Physische  Religion.  (Ürtord-Vorlesungen  gehalten  an  der 
Universität  GlasgoAv  im  .l.ihrf  189(».  Aus  dem  Englischen 
übersetzt  von  O.  Frank«'.  Leipzig  W.  P^ngelinaini  1892. 
398  S.    8».     10  M. 

Max  Müller  ist  einer  von  den   wenigen  Forschern  histo- 

risclier  Wissenschaften,    die    ihre  Arbeiten    und    Forschungen 


17()  Müller  N'atüi'lielic  lieli.üion.     Pliysisciic,  IJeli^iou. 

mit  (lfm  Lehen  und  Treiben  der  Zeit  in  Zusannnenliang* 
In-ing'cn  und  dadurch  der  (iesamtheit  in  ihrer  Weiterent- 
wieklunji'  direkt  dienen  wollen.  Auch  die  vorliegenden  Werke 
vertblgvn  gleichen  Zweck :  in  seiner  klaren,  lebendigen  Weise 
zeigt  M.  vor  allem  im  (ersten  Bande,  wie  die  Geschichte  un& 
l<;hrt,  dass  nichts  so  natürlich  ist  als  das  Übernatürliche,  und 
dass  der  Mensch  zur  natürlichen  Religion  zurückkeliren  müsse. 
Von  dieser  natürlichen  Keligion  handelt  der  erste  Teil  des 
Werkes;  er  l)ildet  gewissermassen  die  Einleitung  zu  den  drei 
folgenden:  der  '2.  Band  enthält  die  "Physische  Religion", 
dei"  .').  die  "anthropologische''  Leipzig  1894).  Die  psycho- 
logische Keligion  lüldet  den  Schluss  des  gesamten  Werkes, 
das  Avir  als  das  religionsgeschichtliche  Testament  des  greisen 
Gelehrten  autfassen  können. 

Im  ei'sten  Bande  kommt  es  dem  Verfasser  vor  allem 
darauf  an.  das  Wort  Religion  möglichst  scharf  zu  definieren. 
Er  bespricht  hierbei  die  Erklärungen  des  Wortes,  die  anden- 
Forscher  ihm  gegel)en  haben,  und  sucht  diese  bald  als  zu 
weit,  bald  als  zu  eng  zu  erweisen.  Besonders  kämpft  er  dal>ei 
gegen  O.  Gruppe,  den  er  für  den  kritischsten  und  tüchtigsten 
unter  seinen  (Gegnern  hält,  t'berhanpt  beschäftigt  sich  das 
Buch  viel  mit  Gruppe.  Vm  so  anttallender  ist  es,  dass  bei 
der  Besiirechung  mythologischer  Parallelen  Grui)pes  scharfe 
Kritik  derselben  mit  keinem  AVorte  erwähnt  ^\■ird.  —  S.  181 
giebt  dann  M.  seine  eigeiu-  Definition  des  W(»rtes  Religion: 
"1\'.  besteht  in  dem  G  e  wall  r  we  rden  des  Unendlichen 
u  n  t  e  r  s  o  1  c  li  e  n  M  a  n  i  f  e  s  t  a  t  i  o  n  e  n ,  d  i  e  a  u  f  d  e  n  s  i  1 1 1  i  c  heu 
Charakter  des  Menschen  bestimmend  einzuwirken 
im  Stande  sind".  Bei  dieser  Erklärung  kommt  es  in  erster 
Linie  auf  das  richtige  Verständnis  des  Unendlichen  an,  und 
diesem  Begrifte  ist  auch  im  Vorhergehenden  mit  besonderer 
Schärfe  nachgegangen.  Nachdrücklichst  Avird  betont,  dass  das 
Unendliche  dem  Volksgeist  nichts  Abstraktes  ist,  sondern 
etwas  Konkretes,  sinnlich  AValirnehmbares,  das  sich  unmittel- 
bar an  das  Endliche  im  Raum  und  Zeit  anfügt,  das  aus  der 
Erfahrung  (^'schlössen  und  durch  die  Sprache  fixiert  ist. 
Die  Vorstellung  von  solch  Unendlichem  im  Endlichen  ist 
(U'ui  Verf.  die  Grundlage  alles  i'cligiösen  Denkens,  denn  hinter 
diesem  Unendlichen  im  Endlichen"  steckt,  bewusst  oder  un- 
bewusst,  das  iKihei'e  W<'sen.  Dies  Unendliche  offenbart  sich 
nun  dem  Meusclieu  teils  in  dei'  Natur,  teils  im  Menschen 
selbst.  In  der  Natui*  haben  dann  (Jegenstände,  die  wir  nur 
teilweise  sehen  und  fassen  können  (Bäume,  Berge  u.  dgl.; 
die  Halbgötter  --  Dämonen  Aväre  wohl  der  bessere  Ausdruck 
gewesen  —  erzeugt.  Gegenstände  al)er,  die  wir  nur  sehen, 
nicht    fassen    krninen    i  Wolken,    Himmel.    Sonne    u.    dyl.)    die 


Müller  Xatürlic'lu'  ]{eliii-ioii.     Pliysischo   Reli.ii'ion.  177 

Veranlassung'  zum  Glauben  ;ni  höhere  Gottheiten  gegeben. 
Die  liierdureh  entstandene  Rclig-i(»n  nennt  ^Müller  "physisehe 
Religion''. 

Das  Unendliche  otfi-nbart  sieh  aber  auch  dem  Menschen 
an  ilnn  selbst  und  zwar  entweder  objektiv,  indem  er  etAvai> 
birgt,  das  wahrgenommen  und  doch  nicht  Avahrgenommen 
werden  kann  (den  Geist,  die  Seele),  das  mit  dem  Körpfa- 
nicht  aus  der  "Welt  geht,  —  oder  subjektiv,  wenn  sich  der  Mensch 
nicht  als  Glied  seiner  Vorfahren,  sondern  sich  selbst  als  lelien- 
diges  Individuum  l)erraclitet.  Aus  jener  Erfahrung  ist  der 
Ahnenkult,  der  Animismus  entstanden,  der  in  der  anthropolo- 
gischen Religion  eingehend  besprochen  Avird,  aus  dieser  die 
psychologische  Religion.  —  Mich  dünkt  die  Scheidung,  die  der 
Verf.  liier  vorgenommen  liat,  keine  besonders  glückliche,  doch 
kann  ich  auf  diese  Frage  für  den  Augenblick  nicht  nJiher 
eingehen. 

Xachdem  so  der  Begriff  der  Religion  festgestellt  und  die 
natiuiiehe  in  ihrer  dreifachen  Verzweigung  gekennzeichnet 
ist,  l^ehandelt  der  Verf.  im  '2.  Teile  des  1.  Bandes  das  .Ma- 
terial zum  Studium  der  natürlichen  Religion  (S.  269  ff .  •  : 
dies  ist  Sprache,  Mythos,  Sitten  und  Gebräuche,  die  heili- 
gen Bücher.  M.  entwickelt  hier  seine  schon  früher  wieder- 
holt ausgesprochenen  Ansichten :  Das  Denken  ohne  Sprache 
ist  unmöglich,  mit  der  Sprache  erst  beginnt  das  Denken  : 
die  Sprache  wiederum  ist  die  Quelle  des  Mythos.  In  den 
Abschnitten  über  die  Sprache  klassifiziert  er  dann  die  ver- 
schiedenen Sprachen  d<n-  Krde  und  spricht  sich  über  ihr  ver- 
wandtschaftliches Verhältnis  aus.  Man  sit-lit  aus  verseliie- 
denem,  Avie  M.  der  neueren  P\jrschung  gefolgt  ist,  wie  er  al)er 
relativ  wenig  von  ihr  angenommen  hat.  —  In  dem  Al)- 
schnitte  über  Mythologie  hätte  der  ßegritt'  'Mythos'  schärfer 
gefasst  und  der  Unterschied  zwischen  Religion  und  Mythos 
bestimmt  werden  sollen.  Ist  doch  sonst  M.  in  der  Aljgrenzung 
und  Erklärung  der  Begriffe  })eiidich  genau.  So  verweise  ich 
hier  auf  die  Kapitel  über  die  verschiedenen  Richtungen  der 
vergleichenden  Mythologie:  die  etymologische,  die  induktiv 
zu  Werke  geht  und  das  Wort  nicht  von  der  Sache  trennt, 
die  aualogische,  die  wie  jene  nur  Mythen  spraehlieh  xcr- 
Avandter  Völker  vergleicht,  aber  sich  nur  an  den  Iidialt,  nicht 
auch  an  drn  Namen  mythischer  Wiesen  hält,  und  die  psyeho- 
logische,  die  die  Mythen  aller  Völker  untereinander  vergleicht 
und  in  der  menschlichen  Natur  die  Ursache  der  Übereinstim- 
mung der  Mythen  findet.  M.  Müller  bekennt  sich  nach  wie 
vor  zur  etymologischen  Schule:  m.  E.  hat  diese  ihre  Zeit  ülx'i'- 
lebt  und  der  psychologischen  allein  gehört  die  Zukunft.  Die 
nivtholoüischen     Parallelen     indogermanischer    Völker     lial>en 


178  IMüller  Xatürliehe  Religion.     Plivsisrlie  iielig'ion. 

mich  in  diesem  Buelie  ebensowenig'  überzeugt,  Avie  i\Iüllers 
frühere  Arbeiten:  in  diesen  Abschnitten  vermag-  ich  dem  Verf. 
niclit  zu  folgen.  Trotzdem  wird  das  Buch  jedem  Anregung 
und  Belehrung  bringen,  wie  wir  es  von  dem  Veteranen  der 
vergleichenden  Religionswissenschaft  nicht  anders  gewohnt 
sind,  mögen  wir  für  oder  Avider  ihn  sein.  Dass  verschiedene 
Einzelheiten  niclit  richtig  sind,  darf  bei  dem  grossen  Umfang 
des  Gebietes,    das  hier  behandelt  ist,    nicht  Wunder  nehmen. 

Im  '2.  Bande  seiner  Vorlesungen  zeigt  M.  Müller  an 
einem  typischen  Beispiele,  an  dem  vedischen  Agni,  den  Ur- 
sprung und  die  Entwicklung  einer  physischen  Gottheit.  Die 
physische  Religion  d.  i.  die  Religion,  die  in  der  Betracii- 
tung  der  Natur  ihre  Wurzel  hat,  lasse  sich,  meint  der  ^'erf., 
am  besten  in  Indien  studieren.  Darüber  Hesse  sich  streiten. 
ZAveifellos  dagegen  ist  er  im  Rechte,  wenn  er  zum  Studium 
der  indischen  Religion  in  erster  Linie  genauste  Kenntnis  der 
indischen  Litteratur,  vor  allem  der  Veden  fordert.  Das  hat 
Veranlassung  gegeben,  über  den  A^eda  und  seine  Geschichte, 
seine  Einrichtung,  sein  allmähliches  Wachsen,  seinen  Cha- 
rakter u.  dgl.  zu  sprechen.  Alsdann  wird  in  thatsächlich 
meisterhafter  Weise  klar  gelegt,  —  und  diese  Abschnitte  bil- 
den 'das  Rückgrat'  des  Buches  — ,  wie  Agni,  das  Feuer,  aus 
dem  Age)i.s  sich  zum  Agens  dem  und  als  solches  zum  mäch- 
tigen Gotte  entwickelt  hat.  Von  anderen  Xaturgöttern  sind 
nur  die  Windgottheiten  etwas  eingehender  herangezogen;  an- 
dere werden  vermisst.  In  diesem  Bande  wird  auch  auf  den 
Unterschied  zwischen  Religion  und  Mythologie  (S.  2(39  ff.) 
näher  eingegangen,  jedoch  ohne  dass  dabei  die  wünschens- 
werte scharfe  Abgrenzung  der  Begriffe  herausspringt. 

8o  ül)erzeugend  auch  M.'s  Darlegung  der  Entwicklung 
religiöser  Wesen  ist,  so  wird  sie  doch  nie  die  Zustimmung 
derer  finden,  die  alle  Probleme  der  natürlichen  Religion  ver- 
dammen, weil  sie  sich  nie  damit  beschäftigt  haben.  ]\Iit  Recht 
ruft  diesen  der  Verfasser  zu:  "Es  ist  nicht  der  Felder  des 
Balkens,  wenn   der  Blinde  ihn  nicht  sieht '. 

I^eipzig.  E.  Mogk. 


Henry   V.     Atiiarva-veda,    Traduetion    et    Commentaire.     Les 

livi-es  VIII  et  IX  de  l'Atharva-veda,  traduits  et  commentes 

par  V.  H.    Paris  Maisonneuve  1894.  XII  u.   U)4  S.    gr.  8». 

Das  dritte,    sehr  inhaltreiclK;  Heft   der  Übersetzung  des 

Atharvaveda,    über   deren    erste    zwei  Hefte  ich  an  dieser 

Stelle  IlT  S.  2  fg.   berichr<*t  h:il)e.     Die  hervorragenden  Eigen- 


Henry  Arli;irva-v«>da.  179 

schuften,  welche  jenem  Anfang  der  wichtigen  Arbeit  nuch- 
g'erühmt  Averden  dürfen,  sind  auch  ihrer  Fortsetzung  in  vollem 
Masse  eigen.  Überall  spürt  man  den  weiten  Blick  eines 
Forschers,  der  g"ewohnt  ist,  ancli  das  Kleine  in  grosse  Zu- 
sammenhänge eingereiht  zu  betrachten,  überall  die  reinste 
Wärme  liir  die  Sache,  verbunden  vielleicht  —  ich  darf  dies 
Bedenken  nicht  verschweigen  —  mit  etwas  Optimismus  in 
bezug  auf  die  Schätzung  der  Grenzen  des  Erkennbaren  und 
des  Grades  der  Sicherheit,  mit  welcher  die  Forschung  dem 
dunklen  Stoff  seine  Geheimnisse  zu  entreissen  Aussicht  hat. 
Die  übersetzten  Stücke  sind  ausser  Anpreisungen  von  Libe- 
ralitätshandlungen gegenüber  den  Brahmanen  grösstenteils 
Zauberlieder  oder  Konglomerate  von  Zauberversen,  bei  denen 
es  sich  um  Gesundheit  und  langes  Leben,  sowie  um  AbAvehr 
von  bösem  Zauber  und  sonstiger  Feindseligkeit  handelt:  da- 
neben zwei  hervorragend  interessante  Abschnitte,  das  viel- 
l)ehandelte  Lied  IX,  3  über  den  Hausbau,  und  die  Lieder  IX^ 
*> — 10,  eine  Keproduktion  des  grossen  Rätselliedes  Rgveda 
L  164,  welches  kurz  vor  Henry,  von  ihm  sehr  weit  abwei- 
chend, auch  Deussen  behandelt  hat  (AUg.  Geschichte  der 
Philosophie,  Bd.  I  S.  105 — 119).  Es  ist  bekannt,  dass  das 
ersterwähnte  Stück  direkt  entgegengesetzte  Deutungen  gefun- 
den liat.  Ludwig  bezog  es  auf  den  Abbruch  eines  Hauses, 
Zimmer  und  Grill  auf  einen  Neubau.  Henry  stellt  sich 
im  wesentlichen  auf  die  Seite  der  letzteren  Forscher;  gewisse 
während  des  Hausbaus  erforderliche  provisorische  Bänder  oder 
Klammern  werden  dem  fertigen  Plause  abgenommen  und  das- 
selbe dazu  geweiht,  sich  nunmehr  aus  eigner  Kraft  aufrecht 
zu  erhalten.  Mir  scheinen  die  Data  des  Liedes  für  eine  Deu- 
tung zu  sprechen,  welche  die  entgegengesetzten  Ansichten 
gewissermassen  in  sich  vereinigt.  Das  Haus,  meine  ich,  soll 
abgebrochen  und  an  einem  andern  Orte  neu  aufgerichtet  Aver- 
den^).  Dafür  spricht,  wie  ich  glaube,  sehr  deutlich  Vers  24: 
'Du  l)ist  eine  schwere  Last:  sei  uns  leiclit.  Wie  ein  junges 
Weib  tragen  wir  dich,  o  Haus,  wohin  wir  Avollen."  Und  V. 
10:  "Dort  sollst  du  zu  ihm  kommen,  fest,  verbunden,  zube- 
reitet, du  (Haus),  dem  wir  Glied  für  Glied,  Gelenk  für  Gelenk 
lösen."  Henry  scheint  mir  mit  Unrecht  dem  "dort"  (aninfra) 
als  "sens  indubitable"  die  Deutung  "dans  l'autre  monde"  zu 
vindizieren.  Mit  dem  Jenseits  liat  unser  Lied  es  nicht  zu 
thun,  Avohl  aber,  wie  der  Text  ausdrücklich  sagt,  mit  einem 
Vorgang,  welcher  etwa  der  Hinüberfüln-ung  des  jungen  Weibes 
aus  dem  Vaterhause  in  das  Haus  des  Gatten  verglichen  Aver- 


1)  Man  erinnere  sich  etwa  au   die   beweglichen  Wohnungen 
von  denen  Vendidad  VHI,  3  die  Rede  ist. 


ISO  ilciirv    Atli;ii-\  ;i-\  r(l;i. 

<leii  k:iiiii:  wie  man  bei  der  Hoclizoit  betet,  dass  die  Götter 
das  Weib  von  hier  (dem  Elternliaiisei,  aber  iiiclit  aoii  dort 
{amutas,  dem  Oattenhause)  lösen  niög-eii,  so  ist  in  unserm 
^'ersc  mit  dem  'dort'  die  neue  Statte^  an  der  das  Haus  auf- 
gerichtet werden  soll,  gemeint.  tJbrige)is  scheint  die  Gegen- 
überstellung des  Hauserbauers  und  dessen  der  das  Haus 
'empfängt'  l'V.  9),  die  wiederholte  Betonung  des  'Empfaugens' 
(\'.  IT).  U);  darauf  zu  führen,  dass  bei  der  Verlegung  des 
Hauses  ein  Besitzwechscl  im  Spiel  ist.  —  Ich  wende  mich  zu 
IX,  9.  10  (=  Rgveda  I,  164j,  dem  grossen  Rätselliede.  Wie 
Deussens  pantheistisch-spekulative  Interpretation,  so  glaubt 
auch  die  folkloristische  Henrys  nahezu  alle  Rätsel  dieses 
Liedes  lösen  zu  können.  Ich  meinerseits  muss  bekennen,  dass 
ich  einem  sehr  grossen  Teil  derselben  hilflos  gegenüberstehe. 
Man  wolle,  um  meine  Zweifel  zu  Avürdigen,  etwa  10,  lo 
(=  Rv.  37)  betrachten;  werden  Avir  da  auf  die  Argumen- 
tation Henrys  hin  wirklich  die  Deutung  auf  Sonue  und  Mor- 
genröte (und  im  vierten  Päda  auf  die  Menschen,  avo  doch 
das  'Ich'  ottenl)ar  dassellje  ist  wie  in  den  drei  ersten  Pädas) 
für  Avahrscheinlich  halten  können?  Im  grossen  und  ganzen 
möchte  ich  glauben,  dass  die  wahren  Lösungen  der  Rätsel 
erheblich  weniger  naturalistisch  und  dafür  ein  gutes  Teil  mehr 
sakritikal  als  bei  H.  aussehen  müssten.  Niemand  wird  be- 
streiten, dass  der  Typus  dieser  Rätsel  in  der  That  auf  älteste, 
iXan  Zeiten  der  AVildheit  geläufige  Gedankenspiele  zurückgeht, 
die  von  den  Sphären  braiimanischer  Opfertiieologie  allerdings 
sehr  weit  entfernt  Avaren.  Al)er  ich  glaube,  dass  H.  der  Trag- 
kraft dieser  Wahrheit  doch  zu  viel  zumutet,  Avenn  er  nicht 
selten  das  einzelne  vorliegende  Rätsel,  dessen  sakrifikale 
Züge  in  die  Augen  springen,  von  diesen  Zügen  zu  entkleiden 
sucht  und  es  direkt  in  ein  Rätsel  des  alten  naturalistischen 
Styls  übersetzen  zu  können  meint  (s.  den  sehr  bezi-iclin<'nden 
Fall  von  10,  KJ.  14  =  Rv.  34 — .'»öi.  Man  gestatte  mir  an 
<'inigcn  Beispielen  meine  Ansicht  zu  A'eranschaulichen,  dass 
<lie  Daten  der  Rätsel  oft  eine  ebenso  Avahrscheinliche,  viel- 
leicht, All(;s  in  Betracht  gezogen.  Avahrscheiniichere  Lösung 
sakrifikaler  Art  zulassen  als  di(!  naturalistisciie  Henrys.  Der 
Vers  9,9  (=  Kv.  9)  lautet  bei  H.:  "La  mere  a  ete  attelee 
au  timon  de  Toffrande  ^),  lembryon  s'est  dresse  au  sein  des 
demeurcs:  le  veau  a  mugi,  il  a  suivi  des  yeux  la  vache  qui 
i-evet  toutcs  les  formes,  ä  la  distance  de  trois  lieues"  (trisü 
iiojanesu).  Die  erste  Hälfte  des  Verses  soll  die  Morgenröte 
und  die  Entflammung  des  Agni  betreffen,  die  ZAveite  die  Mor- 
genröte   und    die  Sonne;    die    Sonne    ist    das    Kalb,    Avelches 

1)  Wannii   i/dLsiiiä  nirlit   als  '  Oitferloliir  übcrset/en? 


Honi-y  Atlicirv;i-v('-da.  181 

brüllt  (d.  li.  den  ersten  Strahl  anssendet),  wenn  es  die  I^Intter- 
kuh  (Usas)  drei  Yöjanas  voranstellen  sieht  —  den  AYey  einer 
Stunde,  nn\  welche  Zeit  die  Morgenröte  dem  Sonnenanfgiing- 
vorausgeht.  Es  ist  mir  nicht  zweifelhaft,  dass  die  vor  den 
Wagen  der  ddkfniä  gespannte  Mutter  in  der  That  Usus  ist 
• —  man  bemerke  übrigens,  dass  der  hier  gebrauchte  Ausdruck 
viel  weniger  die  Naturbedeutung  der  Usas  als  ihre  Bedeutung 
für  Opfer  und  Priester  bei'ührt  — ;  ebenso  halte  ieh  die  Deu- 
tung des  Embryo  auf  Agni  für  dnrchaus  sicher.  Aber  Avarum 
im  zA\'eiten  Halbvers  die  letztere  Deutung  fallen  lassen  und 
in  eine  ganz  andere  Vorstellungssphäre  hinübergehenV  Wenn 
zuerst  einer  Kuh  ein  Embryo  gegenübergestellt  Avird  und 
dann  eine  neue  Phase  des  Vorgangs  folgt,  in  welcher  dieselbe 
Kuh  mit  einem  Kalbe  erscheint,  ist  es  nicht  wahrscheinlich, 
dass  Embryo  und  Kalb  dasselbe  Wesen  sindV  "Das  Kalb 
brüllt"  heisst,  meine  ich,  "Agni  tritt  in  die  Erscheinung";  in 
Steiner  dreifachen  Anspannung,  d.  li.  in  seiner  Verwendung  als 
das  dreifache  Opferfeuer  ^),  blickt  er  der  hinschwindenden 
Mutter  Usas  nach.  —  Ich  betrachte  Aveiter  Vers  9,  12  (=I{v. 
12),  Avo  ich.  ohne  auf  H.s  Auffassung  einzugehen,  nur  in  der 
Kürze  meine  eigne-)  andeuten  avüI.  Mir  scheint  klar,  dass 
üpare  nicht  Nom.  pl.,  sondern  als  Gegensatz  zu  dem  voran- 
gehenden pdre  (vgl.  Piv.  I,  128,  ;>i  Loc.  sing.  ist.  Dann  muss 
es  sich  um  eine  doppelte  Auffassung  desselben  mystischen 
Vaters  handeln:  einmal  insofern  er  in  der  höheren,  das  andre- 
mai  sofern  er  in  der  niederen  Himmelsregion  sein  AVesen  ent- 
faltet. Die  eine  Erscheinungsform  ist,  AAie  H.  ohne  ZAveifel 
mit  Recht  annimmt,  das  ,Tahr  mit  seinen  5  Jahreszeiten  und 
12  iMonateu"'):  sollte  nicht,  entsprechend  der  Parallelität,  in 
Avelcher  die  Brähmanatexte  Ix'ständig  die  l)eiden  Gleichungen 
Prajäpati  =  satiirafsard    und    Pi'ajäpati  =  ijftj'^tn    geben    (s. 


li  Doi-h  will  ich  ;uu-h  die  .Müglichkeit  nielit  leugnen,  dass  zu 
übersetzen  Aväre :  AAÜhrend  des  Weges  von  ö  Vöjana.  Dies  würde 
durch  Kv.  I,  12o,  8  gestützt  werden,  wo  die  80  Yö.jana,  welche  die 
Morgenröte  zurücklegt,  erwähnt  werden.  Kv.  VIII,  72,  0  andrer- 
seits scheint  von  dem  yöjaiia  des  Agni  die  liede  zu  sein. 

2)  Dieselbe  stimmt  in  wt'sentliciien  Punkten  mit  derjenigen 
Deussens  (a.  a.  O.  111.  207)  überein.  ~  Vii'l.  zu  diesem  Vers  auch 
AVindisch  ZDMG.  XLMII  o5;i 

3)  Beiläufig  bemerkt  scheinen,  Avie  schon  Säyana,  Weber 
(Nachrichten  von  den  Naxatra  TI,  336  A.  1),  LudAvig  erklären,  die 
12  Monate  —  (=  G  rtu  zu  je  2  Monaten)  neben  ilnien  der  13.  Schalt- 
monat auch  in  dem  von  H.  anders  gedeuteten  —  Verse  9,  16  (=  Ra'. 
15)  gemeint  zu  sein.  —  Es  sei  nur  gestattet,  hier,  in  Ermangelung 
einer  geeigneteren  Stelle,  noch  für  die  Erkläriuig  des  Verses"  10,  27 
(—  Rv.  4ö)  aiif  die  von  mir  ZDMG.  XXXIX  58  gesammeUcn  Mate- 
rialien und  A  orffctrao-enen  Kombinationen  zu  Aerweisen. 


1S2  llnii-v    Atliarx  .-i-xrda. 

Deusseii  a.  a.  0.  2U7  fg.),  die  /wciti-  Erseli(,'inuiigstbrni  das 
Opfer  sein?  Die  sieben  Kader  (vgl.  Kv.  J,  164,  1^—3;  II, 
40,  o)  mögen  etwa  die  sieben  Hotäras,  die  seclis  aräs  die 
sechs  rajmhsi  (Rv.  I,  164,  6)  sein,  in  vrelclien  das  Opfer  sicli 
entfaltet.  In  jedem  Fall  glaube  ich,  dass  die  Lösung  des 
Rätsels  durchaus  in  den  Regionen  der  Brähmana-Symbolik 
liegt.  —  Schliesslich  mögen  von  dem  grossen  Rätseltext  noch 
die  Verse  10,  4 — 7  (Rv.  Vers  26 — 29j  kurz  besprochen  wer- 
den. H.  (vgl.  Le  livre  VII  de  l'Atharva-veda,  p.  94)  bietet 
die  verschiedensten  Naturwesenheiten  zur  Deutung  dieser  Verse 
auf.  Handelt  es  sich  aber  wirklich  um  Rätsel,  Avelche  von 
uns  gelöst  sein  wollen?  Ich  möchte  glauben,  dass  die  Verse 
—  unter  einander  in  eiiiem  Zusammenhang  stehend,  welchen 
II.  Avenig  beachtet  —  zunächst  ihren  deutlichen  Mittelpunkt 
im  Ritual  der  GharmafeierM  haben  und  im  ganzen  Vorgänge 
dieser  Feier  beschreiben;  dass  dabei  Parallelisierungen  der 
rituellen  Kategorien  mit  Kategorien  des  grossen  Weltlebens 
]nit  unterlaufen,  wie  die  Yajustexte  von  derartigem  voll  sind, 
soll  nicht  geleugnet  werden,  abei'  diese  Parallelisierungen 
kommen  doch  ganz  in  zweiter  Linie,  Den  rituellen  Zusammen- 
hang um  den  es  sicli  voi-  allem  handelt,  zeigt  sehr  deutlich 
Cäwkhäyana,  Cräut.  V,  10,  1  \'g.  (einen  Hinweis  auf  diese 
Stelle  vermisst  man  bei  IT.  ungern):  mit  Vers  4  wird  die 
Milchkuli  herangerufen;  Vers  ö  wird  gesproclien,  Avährend  sie 
lierbeikonnnt-);  Vers  6,  während  das  Kalb  von  ihr  getrennt 
wird-').  Schwieriger  ist  Vers  7,  über  dessen  Verwendung,  so 
viel  ich  linden  kann,  die  Ritualtexte  nichts  lehren;  ich  weiss 
nui"  ganz  unsichere   Vermutungen  zu   geben.     Sollte  "der  von 


1)  Insoiulcrlioit  der  Melkiinji',  welche  zu  dieser  Feier  g-ehört. 
—  Älinlieli  -wie  sich  Rv.  Vers  40,  ohne  alle  IJätseliiaftigkcit,  auf 
•  las  .Madliui»ari<a-Kitiiai  bezieht. 

■2)  Ich  kann  in  diesem  sehr  einfaclien  Verse  nichts  von  Henrys 
't'nigme  graniniaticalc'  (Le  livre  VII,  p.  Vi\)  entdecken.  Der  von 
der  konkreten  Anschauung'  des  Sachverhalts  erfüllte  Inder  konnte 
asrlh/ii/ii)/i  unmögiich  für  etwas  andres  als  einen  Dati\  halten.  So 
regelmässig:-  die  Vorstelinng  erscheint,  dass  die  Gharmauüich  für 
die  Acvin  gemolken  wird,  so  gänzlich  ausgeschlossen  ist  diejenige, 
dass  sie  von  ihnen  gemolken  wird.  Wer  die  (iharniatexte  im 
Znsamnienhang  liest,  Avird  das  zugeben. 

3i  Man  ei'gänzcj  und  veranschauliche  sich  diese  Vorgange 
oiwn  mit  Hilfe  von  Kiityüyana  ('räut.  XXVI,  ;'>.  1  l'gg.;  Täittirlya 
Araiiyaka  IV,  S  unter  llinzunalime  des  dort  im  Komm,  an^i'efülirten 
Kaljta.  —  -Aus  H.s  l'bersetzung  und  Erklärung  dieses  Vei-ses  er- 
führt man  überhauiit  nicht,  dass  derselbe  etwas  mit  dem  Gharma- 
ritual  zu  thun  hat;  das  ausdrücklich  in  ihm  erscheincMule  Wort 
tjhannd,  dessen  vittielle  Geltung  durch  den  ganzen  Zusammenhang- 
ausser  Zweifel  gesetzt  wird,  verwischt  H.,  indem  er  es  mit  chaud' 
übersetzt. 


Hi'urv  Atlifirva-veda.  183 

dem  die  Kuh  uinschlosscni '  i  ist''  nicht  der  Kessel  sein,  welcher 
die  ililcli  (,=  Kuh)  enthält-)'?  Der  ZAveite  Päda  besagt  wohl: 
Die  Kuh  brüllt  (d.  h.  die  Milch  brodelt),  Avenn  sie  auf  das 
Feuer  gesetzt  ist'').  Der  dritte  Päda  wird  sich  auf  die  Furcht- 
barkeit des  Gharma  beziehen,  wegen  deren  die  Yajurveden 
dies  Kapitel  des  Eituals  in  ihrem  Aranyakateil  abhandeln. 
Der  vierte  Päda  scheint  auf  die  regenspendende  Kraft  des 
Gharmaopfers  zu  gehen*».  GeAviss  bleibt  in  all  dem  Unsicher- 
heit genug  übrig ^):  aber  so  viel  halte  ich  doch  für  gcAviss, 
dass  so  zu  sagen  das  Rückgrat  einer  Deutung  unsrer  Verse 
durch  rituelle,  nicht  durch  natursymbolische  Elemente  gebildet 
Avcrden  muss. 

Nach  diesen  Bemerkungen  über  die  Behandlung  des 
grossen  Kätselliedes  wird  es  mir  möglieh  sein  im  übrigen 
sehr  kurz  zu  formulieren,  in  Avelcher  Richtung  mir  scheint, 
dass  H.  seine  Behandlung  des  Atharvaveda  noch  weiter  ent- 
Avickeln  müsste.  Um  mit  einem  einzigen  Wort  die  Hauptsache 
auszusprechen:  ich  glaube,  dass  die  Vertrautheit  des  Über- 
setzers mit  den  intimeren  Details  der  Vorstellungssphäre  und 
AusdrucksAveise  der  vedischen  Theologen  noch  eine  vollstän- 
digere Averden  könnte.  Ich  Aveise  auf  einige  Stellen  hin,  an 
denen,  wenn  es  sich  auch  um  Minutien  handelt,  doch  deutlich 
Averden  Avird,  Avas  ich  meine.  Wenn  H.  IX,  6,  54  uddrasijati 
übersetzt  "il  conclut  le  sacrifice",  geht  dabei  die  —  Aveun 
nicht  für  die  Übersetzung  selbst,  so  doch  mindestens  für  den 
Kommentar  —  unerlässliche  Hindeutung  auf  den  technischen 
Sinn  des  Worts  verloren.  —  Wenn  er  IX,  4,  9  (yö  hnlJnvand 
rsabliänt  cljuhöti),  von  AVhitney  abAveichend,  die  Auflösung 
hralimands  statt  hräluaane  als  von  der  Logik  gebieterisch 
verlangt  ansieht,  so  glaube  ich,  dass  er  damit  die  speziell 
brahmanische  Logik  doch  nicht  getroffen  hat.  Die  ganze*  Umgebung 
des  Verses  zeigt  deutlich,  dass  es  sich  nicht  um   ciucu  Brah- 


1)  Dass  ((hhi-rar  so  Aiel  bedeutet  wie  (idhi-skand^  müelite  ich 
bezAveifeln. 

2)  So  auch  Deussen  a.  a.  U.  114. 

3)  ^lan  erinnere  sich  des  technischen  Gebiauclis  von  ndhi-sri, 
der  ganz  genau  auf  unsere  Stelle  passt.  Was  auch  die  genaue  Be- 
deutung- von  dhvasaiii  sein  mag,  für  die,  wie  ich  meine,  durcli  den 
Zusammenhang  w^ahrscheinlich  gemachte  Beziehung  des  Worts  auf 
das  Feuer  tritt  Kv.  T,  140,  3.  5  ein. 

4)  Sielie  Catapatha  Brähmana  XIV,  2,  1,  21:  Tüittirlya  Ära- 
nyaka  IV,  8,  4  (p.  470);  meine  "Religion  d(!s  Veda"  450. 

5)  Zu  den  zweifelhaften  Punkten  möchte  ich  auch  die  Frage 
rechneu,  ob  die  Verse  Rv.  23—25  mit  dem  hier  besprochcnieu  Ab- 
schnitt zusammengehören.  Dass  metrische  Spekulationen,  Avie  sie 
in  jenen  Versen  vorliegen,  zum  Gharmaritual  in  Beziehung  stehen 
konnten,  zeigt  der  Anfang  von  Täittirlya  Arauyaka  IV,  8,  4. 

Anzeiger  VI  3.  13 


Iö4  Henry  Ath;ir\';i-vt''da. 

uiaiiL-ii  lumdelt,  welcher  einen  Stier  opfert,  sundern  um  einen 
Freig'ebigen,  der  dem  Brahnumen  den  Stier  giebt :  eine  solche 
Gabe  aber  wird  von  der  Phantasie  jenes  Zeitalters  als  ein 
Opfern  des  Stieres  in  dem  Brahniaueii  (wie  in  einem  Opfer- 
feuer i  aufji'cfasst :  sielie  Täwkhäyana  Giiiyasütra  I,  10,  7  hnih- 
maiß  hutall]  vgl.  ebendort  I,  2,  7 — 8.  —  Wenn  H,  IX,  6, 
38  '  I  yajaäsija  sätniafräi/a  najFtäsyümchedäjja  übersetzt  "  afin 
qu^il  y  alt  identite  essentielle  et  absolue  (du  repas  oftert  et) 
du  sacriflce'',  wird  er  diese  Übersetzung  —  er  begleitet  sit; 
mit  der  Bemerkung  "cette  traductioii  s'impose"  —  aufrecht 
<n']ialten,  wenn  er  sie  noch  einmal  im  Licht  der  zahlreichen 
Farallelstellen  prüft':*  Y\xv sätnian,  mthtatvd  möge  Täitt.  Brähni. 
I,  1,  6,  4,  Täitt.  Samhitä  V,  3,  5,  2  verglichen  werden;  für 
dcicheda,  Avelches  Wort  bei  H.  m.  E.  zu  kurz  gekommen  ist, 
Täitt.  Samh.  I,  ;"),  4,  3  u.  A.;  icli  halte  es  für  unzweifelliaft, 
dass  zu  übersetzen  ist:  "damit  das  Opfer-)  mit  (dei-  ihm  zu- 
kommenden) Selbstheit  ausgestattet  sei;  damit  das  Opfer  nicht 
zerrissen  werde ". 

Was  endlich  noch  die  Frage  der  Textänderungen  an- 
langt, so  bin  icli  gewiss  der  Letzte,  Avelcher  dem  Glauben  an 
die  Unfehlbarkeit  der  Überlieferung  das  Wort  reden  würde. 
Aber  ich  habe  doch  an  manchen  Stellen  das  Gefühl,  dass  IL, 
ehe  er  Änderungsvorschläge  machte,  mit  ängstlicherer  Vor- 
sicht die  Frage,  ob  das  Überlieferte  nicht  richtig  sein  kann, 
hätte  prüfen  müssen.  Giebt  der  unsichere  Boden  von  IX,  10, 
17  (Rv.  L  164,  oG)  Avirklich  eine  Gi-undlage  her,  auf  der  sich 
die  Änderung  von  saptärdhaiiarhlKili  in  mptdrkHagarbhäh, 
von  retall  in  refasalj  wagen  lässtV  Oder  warum  VIll,  8,  1 
i/ätliehä  Julnania  für  yäthd  luuiania,  vermuten,  wu  das  Über- 
lieferte, l>ei  zweisilbiger  Messung  d(ir  Schlusssylbe  von  senäh, 
in  vollkoinmeiister  Ordnung  istV  Warum  IX,  2,  11  Hum  i'Wi' 
das  tadellose  edhatniii'^  Warum  IX..'),  '2  <^//iW«i  unterdrücken, 
wo  der  Vers  mit  der  l)ei  iva  so  häutigen  Verschleilung  durch- 
aus korrekt  ist':*  Warum  VIII,  -?,  17  tv/^jff?  ^(«i.  um  einen  nicht 
scliönen  Vers  herauszubringen  (mit  Hiatus  und  wenig  glatter 
Konstruktion),  wo  doch  derartige  Formeln  so  oft  zwischen 
metrischer  und  prosaischer  Gestalt  hin  uml  herschwanken, 
und  wo  die  Konjektur  der  i'berlieferuug  nicht  allein  des 
Atharvavcda,  sondern  auch  einer  Reihe  andrer  vedischer  Texte 
(ÄQvaläyana  Grhyasütra  I,  17,  16;  lliraiiyakeein  (;.  1,  '.»,  IC); 
Päraskara   IL    1,   19)  entgegeidäuft  ? 


Ij  Wo  «lie  Vorsc-hril't  j;(*gel)en  wird,  dass  bei  der  feierlichen 
( iastaiitnniiiiie  der  Wirt  essen   soll,  iiaciidem   der  (Jast  gegessen  hat. 

'2)  Welclies  durch  die  Zeremonie  der  (lastautnalnne  symboli- 
siert wird. 


Scherman  Materhilieu  zur  Geschichte  usw.  185 

Ich  durfte  nicht  unterhisseiu  die  Bedenken,  welche  H.s 
Arbeit  hier  und  da  in  mir  hervorruft,  in  aller  Oftenheit  aus- 
zusprechen. Aber  es  wäre  eine  sehr  viel  schAverere  Unter- 
lassung-, wollte  ich  hier  mit  dem  Ausdruck  der  beAAunderndeu 
Dankbarkeit  für  das,  wasH.  uns  in  diesem  Werk  g'egeben,  zurück- 
halten. Das  Können  des  Forschers,  der  auf  andern,  weiteren 
Oebieten  so  glänzende  Erfolge  zu  erringen  gewohnt  ist.  Avird 
hier,  auch  Aver  den  von  ihm  eingeschlagenen  Weg  nicht  immer 
für  den  richtig'en  hält,   überall  ganz  wiedertinden. 

Kiel.  H.  Oldenbery. 


Scherniaii  Luc.  Materialien  zur  Geschichte  dt-r  indischen 
Visionslitteratur.  Leipzig'  A.  Twietmever  189:^.  V  und 
161  S.  8".     lU  M. 

Der  Gedanke  dieses  Buches,  aus  der  gesamten  indischen 
Litteratur  Material  zusammenzustellen,  AA^elches  legendenhafte 
Kunde  aus  dem  Lande  des  Todes  bringt,  ist  gut  und  seine 
Ausführung-  durch  Seh.  sehr  flelssig.  Man  muss  des  Verf. 
a-usgedehnte  Belesenheit  rühmend  anerkennen,  leider  aber  auch 
hinzufügen,  dass  seine  grosse  Zitierfreudigkeit  auf  die  Dauer 
störend  und  zerstreuend  AA^rkt.  Es  kommt  nicht  so  sehr  auf 
vieles  Wissen  als  auf  organische  Verarbeitung  desselben  an. 
Namentlich  die  Angaben  aus  sekundären  Quellen  können  AA'ir 
z.  T.  recht  gut  entbehren,  ganz  besonders,  wenn  sie  mit  dem 
gerade  behandelten  Gedanken  in  sehr  losem,  Aielleicht  nur 
durch  ein  nebensächliches  SticliAA-orr  A^ermittelten.  Zusammen- 
hange stehen.  Das  ist  nutzloses  BrillantfeuerAverk.  Direkt 
irreleitend  aber  A\irkt  das  Bevorzugen  sekundäi-er  (^»ucllen, 
AA'enn  das  solche  a'ou  der  Art  des  v.  Schroederschen  Buches 
'Indiens  Litteratur  und  Kultur'  sind,  eines  Werkes  also,  das 
für  populäre  Interessen  ZAvar  em]:)fehlensAvert  ist,  das  aber, 
w^ohl  auch  nach  v.  Schroeders  eigenen  Intentionen,  zur  Ent- 
scheidung- historischer  Fragen  niclit  angerufen  Averden  darf. 
Was  soll  z.  B.  die  Diskussion  über  die  Zeit  des  Absterbens' 
des  Buddhismus  in  Vorderindien  auf  Grund  von  Angaben  aus 
dem  Buche  von  y.  Schroeder  und  aus  einer  Anzahl  anderer 
sekundärer  Quellen  (Anm.  S.  2o  ff.),  AA^enn  die  Inschriften  schon 
längst  derartige  hypothetische  Erörtei'ungen  ein  für  alle  Mal 
zwecklos  gemacht  und  in  dem  Sinne  entschieden  hal)en.  dass 
weder  schon  vom  8. — 10.  Jahrh.  der  Buddhismus  "vollstän- 
dig verdrängt'',  noch  dass  er  überhaupt  geAAaltsam  verdrängt 
Avorden,  sondern  dass  er  einfach  an  AltersscliAA'äche  sanft  ent- 
schlummert ist? 

S.  20  sagt  Seh.,  die  Leugnung  der  Seele  dürfe  im  Bud- 


186  Scliennan  Materialii'ii  zur  Geschichte  usw. 

dhismus  nicht  Avürtlich  verstanden  werden.  Das  ist  irrigv 
In  der  Praxis,  im  Glauben  der  Massen  konsequent  durchge- 
führt ist  sie  allerdings  nicht,  das  Gemüt  hat  da  dem  Denken 
einen  Streich  gespielt.  Aber  im  System,  und  das  ist  doch 
wohl  die  Hauptsache,  ist  diese  Leugnung-  der  Seele  und  der 
Individualität  durchaus  wörtlich  und  ernst  zu  nehmen.  Die 
Stellen  dafür  aus  den  Originaltexten  lassen  sich  in  grosser 
Anzahl  anführen.  Dass  aber  manche  Lehren  des  Buddha  that- 
sächlich  nur  auf  der  Basis  der  Annahme  einer  Seele  für  un- 
ser Deiüvcn  verständlich  sind,  ist  eine  andere  Sache.  Der 
Buddha  zeigt  sich  in  solchen  'und  anderen)  Fällen  einfach 
als  Aviderspruchsvoller  Plagiator  an  den  früheren  Philosophien 
imd  als  inkonsequenter  Denker.  —  S.  TT  wird  die  Arhatschaft 
die  Vorstufe  auf  dem  Wege  zur  Erlösung  genannt,  mit  Unrecht; 
sie  ist  vielmehr  die  wirkliche  Erlösung  selbst.  Der  Arhat  be- 
sitzt das  Nirväiia.  —  In  der  S.  56 — 60  übersetzten  Revatä-Epi- 
sode  aus  dem  Vimanavatthu  (Pclli)  ist  kaum  ein  einziger  Vers 
ohne  Fehler,  z.  T.  sogar  sehr  erhebliche  Fehler,  Aviedergegeben. 
Der  ganze  Absatz  von  S.  59  60  nämlich  ist  absolut  missver- 
standen. Die  Sinnlosigkeit  der  von  Seh.  dort  gegebenen  Über- 
setzung müsste  ja  auch  schon  den  Laien  darüber  aufklären. 
Der  Grund  ist  der,  dass  die  Übersetzung  in  der  That  nicht 
aus  dem  Pali,  sondern  nach  Minayeft's  Übertragung  herge- 
stellt ist;  einen  F<'hler  aber  liat  Verf.,  hier  gerade  von  M. 
abweichend,  selbstständig  hineingebracht.  —  Das  aus  den 
.latakas  sich  ergebende  Material  für  die  Schilderung  der  Hölle 
und  ihi'er  Foltert^ualen  seheint  Seh.  so  gut  wie  gar  nicht  ver- 
wertet zu  haben.  Ich  bin  bei  der  Unmöglichkeit,  in  jungen 
•Jahren  die  ganze  indische  Litteratur  durchgearbeitet  zu  haben, 
weit  davon  entfernt,  ihm  einen  Vorwurf  daraus  zu  machen, 
möchte  aber  zur  Ergänzung  des  Stoifes  einige  von  mir  no- 
tierte Stellen  hierhersetzen:  JAt.  No.  12  {i\.  sonst):  die  sich 
aufthuende  und  in  Flammen  den  Bösewicht  verschlingende 
Hölle;  S'2,  104,  369.  4o9:  Marterwerkzeug  uracakka,  khurn- 
cakla  usw.; '41,  314,  522.  530  (GAthä  32  rt.,  543  (VI,  S.  183): 
das  Kochen  der  Sünder  geschildert;  142,  14H,  22^,  510,  530 
(V,  S.  266  tt'.),  536  (V,  S.  453,  Gäthä),  538  (VI,  S.  8i,  541 
(VI,  S.  105  ff.),  Gftthäs  von  Jät.  VI,  S.  23T  und  246  ft".:  die  ver- 
schiedenen Höllen  usw.  Ein  sehr  fühlbarer  Mangel  des  Buches 
ist  ferner  das  Fehlen  eines  Registers.  Die  Rücksicht  auf  die 
Kostenersi)arnis  kann,  bei  der  mehr  als  glänzenden  Ausstat- 
tung, nicht  massgebend  gewesen  sein. 

Trotz  aller  Mängel  aber  hat  das  AVerk  als  Beitrag  zur 
Materialsammlung  für  die  betreffende  Frage  nicht  zu  unter- 
schätzenden Wert.     Es  wäre  unbillig,  das  zu  verkennen. 

Berlin.  "  R.  Otto  Franke. 


Avesta,  die  heiligen  Bücher  der  Parseii.  187 

Avesta,  die  heilig-en  Bücher  der  Parseii  im  Auftrag"  der  kai- 
serlichen Akademie  der  Wisseuschaften  in  "Wien  herausg-e- 
g-eben  von  Karl  F.  Geldner.  Stuttgart  W.  Kohlhannner 
1895.     4".     III.  Vendidad.     LVI  und' 141   S.     20  M. 

Mit  der  Fertigstellung'  des  dritten,  den  Vendidad  ent- 
lialtenden  Bandes  (7.  und  8.  Lieferung)  ist  das  verdienstliche 
Unternehmen  zu  einem  vorläufigen  Abschluss  gekommen,  in- 
sofern als  die  Xeuausgabe  des  'eigentlichen'  Avesta  —  d.  i. 
Yasna,  Visparad  und  Xorda-Awesta\)  —  damit  zu  Ende  g'e- 
führt  ist.  Hoffen  Avir,  dass  der  III  ••)  in  Aussicht  gestellte 
Appendix,  Aveleher  die  von  Geldner  übernommene  Aufgal)e 
A''ollendend,  die  übrig-en  awestischen  Textreste  bringen  wird 
—  darunter  auch  Inedita:  s.  S.  IV  des  Vorworts  zur  1.  Lie- 
ferung- und  KZ.  XXVII  Ö88  — .  bald  nachfolgt.  Va-  Avird 
Avohl  aucli  noch  zwei  Lieferungen   fidlen. 

Die  letzterschienene  Lieferung'  (8)  ist  dadurch  von  be- 
sonderer Wichtigkeit,  dass  sie  in  den  'Prolegomena'  eine  ein- 
g'ehende  Bescln'eibung'  der  bisher  benutzten  Handschriften 
und  eine  Darstellung  ihrer  A'erwandtschaftliehen  Bezieliung-en 
bringt.  Das  Avichtigste  neue  Ergebnis  scheint  mir  das,  dass 
die  Mehrzahl  der  Yasht-Handschriften  auf  eine  erhalten  g^e- 
bliebene  Stammhandschrift  zurückg-eht,  die  a'ou  Geldner 
init  Fl  bezeichnet  ist.  Der  Herausgeber  hat  den  Sachverhalt 
nicht  gleich  durchschaut,  sondern  anscheinend  erst  nach  der 
Drucklegung  der  Yashts  erkannt.  Man  hat  daher  überall  die 
Lesart  jenes  Kodex  nachzusehen:  s.  Prolegoraena  XLIV  b  X'o. 
Der  Schluss  des  Heftes  bringt  eine  Anzahl  a'ou  Xach- 
trägen  und  Verbesserungen  zum  I.  und  IL  Teil.  Was  die 
letzteren  anlangt,  so  kann  ich  in  dem,  aa^s  Geldner  hier  vor- 
bringt, nur  eine  A^orläufig-e  und  ZAvar  recht  kärgliche  Ab- 
schlagszahlung ersehen.  Dass  Y.  31.  lö,  44.  10  nuu^itis.  nicht 
ma'inis  zu  lesen  sei.  hat  Geldner  selbst  in  der  Böhtlingkschen 
Festschrift  ?>o  ff.  ausführlich  begründet;  hier  fehlt  der  ^'er- 
merk  hiefür.  Ebenso  für  az<)  Y.  43.  14,  asrüzdfnv  V.  '•V2.  .■> 
u.a.m.  Ich  verAA^eise  auf  IF.  Anz.  IlUl  f.,  II  220,  avo  ich  Jrnr 
Änderungen  zusammengestellt  habe,  die  Geldner  selbst  an 
dem  Text  des  I.  und  IL  Teils  vorgenommen  hat.  Vgl.  auch 
in  den  A'on  mir  bearbeiteten  Abschnitten  des  Grundrisses  der 
iranischen  Philologie  I  die  mit  y  bezeichneten  AAvestawiuter 
(s.  S.  6  Fussnote). 

Münster  i.   W.  Chr.  Ba  rtholom  a  e. 


1)   Im  ciigcni  Siini  fA'aslits  und  Uleini-re  Gebete),    s.  Proleg'o- 
niena  XLI. 


188      Haie  'Extended'  and  'Remote'  Deliberatives  in  Greek. 

Haie  W.  G.  'Extended'  and  'Remote'  Deliberatives  in  Greek 
fre-printed  from  tlie  Transactions  of  the  American  Philolo- 
gical  Association,  vol.  XXIV,  pp.  156 — 205;  Cnsliing  and 
Co.,  1894J. 

Tliis  treatisp,  by  tlie  well-known  autlior  of  tlie  ' cutn 
coustrnctions',  falls  into  two  parts:  the  tirst  discusses  the 
orig'in  and  meaning-  of  the  Subjunctivc  in  Clauses  introdnced 
by  oÜK  e'x^  öcTic,  oük  ec6'  öttuuc  etc. ;  the  second  discusses 
the  orig'in  and  meaning  of  the  Optative  in  clauses  of  the 
same  character  (dependent  on  a  tense  of  present  time).  Both 
questions  are  treated  with  great  thorougluiess  and  lucidity: 
and  the  author  deserves  the  gratitude  of  Engiish  and  Ame- 
rican scholars  for  having  put  the  matter,  which  has  l)een 
mucli  discussed  of  late  in  the  C  1  a  s  s  i  c  a  1  R  e  v  1  e  w,  in  the 
ti'uc  light. 

Jn  Part  I  Haie  directs  his  attaek  against  tlie  doctrine 
that  in  instances  like  Aesch.  P.  V.  469  oük  fe'xuj  coqpiciu'  ötuj 
iY\c  vuv  irapoücric  Trimovfic  dTraWaYO)  the  Subjunctivc  is  to  be 
regarded  as  final  in  origin  (like  the  Latin  Subjunctivc  with 
qui,  =  Greek  Future  Indicative  with  öcxic).  He  holds,  with 
most  other  gramunirians,  that  it  is  of  deUberative  origin,  and 
is  duc  to  the  cxtension  of  the  deliberative  construction  ta 
relative  clauses  dependent  on  ccrtain  verbs.  What  "gives 
the  death-stroke"  to  the  other  theory,  advocatcd  by  Earle,  is 
that  in  Homer  the  corresponding  Subjunctive  in  relative  clau- 
ses is  always  or  nearly  always  accompanied  by  äv  or  ke 
(excei)tions  are  f  459,  c  .•^>o4).  A  ({uestion  still  remains  as  to 
how  the  Optative  dependent  on  a  tense  of  pasf  timc  in  simi- 
lar  clauses  is  to  be  regarded.  Haie  apparently,  though  not 
very  explicitly,  regards  it  as  an  ndjusted  form  <jf  the  Deli- 
berative Subjunctive:  e.  g.  Soph.  Philoct.  281  oüx  öctic  dp- 
Ktceiev. 

Jn  Part  JI  Haie  deniolislics  tiie  tJicoi-y  of  a  "Remote 
DclÜM-rativr"  in  sentences  like  Aesch.  Ag.  ()20  ouk  ecO"  Öttuuc 
Xetüi^i  Tct  vjjeubii  KaXd,  directing  his  attaek  chicfly  against  the 
views  of  Sidgwick  (in  the  Appendices  to  his  editions  of  the 
(Jhoephoroi  and  Agamemnon),  and  others  avIio  have  followed 
him  sine»;  the  year  1881  in  regarding  such  instances  of  the 
Optative,  de])ending  on  a  tense  of  jnu'seiif  tinie,  as  delibera- 
tive in  origin.  A  verx  coniplete  rxamination  of  all  the  in- 
stances hitherto  adduced  leads  to  the  conclusion  that  these 
Optatives  are  of  jwfential  origin  (Potential  Optatives  without 
äv)  —  the  vicAv  which  had  lieen  generally  held  by  gramraa- 
rians  pi'ior  to  1881.  Haie,  however,  dissents  from  the  State- 
ment of  AVceklcin  in  tiic  Perliner  Pli ilologisclie  Wochen- 
schrift  for   1S91.  Xo.  22,  Sp.  677,    "die  Auslassung  des  äv 


Haie  'Exteiuled'  and  'Remote'  Dclil)eratives  in   (ireck.       189 

ündet  sich  bei  den  attischen  Diclitorn  imi"  in  Relativsätzen 
mit  oÜK  ecTiv  öctic,  oük  ecriv  öttujc  n.  a.  Vg'l.  meine  Note 
zu  Aesch.  Ag.  625  f."  Haie  believes  in  the  bare  Potential 
Optative  in  the  coiTesponding"  indepeifdent  sentenees:  Aescli. 
Choeph.  585  TIC  Xe'Yoi.  Soph.  Ant.  604  Tic  dvbpuJv  uirepßacia 
KaTdcxoi;  in  the  tbnner  instance  Sidowiek  translates  by  Svlio 
cotdd  teir,  in  the  latter  \'an  limit',  thus  virtnally  eonceding 
the  point  at  issue:  for  an  Optative  wliich  nieans  could  or 
can  is  potential,  not  deliberative' i.  This  potential  meaning- 
certainly  sints  the  instanees  of  the  dependent  eonstruction 
berter  than  the  meaning-  'is  to  — '.  Another  objeetion  to 
Sidgwick's  theory  is  well  expressed  in  the  words  "the  cause 
Invoked  In'  him  to  explain  the  phenomena  is  a  cause  not 
knoMn  to  exist.  The  only  cfirfified  Opfafive  of  remoteness 
is  an  Optative  of  the  past".  Whethey  it  is  correct  to  speak 
of  the  "Omission  of  dv"  is  a  question  of  detail  and  of  ter- 
minology;  probably  a  niore  exact  expression  would  be  "the 
Potential  Optative  Avithout  dv":  for  it  is  not  necessary  to 
hold  that  this  use  of  the  Optative  Avas  derived  from  that 
with  dv;  it  may  have  developed  independently  from  the  eon- 
struction found  in  Homer,  Pindai*  and  Theocritns,  tliongh  in 
Attic  it  is  eonfined  Avithin  very  narroAv  limits. 

Birming-ham.  E.  .-\.  Sonnenschein. 


Tliiiiiib  A.  Handbuch  der  neugriechischen  Volkssprache.  Cram- 
matik.  Texte.  Glossar.  Strassburg-  Karl  J.  Triibner  1895. 
XXV  u.  240  S.  8».     6  M.     In  LeinAvand  geb.  7  M. 

Es  Avar  nachgrade  beschämend,  dass  man,  Avenn  jemand 
nach  einem  guten  und  brauchbaren  Hilfsmittel  für  das  Stu- 
dium des  Neugriechischen  fragte,  ihm  Jedesmal  eines  der 
vorhandenen  Bücher  mit  tausend  P^inschränkungen  und  Voi*- 
behalten  nennen  oder  ihm  oflFen  sagen  inusste,  etAvas  Avii'klich 
Gutes  und  Zuverlässiges  für  diesen  ZAveck  gäbe  c^s  nicht.  Es 
sind  ZAvar  bei  uns  und  in  andeni  I>ändcrn  genug  neugrie- 
chische Elemcntargi-ainmatiken,  ("hrcstomathien  und  derglei- 
chen   geschrichcji    worden,     besonders  seit    der  Zeit,    avo    {\(j\- 


1)  To  these  inst;inrcs  Male  ndils  Aescli.  Ag'ani.  1  l(j.">  veo-fv6c 
ovÖpuuTTiuv  |uäeoi,  Snppl.  121  i'cujc  -f^P  "l  Küput  Tic  f]  Trpecßic  uöXoi,  Enr. 
Aiuh-.  i»29,  Hipj).  IIHH,  Arist.  Av.  180  (in  "parenthetical  pln-ases"  uJc- 
TT€p  €iTroi  TIC,  Oüccov  f]  \vfo\.  TIC,  etc.).  A  list  of  parallel  passages 
irifti  dv  is  given  oii  ]>.  192  f.  e.  g.  Ag'ani.  1019  Tic  «v  .  .  .  «YKa\^- 
cuiTo;  ]r)fi3  TIC  (iv  .  .  .  €Kßä\oi;  Arist.  Xub.  1181  oO  föp  €c6'  ottuuc  mC 
nue'pa  y^^oit'  tiv  i'iufepa  hvo,  Vesp.  212,  Kur.  Ale.  79.  Kl.  221,  !H).'],  So|)li. 
Ant.  911.  1156,  O.  C.  1167,  ete. 


190        Tliuinl»  HandhiK-li  der  luniLiTiecliisclu'u  X'olkssprac-lic. 

Freiheitskampf  Grieclieiilaiids  in  P]uroi)a  allgemeines  Inter- 
esse für  dieses  Volk  erweckte.  Aber  das  waren  so  gut  wie 
alles  Arbeiten,  die  von  wohhvollenden  Dilettanten  fal)riziert 
waren,  denen  Aveder  die  Unterschiede  der  antikisierenden 
Litteraturepoche,  der  Konversationsspraclie  und  der  Volks- 
dialekte, wie  sie  in  Griechenland  bestehen,  zum  Bewusstsein 
gekommen  waren,  und  die  von  dem  historischen  Zusammen- 
hange des  Neugriechischen  mit  dem  Altgriechischen  k(!ine 
Almung  hatten.  Auch  das  neuerdings  viel  genannte,  ül)er- 
niässig  theure  Buch  von  Mitsotakis  kann  von  diesem  Urteil 
nicht  ausgenommen  Averden.  Die  kleine,  bereits  in  zweiter 
Auflage  erschienene  Elementargramraatik  von  Wied  war  zur 
ersten  Einführung  in  die  Volkssin'ache  recht  brauchbar,  ge- 
nügte aber  tiefer  gehenden  Anforderungen  auch  nicht.  Das 
eben  erschienene  Buch  von  Thumb  hilft  nun  diesem  Bedürf- 
nisse in  vortrefflicher  "Weise  ab.  Es  ist  zwar  gewiss  noch 
keine  in  jeder  Beziehung  vollkommene  Arbeit,  aber  es  Ix- 
ruht  auf  tüchtiger,  praktischer  und  wissenschaftlicher  Kennt- 
nis des  Neugriechischen  und  seiner  Mundarten  und  ist  mit 
gutem  didaktischem  Sinne  abgefasst,  der  wenig  Voraussetzun- 
gen macht,  die  Hauptsachen  klar  und  scharf  gruppiert  nnd 
dabei  immer  noch  in  den  Anmerkungen  eine  Fülle  \'on  zu- 
nächst weniger  wichtigen  Erscheinungen  zu  ihrem  Kechte 
kommen  lässt.  Keinem,  der  zu  ernsthaften.'m  Zwecke  Neu- 
griechisch treiben  will,  kann  jetzt  ein  besseres  Hilfsmittel 
genannt  werden;  Handlungsreisende  freilich,  die  blos  rasch 
ein  notdürftiges  Verständnis  des  Allernotwendigsten  gewinnen 
Avollen,   werden  gut  thun,  immer  noch  zu  Wied  zu  greifen. 

Das  Buch  zerfällt  in  drei  Teile,  die  Grammatik,  eine 
Auswahl  von  Texten  und  ein  Glossar.  Die  Grammatik  legt 
die  Umgangssprache  der  gebildeten  griechischen  BcA'ölkerung 
zu  Grunde,  die  ja  in  allen  Teilen  des  Königreiches  und  der 
zur  Türkei  gehörigen  Landschaften  im  wesentlichen  eine  ein- 
heitliche ist.  Daneben  Averden  in  ziemlich  ausgedidmter  "Weise 
dialektische  Erscheinungen  berücksichtigt,  die  wir  aus  einem 
grossen  Gebiete  der  griechischen  Zunge  mehr  oder  weniger 
zuverlässig  übersehen  können.  Der  Verf.  geht  nicht  direkt 
vom  Altgriechischen  aus,  um  die  neuere  Sprachgestaltung 
davon  abzuleiten,  seine  Grammatik  avüI  ja  auch  keine  histo- 
rische sein.  Aber  er  hat  doch  vielfacli  in  den  Anmerkungen 
auf  den  historischen  Zusammenhang  iiiugewiescn,  Avodurch 
die  Darstellung  sehr  belebt  und  jeder  B<'nntzer  des  Buches 
zu  Aveiterem  selbständigem  Nachdenken  augeregt  Avird.  Ich 
linde  indessen  darin  eine  gcAvisse  Ungleichmässigkeit;  die 
AvissenschaftlicluMi  Andeutungen  hätten  immerhin  noch  ctAvas 
reichlicher  sein  kr.nnen.  und  man  ist  manehnKd  erstaunt,  gram- 


Thuinb  Haiulltiich  der  iiciiii'riec-liisflu'u  Volksspraclie.         191 

matische  Thatsachen  g'anz  nach  der  Weise  der  alten  Gram- 
matik ohne  Erklärung'  mitg'eteilt  zu  sehen.  So  auf  S.  7  die 
Prothese  und  die  Vokalvertauscliung-en,  die  ja  doch  aus  den 
A'erschiedensten  Ursachen  hervorgehen:  z.  B.  von  den  Pro- 
thesen otCTiiÖi,  dxeiXi  aus  TdcTi]0ia  xüxeiXia  mit  abg-etrenntem 
Artikel  T-:  ecü  nach  i^ib,  eioöioc  nach  eKeivoc;  von  den  Vo- 
kal vertauschungen  avrepa  für  eviepa  aus  tavtepa,  dxvdpi  von 
i'xvoc  aus  xdxvdpifx:  ö|Uopqpoc  oxTpöc  dpqpavöc  dXacppöc  durch 
Assiniihition  des  anlautenden  Vokals  an  den  der  näclisten 
Silbe:  ebiKÖc  für  (i)biKÖc  nach  andern  Fürwörtern  mit  e-; 
d.TTO.uovii  f'ii"  uTTO,uoviT  mit  Vertauschung-  der  Präpositionen. 
Also  das  sind  alles  keine  rein  lautlichen  Vorgänge.  Auch 
das  o  von  v|;ö|ua  Yiöf-ia  =  ijje,ua  v|;eü,ua,  y^M«  ye^iua  (S.  51) 
wird  zunächst  in  der  tonlosen  Silbe  von  i|je,uaTi^uj  -feMaTiZiuj 
entstanden  sein.  Die  Diphthong'e  in  yaibupoc  KtXdibuj  x^i^euw 
sind  doch  nocli  nicht  so  klar,  dass  man  von  einer  'sponta- 
nen' Entstehung  reden  dürfte;  in  diesem  §9  hätten  übrigens 
die  merkwürdigen  Diphthonge  im  Dialekt  von  Syra,  wo  i 
-aus  c  oder  p  entstanden  zu  sein  scheint,  eine  Erwälmung' 
verdient  (auch  ihre  Erklärung"  wird  keine  einheitliche  sein 
können).  Ebenso  vermisse  ich  S.  lö  die  HinAveisung  auf  den 
Ursprung-  des  t  ^'on  foljjia,  ^epiMOC,  von  cuYvecpo  aus  cuvveqpo, 
S.  37  über  die  von  W.  Schulze  klargelegte  Herkunft  der  Fe- 
minina auf  -oO  (äXenov),  S.  67  des  Fragewortes  ivia  (neben 
xivra.  =  ri  eive  td.  mit  Ablösung  des  scheinbaren  Artikels). 
Hie  und  da  möchte  man  von  den  Erklärungen  des  Verf.  al)- 
weichen:  so  ist  |uttict6c  S.  19  A.  o  gewiss  nicht  aus  ttictöc 
<^ntstanden,  sondern  ist  das  alte  e,UTTicTOC,  an  ttictöc  im  Ak- 
zente angelehnt:  und  |UTTe|ii7TUJ  ist  das  aus  der  Septuaginta 
bereits  belegte  6,UTTe|aTTUJ.  Dass  die  Flexion  von  ßaOuc,  Gen. 
ßaGeioö  ßaGeniv,  Nom.  Plur.  ßaeeioi  auf  Vermischung  mit  den 
Adjektiven  auf  -oc,  -lOC  entstanden  sei,  scheint  mir  viel  we- 
niger wahrscheinlich,  als  dass  das  Femininum  ßa9eid  aus 
ßaGeia  den  Ausgangspunkt  bildete,  wi(;  ja  im  Lateinischen 
die  alten  Adjektive  auf  -ii  (t(inn-)  nach  dem  P'emininum  (ta- 
nijf^  zu  /-Stämmen   {temiis)  geworden  sind. 

Dass  die  Angal)en  übei"  die  dialektische  A'erl)reitung 
einzelner  Erscheinungen  nicht  auf  Vollständigkeit  Anspruch 
machen,  ist  in  der  Vorrede  vom  Verf.  selbst  l>emerkt  worden. 
Es  hätte  dann  freilich  eine  so  bestimmte  Behauptung  wie  S.  (Wi: 
ÖYioc  qualis  ist  nur  auf  dem  Festlande  üblich"  vermieden 
Averden  müssen,  denn  öyioc  ist  auch  z.  B.  in  Syra  gebräuch- 
lich iPio  Contes  S.  215)  und  von  mir  neulich  in  dem  raittel- 
iUterlichen  Griechisch  von  Kleinasien  nachgewiesen  worden. 
Die  Feststellung  der  Fremdwörter,  die  ja  für  die  Beurteilung 
mancher    Lauterscheinungen    sehr    Avichtig    ist,    scheint    nicht 


192         Tlmiiib  ll;nidlmc'li  (ici-  iH'Uii'i-itH-liiscIicii  Volk.sspr;icbe. 

ininiiT  mit  der  nötig<'ir  Siclierlioit  vorgenommen  "worden  zu 
sein.  So  ist  das  ti  von  coucä|Hi  keine  griechische  Entwicklung 
(S.  ö),  sondern  stammt  aus  türkiscli  snsam;  S.  20  werden 
TCüKiZiuu  TCiiuTTÜü  für  ' etymologisch  dunkel'  erklärt,  während 
sie  türkischen  Ursprungs  sind:  calnuil'  'anschlagen',  cimhiz 
'Zang-e'  (Miklosich  Türkisehe  Elemente  I  30.  41. i;  ß\d|ar|c 
(S.  ol)  ist  nicht  türkisch,  sondern  albanesisch,  heisst  auch 
nicht  ' Adoptivbruder',  sondern  'Wahlbruder'  ^als  dbeXqpoTTOiri- 
TÖc  bei  Aravandinos  und  Chasiotis  ei'klärt,  vgl.  auch  Pio 
Contes  ;)4;  es  ist  von  mir  Xgr.  Stud.  11  ß")  leider  vergessen 
Avorden). 

Die  mitgeteilten  Texte  sind  mit  geschickter  Auswahl 
der  Volks-  und  der  Kunstlitteratur  entnommen.  Nicht  ganz 
klar  ist  mir  geworden,  Avarum  die  drei  epirotischen,  und  das 
naxische  und  das  syrische  ^lärchen  nicht  bei  den  am  Schlüsse 
hinzugefügten  Dialektprol)en  ihren  Platz  gefunden  haben,  da 
sie,  wenn  auch  nicht  genau  aufgezeichnet,  doch  reichlich  Dia- 
lektisches bieten.  Bei  der  Kunstlitteratur  sind  grade  auch 
die  jüngsten  Schriftsteller  ain  ausgiebigsten  berücksichtigt  wor- 
den, mit  Recht;  denn  hier  i-egen  sich  eine  gesunde  Reaktion 
gegen  die  attikisierende  Schriftsju-ache  der  gelehrten  Kreise 
und  eine  Anzahl  gesunder  Ansätze  zui"  Schöpfung  einer  wirk- 
lichen Litteratursprache.  Ungern  vermisst  man  übrigens  we- 
nigstens einige  Strophen  des  Hymnus  von  Solomos  auf  die 
Freiheit,  des  berühmten   Xationalliedes  der  Griechen. 

Das  Glossar  bezieht  sieh  auf  die  Grammatik  und  die 
Texte.  Es  wäre  durch  wenn  auch  noch  so  lakonische  Hinzu- 
fügung der  Etymologien  mehr  Iielebt  Avorden.  Druckfehler 
sind  nicht  ganz  vermiedfui :  ausser  den  am  Schlüsse  verbes- 
serten sind  mir  z.  B.  aufgestossen  S.  29  KXecpTr|c  Nom.  Plur. 
für  kX€9T€c,  S.  ;>S  Kcpa  für  KCpd,  S.  ö»)  XauTTipÖTaTOC,  S.  52 
KütXoc. 

leli  kann,  um  zu  schliessen,  nur  wiederliolen.  dass  der 
Verf.  sich  mit  der  Abfassung  dieses  Handbuches  den  lebhaf- 
ten Dank  der  Sprachwissenschaft  ebenso  sehr  verdient  hat, 
wie  er  allen,  <lie  Neugriechisch  lernen  wollen,  ein  vortreff- 
liches und  nützliches  Hilfsmittel  in  die  Hand  gegeben  hat. 
Fn'ilieli  wird,  Avie  schon  seinerzeit  beim  Erscheinen  des  Meyer- 
Lübkesclien  KomnuMitars  zum  Simon  Poitius,  auch  bei  dem 
'J'humbschen  Buche  dei"  Wunsch  nach  einer  historischen  Gram- 
matik des  Mittel-  und  Neugriechischen  Avieder  recht  lebendig. 
Sie  kann  heute  schon  geschrieben  werd(^n:  wer  wird  sie  uns 
schreiben  ? 

Graz.  (iustav   .Mevei'. 


Auiatiicei  Aurt'lio-GiiTsep]ti',  il  voeabolo  'caniieir.  193 

Ainatucci  Aurelio-Giuseppc,  il  vocabolo  ' Carmen'  iiel  latino 
arcaieo.  Nota  letta  alla  R.  Accadomia  di  Arcbeologia,  Let- 
tere  e  Belle  Art!  iiella  toniata  del  6.  ging'no  189ö.  •  Napoli 
1895.     in  S.    8". 

'La  rad.  las-  eui  iiui  assegniamo  CAR-MEX'  iioii  e 
"inclla  col  valore  d'inrocare,  cnnfare  supposta  dal  Vanicek  e 
dagli  altri;  ma  invect^  <]iiella  ehe  in  sanscrito  si  presenta 
sotto  il  tipo  käs-  e  l'dc-.  Ins-  e  lue  iper  lo  scambio  solito 
tra  .^  e  r)  col  valoie  di  FER:\rARE.  UXIRE,  ABBRACCIARE, 
COX^SACRARE  .  .  .  Questa  rad.  Ins-,  secondo  noi,  niante- 
neiido^i  intatta  davanti  a  suffissi  comineianti  per  vocale  o 
per  t  diede  cäs-a,  (Vls-imim,  cas-fntm  ...  e  venendo  a  con- 
tatto  con  snffiosi  che  coniinciano  par  in,  in  aleuni  dialetti 
italici  si  conservö  iiialterata  e  g'enerö  Casmena,  cas-mü-lus, 
in  altri  si  mutö  in  r,  onde  car-men,  Car-meuta,  in  altri,  tra 
i  quali  il  latino,  perdette  la  s  e  si  ebbe  Cä-mena,  cä-miUus, 
Cä-melae  .  .  ."  "Per  noi  'CAR-MEN'  vale  'composizione'  : 
ogni  discorso  che  si  elevasse  un  po  dal  linguag'gio  quoti- 
diano,  che  avesse  nna  certa  solennitä,  che  fosse  composto 
con  un  certo  studio  nel  antico  latiuo  era  un  'CAR3IEN\"  "Non 
e  maravigliarsi  se  «juesta  voce  finisse  per  sig^nificar  'POESTA'. 
'COMPONIMENTO  ISPIRATO'  .  .  ."  Jch  brauche  nichts  hin- 
zuzufügen. 

Breslau.  F.  Skutsch. 


Stokes  Wh.  Urkeltisclier  Sprachschatz.  Übersetzt,  überar- 
l>eit.et  und  herausgcg'eben  von  A.  Bezzenberg'er  (=  Ver- 
gleichendes Wörterbuch  der  idg'.  Sprachen  von  A.  Pick. 
4.  Auflage.  Bd.  11).  Göttina'en  Vandenhoeck  und  Ruprecht 
1894.     VIII  u.  :WT  S.  8».     8.60  M. 

Der  englische  Keltologc,  dessen  unermüdlicher  Iferaus- 
geberthatig-keit  wir  in  erster  Linie  verdanken,  auch  auf  dem 
Festlande  Keltisch  studieren  zu  können,  hat  es  seit  jeher  ge- 
liebt, gewissermaassen  zur  Erliolung  von  den  Editionen  seine 
Kombinatiunsgalie  spielen  zu  lass<'n  und  in  seine  Glossarien 
und  Anmerkungen  zahlreiche  Etyinologieen  einzustreuen;  zum 
Teil  evidente*  Gleichungen,  zum  Teil  vagei'e  Wurzeletymolo- 
gieen,  (jft  auch  ziemlich  gcAvaltsame  Zusammenstellungen; 
meist  Kinder  des  Augenblicks,  die  von  ihrem  Urheber  ebenso 
leicht  aufgegeben  und  durch  andere  ersetzt  werden,  als  sie 
aufgestellt  woi'den  sind,  leisten  solcher  Etymologieen  hat  er 
auch  in  deutschen  Zeitschriften  veröffentlicht:  seine  Art  ist 
also  unsern  Lesern  bekannt.  Das  vorliegende  Werk  unter- 
nimmt es  nun,  einen   gntssen  Ausschnitt  des  erhaltenen  kelti- 


104  Stokes  Ui-keltischer  Siiraclisehatz. 

schell  AVortscIiatzcs  etymologisch  zu  erklären,  ein  AVagiiis, 
vor  dem  avoIiI  die  meisten  andern  ziirückgesciireckt  wären, 
weil  zu  den  gewöhnlichen  Schwierigkeiten  der  Deutung  spät 
überlieferter,  stark  veränderter  Sprachfornien  noch  hinzutritt, 
dass  so  manche  Wörter  der  mittelalterlichen  I^itteratur  erst 
mangelhaft  und  ungenau  nach  ihrer  Bedeutung  Ijestimmt  sind. 
Der  Boden  wird  dadurch  noch  schlüpfriger,  zumal  Stokes  kein 
Bedenken  trägt,  auch  nur  einmal  belegte  oder  nur  in  Glossa- 
rien überlieferte  Wörter  etymologisch  zu  verwerten.  Bezzen- 
berger  hat  laut  dem  Titel  die  von  Stokes  gelieferten  Mate- 
rialien übersetzt  und  bearbeitet,  ferner  manches  Eigene  hin- 
zugefügt, das  aber  als  solches  gekennzeichnet  ist.  Endlich 
giebt  Stokes  am  Schluss  des  Bandes  und  neuerdings  in 
Bezzenbergers  Beiträgen  XXI  122  ff.  umfangreiche  Nachträge 
und  Berichtigungen. 

In  der  Fülle  des  Stoffes  winl  wohl  jeder  ^'iel  Neues  und  inau- 
elies  Gute  entdecken.  Am  wertvollsten,  weil  am  sichersten  scheinen 
mir  die  Parallelen  zwischen  irischem  und  brittisch-keitischem  Sprach- 
o'iU.  Eine  solche  Zusammenstellung-  war  schon  lang-e  ein  Bedürf- 
nis. Freilich  wird  sie  erst  nach  Erscheinen  der  Indizes  bequem  zu 
benutzen  sein,  da  einstweilen  oft  schwer  zu  erraten,  unter  welchem 
Stichwort  die  Gleichungen  zu  suchen  sind;  erst  dann  wird  man 
auch  über  die  Vollständigkeit  urteilen  können.  Zum  Unsichersten 
gehören  natürlich  die  'urkeltischen  Grundformen',  welche  der  Plan 
des  Fick'schen  Werkes  jedem  Artikel  voranzustellen  zwang.  Icli 
gestehe,  dass  ich  wohl  die  Hälfte  anders  ansetzen  würde.  Das  hängt 
eben  von  den  Lautveränderungen  ah,  die  man  dem  Keltischen  zu- 
traut. Stokes  hat  sich  bei  ihrer  Aufstellung  oft  mehr  von  den  ver- 
wandten Sprachen  als  vom  Keltischen  selbst  leiten  lassen,  sowohl  was 
Form  als  was  Bedeutung-  betrifft.  Vgl.  etwa  S.  88  koila  '  Vorhedeutinig-', 
was  doch  weder  zu  ir.  cel  noch  zu  kymr.  cool  stimmt.  Oder  8.  8  aff- 
'  darüber',  mit  IJeclit  von  af/'-  're-'  getrennt;  aher  die  Bedeutung- 
'darüber'  ist  den  irischen  Beispielen  nicht  zu  entnehmen  und  laut- 
lich wäre  eher  rd-  ad-  anzusetzen.  S.  105  wird  zu  (jabO  als  erste 
Bedeutung  'do\  er.st  als  zweite  'capio'  verzeichnet,  offenhai-  nur 
Avegen  des  verglichenen  'geben';  aber  Avenn  das  Verhum  hei  seiner 
sehr  mainiigfaltigen  Verwendung-  im  Mittelirischen  etwa  einmal 
durch  'geben'  ülicrsetzt  werden  kann,  so  heisst  es  eben  doch  ge- 
wöhidicii  luid  im  engeren  (lehrauch  durchaus  '  nehmen,  ergreifen'; 
der  Etymologe  hat  also  von  diesem  auszugehen,  l'berhaujjt  halte 
ich  die  stetige  Mischung-  des  Mittelirischen  und  Altirischen,  auch  da 
wo  sie  leicht  zu  trennen  wären,  nicht  für  förderlich,  wenn  sie  auch 
gegenwärtig-  in  der  Keltologie  allg-emein  beliebt  wird.  Hier  und  da 
werden  geradezu  die  jüngeren  Formen  den  Etymologieen  zu  Grunde 
geleg-t,  Z.  B.  eingeschobenes  hiqitit  im/itiu/d  heisst  altirisch  ol;  für 
den  Plural  findet  sich  später,  im  Anschluss  an  Formen  der  Kopula 
Avie  conti <it.  aiu-h  oldnt:  neben  /  tritt  mittelirisch  /•:  or  ordat  oder 
mit  dem  hekannten  prothetisciien'  /':  /">•  fordat.  Auf  letzter<'r 
Form  haut  Stokes  seine  Etymologie  auf:  S.  274  rcrdö  'ich  sage', 
vg-1.  rerbinit  icort  etc.  Dagegen  fehlen  die  modernen  Formen  oft 
da.  Avo  sie  tlazu  dienen  könnten  alte  Eautunterscliiede  zu  erweisen; 
z.  B.  neuir.  hinj  'weich'  n«'hen  altir.  bocc.  dagegt'n  neuir.  cz/oc '  Hü- 
gel'   neben  altir.  rnocii-).     .Stokes    setzt    Griindtbrmen    mit    gleicher 


Stokes  UrkeltiscluT  Spracliscliatz.  195 

P^ndung-:  hiikkos  und  knokko-  an  (S.  ISO  ii.  96).  Doch  selbst  wer 
Zimmers  Erklärung-  dieser  Erscheinung-eu  nicht  annelimen  will, 
sollte  sie  nicht  unverzeichnet  lassen,  da  ihnen  eine  etyniolog-ische 
Bedeutung-  doch  kaum  abzusprechen  ist.  Andre  Male  wieder  dürl- 
teu  die  verwandten  Sprachen  zu  wenig-  beachtet  sein.  Wenn 
man  z.  B.  als  Grundformen  des  Wortes  für  'Winter'  yaiamo-  (jaitno- 
<jim<>-  ansetzt  (S.  104),  so  kann  man  sie  nicht  mehr  den  übri- 
g-en  indooermanischen  Ausdrücken  gleichsetzen,  Avie  Stokes  tliut; 
denn  ein  solcher  Ablaut  ist  diesen  völlig-  fremd.  Lässt  man  sich 
dag-eg-en  von  diesen  leiten  und  setzt  urkelt.  (ihinxo-  (aus  'uiliihn-o-) 
an  —  vgl.  g-all.  Ginmillus  — ,  so  besteht  volle  Harmonie;  die  britti- 
schen  Wörter  und  ir.  (jeni-  in  Kompositis  gehen  ungezwungen  auf 
diesen  Stanuu  zurück  (s.  Rhys,  Lectures  on  Welsh  Philology  -  420 
und  vg-1.  ir.  eru-bas  'Tod  durch  Eisen'  neben  ian/)-,  nur  für  das 
irische  Simplex  gam  muss  man,  wie  ja  auch  Stokes  thut,  Umbildung- 
nach  s-tan  'Sonuuer'  annehmen. 

Ich  hebe  mit  Absicht  gerade  das  Unsichere  und  weniger  Ge- 
lungene an  dem  Werke  hervor,  da  ich  für  meine  Aufgabe  lialte, 
auch  dem  Keltischen  ferner  Stehenden  ein  Urteil  zu  ermöglichen, 
wie  weit  die  darin  enthaltenen  Daten  für  weitere  Kombinationen 
verwendbar  sind.  Zu  dem  leicht  irre  Führenden  möchte  ich  auch 
die  Gestalt  zählen,  in  der  die  Verba  angesetzt  sind.  Manche  der 
schwach  flektierenden,  also  in  der  Regel  denominativen  erhalten  in 
den  Grundformen  die  Endungen  -aO  -io.  z.B.  nertaö  'ich  stärke* 
S.  193,  leinqiu^)  'ich  lasse'  S.  242.  Aber  oft,  ja  häufiger  Averden 
einfach  Praesentia  auf  -o  hingestellt,  z.  B.  famnö  'ich  beschneide, 
behaue,  vertümnde'  S.  122,  das  dazu  verleitet,  direkt  an  griech. 
xeiLivu)  zu  denken,  während  es  gewiss  Ableitung"  von  fanion,  'Baum- 
.stamrn'  un<i  vermuthlich  eine  Nachbildvxng-  des  lat.  truncare  ist. 
Ahnlich  fmddd  ich  schütze'  S.  315  und  viele  andere.  Auch  z.  B. 
die  Grundform  (fenö  'nascor'  S.  110  steht  in  der  Luft,  da  das  Alt- 
irische ein  ^"-Präsens  -qainethar  =  ind.  jAyatt  hat  und  hierzu  das 
kymr.  neni  'nasci'  stinnut,  das  Stokes  getrennt  unter  f/eno-  genio- 
aufführt.  Beiläufig,  warum  fehlt  das  Kornische  unter  den  Beleg'en 
<lieser  Wurzel  ganz?  und  wie  kann  neuir.  gäl.  nighean  'Tochter' 
eine  alte  Betonung-  enigenä  erweisen  (S.  30  u.  111),  da  das  /  doch 
schon  im  altirischeu  Ingen  geschwunden  war,  das  moderne  also  auf 
späterer  Entwickelung  beruht'? 

Ins  Detail  eingehen  hiesse  ein  zweites  Buch  schreiben.  Eine 
Besprechixng  der  paar  ersten  Seiten  möge  zeigen,  wie  viel  zu  den 
einzelnen  Artikeln  etwa  zu  benun-ken  wäre. 

S.  3.  d  Vokativpartikel.  "Da  ä  proklitisch,  die  folgende 
Silbe  aber  betont  war,  wurden  folgende  Konsonanten  ursprünglich 
verdoppelt  oder  blieben  unasjjiriert "'.  Aber  in  (mittelir.)  a  mmo  Chom- 
iliu  etc.  ist  das  Possessivpronomen  doch  sicherlich  nie  betont  g'ewesen; 
gerade  nur  der  Anlaut  der  nicht  betonten  Wörtchen  bleibt  un- 
aspiriert. Dass  in  den  Aveiteren  Beispielen  a  fit;  <i  firlann  das  /" 
unaspiriert  sei,  lässt  sich  aus  nichts  ersehen,  da  die  Würzburger 
(blossen  ))unktiertes  f  ja  nicht  kennen.  Das  proklitische  cach  (neuir. 
gavh)  in  a  cach  duini  wird  bekanntlich  überhaupt  nie  aspiriert.  Her 
altirische  Gebrauch  weicht  also  vom  späteren  nicht  ab. 

1)  Freilich  eine  unwahrscheinliche  Grundform.  Falls  das  iri- 
sche Kompositum  mit  der  Präp.  tu-  'werfen'  die  ursprüngliche 
Bedeutung  bcAvahrt,  gehört  das  Verbum  wohl  zu  lancea  und  ist 
also  als  *lankiö  oder  ähnlich  anzusetzen  (vgl.  franz.  lawer  und 
seine  Verwandten). 


]9(i  Stokes  UrkcItiM-luT  Sih-;ic1im-1i;Uz. 

Ebend.  uivestus  'Alter'.  Wie  lässt  sich  auf  diese  Grundform 
<las  einsilbige  kymr.  oes  ir.  aes  zurückführen?  Es  niuss  doch  wohl 
eine  andere  Wurzel  zu  Grunde  liegen;  etwa  (//7  o«Y  in  biaiTöcOai,  lat. 
oitör  ütor?  Dasselbe  gnlt  von  akymr.  oet  etc.,  wenn  es  wirklich  nielit 
aus  lat.  aetaii  entlehnt  ist. 

Ebend.  aicos.  Der  Vokalisnius  von  ir.  (/e  scheint  mir  der  Ver- 
g-leichung:  mit  oioc  nicht  g'ünstig. 

S.  4.  i'i{p)o  (t{p)6.  Dass  in  ara-chelim  cita-biti  iarma-faiyim 
<altirisch  besser  iarma-  oder  ianui-fucfiim  anzusetzen,  was  ich  wc- 
g"en  der  Gruiulform  raku  S.  2G0  bemerke)  eine  zweite  Präposition, 
-a-,  enthalten  sei,  ist  schon  wegen  des  Akzents  unwahrsclieinlich, 
der  ja  nach  den  allgemeinen  Kegeln  auf  diesem  zweiten  Element  ruhen 
müsste.  Dazu  kommt,  dass  es  sich  fast  nur  um  ursprünglich  zwei- 
silbige Präpositionen  handelt  (are-,  ceddo-  aus  k(ifa-  gr.  Kaxä).  wo 
ssich  der  Vokal  ohnt!  Weiteres  als  der  alte  Auslaut  erklärt;  nach 
ara-  neben  ar-  hat  sich  bisweilen  auch  die  Präposition  ess-,  vor- 
tonig- ass-  eine  Nebenform  asso-  {assri-t/ninim  etc.)  geschaffen.  Das 
brittische  Verbalpräfix  a.  das  das  Kelativum  vertritt,  kann  schon 
.seiner  Bedeutung  wegen  nicht  wohl  zur  Präp.  aj>o  gehören;  und 
dass  in  kymr.  a^Mef  'zugestehn'  addi/sgu  lehren'  vielmehr  die 
Präp.  ad  steckt,  zeigt  ir.  ata'nnet  (=  ad-daimet)  'sie  gestehen';  die 
kymrischen  Verba  haben  sich  also  nur  in  ihrem  Anlaut  nacii  an- 
dern Komposita  wie  go-ddef  gerichtet.  Es  bleibt  also  einzig  die  Prä- 
position kymr.  o  körn.  bret.  a  'von'.  Dass  o  auf  po-  zurückgeht, 
ist  mög;licii.  aber  dass  a  einem  dpn  entspricht,  schon  lautlich  un- 
wahi-scheinlich. 

Ebend.  aiu^d.  Die  bisherige  Erklärung,  die  got.  augO  usw. 
aus  oyu-ön-  {ok'-)  durch  Einfluss  von  ausoa-  entstehen  lässt,  liegt 
doch  viel  näher;  überdies  ist  nach  Ascoli  Gloss.  Palaeohib.  CXXXIII 
itag  nur  mittelirische  Schreibung-  für  altir.  uad  '  specus". 

S.  ö  f.  Die  unter  ''ak  *ok  \ersammelten  Wörter  haben  fast 
alle  etwas  .Misstrauen  erweckendes.  In  ak(iit{non)  akiiUenä)  akrUlos 
befremden  die  Sutilixe,  in  ir.  aitteiui  die  unirische  Assimilation  von 
kt  zu  tt,  im  Adj.  akros  akeros  dkros  die  dreifache  Gestalt,  die 
sich  doch  kaum  in  einer  und  derselben  Sprache  finden  kann:  in  ir. 
ovhar  kymr.  oclir  ist  das  Verhältnis  des  kymrischen  rli  zum  irischen 
unklar.  Bei  kymr.  ocef  etc.  wäre  zu  bemerken,  dass  die  Grundform 
auch  okefd  lauten  kann. 

S.  6.  (f))ak.saJos.  Was  für  ein  Suttix  der  verwandten  Spra- 
chen meint  Stokes  mit  dem  hier  und  sehr  oft  auftretenden  -ajo-  ? 
Brugmann  im  Grundriss  kennt  (^s  nicht.  Tbrig-ens  ist  Entlehnung- 
des  ir.  ö.s.sy^  aus  ags.  hosii  oder  nord.  hoset  doch  selir  in  Betracht 
zu  ziehn. 

Ebend.  *ag  'sagen'.  Ist  die  Bedeutung  von  ai  ae  'Sage' 
irgendwie  sicher?  Der  Schwunti  von  inlautendem  //  ist  übrig;ens 
nicht  glaublich. 

S.  7.  agos-  Bock'.  Worauf  beruht  diese  Bedeutung,  da  das 
ir.  og  durch  bö  '  Kuh'  glossiert  wird  und  da  kymr.  eirig  etc.,  dessen 
Beiziehung  freilich  lautlich  sehr  kühn  ist,  'Hirschkuh'  bedeutet? 
Sollte  nur  ind.  ajds  sie  veranlasst  haben?  Denn  eidon.  Plur.  zu 
(iid,  bedeutet  überhaupt  "Mist,  Dünger'  ohne  Beschränkung  auf 
'  Bockmist'. 

Doeli  p-nug:  der  Ausstellungen  ;ni  dem  jecleiilalls  uu- 
rcgeiideu  Bliebe.  Wir  wünschen  iiini  viele,  aber  m(»giiclist 
ung'läu])ige,   streng   prüfende   Benutzer. 

Fn-iliiirg  i.   W.  K.   T  li  ii  ru  c  v  seii. 


Storni  Eiigliselie  I'Iiilolog'ie.  197 

Storni  J.  En^ii'liselu'  Piiilologie.  Anleitung'  zum  wissensciiaft- 
lichen  Studium  der  Eng^lisclien  Spraelie.  A'om  Verfasser 
für  das  deutselie  Publikum  bearl)eitet.  Zweite  voIlständi<2^ 
umgearbeitete  und  sehr  vermehrte  Aullage.  I.  Die  lebende 
Sprache.  1.  Abteilung:  Phonetik  und  Aussprache.  XV.  u. 
484  S.  8".     Leipzig  0.  R.  Reisland  1892.     9  M. 

Die  erste  Auflage  dieses  Buches  (1881,  deutsche  Aus- 
gabe) Avar  eine  hervorragende  Leistung.  Dass  auch  eine  le- 
bende Sprache  Avissenschaftlich  behandelt  werden  könne,  hat 
Storni  dort  zum  ersten  Mal  gezeigt.  1887  war  der  ganze 
Vorrat  vergriffen,  aber  erst  jetzt  ist  es  dem  Vf.  "unter  vielen 
Schwierigkeiten"  gelungen,  eine  zweite  Auflage  fertig  zu 
stellen.  Das  erste  Kapitel  war  (und  ist  auch  in  der  neuen 
Bearbeitung)  der  "allgemeinen  Phonetik",  das  zweite  der 
"englischen  Aussprache"  gewidmet.  Wer  die  Arbeit  auf  diesen 
Gebieten  im  letzten  Jahrzehnt  auch  nur  oberflächlich  beachtet 
hat,  der  begreift,  dass  es  "eine  schwierige  Sache"  war,  "ein 
Buch  dieser  Art  nach  so  langer  Zeit  umzuarbeiten  und  ä  jour 
zu  bringen",  selbst  wenn  sich  der  \t'.  auf  die  gen;innten 
zwei  Kapitel  beschränkte.  Die  Umarbeitung  ist  glücklich 
durchgeführt:  aber  freilich  —  von  dem  Vorwort,  der  Einlei- 
tung usw.  abgesehen,  füllen  die  in  erster  Auflage  72  Seiten 
umfassenden  zwei  Kapitel  .jetzt  das  ganze  Buchl  Dies  hat 
denn  ohne  Zweifel  les  defaats  de  se.s  qualife«:  aber  ich  deidvc, 
die  meisten  Leser  werden  jene  mit  diesen  gern  in  den  Kauf 
nehmen,  d.  h.  in  der  Hoffnung,  dass  recht  bald  die  zweite 
Abteilung  erscheint  —  ohne  Inhaltsverzeichnis  und  Register  ist 
mit  dieser  Fülle  von  Stoff"  in  der  That  niclit  gut  fertig  werden '). 
Auf  das  VorAvort  folgt  die  Erklärung  der  phonetischen 
Termini,  der  Lautschrift,  die  gegen  die  1.  Aufl.  manche  Än- 
derungen und  Zusätze  zeigt,  sowie  der  Abkürzungen.  Die 
Einleitung  (S.  1 — 34)  ist  besonders  um  die  Besprechung  der 
enzyklopädischen  oder  methodischen  Bücher  von  Elze,  dem 
Unterzeichneten  (nur  ein  Abriss)  und  Körting  vermehrt.  Ge- 
Aviss  täuscht  sich  Storni  nicht  in  der  Annahme,  dass  durcli 
Elze  und  Körting  sein  Buch  uiciit  überflüssig  gcAvorden  ist. 
Kap.  1,  Allgemeine  Phonetik  (S.  '»5 — 353)  bildet  den 
Hauptinhalt  des  Bandes.  Es  giebt  eine  kritische  Musterung 
der  Fachlitteratur  von  Merkel  an  (einige  frilhere  Averden  ganz 
kurz  erledigt;,  insbesondere  der  Schi'iften  von  Brücke,  Rum- 
pelt, SieA'ers,  Trautmann,  Victor,  Bell,  Ellis,  SAveet,  P.  Passy, 
Wulff",  Fr.  Beyer:  zum  Theil  mit  längeren  Exkursen,  z.  I>. 
über  Denasalierung    der    frz.  Nasalvokale,    über   frz.  Akzent, 


1)  Die  zweite  AbteihiuL;-  ist  jetzt  (Jan.  1S9Gj  la.st  zu  Ende  g-e- 
dnickt,  wird  also  deinnäcli.st  lierauskonniien. 


198  Storni  Kiiylisclu*  IMiiloloyic. 

übrr  S[)racIiiuclodic  —  bcsoiuk-rs  beachtenswert  M'ejj;'en  der  Be- 
handlung'der  littauiselieii  uiidlettiselien.  derserbis(di-kroatischen 
und  (Icr  cliinesisclieii  Töne  wie  des  eiigliselieii,  tVaiiz«  isiisclieii,  italie- 
nisclien  und  spanischen  Tonfalls  - — ;  ferner  über  di«-  nordischen 
Sprachen,  deren  Phonetik  im  Anschluss  an  Werke  von  Lytt- 
kens  und  Wulff,  Lundell,  Brekke,  Western,  Poestiou,  Storni 
u.  a.  mehr  oder  weniger  eingehend  erörtert  wird.  Die  Keilic 
iler  allgemein  phonetischen  Schriften  wird  dann  fortgesetzt 
durch  die  von  Techmer,  Lenz,  Jespersen,  Ilagelin,  Grandgent. 
Lloyd  u.  a.  Endlich  erwähnt  Storni  die  Avichtigsten  Fach- 
zeitschriften. Bekanntlich  steht  der  Vf.  auf  selten  der  eng- 
lischen Schule;  am  engsten  berührt  er  sich  Avohl  mit  Sweet, 
während  ihn  Techmer  am  wenigsten  anspricht.  Volle  und 
verdiente  Anerkennung'  finden  mehrere  jüngere  Fachgenossen, 
vor  allem  P.  Passy  (auch  dessen  Bruder  J.  Passy)  und  .Jes- 
persen. —  Die  knappe  Skizzierung  des  Lihalts,  für  die  ich 
hier  leider  nur  Raum  finde,  lässt  ahnen,  welche  reiche  Be- 
lehrung in  diesem  phonetischen  Kapitel  ein  so  vielseitiger  und. 
selbständiger  Lautforscher  Avie  Storni  zu  bieten  hat. 

Das  IL  Kapitel,  Englische  Aussprache  (S.  o5;> — 484)  ist 
kürzer  und  bietet  Nicht-Anglisten  kein  so  mannigfaltiges  In- 
teresse. Aber  auch  hier  findet  man  umfassendste  und  zuver- 
lässigste Auskunft:  kritische  Würdigung  der  Litteratur  (Schmitz, 
Mätzner,  Walker,  Smart  und  spätere  Orthoeplsten ;  Bell,  SAA'eet, 
Soames,  Murray,  Lloyd,  AVestern  usw.)  und  die  eignen  Auf- 
stellungen Storms,  eines  vorzüglichen  Kenners  des  gespro- 
chenen Englisch. 

Ein  Sprachforscher,  di-r  mit  Fr.  Neumann  und  dein  Verf. 
(S.  VI)  glaubt,  dass  "einzig  und  allein  die  Beobachtung  der 
lebenden  Sprache  eine  sichere  Basis  für  die  Entseheidu.ng 
prinzipieller  Fragen  der  Sprachgeschichte  bietet",  darf  an 
Stonns  "Englischer  Philologie/'  nicht  vorbeigehen. 

Marburg.  W.  Victor. 


AVriü-ht  .1.  A  (irannnar  of  thc  Dialect  uf  Windhill  in  the 
\N'<'st-l»'iding  of  Vorkshire.  Ilhistrated  l»y  a  Series  of  Dia- 
lect Speciniens,  phonetically  i'endcred;  witli  a  Glossarial 
Index  of  the  Words  used  in  the  Gramniar  and  Speciniens. 
London:  Published  for  tlu;  English  Dialect  Society  by  Ke- 
gau  Paul,  Trencli,  Trübner  &  Co.,  Charing  Gross  Road  1892. 
8".  XII   and  250  pages.     12  s.   6  d. 

In   dem  vorliegenden  Buche  Avird  zum  ersten  Male  eine 

genaue   und  ausführliche  Darstellung  der  Laute   und  der  Fle- 


Wrig'ht  Gniminar  of  tho  Di;iI(H-t  of  Windliilt.  109 

xioii  eines  modernen  englischen  Dialekts  auf  historischer 
(Trundlage  gegeben.  Murray,  in  The  Dialect  of  the  Son- 
ihern  Cottnfies  of  ScoÜand  (187o),  hat  nur  die  allgemeine 
Entwicklung  des  Schottischen  in  groben  Zügen  verfolgt:  El- 
worthy,  in  The  JJialect  of  IVes't  t^omerset  (1875),  nur  die 
heutige  ^Mundart  seiner  Heimat  ohne  Rücksicht  auf  ihren  Ur- 
sprung nackt  dargestellt;  —  um  von  anderen,  weniger  be- 
deutenden, grammatischen  Werken  dieser  Art  hier  zu  schAvei- 
gen.  Joseph  Wright  dagegen,  der  seine  wissenschaftliche 
Sclmlung  in  Heidelberg  von  Professor  Osthoflf  erhalten  hat, 
wendet  die  historisch-vergleichende  Älethode,  und'  mit  keinem 
geringeren  Streben  an,  als  eine  solche  Avohl  gefügte  und  voll- 
ständige historische  Dialektgrammatik  zu  liefern,  wie  wir  sie 
heutigen  Tages  in  Deutschland  von  einem  sachverständigen 
und  geAvissenhaften  Forscher  verlangen  und  zu  erhalten  ge- 
AA'ohnt  sind.  Windhill  liegt  drei  englische  bleuen  nördlich 
A'on  Bradford  im  südwestlichen  Yorkshire,  und  seine  Mund- 
art gehört  nach  der  jetzt  üblichen  Einteilung  zu  der  nord- 
östlichen Gruppe  des  ^littellandes.  Im  ersten  Kapitel  Avird 
eine  genaue  Beschreibung  der  heutigen  Laute  gegelicn:  ini 
ZAA'eiten  AA-erden  die  Vokale  auf  die  entsprechenden  alteng- 
lischen zurückgeführt:  im  dritten  Averden  umgekehrt  die  alt- 
englischen in  der  lebenden  Sprache  A^erfolgt:  dann  kommt 
eine  Behandlung  der  französischen  LehuAA'örter,  dann  der  Vo- 
kale in  schAA^ach  betonten  Silben  und  der  Konsonanten  über- 
haupt: dann  die  Formenlehre,  und  endlich,  auf  S.  169 — 211. 
eine  Sammlung  von  Dialektproben  in  zusammenhängender 
Rede.  Dank  der  überall  durchsichtigen  Anordnung  und  den 
reichlichen  VerAA'eisen  ist  das  sorgfältig  gesichtete  Material 
für  alle  ZAvecke  bequem  nutzbar  zu  machen.  Wright  selber 
ist  kein  Anglist  von  Fach,  und  seine  historische  Darstellung 
fusst  daher,  AA^as  die  einhein)ischen  AYörter  angeht,  auf  dem 
altenglischen  Lautbestande,  den  er  l)esser  kennt  als  die  mit- 
ttdenglische  Entwicklung;  und  Avas  die  französischen  AA^örter 
betrifft,  geht  er  von  den  Lantcn  der  heutigen  gebildeten  Um- 
gangsprache aus.  Und  das  Ergebnis  sind  ausführliche  Listen 
der  sich  entsprechenden  Formen,  Avobei  es  dem  Leser  meist 
überlassen  bleibt,  die  Erklärnngen  für  die  Erscheinungen, 
ihr  geschichtliches  AVerden  entdecken.  Es  liegt  ferne  A'on 
mir,  dem  geehrten  A^'erfasser  aus  dieser  Zurückhaltung  auch 
nur  den  geringsten  A^'orAA'urf  machen  zu  Avollen ;  den  Teil  der 
Aufgabe,  der  ihm  zukam,  hat  er  mit  vollkommenem  Geschick, 
vorzüglichem  Fleisse  und  tadelloser  Sorgfalt  erfüllt,  und  das 
Übrige  zu  thun  mag  er  getrost  den  Spezialisten  ü))erlassen. 
Im  Folgenden  Averde  ich  einige  Regeln  mitteilen,  die  sich 
bei  einer  Durchmusterung  des  Buches  leicht  ergeben:  auch 
Anzeiger  VI  3.  14 


200  Wriglit  Giaiiimnr  of  tlie  Dialcet  of  Windliill. 

einige  sonstigen  Erklärungen  vorschlagen,  die  z.  T.  ein  paar 
Irrtümer  des  Buches  berichtigen. 

In  §§  87  und  137  fallt  auf,  da.ss  ae.  v  in  offener  Tonsilbe  nicht 
mit  ae.  fr  (ug^.  (ii-\-i,  j)  zusanimong-elallen  ist.  ]Man  vei-<ileiche  beid 
(na.  bead),  eit  (eat),  vioit  (ineat')  mit  didl  (deal)  iil  (iieal),  ht  (heaf). 
Ähnlicli  steht  es  mit  ae.  ö  in  olfencr  Silbe  und  ae.  ä:,  sieh  i?§  10!> 
und  12:2,  und  vgl.  roil  (coal),  oil  (hole)  mit  Ituju  (hone),  bu<>t  (boat). 
Die  Kntwicklung"  dieser  e-  und  ^7-Laute  ist  vollkonnncn  parallel,  und 
beide  sind  scharf  g-etrennt  von  den  g-eschlossenen  ae.  *-  und  (";  ge- 
halten. Im  heutigen  Dialekt  steht  für  diese  7  {hlld,  fit,  fit  %  147) 
und  ui  (kail,  muii/,  fait  S  1(53).  Die  abweichenden  Beispiele  in 
vj  130  (lirhp  =  nc.  breath;  driid  =  to  dread;  ir)i  =  eeJ\  usw.), 
deren  Vokal  auf  g-erm.  <J'  (=  ang'l.  c)  zurückgeht,  erklären  sich  alle 
durch  den  Einfluss  der  dem  e  benachl)arten  Konsonanten  oder  Konso- 
nantengruppeii.  nämlich  {\qs  uaclif'olg-enden  /•  oder  /,  und  des  voraus- 
gehenden IC,  hr+dr.  Vgl.  Sweet  H/sf.  of  J-:iigf.  Sounr/s  (IHSS),  §  (573. 
i^infaches  anlautendes  r  und  stimndoser  Kons. --/•  haben  im  Wind- 
hiller  Dialekt  nie  diese  Wirkung-  (§  130).  Im  Übrig-en  vgl.  §§  151, 
147,  149  {a-i>r'n  und  150  {st'd).  Der  entsprechende  l'bergang"  aus 
der  regelmässigen  Entwicklungsreihe  in  die  Reibe  der  offeneren 
Vokale  (Avie  e — l  in  die  Ivcilie  von  d' — hA  findet  auch  bei  ae.  o+''' 
statt:  sieh  i?  1G5  (tuii,>(r)  =  ne.  moor,  statt  '''iiiutir);  ebenso  fu^{r) 
=  ne.  hoor),  und  vgl.  bu^tt  =  ne.  boat  ij  122.  Ebenso  hat  nachfol- 
gendes /•  gewirkt  in  Wörtern  wie  bi,)[v)  'to  bear',  pi,/{r)  'pear', 
shir)  'to  shear'  usf.,  i;  75,  und  in  ,)-fii,>{r)  'before',  .sinui/{r)  'snio- 
rian'.  ^104,2.  Darum  gehen  vV>»/.s/'^earnest\  i r)p  'earth \  jLnl  'yard' 
(Läng(^nmaass),  ji.m  'yearn',  und  li<>n  'iearn',  i;  74,  auf  mitteleng- 
lisclie  Formen  mit  gedehntem  e  zurück,  im  Gegensatz  zu  dt  'heart', 
hök  to  liark",  itsf.,  S  74,  und  sind  keine  Entlehnungen  aus  der 
Schriftsprache.  Und  bii^td  'i)oard'  und  i(,/d  'hoard'  (S  104,  2)  sind 
aus  me.  börd  und  /lörd  zu  erklären,  während  bo.>/t  'born',  foitk 
'fork'  usw,  (§104.  1)  aus  me.  börn,  färk  usw.  stannnen.  Diese  Bei- 
spiele verraten  auch,  dass  die  aus  ae.  ('•,  ö  in  ofi'ener  Silbe  gedehn- 
ten me.  ('  ttnd  ö  eine  geschlossenere  Aussprache  hatten  als  die  aus 
ae. '»' (ng.  r// ;  /,  /)  und  <7  entstandenen.  Die  alteingebürgerten  fran- 
zösisciien  Lehnwörter  gehen  mit  diesen  letzteren:  Jj  231  bi.d;:  'beak', 
nirpt  'neat',  usf.:  §  21S  inidil  'noble',  pif.i.sf  'jtost',  usw.  Diese  Er- 
kenntnis hilft  entscheiden,  welche  von  den  in  §  223  aufgezählten 
Wörtern  aus  der  Sehriftsprache  entlehnt   sind. 

Ae.  il  nnd  ö;/,  ö/i  sind  im  Dialekt  nicht,  wie  in  der  Schrift- 
s]»rache,  zusannnengefallen:  N'gl.  kä  (cow*,  iiä  (nowf  ^  171  nüt  /diu 
(ploughi,  />/^^  (bough»  >J  1()4  c.  Diese  Beobachtnng  iiiuss  für  die 
Lokalisation  me.  Gedichte  nutzbar  zu  machen  sein.  —  Me.  iht  ist 
(U'st  zu  If  g'eworden,  naehdem  7  di|ththongiert  war:  ?j*j  93  und  118 
\erglichen  mit  SJ?  l.'tC»  und  175  {brd  biight,  fld  tlight;  u-aif  wife, 
(dd  hide).  Langes  7  steht  auch  für  ae.  roi/  {fi'i  to  Hy),  er///  (7  eye), 
///  (.s77  sty)  usf.  (sieh  Jj  315a).  DeiUet  dies  auf  eine  schon  verhält- 
nismässig frühe,  me.  Diphthongiernng  des  ae.  7?  Diun'dvy'  luid 
Itai  Ijuy'  müsst'ii  aus  der  Sehriftsprache  stannnen.  —  Auch  die 
langen  Vokale  in  ämi  'hound'  ({j  115)  und  kaind  'kind'  (S  312)  sind 
aus  der  Schriftsprache  entlehnt,  da  im  Dialekt  vor  nd  Kürze  steht: 
icind  und  fiiitl  ^  SI»,  send  i?  73,  irund  und  f/rinid  {5  111,  usf.  —  Aus 
einer  Nebeneinanderstellung'  von  l>reits  'breach'  (5?  87),  teits  'leech*, 
Spelts  '  Speech  (S  132)  mit  bicds  "  to  bleach',  teits  'to  teach'  (<?  138) 
und  preits  'to  preach "  (tj  234)  geht  her\or,  dass  v  vor  ts  erst  ge- 
kürzt    worden    ist;    sich    Wrights    lU-iiierkung   zn  »j   132.     Strets    to 


Wrig-ht  (li-aniniar  ol"  tlio  Dialect  ol"  Windliill.  201 

stretcir  (i?  312,  ö)  ersc-heint  daneben  als  P^renidling'.  und  rcik  'to 
reach'  (§  138)  wie  eine  Misehforni  ans  *reifs  und  -rek.  Der  Diph- 
thong ei  ist  sclnveilieh  mit  VVright  diircii  dieselbe  Entwicklung  zu 
erklären  als  bei  ae.  ('•  in  offener  Silbe.  Mir  seheint  das  i  aus  dem 
f.s  zu  stammen.  —  Die  Lehnwörter  aus  dem  Altnordisehen  sind 
nieht  immer  von  den  einheimischen  geschic^den  oder  als  solche  be- 
zeichnet: z.  B.  s)iiclf  [^  73.  1).  slciff,  skiii,  sJdl  (§  89),  .skai  'sky' 
(S  175),  da/k  ditch',  ////>•  HitclT  und  andere  mit  A"  in  sj  312.  5  und 
>?  312,  3. 

§  7ö:  ioctii')  'tar'  ist  aus  den  flektierten  Formen,  ae.  feonre{s), 
zu  erklären.  —  {?  80  sicoh  von  ae.  *snolfficni.  —  jj  113,  3  fhi<>(r) 
°door'  aus  der  ae.  Pluralform  dorn  (Zupitza).  —  §  73,  ticenfi  g-ehört 
unter  2.  —  s?  79  nül  'well'  von  ae.  icel.  —  §  82  ?•/,>/>  'to  reap'  i.st 
ae.  rfj>an,  got.  ratipjan.  Wegen  S  150  muss  man  Einfluss  des  r 
annehmen,  der  vielleicht  ausserdialektisch  ist  (vgl.  4?  130).  —  §  93: 
Zu  weit  sieh  Morsbacli  llrspr.  der  Neuengl.  Schriftsjir.,  S.  69.  — 
ij  104,  3  sp:>{r)  'spur'  aus  ae.  sjnira.  Bei  den  zwei  andern  Eintiuss 
des  IC.  —  Es  ist  sehr  bemerkenswert,  dass  ae.  äw  («?  123j  und  äf/ 
(S  124)  nicht  zusammengefallen  sind;  oder  sind  loa  und  oii  Lehn- 
wörter aus  dem  Schriftenglischen ?  —  S  133  lue^r  'wave'  ist  wohl 
Ableitung  vom  ae.  A'^erlnim  wafian.  S  149  tvesst  von  altfrz.  u-a.sf.  — 
S  183  fie,)  'to  tiay'  hat  den  A'okal  aus  dem  Part.  Parf.  Nei)bD{r) 
'  neighbour  durch  frühe  Kürzung  des  altenglischen  e.  —  §  170 
Wednzdrt  mit  umgelauteten  ö;  sieh  Kluge  Grundriss  I  878.  —  S  172 
p9zde  natürlich  aus  wieder  gekürztem  n.  —  §  185  Die  Entwicklung 
.scheint  diese  gewesen  zu  sein:  (jret  :  (/rH  :  grlt  :  rßrt  :  i/}rt  :  (f3f, 
da  es  nicht  mit  den  Wörtern  in  S  74  zitsammengefallen  ist,  sondern 
mit  denen  in  ^  90.  —  AVie  ae.  d  und  e,  so  sind  auch  ea  und  eo, 
und  eaic  und  eoir  (S  179  und  187,  und  180  und  190)  noch  verschie- 
den. —  i;  196  Das  o;>  in  moriiidz  'mange'  muss  auf  ein  me.  au  zu- 
rückgehen (vgl.  *j  198),  ttnd  das  o  in  S  200  ist  wohl  die  Kürzung 
des  Übergangslautes  ö.  —  5?  140  Für  touf  '"taught'  ist  Avohl  dieselbe 
Erklärung  anAvendbar,  die  Konrath  (Zupitzas  Archiv  89,  S.  159)  für 
kentisches  fujte  gegeben  hat:  aits  ae.  tä/ife;  vgl.  out  (ae.  ähte)  t?  124. 

Der  rätselhafte  Ablaut  der  ersten  Klasse  (bait,  berd.  bitn)  er- 
klärt sich  vielleicht  auf  folgende  Weise:  Der  Diphthong  o  kann 
nicht  nur  auf  me.  ä  zurückgehen,  sondern  auch  auf  altnord.  ei 
(ij  49).  Nun  sind  zwei  Verben  dieser  Klasse  an.  Ursprungs  {raiv 
und  fn-air).  Ihr  Ablaut  im  AN.  war  'rlf'n,  reif,  rifeiiii.  was  regel- 
recht jetzt  rair,  rf\>r,  ritnn  ist.  .Mit  ihnen  könnten  auch  die  übri- 
gen diesen  fremden  Ablaut  angenonniien  haben.  Etwas  Ahnliches 
nimmt  Wriglit  selb.st  für  die  Part.  Prät.  sakirj,  sluku,  stukM  und 
.sruktj,  die  er  als  nach  drui,/,)  lan.  drukkeim.)  g-ebildet  erklärt,  statt 
dass  sie  suiol,-,  .sriihtk.  sliii,d%.  .sfui,tk  heissen,  wie  in  anderen  nörd- 
lichen Dialekten. 

>?  368.  Das  u  im  Part. /b//<  'fonght'  ist  nicht  'quite  regulär'; 
wir  würden  fo'dn  erwarten  (S  101).  n  ist  aber  entweder  durch 
Anlehnung  an  die  Verben  in  S  372,  1  eingeführt  (treid,  tre,)d,  trod/i 
'to  tread',  darnach  feit,  f'e;d,  fotn  'to  tight'),  oder  es  ist  zur  Zeit 
aus  ö  gekürzt,  bevor  dieser  aus  ou  entstandene  Laut  wieder  zu 
<ni  wurde.  Oder  vielleicht  traf  beides  zusammen,  l'brigens  ist 
ferd  ebenfalls  schwerlich  aus  altengl.  f(rht  zu  erklären. 

S  371:  (reg'en  die  liier  gegebene  Erklärung  der  me.  Prät.  vSing. 
stöi,  i)är  usf..  wie  der  Plurale  .stäle,  büre  usf.  habe  ich  in  meiner 
'Geschichte  des  Ablauts  der  starken  Zeitwörter  im  Südenglischen' 
1889  (Quellen  und  Forschungen  LXIII)  S.  60  f.  begründet«;  Beden- 
ken geäussert    und  dafür   eine    auf  Thatsachen  gestützte   neue  Er- 


202  Franc-k  Ktymolo.a'isch  Woovdenboek. 

kläriing  gegeben,  die  wenigstens  für  die  dort  hehandolten  Mund- 
arten sicherlich,  wohl  aber  auch  für  die  Windhiller  nötig  ist. 

An  Wrights  inhaltreicher  Arbeit  sieht  man  recht,  Avie 
viel  Ellis'  gTOSsartig-es  Werk  zu  tlmn  übrig-  lässt.  Bei  der 
gelegentlichen  Gegenüberstellung  älterer  echter  mit  jüngeren 
geborgten  Formen  im  AVindhiller  Dialekt  zeigt  sich  nahe 
drohend  auch  die  Gefahr,  dass  uns  viel  Kostbares  verloren 
gehen  wird,  ■wenn  der  gelehrte  und  verdienstvolle  Oxforder 
Professor  unter  seinen  Schülern  nicht  bald  gleich  erfahrene 
und  gleich  eifrige  Naclifolger  linden   sollte. 

Groningen,  Niederlande.  Karl  D.  IMilbring. 


Franck  J.  Etymologisch  Woordenboek  der  Nederlandsche 
taal.  Hoogeleraar  aan  de  Universiteit  de  Bonn.  's-Graven- 
hage  Martinus  Nijhoff.  1238  Sp.  1892.    15  M.    Geb.  17,50  M. 

Das  vorliegende  Werk  soll  für  Holland  das  werden,  Avas 
Kluges  Etymologisches  AVörterbuch  für  Deutschland  geworden 
ist:  ein  Hand-  und  Hülfsbuch  für  alle,  die  ein  tieferes  Inter- 
esse an  ihrer  Muttersprache  haben.  Kluges  Werk  hat,  was 
Anlage  und  Ausführung  betrifft,  für  Fr.  das  Muster  gebildet; 
das  ist  um  so  weniger  zu  bedauern,  als  dieses,  wie  der  Er- 
folg bewiesen  hat,  für  die  Kreise,  auf  welche  es  lierechnet,. 
recht  praktisch  eingerichtet  Avar.  Im  Einzelnen  hat  sich  Fr. 
auch  dort,  avo  es  sich  um  dasselbe  Wortmaterial  handelte, 
ein  durchaus  selbständiges  Urteil  bcAA-ahrt  und  dieses  in  um- 
sichtiger und  besonnener  W^eise  zur  Geltung  gebracht.  So 
ist  denn  ein  Avirklich  gediegenes  Werk  zu  Stande  gekommen, 
in  dem  überall  die  Ergebnisse  der  neuesten  P^n'schuug  A^er- 
Avendet,  oder  ])erücksichtigt  sind  und  deshalb  für  die  Avissen- 
.schaftliche  ^Erforschung  der  holländischen  Sprache  frische  An- 
regung geboten  A\'ird.  Es  ist  aber  zu  hoffen,  dass  seine  Ver- 
breitung sich  nicht  auf  die  gelehrten  Kreise  beschränkt,  son- 
dern dass  es  auch  bei  dem  übrigen  gebildeten  Volke  Anerken- 
nung und  Benutzung  linden  Avird. 

Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  dass  bei  einem  der- 
artigen AVerke  der  eine  dieses,  der  andere  jenes  and(M-s  haben 
möchte.  Manche  derartige  AVünsche  sind  unerfüllbar,  aber 
anderen  wird  zum  Nutzen  des  Werkes  bei  Neuauflagen  doch 
nach  und  nach  Kechnung  getragen  Averden  können.  ZAvei 
solche  AVünsche  nuk-hte  ich  hier  dem  Verfasser  zur  ErAvägung 
unterbreiten. 

Erstens  scheint  mir,  dass  bei  manchen,  besonders  kultur- 
geschichtlich interessanten  Wörtern  ihre  EntAvickelung  im 
Sonderleben   des  Germanischen  eingehender  l>ehan(lelt  Averden 


FraiK-k    Eryiuolot;'iscli  Woordenbook.  203 

könnte;  bei  dem  Zwecke,  dem  das  Werk  dient,  wird  dies  oft 
Aveiter  füliren,  als  die  Suche  nach  Verwandten  derselben  in 
den  indogermanischen  Spraclieu.  Ein  Beispiel  möge  klar 
machen,  Avie  icli  das  meine.  Wer  bei  Franck  das  Wort  waar 
(Waare)  nachschlägt,  dürfte  durch  das,  Avas  dieser  darüber  be- 
merkt, schwerlich  A'iel  klüger  werden.  Wenn  man  die  Bedeu- 
tung des  Wortes  indes  durch  die  alte  Rechts-  und  Urkunden- 
sprache A'erfolgt,  Avo  es  sowohl  einfach  i  latinisiert  warai  als 
auch  in  Zusammensetzungen  (höcwar.  blömAvare.  dustwaie  usw.) 
A-orkommt,   dann  Avird  es  nicht  so  ganz  dunkel   bleiben. 

Zweitens  sollte  die  Sprache  des  geAvöhnlichen  Lel)ens, 
die  Bauern-  und  Handwerkersprache  mehr  zur  Erkläi'ung  heran- 
gezogen Averden.  Der  Etymologe  muss  denselben  Weg  ein- 
schlagen, den  einstmals,  Avenn  auch  zu  etwas  anderem  Zwecke, 
so  doch  in  durchaus  richtigem  GefiUde,  Luther  einschlug.  In 
jenen  Kreisen  geht  die  Umprägung  der  Wortbegriffe  unvci-- 
gleichlich  langsamer  A^or  sich  als  in  der  Schriftsprache,  und 
nicht  selten  findet  man  dort  entAveder  die  urspi'üngliche  Be- 
deutung selbst,  oder  Avird  doch  auf  den  rechten  Weg  zu  ihr 
geführt.  Einige  der  unten  angeführten  Bemerkungen,  die 
sich  leicht  Aervielfältigen  Hessen,   dürften  das  beweisen  \i. 

Im  Übrigen  habe  ich  das  Buch  mit  Dank  für  niainiig- 
fache  Belehrung  und  Anregung  aus  der  Hand  gelegt. 

aandoenig"  (aandoen).  Die  Bedeutung  'anthiin'  bezaubern' 
hat  'aandven'  sicher  bereits  im  ]\hidl.  gehabt.  Veghe  gebraucht  in 
^'leicheiu  Sinue  das  zu  aandoen  gehörende  Intransitiv  nnnewerden 
(auch  annewerdesch,  annewerdesciieit).  Wenn  es  mudi.  nicht  in 
■diesem  Sinne  belegt  ist,  so  kann  das  doch  wohl  nur  auf  Zufall 
beruhen. 

acliterhaUs.  Das  eintaclic  hak  ist  noch  jetzt  erliaUcu  iu 
der  Redensart  met  büU  un  hak  =  mit  dem  ganzen  Körper;  eben- 
falls in  bakaAiil  und  hükebak,  ein  Kinderspiel,  bei  dem  eins  dem 
hindern  auf  dem  Rücken  hockt. 

ambacht.  Diese  alte  volle  Form  besteht  ndd.  nocii  Jetzt 
nelien  amt,  ohne  dass  sich  das  Volk  der  Identität  beider  Wörter 
hewiisst  wäre.  Mit  amt  wird  das  Gericht  und  jede  amtliche  Stel- 
lung bezeichnet,  während  ami)aclit  lür  die  Obliegenheit  des  einzel- 
nen Haus-  und  Baiu'rscliaftsgenossen  gebraucht  v.ird.  Z.  B.  ist  das 
Brodschneiden  aml>aclit  des  l)aumesters  (Grosskneclits)  und  das 
Schlagen  der  ßrandtronnnel  ambacht  des  bürrichters. 

l)aidadig'  l)alhoorig  und  balsturig-  (letzterer  auch  iioi-h 
ndd.)  sind  gewiss  mit  linfcht  getrennt. 

barmte  berme.  Für  die  verschiedenartigen  IJczeichnungcn 
der  Sache  führe  ich  eine  Stelle  aus  einer  ehemals  Erfurter  P>il)elhs. 
(14.  Jhdt.)  an:  Der  Fleming  sprichit,  daz  da  heizit  bermen,  daz 
heizit    to  heven,    dort  dru/.en,    hie  groppcn,    do  du))p('n,    hie  haven. 


D  Dass  ich  dabei  die  Wörter  keiner  eigentlich  niederländi- 
schen, sondern  einer  nur  verwandten  Mundart  entnehmen  kann, 
wird  wohl  keinem  auftauen    uml  für  die  Sache    Aveni;;-    ausmachen. 


204  Fraiiek   Ktyinologisdi  Woordeiiborrk. 

billen.  bil.  Ui'sprüng'lich  wohl  jeder  spitze  .seharle  Gegen- 
stand, hat  jetzt  ndd.  nur  noch  die  Bedeutung"  von  Schnabel. 

born.  Erfurter  Bibellis.:  Der  Osterrieher  spricliit  ein  burne, 
daz  meinet  man  ze  wetreiben  ein  putz,  zue  Weisterrich  ein  brinv 
zue  Bravant  ein  fontine. 

g'ilde.  Die  ursprüng-liche  Bedeutung  zeigt  sich  noch  g;niz 
deutlich  in  der  in  osnabrückischen  Urkunden  gebräuchlichen  Be- 
nennung" der  Kirchenrjite  als  gildenieister.  'Gildenieister  des  hilligen 
Johannes'  heissen  sie  /..  B.  auch  dann,  w(!nn  nur  eine  Kirche  im 
Orte  Mar;  es  sind  also  die  "Verwalter  der  Kinkünfte". 

gram  bedeutet  jetzt  rauh,  belegt  (von  der  Stimme),  nicht 
heiser,  sik  g'remmen,  g'remstern  sich  r;ius])ern,  rauh  husten.  Hier 
dürfte  die  ursprüngliche  Bedeutung  zu  suchen  sein,  fügt  sich  ;inch 
am  besten  lat.  fremere  und  ebenso  grunniieln  an. 

hären  (schärfen).  Es  wäre  zu  vergleichen  här  Anhöhe,  Land- 
rücken (oft  auch  in  <)rts-  und  Flurnamen),  hären  wind  =  hoher^ 
scharfer  Wind,  härspük  Irrlicht  (eigentlich  Berggeist?) 

heirook.  Die  Verschiedenartigkeit  der  Formen  dieses  Wortes 
in  den  verschiedenen  Mundarten  beweist,  dass  das  Gefühl  für  die 
eigentliche  Bedeutung  schon  früh  irre  geworden  ist.  Ausser  An- 
lehnung' an  beide  und  hei  (trocken)  hat  solche  auch  an  hiäwen 
jalts.  hetan,  ndd.  hiäwen,  hiäwenschiärn,  hiäbrant  (Meteor)]  statt- 
gefunden. V^gl.  härrauk  Höhenrauch.  Die  urspr.  Bedeutung  wird 
kamn  noch  zu  bestinnnen  sein. 

liunebed.  Der  zweit*'  Theil  des  Wortes  ist  unerklärt  ge- 
lassen. Sollte  es  wirklich  unser  Bett  sein?  Ich  halte  das  für  sehr 
wenig  wahj-scheinlich.  Schon  ,1.  (irimm  hat  auf  die  Bedeutung"  Erd- 
hüg'el,  Altar  hingewiesen. 

kerspel.  Dass  ••spil  die  Bedeutung"  'Bezirk'  ohne  jede  Nu- 
ance gehabt  hat,  beweisen  ausser  dem  Drentheschen  '  dingspil'  auch 
Orts-  und  Flurnamen.  Die  erreichbare  gemeinsame  Grundbedeu- 
tung" der  zur  Sippe  g-ehörigen  Wörter  dürfte  in  '  teilen,  zuteilen,, 
abteilen'  zu  sehen  sein. 

kiepel.  Man  muss  bei  diesem  und  den  dazu  gehörigen  Wör- 
tern an  "die  altchristl.  Art  des  Läutens  '  vor  Einführung  der  Glocken 
denken,  die  man  'pulsare  tabulam'  nannte.  In  den  Klöstern  hielt 
.sich  die  Manier  das  ganze  Mittelalter  hindurch,  um  das  Abscheiden 
eines  Mönches  zu  verkünden.  In  der  ganzen  kathol.  Kirche  ist  sie 
bis  auf  den  heutigen  Tag"  noch  während  der  drei  letzten  Tagen  der 
Karwoche    in   Gebrauch.     Das  Instrument  heisst  westfäl.  kliäper. 

knaj)p.  Das  Wort  stannnt  aus  der  Spinnstube.  '  Kneitper' ist 
ein  Stift  im  Hasi)elrad,  der  bei  jedem  K'undgang  eine  li(ilzerne  Spange 
hebt  und  fallen  lässt,  wodurch  ein  Knall  (knai»)  erzeugt  wird,  der 
anzeigt,  dass  das  Gebinde  genau  voll  ist.  Vgl.  die  IJedensart  'npi)en 
knepi)er' =  ganz  genau,  kaum  noch  genug,  höchste  Zeit. 

tuet.  Dass  das  Wort  zu  got.  mati  gehört,  ist  nicht  mit  Fug' 
zu  bestreiten.  Sehr  interessant  ist,  dass  das  got.  undaurnimats,  das 
sonst  in  keinem  Dialekt  vorzukonnnen  scheint,  im  Osnabrückischen 
noch  heute  als  inmermet  =  Frühstück  lebtl  met  bezeichnete  ur- 
siirünglich  \\ohl  das  ungekocht  und  ungebraten  gegessene  Fleisch, 
Kauchfleisch  (Mettwurst,  Schinken).  Übrigens  bedeutet  osnabrückisch 
auch  spise  speziell  Fleisch  und  zwar  nur  das  Abgefall',  Blut  und 
die  Intestina,  sow('it  sie  der  Bauer  —  nicht  der  Wurstfal>rikantl  — 
für  geniessbar  hält  (ursprünglich  OpferHeisch?)  Eine  unserer  hoch- 
«leutschen  .Speise  einigermaassen  entsprechende  allgemeine  Bezeich- 
nung  hat  man  nicht  ausser     iäten'. 

mof    "knorrig",    ontovreden    persoon".    Bei  dem  Worte  hätte 


FraiK-k  Etvinoloyisch  ■\Voor(lenl)ook.  205 

darauf  lüu^'cwie.seii  worden  sollen,  dass  es  das  lioUändisehe  Sc-liinii»l- 
wort  lür  die  Deutschen  ist.  Ursprüng'lieh  war  es  nur  ein  Schimpl- 
nanie  für  die  Enisländer  (Hümling-er  usw.),  der  ihnen  von  iiiven 
holländischen  Nachharn  ani>ehängt  war;  jetzt  ist  er  indes  ganz  all- 
g:emein  geworden,  nicht  aber  die  in  den  letzten  Jahrzehnten  in 
Deutschland  allgemein  bekannt  gewordene  scherzliafte  Weiterbil- 
dung Miifrika,  womit  speziell  der  Kreis  Meppen  gemeint  ist.  'AVindt- 
liorst-Mufrika.) 

mots,  muts  gekürzt  (motsen  kürzen),  muts  ist  im  Westl'äli- 
schen  jeder  kurze  gedrungene  Gegenstand:  l'feife,  M(msch,  Kali) 
usw.;  auch  als  Adverb  ist  muts  ==  alsbald,  sogleich  no'_'h  im  Ge- 
brauch. Lyra,  Plattdeutsche  Briefe,  (J.snabrück  185(>  S.  101  schreibt 
"met'u  Muttse"  und  erklärt  es  als  in  Eile,  rascii'.  niutse  ^  IMütze 
ist  dasselbe  Wort.  Almutse  (gebildet  wie  aloud  usw.)  sc.  Kappe, 
latinisiert  almutium,  ist  ursprünglich  die  kürzeste  der  drei  Priester- 
kleidungen.  Der  Wegfall  des  Substantivs  kann  nicht  befremden, 
vgl.  "Albe.  Den  'Kurzen"  auf  den  'Langen'  (sc.  Rock)  nehmen 
ist  noch  jetzt  unter  der  Geistlichkeit  eine  stehende  Redensart  für 
"sich  zixm  Ausgehen,  oder  Verreisen  fertig  machen".  Dei  dieser, 
wie  mir  scheint  annehmbaren  Erklärung  von  j\Iütze  wird  atich  der 
P'ortfall  des  al  (in  dem  man  sogar  den  arabischen  Artikeliiat  finden 
wollen!)  leicht  erklärlich.  Das  Wort  ist  in  Südländern  und  Nord- 
frankreich zuerst  in  die  Kirchens})rache  eingetührt  worden. 

ociitend  ndd.  jetzt  noch  sowohl  Morgen-  wie  Abenddänniie- 
rung".  Auf  den  Morgen  gehen  uchte,  kasuchte  (Christmesse)  und 
uchtewiärken,  auf  den  Abend  snTderucIite  Abenddämmerung  (Feier- 
stuiide  der  Schneider). 

okshooft.  Vielleii'ht  wäre  das  münsterländische  Alti)iermass 
bullenkoji'  zur  Vergleichung  heranzuziehen  gewesen. 

Schäkel.  Zum  selben  Stamm  gehört  ndd.  schoke  Ferse, 
Bein  und  sciiiäkeln  =  den  Hühnern  Spänchen  an  die  Beine  binden, 
damit  sie  während  der  Aussaat  nicht  scharren,  dann  aber  auch  ent- 
junfern.  Vg-I.  mnd.  schoke  Hure,  scheken  schwächen  (Schenkel, 
Schinken). 

schalk  bedeutet  ursprünglich  wohl  ganz  allgemein  '  Träger, 
Stütze'.  Das  Wort  ist  ndd.  nur  noch  in  der  Zinniiermannsspvache 
erhalten  tmd  iiezeichnet  dort  die  Hilfsträger  der  Balken  an  den  Sei- 
tenwänden des  Plauses.    Dazu  stimmt  an.  |>raell  Knecht,  ahd.  tragil. 

sprank  sprenken.  Vgl.  dazu  sprenkeln,  besprengen,  punk- 
tieren, i)unt  machen;  ohne  Nasal  in  sj^riäkelten  (ten  =  tern  wie  in 
Huakelten,  Wachholder  usw. I  Rhannuis  frangula,  Faulholz,  so  benannt 
wegen  des  bunt  punktierten  Bastes.  Bald  mit  bald  ohne  Nasal  hört 
man  es  als  Bezt'ichnimg  der  altniodigen  Hauswände,  die  aus  mit 
I>ehm  oder  Kalk  i)e\vorfenem  Flechtwerk  l)est(!hen,  'spränkelte 
wände'  (im  Geg-ensatz  ztt  gemauertfMi).  Dii-  Technik  ist  gewiss  ur- 
alt, jedenfalls  lässt  sich  nicht  leicht  eine  einfachere  denken.  Im 
16.  Kap.  der  (lermania  sagt  Tacitus:  «^tnaedam  loca  diligentius  illi- 
nunt  terra  ita  pura  ac  splendente,  ut  picturam  ae  lineamenta  colo- 
rum  imitetur.  .Sollte  da  vielleicht  ein  Misverständnis  des  dopjiel- 
sinnigen  terminus  technicus  spränkelt'  zu  Grunde  lieaen??  Dtir 
Umstand,  dass  noch  kein  Philologe  aus  der  Stelle  etwas  einiger- 
niassen  Annehmbares  herausgelesen  hat,  mag*  die  Fi'age  entschul- 
digen. 

tweelink.  Vg-I.  dazu  noch  osnabrückiseh  twiric  =  gabeltilr- 
niiges  Holz,  südwestfälisch  twissel. 

veem.  Veme ,  Fehnie.  In  J.indners  Werke  "Die  Venie" 
habe  ich  bereits  dieselbe  Etymologie  dieses  Wortes  wie   Franek  ue- 


20G  Kaiitt'iiiann   I)i;iit,sclie  Graunaatik. 

geben.  Uiiabliäng'ig'  von  einander  halben  uir  l)eide  aus  den  vor- 
handenen Beleg'stellen  im  Gegensatz  zu  der  herrsehenden  Annahme 
als  (h'uudbedeiitunji'  des  Wortes  ■■  Bund,  Vereinig'ung'"  herausgx'seliiilt. 
Lindner  hat  vom  liistorisclien  Standpunkte  aus  der  Ansieht  unumwun- 
den zug'estiinnit,  und  ich  halte  trotz  des  Widerspruelies  von  Kluge  und 
te  Winkel  an  derselben  fest.  Franek  kann  ich  insofern  nicht  bei- 
l)fliehten,  als  er  die  Bedeutung-  'Landfriede,  Bündnis'  als  abgeleitet 
l)etrachtet.  Warum  das?  Von  den  venieswinen,  die  schon  J.  Grimm 
hierhergezogen  hat  (allerdings  mit  einer  von  der  meinigen  al)\vei- 
chenden  Deutung)  schweigt  Franek,  während  Kluge  direkt  behauj)- 
tet:  "Ganz  unmöglich  ist  Zusannnenhang*  nüt  einem  älteren  ndd. 
Fehme  =  Eichelmast  der  Schweine",  das  mit  baierischem  dehme, 
dechmel  =  Eichelmast  zu  einem  anderen  Wortstamme  gehört.  Nun, 
die  älteste  Form  des  Wortes  in  beiden  Bedeutungen  ist  vedema, 
was  Franek  nicht  sagt.  Wer  nun  das  eine  vedema  zu  baierischem 
dehme,  dechel,  das  andere  aber  zur  Wz.  ki.  g-riechisch  ttoivi-)  stellt, 
der  Avird  denn  doch  dem  Leser  einen  Gefallen  thtm,  wenn  er  unter 
Zuhülfenahme  der  vorhandenen  Belegstellen  eine  solche  Trennung- 
etwas näher  begründet. 

Avaard  Wirt.  Stellenweise  g-ilt  im  Westfälischen  der  Hofname 
mit  Anhängung-  von  wärt  nocli  jetzt  als  Bezeichnung-  des  Besitzers; 
■/..  B.  'Stienewärt'  ist  der  zeitige  Inhaber  eines  Hofes  'Stienen'. 

Averwolf.  Einfaches  war  ist  osnabrückiseh  noch  jetzt  erhalten 
in  der  Redensart  Miär  nn  war'  d.  h.  Herr  und  Besitzer,  unumschränk- 
ter Besitzer. 

Freiburg'  in   der  Scliweiz.  Franz  Jostes. 


Kiiiiit'iiuinn  Fr.  Deutselie  Grammatik.  Kurzgcfasste  Laut-  ttnd 
Formenlehre  des  Gotischen,  Alt-,  Mittel-  und  Neulioelideut- 
sclieii.  Zweit(!  vermehrte  und  verbesserte  Auflage,  ^lurlturg 
Ehvert  1895.     VI  u.   108  S.  8«.     2,1(J  M. 

Die  erste  Auflage  ist  1888  erschienen.  Das  klar  und 
übersiehtlieh  geseiiriebne  lUlchlein.  bei  dem  nur  die  allzu 
Aveit  g-etriebne  Knappheit  Tadel  verdiente,  scheint  in  den 
Kreisen  der  Studierenden  verdienten  Beifall  g-efunden  zu 
luiben.  Die  vorliegende  zweite  Autlage  darf  noch  wärmern 
Willkomms  sicher  sein  als  ihre  Vorgängerin.  Ist  doch  jetzt 
das  nackte  Knoeliengerüst  der  Paradignun  ein  wenig  nudir  mit 
Fleisch  bekleidet.  Freilieh,  etwas  eckig  sind  die  Formen 
noch  immer  geblieben,  und  einer  abermaligen  Krweiterung 
in  einer  dritten  Auflage,  die  ja  nicht  ausbleiben  wird,  wäre 
dring(;nd  das  Wort  zu  reden.  Denn  ich  muss  auch  heute 
nocIi  entschied<-n  bezweifeln,  dass  der  gebotne  Stott'  ([uanti- 
tativ  den  Anforderungen  entspreche,  die  man  im  Staalsexa- 
men  zu  stellen  berechtigt  ist.  Was  den  Inhalt  anlangt,  so 
steh  ich  niehl  an  zu  erklären,  dass  das  anspruchslose  lUieh- 
leiii  in  der  vorliegenden  Bearbeitung  durch  die  bewusste  uml 
konse<piente   \'erwertung    neuerer  Forschungen    erheblich    gi-- 


Kauffmann  Deut.sclie  Graimuatik.  207 

Wonnen  hat  und  jetzt  auch  liuhern  Antbrderung-en  gx-nüg-en  kann, 
ludern   ieh    der  Schritt    zu    ihrem  zweiten  Gang   in    die 
Welt  von  Herzen  Glück  wünsche,  erlaul)  ieh  mir  von  Einzel- 
bemerkuugen  folgendes  zu  notieren. 

Warum  ist  von  mhd.  WörtcTbüehtTU  nur  Lexer  und  nicht 
auch  der  für  die  poetisclie  Litteralur  uuentl^ehrliche  Müller-Zarnckc 
g-enauut?  —  Die  Transkription  der  idg'.  Laute  hätte  sich  doch  streuj»- 
an  Bruü'iiiauns  System  binden  soihni.  Alle  Abweiclutugeu  davon 
müssen  den  unert'ahrnen  Leser  nur  verwirren.  Ül)rigeus  erschei- 
nen auf  der  Tabelle  S.  12  palataler  und  velarer  Nasal  gleicherweise 
als  h),  was  doch  niclit  angeht.  Wunderlich  ist  das  neugeschaftne 
Zeichen  für  die  velare  .Media.  Nur  mit  grösster  Mühe  kann  man 
einen  Unterschied  zwischen  ihm  und  dem  Zeichen  für  die  velare 
Tennis  herausfinden.  Cln-igens  ist  es  unrichtig-,  dass  sich  das  idg. 
7  von  dem  idg.  ipalatalen)  A'  ebenso  unterscheide  wie  der  Anlaut 
in  kiüi  \o\\  dem  Anlaut  in  kind.  7  (.oder  besser  nach  Thurneysens 
Vorschlag  /.'")  bezeichnet  doch  den  ia  bia  lisierten,  nicht  den  rei- 
nen Velar.  Dass  der  Verf.  die  dritte  /.--Reihe  der  Ursprache  gar 
nicht  ei'wiihnt  hat,  mag  aus  Gründen  der  Praxis  zu  reciitfertigen 
sein:  uTir  hätte  ihn  diese  Unterlassung  nicht  zu  der  unhaltbaren 
Definition  des  7  verleiten  dürfen.  Der  urgermanische  palatale  Spi- 
rant wird  anfangs  durch  geschwänztes  z  gegeben,  das  im  Ver- 
lauf der  Darstellung  ganz  stillschweigend  seinen  I^autwert  wech- 
selt und  dem  ae.  //  (j)  die  Stelle  räumt.  —  Wie  der  Verf.  mit  f'adnr 
fertiii-  werden  will,  wenn  er  germ.  n  auch  in  Haupttonsilbeu  als 
den  Vertreter  von  idg.  ->  ansieht,  ist  mir  rätselhaft.  Jedenfalls  hätte 
er  ae.  sfijdc  nicht  dem  ai.  sfliitas  lat.  sfafus  gleichsetzen  dürfen; 
denn  seine  Wurzelsilbe  enthält  idg.  u,  vgl.  P.  Persson  Wurzeler- 
weiterung- .S.  142.  —  Verfehlt  ist  die  Behauptung  S.  14  Xr.  5.  dass 
<lie  idg.  /-  und  »-Langdiphthouge  in  iiermamschen  Wurzelsilben 
als  e  und  ö  erscheinen  sollen.  Die  Kechnung  ist  hier  ohne  den 
Wirt  d.  Ii.  ohne  die  gestossnen  Diphthonge  des  Litauischen  ge- 
macht. Aber  selbst  wenn  der  Verf.  auf  diese  keiiu'  Rücksicht  hätte 
neiinu'U  wollen,  hätte  er  die  richtige  Erklärung  schon  in  des  Re- 
zensenten Schrilt  Zur  germ.  Sprachgeschichte  ünden  können,  deren 
Resultate  durch  die  Klarleguii.ü'  der  lit.  \'erhältnisse  glänzend  be- 
stätigt worden  sind.  Darf  man  übrigens  wirklich  für  alul.  inefti 
neben  got.  mizdö  eine  urgerm.  Grundform  *)tieizdn  annehmen? 
Ich   i)ekenne,  ihr  mit  dem  grössten  Misstrauen  gegenüber  zu  stehn. 

Sehr  erfreulich  ist,  dass  sich  Kautfmann  rückhaltlos  auf  die 
Seite  derer  stellt,  die  in  der  Verschii'denheit  der  idg.  Akzent(|uali- 
täteii  die  Ursache  der  verschiednen  lU-handlung  auslautendi-r  Län- 
ücu  im  Germanischen  erl)lick('n.  Die  Zustiiinnung  Kauft'manns  ist 
ein  wertvolles  Symptom  dafür,  dass  die  Xasaltheorie  nachgrade 
völlig  al>gewirtschaftet  hat.  Und  in  der  That,  eine  Lehre,  die  einer 
so  durchsichtigen  Form  wie  dem  got.  Adverbialausgang  -pro  rat- 
und  hilflos  gegenübersteht,  ist  reif  zum  Untergang.  Ich  zweifle 
nicht,  dass  der  Verf.  in  der  dritten  Autlage  auch  nicht  mehr  sagen 
wird:  "l'nter  welchen  Bedingungen  die  Dehnstufen  c  n  ö  einge- 
treten sind,  ist  noch  nicht  bekannt".  Wenn  er  eiiniial  mit  der- 
selben rnbefangenheit,  womit  er  an  ilie  Prüfung  der  germ.  Aus- 
lautgesetze herangetreten  ist,  die  UiUersuchtmgen  von  Torp,  Michels, 
.lohansson,  Bechtel.  Bezzenberger,  Hirt,  dem  Rezensenten  durchar- 
beitet, so  wird  er  finden,  dass  die  Ursachen  allerdings  bekannt  sind, 
mög«rn  auch  noch  manche  Kinzelheiten  der  Aufhellung-  harren,  und 
dass    die   Erklärung-    der   Dehnstufe   ein    integrierender  Bestandteil 


208  Kauffinauu  Deutsche  ( liMimuatik. 

unserer  Ak/,entielire  ist,  oliue  Ueu  diese  überliaupl  iiiclit  existenz- 
fähig* wäre.  Freilieli  sclieint  sicii,  für  den  Aug'enbiiek  wenig\stens, 
der  Verf.  die  Krkeinitnis  dadurch  erselnvert  zu  haben,  dass  er  für 
die  idg'.  Urzeit  nicht  zwischen  ursprünglichen  und  gedehnten  Län- 
g'en  sclieidet.  Und  doch  springt,  um  nur  ein  einziges  Beispiel  heraus- 
zugreifen, der  Untersciiied  zwischen  idg'.  ''tiäiis  und  '(lieus  so  unmit- 
telbar in  die  Aug-en,  dass  von  einem  Zusanniienwerfen  beider  Laut- 
klassen keine  Rede  sein  kann. 

An  der  Darstellung  des  idg.  Ablauts  wird  man  mehrfacii  An- 
stoss  7iehmen  müssen.  So  erfreulich  es  ist,  dass  der  Verf.  die  sach- 
g-emässen  und  präzisen  Xanien  A'oll-'  und  Schwinidstufe'  ang'c- 
nonniien  hat,  so  sehr  befremdet  es,  dass  er  die  kaum  g'ewonnene 
Klarheit  sofort  wieder  zerstört,  indem  er  als  dritte  Stufe  zwischen 
beiden  eine  'Tiefstufe'  einschiebt.  Was  soll  der  auf  die  Theorie 
vom  vorwiegend  musikalischen  Akzent  der  Urs])raclie  zugeschnit- 
tene Xanie  neben  den  beiden  andern,  doch  nach  ganz  abweichen- 
ilen  l^rinzipien  g«'bildeten?  Die  drei  Stufen  Kauffnianns  sind  zu- 
<iem  gar  keine  koordinierten  (Grössen,  sondern  der  zweiten  und 
dritten  Stxife  ist  der  ersten  geg-enüber  das  g-emeinsam,  dfiss  sie 
Spuren  einer  Reduktion,  eines  (4)uantitätsschwundes  an  sich  trag'en. 
Dieser  Schwund  hat  bei  der  zweiten  Stute  zu  Schwa,  bei  der  clrit- 
ten  zu  Null  gefülu-t.  Man  nniss  deshall)  folgendes  Schema  auf- 
stellen : 

1.  \ollstule. 

•2.  .Schwundstufe. 
a)  Schwastufe. 
1)1  Nullstufe. 

Wenn  der  \'t'rfa>scr  sich  wi'iterhin  auf  eine  Krkläniug  des  (juan- 
titativen  Ablauts  einlässt,  und  e  a  o  durch  Hoch-,  Mittel  iind  Tief- 
ton aus  einem  einheitlichen  Urvokal  entstehn  lässt,  so  wird  man 
diesen  nu'hr  als  kühnen  Konstruktioncui,  die  den  Unterschied  aller 
Ablautreihn  aufheben,  nur  mit  sehr  gemischten  Gefühlen  in  einem 
Ulen)entarbuch  begeg-nen.  Tn  dieser  Frage  wäre  ein  Ij/nonimttshvssor 
am  Platze  gewesen  als  bei  der  Dehnstufe.  Dabei  will  ich  g'anz 
«lavon  absehn,  dass  es  den  unbefangenen  Leser  verwirren  muss, 
wenn  er  ]ilötzlich  von  '  tiettonigen'  Silben  in  einem  ganz  andern  Silin 
sprechen  hört  als  kurz  vorher  von  tiefstufigen'.  Auch  die  likti- 
ven  Wurzelablaute  auf  S.  K!  vermisste  man  gern;  sie  geben  weder 
ein  klares  noch  auch  überhaupt  ein  korrektes  Bild  von  den  ülier- 
lieferten  Thatsachen. 

S.  17  Anm.  3  ist  h  in  iebara  fälschlich  als  Vertreter  eines  idg. 
/.'■  bezeichnet;  armen,  leord  erweist  idg.  b.  Vgl.  H.  Hübsclnnann 
Armen.  Studien  1  32  \\\u\  Chr.  Bartholomae  Studien  zur  idg.  Sprach- 
jjeschichte.  11  13.  —  .S.  IJ».  Dass  Sievers'  Gesetz  vom  Schwuinle  des 
j  in  der  (Gruppe  j/r  an  Kndbetonung-  geknüpft  sei,  ist  irrig,  soweit 
die  Entwicklung  von  idg.  t/'h,  (jhij  in  Betracht  kommt.  — 

Die  Darstellung  des  got.  Vokalismus  scheiiit  mir  trefflich  ge- 
lungen. Zu  meiner  Freude  kann  ich  in  wesentlichen  Punkten  mit 
Kauffmann  —  andern  Forschern  gegenüber  —  übereinstimmen. 
.\bweiciien  muss  icli  nur  darin  von  ihm,  dass  ich  ausser  in  Fremd- 
wörtern und  in  der  noch  vielfacii  dunkeln  Reduplikationssilbe  nir- 
gends iiaupttoniges  <ii  tiii  als  (v  a  lesen  möchte.  —  In  der  Fassung 
verunglückt  ist  ^  .'57,  der  die  got.  Konsonanten  aufzählt,  olnn-  dass 
man  recht  erkennen  kann,  ob  nach  icin  orthograpliischen  oder 
nach  phonetischen  Gesichtspunkten.  Manches  jihonetische  ist  herein- 
gezogen, doch  fehlen  merkwürdigerweise  ganz  die  stimmhaften 
Spiranten!    -    In  der  Annahme,  got.  j  sei  spirantisch  gewesen,  stimm 


Unsere  Uiiiiiangsprac'Iie.  209 

ieli  mit  Kaiiff'mann  übereiu;  nur  vermag- ich  nicht  abzuselui,  wie  der 
Verf.  beweisen  avüI,  dass  zwischen  Vokalen  noch  /'  bestanden  habe.  — 
Bei  ir  liätten  die  Untersncliungen  Jellineks  nnd  van  Heltens  Be- 
rücksichtigung,' \erdient.  Sie  scheinen  mir  spirantische  Aftektion 
erwiesen  zu  haben.  —  Keine  Anhaltspunkte  find  icli  für  den  be- 
liebten Ansatz  silbischer  Nasale  und  Li«(uiden  in  Endsilben.  —  S.  17: 
p  ist  postdentaler,  nicht  interdentaler  Spirant  gewesen,  \g'l.  W. 
Braune  IF.  ]V  :ni  ff. 

Williclm  Stveitlx-rg-. 


Unsere  Uiui^auüfsprache  (1)  in  der  Eigenart  ihrer  Satzfüguiig 
dargestellt  von  Hermann  Wunderlieh.  Weimar  und  Berlin 
Felber  1894.  XV  und  27 1  S.  4,r)0  M.  In  Leinwand  gel).  5,50  M. 
Der  Verfasser,  dem  Avir  eine  anregende  ausführliche 
Untersuchung  über  den  deutschen  Satzbau  verdanken,  be- 
handelt in  dem  vorliegenden  Buche  die  Eigenheiten  der  Satz- 
fügung in  unserer  deutschen  Umgangssprache  im  Gegensatz 
zur  Schriftsprache,  Man  empfängt  von  demselben  nicht  wie 
von  Jenem  ersten  den  Eindruck  einer  reifen,  allseitig  klar 
disponierten  und  durchgearbeiteten  Leistung.  Wertvoll  in 
erster  Linie  ist  es  als  reiche  Materialsammlung,  wertvoll  dann 
auch  durch  eine  ganze  Reihe  brauchbarer  und  guter  f^inzel- 
beobachtungcn  und  Bemerkungen:  dagegen  lässt  die  Dispo- 
sition und  Verarbeitung  sowie  die  historische  Auffassung  oft 
zu  Av ansehen.  Freilich  war  es  ja  auch  kaum  zu  erwarten, 
dass  eine  derartige  Untersuchung  so  gleich  auf  den  ersten 
Anhieb  vollkonnnen  gelingen  konnte.  Der  Stoff  ist  in  sechs 
Kapitel  geteilt:  Rede  und  Schrift,  Eröffnttugsformen  des  Ge- 
sprächs, sparsamer  Zug  in  der  Umgangssprache,  verschwen- 
derischer Zug  in  der  Umgangss])rach(^  Tauschwert  unsrer 
Formen  und  Fornnln,  Altertündiehkeit  der  Prägung.  Mir 
scheint  namentlich  «las  l'rinzip  des  dritten  ttnd  vierten  Ka- 
pitels viel  zu  logisch  und  l)ewusst-abstrakt,  wenn  man  spraeli- 
historische  Zusammenhänge  fordert.  Den  Inhalt  der  einzelnen 
Kapitel  hier  referierend  wiederzugel)en  ist  bei  der  Beschrän- 
kung des  Raumes  ein  Ding  der  Uinn()glichkeit:  "eine  Auf- 
zählung der  gewonnenen  Resultate  würde  fast  einem  in-uen 
Durchwandern  gleichktnnmen "  sagt  Wundedich  scH)st  S.  261). 
Mit  Recht  hat  der  Verfasser  seinen  Beobachtungen  vnr  allem 
die  moderne  Litteratur  zu  Grunde  gelegt,  in  derein  geradezu 
innnenses  Material  geboten  wird.  Die  Frage  von  methodischer 
Wichtigkeit,  ob  hier  alle  Dichtungcni  als  schlechthin  gleicJi 
betrachtet  Averden  können  oder  ob  Rangunterschiede  in  Bezug" 
auf  die  Treue  der  Spiegelung  unsrer  Umgangssprache  zti  kon- 
statieren sind,    ist  kaum  gestreift :    ich  bekenne   <lie  Behaup- 


210  Mittoiluii<;-«-'ii. 

tuii^-  S.  14,  dass  der  Stil  in  Gerliart  Ihiuptmaims  'Einsamen 
Menschen'  von  den  Nachwirkungen  der  Lektüre  getränkt  sein 
sein  soll,  ebenso  wenig*  zu  verstehen  wie  den  Satz  S.  158 
über  die  'Manier'  in  Hauptmanns  Dialog,  die  ich  viel  eher 
bei  Max  nall)e  finden  könnte.  Besondre  Beachtung  finden 
dann  verdientermaassen  die  mundartlichen  Fügungen,  in  denen 
''nach  der  syntaktischen  Seite  ziemlich  dieselben  Kräfte  thätig- 
sind"  wie  in  der  Umgangssprache  (S.  X). 

Merkwürdig-  berührt  S.  XI  das  Eifern  g"egen  das  s  in 
der  deutschen  Nominalkomposition,  das  nach  Wunderlich  teil- 
weise 'überflüssig',  teilweise  'einfach  falsch'  ist:  dann  sind 
schliesslich  alle  Analogiebildungen  mehr  oder  weniger  falsch. 
"Wo  uns  eine  gute  alte  Gewohnheit  ungerecht  abgesprochen 
wird,  reizt  uns  der  Tadel  nur  noch  stärker  an  ihr  festzuhalten" 
sagt  der  Verfasser  S.  199.  —  Zu  der  S.  186  besprocheneu 
Verwendung  von  frei  stelle  ich  vermutungsweise  als  weiteres 
Beispiel  essen  und  frinJcen  frei  Urfaust  oöl.  —  S.  95  Zeile  15 
lies  'Einsame  iMcMischen'  statt  'Jugend'. 

Weimar.  AI  Viert  Leitzmann. 


Die  niittel-  und  iieuirriecliisclie  S|na(Uforschuii2:  (iiiit 
Eiiischliiss  der  Koivii)  in  den  .lalireii  189'^     ISU."). 

Seit  der  Zeit  iiu-iucs  er.steu  Bericliti's  über  die  ncugriecliiscliou 
Studien  1)  ist  die  Beschäftigung-  mit  dem  Mittel-  und  Neugriechischen 
entschieden  in  aufsteigender  Bewegung  ])egntten.  Die  von  nur  aus- 
gesprocheiic  Hoffnung,  dass  der  Dilettantismus  gegenüber  metho- 
discher Arbeit  zurücktreten  werde  (Anz.  I  \'>ö),  ist  niclit  eitel  ge- 
wesen, und  so  hat  die  Erforschung  der  neugriechiscluMi  Sprach- 
g-escliiclite  nicht  nur  quaiUitativ,  sondern  \  or  allrni  (jualitaliv  ge- 
wonnen. 

T. 

Ich  ueniH'  zunächst  eini;i-e  hUdioärraphisi-ho  Hilfsmittel,  welche 
hierher  ^chöriue  Litteratur  verz»'icliiien :  so   iiat    I'.siehari   in  seineu 


1)  Anzfi-er  I  ".S  ff.  140  ft".  Ich  scliiii-ssi'  zeitlich  daran  an, 
wobei  ich  zujiieich  solches  aus  1S;>0  und  ISHl  l)rin-:e,  was  nur  erst 
nachtriijiüch   l)ekannl   wurde. 


Mirteiluiiii-on.  211 

nachher  iiocli  zu  erwähnenden  Etudes  S.  C'XXI — CC'IIT  ein  reiches 
hibliographisclies  Verzeichnis  geg'eben,  das  zuii'leich  dazn  bestimmt 
ist,  dem  'deliutant'  ratend  zur  Seite  zu  stehen;  über  einige  Mäng-el 
dieser  Bibliog'rajiliie  habe  ich  bereits  a.  a.  O.  (Anz.  V  G3)  gesprochen. 
Soweit  Reisewerke,  EthnogTaphie  und  Geographie  der  griechischen 
Länder,  sowie  Volks-  und  Landeskunde  einzelner  Teile  in  Betracht 
kommen,  berichtet  darüber  in  peinlich  gewissenhafter  Weise 
()berhun)mer    Bericht   über  Geographie   von  Griechenland.     Bur- 

sians  Jahresber.  ISOl  LXIV  .3S9  If.  LXIX  251—286. 
Die    weit   zersplitterte    geographische  Litteratur    der  Griechen    seit 
ISOO    hatte   schon    1889  MiiXiapuKic   in   einein   höchst   dankenswerten 
Buch  zusannuengestelit  (NeoeWrjviKii  •fe'JUTpaqP'Kil  (pxKoXo-fio.).  Dazu  giebt 
B.  A.  MucxaKibiic  NeoeWiiviK)!  -feuifpacpiKn  cpiAoXoYia  .  .  .  Kpiceic.  Aiop- 

ftu)C6ic.    TTpoc9r-|Kai.    Konstantinojiel     Druck     der    Zeitung    NcöXofoc 

1890. 
eine  nicht  unbeträchtliche  Zahl  von  Berichtigung'en  und  Nachträgen. 
Vom    sprachlichen  Standpunkte  aus   ist  jedoch   am   wichtigsten   die 
nahezu  erschöpfende  Bibliographie  von 
G.  jNIeyer  Neug'riechische  Studien.     L  Versuch  einer  Bibliographie 

der  neug-riech.  ^lundartenforschung".     Sitz.-Ber.  der  Wiener  Akad. 

d.  Wiss.   Phil.-hist.  Kl.  CXXX  (1894)  No.  4.K 
Die  Einleitung"  orientiert   auch  über  die  Geschichte,   die  Aufgaben 
und  Methode  der  neugriechischen  Sprachforschung*.     Einen  gleichen 
Zweck  verfolgte  meine  eig'ene  kleine  Studie: 
A.  ThxTmb  Die  neug'riechische  Sprache.    Eine  Skizze.    TVeiburg"  i.  B. 

.1.  C.  B.  I\Iohr  1892.     36  S.2). 
Meine  Litteraturang'aben  haben  den  Zweck,  mit  den  wichtig'eren  Er- 
scheinungen des  Gebietes  bekannt  zu  machen.     Aufgaben  und  Me- 
thode der  neiigriech.  Philologie  wurden    in  besonders    eingehender 
Weise  von  Psichari  behandelt  in  der  Einleitung  seines  Buches: 
Etudes  de  Philologie  neogrecque.    Kecherches  sur  le  developpement 

historique  du  grec.  Paris  Bouillon  1892.  CCXI,  377  S. 
Da  ich  die  Anschauungen  des  Verf.  in  der  Rezension  des  Buches^) 
bereits  bes{nochen  habe,  so  kann  ich  midi  auf  den  kurzen  Hinweis 
beschränken,  dass  Psichari  in  seiner  Einleitung  die  von  Hatzidakis 
geübte  .Methode  zurückzuweisen  siicht.  um  seiiu^  eig'ene  Ansicht 
zu  begründen:    es   handelt   sich    im    wesentliclien    immer   noch    Tim 


1)  Rezensionen:  A.  'riiuiiib  Lit.  Ontrall)!.  1H94  Sp.  1736  f. 
Krumbacher  Berl.  i)hil.  Wschr.  IWH,  1042  fW       , 

2)  Ausser  den  Anzeiger  11  147.  213  genannten  Rezensionen 
noch:  G.  Mever  Anz.  II  28  f.  Hanna  Zeitschr.  f.  d.  österr.  Gvmn. 
1893  S.  125  f.'  Berl.  phil.  Wschr.  1893.  313  f.  H.  Zimmer  N.  V^ü- 
Rundschau  1893  S.  29  f. 

3)  Anz.  V  60—66.  Weitere  Rezensionen:  F.  luiTripicibiic  'Ecria 
1893  (I)  170  ff".  T.  Reinach  Revue  des  Etudes  gr.  VI  (1893)  140—142. 
K.  Buresch  Lit.  Centralbl.  1893,  954—956.  Mever-Lübke  Bvz.  Zeitschr. 
II  617—619.  V.  Oblak  Arch.  f.  slav.  Philo).  XVI  309  f.  A.  Laskaris 
D.  Litt.-Zeitung  1895,  7—10. 


212  Mitteilungen. 

den  alten  Streit  über  die  sprachliche  Verwertimi:'  inittelgriechi- 
sclier  Texte ^),  ein  Streit,  der  sich  leider  mir  noch  mehr  ver- 
scliärft  hat 2). 

Hatzidakis  hat  seine  Methode  und  die  Sunniu-  seiner  For- 
schunji'cn  in  der  "Einleituni>'  in  die  neuji'riech.  Grammatik"  dar- 
iicleyt;  ich  werde  das  Buch  unten  nochmals  zu  erwähnen  hahen 
und  führe  hier  eine  kleinere  Schrift  an.  welche  in  kurzen  Zü^eu 
AVert  und  Aufgalien  der  neugriechischen  Sprachwissenschaft  be- 
im ndelt: 
XarZiöäKic  "EKÖecic  -rrepi  tOjv  eic  t6v  y^iwcciköv  fciaYU)vic|növ  toü  ZuWö- 

Toi)  Koparj  uiroßXiTBevxiuv  irovriiiiÜTiuv.     Athen  1892.     S.  1 — 17. 

H.  betont  die  selbständi^-e  Bedeutung'  der  neugriech.  Sprach- 
entwicklung-,  die  um  ihrer  selbst  studiert  werden  muss,  nicht  etwa 
bloss  deshalb,  Aveil  sie  manch  altertümliches  Sprachjiiit  enthält  oder 
g-ar  deshalb,  damit  sie  als  Aus<iani:sinud<t  für  die  Erlcrnunji'  d(vs 
Altgriechischen  diene.  Dass  H.  natürlich  auch  die  Dienste  zu 
schätzen  wei.ss,  welche  die  neugriechische  Sprache  der  Aufhellung 
und  Ergänzung  altgriechischen  Si)rachgutes  zu  leisten  vermag,  i.st 
.selbstverständlich;  er  hat  dies  öfters  an  konkreten  Fällen  gezeig't 
(zuletzt  'Aenvä  VI  141  ff.).  Psichari  hat  dies  ebenfalls  Aviederholt 
betont  (Etudes  S.  MIT,  X  ff.  LXXXVII  :U57  tt'.).  Ferner  handelt  der 
Aufsatz  von 
H.  C.  Muller  Cobeti  de  lingua  neograeca  iiulicium.    EWfk  1\' (1S92) 

170—190. 
wenig-er  von  Cobet  als  von  der  Wiehtigkeit  divs  Neugriechisehen   für 
altg'riechische  Philologie  —  freilich  ohne  Tiefe. 

Über  Einzellioiton  zur  (»escliichte  der  iieiiarriocli.  Studien  vor 
1800  unterrichten: 
Amenduni    Di  alcuni    particolari    della   vita    letteraria    di   Simoui 

Porzio  incerti  o  ignoti  iinora.     Neapel  1890.     20  S. 
<Jmont  Le  glossaij-e  grec   de  Du  Cange.     Lettres  dAnisson  ä  Du 

Gange  relatives  ä  limpression  du   glossaire  (1082— 1()88).     Re^ue 

des  Et.  grecciues  V  (1892)  212-249^). 
Die  erste  Schrift  ist  mir  unzug-änglich;  der  Aufsatz  Mtu  Omont  be- 
handelt nach  30  mitgeteilten  Briefen  die  Gescliichte  der  Druck- 
legung des  monumentalen  Glossarium  mediae  et  infimae  graecitatis. 
i'jne  handschriftliche  Grauniiatik  aus  dem  17.  Jahrhundert,  die 
meines  Wissens  srtnst  unbekannt  ist,  wird  von  Psichari  (S.  CLXXIX) 
♦•rwähnt;  sie  1)ehndet  sich  in  der  Pariser  Nationalbibliothek  No.  2604: 
•f4rammatica    linguae   graecae    vulgaris    communis    onnübus 

(iraecis,    ex   <)Ua    ;ilia    artificialis    deducitur    peculiaris    eruditis    et 


1)  Vgl.  Anzeiger  1  48.     Neugriech.  Sprache  7  f.     Anz    a.  a.  O. 

2)  Vg'l.  nu'lne  Rezension  S.  (Ui,  wo  die  Gegenschrift  von  llatzi- 
«lakis  und  anderes  auf  die  Fehde  bezügliche  mitgeteilt  ist.  Nach- 
zutragen ist  noch  die  Erwiderung  l'sicharis  aut  die  Declaration' 
von  .1.  Schmitt  in  der  Kev.  crit.   1894  (I)  90-92. 

3)  Bez.  Im  der   Rcv.   crit.   1892  (TI)  29S  f. 


Mitteilungen.  213 

studiosis,   per  Patrem  Jionianuni  Nieephori,    Tliessnlonieensem 

iMacedonem.     (80  Folioseiten. i 

BiographivSehe  Scliildemngeu  einiger  neuerer  Hellenisten  und 
Pliilhellenen  (Es>-ger,  W.  Waii'ner,  Saint-Hilaire)  finden  sich  in  den 
AiaX^Eeic  Kai  (iva,uvi'-ic6tc  von  A.  BiK^A.ac  (Athem  1893). 

(jber    die   Etlinogrrapliie   des  Balkan'),    die   nicht    nur   in   i>:e- 
schiclitlicher  und    politischer,    sondern   auch    in    sprachlicher  Bezie- 
liung-  wichtig-  ist  (vgl.  Anz.  1  39  f.),   orientiert 
Th.  Fischer  in  der  Länderkunde  von  Europa,  herausg'.  von  Kirch- 

hofl',  S.  143—159   (S.  144  ein  ethnographisches  Kartellen)  und  (im 

l)esondern  über  Griechenland)  vS.  2G1— 264. 
Derselbe  Verfasser  hat  darüber  nochmals,    doch    vom    specieli    poli- 
tischen Standpunkt  g-ehandelt-;. 
Händler   Beiträge    zur   Anthropogeographie    der    Balkanhalbinsel. 

Aus  allen  AVeltteilen.    22.  Jahrg.  (1891)  9.  Heft  und  23.  Jahrg.  (1892) 

5.  Heft 
ist  mir  nicht  zugänglich. 

Anthropologische  (kraniologisclie)  Messungen  sind  l)is  jetzt  nur 
in  g'eringem  Umfang  vorhanden;  der  Aufsatz  von 
A'irehoAv   Alt-  und  neugriechische  Schädel.     Sitzungs-Ber.  d.  Berl. 

Akad.  1893,  (iTT— 700. 
giebt  für  die  Frage  nach  der  Abstannnung  der  heutigen  (4rieclieu 
kaum  ein  neinienswertes  Kesultat.  Die  Hauptsache,  eine  anthropo- 
logische Statistik  nach  Provinzen,  fehlt  noch.  Für  Kerasunt  und 
Umgebung  macht  Neophytos  L'anthropologie  H  25  ft".  (vgl.  Anz.  1 
151)  einige  bemerkenswerte  Angaben:  die  angeführten  Schädel- 
messungen (Brachycephalie)  ergeben  für  Kerasunt  die  Mischung 
einer  subbrachycei)halen  und  ultrabrachycephalen  Rasse.  Dass  hier 
Slaven  nicht  in  Betracht  kommen,  ist  klar.  Uebrigens  wird  die  Ver- 
Avertixng  anthropologischer  Thatsachen  besonders  dadurch  erschwert, 
dass  unter  den  gemessenen  altgriechischen  Typen  bereits  Dolieho- 
cephalie  und  Brachycejihalie  vorkommen,  dass  überhaupt  die  anthro- 
l>oiogische  Beschaffenheit  der  Alten  keineswegs  zweifellos  ist;  ich 
verweise  besonders  auf  Zaborowski  in  "La  Grande  Encyclopedie" 
XIX  282-285  und  Bull,  de  la  Soc.  d'Anthropol.  1894,  115,  wo  die 
alten  Griechen  für  blonde  Dolichocephalen  erklärt  werden.  Vor- 
läufig springt  daher  von  dieser  Seite  nichts  für  die  'berüchtigte' 
Slavenfrage-^)  heraus.  F>ine  treffliche  Darstellung  der  Frage  gab 
Berthelot  in  dem  Artikel '(^rece'  der  ebengenannten  Encyclopedie 
{Paris  Lainiraiüt  ^'  Cie)  XIX   (1893)   292-297;    l)ei   aller  Knappheit 


1)  Im  Berichte  von  S.  Lampros  über  Neugriechenland  in  Ja- 
stroAvs  Jahresber.  XV  3,  250— 2(i4  wird  ethnographisches  kaum  ge- 
streifr. 

2)  Th.  Fischer  Die  geographische  und  ethnographische  Un- 
terlage der  orientalischen  Frage.  Deutsche  Hundschau  1891  S.  121 
—134. 

3)  Eine  Geschichte  dieser  Frage  findet  sich  in  der  noch  a.a.  O. 
zu  nennenden  Schrift  aou  Matov. 


214  ]\IiltciliiiiL;-t'ii. 

sind  (loch  mIIc  MoiiuMitc  bcrücksiohti^'t.  welche  zur  Aut'Iiellun;^'  dieiieii- 
luid  (las  Urteil  des  Verfassers  zeiclinet  sieh  durch  Besonnenlieit  aus. 
(lescliichtliche  und  sprachliche  Uiitersuchiing'en  sind  immer  noch 
die  besten  Weg-weiser.  Die  g-cschichtlicli(>  Seite  ist  behandelt  von 
Biiry  A  history  of  the  later  Roman  Empire.  London  1889.  II  (passim); 
der  Verf.  tritt  wiederholt  den  ilbertreibung-en  Fallmerayers  entge- 
gnen (vg-1.  besonders  S.  4öö  ff.).  In  ähnlicher  Weise  handelt 
R.  Neiimann  Die  Entstehung-  und  die  geg'enwärtig'e  Bedeutung-  des 

neug-riechischen  Volkes.  Prog-r.  Weissenfeis  1894.  26  S.  40. 
von  dem  Gegenstand.  Die  kleine  Schrift  ist  zwar  nicht  selbständig, 
beruht  aixch  nicht  immer  auf  der  neusten  Litteratur,  zeichnet  sich 
aber  durch  besonnenes  Urteil  aus.  Dass  übrigens  Sathas  an  seiner 
Hypothese  immer  noch  festhält,  zeigt  die  Bemerkung  in  der  Mecaau- 
viKi^  BißXioBJiKiT  VII  (1894)  S.  cv'.  Bekanntlich  sind  die  geographischen 
Namen  eine  höchst  Avichtige  Grundlage  für  die  Bestimmung-  früherer 
ethnographischer  Verhältnisse;  für  die  Verg-leichung  der  alten  Orts- 
namen mit  den  neuen  ist  es  daher  notwendig-  festzustellen,  weldie- 
Namen  vor  dem  Slaveneinbruch  im  Gebrauch  waren. 
H.  Geizer  Die  kirchliche  Geogra])hie  Griechenlands  vor  dem  Slaven- 

einbruche.  Zschr.  f.  wiss.  Theol  XXXV  (1892)  419-4.%. 
stellt  aus  einer  Notitia  Episcopatuum  interessante  Namensformen  zu- 
sammen; auch  die  von  de  Boor  Zschr.  f.  Kirciiengesch.  XII  519  ff. 
herausgegebene  Notitia  E])isc.  giebt  in  dieser  Beziehung  Material. 
Freilich  bleibt  unsere  Kunde  über  die  geographische  Namengebung- 
früherer  Zeit  immer  sehr  lückenhaft:  dagegen  stehen  uns  die  heu- 
tigen Ortsnamen  in  reichster  Fülle  zur  Verfügxtng  und  müssten  nur 
gesanniielt  und  bearbeitet  werden.  Ich  habe  versucht,  die  Namen 
der  Landschaft  Zakonien  für  deren  Etlinogra])liie  zu  verwerten,  wnd 
fand,  dass  sie  ebenso  Avie  die  Sprache  reingriechisches  Volkstum  be- 
weisen, Agl. 
A.  Thumb  lieber  die  ethnographische  Stellung  dei-  Zakonen  IF.  R' 

195—213  (mit  Karte)  i). 
Ivcider  Avai-  das  mir  zugängliche  Material  nicht  sehr  j-eichhaltig: 
auf  einer  im  Frühjahr  1894  unternonniienen  Reise  habe  ich  in  der 
Maina  eine  ansehnliche  Zahl  von  Orts-(Flur-)Namen  gesammelt,  die 
mich  in  den  Stand  setzen,  die  ethnographische  Stellung  der  Maniaten 
eingt-hender  zu  Ix-handeln  als  die  der  Zakonen. 

L'^eber  die  Griechen  in  einzelnen  Landschaften  oder   kleineren 
Gebieten  finden  sich  da  und  dort  Notizen: 
A.   I'lii  I  i  |ips(i  li    Dci-  l'eloponnes.     Verstich    einer  Landeskunde  aut 

geoiog.  (irundlage.     IJerlin  1892,  Friedländer  (passim;. 
G.  Deschajups  J^es  Grecs  en  Macedoine  et  en  Crete.     Re\  ue  uni- 

versitaire   1   (1S92)  289—299  (handeil   über  dii-    politische   Lage  der 

bei<len  Länder). 
A.  Philippson  Foi-schungsreise  in  Nordgriechenland.   \'erli.  d.  Ge- 

.sellsch.  f.  Erdkunde  zu  B<'rlin.     XXI  i]S94(  r)2-r.9  (über  die  Grie- 

1)  \'gl.  dazu  (las  Referat  von  Krumbacher  P>yz.  Zschr.  IV  21(>. 


Mitteilungen.  215 

dien   in   Epirus.   S.  (y>   über    den  Berg'stannn  der  Agrapliioten  im 

Findo.s). 
Ciiinet  La  Timiuie  dAsie.  I-III.  Pari;^  1S90— 1«95.  (Kleinasien  und 

Inseln  an  der  Westküste) i). 
TTacxoXibr]c   'Apucv6(piuvoi  'EWiivec  ev  Xoufciuj  Tf\c  MiKpaciac.  'EövoXoYi- 

Kui  cixueuüceic.     Eßboucic  1891  No.  45.    (Handelt  von  den  christlichen 

Bewohnern   des  Dorfes   Xoubi   in   Bithynien,    die    zwar    armenisch 

sprechen,    aber  nach    der   Ansicht    des  Verfassers   in   iliren  Sitten 

und  Oebränclien  Griechen  sind.) 
W.  von  Diest  Von  Pergamon  über  den  Dindymos  zum  Pontos.  Pe- 

termanus  Mitt.     Erg.-H.  No.  94,  1H89  (passim). 
V.  Flott  well  Aus  dem  Stromgebiet  des  yyzyl-Yrmaij  (Halys).    Peter- 
manns Mitt.     Erg.-Heft.    Nr.  114,  189Ö  (passim). 

Über  versprengte  griechische  Reste  im  Süden  Russlands  iiandelt 
0.  BeWiavirpc  'Ecxia  1890(11)273—276;  über  die  Mariupoler  Grie- 
chen vgl.  die  Notiz  von  Brückner  im  Archiv  f.  slav.  Phil.  XVI 
(1894)  253. 

Eine  ganz  auffallende  Entdeckung  will  ein  Engländer,  Beilew, 
gemacht  haben,    dass   nämlich  einige  Stämme  des  heutigen  Afgha- 
nistan  Nachkonnoen    der    dort   seit   Alexander  d.  Gr.  angesiedelten 
gräzisierten  Kleinasiaten  seien.     Das  Hauptwerk 
Beilew  An  Inquiry    into    tlie    Ethnography    of   Afghanistan.     The 

Oriental  University  Institute.     Woking  1891.     208  S.    8» 
ist  mir  trotz  wiederholter  Bemühungen  nicht  zugänglich  geworden. 
Eine  kurze  Notiz  darüber  s.  im  Globus  1892  S.  190:     Nachkonnnen 
der  Griechen  in  Afghanistan.'     Über  einen  Vortrag  von 
Bellew   Surviva  1   of  Greek  words  in  the  Pukhto  Language  of  the 

Alghans 
findet    sich    ein    kurzer    Bericht    in   The  Journal    of  the  R.   Asiatic 
Society.  1892  S.  382  f.  und  Academy  1892  No.  1039  S.  331. 
Bellew  Introductory  Remarks  to  an  inquiry  into  the  Ethnography 

of  Afghanistan.     Imp.  and  Asiatic  Quarterly  Review.  II,  Ser.  II,  4 

S.  2()1— 287 
ist  mir  ebenfalls  nicht  zugänglich. 

Ich  kann  leider  nicht  auf  Grund  des  Hauptwerkes  urteilen: 
aber  aus  den  Auszügen  geht  hervor,  dass  B.  einen  Hauptbeweis 
seiner  Tiiese  in  der  Spraciie  afghanischer  .Stännne  gefunden  zu  haben 
glaubt:  sie  sei  geradezu  "a  degraded  dialect  of  tlie  Greek"  (Aca- 
demy), das  Vocabular  sei  "mindestens  zur  Hälfte,  wenn  nicht  mehr, 
unverändert  griechisch  oder  leichtverändertes  und  schnell  erkennt- 
liches Griechisch"  (Globus  a.  a.  0.).  Dieser  letzte  Satz  hat  mich 
etwas  stutzig  gemacht,  und  ich  kann  ein  gewisses  Misstrauen  nicht 
unterdrücken,  dass  Bellew  das  Opfer  einer  Selbsttäuchung  geworden 
sei.  Auffallend  ist  mir  vor  allem,  dass  in  den  Berichten  kein  ein- 
ziges AVort,   keine   einzige  Form  aus  jenem   merkwürdigen  Dialekt 


1)  Für    die   Zahl    der  Griechen    im   Vilayet  Aidin   und   Kenia 
vgl.  auch  Petermanns  Mitteil.  1892,  Lirteratur-Bericht  S.  455  (Roxigon). 
Anzeifrer  VI  .".  25 


'JK;  Mitteilunj^en. 

zur  Bestätig-img  des  kühnen  Satzes  angeführt  wird.  Die  Entdeekuny 
eines  so  lang:e  ganz  isolierten  griechischen  Sprachzweiges  hätte 
natürlich  sowohl  für  die  altgriechische  wie  für  die  neugriechische 
Sprachgeschichte  eine  Bedeutung  ersten  Ranges. 

Über  di(^  Albanesen  in  Attika  vgl.  Milchhöfer  Deutsche 
Kundschau  XVIII  (18i)l)  207—270;  über  Wlachen  in  Akarnanien 
G.  Woigand  Globus  LSD.'i  S.  85—89;  (über  solche  im  Attika  auch 
Milchhöfer  a.a.O.),  im  Pindos  KpucrdWiic  'Eßöcjudc  18f)l  No.  4—5. 
7-lt.  11  —  12.  15-31. 

IT. 

l'sichari  hat  in  seinen  Ktudes  S.  LXXXVII  ausgesprochen, 
(iass  die  Erforschung  neugriechischer  Volkskunde  nur  geringe  Bedeu- 
tung für  die  Frage  nach  der  Abstammung  der  heutigen  Griechen 
habe,  aber  ich  vermag  dieser  Behauptung  nicht  zuzustimmen,  Aveil 
ich  nicht  zugebe,  dass  Glaube  und  Sitte  eines  Volkes  ein  so  beweg*- 
lielier  und  charakteristischer  Faktor  sei,  um  wie  eine  Waare  von 
einem  ethnologischen  Substrat  auf  ein  anderes  so  ohne  weiteres 
überzugehen.  p]s  ist  zwar  neuerding's  wieder  von  JMilchliöfer  (in 
dem  oben  zitierten  Aufsatz»  beobachtet  worden,  dass  die  Lebensart 
der  heutigen  Bewohner  Attikas,  d.  h.  von  Albanesen,  der  altgriechi- 
schen entspi'eche,  dass  also  griechisches  Volkstum  auf  ein  nichtgrie- 
ehisches  Volk  überti-ag-en  wurde:  aber  hier  handelt  es  .sich  eb(Mi 
um  die  letzte  Phase  des  Hellenisierung'sprozesses,  welchem  die  Al- 
banesen des  KönigTc^ichs  seit  Jahrhunderten  unterliegen,  und  so 
ist  die  Krhaltung'  alter  Art  selbst  in  den  von  fremden  Stämmen 
besetzten  Distrikten  ein  Beweis  für  die  Zähig'keit  griechischer  Xa- 
tionalität,  die  in  erster  TJm'e  nicht  in  körpc^rlichen  Merkmalen,  son- 
dern in  Sprache  und  Volksiel)en  sich  äussert  (vgl.  ^'erf.  Die  neu- 
griech.  Spr.  S.  20 1. 

Der  Zusaniiiienli;ing  zwischen  Mltcm  und  neuem  \'olkstiim 
l)leil»t  immer  ein  llauptgegenstand  der  Forschungen  über  neugrie- 
chische \olkskunde:  der  ethnographische  Wert  solcher  Überein- 
stimmungen ist  ziemlich  allgi-mein  anerkannt,  /..  15.  Jiuch  vom  (tco- 
graphen  Th.  Fischer  (Kirchhotts  Länderkunde  von  Kuropa  S.  2t;i); 
er  liegt  weniger  in  einzelnen  Bezielumgen  zwischen  alt-  und  ni'U- 
gric«-liiscliem  Aolksicben,  als  vielmehr  in  der  Masse  dieser  Uberein- 
.stimmungen,  welche  die  neugriechische  Volksseele  als  ein  in  neuer 
Umgebung  unter  veränderten  Verhältnissen  aufgewachsenes  Kind 
der  Alten  erweisen.  Das  mittelgriechische  Volkstum  ist  das  Mittel- 
glied zwischen  beiden  Phasen;  in  welcher  Weise  das  byzantinische 
Mittelalter  antike  StoH'e  ninbildete  und  so  die  moderne  Form  t-nt- 
wiekelt,  zeig't 

<ioldstaub  Zwei  Beschwiuungsartikel  der  IMivsiologus-Litteratur. 
AbliMiidlungen  Herrn  Prof.  Tobier  dargebracht  (Halle  1805)  355—380 
au  einem  instruktiven  Beispiel  (besonders  S.  .■)71  ff.).  Im  Gebiet  der 
mittelalterlichen  Legende  hat  auf  solche  Zusanunenhänge  K.  TäQac 
neuerding's  aufmerksam  gemacht,  vgl.  MecauuviKii  BißXu)B»'iK)i  \'\l 
(1894)  in   der   Kiideitnng  (passim). 


Mitteilungen.  217 

Das  Schriftclien  von 
•C.    Benoit    La  (irece    .ineieiine    »'•tudit-c    (lan>    la  Greee    moderne. 

Nancy   1892 1) 
hat    zu    diesen  Dingen    keine  Bezieluuig.    wie    man  aus    dem  Titel 
annehmen  könnte.     Dagegen  weist 
K.  Rodd  Tiie  eiistoms  and  lore  of  modern  Greeee.     London  Scott. 

1892.    276  S.  8» 
^uf  den  engen  Zusammenfiang  mit  den  alten  Griechen  hin-j. 

Eine  übersichtliche  Darstellung  neugi-iechischen  Volkslebens, 
die  freilich  niir  das  allerwichtigste  berührt,  findet  sich  in  dem  Buche 
von 
Melingo    Griechenland   in   unsern   Tagen.     Wien   Braumüller  1892 

S.  145-197 '■). 

Volkskundliches  Material  ist  in  verschiedenen  griechischen 
Zeitschriften  zerstreut;  ausser  dem  Anz.  I  42  genannten  AeXriov  ist 
die  Zeitschrift  TTapvaccöc  und  die  belletristische  Zeitschrift  'EcTia  zu 
nennen,  bei  der  die  neugriechische  Volkskunde  ein  Avarnies  Inter- 
esse findet.  Ebenso  hat  die  griechische  philologische  Gesellschaft 
in  Konstantinopel  von  jeher  die  Erforschung  neug'riechischen  Volks- 
tums gefördert  und  in  ihrer  Zeitschrift  Material  veröftentlicht;  lunier- 
■dings  wurde  von  ihr  mit  Unterstützung  eines  reichen  Wohlthäters 
(Zuj-fpaqpoc)  der  erste  Band  einer  besonderen  Serie  herausgegeben, 
die  ausschliesslich  der  Volkskunde  gewidmet  ist: 
ZiuYpöqpeioc  'Ayiwv   liroi   luvr^eia  Tr|C  eX\.  dtpxaiöxriToc    Ziiüvta  ev  xu) 

vüv  eWriviKUJ  Xaüj.  Töfaocä  '.     Konstantinopel  1891.    445  S.    4^*). 
Der   Band    enthält  ausser   rein    sprachlichem  Material   Volkslieder, 
jibei-gläubische  Vorstellungen,   Märchen,    Sprüchwörter,   Fluch-  und 
Segensformelu ,    Sitten   und    Gebräuche    aus    Epirus,    Synu',    Telos, 
Karpathos.  Nisyros,  Ikaros. 

Sitten    und   Gebräuche,    Aberghiul)e   und   Volkslitteratur    der 
griechischen  Frauen  werden  behandelt   von 
Lucy  Garnett  The  women  of  Turkey  and  their  folklore.     1:  The 

Christian  Avomen.     London  Nutt  1890.     LXXVIII,  382  S.-'). 
N.  0.  Dossios  Der  Aberglaube  bei  den  heiUigen  Griechen  (seinem 

Ursprung  nach).     2.  AuÜ.     Galatz  Schenk  1894.    24  S. 
ist    vermutlich    eine    erweiterte   Neuaufiage    der    in    P'reibnrg    ls78 
(16  S.)    zum   ersten    Mal    erschienenen    Schrift,    welche    eine    kurze 
Übersicht  über  die    abergläubischen  \'orstellungen    des   neugriechi- 
schen Volkes  yiebt. 


1)  Rez.   A  ou   F.   Baumgarten    Berl.    pliil.  Wsclir.   lS9o  S.  o73  f. 
2^  Carlsen    Globus    1892    S.    158  f.    Tozer    Academy    Xo.    1042 
iiiul  1043. 

3)  Rezensionen  des  lesenswerten,  wenn  auch  keineswegs  tiefen 
tmd  o-ründlichen  Buches  von:  Philippsoii  Ausland  1892  S.  592.  Lit. 
Oentralbl.  1893,  640  f.  L.  K.  in  der  Allg.  Zeitung  1892,  Beilage  v. 
20.  Juli,  Bürchner  Glol)us  1892  S.   126  f. 

4)  Rez.  von  Ph.  Mever  Theol.   Lit.-Zeitung  1892  S.  496—498. 

5)  Rez.  von  Kirchhoff,  Feterm.  Mitteil.,  Lit.-Ber.  1892  No.  677. 


218  Mitteilung-eii. 

Reiches  Material   strömt   aus   einzelnen  Landschaften   zu;    so- 

handelt  über  Sitten  auf  Cefalonia 

'H.  TciTC^X^c  'EBiua  ev  Keq)aXXt-ivia.  TTapvüccöc.  XV  (1893),  XVII 
(1895)  429  ff., 

über  Volksüberlieierung"  in  Coiistantino])!'! 

Carnoy  et  Nicolaides   Traditions  populaires  de  C  ple   et   de  ses 
environs.     Contributions  au  folklore  des  Turcs,   Chretiens,  Arme- 
niens, li-e  Serie.     Abbeville  Fourdrinier  &  Cie.  1892.    39  S.  8». 
Aus  Sage  und  Gebräuchen    eines   epirotischen  Dorfes   macht 

einig-e  Ang-aben 

K.  KpucTciWiTC  'HTTeipujTiKai  avuuvriceic:  TpaiLifaevoxiupia.  'Ecxia  1894, 
212-21.Ö. 

Volkskundlifhen  Stot^'  (Sitten  und  Gebräuche)  scheint  auch 

A.  K.  TTairacTaüpou  'H  Zixca,  yeaiTpctqpiKyi  Kai  icTopiKri  -rreprfpaqpi?!  rrjc 
KuiLioTröXeoic  TaOxric  Tf|c  'Hirei'pou.     Athen  1895.    61  S.  8" 

zu  enthalten,  vgl.  'Ecxia  1895  S.  159. 
Über  Folklore  von  Lesbos: 

Georgakis  et  Pinean  Le  Folklore  de  Lesbos.  Paris  Maison- 
neuve  1894.  XX,  373  S.  IG«.  (Vgl.  auch  Revue  des  Traditions 
populaires  VIII  (1893)  No.  6.) 

Zu  den  dort  veröffentlichten  Märchen  sind  die  Anmerkungen 

von    Po  litis   in    der    Rezension    des   Buches    'Ecxia  1895  S.  19—21, 

28—29  und  von  Tozer  Academy  1895,  396  f.  zu  vergleichen i). 

Einige     abergläubische     Vorstellungen     der     Bewohner    von 

Naxos  erfahren  wir  von 

M.  'I.  MapKÖTToXic  NaEiaKoi  TTpoX>iv^;eic.  Ecxia  1895  S.  78  (über  Fluch, 
Krankheit,  Tod  u.  a.). 

Über    das  Volksleben  von   Kreta    finden    sich  Bemerkungen 

und  Beobachtungen  eingestreut  in  dem  Buche  von 

Klpis  Melena  Erlebnisse  itnd  Beobachtungen  eines  mehr  als  20- 
jährigen  Aufenthalts  auf  Kreta.  Hannover  Schmorl  und  von 
Seefeld  1892  2). 

Der  Anhang  des  Buches  enthält  Volkslieder  und  Sagen  (in  deutscher 

Übersetzung). 

Das  Volksleben  auf  Ikaros  behandelt 

"E.  Ixaiaaxicibiic  MnapiaKä  rixoi  icxopia  Koi  ircprfpaq'n  Tf\c  vi'icov)  Iko- 
piac.     Samos  1893.     (160  S.    8<')  S.  96—1193), 

er   bringt   manclu;   interessante  Einzelheit;   auf  das  Buch  werde  ich 

gelegentheh  der  Dialektlitteratur   nochmals  und   genauer  eingehen. 
Über  Cypern: 

M.  Ohnefalsch-Richt  er  Parallelen  und  Gebräuche  der  alten  und 
der  jetzigen  Bevölkerung  von  Cyperu.  Verhandl.  d.  Berl.  Ges. 
für  Anthrop.,  Ethnol.  und  Urgesch.  1891,  34—43. 

Verf.  zeißt  den  Zusammenhang   d'^r  alten  und   heutig:en  Bewohner 


1)  Weitere  Kez.  von  H.  IVrnot  Rev.  crit.  1895  (I)  403  f. 

2)  Rez.  von  Th.  Fischer  Ausland  1891  S.  1039. 

3)  l{ez.  von  G.  Mever  Bvz.  Zschr.  IV  152. 


Mitteilungen.  219 

im  Fortleben  alter  technischer  Übung-  auf  dem  Gebiete  des  einhei- 
mischen Kunstgewerbes  (Gefässe,  Flechtarbeiten).  Derselbe  Verf. 
hat  auch  in  seinem  mir  unzug'äng'iichen  Werke  'Kypros,  die  Bibel 
und  Homer'  (Berlin  1893)  und  in  der  Osterr.  Monatsschr.  f.  d.  Orient 
189Ö  Heft  9  Mitteiiung-en  über  moderne  Sitten  und  Gebräuche  auf 
der  Insel  gemacht.  L'ber  den  2.  Band  der  KurrptaKd  von  XaneWäpioc 
werden  Avir  unten  handeln. 

Einige  interessante  iNIitteilungen  über  das  Volksleben  im  Ge- 
biet von  Kerasunt  (Pontos)  giebt  A.  (i.  Neoi)hytos  L'Anthro- 
pologie  I  (1890)  688  ft". 

Das  Buch  von  Cuinet  (s.  obeni  bietet  für  Volkskunde  im 
engeren  Sinn  fast  keine  Ausbeute;  merkwürdig-  ist  nur  eine  Notiz 
ül)er  Kos  (1433),  deren  Richtigkeit  ich  freilich  nicht  kontrolieren 
kann:  die  Mädchen  Avählen  selbst  den  Gatten;  wenn  die  älteste 
Tochter  heiratet,  tritt  ihr  der  Vater  das  Haiis  ab:  nur  die  ^lädchen 
.sind  erbberechtigt.  Es  ist  gerade  bei  einem  so  auffallenden,  son- 
stigen Verhältnissen  so  entgegengeset/ten  Brauch  sehr  zix  bedaxu'rn, 
dass  der  Verfasser  keinerlei  Angabe  darüber  macht,  woher  er  seine 
Kenntnis  hat.  Aus  Syme  berichtet  A.  Xaßiapäc  '0  ev  K'-rröXei  'EW^v. 
<t>i\o\.  "LvXKojoc  XXV  155  flf.  einen  ähnlichen,  aber  doch  weniger  auT- 
fallenden  Bi-auch  über  die  Erbberechtigung  der  Töchter. 

Wie  weit  die  Aorwiegend  dem  Altertum  gewidmete  Schrift  von 
EüaYTcXi&ilc  TTepi  xiuv  Kmvüjv  TroXiTeiac.     Athen  1892 
Sitten  und  Gebräuche   in  der   heutigen  Stadt  Kios  (türk.  (Thendek 
am  Marmarameer)  behandelt,  ist  mir  nicht  bekannt'). 

Über  Einzelheiten  neugriechischen  Volkslebens,  sei  es  ver- 
gleichend aus  einem  grösseren  Gebiet  oder  nur  beschreibend  aus 
einer  bestimmten  Gegend,  geben  eine  Keihe  von  Monograjihien 
oder  weit  zerstreuten  Notizen  Auskunft;  hier  kann  ich  jedenfalls 
nur  einen  kleinen  Bruchteil  dessen  geben,  was  wirklich  an  den 
verschiedensten  Orten  zu  linden  ist.  Doch  glaube  ich,  dass  mir 
-wenigstens  an  selbständigen  Monographien  über  einzelne  Seiten 
-des  Volkslebens  nicht  allzu  viel  entgangen  ist.  So  sei  zunächst  ein 
Beitrag-  zur  Trachtenkunde  erwähnt: 

'A.  MriXiapüKtc  TTepi  cpeciou.  Ectio  189."»  (11)  113— 115.  141  f.  145—148, 
Avo  ausser  dem  im  Titel  angegebenen  Thema  (über  den  Fes)  iiUeres- 
sante  Bemerkungen  über  Namen  der  Stoffe,  über  Kleidungsstücke 
und  ihre  Bearbeitung-  sich  linden.  Aus  dem  Gebiet  des  \'olksg!au- 
bens  nenne  ich  an  erster  Stelle: 
N.  r.  TToXiTiic  AiT)uuübeic  KOC,uoToviKoi  |uüBoi.     Athen  1894.     51  S.-). 

Der  \erf.  analysiert  die  neugriechischen  Volksvorstellungen 
über  die  Entstehung  der  Welt  und  erläutert  die  einzelnen  Züge 
derselben  durch  Heranzieliung  reichen  und  von  grosser  B.elesenheit 
zeugenden    mytliologisclicn   Materials    der    verschiedensten   Völker; 


1)  Aus   der    Kez.    aou   T.    K.    in    der   Kca'.    des    Etiides  gr. 
(1892)  377  kann  ich  in  dieser  Beziehung  Avenig  entnehmen. 

2)  Rez.  von  H.  Steuding  Binl.  phil.  Wschr.  1S95.  1270. 


220  Mitteilungen. 

am  interessantesten  ist  natürlich  die  Vergieiflniny-  mit  aitgrieclu 
AnKehauiin::'en :  hier  wird  naehg"e\viesen,  dass  der  Hesiodeischen 
Tlieogonie  ähnliehe  \'orstellung'en  wie  die  des  neug-riech.  Volkes 
zu  Grunde  lieg'en  und  daher  jene  aus  diesen  erklärt  werden  können. 

Über  die  Sehieksalsg'öttinnen  vg'l.  meine  eigene  Studie: 
A.  Tliunib  Zur  neugrieehisciien  Volkskunde  ].     Zeitsehr.  d.  Vereins 

f.  Volkskunde  IJ  (1802)  12.3—134. 
Über  die  uoipa  finden  sieh  aueh  einige  Bemerkung-en  bei  .1.  Schmitt 
AeXTiov  Tr|c  icrop.  xai  e9vo\.  traipeiac  W  294  tt'.,  sowie  ib.  .S.  301  über 
Eros  im  neugriechischen  Volksglauben. 

Mit  dem  Dämonenglauben  hängen  Mantik  und  Magie  /.usain- 
n»en;    über   das   erstere    ist  Aon    mir   in    zwei  Aufsätzen    gehandelt 
worden: 
A.  Thumb  Zur  neugriech.  Volkskunde  IL  a.  a.  O.  S.  28r)— 293.   ITI 

ib.  302— 4 cm;. 

Die  Magie  wird  vom  Volk  besonders  gern  in  den  Dienst  der 
Heilkunde  gestellt:  gegen  die  durch  Magie  (z.B.  bösen  Blick)  oder 
Dämonen  hervorgerufenen  Krankheiten  und  Schädigungen  i.st  da» 
Amulett  das  allgemeinste  Heilmittel;  über  solche  Amulette  aus  der 
byzantinischen  Zeit  vgl. 
Schlumljerger  Amulettes  byzantins  anciens  destines  ä  combattre 

les  maletices  et  les  maladies.    Paris  Leroux  1892.     21   S.  8°. 

Am  meisten  sind  kleine  Kinder  dämonischen  Einwirkungen 
ausgesetzt;  so  berichtet 

ZaßiTCiavöc  Tö  TcaXairdTriuu.      Ecria  1892  (II)  79 
über  den  Aberg'lauben,    dass  Kinder,    die  in  die  Nähe   eines  Toten 
geraten,  selbst  dem  Tode  verfallen  sind. 

Sogar  die  Modekrankheit  Inttuenza  ist  bereits  in  den  Bereich 
des  Aberglaubens  gezogen;   eine  Leg-ende,  worin  sie  als  gespensti- 
sches altes  Weib  auftritt,  erzählt 
Knoop  Die  Influenza.     Zschr.  f.  Volkskunde  III  2öl. 

In    der  Zauberei    spielen    bekanntlich    g*eAvisse    Pflanzen    eine 
grosse  Rolle;  bei 
Asclierson  Die  Sage  vom  (loldkraut.     Zschr.   f.  Ethiiol.  '\'erlKnidl. 

d.  Berl.  Gesell.sch.  f.  Anthropol.)  1893  S.  1(!4  ff. 
wird  auch  der  griediische  Aberghuibe  über  die  Wunderblume  (Xaf.i- 
Trr|bövr])  im  Zusammenhang  mit  dem  anderer  Völker  besprochen. 

\«'rschiedene  magische  Vorschriften  über  Pflanzen,  al)er  auch 
über  Produkte  der  Technik  (Papier,  Tinte)  hat 
N.    r.    TToXiriic    TTaXaiorpaqJiKt'T    cxaxvioXo-fi«    tx    xüiv    (.utfiKiiv    ßißXiiuv. 

Byz.  Zschr.   I  .")rj4— .')7i 
aus  Handschriften  d«^s  1(!.   und   IS.  .lahrli.  ausgezogen. 

Über  wunderthätige  Statuen  im  byzantinischen  Kunstantino- 
pel  handelte  Kirpicnikov  im  Jahrbuch  der  philol.-histor.  Gosell- 
sdiatt  zu  Odessa  1894  (vgl.  Byz.  Zschr.  IV  ()14  ft'.). 

In  das  Gebiet  <ler  Magie  gehören  auch  die  \'er\vünschnngerr. 
(Verffnchungen): 


:\ritteilmiji-en.  221 

B.  Schmidt  Alte  Verwüiisclnuiysloniuln.     Fleckeiseiis  Jahrb.  1891 

S.  ö<Jl  — 57G 
behanrtelt  und  erklärt   antike  Formeln  im  Zusammenhang"  mit  neu- 
g'rieehisohen.    VerAx  ünsehunj>sformeln  finden  sieh  fast  in  allen  Pub- 
likationen volkskundliehen  Stoffes  (s.  o.).     Überdies  vg-1. 
'A.  MapoüAi-jc  HöpKia.  TTapvaccöc  XV  556. 
Material  au.s  dem  Altertum  g-eben 
Heim  Ineantamenta  magica  g-raeea  latina.  Fleckeisens  Jahrl>.  Su)»i>l. 

XIX  (1893)  463—576  und 
Drexler  in  der  Berl.  i)hilol.  Wschr.  1894,  961—966. 

Im  Zusammeidiang'  damit  seien  die  'Fluchmale'  (Steinhaufen) 
erwähnt,  die 
B.    Schmidt    Steiidiaufen    als    Fluchmale,    Hermesheiligtümer    und 

Grabhüg'el  in  Griechenland.  Fleckeisens  Jahrbb.  1893,  369—395 
bespricht:  er  geht  vom  neugriechischen  Brauch  aus  und  verknüpft 
damit  verwandte  Ding-e  aus  dem  Altertum,  die  eing-ehend  erörtert 
werden.  Verf.  zeigt  damit  aufs  neue,  wie  eng-e  altes  und  neues 
Volksleben  zusammenhängen  und  wie  jenes  sehr  oft  durch  dieses 
erläutert  werden  kann. 

Mannig'faltig-er  Brauch  zeigt  sich  an  den  Festen  des  Volkes: 
der  oben  ang-eführte  Aufsatz  von  KpucxdWric  über  fpauugvoxuipia 
enthält  die  Beschreibung-  mehrerer  Feste  (1.  Mai,  Ostern,  St.  Georg-, 
Hinnnelfahrt).  Eine  hübsche  Darstellung-  über  Brauch  und  Aber- 
g'lauben  in  der  Zeit  von  Weihnachten  bis  Dreikönig-  g-iebt 
A.  Braun    Die     Zwölfer'    in    Griechenland.     Vom    Fels    zum   Meer 

1891  (II)  419  ff. 
Über  Weihnachten    auf   Naxos    erzählt    MapKÖ-rroXic    in    der     Ecxia 
1891    (II)   394 — 396,    woran    sich    einig-e    andere    Schilderungen    des 
Festes  (aus  Varna,  Ganochora  in  Thracien  und  Phoiniko  in  Epirus) 
anschliessen  (396—398).     Unzug-äng-lich  ist  mir  der  Aufsatz  von 
Dmitrijewski    Einig-e  ßemerkung-en  über  die   Feier  des  Neujahr 

nach    byzantinischen  Quellen.     8.  russ.  archäol,  Kong-ress  in  Mos- 
kau 1891. 

Nicht  minder  als  Festtag-e  sind  die  Hauptabschnitte  des  nu'nsch- 
liclien  Lebens,  Geburt,  Hochzeit  und  Tod,  im  Volke  durch  eigentüm- 
liche Vorstellungen  und  (iebräuche  gekennzeichnet.  Die  Schicksals- 
g-öttinnen  ((uoipai),  welche  beim  Eintritt  ins  Menscheideben  beson- 
ders thätig-  sind,  habe  ich  bereits  g-enannt.  Sitten,  Gebräuche  und 
Aberg-laubeu  bei  der  Geburt  werden  uns  aus  Mona.stir  (in  Macedo- 
nien)  eingehend  g-eschildert  von 
G.  Sajaktzis    Graekowalachische    .Sitten    und    Geln-äuche.     Zsclir. 

d.  \\  f.  Volksk.  IV  (1S94>  131—148. 

l'her   neug-riech.  lloclizeitsg-ebräuclic    orientiert    in    fesselnder 
Weise 

G.  Meyer  E.ssais  und  Studien   II  (1893)  S.  132  ff. 
Für  Karamanieu   vg-1.  Cuinet  in   dem  g-enannten  Werke  I  810.     Be- 
sonders   instruktiv    ist    die    reichhaltig-e    und    eing-ehen<le    Schilde- 
run <>•  von 


222  Mittoiluiiji-eii. 

TT.  r.    BXucTÖc  'Otöilioc    ^v    Kp^iTi;].    "HOiiKai   e6i|Lio.    Athen  luKeXXoipioc 

1893.  182  S.  S<^. 
Ausfülirlicli  wird  alles  von  der  Werbung"  bis  zur  Nachfeier  (8  Taijfe 
nach  der  Hochzeit)  erzählt;  die  grosse  Masse  der  mitgeteilten  Lieder 
zeigt,  wie  gerade  dieser  Lebensabschnitt  des  Menschen  reichen  An- 
lass  zur  poetischen  Produktion  giebt.  Das  Buch  dürfte  in  seiner 
Art  das  beste  sein,  was  über  den  Stoff  handelt. 

Totengebräuche  bei  den  alten  und  neuen  Griechen  behandelt 
A.    HXiaKÖTrouXoc    NeKpiKoi   TeXexai  irapö  xoTc  dpxaioic   Kai  veuuTepoic 
"EXXnci.     napvaccöc  XV  (1893)  841—855. 

In  Krumbachers  Studien  zu  den  Legenden  d.  H.  Theodo- 
sius  (s.  imten)  werden  S.  341  ff.  die  Totengedenktage  im  Mittelalter 
besprochen,  was  auch  für  das  Verständnis  der  heutigen  Gebräuche 
Wert  liat.  Einem  speziellen  Brauch,  dem  Zerbrechen  von  Gelassen 
hei  der  Bestattung,  ist  ein  Aufsatz  von  Politis  gewidmet: 
N.  r.  TToXiTVic  TTepi  Tfjc  Gpaüceuuc  ÖYTeüuv  kutö  t>iv  Kiibeiav  ( init  engl. 
Übersetzung).  Journal  of  the  Anthro])ologicaI  Institute  XXIII 
a893)  28-41. 

Über    den    unheimlichen  Vampyrglauben    der   heutigen   Grie- 
chen finden  sich  einige  Bemerkungen  bei 

F.  B.  Jevons    Greek   Burial   Laws   and    I^olklore^     Tlie  Clas.s.  Kev. 
IX  247—250. 

TU. 

Die  Entstehung  des  Neugriechischen   (und  seiner  Dialekte)  ist 
schon  seit  Jahren  eine  gelöste  Frage. 
Hatzidakis   F'Jnleitung  in  die  neugriechisclie  Grannnatik.  Leipzig 

Breitkopf  u.  Härtel  1892.  XVI,  464  S. 
fasst  nochmals  die  Beweise  zusammen  für  die  grundlegende  Lehre, 
dass  Mittel-  und  Neugriechisch  aus  der  alten  Koiv»i  stannuen;  in  mei- 
ner Rezension  des  Buches i)  ist  der  Gedankengang  der  BeAveistüh- 
rung-  (Kap.  II  u.  III)  kurz  wiedergegeben.  Ausführlicher  reprodu- 
ziert diese  Anschauungen 
M.  KeqpuXäc  TTepi  Ttv^ceuuc  Tf|C  KaeujMiXrm^vnc  t^ujcciic  Korä  T.  N.  XarSi- 

buKiv.  NeoXö-fou    Eßbonabioia 'ETnöeiupncic.  II.  (Konstantinopel  1892/3) 

S.  5—7.  25—27.  40—48.  G4-G6.  87  f.  12(;  f.  104  f. 
Ebenfalls  in  Anlehnung  an  Hatzidakis,  aber  mit  selbständigem  I'rteil 
orientiert  über  die  gleiche  Sache 

'A.  N.  Ikiöc  H  Ytvecic  riic  veoeXXnviKric  YXuuccric  Ecria  1893  (II)  17— 2L 
Auf  diesem  Boden  steht  natürlich  auch  I'sichari  (zuletzt 
Ktudes  S.  XVIII  ff.  und  a.  a.  O.),  der  übrigens  darauf  aufmerksam 
macht,  dass  sdion  Sojthoclis  in  der  Kinleitung  seines  mittelgriech. 
Lexikons  die  Entstehung  des  Neugriechischen  aus  der  Koivii  be- 
hauptet   habe.     Ts.    vermisst    nur    noch    den    \nllen     urkundlichen" 

1)  Anz.  II  174  —  18."..  Weitere  K«'zensionen:  Lit.  Centralbl.  1892 
Sp.  753  f.  Allinson  The  American  Journal  of  Piniol.  NIV  107--1H. 
MtictaKibnc  im  Kiipur  IV  17.').     Zimmerer  N.  phil.  Knnilschau  189;)  S.  29. 


Mittel  linigon.  223 

Bewois  für  die   Entstehun«;"  des  Noiigriechisehcii,    d.  ii.  die  genaue 
Prüfung-  der  gesanmitcn  Textülnn-Iieferung-.     Daliin  geliört  zunächst 
das  Studium  der  alten  Dialekte  in  ihrem  t/bergang"  zur  Koivj'].     Die 
Arbeit  Aon 
H.    Pernot    Etudes    sur   les    subsistances   dialectales    en    nco-grec. 

(Psichari  Etudes  S.  45-82) 
behandelt  diese  Frage,  jedoch  in  kaum  befriedigender  Weise  (s.  o. 
Anz.  V  Gl);  auf  die  kritische  Vorfrage,  wie  weit  das  Eindringen 
und  das  Überliandnehmen  der  Koivri-Inschriften  (gegenüber  den 
dialektisclieu)  den  wirklichen  Sprachzustand  wiedergebe,  wird  gar 
niciit  eingegangen.  Ich  glaube  allerdings,  dass  im  wesentlichen  die 
Zunahme  der  Koivi't- Inschriften  dem  Schwinden  der  Dialekte  ent- 
spricht, aber  man  kann  a  priori  auch  anderer  Meinung  sein,  vgl. 
G.  Meyer  Berl.  phil.  Wschr.  1893,  214.  Eine  umfassende  Untersu- 
chung- des  l'bergaugs  von  Dialekt-  zu  Koivr|-Inschriften  muss  erst  ge- 
macht Averden,  wobei  die  heutige  griechische  Sprache  als  das  End- 
resultat des  urspüng-lichen  Kampfes  von  Dialekt  und  Koivri  die  Probe 
auf  die  Richtigkeit  des  Gefundenen  abgiebt.  Die  Frage  nach  alt- 
dialektischen Iicsten  ist  in  diesem  Zusanmienhang,  d.  h.  für  das 
riciitige  Verständnis  der  Koivi'-),  von  grösster  Bedeutung.  Solche 
Reste  haben  sich  in  sehr  geringer  Zahl  gerettet,  aber  es  ist  eine 
uietiiodische  Übertreibung,  mit  Psichari  Etudes  S.  XXVI  f.  und 
seinem  Schüler  Pernot  (Etudes  52  ft".)  alle  jene  Spuren  wegdispu- 
tieren zu  wollen. 

Eine  Geschichte  der  griechischen  Sprache  oder  eine  histo- 
rische Grammatik,  welche  die  ununterbrochene  Entwicklung  von 
Koivi],  mittel-  und  neugriechisch  als  Ganzes  darstellt,  ist  noch  nicht 
geschrieben.  Denn  vor  H.  C.  JNIullers  Historischer  Grammatik  kann 
man  nur  warnen,  da  der  Verfasser  im  Dilettantismus  so  ziemlich 
das  höchste  leistet i).  Für  eine  zusannnenfassende  Geschichte  und 
Grammatik  des  Neugriechischen  bietet  das  reichste  und  vielseitigste 
Material  Hatzidakis"  Einleitung  (s.  oben).  Für  einzelne  Teile  die- 
ses Baues  sind  im  Verlaufe  des  Berichtes  noch  verschiedene  Beiträge 
zu  ncnnien.  Eine  Skizzierung  und  Charakterisierung  des  F^ntwick- 
lungsganges  giebt  Hatzidakis  im  Artikel  ""EX\nviK>i  jXwccu"'  des 
Ton  Barth  und  v.  Hirst  in  Athen  herausgegebenen  'EYKUKXoTraifeiKÖv 
AeEiKÖv.  Eine  solche  Ski/.zierung  giebt  auch  mein  oben  erwähntes 
Schriftchen,  ferner 
A.  OiKO vouihiic  TTepi  Tt^c  veuc  tXXjiviKfic   -f^iucoic.     NeoXÖTOu  'Eßfeoua- 


1)  Vgl.  die  Rezensionen  \  on  Krumbacher  \.  [ihil.  Kiindschau 
1892  S.  105-108.  G.  Mever  Berl.  Piniol.  Wschr.  1892,  437—44.'}.  1893, 
24  f.  Hatzidakis  'Ecria  1892  (1)  b(i7.  W.  Schulze  D.  Lit.-Z.  1893,  1383— 
1385.  Thumb  \V.  (Anz.)  II  171.  Die  Erwiderung  des  \'erf.s  EXXäc  IV 
224— 22F)  (auch  V  372)  auf  Krumbachers  und  besonders  G.  Meyers 
allerdings  harte  aber  verdiente  Kritik  liest  sich  wie  ein  funfrei- 
Avilliges)  Eingeständnis  eigener  rnfähigkeit.  Einige  Kritiker,  die 
nicht  tadeln  oder  g-ar  anerkennt-n.  l)i'\\  eisen  nur.  dass  sie  das  Thema 
nicht   beherrschen. 


224  Mittciluiii:-«'!!. 

bwiu  'ETTififiüpiicic.    (Koiistaiitinopcl)  1S93  S.  302-304.  321-324.  ;J43— 

345.  und 
A.  N.  Jamiaris    Spokcn  (Ircelc.    Ancient  and    Modovn.     Contenipo- 

rary  Keview  LXI  (1892)  S.  ö64-r)7ö. 

Kin  paar  Benierkung'en  über  die  neiigriechische  Sprache  lin- 
den sich  auch  bei  ^leling'o  (irieclienland   in  unsern  Tagen   (Wien 
1892)  S.  108  ff.     Der  Aufsatz  ^•on 
W,  Pecz  Die  neugTiccln'sche  Sprache.   Ungarische  Revue  XIV  209 — 

213  (ein  Auszug-   aus    einem    mir    niciit  zugäng'lichen  Autsatze  im 

Krdi'iyi  Museum  X) 
deckt  sich  ungefälir  im  Inlialt  mit  den  Hauptteilen  n)eines  oben  an- 
g-egebenen  Scliriftcliens,  oft  sogar  in   der  Form  des  Ausdrucks,  was 
mir  einigermassen  auffällig  erscheint ;  Litteraturnacinveise  sind  nir- 
g'ends  gegeben. 

IV. 
Die  Entstellung  der  altgriechischen  Koivi't  ist  ein  wichtiges 
Glied  der  kulturhistorisch  tief  einschneidenden  Gesamterscheinung' 
, Hellenismus".  Die  Frage  nach  Entstehung  und  Entwicklung  der 
hellenistischen  Gemeinsprache  (Koivr))  ist  nur  verständlich  auf  Grund 
<ler  Geschichte  und  Kultur  des  sog.  hellenistischen  Zeitalters,  das 
mit  den  Eroberungszügen  Alexanders  d.  Gr.  beginnt  und  abgeschlos- 
sen w(n'den  kann  mit  der  Begründung*  eines  nationalgriechischen 
Staatswesens,  des  byzantinischen  Kaiserreiches.  Die  Ausbreitung- 
der  hellenistischen  Zivilisation  ist  meines  Wissens  zuletzt  von  Mit- 
teis behandelt  worden  (Reichsrecht  und  Volksrecht  in  den  östlichen 
Provinzen  des  röm.   Kaiserreichs.     Leipzig  1892,  S.  17 — 79). 

Die  Gemeinsprache  dieses  Zeitalter.«,  die  Koivrj,  ist  bekanntlich 
aus  der  attischen  Schriftsprache  erwachsen.  Eine  geschichtliche 
Darstellung  dieser  griechischen  Si)rachphase  steht  noch  aus  (vgl. 
Verf.  Die  neugi-iech.  Spr.  S.  28).  Es  sind  noch  keineswegs  alle  die 
Zugangskanäle  klar  aufgedeckt,  durch  welche  dem  in  der  Umbil- 
dung l)egriffenen  Attisch  neue  Stoffe  zugeführt  wurden.  Ganz  ab- 
gesehen vom  Eintluss  fremder  Sprachen  (der  übrigens  leicht  über- 
schätzt wird)  handelt  es  .sich  um  die  sprachgeschichtlich  wichtigere 
Frage,  in  welcher  Weise  die  griechischen  Dialekte  in  der  Koivrj 
aufgegangen  sind:  beweist  die  Abnahme  der  Dialektinschriften,  das 
Zunehmen  der  Koivri-lnschriften  und  der  in  Dialekttexte  eindringenden 
Koiv)VFormeii  das  gleichzeitige,  Sc-lnvinden  der  Dialekte?  Psichari 
(S.  XX  ff.)  und  H.  Pernot  (Etudes  S.  45  ff.)  sind  dieser  Meinung  (s. 
oben).  Die  mittel-  und  neugriech.  Sprache  liefei't  .ja  den  Schluss- 
beweis. Aber  man  hat  trotzdem  gegen  die  Beweiskraft  der  inschrift- 
liehen  Thatsachen  Einw(mdungen  gemacht,  so  OiKOvo|.i(6r|c  (NeoXo- 
You  'Eßbouab.  ETTiecujpncic  1.S93,  227  f.)  und  G.  Meyer  (s.  oben).  Da 
jedoch  die  thatsächlichen  Veihältnissc  der  heutigen  Sprache  auf  ein 
vollständiges  Schwinden  der  Dialekte  hinweisen,  so  ist  kein  Grund 
vorhanden,  die  inschriftlichen  Verhältnisse  nicht  als  ein  im  wesent- 
lichen richtiges  Abbild  der  Wiiklichkeit  zu  betrachten.  Bei  dem 
Kampf  zwischen   Lokaldialekt    und   Kuivr]    hat    also    das  Attische  ge- 


Mittoilmig-en.  225 

sieji't,  aber  es  hat  sicli   «loch  Avesentlieli  modifiziert  fHatzidakis  Kinl. 
Kap.  .■{)  lind  ist  aiic-h    \  oii  den  Dialekten  nielit  j^-anz  unberührt  ge- 
blieben. 
W.  Sehulze    Zu    den    Inschriften    vom  Olymi^os   (Bull.  XVT  214  ff.), 

Berl.  i)liil.  Wschr.  1803,  22(;  f. 
weist  vor  allem  auf  ionische  Einflüsse  hin,  die  bei  Entstehung-  der 
Koivt'i  mitwirkten.  W.  Schmid  (Gott.  gel.  A.  1895,  32)  lehnt  jedoch 
jede  Art  von  Dorismen  und  .lonismen  wenigstens  in  der  alexandri- 
nischen  Kotvii  ab.  Dialektische  Ifeste  sind  jedenfalls  im  heutigeu 
Griechischen  nur  dann  erhalten,  wenn  sie  bereits  der  Koivt'i  ange- 
hörten; über  solche  Reste  vgl.  wiederum  Hatzidakis. 

Die  wichtigsten  <^>uellen  der  Koivi'-)  sind  Inschi'iften  und  Pa- 
pyri. Ausser  dem  Corjius  Tnscr.  Att.  und  den  Neubearbeitungen 
des  CIG.  (von  Kaibel  für  den  Westen,  von  Dittenberger  für  Nord- 
griechenland i  nenne  ich  von  Publikationen,  die  für  die  Koivii  be- 
sonders in  Betracht  kommen: 

Inscliriften    von    Pergamon,    unter  Mitwirkung   von  Fabricius 
und  Schuchardt    herausgeg.    von   M.   Fränkel.     I.   Teil:    Bis    zum 
Ende  der  Königszeit.     Berlin  Speemann  1890.     XX,  176  S.^). 
'Av^KboToi    MiKpaciuvai    €iTiT(>a(p«i    e^f).    üttö  'A.  'E.  KovToXeovToc. 

Teöxoc  TTpOÜTOv  1891. 
Mir  nicht  zugänglich;  nach  den  Einzelheiten,  die  Jaspar  'EWäc  IIT 
417—423  daraus  giebt,  für  die  spätere  Koivii  von  Interesse. 
de   Rossi    Griechische    Inschriften    aus    christl.    Zeit.     Bulletino    di 

archeologia  christiana  1892  S.  34  ff.  3G. 
Am  wichtigsten  darin  eine  Inschrift  aus  dem  6.  Jahrb.,  vgl.  Krum- 
bacher Byz.  Zschr.  II  355. 

P.  Orsi    Esplorazioni  nelle    catacombi    di  S.  Giovanni  ed   in  (|uelle 
della  vigna  Cassia  ])resso  Siracusa.     Xotizic  degli  Scavi.  .luli  1893. 
S.  276  ff'. 
enthält   Inschriften    mit    sprachlich  interessanten  Formen  (vgl.  auch 
Krumbacher  Byz.  Zschr.  IV  231),  ebenso  wie 

Iscrizioni    Christiane   contenenti   vocaboli    derivati   dai    libri  det 
NuGvo   Testamento.     La  Civiltä    Cattolica   Serie  XV  vol.  X  (1S94V 
.1(^7—484.     XI  (1894)  713—727, 
wo  XI   715  ff'.   Beispiele  für  -ic  =  loc    \om.  S.)    aus    christlichen    In- 
schriften zusammengestellt  werden. 

Es  würde  zu  weit  führen,  alle  Publikationen  von  Inschriften 
aus  der  Zeit  der  Koivii  aufzuzählen;  darüber  orientieren  die  epi- 
graphischen Berichte. 

Am  besten  ist  noch  innner  die  ägyptische  Koivr]  bekamit;  für 
sie  Hiesst  überdies  die  ergiebige  Quelle  der  Papyri,  deren  in  deix 
letzten  .laliren  eine  ganze   Reihe  veröffentlicht  wurden: 


1)  Rez.  von  Kail)el  D.  Lit.-Z.  1891  Sp.  1703—1707.  B.  K(!il 
Berl.  phil.  Wschr.  1883  8.  389—396.  Andere  IJezensionen  übergehe 
ich,  da  sie  keine  sprachlichen  Gesichtspimkte  enthalten. 


226  Älitteiluiio-eii. 

Ä g\v  p  t  i  s  c  h  e  r  r  k  u n  de  n  aus  den  könig-l.  Museen  zu  Tlerlin.  Hcl't  1  — 

li.  (I.  Bd.).     Berlin  Weidmann  1892 ff. i;. 
Mahaffy  The  Flinders  Petrie  Pa))yri  witli  transcriptions.  roiunicn- 

tary  and  index.     2  Vol.  1891— 18!);j-!i. 
Greek  Papyri  in  tlie  British  Museum.    Catalogtie  with  Texts.   Ed. 
by  Kenyon.  London  1893.  XX,  296  iind  ein  Bd.  FoUo  mit  Faksim.*^). 

Zu  diesen  g-rossen  Sammlungen  kommen  g-elegentiiche  Ver- 
offentlichung-en : 

F.  Krebs  Altchristlioiie  Texte  im  Berliner  Museum.     Nachr.  d.  Oöt- 
ting-er  Ges.  d.  W.  1892  S.  114-120. 

(Aus  Faiyum,  nicht  älter  als  das  6.  Jahrh.  n.  Chr."; 
Hartel    Ein    g-riech.   Papyrus   aus   dem   Jahr  487.     \Yiener  Studien 
^'  1  ff. 

(H.  handelt  \  on  der  äg-yptisclien  Kan/.leisj)raclK'  der  späte- 
ren Zeit.) 

B.  P.  Gr enteil  Some  new  papyri  Irom  Apollonojiolis.     The  Journ. 
of  Philo!.  XXII  (1894)  268-284. 

(3  Kaufurkunden  des  7.  Jahrh.  n.  Chr.j 

Aus  der  Gesamt-Koivri  hebt  sicli  daher  bis  jetzt  am  schärf- 
sten die  äg\vj)tische  hervor.  In  lautlicher  Bezieiiung  ist  ihr  charak- 
teristisch die  Vertatischung  von  Tenues,  Mediae  tnid  Aspiratae,  vgl. 
W.  Schulze  KZ.  XXXIII  .398  f.,  P.  Kretschmcr  ib.  470  und  be- 
sonders 

K.  Buresch  Kritischer  Brief  über   die   falschen  SibyUinen.    Philolo- 
g-us  LI  84  ff. 

Buresch  stellt  noch  eine  Peilie  weiterer  angx'blicher  Merkmale 
des  ägyptischen  Griechisch  zusannnen,  aber 
A.  Kzach    Zur   Kritik    der   Sibyllinischen    Orakel.     Philolog-us  LIII 

280  ff. 
bat  mit  iiccht  eing-ewendet,  dass  viele  der  von  Buresch  angenom- 
menen 'ägyi)tischen  Vulgarismen'  sich  auch  sonst  tinden.  Buresch 
hat  zwischen  ägyptischer  und  sonstiger  Koivi'-]  keine  scharfe  Grenze 
gezogen.  Selbst  die  Vertauschung  von  Tenues,  Medien  und  Asjn- 
raten  ist,  wenn  auch  nicht  allgemein  hellenistisch,  doch  auch  nicht 
aitf  Ägypten  beschränkt;  ich  habe  mir  Beispiele  wie  Ywvaixi  =  T"- 
vaixi,  ökXov  =.öxA.ov,  ßoi'iTi  =  ßoiiGe»,  Tö.uvcu  =  Aöiivou  (<lonii)ms) 
auch  aus  Kleinasien  notiert.  Diese  Erscheinung  hängt  offenbar  mit 
lautlichen  Thatsachen  der  in  Ägypten  xtnd  Kleinasien  einheimischen 
Sprachen  zusammen.  Denn  dass  sie  nicht  der  gesamten  Kotvi'i  an- 
geliiirte,  beweist  das  Neugrieciiische  mit   .seiner  .Scheidiuig  der  drei 

1)  liez.  von  Kenvon  The  ("lass.  lie\ .  \  II  108—111.  Graden- 
witz ßerl.  piiil.  Wschr."l893  S.  718-722,  1894  S.  679—685.  —  Kevue 
des  Etudes  gr.  \l  139  f.  Kaiinka  Zschr.  f.  d.  österr.  Gynui.  1893 
S.  608-611.  1894  .S.  22—24.  Wilcken  I).  Lit.-Z.  1893  S.  24— 26.  Krebs 
Berl.  i)hil.  Wschr.  1894   No.  18.  19.  20.     Lit.  C'entralbl.  1894  S.  1.177. 

2)  Kez.  von  L".  Wilcken  (iött.  gel.  Anz.  189r>  S.  130-166. 

3)  Kez.  von  Grenfell  Academv  1894.  60—62.  Wilcken  Gott, 
yel.  A.  1894.  7H!-719. 


IMitteilung'en.  227 

AitilvTilationsarten.  —  ßeiläufi«;*  sei  auf  eine  andere  Einzelheit  der 
Koivr]  liinüewiesen,  die  Hatzidakis  TTapvaccöc  XVITT  210*.  (IF.  V 
280)  behandelt,  nämhch  die  Form  eXdXoucav.  die  so  und  nicht  ^Xa- 
Xoöcav  zu  betonen  ist. 

Innerhalb    der  ägyptischen    Koivi]   hat   besonder.s   der   Dialekt 
von  Alexandria  litterarhistori.sche  Bedeutung,   weil  sich  an  ihn  vor 
allem  das  biblische  Griechisch  anschliesst. 
Apostolides   Du  g-rec  alexandrin  et  de  ses  rapports  avec  le  grec 

ancien  et  le  grec  moderne.     Alexandrie  1892.    24  S.    4^. 
ist  mir  nicht  zugänglicli,   ebensowenig-  wie 
S.  G.  Green   Handbook  to   the  Granmiar  of  tiie  Greek  Testament. 

8.  Aufl.   London  Tract  Society,  1892  und 
E.  Combe  Grannnaire  grecque  dtt  Xottveaii  Testament.     Lausanne 

Fischbach  1895.     4  fr. 
T.  K.  Abbott  Essays  chierty  on  the  Orig-inal  Texts  of  the  Cid  and 

New  Testaments.  London  Longmans  1891.  227  S. 
kenne  ich  nur  aus  der  Rezension  von  Plummer  The  Class.  Rev. 
VT  31o  f.  und  entnehme  daraus,  dass  Abbott  unter  anderem  über 
Lexikographie  des  N.  T.,  über  die  (religiöse)  Bedeutung-  von  iroieiv 
im  N.  T.  und  über  die  Atisdehnung-  des  Griechischen  in  Galiläa 
zur  Zeit  Christi  handelt  (Verf.  nimmt  ein  Vorherrschen  des  Griechi- 
schen an). 

Geistvolle   Bemerkungen    über    die    Übersetzerthätig-keit    der 
LXX,  über  Alexandrinisches  und  „Juden"-Griechisch  macht 
G.  A.  Deissinann  Bibelstudien.    Beiträg-e  zumeist  aus  den  Papyri 

und  Inschriften,  zur  Geschichte  der  Sprache,  des  Schrifttums  und 

der  Religion  des-  hellenistischen  Jtidentums.    ^larburg-  Elwert  1S9ö. 

XII,  297  S.  8ö  1). 
Mit  der  Verwertung-  der  Papyri  und  Inschriften  für  die  Erforschttng- 
der  Bibelsprache  Avird  in  dem  Buche  Ernst  g-emacht  in  einer  Reihe 
lexikalischer  und  grammatischer  Beobachtungen. 

Eine  nützliche  Materialsammlung-  g-iebt 
H.  Anz    Subsidia  ad   cog-noscendum   Graecorum   sermonem  vulga- 
rem   e   Pentateuciü    versione  Alexandrina   repetita.     Diss.  Hallen- 

ses  XII  (l''^94). 
Verf.  behandelt  die  X'erba  des  bezeichneten  Textes  nacii  der    Chro- 
nologie ihres  Vorkommens    innerhalb    der    griechischen    Litteratur 
und  g-iebt   damit   einen    dankenswerten  Beitrag-   zur  Lexikographie 
der  Koivj'i. 

Eine  hübsche  Studie  über  die  Sprache  des  N.  T.  ist 
B.    AvTUJviäöiic    OiXoXoYiKä  eK   rrjc  K.  AiaöriKJic.     TTepi    toö    XeKTiKou 

ibiiüuaTOC  Tf\c  K.  AmGnKnc.     'A0r|vä  VI  10.ö— 137. 
Verf.  vergleicht  die  wichtigsten  lautlichen,  flexivischen  und  lexika- 
lischen Erscheinungen   der  LXX  und   des  NT,    um  den  Zusannnen- 
hang-  beider   zu  zeigen.     Der  Wortschatz   giebt  Geleg-enheit   zti  in- 
teressanten Beobachtung-en  über   Entlehnungen   aus   verschiedenen 

1)  Rez.  von  F.  Blass  Theol.  Lit.-Zeitung  1895  S.  486  t 


228  Mittfihuiyen. 

Dialekten  und  freinden  Sprachen  (Lat.  und  Hebr.),  über  Bedeu- 
tungswandel und  Bildung"  (christlicher)  Begriffsbezeichnunyen.  Ge- 
^•enüber  dem  Brauchbaren,  was  Verf.  bietet,  muss  jedoch  bemerkt 
werden,  dass  er  nicht  ,<>anz  auf  der  Höhe  der  hcutig'en  Forschunj;;^ 
.steht,  indem  er  lautliche  Frayen  schief  auffasst  oder  gn-rn  Erkliirun- 
gen  wie  'etri  tö  liuviKÜiTepov'  u.  dgi.  braucht,  wo  es  sich  nicht  um 
fremden  Eintluss.  sondern  spontane  Entwicklung  handelt.  Mit  die- 
.sem  Aufsatz  berührt  sicii  zum  Teil  der  von 
M.  KeqjaXäc  HeviC|uoi  ev  rrj  'Afiu  rpaqpf^.  '0  6v  K  TToXei  'EWi^v.    OiXoA.. 

lOUoYoc  XXV  (1890)  131—135. 
Ja*  enthält  eine   übersichtliehe  Zusammenstellung    lateinischer    und 
hebräischer  Elemente,  ohne  auf  eingehende  Studien  oder  Orig-inali- 
täf  Anspruch  zu  machen. 

Für  die  S]»rache   des  N.  T.   ist    von  Jeher  AVincrs  Grannna- 
tik  am  meisten  benutzt  worden.     Es  ist  daher  freudig  zu  begrüssen, 
dass  dieses  Buch  durch  eine  neue  Bearbeitung- wieder  auf  die  Höhe 
heutiger  Anforderungen  gebracht  worden  ist: 
O.   B.   Winers    Granunatik    des    neutestament liehen    Sprachidioms. 

8.  Aufl.    Neu  bearbeitet  von  P.  W.  Schmiedet.    I.  Teil:  Einleitung- 

und  Formenlehre.     Göttingen    \  andenlioeck    und    I'uprecht    1894. 

XVI,  144  S.  S".  2.('.0  M.i). 
In  gewissenhafter  Weise  ist  die  neuere  Litteratur  herangezogen, 
und  äu.sserst  anerkennenswert  ist  die  Art  und  Weise,  wie  der 
Verfasser,  obwohl  Nicht-Philologe,  den  philologischen  Anforderun- 
gen Rechnxing-  trägt;  des  ^'erfassers  Vorwurf,  dass  gerade  auf  phi- 
lologischer Seite  wenig  für  die  Erforschung-  der  Koivi't  geschehen 
sei,  ist  nur  zu  begründet:  so  felilen  heutigentags  noch  die  wich- 
tigsten Vorarbeiten,  um  die  bil^lische  Gräzität  historisch  vollständig 
zu  verstehen.  Freilich,  wie  unerlässlich  hiezn  die  Kenntnis  des  Neu- 
griechischen ist,  fühlt  man  wiederum  bei  (U-r  Lektüre  dieses  Buches 
sowohl  wie  anderer  hierhergeiiörigen  Schriften,  z.  B.  von  Anz. 
Letzterer  hat  zwar  das  Neugriechische  heranzuziehen  versucht,  aber 
in  einer  so  dürftigen  Weise,  dass  er  besser  ganz  davon  geschwie- 
gen hätte;  sind  ihm  doch  die  wichtigsten  Hilfsnnttel  gänzlich  un- 
bekannt geblie))en  I 

Einige  Einzelkapitel    der   neutestamentlichen  (irannnatik  sind 
in  folgenden  Untersuchungen  behandelt: 
J.  Viteau  Essai  sur  la  syntaxe  des  voix  <lans  le  grec  du  Xouveau 

Testament.     Pvev.  de  Philol.  XMH  1—41. 
Im  wesentlichen  Materialsammlung    nach    den   üblichen  Kategorien. 
D'w  Bemerkung  '  en  grec  moderne  la  voix  moyenne  n'existe   pas" 
befremdet  einigermassen. 


1)  Uez.  \.  Henrv  Pev.  crit.  1894  (II)  49  51.  K.  K.  im  Lit. 
Centralbl.  l.S!)4  S.  10;;0  f.  Klostermann  D.  Lit.-Z.  1.S95  S.  582  f.  W. 
Schmid  (iött.  yel.  Anz.  1895  S.  2(;— 47  (mit  wertvollen  Beiträgen). 
Beilin-  Wschr.'  f.  klass.  Phil.  1895  S.  519-52(1.  Hilgenfeld  Berl.  phil. 
Wsch.   1895,   1272-  1271. 


Mitti'iluug-en.  22i) 

E.  Burtoii    Syntax    of  the   Moods   and    Tenses   in    New    'rcstainent 

Greek.  2.  Ausg-.    Cliicago  üniversity  Presse  189o.    XXII,  21;'»  S.  S«. 
Das  Bxicli    ist   mir   aus   eig'eiier  Lektüre   iiielit   hekannt;    es  wird  in 
den  n)ir  l)ekannten  Iiezensionen')  gelobt. 
J.  Viteaxi    Ktiide   sur   le  Gree   du  N.  T.     Le   Verbe:    Syntaxe    des 

l>ro])ositinns.     Paris    Bouillon    189:!.     LXI,    240  R.    S<>.  "  Mir    unzii- 

g'äng'lieh-). 
P.  Tliouvenin    Les  negations   dans  k-  Xouveaii  Testament.     l»ev. 

de  Pliilol.  XVIII  229—2+0. 
behandelt   den  Gebrauch  von  ou  und  |Liri   mit  Herüeksielitigung  des 
klassisclien  und  nachkhissischen  Spraeligebrauchs.    Die  Unterschiede 
sind  nicht  sehr  erheblich. 

Rein    praktischen    (Schul-jZw  ecken    dient     ein     kleines    Lexi- 
kon von 
W.  J.  Hickie   Greek-english   Lexicon   to   the  New    Testament  alter 

the   latest  and   best   authorities.     New  York  and  London  Macmil- 

lan  &  Co.  189;;.  214  S.  kl.  8". 
Es  enthält  den  \\'ortschatz  des  N.  T.,  doch  ohne  Anführung-  der 
Textvarianten  und  der  einzelnen  Formen:  angeführt  sind  die  Be- 
legstellen aus  dem  biblischen  Text,  und  nxir  g-elegentlicii  wird  auf 
die  atxsserbiblisclie  Gräzität  hingewiesen.  Das  kleine  Budi  ist  — 
abgesehen  von  seinem  Gebrauch  für  den  Unterricht  —  geeignet, 
einen  raschen  orientierenden  Überblick  ülx-r  den  AN'ortsrliat/,  des 
N.  T.  zu  geben. 

Eine  interessante  Linzelheobaehtung-  macht 
J.    Haussleiter    eceio»  .  TpuuYUJ-     Arch.    f.    lat.    Lexikogr.    IX   ilS94) 

300—302, 
indem  er  zeigt,  Avie  in  der  biblischen  Gräzität  der  Ersatz  von  €c0iu) 
durch  xpiÜYU)  begonnen  hat. 

Wie    Aveit    endlich    die    gi'iechische    Sprache    lexikalisch    die 
Sprache  der  lateinischen  Vidgata   l)eeinttusst  hat,   nntcj-sucht 
Saalfeld   De   Bibliorum   Sacrorum    \ulgatac    editionis    graecitate. 

^)uedlinburg  1891  ^j. 

Ich  schliesse  die  Übersicht  üi)er  die  Sprache  der  Bibel  ab, 
indem  ich  noch  darauf  hinweise,  dass  sowohl  die  An.sgabe  der 
LXX  von  Swet(>  nunmehr  mit  dem  ,"».  Bande  (1894)  vollendet  ist 
(vgl.  E.  Klostermann  Gott.  gel.  Anz.  1895,  2r)4 — 264),  Avie  auch  dass 
die  8.  Auflage  der  grossen  kritischen  Ausgabe  des  N.  T.  von  Tisclien- 
dorf  vor  kurzem  abgeschlossen  Avurde  mit  der  zAveiten  Hälfte  des 
3.  Bandes,    der  die  Prolegomena  (über  Handschriften  und  Dazuge- 


1)  Blass  Theo).  Lit.-Z.  I.s94  S.  337  f.  J.  H.  Thaver  The  Class. 
Eev.  YIII  309  f. 

2)  Rez.  von  Blass  Tlieol.  Lit.-Z.  1894  S.  337  f.  F.  V.  in  der 
EeA'.  de  l'instruction  publiciue  en  Belg.  XXXNTI  290.  A.  Sabatier 
Eev.  de  l'hist.  des  Religions  XXXI  333—336. 

3)  Eez.  im  Lit.  Oentrall»!.  1891  Sp.  1431.  ( ».  Weise  Wsehr.  f. 
klass.  Pliil.  1891  S.  13(59— 1371.  Hiliienfi-Id  l'.crl.  phil.  Wschr.  1S92 
S.  337  f. 


230  .Mirteilini;j,'en. 

hörigvs)  von  C.  \l.  Greg'ory  cnthiiltM.  Die  Si)('/,ialau.s.i;'al»c  der 
Apostelji'eschiclito  von 

F.  Blass    Acta  apostoloriini  sivc,  Liu-ac  ad  Tlicoiiliiluin    liber  alter. 
Editio  j)liiIoIoj>'ica  ete.    (iöttini;'en  Vandenhoeek  n.  Ru])rec-I)t  1S95. 

ist  endlieh  deshalb  besonders  7ai  nennen,  weil  sie  die  rein  ])hilolo- 
gisehe  Methode  auf  die  bibh'sche  Litteratur  überträgt  und  im  Kom- 
mentar, sowie  in  den  Indizes  reiches  g-rammatisches  Material  liefert. 
Über  den  Spi'achg'ebraueh  profaner  Schriftsteller  der  Koivn 
handeln  eine  Reihe  von  Monographien: 
Hultsch    Die   erzählenden   Zeitformen   bei    Poivbius.     Ein   Beitrag" 

zur  Syntax    der    gemeingriech.  Sprache.    3  Teile.     Leipzig-  Hirzel 

1891—1893.     (In   den  Abhandl.   d.   phil.-hist.  Kl.   d.   sächs.  Ges.  d. 

W.  XIII  und  X1V)3). 
Das  reiche  Material  ist  nach  den  einzehuni  Verben  geordnet;  die 
Untersuchung-  hat  für  ältere  wie  neuere  griechische  Sprachgeschichte 
grossen  Wert  hinsichtlich  der  Scheidung  von  aoristischer  und  imper- 
fektiviseher  Aktionsart.  An  diese  Untersuchung-  schliesst  sich  eng  an ; 
P.  Thouvenin   Der  Gebrauch  der  erzählenden  Zeitformen  bei  Ai- 

lianos.  (Übers.).     Fleckeisens  Jahrb.  1895,  878—394. 
Mit  Polybins  beschäftigen  sich  ferner 
S.  Brief  Die  Konjunktionen  bei  Polybins.  Gynni.-Progr.  Wien  1891 

und  18924)  ^^^^^\ 

F.  Fassbender  De  Polybii  sententiis  condicionalilms.    Progr.  Mün- 
ster i.  W.  1895. 

Die  pergamenischen  Inschriften  gaben  W.  Jaspar  in  der 
'EWuc  III  21—33  Veranlassung,  die  Hiatusfrage  bei  Polybius  zu 
prüfen  (vgl.  aixch  Keil  in  der  oben  angeführten  Rezension  der  Aus- 
gabe der  Inschriften  von  Pergamon). 

G.  Schmidt    De  Fiavii  Josephi    elocutione   observationes   criticae. 
Fleckeisens  Jahrb.  Suppl.-Bd.  XX  (1894)  341—550^) 

behandelt  Flexion,  Syntax  und  Wortschatz  des  Josephus  (Latinis- 
men, Hebraismcn,  poetische  Wörter,  Neubildungen).  Ein  guter 
siiraclilichcu-  Index   bildet  den  Schluss. 

h  Leii)/iii-  1S91;  \gl.  dii-  IJezi-nsion  im  Lit.  Centralbl.  1894 
S.   1019. 

2)  Kez.  von  Draeseke  Wschr.  f.  klass.  Phil.  1895  S.  (»27— 034. 
Hilgenfeld  Berl.  i)hil.  Wschr.  1,S95  S.   1034-38. 

3)  Kez.  Lit.  Centralbl.  1.S91  Sp.  17<)1  f.,  1893  .Sp.  5(55  f.  Kallen- 
berg  Wschr.  f.  klass.  Philol.  1H91  S.  1387-1391,  1892  S.  110!»-1111. 
Hüttner- Wobst  Berl.  i)hil.  Wschr.  1892  S.  133—138,  1893  S.  520-523, 
1894  S.  454-457.  Wackernagel  IF.  (Anz.)  111  7—10,  V  55—00.  i:.  S. 
Schuckburgh  The  Class.  Kev.  IX  127  f.  —  Miller  Am.  Journ.  of  Philol. 
XVI,  2. 

4)  lU'A.  von  Büttner-Wol)st  Wschr.  f.  klass.  Phil.  1893  S.  171  — 
170.  Z.schr.  f.  d.  österr.  Gymn.  1893  S.  1043.  —  Über  Polybius  vgl. 
auch  den  Bericht  von  Krebs  Bursians  Jahresber.  LXXIX  (1894) 
S.  52—70. 

5)  Rez.  von  11.  Hansen  N.  ph.  Rundschau  1895  S.  294  f.,  .My 
Hev.  er.  1895  (1)  342  f.     R.  Harmand  Rev.  d.  Et.  gr.  VIII  154. 


Mitteilungen.  231 

Mit  Prokop  beschtäftigt  sich 
J.  Scheftlein  De  praepositionuni  usu  Procopiano.     Diss.  Erlangen 

1893.  G3  S.  8". 
Prokop  zeigt  im  Gebrauch  der  Präpositionen  (die  iiäuflger  verwendet 
werden  als  in  der  klassischen  Sprache)  Nachahmimg  der  älteren  Grä- 
zität.  Bemerkenswert  ist  die  Beobachtung,  dass  das  lebendige  Sprach- 
gefühl für  die  Anwendung  der  Präpositionen  im  Schwinden  begrif- 
fen ist^). 

Die  spätgriechischen  Selu-iftsteller  stehen  immer  unter  dem 
Eintluss  der  klassischen  Autoren  und  sciireibeu  ebensowenig  wie 
die  Byzantiner  die  lebende  Sprache  ihrer  Zeit.  Diese  Tendenz  hat 
im  späteren  Altertum  ihren  konsecjuentesten  Aiisdruck  im  Atticis- 
nuis  gefunden.  Das  Werk  von  Sciimid  (vgl.  oben  I  48)  ist  fort- 
geführt (3.  Teil:  Aelian  1898)-).  Bekanntlich  sind  die  Verzeichnisse 
attischer  und  nichtattischer  Wörter,  Mie  sie  die  Attizisten  zusam- 
menstellten, auch  für  die  Kenntnis  der  Koivi't  wichtig;  den  Text  einer 
ettiToiuT]  Opuvixou  g'iebt 

E.  Scholl    Die    eKXoYn    des   Atticisten    Phrynichos.     Sitzungsber.  d. 
bayr.  Akad.  d.  Wiss.  1893  S.  493—540. 

Für  die  Koivi]  seit  Beginn  der  christlichen  Zeit  besitzen  wir 
eine  wertvolle  CJuelle  in  den  Hermeneumata,  griechisch-lateinischen 
'Konversationsführern'  oder  Gesprächsammlungen,  welche  in  die 
lateinische  bezw.  griechische  Umgangssprache  einführen  sollten  und 
Jahrhunderte  hindurch  im  Gebrauch  waren.  Sie  belegen  manche 
neugriechische  Form  für  die  Zeit  der  Koivr).  Die  umfangreichste 
Ausgrabe  solcher  Gesprächsbücher  ist  die  der 

Hermeneumata  Pseudodositheana,  ed.  Goetz.  Leipzig  Teubner 
1892.  XXXVI,  G59  S.  8'1  =  Corpus  glossariorum  latinorum  IIP). 
Eines  dieser  Hermeneumata  war  schon  vorher  mit  genauem  kriti- 
schen Apparat  und  wertvollen  sprachlichen  Anmerkungen  veröffent- 
licht worden  von 

Krumbacher   Colloquium   Pseudodositheanum   Monacense.     S.-A. 
aus    den  'Abhandlungen    aus    dem   Gebiet   der   klass.   Altertums- 
wissenschaft,   W.    von    Christ  .  .  .  dargebracht'.     (München    Beck 
1891)  S.  307—364-1). 
Einen  andern  Teil,    die  bei   Goetz  S.  4-21-438   abgedruckten  Her- 
meneiimata    Vaticana    hat    J.    David    in    den    Commentationes 
philol.  Jenenses  V  (1894)  197—238  emendiert  und  mit  (sprachlichem) 


1)  Vgl.  Rez.  von  H.  Braun  Bvz.  Zschr.  III  413. 

2)  Rez.  von  Egenolff  Berl.  ph'il.  Wschr.  1892  S.  358-3G3.  Mv 
Rev.  crit.  1894  (II)  8  f.  B.  im  Lit.  Centralbl.  1894  S.  317  f.  Sittl 
Wschr.  f.  klass.  Phil.  1894  S.  465-467. 

3)  Rez.  von  Krumbacher  Bvz.  Zschr.  I  169  f.  und  Lit.  Centralbl. 
1892  S.  1733-1735.  G.  Schepss  Wscin-.  f.  klass.  Phil.  1892  S.  1289— 
1291.  A.  Funk  Berl.  i)hil.  Wschr.  1892  S.  1582-1584.  Keil  D.  Lit.-Z. 
1892  S.  1295—1297.     Lejav  Rev.  crit.  1893  (I)  46-48. 

4)  Rez.  von  Goetz"  Berl.  pliil.  Wschr.  1892  S.  301  f.  Preger 
BI.  1.  d.  baver.  Gvnni.-Schulw.  1892  S.  282.    Hat/.idakis  'Aenvä  IV  4661. 


232  Mitteiliing:en. 

Kommentar  verselien^).  Eine  s\-stematische  Ausbeutung*  des  sprach- 
lichen Materials  dieser  Texte  wäre  sprachgeschichtlich  von  g:rösstem 
Interesse:  besonders  über  Lautlehre  und  Lexikographie  der  g'riech. 
Viilg-ärsi)rache  vor  dem  10.  Jahrhundert  g'eben  diese  Glossare  reiche 
Auskunft,  die  um  so  Avertvoller  ist,  weil  die  Quellen  dieser  Spraeh- 
periode  so  spärlich  sind. 

Auch  der  Fund  von  Waclistafeln  mit  den  Fabeln  des  Babrius 
enthält  einig'e  bemerkenswerte  Formen  der  spätgriechischen  Sprache; 
vg'l.  D.  G.  Hesseling-  Waxen  tablets  with  fahles  of  Babriiis.  Journ. 
of  Hellenic  Stud.  XIII  (1893)  293—314:  dazu  Krumbacher  Byz.  Zschr. 
III  418.  Am  bemerkenswertesten  ist  der  Wandel  von  i  zu  e  vor  p 
in  CKepTUJv  =  CKipxujv  und  die  Verwechslung  von  -rr  mit  qp  in  {pruuvric 
=  Troiiavnc.  (Der  Aufsatz  von  Crusius  Philologus  LIII  228—252  be- 
handelt den  von  Hesseling  publizierten  Text  nur  nach  seiner  text- 
kritischen Bedeutung.) 

Die  sprachlichen  Verhältnisse  des  6.  Jahrhunderts  skizziert 
Bury  A  history  of  the  later  Roman  Empire  II  Cap.  7  (S.  167— 174); 
über  die  Sprache  des  demselben  Jahrh.  angehörenden  Agathias  vgl. 
H.  lief  fei   Über  den  Sprachgebrauch    des  Agathias.  Gymn.-Progr. 

Kempten  1894.     34  S.  8». 
Für  die  Sprache  des  7.  Jahrhunderts  ist 
Leontios  von  Neapolis  Leben  des  heil.  Johannis,    herausgog.  von 

H.  Geizer.     Freiburg  Mohr  1893.     XL VIII,  202  S. 
heranzuziehen.     Der   Ausgabe   ist    ein    Wörterverzeichnis  (S.   1()0— 
195)  und  ein  grammatischer  Index  beigegeben  2). 

(Schluss   folgt.) 
Freiburg  i.  B.,  Dezember  1895.  A.  Tliunili. 


Mitteilungen. 

Personalien. 

Prof.  K.  Brugmann  ist  zum  korrespondierenden  Mitglied 
der  bayerischen  Akademie  der  Wissenschaften  gewählt  worden.  — 

Der  Privatdozent  an  der  Universität  Freiburg  im  Breisgau, 
Dr.  Albert  T  h  u  m  b  ist  zum  ausserordentl.  Professor  ernannt 
worden.  —  

Bericlitij2:nnü:en. 

Durch  ein  unliebsames  Versehn  ist  Anz.  V  278  der  14.  statt 
des  11.  Junis  als  Geburtstag  Otto  von  Böhtlingks  genannt. 

Iludolf  von  Ivotli  ist  am  23.,  nicht  am  24.  Juni  gestorben, 
wie  fälschlich  a.  a.  O.  S.  279  zu  lesen  steht. 

Anz.  V  172  Zeile  10  v.  o.  lies:  Horton-Siuith  1{.  statt  Sinith  K.  II. 

1)  Rez.  von  Krumbacher  Bvz.  Zschr.  III  418  f.  A.  Funk  Berl. 
phil.  Wschr.  1894  S.  IOC!»  f.  H.  Sthcnkl  Zsclir.  f.  d.  österr.  Gymn. 
1895  S.  »513— «J15. 

2)  Hez.  von  Draeseke  Wschr.  f.  klass.  Phih.l.  1893  S.  1114— 
1147.     J.  van  den  Ghevn  Bvz.  Zschr.  II  Chi')  i'. 


p 

501 
U 
Bd. 6 


Indogermanische  Forschungen 


PLEASE  DO  NOT  REMOVE 
CARDS  OR  SLIPS  FROM  THIS  POCKET 

UNIVERSITY  OF  TORONTO  LIBRARY 


Jlll  1      lüli