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INDOGERMANISCHE FORSCHUNGEN
ZEITSCHRIFT
FÜR
NDOItERMANISCHE sprach- INI) ALTERTUMSKUNDE
HERAUSGEGEBEN
VON
KARL BRUGMANN rxD WILHELM STREITBERG
OKD. PKOF. DEK IDG. SFRACHWISSENSCHAFT UKD. PROF. DER IDfl. SPliACHWISSENSCHAFT
IN LEIPZIG IN FKEIBUKG (SCHWEIZ)
SECHSTER BAXD
STRASSBURG
VERLAG VON KARL J. TRÜBNER
1896
T
501
3cl.h
Inhal t .
Seite
H. Osth off Griechisflie und lateinische Wortdeiitung-en (Zweite
Reihe) 1
Her man Hirt Zu den g-crmanisehen Aushxutsg'esetzeu ... 47
Karl Brugmann Die lat. Partikel ne ('nicht') in Zusammen-
setzung mit vokalisch anlautenden Wörtern 79
Karl Brugmann Der präteritale Bildungstypus ahd. hiaz aisl.
het und ahd. Hof aisl. Miöp 89
Karl Brugnnann Lat. fräcjräre 100
Karl Brugmann Die Verbindung dentaler Verschlusslaut +s
+ t im Lateinischen und im Germanischen 102
Gustav Meyer Etymologisches aus den Balkansprachen . . 104
J. J. Hess Zur Amtssprache des Griechischen 123
Wilhelm Streitberg- Griech. Axaioi äg-ypt. likajwasa . . . 134
Benj. Ide Wheeler Greek Duals in -e 13f>
Karl D. Bül bring- Vokativformen im Altenglischen .... 140
W^ilhelm Streitberg- Zur germanischen Grammatik . . . 140
Josef Zubat\- Zu ai. kfmis, lat. rermh usw 15"»
Gustav Herbig- Aktionsart und Zeitstufe 157
Josef Zubaty Baltische ]Miszellen (Fortsetzung) 269
Christian Barth olomae Zum Cippus Abellanus 307
Joos. J. Mikkola Zum Wechsel von 7' ^^ud /"im Germanischen 312
Willy Foy Die indog-ermanischen .s-Laute (.s- vmd z) im Kel-
tischen 313
Wilhelm Streitberg- Die griecliischen Lokative auf -ei . . 339
F. Kluge Vokativformen im Altenglischen 341
O. Böhtlingk Die erste Person Singularis medii des umschrie-
benen Futurs im Sanskrit 342
Her man Hirt Akzentstudien 1 344
Joos. J. Mikkola Slavica 349
Gustav Morgenstern Sach- und Wortregister. . . - . . 353
Oriechisclie uiid hiteinische Wortdeutuii^en.
Zweite Keihe (vgl. IF. V 275 ff.).
8. ßeXiepoc, dehilis; aind. hdlam, abg-. hoUJi.
Unter dieser Überschrift suchen wir kaum irgend eine
völlig" neue Etymologie aufzutischen. Die hier vorzubringen-
den Wortkombinationen sind im einzelnen schon von andern
gemacht worden; es gilt für uns nur, disjecta membra zu
sannneln, ferner vornehndicli allerlei Spreu von gutem Weizen
zu sondern, damit eine im Griechischen, Lateinischen, Altindi-
schen und Slavischen, weniger sicher auch im Keltischen, ver-
tretene Wörterfamilie sich schlicht und l)estimmt dem Aug-e des
Lesers darstelle.
Das lat. de-bill-s 'entkräftet, geschwächt, schwächlich,
schwach', hat zuerst Bopp Gloss. Sanscr. (1847) S. 238-^ ein-
leuchtend zu aind. ?>«/«■/« N. 'Kraft, Stärke, Gewalt' gestellt;
nur hätte er nicht auch lat. raJere, ralor, vcdidus zu verglei-
chen sich verleiten lassen sollen. Aus dem Latein einzig- dies
valere mit ai. häla-m zusammenzubringen, war der verfehlte
Vorschlag' Bcnfeys Griech. Wurzellex. I (1839) S. 315 gewesen,
nach dem auch andere, wie Grassmann KZ. XII 123 und zwei-
felnd Leo ]\[eyer Vergleich. Gramm. P 733, sich richteten.
Ebenso Pott, der Wurzel-AVörterb. V 64 bemerkt: "Als Gegen-
teil von habilis ist dehilis [dehil liomo Enn.) zu betrachten,
indem das de hier verneinende Kraft haben soll .... Dass
s. hala (Kraft) bedeutet und a-hala : kraftlos, schwach: darf
uns jener Erklärung nicht abwendig machen, vollends wenn
mit h(da lat. valeo usw. gleichen Ursprungs sein sollte". Ganz
mit Bopp aber ging- Vanicek Griecb.-lat. etym. Wörterb. 566 f.
zusammen und verglich sowohl de-hdi-s wie auch valere mit
dem ai. bdia m.
Die schon alte Ansicht, an der Pott festhielt, dass dehilis
die Verneinung- von liahiU-s sei, vertrat gegen Vanicek aus-
Indogermaiiiscbe Forscliungen VI 1 u. 2. 1
2 Hermann Ost hoff,
drücklich auch Sclnveizer-Sidler Jenaer Litteraturzeit. 1878
S. 159'\ und darnach dann Vanicek seihst Etyni. Wörter]», d.
hat. Spr. - 78. Schweizer-Sidler verwirft richtig- die Verhin-
dung von debiU-s mit valere als eine lautg^esetzlieli unzulässige,
er berührt aber seinerseits nicht das Veriiältnis zu aind. hala-m.
Auch die hateinischen Lexikügrajiben , Freund Würterb. d.
lat. Spr. II 16^ und Georges Ausführh hit.-deutsch. Hand-
wörterb. I" 1773, halten sich an die Verknüpfung von dehill-s
und hahiU-s'^ ebenso neuerdings Stowasser Lat.-deutsch. Schul-
wörterb. 283^. Mir scheint aber nicht, dass damit begrifflich
durchzukommen sei; denn "untauglich", nach Vanicek a. a. 0.,
oder "un gelenksam durch Schwächung, Lähmung od. Ver-
stümmelung", nach Georges und Stowasser, trifft eben nicht,
oder h()chstens sehr gezwungen, den eigentlichen Sinn des de-
bili-s; und bei der Freundschen Begritfsl)estimmung "der Ge-
lenkigkeit beraubt, daher mit ausschliesslicher Bezugnahme auf
physische Kraft" muss es auffallend bleiben, dass von solcher
" ausschliesslichen Bezugnahme " das vermeintliche Simplex ha-
bili-s keine Spur aufweist, ja nicht einmal eine Hinneigung zu
derartiger Begriffsverengerung oder -Übertragung verrät.
Zu berücksichtigen ist auch, dass sich überhaupt nur
schwer und unsicher in der ganzen Latinität die unmittelbare
Zusammensetzung des de- in "verneinender Kraft" mit einem
Adjektiv nachweisen lassen wird. Es ist de-parcus 'knau-
serig, filzig' Suet. nur verstärktes Simplex parcn-s, wo wie das
Adverb de-magis Lucil. = valde magis] den i)artizipial ge-
formten de-cervicätus, de-fämütiis, de-fünätus, in denen de-
allerdings j)rivativ = 'ent-, ver-' ist, liegen natürlich der Idee
nach, wie bei ihren Mustern de-faecätus, de-formätus, de-spe-
rütus, de-truncidus, de-virginätus in Wirklichkeit, mit de- kom-
ponierte denoniinative Verba zu Grunde; auch de-seps 'aber-
witzig, wahnsinnig' Schol. Juven. X 233 scheint wohl nur un-
mittelbar von dem Verba de-sipio gezogen zu sein. Es bliebe
somit, ausser dem fraglichen *de-habili-s = debiU-s, einzig de-
hone.stus 'entehrend, unanständig' übrig, das, ärraS eipimevov
(ndl. XIX lU, 10, sich schon durch seine I»edeutung als Rück-
bildung aus de-ho7iestdre, nach dem Schema honestus : Jione-
stäre, ankündigen dürfte. Ich will aber auf diesen Umstand
kein sonderliches (iewicht legen; da das Keltische schon etwas
häufiger solche Zusammensetzung dos (//- = lat. de- als priva-
tiver Partikel mit einem Adjektiv kennt, z. B. in acymr. di-auc
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 3
"segnem', corn. di-oc 'pig-er', breton. di-ec : aiiid. äcü-sh avest.
äsu-sh' 'seliiieir, g-riech. ujku-c, lat. öc-lor Komp. (G. Curtius
Grundz. d. griech. Etym.-^ 131, Brugiiiami Grundriss I § 90
S. 85 f., Verf. PBiB. XIII 438, Wharton Etyma Lat. m,
Prelhvitz Etym. AVörterb. d. griech. Spr. 369, Stokes Ficks
Vergleich. Wörterb. II* 6. 143), in ir. di-gayid 'dicht' : gand
gann 'scaree, scauty', so kömite der im Lateinischen beste-
hende Mangel auf Einbnsse eher, denn auf Nichtentwiekelung
•desselben Kompositionstypns beruhen.
Jedenfalls viel üblicher ist es im Lateinischen, sowie
auch im Keltischen, de-, kelt. dl- im Sinne von 'ohne, -los' zur
Bildung von Adjektiven zu verwenden, deren Schlussg'lieder
^Substantiva sind. Solche keltische Gebilde mit der ''parti-
cula substantiva vertens in adjectiva" sind: air. di-anim acymi'.
di-anaf \)\'e\o\^. dinam 'makellos' : air. anhn F. 'Makel, Fehler'
cymr. anaf, ir. d'i-rini 'unzähll)ar' : rim 'Zahl, zählen', air.
dl-thnih nir. di-threh 'Einiide, Wüste' cymr. di-dref 'arroXic' :
air. acymr. treh 'Wohnsitz', acynir. di-daul 'expers' : daiil
'pars' air. ddil 'Teil, verteilen' u. a.; vgl. Zeuss-Ebel Gramm.
€elt.2 m2 f. 894, Stokes Ficks Vergleich. Wcirterb. UM 43 f.
Und das Latein hat an solchen Bahuvrihis ausser de-color
mehrere auf -i-s, Neutr. -e mit der gewöhnlichen Umgestaltung
der Stammform bei zu Grunde liegendem -o- oder -ä- Stamme :
de-Jumh-i-s, de-pil-i-s, de-somni-s und de-form-i-s, de-plüm-i-x,
das von Horaz sat. I 2, 93 gebildete hibride de-img-i-s 'ohne
Hinterbacken, lendcnlos' : griech. rruYri.
Diesen letzteren eben reiht sieh unser de-hil-i-s 'kraftlos,
schwach' an, wenn man darin doch "^helo-m = ai. hdla-jn N.
'Kraft, Stärke, Gewalt' sucht. Der Wert des Anlautes von
ai. häJa-m wird als idg. ?>-, so dass schon dadurcli allein der
Anschluss des lat. valere abgeschnitten wird, gewährleistet
durch die Vergleichung des abg. hoJij'i Komp. 'grösser, vor-
züglicher', nach Bickell KZ. XIV 426, Job. Schmidt KZ. XXVI
379, Miklosich Etym. Wörterb. der slav. Spr. 17'', Brugmann
Grundriss II § 135 S. 409 und Uhlenbeck Paul-Braune-Sievers'
Beitr. XVIII242; auch nach Fick D. eliemal. Spracheinh. d.Indog.
Eur. 412, der noch das phryg. ßaXrjv 'Kcinig' (vgl. dazu Bezzen-
berger in seinen Beitr. I 255) hinzuzieht, unter gleichzeitiger
Abweisung der Koml)ination lat. valere und aind. hdla-m. Ob
man mit Uhlenbeck auch das nl. nd. fries. pal Adj. 'unbeweg-
lich, fest' hier einreihen dürfe, ist freilich nicht sicher. Bei dem
4 Henna Uli Ost hoff,
Verlust des Nomeus urlat. ^helo-m 'Kraft', g-enauer %olo-m
nach Verf. Tran^saetions of tbe American ])liilol. assoc. XXIV
ÖO rt'., ans dem sell)ständig-cn Gebrauche ist es wahrscheinlich^
dass de-hil-i-s eiues der ältesten lateinischen Beispiele des durch
de-himh-i-s, de-foriu-i-s und Genossen vertretenen Kompositious-
typus war: übrig-ens aber berechtig-t dieses Fehlen des ^'bolo-nt
natürlich ebenso wenig-, an der g-eg-ebenen Deutung- von de-
hill-s zu zweifeln, wie bei dem acymr. di-nuc, corn. di-oc,.
breton. di-cc das Xichtvorhandensein des Simplex urkelt. "^öcu-a
'schneir die anerkannte Gleichsetzung- des Schlussg-liedes mit
aind. dcn-sh, av. dsu-sk', gr. ujku-c 1»ceinträchtigt.
Aus dem Keltischen sollen zu ai. bdla-m, lat. de-hili-s und
abg-. boUj'i nach Stokes Fieks Verg-leich. Wörterb. 1P17T air.
ad-hol 'g-ewaltig-, g-ross', ir. aidbJlgod 'intentio' und diblide
' Senium' g-ehörcn. Aber adbol, mittelirisch auch adlml, adbal
geschrieben, und das als Nomen verbale zu einem Denominativ
"^aidbJhjim 'mache g-ross, g-ewaltig-' erwachsene aidbligod ent-
halten, laut brietlicher Mitteilung Thurneysens, sicher ein -b-
aus -C-. Dagegen in diblide sieht Thurneysen ''jedenfalls eine
Ableitung- von dem im Glossar von 0' Clery (Rev. Celt. IV 399)
g-enannten dibeall . i. sean no dosfa d. h. 'alt'''. Ob nun we-
nig-stens dieses dibeall 'alt' als di-heall eigentlich 'schwach'
bedeutet habe und so mit lat. de-biJi-s in seinen Bildungbestand-
teilen etymolog-isch zusammenkomme, ist bei dem Glossenwort^
bevor man dessen g-enaueren Gebrauch in Litteraturdenkmäleru.
kennt, kaum auszumachen. Am ehesten neige ich noch dazu,
air. mir. b(dc 'fest, dick, stark', cymr. balcli ' hochrag-eud,
stolz', bret. bcdc'h 'steil, schroff', wofür Stokes a. a. 0.
11^ 163 die freilich sehr frag-würdig-en Anknüpfungen "gr.
cpoXKÖc, Beiwort des Thersites (?). lat. /"m/c/oV" beibring-t. aus
idg. ■■'bJ-k-6-s zu deuten und zu aind. bdla-in zu stellen; doch
ist bei dem stärkeren Auseinanderg-ehen der Bedeutung-en in
den einzelnen keltischen Dialekten der Urbeg-rilf schwer erfass-
bar, und über die blosse Mrigjieiikeit, dass er in der 'Festigkeit,
Stärke' liege, kommt man nicht hinaus.
Von Ahrens KZ. VIII ^JöS f. wird mit aind. bula-m, von
Bickell KZ. XIV 42(i mit demselben und mit abg. bolij'i auch
das griech. homer. ßeX-repo-v 'liesser', wozu ßfeX-Taio-c Sui)erl.
])ei Aeschylus, als jüngere Nebenformen im Attischen ßeX-T-JLuv,
ßeX-T-icTO-c, zusannuengebracht, was sich dline die mancherlei
sonstigen h«Jchst l'rau-wiirdiiren Zuthaten, die die beiden Ge-
Gi'iechische und lateinische Wortdeiitixngen. 5
lehrten noch bring-en, wohl hören lässt. Den Zusammenhang
der Beg-riffe 'stärker' und' besser' erläutert schon Ahrens treff-
lich durch den Hinweis auf das griech. KpeiTxujv 'stärker, über-
leg-en' und 'tüchtiger', 'besser, vorzüglicher'. Man kann dafür
auch die Bedeutungsentwicklung- der bekanntlich zu ai. -jyä
'Gewalt, Obergewalt' in ved. parama-jya-s 'höchste Gewalt
habend' und zu griech. ßiä 'Gewalt' gehörigen 2ä\\({. jyä'-ijän
Komp. 'überlegen, mächtiger', 'vorzüg-licher, grösser, stärker',
'älter' und ji/eshfha-s ji/ef<hthd-s Superl. 'der vorzüglichste,
vornehmste, praecipuus', 'obenanstehend', 'der oberste, erste',
'der beste, grösste' usw., 'der älteste' (Böhtlingk-Eoth Sans-
krit-AVörterb. III 156. 157, Grassmann "Wörterb. z. Rigv. 502 f,
503) anführen; ferner insbesondere, dass das abg. holiji Komp.
* grösser', eigentlich 'stärker', mehrfach auch in der Bedeutung
'KpeixTUJV, praestantior, melior' belegt ist. ähnlich holje Adv.
'magis, plus' und 'melius' (Miklosich Lex. Palaeoslov. 39^^40*^).
Es würde also das Verhältnis von lat. de-hil-i-s, ai. a-haJ-d-s
'kraftlos, schwach' zu homer. ßeX-tepo-v 'besser' und abulg.
hol-ijl 'grösser', 'vorzüglicher, besser' begrifflich ein solches
sein, wie dasjenige von d-Kpairic 'ohne Kraft, schwach' zu
KpeiTTuuv 'stärker', 'tüchtiger', 'vorzüglicher, besser'.
Die Grundbedeutung 'stärker, kräftiger' nimmt für ße\-
Tepo-v auch Jac. Wackernagel KZ. XXX 301 f. in Beschlag,
allerdings dabei von etymologischen Voraussetzungen ausge-
hend, die ich nicht billigen kann. Es hatten Ahrens KZ. VIII
358 f. und Bickell ebend. XIV 426 unter anderm auch das lat.
7nel-lo)' zu ßeX-xepo-v bezogen, und V. Henry Etüde sur l'ana-
logie § 72 S. 114 hatte den ersten Anlauf gemacht, diese
Kombination lautlich zu rechtfertigen. Ferner hatte Ahrens
auch griech. |ud\a, uäWov, ladXicTa in dieselbe Sippe einge-
rückt; desgleichen so andere, jedoch mit Beiseitelassung des
ßeXTepov, z. B. Curtius Grundz. d. griech. Etym.'* 594; mit
Hinzufüguug weiteren Materials, wie gr. |ua\epö-c 'stark, heftig,
gewaltig', lat. midtu-s 'viel', lett. mUn-s 'sehr viel' u. dgl.,
Fick Vergleich. Wtb. IP 188, Vanicek Griech.-lat. etym.Wtb.
724. Etym. Wörterb. d. lat. Spr.^ 217, Verf. Z. Gesch. des
Perf. 450 Anm., Prellwitz Etym. Wörterb. d. griech. 8pr. 189.
Das alles fasst nun Wackcrnagel zusammen, vergleicht seiner-
seits ausserdem noch griech. d-|uaXö-c 'sehwach, zart' und be-
sonders d-)ußXLi-c, dem er überzeugend die eigentliche Bedeu-
duug 'kraftlos, schwach' nachweist (im Grunde ebenso Neisser
6 Hermann Osthoff,
BB. XIX 143 Anni. 1 bei allerdings erheblich abweichender
formaler und beiiTifHicher AnflCassung des d)ußXu-c), und sucht
dann das Werk Henrys zu vervollständigen, indem er aus d-)aßXu-c
auf ein Simplex *)aaX-u-c und *ßX-u-c 'kräftig, stark' schliesst
und nach letzterer Form den ihr beigehörigen Komparativ
*)aeX-Tepo-c durch Ausgleichung der Anlaute zu ßeXTepo-c werden
lässt. Ich denke, das ist, obschon es die Zustinnnung von StolzL
Iav. Müllers Handl)uchlI-o54und wohl auch Brugmanns Grundriss
II § 81 S. 231 findet, doch nicht so einfach und "leicht ver-
ständlich", wie es Wackernagel erscheint, wenn mau die rein
hypothetische Natur des *ßX-ii-c und ferner den Umstand erwägt,
dass doch das gemutmasste *)aeX-Tepo-c "besser' durch seine
eigenartige Bedeutungsentwickelung gewiss frühzeitig in Isolie-
rung gegenüber dem Positiv *ßX-u-c geraten war. Wo, wie in
ßepvuj)ae9a und korkyr. att. ßapvdjLievoc nach dem weiter unten
S. 8 ff. Darzulegenden, Verdrängung des Anlauts m- durch ß-
nach verwandten Formen mit ßp-, ßX- aus |up-, ^iX- angenommen,
werden soll, da muss offenbar eine für das Sprachgefühl leben-
dige Wechselbeziehung der in Ausgleich tretenden Formen vor-
aussetzbar sein. Wir notieren aber gern, indem wir ßeX-xepo-v
von meJ-ior etymologisch getrennt halten, für unseren Zweck
die durch Wackernagel gewiesene weitere Begriffsanalogie
dieses lateinischen Komparativs: auch zwischen meJ-ior und
ü-)LtaX-ö-c, d-jaßX-u-c besteht in semasiologischem Betracht ein
dem ßeX-xepo-v : aind. a-hal-d-s, lat. de-hil-i-s paralleles Ver-
hältnis.
Das att. d-ße'Xxepo-c 'einfältig, dumm' hat seinen Wert
für die Geschichte des ßeX-iepo-c, von dem es trotz Daniels-
son Epigraphica Upsala 1890 S. 47 Anm. 3 und Ncisser a. a. 0.
nicht loszulösen ist, darin, das es im Verein mit dem homer.
ßfeX-tepo-v die Priorität der -tepo-Bildung vor dem auf das.
Attische beschränkten und "im Anschluss an sinnverwandte
Konijtarative entwickelten" ßeX-x-ioiv (Wackernagel a. a. (). 301^
Solmscn Stud. z. lat. Lautgesch. 196, vgl. auch Ascoli Curtius'
Stud. IX 352, Henry a. a. 0., Gust. Meyer Griecli. Gramm -.
§ 391 8. 3(57) wahrscheinlich macht. Dass aber d-ße'XTepo-c
noch bei der Feststellung des (irundbegriffs des ßeX-Tepo-c
mitzusprechen habe, glaube ich nicht. Woher käme bei der
Auffassung als 'schwachsinnig', die Wackernagel em]ttiehlt,
die kom])arativisch(' Form? Es war wohl d-ßeXrepo-c nur eine
Griechische und lateinische Wortdeutung'en. 7
Art humoristischer Wortschöpfung-, ein Bahuvrihi 'ohne das
Bessere, wem es an dem Besten fehlt', der Verstand als tö
ßeXTepov gedacht gemäss echt attischer Denkungsweise, wonach
KpeiTTOV TÖ CLucppoveiv, vgl. KpdTicTov KTrijudTLUv eußouXia Soph.
Ant. 1050, cppevac, TtdvTUJV öc' e'cTi Kirnudiiuv Tj-nepTarov ibid.
683 f., TToWuJ TÖ cppoveiv eubaiuoviac TtpOuTOV uTidpxei ibid.
1347 f. Ziendicli trefteud also sagt schon Benfey Oriech.
Wnrzellex. I 321, dass "Verfehlen des Besseren" die Grundvor-
stellung bei d-ße'XTepo-c und d-ßeXTepeio-c, d-ßeXTep-iä sei.
Die landläufige Anknü]>fung des homer. ßeX-Tepo-v, att.
ßeX-T-iuuv an ßouXouai 'ich will, will lieber, ziehe vor' verwirft
mit Recht auch Wackernagel. Da sie aber, wie an Fick BB.
YI 212 und Hübschmann ZDMG. XXXIX 93 Anm. 3, so bis in
die neueste Zeit hinein Fürsprecher findet an Danielsson a. a. 0.,
Prellwitz Etym. Wörterb. d. griech. Spr. 1. 47. 51 und X^eisser
a. a. 0., so sei hier dagegen bemerkt, dass auch sie lautlich
keineswegs unanstössig ist. Es wäre, da das ß- von ßouXo|uai
= idg. ß- war, *beX-Tepo-c zu erwarten, sowie ja lokr. delph.
beiXo|uai und dor. biiXo)uai 'ich will' diese normale Behandlung
des Labiovelars vor ('-Vokal zeigen, mögen innnerhin vielleicht
böot. ßeiXö|Lievoc und thess. ßeXXeiTei, ßeXXo|uevou als "äolische"
oder "nurd-achäische" Formen ihren lautgesetzlich gerechtfer-
tigten Labialanlaut haben; vgl. Fick a. a. 0., Brugmann Iw.
Müllers Handbuch II- 55, Grundriss I § 42cSb S. 318 und ebend.
Anm. S. 318 f., Gust. Clever Griech. Gramm.- § 194 S. 199, Hoft-
mann Die griech. Dial. l'l 311. 498 ff.. Bück IF.IV 156 f. Anm.
Die Spuren, die man für labiovelaren Anlaut auch bei ßeX-
Tepo-c, ßeXTiLuv selbst gefunden zu haben meint, sind gar zu
unsicher. >So vor allem das nach wie vor dunkel bleibende
maked. ili\a • d-fotOri Tvx^, MaKebövec Hesych., in welchem
Fick a. a. 0. und Prellwitz a. a. 0. 47 den Positiv zu ßeXTiuuv,
ßeXTicToc erhalten sehen wollen; vgl. Mor. Schmidt zu d. Gl.
Besonders aber \vird auf das kret. be'XTOV, das bei Photius
Bibl. p. 1511) 1. 15 s(iq. ed. Bekker mit der Bedeutung d^aGöv
überliefert wird, in diesem Sinne nachdrücklich hingewiesen;
so von Danielsson a. a. 0. und Prellwitz a. a. 0. nach dem
Vorgänge Kleemanns Reli(iuiae dial. Cret. 31. Dieses be'XTov
nun könnte allerdings wohl das -^o-Partizip zu (jel-, ßouXo|aai
sein, mit dem aber darum ßeX-Tepo-c noch nicht notwendig
etwas zu schaffen haben müsste; ebenso würde ja anch daraus,
8 Hermann Oytlioff,
dass der Wurzel r<^;Z- 'wollen, wählen' tliatsäelilich ein Ausdruck
für '^"Ut, besser' ents])ring-t, in aind. var-a-s Adj. 'vorzüglicher,
besser', cynir. com. l)ret. giiell 'besser', heute kaum noch
irgend jemand glaubhaft folg-ern dürfen, dass ßeX-iepo-c auf
*J^eX-Tepo-c beruhe. Noch weniger besag't, was J'rellwitz a. a. 0.
1 unter dßeXTepoc vorbringt: die in g-estörter ]:>uchstabenfolg"e
befindliche nnd sehr wahrscheinlich verderbte Glosse dbeiXov •
dßeXTepov llesych., wofür "ä beiXoi • uu dßeXTepoi conj. Ruhn-
ken" (Mor. Schmidt zu d. Gl.); das anf vieles andere eher,
denn auf dßeXTepoc, hinzielende Hesychglossenpaar dßbeXov •
Taneivov und dßeXXov • Tarreivov. Dass ßeXxepo-c anf analo-
gischem Weg-e sein ß- statt h- von ßouXo|uai halie bekommen
können, dürfte bei dem zwischen beiden herausg'cbildeten Be-
deutungsabstand, ihre Wurzelverwandtschaft einmal vorausge-
setzt, auch schwerlich plausibel erscheinen.
9. ßepva))ue6a.
Das in den Lemmaten der beiden Hesychglossen ßepvuu-
|ue0a ■ KXiipujcuj|ue9a, AdKuuvec und ßeppeai ■ KXiipüucai enthal-
tene Verbum ist bis jetzt ^on zwei verschiedenen Seiten ety-
mologisch in Angriff" genommen worden, beidemal überein-
stimmend insoweit, als hinter dem Anlaut ß- nach der be-
kannten Schreibweise dialektischer W(»rter altes /- gesucht
wurde. Nach G. Curtius Verb. d. griech. Spr. I- 175, dem
sich Fritzsclic Curtius' Stud. VII 1)84 und Vanicek Grieeh.-
lat. etym. ^^'(■■)rterb. 888 anschliessen, soll aind. rr-no-ii, vr-
tuhtl 'wählt' zu vergleichen sein. Dahingegen zog Persson
Wurzelerw. u. AVurzelvar. (il air. fera'nii 'ich gebe' und got.
wair-p-fi Adj. 'wert, würdig', M. 'Wert, Preis', ags. weord
'wert, würdig', ahd. werd Adj. 'einen gewissen Preis kostend',
'von hohem Werte, teuer, herrlich, vornehm', X. 'Kaufpreis,
kostbare Ware, Herrlichkeit', sowie aisl. rarn, ags. u-ani,
und. ?'Y/)-e, sj)ätndid. tcarF. 'Kaufmannsgut, Ware' herbei. Dass
beide Deutungsweisen begrifHicli irgendwie von zwingender
Evidenz seien, wird man nicht behaupten wollen: bei der Cur-
tiusschen Auflassung stösst man sich auch formal an dem ety-
mologischen Lautwert der Liquida von aind. vr-no-ti, rr-nä-H,
der nach unserem viihlen, trollen, lat. rolo. abulg. roJiti,
'wollen', voljd 'Wille', lit. pn-trehni ich will' notoriscli nur
-l- gewesen sein kann.
Griecliische und lateinische Wortdeiitungen. 9
SdUtc sieh aber nicht ein Weg finden lassen, nm ßepviu-
lueGa auf --'luepvuuiLieBa zurückzuführen und so als Gied in die
bekannte Wortsippe von |ueipo|uai 'erhalte als AnteiP, |uepoc
und fiepic 'Anteil, Teil', luepiZluj 'teile, verteile', |uepiZ;o)aai Med.
'nehme als meinen Anteil'. |uöpo-c 'Loos, Geschick', |uöipa
^Teil, gehührender Anteil, Loos, Schicksal' einzureihen, der
aussergriechisch das lat. mereo 'verdiene' und ^i\\\. Ro-smetia,
Name einer Göttin, vermutlich der Glücks- oder Erwerbsgöt-
tin in der bei Zeuss-Ebel Grannu. Celt. - 860 Anm. zitierten
Inschrit"t, zugehören sollen (Pott Etym. Forsch. II - 388 f.,
Wurzehvörterb. II 1, 545 ff., G. Curtius Grundz. d. griech.
Etym.^' 331, Fick Vergleich. Wörterb. II ^ 197. 283 f., Joh.
Schmidt Verwandtschaftsverh. d. indog. Spr. 50, Vanicek
Oriech.-lat. etym. Wörterb. 1203. 1204. 1205. Etym. Wörterb.
d. lat. Spr. - 215, zweifelnd Prellwitz Etym. Wörterb. d. griech.
Spr. 194 f.)-?
Das korkyr, und att, inschriftl. ßapvduevoc für uapvd-
ILievoc und das von Pischel BB. VII 334 f. zu aind. mrdnati
'drückt heftig' gestellte ßapbfjv * tö ßidZ^ecGai YuvaiKac, 'A|u-
TTpaKiüJTai Hesych. zeigen diesen Weg. Man hat nur diese
ß-Formen nicht auf *,upvd)nevoc, *,upbfiv unmittelbar zurückzu-
führen, mit Bezzenberger in seinen Beitr. III 13G und Pischel
a. a. 0. (vgl. auch Verf. Mü. II 51 Anm., Bury BB. VII 81,
Gust. Meyer Griech. Gramm.-' ij 14 S. 13. § 179 S. 186, Jo-
hansson De deriv. verb. contract. ling. Graec. 59 Anm. 4, Du-
vau Mem. de la soc. de linguist. VI 224 Anm. 2) ; sie sind
auch nicht "aus *ßpavd)aevoc", "aus *ßpabfiv" entstanden, nach
Brugmann Grundriss I § 292 S. 235 f. II § 598 S. 973. Iw.
Mullers Handbuch II- 43. 156. Das einzig annehndjare lehrt
vieiraehr Kretschmer KZ. XXXI 393: bei dem bekannten
Nebeneinander von ap- und pa-Form im Griechischen , das
zwar Kretschmer schwerlich hinsichtlich seiner Genesis rich-
tig versteht, das al)er altüberliefert und grundsprachlicher
Herkunft ist (vgl. Verf. MC. V Vorw. 8. III tf.). haben sich
inapvduevoc und *,uapbiiv mit den Schwesterformen ^ßpavduevoc,
*ßpabr-|v zur Erzeugung der Mischprodukte ßapvduevoc, ßapbfiv
*' kontaminiert". Ebenso entsprang meines Erachtens das aus
Psellus nachgewiesene buc-ßdpKavoc i L(d)eck Technol. 49. Pa-
thol. serm. Graeci eleni. I 494 f.) für ^-udpKüvoc nach den ßp-
Fornien buc-ßpdKuvov • bucxepec , bucXiiTTTOv , bucKaiavöiiTov
10 Hermann Ost hoff,
Hesycb., ßpd£ai • cuXXaßeTv und ßpaKcIv • cuvievai Hcsyeli.,
■wenn die Wurzel iiulog. merc- 'fassen, berühren' war, gemäss
der Vcrg:leicliiuig' des aind. marc-ana-m 'das berühren', Präs.
mri'-d-H 'fasst an, berührt' und des lat. merx 'Ware' oder
aueh nach andern des hit. mulcere 'streichehi' (Fick KZ, XX
171 f. Vergleich. Wörterb. I^ 108. 515, G. Curtius Grnndz.^
463, Sieg:ismund Curtius' Stud. V 161, Vanicek Griech.-lat.
etym. Wörterb. 718. Etym. Wörterb. d. lat. Spr.^ 216, Gust.
Meyer Griech. Gramm.-' § 179 8. 186, Stolz Iw. Müllers Hand-
buch II '^ 2^2, Persson Wurzelerw. u. Wurzelvar. 62. 215 f.
Anm. 2, Brug-mann Grundriss II § 527 S. 924).
El»enso leicht nun aber, wie von einem ßpa- das ß- auf
ebenfalls tiefstufigcs |uap- = indog. mr- überging und daher
ßap- sich entwickelte, konnten, meine ich, auch Hochstufeufor-
nien mit )aep-, wenn sie in demselben System mit Tiefstufen-
gel)ilden, die ßpa- aufwiesen, sich befanden, von diesen ana-
logisch atüziert Averden und also ein ßep- an die Stelle des
lautgesetzlichen juep- sich schieben. Das eben ist l)ci unseren
ßepvdj)ae6a und ßeppeai geschehen. Von dieser Wurzel mer-
'zuteilen, als Teil erlangen', beziehungsweise s-mer- mit ver-
mutlich beweglichem s- (vgl. Fick Vergleich. Wörterb. 11 ^
2^?> f, Verf PHrB. VIII 545, W. Schulze KZ. XXIX 262
Anm.), begegnen neben e'ijuaprai, eiVapio, eifiapiuevi-i historisch
die Seitenformen des Perf und Piusiiuamperf Pass. mit -pa-
iu e/aßpatai • e'i'iaapTai Hes. und e)Lißpa|iievä " ei|uap,uevii Hes.,
auch in eßpamuevov [corr. eßpafaevov] • ei|napuevov, ßeßpauevujv
e'mapue'vLuv und uJßpaTo * eiuapio Hes., von denen e|ußpa|nevä
gleichl'alls, wie das ßepvuJiueOa, ausdrücklich als lakonisch und
ferner als ))ei Sojjhron vorkunnnend bezeugt wird nach Et.
M. :}34, 10 (Ahrcns De graec. ling. dial. H 349, Veitch Greek
verbs irreg. * 438, G. Curtius V'erb. d. griech. Spr. II - 150.
241, Vanicek Griech.-lat. etym. Wörterb. 1203, Gust. Meyer
Griech. Grannn.- §286 S. 277). So wird es auch zu lueipo-
|iai und *|nepvo)aai oder *)Liepva|nai Präs. ein Partizip *ßpa-TÖ-c
und etwa noch einen Aorist Med. *ßpd-To, vielleicht dazu einen
Passivaorist *ßpa-6fivai w'ohl gegeben haben. Solcher Formen
eben bedarf man ja auch schon, um in jenen eßpauevov, uj-
ßpaxo und ßeßpauevuuv den l\langel des inneren -\x- vor -ßp- zu
erklären, nach meinen Darlegiuigcn über d-ßpoToc für ä-)aßpo-
Toc und älmliclies MU. V 99. 112, denn mit Ldbeck Pathol.
Griecliischo und lateinische Wortdeutun^en. 11
sevm. Graeei eleni. I 81 ein ^e^en die alphabetische Reihen-
folge verstossendes uj.ußpaio zu konjizieren, erweist sich als
unnötii,^; ich nn'k'hte ühri^-ens g-lanben, dass in uu-ßpaio eben
der g-eumtniasste Medialaorist *ßpdTO stecke, das von (iust.
Meyer Griech. Gramm.- i? 179 8. 186 als "dunkel" bezeichnete
lij- könnte = aind. avest. d-, dasselbe Präfix wie in griech.
uj-qpe\eu), uj-pjouai, ib-pü-fii n. a. (von Fierlinger KZ. XXVII
477 if., Moulton Amer. Journ. of Phil. VIII 209, Briig-mann
Iw. .Aliillers Handbuch 11- 220. Grundriss 11 § 24(i S. 598
Fussn., Wackernagel D. Dehnungsges. d. griech. Xominalkomp.
50) gewesen sein. Und von solchen Formen wie *ßpa-TÖ-c,
*ßpd-TO mögen nun auch *|Li6pva)ue9a und *jaeppeai den Anlaut
ß- statt |u- übernommen haben, daher ߀pvuu|ue6a, ßeppeai. Ja,
das Präsens mit Nasalsutiftx selbst mag anfänglich mit Tief-
stufigkeit der Wurzel *ßpd-vo-.uai oder *ßpd-va-|uai gelautet
haben, und, indem darauf sich der Hochstufenvokalismus der
anderen Präsensbildung ineipouai aus *)uep-/yo-|Liai, des Futurs
*|U€p-eecGai, Aor. med. ••'laep-c-acGai, auch wohl der Xomina
|uep-oc, uep-ic, jedoch unter Verbleiben des dem *ßpd-vo-)aai
eigenen ß-, verpflanzte, entwickelte sich ßepva)|ue6a.
Wenn somit ßepvuuueGa und ßeppeai formal sehr wohl
auf die Wurzel ,uep- zurückgehen können, so ist das, dünkt
mich, von selten des Sinnes eine vollauf befriedigende Auf-
fassung des ja KXiTpoöcGai, d. i. 'sich zuloosen lassen, durchs
Loos zugeteilt bekommen', bedeutenden Verbums. Denn xXri-
poucGai und |ueipec9ai sowie luepiZlecGai, KXripoOv Moosen, durchs
Loos bestimmen, durchs Loos zuteilen' und luepi^eiv, KÄiipoc
und laepoc, iiiepic, luöpoc stehen unter sich in dem Verhältnis
der .Synonymität. Gerade das Hesychlexikon lässt mit Vor-
liebe die Wrtrter dieser beiden Wortfamilien gegenseitig er-
klärend für einander eintreten. Dafür sind Zeugnis die (ilossen:
ueipexai • RXiipoÖTai, juepiZeiai.
lUÖpOl • XÜupOl, KÖTTOl, TTOVOl, KXllpOl.
Und ferner:
KXiipcucei • uepicei.
KXiipoc • t6 ßa\XJ|uevov eic tö Xaxeiv, i] v|ii](poc,
i] Gucia, li luepoc.
kXjipudv • uepibuuv.
KXiipobocia • KXfipoc, uepoc.
Wie nahe es liegt, bei ßepvuü|ae6a an ueipo)aai. jjepoc zu
12 II er mann Ost ho ff,
denken, das zoiii't auch der Eniendationsvorschlaii' ]Mor. Sebmidts
ILieppeai • KXripoi für überliefertes ßeppeai • KXiipujcai in der
zweiten der beiden in Rede stehenden Gk)ssen. P^inc solche
Abänderung- des Lemmas ist nun jedenfalls unnötig-. Recht
mag- vielleicht Schmidt mit der Herstellung des Interpreta-
mentums als kXitpoi haben; dann wäre nändich ßeppeai als
l'räsensform wegen des -pp- für -p//- ''äolisch", lesbisch oder
thessalisch, dassell)c was .ueipeai = att. laeipr]. Doch bleibt
auch der Gedanke von Curtius Verb. d. griech. Si)r. 1-175
beachtenswert, dass ßeppeai insofern nicht in Ordnung sein
werde, als es, nach KXiipüJcai ein aktivischer Infinitiv des Sig--
maaorists, "vielleicht verschrieben für ßeppai" sei, mithin für
uns ein *)Liep-cai vertreten würde. Das "ganz unsicher", wo-
mit Gust. Meyer Griech. Gramm.- §502 Anm, 1 S. 446 die
Konjunktivforin ßepvuujueBa kennzeichnet, mag sich nunmehr
nach Authellung der \\'urzel nur noch darauf beziehen, ob
das neben dem Jodpräsens |ueipo)iiai sich ergebende Xasal-
suffixpräsens *ßep-va-)aai, wie es Fritzsche und Vanicek an-
setzten, oder ein '-'ßep-vo-uai, an das Gust. ]\Ieycr dachte, ge-
wesen sei; Curtius a. a. 0. stellt die Form auf -va uai, aber
ebenda I - 259 die auf -vo-juai als gleichfalls mögliche auf.
Ist sonst noch die in gleicher Weise zu erklärende Stell-
A-ertretung eines vor Vokal stehenden ß- für |u-, wenn eine
der Liquiden -p- und -\- in» Spiele war, nachzuweisen"? Die
Zurückführuiig des ßeX-Tepo-c auf *,ueX-Tepo-c g'laul)ten wir
ol)L'n S. 5 f. ablchiu'u zu müssen, weil die Stützen für das
Henry -Wackernagelsche Zurückgreifen auf wurzelverwandte
ßX-Formen zu problematisch erschienen und zudem eine an-
dere und zwanglosere etymologische Auffassung des ßeX-tepo-c
sich darbot. Aber unter dem von Roseher Curtius' Stud. III
129 tf. (Vgl. dazu (Just. Meyer Griech. Gramm. 2 § 180 S. 186 f.)
behandelten Material für den "Austausch zwischen ß und ,u",
worunter ja auch das korkyr. ßapvd|Lievoc (Röscher a. a. 0. lol),
dürfte einiges gewiss hierher zu stellen sein.
So das hesychische ßeXXeiv * jueXXeiv (Röscher a. a. 0.
l.^>2. Vgl. aucli L(»beck TecluK»!. 116, G. Curtius Grundz.
d. griech. Ktym.' 596 1. Zugehörige Formen mit anlautendem
ßX-, wie etwa ein Partizip '-'ßXa-To-c, ein Aorist *ßX-eiv, sind
zwar liistnriscli iiiclit erweisbar, werden aber zu irgend einer
Zeit dem ( Irieeliiseheii nicht gefehlt haben, und sie lässt ja
Griechische und lateinisclie Wnrtdcutiuic-en. IS
auch das Aiisselien des reduplizierten ßeßXeiv • ueXXeiv HcsvcIk
und ßeßXecGai • jueWeiv, cppoviiZieiv Hesyeli. voraussetzen, die,
für die lautg-esetzlielieren weußX'ecÖai • cppovTiZ;eiv Hesycli. und
horaer. lueußXeiai, ueußXeio vikarierend, ihrerseits mit ßeßpa-
ILievuuv • e'ifiapuevujv von ^ep- ivi;-l. oben S. 10) auf g-leicher
Stufe stehen und in denen auch schon Röscher a. a. 0. 135
das doppelt auftretende ß schliesslich aus dem Zusannnenstoss
des -,u- mit der Li(iuida -X- erklärt sein lässt. Wie viel von
diesen ßeXXeiv und ßeßXeiv, ßeßXecGai dem ^eXXuu 'bin im Be-
gTÜf, zög-ere' und andererseits dem lueXuu 'liege im Sinne',
letzterenfalls unter erforderlicher Al)änderung- des überlieferten
|ueX\- in )aeX- vornehmlich in der Glosse ßeßXecGai • jaeXXeiv,
qppovTiZleiv, zuzuweisen sein werde, ist hier zu scheiden irre-
levant. Selbst das wunderliciie (lebilde ßeuöXeTO • ecppöviice
Hesych., worüber Röscher a. a. 0. 135 f., kr)nnte sich unter
unserem Gesichtspunkte wohl rechtfertigen lassen, leichter
allerdings das dafür von Schow mit ziemlicher Wahrschein-
lichkeit eingesetzte ßefißXero (vgl. die Redaktionsnote von
Curtius zu Röscher a. a. 0. 136 Anm. 1).
Was von solchem ßeVßXeTO zu sagen wäre, gälte auch
für ße|ußXujK6v " eviuYxavei, ecriiKe, -rrdpecTi Hesych., das Sub-
stitut an Stelle von ueußXujKev, Ferf. zu luoXeTv 'kommen';
während wiederum "das bei Bekker Anekd. 223, 2S bezeugte
ßeßXuuKuuc = .ueußXujKUJc, was mit eXiiXuGuuc erklärt wird '\
auch ein ebendaselbst angeführtes ßeßXuuKev • npeiaei, cpuetai,
cpaiverai (Röscher a. a. O. 136, Gust. Me^^er Griech. Gramm. '-^
§ 180 S. 186), nur vollständiger, als "die [relativ] primäre Form
ßeußXuuKev'', von der Vermischung des Wurzel- und zugleich
Reduplikationsanlauts |u- mit dem auf Grund der ßX-Fonnen,
hier vor allem des Präsens ßXojCKuu, entwickelten ß- Zeug-nis
ablegen würde. Über die Aoristforni eßXuu • eqpdvii, Cux^to,
ecTH Hesych. als entsprechenden Ersatz für lautg-esetzlicheres
*e'-|ußXuu habe ich bereits MU. V. 09. 112 das meinige gegen
Johansson De deriv. verl). contract. ling. Graec. 59 gesag't.
Beiläufig- sei bemerkt : die von Brugmann Iw. Müllers Hand-
buch n - 49 und mir zurückgewiesene Ansieht, dass aus altem
-mr- und -ml- sich auch inlautend mit Nasaleinbusse griech.
-ßp- und -ßX-, anstatt und neben -|ußp-j -^ßX-, lautgesetzlich
habe entwickeln können, gründet Johansson a. a. 0. vornehm-
lich auf seine Auffassung des schwierigen Verhältnisses von
14 Heriminn Osthoff,
Kußepvdu), KußepvnTi-jc zu kypr. KUjaepfivai und dem aiigehlicli
äolischen Kuiuepvrirnc Et. U. 543, 2. Et. Giid. 851, 9: er leitet
die -ß-Fonu Kußepvduj, die auch Fick BB. VI 214. Vcrg-leich.
AV.irterb. I^ '2f<. :VM), lion'nuiim Die griecli. Dial. 1 212
lind Prelhvitz Etyiii. Wörterb. d. g-riech. Spr. 1(J7 als die jün-
gere hinstellen, auf solche niutmasslicben -|u-Fornien y.urück,
in denen das -p- unmittelbar hinter dem Nasal gestanden habe,
ein *KU|iip- sei zu *Kußp- geworden. Aber gerade wenn nuai
mit Fick, Hoffmann und Prellwitz aind. Ix-fih-ora- M. X. Üeich-
seF, Ixüh-ari' F. dass. und lit. lumh-ra-s 'der krumme Gritf
am Steuerruder', Tvumh-r-rj-.^ 'Bügel am Pfluge, Knie am Kahn',
'kumh-r-yti 'steuern' vergleicht, so kommt man unbefangener
Weise nicht zu ihrem Ausatz einer Grundform ^kuniro-, son-
dern kann eher in dem Glauben, dem schon G. Curtius in
seinen Stud. III 197 Ausdruck gab, sich bestärkt fühlen, dass
vielmehr die Form Kuß- von ht>herem Alter gewesen sei und
dass neben ihr ein nasalinfixhaltiges *KU|Liß- = lit. liinih- ge-
legen habe. Will man nun, ähnlich wie Curtius, die Vermu-
tung wagen, dass in irgend welchen entlegenen Dialekten
"durch progressive Assimilation" jenes *KU)Liß- zu *ku|u,u-, da-
raus — vielleicht in nicht-haupttoniger Silbe? — vereinfach-
tes ku)li-, sich entwickelt habe, so dürfte das kein kühneres
Wagnis sein, als die Johanssonsche und wohl auch Fick-HoflF-
mann-Prellwitzsche Theorie von einer gemeiugriechischen Dop-
pelbehandlung der ursprünglichen -mr- und -inl- im Inlaut.
Auch was neuerdings Johansson IF. III 239 Anm. ül)er Ent-
stehung des -ßp- in ößpi|ao-c 'stark, gewaltig' aus -w?r- und
über Beziehungen von griech. ößpm, ößpiKia, ößpiKaXa 'Jungen
der Tiere' zu lueipaS, |ueipdKio-v, aind. indr-ya-s 'junger Mann,
Hengst', mar-ya-kd-s 'Männchen' und vollends zu aind. md-
nci-tih ' Lichtstrom, Lichtstrahl ' mutnuisst, l)lcibt durchaus
unsicher.
10. asper, sperno\ aind. apasphüras.
Lat. asper drückt 'rauh, harsch, uneben, holperig, barsch,
kratzend, stechend, S])itzig, scharf für den Gef'ühlssinn, 'harsch,
her!), beissend' für den Geschmack und Geruch, 'grob, derb'
für das Gelnir aus, dazu wird es in vielen übertragenen Be-
deutungen, wie 'rauh, barsch, trotzig, ungestüm, spröde, ab-
hold, streng, wild' von menschlicher Gcsiununi;- und Denk-
Griechische und hUeinische Woi-tdeutuni>-en. 15
Aveise, 'rauh, misslicli, hart, bitter, empfindlich, unang-enehin'
von widerwärtigen und scliwierigen Zuständen u. dg-1., ge-
braucht.
Was frühere Deutungen des asper anbetrifft, so verdient
kaum Erwähnung- Bechtels Vermutung Üb. d. Bezeichn. d.
sinnl. Wahrnelnnungen 16, dass es mit clridu-s 'trocken, dürr'
zusannnen zu einer vermeintlichen "W. as, bewerfen, bestäu-
ben", die doch wohl dieselbe wie in aind. ds-ya-ti Svirft^
schleudert' sein soll, gestellt werden könnte. Andererseits
Fick BB. VII 94 meint, dass asper "zu unserem espe gehört
(weil die Espe schaudert, cppiccei) " ; gewiss auch kein sonder-
lich ansprechender Einfall, zumal da die espe, ahd. aspa, ags.
-cesp, aisl. qsp bei nicht klarer Wurzel auch sehr wohl an-
derswoher, als von dem Schaudern oder Zittern ihres Laubes,
den Xamen haben mag (vgl. Grimm Deutsch. W(>rterb. III
1157, Kluge Etym. Wörterb.^ 93'', Heyne Deutsch. Wörterb.
I 833 f.). Wbarton Etyma Lat. 8 setzt unser Wort "= ahs-
per unattractive, abs-{-p)arö {aee jjaupter)", überlässt es jedoch
dem Leser, sich auszudenken, wie durch Zusammensetzung
von ahs mit paräre 'bereiten, verschaffen' der Sinn "unattrac-
tive" zu Staude komme; abgesehen jedoch auch von dieser
Schwierigkeit, gälte, dass 'nicht anziehend, reizlos', um mit
AVharton a. a. 0. 118 unter vultus zu reden, "gives to weak
a meaniug", mit so mattem und farblosem Allgemeinbegriffe
liesse sich die in asper liegende charakteristische Grundvor-
stellung schwerlich erfassen.
Das relativ Beste, namentlich in begrifflicher Hinsicht,
lehrte über asper, unter angebrachter Verwerfung der Cors-
senschen Deutung als 'hoffnungslos' aus ah und spes (Ausspr.
Vokal. II- 593. 870), Postgate 'Some Latin and Greek ety-
mologies' (Philological Society Cambridge 1881) S. 5 f. des
Separatabzugs: ein "^acs-pero-s, das zu Grunde liege, habe
die Bedeutung "prik-causing" oder "prickly" gehabt und finde
in seinem ersten Bestandteile Anknüpfung an lat. ac-ie-s, ac-ti-s,
äc-er, griech. ctK-po-c, dK-,uri und ÖKpiöeic 'eckig, scharf, rauh'
nebst übrigem Zubehör, formal zunächst der -s-Erwxiterung
wegen an griech. oH-u-c 'scharf, sowie an lat. astu-s 'List'
gemäss dessen — freilich ganz unsicher bleibender — Zurück-
führung auf *flcs-f?^,v 'Schärfe' (G. Curtius Grundzüge-' 131).
Ich meine aber, dass die Wortbildung von asper dabei schwer
16 Hermann Osthoff,
ZU rec'littertigen sein würde. Postgate lässt die Wahl zwischen
zwei Mr»g-lichkeiteii. Entweder sei '^acs-pero-s "a Compound
like opi-paru-s, e being tbr a a.s in puer-per-a'' \ in diesem
P'alle wüsste ich mit dem Sinne 'rauh' = 'Stacheln bereitend,
Schärfen erzeugend' nicht zwanglos zurecht zu kommen. Oder
es sei "more probably" das -pet' "a corruption of -ter'', so
dass asper dem lit. asz-trü-s, abulg. oi^frü ' scharf, auch dem
avest. ash'fra F. 'Stachel, Dolch' und aind. äsh-trd 'Stachel'
in Wurzel und Suffix nahe stünde ; das aber scheint mir laut-
gesetzlich Bedenken zu erregen, da das Material bei Corsseii
Ausspr. Vokal. I- 178, worauf Postgate verweist, keineswegs
einen Lautwandel von -.s-^ zu lat. -sp- stützt.
Auf richtiger Fährte wird wohl Wharton hinsichtlich des
ersten Wortteils von asper gewesen sein, indem er ahs darin
suchte. Ich möchte es aus "^ap-sper-o-s deuten: es war eigent-
lich 'abstossend, wegschnellend, was hinwegzucken macht',
Avie ein spitziger Gegenstand bei der Berührung, eine rauhe
Oberfläche beim Drüberhinfahren; der zunächst auf die Re-
aktion der Tastnerven gegen widrige Gefühlseindrücke gehende
Terminus wurde später zur Bezeichnung unangenehm empfun-
dener Siuneseindrücke im allgemeinen.
Wurzelhaft stellt sich a-sper in seinem Schlussteilc also
zu sper-no 'stosse weg, trenne, entferne', 'verwerfe, verschmähe,
verachte', ferner zu griech. CTiaipuu, d-CTraipuj 'zucke, zappele',
'sperre mich, widerstrebe', ags. asächs. ahd. spiirnan 'mit
dem Fusse stossen, treten', aisl. sporna "anstossen', spyrna
dass., aisl. sperna ags. speornan dass., ahd. fir-spirnit 'stösst
an, tritt fehl' (Otfr.), aisl, spore ags. spora spura ahd.
sporo 'Sporn', lit, spiriü spirti 'hinten ausschlagen, mit dem
Fusse stossen', lett. spehi spert dass., lit. at-sjxira-s 'Wider-
stand', aind. sphiir-d-ti 'schnellt' trans. und intraus., 'stösst
weg, zuckt', avest. fra-sparat 'schnellte hervor'. Nicht nur
mit lat. a-sper näri kommt a-sper als Kompositionsbildung in
beiden (Jliedern überein, sondern auch mit aind. ved. dpa
sphärish Aor. Injunkt. 'schnelle weg, entziehe dich rasch',
apa-sphür-d-s Adj. ' wegstossend, wegschnellend, ausschlagend'
(vom gährendcn Soniatrank), ('ni-djni-sphur-, än-apa-sphnr-a-
und dn-apa-sphur-ant- 'nicht wegstossend, nicht wcgschnel-
lend, sich nicht entziehend' i von einer Milchkuh, die sich ge-
gen das Melken nicht sträubt). Wofern nicht "'■'■(ip-sper-o-s.
Griechische und lateinische Wortdeiitung-en. 17
sondern vielmehr ein ''■'(ip-sjjar-o-s die dem lat. asper zu Grunde
lieg-ende Form gewesen sein sollte, würde es mit dem aind.
apa-sphür-a-s Laut für Laut sieh decken unter Voraussetzung
eines Urgebildes "^apo-splirr-o-s "wegstossend'; lat. ital. ar =
idg. i-r nach Verf. Transactions of the Amer. philol. assoc. XXIV
52 und .Aleillet :\Iem de la soc. de linguist. VIII 279 f.
Schliesslich seien noch ein ])aar Begriffsanaloga erwähnt,
die unsere Autfassnng des ((S2)ei' 'rauh' als 'abstossend' stützen
k(hnien. Lit. fra/ih-u-s 'holperig' war eigentlich 'stosscnd',
als zugehörig zu trenkia frefildi 'heftig stossen', trank f/fi iter.
dass., l-tranka 'Anstoss', pa-tranJcä 'lioli)riger Weg' (Les-
kien D. Ablaut d. Wurzeis. im Lit. ?)i)2. I). Bildung d. Nom.
im Lit. 250), "tranküs kelias, ein Weg, auf welchem sich
der Wagen beim Fahren vielfach stösst" (Kurschat Litt. -deutseh.
Würterb. 461 '^i; fälschlich lässt Bechtel Bezeichn. d. sinul.
Wahrnehm. 1(] in lit. traiikn-s das 'rauhe' passivisch als "das
abgestossene, brüchige" bezeichnet sein. Ahnlich stellt sich
ferner abulg. ^jr^(fZ?/i^7 'asper' zu predafi 'springen' (Bechtel
a. a. 0.). Im Latein selbst salehra 'holprige Stelle des We-
ges', sülehrö.sus ""holperig, uneben, rauh' zu salire 'springen'.
11. indütiae und hellum.
Gewiss treffend hat man lat. dueUu-m hellu-m und jjer-
dueUi-s, per-diieUlo zu griech. homer. bdi Lok. 'in der Schlacht'
aus *baJ^-i, biiio-c 'feindlich, Feind', wofür bsj^-io-c bei Alk-
nian, gestellt; so Frrdide BB. III 5 und Leo Meyer ebenda
III 77 ff. Vergleich. Gramm. P 62. 194 f. 658. Wenn Kluge
Etym. Würterb.'' 424^' und Franck Etym. woordenboek d.
nederl. taal 1044 von der Anknü[)fung des hellu-m an das
Zahlwort dao, bis:, sowie an ndid. nhd. zielst, mul. nnl. twist
'Entzweiung, Streit' noch nicht loskonnnen können, so sollte
wenigstens der Klugesche Weg, dies Etymon vermittels einer
"Grdf. '"'dwerlo- für *dwisJo-" zu rechtfertigen, als ein durch-
aus ungangbarer erkannt werden; aus '^dicislo-m wäre nur
ein lat. Huht-ni, nicht beUu-m, hervorgegangen. Al)er Lud-
wig Lange hat in seiner Abhandlung "de dueUl vocabuli ori-
gine et fatis commentatio" üniversitätsprogr. Leipzig 1877 =
Lange Kleine Schriften aus d. Geb. d. klass. Altertumswiss.
II 354 ff. genügend dargetlian, wie ül)erhau))t jene alte Auf-
fassung des belluni als 'Zweikam])f' oder auch 'Entzweiung'
auf allerlei begriffsgeschichtliche Schwierigkeiten stösst.
Imlogennanische Forscluingcii VI l u. 2. 9
18 Hormann Osthoff,
Laiig-es eigene etymologische Aufstellungen, die darin
gipfelten, dass dn-elhi-m h-enu-m im Sinne von 'ineursio' aus
einer Wurzel dn- 'gehen, sich hewegen, eingehen' abgeleitet
werden sollte, wurden von Leo Äleyer in dessen Aufsätze
über '"indvtlae und helJum" BR. III 74 f^. eingehender be-
kämpft und teilweise durch besseres, eben die Beziehung zu
bat, biVio-c, ersetzt. Doch scheint mir Lange in dem einen
Punkte Recht zu behalten, dass er Kleine Schriften II oTT tf.
in-dü-tiae ' Wagenstillstand , Wafifenfrist ', übertr. 'Stillstand,
Ruhe, Stille (der Nacht)', 'Frist (bei Steuerzahlungen)', auch
formal als Gegensatz von dii-elhi-m h-eJlu-m anerkannt wissen
wollte und also betonte, dass jenes auf die gleiche Wurzel
wie dieses zurückzubringen und in dem in- das privative Präfix
= griech. d-, aind. avest. a-, germ. un- zu sehen sei,
'Waffenstillstand' als eine Unterbrechung der kriegeri-
schen Operationen ist gleichsam eine Verneinung des Krieges;
in-dü-tiae somit eigentlich 'die Xicht-Befeindungen'. Dieselbe
Idee liegt zu Grunde, wenn die Romanen von dem Hinstelleu
der Waffen in Italien, armistizio, franz. engl, armi.stice, wir
desgleichen in Waffen- Stillst and, die Griechen von dem Hand-
zurückhalten in ihrem eKexeipiä den Ausdruck für die 'Ein-
stellung der Feindseligkeiten' gewinnen.
Im Vergleich mit einer solchen sehr signifikanten Be-
zeichnungsweise wäre es gewiss viel blasser und matter, wenn,
wie nach Gerhard Johann Voss (vgl. Lange Kleine Schriften
II 379) Leo Meyer a. a. 0. 76 f. und Whartou Etyma Lat. 47
lehren, in indfdiae die Wörter indu und ötium 'Ruhe von
Geschäften' enthalten wären; mag auch immerhin ein -ütiae
mit otiu-rii nach der neuesten Deutung dieses aus ^'ovefio-m
oder '^ai-efio-7)i (Solmsen Stud. z. lat. Lautgesch. 95) formal
gut vereinbar erscheinen. Formal unanstössig wäre auch der
Vorschlag Breal-Baillys Dictionn. etym. lat. 134'^, indiitiae
als *endo-itiae " Convention " aufzufassen (vgl. auch Schweizer-
Sidler u. Surber Gramm, d. lat. Spr. I- i? 21, 11 S. 25 und
Stowasser Lat.-deutsch. Schulwörterb. 547 *), und er kihmte sich
begrifflich auf das griech. CTiovbai 'Vertrag, Bündnis' und
'Waffenstillstand',' etwa auch auf italien. span. tregna, portug.
tregoa, provenz. ti^eva, franz. trere aus ndat. fr^^^^^^y« 'Waffen-
stillstand', eig. 'Sicherheit, Bürgschaft', von ahd. triiaca, asächs.
trtiuca, ags. treoic 'Treue', got. friggica 'Vertrag' (Diez Etym.
Griechische und lateinische Wortdeutung-en. 19
Wörterb. d. rouiau. Spr."* 326 f., Körting Lat.-roman. Wörterb.
734 No. 8349, Kluge Etym. Wörterb. d. deutsch. Spr.'^381^)
stützen. Aber wenn auch inlre societäfem Cic, foedus
Prop. u. Isid., ja selbst indütias Plin. pan. XI 5 gesagt
wird, ebenso griech. ecievai ec CTTOvbdc Thuc, so ist doch
zu bezweifehi, ob in-ire oder ein ^endo-lre, griech. eic-ievai
auch absolut vom ' Vertragschliessen ' hätte gebraucht wer-
den können; eher würde man für 'Vertrag, Übereinkunft'
aus einer Wurzel, die 'gehen, kommen' ausdrückt, eine
Bildung durch Zusammensetzung mit com-, co-, nach Ana-
logie von co-ire {societäfem, in foedera, in amicitiam), von
con-venire, con-renfio — vgl. quaedam parva contra pdeni
c o n V ent i ö n i s tempore i n d ü t i ü r u m facta Liv. XXVII
30 — und con-ventuni, auch nach griech. cuvievai lec tojutö
Her., Euvioucujv tojv TrpuuTUJV -rröXeuuv Thuc.) und cu,u-ßaiveiv,
cuu-ßaci-c, erwarten dürfen. Gegen die Erklärungen aus indu
-\-öt(um und ""'endo-ifiae wendet sich auch Stolz Festgruss
aus Innsbruck an die XLII. Versamml. deutscher Philol. und
Schulmänner zu Wien 107 f. Histor. Gramm, d. lat. Spr. I
153, desgleichen gegen die von Georges Ausführl. lat.-deutsch.
Handwörterb. II'' 176 vertretene Auffassung als "tempu.s
indutum od. insertum, d. i. eine .Schaltzeit, welche die Kriegs-
zeit auf eine Weile unterbricht". Aber wenn Stolz meint,
das Partizip Indatu-s von induo 'ziehe an, lege an, bekleide'
sei insofern wohl herauziehbar, als eine Redensart feriäs
induere 'Ruhetage eingehen' existiert haben kr»nne, so will
mir diese ^löglichkeit liei Erwägung des Sprachgebrauchs von
induere auch keineswegs sonderlich einleuchten.
In morphologischer Hinsicht wird man aber Georges und
Stolz wohl darin folgen dürfen, dass indütlae als Al)leitung
aus einem Partizip auf -ü-to-s zu passieren habe, nach der
Weise der von Stolz herangezogenen minü-t-iae und argü-t-iae.
Freilich könnte die ursi)rüngliche Wurzelgestalt el)enso gut, wie
dii-, auch ""'(lau- gewesen sein, so dass ''■in-dan-t/a/ die Ablauts-
vollstufe mit dem homer. ba(/)-i Lok. geteilt haben würde ;
das archaische indotiarum Cic. legg. 119,21 deutet vielleicht
auf alten Diphthong hin, gemäss Lindsay The Latin language
248 if. Die Suftixl)ildung unseres in-dn-tiae war jedenfalls genau
sOjWie die von nup-tiae zu nüho\ auch an com-i-tiae, die seltenere
und spätere Nebenform von com-i-tia Ntr., darf mit P)real-]jailly
20 Henna 11)1 Osthoff,
a. a. 0. erinnert werden. Will man nun, demg:emäss wie ja
grä-t-ia grd-t-iae doch wohl anf grä-fu-s, vielleicht so mip-f-
-iae auf nup-ta Part. Fem., grieeh. Gu-c-ia auf *9u-tö-c (vg-l.
Ou-xe-o-v) oder Gu-xii-c, upo-bo-c-iä auf Trpö-bo-TO-c oder irpo-bö-
-Tr|-c lieruht, so lat. in-dü-f-iae zunächst auf ein '^in-dü-to-a
J^art. 'unbefeindet' oder aktivisch 'nicht bekämpfend, nicht
feindselig-' zurückleiten, so trifft man damit jedenfalls der Idee
nach bei der uisprünglichen Nichteinheitlichkeit des Suffixes
-t-yü- das richtige.
Der Plural drückt, sowie nup-tiae eigentlich 'Hochzcits-
feierlichkeiten, Inbegriff der Vermählungsfeierlichkeiten' sind,
so auch in in-dü-tiae kollektivisch den 'Inbegritf aller einzelnen
durch den temporären Waffenfrieden bedingten Akte', also
ungefähr auch 'Zustand der Nichtbefehdung-' aus. Ähnlich so
der Plural in excnh-iae, exsequ-iae, Infer-iae, Insld-iae u. dgl.
mehr. Am ähnlichsten unserem Falle in iiiirmci-fiae, als einer
Art begrifflichen Gegensatzes zu fu-dü-tiae; übrigens, sowie
selteneres inimlci-tia Sing, neben der g-ewöhnlichen Pluralform,
so wird auch ein Singular In-dü-tia als bei den "scri])tores
veteres nonnunquam" vorgekommen durch Gell. XIX 8, 13 be-
zeugt (Neue Formenl. d. lat. Spr. 1- 467, Ludwig Lange Kleine
Schriften II 381). Man vergleiche jetzt, was Delbrück Ver-
gleich. Syntax I §49 S. 103 ft". ül)cr die Wahl des Plurals zur
Bezeichnung von "Zeitabschnitten, Festen, Mahlzeiten", bei
denen "an mehrere Handlungen oder Vorgänge, Abschnitte
usw. gedacht wird", lat. nupt/ae, fer'iae und idüs, calendae,
nündinae, griech. yö^oi» tacpai und Tdqpoi, ahd. hrüflouftl,
zUi, lit. derybos 'Verlobung, Verloliungsfest', ziralgal 'Braut-
schau', szermens und szermeni/s 'Begräbnismahr, russ. pocho-
rony 'Beerdigung' u. dgl. bemerkt: insbesondere teilt ja auch
das griech. crrovbai 'Vertrag, Waffenstillstand' diese Eigentüm-
lichkeit.
12. queo.
Die Etymologie des lat. (lueo 'ich kann, vermag' ist von
jeher eine viel umstrittene. Mit den meisten der angestellten
Deutungsversuche sind ihre Urheber allein stehen g-ebliel)en
oder haben nur den Widerspruch von Seiten anderer hervor-
g-erufen. Man braucht nur die ]\Iehrzahl dessen, was ver-
griciclisweise herl)eigczogen worden ist, einfach aufzuzählen,
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 21
lim den urteilsfähig-en Leser die sei es lautliche und mor])ho-
logische sei es begTÜfliche Unlialtbarkeit oder wenigstens
Schwierigkeit der betreffenden Kombinationen unmittelbar
selbst emptinden zu lassen. Irgend ein brauchbares Körnchen
mag freilich bei näherem Zusehen noch zu entdecken sein
anter dem folgenden, was Revue passiert.
Lat. g?f?-,v Pron. 'wer', qiu Ady. 'wodurch, wovon, wie':
Döderlein Lat. Synom. u. Etym. IV 160 ff., Breal Mem. de la
SOG. de linguist. VI 127 f. Griech. Koeuu 'höre, merke': Döder-
lein a. a. 0. VI 296, Pott Personennamen 125; dag:eg-en G.
Curtins KZ. IV 238 und Pott selbst Wurzel-Wcirterb. I 459.
Ai. gal'-no-ti 'vermag-, ist im Stande, kann', cdk-ü-sh 'Ver-
mögen, Kraft, Fähigkeit, Geschick', calx-rd-s 'stark, vermö-
g;end', cdc-i 'Anstelligkcit, Geschicklichkeit, Hilfeleistung-', aisl.
Jiag-r 'geschickt', Iwga 'anordnen', hwg-r 'passend, behaglich',
^gs. on-J}a;^i((n, as. hi-Jiagön 'passen, g-efallen', mhd. hagen,
he-Jiagen 'gefallen, behag-en', ahd. hi-hagan Part, 'frisch, freu-
dig-, behaglich': Benfey Griech. Wurzellex. II 160, Bopp Gloss.
Sanscr.3 379'^; dag-egen Froehde Beitr. z. lat. Etym. Progr.
Lieg-nitz 1865 S. XIII. Ai. ci-nö-ti 'schichtet, sammelt',
ci-l'e-ti 'ninnnt wahr, bemerkt, sucht auf, forscht nach', cdy-
-a-te 'rächt, straft', cdt/-a-ti 'hat Scheu vor, verehrt', g-riech.
Tt-vu-)aai 'strafe, räche mich', tivuu 'büsse', xiuu 'schätze, ehre':
A. Kuhn in seiner Zeitschr. II 390 f.; dag:eg-en Froehde a. a. 0.,
Pott Wurzel-Wörterb. I 459 und Breal a. a. 0. Lat. sclo 'ich
weiss': zweifelnd Pott Personennamen 125. Wurzel-Wörterb. I
459. 704. Griech. tti-vu-tö-c 'verständig, klug-, einsichtsvoll',
vri-TTio-c 'unmündig, kindisch, töricht', dazu auch Troieuu 'ich
mache, schaffe, verfertige': Froehde a. a. 0. XII ff.; dagegen
Bugge KZ. XIX 411, G. Curtius Grundzüg-e d. griech. Etym."*
471 und Bezzenberger in seinen Beitr. II 272. Ai. l-sJidyafi
^besitzt, verfügt über, beherrscht', l-shafi-d-m N. 'Herrschaft,
Macht, Gewalt', av. l-hshai/ete Med. 'herrscht, ist mächtig, be-
sitzt, vermag-', khshathrem apers. l-Jishatra-m X. 'Herrschaft,
Eeich', a])ers. Ihsldi/afhl/ja 'König-', g-riech. Kidoiaai 'erwerbe
mir', KfeKTimai 'besitze', abg-. sl-ofü 'Vieh': Fick Vergleich.
Wörterb. I^ 233. 305. 438. ll ^ 265 (zweifelnder jetzt h 29.
192. 392), Bezzenberger a. a. 0., Zehetmayr Analog.-vergleich.
Wörterb. 366 '"^i dag-egen Breal a. a. 0. Cymr. j>m« 'to own,
to possess': Whartou Etyma Lat. 84.
22 Hermann Osthoff,
Die meiste und vcrbreitetste Anerkeunuug hat noch der
Anschluss des lat. queo an die Sippe von ai. cdv-as N. 'Über-
legenheit, Stärke, Heklenkraft', qävira-s 'mächtig', cü-cuv-e
Perf. 'ist überlegen, ist siegreich', gü'-ra-s 'kriegerisch, tapfer,
Hekr, ^H-nd-s 'geschwollen', av. sav-ö N. 'Nutzen', suyamna
Part. Präs. ]\[ed. 'wachsend, zunehmend', süidyäl Inf. 'zum
Nutzen', a-silrö 'nicht stark', si-t^pimnö Part. Med. 'stark,,
dick', griech. ki-ku-c 'Kraft', d-Kü-po-c 'ungiltig, ohne Rechts-
kraft', KÖ-p-oc N. 'Gewalt, Macht', KÖ-p-io-c 'Herr, Gebieter,
Eigentümer' und Kueuu 'bin schwanger', air. caur cur 'Held',
cymr. cawr corn. caur 'gigas' und lat. in-ciens 'trächtig',
cu-mulu-s 'aufgetürmte Masse, Haufe, Übermass, Zuwachs' ge-
funden; in ai. cv-dija-ti 'schwillt an' und unserm queo sah man
dieselbe Präsensbildung. Vgl. Pott Wurzel-Wtb. I 459. 704,
Ascoli Vorles. über die vergleich. Lautl. 55, Fick Vergleich.
Wtb. 13 60 f. I"^ 44 f., Vanicek Griech.-lat. etym. Wtb. 160.
Etym. Wörterb. d. lat. Spr. - 70, Leo Meyer Vergleich. Gramm.
I^ 86. 601, King-Cookson The principles of sound and in-
flexion 133, Brugmann Grundriss d. vergleich. Gramm. II
§ 715 S. 1073. § 717 S. 1075. § 790 8. 1146 f. § 802 S. 1161^
Persson Wurzelerw. u. Wurzelvar. 114, Solmsen Stud. z. lat.
Lautgesch. 54.
Dieser also weiter verbreiteten Ansicht ist zunächst ein.
semasiologisches Moment nicht günstig. Nach allgemeiner und,^
so weit ich sehe, unwidersprochener Anschauung bezeichnet queo
nicht das 'können' als 'Macht, Kraft haben'; das thut viel-
mehr im Lateinischen pos-sum, allenfalls auch noch valeo. Dem
queo kommt dagegen die Rolle zu, dass es ausdrückt 'in der
Lage sein', d. i. so viel als 'durch die Umstände, die
äusseren Bedingungen befähigt sein etwas zu thun'. Dies
führt vormehmlich Döderlein lat. Synora. u. Etym. IV 159 ff.
in Anknüpfung an die Ansichten von Vorgängern, Ernesti,
Habicht und Herzog, aus und bemerkt unter anderm, "dass die
Möglichkeit durch posse, k ö n n e n, als M a c h t, und durch
quire, im Stande sein, als Qualifikation zu etwas
bezeichnet werde". Ähnlich Kraft Deutsch-lat. Lex. 11-^ 57^^:
"posse bezeichnet die Möglichkeit, das Können als Macht, queo^
ich bin im Stande, als Qualitikation (Geeignetheit, Befähigung)
zu etwas .... Zwischen non possuni und nequeo macht
man gew. den Unterschied, dass das erstere sich auf die innere
Gricchiselie und lateinisL-lie Wortdeutung-eu. 23
Kraft, auf das moralische Veniu)i;-en beziehe, das letztere auf
das äussere Veninig-en, auf die Gelegenheit, etwas möglich zu
machen, und bedeute: die Cmstände erlauben es nicht; es geht
min einmal nicht; s. Herz, zu 8all. Cat. 18, o'\ In g-leichem
Sinne spricht sich Georg-es Ausführl. lat.-deutsch. Handwörter-
buch in 1015. 1919 aus. Döderlein betont auch noch "die
Vergleichung des griechischen oiöc xe ei)ui, welches sich nicht
fühlbarer von buvaiaai unterscheidet als queo von possum'\
Unter diesem Gesichtspunkte liegt dem Döderleinschen Vor-
schlage, den später unabhängig auch Breal machte, dass man
queo zu dem Pronomen qnis, insbesondere aber zu dessen Ad-
verbialform qiit 'wie' in Beziehung bringen solle, allerdings ein
berechtigter Kern zu Grunde, der sich uns hernach (S. 31 ff.)
noch klarer herausstellen wird.
Aber auch rein formalerseits ist die Gleichsetzung von
queo und ai. ccdi/änä nicht einwandsfrei. Warum ist nicht
bei solcher Herkunft die lateinische Flexion queo, "^ques, ^quet,
*quenius usw., Inf. "^quere? Man antwortet bekanntlich: weil
von den Formen wie queo, Konj. Präs. queam, Part, quitu-s
der Übertritt in die Analogie des Paradigmas eo, Ivi, Ire
'gehen' veranlasst wurde; so Stolz Iw. Müllers Handbuch 11^
3(52 und Brngmann Grundriss d. vergleich. Grannn. II § 790
S. 114(5. Wer aber gebührend erwägt, dass dem isoliert ste-
henden und für das Sprachgefühl sicherlich abnorm flektieren-
den eo zu liebe unser queo von der Bahn der regelmässigen
Verbalbiegung der fieo, neo, -pleo, vollends das häutiger ge-
brauchte nequeo von der der vielen Verlja mehrsilbigen
Stammes auf -eo, -ere abgewichen sein soll, der wird solcher
Annahme der Analogie Wirkung sich schon skeptischer gegen-
überstellen; zum mindesten würde er wohl den schwer zu er-
bringenden Nachweis eines besonderen in den Bedeutungen
liegenden Momentes verlangen, welches die dem lateinischen
Sprachemptinden angesonnene Assozierbarkeit des queo mit eo
gerechtfertigt erscheinen lassen könnte.
Allerdings meint man, dass ein derartiger Einfluss des eo
auf andere Verba sonst sporadisch vorkomme: Loewe Pro-
dromus corp. Glossar. Lat. 4o9 zieht aus Glossen nit, neunt,
das letztere auch aus dem Nachahmer des Tibull. III 3, 36,
hervor und erklärt el)end. Anm. 1 diese Formen von 7ieo als
Analogiebildungen nach /7. eunf von Zre: ebenso Stolz a. a. 0.
24 Hermann OythoCt',
Dies einmal als richtig- ani,^euoiiiiueii, so bliebe das (loch iiimier
ein vereinzelter Vorgang-, solches gelegentliche Abirren des sonst
durchaus im regelmässigen Geleise sich haltenden neo, nere,
während bei queo, neqiieo keine Spur des vorausgesetzten älteren
Zustandes übrig sein würde. Es tragt sich aber, ob die Loewe-
Stolzsche Ansicht über nif, nennt so in Bausch und Bogen
annehmbar sei. Die o. Flur, neunf kann nicht getrennt werden
von anderen ebenso beschatitenen Bildungen derselben Person,
von doleunf CIL. III No. 3362. V No. ITUO, doceunfö Prob,
inst. art. p. 164, 27 K. (vgl. Neue Formenl. d. lat. Sju". 11^
433), zu denen noch censeunt und per-teneant in den spät-
lateinischen Belegen bei Schuchardt Vokal, d. Vulgärlat. II 504
kommen. Für diese alle gibt Schuchardt die gewiss ohne
weiteres ansprechende Erklärung, dass sie durch die Analogie
der Verba vierter Konjugation auf -h-e ins Leben gerufen seien,
"wie cen'mnf, so feneunf, und daher auch italien. tengono
wie vengono; gerade nur die 3. Plur. auf -etinf fehlte dazu, um
den Parallelismus der Präsensüexion di.'r Verba auf -eo, -es,
-et, Konj. -eam und derer auf -io, -i.s, -it, -iam zu einem voll-
ständigen zu macheii. Dass bei diesem Ausgange -eiint, wie
Brugmann Grundriss I i? 134 S. 112 will, noch die Miigliehkeit
einer älteren lautgesct/lichcren Entwickeluiig. im Vergleich mit
-ent, in Betracht konune, daran ist bei dem meist sehr späten
Auftauchen der Formen nennt, doleunt usw. schwerlich zu
denken. War aber nennt in der angegebenen Weise entsjjrun-
gen, so mochte auch in ihm selbst, ausser in neo, neam, der
Anstoss zu der gelegentlichen Neubildung der einzigen 3. Sing,
in der Form des Loeweschen nit, nach Massgabe von it nebi'u
eunt und eo, eam, gefunden werden, und hierauf allein würde
sich somit der Einfluss des eo auf die Fexion des ihm gleich-
silbigen neo reduzieren.
Auf die Gleichheit der Abwandlung des
queo, ne-queo m i t eo, ive ist in d e r T h a t volles Ge-
wicht zu legen. Sie erstreckt sich sogar bis auf die mit
nasaler Stammerweiterung auftretende altlateinische Piiidung
der 3. Plur. Präs. Ind. ne-qulnont Fest. p. 162b. 24 M., ge-
mäss deren formalem Einklänge mit alat. oh-'innnt, pröd-inunt,
red-lnnnf (Stolz Iw. Müllers Handbuch H- .■)6r), zur Erklärung
anders Bru.n-mann Ber. üb. d. Verhandl. d. kdu. sächs. (ies. d.
Wiss.. pliih.l.-hist. Kl. Leipz. ISOO S. -I-ll. (^rundriss II i? 6lö
Griecliisclu' u!id lateinische Wortdeutung-en. ?o
S. 9S4. § 1022 S. lo()G und Holg-er rederscn IF. II 302
nach Jdliaiissoii Akad. afhaiidl. til Prof. S. Biig-g-e 30 ff.);
zu gosc'hweigen des Ühereiutreffcus in sonstig'cn Einzelheiten,
z. 1). der Doppell)ildung- des Perfekts qulvit neqiurif und
quiit nequiit, wie n-if und ah-ilt, der Verkürzung- der -><t-
uud -.s'.s^-Formen des Perfekts und Plusquamperfekts hQ\ quistls
nequlstl, qulsse nequlsse, qiüssent neqiüsseiit , wie bei Isti,
tsse, issem. Die Beleg-e für das Zusammengehen ersieht mau
im Einzelnen bei Neue Formenl, d. lat. Spr. 11^ 413, 433. 513.
514 ff. 517. 518. 519. 520. 521 f. 525. 526. 582. 607 ff. Nur
in einem einzigen Punkte hat sich queo von eo einen Schritt
eutfeint: zur Seite von quiens, Oen. queuntis, wie iens, euntis,
ist dort durch Ausgleichung mit der grossen Mehrzahl der
Partizi})iunisformen ein queens zustande gekommen, das nach
Quint. VIII 3, 33 H., wie nach demselben II 14, 2 H. das
Nomen queentia 'das Können, Vermögen', wohl für eine reale
histoi-Jsche Grösse zu halten ist i^vg-l. Georges Ausführl. lat,-
deutsch. Handwörterb. II '^ 1919^), während in den "Worten
Priscians De nom. et pronom. 70 p. 456, 22 K. "euphoniae
causa iens \)yo eens et quiens pro queens" das eens und que-
ens augenscheinlich nur als grammatische Versuchsformen figu-
rieren.
Die Frage nun, wie diese vtillige Gleichheit der Flexion
entstanden sein könne, lasst. S(» viel ich sehe, an und für sich
eine dreifache Peantwortung zu.
Erstlich : queo, ursprüng-Iich anders flektierend, schloss
sich wirklich frühzeitig heteroklitisch werdend dem Vorbild
des eo, Ire an. Hätte man die Sache so anzusehen, dann
brauchte aber, dünkt mich, immer noch nicht das aind. qvä-
yämi, das nun einmal in seiner Bedeutung nur ung:enügend
zu queo stimmen will, herangezogen zu werden. Eher schon
würde mir gefallen, an das von Benfey und Bojjp vei'g-licheue
aind. rak-no-ti 'vermag, kann' so anzuknüpfen, dass man einen
aus tiefststutiger Wurzelform hervorgegangenen durch Verbal-
suftix -e- erweiterten Stannn indog. "^cq-e- ^= lat. ^que- auf-
stellte, sowie ja pl-e- in lat. -pJeo auf pel- 'füllen' beruht;
die Geltung des -Ä'- von aind. cal-- als Labiovelars = idg. -q-
könnte gestützt erscheinen durch die Zusammenstellung der
keltischen -/>-Fornien ir. coJ> 'Sieg, Siegeskraft', gall. Coh-ner-
tus mit tler altiudischen -//-Form ved. (^ag-nni-s ' vermfigend,
26 Hermann O^tholf,
kräftig-, liiltVcic'ir (Fick Vergleich. W.irterb. I' 45. 425, Verf.
IF. IV '26(y). Allein es würde doch wohl, da ne-queo augen-
scheinlieh eine Zusannnenriickung älteren Datums ist und an
Häutigkeit des Gebrauchs so entschieden überwieg-t vor dem
manchen Schriftstellern, wie Caesar, Sallustius, Curtius, ganz
abgehenden Simplex queo (vgl. Döderlein Lat. Synou. u. Etym.
IV 161), bei solcher Auffassung die eine oder andere Spur
eines *necqueo zu erwarten sein. Dazu kommt nun die her-
vorgehobene allgemeine ünwahrscheinlichkeit der Umwandlung
einer dem Sprachgefühl schwerlich befremdlich werdenden
Flexion queo, '^qiies, *quet nach dem einzigen Muster eo, is, it.
Zweitens: die gleiche Konjugation von queo und eo
könnte daher rühren, dass es von einer AVurzel idg. qe/j- (oder
auch cicey-, Tcweij-) seit grundsprachlicher Zeit dieselbe alte
Präsensbildung nach der Wurzelklasse gal), wie ^eijini = aind.
emi avest. aeimi griech. eiui lit. ehu/ von ei/-, und dass sol-
ches ^qey-m'i im Lateinischen in formaler Hinsicht genau die-
selbe Entwicklungsgeschichte hatte, wie das durch lat. eo
fortgesetzte ^etj-mi. Zur Voraussetzung eines derartigen ur-
alten Flexionsparadigmas idg. '^qeij-mi, *qei/-.si, "^qeij-ti liegt
aber, soweit ersichtlich, nirgends ein bestimmter etymologischer
oder anderweitiger Anhalt vor.
Eine dritte und letzte ^löglicbkeit ist die, dass queo und
eo darum sich wie ein Ei dem anderen in ihrer Flexion glei-
chen, weil in qu-eo, ne-qu-eo thatsächlich das Verbum eOy
Ire selbst steckt. Diese Ansicht möchte ich vertreten und
hier begrifflich und formal zu stützen suchen.
"Es geht nun einmal nicht", heisst es zur Erläuterung
des spezifischen Gebrauchs von ne-qu-eo in den vorhin S. 22 f.
ausgeliobenen Worten des Kraftschcn Lexikons. Die Über-
setzung mit unserem 'gehen' stellt sich zunächst ungesucht
zur Verfügung, wenn das Subjekt zu </«eo, ne-queo ein säch-
liches mit dem Passivintinitiv ist; man vergleiche nur quod
solidum est flectique nequit Ov. met. I 409, id quidem im-
petrarl nequi'it Liv., multa quae repnräri nequ'ihant Taq.
mit deutschen Wendungen wie der Stiefel geht nivJif anzu-
ziehen, der Deckel geht nicht zuzumachen, es ging nicht
fertig zu machen. Diese letzteren verzeichnet Hildebrand
Grimms deutsch. Wörterb. IV 1, 2A'.V^ und bemerkt erläuternd
dazu: "Dabei schlich sich dann ein J)e;;rit1' ein und verwuchs
Griechische und lateinische ^Vortdent^^ly•en. 27
mit gehen, der erst recht eigcutlieh jenes 8elbstwillii2:e der
Dinge ansdriiekt, der der Mög-lichkeit, eig-entlich der Wil-
ligkeit oder Unwillig-keit der Dinge"; daher "dann auch be-
jahend (lau (jeht, ist thnnlich, möglieh, schon im 16. Jh."
Ferner bei Hildebrand ebend. 2461 die Sachen, so ifzt gehen
auszurichten aus Lnther belegt, dies "mit dem Begritt" der
Notwendigkeit", jedoch "anch das blosse gehn so von .Mög-
lichkeit, Thnnliehkeit, d. h. die Dinge wie selbstwillig be-
handelt"; weiteres Ijei Hildebrand ebend. 2474 über das ab-
solute es geht "auch wieder von ^Möglichkeit, Thunlichkeit,
in Hinsicht auf eine Hemmung, die dem es in den Weg tritt".
Wenn im Lateinischen bei der erwähnten Verbindung
mit dem Intin. Pass. in der Sprache der vorklassischen Schrift-
steller und zuweilen deren Nachahmer auch queo und ne-iiueo
selbst, wie übrigens desgleichen possuni, sich mit der passiven
Form bekleiden, z.B. in sl nön saräri qultur Caecil., unde
omnia perdiscl ac percipl queuntur Att., neque vi impelU
neque prece qiiitus suni id., forma in tenehris nösci nön
quita est Ter., supplen summa, queätur Lucr., nee suhig'i
queantur umquam Plaut., nequltur compriml id., fänuni
nequitum fest) exauguräri Cat., in potestur investlgäri
via. Pacuv., bell um gen poterätur Cael. Antip., cum nön
possetur decernl Claud. Quadrig. (Neue Formenl. d. lat.
Spr. II 2 603. 609, Kühner Ausführl. Gramm, d. lat. Spr. II
1 § 125, 2 S. 498, Georges Ausführl. lat.-deutsch. Handwör-
terb. IV 1015. 1606. 1919), so ist das nur eine sekundäre
Erscheinung, als derselbe Prozess formaler Attraktion, der all-
gemeiner bei coeptus sum, auch bei desitus sum mit dem
passiven Infinitiv sich zeigt.
An den Sinn, den wir ihm in qu-lre und ne-qu-lre bei-
legen, streift das einfache lat. Ire allerdings nur selten und^
Avie es scheint, vorwiegend nur in familiärer Redeweise noch
heran; so in incipit res melius Ire Cic. Att. XIV 15, 3, jjrör-
sus ibat res ibid. 20, 4, auch wohl in omnia ftitls Caesaris
Ire videt Lucan. IV 143 sq. Deutlicher bekundet den Über-
gang der Bedeutungen von 'gehen' zu 'vor sich gehen, von
statten gehen, gelingen' und demnächst zu 'möglich sein,
thunlich sein' das Baltische mit lit. etti, lett. i't 'gehen' : lit.
ta) pou'isdm (oder nekü hüdu) n'elt 'das geht durchaus nicht'
ist das begriffliche Ä(iuivalent V(m ne-gal hüti 'kann nicht
28 He rill a n n 0 s t li o f f,
sein' oder auch von ue-gal nuskUlfi 'kann nicht iicschehcn,
kann sicii nicht ereignen' (Kurschat Deutsch-litt. Wörtcrb. 502'');
entsprecliend lett. fas ne-et 'das g'cht nicht' ung-cfähr gleich-
^vertig• mit tas ne-icar bat 'das kann nicht sein' (Ulmann-
Brasche Lett. W«>rterb. II o24''). Leskien meint, nach brief-
lieber Mitteihing (18. Februar 1894), dass die Wendungen lit.
ta7 eis 'das wird geben', liein 'es gebt nicht' ursprünglichem
litauischem Spracligcbrauche abzuerkennen und für Germanis-
mus 7Äi halten kein genügender Grund vorlieg-e, obg-leich sie
ihm nur aus der Litteratur und der g-ewöhnlicben Sprache der
preussiscben Litauer bekannt seien. Über Analoges im Slavi-
scben schreibt aber Leskien: "In den slav. Sprachen ist die-
selbe oder ähnliche Wendungen gebräuchlich, im Serbischen
wenigstens mit Adverbien, z. B. ne /de taJ:o 'so geht es nicht',
posao /de zlo 'die Sache geht schlecht': auch russisch sagt
man z, B. delo cto-to iie id'et 'die Sache geht nicht recht',
-oder id'ot Ji u ras delo 'geht die Sache bei euch?' cechisch:
io nejde 'das geht nicht'; iiolnisch z. B. rzeczij z'Je '/da 'die
Dinge gehen schlecht'; ob man polnisch auch sagen kann to
nie idz'/e 'das geht nicht', ist mir nicht geläutig". Dieses to
nie idzle bestätigt mir mein medizinischer Kollege Professor
Jurasz als in seiner ^hittersprache wohl gangbar, doch habe
€S für sein Si)rachgefül)l den Beigeschmack eines Germa-
nismus.
Wir beobachten auch sonst, dass Verba des 'Gehens',
der 'Fortbewegung' in übertragener Anwendung auf Handlun-
g-en und Zustände die Bedeutungen 'Fortgang haben, von stat-
ten gehen, Erfolg haben, gelingen, glücken' und demnächst
"ausführbar sein, thunlich sein' okkupieren. Das franz. le Jeic
'C.sf fait, r'/en ne va jjlus der Croupiers berühre ich nur strei-
fend. Man berücksichtige aber hier aus dem Latein den Ge-
brauch von cedere und prö-cedere, suc-cedeve : res cedit Flor.
Gell., res cedunt Verg. und absolut male, hene cedit Hör.
Ov. Vell. u. a., pmuf hene auf secus cessit Pliu. pan., ttt-
cumqiie cesserit Curt., cui hene quid pröcesserif Cic, oninia
^rospere pröcedent Cic, sl cönsilia pröcessissent Liv., abso-
lut hene pröcedit Ter., sl hene pröcessit Cic, quihiis cum
pariiin prOcederet Cael. bei Cic, vehit pröcessisset Sp. Li-
ciniö Liv. II 44, 1, auch mit einem Inlinitiv in der Kecht-
sprache ifjitiir no/t pröcedit (es geht nicht an, es ist ganz
Griechische und hitoinische Wortchnitungen. 29-
übeitliissi^-) quaerere, an heredl et in heredem danda sit
Paul. (lig-. X 4, 1:^ § (5, ut jn'öciidaf (daiiiit es angehe) in
füre inan'ifexfö tracfdre de condktiöne Ulj). dig'. XIII 1, 10
pr. (Georg-es Aiisführl. lat.- deutsch. Handwörteib. in ITol);
res succedit Caes. Sen., succedif negötiam Plaut., parum suc-
cedit quod ago Ter., haec prospere succedehant Cie. Ncp.,
absolut succedit 'es geht von statten, gelingt' Cic. Liv. u. a.
Das letztgenannte, succedere, für 'gelingen' auch noch im
Italienischen, dazu franz. succeder und engl, to succeed.
Entsprechendes tritt entgegen im Gebrauche des griech.
Xuupeiv und Trpo-xujpeTv, auch Trpo-ßaiveiv : iravta oi ex'Jupee
euTuxeuöc Herod., Kai ccpi x^^pnceiv xd ßouXovTai id., x^P^lcav-
TÖc Ol TOUTOu id., ou x^pei xoup-fov Aristoph., KaKoJc autoic
eX>JUpi]cev \\ KaToiKicic Plat., tct TTpdyiuaTa x^P^i Kard Xötov
Polyb., absolut öiav iuiikcti X'J^Pi] ccuxaic epYaZ^Ojuevaic Aristot. ;
eTiei cqpi ou irpoexuupee Kdxoboc Herod., fiv oi rrpoxujprici;] xd
voeuuv \efei id., oüxujc cxdcic TTpouxotprice Thuc, xö epYOv
TTpouxuuprice id., xd nXeiiu auxoic TrpoeKexuupiqKei id., absolut ujc
oü TTpoexoupee Herod., üjc oi böXtu ou TipoexuJpee 'da es ihm
mit der List nicht gelang' id., ou Ttpouxujpei auxilj Thuc.
Plat., mit dem Intin. ^v ui] Trpoxuupncii Tcov eKdcxuj e'xovxt
direXGeiv Thuc. IV .öl); uii Trpoßai)") ueiZiov küköv Eurip., xö xric
xuxiic dqpavec ou Trpoßi'icexai Alciphr. Vgl. l*a])e-8engebusch
Grieeh.-deutsch. HandwOrterb. II -^ 709 1'. 800''. 1.^87'^, Passo\Y
Handwörterb. d. g;-iech. Spr. TI ' 1092-'^. 12.ö8'^ f. 2548 '\ Wie
nahe von da aus der Ül)ertritt in den Begriff der 'Thunlichkeit,
Möglichkeit' liegt, zeigt nach Pape-Öengebusch a. a. 0. K 1387^^
der Gebrauch des x^JupeTv "bei sp[äteren] ^ angehen, möglich
sein, Ael." (s. u.j, ferner ebend. II" 80(1^"' "ÖTTÖca coi TTpoxujpeT,
so viel du kannst, Xen. Cyr. ?>, 2, 29 ; tivIk' dv eKdcxuj Ttpoxujpri,
1, 2, 4, wenn es jedem seine Zeit und Geschäfte erlauben' oder
— nach Passow a. a. 0. II ■' 1258 '^ — " wenn es jedem genehm ist".
Aber lat. queo und neqiieo haben in aktiver Form ge-
wöhnlich die Bezeichnung einer Person als Subjekt bei sieh,
was man geradezu als eine bei der Etymologie zu berück-
sichtigende Eigentümlichkeit des Gebrauches derselben hin-
gestellt hat (Breal Mem. de la soc. de linguist. VI 128). Ich
denke nun nicht, dass es nötig sein w^erde, anzunehmen, es
habe sich aus id impeträri nequit 'das geht nicht durchzu-
setzen', quod flecti nequit, multa reparärl nequeunt erst
30 H e r ni a n n O s t li o f f ,
liystor<»g-eii die vSprochweise id impeträre iiequeo, quod fle-
ctere nequis, multa reparäre nequimus herausgebildet, also
die auf dinu-licdie Subjekte bezogenen Formen der 3. Pers.
Sing', und IMur. qu/f ueqiiit, queunt nequennt seien Grundlag-e
und Keim des g-anzen vollen J'aradig-mas g-eworden. Sondern
von vorn herein werden '^■on statten g-ehen, Fortgang hal)en'
Beg-ritt'e gewesen sein, die nnm auch W(dil von i)ersr)n]ielien
oder persönlich gedachten Subjekten im Sinne des 'Fertig--
bringens', ferner 'Imstandeseins, Könnens, Vermögens' der l)e-
treftenden Person prädizieren konnte, so dass hnpetrare ne-
queo im ursprüng-licheren Verstände 'ich habe keinen Fort-
gang-, ünde kein Gelingen beim Durchsetzen' war.
Es ist wiederum, als ein Aualogon auch dazu, hier das
lat. pi'öcedere zu erwähnen: dieses wird, wenngleich seltener,
auch persönlich angewandt, um auszudrücken 'den und den
Erfolg ha])en'-, z. B. pröcessistl hodie pidchre 'hast heute
Glück gehabt' Ter. Adelph. V 9, 22 (vgl. Georges Ausführl.
lat.-deutsches Handwörterb. 11^ ITol), aud'ire est operae pre-
tium, pröcedere rede qul rem Bömänam Latiumque miges-
cere vidfis Enn. ann. fr. 477 Müll. Die humoristische Parodie
dieser letzteren Stelle bei Hör. sat. I 2, 37 hat Bentley in
pröcedere rede qul moechös nön voJti.s hergestellt, indem er,
um Übereinstimmung mit der Konstruktion l)ei Ennius zu er-
zielen, allerdings auf minderwertige Überlieferung fussend das
moechls der meisten und l)esten Handschriften verwarf. Er
bemerkt dazu jedentalls treflend: "Porro, quod ad sententiam
attinet, eodem recidit, sive moechos rede pröcedere dixeris,
sive rede pröcedere moechls. Terentius Adelph. act. et seeu.
ult. [v. 22] '' Syre, processlsti liodie pidchre : quod ])crinde
est, ac pidchre tibi hodie processit". Spätere Horazheraus-
geber folgen Bentley teils, teils widersprechen sie auch sei-
nem Vorschlage; zu Aveit gehen aber wohl Schütz und Kiess-
ling z. d. St., wenn sie zur Verteidigung der Bentleyscheu
Lesart l>ehaui)tcn, dass der impersonelle Gebrauch von j)rö-
cedif sich nicht nachweisen lasse.
Ganz ähnlich ist es mit dem Italien, riiiscire, franz.
reussir. Dies romanische Verl) beruht bekanntlich auf einem
lat. '^re-ex-ire, wenn auch verndttelst einer V(dksetymologisclicn
Beinnschung — italien. nscio, altfranz. ns 'Tliüre' = lat. östium
— nach Diez Etym. W<irterb. d. roman. Spr.-* 127, ferner viel-
Griechische und hUeiiiisclie Wortdeutung-en. 31
leicht mit italienischer Entlehmiii^- auf Seiten des Französi-
schen nach Kr»rtiiig- Lat.-roinaii. Wr)rterb, 297 No. 2944 exeo.
Im Italienischen wird unpers(iiilicli oni rlesce di fare, d'otte-
mere g-esag-t, jedoch auch i)ersünlich riesco a fare, ad offenere,
ci riuscirö (Tommaseo-Bellini-Meini Dizion. della lingua ital. IV
415'^ tt'., Petrocchi Novo dizion. univ. della lingua ital. II
792'' f., Mussatia Italien. Sprachl.^' 242*=); die französische
Sprache lässt bekannterniassen weitaus die persönliche Ge-
brauchsweise je reussis überwiegen und verstattet daneben
nur spärlich so etwas wie fout reusslt (Littre üictionn. de la
langue franc. IV 1700^^ f.).
Dass im Griechischen x^jpew bei Späteren, worunter na-
mentlich Aelian, geradezu in der Bedeutung 'angehen, mög-
lich sein' vorkomme, ist vorhin S. 29 nach Pape-Seugebusch
erwähnt worden. Ebendarauf beziehen sich die Angaben und
Zitate bei Stephanus Thcs. Graec. ling. VIII 1804, die es zu-
dem nahe legen könnten, persönlichen Gebrauch des x'Jupe'J^
im Sinne von 'können' zu statuieren für Ael. v. h. I o ou
yap Ol x^Pti (£TX^P£i conj. Hercher) TiepiXaßeTv tocoOtov tö
cTÖua, epist. Socr. XXX p. 632, 31 ed. Hercher ßouXoi|uiiv b'
av x^Jupncai TÖ ßißXiov dva|uvficai xdc .... Trpocpdceic. Aber
hier ist doch die sinnliche Piedeutung' 'amplum esse, capacem,
satis capacem esse' die nächstliegende und an sich ausrei-
chende; desgleichen LXX Gen. 13, 6 ouk ex^J^P^i auiouc fi
yri KaTOiKeTv, wo zwar Luther hat "das Land niochts nicht
ertragen, dass sie l)ei einander wohneten", genauer aber Pas-
sow Handwörterl). d. griech. Spr. IP 2548'^ "von der Erde,
welche zu klein ist, um die ]\lenge Menschen zu fassen". Im-
merhin lehren diese Stellen die Leichtigkeit des Begriffsüber-
gauges von 'Raum haben, fassen' zu 'können, vermögen', und
für xu^^P£iJu "suflicio aliquid facere vel intelligere, cum intini-
tivo" mag wenigstens das Zeugnis der einen aus Dionys. Areop.
angeführten, auch von Steph. Thes. als Hau])tbeleg hervorge-
hobenen Stelle übrig bleiben: "ouie iKavüuc voiicai xd Geia xw-
poOjuev, non sufticimus, non possumus".
Was ist nun aber, wenn in lat. qu-eo, ne-qu-eo das Vcr-
l)um eo 'ich gehe' enthalten ist, das qu- von qu-eo'^ Ganz
passend erscheint es mir, an eine die ]\lodalität des 'Vonstat-
teugehens, Fortgaughabens' ausdrückende und ursprünglich en-
klitisch gesetzte Adverbialform aus dem Stamme des Indefinit-
32 Hermann Ostlioll',
pronomciis quo- oder qui- zu denken: ne-qu-if ei^i,^entlieli 'es
geht nicht irg-endwie, gelingt nicht auf irgend welche
Weise', quantum qu-eo 'so viel, insoweit ich irgend Krtulg-
habe'. Auf solche Weise also käme der von Döderlein und
Breal gewollte Zusammenhang' mit qui-s ^wer' und qui 'wie'
zu Stande, mittels dessen diese Gelehrten den in queo liegen-
den Begritf der "Qualifikation zu etwas'' am besten erklä-
ren zu können glaubten (vgl. oben S. 21. '>?>).
Die Adverbiumsform des Indetinitums, die wir in qu-eo
suchen, könnte der bekannte Instrumental idg-. *ge, ein lat.
*que = griech. dor. Tifl (lakon. nr[-TiOY.a, gortyn. ö-Ttri), got.
he, gewesen sein. Dass ^que-e(y)ö, ^que-e(y)ont, *qtie-e(y)äm
durch *queö, ^queonf, '^qumm hindurch zu den historischen
Formen queo, queunf, queam, nach der Regel "vocalis ante
vocalem corripitur" werden konnten, ist wohl nicht zu bezwei-
feln; ebenso wenig, dass ^'que-eis, ^que-eit, ^'que-einios usw.,
woraus zunächst "^queis, '^'queit, "^que/mos, in qu/.'i, quit, qiümua
ausmünden mochten, zufolge bekannter Verkürzung des "Lang-
diphthongen", w^elche mithin die gleichen Ausgänge herbeiführte,
wie in den kurzdiphthongischen Simplexfornien eh is, elf it,
*eimos Imus, eitur Uur, elre Ire. Hehr weniges, was sich nicht
auf ebensolche Weise rein lautgesetzlich erklären würde, wie
vornelnnlich das Partizip quitus, ne-quitus, und eigentlich nur
dieses, verstünde sich unschwer als eine bei so viel Formen-
zusanunenfall nahe gelegene Xeuschöi)fung nach Analogie der
cnts})rcchenden Bildung vom einfachen eo. Selbst der Xoni.
Sing. Partiz. Präs. quiens und quii Perf., die Nebenform zu quivi,
würden wohl noch die lautgesetzmässige Zurückführung auf
*que-i(y)ens, sowie '■''que-f'i/)l aus "^que-lfyjal sich getallen lassen;
an meiner Deutung von //, älter u, Z. Gesch. d. Perf. 225 (vgl.
dazu auch Srdmseu Stud. z. lat. Lautgesch. 179), halte ich fest,
Bartholomae IF. 111 2^ f. 6o scheint mir sein "idg. eiaV' als
1. Sing. Med. und die ^löglichkeit der lautgesetzlichen Zu-
rückführung des lat. (ah)-ii auf solche (Grundform doch nicht
zwingend genug erwiesen zu haben. Über queens Part. s.
oben S. 20. Wie man nequlfia 'Nichtsnutzigkeit, Nichtswür-
digkeit', es von nequcoi) 'nichtsnutzig' und Adv. nPquitev,
Komp. nPqu'ior al)rückend, näher zu uequeo hat stellen mögen
(Fick Vergleich. Wörterb. I' Gl, Vanicck Gricch.-lat.-etym.
Wrn-trrb. l<');i. Ktyni. \V(»rterb. d. lat. Spr.- 7<i, Zehetninyr Analog.-
Griechische und hiteinische Wortdeutungen. 33
verg-leicli. Wörterb. 291 ''), ist bei dem Abstand der Bedeutun-
gen und der Quantitäten von ne- und ne- unfasslich.
Geg-en die vorg-etrag-ene Analyse unseres queo liesse sich
wohl nur der eine Einwand erheben, dass die Instrumental-
form ^que = idg-. *ge im Latein sonst nicht nachweisbar sei.
Wenigstens nicht sicher: man könnte sie allenfalls in dem
verallgemeinernden -que von uter-que, quis-que, quandö-que,
qul-cun-que u. derg-1. vermuten, indem mau auch unibr. -pe,
-pei in putres-pe, podruh-pei, panu-pei, pura-pe in glei-
chem Sinne in Beschlag nähme. Aber wie will man die stän-
dige Verkürzung des "^-qiie in diesem enklitischen Gebrauche
auf lateinischem Boden rechtfertigen, da es kaum irgendwelche
AVortformcn von ursprünglich iambischer Messung, deren laut-
gesetzliche Endsilbenkürzung für die übrigen hätte vorbildlich
sein können, unter der Gruppe der das indefinite -que ent-
haltenden lateinischen AVortbildungen gil)f? Dazu zeigen sich
andere Mr»glichkeiten der Auffassung. Lat. -que von uter-que
usw. vielmehr = aind. -ca in Icäc ca, ijdJj l-dc ca, avest. -ca
in ijCi-ä-ca Neutr. Plur. 'quaecunque' zu setzen, andererseits
dann osk. -pid, -^j/tZ in püterei-pid, pütüriis-pid, pükka-
pid p]oca-pid = aind. -cid in Tcäc cid, t/dlt l-dc cid, i/dg
cid, kva cid, avest. dt in l'as-cif, i/at-cit, beides mit Bück
Vokal, d. osk. Spr. 48 f., das erstere auch mit Delbrück Ver-
gleich. Syntax I § 222 S. 515, das letztere auch mit Bro-
nisch D. osk. i- u. e- Vokale 127 (vgl. dazu auch Verf. Mor-
phol. Unters. IV 238. 258 Anm., jedoch unhaltbares ebenda
S. 233. 235 f. über umbr. -jjei), ist an sich gewiss statthaft
und wohl das nächstliegende; sehr würde für lat. -que =
aind. -ca ins Gewicht fallen, wenn lat. qito-que, eigentlich
'jederorts, jedenfalls', seinen genauen Reflex in dem amd.kva
ca hat, nach Jac. Wackernagel IF. I 418, doch ist wohl die
Erklärung aus ^qtiö-que mit der "Quantitätsminderung infolge
Tonanschlusses'' (Solmseu Stud. z. lat. Lautgesch. 100, vgl.
auch oben S. 290 Anm.) ansprechender. Endlich liesse auch
das umbr. -pe, -jjei mit dem osk. -pid, -pid zusammen aus
einem ablativischen idg. '^-qed sich wohl deuten, gemäss Beeh-
tels Vorschlage Deutsche Litteraturz. 1886 Sp. 1680. Alle
drei Formen aber, lat. -que und umbr. -pe, -pei, osk. -pid,
-pid, unter diesem '^-qed zu vereinigen, wie Corssen KZ. XIII
242. Ausspr. Vokal. Il-^ 471. 603. 838, Breal Mem. de la
Indogermanische ForscluiiiKeii VI i u. 2. 3
34 He rill an 11 Ost ho ff,
soc. de ling-uist. VI 128 f. imd von Planta Grainni. d. osk.-
urabr. Dial. I § 38 S. 90 es wollten, ähnlich auch schon Ehel
KZ. V 415 f., scheitert am Lateinischen, das in solcheni Falle
sicher im Vokal unverkürztes *-g'^^e, dazu vielleicht ;uicli in der
älteren Si)rache S])uren des erhaltenen Schlusskonsonanten,
nach Art von alat. facUiimed, erwarten lassen würde ^).
Vielleicht hält mau es unter den obwaltenden Umständen
für ii-eratener, den ersten Teil unseres qu-eo an eine Foi-m des
Iudetinit})ronomens anzuknüpfen, die im Lateinischen selbst als
Adverbium offenkundig fungierend vorliegt; man mag- es also
iu der That auch mit dem von Rreal herangezogenen qnt
'wie' versuchen. Freilich stösst mau dabei auf lautliche Schwie-
rigkeiten, wenn mau dies Adverbialgebilde auf ursprünglichem
*5'^, als Listrumental des Pronomens lat. qui-s, beruhen lässt,
nach Joh. Schmidt KZ. XXVII 288. 291. XXXII 403. D.
Pluralbild. d. indog. Neutra 43, King-Cookson The principles
of sound and inflexion 341 und Brugmann Gruiulriss II § 278
S. 631. § 421 S. 783. IF. IV 226. 229 ff. Doch geben Bü-
cheler-Windekilde Grundriss d. lat. Dekl. § 316 S. 121 f. und
Stolz Iw. Müllers Handbuch II- 348 quei qui vielmehr für
einen Lokativ Sing, des Stammes quo- aus, so dass es mit
kret. Tiei 'wo?', korkyr. o-rreT aus idg. *qe-y zusammen-
käme, sowie Bechtel Zeitschr. f. deutsch. Altert. XXIX 366
aisl. hvi 'wozu, warum', asächs. hici 'warum, wie', ags. Incy
hwi 'warum' als "das Spiegelbild des dorischen ttci" hinge-
1) Die Ansicht Jac. Wackernagels KZ. XXVII 90, dass das
indefinite -que des Latein und das gr. -xe in äWo-re dem osk. -pid,
-pi(l gleich stehe, und zwar unter der Voraussetzmig, dass letzteres
ein *-ped vertrete und av. cat die diesen italischen und j>riecliisclien
Enklitiken jfenau entsprechende Form sei, hat woiil kaum weiteren
Anklang- gefunden. Daran dürfte jetzt aucli aus lautliclien Gründen
gar niclit mehr zu denken sein; denn einerseits wäre ja ein Abtall
des -d im Lateinischen nach kurzem Vokale unerhört (Brugmann
Grundriss I S 'i55, 8 S. SOG, V. Henry Precis de granun. comp. § 65
S. 74, Joh. Schmidt KZ. XXXIl 401 Anm.), und sodann würde hinter
dem Vokal des osk. -pid, -pid etwas anderes als entweder kxirzes i
oder langes ü zu suchen der heutige in diesem Punkte besonders
gesicherte Stand unseres Wissens vom oskischen Vokalismus nicht
g-estatten (vgl. Bück D. Vokal d. osk. Spr. S5 ff., Bronisch D. osk.
i- u. e- Vokale 124 ft'., von Planta Granun. d. osk.-umbr. Dial. I ^ 33
S. 89 ff. § 36 S. 96 ff.)
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 35
-i5tellt hat. Wer das annimmt und zur Erklärung- unseres queo
Terwendet, der g:elang't von einem ^que(ij)-e(ij)ö und von ^que(y)-
■eis zu '-^queö, '^queis, und von da aus ergibt sich ihm der
historische Formenbestand mit queo, qiils, quit usw. in der-
selben Weise, wie oben (S. 32) geschiklert.
Xoch ist ein Wort über die Stellung des in queo ver-
:schmolzenen Modaladverbs zu sagen.
Bei ne-qu-eo, wie es da vorliegt, und bei seinem jünge-
ren Substitut nön qu-eo hat das '''que oder quel qul natürlich
immerfort seinen ihm als Enklitikon von alters her gebühren-
den Platz behauptet; die Negation ging als haupttoniges Glied
der Verbindung voran, wie in aind. ndkish, griech. homer.
ou-TTr), ou-TTuuc, Vgl. aucli oube mi ecii 'es geht nicht an' II.
Z 267. Q 71. hymn. Homer. YII b><. XXXIV IS, oube Tiri
eixev d,uTrveOcai II. TT 110 sq., oube mi d9pficai buvdjuiiv Od.
ju 232. Was von ne-qu-eo, nön qu-eo, gilt selbstverständlich
ebenso von vix qu-eo, wo dieses den Anfang eines Satzes
oder Satzgliedes bilden würde, von mhms qu-eö virl culpa
Ter. Phorm. V 3,4.
Zu behaupten nun, dass sich positives qu-eo erst auf
dem Fusse des verneinenden ne-qu-eo oder nön qu-eo für die
Sprache ergeben habe, würde namentlich in anbetracht des
viel selteneren Vorkommens und stetigen Minderbeliebtseins
der bejahenden Form (vgl. oben S. 2'o) kein allzu grosses
Wagnis sein. Der Vorgang hätte seine Parallele an der Ent-
stehungsweise von fdlui< im Lateinischen, nach dem, was von
Eozwadowski IF. III 2(3.5 darüber lehrt: "hier ist das De-
minutivsuftix am Platz: uUus entstand nändich offenbar in der
Verbindung mit vorausgehender Xegation, indem der ganze
Begriff ne (resp. n) iinus durch Deminuierung des unus ver-
stärkt wurde und nuUus auf diese Weise urs})rünglich etwa
= ne unus quidem war", und ebend. Anm. 3: "Dieses ur-
sprüngliche Verhältnis lässt sich daraus erkennen, dass ullus
in nicht negierten Sätzen selten vorkonnnt. Die Verwendung
des blossen tdlus ^= 'irgend einer' ist sekundäres Produkt".
Aber ganz so weit brauchen wir in unserem Falle nicht ein-
mal zu gehen. In s'i qu-lvero Varr. ling. lat. V § ö Müll.,
si qu-eant Justin. V 4, lä qu-lmus djunf, quando ut ridinnus
nön licet Ter. Andr. IV 5, 10, id qu-lvero Terentiai;. Maur.
litt. 2Q>, quam qu-eäf; minimö Ter. Eun. I 1, 29, quantum
36 H e r m a 11 n 0 s t h 0 f f,
qu-eo id. Eim. V 2, 5, quantum qu-eam id. Andr. III 3, 45, quod
qu-irem Plant, merc. i»rol. ö.ö dürfen wir die Überreste oder
Nacliahnningen einer Wortfügung seilen, wie sie der älteren Zeit
gebräuelilic'h und geläufig war, der Jac. Waekernagel IF. I
3o3 ff. als etwas ganz Stereotypes das in weitem Umfjinge
erkennbare grunds))rachliche Wortstellungsgesetz vindiziert bat,
dass "die Stelle unmittelbar binter dem ersten Wort des Satzes
mit Tonschwäche verbunden sei, und die dorthin gestellten
AVörter entweder von Haus aus enklitiscli seien oder es durch
eben diese Stellung werden " (W^ackernagel a. a. 0. 406).
Wohl begreiflich ist es aber, dass, nachdem erst qu-eo zu einer
Worteinheit für das Sprachgefühl geworden war, nachdem
man jene si qu-uero, ut qu-lnms, quantum qu-eo als mit st
potuero, ut possumus, quantum possum auf ganz gleichem
Niveau stehend zu empfinden angefangen hatte, da Verletzun-
gen der alten Stellungsregel hinfort nicht ausl)leil)eii kdiinten;
derartige Neuerungen nämlich, wie ne circumvenlre qu-eat
Sali. Cat. 58, oder quls est, qul pro verum atröcitäte deplö-
rare tantas calamltates qu-eat Cic. Phil. XI 2, 6, wofür nach
älterer Sprechweise ne *que (bezw. qui) circumtenire eaty.
qul *que (qut) .... deplöräre .... eat gesagt sein müsste.
Die Stellung des queo im Anfange des Satzes oder eines
Satzgliedes dürfte, wenn überhaupt, doch gewiss nur hcichst
vereinzelt innerhalb der ganzen Latinität, insbesondere in der
Prosa, sieh vorfinden. Indessen ist einerseits bekanntlieh ül)er-
haupt dem lateinischen Verbum finitum seit ältester Zeit, im
Gegensatz zu der beliebten regelmässigen Endstellung (vgl.
Wackernagel a. a. (). 427), die Satzanfangsstellung etwas un-
gewöhnliches und nur zu bestimmten rhetorischen Zwecken,
emphatischer Hervorhebung des Verbalbegriffs u. dergl., ge-
legentlich dienendes gewesen. Andererseits ist das ganze po-
sitive queo auch im Vergleich mit dem synonymen possum
durcii eine zu grosse Seltenheit des Gebrauchs charakterisiert,
als dass das weniger häufige oder vielleicht gar nicht nach-
weisljare Vorkommen jenes in analoger Stellung, wie possunt
(seil. doJ&re) ocull, pofest capnt, latera, pulmönes, possunt
oninia Cic. Tusc. II 19, 44 oder potest ut alu ita arbitren-
tur Plaut. Pseud. II 2, 38, possum sclre, quo profectus quo-
jus SIS aut quid vetieris id.' Amph. 1 1, 190, possumne ego
hodle ex te exsculpere verum Ter. Eun. IV 44, zu dem Schlüsse
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 37
berechtig-eii könnte, es sei auch in historischer Zeit die En-
klisis dem in qu-eo steckenden "^que (qin) nicht so sehr ab-
handen gekommen, dass diesem Verbum in Reminiszenz an
die ursprüug-liche Wortnatur seines Anfang-sbestandteils die
-erste Satzstelle allgemeiner und dauernder versagt geblieben sei.
lo. saucius 'versehrt'.
Dass die bisherigen Versuche der etymologischen Erläu-
terung des lat. saucius 'verwundet, verletzt', nämlich die
Vergleichungen mit got. siuk-s, ahd. sioh Adj. 'krank, siech',
got. siukan 'krank sein', got. sauht-s, ahd. siiM F. 'Krank-
heit' (Döderlein Lat. Synon. u. Etym. VI 319, Zehetmayr Aua-
log.-vergleich. Wörterb. 396 '^j James Byrne Origin of the Greek,
Latin, and Gothic roots London 1888 S. 92), mit griech. cau-
KÖv • Eripöv. ZupaKOucioi Hesych. und cauxiuöv • caxvöv, xöuvov,
<:a9pöv, dcGevec Hesych. (Döderlein a. a. 0., King-Cookson
The ])rinci])les of sound and intlexion 79), oder mit caßaKÖc •
-6 ca9pöc. Xioi Hesych. (Wharton Etyma Lat. 91), mit »iiuuxuJ,
cuuxuu 'reibe, zerreibe' (Stowasser Lat.-deutsch. Schulwörterb.
898"^), allesammt in lautlicher und begrifflicher Hinsicht dar-
nach angethan sind, das Bedürfnis nach etwas neuem und besse-
rem rege zu machen, liegt für den Kundigen auf der Hand.
Ich stelle saucius, indem ich es auf '*sa(y)-üc-ios zurück-
führe, zu der Sippe unseres nhd. sehr, versehren, also zu
g-erm. '^sai-ra- in got. sair, as. ahd. ser N. 'Schmerz', aisl. sär,
mnl. nnl. zeer N. 'Schmerz, Wunde', aisl. sär-r Adj. 'schmerz-
haft, verwundet', ags. sdr 'schmerzlich, verletzend', as. ahd.
^er 'schmerzlich, l)etrübt', schwäb.-bair. ser 'wund, schmerz-
haft' (entlehnt tinn. sairas 'krank'), afries. serilsa 'Wunde',
sowie zu air. saefh soefh 'Leid, Krankheit', saethar N. 'Leid,
Mühe, Arl)eit'; vgl. Windisch Ber. über d. Verhandl. d. kön.
Sachs. Ges. d. Wiss. philol.-hist. Kl. Leipz. 1891 191 Anm. 1,
Kluge Etym. Wörterb.-"' 344'', Franck Etym. woordenboek d.
nederl. taal 1198.
Der iutervokalische Jodausfall wird als ein dem Latein
und den übrigen altitalischen Dialekten zu vindizierender Laut-
wandel von keiner Seite in Abrede gestellt. Über einzelne ihn
betreffende Punkte, wie die chronologische Datierung des Vor-
ganges, die Gestaltung der dadurch entstehenden Vokelzusam-
menstösse, die Berechtigung, diesen oder jenen Einzelfall mit
38 H e r ni <a n n 0 s t h 0 f f ,
der Frage in Verbinduiiii: zu l)ringen, mag noch gestritten wer-
den; vgl. Bnigmann Grundriss I § 134 S. 122, Stolz Iwau
Müllers Handbuch II ^ 260 f., Henry Prceis de gramm. comp.
S. 39 § 44 i., King-Cookson Tbe principles of sound and in-
flexion 185, Verf. PBrB. XIII 404. 405 Anm., Bartbolomae
Stud. z. indog. Spracbgescb. II 136 if., von Planta Grannn. d.
osk.-umbr. Dial. I § 87 S. 174 tf., Solmsen Stud. z. lat. Laut^
geseb. 54 f. 71. Dass aber für a'ij'jü, wenn dies auch durch
kein anderes Beispiel ausser unserem saucius zu erhärten sein
wird, bei Entweichung des Jod am naturgemässesten der Diph-
thong lat. au, d. i. ein Zusammenfassen des a und des ü unter
einen Silbeniktus, eintrete, wird man wohl widerspruchslos be-
haupten dürfen.
Von der Wurzel !<ay- in air. saeth = indog. *saij-tu-Sy
got. sair aus *sai/-ro-m ist urlat. *sa^i/)-üc-io-s 'versehrt' der-
artig abgeleitet, dass man es mit lat. cad-ücu-s 'fallend, ge-
fallen', 'hinfällig', mand-ücu-s 'Fresser', wovon mandücäre,.
"^ftd-ücu-s 'vertrauend' in ful-üc-ia 'Vertrauen, Zuversicht' in
suffixaler Hinsicht zusammenzustellen hat, sowie weiterhin mit
russ. M-yh 'Hauer', poln. hzd-yl: 'peditor', abulg. vlad-ylca
'Herrseher, Herr', mit griech. Krip-üE 'Herold' und den von
reduplizierten Verbalformen ausgegangenen altindischeu Xomi-
nalbildungen dan-dag-tl'ka-s " hchfiemV , jd-gar-tika-s 'wachsam',.
vä-vad-ülca-s 'schwatzhaft' (ßrugniann Grundriss II § 89 S.
256 f., Stolz Festgruss aus Innsbruck an die XLII. VersammL
deutscher Philol. u. Schulmänner in Wien 93). Macht man
geltend, dass hier überall die Funktion des Nomen agentis
hervortrete, lat. saudu-s dagegen die des Passivpartizips habe,
so könnte erwidert werden, dass wir doch nicht notwendig
mit Kluge und Franck a. a. 0. der Wz. say- die transitive Be-
deutung 'schmerzen' zuzuweisen brauchen: drückte say- viel-
mehr intransitiv 'Schmerz empfinden, an Wundenschmerz leiden"
aus, so ist das Verhältnis des lat. sauc-iu-s 'versehrt' dazu
entsprechend, wie dasjenige von cad-ücu-s 'fallend, gefallen*
(haccae glandesque cadücae Lucr., oJeae Cato, folia Ovid.,
rtg-Mrt Varr. Ovid., hello cadncl 'im Kriege Gefallene' Verg.) zu
intransitivem cadere, auch wie das von ixm([. jdciar-n'ka-s 'wach-
sam' zu ji'tgdr-ti Präs. 'wacht'. Aber gesetzt auch, say- habe
transitiv 'schmerzen' oder 'versehren, verwunden' bedeutet, so
wäre die Weiterbildung durch das Suffix -io- bei ^sa(y)-üc-io-s:
Griechische und lateinische Wortdeutungen. 39
gebührend zu berilcksichtigen : ein *sai/-f(]iO-m Neutr. — vgl.
cad-äcu-m 'abgefallene Rlüte' Cael. Aiir. — oder *say-üka
Fem. könnte 'Versehrendes, Verwundendes, Verwundung,
Wunde' besagt haben, davon käme urlat. *sa(ij)-üc-io-s ähn-
lich, wie griech. Tpau|uaT-iä-c 'verwundet, Verwundeter' von
TpaO)ua N. 'Wunde, Verletzung'. Rein formal gesellen sich mit
smcc-iit-s und ful-iic-ia als Bildungen, die die Suffixkomplexe
-ük-tjo-, -hI-/J(1- enthalten, die bei Miklosich Vergl. Gramm. II
337 augeführten russ. sfet-i/c M. 'Fackel' und aksl. tek-ijca M.
'viator' zusammen.
Zu der Auffassung, dass saiic-m-s, sowie das griech. ipau-
|LiaT-ia-c auf TpaO|ua beruht, so von einem ^say-üko-m oder "^say-
üka 'Versehrung, Wunde' herzuleiten sei, würde ganz gut auch
stimmen, was Döderlein Lat. Synom. u. Etyni. IV 257 f. und
Kraft Deutsch.-lat. Lex. 11^ 1182^ f. nach Vavassor Antibarb.
584 f. als den begrifflichen Unterschied des saucius, das den
'an Wunden oder Verwundung Leidenden', daher 'durch Ver-
wundung Kampfunfähigen' im allgemeineren Sinne, daher insbe-
sondere auch den 'Schwerverwundeten', bezeichnet, und des
vulnerütus angeben: '' Saucius, mdneratus. Non ideni proj3rie.
Prius apud Graecos rpauLiaxiac, posterius TeTpuuuevoc. Cum
saucium dicimus, vulneratum quidem intelligimus, sed indefi-
nite ac sine designatione vulnerum, quot, quae, qualia, aut qua
in ])arte acceperit; cum vulnerafuDi kxiuimur, signiticamus per-
cussum certa parte sui aut quoties, aut (juo vulnere. Itaque
l)roprie eft'erri saucios ex acie, uon vulnemtos, historici dicere
solent, qui melius quam ceteri Latine loquuntur". Ahulich
die neueren Synonymiker Ferd. Schulz Lat. Synonymik '^ No.
95 S. 6ö und Tegge Stud. z. lat. Synonymik 22L
14. cictima, umbr. eveietn; got. iceihan, aind. vinaMi.
Es muss fast auffallen, dass der richtigen Herleitung des
lat. vktima F. 'Opfertier, Opfer' l)ishcr so gut wie gar keine
Beachtung zu Teil geworden ist. Ich selbst bin vor Jahren
selbständig darauf gekommen, sah dann aber hinterdrein, dass
die betreffende Erkläi-ung längst von zwei andern Seiten an-
gedeutet oder auch mit Bestimmtheit ausgesprochen war.
Düntzer KZ. XI (1862) S. 65 bemerkt über das Wort: "wohl
nicht das Siegsopfer oder das gebundene oder das kräf-
tige, sondern das geweihte Tier". Und der unter vielem
40 Her lu a ii n 0 s t li o f t ,
Schlamm bisweilen ein Goldkörnehen, gleich dem 15!]. XIX
322 von mir anerkamiten, bringende James Byrne gibt 'Origin
üf the Greek, Latin, and Gothik roots' London 1888 S. 160
klipp und klar die Zusammenstellung "Goth. veihs, holy (de-
voted to the g-ods for worship); Lat. victhna".
Trotzdem wissen llavet Mem. de la soc. de linguist. VI
(1889) S. 1 1 1, Wharton 'Etyma Latina^ London 1890 S. 1 15 und Sto-
wasser Lat.-deutsch. Schulwörterb. (1894) S. 1057 •' für ricfima
keinen besseren Rat, als den Anschluss an vic-, Gen. vic-is
'Wechser, vlcissim Adv. 'wiederum, gegenscits\ rlcärius 'stell-
vertretend', ahd. asächs. wehsal. Noch andere und teils be-
g^riflflich teils lautlich minderwertige, meist auch schon in den
Worten Düntzers kurz al)gethane, sowie von Bücheier Umbrica
143 in Bausch und Bogen zurückgewiesene Auifassungeu des
victima bei G. Curtius Grundz. d. griech. Etym. P 105, Cors-
sen Krit. Beitr. 61 f. Aussi)r. Vokal. I- 510, Schwcizer-Sidler
KZ. XIII 306, Pott Wurzel-Wörterb. III 293, Vanicek Griech. -
lat.-etym. Wörterb. 865. Etym. Wtb. d. lat. Spr. ^ 259, Zehet-
mayr Analog-.-vergleich. Wörterb. h'2i^ ''.
Dem Adjektiv, gerni. '^'w/ya-z = got. iceih-s, asäeli. ahd.
Will, ndid. tüich 'heilig' geht unser Verbum vieihen zur »Seite:
got. tceihan, ga-iveihan 'weihen, heiligen' (Prät. iceiJiaida),
dazu asächs. wihian 'segnen', ahd. wfJien 'dedicare, sancire,
benedicere, initiare, ordinäre, exorcizare', aucli 'offerre, facere'
von Opfern und Gelübden (Graft" Althd, Sprachsch. I 724 ff.),
mit grammatischem Wechsel aisl. vigja 'to consecrate', afries.
tülga, md. icigen 'weihen'; näheres über die — nur scheinbar
deuominativische — Bildungsweise weiter unten (S. 45 f.). Aisl.
ve, aschwed. m N., ags. ?(5e'o7i, asächs. ic'fh M. 'Heiligtum' und
got, weiha M. 'Priester', tceihnan 'dYid^ecBai' sind weiteres
Zubehör. Vgl. Kluge Etym. Wörterb.^ 40U'M". Hiermit auch
das air. pach 'Schuld, Schulden' zu vergleichen, nach d'Arbois
de Jubainvillc Mem. de la soc. de linguist IV 364, lehnt wohl
mit Recht Eeist Grundriss d. got. Etym. 13)) der Bedeutungen
wejren ab'i.
'O
1) Vielleicht liiulet Jibef ix'w. /iiich M. ' ilehituin, di'bita pcL'Uuia'
seinen g-ebührenden Platz neben dem lat. r/r-, rir-is, vicinsitüdo,
ahd. as. n-l''fisfif. hiü. mrifuitin 'Borg, Dahilehir, viäfiia pecünia und
dazu <:ehalten der I)o])]>el.sinn des nhd. bort/en iind leihen Hesse sich
in b»\ti'ril'flieher Hiiisii-Iit <i;ilur aiilühren; es "l)ezeii-Iint't unser J>o)'-
Giieehische und lateinische Wortdeiitmigen. 41
Den suffixalen Aiisi^ang- des lat. vk-tima haben Düntzer,
Corssen und Havet mit dem Superlative bildenden -t'uno-s, -fii-
mo-s in op-fimn-s, auch in Dutr/tinni-s und ähnliehen aus Sub-
stantiven entsi)rungenen Adjektiven in Verbindung- gebracht. Es
müsste denniach wohl ein AVurzelnomen *r/c- 'Weihung' vor-
ausgesetzt werden, und vic-tlma wäre eigentlich 'die engst zur
Weihe gehörige' gewesen, sowie ^'marl-timu-s, flni-timu-s, legi-
-fhnu-ti ursprünglich s. v. a. 'engst zugehörig zum jNfeer, zur
Cxrenze, zum Gesetz'" (Brugmann Grundriss II § 73 S. 168).
Vielleicht ist aber dieser Auftassung eine andere vorzu-
ziehen: wenn man es dreiteilig in vic-ti-ma zerlegt, könnte
das Wort zunächst mit den griechischen Adjektiven auf -ci-|uoc,
die von femininen Verbalabstrakten auf -ci-c = indog. -ti-s aus-
gehen, zusammenzustellen sein, also z. B. mit homer. qpOEi-wo-c
^zufluclitmässig, wohin man fliehen kann': cpuEi-c 'Flucht', gr.
ßd-ci-|uo-c 'gangbar, fest, sicher' : ßd-ci-c 'Gang', Xu-ci-mo-c 'lös-
bar' : Xu-ci-c 'Lösung', mit ßpuj-ci-iuo-c 'essl)ar', Kau-ci-|uo-c
'brennbar', Tpuu-Ei-|uo-c 'zu benagen', eTr6i|»i-|uo-c, epYdci-|uo-c,
dKeci-)uo-c, aipe-ci-)uo-c, dpö-ci-|uo-c, id-ci-|uo-c, Z;iiTri-ci-|uo-c, dXuu-
ci-|uoc, TTopeu-ci-uo-c usw., die fast durchweg Fähigkeit, Ge-
eignetsein zu etwas, Möglichkeit, wie unsere Adjektiva auf
-bar, ausdrücken. Vgl. Leo Meyer Vergleich. Gramm. II * 620.
621 f., Brugmann Grundriss II § 72 S. 163. Iw. Müllers Hand-
buch II- 04. Insbesondere sei an griech. Bu-ci-|uo-c 'opferbar,
zum Opfern tauglich' erinnert, das zwar begrifflich näher zu
6u-ciä 'Opfer, Oi)ferhandlung', als zu dem vielleicht auch gar
nicht wurzelverwandten 0u-ci-c 'das Brausen, Stürmen', steht.
Also wäre das substantivierte Adjektiv in Femininform vic-
ti-ma, ein "^vk-ti-M Fem. 'Weihung' voraussetzend, im Grunde
'die Weihbare, zur Weihung geeignete' gewesen, wobei Bezie-
yen das zwisclu'u Glaul)i,ü'i'r und Scliuldner entstellende wechselsei-
tige Ohligationenverhältnis, ^^ odiirch beide Teile sicher gestellt wer-
den, vmd borgen, wie leihen, drückt sowohl mutuiim sumere, accipere
als auch niutuuiri dare aus" (Grimm Deutsch. Wörterb. II 241, vgl.
auch Heyne Deutsch. Wörterl). I 470. II 618 f.). Dass im Keltischen
mit air. fiach dann auch air. fecht 'Gang, Weg', fecht N. 'Mal' {a
fecht sa 'dieses mal, jetzt', oen-fecht 'einmal') \\u& Q\mv. <jweith, un
iceifh 'seniel' wurzelhaft zusannneukänien, gemäss der üblichen Deu-
tung dieser und Zusanunensteihuig mit ai. ved. vishfi, i-islifibJiish
^wechselnd, A'icibus' (Stokes Kuhns Beitr. III 161, Windisch Curtius*
■Gruudzüge^"' 135, Acadeniy 18b6 S. 415 =i), hätte keinen Anstand.
42 Hermann Ost hoff,
liuiii;' etwa auf eine hos, eine ovis, eine süs, viclleieiit aiicli
allgemeiner auf hos-tla F. ' Schlaehtopfer, Opfertier', wenn
dieses von Hause ans Substantiv, wie das gleicligebildete 9u-ci«,
oder auch nur früher zur substantivischen Geltung entwickelt
war, vorschweben mochte.
In dacru-ma lacni-ma lacri-ma F. : griech, bdKpu, corn.
dagr (Plur. dagrou) 'Zähre' besitzt das Lateinische ein den
Adjektiven von sekundärer AVortschöpfung griech. eTu-|uo-c,
exilTu-^o-c 'wahr, echt', aind, diju-mä-s 'hell, leuchtend' sich
anreihendes Noniinalgebilde ; vgl. Leo Meyer a. a. 0. 620,
624, Brugmann Grundriss II § 72 S. 162. 163. 164. Iw.
jMüllers Handbuch II- 94. Wenn nun dem Vorkommen der
archaistischen .Schreibung vic-tu-ma, die in vktumärhis (R.
Fabretti Inscr. antiq. 639, 332. 677, 34 u. 35 und Bullet, dell'
inst, di corrisp. archeol. 1857 S. 65, vgl. auch Ariod. Fa-
bretti Glossar. Ital. 1962 f.) inschriftliche Beglaubigung hat,
die Bedeutung beizumessen wäre, dass der "Mittellaut zwischen
u und i" hier ursprüngliches -u- vertreten hätte, wie eben m
dacru-ma lacru-ma neben lacrlma, in mami-festus neben ma-
ni-fesfus, lacu-hus neben lacl-bits (IJrugniann Grundriss I §49
S. 43, Stolz Iw. Müllers Handbuch 11- '2i^S), nicht ursprüng-
liches -/-, wie seltener und z. B. in puntu-fex = pontl-fex,
so könnte eventuell auch ein ^vic-fu-s Alask. 'das Weihen,
Weihung' unserem vic-ti-ma als Stammwort untergelegt werden.
Es liegt nahe zu vermuten, dass ein so abstrakter Be-
gritf wie ^veihen, heiligen, zum Opfer bestinnnen' auf einer
konkreteren, sinnlichen Grundanschauung lu ruht lial)eu werde.
Diese hat, wie mir scheint, Potts Spürsinn richtig herausge-
funden, indem der Altmeister Wurzel- Wörterb. III 288 unser
weihen, got. iceih-s 'heilig, öyioc, d-fvoc' zu aind. r'ic- 'son-
dern, aussondern, abtrennen', Präs. cinak-fi, vi-reJx-fi, Perf.
vi-vec-a, Part, vi-vik-fa-s 'gesondert, al)gesondert, isoliert, ein-
sam, frei von', 'von allem Ungehörigen getrennt, rein, lauter',
pra-vel-a-H Adj. 'der auserlesenste, vorzüglichste' stellte mit
der trefflichen Begründung: "Geht man davon aus, wie von
dem Geweihten, Heiligen das Profane fern gehalten wird,
und in diesem Betracht jenes recht gut selbst als das Geson-
derte, Abgetrennte, Unnahbare (ctbuTov, aßatov; alts. ic'th
st. M. Heiligtum, Tempel) vorgestellt werden mag: dann gäbe
man sich ü-ern der A'ernnitun^' liiii. i^-oth. ircih^ mit (Genossen
Griecliische und lateinische ^Yortde^^t^lng•en. 43-
sei eig'. i)assivisc'h, iiml etwa s. v. a, s. vivikfa (separatus,
(lesertns, decretns, solitariiis)". Vg-1. aneb Scbade Altdeutseh.
Wörterb.- 1150-^ iiiul Wbeeler D. g-rieeb. Noniinalakzent 83.
Die Bedeutung- des germ. ^wix-a-z Adj. = got. iceih-s-, alt-
sächs. abd. wih als Passivpartizip 'abgesondert' bei Stamm-
bildung mit -o-Sutifix illustrieren die IF. V 320 f. für lat. pö-
mu-m aus "^po-ein-o-in 'Abgenommenes' beigeljracbten Bildungs-
analogien, Mitbin wäre aucli lat, ^ric-fi-s oder ^vk-tu-s 'Wei-
bnng' in vktima eigentlicb 'Absonderung' gewesen.
Den Begrit!sübergang- von 'abtrennen, aussondern' zu
'weiben' zeigt uns das Semitiscbe mit tblg-endem Beispiele.
Die Wurzel HRM mit der Grundbedeutung 'abscbneiden, ab-
sondern' drückt bebräiseb im Hipbil 'weiben' aus; daber arab.
harama 'er verweigerte, verbot', haruma 'es war verboten',
harain 'beiliger Ort', bebr, heJi'^rbn 'er weibte' usw, leb l)in
meinem Kollegen Professor Brünnow und meinem Freunde
Nöldeke für diesen Nachweis verpflicbtet.
Über das scbwierige umbr. eveietu Tab, Iguv, IIb 8.
11 haben Breal Les tabl, Eugub. 266, Bücbeler Umbrica 142 f,,
von Planta Granun. d, osk,-umbr. Dial, I § 143 S, 288. § 182
S. 372 ff. und Ceci 'Contributi alla fonistoria del latino' Roma
1894 S. 11 = Rendic. della R, Accad. dei Lincei III 309 ge-
bandelt. Den Sinn bat, bei verfebltem Etymon, am richtigsten
Breal getroffen mit den Worten: "Eveietu correspond })eut-etre
en sa seconde partie au latin vovefo . . , . Le pretixe e servirait
ä renforcer l'idee du verbe: 'devoveto'". Dem Etymon kam
am nächsten Bücbeler, indem er, ausser seiner unhaltbaren
Anknüpfung an e-vincere, e-vicfio, die sich Bronisch D, osk. i-
u, e-Vokale § 68 S. 164 aneignet, auch diejenige an victima
andeutete: "veiiementer dubito an cognatum buic verbo sit lati-
num cictiinae nomen". und von von Planta dürfen -wir uns
teilweise dessen formale Auffassung des eveietu aneignen,
insofern nämlicb, als er a. a, 0. S, 372 f. richtig das Wort mit
umbr. tnuk'to Part, : laugiifn Imper., lat. ntfigio, com-mugenfö
zusannnenordnet; ihm "ist a i)riori, olnie Kücksicbt auf die
Etymologie, die wahrscheinlichste Erklärung die aus '^evegefu'\
Nach keiner Seite bin scheint mir Ceci a. a, 0. die Frag-e
der Herkunft und eig-entlicben Bedeutung des eveietu irgend-
wie gefrirdert zu haben.
Natürlich haben wir, wenn wir mit Bücbeler das um-
44 Hermann Ostliölf,
briscbe Wort zu lat. vktima stellen, jenes nicht etwa als
'victiinato, er soll opfern' aufzutassen, sondern wir müssen an
diejenige Bedeutung- anknüpfen, von der auch vicfinia selbst
ausgegangen ist, also an 'weihen, heiligen'. Büeheler erläu-
tert seine Übersetzung von Tab. Iguv. IIb is si perakne se-
vakne upetu eveietu . sevakne naratu ''sueni agona-
leni soUemnem oi)tato evincito . sollemnem narrato" und IIb
11 kapru perakne sevakne upetu eveietu naratu "ca-
prum agonalem sollemnem optato evincito narrato" im Kom-
mentar durch : " prinium optatur sive i)rol)atur hostia, tum
ei'eiefer, tum verbis sollemnibus nuncu])atur dicaturque deo
. . . ., deniiiue caeditur", der ganze Ausdruck sei ein solcher
"ut si latine dixeris caprum hosfiam eligito dedarato nun-
cupato". Jetzt aber gibt mir Bücheier selbst zu, dass an die
8telle seines "declarato" der von Brcal gewiesene Begriff
''voveto", so wie ich ihn durch rictima zu stützen suche,
durchaus passe, indem er mir schreibt (Bonn, 20. März 1894):
''Ich tinde Ihre Darlegung über eveietu ganz überzeugend.
Der Sinn 'weihen, heiligen' passt so treitend für den Zusam-
menhang, da der betreffende Akt zwischen der Schau des
Opfertieres und der ad hoc spezialisierten Gebetsformulierung
liegen muss, dass ich alle Ihre Worte unterschreiben möchte ".
In dem Prätix e- von e-veietu mag, anstatt dass es nach
Breal den Verbalbegriff zu verstärken hat, noch die Hindeu-
tung auf das 'aussondernde Weihen', also gerade auf die
für ridinui und unser iceihen ermittelte sinnliche Gvundvor-
stellung, liegen.
Bei von Planta a. a, 0. S. oTo heisst es: "Dass eveietu
zu 1. vidima gehöre (doch ') vgl. Bücheier 148), wäre möglieh,
wenn letzteres = *veg-tima ist (vgl. auch 1. ar-viga 'Opfer-
Widder'?)": und in der Anm. ?> dazu: "Das / in vidima Hesse
sich allenfalls durch Anlehnung an vigor (^wozu es die Alten
stellten) oder an vidus usw. erklären". Das iirt weit ab
vom Richtigen und zunächst Liegenden. Kann denn nicht in
imserem -veietu das wurzclhafte e den alten Diphthong ei
1) Dieses "doch" ist mir nieht recht verständlich; liat etwa von
Planta irrtümlicli das Büciielersclie "diibito an", womit dii'ser l'm-
brica 143 zur Zvisainiuenstelhuig von eveietu und ricfinin hinneigt,
negativ tür "dul)ito num" "enommen?
Griechisclie und lateinische Wortdentung-en. ib-
vertreteil, für den ja iincli von Plantas eig-ener Darstellung-
a. a. 0. I § 71 S. 147 im ümbrischen "fast ausnahmslos e"
(vgl. dazu aucdi Broniscii D. osk. /- u. e-Vok. §§ 67 ff. S. 162 ff.)
erscheint? Ich leite e-veietu auf ein urital. ^eks-veig-e-töd
'soll aussondern, soll weihen' zurück. Der Wurzelauslaut -g-
in dieser Form neben der Tenuis in aind. vinc-antl 3. Plur.
Präs. 'sie sondern aus', fi-vec-a Perf., pra-velx-a-s Adj. und
in got. weih-s, iceih-an findet eben durch das Vorhandensein
der altindischen Präsensbildung mit Xasalintix seine Rechtfer-
tigung, nach zahli'eichen wohlbekannten Analogien; vgl. Verf.
Z. Gesch. d. Perf. 548 und die dort angeführte Litteratur,
Brugmann Grundriss I § 221 8. 190 f. § 469, 7 S. 348, Feist
Grundriss d. got. Etym. 19 Anm. und ebenda Vorw. S. IX,
neuerdings Johansson IF. II 9 und X'oreen Abriss d. urgerm.
Lautl. § 49, 2 S. 181 ff. nebst ihren Zitaten, endlicii Verf.
IF. V 294.
Nicht zu übersehen ist auch, dass bei unserer Auffassung-
des e-veietu ein Verhältnis der verbalen Stammbildung zwi-
schen urital. ^veig-e-töd und got. iveihan, Prät. iceih-ai-da,
Part, iceih-ai-p-s sich einstellt, wie es als das zwischen altita-
lischer e- und germanischer ''dritter schwacher Konjugation"
ganz übliche anerkannt ist und gerade in jüngster Zeit die
mannigfachste, wenngleich immer noch nicht abschliessende,
Behandlung ertahren hat. Unser Fall reiht sich als neuer den
Entsprechungen wie lat. habe-re unibr. habe- tu habi-tti 'ha-
beto' : got. hahan habai-da liabai-ps ahd. habe-n habe-ta gi-
habe-t, lat. vide-re umbr. virse-to Part. : got. loitan witai-da
ahd. gl- ir-icizze-n, \at.tace-re umbr. tace-z tase-s tase-turVuYi.
: got. pahan paliai-da ahd. dage-n, lat. sile-re : got. mia-süan
-silal-da an, in deren Beurteilung ich bis auf weiteres der Auf-
fassungsweise Brugmanns Grundriss II § 590 S. 964. § 592
S. 965. § 708 S. 1063 ff. § 738 S. 1087. § 739 S. 1087 f.
mich am nächsten stellen möchte; beachtenswert ist auch der
neueste an Bremer PBrB. XI 46 ff. anknüpfende Lösungsver-
such von ^Möller Anzeiger f. deutsch. Altert. XX 131 ff. Je-
denfalls lässt unser umbr. e-veietu aus ital. '^-veigetöd es
nun auch desto klarer hervortreten, dass das Bildungsverhält-
nis von got. weihau, Prät. iceihakla, zu asäclis. icihuni ahd.
wihen aisl. i'igja allerdings der gleichen Art ist, wie die be-
kannten got. haban ahd. haben : asächs. hebbian afries. hebba,
46 Hermann Ost ho ff,
got. palian alul. äugen : aisl. pegja, got. Uban alul. lelxoi :
asäclis. Ubhian ag-s. lifyan lihhan afries. libba, got. hafan
alid. hazzen : got. Jiatjan alid. hezzen asäclis. hettian, ahd.
sagen : alul. ^\seggen (vgl. ^e^/*-^ se^i^ 2. 3. Sing. Ind. Präs.)
mnl. zeggen asächs. seggian ags. secjan afiies. sedsza aisl.
segja, ahd. hogen : huggen asäeliz. huggian ags. hijc-^an aisl.
hyggja got. liugjan u. älinl. mehr (vgl. Sievers PBrB. VIII
90 ff., Kög-el ebend. IX 516 ff., Bremer a. a. 0., Brugmnnn
Grundriss II § 708 S. 1064, Möller a. a. O.i.
Seinerseits war von Planta Grannn. d. osk.-und)r. Dial.
I § 143 S. 288. § 182 8. 373 f. u. S. 374 Anm. 1 nicht ab-
^•eneigt, das innbr. e-veietu mit lat. e-Ugifö oder auch mit
lat. legäre 7Aisammenznl)ring-en. Abgesehen davon, dass nach
Bücheier der Begriff 'eligito' durch das dem e-veietu an
beiden Stellen der iguvinisehen Tafeln unmittelbar vorausge-
hende upetu 'optato' präokkui)iert ist, steht und fällt solche
Deutungsweise auch mit der noch immer schwebenden Frage,
ob im ünibrischen ursprüngliches wortanlautendes l- durch v-
vertreten werde oder nicht. Ich muss g-estehen, dass ich trotz
der auffallenden Thatsache, dass auf den Tafeln von Ig-uvium
Wörter mit anlautendem /- fehlen, und trotz des Scharfsinns,
den von Planta a. a. 0. 1 § 143 S. 285 ft\ aufbietet, um im An-
schluss an andere Forscher, so Knötel, Aufrecht-Kirchhoff, Pau-
zerbieter, Breal und vielleicht Bugge, umbr. v- aus /- wahr
scheinlich zu machen, auch trotz Thurneysen KZ. XXXII 560,
mich vor der Hand nicht zur Bejahung dieser Frag-e ent-
schliessen kann, sondern mit Bücheier in der Skepsis verharre.
Bücheier, indem er mir darüber, in Übereinstinnnung mit sei-
ner früheren negativen Haltung Jenaer Literaturzeit. 1876
S. 397'^f. sehreibt (30. Mai 1892): "Wegen v-l bin ich nach
wie vor gleich skeptisch, der Wechsel müsste mir durch ein
handgreiflich richtig-es Beispiel bewiesen werden", hält auch
ferner seinen Zweifel an der zu "italischen Augural- und Kol-
legialsitzeinrichtungen" nicht stimmenden Gleichung- umbr. va-
pect- rapers- = lat. lapid- durchaus aufrecht; ist gegen die
etymologische Verbindung von uud)r. vestikatu vesflcafu
Mibato', vestigia resti.sia ' libamcntunr (vgl. Umbrica 52 f.)
mit lat. llbüre (von Planta a. a. 0. S. 288 f.) "mistrauisch" we-
gen der "Regel, dass alle lieiligsten sakralen Aktionen von
jedem Stamm in besonderer Denomination entwickelt sind";
Griechische und lateiuisch.e Wortdeutung-cn. 47
verwirft die Zusammenstellung- von vef mit lat. hhra 'Wage,
Pfund' (nach Thurneyscn bei von Planta a. a. 0. S. 288) aus
sachlichen und formalen Gründen, weil die Analogie des Sprach-
gebrauchs der griechischen und lateinischen Inschriften für das
umbrische Wort den Begriff V^piöac, partes' erheische, den
eines Gewichts entschieden al)lehne, "obendrein zeigt vef die
nötige Kasusendung und hat ein Verb vetu zur Seite'' (vgl.
zur formalen Vermittelung der und)r. vef, vetu mit lat. di-
vido ausser Bücheier ünibrica o9. 111 f. auch Brugmanu Ber.
üb. h. Verhandl, d. kön. Sachs. Ges. d. Wiss. i)hilol.-hist. Kl.
Leipz. 1890 S. 211. Gruudriss II §528 S. 925). Und insbe-
sondere über e-veietu bemerkte mir mit Rücksicht auf den
von Plantascheu Deutungsvorschlag Bücheier damals (1892):
"eveietu = eJigito halte ich für unmöglich, weil nur Schwä-
chung nach upetu, während mir die Zuordnung zu 'weihen'
durchaus angemessen scheinen würde, an eviiicito halte ich
auch nur das fest, dass ein Akt bezeichnet wird, der ausser
der boKi|uacia des Opfers speziell für göttlichen Dienst ausson-
dert, recht gut Ihr ungefähres victimato".
Heidelberg, im September 1894. H. Ost hoff.
Zu deu geriiiaiiisclieii Aiislautsgesetzeii.
M. H. Jelliuek unterwirft ZfdöG. 1893 S. 1092 ff. und
HZ. XXXIX 125 ff. meinen Versuch, die Gestaltung der lan-
gen germanischen Endsilben aus dem Einfluss verschiedener
Akzentqualitäten zu erklären, einer eingehenden Kritik und
unter xVblehnung meiner Ansichten stellt er eigene auf, die
ich hinwiederum für nichts weniger als richtig halten kann.
Sie scheinen mir in demselben Geist geschrieben zu sein, den
Jellinek in seinen "Beiträgen zur Erklärung der germanischen
Flexion" gezeigt hat. Hier hat er etwas früher als ich die
germanischen Auslautsgesetze behandelt, ohne zu irgendwie
aunehm])aren Resultaten zu konunen. Seine diese Frage be-
treffenden Ansichten, die gewiss z. T. recht scharfsinnig sind,
nach meiner Meinung al)er ein mangelndes Gefühl für Wahr-
48 Herir. iiii Hirt,
schciiiliclikeit und für das sprachliclic Leben übcrlianpt ver-
raten, sind ebenso wie sein ganzes Bueli allg-emein, z. T. ziem-
lieh seharf ab-elehnt, vgl. Kauifmann ZZ. XXVI 265, CoUitz
Af'dA. XVII 270, Miehels IP\ Anz. I 2i), Johansson Arkiv f.
nord. Fil. XI 97, Mahlow DLZ. 1891 Sp. 1708. Diese Be-
sprechungen tretfen, abgesehen von allem anderen, sehon des-
halb das rechte, weil Jellinek in kürzester Frist die alten An-
sichten aufgegeben und rascli neue, reclit wenig begründete
an ihre Stelle gesetzt hat.
Nicht gern gehe ich auf eine genauere Erwiderung ge-
gen den letzten Artikel Jellineks ein. Doch da mich dieser
direkt zu einer Antwort auffordert und mir eine nochmalige
schärfere Ausführung meiner Theorie der Wichtigkeit der
Sache wiegen erwünscht erscheint, hoffe ich mit einer Ent-
gegnung einem griisseren Interesse entgegenzukonnnen.
Ich scheue mich nicht einzugestehen, dass Jellinek einige
Irrtümer, die ich zum grössten Teil schon selbst bemerkt
hatte, in meinen Aufsätzen berichtigt hat; um so nachdrück-
licher möchte ich darauf hinweisen, dass Jellinek das allge-
meine Prinzip meiner Erklärung nicht zu erschüttern vermochte.
Dasselbe löst in der That eine Reihe von Schwierigkeiten so
überraschend, dass es sich schon eine Anzahl von Freunden
erworben hat. Von Streitberg und Michels abgesehen haben
Kauftmann ZZ. XXVI 265, Johansson Arkiv XI 99, Axel
Kock und andere der allgemeinen Idee, nicht allen Einzel-
heiten zugestinnnt. Auch Wilmanns Gr. 235 erkennt die Be-
deutsamkeit meines Prinzips an und stellt meinen Gedanken-
gang ganz richtig dar, wenngleich er sich im übrigen noch
skeptisch verhält. Mehr habe ich nie erwartet. Ich brauche
auch hierüber nichts weiter zu sagen, da Jellinek HZ. S. VM)
bemerkt: "Es wird sich dabei herausstellen, dass die An-
nahme des Fortwirkens der ursprünglichen Verschiedenheit
langer Vokale, die im Griecli. und Lit. als Unterschied der
Akzentcjualität sich zeigt, allerdings gewisse Erscheinungen
cintach erklärt", und weiter hcisst es: "Ein gewisser Fort-
schritt ist durch die neue Akzenthypothese allerdings gege-
ben". Dieses Zugeständnis ist um so wertvoller, als Jellinek
in seinen Beiträgen sowohl Mahlows wie Ilanssens Erklärungs-
versuche, die auf dasselbe Prinzip gcgründi't waren, abgelehnt
hatte. Unter diesen Umständen darf ich wohl meiner Arbeit
Zu den g-ermanischen Auslautsg'csetzcn. 49
die ^reiiiinig'säiuleniiii;- und bessere Erkenntnis Jellineks zu-
schreiben. Damit liabc ich mir doch wenig-stens ein Verdienst
erworl)en, selbst wenn die wirkliclie Gestaltung- der germ. End-
silben erst durch Jellin.ek aut'g-ehellt sein sollte ^),
Obgleich ich mich in meiner Erwiderung mög-lichst kurz
fassen und möglichst wenig auf das zweifelhafte eingehen
möchte, so bleibt mir doch nichts anderes übrig als noch ein-
mal die Hauptfragen zu erledigen-).
1) Das soll nicht etwa eine Ztistimmttng' aitsdrüeken. Ich be-
merke dies, weil J. ans einem ähnlichen Passus IF. I 199 einen sol-
chen Schluss gezogen hat.
2) Btr. XVIIl fi2ß> habe ich in einer Note die prinzipielle
Verschiedenheit unser beider I^orschiing* ausgesprochen mit den
Worten: "Im übrigen lieg't für mich die P'rag'e g-anz anders, als
sie Jellinek formuliert. Da im Idg. stossender und schleifender
Ton vorhanden waren, so handelt es sich um die Untersuchung',
ob sich im Germ. Spuren dieser Differenz nachweisen lassen." Jel-
linek HZ. XXXIX 12(3 bemäng-elt diese Note, an der vielleicht der
Ausdruck "formuliert" zu beanstanden war. Ich hatte allerdings
keine bestimmte Formulierung- Jellineks im Sinn, ich wollte viel-
mehr auf den prinzipiellen Unterschied in der Betrachtung- hinwei-
sen. Jellinek sucht die g-ermanischen Auslautsg-esetze zu erklären,
eine g-ewiss dankenswerte Aufgabe, und er zieht dazu, soweit als
nötig-, das Idg-. heran. Mir aber kam es darauf an, wie schon der
Titel meines Aufsatzes in den IF. beweist, die idg-. Akzentqualitä-
ten zu erforschen und ihre Entwicklung- klarzustellen. Nicht die
germanischen Endsilben interessierten mich, sondern die aller Spra-
chen, die namentlich im Adverbium so mannigfach verschiedene
Bildungen zeigen. Nachdem ich die sicheren Sprachen betrachtet,
musste ich auch das Germ, heranziehen. Ich hatte micli allerdings
auch schon vorher mit der Gestalt der germanischen Endsilben ab-
gemüht — der Ausdruck sagt nicht zu viel — , aber alles blieb hier
zu unsicher, so lange man den wichtigen Faktor der Akzentciuali-
tät nicht in Betracht ziehen konnte, und daher entschloss ich mich
erst eine Grundlage für das Germanische ebenso wie für die an-
deren Sprachen zu schalfen.
Ich halte diese Art der Betrachtung von der Jellineks lür
prinzipiell verschieden. Das drückt sich auch noch auf andere
Weise aus. So stiche ich zu erforschen, was aus den sicher zu er-
schliessenden idg. Formen im Germ, geworden ist, während Jellinek
das im Germ, vorhandene zu erklären unterninnnt. Würden wir
uns auf historischem Boden bewegen, so würde niemand zweifeln,
wie vorzugehen ist. Niemand würde die nhd. Endsilben ohne Hilfe-
nahme des Ahd. und Mhd. zu erklären versuchen, vielmehr wird
allgemein das Ahd. und Mhd. zu Grunde gelegt und die nhd. For-
Imlogermanisclie Fürscliuiij-'en VI i u. 2. 4
50 Henna u Hirt,
Ehe ich das Akzentprinzip zur Erklärung- amvandte
hatte ich die gemi. Auslautsg-esetze uacli allen Richtungen
und Erklärungsarteu untersucht, und Jellinek ist daher im
Unrecht, wenn er HZ. 127^ sagt: "Hirt scheint es jetzt also
auch der Untersuchung- für wert zu halten, ob nicht die alte
Differenz der Vokalqualität ä — ö ihre Spuren im Germ, zu-
rückg-elasseu habe." Diesen Schluss zieht er aus einer zufäl-
ligen Verschiedenheit zweier sinnesg-leicher Stellen. Al)er ich
begreife nicht, wie J. dies aus meinen Worten entnehmen
kann, da ich mich direkt über diese Frage g:eäussert habe.
Schon IF. I 203 wies ich, allerding-s ohne weitere Begrün-
dung, die Ansicht ab, dass idg-. ö und ä in g;ermanischen
Endsilben noch unterschieden würden. Ich habe es bisher als
selbstverständlich ang-esehen, vor dem Aussprechen eines so
bestimmten Urteils eine Frag-e auch zu i)rüfen, wenngleich
ich es nicht für nötig hielt, mit der Zurückweisung einer in
der damaligen Zeit fast nirgends mehr vertretenen Ansicht
mehrere Seiten zu füllen. Dieselbe Meinung- vertritt van Kel-
ten Btr. XVII 272. Da Jellinek diese Hypothese wieder auf-
nimmt, so will ich mit den Gründen, die mich zu ihrer un-
bedingten Verwerfung auch heute noch führen, nicht zurück-
halten 1).
men werden daraus historisch abg-eleitet. Nun ist zwar das Idg'.
nur erschlossen, aber heute so gut zu rekonstruieren, dass wir es
unbedenklich einer historisch ■ überHeferten Sprachepoclie gleich-
setzen können. Die Kluft, die in der historischen Überlieferung
gähnt, ist im Prinzip nicht grösser als die zwischen Lateinisch und
Konuiniseh. Eine vorwärtsschreitende Betrachtung ist aiich deshalb
vorzuziehen, weil wir im aligemeinen von einer grösseren Anzahl
Formen zu weniger gelangen, und uns unser Standpunkt gleich
darauf hinweist, dass wir in der historischen Epoche mit dem Zu-
sammenfall verschiedener Formen zu rechnen haben.
1) Lit.-Bl. f. g. u. r. Phil. 1891 Sp. 367 bemerkte ich "eine
Scheidung von -ö und -ä im Germ, schwebt völlig in der Luft."
Wenn Jellinek an diesem Ausdruck Anstoss nimmt, so verweise
ich ihn auf Btr. XVHT 289, wo ich dieselben Worte von meinen
eigenen Ansichten gebraucht habe. Ob er treffend war oder nicht,
darüber lohnt es sich wahrlich nicht zu streiten. Ich konnte ja
auch sagen: dass idg. ö und « in germ. Endsilben bis in die histo-
rische Zeit getrennt erhalten geblieben sind, Avird direkt durch die
Thatsachen widerlegt, und nicht einmal mit Hilfe unwahrschein-
lichster Analogiebildungen lässt sich diese Ansicht durchführen.
Zu den g-ermcanischen Auslautsgesetzen. 51
I. Die Unterscheidung' von idg. o und a.
Zur Aufliellung der germ. Auslautsg-esetze haben Mah-
low und Müller die Differenz von idg-. ä und ö herangezogen;
ein jeder von ihnen gelangte zu anderen Annahmen. Heute
ist man klar darüber, dass ihre Aufstellungen nicht haltbar
sind. Wir wollen nun sehen, wie es mit der Jcllinekschen
Vermutung bestellt ist.
A. Im Gotischen. Mahlow erklärte bekanntlich, dass
idg. ö im Germ, zu e geworden sei. Über diese Ansicht ur-
teilt Jellinek in seinen Beiträgen S. 4: "Mahlows bekannte
These, dass ö im Germ, mit e zusammengefallen sei, ist un-
lialtbar und wird wohl von niemand mehr als richtig ange-
sehen." Jetzt nimmt Jellinek die Mahlowsche These z. T. wie-
der auf, nicht in ihrem vollen Umfange, sondern sie soll
nur Geltung haben für die gotischen und nordischen Endsil-
ben und auch hier wieder nur in gedecktem Auslaut ^). Wenn
man nun etwa glaubt, dass sich bei dieser engen Formu-
lierung, für die absolut keine Ratio zu finden ist und für die
Jellinek nicht einmal eine sucht, das Gesetz glatt durchführen
Hesse und bestimmte Gründe für den absonderlichen Laut-
wandel nachgewiesen würden, so befindet man sich in einem
grossen Irrtum. Der Leser wird nur darauf hingewiesen,
dass die Endsilben der germ. Sprachen erfahrungsmässig
musikalisch anders akzentuiert sind, als die Haupttonsilben.
''In dem einen Dialekt sind sie höher, in dem anderen tiefer
betont als diese." Warum waren denn aber nur gedeckte
Endsilben, warum keine inlautenden nebentonigen Silben höher
betont als die Wurzelsilben? Warum nur im Got. und im
Nordischen? Warum nicht im Westgerm.'? So lange Jellinek
keinen bestimmten Anhaltspunkt für diese musikalische Beto-
nung giebt, so lange er nicht etwa in der angenommenen hö-
heren musikalischen Betonung einzelner Endsilben die Wir-
1) Ganz klar ist mir Jellineks Auffassung nicht geworden.
Da er auch das e von hamma (Ivammeh) aus ö herleitet, so niüss-
ten auch im absoluten Auslaut stehende 5 zu e geworden sein. Dem
widerspricht aber das Nordische. Sonst könnte ja Jellinek 1. Sg.
got. baira aus *baire entstehen lassen.
52 Her man Hirt,
kling des idi;-. Hauptakzentes nachweist, wobei es dann wie-
der sehr autiallig- sein würde, dass nur gedeckte Endsilben
oxytoniert gewesen wären, so hinge wird man nicht ernstlich
mit dieser Ansieht rechnen dürfen. Auch Kluges die Ver-
hältnisse gerade umkehrende Annahme, got. e zu ahd. o, stösst
ja gerade wegen der Absonderlichkeit des Lautwandels auf
Bedenken.
Aber was gewinnen wir schliesslich, wenn wir diesen
Lautwandel annehmen? Die einzige Form, die damit gut
aufgeklärt wird, ist got. dage ~ ahd. tago. Ich gebe jetzt
zu, dass dem got. dage weder im Germ. — auf as. linda
ist, wie Jellinek richtig bemerkt, gar nichts zu geben — noch
in den verwandten Sprachen irgend etwas entspricht, und ich
zweitle heute auch aus anderen Gründen daran, ob wir eine
Endung -em für das Idg. ansetzen dürfen. Aber wenn im
Lok. ei neben o/, im Abi. ed neben od, im Gen. Sing, e.s- ne-
ben OS lag, so konnte sich auch im den. Plur. ein eni neben
öm stellen. Ähnlich van Helten Btr. XVII 57(J. Aber wel-
chen Grund konnte .Jellinek aus dem Xichtauftreten dieser
Endung in den verwandten Sprachen entnehmen, da er doch
selbst so vielfach mit nicht belegten, rein theoretisch kon-
struierten und, wie wir sehen wei'den, sicher nicht vorhande-
nen Urformen operiert? Aber wie die Form auch entstanden
sein mag, wir konnnen bei Jellineks Auffassung nur aus dem
Regen in die Traufe.
1. Der Noni. Tlur. dagös müsste im (iot. dages lauten.
"Nur wenn man sich dazu versteht, dagos ai. -asns gleichzu-
setzen, lässt sich die Regel idg. ö = got. e durchführen ".
Nun dazu will ich mich verstehen. Sonst bietet sich wohl
auch die Übertragung vom Femininum, die ja Brugmann Grd.
II 662 für ahd. icolfa vorgeschlagen hat.
2. Es bleiben aber noch die Adverbien. Jellinek hätte
für papt'ö usw. darauf hinweisen können, dass Streitberg und
ich die Mahlowsche Ansicht eines Ablativsuftixes -äd ange-
nommen haben. Doch dazu hat er sich den Weg verlegt,
da er, mir folgend, die Adver))ien auf -dre und -pro zusam-
menstellt. Ist das aber der Fall, so müsste alter Ablaut
vorliegen. Bis jetzt ist mir aber nur ein Ablaut e — o, nicht
e — <i bekannt. Aber Jellinek hat für die got. Adverbien
iioi'li eine ganz andere (irnndfoi-ni ü'i'\vonucu. 'Für die got.
Zu den g-ermauischen Aixslautsgesetzten. 53
Adverbien auf -ö bietet sich nur die Herkunft aus -äm"{\)^).
Eine Spur irgend einer Beg-riindung- dieser merkwürdigen En-
dung- tindet sich nirgends, und so kann ich nur behaupten,
dass diese Annahme einer Nichterklärung gleichwertig ist,
und über eine Theorie, die bedeutende Kategorieen nicht zu
^erklären vermag, braucht man kein Wort weiter zu verlieren.
Natürlich kann nun auch kein Zusammenhang mehr zwischen
g-ot. gale/l'ö und ahd. gilihho bestehen, und die durch Got.
As. und Ags. sich erstreckenden bemerkenswerten Gleichungen
der Adverbien auf -ngö^ got. imiveniggö, as. damungo, fd-
rungo, gegnnngo, ags. fceringa, semninga, mitmga, genunga,
deren hohes Alter jetzt Delbrück Grd. III 635 nachweist, be-
ruhen auf ganz verschiedenen Grundformen. Meiner Ansieht
nach sind diese Bildungen vcillig; isoliert und beweiskräftig-.
Aber ich l)etinde midi in der Bewertung- einzelner Formen-
kategorien in einem offenbaren Gegensatz zu Jellinek. In der
Adverbialbildung- scheint Jellinek alles für erlaubt und mög-
lich zu halten, während er auf Pronominalformen g-rosses Ge-
wicht legt. Ich erlaube mir dem meine eigene Ansicht ent-
geg-euzustellen, dass aus Adverbialformen, richtig benutzt, sehr
viel zu erschliesseii ist, vgl. unten S. 70', aus Pronominalfor-
nien recht wenig. Ich bin überzeug-t, dass die meisten Sprach-
forscher meine Meinung- teilen-).
1) Zur Beurteilung- dieser Aufstellung- verweise ich auf Mali-
low AEO. S. 59 Zeile 12 v. u. ff.
2) P^iniges zur näheren Erläuterung. Auf den Unterschied
von got. Ivamma [hammeh) und Gen. Plur. dage gründet Jellinek
die Behauptung, "dass es nicht möglich scheine, die Differenz got.
hmnma — dnge auf einen Unterschied der Akzentqualität zurück-
zuführen." Vorher geht der Passus: "Ob man *hamme als Dativ
(-e aus -ö aus -oi) oder als Ablativ (-e aus -ö aus -öt) fasst, in jedem
Falle haben wir ursprüngliche zirkumflektierende Betonung anzu-
nehmen". Ja, wenn es -nun aber weder Ablativ noch Dativ ist?
"Zunächst steht so viel fest, dass got. hmnma {Ivamvieh) neben ahd.
iJemu, wie auch got. daga und ahd. tagu nach meinen Auslauts-
gesetzen beide gestossene Qualität und den Ablaut e — ö zeigen.
Was ist nun ahd. dei7iu? Nach Jellinek geht es auf geschleiftes -ö
<Dativ oder Ablativ) zurück. Im Ahd. existiert aber ein demo, das,
wie Jellinek selbst gezeigt hat, ziemlich alt ist. Diese Form lässt
sich unbedenklich auf ^deiniJf = ai. fasmäd, einen alten Ablativ, zu-
rückführen. df))in wird aber einfach von dem und dies wieder
A'on gebii beeintlusst sein, vgl. ags. divre wie jiefe. Ebenso steht
54 Her man Hirt,
3. Im Gen. Phir. Fein, tritt im Got. -o als Endung auf^.
gibö, tiiggönö, die nach Jellinek auf idg. -am zurückg-elicn
muss. Die Endung- -am mag beim Femininum einst vorhan-
den gewesen sein, aber in keiner idg. Sprache lässt sie sich
noch nachweisen, — die lit. Form ralikü geht auf -dm zu-
rück, vgl. Streitberg IF. I 264 — ; sie steht also mit dage
ganz auf einer Linie. Derselbe Grund, der J. zu seiner Hy-
pothese führt, liegt auch hier vor.
Nach Streitbergs mich überzeugenden Ausführungen IF.
1 282 ist das slav. -i, das man früher aus -om ableitete, eben-
falls aus -öm entstanden, wodurch es, wie Jellinek selbst zu-
gibt, wahrscheinlich wird, dass schon in idg. Zeit -öm auck
auf alle konsonantischen Stämme übertragen ist. Warum
heisst es dann nicht got. Huggöne'i Und wieder konmit man
mit Jellineks Ansicht in den übrigen germ. Dialekten nicht
weiter. Den ags. Gen. Flur, -^'lefa führt Jellinek nur zwei-
felnd auf 'am zurück, da es dem Verdacht analogischer Neu-
bildung unterliegt. Würde es, wie man bisher fast allgemein
gethan hat, got. glhö gleichgesetzt, so wäre die von Jellinek
angenommene Scheidung von -ö und -a im Germ, hinfällig.
Aber woher weiss denn Jellinek, dass die Endung des Gen.
Plur. Fem. im Idg. auf -am auslautete? Wenn er darül)er
besser unterrichtet ist als Brugmann, der Grd. II 690 die En-
dung als zweifelhaft bezeichnet, so erwürbe er sich um die
sprachwissenschaftliche Welt ein nicht geringes Verdienst, es
es im Got. pamma stimmt zu dacja in der Endung- und i.st daiier
absolut nicht beweiskräftig". Auf diese Pronominalformen vermag*
ich nicht das g-eringste Gewicht zu leg-en, und ich bewundere den
Mut Jellineks, wenn er auf dieser Grundlage die Auslautsgesetze
konstruiert. Auf den Fels ist sein Gebäude nicht gegründet. —
An einer anderen Stelle (S. 135) versucht er durch einen Hinweis
auf Collitz BB. XVH 15 f. meine Verwertung der Adverbialendun-
gen zu beanstanden. Aiif diese Bemerkungen hätte er sieh nicht
berufen sollen. Denn die Methode, die Collitz bei der Betrachtung*
der Adverbia anwendet, ist nichts weniger als einwandfrei. Wenn
wir ein Adverbium lokativisch übersetzen, so besagt das nichts
über die ursprüngliche Herkunft. Man könnte sonst auch sagen,^
im Lat. sind Dativ und Akkusativ nicht unterschieden, weil wir
tibi und te in per.suadeo tibi und doceo te beidemale mit 'dich'
übersetzen können. Wer von unten' (ai. adharät, got. undarö)-
kommt, der ist 'unten' gewesen.
Zu den g-ermaiiischen Aufelaut.sgesetzen. 55
allgemein bekannt zn machen^). Beim Gen. Plur. Fem. der
Personalpronomina bestand sicher -Öm, vgl. grieeh. xdujv, lat.
hdrum, is-tärum, osk. elzazun-c, und diesen Formen sollen
wieder got. pizö, alid. dero, ags. ddra nicht entsprechen.
Das glaube, wer es kann. Ich muss gestehen, dass, wenn
etwas geeignet ist, die Unmöglichkeit der Scheidung von idg.
-ö und -a nachzuweisen, so sind es die Aufstellungen Jelli-
ueks. Ich werde unten einen Fall anführen, in dem die Er-
haltung der Differenz von -ä und -ö zwar nicht wahrscheinlich,
aber doch wenigstens möglich ist.
1). Im Westgermanischen. Hier betindet sich Jelli-
nek in einer etwas besseren Position, da die Entsprechungen
-a = idg. -ä, -0 = idg. -ö in Endsilben von der lautlichen Seite
wenigstens nichts zu wünschen übrig lassen. Aber auch hier
fügen sich die Thatsachen nicht.
1. Jellinek setzt -ä/n = -«, öm = -o, und er gewinnt da-
mit eine gute Erklärung von Akk. Sg. geha, 1 Sg. Prät. ne-
rita aus -tarn auf der einen und hano, tago aus -öm auf der
anderen Seite. Aber was nützt das, wenn zimga und ouga
nicht dem Gesetze folgen? In der ZfdöG. 1893 S. 1092
verzichtete Jellinek sehr bequem auf die Erklärung des Nom.
Fem. und Xeutr. der ^^-Deklination, und was er nun zur Deu-
tung anführt, das trägt den Stempel der Unmöglichkeit auf
der Stirn. Die schwachen Feminina und Xeutra sind ja ge-
rade der Angelpunkt, um den sich alles dreht. ]\Iahlow wollte
sie aus -en, ^löller aus -an ableiten, beides längst als unmög-
lich erkannte Ansichten, und nun finden wir bei Jellinek fol-
gende Erklärung: "Sicher scheint mir nur, dass der Nom.
Fem. der «-St. einmal auf -ö ausgegangen sein muss." Mir
nicht. ''Man könnte nun auf den Gedanken konmien, die in
allen gerni. Dialekten — mit Ausnahme des Got. (!j — zu
konstatierende Gleichheit dieses Kasus mit dem Akkusativ der
«-Stämme'' — ich will das als sicher gelten lassen — "auf
folgende Weise zu erklären. Im Akkusativ der «-Stämme
1) Die Kontraktion von -ä-\-om zn -mn stützt sich bisher nur
auf eine Bemerkung- Osthoffs MU. II 126, wo er sie durch einen
Hinweis auf die Zusammenziehung von -ä-os zu -äs wahrscheinlich
zu machen sucht. Aber dem -äs des Gen. Sg. Fem. kann auch
-ä-eti zu Grunde liegen, oder auch nach Streitberg" IF. III 371 -äso.
56 Her man Hirt,
lagen die Endiing- -q ans -cnt/ und -o ans -a nebeneinander.
Man bildete nach diesem Muster aneli zu den Nominativen
auf -ö Nebenformen auf -q." Diese Ansiebt, die unwalirsebein-
lich genug- aussieht, stützt sieh auf die Annahme einer idg.
Sandhiform -ä neben -dm im Akk. Sing., für deren Vorhan-
densein, wie wir weiter unten seilen werden, auch nicht der
Schatten eines Beweises beizul)ringen ist, und auf einen Xom.
auf -ö bei den ?i-Stämmen, der absolut unbelegt ist. Diese
Hypothese gleicht also, um mit Streitberg zu reden, dem be-
rühmten Messer ohne Klinge, dem der (iritf fehlt. Wenn Jel-
linek die ])ostulierten Formen, nämlich -u im Nom. Sing, der
fem. ?i-Stämme, und -u im Akk. Sing, der fem. <^7-Stännne in
irgend einem Falle nachgewiesen hat, dann wird man über
diese Vermutung diskutieren können i). Vorläutig ergibt sich
das Resultat, Jellineks Hypothese vermag weder die got. Ad-
verbien auf -ö noch die schwachen Femininen des Wgerm.
zu erklären, und damit ist schon über ihren Wert und Un-
wert genug gesagt.
Bei dieser eben bes])rochenen Erklärung des Xom. der
fem. «-Stämme setzt nun al>er Jellinek voraus, dass -« (jiefu)
und -ö (Hungu) im absoluten Auslaut zusammengefallen sind,
und zwar in sehr früher Zeit, da ja das aus -ö verkürzte -u
nach langer Silbe abfällt. Warum dann nicht -am (Akk. geha)
und -ön (Xom. zunga) durch denselben Laut vertreten sein
sollen, dafür fehlt bei Jellinek jeder Grund. Hier erklärt die
Akzenthypothese alles ohne Schwierigkeit. Gestossenes -am,
-öm wird -a, ahd. geha = griech. Tifiiiv; zunga = griech.
dribuuv; ahd. Ihha = griech. eYuuv; nerita aus -fäm (die Ak-
zentqualität ist hier nicht zu belegen, aber sicher zu ersehlies-
sen), gegenüber geschleiftem -öm und -ö tago = griech. 6eu)v;
agü. jiefa = lit. algfl^ ahd. gumo = lat. homo, lit. alm/l: ahd.
namo, got. namö — ai. nämä\ ahd. sämo = lit. semH\ ahd.
mäno = lit. meni}-^ ahd. g'ilthho, got. gaJeilö = griech. Ka-
Xiljc. Auf Grund ähnlicher Erwägungen, namentlich wegen
der Uninr»glichkeit ahd. zunga anders als aus -ön zu erklären,
hielt ich niicli zu dem Urteil berechtigt, dass im .Mid. idg. ö
und ä, die uu/,wi'ifelliai"t in Wurzelsilijcn und im absoluten
1) ('her die ay,s. Fonacn auf -ii v<>-l. Sifxcrs 15tr. XVH 2Sl
Fussnotc
Zu den g-ermanischeu Aiislautsgesetzen. 57
Auslaut znsammeng-efjilleu !>iiKl, auch sonst nicht nielir g-c-
treinit erhalten waren, und ich denke, daran lässt sich nicht
rütteln.
'2. Nach alledem wird man von vornherein nicht glau-
ben können, dass ein -äii und -ös, das Jellinek als letzte Stütze
anführt, im Wg-erm. noch unterschieden waren. Er setzt den
Gen. Sg. und Nom. Plur. der fem, «-8t. auf -d = idg-. -äs.
Mir scheint das schon deshalb bedenklieh, weil es hJinfo
heisst, und wenn wir hierin auch eine Übertragung von der
Pronominalform *do sehen, so ist das o in do doch unstreitig die
Vorstufe zu dem a des Ahd., wie man bisher auch allgemein
g,-eg-laubt hat. Jellinek vermag nun aber die erste Voraus-
setzung für seine Erklärung, ein -Os, das anders behandelt
wäre, als -äs, nicht nachzuweisen. Es g-ibt kein -ö im Xom.
Plur. des Mask. = got. -ös. Vielmehr heisst die Form faga.
Aber dieses a ist kurz, während das der Feminina lang ist,
und diesen Unterschied hätte ich nicht übersehen dürfen.
Jellinek hat schon in seinen Btr. 13, nicht erst ZfdöG.
1893 1095, wie ich Btr. XVIII Ö2G irrtümlich l)emerkte, die
IMahlowsche Gleichung ahd. faga = dagans wieder aufge-
nommen, er irrt al)er, wenn er damit allen Schwierigkeiten
entronnen zu sein glaubt. AUerding-s ist die Endung von taga
g-ewr»hnlich kurz, und als Kürze umss sie als Akk. aufgefasst
werden, aber bei Xotker erscheint sie doch 9 mal zirkumflek-
tiert, vgl. Btr. II 13;'), löl, nändich in tdgä 78'^, rüoftä, scdzzä
10ö^ tmegä 118^ 121'', scdlchü \W\heJfendä 120% stddä
122'\ feftachd 163 . Da diese Fälle auf engem Räume auf-
treten, so kann ich darin, ebensowenig wie Braune, Schreib-
fehler sehen. Man wird sie vielmehr als regelrechte Xomina-
tive autt'assen dürfen. In ahd. Zeit hatte eben der Xom. die
Länge, der Akk. die Kürze, und es siegte schliesslich beim
Mask. die Akkusativform, während beim Fem., bei dem ja
Xom. und Akk. ,<;lcichlautend waren, die Länge bewahrt
blieb'). Wenn es nun ahd. taga wmX geha heisst, so ist auch
der letzte Stein in Jellineks Bau verrückt. Zur Erklärung
der ahd. Formen hal)e ich darauf hin^-ewiesen, dass zwischen
1) Ich verweise noch zweifelnd auf Hoffmann-Krayer AfdA.
XXT 29, der in den Formen toga, v<ih-a, v.ougla de.s Dialektes von
Ala>i-na die Entsprecliung- des a.lid. -ü sieht. Bei meiner Aut^"as.sun<?
der Lauto-eset'/e steht dem nicl.ts entii'eu'en.
58 He rill an Hirt,
alul. (ji/ha^ tagil — g-ot. gibös, dagös auf der einen Seite und
namo, gillhho, zungöno = got. namö, galeiJcö, tuggönö auf
der anderen Seite nicht blosss eine Qualität^- sondern auch
eine Quantitätsditferenz vorhanden ist, und dass jene die Folge
der ersten sein wird. Ich meinte, dass zirkumflektierte. Län-
gen im. ahsohiten Anlaut im Ahd. verkürzt wurden und daher -o
blieben, während sich vor -s die Länge erhielt und -ö dann
später in -a überging. Jellinek erhebt dagegen Einwände, die,
wie wir weiter unten sehen werden, nicht zutreffend sind.
Ich hoffe hiermit mein Urteil, dass idg. o und a im ger-
manischen Auslaut in keinem Falle mehr unterschieden waren^
hinlänglich begründet zu haben.
II. Die nasalierten langen Vokale.
A. Idg. -öm, -dm. Wenn nicht die Vokalqualität die
Ursache des Wechsels verschiedenartiger Vokale im Got. und
Wgerm. ist, was ist dann der Grund V Die ältere Wissenschaft
antwortet: ''durch einen erhaltenen Konsonanten (s) und n
gedeckte Längen sind erhalten, solche im absoluten Auslaut
sind gekürzt"^). Beide Annahmen führen zu Schwierigkeiten,
beide lassen sich als nicht stichhaltig erweisen. Als erste Frage
warf ich IF. I 199 auf, ob lange, nasalierte Silben gekürzt
sind, und ich bemerkte a. a. (). : Die nasalierten Silben sind
offenbar der feste Punkt, von dem allein aus die Frage nach
der Unterscheidung der idg. Akzentqualitäten in germ. End-
silben definitiv erledigt werden kann. Durch einen merkwür-
digen Zufall haben die (meisten) der urgerm. im alisoluten
Auslaut stehenden Vokale uridg. gestossenen Ton, die ge-
deckten schleifenden. Von den mit Nasalen gebildeten Silben
sind aber beide Arten vertreten. Hier erkennt ja auch Jelli-
nek die Unterscheidung an, jedoch mit Aufstellung anderer
Entsprechungen -).
1) Soviel ich sehe, ^-eht die Vulgut-Ansielit auf Leskieiis Vor-
trag auf der Leipziger Philologenversammkinj? 1872 zurück.
2) Icii niuss mich liier auch g'egeii die Art von Jeiliueks Kritik
wenden. Es heisst HZ. S. 128: "Noch schlimmer steht es mit der Über-
einstimmung der einzelnen Dialekte hinsiclitlicli der Entsprechun-
gen von ursprünglichem -un. I)ie^es ei\üibt nach Hirt got. -aü,
ahd. -a, ags. -e, altn. -a. Aber überall, wo Wgenii. und Altii. -a
Zu den yennauisclaMi Auslautsgesetzten. 59'
Nach dem Vorgang von Haussen habe ich die Gleichung
urgerm. -Om = got. -cm aufgestellt. Ob sie richtig ist. hat
für die Akzenthypothese keine ausschlaggebende Bedeutung,
wie denn auch Streitberg nicht davon überzeugt ist. Aber man
kann doch nicht geschlossenen Auges an den got. Formen auf
-au vorübergehen. Dass sie in den wgerm. Dialekten keine
Entsprechung haben, liegt an der Ungunst der Verhältnisse^
die den Imperativ und das Mediopassivum haben zu Grunde
gehen lassen. Jellinek bietet keine Erklärung der got. For-
men, denn die Partikel u, die er Btr. 95 heranzieht, pflegt
sich überall da einzustellen, wo eine Deutung nicht gefunden
ist. Nur dem einen kann ich zustimmen: "bah-au, berjau,
bairadauj bairandau, bairaidau, bairaizau, bairaindati er-
fordern offenbar eine einheitliche Erklärung." Seit Scherer
hat man nun in diesem rätselhaften au des Got. einen Nasal
vermutet. Scherer ZGDS.- 194 suchte hierin die Partikel rt;?^
Mahlow AEO. 55 setzte sijau = skm und Schleicher schon
früher -au = -öm. Indessen erst die Akzenthypothese vermag
die lautgesetzliche Erklärung zu schaffen. Denn wenn -Öm
anders als -öm behandelt wird, so präjudiziert der G. Plur.
gibö nichts für die Entwicklung von -öm. Got. bairau lässt
sich nun schlechterdings nicht als Optativ deuten, weder aus
*bheroim noch aus Hilieroim, vgl. Jellinek Btr. 94 ff., wo die
Geschichte dieser Form besprochen ist. Ausserdem ständen
wieder der Imperativ und der Opt. Medii bei dieser Auffas-
sung in der Luft, bairau aus "^berön hergeleitet und als Ent-
habon, zeigt das Gotische eine andere Bildung-." Ich habe bisher
geglaubt, dass man die Ansichten eines Autors vollständig anfüh-
ren müsse. IF. I 206 sagte ich, "dass man am ehesten got. -a für
die lautgesetzliche Vertretung von idg. -un (^ wgerm. an. -a) hal-
ten könne", begründete dann aber die Vermutung, dass got. -ciä die
Entsprechung von -an sein dürfte, weil sich bei dieser Annahme
die Formen bairau, hairadau, bairandau erklären Hessen. Jellinek
schliesst aber diese Formen ganz von der Betrachtung aus. Ich
hätte es für selbstverständlich gehalten, die Leser von HZ. darüber
zu unten-ichten, dass nur zur Erklärung dieser hors de concours-
gestellten Formen die Lautvertretung got. -aü = idg. -an vorge-
schlagen ist, und dass sich, wenn ich von ihrer Erklärung absehe,
für mich die Gleichungen got. giba = ahd. geha, 1. Sg. nasida =
ahd. nerita, an, -da, Adverbien got. auf -a, ahd. -«, ags. -«? und
hana aus *hanön ero-eben würden.
€0 H f r ni an H i r t.
spreeliung von lat. ferani, abulg-. hera, ai. bhanln-i^) g-etasst,
ist tadellos erklärt. Über den Lautwert des got. (mi iindj ai können
wir ohne die Zuliilfenahnie der verwandten Sprachen g-ar nichts
anssag-en, bemerkte schon Scherer ZGDS^. 202, der ja auch
blindai, nimai lesen wollte, wie ich es jetzt thue. Also kön-
nen wir got. -au sehr wohl für die Schreibung- von offenem
-0 halten. Gegen diese f^rklärung- spricht eben nichts anderes
als die frühere Fassung- der Auslautsg-esetze.
Allg-emein wird zug-eg-eben, dass idg-. -Om, -dm im Nord.
<^lurch -a vertreten ist, und so hätte lat. ferani im Nord,
zu der überlieferten Form hera führen müssen. Die ganze
Flexion von an. hera, berh% heri stimmt aber wieder auf das
beste zu got. hairai'i, hairais, hairai, so dass es sehr hart
wäre, die Formen von einander zu trennen. Im Ahd. hätte
sich aus den Grundformen, die dem Nord, zu Grunde liegen,
bera, here, here ergeben, und da ahd. -a zu ags. -ff führt, so
rausste hier herw, herce, berce eintreten. Im Ahd. tiel die
1. Sg. bei der grossen Menge der /-Verben mit der ^5. laut-
gesetzlich zusammen (ja zu e), und dadurch erst wird es ver-
-ständlich, dass das a bei den übrigen Verben durch das -e
der dritten Person ersetzt wurde. Wie hätte das sonst kom-
men kchmen. da doch im Ind. die 1. und '5. Sg. unterschie-
den l)leil>en? Oder ist .lellinek der ^Meinung, dass die o. Sg.
so olnie weiteres für die erste gebraucht werden kann? Wenn
ich die ags. 1. Sg. berw auf -am = got. bairaü zurückführe,
so ist das absolut keine Willkür, sondern nur die Konse(iuenz
<lcs oben S. 49 - charakterisierten Standi)unktes, der sieh eben
von dem Jellineks unterscheidet. Für die 1. Ps. des Opt. im
Wgerm. muss doch auch Jellinek irgend eine Grundform kon-
-struieren. Mit der Bemerkung, die Form der 1. Sg. unter-
scheidet sich nicht von der '>., ist für mich die Geschichte
der Form noch nicht beendet.
Die 1. Ps. Opt. Praet. berjai! ist freilich keine lautge-
setzliehe Bildung, es ist vielmehr für got. ^'berja aus ^berjem
herjau nach dem Oi)t. Präs. eingetreten. Nur eine Form fällt
aus dem Rahmen dieser Opt. heraus, weil es keine Präterital-
f(irm ist. nämlicli v/Ijati. n-ilfis, und sie mag auch die Brücke
1) Ich ybiuhc, dass das / im Ind. erst iiacli di-r Analogie von
bhnrämi an ^hharün ffotreten ist.
Zu fU'i) germanisclieii Auslautsgesetzen. 61
für die Auulog'iewirknng- g-ebildet liabcn. Es ist auch kein
Optativ, siehe Briiiinianii IF. 1 81, vergleicht sich viehnehr
genau mit ahulg. i-djq, reim. Im Alul. besteht noch als 2.
und 3. >Sg. icUi, während neben häutigem wülu auch iclUe
(öfter bei 0., auch in Pa. Voc. Cass.) und bei Tatian iciUa
auftritt. Schon l'aul Btr. IV oT9 hat sich um die P^rklärung
bemüht, und auch er setzt ahd. iciUa, icille gleich got. icll-
jau. Für ihn blieb aber die lautliche Schwierigkeit, dass
dem diphthongischen got. -au im Ahd. -o entsjjricht (ahfau —
a7ifo, sunaus — fridoo). Auch an diesen Formen geht Jelli-
nek vorüber, seine Theorie vermag- sie nicht zu erklären, ob-
gleich das Auttreten von Formen wie icUle, iciUa vrillig un-
verständlich bleibt, da die 3. Sg". icUi lieisst\).
Wie hairai'i = lat. ferani so setzte ich nach dem Vor-
g-ang von Haussen hairandaü = g-riech. qpepövTuuv. Dazu be-
merkt Jellinek 136: "Hirt stellt dieses {bairandim) zu dem
bisher wohl allgemein als griech. Analogiebildung geltenden.
cpepövTuuv." Ich habe den Aufsatz Brugmanns Mü. I 163 If.,
auf den sich die allgemeine Annahme gründet, WH)hl gekannt,-
seine Ausführungen aber nicht für vollständig- bewiesen er-
achtet. Es kam mir auch damals wenig- auf diesen einzelnen
Punkt an. Man braucht sich nun g-ar nicht an griech. qpe-
pövTuuv zu halten. Denn es bestand beim Imperativ sicher
nicht nur die Endung -töd, auf die griech. qpepeiuj zurückg-eht,.
sondern auch -toni und -fäin, wie denn griech. cpeperov, cpe-
petnv unmittelbar mit ai. hlidvatani, hlidfatCun identisch sind..
]\Ian könnte also das germanische -ai'i vom Dual ausgehen las-
sen, in dem die Endung -täm sicher alt ist. Ausserdem linden
wir im Aind. in der 3. Ps. Sing. Du. und Plur. Inip. ]\Ietlii die
Endung -täm, hhdcatüm, hhdvetäm, hhdvantäni, die meine
Auslautsffesetze als richtiü- vorausgesetzt im Got. zu hairfaj-
1) Auch das sonst im Konj. aultreteude -a (Freis. Paternoster
tverda, icesa, 7'ichisöia; Sam. 7 yeba (1 Ps.); Is. bichnäa möchte ich
eher als den Rest der laiitg-esetzlichen ersten Person, die dann auch
für die dritte g-ebraxicht wurde, ansehen als für blosse Schreibfehler
halten. Von Formen wie dhlna, mlna, chifestinöda (Is.) wird viel-
leicht auch Jellinek annehmen, dass sie die Entsprechung- von g-ot.
-ans sein können. Für die Formen der SiibstaiUivflexion erklärt
sie axxch van Hclten Btr. XVII 274 '. Zur Sicherheit ist freilich nicht
zu kommen.
<52 Her in .111 Hirt,
daü, hairandaü hätten führen müssen. Des Beweises, dass
die got. Formen medio-passiv sein k»)nneu, bin ich überhoben,
da Jellinek Btr. 101 bemerkt: ''Ich g-laube nicht, dass es
irii^end welche Scliwierig-keiten hat, atsteiqadaii usw. als me-
diale Formen zu betrachten"^). Auch in diesem Falle würden
sich die g-ot. Formen gut meiner Auffassung" fügen. Dass
g'Hech. qpepovTuuv eine Neubildung: sein muss, kann ich nicht
zAigeben, will aber an dieser Stelle diese Frage nicht weiter
-erörtern, weil sie für die Autfassung- der germ. Formen von
keiner Bedeutung- ist. Der Vergleich mit den indischen ^le-
dialformen ist aber deshalb vorzAiziehen, weil dadurch die 3.
Sg. unmittelbar erklärt werden kann.
Ich brauche heute auch nicht mehr an den Opt. hairal-
zau^ hah'aidon, hairaindau vorüberzugehen. Auch hier bietet
sieh bei der Gleichung- -aü = -öm eine Erklärung-. An Ost-
hotfs Annahme, die Partikel u sei vor Wirkung des vokali-
«chen Auslautsgesetzes an ein dem griech. qpepoiTO entspre-
chendes germ. ^bairaida getreten, kann ich nicht glauben,
weil eine Partikel u im lebendigen Gebrauch nicht nachge-
wiesen ist, und ebensowenig wahrscheinlich erscheint es mir,
dass die Endung -mi vom Imperativ übertragen ist, weil die-
ser viel seltener als die Optativformeu vorkommt. Sicher
haben wir es mit analogischer Ausbreitung- einer vielleicht nur
in einer Form berechtigten Endung- zu thun. Hatte sich nun
in irgend einem Falle dem primären -ai ein sekundäres -öm
zur Seite gestellt, so war der Anlass zur Durchführung des
-öm durch alle Personen gegeben. Ein -ö7n oder -am tretfen
wir in verschiedenen Medialendungen. Griech. (pepoi.urjv, dor.
-^äv hätte im Got. '■^hairaimait ergeben. Führte man die En-
dung weiter, so trat im Urgerm. -mm für -so -töm für -to
ein, und es entstanden got. hairaizaü, hairaidaü, hairaindau,
und wie *haita durch haifada ersetzt wurde, so wurde in der
1. Ps. ein hairaidaü gebildet. Noch sichrer wäre die Ent-
wickung, wenn es in der 1. Ps. Sing, ^haitomai hiess =
griech. cpepoinai, wie das von den atheniatischen Verben wahr-
1) Bruginanii hält Grd. H 1328 die .•iii<|,etuhrteu iudisclien
Formen für arische Neubildnng'en, aber ohne zureiclieudeu Grund.
Die aufgestellten Gleicliuiia-eii finden sich sclion bei Bopj) nnd
Schleicher Komp.-* .'J27.
Zu den g-ennanischen Auslaiitsgesetzen. G3
scheinlich ist, also bei hahan und salbön (griecli. qpepuu : ri-
eri,ui = ai. hhdrcli : icxaiuai) M. Auch vom Dual aus konmicn
wir zu dem g-ot. -<7?f, da g-riech. cpepoic-6r|v, ai. -dthäm, -ätäm
eine ursprachliclie Endung -tJul»/, -tclm erscbliessen lassen.
Die Unsicherheit dieser Kombination verkenne ich natürlich
nicht, aber ebensowenig unterliegt sie irgendwelchen Schwie-
rigkeiten ; sie bewegt sich vielmehr unter Voraussetzungen von
der sprachlichen Entwicklung, die keiner Erläuterung weiter
bedürfen.
Natürlich braucht nicht jedes got. -au auf -öm zurück-
zugehen, sicher dann nicht, wenn ihm im Ahd. ein -o entspricht,
vgl. alltau, ahd. alito, und in aippau, jau, pau kann daher sehr
wohl, wie Jellinek meint, die Fragepartikel u stecken. Diese
Partikel u ist aber ein lebendiger Faktor (vgl. got. skuld-u ist),
während jene zur Verbalerklärung postulierte Partikel n nir-
gends nachweisbar ist, und bald vor, bald nach der Wirkung
<ler germ. Auslautsgesetze an die Verbalformeu antreten soll.
Ist diese Auffassung des got. -au richtig, so mttsste es
-öm und -ätn entsprechen, denn der Konjunktiv und loiljau
hatten -am, ebenso auch der Opt. des Passivunis, griech. -|uäv,
-6av, während der Imi)erativ auf -öm. weist. Man könnte aber
doch zur Not vermuten, dass -au = -öm, -a dagegen = -am sei,
aber nur zur Xot, weil man dann eigentlich den ganzen Zu-
sammenhang der historischen Vergleichung zerstcirte, und man
würde damit nur eine lautgesetzliche Erklärung vom got. Akk.
giba aus ^güui^n und von der 1. Sg. naskla aus "^nasldäm ge-
winnen. Aber noch Niemand hat daran Anstoss genommen,
jenes nach dem Nom. (vgl. PI. N. Akk. gihös, an. giqf, giqf),
und dieses nach der o. Ps. (vgl. 1. 3. Sg. band) ausgeglichen
sein zu lassen. Ja iiasida könnte man auch auf ^nasidem zu-
rückführen, das sich nach -des, -det eingestellt hätte, vgl.
Lorentz 'Das schwache Präteritum' S. 10. Thatsächlich wäre
also keine der im Wgerm. auf -öm zurückgehenden Formen
im Got. erhalten, ein Zutall, der nicht grösser als die Aus-
gleichung des gram. Wechsels im got. Verbum ist.
Zum Schluss bemerke ich noch einmal, wer selbst auf
1) -.so und -to hätten zu -s und -p geführt, und es wäre in
Kier zweiten Sing-. Zusammenfall mit dem Opt. Aktivi eingetreten,
Orund genug, xim eine Analogiebildung ins Leben zu rufen.
64 Her 111 an Hirt,
die Erklärung- der got. Formen auf -au verzichtet, darf nicht
bei einem anderen diese Formen herausgreifen und ein falsches
Bild beim Leser erwecken. Auf jeden Fall bleibt es dabei,
dass im Germ. -6m und -öm noch getrennt erhalten sind. Denn
got. -a oder -au, wgerm. -a steht neben sicherem -ö^ -o, und es
bereitet die grössten Schwierigkeiten, diese Differenz zu be-
seitigen.
B. Idg. -em. Um den angeführten Hatz, dass auch nasa-
lierte Endsilben gekürzt sind, zu beweisen, habe ich auch die
idg. Endung -em herangezogen.
ZirkumÜektiert erscheint sie got. als -e, dage, akuiert als
■a. Ich stützte mich zuerst auf den aurtalligen Unterschied
von got. X. bandi, Akk. bandja; Adj. icilpi, ivilpa: ,s'/, ija.
Dazu bemerkt Jellinek S. 140^: "Ich setze als Grundform des
Akk. -iäm, nicht -iem an. Denn da im historischen Got. die
langsilbigen fem. J-Stämme sich nur im Nom. von den rZ-Stäm-
men unterscheiden, scheint es mir nur erlaubt, eben für diesen
Kasus eine besondere Form anzusetzen, nicht aber einen
beliebigen oblicjuen Kasus herauszugreifen und seine En-
dung als die lautgesetzliche Entwicklung einer ziemlich hy-
pothetischen Urform zu erklären." Der letzte Teil dieses
Passus stützt sich wahrscheinlich auf Brugmanns Ausführungen
imGrdr. II Ö. 549, die aber der Berichtigung bedürfen. Es lassen
sich thatsächlich nur die Endung -im,, ai. brhatim und -iem
für den Akk. der fe-Stänime nachweisen. Diese liegt in lit.
zeme^, abulg. zemljq, lat. faciem sicher voi-, und die Grund-
form ist daher nichts weniger als zweifelhaft. — Die Verwei-
sung auf Brugmann Grdr. II 526 Fn. wegen des Nebenein-
anderstehens von ie- und ?Vz-Stämmen ist hinfällig, da Brug-
mann dort nur eine Andeutung gibt, die erst der näheren
Untersuchung bedarf und sich dann wahrscheinlich als nicht
richtig herausstellen wird.
Ich habe auch nicht allein den Akk. herausgegriffen,
sondern Btr. XVIII 276 auch den Dativ auf -ei zurückgeführt.
Von den 4 Kasus des Singulars lassen sich drei lautgesetzlicli
erklären, wie auch der Nom. sunja, sibja, haija auf -/e zurück-
gehen und lit. zeme, abulg. zemlja, lat. facies entsprechen
wird. Dadurch erst wird der Übertritt des Gen. zur rt-Dekli-
nati<tn leicht verständlich. Wiederum stimmt die nordische
Fk'xiuii ausgezeichnet zur gotischen. Wie iiäiiilich got. 1. Sg.
Zu den g-ermanischen Auslautsgesetzen. 65
haha dem an. hefi, N. Sg-. hana dein an. hani, so entspricht
der Akk. gut. handja dem an. heide (i) und der Dativ handjai
an. heide(i). Die Lautgesehiclite bereitet gar keine Schwierig-
keit. Die folgende Erklärung des Wegfalls des l stammt von
Streitberg. Bei allen langsilbigen jo- und ja-Stämmen ist im
Nordischen das vokalische i geschwunden ; lürdar ist aus *ÄzV-
d{ijar oder ^hir-diai' entstanden und entspricht hairdjös usw.;
ebenso wird G. Sg. handjös im Nord, über ^heid(i)ar zu Jieidar,
und handja, handjai über ^heid(i)eni zu heidi, über *heid(i)ei
zu 7?e/ff/. Das im Akk. und Dat. auftretende i ist also nicht
etwa das Element J, sondern die Endung, die nur auf -em,
nicht auf -dm zurückgehen kann. Jellinek erklärt dagegen
an. Akk. heidi aus '■^heidi(ej oder '^heidi(a) einer idg. Saudhi-
form zu -atn, die sich nirgends in den verwandten Sprachen
nachweisen lässt^).
1) Jellinek bernt't sich bei seiner Erklärung" der germ. Aus-
lautsgesetze auf eine idg. Sandhiregel, nach der nach langem Vokal
n oder m schwinden konnte. Diese Sandhit'rag'e habe ich ausführ-
lich IF. I 220 behandelt, und es stellte sich dort heraiis, dass der
Sandln von der Silbenqualität abhängig war, wie Bezzenberg-er
zuerst vermutet hat. IF. I 221 wies ich darauf hin, dass sich in
keiner Sprache im Gen. Flur, eine «-lose Form zeige. Dazu be-
merkt Jellinek S. 138: "Zweitens übersieht Hirt, dass nach diesen
seinen Auslautsgesetzen das Germ, wenigstens gar nicht ins Spiel
kommen kann, da ja nach ihm -ö und -am dieselbe Entsprechung
haben." Wenn nicht dafür, so doch auch nicht dagegen. Nur ein-
deutige Formen können etwas beweisen. Wenn Jellinek Lust hat,
die verkürzten Endungen des Gen. Flur, der schwachen Adjektiva
im Ahd. auf idg". Sandhiverhältnisse zurückzuführen, so mag' er
sich mit meinem Artikel über diese Frag-e auseinandersetzen, und
wenn er dann auf irgend einem Gebiete, das eine sichere Entschei-
dung gestattet, in Sprachen also, die keinen Nasal im Auslaut ver-
loren haben, im Griech., Ital., Ind. etwa, eine solche Sandhiform
ohne m nachweist, dann bin ich zu weiterer Erörterur g- bereit. Fer-
ner weist Jellinek darauf hin, dass sich im Akk. Sing, auf -ätn keine
Sandhiform auf -ä ündet, aber ich begreife auch hier den Einwand
nicht. Denn wenn ich auch zugeben wollte, dass im Idg. einst eine
Form auf -ä vorhanden gewesen wäre — sicher nachgewiesen ist nur
der Sandhi -öm -ö — so hätte doch das ni, das bei allen anderen Klas-
sen Kasuszeichen des Akkusativs war, alsbald wieder übertragen
werden müssen, oder es hätte von den beiden Formen auf -öm
und -ä jene als die stärkere sich allein erhalten können. Ob nun
eine solche Form jemals bestanden, das können nur die Sprachen
lehren, in denen der auslautende Nasal bewahrt ist, also Lateinisch,
Indogermanische Forschungen VI 1 u. 2. ö
66 Her Hl au Hirt,
Die übrigen Formen, die ich dureh den Ansatz idg. -em
= got. -a, an. -e, -i erklärte, bespriclit Jellineck nicht. Tliat-
sachlicli g'iebt es drei tadellose got.-nordische Gleichung-en, die
sich in den verwandten iSprachen wiederfinden: 1. handja
— heidi = lat. faciem, lit. zeme, aksl. zemljq-^ 2. 1. Sg. haha
— hefi = griech. e-|advTiv; o. ha)ia — hani = grieeh. TTOi)uriv, lat.
lien, abulg. ,senie. Ein Sandhi -eu -e ist bis jetzt noch nir-
gends nachgewiesen, und in Folge dessen kann man auch die
got. nord. Formen nicht ohne weiteres auf -e zurückführen.
Beim Nom. des schwachen Maskulinums sprechen ausserdem
die Runeninschriften direkt gegen den Ansatz von -e. Denn
Avenu auch im späteren Nordischen -e und -en zusammenge-
fallen sind, so schreiben jene doch in der 3. Ps. Sg. -e, loiirte
(Tjurkö), orte (By), säte (Gommor), iirti (Sölvesborg) aus -e,
bei den mask. w-Stämmen aber a, Wiicila (Veblungsnjes), Niu-
wila (Varde), Hariuha (Sja^ll. brakt), und andere zweifelhaf-
tere mehr. Dieses a kann nicht -öm oder -am sein, das
Griechisch, Altindisch, nicht aber Sprachen, die, wie das Germa-
nische, kein sicheres Urteil g'estatten. So lange Jellinek diese San-
dhiform nicht anderweitig- belegt, behaupte ich, dass sich seine Aiis-
führung'en auf nicht nachgewiesene und wahrscheinlich nie vor-
handene Formen g-ründen, dass sie, um mich nochmals eines ver-
pönten Ausdrucks zu bedienen, in der Luft schweben. Al)er auch
auf germanischem Boden sind die Sandhiformen nicht im gering--
sten wahrscheinlich g-emacht. t'ber an. heidi siehe oben. Sie findet
in got. handja und ahd. fjutinne ihre nälieren und in lat. faciem,
lit. zanr, aksl. zeniljq ihre weiteren Verwandten. Dann wird noch
g-ot. (/iba herang-ezog'en, das aber nach Jellinek auch auf *gibä7n
zurückgehen kann. Da es ferner nicht zu widerlegen ist, dass im
Got. die Nominativform den lautgesetzlichen Akkusativ verdrängt
hat, so beweist es ebensowenig- etwas, wie an. Akk. soi], dem die
Adjektivform spalca zur Seite steht. Man hat sqy bisher ohne jede
Schwierig-keit als Übertrag-ung aus dem Nom. angesehen, und man
wird einigermasseiv über den hohen Adel, den J. dieser Bildung
zuerteilt, überrascht gewesen sein. Es bleibt an. Akk. kü^ Nom.
kyr, während es pä lieisst. pä erklärt sich einfach aus der Unbe-
toutheit; das a stinunt mit dem von spaka überein, ebenso wie sü
mit dem Nom. <jjqf auf einer Linie steht, kn aber setze ich direkt
gleich griecl). ßüüv. Dies hätte zu */iö geführt, das dann durch den
Kintiuss des Nasals, oder wahrscheinlicher a\ eil ö im Auslaut stand,
zu kü wurde. Für den Sandiii kann es schon deshalb nichts be-
weisen, weil es nie ein '*;j'Jö gegeben hat. Gegenüber g-riech. ßüüv,
ai. {jätii einen idg. Akk. *.v'/ö zu konstruieren, ist reine Willkür.
Zu den g-ernianischen Auslautsg-esetzen. 67
durch -0 vertreten wird, und auch nicht = e, es bleibt also nur
-I oder -en übrig; ich entscheide mich für dieses, da es auf der
Spang-e von Etelhelm ek erla icrfa heisst. Dieses icrta könnte
man got. naslda gleichsetzen und beide aus -em herleiten, vgl.
Lorentz Das schwache Prät. S. 10. Ausserdem Axel Kock
Skandinav. Archiv I 17^).
Von diesen got.-nordischen Formen tritt nun wiederum nur
eine, nämlich bandja im Ahd. als gutinne auf. Für haha erscheint
Tiahem, das aus '^haheml hergeleitet werden muss, und für Jiana
— Jiani findet sich eine Form auf -o hano, die ganz sicher nicht
der nordischen entsprechen kann. Ich vermag in dem Um-
stand, dass sich die aufgestellten Gleichungen nicht durch alle
germanischen Dialekte verfolgen lassen, kein Hindernis für
meine Aufstellungen zu sehen. Thatsächlich finden sich in der
Flexion auft'allende Berührungen zwischen Got. und Nordisch.
Die maskulinen «-Stämme zeigen in beiden Sprachen den Aus-
gang -en, und im Nord, wie im Gotischen ist wahrscheinlich
der Nom. Sing. Fem. für den Akk. eingetreten giba — glha,
mf—mf-
III. Längen im absoluten A u s 1 a u t.
Sind lange Vokale, die im absoluten Auslaut
standen, nicht gekürzt, ist die Frage, die über das Schick-
sal der früheren Theorien ebensogut wie die vorige entscheidet.
Einige Silben, die auf 4 oder d ausgingen, teilen das Schicksal
im absoluten Auslaut stehender Längen, vgl. got. o. Sg. Opt.
Prät. nemi aus '^nemit, ?>. Sg. Prät. iiasida aus *7iasidef. Auf
Grund dieser Gleichungen sehe ich diese Kategorie als der
vorigen gleichwertig an-).
Folgende Fälle konnnen für diese Frage in Betracht.
1. Seit Bopps Zeiten hat man in den got. Adverbien aut
1) Wenn ich Btr. XVIII 216^ got. D. daya nicht mein- aus
*dagem herleite, so ist natürlich meine Erklärung des ags. Instr. £uf
-^ hinfällig-, da ihm weder im Germ, noch im Idg. irgend etwas
entspricht. Das ist die notwendige Konsequenz aus meinen sonsti-
gen Anschauungen.
2i Wie Jellinek ZfdöG. 1H93, 1093 aus dem Passus IF. I ]!t9
schliessen konnte, dass ich dem Dental Erhaltung der Länge von
Jvaprij zu schreibe, ist mir ebenso wie Sireitberg' IF. Anz. 111 190
unerfindlich.
68 Her man Hirt,
-pro, Jvaprö usw. Ablative gesehen, und nur die Unmöglichkeit
diese Auffassung- mit den Auslautsgesetzen zu vereinigen, hat
die Forscher immer wieder von dieser Annahme Al)stand neh-
men lassen, vgl. BoppGr. 1352, Scherer ZGDS-. 601 \), Mahlow
AEO. 135, J. Schmidt Festg-russ an Böhtlingk 102, Streitberg
Komp. 38, und noch jüngst sagt Delbrück Grd. III 556 "die
got. Adverbia auf -pro sind jedenfalls auch der Form nach
Ablative'', zu ergänzen ist: sicher der Bedeutung nach. Auf
Jellineks dagegen gerichtete Äusserungen hat Streitberg IF.
Anz. III 190 bereits geantwortet, aber Jellinek hat seine Be-
merkungen, wie es scheint, gar nicht verstanden. Er meint
nämlich, die Richtungsbedeutung 'woher' werde nicht durch
die Endung, sondern durch das Element tr bezeichnet. Streit-
berg Aveist zur Widerlegung auf ai. tatra usw. hin, in denen
dieses Suffix lokativische Bedeutung hat-) und &\\i \n\. exträd,
das Mahlow schon herangezogen hat. Jellinek weiss also nicht,
dass das Suffix -tr gar nichts mit der Ortsbezeichnung zu thun
hat, sondern mit dem Komparativsuffix -tero identisch ist.
Tvaprö heisst: 'von welcher von beiden Seiten her', und ist
der Ablativ von got. hapar. Thatsächlich gibt es auch Gleichun-
gen, die das Suffix tr gar nicht kennen. Got. undarö 'un-
ten', ist Laut für Laut identisch mit ai. adJiaräd zu ddliaras
mit der Bedeutung 'von unten her, unten', letzteres in: asäu
yö adharäd grhds tdtra santv ardyyah 'in jenem Haus, wel-
ches unten ist, sollen sich die Unholde aufhalten'. Delbrück
Grd. III 558. Lat. entspricht infra. Got. ufaro dürfen wir
einem zufällig nicht belegten ai. *uparäd (Nom. üparas) gleich-
setzen, und mit lat. s-upra[d) nach Mahlow direkt vergleichen.
Ebenso ist afta-rö 'ÖTTic9ev, otticuj' nur mit ö gebildet. Die
Endung -trad lat. extrdd, conträid), inträ{d), ulträ{d) war
1) Scherer sagt: "Ablative des Suffixes tra fand Bopp in got.
Icaprö, paprö, jainprö, und dagegen lässt sich bei der sicher ab-
lati vischen Bedeutung jener Wörter kaum etwas stichhaltiges ein-
wenden."
2) Jellineks Bemerkung lautet ZfdA. 1251; "Zugegeben, dass
die Adv. auf -pro von allein Anfang an ablativische Bedeutung
gehabt hätten, so liegt doch die Determinieruug in dem ganzen
Suffixe -pro. Dass dieses Suffix einmal auf -d ausgelautet habe,
welches allein schon im Stande war, den Stannn ablativisch zu de-
tcrniiniercn, ist ganz unerweisbar.
Zu den g-ermanischen Auslautsg-esetzen. 69
bei Präpositionen und nanientlieli bei Pronominen berechtigt,
und hat sich bei ihnen analog-isch ausgebreitet. Die Bestim-
mung der Richtung kann demnach nicht in dem SuiRx -fr-,
sondern muss in dem Kasus liegen, der kein anderer als der
Ablativ sein kann.
Im Indischen tritt neben -tra in tdt7'a auch -trä in
lokativischer Bedeutung auf. "Da der Lokativ auch verwen-
det wird, um das Ziel der Bewegung auszudrücken, so be-
kommen die Adverbia auf -tra ebenso gut eine akkusativische
wie lokativisehe Bedeutung: patho devaträ yänan (RV.) 'die
zu den Göttern führenden Pfade'. Whitney § 1099 S. 383.
Zu diesem -trä stimmt in Ton und Bedeutung got. -dre in
hadre 'wohin', jaiyidre 'dorthin', Indre 'hierher'. Welcher
Kasus darin steckt, lässt sich nicht sicher sagen, jedenfalls
kein Ablativ, wie ich IF. I 209 vermutete. Streitberg hält
diese Adverbien für Instrumentale und verweist zur Begrün-
dung ansprechend auf den Instr. der Raumerstreckung, den
Delbrück Grd. III 242 behandelt hat.
Ebenso führen got. untej pande, ahd. danta, ivanta auf
~e. Mahlow vergleicht ivanta richtig mit lat. qtiando. Die
Formen sind bis auf den Ablaut e — ö identisch. Hierin wird
der Instrumental der Zeiterstreckung (Delbrück Grd. III 245)
vorliegen. Ebenso in got. simle 'einst' und in as. simbla
^ immer'. Jedenfalls lassen sich diese beiden Kategorien auf
diese Weise gut verstehen und bieten so weitere Beispiele
für erhaltene Länge ohne deckenden Konsonanten. Ich brauche
sie aber nicht als Stütze meiner Ansicht zu verwenden, denn
die got. Adverbien auf -pro, dabei bleibt es, waren Ablative
und gehen auf -tröd oder -trdd zurück^). Da nun in ande-
ren Fällen auf Dental auslautende Silben verkürzt werden, so
muss der Grund der Erhaltung der Länge in einem anderen
Faktor gesucht werden. Es kann weder der Dental noch ein
Nasal, noch auch der idg. Wortton in Betracht kommen (vgl.
Jvdprö, aber hadre), es bleibt nur der schleifende Ton, den
wir dem Ablativ mit absoluter Sicherheit zuschreiben können.
2. Hieran schliesse ich die gewöhnlichen Adverbia auf
1) Die recht plausible Deutung- der Adverbialendung -ö, -pro
Streitbergs (Comp. 37), auf die van Helten Btr. XVII 285 verweist,
ist vom Urheber längst als unmöglich erkannt.
70 Herman Hirt,
-ö, got. gnleilxö, ahd. gHihho '). Auch hier hat man einen
Nasal für die Erhaltung- der Länge verantwortlich gemacht^
sie also auf -öm zurückgeführt, und Jellinek setzt sogar -am
an; wahrscheinlich soll das ein Gen. Plur. Fem. sein. Auch
hier hat die ältere Sprachforschung in der Autfassung der For-
men nicht geschw'ankt. Bopp Gr. I 353 sah in ihnen Ablative^
und Scherer stimmte ZGDS^. .")9H zu. Neuerdings nimmt dies-
Streitberg Z. germ. S})r. 26 wieder auf. Es ist vor allem zu
vermuten, dass eine so lebenskräftige Kategorie wie die germ.
Adverbien auf -ö, die in allen germ. Dialekten vorhanden und
daher urgermanisch sind, eine Entsprechung in den verwandten.
Sprachen tindet. Wie trefflich stinnnt nun ein got. galeiJcö-
von galeiks zu griech. aiboiuuc von aiboToc, cpiXuuc von cpiXoc.
Die griechischen Adverbia erklärt Delbrück Grd. III 561 für
Ablative, und ich schliesse mich ihm hierin an, indem ich auch
die germanischen Formen mit Streitberg als Ablative auffasse.
Auch im Italischen ist wahrscheinlich der Ablativ zum Adver-
bialkasus geworden, und es ist nur der eine Unterschied gegen-
über dem Griechischen, dass hier -ed und -öd wechseln, vgL
osk. mnprufid, falisk. rected, ennianisch alted, Epist. über
die Bachanalien fadllumed und auf der anderen Seite meritöd,.
an das sich certo^ vero, fcdso usw. anschliesseu. Dieser Wechsel-
1) Jellinek hält es HZ. 149 nicht für angezeigt, mit "diesen
Adverbien zu operieren, bevor nicht eine befriedigende Erklärung"
dafür gegeben ist, dass im Wgerm. die Adv. der J-Stämme kein j
zeigen." So sehr auftauend ist nun diese Thatsache g-ar nicht, imd
man kommt auch hier wieder zu einem reclit anuelimbaven Ergeb-
nis, wenn man die Sprachgeschichte und den S. 53 gegebenen Ge-
sichtspunkt ins Auge fasst. Unter den /o-Adjektiven befinden sich
nämlich eine Reihe von ti- und o-Stämmen, bei denen das Adverb,
dem Systemzwang entzogen, die Formen ohne j bewahrt \ind da-
her auch keinen Umlaut bekommen hat, vgl. got. aggicus, ahd. Adv.
ancjo = g-ot. *a(/gicö, Noin. aber engi, got. hardus, ahd. Adv. hartOy.
Nom. herti\ adv. suozo zu griech. i'jbuc, got. suts, ahd. festi, Adv.
fn.sto ist ein alter o-Stamm, vgl. as. fast, ags. ftcst, anord. fasfr.
Ferner Avird ahd. semfti, Adv. .samffo, ags. sefte, Adv. softe ein alter
//-Stamm sein. Nimmt man hierzu noch ahd. durri, got. pat'irsus,
ndid. türre, griech. öpacuc, ahd. zähl, ahd. strengi, ag\s. sträng und
andere, so dürften diese genüget haben, um im Sprachbewusstsein
das Gefühl hervorzurufen, dass J'Adjektive ihr Adverbium ohne
j bildeten. Dieser Fall ist ein treft"liches Beispiel dafür, wie leicht
sich gerade Adverbien dem Systemzwang entziehen.
Zw der. ^'ennanischen Aiis'.autsg-esetzon. 71
von e und o im Lateiiiiseben i:<t uralt, und es ist nichts wahr-
scljeinlieher, als dass er auch im Germ, vorliegt. Während
nämlich g'ot. galeiJcö, ahd, giUhlio, as. gilico und warscheinlich
nord. -liga den lat. griech. Formen gleichzusetzen sind, dürften
die ags. Formen auf -ef(e) hearde, söde dem lat. -efd) ent-
sprechen, da ja zirkumtiektiertes -e im Ahd. zu -a und im Ags.
zu -re wurde, vgl. got. pandi, unte = ahd. danfa, icanta. as.
hwandü, g'Ot. hidre = ahd. hera. Jellinek zerreisst dagegen
erstens den Zusammenhang innerhalb der germanischen Dia-
lekte und vermag auch keine irgendwie plausible Anknüpfung
an die verwandten Sprachen zu geben.
3. Ich habe ferner gewisse Fälle von Metaplasraus für
meine Behauptung verwendet, nämlich den Übertritt von ai. na-
päfy lit. mtuä in die «-Deklination, ahd. nefOj mclno. Auch Jel-
linek wird zugeben, dass nach der gewöhnlichen Annahme ai.
lutpät im Ahd. zu ^nifu, ^menöt oder was man sonst als Grund-
form will, zu '^'tnäna geführt hätte. 3Iir ist nun der Übertritt in
die «-Deklination nur verständlich, wenn 1. f frühzeitig abge-
fallen war, 2. wenn bei den «-Stämmen ein Nominativ auf -ö
vorhanden war, und 3. wenn das ö von ''^nepOt und ^'menö
ein anderes war als das von haira, ahd. hiru, griech. qpe'puu,
lit. iiükh. Für '''menö ist der schleifende Ton in lit. menü
unmittelbar gegeben, für nefo ist er nur zu erschliessen.
Wollten wir etwa dem t die Erhaltung der Länge zuschreiben,
so gerieten wir in einen Widerspruch zu feststehenden That-
sachen.
4. Ich habe weiterhin got. icaiö unmittelbar mit lit. candüj
aksl. coda verglichen und geschlossen, dass diese Form kein
n gehabt hat. Jellinek wendet mit van Helfen Btr. XVII 2^d
ein, dass ja dies eine Neubildung nach den obliquen Kasus
sein könnte. Aber woher stannnt denn der got. Nominativ
auf -ö der Neutra? Ich sehe nicht, dass ihn Jellinek irgend-
wie erklärt hat. Von den got. «-Stämmen sind offenbar die
ältesten die, welche die abstufende Flexion noch erhalten haben,
und das sind namö und watö ^). Gerade ihre beiden Nomina-
tive finden wir in den verwandten Sprachen vrieder, aber ohne
einen Nasal, icaiö in lit. rdudtl, aksl. voda und iiatnö in aind.
1) Auch der einzige niask. /^-Stainm, der im Got. alt ist, got.
aiihsa zeiji't neben aha noeli die abstufende Flexion.
72 Hernian Hirt,
nämä. Innerhalb des Germ, entspricht aber einem im Got, un-
gedeckten ö im Wgerm. -o, galeikö — giJ/hho, gibö = ag-s.
^iefa, ahd. tago, und so wird man unbedenklich ahd. namo
]\[. unmittell)ar mit g-ot. namö vergleichen, vor allen Dingen
deshalb, weil nur so der (Tcnuswcchsel im Ahd. verständlich
wird. Nach den beiden alten neutralen Nominativen icatö
und namö haben erst die Kör])erbezeiclinung"en liairtö, ansö,
augö den Nominativ auf -ö statt -a oder -aü, wie wir als Ent-
sprechung der wgerm. -nordischen Formen erwarten raüssten,
angenommen, dem dann die wenigen anderen Neutra gefolgt
sind. Wenn Jellinek die Ursprünglichkeit des got. Nom. auf
-ö bei den anderen Worten nachweist, so werde ich zugeben,
dass got. watö und namö Analogiebildungen nach den obli-
quen Kasus sein können, natürlich nicht sein müssen.
Ich halte daher auch in diesem Punkte meine Behaup-
tung, dass auslautende lange Vokale z. T. nicht gekürzt sind,
vollständig aufrecht.
IV. Gedeckte lange Vokal e.
Ob die langen auslautenden Vokale vor einem in histo-
rischer Zeit noch vorhandenen Konsonanten verkürzt oder
nicht verkürzt seien, habe ich von Anfang an als sehr zweifel-
haft und schwierig zu entscheiden hingestellt. Ich selbst habe
die in Betracht konnnenden Formen mehr als einmal sorgfältig
erwogen und kann auch heute nur dies Problem als zweifelhaft
bezeichnen. In meinem System spielt diese Frage eine sehr
untergeordnete Eolle. Da nur s in Betracht kommt, könnte
man auf das Lateinische hinweisen, wo ebenfalls alte Längen
fast nur vor .** erhalten bleiben, vgl. sies aber s'i(''f, eräx, aber
erat. Gegen diesen Punkt, den ich als nebensächlich l)ctrachte,
richtet aber Jellinek seinen Hauptstoss, Ich würde nicht
weiter darauf eingehen, wenn ich nicht einige Bemerkungen
Jellineks riciitig stellen niüsstc. Jellinek bemerkt S. KU:
"Zu dem wenigen sicheren, was wir von den germanischen
Auslautsgesetzen wissen, gehört die Thatsache, dass im Got.
die langen Vokale der Endsilben erst verkürzt worden sind,
als die ursprünglich kurzen Vokale schon abgefallen waren."
Ich bezweifle diese angeblich sichere Thatsache. Sie stützt
sich nur darauf, dass die aus langen X'dkaion entstandenen
Kürzen nicht wie die ursprünglichen Kürzen im (iot. abfallen.
Zu den germanischen Aiislautsgesetzen. T3
Aber es können sehr wolil -ä, -e, -i, -fi zu den entsprechenden
gemurmelten Vokalen geworden sein und noch bestanden haben,
als -a nsw, zu vollstimmig-cm -ä verkürzt wurden. Es tielen
dann später nur die gemurmelten Vokale ab^). Jellinck sagt
weiter: "Hätten also Hirt und Streitberg Recht, so niiissten
diejenigen langen gestossenen Vokale, welche ursprünglich in
vorletzter Silbe standen, gleichfalls verkürzt worden sein. Wir
könnten also kein managein, managelni, nemeip, salbös, giböm,
salhöm, mlböp, ßdicör usw. finden." Selbst wenn man Jellineks
Annahme zugeben wollte, so ist es ein jetzt oft genug belegter
Vorgang, dass eine geschwundene Silbe ihre Quantität auf die
vorhergehende Silbe überträgt. Weshalb sollte, was sonst ge-
wöhnlich ist, hier nicht eingetreten sein? 2)
Was nun die Frage nach der Erhaltung der Länge durch
s betritft, so kommt nur ein Fall dafür in Betracht, nämlich
die 2. Ps. Sing, nemeis, u-lleis und nasides, nasidedeis, die
oiTenbar zusammengehören. Gewiss ist die Annahme einer
analogischen Beeinflussung nach der 2. Plur. nemeis : nemeip,
icileis : icileip = bairis : bairip, nimais : nimaip kein beson-
ders sicheres Auskunftsmittel, aber absolut verwerflich ist es
nicht. Bei nasides kommt ausserdem die Entstehung der Form
in Betracht, -des kann sehr wohl unter dem Nebenton entstan-
den sein. Ich kann diese Kategorie aber auch nicht als Be-
weis der alten Anschauung gelten lassen. Wenn Jellinek S. 135
sagt: "Es ist auch nicht der Schatten eines Beweises dafür
vorhanden, dass vor got. erhaltenem Konsonanten ein ursprüng-
lich langer Vokal gekürzt worden wäre'', so ist auf der an-
1) Ich möchte doch darauf hinweisen, dass man auch im Got.
mit der Apokope xirsprüngliclier Längen zu rechnen hat. Dem
Pronomen der 1. Du. got. icit, *jut entspricht im lit. vedü, judü, die
aus re, ju und du zusammengesetzt sind, du tührt man auf d(u)Ö
'zwei' zuvücl<. Es wäre also auch im Got. -5 abgefallen, wenngleich
ich die näheren Bedingungen nicht anzugeben weiss.
2) Brugmann Grd. I § 699 Anm. kommt nach Jellinek Btr. 17
das Verdienst zu, die Unmöglichkeit urgerm. Apokopeu kurzer Vo-
kale dargothan zu haben. "Hätte '■berizi, *heridi im Urgerm. sei-
nen auslautenden Vokal verloren, so müssten wir im got. bairs,
bairp finden." Ich könnte zur Widerlegung auf IF. I 216 f. ver-
w^eisen. Aber davon abgesehen, hat Jellinek die Möglichkeit einer
Kompensation des abgefallenen i in der vorhergehenden Silbe gar
nicht in Betracht o-ezos'en.
74 HeriiiJiii Hirt,
deren Seite kaum zu beweisen, dass das -.s die Länge erhalten
hat. Der Grund kann ebensogut der schleifende Ton sein, da mit
Ausnahme der zweiten Pers. Sing., die die Länge zeigt, alle
Fälle auch schleifenden Ton hatten, vgl. gihös = 'r\}Jif\c, N. PI.
gibös = lit. ranlös, N. PI. dagös = ai. nsväs, hairdeis — lit.
gaidfjs. Das sagt Jellinek wieder seinen Lesern nicht. Ich
lasse also die Frage mitentschieden, Avenngleich ich mich heute
doch mehr der Ansicht zuneige, dass vor -s die alte Länge
erhalten blieb, nicht wegen der got. Formen, sondern wege»
der ahd.^).
V. Idg. -Ol und -oh
Jellinek sagt S. 142: "Für die Erklärung der verschie-
denen Behandlung von -ai in haifada einerseits und Dat. glbai^
Opt. hairai und Nom. meinal andererseits kommen so viel ^lög-
lichkeit in Betracht, dass man kaum eine Entscheidung treffen
kann." Er verweist auf seine Btr. 65 ff. Dort ist ja nun aller-
dings des längeren ül)er das Schicksal des auslautenden -ai
gehandelt, aber es ist auch keine einzige Möglichkeit angeführt,
kein Gedanke geäussert, der sich als irgendwie fruchtbar er-
wiese. Nach p]rwägung der früher von andern erörterten
Möglichkeiten giebt er selbst eine Erklärung, die ich doch
nicht mit Stillschweigen übergehen möchte. Es soll nändich
-ai nur im absoluten Auslaut zu -e und dann zu -a geworden
sein, während es im Satzzusammenhang vor konsonantischem
Anlaut als -al erhalten blieb. "Wir müsstcn also bei allen Kate-
gorien Doppelformcn antreffen, finden sie aber thatsächlich
nirgends. Die Annahme eines solchen Sandhis, der sich auf
nichts vorhandenes stützt, kann ich mn* für eine moderne
Kenniug lür Nichtwissen einer Erklärung halten.
Die Thatsachen liegen folgendermassen. Got. haifada,
haifanda sind ganz evident gleich griech. (pepexai, qpfcpovrai^
ai. hhdrafe hhärante. Also wurde gestossenes -ai über -i' zu -e
zu -((. hairaiM, hairai ist ebenso sicher gleich griech. XeiTToic,
XeiTTOi, lit. te-sulce un<l g'ilxii = griech. ti)ui], lit. ranlai. Es
1) Streitherg nimmt jetzt an, dass *• die Vcrkürzunp- aufhielt.
In Folge dessen haben wir mit ihm im Gotischen zwischen einem
drciniorigen f/ibö.s und einem zwoimorigen icileis zu scheiden. Jenes
bewahrt auch im Ahd. die L;in;^o f/cbä, während dieses als Kürze
auftritt, vgl. Notkers teile, uil.
Zu den g'ennanisohen AushiutsgTsotzen. 75
ist mir eine Aiialog-iebildiing-, hliiukii nach pai, nötig-, um die
gotischen Formen anstandslos zu erklären^).
Nach meiner Ansicht bietet auch r/ihai, ags. jiefe einen
Beleg- für die Rehandlnng- des /irkiimflektiertcn -a?. Aber
Jellinek kann sich S. 142 nicht von der Richtigkeit meiner
Chronologie der Kürznng-sgesctze iiberzeng-en, weil es ihm un-
möglich erscheint anstal aus ^ansfel herzuleiten, wie dies
schon Mahlow gethan hat. "Es ist mir umnög-lich zu g-lauben.
dass eine Sprache, die alle g-erm. e zu / werden Hess, und in
der ein unbetontes i der Brechung- widerstand (parihs) ein
unbetontes e vor einem / in a wandelte." Auch hier sind die
Bemerkungen Jellineks zu bestreiten. Zunächst ist es sehr
frag-lich, ob e im Urg-erm. dem e qualitativ entsprach. Mit
Mahlow ist vielmehr w anzusetzen, das erst im Got. zum ge-
schlossenen e wurde. Während im Wgerm. ce unter dem Ton
oft'en bleibt, war es in unbetonter Silbe geschlossen. Im Got.
kehren sich die Verhältnisse gerade um. Betont entsteht in
haupttoniger Silbe e, im Auslaut aber le. Denn ohne diese
x\nnahme bleibt es absolut unverständlich, wie e im Auslaut
zu a werden k(»nnte. Hätte das auslautende -e die geschlossene
Qualität gehabt, so müsste das Kürzungs})rodukt e, ai oder z\
nicht a sein.
Und nun beachte man die sicii genau entsprechenden
Gleichungen: got. fadar — ahd. fater, gricch. Trairip; got.
üunau — ahd. siiniu aus ^suneu: got. Ixindja — an. heidi,
ahd. (jntinne, lat. faciem, und schliesslich anstal — ahd. ensH
aus ''''ansfei. Ich will auch gar nicht behaupten, dass got.
anstal noch den Diphtong ai enthält. Nach meiner Meinung-
giebt es in got. Endsill)en überhaupt keine Diphthonge mehr.
In anstal und handjal ist al die Sehreibung für oifenes, langes
cp, zu dem (cl g-eworden war-).
1) Jellinek halt Braunes Vermutung, ai zu a in dritter Silbe,
der Diskussion für wert. Ich sehe das, was von Mahlow AEO.
94 f., Paul Btr. II 389, J. Sohniidt KZ. XXVI 42 tf. geo-en Braune
angeführt ist, für völlig- ausreichend an, um die von dem Urheber
selbst aufg-eg-ebene Ansieht zu widerlegen.
2) Auch die Behau]itung- Jellineks, dass im Got. jedes e zu i
gewandelt ist, bedarf noch der genaueren Untersuchung. Vor r
scheint in unbetonter Silbe a aus e entstanden zxi sein. Es fällt
auf, dass sich hier kein //■ oder alr tindet, und so dürfte man wohl
7ß Her man Hirt,
VI. Ahd. gehä.
Wir haben oben gesehen, dass Jellineks Versuch ahd. a
auf idg-. ä, ahd. o auf idg. o zurückzuführen, nicht durchführbar
ist. Meine Erklärung- des ahd. geba sucht er nun durch eine
genaue Betrachtung der Chronologie umzustürzen. Er sieht
aber nicht, dass wenn sich meine Annahme, dass -s im Got.
die Verkürzung nicht aufhielt, als falsch erweisen sollte, die
Verkürzung vor -s wahrscheinlich in keinem Dialekte eintrat.
Man braucht dann nur zu sagen: dreimoriges -ö wurde im
absoluten Auslaut zu zweimorigem, -ös aber blieb. In Jellineks
S. 145 gegebene Tabelle hat man für I nur ohsö und *gebös
einzusetzen, um alles klar zu macheu. Auf den Gegensatz von
Notkers gehä und loile, zcil 'du willst' ist schon oben aufmerk-
-sam gemacht, vgl. Streitberg Urgerm. Gram. Doch kann man
-auch davon absehen, da die aufgestellte Chronologie Jellineks
nicht zweifellos ist. Dass es Mittelstufen zwischen Länge und
Kürze giebt, dass der Sehwund des .s eine Verlängerung her-
vorrufen konnte, zieht Jellinek gar nicht in Betracht. Er
meint dagegen: "Es ist nuiglich, dass -ö in vorlitterarischer
Zeit gekürzt wurde, während -cl seine Länge behielt." Da beert
ouch geloul)e zuo. Warum lieisst es denn aber /V/r/oo und ahfö?
Ich fasse noch einmal zi;sainmen. Ich glaube nachge-
wiesen zu haben, dass Jellineks auf die Unterscheidung von
idg. -« und -ö gegründeter Versuch, die germanischen Aus-
lautsgesetze aufzuhellen, vollständig misslungen ist. Er ist
nicht im Stande ein ganzes halbes Dutzend von Formenkate-
^orien zu erklären'), und das sagt genug ü])er seinen Wert.
5l-ot. ufar = ahd. uhh% grieoh. üir^p, l;it. super setzen. Ebenso die
Kndung -tai'ö in aftarö = griceli. -Tepoi övtuT^puu, Jvapar = griech.
TTÖrepoc, Akk. fadar = griecli. iraTepa. Zur völligen Sicherheit ist
freilich nicht /ai konunen, da sich zur Erklärung überall auch For-
men mit 0 oder e finden oder wenigstens konstruieren lassen. Aber
diese Annahme wird doch sein- wahrscheinlicli diirch den Hinweis
^aiif die Behandlung der Fremdworte, got. lukarn, knrkara. Vgl.
Paul Jt\ IV 334, der de Saussiire als geistigen Urheber angibt.
Die ol)ige Annahme habe ich auch selbständig gefunden. Man
.sieht daraus, wie es mit den Behaujitungen Jellineks bestellt ist.
1) Got. Jcaprö, galeikö, hairau, hairadau, bairaidaii, got. tvil-
Jau, ahd. iville, ahd. zuni/a. oiign, ahd. 7tefo, viäno, got. hidre, Jjande,
ahd. dunfa, huanfa.
Zu den germanischen Aut^lautsgesetzen. IT
Da sich nun die Aniuibnic, dass die Läiig-e im Got. und Ahd.
durch einen Nasal erhalten sei, widerlegen Hess, und andrer-
seits im absoluten Auslaut stehende Längen bewahrt sind, so
sind damit auch die früheren Theorien als hinfällig- erwiesen.
Die Erklärung der verschiedenen Behandlung der germanischen
auslautenden Längen durch die Akzenthypothese, d. h. die
Unterscheidung zwei- und dreimorigcr Längen, stüsst auf
keine Schwierigkeiten. Sie vermag die germanischen Formen
stets an die unmittelbar belegten Formen der verwandten.
Sprachen anzuknüpfen. Freilich konnte sie das nicht leisten,
was bisher noch keiner Theorie gelungen ist, alle Formen,
innerhalb des Germanischeu je aus einer einzigen Grundform
zu erklären. Dieses Ziel zu erreichen wird schon deshalb nie
gelingen, weil das Idg. und auch das Urgerm. mehr Formen
besessen haben als in den historisch überlieferten Dialekten
vorhanden sind, und darum auch in den einzelnen Dialekten
verschiedene Formen verallgemeinert worden sind^). Auf an-
dere nebensächliche Bemerkungen Jellineks einzugehen, unter-
lasse ich hier unter der ausdrücklichen Bemerkung, dass mein
Schweigen nicht etwa Zustimmung bedeute^'), und nur auf
1) Die einzige Form, die bisher noch nicht in den verwandten
Sprachen anfgetunden ist, ist ahd. Dat. gebu, an. sog aus *sagÖ.
Man kann sie weder als Dativ erklären, der in g-ot. gibai, ags. jiefe,
got. bandjai, an. heidi vorliegt, noch auch unmittelbar als Instru-
mental, da dieser nach Ausweis des lit. rankq, abulg. rakq auf -am
auslautete. Ich glaube aber, dass nach dem Muster urgerm. Dat.
*dagöi und "^geböi ein neuer Instrumental *gebö nach dagö (got^
daga, ahd. tagu = lit. vilkii) geschaffen ist. Das lag sehr nahe,
weil der Instr. *gebäm mit dem Akk. zusammenfiel, und die beiden
Paradigmata auch im Nom. und Gen. Plur. (got. dagös, gibös, ags.
döma, jiefa) gleichlautend waren. Bei der Vermischung der beiden
Kasus ist schliesslich im Got. und Ags. die alte Dativform, im Nord,
und Ahd. die Instrumentalform verallgemeinert. Doch vergleiche
got. sunja und sunjai, die sich wie ags. J2e/"e zu ahd. gebii ver-
halten können.
2) So halte ich die Erklärung von ags. brödor usw., Jellinek
134, aufrecht. Wenn Jellinek mir die Ansicht zuschreibt, dass im
Nord, ebenso wie im Wgerm. der Vokalausfall nur nach langer
Silbe stattfand, so habe ich darauf zu bemerken, dass dieses 'nur'
eine Phantasieschöpfung Jellineks ist. In meiner Anmerkung findet
sich (lies Wort nicht. Was diese bedeuten soll, ist nach den Unter-
suchungen Axel Kocks völlig klar. Jellinek muss bei mir eine voll-
ständige Unkenntniss der altnordischen Grammatik und der Arbeiten.
78 Her in an Hirt,
eines iiKiclite ich hinweisen. Die Probleme, die die germani-
schen Anslautsgesetze darbieten, sind in voller Klarheit zuerst
von Scherer und Mahlow erfasst, wenngleich ihnen die g-ründ-
lichc und überzeugende Lösung nicht gelingen konnte, da zu
ihrer Zeit die Grundlagen für die Akzenthyi)otliese oder für
die Unterscheidung zwei- und dreimoriger Längen nicht vor-
handen Avaren. Nachdem der feste Grund dafür durch die
Vergleichung der nichtgermanischen Si)rachen gelegt ist, kann
man mit g-rösserer Sicherheit als damals die Konsequenzen
ziehen, und ich zweitle nicht, dass in nicht zu langer Zeit die
neubegründete Erklärung allgemein angenommen sein wird.
Wenn Jellinek aber meint, dass er in sehr wesentlichen Punkten
zu den Mahlow-Schererschen Gleichungen zurückkehre, so muss
ich dem entschieden widersprechen. Abgesehen von der Glei-
chung idg. ö = got. e, die er z. T. von Mahlow herüber-
nimmt, steht er durchaus im Gesensatz zu jenen Forschern.
Kicht um einzelne Gleichungen aber handelt es sieh, sondern
um das allgemeine Prinzip der Erklärung, und in diesem stimme
ich, nicht Jellinek, mit jenen P^orschern überein.
Die Akzenthypothese nuichte ich jetzt folgendermassen
darstellen, vgl. Idg. Akzent S. 53, 66. Im Idg. gab es Endsill)en,
die verschiedene Silbenakzente zeigen. Das Wesen dieser Silben-
akzente liegt aber darin, dass den Vokalen mit gestossenem
Ton 2 Moren, denen mit geschleiftem 3 Moren zukommen. Diese
Unterscheidung war im Urgermanischen noch erhalten. Es
Averden dann genau wie im Litauischen alle Endsilben, vielleicht
mit Ausnahme der durch -.s' gedekten, um eine More gekürzt,
sodass wir als Resultat im Gotischen: Kürzen, zweimorige (nor-
male) und vor s vielleicht dreiniorigc überdehnte Längen cr-
Axel Kocks voraussetzen, wenn er mir die Ansicht zuschreibt, dass
im Nordischen die kurzen Endvokale erhalten blieben. Seine Pole-
mik ist um so sonderbarer, als ich mich IF. I 215, 4 Seiten vor der
besprochenen Aimierkiing-, über die Ansicht Axel Kocks ausgespro-
chen habe. Es lieisst dort: "Nachdem Sievers nacligewiesen hat,
dass im Wgerm. die kurzen Vokale nach langer Silbe ablallen, nach
kurzer erhalten lileiben, denen die aus langen Vokalen durch ge-
stosseiien Ton verkürzten Silben hinzuzutügen sind, hat Axel Kock
PBrB. XIV 53 ff., dasselbe Grundprinzip tür das Altnordische be-
hauptet." Auf diesen Passus bezog sich meine kurze Anmerkung-
zu einer Tabelle, in der natürlich die Kenntnis des vorhergehendeu
vorausgesetzt wurde.
Zu den g'eriiuiiii^cheu A-U«lautsg-eset/.on. 79
halten. Im Ahd. schreitet der Frozess weiter und wieder
werden diese Silben um eine More gekürzt. Die Kürzen
fallen nach langer Silbe fort, die zweimorig-en gotischen Län-
gen erscheinen als Kürzen, goleikö — gilihho, wile'is — lüUi
und die dreimorigen als normale Längen, ahd. geha — got.
glbös, lit. rüTll'öii. Bei Jellinek dagegen, der ja auch die
Akzentqualitäten herangezogen hat, tindet sich von einem Prin-
zip keine Spur. Die Wahrscheinlichkeit meiner Ansicht wird
nun dadurch erhöht, dass sich im Litauischen genau dasselbe
Auslautsgesetz nachweisen Hess, vgl. Idg. Akzent S. 65. Da-
durch erhalten wir eine vortreffliche, klare Illustration der
germanischen Verhältnisse, wie wir sie besser nicht wünschen
können.
Leipzig-Gohlis, April 1895. H. Hirt.
Die lat. Partikel ne ('nicht') in Zusammensetzung
mit vokalisch anlautenden Wörtern.
Das durch ai. nd lit. ne usw. vertretene idg. *«e 'nicht'
hat sich im Lateinischen nur in enger Verbindung mit andern
Wörtern behauptet, und zwar entweder enklitisch angehängt,
wie vides-ne, oder als erstes Glied von Zusammensetzungen,
wie 7ie-sciö, 7ie-fäs.
Hier fragen wir, wie ne in den Verbindungen der letz-
teren Art behandelt wurde, wenn das zweite Glied vokalisch
-anlautete. Es kommen in Betracht 7iunquam 7iusquam näUus
noemifm) nön 7ieufiquam neiitiqiie neuter^). Von ningulus
und negäre, die man diesen angereiht hat, ist abzusehen.
Denn tiingulus (Ennius bei Festus j). 188, 30 Th. d. P.) war
nicht lautgesetzlich aus ''■'ne-oin/ijdos-) entstanden, sondern
1) In der folg'eiiden Untersuchung- konnte ich Zusammenstel-
lungen über das Vovkonnnen von neuter und neutiquam bei den
szenischen Dichtern benutzen, die mir mein Bruder Dr. Oskar Brug-
mann zur Verfügung- stellte.
2) neuncula =^ nulla bei Cicero De leg-. II 8, 19 steht auf sehr
schwachen Füssen. S. Jordan Krit. Beitr. zur Gesch. d. lat. Spr.
22G. 249.
80 Karl Bruyin.inn,
Neubildung nach sinqulus\ negäre aber ist mit {äö ad-ägium
nicht zusammenzubringen ^), wahrscheinlich war es von der in
neg-öthun neg-Jigere erhaltenen Partikel *ne-g' (vgl. lit. ne-gi
ne-gu 'nicht') abgeleitet, wie unser verneinen von nehi (s.
Verf. Grundr. II 1116).
Ohne weiteres klar sind nunquam and nusquam, in denen
das e von 7ie elidiert worden ist. Sie müssen in einer Zeit
aufgekommen sein, wo ne noch eine gewisse Selbständigkeit
hatte. Vgl. Fälle wie nec-oplnäns nec-opimfs mit neqtie als
erstem Glied.
Ferner ist evident, dass noenuni noenu als /Aveites Glied
oinos ünus enthält, und wahrscheinlich ist, dass üUuh, das
das zweite Glied von nüllus bildet, aus "^oln-lo-s hervorge-
gangen w\ar. noenum und nüllus müssen also im Zusammen-
hang betrachtet werden.
Nun gehen über die Entstehung von noenum und nön
die Ansichten auseinander, indem mehrere Gelehrte in dea
letzten Jahren die Richtigkeit der früher allgemein gangbaren
Ansicht, noenum sei als noenum mit nunquam = uunquam
auf eine Linie zu stellen, bestritten haben. Ich verweise auf
Wackernagel Beitr. zur Lehre vom griech. Akzent 19 Fussn. 1,
Stolz Histor. Gramm. I 130, Solmsen Stud. zur lat. Lautgesch.
53 und die dort zitierte sonstige Litteratur.
Thurneysen, Kretschmer, J. Schmidt und Solrasen haben
nemlich dem nun zulieb ein '^nöinom angesetzt, dessen ö aus
e -}- 0 {^ne-oinom) kontrahiert, und aus dem sowohl noenum als
nön entstanden sein soll. Wäre das richtig, so käme in Frage,
ob nicht in entsprechender Weise 7iüllus Fortsetzung eines
"^nöinlos ^'nöillos sei, wobei das historische ü eventuell dem
analogischen Einiluss von idlus zuzuschreiben w'äre. Mich
dünkt aber diese Hypothese nichts weniger als sicher. Wenn
sich in vorhistorischer Zeit, als noch die urlateinische Beto-
nung herrschte, ein vokalisch auslautendes Präfix mit einer
vokalisch anlautenden Wortform verband, so wurden die beiden
1) Am wenig-sten in der Weise, wie Birt Rhein. Mus. XXXIV
3 meint: ein *neaijo .soll über '^neeyo zu *ni'ijo geworden und dicse.s
dann zu neyo verkürzt worden sein. Diese Kürzung- soll dieselbe
sein wie jüheo aus jübeo. jüheo hat aber iiridg-. kurzes u, s. mei-
nen Grundr. II S. 1152 f., Lindsay The Latin Lang'U. S. 481.
Die lat. Partikel ne ('uiclit') usw. 81
einander berülirenden Vokale, falls der zweite kurz Avar, zu
der Länge des Präfixvokals zusammeng-ezogen, z. B. cömö
cömptiis aus '^cö-emö '■'xö-emfpjtos, cögltö aus '^cö-agltö, cöjmla
aus '■■cö-ap(ujla, degö aus '^de-agö ''^de-agö. War dagegen der
zweite Vokal lang und (lualitativ vom ersten verschieden, so
erfolgte keine Kontraktion, z. B. co-äctus co-dgulnm co-egl.
S. Osthoff Zur Gesch. d. Perf. 158 f. Dieser Sprachperiode
düi'fte eine Kontraktion von '-''ne-oinos zu '■'nöinos nicht zuge-
wiesen werden. Aber auch nicht der jüngeren, in der durch
Neukoinposition die Formen wie co-ägitö co-hibeö entstanden,
da diese nunmehr uuzusammengezogen blieben (s. Osthoff a. 0.
159 f.). Weiter jedoch auch nicht der gleichfalls jüngeren,
der die Formen deorsum seorsum (aus '''de-rorsom '■■\se-rorsom)
angehörten. In diesen blieb nach Solmsen a. 0. 60 eo un-
koutrahiert, weil die zweite Silbe "schw^er" war. El)enso sollen
nach diesem Gelehrten (S. 54) die aus uevolt '■'■nevoltis her-
vorgegangeneu '''neolt ''^neoltis, im Gegensatz zu ^neölö = nölö,
keine Kontraktion erfahren haben, weil ihr o in schwerer Silbe
stand*, als Parallele wird aenus aus *«e.s-wos herangezogen. Ist
das richtig, so hätte damals auch '"^ne-oinom dreisilbig bleiben
müssen; denn seine zw^eite Silbe w^ar ja gleichfalls "schwer".
Man darf aber ferner auch queö, eö emit, moneö, Abi. eö als
Formen bezeichnen, die der Annahme einer Zusammenziehung
von '^neoinom zu '^nöinom ungünstig sind. Denn man wird
trotz Solmsen a. 0. kaum fehl gehen, wenn man den Ausfall des
intervokalischen i in diesen Formen einer sehr frühen Periode
des Urlateinischen oder selbst der uritalischen Periode zuweist.
AVo haben wir also eine irgend zuverlässige Parallele zu der
behaupteten Kontraktion von eoi in öi'^ Und w'elche Stützen
hat die Meinung, das ö von nön sei aus öi entstanden"? Im
Dat. Sing, der o-Stämme ist gewiss -öi zu -ö geworden, aber
diese Behandlung im Auslaut licweist nichts für den Inlaut.
Ausserdem beziehen sich J. Schmidt und Solmsen auf pröd-,
das aus "^'prökl- hervorgegangen sei, indem es aus pro und dem
ai. hervorhebenden kl zusammengesetzt sei. Näher liegend
und wahrscheinlicher ist aber, dass das lat. '"^pvöd-^) (neben
1) Daneben ist meiner Ansicht nach Avegen osk. ^yru (auf der
tab. Bant.) ein ital. *prö anzusetzen. Vg-I, Zieler Beitr. zur Gesch.
des Lat. Ablat. S. 24, von Planta Gramm. I 113. 577.
Indogermanische Forschungen VI 1 u. 2. (3
82 K a r 1 B r u i>" m a n n,
^prö) mit lit. pro aksl. jj;-«- idcutiseh sei, vgl. lit. ö aksl. a
aus *ö^ und viÜxO vhka = lat. lupö(d) (IF. IV 470 ff.).
Osthoff und von Planta nelimen noenum in der herkömm-
lichen Weise als n'oenum und deuten nö7i aus ^■'n'oin(om),
indem das auslautende, tautosyHal)isehe -oin zu -ön g-eworden
sei. Ein weiterer Beleg- für diesen Lautwandel ist freilieh
nicht vorhanden, aber es ist auch noch keine Geg-eninstanz
nachgewiesen, und mir ist unklar, warum Solmsen diese An-
sicht schlechthin "unhaltbar" nennt ^).
Thomas und Wackernag-el endlich finden sich mit nö7i
so ab, dass sie es auf idg. ^nö-ne zurückführen; *«ö sei eine
Ablautvariante von *?ie *we. Dieses *«ö findet von Planta
Gramm, der osk.-umbr. Dial. I 152 mit Wahrscheinlichkeit im
air. nä wieder, das ja aus *we nicht entstanden sein kann
(dieses ist vielmehr durch m vertreten), und Wackernag-el stellt
den Ablaut '^'ne : *?^ö auf g-leiche Stufe mit *c?e (g-r. he ahd. ze) :
*dö (g-r. biu ahd. zuo) und *Me (lat. ve): *mö (gr. J^uuc). Ausser-
dem erinnern von Planta und Conway (Amer. Journ. of Philo!.
X 455) an das noisl der Duenosinschrift und an das gewöhn-
lich als 'nisi' gedeutete umbr. nosue (vgl. jedoch Ber. der
Sachs. Ges. der Wiss. 1890 S. 227 ff.). Das schlicssende w
von nö-7i kann eine zweite Negation oder, was annehmbarer
erscheint, eine andere (hervorhebende oder dgl.) Partikel ge-
wesen sein, für die es mannigfache Anknüpfung- im Italischen
selbst wie in den andern idg. Sprachen gibt (s. P. Pcrsson
IF. II 204 ff. 217 ff.). Diese Auffassung von nön ist sicher
die einfachste. Tritt man ihr bei, wie ich thue, so wird man
aber Thomas nicht zugleich darin Eecht geben, dass noenum
= ^'noi + num (gr. vuv vu) sei. Alan wird vielmehr bei der
völlig unanstössigen Deutung- dieser Form als noenum 'non
unum' (vgl. unser nein = 'nicht eines') stehen bleiben.
1) Der Vollständigkeit weg-en sei aiicii Parodi'« Deutungsver-
öuch Arch. glottolog. ital., serie g-ener., I 17 erwähnt: "Nfe io sa-
prei trovare un motivo alla consei-vazioiie dell' o di non, se nou
öupponendo che in una foi-ma di transizione, noenofmj o simile, il
reg-olare proeesso fonetico fosse turbato dall' illusionc che in questo
vocabolo si avesse o dovcsse aversi come la reiteraziouc di una
stessa sillaba: *nono, poi nonfiij iier la l'reiiuente ]M-ocii8ia". Das
klingt nicht sehr überzeugend.
Die lat. Partikel ne ('nicht') usw. 83
Hiernach stellen sich noenum nnd nülhis als n'oenum
und hrUks an die Seite von n'unquatn.
Wir konnnen zu netitiquam, das mit ne-qul-qnam und
ne-quä-quam zu verg'leiehen ist. Dieses Adverb beg-eg*net bei
den szenischen Dichtern (Enn., Plaut., Ter.), bei Cicero und
Livius, s. Hand Tursell. IV 181 sqq., Neue-Wag-ener IP 657.
Bei den Dichtern ist es stets dreisilbig als Tribrachys (nüH-
quam) zu lesen. Merkwürdiger Weise findet sich aber niemals
nutiquam in der handschriftlichen Überlieferung-, wie man nach
nunquam nusquam erwarten sollte, vielmehr immer neutiquam
oder ne utiquam. Bei Ennius fab. 250 L. M. {sed miM neu-
tiquam cor consentit cum öculormu adspectü ^-), welchen
Vers Cicero Ac. 2, 52 und 88 überliefert, hat der Erlang.
(s. XV) ne utiquam. Dieses findet sieh ferner in Plautus-
und Terenzhandschriften, bei Plautus besonders in B. Auch
steht es ])ei Cicero Cat. Mai. 42 im Monac. 7809 (s. XHI).
Das AVort war sicher von der ältesten Latinität an ein
Kompositum. Denn ein utiquam ohne ne kommt nicht vor;
auch wäre seltsam, wenn ne, das sonst nirgends mehr als
selbständiges Wort auftritt, hier seine Selbständig-keit behauptet
haben sollte. Dass die Schreibungen neutiqtiam und iie
iitiquam (statt nutiquam) durch das der Aussprache nach drei-
silbige neuter, das sich auch ne uter geschrieben findet, ver-
anlasst sein sollten, ist nicht anzunehmen. Es hätte doch viel
näher gelegen, neunquam neusquam (ne unquarn ne usquam)
für muiquam nusquam nach neuter (ne uter) zu schreiben,
da sich unquam usquam wie titer als selbständige Wörter
daneben erhalten hatten.
Ich glaube daher, dass neutiquam überhau])t nicht ne
enthält, sondern dessen Nebenform 7ie, die dem osk. nl ni-p,
dem air. m und vielleicht dem ai. nä (falls dieses nendich
nicht idg, *«ö war) entspricht und in ihrem alten, nicht spe-
ziell prohibitiven Sinn in den mit neutiquam gleichbedeuten-
den Adverbia nequlquam nequäquam und in ne quoque, ne
quidem vorliegt ^j. Das e von 7ie- wurde bereits in vorhisto-
1) Ob ne aucli sonst noch im Altlateinischen nicht prohibitiv
gebraucht wurde, muss zweifelhaft bleiben. S. Oskar Brugmann
Über den Gebraucli des konditionalen NI in der älteren Latinität,
Leipzig- 1887, S. 3. 3L
84 Karl Brixg'iuann,
risclier Zeit vor -utiquam lautg-esetzlich verküi-zt, und bei der
Betonung- neutiquam wurde e weiter durch die sogen. Syni-
zese zu einem ganz kurzen Gleitlaut, so dass die Dichter das
Wort dreisilbig gebrauchten. Zu vergleichen sind deorsum
aus '^deorsum und seorsum, deren e dieselbe Reduktion erfuhr,
und die daher in der szenischen Dichtung zweisilbig gemessen
wurden (s. Solmseu a. 0. 60)^).
Die getrennte Schreibung ne utiquam scheint aufgekom-
men zu sein, um die dreisilbige Aussprache neidiquam zu ver-
hüten, die durch eu heu lieus, seu neu ceu und durch das
später als neiiter gesprochene neüter (s. u.) nahe gelegt war.
Die neueren Herausgeber der altlateinischen Dichter schliessen
sich dieser Schreibung ne utiquam an. Dabei ist Brix inso-
fern der konsequenteste, als er bei Plautus, wie ne utiquam,
so auch ne uter schreiben möchte (zu Capt. 586), wie auch
Vahlen Men. 785 7ie uter in den Text gesetzt hat. Indessen
ist weder dieses noch jenes vom grammatischen Standpunkt
aus zu rechtfertigen. ]Mau schreibe, wenn man neutiquam ver-
meiden will, nmtiquam oder noch deutlicher nei'diquam.
neutique, bez. ne utique findet sieh an einigen Livius-
stellen in geringeren Handschriften, wo die neueren Heraus-
geber auf Grund der besten Überlieferung neutiquam geben.
Zuverlässig überliefert erscheint neutique erst im Cod. Theo-
dos. 15, 2, 3 supra ternas (aquae uncias) neutique possidere
. . . decernimus. S. Hand Tursell. IV 183 s(|., Xeue -Wagener
IP 657 f. Das AVort ist offenbar erst im Anschluss an das ältere
neutiquam aus utique gebildet worden.
Schliesslich neuter. Dieses Pronomen erscheint in der
Dichtung der vorklassischen Zeit nur dreisilbig: neuter neä-
trum als Tribrachys, neütrt als Anapäst usw. Wenn in Plau-
1) :\Iit seorsum, das auch sorsum g-eschrieben wurde, stellt
Stolz Iw. ]Müliers Handb. II 2 276 südus aus '■■ne-üdus zusammen.
Diese Etymologie von südus ist zwar schon sehr alt (vg-1. Festus
416 und Paul. Fest. 417 Th. d. P.: sudum siceum, quasi seudum, id
est sine udo), aber höchst unsicher. Es müsste von ued ndö aus-
gegangen werden (vgl. sed fraude, sed früde CIL. I 198, 64. 69
und 200, 29. 42), woraus ein *sedüdus entstanden wäre, wie .seduJus
aus se dulö. Von einem ■^.stdüdus aus kommt man aber nicht zu
südus. Dieses entstand wahrscheinlich aus -^suz-do- und g-ehört zur
Wurzel saus- 'trocknen' (lit. saüsas susü usw.).
Die lat. Partikel ne ('nicht') usw. 85
tusliandschriften ne uter beg-egnet (Stich. 141 ne utrum B^
Cas. 1011 ne uter VEJ, Aul. 232 ne utrubi BD), so dürfte
diese Sclireibimg aus der Absieht 7AI erklären sein, die Aus-
sprache neiiter zu verhüten, vg-l. oben über ne nfiqtiam. neu-
ter war aber schon in den ältesten Zeiten der römischen Litte-
ratur ebenso sicher ein Kompositum als neutiquam, und so ist
ne titer, wie bereits bemerkt, el)enso zu verwerfen wie ne uti-
quam. Auch noch in späterer Zeit g-alt die dreisill)ige Aus-
sprache neiiter als die normale. Denn Consentius de barbar.
et metapl. p. 389 K. heisst es: Si aliquis dicat neutrum di-
syllaljum, quod tri><yllal)um euuntiamus, bar1)arismum faciet.
Die Tradition von dieser dreisilbigen Aussprache scheint sich
lange erhalten zu hal)en. Denn in der dem 9. Jahrb. ange-
hörigen Noniushandschrift L findet sich, worauf L. Havet in
Wölfflin's Archiv I 44(3 aufmerksam macht, in neun Fällen,
wo das Wort auf zwei Zeilen verteilt ist, die Trennung ne
utr- {ne utro, ne utrum, ne utri). Vgl. auch Schmitz in dem-
selben Band des Archivs S. 286f. Zuerst ist Zweisilbigkeit zu
konstatieren Ciris 68 sive est neutra parens. Hier will Birt
Ehein. Mus. XXXIV 4 niitra lesen (vgl. Plioelms aif: puer est.
Mars: femina. Inno: neutrum in der Antholog. Lat., Niese
n. 786). Aber trotz der Consentiusstelle liegt neutra näher ^),
wie denn später bei Claudian im 24. Epigr. V. 16 neuter enim
quaestor die Aussprache neuter die einzig denkbare ist (hier-
nach ist auch neutrl in dem Hexameterschluss de IV cons.
Honor. 81 evadere neutri zu lesen). Der Übergang von drei-
silbigem neiiter neutrum zu zweisilbigem neuter neutrum war
ungemein leicht, zumal da die Sprache, als er eintrat, in den
genannten eu heu Jieus und seu neu ceu bereits den Diphthong
eu hatte, neuter stellte sich zuerst in der rascheren und lässi-
geren Rede ein, und es ist gar nicht zu verwundern, wenn
dreisilbiges neiiter noch weiterhin daneben bestehen blieb und
1) Das Epylliou Ciris scheint bald nach Vei-gils Tod gedichtet
zu sein (Ribbeck Gesch. der Rom. Dicht. II 355). Man nniss daher
mit der Mög-lichkeit rechnen, dass auch in Stellen wie Hör. Sat. II
2, G6 in neiUram partem cultus miser, Ov. Met. IV 379 neufrumque
et utrumque videnfur, wo neu- die daktylische Thesis einnimmt, ein-
silbig 7ien- gesprochen worden ist. — Wagener (Neue-Wagener II 3
345) lässt es unentschieden, ob in der Cirisstelle neutra mit eu als
Diphthong oder, im Anschluss an Birt, mit u zu sprechen sei.
86 Karl Brugraann,
den Grammatikern als die normale und korrekte Aussprache
galt. Es verg-leicht sich diese Doppelhcit damit, dass bei den
Griechen i + Vokal l»ald so gesprochen wurde, dass i eine
Silbe ausmachte (die Aussprache der getrageneren und lang-
sameren Rede), bald so, dass es zum blossen Gleitlaut reduziert
war (die des schnelleren Sprechtempos), eine Zwiefältigkeit,
die von Homer an durch eine ganze Reihe von Jahrhunderten
zu verfolgen ist (vgl. Ber. der sächs. Ges. d. Wiss. 1895-
S. 47 ff.).
Nun fragt sich, ob neuter die Partikel ne enthält, wie
die allgemeine Annahme ist. Man erklärt den Gegensatz von
neuter und nunquam nusquam niillus daraus, dass jenes den
Wortton auf ne-, diese auf der nächstfolgenden Silbe gehabt
hätten. S. Skutsch's Bemerkung zu Stolz Iw. Müller's Handb.
II 2 276 in Vollmöllers und Ottos Kritischem Jahresber. über
die Fortschritte der roman. Philol. I 26, Zubaty Zur Etymo-
logie einiger lat. Wörter, Separ. aus den Sitzungsber. der kgL
böhm. Ges. d. AViss. 1892, S. 5, Lindsay The Latin Language
p. 39. 143. 245. Etwas Entscheidendes gegen diese Auffassung-
habe ich nicht vorzul)ringcn. Zur Zeit der urlateinischen Be-
tonung muss *ne unquam ^'ne usquam gesprochen worden sein,
da die Indefinitpronomina enklitisch w^aren. Gab es nun da-
mals auch schon ^ne uter, so müsste angenommen werden, dass
sich der Gegensatz n'unquam und neuter neütrum erst in der
Periode der Herrschaft der Paenultima bildete.
Diese Auffassung von neuter ist aber keineswegs sicher.
Es ist gerade so gut möglich, ja mit Rücksicht auf neutiquam
sogar wahrscheinlicher, dass neuter die Form ne oder die
Form nel ni als erstes Glied enthielt.
Enthielt es ne, so gleicht es dem neutiquam {neutique^
aus *ne-uti- völlig, '^neuter wurde zu neuter wie '^pleö zu
pleö, *?ieö zu neö.
Etwas ausführlicher nniss ich bezüglich der Annahme
einer Zusammensetzung mit nei ni sein, der Form der Nega-
tion, die sich mit osk. nei {nei-p nei-p\ umbr. nei (in neil*-
habas "ne adliibeant' nei-p) und lit. nel deckt, ferner auch
mit lit. ne-fl^as] und av. nae-fcisj, falls diese nicht, was laut-
gesetzlich UKiglich wäre, die AblautNariante *«(>/ re])räseiitieren.
Es giebt freilich im E:\tciiiisclien kein anderes Prono-
minal- oder Nominalkomposituiii mit nei n'f als erstem Glied,
Die lat. Partikel nc ('nicht') usw. 87
das man einem '^nei-uter au die Seite stellen könnte. Denn
dass nl-mlriun, wenn es auch nei enthält, kein solches ist,
zeigt mein Bnidev in der S. 83 Fnssn. 1 genannten Abhandlung
S. 19. 33. nei ist in der geschiehtliehen Zeit der lat. 8])raehe
nur noch in hypothetischen und finalen Sätzen sicher nach-
weisbar Doch lässt der Gebrauch dieser Form der Partikel
in den italischen Schwesterdialekten und im Litauischen (nei
jöl:s, nei venas 'nullus') die Annahme als wenig kühn er-
scheinen, dass nei sich im Lateinischen auch mit pronominalen
Wörtern im Sinne von^non' oder 'ne quidem' verbunden hatte.
Auch die Lautgesetze stehen dem Ansatz eines *nei-uter
nicht im Wege,
Von Planta a. 0. I 145 stellt osk. cevs = lat. celvis
clvis mit lat. seu ceii zusammen und vermutet als osk. und lat.
Eegel: " eiu vor Kons, und im Auslaut wird eu {eu?Y\ Ob
diese Regel für das Oskische Stich hält, lasse ich dahinge-
stellt (vgl. Bronisch Die osk. i- und e-Vokale 31. 162, Bück
Der Vok. der osk. Spr. 156). Für das Latein ist sie richtig.
seu ist nicht, wie Stolz Histor. Gramm. I 1.55 will, aus "^se-ue
hervorgegangen (ein ''■'■se neben sei st ist auf italischem Boden
nicht nachgewiesen), sondern aus dem volleren sei-ve (si-ve),
indem in diesem zur Zeit der Synkopierung des -e (Skutsch
Forsch. I 53) in der ersten Silbe langes geschlossenes e (die
Vorstufe des i der klassischen Zeit) gesprochen wurde ^). Was
weiter das von v. Planta herangezogene ceu betrifft, so war
sein -u aus einem -iie entstanden, das mit dem Schlusstheil
von ai. i-va 'wie, gleichsam' zu identifizieren ist (L. Havet
Melangcs Renier 1886 S. 37Uf.). Sein erster Teil ist zum Pro-
noniinalstannn *Äo- (Grundr. II 769) zu ziehen. '■^he-ije (vgl.
ce-do hun-ce, osk. ce-bnusf) darf man schwerlich als Grundform
ansetzen; denn die Verschmelzung der beiden Glieder zur Wort-
einheit muss sehr alt gewesen sein, und da wäre wohl nach
bekanntem Lautgesetz '^'cove entstanden. Dagegen können
gleich gut '''ce-ue und '^cei-tce als Grundformen gelten-). Ausser-
1) Wegen si-ve si-quis si-cuhi \\. (1<;'1. ist niclit g-erade wahr-
scheinlich, dass st, wie Solmsen IF. IV241 wegen osk. svai g-laiibt,
uritalisches *sai gewesen sei, das unbetont zu si Avurde. sl und
svai verhalten sich zu einander wie g-riech. ei und ai.
2) Beiläufig- bemerkt, auch ceterl gehört, wie ich ghuibe, hier-
her, indem es entweder aus ■"'ce-eteroi oder aus *ceietero! entstan-
88 K a r 1 B r u g' in a n n,
dem kommt hier neu in Betracht. Es wird ixewölmlich aus
ne-ve lierg-eleitet. z. 11 von Skutseh Forsch. I 53 und von
Liudsay The Lat. Langu. 614. Nur von Birt Rhein. Mus.
XXXIV 10 finde ich neu auf neive, wie seii auf fieive, zurück-
g:eführt. Wie ne und nei nt, so gehen im Altlateinischen ne-ve
und nei-ve ni-ve nebeneinander her, s. Ritschi Opusc. II 622 ff.,
Georg-es Lex. der lat. Wortf. 458. Erst um das Jahr 700 d.
8t., als nei seine Funktion als \x.r\ einbüsste und sich ne in
der Bedeutung der Abwehrung- fortsetzte, wui-de in den pro-
hibitiven Sätzen auch ne-ve die Xormalform. Nun tallt der
Prozess der Syukopierung des -e, dui'ch den die Form neu
entsprang-, vor diesen Zeitpunkt. So kann man denn neu
ebenso g-ut auf ^'nei-iie als auf ne-ue zurückführen. Vermut-
lich sind diese beiden Formen in ihm zusammengefallen.
Mit seu stellt Lindsay a. 0. 244 deus zusammen. Über
dieses Wort, das aus urital. '■'dehio-s = ai. devd-s hergeleitet
wird, ist in den letzten Jahren ausführlicher von Thurneyseu
KZ. XX VIII 155 f., V. Planta a. 0. I 202 If. und Solmsen Stud.
zur lat. Lautgesch. 68 tf. gehandelt worden. Ich schliesse mich
unbedenklich der Ansicht an, nach der deus mit deivos dlvos
aus urital. '■rleiuos in der Weise hervorgegangen ist, dass in
dem Paradigma durch Lautprozesse eine doppelte Art von For-
men entstand, jede der beiden Formenreihen sich dann durch
Neubildung zu einem vollen Paradigma ergänzte und die so
entsprungene Doppelgestalt des Wortes benutzt wurde, um
substantivische und adjektivische Funktion zu scheiden. Aus
^deiuo-s ^deiuo-m wurde '''deion ''-'deiom ^). '■'dcio- aber ging.
den war. Der zweite Bestandteil war das umbr. efro- 'alter', wo-
mit Corssen KZ. III 272 ff., Vok. II- 537 ansprecliend Etrüria ver-
I)indet, das so viel als 'Fremdland. Elsass' bedeutet hätte. Das
Präfix in ceteri hatte die Kraft des bestimmten Artikels, 'die an-
dern', und die Stellung- des deiktischen '*ce {*cei) vor dem Prono-
men verg'Ieicht sich mit dem roman. ecce ille = altfranz. eil prov.
cel geg-enüber lat. illl-c(e) ülü-c(e). Weniger angemessen ist Jo-
hanssons Auffassung BB. XV 313, nach der das Wort als cii-teH
unmittelbar von *ce- durch Anfügung des KoniparativsufHxes g-e-
l)ildet worden wäre. Birts Herleitung aus ^cei-ten (Rhein. Mus.
XXXIV 12) unterscheidet sich von der Johanssonsclien nur dadurcli,
dass sie von der 'Lokativform' der Partikel ausgeht. Sie ist aber
falsch, weil aus der augesetzten Urform *clterl hervorg-eg-angen wäre.
1) Ich kann Meyer-Lübke nicht beistimmen, der in der Zeit-
schrift f. d. österr. Gvmn. 1H95 S. 41 annimmt, dass nur in dreisil-
Die Int. Partikel ne ('nicht') usw. 89
wie ich mit Tlmnieyseu g-laiibe annehmen zu müssen, weiter
in *f?eo- mit g-eschlossenem e über, indem der folgende o-Vokal
die Verwaudhmg- von et in i in derselben Weise verhinderte,
wie in den obigen Fällen das tautosyllal)ische u. '-'deo- wurde
schliesslicli zu deo- den-.
Endlich ist noch -euni -eci = -eiov -eia in frühzeitig aus
dem Griechischen überkommenen W()rteru, z. B. halineum hal-
neum = ßaXaveiov, platea = irXaTeia (Saalfeld Die Lautge-
setze der griech. Lehnwörter im Lat. 98 f.), zu vergleichen.
Auch hier wurde geschlossenes e vor folgendem Vokal ver-
kürzt.
So kann also neuter sowohl aus '"^ne-iiter als auch aus
^nei-uter erklärt werden.
An sich könnte hiernach auch das oben auf '■'ne-ufiquam
zurückgeführte neufiqnam ein älteres '-'nei-utiquam gewesen
sein. Wenn ich mich bei diesem Worte für ne- entscheide,
so bestimmt mich die Rücksicht auf die form- und bedeutungs-
verwandten ne-qnäquam ne-qiüqiiam, für die Xeljenformen mit
nei nJ nicht nachzuweisen sind.
Leipzig. Karl Brugmann.
Der präteritale Bilduugstypus alid. /»«j aisL lief und
alid. Hof ciisL lüiop.
Die von Jelliiiek und Sievers aufgestellte Ansicht, dass
das urgerm. geschlossene e (e) in ahd. her hiar, zeri ziari
und andern Wörtern aus vorgerm. ei entstanden sei (PBrB.
XV 297tt'. XVI 246. XVIII 409 ff.), empfiehlt sich dadurch
bestens, dass bei den etymologisch klaren Formen Nebenformen
mit i -Vokalismus teils im Germanischen selbst, teils in den
verwandten Sprachen auftreten. Dabei ist auf das Vorkommen
von verwandten Wörtern mit idg. 7 oder di, den schwächeren
bigen Wörtern -7jo- zu -o- gewonlen sei, was zur Leuguning der
Entstehung- von deus aus *deüjoii führt.
90 Karl B rüg- mann,
Stufen zu ei, Gewicht zu leg-eii, z. 1>. zeri : ags. tir aisl. tirr
'Ruhm, Ehre' ai. su-dtfi-s 'schönen Ghinz habend' ax.döidra-
'Auge' daema 'Gesicht', also idg-. dei- : di- : dai-.^) Vg-1. die
Beispielsammlung-en bei Schrader BB. XV 131 ff. und ])ci Noreen
Abriss der urg-erm. Lautl. 30 if. (auch Kögel W. III 285 f.).
Auch macht das Laut gesetzliche keinerlei Schwierigkeit. Im
Germ, galt zAvar, gleichwie in anderen idg. Sprachen, das Ge-
setz, dass langer Vokal vor ?', u, Nas., Liqu. + Konson. ver-
kürzt wurde (Noreen a. a. 0. 27 f.). Es ist aber leicht begreif-
lieh, wenn antekonsonantisches ei eine Ausnahme machte :
dieser Diphthong konnte vor der Wirksamkeit des Kürzung's-
gesetzes eine qualitative Ausgleichung seiner Komponenten
erfjihren, die zu e führte. Genau dasselbe haben wir im atti-
schen Dialekt des Griechischen, wo r|i (aus urgriech. el imd
äi sowie späterhin durch Kontraktion aus e oder ä -\- i ent-
standen) im 5. Jahrh. v. Chr. zu e wurde, z. B. Dat. ^^. Fem.
mile aus auif], während uüi und ai diphthongisch blieben (Verf.
Gr. Gr.-' S. 36)2).
1) Stufe dei- auch in av. däis 'du sahst' (s-Aore'st).
2) Wenn idg. antekonsonantisches ei zu e wurde, so wäre
möglich, dass idg. ö« in gleicher Stellung zu ö geworden sei, zu
einem ö-Laut, der g-eschlossener war als idg*. ö in sonstiger Stellung",
geschlossener natürlich auch als das aus idg-. ä entstandene urgerm.
ö. Da der Wandel sich in einer Zeit vollzogen hätte, wo idg. ö
und ä noch geschieden waren, so wäre aisl. naust nicht im Wege,
da diesem ein idg. *nän- zu Grunde liegt. Nun ist ja antekonso-
nantisches öu bereits im Uridg. zu ö geAvordeu, aber entweder
nicht durchgehends, indem unter besonderen Bedingungen « er-
lialten blieb, oder es wurde der Diphthong sclion damals durch
Neubildung hie und da wiederhergestellt, wie er aiich einzelsprach-
lich durch Neubildung neben dem aus ön entstandenen d wieder auf-
kam. Ich möchte fragen, ob ein aus solchem ön. hervorgegangenes
urgerm. ö nicht hinter einigen von den noeii rätselhaften ü der
german. Sprachen steckt. Ich denke zunächst an got. ahtuda 'oc-
tavus', das, ahfüda g'elesen, ein *oktöu-to- fortsetzte; es wäre eine
/o-Bildxmg auf Grund des unflektierbar gewordenen Cardinale (got.
ahtau)] ahd, ahtodo bekam o durch Anlehnung an cdifo {ahtodo :
ahto = sihunto : sibim). Dass sich in ohtuda ein idg. *oktii- erhal-
ten habe, ist darum unwahrscheinlich, weil die Bildung unseres Or-
dinale mit Suffix -to- nach Ausweis der andern idg. Sprachen nichts
urindogern)anisches sein kann. Ferner Messe sich aisl. kyr als Fort-
setzung von *k(U)ö?js = ai. f/ätiit griech. ßoOc ansehen (vgl. hierzu
Streitberg Zur gerni. Sprachgesch. (JO ff., Kock IF. II 332 tf., Bremer
Der präteritalc Bildungstypiis ahd. hia,^ aisl. het usw. 91
Im Anscliliiss hieran versuche ich eine Erklärung- der in
der Überschrift genannten Präteritalbildung-en. Vor den bis-
herig-en Deutungen hat sie jedenfalls den Vorzug, dass sie das
e von /i/rtj het sowie das von ßang feM^, hlias hles von dem
der "Wörter lüar her usw. nicht trennt und dabei /Aigleich
Ma;^ het und liof hllöp als ganz gleichartige Bildungen er-
scheinen lässt. Der Kürze wegen übergehe ich diese älteren
Erklärungsversuche, indem ich es dem Leser überlasse, zu ent-
scheiden, ob meine Hypothese auch im Übrigen den Vergleich
mit jenen aushält.
Das idg. Perfekt zeigt von Anfang an redui)lizierte und
unreduplizierte Formen nebeneinander, und zwar war der
eine oder der andere Bildungstypus bei einem Verbum nicht
durch seine Zugehörigkeit zu dieser oder jener Ablautreihe
bedingt. Auch Wurzeln desselben Ablauts, ja dieselben "Wur-
zeln bildeten das Perfekt mit und ohne Reduplikation. S. Verf.
Grundr. 11 S. 1208ft'. Auch das ürgermanische hatte also
beide Perfekttypen, und die germanischen Spraclien, im Ver-
balsystem mehr als die Schwestersprachen regelnd und uni-
formierend, lial»en sich bei der Verteilung der zwei I'orma-
tionen vorwiegend von den Verhältnissen des Ablauts leiten
lassen. Am klarsten tritt dies im Gotischen hervor, wo das
reduplizierte Perfekt nur in Verbalklassen, die bestimmten Vo-
kalreihen angehören, erhalten ist.
Trotz got. hai-hait fai-fäh hai-hald ral-röp Vial-hlauj)
(vgl. al-aiil-) steht also prinzii)iell nichts im "Wege anzunehmen,
dass ahd. Ämj ficmg hialt riat liof und die korrespondierenden
Formen der andern westgerm. Dialekte und des Nordischen
von Haus aus ohne Reduplikation waren, und dass sie in der
"Wurzelsilbe gegenüber dem Präsens etwa in derselben Weise
durch Verschiedenheit der Ablautstufe charakterisiert waren
wie got. sköf sl'öJudu, neben skaba (vgl. lat. scdhl : scähö),
oder wie air. ro täich, ro rclith, neben techim 'fliehe', rethhn
''laufe'. Und thatsächlich treten ja im "Westgermanischen bei
jenen Verben zwei Perfekttypen nebeneinander auf, von denen
der eine Reduplikation aufweist, Avährend man den andern bei
unbefangener Betrachtung als reduplikationslos bezeichnen mnss,
bei Solmsen Stud. zur lat. Lautgescli. 15(3 f.); Icyr entspräche ebenso
genau dem griech. ßoOc, wie syr dem griech. öc.
t)2 Karl Bruymaun,
ich meine die Fälle wie ags. heht neben het 'biess% leolc
neben Jec 'sprang-'. Dass lief und Jec ebenfiilJs einmal Re-
duplikation hatten, hat man lediglieh dem Gotischen znlieb
angenommen.
Beide Typen werden demnach im ürgerm. voihanden
gewesen sein, wenn auch niclit beide bei jedem "\'erbiim, und
es wird sich im Gotischen der reduplizierte auf Kosten des
unreduplizierten, im Westgermanischen und Nordischen der
unreduplizierte auf Kosten des reduplizierten ausgedehnt haben.
2.
hei^u : Ma^ war vorgerm. ''^li^idö {^'kaidö) : ^keida, ent-
sprechend den lat. faciö : fecl (eGi"|Ka), pcingö : pegJ., capiö :
cepi, dem osk. hafiest 'habebit' : Jiqjid (aus '^heped) "habuerif.
Von den germ. «i-Verben mit e|-Präterita : ahd. hei^an
Rg^.hdtan ais\.heita 'heissen', ags.Jdcaii aisl. Ze/Ä'« 'springen,
spielen', ahd. sceidan ags. scddan 'scheiden', ahd. sicelfan
'winden', mei^an 'schneiden', zeisan 'pflücken' sind zwei ety-
mologisch aufgeklärt, und bei beiden ist die ei - Stufe auch
ausserhalb unserer german. Perfektformen zu belegen.
Das aus ahd. sceidu Part, lii-sceifan usw. zu entnehmende
urgerm. '■'slriipö ist mit ai. chid- gr. crxib- lat. seid- lit. sMd-
zu verbiiulen und enthält ein Präsenssuffix oder, was auf das-
selbe hinauskommt, ein 'Wurzeldeterminativ' f, gleichwie ahd.
flih-fii got. fal-pa u. a. (s. Grundr. II S. 1038 tf." 1042 f.), wäh-
rend die Formen mit d der andern Sprachen mit ai. Txür-da-ti
'springt, hüpft' got. giu-ta 'giesse' ahd. ^m-jw 'fliesse' u.dgl.
(s. a. a. 0. 1045 ff. 1052) auf gleicher Linie stehen; zu ''•'sl'M-d-
stellt man vermutlich richtig ahd. sct^:^an ags. scitan 'scheissen',
eigentl. 'ausscheiden'. Die unerweiterte Wurzel liegt in lat.
de-sciscö 'reisse mich los von etwas', sciö sci-tti-s sci-scö, ahd.
sl'eri 'sagax, acer ad investigandum', got. sl'eir-s ahd. sclr
aisl. .s'Ä//v 'rein, klar, lauter, hell' vor; wegen der Bedeutung
vergleiche man unterscheiden, ent-scheiden, gescheit, lit. .s7.v//-
drüs 'hell, klar', Ictt. sl'aidrs 'hell, klar, deutlich, durchsich-
tig, lauter, rein, redlich'. Vgl. Ostholf MF.IV ;5241iV, P. Pers-
son Stud. zur Lehre von der Wur/.eK-rw. 4o. Vier Ablaut-
stufen lassen sich l)ei dieser Wurzel unterscheiden: 1) slhei-:
ahd. .sAv^r/, sciad, <ü. achaitsd. '2 1 sl-hf)i- : ahd. sceid(i}i, ai. Fut.
chetsijatl Aor. dchedi, lit. skdidriis, 3) sJiJi/- : lat. scttus, got.
Der präteritale Bilchingstypus ahd. hia,^ aisl. liet usw. 93
sl-eirs, ahd. seit 'abgespaltenes Holzstück, Scheit' (weg-eii der
Bedeutung- vgl. lit. sl-edrä 'Span'), \it. sl-ysti 'dünn werden'
sl'i/stas 'dünnflüssig', wohl auch ahd. -s-tvjrrn (das in die Reihe
der Verba mit i = ei im Präsens übertrat), 4) skM- : ahd.
scesso 'rupes'^), ai. Aor. chitsi, gr. oxilw, lat. scindö scissus,
lett. .sc/iA;'ic?/>' " dünnflüssig'. Zu 1) .s'/i/iei- sind auch \\{. sl^edziu
skesiii slcesü 'scheiden', s'kemenys, jünger sl'edineni/s, Plur.,
eigentlich 'Scheidung', 'der beim Weben durch Trennung der
oberen und unteren Fäden mittels der Hevelten entstehende
Raum, durch welchen das Schiffchen geworfen wird', lett.
schk'imeni PI. 'die über den Weberhefteln sich kreuzenden
Fäden' zu ziehen, da nach den Untersuchungen von Fortu-
uatov, Bezzenberger, Streitberg und de Saussure Entstehung
der lit. gestosseu betonten Diphthonge aus idg. Langdijjhthon-
geu sehr wahrscheinlich ist^).
Ahd. meinem 'schneiden' ist samt got. aiza-smlpa " Erz-
arbeiter' ahd. smeidar 'Künstler' mhd. ge-smüle 'Metallgerät,
metallne Waffen, Schmuck' ge-smulec 'leicht zu bearbeiten,
gestaltbar' von einer W. (s)mei- {(s)mdi- (sjml- (s)mi-) herzu-
leiten, von der auch gr. a)ut-\Ti 'Schnitzmesser, Bildhauerwerk-
zeug' (7fii-vuTi 'Hacke, Karst', lat. mt-ca ausgegangen sind.
Die durch ahd. mia^ vertretene Stufe (s)mei- begegnet auch in
gr. cr^i^ 'reibt ab, putzt' (P. Persson a. 0. 119). Auf sie ist
nach Xoreen (AbrissSl) ferner got. mes ahd. meas ;n/rt.s' 'Tisch'
zu beziehen, das dieser mit ahd. meissa vieisa aisl. meiss 'höl-
zernes Gestell zum Tragen auf dem Rücken' norw. dial. meit
'Traggerät' zu mel^an zieht: eine jedenfalls beachtenswerte
Vermutung, da der Annahme, mes, meas sei aus lat. mensa
entlehnt (Kluge Paul's Grundr. I 310), ernstliche 13edenken
entgegenstehen.
1) Ahd. scidün 'scheiden', skidunc/a 'Scheidung' sind mög-
licherweise erst auf germanischem Boden zu dieser Ablautstute ge-
kommen.
2) Zu den Ablautstufen skhei-, skh,^/-, .skhl- vergleiche man :
1) dhei- ('saugen, säugen, ernähren') : ai. dliäyas- 'Saugen, Ernäh-
rung', ahd. täen 'säugen', lett. deju 'sauge', 2) dhdi- : ai. dhäyati
'saugt', arm. dayeak 'Amme', got. daddja 'säuge', aksl. dojq 'säuge',
ai. dhenü-s 'milchend', arm. dail (dal) 'Biestmilch', alb. del'e 'Schaf,
lit. dena 'trächtig', lett. atdinlte 'eine Kuhstärke, die im zweiten
Jahre kalbt', 3) dhl- : ai. Part, dhltä-s, lat. fdiu-s fllia, lett. dlle
'sauo-endes Kalb'.
94 Karl Briig-mann,
Ich glaube imu noch für ein drittes Verbuni unserer oi-
Klasse eine annehmbare Anknüpfung an Aussergermanisches
bieten zu können, haitan bedeutet im Gotischen, AVestger-
manischen und Nordischen nicht bloss 'mit Namen rufen, nennen',
sondern auch "iubere, KeXevjeiv', z.B. got. Luk. XVIII, 40 hai-
hait ina üuhan du sis, eKeXeuaev auiov äxOrivai Trpoc auTov.
Die letztere Bedeutung- kann die ursprünglichere sein, wie das
zu peUere gehr>rige lat. appeUare und das zu KeXXuu geh(>rige
gr. KeXo)Liai ^) zeigen. Vergleicht man ausserdem noch das Ver-
hältnis von \üi. jiiheö zu \\t. jüdimi Mch bewege, muntre auf
judk Mch bewege mich zitternd', so liegt es sehr nahe, heissen
mit lat. cieö elvi 'erregen, anregen, aufregen, herbeirufen, auf-
rufen, aufbieten, ausrufen, rufen, nennen', f/cc/ö ffcc^re 'herbei-
kommen lassen, herbescheiden, herbeirufen' und gr. Ki-veu)
"bewege' Ki-vu)aai 'bewege mich' zu verbinden-). Auch hier
wieder haben wir es mit dem 'Determinativ' d zu tliun, das
im (Griechischen vielleicht in KivbaS '])eweglieh' övo-Kivbioc
'Eselstreiber' Kivbüvoc 'Gefahr' wiederkehrt (Prellwitz Etym.
Wtb. 148); Kivb- wäre mit axivb- in axivbaXjaöc 'al)gespaltenes
JStück Holz, Schindel', lat. 6r/??f?ö, ai. c/?/>?(7(/;/^/ 'scindunt' ver-
gleichbar. Die Stufe Tii- haben wir in lat. c'itiis cifdre, Jä-
in gr. Kiveuu lat. accHus (ob hierzu das von Noreen Altnord.
Grannn. 1- § 429 zitierte hit, das Nebenform von Jiet sein soll?),
]i9i- in got. haitan, TxH- in ahd. hia^ aisl. het.
3.
Ich nehme weiter an, dass e von dem Präteritum der
Verba mit ?' -Vokalismus auf das Präteritum derer wie ahd.
falian übertragen worden ist.
Entsprechend dem lat. pangö : pegl hatte das ürgerma-
nische zu '^fanxö (got. fäha ahd. fahu) einen Präteritalstamm
*/(*j- mit der Ablautstufe idg. pek-. Nach ''^skep- neben Präs.
'■■'skaipö wurde */fPj- in */ej- al)geändert. Dann erst wurde
1) K^Xojaai nicht nur 'ich treibe an, ermuntere, fordere auf,
sondern auch 'ich rufe an, rufe bei Namen, nenne'.
2) Ob auch ai. hinuti heranzuziehen und denigemäss von idg.
klü- auszugehen ist (vgl. Bugge BB. XIV 74), mag unentschieden
bleiben. Was jetzt N. Flensburg Zur Stannnabstufung der mit Na-
.salen gebildeten Priisentia, Lund 1894, S. 45 f. bietet, scheint mir
unhaltbar.
Der präteritale Bildungstypus ahd. hia^ aisl. het usw. 95
der Präseiisiiasal durch das g-aiize Verbimi diirclig-eführt : ahd.
fiang fiangum, gi-fangan. Seine Einführung ins Perfekt ver-
gleicht sich damit, dass im Ahd. neben -stuot = g-ot. siol) die
Form stuont trat nach dem Präsens sfanfto = g-ot. sfanda.
Als *fetdj- entsprang, wirkte nicht mehr das urgerm. Vokal-
kürzungsgesetz, das in got. u-ind!^ ahd. ivint = ai. vdnt-, got.
minis = ai. müsä- u. dgl. zu beobachten ist.
Wie bei dem Präsens '"'fahixo, so war auch bei den Prä-
sentien ahd. /«?/« 'falle', «cfliZ?« "walle, sprudele', halhi ' \\&\\.q\
spaltu 'spalte', waltii 'walte' und umiztt 'walze, drehe mich'
die Doppelkonsonanz hinter dem Wurzelvokal ursprünglich auf
dieses Tempus beschränkt. Denn die beiden ersten enthalten
das Präsenssuffix -no- {-II- aus -In-), die andern die Präsens-
suffixe -to- und -do-. S. über die einzelnen Formen meinen
Grundr. II 8. 980. 983. 1039 f. 1042. 1046 f. 1052. Es ist
darnach wohl denkbar, dass im Urgermanischen z. B. neben
^falnö ^fallö ein Prät. '^fcela (vgl. etwa got. fraihna : ft'ah),
neben ^ualdö ein Prät. ^'uceJa (vgl. etwa lit. verdu 'koche':
Prät. viriaü) bestand. Diese bekamen ebenfalls zunächst e
statt ce, und die Ausgleichung gegenüber dem Präsens ist die-
selbe, die späterhin z. B. ags. fripie : frcejn fr'upion frujnen
zeigt. Übrigens wird man bei der Ansicht stehen bleiben
müssen, dass die ahd. fud ficdum, wial icialum einmal U hatten,
dass die Geminata hinter der Vokallänge also erst später wieder
vereinfacht worden ist (in gleicher Weise sjjiau .^planum zu-
nächst aus '^speiin ^'spennum).
Dem lat. capiö : cejn entsprechend hatte man urgerm.
*flWö 'pflüge' : *ferrt. Aus letzterem *e>'rt. Daher ahd. eriu:
iar. Im Gotischen ist das Perfekt zu arja leider unbelegt.
Der Ablaut e : ^, mit dem wir es hier zu thun haben,
ist derselbe, den man in folgenden Beispielen ])eol)achtet.
''■'qep-, \a.t.cepl, aisl. 7ia/"r 'Fischhamen': '^q^p-, \ä.t. capiö, got.
hafja 'hebe', lett. kampju 'fasse, greife'. *qiiep-, lit. hvepti
'hauchen' : "^quap-, \\\.'ki-apa-s 'Hauch, Duft', gr-Karrvö-c' Rauch',
lat. rapor. '^led-, gr. Xribeiv • KOTriäv, KeK|uriKevai (Hesych.), alb.
l'od 'mache müde' l'ohem 'werde müde', got. ?ef« 'lasse' : */ac?-,
iRt. lassii-s, got. /«f-6' 'lass, lässig', '-^pleth-, lit. ^7t%/^■ 'ausbrei-
ten' : "^pldtJi-, Wi.platü-s 'breit', gr. TrXdöavo-v 'Kuchenbrett', ahd.
flado 'Kuchen' (gr. TiXatu-c kann ebenso gut dem \\\.platü-sy\''m dem
m..p2'thü-s gleichgesetzt Averden). ^'sleg-, gr. XriT^Ju 'lasse ab':
9(3 K a r 1 B r u y 111 a 11 11 ,
*8/^^-, lat. laxu-s, ahi\. sl ach ah\. .sJalr 'sclilaft', wohl auch
gT. XttYapö-c 'schlaff, düuif. '-"ureg-, gr. priTvü|LU "zerbreche':
"^urdg-, gl'. Aor. paTnvai, pa-fil pa-fotc 'Riss', ndl. icraJc'V^^YRitk'.
Hreh-, osk. triibüm "aediticiimi' : ''^trdh-, lat. trahs. '-'sieb-, got.
slepan "schlafen' : ahd. slaf "schlaff', lat. lahäre. '^bhles-:
got. hlesan "blasen' : ahd. ana-hlast 'Ansturm' ag'S. hlcest
"Blasen'.
Einige Wurzeln zeigen in nichrcrcn Sprachen in der Voll-
stufe sowohl a als e. Es liegt der Gedanke nahe, dass die
den «-Wurzeln und den e -Wurzeln gemeinsame a -Stufe den
Anlass zum Übertritt aus der einen Reihe in die andere gege-
ben habe, doch kann das nicht für sicher gelten. So haben
wir neben der durch gr. TTocYiivai "fest werden' TrdYn "Schlinge',
\dii. imclscor, air. aü "angenehm' {^'pagli-), got. fahan "fahen,
fangen' fagr-s 'passend' ags. /cßjr 'schön' ahd. /«Ä "Fach^
vertretenen Stufe pdlc- pdg- 1) die Stufe pcik- pclg-, dor. irdY-
vü|ui 'befestige', lat. coin-pclges pclx, 2) die Stufe p)^^- P^§-j
\'üii. pegl, got. ga-fehaha "passend' ahl. fwgelegr "angenehm';
ahd. hi-fuoga 'Ehestifterin' as. /o^m« "fügen' kann ebenso gut
pah- als auch ein näher zu pek- gehöriges "^'pök- repräsentie-
ren (vgl. gr. puuE puüTjLiri eppw^a : priYvO|ui ; lit. trobä " Gebäude' :
osk. trüb um u. a.), während das ä von '^i\. pdsa-s 'Schlinge,
Strick' a, e und ö sein kann. Vgl. noch '^j^Uq- ''■'plc>g-, gr.
-TtXaYnvai 'einen Schlag erhalten', TrXdZiuu "schlage, verschlage'
(aus •■'TT\aTT-lu^)j bi-TrXaE "zweifach', \sii. plangö, unibr. tu-plak
Neutr. 'duplex' (lat. -plex also aus '''-plax), Mi.plakü 'schlage,
peitsche' : ''plaq- '^pläg-, dor. -rrXdacTuu 'schlage' iiXäTd "Schlag',
lat p)läga; '^pUq-, lit. jiZeA-m ^j/e^f/ 'schlagen, prügeln'; die
zur selben Wurzel gehörigen got. faiflokun 'eKÖTTTOVTo', ahd.
fltcoh "Fluch', \\t.p)löki-s 'Streich, Hieb' und aksl placq j^if'-
kati 'weinen, klagen' sind wieder zweideutig (« oder ö); ferner
lat. Iclhi gcgcnül)er got. sUpcui (zweideutig aksl. slahh 'schlaff,
schwach').
Diese Thatsachen rechtfertigen es, wenn wir ein dem
\at. pegi entsprechendes Präteritum für das Germanische vor-
aussetzen; die e-Stufe ist bei dieser Wurzel im Germanischen
durch got. ga-fchaha aisl. fcOgelegr ja unmittelbar belegt. Dass
wir im l'räteritum nur 'Y^^wj-, kein ^ftwx- haben, lässt sich
daraus erklären — was auch an sich schon wahrscheinlich
ij;t — , dass pegl und sein germanisches Gegenstück Ursprung-
Der präteritalc BikUingstypus ahd. hla,^ aisl. Mt ixsw. 97
lieh keine eigentlichen Perfektformen waren (mit den Singu-
larendiingen -a -tJia -e), sondern Aoriste, 3. Sg. Ind. etwa
^peke-t. Alter Ablaut <> : e mag auch in ahd. spaunan: spicm
('spannen, ausbreiten, in erwartungsvoller Aufregung sein') vor-
liegen, da dieses zur Wurzel .spe- (lit. spejii lat. sp>es- spatiu-m)
gehört. Das präsentische Nasalsuftix wäre dann auch hier
erst später auf das Perfekt übertragen worden.
Ein Theil von den Verba unserer Klasse kommt von Wur-
zeln der e : o-Reihe, z. W. icalzan 'walzen, sich drehen' von
W. ijel-. Hier kann das e-Präteritum alt sein (vgl. got. fr-tt
-et um von AY. et^" essen', setum von sec?- 'sitzen'), ?^mZ2 kann
auf demselben ißl- beruhen, das in lit. veliau Mch verdrehte,
verwirrte' (Präs. veliü) und lett. icelu "ich wälzte' (Präs. icel'u)
enthalten ist. Man hat dann anzunehmen, dass das Präteritum
nur in Folge davon in unsere Bildungsweise hineingezogen
wurde, dass im ürgermanischen das Präsens a {al = /) be-
kommen hatte.
Got. arjan gehörte von Haus aus vermutlieh der «-Reihe
an (vgl. lit. ariu 'pflüge' : ore 'Pflügezeit'). Ahd. iar ist dann
ähnlich zu beurteilen wie lat. egl, das nach Ausweis von gr.
rix« fiYluai (r) aus ä) aisl. ok (zu Präs. ajeiv, aka, ai. dja-ti)
eine lat. Neubildung war.
4.
Weiter die Verba mit e im Präsens. Sie zeigen im Go-
tischen ö im Perfekt, z. B. leta 'lasse' : lailöt. Jedoch zu
sJepa 'schlafe' stellt sich als Perfekt saizlep (zweimal) und
mislep (dreimal), kein '■'saizlöj) oder '^saislöjJ- Das erinnert
an gr. p^YvOui, wozu Perf. eppuufa und Part. Perf. Fem. epprj-
Yeia. Im reduplizierten Perfekt waren also vernnitlich von Haus
aus e und ö in irgend welcher Verteilung vorhanden.
Jedenfalls ist nun auch für diese Klasse die Annahme zulässig,
dass es neben den reduplizierten Perfekta einmal unreduplizierte
Präteritalformen gab, die man ins alte Perfektsystem hinein-
zog. Ahd. liag stellt sich zu lit. leidmi Jeidüu 'lasse', avozu
auch aisl. lett ahd. fir-lei^ (''verliess') mit ^^ (vgl. P. Persson
BB. XIX 2^0"). Nach Z?V/j schuf man hlias usw.
5.
Wenn wir Recht hatten, den «/-Präsentien Präterita mit
ei zuzusprechen, so ist es konsequent, für die «?^«-Präsentia
Indogermanische Forschungen VI 1 u. 2. 7
98 Karl Briifinianii,
Präterita mit eu zu jx^stulieren^ also /. li. ahd. Hof aisl. liUöi)
'lief auf '^'hleupa (^Meuba) zurückzuführen.
Dass autekousonantisc'hes eu zu eu g-e worden ii<t, dafür
haben wir im Germanischen noch andre Bek'ge. Got. stiur-
jan 'feststellen' ahd. süuri 'stark' stlura 'Pfahl' aus *.'?few-ro-
ueben aisl. staurv 'Pfahl' lat. re-staurclre g-r. ciaupö-c 'Pfahl'
aus ^stdu-, wonach auch gr. cxeOrai fcTeuTo) 'er stellt sich zu
etwas an' auf *s#ew-frti (wie Zeuc auf '^'dieu-s) zurückzuführen
ist, vg'l. KeTxai 'liegt' aus *kei-fai-^ hierher auch got. stiur ahd.
stior ags. steor 'Stier' (eigentl. 'der Starke') = ^steuro-. Die
zu steu- gehörige Schwundstufenform stü- liegt in ai. sthürd-s
sthülä-s 'massiv, stark' griech. ctöXo-c 'Säule' u. a. vor, wäh-
rend lit. störas 'dick, umfangreich' aksl. stan 'alt' idg. ^stö(u)-
-ro- ist. Weiter aisl. piörr 'Stier' aus ^feu-ro- neben griech.
Tttöpo-c lat. tauru-s osk. Taupo)u 'taurum' umbr. forn turuf
'tauros' aus "^'tdu-ro-, vgl. ai. täu-ti 'ist stark' (Gramm.) und
tümra-s, Beiwort des Stiers, 'strotzend'; preuss. tauris 'Wisund'
und aksl. f^^>•5 'Auerochs' können gleich gut aus '^t,m- und aus
Heu- hergeleitet werden. Sicher ist ferner ahd. ginmo 'Gaumen'
:^ *gheumen- neben goumo caunnni, griech. xauvo-c 'klaffend'
mit '^ghdu-, während ahd. guomo aisl. gömr und lit. gomurys
'Gaumen' die Stufe '^ghöu- repräsentieren.
Es ist hiernach lautlich unbedenklich, in den Formen wie
liof hliöp den vorgerm. Diphthong eu zu sehen.
Sieben germ. Verba, deren Wurzel konsonantisch schliesst,
haben solches Präteritum, ausser dem genannten ahd. louf'an
aisl. lilaupa noch ahd. stö^an (got. stautan) 'stossen', scrötan
'schneiden', ags. heatan (aisl. hmita) 'schlagen', Cthneapan
'abptlücken', aisl. auka (got. ouJcan) 'mehren ', ausa 'schöpfen'.
Davon haben vier ausserhalb Anknüpfung. hJaupan gehört
zu lit. Mumpü IxHipti 'stolpern' Ihmpti-s 'niederknien'; die
Stufe Müp- in Idüpo-mis Adv. (Instr. PI.) 'knieend' Idüpoti
'knieen', lett. Jdiiim Adv. 'strauchelnd'; ob mhd. nhd. geld/fen
neben gelaufen von vorgerm. Zeit her die Stufe l-Iilj)- II üb- be-
wahrt hat oder germ. Neubildung war, ist nicht zu entscheiden.
Die Grundbedeutung mag 'die Kniee stark biegen' gewesen
sein, stautan zu ai. fudä-tl Aor. atäuts/f (unl)elegt), lat. tundö\
die Stufe (s)tfid- in lat. con-tudl Part, tüsti-s, im Griech. viel-
leicht in Tübeuc ne))en Tuvbdpr|c (Curtius Grundz.^ 226, vgl.
Fick-Hcchtel Personenn.^ S. 432) und im Germanischen wahr-
Der präteritale Bildung-stypus ahd. hia,^ aisl. het usw. 99
scheinlicli in ag&. pnfan 'einen Ton ausstossen', nach dem für
g-ot. puthaürn 'Posaune' ii anziuielimen scheint (OsthoiT Mü. IV
10. 335); von mhd. stutz 'Stoss, Anprall', dessen Zng-ehörig-
keit zu stössen ausser Frage steht, gilt dasselbe, was oben
von ge-löff'en gesagt ist. aukan zu lit. äugu 'wachse', lat.
migeö, griech. aüEuu auEdvou. Endlich cnisa zu griech. auuu
'ich schöpfe', ^'ou den übrigen drei Verben weisen noch zwei
im Germanischen die ?7-Stufe auf: ags. heatan, wozu mhd. Inl^
'Schlag, Schmiss, Stoss' aisl. büfr 'Holzklotz', und ahd. scrö-
tan, wozu ags. scrnd aisl. skrüd 'Kleid, Kleidung'.
Alle diese Verba können von Haus aus der t^-Eeihe an-
gehört, also Präterita mit eij, })esessen haben ausser aukan.
Hier haben wir es, wie griech. deEuu neben auHuj und der ge-
stossene Ton von lit. dngu zeigen, mit einer ursprünglich zwei-
silbigen Basis "^cdjeg- zu thun [vgl. jetzt Hirt Der idg. Akzent
136], deren a- schwerlich als 3 und als Schwächung eines
älteren e angesehen werden darf. Das germ. '^euk- im Präteri-
tum war also eine Neubildung von derselben Art wie ahd. iar
nnd lat. egi (S. 97).
Zu den genannten sieben Verba mit e?^f-Präteritum kommt
noch eins, bei dem der Diphthong im Wurzelauslaut steht:
ahd. houwan ags. lieaican aisl. hoggua 'hauen', Prät. ahd.
Mo ags. heoic aisl. hiö (Plur. hioggom hluggom). Das "Wort
gehört zu aksl. kovq kovati 'schmieden', lit. kduju köviaii kdutl
'schlagen, schmieden, kämpfen' kovd 'Kampf küjis 'Hammer',
lat. cüdö. Der Ablaut ist 1) ^qü-, lit. küjis^ 2) ^'q<iii-, ahd.
houwan^ aksl. kova^, lett. kaica 'Schicht' (über Szyrwid's kava
'Schlacht' s. Leskien Die Bildung der Nomina im Lit, 79),
3) ^geu-, ahd. Mo, 4) ^göii- oder '''qdu-, lit. kduju köriau kovd.
Lat. cüdö kann ^qü-, ^^qeu- und ^qöu- enthalten. Sollte die 4.
Stufe idg. *qdij-, nicht '-^qöu- gewesen sein, so hätten wir es
mit einer Wurzel der «-Reihe zu thun. Dann wäre das germ.
Präteritum eine germ. Neubildung. Es verhielte sich zu lit.
köviau so, wie lat. egl zu griech. fix« aisl. ök (S. 97).
Die Annahme, dass das eu von Mo aus eu hervorgegan-
gen sei, ist unverfänglich, weil das wurzelschliessende u dieses
Verbums schon urgermanisch geminiert, die Verbindung Vokal
+ M hier mithin ebenso gut tautosyllabisch war wie z. B. in
stautan. Schwierigkeit l)ereitet dabei jedoch das aisl. Miö,
da man im Auslaut -gg erwarten sollte. Vermutlich löst sieh
1 00 K a r 1 B r ii g m a n n,
diese so, dass der Abfall des -a in der 1. und der des -e (-i)
in der 3. Sg. (^heuu/a), '^heim(i)) älter war als der nordisch-
gotische Übergang von tm in ggu, und in den Auslaut ge-
kommenes -tjij bereits vorher zu -ti geworden war, so dass
hier ggu nicht entwickelt werden konnte, hnogg, das Präteritum
7A1 hnqggua ''stossen', dessen ggij, ebenfalls auf mi beruht,
nnisste dann sein gg durch Formtibertragung erhalten haben.
AVegen des frühen Abfalls des -e der 3. 8g. s. Jellinek Beitr.
zur Erklär, d. gcrm. Flex. 45.
Zum Schluss noch eine Frage: Steht mit der Gemination
des ti in Iwuioan hqggua das g in lit. Irmge 'Heuhaufen' =^
lett. Tcaudfe "Schober' und lit. T^ügis 'grosser Hammer, grosser
Heuhaufen' (Leskien Ablaut S. 38 f.) in einem näheren Zu-
sammenhang:' Dieses halt, g war sicher ein suffixales Element
(s. Leskien Die Bildung der Nom. im Lit. 373 f.), und so
könnte man an eine urgerm. Präsensform *haij-jijö denken,
aus der schon in einer frühen Periode des ürgermanischen
'^hmmö hätte werden müssen, vgl. as. töm aisl. taumr 'Zaum'
aus *toijf^;^)ii-mo-, as. dröm aisl. draumr 'Traum' aus ^drou;^u-
-mo- u. ähnl. Über g-h als 'Wurzeldeterminativ' s. P. Persson
Stud. zur Lehre von der Wurzelerweiterung 25 If. Da urgerm.
'Verschärfung' von intervokalischem u nach langen Vokalen laut-
physiologisch unwahrscheinlich ist, das Adjektiv got. triggics
aisl. tryggr ahd. gi-triuici ags. treowe neben got. trauan ahd.
trüen aber auf eu weist, so möchte ich auch hier ein Velar-
suffix, urgerm.' Hreii-^uo- idg. *dreu-q'-'ö- ansetzen. Bewährt
sich ^hmj.-f'jJuö als Grundform, so dürfen wir ein urgerm. Prät.
*hemia annehmen, welches nicht erst im Anschluss an das
kurzvokalische Präsens zu seinem nij, gekommen war.
Leipzig. Karl Brugmann.
Lat. frägräre.
Dass frägräre 'stark riechen, stark duften' mit griech.
6c-cppaivec6ai öcqppecGai öcqppiicecGai, deren Anfangssilbe 6c- der
Nnminalstanun öbi€)C- = lat. or/or war (Wackeniagcl KZ. XXXIII
43), und mit ai. 3. IMur. jh/hr-afi, 3. Sg. jighra-ti ghrä-fi,
Lat. frocjrore. 101
Partiz. ghrä-fd-s yAisamiuenliäng't iiiid eine reduplizierte Bil-
dung- ist, bat schon Pott Wurzelw. I 64 f. erkannt. Durch
das qp des g-rieehischen Verbums ist idg. g'-'h erwiesen, und
hierzu stimmt sowold das f als auch das g, als Fortsetzungen
von urital. y}^. "Wegen -gr- ist auf aegro- zu verweisen, das zu
g-ot. un-aiioislis aiwishi mit lo aus jm und zu g-riech. aicxoc aus
*aicpcKOc g-ebört (Fick Wtb. P 84ö f.); lanuv. nehrund'mes und
praenest. nefrönes aus idg. "^neg'-'hro- (abd. nioro g-r. vecppöc)
sind, als unlateinische Wörter, für die Bestimmung der Ver-
tretung des urital. -x'-'i'- im Lateinischen bei Seite zu lassen.
Welcher Art ist nun die Reduplikationssilbe von frä-
grdre? Als Reduplikationssilbe bat man frä- jedenfalls vom
Standpunkt der Einzelsprache aus zu bezeichnen, ebenso wie
das (e)TPil" von griech. eTpriyopa ''l)in wach' (eYP^Topöujv u 6,
eYpriYOpTi K 182), das Pott a. a. 0. mit Recht vergleicht.
S. Verf. Grundr. II S. 848 f. Aber etymologisch betrachtet,
waren frä- und ypii- Gebilde wie die vorderen Glieder von
flä-ham hid-ham amä-l)am fle-ham tace-ham fere-ham und die
von ai. glicmä-gliand- 'mit leichter Mühe erschlagend' carä-carä-
"weithin laufend', welche man formal wie syntaktisch wohl am
besten als Instrumentale bezeichnet (Verf. a. a. 0. S. 1265,
Lorentz Über das schwache Präter. des German. 28 ft'.). Auch
die ai. Intensiva wie bhdrl-hJirafi sind zu vergleichen: denn
auch hier haben Avir es, wie der Wechsel -i -l im Ausgang
des ersten Gliedes zeigt, mit sogen, unechten Komposita, mit
jüngeren Zusammenrückungen zweier Woi'tformen zu thun (vgl.
Wackernagel Dehnungsgesetz 18 f., Verf. a. a. 0. S. 852 f.).
frägräre eTPHTopot cardcard- hhdribhrati standen alle
einmal auf der Stufe des lit. delie dega 'brennt hell auf,
und ich bemerke bei dieser Gelegenheit, dass ich auch dekte
für einen Instr. Sg. halte. Freilich nicht in der Weise, dass
ich mit Zul)aty z. B. helie als Instr. des Fem. heAie 'Lauf
betrachte (IF. III 141). Dem widerspricht, wie Zubaty selbst
bemerkt, dass der Ostlitauer Szyrwid diese Formen mit -fe,
nicht mit -fi -ti/ schreibt (vgl. gdJihi/ usw., Szyrwid's Punktay
Sakimu hg. von Garbe p. XXXI), und wir haben meines Er-
achtens keinen Grund, die Dialektrichtigkeit von Szyrwid's
rogfe 'furtim' anzuzweifeln. Vielmehr haben wir es mit dem
Instrumentalausgang idg. -e von o-Stänunen zu thun. Bei
Leskieu Bildung- der Noni. im Lit. S. 535 flf. findet man zahl-
102 Karl Brug-mann,
reiche Abstrakta auf -tas neben Inf. auf -tl verzeichnet (z. B.
nü-detas 'Vergehen' neben nu-si-deti 'sich verg-ehen'), welche
ursprünglich grösstenteils Neutra von der Art des ai. matcim
'^leinung' lat. commentiun "Einfall, Erfindung, Anschlag' air.
derniet 'das Vergessen' (Verf. a. a. 0. S. 445) gewesen sein
mögen.
Mit Rücksicht auf ai. ghanä-ghands könnte man geneigt
sein anzunehmen, fragräre sei von einem partizipialen Adjek-
tiv ^frä-gro- 'stark duftend' ausgegangen, und dessen Neutrum,
mit dissimilatorischem Verlust des zweiten r, sei in frägiim
'Erdbeere' enthalten (vgl. Pott. a. a. 0., Osthoff MU. V 66).
Indessen ist die intransitive Bedeutung von fragräre dieser
Ableitung von ^frä-gro- ungünstig (vgl. caecäre 'blenden' von
caecus, sanäre 'heilen' von sänus usw.), und ich möchte daher
den zweiten Teil \o\i frä-grat lieber direkt mit ai. ghra-ti zusam-
menbringen. Letzteres muss freilich nicht idg. '^g^-hrä-tl, e»
kann auch ^g^-hre-ti (vgl. 6c-(ppiico|uai) oder '^'g^-'hrö-ti gewesen
sein. Wegen der Doppelheit ""'g-hrcl- und '^g'-lire- f^'g^-hrö-)
vergleiche man %1mä- ^hhuuä- lat. -harn air. hä ha lit. Inwo
und *hhue- '^hJiuue aksl. he griech. ecpuii u. dgl. m.
Leipzig. Karl Brugmann.
Die Yerbindung dentaler Yersclilusslant -f- § -f f im
Lateinischen und im Gennanisclien.
Dentaler Verschlusslaut + t erscheint im Italisclien und
im Germanischen ausser vor /• als ss, s. Das scheinbar für
SS auftretende st erklärt sich, soweit nicht Analogiel)ildung''
im Spiele war, wie z. B. bei lat. comestns für comesus, aus Er-
weiterung der auf dentale Explosiva ausgehenden "Wurzel mittels
eines s-Suffixes. Wir haben es also mit Bildungen zu thun
von der Art des lit. anksz-tas 'enge' neben lat. anx-ius angus-
tus ai. qhas-. Die sicheren Beispiele dürften folgende sein.
Lat. aestds aestus, alid. gan-eista 'Feuerfunken', ein
Kompositum, dessen zweiten Teil Tii. v. Grienberger (PBrB.
XVIII 397) in dem altgerm., im Ausgang latinisierten Eigen-
namen Aisto-mödius (vgl. ahd. hei^-miiati 'furiosus') wie-
Die Verbinduiio" dentaler Vci-.sclilusslaiit +5 + ^ usw. 103
derfindet. '"^aiclhs- '-Uiidhes- auch Id av. aesma- ' Brennholz '
(Bartholomae IF. IV 124), aisl. eifi-a 'glühende Asche' (Joh.
Schmidt Pluralb. 379), ai. edhas- griech. tö aiGoc. Vgl. air.
tes 'Wärme' aus ^teps-tu-, thiune 'Wärme' aus Heps-mia neben
ai. tdpas- lat. tepor. Die Entstehung von aestäs aus ^aklh-s-
-tat- hat schon Froehde erkannt BB. XVII 312.
Ahd. as. rost ags. rünt 'ßost, robigo' aus *rudhs-to-, zu
ahd. i'osamo 'Rost' aus '''rudhs-inen- (neben rofamo 'Röte'),
lett. rasa 'Rost' aus '^'rüdhs-ä, lit. ritsvas 'rotbraun' rafisvas
'rot', lat. ruhor, griech. tö epeuöoc (P. Persson BB, XIX 271 f.).
Ahd. last F. ags. Jilce.st X. 'Last' aus '^hlats-ti- Vdafs-ta-,
zu got. hlapan ags. hladan und aisl. Mass N. 'Last', eigentlich
'Geladenes'. Kluge Et. W."" unter laden erschliesst eine idg.
Wz. Madli:
Got. heist N. 'Sauerteig' nebst haitrs 'bitter' zu beitau,
Wz. hheid.
Ahd. qnist F. 'Verderben, Vernichtung', got. qisfjan
traus. 'verderben' aisl. l'cisfa 'verstümmeln' zu lit. gendü
gesti intrans. 'verderben' gadinti trans. 'verderben' pa-gadas
'Verderben'. Wenn zu g-edh- auch lit. ge'da 'Schande' aksl.
gaditi 'tadeln' ndid. qudt 'Unrat' mnd. quäf spreJcen 'maledicere'
gehrirt (IF. V 375), so dürfte g-edlis- auch in griech. be'vvoc
'Schimi)f. Beschimpfung' bevvdz:tju 'beschimpfe' stecken, aus
*beTC-vo-. Aus diesem zunächst *becvo-, das zu bevvo- wurde,
als *d,u(piecvOui *TTe\oTTÖcvricoc in üf.icpievvCiiui TTeXoTTÖvviicoc über-
gingen (Verf. KZ. XXVII 589 tf. Gr. Gr.^ S. 62 f.) i).
Unsicherer sind folgende zwei Beispiele.
Lat. cHstös (Quantität des u unbekannt) aus "^'l-ndlis-t-
1) Ein Analogen zu 6evvoc scheint sich in ßXevva F., ßXevvoc
N. 'Schleim, Rotz' ßXevvöc 'langsam von Verstand, verdumraf zu
bieten. Ich vergleiche ai. manda- 'Schleim, die von g-ekochten Kör-
nern abgegossene Brühe, die fettesten Teile der Milch, Kahm', eine
prakritische Form aus urind. '■^mrandd- '''mlanda- oder *mrnda- ''-^nlnda-
(Bartholoinae IF. III 174), ferner ai. i-l-viradati 'erweicht' mrdü-s
'weich', griech. duaXbuviu 'erweiche, schwäche' ßXabapöc 'schlaff,
locker, albern', lat. moLüs, ags. meltan 'schmelzen, weich werden'
g'ot. ga-mcdteins 'Auflösung' (vgl. P. Persson Wurzelerweit. 37,
Verf. Grundr. II 1047). *mhl-s- (zu ai. -mradas-) in ai. mrtsna- 'Staub,
Pulver' mrtsnä 'Lehm, Thon' aisl. 7?«?//.svu< 'Staub' ags. for-molsnian
'zu Staub werden' (Kluge Festgruss an Böhtlingk 60). So kann
ßXevvo- altes *mledü-no- sein. Aber auch ''■'vilend-no- wäre möglich.
104 Gustav Meyer,
öder *kf(dhs-f-, zu alul. hüs N. 'Haus' (eigentl. 'Bergrendes')
aus *küdhs- und zu g-rieeh. tö KeuGoc. Oder mit got. hnzd
'Schatz' g-riecb. kucGoc 'Höhlung:, weibliche Scham' aus H-uzdh-
= *Jciidh-dh-, wie lat. hasta got. gazds aus ^ghazdh-?
Ahd. lisfa ag-s. ILs-t aisl. lii^ta 'Saum, Eand, Streifen,
Leiste' kann als ^'llts-fcl mit lat. iHus verbunden werden, doch
ist auch andere Autfassung- mög-lich (Fi-oebde BB. XVH 314,
P. Persson BB. XIX 272).
Leipzig. Karl B r u g- m a n n.
Etyiiiologisches aus den Balkanspracheii.
1. Albanisch ffVf.
Tosk. tei'e, geg. fqns ])edeutet 'ganz, unversehrt'. Die
Formen führen auf ^'tano-. Ich habe Alb. Wtb. 429 dies aus
einem lat. Hötämis erklärt, das von tötus mit dem Suffixe
■änus weitergebildet sei; fdani^ ist durch ttane zu tarn ge-
worden. Meyer-Lübke hat in der Anzeige meines Alb. Wtb.
im Litteraturblatt für germ. und rom. Philologie 1891 Sp. 242
gegen diese Herleitung Widerspruch erhoben; er meint, dass
alle diese Bildungen auf -änus sich blos an Adverbia an-
schlössen, frz. certain an ceyfa, prochain an prope, span.
cercano an ce7'ca. Das ist ja gewiss für einige Fälle anzu-
nehmen, aber die Berechtigung diese Erklärung auf alle Bei-
spiele auszudehnen, vermag ich nicht zuzugeben. Es liegt
nicht der geringste Grund vor ""■cerfanus frz. certain, ^'altänus
frz. hautain, ^medfänus it. niezzano, *no.sfr<Jmis it. nosfrano
nicht für Ableitungen von den betreftcndcn Adjektiven zu
halten, und. zwar hat das Suffix wahrscheinlich individualisie-
rende P.edeutung. Es scheint übrigens, dass Meyer-Lübke jene
Auflassung in der Rom. (irannu. 1I49(I sell)st aufgegeben hat.
Individualisierend ist auch das -änus -äna, das ich All). Stud.
III 76 in den liildungen tersaiu 'Hafer' = ^fr/mensäiKt, .■^tane
'wildes Tier' = '■■'bestann, mura 'Nordwind' = ^wreänum,
suVq 'Sonnenlage' = *solänum nachgewiesen habe. Zu .sfane
vgl. ladiniscli hcsfian 'Vieh' Gärtner in Gi"()l)ers (irundriss I
40(3 aus ^bestiana. Bugges Erklärung (BB. XVIII 180) von
Etymologisches aus dou Balkausprachou. 105
stane ans ^'exti-äna ist lautlich nicht möglich. Ein Jupcina
'Hure' für Jupa hat W(")lfflin im Arch. f. lat. Lex. IX 5 nacli-
g-ewiesen. [Meine Erklärung' von hrs 'Unterarm' aus ^ulnäna
wird selbstverständlich durch den apodiktischen Ausspruch
Pedersens (KZ. XXXIII 544 "dies "Wort aus lat. '^uJnOna zu
erklären g-eht natürlich [I] nicht an''), nicht aus der Welt g-e-
schatift- ich wünschte vx\ erfahren, wo sonst der Abfall eines
anlautenden Vokals (= lijXevri) durch / bezeichnet wird, denn
dass Jup aus it. aUupare stammt, ist einerseits nicht erwiesen,
andrerseits würde / hier das it. // vertreten. Daneben hal)en
wir z. B. Vige aus elegium. Dass / nicht aus In entstehen
könne, hat Pedersen nicht im entferntesten bewiesen.
1\ Albanisch nunon.
Alb. menön 'halte auf. zögere, komme zu spät', memiam
'träg-e' Kavall. Xo. TU, gehört zusammen mit südrum. amhi
'zög'cre, verspäte mich' Weig-and Aromunen II 292, amänätorii
'träg-e' Kav. TU, amanatahii 'spät' Bojadschi Gramm, 119,
si puteacl nica pucinu si rä cDnanaci 'wenn Sie noch ein
w^enig' verzögen' Boj. 152. Rumänisch ist amin 'schiebe auf;
geht man von dieser letzteren -Bedeutung- aus, so ergibt sich
die Ableitung- von lat. mane (= südrum. m'ine Weig-and II
319) als wahrscheinlich: 'auf morg-en verschieben', dann 'zö-
gern'. Cihae I 166 ist auf einem Irrweg-e; auch ich hatte
UiH-echt im Alb. ^^ tb. 2T4 die all), und rum. Wörter auf lat.
manere zurückzuführen. Dies ist in www. man, maiu 'bringe
die Xacht zu' erhalten und hat im Komanischeu nirgends jene
Bedentung-sentwicklung- durchgemacht.
.3. Alhaniscli goren.
Kavalliotis hat unter Xo. 129 alb. TKopev als. Übersetzung
von griech. ßopeac. Ich habe AVtb. 4TT dazu ein aus Xylan-
der stammendes gvore 'Xordcn' gestellt. Dies beruht aber
auf einem Druckfehler in der von Xylander benützten Über-
setzung des Xeuen Testaments, Corfu 182T, wo Apoc. 21, D>
neben -fxa -beXX "bieXi, -(kö. voiia, 'fxa irepevTÖv falsch -fK-ßo-
pe-fia statt -{kü ßopefi« gedruckt ist : die Neuausgabe Athen
1858 hat das richtige, grore ist also ein 'ghostword'. Dass
jenes goren aus ßopeac stammt, wie ich a. a. 0. annahm, ist
doch wegeu des Anlautes zweifelhatt. Es gehört wohl zu
106 Gustav Meyer,
slav. gora 'Berg-', vgl. bulg. gorenh 'oben l)efiii(llieli\ gorn-
jalh 'Wind, der von oben kommt' (Dnvernois 3iSb), serb. gorn-
■jaJt 'Nordwind', ßopeac selbst ist mit slav. gora wahrscliein-
licli urverwandt.
4. Albanisch hasJce.
Für alb. basks 'zugleicli, gemeinsam, zusammen', haslcön
'nähere an, vereinige' habe ich Alb. Wtb. 29 keine Erklärmig-
aufgestellt. Ich schlage jetzt vor das AVort mit griech. cpdc-
kujXoc 'Beutel, Ränzer, lat. fascia 'Binde', fascis 'Bündel'^
air. hasc 'Halsband'^) zu verbinden. Diese führen auf eine
Wz. hhask- mit der Bedeutung 'zusanmienbinden'. Hierher
gehört auch lat. fascino 'behexe', fascinum: Wz. hhasl:- im
Sinne von 'den Willen jemandes binden, unfrei machen' oder
ähnlich. Damit ist griech. ßacKaivuu, ßdcKavoc verwandt: das
Wort ist im Griech. Lehnwort aus einer nrirdlichen Sprache
(Illyrisch, Thrakisch o. ä.), in welcher die Mediae aspiratae
zu Medien wnn-den. cpdcKuuXoc, auch ov, ist mit demselben
Suffixe gebildet wie ei'buuXov, vgl. auch die Adjektiva d)Liap-
TuuXöc, cpeibuuXöc, das im Ablautv>}rhältnisse zu -r|Xo- stehen
mag. All), hasl'e muss zunächst als Subst. aufgefasst werden
in der Bedeutung 'Bündel' oder 'Verbindung'. Dies ist dann
zum Adv. geworden ganz wie ngriech. iiali, was eigentlich
das Deminutivuni \ialiov von näla ist und schon in der Sep-
tuaginta in der Bedeutung 'blasse, Klumpen' gebi-auclit wird,
in welcher es ins Lateinische (massa) Eingang gefunden hat;
heute bedeutet es als Adverl) 'zusannnen', davon luaZ^uuvuu 'ver-
einige'. Hatzidakis im nXdTuuv VI (1884) o5 ft'. Vgl. auch
niederd. to lioop (zu Haufen i 'zusammen'. Pott l'liilologus
XI 2(JG.
5. Albanisch knfsedrf'.
Das Wort, das in mannigfacher Gestaltung vorkommt
(kul't^edre, kul'tsetidre, Meteore, Meieöer, Mesiöer) bedeutet
'Drache' und ist in Märchen häutig verwendet. Ich habe Wtb.
211) keine befriedigende Erklärung dafür vorzubringen ver-
1) Dciss altbrit. hascauda dazu g-ehört, wie Fick II'* 16.3 will^
ist sehr zweifelhaft; die Bedentun<i" \ü-etioehtencr Korb' ist k;uim
erweislich, die Angaben der Giosso<i"raphen führen auf ein Ph'zg-e-
fäss, s. Hohler Altkeit. Sprachschatz I 354.
Etymologisches aus den Balkansprachen. 107
mocht. Jetzt möchte ich g-lanbeii, dass es aus dem lat. cher-
sydrus = x^P'^'J^poc 'eine Schlange, die im Wasser und auf
dem Lande lebt' entstanden ist. Dies musste in der Volks-
sprache ^cei'sidrus lauten, von wo man leicht zu den alb.
Formen gelangt (mit Dissimilation "^celsidrus, durch Einfluss
des l '^culsidrus: auf der vorletzten Silbe l)etont, gab dies
JiiiUedre). Das lat. Wort ist bei Georg-es aus Lucan. 9, 711
und Servius zu Verg. Georg. 3, 415 belegt. Es war auch
im Mittelalter noch gebräuchlich : ich tinde es in einer der
lateinisch geschriebenen Xovellen des Neapolitaners ]Morlini
S. 156 (der Ausgabe Paris 1855).
6. Neugriechisch dTcaXoc.
dxcaXoc heisst im Xgriech. 'schmutzig', dxcaXeuuu 'be-
schmutze'. Das Wort kommt bereits in den mg-riech. vulgä-
ren Gedichten vor, z. B. Wagner Carm. gr. S. 69, 179 (Sach-
likis); S. 146, 163 (Tetrap.); S. 180, 35 (Pulol., TTavdicaXn);
in Prosa z. B. Chron. Mach. 167, 5. Es ist auch ins Süd-
rumänische übergeg-angen : dtsalu, arlaXoxj Kavall. Xo. 91.
Roesler Die griech. und tUrk. Bestandteile im Rum. S. 22
leitet das Wort aus dcKaXoc 'incultus' her: die Quelle dieser
Etymologie ist Korais "AraKta I 381 A., der dcKaXa • dKdGapia
zitiert. Dieses Wort steht Theokr. 10, 14 in der wahrschein-
lich sprichwörtlichen Redensart dirö CTTÖpuu dcKaXa rrdvTa und
bezieht sich auf einen nicht umgeg-rabenen (cKdXXuu) Acker.
Ausserdem hat noch niemand bewiesen, dass ck im Ngriech.
zu TC werden könne. Auch was bei Yyzantios 55 steht, ist
unhaltbar. Ich halte dicaXov für gebildet von dicdXi 'StahP,
das romanisches Lehnwort ist (ven. azzcde, it. accicde): 'stahl-
farben, dunkelgrau, schmutzig-grau, schmutzig'. Vgl. Juridus
'blaugelb, fahl', das in den romanischen Sprachen schmutzig-
bedeutet.
7. Xeugriechische Froschnamen.
Über die verschiedenen Formen des Froschnaniens ßd-
xpaxoc im Agriech. hat Röscher in Curtius Studien IV 189 —
194 gehandelt; vgl. meine Griech. Grannn. S. 183 A. 2. Unter
diesen Formen sind besonders zwei dem Ionischen zugeschrie-
bene interessant, weil sie, wie so manche lonismen, in die
Koivii Eingang- gefunden und von dort sich weiter verbreitet
108 Gustav Meyer,
haben. Die eine ist ßpöraxoc: Et. M. 214, 44 ßpöiaxoc, töv
ßdipaxov "luuvec, xai 'ApiCTOcpdviic Kai Tiafid Eevo9dvei. Bpö-
Tuxoc ist als Eig-ennanie aus Pantikapäon l)ezeiiii-t (Heelitel
Inscliriften des ion. Dialekts No. 117), aus Epliesos (Wood
Discoveries at Epbesos. App. 2 No. 2), aber auch aus Gortyn
in Kreta (Simon, frg-. 127 Bpöiaxoc ropTuvioc). Vg-1. Fick
Grieeb, Personennamen- S. 315. Durch Hauehversetzunii- ist
daraus ßpöBaKoc entstanden, das in kyprischem ßöBpaKac. ßö-
epaKOC, ßopTttKOC (Sakellarios II 491), pontischeni ßpo9dKa vSyll.
XVIII 128), bovesischem vrüdako lebt und aus dem uuterit.
Oriechisch als vrosacn in süditalienische Mundarten überge-
gang-en ist (Mandalari Canti del ])opolo reggino S. 338). Auch
gl', sprofaco 'hicertolone' in Roceaforte in Calabrien (Racconti
di Roccaf. 1, 2ö) gehört dazu. Als ^'In'ofacns ist dieses Wort
ins Vulgärlatein übergegangen, und daraus stammt in Bova
vrötil'o, in Süditalien vrötacu (Morosi Arch. glott. XII 83.
Mele L'ellenismo nei dialetti della Calabria media S. 113), aber
auch rum, bröafec, hrotöc, hrotdc 'diese aus ^'hrotäcus), hro-
tävel = */>roi^r^(TZ/«.5? 'Laubfrosch', alb. ?>re^fÄ- (Verf. Alb. Wtb.
47). Eine zweite ionische Form war nach dem Zeugnisse der
alten Grammatiker ßdepaKOC (Röscher a. a. 0. 189. Smyth
Greek Dialects. lonic. S. 152 f.) und auf sie gehen die ngriech.
Formen ßaOpaKÖc ßdGpaKac ßap9aKÖc bei Jannarakis zurück.
Aus ßpö9aKOC, ßöpGttKOc sind durch Ortswechsel des stimmhaf-
ten und des stimmlosen Spiranten (vgl. xoßoXi aus qpOYoXi, be-
Xaiepa aus eufarepa, Verf. Byz. Zeitschr. III 164) entstanden
(popbaKdc Legrand, qpöpbaKac cpopbaKÖc Deheque, (popbaK(\)d
zakonisch Detfner 134, cpoupbaKXdc Leukas TTavbiupa X 37.
Andere Entstellungen sind ßopbaKdc Somavcra, |UTTo9paKXäc
Kephallenia 'AvdXeKia II 2G3, CTTOpbaKdc Zante TTavbiijpa X
37 (vgl. 0, sprofaco).
Andere ngriech. Froschnamen, (»ffenbar lautnachahmen-
den Ursprungs, sind z. !>. KdpXaKac in Corfu, TTavb. X 37,
KttKapäc in Skvros ('Eqpiiu. cpiXoju. Xo. 224 1, KOÜßaKac in Thes-
salien (Oikonomos Aoki)uiov II 517), lUTraKOKac in Epirus (TTavb.
a. a. a.j. Letzteres kehrt in kaukasischen Sprachen wieder;
georg. hnqaqi, ingiloi haqaij. Erckert Die Sprachen kauka-
sischen Stannnes S. ()0.
Etymologisches aus deu Balkanspracheii. 10J>
8. Neugrieclii.scli ßoußöc.
ßoußöc 'stumm', mgriecli. ßuußöc, im Lexikon von So-
pboklis seit dem 8. Jahrhundert belegt, g-ehört zu einer weit
verzweig-ten Gruppe von Wörtern, die aus dem reduplizieren-
den Lautkomplex boh- g-ebildet sind. Sie ordnen sich einer
Reihe ähnlicher 'Wurzeln' ein, die als ursprüng-lich kindliche
Lallworte aufzufassen sind. Indem ich eine ausführliche Be-
handlung solcher Wortgruppen einer späteren Gelegenheit vor-
behalte, weise ich hier nur auf einig-es zunächst liegende hin.
Der Bedeutung- des g-riech. Wortes zunächst stehen afrz. hohii
'Dummkopf, span. bobo 'dumm, einfältig', port. bobo 'Xarr,
Hanswurst', sard. bovit 'babbeo, gotfo'. Das deutsche dumm
bedeutet in engl, dumb 'stumm'; vgl. auch, was ich Xgr. Stud.
II 97 über die Sippe von icoutcöc ausgeführt habe. Wie dort
— und anderweitig- — 'verstümmelt' und 'stossen' nebenein-
ander liegt, daraus 'Knopf, Knoten, Bündel' u. ä. (vgl. Schu-
chardt Zeitschr. f. rom. Phil. XV 97 ft".), so auch bei bob-,
z. B. im Germanischen (der Lautverschiebung ist ein solches
Wort entrückt): altengl. bob, bobbe 'Bund, Strauss', an. bobbi
'Knoten', altengl. öoftöe« 'schlagen, betrügen, verspotten' u. a.
bei^Iüller Etym. AVr»rterbuch der engl. Sprache I- 105. Wei-
ter hat bobö in der Kindersprache die Bedeutung- 'Unwohlsein,
Krankheit', z. B. piem. piacent. franz., oder 'Popanz', z. B.
friaul. bergam., vgl. i)oIn. bobo 'Pf»])anz'. Im Comaskischen
und ^lailändischen ist bobö Kinderwort für 'bevanda', daher
boba, bobba 'dicke Suppe', besonders ' Gefang-euensuppe ' (ber-
g-am. ferrar. mail. venez.); im Venezianischen ist es dann
übertrag-en worden auf 'Augenbutter, Eiter, Syphilis', in ]\Ian-
tua ist boba, bobazza dagegen 'Überfluss'. Wie sich bob- m
der Bedeutung- 'dumm' mit bcib- berührt, so auch in der Be-
deutung 'Alter': bresc. bergam. ist boba 'Vater' (vgl. asl.
boba, lit. böba 'altes Weib'). Auch bid^- steht nahe, z. B.
magy. bub 'Schopf, Kopf, Spitze', bubiis 'Popanz'.
9. Xeug-rieehisch Ziapiuvoi.
Ziapiuvuj 'runzle', in Thera lapoöbi n. 'Kunzel', ^[apoubiac-
|uevo 'runzlig' (Pet. 62), ist noch nicht etymolog-isch erklärt,
denn die Ableitung aus caipuu bei Korais "AtaKta I 2L3 ist
lautlich unmöglich. Ich stelle das Wcn-t zu emCapeuj Eur.
110 Gustav Meyer,
Rhosos 441. IMioiii. 45 'bcdräiiii-e'; Ziuupöc 'feurig-, lebhaft',
die Hoffniaini (li'ieeh. Dial. I 102 riehtii;' von ßapuc iietrciiiit
und mit asl. Jan ' amarus, iratus' verbunden bat. Der Be-
dentung'siU»cri;ang' ist derselbe wie von alid. grbn 'grimmig,
zornig' zu ital. gr'imo 'runzlig-',
10. Namen von Hanstieren in Griechenland.
Das g-ewöhnliehe Wort für 'Kuh' ist im Ngriech, otYC-
Xdba, Augmeutativ von dxeXdbiov, das bei Const. Porph. Caer.
464 in der Bedeutung- 'Kuir vorkonimt und Deminutiv zu
ÖYeXdc 'zu einer Herde gehörig' ist, Schol. Apoll. Rhod. 11
89. Yg'l. ßoöc dfeXaiii bei Homer. In Trapezuut sagt man
für 'Kuh' XTnvov (= ktiivoc), in Ophis ^uj (= 2ujov), Syll.
XVIII 135, Wörter, die sonst 'Schaf oder 'Zieg-e' bezeichnen.
Vgl. blG}, Plur. bla. 'Schaf in Kreta: TTapvaccöc VIH 715;
Legrand Poemes historiques 284, 364-, 294, 516; Jann. Für
'Ziege' in Cerigo, TTavbuupa XI 479. 503, über das 6- vg-1.
Analecta Graeciensia S. 22. Davon ZiouXa 'Ziege' in Naxos,
'AvdXeKia II 9; in Milos, auch ZiouXdKi, 'Ecp. qpiX. No. 792;
in Paxos, Erzh. L. Salvator 42. In Astypaläa bedeutet o^uuv
^Lasttier': Ross Inselreisen II 66. Das alte ai'H 'Ziege' hat
sich erhalten in ^ax-^a, Epirus, Oikonomos Aok. II 196; aiYia,
Cypern, Sakellarios; aia Ikaria, Stamatiades; sonst allgemein
das Deminutiv ^'\h\ (aiYibj noch in Trapezunt, Syll. XVIII 164)
und davon das Augmeutativ yi^ö- Ziege' heisst weiter xai-
ciKi, KttTciKa, besonders auf den Inseln (MvriiueTa I 434), daraus
wohl IiKtt in Kythnos, 'Ecp. cpiX. 431 : vgl. Alb. Wtb. 185.
C9axTÖ (= 'Schlachttier') wird in Tinos, 'Ecp. qpiX. 238, CTraxTÖ
in Saracho im Pontos, Syll. XVIII 164, gebraucht. Auch
ccpaxTÖ ist sonst für 'Schaf in Verwendung. In Thera ist
KpußiTca für 'Ziege' gebräuchlich (Petalas): zu asl. A-y/i*?» 'schief,
krumm', also KpißiicaV Agriech. oTc ist untergegangen, das
gewöhnliche Wort für 'Schaf ist TTpößaTOv; in Kreta rd Ka-
\x\ii\xa.ja Jann. 337. Die Bezeichmmgeu der Ziegen und Schafe
nach Alter, Farbe und andern Eigenschaften sind bei den
Hirten sehr zahlreich. Ziegennamen aus Makedonien sind z. B.
'Apxeia 1 2, 77 f. zusammengestellt: ipai 'verschnittener Zie-
genbock' (= TpaYiov von xpdYOc); irpouTCidbi 'unverschnittener
Bock' (slavisch pirch, Ngr. Stud. II 5.')); -rricouKepaTOu 'mit
rückwärts gebogeneu Hörnern' (oTTicuü-Ke'paTa) ; TpaiouciCKOu 'mit
Etymologisches aiis den Balkansprachen. 111
gTaden Höniern' (von xpaYiov iiiul i'coc), xpaoOcca eine e))en
solche Zieg-e (von xpdYoci; KarciKi 'saugende Ziege', s.o.; ßi-
ToOXi von der Entwöhnung bis zum Ende des ersten Lebens-
jahres (lat. t'if«?e?<5, Alb. Wtb. 113, Ngr. Studien III 14, auch
zakonisch vetiili Deffner 14); tix^abi 'zweijährige Zieg-e' (=
Se-xei)ndbi) ; KÖpiuTiou 'schwarze Z.' (rum. oder alb. Jcorh 'Eabe');
göaov 'schwarze Z. mit rotem Gesicht und Füssen' (türk. ;f_«,5^
'de couleur rouge foncc'y); KavouTOV 'cpaiöv' (rmn. '^cänüt aus
lat. canütiis, vgl. Ngr. Stud. II 75) ; vjjapi ' dcTTpOKÖKKivov ' (De-
minutiv von i[jdp 'Staar', vgl. vjjapöc von einer Art grauer
Farbe, Korais "AxaKia lY 699, schon agriech. 'grau, gespren-
kelt'); TTicxpa 'gefleckte Ziege' (slavisch pbstrd Ngr. Stud. II
50); qpXojpa F., cpXuupou N. 'weisse Z.' (lat. flörus, das Duvau
Mem. Soc. Ling-. VIII 187 f. in der Bedeutung 'flävus' als
Beiwort von crinis, lanugo u. ä. und als etymologische Ent-
sprechung- von xXuupöc nachweist); poucca F., poOccou N. 'weisse
Zieg-e' (rum. ms 'blond, rötlich' vom Vieh, aus asl. vns7j =
lat. russus)\ luoupxZlia 'rote Z. mit schwarzrotem Gesicht und
Füssen' (:= mürcUa. rum. nmrg 'braun', Alb. Wtb. 292, vgl.
juoOpYOuc, fioupxZiiGoc 'schwarz, schwärzlich' Yelvendos 'Apxeia
I 95; luoOpYOC 'sonnverbrannt' Kephallenia, 'AvdX. II 26U;
luoupxZiivoc 'dunkelrot' im Erotokritos; inoupxZioijXmvuu 'be-
schmutze, schwärze' Epirus, Mvrmeia I 3; laoupTi^ei 'es wird
Nacht' Yelvendos a. a. 0., vg-1. rum. murgeste 'es wird Nacht',
vgl. Ngr. Stud. II 42; auch bulg. murg Duvernois II 1249).
juTrdXia F., juiTraXiou N. 'schwarze Z. mit weissem Kopfe' (vgl.
Ngr. Stud. II 69, albanisch) ; fioOcKpou 'schwarze Z. mit klei-
nem weissem Fleck an den Augen' (von 7nuscus, vgl. span.
^musco 'dunkelfarbig'); dagegen bei Papaz. 462 laoucKOupoc
'Bock von weisser Farbe', juoupdKi 'schwarz mit zwei weissen
Streifen auf beiden Seiten der Nase und längs derFüsse' (Demi-
nutiv von juujpoc = lat. maurus 'Mohr", vgl. slov. mavra
'schwarzgestreifte Kuh'); lairdpxZ^m 'schwarz mit rotem Kinn',
vgl. fiTrdpxZiov Epirus, Syll. XI Y 220 (Ursprung? zu slav. hrada
'Bart'?). Ebenda S. 87 f. sind Beinamen der Schafe ver-
zeichnet: ßapßdxou 'unverschnittener Schafbock' (lat. havhäfus,
Ngr. Stud. III 13); KouTravdpi und laouvoOxi 'Hammel' (er-
steres zu köttxuu, KÖTravov, letzteres von euvoOxoc); ouxcidbi
'Leithammel' (wohl aus ou-fixcidbi, vgl. alb. tigif.s, ogif.s, serb.
zigic, bulg. jogic Duvernois II 2605); Trpoußaxiva 'weibliches
112 Gustav Meyer,
Schaf (TTpößaTOv) ; dpvi 'Lamm \m zur Trcminiig- von der
Äfutter' (ag-riecli. dpviov); Z;iYOÜpi laiicli in Epiruj^, Syll. MII
385) 'einjähriges Lamm'; Eixudbi dass. (=: Eexei|udbi, vgl.o.);
ILiTrXiöpi 'Bock, der zum ersten Mal hesprung-en hat', lUTrXiöpa
'Lannn, das zum ersten Mal geworten hat' (riim.. vgl. Xgr.
8tud. II 76;; Kpourdpa dass. (ttpujtoc); CTpiqpdba, crpiqpa 'Lamm
nach dem zweiten Wurf (zu cTepcpoc 'unfruchtbar', was in
die Bedeutung 'jung' übergegangen ist, vgl. Alb. "Wtb. 416 f.);
Xdiou X. 'schwarzes Schaf (alb. l'aj, vi. lai, s. Alb. Wtb.
235); fiTTeWou, itmeWa, f-iTriWiicou 'weissliches Schaf (asl. heh'^
vi. hei 'schwarzer Widder oder Hund mit weissem Flecke auf
der Stirn', Weigand II 297); KdXiccou, KaXecca 'weisses Schaf
mit kleinen schwarzen Streifen im Gesicht (vgl. Ngr. Stud. II
66); TrapaTiouciKou 'weisses Schaf mit einem schwarzen Kranze
um die Augen und schwarzen Füssen ' (türk. ».5 'schwarz' und
\ ».^ 'Auge'); KÖTCiavou 'weiss mit rötlichem Gesicht und Füs-
sen' (= KÖKKivoc?); pouYOuciKou 'weibliches Schaf mit Hör-
nern' (slav. rogb, Ngr. Stud. II 54); TTOubapouciKOu 'schwarz
mit gefleckten Füssen' (Trobdpi); inTrdXXiou 'schwarz mit Aveis-
sem Gesicht' (Ngr. Stud. II 69); pouviou 'Schaf mit dicker,
schöner Wolle' (Xgr. Stud. II 54); TcaTY«^« 'Ziege oder Schaf,
der man ihr Junges bald nach der Geburt weggenommen haf
(zu it. zanco 'link', eigentlich verstümmelt'; vgl. tcaYTdba
'Schaf oder Frau, die keine ^lilch gibt' Peloponnes, Papaz.
407; 'Schaf, das Milch hat ohne geworfen zu haben' Epirus
MviTiiieia I 56; TcafYdxii Ziegenname, Chios Kanellakis 1U3;
alb. tsangade F. 'unfruchtbar').
S. 93 werden Bezeichnungen von Ochsen und KiduMi
zusammengestellt. Xidpouc, -a 'gefleckt' (alb. l'are, Xgr. Stud.
II 68); Kapdc M., Kapöcou F. 'schwarz' (türk. sJj); dpdTtc, dpa-
ttouXXtc 'schwarz' (dpairric); uipiZlidvTC 'dunkelrot' (türk. ^^y^^.'^
'Koralle'); capic 'rotgelb' (türk. ^^^-o 'gelb'); koukkivtc, kou-
KKivou ''rot'\KÖKKivoc); TTipbiKC 'wciss' me'pbiKa); juiXiic, luiXiccou
'grau' (^eXiccöc 'melisseufarbig', Papazaf. 459); faiTavTC, -ou
'dunkclrot mit zwei weissen Streifen längs der Xase' (yaiidvi
'Band'); Y«^dvTC, Y"^dvou 'weissgell) mit rötlichem Bauclie'
(YaXavöc 'bläulich'); )uaTOuXXTC, iLiaTOuXXou 'von belieltiger
Farbe, ausser schwarz, mit einem schwarzen Ring um die
Augen' {\x6.x\. 'Auge'); TcmTTOuXXTC 'mit rückwärts gebogenen
Hörnern' (alb. tsiap 'Bock', daraus TcidTtoc Xgr. Stud. II 73^
Etymologisches aus den Balkaiisprachen. 113
vi. rura. fcqy)'-, tciouytouc "mit einem vcrstümmelteu Hörn' (alb.
tsttng usw. Alb. Wtb. 442); cioOtouc "ohne Hörner' (NgT. Stiid.
II 72); KOuXoußöc = KoXoßöc; Xaßßdtc, TTapacKißdc, TpiTC,
TTeqpTC, Aicpiepc usw. nach dem Tage der Geburt am Samstag-^
Freitag-, Dienstag-, Donnerstag, hl, Eleutherios; Ka^irepc (von
KdjUTTOC).
S. 95 endlich stehen Namen von Maultieren: lucupiZiiouc
■"schwärzlich' (Ngr. Stud. 11 42); KOuXa (türk. ^j:6 "fahl', vgl.
serb. bulg-. kula-s 'fahles Pferd'); poucca (asl. ru.'^h, hiüg. se.
alb. vi. rus, aus lat. 7'iisstts)\ cißa (asl. nun 'g-rau'); ypißa
(Ngr. Stud. II 81 f.); Kapdc (türk. ».i "schwarz'); ipapi (s. o.);
Z;dpKOu (■?).
Aus den Schafbenennungen aus Epirus, Syll. XIV 220,
sind noch nachzutragen vidfKpov 'mit schwarzen Haaren' (rum.
negru, vom Fem. neagrä)-^ YKdX-mvo 'gelbhaarig-' (rum. gcil-
hän aus lat. galhinus); YKe'cov 'schwarz mit zwei weissen
Streifen im Gesicht'.
Aus Makedonien führt Oikouomos Aokiuiov III 148 an
ßiTOuXi für ein zweijähriges, ßeppdbi für ein dreij'ährig-es, xpd-
Yoc für ein vierjähriges Böcklein; bei den Schafen bezeichnet
dpvi das einjährige, Ixjovpi, ZiiYdpi das zweijährige, luiXioupi
das drei-, Kpiöc, Kpidpi das vierjährige. Hängt ßeppdbi zusam-
men mit zakon. ßepYdbi "Ziege von 1 — 2 Jahi'cn' Dcftnerllo
(zu ßepYa virga im Sinne von "penis', vgl. alb. rrrgär "un-
vcrschnittener Bock' Alb. Wtb. 470)?
Auf Kreta sind gebräuchlich lYYaXo "ovis lactaria" Jann.
332 (YdXa); iiidpujTTO "weibliches Lannn' Jann.; CTeipOTrpoßaTO
"einjähriges Schaf und ebenso cieipoiiiaTZlieTa \jungc Kuh' (zu
it. manzo usw.), cieipocdvabo 'junge Gemse'. YiTCiKd sind
unfruchtbare Ziegen' Jann. 328, Koupvöc "schwarz und weiss-
gestreift', von Ziegen, Jann. 343; Ka-rrapoc 'aschenfarbiger
Ochs' OiX. IV; lueXiccöc ebentalls von Ochsen, vgl. o. xpiöxTiic
"dreijährig' braucht man von Böcken und AViddern. Ein
Schwein, das einen Gürtel von anderer Hautfarbe hat, nennt
man Ikuvoc, OiX. IV: ckoXivoc ist auch Bezeichnung eines
Schweines, ebenda.
Eine reiche Sammlung- von Ziegen- und Schafnamen,
leider ohne Erklärung-, hat Kanellakis XmKd 'AvdXeKia S. 10.3
A. 3. Ziegen: xe^^iöc, auch in x^^eioXißav)'] und xe^eio,ue'pYa;
XaXabdtri (von XaXdcV); TCOU|UTra, TcouuTrdTn l7-ii •'mii- climip
ludogermaiiisc-lie For.scliunpen VI I u. 2. S
114 Gustav Meyer,
'Stumpf usw.); Xißavri (Koseform von Xißavöxpouc ""de couleur
d'enceus); (puuKn f feucrfavben ' V von cpÖKOC : it. fuoco)\ Xao-
TTOC fhasenf lissig- ', XaYUJc); Kacxetv»! (""kastauienfarben'); xcaY-
Ydxri, s. 0.; dcirpoKOUTeXa ^mit weisser Stirn"; qjarcoiuuTa "mit
g-esicht(faccia)-artig'cr Schnauze'; TTOuXiapr) (ttoXiöc, 'grau'?);
luacxaXdiri 'mit breiten Achsehi, iiiacxdXec'; ipapiT 'g-rau' (ipa-
pöc); £uvri, Suvarri (oHuvöc 'aigre'?); iraxvdTri (irdxvri "givre,
rosee'); KaviiXepid (KavrriXa 'Kerze'); laovoKepa 'mit einem Hörn';
KauXdni (KauXöc 'penis'); jnovoßuZla 'mit einem Euter (ßuZ^i)';
KopiuJca (KÖpic, Kopiöc 'Laus') ; iiiaupoXaiiua 'mit schwarzem
Halse'; KauXoKepdTii, CTpaßoKepdTri ; dcTrpojuoÜTCouvii 'mit weis-
ser Schnauze'. Schafe: luouZ^oupri, wohl 'fleckig-', zu \xo\)ta,
Alb. Wtb. 290; dcTrpoKdva, mit it. cano zusammengesetzt, wie
TpeßXoKdva und juaupoKdva; jULupa 'schwarze' (moro)\ \xa\}po\x-
ladxa 'schwarzäugig-e'; KaucaXri 'brandfarbig"'; x^^eioiuou^oupov
'mit der Schnauze eines Aales'; cpoiviKidpiKri 'rot'; xceTipid
(von KuTtpoc"?); KepaxcoöXa (Ke'pac); cpupi'i 'meliert' (9upuü)?
yaXavn 'bläulich'; CKecpapödir) ; TrexZ^ouXii 'mit dickem Fell,
TTexci'? KaTrouXdx»! 'breitschultrig' (KarroiiXa); Traxvöppaxn vgl.
o. TTaxvdxri; biTrXdx»! (biirXa 'Falte').
11. Neugriechische Namen des Regenbogens.
boSdpi 'Bogen', steht für xoEdpi; von xöHov, durch Ein-
wirkung von böEa; die Vermischung ist von xöEov als 'Regen-
bogen' ausgegangen, vgl. Psichari Mem. Soc. Liug. VI 315
(Sept. Gen. 9, 14. Hes. eipic [= ipic] \\ eK xou fiXiou Yivojuevri
xaTc veqpeXaic xpöa, xö KaXoü|uevov xöEov. Et. Vi. 475, .•>9 Tpic
— criiuaivei Kai xnv veqpeXuubii lwv\\\), xö xöEov xö ev xiu oü-
pavuj qpaivöiuevov; er hcisst noch heut xöEo z. li. in Ikaria,
Stam. 140; xö xöEo xf^c TTavaYidc (Zante). oupdviov xötov in
der Schriftsprache. Der Regenbogen wurde als böHa xou ou-
pavoö bezeichnet, Somav. 204 b; Korais At. IV 264 (der das
Verhältniss umdreht); auch böHa schlechthin (Jann.; Kastello-
rizo Syll. XXI 319); ferner boEdpi xci KaXoYpidc 'Bogen der
Nonne' oder xci YPidc 'der Alten' (Kephallenia). Ich schliesse
einige andere volkstümliche Namen des Regenbogens an: das
alte Tpic hat sich als Tpo in Ophis erhalten, ^y\\. XVIII 137;
identisch damit ist dipov in Surmena (ebenfalls Pontos), 'Ap-
xeia I 3, 27. Zlujvdpi, Ziouvdp, besonders xfic TTavaYiac xö Z;uü-
vdp Trapezunt Joaun. ib', xnc KaXÖYpiac xö ^ouvdpi Peloponnes,
Etymologisches ans den Balkansprachen. 115
KiepaZlojvii Som. 204 b, Korais At. IV 2(34 ans Kupäc (= ku-
piac, Mutter Gottes) Ziuuvii und daraus entstellt KepacouXe Ikaria
Stani. 131 und Kepalov Kytlinos 'E9. qpiX. Xo. 247. In Cy-
pern (Sakellarios II 553) ^uuvdpiv ty]c dYiac 'EXevnc, der Scliutz-
patronin der Insel, und daher stanniit KiapaceXevn bei 8oin.,
das Korais a. a. 0. g-ründlich misdeutet hat. Ähnlich tci Ke-
päc TÖ Xoupi 'der Riemen der Madonna' Jannar. Man ver-
g-leiche hie/.u (aus den reichen Zusanuuenstellungen im IL und
III. Bande der Melusine) Ceinture du Bon Dien und Tcliam-
balJia (Strumpfband) dl Bonn Dloi et de la Santa Vierdza
aus der Haute-Loire, zahata vacaijo 'Gürtel des Hinnuels' bei
den Galla, Enne Maryam-t matemiya 'Gürtel der Maria' im
Chamir in Abess3'nien, lit. dangaüfi jüsta, laumes jdsta 'Gür-
tel des Himmels, der Laume'; alb. ioA- e zois 'Gürtel der
Jungfrau Maria' Wtb. 412; türk. 'Gürtel Allahs' Bodenstedt
Tausend und ein Tag- im Orient^ 110; courroie de Saint Leo-
nard, lothringisch; amarou — leroii ar potr koz 'die Strumpf-
bänder der alten Knaben' bret. In Arkadien sagt man Ka-
)udpa, in Attika Ka|udpa xoO GeoO (Politis Melusine II 39), d. i.
'Wölbung'. Zusammen gehören TapdiXxc in Trapezunt, Syll.
XVIII 137, und TapayiXiv in Kerasunt, 'Apxeia I 3, 27; ist
der zweite Teil türk. jj^X^e^J 'Stern'"? Ein seltsamer Ausdruck^
zu dem mir Analogien fehlen, ist vcKpoKÖviaXo und luiKpiKÖv-
rapo in Epirus, Syll. XIV 241. Mviiueia I 47.
12. Rumänisch hag.
Südrum. hagu bei Kavalliotis Xo. 109, hägare bei Obe-
denare Texte macedo-romäue S. 343, hag bei Weigand Aro-
munen II 296 heisst 'setze, stelle, lege' und entspricht rum.
bag 'stecke hinein, führe ein'. Das Wort wird von Cihac
II 638 aus ngriech. ßdZiuj hergeleitet, was ganz unmöglich ist,
da sich so weder das b- noch das -g erklären lässt. Ich
glaube, dass in rum. bagii das Verbum erhalten ist zu dem
Stamme, von dem sich in den romanischen Sprachen verschie-
dene Ableitungen finden: prov. afrz, hagua, bague 'Bündel',
span. haga 'Last die dem Maulthier aufgelegt wird', nordit.
baga 'Schlauch, dicker Bauch' (ven. vicent. cremask. cremon,
mant. piac. parm. bresc. berg. mail., davon cremon. haghetto
'Dudelsack', parm. hagön 'Trunkenbold', bresc. bagär, berg.
haga 'saufen'), friaul. baghe 'Schlauch', it. bagaglio, frz. ba-
IIG Gustav :\Ieycr,
(jage ""Gepäck'. Griindbeclentniig- von haga ist die tleiii Tiere
aufgelegte Last, .speziell der grosse gefüllte AVeiiisclilancli.
Hielier gehört auch alb. hagdi 'Lasttier' Wtb. 22. Falls dieses
hag- im Lateiiiisch-Rouiaiiischeii fremd wäre, könnte man es
mit idg-. Mag- vermitteln, das in ai, hhdjafi 'er teilt zu',
g-riech. (payeTv (vom Speiseanteil), slav. hogr, 'Reichtum' in
hogaih, nhogh = ai. hhcigas 'Gut' sowie in dem Gottesnamen
ai. hJuigas, ap. haga, av. daya, phryg. ZeOc BaYaToc, asl. hogi
erhalten ist. Grundbedeutung von haga wäre dann die zuge-
teilte, auferlegte Last. Das rom. Wort müsste dann aus einer
der nördlichen Sprachen, die idg. hJi- zu h- wandeln, ent-
lehnt sein.
Mit diesem hag- nichts zu thun hat das in den nordit.
Mundarten vorkommende hagola (bresc. berg. com, mant. cre-
mask. mail.), hagouJe (cremen.), hagula (mirand.), hagoJ (pa-
ves.), hegra (regg.), hegla hegra moden.), das die Bedeutungen
'harter Kot von Tieren, bes. Schafen, Ziegen, Hasen, jMäusen
u. ä.', und 'Strassenkot, der sich an die Kleider ansetzt' hat.
Davon übertragen pav. hagola 'Unsinn, Spass', bresc. hago-
Jare 'schwatzen'. Dies ist Deminutiv von haga aus lat. häca
'l)cere', von der Form dieser Kliimpchen. Ich erAvähne das
Wort, um eine Etymologie von mir Alb. Wtb. 23 zu berich-
tigen. Es ist ins Alb. als hägel'e, hage und daraus umgestellt
(halge) haige, in Griechenland hdlige 'Kuh- und Pferdemist'
tibergegangen, und in letzterer Form auch im Vlacli. [halicd
'Ballen des Kotes der Tiere', Weigand Olympoval. 47, dazu
hdligti 'seheisse' AVeig. 128), Rum. {halegä '3Iist, Kot', haleg
'miste'), Serb. (balega halaga haloga 'Vichkot'i, Klruss. {ha-
lyga, helega, haloh) vorhanden. Ich hatte also nicht nötig
a. a. 0. mit Hasdeu Cuv. T 20i) den Ursprung des Wortes im
Tatarischen zu suchen.
1)>. Rumänisch mat.
Kordrumänisch nuit 'Darm', stidrum. waffui bei Kaval-
liotis Ko. {j'2, ist bei Ciliac 11 r)'.t4 falsch aus dem Türk. er-
klärt. Es ist lat. maf'ia, das in den Glossen des Placidus
(^Corp. Gloss. lat. V 8;)) so erklärt wird: in pristine [lies in-
testina] (|ue sordes cmitlunt. unde niatiarii dicuntur (|ui cadem
tractant ad [lies ac] vendunt. Daraus Pajtias l)ci Ducange IV
ij'2\. Dieses iiiaiia ist vii'lleiclit idcntiscli mit inaitea, das
Etymologisches aus den ßalkanspracheu. 117
schon VaiTO L. L. V 112 richtig' als Leliuwovt ans (angeblich
makedonischem) fiaiTun erkannt hat und das, wie dieses, ein
feines Fleischhache mit Gewürz und Kräutern bezeichnete;
vgl. auch Friedländer Petronii Cena Trimalehionis S. 295. Es
ist möglich, dass diese 7nattea in Därme gefüllt wurde, und
dass Wort dann zur Bezeichnung des Darmes wurde. Ver-
gleichbar ist lat. ^caldümen, das in nordit. caldume 'Wam-
penfleck', in cat. escahlnms 'coudimentum ex avium minutis'
bezeichnet (Mussafia Beitr. z. Kunde der nordit. Mundarten
40), in alb. gardäiup 'gefüllte Därme', in ngriech. -foipbouiuia
^ Kalbsgekröse', in deutsch Kaidaunen und cech. JcaJdoun
'Eingeweide', in kroat. Icaldmii "Lungen' bedeutet. Vgl.
Kluge'' 182. Miklosich Et. Wtb. 109. Ebenso sie. quadumi
■"le interiora degli animali mangiabili'; bol. caldöni dass. (Coro-
nedi Berti I 241, wo es falsch aus Kaidaunen hergeleitet wird).
14. Südruiuänisch räfäldh.
Weigand Aromunen II 338 verzeichnet südrum. rätäldh
'Sehlauch von Ziegenfell' und bestätiget damit die Angabe von
Kavalliotis, der No. Sß ßaraXdxou, d. i. vätälaliu 'dcKi' hat.
Ich halte das Wort für eine Entstellung eines slavischen Wor-
tes: russ. potrolm Plur. 'Eingeweide', poln. patrach, patroch
dass., daraus lit. patralMi 'Gekröse', rum. patroacä 'Kaidau-
nen', magy. potroh 'dicker Bauch' (vgl. Miklosich Etym, Wtb.
353). Auch rum. ö^^/•c?^'^/" Schlauch, Wanst' dürfte hierin seine
Quelle haben.
15. Rumänisch cdtusä.
Über den Xameu der Katze und seine Verbreitung vgl.
Sittl Arch. lat. Lexik. V 133. Hehn Kulturpflanzen « 452. 589.
Die am zuletzt genannten Orte aufgestellte Behauptung, dass
\atus in allen romanischen Sprachen vorhanden ist und nur
im AValachischen fehlt', woraus chronologische Folgerungen
zu ziehen seien, ist unrichtig. Im Südrumänischen ist cätusä
bei Weigand Aromunen II 311 und schon bei Kavalliotis
No. 155 bezeugt; Cihac II 76 führt aus Alexi Gr. 48 ein
rum. cätusä an. Im Nordrumänischen und im Meglen (pisä,
Weigand Vlacho-Meglen 48) gelten allerdings sonst andre Aus-
drücke, vgl. Verf. Alb. Wtb. 339. -um ist slavisches Suffix,
vgl. serb. rogum kulum seljakum soldatusa und viele an-
dere, Miklosich Vergl. Gramm. II 344 f. Auch rum. gäinusä
118 Gustav yieyev,
'kleine Henne', nnuernsa 'Weibehen', mätusä 'Tante', turtu-
reliisä 'TiirteltänbeLcn'. Zu cäUisä vg-1. poln. l'otus, Fem.
Jcotusia 'Kätzchen'. Die Ansicht Mcver-Lübkes Rom. Gramm.
II 516, (las Suffix -usa sei magyarisch, erweist sich durch
sein Vorkommen im Südrumänischen als unrichtig-.
Das Maskulinum zu diesem -nsa liegt in südrum. aus
'Greis' vor (AVeigand II 296), bei Kavalliotis und Obedenare
ausu, bei Daniel aus-l'i TTreise' (ungenau); auseskii Verde alt'
Weigand. Da im Rum. -v- zwischen Vokalen ausfällt, steht
nichts im Wege aus für *arus zu nehmen und auf lat. avus
zurückzuführen, das im Romanischen meist nur in den Formen
*avius und '^aviolus erhalten ist, während das Grundwort in
ital. avo, ava (friaul. are) lebt ^). -iis führt nicht aut ein
lat. -üsius, wie Miklosich annahm; auch Bugge BB. XVIII
176 hat dessen Existenz nicht sehr wahrscheinlich gemacht.
Es ist viehnehr das auch im Kordrum. vorkommende -us. das
z. B. in piciorüs 'Füsschen', mägärüs "Eselchen', piircelüs
■"Schweinchen', negrn.^ ^schAvärzlich', calüs 'Einsteckholz' (eig.
Tferdchen') verkleinernd auftritt und eben das Maskulinum zu
dem oben besprochenen Fem. -usa ist, wie dieses, slavischen
Ursprungs, vgl. z. B. russ. batjusb 'Vater' u. a. Miklosich
Vgl. Gramm. II 344.
16. Rumänisch cauf.
Kordrum. caitf, ccmtare heisst 'suchen'. Ihm entspricht
südrum. caffu 'suche, verlange, beabsichtige' Weigand, cäffare
oder cavfare bei Obedenare, coftu mit den Bedeutungen tcuo-
\xa\ 'koste', Tupeuui, )ijak^\}\x} 'suche' bei Kavalliotis Xo. ITC.
193. 1102. Cihac I 48 hat das Wort auf lat. cr/^^f^rt^ zurück
geführt. Indessen ist Übergang von -pf- zu -//- für das Rumä-
nische unerweislich, obwohl er im Xgr. und Alb. Regel ist.
preftu ist nicht "^prepter aus ^'pre(s)h}tev, sondern ^prerifer,
^prevter, vgl. istr. -rum. prevt, neap. prevete, cal. prevltCj
alb. prift. Danach M'ird auch caftu auf ''■'cai-fK zurück gehen,
was auf '-'cavitare oder ''xautare von caveo führt. Rum. caut
heisst auch 'besorgen, pflegen'; dazu lässt sich das ani' H'ovicare
zurückgeführte frz. choyer 'verzärteln' vergleichen. \\\\\\\. preot
^{c\\X \\\v prent. A'or Medien wird lat. r/// zu südniiii. r/r. n<ird-
runi. au : audio, sr. avdu, nr. aud\ Jaudo, sr. alacdu, nr, laud.
1) Vgl. jetzt T.-ippolet Die romanischen Yerwandtschaftsna-
incn S. 62.
Etymologisches aus den Balkansprachen. 119
17. Südriimäniscli minfe, minde.
Kavalliotis iS'o. 180 hat als Übersetzung- von yvoj^it sr.
juivvte, d. i. minde. Tlnmmann liat unrichtig- juivte abgeschrie-
beu und Miklosich ist ihm gefolgt. Bei Obedeuarc und Wei-
gand lautet das Wort allerdings minte und ebenso im Rum.
minte, aus lat. menfem. Es ist indessen nach der Schreibung
des Kavalliotis und nach dem, was Miklosich Beitr. III 76
anführt, nicht zu bezweifeln, dass wenigstens in einigen Teilen
des südrumänischen Sprachgebiets minde für minte gesprochen
wurde. Den Übergang von -nt- in -nd-, der im Griech. und
Alb. Lautgesetz ist, kennt das Südrum. sonst nicht, ausser in
griech. und alb. Wörtern. Lat. -nt- bleibt -nt-, vgl. z. B. (die
Beispiele sind aus Weigand, der genau aufgezeichnet hat):
amintrei . amintu . dininte . dinte . fäntinä . friminfu . frinte .
Mntu . mirmintu . munte . nainte . näintru . näunfru . pärinte .
punte . sintii . sMnteale . Intinu. -nd- ist in lat. Wörtern
immer ursprünglich: ajjrindii . asl'undu . dimhidu . dinde .
fund . Tturundu . Tcindn . lindnrä . tindit . fnndu . vindik .
vindu. Ebenso in slavischcn Wörtern: mintesl'u : metq (aller-
dings auch mendesfi Mi. a. a. 0.). pämant : pameth. Da-
gegen griech. -vt- ist der x^ussprache des Xeugr. gemäss -nd-:
afendi . anda (öviav) . apändiseslxU . 'kandilä . TxundiJi . kin-
disit (Kevieuu) . Vunddr (Xeovxdpi) . trandabotdn . trandäfilä .
jamandä (bia|udvTi). Ebenso aus dem Alb. argande . mindu-
esku, minduire. Diese letzten Formen, die durch ilir -n- ihren
Ursprung aus alb. mefidöj verraten, haben offenbar auf das
lat. minte gewirkt und ihm die Aussprache minde mitgeteilt.
18. 'Eumäniscli zadä, dzadä.
Nordrum. zadä 'pin sau vage, eclat de bois resineux ser-
vant de torchc' Cihac II 712; 'Lärchenbaum' Iszer 65, Polysu
135; 'Lärchenbaum, Edeltanne' Saincanu; ungenau bei Clemens
Walachisches Wörterbuch 120. ol2 sada 'Kien'. Südrum. ent-
spricht dzadä 'Tanne' Weigand bei Kavalliotis Nr. 197 vTlävia,
d. i. dzadä 'babi'; ungenau bei Daniel xläja (dzata). zadä,
dzadä stehen für zeadä, dzeadä und stammen aus lat. taeda
'Kienbaum, Fichtenbaum, Kien, Fackel'. Auch sizilisch deda
zeigt die Media im Anlaute; man erklärt sie aus Assimilation.
Mir ist, obwohl die allgemeine Ansicht jetzt dagegen zu stehen
120 Gustav Meyer,
scheint, iiuincr noch wahrscheinlich, dass lat. taeda aus griech.
baba, Akk. von bac 'Kienholz, Fackel' entlehnt ist, zu einer
Zeit, als man den Diphthong- von bäiba in Unteritalien noch
sprach. Dann hätte die siz. und rum. Form den ursprünglichen
Aiüaut eines vnlgärlat. ""'daeda hewahrt, lat. taeda wäre dissi-
miliert.
19. Eumänisch chrr, tdr.
Nordrum. chir ist \Sieb'; ihm entspricht siidrum. tsir bei
Weigand, tsiru l)ei Kavalliotis Nr. 456. cnir ist lat. clhrum
für cribrum-, die Folge der zwei r ist in umgekehrter Weise
erleichtert wie in span. crtbo, ])ort. crivo, lat. cribeUum. Die
Form ist in den Plaeidusglosscn direkt bezeugt (Corp. Glos.«,
lat. V. 59, 25): crihrum non cibriim. -hr- ist nordrum. zu -ur-
geworden, wie in faur aus fahrum, fäurdr aus fehriiarius,
leuruscä aus lahrusca u. a. In südrum. tsir ist v vor r ge-
schwunden, vgl. kusurin bei Daniel = consohrini, rum. lunec,
wenn es wirklich = hibrico ist. x\nders ist die Auffassung
von ]\Iiklosich lieitr. 2, 55. Nach ihm soll cmr aus cir = tsiric
entstanden sein, dieses aus *ciribrum, tsirir, das zu tsir kon-
trahiert wurde. Auch für cirihrum beruft sich Miklosich auf
die Glossen des Placidus, aber diese Form der älteren xVus-
gaben ist schon von Deuerling beseitigt und im Corp. Gloss.
durch obige Lesart ersetzt. Ü))rigcns wird *ciribru7n durch
das daraus entstandene sardische diiliru vorausgesetzt.
20. Rumänisch strig.
Nurdrum. strig 'rufe, schreie', südrum. strigü Weigand,
strigu Kavalliotis No. 485 'rufe, schreie' hat Cihac, dem Kör-
ting folgt, von ^'exquirifare al)geleitet. Ich sehe zwischen
beiden AVörtcrn die tiefsten lautlichen Abgründe, strig ent-
spricht einem lat. "^'strigare, das zu strix 'Ohreule', striga
'Hexe', CTpi-fH 'Art Eule' gehCtrt und zunächst das kreischende
Geschrei dieser Wesen bezeichnet hat. tpiZiuj, xprf- wird dazu
gehören. In derselben Weise ist ein mgriech. CTpiYTiZ^iu 'rufe'
von CTpi^H gebihlet, s. Ducange; an einer dort angefiUu'teu
Stelle steht es synonym mit KpdZuu: KpdZ;ei boKÜj KaX\i)aaxov,
Ka\\i)uaxov CTpiffiZlei. Hinzuzufügen ist z. 15. Flor. u. Tlatziall.
1(528. 161)0; (iTTOCTpiYTiZ^uj Machäras 183, 5 »Sathas; CTpiTT«
'ruft' Kappadokien, AcXtiov I 725, 15.
Etymolog-ischeö aus den Balkanspraehen. 121
21. Rumäiiiscli acdf.
Nordrniu. acdt 'häiige an', südrum. aMts 'erg-reife' Wei-
gand ; dazu nl-afsu 'streite' Kavalliotis No. 574. Das Wort
scheint zu bulg. Icacja "hängen', otkacja 'loshaken', zakacja
"anfangen', hacja 'erheben', Imcja se 'steigen' zu gehören,
dem im Serb. l^acati 'sich auf die Oberfläche des Wassers
werfen, von Fischen' entspricht. Die slavischen Wörter sind
bei ]\Iiklosich Et. Wtb. 108 nicht gedeutet. Das von ihm
dazu gestellte bulg. kacam, Mcna 'sich setzen' führt auf die
Herleitung aus dem griech. Aorist eKdica für eKcüGica 'setzte
mich'; ebendaher oder aus dem Slavischen stammt das rumä-
nische Wort.
22. Rumänisch stuj).
Nordrum. sUtj) ist 'Bienenkorb', südrum. stiqm nach
Kav. No. 604 'Biene'. Die erste Bedeutung ist die ursprüng-
liche. Auch alb. hVefe 'Biene' hat daneben die Bedeutung
'Bienenkorb' (Rossi, Reinhold) und wird wohl eigentlich %Z-
hethis *abletUis von aicus 'Bienenkorb' sein (vgl. Verf. Alb.
Stud. II 79; anders, aber schwerlich richtig, wegen &-, Alb.
Wtb, 39). Das kollektive 'Bienenkorb, Bienenschwarm' ist
auf das Einzelwesen übertragen. Die ursprüngliche Bedeutung
von stuj) ist 'Stumpf, Ijaumstamm': in hohlen Baumstämmen
sind Bienenstöcke angelegt. Vgl. it. bufjno 'Bienenstock' =
neuprov. hugno 'Baumstamm', das man auf air. Imn 'Wurzel-
stock', kymr. bön 'Baumstumpf zurückführt; ngriech. Kop|ui,
Kopiaepo im Pontos, Syll. XVIII 142; Detfuer Archiv I 227)
'Bienenstock', eig. 'Stumpf'^). Das Wort gehört zu der Wurzel
stuj), die samt ihren Nebenformen sfump, tup, tump ähnliche
Bedeutungen hat, wie Int, kuts, but, btds, cok, conk, tsop,
tsomp u. ä. (vgl. Ngr. Stud. II 99). Es gehört hieher z. B.
1) zu stup : ai. stiipäs 'Schopf, auch mit u stiipas 'Schopf,
Balken, Haufen'; griech. ctuttoc 'Stock, Stumpf, Stiel'; cxuTrdZiuj
'schlage' Hes.; dTTOCTUTidZiuj 'prügle weg' bei Archilochos; lat.
1) Ich bemerke zu Byz. Ztsclir. 111 158, wo ich über ngrieeh.
Bezeichnungen des Bienenkorbes gesprochen habe, dass meine Er-
klärung von Iu|udpi und äc|no6öxoc falsch ist. Ersteres, das auch in
Ikaria als ^o|uäpi vorkommt (Stamatiadis 129), ist = Z:,udpi von agr.
^Cjuöc 'Bienenschwarm''; damit ist auch ücjaoböxoc zusammengesetzt»
122 Giistcav Meyer,
stupeo 'bin starr', stupidus, stuprum eig. 'Verstümmelung',
^shqmla 'Stoppel' (= ital. stoppia usw., sclirift lateinisch sti-
ptila), wahrscheinlich auch Htipulus 'fest', wovon stipularij
und mit t stipes 'Stuni})f'; anord. stüfr 'stumpf; 2) zu stump:
ai. prastumpaü 'stösst mit den Hörnern'; 3) zu tup: griech.
TU7TTUJ 'stosse', asl. thpiAütl, bulg. tipca 'treten', poln. ttipac
'mit dem Fusse stampfen'; lit. hqjüi 'kauern, hocken' (wie
ein Stumpf); 4) zu tump: ai. tumpati (unbelegt); griech. TU)i-
TTavov. "Weiter schliessen sich hier an stemp-, stomp- (asl.
stqpiti 'treten' = serb. stupiti usw.), temp- tomp- (asl. tqp'b
'stumpf = serb. tup usw.), stemh- (lit. stamhras 'Stumpf,
deutsch stumpf), stembh- (ahd. stuiu'bal 'Stumpf, verstümmelf)
usw., worauf ich hier nicht eingehen kann.
23. Rumänisch puHn.
Rum. puün 'wenig', auch im Südrum. bei Kavalliotis
und Weigand, ist von Cihac I 224 aus lat. ^paucinus erklärt
worden, und andre, Avie Körting, Saineanu, sind ihm gefolgt.
]\Iiklosich sagt Ru. ünt. II 33 "man vergleicht paucus, wohl
mit Unrecht". Man kann sagen, gewiss mit Unrecht: weder
die Behandlung des cm noch die von -ci- würde verständlich
sein; man müsstc im Nordrum. wenigstens piiciii erwarten.
Das dem Kord- und Südrum. gemeinsame ts weist auf '■^puti-
nus. Dies gehört zu einem Stamme p«f-, der ebenso wie der
ähnliche Stamm pit- (Alb. "Wtb. 341), etwas 'Kleines, Junges'
bezeichnet. Von ihm sind Ableitungen z. B. ai. ^^<^rrts 'Kind',
ptittalas, puttilxä'V\{])\iQ.' (mit Diphthong ^;ofrt5 'Tierjunges');
lat. putus, putülus, noch ital. putto, putto, puttana u. a.;
venez. auch putin, putina für 'kleines Kind'. Asl. pita
'Vogel' (eig. 'junger Vogef), lit. puf/'/fis als Zärtlichkeitsaus-
druek, etwa 'Hähnchen', Kurschat (hielior auch paütas 'Ei').
put put dient zum Hühnerlocken im Litauischen (Kurschat) und
Deutschen, Heyne leitet Pute, Puter = Truthahn davon ab,
jedenfalls stannuen daher J^uttel, puttlle, puttele für 'Hühn-
chen' (z. B. Lexer Karin. Wtb. 48j und aus dem Deutschen
ßlov. cech ^jwfrt 'Henne'.
24. Serbisch j)Jiiii((.
Miklosich Et. Wtb. 250: "plhini serb. 'Flut, Überschwem-
mung'; pliina i osjeka 'Ebbe und Flut'. Man möchte an
Etymologisches aus den Balkansprachen, 123'-
griech. uXuiiia denken, das jedoch 'Spülwasser' Ijedeutet." Das
serb. Wort ist natürlich nichts anderes als griech. irXriiari 'Flut
des Meeres', anch icXriiiniT geschrieben, das bei PoljiDios, Diodor,
Strabon und andern spätem Schriftstellern vorkommt.
25. Sloveuisch prun.
Ohne Deutung steht bei Miklosich Et. Wtb. 266 nslov.
p7nin 'blau\ im Nordwesten des Sprachgebietes. Im sIoy.
Wörterbuche von Janezic; hrg. von Kleinmayr (1874) findet
sich prün 'grün, grasgrün, bläulich'; die neue Ausgabe von
Hubad hat das Wort weggelassen. Das neue Wörter1)uch von
Pletersnik II 358 gibt aus Jarnik die Bedeutung 'blau', und
zitiert aus einem Volksliede prun liokor jasno nebo 'blau
wie der heitere Himmel'. Die Bedeutung 'grasgrün' scheint
apokryph zu sein. Strekelj hat sich Arch. slav. Phil. XII 467
mit dem Worte beschäftigt und es auf ahd. mhd. hrün 'braun'
(it. bruno) zurückgeführt. Das ist gewiss möglich, denn die
Farbenwörter unterliegen mannichfachem Wechsel der Bedeu-
tung. Aber einfacher liegt es jedenfalls in dem Worte das
lat. prünum zu sehen, so dass es eigentlich 'pflaumenfarbig'
bedeuten würde, wie in ladinischen Mundarten briim, hruny
hurna 'blau' auf dasselbe prunum zurückgeht (Alton Lad.
Idiome 158. Schuchardt KZ. XX 249 A.). b- auch in friaul.
hrugnul, venez. brogna usw.
Graz. Gustav Meyer.
Zur Ausspraclie des Griecliisclieii.
(Griechische Umschriften demotischer Wörter.)
Die demotischen Papyri von London ^j und Leyden-)^
welche wie ich nachgewiesen, die beiden Hälften einer und
derselben gnostischen Handschrift sind, enthalten mehrere hun-
dert griechische Glossen, die durch ihre genaue und streng
konsequente Umschreibung der darunterstehenden demotischen
WortC; nicht nur das kostbarste Material zur genauem Bestim-
1) Der gnostische Papyrus von London, Einleitung Text und
Deniotiscli-deutsches Glossar von, J. J. Hess. Freiburg (Schweiz) 1892.
2) Ägyptische Monumenten van het Nederlandsche Museum
van Oudhedcn te Leyden uitgegeven door Dr. Conradus Leemans
Leyden 1839.
124 J. J. Hess,
miing- der Lautwerte des ägyptischen Alphabetes sind, sondern
auch wert\olle Aiifscliltisse ü)3er die Aussprache des Griechi-
schen, Avie es im 2. Jahrhundert 3) n. Chr. in Äii'vpten ge-
sproclien wurde, liefern. Ich g-ebe im Folgenden alles, was
für den Hellenisten von Belang sein kann und zwar so, dass
ich zuerst das vollständige Material resp. alle Glossen, in denen
der zu bestimmende Laut vorkommt, zusammenstelle und dann
erst meine Schlüsse ziehe; die demotischen Formen sind na-
türlich umschrieben, wobei ich l>emerkcn muss, dass die Laut-
werte des demotischen Alphabets absolut sicher sind, sofern
nicht das Gegenteil bemerkt ist.
0
entspricht mit xlusnahme von 2 Fällen stets demotischem j^li.
Im I'apyrus von London findet sich :
cqjhöe = aqpuui"! v. II 3; aphöhös = aqpoßuuc II 14; am-
jjhöit = a)ucpoou IX 14; enphe = evqpe V 17, VII 13; iph
= icp V. II 1 ; phälelcmi = cpaXeK|ui X 5 ; phekse = qpuHe VII
22] plirrja = cpupKa YTI 22] mephrobriäs =^ jiieqppujßpiac VII 22;
oiieUlxhripTis = laeXixpicpc ; nephro = veqppuu \ll 21; ntsiu-
phiu = biouqpia VII 22; lephoger = XucpoKep v. II 7; laöre-
grepJiie = XaopeKpricpie VII 23; lierephes =^ upuqpiic VII 22;
pliihieg = cpißiriK X 6; gephäersöre = Kecpaepcuüpe v. II 7.
Im Papyrus von Leyden: phrilxS = cppeiH VII 9; mäs-
plK'ynege = luacqpoveKC VII 10; periphäe = rrupicpari IX 2;
Hrpönghnuph = apTTOVXVoucp IX 6; hrintatenöphri = ßpiv-
TttTiTvuucppi IX 7; meseglwlpli = juecexpicp IX 8; ömph = a)|uq)
IX 9; emphe = eiacpri X 6, 31; arJxhel-hemphe = apx€X6|Li-
<pai X 18; nepliär =^ vr|cpap XXI 8; aplioe = acpoin XXI
8; lephoger = Xuqpoxep XXI 9; gephäersöre = Kecpaepcuüpe
XXI 10; hfiisiphth = l^^'eiciqpS XXII 10; phaJdhiöp = cpaK-
GeiOTT XX 14: ptaräphne = TTTapaqpvr) XX 15; nrnphnu =
apacpvou XX 15; phnugentahaö = qpvouKevraßauu v. XV 2.
Ein dcmot. p transkribiert 9 in pfaJch = 00a IX 2 wo
der Schreiber statt einer genauen Transkription einfach die
griechische Form des G(»tternamens hinsetzte und in egompto
IX 21, X 25 (an letztenu Oite fehlerhaft egomthö) = eKO|uq)0uü.
Das cp ist also unzweifelhaft j)-\-h und noch nicht ein
labiodentales /' wie im Xengriechisclion, es ist dies um so
sicherer, als unser ^Manuskript den stimnduscn labiodentalen
1) Nach der italaograpluselicu Bestinnnung' U. Wilckens.
Zur Aussprache des Griechischen, 125-
Laut durch ein besonderes dem Ägyptischen entlehnten Zei-
chen t| wiedergibt: ornuorf = opvouajp:| London II 10 bis^
^ähörof = TTaeuüpoL| ib. II 10, 11- ntof = viaq Leydeu
XIV 41).
X
Die Aussprache des x hisst sich nicht so unmittelbar
nachweisen wie die des cp, da der Wert der demotischen Ji-
Laute die mit h dem x entsi)recheu, nicht ohne Weiteres fest-
steht. Ich gehe daher von dem griech. k, j aus, um zunächst
den genauen Wert derjenigen Zeichen die wir, weil sie im
16. Jahrh. v. Chr. einem semit. :t, d, p entsprechen mit g, Je
nnd k umschreiben, festzustellen.
I. K transkribiert:
anlautend vor a ^(13 mal) Ä- (10 mal) (1)
vor e g (11 mal) /v (4mal) (2)
vor r| g (1 mal) Je (1 mal) (3)
vor i g (2 mal) Je (4 mal) (4)
vor u 7i- (1 mal) (5)
vor 0 g (3 mal) Je (2 mal) (6)
vor uu g (2 mal) (7)
vor ou g (1 mal) Je (1 mal) (8)
vor Konsonant ^ (11 mal) 7v (8 mal) (9)
auslautend g (2 mal) l- (3 mal) (10)
(1) Papyi'. von London: pJirgn = opupYa VII 22; nfote-
gägisfe = bobeKaKicxri VII 20 ; semeägäntii = cr||ueaKavT[ou]
VII 2'^\ gäsäntra = Kacavrpa I 15; gätJiurä = xaGapa VIl
25; gänah = Kavaß VII 20; galagantsi = KaXav6i III 24;
gäräh = Kapaß III 26; Pai)yrus von Leyden: gnm = Ka|u
VII 2b -^ garJire = Kappr) IX 7; gahaön Kaßaujv X lO; äga-
nägtip = ttKavaKOUTT XVI 28; JnragatJit = ßipaKaGai XIX
10^); Papyr. von London: Jei = xae V 14; leJeauJes = Xu-
1) Aus andern Texten zitiere ich die Lehnwörter: (tfhluphii-
rus = ae\o(popoc B. G. D. Tafel V 2 (210 v. Chr.); phile = qpiaXri B.
Thes. V S. 1019 (254 n. Chr.). — In riUns Inschr. von Rosette 3
(195 V. Chr.) = OiXivoc und Trnpin pass. z. B. B. Thes. V p. <S9;>
(73 V. Chr.) = Tpucpaiva, wird qp durch p vertreten. <| umschreibt
einmal lat. /' in Flgis = Felicis (Titel des Commodus) im Ostracou
20300 d. Brit. Museum vom "Jahre 12 des Flgis".
2) Vgl. das Lehnwort ijainna London v. IX 4, 6. 7, 8 = KaO|Lia
'Hitze'.
126 J. J. Hess,
KttuH VII 28; häriJcätei = ßapiKarei MI 29; lätei = Kaxei
VII 29; Papyr. von Levden: l-rö7nulnf = KpuujuaKaT XVIII
3; l'ahm = KaXeou XVIII 4; päiikt = TTavKai ib.; infiktsltäkät
= fittKaTCiTaKaT XVIII 45; hirägatht = ßipaKaBax XIX 10;
ämämarkär = ajua)LiapKac XX 9.
(2) Papyr. von London: Jephöger = XucpoKCp v. II 7; ge-
jjJiuersöre = Kecpaepcuupe v. II 7; genteu = Kevreu VII 28; ge-
tJws = KeGoc VII 7; Papyr. von Leydeu: mäsplwnege =
)aaccpov6Ke VII 10; gutliuhäsätliuri = Ke9oußaca9oupi IX 17;
getliö = KtGuu IX 31, X 25; hiragetht ^= ßipaKeBax XVIII
34, XIX 2; gephäerstjre = Keqjaepcoupe XXI 10; phnugen-
täbao = cpvouKevTaßauu v. XV 2; Papyr. von London: märmä-
reke = juap^apeKe VII 23; hake == uaKe VII 30; Papyr. von
Leyden : mäskelJi = laacKeXXi v. XV 2 ; mäskellö = juacKeXXuj
V. XV 2.
(3) Papyr. von London: geriteu = Kiipibeu \'II 28; Pa-
pyr. von Leyden: keke = KrjKri XII 15.
(4) Papyr. von London: ginnt atlnir = KivbaG[oup] v. II 2;
ntötegägiste = bobeKaKiciii VII 26^); Papyr. von London: ki
= Kl V 14; IcikJi = kik^ VIII 1; Papyr. von Lej^den: öäp-
Jcis = uaiTKic XXII 6; Mkia = uaKie XXII 10.
(5) Papyr. von Leyden : hrinskalmu = ßpivcKuX)aa IX 8.
(6) Papyr. von London: göntere = Kuubiipe VII 26; gön-
teu = KOVTeuVII28; Papyr. von Leyden: egöwptö = eKOiicp-
Guj IX 21, X 25; kmre = KOjapr] V 15; etsiknipto = ebi-
ko)li7t[t]uu IX 17 2). '
(7) Papyr. von London: goghir = Kuuxip v. II 6; Papyrus
von Leyden: göklürhn'mtör = Kuuxippobop XXI 9.
(8) Papyr. von Leyden: äganagup = aKavaKOuir XVI
28; Papyr. von London .särbiaku = capßiaKou X (5.
(9) Papyr. von London : läöregreplüe = XaopeKpjiqpie VII
23; sulgmö = caXK)Liuu VII 20; igrä = iKpa X 6; glö =
kXo V. IIIC; Papyr. von Leyden: higt = ßiKi II 13; gläfe =
KXarai I 4; glahanö = KXaßavo V 15; grähunsänunl = Kpa-
ßouvEavouvi IX 17; tagrfat = TaKpiar IX 11, 13, X 10,
XI 4-j; Pai)yr, von London: nkruröhöre = aKpoupoßope VII
1) Vg'l. das Lelinwort gissös Leyden XVIII 18 =: kiccöc 'Epheu'.
2) Yg]. das Lehnwort yru<jus London III 29, Leyden XIV 18
= KpoKOC 'Safran'.
Zur Aussprache des Griechischen. 127
26; phalekmi = cpaXeKfii X 5; Papvr. von Leyden: anMliöm
= avaKGofi VII 13; tasli = xacKX XVIII 3; krömäkät =
Kpuu|uaKaT XVIII 3; phuldlüöp = qpaK6eioiT XX 14; Tcräänä
r=r Kpaava XXII 14; In'atris = Kpaipic XXII 14.
(10) Papyr. von London: phihieg = c})ißiriK X 6; Pa-
pyr. von Leyden: ig = ik XVIII 2; Papyr. von London:
j)rä]{: = ßpdK VII 21: Papyr. von Leyden: bäresäk = ßape-
^aK VI 5; fäfäl' = TaxaK XVIII 2.
IL Y transkribiert:
anlautend vor a g (1 mal) ng (3 mal) (1)
vor e ng (1 mal) (2)
vor i k (1 mal) (3)
vor ö ng (2 mal) (4)
vor f ng (2 mal) (5)
vor Konsonant ng (1 mal) k (1 mal) (6)
(1) Papyr. von London: arsingä = apciVYa v. III 5 (nach
7il) ; Papyr. von Leyden: peripegäneks = irupTrriYavriE v. XV 3 ^);
Papyr. von London: eresghfgäJ = epec\v{a\ VII 26; Jiesen-
mingäntön = uceviuiTabuuv VII 25.
(2) Papyr. von Leyden: sengänhäi = ceYevßai IX 10 2).
(3) Papyr. von Leyden: mekiste = fieTicxe VII 8.
(4) Papyr. von London: ngöngetsiks = y^TuöiE v. II 5;
Papyr. von Leyden: ngöngefhigs =^ YuufuGig XXI 6.
"^ (5) Siehe (4).
(6) Papyr. von London: lärngnunes = XapYvavric VII
22; Papyr. von Leyden: muknes = luaYvric v. II 11.
Aus den Übersichten I und II ersieht man, dass 1) k
sowohl g als k umschreibt, 2) dass das Demotische um den
stimmhaften Laut y darzustellen sich der Kombination ng be-
dienen muss (wie es b durch nt und l durch ns wiedergibt)
woraus folgt, dass g ein stimmloser Laut war.
Aus dem Umstände das g g-riech. k auch vor den o-
Lauten (wie das tief artikulierte k) vertritt, erhellt, dass es
auf keinen Fall (wie später im Koptischen) palatalisiert ist
1) Vgl. die Titel: Atogrtur Gsrs Giu Ubiu Trhunie Glue
Inschrift des Termin Zeile 25 nach meiner Kopie = Imperator
Caesar Gaijus Vibius Trebonianus Gallus.
2) Vgl. dagegen die Wiedergabe von Germanicus in den Ti-
teln des Nero: Nrne Gluts Gisrs Sbste Grmnks Äutkrtre Inschrift
in Dakke LD IV 144 Z. 7—8 nach meiner Kopie.
128 J. J. Hess,
1111(1 dalicr niig-efähr ^) aiicb dieselbe Ai-tikiilationsstelle haben
iniiss wie Tc, was andrerseits auch dadurch erwiesen wird^
dass in iiiiserm Papyrus g und Ä; in deniotischeii Wörtern
wechselt (so gid Loiid. VI 15, Leyd. XIV 5 = hid Lond.
VI 16 k. cri.x 'Haiur; gi Lond. III 6, 17, Leyd. VIII 21, IX
18 = M Leyd. VI 1, X 1 k. o-i- 'Art, "Weise') und in dem
Leydener Papyrus der Tierfal)e]n, der wohl einer etwas spä-
teren Zeit ang-ehört, das g g-anz unterdrückt und überall durch
Tc ersetzt ist.
Das gTiechische x n^^ii v;\\'(\. durchwegs und wie es nach
den vorhergehenden Erörterungen über die Natur des g und
Ic natürlich ist, unterschiedslos mit
gh (1) und Ä7i (2)
transkribiert.
(1) Papyr. von London : eresghingal = epecxiTcX VII
26; märighäri = jaapixape I 22; sngJiärnanm = couxa|ua)aou
VII 6; gögJiir = Kuuxip v, II 6; ghubähö = x«ß«?u^ V 22, VII
18; gTiöghömöh = xoxof-ioXri VII 24; gJiJa = xXav. III5; Pa-
pyr. von Lcyden: arponghnuph = aprrovxvoucp IV 6; mene-
hdriaJcJiegh = jLieveßapemxux I-^ 7 ; mesegliriph = )uecexpicp
1X8; glumgJie = x^J^ouxe IX 10; lugluiv = XoiJxa[p] v. XXVII
8; Papyr. von London: arlilie = ripxn X 5; itkliulhunhu =
axa[x]avßou VII 6; älhlhu = «xxou VII 7; 'bakaksilxhelxh =
ßaJKaJgixux VllI 10; melilhriphs = jueXixpicpc VII 21; ma-
lt hdhäi = |uaxa?ai X 5; muuekh = |uouvaix X 6; Papyr. von
Leyden: IhöJthi'eJxhi = xoXPCXi I o; Ihurmdi = x«PMöi I 6t
■inulvlwpneumä = )aaxoTTveu)Lia VII 16; psiklilrneälxhelmi =
ipiXiMeaxeXo IX 5; hrnlhdnsplä = ßXaxavcirXa IX 6; mene-
hnriakhegh = laeveßapeiaxux IX 7 ; idl-Jilh = laxx IX 8 ;
mdörkhäräm = ^aopxapa^ IX 0; lannlhelxli = Xaavxux IX
9; n/ptumikh = vitttouiliix IX )^; hukham = Xaixaju IX 10;
hasukham = ßacouxa)a IX !(>; nkhägharkhun = axax«PX«v
IX 16; sökliom = coxoju IX 20; ökhökh = oxox IX 20;
arkhrempto = axpe|UTTT0 X 0; ((rkhckhouphe = apxexcMcpai
1) Ich sag'c Uli <>'c fähr, ck'ini aus dein Uiiistamlo, dass y i"
der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle mit // oder 7ig und nicht
mit k oder vk wiederg-eji^eben wird, k auch nicht g-riech. k vor
o, lu oder ov umschreibt, möchte ich schliessen, dass «/ etwas tiefer
artikuliert wurde als k.
2xiv Aussprache des Griechischen. 129
X 18; söMiömmua = coxo|U|uoa X 24; okh = ox X 24;
öT^hlxliun = oxx«v X 2ö; göJcJürJirontur = Kuuxippobop XXI
9; iurmel'h = iap|Liiix XXII 9.
Das X ist also immer noch l--\-h nnd iiielit der stimm-
lose Reibelaut für den die Transkriptionen das ägypt. Zeichen
I) beibehalten (so ho = I)UJ Levd. XXII 9, Misiphfh =
l)A"eicicp9 XXII 10). In zwei Fällen steht g für x nämlich
in hrel'ssigtJiö = priEixOuu Leyden v. XY 3 u. perigthön = ttu-
pixOuuv ib. in denen unser Laut unmittelbar vor dem aspirier-
ten fh steht. Ob dies blosse Schreibfehler sind oder ob x
vor der aspirata 9 wie k g-e^prochen wurde mag ich bei der
geringen Zahl der Beispiele und in Hinsicht auf die Glossen
hdisiphfh = r)3:eicicp9 Leyden XXII 10 nicht entscheiden^).
1) In altern Texten wird x je nach dem nachfolgenden Vo-
kale nur niit k oder k umschreiben: Muskian Inschrift von Cano-
pus, Gedicht des Moschion = Mocxiudv; Antimkus Pap. Berol. 116
= 'AvTiiLiaxoc Pap. Gas. IV 5 (auch in der Zeug-enliste des Pap. Berl.
1475 und des Antigraphon Greyanum). Das letzte Beispiel ist des-
halb interessant, -weil es dazu beiträgt die Zweifel zu beheben, die
sich der Identifizierirng des VölUernamens
'Aknjicasa (erwähnt im Jahre 5 des Mernptah c. 1275 v. Chr.) mit
Axo.i/'oi entg-ogenstellen. Man würde allerdings eher Akaiwam mit
gewöhnlichem k erwarten, doch konnte auch vor a, sofern dies nicht
nach e hinklang, das k so tief artikuliert sein, dass der Ägypter es
durch k wiedergeben musste. Die Bemerkung Müllers, Asien und
Euro])a Leipzig 189i3 p. 371 Anm. 3: "Ganz charakteristisch wäre
die Wiedergabe des altgriechischen x, kh mit dem Semitischen (im
Ägyptischen bereits sich verlierenden) k, p, das ja auch empha-
tisches k vorstellt" zeigt, dass der Verfasser weder eine klare Vor-
stellung über die Natur des "emphatischen" k hat, noch seine Ge-
schichte im Ägyptischen verfolgt hat. Dass k d. i. das linguo-velare
k selbst in den spätesten Epochen seinen Ursprung]. Wert nicht ver-
loren hat, beweist der Umstand, dass die griech.-lat. Endung -koc,
•cus fast immer mit ku, ks wiedergegeben wird und unser Manu-
skript mit Ausnahme von 3 Fällen k nicht durch k, sondern durcii
ein besonderes Zeichen wiedergiebt. Vgl. Anm. 2 S. 127 sowie die
Titel des Marcus Aurelius u. Lucius Veriis in einer mit Tinte ge-
schriebenen Inschrift auf Philae, die nach meiner Kopie lauten:
(3) A[tog7'tse] (4) Gsrs Mrkse Aulrise Antonine Sbste P[rtsikiie] (5)
sie
Hrminikue Mgiste erme Atogrtrse Gsrise Lugiu (6) Ursufie Sbste
sie
Prt.sitkue Hrmini[k]ue 7ngis[te] d. i. Imperator Caesar Marcus Au-
relius Antonius Augustus Parthicus Armeniacus Maximus und Tm-
Indogennaiiische Forschungen VI 1 u. 2. 9
130 J. J. Hess,
e
traiit>kril)iert
anlaiitciul vor n th (26 mal) (1)
vor e th u) mal) (2)
vor e th (1 mal) (3)
vor i th (2 mal) /.<? (in mal) (4)
xov ei th (2 mal) t.s (1 mal) (ö)
vor 0 th (10 mal) (6)
vor ö th (11 mal) (7)
vor u th (8 mal) (8)
vor Konsoiiaiit th (3 mal) (9)
anslaiitcnd th (14 mal) (10)
(1) Papyr. von London: laltsnthu = XaSav0a T 14; ah-
länäthänulbä = aßXava9[a]vaXßa I 16; thutJät = GaxXaT VII
34; Papyr. von Leyden: thäni = 6a|u YII 11; thämthöm =
9a|u9o)Li Villi; fhämäthöm = ea)aa6o)n VII 11; thämäthiim-
thäm = 6a)LiaGo)a0a^ VII 12; thämuthutsi == ea|ua0ou9i VII
12; särhithä = capßiGa XII 16; tlhau = Gav XVI 20;
tlhanä = 9ava XVI 26; tlhnäthä = 9ava0a XVI 26; saJuia-
th[aV}] = caßaa9aX XVIII 35; hirägetht = ßipaKeGar XIX
2, = ßipaKttGat XIX 10; suqninithäs = camouviGac XIX 7,
8; lätht = XaGar XIX 11; säsupunithu =■ cacouTTOuviGa XIX
16; solsöutha = caXcuuaGa XXII 16; äuebflfhiäbathahuithaheua
= aueßuü9iaßa9aßai9Lußj-iua XXII 18; slthäni = ci9avi v. XVII
1; uthäni = ouQavix. Will '^ e-mesiethurmlthid = a|Licie9ap-
lUiGar v. XVII 3; ahlu[nuthan]alhä == a'^\a\aQ[ayja\'^a\ v. XXIV
12, 13.
(2) Papyr. von Leyden: theu = Geou IX 1, 2; theren-
thö = 9epev9uu IX 5.
porator Caesar Lucius Aiu-elins Verus Aiignstus Partliicus, Arme-
iiiaciiH Maxinms. I^crnor den Pap. Bcrol. IK! (aus dem Jalire 114 v.
Chr.) der j^-riecli. k vor o, ov mit k dagegen sonst mit (/ oder k wie-
derg'iebt. Was nixn den Zischlaut in Akaiicasa betritt, so kann der-
selbe hier ebensogut griecli. c vertreten wie das .v in >Sardana, deren
Identität mit den Sarden Müller o. c. p. 372 s. mit Sicherheit erwiesen
hat. Der S. 134 von Streitberg' vorg-eschlag-enen Zurück tührung- von
Akaiicasa auf urgriech. *Axw^wc sieht demnach von lautlicher Seite
kein Hindernis entg-egen. Das auslautende a kann rein g-raphi.scli
sein, da die Ägypter des neuen Reiches sich bei der Transkription
IVemder KigTnnanien einer syllabischen Schreibweise bedienen. Für
Niciit-Äg'vptologen sei noch bemerkt, dass der Vokalbuchstabe, den
wir a transkribieren, ebensog-ut e oder n dnrstellen knnn.
Zur Aussprache des Griechischen. l3l
(3) Piipyr. von London: aptlie = aTtGii VII 24.
(4) Papyr. von London: et sie = eGie VII 6; ngönget,sil:s
= Y^T'JÖiS V. II 5; gaJaganisi = KaXoKavGi III 24; Papyi'. von
Lcyden: tsie = Biai I 4; thämutlmtsl = 6a)ua9ou9i VII 12;
thutsi = 6ou9i VII 18; jii^t'ifsi = mcpeiBi VII "26; sritsi =
cpeiBi VII 26; ahrifsi = aßpiGi VII 26; ufsiö = oueiuu IX 12;
heutsi ■= ßaou9i IX 14; hahmtsl = ßaivou9i X 11; XI5; tsi-
rlpl = 9ipiTTei XXII 13^); Papyr. von Lcyden: ngöngethigs
= Yu^Tu9iH XXI 9; äuehöthiä . . . = aueßuuGia . . . XXII 18.
(;")) Papyr. von Leyden: nethi = vi9ei XVIII 36; phäk-
fhiöp = (paK9eiOTT XXII 14; Papyr. von London: epälet.siä
= eTTttXriBeia II 14.
(6) Papyr. von London: bäsäefhöri = ßacae9opi VII 7;
gethös = KeBoc VII 7; Papyr. von Leyden: thämthöm =
9a)u9o^ VII 11; thämäthöm ^= 6a)Lia9on VII 11; thämätlium-
thäm = 9a|aa9o)a9a)a VII 12; anlihöm = avaK9o|u VII 13;
thöm = 9o^ VII 12; sitliöm = ci9o|u VII 13; anithöm =
avi9o)u VII 13; sethör l = ceBopi X '2b,
(!) Papyr. von London: örthöbaiiho = opGcußaußoi VII
25; tsithö = ctiGou X 6; Papyr. von Lcyden: sötlion = cuu-
Guuv I 6; therenthö = Gepev9(ju IX 5; egömtliö = €K0|acp9uu
X 25; gethö == KeGuj X 25; hrelsigthö = pr|Six6uüv v. XV3;
. . . buithöbeua = . . . ßatö^ßnoua XXII 18; perlgthön ==■
TrupixGujv V. XV 3; ampthö = aiarrGuu XXII 9; iöbasaumpthö
^= luußücaouiaTrTGuu v. XXVil 7.
(8) Papyr. von London: ginntdthur = Kivba9[oup] v. 112;
Papyr von Leyden: thämuthutsi = GajaaGouGi VII 12; thutsi
= GooGi VII 13; sethuri = ceGoupi IX 21; ginnfethnr =
KivbaGoup XXI 8; burbarethu = ßapßapaiGou IX 6; gafhn-
busä = KeGoußaca IX 7; thurithmilälö = GoupiGmXaXai IX 17.
(9) Papyr. von London: thivilä = GjuiXa VII 7; Papyr.
von Lcyden; thurithmilälö = GoupiG|uiXaXuj IX 17; thmilä
= GmXa X 25.
(10) Papyr. von London: baöth = ßaoG V 9; subaöth
= caßauuG X 4; Pa])yr. von Leyden: eeöth = aiaioG I 5;
nabrisotht — vaßpi:'Jo9 VII 29; böth = ßuuG IX 2; brimbai-
nuiöth = ßpijußaivauiuuG IX 9; armiöuth = apiauucuG IX 10;
arbeth =^ apßnG IX 12, XI 4; ösisauöth = ujcicaauG X 9;
1) Vergleiche die Wiedergabe von Partliicus im obij^-en Titel
sowie das Lehnwort psim/fsi Leyden v. VI 2 — i]Ji',uu9ic 'H!ei\vei,s',
132 .). J. Hess,
sahäoih = caßüuuB XI 2o; sabautli = caßaouB XIX ß; M/-
siphth = jj.xeiciqpe XXII 10; abiath = aßeiaO v. XXIV 13.
Das griehisc'lie 6 war also in unserer Epoche weder
durchwegs ein t-\-h wie das Blass Über die Aussprache des
Griechischen S. 104 annimmt, nocli überall ein ling-uodentaler
Reibelaut wie im Neugriechischen. Es ist =: p vor i aber
t-\-h in allen andern Fällen^).
b
entspricht anlautend
vor« ^(Imal) ??^(;2mal) (1)
vor e t (2 mal) (2)
vor i ts (3 mal) nts (1 mal) (3)
vor 0 nt (4 mal) (4)
vor Konsonant f nach n (2 mal) (5)
(1) Papyr. von London: afael = abai"|X VII 24; nfu-
rengö = bapuYKtu VII 28; ginntathur = Kivba9[oup] v. II 2.
(2) Papyr. von London: ntotegagiste = bobeKaKiCTii MI
26; leriteu = Knpibeu VII 28.
(3) Papyr. von London: tsifshi = bibiou II 26; Pai)yr.
von Leyden : eff>il'?neto = €biK0)aTT[T]uL) IX IT; öv'itsmhi =
opeibiiußaei XXI 1; Papyr. von London: ntsiuplnä = bioucpia
VII 22 2).
(4) Papyr. von London: niöntromä = bovbpO|ua: 7iföfe-
gäglste = bobeKUKiCTn VII 26; hronfor = pobop II 6; Pa-
pyr. von lieyden: ntöntrömä = bovbpo|ua XXI 9.
(5) Siehe (4).
Von b gilt dasselbe was von 6. Linguodentales d (ö)
vor i, wurde es in allen andern Fällen wie unser d ausge-
sprochen. Da im Äg-yptischen des 2. Jahrhunderts der stinnn-
liafte Dental {d) in den stinnnloscn it) aufgegangen war, be-
dient sich der Papyrus besonders (wie bei t = »'</ i'cs^P- "^^"
und 2 = ns s. u.) der Kombination nt resj). nts, um das
stimndiafte b aus'/Aidrücken.
1) Wie f.s für das ä^ypt. Ohr das linguodontale 9 am besten
wiedergab, traii.skril)iercn auch die Griechen die Gruppe T-sen-
"die Toditer de« — " statt mit dem regelreciiteu Tcev- auch mit Oev-
oder 0iv- z. B. 0ivtu)-|eic neben Tcevcuiix; GivßiiKi = T-se-nphOk Q^\ia-
ILicövic = T-iie-namun\ Givvupic = T-,se-n-liOr, OivaBupic = Tse-n-
l}at-h6r usw.
2) Vgl. die Wiedei-gabe Tnugl des Namens Diokletianus in
einer unjinbliz. PhiU'iiser Inschrilt aus dem .Jahre 90 der diokl. Ära.
Zur Aussprache des Griechischen, 133
l
nnischreibt mit einer einzigen Ausnahme ns^).
Papyr. von London: nsälähähö = ZiaXaßvuu VII 30; Pa-
pyr. von Leyden : grdbunsänunl = KpaßouvZlavouvi IX 17;
hmisänau = ßouZiavau IX 20, X 25 ; ärunsärhä = apouZiapßa
IX 8; nseu = leou X 18. — Dag-egen sa = la ib. XX 20.
Da s stets einem c entspricht und y uutl b durch die
Kombinationen ng resp. nl- und nt ausgedrückt werden, so
ergiebt sich die Gleicliung
Z : c = j : K =^ b : T
woraus erhellt, dass l ein stimmhaftes s also z (nach franzö-
sischem Werte) war.
kommt im Anlaut und verdoppelt im Inlaute in fünf Glossen
vor: Papyr. von London: hrontor = pobop v. II 6; Papyr. von
Leyden: räi = pai III 13; garlire = Kappri IX 7; göTchlr-
hröntör = Koixippobop XXI 9; hrubäöt = paß[a]uuT XXII 14.
Lassen wir die zweite aus dem Spiele, da rat ein acht ägyp-
tisches Wort ist, so ersehen wir, dass dem anlautenden ß de-
mot. hi' und dem inlautenden pp demot. rhr entsi)rechen, und
dass daher die Ägypter im Gegensatze zu den Römern den
Hauch vor dem r zu h(iren vermeinten. Dieser Gegensatz
nun giebt uns die Mittel an die Hand den wahren AVert des
p zu bestimmen. Die bei den Römern sowohl als im Hierogl.,
Demotischen und Koptischen 2) so konsequente und gegensätz-
liche Schreibung von i'h und hr zeigt nämlich, dass p keines
von beiden war, sondern sich zum gewöhnlichen inlautenden
p verhielt wie engl, tvh von dem die Phonetiker sagen, es
wäre hw, zu iv oder das chinesische (Pekinger Dialekt z. B.
in hsiao 'lernen' = 'Kwanhwa' hiao) Tis zu unserni s. Engl.
hw oder ich, griech. hr oder rh und chinesisches hs, das mir
mehr wie sh tönt, sind die Repräsentanten einer Klasse von
Konsonanten, welche weder mit der Unterstimmenge (wie bei
den stimmhaften), noch mit der Blaseöffnung (wie bei den
1) Schon längst bekannt ist, dass die Griechen das Eigen-
namenbildende JVs- 'o-ohörig- zu' mit Z umsehriel)en Zuivic = X.s-nihi,
ZßevbuTic = Ns-bi}ib-det.
2) Vg-l. Hierogl. Ilrum'.t, T-hrum't.t ChampoU. Gramm, hierogl.
= demot. Hrme Inschrift des Trrmen 1 = 'Puuiari, Roma. kopt.
131 Wilhelm Streitbevg-, Gricch. 'Axaio( ägypt. 'Alcajnrtsa.
stiniiiiloscn) der Stimmbänder, sondern mit der Hanelicni^-e
derselben ansgesprocbcn werden').
Freiburg' in der .Seüwciz, J. J. Hess.
Griecli. 'Axaioi ägypt. "Alajicam.
An der Identität von ägyptisch 'Akajicam mit g-riech.
'Axaioi scheint mir nach der oben von Prof. Hess g-cg-ebncn
Darstellung- des Sachverhalts nicht mehr gezweifelt werden zu
können: alle Punkte der Lautumschreibung sind in befriedigen-
der Weise aufgehellt worden. Ich brauche deshalb nur aut
die voi'ausg'egangnen Erörterungen zu verweisen.
Aber nicht nur für die Lautgeschichte, auch für die
Formenlehre trägt die Vergleichung Frucht. Jedem wird die
Verschiedenheit der Endung in 'Al-ajioam und 'Axaij^oi sofort
autfallen. Sie lässt sich einfach erklären, wenn man annimmt,
das ägyptische Wort, dessen Überlieferung etwa ins Jahr 1275
vor Christus fällt, sei zu einer Zeit entlehnt worden, als die
grieeh. e/o-Stämme noch keinen pronominalen Nominativ Plur.
kannten. Der idg. Ausgang war bekanntlich -ös, entstanden
durch die Kontraktion des stammauslautenden Vokals o mit dem
1) Für den Vokalisiüii« Uisst sich ans iin,sern Glossen wi'e'i'ii
der niano'cliial'ten ä^-yptisclien Vokalisieriinji' iiiclits enii(M-en. Das
eiiizifi'c Moment, das sich znr Bestinnnnn«;' eines ii'riecli. Vokales im
A;i\vptisclien findet, ist vielleicht der llmstand, dass eine Keihe ü'rie-
chischer Transkriptionen dort u g'ieljt, wo das Koptische lu hat
wie in
iip-ic in TTevTjpic, 0evup:c, Tevupic nsw. kopt. ^tDp 'ein Gott'
-aOup-ic in OvaB.'pic, TTaerpienc nsw. „ ?A()l()|> 'eineGöttin'
Neipeu-c „ N(;!UHO VineGöttin'
-ax MIC in l'evueuiuic .. OTdJII 'ein Gott'
-6KUC-C in TTeKucic bil.MumieiU'ti(|ni'tte Gizch ., (;(»•(().") 'Ätl'.io]ie'
-vip-ic in Vauupic = J'-m-ni6r V. B. 1 Ki V l.'J ., (uoop 'Fluss'
-et [ I in 0oTcu[- -] = Thof-söfm V. B. 21() V 20 „ (Ut)Tll ' höreir
Es scheint mir dai-ans nnt Sicherheit hcrvorzng-ehen, dass u in Ä<i\vp-
ten noch bis in das zweite Jahrlinndert nach Chr. [TTevTupic n. TTcku-
C!C stammen ans dieser Zeit] elier nach d hin also wie //, als nach i
hin wie ü gesprochen wnrde.
Benj. Ide Wheeler, Greek Du;ils in -e. 135
anlautenden Vokal der Endung". Dass das Griechisclie die
idg". Urfovm so gut wie die andern Sprachen einmal besessen
haben müsse, ist niemals bezweifelt worden; ein direkter Be-
weis hat aber bisher gefehlt. Durch 'Alajwam ist er meines
JkHliinkens erbracht. Denn wde Hess oben S. 129 f. Fuss-
note 1 ausführt, hindert uns nichts, in dem ägyptischen Wort
die Wiedergabe von *'Axaiv'^ujc zu erblicken, d. h. die genaue
Transskribierung der idg-. Erbform des Nominativs Plural der
e/o-Stämme.
Freiburg i. d. Schweiz. Wilhelm Streitberg.
Greek Duals in -e.
It has been a widely if not universally accepted expla-
nation of the Greek dual endings -uj and -e (ittttoj, nöbe), that
the -e of consonant stems represents the Indo-Europcan case-
endiiig proper, and that -uj is the representative of an I. E.
-ö, rcsulting from an I. E. contraction of the stem-vowel -ö-
with this primitive ending- -e, i. e. -ö-\- e = -ö. This view first
siiggested by Brugmann MU. I 159 was further enforced by
Osthoff MU. I 226, II 120. It beeame the orthodoxy of all
the handbooks, and is apparently not wholly relinquished by
Brugmann Grundriss II § 285, Anm., cf. I § 115. Osthoff MU.
IV 258 ft\ Anm. explains the duals of the type Sanskr. -äu
as rcsulting from those in -a (I. E. -ö) by the affixing of the
cmphatic particle -u.
This entire coneeption of the relation existing- betwecn
the duals in -e and in -uu (I.E. -ö, -öu) must now be rcgardcd
as untenable, and for the foUowing reasons:
1. The two Vedic endings -ä and -äu have bcen sliown
to reprcscnt an original Indo-Europcan Variation of form ba-
sed ou Position in the sentence bcforc consonants and vowels
respectively, cf. Meringer KZ. XXVIII 217 ff., who revivcs
and establishes an explanation suggcsted some four ycars ear-
licr by llavct Mcm. de la Soc. de Ling. IV 274. Tlic form
in -öu is the older form, from wliicli tiiat in -ö is obtaincd
by the Omission of ti. Brugmanns proposal (Grundriss II
136 Benj. Ide Wheeler,
§ 285 Aiim.) to reconeile the views of Mcringcr and Osthoflf,
by siipposing" that tlie particle u was added to an original -ö
(== -ö A-eT), but lost again bcfore consonants is in itself rea-
sonable enough, but cannot be used in tbe interest of res-
eiüng the equation -ö = 'ö + e. The acccnt forbids (see follo-
wing).
2. The fact that the ending -uj carries the acute accent,
and not the civenmflex, is evidence that the vowel is not the
rcsultant of an Indo-European contraction; cf Streitbevg Ent-
stehmig der Dehnstufe p. Tl.
3. The genitive-loeative ending, Sanskr. -ö.s, Indo-Europ.
-öiis appears to have the genitive ending -s \Yhich we tind
in the genitive singnlar, e. g. of ii- and i-stems, as in Sanskr.
Mtrös, agnBs\ Goth. sunchis, ansfdis', I.E. -oijs, -ois. The
öij, of -aus can scarcely be separated from the -öu of the no-
min.-accus. We are dealing here, as Meringer saw (BB. XVI
228 Anm.), with stem-formation rather than infiexion. A pa-
rallel stem is the -oi (-ei) of Sanskr. clve, dvciyös which ac-
quired inflexion only in the separate languages; e. g. in Greek
either as in Elean buoi-oic, or as in Homeric TroboT-iv by ad-
ding the ending of \i\x\x\v ccpiv, e^iv, etc. directly (cf vuu, vOuiv).
Traces of the earlier non-inflexion may remain in Argive /avd-
KOi, etc. Gr. buo represents '-'buoi influenced by buuu.
If no bond of eonneetion betwcen the ^-ending and the
other noniin. dual cndings appears, our only rccourse is to
regard the e either as an originally distinct and separate de-
vice for indicating duality, or as a latcr and sceondary for-
mation. The former of the suppositions is howcwer a-priori
unlikely, as the foUowing considerations tcnd to show:
1. All the other endings niay be coneeivcd as standing
in clusc relation to inflcxions or fonns of the word for 't\vo\
The ending öu appears not only in ^'duijöu (Sanskr. dväu,
Gr. buuj etc.), but also in the old isolatcd dnals, uhhän :
äiaqpuj : amhö\ astäü : oktuu : octö : alitäu. The ending nsed
by neuters and rt-stems is characterized by -/; thus in o-stenis,
-Ol or -el\ Sanskr. !ii((ß, dve\ 0. Bulg. di-e\ Ö. E. ticä] in i-
and 2t-stenis, «; 0. Bulg. oci, Avcst. asi\ in coiisonant stcnis
-l (?); Sanskr. mnnaxl. The antiquity of this onding of the
Word 'Iwo' is guarautcod by its ai)pcarance in an carly Indo-
Euroj)can Compound likc "^uei-lmti, in-lmti (Gr. /JKaii, eiKoci,
Greek DuaKs in -e. 137
Lat. ticjinH) 'two tcns', in which uei ninst rcpvescnt a form
of tlie primitive worcl for 'two'; cf. Bnig-raann MU. V 23 ff.
The postulation of a neuter eiKÜng- -ie (Job. Schmidt KZ. XXVI
17) contracting in all languages exccpt Greek to -l (henee
öcce = akH) is false to the laws of sound. Not only is the
inheritance in the separate languages of such a case of primi-
tive hiatns contrary to all that we otherwise know of I. E.
contraction, but the contraetion of I. E. ie to a Sanskr. l is
withont parallel. The laws of sound might however tolerate
the postulation of the I. E. doublets -id : -l (cf. TCKiaiva :
iäk^ni), in which case we should expect Gr. *öcca (see be-
low). The endings i and -u of the i- and w-stems find as
yet their only plausible explanation in the influence of the
praeconsonantal -ö of o-stems (Osthoff MU. II 132 ff.) rein-
forced by the influence of the neuter ending -i. The nom.
and accus, dual endings with the sole exception of -^ are
united therefore in a more or less close connection with the
Word for 'two'. The presumed ending -e Stands by itself.
2. The dual is a sharply individualized and specialized
type of the Indo-Europ. neun with sharply limited use. Its
primitive value was 'ambal' rather than dual. It stood for
a unity made up of a natural alliance of two. Indo-Europ.
'"^el'ijöu meant not 'two horses' but a 'span of horses'. This
is substantially the Homeric use of the dual when standing
by itself, i.e. without buuj; cf. Monro Homeric Grammar -'
§ 173, Delbrück Vergl. Syntax § 32 ff. It is used prevailingly
of things which go in pairs, like eyes, feet, hands, Shoulders,
parents, etc. In its original mcaning it was evidently a col-
lective singular (cf. ^leringer BB. XVI 228 Anm.), and with
this conception of it its inflexional endings, which are analo-
gous to tliose of the singular rather than the plural accord;
cf. Sanskr. -hhtjam, -ös (= I. E. -oijs). It is a-pi'iori unlikcly
that a nountype of such specialized value and such limited
use should have originally cmployed a variety of signs. The
indications are rather that it was constructed solcly l)y means
of forms of the word 'two'. Such considerations it must be
confesscd however have by themselves only slight weight,
and WC cannot entirely exclude from vicw the possibility that
the neuter dual -^ may re|)rcscnt the group-sign or collcctivc
ending, I. E. -i : -i,> which can have acquired a dual value
138 Beuj, He Wheeler,
from iisc in sonie wortl or words in which thc natural g-roup
is a pair.
Of raore importanee liowevev than these a-priori cousi-
dcrations is tlic cxtraordinary scantincss and iincertainty of
the evidcnce for an Indo-Europ. existence of tlie ending- -('.
It has an assured existence only in Greek. Aside from casiial
siig-gestions such as Brate BB. XIII 43, Joh. Schmidt KZ.
XXVI 360, supposed traces of it have been discovered else-
where only in Celtic and in Sanskrit. The facts of the Gel-
tic are explained equally well by means of the ending- -?.
The short -a, which has been noted in a few cases in Sans-
krit and seized lipon as representative of au Indo-Eiirop. dual
-e, has probably nothing- to do with it. Thus, Osthotf Mü. I
227 cites the Vedic duals devcl, Miträvdruna (for other forms
see Lanman Noun-Inflec. p. 342). These Vedic shortenings
are however quite as common in the case of vowel-stems as
of eonsonant. Any explanation, metrical or other, which is
to dispose of them satisfactorily, will have to dcal with con-
ditions shared l)y both classcs of stems. The emphasis which
Meringer KZ. XXVIII 230, lays opon the sandhi - contrast
lidstäv iva versus pddeva in the hymn RV. II 39, is mislca-
ding. ]\Ieringer's Statement teuds to leave the impression that
the latter type attaches especially to eonsonant stems. The
fact is, that in this peeuliar hymn, which rings upon the en-
ding -eva (== -ä-\-ha), the type pddeva occurs five or at most
six timcs with eonsonant stems, six times with masculine o-
steras, tliree times with neuter o-stems {lirwcjeva, yiuiei-a, nd-
hhijera), where contrary to the pada a division sn^ge-j-va
is nccessary, or a rccognilion of the extension of -ei-a by
analogy, and finally twice in i-stems; ndxeca is doubtful, nd-
se-\-va or ndm-\-ii-a. Thc type Jidstäv Ica occurs not only
with o-stems, but also in al\ji Iva. It is evident that no evi-
dcnce (if an t'uding -e can be safcly based upon such mate-
rial as tliis. Finally thc casc of ndJxfo.jäsd (Hvc occurrences
in RV.), uj^in wliich Geringer lays particular strcss, is in no
wise rcmarkable, but on tlic (-(nitrary is pivciscly wliat we
should expcct frnm Ksdsändlia itcn (»ccurrcnccs in RW). The
cvidcnccs adduccd for the existence of 1. \\. -e are not in gc-
neral siicli as in tliemsclvos bcai' (•(uniction: tiicN' nicrely scck
GreeU Duals in -e. 139
confirmation for a prcconeeived and apparcntly unquestioning-
bclief in such an existence.
The ending- -e has therefore an assnred existence only
in Greek. It niay liave existed in Indo-Europenn, bat the
appearances ave against it. Is it possible to account for it
as a separate product of the Greek?
It appcars in Homer in the noims: Aiavie, dvepe, avbpe,
apve, ßöe, t^tte, b)auje, GepotTTOVie, Oiipe, uiifipe, Kfjpe, KripuKe,
Kuve, XeovTe, ,uncTujpe, rraibe, Trrixee, TeXa^uDve, Tevovte, TOKiie,
ui6, qpOuTe, x^ipt (18 ^^sed in the nominative, 12 in the accu-
sative, 11 nsed only in the nomin., 5 only in the accus.), and
the two neuter nouns, boOpe and occe, both of whieh show
themselves foreig-n to the dual by the absence of forms *bou-
poiv, *öccoiv (boupujv, boupecci, boupaciv are Surrogates; öccuuv,
öccoic, öccoici from Hesiod on), as well as by other marks.
boOpe is attended by buo (buuu) in eleven of its thirteen occur-
renees, boOpa (5 occurrences) not once. The adjective with
boöpe is always neuter plural (5 times). The nomin. öcce is
(without reekoning repetitions) three timcs subjcct of a Sin-
gular verb, eleven times of a plural verb, and but four times
of a dual. This led Lobeck Pathol. El. I 262, to postulate
an *öcc€a, *öcce\ It is possible that an old neuter dual
*öcca {^oJcid : *oÄ'«; Avest. a.n, 0. B. oci) has bccn remodeled
to öcce?
However this may be, it is evident that in Homer the
ending -e is in general used by consonant stems of mas-
culine and feminine gen der. If it were certainly nscer-
tained that the ending were not Indo-Europeau, it could bc
explaiiied with perfcct simplicity as the product of the pro-
portion: *-ö.s' : -ö : : -es : -e; i. e. ^ittttuuc (old nomin. plnr. o-
stems) is to ittttlu (iiomin. dual o-stems) as is Kuvec (nomin.
plur. conson. stems) to KÜve (new nomin. dual conson. stems).
With the facts now available I belicve this to be the history
of the ending. The nomin. plur. in -ös certainly existed in
proetlmic Greek. That the nomin. dual in -e was also a fact
of proethnic Greek must be inferred from its appearance in
Homer and in Attic, and at least by traces in Thessalian,
Lesbian (?) and Arcadian. If tlie existence of the ending in
Indo-European should be ultimately demonstrated, it must bo
regarded as a product of the last pei'ictd prior to the scpara-
140 Karl D. Bülbring-, Vol<ativfonuen im Altenglischen.
fion and according- to tlic sar.ic proportion, stated howcver in
terms of Indo-Europcan Clements.
Ithaca, N. Y., Feb. 20, 1895.
Bcnj. Idc Whccler.
Tokativformen im Alteiifflischen,
Bekanntlich ist im Ae. im allgemeinen der Vokativ dem
Nominativ gleich. Doch sind mir vier Belege für abweichende
Formen bekannt. In der ältesten Version des Cädmonschen
Hymnus heisst es scepen. In der kentischen Paraphrase des
51. Psalmes (Kluges Angelsächsisches Lesebuch 1888 S. 107 ff.)
findet sich ferner der Vokativ icalden 31, sceppen 46 und im
kentischen Hymnus (ebenda S. Ulf.) icalden 9, während der
Nominativ und Akkusativ immer ein d hat: sceppend Ps. 8,
neriend Ps. 16, ägend Hy. 3, holend Hy. 16. Diese Formen
werden häufig auch in den Vokativ hinübergenommen: Im
Psalm Juelend 33, 138; neriend 60, 84; sceppend 40, 64;
helpend 114; icaldend 81, 93, 117; im Hymnus nergend 35,
39; sceppend 34. Der Mangel des d erklärt sich leicht aus
dem indogerm. Vokativausgang -nt.
Groningen, Niederlande. Karl D. Bülbring.
Zur geruianisclieii Oraiiiniatik.
Die vorliegenden Blätter behandeln Fragen, die ich in
meiner Uigcrmanischen Grannnatik anders zu beantworten ver-
siiciit habe, als gewöhnlich der Fall ist. Ich mache nicht den
Anspruch, dem in der Grammatik gesagten hier wesentlich
neues hinzuzufügen. Meine Absieht ist imr, indem ieli die
einzelnen Probleme ausfülirlieher er<'»rterc, als in einem Lehr-
buch miinlieli war. die Aufmerksamkeit der I\u'hgenossen auf
einige viel umstrittene Tinikte /ii lenken und so deren ei'neutc
Prüfung anzuregen.
Wilhelm Streitberg', Zur g-ermanischen Grammatik. 141
1. Die langen silbiseheu Nasale und Liqiiiden im Germauischen.
Seit de Saussiire inul von Ficrliuger hat man ziemlich
allgemein an und am, ar und al als die g-ermanischen Ver-
treter der indogermanischen Längen n und m, f und / ange-
setzt. Und doch lässt sich unschwer erweisen, dass diese
Annahme unrichtig ist, da sie auf eine der klarsten und wich-
tigsten Thatsachen aus der Geschichte der silbischen Nasale
und Liquiden keine Rücksicht nimmt. Die Wahrheit ist viel-
mehr, dass im Germanischen Kürze und Länge unterschiedslos
zusammengefallen sind, r und f also gemeinsam durch ur, n
und n gemeinsam durch un vertreten werden. Das hat schon
Möller AfdA. XX 135 Fussnote 3 ausgesprochen, ohne jedoch
das punctum saliens erkannt zu haben.
Der strikte Beweis für den Zusammenfall beider Quan-
titäten wird durch Vergleichung des Litauischen erbracht.
Wie Fortunatov schon vor langen Jahren richtig erkannt hat,
sind im Litauischen kurze und lange silbische Nasale und Li-
quiden durch die Akzentqualität geschieden: jene sind ge-
schleift, diese gestossen. Dieses Gesetz ist ganz neuerdings
durch de Saussure in einen weitern Zusammenhang gerückt
und dadurch zugleich glänzend bestätigt worden: alle litaui-
schen Kurzdiphthonge haben schleifende, alle lit. Langdiph-
thonge gestossne Akzent([ualität. Es ist das eine ausdrückliche
und klare Formel für die Thatsachen, die bereits durch Bez-
zenbergers Forschungen im siebenzehnten Bande der Beiträge
und des Verfassers Untersuchungen über die Entstehung der
Dehnstufe im wesentlichen festgestellt waren.
Unterscheiden sich also lit. vUkas und pilnas ') genau
wie ai. vfkas und pürnüs durch die Quantität der Wurzel-
silbe, indem hier idg. "^pnws, dort idg. ^uJk'os zu Grunde
liegt, so ist es klar, dass derselbe Unterschied auch zwischen
germ. iculf's und fulls bestehn muss. hi full.s muss, wie
jMöller schon richtig erkannt hat, Reduktion eines ursprüng-
lichen Langdiphthongs stattgefunden haben.
Das gleiche Verhältnis wie zwischen pilnas und fiiJJs
besteht z. B. zwischen vilna und icuUa, ph'mas und fruma,
zirnis und kaum, paz'mtas und kunps und manchen andern.
1) Meine Akzent^latinn ist die Barauowskis.
Uä Wilhelm Streitbei'g',
Die Beispiele zu häufen ist bei der Klarlieit der Saehe über-
flüssig-.
Die Auuahine, dass zwischen r'dna und icuUa in der
Wurzelsilbe Quantitätsdifterenzen beständen, sodass dennoch
die Möij;-lichkeit ])leibc an der alten Theorie festzulialten, die
vielleicht vor einem Jahrzelmt auf überzeugte \'erteidii;-cr hätte
rechnen dürfen, wird heute schwerlich zahlreiche Anhänger
finden.
2. Zwei- und dreimorig'c Vokale im Ahd.
Es ist kein Zufall, dass sich Fr. Hanssen, als er die
idg-. Differenz zwischen schleifender und g-estossner Betonung
auch im Germanischen nachzuweisen versuchte, ausschliesslich
aufs Gotische bescliränkte. Denn das Gotische ist der einzige
gcrm. Dialekt, wo der Unterschied in der Behandlung schlei-
fender und gestossner Endsilben unmittelbar in die Augen
springt. Mit einer Konseouenz, die der des Litauischen eben-
bürtig ist, scheidet das Gotische die ererbten Akzentqualitätcn.
Es gehört daher die ganze Voreingenommenheit gegen jedes
Neue, das einen Bruch mit altgepflegten, in Fleisch und Blut
übergegangnen Gewohnheiten fordert, dazu, fürs Gotische die
Berechtigung der Akzenttheorie stillschweigend abzulehnen.
Ich sage stillschweigend. Denn abgesehn von M. H. Jellinek
liat niemand es der Mühe wert gefunden in die Diskussion
einzugreifen, das Für und Wider ernsthaft abzuwägen. Denn
aprioristische Behauptungen allgemeiner Art, wie sie letzthin
Möller aufgestellt hat, können in Fragen, wo es in erster Linie
auf die Beurteilung von Einzelheiten aid^ommt, zur Entschei-
dung nichts Wesentliches beitragen.
Viel weniger durchsichtig als das Gotische sind das Xord-
und das Westgermanische. Noch heute bin ich wie vor zwei Jah-
ren der Ansicht, dass man allein von ihrem Standpunkt aus
schwerlich jemals dazu gekonnneu wäre, den Unterschied der
idg. Akzentqualitäten an dem Unterschied in der Behandlung
der germ. Endsilben nachzuweisen. Freilich, um gerecht zu
sein, darf man auch auf der andern Seite nicht die Augen
dagegen verschliessen, dass es ohne Hilfe des Gotischen mit
der gegenwärtig herrschenden Ansicht von der alleinselig-
nuichendcn Kraft auslautender Nasale auch nicht zum Besten
bestellt wäre. Mit andern Worten: wie man die Sache wen-
Zui* germanischen Grammatik. 143
den und drehen möge, weder das West- noch das Nordg-erma-
nische ist der Boden, auf dem die Entsclieidungsschlaelit ge-
schlagen wird, sondern einzig und allein das Gotische. Wenn
vielen dies weit Aveniger scharf bei der alten als bei der neuen
Lehre bewusst zu werden pflegt, so ist das eine — psycho-
logisch leicht verständliche — Wirkung, die die sanfte und
doch so starke Macht der Gewohnheit auf den Mer.schen aus-
übt, ändert aber an der Richtigkeit der Thatsache selbst nicht
das geringste.
Nord- und AV estgermanisch kiinnen daher im Streit um
die Formulierung der germanischen Auslautgesetze nur eine
sekundäre Rolle spielen. Ihre Aufgabe ist es die auf goti-
schem Boden erwachsnen Theorien zu bestätigen oder zu
stürzen, zu stützen oder zu erschüttern. Thun sie das, so
haben sie alles geleistet, was man billigerweise von ihnen er-
warten kann. Denn mau darf sich nicht darauf kaprizieren
aus Steinen Buttermilch pressen zu wollen Avie der Drache im
rumänischen Märchen.
Doch wie gering oder wie hoch man die Bedeutung der
aussergotischen Dialekte des Germanischen auch für die Lösung
der Auslautfrage anschlagen möge, zum mindesten einen Punkt
gicbt es, der die Entscheidung zu beeinflussen geeignet ist.
Im Anschluss an Hirt hab ich in meiner Schrift Zur
germanischen Sprachgeschichte angenonmien, dass im Goti-
schen lange Vokale auch vor wortschliesscndem -s Verkürzung
erleiden müssten, falls sie gestossne Akzentqualität aufwiesen;
mit andern AVorten, dass im Gotischen das gleiche Gesetz
gelte wie im Litauischen, vgl. z. B. lit. Akk. Plur. M. gerüs :
gerüs-jus, Akk. Plur. F. ranl^äs : ranJiOs-na. Dass diese An-
nahme unhaltbar sei, hat Fr. Lorentz im letzten Bande der
Indogermanischen Forschungen zu beweisen unternommen. Der
Aufsatz brachte mir willkommne Bestätigung, dass die Zweifel,
die ich schon seit längrer Zeit an der Richtigkeit des Ge-
setzes gehegt hatte, nur allzu begründet waren.
Bleibt aber im Gotischen ein langer Vokal vor -.s* auch
dann unversehrt, wenn er gestossne Akzentqualität hat, so
folgt daraus, dass unter der gleichförmigen Decke der got.
Orthographie altererbte Differenzen verborgen sein müssen:
die Endungsvokale von dagös und gihös sind von denen
in icileis und fniittv/undo-s in ihrem Wesen verschieden. Denn
144 Wilhoim Streitbei'g',
jenen entsprechen sclilcifentle oder drciniorig-e, diesen gestossnc
oder i^weimorige idg-. Längen. Grai)liisch könnte man den
Unterschied mit Hirt etwa durch dagös gihös geg-enü))cr ici-
leis sniumundös wiedergeben.
Vielleicht wäre mir diese Verschiedenheit niclit zu Be-
wusstsein gekommen, wenn sie nicht durch eine merkwürdige
Differenz, die in der ahd. Grammatik schon vielfach die For-
scher beschäftigt hat, ohne jedoch eine abschliessende Erklä-
rung zu finden, plötzlich unerwartetes Licht empfangen hätte.
Im Ahd. entspricht dem got. gibös der Nom.-Akk. gehä.
Die Länge des auslautenden Vokals ist durch Notker gegen
jeden Zweifel gesichert. Da im Ahd. alle Längen, die schon
in urgermanischer Zeit im absoluten Auslaut standen, als Kür-
zen erscheinen, auch wenn sie schleifend 1)etont sind, vgl. z. B.
den Gen. Flur., das Adverbium auf -o, so muss die Erhaltung
der auslautenden Länge geba notwendigerweise damit zusam-
menhängen, dass sie ursprünglich nicht im absoluten Auslaut
stand, sondern durch -s oder -z gedeckt war.
Ein langer Vokal, der auf ursprünglich schleifendem
Diphthong beruht, findet sich in ahd. fridoo (B), dem Genitiv
Singular eines e*-Stamms. Die Akzentqualität wird durch lit.
sünaüs dargethan.
Während die Länge des auslautenden Vokals im Nom.
Plur. der f?-Stännne aufs reichlichste bei Notkcr belegt ist,
finden sich nur 9 Belege für auslautendes -« im Nom. PI. der
e/o-Stämme. I\Lin wird daher nicht ohne weiters iaga und
gel)a in bezug auf die Quantität des Endvokals auf eine Linie
stellen dürfen. Wäre das -a in taga die Fortsetzung des ur-
germ. Ausgangs -02, so hätte es genau so behandelt werden
müssen wie -ft = urgerm. -öz in gehü. Denn dass hier das
urgerm. ö auf idg. ä, dort auf idg. n zurückgeht, kann für
die Quantität natürlich nichts verschlagen. Die Formen
mit kurzem -a kömien denmach, wie schon längst erkannt
ist, niclit als Nominative, sondern müssen als Akkusative an-
gesetzt werden. Warum diese Ansicht 'niclit genügend be-
gründet' sein soll, wie Braune Ahd. Granunatik - § 193 Anm.4
behaui)tet, entgeht mir. Denn
1 . entweder ist -a von taga lang — was man mit der
Überlieferung auszumachen hat — , dann entspricht es dem -il
von gehü in jeder Beziehung;
Zur germanischen Grammatik. 145
2. oder es ist kurz, alsdaim steht es im Widerspruch
mit dem auslautenden -a von gebä. Es wäre demnach an
Braune zu beweisen, woher es komme, dass urg-erm. -öz im
Ahd. einmal als -a, ein ander mal als -« erscheint. Gelingt
es ihm nicht dafür eine lautliche Ratio zu finden, so wird er
nicht umhin können die Berechtigung- der abg-elehnten Theorie
anzuerkennen ^).
Kurz ist der auslautende Vokal im Gen. Sing', der femi-
ninen i-Stämme, z. B. in ensti. Das i wird niemals doppelt ge-
schrieben und erscheint bei Notker als e. Die Kürze des
auslautenden Vokals in ensti steht in Widerspruch mit der
Länge des -ö in fridö : beide Endungen gehn gleicherweise
auf schleifende Diphthonge zurück, wie lit. naltes neben sü-
nails beweist; beide Endung-en sind auch im Gotischen ent-
sprechend g-ebildet, vg"l. anstais und sunaus. Folgt daraus,
dass sich urgerm. -iz quantitativ anders entwickelt als -aüz
bezw. -öz'} Es dürfte nicht leicht sein, diesen Unterschied
plausil)el zu machen. Glücklicherweise sind wir nicht g-c-
zwungen, um jeden Preis den Versuch zu wagen. Denn ensti
unterscheidet sich nicht nur in der Quantität des Endvokals
von fridö. Es entspricht nämlich weder dem lit. naktes noch
dem got. anstais, während fridö aufs genauste zu lit. si'tnaüs
und zu got. sunaus stimmt. Aus dieser doppelten Differenz
zwischen ensti und fridö folgt, dass nur dieses eine lautge-
setzliche Form sein kann, jenes nicht. Auch dieses Hindernis
ist somit aus dem Wege geräumt.
Es bleiben uns schliesslich zwei klare, auch nicht dem
Schatten eines Verdachtes ausgesetzte Fälle für die Behand-
lung von schleifender Länge + z im ahd. Auslaut : gebä =
got, gihos, fridö = got. sunaus.
Was entspricht nun dem got. icileis auf ahd. Sprnch-
boden? Wie wird gestossne Länge -|- z im ahd. Auslaut
behandelt? Die Antwort, die uns die Thatsachen geben, ist
kurz und bündig. Dem got. icUeis entspricht schon in der
ältesten Zeit alid. icili. Die Kürze des auslautenden Vokals
ist zweifellos : nicht nur, dass er niemals doppelt geschrieben
1) Der Genitiv Sing, der «-Stämme kommt nicht in Betracht,
da seine Quantität nicht objektiv festgestellt Averden kann: Notker
kennt die Form nicht mehr.
Indogennaiüsclio Fui-.schuiiiren VI 1 u. 2. 10
146 Wilhelm Streitberg-,
wird, sondern auch — was beweiskräftiger ist — bei Notker
erscheint icile, ivil.
Das Erg-ebnis der voraiisgegangucn Erörterung- ist also
dies :
got. gihos = ahd. gebä.
got. sunaus = ahd. fridö.
g'ot. wileis = ahd. iciU.
In Worten ausgedrückt heisst das: Schleifende oder
dreimorige Länge des Indogermanischen erscheint vor -z
als ahd. Länge, gestossnc oder zweimorig-e Länge des
Indogermanischen erscheint vor -z als ahd. Kürze:
^ekuäs : *uells = gehä : will.
Wenn irgend etwas, so beweist diese Thatsache, dass
auch auf westgermanischem Sprachboden der idg-. Unterschied
der Akzentqualitäten und dei- damit zusammenhängende —
oder besser: identische — Unterschied der Quantitäten langer
Silben eine Rolle gespielt hat. Es ist schwerlich anzuneh-
men, dass die behandelten Fälle ganz sui generis, dass sie
die einzigen seien, bei denen dieser Unterschied gewirkt habe,
während überall sonst ganz andere Mächte die Entwicklung
der langen Endsilben bcstinnnt hätten. Denn es geht nicht
an, mit Jellinck bei irgend einer Schwierigkeit plötzlich Sche-
rer und jMahlow, Haussen und Hirt als Nothelfer anzurufen,
ihre Theorie aber als ganzes zu verwerfen. Hier heisst es :
entweder — oder. Gleich jenem biedern Bäuerlein sowohl St.
Michael als anch Luzifer eine Kerze zu opfern, ist vom Übel.
An den Gegner der Akzent-, oder was dasselbe ist, Mo-
rentheorie ist es nun, die behandelten Unterschiede auf ihre
Weise zu erklären, ohne dass sie zu einer Differenz der Ak-
zentqualitätcn ihre Zutincht nehmen. Nur wenn ihnen dieses
gelingt, kann ihnen die Berechtigung zugestanden werden, die
westgcnnanischeii Aushuitgesctzc ohne jede Rücksicht auf die
ind( »germanische Akzcntuation festzustellen. Eher nicht.
3. Die g'ot. jrt-St;innii(' in der Komposition.
Sievers Rauls (irundriss 1 S. 414 § 8 und PRrR. XVI
262 ft". hat erkannt, dass in der germanischen Urzeit die Ver-
bindung 'einfache Konsonanz -f.y' ^'bic neue Silbe eröffnete,
dass also nrs])i1ingh'cli die L;iiit,:uiuj>p(' nicht in <ler Weise
Zur germauisclieu Grammatik. 147
verteilt war^ das.s j allein die neue Silbe einleitete, während
der voransg-ehnde Konsonant den Absehhiss der vorherg-ehnden
bildete. Diese nrgcrnianisclic Trennnngsrcgcl sei im West-
gennanisclien tren bewahrt, im Nord- nnd Ostgermaniscben
dag-eg-en anfgegeben worden. Anf diese Differenz der Silben-
trennung führt Sievers dann weiterhin die Erscheinung zurück,
dass nm- das West-, nicht aber das Nord- nnd Ostg-ermanische
eine Konsonantendehnnng vor ; kenne.
Es scheint mir nicht zweifelhaft, dass Sievers mit seiner
Annahme das Rechte g-etrotTen hat. Doch bedarf sie noch
einer Ergänzung-. Ich will nicht bezweifeln, dass das Gotische
im Laufe der Zeit die urgermanische Weise der Silbentren-
nung- bei Konsonant -f-j aufgegeben hat. Jedenfalls aber lässt
sich noch aufs deutlichste nachweisen, dass auch das Gotische
einmal die ganze Gruppe 'Konsonant -\-j' an den Silbenanfang-
gestellt hat. Und zwar nmss diese urgermanische Trennungs-
art noch zur Zeit bestanden haben, da a in der Kompositions-
fuge synkopiert ward. Das beweist, wie mir scheint, eine
bisher nicht nach Gebühr gewürdigte Eigentümlichkeit der
Komposita, deren erstes Glied durch j«-Stännne gebildet wird.
Bekanntlich wird hier das a nur bei den langstämmigen,
nicht bei den kurzstämmigen Bildungen beseitigt. Es heisst
daher andi-Inus, co'hi-numja, aglaiti-icanrdel aber icadja-
hoTxOS, lubja-leis, midja-sweipains, alja-leiJio. So bekannt
die Thatsache ist, hat man doch versäumt, die notwendigen
Folgerung-en daraus zu ziehn. Und doch liegen sie nahe
genug-.
Der Unterschied in der Synkope des a, wie er zwischen
andi-laus und luhja-Ieis besteht, muss darauf beruhn, dass
die Quantität der ersten Silbe hier nicht die gleiche war wie
dort. Mit andern Worten, die erste Silbe in luhja- nmss kurz,
die in andi- lang gewesen sein. Da aber eine geschlossne
Silbe unter allen Umständen als lang gilt, kann zur Zeit der
rt-Synkope die Silbentrennung luh-ja- im Gotisclien nicht be-
standen haben, es muss vielmehr lu-hja- gesprochen worden
sein. Nur bei dieser Annahme erklärt es sich, warum das a
der Kompositionsfuge bei den 'kurzstämmigen' ya-Bildungen
regulärer Weise erhalten ist.
148 Wilhelm Streitberg-,
4. Ahd. gm.
Das alid. Verbuin gen hat der Deiitiing- von jeher man-
cherlei Schwierigkeiten bereitet, so dass es bis heute zu einer
allg'CHicin anerkannten Erklärung- nicht g-eliomnien ist. Ein
Teil der Forscher verbindet das Wort bekanntlich mit griech.
Kiximi. Fr. Kluge dagcg-en erblickt darin ein Kompositum
aus g-erm. ga- und dem gcrm. Repräsentanten von idg, ''ümni
'gehe'. Es lässt sich nicht behaupten, dass diese Etymologie
zahlreiche Anhänger g-efnnden habe. Trotzdem hält Kluge
seit lang-en Jahren unerschttttert an ihr fest. Und doch lässt
sich die Unmöglichkeit seiner Auffassung unschwer erweisen.
Ich will nicht von lautlichen Bedenken reden: viel zwingen-
der ist der \\'idcrspruch, der sieh aus der Bedeutung entneh-
men lässt. Wenn überhaupt bei einem Verbum die durative
Aktionsart klar und unverkennbar ausgeprägt ist, so ist dies
bei gen der Fall, gen verhält sich zum perfektiven Simplex
qiieman, coman wie griech. ievai : epxecBai, lat. Ire : uenire,
frz. aUer : venir usw. Diese ausgesprochen durative Bedeu-
tung widerstreitet aber aufs schroffste der Kompositionshypo-
these Kluges. Dass man den Stein des Anstosses auch nicht
aus dem AVege räume, wenn man erklärt, mit dem Gefühl
für die Zusammensetzung sei auch die Perfektivbedeutung- ver-
loren gegangen, zeigt deutlich das perfektive 'Simplex' got.
gaumjan. Wie i\Iiklosich und K. F. Johansson erkannt haben,
ist dieses scheinbare Simplex in Wahrheit ein Kompositum aus
der rrä])Osition ga- und dem Verl)um 'hiumjan, das zu dem abg.
Substantiv raz-umh 'Verstand' gehört. Trotzdem aber das Be-
wusstsein, es mit einem Kompositum zu thun zu haben, voll-
ständig verloren gegangen ist, hat sich die PerfektiAbcdeutung
unverkennbar erhalten. Das gleiche niüsstc bei ahd. gen der
Fall sein, wenn Kluges Etymologie der AVahrhcit entspräche.
0. Die ircrlsiinrt des r- im Pert'. I'Jur. der xicrtcii und fünften
Ablaiitreihe.
Das geheimnisvolle e im Plural der Perfekta vierter und
fünfter Ablautrciiic hat seit alter Zeit die Erklärer gelockt.
Doch lässt sich, glaul) ich, auch nicht von einem der zalil-
reichen altern Deutungsversuche behaui)ten, dass er des Kätsels
Lösung gebracht habe. Nur soviel darf wdhl gegenwärtig als
Zur germanischen Grammatik. 149
g-esichert gelten, dass die Entstellung- dieses seltsamen 'schwnnd-
stutig-cn' e nicht als spezifiscli g-erraanisclier Akt l)etraclitet
werden darf, vielnielir in die Zeit der idg-. Urg-emeinscliaft
znrilekverleg't werden muss.
Am nächsten ist meines Bedünkens Victor Michels IF.
IV 64 ff. dem Kern der Frage gekommen. Nur seine, wie
mir scheint, unhaltbare Metathesentheorie hat ihn gehindert,
eine ahschliessende Antwort zu geben. Mit geringer Modifi-
kation aber lässt sich seine Erklärung, wie ich darzuthun hoft'e,
nichtsdestoweniger aufrecht erhalten. Des bessern Verständ-
nisses halber sei mir gestattet, die entscheidenden Punkte noeli
einmal kurz im Zusammenhang darzulegen.
Vor allen Dingen muss mit der Thatsache gerechnet
werden, dass im Germanischen das lange e nur im Plural
des Perfekts, also nur in einer von Haus aus schwundstufigeu
Form erscheint. Nicht bloss der vollstufige Singular weiss
von ihm nichts, sondern auch das schwundstufige Partizipium
Perf. entbehrt es durchaus.
Ein zweiter Punkt, der nicht genügend berücksichtigt
worden ist, dem aber entscheidende Bedeutung zugemessen
werden muss, ist die Thatsache, dass nur die Verba der 4.
und 5. Ablautreihe das e im Perf Plur. kennen, d. h. nur
solche Verba, deren Wurzel auf einfache Konsonanz endet.
Es liegt, wie mir scheint, nahe genug diese Thatsache mit
der vorhererwähuten in einen logischen Zusammenhang zu
bringen und die Frage aufzuwerfen: Lässt sich ein (Irund
dafür ausfindig machen, der allein bei Wurzeln von einfachem
konsonantischen Auslaut die Entwicklung eines 'schwundstu-
figen' e im Plural des aktiven Perfekts möglich macht"?
Ich glaube, jeder, der die Untersuchungen über die Ent-
stehung der Dehnstufe verfolgt hat, wird die Frage bejahn:
Darf man annehmen, dass das ' schwundstufige ' e das Produkt
einer Dehnung ist oder mit andern Worten, ist die Länge des
Vokals durch den Schwund einer folgenden Silbe verursacht
worden, so hat dies nur geschehn können, wenn der zu deh-
nende Vokal ursprünglich in offener Silbe d. h. vor einfacher
Konsonanz gestanden hat.
Sehn wir, ob dieser Weg zum Ziele führt.
Wenn e in gehum neimim als Dehnstufenläuge betrachtet
werden soll, so erhebt sich sofort die Frage: welche Rolle
150 Wilhelm Slroitberg,
hat (las zu Grunde liegende kurze e g-cspiclt? Was kann es
g-ewesen sein? Die Antwort hat Michels bereits gegeben,
indem er an die vedischen Perfekta mit langem Reduplika-
tionsvokal erinnert hat. YAw langer Reduplikationsvokal an
Stelle der üblichen kurzen kann im Perfekt lautg-esctzlich nur
in den schwachen Formen entstanden sein, d. h. in den For-
men, wo die hinter der Reduplikationssilbc stehndc Wurzelsilbe
schwundstufig- war. Und zwar muss die Ausbildung- der Schwund-
stufe den Verlust einer Silbe herbeiführen, da nur bei Silben-
verlust ein vorausgehnder kurzer Vokal in offner Silbe ver-
längert werden kann. Schwache Perfektformen, in deren
Wurzelsilbe Saprasärana eintritt (z. B. grijmm, hudum, hun-
dum), können daher niemals g-edehntcn Reduplikationsvokal
haben.
Aber noch eine zweite Bedingung muss erfüllt werden,
soll Vokaldchnung durch Silbenverlust eintreten : der zu deh-
nende Vokal nniss betont sein. Nun wird aber im Plural des
Perfekts nicht die Reduplikationssilbe, sondern die Endung
betont. Die Schwierigkeit, die diese Thatsache bereitet, ist
nicht unüberwindlich. Schon Michels hat darauf aufmerksam
gemacht, dass die blosse Existenz des Vollstufcnvokals e in
der historisch unbetonten Reduplikationssil])e die Annahme
nötig- mache, dass das historische Verhältnis nicht in jeder
Beziehung ursprünglich sein könne. Er hat ferner darauf hin-
gewiesen, dass die P]ndung ' der 3. Plur. Perf. Akt. ai. -ur
europ. -nt Schwundstufenvokalismus hat, also nicht von jeher
den Wortton getragen haben kann. Da auch die Wurzelsilbe
schwundstufig ist, so bleibt als Träger des AVorttons nur noch
die Reduplikationssilbe übrig. Endlich hat Michels auch noch
angedeutet, dass das Verhilltnis von ai. -ma : griech. -)nev in
der 1. ]*lur. Perf. Akt. einem idg. Ablaut -nin : -men ent-
sprechen könne, sodass also für die 1. Plur. dieselbe Urbeto-
nung angenommen werden dürfe wie l'iir die .3. Plur.
Setzt man diese EWh-tcrungen in formelhafte Grundtyi)en
um, so ergicbt sich etwa folgendes Bild:
1. Vor der Ausl)ildnng der Schwundstufe hat ''j/hcghehh-
men^) als 1., '■'(jJu'fjhehhont^) als 3. Plur. Perf. existiert.
1) Ifli sotze den Wur'/cl vokal n;u-li (]cm l'räs. an; auf seine
Färbung kommt es nicht weiter an.
Zur germanischen Grammatik. 151
2. In den beiden unbetonten Silben mnss der Vollstiifen-
vokal schwinden. Dies hat die Dehnung der Tonsilbe im Ge-
folge : ^glieglibhmn ^■'cjMgTiblinf.
3. Die so gewonnenen Grundformen sind die unmittel-
baren Vorläufer der historisch überlieferten Bildungen. Nur
hat man nicht mit Michels, mit dem ich bis hierher überein-
stimmen konnte, eine mehr als zweifelhafte uridg. Metathesis
zur Beseitigung der schweren, nach langem Vokal stehnden
Konsonantengruppen des Inlauts anzunehmen. Denn die zahl-
reichen lit. Laugdiphthonge lehren deutlich genug, dass eine
Beseitigung mittels Umstellung ü1)erhaupt nicht, oder doch
besten Falls nicht entfernt in dem von Michels angenomme-
nen Umfang stattgefunden hat.
Ich glaube, wir können vielmehr ohne jedes Bedenken
lautgesetzliche Vereinfachung der schweren, durch das Schwund-
stufengesetz entstandnen Konsonautengruppen nach langem Vo-
kal annehmen, also '■^gMglih]i{d)mn '^gheghbhnt direkt zu *//7<e-
J)Ji{d)m)i ^ghehlint werden lassen. Dieser Vorschlag ist um
so weniger anstössig, als man voraussetzen darf, dass die As-
soziation an die im Paradigma so häufige VoUstufcnform ghebli-
das Zustandekommen von ghehh- aus '^'gheglibli- wesentlich er-
leichtert und beschleunigt haben mag.
Die wie ich glaube einzig mögliche Erklärung des e im
Perfekt Plur. der Verba vierter und fünfter Klasse verhilft
uns auch zum Verständnis einei* Verbalform, die bis in die
neueste Zeit vielfach verkannt worden ist; ich meine den Plur.
ahd. tätum zum Sing. teta. Brugmann Grundriss II § 886
S. 1254 vermutet als das wahrscheinlichste, fätum sei eine
Neubildung nach gäbum. Ich muss gestehn, dass mir diese
Annahme wenig einleuchtend scheint, da ich ein Tertium com-
parationis vermisse. Ein teta '^tetiim (oder wie man den Plu-
ral sonst ansetzen will) stand viel zu isoliert, um mit galmm
unter einen Hut gebracht werden zu können, selbst wenn auch
einmal ein Präsens nach Art von ai. dädhati lit. deda im
Germanischen existiert haben sollte — was wir nicht wissen.
Wenn tätum nach gühum gebildet sein soll, warum ist nicht
auch ein ""'tat für teta nach gab eingetreten?
Ich halte im Widerspruch zu Brugmann den Gegensatz
von teta und tatum für uralt, teta entspricht dem ai. Perf.
Akt. dadhä{u) und ist nur in seiner Endung an die schwachen
152 Wilhelm Streitberg-,
Vcr))a ang-elehut. Eiu Plural mit Nullstiifc der Wurzelsilbe
inusstc den (ursprüng-licli betonten) Reduplikationsvokal deb-
uen: ^'dliedhemen ward ''■'dhedhmn, d. i. alid. tätum.
G. Die jrt«-Verba und ihre Verwandten.
leb versucbe einen flücbtig-en Überblick über die vcr-
sebieducn Bildung-stypen der indogermaniscben Urspracbe und
deren Entwicklung- im Germaniscbeu zu geben. Zu meiner
Freude kann icb in wicbtigen Punkten mit Hirt übereinstim-
men. Vgl. dessen Ausfübrungeu in seinem Akzeutbucb.
1. Die eigentlichen «e/io-Verba.
1. Die starren Bildungen.
Die Vollstufe des Suffixes gebt durchs ganze Paradigma
durch. Als Repräsentant mag abg. sejeim — lit. sejame die-
nen. Im Germanischen sind mit Sicberheit nur die vokaliscb
auslautenden Wurzeln wie z. B. got. stöja liierher zu rechnen,
2. Die abstufenden Bildungen.
a) Die einsilbige Vollstufe -iejio- ergiebt als Schwund-
stufe -1-. Sie erscbeint ganz lautgesetzlicb nacb kurzer AVur-
zelsilbe im Lateinischen, wie Dr. Ericli Berneker bei Hirt Idg.
Akzent S. 196 zuerst klar erkannt hat. Vgl. cäjjio cdpis
cäpit usw., säpio cüpio quätio u. a. Auch auf gcrmaniscliem
Boden lässt sich diese Klasse nachweisen, wie ich vor Jahren
dargethan zu haben glaube: dem lat. cajno capis cnplt ent-
spricht aufs genauste ahd. heffu lievis Jievit. Wie lat. cap'mnf
ist ahd. lieffent gebildet; dagegen weichen die 1. und 2. Plur.
ab: he f fernes und lieffet. Die 1. Plur. entspricht überall
der 1. Sing. 3. Plur., daher ist die Nou))ildung hefj'emes un-
mittelbar verständlich. Die 2. Plur. schliesst sich, wie auch
sonst (vgl. nemet) der 1. und 3. an.
Das Gotische ist einen Schritt weitergegangen und hat
— unter dem Einfluss der abstufungslosen ielio-Xarha — das
j in allen Personen eingeführt: hafja hafßs hafjip. Dass
dies nicht das ursprüngliche sein kann, lehrt die Übereinstim-
mung des westgermanischen Paradigmas mit dem lateinischen.
])) Zweisilbiges -iejio- ergiebt als Schwundstufe -1-. Sie-
vers' Gesetz fordert, dass die zweisilbige VoUstufc nach lan-
ger Wurzelsilbe rrscbeint. Denigeniäss hat aucli der hinge
Zur germanischen Grammatik. 153
Scliwundstufenvokal nach langer Wurzelsilbe aufzutreten. Das
ist, wie Berneker gesehn hat, bei den jjrimären lat. Verben
der 4. Konjugation der Fall: farcio farcls farcU usw., vgl.
fulcio, sancio, saejjio, uincio, sentio u. a.
Aul" westgermanischem Dialektgebiet sind die Spuren
dieser Klasse nicht mehr nachzuweisen, aus dem einfachen
Grunde, weil hier überhaupt die durch Sievers' Gesetz ge-
schaffnen Differenzen vollständig verwischt sind. Dagegen
stimmt das Gotische, von der 1. Flur, abgesehn, in jeder Be-
ziehung mit dem Lateinischen :
sägio
sölxja
sägls
söTieis
sclgit
söTieip
säglmus
[sökjam
sägitis
SöTxeip
sägiunt
sökjand
II. Die Kausatiya.
Die Vollstufe ist -eie- -eio-. Einer zweisilbigen Vollstufe
entspricht aber bekanntlich regulärer Weise eine langvoka-
lische Schwundstufe, die nach Joh. Schmidt unter gewissen
Bedingungen gekürzt werden kann. Das Indische kennt im
Kausativ nur die Vollstufe des Suffixes, das Baltisch-Slavische
nur die Schwundstufe. Während im Slavischen das lange -t-
in allen Präsensformen auftritt, erscheint im Litauischen nur
im Infinitiv langer Suffixvokal analog dem Slavischen. Das
Präsens dagegen ist abweichend gebildet. Vgl. abg. morjq
monsi nioriti usw. Inf. moritl = ai. märdyatr^ lit. Inf.
ramyti = ai. rämdijati usw.
Im Germanischen flektieren die Kausativa ganz wie die
übrigen Jr/?i-Verba: nasja nasjis nasjip aber sandjan sandeis
sandeip. Wie schon Hirt erkannt hat, kann diese Flexion
nicht streng lautgesetzlich entwickelt sein, mögen wir nun ur-
germ. -iji- -ija- = ai. -dya- -dyä- oder urgerm. -i- = abg. -i- als
Suffix ansetzen. Auf alle Fälle müsste auch nach kurzer Wurzel-
silbe -l- erscheinen (= idg. i oder kontrahiert aus -iji-). Offenbar
hat eine Analogiebildung stattgefunden und e})enso offenbar
ist sie von den langstännnigen Vei-ben ausgegangen : laug-
stämmige Kausativa und langstämmige J-Verba sind in einer
Reihe von Formen zusammengefallen. Hierdurch hat sich das
154 Wilhelm Streitberg,
Gefühl für die ursprüngliche Verschiedenheit beider Klassen
auch bei den kurzstämniig-en verloren.
Es bleibt noch die Frage zu beantworten, ob die Suf-
fixform der germ. Kausativa zu der des Indischen oder der
des Slavischen gestimmt habe. Mit absoluter Sicherheit lässt
sich, soviel ich sehe, keine Entscheidung treffen. Doch spricht
eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den ersten Fall. Vor
allen Dingen scheint mir, dass die auffällige 2. Sing. Imperat.
auf -ei, die allen kurzstämmigen jcm-Yerhen gemeinsam ist,
nur dann ungezwungen erklärt werden kann, wenn man bei
den Kausativen urgerm. -ije aus idg. -eie ansetzt. Bei schwund-
stufigem Kausativsuffix -^ hätte im Auslaut Kürzung eintreten
müssen, da es nur gestossen betont sein kann.
III. Die e/-Verba.
Bartholomae hat zuerst erkannt, dass der slavischen Fle-
xion sezdq sediH sediU usw. Inf. sedeti ein idg. Stamm auf
-ei zu Grunde liegt. Die regelrechte Schwundstufe zu -ei- ist
-^-: sie liegt im slav. Präsens vor. Die Vollstufe -ei- verliert
unter bestimmten Bedingungen ihr i, wird also zu -e-: dies
ist z. B. der Fall im abg. Infinitiv auf -eti.
Der Stannn auf -e erscheint in aoristischer Bildung; vgl.
griech. ejudv^v, lit. mineti abg. rtihneti. Er kann auch ins
Präsens eindringen: lat. uideo uides uidet usw. gegenüber
abg. vizdq vidisi vidih usw. Inf. videti.
Was wird aus den Verben dieser Art im Germanischen?
a) Im Präsens erscheint die Schwundstufe. Verba dieser
Form sind vollständig in die Klasse der Jan-Y erha übergetre-
ten. Vgl.
liggu
lezq
ligis
lezisi
liglt
leziti usw.
sitzu
sezdq
sifzis
sedisi
sitzit
sedifh nsw,
b) Das Präsens mit schwundstufigem Suffix ward durch
ein Paradigma mit vollstufigem Suffix verdrängt, vgl. lat. nides
uidet uidenius lüdetis uidvnt. Das ist der Fall bei den germ.
e-Verben. Vgl. dagen = tacere, haben = habere usw. Der
unmittelbaren Entsprechungen giebt es so viele, dass trotz Col-
Zur germanischen Grammatik. 155
litz und Miss Sweet nicht an dem engsten Zusammenbang
der Verba der dritten scbwachen Konjugation mit ausserger-
maniscben e-Verben gezweifelt werden kann.
Auf die Flexion dieser Kategorie geh ich heute nicht
ein. Nur soviel sei bemerkt, dass die ursprüngliche Gestalt
des Paradigmas am reinsten durchs Gotische repräsentiert wird;
der gotische Typus und die ihm entsprechenden Typen in
andern Dialekten lassen sich allein unmittelbar mit bekannten
Bildungen andrer idg. Sprachen verknüpfen. Das genügt, ihnen
den Vorrang zu sichern.
c) Da das urgcrm. nichthaupttonige (S in einer ganzen
Anzahl von Formen zu a gekürzt werden musste, so entstan-
den Bildungen, die den Typus der starken Verba trugen. Hier-
durch erklärt sich, dass einzelne e- Verba in die e/o-Fiexion
übergetreten sind, vgl. got. sitan, got. gapairsan = lat. fo7'-
rere u. ä.
d) Die Berührungen zwischen ö- und 6-Verbis lassen sich
auf denselben Umstand zurückführen. Abgesehn von andern
Formen stimmen beide Klassen nach AVirkung des Kürzungs-
gesetzes im ganzen Optativ überein: unbet. öi wie ei ergeben
vor Konsonanz urgerm. ai. Daher Doppelbildungen wie fholön
und tholen pulan-^ gien und Märe, Minen und Minön cUnäre
u. ä. Es ist vergebne i\Iühe aus Formen wie Minen ginen
ein uraltindogermanisches Suffix -näi- zu erschliesseu. Um
eine solche Konstruktion wagen zu dürfen, müssten wir doch
etwas sichrem Boden unter den Füssen haben, als thatsäch-
lich der Fall ist. Denn nicht nur, dass alles germanische
Beweismaterial zweifelhafter Natur ist: auch das Baltisch-Sla-
vische erhebt Einspruch, worauf schon LOB. 1891 Sp. 1465
aufmerksam gemacht worden ist.
Die denominativen Ja« -Verba geben zu Erörterungen
keinen Anlass.
Wiesbaden. Wilhelm Streitberg.
Zu ai. Tx'rmis, lat. rermis usw.
Die ))eiden, durch lat. vermis, got. waürms einer-, durch
ai. Ixfmis, lit. Jcirmis, sl. *cbrm- "^chrvh anderseits repräsen-
tierten Bezeichnungen für 'Wurm' sind schon seit langem bald
zusammengehalten, bald getrennt worden: vgl. zuletzt Wiede-
156 Josef Zubaty Zur ai. khnU, lat. vermis tisw.
mann IF. I 255 ff. Für das letztere bietet meines Eraclitens
zu den längst bekannten lautlichen Bedenken das Baltiscli-Sla-
viselie noch ein anderes, welches allerdings diese lautlichen
Bedenken eigentlich nur verschärft: dieser Sprachenzweig
scheint nämlich beiderlei Formen besessen zu haben, was,
w^enn wahr, eine lautliche Vermittelung von z. B. lat. vermis
mit lit. hirmis geradezu unmöglich macht (wenigstens für den
heutigen Stand der Wissenschaft).
Die slav. Bezeichnung für 'rot' *chrmhm, '^cwtem,
'^'cwvjem (Miklosich Et. Wort. 3.3) gehört bekanntlieh zu
^cbrm-, ''xbrvb: das Rote ist nach den dasselbe gewährenden
Würmern benannt worden, vgl. z. B. nach frz. vermeil. Wenn
nun im Kruss. neben rumjanyj 'rot' vermjdnyj (ursl. *?;?>?•-
menh oder *vh7'mem^), vgl. Afsl. Phil. XV 496 f.) vorkommt,
so gehört dieses offenbar ebenso zu einem, sagen wir ^'vbrmb
'Wurm'. Und hieher, nicht zu sl. rumem — rumem, ist
auch preuss. urminan (Akk., Kat. III), icormyan (Vokab.),
warmun (Grünau) 'rot' zu ziehen: nur dass für das Preuss.
nicht virm- (sl. vbrm-), sondern eher vürm- (sl. ^vhrm-), anzu-
nehmen sein wird, was nach Fortunatows und Bezzenbergers For-
schungen über die balt.-slav. Reflexe der sonantischen Nasalen
und Liquiden auch nichts überraschendes hat. Grünau schreibt
zu ungenau, als dass man berechtigt wäre, auf sein a ein be-
sonderes Gewicht zu legen.
In einer dem Ursprünglichen näheren Bedeutung scheint
Vbrm in einer von Sreznevskij s. v. angeführten altruss. Stelle
zu stehen: als Nahrung des heil. Johannes wird dort angege-
ben vermie duhnoe i medi) duhii, vgl. Math. III 4 fi be rpoqpri
auToO fjv ciKpibec Kai laeXi ciYpiov. Also ein *vb7'mbje^) als
Kollektivbezeichnung für Insekten o. dgl. Dann könnte man
vielleicht trotz der von lat. vermis abweichenden Bedeutung
und Tonstufe auch an lit. varmas 'Mücke' denken'?
Smichov bei Prag:. Josef Zu bat v.
1) Das Suflix *-m* := *-em kann in vermjcini/J übrig"ens auf
direkter Nachbildung- von rumjanyj beruhen (wie dasselbe über-
haupt in allen slav. Sprachen sich bedeutend über die urspr. Gren-
zen verbreitet zu haben scheint).
2) Dieses altruss. vermije verbürgt ein slav. vbrm- = got. icaurm-
auch für denjenigen, der viell. kruss. vernijanyj für ein im Suffix
slavisiertes frz. Lehnwort halten möchte, was bei Annahme etwa des
polu. Mediums immerhin möglich wäre.
G. Herbig', Aktionsart und Zeitstufe. 157
Aktionsart iiiul Zeitstufe.
Beiträge zur Funktioiislehre des idg. TerbninM.
§ 1. Wir sind i^-ewolint die Formen eines Verbums nach
verschiedenen Gesicbtspunkten in verschiedenen g'rannnatischen
Kategorien unterzubringen. Diese beruhen im letzten Grund
auf psychologischen Assoziationen und sollten für jede Sprach-
g-ruppe aus dem ihr eigentümlichen Geist heraus neu geschaffen
werden. Der Gang der Kultur brachte es indessen mit sich,
dass eine Sprachgruppe die fertigen Begriffe von der andern
tibernahm und die ihr eigentümlichen Verhältnisse in den Rah-
men eines entliehenen Systems zwang. In diesem Verfahren
liegen zwar Keime der später sich so fruchtbar erweisenden
vergleichenden Methode der Sprachbetrachtung; es ist indessen
klar, dass im Lauf der Zeit ein gewisses Missverhältnis zwischen
den erstarrten historisch-konventionellen Kategorien und den
lebendigen psychologischen Assoziationsgruppen sich bemerk-
bar machen musste. (Vgl. Herm. Paul Prinzipien der Sprach-
geschichte, Halle 1886 2 S. 219 if.). Die ersteren sind gerade
dem grammatisch Geschulten so in Fleisch und Blut überge-
gangen, dass sie die letzteren erdrücken, dass sie ihm wenig-
stens wichtiger erscheinen als sie es bei natürlichem Sprach-
gefühl sind. Die Tempora z. B. vermögen wir vom Wesen
des Verbums nicht mehr zu trennen. Und doch fragt es sich,
ob die wissenschaftliche Betrachtung nicht besser thut auch
solche altererbte Form- und Bedeutungskategorieen, die unserm
durch grammatische Theorien beeinflussten Sprachbewusstsein
als selbstverständlich und natürlich erscheinen, immer wieder
daraufhin zu prüfen, ob sie wirklich im Wesen des Verbums
bedingt sind. Dies würden sie sein, wenn sich ihr Vorkommen
auf das Gebiet des Verbums beschränkte oder wenn sie seine
unzertrennlichen Begleiter wären.
§ 2. Beides trifft auf den Begriff der Tempora nicht zu.
Sie erscheinen auch auf nominalem Boden. Ausgeprägte Form-
kategorien sind hier freilich, wenigstens in idg. Sprachen i),
1) Nicht ebenso in andern Sprachen. Im Holontalo, einer
Si)rache auf Celebes, wo das sog-. Verb noch ganz als indifferenter
Indogermanische Forschungen VI 3 u. 4. ii
158 G. Herbig,
fast nur bei dem vcrbiim infinitum 7A\ finden, das aber entschie-
den^) nominalen Charakter trägt und so recht geeignet ist, das
Bedürfnis der Tempusbezeichnung auch auf nominalem Gebiet
zu befriedigen. In Ansätzen oder wenigstens dem Begriffe
nach kehren diese Kategorien aber wieder bei vielen Adjekti-
ven, welche dem Partizipium, oder abstrakten Substantiven, die
dem Infinitiv bedeutungsverwandt sind. 'Ein totkranker Mann'
ist ein Mann, der jetzt eben im Sterben liegt oder bald sterben
w^ird (diToBvriCKUJV, moribundus); 'ein toter Mann' ist ein Mann,
der gestorben ist (TeGvriKuuc, mortuus). Die 'Erstürmung der
Stadt' wird im Lateinischen je nach dem Zusammenhang zu
einem oppidum cxpugnatum, einem oppidum expugnandum oder
einem oppidum, (piod hoc ipso tempore expugnatur. Mit andern
"Worten: in allen Fällen, avo Adjektiv und Substantiv keinen
dauernden inhärenten, sondern einen zufälligen, vorübergehen-
den Zustand eines Dinges anzeigen, nehmen sie Teil an einer
bestimmten Zeitstufe, sobald sie vom Standpunkte des Reden-
den aus betrachtet werden. Dies wird sofort klar, wenn wir
jene Nomina verl)al umschreiben: der in ihnen schlummernde
Begriff der Zeitstufe tritt dann auch formell in die Erschei-
nung. 'Ein ])lauer Himmel lag über der Gegend' lautet verlial
'der Himmel, der über der Gegend lag, war blau' oder 'Ein
Nominalausdruck sich darstellt, ist die innere Entwicklung- nach
Seite der Zeitunterschiede ziemlicli beträchtlich. Wilh. Joest Zur Holon-
talo-Sprache. Berlin 1883, Inaug.-Diss. S.34u. § 38. — Heinr. Winkler
Zur Sprachgeschichte. Berlin 1887 S. 37. In den Algonquin- Spra-
chen wird durch das gleiche Suffix -hcm die Vergangenheit an Verb
und Substantiv bezeichnet; an letzterem in Fällen wie i>i nmsoni-
ban 'mein verstorbener Grossvater', ni moTckiimani-ban 'mein
altes Messer'. Vgl. etwa französisch feu man graiid-pere, ex-no-
taire. Raoul de la Grasserie Etudes de Grammaire Coniparee. De
]a categorie du temps. Paris 1888 S. 176, 177. Weiter auch Friedr.
Müller Grundriss der Sprachwissenschaft, Wien 1879 II 1 S. 181.
Im Annatomischen kommen temporale und modale Bestimmungen
am Pronomen zur Darstellung
ek asaig ich — sagen
ek-i.s a.saiff ich — Präteritalsuflix — sagen
ek'pu asaig ich — Futursutüx — sagen.
Das Verb ist -vollständig beugungslos. II. L. v. d. Gabelentz Ab-
handl. d. kgl. sächs. Ges. d. Wissensch. VII 1 (1860/1) = Phil.-hist.
Kl. 111 S. iiO ff.
1) Franz Kern Die deutsche Satzlehre. Berlin 1888 2 s. 4,
137, 143.
Aktionsart und Zeitstufe. 159
traurig-es Ende wird nicht ausbleiben' = 'das unausbleibliche
Ende wird ein trauriges sein'.
Ansätze zu g-rammatischen Kategorien von Zeitstufen
am Adjektiv sind ganz deutlich z. B. im Lateinischen vorhan-
den. Dies hat Frederick Hanssen in seinem Aufsatz The Latin
Adjektive Am. Journ. of Phil. X (1889) S. 34—44 nachge-
wiesen. Er führt aus, dass der einzige wesentliche Unterschied
zwischen Adjektiv und Verb ein rein formeller ist, und dass
Begriffe Avie die Tempora und Modi beim Verbum zwar in
einem klaren Licht, beim Adjektiv nur in einer unbestimmten
Dunkelheit erscheinen, dass aber solche Unterscheidungen that-
sächlich dem Adjektiv nicht fremd sind. S. 40 ff. kommt er
dann auf präterito-präsentische und futurische Adjektiva zu
sprechen. Aus seinen Beispielen hebe ich hervor: Campanus
entweder präsentisch 'one who is in Campania' oder prätcrital
'one who was formerh^ in Campania'; Scipio Aemilianus prä-
tcrital "Scipio who was formerly in the gens Aemilia'; ager
011)iensis präsentisch, epistola Olbiensis präterital; mortalis
futurisch 'one who can or will die'; laudabilis futurisch ""one
who can be praised in the future'.
§ 3. Die Tempora sind auch nicht die unzertrennlichen
Begleiter des Yerbums; sie sind nach einem glücklichen Aus-
druck der Alten 1) nur TrapeTTÖiueva, Begleiterscheinungen, die
das eine Mal auftreten, das andere Mal nicht. Alle nicht
indikativischen Formen des griechischen Aoristes z. B. werden
jetzt allgemein als zeitlos bezeichnet; ganz geläufig ist be-
sonders der zeitlose Gebrauch des Präsens in abstrakten-)
Sätzen.
§ 4. Es lässt sich indes nicht leugnen, dass im indo-
germanischen Verbalsystem die Kategorie der Zeitstufen eine
ganz hervorragende Rolle spielt. Wir sprechen von einem
Zeitwort, und schon Aristoteles gibt das Fehlen der Zeitbe-
zeichnung als negatives Kennzeichen des övo)Lia aus und sieht
in dem Vorhandensein derselben beim pfi|ua einen entscheidenden
Unterschied zwischen diesem und dem övo.ua^). Diese Auf-
1) Dionysü Thracis Ars g-rammatica ed. Gust. Uhlig-. Lipsiac
1883 S. 46—47.
2) Herrn. Paul Prinzipien der Spraciigeschichte. Halle 18862
S. 103.
3) Aristoteles De Interpret, c. 2 et 3.
160 G. Herbig,
fassnngsweise ist berechtigt, so lange sie nicht von den histo-
risch vorliegenden Verhältnissen einer bestimmten Periode idg.
Sprachentwickliing auf das Wesen des Verbums überhaupt aus-
gedehnt wird. Dasselbe kann m. E. nur gefunden werden in
der Funktion des tiniten Verl)ums im Satze, welche durch die
Personaleudungen gekennzeichnet wird, und die an sich von
den Zeitstufen völlig unabhängig ist. Jene Funktion spiegelt
sich schon wieder in der ältesten abendländischen Bezeichnung
ihres Trägers: f>f\ixa ist das, was vom övo/aa ausgesagt wird.^)
Kern hat Deutsche Satzlehre S. 137 für die tiniten Verba
den deutschen Ausdruck ^A.ussagewörter' vorgeschlagen. Man
wende nicht ein, dass weder die griechische, noch die deutsche
Bezeichnung die Begriffe Verbum und Prädikat, das ja auch
ein Nomen mit vorhandener oder zu ergänzender Kopula^)
sein könne, genügend unterscheiden. Dieser Einwand beruht
auf einer ungehörigen Vermischung der morphologischen
und der funktionellen Kategorie Verbum. Dass aber der
Begriff des Verbums d. h. dasjenige, was das Verbum von an-
dern Wortarten scheidet und zum Verbum macht, nur aus
seiner Funktion und zwar nur aus der Funktion des finiten
Verbums abgeleitet werden kann, scheint mir, von Innern Grün-
den ganz abgesehen, namentlich auch daraus hervorzugehen,
dass die Personalendungen, die jener Funktion doch gewöhn-
lich morphologisch entsprechen, öfters im Stich lassen (lat.
legimini, ai. data "er wird geben').
§ 5. Verbieten schon diese allgemeinen Erwägungen die
Zeitstufen als eine notwendige und daher von Anfang an vor-
1) Über die Schwankungen, denen die älteste Bedeutung- von
^r\\ia als eines grammatischen Terminus unterliegt, vgl. H. Steinthal
Geschichte der Sprachwissenschaft bei den Griechen und Römeru.
Berlin 1863 S. 134, 233, 238, 239.
2) Der ganze Begriff ist willkürlich genug. Kern Deutsche
Satzlehre Kap. III S. 83—98. — H. Steinthal Abriss der Sprachwis-
senschaft. 2. Teil: Charakteristik der hauptsächlichsten Typen des
Sprachbaues, neu bearbeitet von Franz Misteli. Berlin 1893^ S. 51.
— Ferner die Bemerkungen von Miklosich über die Verba coucreta
und abstracta, Vergleichende Grammatik der slavischen Sprachen.
Wien 1868-74 IV Syntax S. 261. Über die Holle, welche der Be-
griff Kopula von jeher spielte: ß. Delbrück in Brugmanns und sei-
nem Grundriss d. vergleich. Gramm, der idg. Sprachen III Syntax
Strassburg 1893 S. 22.
Aktionsart und Zeitstiife. 161
handene Verbalkategorie anzusehen, so werden wir noch we-
niger dazu g-eneigt sein, wenn wir, wie es in syntaktischen
Fragen notwendig ist, den Blick über den engen Kreis der
idg. Sprachen hinaus erheben. "Uns drängt sich die Zeit",
sagt Whitney ^), "als eine besonders wichtige Beziehung auf und
die Angabe einer Handlung scheint uns beinahe notwendig
deren Mitbezeichnung zu fordern; und doch halten manche
Sprachen es für weniger wichtig, diese in den Grundbau des
Verbums aufzunehmen als andere Beziehungen, lassen sie
vielmehr aus dem Zusammenhang erschliessen oder
deuten sie durch äussere ^Mittel, Partikeln und Hülfsworte, an,
wie wir unsrerseits andere Beziehungen, die jene in den Bau
des Verbums verweben, so behandeln". Es soll kein Gewicht
darauf gelegt werden, dass in Sprachen, die zwischen Nomen
und Verb überhaupt nicht scheiden, wie z. B. im Chinesischen,
die Kategorie der Zeitstufen vollständig fehlt 2) und dass sie in
andern, wenn sie vorhanden ist, au Nomen und Pronomen 3)
haftet. Auch in den semitischen Sprachen, den einzigen, die
neben den idg. ein achtes Verbum aufzuweisen haben'^), fehlen
bestimmte Formen für die absoluten und relativen Zeitver-
hältnisse, und die Aktionsarten der Vollendung und Nichtvollen-
duug werden ersatzweise zur Darstellung der Zeitstufen ver-
wendet^).
§ 6. Wir brauchen übrigens gar nicht so weit zu gehen,
wir brauchen nicht einmal über das Gebiet unserer Mutter-
sprache hinauszuschweifen. Hier finden wir, wie in andern
modernen Sprachen, nach einer langen Entwicklung, die an-
fangs zu ganz andern Zielen zu führen schien, Erscheinungen,
1) Leben und Wachstum der Sprache. Übersetzt von August
Leskien. Leipzig 1876 S. 231—32 (= Internationale wissenschaft-
liche Bibliothek XX. Band).
2) G. V. d. Gabelentz Chines. Gramm. Leipzig 1881 § 979. —
Steinthal-Misteli Charakteristik S. 190, 193.
3) s. Anm. 1 S. 157 u. 158.
4) Steinthal-Misteli Charakteristik S. 52 ff.
5) Philippi Die semitische Verbal- und Nominalbildung in
Beitr. z. Ass. II (1894) S. 373 bes. Anm. ***. — Ed. König Lehr-
gebäude der hebr. Spr. II 1 (1895) S. 385—391. — W. Gesenius He-
bräische Grammatik. Leipzig 187822 § 40, 48, 125 ff. — Steinthal-
Misteli Charakteristik S. 463.
162 G. Herbig-,
die sich psycliolog-isch mit dem berührten Maug-el anderer
Sprachen wenigstens vergleichen lassen. Wir sagen im Deut-
schen: 'ich thue' im Präsens, "ich thiie', seltener 'ich werde
thun' im Futur, und im Präteritum, neben starker Verwendung'
des praesens historicum, in manchen oberdeutschen Dialekten ^)
schon ausschliesslich 'ich habe gethan' d. h. die Entwicklung
des Deutschen geht dahin die drei Hauptzeiten des verbum
finitum formell durch Präsentia oder, wenn man will, zeitlose
Formen wiederzugeben. Es sei zwar zugestanden, dass ein
Unterschied gegen jene primitiven Zustände in zweifacher Hin-
sicht besteht: die ganze Erscheinung ist nur ein Glied einer
sprachlichen Entwicklung, die überall von synthetischer zu ana-
lytischer Ausdrucksweise drängt; es ist ferner nicht zu leugnen,
dass wir die in unserm Bewusstsein lebenden Tempuskatego-
rien auch mit jenen formellen Präsensformen verknüpfen. Es
bleibt aber eine offene Frage, ob im Sprachgefühl naiv Spre-
chender unserer Zunge — und sie sind Träger jener Ent-
wicklung — der Begriff verbaler Tempora vorhanden ist.
August Schleicher spricht wenigstens die Überzeugung aus^
dass im Sprachgefühl des Redenden keine grammatischen Kate-
gorien existieren, die derselbe nicht auch lautlich bezeichnet-);
er müsste demnach dem naiv sprechenden Deutschen ein
klares Gefühl für Unterscheidung der Zeitstufen absprechen
oder aber in der usuellen Verwendung der Hilfszeitwörter
'werden' und 'haben' neue Ansätze zu grammatischen Zeitstufen-
Kategorien erblicken. Ich begnüge mich an dieser Stelle das Pro-
blem, wie folgt, zu formulieren: ist das Gefühl psychologischer
Zeitstufenkategorien bei unserm Volk so stark, dass es trotz
des mechanisch erfolgten Verfalles seiner ererbten lautlichen Ent-
sprechungen als etwas selbstverständliches bestehen bleibt oder
es ist so schwach, dass es jenen lautlichen Verfall der einfachen
Formen nicht mehr aufzuhalten im Stande ist, oder ist die
sprachliche Bequemlichkeit, Avclche einfache Formen gleich-
gültig zerfallen sieht, um sie durch umständlichere wieder zu
1) IL Keis PBrB. XIX (1894)8.334. — Herrn. Wunderlicli Der
deutsche Scatzbau. Stuttgart 1892 S. 36—55.
2) Die Unterscheidung von Nomen und Yerbuni in der hiut-
lichcn Form. Abhandi. d. kgl. sächs. Gesellsch. d. Wissenscii. riiil.-
hist. Kl. Bd. IV. Leipzig 18G5 S. 502.
Aktionsart und Zeitstufe. 163
ersetzen, g-rüsser als das Bedürfnis psycholog-ische Kategorien
auch scharf und präzis lautlich wiederzugeben^)?
Die morphologische Tempusbezeichnung in den
idg. Sprachen. § 7 — 14.
§ 7. Sahen wir so auf der einen Seite, dass in modernen
idg. Dialekten das Bedürfnis die verschiedenen Tempora, wenn
sie überhaupt klar empfunden werden, morphologisch g-enau
zu kennzeichnen nicht eben stark ist, und dass es andrerseits
in vielen nicht idg. Sprachen gar nicht besteht, so müssen
wir die Frage aufwerfen: ist für die idg. Sprachen eine Periode
vorauszusetzen, in welcher sie sich gleich vielen der weniger
entwickelten nicht idg. Sprachen ohne verbale Tempora be-
half eu oder giebt es in den idg. Sprachen morphologische 2)
Elemente, die von allem Anfang an Tempusverhältnisse be-
zeichneten und so für die Ursprüuglichkeit verbaler Zeitstufen
im Idg. sprechen? Die Frage führt gleich in die letzten
Probleme der idg. Sprachwissenschaft hinein, und es lässt sich
bezweifeln, ob sie je exakt beantwortet werden kann. Aber
ich glaube die allgemeine Überzeugung der heutigen Forscher
neigt sich mehr und mehr der Ansicht zu in der Bezeichnung
der subjektiven Zeitstufen nicht die ursprüngliche Funktion
der idg. 'Tempora' zu sehen ^).
§ 8. Dabei ist freilich der Begriff 'ursprünglich' (oder
"primär') dehnbar genug. Ich bezeichne im folgenden mit ihm
die älteste Periode, die für jede einzelne Spracherscheinung
erschliessbar ist. Der Begriff wird also kein einheitlicher sein;
1) Zur ganzen Frage beachte: J. Grimm Deutsche Grammatik
IV. Göttingen 1837 S. 139. — G. v. d. Gabelentz Die Sprachwissen-
schaft. Leipzig 1891 S. 248. — W. Streitberg Perfektive und imper-
fektive Aktionsart. PBrß. XV (1891) S. 116, 117. — Auch Ph. We-
gener Untersuchungen über die Grundfragen des Sprachlebens.
Halle 1885 S. 12 ff.
2) Über eine ev. vorauszusetzende syntaktische Bezeichnungs-
weise siehe §§ 11, 90, 98, 106.
3) Friedr. Müller Der Verbalausdruck im arisch -semitischen
Sprachkreise. Sitzungsberichte d. phil.-hist. Kl. der Kaiserl. Ak. d.
Wissenschaften. Bd. XXV S. 379 ff. Wien 1857. — W. Streitberg PBrB.
XV S. 117 ff. — Friedr. Stolz Berl. phil. Woch. Sp. 407 (1894). — Auch
Herr Prof. Leskien hat in Vorlesungen (1893) diese Ansicht vertreten.
164 G. Herbig-,
er ist g-ebraucht 1. für verscliiedene Epochen der einheitlichen
idg-. Ursprache, 2. für verschiedene Entwickliing-sstufeu klei-
nerer Sprachkreise, wie wir sie im Sinne der Schmidtsehen
"Wellenthcorie vor der endg-iltig-en Sprach trennung anzusetzen
haben. Eine g-cnauere chronologische Zerlegung des Begrift'es
scheint mir bei dem jetzigen Stand der Forschung aussichtslos.
Morphologische Elemente als Träger der Tempus-
funktion. § 9—14.
§ 9. An welche morphologischen Elemente der einfachen
Verbalform knüpft sich nun die Funktion verschiedener Zeit-
stufen? In unserer Muttersprache, um mit dem Nächstliegenden
zu beginnen, nur noch an zwei: an den Ablaut im starken
Präteritum, an den Ablaut und die Vorschlagsilbe ge- im
Perfektpartizip des Passivs.
ge- ist etymologisch eine einfache Präposition ; funktionell
diente sie, wie uns Wilhelm Streitberg belehrt hat^), in der
verbalen Zusammensetzung zuerst zur Aktio-, nicht zur Tempus-
bezeichnung. Der Ablaut vollends ist im letzten Grunde eine
lautmechanische, durch Akzentverhältnisse veranlasste Erschei-
nung, und wenn er auch in vielen Sprachen ein willkonmines
Mittel zur Tempusunterscheidung geworden ist: von Haus aus
hatte er sicher nichts damit zu thun.
Unser schwaches Präteritum kommt als einzelsprach-
liche und daher sichör erst sekundäre Entwicklung für unsere
Frage überhaupt nicht in Betracht, ebensowenig wie ähnliche
Erscheinungen in andern 8}>rachen. Ich nenne nur, ohne auf
moderne Dialekte einzugehen: das ai. umschreibende Futur
wie dätäsmi aus data asmi ^ich werde geben', dätäsmas für
datdraJt .wta.s 'wir werden geben': das griech. K-Perfektum; das
lat. Perfektuni MÜ'-fi und -ur^ italokelt. Futura, die mit dem Prä-
sens von '■hheu- 'werden' zusammengesetzt sind, wie lat. äre-hö,
alat. >ici-ho, falisk. care-fo, air. no chanih 'werde lieben' aus
*-bhu-ö-^ die umbr. saninit. Perfekta wie osk. aa-mana-jf'ed
'mandavit' mit dem uridg. themavokalischen Aorist ^{e)-hhu-e-t\
die ital. Iniperfekta wie ple-haiu, alat. fnu-haw, osk. fu-faua
'erant', deren zweites Kompositionsglied einem ]*räterituin iXcv
X. Präsens-Klasse Brugmanns gleichkonunt (*(e)-hhu-ä-m)\ das
1) PBrB. XV (1891) S. 80, 81.
Aktionsart und Zeitstufe. 165
slav. Imperfektum auf -jach7> ans '"^es-o-in wie abg-. videacln>
'ich sah', nese-acla 'ich trug-'; das lit. Gewohnheitsiniperfekt
auf -dai'cm wie piäu-davau 'ich pflegte zu sclnieiden'.
§ 10, Sehen wir von all diesen und ähnlichen Bildungen ab
und fassen wir die altgTiechischen und altindischen Verbalver-
hältnisse als solche, die der Ursprache am nächsten stehen,
ins Aug-e, so ])leiben als morphologische Mittel, an denen nach
gewöhnlicher Auffassung der Tempusbegrifif haftet: die Redu-
plikation, das Augment, die sog. Tempusstämme, die
P e r s 0 na 1 eu d u n g e n.
Dass die Reduplikation erst sekundär zur Darstellung
von Zeitstufen benutzt wurde, beweist, von schwerwiegenden
Innern Gründen ganz abgesehen,, die einfache Thatsache, dass
sie seit uridg. Zeit sowohl im Präsens als im Präteritum er-
scheint. Von den Futura wie Te-9vr|Huj, bi-bd)cuj, bi-Zii'icoiuai,
Kexap^icuj muss abgesehen werden, weil sie einzelsprachliche
Neuerungen sind. Ist aber die Reduplikation im Präsens-,
Aorist- und Perfektstanmi vom Beginn der Überlieferung an
vorhanden, so ist sie für ursprüngliche Tempusunterscheiduug
nicht charakteristisch genug. Man könnte höchstens versucht
sein, die verschiedenen Formen der Reduplikation mit den
Zeitstufeu in Zusammenhang zu bringen, und das Vorherrschen
der Reduplikation mit e- Vokal im Perfekt, mit z- Vokal im Prä-
sens gäbe ja thatsächlich ein gewisses Recht dazu. Fassen
wir aber die drei ^) Brugmannischen Reduplikationsklassen
schärfer ins Auge, so zeigt sich, dass dieses Recht auf schwa-
chen Füssen steht.
Die erste Reduplikationsklasse, in der Reduplikations-
und Wurzelsilbe gleichen Vokalstotf haben, wenn auch die Ab-
lautstufe verschieden sein kann, erstreckt sich über Präsens,
Aorist und Perfekt. Vgl.
griech. Präsens TTopcpupuj, Ttaiiicpaivuu
Aorist iipapov, lyra-fov
Perfekt öpiupa, ÖTTuuTra
oder ai. Präsens jaid-ghan-ti o. Sg. von han Wz. ^ghen- 'schla-
gen, töten', Aorist am-am-a-t 'er litt Schaden', Perfekt än-qia
zu Präsens as-nö-tl aus "^nk- 'er erlangt'.
1) Den 4. Typus mit seiner unklaren Entstehung-sweise, Grund-
riss II § 474, kann ich hier bei Seite hissen.
166 G. Herbio-,
Die zweite Klasse, deren Rediiplikationssilbe e oder e
ohne Rüeksieht auf die Vokalisation der Wurzelsilbe enthält,
ist ausser dem Perfekt auch dem Präsens und Aorist eigen.
Vgl. ai. Perfekt ta-sthimd, e-CTa|aev, ste-thnus von Wz. *stä
"stehen', da-dhära von ^dhar- 'halten'. Daneben das intensive
Präsens dä-dliar-tl; ein anderes Präsens 3. PI. sa-sc-ati neben
dem griech. Aorist e-CTr-oiio von der Wz. ^'seq 'sequi'-, Präsens
xe-rpaivuu und Aorist xe-ipriva.
Die 3. Klasse mit i oder l in der Reduplikationssilbe
beschränkt sich zwar auf Präsens und Aorist und fehlt im
Perfekt (vgl. ti-sth-a-ti, i'-CTri-|ui, si-stö\ yi-YV-o-juai neben Aorist
ä-ß-jan-a-t)'^ aber ihre Ausdehnung auf zwei verschiedene
Tempora ist für unsern Zweck beweiskräftig genug.
Ich höre den Einwand, dass i und e in der Reduplika-
tionssilbe anderer Tempora als des Präsens und des Perfekts
sekundäre Übertragungen sein kchmen, mithin in ihrer gewöhn-
lichen Verwendung möglicherweise doch von Anfang an 1)C-
stimmte Zeitstufen zum Ausdruck brachten. Es wird im Verlauf
der Untersuchung (§§ 20, 55) aus andern Gründen klar Avcrden,
dass Präsens und Perfekt in ihrer ältesten Gebrauchsweise der
Zeitstufe nach völlig identisch sind. Aber Avenn dies auch
nicht so wäre: durch jenen Einwand würde das Prol)lem nur
etwas mehr in die Urzeit verschoben, denn an dem einheit-
lichen Urtypus der verschiedenen Reduplikationsarten, der
Doppelsetzung der Wurzel oder des Stannnes, ist unbedingt
festzuhalten. Gegen die Wucht innerer Gründe, die bei einer
so durchsichtigen Bildung wie der Redu])likation für die Deu-
tung ihrer ursprünglichen Funktion vor andern den Ausschlag
geben, scheint mir die ganze Beweisführung überhaupt erst
in zweiter Linie in Betracht zu konnncn (vgl. §§ 55, 62).
§ 11. Das Augment ist etymologisch noch dunkel; es
weist indes alles darauf hin, dass es, so weit wir historisch
zurückschauen krinnen, recht eigentlich zum Ausdruck der
Vergangeidieit ^) diente, also morphologisch von Antang an ein
tempusbezeichnendes Element ist. Aber noch sicherer bleibt,
dass die unaugnicnticrten Formen die älteren sind, dass also
nur sie für unsere Frage zunächst herangezogen werden dürfen.
1) Über die sekundäre Einschleppung des Augmentes in an-
dere Tempora vgl. Brugmann Grundriss II S. 863 und 863 Anm. 2.
Aktionsart und Zeit stufe. 16T
Man beachte, dass der Terminus 'Abwerfung- des Augmentes'
auf ganz unbewiesenen und unwahrscheinlichen Voraussetzun-
gen beruht. (Näheres über die .ganze Frage § 98.) Wir
dürfen sogar aus der Thatsache des Aufkommens und Durch-
dringens des Augmentes den Schhiss ziehen, dass die anfäng-
lich beliebig, später ausschliesslich mit ihm versehenen Ver-
balformeu an sich überhaupt keine bestimmte Zeitstufe zum
Ausdruck brachten.
§ 12. Auch die sog. Tempusstämme erweisen sich
nicht als ursprünglich tempusbezeichnende Kategorien. Zu-
nächst fällt der Bildungsunterschied zwischen den Formen des
Präsensstammes und des starken Aoristes; man bedenke nur,
dass die Formen ^e-gene-t (Wz. ^gen ^g-ignere') und ^e-dnhe-t
(Wz. ^denk 'beissen') im Ai. als Imperfekta djanat, ddasat, im
Griech. als Aoriste t\iveio, ebaKe erscheinen. Die Indikative
des Futurs entpuppen sich teils als Konjunktive, teils als prä-
seutische Indikative. Namentlich das -sio Futur ist der Form
nach identisch mit Brugnianns XXX. Präsensklasse. Es
kann also morphologisch von primären Futurstämmen nicht
die Rede sein. Ebensowenig von primären s-Aoriststämmeu.
Die Herkunft dieses s ist freilich zweifelhaft, aber es darf von
dem präsentischen und iüturischen s, wie es etwa in ai. dve-s-ti
"er hasst', lit. dil-f<iu 'ich werde geben' erscheint, nicht g-e-
trennt werden. Yg:l. besonders ai. Aorist ä-hr-s-i neben Prä-
sens l-i'-s-e 1. Sg. Med. zu kdr-ti "er macht', lat. vis-l neben
Präsens vJsö, aiixl neben griech. Präsens auHuu. Die ganze
Kategorie fällt unter Brugmanus XIX. Präsensklasse.
Es bleibt der Tempusstannn des idg-. Perfektes. Er
weist in der That zwei Verschiedenheiten gegen den Präsens-
stamm auf: eine besondere Abstufung im Sg. Ind. Act. und
einige besondere Personalendungen im Indikativ. Ob mit diesen
morphologischen Verschiedenheiten, zu denen insbesondere noch
eine fast ausnahmslose Reduplizierung- kommt, ursprüngliche
Bedeutungsverschiedeuheiteu Hand in Hand gingen, bleibe
dahingestellt; waren sie vorhanden, dann sind sie sicher nicht
in einem Unterschied der Zeitstufen zu suchen, denn hier
stimmen Präsens- und Perfektstamm in ihren ältesten Gebrauchs-
typeu vollständig- und nach Aufkommen des präteritaleu Per-
fekts noch zum Teil überein (§ 20, 55). Es sei nur nebenbei
erwähnt, dass trotz der morphologischen Eigentümlichkeiten de»
168 G. Herbig-,
Perfekts in einzelnen Fällen eine reinliche Scheidung vom
Präsensstamni unmög-lich ist^) und dass Curtius-; vor allem
das älteste Perfekt nur als besondere Präsensklasse gelten lassen
wollte.
§ 13. Ich komme zu den Personalendungen: wie
stehen sie zu unserer Frage? Sie sind das hau})tsächlichste
formelle Charakteristikum des Verbums gegenüber Nomen und
Pronomen, sie kennzeichnen den Unterschied der Personen
und der Genera: zeugen sie vielleicht in einer als ursprünglich
anzusehenden Verschiedenheit für die Ursprünglichkeit verbaler
Tempuskategorien? Dass es die besonderen Endungen des Per-
fekts nicht thun, wurde soeben betont. Die übrigen Personal-
endungen scheiden wir in primäre und sekundäre; wir glauben
also, dass die einen früher vorhanden waren als die andern, und
der Parallelismus, der das System durchzieht, giebt uns ein ent-
schiedenes Recht zu der Annahme, dass die einen Persoualeu-
dungen nach dem Muster der andern oder aus ihnen entstanden
sind. Es bleibt freilich die Frage, ob die sog. sekundären aus den
primären etwa unter dem Einfluss des betonten Augments oder
als konjunkte Formen unter dem Einfluss der betonten Präpo-
siton verkürzt oder ob die sog. primären aus den sekundären
vielleicht durch Anhängung einer präsensbezeichnendeu Par-
tikel i geschaffen wurden^). Ich versuche § 89, 90 Stelhmg zu
der Frage zu nehmen. Jedenfalls beweist die vorauszusetzende
Einheit dieser Typen, dass sie von Haus aus nicht geeignet
waren verschiedene Tempuskategorien zu unterscheiden, sie
haben es ja auch nach ihrer Spaltung in zwei Klassen nur
sehr wenig konsequent gethan.
§ 14. Wir können also für die morpholo-
gischen Elemente, die in historischer Z e i t T r ä-
g e r der Tempusbedeutung sind, f o 1 g e n d e n S a t z
aufstellen: die meisten reichen überhaupt nicht
in die Zeit vor der S p r a c h t r e n n u n g hinein; bei
den wenigen, die es thun, ist es durchaus un-
wahrscheinlich, dass sie von vornherein oder
1) B. Delbrück Altiudisclies Verbum (1874) S. 122. 12:3. —
Will. D. Whitnoy Indische Grammatik, deutsch von H. Zimmer.
Leipzig 1879 S 868.
2) Das Verbum d. <:-riech. Spr. II (1876) S. 120.
3j Litteratur bei Brugmanu Grundris.s II 1330 Anm.
Aktion.sa.rt und Zeitstiife. 16^
in d e r ä 1 1 e s t e n S p r a c h p e r i 0 d e, d i e f ü r j e d e s e i n-
zeliie noch mit Sicherheit er seh Hess bar ist,
zur morphologischen Kennzeichnung- subjek-
tiver T e m p u s k a t e g- 0 r i e n b e n u t z t w u r d e n.
§ 15. In einem Atem mit dem Tempus pflegen wir den
Modus zu nennen. Müssen wir die Tempuskategorien als un-
ursprünglich ansehen, so entsteht die Frage: sind die Modi
älter, lassen sich die Tempora aus ihnen ableiten? Eine Ant-
wort wird versucht in dem gehaltvollen Aufsatz von L. Tobler
"Übergang zwischen! Tempus und Modus" im 2. Band (1862)
der "Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprach wissenschaft'%
hsg. von Lazarus-Steinthal S. 29 tf. Tobler kommt zu dem
Schluss (S. 34): "Im Ganzen wird man mit der Ansicht der
Wahrheit ziemlich nahe kommen, dass keines von beiden, we-
der Tempus noch Modus, ursprünglich fertig für sich ausge-
bildet war, ehe noch vom andern eine Spur keimte, sondern
dass entweder in einer dem Hebräischen ähnlichen Weise
beide in einander lagen und sich allmählich durch besondere
]\Ierkmale von einander lösten oder dass zwar eines von beiden
vorherrschte, aber schon sehr früh auch zu Zwecken des an-
dern syntaktisch verwandt, wohl gar formell umgebildet wurde''.
Als Anhänger von Brugmanns Injunktivtheorie gebe ich der
ersten Möglichkeit den Vorzug.
§ 16. Ich beschränke mich darauf Toblers Ergebnis
mit den Fortschritten, welche die idg. Sprachwissenschaft seit
Erscheinen jenes Aufsatzes (1862) machte, zu kombinieren i).
Konjunktiv und Indikativ fliessen morphologisch zu einer
Kategorie zusammen, denn die sog. Bildungselemente des Kon-
junktivs (einerseits -e-, -o-, der sog. thematische Vokal, andrer-
seits -a-, -e- (öj) kehren in allen Sprachen auch in indikati-
vischer Funktion wieder 2).
Der Optativ mit seinem charakteristischen Lautzuwacha
erscheint jener Kategorie gegenüber morphologisch und psycho-
logisch als sekundäre Erscheinung^).
Die Imperativformen entpuppen sich in ihrer Mehrheit
1) Vgl. auch G. Curtius Zur Chronolog-ie der idg-. Sprachfor-
schung (Abh. d. k. Sachs. Ges. d. Wiss. 12 = Phil.-hist. KI. 5 (1865-
1870) S. 229 fF.
2) Brug-mann Grd. II § 489.
3) Delbrück SF. I S. 15 (1871).
170 G. Horbi<i-,
i\ls Iiijuuktiv-, Konjunktiv-, Optativ-, Indikntivfnrnicn und als
Formen des veihiun intinitum. A'on echten Imperativformen
untersclieiden Avir: reine Tempusstämme als 2. Sg. Akt., die
2. Sg. auf -dhij die Formen auf -töd. Die beiden letzten
Formen setzen die erste voraus (Brug:mann Grd. II S. 1321 u.
1323). Diese allerdings ist uralt: Formen ohne Personalbe-
zeichnung- wie icxri und cpe'pe vergleichen sich ohne weiteres
den des Kasuszeichen entbehrenden Vokativen wie öqpi, iirTre
und begegnen diesen auch semasiologisch in der Funktion des
Anrufs; sie reichen als Kategorie höchstwahrscheinlich in eine
Zeit zurück, in der ein Bedeutungsunterschied zwischen Nomi-
nal- und Yerbalstamm noch niclit ins Bewusstsein getreten war.
So könnte man sie zwar als die morphologisch einfachsten und
ältesten Formen des verbum finitum bezeichnen. Ich sehe indes
keine Möglichkeit sie formell oder in ihrer imperativischen
Funktion zur Grundlage des Tempus- oder Modalsystems zu
machen: sie stehen geradezu ausserhalb desselben, ähnlich wie
der Vokativ nur mit Zwang in das Kasussystem eingereiht
werden kann.
Um zusammenzufassen : s e k u n d ä r f i n den Übe r-
g ä n g e zwischen T e m p u s u n d j\[ o d u s st a 1 1 ; ich er-
innere nur an die futurische Funktion mancher Konjunktiv-Op-
tative und an den Gebrauch des präteritalen Indikativs als mo-
dus Irrealis. U r s j) r ü u g 1 i c h bilden sie eine einheit-
liche Masse; die Fragen, welche von beiden Ka-
tegorien älter ist und ob eine aus der andern
abgeleitet werden kann, sind falsch gestellt^).
§ 18. Es bleiben die Aktionsarten, auch objek-
tive Zeiten genannt-). Sind sie eine ursprüngliche, oder,
da solche Begriffe immer nur relativ sein können, eine ur-
sprünglichere Kategorie? Wie sind sie historisch und psycho-
logisch in das idg. Verbalsystem einzugliedern? S i n d s i e den
Z e i t s t u f e n oder mit andern Worten: sind die
Objekt i\en den subjektiven Zeiten vorausge-
1) Vgl. aucli La Grasserie De la catc^porie (hi teinps S.IO.
2) Über den Be;i-riff orientiere man sich vorläufig- bei Bnig--
111 ann Griecliische Grarninatik 1890 2 t} Ifvt ff. — La Grasserie De la
categorie du teiiips S. 1—8. — K. W. L. Heyse System d. Spraeli-
■w-iss. Berlin 18r)(; ij 227 ff.
Aktionsart xind Zeitstufe. 171
gangen? Oder hat man vielleicht, wie in a n-
d e r n S p r a c h k r e i s e n, die ]\I i 1 1 e 1, w o d ii roh die
Aktionsarten morphologisch gekennzeichnet
w u r d e n, später ersatzweise z u m Ausdruck des
u n a h h ä n g i g- von ihnen entstandenen Begriffes
der Z e i t s t u f e n verwertet? Diese und ähnliche Fra-
gen sind meines Wissens noch nicht im Zusammenhang be-
handelt. Auch die folgende Untersuchung kann diese Lticke
nur zum Teil ausfüllen. Sie beschränkt sich auf gewisse
Punkte und wird dieselben nur für einen Teil des idg. Sprach-
gebietes durchführen. So sind, von Albanesisch und Armenisch
ganz zu schweigen, Keltisch und Iranisch gar nicht, andere
Sprachen nur gelegentlich herangezogen. Diese Beschränkung
ist natürlich nur zum Teil durch die Natur der Sache, zumeist
durch die Grenzen meines Wissens und den Charakter dieser
Arbeit geboten. Ein Umstand kommt mir ül)rigens zu gut.
Ich mache das Griechische, zum JMittelpunkt meiner Dar-
stellung und kann die altindischen, slavischen und germa-
nischen Verhältnisse dank der Vorarbeiten von Miklosich,
Leskien, Dell)rück, Streitberg heranziehen: gerade diese Sprach-
gruppeu aber scheinen mir für unsere Frage am ersten in Be-
tracht zu kooamen.
Geschichte des grammatischen Begriffes Aktionsart.
§ 19—23.
§ 19, Wir müssen uns vor allem über den Begriff der
Aktionsarten klar werden. Er hat sich im wissenschaftlichen
Bewusstsein erst nach und nach von dem der Tempora abge-
löst, und man darf wohl sagen, dass erst Curtius den letzten
Schritt in dieser Entwicklung gethan hat. So empfiehlt es
sich die einschlägigen Abschnitte der Verbaltheorie einer histo-
rischen Kritik zu unterwerfen^). Dabei soll die Zeit vor der
Blüte der klassischen Philologie und der Bec-ründunff der ver-
1) Das Material ist grösstenteils gesammelt bei Hermann
Schmidt Doctrinae temporum verbi Graeci et Latini expositio liisto-
rica p. I— IV. Halle 1836—42. — H. Steinthal Geschichte der Sprach-
wissenschaft bei den Griechen und IJömern mit besonderer Rück-
sicht auf die Logik. Berlin 1863 und 1890—91 -\ R-h zitiere nach
der ersten Auflaore.
172 G. Herbio;,
gleichenden Sprachwissenschaft in iinserm Jahrhundert etwas
ausführlicher behandelt werden, einmal weil uns die Forschun-
gen des letzten Zeitraums vertrauter und zugänglicher sind,
besonders aber, weil Begriffe wie Zeit- oder Aktionsart bei
manchen immer noch als Produkte hyperfeiner moderner Klü-
geleien gelten, von denen die Alten sich nichts träumen Hessen.
Die ältesten Belege dafür, dass die Alten den Begriff
des grammatischen Tempus lebendig erfasst hatten, finden sich
bei Plato und Aristoteles; sie kennen schon die drei sub-
jektiven Zeitstufen, es sind ö ixapuuv und ö evecTuuc, ö rrape-
XriXuGüuc, 6 jueXXuJv xpövoc^). Dagegen scheint ein Bedürfnis,
daneben Aktionsarten zu unterscheiden, noch nicht vorhanden
gewesen zu sein. Es war auch dazu kein zwingender Anlass,
so lange im wissenschaftlichen Bewusstsein die Präterita der
drei Tempusstämme, deren Scheidung am ehesten wohl auf
den Begriff der actiones geführt hätte, sich noch nicht von
einander abhoben, und Aorist und Imperfekt z. B. enger asso-
ziiert wurden als Präsens und Imperfekt. Auch die rein
logische Definition des Präsens als einer Grenzlinie, eines
Punktes zwischen Vergangenheit und Zukunft-), welche an-
dere richtigere Beobachtungen^) immer wieder verdunkelte,
trug dazu bei, dass man seine Dauernatur und mithin den
bezeichnenden Unterschied zum Aoriststamm nicht klar er-
kannte : und gerade auf dieses in seinem wahren Wesen nicht
1) Plato Sophistes p. 262. Parm. p. 151 E et 152 A. — Aristo-
teles De Interpret, c. 2, 3. De eateg. c. 4 § 6. Nat. auscult. 1. IV
c. 14 § 1.
2) Aristoteles Nat. auscult. 1. IV c. 17 § 4 tö bi vöv den cuvd-
Xeia xpövou • cuv^x^» töv Trape\r|XueöTa koI dcö|aevov Kai TT^pac xpf^^ou
^CTi. ?CTi yäp Toö fjiiv äpxn, toö bk xeXeuxrj. Vgl. auch Priscian 1. VIII
c. 10 § 51, 52. Dass noch in späten Zeiten diese für das g-rannna-
tische Präsens ganz unpassende Definition in den Köpfen spukte,
beweist z. B. die Polemik des Ursinus Instit. ling. Lat. et Germ.
(1701 u. 1727) I S. 534 pi*aesens hie non praecise et rigide sensu
philosophico de unico momento et puncto temporis, sed cum am-
pliatione quadam et niora usu vulgari saepius capiendum.
3) Aristoteles Nat. auscult. 1. VI c. 3 § 4 toö vöv tö |udv ti
Y^TOvöc fcTai, TÖ bi (aAXov. Das Präsens erstreckt sich also von der
Vergangenheit bis in die Zukunft: damit ist seine durative Aktions-
art angedeutet.
Aktionsart und Zeitstufe. 178
sicher erfasste Tempus baute man die Beurteilung- der übri-
g-en aufV).
§ 20. Erst als die Alten antingcn, die Grammatik syste-
matischer zu betreil)en, mussten sie auf die Frage stosseu :
wie kommt es, dass es in Wirklichkeit mehr als die drei
l)hilosophisch denkbaren Tempora gibt? Die Stoiker sehei-
nen zuerst eine x\ntwort versucht und einen neuen Einteilungs-
grund, wenigstens die Ahnung eines solchen^ für genauere
termini technici verwertet zu haben.
Nach Innn. Bekker Anecdota Graeca II (1861) 891 unter-
schieden sie das Präsens töv dvecTUJxa TraparaTiKÖv, das Imper-
fekt Tov TTapujxriMevov TTapaiaTiKÖv, das Perfekt töv evectOuTa
cuvteXiKÖv, das Plusquamperfekt töv Trapujxrnuevov cuvtcXiköv.
Zur Erklärung von TTapaxaTiKÖc sagt der Scholiast Stephanos
(Bekker Anecd. II 891): töv evecTUJTa oi Ztuuikoi evecTuJTa irapa-
TüKiKÖv öpiZiovTai, ÖTi TTapttTeiveTaiKai eic jueXXovTa • ö xdp XeYoiv
TTOiÜL) Kai ÖTi eTToirice ti ejucpaivei Km öti TTOirjcei * töv be Tiapa-
TttTiKÖv Ttap' fi)uiv TTapujxrmevov TtapaTaTiKÖv " ö ydp Xe^aiv
eTToiouv, ÖTI TÖ TiXeov eiroiricev, e)ucpaivei, outtuü be TteTrXripujKev,
dXXd TTOir|cei )nev, ev oXitlu be XPO^H^ " ^^ T^P fö TTapujxnM^vov
TrXeov, TÖ Xemov öXitov. Es wird also der imperfektiv-dura-
tive Charakter des Präsensstammes in unzweideutig-en Worten
betont und bis zur Entwicklung- des Begritfes Aktionsart war
nur noch ein kleiner Schritt. Die Stoiker haben ihn nicht
gemacht^). Wir können das zwar nicht g-anz sicher beurtei-
len, da die auffallende Thatsaclie, dass bei dem als stoisch
überlieferten Tempussystem Aorist und Futur aus dem Spiel
bleiben, noch nicht genügend erklärt ist. Aber dass sie in
der Aktionsart des Aoristes den natürlichen Gegensatz zu der
des Präsensstammes nicht erkannt haben, beweist der Um-
stand, dass sie vielmehr Perfekt- und Präsensstamm nach die-
ser Richtung hin als Gegensätze auffassten. Dem Präsens-
stamm, dem xpovoc irapaTaTiKÖc oder dTeXric wurde der Per-
fektstanmi als xpovoc cuvteXiköc oder TeXeioc, dem tempus
inchoatum oder infectum das tempus perfectum gegen-
überg-estellt'^).
1) Aristoteles De Interpret, c. 3 § 5 (tö ü-fiaivei /)rj)aa) tö i)-(ia-
V6V r^i TÖ ÜYiavei oü ^f||Lia, dtXXä iTTUuceic ^riuaTOC.
2) Vgl. auch Steinthal Gesch. d. Sprachw. S. 308.
3) Varro De lingua Latina 1. IX § 96. I. X § 33, 48. Da uns
Indogermanische Forschungen VI 3 u. 1. 12
174 G. Herbig,
Es war ein logischer Fehler, diese Beg-riflFe als Gegen-
sätze zu betrachten. Zunächst ist es falsch, sie als Attribute
des xpovoc, der grammatischen Zeitstufe, hinzustellen. Das
hat ein Scholiast geahnt, Priscian oder seine Gewährsmänner
klar gesehen. Der Scholiast sagt vom Imperfektum Bekker
Anecd. II S. 889 TrapaiaTiKÖc ecxi KaB' öv 6 juev xpövoc Trapuj-
XriTtti, TÖ be epYOV luexd irapaTdceuuc ireTTpaKTai oiov exuTTTOv;
beachte die Gegenüberstellung von xpovoc und epYOV. Pris-
cian sagt VIII 8 § 39: quod accidit ipsis rebus, quas agi-
raus, nomen imponere solfemus tempori.
Im Sinn Priscians müsstcn wir also cuvteXiKÖc und dieXric
zu Eigenschaften der Verl)al handln ng machen. Als solche
gilt den Alten, die den abstrakten Begriff der Wurzel nicht
kannten, die des Präsensstammes, pars pro toto. Dann ist
freilich der Präsensstamm dieXric, der Perfektstamm cuvteXiKÖc.
Aber dabei wurde der eine an und für sich betrachtet, der
andere lediglich in seinem Unterschied zum Präsensstamm.
Würde beide Male mit dem gleichen Mass gemessen d. h.
auch die Verbalhandlung des Perfektstammes aus sich selbst
heraus beurteilt, so müsste sich zeigen, dass das sog. perfec-
tum praesens, evecTÜbc cuvteXiKÖc^), nach Zeitstufe und Aktions-
art — Avenigstens was die Scheidung in Perfektiva und Im-
perfektiva (§ M ff.) anlangt — dem Präsens gleich ist. Beispiele
machen die Sache klar: ev9u)aeTc9ai 'erwägen' — evreBuiufic-
9ai 'von einem Gedanken durchdrungen sein' Xen. An. III 1,
43, CTTOubdZieiv 'eifrig sein' — ecTTOubaKevai 'voll Eifers sein'
Luc. Char. 20, e-mGuiueiv 'Verlangen tragen' — eiriTeeuiLniKe-
vai 'vor Begierde brennen' Plat. Phaedr. 227 d; dazu die be-
sonders geläufigen Beispiele d7To9vr|CKeiv 'im Sterben liegen'
— TeGvriKevai 'tot sein', KaXeic9ai 'genannt werden' KeKXfic9ai
'einen Namen haben'. Es ist charakteristisch, dass wir im
hiei* die stoische Theorie von Varro überlielert wird, l)U'ibt zti un-
tersuchen, wie viel von der Verwirrung auf Varros Reclinung zu
setzen ist: er berücksichtigt, worauf mich Prof. Christ aufmerksam
macht, nur das lateinische Perfektum und lässt, eben weil er nur
vom Lateinischen handelt, den Aorist ausser S])iel. Es kann zuge-
geben werden, dass mit TraparaxiKÖc und cuvreXuöc ein Gegensatz
zunächst nicht bealjsichtigt war. Steinthal Geschichte der Sprach-
wissenschaft I S. ;J02— 807. Joseph Schmid I'ber den gnomischen
Aorist der Griechen. I'rg. v. Passau 1H94 S. 11, !•_>.
1) Nicht so andere Perfekttypen vgl. t? 57.
Aktionsart und Zeitstufe. 175
Deutschen mangels entsprechender perfecta praesentia die Per-
fekta durch Präsensformen vollkommen genügend wiedergeben
können. So ist auch die Aktionsart dieses Perfekts, gleich
der des Präsens, nicht etwa teXeioc, cuvieXiKÖc, sondern dte-
Aric, durativ-im perfektiv 1) (§ 34, 55 S. 211, 212). Denn die
Perfekta der erstgenannten Verba der Gemütsbewegung z. B.
Tjezeichnen nicht, dass die Gemütsbewegung vorüber ist, dass
die Handlung einen Abschluss gefunden hat (was nur durch
ein tempus actionis perfectivae vgl. §§ b'2 ff. geschehen könnte),
sondern "dass das Ergriffen werden von derselben vollendet
ist und das Subjekt nun in dem Zustand des Ergriffen s e i n s
verharrt" (Ernst Koch Griech. Schulgrammatik Leipzig 188P).
Der wirkliche Unterschied zwischen Präsens- und Perfektstamm
wird sich aus den §§ 55 ff. ergeben. Hier is tfestzuhalten :
bezieht sich dieXric beim Präsens auf die Aktionsart des Prä-
sensstammes, TcXeioc beim Perfekt-) aber auf etwas anderes
als die Aktionsart, so dürfen beide Eigenschaften überhaupt
nicht verglichen werden, können auch in dieser Anwendung
keine Gegensätze bezeichnen.
§ 21. Die alexandrinischen Grammatiker bilden die
3. Gruppe, an deren Namen und Wirken sich ein Fortschritt
der grammatischen Theorie knüpft. Bei Dionysius Thrax
tinden wir zum ersten Mal den Namen Aorist. Er sagt über
die Tempora in der Ars grammatica (Ed. Gust. ühlig Lipsiae
1884 S. 53): xpovoi be ipeic • evecTuuc, TrapeXriXuBuuc, |ueXXujv •
TouTUJV 6 TtapeXriXuödjc e'xei bmqpopdc xeccapac ' TTaparaTiKov,
7TapaKei|uevov, uTrepcuvieXiKÖv, döpiciov ' luv cux^eveiai eici xpeic,
evecTUJTOC Ttpöc TrapataTiKÖv, TrapaKeiiaevou irpöc uTrepcuvieXiKÖv,
dopicTou Tipöc jueXXovTtt. Von neuen Namen und Begriffen be-
gegnen uns hier: TrapaKei|uevoc für das Perfekt, uTTepcuvieXiKÖc
für das Plusquamperfekt, döpicxoc für den Aorist.
Der xpövoc rrapaKeiiuevoc wird vom Scholiasten (Bekker
Auecd. n 889) so erklärt: 6 be TiapaKeiiuevoc voeixai dTTÖ
Toö TTapaKcicOai küi ejjvc eivai tou evecTÜuioc t\-]v TipdEiv aü-
1) Dieser Punkt ist für die weiteren Ausführungen im Auge
zu behalten, sonst wird die gelegentliche Verwechslung der Begriffe
'perfektiv' und 'perfektisch' unausbleiblich sein (§ 68).
2) Bei welchem griechischen Tempus sich r^Xeioc oder cuvxe-
XiKÖc auf die Aktionsart bezieht, ergibt sich aus § 22.
176 G. Herbig,
ToO • briXoT Tctp tö ixx] npö ttoXXoO toO xpovou TteTTpäxOai xa
TTpctYMa. Es wird also vom Perfekt gesagt, es stehe dem Prä-
sens nahe, weil seine Handlung vor nicht langer Zeit bethä-
tigt oder zum Abschlnss gebracht worden sei. Mit dieser De-
finition ist sicher an eine bestimmte Gebrauchsweise des Per-
fektes angeknüpft, über die noch zu handeln ist (§§ 55, ö6);
man darf aus dem Vorhandensein der Definition sogar schlies-
sen, dass jene Perfektfunktion damals mehr verl)reitet war
lind tiefer im Sprachbewusstsein wurzelte, als wir auf Grund
unvollkommener Beobachtungen anzunehmen geneigt sind. Wird
aber diese Erklärung auf das Perfekt überhaupt ausgedehnt,
so merkt man ihr bald das Kompromiss an, durch welches
zwischen der präteritalen und präsentischen Gebrauchsweise
vermittelt werden soll. Es braucht wohl kaum eigens hervor-
gehoben zu werden, dass es von vornherein unwissenschaftlich
war, diese beiden verschiedenen Gebrauchsweisen des Perfekts,
von denen die eine sicher sekundär ist, in den Rahmen einer
einheitlichen Definition spannen zu wollen. Apollonios Dys-
kolos irrt noch weiter ab, Avenn er den napaKeiiuevoc ohne
weiteres zu den Präteritis rechnet; praktisch kommt er da-
durch natürlich fortwährend ins Gedränge^). Wie das Per-
fekt das soeben (äpii) Geschehene, so sollte das Plusquam-
perfekt das früher (-rrdXai) Geschehene^) bezeichnen.
In engstem Zusammenhang mit dieser Auffassung der
beiden Tempora steht der Name des Aorists: er lässt den
Zeitabstand vom Präsens unbestimmt, während ihn jene be-
stimmt angeben 3). Diese ganze Erklärung ist nicht viel mehr
als ein Verzicht darauf das Wesen des Aorists zu definieren;
ihre Grundlage, die clpri — iraXai-Theorie ist w^ackelig genug
und mit den Thatsachen nicht vereinbar*).
Die dopicTia des Aoristes wurde auch auf den jueXXuuv
übertragen und hierin scheint man neben der morphologischen
Verwandtschaft des ^--Aoristes und .s-Futurs die cuYTeveia bei-
1) De adv. p. 534. De synt. III c. 6 p. 205.
2) Be.kkcr Anecd. III S. 1281, II S. 891.
3) Apollonios Dyskoios De adv. 5.34, 30; 891, 7.
4) In andern Spraciien sind solche Unterscheidnnjren übri-
gens vorhanden. Vgl. was Frd. Müller Grundr. d. Sprachwissen-
schaft II S. 22 über das unbestimmte und bestimmte (heutige, ge-
strige und entferntere) Perfektuin australischer Sprachen sagt.
Aktionsart und Zeitstufe. 177
der Tempora g-efunden zu haben (Bekker Aiiecd. II 891). Im
Oegensatz zu diesem infiniten Futur hat man erst sehr spät
das Futur des Perfektstammes als djpicjuevoc oder juei' oXiyov
^eWuuv bezeichnet und damit augenscheinlieh nur rein analo-
;g-isch, nicht auf Grund von Beobachtungen, den zwischen
Aorist und Perfektstamm konstruierten Unterschied auf die
beiden Futura angewandt^).
§ 22. Xeben solchen gänzlich unbefriedigenden Erklä-
rungen des Aoristes finden sich aber auch deutliche Spuren,
dass schon die Alten die wirkliche Natur desselben, seine
perfektive Aktionsart (§§ 51 ff.) erkannt haben. Sie geben
ihm gelegentlich das Attribut cuvxeXiKÖc, ohne die-
ser Erkenntnis bei Aufstellung des Verbalsystems
wirklich Rechnung zu tragen. Vgl. Schol. in Hom. II.
ed. Bekker zu A 600, ed. Gull. Dindorf vol. I zu I 578 A
368, 0 -)3. Ferner Apollonios Sopliista, Lexicon Graecum
Iliadis et Odysseae unter iuüv. Die Stellen, an denen Apollo-
nios Dyskolos von der cuvieXem des Aoristes spricht, sind
aufgezählt und besprochen bei Steinthal Geschichte d. Sprachw.
S. 656 u. 657. Die ganze Litteratur jetzt bei Fr. Hultsch
Die erzählenden Zeitformen bei Polybios, Abh. d. phil.-hist.
Kl. d. kgl. Sachs. Ges. d. Wiss. 13. Bd. (der gesamten Reihe
30. Bd.) S. 203.
i? 23. Die Lateiner haben fast diese ganze Termino-
logie mit mehr oder minder Glück in ihre Sprache tibersetzt;
dass es bedenklich war, Begriffe, die sich bei ihnen z. T.
g"anz anders entwickelt hatten, in ein fremdes Gewand zu
zwingen, leuchtet ohne weiteres ein. Die Stelleu aus latein.
Grammatikern, welche vom Tempus handeln, sind jetzt hübsch
'/usannnengestellt von Ludwig Jeep Zur Geschichte der Lehre
von den Redeteilen bei den lateinischen Grammatikern, Leip-
zig 1893 S. 239. Wir fragen blos: haben die Lateiner für
den uns interessierenden Teil der Verbaltheorie etwas neues
beigebracht?
Die wichtige Stelle Priscians, der freilich hier aller
"Wahrscheinlichkeit nach nur die Lehre der Griechen, des
Apollonios oder Herodian, wiedergab, wurde schon erwähnt
(§ 20). Vor ihm verdanken wir auch Varro einen kleinen
1) Tbeodosius p. 148, 16. — Etym. M. p. 507, 50.
178 G. Herbig,
systematischen Fortschritt: er hat den Gegensatz der infccta
nnd perfecta, den wir freilich als solchen nicht anerkannten
(§ 20), auch auf das Futur übertragen. Seine zwei geuera
oder divisioues verborum, das infectum oder inchoatum und
das perfectum, werden mit den 3 tempora methodisch kom-
biniert (piingebam, pungo, pungam] pujmgeram, pupiigi, pn-
pugero)^). Bei dem Mangel einer eigenen Aoristkategorie in
historischer Latinität waren die lateinischen Grammatiker A'on
vornherein weniger veranlasst, den Begriff der Aktionsart aus
dem des Tempus loszuschälen als die griechischen.
§ 24. So haben die Alten zwar die meisten Gesichts-
punkte, die sich auf die Dauer als fruchtbar erwiesen, teils
erkannt, teils im Keime geahnt. Aber die einzelnen rich-
tigen Beobachtungen wurden noch von falschen Vorstelluogen
überwuchert, und im Ganzen ist die antike Theorie zu keiner
Klarheit gelangt.
Besonders die au"ch von uns durch Vermittlung
des Latein übernommene Terminologie hat diese Un-
klarheit verewigt. Präsens, Futur und Präteritum sind
benannt nach dem zeitlichen Verhältnis der Verbalhandlung
zur Gegenwart; das Imperfekt dagegen nach der Art seiner
Verbalhandlung, das Perfekt nach seinem Unterschied zum
Präsensstamm; Perfekt und Plusquamperfekt deuten in ihrem
Namensverhältnis den Gradunterschied (ctpri — TrdXai) des zeit-
lichen Abstandes einer vergangenen Verbalhandlung zur Ge-
genwart an ; der Name Aorist schliesslich besagt blos negativ,
dass durch das sobenannte Tempus eine solche Gradbestim-
mung nicht gegeben wird.
§ 25. Ich suche im folgenden die Entwicklung dieser
Theorien bei den Humanisten und den Neueren in ge-
drängter Kürze wiederzugeben; ohne auf die mannigfachen
Irrtümer dieser Grammatiker näher einzugchen, bestrebe ich
mich blos das hervorzuheben, wodurch die Theorie wirklich
gefördert wurde.
Der Name futurum exactinu im Sinne eines tempus
futurum des Perfektstammes findet sich nach dem Zeugnis
des Thomas Linacre^) zuerst bei Julius Pomponius Laetus.
1) Varro De lingua Lat. I. IX §§ 32, 96—101, 1. X §§ 33, 47, 48.
2) Thomas Linacre De Eniendata Structiira Latini Serinonis
libri sex. London Richard Pvnson 1524. In der Pariser Ausgabe
Aktionsart und Zeitstufe. 179
Es wird freilich mit diesem Ausdruck kaum etwas Neues ge-
sagt; man scheute sicli bloss den Terminus perfectum, der mit
der Vorstellung eines tempus praeteritum zu innig ver-
wachsen war, auf das futurum zu übertragen; in der Sache
selbst stand schon Varro auf ähnlichem Standpunkt (§ 23).
§ 26. Ein entschiedener Fortschritt knüpft sich an den
Namen des Julius Caesar Scaliger. Er wirft in seinem
Werke De causis linguae Latinae libri XIII Lugduni 1540
(1. V c. 113 S. 231) die für das Perfekt und Plusquamperfekt
konstruierte äpxi — iraXai-Theorie über den Haufen und sagt:
ita diflferunt ut Perfectum nihil praeterea notet, Scripsi : Trans-
perfectum indicet et ipsum Perfectum, et tractuni interponat
inter ipsum, et aliam non cohaerentem actionem, Scripseram,
cum Coenabam: non cohaeret coena scriptioni, quae scriptio
est absoluta. Diese Definition des Plusquamperfektes gilt zwar
nicht für das griechische, sie ist aber insofern wichtig als
uns in ihr m. W. zum ersten Mal- der Begriff der relativen
Zeit im engern Sinn^j klar entgegentritt, welcher später zu
den wiclitigen Untersuchungen über die Gleichzeitigkeit und
Vorzeitigkeit zweier Handlungen geführt hat 2). Dagegen sah
von 1527 auf fol. 7: huius (i. e. futuri) aliud genus facit Pomponius
nempe quod exactum vocat, ut videro, abiero. Hoc g-enus Graeci
non habent, sed utuntur pro eo particii^io praetei'iti cum futuro
verbi sum ■fefpctqpdjc eco|uai, eYvuuKuuc ^cofioi.
1) Über den Begriff vgl. La Grasserie De la categorie du
temps S 5 u. 6. Über das Alter der sog. relativen Zeitstufe s.
Brugmanns Ausführungen Ber. d. kgl. sächs. Ges. d. Wiss. Phil.-
hist. Kl. 35 (1883) S. 173-181; der dort an G. Mahlotv KZ. 2G
(1881—83) S. 570 ff. geübten Kritik stimme ich vollkommen bei und
werde demnach die relativen Zeitstufen als durchaus sekundäre im
weiteren Verlauf dieser Arbeit ausser Acht lassen. Den Namen
bringt zuerst Cornelius Valerius Ultraiectinus, Institutiones gram-
maticae. Antverp. 1.567 p. 162 praeteritum plusquamperfectum quo
significamus rem perfectam ante aliam actam . . hoc relativum
praeteritum dici possit, quod semper ad aliquod aliud tempus refe-
ratur ut et imperfectum.
2) Diese Untersuchungen sind für die lateinischen Verhält-
nisse freilich ungleich wichtiger als für die griechischen. Karl
Mutzbauer Die Grundlagen der griechischen Tempuslehre und der
Homerische Tempusgebrauch 1893 S. 5 ff. — Über die Litt. vgl.
Jahresbericht d. klass. Altertumsw. 77 (1893) S. 262 ff. — Dazu H.
Blase Geschichte des Plusquamperfekts im Lateinischen 1894.
IbO G. Herbig-,
auch Scaliger, wie es inzwischen immer mehr üblich gewor-
den war, im Perfekt lediglich ein tempus praeteritum.
§ 27. Erst Samuel Clarke macht zu dem klassischen
Beispiel A 37 öc Xpucriv diaqpißeßriKac ^) die Anmerkung, dass
hier kein Präteritum, sondern ein praesens perfectum vor-
liege und führt dabei näher aus: voeabula ista: aedificatum
est, coenavit, abiit, periit, d)ucpißeßr|Ke et similia tam Praesens
exhibere tempus rei perfectac quam illa: aedificatur, coenat,
perit, abit, ctjuqjißaivei et similia Praesens exhibent tempus rei
imperfectae. Man beachte hier auch die Gegenüberstellung
von tempus und res. Freilich bezeichnet res in beiden
Fällen die allgemein gedachte, mit der des Präsensstammes
bequemer Weise identifizierte Verbalhandlung, nicht in einem
Fall die besondere Aktionsart des Präsens, im andern die
des Perfekts; denn die gegebenen Beispiele bedeuten als per-
fecta praeseutia 'es steht erbaut da, seine Mahlzeit ist vorüber,
er ist fort, er ist ein verlorener Mann' d. h. die Aktionsart
ist in Wirklichkeit imperfektiv-durativ (vgl. § 20 gegen Ende).
Das Beispiel djuqpißeßriKe, von dem er ausging, steht mit den
andern übrigens nicht auf gleicher Stufe; es ist iterativ, zeit-
los (§§ 55, 87).
§ 28. Auch über die Natur des Aoristes wurde man
sieh klarer. In einer Anmerkung des Henricus Stephanus zu
Clenardus^) heisst es: vulgo aoristum ita appellari aiunt, quia
nou liqueat, ])aullone an multo ante praeterierit. Sed bic usus
aoristi vix un(iuam a scriptoribus observatur. Er räumt also
mit einer vorgefassten Meinung auf und deutet an, wie man
die Natur die Aoristes am besten erschliessen könne : durch
unbefangene Untersuchung seiner Gebrauchsweise bei den
Schriftstellern. Der Wink blieb leider lange Zeit unbeachtet:
bis in unsere Tacre haftete sich die Erkläruni;- innucr wieder
1) Samuel Clarke Homori Tlias Graece et Latine 1729; in der
Londoner Ausgabe von 1754 S. 5.
2) Zitiert in dem Anm. 25 ang-eführten Werk von Hermann
Schmidt III S. 3 mit den Worten: in Clenardi institutionibus grannna-
ticae Graecae, ubi annotatio, nisi opinio me fallit, Ilenrici Ste-
phani exstat haecce .... Primus hoc docuisse videtur Sylburg-ius (lui
Stephani praeceptum modo commemoratum . . . eodem loco ita
corrig'it . . . Ich konnte die ang-ezog'ene Steile in keiner der mir
zugänglichen Ausgaben der Institutiones des Nicol. Clenardus linden.
Aktionsart und Zeitstufe. 181
an den überlieferten Namen döpicTOc statt von sprachlichen
Thatsachen ansziig-ehen; so lang-e sie sich nicht dazn cntschloss,
war sie unfähig-, eine positive Erklärung- der rätselhaften Ver-
bal kateg-orie zu bring-en. Was Henricus Stephanus selbst po-
sitiv liefert, ist allerdings herzlich wenig-; er meint der Aorist
werde bald für das Perfekt, bald für das Plusquamperfekt,
zuweilen für das Imperfekt g-ebraucht. Dazu macht Sylbur-
g-ius^) eine für die spätere Auffassung des Aoristes entschei-
dend g-ewordene Bemerkung-, von der man sieh nur wundern
muss, dass sie früher^) niemand beifiel: imo non praeteriti
tantum, sed crebro etiam praesentis sig-nificationem habet,
praesertini in infinitivo, interdum et futuri maxime in im])era-
tivo et subjunctivo. Und Gretserus^) fügt hinzu: eandem
r a t i o n e m habet interdum a o r i s t u s in i n d i c a t i v o :
Isoer. ad Dem. KdXXoc )aev y^P y\ XPÖ^oc dvrjXujcev f) vöcoc
eiudpave. Er setzt freilieh recht unwissenschaftlich hinzu:
nisi quis dicat esse enallag-en. Auch dass dieser Gebrauch
thatsächlich nicht präsentisch, sondern zeitlos ist (§ 88), hat
er übersehen. Aber der Fortschritt lag darin, dass man den
Aorist nicht mehr schlechtweg als t e m p u s p r a e t e r i t u m
betrachtete: kam diese Ansicht einmal ins Wanken, so musste
sich die Erkenntnis, dass er seinem Ursprung nach eine actio
bezeichne, bald von selbst einstellen.
i? 29. Neue Gesichtspunkte bietet Jacob Harris in
seinem Buch Hermes or a philosophical inquiry concerning
imiversal grammar 1786*. Nach einer philosophisch-mathe-
matischen Erörterung- über den Beg-riff Zeit, bringt er folgende
Theorie der grammatischen Zeiten (S. 119):
The Tenses are used to mark Present, Past and Future
Time, either indefinitely without reference to any Beginning-,
Middle orEnd; or eise definitely in reference to such distinc-
tions. Das Neue an dieser Hypothese ist 1) die Einteilung
1) s. die vorige Aniii.
2) Dass auch Apollonios Dyskolos sicli bei der Betrachtung
der nicht indikativischen Modi des Aoristes von dem Begriff der
Vergangenheit nicht losreissen konnte, erörtert Steintlial Gesch. d.
Sprachw. S. 6.%— 657.
3) Jacob Gretserus Institutionum de octo partibus orationis,
syntaxi et prosodia Graecoruni Hbri tres. Ingolstadii 1593 lib. I
S. 139.
182 G. Herbig-,
der Aktionsart in 3 Stufen, die Anfang, Mitte oder Ende der
Handlung bezeichnen und 2) die konsequent durchgeführte
Scheidung der terapora in indefinita und definita. Die tem-
pora definita verschränkt er mit den 3 Aktionsstufen und ge-
langt, die 3 tempora indefinita hinzugezählt, theoretisch zu
12 grammatischen Zeiten, die er für das Griechische und La-
teinische nur mit Hilfe verschiedener Zusammensetzungen und
der Annahme verschiedener Gebrauchsweisen einer Form not-
dürftig zu belegen vermag. Seine Theorie hat daher geringen
"Wert; seine 2. und 3. Aktionsstufe deckt sich im grossen
Ganzen mit der alten Einteilung in infecta und perfecta;
seine 1. verteilt sich auf beide, je nachdem der weitere Fort-
gang (inchoative Präsentia) oder der dem wirklichen Eintritt
der Handlung vorausgehende Zustand (ingressive Aoriste) den
Gegensatz zu ihrem Anfang bilden. Die Dreiteilung der actio
verdankt ihre Entstehung nicht praktischen Beobachtungen,
sondern der Lust des Verfassers zum Schematisieren. Obwohl
sie nach seiner Darstellung als natürliche Folge einer fast
mathematischen Entwicklung erscheint, kann man sich des
Gedankens nicht erwehren als habe lediglich der Name Aorist
und das Bestreben ihm gerecht zu werden die Scheidung der
tempora indefinita und definita und die Erklärung des Wesens
der letzteren veranlasst. Harris erkennt zwar nicht die wirk-
liche Bedeutung des Aoristes; er sieht aber, dass sie nicht
in einer bestimmten Zeitstufe liegen kann, sondern auch im
Präsens^) und Futur denkbar sein muss-). Sein Satz: der
griechische Aorist bezeichne die reine fsimple) Vergangenheit,
ist luichstcns auf den Ind. Aor. anwendbar; die von ihm als
Beispiele eines aoristischen Futurs angeführten, allgemeingül-
tigen Verbote erstrecken sich auf alle Zeiten uiul sind so
wenig geeignet den Begriff eines reinen Futurs zu erläutern.
Natürlich wären die modi obliqui des Aoristes selbst die besten
Belege für den futurischen und präsentischen oder den zeit-
losen neben dem präteritalen Gebrauch dieses 'Tempus' ge-
wesen. Nur auf das Präsens angewandt führt auch Harris'
1) Dass sie im tempns praesens nur mit «iowissen Einschrän-
kungen (§§ 44 fF. 64 ff.) denkbar ist, komite er nicht seilen, so lang:
ihm die wirkliche Bedeutung- entging.
2) Steintiiai-Misteli Charakteristik S. 575.
Aktionsart und Zeitstufe. 185
Definition der aoristischen Aktionsart auf einen neuen i")rak-
tisch verwertbaren Gedanken: Harris konstatiert ni. W. zuerst
den sog. zeitlosen Gebrauch des Präsens, obwohl gerade
er das Wesen dieses Präsens nicht im Mangel einer bestimm-
ten Zeitstufe, sondern einer bestimmten Aktionsart sieht. Vgl,
seine Beispiele (S. 124, 125) Milton Paradise lost IV 277: Mil-
lions of Spiritual creatures walk the earth ünseen, but wheii
we wake, and when we sleep. Ad poenitendum properat
cito qui judieat. Avarus, nisi cum moritur, nil recte facit.
Jedentalls ist seine Aufstellung: die Aoriste dienen als
tempora indefinita oder als time absolute gegenüber time un-
der its respective distinctions zum Ausdruck der reinen (simple)
Handlung lange Zeit massgebend geblieben. Sie kehrt bei
späteren in allen möglichen Variationen wieder, von der nüch-
ternen Fassung "er bezeichne die Handlung schlechthin" bis-
zu dem wunderlich-geschraubten Vergleich, der für die ältere
halb poetische, halb philosophische Auffassung sprachlicher That-
sachen so charakteristisch ist und den man auch neuerdings^)
noch "schön und treffend'' gefunden hat: "Wie die Psyche
aus der Materie, so tritt der Aorist aus der Schwere des Seins
heraus als die durchsichtigste und stoffloseste Form, in wel-
cher die Zeit überhaupt sprachlich zur Erscheinung kommen
kann-i".
§ 30. Auf Harris fusst auch die Tempustheorie, die
Hermann Schmidt in seinem schon S. 181 Anm. 1 zitier-
ten Werke aufstellt und bei der die Begriffe conditio und
das Verhältnis derselben zur actio verbi eine besondere Rolle
spielen. Was er unter beiden versteht, lässt sich aus fol-
genden Stellen entnehmen: I S. 1 1 spricht er von Formen
wie ÜTiaivei und ufiaivLuv ecTi und sieht ihren Unterschied
darin: ut illa significent motum aliquem seu actionem, haee
contra stabilitatem aliquam seu conditionem. Oder er sagt
IV 6 bei der actio inchoanda und perfecta trete die conditio
deutlich hervor, weil hier die actio nachfolge oder vorausge-
gangen sei; bei der actio imperfecta fühle man sie weniger^
1) Joseph Schmidt Über den gnoniisehen Aorist der Griechen.
Pro-, von Passau 1894 S. 15.
2) Hermann Schmidt Der griechische Aorist in seinem Ver-
hältnis zu den übrigen Zeitformen dargestellt. Halle 1845 S. 25.
184 G. Her big-,
weil sie hier aufs engste mit der actio verbunden werde ;
l)ei der actio aoristi sei sie nicht vorhanden. Vgl. dazu das
Schema der nicht aoristischen Tempora II 27. Diese Zeiten
könnten, meint er IV 7, 8, relative genannt werden, nicht,
weil sie sich auf andere verbale Zeitstufen bezögen, sondern
weil in ihnen selbst schon die actio auf die conditio zu be-
ziehen sei, während der Aorist actionem carenteui condicione
bezeichne. Man hüte sich also seine actio und conditio, die
er gelegentlich auch actionis und conditionis tempus nennt,
etwa mit Zeitart und Zeitstufe zu vergleichen. Sie bezeich-
nen beide eine Zeit- oder Aktionsart, und actio wie conditio
werden mit den Zeitstufen noch besonders verschränkt. Seine
Ausführungen gipfeln in dem Satz : ut solius conditionis for-
inas exstare docuimus in verbo substantivo, ita iam solius
actionis vidimus indicem apud Graecos habendum aoristum
esse. Ulis uil significatur nisi aliquid esse, hoc nil nisi ali-
quid fieri, utraque autem notio exstat in formis reliquis, qui-
bus aliquod ita fieri ut simul sit indicetur. Das Verdienst
dieser Erörterungen besteht darin, dass für die Betrachtung
des Verbums die Aktionsarten in den Vordergrund treten ;
durch die Gegenüberstellung von actio und conditio hat Schmidt
namentlich das Wesen des perfectum praesens glücklicher er-
kannt als seine Vorgänger ; auch seine Definition (IV S. 10)
der aoristischen actio als einer: non quae fieri nee quae iam
facta esse, sed quae fieri facta seu perfici cogitatur streift
schon an das hin, was man später perfektive Aktionsart
genannt hat (§ 51). Aber noch waren die Degriftc nicht
klar genug um Aktionsart und Zeitstufe in scharfer Beleuch-
tung hervortreten zu lassen; seine actio bezeichnet noch viel
'/u philosophisch-abstrakt die Bewegung der Verballiandlung
überhaupt, und actio wie conditio, namentlich aber letzterer
Begriff, verschwimmen noch mit dem der Zeitstufe (I 27
IV 6j.
ij 31 . Auch die 1 a n d 1 ä u f i g e n (1 r a ni m a t i k e n
vom Ende des vorigen und in der ersten Hälfte dieses Jahr-
liunderts nehmen am geeigneten Ort Stellung zu unserer Frage.
Sie bringen im eiirzelnen manche scliarfsinnige Bemerkung,
lassen aber im ganzen das für ein riciitiges Verständnis von
Aktionsart und Zeitstufe erhisende AVort unausgesprochen.
Da die Bücher leicht zugänglich sind, begnüge ich mich in
Aktionsart und Zeitstute. 18&
der Anmerkung 1 auf sie hinzuweisen; die einschlägig-en Stel-
len sind mit Hilfe der Register leicht zu finden \).
§ 32. Erst G e 0 r g C u r t i u s that den entscheidenden
Schritt. In der 1846 erschienenen Schrift "Die Bildung der
Tempora und Modi im Griechischen und Lateinischen" spricht
er sich freilich über den Unterschied der Begriffe Zeitart und
Zeitstufe noch nicht aus. Erst die 1852 in erster Auflage
erschienene Schulgrammatik bringt die neuen Termini. Am
besten kann man sich über Curtius' Auffassung oiienticren
nach seinen ''Erläuterungen zu meiner griechischen Schulgram-
matik" Prag 1863 S. 171 — 179. Bei der Zeit stufe kommt
es darauf an, welchen zeitlichen Standpunkt der Sprechende
der Verbalhandlung gegenüber einnimmt; die drei möglichen
Zeitstufen sind also Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft. Die
Zeitart deutet an, dass es sich bei ihr "um eine innerhalb
der Handlung selbst liegende Differenz, nicht blos um das
Verhältnis zu etwas ausser ihr liegendem handelt". Sie kann
eine dauernde, vollendete und eintretende sein und wird dann
durch Präsens-, Perfekt- und Aoriststamm bezeichnet. Die
eintretende oder aoristische Zeitart hat zwei Hauptschattie-
rungen: die ingressive und effektive.
§ 33. Statt der Ausdrücke Zeitstufe und Zeitart bringt
K. W. L. Heyse in seinem von H. Steinthal 1856 veröffent-
lichten "System der Sprachwissenschaft" die Unterscheidung
subjektiver und objektiver Zeiten S. 457 tf. Statt
Zeitart hat man später (Brugmann) passend Aktionsart
vorgeschlagen, weil Zeit in den Zusammensetzungen Zeitart
1) Ph. K. Biittmann Griecli. Gramni. Berlin 1792. — Godofredi
Hermanni De emendanda ratione Graecae grammaticae pars prima.
Lipsiae 1801. — A. H. Matthiä Ausführl. griech. Gramm. Leipzig-
1807. — Fr. Thiersch Grieeh. Gramm, vorzügl. des hom. Dialekts,
Leipzig 1812. — G. Beriihardy Wissenschaft!. Syntax der grieeh.
Sprache. Berlin 1829. — R. Kühner Ausführl. Gramm, d. grieeh.
Sprache. Hannover 1834/35. — K. W. Krüger Grieeh. Sprachlehre
für Schulen. Leipzig 1842/46. — J. N. Madvig Syntax der grieeh.
Sprache, besonders der attischen Sprachform für Schulen. Kopen-
liagen 1846 (dänisch), Braunschweig 1847 (deutsch). Dazu im Phi-
lologus Suppl. des 2. Jalirg. (1847) S. 29—47 ein Aufsatz von Mad-
vig "Über die Bedeutung des Aorists im Infinitiv mit einer An-
merkung über das Partizipium des Aorists". Weitere Litteratur
über die Syntax des Aoristes insbesondere s. E. Hübner Grundris.s-
zu Vorlesungen über die Grieeh. Syntax. Berlin 1883 § 37.
im G. Her big,
und Zeitstufe etwas verschiedeueä bedeutet. Neben der in-
;gressiven und eftektiven wurde fernerhin eine k o m p 1 e x i v e
(Koch) oder k o n z e n t r i e r e n d e (Pfubl) und eine niebr al)-
geblasste f a k t i s c b e (Kocb) oder konstatierende (Del-
brück) Gebrauchsweise des Aoristes beobachtet. In neuester
Zeit hat Joseph Schmidt^) den m. E. überflüssigen, jedenfalls
aussichtslosen, Versuch gemacht die neuen Kunstausdrücke
V e r b a 1 z e i t und V e r b a 1 g r a d oder Verbal t e m p u s und
Verbal Stadium einzuführen.
In diesem Zusaumienhang muss noch ein Buch erwähnt
werden, das es zum ersten Mal unternimmt, die grammatische
Kategorie der Zeit auf breitester Grundlage systematisch zu
behandeln : R a o u 1 de 1 a G r a s s e r i e De la categorie du
temps. Paris 1888. Das Buch zeichnet sich aus durch einen
weiten Blick und eine überaus klare Darstellung, Vorzüge,
die freilieh auf Kosten einer wirklich historischen und tiefer-
bohrenden Behandlungsweise erkauft werden. Doch wird nie-
mand, der die einzelnen sprachlichen Thatsachen selbständig
zu beurteilen versteht und darnach Veraltetes und Willkür-
liches auszuscheiden weiss, das gedankenreiche Buch ohne
mannigfache Anregung aus der Hand legen.
La Grasserie hat die Sprachvergleichung im weitesten
Sinn herbeigezogen; Curtius, dem wir in unserer besonderen
Frage die kräftigste Förderung verdanken, gilt als Hauptver-
mittler der einzelsprachlichen und sprachvergleichenden Me-
thode. Weitere Forscher dieser Richtung sollen in anderem
Zusammenhang zu Wort kommen. Für jetzt breche ich ab
und gehe auf ein anderes Gebiet über, dessen Durchquerung
neues Licht auf die Sache werfen wird: ich meine das sla-
vische Verbum.
Die Aktionsarten des s 1 a v i s c h e n V e r b u m s.
i? ;}4-36.
§ o4. Eine noch weit grössere Rolle als beim griechi-
schen spielte der Begriff Aktionsart beim s 1 a v i-
schen Verbum, Er lag hier mehr auf der Oberfläche,
war also leichter zu packen. So blieben denn der slavischeu
1) Über den gnoini.solien Aorist der Griechen. G. Prg-. Ptassaii
1894 S. 8.
Aktionsart und Zeitstufe. 187
Verbaltheorie die Irrweg-e erspart, aus denen die griechische
sich Jahrhunderte lang nicht zurechtfand. Die Geschichte
des Begrilfes ist daher im Slavischen zu kurz und zu einfach
um lehrreich zu sein: da die thatsächlichen Verhältnisse klar
liegen, thun wir besser sofort zu ihnen überzugehen^).
Wilhelm Streitberg hat PBrB. XV (1889) S. 70 ff. im
1) Aus der Litteratur, die mir nur zum Teil zug-änglich war,
verzeichne ich hier: B. Kopitar Grammatik der slavischen Sprachen
in Krain, Kärnten und Steiermark. Laibach 1808. — J. Navratil
Beitrag- zum Studium des slavischen Zeitwortes aller Dialekte, ins-
besondere über den Gebrauch und die Bedeutung- der Zeitformen
in Vergleichung- mit den klassischen und modernen Sprachen. Wien
1856. — Chr. Traug-ott Pfuhl De verborum slavicorum natura et
potestate. Progr. Dresden 1857. — Fr. Miklosich Vergleichende
Grammatik der slavischen Sprachen. Wien 1868—1874 IV S. 274 ff.
— C. W. Smith De verbis imperfectivis in lingvis Slavonicis. Ind-
b.ydelsesskrift til Kjebenhavns Universitets aarsfest til erindring- om
Kirkens Reformation. Kjobenhavn 1875. — A. Leskien Handbiich
der altbulg-arischen (altkirchenslavischen) Sprache. Weimar 1886 ^
S. 150 £F. — Friedrich Kurschat Grammatik der litauischen Sprache.
Halle 1876 § 463. — Kobliska Über d. Verhältnis des Aorists zu den
Formen des cechischen Verbums. König-grätz 1851. — E. Tyn Über
des Verhältnis der böhmischen Aoristformen zu den g-riechischen
Imperfekten und Aoristen. Olmützer Progr. 1858. — K. Kunz Der
griechische Iterativaorist und seine Übereinstimmung mit böhmi-
schen Verbalformen. Pilsen 1891, Progr. (böhmisch); besprochen
ZföG. XLIII 5 S. 468—469 v. Alois Fischer. — Vgl. ferner die Re-
ferate zu H. iNIayer Poznämsky k 'Studiim homerskym' V. Stein-
manna (Bemerkungen zu V. Steinmanns Homerstudien) Listy filol.
XIX (1/2) 51—54, Anzeiger f. idg. Sp. III S. 63 und zu Ultjanovz.
G. Znacenija g-lagol6nych% osnova v^. litovskoslavjanskoms jazyke.
I. casti. Varsava 1891 II. casti 1895. Arch. f. slav. Phil. XIV 613
u. XVII 607—611 (V. J.). Anz. III 155 ff. (Zubaty). — Für eine Ver-
g'leichung- mit den germanischen Verhältnissen kommen in Betracht:
W. Streitberg- Perfektive und imperfektive Aktionsart PBrB. XV
(1891) S. 70—177; daselbst ist auch die ältere Litteratur verzeich-
net S. 77—80. — V. E. Mourek Syntaxis gotsk<'ch pfedlozek. Spisüv
poctenych jubilejni cenou kräl. ceske spolecnosti näuk v Praze
cislo V. V Praze 1890 (Rez. v. Felix Hartmann Jahresb. üb. d. Ersch.
auf d. Geb. d. germ. Phil. 13, XI 10. — R. Heinzel Anz. f. deutsch.
Alt. XVII 91—93). — Carl Recha Zur Frage über den Ursprung der
perfektivierenden Funktion der Verbalpräfixe. Dorpater Inaug.-Diss.
(1893). — Herm. Wunderlich Der deutsche Satzbau 1892 S. 25-28.
— Rudolf Wustmann Verba perfectiva namentlich im Heliand. Inaug.-
Diss. 1894 (Rez. v. W. Streitl)erg Anz. f. idg. Spr. V (1895) S. 78—83. —
V. E. Mourek ZfdA. XXXIX (1895) S. 195—204).
188 G. Herb ig,
Anschlnss au andere den interessanten Versuch gemacht die
Termini perfektiv und imperfektiv auf das Gotische zu über-
tragen, seine Abhandlung leitet er mit einer übersichtlichen
Darstellung der slavischen Verhältnisse ein. Zum Verständnis
des P'olgenden mag man Streitbergs Ausführungen und die
reiche Fülle der von Miklosich (Grammatik IV 274) gebrach-
ten Beispiele nachlesen. Ich gebe zur Orientierung nur das
wichtigste in dogmatischer Form, vorzüglich nach einer Vor-
lesung Leskiens über vergleichende Syntax der slavischen
Sprachen (SS. 1893). Die Verbalkategorien, auf die es an-
kommt, lassen sich folgendermasscn gru])pieren :
1. Imperfektive Verba
a. sie sind einfach durativ (-) ')
b. sie sind iterativ-imperfektiv ( )
{hiti 'schlagen' — Nvati, 'wiederholt schlagen').
2. Perfektive Verba
a. sie sind momentan-perfektiv
a. nicht iteriert (.)
ß. iteriert (...)
{ubiti 'erschlagen' — uhicati 'erschlagen', wenn die Hand-
lung sich auf mehrere Objekte bezieht oder von mehreren
Subjekten ausgesagt wird).
b. sie sind durativ-perfektiv
a. nicht iteriert (H )
ß. iteriert (H H H).
Die letzte Kategorie (2 b) ist formell von 2 a nicht ver-
schieden, sie lässt sich an einzelnen Verben schwer klar machen,
da sie sich nur aus dem Zusammenhang ergibt, z. B. im Deut-
schen: 'sie weinte sich einmal tüchtig aus' im Sinne von 'sie
weinte so lange fort, bis sie sich satt geweint hatte' oder
'lies die zwölf Bände durch, so wirst du überzeugt sein'^). Für
uns kommt es hauptsächlich auf den Gegensatz von imper-
1) Über den Urheber dieser graphisehen Darstellung vgl. Mi-
klosich Gramm. IV S. 280.
2) Mourek stellt ZfdA. XXXIX (189Ö) S. 195 die Möglichkeit
durativ-perfektiver Verba in Abrede, weil der Ausdruck einen kon-
tradiktorischen Gegensatz enthalte. Was durativ sei, sei eben nicht
perfektiv, sondern iiiiiterfektiv, was i)erfektiv sei, setze nicht ein-
mal immer eine Dauer voraus, sondern das Eintreten und der Ab-
schluss der Handlung könnten in ein einziges Moment zusannnen-
Aktionsart und Zeitstiile. 189
fektiveii und perfektiven Verben an, ich füge noch einige
abg. Beisj)iele bei :
znati 'kennen' — pozmitl ^erkennen'
paclati '\\\\ Fall begriffen sein' — pastl "hinfallen, auf-
schlagen '
Jesti 'to be mounting' — vjjslesfi "ersteigen'
hytl (jesmh) "sein' — hadq "ich werde'
stojati "stehen' — sfati {stanq) "sich stellen'
gnati (zenqj "treiben, jagen' — oUgnati "verjagen'
pbsati (pUq) "schreiben' - — chpbsatl "niederschreiben,
einschreiben'
prosifi (prosq) "fragen, bitten — vhsprosifl "erbitten,
einfordern', viprositl "befragen'
cvlsti (cvbtq) "blühen' — procvisfi "erblühen'.
§ 35. Zur Erläuterung und weiteren Ausführung dieses
Systems stelle ich folgende Sätze zusammen.
1. Die perfektiven Yerba unterscheiden sich von den
imperfektiven dadurch, dass ihre Aktionsart noch das Moment
der Vollenduno- in sich schliesst.
gedrang-t sein oder in demselben ^Moment zusammenfallen. S. 198
meint er dann auf Verba wie böhmisch donäsim 'ich bin im Hin-
trag-en beg'riffen', prlvädim 'ich bin im Herbeiführen begriffen',
prichäzim 'ich bin im Herbeilvommen' u. ä. lasse sich der Ausdruck
durativ-perfektiv noch am ehesten anwenden, wenn er überhaupt
möglich wäre. Dieser letzte Satz scheint mir ganz ung'lücklich zu
sein, nachdem Mourek unmittelbar vorher den richtigen Gedanken
ausg'esprochen hat, dass alle durch Präfixe perfektivierten Verba,
mit Beibehaltung- ihrer Präfixe in eine andere Konjugationsklasse
überführt — und" hierher gehören seine Beispiele — Avieder imper-
fektive Geltung- bekommen. Dagegen scheint mir Moureks Zweifel
an der Thatsache eine Stütze zu haben, dass im Altbulgarischen,
das doch sonst schon die Aktionsarten genau scheidet, und, soweit
ich sehe, auch in den andern slawischen Sprachen eine gram-
matische Kategorie durativ-perfektiver Verba nicht vorhanden
ist. Ich sehe indes nicht ein, warum man die Möglichkeit einer
psycholog-ischen Kateg"orie leug-nen soll, wie es Mourek that-
sächlich thut. Ja, wir besitzen sog-ar im Deutschen Ansätze zu
einer grammatischen Kateg-orie durativ-perfektiver Verba, zwar
nicht die, welche Wunderlich Deutscher Satzbau S. 27 annimmt,
wenn er die Komposita mit tje- als durativ-perfektive bezeichnet,
nachdem er die mit er- als momentan-perfektive gedeutet hat, son-
dern die, welche Streitberg- Anz. V (1^<9.5) S. 81 im Anschluss an
Leskien ansetzt. Vg-1. übrigens § 38.
Indogermanische Forschungen VI 3 u. 4. 13
190 G. Herb ig-,
2. Perfektiv sind im Abg., auf das wir uns hier in der
Hauptsache beschränken :
a. die 2. Klasse Leskiens (Handbuch ^ S. 104). Der
Präsensstamra wird durch das Suffix -no-, -ne- gebildet, der
zweite Stamm ist gleich der Wurzel oder hat das Suffix -nq-,
der Infinitiv hat stets -nq-
z. B. hegnqti 'entlaufen'
gasnqfi 'erlöschen'
Miknati 'einen Aufschrei thun'
prenqti 'aufspringen, auffahren'.
Imperfektiv sind in dieser Klasse nur die Verba, welche den
allmählichen Übergang von einem Zustand in einen andern
bezeichnen wie sichnqti 'trocken werden'
hysiiqU 'sauer werden^).
b. einige primäre und wenige abgeleitete Verba simpli-
cia anderer Klassen durch ihre natürliche Bedeutung wie
hadq 'ich werde'
sesti (sedq) 'sich setzen'
roditi (7'ozdq) 'gebären'
Tcuinti (hup] ja) 'kaufen' (nie 'handeln').
c. fast alle mit Präpositionen zusammengesetzten Verba.
Beispiele § o4.
3. Die momentanen Verba gehören alle zu Klasse II,
die durativen haben kein morphologisches Kennzeichen, die
iterativen sind alle sekundäre Denominativa oder Deverbativa^)
und werden durch die Suttixe -va-, -a-, -ja-, sowie zum Teil
durch besondere Vokalabstufung in der Wurzelsilbe charak-
terisiert (Leskien Handbuch- § 12).
4. Das im Slavischen bis auf einen einzigen Rest (Les-
kien i^ 149j , untergegangene ,y-Futur wird ersetzt durch das
Präsens des perfektiAeu Verbs
z. B. I\Iatth. 4, (3 na rqkachi vhZhma4h tq im x^ipuJV
dpoOci ce. — Psalm 2. 8 proi^l u mene l damh ti airricai rrap'
e)aoO Kai biijcuu coi.
1) Smith IX' verb. impcrlcctivis et in'iiectivis S. 13 gibt die-
ser ganzen Klasse momentane Bedeutung- iind konnnt dadurch in
die Zwangshig-e für Verl)a wie die; letztgenannten eine moinentan-
in)perfektive Aktionsart anzusetzen, was begrifliicli undenkbar ist.
2) \g\. jetzt aber J. v. Kozwadowski IF. IV S. 407.
Aktionsart und Zeitstufe. 191
Indes muss nicht jedes perfektive Präsens ein Futur
bezeichnen, diese Amvenduug ist nur eine seiner Gebrauchs-
weisen: in abhängigen Sätzen entspricht das verbum perfec-
tivum einem Futur, dem g-riechischen Konjunktiv des Aorists
und dem lateinischen Futurum exactum. Das imperfektive
Futur rauss im Slavischen durch den Intinitiv mit Hilfsverben
wie imamb ' ich habe ', cho.stq "ich wünsche', nacbnq 'ich fange
an' umschrieben werden.
5. Das tempus praesens des verbum perfectivum wird
ausgedrückt durcli das perfektive Iterativ
z. B. padq ""ich werde hinfallen' — padajq 'ich falle'
sedq 'ich werde mich niedersetzen — sedajq 'ich setze
mich'.
(5. Das slavische Imperfektum auf -eachh ist der Gestalt
nach eine Neubildung (Leskien i< 94), der Bedeutung nach
fällt es mit dem Imperfekt anderer idg. Sprachen zusammen.
Ein nicht iteriertes Perfektivuni kann kein Imperfektum bilden.
7. Auf die Bedeutung des slavischen Aoristes lässt sich
nach Leskien die Definition anwenden, die Delbrück SF. V
280 von der des idg. giebt "es kommt bei der aoristischeu
Äusserung der Gesichtspunkt der Zeitdauer gar nicht in Be-
tracht. Es wird ja nur betont, dass eine Handlung überhaupt
in die Erscheinung getreten sei". Einen Aorist bilden nicht
blos die perfektiven, sondern auch die imperfektiven und iten\-
tiven Verba.
§ 36. Im Serbisch-Kroatischen erscheint die Sachlage
etwas verändert. Im Hauptsatz hat das Präsens des perfek-
tiven Verbums nicht mehr Futurbedeutung (wohl aber im Ne-
bensatz); das Futur des Hauptsatzes wird im Serbischen all-
gemein durch Umschreibung mit 'wollen' ausgedrückt. Da-
gegen dient das perfektive Präsens etwa seit der 2. Hälfte
des vorigen Jahrhunderts als praesens narrativnm überall
dort, wo der Aorist nicht mehr gewöhnlich ist, und
zwar recht eigentlich als Tempus der fortlaufenden Erzählung;
in Einzcisätzen wäre es unerhört, der Zuhörer würde dann
immer noch auf die weitere Erzählung warten. Eine dauernde
Plandlung wird dabei, wenn Imperfektum und Aorist nicht
mehr gang und gäbe sind, durch das Perfektum des imperfek-
tiven Zeitwortes ausgedrückt. Das praesens narrativum ist
keineswegs identisch mit dem rhetorischen praesens historicum,
192 G. Her big-,
(las meist durch imperfektive Verba gegeben wird; iiicht eben
selten ist dieses praesens liistoricnm in den Volksliedern, wo
das praesens narrativnm fehlt, weil der Aorist funter dem Zwang-
der überlieferten gebundenen Rede?) noch erhalten ist. In
zeitlosen allgemeinen Sätzen wird das imperfektive und |)er-
fektive Präsens verwendet ; letzteres lässt sich dem gnomischen
Aorist im Griechischen vergleichen. Im Sinne des Aoristes
und des praesens narrativnm wird in lel»endiger Erzählung-
merkwürdiger Weise auch das Futur und sogar die 2. P. Sg.
imperfectivi für alle Personen verwendet ^).
Methodologisches. Umgrenzung der Termini.
§ 37—50.
§ 37. Welche Mittel hat das Griechische, das wir zu-
nächst als Repräsentant anderer idg. Sprachen heranziehen,
um die sprachliehen Bedürfnisse zu befriedigen, denen im
Slavischen durch die soeben behandelten verbalen Kategorien
Genüge gethan wird?
Ich halte es für notwendig, ehe ich auf diese Frage ant-
worte und in den vergleichend-syntaktischen Teil dieser Stu-
dien eintrete, einige Worte über die anzuwendende ^Methode
vorauszuschicken und im Anschluss daran die künftig zu be-
nutzenden Termini, die leider noch willkürlich genug gehand-
habt werden, möglichst scharf zu umgrenzen. Solche prinzi-
piellen p]rörterungen, die man gern als aprioristische brand-
markt, sind jetzt, wo die systematische Syntax und Funktions-
lehre, in eine neue vielverheissende Entwieklungsperiode ein-
getreten ist, nicht zu umgehen: sie versuchen für bestimmte
Einzelfragen das zu leisten, was Pauls Prinzipien für die ge-
sammte Sprachwissenschaft geleistet haben; sie müssen der
Detailforsehung, vorläutig wenigstens, Richtung und Ziel an-
deuten, damit sich dieselbe nicht ohne Steuer und Kompass
nutz- und trostlos ins Blaue verirrt.
1) Diese Darlegung des Tiiatbestandes verdanke ich HcIkmis-
würdigen, brieflichen Mitteiiung-en des Herrn Prof. und Akademi-
kers P. Budniani in xVg-ram, den icii aucli an dieser Stelle meines
wärmsten Dankes vt-rsichere.
Aktionsart und Zeitstufe. 193
1. Psychologische und grammatische Kategorie.
Wir haben uns im Vorausg-ehenden Pauls 'ps^ycliologisclie'
und 'g'i'anunatiselic' Kateg-orien zu eig-en g-emacht. Die psycho-
logischen Kategorien müssen, wenn anders die Grundthatsachen
des Seelenlebens überall dieselben sind, dem über der Einzel-
sprache stehenden Forscher in allen menschlichen Sprachen
wesentlich als gleich erscheinen. Sie wirken aber erst dann
auf die Gestaltung- der Sprache ein, wenn sie mehr oder minder
deutlich in das IJcwusstsein des Sprechenden treten. Den Grad-
messer für diese grössere oder geringere Deutlichkeit bilden die
grannnatischen Kategorien. Es ist natürlich nicht so, dass eine
grammatische, also formell gekennzeichnete Kategorie sozu-
sagen über Nacht an die Stelle einer bloss psychologischen
tritt: zwischen Iteiden gibt es unendlich viele Durchgangs-
phasen. Was in der einen Sprache ])loss als psychologische
Kategorie erscheint, ist in einer andern schon auf irgend einer
Station des Weges zu einer grammatischen angelangt und in
der dritten nach untrüglichen äusseren Kennzeichen schon eine
ausgesprochen grammatische gCAVorden. Der Weg wird auch
umgekehrt gemacht d. h. eine grannnatische Kategorie zer-
fällt und sinkt allmählich Avieder zur bloss psychologischen
lierab. Als Beispiel für letztere Erscheinung diene das gram-
matische Geschlecht im Englischen; zur Erläuterung der erst-
genannten Entwicklung die Kategorie des Belebten und Un-
belebten. Sie hat in vielen amerikanischen Sprachen der
Form (namentlich im Plural) ihren Stempel aufgedrückt (Wink-
ler Weiteres zur Sprachgeschichte, Berlin 1889 S. 5); im Sla-
vischen tritt sie wenigstens dadurch äusserlich in die Erschei-
nung, dass der Akkusativ von Wörtern, die einen Gegenstand
bezeichnen, dem Nominativ gleich ist, während er bei Wör-
tern, die ein lebendes Wesen bezeichnen, mit dem Genetiv
zusammenfällt; in den meisten idg. Sprachen ist sie aber blos
als ps3-chologische Kategorie vorhanden (denn die Unterschei-
dung von genus masculiuum und femininum einerseits und
neutrum andrerseits steht zwar mit der besprochenen Kate-
gorie in irgend einem Zusammenhang, deckt sich al)er kei-
neswegs mit ihn.
^ 38. ]\Ian kann nun Streitberg in der Theorie zuge-
ben, dass man nichts anderes aus einer Form herauslesen soll,
194 G. Herbig;
als was 'irgend wie durch objektive äussere Mittel' als ihr
Bedeutuiig-siuhalt gekennzeichnet ist (Anz. V 1895 S. 80) und
somit ohne weiteres auf eine ausgesprochene grammatische
Kategorie hinweist.
Aber praktisch stösst man sofort auf die Frage: was
ist denn alles den 'irgendwie' objektiven äusseren Mitteln bei-
zuzählen"? Auch solche, die zwar sehr häufig aber nicht aus-
schliesslich und nicht notwendig der Form eine bestimmte Be-
deutung geben, so dass also nicht die isolierte Form schon
entscheidet (wie Streitberg will S. 79), sondern immer erst
der Zusammenhang den Ausschlag geben muss? Ich denke
gerade an die durch Präpositionen präfigierten Verba im Deut-
schen, von denen Streitberg ausgeht. Er sieht in dem Bei-
spiel 'der Tischler bohrt das Brett durch' (S. 81) das ans
Ende gestellte 'durch' als das Mittel an den durativ- perfek-
tiven Charakter der Handlung äusserlich darzustellen. 'Wäh-
rend bohrt nichts weiter aussagt, als dass der Tischler die
Handlung des Bohrens vornimmt, bringt das nachklappende
durch eine nähere Bestinmunig: es bezeichnet, dass die Hand-
lung des Bohrens zu einem gewissen Abschluss gebracht wird'.
Diese Autfassung ist bloss richtig, wenn sich aus dem Zu-
sammenhang ergibt, dass der Satz zeitlos, futurisch oder
iterativ (§§ 44 ff. 64 ff.) zu verstehen ist; wenn ich im Hinblick
auf einen konkreten Fall und einen bestimmten Tischler, etwa
einen, dem ich zuschaue, den Satz gebrauche, so wird er,
nach meinem Sprachgefülil wenigstens, den Sinn haben ' er
ist gerade damit beschäftigt das Brett durchzubohren', das
durch gibt dann die Richtung, nicht den Abschluss und das
Ziel der Handlung an, denn diese fallen ausserhalb' der präsen-
tischen Zeitstufe (i< ß9). Mit andern "Worten: die besondere Stel-
lung des durch wird in der Mehrzahl der Fälle als äusscrliches
Mittel zur Kennzeichnung der Handlung als einer durativ-perfek-
tiven beliebt, aber noch nicht ausschliesslich; eine ausgespro-
chene grammatische Kategorie ist noch nicht entstanden^).
1) Es ist zu beiiierkeii, dass bei der Melirzahl der deutschen
Perfektiva, deren i)erl'ektivierendes Präfix ge , er-, ent- ausserhalb
der Zusaniineusetzunft- nieht mehr vorkoinint, die besondere Stellung-
des Präfixes zur Bezeichnung einer dur. i)erf. Aktionsart überhaupt
versagt.
Aktionsart und Zeitstufe. 195
§ 39. Es wäre nun freilich recht bequem, wenn man
alle ähnlichen Fälle als 'unsicher' von der wissenschaftlichen
Betrachtung ausschliessen oder ihnen einen 'wissenschaftlichen'
ßeweiswert absprechen würde. Das käme aber g-leich einem
Verzicht auf die wissenschaftliche Beobachtung einer Sprach-
erscheinung, die zu den allerinteressantesten gehört: die Be-
obachtung der allmählichen Entwicklung vom Vereinzelten und
Individuellen zum Regel- und Zweckmässigen oder, mit Paul
zu reden, von der okkasionellen, nur aus dem Zusammenhang
erschliessbaren, zur usuellen oder auch der isolierten Form
anhaftenden Bedeutung eines Wortes oder einer Wortform.
2. Die sprachvergleichende Methode.
§ 40. Wenn nun aber untrügliche äussere Kriterien bei
bestimmten Erscheinungen einer einzelnen Sprache mehr oder
minder versagen, dann tritt die Vergleichung mit andern ^)
Sprachen, in welchen dieselbe Erscheinung sich klarer auf
die Oberfläche drängt, in ihr gutes Recht, und gleich dem
Anthropologen, der aus dem voll entwickelten Gliede eines
Organismus auf die Xatur des rudimentär gebliebenen des
andern schliesst, wird hier der Sprachforscher die eine Sprache
als Schlüssel für die andere benützen.
i^ 41. Um das Gesagte auf unsern besondern Fall an-
zuwenden :
Bei einer historischen oder systematischen Darstellung
erschlossener Thatsachen wäre das Ausgehen von den sekun-
dären slavischen Verhältnissen freilich verkehrt ; sind die That-
sachen erst zu erschliessen, dann ist einfach der Ausgangs-
punkt der methodischste, der die besten Erfolge verheisst.
Natürlich muss im folgenden stets unterschieden werden zwi-
schen einem historischen und einem bloss psychologischen Zu-
sammenhang ähnlicher Erscheinungen in verschiedenen Spra-
chen. Dass aber auch der bloss psychologische Zusammenhang
oft ein überraschendes Licht auf die Verhältnisse der einen
Sprache wirft, ist ein Grundsatz, den die neuere Sprachwis-
senschaft in hartem Kampf zu Ehren gebracht hat. Einem
1) Auch mit unverwandten. Schuchardt Der mehrzielige Frage-
und Relativsatz. Analecta Graeciensia. Graz 1893 (Festschrift z. 42
Phil.-Vers.) S. 200.
lOß G. Her big-,
Fehler müssen wir noch entgehen. H. Panl sagt Prinzipien ^
S. 28: "Unser gramniatisohes System ist lange nicht fein ge-
nug- gegliedert um der Gliederung der psychologischen Grup-
pen adäquat sein zu können ... Es verführt . . dazu, das
was aus einer Sprache abstrahiert ist, i n u n g e h ö r i g e r
Weise auf eine andere zu übertragen". Wir müssen daher
bei der Vergleichung die psychologischen Gruppen ite-
rierter oder imperfektiver und perfektiver Verbalhandlungen
in den \'ordergrund stellen und müssen uns hüten das ihnen
in der einen Sprache mehr oder minder genau entsprechende
grammatische System ohne weiteres auf die andere zu über-
tragen; bei der Betrachtung der aus einem psychologischen
Grundgedanken erwachsenen grammatischen Kategorien sind
ausserdem die Verschiedenheiten nicht minder scharf zu l)e-
tonen wie die Berührungspunkte.
3. Die 'natürliche Bedeutung' des Verbums.
§ 42. Sind scharf umgrenzte grammatische Kategorien
der einen Sprache in der andern noch nicht oder nicht mehr
vorhanden, so niuss, wie angedeutet wurde, der Zusammen-
hang für die besondere Bedeutung den Ausschlag geben. Es
genügt also die Betrachtung isolierter Formen in der Syntax
und Funktionslehre höchstens dann, wenn an dem Vorhanden-
sein einer ganz bestimmten grammatischen Kategorie kein
Zweifel möglich ist. Dies führt zu einem neuen Gesichtspunkt.
Wir sprachen oben davon, dass einige verba simplicia
im Slavischen durch ihre 'natürliche' Bedeutung i)erfektiv
seien. Was heisst das"? Was verstehen wir unter natürlicher
Bedeutung eines Verbums V Wir Deutsche pflegen sie durch
den Indikativ oder Infinitiv Bräsens wiederzugeben, vermischen
sie also bewusst oder unbewusst mit den verschiedenen Ak-
tionsarten und Zeitstufen, welche durch diese Formen ausge-
drückt werden. Dass dies zu einer Quelle von IrrtünuM-n
fuhren muss, hat G. ]\Iahlow in seinem Aufsatz ''über den Futur-
gebrauch griechischer Präsentia" KZ. XXVI (18S1— 1883)
S. 57s von einem etwas andern Gesichtspunkt aus nachgewie-
sen. Wir müssen also stets im Auge l)elialten, dass wir bei
der deutschen Wiedergabe perfektiver Aktionsarten Missver-
ständnisse und Zweideutigkeiten, die in einem besonderen
Mangel unserer Muttersprache ihre Erklärung finden, kaum
Aktionsart und Zeitstufe. 197
vermeiden können, bes. in Fällen, wo die vorgetragenen Bei-
spiele ans dem lebendigen Zusammenhang der Rede heraus-
gerissen sind, also wenn wir einfach Infinitiv gegen Infinitiv
oder 1. Sg. Präs. gegen 1. Sg. Präs. stellen.
Besser als wir sind die Griechen daran. Sie geben zwar
die natürliche Bedeutung auch durch den Infinitiv wieder (er
eignet sieh ja als dirapeiuqpaTOV pfi|ua am besten dazu). Aber
ihr Infinitiv nimmt im Gegensatz zum Deutschen an einer Zeit-
stute ül)erliaupt nicht teil und ist nach Seiten der Aktion hin
eindeutig.
Der Infinitiv als ganz sekundäre Spracherscheinung ist
in dieser Verwendung freilich nur ein Notbehelf: wissenschaft-
lich setzen wir dafür die sog, Tempusstämme ein. Da es von
einem Verbum fast immer mehrere Tempusstämme giebt, inüsste
€S auch mehrere natürliche Bedeutungen geben. Wir kommen
also mit dem Ausdruck ''natürliche Bedeutung eines Vcrl)ums"
überhaupt nicht weit. Wie sich noch ergeben wird, entsjjre-
chen den perfektiven und imperfektiven Verl)alkategorien des
Slavischen giiechische Tempusstännue; wenn daher im Slavi-
schen gewisse Verba durch "ihre natürliche Bedeutung" der
einen oder andern Kategorie angehören, so heisst das aufs
Griechische übertragen, ihre Gebrauchsweise beschränkt sich
auf diesen oder jenen Tempusstauun.
Dass CS nicht im Geist der S})rache liegt, wenn die ver-
schiedenen Tempusstämme unter einer hohem abstrakten Form,
der Wurzelbedeutung, vereinigt werden, beweist die Thatsache
(§ 65), dass einzelne Verba nur in bestimmten Tcm])usstäm-
raen vorkommen, diese Tempusstämme mithin die ursi)rüng-
liche Bedeutung des Verbums darstellen.
Es ist daher auch nicht richtig, wenn man einen dieser
Tempusstämme, den des 2. Aoristes, schlechthin Verbalstamm
nennt und von hier aus die Bedeutung der übrigen Tempus-
stämme entwickelt. Denn seit die alte fjuna- und vrddhi-
Theorie der Inder durch die neue Akzent- und Ablautlehre
über den Haufen geworfen wurde, ist der Stamm des 2. Ao-
ristes morphologisch nicht mehr der Ausgangspunkt für
die übrigen Tempusstänune; dass er es der Bedeutung sei-
ner Aktionsart nach sei, hat man ohnehin mehr aus der fälscli-
lich angenommenen Piiorität seiner morphologischen Gestal-
tung geschlossen als aus der abstrakt-negativen Kennzeichnung
108 G. Herbig-,
seiner Funktion als einer, welche die Handlung- ohne jeden
Xebenbeg-ritf ausdrücke. Es g-eht aber auch nicht an diejeni-
gen Ablautsstufen, welche jetzt als die morpholog-isch ältesten
betrachtet werden, etwa Xeiir- in der Ablautreihe Xeiir- Xm- Xoitt-,
für die natürliche Bedeutung des Verbums in Anspruch zu
nehmen oder als die auch der Bedeutung- nach über allen
Formen des Verbalsystems stehende Verbalwurzel anzusehen:
wir vermögen den Nebenbegriff der durativen Aktionsart nicht
mehr von ihr abzustreifen, wenn auch zugegeben werden muss,
dass diese Bedeutung-sschattierung vielleicht erst aufkam, nach-
dem XiTT- aus XeiTT- mechanisch entstanden war, und die Be-
deutung verschiedener Aktionsarten sich an die so differenzier-
ten Formen knüpfte.
4. Der ' Verbalbegrift" und die Aktionsart.
§ 43. Es sei hier auch darauf aufmerksam gemacht,
dass es fast gar keinen 'Verbalbegriff' giebt mit so scharf aus-
geprägter Bedeutung, dass er nicht in beiden Aktionsarten,
der imperfekti^'en Avie der perfektiven, denkbar wäre, wenn
er auch die eine vor der andern entschieden begünstigt, und
der lebendige Zusammenhang in der Regel nach dieser oder
jener Seite hin entscheidet. Dagegen spricht nicht, dass
einige Wurzeln nur in einem bestimmten Tempusstamm vor-
kommen (B. Delbrück SF.IV92, 93): gerade die Thatsache, dass
sie durch Tempusstänune anderer Wurzeln sich zu einem voll-
ständigen Verbalsystem ergänzen, beweist, dass der Verbal-
be griff auf alle Aktionsarten ausdehnbar ist.
Hierher gehört auch, dass sich der Bestand jener sla-
vischen Vcrba, die durch ihre natürliche Bedeutung perfektiv
sind, in den verschiedenen Dialekten etwas verschiebt: die
Perfektivität des Verbalbegriffs wurzelt zwar in seinem Wesen,
sie tritt aber je nach der vorzüglich beliebten Gebrauchsweise
des Verbums in verschiedenen S|)rachcn verschieden hervor.
Der Begriff der Wurzel *e.s' dürfte der einzige sein, der
vermöge seiner verblassten allgemeinen Bedeutung nur eine
Gebrauchsweise, die imperfektive zulässt (nebenbei gesagt: ein
entschiedener Beweis gegen die Identität dieser Wurzel mit
dem -.s- des ])erfektiven I. Aoristes!). Aber schon die Wurzel
*hheu, die man ihr mit Recht als perfektive Ergänzung an
die Seite stellt, springt sehr leicht in die imperfektiv-durative
Aktionsart und Zeitstiife. 199
BedeutUDg über. Man denke an das italische durativ-imper-
fektive Imperfektura, das im Lat. durch die Formen auf -ham
repräsentiert wird, oder man erwäge, dass von der sonst per-
fektiven II. Klasse der abg-. Verba gerade solche, die wir
im Deutschen mit der Übersetzung jener Wurzel *bheu, mit
'werden' wiedergeben, imperfektiv sind und den allmählichen
Übergang eines Zustands in einen andern bezeichnen (z. B.
s^chnati "trocken werden', l^ysnaii "sauer werden' i). Es ge-
nügt auch an deutsche Verba zu erinnern, wie "erwachen,^
blitzen', welche auf den ersten Blick und unzweifelhaft auch
ihrer vorherrschenden Gebrauchsweise nach entschieden mo-
mentan-perfektiv erscheinen. Aber wir sprechen auch von
einem 'langsamen Erwachen', einem 'unaufhörlichen Blitzen', d.h.
die Summe perfektiver Handlungsphasen lässt sich iterativ
oder durativ-imperfektiv auffassen. Dies ist auch der Grund,
warum im Slavischen perfektive Iterativa in der Form des-
Indikativ Präsens nicht Futurbedeutung erhalten.
5. Die actio perfectiva und das tempiis praesens.
§ 44. Dass die Aktionsart des Präsensstarames nur du-
rativ sein kann, wird allgemein (vgl. § 20) zugegeben, die
momentan-perfektive Handlung widerstreitet also seinem We-
sen, und es kommt für uns eigentlich nur das Verhältnis der
durativ -perfektiven Aktionsart zu dem tempus praesens in
Betracht. Bei den verschiedenen Funktionen der formellen
Präsenskategorie bleibt indes auch für die mom. perf. actio
die Frage offen, ob es nicht Typen giebt, die zwar scheinbar
Präsentia und Perfektiva sind, deren Bedeutung aber in Wahr-
heit eine andere Zeitstufe oder eine andere Aktionsart be-
zeichnet.
Diese Frage drängt sich auf, wenn man an deutsche
Indikative Präsentis denkt wie '"ich konnne, ich erwache, ich
entfliehe, ich hole ein, ich vollende, ich treffe', die der Form
nach Präsentia sind und daneben nach Form oder Bedeutung-
1) Beachte ferner, dass wir g-erade bei unserni deutschon
'werden' die Präteritaldoiibletten 'ward' und 'wurde' mit der per-
fektiven und imperfektiven Bedeutunj^- in Beziehung- gesetzt hal)en.
Georg V. d. Gabelentz Die Sprachwissenschaft 1891 S. 2-48. — Paul
Prinzipien 1886 -' S. 218.
-200 G. Her big,
entschieden momentan-perfektiv ersclieinen. Ich sag-e "erschei-
nen', denn betrachten wir sie g-enaner und nelnuen wir das
Beispiel 'ich konnnc zu dii- um dir das und das mitzuteilen',
so kann dies 'ich komme' verschiedenes bedeuten:
1. ich bin gerade im Kommen zu dir begritifen, wenn
ich es ihm zurufe, ehe ich bei ihm angelangt bin:
2. ich bin soeben ang-ekommen, wenn ich den Satz aus-
spreche, nachdem ich schon Platz g-enommen habe;
3. im Sinne eines praesens historicum, ich kam:
4. ich komme, d. h. ich werde sofort oder später zu
dir kommen.
Die erste Gebrauchsweise ist die des wirklich durativen
Präsens, In den drei letzten Fällen ist die Aktionsart aller-
dings ])erfektiv, aber das Präsens ist kein tempus praesens,
.sondern nur ein formelles Präsens, die wirkliche Zeitstufe ist
in Fall 2 und 3 das Präteritum, in Fall 4 das Futur. Fall
1 und 4 l)erühren sich psycholog-isch : hier reicht blos das
gar nicht betonte ^loment der Perfektivierung- in die Zukunft,
während die durativ-imperl'ektive Handlung, auf welcher der
Nachdruck liegt, schon in der Gegenwart spielt, dort fällt
die ganze Handlung in die Zukunft, und es wird vor allem
das Moment der Perfektivität l)etont; aus dieser Unterschei-
dung erklärt sich, warum im Deutschen das durative und
das perfektive Präsens Futurstelle vertreten krmnen. Fällt
nun aber auch bei der durativ-perfektiven Aktionsart ein
Moment der Handlung, nämlich das der Perfektivierung, aus-
serhalb der ])räsentischen Zeitstufe, so ergibt sich als Schluss-
stein der ganzen Gedankenreihe der Satz: der modus indi-
cativus tem})oris praesentis und die actio i)erfectiva
sehliessen sich begrifflich einander aus.
i? 45. Der Satz ist ja nicht allzu schwer zu begründen.
Logisch genommen stellte sich das l^räsens als ein Punkt zwi-
schen Präteritum und Futur dar (vgl. Anm. 2 S. 172); der
Augi'nblick der Perfektivierung ist ebenfalls ein Punkt, der ge-
nau genoiiinn'ii mit jent'm andei'u nie zusammentreffen kann.
Demi jedes Diktum bei'uht auf eiiu-r innei'u oder äusseren
Wahrnehmung, und die Wahrnehmung muss als Grund des
Diktunis diesem vorausgehen; die Perfektivierung der ^'erbal-
liandhnig einer sedchen Wahrnehnumg gelir»rt also, wenn sie
sprachlich wiedergegeben wird, schon der Vergangenheit an.
Aktionsart und Zeitstufe. 201
()der (las Diktum ist ein ans Walinichimingeii g'ezogener
Schluss, eine auf diesem .Scblnss beruhende Willensäusseniug,
ein Befehl, eine Frage : dann g-eht das Diktum der Perfekti-
vierung vorans, und diese fällt in die nähere oder fernere
Zukunft. AVenn ich meinen Freund beim Pistolenschiesseu
frage: 'Triffst du die Scheibe?', so meine ich 'Wirst du die
Scheibe treffen'?', und wenn er nun mit Erfolg schiesst, so
rufe ich 'Er trifft sie wirklieh' d. h. 's(>e))en hat er sie ge-
troffen'.
i? 46. Man wende nicht ein: das sind logische Sjiitz-
findigkeiten, über welche die vSi)rache zur Tagesordnung iiljcr-
geht. Auch wenn wir das Präsens im Sinn der psychologi-
schen Grammatik aus einem Stück Vergangenheit und einem
Stück Zukunft zusammensetzen, die jenem Punkt zunächst
liegen, konnnen wir zu einer ähnlichen Beobachtung. Denn
fällt der Augenblick der Perfcktivierung vor den gegenwärti-
gen Augenblick, so fällt er thatsächlich in die Vergangenheit,
weil jenes Stück Vergangenheit plus jenem Stück Zukunft nur
durch den dazwischenliegenden Augenblick der (legen wart
zum grammatischen Präsens werden. Oder fällt die Perfckti-
vierung nach jenem gegenwärtig*en Moment, so rückt sie den
Nachdruck der Handlung- auf jenes Stück Zukunft, das auf
den Augenblick der Gegenwart folgt und der Schwerpunkt der
ganzen Zeitstufe liegt nun in der Zukunft. Mag man zugeben,
dass die Sprache kraft ihrer Souveränität über die Log-ik das
logisch unnnigliche Zusammentreften des Momentes der Perfckti-
vierung- und des Momentes ihrer sprachlichen Wiedergabe in
Einzelfällen um besonderer rhetorischer Zwecke willen gestattet t
ein psychologisches Bedürfnis nach einer perfektiven Indikativ-
Präsens-Kategorie muss entschieden geleugnet werden. Ich habe
bisher immer bloss von einer einmaligen Handlung des Indica-
tivus Praesentis gesprochen. Die Sachlage ändert sich sofort,
wenn die Präsensform nur türmeil eine solche ist, wenn sie in
Wirklichkeit also iterative, zeitlose oder futurische Funktion
hat, wie es bescniders häutig bei den nichtindikativischen Modi
und dem Verbum intinitum der Fall ist.
G. Scheinbare aetio pert'ectiva.
s? 47. Es werden indes häu% genug in sprachwissen-
schaftlichen Aufsätzen wirkliche Präsentia als Beispiele per-
i?02 G. Her big-,
fektiver Verba angeführt, so neuerding-s wieder von Wnst-
maiiu 'Verba perfeetiva namentlich im Heliand' Inaug-. Diss.
Lcii)zig' 1894. Gerade sein Verfahren ist für diese Art des
Irrtums bezeichnend : es kann m. E. nur Verwirrung- hervor-
rufen, wenn man, wie er und andere (§ (38) den Terminus
perfectiv aus dem Sla vischen adoptiert, dem zu Grunde lie-
genden Begriff aber eine andere Färbung giebt. Wustmann
übersieht \or allem, dass nach dem Wesen dieser Aktionsart
die perfektiven Formen des sog. Präsensstammes naturgemäss
^us der Sphäre des Präsens hinausgedrängt werden und in
die futurisehe, wie in den meisten slavischen Sprachen, oder
in die präteritale Zeitstufe, wie im Serbokroatischen, über-
treten müssen. Er übersieht ferner, dass es bei den slavi-
schen Perfektivis nicht darauf ankommt, ob der Abschluss
der Handlung wirklich erreicht wird oder erreicht ist, auch
nicht darauf, ob der Abschluss der Handlung nach dem Zu-
sammenhang mit in der Absicht des Sprechenden liegen muss,
sondern darauf, ob der Sprechende bei seiner Äusserung
gerade auf das Moment des Abschlusses oder der Perfekti-
vierung ein Gewicht legt. Zur letzten Klasse gehören die
slavischen, zur zweiten Wustmanns Perfektiva. Wenn man
sich einmal auf seinen Standpunkt stellt, dann wäre es aller-
dings "nur folgerichtig, jedes transitive Verbum perfektiv zu
nennen, bei dem ein Aufhören, ein Unterbrechen der Thätig-
keit zugleich den ganzen Begriff der Handlung negiert". Aber
die Verbalhandlung seines Beispieles 'ich baue ein Haus' oder
des in einen andern Zusammenhang- gebrachten 'ich gehe in
die Kirche' ist nach slavischer Auffassung, und nur diese darf
hier massgebend sein, durchaus nicht immer perfektiv. Die
Verba in diesen Verbindungen können, genau wie die einem
Verbum prätigierte Präposition, die Richtung und das Ziel
oder den Al)schluss der Thätigkeit bezeichnen (§ 69); nur
wo der Sprechende auf den letzteren einen Nachdruck legt,
ist das Verb als perfektiv zu bezeichnen. Wir können z. B.
einen Architekten fragen: 'womit bist du jetzt eben beschäf-
tigt:'' und er antwortet: 'ich baue ein Haus für den Herrn
so und so'. Auf die gestellte Frage kann nach Navratil nie-
mals ein slavisehes verbum perfectivum antworten. Dass der
Architekt thatsächlich die Absicht hat, den Bau auch wirk-
lich zu Ende zu fidn-en, thut nichts zur Sache: es kommt
Aktionsart und Zeitstufe. 203
ihm bei seiner Autwort blos darauf au die gauz unbegrenzte
(imperfektive) Handlung- des liauens S})racblich wiederzugeben.
Perfektiv können jene Verbalhandlungcn nur dann wer-
den, wenn ihr formelles Präsens, wie es im Deutschen so häufig
geschieht, zeitlose, iterative oder futurische Funktion erhält, und
die Beispiele dann etwa den 8inn haben: ''ich gehe jeden Sonn-
tag in die Kirche' oder 'ich werde mir ein Haus bauen um es
dann zu verkaufen'. Nur in solchen Fällen wäre eine imper-
fektive Autfassung unmöglich und lächerlich ('ich bin jeden
vSonntag auf dem Weg zur Kirche', 'ich werde mit dem Bauen
eines Hauses beschäftigt sein um es dann zu verkaufen').
Auch das Litauische scheidet hier scharf: imperfektiv
( hiitq eiü 'ins Haus gehen' d. h. 'auf das Haus zugehen mit
der stillschweigenden Absicht auch wirklich hineinzuge-
hen' (vgl. englisch: to be going to the house), perfektiv |
hütq i-elti 'ins Haus hineingehen'.
An anderer Stelle (S. 1, 2) nennt Wustmann 'werden' und
'bringen' deutsche Stammperfektiva. Aber wenn die lustige
Person im Vorspiel zu Goethes 'Faust' sagt:
'Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen;
Ein Werdender wird immer dankbar sein'
und der Dichter mit der Antwort einfällt:
'So gib mir auch die Zeiten wieder.
Da ich noch selbst im Werden war . . .',
so beweisen der Gegensatz 'wer fertig ist' und die Umschrei-
bung 'im Werden sein' deutlich genug, dass 'w-erdender' nur
imperfektiv aufgefasst w^erden kann. Weiteres über das im-
perfektive 'werden' s^ 35, 2 und i? 43. Oder, wenn ich ein Kind
frage: 'Wo gehst du hin"?' und es erwidert mir: 'Ich bringe
dem Vater das Essen' d. h. 'ich bin auf dem Weg, bin ge-
rade daran das Essen zum Vater zu tragen', so hat das Kind
nur das im Auge, was es jetzt eben tliut; der Moment der
Perfekti\ierung der Handlung liegt ausserhalb des Rahmens
meiner Frage und seiner Antwort.
§ 48. Es ist für den grossen Zusammenhang natürlich
oft ganz gleichgültig, ob dieser Moment betont wird oder nicht,
und blos die individuell beliebte Auffassung gibt der einen
oder andern Möglichkeit den Vorzug. Unser deutsches 'ich
gehe hinaus' übersetzt die lateinische Volkssprache mit exeo,
die Schriftsprache mit exiho (Schmalz Latein. Syntax, Mün-
204 G. Her big,
dien 1890 2 § 23). Die eine betont die Richtung-, die andere
das Ziel. Die Vo]kssi)raclie ])etont anseliaulieli und olme sieh
in der Phantasie über die zunächst Hegende Gegenwart zu
erheben, das g-eg-enwärtig vor sicli gehende (also noch Imper-
fektive) der Handlung, ihre Vollendung ist ihr vorläutig noch
ein unbetontes Nebenmoment ; die Schriftsprache l)etont logisch
und weitsichtiger das Moment, in dem die Handlung nach der
Autfassung des Redenden wirklich zum Al)schluss konnnt. Die
Volkssprache schildert subjektiv, die Schriftsprache konstatiert
objektiv. Im Grunde ist der Unterschied derselbe, welcher
für die Erzählung- verg-angener Thatsachen zwischen dem
behaglich ausmalenden Imperfekt Homers und dem kühl auf-
zählenden Aorist der Späteren besteht.
7. Actio resultativa.
i? 49. Wie der Ausdruck 'perfektiv' verschiedene^) Deu-
tungen erfahren hat, so auch der mit ihm z. T. synonym ge-
brauchte 'resultativ'. Es wird ihm von verschiedenen verschie-
dener Sinn untergelegt, und häufig polemisiert der eine, von
seinem persönlichen Stand] )unkt aus ganz richtig, gegen Fol-
gerungen, die der andere, aus seinem besondern Gesichtswinkel
betrachtet, mindestens ebenso richtig- gezogen hat.
Kurschat (Gramm, d. lit. Spr. 1876 § 463) nennt kurz-
weg diejenigen litauischen Verba Resultativa, welche den sla-
vischen l'erfektiva entsprechen. Auch Streitberg gebraucht
die Ausdrücke als gleichbedeutend (PßrB. XV 71 'die perfek-
tive Aktionsart, auch resultative geheissen').
Wustmann Verb. perf. S. 2 und 22 meint die resultative
gehe noch eine Stufe über die perfektive Verbalhandlung
hinaus. Wenn der vielbeschäftigte Handwerker klage: 'ich
kann es nicht ermachen', so sei 'ermachen' ein absolutes Per-
fektiv, das Hauptgewicht liege auf dem Augenblick der Voll-
endung der in dem Stannnwort bezeichneten Thätigkeit.
Wenn ich aber 'die Wohnung jemandes erfrage', so sei nicht
nur das 'bis zu Ende fragen' gemeint, sondern die 'Erlangung
eines geistigen Zieles, der Antwort' sei 'als unmittelbare Folge
mit inbegriffen'.
1) Neben Wustiiianii iiiaclie ich einstweilen auf Recha (§ 68)
aufmerksam, (h'i- ihn mit ]ic r fe k t i seil (lurcheiiianderl)ring't.
Aktionsart und Zeitstufe. 205
Mourek sieht in seiner Besprechung von Wustmanns
Schrift ZfdA. 189Ö S. 198) umgekehrt die resultative Stufe
als das prius an, obwohl er — und hier irrt er oifenbar —
unter resultativen Verben dieselben zu verstehen g-laubt wie
AVustmann. Der Unterschied zwischen den germanischen und
slavischen Sprachen besteht nach ihm darin, dass diese fast
ausnahmslos zur zwingend und momentan perfektivierenden
Wirkung des Präfixes fortgeschritten sind, jene in den meisten
Fällen bei der resultativen stehn bleiben. Letztere werde
durch die materielle Bedeutung des Präfixes veranlasst, die
perfektive ergebe sich aus jener durch fortgesetzte Entwick-
lung 'gleichsam durch Vorausnahme des angedeuteten Endes'.
Von anderer Seite wieder packt CI. Mahlow die Sache
an KZ. XXVI 580 "Eine grosse Anzahl unserer Verba", führt
er aus, "ist resultativ d. h. drückt auch das Resultat der
Handlung aus, die bei Intransitiven am Sul)jekt, bei Transi-
tiven am Objekt erfolgt ist; z. B. töten bezeichnet nicht
allein die Handlung des Subjekts, sondern auch den Erfolg
der Handlung am Objekt; ich tötete setzt immer ein getö-
tetes Objekt voraus. Die Verba der älteren Sprachen, auch
des Griechischen sind aber durchaus nicht resultativ; die grie-
chischen Verba können es durch Komposition werden, beson-
ders mit KttTa-, drro- ; doch ist auch hier die resultative Be-
deutung nicht notwendig, sondern nur üblich. Zwischen Kxeiviu
und töten ist also ein bedeutender Unterschied, der nämlich,
dass Kteivuu einzig und allein die Handlung des Subjekts aus-
drückt, nicht aber den Erfolg der Handlung am Objekt. Die
Grundbedeutung von Kteiva) ist also das thun, was zum
Töten eines andern gehört. Wenn eKteiva in den mei-
sten Fällen ich tötete bedeutet, so haben wir wieder den
Fall, dass der Zusammenhang einer Verbalform eine Bedeu-
tung giebt, die sie an und für sich nicht hat; denn dass sie
dieselbe nicht hat, beweisen die Fälle, in denen CKteiva nicht
ich tötete ist, sondern ich versuchte zu töten". Bei-
spiele bei Kühner Gr. Gr. II i? 382, 6, § 386, 12; die von
Mahlow selbst hinzugefügten (Her. I, 109 — Soph. Oed. Col.
993) sind zu streichen, weil bei ihnen der Nichterfolg der
Handlung am Objekt ebenso gut durch die präsentische Zeit-
stufe (§§ 44 ft'.) und den nicht indikativischen Modus angedeutet
Indogermanische Forschungen VI ;5 u. 4. \^
206 G. Her big-,
sein kann als durch die vorausgesetzte verschiedene Grund-
bedeutung von töten und Kieivuj.
8. Actio pei-fectiva und actio resultativa.
§ 50. Wie verhalten sich all diese Resultativa zu den
Perfektiva? Ich habe oben (§ 47) 3 Kategorien unterschie-
den, die man a priori — ein Verfahren, das ich dort aus-
drücklich ablehne — Perfektiva nennen könnte, und von de-
nen jede einzelne auch schon so bezeichnet wurde.
1. Der Abschlnss der Handlung wird wirklich erreicht.
2. Der Abschluss der Handlung liegt nach dem Zusam-
menhang mit in der Absicht des Redenden.
3. Der Abschluss der Handlung wird vom Redenden
ausdrücklich betont.
Unter Kategorie 3 gehören Kurschats und Streitbergs
Resultativa als Synonyma der slavischen Perfektiva; unter
Kategorie 2 gehören Wustmanns deutsche Perfektiva und
Moureks Resultativa ; unter Kategorie 1 gehören Mahlows und
Wustmanns Resultativa, nur dass sie vom blosen Abschluss
der Handlung zum wirklich erreichten Erfolg fortschreiten;
auf Klasse 1 und 3 verteilen sich Moureks Perfektiva, nur
dass er ausser Acht lässt, dass in Fällen, wo der Abschluss
der Handlung nach dem zufälligen Zusannnenhang zwar wirk-
lich erreicht, aber vom Redenden nicht betont wird, das sla-
vische Perfektivum nicht an seinem Platze ist. Bei dieser
subjektiven Willkür, mit welcher gleichen Termini verschie-
dener Pedeutungsinlialt untergek^gt wird, halte ich es zur Ver-
meidung weiterer Verwirrung für das Zweckmässigste, den
Terminus 'rcsultativ' für die folgende Untersuchung auszu-
scheiden. Ich verkenne zwar nicht, dass besonders Wustmanns
Resultativa einen neuen Begriff in die Debatte werfen, aber,
da sie es, soviel ich sehe, nirgends zu nennenswerten Ansätzen
einer grammatischen Kategorie gebracht haben, sind sie
vorläulig noch kein Objekt der linguistischen Forschung.
Die actio perfektiv;! und die actio aoristica.
ij ")!. Ich gehe nach diesen prinzipiellen EriMlerungen
nunmehr zin- vergleichend syntaktischen Betrachtung über,
liesteht im (hiechischen eine morphologische Bezeichnung,
Aktionsart uud Zeitstufe. 207
namentlich für die momentane oder als momentan dargestellte
actio perfectiva? Die Frage ist nicht neu, so wenig- wie die
Antwort. Schon Curtius hat in seinen "Erläuterungen zu
meiner griechischen Sehulgrammatik" S. 174 die Aktionsart
der sla vi sehen Perfektiva mit der des griechischen
Aoristes verglichen. Es wurde nur bestritten, dass beide
Funktionen sich vollständig decken. Einmal nahm man das
Imperfektum der Erzählung für die durativ-perfektive Aktions-
art in Anspruch, andrerseits konstruierte man einen Gegensatz
zwischen der perfektivierenden und der konstatierenden Ge-
brauchsweise des Aoristes. Wie der erste Punkt zu berichtigen
sei, wird noch § 54 ausgeführt. Den zweiten Einwand mag
mau so weit gelten lassen, als bei der konstatierenden Gebrauchs-
weise des Aoristes die Perfektivität der Handlung nicht in
der Weise in den Vordergrund gestellt wird wie durch die
slavischen verba perfektiva: perfektiv (im Sinne des Konsta-
tierenden) bleibt indes auch der konstatirende Aorist jedesmal.
Dagegen spricht nicht, dass im Slavischen, mit Ausnahme des
Sorbischen, auch die verba imperfektiva einen Aorist bilden,
während die verba perfektiva ein Imperfekt nicht haben können.
Der Aorist ist im Slavischen bei der Verkümmerung der Modi
ein wirkliches fast ganz auf den Indikativ beschränktes tempus
praeteritum geworden, und dass bei einem solchen auch
vorwiegend imperfektive Verba gern perfektiver Auffassung
entgegenkommen, lehrt § 54. Vgl. besonders auch §§ 43, 65.
Dass der griech. Aorist perfektive Funktion hatte, scheint mir
aus der Fülle der überlieferten Beispiele unmittelbar hervorzu-
gehen^); wie er dazu kam (ob auf griech. Boden oder in idg.
Urzeit) soll später (§§ 85 if.) erörtert werden.
Die actio perfectiva und die verschiedenen
Tempora. § d2 — 67.
§ 52. Wäre der Indikativ des Aoristes nicht an eine be-
stimmte Zeitstufe gebunden, so würden die Aoristljildungen als
1) Vg-1. F. Blass Demosthenische Studien III Rh. M. XLIV (1889)
S. 406—430 bes. S. 429. — Fr. Hultsch Erzählende Zeitformen bei
Polybios. Abh. d. sächs. Ges. d. W. 30 (1893) S. 1—210, 245-468
Bd. XXXIV (1894) S. 1—100 bes. Bd. XXX S. 7. — Vgl. aucli § 22.
208 G. Herbig,
zeitlose Verbalkategorie zum Ausdruck der Perfektivität in jedem
Fall genügen; unter den historisch gegebenen Verhältnissen (vgL
aber § 88) gilt dies blos von den übrigen Modi und dem ver-
bum intinitum. Dass auch in diesen Fällen noch andere Mittel^
vielleicht ähnlich den slavischen, zum Ausdruck der Perfckti-
vierung vorhanden waren, ist von vornherein recht wohl mög-
lich; es wird aber methodisch richtiger sein, die Untersuchung
der Frage nach diesen andern Mitteln vorerst auf den Indikativ
der verschiedenen Tempora zu beschränken, weil wir hier ein
Ersatzmittel zur Bezeichnung der sonst durch den Aorist aus-
gedrückten Verbalfunktion am ehesten erwarten dürfen.
So stellen wir denn die Frage so: wodurch wird im
Griechischen der indicativus actionis perfectivae
bezeichnet?
§ 53. Für das Präteritum haben wir natürlich in
erster Linie den Indikativ des Aoristes. Er bildet in formaler
Hinsicht keine einheitliche Masse, es werden auch verschiedene
Funktionen unterschieden. Mit diesen müssen wir uns abfinden,
Wir sprechen von einem ingressiven, effektiven und konstatieren-
den Aorist. Dass diese Funktionsverschiedenheiten mit der
verschiedenen Bildungsweise der unter dem Namen Aorist zusam-
mengefassten Formkategorien ursprünglich zusammenhingen, ist
vermutet worden (z. B. von Brugmann Griech. Gramm. ^ § 159),
scheint mir aber ziemlieh fraglich zu sein. Es bleibt vielmehr
erst noch zu untersuchen, ob hier wirklich immanente Funk-
tionsverschiedenheiten vorliegen, oder ob wir es mit zufälligen
Bedeutungsschattierungen zu thun haben, die lediglich wir
vom Standpunkt unserer Sprache aus anzunehmen geneigt sind.
Die Summe, die sich aus dem aoristischen Moment der Per-
fektivität und der auch im Präsens- und Perfektstamm vor-
handenen Bedeutung des Verbums ergiebt, wirkt auf uns frei-
lich das eine Mal ingressiv, das andere Mal effektiv. Aber
wenn wir z. B. ßaXeiv bald ingressiv mit 'entsenden, abschleu-
dern' bald effektiv mit 'aus der Ferne treffen' i) wiedergeben,
so liegt die in der deutschen Übersetzung hervortretende Be-
deutungsschattierung niclit in der Verschiedenheit der Aorist-
funktiou, sondern in der Verschiedenheit der Akkusative (ßeXoc-
1) K. Lehrs De Aristarchi studiis Homericis 1833 S. 61 ff.
Aktionsart und Zeitstufe. 209
«vbpa)^). Bei andern Verben fliessen auch für unser Empfin-
den die Begriffe effektiv und ingressiv in einander: cpuTeiv 'ent-
fliehen': 'die Fhicht antreten' (ing-ress.), 'durch die Flucht ent-
kommen' (etf.); TToXeiuiricai 'einen Krieg führen': 'Krieg anfan-
:gen' (ingr.), 'einen Krieg zu Ende führen' (eff.); ibeiv 'etwas
erblicken', was man lange mit den Augen suchte, (eff.) oder
etwas zufällig erl)licken, um es dann länger zu betrachten
(ingress.); ßaciXeOcai 'König werden': nach langem Warten,
langem Kampf (eff.) oder die Herrschaft antreten (um sie dann
auszuüben) (ingress.). Die Gebrauchsweisen eßaciXeuce 'er
wurde König' (ingress.-eflf.) und eßaciXeuce TpidKOVia etri fliessen
■zusammen in dem weiteren Begriff der Perfektivität. Welche
Gebrauchsweise die ältere ist, wage ich nicht zu entscheiden.
Dass der konstatierende Gebrauch erst nach Homer immer
mehr an Umfang zunimmt, beweist noch nichts für seinen
sekundären Ursprung: höchstens darf mau eben diese weitere
Ausdehnung mit der allerdings sekundären (i?§ 88, 100) Präterital-
Ijedeutung des Indikativ des Aoristes in Zusammenhang bringen.
§ 54. Da der Aorist, insbesondere der konstatierende,
durchaus nicht immer momentan sein muss, so kann er auch
zum Ausdruck der durativ-perfektiven Aktionsart benutzt wer-
den (eßaciXeuce TpidKovia eiri)"). Man könnte geneigt sein,
auch dem Imperfektum diese Funktion beizulegen, etwa in
Fällen wie = 428—429:
. . TÖv b' dp' exaipoi
Xepciv deipaviec qpepov eK növou öqpp' 'keG' ittttguc . .
Ausgangspunkt und Ziel des Tragens sind angegeben, die Hand-
lung ist also durch Anfang und Ende begrenzt. Und doch
nimmt der Dichter mit dem Imperfekt qpepov nur auf die
Dauer und Entwicklung der Handlung Rücksicht, er malt
uns ein Bild, wir sehen, wie mit eignen Augen, die Gefährten
den schweren Körper des Verwundeten dahintragen. Dieses
Beispiel ist für die Zeit, in welcher das Imperfektum als
1) W. Streitberg PBrB. XV (1891) S. 72. — R. Wustmann Verba
perfectiva namentlich im Heliand. Inaug-. -Diss. Leipzig' 1894 S. 19.
— W. Streitberg IF. Anz. V 79.
2) Vgl. was F. Blass Demosthenische Studien Rh. M. XLIV
(1889) S. 424 — 425 über Aoriste von Verben der Dauer (feiarpinjai,
-biuTeX^cai) gegen O. Riemann La Question de l'aoriste Grec (Me-
langes Graux (1884) p. 585—599) bemerkt.
210 G. Herbig,
Tempus der Erzählung gebraucht wird, nur eins von tausendeu.
Die von unserm 8tand])unkt aus thatsächlich vorliegeude, vom
Redenden aber nicht betonte (§ 47) Perfcktivität der Hand-
lung steckt in all diesen Fällen keineswegs im Imperfektum,
sie ergiebt sich lediglich aus dem Zusammenhang (in unserm
Fall geht sie aus dem Nebensatz unzweideutig hervor). Und
ein solcher Zusammenhang entsteht sehr häufig, wenn ein im-
perfektives Verbum in die Vergangenheit tritt; denn die \^er-
gangenheit wird, vom Standpunkt der Gegenwart aus betrach-
tet, sich in der Eegel als abgeschlossen darstellen, d. h. das
in dieser Zeitstufe gebrauchte Verbum wird uns perfektiv
erscheinen, aber der Redende hat das Moment der Perfck-
tivität nicht urgieren wollen.
§ 55. Hat neben Aorist und Imperfekt auch das präteri-
tale Perfekt oder das Perfekt überhaupt wirkliche oder schein-
bare Perfektivfunktion? Bei den manniehfachen Gebrauchs-
W' eisen dieses Tempus muss ich weiter ausholen. Welche sei-
ner Funktionen ist die älteste?
In den eigentümlichen Ablautsverhältnissen des Perfekts^
würde man, da sie höchst wahrscheinlich nur mechanischen
Einflüssen ihre jetzige Gestaltung verdanken, nur dann die
morphologischen Träger jener ältesten Bedeutung suchen, wenn
sie, wie etwa der Ablaut im 2. Aorist, die einzigen Merk-
male wären, welche das Perfekt gegen andere Tem])usstämme
abgrenzen. Die Personalendungen sind zwar merkwürdig ge-
nug; doch wird ihre Funktion kaum über das hinausgehen^
was ihr Name besagt. So bleibt noch die Rcdu])likation.
Sie findet sich zwar nicht ])ci allen Verben; wir haben aber
Grund zur Vermutung, dass sie einmal vorhanden war, wo
sie jetzt fehlt (Brugmann Grdr, II S. 1215). Jedcntalls müssen
wir uns für die Feststellung der ältesten Bedeutung des Per-
fekts bei methodischem Vorgehen an die grosse reduplizierte
Klasse halten, in Avelcher die vereinzelten anders gestalteten
Typen verschwinden. Durch die Reduplikation wird die itera-
tiv-intensive Bedeutung^) als die älteste erwiesen. Diese
1) K. Fritzsche Über das griechische Perfekt mit Präsensbe-
deutung. Abhandl. der Lpz. grauimat. Gesellsch. 1874 S. 43 ft". —
R. Kohlnianu Über die Annahme eines Perfectum intensivum im
Griechischen. Prg. Salzwedel 1886. — Delbrück SF. V § 169.
Aktionsart und Zeitstufe. 211
Folgerung aus der morphologischen Gestaltung des Perfekt-
stammes wird durch die älteste Überlieferung bestätigt. Wenig-
stens ist die iterativ-intensive eine der altcrerbten Funktionen
des Perfektstammes, der in diesen Fällen der Zeitstufe nach
ganz dem Präsens gleicht.
Vgl. Te9r|\a 'blühe sehr, stehe in voller Blüte' l 293
irecppiKa 'schaudere heftig vor' A 383
bebopKtt 'leuchte helF Pind. Ol. I 94
Ähnliche Beispiele aus späterer Zeit bei Herondas IV 2
III 50 I 33 (Rieh. Meister Die Mimiamben des Herodas
Abh. d. Sachs. Ges. d. Wiss. Bd. XXX (1893) S. 873). Dass
die Zeitstufe dabei von den Alten als präsentisch empfunden
wurde, ergiebt sich aus Beispielen, in denen Präsens und
intensives Perfekt nebeneinander gebraucht werden, oder aus
Fällen, in welchen ein intensives Perfekt einfach durch ein
Präsens umschrieben wird (J, 168 ibc ce, Yuvai, ayaiaai xe xeGriTid
re beibia x' aivuJc--, oder Hesych erklärt xexiiqpev . eKTteTrXriKxai,
eKuXrixxexai). Aus dem Indischen vgl. ydt säyäm juhöti rcdryat
tena dadhära 'wenn er am Abend opfert, hält er damit Agni
für die Nacht fest' MS. 1, 8, 1-, ydd vdi divä hhdvaty ap6
rätrih prd visati tdsmclt tclmrä äpo divä dadrsre 'wenn es
hell ist, taucht die Nacht ins Wasser, deshalb sieht das Wasser
bei Tag immer dunkel aus'. TS. 6, 4, 2, 4.
Daneben bezeichnet der Perfektstamm aber noch
1. das, was soeben vollendet wurde. Diese Bedeutungs-
schattierung war den Griechen lebendig, wie die § 21 wieder-
gegebenen Definitionen des Perfekts beweisen. Wir können,
da uns ein griechisches Sprachgefühl mangelt, diese Fälle von
den unter 2 registrierten nicht mehr scheiden; wir schwanken,
ob wir nach Fällen wie e 87, 88
xiTcxe |uoi, 'Epjueia xP'JCÖppaTTi, eiX)iXou9ac
aiboTöc xe 9iXoc xe ; -rrdpoc '[e )aev oüxi Qaixxlexc
die Bedeutung 'soeben gekommen sein' auch der isoherten Ver-
balform zuweisen dürfen oder ob sie lediglich okkasionell,
durch den Zusammenhang gegeben ist.
2. als sog. Perfektum praesens die Handlung im imper-
fektiv-durativen Zustand des Vollendet- und Fertigseins. Plato
Krit. p. 46'"^ oube ßouXeuec9ai exi ujpa, dtXXd ßeßouXeöcGai d. h.
es ist nicht mehr Zeit hin- und her zu überlegen, sondern ein
fester Entscbluss muss schon vorliegen. Man stosse sieh niclit
212 G. Herbig,
daran, dass wir die Handlung eines Perfekts imperfektiv
nennen; der Stein des Anstosses liegt nicht in der Sache,
sondern in der historisch gegebenen, aber nicht eben glück-
lichen Terminologie. Wäre die Aktionsart von ßeßouXeöceai
perfektiv, so würde das bedeuten, dass der Zustand des 'Eut-
schlossenseins' sein Ende erreicht hat: Plato würde also unge-
fähr das Gegenteil von dem sagen, was er sagen will (vgl.
§ 20).
3. im Ai. Lat. Germ, und nachklassisch auch im Griech.
ein einfaches tempus praeteritum.
§ 56. Wir haben nicht den geringsten Anhalt für eine
dieser weiteren Funktionen etwa die nicht reduplizierten Per-
fekta 7Aun Ausgangspunkt zu nehmen. So handelt es sich
darum die verschiedenen Gebrauchsweisen des Perfektstammes
mit einander zu vereinigen, natürlich nicht in der Weise, dass
man einen abstrakten Generalnenner sucht, sondern so, dass
man sie aus der ältesten Bedeutung, der iterativ-intensiven,
ableitet.
Ich halte folgende psychologische Brücke für die wahr-
scheinlichste. Die Intensität einer Handlung oder eines Zustan-
des geht sehr leicht in den Begriff der Perfektivierung über*)
z. B. tüchtig zuschlagen — erschlagen,
eifrig hin und her überlegen — zu einem Entschluss kommen,
angestrengt horchen — vernehmen.
Dass die Perfektivierung in irgend einem Fall eintreten, oder
dass jedes Verb im Perfekt diesen Entwicklungsgang durch-
machen musste, soll natürlich nicht gesagt werden: genug,
wenn er bei einigen Typen nahe lag und eintreten konnte.
1) K. W. L. Heyse System der Sprachwissenschaft. Berlin 1856
S. 458. — G. Curtius" Verb II S. 160. — Delbrück SF. II 102. — R.
Fritsche Über j^-riech. Perfekta mit Präsensbedeiitung. Spraclnv.
Abh. aus G. Curtius gramm. Ges. Lpz. 1874 S. 45—4(5. — C. Mutz-
bauer Grundlagen d. griech. Tempuslelire S. 38—39. — Die begriff-
liche Verwandtschaft zwischen dem Intensivum und dem Perfektum
Präsens ist so stark, dass sie sogar lautliche P'olgen haben kann.
Brugmann Grdr. II 852. Dass die Bedeutung eines hohen Grades
auch sonst sehr gern in die der Vollendung übergeht, beweist z. B.
die Bedeutungsentwicklung des alten Präpositionsadverbs, das im
Ai. durch pari, im Griech. durch irepi, im Lateinischen durch per
vertreten ist. J. Schmidt Vokalismus 11 :»9 ff. — Delbrück Grdr. III
1 S. 700 ff.
Aktionsart und Zeitstufe. 213
Das Moment der Perfektivität kombiniert mit der prä-
sentischen Gebrauchsweise des Perfektstammes ergibt die Be-
zeichnung der soeben vollendeten Handlung. Sie ist so recht
ein Kompromiss zwischen der actio perfectiva und dem tem-
pus praesens, die sich sonst nicht vereinigen hissen (§§ 44 ff.).
Die Notwendigkeit die 'soeben vollendete' Handlung, welche
die Griechen als solche empfanden, als besondere Zwischen-
stufe in der Entwicklung der Bedeutung des Perfekts an/.u-
setzen, ergibt sich aus dem, was in § 101 über eine bisher nicht
genügend erklärte Gebrauchsweise des ai. Aoristes noch zu
sagen ist.
Von dieser Stufe der Perfektbedeutung aus sind ver-
schiedene Weiterentw^icklungen eingetreten :
1. Der Begriff der soeben vollendeten Handlung er-
weiterte sich zu dem der vollendet vorliegenden Handlung
überhaupt, und so entstand die Funktion des Perfektes, welche
den seinerseits wieder imperfektiven, weil nicht abgeschlosse-
nen, sondern in die Gegenwart hineinragenden Zustand des
Vollendetseins bezeichnet, der sich an die zu irgend einer Zeit
erfolgte Perfektivierung der Handlung anschliesst. R. Kohl-
mann hat daher in seiner sonst verfehlten Abhandlung 'Über
die Annahme eines Perfectum intensivum im Griechischen'
(Progr. Salzwedel 1886) ganz Recht, wenn er (S. 12) das
Perfekt als ein Mischtempus bezeichnet, welches ein Präsens
und einen Aorist zugleich in sich trage. Es habe mit dem
Präsens die Bedeutung eines dauernden Zustaudes gemein,
mit dem Aorist den — wie er meint, durch die im Aorist
und Perfekt vorhandene Reduplikation mit e bezeichneten —
Begriff der effektiven Handlung, während es sich wieder vom
Aorist dadurch unterscheide, dass es nicht wie dieser die
effektive Handlung an sich, sondern gerade den auf ihr beru-
henden Zustand ausdrücke. Mehr kurz als treffend sagt Hultsch
a. a. 0. 30 S. 13: Das Perfekt drückt seiner Zeitart nach die
Vollendung aus, der Zeit stufe nach gehört es zur Gegenwart.
Es ist anzunehmen, dass diese ganze Gebrauchsweise von
einzelnen durch ihre natürliche Bedeutung prädestinierten Verben
ausging und sich nach und nach zum Typus der 'perfekti-
schen' Funktion herausbildete. Es wäre daher höchst thöricht,
eine direkte Ableitung der perfektischen aus der intensiven
Funktion bei jedem einzelnen Verbum erzwingen zu wollen.
214 G- Herbig-,
2. Die perfektive Handlung entwicl^elt sieh zu einem prä-
teritalcn Tempus. Analoga siehe § 100 ff. Dasselbe entsprach
entweder dem konstatierenden Aorist, der als Aorist perfektiv
ist, oder dem narrativen Imperfekt, dem der Zusammenhang
und das Wesen des Präteritums den Nebenbegriff der Per-
fektivierung geben (Delbrück SF. V § 170, 171).
Begünstigt wurde diese Funktionsversehiebung dadurch,
dass auch das Perfectum praesens, wiewohl es an und für
sich durchaus auf präsentischer Zeitstufe steht, präteritale Fär-
bung gewinnt, sobald es mit den Präsensformen desselben
Verbums verglichen wird. (Vgl. i^ 20.)
Wenn man sagt, das lat. Perfekt habe durch die formale
Vermischung mit den präteritalen Aoristformen Präteritalbe-
deutung erhalten, so ist dies nur unter der Voraussetzung
richtig, dass die Keime zu dieser Entwicklung schon im Per-
fekt vorhanden waren. Im Sanskrit sind sie aufgegangen
ohne dass jene Vermischung eintrat.
§ 57. Es hat sich also gezeigt, dass das Perfekt mit
seinen verschiedenen Bedeutungstypen nicht auf eine Aktions-
art beschränkt ist, falls man in den beiden Aktionsarten im-
perfektiv und perfektiv alle Verbalformen ohne Rest aufgehen
lässt. Dies gilt ül)rigens schon von seiner Grundbedeutung.
Die Iterativa werden auch im Slavischen mit der perfektiven
sowohl als mit der imperfektiven Aktionsart gekreuzt. So
wird es auch begreiflich, warum die Reduplikation sich nicht
auf das Perfektum beschränken konnte: wo es darauf ankam,
den Begriff der Perfektivität oder sein Gegenteil neben dem
der Wiederholung hervorzuheben, musste sie beim Aorist und
Präsensstamm Eingang finden. Bei dieser Anschauungsweise
erledigt sich auch der Einwand, die Reduplikation sei für
das Perfekt nicht charakteristisch genug, um als Ausgangs-
punkt der Erklärung seiner Funktionen zu dienen.
§ 58. Auf das Plusquam])erfektum gehe ich nicht
ein. Es ist im Griechischen lediglich Präteritum seines l*er-
fektes. Für unsere Frage wäre also dem, was über das Per-
fekt gesagt wurde, höchstens hinzuzufügen, was i? 54 vom Prä-
teritum und seinem Verhältnis zur Perfektivität schon ausge-
führt wurde.
^ 51). Die Erwähnung des iterativen Perfekts veranlasst
uns zu einem Exkurs: welche Mittel hat das Griechische
Aktionsart und Zeitstufe. 21&
zum Ausdruck der i t e r i e r t e n Handlung- überhaupt, und
wie verhält es sich in diesem Punkt zum Slavischen V Ein
Eingehen auf die Frage scheint um so notwendiger, als die
iterierte, wie wir gesehen haben, zu der imperfektiven oder
perfektiven Aktionsart in bestimmte Wechselwirkung tritt.
Dass iterative Bedeutungsgruppen, vom Perfekt zunächst
abgesehen, beim griechischen Verbum als psychologische Katego-
rien vorhanden sind, braucht nicht erst bewiesen zu werden. Eben-
soAvenig, dass in historischer Gräzität kein jModus (weder der
Konjunktiv, noch der Optativ) und kein Tempus (namentlich
nicht das Imperfektum) an und für sich Träger jener itera-
tiven Bedeutung sind. Diese ergibt sich in den meisten Fällen
mehr oder minder genau aus dem Zusammenhang und wird
öfters durch Adverbia bestimmter ausgedrückt. Besonders im
Nebensatz gewinnt dv in bestimmten Fällen iterierende Funk-
tion; die iterierte Verbalhandlung des Nebensatzes kann dann
die des Hauptsatzes in ihren Bannkreis ziehen, ohne dass diese
weiter morphologisch gekennzeichnet wird. Ich betone, dass
hier syntaktisch ein fast nie versagendes Mittel geschaffen
war, auch die Iteration im Hauptsatz zum Bewusstsein des
Hörers zu bringen. Auf nähere Ausführungen lasse ich mich
nicht ein, da ich das Griechische mehr als Repräsentant der
indogermanischen Sprachen älterer Stufe heranziehe, und das-
Vorhandensein von Nebensätzen im Indogermanischen minde-
stens zweifelhaft^) ist.
§ 60. Morphologische Iterativkategorien sind im Grie-
chischen in Ansätzen vorhanden, die aber nicht zur Entfaltung
gediehen sind. Ich erinnere an Deverbativa wie piTTTdCu>
(piTTTUj), dKOudZ!o)aai (dKouuu), cxevdZluj (ctevuj), eXKucid^uu (eXKoi),
ojcTiZiuj (uj9eu)), aiTiZluj 'l)ettele' (aiieuü); auch die im Lateini-
schen stark vertretenen Intensiv- und Frequentativbildungen
auf -tare und -itare^) kehren im Griechischen nach Form und
1) Ed. Hermann Gab es im Tdg. Nebensätze? KZ. XXXIII
(1894) S. 481-535.
2) Brugunann Grdr. II 1126. Job v. Ro/.wadowski Avill nacb
einer Bemerkung- in seinem Aufsatz ' Über die lateinischen Verba.
denominativa auf -fare' (Sonderabdruck aus dem Anzeiger der Aka-
demie der Wissenschaften) Krakau 1892 S. 268 — 286 in einer zwei-
ten Abhandlung- auf die Entwicklung der iterativen Bedeutung ein-
gehen.
216 G. Herbig,
Bedeutung, allerdings in sehr beschränkter Anzahl, wieder :
€uxeTdo|aai ( euxo|uai), vaieiduu ( vaiujj ; weitere Beispiele siehe
Eapli. Kühner Ausführliche Grammatik der Griechischen Sprache,
Hannover 1892 3, besorgt von Friedrich Blass I 2 §328, 4 u.
10. Es ist zu beachten, dass auch die ganze slavische Itera-
tivkategorie auf Nomina oder primäre Verba zurückgeht (Les-
kien Abg. Gr. 1886 2 § 12 Schluss) ').
Die ionischen iterativen Präterita auf -ckov leiTrecKOV,
(peufecKov) sind in historischer Zeit auch auf dem kleinen Ge-
biet, auf das sie wohl von Anfang an beschränkt waren, schon
im Aussterben begriffen, immerhin bei Homer noch pro-
duktiv. Merkwürdig ist, dass sie nicht auch im Präsens in
gleicher ^Yeise verwendet werden, und dass die vorhandenen
Präsentia auf -ckuj die iterative Bedeutung nicht teilen, son-
dern inchoativer Autfassung entgegenkommen. Soll man eine
<ler beiden Funktionen in dem 'Wurzeldeterminativ' -ck- suchen?
Brugmann lehnt es für die inchoative wie für die iterative ab
(Grdr. H 1036 u. 1034). Die andern Sprachen helfen nicht
viel weiter, da in ihnen die entsprechenden Formen mit Aus-
nahme der lateinischen Inchoativ-Präsentia auf -scö stark zu-
rückgedrängt sind (ahd. ir-lüku 'erlösche', abg. iskq 'suche',
ai. ichdti). Ist das s von -ckuu, wie mehrfach angenommen
wird, dasselbe Element wie das Aorist-.^, so Hesse sich wohl
auch die inchoative mit der aoristischen Bedeutung vergleichen
(über den Unterschied beider vgl. i? 82; ; bemerkenswert scheint
ferner, dass im Armenischen unser Präsenssuffix aoristische Be-
deutung gewinnt und als Aoristsuffix produktiv wird (Brug-
mann Grdr. II 1033).
Die iterative Bedeutung der Präterita auf -ckov lindet
sich nur im Griechischen; auf eben diese Sprache beschräidct
sich, vom isolierten lat. discö aus '■di-fc-scö abgesehen, die
Keduplikation bei den Präsensformen auf -ckuj, und zwar sind
diese hier recht häutig ibibpdcKo», ttittpückuu, kikXj'ickuü, ßißpoj-
CKUJ, -flTVUUCKUU, TlTpUüCKU), TTITTICKUÜ, beiblCKOUai, blbdcKUU, TITU-
CKOiaai, dpapicKuj, ■feTiAJvicKuj, juiuvriCKU)). Sollte zwischen den
beiden Thatsachen ein Zusaninienliang bestehen, etwa in dem
»Sinn, dass in den ursprüiigiielien Typen die iterierende Funk-
tion der Reduplikation vom Sprachbcwusstsein auf das nun-
1) Anders jetzt J. v. Rozwadowski IF. IV 407.
Aktionsart und Zeitstufc. 217
nielir produktiv werdende Wurzeldeterminativ -ck- der Endung-
-CKOv übertragen wurde, nachdem sie bei der Reduplikation
zu verblassen begann'? In ganz ähnlicher Weise wird ja auch
die Bedeutung der Vergangenheit vom Augment auf die se-
kundären Personalendungen verlegt.
§ 61. Die morphologischen Elemente, an welche sicli
das slavische Iterativsystem angegliedert hat, sind im Grie-
chischen zwar vorhanden, aber spärlich und in anderer Ver-
wendung. Das slavische -ra- nahm seinen Ursprung von W(")r-
tern wie pira-jq von jji-vo 'Trunk', lit. ptj-ra-s 'Bier' oder
na-seva-jq 'besäe' von russ. se-vb 'Säen, Saatzeit' (Brugmann
Grdr. II 1137)-, es wurde auf andere vokalisch auslautende
Stämme analogisch übertragen und bildete von Einzeltypen
ausgehend schliesslich eine ganze Form- und Bedeutungskate-
gorie. Im Griechischen tindet sich das Suffix in Wörtern Avie
öpeöc aus *öp9-/ö-c ai. ürdh-vä-s lat. ard-uo-s oder Xai-j^ö-c,
lat. lae-vo-s, abg. U-vi und sekundär in den Verbaladjektiven
auf -xeoc aus *Te-/o-c. Ableitungen von solchen Stämmen wie
etwa *öp9-/o-iuj (vgl. -va-jq) sind indes vereinzelt geblieben,,
und Ansätze zu Iterativkategorien lassen sich nicht erkennen.
Etwas anders steht es mit den andern slavischen Itera-
tiven, den Denominativen und Deverbativen der III. Klasse
(nach Leskien) mit Suffix -jo-, -je-. Sie gehen auf idg. *-e/a
zurück z. B. ai. t-i-vöhai/afi neben vi-vahatl 'führt die Braut
weg' abg. vozdq, voditi it. neben vedq 'führe', Wz. *uedh-\
griech. (/)oxeo|uai 'werde hin- und hergefahren' got. vag-ja
'bewege' neben ga-viga 'bewege' abg. voM^, voziti it. neben
vezq 'fahre etwas', Wurzel '^ijegh- (Brugmann Grdr. II 1148).
Die in den meisten^) idg. Sprachen wiederkehrende iterativ-
intensive Bedeutung schinnnert auch im Griechischen noch
durch in Formen wie cpopem (qpepuj), öxeoi (e'xiwi, cxpoqpeuu
(ctpeqpuu), tpoTTeuu (xpeTTuui, ßpo)aeuü (ßpeiuin). Aber auch diese
Bildungen sind nur in beschränkter Zahl vorhanden und reichen
an die üppige Fülle entsj)rechender Formationen im Balt.-
Slav. nicht entfernt heran; j'a sie uKigen sogar zum Teil erst
auf griechischem Boden entstanden sein (qpopeui von cpöpoc) ;
der Zusammenhang mit den slavischen Typen wäre in diesem
Fall ein ganz loser.
1) Für das Arische s. Delbrück Der Typus qpepuu — cpopäu im
Arischen. IF. IV S. 132-133.
218 G. Herbig-,
Über Bilduiiii-eii ^vie cxpujcpduu, TpuuTTduu vg-1. Ed. "Weiitzcl
<5ua vi posuit Hoiucrus verba ixiKüj, TTe\o|Liai, TruuXeoiuai, vuujaduu,
cxpujcpda), TruJTdo)uai, ipuuxduu, xpujTTduj, tttuuccuu Glogau 1840.
Kozwadowski erinnert IF. IV S. 412 daran, dass sich die
slavisehen Iterativa von den Kausativen (Intensiven) wie -gan-
Jati zu gonitl (: zenq) offenbar nalie mit Bildungen wie ttuu-
TdojLiai : TTOTeo)aai berühren.
§ 62. Primäre Iterativkateg-orien sind uns, seit wir in
die Behandlung- der Iterativa eintraten, noch nicht beg-eguet.
Man hat ihr Vorhandensein überhaupt g-eleug-net. Carl Mutz-
baucr sag-t in seinem Buch ''Die Grundlagen der griechischen
Tempuslehre und der homerische Tempusgebrauch", Strass-
Ijurg 1893 S. 8: wenn die homerische Sprache es schon unter-
lasse, das zeitliche Verhältnis der einzelnen Handlungen zu
einander bei ganz einfachen Beziehungen besonders zu bezeich-
nen, so müsse dies noch viel mehr der Fall sein "bei den viel
feinern logischen Unterscheidungen der Wiederholung, Gleich-
zeitigkeit und Dauer". Mit welchem Recht wird die Wieder-
holung eine feine logische Unterscheidung genannt V Ihre ur-
alte lautliehe Entsprechung in Sprachen aller Weltteile, seien
sie auch n(»ch so primitiv, ist die Reduplikation i). Von ihrer
iterativen Funktion ist zwar in einzelsprachlicher Zeit der idg.
Entwicklang nicht mehr allzuviel zu spüren: ihr morph(do-
^'isches Wesen ist so durchsichtig, dass über ihre älteste Be-
deutung kein Zweifel sein kann. Der Stamm wurde zur Be-
zeichnung von mehrmaligem Sein oder Geschehen halb sym-
bolisch, halb mechanisch doppelt gesetzt. Im Griechischen
findet sich die Reduplikation, vom Nomen abgesehen, bei
iillen Tempusstämmen (vgl. i^ 10); je mehr indes der erste
Teil des urspr. doppeltgesetzten Wortes zur blos andeutenden
Redui)likationssilbe sich verflüchtigte, um so mehr verblasste
iiuch die reine Bedeutung der Wiederholung und die daraus
entwickelte der Intensität. Es lässt sich nicht mit Sicherheit
sagen, was Ursache und was Wirkung war, ob die semasio-
logische Vcrblassung die lautliche nach sich zog oder ob die
1) A. F. Pott Doppelung' (Reduplikation, Gemination) als eines
der wichtigsten liildungsinittel der Sprachen, beleuchtet aus Spra-
chen aller Weltteile. Lemgo und Detmold 18(>2. — G. Gerland In-
tensiva und Iterativa, eine s]>rncli\viss('nscliat'tliche Abhandlung
Leipzig 18IJ9.
Aktionsart und Zeitstufe. 219
rein mechanisch erfolgende lautliche die semasiologische zur
Folge hatte.
Die häufige Iterativbedeutung nicht reduplizierter Prä-
sentia und Iniperfekta wird ermöglicht durch die Verwandt-
schaft der durativen und iterativen Aktionsart (erstere kann
ja als eine Sunnne iterativer Momente aufgefasst werden).
Über die Perfektreduplikation wurde ^ 55—57 schon
gesprochen; die Präsensreduplikation perfektiver Verba wird
noch berührt werden (§ 60 1.
§ 63. Zum Schluss des Abschnitts bleibt eine Haupt-
frage, die ich wenigstens noch aufwerfen will: wie kam das
Slavische dazu sekundär die iterative Aktionsart so peinlich
zu bezeichnen, nachdem es wie alle andern idg. Sprachen ein
80 bequemes Iterationsmittel wie die Reduplikation in ihrer
ursprünglichen Bedeutung wieder aufgegeben hatte'? Vgl. was
über den Untergang und sekundären Ersatz der Tempora im
Deutschen gesagt Avurde (§ 12). Für das Griechische lässt
sich, wie schon >? 59' angedeutet wurde, folgendes vermuten:
es hat syntaktisch ausgedrückt, was die idg. Sprachen älterer
Stufe durch die Reduplikation, das Slavische durch seine I>e-
yerbativa auf -vaja, -ajq morphologisch bezeichneten. Mau
darf wohl auch sagen, dass das Slavische unter der Gewalt
des Systemzwanges, der die meisten Verba in den Strudel
der Iterativbildungen zog, viel Aveiter getrieben wurde, als für
die Klarheit des Ausdrucks notwendig oder wünschenswert
w^ar; konnte doch das iterative Moment der Verbalhandlung
oft genug schon durch den Plural des Subjekts oder Objekts
angedeutet werden (vgl. das Beispiel ubivati § 34).
§ 64. Das Verhältnis der tempora praeterita zur actio
perfectiva wurde erörtert (§§ 53 — 58); auf das V'erhältnis des
tempus futurum zur actio perfectiva werde ich in anderem
Zusammenhang zurückkommen (§§ 83, 84). Dass sich die actio
perfectiva und das tempus praesens begrifflich ausschliessen,
wurde § 44 ff. ausgeführt. Es bleil)t noch übrig, mit einigen
Worten auf die scheinbaren Ausnahmen von dieser Regel zu-
rückzukommen. Sie erklären sich ausnahmslos aus dem Satz :
die sog. praesentia perfectiva sind alle entweder
blos scheinbar perfektiv oder blos scheinbar prä-
sentisch.
§ 65. Es mag zunächst auffallen, dass neben den meisten
220 G. Herbig-,
perfektiven Aoriststämmen Präsensstämme oder umge-
kehrt neben imperfektiven Präsensstämmen Aoriststämme glei-
cher Wurzel vorhanden sind, auch wenn der sog. RegriiF
des Verbums eine der beiden Aktionsarten auszuschliessen
scheint. Zur Erklärung der Thatsache ist auf §43 zu verweisen.
Weiter muss aber betont werden, dass bei Homer noch vieles
darauf hindeutet, dass eine grosse Anzahl von Verben anfangs
nur im Aorist- oder nur im Präsensstamm vorhanden war. Frei-
lich sind Avir in den meisten Fällen nicht mehr in der Lage
zu entscheiden, ob das historisch vorliegende, erdrückende
Überwiegen von Aorist- oder Präsensstammformen einer Ver-
balwurzel auf Zufall der Überlieferung ])cruht oder, gerade
bei Homer, durch metrische Bedürfnisse oder durch die Vor-
liebe für das narrative Imperfekt veranlasst ist, oder aber ob
es im Wesen der Verbalbcdeutung seine Begründung findet.
Eine systematische Betrachtung der homerischen Verba nach
diesem Gesichtspunkt würde ja durch Eugen Frohweins Verbum
homericum, Leipzig 1881 sehr erleichtert; ich glaube indes
nach gemachten Erfahrungen nicht, dass sie sich lohnen
würde. Es geht uns hier, wie mit den Analogiebildungen:
die Thatsache im Aveitesten Umfang steht unzweifelhaft fest,
von einzelnen Fällen können wir kaum einen exakt beweisen.
Ich habe daher eine über diesen Punkt eröffnete Untersuchung
nicht zu Ende geführt; sie ergab innncrhin, dass die Verba,
deren Gebrauchsweise sich auf einen Tempusstamm beschränkt,
ungleich zahlreicher sind als man gemeinhin anzunehmen pflegt.
Über die griech. und ai. Verba, die wegen ihrer einseitigen
Aktionsart nur einen Präsens- oder nur einen Aoriststamm
bilden, vergl. B. Delbrück SF. IV S. 92 u. 93; der Aktionsart
nach verhält sich z.B. a'i. pa.syafi zu ddräl- wie griech. öpdii)
zu eibov. Beispiele homerischer Verba, die wegen ihrer im-
perfektiven Bedeutung ohne Aoristl)ildung bleiben, lassen sich
mit Hilfe des Registers von Mutzbauers zitiertem Werk zu-
sannnensuchen. Die Verweise S. 402 können allerdings auf
Vollständigkeit keinen Anspruch machen; das liegt aber in
der Natur der Sache, da sich feste Grenzen überhaupt nicht
ziehen lassen. Vergl. irpeTrei 'es geziemt', epTTin 'krieche über
den Boden hin', cpeßoiaai 'schwebe in Furcht', ßpe^uj 'rausche',
7T€V0|aai 'bin ])eschäftigt', öpo^al 'führe die Aufsicht', bioiKW
'verfolge'. Ganz oder fast ganz auf den Aorist beschränkt
Aktionsart und Zeitstiife. 221
sind Verbal Stämme wie 6\ac- 'zerbrechen', cttoc- ' wegreissen ',
Xaß- 'erg-reifen", juaG- 'erlernen' (elf.), dXqpo- ' einbringen \
d)iiapTO- (u. d|biapTr|c-) 'verfehlen' häutig gegen drei Mal ii|udp-
xave, eupo- 'tinden' sehr häutig gegen ein einziges eüpicKuu.
Die nur im Aorist gebrauchten Yerba sind geringer an Zahl
als die, welche nur im l'räsensstamm vorkonnuen; sie sind
aber um so beweiskräftiger, je mehr die Aoristformen über-
haupt bei Homer gegen die Präsensstananformen zurückstehen.
Einige sind so stark gebräuchlich, dass ein zufälliges Fehleu
der Präsensstämme ausgeschlossen erscheint. Wir dürfen mit
Sicherheit annehmen, dass bei vielen, vielleicht den meisten
Verben neben einem ursprünglich allein dominierenden Präsens-
oder Aoriststamm Formen des andern Stammes zunächst ver-
einzelt, dann in grösseren Massen auftraten. Es geschah dies
vorzugsweise unter dem Druck des Systemzwanges, d. h. die
Sprechenden sind leicht geneigt, ein für gewisse Begritfe aus-
gebautes, vielgliedriges Verbalsystem selbst mit einigem Zwang
auf alle auszudehnen. Da die Präsensstämme sich dem Be-
wusstsein des Sprechenden am ehesten aufdrängen, wenn er
überhaupt verbale Tempora klar empfindet, so wird es be-
greiflich, dass die Aoriststämme fast immer Präsensstämme
derselben Wurzel hervorrufen, während umgekehrt auch in
spätem Zeiten viele Präseusstämme keinen Aorist bilden, ob-
wohl sie sich mit eben so viel oder eben so wenig Zwang in
die perfektive Aktionsart überleiten Hessen.
§ 66. Wie in diesem Fall ist auch bei iterativ- per-
fektiven Präsensformen eine durative Auffassung mög-
lich; ihr Wesen steht also der })räsentischen Zeitstufe nicht
im Weg. Wir sahen, dass in den meisten slavischen Spra-
chen die nicht iterierten Perfektiva Futurbedeutung gewinnen,
während die iterativen Perfektiva das dazu gehörige Präsens
bezeichnen (§ 35, 4. 5).. Eine schlagende Analogie findet sich im
Griechischen: man bedient sieh dort der iterierenden Redupli-
kation, um vorwiegend ])erfektive d. h. aoristische Begritfe, also
solche die im Abg. durch "ihre natürliche Bedeutung" perfektiv
sind, bei der Ausbildung des Verbalsystems in die durativ-im])er-
fektive Aktionsart des Präsens überzuleiten. Den iterativen Prä-
sentien der abg. Perfektiva b({dc{, damb, padc{, .sedq, roMq,
vrhgq, legq, also Formen wie byrajq, dajq, padajq, sedqjq
usf. entsprechen im Griechischen semasiologisch und funktio-
Indogennanische Forschungen VI 3 u. 4. 15
222 G. Herbig,
nell, dem Stamm nach z. T. auch etymologisch, die redupli-
zierten Präsensformen TiTVO|uai, bibuuini, ttitttuu, xLvj, tiktuu,
ir|)ii, iCTrmi, TiGriiai^). Die Formen müssen natürlich in einer
Zeit entstanden sein, in der die iterierende Kraft der Redu-
plikation noch empfunden wurde; andrerseits setzt die Tbat-
sache dieser durchi2,-ehenden Iterierung- im Präsens schon eine
entschiedene Empfindung- für den grammatischen Beg-riff der
Perfektivität voraus. Da diese reduplizierten Präsentia z. T.
proethnisch sind, lassen sie sich wohl zur Altersbestimmung
jenes Begriffes verwerten (§ 99).
§ 67. Die iterierten Präsentia lassen sich häutig von
den zeitlos-perfektiven nicht bestimmt scheiden. Bei die-
sen kann die Aktionsart ausgesprochen perfektiv sein, weil
die Zeitstufe nicht mehr präseutisch ist. Beispiel: Jugend
enttiieht, Schönheit vergeht. Weiteres über die ganze Kate-
gorie zeitloser Indikative §§ 87 ff. Die nicht indikativischen
Formen des griechischen Präsensstammes sind immer zeitlos;
eine durativ-perfektive Aktionsart ist bei ihnen also nicht a
priori ausgeschlossen. Doch gehen sie, so viel ich sehe, mit
dem Indikativ Hand in Hand.
Perfektivierung durch Zusammensetzung mit
Präpositionen. § 68 — 78.
§ 68. Ist so die perfektive Aktionsart in bestimmten
Funktionen des formellen Präsensstammes möglich, so entsteht
die Frage: konnte sie in solchen Fällen, nachdem hier der
Aorist als Mittel zur Perfektivierung versagte, anderswie mor-
phologisch ausgedrückt werden, etwa durch Präfigieruug
von Präpositionen wie im Slavischen und, in geringerem
Umfang, auch im Germanischen und Lateinischen"?
Dabei ist zunächst zu untersuchen : w i e k o m m t es
ü b e r h a u p t, d a s s die Z u s a m m e n s e t z u n g m i t P r ä-
Positionen ein V e r b u m ji e r f e k t i v m a c h e n k a n n ?
1) In andern Fällen entspricht dem Verbuni, das im Abg-.
durch seine natürlielie Bedeutung perfektiv ersclieint, ein griechi-
scher Aoriststamm (kujjati irpiacGai, le.sfi \i£ucQai (Xex), 7'e.sfi eirtelv).
Es ist sehr bemerkenswert, dass alle abg. Pert'ektiva dieser Art
sich aucli im Griechischen durch ihren Formen st and als solche
kennzeidmen.
Aktionsart und Zeitstufe. 223
Der Gegenstand wurde ausführlicher behandelt von CarlRecha
Zur Frag-e über den Ursprung der perfektivierenden Funk-
tion der Verbalprätixe. Dorpater Inaug. -Diss. 1893. Der
Verfasser entwickelt ungefähr folgende Ansicht : durch die
semasiologische Steigerung eines Wortes wird der Grundbe-
griff desselben zur Innern Vollendung gesteigert, und zwar
geschieht dies durch Formenzuwachs, der ursprünglich durch
Reduplikation beschafft wurde. Die perfektivierende Funktion
der Reduplikationssilbe wurde später auf alle Präfixe über-
tragen. Das in Bezug auf die Reduplikation lax gewordene
Sprachgefühl, sowie die semasiologische Verblassung der Prä-
positions-Adverbia, sobald sie als Präfixe ans Verbum traten,
mussten diese Funktionsübertragung in hohem Grade begünsti-
gen, "wo nicht geradezu provozieren". Der Grundirrtum die-
ser Sätze beruht darauf, dass ihr Verfasser die Begriffe per-
fektisch und perfektiv nicht zu scheiden weiss. Seine Defini-
tion: der Grundbegriff" eines Wortes werde durch semasiolo-
gische Steigerung zur Innern Vollendung gesteigert, ist viel
zu abstrakt und verschwommen, als dass sie einen der beiden
Termini so scharf umgrenzte, dass mau sähe, unter welchem
von beiden Begriffen er die zwei Kategorieeu fälschlich ver-
einigt. Dass er sich über den Ausdruck perfektiv am wenig-
sten klar war, • ergibt sich aus seiner Polemik gegen Streit-
bergs vollkommen richtigen Satz, dass der Aorist das indo-
germanische Mittel zur Perfektivierung war. Die Polemik be-
schränkt sich freilich auf ein Frage- und ein Ausrufezeichen,
sowie auf den nicht näher begründeten Vorwurf subjektiver
Annahmen, mit dem er Streitberg belastet. Sind nun aber
entgegen Rechas Ansicht perfektive und perfektische Verbal-
formen verschiedene Begriffe, und bezeichnen insbesondere die
in Frage kommenden morphologischen Elemente verschiedene
Aktionsarten, so kann von einer Funktionsübertragung von
den einen auf die andern, von der Reduplikation auf die Prä-
positionsadverbia, nicht mehr die Rede sein. Die Quelle des
Irrtums ist eine doppelte: einmal lehnt Recha (§ '22) aus Be-
denken, wie wir sie schon i? 41 auf das richtige IMass zu
beschränken suchten, em Hereinziehen slavischer Verhältnisse
ab, und verbaut sich so selbst den Weg zum Verständnis des
Begriffes perfektiv; sodann lässt er sieh durch einige Berüh-
rungspunkte, welche die Begriffe perfektisch und perfektiv
224 G. Herbig,
haben (^ ö7) verleiten, sie einander ganz gleichzustellen. Jeden-
falls war es h<")chst inkonse(|ncnt, den Terminus perfektiv ans
der slavischen Grammatik he; überzunehmen und sich gegen
die Herübernahme des BegriM'es der perfektiven Verbalkate-
gorie zu sträuben. Ähnliche Vorwürfe mussten gegen andere
erhoben werden § 47. Merkwürdigerweise ist sich der Ver-
fasser in dem nicht theoretischen Teil seiner Abhandlung über
den Begriff perfektiv klarer geworden: trotz seiner Polemik
gegen die pcrfektivierende Kraft des idg. Aoristes gibt er sie
für den griechischen zu. S. 97 kommt er auf Grund von
gotischen Beispielen wie Marcus VI 5 jaJi ni mahta jainar
ainohun mähte gataujan als Übersetzung des griechischen Kai
ouK ebuvato eKei oube)Liiav buva)aiv TTOifjcai oder ]\Iatth. 5, 36
ni magt ciin tagl heit aithfhan svart gataujan = oü buvacai
jaiav xpix« XeuKfjv TTOifjcai y\ jueXaivav zu dem Ergebnis "die
vollendete, oder auf einen ganz speziellen Fall gerichtete
^oft auch die einmalige) oder die schlechthinnige, sogen, tem-
puslose Handlung, wie z. B. der griechische Aorist und
das lat. Perfekt, bist, (natürlich dementsprechend auch das grie-
chische und lateinische Präs. bist.) erfordern unbedingt das
pcrfektivierende Präfix ga- im Gotischen".
i? 69. Die Ursache der perfektiviercnden Kraft
der Präpositionen ist vielmehr in ihrer ursprünglichen
sinnlichen Bedeutung zu suchen. Als Ortsadvcrbia gaben
sie dem Status motivus einer Verbalhandlung eine bestimmte
Richtung oder ein bestimmtes Ziel. Im letzten Fall wirkten
sie perfektivierend, denn das erreichte Ziel setzt der Verl)al-
handlung ein Ende^). Wo das sinnliche Äloment in der Be-
deutung der Präposition noch entschieden hervortritt, und an-
dere ]\littel ^.ur Perfektivierung vorhanden sind, wird die pcr-
fektivierende Kraft der präfigierten Präposition ein unbetontes
Nebenmoment der Handlung bleiben. (Sie ist okkasionell.) Ist
dagegen das sinnliche Moment in der Bedeutung der Präpo-
1) Auf die Fraji'o,: pertVktiviert eine bcstiininte Präposition
im Doutsch(Mi und Latoinisclien oder nicht? erhält man von Ver-
schiedenen verschiedene Antwort. Ein *>rosser Teil der Verwirrung*
würde sich auflösen, wenn man sich immer g'egenwärtig" hielte, dass
die Präposition im wirklichen Präsens nach der Natur dieses
Tempus nicht i)erfekti\ieren kann, hier also stets die Richtung: und
nie das erreichte Ziel bezeichnet.
Aktionsart und Zeitstufe. 225
sition so verblasst, dass ihre perfektivierende Kraft als einzi-
ger Rest bleibt, oder stehen andere perfektive Formkateg-orieen
nicht mehr zur Verfügung, so kann die Prätigierung von Prä-
positionen als willkommenes Ersatzmittel zur Perfektivbezeich-
nung weitere Ausdehnung gewinnen. (Sie wird usuell.)
Im Slavischen ist sie usuell geworden, im Lateinischen
und Germanischen ist sie auf dem besten Weg dazu, im Idg.
konnte die Erscheinung noch gar nicht in Frage kommen
(vgl. Streitberg PBrB. XV 70 tt'. Einleit.); wie steht es im Grie-
chischen ?
§ 70. Die zu Anfang des Abschnittes aufgeworfene Frage
kann jetzt nur noch so formuliert werden: finden sich im Grie-
chischen Anzeichen, dass die Perfektivierung der Verbalhand-
lung durch Zusammensetzung mit Präpositionen aus einer ok-
kasionellen eine usuelle zu werden beginnt? Denn dass sie
okkasionell ab und zu vorkommen kann ^), geht aus dem, was
über ihr Wesen gesagt wurde, unmittelbar hervor. Auszu-
schlicssen von der Untersuchung, als nicht beweiskräftig, sind
natürlich alle ausgesprochenen präfigierten Aoristformen, weil
hier das Moment der Perfektivität ebensogut durch den Ao-
riststamm bezeichnet sein kann. Als sichere Beweise, dass
prätigierte Präsensstämme die Aktionsart perfektiver Aoriste
übernommen haben und so Ansätze zu einer neuen Formen-
kategorie bilden, kann ich nach allem, was bis jetzt ausge-
führt wurde, bloss drei ansehen:
1. wenn die Bedeutung der Präposition ganz verwischt
und lediglich ihre perfektivierende Kraft geblieben ist, wie
namentlich im Deutschen;
2. wenn, auch bei noch entschieden sinnlicher Bedeutung
der Präposition die präligierten Präsensindikative Futur- oder
Präteritalfunktion übernehmen wie in slavischen Sprachen;
3. wenn der Charakter der Aktionsart des Präsensstam-
mes so zurücktritt, dass die präligierten Formen momentan-
perfektive Bedeutung gewinnen.
§ 71. Dem lat. coin)- und dem got. ga-, die vor an-
dern als Perfektivierungsprätixe erscheinen, entspricht im Grie-
1) Bei dtrnxöeTo scheint z. ß. die Präposition der indifferen-
ten Form Aoristbedeutung- gegeben zu haben. Thurnej'sen IF. IV 80.
Vgl. im folgenden auch § 73 und § 75.
226 G. Herbig,
chischen semasiologisch die Präposition cuv. Hat sie einmal
ähnliche Funktion gehabt wie jene? Anton Funck hat in
seinem Aufsatz "der Gebrauch der Präposition cuv in der Zu-
sammensetzAiug" Curtius Studien X 155 — 202 die Frage be-
handelt. Das Hauptinteresse der mit cuv gebildeten Yerbal-
komposita bietet, wie er S. 158 ausführt, die Verwendung der
Präposition in effektivem Sinn. Als Material dient ihm eine
vollständige Sammlung homerischer und eine ansehnliche Zahl
euripideischer Beispiele. In Abschnitt I bespricht er diejeni-
gen Verba, in denen die Präposition cuv ein Zusammensein
oder Zusammenwirken mehrerer Subjekte oder, obwohl selte-
ner, eine auf mehrere Objekte gleichzeitig sich ausdehnende
Thätigkeit ausdrlickt. Die Aktionsart des Präsensstammes
dieser Klasse ist ohne weiteres als iterativ oder durativ-im-
perfektiv zu bezeichnen. In Abschnitt II geht er zu denje-
nigen Verben über, welche nicht ein Verbundensein mehrerer
Subjekte oder Objekte in der gleichen Thätigkeit, sondern eine
durch die Thätigkeit selbst erst zu liewirkende Verbindung
ausdrücken. Dem cuvepxo|uai der Klasse I in der Bedeutung
'zusammengehen, einen gemeinschaftlichen Gang machen' tritt
in der II. Klasse ein cuvepxouai = congredi 'zusammenkom-
men, sich vereinigen', dem cujuqpepuu 'zusammen mit jemand
etwas tragen' ein cu)nq)e'puj conferre 'zusammentragen' gegen-
über. Hier ist mit gewissen Einschränkungen effektiv-perfek-
tive Aktionsart zuzugeben. S. 186 ff. wird eine hübsche Er-
örterung über die Entwicklung der effektuierenden aus der
sinnlichen Bedeutung der Präposition gegeben, die in ihren
Grundzügen mit der von uns § 69 adoptierten Erklärung über-
einstimmt. Dann bringt er das ^Material im einzelnen. Wird
aus der reichen Fülle desselben ausgeschieden, was nach den
Bemerkungen § 70 für unsern Zweck nicht beweiskräftig er-
scheint, so bleibt von seinen fünf Kategorieen nur die letzte
S. 200, in welcher er alle diejenigen Verba zusammenstellt,
bei denen mit der sinnlichen Grundbedeutung von cuv- nichts
mehr anzufangen ist, so dass also die perfektiviercnde Kraft
als einziger Bedeutungsinhalt der Präposition bliebe. Aber
auch hier schlüpfen uns alle Beispiele durch die Finger, ohne
dass wir ein sicheres festhalten können. Funck selbst sieht
sehr richtig, dass diese mit cuv- präfigierten Verba meist Ana-
logiebildungen sind nach solchen, bei denen die sinnliche Be-
Aktionsart und Zeitstufe. 227
deutung- der Präposition nocli erkennbar hervortritt, und das
perfektive Moment nur akzessorisch ist. So vergleichen sich
cu|ucp9eipuu 'verderbe', cuWuuu 'löse auf mit cuvdTVU|m, cup-
priYvu)ui; cuvOripeuuu 'erjage' mit cuXXajußdvuu, cuvapTrd^uj; cut-
YiTvuucKUJ 'eog-noseo', cuvopduu 'conspicio' mit cuviinui. Es ist
zum mindesten zweifelhaft, ob man in diesen mechanischen
Analogiebildungen Ansätze zu einer rein perfektiven Gebrauchs-
weise der prätigierten Präposition cuv- sehen darf. Bei man-
chen Beispielen kann man überhaupt mit gutem Grunde statt
der vorausgesetzten effektiv-perfektiven Aktionsart eine itera-
tiv-durative oder eine rein durative annehmen. Vgl. Eur.
fr. 684
cocpoi be cuYKpuTTTOuciv oiKeiac ßXdßac
'sie halten verborg-en\
Xeu. An. IV 1, 11
TTUpd eKaiov Kai cuveuupuuv ä\\r]kovc
'sie konnten einander sehen'.
§ 72. Prüfen wir einmal, ob statt des cuvopdv ein an-
deres Kompositum des Präsensstammes von öpduu geleg-ent-
licli die Funktion des Aoriststammes ibeiv 'erblicken' erhält.
Etwa eicopdv; dieses Kompositum wird (nach Paul Kriebitzsch
Quaestiones de usu verborum cum praepositionibus composi-
torum apud Sophoclem. Diss. Inaug. Halis Saxonum 1881 und
Ernst Lesser Quaestiones Aeschvleae de ubertate verborum
cum praepositionibus compositorum. Diss. Inaug. Halis Saxo-
num 1893) bei Homer, Äschylos, besonders aber bei Sophokles
sehr häufig statt des Verbum simplex gebraucht, ohne dass
bisher ein Bedeutungsunterschied festgestellt werden konnte.
Sollte dieser vielleicht in der Aktionsart liegen"? Bei nähc-
rem Zusehen muss uns aber schon die eine Thatsache bedenk-
lich machen, dass der Aoriststannn häufiger mit eic- zusam-
mengesetzt erscheint als der Präsensstamm. Das könnte indes
ein Pleonasmus sein, wie er in der Sprache so häufig vor-
kommt; oder man mag sich die Sache so zurechtlegen, dass
das Zurücktreten der perfektiven Funktion des Aoristes in
seiner konstatierenden Gebrauchsweise (vgl. §§ 51, 53) eine mor-
phologische Neubezeichnung der Perfektivität wünschenswert
machte. Die Formen des mit eic- komponierten Präsensstam-
mes sind schon bei Homer häufig (vgl. Mutzbauer a. a. 0.
S. 294); ich finde indes kein Beispiel, bei dem ich versucht
228 G. Herbig,
wäre, sie mit 'erblicken' zu übersetzen. Eher mag- man für
einige Sophokles- und Äschvlosstellen diese Bedeutung in An-
spruch nehmen. Soph. Phil. 663 — 665
öc Y ^^iou TÖb" eicopav e)Lioi qpdoc
)uövoc bebuuKac, öc x^öv' Oiiaiav ibeiv,
öc TTttiepa Tipecßuv, öc qpiXouc . . .
Kriebitzsch sagt Kompositum und Simplex seien hier sine ullo
notionis discrimine gebraucht, und wir könnten von unserm
Standpunkt aus etwa beifügen, die perfektive Aktio sei das
eine Mal durch Zusammensetzung mit eic-, das zweite Mal
durch den Aorist ausgedrückt. Aber hat Kriebitzsch über-
haupt Eecht? Philoktet verdankt seinem scheinbaren Retter
Neoptolemos zweierlei: er schaut jetzt wieder mit Freuden
die glänzenden Strahlen der Sonne (xöbe qpdoc), und er wird
später Heimat, Vater und Freunde wieder erblicken; das
eine ist ein gegenwärtig dauernder Zustand eicopav, das an-
dei-e ein zukünftiger Moment ibeiv: beide Verba sind also
trotz ihrer korrespondierenden Stellung im Satze und trotz
ihrer Bedeutungsverwandtschaft nicht bedeutungsgleich. Aesch.
Prom. 973
dXX' eicopo) Ydp xövbe töv Aiöc ipöxiv
Hermes tritt auf, und Prometheus unterbricht seine trotzige
Rede mit diesem Verse. "Wir könnten übersetzen: 'doch ich
erblicke hier den Boten des Zeus' ferblicken' im Sinne des
2. Beisjnels § 44;. Aber diese Übersetzung ist nicht notwendig.
Das Erblicken des Hermes ist der Grund, warum Prometheus
seine Rede al)bricht, es muss also diesem Abbrechen voraus-
gehen. Das Erblicken bildet den ersten Moment des durativen
Sehens, nur dieses Sehen hat sprachlieh Ausdruck gefunden
(eicopuüj, das Erl)licken wird höchstens durch eine Geste des
Schauspielers markiert.
Ähnlich steht es mit Soph. El. 1430. Orestes fragt, im
Innern des Hauses auf Ägisthos lauernd, eicopdte ttoO töv dvbp";
wir ktinnten die Stelle wiedergeben mit: erblickt ihr den Mann,
wo denn')? Aber es liegt keine Nötigung dazu vor, im Ge-
genteil: nachdem der Chor 1429 gesagt hat TiuOcacee • Xeüccuj
fdp Arficeov eK npobriXou ninnnt der ungeduldig harrende Gre-
stes mit eicopav einfach das durative Xeuccuj wieder auf. Die
1) Ob eicopÜTe ttoO oder elcopäTe ttou zu lesen ist, bleibt uu-
entschieden.
Aktionsart und Zeitstufe. 229
Beispiele Hessen sich an der Hand der g-enannten Dissertatio-
nen vermehren ; ich breche ab und rücke der Sache von an-
dern Seiten näher.
§ 73. Mntzbauer sagt a. a. 0. S. 15 es "erscheint bei
Homer die Form iivtcto ihrer Bedeutung- nach als Imperfekt
(er stand gegenüber), das Kompositum cuviiviexo dagegen als
Aorist (zusammentretfen, zusammenstossen)" ; ähnlich diene
dmixöeio als Aorist, fixöeio als Imperfekt. Spricht dies nicht
für die perfektivierende Kraft der Präposition? In den oben
(§ 70) gezogenen Grenzen, ja; aber diese Funktion ist nur
eine zufällige, vereinzelte, durch den Zusammenhang bedingte;
denn auch die nicht zusammengesetzte Form dviöiuevoc hat
stets Aoristbedeutung, und andrerseits kommt das zusammen-
gesetzte dtTirixöeTO auch als Imperfekt vor. Beachte auch, was
über die Pertektivität der Präterita überhaupt 1)emerkt wurde.
(§ ö4).
Ähnlich ist die Behauptung G. Mahlows (KZ. XXVI 580)
zu verstehen, dass gewisse Simplicia durch Komposition mit
diTO- und Kttia- 'resultativ' werden können; über das Ver-
hältnis von rcsultativ zu perfektiv vgl. § 50.
§ 74. Brugmann gibt GrGr.^ § 154 Anm. für den Satz,
<iass die aoristische Aktionsart auch durch den Präsensstamm
mit vorgesetzter Präposition ausgedrückt werden könne, das
Beispiel Xen. Hell. I 6, 16 Kövuüv b' ecpeuTe täte vauciv eu
■nXeoucaic, xai KaiacpeuTei eic MuriXiivriv inc Aecßou. Das Prä-
sens Kaiacpeüfei lässt sich hier entschieden momentan-perfektiv
autfassen, hätte also nach § 70 (3) eine gewisse Beweiskraft.
Aber nur scheinbar: KaxacpeuTei ist nur formell ein Präsens,
in Wahrheit hat es als praesens historicum präteritale oder,
wenn man will, zeitlose Funktion. Dass aber das praesens
historicum, auch das nicht präfigierte, ohne weiteres auch
den Aorist mit der ihm eigentümlichen Aktionsart vertreten
kann, hat Karl Theodor Rodemeyer Das Praesens historicum
bei Ilerodot und Thukydides. Inaug.-Diss. Basel 1889, für
Herodot und Thukydides, Fr. llultsch für Polybius nachge-
wiesen. Rodemeyer konnnt S. (33 zu dem Schlussresultat, das
praes. bist, beim Futurum und in der Erzählung vergangener
Ereignisse werde ganz in derscll)cn Weise verwendet, dass
dasselbe nämlich eine Handlung bezeichne, welche in einem
vorher genau bezeichneten Zeitpunkt vor sich gehe. Die in
230 G. Hevbi<j,
einem Zeitpunkt vor sieh g-ehende Handlung- nennen wir eine
momentan-perfektive (vgl. die g-raphische Darstellung § M),
Fr. Hultsch weist in der 3. der § 51 genannten Abhandlungen
nach, dass das praes. hist. den Aorist wie das Im])erfektum
vertrete (S. 42 ff.). In unserm Fall hat zudem auch die Prä-
position Kttta- nach der bekannten griechischen Auffassung fvon
der hohen See ans Land) noch entschieden sinnliche Bedeutung.
Wir sind nicht genötigt, die perfektive Bedeutung in ihr zu
suchen; diese kann mindestens mit demselben Recht in dem
einen Aorist vertretenden verbum simplex cpeuYei gefunden
werden; kurz, das Beispiel ist so wenig eindeutig, wie alle
andern, und beweist für unsern Zweck nichts.
Wie man KaiacpeuYeiv einem (pu^eiv gleichgesetzt hat,
könnte man auch KaiaXaiußdveiv etwa mit XaßeTv, Kaxa- od.
dtTTOKTeiveiv mit Kteivai vergleichen. Hier ist zudem die sinn-
liche Bedeutung der Präposition bis zur Unkenntlichkeit ver-
Avischt. Aber Pralle wie Thuk. IV 116, 1 eTnopepö|uevoc tuj
cxpaTLu euGuc xö xeixicjua \a|ußdvei od. Herod. III 128, 23 Kxei-
vouci TTapauxiKa, wo das nicht zusammengesetzte praes. hist.
entschieden momentan -perfektive Aktionsart vertritt, warnen
vor allen einseitigen Schlüssen.
§ 75. Die Erwähnung von arro- oder KaxaKxeiveiv
bringt auf einen neuen Gedanken. Es gibt im Griechischen
eine Anzahl von Verben, die stets oder in der überwiegenden
Mehrzahl der Fälle mit einer Präposition verbunden erschei-
nen. Vgl. CK- und KaxaixXriccuu, dTT6x9dvo|uai, uTTicxveouai,
d,u(pievvu|Lii, dno- und Kaxacßevvum, dvoiYvu)Lii, djröXXuiui, dva-
ßiuucKO)aai, dTTobibpdcKUj, dTToBvriCKuu, KaQilix). Man muss zuge-
ben, dass in solchen Fällen wegen der vorwiegend perfektiven
Aktionsart der Verbalbegriffe durch die ständige Prätigierung
des Präsensstammes eine Assimilation desselben an den Aorist-
stamm im Keime vorliegt; von einem wirklich sprachbildcn-
den Prinzip kann noch keine Rede sein. Einige diese Verba
kommen durativer Auffassung sehr weit entgegen: dvaßaOcKe-
c9ui '"allmählich wieder auf lel)cn', dTToBvncKeiv ^im Sterben lie-
gen'*); daneben liegen andere ftist ständig prätigierte Verba
vor, die rein durativ sind: KaxabapBdvuu, Ka6eubuj, KdBrmai.
1) Vau liübsclu'S Beispiel für die iterative Funktion dieses
Verbuiiis findet sich bei Herondas I HO:
Aktionsart und Zeitstufe. 231
§ 76. "Wir haben bisher immer einzelne Beispiele heraus-
gegriffen. Versuchen wir einmal die Verhältnisse bei einem
Schriftsteller mehr im Zusammenhang zu überblicken. Als
solcher eignet sich vorzüglich Polybius. Er gilt gemeinhin,
als Vertreter der koivt], für einen Autor, der Aorist- und Prä-
sensstamm ziemlich promiscue gebraucht, und gerade das
Schwinden der Aoristempfindung ist ja mit die günstigste
Vorbedingung für das Aufkommen neuer perfektiver Verbal-
kategorieen. Es ist weiter nicht unbemerkt geblieben, das Po-
lybius sehr häufig Verbalkomposita statt der attischen Sim-
plicia in Gebrauch hat und neu erfindet; eine Anwendung auf
unsern Fall liegt nahe. Schliesslich wird ein Überblick ge-
rade bei diesem Schriftsteller dadurch bedeutend erleichtert,
dass zuverlässige Vorarbeiten zur Verfügung stehen. Als solche
nenne ich: Gustav Mollenhauer De verbis cum praepositioni-
bus compositis Polybianis. Diss. Inaug. Halis Saxonum 1881. —
Franz Krebs Die Präpositionen bei Polybius. 1. Heft der 'Bei-
träge zur historischen Syntax der griechischen Sprache hgg.
V. M. Schanz' "Würzburg 1882. — Gustav i\Iollcnhauer De
eis verbis cum ])racpositionibus compositis quae a l^olybio ipso
novata sunt. Progr. des Dom-Gymnasiums zu Merseljurg 1888,
Schliesslich die schon beigezogene, höchst umfangreiche und
sehr gewissenhafte, wenn auch etwas umständliche Arbeit von
Fr. Hui t seh. (§ 51 Anm. 1).
Krebs liefert nach dem Vorgang von Tycho ^Monnnscn
in desseji Abhandlungen über cuv-|aeTd-ä|ua bei Homer, Euri-
pides und den Nachhomerikern Frankfurter Jahresberichte 1874,^
1876, 1879 (jetzt auch in Beiträge zur Lehre von den grie-
chischen Präpositionen Berlin 1895) eine statistische Arbeit
über das Leben der Präpositionen bei Polybius. Da er die
Präposition in der Zusammensetzung mit Verben von der syste-
matischen Betrachtung ausschliesst, hat die Arbeit für uns nur
mittelbaren Nutzen.
Mollenhauer gibt in seiner Dissertation zunächst eine kurze
Angabe der Gründe, warum bei Polybius in und ausserhalb
der Zusammensetzung die Präpositionen häufiger sind als bei
KOI f.i€u ouxe vuKTÖc oux' Itt' ri,uepr)v Xeinei
TÖ 6üj|aa, xeKvov, äXXa jaeu KaxaKXaiei
Küi TüTaKiZei Kai TToBduuv dTToevi^cKei.
■232 G. Herbig-,
früheren. Dann behandelt er nacheinander die mit ducpi, dvd,
dvTi, dnö, bid ziisamuieng-esetzten Verl)a, namentlich in ihrem
Unterschied zum attischen Sprachg-ebrauch. Dieselbe Dispo-
sition verfolgt er in seinem Programm, nur dass er hier alle
die Komposita herbeizieht, welche ihm als Neuerungen des Poly-
l)ius erscheinen. Im einzelnen betont er auch die vis effec-
tiva atque intensiva der Präposition in der Zusammensetzung.
Fr. Hultsch spricht nach einigen allgemeinen Bemer-
kungen über die erzählenden Zeitformen im allgemeinen über
das Imperfekt der Dauer, der Entwicklung und der Schilde-
rung. Dann werden 23 grosse Verbalgruppen auf ihr Ver-
hältnis zum Imperfekt und Aorist hin untersucht. Dabei hält
■er immer einfache und zusammengesetzte Verba scharf aus-
einander. Nach ergänzenden Bemerkungen über den Aorist
nnd über den Wechsel von Aorist und Impeifekt werden zum
Schluss noch das Präs. bist, und das Plusquamperfekt erörtert.
Ich habe an der Hand dieser erschöpfenden Arbeiten unsere
Frage nach den § 70 gegebenen drei Gesichtspunkten geprüft
lind die bisher gewonnenen negativen Resultate in allen Pmik-
ten bestätigt gefunden. Ich halte es daher für überflüssig,
die gegebenen Beispiele durch solche aus Polybius beliebig
zu vermehren.
Nur den Grund möchte ich anführen, warum auch hier
die Resultate der Untersuchung negativ bleiben, obwohl gün-
stigere Vorbedingungen positive Ergebnisse verhiessen. Er ist
einfach genug : die günstigeren Vorbedingungen sind nur Schein,
sie beruhen auf einem wissenschaftlichen Vorurteil, das Hultsch
zerstört hat, und auf der übereilten Anwendung anders zu er-
klärender Thatsachen auf unscrn Fall. Dass die Zunahme
präfigierter Verl)a in der si)äteren Gräzität auf andern Grün-
den beruht als auf dem Bedürfnis nach neuen Perfcktiv-Kate-
^orieeu, lese man in den Einleitungen bei ^lolleuhauer nach;
<lass die Ansiclit. als habe Polybius Präsens- und Aoriststamm
ziemlich willkürlich gebraucht, fallen muss, hat Hultsch m. E.
unzweifelhaft festgestellt. Sein Verfahren, einzelne Bedeutuugs-
gruppen von Verben auf den einen Gesichtspunkt hin zu ])rü-
fen, scheint mir sehr glücklich zu sein, weil hier dem Grund-
satz Rechnung getragen wird, dass verschiedene Verbalbegriffe
sich verschie<len zu den einzelnen Aktionsarten verhalten und
deiuiremäss auch verschieden beurteilt werden müssen. Die
Aktionsart und Zeitstufe. 235
Definition, welche er S. 7 der ersten Abhandlung; vom Aorist
ixiht, dass er nämlich "die einmal hervortretende oder die in
eins zusammeng-edräng'tc, jedenfalls aber eine solche Handlung
bezeichnet, welche zugleich mit ihrer Erwähnung- als abg-e-
sch Jossen zu g-elten hat", darf wohl in ihrem letzten Teil
als eine Umschreibung- der perfektiven Aktionsart g-eltcn, wenn
sie auch Hultsch zunächst nur für den präteritalen Indikativ
Aorist g-ibt.
§ 77. Es trifft sich g-ut, dass zu derselben Zeit, in der
Hultsch diese Thatsachen für INdybius konstatiert, von ^lutz-
bauer ein ähnlicher Versuch für Homer g-emacht wird. Von
^lutzbauer lernen wir, dass auch Homer schon Präsens- und Ao-
riststamm der Verschiedenheit ihrer Aktionsarten nach scharf
auseinanderhält; nur darf man diesen Erweis nicht in dem ersten
theoretischen Teil von Mutzbauers ])Uch suchen, der vielfach
anfechtbar ist, sondern in dem ausführlichen zweiten Teile, in
dem er die einzelnen Verba der Reihe nach vornimmt. Sind
so von zwei verschiedenen Seiten für den Anfang- der g:rie-
chischen Schriftsprache, für Homer, und für den Anfang- einer
neuen Entwicklung- derselben, für Polybius, ähnliche That-
sachen festgestellt, die man bisher nicht in vollem Umfang'
g-elten lassen wollte, so darf man wohl von der weiteren For-
schung in dieser Richtung annähernd gleiche Resultate erwar-
ten, d. h. es wird sich zeigen, dass die perfektive Aktionsart
des Aoristes zu allen Zeiten viel deutlicher in der griechischen
Sprache hervortritt, als man bisher anzunehmen geneigt war ^).
Es lässt sich ja manches a priori dafür anführen. Man be-
achte z. B. dass die Aoriste des Neuen Testamentes von Ul-
filas in der Regel durch gotische Perfektiva wiedergegeben
werden. Auf eine ununterbrochene gleichartige Gebrauchs-
weise lässt namentlich auch der Umstand schliessen, dass diese
Funktion des Aoristes auch im Neugriechischen noch lebendig-
ist und sogar auf einer andern Zeitstufe Proselyten macht,
"Im Neugriechischen", sagt G. N. Hatzidakis in seiner Ein-
leitung- in die neugriechische Grammatik S. o90 ( = Idg. Gram-
matiken Bd. V Leipzig 1892), "werden ganz wie im Altgrie-
1) Vgl. auch Guil. Schmidt De Flavii Josephi elocutione ob-
servationes criticae. Leipzig' 1893. Comment. ex vices. annalium
philol. suppl. seors. expressa. Dazu LC. 1894 Xo. 37 (Blassj.
•234 G. Her big,
einsehen Aorist und Imperfekt streng auseinandcrg'elialten z. B.
eXe^a = dicebani, eiTta = dixi. Ausserdem bildet das Neu-
griocliische durch das Hültsverb Ge'Xuu und den Infinitiv des
Präsens und Aoristes zwei Futura. Das erste z. B. BeXuu :fpd-
<pei oder 9d Ypdcpuj, dem Präsensstamni angehörend, drüekt
eine dauernde, das zweite GeXuu YpdiiJei oder öd ^pd^^uu, dem
Aoriststamm angehörend, eine momentane Handlung aus, ein
Unterschied, der nie vernachlässigt wird".
§ 78. Es zeigt sich also, dass die griechische Sprache
in ihrem Aorist stets ein Mittel besass, die momentan-perfek-
tive Aktionsart zu bezeichnen; es wird sich noch ergeben (§ 84),
dass, wie die prätigierte Präj)osition nur sporadisch perfekti-
vierend wirkte, so auch das mit ihr zusammengesetzte Ver-
bum nur sporadisch Futurstelle vertrat, weil eben ein Bedürf-
nis zu solcher Verwendung nicht vorhanden war; erwähnen
wir noch, dass die Bedeutung der griechischen Präposition
fast niemals ihren sinnlichen Grundcharakter verleugnete, dass
sie nie mangels ausgeprägter Bedeutung morphologisch ver-
kümmerte und sieh nie von der selbständigen Gebrauchs-
weise im Satze auf die Funktion eines Präfixes zurückzog,
so werden wir so ziendich alle Gründe erschöpft haben, die
im Griechischen verhinderten, dass aus vereinzelten Beispielen,
die man als perfektive Verbalkomposita deuten könnte, sich
wie anderwärts, eine neue grammatische Kategorie entwickelte.
Ich halte es übrigens für meine Pflicht zu erklären, dass
diese Untersuchung keine systematische und vollständige sein
will im Sinn der modernen Spraclistatistik, und dass sie sieh
insbesondere auf keinen Schriftsteller erstreckt, der nach Ab-
schluss des Neuen Testamentes geschrieben hat: sie wurde
abgebrochen, weil das Resultat auf der ganzen Linie nega-
tiv war.
Indogermanische 'Präsens'-Klassen als Trägerinnen
perfektiver Bedeutung. § 79 — 106.
tj 70. Ausser den Verben, die mit einer Prä])osition zu-
f^annncngesetzt sind, i)esitzt das Abg., von dem wir ausgehen,
noch eine morphologisch gekennzeichnete Kategorie perfektiver
Verl)a, die nasalierte Präsensklasse '§ 35).
Ist im Griechischen oder in andern idg. Sprachen eine
Aktionsart und Zeitstufe. 235
ähnliche Erscheinung- zu beobachten? Wenn ja, wie ist sie
zu erklären, und insbesondere, welches Verhältnis besteht zwi-
schen der perfektiven Funktion und den morphologischen Ele-
menteU; an welche sie geknüpft erscheint? Eine ähnliche
Frage wurde für die Yerba, welche durch Zusammensetzung
mit Präpositionen perfektiv werden, schon §§ 68 ff. aufgeworfen
und beantwortet. Es ist sofort klar, dass die dort gegebene
Erklärung, die von der Bedeutung- der Präposition ausging,
nicht ohne weiteres, wahrscheinlich sogar überhaupt nicht auf
die ganz anders g-earteten morphologischen Elemente bestimm-
ter Präsensstämme ül)ertrag-en werden kann.
Wir pflichteten oben (§ 51) der Ansicht von Curtius bei,
dass im Griechischen der Aorist das Mittel zur Perfektivierung
des Verbalbegriffes ist; wir hatten schon früher (§ 12) mit
Brugmann erkannt, dass die Aoristformen, morphologisch ge-
nommen, sich von den Typen gewisser Präsensklassen in nichts
unterscheiden. Sie sind also hier mitzubehandeln.
Für die Judikative bestimmter perfektiver Präsensklas-
sen gilt natürlich dasselbe, was vom perfektiven Indikativ Prä-
sens überhaupt ausg-eführt wurde: sie sind entweder bloss formell
präsentisch oder bloss formell perfektiv. Zur ersten Abteilung
gehören (von Brugmanns Präsensklassen) die Hauptmasse der
Fälle aus Klasse II B, XIX, XXX B, für das Abg. auch aus
der Xasalklasse, dazu viele Formen aus Klasse I und X; zur
zweiten Abteilung die übrigen Formen dieser Klassen, nament-
lich die sog. Aoristpräsentia und viele Nasal-, -sko- und -dho-
Präsentia mit inchoativer Bedeutung. Die Gründe dieser Zu
teilung- und Klassifizierung- werden sich im Lauf der Unter-
suchung von selbst ergeben.
§ 80. Ich konnnc nun zunächst zu der Vorfrage: in
welchem Zusammenhang steht perfektive Form und
perfektive Bedeutung in den Präsensklassen (§ 81)?
Darnach behandele ich in zusammenfassender Darstellung I.
diejenigen Präsensklassen, welche nur scheinbar
perfektiv sind (§82); II. diejenigen, welche nur schein-
bar präsentisch sind d. h. solche, die unter dem
Zwang der perfektiven Bedeutung auf eine andere
Zeitstufe übertreten und zwar a) auf die futurische
(§ 83—84), b) auf die präteritale (§ 85—106).
§ 81. Zur Erledigung der Vorfrage nehme ich die ein-
^ 36 G. Herbig-,
zelneii Präsensklassen, die in Betracht kommen, der Reibe
nach vor.
Klasse I: die reine Wurzel als Präsensstamm, (e-ciri-v).
Dass die reinen Wurzeln von Anfang- an eine bestimmte
Aktionsart bezeichneten, ist von vornherein unwahrscheinlich;
ihnen vermöge ihres Bildungscharakters von alters her aori-
stisch-perfektive Aktionsart zu vindizieren, geht auch deshalb
nicht an, weil dann alte durative Präsentia wie '^es-ti unver-
ständlich würden (Brugmann Gr. Gr.- 8. 181). Die Sache liegt
jedenfalls so: die reine Wurzel war je nach ihrem Bedeutungs-
inhalt perfektiv oder imperfektiv, daher sind die Verba der
ersten Klasse auf beide Aktionsarten oder, ins Griechische
übersetzt, auf Aorist- und Präsensstamm verteilt. Bemerkens-
wert ist, dass den Hauptvertretern der perfektiv-aoristischen
Aktionsart in der Klasse, den Wurzeln '^dhe *se ^dö *sta, der
Bedeutung- nach auch im Slavischen Verba entsprechen, die
durch ihren Wurzelbcgriff an und für sich perfektiv sind und
der Zusanmiensetzung- mit einer Präposition zur Perfektivierung
nicht mehr bedürfen (§§ 35, 66).
Klasse II B: die tiefstufig-e Wurzel mit angefügtem be-
tonten Themavokal als Präsensstamm. (Xm-eTv).
Die morphologische Entstehung dieser Klasse im Geg-en-
satz zum Typus II A führe ich mit Fick, PauP) u. a. ledig-
lich auf lautmechanische, durch Akzent veranlasste Ditfcrenzie-
rung eines Paradigmas zurück; die Formen haben also an
und für sich mit der aoristischen Aktionsart nichts zu thun.
]\Ian scheint l)loss im Sinne Toblers-) eine Funktionsdiflferen-
zierung an eine rein mechanisch entstandene und, wie sie
vorlag, überflüssige Lautdifferenzierung geknüpft zu haben.
Mciglicherweise hat zu dieser Verknüpfung u. a. eine Deutung
beigetragen, welche, wde es von modernen (ielehrten noch
heute geschieht^), in gedrängten Formen wie Xmo- die meist
momentane, perfektive, in voller und länger klingenden Formen
wie XeiTTO- die durativ-imperfektive Aktionsart symbolisch dar-
gestellt fand.
1) Brug-mann Gnlr. II 914 Anni. — Fritz Bechtcl H;iuptpro-
bleme 3. Kap.
2) Zcitschr. 1". Vi.li<erp.sychologie 1H71 S. 207. Auch Raoul
<le la Grasserie Cat. du temps. S. 23.
3) Mutzbauer Orundlag-ou d. g-riecli. Teini>. S. 14.
Aktionsart und Zeitstufe. 237
Klasse X: Die "Wurzel mit angefügtem a e ö als Prä-
sensstamm, ('e-bp-ä-v).
Auch die Verba dieser Klasse hatten von Haus an mit
dem Sinn der präsentischen oder aoristiscben Aktionsart nichts
zu thun, weil sie seit urindogermanischer Zeit nicht an ein
bestimmtes 'Tempus' gebunden waren (Brugmann Grdr. II951).
Dies wird noch sicherer, wenn wirklich a und e, wie
Brugmann sehr wahrscheinlich macht, mit den Nominalsutfixen
ä e identisch sind, in gleicher Weise, wie die Themavokale
o-e dem o-e nominaler o-Stämme gleichgesetzt werden. Wie
sie mit Vorliebe aoristisch - perfektive Bedeutung erlangen
konnten, ist unklar; vielleicht wurden sie der morphologischen
Ähnlichkeit halber auch funktionell an Typen der 1. Klasse
angelehnt wie e-cxri-v, d-sthä-t, d-dä-t, ä-dhä-t, die ihrer
natürlichen Bedeutung nach perfektiv waren (s. oben). Sehr
zweifelhaft bleibt, ob sich Spuren dieser Erscheinung auch
noch im Lateinischen finden, wo sonst die idg. Bezeichnung
perfektiv-aoristischer Aktionsart nicht mehr für diese Bedeu-
tung üblich ist; vgl. occiipare : capiö, suspicdri : speclö, prö-
fligäre : fllgö, compelldre : pellö, aspernäri : spernö (Brug-
mann Grdr. II 957). Selbst bei der Annahme, dass die vor-
wiegend perfektive Bedeutung der ersten gegenüber den zweiten
Formen sich eben durch die «-Bildung als sehr alt erweist,
w^äre unbedingt zuzugeben, dass jene Aktionsart in histor. Zeit
nicht mehr in diesem morphologischen Element empfunden,
sondern durch Präfigierung mit Präpositionen durchweg neu
bezeichnet Avurde. Aber jene «-Bildungen sind überhaupt
allem Anschein nach jüngeren Ursprungs und anders zu er-
klären, worauf mich Prof. Brugmann aufmerksam macht. Dass
die «-Bildung sich gerade innner beim Kompositum zeigt,
ist eine Konsequenz des Verhältnisses von pavtldpäre. manci-
päre, mancupäre zu capere, sacrißcare zu facere, jüdkäre
zu dicere usw. Diese Verl)a waren Denominativa (von particeps
manceps, sacrifex) und nach ihrem Verhältnis verfuhr mau
auch bei den Präpositionskomposita; so entstand occupäre nach
mancupäre, suspicdri nach auspicäri und in weiterer Folge
aspernäri zu spernere.
Klasse XIX : die Wurzel mit angefügtem -s-, -es-, -f>.v- als
Präsensstamm, (rjb-e-a, ä-vfd-is-am).
Über die Identität dieses s im Präsens mit dem Aorist-
indogermanische Forschungen VI 3 u. J. Iß
238 G. Herbig',
s wurde im Anscliluss an Brngmann Grdr. II 1019 schon § 12
gesprochen; über die Identität mit dem s im Futnrsnflfix -sio
§ V2, mit dem s des rräsenssuftixes -sl-o § 60. Die Entste-
hung der ganzen Klasse aus Typen mit dem Nominaltufifix -es-,
entsprechend den Typen mit Xominalsuffix o ä e hat sehr
vieles für sich, lässt sich aber bis jetzt nicht im einzelnen
durchführen. Jedenfalls ist das -s- kein morphologisches
Element, in dessen Wesen die Perfektivität begründet wäre.
Auch hier scheint diese Funktion von -es-Typen ausgegangen
zu sein, die nach ihrer natürlichen Bedeutung mit Vorliebe
perfektiv waren. Als der Begrifit' der Perfektivität weiter um
sich griflt", und die psychologische Kategorie sich zu einer gram-
matischen entwickelte, wurde das -(e}s- produktiv, da das Be-
dürfnis nach morphologischem Ausdruck der perfektiven Ak-
tionsart durch das im zweiten Aorist vorliegende Mittel nur
bei den wenigsten Verben befriedigt werden konnte.
Klasse XXX B : (beiK-c-iu). Vgl. oben Kl. XIX dazu §§ 83, 84.
§ 82. Zeigt sich bei den bis jetzt besprochenen Klassen,
dass die perfektive Bedeutung und das ihr entsprechende
morphologische Element sich nicht wesentlich einander bedin-
gen, so wird verständlich, dass auch eine Anzahl wirklicher
Präsentia, die sog. Aoristpräsentia, mit dem Element ver-
sehen sind, ohne aus der durativen Aktionsart des Präsens
herauszutreten und, bedrängt durch den psychologischen Zwang
der i)erfektiven Aktit)nsart, auf eine andere Zeitstufe ül)erzu-
springen. Die Formen wurden entweder rein analogisch ohne
Rücksicht auf die Bedeutung der Aktionsart ins Präsens ver-
schleppt: nach etpeTTOV : xpeTTUü bildete man etwa zu eTparrov
ein dorisches ipd-rTuu. Oder wir müssen für Präsensforiiien wie
ai. tirdti neben fdrati, krsdti neben l-dr.snfi ähnliclie Akzent-
gesetze voraussetzen, wie die, welche die verschiedene Stannn-
abstufung im iiijunkti\' Acranlassteu, an ancIcIic sich die Bedeu-
tung i)erfektiver und imperfektiver Aktidiisart knüpfte. Dass
letzteres nicht im Präsens eintrat, erklärt sich aus der Unver-
träglichkeit des teni])ns |traesens und der actio perfectiva;
es steht auch der Annalniie nichts im Weg, dass ImpiM-fekt-
und Aoristinj'uid^tiv begiifliich schon gescliicMJcn. nnd dass das
sie sclifidcndc scmasiologischc Prinzip niriif mehr lebendig
war, als die Präsensformen gleicher Formation unter ähnlichen
mechanischen Akzent ".-esetzen ":eschall'('n wurden.
Aktionsart und Zeitstufe. 239
Die weitere Ausdehnung solcher Aoristpräsentia, besonders
auch auf solche Vcrba, deren Aorist niorpholog'isch anders
g-ebildet war, wurde namentlich dadurch gefördert, dass in
einigen Sprachen nach dem Aufkommen der Zeitstufen die
Kategorie der Aktionsarten verkünnnerte oder doch an andere
morphologische Elemente geknüpft wurde. Das erste scheint
mir der Fall 7A\ sein im Altindischen, wo die Kl. II B. im
Präsens grossen Umfang gewinnt'), das zweite im Slavischen,
wo eine ähnliche Erscheinung zu beobachten ist-).
In andern Fällen, bei der Nasal-, -slxO und -dho
Prä sensk lasse, beruht die Gleichstellung mit der aoristischeu
Aktionsart auf einer Verwechslung der Begriffe inchoativ und
Ingressiv. Sie sind aber wohl zu scheiden. Dass der ingres-
sive Aorist im Grund genommen ein effektiver ist, wurde § 53
gezeigt. Bei ihm fallen Anfang und Abschluss der Handlung
in der Absicht des Redenden zusammen; das inchoative Prä-
sens bezeichnet wirklich den Anfang einer Thätigkeit im Gegen-
satz zu ihrem Abschluss und betont so nachdrücklich die Im-
perfektivität der Handlung. Dass beide Begriffe ein gemein-
sames haben, soll nicht bestritten werden; die Thatsache spie-
gelt sich sogar in der Gleichheit morphologischer Elemente
wieder: die Nasalklasse, die sich im Germanischen als inchoativ
darstellt^), erscheint im Altbulgarischen als Ingressiv oder
aoristisch-perfektiv (§ 35), und das s in dem inchoativen -sko
scheint mit dem s des perfektiven 1. Aoristes identisch zu sein
(§ 60). Über die Bedeutung der nasalen Präsensklasse vgl. jetzt
Holger Pedersen IF. II 318 ff.; die Litteratur über die -dho,
griechisch -Ouu Klasse hat C. Mutzbauer Grundl. d. griech. Tem-
puslehre S. 40, 41 zusammengestellt.
§ 83. Es ergab sich aus der Betrachtung der sog.
'Aoristpräsentien', dass dieser Terminus nur dann berechtigt
ist, Avenn er auf morphologische Kategorien angewandt
wird, dass er hingegen einen Widersi)ruch in sich trüge, wenn
1) Die 6. (hidäti) Klasse der ai. Grammatiker. Vgl. auch
F. Hartmanu De aoristo seeundo. Berolini 1881.
2) Leskien Die Präsensbildung-en des Slavischen und ihr Ver-
hältnis zum Infinitivstamni. Arch. f. slav. Phil. V (1881).
3) Egge Inchoative or n-verbs in Gotliic. Am. Journ. of Phil.
VII S. 38.
240 G. Herbig,
man mit ihm eine funktionelle Verbalkategorie bezeichnea
wollte 1).
Anders steht es mit andern 'Präsensklassen': sie müssen
zwar morphologisch als solche bezeichnet werden, sie sind
es aber funktionell nicht geblieben. Es sind solche, die
durch den Druck der aoristisch - perfektiven Bedeutung- auf
eine andere Zeitstufe gedrängt wurden.
Dieser Fall ist eingetreten einmal im idg. *-sio Futur,
Pr. Kl. XXX B. Psychologisch ist der Fall genau der gleiche,
wie bei den slavischen Perfektivis, welche im formellen Indi-
kativ Präsens Futurbedeutung erhalten (§ 35). Jedenfalls hängt
auch die Thatsache, dass die deutschen Zusannnensctzungen
mit icerden sich zu einer Futurkategorie entwickelten, mit der
vorwiegend perfektiven Aktionsart dieses Hilfszeitwortes zusam-
men. Das italische -&o- Futur lässt sich nicht vergleichen
wegen des durativen, mit derselben Wurzel zusammengesetzten
-&aw-Imperfektes.
Ein Zusammenhang dieses -s-Futurs mit dem Konjunktiv
des sigmatischen Aoristes wird durch die für ältere Zeiten
vorausgesetzte perfektive Aktionsart dieses Futurs noch wahr-
scheinlicher gemacht, als sie aus morphologischen Gründen schon
ist. "Wie man sich diesen Zusanmienhang des näheren zu
denken hat, bleibt unklar; ebenso, warum gerade die Verbin-
dung des s-Suflfixes mit -io die ])erfektive Aktionsart so fest-
hielt, dass eine Änderung der Zeitstufe notwendig wurde.
§ 84. Eine weitere Frage ist, ob die perfektive Bedeu-
tung in diesem Aoristfutur noch klar hervortritt, oder ob über-
haupt in der einmal konsolidierten futurischen Zeitstufe ver-
schiedene Aktionsarten unterschieden werden.
Brugmann leugnet es Gr. Gr.^ § Ißo (aHuu bedeutet in
gleicher Weise 'ich werde geleiten' — vgl. ctTeiv — als 'ich
werde hinbringen' — vgl. dtafeTv). Mutzbauer lässt Grundl.
d. griech. Tempuslclire S. 40 schon in homerischer Zeit die
im Absterben begrit^'enen Aoristfutura durch solche, die vom
Präsensstamm gebildet sind, ersetzen; dal)ei fasst er als Aorist-
futura nicht alle .v-Futura, sondern nur solche wie cTricoiuai,
1) VAnQ. erscliöpfeiidc Zusaimncnstcllung der in den einzelnen
idg. Sprachen vorliandenen ' Aori.sti)raesentia' wäre wünschenswert.
Vgl. F. Hartmann De aoristo seeiindo. Berlin 1881. — De Saussure
Syst. prirn. S. 9. — Thurneysen n'\ IV (1894) S. 84.
Aktiousart und Zeitstufe. 241
TreTTiöiico). In ähnlicher Weise spricht Fr. Bhxss von einem
Aoristfutnri) (Rhein. Mus. 47 (1892) S. 269 ff. Ausführl. Gramm.
(1. g-riech. Spr. von Raphael Kühner o. Auflag-e Hannover 1892
besorgt von Fr. Bhiss II S. 112, d8ö, 587). Er denivt an For-
men wie cxricuu (ecxov) neben e5uu (e'xuj), ßaXuj (eßaXov) neben
ßaXXr'icuu (ßdXXuu), x^PncoMai (exapHv) neben x«ipncw (xaipuj),
bujcuj (e'bo)uev) neben bibojcai (bibuj|ui), TrpaxOricojuai (eirpdxOriv)
neben TrpdEoiuai (rrpaTTOiLiai). Merkwürdig bleibt, dass im
Passiv dieses Aoristfiitiir häufiger ist, während die Scheidung
eines durativen Fut. Präs. und eines perfektiven Fut. Aor. im
Aktiv und Medium in den Anfängen blieb. Die ganze Erschei-
nung reicht kaum über die griecliische Sprachentwicklung
hinaus. Dass die andern idg. Sprachen älterer Stufe keine
Aktionsarten im Futur unterscheiden, erklärt sich einfach daraus,
dass, als dieses ganz sekundäre Tempus aufkam, der Begriff
der Aktionsarten überhaupt dem der Zeitstufen gegenüber im
Erlöschen begriffen war. Jedenfalls war die Verwischung der
Aktionsarten im Futurum nicht im Wesen dieses Tempus be-
gründet. Ob die von Blass als Aoristfutura bezeichneten For-
men wirklich durchweg noch die aoristisch-perfektive Aktions-
art haben, scheint mir noch erneuter Untersuchung zu bedürfen.
Aber es giebt auch andere Sprachstufen, auf denen der Begriff
der Aktionsarten wieder so stark wird, dass er auch im Futur
hervortritt: es ist dies der Fall im Altbulgarischen und andern
slavischen Dialekten (§ 35) und im Neugriechischen (§ 77).
Für das Altgriechische steht vorläufig so viel fest: wo
■der Zusammenhang es wünschenswert machte, waren Mittel
vorhanden, auch auf futurischer Zeitstufe den Unterschied der
Aktionsarten hervortreten zu lassen. In den nichtindikativi-
schen Modis und im Yerbum intinitum traten die entsprechen-
den Formen des Präsens- und Aoriststammes ersatzweise ein,
da sie nicht an eine bestimmte Zeilstufe gel)unden waren.
1) Es wird ledig-licli Sache der Übereinkunft sein, was man
unter 'Aoristfutur' verstehen will. Verschiedene Mög-lichkeiten ste-
hen offen: 1. funktionell sind Aoristfutura blos solche, welche
die aoristisch-perfektive Aktionsart zum Ausdruck bring-en; 2. als
Aoristfutura können alle .s'-Futura bezeichnet werden, wenn anders
das aoristische und futurische .s identisch sind; 3. Aoristfutura sind
blos solche, welche neben dem aoristischen .s- auch sonst die Stamm-
g-estaltung- des Aoristes haben. (Vgl. die nach Blass zitierten Bei-
spiele.)
242 G. Herb ig,
Sollte der durative Charakter des Indikativs futiirischer Zeit-
stufe betont werden, dann vertrat, wie im Deutschen, das
durative Präsens, ev. mit einem Adverbium, die Stelle, wie in
A 81/2
eiTiep 'fäp 16 x6\ov ye Kai auifiiLiap KaxaTceiyri,
dXXd xe Kai jueTÖTTicBev e'xei kötov . . .
Dagegen kann ich nicht finden, dass, abgesehen von der Kl,
XXX B, perfektive Präsentia, mögen sie nun durch ihre na-
türliche Bedeutung oder durch Zusammensetzung mit Präposi-
tionen perfektiv sein, zur Bezeichnung der futurischen Zeitstufe
nennenswerte Ansätze zu einer Kategoriebildung machen. Es
giebt zwar Präsensformen, die bei Homer in der Eegel als Futura
verwendet werden, aber neben veojuai und briiu, bei denen
dieser Gebrauch durch ihre perfektive Bedeutung begründet
wird, findet sich auch das durchaus durative eT)ui. Die Er-
klärung bei Brugmann Gr. Gr.- 182 befriedigt nicht. Bespro-
chen sind ähnliche Präsentia bei Curtius Verbum II- 315 ff. —
Krüger Gr. Spl. (18916) I§53. 1. Anm. 6. 8. — Kühner Gr.
d. gr. Spr. I 2 (18923) § 382, 5. 6. Vgl. bes. G. Mahlows schon
herbeigezogene Abhandlung 'Über den Futurgebrauch griechi-
scher Präsentia' KZ. XXVI 570 tf.
§ 85. "Wie in Pr. Kl. XXX B. sich eine actio per-
fectiva zum tempus futurum entwickelt hat, trat sie in
andern auf die präteritale Zeitstufe über, Pr. Kl. II B
(e-XiTTO-v) XIX (e-beiKC-a) I (e-ctri-v) X (e-bp-a-v) liefern die
Hauptmasse der Aoristformen: ich muss weiter ausholen, um
Form und Bedeutung der Aoristtypen möglichst weit zurück
zu verfolgen.
Der Aorist ist keine morphologische, sondern eine syn-
taktische Einheit. Der Druck, den das Band dieser syntak-
tischen Einheit auf die Formen ausübte, muss sehr stark
gewesen sein, da es so verschiedenartige mori)hologische Kate-
gorien fest zusammenfügte und andere hinwiederum ausein-
anderriss, die sich morphologisch so eng berührten wie Imper-
fekt und Aorist II. Zu irgend einer Zeit muss also die Be-
deutung des Aoristes eine durchaus einheitliche, scharf ausge-
prägte gewesen sein. Diese Zeit ist proethnisch, weil in ver-
schiedenen idg. Sprachen dieselben verscliiedenartigen Form-
kategorien zu einer syntaktischen Einheit zusammengeschmiedet
sind. Die Sprachen, in denen noch eine besondere Bedeutung
Aktionsart und Zeitstufe. 243
des Aoriststanimes g-reifbar hervortritt, sind g-riecli. und ai.
Aber die Aoristt'unktion in beiden Sprachen ist nicht dieselbe.
Da eine ursprünglich einheitliche Funktion vorausgesetzt wer-
den muss, fragt sich, wo ist diese zu suchen oder mit andern
Worten: stellt der griech. oder ai. Aoristgebrauch die ältere
Stufe dar?
§ 86. Delbrück sucht SF. V 280 (1888) nach einer
"allumfassenden Formel" für die Bedeutung des Aoristes. Ein
"völlig betriedigender kurzer Ausdruck dafür" scheint ihm
noch nicht gefunden zu sein. Er formuliert die Sache vor-
läutig so "es kommt bei der aoristischen Äusserung der Ge-
sichtspunkt der Zeitdauer gar nicht in Betracht. Es wird ja
nur betont, dass eine Handlung überhaupt in die Erscheinung
getreten sei". Das Präteritum "getreten sei" weist darauf hin,
dass diese Deiinition nur vom präteritalen Indikativ gilt, wie
denn auch Delbrück schon S. 273 erklärt hatte, es werde in
seiner ai. Tempuslehre immer nur vom Indikativ die Rede sein.
Delbrück verzichtet also darauf, auf das Wesen des Aoristes über-
haupt einzugehen, wahrscheinlich weil es noch nicht gelungen
ist, die Funktionen der nicht indikativischen Modi des ai. Ao-
ristes unter eine befriedigende Formel zu bringen. Es wird
aus der zitierten Stelle nicht ganz klar, ob Delbrück mit seiner
Definition die ursprüngliche Gebrauchsweise des Ind. Aor.
meint, oder ob er sie als einen abstrakten Generalnenner be-
trachtet, in welchem alle historischen Funktionen desselben
ohne Rest aufgehen. SF. IV 101 (1879), also schon vor Ab-
fassung der ai. Syntax (= SF. V 1888) hat sich Delbrück
über diesen Punkt geäussert. Er bespricht die Mciglichkeit,
dass die formelle Doppelhcit des 1. und 2. Aoristes eine ur-
sprüngliche Doppelheit der Bedeutung widerspiegele, etwa so,
dass der s-Aorist von Anfang an ingressiven, der thematische
effektiven Sinn gehabt habe; andererseits betont er aber, dass
sich auch der gesammte Gebrauch des Aoristes aus dem höhern
Begriff der eintretenden Handlung ableiten lasse: man sieht,
er lehnt eine bestimmte Stellungnahme in unserer Frage ab.
Wie er es hier bei Betrachtung des griechischen Aoristes thut,
hatte er sich auch schon bei Besprechung des ai. Aoriststam-
mes geäussert. SF. II (1877) S. 87 konstatiert er, dass der
Aorist das soeben Geschehene bezeichne und fährt S. 88 fort,
er wolle sich an dieser Stelle noch kein Urteit gestatten, wie
2U G. Herbig,
mit dieser Anwendung; des Aoristes sich der seltnere historische
Gebrauch und der noch seltnere zeitlose vermitteln lassen.
G. M ah low kennzeichnet in seiner Abhandlung "üeber
den Futurg-ebrauch griechischer Präsentia'' KZ. 26 (1883)
S. 570 tf. den Unterschied von Perfekt und Aorist durch fol-
gende Beispiele (S. 571): "ei'priKa bedeutet 'ich habe es gesagt',
und legt auf die Handlung des Sagens den Nachdruck, ent-
weder im Gegensatz zu 'ich habe es nicht verschwiegen' oder
um auf die Folge 'und es ist daher bekannt' hinzuweisen;
eXeHa konnte nur einen Gegensatz ausdrücken, der im Tempus
lag, also 'ich habe es gesagt', in der Regel aber drückt es
keinen Gegensatz aus, sondern konstatiert bloss die Thatsache.
€KT0va hebt die Handlung des Tötens hervor und auch ihre
Wirkungen; eKxeiva erzählt nur das Faktum". Ich glaube, er
giebt damit ein praktisches Mittel in die Hand, gewisse Ge-
brauchsweisen des Perfekts und Aorists in ihrem Verhältniss
zu einander klar zu legen ; einen Beitrag zur wissenschaftlichen
Erklärung historisch entwickelter Spracherscheinungen wird
man darin nicht suchen dürfen. Aus seiner Feststellung der
Bedeutung des Perfekts als eines Tempus der Vergangenheit
geht Mahlow hervor, "dass in einem älteren Sprachzustande als
dem griechischen, die Wahl zwischen Perfektum und Aorist viel
freier war, als sio im Griechischen ist". Er erklärt also die
farblos konstatierende Gebrauchsweise des Präteritalaoristes für
älter als die ingress.-eff. und setzt sie für einen altern Spraclizu-
stand als den griechischen voraus. Ein \' ersuch, die eigentliche
Funktion des Aoristes in den Veden mit dieser Definition in
Einklang zu bringen wird nicht gemacht.
W. Streitberg nimmt PBrB. XV (1891) S. 138 ff. Stel-
lung zur Frage. Er lehnt zunächst einen Zusannnenhang zwi-
schen Bedeutungs- und Formverschiedenheiten des Aoristes ab
und leugnet ferner, dass bei isolierten Formen eine Doppclheit
der Bedeutung, nach der ingress. und elf. Seite hin, überhaupt
bestehe. Durch Hinweise auf Bartholomae Das airan. Verbum
1878 S. 222 und Delbrück SF. IV 80 ft'. wird die ])crfektive
Bedeutung als die älteste des Aorists hingestellt. Vom Indi-
kativ ausgehend habe sich dann im jüngeren Avesta und im
Griechischen aus der rein perfektiven die konstatierende Ge-
brauchsweise entwickelt: der Verfasser tritt also hier in Ge-
gensatz zu Alahlows Auflassung. Auch bei Streif berg ver-
Aktionsart und Zeitstufe. 245
misse ich eine eingehendere Erörterung-, welche die älteste
ai. Aoristfunktion mit der vorausgesetzten perfektiven in klaren
Zusammenhang l)ringt.
Einen solchen Versuch, wenn auch mit anderem Ausgangs-
punkt, macht Carl Mutzbauer im ersten Teil seines schon
öfters zitierten Buches. Er sieht in der vedischen Funktion
des Aoristes als des Ausdrucks einer Handlung, die soeben
geschehen ist, seine älteste Gebrauchsweise. Während beim
ai. Aorist der Begriff der historischen Erzählung von ent-
scheidender Wichtigkeit sei, werde im Griech, ein ganz neues
Moment, die Art der Handlung, das absolut herrschende. S. 15
folgt dann ein eingehender Versuch aus der im Rigveda vor-
liegenden Urbedeutung die einzelnen Arten der Verwendung
des Aoristes auf dem Gebiet der homerischen Sprache zu ent-
wickeln.
§ 87. Meine P^inwände gegen diese Art der Ableitung'
ergeben sich aus der Entwicklung meiner eignen Ansicht, mit
der ich hier einsetze.
Ich gebe zu, dass im Vedischen die älteste, in grösserem
Umfang belegte Ind. Aor .-Funktion vorliegt; ich glaube aber,
dass wir eine noch ältere sicher erschliessen und an Resten in
historischer Zeit nachweisen können, mithin von dieser aus-
zugehen hal)en. Es ist dies, zunächst negativ ausgedrückt,
die zeitlose Funktion.
Ehe ich versuche ihr Vorhandensein im Idg. nachzuweisen
möchte ich noch einiges über den Terminus zeitlos bemerken.
Es ist insofern ungenau als er sich auf die Zeitstufe und auf
die Zeitart (§ 32) beziehen köimte. Sagen wir also liel)er
zeitstufenlos. Dabei können wir einen bestimmten und einen
unbestimmten Gebrauch unterscheiden^). Als Beispiele für
den letzten Fall mögen dienen: 'der Hund bellt' im Sinne
von 'alle Hunde bellen' oder 'der Knabe geht in die Schule'
d. h. entweder 'wenn ein Kind ziun Knaben geworden ist,
pflegt es in die Schule zu gehen' oder 'der Knabe ist jetzt in
dem Alter, in welchem man in die Schule zu gehen })flegt';
im einen Fall sind Subjekt und Prädikat unbestimmt, im an-
dern nur das Prädikat. Oder die Formen sind b e s t i m m t
1) Ich entnehme die Ausdrücke der russischen Grainnuitik,
vgl. z. B. O. A'sbüth Kurze i-ussische Grammatik (1889) S. 83.
246 G. Eerbig,
zeitstufenlos d. h. sie gewinnen je nach dem Zusammenhang
präsentische, präteritale oder fnturische Bedeutung-, Mit andern
Worten : die Zeitstuten Averden noch nicht durch morphologisch
gesonderte Formen bezeichnet; sie sind, falls die Sprache den
Begriff überhaupt schon kennt, eine im Entstehen begriffene
psychologische, aber noch keine grammatische Kategorie. Die
unbestimmte ist jüngeren Ursprungs als die bestimmte Ge-
brauchsart. Denn der naiv Sprechende hält sich an einen
bestimmten Einzelfall; die Verallgemeinerung, aus welcher die
unbestimmte Gebrauchsweise entspringt, ist sekundär; sie
schliesst aus thatsächlich vorliegenden Fällen auf andere oder
sie erhebt vereinzelte Beobachtungen zu einem Gesammturteil.
Es fällt dem jetzigen Sprachgefühl sehr schwer den uns
als selbstverständlich erscheinenden Begriff der Zeitstufe zu
eliminieren. Und doch war er sicher einmal nicht vorhanden,
wie er auch jetzt noch in der Kindersprache fehlt. Wenn uns
das Kind weinend mitteilt: 'Hund beissen' so verbindet es
zunächst nur die beiden Wortbegriffe, und wir erst sind es,
die aus den begleitenden Nebenumständen der sprachlichen
Äusserung eine bestimmte Zeitstufe ergänzen, wenn wir das
Stammeln des Kindes in unsere Sprache übersetzen (entweder:
der Hund hat das Kind gebissen oder das Kind fürchtet,
dass der Hund es beissen wird). Im Bewusstseiu des Kindes
fliessen solche Begrittsnüancen lange ungeschieden in einander;
erst wenn es sie begrifflich scheiden lernt, wird es auch ver-
suchen in Anlehnung an seine Sprachmuster die neue Erkenntnis
morphologisch wiederzugeben.
Wie dem Stannneln des Kindes stehen wir auch andern
Sprachen gegenüber, welche den Begriff der Zeitstufen nicht
kennen; ja unsere Gewohnheit alle Verbalhandlnngen besonderen
Zeitstufen zuzuteilen, verleitet uns oft genug in die fremde
Sprache etwas hineinzulegen, was sie, objektiv genommen, nicht
besitzt fvgl. § 5. — La Grasserie De la categorie du tenips
S. 184/5).
§ 88. Dass nun der In(likati\' des idg. Aoristes ursprüng-
lich eine solche zeitstufenlose Form war, gleichwie es seine
übrigen Modi innner geblieben sind, scheint mir erweisbar zu
sein 1. durch Jirugmanns Injimktivtheorie, die noch etwas zu
modifizieren sein wird; 2. durch die ndch in liistorisclirr Zeit,
besonders im Griechischen, vorliegende zeitstufenlose Funktion
Aktionsart und Zeitstufe. 24T
des Aor. gnoui. und des Aor. comparativus, wie ich nach an-
dern den Aorist in Gleichnissen der Kürze halber nennen wilL
Über die Injunktivtheorie orientiert man sich am besten
in Brug-manns Aufsatz 'Der sog-, unechte Konjunktiv' in den
Morphol. Untersuch. HI (1880) S. 1 if. und in seinem Grdr. II
§909. Vg-1. dazu Delbrück SF. V (1888) § 199—205, Avery
AOS. XI 326 ff. und R. Thurneysen KZ. XXVII (1882-5)
S. 172 ff. Formell genommen handelt es sich dabei bekannt-
lich um die augmentlosen Indikative eines Augmenttempus;
die Funktion eines Injuuktivs umfasst 3 Zeitstufen und 2
Modi d. h. Tempus und Modus haben an diesen Verbalformeii
noch keinen Ausdruck g-efunden. Vgl.
I. Die pr äsen tische Funktion:
griech. axei-c, axei (aus "^ei-s *-e/-^) = ved. Präteri-
tum djäi-s)^)
dor. kypr. cpe'pe-c 'du träg-st'
att. TiGn-c 'du setzest'
ved. R. V. 1, 152, 3 nl täri-t 'er vernichtet'
10, 80, 2 codai/a-t 'er feuert an'
II. Die voluntativ- futurische Funktion:
griech. beiEa-ie 'ihr sollt zeigen'
ütY-e-c • afe, cpepe (Hesych)
ved. R. V. 1, 32, 1 j^''^' i'ocam 'ich will preisen'
1, 24, 1 Ä'o no iDühucl dditane pünar düt
'wer wird uns der grossen Aditi zurückgeben' (Delbrück, 'wer
gibt' Grassmann, 'wer soll geben' Ludwig).
Beispiele für die ganz geläufige präteritale Funktion
kann ich mir erlassen.
Ich sehe keine Möglichkeit Funktion I und 11 aus der
präteritalen abzuleiten; der Versucli von Jolly Ein Kapitel
vergleichender Syntax S. 22 befriedigt nicht. Es bleibt nichts
übrig als die 3 Gebrauchsweisen auf eine ursprünglich zeit-
stufenlose zurückzuführen. Dass von diesem Boden aus die
Weiterentwicklung zum präteritalen Aorist und Imperfekt sich
etwas verschieden gestaltete, wird § 106 erörtert.
§ 89. Schwierig ist die Frage nach dem Verhältnis der
'sekundären' Injunktivendungen zu den 'primären' Präsens-
formen auf -/. Vgl. i? 13.
1) Bezzenberger Zur Gesch. d. lit. Spr. 195. — Brugmann
Grdr. II 896 Aura. 1.
248 G. Herbig,
Die Auffassung-, welche in diesem -i ein präsensbe-
zeieiinondes Suffix sieht, das hinter die Personalendung-en
tritt, scheint mir, von anderm abgesehen, durch die ganze
Bauart des idg-. Verbum finitum nicht begünstigt zu werden.
Viel eher werden diejenigen Recht behalten, welche die For-
men mit primären und sekundären Personalendungen im letz-
ten Grund auf die betonte oder enklitische Stellung des
idg. verbum finitum zurückführen. Schlagende Analogieen für
den Abfall des -i enklitischer Formen weiss ich freilich nicht
beizubringen; die Berufung auf Lokative wie ved. mürdhdn
neben mürdhdni {milrdh-an- 'Spitze, Kopf) läge nahe, wenn
Avir irgendwie Grund zur Annahme hätten, dass mürdhdn ein-
mal enklitisch, etwa nach betonten Ortsadverbien, gebraucht
Avurde.
Die enklitische Stellung des Verbums, mithin Formen
mit Sekundärendung, war besonders beliebt nach dem beton-
ten, noch ein selbständiges Wort darstellenden Augment und
nach der Prohibitivpartikel ai. md ^), sie war jedoch kcines-
Avegs darauf beschränkt, sondern fand sich auch nach Präpo-
sitionsadverbien und andern Partikeln und scheint lediglich
dur(di den Sinnakzent geregelt gewesen zu sein.
Man darf die enklitische und betonte Stellung auch
durchaus nicht der aus dem Indischen bekannten gleichstel-
len, Avo die beiden Kategorien sich auf Haupt- und Nebensatz
verteilten. Denn einmal ist das Vorhandensein von Neben-
sätzen im Idg. überhaupt zweifelhaft, und zweitens spiegelt
die verschiedene Behandlung des Verbalakzentcs im indischen
]laupt- und Nebensatz nur auch wieder den logischen Sinn-
akzent Avider, welcher auch schon in einer Sprachperiode,
die nur Hauptsätze kannte, wirksam sein musste: auch im
Ved. Avird noch, entgegen der allgemeinen Regel, das Verbum
des Hauptsatzes betont und an die Spitze gestellt, Avenu es
einen starken Sinnakzent trägt (;Dell)rnck SF. V § 23, 29).
Jm Indischen wurde der natürliche ursprüngliche Zustand durch
Festlegung neuer, betonter und enklitischer. Formen auf Ne-
ben- und Hauptsatz verwischt, nachdem die alten unter dem
»Sinnakzent und der Tonlosigkeit lautlich dilferenzierten Dop-
1) So erkljirt sicli das scliiifssliclio Durchdringen der Sekun-
dJireiuluiigen in den Verbalt'oniien dieser Funktions(i'rnj)pen.
Aktionsart und Zeitstufe. 24^
pelformeii zum Ausdruck neu aufg-ekoinnieuer Fuiiktiousver-
schiedenlieitcii ^) verbraucht Avaren. Im Griecliisclien durch-
brach der neue rezessive, auf die 3 letzten Silben l)eschränkte
Akzent die alten Verhältnisse. (Wackernagel KZ. XXIII 457 tf..
— Hirt Idg. Akzent (1895) i? 169.)
§ 90. Bei einer solchen Erklärungsmethode miisste Brug-
manns Injunktivtheorie nach einer »Seite hin modifiziert wer-
den. Er hat meines Erachtcns wahrscheinlich gemacht, dass-
die von ihm so benannten Injunktive ursprünglich zeit- und
moduslose Formen gewesen sind. Ich g-laube, dass sie und
die i-Formen im letzten Grund nur die enklitische und betonte
Gebrauchsweise des ältesten verl)um finitum darstellen. Erst
in späterer Zeit hat man, ohne darin besonders konsequent
zu Averden, die rein mechanisch entstandenen Doppelformen,
mit Funktionsverschiedenheiten ^) nach Seite der Zeitstufen
hin in Zusammenhang gebracht.
Dass auch die i-Formen einmal zeitstufeu- und moduslos
gewiesen sind, lässt sich unschwer wahrscheinlich machen : in
allen idg-. Sprachen haben sie neben der präsentischen noch
eine zeitstufen lose Funktion (in Pauls abstrakten Sätzen);
auf eben dieser zeitstufenlosen beruht auch die präteritale
Verwendung, wie sie in dem nicht rhetorischen Praes. bist. -)
und nach Adverbien der Vergangenheit griech. irdpoc ai. purä
und nach ai. sma^) oder die futurische, wie sie etwa nach
lieTÖTTiceev A 81/2 vorliegt (vgl. § 84). Die ältesten Typen
sind aber auch moduslos: Indikative wie hhäcati sind for-
mell und daher im letzten Grunde auch funktionell identisch
mit Konjunktiven wie dsati (vgl. § 15) und der Indikativ
hhdcaii verhält sich zu hhdvat wie der Konjunktiv dsati zu
dsat. Es scheint mir auch nicht ausg-emacht, ob wir in home-
rischen Konjunktivformen wie e0e\uj)ai ohne weiteres Neubil-
dungen anzunehmen haben i Brugmann Grdr. II § 979, 2): sie
sind morphologisch von Indikativformen wie ai. hhdrämi nicht
zu scheiden. ]\I(>glich, dass sie als Kategorie nur eine Nach-
blute darstellen, die Typen sind uralt.
§ 91. Auch im gnomischen und komparativen In-
1) Vgl. Anni. 2 S. 23G.
2) Brugmann Gr. Gr.^ § 156.
3) Brugmann Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 188.3 S. 170 ff. —
Delbrück SF. V 278. 502 ff.
250 G. Herbi«;-,
dikativ Aorist') sehe ich mit Brug-niann Gr. Gr. 1890^ i< 160
Anm. Keste des ursprüng-lich zeitstufeidosen Gehrauches.
Die Grenzen des anomischen Aoristes sind von Ver-
schiedenen verschieden gezogen worden (Franke S. 96. —
Schmid S. 28 If". 88 ff. — Pfnhl S. 38). Namentlich ist eine
Scheidung oft schwierig gegen wirklich präteritale Erfah-
rnngsaoriste. Solche liegen vor, wenn sich der Schrift-
steller durch Znsätze wie ttoWoi, TroXXdKic, fjbri, ouTTLUTTOie
und ähnliche ausdrüeklich auf die Vergangenheit beruft (Krü-
ger Griech. Sprachl. S. 178), und alle etwaigen Schlüsse auf
die Gegenwart und Zukunft dem Leser überlässt, auch wenn
er selbst die Ansicht teilt, dass sein Satz für alle Zeiten gültig
ist. Ein historischer und kein gnomischer Aorist ist also an-
izunehmen in Fällen wie Xen. Mem. II 4, 7 TToXXdKic hk a irpo
aÜToO TIC oÜK eipTacaTO r\ ouk eibev r| ouk fJKOucev f\ ou bir|-
vuce, TaÖTa 6 cpiXoc rrpö toO qpiXou eEripKecev, (Franke S. 65).
In andern Fällen — aber hier werden im einzelnen die Zweifel
beginnen — geht, wie Moller S. 115 bemerkt, die nachdrucks-
volle Berufung auf die Erfahrung, also die Vergangenheit, aus
<lem Zusammenhang hervor, oder der Aorist lässt sich wenig-
stens ohne Zwang als Präteritalaorist erklären und übersetzen.
Unter die Beispiele der ersten Art uKiehte ich Schillers '"Des
Lebens ungemischte Freude ward keinem Irdischen zu Teil'
rechnen, das immer wieder als Paradebeispiel eines deutschen
gnomischen Aoristes vorgeführt wird. Aber der warnende
1) Litteratur: G. Hermann De emend. rat. g-r. gr. p. 187 (1801).
Opusc. T. II S. 42 (1827)). Zu Viger Anm. 96, 97 (1802). — E. Moller
Ül)cr den griom. Aor. Philologus 8 (1853) S. 113—129. — Franke
ijl)er den gnom. Aor. der Griechen. Ber. d. säehs. Ges. d. Wiss.
phil.-hist. Kl. 6 (1854) S. 63—96. — Tr. Pfuhl Die Bedeutung des
Aoristus. Progr. Dresden 1867 be.s. § 16. — Rud. Kohlmann De
verbi Graeci temporibiis. Inaug.-Diss. Halis Sax. 1873. — B. Del-
brück SF. IV (1879) S. 108—109. — K. Brugmann Grdr. II 1277.
Gr. Gr. 1890 2 § 160. — C. Mutzbauer Die Grundlagen der griech.
Toiipuslehre (1893) S. 30— 38. Vgl. auch das Register S. 397. — Jo-
seph Schmid i'l)er den gnom. Aor. der Griechen. Prgr. Passau (1894).
— A. Music Giiomicki aorist u ^rckom i hrvatskom je/.iku. Prestam-
pano iz CXII. knjige Rada Jugosiavenske akademije znanosti i um-
jetnosti. U Zaj>'rebu 1892. (Mir nur bekannt ;ius der Sell)stanzeige
Anz. V 91-96.) — H. C. Eimer (Corncll Univ. Ithaka N. Y.) Über
<len gnom. Aor. Vortrag auf der 26. Jahresversammlung der Americ.
Philol. Ass. in Williamstown Mass. (Mir unbekannt.)
Aktionsart und Zeitstufe. 251
Freund des Polykrates führt gleich in der nächsten Strophe des
näheren aus, auf welchen ])estimniten Fall der ^'erg•ang•enheit
er sein Präteritum Svard' aufbaut, und er will mit jenem iSatze
nicht mehr sag-en als durch das parallele ^Noch keinen sah
ich fröhlich enden ' usw., wo durch den Zusatz ^noch keinen'
die Beziehung- auf die Verg-ang-enheit in die Augen springt.
Bei Sprichwörtern ferner sind als solche Erfahrungs-
aoriste auszuscheiden diejenigen, welche nach Delbrück SF.
IV S. 108 in einer bestimmten Situation das Eingetretensein
eines bestimmten Umstandes usw. konstatieren z. B. w^er Glück
gehabt hat, sagt ecpuYOV küköv, eupov otjaeivov.
Auch bei Gleichnissen lassen sich Fälle denken, in
welchen der Dichter mit Bewusstsein, aber dann auch aus-
drücklich und konsequent mit allerlei sprachlichen Mitteln das
beigezogene Gleichnis anschaulich als einen Vorfall aus der
Vergangenheit darstellt, gerade als wenn es sich wirklich er-,
eignet hätte. AA^enn Scheffel z. B. darstellen will, wie es Ekke-
hai'd zu Mute war in der Sänfte, in der man ihn zum Hohentwiel
entführte (6. Kap.) so erzählt er ganz behaglich im alten Mär-
chen- oder Fabelstil: "Es schwamm einmal ein Fisch klafter-
tief unten im Bodensee, der könnt sichs gar nicht erklären,
was den Cormoran zu ihm hinabführte, der schwarze Taucher-
vogel hatte ihn schon im Schnabel und flog mit ihm hoch
durch die Lüfte weg: noch wars iinn unbegreiflich. So lag
Ekkehard in der Sänfte, ein gebundener Mann; je mehr er
über seines Geschickes Wendung nachsann, desto weniger
mocht ers fassen." Mau fühlt, dass solche Fälle anders be-
urteilt werden wollen als der bekannte Aor. compar. in home-
rischen Vergleichen.
Ich halte es bei der Unmöglichkeit in einzelnen Fällen
sicher zu gehen, für das Kichtigste zur Erklärung gnom. und
compar. Aoriste blos die herbeizuziehen, welche sich durch
untrügliche äussere Kennzeichen scharf von präteritalen Er-
fahrungsaoristen abheben. Solche Kriterien lassen sich den 3
Erwägungen entnehmen, die AloUer, der entschiedenste Be-
kämpfer des präteritalen Ursprungs des gnomischen Aoristes,
gegen die Möglichkeit einer solchen Entwicklung ins Feld
führt. Sie scheinen mir so schwerwiegend, dass ich nicht
begreife, w^ie sie Franke und Spätere durch Frankes Ant-
wort als erlediü't ansehen konnten.
252 G. Herbig-,
§ 92. Möller gibt dreierlei zu bedenken:
1. Sehr bäutig- wechseln in generellen Darstellungen
schnell nacheinander das Präsens des aligemeinen Gedankens
und der gnoniische Aorist, ohne dass ein Motiv zu finden wäre,
das eine Mal unmittelbar das allgemeine auszusprechen, das
andere Mal auf die Erfahrung sich zu berufen. Demosth. 2.
Olynth, p. 24. — Thukvd. 1, 70 (Moller S. 116) i).
2. Es gibt zahlreiche Fälle des gnomischen Aoristes, wo
eine Berufung auf die Vergangenheit entweder unpassend und
geschmacklos oder sogar unmöglich ist. Lukian Charon cap.
19 1) (Moller S. 117).
3. Wäre der gnomische Aorist eine historische Form, so
müsste in relativen, temporalen und kondizionalen Nebensätzen
der Optativ stehen; es steht aber inuner der Konjunktiv mit
und ohne av. Beispiele wie unter 1 (Moller S. 118).
Von diesen 3 Argumenten hält Franke das 2. für das
schwächste, indem es auf der Voraussetzung beruhe, einesteils,
dass der Fall, auf den sich der Aorist beruft, auch reale Wirk-
lichkeit haben, andernteils, dass eine solche Berufung auch
bei steifer wörtlicher Übersetzung ins Deutsche passend und
geschmackvoll erscheinen müsse (S. 67). Die erste Voraus-
setzung wird aber .Moller fälschlich untergeschoben. Moller
wendet sein 2. Argument ausdrücklich auch gegen Fälle an,
in denen durchaus keine Wirklichkeit, auch nicht der Schein
einer solchen bezweckt wird (S. 117). Er erklärt damit klipp
und klar, dass sein 2. Einwand weder eine reale noch eine
ideelle AVirklichkeit zur Voraussetzung habe (um Mollers
Sprache in Frankes Terminologie zu übersetzen). Und wenn
1) Dciiiostli. 2. Olynth, p. 24 üucTrep t«P ^v toIc ciüiaaci, feuuc
|Li^v äv ^|5f)UJ)a^voc f\ Tic, oübev ^Traicedvexai, ^rräv b^ ä()i)wc.Tr]uü Ti cu,ußi],
TTÜvTa KiveTrai . . ., oütuu Kai tüüv uöA.eujv Kai tüüv TUpdwuuv, euuc u^v
eEuj iroXeiaöiciv, acpavf| TCt koko toTc ttoWoic ^ctiv, iixeibäv be ö)uopoc
TTÖXeiaoc cuia-n-XaKrj, TTÖvra diroiricev t'Kbn^«- — Thulc. I 70 Kai a |Litv
äv ^mvoncavT€C nn ^ireEeXeoiciv oiKcTa CT^pecÖai t'iYoüvTai, ö bi äv ^irtX-
eövTec KxrjcujvTai, bXifa irpöc xd n^XXovxa xuxelv irpdEavxec • f\v bi äpa
xoi) Kai ueipa cqpaXiIiciv, ävxeXiricavxec äXXa ^irXripuucav xi^v xpeiav, —
Liik. Charon cap. 1!) xäc tpucaXibac Xi^uj äcp' übv tuvareipexai 6 dqjpöc •
^Keivujv xoivuv xivk |uiKpai eiciv Kai aüxiKO dKpaYcTcai dir^cßricav, ai
b' im ttX^ov biapKoOci Kai -rrpocxujpoucüüv aüxalc xüjv äXXuuv ouxai üirep-
(puciu.uevai ic fxifiCTOV ö-fKOv ai'povxai, eixa la^vxoi KOtKeTvai ttuvxluc ^E-
€(^^äfr|cdv TToxe . .
Aktionsart und Zeitstufe. 253
Franke in seiner Antwort den Nachdruck auf i- e a 1 e Wirk-
lichkeit leg't, so sagt er S. 69 selbst. Moller erkenne in ge-
nerellen Sätzen die Thatsache, auf welche der Aorist sich
bezieht, als eine ideelle, als einen 'phantasierten Vorgang',
als eine '])liantasielieh angeschaute Handlung-' (Moller S. 128).
Im 2. Teil seines Einwandes räumt Frauke offenbar ein,
dass unser deutsches Sprachgefühl sich häutig gegen eine Be-
rufung auf die Vergangenheit sträube; nur meint er, wenn
ich ihn recht verstehe, dass das griechische Sprachgefühl hier
anders auffasse. Dass Hesse sich hören, w^enn wir nicht sichere
Beweise hätten, dass das griechische Sprachgefühl hier urteilte
wie das deutsche d. h. dass es den gnomischen Aorist als
tempus praesens (oder besser als eine nicht historische Form)
und nicht als tempus praeteritum ansah. Das geht namentlich
aus Mollers 3. Einwand hervor, den Franke freilich ebenfalls
bekämpft. Aber er muss selbst gelegentlich zugeben, dass der
gnom. Aorist an vielen Stellen "nur noch zum Ausdruck des
Momentanen diente" (S. 73), dass er ein "blos formelles Prä-
teritum" sei (S. 74).
Auf Mollers 1. Bedenken erwiedert Franke, der Wechsel
der Tempora werde auch bei der bisherigen Erklärung moti-
viert. Wie er sich diese Erklärung ungefähr denkt, möge ein
Beispiel zeigen. Er meint S. 77, der Aorist werde überall da
nicht gewählt, wo eine Wahrheit in ihrer sinnlichen Erschei-
nung, als eine konkrete Thatsache vor das Auge gestellt, für
die Phantasie etwas Unangenehmes und Widriges haben würde,
zitiert dann Pindar Pyth. TI 40 ^) und fährt nun wörtlich fort:
"Displiceret TTap)i|aeiq;aTO beXqpTva, bemerkt Dissen zu dieser
Stelle. Warum"? Offenbar weil es keine unedle Vorstellung
ist, den Gott im Wettflug mit dem Adler zu denken; aber ein
Gott mit einem Fisch um die Wette schwimmend
wäre ein hässlicbes, ein des Gottes unwürdiges Bild.
Daher das Präsens: Der Gott thut es, wenn ers thut, er
kann es thun." Mit wie durchtrieben einfachen Mitteln sich
hier der fromme Pindar eine eventuelle Anklage wegen Got-
teslästerung vom Halse hält!
1) öeöc änav in\ eX-Tribecct r^Kuap ävuerai,
Geöc, ö Kai itTepöevT' aiexöv Kixe, koi Öa\.accaiov TrapaiiieißeTai
beXqpTva, Kai 0v|;iq)p6v(juv xiv' äKafi\\>e ßporOüv,
^Tepoici ö^ KÜboc UYripaov TrapeboiK'.
Indogermanische Forschungen VI ;t u. \. 17
254 G. Herbig,
Besonders aber in homerischen Gleichnissen, also in Fäl-
len wie A 474 ff., könnte ich trotz Fraukes Bemerkuug-en
S. 78/79 in dem fortwährenden Wechsel von Präsens und
Präteritum, wenn wirklich zwei verschiedene Tempora vor-
läg:en, nur ein unmotiviertes und — man verzeihe den harten
Ausdruck — akrobatenhaftes Herumturnen zwischen g-rund-
verschiedenen Auffassungsweisen erblicken, das man einem
einigermassen guten Schriftsteller vielleicht einmal um rheto-
rischer Zwecke willen gestattet oder als Nachlässigkeit hin-
gehen lässt, nimmermehr aber als Stilgewohnheit zutrauen darf.
Delbrück erklärt die Präterital-Aoriste neben den Prä-
sensfornien in Gleichnissen wie P 23 ff. als eine Art Assimi-
lation an die Aoriste der Haupthandlung, hervorgerufen durch
das Fehlen eines zeitstufenlosen indicativus actionis perfectivae
oder, wie er sagt, eines "Präsens der eintretenden Handlung''.
Ich glaube eine Erklärung des komparativen Aoristes ist nicht
statthaft, wenn sie auf den gnomischen ^) nicht angewendet
werden kann und auch schon beim komparativen versagt,
falls im Satz, der durch den Vergleich erläutert werden soll,
etwa ein narratives Imperfektum steht oder ein genau ent-
sprechender Aorist nicht vorhanden ist.
Nur von Mollers 3. Argument glaubt auch Franke, es
sei schwer zu beseitigen. Doch lasse es sich auch gegen
Mollers Erklärung geltend machen: Moller selbst setze den
aoristischen Begriff der momentanen vollendeten Handlung in
nähere Beziehung zur Vergangenheit und führe aus, wenn der
praktische Mensch eine vollendete Handlung auf die Gegen-
wart, in der er wirkt, beziehe, erscheine sie ihm notwendig
als vergangen (Franke S. 67). Gut, wenn er es thut, aber
wer sagt uns denn, dass in den generellen Sätzen, in welchen
der gnomische Aorist seine Stelle hat, die Handlung gerade
unter dem Gesichtswinkel ihres Verhältnisses zur Gegenwart
betrachtet wurde? Die einzigen äussern und daher die ein-
zigen objektiven Kennzeichen, die wir zur Entscheidung der
Frage haben, sprechen entschieden gegen Franke: gerade der
rasche Wechsel solcher Aoriste mit zeitstufenlosen Präscnsfor-
nien und die konjunktivischen Nebensätze, liefern hier wieder
1) Molk'r S. 12;5/4. Franko, S. 70. Sclniiid S. 57/8. Mutz-
bauer S. 88
Aktionsart und Zeitstufe. 255
den Beweis, dass das griechische Sprachgefühl solche Hand-
lungen eben nicht zur Gegenwart in Beziehung- setzte und in-
folge dessen auch nicht als Präterita empfand.
So scheint mir Frankes Polemik nirgends das Herz von
Mollers Bedenken zu treffen. Dass die von ihm gegebene
Erklärung von allen vorhandenen, welche auf dem Axiom der
ursprünglich präteritalen Bedeutung des Aoristes aufgebaut
sind, sich noch am l)csten mit den ihr unbequemen That-
sachen abfindet, sei gern zugegeben^;. Dass ihm bei seinem
Bestreben, den gnomischen Aorist innerhalb der Konsequenzen
einer unbewiesenen Voraussetzung zu erklären, der Vorwurf
von Spitztindigkeiten nicht erspart bleiben könne, hat Franke
selbst sehr wohl geahnt (S. 75).
Ich resümiere zum Schluss: Frankes Theorie wurzelt in
dem auf Treu und Glau])en übernommenen Dogma, dass der
Aorist ursprünglich ein historisches Präteritum sei und diese
seine eigentliche Bedeutung nie und nirgends, auch in den
Modis nicht, ganz verloren habe (S. 70 u. 75); sie gipfelt in
dem Zugeständnis, dass der gnomische Aorist an vielen Stellen
nur noch zum Ausdruck des Momentanen diente, dass er ein
blos formelles Präteritum sei (S. 73, 74). Bei diesem That-
bestand wird es erlaubt sein die Axt der Kritik auch einmal
an die Wurzel der ganzen Anschauungsweise zu legen.
§ 93. Gegen die Möglichkeit einer Erklärung im Sinn
Frankes lassen sich ja noch weitere Punkte anführen.
Moller selbst bringt S. 129 eine Bemerkung Schneide-
wins, welcher Sophokles Ajax v. 1083^) auch in einem Infinitiv
des Aoristes den gnomischen Aorist erkennt. Franke sieht
freilich auch solche Infinitive als ursprüngliche Präterita au
(S. 70), aber hierin werden ihm auch die, welche sonst den
guomischen Aorist wie er beurteilen, kaum Gefolgschaft leisten.
Es erhebt sich ferner die Frage: wenn der gnonnsche
oder komparative Aorist auf einen koidvreten oder als konkret
vorgestellten Fall der Vergangeniieit bezogen werden nniss,
warum erscheint in solchen Fällen nicht auch das Imperfek-
1) Delbrück SF. IV S. 108.
2) Soph. Aj. 1080-3.
ÖTTOu 6' üßpiJeiv 6päv 6" ä ßoOXexai Trapri,
raüxriv vö|uiZe Tr^v ttöXiv xpo^o) ttot' äv
i.t oüpiuuv bpa,uoücav ec ßuGöv irecelv.
256 G. Herbig,
tiiin *) entweder an Stelle des gnomischen Aoristes, mit dem
er das tempus praeteritiim gemein hätte, oder statt des mit
dem Aorist in Vergleichen abwechselnden Präsens, mit welchem
es die actio imperfectiva teilt? Das ausmalende Imperfekt
ist bei Homer das Tempus der Erzählung, wie es später der
konstatierende Aorist wird: an Stelle der anschaulichen, noch
im vollen Fluss belindlichen, imperfektiven Handlung wird
beim tempus narrativum immer mehr die nüchterne, trocken
aufzählende, perfektive beliebt. Wenn nun Homer seine Gleich-
nisse wie Vorfälle, die sich in der Vergangenheit abspielten^
erzählen will, warum verzichtet er gerade bei ihnen durch-
aus auf das ihm sonst geläutige Tempus der E r z ä h 1 u n g,
das Imperfektum? Oder wenn er den Aorist in diesem be-
sondern Fall wegen seiner Aktionsart vorzog, warum bringt
er dann statt des mit ihm so unvermittelt wechselnden Prä-
sens nicht manchmal das Imperfekt, das mit dem Präsens
gleiche Aktionsart hat und die Beziehung des Falles auf die
Vergangenheit, wodurch die Darstellung poetischer, anschau-
licher werden soll, viel plastischer wiedergeben würde als das
Präsens, mit dem der Dichter aus seiner Rolle, die Darstellung
zu individualisieren, wieder herausfällt V Was soll dieses Prä-
sens überhaupt für ein Präsens sein? Ein praesens historicum?
das Hesse sich neben einem präteritalen Aorist wenigstens
denken, aber gerade Homer hat es sonst nirgends. Oder ein
Präsens in abstrakten Sätzen? Aber dann wird der rasche
Wechsel mit einem präteritalen Erfahrungsaorist geradezu un-
leidlich.
§ 94. Von den Nachfolgern Frankes hat keiner die
Schwierigkeiten der von ihm am energischsten vertreteneu
alten Theorie verkannt, und so sind sie denn auch ihre eige-
nen Wege gegangen. Zwei von ihnen stellen freilich in der
Hauptsache, in der ])räteritalen Auftassung des gnomischen
1) G. IleiiiKinn Vigcr. S. SUI. Zweimal isl in Glciclinissen ein
Imperfektum konstatiert, beide Mai in der Wendung- oüö' äpa , .
aici^ov fjev 0 4115 0 274. Franke sagt S. 7fi das unbedingte, aus-
nahmslose Feiik'u von Imperfekt und Pinsquampertekt im Haiipt-
satz von Gleiclmissen beruhe darauf, dass liier beide Tempora ohne
die Beziehung seien, welehe ihr eigenstes Wesen ausmaehe. Kr
verfällt also wieder in den alten Irrtum Ix'ide Tempora als relative
anzusehen.
Aktionsart und Zeitstufe. 257
Aoristes, noch auf Frankes Seite. M u t z b a u e r führt S. 35
aus: da der Grieche g-ering-en Wert auf zeitliche Beziehungen
Ig^q, sei er durch die Anah)g-ie des Aorist-Konjunktivs (in
Gleichnissen nach ibc b' öt dv wie P 520) dazu bestimmt wor-
den, den Ind. Aor. im Gleichnisse zur Bezeichnung- der g-lei-
clien Art der Handlung zu verwenden, ohne Rücksicht auf
die zeitliche Bedeutung- der Vergangenheit, die demselben
zugleich noch eigen sei. Aber dann würden Mollers Ein-
wände wieder in Kraft treten, die Mutzbauer nur aus Franke
kennt und keiner Beachtung würdigt. Bremer hat m. E. mit
Recht in der Woch. f. kl. l'h. 1894 S. 890 Mutzbauers ganze
Erklärungsweise abgelehnt ^).
Schmid nimmt direkt in Frankes Polemik gegen Moller
füi' ersteren Partei ohne wesentlich neue Gründe beizubringen
(S. 24—26). Gegen Mollers 3. Punkt führt er 2 optativische
Nebensätze ins Feld, einen Z 322 nach Franke, zu dem Pfuhl
S. 38 Anm. Stellung nimmt, und einen weiteren e 490. Hier
handelt es sich um einen Absichtssatz mit iva, aber Moller
hat S. 118 ausdrücklich erklärt, dass die Absichtssätze nicht
unter seinen Einwand fallen, weil in ihnen der Konjunktiv
iiuch sonst nach historischen Zeiten öfters gebraucht wird.
Vgl. Philipp Weber Entwicklungsgesch. der Absichtssätze im
Oriech. in Schanz Beiträge z. bist. Syntax d. griech. Spr. Heft 4
(1887) S. 47 ff'. Auch die Behauptung S. 44, dass in_ solchen
generellen Sätzen Aorist und Präsens für einander stehen
können, während Moller S. 122 entschieden verneine, dass sie
"wirklich miteinander wechseln", ist so, Avie sie gebracht
wird, unhaltbar. Moller meint blos, dass der Geln-auch des
Präsens oder des Aoristes auf einer verschiedenen Auff'assuug
l)eruhen müsse, -wobei er an momentane oder dauernde Hand-
lungen denkt: einen Unterschied in der Auffassung konstatiert
aber auch Schmid, wenn er S. 57 seinen Aoristus emphatieus
dem Präsens gegenüberstellt. Ob dieser Unterschied zwischen
Präsens und Aorist grfisser oder kleiner ist, thut nichts zur
Sache. Auch in Fällen wie Isoer. 1 6 küWoc laev t^P il Xpo-
voc dvr'-)\ujcev f] vöcoc ejadpave und Soph. Aias 714 TrdvO' ö
jucYac xpovoc )aapaivei (Schmid S. 45) ist ein Unterschied
in der Auffassung noch festzustellen. Im ersten Beispiel wird
1) Anders Monro Class. Kev. 1894 S. 34.
258 G. Herbig,
bei dem scharfen Gegensatz von Schönheit und Zerstönmg-
blos das entscheidende, perfektive Moment der Vcrbalhand-
lung- betont, im andern Fall ist von der unermüdlichen, stets
sich erneuernden, alles bezwingenden zerstörenden Macht der
Zeit die Rede: das zeitlose ejudpave ist einfach perfektiv, das
zeitlose i^apaivei iterativ-perfektiv (§ 66). Die Abhandlung- ist
übrigens bemerkenswert durch die reiche Fülle der gebrach-
ten Beispiele, die allerdings nach höchst pedantischen Gesichts-
punkten zusammengestellt sind (S. 29 if. "Der gnomische Ao-
rist wird gebraucht I. von der Gottheit a) im allgemeinen b)
von einzelnen Gottheiten; IL von der Natur a) von der leb-
losen b) von der belebten; III. von dem Menschen a) vom
physischen b) vom psychischen usf.) Die Zahl der Beispiele
wird auch bedeutend einzuschränken sein; Fälle wie Philemon
fr. 95 (pucei Tdp oubeic boOXoc ejevriOri TTOTt wird niemand mit
solchen wie II. IX o2U
KtttGav' 6|ua)c ö t' depföc dviip ö te iroWd eopYuuc
auf gleiche Stufe stellen wollen. Schmids Hau])trcsultat ist
niedergelegt in dem Satz: ''Der gnomische Aorist dient sei-
ner Grundbedeutung zufolge in allgemeinen Sätzen zunächst
nicht zum Ausdruck des Momentanen, sondern des Wichtigen,
Bemerkenswerten, d. li. zur Hervorhebung, Urgierung des Ver-
balbegriflfs". Die ganze Erklärung passt auf den Aorist über-
haupt und triift nicht die Eigenart des gnomischen. Sie ist
in ihrem negativen Teil nicht neu ^) und in ihrem positiven
nicht prägnant genug. Im Grunde gibt er seinem "Aoristus
emphaticus" dieselbe Funktion, welche wir nach andern für
ihn ansetzten, die perfektive: S. 44 nennt er ihn komplexiv,
resultativ, weil er das Ergebnis, Resultat, Facit vorgekommener
Fälle ausdrücke.
§ 95. Erst Pfuhl, Brugmann und Musie haben endgültig
mit der alten Anschauung gebrochen, rfniil kommt zu dem
Resultat (S. 38), dass der gnomische Aorist sieli niclit
als Präteritum betrachten lässt, und dass seine Bedeutung
identisch ist mit der Grundbedeutung des Aoristes überliaui)t
(§ 14, 1 i? 5). Als solche sieht er die ohne Entwicklung ge-
dachte Verbalthätigkeit an, die irgendwann vorkonnnt (S. 11).
Er betrachtet also den ältesten Aorist nicht mehr als ein
1) Was Sclitnid nach S. 5.*? anzunehmen scheint.
Aktionsart und Zeitstufe. 259
Tempus und g-laubt, dass dessen ursprüng-liche Funktion sich,
wie in den nichtindikativischen Modis, so auch im g-uomischen
Gebrauche des Indikativs erhalten habe.
Schon Moller hatte seinen positiven Ausführungen ähn-
liche Anschauungen zu Grunde gelegt. Er führt die tempo-
ralen Bedeutungen der Yerbalformen auf modale Bestimmun-
gen zurück (S. 113); die ursprüngliche Natur aller Aoristfor-
men, die Bestimmung des Momentanen, schlechthin Vollendeten,
der in einem ungeteilten Denkakt als abgeschlossen vorge-
stellten That (S. 120) tindet er auch für den Indikativ wieder
im gnomischen Aorist genereller Sätze (S. 122).
§ 96. Pfuhl zieht mit vielem Geschick die slavischen
Verhältnisse zum Vergleich herbei (§ 6, § 16); A. Music hat
neuerdings den gnomischen Aorist im Griechischen und Kroa-
tischen behandelt. Das Kroatische ist hier ganz besonders
beachtenswert, weil im Serbokroatischen, wie § 36 ausgeführt
wurde, perfektive Präsensformen, die gewöhnlichen Träger der
Funktion des griechischen gnom. Aoristes, auch an die Stelle
untergehender Aoriste in der Erzählung traten.
Music versteht unter gnomischem Aorist otfenbar jeden
zeitlosen Indikativ des Aoristes, sonst würden Delbrücks ve-
dische Beispiele, auf die er sich beruft (Anz. V 91 j, nur z. T.
passen.
Den Thatljcstand schildert er folgendermassen (S. 92):
ist die zeitlose Handlung abstrakter Sätze imperfektiv, so er-
scheint im Griechischen und Kroatischen das Präsens, ist sie
perfektiv, so erscheint im Griechischen der (gnomische) Aorist,
im Kroatischen neben dem (gnomischen) Aorist häutiger das
Präsens perfektiver Verba z. B. 'A xelp xäv x^ip« ^i^^i (Epichar-
mos) Rulxci riikii pere. (Vuk, Poslovice) — Kdxöav' öjaüuc ö x'
depTÖc dvrip, ö xe iroWd eopyiuc I 320. Cuclo jjcisa ujedose
vulxCi (Vuk, Poslovice). Xeko se za Ust sakrije, a nekoga
ne moze ni cluh da pokrije (ebd.).
Dabei hält er den zeitlosen Aorist zwar für idg., glaubt
aber, dass er sich im Kroatischen aus der (präteritalcn?) Grund-
bedeutung selbständig entwickelt habe (S. 93). So bekämpft
er denn auch Brugmanns Ansicht, der Aor. gnom. wurzele im
Injunktiv, weil das Kroatische zwar den gnomischen Aorist,
nicht aber den Injunktiv kenne (S. 91).
Die Entstehung des zeitlosen Präsensgebrauchs liält er
260 G. Herbig,
gleichfalls für idg-., betont aber ausdrücklich, das Präsens habe
von Haus aus eine geg-enwärtig-e Handlung bezeichnet, weil
man sonst nicht absehe, warum die idg. Ursprache kein per-
fektives Präsens (Aoristpräsens) kennt.
Es ist nun für mich misslich genug zu diesen Ansichten
Stellung nehmen zu müssen. Einmal kenne ich die Abhand-
lung nur im Auszug ; sodann sind meine Kenntnisse des Serbo-
kroatischen durchaus mangelhaft, und ich müsste mich eigent-
lich auf ein relata refero beschränken. Doch möchte ich Ken-
nern folgendes zu erwägen geben.
Die Verwendung der Aoriste neben der üblicheren der
verba perfectiva zum Ausdruck der perfektiven Handlung ab-
strakter Sätze im Kroatischen darf m. E. von der Verwendung
der verba perfectiva zum Ersatz untergehender iVoriste der
Erzählung für die Erklärung nicht getrennt werden. Die
actio perfectiva muss vom Standpunkt der Zeit des Redenden
aus betrachtet als tempus futurum oder tempus praeteritum
erscheinen (§§ 44 ff.). Letzteres trat wie im idg. Aorist (§ 100)
auch bei den serbokroatischen verba perfectiva ein, welche
die Aktionsart mit jenem teilten. So wurden sie geeignet in
die zerfallende Kategorie des serbokroatischen Aoristes ersatz-
weise einzutreten. Es erscheint mir nun ganz natürlich, dass
umgekehrt diese Aoriste, so weit sie tiberhaujjt noch vorhan-
den waren, auch ihrerseits Funktionen jener Perfektiva über-
nahmen und so in zeitlosen abstrakten Sätzen Eingang fanden.
Pludet so der kroatische "gnom. Aorist" in den beson-
deren Verhältnissen dieser Si)rache eine genügende Erklärung,
so lässt sich die Thatsache seines Vorhandenseins nicht mehr
gegen Brugraanns Hypothese anführen, welche im gnom. Aorist
des Griechischen einen Rest der alten Injunktiv])edeutung sieht.
Auch der Grund, den Music gegen die Urs])riingliclikeit
der zeitstufenlosen Funktion des idg. Präsens anführt, scheint
mir nicht sticlilinltig. Wir erklärten uns oben für die etwas
moditizierte Injunktivtheorie, wonach die Formen mit Sekun-
därendungen als enklitische Formen zu denen mit Primäreu-
dungen gleich diesen einmal zeitlose Funktion hatten i § 89, 90 1,
In diesem Stadium der Entwicklung scheinen die Formen mit
Sekundärendungen sich aus (Miicm Paradigma in Perfectiva
und Imi)erfectiva, den zeitstiitV'nhtsen Vorläufern der späteren
Aoriste und Imperfekta, gesi)altet zu haben (,§ bl S. 2;>l3). Ein Be-
Aktionsart und Zeitstufe. 261
(lürfnis uacli perfektiv-zeitlosen Handlung-en war also damals ein-
lach g'einig- zu hetViedig-en : es ist noch in historischer Zeit durch
den g-nomischen Aorist in gleicher Weise, wenn auch vielleicht
in geringerem umfang-, befriedig-t worden. Als si)äter die Un-
terscheidung subjektiver Zeitstufen, insbesondere die zwischen
Präsens und Präteritum, sich auf Kosten der Aktionsarten
(§§ 100 ff.) schärfer herauszul)ilden beg-ann, war in dem nunmehr
vorhandenen wirklichen tempus praesens (trotz der beibe-
haltenen durativ-zeitlosen Nebenfunktion) für eine erst neu wieder
zu schaftende perfektiv-zeitlose Kateg-orie ('Aoristpraesens')
kein Raum mehr, zumal auch das Bedürfnis nach einer sol-
chen geringer g-eworden war, nachdem der Pegriff" der Ak-
tionsart vor dem der Zeitstufe in den HintergTund trat.
§ 97. Gegen die von Pfuhl inaugurierte und von Brug-
mann klar ausgesprochene Auffassung des g-nomischen Ao-
ristes lässt sich m. E. nur ein ernsthafter Einwand erheben:
die Thatsache, dass .das Aug-ment sich häutig genug- beim
gnomischen Aoriste findet. Die Art und Weise, wie Kohlmann
S. 10 und Möller S. 122 die Sache erklären wollen, befrie-
dig-t nicht. Die ganze Erscheinung ist indes nicht befremd-
licher, als der Gebrauch von ai. agät für gät nach niä im
jVIahäbh. (Holtzmann Grammatik aus dem Mahäbh. ^S), wo-
rauf Brugmann Grdr. II 1277 Anm. aufmerksam macht. Vgl.
auch Brugmanns Gr. Gr. 1890 ^ § 160 Anm. Grdr. 11 863
Anm. 2; dazu weiter unten § 106.
§ 98. Das Augment bietet überhaui)t den Gegnern der
Hypothese von der ursj)rünglicli zeitlosen Bedeutung des Ind.
Aor. eine willkommene Waffe, und wer von einer 'Abwerfung'
des Augmentes si)richt wird, von vornherein geneigt sein die
iiugmentierten Formen für älter anzusehen als die augment-
losen. Dieselbe Ansicht müssen natürlich auch die verfechten,
Avelche die Formen mit Sekundärendung 1 e d i g 1 i c h unter
■dem Eintiuss des betouten Augmentes entstehen lassen.
Ich habe mich §§ 89, 90 zu einer andern Auffassung be-
kannt und halte so lange diese oder eine auf gleichen (irund-
lagen beruhende für die richtigere als die Vertreter der Theorie
von der 'Abwerfung' des Augnu-ntes die Antwort auf folgende
Fragen schuldig bleiben. Unter welchen Eintlüssen ist das
Augment in der Mehr/alil der idg. Sprachen gleichmässig
untergegangen? Wie sind das einheitliehe idg. oder die ein-
262 G. Herbig,
zelsprachlichen Lautgesetze zu formulieren, welche den histo-
risch vorliegenden Thatbestand schufen? Oder, wenn an me-
chanische Lautgesetze nicht zu denken ist, wie soll man dazu
kommen ein durch den Akzent geschütztes Wort 'abzuwerfen',
besonders wenn die Sprachen, welche uns zur Kontrolle noch
offen stehen (griech. imd ai.), gerade die entgegengesetzte Ten-
denz verfolgen, nämlich das Gebiet der augraentierten Formen
immer mehr auszudehnen?
Nur nebenbei sei darauf aufmerksam gemacht, dass zwei
sehr beachtenswerte Hypothesen nur dann ohne Zwang ge-
halten werden können, wenn die augmentlosen Formen uralt
sind. Tn einer Zeit, in der das Augment notwendig und be-
tont, und das Verbum enklitisch war, ist unmöglich die Ent-
stehung des Imperfekts und 2. Aorists aus der Gabelung eines
Paradigmas durch Akzentwechsel und doppelte Ausgleichung
im Sinne Pauls. Ebenso fiele Streitbergs Gesetz von der Ent-
stehung der Dehnstufe in Fällen wie {a)naisam gegenüber
(a)nayisam, denn eil in der ersten Form setzt eine idg. Voll-
stufe und diese eine betonte Silbe voraus. (IF. 111 oOö, 396).
§ 99. Der Bezeichnung zeitstufenlose Funktion des Ao-
ristes fehlt die positive Seite. Sie kann nach allem, was aus-
geführt wurde, nur in der Aktionsart gesucht werden. Als-
die Aktionsart des griechischen Aoristes haben wir die per-
fektivicrende erkannt (§ 51). Wir sahen Aveiter, dass diese
sehr alt sein niuss und beim Aufkommen von Typen wie xi-
0r|)m bibuj)ui schon vorhanden war (§ 66). Die Funktion^
Avelche dieselben verschiedenartigen morphologischen Aorist-
typen im Griech. und Ai., also in proethnischer Zeit, zu einer
syntaktischen Einheit aneinander kittete, muss die gleiche
gewesen sein (§ 85): was liegt näher als die Aktionsart des
griechischen Aoristes für den idg. anzusetzen, wenn es nur ge-
lingt, die Gebrauchsweise des ai. Aoristes damit zu vereinigen?
Ein solcher Versuch wird im folgenden gi-niacht (§ 101).
§ 100. Jetzt erst scheint^^mir der Boden geebnet, um
die Frage aufzuwerfen: wie kommt der zeitstufenlose
Ind. Aor. dazu Präteri talbedm t iiuü- zu gewinnen?
Dass die sekundären PerscMialcndiingen mit der Bedeu-
tungsentwicklnng nielit in ursächlie hem Zusnnimenliang ste-
hen können, leuchtet naeli aUem, was danilter gesagt wurde
(§§13,89) ohne weiteres ein; li(iclistens kTmiite man annehmen^
Aktionsart und Zeitstufe. 263
dass nach erfolg-ter BedeiituugsentAvickliuig- die ucue Bedeu-
tung- an sie geknüpft wurde.
Die Sache hisst sich auch nicht so erkhiren, dass man
sag-t, das Durchdringen der präteritalen Augnienttbrnien habe
die anderen auah)g-isch mit fortg^erissen. Dadurch würde die
Fragestellung nur verschoben, denn es gälte nun begreiflich
zu macheu, warum gerade die durch das Augment als präte-
rital bezeichneten Formen durchgedrungen sind.
Ich formuliere also die Frage, wie folgt: welche Wir-
kung musste das Aufkommen der Unterscheidung von Zeit-
stufen auf die zeitstufenlosen perfektiven Aoristformen aus-
üben? Da die Zeitstufe, wie das Griechische erweist, an den
Indikativ gebunden ist, musste sich die Wirkung ihres Auf-
kommens auf diesen beschränken. Man erinnert sich der Aus-
führungen §§ 44 ff. : es wurde dort nachgewiesen, dass das tem-
pus praesens und die actio perfectiva sich ausschliessen. Eine
perfektive, zeitstufenlose Form konnte sich also nur
zum Futur oder zum Präteritum entwickeln: der
erste Fall ist im -.§/o-Futur (§§ 83, 84), der zweite im
Ind. Aor. eingetreten. Wie der Intinitiv und namentlich das
Partizipium ^) des Aoristes oft wegen ihrer perfektiven Bedeu-
tung okkasionell den Sinn eines tempus praeteritum erhal-
ten (ohne dass hier die Möglichkeit besteht, die Sache durch
ein 'abgeworfenes' Augment zu erklären), so geschah es usuell
mit dem Ind. Aor. Sobald einmal die Unterscheidung von
Zeitstufen, zunächst bei einzelnen Fällen, wo sie besonders
wünschenswert erschien, ins Bewusstscin trat, war der Unter-
gang bestimmter zeitloser Indikative besiegelt, die sprachliche
Neuerung war von ganz hervorragend praktischem Wert, alle
vorhandenen Formen mussten ihr gegenüber Partei ergreifen^
um ihre Existenzberechtigung zu siciiern.
§ 101. Bei dem nunmehr erwachten Trieb der Sjiraclic
die zeitstufenlose perfektive Verbalfunktion mit den subjek-
tiven Zeitstufeu zu verschränken, wird als das natürliche Kom-
promis zwischen der actio perfectiva und dem tempu»
praesens erscheinen: die Funktion der soeben eingetrete-
nen 2) Handlung. Denn sie ist das Präteritum, welches dem
1) Pfuhl Aorist S. 16—20, S. 50-57. Cuvtius JM-läutcruimen
S. 178/9.
2) Vg-1. auch F. Haussen Phil. P. 1.S81 S. 1515, der darin F.
2ß4 G. Herbig,
Präsens am nächsten steht und bei der Weiterentwicklung'
nach einer bestimmten Riciitung hin auch wieder zum Präsens
werden kann (§ 103). Tritt so die soeben eing-etretene Hand-
lung- in eine bestimmte Beziehung zur perfektiven Aktionsart,
dann ist mit einem Schlag auch für die Beurteilung der vedi-
schen Aorist funktion der richtige Gesichtspunkt gew^onnen:
sie ist das Produkt aus actio perfectiva und tempus praesens;
in ihr hat sich wahrscheinlich auch die Übergangsstufe von
perfektiver Aktionsart zu präteritaler Zeitstufe versteinert er-
halten. Sie ist in Spuren auch noch im Griechischen vorhan-
den vgl. darüber Mutzbauer a. a. 0. S. 16 und Delbrück SF.
IV 107 tf.
Vom einseitigen Standpunkt der indischen Grammatik
aus lassen sich diese Verhältnisse nicht genügend erklären :
einmal ist in der Frage des Gebrauchsunterschiedes der nicht-
indikativischen Modi der indischen Präsens- und Aoriststämme
noch nicht das entscheidende Wort gesprochen, andrerseits
hat sich im Indikativ die ganze Weiterentwicklung um die
neue Errungenschaft der Zeitstufen gedreht zu Ungunsten der
Aktionsarten, deren Bezeichnung nunmehr als überflüssig er-
achtet wurde.
§ 102. Einen ähnlichen Weg scheinen die meisten übri-
gen idg. Sprachen eingeschlagen zu haben, beispielsweise das
Lateinische, wo Aorist und Perfekt auf Grund der gemein-
samen Tempusfunktion unter Vernachlässigung der urs])rüng-
lichen Verschiedenheit ihrer Aktionsarten sogar morphologisch
zu einer Kategorie zusammenflössen. Anders im Griechischen.
Die vielgerühmte Keichhaltigkeit des griechischen Verbal-
systems l)eruht nicht darauf, dass der griechische Sprachge-
nius alle möglichen neuen Verbalkategorien erflndet, sondern
<larauf, dass er neben der neuen Errungcnsciiaft der Tempus-
bezeichnung auch deren primitive Vorstufe, die Aktionsarten,
beibehält und beide Kategorien in bewundernswerter AVeise
XU einem vollkommenen System verschränkt.
§ 103. Psychologisch ist der geschilderte Übergang genau
derselbe, wie er für verschiedene Spracherscheinungen schon be-
Hartniann Do aoristo secundo S. 52 zustimmt: "Hori non potest ut
eodem temj)oi-c fiat, quod is qui loquitur dicendo dcsignat"; daher
bezeichnet das perfektive 'Präsens' entweder Zukunft oder jüngste
Vergangenheit. Dazu oben S. 200 Beispiel 2 u. S. 213.
Aktionsart und Zeitstiife. 265
sproelien wurde. Das grieeliische Perfekt ist auf dieselbe
Weise in gewissen Gebrauchsarten ein Präteritum g-eworden
wie der Ind. Aor. (§ 56). Bei ihm kann 7Aulem ebensowenig
wie bei den nichtindikativiscben Formen des Aoristes das Aug-
ment als Quelle der Präteritalbedeutung betrachtet werden.
Die Berührungspunkte zwischen dieser Perfektfunktiou
und der des vedischen Aoristes liegen so auf der Hand, dass
Whitney mit vollkommenem Eecht umgekehrt dem Aorist der
älteren Sprache die Geltung eines eigentlichen Perfekts bei-
legt (Ai. Gr. § 928); auch die Weiterentwicklung des Per-
fekts /u einem Präsens der "vollendeten Handlung" macht
der vedische Aorist gelegentlich mit (ebenda § 93U).
§ 104. Weiter vergleichen lässt sich die Bedeutungs-
entwicklung der mit g a- p r ä f i g i e r t e n P a r t i z i p i a
im Deutschen. Brugmann hat IF. V 93 ausgeführt, dass
die Verbaladjektiva auf -fo-s (und wohl auch die damit in Aus-
tausch stehenden auf -no-s) ursprünglich kaum etwas anderes
angaben "als dass durch sie eine Handlung als anhaftende
Eigenschaft und Merkmal prädiziert wird". Erst später wur-
den sie an ein bestimmtes Tempus, an ein Präteritum, ange-
gliedert. Im Deutschen spiegelt sich diese Thatsache darin
wieder, dass das anfangs blos perfektivierende ga- bei diesen
Formen mit ihrer Entwicklung zu Prätcritalformen immer mehr
an Boden gewinnt und schliesslich geradezu als der Träger der
Präteritalbedeutung erscheint. Zunächst blos das Moment der
Vollendung der Handlung bezeichnend dient es zuletzt einfach
zur Konstatierung der absoluten Handlung in der Vergangen-
heit : in ähnlicher Weise entwickelt sich der griechische Aorist
aus einer effektiven Aktionsart zu einem konstatierenden tem-
pus praeteritum. Der ganze Vergleich ist freilich deswegen
nicht ganz schlagend, da das i)räfigierte ga- die Präterital-
bedeutung zwar beförderte, kaum aber hervorrief: das lat. Ver-
baladjektiv nuf -tus und das ai. auf -»rt.s- haben sich ohne solche
Zusammensetzung gleichfalls dem Präteritum angeschlossen.
§ 105. Eine überraschende Analogie bieten aber die
serbischen Perfekt iva in der Funktion eines Präsens
narrativuni zum Ersatz verloren gegangener P r ä t e r i t a 1-
Aorist e. Hier hat sich im Lauf der Jahrhunderte das
gleiche, im Wesen der actio perfectiva begründete Schauspiel
wiederholt: sie ist zum tempus praeteritum geworden. Es
5G6 G. Her big-,
ist höchst bezeichnend, dass nach Bndmanis ausdrücklicher
Bemerkung (§ 3G) diese präteritale Bedeutung nur im Zusam-
menhang- der Erzählung auftritt : ganz in entsprechender Weise
musste auch der griechische Aorist in Gleichnissen und Sen-
tenzen, die ausserhalb der fortlaufenden Erzählung stehen,
uaturgemäss seine zeitstufenlose Bedeutung bewahren. Da
die serbischen Perfektiva nicht allmählich in eine ganz neue
Funktion hineinwuchsen, sondern einfach an die Stelle einer
nior])h()logisch untergehenden, aber psychologisch noch beste-
henden Verbalkategorie traten, wird leicht begreiflich, warum
bei ihnen die Übergangsstufe der soeben eingetretenen Hand-
lung nicht vorhanden ist. Dass auch das serbische Futurum
manchmal diese Funktion übernimmt, erklärt sich daraus, dass
die serbischen Perfektiva einmal Futurfunktion hatten, wie
sie in andern slavischen Sprachen gang und gäbe ist, und wie
sie sich auch im serbischen Nebensatz erhalten hat. Es liegt
hier syntaktisch eine sog. falsche Analogie vor ^).
§ 106. Bei einer solchen Erklärung der Präteritalfunk-
tion des Ind. Aor. löst sich vielleicht auch ein anderes Rätsel.
Der willkürliche Gebrauch augmentierter und unaugmentierter
Imperfekt- und Aoristformen legt a priori den Gedanken nahe,
dass hier einmal feste Regeln bestanden, die erst dur'di se-
kundäre Verschleppungen verwischt wurden. Ich nehme an :
das Augment diente zunächst nur zur Bezeichnung des Prä-
teritums der imperfek'tiven Aktionsart, es w^ar notwendig also
nur im Imperfekt; die perfektive Aktionsart, also der Aorist,
besass eo ipso präteritale Bedeutung, sobald man sie vom Ge-
sichtspunkt der Zeit des Redenden aus betrachtete; darnach
wurde das Augment auch in den Aorist vertragen, und auch
das unaugmentierte Imperfekt (der Imperfckt-Injunktiv i erhielt
Präteritalbedeutung. Hervorgerufen und gcfiirdert wurde die
Vermischung durch die mor[)hologisehe Verwandtschaft von
Im|)erfekt und Aorist II.
§ 107. Es mag zum Schluss erlaubt, sein Aktions-
1) Es wurde § 36 crwälmt, dass in solrlicu FällcMi öt'tors aucli
der Imperativ stellt. V;^!. dazu iMiklosi.' Gr. d. sl. Spr. IV 704—797.
Eine ansprechende Erkläruii<>- bringt WaeUernag-ol Über die Ge-
.schiclite des historischen Infinitivs. (Verhandl. d. ■".O. \'ers. d. deutsch.
Phiiol. 1HH7 S. 27G— 2H3).
Aktionsart und Zeitstut'e. 267
art und Zeitstufe des idg. Verbums noch einmal kurz ge-
genüberzustellen.
Die Aktionsart hängt mit der Verbalhandlung (actio)
unlösbar zusammen; im lebendigen Zusammenhang der Rede
muss jeder Verbalbegrift" als solcher zu ihr in irgend ein Ver-
hältnis treten.
Die subjektiven Zeit stufen sind eine ausserhalb
und überhalb der einfachen Verbalhandlung stehende Kate-
gorie; die einzelne Verl)alform kann zu ihnen Stellung neh-
men, sie muss es nicht. Es giebt zeitstufenlose Verbalformen,
aber keine ohne Aktionsart.
Zeitstufenlos sind im Griechischen z. B. alle Ver-
balformen mit Ausnahme des Indikativs, dazu alle Judikative
in allgemein gültigen Sätzen; ohne Aktionsart sind blos
theoretische Abstraktionen der Grammatiker: die sog. Verbal-
wurzel, oder der jetzt an ihrer Stelle als Repräsentant des
Verbalbegrift's geltende Inlinitiv, natürlich nur so lange er nicht
im lebendigen Fluss der Rede steht.
In vielen uichtindogermanischen Sprachen, besonders deut-
lich in den semitischen, ist der Begriff der Aktionsarten der
herrschende geblieben. Der ältere ist er auch im Indoger-
manischen. Unter der Schicht der subjektiven Zeitstufen linden
wir deutlich die verwitterten Reste der älteren Aktionsarten,
und dem schärfer zublickenden Auge werden hie und da noch
die Fäden offenbar, die von der einen zur andern Auflfassungs-
weise hinüberleiten.
Der Fortschritt — denn ein solcher sind die subjektiven
Zeitstufen unbedingt — ging hervor aus einer Verschiebung
des Standpunkts des Redenden. Er sah zunächst die Hand-
lung blos auf ihre Art an und gab sie demnach sprachlich
wieder. Dann betrachtete er sie nach ihrem zeitlichen Ver-
hältnis zur lebendigen Gegenwai't, aus der heraus er sjjracli,
und dieselben Formen, welche unter dem einen Gesichtswinkel
als perfektiv erschienen, stellen sich unter dem andern als
Futura oder Aoristpräterita dar, ohne dass die letzteren im
Griechischen ihre ursprüngliche Funktion je verleugnet hätten.
Der Übergang von der einen zur andern Betrachtungs-
weise erfolgt allmählich; sie gehen im Griechischen ncl)en-
einander her, in den meisten andern Sprachen hat die zweite
als die praktischere die erste fast gänzlicli abgelöst.
268 G. Herbig-,
Der erste Anlass zur Verschiebung ist unklar. Vielleicht
hat sich die zweite Betrachtungsweise ganz unabhäugig- von
der ersten entwickelt, vielleicht reichen ihre Wurzeln in die-
selbe zurück. Jedenfalls hat man bei ihrem Übertritt aus
einer psychologischen zu einer grannnatischen Kategorie die
morphologischen Elemente, an welche die erste Betrachtungs-
weise geknüpft schien (Reduplikation, Vokalabstufung, -es-
Stämme im 1. Aorist), auch zur sprachlichen Wiedergabe der
zweiten benützt.
Solche Aufstellungen sind nicht neu. Wenigstens zucken
ähnliche Grundgedanken in verschiedenem Zusammenhang
auf^j. Neu scheint mir nur die systematische Art der
Ableitung.
Wir haben versucht aus der Verschiedenheit der natür-
lichen Bedeutung der Verbalbegrifite die Scheidung und Ver-
breitung der Aktionsarten abzuleiten und neben und aus die-
sen die Entwicklung der psychologischen und grammatischen
Kategorie der Zeitstufen begreiflich zu machen. Damit wäre
eine Brücke geschlagen zwischen den bescheidenen Anfängen
und der stolzen Krönung des indogermanischen Verbalsystems.
Es liegt mir natürlicii fern für die Richtigkeit aller der
Schlüsse, welche in das glottogonische Nebelheim hineinragen,
aber zum Ausbau der ganzen Theorie notwendig schienen,
mehr in Anspruch zu nehmen als einen hohen Grad von Wahr-
scheinlichkeit. Das liegt in der Natur der Sache. Ich Avürde
es aber auch schon als einen Fortschritt betrachten, wenn
dieser bescheidene Versuch dazu beitrüge den einen oder an-
dern von einer vorgefassten und dogmatischen Theorie der
indogermanischen Tempora zu einem non li(|uet zu bekehren;
schon die Bestärkung in der Einsicht, dass sie nicht auf einmal,
wie Athene aus dem Haupt des Zeus, in die Erscheinung tra-
ten, sondern aus primitiven Vorstufen langsam sich entwickel-
ten, Avird zu weiterem Forschen Anlass geben. Jedenfalls
1) K. W. L. Heyse Systcin dci- S])r;u'liwissonscliart lirsy. v.
H. Stt'iDtlial IH.öG J? •i.'52. — Frd. Mülk-r Der Verbalausdruek im
arisch-soiiiitischcn Sprachkreise. Sitz.-Ber. d. phil.-lii.st. KI. d. Kais.
Ak. d. W. Wien Hd. XXV (1.SÖ7) S. 37;> tf. namentlioli S. 2C., 29, 39.
— La Grasserie De la catc'-gorie du teinps (ISSHi S. 3. — Pfulil Die
Bedeutung des Aoristus ;lSf)7; S i3, 4 und t; 14, 2. — F. llanssen Pliil.
R. 1881 S. 1515.
Aktionsart und Zeitstut'c. 269
hoffe ich gezeigt zu haben, dass der Vevsiicli sekundäre Bc-
griffc der shivi.sohen Grainniatik mutatis uiutandis auf dai4
Griechische und Indogerinanisclie zu übertragen eine Reihe
fruchtbarer (Tcsichtspunkte aufdeckt. So würden diese Aus-
führungen ihrerseits wieder den Satz Itestätigen, in dem sie
ihre Berechtigung suchen, dass die i)sychoh)gischen Falvtoren
in der natürlichen Sprachentwickhmg ewig dieselben bleiben,
und dass die Sprachen, deren lebendigen Odem wir noch füh-
len, uns die besten Watfen in die Hand geben zur wissen-
schaftlichen Eroberung eines Gebietes, das an der Schwelle
oder jenseits aller Erfahrung liegt.
G u s t a V 11 e r b i ff.
Baltische Miszellen ^).
{'■>. Die Tostpositionen -an -eti und die litauisch-lettischen
Lokale.
1. Das Litauische besitzt bekanntlich eine Postposi-
tion -na, -n, die behufs Zielbezeichnung an Akkusativformeu
gehängt wird, heutzutage jedoch nui- im östlichen Sprachge-
biet in voller Lebenskraft steht. S. z. !>. Kurschat Grammatik
§ 1445 und 14^8, Bezzenberger Beitr. z. Gesch. d. lit. Sprache
248 ff. BB. XVIII 25:) habe ich noch gedacht, dieses -na (-n)
mit der slav. Präposition na 'auf verbinden zu dürfen: dies
ist jedoch durchaus unzulässig.
Sch(m Bezzenberger a.a.O. 250 führt Belege an, die für
-7ia ein -na^ (-no, -nu) haben: die Zahl derselben ist al)er so
gering, dass es mir scheinen wollte, dieselben seien unter die
in älteren Drucken so überaus zahlreichen Druckfehler res]),
Belege einer sehwankenden Schreibungsart zu rechnen. Ent-
scheidend ist für mich jedoch der Umstand, dass die ostlitaui-
sche Übersetzung von Ledesmas Katechismus v. J. 1005 (hrsg.
von Dr. Jan Bystroii, Krakau 1890. S.A. a. d. XIV. Bd. der
philol. A1)h. der Krakauer Akademie i durchwegs -nu (neben
-n) schreibt: in jjasJxundosnu S. 37, 41, 44, Dungüsnn .'»7,
41, 44, zemesnü 44, luriuosnu 61, namüsnu 82, Der unbe-
kannte Übersetzer schreibt jedoch (wie Szyrwid: s. Garbe in
ßezzenbergers Lit. u. Lett. Drncke 4 S. XXVI ff.) in einem
1) Vg-i. IF. IV 470 ti'.
Imlu{,'ermani.si.'hc Forschuiifreii VI J a. -l. ly
270 Josef Zuhat y,
Dialekt, wo taiitosyllabiselies an am a v.w nn um i{ Twie tau-
tosyll. en em e zu /w im 1} wird'): wir haben die Postposi-
tion also etymologisch richtiii: als -na zu \erstchen und zu
schreiben. Auf -ne, welches auch vorkommt TBezzenberg-er
1. 1. 2ö()i ist kein Gewicht zu legen: entweder verdankt -ne
sein -e, wie Hezzenberger meint, den zahlreichen Lokalen auf
-e, oder aber, Formen auf -ne sind nur künstliche Produkte
einer gTammatischen Spekulation der betreffenden .Schriftsteller,
die zu der ihnen geläutigen Form auf -n eben auf (irund der
volleren, gewählteren Lokalformen auf -e. die im Lit. seit
lange neben apokopierten ohne -e gebräuchlich sind, eben
Formen wie rardane usw. gebildet haben.
Wie ist nun dieses -»r; zu fassen? Bezzenberger schreibt
(S. 250 ) : '' Die Form -nq scheint mir aus -na-n(a), der 's er-
doppelten l'ostposition, entstanden zu sein: an die fertigen
Formen auf -na wurde die Postposition -na, verkürzt -», pleo-
nastisch hinzugefügt". Der Vorgang wäre ziemlich seltsam.
1) Eine Aiisnaliine bilden die Wörter kantryJx'- 'Geduld', /.y//7-
trei 'gediildig-' 55, 81, 83, die in dem Dialekt des Kat. als Lehn-
wörter zu gelten haben; der Übersetzer hat diese der Religüonster-
minolog'ie ang-ehörigen Wörter anderswo, zunächst in Daukszas
Übersetzung desselben Buches v. J. 1595, die er ja ausdrücklich
nennt, kennen gelernt. Auch bei Szyrwid ist z. B. idant neben dem
dialektniässigen adiinf in diesem Sinn ein Lehnwort (s. Garbe XXVII,
auch IF. III 141 f.). Wenn daher Szyrwid auch z. B. knnuosna,
dulkiesna, namuosna für zu erwartendes '''kunüsnn usw. schreibt
(40 18, 43 13, 61 16), so dürften auch dies keine seinem Dialekt zu-
kömmlichen Formen sein: er selber sprach offenbar für das postpo-
sitionelle -nq (-nv) bereits auch im Plural mit Apokope -n (z. B.
61 21, 89 24,' 98 14, 137 25, 139 13, Garbe XLII) und Formen mit -na
schrieb er zuweilen so, wie er sie aus andern Dialekten, resp. Bü-
chern kannte. — Wenn im Kat. 1605 neben vielen Belegen von
itnfaras (= anfras 'secundus', daneben rnfi-u-kärf 'zum zweiten
Mar, Bystron 126; auch in Baron-Wissendorfts Dainas steht 312
tltar.s für .sonst, lett. vtrs) aueli anfars 43, äniaro 86 steht, so sind
dies offenbare Druckfehler (viell. sprach der Setzer ontaras oder
antras). In treihti {isztremtiey d. h. iszfremfe-ji 58) dürfte e für
lautgesetzliclies / der Analogie des Präsens zu verdanken sein
{trenäii-, die Jotation hat im Balto-Slavisclien nirgends die (xeltung
eines Konsonanten, so dass em in fremik u. dgl. nicht tautosyllabiscli
ist); so hat Szyrwid aucii affremf 67 7, ittremtl 106 3. i-irenis 155
31 (remiüj, sutem.s 136 4 (aus dem Aor. siifi-nio: l)ei den lit. Inclioa-
tiven kömmt ja der Aorist bei Weitem am häufigsten vor).
Baltisclie Miszellen. 271
aber iiielit iiinnöglicli : so sag-t man aucli in Hrilnncn dialek-
tiscli ?:e z PJzne statt z Plzne ('aus Pilsen'), indem z Plzne
(^wie derii'leiclien ja bei Ortsnamen nicht selten vorkonunt) zu-
sannnen als ein Wort enn)funden wird. Bei dieser Deutung'
bleibt jedoc'li ein anderes Rätsel ungel(>st: und ieli glaube
eine andere Lösung bieten zu kr>nnen. die beiden Kätseln ge-
recht wird.
"Vor -u((; -n tindet nicht die . . . 8chwäehung der Ak-
kusativ-Endung ([ zu H, res|). e zu // ("i) statt", sag't nändich
<iarbe S. XLII über .Szjrwids Sprache; und dasselbe g-ilt
-auch für den Katechismus \. J. 1605. Neben Akkusativen
Dieicu icUfa\, wdrdn (vardcf) usw. (Bystron 8. 18) finden
wir g'anz Avie l)ei .Szyrwid icardan S. 34, galan, izganlman
■36, niekan 4<), pagünd'iman 49, öO, 03, ipidiman 74 ^). Ge-
gen AkkusatiA'formen Avie zemi (zeme), malöny (mcdöne) u. ä.
(Bystroh 19) steht Jxaralisfen 8.48: nachdem jedoch bei fem.
-«-Stämmen neben unerweiterten Akkusativen auf -q (-?() die
durch unsere Postposition erweiterte Form -ona -on {praustön
48, iszmonlon 62, vgl. Bezzenberger 249, Kurschat i^ 1488,
Garbe XLII i hat, werden wir schwerlich irren, Avenn wir in die-
sem -en i-enq) eig. -en {-enq} sehen, Avie ja Kurschat a. a. 0. gi-
reii, im AVörterbuch sziduren Unkal sehreibt; und tautosylla-
bisehes -en '-e-), g-esetzt, dass es sich um ein solches über-
haupt handelt, d. h. g'tren, sziduren u. dgl. als gtren, szidu-
ren zu verstehen ist. kennen Avir ja in keinem einzig-en an-
derweitigen Beleg, um sagen zu können, Avie dasselbe etwa
in unserem Dialekt erscheinen sollte (abgesehen davon, dass
tautosyll. -oji- -en- -o- -e- nach den bekannten Lautgesetzen
im Lit. ja eigentlich nicht denkbar ist).
Xachdem das a v(ir -nuD in diesem Dialekt in devan(q),
rardan^q) u. ä. nicht zu n wird, Avird es eben auch kein q
sein. Wir haben da unter zAvei jMrtglichkeiten die Wahl.
Entweder haben Avir es mit dem Resultat eines Gesetzes zu
tlnm. AVdrnach -an)i- zu -an- gcAvorden ist. was ja an und
1) Die beiden Fonueii -??//, -u sind in diesem Denkmal so
verteilt, dass die erste an Plui-al-, die andere an Singnlarbildnng'en
tritt. Dass in rardau u. dgl. -(tu tautosyllabiseh ist und doch bleibt,
ist kein Verstoss gegen die obige Kegel: denn es ist eben aus •■'ra/--
danu, resp. ^rardcutit durch Apokope entstanden.
272 Josef ZuTjuty,
für sich niclits Unmögliclies wäre. Oder al)er, z. B. vardanq
ist cardan-a /u teilen: der iirsprüiigliclie Akk. 8g-. vai'daUy
den wir ja für das Vorlitaiiisclie unbedingt Adraussetzen müs-
sen iwic aiiel) das Preiiss. im Akk. Sg. -(in bietet')'), wäre in
unserem Dialekt hier nicht /u "'vardun vai'dn geworden, weil
die Endung- -an in Verbindung mit *<772 a eben nicht tauto-
syllabisch war; nicht tautosyllabisches -an- Itleibt sow<ild im
Katechismus als l)ei Szyrwid (z. W. in anas. -inai/ijfi, -<ja-
nt/fi u. dgl. m.).
Von diesen beiden ^lögliehkeitcn geben ^vir entsehieden
der zweiten den Vorzug-. Hauptsächlich deshalb, weil ein.
])ost|)oniertes */?«» *Mr( in den verwandten Si)raelien nichts
ähnliches bat und überhaupt einem echtem indoeuropäischen
Wortg-ebilde wenig ähnelt, während ^an q sieh vortreftlich an
slav. on- (in '^'on-utia 'Fusslap])en' S(dmsen KZ. XXIX '.•7'.
Meillet Mem. d. 1. Soc. d. Lingu. lX49i. n- asl. adoji, w. ä.,
^lildosich Etym. Wiirt. 221) = r7> n- 'vh njeti/i,j, vij, ferner
an *ew (lett. e-^ preuss. en, lat. ir. got. in. griech. ev ;, *r>?i
(oder *« : lit. in /) reiiit. Die l>eiden Umstände, dass das
urspr. akkusativische -m schon als -;^ und das urbaitische -an
(= urs])r. -oni) noch nicht als -</ erscheint, ergeben die chrono-
logischen (Trenzen der Zeit, in welcher die besprochene Ver-
bindung- zu (''intMu \\'(»rt geworden ist. Sonst kann ja diese
Verbindung bereits in einer Zeit aufgetaucht sein, wo der Akk.
8g-. noch -m auslautete: slav. r&, s7, z. B. als Präposition, mit
dem lür auslautendes -o>// lautgesetzlichen -7> neben a- sa-
als Prätix lehrt, dass Präpositionen (und Posti»(tsitionen i nicht
seit jeher und innnei- mit dem zu ihnen gehrtrigen Xomcn als
ein Wort gefasst werden (wie z. 15. auch die ved. Postposition
A'äin = slav; A-& ihren Ton bewahrti.
Mit dieser Auflassung von ml'iitan-a, rardan-(i stimmt
auch {(Hon-q, giren-q vertrcfHich überein: die Endung-en -an
f urspr. -äni), -en /"urspr. -len/) haben ihre urs|)rüng-Iiehe Länge
bewahrt, weil sie nicht tautosy Ilabisch sind. Ilei -ei- -eu-Ütimi-
men finden wir das ihrem Akkusativ 8:;-. v<ni Keclitswee-en
1) Bczzciihcrger führt a. a. 0. 123 aus Bretken und Si'iigstock
noch ein (dijdn, scliitiin szcvien, akmenin, tirnidfiiin an, wo jcdocl»
das <;'e.srhrieb(Mic -// scliwcrlich .ils die Wifdciunbc eines volK'U
Konsonanten zu •iclteii lial.
Bultischc. Miszellen. 27a
y.ukoiunieiule -in -nn : su in dangiin (dangtin-a) 'in den Him-
mer, szaJln 'fort', eig\ 'auf die Seite' (szaJin-a). Für den
Plural haben wir -iis-a, -os-a (-ds-q), -es-q, -ysa- (*üs-q?) voraus-
zusetzen ^j (ja, wie wir unten zu zeig-en suchen, dg-1. Formen
siinl in älteren lUichern zu finden, wenn auch mit einer etwas
1) An der Saclie ändert niclits. dass im Akl.:. PI. der ursp.
-o-Stämme die Endung' -iis -u.s (neben diai. -iui>:) noch niclit zur
•Genüge aufgeklärt scheint. So lang-e man keinen probablen Grund
hat. warum aus i;rspr. '■■uns im Akk. PI. im Arischen -ans statt des
^VAvarteteu *-ans entstanden, halte ich es für unumgänglich, von
urs]). ■■'-uns auszugehn. Tn \nbetracht von sl. jjeshkh 'Sand' : ai.
■päsn-, von Lok. PI. wie -Doliash zu Doljon- (ursj). -iöii-) halte ich
es noch immer für müglich (Arch. f. sl. Phil. XV 498), trotz Streit-
bergs EinAvenduiigen IF. TTI 15G [mcsä ist jedoch mit Streitberg- für
^in slav. Lehnwort zu halten, wie nach de Saussures Gesetz der
Schleifton auf «' y.ii zeugen scheint), dass auf dem baltoslav. Gebiete
unter uns nicht ersichtlichen Umständen -ens- -ö/is- zu -es- -ös- wer-
den konnte. Doch auch dies nicht ztigegeben halten wir nicht
Streitbergs Deutung der Akkusativendung- -üs -iis 1. 1. ]ö2 ft'., die
von ursp. ''■-6ns ausgeht, für die einzig mögliche. Ich halte noch
immer die Endungen des Akk. PI. im Ai. für das treueste Abl)ild
der urspr. Verhältnisse: darnach hätten wir für die Ursprache ■-öns,
*-«.■* für die -o- und -ä Stämme, '''-ins für die männlichen neben *-is
für die weibl. -e/Stämme, und ebenso '^-nns neben '■•-».v iür die -e?j-
Stännne anzunehmen. Ob dies richtig- ist oder nicht, geht uns
g-lücklicher\veise diesmal gar niciits an: für das Litauische muss man
von älterem -äs bei -ä-, von -ts -üs bei allen -ei-, bzw. -e«-Stänunen
ausgehen (sämmtlich mit Stosston), mag man dieses -äs -is -üs schon
als wie immer entstanden ansehen. Diese Formen können nun ganz
wohl die eigentliche Akkusativendung- der -o-Stämme, mag- sie wie
innner ausgeschaut haben, beeinfiusst und ein -ös daraus gebildet
haben. Der ^'organg• wäre allerdings in eine ziemlich frühe Zeit
zu datieren. Die dialektische Endung -uiis ist ganz Avie ]»reuss.
-ans der direkte Nachkomme von ursp. '-^-öns, oder wenn man Avill,
''■'■-öns; sein -u- (man erwartet ja eher -ans) mag den Neubildungen
auf -iis -Ks zu verdanken sein, was natürlich voraussetzen würde,
dass beides eine Zeit lang in demselben Dialekt nebeneinander stand.
Oder haben wir \ iellciciit in dem -ii- den Beweis der urspr. Länge
von -ö- zu sehen':' Vgl. -ii im Gen. IM. und Nom Sg. der -e/?-Stämme
aus urs]). -öni -ön neben -q im Akk. Sg. aus ursj). -o/»; allerdings
scheint lit. I:(idn 'wann' für vorlit. '■■kodun bzw. ■■'kiulon zu stehen
<Afsl. Phil. X\' ,'iO(3 f.), so dass der Wandel von -ün- in Auslauts-
silben zu -ün- bzw. -un- für gestossene Silben nicht Geltung hätte
(dial. «Ä:???M, resp. dessen Vorfahre, hätte den Schleifton der -/<-loseu
. Form, woraus akmu, zu verdanken; anders Streitberg IF. I '2^a).
274 Josef Zubat}'',
iibweichenticn Geltuuii-): durch diese Formen .«^ind offenbar aueli
die Xenbildung-eii (resp. Umwaiidhiiig-cn von -((s-a uswj -m^-na,
-os-na, -es-n({, -ys-nrr {^-iis-ua/) in betreff der \'okal(ßiantität
beeinflusst worden; sonst hätten ^vir ja anzunehmen, -na sei
ischon in einer Zeit ani^-eliängt worden, wo im Akk. PI. nocli
die nrsi)r., nielit nacli den lit.-lett. Auslautsg-esetzen verkürzten
Läng-en standen. Bihlung-en wie namiis-nq, (für '''namiis-q) usw..
deute ich nun so, dass im Sg. (-an-q) nicht -q. sondern -nq
als die angehängte Postposition, resp. als Endung autg-et'asst
und in dieser Gestalt in den Plural übertrag-en wurde, was
namentlich seit jener Zeit besonders naheliegend war, als -n
in nicht mit -q verbundenen Akkusativtbrmen des Sg. irardq,
aki usw.) seine volle Geltung eingel)üsst hatte. Man vgl.
indessen z, B. -dem in lat. idem, eiusdem usw., Avelches au&
id-em in ähnlicher Weise verallgemeinert worden ist, obwohl
das alte id daneben intakt blieb. — Neben namus-nq, ranlos-
7ia., dübes-nq, akys-nq hat man bei den -e?^Stä)nnicn kein
z. B. ^'dangü.'i-nq, sondern wie bei den -o-Stännnen nur dau-
f]üs-nq (s. z. B. Bezzenberger 1. 1. und o. S. 269); ebenso lautet
der Lok. PI. dancjiise, nicht ^dangüse, wie man z. B. nach
alvjjse erwarten m()chte. Dies ist natürlich eine Neuerung nach
namus-nq, namuse, die teils durch den Zusannncnfall im
verkürzten Akk. PI. (namus, dangaa aus *nam/is, ■■■ddngus)^
teils vielleicht auch durch die Lokale >Sg. auf -(( bei den -eu-
Stännnen, die im heutigen Lit. und Lett. nunnehr dialektisch
vorkommen (Bezzenberger Götting. Nachr. ISi^") IGU, BH. XTI
227^) früher aber wohl weiter verbreitet waren, begünstigt
wurde.
Selbstverständlich ist es, dass die Apokope der Schluss-
vokale 'z. B. rardan aus rardan-q, namusn aus n<(nuis-)iq),
die soviel es scheint zuerst und vorwiegend im Singular zum
Vorschein kommt ^), erst dann möglich wurde, nachdem die
ursprünglichen Akkusative rni-dan u. dg), so gesprochen \\ur-
den, dass keine Verwechslung mit dem späteren iuirdan, näm-
lich dem apokopierten vardan-q mehr nKiglich war.
1) Am Uinfi,-sten scheint sii-li thi.s rituelle rardana (neben car-
dan) 'im Namen' ^ielialteii zu lialien: das '.samo<i-itische' N. Test.
z. B. hat sehr oft r(ir<l<ma, wahrciid sonst im Sing-, in der Regel nur
-n .steht.
Baltische :Miszellen. 275
Eines bleibt noch zu erörtern: nänilieh. wai'nni neben
vardana varchoi n. A. jxm/dn 'nach Hause' (zu junnas)^),
neben szaliti, daugun u. di^l. szlrdfjn 'zu Herzen' izu szirdtf^)
g-esi)roelien wird (Kurschat 1. 1.). Die abweichende \'okalläni;e
könnte man so deuten, dass, während vardan, szcdhi das
ursprüng-liche cardan-q, szaUn-({ respräsentieren würde, ncwwn,
szirdtjn die unursprüngliche Form der Fostposition, -nq, hätte
(namq-nq, szirdi-)iq): wir hätten da etwa mit einei' Krsatz-
dehnung zu thun (Bezzenberger a. a. 0. :^49i. Xur dass in diesem
Fall völlig unbegreitlich bleibt, warum namön, szirdf/n eine
andere Behandlung- erlitten haben, als die sonstigen Bildung-en
dieser Art. Was namön anbelangt, so scheint es überhaupt
ursprünglich keine hieherg-ehörige Bildung" zu sein. Das Wort
ist nändich das einzige, welches auch ohne -n vorkommt^),
ja es giebt Dialekte, welche überhaupt namön nicht kennen,
sondern nur namö oder namu: und ich glaube, namön ver-
danke sein -n überhaupt nur der Analogie der übrigen uns
beschäftigenden Bildungen, zu welchen es wegen seiner Be-
deutung- g-ezogen wurde. Xaeh namön mög-en sich Adverl)ia
wie cziön, sziczion, Union (= lniTx\ linlxai Kurschat i? 1489;
urspr. ninlau^) z. B. Auszra l 163, 297 TI 94, 100 so wie
die vereinzelten Bildung-en wie südon für sCidan (s. Anm. 1)
gerichtet haben. Was szirdi/n für das erwartete Hzirdin,
"^szirdin-q anbelangt (vgl. .szalin, woneben nie szalf/n steht ;
1) Übrigens kömmt -on uvisser namön hie und da auch sonst
bei niännl. -«-Stämmen wov: so z. B. nusidejimon, uzstaton, kaleji-
7)ion ÄnszraJl IQo. [Dowkonts ]jatcaisd(m, gaton \\. dgl. ist indessen
wohl als i^avaizdan zu fassen: in seinem Dialekt wird taiitosyll. an
zu an, selbst dann, wenn es urspr. heterosyllabisch war; so ont
= ant, ons (= ans, urspr. anäs) neben Plur. anti (ane-ji)]. Im Var-
pas V 156 werden Formen wie sudon st. süda?i, pragaron st. pi-ä-
gavan, ja sog-ar iiamü.snon st. namnsna, akiesnon st. aki/s-nq (resp.
akesnq nach der -e-Dekl.), allerdina-s als tVhlerliaft, angeführt.
2) Nur im Plural verliert sich -n dialektisch wegen der unbe-
quemen Konsonantenprupi)e -sii : sratimuöü miszkuös = svetimüs-na.
oniszkus-nq 'in fremde Wälder ' Baranowski An. Szil. (Ostlit. Texte) 329.
Allerdings führt Kurschat im Wörterbuch auch ein szal{ = szalifl
an, deutet aber durch Klammern an, die Form nicht verbürgen zu
können. Man vg-I. übrigens varda, dangii für vardan, dangun bei
Bezzenberger 249; vielleicht (aber schwerlich) sind so auch die Be-
lege des Akk. der Richtung bei Delbrück Grdr. III 79.3 zu S. 365 zu
fassen.
276 Josef Zu bat}'-,
aiicli szirdi]}} n. dgl. ist siclierlicli nicht in alleinigem Oe-
braucli), so dürfte es eine nach aulxzifjn "\\\ die Höhe' u. dg).
(s. u.) umgeänderte Endung haben, lielehrend sind Phrasen
wie inifyn elti 'ringen' (eig. wohl 'in einen Ringkampf gehn'),
Idrstfjn eiti 'in Zweikampf auf den Hieb gehn', lenkt fjn begti
(Jöti, razuitii 'um die Wette laufen (reiten, fahren)', die auf in
den Infinitiven imf'i, l-irsti, leilkti enthaltene -«'/-Stämme zurück-
zuführen sind 'Vgl. Icnkf/M ' Wettlauf' ])ei Nesselmann 307),
woneben kein intfiri usw. zu bestehen scheint; -t/)i für -in ist
da offenbar der Proportion hJitas (Part. Pf. Pass.i: imfi/n =
duksztas : auksztfjn zu verdanken. Für danguii ist kein ana-
loges ^dangün (mit ü) aufgekommen, offenbar aus dem Grunde,
weil neben -iin aus -nn-a nirgends Bildungen auf *-ini aus
-ün-c{ existieren (Dangim bei Bezzenberger Beitr. z. Gesch. d.
lit. Sjjr. 249 ist natürlich ein Druckfehler für daugun).
Was die Betonung anbelangt, so scheint die Postjtosition
-a (-nqi im Plural den Stossakzent zu tragen überall, wo
der blosse Akkus. PI. oxytoniert ist: es konnnt im Lit. auch
sonst vor, dass bei Komposition eine Akzentverrückung gegen
das Ende zu eintritt. So namüs : namüsna^, rankäs : rankos-nq^
(Kurschat i? 1488 1; bei A])okope übergeht nach der bekann-
ten Kegel der Akzent auf die vorhergehende, nun geschleifte
Silbe (Brugmann Grdr. I 564): namn.sn, rankösn. Im Sg.
scheint der Nominativakzent massgebend zu sein: rardas : i-ar-
dan. Idüka.s : laakan (aber abweichend miszkan aus miszkan-q,
medziafi, klanan Baranowski 1. 1. 20, 76, 335 zu miszkas,
medis, klänas); haznyczia : haznijczion Kurschat I. 1., aber
krüvön (aus krüvon-q), sriuhön zu krnrri, sriubä Bar. 122,
170, 293 (rankan Kur. 1445 für rankön erklärt sich aus der
Neigung gewisser Dialekte, den Akzent auf der Wurzelsilbe
zu stabilisieren); glren, szldnren Kur., zu gire, szidurc, aber
gi'snien Bar. 320 zu gl\sme\ szalin, puszln, debesln (Bar. 143,
297) zu fizalis, pusz'ix, dehcftis; dangiin zu dangus (aus dan-
gun-ii). Wir machen auf den unverkennbaren Zusammenhang
dieser Akzentuierung mit der der hctrclfcnden Lokative auf-
merksam, der n(»ch schlagender ist, wenn man annimmt, Ba-
ranowskis m'iszkan habe eine ältere Betonung als Kurschats
rai-dan, und z. B. für ranko.se im Lok. PI. sei älteres *>*^«-
kose zu vermuten.
Merkwürdig sind die unter Cmständen l)ei :\\\en Adjck-
Baltisclie Miszellen. 277
tivcn inügliclien Bilduiig-en auf-//;?, ^vie anJcsztfjn 'in die Höbe' :
äulx^ztas 'hoch', zenifjn 'hinab' : zemas 'niedrig'', szaltf/n {szal-
ff/n e/fi 'kalt werden', eig-. 'in Kälte kommen'; vg'l, gerof'na
icers Hezzenljerger 2r)0?i, vg-j. Knrsehat i? 799. Dieses -f/n
stellt sicherlich für *-//'^"'{- Din'fte man die Apokope von -q
in sehr frühe Zeit verleg-en, was wohl nicht ang'eht, so wäre
die Deutung- der Läng-e g-anz einfach: anlszit/ii usw. wäre
der Akk. Sg-. eines -/e-Stammes, vermehrt durch die (apoko-
pierte ' l*ostposition -a und -y- würde dann gerade so zu fassen
sein wie in Xom. f/((id//.s. Vok. gakUj neben zödi.s, zndi. (In
der That besteht z. B. nel)en szaltf/n ein szalth i-czio) 'Kälte') ^}.
Da die Apokope aber sicherlich verhältnismässig* späten Da-
tums sein muss, bleiben uns nur vage Yermutung-en übrig:.
Es ist möglich, dass in '^(mJcsztt/n-q schon vor der Apokope
der g-edehute Ton bestand, ol)zwar die Endung- des Akk. Sg.
im Lit. 'verschiedene Pronominalformen ausgenommen ) sonst
nie den Ton hat. !Man könnte auch annehmen, die Endungen
-fs (Xom.), -hl lAkk.i, -/ (Vok. 8g.) der männl. -/e-8tämme
hätten lange, l)is in die Zeit nach der Apokopierung der in
Rede stehenden Formen hinein, 'halblanges' / gehabt, das
sich späterhin je nach dem Akzent als / oder aber als t (y)
offenl)art. ]\Ian könnte sogar versucht sein, eine Anknüpfung
au die merkwürdigen Formen auf -7- von -rt-Stämmen im Alt-
indischen (z. B. siil-Jf hhavafi, astl, .saJdl l-aröti 'weiss wer-
den, sein, machen' von snldä- 'weiss') zu suchen. — Sei dem
wie es wolle, jedenfalls sind unseres Erachtcns diese Formen
hierherzuzielm. Bezzenberger 11<> l)ezweifelt dies, indem er
auf altlitauische Bildungen mit -ijuiui -i/)i/u -tjmii -i/nai ver-
weist. Schon die Mannigfaltigkeit dieser Formen allein ge-
nügt sie verdächtig zu machen. Ich glaube, wir haben in
diesen verschiedenen Xebenformen lediglich einen Versuch der
Sprache vor uns, die doch am Ende vereinzelt dastehende
Advcrbialbildung -"'/jnti -f/n nach sonstigen Adverbialbildungcn
umzudeuten: nämlich nach den Adverbien auf -ai, und nach
den adverbiellen Dativen und Instrumentalen auf -ui -Ini -u
(z. 1>. apJlnkui, pavejui, Jaüku — laühan, pesfh u. dgl.).
Man vgl. namöniiij Juskevic Dajnos 824. 15, was ähnlicher-
weise aus namön 'nach Hause' umirebildet zu sein scheint.
1) Zu vergleichen wäre iiain. Noin. Sir. flulisi neben demselbeu
Kasxxs uach der zusammengesetzten Deklination didys-is.
278 Josef Zubaty,
2. Auch (las Lettische liat äliiiliclic Formen aufzu-
weisen, die jedoeli, wie es auf den ersten Blick scheinen will^
aasschliesslich dem Singular angehören und immer apokopicrt
sind'); auch tritt uns da die zur Bekräftig-ung der unten fol-
genden Vermutungen wichtige Eigentiunlichkeit vor die Augen,
dass diese Formen nicht nur, wie im Litauischen, zur Ziel-
hezeichnung, sondern auch in rein lokalem Sinn, zur Bezeich-
nung eines Verweilens irgendwo, verw^endet werden. Aus dem
Katechismus v. J, 1586 (Bezzenbergers Lit. und lett. Drucke
II I sowie den Vndeudschen Psalmen v. J. 1587 (hrsg. von
I).'zzenberger und Bielenstein, Mitau 1886) geht hervor, dass
diese Formen ehemals in einem ziemlich lebendigen Gebrauch
waren; jetzt scheinen sie nur im poln. Livland vereinzelt noch
vorzukommen. Vgl. Bezzenberger Drucke II 54, Lett. Dialekt-
Studien 18-*, Vndeudsche Psalmen zu 1 6, 28. Xachdem selbst
im Lit. im Sg. die Postposition -i{ seit den ältesten Quellen
fast immer apokopiert wird (neben cardan-a S. 274' vgl. noch
fehle feilt ona, gedona, dehefina Bezzenberger Z. (iescli. d. lit.
Spr. 248), fehlt sie selbstverständlich um so eher im Lett.,
Avo lit. -q natürlich -u zu werden hätte. Es ist übrigens nicht
einmal sicher, ob im Lett. -u (lit. -q) apoko})iert ist: es könnte
ebenso gut ein -i dit. -^i gewesen sein. Ich kenne aus den
genannten Quellen und aus Bielenstein folgende derartige Bil-
dungen :
-an (lit. -an-({) : draii 'hinaus' i Bielenstein Lett. Sju". II
13, 276, oft in Kat. und Ps. i. d. Bed. 'aus') = lit. öran zu
vras (lett. drs), häufig z. B. im 'samogit.' N. Test, und bei
Szyrwid (vgl. ved. clre Mn der Ferne', ardttäd 'von Ferne
her', Johansson BB. XV ol5, und lit. ore 'draussen'); nach
Ulmann auch rein lokal, 'draussen, im Freien'; li-usfan 'an»
Kreuz' Kat. 2 27, 12 1, Ps. 15 9; louuan (d. i. Icdiinan, l\
fapt 'in Schande geraten') Ps. ; dewan (devan) 'zu Oott' Kat.
Interessant ist iz iltran {no wene galle is ofran 'von einem
Ende zum andern'), wo eigentlich ])leonastisch noch die Prü-
j)Osition /.:• 'auf, zu' (worüber Vnd. Ps. zu 1 15 zu vgl.) stellt.
1) Man könnte hücli-stens dehbeszls/te iniliinnnel' in Grünaus
Vatermiser anführen (Bezzenberger Lit. u. Lett. Drucke II 52), was,
falls richtig, wie lit. namfis-na usw. zu beurteilen wäre. Freilich
ist die Ouclle nicht lauter genug, auf dass ein "so vereinzelt stehen-
der Beleff aus derselben viel Glauben verdienen sollte.
Baltisclic Miszellen. 27:^-
Lokativiseh ist: enaklan tur (ihididan) 'sie liasseii' (cii;-. 'ha-
ben in Hass'; K. 11 'I)): parädan 'schuldig-, in Schuld' 12'
11, 19 2?), 2'.) IT; fa)i ri/taii, tan ivacJcaran 'des iMorg-ens,
des Abends' 2<) 15, ;>■>; ßouioan Imßan (saran hiUcan) 'zu
seiner Zeit' K. 21 19, Ps. 1 28; tun laylrin 'zu der Zeit'
K. 29 18, Ts. ;)1 1; czetuman (ceturnan) 'in Gefan^^-ensehaft'
Ps. 11 5; mußan (jcdlan 'an unserem Ende' 30 ö: sfarpan
'zwisclien' K. 14 ?), Ps. 22 8, 24 3, 3U 26; icenan prafan
{cenan prdtan) 'in einhelligem Sinn' Ps. 21 16; tadan pnt-
taii 'in solcher Gesinnung' 12 1, 9. Hielier gehört auch put-
laban 'just zum reebten Moment, soeben' (lit. ^^«fZrt/y 'soel)en')^
teitan, ^elfan 'hier' Biel. II 14, 15, 272V
-an (lit. -o«, -on-a^i : hafniczan [baznican, lit. huinf/czion^
'in die Kirche' K. 5 19; Ixopan 'zusammen' zu ktipa 'Hau-
fen, Sunnne') Kat. Ps.; hoijan edtli (hüjan ef> 'zu Grunde
gehn' K. 28 6. Lokativisch ist pirman, ufran usw. kdrfan
^zum ersten, zweiten Mal' Biel. II !.'>, 275. Kat. li). 17, 26,.
27; tan x. icetan (i-efan) 'im x.ten Vers' K. 1 7, 16 22, 33,
17 28 (vgl. exlan to treffche icete 17 20): tan tt-effchan denan
(clenan) 'am dritten Tag' 2 28, 12 19, Ps. 15 K». 11. Hie-
her gehört auch eksan "hinein' Biel. 11 13, 275, in Kat. und
Ps. 'in' ivom Ziel und Verweilen, geschr, e.rkan, i'.rhan, cr-
kan), prexkan, prexan, preexkan, preef'chan Ps. K., prik-
szan Kurmins Wtb. 1858 'vor' (= pr<''ksan<, ape/'kan. appe-
skan Ps. K. i= apakmn) 'unter', ankszan, auch atikszon,
oukschin (etwa dtik.san} 'in die Höhe' Bezzenberger l)ial.-8t^
18 '^j 27 4 (lit. etwa '^dukszczion oder "^dukczion, vgl. aulx-
sztfjn), was alles zu lit. Bildungen wie apaczid 'das Untere'
zu ziehen, worüber Bezzenberger BB. IX 334. Vf. KZ. XXXI
60, Atsl. Phil. XIV 151, 8it^zungsber. d. k. r,ölmi. Ges. d.
Wiss. 1892 7 zu vergleichen i). Rätselhaft ist /,■ \nv x. wie
1) So gehört zu uzü-czin 'Verboro-eiiheit' Bezzoiil)('r<i'('r Z. Gesch.
3.% (eig. 'das Hinter etwas sein') Mielckes uzicacziou, wo ;(v/ graphiseh
ü vertritt wie in gicalis BB. XVIII 2(52. Die Präposition, über deren
Zusammenhang- mit slav. za Meillct Meni. di' la Soe. de L. IX 55
nachzusehen (das dort vorgetragene ist sicherlicli richtig-, wenn auch
Einiges dunkel bleibt: vgl. ähnliche wunderbare Kontaminationen
auf präpositionellem Gebiet bei Brandt Russ. fil. vest. XXII 13(5) hat
im Lit. die Formen nzä- in Komposition (z. B. uzü-marka 'ein Über-
sichtiger, der mit den Augen blinzelt'), sonst mit Kürzung uzu, mit
280 Josef Zubaty,
auch sonst im Lctt. v(ir Zisclilaiiteii (z, V>. in y>^r/.'.s-^s' lit. ^j/r-
■jszfas, halst if lit. Ixistf/tl \\. (lii'l.); man k(innte am Ende ,i;-lau-
beii, pr('ks<t, apiiksü habe sein /»■ aus duk-sa, wo es etymoh)-
giseh ist (daneben he-sa in e*- paliku he.sd 'ich blieb ohne'
u. di^l., ohne //, y.ur Präpos. /^e 'ohne' geh(3rig-); docli kommt
/•-v, resp. (b(S daraus entstandene sk (vgl. oben apeskan u. dgl.)
auch im Futur für s- (aus .s/j vor, z. B. in huhschkls, proe-
wähschkis, eescJikis, buJischkof, mäezihschlxoete u. ä. im Dia-
lekt von Fehteln (in Livland) vor: Jelgawas Kakstu Krahjums
II 12:) f., vgl. Bezzenl)erger Dial.-Stud. 40-'.
-en (lit. -en, -en-q) : zemen 'nach unten' Kai. 2 27. 12
18, Ps. 15 10, Bezzenbergcr Dial.-St. 18^
-nn (lit. -un, -un-a) : ivue)'ßon, icuerffon, icerfon (vlr-
-suii) öfters im Kat. und Ps.
Der funktionelle Zusammenhang dieser Formen mit dem
Lokal ist im Lett. h(3chst innig. Die -«-Formen stehen auf
<lie Frage wohin' und 'wo' (manchmal ist dies bei derselben
Form der Falli. und in der heutigen Sprache werden, so viel
ich sehe, so gut wie allgemein in beiden Bedeutungen nur
Lokati vformon ü'ebraueht. Bielenstein hat wie es scheint aus
etyniologischeMi (iriinden die l)eiden Bildungen nach der zwei-
fachen rx'di'utung auseinanderhalten wollen, indem er z. B.
eksdii als hinein', ek.sd als 'drinnen', (iran 'hinaus', ärä
'draussL'u aiifiiln-t dl 275); Ulmann macht u. ärs diesen Un-
terschied nicht, und zwar im Einklang mit dem Sprachge-
braucli. Der Unterschied zwischen den beiden Formen ist
wie gesagt der, dass eJ,-mn u. dgl. heute veraltet ist: man sagt
lu'Ute r/'/v/ hinaus' und 'draussen, hüjä et, pinnd kdrtd, eksd
hinein' U)id Mrinnen', älinl. ^jWV/.sy/, diigsd, zeiiie, vn'sit. Und
wie im Kn\. hdziücan 'in die Kirche' bedeutet und sicherlich
•damals auch 'in der Kirche' bedeuten konnte, so bedeutet
Apokope uz; daiu'lx'n g-eht aiii. Dies letztere, neben dein häufigsten
■diz, aufli genau als az- im Lett.: Kzuts, azüte 'Busen' (zu lit. antis).
V.m iiieri<\vüi(lig-es Wort ist lit. /^.i:*// (Kurschat sehreibt itziöt) uiit In-
Jinitiv oder Partizip ('statt, dass . . .') oder aucii mit Genitiv (,'anstatt');
<laiit'l)<")i abermals dziit Auszra II 2(;.'i. Tin das Rätsel noeb ver-
-w'ickelter zu maelicn, hat das Lett. aueb ein üz neben uz (Biel. II 809),
welches durch lit. üzvalkas, iizvaJkalas g-escbützt erscheint. Auch
lett. dial. Iz iz — uz, üz (Hz (Bezzenberg-er Dial.-St. 16n, Bielenstein II
293, Vndeudöche Psalmen zu 1 l.ö) gehiut zu dieser merkwürdigen
i^ijipe.
Baltische Miszelleii. 28f
auch haznicd, <ler Lokal, in der lieutig-en Sprache beides, wie
der lett. Lokal überhaupt (Bielenstein Lett. Gramm. 2To, Bez-
/eiil)cr£;'er Über die Spr. d. preiiss. Letten 1888 05, AT, f)!),
<)1\ Man könnte vielleicht sa;;-en, als Zielkasiis stehe viel
(Uter der Lok. Sg'. als der Lok. IM. Doch ist dies ein durch-
aus irrelevanter Unterschied, der darauf zurückzuführen ist.
dass man liäu%er Gelegenheit hat 'in die Kirche', oder 'auf
di'ii IJerg' zu sagen als 'in die Kirchen', 'auf Bei'ge' u. dgl.
Im (irunde genommen ist der plur. Lokal mit dem Sing, durch-
aus gleichberechtigt; man sagt miljäs 'zu Hause' und 'nach
Hause' (oder 'ins Haus'), weil der IMui'al majas eigentlich
eine kollektiv-singulare Bedeutung haben kann, aber auch z. B.
l-am acis sh-af'des 'Jemand in die Augen schauen', rtik-as lie-
s(is .^alx/rd 'die Hände in die Taschen stecken' u. dgl. Bez-
zenberger hat seiner Zeit i Lit. und lett. Drucke H 54 M sich
geäussert, man habe im Lett. 'echte' und 'unechte' Lokale
(z. B. krustd 'an dem Kreuz' und 'an das Kreuz') zu unter-
scheiden: man kann auch diese Terminohigie beiljehalten, wobei
uns natürlich (und heute sicherlich auch Bezzenberger) nicht
einfällt, zwischen beiden irgendwelchen morphologischen Un-
terschied zu statuieren. In den ind(»europ. Sprachen sind
ttberhaui)t die Grenzen zwischen den W<»- und Wohinkasus
recht vage (vgl. z. B. I)ell)rück Grdr. HI >? 09 2) und die
baltischen Sprachen stehen in dieser Beziehung durchaus nicht
zurii(;k. Man vgl. die bekannte Thatsache, dass im Lit. dia-
lektisch 1 mit dem Akk. den Lok. vertritt, ferner z. B. lit.
dial. naine 'nach Hause' Kurschat § iVlS, rankon in der
Hand' u. dg-1. i? 602. In dieser funktionellen Verwandtschatt
der 'echten' und 'unechten' Lokalformen suche ich auch die
Erklärung des Umstandes, warum im Lett. die -o-Stännne
ihren Lok. Sg'. nach der -«-Deklination bilden: nachdem urspr.
-an-a und -än-n dit. -an, -on) durch Aj)okope und Kürzung-
im Lett. in -au zusammengefallen war, lag* es nahe, aucdi in
der echten LokatiAform, die ja im Wesentlichen dieselbe Be-
deutung hatte, den Gleichkiang herzustellen.
Lett. äran usw. ist selbstverständlieli wie lit. nra» zu
tassen: Bielenstein hat recht, wenn er in -an die ^(tllere Ak-
kusativendung für sonstiges -tt sieht, nur hat er nicht erkannt,
dass eine ursprünglich dagewesene, später apoknpii'rte l'ost-
position die vollere Enduni;- erhalten hatte, wie dies z. B. ndt
•282 Josef Znbaty,
dem im Deiitsclien als j erhaltenen Xeutral-f/ dieselbe Be-
wandtnis hat. An und für sich ist es allerdings wahrschein-
lich; dass die abg-efallene rost])nsition mit dem für die bisher
besprochenen Formen des Lit. feststehenden -({ identisch war:
aber sicher ist dies ]iic!it. Hat l>ezzenber<ier BH. XV 2!U tt".
die lett. Prononiinallokale laui, fani, .sini, san'i richtij;' aus
'■'/,■(()>-? (mit Dclnumg- von -/ nach sonstig'cn Lokalen) d. h.
*A•a?^- (Akk. Si;-.) -{- en^) (rostpos.) gedeutet — und wir sehen
nichts, was g'cg-en diese Deutung- einzu\venden wäre — so ist
€S möglich wenn nicht wahrscheinlich, dass das Lett, auch in
sonstigen post])ositionellen Verbindungen nicht *«« wie das
Lit., sondern das natürlich eng verwandte *e7i verwendete -).
S. Bezzenberger 1. 1. 295, 296. Schade, dass das Grunausche
Vaterunser so wenig verlässhch ist: dort steht für d. o. v'/r-
stin {i-h\sü) die Form tcorsimtj, möglicherweise die nicht apo-
ko])ierte Gestalt des 'unechten' Lokativs (Lit. u. Lett. Dr.
II 54: jetzt auch Meringer Afsl. Phil. XVII 407, 502).
o. Im Plural hat das Litauisch -Lettische seiner Zeit
•ofifcnbar neben Lokalen *-esw {*-aisu?'), -äsu, *-esu, ^'-isu, *-iisti
■die Akkusativformen + Postpos. -üs-mi, -äs-an, -es-an, -Is-an,
-üs-an (beziehungsweise -iis-en usw.) gehabt. Schon Brugmann,
der noch von den unserer Meinung nach unursjjrünglichen
lit. Formen -üs-nq usw. ausgeht, hat unzweifelhaft richtig eine
Vermengung von beiderlei Formen angenommen (Grundriss II
•674). Die ältesten lit. Formen i-iisu, -osu, -esii, -ysu, -usu)
des eigentlichen Lokals unterscheiden sich von den vorauszu-
setzenden in der That nur durch Merkmale, die offenbar eine
Anlehnung an die 'unechten' Lokale involvieren"'), eine An-
h'liiiung, die gerade hier durch die, besonders bei den -ä-e-
Stämmen grosse Ähnlichkeit der F<»rm. begleitet \(»n einer
1) \'j:\. IcJ. P-. Die dritte Mii^liclikeit wan' auch, iu-l)alt. *in
= lit. 7 zu vermuten, was im Aiislaut gleichfalls -/ ergeben würde.
2) Bezzenberger führt (Z. Gesch. 250) auch aus dem Lit. ein
paar Belege au, wo e für a steht: nrirdavc, (fönoxne u. dgl. ""Die
l'mwancljuiig' von -na /u -nr scheint durch den Eiufluss der zahl-
reichen Lokative auf -c bewirkt zu sein", meint Bezzenberger wohl
mit vollem Recht; es sclu'int nur, dass liiebei niciit ^■on den vollen
rornien auf -na, sondern \(>n apokopierlen auf -ii auszugehen sei:
in Viudan ist die Ajtokope alt, und druosiic erst in einer modernen
Schrift belegt. \'gl. c S. 270.
.")i Zu iisK hei den -eifz-Stiimmcn s. o. S. 271.
Baltiselie Miszellen. 283
Ähnlichkeit der Ijedeutniii;', nng-eineiii Ijegüiistiiit wurde. Wir
irren kaumj wenn wir das Aiit'koinnien der im Lettischen so
deutlich erkennbaren funktionellen Vermengung' der 'echten'
und unechten' Lokale gerade im Plural suchen. Das Li-
tauische unterscheidet sich vom Lettischen dadurch, dass in
der ersteren Sprache diese Vermengung- im Wesentlichen auf
den Plural beschränkt blieb, und selbst hier späterhin durch
das Zustandebringen der -;/^{-Formen gewissermassen re})ariert
wurde.
Die hier vorgetragenen Vermutungen gewinnen auch da-
durch an Wahrscheinlichkeit, weil sie auch noch andere Rätsel
zu liisen im Stande sind. Wir meinen die merkwürdige Ver-
änderlichkeit des Auslautsvokals der Endung des Lok. PI.
Neben -su, welches die urs})r. Endung repräsentiert i), hat das
Altlit. auch -sa (und zwar nicht bloss bei Fem., wie Klein
hat statuieren wollen [Bezzenbcrger Beitr. z. Gesch. d. lit. Spr.
146]), welches zu häutig auftritt, als dass uns das Recht zu-
käme, es für fehlerhaft halten zu dürfen; Avir fassen -sa na-
türlich als -sq, -s-q id. h. Akk. PI. -\- q) auf, wozu altlit.
zmonesamp u. ä. Bezzenbcrger 1. 1. 146, 251 mit seinem vor
-p>i) erhaltenen Xasal (vgl. -um-pi im Gen. PI., ebd. 200) vor-
trefflich stinnnt. Das Lettische hat in der Regel a})okopierte
Formen auf -s (grelxtts, lepc'ts, meles, sirdis), die uns in nichts
zu belehren vermögen: im Volkslied tauchen jedoch auch Lo-
kale auf -.s« und -sl auf i P>ielenstein 11 29 ), welche auch eben
'unechte' Lokale, Formen mit postponiertem *-«» oder *-e«
sein können -).
4. Das Verständnis fui- die ursprüngliche Xalur dieser
'unechten' Lokale muss im Lit. und Lett. sehr fridi verloren
gegangen sein: die Sprache hat offenbar sehr früh gelernt, in
1) Natürlich mit Bestimmtheit nur in solchen Dialekten, die
den Wandel (i zu n nicht kennen. In Ledesmas Katechismus v. J.
IGO.") z. B. könnte in -.sii auch -sq stecken.
2) Der Kat. v. J. 1589 hat im Glaubensbekenntnis debessia
'gen Hinnner, also dehesis mit Ziell)edeutung-, im Sinne der 'un-
echten' Lokale. T^okale mit -/ [fänfä.sl tür tauf äs u. dgl.) können
allerdings auch den 'P^lickvokal' -/ enthalten, nämlicli ein -i, welches
durch Nachahmung von F'ällen, wo es etymologisch berechtigt ist,
gerade im Volkslied so oft au verschiedene Wortformen der Melodie
halber gefügt wird |\gl. Sjtzuna'sber. d. lM"ihin. Ges. d. W. 1895 XIX).
284 Joaef Zubat<-,
denselben einheitliche Kasustbrmen, nicht Verbindnng-en von
Akkus. + Post])osition, zu sehen. Den IJeweis davon liet'cni
Stellen, wo zwei oder mehrere Wörter a])i)ositionell oder attri-
butiv in 'unechtem' Lokal stehn. Wir linden in solchen Fällen
die Postposition meist nicht an den einen Akkusativ ^), son-
dern g'lcichmässig an beide, res]), alle angehäui^-t. Lett. Be-
lege findet man oben S. 279, für das Lit. fülii-cn wir beispiels-
weise an naujusud inditsna IJezzenbei-ger Beitr. z. Gesch. d.
lit. Spr. 24V), Hipi'ni nm^tnon, icieruoi /rietou >\. renoii), haz-
nicion kok'ion bei Szyrwid Lit.-lett. Dr. IV 8 9; IG 15; 21,
25 u. s. 0.). Beicanntlich gilt dasselbe bei der BostiKisition
-p{;i) (viele dgl. Belege findet man z. B. bei Bezzenl)crger a. a.O.
251 f.), die ja in der zusannnengesetzten Adjektivdeklination
in der Regel sowohl an das Adjektiv als an das Pronomen
tritt {szicinfümpiiuap Kat. Led. 16<)5 S. 55, Bezzenberger 156,
253)^). Auch die ])leonastisclien Verbindungen ing Macedo-
oiion, u. ä. bei Bezzenberger 250 l)ezeugen dasselbe (vgl. lett.
if otran o. S. 27^!).
5. Das bisher En'irterte enthält wie ich glaube auch
eine gewisse Stütze für die Annahme, in der im Litauischen
so fortwuchernden Endung -e in allerhand Lokativformen stecke
eigentlich eine Postposition -en -e : s. Bezzenberger BB. X 312
und XV 295, Schmidt KZ. XXVII 3S5. Leider ist unser Wis-
sen über die lit. Dialekte auch in Bezug auf diese Formen zu
fragmentarisch um unzweifelhafte Folgerungen zu ernniglichen:
doch muss man sich ja so oft mit einer blossen Wahrschein-
lichkeit begnügen. Wir haben im Ganzen vier Fälle ilc^ Lo-
kal-e (bzw. -^) zu unterscheiden: 1. im >^^. der nominalen -o-
Stämme (vlll-e), 2. in -je (mergoje kateje nalxit/je dangüje,
auch bei männl. -a- und -^«-Stämmen, gaidf/je sveti/Je, na-
ineje drveje Kurschat § 502 1, 3. im Plur. ri/hnse, ii/ergose^
hafese, naktijst' [dangüsi'], 4. in drr Prononiinaldeklination
(tarne, gerame, szime). Schon Schmidt hat darauf hingewie-
sen, dass die litauische l)ialektol(»gie es wahrscheinlich macht.
1) Wenn Bez/.cnberi^^er 2öO auch faire Dieiran nu.s.siflkiii an-
führt, so ist zu bedenken, da.ss wie es sehoint die Personalpronnniina
diese pnstpositioneile Form (mit -jii kommen diesell)en dafür olt vor)
überhaupt nieht zulassen. Man v.i:i..jedoeli Bezzenberjier Dial.-St. 343.
2) Dies letztere, g-ilt bei -im nicht: vyl. suriisi/isfiu ras-Jusnä
Karanowski Ostlit. Texte im Vorwort
Baltische Mi.szelleu. 285
lokales -e als -e zu fassen. Dies gilt aucli vom Lettischen, so-
fern wir dem im Volkslied erscheinenden lokativischen -i ety-
molog'isclie Bedeutung- beimessen wollen (s. o. S. 283) : haznicd-i
wäre somit lit. haznyczioje, ähnlich wie zdle-i lit. zoleje, vl-
clü-i lit. vidüje, gerade so wäe etwa haznicüsi lit. haznycziose.
Ja, das Lettische scheint auch eine andere Stütze für diese
Auffassung zu bieten: neben -/ konnnt im Lokal auch -« vor
[dzi'stneju, otfenbar als dzesuieju zu fassen, lit. desrtieje, u. dgl,,
Bielenstein II 18), w^elches auf älteres -a zurückgehen, aber
allerdings auch einfach dem Flur, -.'^u nachgebildet sein kann
(nachdem längst im Lett. apokopierte Formen wie baznlcd
gebräuchlich sind, konnte zu melodischen Zwecken ganz leicht
ein nicht berechtigter ' Flick vokaF angefügt werden, wie dies
ja im Volkslied nicht selten der P^all ist). Auch unsere ostlit.
Quellen — der Katech. 1605, Szyrwid und Baranowski —
stimmen mit Bezzenbergers und Schmidts Auffassung im We-
sentlichen überein, wie aus der folg. Übersicht hervorgeht:
1. Im Lok. Sg. der -«-Stämme haben alle drei Quellen
innncr -/', offenbar nach dem Gesetze, nach welchem e zu /
wird: tt/l'ieimi, sudeimi, dayl't// K 36, .37, 39, raszf//, pra-
gary, sakramenty, ziicaty Szyrwid (Drucke IV ) 13 12, 14 4,
16 \'2j 18 2, 20 19, miszkly punzyiü, szöni, mati An. sziL
23, 39, 82, 90, 183, 291, wobei zu bemerken, dass Baranowski
in der schriftsprachlichen Fassung miszhe usw. schreibt. Für
draucje 'mit, zusammen', im Kat. draugi 40, schreibt Szyrwid
draugie (z.B. 7 19, 17 5, 29 20, 45 22, 59 2), w^as für seinen
Dialekt abermals eine unrichtige Form ist (vgl. S. 270\i, mag
dies schon der Lok. Sg. von dniügas, oder der Instr. Sg. von
einem *drauge 'Gemeinschaft' sein für das Letztere würde
der Umstand sprechen, dass für dränge zuweilen auch draugiä
geschrieben wird, wie z. B. für szaU IF. III 141 auch szaliä),
2. Für -je haben unsere drei Quellen immer -l -y -j,
w'obei nicht zu unterscheiden, ob bei Szyrw. oder im Kat. z. B.
-oj (mit Apokope) oder -oji (aus -oje) zu lesen: Drulörnioy,
wisoliöy icietoy Kat. 29, 35, hazni&ioy, ziamey, vgniy u. dgl.
bei Szyrw.; Baranowski hat nur apokoi)iertes -oj u. dgl.
S. Im Plur. hat Kat. immer -su (die stehende IMirasc
pasahos e}f Anz. IV' 57 abgerechnet), w'obei natürlich nicht
zu erkennen ist, ob -sii älteres -sk oder -sq (S. 283> ') darstellt.
Baranowski schreibt in seinem Dialekt nur -.s- mit A|)oko|te
Indogermanische Forscluuifjeii VI ;i u. 1. 19
286 Josef Zubat<-,
(/.. B. tunlxumos, plikuös plötos 2\1, 316, 318i. Szyrwid
schreibt -se, was, wenn liier -e als -e aufzufassen, für seinen
Dialekt unzulässi«;- ist (man würde -.s/ erwarten). Szyrwid
selbst hat offenbar im Lok. Plur. nurmehr -s (wie Baranowski)
g-esprochcn . Avie üljcrhaupt in seinen Punkty die Apokope
bereits sehr weit fortiicschritten ist (z. B. -t im Inf., -esn im
Keutr. Komp., -.s-w für -sna -fimi u. s.;; er schreibt aber -se
(wie -.s'/irt S. 270 ^1 durch Nachahmung' anderer Dialekte, deren
nicht apokopierte Form ihm gewählter scheinen mochte^).
4. In der rronominaldeklination haben Kat. und Szatw.
-aml (deicintami, szytmni, saldziausiami Kat. 69, 71, 77,
Itiriami, iami Szyrw. 12 25, 13 13. 31 16), während Bara-
nowski die apokopierte Form -am setzt (l-o^nain 291). Jenes
-aml dürfte wohl als -am-c zu fassen sein, obwohl auch urlit.
-am'i nicht ausg'cschlosscn ist. Wir glauben nämlich, im Lit.
ein zweierlei z. B. tami., resp. tarn (mit Apokope) unterschei-
den zu müssen. Ein älteres tami, apokopiert tarn, war mit
slav. tomh identisch. Dieses tami hat offenbar (wenigstens
in dem durch Kat. und Szj-rw. repräsentierten Dialekt) sehr
früh eine Apokope erlitten: im Gegensatz zu imrdan apoko-
piert aus älterem vaPdan-a, va?dan-i{, vgl. S. 271 ^j unterliegt
nämlich tarn u. dgl. in Szyrwids Dialekt bereits dem Gesetze,
wornach tautosyllabisch am zu um wird, daher, mit der Post-
position -pi verbunden, z. B. tum-p{i), jum-p{i) Szyrw. 30 27,
37 9, 40 7, 42 13, 43 17, 18, 44 8, 46 6, 50 3, 54 20, 55
19, 61 7 usw. Dieses apokopierte tarn hat sich im Ostlit.
(noch vor Antritt des erwähnten Lautgesetzes) einesteils mit
-pi, anderseits mit -en -e verbunden, wodurch tam-pi i ostlit.
tum-pi tum-p) 'bei diesem' und tam-e (ostlit. tam-i) 'in die-
sem' entsteht. Dieses andere tarn) (aus tame) konnte natür-
lich später auch zu tarn a])okopicrt werden: und dieses zweite
tarn unterliegt, wie wir aus Barauowskis (gedieht ersehen,
nicht mehr jenem ostlit. Lautgesetze-). Die sufligiertc Post-
position -en hat sich ja in einigen zenuiitischen Dialekten in
1) liechtcl (Lit.-Lett. Drucke III LXXVI verweist auf Jxiiriiis)
(= kuriuose) Geitler Lit. Stud. 21-, doch scheint der Dialekt dort
nicht ganz genau wieder^'egeben zu sein: \gl. (ifshyiifis = atskal-
tp^s, neben pasljrmf'.s u. dgi. =^ i>asin>irs.
2) Dassellje gilt sclion für Szyrwid von dem apokopierten (tm
im Dat. Sg-.
Baltisclie Miszellcn. 287
<ler znsaninicngesetzten Adjektivflexion noch voll erhalten :
lieben gercmie (bzw. geram)) steht ja da noch geramen-je
(Jaunis bei Schmidt a. a. 0., Weber A. f. sl. Phil. lY 592 ^ i. Auch
dieses ^tam-en u. dg-1. konnte vielleicht mit -pi kombiniert
werden, woraus tati/hn-pi n. d^-1. bei ßezzenberg-er Z. Gesch.
200 zu erklären wäre: doch scheint es, dass vor -j}i durch
Xachahmung- von Fällen, wo der Nasal historisch berechtig-t
ist, in zuweilen auch rein mechanisch auftreten konnte.
In tam-e und den pluralen Lokativen auf -tn^-e, -os-e,
~es-e, -tjs-e (neben -its-q_, -os-q, -es-q, -i/s-c{) w^äre somit die
Verbindung- der Postposition mit fertigen Kasusformen (in
fam-e mit dem Lok., in -ns-e, -us-q usw. mit Akkusativen)
noch ziemlich deutlich zu sehen: der vordere Bestandteil der
Verbindung lässt sich noch ganz leicht als selbständige Ka-
susform darlegen. Schwieriger sind die übrigen Lokalformen
auf -(\ Es l)leibt nichts übrig, als vorlitauische Lokale auf
-fti (bei den ä-), -iei (bei den -ie- -^^-Stämmen) anzunehmen,
die übrigens um kein Haar unbegreiflicher sind als die griech.
(mit vorlit. -ai offenbar identischem Dative auf -oti. Doch
müssen wir noch einmal hervorheben, dass in -oj-e usw. der
urs])r. nasale Charakter des e durchaus nicht so glaubwürdig
dargethan ist, wie bei tarne oder vülüse : in den meisten
Dialekten wii"d eben der Auslautsvokal apokopiert. Man kann
sich nur auf ostlit. ruFikoi (offenbar dreisilbig, also etwa rnn-
Ji'ojl., ganz wie lett. rüld-i im Volkslied i neben runl^oj bei
Ivurschat § G<)2 berufen, was, wenn verlässlich, ein rankoje,
verbürgt. Nach mergoje, katejq mag nakti/je fauch gaidi/je),
dangüjp gebildet w^orden sein (viell. nach der Proportion mer-
gose : mergoje. katese : kateje = naktyae: x, wobei zu beden-
ken bleibt, dass -e im Lok. PI. nicht so allgemein gewesen
zu sein scheint, wie im Sg.i.
Am schwierigsten sind die Lokalformen Sg. der -o-Stänune
zu deuten. Neben vereinzelten Metaplasmen wie z. B. nach
der -?<-Deklination (poniije u. dgl. Bezzenberger Z. Gesch. 137)
kommen da folgende drei Bddungen in l^etracht: L vilke, die
gebräuchlichste Form, 2. *vilke (etwa vilke?) in altlit. pone-p
deve-}) u. dgl. Bezzenberger 1. 1. 201, ?>. *i-i]keje '■^'riJkeJ ■^rilke.
Die letzte Form im allgemein gebräuchlichen nameje ncnnej
name 'zu Hause', im dial. deceje Kurschat i? 502, 528, altlit.
paneie, fiefceje Bezzenberger 133, bei Andriewo sodne Geitler
288 Josef Zu bat \-,
1. 1. iTi u. s. Man darf nicht die unter 2 und 3 angeführte
Form für identisch halten, wie dies zuweilen yeschielit : die
Schreibart mimeje, namej, name scheint nicht berechtigt zu
sein (Texte, die e und e sehr genau unterscheiden, schreiben
name u. dg-1.), und auch das Lettische scheint Lokale auf -ey>
bei -o-Stämmen zu verbürgen. Neben valarä (zu valäi-.s, lit.
väkaras), was lit. '^vakarojo lauten würde (nach der -^/-Dekli-
nation, s. S. 281) kommt auch val-are vor (Bielenstein II 18),
d. h. lit. '^vakare, daneben mit -/ im Volkslied auch vakarei
(viersilbig), etwa = lit. ^^cakareje. Diese Formation, '■'i-ilkeje,
mit Apokoi)e ^fUkej ^-'vilke, ist möglicherweise in einer vor
unsern ältesten Denkmälern liegenden Zeit die ])aradigmatische
gewesen, daneben '-'rilkP isclnverlich '''vilke) etwa in der er-
starrten Verbindung mit -j)/. Im Lett. ist -e, -e-'i zuweilen auch
bei -ä-Stämnien zu linden ^cel'mal(\ miigare u.dgl. Hielenstein
1. 1.). Ein -ei im Lok. 8g. der -o-Stännnc ist sonst allerdings
nicht sonderlich fest verlnirgt: undenkbar ist es jedoch nicht,
und jedentalls wäre es gewagt, etwa eine ursprünglich den
-ei-Stämmen zugehr»rige Lokativform darin sehen zu wnilen.
Die Ursprünglichkeit oder Nichtursprünglichkoit dieser l'orm
ist übrigens eine Frage, die uns hier weiter nicht zu beschäf-
tigen hat: jedenfalls ist -^ in namej-i] dasseli)e Element, wie
in mergoje. Die heute übliche Form rilke — wir machen
darauf aufmerksam, dass vielleicht in einigen altlit. Denk-
mälern -e im Lok. Sg. als -e zu fassen ist: Lokale wie nwrgö
aus mergoje kommen ja seit der ältesten Zeit vor — kann
nichts denn eine unorganische Neubildung sein. Aus *?•«>•-
dei-en (Schmidt a. a. 0.) wäre ja schwerlich je ein varde gewor-
den und doch hätte die Postposition -en, wäre die Bildung
auf morphologisch organische Art und Weise entstanden, an
irgend eine greifbare Kasusform treten müssen, wie dies z. B.
in tam-e der Fall ist. Ich glaube, die Form cilke sei eintach
durch mechanische Nachbildung der i)ronominalen Formen
tarne, geram^ usw. zu Stande gekonnnen, etwa nach der Pro-
portion Dat. Sg. tdmui : Lok. Sg. tarne — vilkui : c'dke. Es
ist jedenfalls l)emerkenswert, dass das Lettische, welches in
der Deklination überhaupt und auch in der Lokativbildung
dem Litauischen s(» treu an der Seite steht, keine irgendwie
verlässliehc Spur von einer Form aufweist, die sich mit r'ilke
decken würde.
Baltisclie Miszellon. 289
7. Zu den lettisclien Clenetiven auf -ü -u.
Ein altes Rätsel l)ilden Genetive Sg-. der männl. nomi-
nalen und pronominalen Deklination im Baltischen. Neben
-ä hat Bezzenberger BB. IX 248 Ü". im Lettischen in dieser
Form auch Bildungen auf -ä -u nachgewiesen, und es ist bis-
her nicht gelungen, das Verhältnis der beiden Bildungsarten
untereinander sowie deren Entsprechungen in den verwandten
Sprachen genau festzustellen. Auch uns ist dies nicht gelungen:
wir holten jedoch durch eine neue Vorführung resp. Ergänzung
der hiebei in Frage kommenden Thatsachen eine endgiltige
Lösung der schwierigen Frage doch wohl einigermassen för-
dern zu können.
1. Die augenfälligste Eigentümlichkeit des uns durch
Juskevics Verdienst bekannt gewordenen litauischen Dialekts
aus der Gegend von Veliüna (Gub. Kowno, Kr. Jui-borgj bil-
det die Art und Weise, wie in demselben ausl. -o im Gen.
Sg. der nom. und pronom. -rt-Stännne und in der o. Ps. der
-0- Verbalstämme reflektiert wird. Die Thatsachen sind wichtig
genug, um eine eingehendere Darstellung zu verdienen : sonst
ist deren meines Wissens nur ])ei Bezzenberger 1. 1. und Brug-
mann Grundriss II 591 Anm. 2 in allei- Kürze erwähnt worden.
Für -o (-d) der uns sonst bekannten lit. Dialekte haben
wir in diesen beiden Formen im Veliüner Dialekt -a als die
eigentliche Endung anzusetzen. Dieses -ii bleibt jedoch nur
dann erhalten, wenn es 1. den Akzent trägt i), oder 2. wenn
das unbetonte -u durch ein herantretendes Enklitikon als nicht
auslautend erscheint: das Erstere ist im Gen. Sg. der bekannten
pronominalen -rt-Stämme, das Andere in der zusannnengesetzten
Deklination und in der Reflexivform der 3. Ps. Sg. der -o-Ver-
1) Juskevic schreibt nur das Akutzeicheii; wir si7id leider
ausser Stande anzugeben, ob er den Unterschied zwischen dem o-e-
schleit'ten und g-estossenen Ton einfach vernachlässig't, oder ob der
betr. Dialekt selbst denselben aufgegeben hat. Wir behalten im
Folg. womöglich seine Schreibweise (also z. B. auch c =^ cz, 1 vor
nicht palatalen Vokalen = sonst, li-, z.B. lo = lio); nur aus typogr.
Rücksichten geben wir sein i (das Zeichen der Präjotation vor Vo-
kalen) in der sonst üblichen Weise durch i, sein Zeichen für den
Laut iea {= etymol. c) durch ein nicht kursives e, sein te durch ü
wieder.
290 Josef Zubat\-,
biilforuicii der Fall. Sonst koiiimt das -ü zu -u vei'kür/.t zum
Vorsehein, eine Verkürzung-, die nicht mit der sonst bekannten
urlitauisehen, viellcieht urbaltischen Verkürzung- von g-estosseneni
-ü zu -u (Brug-mann Grundriss I § 664 3), sondern mit der im
Lit. cinzeldialektisch auftretenden Kürzung von urlit. ungekürzt
gebliebenen (zunächst unbetonten) auslautenden g-eschleiften
lang-eu Vokalen {-e zu -e, -o zu -a, 1. 1. § 664 7) in eine Reibe-
zu stellen ist'). Im Folgenden wollen wir in der Kürze an-
deuten, wie sich die Thatsachen auf dem angedeuteten Ge-
biete in Juskevics Texten verhalten, wobei zu bemerken ist^
dass dieser Darstellung- nur der zweite Teil seiner Dajnos
zu Grunde lieg-t, welcher wohl in dieser Hinsicht ein hin-
reichendes Material bietet (Lietüviskos Dajnos, Kasan L^SO,
1881).
Im (ienetiv Sg-. der männl. -«-Stämme steht -h zu-
nächst für Kurschats -ö in der Pronominaldeklination. So fa,
ja, l'n, slü, l^iiriu, l-atrü = to, ja, lö, szio. kurio, Lafrö.
Wenn bei Juskevie l'a, ganz wie schriftlit. lö, in der Bedeu-
tung- 'warum' steht (z. ?>. 462 4, 488 4, 49U 1, öOo 5i, so
sieht man wohl, dass es wenigstens für den Veliüner Dialekt
nicht angeht, Lu direkt für einen Ablativ, gegenüber dem Gen.
lö, zu halten: dieses lii ist ganz das schrittlitt. lö. Xebenltei
wollen wir noch einen Zug von diesem Dialekt erwähnen. Der
Gen. Sg. tä usw. fällt sonnt hier ganz mit dem alten Instr. Sg.
tä usw. zusammen. Unser Dialekt hat beide Kasus dadurch
auseinander zu halten gewusst, dass er im Instr. fast aus-
schliesslich die erweiterte Form tnnii tum usw. zur \'erweu-
dung bringt : unerweitert sind nur die zu Partikeln gewordenen
Instrumentale kü beim Superlativ (z. B. zodH\ M mejlimsiq
Mas womöglichst liebe Wort' 519 4, ähnl. 12, ö.')0 f), 6. 550
1) Juskevie ist in mancher Hinsieht in seiner Wiedergabe der
dialektischen Texte nicht konsequent g-enxig. Schon nach diesem
Verhältnis von -ü : -u { -o : -a in einifj-en Dialekten) kann man
von vorn herein schliessen, dass unter analogen Umständen auch
-e zu -e g-ekürzt wird; diese Voraussetzun.<;- wird zur Gewissheit,
wenn wir Dajnos il S. VI lesen, dass im Veliüner Dialekt ausl. -e
ganz so wie ausl. -e "nicht selten" wie -i lautet (z. B. däri, v'trviy
zväki - däri', vh-n] schriftlit. rirvf', zvCtkv, ganz wie tarn), hmk\ --
tamf:, iauke. Juskevie schreibt jedoch, von vereinzelten offenbaren
Druckfehlei-n ab;:-cselien, ausl. -c, -c überall in der schriftlit. Weise.
B;ilti.sclie Miszellen. 291
4, 660 7, 8, 687 2, 834 1, '2 n. s.) und ja \]e' i799 3, s.
Kurschat § 1614). Ancli die ttbrig-en lit. Dialekte kennen
meines Wissen« in dieser Verwendung- nur lii, Ja (dieses auch
in der bei Kurscliat § 1533 erwälniten Kedeweise) ^). So auch
Jcüne 'beinahe' 613 11.
Sonst steht -a noch im Gen. Sg'. der zusannnengesetzten
Deklination, z. B. cf/sfuja, fdjic, in allen übrigen Fällen finden
wir nur -u {anf Jddbei'in zirgükiu, zedüziu, manu, t'f'JK, (iuJtstic
us^y.:l. Eine einzige Ausnahme bildet namü 'nach Hause'
z. B^ 490 9, 491 4, 5, 559 1, 2, bSS 1, 622 3, 6, 629 6, 12,
715, 5, 13, 778 12, 787 4, 856 6, 7, 12). Dieses Wort wird
iiändieh in unserm Dialekt entschieden als Oen. Sg. empfunden,
wie unzweifelhafter Weise aus Stellen hervorgeht, wo dazu
ein Deminutiv gebildet wird, was bekanntlich in litauischen
Dainos sehr oft der Fall ist. So namil, svetelej, namüciu
491 4, 5, 652 5, «.s- ejciau namü. namytukelu 724 1, namüciu
639 4, 721 7, 748 1, 770 1. Auch namü Inil-uJ 607 1 darf
man vielleicht anfidiren, nachdem linl-, I/nlru, l/nlui, Unl'on
nicht nur an die sog. Casus impositivi gehängt wird (Kurschat
s. V. u. § 1487), sondern auch als Postposition mit dem Gen.
verbunden wird (pefün - Jinkai, manP.s - UnJt'ai, valarün - lin-
kai Kurschat 1. 1., Auszra I 163, 291, II 68, 94, 135, 160,
228). Dass Sätze wie ejva. SQse namüciu, toll niüsii namücej
748 1 es keineswegs nahelegen, in namüciu den Gen. PI. zu
suchen, brauchen wir nicht auszuführen: es ist ja bekannt,
dass der Litauer, von erstarrten Singularformen wie namö(n),
nameje, name abgesehen, das W(jrt »ainas mit A'orliebe als
Plur. tantum verwendet.
Xamü wird also in unserm Dialekt als Gen. Sg. empfun-
den: eine andere Frage ist es, ob es ein solcher von Haus
aus auch ist. Dies glauben wir auch in der Tliat verneinen
1) Etwas ähnliches können wir auch aus dem Bölnn. anfüliren.
Die 2. Ps. Sg. des Verbi subst. (jsi, d) geht in der Volkssprache
g-ewöhnlich als jses, ses zur themat. Flexion über: dieses jüngere
jses, ses hört man jedoch niemal;^, wenn das Verbum zur Umschrei-
bung des Präteritum dient {psal Jsi 'scribebas'), dasselbe also niclit
wie ein selbständiges Verbum, sondern als ein formelles Element
auftritt. Dasselbe gilt in denjenigen mährischen Dialekten, wo die
l.Ps. Sg. in gleicher Weise zu jsu, su (für Jse?n, .sem) umgewandelt
worden ist, auch für die 1. Ps. vSg.
292 Josef Zubaty,
ZU müssen. Erstens ans syntaktischen Gründen, weil ein Gen.
des Zieles doch etwas gar zu inerkwürdig-cs sein würde (Ver-
bindung'cn, wie z. B. vandens elti 'um Wasser gelien'') sind
doch etwas g-anz anderes). Zweitens auch aus dem Grunde,
weil es nicht abzusehen ist, warum der Gen. des Zieles *nainö
die Endung- betont haben sollte, wo doch der sonstige (aller-
dings wohl wenig gebräuchliche) Gen. 8g'. von namas ganz
regelrecht namo lautet. Dazu kommt noch, dass wir diesen
vermeintlichen Gen. i^^^. namii nur in einem Dialekt finden,
wo durch anderweitige Gen. Sg. auf -ü die Äbiglichkeit gege-
ben ist, ein ursprünglich keinen Gen. Sg. abg:ebendes namü
für einen solchen zu halten: andere Dialekte kennen zwar
namü 'nach Hause' auch, besitzen jedoch keine -/r-Genetive
und betrachten im Einklang damit dieses namü auch nicht als
einen Gen. 8g-.
Ich halte namü für nichts Anderes als einen alten Lok.
Sg'., der natürlich auf einen -eM-Staram zurückdeutet. Für
das Baltische stehen ja Lok. Sg. auf -ü über alle Zweifel er-
haben fest (s. 0. 274), und ich begreife in der That nicht,
warum Streitberg- (o. 1 296 ')) diesen Lokalen gegenüber meine
Deutung von slav. doma (Afsl. Phil XIV 150 if. ) so bedenklich
erscheinen mag (das Einzige, was dagegen einzuwenden wäre,
ist seine Annahme, dem halt, -ü entspreche slav. -ij, o I 295,
die mir noch eines strikteren Beweis zu bedürfen scheint; vgl.
A. f. sl. Phil. XV 502). Wir k()nnen nicht umhin, an das min-
destens merkwürdige Nebeneinander aind. amä 'zu Hause', sl.
doma id., lit. namü 'nach Hause' hinzuweisen: es erscheint
mir noch innncr sehr wahrscheinlich, dass die Differenzen im
Anlaut durch Aimahmc von verschiedenen Präfixen (resp. Über-
bleibseln von solchen) zu schlichten sind (vgl. BB. XVIII 159).
Dass ai. amä, sl. doma 'zu Hause', lit. namü 'nach Hause'
bedeutet, hat nam. im Baltischen, wo die Kategorien wohin'
und 'wo' so viclfa('ht> Kreuzungen aufweisen (s. o. 281), sehr
wenig zu bedeuten: wir erinnern daran, dass der unzweifelhafte
Lok. Sii-. name dialektisch nach Hause' ))edeutet (Kurschat
Ij Falls vcd. htuilie \\. A. (wie dies ,j;i ;uu-li an inul für «ich
höchst walirsclieinliclii wirklic-h zur Wurzel ('i- 'y-eiicn' gcliört, so
erinnort di(!s(' Konstruktion an vOd. Wendung-en vic fiiin Imahe
räyäh, Ji/äfC- rasunäin (Delbrück Altind. Synt. 158, 15!»).
Baltische MiszoUen. 293
§ Ö28; aiicli im Deutschen hört man ja z^l Hause für nach
Hause).
Dieses nama kommt nun auch in andern Dialekten vor.
In der Bedeutung" 'naeh Hause' hat das Litauische niunlich
die Formen nama, namö, namun, namön im Gebrauch; die
ältere Sprache setzt dafür auch namüp, namiiprifn), namopri(7i)
(s. Bezzenberg-er Beitr. z. Gesch d. lit. Spr. 251, 254). Das
Verhältnis von diesen Formen denke icli mir folg-ender Massen.
Das älteste ist nama, jener alte Lok. Sg. eines -e?«-Stammes.
Die Sprache kam irgendwie dazu, namfi auch g-enetivisch auf-
zufassen: dies wurde möglich in einer Zeit, wo etwa wirk-
liche Gen. Sg. ndmo und "^nämii nebeneinander standen (s. u.),
oder in Yerbindung-en wie namu-pi, namü-prin neben namo-
-pi, namo-prin^) (vielleicht akzentuierte man namö-pi, na-
mö'prhi', vor -pi scheint zuweilen eine Akzentverrückung
dem Ende zu stattzufinden: Kurschat § 1477). Und so sagt
man für namü auch naniö: so nahe die Vermutung liegt,
namö beruhe nur auf ungenauer Schreibung, so wäre sie
dennoch nicht richtig, wie ich an der Aussprache eines Litauers
mich deutlich zu überzeugen Gelegenheit gefunden habe. AVeil
endlich Bildungen wie haznyczion mestan usw. dieselbe Ziel-
bedeutung haben wie nama. namö 'nach Hause', sagt man
in einigen Gegenden durch Nachahmung von diesen Formen
auch namün, namön'^).
Sonst steht l)ei Juskevic auch -o im Auslaut von Formen,
dit' wahrscheinlicher Weise zu den Gen. Sg. der -a-Stämme
1) Streng- gi-amniatiseh richtig- wäre nur namo-pi, ?iamo-prin,
weil die Postpositionen den Gen. regieren; namü'prin, namü-pi ist
gewissermassen eine pleonastische Ausdrucksweise, wie wenn der
Deutsche für "dem Hause zu' etwa 'nach Haxise zu' sagen würde.
Ein analoges Scliwanken der Konstruktion sieht man bei der Post-
position linkai Kurchat § 1487, die urspr. wohl ein Verbale mit der
Bed. 'sich Avei dend' (etwa Unkui, wie apsukul u. dgl.) war und daher
eig". eine volle Zielbezeichnung- erfordert: hier steht, etwa durch
Nachahmung- von Verbindungen mit -in, umgekehrt der eigentlich
nicht zureichende Gen. (z. B. 'gen HimmeF: dangun-linkai oder
t-dangu -linkai, aber auch dangaüs-linkai).
2) Juskevic schreibt sehr oft namü {namün nur 1018 11), hat
daneben sonst aber unzweifelhaft 'unechte Lokale' immer nur mit
-n : faükan 968 4, 7, Mhi 707 2, gilfin 638 9, 799 3, tolyn 799 3,
tn/mpijn 908 5, zemyn 1018 6, 1019 7. Vgl. allerdings auch S. 2752.
294 Josef Zulia t <•,
(resp. zu den Abi. Si;-. der iirsj)!". -oStämuie) i^elirircu : so sehr
oft 0, pro (I>15. XVIII 243), das entschieden lieiietiviselie Ixünö
'wessen' ff'iir das sehriftlit. kend, und auch wold daraus durch
Aulehnuni^- an /.v).v. /.v? usw. entstanden). Hier wollen wir auch
des dunkeln po und lajpö tajpn erwähnen, das hier auch über-
all mit -0 erscheint {do 526 6, 529 13, 541 10, 1)00 6, 684 6,
778 13, 860 14, 917 3, 945 1, ho 845 2 dürften slav. Lehn-
Avörter sein). Dunkel ist auch rijtö 521 (), 530 6, 584 3 ' morgen V
atijalö 671 3 'zurück', wo das auslautende -o vielleicht ur-
sprünglich nicht im Auslaut gestanden (Kurschat hat njtöj, njtö,
vgl. rytöjus neben rytas 'Morgen', af gallo, atgaliön, atgah.
►Sonst steht -o im Auslaut nur in "Wortformen, wo es erst durch
Apokope (\qv ursitrünglich auslautenden Vokale und \'erlust
des davor befindlichen J (-o für -oje im Lok. Sg. der -o-Stämme,
für -oja in der 3. Ps. Sg.) oder v (sfo = stövi, IF. IV 476)
auslautend geworden, also in Fällen, die uns weiter niciit zu
beschäftigen haben. Wäre -ii für ausl. -o im Veliüner Dialekt
lautgesetzlicheu Ursprungs, etwa einem einzeldialektischen Wan-
del von lit. -o zu -« zu verdanken, so müsste man o, pro, po,
Icanö für unrichtig erklären, und es wäre das Wahrscheinlichste
zu vcrnnithen, Juskevic habe sich hier wie sonst durch die
»Schriftsprache leiten lassen: es Avärc dies ja umso leichter,
als Juskevic in einigen unzweifelhaften, 8. 296 anzuführenden
Fällen in der Tliat ii und o mengt. Hätten wir die Erschei-
nungen des Veliüner Dialekts allein vor uns, würden wir auch
diesen öchluss wagen (man erinnere sich z. 15., das Szyrwid
den Lok. Sg. auf 4 l)ildet, aber daneben konseipient draugie
= dränge 'zusammen' schreibt, o. S. 285): allein die unter
2, 3 folgenden Thatsachcn lassen uns diesen Schluss wenn
nicht als unmöglich, so doch als niciit nötig erscheinen M.
1) Bei ö, pro, pö könnte man nötig-enfalls die Ursache, warum
ausl. -o des Wandels zu -ü verschont geblieben, auch so begreifen,
dass o als fortsetzende Partikel, ?)rö, pö als Präpositionen zu wenig-
selbständige Wörter sind, und ihr o demnach nicht im vollen Sinne
auslautend ist. — Was Ica anbelangt, das ziemlich oft in der Be-
deutung 'warum' vorkonnnt (z. ß. 514 3, 9, 15, 21, 522 2. 5, 57G 3^
4, 6513 7, 711 2, 739 2, 754 2, 7S5 13), so glau1)e ich weder ein ge-
kürztes kö, noch ein Av? (bei Jusk. kdu) darin siuiicn zu dürfen.
Ks ist wohl als urspr. kam, D;it. Sg. zu fassen. Juskevic schreibt
M f.hl auch volles Icam (.524 16, 741 3, 7, 5(U 15, 703 7—10, 787 4, 844 5)„
aber es ist nichts rncrliörtes, dass Wortbildungen, die eine adver-
Balrisclie Miszelicn. 29r>
Wir wenden uns z u d e n v e r b a 1 e n -o-F o r m e n. Der
Veliüner Dialekt bietet uns im -o-Präteritnin und im -o-Präseus
ein sehr merkwürdiges Paradig-ma, das wir iiier in Juskevics
Schreibung folgen lassen:
Aktivum. Reflexivum.
Sg. 1. sul'an siikaü-s(i)
2. sul'dj sulxdj-s(i)
?). sul:u siihii-s(i)
Du, ] . Kiil:iira, sidiw suhttvo-sfi)
2. '^siiJaita, siiJctit' "^sulnito-sfi)
PI. 2. '^süJi'ume, siikum *stthäme-s(i)
2. *sükufe, siikuf *snJcvte-s(i).
Belege für die 1. — 3. Sg. Akt., die gar zu häutig sind (3. Sg.
z. B. sedeja, dugu, dumöjn, im Präs. vdru, ddru, hil-stu, zlnu
usw\) und für die allerdings seltene 1. 2. Ps. Sg. Retlex. können
wir getrost bei Seite lassen. Dafür seien angeführt: Akt. 1.
Du. sejiiva 581 1, jöjuva 861 3, dovejuva 686 6, 7, 943 4^
vdjlsciojiwa Mo 4:-, duguv 487 1, 581 1, 7t)9 1, 4. 80U 1, 7,
ähnl. 504 4, 581 2, 601 14, 15, 670 1, 4, 7, 791 1, 800 3,
802 8, 17, 803 1, 840 8, 861 4, 882 9, 890 3, 4, 9, 10, 964
9. — 2. Du. suejut' 568 5, l-albejuf 568 5, girdejut' 802 6,
7, 15, 1() /1)ei dem lebendigen Gebrauch des Duals in unserem
Dialekt dürfte -ut aus -nfa, nicht aus dem ])luralen -uie apo-
kopiert sein). — 1. Plur.: pasenum 503 4, 949 2, pahägum
731 6, 7, sufil-um 881 17, hüvum 518 1, ()71 1, 774 1, 941 1,
ähnl. 486 7, 503 3, 4, 549 1, 2, 550 5, 6, 7, 578 1, ()09 6,
671 1, 2, 6, 774 2, 881 16. 17, 919 17, 949 2, 954 4, 5, 14, 955-
1, 2, 958 1, 9S5 4. — 2. Plur. pavijtnf 667 2, 729 5, 731 3,
sudiimöjuf int/niojuf' 1006 6, ziniit' 553 5, 567 4, 962 17,
biellc, partikelhafte o. ä. Bedeutung" entwickelt haben, in einem über
die sonstiji-e Art und Weise hinausgehenden Mass verstümmelt wer-
den. So finden wir für und neben küclel 'warum' auch kud (514
3, 9, 15, 21, 552 1, 4, 618 7, (J73 3, 691 2, 4, 711 1), für das permissive
tegül nur fef/ii (z. B. 514 6, 530 7, 834 16, 17, 867 5, S88 10). So ge-
hört auch laJ zur Wurzel laid-; im Lett. finden wir die interjektio-
neilen Imperative klait {z\i klausit ' hören'), ra (zu rerfzeY 'schauen'),
rau Austrums VT 662, Rakstu kraj. VI 106 [raiidzit 'schauen'), dzi,
tedzi Aust. VI 386, 388, 407, 521, 660 (zu dzlrdet 'hören'); vgl. böhm.
hie 'ecce' iüvhJed'. Namentlich auf dem baltischen Gebiet ist dergl.
sehr häufig- zu finden: auch die Apokope ist da am gewaltigsten
in Wörtern, die Avie Adverbien u. ä. empfunden werden.
296 Josef Zub.at\'-,
1006 8, ähnl. 677 15, 731 4, 813 3, 881 14, 15. — Reflex.
3. Sing-. : vilMs 728 3, liöju.s 689 10, stöjüs(i) 791 7, 854 5,
^erejüs(i) 769 2, 5, 800 3,' 828 3, 4, 926 2, df/L-ojüs 689 2,
915 12, 992 15, 16, riipinusi 611 1, 4, fnlmjnmls 689 7,
dallnüs 856 9; >'dfZ/^5 526 3, 538 6, 689 7, drdjküs 856 3,
räjktls 856 3. Einigemal steht auch -os(X): dyvojos 965 2,
zhiyjosi 856 5, rtqnnosi 964 6; rec^o.s 706 10, 838^ 5, yoc/o*'
896 15, 984 2 12, drdjkos 863 2, Avas jedenfalls nicht g-enau
sein wird (man vgl., dass neben Unlxsminos 689 2 im selben
Lied fünfmal -üs, einmal in dersell)en Strophe, geschrieben
steht): erstens wird o und il auch im Veliüner Dialekt wohl
einander sehr ähnlich lauten (894 4 finden wir in ein und der-
selben Strophe vcnüUJcq, sesiöUl-q), namentlich aber ist zu be-
denken, dass JuskeviÖ selbst (z. B. gleich im Vorwort) nicht
in diesem Dialekt schrieb. — Sonst habe ich noch die 1. Du.
dahöjüvos 722 2, 3 und mijlejüvos 722 3, ferner die Partizipien
Präs. Pass. nezinumas 790 1, räjtumas vUgumas redamas
Txdjsiimas sägstuma.t 865 6 — 8 (für -omas) notiert.
Einen nicht misszuverstehenden Wink, wie wir diese vom
Schriftlitauischen abwciclienden Formen zu betrachten haben,
giebt uns meines J^raclitens das Verhältnis von iiiißi'ju : mi/le-
jui-ü, mjilejü-si : mylejuvo-sL Hier stellt die 1. Du. unzweifel-
hafter "Weise im P)aune der 3. Sg., denn auch derjenige, der ii
in nitjlejärosi für organisch iiält, kann n in inijlfjura nur als
durch myUju hervorgerufen begreifen. Mir scheint in der
That ü ausserhalb der 3. Ps. nicht ursprünglich zu sein. Mau
beachte nur, dass auch im Veliüner Dialekt die 1. und 2. Ps.
Sg. -au -ai lautet, höchst wahrscheinlich aus dem (i runde, weil
in diese Formen aus lautlichen Gründen ein ü u nicht leicht
Eingang iinden konnte. Das wird freilich für immer unent-
schieden bleiben, ob aus mylejova gleich myiejmut, oder vor-
erst mylejäva, dann mylejuva entstanden ist : von der chrono-
logischen Reilicnfolgc der hier ihre Wirkungen äussernden
Thatsachen (Kürzung von ü zu u, Verschleppung desselben
über die 3. Ps. Sg. hinaus) werden wir eben wohl nie etwas
bestinmites erfahren.
Neben den angetübrten Formen, dem Gen. Sg. -o und
der 3. Sg. der verbalen -o-Stämmc giebt es schliesslich im
Lit. noch einen vereinzelten Fall, wo im Auslaut ^< mit o
wechselt. Es ist dies in der Präpo.sition nn 'von'. Aussprache
Baltische Miszellen. 29T
mit i( ist hier über alle Zweifel erhaben: es wird ja vielfach
g-eradezu nno geschrieben, und auch das Lett. hat mc, während
lit. no hier nä oder nd lauten niüsste. Und doch giel)t es
Dialekte, und zwar solche, die a von o scharf unterscheiden,
wo für nii ein nö gesprochen wird. Jener oben er^^■^lhnte
Litauer (er war aus dem Gouv. Öuwalki) sprach /. B. vandü
sehr deutlich als citnäud, aber für nd sagte er nö (ebenso wie
für namn nanK")) mit reinem, langem, geschlossenem o (unbe-
tontes 0 klang im Auslaut, z. 15. in ciüxO, siil'o, kurz und fast
wie u^. So schreibt auch M. F. Mareinski in seiner Gramma-
tyka litewskopolska (Warschau 1861) z, B. in duana (düna),
icandua ü-andn), tuam (tum) usw. durchaus konsequent ua
für ^^ daneben aber für nä ebenso konsequent nog [no ver-
stärkt durch g'r, namentlich in älteren Schriften ist dgl. häufig)
und auch namo. Im Folg. sehen wir von nd — nö ab, weil
wir dessen Etymologie nicht kennen: falls nii trotz der ab-
weichenden Bedeutung zu sl. na 'auf gehört, füldt man sich
unwillkürlich versucht, im Sinne unserer unten (§ 4) ausge-
sprochenen Vermuthung auf das Nebeneinander na 'auf nadz>
'oberhalb' im Slav. zu denken. Freilich hätten wir dann ein
ursp. *wö^ anzunehmen.
2. Das Verdienst, die lettischen Genetive Sg. auf -w
-a hervorgehoben zu haben, gebührt bekanntlich Bezzenberger
(BB. IX 248; XV 297 2).' Er führt an zunächst M, m, tu =
veliün. Jctl, sziü, til, was bei väijaga 'es bedarf im Lett. für
Txd ß'ä), m (m?), tä (tä) = schriftlit. Äv), sziö, tö allgemein
üblich ist, ferner noch mehr vereinzelt und dialektisch auftre-
tende Belege, wo sii, tu ausserhalb der Verbindung mit väi-
jaga steht, wie deV Äv'c; mehrsilbige Formen auf -u hat er
mehrfach im Volkslied gefunden itiltu, ritu usw.). [Allerdings
dürften nicht alle Nominalforuien auf -u, die Bezzenberger
anführt. Gen. Sg. sein: es sind auch den. PI. darunter. So
namentlich in tiJtu grkV 'Brückenbelag', Jämi herni 'Johan-
nisburschen' Cm Lihgoliedern), cel'tc mala 'Wegesrand'. Der
Lette setzt nämlich in (ienetivverbindungen, denen im Deut-
schen etwa Komposita entsi)rechen würden, sehr gerne den
Gen. PI., sel])st wo man eher den Gen. Sg. erwarten würde;
vgl. ^[ühlenbach Dafchi j'autajumi I 16. So z. B. in Tauf-
liedern neben Irusta dels ' Tauf kind ' aucli Irusfa dels (oder
l-n(sfdel.s\]. Es ist von grösster Wichtigkeit zu sehen, dass
298 Josef Zubaty,
diese Formen keineswegs nach Dialekten verteilt sind : in einem
imd demselben liucli kommt /.. B. vor )w ilia Kuncjha und no
to Kunglia {VAj.W 2S)~i-). Ebenso wichtig- ist es jedoch, dass
sich zwischen beiderlei Formen kein syntaktischer Unterschied
nachweisen lässt: wenn in 8aussen und Fehteln mnnu däV
(neben tuuinifi däV 'in meinem Interesse' 1jI>. XY29T-) nur
in konzessivem Sinn ('meinetwegen') gesagt wird, so liegt offen-
bar nur eine spätere Dift'erenzierung vor uns, Avie dergl. in der
Sprachgeschichte gar oft nachzuweisen.
Schon Bezzenberger (IX 249) hat auch der Veliüner
Formen erwähnt, die wir im Vor. behandelt haben: er glaubt
jedoch, wegen -ü -u im Präteritum, bei ihnen jeden Zusammen-
hang mit den lettischen 'A))lativen' leugnen zu müssen, indem
er das Veliüner -ü -u für eine rein lautliche Umwandlung von
-o hält. Anders, und zwar mit vollem Recht, Brugmann (Gruud-
riss II 591 Anm. 2), wo jedoch ein Hinweis auf die verbalen
-u- -?t-Formen fehlt. Wir glauben, im Folg, (3) durch An-
führen von Analogem aus dem preussischen Verbum die Zu-
sammengehörigkeit von -u im Veliüner Gen. Sg, und im Ver-
bum näher legen zu können, und wollen vorläufig nachsehen,
ob sich vielleicht nicht auch auf dem verbalen Gebiete für das
Lettische etwas Ähnliches vermuten lässt.
Im -«-Präteritum bietet das Lettische nichts, was mit
den Veliüner Formen zu vergleichen wäre. Es befindet sich
hiebei wie es scheint im Einklang mit dem Preussischen, das
ebenfalls für lit. -o in 3. Ps. Prät. höchst wahrscheinlich nur
-a besessen haben wird. Es ist auch leicht abzusehen, warum
eine Form, die im Veliüner Dialekt so geläufig ist, im Lett.
hat keinen festen Fuss fassen können: während im Veliünischen
vilkaü, villai, vill-ü (vUJxu) ganz klar dirt'erenzierte Formen bie-
tet, wäre in der lettischen Lautgcstaltung v'/lLu, r'illi, '■r'/Iku
die 1. mit der 3. Ps. zusammengefallen, daher nur v'ilka =
lit. vilko.
Was die lit. -o-Präsentia anbelangt, so finden wir dafür
in der Regel Formationen, die nur im Singular lautlich auf
dem Lit. ents])rccliende Formen zurückgelicn: Vit. salriii, saka/,
säko (= vcl. sä/xK, aaktt) = lett, saku, .saki, .saka. Der Plural
ist den thematischen Präsensbildungen nachgeformt isakam,
sakat — lit. sdkome, .sdkote ganz wie ri'lkain, velkat = lit,
vetkame, velkat e), im Gegensatz zum Präteritum, welches die
Baltische Mi>zeli(Mi. 299
iirsprüng-liclic Läug-e behält fffikäm, nllxäf = lit. vUliome,
viJkote). Es ist dies ganz natürlich, naehdeui im Sing-, die
-ä- und die rt-Präsentia im Lett. hiutlieh zusammenfallen mussten,
das Fehlen von gewissen Wirkungen bei / aus a'i in der 2.
Ps. abgerechnet iz, 11. lit. reJI,} =- lett. rZ/r/. aber lit. sal^al
= lett. sciki). Zuweilen sind die -«-Präsentia zu den -äja-
(lit. -öja-) Formen übergegangen: so lüjäjii-s = lit. hijan-si,
mefdjn = lit. metau, hrauVdju = lit. hraiüxciü, drasJidjic
= lit. (Irasl-aCf u. A.: bei Verbis, die im Lit. im Inf. -yfl
haben, linden Avir gleichzeitig für -if, Avelches die erstercu
haben (z. B. salti, sacit), diesmal -df : hraulidt (lit. hrmil^yti),
draslxdt (draskijti), mefdf {meti/f/K hraddt C^Jnridi/fi = slav.
hroditi). In lälidt (lül-dju) neben lücif {h(l•^l) schwankt die
Sprache zwischen beiden Arten der Behandlung- (= lit. 'Haiikau
'''lanJiijti, vgl. lanl'stari htnlstf/ti). Merkwürdiger Weise stossen
wir zuweilen noch auf eine dritte Art: den lit. -o-Yerbis ent-
sprechen zuweilen auch lett. -«-Verba (Präs. -üjit, Prät. -uju,
Inf. -nt). So z. B. lalstütes 'flattern' neben lit. Inl^staü lal'sf//fj,
esH'des 'sich fressen, grämen' (lit. '^esfau ^esttjti) ; lett. tiküt (dane-
ben auch tiTidt) 'lauern' neben lit. iijliau tylxoti, lett. Zz/A'^i (dane-
ben Uikdt) 'schauen', was im Lit. g-ewiss Hulxcm '■^lül'otl lauten
Avürde. Ist es g-ewagt, zu vermuthen, diese absonderlichen
Formen hätten ihren Ursprung in einer Flexion zu suchen,
die etwa der oben g-eschilderten veliimischen euts])recheu wairde?
etwas g-anz ähnliches werden wir bald auch auf dem preussi-
schen Gebiete konstatieren können. Wir machen dabei noch
darauf aufmerksam, dass der Form lett. filüju tiMit neben lett.
iiJcäju flJtdf, lit. ftjlriu t/jl-ofi ganz genau z. B. das veliü-
iiische rymüju rijmüti = schriftlit. ry^iuni rfjmoti 'gestützt
sein' (auch ein Präsens rt/moju kommt vor, das auf gleiche
Stufe mit lett. fjl'dju = lit. tyl-au zu stellen) entsi)richt (.Jus.
880 2, 998 16). Es ist vielleicht etwas gewagt, aber ich
kann nicht umhin bei dieser Gelegenheit auf das merkwürdige
Schwanken zwischen -äju -dti und -fiju -(tfi hinzuweisen, wel-
ches im Litauischen und Lettischen so deutlich uns entgegen-
tritt, und welches viellelclit ebenfalls hier irgendwo seine Deu-
tung finden wird. Dass im Lit. zwischen -i(fi und -ofi im
Denominativ keine festen Grenzen zu ziehen sind, mag man
aus Kurschats Grammatik § 414. 1280 Anm. 4 zur Genüge
klar ersehen; auch das Lettische schwankt hier sehr zwischen
300 Josef ZubatN',
-üt -dt {atjdunüt atjäundt\ jüM'd jidrit, lit, Jfd-uti; kdrtüf
Jidrfdf, Ht. Jiariiifi; sflpnt .sfipdf: suJi-üf siil-dt, lit. szuldti;
klibüt kUhdt\ putdt piitdt, \\i. putdti; ripdt ripdt; apsündtes
apsündtes; dzivdt dzivdt, lit. gyvoti u. A.).
Doch genug- mit Vermutungen. Eines steht im Lettischen
fest, dass im Gen. Sg. der -^^kStämme -ü -u mit -ä -a wechselt^
ohne dass das Lettische allein uns berechtigen würde, diesen
Wechsel dialektisch-lautlich zu nennen. Auch für die -rt- Ver-
balformen dürfte ein ehemaliger ähnlicher Wechsel beim Minde-
sten als wahrscheinlich hinzustellen sein^).
3. Auch im Preussischen glauben wir einen ähnlichen
Wechsel von d — ü annehmen zu müssen. Im Gen. Sg. der
-fl-Stämme linden wir freilich da nichts dem lit. -o {-ii) ent-
sprechendes: die alten Formen sind da offenbar nach den -a-
Stämmen umgebildet worden (Leskieu Die Deklination im Slav.-
Lit. und Germ. 33 1. Falls Leskiens Vermutung (a. a. 0. 34), in
arrientUiku Kat. III sei ein lit. dria ant IctüTxO 'pflügt auf
dem Felde' zu suchen, richtig ist, so könnte man auch für
das Preussische Gen. Sg. auf -d -u voraussetzen-): freilich ist
eine Verniuthung, mag sie noch so ingeniös sein, noch keine
Thatsache.
Aber auf dem Verbalgebiete können wir wohl mit Be-
stimmtheit Analoges konstatieren. Man stelle sieh nur die
Frage, wie so es kommt, dass dem lit. Verbalstamni Jidko-
ilaikaü -iaü-fjti 'halten', vgl. lett. lailn laiciju -if 'verschieben,
aufsparen, länger aufhalten') im Preussischen laiku-, d. li. hdkd-
entsprichtV Freilich ist da -ü- überall eingedrungen, auch in
den Intinitiv- und Aoriststamm: man vgl. Inf. hdkdt halten'
erlaiküt, polaiküt, preilaikiit ; Part. Pass. laiküts, polaikufs;
3. Ps. Präs. Idiku, efldiku, poldiku, eÜdiku-sin idas einmalige
isldika dürfte wohl ein Druckfehler sein); 1. Pliir. Idlkumai,
enJaikümai, poldikumai; 2. I'hir. Inipt. Idikutei, enJdikuti;
Part. Prät. erlaiknuns, ishiiküuns. Man sieht, dass dieses
einzige Verbum uns Belege genug bietet i einige Formen kom-
men auch mehrmals vor), um uns selbst bei der Zerfahrenheit
1) Auch ri'Janov Znac^oiiija {jla<i-. osnov II 0 stellt es als mög-
lich hin, zwischen den iterativen r//7-Stiiniinen und den lett. «-Ite-
rativen bestehe ein gewisser Zusaninienliang.
2) Über ä u lit. u vgl. KB. XVI II 24;") \
baltische Miszcllcn. AOl
der Sclireihuiii;- des Katecliisimis ein niii^vfülires IWld seiner
Flexion zu gehen. Ein anderer älinliclier Fall liei;'t \t)V in
teik-tft 'niaebcn, seliafA-n'. Part. Fass. euteikafoUj Xoni. abstr.
telküsna, Frät. teikfi. Part. Prät. feiki'inuH, was siclierlicli /u
lit. tälkdu -i/fi '/,nsaniinenrii<;('ii, oi-dnen' zu ziehen: der Wurzel-
vokal seheint an das nicht ahi;eleitetc Verhuni '■'teikf, '''feikticei
angepasst zu sein lit. tc/kti 'zutheilen', auch etwa 'werden
lassend, das wohl in f<'/ks liiijjt. l^ Sg. zu suchen sein wird; für
teikünns Kat. III hat Kat. 1 ttit/koinius {Kid. II das anders
gebildete Kausale fi/k//)n>oihs'. AVir glaulten, die Formen von
laiküf g-anz mit der \eliiin. Plexion von hiik/'/fi zusanmienstel-
leu zu dürfen, die im Präsens etwa J/iikaa Idika) la/kn (ht/kü-)
Idlkura hrtkutd Id/kniite Id/kiitc ires]). Jdikucosl usw.) lauten
würde: den einzigen wesentlichen Fnterscbied bildet ehen der
bereits erwähnte Umstand, dass im Preuss. der Präsensstamm
verallgemeinert worden ist. Ob und inwiefern ?? (= ü) im
Preuss. wie im A'eliünischen zu n verkürzt worden ist. entzieht
sich unserer Petrachtung \i.
Ob noch andere -^?-Verba wie Idil-Cd zu fassen sind, ist
nicht leicht zu erkennen. A'ielleieht pogldlnl 'er umarmte' (lit.
1) Gänzlich aber vielleicht docli nicht. Neben dem konsequent
mit -u g-eschviebenen Präs. :l. Ps. laikti stehen die Prät. teiJiü, j)0(jJabü,
und ich glaube, Will sei hier der richtigen Aussprache gefolgt. Sein
laikii wäre ganz das A'eliüner hdku. d. h.' verkürztes ■iaikii : Prät. laikü
hätte seine Analoga in veliünischen Formen wie rymü (880, 2, 998 IG)
rymüja, zu rymütl. Das Präteritum zu laiküt scheint also eine
Neubildung (für eine dem lit. laikiau entsprechende Form) zu bieten,
deren 3. Ps. iirspr. '■hiiküja (lit. ■Haikvjo) gelautet haben mag: auch
das I.ett. hat hier eine Neubildnng, die jedoch vom Inf. hticit ausge-
gangen ist (laiciju). So wird anch -n im Prät. der preuss. -(?-Verba
(z. B. ehaiynä, neben sh/iiai w ohl s/(/)iai) auf -aja zurückzu-
führen sein: im Einzelnen lässt sieh die Sache leider nicht ver-
lolgen, liauptsäc-hlicli wegen der ungenauen Schreibunii' der ])reiiss.
Texte. Damit würde stinnnen, dass z. R. hnma :i Ps. Präs. mid
Prät. zuii'leich ist. Ist dies alles richtig, so dürfen ^\'ir wohl minde-
.stens in htiku .'). Ps. Präs. g'cgenüber laiküf, ■lailcü (Prät.) eine
im Au.vlaut erfolgte Kürzung von ü zu u annehmen. Dann wäre
aufli in bi(( (lit. h'ijo-), siiina (lit. zino) dieselbe Kürznng anzuneh-
men, wodurch — ganz wie im Lett. — die -ä- und -a-Flexion in der
3. Sg. zusannnengefallen wären: dadurch Avürde es sich erklären,
warum z. B. in der 1. PI. für das erwartete ■zindmai ein offenl)ar
der -«-Flexion (vgl. z. B. innnimni, u-frphnal, mflkinnimai) nachge-
biltetes zininuü zum Vorschein kommt.
Indogennaiiische Fdrscluintrcii \'I :; u. 4. 20
302 Josef Zubaty,
'^'(jltibdu '■■(jldhi/fi':', \^\. Ictt. (/Idbdjii gldhdt)^'. Auf Deiioiiii-
nativa wie etioimU 'entseliiildigen' i^cclit preuss. ^Yäl•e icuiniif,
BB. XVIII 248 1, ''demüt in dencüfs 'selig-', dwibngüf dicigu-
hiit 'zweifeln' zu dwiguhhvs ' doppelt ' (Gen. 8g-., lit. ^-hiigaus':!)
wie popecTx'üt 'behüten' zu pecku 'Vieli'-' ist nicht viel zu
g-ehen, da auch im Lit. und Lett. -a- und -^/'-Denoniinativa
vielfach mit einander wechseln (so gleich lit. viiinojii -öfi,
lett. vdindju -/if). Vgl. übvigens oben S. 299 f.
Daneben hat jedoch das Preussischc auch seine -«-Verba.
So namentlich hija- : Inf. hidticei hidfiri. Xom. abstr. biäsmin,
3. Ps. (Plur.) bid 'sich fürchten'. Es steht nicht das geringste
im Wege, dieses bid direkt mit lit. bijof-si) zu identifizieren.
Die Verschiedenheit, mit welcher lit. bljo-, hrilo im Preuss.
als hija, laiku wiedererscheint, hat wohl in der Verschieden-
heit des Infinitivstamnies ihren Anlass: in urpreuss. ^hi'ilfi
Hdllalmdi ^'Uiil-itirel lagen die Chancen für ii viel günstiger
denn in ur])reuss. ^■^bijü *bijämai %ijcltwe'i, vorausgesetzt, dass
im .Sg. '^'bija von vorne herein alleinherrschend war, und nicht
vielmehr neben '%ijä einherging. Ähnlich ist preuss. ^'zlnat =
lit. zinaü zinöti 'kennen' (Inf. ersinnat, posinndt, Part. Pass.
poshuiafn, 1. Ps. Sg. jjoshina, 1. Ps. PI. ersinnlmdi, poshin'i-
mai, 2. Ps. PI. ersinnati), wo die 3. Ps. ohne Beleg- ist. Sonst
scheinen im Preuss. nur solche -ä-Verba vorzuliegen, denen im
1) Nach Nesselmann (Thesaur. s. v.) und I'lilenbeck (Die drei
Katechismen in altpreuss. Spr., Leiden — Leipzig 1889, Nachtr.) wäre
noch emhaddusisi 'er stecket, sie staken' Kat. III 80. 82 hiehcr zu
rechnen, als 3. Ps. Reflex, von einem -^badtU (denn so würde nach
laiktlf, teiküt der Inf. anzusetzen sein) lit. badyti lett. badif. ste-
chen, stossen'. Man erwartet dann jedoch '■^'embadii-sieii, oder em-
badu-si, woraUfS embaddusisi wohl nur durch einen Druckfehler (der
sich zweimal wiederiiolt hätte) entstanden sein könnte. Ich halte
cmbriddusisi für ein reflexives Pai't. Prät. von einem dem slav. bodq
bosfi entspreclienden Verb, welches wie iin Preuss. auch sonst (s.
z. ß. das (ilaubensbekenntnis) das Verbnm flnitinn vertritt. Dazu
stimmt ja auch die Bedeutung: ■endMidusien (oder -s/) könnte iiöcii-
stens bedeuten 'er steckt sich, drängt sich hinein', nicht das perfek-
tivische 'er steckt'. - Zur Form vgl. einerseits die flektierten preuss.
I'art. Prät. mit dem Staiinii -iis- neben den 'untlektiertcn' auf -uiis-
(Nessehiiann Die 8praclie der alteu Preussen Gu f.), andererseits das
(allerdings iiöehst seilen auftanehende) lit. reflex. Gerundium si'tku-
si-H(i) (Kur.schat 4? 1141»).
1) Oder ist vielleicht /'/ liier echtes i'i, kein urspr. u? Vgl. 3.
Ps. Sg. i)Oi)eckinr}, wo die Kndung jed.ich eher als -nja) zu fassen
sein wird.
Baltische IMiszelleu. 308
Lit. -oju -ofi nicht -au -of'i entsprechen würde, die also nicht
hicher g'cliören. So .si</)i(U 'sciiiien' {dgnäuns^ 3. Ps. Prät.
si(/)i(ii, signä), icdltldt 'spreclien' (ica'itiamal, 3. Sg". ^aaifia,
taoifiduns). Auch peisät 'sclireil)en' zielie ich liielier: wie das
slav. pim'^) piseU, Inf. pbmti zeigt, diirtte ä iirspr. nni- dem
Tnfinitivstannn angeliört hal)en (und zwar, wie im Slav., mit
Tiefstufe des Wiirzelvokals), und wo ein solches -ä- in den
Präsensstamm verschleppt wird, pflegt die Sprache die -iolie-
Flexion anzuwenden (z. B, lit. raudöju raudötf für raudmi,
algoju (dgoti 'nennen, rufen' bei Szvrwid Lit. Lett. Drucke IV
37 13, 38 21, 39 7, 53 3, .54 24, 72 13, 74 15. 1.34 9, 136 1
für älteres alga algofi G eitler Sitzungsl)er. d. Wiener Ak.
(A'III 350, Bezzenberger Beitr. z. Cesch. d. lit. 8pr. 270,
Wolter Katich, Dauksi 65). Neben sonstigen -ö^-Formen steht
h/Uä 'er spricht, er s])rach' (vgl. lit. hylöti) und quoitä 'er
wiir, quoifdmi 1. PL, wo schon wegen des ä eine -r?/e-Flexion
wahrscheinlich ist (s. o. S. 301 ^).
Ziehen wir Alles zusammen, so ergibt sich auch im
Preuss. für ein sehriftlit. ausl. -o wenigstens in der 3. Ps.
wohl mit Sicherheit ein -ü (-ü) -u (?). Ob daneben auch ein
-d (-a?) als möglich vorauszusetzen, lässt sich nicht entschei-
den, nachdem hia, sinna sein a nnig-licherweise dem Inf. zu
^•erdanken haben kann: nach Präteritis wie imma ist dies
jedenfalls nicht unwahrscheinlich.
4. Wir haben im Vorig-en in allen drei S])rachen der
baltischen (iruppe neben -^7, lit. -o ein rätselhaftes -u zu kon-
statieren gehabt. Wie haben wir uns diese Thatsache zu er-
klären? Ein entscheidendes Wort wage ich in dieser Hin-
sicht nicht zu thun und begnüge mich damit, andern For-
schern das mir dazu heute vorlieg-endc ^Material vorg-eführt
zu haben. Doch will ich noch im Folgenden einige Gesichts-
punkte nandiaft machen, von denen aus man das Kätsel viel-
leicht ins Auge lassen krmnte.
Man kihnite das Xebenein.-inder -fi -a als die Folge einer
lautlichen Kntwickelung auffassen. Im Veliiiner Dialekt allein
wäre dies wohl allenfalls m/iglich: man Avürdc ein Gesetz
aufzustellen halten, demzufolge gemeinlit. ausl. -o in diesem
Dialekt zu -ii, dieses -k unter Umständen weiter zu -u ge-
1) Sl. pii([ liat in lit. prxziii (z. B. JuSk. (3.37 .5, 7U 13, 982 5,
Auszra III 377, Af.sl. Phil. Xill 42S, Geitler Sitzung-sber. d. Wien.
Ak. CVIII 391) sein Gegenstück.
304 Josef Zubaty,
worden wäre. Wie man Einig-es^, was damit direkt iiiclit zu
vereinbaren ist, deuten kr)nn((\ halten wir ol)onS. 204^ zu zci-
i;'en vcrsnclit: Anderes - — -ti- im (ien. der zusanimenii'csetzten
Deklination, in tikU'l, im Reflexivum, wo überall ein auf urspr.
eigentlieh nicht auslautendes -o- zurüekzutuhi-endes -n- vorliegen
würde — fände in einer sehr be^•reit^iehen Formenassoziation
eine nicht al)zuweisende Erkläruni;'. Für das Lettische er-
scheint jedoch diese Deutung- unzulässig: wir tinden ja da
offenbar in einem uud demselben Dialekt z. B. tä neben tu.
Und auch das Pi'eussisclie scheint wenigstens damit nicht zu
vereinbaren zusein: haben wir ja da neben lailxu =\\i.JalTxO
möglicherweise ein Ima = lit. ^'ittto anzunehmen. Dazu ge-
sellt sich der weitere umstand, dass wir die wenn nicht un-
mögliche so doch sehr unwahrscheinliche Thatsache anzuneli-
men hätten, derselbe Lautwandel wäre auf drei verschiedenen
Gebieten in wesentlich derselben Weise vor sich gegangen.
Wer das Nebeneinander -a -ii auf lautlichem AVege deuten
wollte, müsste wohl zu der geradezu abenteuerlichen Annahme
seine Zuflucht nehmen, -a sei im ürbaltischen dialektisch zu
-« geworden, und habe sich mit einer Ungleiclnuässi,ü-kcit,
die nur durch eine Dialektenmischung zu deuten ^väre, teil-
weise neben diesem -a bis auf den heutigen Tag erhalten.
Ein anderer Ausweg wäre, die -ä- und -//'-Formen von
einander als von Haus aus verschieden zu trennen. Man könnte
in lit. fd ein ursi)r. fäcl, in lit. fd ein urspr. fod ngl. I>rug-
mann Grundriss II T)!)! i, und dem entsprechend auch in ht/lv.
'*lalkn Jaiku einerseits die Form einer urspr. -ä-, an(b'rseits
die einer -o-Konjugation suchen. Es bliebe jedoch innnerbin
sehr merkwürdig, dass in zwei so weit von einander lit\:ux'nden
grannnatisclien I-'onnen so ii'cnau analoge Lautverscliieib'nlieitcn
nebeneinander bestehen sollten. Ausserdem \väre ja ein urspr.
genitives -ad vrillig aus dci- Luft gegriffen: und was anderes
sollte in fd, hifiLo zu suchen sein? Es ist auch nicht zu Acr-
gessen, dass das Lit. ancb in fc sf<t wohl ein ui'spr. '-'csfixl
oder '-'sfod besitzt 11'. 1\' 4T.)H'. '. Am ansprechendsten wäre
noch hiebci die Annalnnc, die l'aiaHclität -ä — ti hätte ur-
sprünglicli mir auf einer Seite bestanden - etwa in den Ver-
balformcn -- und nach dem hier bestehenden Xebeneinander
-(( -II \väre (lasscHic aiicli auf der an(b'rn Seite - — bei den
Ablativen-denetiven — ins Leiten gerufen W(trden.
Eine dritte ]M(t<;iiclikeil, <lie vielliMcdit auch in Iletracht
Baltische, :\Iiszcllen. 305
koniinen kann, wäre die folgciido. Wie, wenn das Nebenein-
ander -a — ü ein älteres Nebeneinander -äd -ö (im Al)lativ),
-df -ö (in der .'). Ps.^ rep-rüsentieren würde '? AVir hätten so-
mit für das Urbaltiselie neben den noch konsonantisch aus-
lautenden Formen Satzdoiibletten anzunehmen, die die schlies-
sende Dentalis unter bestimmten Bedingung-en eing-ebüsst hätten.
Es ist ja von vorn herein wahrscheinlich, dass zwischen dem
Stadium mit überall erhaltenen und dem mit überall eing-e-
büssten Sehlusskonsonanten ein Mittelstadium anzunehmen ist,
wo der Schlusskonsonant nach gewissen Regeln fehlen oder
bestehen konnte: analoge Fälle aus anderen Sprachen brau-
chen wir nicht anzuführen. Der Schlusskonsonant w ürde sieh
bis in eine Zeit gehalten haben, wo das Gesetz, wornach ein
jedes auslautendes -ö im P)altischen zu ü werden musste, zu
wirken aufgehrirt hatte ^). Freilich müssen wir in diesem Fall
wohl -ü l)ei den halt. -«-Verbis als ein ursprünglich nur den
urspr. -ö-Verbis angehüriges Gut betrachten, welches (nur zum
Teil) auch den urspr. -«-Verbis übermittelt worden ist. Den
Vorgang kann man sich etwa folgendermassen denken: Das
Urbaltische besass zunächst urspr. -ä- und -ö-Verba. Nur ne-
benbei bemerken wir, dass es möglicherweise zweierlei ver-
l)ale -ö-Stämme gab; einesteils scdche, deren -ö- in Beziehung
zu der e — o- Ablautsreihe steht (so nam. die Denominativa),
andernteils solche, bei denen dies nicht der Fall ist fgriech. edXujv
edXtuKa, iJjJxuJKa, TTTÜuua tttlucic TrerrTLUKa, yvujtöc? vgl. Uljanov
1) Ob dieses Gesetz nur den absoluten Auslaut betrat', wie ich
im Einklan-;- mit Wiedemann BB. XVIII 243 anji'enommen liabe, oder
ob -ö- auch in sonstigen, durch »'ewisse Konsonanten (z. B. durch
Dauerlaute) geschlossenen Auslautssilben zu -ii- Averden konnte,
wollen wir hier nicht weiter Nerl'olgen. Xiir soviel bemerke ich,
dass lit. kii?- nelien der Mahlowsclien Herleitun.u' aus ^r/ri/- (s. Streit-
berg 0. 1 ■2~i\ 1'., 11 11.') f.) auch eine andere» zulässt, die ich nur ver-
muthungswt'ise hiei- anrühren will: lit. kur wäre demnach das Neu-
trum zu ki(r)s kiirs, womit namentlich der Umstand zu vereinbaren
wäre, dass kiir dialektisch auch als allgenu'ines Belativum vorkommt
(z. B. Jusk. 596 IT) : n ir at't'jii tds s('liiii.s beniOJis, kiir [ <[ui]
in'ijdmc rajnikell nu )ii<i/ti/ (jalri-leK)', Vii'i. ähnlich /lor-ei, por-i im
l'mlirischen (Brc'^al), jio<( in Tabula Baut. 2.". (Lisly hioloo-. XITl 209),
aind. i/dd u. A. i'rof. Streitber<>- iiiariit mich brietlich darauf auf-
merksam, dass ICD geradeso wie Ht. ki(r in vielen ober- und mittel-
deutschen Dialekten allgemein lelativ auftritt ('der Mann, die Frau,
das Kind, iro ich gesehen habe; das Haus, iri> ich dir gezeigt habe'):
es fraji-t sich jedoch, ob dieser Redeweise nicht wovon von wel-
chem, vodurvh =^ durch welchen u. der^'l. zu Grunde lieii't.
806 Josef ZubatV,
Znaßeiiija i;-la,<;-. osnov, Warschau 1891, 230, 241, Brng-niann
Griindriss 11 § 587 ft'.). Den ersteron würde im Lit. mir in
absolutem Auslaut ü zukommen, neben sonstii2,'em o, den letz-
teren überall: das (neben a) überall durclig-efülirte n der vie-
len -?<-Denominativa im Baltischen könnte geradezu auf einer
Vermeng-ung- der beiderlei Verba beruhen (vgl. BB. XVIII
258). Abgesehen von dieser Möglichkeit, würde sich die Bil-
duugsweise der genannten Verbalformen etwa in dieser Weise
ansetzen lassen: bei den urspr. -«-Verbis 3. Sg. -ät -cl (lit.
-o), 1. PI. -äme (lit. -ome, -oiiie-sl), bei den nrs])r. -ö-Verbis
3. Sg. -dt (aus -öt) -ü (aus -ö) in der 3. Bs. (lit. -o -u), in
der 1. PI. -citne (lit. -onw, -ontesi); wären wir berechtigt,
-ö-Verba mit jenem andern ö anzunehmen, welches im Balt.
tiberall zu n wird, so hätten wir in denselben Formen schon
urbalt. -?if -fi, -föne anzusetzen. Dass diese Verhältnisse eine
Ausgleichung, zunächst das Auftauchen von -ü in der 3. Ps.
der -«-Bildungen sehr nahe gelegt ha])en würden, liegt auf
der Hand.
Die Sache läge — vorausgesetzt, dass wir die Lösung
des Rätsels gerade auf diesem Wege zu suchen haben — viel
glatter vor uns, dürften wir annehmen, urspr. -ä hätte im
Pjaltischen auf einem nur lautlichen Wege im Auslaut zu -k
werden müssen. Diese Annahme würde zur unabweislichen
Folge die andere haben müssen, das Litauische stehe mit sei-
nem 0 den urbaltisehcn Zuständen näher als das Prcuss., Lett.,
und einige lit. Dialekte selbst mit ihrem ä. Urspr. cl und
dasjenige ö, welches im Inlaut und Anlaut nicht zu ii wird,
wären im Urbalt. in einem ö-Laut zusannnengcfallen, welcher
im Auslaut zu -k wurde, um im Inlaut später auf einem Teil
des baltischer! Gebietes zu d zu werden. An und für sich
wäre dies durchaus nicht unmr»glich ^ i: ja, wenn wir uns in
Erinnerung rufen, dass in dem durch Kat. 111 dargestellten
preuss. Dialekt urs|ir. nui ni als mn rä [jV) reflektiert er-
seheint, gewinnt diese Annahme sogar an AVahrs(dieinlichkeit :
von einem mö zu mn ist der Weg jedeHlalls küiv.cr als von
einem um. Dann alicr würde mau in lit. rinilö das jeden-
falls aul' -i( zurückfiihi-ende -a nicht l)e:;'feifen -"t : und ^V(»llte
1) Wvv (1 im l>alt. liir iillcr Iiäll als das lit. o, niuss Ja etwas
•^in\7. anal(i;4'<'s anncliiiicii : <i und o ist in t'i znsainiiicn.uerallcn. wel-
ches im Lit. wieder zu ö wird.
2) Oder sollte man vielleicüt aniirlmieii, <lie in anderen Kasus
Bnltisclic Miszcllon. 30?
lunii zu der Aiuialiiiie seine Zutluelit iieliiiicii, die Kürzung
v(in auslautenden gestossenen Längen sei älter als das (iesetz,
naeh welclieni ansl. -ö im Baltiselien zu -u wird, käme man
in einen fatalen Konflikt mit r'illii finstr. Sg., Nom. Du.),
sul'H (1. Sg'.), aueli z. I>. mit dem Fragen lierv(»rliel)enden
-gi(, Avelcbes doeh wohl mit Aed. (jlui lenkl. Verstärkungspar-
tikel; das ausnahmsweise vorkommende (jIki dürfte die Kürze
der ähnlielien l'artikel lui verdanken), lausiz. ga, ha (Ver-
stärkende Partikel in Fragesätzen, s. Miklosich Etym. Wort,
59) identiscli und daher als aus -gü {"^'gö, ^ghö) verkürzt zu
deuten sein wird.
Smiehov bei Prag. Josef Zubaty.
Zinn Cippus Abellaiiiis.
Die hcrkrinnnliehe Fassung der Zeilen 11 — 17 des Cip-
l)us Abellanus, deren Bekanntschaft ich voraussetze, habe ich
nie für richtig halten kr»nnen. Tm Folgenden lege ich eine
andre Fassung vor, die meines Erachtens jedentalls den ^'or-
zug besitzt, dass sie uns ein deutliches Bild der Ortlichkeit
zu entwerfen verstattet, um die es sich in dem dort verewig-
ten Vertrag zwischen Abclla und Nola handelt.
Die Worte sJaagid püd fst (Zeile 12 1 müssen eine ge-
naue örtliche Bestimmung desjenigen mlaroldum JiereJdets
darstellen, um das sich der Vertrag dreht. Ich nehme *slaagl-
als 'Markscheide, Grenze'. Eine Etymologie des Wortes weiss
ich nicht zu geben. Ich bemerke aber, dass aueh die her-
gebrachte Zusammenstellung mit lat. locus, auf Grund deren
man sh/ag/d ndt in loco oder e reglone^) übersetzt hat, weit
entfernt ist, den Ansprüchen strenger (»ranniiatik zu genügen.
[Brugmami, dem ich meine Auffassung des Cipp. Ab.
brieilich mitgeteilt habe, erinnert nuch für osk. s/aagi-
an air. sllcht 'Spur, (Jeleise' und .v//V/e • 'Strasse' (auf der
sich Wagen ausweichen kr»nneiO : s. Wiiidis(di W('»rter-
;vls nicht auslautend bleibenden ö-fä-jLaiite hätten aiich im Noiii. Sg.
der -(7-Stämme die Endung- vor dem lantgesetzlichen Wandel y.xi -il
geschützt ?
1) "Erat tenii)luui e reii'ione id est in eonspectu et ad liiieam
hiijus monunienti contra i)ositunr' heisst es bei Biiecheler Coiinneu-
tationes philol. in hon. Mommseni 231.
308 Christian Bart li ol omae,
biK'li T<St) t". Das ;iir. .sliy- wäre die Seliwuiidstiife /um
üsk. dag-.]
.s(i/><ira/iUait hereJde'is sJaagid p/id /sf bedeutet sonaeli:
''das lleiliiituni des Herkules, das auf oder 'au der (ireu/.e
g'cleg'eu ist", wrirtlieli ''''\on der Oreu/e Iier", uäuilieli iu der
üielitung- auf die beiden Städte zu, deren lieauite den Ver-
trag absehjiesseu. Man ^ ergegenwärtige sieh dazu den latei-
nisclien (iel)raueh des Abhiti\s mit cUm" Träposition al); s.
Klotz IIan(l\\(>iterl)ueli d. lat. Spr. unter ah 1.
Es iolgt biei'auf: /.N'ni/ fee)-\i(ii/\ piid iip eisäd sahara-
lh)d [}>it\ piid (ii/fcr fercim/'/ss e/i[frit}s] )sf jxi) feremeniiia
niii\)iit/:ad] familniid j)i'i(/'fi(s<'f f\ehflid\ (iinniid. Die in eckige
Klammern eingeseblossenen Zeichen sind ergänzt. Neu ist
nur die Ausfüllung der Lücke hinter eli zu <'/itrii}.s. ]\l(»mm-
sen u. And, halten chtrad lesen wollen. Dagegen hat J5ue-
cheler a. a. 0. i?.')2 l)egriindetc Einwendungen erhoben, ohne
aljer selbst etwas aiulcres an dessen Stelle zu setzen: ^'inte-
rim abstinenduni censeo clausulae c()mi)lementis". Die fere-
menniü ehtrü, die äussern ("-renzmarkcn, stehen den fetlnis
püs hereTxle'iH f/tsnam (inifrvf gegenübei", d. i. dem Wall '')
oder der Mauer'), womit zunächst das Heiligtum umfriedigt
ist. Es sollte aber nach dem Vertrag- der beiden Städte nicht
nur das Heiligtum sell)st und der unmittelbar anliegende, von
dem Wall abgeschlossene Landstreifen g-emcinsames Eig-entum
sein, sondern auch noch das aussen längs des Walls sich hin-
ziehende Grundstück. Die (Jrenzen dieses äussertMi (irund-
.stü(dcs wei'deii nun nicdit abermals durch einen Wall bezei(di-
net, sondern lediglicdi durch (Trenzmarken, die. in gewisser
P2iitfernung \ on einander festgelegt, re/ifiid aniniid die Scheide
angeben, d. h. und ich komme damit auf das di-itte \\drt,
das ich al»weichend fasse — nicht recfo c/raiifu, sondern
recta recjknie 'in gerader IJiclitimg', d. i. wenn man sich
jeweils zwei näclistgelegeiic Marken geradlinig mit einander
verbuu<len denkt. Das muss, wie Jeder weiss, auch bei un-
sern Miirmarken ,i:es(dielien. Die Uedentung 'Richtung' i)asst
l'iir das Wort auch in dci- Tnliida llantina. ('(pi/as forfiais
aiin/ud ist '"in der Richtung auf das (Hfentliche Interesse",
d. i. indem man si(di nach dem liflt'ntlichen Interesse richtet,
1) fe'i/iiis I)('Uamitli(.-li aus i(l<;-. ■il/ic/y/ius, zu y-ricrh. tcIxüc,
TO^xoc, ai. i/e/ti usw. icli litnicrkc das l'üi' die IJenutzi-r der Zve-
taieffseiuMi Ansg.-ibcu und dei- IJuei-helersclH'ii Übersetzung a. a. 0,
Zum Cippiis Abellanus. 309
flaraiif Rücksicht uininit, 'rci pnblicae caussa'. Was die Ety-
mologie von osk. amniid, amnud angclit. so müclite icli es
am liebsten mit dem lat. amnis in Ziisammeiihaiig' bringen.
mn darin kann aus idg. j))i, hn oder aucli, wie Johansson
IF. IV 141 will, ans hdn hervorg-eg-ang-en sein. Es seheint
mir nicht eben schwierig- anznnchnien, dass sicli ans der Grund-
bedeutung- Tluss, FlusslanF' die abgeleitete 'Richtung' ent-
wickelt habe^).
fBrugmann (brieflich) fragt, ob osk. ^anino- nicht viel-
mehr, aus '''cq)-)w- hervorgeg-angen, mit griech. dnö usw.
zu verknüpfen sei. In gleicher Weise führe osk. come-
nei, umbr. Jiti/mie auf ein '''l-ont-no-, zu lat. com-, zurück.
Die Bedeutungsentwicklung wäre 'Entfernung' — 'Rich-
tung-' gewesen -i].
Danach übersetze ich Zeile lU — 19 des Cippus so:
"Es wird vereinbart, dass das auf der ]\Iarkscheide ste-
hende Heiligtum des Herkules, sowie das an dieses Heilig-
tum anstossende Grundstück, soweit es innerhalb der durch
gemeinschaftlichen Beschluss festgestellten äussern (irenz-
marken geradlinig- belegen ist, dass dies Heiligtum und dies
Grundstück gemeinschaftlich auf gemeinschaftlichem Grunde
sein sollen''.
Die Sachlas-e ist fokendc:
1) Ich mache dabei auf folgende Parallele auimevksam: jAw.
jqfnavü raonam besagt 'die Einsenkung'en, Thäler der Flüsse,
Fluss laufe', welche den 'Hölienzügen der Berg-e' gogenüberg-e-
stellt werden. Vgl. Geldner KZ. XXIA' 15G, wo aber sehr viel Fal-
sches mit wenig- Eichtigem gemischt ist; Verf. Wochenschr. für klass.
Philol. 1890 1108 und Neryosenghs Wiedergabe von Phlv. aicar an
zufr i rösfäk (^ jAw. jafnusva raonam) zu Y. 10. 17 mit ägadhesu
tölä.mye.^u, d.i. "in den sehr tiefen Teichen" oder "Flüssen". Dem
jAw. raon" (aus ar. '■'.•o-du/r- , /.u griech. ptui usw.) entspricht i'hlv.
rön 'Seite, Gegend, Hichtuni;'; vgl. Verf. bei Hörn Grundriss der
neup. Etym. 290; und in der neujjersischen Litteratur soll nacli An-
g-abe der Lexikographen rfui in der Bedeutunt;- 'caussa. ratio'
vorkommen; s. Fr. Müller ^^■ZK.M. \ i 187. [0(\i;('nüber dem .-lutAu-
lass nieiner Bemerkung- bei Hörn von I'r. Müller a. a. O. Ml 290
gegen mich erhobenen Vorwurf des Plag-iatN verweise ich auf seine
p:rklärung a. a. O. VIII 192. |
2) Man vergleiche übri<;-ens auch Conway IF. III 8(i wo, ek.suk
amvianud gefasst Avird als 'durch diese Biegung' oder 'in dieser
Richtung'. Es fällt aber schwer, ohne Zwang einen etymologischen
Zusanunenhang- zwischen ainnüd und amr'taniid jierzustellen.
310 Christian Bartholomae,
Das Heiligtum des Herkules, um das sich der Vertrag
dreht, war an einem Weg erbaut, der dort die Gemarkungs-
greuze von Abella und Nola bildete. Vgl. Z. 3.'> f. : viam . .
pal rp isf püsfin slaghn "der Weg., der dort als Grenze dient"
und Z, 56 f. : avt anter slag'/m [ajbellanam inlm nüvlanam
[p]i(Uad viii uriwtt ist tediir \e\\sai v)al mefia) feremen[n]ii<
sfaiet "wo aber auf der Grenze zwischen Abella und Xola der
Weg (.der die Grenze bildet,) eine Biegung macht ^), da sind
mitten auf dem Weg (irenzzeichen aufgerichtet" (die man
wiederum rehtud auinud, 'geradlinig' mit einander verbinden
muss, um die Grenze zu erhalten) ^i. Der Hag oder Hof rings
um den Tempel ihür?: der Tafel von Agnone), worin ausser
dem Tempel auch noch ein Schatzhaus stand, war von einem
A\'all <»(ler einer Mauer umgeben, so dass er nur >ou dem
mitten hindurch führenden Grenzweg aus zugänglich war. Zur
Schattung des gemeinsamen (Jrundstücks wurde dann noch
ein Stück Landes rings um i\<'\\ Wall herum zu beiden Seiten
des Grenzwegs — also aus den (Jebieten beider (Tcmeinden
entnommen — abgetriedet, dessen Umfang durch die äussern
Grenzmarken (Z. 14) geradlinig (Z. 16 f.) umschrieben wurde;
s. oben S. 309 und unten zu Z. 29 {ierel püd llrm'ithis
tenunafer). Eine der \'ertragsbestinmmngen lautet, dass auf
dem gemeinsamen Grundstück jede der beiden Gemeinden
Bauten errichten dürfe, deren ausschliessliche Benutzung der
erbauenden Gemeinde zustehen solle; aber diese Bauerlaubuis
erstreckt sich für jede der beiden Gemeinden nur auf das Ter-
rain diesseits des die Grenze bildenden Wegs und ausserhall)
des den Tempelhof umgebenden Walls. Die Stellen des Cip-
pus, die noch in Betracht konunen, sind:
1 ) Z. 27 If.. wo ich lese: [svai pid heresef] truhara-
k[avi(hi fere) piid] luin'ita\}s\ termn[at€r jjuts hereldeia ß)x-
nii mefi[tt] ist chtrad fe/hitss pu[s] hereJchis füsnam an/frcf
pert ciain pussttst pai ip /st phsfii/ sJai/fin tteuatels snre}s
tanyinud tnhnral-avtii// Idntnd. Die Ergänzung li/mHu'/s
li Xatürlicli ans'^crhalb dos •iH'incinsrliattliclu'ii (Grundstücks,
von dein /iivor die Ki-do war.
■2) Es handelt sicii hier on'enbar uiclit um eine Kunststrasso,
denn dann Aväi-e (He h(;soiulcre Markieiun;^" der Gren7A' üljerflüssly
gewesen, sondern um einen gewöhnlichen Feldwey. Durcli Aul-
riehtun;;- der firen/./eielien an allen Biegung-en wurde einer Verle-
ffun"- des \Ve"-s lund damit aueh der Grenze) vorgebeugt.
Zum Cippus Abellanus. 311
termnater^i in Z. 29 räliit von mir her. Ich ühcrsctze :
^'Wenn sie vorliaben, einen Bau auf dem Grundstück aufzu-
führen^ das durch die Grenzlinien abg-emarkt wird, in deren
Mitte sieh das Heiligtum des Herkules beündet, (und das) -)
xiusserhalb des Walls, der das Heiligtum des Herkules umg-iebt,
(und) jenseits des Wegs g-elci^en ist, der dort als (Jrenze dient,
so soll ihnen der Bau, wenn ihr Senat ihn beschlossen hat,
:gestattet sein". — (jjud) . . pert v/am jjtissflst "(das) . .
über den Weg- hinaus dahinter g-eleg-en ist": die P>estinnuung:
erfolg't vom zuerstg-enannten Mittelpunkt des Grundstücks, dem
Heiligtum aus; s. dagegen unten zu Z. 45.
2) Z. 44 f. : avf phst felhhss ^jf^s fisnam ainfret esel
teret nep ahell/nihs nep nhclanus pfdu/n fi'ibarakatt'ins acf
thesavrum pkd esel fere) f.'^'f pun pate^mns miünikad fa[n\-
ginhd pafeiis/ns ... D. i.: "Al)er auf dem Grundstück hinter
dem Wall, der das Heiligtum umgiebt, sollen weder die Abel-
lauer noch die Xolaner einen Bau auftuhren dürfen, uiul wenn
sie das auf diesem Grundstücke befindliche Schatzhaus ötfnen,
so sollen sie es nach gemeinschaftlichem Beschluss thun . . .".
— pasf fefhhss "hinter dem Wall": hier ist im Gegensatz zu
Z. 33 die Ortsl^estimmung von aussen her gegeben. Das
Bauterrain reicht für jede der beiden Gemeinden diesseits
des Grenzwegs von der Aussengrenze des Grundstücks bis
zum Wall des Tempelhofs, aber nicht darüber hinaus, nicht
'hinter' den Wall.
Münster (Westf.j, 11. Oktober 1895.
Chr. Bartholomae.
Ziiiii Wechsel von p imd / im (lennaiiisclieii.
Das Folgende ist ein Versuch einige der gennanischen
Wörter, in welchen anlautendes antivokalisches p mit /" wech-
selt, etymologisch zu beleuchten: vgl. Xoreen Abriss 197.
An. pel "geronnene Milch' gehört zur AVurzel feq (lit,
tekic, slav. fekq- usw.) Haufen, Hiessen, rinnen', also aus '^pehhi]
sehwed. fil-mjölk dass. ist aus ''■'pilnJa entstanden.
1) Mau erwartete freilich, nach teremnatteiis u. a. zu schlios-
sen, viehaehr feremnafer. Aber die Buchstabenfofüc o-m ist dodi
wohl gesichert. Vgl. von Planta Gramm, der osk.-umbr. Dial. I 2ü9.
2j "so weit es".
312 Joos. J. Mikkola: ZiimWecli.sol von/' vnid /"im GoniiaiiLschen,
XikUI. dluie : alid. fhi/d, fiu 'Kornliaiifcn' krnmtc zu
lit. taikinu V.iisaniiiicnfüg-eii, -ordnen, -i)asscn' g-eliören, also
aus '^pihina zu erklären sein.
All. piös : //ox 'Wallfischfleisch' g-chört vielleielit zu lit.
täukas Tettstückchen', wozu aiieli an. pi6, ag-s. peoli, Fick '■'
II 372 gehört, Urtorin ^penhs. AVabrscbeinlich Rest eines
«alten s-Stammes.
}>ei au. pel : fei, aselnvcd. fcel, alid. fihaJa müssen wir
Avohl von zwei verschiedenen Wurzeln ausgehen, vgl. Bugge
Arkiv II 234, Noreen Arkiv III 2(». Abriss 26, Plelbivist Ar-
kiv VII IßO f.
An. fiol '])rett', fiör-ßle ''Dielung eines Viebstalles' sind
\(m an. pilu( '"Kuderbank', püe, abd. clili "Diele', ags. pel
'l>rett' zu trennen. Jene sind mit slav. (russ.) poh) 'Diele,
Fussboden' zusanmienzustellen. Die ursprüngliche Bedeutung
ist 'Seite' (slav. pohj 'Seite, Hälfte, Ufer, sexns'). Abd. diu,
ags. pel. an. p'ile, p'd'ia sind l)ekai)iit]ieb mit slav. füo 'pavi-
mentum' verwandt.
In den Wcirtern. in welchen nach meiner ^'ermutung ein
wirklicher Wechsel von p uml /' im Anlaut vorkommt, ist p
etymologisch älter. Dieser AVecbsel. vermute ich. rührt vom
Finfiuss des //-Lautes in demselben Worte her. liier liegt
eine Art Dissimilation vor. Der akustische Eindruck von p
und // ist vielen Ohren derselbe. So erklärt sich auch, dass
germ. '^poha (au. pö/'e) Tilz' ins Finnische als /??/o^jrt übergehn
konnte. So vermute ich, dass ags. pen;^el : feujel, an. pen-
(jell 'Fürst' aus Formen mit grammatischem Wechsel entstan-
den sein können. Abd. faekala, ags. fwcele : pa'cele sind
kaum anders denn als Entlehnungen aus dem Lat. zu betrach-
ten. Bei piöx : fiö.s ist noch die Zusammensetzung hua/fiös.
in welcher vielleicht fiös am häutigsten gebraucht wurde, zu
beachten. Auch wenn an. Jud : fei 'Feile' beide aus *pinhlö
entstanden sind, lialtcii wir es jedenfalls mit einer F(inii mit
//-Laut in demsell>en Worte zu thun.
Der \\'ecbsel // : /' ist wohl eine eiiizels|ir;ieblielK'. dia-
lektische, wenn auch sehr alte Erscheinung.
(legen meine Vermutung spricht as. fuiisfar, abd. fitsfar :
diiisldf. Vielleiebt sind aber diese Wörter unverwandt.
Ilelsinii'fors. .Jo(ts. ,1. Mikkoja.
Willy Foy, Di«^. id^'. i--L;iute (s und z) im Kcltiselieii. 813
Die iiHloüoruiaiiischeu .s-Laiite (,s und .:) im Keltisclieii.
Im Fuli;'cii(U'ii l)cabsiclitii:'i' ich, die Entwickliini;- der u\g.
s-hantQ im Keltischen, d. h. in der Hauptsache mir his zu
den ältesten uns ül)erkommenen 8iira(dij)eviodcn, also mit Ll)er-
^■eliuni;' sekundärer spontaner Veränderung-eu späterer Zeiten,
an der Hand miig-lichst sicherer Beispiele vorzuführen. Dem
Keltolog-en vom Fach werde ich kaum grössere Neuig-keiteu
bieten; wohl aber hoffe ich, dass es dem weiteren Kreise der
Indogermanisten dienlich sein wird, sich mühelos über das
höchst interessante Kapitel der .s'-Laute auch fiii- das Keltische
orientieren zu können.
Von den keltischen Sprachen sind namentlich das Irische
und die 3 britannischen Dialekte herang-ezogen Avorden. So
weit es mciglich und dienlich war, fand auch das Gallische
15erücksichtigung-. Die Beispiele sind nur da g-ehäuft, avo die
Lautentwicklung zweifelhaft sein könnte oder von einigen Ge-
lehrten Avirklich bestritten wird. Die meisten Beispiele ver-
danke ich dem urkeltischen Sprachschatz von Stokes (= Fick
Etym, Wr)rt. ^ H). Tm übrigen darf ich es aa'oIiI unterlas-
sen, an allen Stellen auf die Quellen meines Materials hin-
'/uweisen.
1(1?. s.
I. Im Anlaut,
a. Vor N'okalcii.
Im Gallischen und Irischen ist .s-- erhalten, im Britan-
nischen aber — abg-esehen von den Xamen bei alten Schrift-
stellern und auf Ogaminschriften — meist zu h fresp. r/o ge-
worden, vgl. gall. .sti- in >^uc(>n(.-<. ir. .s7^- z. B. in sv-fhain
'ununterbrochen', kynn-. hij- hret. he- z. I>. in kymr. ////-(/((r,
bret. hefjar 'Freund' : ai. su- usw.
Verloren ist anl. .s- im Tr. und Brit. schon vom Anfang-
der Überlieferung- an in dem bestimmten Artikel : air. ///, 'nxL
an-', körn. an\ bret. oin, au. Es hat sich mir in A'erhindung
mit Präpositionen erhalten, z. B. in ir. i.s.^iu aus ""■■/» -\- s/ii.
Ebenso steht ir. amail '"und, wie' neben samail '(ileichnis,
Bild', akymr. amal neben kymr. lia/aJ 'gleich, ähnlich'. Der
Indogermanische Forschungen VI 5. 21
314 Willy Foy.
^'(•lillst des .<- in »Icii iiX'iianuton "Worten ])ernlit wohl auf
T(inl(»sii;-keit derselben.
Drei lirit. Wörter, die l)ei Stokes mit grösserer Walir-
selieiidiehkeit als keltiselie Krbwcirter ctymoloiiiseh g-edeutet
werden, und denen ich keinen neuen Fall liiii/Jizufüg-cn habe,
zeigen an!, .y unregelniässiger Weise bewahrt: Kynir. seifh,
koru. seijtli, bret. i^eiz : air. secM : lat. Septem, g-rieeh. emä
usw. Kvnir. sjjbinjdd (körn, sih-uit \ Ttihre' aus '^soqo-nkln-
'Ilarzbaum' : lit. sal-aVWavvJ', aksl. soj^ü "Saft', alb. yal- 'Blut'
nach (i. ]\Ieyer Et. Wb. ]'>6). Kvnir. nertli 'o1)seoenus' aus
'■'.■<ei'to-s : an. sei'da, ags. serdan , ndid. serten ^stul)rare^
Eine sichere p]rklärung- dieser Unregebnässigkeit lässt sich
heute noch nicht geben. An eine unter Ijcstimmten Bedin-
gungen satzphonetisch berechtigte Erhaltung des .s-- in den
angeführten Wörtern ist kaum zu denken. Von Stokes wii'd
das th des Auslauts in unserem ersten und letzten Beis]»iel
dafür verantwortlicli gemacht: dagegen s))rechen al)er andere
Worte der britannischen Sprachen, die eine Lautfolge li — ///
dulden. Am einfachsten kommt man natürlich mit der An-
nahme von Entlehnung- dieser Wörter aus keltischen Dialekten
oder anderen Sprafdien aus, die anlautendes s bewahrten. Für
sertli ist eine Entlehnung- aus dem (iermanischen nicht un-
wahrscheinlich. J'ür sijhu-ydd scheint zwar ein gleichlauten-
des Wort der Xachbarsprachen zu fehlen, doch dürfte dies
bei der mangelnden Kenntnis des älteren Sprachguts der ger-
manischen Dialekte, die allein in Betracht kommen, nichts
l>eweisen, so dass auch dieses Wort aus einem Xachbardialekt
entlehnt sein könnte'). Bei einem Zahlwort wie sei/tli darf
man aber nicht ohne weiteres an Entlehnung- denken, obwohl
auch hierfür in anderen Sj)rachen sich l'aiallelen tindc\i. wie
■/.. r>. lett. fschetri = slav. ceft/re, da die Vierzahl lautgesetz-
lich ''''.zefri hätte lauten müssen (vgl. zeturtas "der vierte').
Nach Loth \erdankt es sein s- <lei- Nachbarschaft \on chvech
aus vsccLs in der Zahlenreihe vgl. K'c\ue celt. XIV 29^)/;
danach niüsste also .•<//- später zu lic ycJnc) g-eworden sein,
als .V zu h. was sich nicht beweisen lässt. Wir müssen es
daher der Zid\Uid"t überlassen, au(di über diese Ansnahme Licht
zu bringen.
1) Das cntspreeliendc Uoni. Wort kann aus <lciii Kyiiir. ent-
lehnt sein, oflei' iiingekelirt.
Die iudoyennaiii.sclien s-Laute [s und z) im Keltischen. 315
Alle soiistii;'en l)rit. Wörter mit .s- siiul in o (Jruppcn zu
teilen: entweder entsprielit ihr .v- einem idi;-. i<f- (s. unter die-
sem); oder es ist vor dem .<?- ein \'okal ahg-efallen, wie in
kvmr. ssef\ sef = isisi e/"e.s ist'; oder endlieli. in den meisten
Fällen, lieg-en Lehnwörter vor.
1). Vor Konsonanten.
1. sl-- und Verl»indung-en.
sk- wird ir. und brit. als .sc erhalten (kymr. später i/sc,
V-W)} "^'o'l- ''^i'"- ■''^'('f^i, kyiuv. cji-xgod, körn, send, hret. s-quent
'Schatten' : g-rieeh. ckötoc, got. ,s]i-adt{.s: air. scaraiin. kymr.
ysgar 'trennen' aus ^'slai-o, daneben ir. scorim, scairim 'aus-
.spannen' ans ^■■skoreio : lit. sl-nii, ahd, ag-s. .scerau.
sl-ji- wird ir. zu su, brit. zu ii, vgl. air. sned, gael.
sneadh, manx snieg : kynn\ nedden, körn, nedhan, bret. nezenn
'Lausei' : g-riech. Kovibec, ags. hnltu, ahd. niz; hierzu air. .sv^^-
dach, kymr. neddog 'lansig' aus "^slinidclTio-s. Der AVandel
von sJcn- zu sn- ist wcdd schon urkeltiseh vollzogen worden:
€s fiel also damals schon mit idg. .s)t- zusammen.
sku-. Stokes bietet für diese Lautverbindung- zwei liei-
si)iele: gall. Sparno-^nagus, iSparnacum, körn. bret. spem
'Dornen' : lat. .^pariis, ahd. S2)er, g-riech. CKi/iopiTioc, lit.
sl'icerhfi 'mit einem spitzen Werkzeug bohrend stechen' (Etym.
von Bezzenberger) : Wz. sfater 'stechen'; air. sce (Gen. Tl.
sciad), kymr. t/.ihi/ddaden, körn, spedlies, mbret. spezed-enu :
Of. *skiäidt- 'Hagedorn'. Danach würde idg-. sku- gall. brit.
zu i^p, ir. zu sc geworden sein. Aber das erste lieispiel ist
nichts weniger als wahrscheinlich; g-riech. CKopTTioc ist jeden-
falls von den dort g-enannten AVorten zu tremien, da man sonst
CTT- erwarten sollte; ebenso ist der A'ergleich von lat. spar/is
un\eistän(llieh und der von ahd. sp('r mindestens sehr zwi-i-
felhaft. Wir tliun daher l)esscr, nur gall. Sparua-magus, iSpar-
)iacii)iu k<ti-n. bi-et. speru. lat. spanis und ahd. spcr zusam-
menzufassen und eine Wurzel sper anzusetzen, wobei inn- das
Jat. a Schwierigkeiten macht ^), während sich die keltischen ar
als idg. [• erklären lassen (s. den Exkurs). Unklar bleibt mir
^Stokes' zweites Beispiel. In keiner der mir bekannten kelti-
schen Etymologien steht sonst einem ir. sc- ein brit. ,s7^- ge-
§-enttber. Eine Entscheidung-, ob Stokes' Ansatz der Grund-
1) Lat. sparus viellcielit keltiscli (aus *spr)'o-)?
316 Willy Foy,
fonn lic-litij;- ist. lässt sicli ^^•C£^•e^ des Mangels eines ausscr-
kcltischen verwandten AVortes nicht treffen.
2. .sY/- Onit Labialisierung-j.
sq- wnrde ir. zu .sc, brit. über .^ij zu Jiv ikynir. dnc,.
körn, ich, bret. ha)^). In der vorhistoriselien Zeit des Brit.
fiel also sq- und .s7/- zusammen, im Urgäliscben aber .sfc-
und sq-, indem der «Laut nach Gutturalen vollkommen ver-
loren .ging-.
Die etymologiscli sichersten l)eispiele sind : air. sceJ :
kymr. chiredL körn. irJiefhl 'Erzählinig' : Gf. "■'sqeflon : grieeh.
eviCTie, lat. iusoce usw. und ir. .sccud'nii : kvmr. i-y-cluryn
'aufs])ringen' : ai. skändnti, lat. scando. Ebenso verbinden
sich air. sceifh und kymr. cJiirt/d "Erbrechen' aus ^sqefi-,
wozu kymr. cJiwi/dK, bret. huedaff "erbrechen', wenngleich
die A'ergleichung von griech. CTTaiiXri "dünner Stuhlgang', oi-
CTTuuTii "Schmutz an der Schafwolle' < Bezzenberger bei Stokes)
nichts weniger als sicher ist-). Desgleichen a\\'. scoiltlm "ich
spalte', scailt "Sjjalte' mit kymr. liolH "Spalte', lioUii und
lioUi "spalten' (vgl. lit. slu'lti 'spalten', griech. CKuXXeiv), über
deren h Stokes im Unklaren zu sein gesteht. ]\ran darf wolil
annehmen, dass Im vor o zu blossem h geworden ist-^). Ein
1) Ziniincr l)eiii('ikt ]\Z. XXXIII iK) im Auschhiss an die \vv-
tretuiig- von -.s7.'- durch ir. sr, hrir. ch aus A".s' (darüber unten): "Das
Verhältnis dos ir. -sc- zum brit. -ch- ist wie ir. scel : kymr. clncedl^
ir. scendim : kymr. rt/cInci/N, d. li. die Lautverbindung' sc ist im
Urbrit. zu es-, x und daraus regelrecht zu ch geworden". Doch
liegt in den von Zimmer vergiiehenen Fällen nur idg. sq- vor, wäh-
rend idg\ .s7i- im Brit. erhalten gel)liel)en ist (s. dieses). Zimmer
scheint nun wenigstens für jenes angenommen zu haben, dass es
brit. über sk7l zu ks/j und u citei- zu c/iir geworden sei (mit dersel-
l)en Umstellung- von sk avIc im Inlaut). Dagegen spricht aber der
Umstand, dass nur stj- nicht auch .sÄ-- dieser Umstellung verfallen
sein sollte, während im InlaiU gerade umgekehrt brit. nur -sk- zu
ch. -sq- aber wahrscheinlich zu sp geworden ist. Die Erklärung von
l)rit. chfc aus sq- über sij bleibt somit als die einzig wahrscheinliche
bestehen (so schon Brugmann Gnuidr. I 377 zu chiccdl).
2) Noch weniger gliicUlich vergleicht P^rnault (Dictionnaire
etym. du breton moyen S. ."»l.'! unter Inicilaff) die keltischen AVorte
mit ahd. sclzan.
3) Korn, fflja und bret. /W»/ 'S|ialte'. fnuta 'spalten' sind
jedenfalls hiervon zu trennen; das letztere ist gewiss mit germ.
spalten zusammenzubringen (vgl. Krnault a. a. O. S. 289 unter f(iiit\
Die indo^-ermanischen s-Laute {s und z) im Keltischen. 317
w(?iteres Beis[)icl (bei Stokesi ist nir. ciofrui, ciototj Wie Linke',
ciofach 'linkbändig-' (mit sekiuuläreni Verlust (\q:< anlautenden
.y) : kynir. clurith dass., wofür Stokes die (U'. '''s(//fft(- ansetzt;
wahrselieinlicli liäng-t es im letzten Grunde mit grieeli. CKai/oc,
lat. ^caei'iis zusammen.
Bezzenberger führt bei Stokes ir. srert, cerdd und kvmr.
purth ^Teir, körn, a-lxird, a-bartli '\w\ Seite' usw. imV'^.s(i<'rto-,
^qerto-, "^qarto- zurück und vergleicht zweifelnd griecli. cna-
pdccuj 'zerreisse, rupfe'. cndpaY^a 'abgebrochenes Stück'. Na-
türlich müsste dann das anlant. .s- schon uridg. oder urkelt.
unter bestinnnten Beding-ung-en geschwunden sein, da l)ei einem
späteren Schwunde dessell)en brit. q sich schon über lij zu
ij entwickelt haben würde. Moraus nie p entstehen komite.
Doch glaube ich trotz Loth ^'ocabulaire vieux-breton unter
(jitpar, parth und Mots latins dans les langues brittoni(pies
unter parth, dass die ))ritannischen AVorte dem lat. pars ent-
lehnt sind*). Ir. .scert, cerdd ist zur Wz. {K)ker 'absondern,
trennen' (vgl. air. scoritit und scaraiitt. kynn\ ij-^>/ari zu stellen.
y>. sf- und Vei'ltindungen.
st- hat von allen anlautenden Konsonantenverbindungen
mit s besonders häutig dieses unter bestimmten satzphoneti-
schen Bedingungen schon in uridg-. Zeit verloren, vgl. air.
tech, kymr. ti 'Haus' : g-riech. re-foc, lat. tego, an. pa/.\ ahd.
dalt : g-riech. cTen], lit, stögas.
Das aus dem Idg. überkonunene .s-^- hat im Keltischen
sich weiter in doppelter Weise entwickelt, je nachdem ent-
weder das s oder das t geschwunden ist. Dabei scheint die
erstere Entwicklung schon urkeltisch xov sich gegangen zu
sein, während die andere eine einzeldialektische Xeueiung- ist.
Daher zeigen im letzteren Falle noch hie und da komische
und bretonische A\'orte das st- i)ewahrt. In keinem etvniolo-
g,-isch sichern Beisj)iel hal)e ich al»er st- im Ir. und Kymr.
bewahrt gefunden. Nur Lehnw(irter zt-igen st-, das im Kynn-.
später zu i/st- A\ird.
st- : ir. brit. t, vgl. air. tiaija'un 'ich schreite, gehe' :
über brit. /' = .s7> s. u.), geht also auf ■■'sp{/i)/tä, *sp{Ji)Jtö zurück
(vg-1. Brug-mann Grundr. II 10i59 und wegen kelt. id aus / den Exkurs).
1) In bret. (jupar, (/uparol liegen waiirscheinlich nur andere
(resp. falsche) Schreibungen für t/iiparfh, ijnpartol (resp. -olaid), die
daneben stehen, vor.
318 Willy Foy,
ni. sfi(jh)iHfii 'siiriiiii-t ant", iiTiecli. cteixuj, g-ot. stei(/a, lit. sfai-
gf/tis 'eilen'; hierzu ir. teclit 'g-elien', kymr. taith 'Weg-', bret.
Hz 'Eile' ans ^'iifiLiä. Air. -fäu 'bin' aus *!^tä-iö : lit. sföju usw.
Air. f(Oid, kynir. f/j)/ 'fest, steif : an. sfinnr 'liart, rauh'. Jr.
fininn 'Buseh' aus '''sfomho- : ai. sfitmJxi- dass. Kviiir. tacn
'Spritzen' aus ^'tagna : g-rieeh. cidZuu 'träufeln', ctqyojv "Fro-
l)fen', an. sfoll-ra ' sju-engen' : vgl. abret. s/«(^r 'Fluss\
sf- : ir. kynn*. .s-, körn. bret. .v und st, vgl. kynn*. safir
'Mund', körn, sfefenic 'Gaumen', bret. stafjn dass. : av. sta-
iiKin 'Maur, griech. CTÖ|aa, ahd. sfiiiina, stimma usw.'). Kymr.
seren, körn, sfi^/j)- i PI. ), l)ret. sferenn 'Stern' : ai. sfr-, av.
star^, g-riech. dcTi^p, lat. Stella, got. sfairnö. Air. serc, kynn*.
serch 'Liebe', nd)ret. sercli 'Beischläfer(in)' : griech. cxopTn.
Air. samaigiin 'ich stelle', kynn*. sef/jJl, körn. l)ret. serell
'stehen' : ai. sthciinan- 'Standort', griech. citiiaevai, lat. sfa-
men 'g"ot. Stoma 'Stoff', lit. stoinä 'Statur').
.S'fr- wird ir. zu sj\ bleibt al»er l)rit. erhalten (kymr. spä-
ter ystr), vgl. air. sveth, kymr. i/stret aus '''strtä : Wz. ster,
'ausbreiten'^). Air. sndth 'alt, ehrwürdig', akymr. strntiu
<;l. zu luvencus 'antiquam g-entem' : aksl. stryjh 'Oheim .
strifuja 'Tante', lit. strujus 'CJrcis'. Abret. strouis Gl. zu
'stravi' zu einem Präs. '''strouO, mbret. strebet 'gepflasterter
Weg' : lat. strno, got. straujan, ag"S. streorjan^). Altes sr-
ist in sichern Etymologien brit. durchaus zu fr- geworden fs.
unten).
Windisch stellt IF. ill SO ff. mir. tret iGen. treöit ■
'Herde' zu griech. CTpaiöc, das er von CTopevvu|ui, cTpujvvuui.
ai. strtd- usw. trennt, und giebt als Gf '''strejito- an. An
und für sicii wäre i-iiu' Entwicklung von str- zu tr im Kel-
tischen w(»hl nuiglich (vgl. .v/'- zu ^: l)ei Stokcs wäre noch zu
vergleichen: kyuw. trn/ Arlx'it. .Alühe, Kampf: griech. ctpr)-
1) Kyuw. _i/sli'f'iii;/ 'Gauiiion' ciitiiält wriicii nhvi-i. Isfoni/'d mit
(Icrsolbeii IJedeutuiij^- in //- ji'i'wis.s ciiu' Pr;i|iositi(iii, da im Bret. niul
Koni, der Vorsflihi^- von /, wie im Kymr., uiiiit ül)lieli ist.
2) .Sfftkcs stellt talscldieiierweise aii- srcfli mit ak\ inr.-al>i-ct.
Worten //vV (in Kompositionen) zusannnen, oluie kymr. i/sf/-ef /.w
lioaeliten, und vergleicht lat. series, sero usw.
3) Air. snith Strand", kymr. ystrat {straf, ist rat, estrat) 'Thal,
Khene' sind doch wohl spätere Lehnwörter aus dorn Lateinischen,
da man hei I rverwandtschaft rä aus /"• erwarten sollte.
Die. iiulog-ermanisclieu .v-Lautc (n und z) im Keltisoheii. '519
vrjc 'liart, raiili, kraftvolT, cTpfivoc 'Kraft, Übennut', lat. sfre-
nuns-^ als weiteres Beispiel bringt Windiseh ]kr. d. sächs. des.
(l. Wiss. 1886 S. 24.') bei: i^nW. N. Fr. Trogus, air. tnkj triUig
'elend, iingliieklieir aus ■'■'sfroijgos' oder "^streugos : grieeli.
CTpeuYecGai ' autg'eriel)en werden' (z. B. Od. XII .'kjl i, Doeli
selieint mir Stokes das nur. frei deshalb besser zur Wz. tre7)i
'tiinnueln' {\i\t. furma, ags. drumo 'Wixnia') gestellt zu haben,
weil es dem grieeh. CTpaiöc nicht ganz entspricht. Dieses
ginge auf ■■'sfnjfö-, jenes aber auf '■'■'■.strento- zurück (^gl. über
die Infektion Rieh. Schmidt \F. I 67), während sich ir. cef
(den. ceif) und grieeh. eKaiöv .die "Windiseh als \'ergleich
herbeizieht) vollkonnnen decken : Gf. *Ä?«fo-. Desgleichen
wird ir. trüag (wozu noch kynn\ frii, bret. fru und verschie-
dene A))leitungen) von Stokes vorteilhafter zu an. prüga be-
drückeir, ahd. rfrw/i Fussfesser gestellt. Ebenso ist die Ety-
mologie des kynn-. trlii von Seiten der Bedeutung gewiss nicht
einwandsfrei. Ein sicheres Beispiel für die an sieh sehr wahr-
scheinliche Entwicklung des anl. sfi-- zu fr fehlt also: doch
vgl. patr-.
Desgleichen wird sfl- ir. zu x/ und l)leibt brit. erhalten ■ kynir.
später jjxtl). A'gl. air. .s7/.s-.s-, kymr. //■'^■fli/s Seite' aus '"'.sf/f-si- :
lat. latus 'Seite' aus '-'sf/fos, beide vielleicht zu einer Wurzel
sfelf, Erweiterung von .s-f(V 'ausbreiten', wozu lat. latus- 'bri'it'
aus '''sfl-to-, aksl. sfeljq (vgl. air. leth 'Seite' : ai. präthas
■"Breite'; aksl, strana, russ. .storona aus '^'fitr-nd 'Gegend, Seite'
zur Wz. stet- 'ausbreiten'). Ohne Etymologie ist air. sloud
'Bezeichnung' aus ■^'.s-tlondo-, sluimVnn ich nenne', akymr. isf-
liiniif Gl. zu 'profatur' usw.
4, Hj)- und \'erbindungen.
xp- ist ir. zu .s- resp. ph (= /'}, brit, 7.\\ f [ff') geworden.
j) ist also in der \'('rbin(luiig mit .s- urkeltiseh noch nicht ge-
scln\ imdcn: \gl. unten ül)er -sp-. Damals wird sp- zu sv-
(wo r Spirant isti gew(trden si'in, aus dem sich im li'ischen
/.um grr»ssten Teil .s- über .s-(^ imit ij =^ lIali)\okal i entwickelte,
während im Brit. .vr zunächst ei'halten blieb, so dass es mit
Sil- und .svy- nicht znsannneiiti<'l. \\\\i\ spätiM" mit Verlust des a
V.W /■ wurde.
\\gl. air. sctg : ml)ret. f'clc/i aus ^spehjhü Milz' : ai. ph-
Ik'oi-, a\". spt'r' .1(1, grieeh. CTrXt'iv wozu CTiXdfXva 'P^ingewcide'),
lat. iicn, aksl. aUzi'na. Air. setr : kymr. ffei\ mbret. fer- in
320 Willy Foy,
Feiujidif ans '^-".speref- 'KiKiclicl am Fuss, Ferse' : g-rieeb. cqpu-
pöv, aj)!'. spertltDi 'Zeliballen'. Air. sine 'Zäpfchen, Zit/e' :
lit. speni'js, apr. speiiis, an, speni.
Neben air. sij/e tiiulct sich -pinie in Ix'i frl-phne, neben
f>eir der Akk. Du. di phtf'id\ wir haben in diesen Formen
siclierlicli einen ähnliclien sat/i)honetisch berechtig-ten AVechsel
zu seilen, wie in <lcmjeni,i;en von ,v- und /- = idg-. su- iß. die-
ses). Irisch sind also wohl sj)- u)id su- vorhistorisch zusammeu-
getaileu.
»Stokes führt in seinem urkcltischen Spracbseliatz S. 0^)2
unter '''s{p)es 'bauchen' folgende Beispiele von ir. sp- = idg.
s^)- an: .speil 'Vieh, Herde' : lat. spoUtim-^ speal, Gen. spe/le
aus '^^spelä 'Sense' : g-riech. vjjc/Xic; coin-speacli' \\ovmi^^\ schott.
(d. i. gael.) speach 'Wespe' aus *sp)ekä : griech. cqprjE. Aller
Wahrscheinlichkeit nach haben wir in diesen keltischen Wor-
ten spätere Lehnwörter zu sehen ^), da die oben gegebenen
Beispiele für idg. 67^- sicherer als diese sind, nach ihnen al)er
S2J- schon urkeltisch zu sr übergegangen war. Deshalb l)ewegt
sieh auch das auf ganz unsicherem Boden, was Stokes ebd.
über jj- — idg. ,vy>- sagt: ir. paisd, peist 'Hauch, Atem' soll
zur "Wurzel s2)es (griech. CTreoc 'Höhle', lat. spiräre) gehören,
zu derselben Wurzel kvnu'. Ifän aus '^sposnä und ir. paiidh
'Durst' aus spasätu-. Statt ff'ün sollte man dann ddcli wenig-
stens ^ffonOi) erwarten.
spr- ist wahrscheinlich ir. zu sr, brit. zu /> 1 /fr) gewor-
den, also wie sr- Itehandelt worden, mit dem es schon nikel-
tisch zusanunengefallen sein kann. Die beiden mir zu (!ebote
stehenden Beispiele, haben allerdings keine zwingende Etymo-
logie aufzuweisen. Es sind: körn, fran ' Krähe , bi'et. /)-/(/(■
'Eule' aus '''sprfid : got. spanra, ahd. sparo, an. sporr usw.
(vgl. noch griech. CTTopYiXoc, TTt'pTOuXov, apr. spcrijln-, spnrijJiii
'Si>erling'i. Air. sr^'^'nu ich werfe' aus '''■'s))reinti : ahd. spreifan
(vgl. noch ndul. sjira'Jnt 'spritzen', spraf 'S)>riiheu' zur ^^'z.
sprO)^ kynn'. ///Y/?< Stritmiing' aus '■^'sprcijo-, f/'r/rsf Hast ans
'^'sj)r/id-fo-: ahd. spri/i, spriozan, got. sprautn schnell, lett.
spridifis 'eni|>orkommen '.
1") sj>i-il gt'lit w.ilil auf <la> lat. sjui/imii /urüek. wu- s/neitlh
auf '\s-pr<i('jhi (lat. pnici/fi), das ('hciifalls ilie iHMlculung 'N'ieli' or-
lialtfii liat.
Die inclogcnnanisclieu .s'-Laute (.s' und s) im Keltischen. 321
Für sj)!- liabe ich kein Beispiel, Air. slaidim 'icli
schlage, zerhaue', kymr. IJadd, abret. ladcon usw. kann weder
zu as. spUdian 'töten', an. spUla 'vernichten' usw. (Stokes)
noch zu lat. chlde.s (zu perceUo aus '''-ceJdo) g'cstellt werden,
da sich aus den Gf. "^'spldö oder '^'sJc/do in den brit. S])rachen
ein Hlaicdd u. ähnliches hätte entwickeln sollen, es nüisste
denn sein, dass wir eine Orundtbrni "^sphKlo oder '-'skLidö an-
nehmen krmnten.
5. .s'«-, sni-, sr-, }<1-.
Diese Yerbindung-en sind g-all. und ir. anlautend erhalten,
brit. al)er verändert worden.
sii- : ir. sn, \mt. n. Vgl. ir. sndiu 'das Schwimmen' :
kymi". lunrf dass., bret. neuff 'schwinnnen' : ai. sncnni, lat.
nare. Ir. snigirn 'tropfen, regnen' : kynn-. di-neu, bret. di-iwii
'ausgiessen' : Wz. {s)nigh (vgl. Ostliofit' IF. IV 275, 280 HtVi.
ir. sHiiiit : kymr. nyddu, körn. netJte, bret. nezaff 'Hechten' :
ai. snäi/afi usw.; air. snaflie : kynn'. noden^), bret. neudenn
'Faden' : vgl. lett. sndte 'leinene Decke'; hierzu noch air.
sndthah : kynn*. nodicyd, akorn. nofukU abret. nadoez
'Xadel'-). So verbindet sich auch ir. snddim 'ich schütze',
snddud 'das Schützen' und kymr. iniicdd, abret. nod dass.,
obwohl ich keine annehmbare Etymologie beibringen kann.
Im übrigen vgl. skii-.
.s'/«- : gall. ir. sni, brit. in. Vgl, air, smir 'Mark', ,sme)'-
tlut'in 'schmieren' : kymr. nun- 'Mark': alid. smevo, got. smah'pr,
lit. .wiarsas 'Fett'; aus dem Gall. AgI. cv. SmerfnUos, Smer-
forix u. a. Air. stnech 'Kinn' : ai. snnlsni 'Schmirrbart', alb.
injdn-F 'Kinn, liart', lit. sinakra 'Kinn'.
.s7- : ir. sj, brit. lill). Vgl. air. demun, sleiiuiiit 'glatt' :
kynu'. ll//fit dass., abret, Uinii- in limn-collbi Gl. zu tilia'
usw. : (if. *.s•Z^7>;^o-6'; dazu air. sllah aus ^sleibo-s : griecli. Xiiji,
Xeißuj, lat. delibuere, libare, ahd. slij)h 'lapsus', -s-///«« 'gleiten'^
an. sleipf 'schlüpferig'. Air. sh(ciiii 'ich schlucke' : kymr.
Ihjncaf, ll)/nf/af 'verschlucken' : griccli. Xu-fKaivuu. XuYT«vo,uai
1; Kyinr. i/snoden 'Band', kf)rn. >;/iot/ sind Koiiiiiosita mit dem
PriiAcrb e.s-, i/s-. Vg'I. die BedeutiinüsdiftVreuz zwiselien ysnodcn
und uoileii.
2) Dass hier im Brit. eine idg. Form ohne .s- (vg-1. got. iiepla,
isl. nöl 'NadeD fortg-ef'ührt sein sollte, ist Avegen der IJegelmässig-
Ueit des Wechsels ir. sn- : brit. fi- nicht wahrscheinlich.
322 Willy Foy,
'ich sc'lilucli/.c'. Ebenso erklärt sich ir. sJnag g-cgenüber kyinr.
knrii. IIa "Schaar, Heer'. — In gleicher Weise wird idg. sl- be-
handelt. Vgl. ir. s1fi(j 'Speer' : ai. srjdfi. Ir. slän, kynir.
Jlaicn 'heil, ganz' aus '^sl-no- : lat. salvtis.
s)-- : ir. sr, brit. fr (ffV). Vgl. air. .snifh : kynir. ff'rtcdd,
körn, f'rof, abret. frtif, frot : Gf. '■^sj-nfu- '.Strom' : W/. ftreu.
Ebenso erklärt sich das Verhältnis von ir. srtjii zu kynir. ffroen,
bret. froan 'Nase', die wohl zu griech. pi'[KM, ()ijx^ i^'''
schnarche' zu stellen sind. Im übrigen vgl. spr-. JJret. sfrum
neben ir. srunhn 'Strom' und akorn. strefih) 'Flüssigkeit, Xass*
(vgl. alid. sfredau 'strudeln') kr»nnen nur aus dem Germanischen
entlehnt sein. — Für idg. sr- habe ich kein lieispiel; vgl. aber
unter spr-.
6. SU-.
SU- ist im (Jallisehen oder auf Ogaminschriften vgl.
sra(/(/i(ci = kymr. chfc(ij) 'schneir) erhalten, im Ir. wechseln
.v und /', im Hrit. ist es zu chir i-es]). hu, hw, ich) gewoi-dcn.
Der ii-ische Wechsel erklärt sich aus der ursprünglich Ncr-
scliiedcnen Stellung des Wortes nach einem Worte mit konso-
nantis(diem oder vokalisclicm Auslaut: vgl. das über >•;> be-
merkte.
^'gl. air. siur und /iur : kyuir. chuuicr : ai. srdsar- usw.
Air. se (aber tnör-fe.ser 'magnus seviratus', d. i. '7'): kymr.
chicech : aus *.s//eÄ".v. Air. sf, -b : kymr. chici, körn. u-Jit/,
bret. hui 'ihr' : aus *.s'-«ev ('vgl. Brugmann Grundr. II 804 f.).
7. si- : ohne IJeleg. Vgl. -si-.
C-. Xacli Koiisonjintcu.
Hier können nur die Wrbindungen /:.s- und ps- in Be-
traciit kommen. />s- kann ich dui'ch kein keltisches A\'(»rt
belegen. Für 7>.s- v^l. : air. sreod 'Niesen' Ksrennim 'schnar-
chen') : kymr. /jsfvcu-/ und tveu-i 'niesen', fveu^ 'das Niesen',
bret. sfrcui/d/f ' u'ii'^^ew' : Wz. psfrcij, wozu ii'riech. iTTdpvuuu
lat. stci-iiuo. IW'aclif^'nswcrt ist die Fntw ickhui.:;' von psfr- zu
//•- im Kymr., die aul" tViUizcitigen Sclnviuid des p liindciitct
und analog dcrjcni,i;cn ^()n sf- zu /- ist.
II. Im Inlaut.
;i. Ijnr.Mclics .S-.
-.s- ist ^all. und aul' < >,:;aminschrit'ten n<ich bewahrt ge-
blieben, dage.i;-en im Ir. und \\\-\\. durch die Mittelstufe h hin-
Die indoji'ermanischcii .s-Laiite (s und z) im Keltischen. 323
(liircli verloren g-eg'aiigeu. ^'g•l. gall. }'isu-)y:r (ein Franen-
iiame): ir. fin, kymr. giclir 'würdig' usw. : ai. vcisn-, av. rohu-,
alid. icisu- in Wisunch. Air. siftr, kynn". cJncaer aus '■■■sijesor-.
b. s + Kons, oder Kons, -f .s- -f Kons., wobei der erste Kons,
sch-svindet.
1. 'sk- und Kons. + -■'^^^'-'
-.SÄ'- ist im Ir. als .sc erhalten, im Brit. aber zu ch über
('S geworden, wie zuerst Loth (Voeab. vieux-bret. S. 14o unter
gaohi, Mots latins dans les langues britt. S. 83 Anm.)^) er-
kannt hat. Vgl. air. basc 'Halsband' : kymr. beich, bret. becli
'Last, Bürde' aus V)ha.Ä-i- : lat. fascia 'Binde', fascis 'Bündel',
griech. qpdcKuuXoc 'Ränzel'; nkynn'. ffffsg, ffcisgl usw. 'Bünder
sind Lehnwörter aus dem Lat. So erklären sieh auch die brit.
(kynu'.) Iterativbildungen auf -t/cJm, wie z. B. chicem/ _i/chu
'wünschen', die auf Formen mit -isJcö zurückgehen.
Alle Beispiele, die bei Stokes u. a. in der Grundtunu
mit blossem .s/.' = ir. brit. sc ang;eführt sind, haben vor diesem
sJi einen Konsonanten verloren, vgl. z. B. air. mescaim, kymr.
iiujsga zur AVz. mik. Besonders sei noch folgendes erwähnt.
Für kynu'. gicrysgen f. 'Ast' setzt Stokes eine Gf. ^i-rsl-ä an
und vergleicht ai. vrixsd-, got. ga-u-risqan 'Frucht bringen',
an. roxlxenn 'erwachsen'. Zunächst stinnnt die E^tymologie
niclit ganz, da das kynn*. AVort einen palatalen Guttural, das
got. aber einen velaren enthält. Ausserdem sollte man iiu
Kymr. Fmstellung von sc erwarten. Ich vernmte daher, dass
jenes zu ir. f'rem 'AVurzel' aus ^'urdmu-, kymr. gicrdddun,
körn, gracttcn, bret. grnizjjenn 'AA'urzel, Stamm' aus ^■^ai-dio-
(vgl. griech. päba|uvoc 'junger Zweig', pubiE 'Zweig, Eute',
lat. rädix, got. irnHiis 'AVurzel' usw.) gehört, also »\\i ^crd-shcl
zurückzuführen ist. — Stokes stellt kymr. bloesg n)laesil0(juus',
niliret. Jdis'ic 'blaesus' zu skr. rnJeccha- 'Wälsclier, Bai'bar';
besser sind die brit. AVorte als Lehnwoi'tc aus einem lat.
^'Idaesicus (zu lat. b]acsiis, griech. ßXaicoc usw.) aufzufassen,
wdfür schon das mbret. blisic spricht, da bei Stokes' Annahuie
-sie fiii" -sc stehen niüsste, eine mir sdust uid)ekaniite Konso-
nantenlockeruni;-. — Line weitere l^emerkuni;' ertordert kAinr.
1) A'.2-l. RC. XV 220 f., wo der Verweis auf S. 23 di<>ses AVer-
kes nach der oben gemachten Angabe zu iiorrigieren ist.
324 Willy Foy,
ascicrn, koni. oscorn, bret. asLourn 'Bein'. Fick 151). XVI
171 stellt diese Worte zu av. asca 'Schienbeiu', arm. osJcr
'Bein'. Dann sollte man im Brit. ^ statt c erwarten. .Johansson
BB. XVIII 24 setzt als Gi'. '^ofitiJD-uer-eii an, wozu auch arm.
oskr aus o.st(hyijer- und g-riecb. öcqpOc mit cp ans einem g-en.
'"^osthudü *öc(päc\L Doch entspricht dies nicht den bretonischen
Lauti^esetzen, da sich hier schon im 9. Jh. ein ascorbiol
'knochig-' tindet, das niclit auf ^'ast-guerinol, '•'(isf-gnori)wl
zurückgeführt werden kann; denn idg. u ist bret. bis Ende
*.». Jh. durch nu, no, erst von da ab bis Ende 10, Jh. durch
{/uo. (ju vertreten, und tio wird erst im 11. Jh. zu o (vgl.
Loth, Vocab. vieux-bret. S. 15). Daher schliesse ich mich
Herrn Prof. A\'indischs Deutung- des fraglichen Wortes als ^'ost-
cornu- an. das als zweiten Kompositionsteil dasselbe Wort
wie got. ha/h'ii, lat. cornu enthalten würde -i. Vgl. kynn-.
Uosgicrn neben Uost 'Schwanz'.
Schwindet vor -.s'Ä-- ein Konsonant, so bleibt es auch im
Brit. als sc erhalten. Der völlige Schwund dieses Konsonanten
muss also iün2,-er sein als der Übei-gang- \()n -sk- zu -A-.y- in
der britannischen Lrzeit, hat sich also erst nach der Auflösung
der keltischen Urgemeinschaft vollzogen. Geradezu unverständ-
lich ist es, wie Zimmer KZ. XXX 214 das Gesetz aufstellen
kann, dass Kons, (exclus. Dental) + « + Kons, zu Kons, -f-
Kons. würden. Dagegen si)rechen die Verbindungen -hsh-,
-fjsk-, -psk-, -pst-. Daher ist auch nur die unten von den
Verbindung-en -ksm-, -psui-, -msr-. -ksJ-, -qsl- gegebene Ent-
wicklung- zulässig.
-ksk- : ir. brit. .sc. A'gl. air. mescaiin, kynn-. mijsiju '.
Wz. mik ''mischen'. Beachte auch gall. E.vcingoreii' aus ^"Ex-
cingorlx zu excingos '"sehr ta|)fer'.
-qsk- : ir. brit. sc. Vgl. air. faiscim, kymr. girasgii,
abret. gtiescim, \\\\)Vi^t. goascd ff ^ ich (pietsche, presse zusannnen':
Gf. ■' tuiqsko aus ua^h-skö : ai. jn-arähate 'er drängt, drückt',
nhd. iceggi, icekki 'Keil', lit. r^/_7Äv Ttlock', lett. ?rr/r//?.s' 'KeiT.
Air. gesca 'Zweig' aus "'/>•(( iiqskaio- : ir. gcc aus ^'kanqd kymr.
cdiiigc aus ''■kai/t// dass. : ai. s<i»/kii- rfahl, I'tlock'. aksl.
sak?, Zweig- (Strachan BI5. XX .'»()i.
1; Gegen Fick (a. a. U.) mit Rocht Krctscliiiicr KZ. XXXI ;];{2.
2) In abret. (iscnnnol müsste dann Konsoiiantenlockerung- vou
)'/!■ statty-eiuiulen liaiieii.
Die indog-ermaiiisclicn .\'-Laiite {s und .r) im KcltisclKMi. ö25
-fsli- : ir. l)rit. sc. Vg'l. air. nascaim, Iiret. »aska ich
])in(le' aus ■^nadh-skö : ai, luiliyatl, nadhä-. In Fällen wie:
air. ßesc 'Rute, Oerte' aus ^ij/tskcl : air. foU, kynir. gwallt
'Haar', ags. weald, ahd. irald; air. «?e.<?c 'betrunken' aus *med-
sko- : ai. viada-, air. m«/, kvnir. iitedd', air. ?/,f('e 'Wasser' :
ai. udaka- usw.; e.§c 'Wasser' aus "^'pkl-skä : kynn-. uisc ans
^peid-skä : g-riecli. iribaE, TTibuuu (Stokes BB. XIX 73) —
in diesen Fällen, meine ieli, kann das .s-k ebenso gut und
vielleicht besser auf -fk- (resp. t-{-q ohne Labialisierung-, vg-l.
Sutüx -ilqo-) als auf -tsk- zurückgeführt werden, nur niuss
man annehmen, dass -fk- im Urkeltischen in -fsk- übergegan-
gen ist.
-psk-. Hierfür kann ich kein Beis})iel l)eibring-en. Air.
loscaim 'ich brenne', kymr. llosg und körn, lose 'Feuersbrunst',
bret. lesqui/f 'brennen' sind nicht mit Stokes auf Hoji-skö
usw. (vgl. griech. \d)UTTUj usw.) zurückzuführen, wobei der Ab-
laut auttallen würde, sondern zur Wz. luk zu stellen (vgl. schon
Loth Mots latins S. 83 Anm.).
2. -sq- und Kons. -H -sq-.
Im Gall. ist -sq- zu sj) geworden, wenn der Name Atespa-
fns mit d'Arbois de Jubainville (vgl. Holder Altkeltischer Sprach-
schatz S. 2ßi}) zur Wz. seq 'sagen' gehört: vgl. ir. aithesc
'Antwort' aus ^afe-sqon, kynn*. ate}} aus ^'ate-seqon. Fürs
Irische ergiebt sich, wie auch nicht anders zu erwarten, .sc
als regelrechte Vertretung von idg, -sq-, vgl. das eben erwähnte
aithesc und air. insce 'Rede' aus "^'enisqiä : griech. evicTie, hit.
insece, ahd. insagen, lit. isakyti.
Ein für die Behandlung v(»n -sq- im Brit. ausschlagge-
bendes Beispiel steht mir nicht zui- Verfügung. Air. fescoi\
kxmx. ucher \\^y\\ 'Abend' sind anders zu erklären, als Stokes
will (s. unter -sp-). Ans nibrct. quehezl = ^kosqeflon 'Ge-
rücht, Erzählung' könnte sich ergeben, dass -sq- ebenso wie
im Anlaut auf britannischem Sprachgebiet behandelt worden
sei: doch wird Jidi) nur auf L'bertragung aus dem Simplex
resp. auf einer späten Komposition beruhen. Ir. sesc, kynn*.
Jit/.^j) (F. he.sp), bret. hexp 'trocken, unfruchtbar' werden auf
eine urkeltische Gf. ^sifsqo- aus idg. ^sitqo- 'vgl. av. hisku,
lat. siccus) zurückgehen ; vgl. das unter -tsk- Gesagte. Xur
air. cosc : kymr. kosp 'Strafe' macht es wahrscheinlich, dass
-sq- im Brit. zu sp geworden ist (Gf. also '^'ko-sqo-), da beim
326 Willy Foy,
Ansetzen einer Of. '^kon-Hqo- das Felileii der L:ill,^•e heim o
aull'allen würde, oliwold auch dies in den keltischen Sjjrachen
vereinzelt sieh findet.
;>. -stt- und Verbind nn.i;en.
Einlaches -st- wird im Ti-. mid Hrit. meist zu .s'.s* us-i assi-
miliert. Vg-1. air. aix, aes, kynn-. o'ih, oea, koi'u. Ini'is aus
*üiues-tu- 'Alter' : ai. ciijns, grieeh. aie'c, lat. aenni/, p>t.
diics. Air. ross 'Wald, A'org-ebirge'^ kynn-. r/io.s 'Moor', bret.
ros 'ein nnt Farrn- und Heidekraut bedeckter Hüg-er aus
^pro-sto-s : ai. pra.stha- ^JJergebene, Plateau'. Ist Windiselis
Yerg-leichung- (Ber. säclis. Ges. AViss. 1892 S. 168, 172) von
gall. vassus, ir. foss, kynir. gicas, körn, guas, bret. goaz,
giraz mit griecli. /acroc, ai. vas (wozu väsiu 'Haus' usw.),
lat. vestibulum, got. wiscoi, an. visf und ahd. icisf 'Wohnung'
richtig, so ergiebt sich auch für das Gallische die Assimila-
tion von .^f zu SS. Es würde also ein urkeltischer Vorgang
sein. Nun linden sicli aber in den keltischen Sprachen noch
liäufige .sf. Zum Teil beruhen sie auf jüngerem Zusammen-
stoss von s und f, vgl. kynn-. elstedd 'Sitzung, Sitzen', abret.
est kl 'JJelagerung' aus ^'ex-sodilo-. Aber auch sonst seheint
-.s^ im lirit. bewahrt zu sein, vgl. z. 15. kynn-. Ilosf, l)ret. lost
neben ir. los 'Schwanz' aus */o.s'fo-, ■''losfä.
-pst- führt mit Schwund des p ebenfalls zu ss (.s-). Vgl.
air. kymr. körn, tes, bret. tez 'Hitze' aus "^-fepstu- : ai. täpas,
lat. tepor.
Anders scheint die Lautgrupjje -Ist-, -qst- behandelt wor-
den zu sein, vgl. ai. ecJitar aus '■^ekstero- : lat. e.rtni ; air.
öchtar üachtar 'hrdier', kymr. nthijr 'bewunderungswürdig'
aus '^'ouqstero- : i\'\\\ ÖS uns, kynn-. «c/^ aus ^'oiujsn usw. Doch
kr»nnen die Grundformen dieser Wiirter auch -''ekteru-, ^'oijq-
fero- gewesen sein.
-str- scheint bewahrt geblieben zu sein, vgl. air. Jestar,
akymr. lesfir neben lestr in tu.sJestr 'Weihrauchkästehen',
nkynn-. liest r. körn, lesfer, bret. lesfr '(iefäss' iStokes 'viel-
leicht unkeltiseh'). Air. cafhir, kynn-. (uiir euer, bret. Ixue}'
'Stadt' k(tnnen weder, wie Stokes will, auf eine Gf. *A-<'/.v^r('/.'.s',
*kastro- zurückgehen noch auch aus lat. castra usw. entlehnt
sein. Im letzteren Falle sollte man castr erwarten (vgl. schon
Loth \'ocab. vieux-bret. S. (52 unter calou, Mots latius S. 95),
Die iiidog'ernianisflien .v Laute (.s- und z) im Kellischcii. 327
Avc'lclies Wort tliatsiiclilicli im Kynir. und lirct. Aoi-kdiuiiit ^j.
Xaeli den keltischen L:inti;-eset/.en aber sollte sieh ans einer (If.
'■h'd.'^fi'el-!^ ein '''coistii' und im g-itnsti^i;-sten Falle ein ■'x'ais{s-)ir
entwickelt haben. Das air. catJiir setzt vielmehr eine (!t".
'■'/lafi'el'is) voraus. Die brit. Worte kr>nnen meinei- Meinun^ii'
nach mit ihm nur dadurch \erknüpt't werden, dass man an-
ninunt. sie seien aus ihm /.u einer Zeit entlehnt worden,
als fit schon zu h i^'cworden resp. geschwunden war. Sonst
uiuss man eben zu dei" nicht besonders wahrscheinlichen An-
uahme seine ZuHucht nehmen, dass sie zu kvmr. cae, bret.
cai (PI. caiou) : g-erm. hag g-eh(»reu ( vg-l. Loth Vocab. a. a. 0.).
Auf '■■'casra sind sie gewiss nicht mit Loth (]\[ots latins a. a. 0.)
zuriickzutiihren (s. die Behandlung von -sr-). Ir. cathir so-
wohl wie die italischen Worte (lat. castnim, osk. casfroc.s
V'cn. '"tundi', casfrid Abi. 'fundo', umbr. Iri.sfmvuf ' hrndos'),
die auf ein ^'l'os-fro- oder */vY/^fy•o- zurückweisen, gehTtren am
^vallrscheiulichsten zu einer Wx. Idt 'bergen', die noch durch
lat. c^/.s-.s/.v "Helm', (\ei\UQ.h huf, häfeu l)elegt ist (vgl. v. IManta
Usk.-Umbr. Gramm. I 422 f. i.
-sti- scheint bew^ahrt zu sein in kymr. hnsfl, körn, hisfel,
bret. besfl 'Galle' : lat. Inlis aus *o/.s'f?/.s' und vielleicht an.
Ifcisa 'Beule', eiii-kcelsa von einer giftigen Person gesagt;
ferner in kymr. (jicystijl, körn, guistel, bret. goeafl, gall. -gest-
Jns in Cogestlus 'GeisseP aus '''geistlos.
4. -sj)-.
Ein ziendich sicheres Beispiel für sj) liefert die Wort-
f<ippe: gall. Crixos, kymr. crijcli, bret. crech 'kraus'. Sie
entspricht dem lat. crispns (woraus gall. Crispos entlehnt)
und ist entweder früh aus dem Ital. entlehnt oder mit dem-
selben urverwandt. Zu vergleichen ist wohl noch ahd. hres-
pan 'rupfen, raffen' (Ik'zzenberger bei Stokes\ Ks liegt als<»
ursprüngliches -sp- vor, das im Gall. und IJrit. zu ./• und ch
über CS geworden ist-), t'ber den Entwicklungsgang von -sp-
■m CS kann man al)er zweifelhaft sein. Wurde -sjj- erst um-
gestellt zu ps, wie .sc zu CS, und dann zu es? oder wurde
1) Auch das lat. castellum ist entlehnt: air. caissel, kymr.
cesfj/ll, körn, und bret. castell 'Bollwerk'.
2) Über di j)1ierid (zu seir 'Ferse' aus =^.sy>eyff-), in dem Stra-
eliau BB. XX 36 Anni. 2 die lautgesetzliehe Behandlung von -sp-
sieht, vgl. das unter sp- Gesagte.
328 Willy Foy,
es erst zu sc und daiiii zu (•-s? Die Entscheid inii:', dic^ zu
Gunsten des letzteren ausfällt iviul. Lotli Voeal). vieux-lnet.
8. 143 unter gauhi, Zinnuer KZ, XXXIII '2H\) , l)rin,i;'t das
keltische Wort für 'Abend'. Air. fescor, u'iv. feascur, .uacl.
feasgar, nianx fa>ffiji' : kynn-. ucher, körn, gurfh-uher 'ves-
peruni' lassen sich unter der Voraussetzung- eines urkeltischen
Vberg-anges von -sp- zu -.sc- auf die beiden Gf. ^'vespero-
und ^-'tispero- zurückführen und sich dadurch allein mit dem
griech. ecirepoc, lat. vesper vereinig-en. -^p- fiel also urkeltisch
mit -sk- zusammen^). Von der Grundform '-^vespero- '^uspevo-
ist das slav. vecen, lit. i^äkaras zu trennen (aus ^veqero- mid
'^reqoro-, vgl. Joh. Schmidt Pluralb. 107. Solmsen Studien z.
lat. Lautgesch. 25). Vollkommen unklar ist arm. glser.
Nach dem bisher Erörterten geht wahrscheinlich auch
körn, guhi-en, bret. giiolü 'Wespe' auf eine Gf. '^'vnspes zu-
rück 2), obwohl es die verwandten .'sprachen zweifelhaft lassen:
vgl. lat. respa, ahd. iccfsa, ags. väsp und räps, lit. vap.sä.
apr. 2co])s<-', aksl. osa. Air. foicJi ist aus dem l)rit. '■'ii/iochi
entlehnt vgl. Zimmer KZ. XXXIII 27G ff.).
."). -.s'«-, -s7n-, -sr-, -d- und Verbindungen.
s assimiliert sich ir. und brit. in diesen Verl)indungen
an den zweiten Komponenten, so dass Doppelkonsonanten ent-
stehen, die häufig, nain. nach langem Vokal, vereinfacht Aver-
den. Ein Konsonant vor ,<? schwindet. — Im Gallisf'hen sind
die betr. Verbindungen erhalten, wie man aus X'amen wie
Mosmerta, Atesmerius, Cintummis, Cuslamis usw. ersehen
kann.
-sn- zu nn{n). Vgl. air. (Z</» 'Kunst', di'nia 'kühn' aus
*däsmi-, ^düsnouo-H : ai. däsa- Sachkenner', av. ddiiha 'weise',
griecli. brjvea 'Anschläge' usw.
-sni- 7A\ mm (ni). Air. ////. am 'ich bin' und uniini wir
sind' aus '-^esmi und '^esmes. Air. hoiu/ni aus ^•hliosineii "His-
sen, Stück' : ai. hhäsman- 'zermabnond, vcrzehreiur, Subst.
1) Ausser den ^-enannten keltischen Worten für 'Abend' linden
•sich noch air. fespcrfun 'abendlicir, kynir. f/osper 'Al)endj;'el)et\
bret. i/oiisfifrou. und körn. i/ires])er ' Abeudyottesdicnst'. Natürlich
sind dies Lehnworte aus dem lat. cesper und Ableitungen.
2) Anders Duvau Memoires de la Societe de Lingniistiquc VIII
2.% — 259 (vgl. RC. XV 14ö), der von einer Form 'h-rpsa ausgeht und
annimmt, ps sei zu ks geworden. Das ist noch nicht bewiesen,
aber wahrscheinlich.
Die indo.ucniiaiiisc'lic'ii .s-L;infe x nud ,-) im Kcltiselien. 329
'Aselic'^), iilid. Ixiii/ii/e, hcniine (lazii haiaineii iiasclion'); vgl.
uof-li ai. (ipsn- 'ohne Lebensmitter, ij^viech. övjjov. ijjuj^öc 'Bissen'.
-kxiD- zu II) m [m). Vg'l. kymr. cirem. biH-t. dreiaui aus
'^dvlcsmä "Aublick, Gesicht' : g-ricch. bepYMÖc "Blick', bepT,Lia
'"Anl)lick'. Xir. dreaiii. gael. dreamag, bret. dramm 'Bündel',
aus ^drefj-snio- : kriech, bpdfua 'eine Handvoll' zur Wz. derg.
drey 'halten'.
-tsm- zu mm im). Vgl. air. dru'im.m, kymr. ^yvr?w 'Rücken'
aus '''drof.s-men : lat. dorsiim aus ''dortsoia (y).
-psm- zu jum (m). Vg-l. air. fimme 'Hitze' aus '■■'f('ps-
mijl : kynir. hoijm, körn, toitif, bret. foe?n 'lieiss' aus '-'fe-
pesmo-.
-nsm- zu m. Vgl. air. heim, körn, bom, bret. hoem, bom
'Schlag-' aus '^hensmen oder ^'beismen (vgl. Strachan BB. XX
19 f.) : Wz. bM rs. Thurneysen KZ. XXXI 83 f.).
-sr- wird zu rr (/•). Vgl. air. /««• 'Sonnenaufgang', kynir.
gwau'v '^lorgenröte' aus *uösri- : ai. väsard- 'morgendlieh',
grieeh. eap, lat. vei\ lit. vasard usw. Air. c'iv 'Kannu' aus
'^qesra : lit. Jca.sfjfti 'kratzen', äy/.w 'Haarflechte', aksl. cesafi
kämmen', J:osa 'Haar' usw. Air. ar n- 'unser' proklitiseh aus
''■psroji (aus *;?.s"?"o») : got. iDisar.
-msr- 7A\ r. Vgl. air. mir 'Stück Fleisch' aus */>/r^/».s/'o- :
lat. membnini, ai. iixln/sa-, got. mimza-,
-.s7- zu 11 {l)\ gall. ist sl noch bewahrt. Vgl. air. coli,
akymr. coli, abret. -colUn, corn. col-. gall. cosJo- in Coslum
'Haselstaude' : lat. corijhis, an. Iiasl, ahd. lidüaL Air. gell
'Einsatz, Pfand' aus '''gido-. wozu gellaim 'ich verspreche' :
air. giall 'Geisel' aus '^geislo- (vgl. aisl. gisl, ags. j/s^;/, ahd.
glsal) : kynir. girgsfyJ, körn. guisfeL bret. goesfj, gall. -gestio^
in Coge.stJn.s aus '■'geisflo-. Kyiur. f/y//// 'Bruchstück' aus
'^dhruslo- : grieeh. Bpauuj aus *Bpaucuu.
1) Zuletzt handelte Pischel A'edisi-lie Studien II 54 ff. über die
altindisclie Wurzel bhas und ihre Ableitungen. Er nimmt für sie
die Grundl)edeiituno- 'blasen' an, A'on der alle anderen abgeleitet
sein sollen. Mir ist es viel wahrscheinlicher, dass wir zwei Wurzeln
bhas zu unterscheiden haben: 1) 'blasen', 2) 'zermalmen, verzehren,
fressen' (daher nicht von ISIenschen gebraucht). Zur letzteren gehört
auch bhasman adj., Avenigstens Rgv. X 115, 2. Ebenso äussert sich
jetzt Hülebrandt ZDMG. XCVIII 428 f.
Indogermanische Forschungen VI 5. OO
330 Willy Foy,
-Isl- zu /. \'i;I. air. fdl Ziiimienixt' aus '■■'tökslo-^). Ai.
fdksdfi, a\'. fasa- ''Axt', iirieeli. leKTuuv, xöSov, lat. fe.vo, aksl.
tcsla 'lioir. alid. dehsala 'Heil. Hacke'.
-7.sV /u // (/.). V^^l. air. toU Miohl'. kyiiir. /^r//. hret. fouU
usw. 'I^(»eli' aus '^fm/slo- : grieeli. tukoc ' Meisser. aksl. /.>•-
thLiiqfi 'ausgraben', tiJdo 'Spitze, Stachel'.
(). SU-. Nur für das Ir. stehen mir Beis])iele zur Ver-
fü,gung-. Inlautendes -sii- wird hier zu /"; zu h nani. im Aus-
hiut und vor tönenden Konsonanten. Z. B. red. Pf. 3. »g.
do-.se/'ai)in = ^se-monde, 3. PL do-sefnatar, o. Sg\ Imp. Pracs.
toihned (zunächst aus Ho-fenned). (Jen. feibe, Dat. Akk. feib
'Trefflichkeit, Schicklichkeit' aus urkelt. '■^uesij-iids, Dat. i,
Akk. -in neben Nom. fiu aus *ißsu-s {*uesus).
7. -.v/-. Im Keltischen scheint i nach jedem Konsonan-
ten zu -//- geworden zu sein; vgl. ir. caire, akymr. cared,
caredd, nkymr. cerijdd, bret. carez 'Tadel' aus *kariä : lat.
carmare 'schmähen, schelten'; ir. trölge, kymr. tniedd 'Elend'
aus Hroiigiä : An. prt'iga 'bedrücken'-). Für unsern Fall (-.v/-)
kenne ich nur ein Beisi)iel: kymr. liaidd, bret. heiz 'Gerste'
aus ■'■sa.slo- (vgl. ai. .swy^/- 'Feldfrucht', av. /irt/jT/rt 'Getreide'),
wozu vielleicht iu)ch ligur. Akk. istasicnn 'Koggen'.
s. -6-,s-. Hierfür mangelt es mir an sicheren Belegen.
Vielleicht gehört hierher: ir. brit. hras : lat. gros-sus. Air.
cas.s 'GcHecht' vgl. lat. qnalns, quahnti ^getlochtener Korb',
quasilliis ' Wollkrtrbchen' usw., aksl. kash 'Korb') geht wahr-
scheinlich nicht auf ■^qa.sso- (Stokes), sondern *qasfo- zurück.
Vielleiclit liegt eine idg. Bildung mit -.s-.s- auch in den ,«<'-Prä-
teriten des Irischen und liritannischen vor.
.lungentwickeltes -.s-.'*- (aus ks im Ir., aus sf im Ir. und
Brit., aus Dent. + Dental ebd.. usw.' blcHit natürlich ir. und
brit. stets als .s.v, s erhalten.
c. Kons. -(- s resp. Kons. + ,v -|- Kons., wobei aber die l'>nt\vic-klung
des .s- von dem ersten Kons. ;il)li;ini.ii^- ist.
1. -ks- und -qs-.
Beide Verbindungen ergeben im Ir. .v.v (.s), im Writ. ch{h),
1) Kigentlich niüsste als Gf. */ok-p/(>- (mit Ji naeh IJingmann
Grundr. T 40H/10 § 504) angesetzt Merden. Die Lantentwieklung von
-Jc/jl- ist aber jedenfalls diesen)e wie die von -Ä'.sV-; vgl. -qsl-.
2) Beiläuüg sei bemerkt, dass die kymr. Bildungen des Nom.
Plur. auf -yd, -ydd nicht nur als P'ormen der i-, ii-, sondern auch
der /V>-Stämme (Endung- -/o/) erklärt werden können.
Die indog-eniianisclieii .v-Laute (n iiiid z) iin Keltischen. 331
im Gall. tiiulet sieh .r und .is geschrieben. Der «-Laut (Um
idg. q hat sieh in -qs- wahrscheinlich schon urkeltisch verloren.
-A-.S-. Vgl. gall. Dexsira, air. de.ss^ akynir. hret. dehou,
körn, di/yhoir rechts' aus '^delso- : lat. de.rfer. gricch. beEioc,
g'Ot. faihsva usw. Gall. e.r, air. e (als selbständiges ^Vort,
sonst) es-, kymr. eh- (z. B. eh-ofijn 'furchtlos' = gall. E-roh-
nus) \) : lat. ex usw\ Air. coss 'Fuss' : ndul. hahse '"Hesse' :
Gf. *qokso--^ kynn-. coes niuss aus dem lat. co.ra entlehnt sein.
-qs-. Vgl. air. i>s ;^r/.s-, kymr. iicli aus '■■'■oij(/so- : ai. nksati,
griech. auEuu. lit. duks^fas 'h(»cir : A\'z. aijq. Air. no fes 'elfa-
g-ianr .s-Fut. zu teclüni 'Hiehen' : lit. tekn. Wz. teij. Palatales
und nicht velares k (wie Stokes will) enthält air. mos '"bald' :
vgl. av. mosH lai. maksn, lat. nio.v).
2. -ts-.
Es wird ir. und brit. zu ss (s). Vg-1. air. fel.s, körn, guis,
bret. giriz, gicez aus '■^retsi 'Schwein' : ai. cätsa-. Kymr.
chwys, koru. ichi/.s, bret. clioues aus "''s-ij/d-so- \Sehweiss' :
griech. Tboc, lat. .sfidof usw.
o. -HS-, -ms- und Verbindung-en.
Im allgemeinen gilt die Regel, dass der Nasal vor dem
.•^ im Ir. und IJrit. mit Ersatzdehnung- sehwindet, dieses aber
intersonantisch erhalten bleibt. Es erg-iebt sich daraus, dass
jener noch nicht g-anz g-eschwunden war, als intervok. .s ir.
und brit. zu h wurde und weiterhin auch dieses verloren ging-.
Die einzelnen Fälle, für die Strachau J]B. XX ^»4 ff. eine An-
zahl Beispiele gesannnelt hat, sind folg-ende:
-ans-, -ens-, ebenso -anks-, -enks-, -etds- werden zu es :
air. es, kymr. körn, ois uis, bret. oes usw. Den bei Straehan
zitierten Beispielen ist noch folgendes hinzuzufügen: aii'. bes,
g-ael. beiis, bret. hoez, hoaz, boes ""Gewohnheit, Sitte' aus
*bha)i.so- : g-ot. baiists 'Scheuer', ndid. banse Kuhstall', and.
bäss, ditmars. bös dass., ai. bhä.stt dass. (über die Bedeutung:s-
entwicklung vgl. Windiseh IF. III TT f. und unser tcohnen);
anders Straehan BB. XI\' iWJ laus -^beid-ftt- = idg. ^'bhendh-
tu-, Wz. bhendh 'binden')-).
-ens-, -ins- werden zu /s.
1) Brit. es- vor Verschlusslauteii. /.. 15. i^yiiir. es-<jar, koru. es-
kar: air. es-cara : Gf. *eks-karanf-.
2) Die.selbe Behandlung erfahren Leiinwörter wie lat. pensum:
kymr. picys, körn, poys, bret. poe$ u. a.
332 Willy Foy,
-ons- Avird zu ös.
Für -uns- fehlt ein sicheres Beis])icl. Über kymr. cus
'Kuss' usw. vg'l. Brug'iiiaim Gruiulr. II 971 Amii. 1.
Für -iiif<- kann ich nur auf ir. nös, mbret. naux 'Ge-
brauch' verweisen, die auf eine Gf. '•'iiomso- zurückg-ehen :
griech. vÖ)lioc, lat. numerus aus "^'nomesos.
Junge Verbindungen von ns und ms bleiben natürlich
intakt, wie air. insce aus '■^eni-sqiir, air. aimser, kynir. amser.
körn, anser 'Zeit' aus ^rid-messerä.
4. -rs-, -Is- und Verbindungen.
In der Verl)indung- rs, Is assimiliert sich ir. und l)rit. >•
an die Li((uida, so dass deren Doppelkonsonanz entsteht, die
vor Konsonanten usw., wie g-ewöhnlich, vereinfacht wird. Der
vorausgehende Vokal bleibt intakt. — Das Gallische schwankt
zwischen rr [carrus, Barrus u. a.) und rs (versicnos, JJor-
sus, Arsäcus u. a.). Zum Teil kann dies auf alten Akzent-
unterschieden beruhen (vgl. Barrus neben Boj'sus), so dass
vor dem Ton zu rr assimiliert wurde, nach demselben a])er
nicht; es können aber auch nur dialektische und zeitliche Un-
terschiede vorliegen, denen wir nicht mehr nachkommen kön-
nen. -Js- ist gall. erhalten in Alsa, BciJsa, heJ.sa 'Feld' usw.
Im einzelnen gelten folgende Regeln (vgl. Strachan ]>B.
XIV 315, XX 37/8):
-ars- wird zu arr. Vgl. gall. carros, air. kymr. bret.
carr aus *Ä'r.so-^) : lat. currus aus Jcrs/'t- zu accersö aus *«(/-
vers-sö, as. an. hross, alid. Ju'os, ags. hors. Air. farf 'Durst'
aus Hrsto- : got. paürstei, av. thursf. ahd. dursf usw. Aii*.
ga7'b, kymr. garu-, bret. garii 'rauh' aus -'U/hr-s-no- : ai. Jn-.j-
t/afi 'starren', lat. horreo, Tiorridus. Ir. farr 'Säule, Pfeiler'.
kymr. jy^rf/rr 'Hinterhaupt, Nacken' : Wz. vers in ai. vars-
inan- 'Hödie' usw. Ir. tarr, al)ret. tar 'Kücken' aus HrtjsCi :
kymr. mbret. forr-i : lat. tcrgus. Gall. harrns (in Xamen).
ir. harr 'Gipfel', kymr. heryn, körn. har. hre\. harr 'Zweig'
aus *hhrso- : lat. f'a(r)sfi(/ium (vgl. noch ai. h/irsfi- 'Spitze',
1) Über kelti.scli nr = idg. f vgl. luv dieses und die lol.ucii-
(leii Beispiele den Exkurs.
2) Über den Vokaiisnnis dieses brit. Wortes bin ich im Un-
klaren; denn auf Horgsä lässt es sieh deshalb nicht zurückführen,
weil es zur e-Reihe o-ehört und deren 2. Hochstufe bei den Nominal-
bilduugen mit -cn -os und ihren Ableitungen nicht vertreten ist.
Die indog-ermauischen .s-Laute (.<; und z) im Keltischen. 333
abd. an. hur.^f, ags. bt/rst 'Borste'); daucheii g-all. Bornas,
ir. borr 'Stolz', körn. bo7- 'fett' ans ^bliorso-. Ir. farrach aus
Hi'.mlo- 'furclitsam' : Wz. fre.'^. Ir. efarru, etarro 'unter ilinen'
aus efar = '■'enfer und -sie (Akk. PL zum Pronominalst, .so-).
Xir. g-ael. car]- 'Klippe' aus *ÄY/r.§o-, air. carrlc, kymr. l»ret.
cco'vecc 'Fels. Stein' aus Txtirseßni- (?) : an. herren 'steif,
harren 'hart, rauh', nlid. harsch; hier/u auch ir. carrach
niudig-' aus '^karsäJxO- : aksl. srrjchhJxh 'rauh'. Diesen zum
Teil durchaus sichern, zum andern Teil mindestens äusserst
wahrscheinlichen Etymolog-ien i;-eg-enül)er wird es zur Gewiss-
lieit. dass die von Zinnner KZ. XXX i^ll für den Übergang-
von -ars- zu er geltend gemachten Formen wie adcjer nach
Stracban \M\. XX 22 f. (vgl. Thurneysen KZ. XXXI 81) zu
erklären sind.
-ers- wird zu err. Vgl. air. err 'Schwanz' aus '^ersä
(wozu auch gall. Ar.sacus'^ Ernault) : griech. öppoc, abd. arfi.
Air. gerr 'kurz', gerrahii 'Kürze', kymr. gerran 'Zwerg' aus
(jhers- : ai. hrascd- 'minder, kurz, klein', hrd^afl 'abnehmen',
griech. x^ipuuv. Air. ferr 'besser', gall. rersknos : ai. vrsan-,
lit. viriizüi^ 'das obere', aksl. rrhchrj dass. Air. eirr 'Kämpe' :
griech. äpcnv, epcriv, ai. rsabha-. Nir. gael. cearr 'linkisch,
verkehrt' : lat. cerrlfus 'verrückt', lit. skersas 'quer'. Air.
berr 'kurz' (wozu berraim 'ich scheere'), kynn'. bjjrr dass.
aus '^bhers-o-.s : griech. cpdpcoc, abd. bref<tan usw. Air. ferc
's])ärllcir : alat. fes(iuos, tesca PI. 'unwirtbare Stätten' : (U".
''■'fersqo-. Auch diesen gewiss äusserst wahrscheinlichen Ety-
mologien steht Zinnner mit seiner durch nur zwei Heispiele
(air. f/r usw. und cir 'Kamm'i gestützten Ansicht gegenüber,
-ers- werde zu ir. Aber cir lässt sich mit Stracban sehr gut
auf ■■■qesrä zurückführen (s. o.), und auch für air. fir, akymr.
knrii. bret. fir ist zugleich mit einer neuen xVutfassnng von
lat. terra eine andere Erklärung als die bisherige (aus "^terso-)
wahrscheinlich. Dem lat. terra steht das osk. teerüm gegen-
über, das gewiss unserem keltischen AYorte so genau entspricht,
•dass niemand zau<lern sollte, sie auf die gemeinsame Gf. ^'terom
zurückzuführen 'i. hat. terra ist dann für *^em eingetreten -),
1) Die Flexion des ir. Wortes ist unklar und Uaiiu auf sekun-
dären Veränderungen beruhen.
2) Dasselbe seheint ailerding's schon Khys I^eetures on Weish
philology S. 98 r> angenommen zu haben, wenn er sagt: The instan-
334 Willy Foy,
wie lat. nai'yare l'lir ^(jiKlrare (vg-l. Jiniguiaiin (iruiidr. 1464/5);
auch hier steht dem ausschliesslichen Gebrauch mit Doppel-
kousonanz ausschliesslicher Gebrauch des einfachen r im um-
brischen narafii iieg-eniiber^). Gegen die lautlich wohl mög-
liche Verbindung- unserer Wortsippe mit griech. CTr]pv{E, ctii-
pi^uj — *fe}'om, *terü wäre dann urspr. 'das feste' — spricht
der Gebrauch der keltischen Wörter. Im Ir. wird tir fast
oder auch nur ausschliesslich im Sinne von Gebiet, nicht im
Gegensatz zum Wasser verwendet (vgl. Windisch Wörterb.);
dasselbe gilt für die brit. Sprachen. Dadurch wird es wahr-
scheinlich, dass lat. terra seine Bedeutung 'Erde' erst sekun-
där erhalten hat; seine ursprüngliche Bedeutung war 'Gebiets-
komi)lex\ vgl. .Tob. Schmidt Pluralb. S. 10. Ferner werden
wir dadurch genr»tigt, die irischen Wörter ftr, fh'bn 'dürr,
trocken', tirma 'Dürre, Trockenheit' usw. von ir. tir 'Land'
zu trennen. Scheinen sie ihrer Bedeutung nach auch sehr
gut zur Wz. fL'i-s 'trocken, dürr sein ' zu passen, so müssen sie
davon doch aus lautlichen (tründen ferngehalten werden, da
sie das einzige Beispiel für einen Übergang vcm ers zu /;• bil-
den würden. Sie sind vielleicht mit dem alb. ter 'ich trockne'
'/usammenzustellen, womit G. Meyer Alb. Studien III 72 nichts
anzufangen weiss; dieses geht dann auf ^fairo, das air. tir
auf ^'tirö- zurück.
-ors- wird zu orr. Vgl. gall. Borsus, ir. harr 'gross,
stolz', körn, hör 'fett' aus '^'hJiorso- s. o. ir. dorr 'grol)' : ccch.
ces alluded to ;ire those, wliere Welsh and Irish have. t answerin«;'
to Latin e, as follows: — (Uynir.) tir, ir. tir, lat. terra.
1) Bleibt .so für das Oskische nur eine Vertretung- de.s idg.
-TS-, näml. /•/•, wie im Lateini-sclicn, Ijestehen, so handelt es sich
darum, den angeblichen \Veehsel von ?-.s inid /•/' = idg-. -rs- im
Umbr. und Pälig-n. von neuem in Erwäg-ung- zu ziehen. Nun giebt
08 im Umbrisclien nur 2 Beispiele, die /•/' = rs enthalten könnten:
parfa und der Eigenname Serfo- (vgl. v. Planta Gramm, der osk.-
umbr. Dial. I 486 ff.). Ersteres erklärt Brugmann Berichte der sächs.
Ges. 1890 S. 210 aus *parhhä gegenüber lat. pnrra aus *pära. In
Bezug auf umbr. Serfo neben osk. kerT'i, pälign. Cerfum neben Cerri,
mars. Cerf'ennia ist es mir das Wahrscheinlichste, dass wir es in
diesen Worten mit jungem -rs- (resp. -rz-) zu thun haben, das im
Osk. und einem Teile des Pälig-n. mit altem -rs- zusanimentiel, im
Umbr., Mars, und dem and<'ren Teile des Piilign. aber anders be-
liandelt wurde, l'ber eine andere Möglichkeit der Erklärung s.
I'lanta «. a. <>. S. 4!tO.
Die indoii'ennaiiisc-lH'ii .s-Laiite (x und z) im Keltisclieii. 3.'35
drsen 'raiili ', drsnafi) ' liol])eri^-\ Ir. co>"r aus */i'0)7i'.w : kyiur.
cvfjdiijdiL körn. cherJiit, abret. corcid ans *krk}io- ^'korkiio-
' Kranich' : g-riecli. KÖpaE, lat. cornix (V).
-als- wird zu all. V,i;'l, air. all 'Klippe' aus ■•v/Z.s-o- (wo-
neben all 'Fels, Stein' aus *r/?eA'-) : lit. «Z^/ 'Fels', lett. ola
'Stein, Kiesel'; oder /u ahd. felis, an. fjall 'Berg', ai. pä-
Sana- 'Stein', g-riech. rreWa • XOoc (Hesyeli), dann aus *p/so-
(resp. ^plsek-)'^ (vgl. den Exkurs i.
-eis- wird zu eil. Vgl. air. mellaim 'icii betrüge' aus
*melsö, mell 'Sünde, Fehler' aus *melso- : griech. ßXdcqpiiuoc,
lett. meist 'verwirrt reden' i'vgl. noch griech. laeXeoc 'vergeb-
lieh', arm. //?(^/ 'Sünde' usw.). Kynir. cy/y?-//^«/ '(ielenk', körn.
7iiaV], bret. mell 'Knöchel' aus '^melsa : g-riech. lue'Xoc, ai.
onarman- 'Gelenk', lit. melmu 'Rückgrat', lett. melmet'il Kreuz'
(Bezzenberger l)ei Stokes).
111. Im Aushiut.
Im Oallischen und auf den Ogaminsehriften ist einlaches
ausl. .s- noch erhalten, ebenso g-all. -.r, Avährend -ns zu -ss ge-
Av<trden zu sein scheint (vg-l. artva.ss '(irabsteine'. falls inschrift-
lich Ixi = ss ist). In der historischen Zeit des Ir. und l>rit.
ist aber jedes auslautende oder in AusIautsgTup])en stehende
,S' geschwunden. Über die einzelnen Fälle in der Deklination
vgl. Stokes Celtic declension BB. XI 158 fF. Beispiele anzu-
führen kann ich mir bei dieser ))ekannten Tliatsache ersparen.
Idg. z findet sieh nur in ^'erbindung mit nachtulgeniKM*
Media und Media as])irata. l-'ürs Keltische sind Iiisher nur
die beiden Lautgruppen zdJn und ztjji), zgh zu l)elegen.
1. --dhy.
Im L'rkeltischen war es gewiss n<»eh erhalten, wie man
aus der Bewahrung von zg im (Haliischen schliessen kann. Im
Ir. und I>rit. wurde z zu d. dd ging im Ir. in dd. d, aii'. f
oder ff geschrieben, ültci-. Im Hrit. wurde es zu dd und wei-
ter kymr. zu fJi p), körn, zu d später th), l)ret. zu z. \ gl.
air. tieft, manx edd, kymr. ni/t/i, akorn. tieid, später indtli
lufth, bret. nez, nezz, neiz aus *neddos (idg. "^nizdo-s) : ai.
1) ])as kynir. koni. (d ist liier woii] kaiiiii ^i'lfirli idi;-. / s. den
Exkiirsi. sondern in der Tonlosiü'keit aus el ei]tstan<leii.
336 Willy Foy,
nidä-, arm. nist, lat. nldus, alul. nest. Im iibrig-eu vgl. Tliiirn-
eyj>eii KZ. XXXIl iüö f. An ciiiig^ermasseii sicheren Beispie-
len seien noch liin/,ni;et"iig-t: Ir. duU 'Sehwein' aus ^'mazdä :
ai. niedas Tett', rnhlana- 'iMästuni;-', ahd. iniiHt ^^Ivi^i, ge-
mästet'. Ir. (itt ' llüekcr. Geschwulst' aus "^azdo- : ag-s. öst
Mas Rauhe an einer Krache, Knorren am BaunT, nnid. öfif
'Knorren'. Kynn-. llifhro 'g'leiten', lUthrig 'schlni)trig-' aus
Hlzdh- : g-riech. 6-XicBdvuu 'gleite', ö\ic6r|pöc 'schlii[)frig'. Kymr.
cictJn- 'After, Mastdarm' aus ^'hizdhro- : grieeh. kucGoc 'Hcili-
lung, weibliche 8eliam' aus ^hizdho-,
Für den Anlaut hat Johansson IF. II 4 ein Beispiel bei-
gebracht: ir. tcnga, tenge aus Hng(u)a = ^'zdijgJmä 'Zunge'.
Es sei hier notiert, ohne dass ich es für sicher ausgebe.
2. -zgih)-, -zgh-.
Das sicherste Beispiel ist tVdgendes : gallolat. mesga (=
mezgd) 'Molken', air. tnedg, nir. ineklhg, kymr. maküL körn.
maith, abret. )iieid 'Mark' : ai. majjdn-, av. mazga, lat. 7ner-
gus, ahd. as, iiuirg, lit. mazgöt'i 'waschen', slav. mozgrj (vgl.
Thurneysen KZ. XXVI 11 U)2l Es ergiebt sich hieraus, dass
-zf/- im Urkelt. noch erhalten war und im Gall. erhalten blieb.
Im Ir. wurde es zu dg, geschrieben dg. Im Brit. ergab -zg-
zunächst -gz-'^i, wie -.s7>- ein -Ä-.s- (s. dieses), und dieses wurde
iil)er jd zu id.
Bestätigt wird unsere Ansicht durch kymr. Idoedd F.
'Geschrei, Gejauclr/e', das aus 'HMozgha zu erklären ist: vgl.
grieeh. cpXoicßoc 'Brausen, Getöse', lit. hläzgu hldzgefl 'schal-
len, klappern'. <ih tiel nach Osthoff IF. IV 264 f[". urkeltisch
mit g(h\ zusannuen. Xur ungern trennt man ir. />/o.sr 'Getöse'
von dem kymrischen Wort; doch sollte man nach medg ein
*blodg erwarten, und icli sciu' keinen Grund, der diese Ent-
wicklung v('rliin(U'i-t haben sollte. Stokes führt es in seinem
urkeltisclien Sprachscliatz auf '■'hUtskos zurück und vergleicht
grieeh. cpXuaE, qpXiJoc '(4esclnvätz': das ist eine annehmbare
Etymologie (vgl. Brelhvitz Etym. W'r.rterbueh unter cpXoaE uml
qpXuuj . Oder aber wir lialx'u es in dem irischen Worte mit
einem andern Sutlix. niinilieli -(/<>- v.w tliun. so dass das ir. und
1) Möglicli wäre es auch, dass -:;//- ir. und l)i-it. '/u r/// <;-e-
worden ist und dann erst die t)ril. Umstellung- von Htf /.u (/(t sich
voll/.o^cn hat. Schon Lotli v(>nMUtet Vocab. vieux-brct. S. 1.S3 un-
ter inani, dass iliesps liir ^mtiid slclic.
Die indog-ermanischen .s-Laute (.v viiul z) im Keltischen. 337
das kymr. Wort im Grunde g-enonimen doch etymolog-isch ver-
wandt sind.
Über ir. rg = zg in nachtouig-er .Silbe vgl. Thurneysen
KZ. XXXII 569.
Exkurs.
Keltiseli ai\ al = idg. /■, /.
Über die Entwicklung der sonantisclien r und / in den
einzelnen idg. Sprachen herrscht hie und da noch Unklarheit.
80 ist es auch in Bezug- anf die keltischen Sprachen.
Bekannt ist, dass r allgemeinkeltisch zu vi. Vi wurde,
auch im Anlaut (vgl. ir, lern 'Ulme' aus ^'Imo-^ : lat. nlnms,
an. dhnr, ag-s. ahd. el/u); weiter die Entwicklung von rr und
// zu ar, cd: schliesslich die Vertretung von 7 durch lä und
f durch rd im ürkeltischen. Vgl. Brugraann (irundr. I 2o8/9.
Für rä = idg-. r, wofür Brugmann keine Beispiele anführt,
vgl. z. B. ir. träinin 'kleiner Orashalm' : ai. tfna- 'Gras,
Grashalm', got. paürnus, aksl. trjjm 'Dorn'; dazu kymr. cgn-
rJwni/n 'Holzwurm', körn, contronen 'Wanze', bi'ct. conf ron-
nenn 'ver de viande' : Gf. ^kon-frno- : griech. repiibojv 'Holz-
wurm', xpavöc 'durchbohrend' : idg. Wz. tev 'durchmachen,
durchbohren, durchreiben'. Korn, fraii 'Krähe', bret. frau
'Eule' aus '^'spJ-ua (s. 0. unter spr-K Auch ir. gt'dn, kymr.
(jfon-ijn, körn, gronen, bret. greunenn 'Korn' braucht nicht
auf einer Entlehnung- aus dem lat. granum zu l)eruhen, son-
dern kann mit ihm urverwandt sein.
Xun giebt es aber aus den kelt. Spraclieii eine Beihe
von Fällen, in denen ein ar auftritt, das nach der Etynn>lo-
g,ie der betr. Worte nur einem idg. r oder ? entsprechen kann.
Schon Brugmann Grundr. 11 li'T und Strachan Bl). XIV
.Tl.') Amn. vermuten, dass kelt. ar einem idg. ? entspräche.
Ihnen haben sich andere, z. B. Per l*er.><.son Zur Lehre von
der Wurzelerw. und Wurzelvar. S. 8*) izu farraclv, angeschlos-
.sen. Es würde also ar neben ra in derselben AVei.se wie
g-riech. op neben puu, lat. ar neben ru stehen. Meiner ]\Ieinung
nach sind so jedenfalls folgende beiden W(»rter zu erklären :
Kymr. .sarn '"Fläche' aus '''sfrnn- : ai. sftrnd-. griech.
ctepvov, ahd. sfirna.
Kymr. körn. bret. dam 'Stück, Teil' aus ''Ulrnö- : ai.
d.lrnd-, griech, bepuu, got. dis'-fairan. lit. d'/rfi. aksl. dera^.
338 Willy Foy,
Ein ciits])rcc]ioii(los lU'ispicl für al = idii. / l)ietet sich
vielleiclit in ir. siuiUf Spalte' ans '■■■sf//t/- : ir. scoiltim 'ich
spalte', \\t. sl-elfi; ^^eitel• in bret. /W?/^ 'Spalte', fnufa ' s\)a\tcn'
ans '^'.'ip'hJfä, "^sjjiJiVfo : i;-erni. spalten nsw.
Andere Fälle für <ir, denen in den verwandten Sprachen
nur /• (nicht ?) ;!;-eg'eniil)erstelit, sind:
(iall. carro/^, air. kymr. bret. cdn' 'ein Wag-en' : lat.
curnis, as. an. hros.s : Gf. *Ä";'.s'o-.
Air. farf 'Durst' : ,i;ot. pdt'ü'sfei, as. fJuirsf, alid. durst
usw. : (!f. 'Hi'sfö-.
Ir. ort, kynn-. urfli (aueli in Arfh-I)()dn) 'WAr' : n\. rlsa-f
grieeii. upKioc, lat. nrsus : Gf. ^rlpo-.
Zweifelhaft (ob v oder [• enthaltend j sind:
(lall, arduo- in Ardnenna, ir. ard 'hoch' aus *PdJmo- :
ai. ürdhcd-, i;-ri(M'h. opöoc, lat. ardi(ii>< mit r. av. er''dhwa
mit /'.
Ir. tan' 'Ivüeken', abret. far <lass. ans ^fffi-sa : kynir.
inbret. torr <niit einem mir unverständlichen o), lat. fergufiy
ter(}nm.
(Jall. Jiarrns, ir. b(tn', kynir. heri/it, kurn. Ixrr, bret.
harr aus '■^hhPso- : lat. pr rjsfigiuii/ mit /'•, ai. hJir.jfi-, ahd.
7y«r.sf ' Horste' mit r.
Ir. forrac/i furchtsam ' ans ''■'frsa/.-o- : Wz. fre.s.
Ir. /W>'r 'Säule, Pfeiler', kymr. (fn-arr ' IIinterko])f, Nacken'
aus '-'rrso- : Wz. vfirs.
Ir. f/nrh, kymr. gcn'tc, l)ret. (/(ini 'ranh' ans ""'(/hr.s-uo- :
ai. hrsfjiii'i. lat. horreo, /iurrid/is.
Von den drei Beispielen des zweiten Falles enthalten
nun die beiden ersten, ^all. carros nnd air. fart, ein .v hinter
dem /•; dasselbe gilt für die letzten vier Beispiele des dritten
Falles ('üall. han-us, ir. farrdch, ir. farr, ir. (jarh). Sollte
da nicht die N'ermiitnnii' berechtiiit sein, dass idi^-. /■ vor .s-
im Keltisclien zu ar ,ü-ew(»rden ist? So viel ich ,::eselien habe,
spricht kein Heispiel dai;e^en. \'on den obi-n an,i;efülii"ti'n
Worten zeiii'cn dami ;i'all. <irdnn-, ir. ard und ir. farr, aluct.
tor in ihrem ar den Vertrett'r von i\ woix'i zu beachten ist,
dass bei dem ersteren auch die meisten verwandten id.:;-. Spra-
chen anf r weisen.
Kiner bes(»nderen Ijkiäiini.::' bedarf so nur noch ir. arf,
^ymv. (ii'f/i l)är'. Die verwandten id^. Sprachen eriicben als
Die indog-ermanisclien .s-Laute {s und z) im Keltischen. 339
Gf. *>-A^o-. Das Fehlen des l- in den keltischen Worten Hesse
sich von vornherein auf zweierlei Art erklären. Einmal wäre
es inriglich, dass nach der Entwicklung- von r zu ar das k
zwischen r und f ausgestosscn wurde. Dabei wäre aber die
Vertretung- des idg. ;• durch ar unerklärt. Oder aber wir
nehmen an, dass kp über yp (vgl. urkelt. yt aus 1d) zu ])p^
p, ir. weiterhin zu ff, f wurde; dass aber die »Stute pp schon
zu der Zeit erreicht war, als idg. ;• sich im Urkeltischen vor
s zu ar zu entwickeln begann. Wir müssen dann unser oben
autgestelltes Lautgesetz nur erweitern und sagen, dass idg. r
vor allen Zischlauten (also auch vor p) in ar verwan-
delt wurde. Auch bei dieser Fassung des Lautgesetzes habe
ich kein gegenteiliges Beispiel gefunden.
(ileiche Fälle für al = / stehen mir mit Sicherheit nicht
zu (lebote. Vielleicht gehört hierher air. all 'Klippe', ail
'Fels, Stein' aus "^p/so-, '^p/sel- (s. oben unter -als-). Ande-
rerseits kenne ich auch kein keltisches Wort mit sicherer Ety-
mologie, in dem // aus / vor .sr entwickelt worden wäre; über
ir. sliss, kymr. ysflys s. o. unter sfl-.
Die Kichtigkeit meiner Ansicht über ar = idg. ;• (res]).
al = /) hängt davon ab, ob in Zukunft zwingende Etymolo-
gien gefunden werden, die ein Auftreten des ar auch unter
aiulereii Bedingungen als den von mir aufgestellten erweisen
würden. Dass wir es jedenfalls in den von mir angeführten
W(irtern mit einem ar zu thun haben, das eiuem idg. >•- Vokal
entspricht, scheint mir sicher zu sein.
Leipzig, Nov. 181)4. Willy Foy.
Die srriechischen Lokative auf -ei.
Es lässt sich nicht bezweifeln, dass der Lokativ Sing.
der ^'o-Stänmie in indogernnmiscdier Urzeit durch Anfügung
des Kasussuftixes -i an den Stannn auf -e (vielleicht auch schon
daneben an den auf -o) gebildet worden ist. Dass uns noch
die ursprüngliche /-lose Bildung in Resten erhalten sei, ist
wahrscheinlich. Sie wäre vor allem in den ai. Adverbien auf
-fra, vgl. dfra fätra, zu suchen, wie ich in meiner urgerman.
Grammatik S. ]S4 Fussnote vernmtet habe. Weniger sicher
340 Wilhelin Streitberg-, Die g-riechischen Lokative auf -ei.
ist die Frag'C zu entselieideii, ob nucli die lit. Lokative auf
-e, z. B. f/lfe hierher g-ehöreu, vyl. IF. Anz. II 17<); denn
der Ausi;-ang- lässt m(>f;-licherweise noch eine andere Deutunu-
zu, vgl. Zul)aty oben S. 284 fl".
Trat -/■ an den Stamm auf -e, so entstand ursprünglich
zweisilbiges -e-L das im Laufe der Zeit den z\veigii»tligen
Diphthong -el ergeben miisste. Er liegt in den normalen griedi.
Lokativen auf -ei Aor, z. B. ireT, eKei, oi'Kei u. dgl. m.
Neben diesen regelmässigen Bildungen erscheinen aber
im Griechischen auch Lokative auf -ei, vgl. z. B. dBeei (lin-
mer), dcuXei, cicTTOvbei, TTavbiiiuei u. a.
Soviel ich sehn kann, hat man diesen l)etonungsunter-
8chied bisher völlig vernachlässigt. Man scheint sich nicht
einmal bewusst geworden zu sein, dass der Akzent von dGeei
neben dem von eKei überhaupt irgendwelche Schwierigkeit
bereitet. Und doch liegt die Frage so nahe: wie erklären
sich die griech. Lokative auf -ei, wenn die Verschmelzung
zweier Silben in der Urzeit zweigipfligen Akzent ergeben nuiss"?
Warum stinnnt nur ein Teil der griech. Lokative mit dieser
Eegel überein ?
Die Antwort ist, glaub ich, die folgende.
Der Unterschied zwischen dBeei und eKei ist genau der-
.selbc wie der zwischen eKTTobuuv und irobOüv und wie der zwi-
schen Kai und lit. An/.
Wie ,1. Wackernagel KZ. XXVIII i:50 f. eine Keihe von
Akzenteigentündichkeiten bei Bräpositionen und Konjunktionen
durch Proklise erklärt, so hat auch F. Solmsen KZ. XXXIil
300 diese herangezogen, um die Akzentvcrschiedenheit von
Kai und l-a? zu erklären. Ebenso hat II. Hirt Akzent S. 4.)
<lie seltsame Betonung von eKTTobujv aus der enklitischen An-
lehnung von -TTobuuv an die vorausgehnde Brä])osition herge-
leitet.
Dieselbe Erklärung ist al)er aiieii auf dOeei und Genossen
iinwendbar. Aus dem Umstand, dass im Lokativ Sing, kon-
.sonantischer Stännne. ebenso wie im \'okativ, häutig die Deh-
muig unterl)leil)t. Iiab ich IF. III D'ü l'. den Schluss gezogen,
d('\- Lokativ müssr in weitem Undang enklitisch gestanden
haben. Ist diese Annahme richtig, so erklärt sieh der Akut
in dSeei nicht anders als der in Kai. .la. man kann die Brii-
jKirtion aufstellen:
F. Kluge, Vokatlvl'onneii im Alt('iii>'lisclien? 3-41
dOeei : *d-9eei (vg-1. dBeoc) = eKTTobuuv : eK-TTobuJv.
Der Akzentunterschied zwisclicn d9eei und £Kei ist also
e1)ens()\venig- der idg. Urzeit zuzuschreiben wie der zwiselien
eKTTobdjv und TTobüuv, zwischen Kai und ka/.
Freihuri.' i. d. Sclnveiz. Wilhelm 8t reitberi;-.
yolvativforiiieu im Alteiiglisclieii J
Der (Jedanke, den Jiülhring- IF. VI 140 soeben veröticnt-
licht. hat auf den ersten Blick wohl für manchen etwas be-
stechendes und es wäre ja auch hübseh, wenn wir alte laut-
gesetzliche Vokativformen im Westgermanischen noch anträfen.
Wer sich jedoch mit dem Kentischen beschäftigt hat, wird
nicht gleich zustimmen und bei näherem Zusehen ergibt sich
die Haltlosigkeit der Behauptung. An sich ist es schon un-
wahrscheinlich, dass g-rade nur in Partizipien solche alten Voka-
tive erhalten sein sollen; denn ihre Flexion ist im (Jerm. und
speziell im Angels. keinesweg-s altertündich und grade ein
kent. Sprachdenkmal, das von jenen Formen wie icalden und
sceppen etwas weiss — die kent. Glossen ZfdA. XXI 1 — zeigt
jüngere Flexionserscheinung-en im Partizip. Vor allem aber
spricht das Kent. selbst gegen eine Autfassung, wie Bülbring
sie äussert. Es wird nämlich im Kent. auslautendes ng gern
bloss n gescin-ieben, also hren für hreng, stron für sfrong
(auch im Silbenauslaut lünrad für lüngrad 'hungert').- Xach
Zupitza, der a. a. 0. S. 11 dies aus den kent. Glossen fest-
stellt, ist so in derselben Weise "im Auslaut d abgetallen in
heccen für becgend hjjcgend, icrehtea für irrehfeud"; er hätte
hinzufügen können, m pundergeon b4ib für pundergeond : und
so steht behecddenra 10;^>0 für hehealde)idra (wohl auch scepp-
tenras 245 für sceppendrasT), geirihiienJic 23<-! iür geicilni-
endlic T1>1, iiudüeöenlic d'2'2. lUol für undsedendlic 471. Also
nd im Silben- und im Wortauslaut wird kent. konform dem
ng behandelt. Und wenn neben xceppen auch sceppend steht
(in den kent. (dossen begegnen dgend hodiend hismeriend
Idiicend speriend feiend u-f/'e)'e)id), so glaube ich, dass man
in diesem Dialekt bezüglich des auslautenden «cZ — n keinerlei
Aufschlüsse fürs Urgerm. oder vielmehr fürs Idg. erwarten darf.
Freiburg i. B. F. Kluge.
342 0. Biihtliii--k,
Die erste Pers(Mi Siuijularis Medii des nnisehriebeiieii
Futurs im Sanskrit.
Unter dieser L'l)er8eliritt Iiat Joliaiiues Seliuiidt in der
Festg'abe zmii t'iintziü-jähri.ueii Doktor Jubiläum xon Albrecbt
Weber (8. IT f.) das Ji in der aus der älteren Litteratur nur
einmal beleihten Form t/asfdhe Taitt. Ar. 1. 11, 4 inicbt 1, 4,
11) auf eine sinnreiebe Weise /u erklären versuebt: i/asfähe
sei ans yasfä/Kun gelnldet^i. Dass Päninis Zerlegung des um-
scbriebenen Futurs wissensebaftlicb unbaltbar ist, kann keinem
Zweifel unterliegen. I^ine andere Frage aber ist docb. ob
Päiiini das Ricbtige nicbt erkannt liaben sollte. Da er das
Präsens Med. von as in denselben Sütra wie das Medium des
umsebriebenen Futurs zu ))ilden lebrt. ist es kaum denkbar,
dass er den Zusanmieidiang- dieser Formen nicbt erkannt baben
sollte. Man vergesse doeb nicbt, worauf icb an einem andern
Orte aufmerksam geniacbt babe, dass es l^änini nur darum zu
tbun ist, eine g-rammatiscbe Form auf die kürzeste Weise zu
Stande zu bringen. So lange man also nicbt dartbut, dass
Pänini die in Frag-e stellende Form ndt ebenso wenigen Wor-
ten auf eine der Wissenschaft entsprechende Weise hätte bil-
den können, muss der von Johannes Schmidt gegen ihn vf»r-
gebrachte Vorwurf als ungerechtfertigt erscheinen. Diese Recht-
fertigung glaubte ich meinem alten Liebling selmldig zu sein.
Deshalb halte ich aber nocli nicht den alten Grammatiker für
infallibel, auch nicht innerhalb seines eigenen Systems. Die
Bemühungen seines treuen Freundes Patanjali ihn auch da in
Schutz zu nehmen, wo er oftenbar gefehlt hat. sind ein ."Meister-
stück indischer Spitztindigkeit. Recht lehrreiche Versuche
dieser Art hat Kielhorn in derselben Festgabe auf S. ol an-
geluhrt. Dass sfrt P. 1,2, 4<^^ (hl/tarn 'ilhikiirininm 1,4, 45
und mit 7, 1, r)4 mit dem Svarita ^■ersehen seien, um rich-
tige Formen zu ergeben, bat Patanjali aus der Luft gegriffen.
Man darf doch nicht veri,^essen, dass Päninis (Iranmiatik st> zu
1) Dieselbe Deutung gil>t ^Vackernagel in den» gleiehzeiti<>-
mit Joii. Schmidts Aufsatz erscliienenen 1. Band seiner Altind.
Gramm. S. 2r)5.
Die erste Person Siayularis INIedii usw. 343
8a,^en ein iiiatheinatisclies Kuiistwerk ist, in dem eine nielit
an riehtig-er Stelle eingereihte Keg-el oder ein zu wenig- prä-
zisiertes Wort eine dem Autor naeliteilig-e Schlusstblg-erung
nach sicdi zieht. Solehe Selnväehen zu entdecken und sie
dann auf künstliche Weise zu verdecken, konnte nur den
Orannnatikern in Indien licling-en : ein europäischer oder ame-
rikanischer Gelehrte hätte sie wahrscheinlich nie bemerkt,
weil er, das Richtige anderswoher kennend, nicht wahrg-enoni-
men hätte, dass nach rruiini das Richtige sich nicht heraus-
stelle. Man entschuldige diese Ahschweitung.
Päninis Lehre 7, 4, b2, dass das Ji aus ,y entstanden
sei, weist Johannes Schmidt und seine Vorgänger ndt Recht
zurück. Das h soll auf das h von ahain zurückgehen, da im
Epos, wie Holtzmann nachgewiesen habe, hantäham usw. für
luiiifilsnii usw. vorkomme. Johannes Schmidt begeht, wie ich
glaube, den Fehler, dass er diese Form sowie adhlganta fad
asiiii und gantärö naraliam vaijain für älter als das im S'at.
Br. vorkonnnende hhavifäsnias hält. Es sind aber Neubildun-
gen, die Pänini nicht kennt oder, wenn er sie gekannt hat,
nicht anerkennen wollte, weil er sie nicht für gutes Sanskrit
hielt. Dass tertiäre Formen in der Sprache den primären bis-
weilen näher kommen als die sekundären, wissen doch die
Sprachforscher. Nun kommt aber noch ein Umstand hinzu,
der mir gegen Johannes Schmidt zu sprechen scheint. For-
men wie hantähani lassen ja ganz unentschieden, ob wir es
mit einem Aktivuni oder Medium zu thun haben; wie sollte
also aliam die Personalendung des Medium liefern/
In den Berichten der Kgl. s. Ges. der W. Bd. 4.') S. 2h?>
sage ich: "Vielleicht, aber auch nur vielleicht, steht he zu
svahe des Duals und zu smahe des Plurals in näherer Bezie-
hung. Die 1. u. 2. Person durften nicht zusannnenfallen ".
Demnach wäre he eine Analogiebildung oder wie de llarlez
irgendwo sagt, durch Attraktion zu erklären. Ich schwöre
nicht auf die Richtigkeit meiner Erklärung, möchte aber die-
ser noch immer den ^'orzug vor der Schmidtschen gel)en.
Leipzig, den 27. Dezember 1895. 0. Böhtlingk.
344 He rill au Hirr,
Akzeiitstiidieii.
1. (ienii. got. pfmundi.
Die g-oriH, liezeicliining-en des Zalilheiirittes lUUO 'i^'ot.
püsundi, alid. tastuif, dasunt, mlul, tfisenf, as. thüsind, ndl.
duicend, ags, dase^id, au. püsund, pushund, pi'tsJitindrap)
stimnicu auffallend mit den lit.-slav. Ausdrücken für denselben
Beg-riff überein, vgl. lit. tiil:stantis, [jrcuss. tilsimtons, abg.
tf/sq.sta, tyseMa, russ. tysjaca, serb.-kroat. üsuca F., usbn'.
tisoc, czech. tisic M., sorb. ftjsac M., ])oln. fysiac. Der letzte,
der das Verhältnis der Worte behandelt hat. Kluge in Pauls
Grdr. I 400, kommt zu dem Ergebnis, dass weder die slavi-
schcn Worte aus dem Germaniselien noeh umgekehrt die ger-
manischen aus dem Slavischen entlehnt sein können. Dem-
nach haben wir Urverwandtschaft und llerleitung aus einer
idg. Grundform anzunehmen. Trotzdem habe ich die auffal-
lende Akzentübereinstimmung zwischen got. püsundi und russ.
tysjaca in meinem idg. Akzent nicht verzeichnet, was Kluge mir
Literaturbl. f. g. u. r. Ph. 1895 Sp. ooO als Fehler anrechnet und
als Beweis anführt, dass ich nicht über Verner binausgekom-
nien sei. Bei dem Passus über die Zahlworte hätte nun Kluge
vielleicht auffallen können, dass ich auch die slavische Form
sifo, russ.-serl). sto, also urslav. .shfö nicht neben ai. .satd»/,
griecli. tKttTÖv, got. Inind, lit. szimfas verzeichnet habe, ob-
gleich auch sie sich bei Verner hndct. Wenn man dann noch
eine Gleichung auslässt, die in den letzten Jahren vielfach
bcs]»i-(»clu'ii ist, 1111(1 sieh schon in Verners Aufsatz findet, so
kann (hich hier kaum ein Versehen vorliegen, sondern nur be-
wusste Absieht. Und in der That konnte die Form gar nicht
angeführt werden. Ist nämlich got. pfiaundL wie noch \'er-
ner annahm, dem russischen tyxava direkt gleichzusetzen, so
kann das slavische Wort nur ein Lehnwort sein, denn .y hätte
nach // in .v oder ch übergehen müssen nach einer Kegel, die
Ibdger Pedersen IF. V .'),•] ff. jetzt auf das ausführlichste be-
gründet hat, die aber auch ich nach den Andeutungen Brug-
manns im (irundriss T 444 untersucht iiiul klar erkannt iiatte.
vgl. IF. IV 44. Ist aber püsundi aus '^pnshundi entstanden,
so ist der Akzent nicht sicher zu bestimmen. Es beweist dann
Akzentstudien, 345
nur (las d, dass die Silbe -und niclit betont g-ewesen sein
kann. Der Eifer des Gefecbtes bat Kiug-e bier also etwas
zu weit g-efiibrt. leb gestatte mir noeb, meine sonstig-en Er-
wägungen über das merkwürdige Wort vorzulegen, da icb
micb aucb mit den übrigen Erklärungen Klug-es nicbt einver-
standen erklären kann.
1. Die g-erm. Worte wurden zuerst von Vigfusson (Icel.Diet.)
als eine Zusammensetzung; von pun- und hund g-edeutet; Bugge
PBrB. XIII 327 vermutete dann eine vorgerra. Form HüsJcnfi,
^füsl'onti, das eigentlicb ' Kraftbunderscbaft, Scbwellbundert'
bedeutet babe. Im Altnordiscben tritt das h wirklieb noeb
auf z. B. in püs-hundrap, ascbwed.-run. pushuntrap. Nacb
Kluge wiegt besonders scbwer salfränk. (Lex Salica) thüs-
chunde Jak. Grimm GDS.-^ o85. leb muss gesteben, dass mich
diese Annahme einer Zusammensetzung- trotz ihrer verführe-
rischen Aussenseite nicbt befriedigt. Die got. Form lautet
püsundl, abd. finden wir fäsunf und so durchweg in allen
ttbrig-en Dialekten Formen ohne eine Spur des h. Demnach
muss in diesen Dialekten das h schon vidlig geschwunden
gewesen sein, denn sonst würde doch Ulfilas z. B. pusknndl
gesehrieben haben. Wenn also wirklich unser Wort auf eine
Zusannnensetzung zurückgeht, so kiinnen m, E. doch die an-
geführten Formen nicbt beweisen, was sie sollen. Sie können
nur als Volksetymologien angesehen, als Zeugnis dafür be-
trachtet werden, dass das natürliche Bewusstsein -iind in pä-
sundi mit hund in Verl)indung bracbte, was nun mit beson-
drer Deutlichkeit gerade aus den nordischen Formen folgt,
die nicht nur das einfache hund, sondern auch hundrap zeigen.
Eine solche volksetymologische J>eeinfiussung konnte natürlich
erst dann eintreten, als das h im Anlaut zum wirklichen Hauch
geworden war. Auch dazu stimmen wieder die Tbatsachen,
denn gerade unsre ältesten Quellen zeigen das h nicht. Trotz-
dem könnte natürlich got. püsundl usw. aus ^püshnndi ent-
standen sein, wenn es sich mit den Lautgesetzen und den
morphologischen Bildungsprinzi])ien verträgt. Aber scbon der
zweite Teil der Zusammensetzung steht im Germanischen allein.
Kluge vergleicbt '-'knifi = hundi mit ai. satt in dd.satl, pan-
cüsati, .satsutij das auch in griech. TrevxriKocioi neben Trevuv
Küvta vorliegen soll. Brugmann bemerkte dazu Grdr. iir)(i:}':
"Unhaltbar ist Kluges Ansiebt " — Ganz kann icb zwar l')rug-
IiKlogoniuinisi-lie ForscliuiitriMi VI 5. 23
346 Ho rill an Hirt,
iiiniiii uiclit heistiiiuiK'ii. jcdeiil'alls ist aber ein ^'Ixmtl nur in
der Komposition belegt, und ein '■^komfl, das vom Germani-
schen und Slaviseben gefordert Avürde, ist bis jetzt nocli nir-
gends naeligewiesen, denn g-riech. -kocioi, auf das man sieh
berufen könnte, ist /weifellos eine Neubildung, vg-1. Brugmann
Grdr. II § 176 Anm. 2. Nur das Gennanisehe und Slavisehe
sollen also den eigentümliehen Ablaut von -homt't und -hntl
bewahrt haben, während nur eine Bildung wie ^hmti morpho-
logisch verständlich ist, vgl. Streitberg IF. V 372. Die slav.
Formen wie abg. tysaßa, die im Slaviseben weit verbreitet
sind, stehen also vollständig isoliert, und auch auf germani-
schem Boden wird man gegen die Bildungsweise "^hntl =
hundi starken Verdacht der ünursprünglichkeit hegen. Jeden-
falls müsste *pusundi ein uraltes Kompositum sein und in die
idg. Urzeit zurückreichen, wenn die neuere Ansicht richtig
sein soll. Es bleiben aber auch lautliche Schwierigkeiten.
Denn bei einem festen Kompositum hätte -sk- nicht verscho-
ben werden dürfen. Freilich hat Bugge a. a. 0. gemeint,
dass im Germanischen deshalb nicht verschoben wäre, weil
die Silbentrennung .s- — /.• aufrcclit erhalten blieb. Ich habe
vergebens nach einem Beispiel gesucht, dass diese Annahme
sicher zu widerlegen im Stande wäre, ich kann daher nur
darauf aufmerksam machen, dass es doch wohl nicht angeht,
die germanische Lautverschiebung in lauter einzelne Prozesse
zu zerlegen. Auch in den Lautverbiudungen hf, f't bleibt das
f unverschoben. obgleich wir hier sicher die Silbentrennung
// — /*, /' — t vor uns haben. Ebenso bleibt k in der Verbindung
tk erhalten, wenn Brugmann sk auf fk mit Kecht zurückführt.
Nach der Analogie andrer Fälle zu urteilen, ist hier pk ent-
standen, das weiter zu .s7.- wurde. Die Verl)indungen .s'A-, s}},
st stehen mit den erwähnten auf einer Linie. Auch hier geht
dem Verschlusslaut ein Si)irant voraus. Allzu wahrscheinlich
dünkt mich demnach Bugges Ansicht nicht zu sein. Vgl. auch
Streitberg Urg. Gram. ll.'Mf. ,Ia, wenn wir im Gotischen
*pHskund/ fänden! Freilich steht auch hier ein Mittel zur
Erklärung zur Verfügung, Das // kann aus dem Siiiiiilex h/iud
wieder eingeführt sein. Aber selbst wenn '■pus-yiD/d/ lautge-
setzlich im Germanischen entstanden wäre, so ist noch nicht
bewiesen, dass die Verbindung sy zu s/i hätte werden müssen.
So re^en sich also bei mir gegen die llerleitung von
Akzentsturiien. 347
pKsnndi aus '•'tnslmff auch lauflielie Bedenken, i^'auz a!ti;-e-
seheii von den inneren Gründen, die man in extenso bei Schade
Altd. Wb. s. V. fhusundi nachlesen Ivann, Keine idg-. Sprache
kennt eine derartig-e Komposition in der Bedeutung- \Seliwell-
hnndertschaft'. Keines der andern Worte für 1000 ist mit
100 oder andern Zaldansdrücken zusammeng-csetzt. Überall
lieg-t vielmehr ein einfaches Wort 7X\ Grunde, dass 'Fülle,
Meng:e' oder etwas ähnliches bedeutet haben mag-. Demnach
wird man doch auch im Germanischeu in unserm Worte zu-
nächst nichts anderes suchen als das, was in den übrig-en
Sprachen vorlieg-t. In der ersten Silbe steckt ein Wort ''^pfis,
das mit ai. tavas usw. verwandt ist, und das nach Ausweis
der Eigennamen Thn{meUcus) und Thus-{nelda) oder wie der
Name zu schreiben ist, in das g-ermanische Sonderleben hinein-
g-ekommen ist. Dieses püs- kann ein Adjektivum g-ewesen
sein, und von ihm konnte pfis-undi vielleicht in der Bedeutung-
' Fülle, Meng-e' ebenso abgeleitet werden, wie got. nehundja
'der nächste', von neJva- und hidiindi von g-ot. ^hida- in dem
damaligen Sprachbewusstsein abgeleitet Avaren. Die Formen
mit h wird man dann leicht volksetymologisch verstehen kön-
nen. Vgl. auch ai. facisds 'stark', fävisi 'Kraft, Stärke'.
'2. Die slavischen und litauischen Bezeichnungen sind in
erster Linie untereinander zu vergleichen, da die beiden Spra-
chen ja eng zusammengchrtren. Es ergibt sich sofort, dass
die Formen zwar ähnlich klingen, aber nicht mit einander
identisch sind. Zwar scheint preuss. fusimton.s auf das ])este
mit abg. fi/se.sta, got. Julsundl zu stimmen. Aber wie alt ist die
Form? Auch bei ihr kann eine Anlehnung an die preussische
Entsprechung von lit. szimfas stattgefunden haben. Sie zeigt
aucli -o-Flexion und ist nur einmal überliefert. Soll hier viel-
leicht noch eine andere idg. P)ildung vorliegen? Lit. ful'.sfa7itis
weist eigentlich schon durch sein Ä' auf Entlehnung hin, vgl.
duksas = lat. «ni-um. Hiistantis können wir zunächst ersehlies-
sen. und das nuisste für *-ti'(Sszontu stehen, wieder mit der sonst
absolut unbelcgten o-Stufe '^kotntl. Jedenfalls zeigt dies alles,
dass hier bedeutende Schwierigkeiten vorhanden sind. Dass nun
die slavische Form eine Zusannnensetzung mit 100 ist, ist wei-
ter deshalb unwahrscheinlich, weil auf dem ganzen slavischen
Sprachgebiet der idg. Ausdruck für 100, der lautgesetzlich
abg. '''seto lauten musste, verloren gegangen und durch das
348 He IUI au Hirt,
wahrselu'inlic'h aus deiu Iraniselieii entk-lmlc shto ersetzt ist.
Das Slavisclie gebt auch sonst in der Entlehnung- von Zahl-
wörtern weiter als die andern idg. Sprachen. Im Südslavischen
herrscht das gricch. Wort für lÜOO, s. hiljada, ebenso iniNbg.;
im Neusloven. ist jezero aus dem Ungarischen berübergeuommen
sowie sicher toozynt noch einmal aus dem Germanischen ent-
lehnt. Was uns im Lichte der Geschichte dreimal als wohl
verbürgte Thatsache entgegentritt, dürfte auch wahrscheinlich
für eine Zeit sein, in die unsre Kunde nicht zu dringen ver-
mag. Aus allgemeinen Gründen ist es mir in hohem Grade
wahrscheinlich, dass slav. tysaMa aus dem Germauischen ent-
lehnt ist, vielleicht nicht überall zu einer und derselben Zeit.
Dagegen scheint allerdings die Lautgestalt der slavischen Worte
zu sprechen. Keine Schwierigkeiten bereitet die Annahme
der Substitution von f für p, nur das t für d bleibt zu er-
klären. Ich denke einerseits an den EinHuss von desetb, de-
veth, andrerseits besonders an die Einwirkung der Partizipia
auf -o-,stb, besonders da ja auch lit. hiksfanfis als Partizip
gefühlt zu sein scheint.
Um nun noch einmal auf den Akzent zurückzukommen,
so ents])richt dem got. pnsundi mit ursprünglicher AVnrzelbe-
tonung — diese Annahme ist nur möglich, wenn man keine
Zusammensetzung annimmt — das russ. tysjaca, wie Kluge
nach Yerner richtig bemerkt. Zu meinem Bedauern aber sehe
ich, dass Kluge von den Untersuchungen meiner Arbeit, die
nicht das Germanische betreffen, gar keine Notiz genommen
hat. Denn sonst hätte er sich doch sagen müssen, dass ich
wegen serb. fi.suca überhaupt nichts bestinnntes über die Beto-
nung des slavischen Wortes aussagen konnte. Freilich war die
Form t'lsuca nicht bei Verner zu linden. Gerade die Antangs-
betonung des Slavischen aber legt wiederum der Annahme nichts
in den Weg, dass die slavischen Worte aus dem Germanischen
entlehnt sind. Diese Annahme scheint mir auch heute noch
nicht streng bewiesen zu sein, aber doch eine grössere Wahr-
scheinlichkeit zu besitzen als die Annahme der Urverwandt-
schaft. Zwischen Slaviscli und Germanisch bestehen m. E. so
wenig engere Beziehungen, dass die Annahme der Urgemein-
schaft eines Wortes für lOOO schon au und für sich eine harte
Aunalimc ist. Ich belinde mich dabei allerdings im (iegen-
sal/ zu Kluge (irdr. 1 .')2t>; wenn man seinen >^ 7 liest, so
Akzent.stiulicn. 349
imiss mau sich wundei'n, mit welcher Leichtigkeit hier Zn-
sammenhäng-e konstatiert werden. Dass die Verwendung- des
Suffixes -m gar nichts heweist, braucht heute nicht wiederholt
zu werden. Der Wandel von sr und .s'^/• ist auch in dem
Dialekt vorhanden, der den Zxpu.uuuv und den "Ictpoc benannte.
Es bleibt also nur die Übereinstinmiung- der Zahlwortc 11 und
12, die in ihrer Bildung-sweise selbst noch ein Eätsel sind.
Ich denke auch hier an Entlehnung-. Die ang-el)liclien Über-
einstimmungen im Wortschatz sind so unbedeutend, dass man
darauf eine nähere Verwandtschaft nicht g-ründen kann. Zu
streichen ist übrig-ens manches, z. H. asl. lo.sh, an. elgr "Elch',
da dies Wort auch im ni. r><;ia- sich wiederfindet. xVhd. eiscön,
lit. JeszJcöfi, asl. i.slafi sieht ganz wie eine Entlehnung- aus,
hat aber auch im Indischen seinen ^'crwandten, ai. icchdmi.
7a\ lit. l-emas, g'ot. halniH g-eh()rt g-ricch. kujilui, ai. Ixsemas
'sichrer, behaglicher Wohnsitz'"). Ich kenne in der Tliat keinen
Punkt, der für eine nähere Verwandtschaft des Lit.-Sla vischen
und Germanischen spräche, ja mir scheint sogar eine recht
bedeutende Kluft zwischen beiden zu bestehen, eine Kluft, die
auf alte Trennung- durch ein anderes Volk schliessen lässt.
Leipzig--Gohlis. Herrn an Hirt.
Slavica.
1) Nocli ('iiuiial ;isl. sfrrija, lit. sn'f/vii 'liiitc' iliicl ^^■l•\\•;lll(llcs.
Sütterlin liat \F. IV 101 f. asl. sfirga 'hüten, bewachen'
von lit. serciml zu trennen versucht, weil russ. störozh allein
auf eine slavische Wurzel sferg-, storq- weise. Es scheint mir
jedoch ül)ereilt zwei so an einander mahnende und begrifllicli
identische Sippen bei der ersten Schwierigkeit von einander
1) Obig'e Gleicliniii:' findet sicli schon in der ersten Auflage
des EWB., trotzdem wird im Jahre ISiU die Solnnidtsehe Zaisaiinncn-
stelluiig- wiederholt; ebenso findet sieii auch schon in der ersten
Aiifla<>-e des EWB. der Hinweis auf ai. icch-. Zu der g-erin.-slav.
Gleichung- an. herr, aslov. hnsh, lit. basas ist ebenda schon arm.
bok hinzugefügt, ebenso zu f/ktf, asl. f/kuhkh, lit. i/Iodns das im
Vokalisnius stimmende lat. t/ltihcr. Auf diesen Punkt werde ich in
einem späteren Artikel eingehen.
350 Joos. J. Mikkola,
zu trciiiicii. Das \'('i-li;iltiiis (l(>s slav. sferg- sforf/- zu lialt.
serg- sarg- bedarf noeli nälierer Uiiter8iichiing.
Lit. sergml '\n\W\ .surgaH'WMQx' weisen, weil ii'estossen
l)ctont, auf eine ursprüni;lieli zweisilhig-e Wurzel mit Vokal auf
beiden Seiten von der Liquida, vgl. Bezzeuberg-er BB. XVII
221 ff. So haben wir also erst lit. .sch'gmi, sdrgas mit Ver-
lust des Vokales nach der Liquida. Diesen entsi)riclit voll-
kommen slav. ^'sorg- in asl. sragh 'terribilis, austerus', russ.
dial. soröga 'ein ^lenscli der schwer zu überreden ist' Thesgo-
voreivyj cclovekr/j ') und poln. srogi "hart, grausam'. Dass
poln. srogi auf sorg- zurückgeht, wird aus der Anlautsverbin-
dung sr ersichtlich. Im Polnischen, wie auch im Aslav., kommt
nändicli .sr nur im Anlaute solcher Wörter vor, in welchen im
Urslav. ein \''okal zwischen s und r gestanden hat, in welchen
also sr nach der Li(|uida-Mctathcse und nach Ausfall von b
entstanden ist. Beispiele im Poln. sind ausser srogi srac 'ca-
care', vgl. asl. shroti, srehro aus ^serhro, sroda aus *serda,
sroha aus ■^sorl-a, srom, aus sorm.h, srzon aus ^'serm>. Dagegen
ist eine aus indogermanischer Zeit stannnende Lautverbindung
sf'hon urslavisch zu str geworden, so z. B. in poln. struga
'Bach', oströw 'Insel', vgl. lit. sraunis, sravä.
Die zweite, neben sergJi, sorgh erscheinende Wurzelform
srogh, srögh, also urslavisch sfrog, strclg ist viel reicher ver-
treten; sie kommt in allen slav. Sprachen vor, z. B. in asl.,
serb., poln., russ. ostrogy, 'befestigter Ort', russ., serb. strogi
'streng', ])oln., russ. 6'^/*rti:rt 'Wache' usw. Hieraus erhellt, dass
poln. srogi nicht mit russ., serb. strogi. wohl aber mit asl.
sragh auf eine I^inic gestellt werden kann, und dass kein
(Irund vorliegt mit ^liklosich Etym. AVb. 29)5 Entlehnung für
russ. strogi aus dem Pohi., für serb. strogi aus dem Russ. an-
zunehmen. Was russ. straza betrifft, so kiinnfe Jemand ein-
wenden, dass es aus dem Asl. entlehnt sei. Dies ist freilich
nicht unmöglich, besonders da storöza daneben steht. Weil
aber auch das Poln. strahl hat — auch hier Entlehnung aus
(b'iu ('cell, anzunehmen, scheint mir gesucht — kann die Kus-
sizitäl \n\\ strahl nicht ohne weiteres abgewiesen werden.
Russ. störoth cnts|iricht liiiisichtlicli seiner Bedeutung natürlich
1) Ich '/itiero, das Wort nach Mikiosich Ktyiu. Wh. 'i;).'l. So-
wolil Dal' als die mir zu.si'änji'lichcii l)ialckt\vörtcri)üclicr kennen
CS nicht.
Slavic.'i. 351
niclit dem lit. sdrgas, soiuleni einem lit. '''sargis; Vi^l.de Sanssnre
Memoires de la 8oe. de liiig-, VIII 4oü. Die Ak/eiitverscliiebung-
bei den -/o-Stänuuen hat auch im Slaviscben stattg-efunden.
Mit -s'-Sniitix erweitert haben wir die g-edehnte Wurzelt'orm
s)'ögh in slav. strachh 'timor' aus vorshiv. '^'sröqs-. Hierher
scheint auch sLav. stt'ik-ha 'Dach' aus ^'sfreqsfi zu g-ehören.
Mit ähnlichem 8ulüx gebihlet ist ai. raksati aus sragh-\-s
(Sütterlin a. a, 0.).
Da nun serg sorg und strog sfräg nebeneinander vor-
kamen, big- ja die Biulung einer Kontaminationsform sferg
stoyg, welche bekanntlich russ. sferegü, störozh, asl. strega
usw. ei'geben hat, sehr nahe.
Über dieselbe Wui-zel im Lat. s. Holger Pedersen RB.
XIX 298 f.
2) Slav. zceno 'Glied, Radfelge' und das idg-. Wort l'ür 'Knie'.
Slav. zveno ist meines AVissens nicht mit ixi.Jmiu, griech.
YÖvu, lat. ge?iu usw. zusammengestellt worden. Es erscheint
als 5-Stamm im ])olab. zveni'i, Plur. ztenesa 'Radfelge'. In den
übrigen slav. Sj)rachen, wo zveno vorkonnnt, tritt es als o-Stannn
auf; so poln. dzicono, obersorb. zvjeno, niedersorb. zfono 'Rad-
felge', russ. zfenö bedeutet 'Glied einer Kette, Glied', pozvo-
nök^ 'Wirbelknochen', wone])en zveno auch 'durch den Wirbel
geschnittenes ►Stück des Irisches' bedeutet. Als die gemeinsame
Bedeutung- ergibt sich 'Knochen, Glied'. Die angeführten For-
men gehen auf guen- guon- zurück. Die Afifrikata von poln.
dzwono ist gewiss ein älterer, nicht erst im Sonderleben des
Polnischen entstandener Laut. Palatales gij, ist vor Palatal-
vokalen schon urslavisch zu dz geworden '). Sowohl poln.
dzicono als russ. zveno gehen also auf urslav. '''dzveno zurück ;
russ. po-zvon-öl'h ist aus zvon gebildet.
Den Übergang in o- und .s'-Stännne si)richt weder für noch
gegen die von Hirt IF. II ;)47 ff", gegebene Erklärung über die
Behandlung der idg. Auslaute im Slav. Mau würde natürlich
slav. *dzvem> erwarten. Da ich bei einer anderen (ielegenheit
Hirts Auslautsgesetze eingehend enirtern werde, so erwähne
hier nur, dass Hirts Erklärung der neutralen Nominativendung
bei den o-Stännnen obgleich scharfsinnig, mir deswegen nicht
überzeugend scheint, weil sie nfitigt auch niiditendbetonte Formen
wie veno, se'no als nach Analogie von vedrö, hedrö usw. ent-
1) DariÜMT inclir ln'i rinci- niKlcrn (u-lcgciilieit.
352 Joos. J. Mikkola, Slavica.
standen und das -o im Nominativ der e.s^-Stämme als nicht laiit-
g-eset/licii anzusehen (Hirt IF. 11 o4y). Auslautendes -os ist
nach meiner Ansicht, betont oder unbetont, im Slav nur o
geworden, g-anz wie auch idg. -es, betont oder unbetont, slav.
-e gibt, z. li. asl. Gen. 8g. slovese im Vergleich mit Y^veoc,
asl. Nom. PI. si/noce im Vergleich mit russ. Nom. PL sijnovbjd,
das, wenn auch mit Kollektivendung -ia erweitert, unbedingt auf
Endbetonung weist, asl. Gen. Sg. di.^tere : lit. dukteres^). For-
men wie Ulo, endo sehe ich als lautgesetzlich an. Aus idg.
^orhos würde man demnach auch ^^orho erwarten; diese laut-
gesetzliche Form haben wir auch in Fällen wie asl. raho-H,
narodo-sb (Leskien Handbuch ^ 22). Auslaut -an, betont oder
unbetont, wird -5 ; demnach würde man *.s7^'w&, *.§e/&' iür ,seno,
seid erwarten. Nun sind die auf -os und -an auslautenden No-
minative der o-Stämme fast spurlos aus dem Slav. verschwun-
den. Das Slav. hat hier die pronominalen Endungen nicht nur
fürsNeutrnm, sondern auch fürs Maskulinum angewandt. Bei dem
Maskulinum der Pronomina ist der Nominativus auf -os ganz
unbekannt: slav. fzi 'illc' entspricht nicht dem \\i. tas, sondern
dem idg. Nom. */o, vgl. griech. 6, d. li. das Slav. gebraucht
nicht den zusanunengesetzten Prononiinalstamm, sondern den
einfachen. Slav. z. ist hier Ablautstufe zu o; 5 lautet im Slav.
juit 0 ab, sowie auch h mit e nicht nur bei Li(|uiden. AVie
*seh' in die pronominale Deklination, in selö überging, so
wurde auch '■'dzvcMh zu ^dzDeiiö. Der Übergang in .s-Stämmc
ist wohl nur eine speziell polabische Erscheinung.
Ü) Poln. trwac, cech. trvati 'dauern', lit. fverti ' daucrir.
Pohl, trwac, cech. trvati stellt Miklosich Etym. Wb. oO(J
zu asl. trajati 'durare'. Dies ist kaum denkbar. Pohi. trwac,
cech. trvati sind durch Metathese aus '^tvhratl entstanden, wie
poln. drzwi, cech. di-vi aus *rfr/v' und dies aus dvbri. Slav.
*fvbrati stellt sich zu lit. tverih 'halten, ausdaucrn' (Nessel-
mann Wb., Kurschat scheint diese Bedeutung nicht zu kennen,
si(; ist jedoch gew()hnlicir), '^tr'irtas 'fest', tv'irttmi 'festigen'.
llelsingfors. ,loos. J. Mikkola.
1) Diese letztgenannte wie auch cini^-e andere iilniliilu" For-
men sind von mir im Sommer 1H95 in Süd-Litauen (Sereje im Kreise
Seing im Gouvernement Suwalki) aus dein Dialekte der sog. ' Dzu-
ken ' HUlgezeiclinet worden. ¥<;•]. auch altlit. Formen w'iv niot eres
diik tcrcs u. a., Iiez/,e)d)erger Beitr. z. (Jeseiiielite l.'K), 1 10, de Saus-
surc IF. !\' ir.i; IV.
Sachregister.
Ablaut. Der Ablaut als Trä-
g"er der Tempusfunktion 1G4. 167.
— e : d 95 ff. skhei- : skhai- :
skhl- : skhi- 92 f. lat. ne, ne : ni
82. dei- : dl- : cht- 89 f. got. unte :
lat. quando 69. lat. facülumed:
lat. meritöd = figs. söde : g'ot.
galeikö 70 f. e — ö in got. Ad-
verbien auf -dre, -pro 52. got.
daga, ahd. ^«.g^^ 53^). Germ, e
im Perf. Phir. der 4. und 5. Ab-
lautsreihe 149 ff. Agr. ßpa- : uep-
10 f. S 1 a V. ^ : o, b : e 352. —
Abstufung des Suffixes ielio in
der Verbalbildung 152 ff. — Vgl.
Dehnstufe. Deklination. Konju-
gation. Siiffix.
234 ff. Der agr. und a i. Ao-
ristgebrauch 243 fi\
Akzent. Agr. eKei — Travöi-j-
|UGi 340 f. — Fortwirken i d g-.
Akzentverschiedonheit im G erm.
47 ff. Got. püsundi 344 ff. — Be-
tonung der lit. Diphthonge 141 f.
Lit. Akzentverrückung bei Kom-
position 276. Lit. Akzentuieriing-
bei Apokope 276. — Vgl. Voka-
lismus.
A p 0 k 0 p e der Schlussvokale
im Lit. 269 ff., im Lett. 278 ff".
— Vgl. Akzent. Vokalismus. Kon-
sonantismus.
A d V e r b i a. A i. Adverbia
auf -fra, -trä 69. Got. auf -ö
52 f. 56. 68 ff"., -pro 68 ff. L i t.
auf -cd, -ui, -Uli, -u 211, auf -yn
von Adjektiven 277. — Vgl. Ab-
laut. Deklination. Suffix.
Aktionsart. Geschichte des
grammatischen Begriff's Aktions-
art 171 ff. Die Aktionsarten des
slav. Verbums 186 ff. Actio per-
fectiva 199 ff. Actio resultativa
204 ff. Bezeichnung der actio
perfectiva im Agr. 206 ff. Be-
zeichnung der iterierten Aktions-
art im Agr. 215 f. Indogerma-
nische Präsensklassen als Trä-
gerinnen perfektiver Bedeutung
Indogcrmani.sche Forschung'en VI 5.
Augment. 166 f. 261.
Auslaut. Germanische Aus-
lautsgesetze erklärt mit der Ak-
zenthypothese 47 ff. Slavische
Auslautsgesetze 351 f. -os = slav.
-0, -es = slav. -e, -on = slav.
^ 352. — Vgl. Apokope. Konso-
nantismus. Vokalismus.
B e d e u t u n g s e n t w i c k 1 u n g.
'Stärker' zu 'besser' 5 f. 'Gehen'
zu 'vor sich gehn, gelingen, mög-
lich sein' 26 ff".
D e h n s t u f e. G e r m. e im
Perf. Plur. der 4. iind 5. Ablauts-
reihe 149 ff.
24
354
Sachregister.
Deklination. Übertritt ans
der t- in die y;-Deklination, ahd.
nefo, memo 71. — Nom. Sg. der
n - Deklination im Germ. 55 f.
65 1^'. 71 f. Got. hana, an. hani
65 f. Got. u-atö, nnmö 71 f. An.
(run.) auf a 66 ff. L i t. N o ni.
Sg-. der -e?y-St. 278 1. Slav. Nom.
Sg-. der e/oSt. 352. — Gen it. Sg.
der u- und i-St. auf idg. -ons,
-ois (ai. mtrös, cujnes) 136, der
femininen ä-St. im Germ. 57 f.,
im A h d. 145, der femininen ^-St.
im Ahd. 145, von ?f-St. ahd. /"W-
doo 144. Lit. atif -?f 290 ff., Lett.
auf -II, -u 297 ff., P r e u s s. auf
-«, -u 300. — Dat. Sg'. der o-St.
im Lat. auf -ö aus -öi 81. Got.
bandjai, an. heide Qö f. Got. //«'-
&a^■ 74 f. Ahd. (yeöw 77 1. — Ak-
kus. Sg. der ie-St. auf -im (ai.
brhaflm) und -/ewi (lat. fadem)
64 f. Got. bandja, a.n.heide 65 f.
Alid. .^eöa 55 f. Lit. auf -q, -r
271 ff., auf -in, -un von -ef und
-e?,<-St. 272 f. Preuss. auf -an
272. — Instrument. Sg. Idg.
*^e = a g r. irfi, got. Jve 32 f.
Lat. gut 34. Lit. dekfe, idg. -e
von o-St. 101 f. — Lokat. Sg.
der e/o-St. ohne Kasussuffix im
Ai. itdtra) 339, Agr. auf ei (e( —
€i) 340 f. Lat. quei, qui 34 f. Lit.
auf -e {tüte) 340; auf -il von
den eii-St. 274. Die lit. und lett.
Lokale 269 ff. — A b 1 a t. S g.
Got. Icafjrö usw. 68 f. — Vokat.
Sg. A g s. Hceppen 140. 341. —
Nom. Dual. Ved. auf -«, -äu
135 f., auf -a 138. Agr. iTnruj,
TTÖbe 135 ff. — Nom. Plur. der
e/o-St. im Urgriech. 134 f.; der
femin. «-St. im Germ. 57 f.; der
ä- und e/o-St. im A h d. 143 ff.
Got. daf/ii.s 52. Ahd. taga 57 f.
— Gen. ]Mur. Fem. der Perso-
nalpronomina auf -dm 55. Got.
dai/e, ahd. farjo b'2 ff. Got. gibö,
tugcjuno 54. 59. Der e»-St. im
Lit. 2731. — Akkus. Plur. im
A i. 27;{ \ im L i t. 273 ff., im
P r e u s s. auf -ans 273 ^. — Lo-
kat. P 1 u r. der e?f-St. im Lit.
274. — Vgl. Ablavit. Adverbia.
Akzent. Enklise. Pronomen.
Stamnibildung.
Di])hthonge. Vgl. Vokalis-
mus.
Enklise. Lokativ enklitisch
340.
Inciioativa. Agr. auf -ckuj,
lat. auf -scö 216.
Injixnkti vtheorie 247 ff.
Iterativa. Idg. mit Suftix
-eio- 217. Ag'r. iterative Präte-
terita auf -CKOv 216 f. Iterative
Deverbativa (pitttöiZuj) 215 f.
Kategorien. Grammatische
und psychologische 157 ff. 193 ff.
Kausativa mit Suffix -eVe-,
-eio- 152 f.
Kom])Osita. Lat. mit de-,
kelt. mit dl- 2 ff. Lat. ne in
der Komposition 79 ff. Got. ja-
Stämme als erstes Glied eines
Kompositxim 14G ff.
Konjugation. Das Verhält-
nis von Präsens- zuPerfektstannii
167 f. — Die ./a?J-Verba im Idg.
152 ff. Präsensklassen I 236.
II B. 236. X 237. XIX 167. 237 f.
XXX 167. 238. 240 f. Aoristprä-
sentia 238 f. Agr. Nasalsuffix-
präsentia auf -vauai, -vo|uai 11 f.
Lit. und Lett. «-Präsentia 29S f.
Preuss. ä- und «-Verba 300 ff.
Ab"-. 2. Präsensklasse mit Suffix
Sachregister.
355
-«0-, -ne- 190, iterative mit Suttix
-va-, -Ja-, -a- 190. 217. Die alt-
i t a 1. e - Konjugation und die
g-erm. dritte schwache K. 45 f.
— Das si'o- Futurum 167. 240 f.
Das slav. s-Futurum 190. Das
ai. umschreibende Futurum 164.
Das ital. Futurum (lat. arehö)
164. 240, keit. no charub 164. —
Das agr. K-Perfekt 164. P e r-
fektum lat. auf -vi, -in 164;
umbr. -samnit. (osk. aamanaf-
fed) 164. Ahd. hiaz, an. Mt,
ahd. liof, an. hliiyp 89 if. Ahd.
teta — fätum 151 f. Perfektum
Plur. der 4. und 5. Ablatitsreihe
im Ger m. 148 ff. Das g e r m.
schwache Präteritum 164. — Im-
p e r f e k t a. L a t. lüeham 164.
199. 240. Lit. Gewohnheitsim-
perfekt auf -davau 165. Slav.
Imperf. auf -jach^ 165. 191. —
Der .s- Aorist 167. — Optativ.
G o t. bairais 74 f. G o t. hairai-
zaii Q2 f. — Got. iciljau 60 f. 63.
— Der Imperativ 170. Got. bai-
raiidaü, agr. cpepövTuuv 61 f. —
1. Pers. Sg. Präs. got. ?iaba,
an. Iiefi 65 ff. Prät. an. wrta,
got. nasida, ahd. nerida 55 f.
67. Des umschriebenen Fxit. Med.
im Ai. 3421". Optat. got. bairau,
an. bera, lat. foram 59 ff"., got.
berjau 60 f. — 2. Pers. Sg. Got.
nemeis, ivileis, nasides 73 f. —
5. Pers. Sg. Prät. An. ivurte
€6. Lit. der -o-Verba 295 f. Lett.
der ä-Verba 298. — 1. Plur.
Per f. Akt. im Ai. auf -»«r/, agr.
-|Li€v l.öO. — 3. Plur. Per f. Akt.
im Ai. auf -ur, europ. -ut 150.
Vgl. Ablaut. Aktionsart. Akzent.
Auslaut. Dchnstufe. Inchoativa.
Injunktiv. Iterativa. Kausativa.
Partizip. Ivcdujilikation. Suffix.
Stammbildung.
K 0 n s 0 n a n t i s m us. Bewes'-
liches s im Anlaut 10. 121 f. 317.
— Ai. ö- = abg. b- 3. — Agr.
Aussprache von cp, x, 6, 6, Z, ^
im zweiten Jhd. n. Chr. in Ägyp-
ten 124—134. ß-, bez. h- = idg.
g- 7 f. Idg. -mr-, -ml- = agr.
-Mßp-, -Mß^- lind -ßp-, -ßX- (?) 13 f.
Anlautendes |u- verdrängt durch
ß nach verwandten Formen 6.
9 ff. - Ngr. -nd- aus -nt- 119.
Tc 107. — Alb. I 105. -nd- aus
-7it- 119. — Schwund von inter-
vokalischem / im Ital. 37 f. 81.
Schwund von lat. -d 34 i. Idg.
-rs- = lat. -rr-, osk. -rr- 333 f.,
lat. -sj)- = idg. -af- 16. Lat.
Dentaler Verschlusslaut +t =.w,
s 102 ff. Dentaler Verschlusslaut
+ .s- + ^ = sf 102 ff. ~ Umbr. v
aus / 46 f. -rf- aus -r.s- 334 1. Lat.
osk. -mn- aus -j^n-, -bn- 309.
Südrum. -nt- = lat. -nf-; -nd-
= lat. -nd- 119. — Idg. .v im
Kelt. 1) anlautendes .v a) vor
Vokalen 313 flf. b) vor Konsonan-
ten 315 ff. 2) inlautendes *■ a)
-s- 322 f. b) s + Konsonant. Kon-
sonant -f .s -f Konsonant 323 ff. 3)
auslautendes ,v 335. Idg. p.<itr-
im Kelt. 322. Idg. z im Kelt.
335 ff. — Germ. Lautverschie-
bung 346. Wechsel von Jj und f
311 f. Dentaler Verschlusslaut -{-f
= SS, s 102 flf. Dentaler Ver-
schlusslaut + .s- -h t = st 102 ff.
Kent. Schwund von d und g
im Wort- und Silbenauslaut in
den Verbindungen -nd, -ng 341.
An. figir aus ijij 99 f. — Lett.
-/i.s- "für -.s- 27'9*f. B alt. -Slav.
-e.s'-, -ÖS- aus -ens- , -ans- 273 ^
I d g. gn = u r s 1 a v. dz 351. Pol n.
.s-r- 350. — Vgl. Apokope. Aus-
laut.
K o n t a ni i u a t i o n s b i 1 d u ng.
Agr. ßapvtiuevoc 9.
356
Sachregister.
Kürzung- vgl. Vokalismus.
li c h 11 w ö r t e r. Entlehnung
von Zahlwörtern 347 f. Lat. aus
dem Gr. 120. Rum. aus dem
.Slav. 117 f. 121. Agr. qpdcKuuXoc
106. Ngr. aus dem Rom. 107,
dem Türk. 111 fl". Serb. aus
dem Griech. 123. Kelt. 318 3.
320. Ägypt. aus dem Griech.
125 f. 129 1. 134.
Modus. Übergang zAvischen
Modus und Tempus 169 ff.
Partikel -u 135 f. Fragepar-
tikel « im Germ. 63. Lat. ne
78 ff. ne 83 ff. nei, ni 86 f.
Partizipium Perfekti Pass.
im Nhd. 164.
Postpositum lit. -na, -nq,
-«269 ff., im Lett. 278ff. Lit.
-en, -e 284 f.
Präfix. Agr. uu- = ai. av.
d- 11. Lat. in- = agr. d-, ai.
av. a-, o'erm. un- 18.
Silbentrennung. Einfacher
Konsonant +,;' eröffnet im L^r-
germ. eine neue Silbe 146 f.
Stamnibildung. Lat. Bahu-
vrihis auf -in, -e bei zugrunde-
liegendem -0- oder -ä-St. 3 f. Na-
sale Stammerweitrung im alat,
Verbuin 24 f. Wechsel von o-
und .s--St. im Slav. 351 f.
Suffix. - fyä- 1 9 f. Abstufung*
des Suffixes /e/w in der Verbal-
bildung 152 ff. Präsentia mit Nh-
salsuffix im Agr. 11 f. -ra- im
Agr. 217. Agr. -cijucc 41 f. -w-
im Lat. 38 f. -iikyä im Lat. und
Russ. 37 ff'. Lat. -timos, -fumos-
41 f. Lat. -ima, icma 42. Lat.
-änu.s 104 f. Rum. -um-, -ns aus
dem Slav. 117 f. -no-, -ne- in der
abg. 2. Präsensklasse 190; -va-,
-ja-, -a- bei den iterativen Ver-
ben im Abg. 190. 217. — Ad-
verbialsuffixe ai. -fra, -tvä 69.
got. -pro 68 ff.
Synkope des a in der Kom-
positionsfuge im Got. 147. Vgl.
Vokalismus.
P r ä 15 0 s i t i 0 n. Perfektivie
rung eines Verbums durch Zu-
sammensetzung mit Präpositio-
nen 222 ff". Germ, ga-, nhd. ge-
148. 164. 265. Agr. cüv 226 ff.
Pronomen. Got. a-it 73 '.
Reduplikation erst sekun-
där zur Darstellung der Zeit-
stufe verwandt 165. Drei Re-
duplikationsklassen 165 f. 210 f.
Bei Präsensformen auf -ckuu 216.
Lat. frag rare 100 ff. Beim germ.
Präteritum 91 ff.
Sandlii. Id;;'. -äin und -ä65i.
V e r w a n d t s c h a f t s a- e r h ä 1 1-
n i s zwischen L i t. - S 1 a v. und
Germ. 348 f.
Vokalismus. Idg. öv ante-
konsonantisch zu ö 90 -. — Agr.
Aussprache des u im zweiten .Jhd.
n. Chr. in Ägypten 134 i. — Lat.
ital. ar = idg. rr 17. — Lat.
■eoi- zu -öf- (?) 80 f. -öi zu -ö 81.
Kürzung des Langdiphthongen
ei 32. Kürzung eines gesciiloss-
nen e vor folgendem Vokal 86 ff.
— L a t. au — s ü d r u m. av,
nordruin. au vor Medien 118.
Nordrum. -«?'- aus -br- 120. —
Idg. /• / = kelt. ar, al 315. 332,
Sachreo'ister.
357
335. 337 ff. Idg-, r = kelt. W,
i d g-. / = k e 1 1. li, i d g. rr =
kelt. ar, idg. II = kelt. al, idg.
/ ^ kelt. lä, idg. f = kelt, r«
337. — Urgerin. geschlossenes
e aus V 0 r g e r m. ei 89 f. Ante-
konsonantisches en aus e?,/ 98 f.
Idg". f und r = germ. ur. n
und n = germ. un 141. Germ.
e im Perf. Plur. der 4. und 5.
Ablautsreilie 148 ff. Idg. ö und
/7 im Germ. 51 ff. Behandlung
aixslautender langer Vokale, die
durch -s gedeckt sind 72 ff". 76.
143 ff. Idg. -oi und -or im Germ.
74 f. Idg. -em = got. -a, an. -e,
-i CA ff. Ind. -^m = got. e 64.
Urgerm. -öm = got. -aii 59 ff.
Got. a aus e in unbetonter Silbe
vor r 75-). — Slav. -^ =■ -öm
.54. — Vgl. Akzent. Auslaut. Syn-
kope.
Wortbildung. A g r. Kom-
parative auf -Tepoc 6 f. Onomato-
poetische Wortbildungen im Ngr.
108. — Komposita.
Wortstellung. Negation —
Enklitikon — Verbum 35 f.
W u r z e 1 d e t e r m i n a t i v -d-
(Präsenssuffix) 92. Vgl. Suffix.
Zahlwörter. Got. püsundi
344 ff. Entlehnung von Zahl-
wörtern 347 f.
Z c i t s t u f e. Die Kategorie
der Zeitstufe und das idg. Ver-
balsystem 157 ff. Die morpholo-
gischen Elemente, die im i d g.
Verbum zur Kennzeichnu.ng der
Zeitstufe dienen, sind entweder
nicht ursprachlich oder hatten
nicht von allem Anfang an die
spätre Funktion 163 ff. Aorist
ursprünglich zeitstufenlos 243 ff.
Der gnomische und komparative
Aorist im Agr. 249 ff. — Vgl.
Aktionsart. Modus.
Wortregister.
I. IiHlogermaiiische Sprachen.
Altindisch.
a- 18.
ctJias- 102.
dkrsi 167.
aksi 137.
dgät 261.
agne.s 136.
cichedi 92.
achäitsit 92.
W;a^« 97.
üjanat 167.
äjljanat 166.
vecl. rtjäw 247.
d^rrt 339.
ädasat 167.
o</ä< 237.
«</r«7t 220.
ädharas 68.
adharät .53'.
adharäd 68.
arf/t«« 237.
cinapasphiir-, -a-, -coit-
16.
anayisam 262.
anäisam 262.
vcd. r/y>a spharlM 16.
(ijHisphüra.s H. 16 f.
(ip.su- 329.
iihaläs 1. 5 f.
^/?n<i 292.
ticed/sam 237.
äsnOti 165.
asfän 1.36.
rt.s'fr« 16.
dsa/?' 249.
rt.s^/j«i 237.
äsyati 15.
ä-'ll.
äyi^i'a 165.
ämaniat 165.
«ji/ti.'i 326.
ärä'tfäd 278.
ved. «re 278.
d^w.s' 3 f.
icchämi 349.
ichäti 216.
M 81.
ii/a 87.
ved. wiahe 292^.
ükmti 331.
udaka 325.
j üparas 68.
j ubJiäü 136.
[ UHäNänäktä 138.
ü'rdhvd- 217. 338.
fksa- 338.
rsabha- 333.
: ri-.ya- 349.
' edhas- 103.
e««/ 26.
ved. Ä;d«i 272.
fcdr^? 167.
kävHidi 238.
kübara- 14.
kübari 14.
kürdati 92.
khnis 1.55.
fcf.srti'/ 238.
Ärr.se 167.
Ä-Tf^ c« 33.
ksafräm 21.
k.idyati 21.
ksemas 349.
^dw 65 1.
{/äJt.s- 90-.
(//<« 307.
gJianä(/hand- 101 f.
ved. .(//u< 307.
(jhi'ätds 101.
f//ira^?' 100. 102.
I ca 33.
cdyate 21.
I caräcard- 101.
cäydti 21.
c'ikefi 21.
-c?V/ .'53.
cinuti 21.
ved. codaynt 247.
cA^Y-Sif 93.
c/i/rf- 92.
chindänti 94.
chetsydfi 92.
jayarukas 38.
jcmylmntl 165.
jäydntkds 38.
jäydrti 38.
ja HU, .351.
jighvati 100.
jydi/üii 5.
tdksati 3.30.
Wortreg-ister.
359
fak.pü 137.
täträ 68 f. 339.
täpas 103. 326.
tärati 238.
tavas 347.
tavisds 347.
färisl 347.
fasfhhnd 166.
tasmäcl 53 2.
^/?YJf/ 2.38.
fisthafi 166.
/»/?<'Jf; 98.
fiim/xffi 122.
tümras 98.
^•»rt- 337.
f^m^^■ 98.
-^rä 69.
dddhati 151.
((adliä{u) 151.
(laudaiiikas 38.
fZäf<^ 160.
dätäsmi 164.
dädharfi 166.
dädhära 166.
(fäsa- 328.
vecl. fZet'a 138.
devds 88.
(/e/i< 3081.
dyumds 42.
dräi/ös 136.
dcisafi 345.
(toe 136.
rfre.«i 167.
<]fi;äti 136.
dhäyati 932.
dhäyas 93 2.
(/Äz/a.v 932.
</;ie/»/.s- 932.
y/rt 79.
ndkis 35.
iidktö.^äsä 138.
nadhd- 325.
napät 71.
ndhhyeva 138.
luihyati 325.
/*« 83.
nämä 56. 72.
«4«e?/a 138.
ved. ?«i ^«/'Z^ 247.
/ilfZa- 336.
pancasati 345.
ved. paramajyds 5.
pasyati 220.
päsas 96.
päsänd- 3.35.
päsii- 273 1.
pidtälas 122.
pidtikä 122.
jyidrds 122.
2)urä 249.
pürnds 141.
prtliUH 95.
pötas 122.
prdthas 319.
pravähate 324.
pravekas 42. 45.
prastumpati 122.
pra.stha- 326.
plihdn- 319.
hälam 1 — 4.
brhcdfm 64.
bhdyas 116.
hhdjati 116.
bhärate, 74.
hharäni 60.
bhdribhrati 101.
bhdräi 63.
bhdvati 249.
bhavitdsmas 243.
bhdsman- 328. 329 1.
bhäsd 331.
&Är,s-^2- 332. 338.
maksü 331.
majjdn- 336.
manda- 103 1.
viaidtn 102.
mada- 325.
mänasl 136.
mdrlciit 14.
mdnnan- 335.
maryakäs 14.
mar y (IS 14.
marsanam 10.
mä 248.
mäsä- 95. 329.
märäyati 153.
ved. Miträvaruna 138.
ved. mürdhdriii) 248.
mrtsna- 103 1.
mrtsnä 103 1.
mrdÜH 103 1.
mrdnäti 9.
mrsäti 10.
medaua- 336.
med((S 336.
-raradciH- 103 1.
mleccha- 323.
yWrf 3051.
yaMdhe 342 f.
?/?6^e 136.
yugeva 1,38.
raksati 351.
rä7näyati 153.
vdtsa- 331.
varas 8.
varsman- 332.
t-ös 326.
va.9t<- 323.
väw^- 95.
vävadükas 38.
väsard- 329.
västu 326.
üec- 42.
vincanti 45.
vinakti 39. 42.
vimradafi 103 '^.
vivahdti 217.
vivähayafi 217.
viviktas 42 f.
vivekti 42.
ved. ui.S'ii 40 1.
ved. vistibhis 40 ^.
vfkas 141.
«;rA:.s-d- 323.
vrnäti 8.
vrnöti 8.
vrsan- 333.
samku- 324.
^dÄ-^M 21.
mknöti 21. 25.
sakrds 21.
ved. sagmdx 2i>.
.vflcl 21.
iatdm 344.
360
Wortregister.
sätrös 136.
sdvas 22.
Sävlras 22.
suklä- 211.
sukll bhavati 277.
susuve 22.
Minds 22.
säras 22.
^fngtva 138.
^mäsru 321.
,^üdyati 22 f. 25.
üatsati 345.
sascati 166.
sasyä- 330.
6-i<- 313.
svdJfi^ 90.
67;;«fi 322.
skändati 316.
stamba- 318.
stif/hnute 318.
stlrnä- 337.
stupds 121.
stupas 121.
s^/•- 318.
«^°/'^«- 318.
sthäman- 318.
sthürds 98.
sthulds 98.
snämi 321.
$näyati .321.
sjihurdti 16.
sma 249.
svdsar- 322.
Aa 307.
hantüHmi 343.
hantäham 343.
AmÖif« 942.
hrsyafi 332. 338.
hrdsati 333.
hraavd- 332.
Avestlscli.
ö- 18. :
aeiini 26.
aesma- 103.
a.s'£ 136. 139.
(isfo'ö 22.
asca 324.
ash'tra 16.
ä- 11.
äsusK 3 f.
eredhu-a 338.
khshaihrein 21.
khshayete 21.
CO? 34 1.
fa.srt- 330.
daema 90.
dä/.s 90 1.
döi&ra- 90.
(Zo/iÄa 328.
ööfj'a 116.
frasparat 16.
naecis 86.
mazga .336.
mo6» 331.
yacica 33.
^;oÄM- 323.
raonq 309 ^.
sa?;ö 22.
sisphnnö 22.
suyamnö 22.
süidyüi 22.
staman 318.
sfrt?-« 318.
spereza 319.
haliya 330.
hisku 325.
Altpersisch.
kh.sJutfi-am 21.
khshäyafhlya 21.
öö^a 116.
PehlevT.
?-ö?i 3091.
Neupersisch.
rr<« 309».
Georgisch.
haqaqi 108.
lugiloi.
baqaq 108.
Armenisch.
&0Ä; 349 1.
^rwer 328.
da^7 (d«/) 93 2.
dayeak 93 2.
me2 335.
»iis^ 336.
osÄ;?- 324.
Phrygisch.
Zeüc BuY«"ioc 116.
ßaXriv 3.
Altgriechisch.
a- 18.
aßoTov 42.
äßbeXov 8.
äßeUov 8.
äßeXxepeioc 7.
dßeXxepia 7.
att. öß^Xxepoc 6 ff.
aßpoToc 10.
dTeXd&iov 110.
hom. d^eXaii-) 110.
dreXäc 110.
äYO) 247. iiY"Tov, äta-
yeiv 165. 240. rix">
fiTMö» 97. 99.
äbuTov 42.
ä^Euu 99.
dr|öuüv 56.
deeei 340 f.
deeoc 341.
deXoqpöpoc 1251.
ai S7.
Aiavre 139.
aiboioc 70.
aiboiiuc 70.
ai^c 326.
aieoc 103.
aiE 110.
Wortreo-ister.
361
aipeci,uoc 41.
akxoc 101.
«'iTeuu 215.
aixiZuj 215.
etK^ciiLioc 41.
c(K,uiT 15.
äKoudZo^ai 215.
ÖKoüiu 215.
«Kpaxi'ic 5.
otKpöc 15.
ctKupoc 22.
äXXoxe 341.
«\u)ai|uoc 41.
duaXouvuu 103 ^.
d.\jLa\6c 5 f.
ctjLtßXüc 5 f.
c(,uapTUL)\öc lOG.
ÖußpOTOC 10.
«faqpißeßqKOX 180.
df.iqpievvu|.ii 103. 230.
ct.ucpu) 136.
dvaßiuJCKouai 230.
arg". .-avdKoi 136.
dvrjp, dvbpe 139.
«vepe 131).
dvorfvuiai 230.
dvTÖnevoc 229.
dvujTepuL) 75 ^.
«TT6x6dvo|uai, dTDTXÖexo
2251. 229 f.
dirö 309.
dlToblbpUCKLU 2.30.
«TToSvt'icKeiv 174. 230.
dTTOKTciveiv 230.
dTTÖX\u|ui 230.
<iiTocß6vvu|ni 230.
iiTTocTUTrdZiuj 121.
dpapiCKUj 216.
dpKTOc 338.
«pvc 139.
dpviov 112.
dpöcifioc 41.
öpcrjv 333.
äcKuXoc 107.
«ciraipui 16.
dcTTOvbei 340.
dcTi^p 318.
.^acTÖc 326.
dcu\ei 340.
aüEdvuu 99.
aüSuu 99. 167.
aÜTi] 90.
aöai 99.
'Axaioi 1291. 134.
ßdepöKoc 108.
ßa\aveiov 89.
ßdWiu, ßaXOü, ßaXXt'icu),
eßaXov 241. ßaXeiv 208.
ßap&fjv 9.
kork. att. ßapväuevoc
6. 9. 12.
ßapüc 110.
ßaciXeOcai 209.
ßdci|uoc 41.
ßdcic 41.
ßacKaivuu 106.
ßäcKavoc 106.
ßdxpaxoc 107.
ßeßXeiv 13.
ßeßXecGai 13.
ßeßXaiKCv, ßeßXuuKuüc 13.
ßeßpa.ueviuv 10. 13.
böot. ßeiXö|uevoc 7.
ßeXXeiv 12 f.
thes.s. ßeXXeixei 7.
thess. ßeXXo|uevou 7.
ßeXraToc 4.
ßdXrepoc 1. 4-8. 12.
ßeXxiuuv, ßeXriCTOc 4. 6 f.
ße.ußXeTO 13.
ße,ußXa)Kev 13.
ße^öXexo 13.
ßepvuujLieea 6. 8 — 12.
ßeppeai 8. 10—12.
ßia 5.
ßißpuucKU) 216.
ßXabapöc 1031.
ßXaicöc, 323.
ßXdcqpn^oc 335.
ßXevvu 1031.
ßXevvoc 1031.
ßX€vvöc 1031.
ßXuÜCKUU 13.
ßopeac 105 f.
ßoüXoinai 7 f.
ßoöc 90-.
ßüjv 65 ^
ßöe 139.
ßpUKeiv 10.
ßpdEai 10.
ßpe.uiu 217. 220.
ßpo|ueuu 217.
ßpÖTuxoc 108.
Bpöraxoc 108.
ßpuüciLioc 41.
Yd|uoi 20.
YeYuuviCKUu 216.
Yevoc, Yeveoc 352.
YiYvo|aai 166. 222. eY6-
vero 167.
YiYviücKUJ 216.
YviuTÖc 305.
YÖvu 351.
YUTre 139.
hom. bai 17 if.
ba.-ioc 17.
bdKviu, eöaK€ 167.
6dKpu 42.
bäc, bäba 120.
be 82. '
bebopKtt 211.
bei6iCK0|uai 216.
lokr. delph. beiXo|Liai 7.
beiEare 247.
kret. beXTOv 7.
bewäZu) 103.
öevvoc 103.
beEioc 331.
bepY.u« 329.
bepYMÖc 329.
ö^puj 337.
br\ioc 17 f.
dor. bqXo|uai 7.
b^vea 328.
b^w 242.
bibdcKiu 216.
6i6pöcK(Ju216. 6Öpav237.
242.
bi6uu|ui, biücuu, bibuücuu,
eöo.uev 165. 222. 241.
6i2»ico,uai 165.
biTiXaE 96.
biuiKO) 220.
bmij€ 139.
362
Wortregister.
Ula 114.
öoöpe, boOpuuv, boüpecci,
boOpaciv, öoöpa 139.
t'^pfrriua 329.
^uva|uai 23.
hvo, bOuu 136. 139.
el. öuoioic 136.
bucßdpKavoc 9.
?)ucßp(iKavoc 9.
bn> ,S2.
euXuuv, eäXuuKa 305.
€ap 329.
eßXu) 13.
fcf^paf^iaevov 10.
eypriYopa 101.
eyü)v ö6.
eöeiKca 242.
eeeXuJiui 249.
ei .S7.
eibov 220, ibeiv 209.227 f.
eibuuAov 106.
e'iKOCi 136.
€i|napTai, el'ibiapTO, eiinap-
luevri 10.
eim 26. 242. ievai 148.
eiireiv 222 '.
eiTT€CKOV 216.
eicievai 19.
eicopäv 227 f.
eKOTÖv 319. 344.
^K€l 340 f.
^Kcx^ipicx 18.
€KTT\riCCUJ 230.
eKTTobuüv .340 f.
«XkvjctüJuj 215.
€'\kiu 215.
^ladvi-jv 66. 154.
^ußpafutva 10.
^MßpaTai 10.
4|aiv 136.
^v 272.
^vöuiLieicOai, ^vT60u|je-
icBai 174.
tvicue 316. 325.
^TTiCap^uj lOi).
^TTieuiaelv, ^TTIT66U|U»1K^-
vai 174.
^növj)i)aoc 41.
eTTTÜ 314.
^PYOtciiuoc 41.
epeuGoc 103.
epiTU) 220.
epcriv 333.
^PXeceai 148.
icnöc 121 1.
gcTTcpoc 328.
ecTToiTO 166.
eTr|TU|noc 42.
eTU|Lioc 42.
eüvoöxoc 111.
eupicKuu 221.
eüxerdoiuai 216.
eöxo|uai 216.
icpvr] 102.
e'xuu, cx^cuu, eEo), ecxov
217. 241.
Zeüc 98.
Z:)iTriai|.ioc 41.
Juupöc 110.
fiöea 237.
r\b\)c 70 ^
i*l|udipTave 221.
rivrexo 229.
lipapov 165.
Tixeero 229.
Beöc, 9ed)v 56.
eepÜTTovTe 139.
er-|pe 139.
9paci)C 70 ^.
0paOuj 329.
eucia 20. II r.
eOöijaoc 41.
Gücic 41.
0UTeov 20.
eürric 20.
ictci|uoc 41.
Töoc 331.
iluu 222.
irilLii 222.
iriTfjpe 139.
.flKOTl 136.
miToc. iTTTre 170. iirniu
135. 139.
ipic 114
iCTiim 166.
ecxaiLiev 166. icraiaai
63.
Kaeeübuü 230.
Kä0ri|uai 230.
Ka0iZuj,6Kd0ica 121.230.
Ka{ 340. f.
KoXeicGai, KeKXficeai 174.
KaXÜJC 56.
Kauvöc 95.
KaraöapGdvuu 230.
KaxaKTCivoj 230.
KaxaXujußdvuu 230,
KaxaTrXriccuj 230.
Kaxacßevvujui 230.
Kaxacpeüyeiv 229 f,
Koö^a 125 2.
Kauci|uoc 41.
KeXo|nai 94.
KeO0oc 104.
Kexapricoj 165.
Kfipe 139.
KfjpuE 38.
KrjpuKe 139.
kikXtickuu 216.
kTkuc 22.
KivbaE 94.
Kivbuvoc 94.
Kivtuj 94.
Kivu|uai 94.
Kiccöc 126 ^.
KIXVIILH 148.
KXripoc 11.
KXrjpoOv, KXiipoücGai 11.
Koeui 21.
Koviöec 315.
KÖTTaVOV 111.
KÖTTXUU 111.
KÖpaE 335.
Kpeixxujv 5.
KpOKOC 126 -.
Kxdo|uai, K^KxriiLiai 21.
Kxeivu), Kxeivai 205 f. 230.
Kußepvduu 14.
Kußepvtixrjc 14.
Ku^uu 22.
lypr. Kui^iepqvai 14.
..,^.. 222. icxr) : äol. KU|uepv)ix>ic 14.
170. ^cxnv 236 f. 242. | Kupioc 22.
Wortregister.
363
KÖpoc 22.
KÜcBoc 104. 336.
Kuujv, Kuve, KÜvec 139.
KUJ|u)'i 349.
Attjapoc 96.
Xai^öc 217.
Xafaßctvuu, Xaßeiv 230.
Xd.uTTUj 325.
XeiTTU), eXiTTOv, XiireTv
236. 242. 321.
XetacGai 222 i.
Xeiuov, Xeovxe 139.
XiVfU) 95.
XiiöeTv 95.
Xivv 321.
XuYTÖivofiai 321.
XuYKaivuj 321.
Xüciiuoc 41.
Xucic 41.
ILiäZa 106.
LiaZiov 106.
]udXa 5.
,uaXepöc 5.
laäXicxa 5.
luäXXov 5.
|uapvd|uevoc 9.
jLiaTTÜri 117.
|Ll€ipdKlOV 14.
i.i6ipaS 14.
Lieipouai 10 ff.
LieXeoc 335.
lueXXuj 13.
lueXoc 335.
lueXuj 13.
|ue|ußXeceai 13.
luepiZo), |nepiZo,uai 9. 11.
I^iepic 9. 11.
uepoc 9. 11.
laeTÖTTioOev 249.
lariCTUjpe 139.
miivricKuu 216.
jaoTpu 9.
luoXeiv, f.ief.iß\ujKev 13.
fjöpoc 9. 11.
vaieTdu) 216.
vaio) 216.
ve'ouai 242.
veqppoc 101.
I vriTTioc 21.
vö|uoc 332.
vuv, vü 82.
vuO, vAiv 136.
6 352.
ößpia 14.
ößpiKaXa 14.
ößpiKia 14.
ößpifjoc 14.
o'iKei 340.
oiöc xe eiui 23.
oTc 110.
OlCTTUUTl'l 316.
ÖKpiöeic 15.
ÖKTUJ 136.
öXtcGdvuü 336.
öXicGripöc 336.
övoKivbioc 94.
öEüc 15.
kork, öfrei 34.
g'ortyn. öirri 32.
ÖTTuuira 165.
öpdu) 220. 227.
öpeöc 217. 338.
öpo|uai 220.
öppoc 333.
öpuupa 165.
öcc€ 137. 139. öccujv,
öccoic, öccoici 139.
öccppaivecöai 100. öcqp-
pecöai , öcqppiicecöai
100. 102.
öcqpöc 324.
oöirri 35.
OÖTTUUC 35.
ö(pi 170.
ÖX6UU, öxeouai 217.
öi^ov .329.
TidYH 96.
iTdYVU|ui, TTaYnvai !><;.
TTaic, -rraibe 1.39.
TTa|U(paivuu 165.
iravöriiuei 340.
irdpoc 249.
TTOxrip 75.
Trei 34. 340.
TTcXXa 335.
TTeXoTTovvricoc 103.
TTevoiuai 220.
irevTriKovTa 345.
irevTriKÖcioi 345 f.
ireTTiGricuu 241.
irepYouXov .320.
TTe9piKa 211.
dor. -nf] 32.
lakon. TTHTTOKa 32.
irrixeG 139.
TTibaE 325.
TTibüuj 325.
TTIVUTÖC 21.
TriTTlCKUU 216.
triTTpdcKiu 216.
TTITTTUU 222. TTeiTTUUKUHOS»
dor. TiXäTd 9(5.
TrXdJ^uj 96.
•n-Xdöavoy 95.
TTXdccuj 96.
TtXaxOc 89. 95.
TTXrmn 123.
TTXri,u|Liri 123.
TrXüiua 123.
TTOieu) 21.
TTOif-iriv 66.
iToXe|uf|cai 209.
TTopeüciiuoc 41.
TTopqpüpuj 165.
Troxeo,uai 218.
TTÖxepoc 75 -.
TTOÖC, TTO&ÜJV 340 f.
TTÖbe 135.
lioin. TToöo'uv 136.
irpdxxouai, TTpdEouai,
TTpaxGricouui, eTTpdx-
Gev 241.
TTpeirei 220.
irpiacGai 222 ^.
TTpoßaiveiv 29.
TTpoöocia 20.
irpobÖTric 20.
irpööoxoc 20.
TrpoxuJpe'iv 29.
TTxdpvui.u 322.
TTxuj,ua 305.
TTXÜÜCIC 305.
TTUYn 3.
TTuuxdouai 218.
364
AYortreo-ister.
^ayri, ^aYÖc 96.
^äba.uvoc 323.
pubii 323.
^cYKuu 322.
peYX^ ^22.
^eiju 3091.
^r)YVU|ui 96 f. eppiuya,
eppriyeia 97.
pxnTäZu} 215.
^(tttlu 215.
^uuYMn 96.
^u)E 96.
caipuj 109.
cauKÖv 37.
cauxMÖv 37.
<:Kai.-öc 317.
cKopirioc 315.
CKÖTOC 315.
CKuWeiv 316.
c]ur) 93.
<:,uiXri 93.
ciaivür] 93.
ciraipu) 16.
CTTÖpaYM" 317.
cTTupäccuj 317.
CTTaTiXr) 316.
CTTeoc 320.
CTxXü-fXva 319.
cttXtiv 319.
CTTOvbai 18. 20.
CTTopYiXoc 320.
CTTOubciZeiv, eciroubaK^-
vai 174.
CTUYiiiv 318.
CTÜltu 318.
CTUupöc 98.
creYl 317.
creixuj 318.
cjevälvj 215.
CT^vuu 215.
<T^pvov 337.
CTCÜTui, creÜTo 98.
cxriuevai .31H.
<:Tr|C0|u«i 240.
cxripiY- 334.
cxripiZiu 3.34.
CTÖ)Lia 318.
CTopYi'i 318.
CTopevvu|Lii 318.
CTpUTÖC 318 f.
cxpeuYecOai 319.
i CTpeqpuu 217.
CTprivrjc 318 f.
cxpfivoc 319.
cxpiYH 120.
cxpoqpeo) 217.
cxpijOvvu|ui 318.
cxpuuqpduj 218.
cxüXoc 98.
CTVTiäZw 121.
CxOlTOC 121.
cuYYiTvuücKUJ 227,
CUYKpUTTXUJ 227.
cuXXaiußdvuj 227.
cuXXüuu 227.
cu|ußaiveiv 19.
cüiußacic 19.
cu|Licpepuu 226.
cu)acp9eipaj 227.
CUV 226.
cuvdYvu|ui 227.
cvvap-nalw 227.
cuv6pxo|nai 226.
cuvi'ivxexo 229.
cuvGripeüuu 227.
cuvievai 19.
cuviriiai 227.
cuvopduu 227.
cuppriYvu|Lii 227.
C(pns 320.
cq)iv 136.
C(pupöv 320.
cxiSuj 92 f.
cxivbaX|u6c 94.
cuuxwJ 37.
xaOpoc 98
raqpai 20.
xdqpoi 20.
xdcuv 55.
x^Yoc 317.
x^enXa 211.
xtBvriK^vai 174.
xeSvriHa» 165.
xeixoc 30S1.
T^Kxaiva 137.
T^KXIU 330.
xeXa|uü)v6 139
xevovxe 139.
xeprjbuüv 337.
xexpaiviu, xexprjva 166.
xiGrini 63. 222. 247.
xiKxoj 222.
xijur) 56.
xivujuat 21.
xivuu 21.
xixpuücKUJ 216.
xixücKO|uai 216.
xiuj 21.
ToTxoc 3081.
xoKfie 139.
xöEov 114. 330.
xpdYoc 110 f.
xpoivöc 337.
dor. xpdTTO) 238.
xpaö|ua 39.
xpauf-iaxiac 39.
xpdtTuu, SxpeTTOv, expa-
TTov 217. 238.
xpiCuu 120.
XpOTT^U) 217.
xpiüEiuoc 41.
xpuuTrduj 218.
Tvjöeüc 98.
xÜKOc 330.
xüilIttovov 122.
XÜTTXUJ 122.
TuvbdpiTC !>8.
uie 139.
ü|U|uiv 136.
üirep 75 -.
iJiTicxveouai 230.
öc 902.
cpuYfiv 116.
qpdpcoc 333.
qpdcKiuXov 106.
q)dcKUjXoc 106. 323.
cp^ßoiaui 220.
(peibiuXöc 106.
cp^pu) 63. 71. 217.
dor. kypr. cp^pec 247.
(pipe 170. (piperai 74.
q)6pövxiuv 61.
cpevfecKov 216.
cp-.dXr) 125 1.
Wortregister.
36&
q)iXoc 70.
qpiXujc 70.
qpXoicßoc 336.
(pXval 336.
qpXüoc 336.
cpoXKÖc 4.
qpopeo) 217.
(pöpoc 217.
cpu-feiv 209. 230.
hom. qpuEiuoc 41.
q)iJEic 41. ■
qpu)T€ 139.
Xaipiu, x«ipiicuj, xapn-
coiaai, exöp'iv 241.
Xaüvoc 98.
Xeipe 139.
Xeipujv 3.33.
xepcubpoc 107.
xXujpöc 111.
XUJpeTv 29. 31.
HjaXic 320.
lyapöc 111.
ipi|uueoc 131 ^.
lya'.uöc 329.
HJUüXUJ 37.
üjßpaTO 10 f.
uiGeuj 215.
U)KÜC 3 f.
iwXevr] 105.
lupuTH 11-
uüpüouai 11.
ujCTiZo) 215.
lucpeXeo) 11.
tuxiJUKa .'505.
Mittelgriecliisch.
äTTOCTprfTi^iuj 120.
ßiußöc 109.
CTpvcfiZM 120.
Xeiigrieclilsch.
ä'feXdba 110.
aia 110.
mpa 110.
ai-fibj 110.
dipov 114.
dpctTTiic 112.
dpaTTOüXXxc 112.
äpÜTTC 112.
äpvi 112 f.
dcuoböxoc 121 ^
dcirpoKdva 114.
dcTTpoKOUT^Xa 114.
dcTTpouoÜTCouvri 114.
drcaXeüuu 107.
drcdXi 107.
äTcaXoc 107.
ßöriu 115.
ßdepaKttc 108.
ßaGpuKÖc 108.
ßapßdrou 111.
ßapGttKÖc 108.
ßepT« 113.
zakon. ßepYÖbi 113.
ßeppdbi 113.
zak. vetiili 111.
ßiToüXi 111. 113.
ßöepoKac 108.
ßöepoKoc 108.
ßopbaKÖc 108.
ßÖpTOKOC 108.
ßoußöc 109.
ßpoGÖKa 108.
ßpöGaKoc 108.
bov. vrötiko 108.
bov. vrü^ako 108.
ßuZ:i 114.
YöiT" 110-
YöiTdvi 112.
YaiTdvTC, -ou 112.
YdXa 113.
YaXavri 114.
YaXavöc 112.
YoXdvou 112.
YoXdvTC 112.
Yapbou|aia 117.
Yi6a 110.
Yiöi 110.
YITCIKÜ 113.
YKÜX-mvo 113.
YK^cov 113.
göcov 111.
Ypißa 113.
6€X«Tepa 108.
6ia|uävTi 119.
öiTTXa 114.
ömXdTii 114.
böSa 114.
boEdpi 114.
eiTTa 234.
eXeY« 234.
Z:dpKOU 113.
Z:apoö&i 109.
Zapoubiacuevo 109.
J^apujvuj 109 f.
ZiiYdpi 113.
ZiiYoOpi 112 f.
rka 110.
Z^idpi 1211.
ZoMdpi 1211.
Zou\a 110.
2ouXdKi 110.
louvdp 114.
^ujudpi 121 1.
rOÜ 110.
Zuüvdpi 114 f.
Zluuvöc 113.
GeXu) 234.
i'YYCiXo 113.
Tpo 114.
KaKttpdc 108.
KaXecca 112.
KdXiccou 112.
Koiudpa 115.
KttUTrepc 113.
KdlUTTOC 113.
KamjJ|uaTa 110.
KUVOÜTOV 111.
KuvxriXa 114.
KUVTiXepid 114.
KOTrapöc 113.
KatroüXa 114.
KaiTouXdTri 114.
Kapäc 1 12 f.
KdpXoKac 108.
Kapöcou 112.
KacTUvri 114.
KttTClKa 110.
KaxciKi 110 f.
KttuXdrri 114.
KauXoKepdrri 114.
KauXöc 114.
3Ü6
KoucaXri 114.
Kevxeuj 119.
KepaZoö 115.
KepacouXe 115.
KapaxcoOXa 114.
KiapaceXeviT 115.
KiepaZujvr) 115.
KoXoßöc 113.
KOplÖC 114.
KÖplC 114.
Kopiüjca 114.
Kopuepö 121.
Kopui 121.
KÖpUTTOU 111.
KÖTCiavou 112.
KOÜßuKac 108.
KOUKKIVOU 112.
KOUKKIVTC 112.
KoOXa 113.
KOuXoußöc 113.
KOUTTttVäpl 111.
Koupvöc 113.
KOUTCÖC lOi).
Kpidpi 113.
KplÖC 113.
KpouTÜprx 112.
KpußiTca 110.
Kupiac 115.
Xöiou 112.
XaXafcÖTn 113.
XaXäc 113.
XaÖTTOC 114.
XeovT(ipi 1111.
Xiäpouc, -a 112.
Xißavn 114.
Xißavöxpouc 114.
Aiqjxepc 113.
laaZi lOG.
laaZujvuü 10<j.
ILläpOJTrU) ll."i.
|iacx«X(iTri 114.
jLiacxcxXec 114.
^ÜTl 112.
fiaxoüXXon 112.
liUTOÜXXTC 112.
juaupoKOiva 114.
iaaupoXai|ua 114.
|aaupo|U|U(iTU 114.
Wortregister.
lueXiccöc 112 f.
ILiiKpiKÖvrapo 115.
[uiiXiic 112.
luiXioüpi 118.
luiXiccou 112.
fiipTZiiävTC 112.
luovoßüla 114.
luovoKepa 114.
luoüZia 114.
|uou2oupri 114.
luouvoöxi 111.
laoupcxKi 111.
laouYi^ei 111-
ILioOpYoc 111.
luoöpTOuc 111.
laoüptZia 111.
luoüpxZiivoc 111.
luoüpT^iouc 111. 113.
luoupxZiouXuüvuj 111.
|UOl)CKOUpOC 111.
lUOÖCKpOU 111.
liTTOtKaKac 108.
luiröXia 111.
laTtdXiou 111.
ILlTTäXXlOU 112.
ILlTTÖpT^OV 111.
luireXXa 112.
lnireXXou 112.
ILiiriXXiTCOu 112.
jLnriXXiTCou 112.
iLiTiXiöpa 112.
lnTiXiöpi 112.
lUTTOÖpaKXäc 108.
|uuupa 114.
veKpoKÖvToXo 115.
viÖYKpov 113.
2iX|uäbi 111 1'.
ivväxY] 1 14.
Suvr) 114.
blüi 110.'
blwv 110.
övxav 119.
öEuvöc 114.
oöxciäf)! 111.
TTapaYiouciKou 112.
TTapacKißäc 11.3.
TTOxvcixii 114.
-rrdxvn 114.
-iraxvöppax'l 114.
irepöiKU 112.
-rrexZouXri 114.
trexci 114.
TTeqpxc 113.
TTlpölKC 112.
TTicouKepaxou 110.
TTicxpa 111.
iTobdpi 112.
TTOubapoüciKou 112.
TTOuXiapri 114.
Tipößaxov 110.
irpoußaxiva 111.
TTpOUXCldbl 110.
^ouYouciKou 112.
^oüvxou 112.
poücca 111. 113.
^oüccou 111.
laßßäxc 113.
capic 112.
cißa 113.
cioöxouc 113.
CKeqpapbdxn 114.
CKoXivöc 113.
CTTOXXÖ 110.
CTTOpbaKdi; 108.
sprofaco 108.
cxpeipofiax^Iiexa 113.
cxeipoTTpößaxo 113.
cxeipocdvuöo 113.
cxepcpoc 112. ;
cxpaßoK6pdxr| 114.
cxpiTT^ 1-0-
cxpiqpa 112.
cxpiqpdöa 112.
ccpaxTÖ 110.
xopa^iXiv 115.
xnpaiXxc 115.
xö£o(v) 114.
xpdYoc 113.
xpoi 110.
xpaioOciCKOu 110.
xpaoOcca 111.
xpeßXoKdva 114.
xpiöxxric 113.
! Tpixc 113.
xca-fTd^a 112.
I xcaffdx)! 112. 114.
Wortregister.
3G7
TCCTTplÜ 114.
TCIÖTTOC 112.
TCiaTTOUWTC 112.
TCiouYToi-ic 113.
TcoüuTra 113.
TCOU|LlTTäTri 113.
<paTCo,uuTa 114.
(pXibpa 111.
q)OiviKidpiK)-i 114.
q)ÖKOc 114.
<pöp6aKac 108.
<popbaKäc 108.
qpopa6aK(\.)ä 108.
<popf)aK6c 108.
q)oup&aK\äc 108.
qpupi''! 114.
q)üpiu 114.
{piUKll 114.
X6\€io\ißavri 113.
Xe\eio|LiepYa 113.
Xe\eio|LioüZoupov 114.
XcXeiöc 113.
XÖßaXi 108.
XTfjVOV 110.
\\iäf> 111.
\jjapr) 114.
ijjapi 111. 113.
vjjapöc 111.
Albaiiesisch.
bcif/K 116.
bägel £ IK).
bagefi 116.
baif/s 116.
bdlige 116.
ba.sks 106.
baskön 106.
bl'ets 121.
bretsk 108.
dele 932.
yak 314.
yardi'imp 117.
goren 105.
gvore 105.
ke.serk/' 106.
kleseHrs 106.
klesidsr 106.
korb 111.
kulsedrs 1061.
kul't.sedrE 106.
kul'UendrE 106.
TöJ 112.
rare 112.
7e?'£ 105.
r/<7e 105.
lodern 95.
ro^ 95.
?M^j 105.
niEndöj 119.
mewoji 105.
■nunuatn 105.
mjekrs 321.
miira 104.
o^/^.s'lll.
p?-2yY 118.
riis 113.
i'ofc e goz's 115.
sta7is 104 f.
smZ'o 104.
tqns 104.
fer 334.
^£rf 104.
tsrmns 104.
tsangade 112.
fc/c//? 112.
tsung 113.
M_giXs 111.
vergär 113.
Lateinisch.
a^eo, «&/i 25.
accerso 332.
acciö, accltus 94.
acer 15.
ac2eÄ 15.
actf.s- 15.
adagintn 80.
aeger 101.
aeniis 81.
ae.yff7.s- 102 f.
ae.sf«&- 102.
aevum 326.
a^o, e^Ti 97. 99.
fl/ö 80.
alat. r??/e(Z 70.
alvus 121.
amäre, amäbam 101.
ambo 136.
amnis 309.
angustus 102.
anxiuH 102.
apiielläre 94.
arduus 217. 338.
arebo 164.
argütiae 19.
äridus 15.
arviga 44.
afiper 14 — 17.
aspernärl 16. 237.
astus 15.
audio 118.
augeo, auxl 99. 167.
auruni 347.
auspicärl 237.
or?/s 118.
ö«c« 116.
balineum 89.
balneum. 89.
barbätus 111.
bellum 17 f.
&i?i.s- 327.
öi6- 17.
blaesus 323.
cacZo 38.
cadücus 38 f.
caecäre 102.
caecus 102.
calendae 20.
canüfus 111.
capiö, cepi 92. 95. 152.
237.
captäre 118.
caHnare 330.
cassis 327.
castellum 327 1.
castra 326 f.
catus 117.
caveo 118.
cerfo 28. 87.
ceivis, clrLs 87.
censeunt 24.
cerrltus 333.
568
Wortregister.
certö 70.
ceterl 87 2.
ceu 84 f. 87.
cheyydrufi 107.
clbrum 120.
cieö, elvi 94.
*ciribrum 120.
citäre 94.
ceYit.9 94.
cläcUs 321.
clinäre 155.
coagifö 81.
coägulum 81.
coeptus suvi 27.
cögitö 81.
cö</ö, coegl, coactus 81.
cohibeö 81.
colre 19.
comestiis 102.
comesus 102.
comitia, comitiae 19.
cotn^nentum 102.
commuyentö 43.
cömö, cömptus 81.
comjyäges 96.
compelläre 237.
conferre 226.
congredi 226.
conträ(d) 68.
contüdl 98.
convenlre 19.
conventio 19.
conventum 19.
cöpula 81.
cor nix 335.
coiviu 324.
corylus 329.
CO,'«« .331.
crlhelliim 120.
crlbriim 120.
cnspus 327.
czirfö 99.
cumidiis 22.
cupio IÖ2.
t»<rm.s 332. 338.
cnsfos 103.
dacriiina 42.
<Ze- 1 ff.
fZeö?7 1.
debüis 1—6.
decervlcatus 2.
decolor 3.
defaecatus 2.
defämcdus 2.
defänätus 2.
deformätus 2.
deformis 3 f.
fZe.i^ö 81.
dehonesfäre 2.
dehonest US 2.
deiros 88.
delibiiere 321.
dalmnbis 3 f.
demagis 2.
deorsum 81. 84.
depareus 2.
depüis 3.
deplumis 3.
depügis 3.
deselscö 92.
deseps 2.
desipio 2.
desitus sum 27.
desomnis 3.
desjyerätus 2.
datruncätus 2.
deifs 88 f.
devirginätus 2.
dexter 331.
cZicere 237.
discere 216.
divido 47.
(Zü'os 88.
doceuntö 24.
doleunt 24.
dorsum 329.
duellinn 17 f.
cZwo 17.
elegium 105.
eligere 46.
eö, ir^ 2.3—27. 31 f. 81.
148.
Etrüria 87-.
e»/ 84 f.
(irictio 43.
('i-incere 43.
; eoc 331.
I excubiae 20.
j exsequiae 20.
extra{d) 68. 326.
/aöer 120.
fades 64. 65^. 66. 75..
facillumed 34. 70.
/•ao^o, /"ecl 92. 237.
, /«Zsö 70.
farcio 153.
fa{r)stigium 332. 338.
/"ä!6T?a 106. 323.
fascinö 106.
! fascinum 106.
/«6•c^■.s 106. 323.
februarius 120.
feriae 20.
/ero, feram, 60 f.
ferebam 101.
fldüciam 38 f.
/'tZia 93 2.
/'rZe?<.s' 932.
^?^^o, finlbam 164.
flnitimus 41.
^äre, fläbam 101.
^ere, ^e&am 23. 101.
^1^0 237.
ftöriis 111.
frägräre 100 ff.
fräguni 102.
fulcio 4. 153.
galbinus 113.
ijrenM .351.
^Zaöer 349 1.
gränum 337.
grätia, grätiae 20.
grütus 20.\
grossus 330.
habere 45. 154.
habilis 1 f.
hasta 104.
Äeu 84 f.
Äew..v 84 f.
hiärelbh, hiäbamlOl.
hie, hänim 25, hunce
87.
homo 56.
Jionesfüre 2.
Wortregister.
369
honestus 2.
horreo 332. 338.
horrkliis 332. 338.
id 274.
idem 274.
idus 20.
illic{e) 87 2.
«7i-Mc(e) 87 2.
in 272.
inciens 22.
arch. indotiarum 19.
induo, indütus 19.
indidia 20.
indutiae 17 — 20.
inferiae 20.
infra 68.
inimJcitiae 20.
«7ilre 19.
insece 316. 325.
in.sidkie 20.
intra{d) 68.
i.9, eö 81.
26"ife, istärum 55.
mfteo 80 1. 64.
iüdicäre 237.
labäre 96.
Z«?>Z 96.
lacriima, lacrima 42.
lacubus, lacibus 42.
laevus 217.
Zaj^is 46.
lassuH 95.
Z«<?^.v 319.
?a^?f.s- 319.
laudo 118.
laxus 96.
legäre 46.
legimini 160.
legitimus 41.
Zi&äre 46. 321.
ZZör-a 47.
Zien 66. 319.
^^7^«.s• 104.
Zoctf.s 307.
Z«/:»rt 105.
lupäna 105.
lupoid) 82.
luriduH 107.
manceps 237.
mancupäre 237.
mandücäre 38.
mandücus 38.
meine 105.
m,anere 105.
manufestus, m anifes
tuH 42.
maritiinus 41.
massa 106.
I juafia 116.
j mattea 116 f.
I tnatirus 111.
I m.elior 5 1".
j memhrum 329.
mens, menteni 119.
mensa 93.
I mereo 9.
I meritöd 70.
I mergus 336.
merx 10.
I wica 93.
I minictiae 19.
?>^oM^■*• 1031.
moneo 81.
mo£C .331.
mügio 43.
mulcere 10.
midfus 5.
muscus 111.
mütuum 401.
nare 321.
narräre 334.
7?e 79 ff. 83. 86. 88.
nehrundlnes 101.
necoplnäns 80.
necoplnus 80.
nefäH 79.
iiefrönes 101.
negäre 79 f.
negligere 80.
negotium SO.
/ie?', ?iZ 36 ff.
?^e^^■e 88.
?«e^v 23 f., ««Y 23 f.
neunt 23 f.
nequani 32.
nequäquam 83. 89.
neque 80.
nequeo 22—27. 29—32.
35. nequlnoid 24.
nequior 32.
nequiquam, 83. 89.
nequiter 32.
nequitia 32.
nescio 79.
«ew 84 f. 88.
neuncula 79 2.
we?<fer 79. 83—86. 89.
neidiquam 79. 83—86.
89.
neiäique 79. 84. 86.
iieve 88.
?zl 86 f}'.
«üZ?<.s- 336.
nimirum 87.
ningulus 79.
?ziüe 88.
noenu{m) 79—83.
IwöZö 81.
•«ö;i, 79—82.
71» öo 19.
nulluft 79 t'. 83. 86.
mmrerus 332.
nündinae 20.
nunquam 79 f. 83. 86.
nuptiae 19 f.
nusquam 79 f. 83. 86.
nutiquam 83.
obinunt 24.
occupare 237.
öc^o?• 3.
oc^ö 136.
of?o;- 100.
oinos, unus 80.
optimus 41.
östiuin 30.
ötium 18.
paciscor 96.
pangö, ])egl 92. f*4. 96.
parcus 2.
parva 334 1.
7>ar.s- 317.
particeps 237.
participäre 237.
paucuH 122.
Indogermanische Forschungen VI 5.
370
Wortrc'iistei-.
pax !»(3.
pellö 94. 237.
'j)ensu7n 331 -.
2^ercellö 321.
perdueUio 17.
perduelU.s 17.
perteneunt 24.
pläga 96.
plangö 96.
platea 89.
plebam 164.
-y^^eo 23. 25.
pömum 43.
pontufex, pontifex 42,
possum 22 f. 36.
praeda 320.
7^rö 81.
pröcedo 28 ff.
prödinunt 24.
jrröfiujare 237.
])rünum 123.
]}ungo 178,
jmtülus 122.
putus 122.
guälus 330.
qitandö 69.
ijuandöque 33.
quasiUus 330.
qnatiö 152.
queeiis 25.
fjueentia 25.
(/iteo 20-37. 81.
<?zä 21. 23. 32. 34.
quicunque 33.
<7W2S 21. 23. 32. 34.
quisque 33.
quoque 33.
rädix 323.
redlnimt 24
restauräre 98.
rit&or 103.
russus 111. 113.
sacrifex 237.
sficrificäre 237.
saepin 153.
.sflf/io löfi.
salebra 17.
sidebrösuH 17.
salire 17.
salvus 322.
sänäre 102.
sancio 153.
sänus 102.
sapio 152.
saucius 37 — 39.
scabö, scäbl 91.
scaevus 317.
scando 316.
altlat. SC7&Ö 164.
.scmt^o 92 ff.
6-C2Ö 21. 92.
sciscö 92.
scitiis 92.
serf 841.
sedidus 84 1.
see, Si 87.
sentio 153.
seorsum 81. 84.
Septem 314.
6-eries 318 2.
5ero 318 2.
sct* 84 f. 87 f.
sl 87.
siccus 325.
slctibi 87 1.
silere 45.
singidua 80.
stqui-s 87 1.
*7'6fÖ 166.
6-Zt;e 87 '.
sorsum 84 1.
sparuft 315.
spatiimi 97.
speciö 237.
sperno 14. 16. 237.
.S7>(^.s- 97.
splräre 320.
spnliinu 320.
s tarnen 318.
s^ei^a 318.
stermio 322.
stlpes 122.
stipida 122.
stijHildri 122.
stijudiis 122.
.v/o, .sfefimus 166.
streninis 319.
s/?'^■5fa 120.
6-/Wcc 120.
s/mo 318.
stupeo 122.
stupidus 122.
stiiprum 122.
succedö 28 f.
südor 331.
südus 84 1.
.SMm, 67'em 59. .s•^ei.•, Si'e^
72. eräs, era/ 72.
super 75 2.
su2)rä{d) 68.
suspicäiH 237.
tacere 45. 101. 154.
taeda 119 f.
faurus 98.
/eg'o 317.
/ei>or 103. 326.
tergiim 338.
/e7\(5ri<6- 332. 338.
ferro 333 f.
altlat. tesquos, fesca
333.
feaso 330.
torrere 154.
/ö/»,v 104.
/r^^ö.v 96.
mittellat. treuga 18.
tundö 98.
turma 319.
j/i^its 35. 80.
idmus 337.
idträ(d) 68.
unquam 83.
»«<<s 80.
iirsus 338.
usqnam 83.
•?</er 83.
tcterque 33.
*utiquam 83.
utique 84.
vaZeo Iff. 22.
voll das 1.
/;a/or 1.
vapor 95.
f<' 82.
Woi-treffister.
371
venire 148.
ver 329.
vermis 155 f.
ve.rö 70.
ve.spa 328.
resper 328.
i-estibidinn 326.
vicäi'ins 40.
v'ife/.s' 40.
vicissim 40.
vicissihidn 40 i.
victinia 39 — 47.
vichima 42.
victmnärius 42.
victus 44.
^7'rfeo 45. 154.
vu/inti 137.
rigor 44.
vincio 153.
»j/?\</rt 113.
i7.sv7, ?;I6'Z 167.
vüuleus 111.
ro?o 8.
Faliskisch.
cat'pfn 164.
rer^e«; 70.
Oskiscli.
aamanaffed 164.
ainnud 308 f.
amprilfid 70.
mnnanud 309 ^
castrovs, castrid 327.
cebnusf 87.
cei-.s- 87.
cometiei 309.
ehtritia 308.
eizazunc 55.
/e</t?<6' 308.
fufdHH 164.
Af///e.s7 92.
/<?>/d 92.
Äe/'y/ 334 1.
«e/yj, noip 86.
Jie 83.
nip 83.
pocapid 33.
2>r?i 81 ^.
pVikka])id 33.
pütercipid 33.
pütünispid 33.
slaagi- 307 f.
«ra/ 87 f.
Taupo|u 9S.
teerüm 333.
termnafe)' 311.
tviibiim 96.
Umbrisch.
e^ro- 87 2.
eveietu 39. 43—47.
habetu 45.
habiht 45.
kastruvuf 327.
kumne 309.
mugatu 43.
muieto 43.
naratu 334,
neip 86.
neiihahas 86.
nosue 82.
pamipei 33.
i^rtz/r/ 3341.
iJ>od 305 1.
jyodruhjyei 33.
poi-ei 305 1.
pumpe 33.
putrespe 33.
.S'e;/o- 3341.
tayez 45.
tases, tasetur 45.
<o/'^/., turuf 98.
tuplak 96.
upetu 46 f.
vaped- i-apers- 46.
re^ 47.
vesti(;ia, restisia 46.
vestikatii, resticatu 46
vetu 47.
virseto 45.
Marsiscli.
Cerfennia 334 1.
Pälig^niscli.
Cerfinn 334 1.
Italienisch.
acciale 107.
allupare 105.
armist izio 18.
ava 118.
fl!^;o 118.
ven. azzale 107.
ö«(/a 115.
öf/^ö 115.
bagaglio 115.
bagär 115.
haghetto 115.
bagol 116.
bagola, bagoule IKJ.
bagolare 116.
bagön 115.
bagida 116.
öegf/a 116.
hegra 116.
&06«, bobba 109.
?^o&ö, bobazza 109.
?>o&ö 109.
ven. brogna 123.
bruno 123.
bugno 121.
caldiime 117.
ca«o 114.
Sic. rfec/rt 119 f.
/?<c>co 114.
grimo 110.
manzo 113.
mezzano 104.
nostrauü 104.
prevete 118.
jyrevite 118.
ven. putin, judina 122.
p?/«rt 122.
puttana 122.
;>?/ffo 122.
372
Wortregister.
sie. quaclumi 117.
öoiu 109.
öar/u 115 f.
riuscire 30 f.
c^7 87 -.
bägare 115 f.
.stoppia 122.
WS 30.
öaZe.9 116.
tengono 24.
balegä 116.
tregua 18.
Frauzösisch.
broatec 108.
vscio 30.
örofac 108.
vengono 24.
aller 148.
brofäcel 108.
südital. vrosacu 108.
ar'inistice 18.
ftro^dc 108.
zanco 112.
bagage 116.
burclüf 117.
certain 104.
cäftare 118.
Ladiiiisch.
choyer 118.
ca/"^M 118.
hautain 104.
c«Z?(.s 118.
hestian 104.
reussir 30 f.
cätum 117 f.
örw?« 123.
succeder 29.
caw^ 'll8.
&?'Mn 123.
^/■e'ye 18.
cäutare 118.
burna 123.
i;emr 148.
ciump 113.
vermeil 156.
emr 120.
Friaxiliscli.
dimlndu 119.
Proveuzalisch.
(linde 119.
rti-e 118.
dininte 119.
baghe 115.
bagua, bague 115.
di«^e 119.
brugnul 123.
neuprov. bugno 121.
rfzrtfZrt 119 f.
ceZ 87 2.
fäntinä 119.
Sardiscli.
irei;« 18.
/awr 120.
fäurär 120.
ftoot 109.
Rumäuisch.
frimintu 119.
cÄ^7//■H 120.
/■rtyj^e 119.
rtrd^^ 121.
/"«Hrf 119.
Spanisch.
a/'t'n'rf? 119.
gäinusä 117.
«fca^s 121.
galbän 113.
&r/<7rt 115.
alavdu 118.
?w«nit 119.
/jo&o 109
amannt(di(i 105.
jamandä 119.
o'j'&o 120.
amän('doru 105.
kandilä 119.
musco 111.
amin 105.
Kindisit 119.
tregua 18.
amintrel 119.
Ä;(»(Z?/ 119.
amintu 119.
Ä:i«f» 119.
Catalanisch.
rt/«/a 119.
/twö 111.
escaldums 117.
apändisesJcu 119.
kundili 119.
aprindu 119.
kurundu 119.
argande 119.
kusurin 120.
Portugiesisch.
askundu 119.
ZattcZ 118.
/>o6o 109.
(itsalu 107.
leuruscä 120.
r/v'ro 120.
fli^rf 118.
lindiirä 119.
tregoa IH.
cm-s 118.
l'undär 119.
ausesku 118.
Z»7?ec 120.
Altfran/üsiscli.
a«.s'» 118.
mägäri'is 118.
rti-rft< 118.
?H«?^, w«/» 105
bagua hague 115.
6a</ 115 f.
?«rt/ 116.
Wortregister.
373
tnatsK 116.
inätusä 118.
tninde 119.
minduesku 119
minduivc 119.
mtne 105.
minfe 119.
mirmintu 119.
inulerusn 118.
"mimte 119.
murg 111.
murgeste 111.
nainfe 119.
näintru 119.
näuntru 119.
neagrä 113.
negru 113.
negru.9 118.
j>äinänt 119.
jyärinte 119.
2)atroarä 117.
piciori'is 118.
jJreftu 118.
preot 118.
2irevt 118
'punte 119.
purcelt'is 118.
putin 122.
rtw 111.
«m^M 119.
sklnteale 119.
.sf^vV/ 120.
üfrigif 120.
■j>-<^<p 121.
stupu 121.
J^^a;^ 113.
tindu 119.
trandabotän 119.
tranddfilä 119.
fi-/?- 120.
As7'/-H 120.
)^w??f7// 119.
turturelasä 118.
vätäläh 117.
vindik 119.
vindu 119.
zac/rt 119 f.
Irisch.
mir. adbal, adhal 4.
air. adhol 4.
adger 333.
aidhligod 4.
air. o^7 96. 335. 339.
air. aimser 332.
air. ai.s-, aes 326.
aithesc 325.
air. aZZ 335. 339.
air. am 328.
air. amaü 313.
air. ammi 328.
air. an- 313.
air. anim 3.
arf? 338.
air. ar n- 329.
ar^ 338.
öf^ 336.
air. -& 322.
air. &ä&« 102.
air. mir. &«7c 4.
öar?- 332. 338.
air. ööST 106. 323.
air. öemi 329.
air. &e;*r .33.
air. berraim 333.
air. &e's 331.
ftZosc 336.
air. boimm 328.
öor/- 333 f.
ö?'«.s 330.
air. ?>?//? 121.
cae're 330.
air. caissel 327 ^.
air. carr 332 f. 338.
earrach 333.
air. carric 333.
air. crt.ss 330.
air. r-fl^/?/;- 326 f.
air. rfl?<r 22.
nir. caarr 333.
cerdd 317.
ceY 319.
nir. ciotach 317.
nir. ciotan 317.
nir. ciotog 317.
air. c/r 329. 333.
C0& 25.
coinspeach 320.
air. CO/? 329.
cor?' 335.
air. cosc 325.
air. co6".«f 331.
air. c?/r 22.
air. (/ö^7 3.
air. cZdn 328.
air. däna 328.
air. dermet 102.
air. fZcss 331.
air. dianim 3.
dibeall 4.
diblide 4,
digand 3.
dirim 3.
nir. dithreb 3.
nir. dithrub 3.
rforr 334.
c?o- sefainn 330.
nir. dream 329.
air. driiimm 329.
air. e, 6a- 331.
air. echtar 326.
air. e2r 333.
air. e?-r 383.
air. esc 325.
air. escara 331 1.
etarrtf, etarro, 333.
air. /Vf//- .329.
air. faiscivi 324.
/arr ,332. 338.
nir. feascur 328.
air. /ec/t^ 40 i.
/eiöe, /■e^■ö 330.
air. /e?« 331.
air. ferahn 8.
air. /er?- 333.
air. /e.vcor 325. 328.
air. fespertan 328 i.
air. /?ar/? 40.
^», 323. 330.
air. ^i/r 322.
air. ^e.sr 325.
air. foich 328.
air. /"oi^ 325.
374
Wovtrco'ister.
foss 326.
frem 323.
II and, gann 3.
'garb 332. 338.
gec 324.
air. gell 329.
air. gellahn 329.
air. gerr 333.
air. gerr ahn 333.
air. ge.sca 324.
air. ^t'rtZ/ 329.
grän 337.
air. z'm 328.
air. fn, f«(^ an- 272.
313.
air. /?i.9ee 325. 332.
issin 313.
Ze?yt 337.
air. lestar 326.
air. leth 319.
«06- 326.
air. losraim 325.
w«^ 336.
air. medg 336.
nir. meidg 336.
air. «ieZi 335.
air. mellahn 335.
air. ««e.sc 325.
air. mescahn 323 ff.
s^ir. ?nüZ 325.
air. mir 329.
air. mos 331.
air. morfeser 322.
air. Atä 82.
air. nascaivi 325.
air. »e^^ 335.
air. nl 82 f.
air. no charuh 164.
??o.s- 332.
air. ochtar, uaehiar
326.
air. o.y, aas 326. 331.
paadh 320.
i/«/.s(/ 320.
pe?.v< 320.
air. -pherid 320. 327 2
air. -phne 320.
air. refhini, ru rälf.h 91
»•iWi 3.
air. /"o.s'.s- 32(5.
air. saeth, soeth 37 f.
air. saethar 37.
air. satnaigim 318.
samaü 313.
air. scrt^Ä 315.
air. scarahn 315. 317.
air. scailt 316.
air. See 315.
air. sceith 316.
air. sce7 316.
scetidim 316.
sceri 317.
air. scoüthn 316. 338.
scorim, scuh'im 315.
317.
air. se 322.
air. sec/ji 314.
air. seir 319 f. 327 2.
air. .S'eZ(7 319.
air. serc 318.
6-esc 325.
air. si 322.
air. .S'we 320.
air. siur 322 f.
air. slaidim, 321.
.§?rt?i 322.
sieg 322.
air. slemun, slemain
321.
air. *•/(«/; 321.
air. slicht 307 f.
air. .s////e 307 f.
süss 319. 339.
aix\ slond 319.
sluag 322.
j air. slucim 321.
air. sluindim 319.
air. smech 321.
air. smcrthain 321.
air. .s-»t//' 321.
snddhn 321.
snädud 321.
snäm 321.
air. snäthail 321.
air. snäthe 321.
air. .s'//e^/ .315.
air. snedach 315,
snigim 321.
snihn 321.
.yjf'aZ 320.
s/)ee7 320.
spreidh 320^.
air. sraf/i 318 3,
air. sreim 320.
air. srennhn 322.
air. .sveof^ 322.
air. .svef/t 318.
STOW 322.
sruaim 322.
air. sruith 318,
air. srtäh 322.
suthain 313.
air. ^rti 330.
^arr 332. 338.
tarrarh 333. 338.
air. irtr^ 332. 338.
air. -^«M 318.
air. ^ecÄ 317.
air. techim 91. 33 L
#ec/if 318.
air. fe??rf 318.
tenga, tenge 336.
air. ferc 333.
air. ^es 103. 326.
air. tiagaitn 317.
air. ^m?He 103. 329.
air. /('r 333 f.
tirim 334.
tirma 334.
air. ^0^/ 330.
tomm 318.
trdinin 337.
air. ^/'eö 3.
mir. ^e< 318 f.
air. #ro</, früag 31i>-
tröige 330.
air. //.vre 325.
Og:aiiiiiischrirteii.
arfrass .335.
svaqquci 322.
Wortregister.
375
(iJaelisch.
beus 331.
carr 333.
cearr 333.
dreaniay 329.
feasfjar 328.
sneadh 315.
speach 320.
Manx.
etZd 335.
fastyr 328.
snieg 315.
Altbritanuisch.
bascauda 106 ^
Kymrisch.
ak. rtWiaZ 313.
amser 332.
«y?rt/' 3.
«r^/t 338.
Arthbodn 338.
uficicrii 324.
a^ep 325.
ört^cÄ 4.
Öe2c/i 323.
feer<//i 332. 338.
bloedd 336.
bloe.sg 323.
öö» 121.
6M.s-^i 227.
ö?/rr 333.
cae 327.
caer, ca^V 326.
caingc 324.
ak. cared(d) 330.
<"a;T 332. 338.
rarrecc 333.
ca.s-^?' 326 f.
caH/' 22.
nk. cerydd 330.
cestyll 327 i.
chicaer 322 f.
chicap 322.
c/i<recÄ 314. 322.
chu-edl 316.
chwennychu 323.
cÄtce 322.
chicith 317.
cÄif?/d 316.
chicydu 316.
chicys 331.
('oe.s' 331.
ak. fco/Z 329.
fcosp 325.
crych 327.
crychydd 335.
CMS 332.
ci/if/i?- 336.
cyrhwyn 316.
cymmal 335.
cynrhonyn 337.
cysgod 315.
rfa/'?i 337.
ak. t?ai<Z 3.
ak. dehou 331.
ak. dianaf 3.
ak. diauc 2. 4.
ak. didaxd 3.
didref 3.
dineu 321.
rfre??i 329.
cZrz/« 329.
ehofyn 331.
eistedd 326.
es gar 331 *.
e.sZ?v/^ 318 3.
nk. /7rt.s(7 323.
nk. /fa.s-.^^ 323.
/fer 319.
#ra?< 320.
ffroen 322.
/fr»o/(/ 322.
//■/•?r.s/ 320.
/fü>i 320.
ak. /r/^ 318 2.
^</r<f 332. 338.
garran 333.
.^o.sper 3281.
gronyn 337.
ryue/Z 8.
gicallt 325.
^tcm-r 332. 338.
^ifas 326.
gwasgn 324.
gtvatcr 329.
gweith 40 ^
i^it-iit; 328.
givreiddyn 323.
gtcrysgen 323.
gicyatyl 327. 329.
/ifl/«Z 313.
Äa2dd .330.
ÄoZ^^■ 316.
/töZ?^ 316.
TioZZ^* 316.
hygar 313.
Äy-s^j 325.
ak. isfUnnit 319.
^■6•^raf 318 3.
ak. ZcsifzV 326.
ZZarfd 321.
llaivn 322.
nk. ?Zesifr 326.
llithrig 336.
ZZ2^/iro" 336.
ZZö.9^ 325.
llosgicrn 324.
ZZos'ü 324. 326.
ZZm 322.
ZZ2//n 321.
llyncaf, llyngaf 321.
nxaidd 336.
medd 325.
wie/' 321.
niysga 323.
mysgu 324.
naicdd 321.
?ia?c/ 321.
nedden 315.
neddog 315.
noden 321.
nodwyd 321.
nyddu 321.
7?«/Z/i 335.
ois, oe.s- 326.
j^arf/i 317.
piait 21.
;»c.Vs" 331 -.
376
Wortregister.
rhos 326.
safn 318.
sarn '537.
.sef 315.
sefijll 318.
seith 314.
6-erc/?. 318.
seren 318.
se/'f/t 314.
nibiiit 314.
6-.s'e/" 315.
Ä^raf 318 3.
ak. .sfrutiu 318.
sybui/dd 314.
^«e?i 318.
<a^7/i 318.
tes 326.
ii 317.
ak. tir 333.
/orr 332. 338.
ak. treb 3.
iretf 322.
treici 322.
irm 318 f.
irw 319.
truedd 330.
<r»?« 329.
ak. fiislestr 326.
#n7Z 330.
tifijii) 329.
i?/?^ 318.
licÄ 326. 331.
ucher 325. 328.
uisc 325.
w<%>- 326.
yshyddaden 315.
y.syar 315. 317.
ysnoden 321 1.
ystefajg 318 i.
^.sY/.?/.s- 319. 339.
y st rat 318 ■'.
j/6«re« 318.
ystrewi 322.
Komisch.
abard, aburth 317.
rt/i 313.
unser 332.
ascorn 324.
&«r 332. 338.
&«.s<eZ 327.
öom 329.
feor 333 f.
ca,s^e« 327 1.
caitr 22.
c7ier7i?^ 335.
col- 329.
contronen 337,
dar-Ti 337.
rf/oc 3 f.
dyghow 331.
esÄ;ar 331 1.
/eO« 316 3.
frcm 320. 337.
f/-o^ 322.
gronen 337.
grueiten 323.
^fHav 326.
_(f/MeW 8.
guhien 328.
^i«?.s' 331.
.<7?mfeZ 327. 329.
gtirthuher 328.
gicespcr 328 i.
Ä?m- 326.
/e.s-ff'r 326.
llu 322.
^o.sc 325.
maith 336.
ma/ 335.
nedhan 315.
7^e^f/, 7ie?7Ä 335.
??e«/*e 321.
notitid 321.
/i.?/^/j 335.
7-»o?/.s- 331 -.
scod 315.
.sere/? 318.
seyth 314.
.s»'o^/ 321 1.
sj>edhes 315.
spern 315.
stefenic 318.
.s7^7/r 318.
.s7/r/(//) 322.
«es 326.
«er 333.
«02m 329.
ichethl 316.
tt-Äi/ 322.
whys 331.
Bretoiiisch,
«?i 313.
ab. aacorinol 324.
ascoiirn 324.
Ö(7?CÄ 4.
&arr 332. 338.
bec'h 323,
&es«^ 327.
rabr. blisic 323.
öoes, 0002, öoe.y 331,
boem, bom 329.
fcaer, 326.
cai 327.
carez 330.
carr 332. 338.
carrec 333.
ca.s-«c?f 327 V
casfr 326 f.
c'houes 331.
ab, -coZ/Z/i 329.
contronnenn 337.
ab. corcld 335.
c/*ec/i 327.
rfarn 337.
dehou 331.
rfeec 3 f.
dinam 3.
dinou 321.
dramm 329.
dremm 329.
e«?*, «» 313.
ab. e.sfiV/ 326.
/■«»« 316 •■'. 338.
/■a?</a 316 3. 338.
mb. felch 319.
mb. fer- 319.
inb. Fergant 320.
/•/•au 320. 337.
ab. /"W« 318 -'.
froan 322.
Wortreo-ister.
377
ab. frot, friif 322.
garu 332. 338.
iiib. goasca/f 324.
«7002 326.
goesü 327. 329.
(lousperou 328 1.
(])'eunenn 327.
(/rttizyenn 323.
guell 8.
ab. (/iiesrhn 324.
guohi 328.
pupar, giiparth 317 ^.
gi/paroI,f/upartol{aid)
3171.
gicaz 326.
^/fls, 5r?i-e2; 331.
he gar 313.
Äe^s 330.
Äesp 325.
huedaff 316.
7ii«e 322.
ab. istomid 318 i.
ab. ladam 321.
lesquiff 32.Ö.
Ze.s-^r 326.
ab. limncolUn 321.
2osi 326.
ab. «leicZ 336.
«le^^ 335.
ab. nadoez 321.
naaka 32;").
mb. ?«a«a; 332.
neudenn 321.
«e?/;^- 321.
?ies, ??e22, 7?e2s 335.
?zeza/f 321.
nezenn 315.
ab. ?io(Z 321.
;?9oe.s- 331 -.
mb. quehezl 325.
ro.s- 326.
*e/z 314.
inb. Herch 318.
aerell 318.
mb. spezedenn 315.
spern 315.
sqeiit 315.
ab. .s-^aer 318.
.s-iayfw 318.
sterenn 318.
mb. strehet 318.
streuyaff 322.
ab. strouis 318.
strum 322.
ab. ^ar 332. 338.
^es 326.
)'?■?• 333.
^?:z 318.
<oem 329
mb. #or?- 332. 338.
<o?^ZZ 330.
#r» 319.
Gallisch.
Alsa 332.
Anduenna 338.
Arsäcus 332 t'.
Atesmerius 328.
Atespatus 325.
^rt^sa 332.
?></?•/■«.>; 332. 338.
Barrus .■J32.
&e/.srt 332.
£or.s-?<.s- 332 ff.
crtrrz<.s- 332. 338.
Cintusmus 328.
Cohnertiis 25.
Cogestlits 327. 329.
Cos^?mi 329.
Crispos 327.
Crixos 327.
Cuslanus 328.
Dexsiva 331.
ecc 331.
Excingoreix 324.
excingos 324.
Exobnus 331.
g-allolat. mesgn 336.
Rosmerta 9. 328.
Smerforix 321.
Smertiillos 321.
Sparnacum 315.
Sparnomagus 315.
Succarus 313.
Irogus- ,'>19.
vassiis 326.
versicnos 332 f.
Visurlx 323.
Gotisch.
a^o 71 ^
«/■^aj-ö 68. 752.
aggicus 70 1.
aglaitiwaurdei 147.
«Ä/öM 61. 63. 136.
ahtiida 90 2.
aippau 63.
aiiviski 101.
fn'«f.s 326.
aizasmipa 93.
aljaleikö 147.
anasilan 45.
andilaus 147.
ansts, anstais 75. 136.
145.
arhinumja 147.
<7?'jfa 95. 97.
atsteigadau 62.
aukan, aiauk 91. 98 f.
«»//ö 72.
a7/.sö 72.
ai'ihsa 71 ^
bairan 51 ^ 71. bairaü
59 ff. bairandaü 61 f.
berjau 60.
&a//r.s- 103.
bandi 64—67. 75.
öo/?.s-f.v 331.
ö<>^■.s^ 103.
beiton 103.
bindan, bundum 150.
blesan 96.
biiidan 150.
rfarZdyV/ 93 2.
dag.s, daga 53 2. 67 1.
cZflJ/ös 52. 58. 134 f.
da^e 52. 53-'. 54. 64.
distairan 337.
fadar 75.
fagrs 96.
/"flÄaJi 94. 96. /V/Z/wÄ 91,
A'^y^^' 92.
378
Wortveo-ister.
foiflökion 96.
fraihna, fr ah 95.
fret 97.
fruma 141,
fulls 141.
<jafehaha 9fi.
yaleikö 53. 56. 58. 70 ff.
78.
i/aleiks 70.
gamalteins 103 i.
(jajmirüan 155.
(/(iiimjdJi 148.
f/iiiceihan 40.
(j<(tviga 217.
(/anrisqan 323.
(/azds 104.
i^y7>rt 63. 651. 67.
f/'<7>ö.v 58. 78. 143—146.
^«7>(> 54. 59.
gibdii, gebum 149.
giutan 92.
haban 45. 65 ff.
hafjan 95. 152.
haims 349.
hairdeis, hnirdjös 65.
hairtö 72.
haitan. Iiailiait 91. 94.
haitada 62. 74.
hcddan 91.
Ä«/yV< 64.
Aa?ia 66 f.
hatan 46.
hatjan 46.
haürn 324.
Ä^■d/•e 69. 71.
hhtpan 103.
hugjtin 46.
hulundi 347.
/«/«(/ 344 ff.
A«2rf 104.
/yadre 69.
loamma 51 1. 53 -.
fcainmeh 51 '. .53 -.
tcuptir 6S. 75 -.
/my>;-ö 67 2. 6« f.
/«e 32.
/jia 64.
irt 272.
Jaindre 69.
jainprö 68 i.
Ja» 63.
karkara 75 ^.
kaum 141.
;t-»/0.y 141.
/«^.s- 95.
/e/o?«, /a(7ö^ 95. 97.
Z?5«?i 46.
lubjaleis 147.
lukarn 75 2.
»ne.s- 93.
midjasu-eipains 1 47 .
mimt) 95. 329.
namö 56. 58. 71 f.
nasjan, nasida 63. 67.
73. 153.
nehnindja 347.
nepla 321 2.
niman, nemum 149.
/iem/' 67.
nemeis 73.
qistjan 103.
rairöp 91.
.saü- 37 f.
sandjan 153.
sauhts 37.
Av' 64.
se'&Jrt 64.
s(/a« 59.
.s*mZe 69.
sitan, setum 97. 155.
aiukan 37.
siitks 37.
skaba, -sköf 91.
skadus 315.
skeirs 92 f.
skuldu 63.
slepan, saizUp 96 f.
amairpr 321.
Hniumundös 143 f.
sökjan 153.
.sparira 320.
sjtildimi 321.
spraiitö 320.
.sfairno 318.
staiida 95.
stuutan 98 f.
steige 318.
.v^2«r 98.
stiurjan 98.
Stoma 318.
straujan 318.
sunja 64.
sunus. siinaus 61. 136.
145 f.
sunaii 75.
.s»i^.v 701.
taihsva .331.
traiian 100.
triggua 18.
triggics 100.
[ tunga, tungönö 54. 58.
pahan 45 f.
pamma 53 2.
pande 69. 71.
Jjaprö 52. 68 i.
/jrtu 63.
paärnus 337.
paürstei 332. 338.
pnnrsus 70 i.
7>^2ö 55.
pidau 155.
pHsundi 344 f. 347 f.
pidhaürn 99.
«t/ar 75 2.
I ufarö 68.
I unaiicisks 101.
iindarö 53 -. 68.
unsar 329.
imfe 69. 71.
uiitceniggü 53.
icadjabokos 147.
wag ja 217.
tcairpH 8.
ifofö 71 f.
xvaurms 155. 156 -.
«•öf«y<s 323.
weAhan 39 f. 45.
weihnan 40.
/fe/V/A- 40. 42 f. 45.
iciljaii ()0 f. 63.
wiieisTd. 78. 143-146.
IV dpi 64.
icinds 95.
ivisaii 326. ;
Wortreü'ister.
i57&
n-it 73 ^
icifan 45.
iriilfs 141.
iculla 141 f.
Altwestnordiscli.
aka, 6k 97. 99.
älinr 337.
mtfca 98.
ausa 98 f.
öait^rt 98 f.
bera 60.
öer/- 349 i.
bles 91.
öoftö« 109.
6t</-6-!5 333.
bütr 99.
draumr 100.
ewrt 103.
eitrkoeisa 327.
ei<//- 349.
/«, /"efcÄ; 91.
/V/.s-^r 70 1.
/e7 312.
^o7i 335.
fios 312.
/?-o/ 312.
ß&rfile 312.
fctfjelegr 96.
^/.s"z 329.
(/^o/' 63. 65 i. 67.
gomr 98.
Ärt/r, Äe/[ 65 f.
hdfr 95.
Äa^« 21.
hcif/r 21.
/u7>ji 66 f.
run. H((riuha 66.
/irr.s/ 329.
Äe^Vo, /(e7 91 f. 94.
hit 94.
Äe«rfe 65 f. 75.
hirdar 65.
Ä?rt.s.s 103.
hlaupu, hliop 91. 98.
hno(/(ji((t, hnoyy 100.
Amv.s- 332. 338.
hualfiös 312.
Äi<t 34.
hyggia 46.
hqyyua, Mo 99 f.
/«te^r 21.
kveisa 327.
kvista 103.
Ä;?/r, Ä,7i 65 i. 90 2.
Zfl^a, ?e^^ 97.
leika 92.
-ZüV/a 71.
lista 104.
meiss 93.
mylsna 103 i.
naust 90 2.
run. Niau-lla 66.
?70? 321 2.
run. orfe 66.
roakenn 323.
sor 37.
.SYfrr 37.
run. Srt^e 66.
S6</m 46.
serda 314,
sfc«'/"r 92.
skrüd 99.
sZa/cr 96.
sleipr 321.
spaka 65 ^
spcui 320.
spcnui 16.
sj>iUa 321.
spare 16.
sporna 16.
spyrna 16.
sp0ri' 320.
staurr 98.
stinnr 318.
.vf ///•/• 122.
stukkna 318.
.s7y/- 90 2.
.s-o/y 65 ^. 77 '.
taumr 100.
fryggr 100.
run. u/'^i 66.
ra/'a 8.
re 40.
/•(V//u 40. 45.
i^i's^ 326.
run. Wiicila 66.
run. Rv^rt 67.
run. icurte 66.
0.9p 15.
/>a 65 1.
/•rfÄ; 317.
pegia 46.
))e7 311.
j^e7, /e7 312.
pengell 312.
/>^7e 312.
/>^7^■a 312.
;)iö 312.
piörr 98.
;>iäs' 312.
j&o/e 312.
jbrif^a 319. 330.
püslmnd 344.
püshundvap 344 f.
püsund 344.
Neuuorwegiscli.
9/?e27 93.
Altschwedisch.
/•(pZ 312.
rl 40.
pHshiuitraJ) .345.
Schwedisch,
filmjölk 311.
.ilthoclideutsch.
^?/<^> 61. 63. 76. 90 2.
a/j('o<?r> 902.
anablast 96.
««90 70 '.
ars 333.
as/>a 15.
bihagan 21.
bichnäa 61 '.
&?n« 71.
öZms 91; 97.
380
AVortreo-ister.
hlinto 57.
hrestan 333.
brün 123.
brüüoufti 20.
hurst 333. 338.
dagen 45 f. 154.
^lah 317.
danta 69. 71.
dehsala 330.
demu, demo 53-. derw
53 ■-. d6?'o 55.
rfeVi 312.
dhlna 61 ^.
dinstar 312.
■tholm 155.
tholön 155.
^Zr«7t 319.
durri 70 ^
H(/?/r.s-^ 332. 33<s.
düsund 344.
eiscön 349.
€Zm 337.
eng'i 70 ^
-en6-^2 75. 145.
«Hm, 2«r 95. 97. 99.
/«/< 96.
/•«Äa??, A\//<.7 91. 94 f.
fackala 312.
/«ZZz* 95.
fanto 70 1.
/«^e?- 75.
felis 335.
/e.s•<^■ 701.
fettachä 57.
/7/mZa 312.
/7«irt 312.
fin 312.
/instar 312.
firleiz 97.
firspirnlf Kl.
flado 95.
/zTi^tt 92.
fliuzu 92.
/^^o/i 96.
/"r/rfoo ()1. 7(;. 114 ir.
fjaneista 102.
f/ebat}, f/ah, f/ühiim 151.
Hahft, (/ef)ä 55—58. 7(5.
79. 144 ff. //eöit 53 2.
771.
^ren 148.
/7Zen 155.
giirwizzen 45.
^27lMo 53. 56. 58. 70 ff.
78.
ginen 155.
^i.9a^ 329.
gitriuici 100.
giumo 98.
goumo 98.
</rem 110.
gumo 56.
guomo 98.
gutinne 65 1. 67. 75.
Äa6m 45. 63. 67. 154.
ÄaZ^M 91. 95.
/ia?io 67.
harto 70 1.
/ia.9fl^ 329.
hazzen 46.
heffu, hevis 152.
heizmuoti 102.
heizu, hiaz 91 f. 94.
helfendä 57.
/je> 89. 91.
Äera 71.
Äer^? 701.
hezzen 46.
Ätar 89. 91.
hlfuoga 96.
Minen 155.
ho gen 46.
houivan, hio 99 f.
hrespan 327.
Äros 332.
huggen 46.
Äf<s 104.
iÄ/ifl 56.
insagen 325.
iWüi-«, 216.
cavmun 98.
cTiifestinöda 61 '.
/«.s/ 103.
läzzftu 97.
/r7;r« 46.
liggii 154.
;7.s-^« 104.
Zo7iAm, /20/' 91. 98.
memo 56. 71.
marg 336.
mas< 336.
meas, mias 93.
meisa, meissa 93.
meiza?i 92 f.
mlna 61 1.
namo 56. 58. 72.
7ie/b 71.
nerita 55 f.
wesf 336.
yie'oro 101.
w/s 315.
qiceman, koman 148.
g?«*s^ 103.
rät an 91.
richisöia 61 1.
rosamo 103.
ros^ 103.
rotamo 103.
rüoftä 57.
sagen 46.
salbön 63.
samfto 70 1.
sämo 56.
.s-e»«/ife 701.
ser (subst.) 37.
ser (adj.) 37.
sibiin 90 -.
sibunto 90 2.
sio/< 37.
s?fe«f 154.
scälchd 57.
SCrt22Ö 57.
sceidan 92.
sceran 315.
sfcer/ 92.
scesso 93.
scidön 93 1.
skiditnga 93 1.
.sYv/- 92.
.SCI/ 93.
.ST7zr/;j 92 f. 316 2.
scröfan 98 f.
s/a/" 96.
.s7flr/t 96.
Wortreg'istei*.
381
slifan 321.
sUph 321.
smeklar 93.
smero 321.
spaltu 95.
sparo 320.
.s;/>er 315.
spannan, spian, spia-
num 95. 97.
sporo 16.
spreitan 320.
spriozan 320.
spriu 320.
apiirnan 16.
.sfädä 57.
sfantu 95.
stimmet, stimna 318.
.yf/o/' 98.
HÜrna 337.
stiura 98.
.stiuri 98.
Htözan 98.
stredan 322.
streiigi 70 i.
sfiimhal 122.
.s«/if 37.
suniu 75.
.s?<02:o 70 1.
sweifan 92.
/är>n 932.
^«/yrt, ^(7</ä 57 f. 144 f.
i'rt.i^o 52. 56. fa^H 53 2.
triuiva 18.
<r«e« 100.
^Mow, ^e^a, tätum 151 f.
tüfsund 344 f.
?<&eV 75 2.
«•rt^cZ 325.
icallii 95.
icaltu 95.
icalzu 95. 97.
tcanta 69. 71.
iceA-a 328.
tiuegd 57.
icecfiji, icekki 324.
wehsal 40.
iCf'Vt^ 8.
iverda 61 ^
?fe6'a 61 ^
tflÄ 40. 43.
wlhen 40. 45.
it;i7i, ^t•^7e, ?fe7 61. 76
78. 145 f.
lüillu, tvilla, 2cille 61.
?fi«i 95.
if2's^ 326.
TF/si«-IcA 323.
wolfa 52.
2äÄ* 701.
26 82.
zeisan 92.
Serif 89 f.
siVtre 89.
s^^^ 20.
zunga 55 f. 58.
s^io 82.
Mittelhochdeutsch.
banse 331.
behagen 21.
öril« 123.
öfts 99.
geloffen 98 f.
gesmide 93.
gesmldec 93.
hagen 21.
hahse 331.
gwä^ 103.
sei'ten 314.
sprcejen 320.
.si^/'ä^ 320.
stifte 99.
türre 70 1.
tusend 344.
war 8.
?flc/i 40.
2?f2S< 17.
Neuhochdeutsch.
bamme 329.
bammen 329.
-öar 41.
bemme 329.
borgen 40 ^
[ dumin 109.
entscheiden 92.
ei;^9e 15.
gehen 26 f.
gelaffen 98 f.
gescheit 92.
harsch 333.
heissen 94.
/jMi 327.
Äüfe?» 327.
Haldaunen 117
laden 103.
leihen 40 1.
?iem 80. 82.
pit^ pt<^ 122.
|jwfe 122.
puter 122.
i?w«eZ 122.
seÄr 37.
67X/Zie?i 316 3. 338.
stossen 99.
stumpf 122.
dial. ^ogra 57 1.
unterscheiden 92.
dial. vatra 57 1.
j versekren 37.
I verneinen 80.
dial. vougla 57 1.
tcählen 8.
icaffenstillstand Ib.
tceihen 40. 42. 44.
tcerden 240.
tfo 305 1.
wodurch 305 1.
tcodurcJi 305 ^
tcohnen 331.
tcollen 8.
ivovon 305 1.
zuhause 293.
zifiV 17.
Altsächsisch
bihagön 21.
darnungo 53.
drö7n 100.
färungo 53.
/as«; 70 i.
^82
Wortregister.
finisfar 312.
fögian 9o.
(jcgnungo 53,
(lülco 71.
hebbian 45.
liettion 4'i.
hlinon 155.
7J/-06-.S 332. 338.
huf/f/ion 46.
Incanda 71.
7iy;Z 34.
klnda 52.
libbian 46.
marg 336.
/•06-^' 103.
seggian 46.
.ser 37.
aimbla 69.
sp%irna7i 16.
/ö»i 100.
freiava 18.
f/i»/-.s-^ 332. 3.38.
thüsind 344.
icehsal 40.
a-I/j 40. 42 f.
icihhtu 40. 45.
Mittelniederdeutsch.
ö.s-f .3.36.
<7«^7^ sprekcn 103.
»uiiiederdeutscli.
dime 312.
7)rt7 3.
Salfräiikisch.
fhfiscliiinda .345.
3Iittelniederländi.sch.
.//f/.s/ 17.
^Crt/v 8.
zeer 37.
zegge/i 46.
Neuuiederländisch.
diäzend 344.
7>a? 3.
<^t•^■s^ 17.
icra/t- 96.
zeer 37.
Friesisch.
afries. hebba 45.
afrles. Zeö&a 46.
paZ 3.
afries. sedsza 46.
afries. serilsa 37.
afries. ^iw^ra 40.
Angelsächsisch.
ceÄ/> 15.
ä^-end 140. 341.
ähneapan 98.
änunga 53.
&e«f«n 98 f.
hehealden{d)r(i 341.
beccenid) 341.
bismeriend 341.
ftZcesZ 96.
&0&, öo&öe 109.
öo&&en 109.
hodiend .341.
hren{g) 341.
hrödor 11 ^.
hyrst 333.
rfd?*a 55.
eZm 337.
/cB^^r 96.
/cc'ce/e 312.
fceringa 53.
/tesf 70 1.
fengel .312.
formolHnian 10.3 ^
friijne, frcvgn 95.
genungd 5.3.
geicilnien{d)lk- 311.
5'7e/e 53 2, «/ze/a 54. 56.
j^/.vf/ 329.
/<fl^ö«, //e/»^ /«'Y 92.
hearde 71.
heatvan, heoio 99 f.
holend, hcelend 140.
helpend 140.
hin{g)rad 341.
/i?rtrfr/?? 103.
/?ZcB.sf 103.
TimVi/ 315.
/jors 322.
/«f/, /nf^ .34.
hycgan 46.
Icbivend 341.
läcan, leolc, lec 92.
libban 46.
lifgan 46.
Zi.s-/ 104.
weZZ«« 1031.
neriend, nergend 140.
onhagian 21.
ö.sf 336.
2nindergcon{d) .341.
?-(<.s/ 103.
.w?' 37.
6(^/e 701.
.secgan 46.
semnhiga 53.
sevdan 314.
scddan 92.
sceppe7i{d), scepen 140.
341. sceppen{d)ras
341.
sceran 315.
scitan 92.
6YT??(/ 99.
.so/"/e 701.
.s-dcfe 71.
sjieornan 16.
speriend 341.
spora 16.
spiira 16.
s])iini(iii 16.
.sVc'or 9)S.
Strang 70 1.
sf)-eovj(in 318.
Htron(g) 341.
^'7e«(? 341.
f/r 90.
^re'oir 18.
Wortreg'ister.
383
ireoice 100.
ticä 13(5.
pa'cele ol2.
dcere 53 ~.
pel 312.
ßengel 312.
fieoh 312.
druma 319.
dü-send 344.
7>»f«« 99.
tmdseden{d)lic 341.
väsp, väps 328.
u-alden{d) 140. 341.
tcaru 8.
zcecdd 325,
«f(?oÄ 40.
tceord 8.
■tciferend 341.
icrdhtenid) 341.
Englisch.
rf«jn& 109.
#0 succeed 29.
Germanische Namen.
Aistomödius 102.
Thumdicus 347.
Thusnelda 347.
Litaiiisch.
adunt 270 ^.
«A:j 274.
akmcnin 272 ^.
akinii fiG. 273 i.
akysna, akiesno7i 274.
275 1.'
akyse 274.
algan 272 i.
cdgoju, algoti 303.
«/^<7 5G.
(UikHztds 102.
äntaro 270 ^
antdvs 270 i.
«r^f'/.v 279 1.
antras 270 ^
apacziä 279.
ajdinkui 277.
apf>i(kuT 293 i.
ar^w 97.
asztrüs 16.
a^^<?Z 294.
«if.9aW 294.
atskditis, afskaifes
286 1.
atsparas 16.
attremt 270 i.
r/?^^» 99. 295.
duguv 295.
duk.sas 347.
dnksztas 211. 331.
a?<Ä:.s/i« 291.
auksztijn 276 f. 279.
öir// 2791.
öa(7?yf^ 302 1.
& Jsä.v 349 1.
bastyti 280.
baznyczia, baznyczioje
285. haznyczion 276.
279. haznycziose 285.
haznivioy 285.
&eWf' 101. "
6eA-^^ 101.
hijausl 299.
öyo(.s-/) 301 1. 302.
ö.V/'>^/ 303.
bldzgii, bldzgeti 3-36.
öo 294.
öoöa 109.
braukaü, braukyti 299.
7>»?;o 102.
biivum 295.
cs^■o^^ 275.
czysNiju 291.
duböjüvos 296.
tZa?/Ä-f?/ 285.
dahnus 296.
dangüH, dangun 273.
275 f. dan'giije 284.
287. diingi/se 274.
dangüsnd 274.
d«W, (/^7;t 2901.
drt?'» 295.
debesis, debesiil 276.
debefino 278.
f/e(/;V 151.
(?eÄ:/e ^/e^« 101.
dcrybos 286.
deicinfami 286.
tfena 932.
dönosne 282 2.
! desnieje 285.
Dieica, devq 271.
devoniq). 211 f.
dfet-eje 284. 287.
devep 287.
tZit?*.s 2771.
didysis 277 '.
t7?rf/ 337.
dycojos 296.
dycojüs 296.
rf'o 294.
drdjküs 296.
drdjkos 296.
draskaü, draskyti 299.
draügas, drauge,
draugie, draugi 285.
294. '
draugiä 285.
Druköi'nioy 285.
dukteri's 352.
dulkiesna 270 1.
dumöju 295.
Dungusnu 269.
dübe.snd 274.
düsiu 167.
eimi, e?^^ 26 ff.
gadinti 103.
gaidys 277.
gaidyß, gaidyje 284.
287.
gafnn 271.
/r/a/iö^ 101.
^fe'tZ« 103.
gedona 278.
gendü, gesti 103.
gerame, -i, -enje 281 f.
gerame 284.
gert'jüs{i) 296.
geriis, gerüsjits 143.
gesjne, geamäii 27(>.
gird'ejüt 295.
364
AVortreo-ister,
<//re, giren 271. 276.
gireno 272.
gyvoti 300.
glodiis 349 ^
goviurgH 98.
-cyyf 307.
/c???t« 286.
/(^fr/if 2701.
imfyn alti 276.
ipülhnan 271.
isakyti 325.
iszmonion 271.
ftrauka 17.
izganiman 271.
iztremti 270 i.
izicemf! 270 i.
jiiszköH 349.
Jöjuva 295.
jiidinu 94.
j«(?u 72 1. 94.
jump{i) 286.
J«, jö 290 f.
jtklberiu 291.
j«/cuf^■ 300.
Jästci 115.
ÄYf 2941.
/carfr) 2731.
fca? 340 f.
Ä:a/?>o 294.
kdjmma.s 296.
kalhi'jut 295.
kalejimon '21b i.
Ä:a?io, Ä:e«ö 294.
kautrei 270 i.
kantrghe 270 i.
karalisten 271.
Ä:arf</7i 300.
Ay/.s« 329.
Avi.s/y/? 329.
A-a^^.yV' 284.
/Crt/e>; 287.
/£rt^:.s<' 284.
katrii, kaf.ro 290.
kduge. 100.
kmiju, kdutl 99.
kt'mas 349.
kirmis 155 f.
kirstyn eiti 276.
klänas, klau au 276.
ktaiqMs 98.
Ä;^djiw.s' 296.
kiiimpü, ktüidi 98.
kiii])omis 98.
khipofi 98.
fcofä 99.
koznanl 286.
krüvä, krüvön 276.
kügi.s 100.
Ä;tij>',v 99.
kumhras 14.
kumhrijs 14.
kumbrgfi 14.
kunnosna 270 i.
Ä:i<r- 305 1.
kuriami 286.
kur'is, kitrs 305 i.
kuriü, kuriö 290.
kuriuosnu 269.
kuriusi, kuriuose 286 1.
M, Ä:o 290 f. 297.
Ä:Mrf<;7 fciM 294 1.
fcÄwe 291.
kväpas 95.
kvepti 95.
ia? 294 1.
laikaü, laikyti 300 f.
lalku, laTko 304.
lakstaii, lakstyti 299.
^fl/c.s-fw 295.
lankas, laükan 276.
;a?</ce 2091.
^mtÄTi 2901.
laukstaii, laukstyti 299.
laüku, laükau 277.
Uidmi, Uidziu 97.
?e«Ä-^<.v 276.
lenktijn h'egti 276.
Zf«/i;, linkai, linkui,
linkon 271. 275. 291.
293 1.
linksminoa 296.
maiöny, malönr 271.
manu 291.
«1«^) 285.
mazyöfi 336.
7nedi.s, incdziau 276.
melmu 335.
menu 56.
menü 71.
mergoje 284. mergojq
287 f. «lerf/ö 288.
tnergose 284.
me.5rt 273 1.
metau, metyti 299.
mestana 272.
mineti 154.
mxszkas, miskan 276.
mi.Hzki, miszke 285.
miszküs 275 -.
mylejüvos, mylejiiva
296.
myniojuf 295.
moteres 352.
-Wrt, -A<(7, -n 269 ff. 275.
naktSs 145.
naktyje 284, naktyje
287.
naktyse 284.
nämas 275. 291 ff.
9ia???,f^ 281. 292.
naineie 284.
namt'jP, namej, name
287 t'
namön, namo 275.
namöniuj 211.
nanulin) 275. 291 ff.
naniiij) , na7ni(pin{n) ,
namopri{n) 293.
namü.se 274.
na7nuosna 270 1.
naninsn 274. 27(5.
namüsnq 274. 276. 2781.
namüsnon 275 i.
namüsnu 269.
-«e 270.
«e 79.
/je<7i 80.
'/ie</« 80.
716? 86 f.
nezvmimas 296.
«^A:«.s- 86.
niekan 271.
«ö 297.
7J0.9 297.
Wortreo-ister.
385
nKsideJhnon 275 i.
nusideti 102.
mi 296 f.
nüdetas 102.
o 294.
Ö 82.
omn 278. 281.
öras 278.
oy-e 278.
ore 97.
jjabüfjiim 295.
payadas 103.
paqüiidiman 271.
paneie 287.
pasijemes , pasi^mes
2SB 1.
pd.senum 295.
jxiskundoünu 269.
^x/i'/r^/'i 279.
patrankä 17.
■patr((k((7 117.
paütas 122.
pavejui 277.
paivehni 8.
jxirtjfuf 293.
pdzintds 141.
piistü 211.
p'esziu 303 i.
piäudarau 165.
pünas 141.
pirmafi 141.
pirztas 280.
pf/cas 217.
pfakh 96.
ptafüfi 95.
pW'kiu 96.
pU'sti 95.
pliktrön 286,
plökis 96.
7>^;fo.s- 286.
y>o 294.
pon'ep 287.
j)onüJe 287.
jrriifjarar, pragarou
275 1.
■praijary 285.
prauaton 271.
joro 294.
Indogermanische Forsi
y>/'ö 82.
■puszis, piiszin 276.
puszyni 285.
7>?t^ ^?M^ 122.
jnäf/ti.s 122.
jmtVäi 300.
rdjfumas 296.
rmnyti 153.
rankä 306. rankäs ,
rankosna 143. r<:m-
kosna 274. 276. ?Ym-
fcö.9?i 276.
rankan, i^ankön 276.
rankose 276. rankon
281. rankü 54. ra/l-
fcoyV 287.
raszty 285.
raiidöju, raudöti 303.
raäsvas 103.
redos, redumas 296.
7'y7nfiji(, rymvti 299.
301 1.
ri/f<'^v 294.
?7y<o 294.
rödüs, rödos 296.
runkoi, ruhkoj 287.
rüpmiisi, rüpinosi 296.
rüsvas 103.
sägstumas 296.
sakal 314.
sakramenty 285.
saldziausniami 286.
särgas 350 1".
HdCiSds 84 ^.
Si'di'ja 295.
sejuva 295.
.s-em« 56.
sergmi 349 f.
skaidrns 92.
.5fc^'Zf« 316. 338.
skersds .333.
sk'irfi 315.
skVdmenys 93.
.s-A-eJ/v"? 93.
skedziu 93.
sklhnenys 93.
skesiii 93.
skvt'rpfi 315.
huniren \"I ä.
skystas 93.
skysti 93.
smakrd 321.
smarsas 321.
.socZwe' 287.
spejM 97.
sjjenys 320.
Spirille sptrti 1(5.
sraunis 350.
sravä 350.
sriubd, sriubön 276.
staiyytis 318.
stamhras 122.
.s-io, s•fdy^■ 294. 304.
stögas 317.
s^djM 318.
stöji(s{i) 296.
sfomu 318.
störas 98.
stovejuva 295.
strujus 318.
Sudan 275.
sudehni 285.
südon 275.
sudumöjut' 295.
suejuV 295.
.S7^Ä'». 71. 307.
sükusisii) 302 i.
sünaüs 144 f.
.s'öf.m 84 ^.
sufems 270 i.
suükum 295.
svatimüs 275 2.
svetyje 284.
szale, szalid 285.
szalis, szalin, szalinq,
273. 275 f.
szaltis, szaltyn 211.
szemen 272 i.
.szePmens 20.
szermenys 20.
sesi6lik<{ 296.
.szidure, szuiiirrii 271.
276.
schieschtona 278.
sziczion 275.
szime 284.
szinitas 344. 347.
386
Worti-c'ü-ister.
szird'is, szirdyn 275 f.
aziu, sziö 290. 297.
schitan 272 1.
szi/fami 286.
szöni 285.
szukiiti 300.
sicintiimjnujnj) 284.
täilcau 301.
taikmu 312.
jfaj/JÖ 294.
takieimi 285.
tarne, tami, tani 284.
2SG ff.
tamimpi 287.
tampi 286.
/«.s 352.
^W«7vrt.5 312.
fe 304.
)^e?fc^« 301.
/cÄ:«f 311. 331.
üeweje 287.
^«7^6 340.
tykau, tijkofl 299.
/o, ftl 304.
frankj/fi 17.
tranküs 17.
tremiii trewti 270 ^
trenkiit, frenkti 270 ^.
/rofor) 96.
tri'impinits 296.
tukstantis 344. 347 f.
tumjtii) 286.
tunkumös 286.
/i<;>2/V 122.
fj), fo 290. 297.
/».yif 291.
tümi, tiriT) 290.
tveriü. tverfi 352.
tvlrtinu 352.
ttnfar((s 270 ^.
untrukärf 270 i.
uzstaton 275 '.
itzf/y) 279'.
uzüczia 279 '.
uzumarkd 279 '.
«z»^ 279 1.
iizicdczion 279 *.
üzvalkalds 279 '.
üzvalkas 279.
/Hfl 335.
odgis 324.
vdjksclqjuva 295 .
väJküH 296.
vainoju vainöti 302.
vdkaras 288. 328.
wandenin 272^.
vandü 71.
vapsd 328.
vasarä 329.
vafd(f.s, vardan{q)211 f.
274 ff". 278. 286. ra?--
t?a«e 270. 2822. i;ard(;
288. ivdTdu, vardq
271. 274.
voPma.s 156.
ufl/'» 295.
vediV 72 1.
üp;« 291.
veliü, ri'liau 97.
vemiii 270 i.
verdu 95.
venülikq 296.
vetona 272.
vtjniy 285.
vi da je 285.
ivietoy 285.
v'dgmnas 296.
vilkas 141.
^;^7Ä;e 284.
?;i7/tr^ 287 f.
^;^7A■o 82.
^"^7/t?> 307.
vilkus 296.
?.77/tV/.s-r' 2.S4.
vilkiisr 287.
ff/^ifl 141 f.
virsziis 333.
vlrvi, v'n've, vircc 290 ^
wisokiöy 285.
i;o.9^e 101.
zemcsnü 269.
zemas 277.
s('Wf' 64. 65 '. 6().
^e?«/ 271.
zemyu 211.
Mnyjosi 296.
zediiziu 291.
ziamey 285.
zinau, zinoti 302.
2)7iO 301 1.
2i??i< 295.
zinid' 295.
zirgüziu 291.
zirnis 141.
ziwaty 285.
ZTnonesanip 283.
zödi.s, zödi 277.
zoZfijV; 285.
i7:aA7, irfl/.;e 290 i.
zwalgal 20.
Lettisch.
«22 279 1.
apak.san 279 f.
ajyeskan 279 f.
apsünät(\s 300.
apsirniiffs 300.
«r« 2H0.
ö?'a?i 27S. 281.
flr* 278.
afjaunät 300.
atjaunüt 300.
atdinlte 93 -.
äug.sä 280.
auk.szatt, aukszon 2791".
flz 2791.
fl2/>^s' 279 1.
?;fld<Y 3021.
i')fl/.-6-/tY 280.
haznicd 281. 285. öfl-.^-
vican 279 f. haznicäi
285. bdztiicfisi 285.
^^^^^ 2S0.
öe.s-fl 280.
btjäjiis 299.
boyan, biijan 279.
&raf/r/^ 299.
braitkdjn, bfaiikdt 299.
bii fisch kis 280.
Imhschkot 280.
/^///fl 280.
cd' male 288.
Wortregister.
387
czetum an, ceh(inan21\).
debhesis 283'.
debbeszisne 27S i.
deju 932.
denan, dtnan 279.
deican, devan 278.
dlle 9S2.
draskdju, draskdt 299.
dzesmeju , dzesmeju
285.
</si 2941.
</z(rfZÄ 294.
dzivät 300.
</z(f»7 300.
eesc?ikis 280.
f'Ä-.sä 280.
C'ksan 279.
enaidau, ("■ni'tidan 279.
f'i! 27 f.
ijallan 279.
ißabäju, glabät 302.
{frekiis 283.
f.s^«7f:.s- 299.
/s, 72 278. 2791.
j^Ay?^ 300.
J*rA-</^ 300.
A-a 297.
kampiu 95.
Ä:«Hi 282.
kdrfan 279.
A-rtr^<< 300.
A-äH»7 300.
käunan, kounan 278.
kmidfe 100.
A-a«« 99.
A-f««/. 2941.
Ä-Zfl».s77 2941.
AZ«öä< 300.
A7<7yW< 300.
klnpu 98.
kojKin 279.
kru.std 2iSl.
krasUui 278.
A:w 297.
A7/y>rt 279.
laykan, laikan 279.
^7?Ay<, Za«e/< 300.3001.
lakstütt^.s 299.
/f'7>a.s 283.
Z(7Avi^ 299.
ZrtA-»^ 299.
ii/A-«^ 299.
Zv/c/Y 299.
mdezihschkoete 280.
■müjds 281.
7)i<'l<'s 283.
melmeüi 3.35.
»2e/.s7 335.
metdjii, mttdt 299.
milns 5.
mugare 288.
munu 298.
«<? 297.
ö/a 335.
parädan 279.
patlaban 279.
pirA-.s/.s- 280.
pirmä 280.
pirmon 279.
praUin 279.
p/vA-.sä 280.
prt'ksan 279 f.
])roea-ühsclikis 280.
jjK^f// 300.
i)«*^//!" 300.
rmt 294 1.
raudzit 294.
re 2941.
rerfzft'^ 2941.
ripdf 300.
/•?■/>/// 300.
/•/<» 297.
rytan 279.
rtl.s'a 103.
rdkäi 287.
.s-ircZis 283.
skaidr.H 92.
.v>ir/^e 321.
.speru, spert 16.
spraufis 320.
stdrpdii 279.
.s!'T;:>äi' 300.
s^I;;«/; 300.
.s-ztAvJ^ 300.
.si/Av// 300.
schk'idrs 93.
schk' imeiii 93.
.ya 297.
/?«?it 282.
.seitan 279.
imi 282.
■SM 297.
to 297.
^ä, f« 304.
^cm«' 282.
tdidäsi 283 2.
^ecZ2« 2941.
teitan 279.
^lÄroi 299.
<7A-»7 299.
f««t6 297.
tschefri 314.
^?f 297.
^ts, liz 2791.
lUran 278 f.
«frÄ 2701.
tcadfis 324.
vainüju, -üt 302.
vakärs, rakard 288.
vakare 288. vaktm-'t 288.
wackaran 279.
icetan, vetan 279.
j-iicZi«' 285.
fir.s-tt 280. 282.
ivorsun 282.
icuerßon, v)rsvn 280.
282.
sö/f'V 285.
zeme 280.
zemen 280.
zehirfaa 314.
Preussisch.
arrientldku 300.
öza 301 1. 302 f.
bidsnan .302.
bidticei, bidtici 302.
ö«7Z« 303.
dehcüts 302.
dicibugüt .302.
dicigtibbtis 302.
divigubiU 302.
ebsigna 301 1.
388
Wortres'ister.
embaddusisi 302 ^.
en 272.
enldikümai 300.
erlaiküt 300.
efsinnaf 302.
etläikimn 300.
eticinät 302.
zm?n« 301 1. 303 f.
immimai 301 1.
?.s7a/Av/ 300.
Zrn'A-i?^ 300 ff. 304.
'mCüdnnhna'i 301 i.
]jeis(U 303.
pecka 302.
pofflabü 301.
polaiküt 300.
popecküt 302.
jjo.sinnat 302.
jireilaikvt 300.
<7?<o//(? 303.
.s7\(/n// 301 1.
.sigiiät 303.
siiina 301 i. 303.
sjjenis 320.
spergln- 320.
sj/ertlan 320.
ftjnirglis 320.
taykoicun.s 301.
tanris 9S.
iea-.v 301.
teiküsna 301.
iee'Ä:«;^ 301 f.
tykynnons 301.
tüsimtons 344. 347.
urmiiKtn IM.
n-aUiät 303.
tvarmun 156.
uerpivKu' 301 i.
7cobse 328.
tcorrdyan 15(i.
zinimai 301 ^
Altbiilnjariscli.
// H2.
fidolh 272.
7x//;a io;>.
/>^/J<> 1S!I f. iwi.
/>e?Y/ 60.
?>f^ 102.
begnati 190.
öe'/s 112.
ö(Y? 188.
ö^l•a^^■ 188.
&o^» ll(j.
6o/?ji'ä 1. 3 ff.
öo/je 5.
öo.s-s .349 1.
?>r/^/ 189.
hyraja 221.
c^-i.s-^ü' 189.
ce.s«^< 329.
cAasW/ 191.
rfa;q 221.
damb 221.
(Zer« 337.
de-s-cVs .348.
c?6^:efz. 348.
(/q/q 93 a.
dzstere .352.
rfre 13(5.
gaditi 103.
-ganjati 218.
gasnqti 190.
gladikh 349 i.
gnafi 189.
(T/ortiV/ 218.
imanih 191.
iskafi .')49.
zsfca 216.
isthknqü 330.
jrtra lio.
/»'a.sv, 330.
kliknati 190.
/t-o.s-rt 329.
/i,Y>?/VY, knrati 99.
/tV2fÄ 110.
kupati 222 ' ,
kupiü, rit}>lj([ 190.
kysnati 190. 199.
/es/« 2221.
/•^.'zq 1.^4.
/',7/'? 221.
/f^'s7/ 189.
/f'/T. 217.
/o.s/, 349.
mendesti 119,
?npto 119.
mbneti 154.
morjq 153.
nachnq 191.
narodosh 352.
nasevajq 217.
neseachh 165.
0« 136. 139.
06-« 328.
ostrogh 350.
O.V/7'Ä 16.
othgnati 189.
;;»adryVv 161. 221.
_?j»acZq i91. 221.
padati 189.
pameth 119.
^x<.sf/ 189.
/>e.s-5Ä:Ä 2731.
pivajq 217.
;9fc.s-af? 189.
2>la6({ plakidi 96.
poznati 189.
pr-öf- 82.
X>rqdim 17.
pred(di 17.
prcnafi 190.
procvisfi 189.
;>/■o.s•^^« 189.
7>»r(-i 110.
j>»fr^ 122.
rabot^ 352.
razumh 148.
re«f< 222 i.
rorf^Y^^ j-osirfrf 190. 221.
ri/SJ 111. 113.
7v//t» 324.
.se/o 352.
.srrfq, .sT.s/; 190 f. 221.
sedajq 191. 221.
Äem<; 66.
sezdq, uedefi 154.
*/ct 113.
sbrafi .350.
.S/t-O/7, 21.
.s7rt/>t 96.
slezena .319.
slnresf. 352.
Wortregister.
389
sokh 314.
srcii]^ 350.
srehfo 350.
srhchtlcb 333.
starh 98.
stati 189.
,s^r/7>ifi 122.
.stelj<{ 319.
.s-to>^: 189.
strana 319.
.s-<re<7</ 349. 351.
stryjb 318.
strynjn 318.
synove 352.
kchnaü 190. 199.
f<V>^ 122.
feA'.V'-'/ 39.
^es^a 330.
trajati 352.
^/■z««s 337.
/?<rÄ 98.
/^fcZo 330.
fhphfafi 122.
tysiisfa , fysesta 344.
346 ff.
«/>«Y/ 188.
uhivofi 1S8.
fcJrf 217.
veljd ()1.
?;ezr; 217.
videach^ 165.
vizda, videti 154.
vladyka 38.
r/z.AY7 S2.
i"Of/rt 71.
^•f>Z27? 8.
i'o//« 8.
^•o^^_^ rozifi 217.
vozdd voditi 217.
Wich?) 333.
vr^gii 221.
vhphsafi 189.
vhpro.yifi 189.
vhslesti 189.
vhHproaiH 189.
zemlja 64. r!5 ^ 66.
z??r^Ai 189.
Bulgarisch,
gorem 106.
gornjakh 106.
joyir 111.
kaccnii 121.
kacna 121.
A-rtc/a 121.
1 kidas 113.
I mitry 111.
otkacja 121.
I /'«.s- 113.
j^Ä^^m 122.
zakacjd 121.
Russisch.
batjusb 118.
2C?ey 28.
Ä:Z?/Ä: 38.
oafrogh 350.
pochorony 20.
7)0^?. 312.'
potroliä 117.
pozvonökh 351.
sc%t 217.
soröga 350.
steregii 351.
Sifo 344.
storona 319.
storöza 350.
Hiörozh 349 ff.
strazd 350.
strogi 350.
svefyc 39.
synovhjä 352.
i'?/.v./a(V« 344. 348.
filtruss. vermije 15(5.
zrenü 351.
Kleinrussisch.
6a7oA 11<"..
balya 116.
! belega 116.
rurnjanyj 156.
vermjnnyj 156.
Serbisch.
bcdaga 116.
balega 116.
baloga 116.
gornjak 106.
Mljada 348.
^Ve 28.
fcflcaf/ 121.
kalas- 113.
kidu.sa 117.
osfrogh 350.
2)lima 122.
rogusa 117.
rw.s 113.
seljakum 117.
soldatusa 117.
sto 344.
strogi 350.
stupiti 122.
^26-Mca 344. 348.
fi<p 122.
^?/sac 344.
M(7«V' 111.
Kroatisch.
kalduni 117.
Sloveuisch.
jezero 348.
mavrn 111.
priiu 12;>.
/>?//« 122.
fi'ifoc 344.
toozynt 348.
Cechisch.
dondshn 188"^.
drsen 335.
drsnaty 335.
rf/yi 352.
Äie 2941.
ys?', j.se.s- 291 '.
kaldnun 117.
72e;V/e 28.
390
Wortregister.
pHchazim 188 '^.
piirädim 18S2.
jmta 122.
Ki, ses 291 1.
ti.sic 344.
tmiti 352.
Laiisitziscli.
.(/(«, /<a 307.
Ober.sorbiscli.
zvjeno 351.
Xiedersorbiscli.
zvono 351.
rolabiscli.
zvenü 351.
Poliiiscli.
&oZ;o 109.
&2«;Z?/A; 38.
drzwi 352.
dzicono 351.
^•c^« 28.
TxotuHia 118.
Ä:oi'?/.s HS.
ostroijh 350.
oströw 350.
])atr(ich, pafrnch 117.
.src/c 350.
srodo 350.
.sro^r« 350.
sroka 350.
.srom 350.
.s/'20» 350.
strazn 350.
striuja 350.
ti'ivac Bb2.
tupac 122.
tysiac 344.
II. NichtiiHlo^eriiianisclie Spraclieii.
Finnisch.
Juiopa 312.
sairus 37.
3Iagyai'iscli.
6«& 106.
öt<&»s 109.
potroli 117.
.\rabisch.
Jjiaräm 43.
harama 43.
Hebräiscli.
heh^rlm 43.
Ägji>tiscli.
'Akajicasd 129 i. 134 f.
afhlupuriis 125 '.
güumä 125 -.
f/isfiös 120 1.
(jriifjus 12() -.
"/>/<*7e 1251.
pamifsi 131 '.
Sardctud 129 i
Türkiscli.
/yöÄ-s 111.
^ö?; 112.
jildiz 115.
/i-(//7^ 112. 113.
/.v//r/ 113.
merdzdii 112.
.s-ar? 112.
München.
Gustav Morgenstern.
Uriversitats-BiichdriKk».r(.i \mii (all (uorgi in Bonn.
ANZEIGER
FÜR
nDOGEPJAJISCHE SPRACH- IIP ALTERTUMSRÜ.\DE.
BEIBLATT ZU DEN IXÜOÜEBMAXISCHEX FORSCHUNGEN
HERAUSGEGEBEN
VON
^MLHELM STREITBERG
SECHSTER RAM)
STRASSHUKG
VERLAG VON KARL ,1. TKÜBNER
1896
Inhalt.
Seite
GiessAveiii Die Hauptprobleme der Sprachwissenschaft in
ihren Beziehungen zur Theologie, Philosophie und Anthro-
pologie (Bojunga) 1
Ries Was ist Syntax? Ein kritischer Versuch (Hermann) . . 2
Bastian Die Verbleibsorte der abgeschiedenen Seele (E. H.
Meyer) 4
Di et er ich Nekyia. Beiträge zur Erklärung der neuentdeck-
ten Petrusapokalypse (Maass) 5
Leist Alt-arisches lus Civile (von Bradke) 6
Hirt Der indogermanische Akzent; Finck Über das Verhält-
nis des baltisch -slavischen Nominalakzents zum Urindo-
g-ermanischen (Hirt) 15
Caland Altindischer Ahnenkult. Das Cräddha nach den ver-
schiedenen Schulen mit Benutzung- handschriftlicher Quel-
len dargestellt (Fr. Knauer) 21
Civädityi Saptapadärthi: Prinnim edidit, prolegomena, inter-
pretationem latinam , explanatioues et exempla adiecit
Augustus Winter, Dr. phil. (Biedenkapp) 26
von Marikowski Der Auszug aus dem Pancatantra in Kshe-
mendras Brihatkathämanjari (Jacobi) 26
Grundriss der iranischen Philologie, herausgeg'eben von Wllh.
Geiger und Ernst Kuhn (Hübschmann) 28
Darmesteter Le Zend-Avesta (Bartholomae) 39
Hübschmann Persische Studien (Hörn). . 47
Kühner Ausführliehe Grammatik der griechischen Sprache
Erster Teil. H. Bd. (Brugmann) 50
van Leeuwen Enchividium dictionis epicae (G. [Meyer) . . 52
Flensburg L^ber Ursprung und Bilduni>- des Pronomens aÜTÖc
(Dyroff) ' 55
Fürst Glossarium gracco-hebraeitm oder der griechische Wör-
terschatz der jüdischen Midraschwerke (Tliumb) .... 56
Matov Griechisch-bulgarische Studien (Gaster) 60
Pauli Altitalische Forschungen (Stolz) 62
Cordenons Un po" pii'i luco sulle origini, idioma e sistema
di scrittura degü Euganei-^'eneti (Stolz) 64
Deecke Lateinische Scliulgrannnatik; Deecke Erläuterungen
zur lateinischen Schulgrammatik (Funck) 65
Keller Lateinische Volksetymologie und Verwandtes; Keller
Lateinische Etymologien ("von Planta) 69
Maurenbrecher Carminum SaJiarium reliiiuiae (Skutsch) . . 72
Lindsay The Saturnian ^letre (Skutscli) 72
Witkowski De vocilius hybridis apud antiquos poetas Roma-
nos (Weyman) 73
Stengel Diez-Reliquien ((). Knauer) 74
Memo i res de la societe neo - philologiqxte ä Helsingfors I
(Meyer-Lübke) 77
Beiire ns Bibliographie des Patois Gallo-romans (.Marcliot). . 78
]V
Seite
Hold Ol- Alt-celtischer Sprachschatz (R. Schmidt» 79
DAibois de Jubaiii ville Les nonis g-aulois chcz Ccsar et
Hirtius.de hello Gallico (R. Schmidt) 82
Lorentz Über das schwache Präteritum des Germanischen
und verwandte Bildung-en der Schwestersprachen (Michels) 85
<j>vig-stad Nordische Lehnwörter im Lappischen (Streitberg-). 92
Kahle Die Sprache der Skalden auf Grund der Binnen- und
Endreime verbunden mit einem Rimarium (Morgenstern) . 94
Lindelöf Beiträg'e zur Kenntnis des Altnorthumbrischen (Bül-
bring') 96
Sweet Ä New English Grannnar, logical and historical (Holt-
hausen) 99
Lichtenberg- er Histoire de la lang-ue allemande (Streitberg-) 102
Wunderlich Der deutsche Satzbau (Bojung-a) 103
Topolovsek Die basko-slavische Spracheiniieit (Zubaty) . . 104
Rezensionen Verzeichnis 1894 (Herbig-) 105
IVI i 1 1 e 11 u n g- e n :
Die indogermanische Sektion auf der Kölner Philologen-
versammlung- (Thumb) 152
Vorläufige Mitteilung-en 157
Erklärung- (Geig-er, Kuhn) 1(J6
Lefmann Franz Bopp, sein Leben und seine Wissenschaft
(2. Hälfte) (Streitberg) Iti7
Darbishire Relliquiae philologicae: or Essavs in Comparative
Philolog'v (Streitberg) •.."... 1(59
Hehn Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem rbergang aus
Asien nach Griechenland und Italien sowie in das übrige
Europa. 6. Auti. (Hirt) 173
F.M.Müller Natürliche Religion. Physische Religion (Mogk) 175
Henry Atharva-^•eda, Traduction et Coinmentaire (Oldenberg) 178
Scher man Materialien zur Geschichte der indischen Visions-
litteiatur (Franke) 185
Avesta, die heiligen Bücher der Parsen herausgegeben ^ on
Karl F. Geldner (Bartholomae) I.s7
Haie 'Extended' and 'Remote' Deliberatives in Greek (Son-
nenschein) 188
Thumb Handbuch der neugriechischen Volkssprache (G. Meyer) 1S9
Amatucci II Aocabolo 'carmen' nel latino arcaico (Skutsch) . 193
Stokes Urkeltischer Sprachschatz (Thurneysen) 193
Storni Eng-lische Philologie. Anleitimg zum wissenschaftlichen
Studium der englischen Sprache I, 1 (Victor) 1!>7
Wright A Grammar of the Dialect of Wiudhill in the West-
Riding of Yorkshire (Bül))ring) 198
Franck Etvmologisch Woordenboek (1er Nederlandsche taal
(Jostes)' 202
Kauffmann Deutsche Grammatik (Streitberg) 20(>
Wunderlich Unsere Uiiigangs]>rache in der Eigenart ihrer
Satzfügung- (Leitzinann). " ' 209
Die mittel- uml neugriechische Sprachforschung (mit Einschluss
der KoiviV in den Jahren 1S!)2-1.S95 (Thunibi 210
M i I t eil ungen:
Personalien 232
Bericlitiii-ungen 232
ANZEIGER
FÜR INDOGERMANISCHE SPRACH- m ALTERTOMSKL'NDE.
BEIBLATT ZU DEN INDOGERMANISCHEN FORSCHUNGEN
HERAUSGEGEBEN
VON
WILHELM STREITBERC;.
SECHSTER BAND. ERSTES UND ZWEITES HEFT.
Giessweiii A. Die Hauptprobleme der Sprachwissenschaft in
ihren Beziehungen zur Theologie, Philosophie und Anthro-
pologie. Freiburg i. B. Herdersche Verlagsbuchhaudl. 1892.
VIII u. 245 S. 80. 5 M.
Des Verfassers Rüstzeug reicht für die Aufgabe, die er
sich gestellt hat, nicht im entferntesten aus. Es besteht aus
dem zuversichtlichen Glauben an die Wissenschaftlichkeit
seiner Autfassung, der Begeisterung für seine magyar. Mut-
tersprache, mühsam zusammengestoppelter, grossenteils veral-
teter KompendienAveisheit und einem leidigen ungardeutschen
Stile. Er behandelt die bekannte morphologische Einteilung
der Sprachen, deren Verhältnis zueinander, ihre übliche genea-
logische Gruppierung, Phonetik, Laut- und Bedeutungswandel,
die Verwandtschaft der Sprachfamilien, die Theorien über den
Ursprung der Sprache, Kindersprache, sprachbildende Fähig-
keit des Menschengeistes, Ursprache und Urgeschichte.
Die erste Hälfte des Buches (S. 6 — 139) wird dem Sprach-
forscher wegen der Ansichten des Verfassers über das Aus-
sehen der idg. Ursprache eine Quelle reiner Freude sein ;
speziell für Germanisten ist es z. B. interessant, dass S. 35
ein bis dato total unbekanntes ahd. Verbum giulm durch-
konjugiert wird. Leider wird Aveder Quelle noch Bedeutung-
angegeben ^). Schwächlichen Personen ist indes von der Lek-
1) Darf ich mir eine küline Konjektur erlauben, so iiiöcht it-h
abnehmen, dass der Verf. (jiuhn für bii/fju verlesen hat! Ich be-
nutze diese Geleg'enheit, um meine; in der Beilage zur AlJiiemeinen
Zeitung 1(S98 Nr. 107 ausg'es])rochene Verurteilung des Buches trotz;
der lobenden Kritiken Aon Dahlmann 'Stimmen aus Maria Laaeh
LXV Nr. 1), von der Gab eleu tz LCB. 1893 Nr. 18 und Misteli
Ungarische Revue 1893 S. 513 in vollstem Umfang aufrecht zu
halten. Das Buch ist ein Werk des ausgesprochensten Dilettantis-
nuTs, nichts mehr und nichts weniger.
W i 1 h e 1 m S t r e i t b e r g.
Anzeiger VI 1 u. 2. 1
2 Giessweiii Die Hauptprobleme dei* Sprachwissenschaft.
türc der SS. 129 — 138 abzuraten, da dem Leser auf diesen
10 Seiten nicht weniger als 3 vergleichende Tabellen der
idg.-sem., idg.-ugrofinn. und idg.-sem.-ugrofinn. Sprachen ver-
setzt werden. Der zweite Teil (S. 140 — 234) ist weniger unter-
haltend, aber auch der Natur der Sache nach von so krassen
Fehlern, wie sie im ersten auf Schritt und Tritt dem Leser
begegnen, freier. Wirkliche Förderung der in Augriff' genom-
menen Probleme bietet auch er nicht.
Marburg. Klaudius Bojunga.
Ries J. Was ist Syntax? Ein kritischer Versuch. Marburg
Elwertsche Verl. ^894. 163 S, 8». 3 M.
Der Verfasser beschäftigt sich nicht, wie es nach dem
Titel wohl scheinen könnte, mit sprachphilosophischen Er-
örterungen ähnlicher Art, wie sie uns Paul in einigen Ka-
piteln seiner Prinzipien in so musterhafter Weise vorgeführt
hat, sondern er verfolgt vielmehr eingehend und sorgfältig
die Frage, Avie ''der Begriff' der Syntax zu verstehen, ihr
Stoff zu begrenzen, zu behandeln und zu ordnen sei". Wenn
also die Schrift zum grösseren Teil nur für die Systematik
von Bedeutung ist, so möchte ich mir doch nicht versagen,
den Inhalt auszugsweise vorzuführen, in der Hoffnung, dass
des Verf. erneuter Kuf nach besserer Systematik in der Syntax
nicht ungehört verhallt, sondern dass infolge verbesserter Grup-
pierung des Stoffes manches bisher vernachlässigte Kapitel
eifrigere Förderung findet. In seinem ersten Teil bespricht V.
die verschiedenen Systeme der syntaktischen Darstellung und
Forschung. Er stellt drei Gruppen auf. In erster Keihe
kritisiert er das System oder vielmehr die Systemlosigkeit
der Mi seh Syntax. Hierhin gehören alle die Werke, welche
unabsichtlich oder absichtlich in der Auswahl des Stoffes oder
in der Behandlung desselben kein einheitliches Prinzip zeigen.
Die zweite Gruppe nennt Verf. nach ihrem konsequentesten Ver-
treter das System Miklosi eh. M. hat durch seine zu enge
Definition (Syntax = Lehre von der Bedeutung der Wortklassen
und Wortformen) wichtige Kapitel der Syntax, wie die Wortstel-
lung, Betonung usw., ganz von der Behandlung ausgeschlossen,
seine Nachfolger (Erdmann) fallen dadurch, dass sie die aus-
geschlossenen Kapitel durch Ilinterthüren, freilich an unver-
muteter Stelle, wieder einführen, aus dem System M. heraus,
in das der Mischsyntax zurück. Bei der dritten Grui)pe,
welche Syntax als reine Satzlehre auffasst, stehen die Kai)itel,
Avelche die noch keinen Satz ausmachenden syntaktischen
Gebilde umfa^isen, ausserhall) der Disposition (vgl. Schmalz).
Eies Was ist Svntax?
Der zweite Teil, der nicht durcliaus eiiiwandsfrei sein
dürfte, zeigt, welchen Platz der Verf. der Syntax innerhalb der
Grammatik anweist. Er beginnt mit der Gegenüberstellung
von Formenlehre und Syntax; er will statt dessen Wort-
lehre und Syntax sagen. Die "Wortlehre solle Flexionslehre
und AYortbildungslehrc umfassen, darum könne man die beiden
nicht unter dem Namen Formenlehre zusanmien fassen (S. 67 f.);
trotzdem gebraucht der Verf. S. 79 im Schema und sonst in dem
alten Sinne 'Formenlehre'. Auch hätte der Verf. zeigen sollen,
dass sich die Begriffe Formenlehre und Syntax in der selben
Weise kreuzen, wie er es im folgenden Abschnitt an den
Begriffen Bedeutungslehre und Syntax dargethan hat.
Der Syntax, der Lehre vom W^ortgefüge, hat die Wortlehre
gegenüberzustehen, der Bedeutungslehre dagegen die Formen-
lehre. So ergeben sich zwei sich kreuzende Einteilungen:
Formenlehre
Wortlehre
Lehre von den
Formen der Worte
Svntax
Lehre von den For-
men der syntakti-
schen Gebilde
Bedeutungslehre
Lehre von der Bedeutung
i der syntaktischen
der Worte
Gebilde
Das folgende Kapitel grenzt W o r 1 1 e h r e und Syntax
gegen einander ab. Manchmal, z. B. S. 84. scheint es so, als
wolle der Verf. alles, was Mikl. Syntax nannte, der Wortlehre
zuweisen. Ob sein Wunsch, die materielle Bedeutung der
Worte und Kasus in der Wortlehre, dagegen die syntaktische
Bedeutung in der Syntax zu behandeln, praktisch durcliführ-
bar ist, scheint mir zweifelhaft, z. B. beim Akk. Eine einheit-
liche Bedeutung ist nicht aufzufinden; müsste also jede ein-
zelne Bedeutung in der Wortlehre aufgeführt werden? Wo soll
die Grenze gezogen werden? Nachdem der V. im weiteren kurz
über Syntax und Lautlehre gesprochen, zeigt er, dass die
Frage wie Syntax und Stilistik abzugrenzen seien, schief
gestellt ist. Die Stilistik steht vielmehr der ganzen Grammatik
als eine ästhet. Wissenschaft gegenüber und behandelt dieselben
Objekte wie diese, nur unter anderen Gesichtspunkten. In einem
Schlusskapitel bespricht V. eine Disposition der Syntax.
Hier lultte er etwas konkreter und ausführlicher sein können,
ist er doch sonst nicht zu knapp und Avortkarg^).
Coburg. Eduard Hermann.
1) In F. Holthauseiis jüngst erschienenem aisl. Elementar-
4 Bastican Die Verbleibsorte der «abgeschiedenen Seele.
Bastian A. Die Verbleibsorte der abgeschiedenen Seele. Mit
3 Tafeln. 166 S. 8". Berlin, Weidmannsche Buchhandlg.
1893. 3 M.
Der gelehrte Verf. hat in vorliegender Schrift einen Vor-
trag, den er im Februar 1893 im Verein für Volkskunde za
Berlin hielt, zu einem Büchlein erweitert. Er will darin eine
Anzahl der allmählich erkannten Elementargedanken der
Menschheit für "ergänzende Anknüpfungen zum Ausverfolg"
vorläufig nebeneinanderstellen. Die dabei leitenden Gesichts-
punkte sollen in späteren Monographieen Aveiter ausgeführt
werden. Hier macht er uns zunächst bekannt mit einer Reihe
von Vorstellungen der verschiedensten Völker und Zeiten vom
Tode, von der Seele, dem Seelenkultus, der Wiederkehr der
Toten zu den Lebenden, den Mitteln dieselbe zu verhindern
und von den Aufenthaltsörtern der Seele. Die weltweite
Völkerkenntnis Bastians bringt, wie immer, manche neue
Daten, bald aus diesem, bald aus jenem Lande der Erde
herbei, stellt aber kaum neue Gesichtspunkte auf, auch nicht
in den allgemeinen Betrachtungen, die hin und wieder jene
lange Notizenkette unterbrechen, um auf den Zusammenhang
jener uralten Volksanschauungen mit der indischen und helle-
nischen Philosophie und der modernen Geisterseherei hinzu-
weisen. Wie es nun weniger die Tiefe oder Neuheit der
Gedanken, als die Ungeheuerlichkeit des Stils ist, die ihr Ver-
ständnis sehr erschwert, so wird die wissenschaftliche Benut-
zung jener Daten dadurch sehr beeinträchtigt, dass sie ohne Qel-
lenangal)e, unvollständig, ungenau oder auch falsch voi'geführt
und, wenn an sich richtig, oft durch die Einschachtelung in
ein falsches Licht gerückt werden. Dazu hat die mangelhafte
Disposition manche Wiederholungen und andrerseits manche
Gedankensprünge veranlasst, und nicht wenige Druckfehler
mahnen zu Aveiterer Vorsicht. Selbst die drei beigegebenen
Tafeln mit ihren interessanten Bildern, welche Sterbe- und
Tramnscenen, das biblische Paradies und eine russische Auf-
fassung des jüngsten Gerichts darstellen, tragen zur Aufklä-
rung des vorliegenden Textes kaum bei, da sie, aus frühern
Werken des Verfassers herübergenommen, mit diesem seinem
jüngsten in keinem engeren Zusammenhang stehen. Ein reicher
Stott' liegt vor uns ausgeschüttet, der rasch zu ein paar Gedanken-
haufen aus einander geschoben ist. Wertvolles und Nichtiges,
Brauchbares und Vieles, das man nicht einmal begreift, liegt
buch (Weimar Fdbcr 1S'.I,5) ist zxuii ersten ]\Ia] (Ut interessante Xvv-
siich gemacht worden, das von Kies thcorctiscli (Mitwoifnc Srliciiia.
in die Praxis einzuführen.
W. Str.
Bastian Die Verbleibsorte der abgeschiedenen Seele. o
durch einander. Ein paar Beispiele: S. 23 ist von Weissen
die Eede, die unter Wilden anlangend als Wiedererstandene
(Eing-eborene) begrüsst werden. Darauf: ''Der in den Busch
entlaufene Convict wurde an einer Narbe als wiedergeborener
Verwandter erkannt im Aveiss Geschruppten (der "lilack
felloAvs")." Wer ist Convict, welche black felloAvs sind ge-
meint? S. 24 finden wir den doppelt und dreifach falsch
konstruierten Satz: "Der durch Xolotl aus der Unterwelt
heraufgebrachte Knochen wurde zum Menschen belebt (in
iMexico), und das Kuöchelchen Lus (zur rabinischen Wieder-
geburt), in des Bockes Knochen (für Thors Schmaus), wenn
unverletzt (in Sibirien)"! Und fünf Zeilen weiter: "Erwache
('Vigila' bei Vandalen) zum anbrechenden Licht (s. Sahagun),
wurde (in Mexico) den Seelen zugerufen, als Teotl (Göttlich)'.
Wer ist Sahagun? Mit dem vandalischen 'Vigila' ist offenbar
das wahrscheinlich slavische! 'vigila Hennil' (die Morgenröte?)
gemeint, von dem zuerst Ditmar von Merseburg aus seiner
Gegend berichtet hat vgl. J. Grimm Deutsche Mythol.'^ II 625,
III 22?). Der Verf. wird bei seiner eingehenden Bekannt-
schaft mit der Ethnologie die seltsamen Ideen dieses Ge-
biets durchweg richtig gedeutet haben, doch nicht immer.
Schwerlich z. B. ist für die Einheriar Walhall deshall) so
prachtvoll ausgestattet, "damit sie durch solche Genüsse hoffent-
lich allzu sehr verwöhnt sein Averden, um sich nach den Arm-
seligkeiten des Erdenlebens zurückzusehnen, so dass dieses
ungestört bleibt (mit den dort Zurückgebliebenen)".
Der Nutzen des Buches besteht für den Laien darin, dass
er einen Gesamteindruck vom Alter und von der weiten Ver-
breitung gleichartiger Todes- und Seelenvorstellungen bei den
verschiedensten Völkern bekommt. Neben ihm mag der Fach-
mann eine oder die andre Notiz nach vorsichtiger Prüfung für
seine Forschung sich aneignen.
Freiburg. Elard Hugo Meyer.
Dietericli A. Nekyia. Beiträge zur Erklärung der neuent-
deckten Petrusapokalypse. Leipzig Teubner 1893. VI u.
■ 238 S. 8«. 6 M.
Der Verf. unternimmt es, die Höllenschildcrung der neu-
gefuiulenen Petrusapokalypse als eine im Wesentlichen grie-
chischen Quellen entnommene nachzuweisen. Es sind nach
D. hauptsächlich orphiseh-pythagoreische Bilder vom Jenseits,
die aus der apokryphen Schrift des Apostels auf uns blicken.
Es ergibt sich ihm diese Thatsache nicht aus einer allgemei-
nen Übereinstimmung^ sondern aus der völligen Gleichheit
6 Dieterich Nekyia.
der Einzelheiten in der Ausmalung-. Wer das zeigen wollte,
hatte die Pflicht, die Jenseitsschilderungen der Orphiker aus
den zwar zahlreichen, aber in alle Zeiten und Kreise der
Antike auseinandergesprengten Bruchstücken zusammenzulesen
und zu ordnen. Die ja bekannte Gelehrsamkeit des Verf.s
hat die schwierige Aufgabe in kurzer Frist in der Haupt-
sache zu Wege gebracht; sein Wissen auf entlegenen Gebie-
ten ist erstaunlich ! Ergänzungen und Verbesserungen sind
billig. Ich will seine Gedanken nicht einzeln vorführen. Das
Buch will gelesen sein.
Unter den Einwänden, die von Seiten der wissenschaft-
lich arbeitenden Theologie den Ergebnissen des Buches ge-
macht sind, ist mir einer vorgekommen, auf welchen Diete-
rich keine Antwort hat. Wir wissen aus den altchristlichen
Quellen und verstehen, dass den Christen die dionysisch-or-
phische Eeligion mit ihrer Ekstase und ihrer AVildheit ver-
hasst war. Und doch sollen die Christen auf dionysisch-or-
phischer Grundlage weitergebaut haben? Man sieht die Un-
wahrscheinlichkeit der These, die Dieterich verficht. Irgendwo
muss ein Fehler stecken, nicht in D.s Beweisführung, wohl
aber in seinen Voraussetzungen. Das heisst so viel als: 'dio-
nysisch' und 'orphisch' sind nicht identisch, sondern ursprüng-
lich ganz verschieden gewesen, die dionysische Religion ist
mit der 'orphischen' Religion auf sekundärem Wege erst ver-
schmolzen worden, hier und da, nicht überall; die i*ein or-
phische Religion (d. i. die reine Jenseitsreligion), nicht die
erst später zusammengeAvachsene dionysisch-orphische, Avar
es, welche mit dem Christentum, wie mit manchen andern
Kulten, eine Verbindung einging. Diesen und andere Nach-
weise findet man in meinem eben erschienenen Buche 'Or-
pheus. Untersuchungen zur griechischen, römischen, altchrist-
lichen Jenseitsdiclitung und Religion'; München 1895.
Greifswald (Marburg i/H.). Ernst Maass.
Leist B. W. Alt-arisches lus Civile. Erste Abteilung. Jena
Gustav Fischer 1892. XII und 531 S. 8«. 12 y\.
"Durch die Sprache Avird der Beweis geliefert, welche
einzelnen Völker zu den indogermanischen oder arischen ge-
hören. Damit ist die Möglichkeit gemeinsam-arischer, auf
historischer Ursprungs-Verwandtschaft beruhender 'stamra-
rechtlicher' oder 'stammverwandter' (d. li. auf alter Stamm-
basis gleichartig fortcntwickelter ) Institutionen gegeben ".
Diese Worte, welche auf der ersten Seite des Buches stehen,
Leist Alt-arisches Ins Civile. 7
enthalten den Grundg'edanken, von dem der Herr Verfasser
in diesem Werke ebenso Avie in den beiden vorliergehenden
über 'Graeco-italische Rechtsgescliichte'^) und 'Alt-arisclies
Ins Gentium'^) ausg-etit. Der Hr. Verf. beabsichtigt keines-
wegs, von vorn herein mit einer abstrakten Lein'e darüber
aufzutreten, wie überhaupt bei allen Völkern 'das' Recht
entstehe; er Avill die Grundelemente der bei arischen gentes
entwickelten Rechtsordnung darlegen. Dabei steht die Sprache
notwendig schon deshalb im ^Mittel punkte der Argumentation,
weil die gemeinsame Herkunft dieser gentes eben durch sie
erwiesen ist. Die Vergleichung der Rechtsordnungen solcher
Völkerstämme, die mit den arischen nicht sprachverwandt
sind, die Prüfung der verschiedenen 'Rechtsschemata' auf
ihre 'rationelle' Verwandtschaft^) ohne Rücksicht auf ihren
historischen Zusammenhang, also die Probleme der sog. 'ver-
gleichenden' Rechtswissenschaft im e. S. liegen ausserhalb
des Planes dieser Bücher; was sie bringen Avollen, sind ge-
schichtliche Untersuchungen über die EntAvickelung ari-
scher Rechtsinstitutionen. Nur beschränkt sich die Un-
tersuchung nicht darauf, was die direkte Überlieferung von
den Institutionen eines oder mehrerer arischer Völker be-
richtet oder Avas sich auf Grund der Einzelüberlieferung, und
diese ergänzend, vermuten lässt; um eine ältere Schiclit ari-
scher Rechtsordnung, welche der Überlieferung vorangegan-
gen ist, zu ergründen, bedient sich der Hr. Verf. des Mittels
der Vergleichung, so wie die 'vergleichende' Grammatik den
Zustand der arischen Sprache vor dem Beginn der Über-
lieferung aufzudecken trachtet.
Geht nun die gescliichtliche Erforschung uralter arischer
Institutionen von den Resultaten der Sprachwissenschaft aus,
so bleibt sie in ihrem Verlaufe doch nicht von ihnen abhän-
gig. Es giebt Institutionen, die bei den einzelnen arischen
gentes mit ganz verschiedenen Namen bezeichnet werden und
bei denen dennoch die sachliche Untersuchung das Resultat
sicherer geschichtlicher Kohärenz konstatiert. Es giebt um-
gekehrt bei den arischen gentes Einrichtungen, welche den
gleichen Namen tragen, die aber nicht als ein und dieselbe
Institution bezeichnet werden dürfen (S. 13). So muss die
sacldich-juristische Untersuchung in BetreflF der geschichtlichen
Zusammenhänge, welche zwischen den Institutionen der ver-
schiedenen arischen gentes bestehen sollen, gegenüber der
sprachlichen ihre selbständige Stellung immer festhalten. Wird
1) Jena 1884. XVIII und 7G9 S. 8«. (GIRO.).
2) Jena 1889. XIV und G24 S. 8<\ (IG.).
3) S. bes. IG. 12.
8 Leist Alt-nrisclies lus Civile.
diese aber gewahrt, so ist neben der sachlichen Beweisfüh-
rung- die ausgiebige Verwendung der Ergebnisse der Sprach-
wissenschaft nicht allein unbedenklich, sondern unumgänglich;
grade in der Wechselwirkung der beiden Faktoren auf ein-
ander ist die unentbehrliche Voraussetzung gegeben, um zu
sicheren Resultaten zu gelangen. Der Hr. Verf. glaubt dem
Betriebe der Sprachwissenschaft nicht nahe genug zu stehen,
um für die von ihm herbeigezogenen Resultate derselben
eigene Verantwortung übernehmen zu dürfen. Er verwende
nur das von zuverlässigen Gewährsmännern Gesagte; und
w^enn die Ansichten in der Sprachwissenschaft auch selbst-
verständlich wechseln, so stehe Manches und Vieles doch als
unumstösslich da. So ist z. B. die Gemeinsamkeit des Dijäus
inta Janifa, Zeuc 7TaTr)p yeveTrip, lovis pater gejiitor nicht zu
erschüttern. Dagegen sieht der Hr. Verf. von der Benutzung
dessen ab, was über die Geschichte der Trennung und der
alten materiellen Kultur der arischen gentes gedacht oder
geschrieben ist. Nicht dass er deren Wert für die Unter-
suchung des Rechtes, der Sitte und des Kultus jener Zeiten
gering schätzte oder daran zweifelte, dass die Wechselbezie-
hung zwischen dem im juristischen und dem im kulturge-
schichtlichen Gebiet sicher Festgestellten noch einmal frucht-
bringend sein werde; die Unsicherheit, welche in der Be-
handlung der alt-arischen Kulturgeschichte vorherrscht, lässt
es ihm aber für seine Aufgalje der Institutionen-Erforschung
als einen Gewinn erscheinen, dass sie sich von den kultur-
geschichtlichen Fragen einstweilen lösen lasse.
Der Hr. Verf. sucht vor Allem festzustellen, welche ein-
zelnen Institutionen gleichmässig bei den Griechen Italikern
und Indiern, in einigen Fällen auch noch Aveiter bei anderen
arischen Stämmen nachgewiesen und als 'historisch kohärent'
erwiesen werden können. Unter 'Institutionen' versteht er
die mit gewisser fester Wirkung vom Volke fort und fort
durch die Generationen getragenen Akte oder Beziehungen;
diese Institutionen können religiös, oder Sitte, oder rechtlicher
Natur, oder endlich alles drei zugleich sein (S. 7). AVcnn
eine Institution gewisse Sätze enthält, die schon bei den Vor-
vätern der Indier, Griechen und Italiker als festgestaltete
anzunehmen sind, so nennt der Hr. Verf. das 'Stammrecht'.
Anderes ergiel)t sich zwar als aus gewissen ursprünglichen
Keimen nationaler Gleichartigkeit entstanden, aber docii erst
in der Zeit, wo Griechen und Italiker getrennte Wohnsitze
hatten, in eigenartiger Weise hier und dort fortentwickelt;
das heisst er 'stammverwandtes Recht'. Beides ist oft wegen
der Mangelhaftigkeit der Quellen nicht genau zu scheiden,
auch hat l»eides für die Verfolgung der geschichtlichen Ent-
Leist Alt-arisches lus Civile. 9
Wickelung, Avie der Hr. Verf. sie in diesen Büchern unter-
nimmt, den gleichen Wert; ja die stammverwandten Gebilde
haben dafür oft ein noch erhöhtes Interesse, da sie zeigen,
wie entfernt, bei aller fundamentalen Gleichartigkeit der grie-
chischen und latinischen Rechtsordnung, manche Institutionen
sich schon wieder gestellt haben. Denn Avie die 'verglei-
chende' arische Sprachgeschichte, indem sie Sprachformen als
* historisch kohärent' erweist und die 'Urformen' rekonstru-
iert, nicht sosehr die Kenntnis der 'Ursprache' als vielmehr
das geschichtliche Verständnis der alt-überlieferten Sprachen
im Auge hat; wie Viktor Hehn, wenn er sich ein Bild von
der materiellen Kultur der "Ur-arier' zu machen sucht, damit
insonderheit den Zweck verbindet festzustellen, was die histo-
rischen arischen Stämme in ihre geschichtlichen Sitze mitge-
In-acht, und Avas sie später entlehnt haben: so stehen auch
die Leistischen Untersuchungen über alt-arisches Recht im
Dienste der Aufgabe, die Grundelemente des historisch gege-
benen Rechtes arischer Völker und vorzüglich die des römi-
schen Rechtes aufzudecken.
Das Recht der urbs Roma, AA^elches für das ganze römische
Reich subsidiäre Geltung gcAA^ann und auf die RechtsentAA'icke-
lung der modernen arischen Völker einen gewaltigen Einfluss
ausgeübt hat, trat in die geschichtliche Zeit als striktnatio-
nales ius ciAile ein. Das Recht der römischen civitas und
der älteren latinischen civitates kann aber ebensowenig, als das
der griechischen TtöXeic in der griechischen, in der italischen
Halbinsel ganz neu entstanden sein; Avie von ihrer Sprache,
so müssen die Italiker und Griechen auch von ihrer sozialen
Ordnung gcAA'isse Grundelemente mit sich gebracht haben.
Schon das Altertum unterscheidet deutlich zweierlei Rechts-
quellcn. Einerseits das Recht, nach Avelchem die schon zu
TTÖXeic- oder ciAitates-Verfassungen gelangten populi leben;
solches Gesetzes- und GcAvolmheitsrecht, Avelches die richter-
liche Zwangskraft der ttöXic oder civitas hinter sich liat, ist
partikulares ius ci\ile. Andrerseits dasjenige Recht, AA-^elches
A^or den iröXeic- oder civitates-Verfassungen bestand, und aus
dem grade auch diese hervorgegangen sind; das ist alt-ari-
sches ius gentium, das alte ius non scriptum, das die Römer
fas, die Griechen öemc nennen. Dieses Themis- und Fas-
Recht, welches durch die kombinierte Einzeluntersuchung her-
vorragender Institutionen als untereinander und mit dem in-
dischen Dharma-Rechte historisch kohärent erwiesen Avird,
galt als ius divinum, das durch priesterliche Exegeten den
Älenschen vermittelt AA-ird; es AA-ar, aaüc auch immer in den
einzelnen Volksstämmen \'erschieden fortgel)ildet, gemeinsa-
mes Besitztum A'on gentes, AA-elche als Wurzel des Rechts den.
10 Leist Alt-arisches lus Civile.
schützenden und strafenden göttlichen Vater Zeus anbeteten»
Das alte ius gentium stand zu hoch, als dass es von den
Auktoritäten des kleinen Partikularstaates hätte abgeschafft
\verden können. Doch bestand es aus wenigen allgemeinen
und vieldeutigen Sätzen ; und man hatte das Bedürfnis, für
eine immer wachsende Zahl von Einzelpunkten klare Straf-
bestimmungen behufs xVufrechterhaltung der Ordnung im Ge-
raeinwesen zu schaffen. So hat sich in den griechischen ttö-
Xeic und den italischen civitates auf eigentümliche und we-
sentlich gleichartige Weise eine kleinstaatliche weltliche Rechts-
satzungsmacht herausgebildet; und dieses eigentümliche Vor-
scli reiten der iröXeic und civitates zur scharfen Ausprägung
der Macht, weltliche partikularrechtliche Normen zu schaffen,
ist für das Gelangen der Menschheit zu höherer Rechtsaus-
bildung von entscheidender Bedeutung geworden: es ist da-
mit der klare Begriff des ius civile in die Welt gekommen. —
Nachdem der Hr. Verf. in seinem Buch über 'Graeco-
italische Rechtsgeschichte' besonders das griechische Tliemis-
Recht und im 'Alt-arischen Ius Gentium' das indische Dharma-
Recht einer eingehenden geschichtlich-vergleichenden Analyse
unterzogen hat, unternimmt er es in dem Werke über 'Alt-
arisches Ius Civile', dessen Erste Abteilung vor uns liegt, mit
Hülfe des reichlicher überlieferten Dharma- und Themisrech-
tes das alte römische Fas, von dem uns nicht mehr als ein
Trümmerhaufe von Einzelheiten erhalten ist, zu rekonstru-
ieren und nachzuweisen, wie sich an das alte Fas die Ent-
wickelung des ius civile der urbs Roma anschliesst; als Pa-
rallele dazu dient die Erklärung des gortynischen ius civile
aus dem allgemeingriechischen Themis-Rechte. An diesen
beiden Typen will der Hr. Verf. zeigen, Avie alt-arisches ius
civile aus älterem ius gentium lua'vorgegangen ist. Er ist
sich der naheliegenden Forderung wohl bcAvusst, dass das
ius civile aller oder doch möglichst vieler TtöXeic und civi-
tates mit dem Themis- und Fas-Rechte zusammengestellt Aver-
den sollte; doch ist der Zustand der Quellen dem entgegen.
So beschränkt sich der Hr. Verf. einstweilen darauf, das Ver-
ständnis einzelner Hauptpartien, die als Anhaltspunkte für
weitere Forschung dienen können, zu crschliessen. Es geht
eben nicht gleich Alles auf einmal. Der Titel des Buches
lautet nicht 'Das alt-arische Ius Civile', sondern nur 'Alt-
arisches Ius Civile'; (,'l)enso ist das diesem vorhergehende
Werk 'Alt-arisches Jus Gentium' betitelt. Wer das alt-arische
ius gentium beschreiben Avollte, müsste alle Institutionen
aller arischen Völker auf ihre historische Kohärenz durch-
sucht haben; das Avürde aber für jetzt auf nicht viel mehr
als eine; oberlläcliliche Zusammenstellung des Augenfälligen
Leist Alt-arisches Ins Civile. 11
aus allen arischen gentes herauskommen. Dem zieht es der
Hr. Verf. vor, zunächst in einem engeren Gebiete den Din-
gen mehr auf den Grund zu gehen; das ist da möglich, "\vo
wir in den sakralen Zusammenhängen ein vortretfliches Ma-
terial besitzen, um daraus für die historische Kohärenz der
Institutionen Beweismomentc zu entnehmen. Dabei versagt
er sichs keineswegs, wo es ihm zweckmässig erscheint, über
den engeren Kreis hinauszugreifen und Einrichtungen ande-
rer arischer Stämme, iranische, germanische, keltische, arme-
nische zu erwägen ; in der Hauptsache sind aber diese Bücher
den Institutionen der drei Stämme gewidmet, von denen uns
die vorchristliche Überlieferung in reicher Fülle erhalten ist,.
der Indier Griechen Italiker^).
Die Zeit ist dahin, da der Sprachforscher unbefangen die
ur-arische Kultur erschloss; man hatte sich zu vielversprechend
und ist skeptisch geworden. Am Schlimmsten ist dabei die
geistige Kultur der Arier gefahren, Religion Sitte Recht. Dass
das 'Ürvolk' Viehzucht, auch Ackerbau und manche Fertig-
keit getrieben habe, nimmt man wohl hin ; und mancher
weiss gar zu berichten, wo einst der 'Ursitz' lag. Von ur-
arischem Kult, der ^Mythologie zu geschweigen, wollen aber
nicht viele etwas hören. Das sind unsichere Dinge, und
besser ists ein jeder bleibt auf seinem Gebiet, ohne sich um
die verwandten Stämme gross zu kümmern : wo man da nicht
mehr weiter kann, hilft wohl die neue Wissenschaft der Eth-
nologie aus, zumal sie in dem, Avas über die 'Naturvölker'
erkundet wird, die schönsten Analogien für das Leben eines
'Urvolkes' darbietet. Die Beobachtung geschichtsloser Völ-
kerstämme mit geringer Kultur hat dazu beigetragen, das-
Urteil über unsere eigene Vorzeit, besonders deren materielle
Kultur, klarer und sicherer zu machen ; die Dinge des äusse-
ren Lebens, Nahrung Kleidung Kunstfertigkeit sind verhält-
nismässig leicht festzustellen, Beobachtungsfehler auf diesem
Gebiet bei sonst zuverlässigen Beobachtern nicht überhäufig..
Ganz anders steht es, auch in einfachen Verhältnissen, mit
Religion und Mythologie, Sitte und Recht. Auch die sicherste
Beobachtung kommt über die Feststellung des Äusserlichen
schwer hinaus, und die Neigung und Fähigkeit, dem Frem-
den die eigene Vorstellungswelt und das innerlichere Le])en
1) So g-ebrauc'ht der Hr. V. ziiweilen auch das Wort 'Urvolk'
der Kürze halber für die Vorlaliren dieser Völker und der sonst
grade behandelten Stämme, oline dass er damit das von ihnen Aus-
gesagte gleich dem alten Urvolk der ungetrennten Arier zuschrei-
ben wollte.
12 Leist Alt-arisches Ins Civile.
zu erschlicsscn, pflegt bei wenig kultivierten Stämmen gering
zu sein; ausserdem ist die naturgemässe Schwierigkeit der
Verständigung über solclie Dinge, und am Beobacliter die
Seltenheit der Befähigung zu berücksichtigen, sich vom ge-
wohnten Vorstellungskreise frei zu machen und in die fremde
Welt hineinzuempfinden. Auch ist der grade gegebene Zu-
stand eines geschichtslosen Volkes nur ein zufälliger Quer-
schnitt, den wir mit anderen vergleichen und in seiner Be-
sonderheit aufzufassen suchen aber nicht eigentlich verstehen
können; denn Verstehen ohne geschichtliches Begreifen
ist in diesen Dingen nicht möglich. Und dass solch ein ge-
schichtsloser Stamm mit seiner geringen Kultur jünger als
das höchstkultivierte Volk wäre, würde sich schAver wahr-
scheinlich machen lassen, — er mag in der Entwickelung
zurückgeblieben oder zurückgegangen sein; hätte es aber
nicht seine Bedenken, die Vorstellungen eines geistig zurück-
gebliebenen Mannes zur Erschliessung der Ideen zu verwen-
den, Av eiche die Kindheit eines hoch entwickelten Mannes
b-eherrscht haben mögen V da Avendet sich Vieles doch recht
anders. Die Beobachtung anderer, auch der geschichtslosen
Volksstämme kann unsere Anschauung bereichern und uns
neue Möglichkeiten der EntAvickelung zeigen. Zunächst gilts
aber, meine ich, vor Allem, den Ideenkreis und deren Ver-
körperung, die Einrichtungen des bestimmten arischen Volks-
stammes so weit als möglich zurück zu verfolgen und in
ihrer Eigentümlichkeit aufzufassen, indem Avir uns daA'or hü-
ten Fremdartiges hineinzutragen; dann AA'ird es sich deut-
licher erkennen lassen, AA'^as daA^on den Menschen gemein,
AA'as individuell arisch ist, und AA^elehe besondere Nuance das
Gemeinmenschliche auf arischem Boden angenommen hat.
Die arischen Völker sind einmal ein Volk gcAA^esen.
Sie haben lichte Götter gehabt, die dii, und den hellen Him-
melsgott Zeus, den sie Vater nannten. Den Zeuc Tratiip linden
wir Avenigstens bei denjenigen arisclien Stämmen, von deren
Kultus Avir frühe und reichlichere Kunde haben; auch im
Zoroastrischen pitar Ahura Mazda Avird sich der alte Dyäus
pitar asura spiegeln. Die Behandlung von Kultus und Göt-
terlehre alt- und ur-arischer Zeiten steht in den Anfängen;
die Untersuchung ist Avesentlich der Mythologie zu Gute ge-
kommen, \'on der darüber hereinbrechenden skeptischen Stim-
mung haben daim Kultforschung und Götterlehre ihr ül)er-
reichlich Teil gehabt. Beides ist in der AVissenschaft mehr
nebenlier betrieben Avorden. Auch die 'sprachlichen Glei-
chungen' sind nicht erschöpft; ich glaube z. B. dass der ai.
Pdtihan und der griech. TTotv nicht nur den Lauten nach zu-
sammengehören (vgl. sü)'!i<i : iiXioc), sondern sich auch in
Leist Alt-arisches lus Civile. 13
ihrem Wesen als 'histoiisch kohärent' werden erweisen lassen.
Doch ist immerhin eine Reihe bedeutender Indizien gesam-
melt, welche auf Form und Inhalt der Götterverehrung und
die Art der Ehe und Familiengemeinschaft bei den alten
Ariern hinweisen^); und während, wie zuerst in grossem Zu-
sammenhange Viktor Hehn gezeigt hat, in der materiellen
Kultur arisches Gemeingut in weitem Umfang auf Entlehnung
zurückgeht, wird das, was in Sitte und Kult den Indiern mit
Griechenland oder Rom gemeinsam ist, dessen nicht oft ver-
dächtig sein. Der Zufall aber ist als mögliche Fehlerquelle
stets im Auge zu behalten; doch werden wir uns insonder-
heit hier, wo es sich um stammverwandte Völker handelt,
davor hüten ihn zur Aushülfe heranzuziehen, bevor die Über-
einstimmung sorgfältig auf ihre 'historische Kohärenz' geprüft
ist. Nun stellt der Hr. Verf. nicht sowohl einzelne Bräuche
der verwandten Stämme zusammen, sondern es sind vor
Allem die fundamentalen Einrichtungen des Gemein-
lebeus, die er seiner genauen geschichtlich -vergleichenden
Prüfung unterzieht. Im Mittelpunkte des kultrechtlich ge-
ordneten arischen Gemeinlebens steht die Ehe, welche unter
Gleichen zur Erzeugung legitimer Kinder und insonderheit
legitimer Söhne nach festem Brauch geschlossen Avird. Die
Ehe ist nicht auf 'Patriarchats-' oder 'Matriarchats-' sondern
'Parental-Recht' gegründet. Zwar steht dem 'Eheherrn' (pdti)
nicht allein die potestas nach Aussen zu, auch im Innern des
Hauses herrscht er mit absoluter Gewalt; doch wird voraus-
gesetzt dass die 'Eheherrin', die Mitpriesterin in den Haus-
sacra (pdfnl), auf seine Entschliessung beratend eingewirkt
haben werde (s. z. B. S. 74 ff.), Zentrum des Hauses und
der Haussacra ist der Herd ('Hestia-Institution'), Haus und
Herd stehen unter göttlichem Schutze, der den Griechen und
Römern vor Allem vom Vater Zeus ausgingt). Die Gesamt-
heit der südarischen gentes steht nach ihrer Anschauung
unter neun Geboten, die der Gottheit entstammen und von
weisen Männern 'gesehen' wurden. Selbständiges Glied der
Rechtsorganisation des Gemeinwesens ist der Haushalter; er
ist Richter im eigenen Hause und bei ihm steht, mit be-
stimmter kultrechtlicher Einschränkung, die Selbsthülfe nach
aussen. — Ich habe damit einige grundlegende Sätze aus
der Aveit und tief greifenden Untersuchung kurz wiedcrzu-
1) Vgl. z. B. die GGA. 1890 S. 908 ff.
2) Es ist bemerkenswert dass auch in den altzoroastrischen
Gäthäs, denen die arischen mid indoiranischen Götter sonst fremd
sind, neben Ahura Mazda das heilige Feuer ätar steht (vgl. skr.
dtharvan, Atharva-Veda, und lat. atrium).
14 Leist Alt-arisches Ins Civilc.
^cbeii versuclit. Der Beweis von der geschichtlichen Ver-
wandtschaft der arischen Sprachen ist nicht durch einzelne
frappante Etymologien, sondern durch die Übereinstimmung
in der Flexion erbracht worden. So könnte auch die frap-
pante Ähnlichkeit vereinzelter Bräuche, wie etwa des Um-
liarnens des Sklaven (vgi. IG. 577), auf Zufall beruhen; die
Übereinstimmung in den grossen Linien der Ordnung des
Gemeinlebens weist deutlich auf den gemeinsamen Ursprung
dieser Ordnung hin, zumal bei Stämmen, deren gemeinsame
Herkunft durch ihre Sprache verbürgt ist. Der Hr. Verf.
beschränkt die Geltung seiner Ergebnisse ausdrücklich auf
die Vorfahren der von ihm behandelten Völker; wenn er den
Bau nicht gleich fertig zu stellen unternimmt, so hat er mit
mutiger Umsicht doch den festen Grund gelegt. Mit dem
schärferen Hervortreten der aus späterer Zeit überlieferten
Sprachen haben sich die Züge der arischen Sprachgeschichte
mannigfach verändert ; in den grossen Linien werden sie doch
vom Griechischen und Sanskrit mit ihrer mächtigen alten
Überlieferung bestimmt. So wird sich mit der kräftigeren
Einwirkung besonders der nordeuropäischen Tradition auch
die Auffassung des alt-arischen Kultrechtes mutmasslich ver-
schieben ; in der Hauptsache Averden dafür, wie ich glaube,
die südarischen Völker mit ihrer reichlichen alten KultülK^'-
lieferung in noch höherem Grade, als in der Sprachwissen-
schaft, massgebend bleiben.
Mit Viktor Hehns 'Kulturpflanzen' bilden die Leistischen
Arbeiten die Grundlage für die wissenschaftliche Erforschung
des arischen Altertums. Scheinbar sind die beiden Männer
entgegengesetzte Wege gegangen. Viktor Hehn hat uns ge-
zeigt, Avic tief der Stand der materiellen Kultur in alt-ari-
schen Zeiten gewesen ist, und in Avie weitem Umfange die
Übereinstimmung zAvischen Ost und West (man denke nur
an den StreitAvagen) durch umfassende Kulturentlehnung be-
dingt Avar; B. W. Leist Aveist ein kultrechtlich durch festen
Brauch geregeltes alt-arisches Gcmeinleben nach. Doch AA'ider-
spricht sichs nicht, beides zusammen ergiebt erst das rechte
Bild. Die Aufgabe das, was von den A^erschiedenen Seiten
her dargeboten Avird, zu einem Gesamtbilde der arischen Vor-
zeit zu verschmelzen, Avird durcli die Natur des Forsclmngs-
gebietes, das durch die Sprache erschlossen und abgegrenzt
ist, in erster Linie dem Sprachforscher zugeAA'iesen. Nicht
in dem Sinne dass, Aver sprachgeschichtlich denken gelernt
hat, gleich auch dazu berufen Avärc, die arischen 'Altertümer'
"wissenschaftlich zu behandeln oder deren Behandlung sach-
A'crstäudig zu beurteilen; um sich die Befähigung dafür zu
erwerben, Avird er hier denselben müliseligeu Weg der stren-
Hirt Der indogermanische Alczcnt. 15
gen Schulung" in der Erforschung und Abwägung der Mög-
lichkeiten und ihrer Wahrscheinlichkeit gehen müssen, welcher
ihn dazu geführt hat dass er sprachgeschichtliche Probleme
recht anzufassen und ihrer wissenschaftlichen Lösung näher
zu bringen weiss. Wer diesen mühseligen Weg nicht scheut
und sich in die Probleme der arischen Altertumswissenschaft
ernstlich hineinzudenken unternimmt, wird in B. W. Leist
ebenso, wie in Viktor Hehn, einen kundigen Führer finden;
und Avenn sich ein Spracliforscher mit diesen Problemen be-
reits eingehender beschäftigt hat, so sieht er sich durch die
Leistischen Bücher in eine Fülle von wolil geordnetem Stoff
und geschichtlicher Anschauung hineinversetzt, die dem sorg-
fältigen Studium reiche Ausbeute sichert. So darf ich zum
Schlüsse der Hoffnung Ausdruck geben, dass es dem Hrn. Verf.
nicht allein vergönnt sein möge uns bald mit den beiden an-
deren Teilen dieses Buches zu beschenken, sondern auch noch
durch viele gute Gaben derselben Art belehrend zu erfreuen.
Giessen. P. v. Bradke.
Hirt H. Der indogermanische Akzent. Ein Handbuch. Strass-
burg Karl J. Trübner 1895. XXIV u. 354 S. gr. 8". 9 M.
Fiiick F. N. Über das Verhältnis des baltisch-slavischen Nomi-
nalakzents zum Urindogermanischen. Marburg Elwertsche
Verlagsbuchhandlung 1895. 60 S. gr. 8«. 1,80 M.
In dem vorliegenden Buch habe ich versucht eine Ge-
samtdarstellung dessen zu geben, was wir über den Akzent
wissen. Die Arbeit gründet sich nur zum Teil auf das, was
bisher erkannt war, sie bietet daneben auch die Forschungs-
ergebnisse mehrerer Jahre. Sie zerfällt in eine Einleitung,
in der ich in Kürze über einige allgemeine Probleme zu
orientieren versucht habe, und in 4 Kapitel: I Akzent der
Einzelsprachen; II der Silbenakzent; III der Wortakzent;
IV der Satzakzent. In dem ersten habe ich eine Übersicht
über den Akzent der Einzelsprachen gegeben, nur kurz und
ohne Anspruch auf Originalität bei den Sprachen, die nichts
zur Erforschung der idg. Betonung beitragen. Von den übri-
gen glaube ich nur auf griechischem Gebiet einige neue Ge-
sichtspunkte für die Beurteilung bieten zu können, da nament-
lich die Heranziehung des Litauischen viel zur Aufhellung
der griechischen Betonung beiträgt. Der 7. Abschnitt, der
das Litauisch-Slavische behandet, ist am ausführlichsten ge-
raten. Hier musste, der Natur der Sache nach, die Dar-
stellung vielfach den Charakter einer Untersuchung anneh-
men. Die Hauptaufgabe dieses Teils war eine genauere
16 Hirt Der indogermanische Akzent.
Untersuchung- der litauischen Betonung, eine Orientierung-
über die einzelnen modernen slavischen Dialekte und eine
Darstellung der Verschiebungen und Veränderungen, die diese
im Verhältnis zum Urslavischen erfahren haben. Ich habe
versucht das bisher Erkannte durch eigene Forschung zu
erweitern, und ich habe in Folge dessen einige Ansichten
über die Verschiebungen des Akzentes im Slovenischen und
Polabischen aufgestellt, ohne dass ich sieher davon überzeugt
bin, mit meinen Annahmen völlig das Richtige getroffen zu
haben. Es sind mehr Hinweise auf die auf diesen Gebieten
dringend notwendigen Arbeiten als die endgültige Erledigung
der Probleme. Der urslavische Akzent liess sich in der Haupt-
sache allein mit Hilfe des Eussischen und Serbischen rekon-
struieren, und es musste nun die Frage nach dem Verhältnis
des slavischen und des in vielen Punkten übereinstimmenden
litauischen Akzentes zum indogermanischen bearbeitet und
erledigt Averden, sollte eine neue Darstellung der indogerma-
nischen Betonung überhaupt einen Zweck haben. Ich habe
in dieser Frage, soviel ich weiss, keinen Vorgänger. Das,
was ich kurz und systematisch auf S. 91 — 98 dargestellt habe,
ist nicht ein Einfall müssiger Stunden und wird sich, wie ich
zuversichtlich glaube, von Einzelheiten abgesehen, als richtig
erweisen.
Das zweite Kapitel enthält die Lehre vom Silbenakzent
(S. 99 — 167). Hier ist ja in den letzten Jahren recht be-
deutend vorgearbeitet, und wenn ich auch in diesem Kapitel
nicht so viel neues bieten kann, als ich ursprünglich hoffte,
so wird doch manchem eine zusammenfassende Darstellung
der zerstreuten Einzelarbeiten willkommen sein. Neben dem
Litauischen, das von Bezzenberger und de Saussure allein be-
nutzt ist, sind überall die slavischen Dialekte herangezogen.
Im Grossen und Ganzen hoffe ich über die lit.-slavischen
Silbenakzente in Wurzelsilljen genügende Auflclärung gege-
ben zu haben.
In dem dritten Kapitel, dem Wortakzent, wird der Leser
vieles bekannte wiederfinden. Neu ist hier, von Einzelheiten
abgesehen, die Heranziehung des Lit.-Slavischen, die man ja
von einer neuen Darstellung des indogermanischen Akzentes
erwarten durfte. Dieses Kapitel hätte vielleicht auch anders
geordnet sein können, aber Schwierigkeiten wären auf jede
Weise eingetreten.
In dem vierten Kapitel, dem Satzakzent, habe ich die
Vokativbetonung, die Enklise des Nomons nach Präpositio-
nen, di(! Betonung des Vcrl)unis behandelt, im übrigen aber
namentlich aus der Betonung der Komposita Schlüsse auf die
ursprüngliche Satzbetonung gezogen. Auf der aiuleren Seite
Hirt Der indogermanische Akzent. 17
habe ich versucht, den Akzent der Komposita aus der Satzbe-
tonung abzuleiten und diesen dadurch dem Verständnis nälier
zu bringen.
Am Schluss werden noch einige allgemeine Fragen er-
örtert, die ich gelegentlich weiter auszuführen gedenke.
Durch Sach- und Wortregister und durch eine ausführ-
liche Inhaltsangabe glaube ich die Benutzung des Buches
nach Möglichkeit erleichtert zu haben. Zum Schluss möchte
ich auch hier dankbaren Herzens darauf hinAveisen, wie viel
ich in meinen Forschungen Herrn Prof. Leskien zu verdanken
habe, und zwar nicht nur an den Stellen, an denen ich ihn
zitiert, und da, avo er mir mündlich oder schriftlich Material
geboten hat, sondern durch die steten Anregungen, die ich
im Verkehr mit ihm empfangen habe.
Ich erfülle wohl den Zweck dieses Anzeigers, wenn ich kurz
das hervorliel^e, was ich als die Ergebnisse meiner Forschung be-
ti-aehte. Im Griechischen sind abgesehen von Endsilben keine Sil-
benakzente erhalten. Die historische griechische Betonung erklärt
sich bei der Annahme zwei- und dreimoriger Längen. In paroxy-
tonierten Worten trochäischen Ausgangs ist der Akzent um eine
More zurückgezogen, der idg. Akzent ist zum Zirkumflex gewor-
den, aus ei'boc ist also erst im Griechischen eifcoc entstanden, ebenso
sind Worte Avie *eXuTpov = ai. varütrmn zu eXuxpov geworden. In
vielen Fällen, nicht immer, ist der Akzent von der langen letzten
auf die vorletzte Silbe zurückgezogen, welche Erscheinung nach
meiner Ansicht nichts mit dem sogenannten rezessiven Akzent zu
thun hat.
Im Litauischen ergab sich unter Benutzung von Leskienschem
Material die Regel, dass alle betonten Vokale um eine More gedehnt
sind. Kürzen zu zwei Moren, Längen zu drei Moren. Im Auslaut
haben wir dagegen keine Dehnung anzunehmen, sondern Verkürzung
aller Endsilben um eine [More, so dass die ursprünglich zweimorigen
Vokale einmorige Kürzen, die iirsprünglich dreimorigen zu zwei-
morigen geschleiften Längen werden. — Für die slovenische Ak-
zentverschiebung (S. TS) glaubeich drei Regeln gefunden zuhaben:
\. Paroxytona werden Oxytona, wenn der Silbenakzent fallend war;
2. von der letzten Silbe wird der Akzent auf die vorletzte zurück
gezognen; 3. mehrsilbige Paroxytona bewahren ihren Ton. — Jiii
Polabischen tritt der Akzent bei ursprünglich steigendem Ton auf
die Endung, bei Endbetonung Avird er zurückgezogen. — Den
Silbenakzent einiger Endsilben konnte ich aus dem Serbischen
und .SloA'enischen bestimmen. — Die lit. -slavische Betonung kann
erst nach Abzug der einzelsiirachlichcn Verschiebung mit der
idg. A-erglichen Averden, und es gelten für diese folgende Gesetze:
L Eine stossend betonte Silbe zii'lit den Akzent der folgenden
Silbe auf sich. Dieses Gesetz gilt für das Litauisch-Slavische, die
folgenden Avahrscheinlich für das Litauische allein. 2. Bei ur-
sjirünglichen Oxytonis, deren Wurzelsilbe stossend betont ist, tritt
der Akzent auf die Wurzelsilbe zurück, wenn die Endung stos-
send betont Avar. 3. Stossend betonte ein.silbige Endungen'zieheu
bei schleifendem Ton der Wurzelsilbe den Ton auf sich. Durch
diese Gesetze Avird der litauisch-slavische AkzentAvechsel auf ein
viel geringeres Mass, als jetzt vorhanden ist, zurückgefüiirt; und
Anzeiger VI i u. 2. O
18 Hirt Der indogermanische Akzent.
es zeigen sich nun auch genügende Übereinstimmungen zwischen
Lit.-Släv. und Idg.
In dem zweiten Kapitel habe ich zunächst die Natur der idg.
Sill)enakzente zu l^estimmen versucht und als wesentlichstes Merk-
mal des schleifenden Tones die Dreimorigkeit aufgestellt. In der
Tiiat beruht der Zirkumflex auf denselben Bedingungen Avie die.
Dehnstufe, und wenn hier durch Silbenverlust aus einer More zwei
wurden, so muss in jenem Fall ein Anwachsen um eine weitere
More stattfinden. Für die Bestimmung des Silbenakzentes in Wur-
zelsilben kommt nur das Litauisch-Slavische in Betracht, aber es
erwies sich hier die Hoffnung auf Ausbeute für das Idg. in der
Hauptsache als illusorisch. Ich konnte in diesem Punkt in der
Hauptsache das für das Litauische behauptete für das Slavische
bestätigen. Für die Entstehung der lit.-slav. Akzentqualitäten er-
geben sich folgende Gesetze: 1. die idg. Kurzdiphthonge sind im
Lit.-Slav. durch schleifend betonte Lautgruppen vertreten (de Saus-
sure); 2. die idg. langen Vokale sind im Lit.-Slav. durch gestossen
betonte vertreten (de Saussure) ; 3. die idg. Langdiphthonge wer-
den dem entsprechend zu stossend betonten Diphtliongen (Bezzen-
berger, Streitberg) ; 4. idg. r, l und f, l sind im Lit.-Slav. zu ir, il
und ir, il geworden (de Saussure); 5. nur auf langen Vokalen geht
der Schleifton auf idg. schleifenden Ton zurück (Bartholomae).
Darauf folgt eine Vergleichung des Lit. mit dem Lettischen.
Der lit. schleifende Ton entspricht dem lettischen gestossenen ziem-
lich regelmässig, der lit. gestossene aber dem lett. gedehnten und
gestossenen. Den sicheren Grund dieses Wechsels konnte ich nicht
ermitteln, ich Aermute einen Einfluss des Sitzes der Betonung.
Das Kapitel HI, Wortakzent, beginnt mit dem Verbum, und
zwar mit der Frage, ob in d(;n Einzelsprachen die vollbetonten
oder die enklitischen Formen verallgemeinert sind. Die lit. Verbal-
betonung ist die Fortsetzung der idg. enklitischen, die slavische
die der orthotonierten Formen von eiriigen Ausnahmen abgesehen.
Im Slavischen ist bei den e-o-Verben die Betonung der indischen
sechsten Klasse verallgemeinert. Wahrscheinlich war dies schon
im Urslavisch-Litauischen der Fall. Der slavische Verbalakzent er-
möglicht uns ausserdem eine genauere Scheidung der alten w-
Verbon. Im Idg. gab es wurzel1)etonte /V>-Verben, die sekundären
Ursprungs sind (indische vierte Klasse), und /o-Verben mit einem
zweiten Stamm auf -e, zu dem i und l Ablautsformeu waren Im
allgemeinen hat das Slavische in der Verbalbetonung manche Al-
tertümlichkeit bewahrt.
In der Xominaldeklination handelt es sich um die Feststellung
alten Akzentwechsels in der Deklination. Für das Idg. ergibt sich
die Unterscheidung starker und schwacher Kasus bei den /-, »-(?)
xiiid kons. Stämmen, während die (^-Stämme keinen Akzentwechse!
in idg. Zeit hatten. Bei ilmen waren vielmehr oxytonierte Nomina
agentis und paroxytonierte Nomina actionis vorhanden. Bei den
sekundären Ableitungen herrschte iirsprünglicii meistens Oxyto-
nierung, doch ist diese zum grossen Teil durch eine Betonung der
ersten Silbe, die wir auf einen EinHuss des Grundwortes zurück-
führen dürfen, ersetzt. In zweifeliiaftcn Fällen bietet daher die
Betonung ein ziemlich sicheres Mittel, primäre und sekundäre Bil-
dungen von einander zu sondern.
In dem vierten Kapitel 'Satzakzent' ist zunächst die Beto-
nung des A'okativs beliandelt. Die Akzentuierung der ersten Silbe
in verschiedenen S])rachen führe ich auf ursprüngliche Enklise zu-
rück. An eine Präposition konnte sich ein Nomen häufig' enkli-
Finck Verhältnis d. balt.-slav. Nom. -Akzents z. Uridg-. 19
tisch anschliessen. Die slavische Betonung- erweist sich in diesem
Falle als sehr altertümlich. In meinen Ansichten über die Satzbe-
tonung- des Verbums schliesse ich mich zum grössten Teile an Zim-
mer an, doch glaubte ich einiges von seinen Aufstellungen noch
moditizieren zu müssen. Es folgt dann 4. Präfix und Nomen, 5.
koordinierte Worte, 6. subordinierte Worte, 7. Adjektivum und
Substantivum, 8. die Pronomina, 9. die Partikeln, und ich konnte
zum Scliluss konstatieren, dass sich die idg. Satzbetonung- in den
HauptpiTukten nicht von der modernen unterscheidet.
Neben diesen allgemeinen Grundzügen wird sich wohl noch
das eine oder andere neue oder die festere Begründung einer alten
Ansicht finden. Ich bin mir bewusst, nichts abgeschlossenes gebo-
ten zi; haben, hoffe aber zu neuen Akzentforschungen durch mein
Buch anzureg-en.
Als ich die letzten Seiten zur Korrektur erhielt, g"ing
mir die kleine Schrift von Finck zu, die nach dem Titel zu
urteilen demselben Ziele zusteuert, das ich mir zum Teil ge-
steckt hatte. Ich war natürlich äusserst gespannt, zu wel-
chen Ergebnissen der Verfasser gekommen war. Der Titel
des Buches ist indessen etwas zu weit gewählt. Der Ver-
fasser erstrebt vielmehr die Beantwortung folgender zwei
Fragen :
1. Welche Silbe war bei jeder Kasusform der am we-
nigsten durch Ausgleichung beeinflussten Nomina im Balt.-
Slav. betont, d. h. durch Exspirationsstärke oder Tonhöhe
A'or anderen hervorgehoben?
2. Wieweit darf die erschlossene älteste balt.-slav. Be-
tonung als eine aus der idg. Ursprache ererbte angesehen
werden ?
Ich kenne den W^eg, den der Verfasser eingeschlagen
hat, sehr wohl, da ich ihn zuerst selbst gewandelt bin. Wie
ich auf ihm zu keinem Ergebnis gekommen bin, so ist es
auch dem Verfasser ergangen. Er hat erreicht, was auf diese
W-'eise zu erreichen war, aber man wird eingestehen müssen,
dass seine Resultate nichts weniger als befriedigend sind.
Die zweite Frage beantwortet er überhaupt nicht, und bei
der ersten nimmt er die litauische Betonung so, wie sie über-
liefert ist, ohne sie auf ihre Ursprünglichkeit zu prüfen, und
daher stellt sich richtiges neben unrichtiges. Gleich in dem
ersten Punkt, der Betonung des Vokativs, bin ich zu wesent-
lich anderen Resultaten als der Verfasser gekommen. Er
gelangt zu dem Schluss, dass der idg. Vokativ auf der ersten
Silbe betont gewesen sei, während ich die in den verschie-
denen Sprachen auftretende Betonung der ersten Silbe aus
ursprünglicher Enklise herleite, die im Lit.-Slav. nicht bloss
beim Vokativ, sondern auch beim Verbum zu einer Betonung
der ersten Silbe geführt hat. Daneben lag auch Orthotouie-
20 Finck Verhältnis d. balt.-slav. Noni. -Akzents z. Uridg'.
rung, jedenfalls aucli im Slavischen, so dass icli die Polemik
gegen meine Ausführungen über die Behandlung des -o auf sich
beruhen lassen kann. — In der Auffassung der lit. 3 Gruppen
der fem. «-St. im Lit. muss ich ebenfalls vom Verfasser abwei-
chen. Er führt sie auf eine Urfiexion zurück, wälirend 2 an-
zunehmen sind (Idg. Akzent 252). Ausführlich handelt der Verf..
dann über die Betonung der ä-St. in den slavischen Dialek-
ten. Seine Bemerkungen sind hier völlig zutreffend, und sie
mögen zur Erläuterung des Idg. Akz. S. 254 bemerkten dienen.
Das lit. e in der /(^-Deklination kann Verfasser auch nicht
befriedigend erklären. Denn eine Übertragung von den obli-
quen Kasus ist doch wegen des daneben stehenden valcUia,
raldziös recht unwahrscheinlich. Wenn nicht etwa im Lit.
eine unbekannte rein lautliche Entwicklung vorliegt, so wird
man mit Streitberg' auf mote, dulde zurückgehen müssen ;
ausserdem befinden sich einige Nominative von w?e«-Stämmcn
mit dem Nom. auf -me unter den u-'-Stämmen, und schliess-
lich könnte das Verhältnis von devas und gcddijs, dort kurzer,
hier zweimoriger Vokal vorbildlich gewirkt haben. Dagegen
halte ich die Ansicht Fincks, dass wir schon idg. ie anzu-
setzen hätten, für nicht wahrscheinlich im Hinblick auf got.
sibja. — S. 20 führt F. den Akk. rankq direkt auf idg.
^ronJcäm zurück. Das geht deshalb nicht an, weil dieselbe
Form im Instrumental zu rankä geworden ist. rankq hat
die zweimorige Endung von den übrigen Klassen erhalten.
— S. 23 ff", spricht F. ausführlich über den Gen. Plur. der
o-rt-St. im Slavischen. Ich verkenne die Schwierigkeiten, die
der Gen. Plur. hinsichtlich seiner Betonung im Slavischen
bietet, nicht. Aber wir sind doch der Lösung der Frage um
ein gut Stück näher gerückt.
IF. II 359 konnte ich die Unbetontheit der Endung des
Gen. Plur. nur aus dem 7, erschliessen, das hier im Gegen-
satz zu sonstigem o auftritt. Es lässt sich aber heute der
BeAveis erbringen, dass die Endung -öm in urslavischer Zeit
unbetont gewesen sein muss. Das folgt aus der Dehnung
des Stammvokals im Serbischen, die nur (hum eingetreten
zu sein scheint, wenn der Vokal kurz und betont war, vgl.
Leskien Unters. S. 534, Verf. Akzent S. 90. Formen wie
Cak. nog, gor, kos sind also lautgesctzlicli : von den kurzvo-
kalischen Stämmen muss die Dehnung ausgegangen sein.
Allerdings könnte man auch vcniuiicii, dass bei den paroxy-
tonierten o-Stämmen der Ursprung der Dehnung zu suchen
sei. Die vollkr)mmene Beantwortung dieser Frage erheischt
aber ein Eingehen auf die Geschichte der serbischen Sprache,
zu der mir jetzt die Zeit fehlt. — S. 31 ül)er eKTTobüjv vgl.
Idg. Akzent 43. — S. 47 der Instr. lit. devü k;nin uaeli Streit-
Finck Verhältnis d. halt.-slav. Nom. -Akzents z. Uridg-. 21
tergs Ausfülirung-en IF. I 274 nicht auf *deiu6m zurückge-
führt werden.
Auf Aveitere Einzelheiten einzugehen verzichte ich. ]\Iein
Urteil kann ich dahin zusammenfassen, dass der Verfasser
trotz allen Fleisses keine wesentliche Förderung der von ihm
behandelten Probleme geboten hat. Der Grund liegt darin,
dass auf dem vom Verf. eingeschlagenen Wege überhaupt
nichts zu erreichen war. Das kann ich selbst recht gut be-
urteilen, und ich bedaure daher, dass der Verfasser seine
]\Iühe und Arbeit nicht einem dankbareren Objekt zugewen-
det hat, das er mit den Kenntnissen, die er besitzt, besser
hätte bearbeiten können. AbAveichend von dem herrschenden
sprachwissenschaftlichen Gebrauch gibt der Verfasser das In-
dische. Iranische, Altslavische und sogar das Altirische in
den Originalalphabeten. Weshall) dann das Serbische nicht
ebenfalls cyrillisch gedruckt ist, und weshalb für das Go-
tische nicht die Originalbuchstaben angewendet sind, ist mir
unklar. Der Verfasser hätte den Druck auch übersichtlicher
gestalten können, wenn er für die im lateinischen Alphabet
gegebenen Worte die Kursive verwendet hätte. Er druckt
nur die idg. Formen kursiv und manchmal steht Antiqua und
Kursive in demselben Wort. An sinnesstörenden Druckfeh-
lern notiere ich S. 22 Fn. Z. 1 'dor' statt \slav\ S. 24
Z. 2 u. 3 sind die Ziffern, die iiuf die Fussnoten weisen,
falsch. S. 47 Z. 7 v. u. lies '«'e-Stämme' statt 'e|-Stämme\
S. 57 Z. 7. 8 lies 'villa, ranica, na'kfe' statt 'villü, rcmkd,
nullte'.
Leipzig-Golilis. H. Hirt.
Altiudi.sclier Aliiienkult. Das (^räddha nach den verschie-
denen Schulen mit Benutzung handschriftlicher Quellen dar-
gestellt von Dr. W. Caland. Leiden 1893. XII u. 266 S.
7,50 M.
Jede Arbeit, in der der Frage nach dem Ahnen- oder
Seelenkult in irgend welcher Beziehung ernstlieh näher ge-
treten Avird, darf von vornherein auf erhöhtes Interesse von
Seiten des Lesers rechnen. Liefert sie doch einen Beitrag
zur Lösung eines religions- und kulturgeschichtlichen Pro-
blems von einschneidendster Bedeutung. Wer der Frage nach
dem Ursprung einzelner Religionen wie der Religion über-
haupt nachspürt, wird auch Stellung zu der Rolle, die der
Manenkult hie und da gespielt hat, nehmen müssen. Zwar
die Anschauung derjenigen braucht man nicht zu teilen, die
geneigt sind, das Aufdämmerungslicht der Religion im See-
lenkult zu suchen; zweifellos aber ist, dass der Verstorbene
22 Altindiscliei- Ahnenkult.
auf die naive Phantasie der Hinterbliebenen schon im Anfang'
der Menschheitsgeschichte einen überwältigenden Eindruck
gemacht haben muss, so dass daraus sich frühzeitig irgend
welche Art von Ahnenkult entwickeln konnte. Der erste
Eindruck wird ein peinlicher gewesen sein, dann kam Furcht,
zuletzt Verehrung. Der Vorgang ist zu natürlich, als dass
man ihn nicht bei allen Naturvölkern voraussetzen dürfte,
gleichviel ob er geschichtlich sich fortgesetzt und darum noch
nachgewiesen werden kann oder nicht. Neben der religiösen
hat sodann der Manenkult bei einzelnen Völkern eine grosse
Bedeutung bei der Frage nach der sozialen Stellung des In-
dividuums zu Familie und Staat, zu Recht und Sitte. Kaum
weniger interessant wird die Seelenkultfrage, wenn man
schliesslich das kulturgeschichtliche Fazit für gewisse Völker
zieht. Es steckte vielleicht ein Fünkchen Wahrheit darin,
wollte man behaupten, die Ägypter seien an ihrer Toten-
verehrung versumpft und verdorben. Es wäre freilich
falsch, die kulturelle Stabilität eines Volkes auf eine einzige
Ursache zurückführen zu wollen; sind aber Völker mit her-
vorragendem Seelenkult kulturell stabil geblieben wie Chine-
sen und Inder, dagegen Völker, die ihn mehr oder weniger
abstreiften, zu hoher kultur- und weltgeschichtlicher Bedeu-
tung gelangt Avie Juden und Griechen, so wird man der Wahr-
heit nicht ins Gesicht schlagen, wenn man sagt, dass, nega-
tiv oder positiv, der Seelenkult einen nicht unwesentlichen
Anteil an dieser Entwickelung gehabt hat. Dass die Indo-
germancn ihre Toten bereits in klarer Form verehrten, da-
für spriclit die ähnliche Art der Totenverehrung bei Einzel-
völkern dieses Stammes, deren NachAvirkungen bis auf den
heutigen Tag zu verspüren sind. Keines der indogerm. Völ-
ker aber hat den Seelenkult schon im grauen Altertum so
hoch entwickelt wie das indische, das ihn auch bis zur Ge-
genwart innerhalb der brahmanischen Welt ungebrochen er-
halten liat; ja es hat ihn auf die Spitze getrieben, indem es
ihm in dem sog. ('räddha eine Wendung gab, für die sich
bei verwandten Völkern keine Parallele mehr findet. Natür-
lich ; denn das (/räddha ist nur die Frucht brahmanischer
Spekulation, ein priesterliches Brahmanentum in der Art des
indischen aber haben eben nur die Inder. Cräddha ist mit Zere-
monien verbundene Bralimanenspeisung ins])esondere in Form
eines Totenoplers. Brahmanen sind dabei die Stellvertreter
der Verstorbenen ; unter Beobachtung des Totenkultritus wer-
den sie feierlichst und reichlichst gespeist, indem in ihnen
angeblich auch die ]\Ianen, di(! dabei natürlich recht mager
wegkdmmen, gesättigt werden. Darum lautet . die indisclie
Definitiim: was mau im CHauben an die Väter und mit Be-
Altiiidischer Ahnenkult. 23
Ziehung: ^nf sie den Brahmanen gibt, das heisst C,'räddha.
Obschon also das indische (,'räddha bei verwandten Völkern
keine direkte Parallele hat, so liegt ihm doch der Ritus für
die indischen Haupttotenopfer zu Grunde, der nun seinerseits
auch den interessantesten und reichsten Stoff' zur Vergleichung-
bietet. Aus doppeltem Grunde können wir daher Calands
Buch über das (^Yäddha warm willkommen heissen.
Es enthält 'I. das Klösseväteropfer' (1 — 17) zur Orien-
tirung- für den folgenden Hauptteil, nämlich 'II. das ('räddha'
nach den verschiedenen Schulen (^18 — 144), wozu sich 'III.
das gegenseitige Verhältnis der verschiedenen (^'räddhakalpas'
(145 — 149) als Anhang ansehen lässt. Dann folgt ein Kapitel
'IV. zur Geschichte des Gräddha' (150 — 165), ferner 'V. die
Astakä' (166 — 172), endlich 'VI. zur Erklärung des Ritus'
(173 — 192). Beigegeben sind a) zwei Exkurse (193 — 206)
und b) Textbeilagen aus einschlägigen zur Zeit noch un-
edierten Ritualschriften (209 — 261). Selbstverständlich fehlen
auch nicht Einleitung und Inhaltsverzeichnis.
Schon aus dieser Inhaltsangabe ersieht der Leser, dass
er es mit einer philologischen Spezialuntersuchung zu thun
hat, die an die Adresse von Fachgelehrten gerichtet ist. Für
einen beträchtlichen Leserkreis der Indogerni. Forschungen
ist daher das Buch nicht berechnet. Wenn es dennoch hier
zur Sprache gelangen soll, so geschieht es in berechtigter
Rücksicht auf das ]\Iaterial, das in Übersetzungen und Er-
läuterungen geboten wird und Aveitercn Zwecken dienen kann.
Das Buch trägt den Stempel einer reichen Materialsammlung;
was der Verfasser aus Ritualschriften zusammenzutragen im
Stande war, hat er redlich gethan. Er hält sich streng im
Rahmen, den er seiner Aufgabe gestellt hat und wie er dem
Spezialtitel des Werkes entspricht. Neben letzterem klingt
der allgemeine Titel 'Altindischer Ahnenkult', auch wenn er
sich nicht mit 'Der altind. Ahnenkult' zu decken braucht,
fast etwas zu voll; denn einmal werden Avir nur über das
Qräddha der Sütraperiode, nicht über den Totenkult in sei-
ner vollen Ausdehnung belehrt, und sodann ei'lahren wir
über den ]\Ianenkult nach den Brähmanas und den ältesten
Veden doch viel zu wein'g, als dass die bei Gelegenheit ge-
gebenen spärlichen Bemerkungen darüber genügen könnten.
Im Grunde ist diese Titelfrage freilich ziemlich gleichgültig,
da wir im (,'räddharitual jedenfalls die Hauptsache haben und
dasselbe neben neuerem altes und uraltes Gut enthält, dessen
Fäden bis in die indogerm. Zeit hineinreichen. Es sei daher
das Buch auch denen empfohlen, denen ein zuverlässiger
Stoff" genügt; zu vorgängiger Orientierung werden aber we-
niger Eingeweihte gut thun, auch Calands 'Über Totenver-
24 Altiiulischer Ahnenkult.
cliruug bei einigen der indogerni. Völker, Amsterdam 1888*
mit zu Rate zu ziehen.
Um etwas über den grösseren und geringeren Wert
des Buches im einzelnen zu sagen, will ich im folgenden
einige Punkte berühren, die der Nichtindologe ungelesen las-
sen mag, da sie litterar-historischer und philologischer Natur
sind. Ich greife einige Beispiele von dem heraus, was mir
im Augenblick am nächsten liegt. In litterar-geschichtlicher
Beziehung wird die grosse Bedeutung von Hemädris Catur-
vai'gacintämani betont; Hemädri, sagt der Verf., sei sehr ge-
wissenhaft in der Unterscheidung der Texte und verwechsele
z. B. niemals die Texte der Mänavamaiträyaniyas und der
Maiträyaniyas (X ff.), indem er die Zitate aus dem Maiträya-
iiiyasütra streng scheide von denen aus dem Mänavamaiträya-
nlyasütra oder (^räddhakalpa (88 ff.). Dem entsprechend gibt
nun auch Caland für die Mänavaschule 1) das (,'räddha nach
den Mänavamaiträyaniyas (77 ff.) resp. Mänavas (82 ff.) und
2) das (^'räddha nach den Maiträyaniyas (88 ff.). Danach be-
stände die sog. Mänavaschule aus zwei resp. drei (.'äkhäs.
Längst vor dem Erscheinen von Calands Buch glaubte ich
aus der Beschaffenheit der Man. (,'r.- und Man. Gr.-Mss. und
deren Auf- und Unterschriften einen ähnlichen Schluss auf
den Charakter der Mänavaschule machen zu dürfen und finde
daher in Calands feiner Beobachtung eine interessante Bestä-
tigung. Doch bedarf die Frage der Klärung so wie einer
eingehenderen Kontrole Hemädris, ehe sie historisch verwer-
tet werden darf. — Bei der Frage nach dem C'räddharitus
der Mänavas tritt der Verf. der Anschauung Bühlers und,
können wir hinzufügen, anderer, dass das Mänavadharma-
9ästra (Manu) ein Ausläufer der Mänavaschule sei, entgegen
mit dem Resultat seiner Untersuchung, dass das Mänavadhar-
ma^ästra Avenigstens mit dem Mänavai^'räddhakalpa nicht mehr
Übereinstimmungspunkte habe, welclie auf ein näheres Ver-
hältnis weisen könnten, als mit irgend einem andei'en Cräd-
dhakalpa z. B. mit dem des Kätyäyana (78 — 82 vgl. Exkurs 2).
Nachdem bereits von Bradke (ZDMG. XXXVI 417 — 477) der
Jierrschenden Anschauung gegenüber fast bis an die Schwelle
der Negation getreten, leugnet nun Caland die Abhängigkeit
Manus von den Mänavas zu einem Teil direkt. Es ist nur ein
Tropfen, den er für die ganze Frage bietet; viele Tropfen könn-
ten aber doch Wassc^r geben. So könnte auch ich gegen die gang-
bare Ansicht auf eine Thatsache von tiefgreifender Bedeutung
liinwcisen. Während nämlich nach Manu IV 26 die Cäturmä-
syaopfer rtvante 'am Ende einer jeden Jahreszeit' (vgl. Büli-
1er ZDM(J. XLVI 74) stattfinden, heisst es Man. ()v. 5, 2, 14
u. 9, 5, 1 riuinukhcSLi ('an .ji'dem Anfang einer .lalircszeit')
Altindischer Ahnenl<ult. 25
sanvatsaram juhuyät, womit auch Man. Gr. 2, 7, 9 überein-
stimmt: trini näbhyäni (= Tertialopf erfeste) phälgunyäm
äsädliyäiu kärttikyäm. In diesem Punkt stellt also Manu in
direktem Gegensatz zu den IMänavas.
Hat somit, um meine Besprechung nicht über Gebühr
auszudehnen, Calands Buch auch in Einzelheiten Vorzüge, so
leidet es doch auch an beträchtlichen Mängeln. Die Astakä-
frage (166 — 172) z. B. ist selbst zusammengenommen mit dem,
Avas der Verf. anderswo darüber gesagt, allzu lückenhaft be-
handelt; auch werden astakä und anvastakä nicht ^streng ge-
nug geschieden sowie die bedeutsamen Angaben Acv. Gr. 2,
4, 12 u. Gobh. 3, 10, 1 — 3 nicht beherzigt. Die Folge da-
von ist meiner Meinung nach eine unrichtige oder wenigstens
schiefe Auffassung der ursprünglichen Bedeutung der Asta-
käzeremouie. Die bei dieser Gelegenheit gegebene Erklärung
des uttamäyäli pradose Man. Gr. 2, 9, 1 könnte man scharf-
sinnig nennen, wenn sie notwendig wäre. Auch Karmapra-
dipa 1, ö, 4 Avird m. E. nicht richtig interpretiert: na cräd-
dhe cräddham isyate ist nicht cpexegetisch zu fassen, wie
Caland thut, sondern bildet in der Aufzählung einen Fall
für sich; ergo! In textkritischer Beziehung vermisse ich
philologische Sorgfalt. Dass die Prosatextbeilagen ohne eigent-
liche Interpunktion gegeben sind, mag gleichgiltig erschei-
nen; auch will ich kein Gewicht darauf legen, dass falsche
Text- und Stellenzitate vorkommen, die man schwerlich als
Druckfehler ansehen kann; dass aber z. B. von den var. lect,
zu Beil. I nicht weniger als acht nach meinen Koi^ieu falsch
sind, ist mir doch des Bösen zu viel. Ich würde allen Mut
zu einer Edition verlieren, wenn Caland Recht hätte. Mög-
lich, dass einen Teil der Schuld Kuhn trifft; allein S. 209
z.B. wird Anm. 4) auch 'C "noparyava"' angegeben, während
diese vorzügliche und sehr deutlich geschriebene Hs. unzwei-
deutigst patny avahanti zitiert (wie auch die Münchener Mss.
lesen) und durch krsiiäjinasyo 'pari erklärt; so hat denn Ca-
land die völlig richtige Lesart der Hss. krsnäjine patny ava-
hanti durch sein krsnäjiuopary avahanti verdorben und den
Inhalt gänzlich entstellt. Schliesslich habe ich den Verf. im
Verdacht, dass er, nicht zum Vorteil der Sache, wiederholt
Textstellen stillschweigend korrigiert hat. Da jedoch in die-
ser Hinsicht der Zufall eine Rolle gespielt haben mag, so
darf man die gerügten Mängel nicht zum Nachteil des Gan-
zen allzu hoch anschlagen. Es bleibt daher bei dem allge-
meinen Urteil, dass wir in Calands Altind. Ahnenkult ein
gediegenes Werk vor uns haben, das eingehenderen Studiums
wert ist.
Kiew. F. Knauer.
26 Civjidityi Saptapadartln.
^ivädityi Saptapadärthi: Primum edidit, Prolegomena intcr-
pretationem Latinam, Explanationes et exempla adiecit
Augustus Winter, Dr. phil. Lipsiae. Apud H. HarassoAvitz
1893. 11 u. 14 u. 28 S. 8". 2 M.
Ist Philosophie an sich schon in der Gegenwart ein dis-
kreditiertes Gebiet, um wie viel mehr muss indische Philosophie
unter dieser oberflächlichen Verrufenheit leiden. Man muss
es daher denjenigen um so grösseren Dank wissen, die sich
durch die üppig wuchernde Scholastik, welcher der indische
Geist reichlichen Zoll entrichtet hat, nicht abschrecken lassen,
an der Blosslegung der Wurzeln des indischen Denkens mitzu-
arbeiten. Obige Schrift bringt einen kurzen Leitfaden der
Vaiceshikalehre und ZAvar der reinen, nicht mit der Nyaya-
philosophie vermischten. Die reine Lehre des Kanada unter-
scheidet sich von den im Bhashapariccheda, Tarkasamgraha,
Tarkakaumudi enthaltenen gemischten Systemen hauptsächlich
durch die Annahme von nur 2 Erkenntnismitteln, der Sinnes-
wahrnehmung und der Schlussfolgerung und dem Nichtgelten-
lassen der Analogie und der Autorität. Der Verfasser der
'sieben Kategorieen', in deren Kahmen nur zum teil Logisches,
im übrigen aber auch Physisches und Metaphysisches vorge-
führt wird, ist QivAditya, dessen Lebenszeit vom Herausgeber
vor oder in das Ende des 12. Jahrhunderts gesetzt wird.
Dem Text ist eine im ganzen wohlverständliche lateinische
Übersetzung nebst erläuternden Anmerkungen beigefügt. In
der Übersetzung einzelner Termini weicht der Herausgeber von
M. Müller, Röer usav. ab. Atma Avird mit anima, äkäga mit
aer wiedergegeben. In den Erläuterungen Avird mit Rücksicht
auf Sanskritunkundige manches reproduziert, was schon bei
i\L Jlüller und Röer bequem zu lesen Avar. Hätte uns der
Herausgeber statt dessen nicht besser Einiges aus seinen
Kommentaren mitgeteilt? Sagt er doch selbst, dass z. B. die
Mitabhashini von einem echten Philosophen verfasst sei und
der grössere Teil dieses Kommentars gedruckt zu Avorden
verdiente. Aber vielleicht kommt dies noch.
Frankfurt a. M. Georg Bie den kapp.
von Maiikowski L. Der Auszug aus dem Pancatantra in
Kshemendras Brihatkathämanjari. Einleitung, Text, Über-
setzung und Anmerkungen. Leipzig, Otto HarrassoAvitz 1892.
LX u. 80 S. 8^ 6 M.
Gunädhyas in Pai^aci Präkrit abgefasste riesige Märchen-
sammlung, die Brihatkathä, aus den ersten Jlid. unserer Zeit-
von Maükowski Der Auszug aus dem Paiicatantra. 27
rechiuing besitzen Avir zAvar nicht im Original, dagegen in
zwei von Kaslimirern angefertigten Sanskrit-Bearbeitungen.
Von diesen ist eine, Somadevas Kathasaritsagara, selion zwei-
mal herausgegeben; von der andern aber, nämlich Kshemen-
dras Brihatkatharaanjari, wurde erst 1871 das erste MS. ent-
deckt und sind seitdem erst einige Proben veröffentlicht wor-
den. Zur Controlle von Somadevas Bearbeitung und zur
Feststellung des Inhalts des Grundwerkes ist Kshemendras
an poetischem Wert arme Epitome von grösster Bedeutung.
Der das Pancatantra behandelnde Abschnitt derselben, der in
oben genanntem Buche zum ersten Male veröffentlicht Avird,
beansprucht noch ein besonderes und weiteres Interesse, Aveil
sein Inhalt kein ausschliesslich indischer geblieben ist, son-
dern auch, wie bekannt, in die Erzählungs-Litteratur des
Abendlandes Eingang gefunden hat.
Die reichhaltige Einleitung des zu besprechenden Buches
zerfällt in drei Teile. Der erste, überschrieben: Gunadhyas
Brihatkathä als Quelle von Kshemendras Brihatkathämafijari
und Somadevas Kathasaritsagara, behandelt das Geschiclnliche
über diese Werke, das Verhältnis beider Bearbeitungen zu
einander und zum GrundAverk. Ksh.s Epitome ist nicht nur
viel kürzer als die Somadevas, sondern in ihr stehen auch
einzelne Bücher nicht in derselben Keihenfolge Avie in jener.
Der Herausgeber will nun aus Somadevas eigenen Worten
(kävyamcasya ca yojana) sein Geständnis herauslesen, dass er
einen Teil des Gedichtes anders eingefügt habe; ich deute
dieselben Worte nur so, dass ein Teil des kdvjja, nämlich die
alaiikäras, Somadevas Eigentum seien, und möchte glauben,
dass verschiedene Rezensionen des Originals bestanden haben,
ohne S.s selbständiges Vorgehen leugnen zu Avollen.
Der 2. Teil handelt von dem "Text des Auszugs aus
dem Pancatantra in Kshemendras Brihatkathamaiijari", und
der dritte über "die ältest erreichbare Gestalt des Pancatantra".
Die Resultate, zu denen Dr. v. M. gelangt und die als ge-
sichert betrachtet Averden dürfen, sind folgende. Da beide
Sanskrit-Bearbeitungen der Brih. K. das Panc. enthalten, so
hat sicher schon Gunädhya es in seine Sammlung aufgenom-
men; seine Version des Panc. übertrifft daher an Alter alle
andern, selbst das Pehlevi-Original des Kalilah o Dimnali, um
mehrere Jahrhunderte und ist somit für die Kritik des Pane.
das Avichtigste Zeugnis. Durch die Klarlegung dieses That-
bestandes erweist sich Benfeys Annahme, das Pelevi-Original
repräsentire das indische GrundAverk des Panc. besser als
die indischen Versionen desselben, als nichtig, wie schon
Bühler bemerkt hat, und damit fallen auch die übrigen mit
so viel Geist und Scharfsinn aufgestellten Hypothesen Benfeys
28 von IMankowski Der Auszug- aus dem Paucatantra.
über die urspiningliche Gestalt des indischen Fabehverkes
in sich zusammen. Durch Vergleichung; der verschiedenen
Versionen lässt sich nun der ursprüngliche Bestand des Pauca-
tantra mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit feststellen, eine Auf-
gabe, deren Lösung Dr. v. M. sich in dem letzten Teile seiner
Einleitung mit Umsicht und Geschick unterzieht.
Darauf folgen Text und Übersetzung von Kshemendras
Auszug aus dem Pancatantra, eine durchaus saubere, dabei
aber keineswegs leichte Arbeit; denn der Herausgeber -war
auf ein einziges Ms. angewiesen, dessen zahlreiche Fehler er
meist glücklich verbessert hat. In folgenden Fällen aber kann
ich seine Verbesserungen nicht gut heissen. I 97 konjiziert er
für (sakhe) vaktram 'kayä huddhyä wegen v. 99. vakrakäyo
rriddhijai, was metrisch unzulässig ist. Muss verbessert wer-
den, so ändere man vaktram in kravyam. Ebenso verbietet
das Metrum Kshemendras grammatischen Schnitzer lahhatäm
in lahliefcnn zu verbessern, und II 7 vrittiynkfani api stJid7iam
in vrittyayuktam adya sthänam zu ändern. In III 5 giebt
die Lesart des Ms.: pancängatn ])ancamo mantram den allein
richtigen Sinn, vgl. (^igupälavadha 2, 28 (das pancamam
angam ist slddhi und die ist kein mantra). Ebenso ist in
III 9 grastakodauda 'den Bogen ergreifend' beizubehalten;
nya.sta" würde bedeuten 'den Bogen niederlegend', was Avegen
dhanurdliara v. 12 nicht passt. In III 69 lese man inukhäd
vaman raktain\ des Herausgebers Konjektur wukhodcama-
draktah ist wegen des transitiven Gebrauchs von Wz. vam
nicht zulässig, es müsste wenigstens mnkhodeäntarakfah lauten.
Der Verfasser der besprochenen Arbeit hat sich in
Krakau für Sanskrit habilitiert. Wir begrüssen in ihm einen
fleissigen und umsichtigen Mitarbeiter, der in seiner Heimat
neue Kräfte für unsere Wissenschaft gewinnen möge.
Bonn 1893. H. Jacob i.
<j}nin<lriss der iranisclieii riiiloloi-ie, herausgegeben von
Wilh. Geiger und Ei'nst Kuhn. Strassburg Trübner
1895. Lex. 8". Band I Lieferung 1. S. 1—160. 8 M.
"Die germanische Philologie verliält sich zum Grundriss
■der germanischen Philologie wie die iranische Philologie zu
a;." Nach dieser oder einer ähnlichen Gleichung ist ohne
Zweifel der Plan zum Grundriss der iranischen Philologie
entstanden, der somit als eine 'Analogiebildung' zu bezeich-
nen Aväre. Das Eigentümliche daran ist nur dies, dass die
iranisclie Philologie, für die dieser Grundriss bestinnut ist,
Gnindriss der iranisclien Philologie. 29"
noch selbst kaum existiert, während die andern Disziplinen,
für welche Grundrisse geschrieben sind oder werden sollen,
schon herangereifte oder gar hochbetagte Wissenschaften sind.
Was aber bei diesen berechtigt und wünschenswert ist: die
Zusammenfassung der Resultate, die ganze Generationen von
Gelehrten gewonnen und in zahllosen, Aveitzerstreuten Schrif-
ten niedergelegt haben, passt nicht für eine werdende Wissen-
schaft, die vor allen Dingen noch Resultate liefern, sich eine
feste Basis schaffen und kräftig entwickeln soll. In dieser
Hinsicht könnte der iranische Grundriss also als verfrüht an-
gesehen werden. Denn wenn auch die iranische Philologie auf
dem Gebiete des Avesta und der altpersischen Keilinschriften
glänzende Resultate zu verzeichnen hat, so hat doch die Er-
forschung der übrigen Gebiete eben erst, zum Teil auch noch
nicht begonnen und das Geleistete verschwindet vor der Grösse
der zu lösenden Aufgaben. Man lese z. B. was Teufel ZDMG.
Bd. 36 — 38 über die Vorarbeiten zu einer politischen und
Litteraturgeschichte Persiens und Zentralasiens in neuerer Zeit
bemerkt^) und denke, dass der Grundriss demnächst schon
eine ^Geschichte Irans in islamitischer Zeit' bringen soll! Nicht
viel besser steht es auf dem Gebiete der modernen iranischen
Sprachen und Dialekte. Hier leiden zum Teil noch die not-
wendigsten philologischen Vorarbeiten und Hülfsmittel oder
die sprachwissenschaftliche Forschung hat, wenn überhaupt,
erst schüchtern eingesetzt. Selbst ein scheinbar so bekanntes
Gebiet wie das Neupersische ist aus den gleichen Gründen
für die Behandlung in einem Grundriss noch keineswegs reif.
Indessen braucht es doch nicht der Zweck eines Grund-
risses zu sein, nur die Summe aus der bisherigen Forschung zu
ziehen, er kann vielmehr auch die Aufgabe haben, das Pro-
gramm der künftigen Forschung zu entwerfen und zu zeigen,
was noch zu leisten ist, indem er die vorhandenen Lücken
unseres AVissens nicht verhüllt, sondern diese scharf hervor-
treten lässt und sich nicht scheut, da nur Bruchstücke zu
geben , wo zusammenhängendes Wissen bisher noch nicht
erreicht worden ist. In der Annahme, dass dieses die Auf-
gabe ist, die der iranische Grundriss für jetzt lösen soll,
begrüsse ich sein Erscheinen und hoffe, dass er nun selbst
eine iranische Philologie im weitesten Sinne des Wortes zu
schaffen helfen wird.
1) Vgl. Bd. XXXVI 236: "Aber es ist thöricht, ciiion sok-lien
Rück- und Ausblick dann schon thun zu wollen, Avcnn erst wenige
Schritte des ungeheuren Weges zurückgelegt sind, wenn noch fast
gar nichts von dem geleistet worden, Avas vor allem zu leisten
nach aller P^insichtigen Urteil selbstverständlich und unalnveis-
bar ist".
30 Grundriss der iranischen Philologie.
Statt der in Aussicht gestellten Einleitung-: "Geschichte
■der iranischen Philologie" bietet die erste Lieferung die
"Vorgeschichte der iranischen Sprachen" nebst einem Stück
des zweiten Teiles "Awestasprache und Altpersisch" von
Bartholomae. In dieser Vorgeschichte S. 1 — 151 konstruiert
B. von der indogermanischen Urspi'ache ausgehend und
sich -wesentlich auf Zend und Altpersisch stützend die ira-
nische Ursprache; indem zweiten Teile S. 152 fiF. zeigt er,
welche Veränderungen die ermittelten uriranischen Sprachfor-
men im Zend und Altpersischen erfahren haben. Beide Teile
zusammen geben die Grammatik (Laut- und Formenlehre) der
beiden altiranischen Sprachen in streng historischer Entwick-
lung. Eine solche Darstellung kann und will natürlich nicht
praktischen Zwecken^) dienen, sie setzt vielmehr die Kenntnis
der behandelten Sprachen voraus, die sie nur wissenschaftlich
erklären will. Dies thut nun B.s Werk in vorzüglicher Weise.
B. l)eherrscht nicht nur das altiranische und das in Betracht
kommende indogermanische Material nebst einschlägiger Litte-
ratur vollkommen sondern weiss auch scharfsinnig und kühn
zu kombinieren und handhabt eine ebenso sichere Avie schnei-
dige Methode, die ihn nur bei irriger Voraussetzung nicht
zum Ziele führt und die mit der Willkür, die in gramma-
tisch-etymologischer Beziehung so lange auf iranischem Ge-
l)iete geherrscht hat^), für immer aufräumt. Dank diesen
Eigenschaften hat B. eine Arbeit geliefert, die auf dem Ge-
biete der wissenschaftlichen ur- und altiranischen Grammatik
die erste Stelle einnimmt und voraussichtlich noch lange mass-
gebend und führend bleiben wird. Es ist nur dringend zu
wünschen, dass die Benutzung dieser trefflichen Arbeit bal-
digst durch Zugabe eines ausführlichen Index erleichtert werde,
da sich, wie ich fürchte, ohne einen solchen gar Viele schwer
oder nicht darin zurecht finden werden.
Selbstverständlich ist die Arbeit auch nicht frei von Irr-
tümern, sei es dass B. in manchen Fällen das iranische Material
noch nicht von einem sicliercn uriranischen oder idg. Stand-
punkt aus beurteilen kann oder dass er seine Theorien auf
falsch beurteilte iranische Formen oder Wörter stützt. Besonders
bei seltenen Avestawörtern, die B. behandelt, dürfte es sich
empfehlen, immer zu prüfen, ob ihre Bedeutung durch den Zu-
1) Für diese wird man sicli l)esser an Jacksons Avesta Gram-
mar halten.
2) Man bedenke, dass ich z. B. noch ZDMG. XXXV G64 die
von Roth und Geldner wiederholt verteidi^-te Gleichnng zd. urvis
= skr. vart wiederholt liabe bekäniplen müssen. Vielleicht sieht
Geldner jetzt ein, dass ich schon damals Recht hatte, zd. nrvi.f auf
idg". K-rili^, dagegen skr. rarf, rrf auf idi;'. rerf, vrt znrückzuführen.
Grimdviss der iranischen Philolog-ie. 31
sammenhang der Stellen oder g-ute Tradition ^) cfesichert oder
ob sie nur durch die Etymologie gewonnen ist, in welchem Falle
der letzteren gegenüber Vorsicht am Platze ist. Auch bei den
Erklärungen neupersiseher Formen laufen verschiedene Irrtümer
unter, weil B. das Mittelpersische, aus dem das Neupersische
hervorgegangen ist, nicht oder ungenügend zu Rate zieht und
das Neupersische meist direkt aus dem Indogermanischen
oder Uriranischen erklärt. Dies Verfahren ist prinzipiell falsch,
auch wenn es zufällig zu richtigen Resultaten führt.
Die Darstellung B.s ist — den ihm auferlegten Bedin-
gungen gemäss — sehr knapp, nach meiner Ansicht zu knapp.
So ist es allerdings der Brauch in Grundrissen, aber kein
guter Brauch. Die an sich trockene Grammatik wird dadurch
noch unerquicklicher und für weitere Kreise, auf die doch
solche Grundrisse berechnet sind, unverständlich. Daher wird
auch mancher Satz B.s, wenn auch wohl erwogen und gut
formuliert, gar manchem Leser unverständlich bleiben, zumal
Avenn, wie meist geschieht, statt der Begründung nur kurze
Litteraturhin weise gegeben werden. So knapp aber die Dar-
stellung B.s ist, ebenso reichhaltig ist der auf verhältnismäs-
sig engem Räume zusammengedrängte Inhalt, so dass ein nä-
heres Eingehen auf denselben ganz unmöglich ist. Es sei
mir gestattet, hier nur einige Punkte zu erörtern, die beim
ersten Studium des Buches mein Interesse zufällig in Anspruch
genommen haben.
§ 5. B.s Bemerkung über np. gösäla ist richtig, vgl.
P. St.^) S. 95. Nur sollte B. das am Ende der up. Wörter
1) Dass B. bei seinen Forschung-en die Par^entradition bisher
kaum berücksichtig-t und verwertet hat, kann ich niciit billig'en,
Avenn sie auch öfter wertlos ist. Der Wert der Tradition ist frü-
her von Spieg'el überschätzt, von Roth und Geldner unterschätzt
Avorden. Ich habe immer mit Haug* den Standpunkt eing-enommen,
dass die Tradition sehr wertvoll für den Vendidad und jüng-ere
Jasna, von sehr geringem Werte für die Gathas ist. Vg*l. Ein zo-
roastrisches Lied (1872) S. 9, Avestastudien (1S73) S. 639 ff., l)eson-
ders S. 642: "Die Ausbeute (aus der Pehleviübersetzung-) wird frei-
lich eine verschiedene sein: reich für den Vendidad, befriedigend
für den ji^ng-ern Jasna, aber dürftig- für die Gathas." Zu dieser
Ansicht hat sich jetzt endlich aucli Geldner bekehrt, der in den
Proleg'omena S. XLVIII seiner Ausgabe des Avesta (Stuttgart 1895)
bemerkt: "Ich gestehe jetzt unumwunden ein, dass mein anfäng-
licher Standpunkt den einheimischen Ivommentaren gegenüber ein
falscher war. Meine frühere mit anderen geteilte Geringachtung"
dieses Werks hat im Lauf der Arbeit steigender Wertschätzung
Platz gemacht. — Obenan steht die \'endidäd-Cbersetzung, an zwei-
ter Stelle kommt diePehlevi-Übersetzung des Jasna und desKhorda-
Avestä."
2) P. St. ^ meine Persischen Studien, Strassburg 1895.
32 Grundriss der iranischen Philolooio.
in der Schrift erscheinende Ti, wenn es nicht lautbar ist,
auch nicht umsclireiben, wie es im ganzen Werke geschieht.
Denn es hat keinen Sinn, dass wir uns der unvollkommenen
arabischen Schrift hier, wo sie uns nur irre führt, eng an-
schliessen, da wir sie doch nicht Zeichen für Zeichen wieder-
geben können. — B.s Erklärung des langen ä von np. mühi
'Fisch' aus *massya- = zd. masya- durch Verschiebung der
Silbengrenze befriedigt nicht, so lange nicht durch mehrere
Beispiele die Giltigkeit der Eegel erwiesen wird: kurzer Vo-
kal -f- geminierter Konsonant Avird unter bestimmten Umstän-
den zu langem Vokal + einfachen Konsonant. Die Kegel
wäre nicht uriranisch (vgl. zd. masya-) und nicht einzel-
sprachlich (vgl. g. miim, kurd. mäsl). Vielleicht ist westira-
nisch *mäsiya- = medisch *masiya-, ap. *mäßiya- anzusetzen,
vgl. P. St. 110, 219. Andere Fälle von np. « = zd. skr. ä
s. P. St. 132. — § 8. Ich füge hier hinzu ap. *pi"du-' Brücke'
(= zd. pdrdtu-), s. P. St. 195, 207. Als uriranisch ist übri-
gens keine der angeführten Formen erwiesen. — Zd. gen.
zairicyä 'der goldäugigen'? Es kommt nur einmal als Name
einer Frau vor und seine Bedeutung ist nicht sicher. Die
Endung -anc, -ac hat weder im Indischen noch im Iranischen
(Joh. Schmidt Pluralb. 391, Barth. IF. II 267) die Bedeutung
'Auge' bewahrt (vgl. skr. cvitlct 'glänzend'). Zd. ayasyä
(gen.) 'der Dämon des bösen Blickes' kann mit zd. asi (statt
idg. ok-) gebildet sein, vgl. zd. xsvasasi- 'sechsäugig'. —
§ 9. Wo findet sich fänkavö 'Berge'? Im Nirangistan? Bei
allen nicht von Justi verzeichneten Wörtern hätte die Beleg-
stelle angeführt werden sollen. — § 12. Skr. ch (aus Ä'Ä) soll
= iran. .v sein wegen zd. sandin 'Grabscheit' : skr. Ahani-
tram 'Schaufel';, np. rls (res) 'Bart' : osset. rexe und zd.
hasi- 'Freund' = skr. sal-hi-. Zd. .sdUdm ZPGl. S. 19, Z. 3 wird
durch phl. teg, das doch nur = np. tey 'Spitze, Schwert*
sein kann, übersetzt und passt daher nicht zu skr. l'Jianitram
'Schaufel'. Die Etymologie von np. r7.v 'Bart' (nach P. St.
()8 = iran. *i'lsa-) ist dunkel und seine Zugehörigkeit zu
osset. rexe nicht sicher. Zd. hasi- könnte durch Eintluss der
obliquen Kasus (dat. ha.se usw.) für haxi- eingetreten sein.
So bedarf die Regel noch der Stützen. — § 13. Zu iran. laii
= skr. I-Jian vgl. P. St. 88 Anm. — § 24. Ich halte die alte
Auffassung, wonach iran. hn zu mn, iran. dn zu 7m = n
wird, noch nicht für widerlegt. Iran, lammi- geht auf Hahna-
= idg. Ixmbhiiö- zurück; ein iran. Han/hna- hätte erst naeli
dem Komparativ *l-amhyah- neugebildet sein müssen. Das
von B. angeführte zd. (jdrdwnäiti kann Neubildung sein für
urspr. ^'(/rtiinäti nach den Formen, in denen gftrdw {aus f/rh,
f/rhJi) erlialten w.ir. Vgl. ferner np. gfnii 'verloren' = iran.
Grundriss der iranischen Philologie. 33
*gtihna- (ksl. gtjlmqti) nach Fr. Müller WZKM. IX 81 ; np.
sikanam 'zerbreche' = arisch '^'slxadnämi und den späteren
Übergang von anl. dm in nm in zd. nmäna = gd. dmana-
(geschriebei"! ddmäna-) 'Wohnung'. — § 28, 2. Die Bemer-
kung über zd. xawza- : np. häza ist falsch, vgl. P. St. 56
und 89. — § 29. Zu np. gurs s. P. St. 92. — Die Bedeu-
tung von fmmd 'Heerdenbesitzer' halte ich nicht für sicher.
— § 40. Phl. öpasfUn ist ein Unding und existiert nicht.
Der Infinitiv lautet öpastan, das Verbalnomen, das regelmäs-
sig vom Präsensstamni gebildet wird, öft(i)sn, wie Hörn Grdr.
92 richtig angegeben hat und wie Ys. 43, 4 deutlich steht.
— §41. Wo findet sich phl. azdln'^ — §43. Zd. aicz (af.s-)
soll = arisch ^ahzh- aus '-^abhs- sein und zu skr. ämbhas-
gehören. Also awz- aus idg. *mhhs- = *emhhes-? Wo lie-
gen solche Verkürzungen, bei denen die beiden Vokale eines
zweisilbigen Wortes ausfallen, sonst vor? — §49. Ich nehme
an, dass np. sk {silxastan usw.) lautgesetzlich für ap. sk ein-
tritt, P. St. 219. — § 50. Mit Sicherheit können hierher nur
die Ausdrücke für 'sechs' : zd. xsvas usw. gestellt werden.
Aber Kretschmers Annahme, dass hebr. ses 'sechs' auf arisch
'^svas eingewirkt habe, musste bestimmt zurückgewiesen wer-
den. — § 51, 2. Zd. zazuH- (tdmö) für *hazu6-- aus idg. ^e-
zyli-us ist mir unwahrscheinlich. — ■ § 52. Np. farl 'gratus,
bonus' könnte ebensogut = zd. friya- wie zd. '^frida- sein.
Entscheiden müsste die Pehleviform, die leider nicht vorliegt,
da zd. friya- durch phl. döst, zd. fri&a- durch phl. fraväft
wiedergegeben wird. Doch ist die Etymologie überhaupt
nicht sicher^). — § 53, I, 2. Die Bedeutung von zd. vaw-
zcika- (nach B. == 'Spinne') ist noch ganz unsicher. — II, 5.
Darmesteter Etud. iran. II 303 übersetzt zd. misti- nach der
Tradition durch 'immer'. — § 55. Der Wechsel von k^- und
k^ - Lauten im Zend scheint mir durch diesen Paragraph
nicht erwiesen zu sein. Np. kai'r 'taub' ist doch der Be-
deutung wegen von zd. karsna 'die Ohren' (böser Wesen),
skr. kdrna- zu trennen. Vgl. Ilorn Grdr. Nr. 845, IF. III
169 Anm. Auf keinen Fall gehören sie zur Wz. kUeu (zd.
sru, skr. cru) 'hören'. — Für np. surüd ist suröd zu lesen,
P. St. 75. — Dass zd. ardsa- 'Bär' (= np. xirs) mit dem
Eigennamen zd. r)ra,c.sa- (= np. Aris) identisch ist, lässt
sich durchaus nicht erweisen. Eine Veranlassung zur Ver-
knüpfung der nach Laut und Bedeutung vollkommen getrenn-
ten Wörter liegt nirgends vor. — Für das eine zd. a'iwix-
soldne 'zum Bewohnen' (nur vd. II an zwei Stellen, die iden-
1) Hörn Grdr. Nr. 827 belogt das Wort nicht. Ich finde es
bei Fird. I 28, 91, wo Rückort es durch 'froh' übersetzt.
Anzeiger VI i u. 2. 3
34 Grundriss der iranischen Philologie.
tiseli sind) ciuc Wz, xM statt der sonst im Avesta gut be-
zeug-tcn Wurzel .sl (ZDÄIG. XXXVIII 429) anzunehmen, bat
Avenig" für sich. Ich halte alwi-xM gegenüber aiwi-.sl 'woh-
nen' Yt. 10, TT (aiwisayamna-, aiwimyana-) für ünursprüng-
lich. Vgl. zd. frapixstsm nach § 86 für '^■^frapistdin, phl.
ätaxs für ütas usw. Auf den Namen AmiEic ist natürlich
nichts zu geben. — Zd. agusta- Ys. 31, 1 'unangenehm' (zu
hören, sc. Worte) ist sonst durch 'ungehört, unerhört'' über-
setzt und zur Wz. gu.^ 'hören' gestellt worden, was doch
möglich ist. Gegensatz ist vahista- 'beste'. — Bai. zarjös
'geldliebend' mit /ö-v für 2ö-s' steht mir nicht fest. Wo findet
sich das Wort? Geiger führt in der Lautlehre zar als pers.
LehnAvort an (wie schon Dames) und erwähnt jös (s. Laut-
lehre § 28: /) nicht wieder. — Zd. hunjainU heisst nicht:
'sie nützen' sondern 'sie retten'. Über zd. l)uj 'lösen, ab-
legen, befreien, retten' habe ich ZDMG. XXVI 45T gehandelt
und das Richtige getroffen^). Zu zd. huj gehören arm. hu-
zem 'heile, rette, befreie' (als Lehnwort), phl. pcäz. höxtan
.'retten, erlösen', bal. hözaj, höjag 'öffnen, lösen, losbinden',
vgl. meine Armen. Studien S. 53, Geiger Etym. des Bai.
Nr. 48, Hörn Grdr. S. 2T0. Ob das N. pr. hujasravah- 'Ruhm
geniessend' oder etwas anderes bedeute, ist fraglich. Zd.
hüsti- könnte wohl 'Genuss' bedeuten, es kommt aber nur
einmal in den Gäthäs Ys. 43, 8 vor und sein genauer Sinn
steht nicht fest. In keinem Falle gehört es zu zd. htij. —
Zd. dardzay- 'fesseln, fest machen' scheidet sich auch in der
Bedeutung von zd. c^r-öfi 'halten'; zd. cZr^??«/ heisst sonst immer
'rezitieren', nur Vd. 9, 14 (= 41 bei Spiegel) heisst es 'be-
festigen' (Darmesteter 'allonger'?), was höchst auffällig ist
und der Untersuchung bedarf. — Zd. azgatö findet sich nur
Yt. 13, lOT und seine Bedeutung lässt sich in Ermangelung
aller Ilülfsmittel nur erraten, jedenfalls aber nicht sicher er-
weisen. Die Gleichung zd. azgatö = griech. äcxexoc zeigt
Avieder die feine Kombinarionsgabe des Verfassers, ist aber,
so lange der Sinn von azgatö fraglich bleibt, nicht sicher
genug, um als Stütze für eine Wurzel segVi neben dem fest-
stehenden seg^h = iran. Jiaz zu dienen. — § 5T. Das Altper-
sische hat den r- Vokal noch gehabt, s. P. St. 143—150. —
§ 6(J. Zu zd. rai-rwiis füge hinzu bal. gvarm 'Brandung',
1) Auch in lU'zug auf die Wurzel ?)«/• ' Aer\virken' (durch
grosse Sünde), (leidner hat meine Dciitiin<4' natürlicii verworfen
\u\<\ pur erst durcii ' ausschliessen", dann durch ' verdannnen', neuer-
dinj^-s iIvZ. XXX 510) durch 'Aerfallen' üliersetzt mit dem g'eg-en
nücii g-ericliteten Zusatz: "nicht verwirken". Als ob (pesö-tajiu)
'mit verwirktem T^tübj^' so verschieden wäre von 'mit verfallenem
Leibe! Zu zd. p(tr geliürt das arm. Lehnwort jxtrt-k "ScliiUd'.
Grundriss der ircanischen Philologie. 35
üeiger Etym. des Bai. Nr. 141. — § 69 Anm. B. hält Brug-
niamis Satz: idg. o in offener Silbe = skr. ä für falsch, ich
lialte ihn für richtig. Auf arm. ekul 3. Pers. Aor. darf sich
B. nicht berufen. Denn dass die arm. Wurzel lud 'verschlin-
gen', von der alle Verbalformen abgeleitet sind, ihr ti von
dem ö (= arm. u) des spurlos^) verschwundenen Perfekts
^gegöle oder ""'göle bezogen habe, lässt sich nicht wahrschein-
lich machen. — § 76. In diesem und mehreren späteren Pa-
ragraphen wird ein phl. hU 'geworden' nebst verwandten
Formen zu lat. fief, f'ifum, fUe gestellt. Dazu lädt ap. hlyä,
der Optativ von hü, allerdings ein. Aber Pehleviformen ge-
genüber ist grosse Vorsicht nötig. B. nimmt ein phl. hit
'geworden' an nach Hörn Grdr. Nr. 233 = BB. XVII 264,
wo auf Phl. Vd. 159, Z. 2 verwiesen wird. Dort steht: axar
guft hlt (= het) 'dann ist gesagt'. Ich lese het und nehme
an, dass h-et hier für phl. yalivün-et steht und also havat
zu lesen ist. Vgl. Gl. and Ind. S. 83: "3. Sg. Pres, het sub-
stituted for tjehevünet; 2. Sg. Ipt. häs substituted for ijehe-
vü7iä.s\ 3. Sg. Conj. hat substituted for yehevünät" Das Par-
tizipium der Wurzel hü =^ skr. hhü lautet im Phl. hüf =
np. hüd, eine Nebenform *hU liegt bis jetzt nicht vor. —
Von der Form np. had 3. Sg. Konj. nehme ich an, dass sie
aus hacät ^= ap. havütiy kontrahiert ist, P. St. 168. Np. hld
'seid' lautet in älterer Zeit hed und könnte also = ap. *&a-
vaitä 2. PI. Opt. Präs. sein. Np. huvam, huvad usw. führe
ich auf älteres havain, havad usw. (vgl. ap. ahavam, ahaca,
havätiy) zurück; in htiväd, huvid sehe ich Neubildungen nach
piirsäd, pursld usw. Im Übrigen kommt alles darauf au,
wie die mp. Formen lauteten-) und ZAvar in der gesproche-
nen Sj)rache. Denn auf die geschriebenen Päzendformen
(vgl. 3. Sg. Präs. hahöd, zu lesen havad) ist kein Verlass. —
Über den Wechsel von 5 und sp siehe P. St. 76, 77, 123,
178. Die Verhältnisse sind noch nicht klar. Für arm. aspa-
dez lies asparez. — § 80, 1 und 2. Ich nehme an, dass das
idg. Wort für 'Ferse' (persni-J das r unter keinen Umstän-
den verlor und erst die iranische Ursprache r nach langem
Vokal vor ,sn auswarf. Vgl. die iranischen Formen bei Hörn
Grdr. Nr. 276. Nach kurzem Vokal blieb uriran. r vor sn
bestehen. — Idg. mens- 'Mond' = np. mäng usw. P. St. 97,
219. — Zd. pa.sndm 'Augenlid' (ZPGl. = phl. pes i ca,sm
1) Spuren des Perl'ektunis sind l)is jetzt im Armenischen über-
haiipt nicht nachg-ewieseu worden.
2) Das Verbum war deshalb so unregelmässig-, Aveil auf viele
seiner Formen die P. St. 168 entwickelten "Kontraktionsgesetze An-
wendung fanden.
36 Grundriss der iranischen Philologie.
'was vor den Augen ist') hat mit zd. sjxis, skr. jjrrg 'sehen'
nichts zu thun. Das Lid ist doch, wie d. Augenlid besagt,
der Augendeckel! Fr. Müller hat das Wort iDCSser zu skr.
paJc.sman- 'Augenwimpern' gestellt. — Über np. |9arrt?2fZ s.
Hörn Grdr. Nr. 293 und vgl. Nr. 78. — Die Bedeutung von
zd. naezsm steht noch nicht fest, es fragt sich daher auch,
ob es aus *snaezdm entstanden ist. — § 86. Für B.s Ansatz:
Präs. histaiti 'steht' : einf. Aor. xstät 'trat, ging' spricht der
Umstand, dass der einfache Aorist stät im Awesta fehlt. Für
paitistät hat die Neuausgabe paitimt. — Wo findet sich snus
'befriedigend' und wie ist es bezeugt? Die reduplizierten
Formen ci-o'.smis- und lin-xsnu- scheinen mir doch mehr für
eine Wurzel ksjiu zu sprechen trotz S. 55 Nr. 2. Man er-
wäge die von B. vorausgesetzte Entwicklung: idg. si-snit usw.
= arisch si-mu-s = iran. hl-hm.s, dann mit xs für s (von
der Anlautsform x.smi aus snu) hi-xsnus, daraus zd. ci-x.snu
neben Jcu-xsnu und vgl. dagegen Formen wie zd. ztxsndn-
hemna- (aus arisch zi-znä-s, idg. gH-g^nö-s) und zd. hisiÖyät
(= idg. se-sJc%id-yet-). Oder man sollte mit Rücksicht auf
die Neubildungen zd. miniarö, sumyqm wenigstens *xi-xs-
nus, ^xuxsnu für ci-xsnu-s, kuxmu erwarten. Im Übrigen
behält B. Recht, wenn er im iranischen Anlaut -s- vor Kon-
sonanten zu xs werden lässt. — § 88. Zu np. dar aus drar
vgl. np. dlgm' = dadigar, phl. datlgar zu ap. duvitiya-, P,
St. 166. — § 89. Die Identifizierung von zd. x^ardnoh- mit
ap. farnah- macht Schwierigkeiten, da nur hier f für x'^ er-
scheint und im Neup. fnrreh und x^arreh nebeneinander lie-
gen. Nach B. hatte man sich die Entwickelung in folgender
Weise zu denken. Arisch *suar- wurde uriran. zu ^livar-
und *.'z;^'fl7'-; iran. *hvar- ist = zd. *hi'ar- (hvaraxmeta-) und
ap. *''uvar fnp. hör 'Sonne'); iran. *x'^ar- ist = zd. *.r'rtr
(vgl. Gen. x'eng "der Sonne' aus idg. '^svens) und ap. '^x^'ar,
das in dem einen Dialekt erhalten blieb = mp. np. .r*'«?' in
x^'arsed, xurseÖ 'Sonne', x'arfrjeh, xurreh 'Glanz', in dem
andern Dialekt (der Keilinschriften) zu */'ar wurde : ap. far^iah-
= np. farr, farreh 'Glanz'. Das Mittel- und Neupersische ist dia-
lektisch gemischt und hat daher farr, farreh neben xurreh. —
§ 90. Ist anl. .sy (aus cy) schon uriranisch "im Satzanlaut' zu s
geworden oder erst cinzelspraclilich? Im Ap. liegt .s-?y, im Np. -v
(np. Osiyäna kommt als unsicher nicht in Betracht, P. St, 7 — 8),
im Gd. sy (mit einziger^) Ausnahme von saralte Ys. 29, 3, das
B. noch IF. II 267 slvaite lesen wollte), im jüngeren Awesta .v
(mit Ausnahme von .syaodna-, das aber auch dem Gäthädia-
lekt angehört). Zur Entscheidung dieser und vieler anderen
1) Für Justis saväi Ys. 33, 8 liat die Neuausg-abe synväi.
Grundriss der iranischen Philologie. 37
Fragen wird einmal die Lautlehre der modernen iranischen
Sprachen schärfer und gründlicher untersucht werden müssen
als es bisher geschah, und ferner wird künftig auch zwischen
uriranischer und gemeiniranischer, zwischen ost- und
westiranischer Entwicklung zu unterscheiden sein, ähnlich
wie es im Germanischen geschieht. Denn es giebt auch im
Iranischen viele Erscheinungen, die allen oder vielen Dialek-
ten gemeinsam sind, ohne darum uriranisch zu sein. Vgl.
die Entwicklung der fc-Sufßxe, der Passivkonstruktion usw.
Dieser Gesichtspunkt ist bisher mit Unrecht ausser Betracht
geblieben. — § 95. Ich halte den BeAveis, dass die leichten
Vokalreihen ein tiefstutiges 9 = arisch i hatten, noch nicht
für erbracht. — § 97, 5. Ich setze ap. ziirah "Unrecht, Falsch-
heit' mit langem ü an wegen np. ziü' ZDMG. XLVI 329. —
§ 100. Zd. päiti in päitivcll'e ist eine Nebenform zu paiti
und liegt auch im Persischen vor, vgl. P. St. 133, 193. Ist
p)äiti = griech. ttoti? — § 107 — 110. Die np. Präsensendun-
gen i, im, id (älter ^, Im, ed) hat B. falsch erklärt. Vgl.
Darmesteter Etud. iran. I 190 — 192 (wo aber die Endung der
2. P. Sg. falsch als e angesetzt ist, während sie auch in älte-
rer Zeit i lautete, also nicht aus aya entstanden sein kann).
— § 122 flg. Die Zahl der Präseusklassen ist hier wie in
Brugmanns Grundriss zu hoch angesetzt. Besonders fraglich
scheinen mir Kl. 4 (die np. Formen gehören alle der 10. ind.
Klasse an; die Erklärung der Präterita np. däst usw. ist
falsch), Kl. 19 (die np. Formen sind ganz junge Neubildungen,
zudem griech. tutttud doch Avohl aus *tuttjuj entstanden), Kl. 20,
21, 25, 28. — § 131. Über np. sunüdan 'hören' s. P. St. d)2,
über np. glravam, das nicht aus '^vrnav- entstanden sein kann,
s. P. St. 162. — § 132. Über burridan, darridan s. P. St.
28 und 62. — Die Bemerkungen über die np. Präsensendun-
gen Im, id sind zu streichen. — § 136. Zu dös 'melken'
vgl. P. St. 64, 234. — § 142. Streiche Nr. 1, denn np. tcf-
tcldan ist Analogiebildung nach estcidan P. St. 15 — 16. —
§ 143. Die Beurteilung der np. Formen halte ich durchgän-
gig für falsch. — § 148. Zu np. mirad vgl. P. St. 145. —
§ 151. Die angeführten Formen sprechen mir für Brugmanns
Eegel: idg. o = arisch ä in offener, ä in geschlossener Silbe.
Im Skr. haben die Formen mit a (in offener Silbe) kausative
Bedeutung (IF. IV 132) wie hier im Iranischen, also ist arisch
südäyairni) 'mache sitzen' mit got, gcrm. satja auf idg. so-
dejö zurückzuführen. Vgl. griech. cpoßeuu 'mache flüchten,
scheuche' neben qpeßoiaai usw. 'flüchte'. Die Formen mit kur-
zem a (skr. patayati, zd. patayen) sind iterativ. Das Grie-
chische hat in seinem historischen Verlauf den ursprünglichen
Unterschied zwischen Kausativen, Iterativen und Denomina-
38 Grundriss der iranischen Plii]olo<^-ie.
tiveii verwischt. — Hierher gehört noch zd. täcayeinti 'sie
machen flicssen' Yt. 14, 54 = up. täzand. Für zd. fratcl-
cat Yt. 5, 78 vermutet Geldner fratäcaijai 'machte fliessen'.
— § 156. Np. däst ist kein Aorist sondern das Part. Perf.
Pass., daher B.s Erklärung falsch. Vgl. Geiger Die Passiv-
konstruktion des Präteritums transitiver Verha im Iranischen,
Festgruss an Roth S. 1 ff.; meine P. St. 108 Anm.; Fr. Müller
Bemerkungen über den Ursprung des Präteritums im Neu-
persischen, Wien 1895. — § 159, 164, 171. Hier macht
Brugmanns Regel: idg. o = skr. Ci in offener Silbe Avieder
alle künstlichen Annahmen überflüssig. — § 174 y. Da im
Skr. und Zend nur usas-, umh- (nicht *ösas-, aok(h-) 'Mor-
genröthe' vorliegt, ist die Wahrscheinlichkeit nicht gross,
dass das Persische die Form ^ausah- in plil. päz. liö.s bewahrt
haben sollte. Dazu kommt, dass zd. u.si = np. hös 'Ver-
stand' im älteren Persisch (Pehlevi) us gelautet haben muss,
da die Armenier es in alter Zeit in der Form u.s entlehnt
haben. Die Vokale u und i sind im Mp. im Anlaut nicht
lauge erhalten geblieben, entweder sind sie zu a geworden
(s. P. St. 138) oder es ist ihnen x (vgl. xirs aus *rsa-, xiH i
zd. istya-, xurmcl : arm. armav P. St. 265: hier steht i, m
vor Doppelkonsonanten) oder li (vgl. /iö.v) vorgeschlagen wor-
den. Ebenso wird vor mp. e = ap. ai und mp. ö = ap.
au ein h oder x vorgeschlagen (P. St. 265). Galt etwa die
Regel: anl. u- vor einfachen Konsonanten in mp. einsilbigen
Wörtern (wie tis 'Verstand') wird zu ö = hö-? — § 175.
Phl. snahfs ist unsicher, vgl. Hörn Grdr. S. 291, P. St. 110.
— § 176 Anm. Arm. hei'd gehört weder zu zd. vdVdz- noch
zu ap. vardanam. — § 178. Zu phl. patjitllx vgl. P. St. 44.
— § 181 T- Zu np. timd vgl. P. St. 48.'— § 185. Zu np.
päd vgl. P. St. 35. — § 188. Ich bleibe entschieden bei der
alten Erklärung der np. Pluralendung -ün {= ap. -änäm).
Np. dandiln 'Zahn' (vgl. arm. dandan-a-vand 'Zaum' =
*Zahn-band' P. St. 190) = ap. Akk. '*dantdnam. Die kur-
dische Pluralendung dn stammt aus dem Persischen. — § 210.
B. setzt ansprechend np. cär- 'vier' (in Komp.) = zd. caßru-
"vier' (in Komp.), vgl. np. jjür aus jmhr- = ap. pud^'a-, mr
aus sahr usw. (P. St. 206 — 207); nur ist auffällig, dass sich
nirgends eine Si)ur des älteren "■cahr lindet und dass die mp.
Komposita cahar haben : päz. cihdncäi 'V'ierfüssler' Min. -Gl.
51 = phl. caharpäi Phl. Min. 6, Z. 10. Vgl. auch Hörn Grdr.
Nr. 452. — § 211. Für phl. tasum der ^vierte' kann nicht
tuhriiin gelesen werden. Es gehört wolil zu np. fa.su 'pon-
dus (juattuor granorum hordei' usw., arab. Lehnwort fassüj
'quarta pars poiideris', arm. fasu 'der vierte Teil eines dang',
die alle auf ein phl, '-idsüJi 'Viertel' zurückgehen werden. —
Grundriss der iranischen Philologie. 39
§ 243. Die np. Izafe führe aucii ich auf das Relativum ap.
liya- zurück. Allerdings geht das Neupersische nicht immer
auf das Keilschriftpersische zurück, aber doch immer auf
einen Dialekt, der von jenem nur wenig verschieden war
und der schwerlich eiu anderes Relativpronomen (y(i-) als
dieser hatte. Man mag auch meinetwegen von ap. Kanzlei-
sprache sprechen, darf sich aber diese von der Volkssprache
doch nur im Stil verschieden denken. Denn wie alt war
denn das persische Schriftwesen unter Darius? Von Cyrus
und Cambyres haben Avir keine persischen Inschriften und
nach Weissbach ZDJIG. XLVIII 664 hat erst Darius die per-
sische Keilschrift erfunden, also zuerst persisch geschrieben!
— § 264. Die Deutung von ap. ahdcarü- 'Wasserleitung' aus
"^dbahäcaris ist ganz und gar unsicher. Die Etymologie ist
nicht schön und die Bedeutung nicht passend. Denn "Was-
serleitungen' konnte Gaumäta nicht Svegnehmen' und sie
zerstören, wäre ein Frevel gewesen, der ihn nur unpopulär
gemacht hätte, ohne ihm Nutzen zu bringen. — § 271. Dass
B. der iranischen Ursprache nach Vokalen nicht tönende Spi-
ranten statt der Mediae zuschreibt, befremdet mich bei sei-
nem sonstigen Verfahren. Denn die idg. Mediae und aspi-
rierten Mediae liegen als tönende Spiranten nach Vokalen
vor: im Neupersischen und aller Wahrscheinlichkeit nach
auch im Altpersischen, im Kurdischen, Afghanischen, in den
Pamirsprachen, im Nordbalücl, in der Sprache des jüngeren
Awesta und im Ossetischen, das nur ö in cl (wie d in t) zu-
rück verwandelt. Verschlusslaute liegen also nur im Galha-
dialekt und Südbalüci vor. Können sie hier nicht unursprüng-
lich sein? Vgl. KZ. XXIV 384—402, 413, ZDMG. XXXVI
133—134, P. St. 115, 180, 198, 246. Hier taucht wieder die
noch oft aufzuwerfende Frage auf: Avar der Vorgang urira-
nisch, gemeiniranisch oder einzelsprachlich?
Strassburg. H. Hüb sc hm an n.
Darmesteter J. Le Zend-Avesta. Traduction nouvelle avec
commentaire historique et philologique Ernest Leroux, Paris
1892. 4". (Annales du Musee Guimet XXI, XXII). Prem.
Volume. La Liturgie (Yasna et Vispered), CXIX u. ÖOO S.
u. 6 Tafeln. See. Volume. La Loi (Vendidad) — L'Epopee
(Yashts) — Le Li vre de Pritre (Khorda Avesta). XXXV
u. 747 S. u. 4 Tafcdn^).
Das dem ersten Band vorgeheftete Widmungsblatt sagt
1) Ich bediene micli in der folgenden Besprechung- der von
dem Verfasser g'cwählten Unischreibun^sweise.
40 Darmesteter Le Zend-Avesta.
uns, dass 'cette traduction francaise de l'Avesta' im Jahr 1877
begonnen und im Jahr 1888 wieder aufgenommen worden sei.
Inzwischen ist in den Sacred Bocks of the East V, XXIII
(Oxford 1880, 1883) seitens des selben Gelehrten eine englische
Übersetzung jener Teile des Avesta veröffentlicht worden,
welche in der jetzigen der zweite Band umfasst. Für Yasna
und Visparad war in den SBE. Mills eingetreten, dessen Über-
setzung SBE. XXXI, 1887 erschienen ist.
Bedeutet nun die neue vollständige Übersetzung Darme-
steters einen wesentlichen Fortschritt in unserm Verständnis
des Avesta?
Darmesteter hat eine Anzahl von Übersetzungen und Um-
schreibungen in Pahlavi, Neupersisch und Sanskrit zu solchen
avestischen Stücken zur Verfügung gehabt, welche bisher nur
im Originaltext vorlagen. Auch hat er die bereits bekannten
Versionen und ebenso die übrige mitteliranische Litteratur aus-
giebig benutzt^). Wir sind dadurch jetzt genauer darüber
unterrichtet denn früher, wie man im sechsten Jahrhundert
und später die avestischen Schriften verstanden hat und ver-
standen wissen wollte. Aber damit ist das Lob, das ich Darme-
steters umfangreichem Übersetzungswerke spenden kann, er-
schöpft. Die oben aufgeworfene Frage muss ich entschieden
mit nein ! beantworten.
Darmesteter bezeichnet sich selbst in der 'Introduction'
als einen Anhänger der 'ecole traditionelle' in der Avestaphilo-
logie. Ihr stellt er gegenüber die "ecole etymologique au plutöt
vedisante, qui remonte en realite ä Bopp'. Und in einer
längern Auseinandersetzung über die Grundsätze der beiden
Schulen wird von den Anhängern der letzteren gesagt: "Ils ont
volontairement ignore la tradition pehlvie, non pas apres un
examen approfondi qui les aurait convaincus de son insuffi-
sance, mais en vertu d'un a priori qui les dispensait de l'etu-
dier. Partant du fait ou de Thypothese que la traduction
indienne a absolument perdu les sens des Vedas et que le
commentaire de Sayana est inutile et dangercux, parce qu'il
ne represente pas une tradition ininterrompue, et s'appuyant
sur nombre d'erreurs apparentes du commentaire pehlvi, ils
poserent en principe que ce commentaire n'avait aucune valeur
propre et ne represente qu'unc fantaisie artificiellc et pedante"
(I- XXX). Das sind — ich will mich gelinde ausdrücken —
Übertreibungen, welche den gewünschten Eindruck sell)st bei
1) Ich sag-e ausg-iebig- — nicht erschöpfend; dcnin sonst hätte er
z. B. Phlv. azdtn I 320, womit av. azrhi Y. 50. 1 wiodorg'egebon wird,
nicht als ein 'd(''riv('' obscin-' Ix-zcicliiicn dürfen; vgl. Geiger Sitz.-
Ber. Bayr. Ak.W. 1H90 II 47 und Xöldekc ZDMG. XLVI 138. (Spiegels
Text bietet azU). S. noch unten S. 44.
Darmesteter Le Zend-Avesta. 41
denen verfehlen müssen, die mit den einschlägigen Thatsachen
auch nur ganz oberflächlich bekannt sind.
Als Vertreter der 'ecole etymologique' werden Benfey,
Hang, Roth und Geldner namhaft gemacht. Die beiden ersten
können sich gegen den Vorwurf, aus Bequemlichkeit^) die
Forderungen strenger Wissenschaftlichkeit vernachlässigt zu
haben — vgl. I S. XXX f. — , nicht mehr wehren. Im Namen
der beiden andern zu sprechen habe ich weder Auftrag noch
Neigung. Da ich aber auch selbst schon einige Beiträge zur
avestischen Philologie geliefert habe, so halte ich mich für
berechtigt, meinerseits entschiedenen Einspruch gegen die Art
nnd Weise zu erheben, wie Darmesteter die Leistungen derer
beurteilt, welche nicht zur Fahne der 'ecole traditionnelle*
schwören. Ich für meine Person habe niemals die Behauptung
aufgestellt, dass die traditionellen Übersetzungen der avesti-
schen Schriften usw. ungestraft vernachlässigt werden können.
Im Gegenteil^). Aber anderseits habe ich es immer für ver-
kehrt gehalten, jenen Übersetzungen für die verschiedenen
Teile des Avesta den gleichen oder auch nur annähernd
gleichen Wert beizumessen. Insbesondere für den ältesten
und wichtigsten Teil, die Gathas ist ihr Wert ein sehr ein-
geschränkter. Das erkennt Spiegel ganz ausdrücklich an
(Kommentar II 188), während Darmesteter auch hier den Da-
sturen vertrauensvoll durch Dick und Dünn nachgeht^). Und
1) " . . la tentation est trop forte de l'aborder (FAvesta) direc-
tement par la route aisee de la g-ramiuaire comparee, au lieu de la
contoarner peniblement . . . ." (I XXXI). — Vgl. dazu unten S. 43.
2) S. unten S. 44.
3) Vgl. die Bemerkung zu Y. 32. 16: " yahyä mä aithUhcU dvae-
thä ['d'eclaircir nies doutes']: aifhtsh est rendu dshkärak; laudrait-
il corriger en haWnsh, dshkdrak etant la traduction ordinaire de
haifJii/a? Ce qu'il y a d'etrange, c'est que le dernier vers de la Strophe
sembi<! presenter une laute d'orthographe du nu-me genre: ahhayd
est traduit arjdnUjlh, ce qui senible renvoyer ä hanat/d: ce sont
deux lautes, si taute 11 y a (car il faudrait en supposer une encore
au Hfl L, 3a), qui s'expliqueraient assez bien dans Thypothese que
dans la copie d'oü derivent nos manuscrits cette Strophe a ete ecrite
sous la dictee". Ich erlaube mir demgegenüber auf Justis Hand-
buch 47 unter dithi zu verweisen. Dass haUhtsh, wie Darmesteter
korrigieren will, nicht zu haithya- gestellt werden könnte, sei nur
nebenher erwähnt. — Auch an andern Stellen glaubt Darmesteter
'malgre l'accord des manuscripts' den überlieferten Text der über-
lieferten Übersetzung zu lieb ändern zu müssen; z. B. Y. 46. 6b,
wo aithyd ydt statt hdi" gelesen werden soll (1 .303) — Geldners
textkritische Bemerkung zur Stelle KZ. XXX 532 No. 2 kennt er
nicht — ; ferner Y 44. 13 d "qui enseignent le bien sans le parti(|uer",
was nach D. den Urtext iwit a.shahyu ddisyeintl hacemnd voraus-
setzen lässt (I 291), usw.
Ja so weit geht Darmesteters Unabhängigkeit von der Tradi-
tion, dass er sogar den genau gleichen Text an verschiedenen Stelleu
42 Darmesteter Le Zend-Avesta.
ferner ist es immer meine Meinung gewesen, dass eine wissen-
scliaftliche Übersetzung — selbst eine solche des Avesta —
unmöglich sei ohne sichere grammatische Kenntnis der Sprache,
in der die zu übersetzenden Texte geschrieben sind. Die
(Jrammatik bildet ja den Prüfstein für die Richtigkeit einer
jeden Übersetzung. Sie kann nicht richtig sein, wenn sie
sich nicht grammatisch rechtfertigen lässt. Eine derartige
Prüfung aber hält Darmesteters Übersetzungswerk nicht aus.
Ich habe vor etwa 10 Jahren bei der Besprechung von
Darmesteter Etudes Iraniennes (Kuhns Litteraturblatt I 17)
die Lautlehre als des Verf.s "schwache Seite" bezeichnet,
daT)ei aber ausgesprochen "es sollte mich nur freuen, wenn
ich diese meine Ansicht recht bald auf Grund neuer Schriften
des Verf.s als unhaltbar aufgeben müsste". Darmesteter hat
diese Erwartung leider in keiner Weise erfüllt. Auf Schritt
und Tritt passieren ihm die schlimmsten Verstösse. Die Zisch-
laute weiss er noch geradesowenig auseinanderzuhalten wie
früher. So wird II 124 karshfa abgeleitet von l:arent 'le
verbe de la creation demoniaque'; astä gilt ihm I 309 für
"un derive de la racine äz 'oppresser, etauft'er' {äzö angoisse)";
vazdanhä ebd. 324 für ein solches "de vaz avec sens pejo-
ratif", daher "emportee vers le mal"; verezda bedeutet 'oeuvre"
und ist "doublet de varsJita' (I 302); vdstra d'oü västrya
est . . rarez-tra" (I 230); minash ( \\ convertit') suppose un
verbe mish ou mit (I 307) und alimarshtanam stammt nach
II 221 "de a et hmared ou hmarez". Das ou in den beiden
letzten Beispielen ist sehr bezeichnend, ebenso die Note zuuzva-
zhat (II 532). Den andern Lautem geht es auch nicht besser.
Ich begnüge mich mit einem belehrenden Beispiel. Zu Y. 11.
9, das mit "pour un de nous, deux de toi; trois et quatre;
cinq (mnnddidyäi) et six; [sept] et huit; neuf et dix, venant
de vous" übersetzt wird — vgl. dazu KZ. XXVII 255 — ^),
versi'hieden übersetzt, wenn sie ihm nur darin vorangcjjt. \. 52. 1
und 68. 22 stehen di(! Worte: haiihyälca haraif/ii/äica bilshi/difhi/aica,.
wofür die Tradition dort (in Hauys Transskription) wd« hömand
va man yeheründ va 7)iünic yehenmt fiöwand, liier aber mün alt
va müiiic yeherünf hömand va mTinic yeheründ bietet. Entspreehend.
übersetzt D. dort " presente, ä venir et passee", liier aber "])resente,
passee et fiiture"; und au ersterer Stelle wird noch erläuternd zu-
get'ü^'t (I .'!40): " hiisliyuithyäi n'a (lue i'apparenee d'un participe lutur
(le veritalile lütur serait *haiisliyaitliydi, ef. jiersan bäsham)-, c'est
en reaiite un deliris d'aoriste ". Aber au allen andern Stellen be-
deutet büsJiyaid- doeh auch ilmi 'l'uture' oder '(|Ui serait'. Ist das
philolog-isclie Kritik? So 'traditionell' ist niciit einmal Neryosenii-h,
der zu Y. 52. 1 ganz richtig übersetzt.
1) "Le rapport — der Schlussworte von Y. 28. 9: yöi ve yöifhemd
xlasemo, stiltäm — avec daseme. yöi re yaetlivid — in Y. 11. 9 — semble
accidentel, daaeme. etant lä le nomljre ordinal" lieisst es I 210.
Darmesteter Le Zend-Avesta. 43-
■wird die Bemerkung gegeben: ''mandäidyäi forme enigma-
tique; peut-etre due . . ä nne simple erreur paleographique pour
*pandäidijäi. La difficulte est moins dans la Substitution de
m k p que dans la chute de la gutturale: en attendrait au
moins '^7näzhddidi/äi"^). Vgl. noch I 289 zu Y. 44. 8b: 'par
cinq fois'.
Dass es Darmesteter bei so ganz eigenartigen gramma-
tischen Anschauungen gelungen ist, auch auf dem Gebiet der
Wortbildung und -beugung manch neue Entdeckung zu machen,
versteht sich von selbst. So ist z. B. dish nicht nur Instr. Flur.
des Pronomens, sondern auch 'Gerondif' (I S. CVIII); als sol-
ches kann es sowohl zu ai. emi als auch zu ai. ikshe gehören j
im erstem Fall bedeutet es 'en venant', im andern 'en regar-
dant' (I 210, 227 u. ö.). Auch apandish Y. 28. 10 ist Gerondif
oder 'formation invariable' und stellt sich zu apa-ni- (I 210)-).
Diese Gerondifs kommen auch negiert vor, z. B. andisli Y. 53.
6, 8 "s'ils ne reviennent pas". In das nämliche Kapitel
schlägt auch avaen V. 19. 13 'sans voir', "compose d' a pri-
vatif et du mot racine raen pris adverbialement'' (II 263). ]\Ian
beachte dabei die Erklärung zu dish 'en venant': "peut-etre
une formation du perfait comme rklu.sh . . rdiinush" (II 210).
näslidmd Y. 44. 13 "est k nl comme le persan bdsh k Jdiil,
c'est-ä-dire suppose un theme futur ndi/ish"; m aber ist ni-i
und heisst 'chasser' (I 291). " vaozlrem traduit par conjecture
comme formation redoublee de vzar = ^v)'az, ui'vdz'' (II 634
zu Yt. 19. 69). '' paröTi-atar.^htemem . . , superlatif de parö-
Icatar, kafar etant le nom d'agent de Ttaiii" (I 363 zu Y. 57,
13) usw. Ich fürchte, all diese schönen Erklärungen werden
in keiner avestischen Grammatik Eingang finden.
Wie Darmesteter mit der Syntax umgeht, kann sich
jeder denken, der einmal die traditionellen Übersetzungen
mit dem überlieferten Text zusammengehalten hat. Beispiele
für deren Vergewaltigung zu geben sehe ich für überflüssig an.
Die bisher erhobenen Einwendungen gegen Darmesteters
Übersetzung stützen sich auf die Grammatik. Nun ist es ja
ganz gut möglich, dass der Verfasser, den Spiess umdrehend,
mir erwidern wird: Nicht meine Worterklärungen und Über-
setzungen sind falsch, sondern deine Grammatik. Darüber
1) Eine für weitere Kreise bemerkenswerte Etymologie sei
hier notiert: "merezu, ia moelie: tra(hiit d'apres le sanscrit majjd,
pour *ma>-Jd (cf. germ. mark)", II 262. P"'ür einen Iranisten, der
doch das av. mazgacadi 'riclie en moelie', np. mayliz usw. kennen
miiss, bleibt das auch dann noch ein starkes Stück, wenn man von
der Forderung- linguistischer Kenntnisse g'anz absieiit.
2) Dass alle Handschrilten ohne Ausnahme üpandish bieten
scheint belang-los zu sein. Doch s. unten S. 45.
44 Darmesteter Le Zend-Avesta.
will ich nicht weiter mit ihm rechten. Ich habe aber Darme-
steter noch zwei weitere Vorwürfe zu machen, die sich nicht
durch den Hinweis auf die Verschiedenheit des prinzipiellen
Standpunkts entkräften lassen. Der Verf. schreibt I XLIII f. :
"D'apres ce que nous avons dit de la methode des ecoles ri-
vales, le lecteur m'excusera si au cours de ce livee il m'arrive
rarement de me referer aux traductions europcennes anterieures,
soit pour des adopter, seit pour les combattre. Outre que ces
discussions auraient indefinement grossi le volume de l'ouvrage
il m'a semble que l'etat des choses ne le demandait pas. Les
traductions purement etymologiques n'avaient, ä mes yeux,
aucune autorite intrinseque, meme quand j'etais conduit aux
memes resultats par l'examen des temoins historiques. D'autre
part les traductions europeennes qui emanent de l'ecole tradi-
tionelle sont trop anciennes . .". Das Hesse sich hören, wenn
er die Ergebnisse andrer Forscher nicht auch da — ohne
Nennung der Urheber — übernommen hätte, wo die ' temoins
historiques' fehlen oder wo er sie nicht verstanden hat. Z. B.
zu Y. 50. 1 vgl. oben S. 40 Note und KZ. XXVIII 15 f.; zu
Yt. 13. 99 s. II 532 Note 188 und KZ. XXV 561 Note 111
usw. An solchen Stellen hatte er die Pflicht zu zitieren; auf
ein Dutzend Seiten kommts ja doch bei einem Werk von 1400
Seiten Umfang nicht an. Ich behaupte aber, dass Darmesteter die
neuere Litteratur auf dem Gebiet der Avestaphilologie — ausser
durch de Harlez und Mills Noten zu ihren Übersetzungen —
zum grössten Teil gar nicht kennt. So hat er die Gleichung
av. azdä = ai. adclhä aus Mills 171 ; den ebenda zitierten Auf-
satz hat er aber nicht gelesen, denn sonst würde ihm Phlv.
azdln nicht haben dunkel bleiben können, weil dort auch
auf das ap. azdä 'Kunde' verwiesen wird. Zu Y. 33. 1 wird
gesagt: "M. Roth a reconnu, avec beaucoup de sagacite, dans
ce passage l'origine de V harnest agän^) des Parsis". Das stützt
sich Aviederum auf Mills 72 ; aber die hier zitierte Abhandlung
Roths hat er auch nicht gelesen, und ebensowenig die um-
längreiclie weitre Litteratur, die sich mit der Frage beschäf-
tigt; denn sonst hätte er jene Entdeckung nicht auf Roths
Konto setzen können, und es würde ihm die richtige Etymo-
logie von hamistagän nicht haben entgehen können; vgl.
die Litteraturzusammenstellung in IF. HI 51. Die Note 56
zu Y. 31. 91 (I 231 j zeigt, dass er Jacksons hymn of Zoroaster
bei seiner Übersetzung der Gatha nicht zu Rate gezogen hat,
sonst würde er die Lesung mainish statt maenlsh nicht wie-
derholt haben; s. ferner I 284 Note 48 und KZ. XXX 320
Note 1 ; II 39 Note 29 und ZDMG. XXXIV 420, KZ. XXXIII
1) So als Sing-uiar! S. AF. II »)2.
Darmesteter Le Zend-Avesta. 4^
6 Note usw. Es wäre jedenfalls dem Buche mancherlei er-
spart geblieben, Avas ihm nicht eben zur Zierde gereicht, hätte
der Verfasser sich nicht das zu Schulden kommen lassen, was
er mut. mut. an der ecole etymologique zu tadeln findet:
". . . non pas apres un examen approfondi ..." (oben S. 4U).
Der zweite Vorwurf, den ich noch erhebe, ist der, dass die
Neuausgabe des Avesta bei Darmesteter nicht in vollem Masse
Berücksichtigung gefunden hat, entgegen der Versicherung I,
CIX. So finden wir gleich in der Introduction XLVI ff., wo
die Entdeckung, dass die Worte uta he vanta azäni usw. in
Yt. 5. 34 auf die Frauen des Azhdahak gehend, gebührend
hervorgehoben wird, die alten Westergard'schen Lesungen
savanharäca erenaväca, ebenso II 376, 435, 585, 606. I 380
zu Y. 60. 3 steht: " asishtem . . vient d'un verbe syah qui
parait dans syödilm''; aber die Neuausgabe hat asisf" (vgl.
BB. XII 100, XIII 88). I 283 zu Y. 43. 13 wird arefhä vöizJidyäi
zitiert; aber NA. hat vöizdyäi^). I 97 zu Y. 9. 32 wird upasta-
hairyäi, wie Spiegel las, mit ap. upastäm ahara zusammen-
gebracht; aber NA.: tipasht". I 110 zu Y 11. 2: Tcarshyäo
'de la bataille'; aber NA.: Icarshuyäo; II 371 zu Yt. 5. 17
Tiaonia yö gava 'Haoma avec le lait'; aber NA.: haomayö
gava^); und so noch öfter. Wenn Darmesteter dem neuen
Text nicht folgen will, so musste er es doch sagen, wie er
ja I, CIX auch selbst zugesteht. Freilich zitiert er in den
Erläuterungen zu seinen Übersetzungen auch mehrfach einen
Text, der weder in den alten Ausgaben enthalten ist noch in
der neuen noch auch in den Handschriften, soweit sich das
aus Geldners Angaben erkennen lässt; und auch das geschieht
ohne weitre Bemerkung. So z. B. wird Y. 10. 13, Zeile 6
yat usäm aeti vaedhya gelesen, mit der Note: "litt, '[aussi
grand] que si la science va a son plaisir' {usäm, l'horsrmdfh)",
I 105. usdm ist Korrektur'*). Y. 30. 6a wird I 222 über-
setzt: "Ces demons et ceux qu'il strompent nont point choisi
le droit ", wozu die Note : " hyat cd ish ädebaomä . . ." Aber
das cd worauf 'et ceux' basiert, fehlt im überlieferten Text-'').
Zu Y. 10. 15 Anfang wird avanharezdmi zanyöish als Text
1) Das selbe wurde unabhängig- von Darmesteter in ZDMG.
XXXVI 58.3 ausgesprochen; vg-j, ebd. 584 und Geldner 3 Yasht 114 f.
zu Yt. 17. 51 g-eg-enüber D.s Übersetzung"; das mag- auch zur Be-
leuchtung- der oben S. 40 abg-edruckten Behauptungen dienen.
2) Seine Skrupellosig-keit in grammatischen Ding-en gestattet
ihm freilich wieder zu übersetzen, als ob es vöizd" hicsse: "de faire
connaitre votre loi"; vg-1. oben S. 42.
3) Caland KZ. XXX 459 t., XXXI 273 f. hat der Verf. natürlicji
auch nicht gelesen.
4) Zur Stelle s. meine Studien II 50
5) Zur Stelle s. KZ. XXVIIl 199 f.
46 Darmesteter Le Zend-Avesta.
angeführt, was ^je fais tomber en -t'agitant'^) lieisseii soll.
Überliefert ist aber jani/öish oder janyaosh wie die NA. hat.
Und so öfter. Der Wert des Buches wird dadurch noch mehr
herabgedrückt.
Münster i. W. 11. 3. 1893.
Nachschrift. Inzwischen ist von J. Darniesteters
Zend-Avesta auch der dritte Band erschienen, Paris 1893.
CVII u. 262 S. (Annales du Musee Guimet XXIV). Er ent-
Mlt die Übersetzung der 'Fragments de l'Avesta' und zwar
■der folgenden: 1. fragments de Westergaard (S. 331, 334 u.
300), 2. fragments cites dans le farhang zend-pehlvi, 3. frag-
ments du yasna pehlvi, 4. fragments zends cites dans le ven-
didad pehlvi, 5. fragments 'Tahmaras', 6. Nirangistan, 7. frag-
ments divers, 8. Aogmaide. Überall ausser bei 1 ist auch der
avestische Text mitgeteilt. Dass damit die Aufgabe 'qui est
la traduction de l'Avesta dans toute son etendue, teile qu'elle
est connue, du moins de nous, ä cette heure (P'" janvier 1893)"
wirklich vollendet sei, wie Seite I gesagt wird, ist freilich
nicht richtig; denn SBE. XXXVII war dem Verf. bekannt,
wie das Zitat auf S. 150 und West veröffentlicht darin einige
avestische Sätze, deren Übersetzung ich bei Darmesteter ver-
geblich gesucht habe; z. B. die auf S. 471, 474, 475, 485 fiF.
u. a. Aber Darmesteser hat sich schon durch die Publikation
der unter 5 und 6 aufgeführten Texte besondern Dank verdient.
Dass der Nirangistan manch wichtigen Beitrag für das Ver-
ständnis des Avesta, für die Grammatik und für das Lexikon
biete, war ja längst bekannt. Eine Textausgabe war aber bis-
her bei dem Zustand der Münchencr Handschrift, der einzigen
in Europa, unmöglich. Darmesteter konnte zwei verschiedene
Handschriften benutzen, die sich im Besitz der Herren Tahmu-
ras und Hosangji befinden. (Eine Abschrift der letzteren wird
wohl die Münchener Handschrift sein). Für die Fragmente
unter 5. stand nur eine Handschrift, im Besitz Talnnuras',
zur Verfügung. Ob die Texte philologisch genau wiedergegeben
sind, darüber kann ich nicht sicher urteilen. Die zahlreichen
inkorrekten Textanführungen aus den publizierten Texten in
allen drei Bänden — Proben sind oben gegeben — lassen
kein volles Vertrauen aufkommen. Die Übersetzungen ent-
sprechen den oben geschilderten Anschauungen und Eigen-
schaften des Verf. Die gefälirliche Etymologie von aod^rds,
aodra (Nir 1.5), aodrn serait-il pour aofra, de aota 'frois'",
S. 194 wäre uns erspart geblieben, wenn sicli der Verf. KZ.
1) Vermutlich ist zanyöish wieder mal ein Gerondil" vg-1. oben
ß. 43.
Darmesteter Lc Zend-Avesta. 47
XXX 524, IF. I 191 f., Am. Jonrn. Phil. XII 69 angesehen
hätte ^). Aber von der Forderung, auch die Arbeiten von
Gelehrten mit abweichenden Ansichten zu lesen, will er ja
nichts wissen. Nur an einer Stelle in den Übersetzungen
finde ich einen Hinweis auf eine in Deutschland erschienene
Arbeit. Zur Nir. - Stelle hvaeihya tisihija aiwisurunvaiti
gicbt D. S. 96 die Note: "tt.vi, cf. auris (Julius, Zeitschrift
de Kulm 1883)". Ich will gleich des Eätsels Lösung bei-
setzen ; gemeint ist : von Fierlinger (mit dem Vornamen
Julius), KZ. XXVII 335 f. Übrigens zeigt die Stelle, dass
von Fierlinger gegen Geldner im Eecht ist; s. auch meine
Studien I 22 Note.
Eine sehr willkommene Beigabe sind die Indizes, S. 199
—258.
Die Einleitung beschäftigt sich mit den 'origines de la
litterature et de la religion zoroastrieunes''. Von den Gathas
heisst es: "La date des Gathas se place entre des limites assez
restreintes'. Sie können nicht vor dem 1. Jahrh. v. Chr. ent-
standen sein, weil sie 'presentant des idees neo-platoniciennes',
sie müssen andrerseits älter sein, als 110 n. Chr., denn die
Münzen Huviskas (100 — 130) zeigen den Namen shahrevar;
"l'expression dont Shahrevar derive phonetiquement est une
expression artificielle, nee dans le cercle de l'ecole; . . . klisha-
thra vairya n'existe que par les Gathas: il fallait donc que les
Gathas fussent dejä existantes pour que Shahrevar naquit".
"Si les Gathas ont ete ecrites au milieu du P'" siecle de notre
cre, il suit que les Gathas et ä plus forte raison le reste de
l'Avesta ont ete ecrits dans une langue morte". Ich sehe
mich auch hier ausser Stande, Darmesteter Gefolgschaft zu
leisten.
Münster i. W. 30. 7. 1894. Chr. Bartholomae.
Hübschniann H. Persische Studien. Strassburg Karl J.
Trübner 1895. IV u. 288 S. 8^ 10 M.
Wenn ein Buch von 302 Seiten (ohne die Indizes) 112
Seiten 'Beiträge' eines Fachmannes hervorruft, und dieser aus-
1) Auf die Lautlehre (!) beruft sich D. zu Gunsten einer neuen
Erklärung- des Namens Zarathashtra-, s. LXXVI Note. Die Laute
gelten ihm doch sonst verzweifelt -wenig, zarathushtra- ao\\^=zar<dhu-
*jauiie' -f ushtra- 'cliameau' sein. Das Adjektiv ^zarathu- ist keine
erfreuliche Eirtindung-. Trotz meines gewiss i-echt hohen Respekts
vor der Lautlehre bleibe ich doch bei dem AF. I KJO g-esagten stehen;
vgl. auch Hübschmaun KZ. XXVI 503 f. und meine ' Vorgeschichte '
§ 93, L Dass F. Müllers Deutung (WZKM. VIII 2.54) Anklang findet,
s-laube ich nicht.
48 Hübschmann Persische Studien.
drücklicli erklärt, "nicht alle Fehler korrigiert zu haben', so
"vvird sein Autor dies mit einigermassen gemischten Empfindun-
gen betrachten. Über meinen 'Grundriss der neupersischen
Etymologie' ist die Avissenschaftliche Welt durch die gegen ihn
geführte Campagne ja wohl schon längst genügend aufgeklärt
worden, und es wird nun von Neuem Gelegenheit sein, bei
der Besprechung von H.s Buche das früher Gesagte zu wieder-
holen und etwa Vergessenes nachzutragen. Ich habe jeden-
falls bereits öfter konstatieren können, dass er benutzt Avorden
ist (auch ohne zitiert zu werden), also trotz seiner Mängel nicht
ganz unbrauchbar ist. H.s Beiträge bringen sehr viele that-
sächliche Berichtigungen, im Übrigen, meine ich, wird auch
in ihnen Verschiedenes Ansichtssache bleiben (so, um nur
einige Beispiele zu erwähnen: ap. *ndiy doch = np. e, und
ein Präfix muss doch zweifelsohne in . den Worten stecken,
z. B. evcln 'Überdach' (?), wie zer, beva; jäi 'Ort' doch — ap.
*yäya- wie jöi = ap. ymw^ya-; hacca phlv. vac(c)aJc bei. gvac
vgl. skr. vacchala- neben vatsald- oss. väss usw.; hör 'Fuchs*
doch = skr. babhrii- wie süräx = ap. *subräka- (bezw. erst
mp. Suffix -ak -ax; vgl. skr. .sväbhra-, das wohl s^pör-äx im
Np. gegeben hätte). Käs. öu usw. = np. üb-, ,söhar nicht nach
pidar sondern söh^-r). Eine so breite Ausdehnung, wie sie
H. z. B. durch Hinzufügung von äsp i l'äbüd 'Grau-, Blau-
schimmel' zu kabüd oder von zaryün 'grün, lieblich' zu
meinem 'gelbfarbig' andeutet, habe ich von vorn herein mei-
nem Buche nicht geben wollen. Die np. Lautlehre, Avelche
den zweiten Teil der 'Persischen Studien' bildet, ist eine vor-
treffliche Leistung. Sie ist mir noch nachträglich eine wert-
volle Beihilfe für den gleichen Abschnitt meiner 'Np. Schrift-
sprache' im Grundriss der iranischen Philologie gewesen.
Wenn H. das Manuskript desselben mit seiner Arbeit hätte
vergleichen können, so würde er gesehen haben, dass ich in
vielen Auffassungen über die sprachliche Erklärung np. For-
men mit ihm übereinstimme, auch solclier, die ich im "Grund-
riss der np. Etymologie" S(!iuer Zeit falsch vorgetragen habe.
Der Fundamentalfehler meines Grundrisses war, dass ich
nicht selbst sogleich aus dem gesammelten Material eine Laut-
4ehre verfasst und an dieser die einzelnen Etymologieen dann
nochmals nachgeprüft habe. Statt dessen habe ich das Buch,
das wenig mehr als ein erster Entwurf war, drucken lassen.
Es war bereits ein Jahr, ehe es in die Druckerei kam, vom
Verleger angekündigt (ohne mein Zuthun), und ich fürchtete
schliesslich bei läiig(!rem Zögern das "Tant de bruit pour une
Omelette". Im Allgemeinen habe ich auf sprachliche Bemer-
kungen zu den einzelnen Artikeln verzichtet, dieselben für
eine spätere Laut- und Formenlehre vorbehaltend, und auch
Hübschmann Persische Studien. 4D
nicht die Urformen der np. Worte konstruiert, da es mir die
Hauptsache war, dieselben in ihren etymologischen Zusammen-
hang mit ihren Verwandten zu rücken. Ich glaube darum
aber doch nicht annehmen zu müssen, dass H. mir zugetraut
hat, ich hätte z. B. np. manis 'Sinn' mit aw. manah- identifi-
zieren wollen (H.,S.98), ebensowenig wie ich nicht häli.s 'Kissen'
direkt aw. har-'zis- ai, barhis- gleichdachte (das Suffix im Mp.
ist '{i)m. vielleicht analogisch statt -is aus einem obliquen Kasus,
vgl. Käs. bölesm), oder nicht np. härän = aw. vära-, np.
gett = aw. gaeßya-, naxun = ai. nakhd- usw., wenn jene
auch ohne Bemerkung neben den np. Worten erscheinen.
Da ich im Grundriss der iranischen Philologie H.s 'Persische
Studien' sehr häufig zitiere und bei etwaigen abweichenden
Auffassungen meinerseits zu ihnen Stellung nehme, so darf
ich hier, statt dort Gesagtes zu wiederholen, Avohl einige all-
gemeine Bemerkungen anschliessen.
Mir scheint es im Np. nicht berechtigt, eine Etymologie,
welche gegen eines der als sicher geltenden Lautgesetze ver-
stösst, desshalb sogleich zu verwerfen. Unter dem neuhoch-
deutschen Sprachschatze findet man bekanntlich Dialektisches
aus dem ]\Iitteldeutschen, Niederdeutschen, Niederländischen,
Oberdeutschen, das heute vollständig das Bürgerrecht erlangt
hat; der Germanist kann es aber ausscheiden. So günstig steht
es im Np. längst nicht. Die np. Schriftsprache ist ein Kon-
glomerat von Wörtern aus allen möglichen Gegenden Persiens,
auch Kurdisches, Afghanisches und anderes Ostiranische steckt
sicher darin (als ostiranisch sehe ich das / in maJax 'Heu-
schrecke' neben echt persischem malg an, einen np. Über-
gang von cl in l giebt es nicht: hüist 'Spanne' ist verschrie-
ben aus hidast, ebenso namaldän 'Salzfass' aus namakdän;
älmäs aus dba)Lidc hat sein / wohl im Ara])ischen erhalten Avie
ebendort ^h'limiija h'ihiuiya Ibn Beithär-Leclerc I S. 180 III
S. 10(5 neben dem regulären h'adm'niü J,'(id")iii/ä III S. 63 =
griech. Kab|ueia — als Lehnwort könnte alnui.s, auch wenn sein
l persisch wäre, kein Lautgesetz begründen). Und für alle diese
Sprachen und Dialekte gelten natürlich nicht dieselben Gesetze.
Es ist sehr billig, eine Etymologie wie die von das 'Ofen'
(Nr. 526) für lautgesetzlich unmöglich zu erklären (WZKM. Yll
279); wer mit den Verhältnissen Bescheid weiss, Avird beden-
ken, dass hier wie öfter dialektisch .<■ statt z stehen, das also
dialektisch sein kann. Die np. Schriftsprache ist sehr stark
von Choräsän aus beeinflusst worden, aber bereits frühzeitig
haben auch andere Teile Persiens Beiträge für sie geliefert.
Daher denn die dialektischen Mischungen. Im Sahn, steht
ftis 'Pferdemähne' (519, 1444; 1712, ;}792 [P. aber Zm.vJ;
1720, 3934) neben regulärem np. bus busk aw. bar-sa-, Avas
Anzeiger VI 1 u. 2. ^
50 Hiibschmann Persische Studien.
choräsänisch sein kann, wo man auch farästük 'Schwalbe'
(Kor'änkomni. S. 477; ^tiiii p an- a st üViiiw. sag^te, ferner kafldan
'spalten' (-24, 1695) neben kavad, kamdan usw. Was gegen
die allg. Lautgesetze verstösst, scheint mir für eine bessere Um-
grenzung des Np. KttT' eHoxr|V notwendig, möglichst streng als
dialektisch zu fassen. So werden z. B. die /nach Vokalen neben
zz (fßi g-h) dialektisch sein; im Sahn, sind meiner Ansicht nach
ursprünglich nur Formen wie beiz häzhcln, zärldan berechtigt,
nicht häj (19, 38 ?) häjbän, jüvldan usw., ebenso (mit g'^)
nur hizisk nicht hijisk (Xäkänl im Westen). Allerdings kann
ich dies nicht im Einzelnen beweisen, da es mir an den nöthigen
Sammlungen fehlt. Die iMischungen sind sehr frühzeitig einge-
treten, findet sich doch auch hier medisches Sprachgut unter
persischem Avie die Wz. vac- 'sprechen' gegen pers. gauh- (H.
S. 116 Anm. 2) in guväza 'Schmähung' (727, 845), und der
einzige bisher bekannt gcAvordene Dialekt der Persis, der von
Sivend (n. w. von Persepolis), weist auch die medischen For-
men ^spa 'Hund', zire 'gestern' (np. diröz) auf. Im Grund-
riss der iran. Phil, versuche ich diese Andeutungen noch
weiter auszuführen.
Wir besitzen zwar noch kein persisch-deutsches Lexi-
kon, ich möchte aber dafür eintreten, die persischen Worte
nicht mehr mit VuUers lateinischen Übersetzungen, die doch
keinen kanonischen Wert haben, aufzufüliren, sondern das
denjenigen zu überlassen, die nicht genug Persisch können,
um die beigedruckten Originalerklärungen zu verstehen. Vul-
lers Übersetzungen sind ja keineswegs immer richtig oder
klassisch.
28. Febr. 1895. Paul Hörn.
Kühner Dr. R. Ausführliche Grammatik der griechischen
Sprache. Erster Teil: Elementar- und Formenlehre, 3. Aufl.
in 2 Bden., in neuer Bearbeitung besorgt von Dr. Fr. Blass.
II. Bd. Hannover Hahnsche Buchh. 1892. XI u. 652 S.
gr. 8". 12 M.
Der vorliegende 2. Band der neuen Bearbeitung der Küh-
nerschen Grammatik, der den S. 490—976 des 1. Bandes der
zweiten Autlage entspricht, behandelt die Flexion des Verbums,
die Bildung (ler AVörter durch Ableitung (TrapafOJYn) und die
Zusammensetzung und bringt in einem Anhang S. 343 — 577
ein alphabetisches Verbalverzeichnis.
Was wir Anz. I 15 zum Lol) des ersten Bandes der
Blass'schen Bearbeitung gesagt haben, gilt auch von diesem
zweiten. Mit grosser Sorgfalt sind di(! zalilreichen seit der
Kühner Ausführliche Grammatik der griech. Sprache. 51
2. Aufl. bekannt gewordenen sprachlichen Thatsaclien, nament-
lich die aus den inschriftlichen Funden, nachgetragen und die
im Thatsächlichen begangenen Irrtümer getilgt, so dass das
Werk nunmehr nach dieser Richtung hin ein höchst schätz-
bares Repertorium für jeden bilden Avird, der sich wissen-
schaftlich mit der griechischen Sprache beschäftigt. Leider
müssen Avir aber Aviederum zugleich unser Bedauern darüber
aussprechen, dass uns Blass mit den 'Steinen' so vielen 'Sand'
bietet. Auch in diesem Band sind die sprachgeschichtlichen
Deutungen der Thatsachen, auch wenn man von dem, was
Blass aus der früheren Auflage unverändert herübergenommen
hat, absieht und sich nur an das hält, Avas er als seine An-
sicht vorträgt, gar zu oft A^öllig A'crfehlt. Man lese z. B.
folgendes. S. 47 : "Die Entstehung von cpepei aus qpepexi findet
ihr Analogon in dor. ttoi aus ttoti; ob indes cpepeixi ttoiti (zend.
bharaiti [sie] paiti) als Mittelformen existiert haben, oder der
Übergang direkt geschehen ist, lässt sich aus den Thatsachen nicht
ersehen'' (I ^ 179 Avird ttoi synkopiert genannt, A^gl. auch 11^
250). S. 96: "Diese Aspiration der Tennis bezAv. Media [AA'ie
in TeTpo9a] findet sich ganz entsprechend in den homerischen
Formen der 3. PI. Pf. Med. auf -aiai, als xeipdcpaTai A'on xpeTTuu;
es ist also bei diesen thatsächlich dxai, in den Perfekten des
Aktivs d angetreten". S. 97: "Mir scheint am einleuchtend-
sten die von Curtius (Tempora und Modi 201) aufgestellte Er-
klärung [des K-Perfekts]: es steht darnach das k aus eupho-
nischen Gründen, um des Hiats willen". S. 106 f.: "Die Verben
auf il^xi (Char. b) bilden eine Futurform auf lüu, indem sie die
(nach dorischer Weise gebildete) Endung iceuu nach Ausfall
des c (!) in lüu kontrahieren". S. 159 heisst es von den dor.
Formen Avie xujpiSuJ exuupiHa mit E statt c(c): "Es scheint dies
ein lautlicher Übergang des ursprünglichen xc (altkret. noch
Z geschrieben) in kc, E". S. 249: "Im Griechischen selbst
ist für diese Trennung [yow Tipoxi und ttoxi] nicht der geringste
Grund, da p auch sonst oft genug nach Konsonanten ausfällt,
s. § 68, 11" (hier Averden Beispiele Avic CKdirxov für CKdTTxpov
und pÖTTXov für pÖTtxpov angeführt). Auch Sanskritformen
deutet Blass; S. 40 heisst es: "boiri-v (d. i. bo-iri-v, St. bo), sk.
alt cU-jäm (d. i. dal-Jäm, mit euphonisch eingeschobenem J)"^).
1 ) Dem Sanskrit ergeht es in unsrer Neubearbeitung recht
Übel. S. 22 wird bu-hhaug-a geschrieben, während z. B. S. 6 ä-töp-am
erscheint. S. 31 stellt va-vaR-mi, in der 2. Aufi. richtig vi-fali-mi.
S. 422 rak-vü, S. 429 cif-kh-f-, in der 2. Aull. richtig vak-ml und ar-Rh-e.
Kiihncr schreibt den cerebralen Zischhiut sh, Blass dagegen .v, ohne
Kühuers Beispiele liiernach umzuschreiben; so stehen denn z. B.
S. 102 n-dik-sha-m, d-dik-s-ha-s usw. und apdksam, -si.s usw. friedlich
nebeneinander. Fehler in der Kühuerschen Schreibung der Sanskrit-
52 Kühner Ausführliche Grammatik der griech. Sprache.
Die sprachgescliichtliche Beurteilung steht also auf dem-
selben niedrigen Niveau Avie im ersten Bande, und wenn ich
schon bei der Besprechung von jenem diese schwache Seite
des Werkes hervorhob, so kann ich jetzt von einer Wieder-
holung des Tadels um so Aveniger absehen, weil es in einer
auf dem Umschlag des zweiten Bandes abgedruckten Rezension
des ersten Bandes, die einen angesehenen Philologen zum Ver-
fasser hat, heisst: ''Es scheint sicher, dass in dieser sorgfältigen
Überarbeitung, vielleicht im Konferenzzimmer der Gymnasien
ausstehend, das Buch den Lehrern des Griechischen, über
streitige Punkte um Rat gefragt, aus seinem geordneten und
durchleuchteten Reichtum nicht leicht die Antwort schuldig
bleiben wird. Es liegt in dieser Grammatik eine wissenschaft-
lich philologische Behandlung des Griechischen vor, welche
von den sichern Resultaten der indogerma-
nischen S p r a c h w i s s e n s c h a f t K e n n t n i s nimmt, es
aber als ihre Hauptaufgabe betrachtet, das historische Griechisch
von dem Punkte der Überlieferung an in seiner ganzen Breite
und Mannigfaltigkeit darzustellen". Mit den 'sichern Resultaten'
einer Wissenschaft hat es eine eigne Bewandtnis, und ich will
diesen Begriff" hier nicht näher erörtern. Jedenfalls ist ja
klar, dass die sichern Resultate der Sprachwissenschaft von
den unsichern zu scheiden der nicht befähigt ist, der, wie der
Herr Bearbeiter, nicht einmal die Anfangsgründe dieser Wissen-
schaft (hierunter verstehe ich nicht etwa die Kenntnis des
Sanskrit oder andrer indogermanischer Sprachen neben den
klassischen) hinter sich hat, und der von ihrer älteren und
neueren Literatur nur einiges weniges gelesen hat, was ilim
der Zufall entgegentrug.
So Avird denn, wer der Sprachwissenschaft fern steht
und das Buch, sei es im Konferenzzimmer oder sonstwo, über
streitige Punkte um Rat fragen will, gut thun, wenn er es
in allem, was über die ^laterialsammlungen als solche hinaus-
geht, als völlig unglaubAvürdig ansieht.
Leipzig, 5. IMai 1893. K. Brugniann.
van Leeuwen J. Enchiridium dictiunis epicae. Lugduiii Bata-
vorum 1894. LXXII u. 6U6 S. gr. 8". 14,25 M.
Diese neue Grammatik der homerischen Sju'ache ist nach
alter Iiolländischer Phihjlo'renweise lateinisch ii'eschrieben und
Wörter sind wohl .säiutlicli uiivcrbessert geblieben, z. B, S. SO ti-
shthä-mi, S. i*0 sfr-nO-ini. — Beiläufig bemerke ich, dass ieli die
Form TXacca bei Herodas nicht, wie Blass S. .079 angibt, als -^{Xäccu,
sondern als t^üccu lese (s. Crusius' Ausgabe p. XI).
van Leeuwen Enchiridhim dictionis epicae. 53
zeigt schon dadurch, dass sie sich vorzugsweise an philolo-
gische Kreise wendet. Man wird ihr auch andere schätzbare
philologische Eigenschaften nicht absprechen dürfen, grossen
Fleiss, Genauigkeit und Gründlichkeit, dazu anerkennenswerte
Klarheit der Darstellung. Sie ist, Avas Vollständigkeit der
.Materialsammlungen und übersichtliche Gruppierung des
Stoffes betrifft, gewiss die beste und brauchbarste der vor-
handenen homerischen Grammatiken und wird darum jedem,
der sich mit Fragen derselben beschäftigt, in Zukunft unent-
behrlich sein. Leider geht mit diesen lobenswerten Seiten
•eine tüchtige linguistische Schulung und eine aufmerksame
Selbstkritik nicht immer Hand in Hand, so dass das Buch
als ganzes eigentlich keinen Fortschritt bedeutet. Zwar hat
der Verfasser von sprachwissenschaftlichen Arbeiten Notiz
genommen, aber man merkt überall, dass dies nur ganz äusser-
licli geschehen ist und dass ihm eine wirklich wissenschaft-
liche Auffassung der Spracherscheinungen nicht in Fleisch und
Blut übergegangen ist. Er hat es sich zum Ziele gesetzt,
die ursprüngliche Sprachform der homerischen Gedichte, welche
den alexandrinischen Gelehrten nicht mehr vorlag und von
ihnen auch nicht mehr erkannt werden konnte, Aviederherzu-
stellen. Sein Gruudirrtum ist, dass er diese Sprachform für
eine einheitliche hält und dem Faktor keine Rechnung trägt,
dass die Gedichte, in einem langen Zeitraum durch Überarbei-
tungen und Zusätze zu ihrer letzten, definitiven Gestalt ge-
langt, notAvendig auch in ihrer Sprache die Spuren dieser
langen EntAvickelung tragen müssen. So Avird, Avie man das
schon aus der früher erschienenen, zusammen mit Mendes da
Costa besorgten Homerausgabe LeeuAvens kannte, eine ZAvar in
sich sehr konsequente, aber mit Rücksicht auf die zweifellose
Entstehungsart der homerischen Gedichte gänzlich Avillkürlichc
und zu den grössten Verkehrtheiten führende Kritik ange-
Avcndet. Es ist ein Trugscliluss, Aveun der Verf. folgert: die
und die Form ist jünger, als jene, Avelche man an zahlreichen
and(a'n Stellen findet, also liegt eine Korruptel vor. Nein,
sondern deshalb muss man schliesscn, dass eben jene Stelle
von einem Jüngern Dichter herrührt, der eine andre Sprache
handhabte. Immer und überall ist neben dem grossen Ein-
fluös der epischen Tradition die indiA'iduelle Sprachform der
jüngeren Dichter in Betracht zu ziehen.
Die ursprüngliche Sprachform der homerischen Gedichte
ist lur LeeuAven nicht das Äolische, sondern das Ionische.
Alles, Avas man — mit Recht oder mit Unrecht — für Überreste
der äolischen Urform in Anspruch genommen hat, ist für Leeu-
Aven altionisch, so geAvisse auffallende ä statt ri, oder das Di-
gamma. Nun, man kann geAviss über diese besonders durch
54 van Leeiiwen Enchiridium dictionis epicae.
Ficks Homeraiisg-abe aufg-eroUte Frage verschieden denken.
Aber nun höre man z. B. den Erklärungsversuch Leeuwens
über den auffälligen Wechsel von ä und r| S. 33: H bezeichnete
zur Zeit der ersten Niederschrift der homerischen Gedichte
lediglich den 7?-Laut. Ergo quo tempore homincs ionici car-
mina epica scribere coeperunt, vocalis ä aut signo A aut signo
E erat reddenda: tertium non dabatur. Man wird sich wun-
dern, wie die alten loner darauf kamen, für ä den Buchstaben
E zu schreiben: aber, belehrt uns L., in ihrem Munde hatte
das lange ä einen Mittellaut zwischen ä und <?, und dabei
kommt richtig auch wieder das Schafgeblök des Kratinos und
Aristophanes zu Ehren.
Die Gleichgiltigkeit, mit der der Verfasser im Herzen
den Arbeiten der Sprachwissenschaft und der griechischen
Dialektologie gegenüber steht, zeigt sich eigentlich bei der
Behandlung aller irgend schwierigeren Probleme. So werden
S. 192 die Nominative auf -a wie eupuoTra einfach aufgezählt
mit der Bemerkung: masculina nonnulla, quae in certis tantum
formulis certisque hexametri sedibus reperiuntur, nomiuativum
singularem habent in -ä exeuntem. Spätere Dichter Averden ge-
tadelt, dass sie absurde his formis abusi sunt; ob nicht schon
bei Homer ein solches absurde abuti vorliege, wird nicht
untersucht. Die Weglassung des Augments ist für L. (S. 336),
trotz allem, was die Vergleichung idg. der Sprachen uns längst
gelehrt hat, noch immer rein metrischer Natur: daraus folgt,
ut augmentum scribamus, ubicunque per metrum liceat, quo-
niam metri tantum causa negligi solet. Ebenso wird die von L.
schon in der ]\Inemosyne 1885 S. 400 vertretene Ansicht, dass
ä)UjU€, u)Li)Lie eigentlich Dualformen sind, Avas sich merkwürdiger
Weise Dyroff in seiner Geschichte des Pronomen reflexivum I
36 zu eigen gemacht hat, durch die einfachsten Erwägungen
der Sprachwissenschaft als unhaltbar erwiesen.
Niemand wird von einem Buche wie dem vorliegenden
verlangen, dass es allen den flüchtigen Einfällen, wie sie in
unserer Wissenschaft jeder Tag bringt und der nächste wieder
fort spült, Rechnung trägt. Aber grade bei der Behandlung
der homerischen Sprache lassen die gewöhnlichen Hilfsmittel
der philologischen Metliode oft genug im Stich, wenn nicht aus-
giebige Kenntnisse der griechischen Dialekte und der verwand-
ten Sprachen ihnen zur Seite stehen. Darum kann Leeuwens
Buch, das jedem reifen Forscher ein brauchbares Hilfsbuch
sein wird, zur Einführung in das Studium dieser Probleme
Niemandem empfohlen Averden; es wird den Anfänger nicht
nur nicht fördern, sondern ihm nicht einmal die gegenAvärtig
erreichte Höhe der Forsciiung vermitteln.
Graz. Gustav Mever.
Flensburg' Über Ursprung nnd Bildung des Pronomens auxöc. 55
Flensburg N. Über Ursprung und Bildung des Pronomens
auTÖc. Lund 1893. 69 S. S«^. 1,40 i\[.
Diese beachtensAverte Abhandlung ist ein erfreuliches
Zeichen des im Norden regen Eifers für linguistische For-
schung. Der Gegenstand derselben verdiente einmal eine be-
sondere Besprechung, so dass der Ref. selbst schon daran ging'
sich auf eine solche einzulassen. Durch vorliegende Arbeit
jedoch soAvie durch J. Wackernagels neueste Bemerkungen
ist die Frage auf einen Punkt gebracht, dass es schwer halten
dürfte zu widersprechen. Nach erfolgreicher Kritik der von
Windisch (S. 1 — 11) und der früher von Wackernagel (S. 11 bis
15) aufgestellten Etymologie bespricht der Verf. zunächst auc,
die dialektische Nebenform zu auTÖc, die nicht aus auxöc ver-
kürzt und gleich auTÖc auch in Formen Mäe auc aüxöv (wie
es nach S. 29 scheint, selbst in aucujTÖv u. ä.) in der Schrift zu
trennen ist (S. 16 — 29). Dann wird weiter negativ die formelle
Beziehung von au-xoc zu ou-xöc (S. 30 — 43) und zu eKacxoc
(S. 43 — 44) in Abrede gestellt. Der positive Teil der Arbeit
rindet nach einer Durchmusterung der verschiedenen sprach-
lichen Mittel zum Ausdruck des Begriffes 'selbst', dass die
idg. Sprachen zu jenem Zwecke Wortgebilde teils pronomi-
nalen teils nominalen Ursprungs verwerten (S. 44 — .56). Nomi-
nalen Urpprung vermutet Flensburg denn auch für auxöc,
indem er die Silbe au ai. dsu (av. anhu) gleichsetzt. Er
rechtfertigt dies kurz 'sematologisch', dann ausführlicher laut-
lich, indem er das Thema dsti, asu von der Wz. es mit V9shi,
vastu aus der Wz. vese, mit xaüc ' )aeYOtc, TroXuc aus ^ta-vu
(Wz. teva : iav(e)) vergleicht nnd auch i'cOi heranzielit. Der
regelmässig aus *as-u gebildete Nominativ duc (vgl. i^uc xaiic)
wäre später durch Verschmelzung der beiden ursprünglich
getrennten Vokale in auc übergegangen (vgl. eu, auuj\ Von
der anfänglichen Flexion habe sich ausser dem Nominativ
nichts erhalten; daneben aber habe schon von der ältesten
Zeit an eine Ableitung mit dem SufF. -xöc *dcu-xöc, auxöc
(vgl. air. rhhu-tds, amü-tas) bestanden, die in ablativisch-
lokativischer Bedeutung verwendet wurde und also der Funk-
tion nach dem ai. sva-tas genau entsprach. Aus auxöc sei
im Anschluss an die gewöhnlichen Gen. x\.bl. auf -oc ein nomi-
nales Thema aux- abstrahiert worden, welches dann, wohl zu-
nächst infolge der lautlichen Unbequemlichkeit der ursprüng-
lichen Fexion, sich verallgemeinerte und die älteren Kasusfor-
men durchgängig verdrängte. Zum Schlüsse werden zu diesem
Vorgang Analogien und Beispiele für die ursprünglich adver-
biale ablativisch-lokativische Funktion des Nominativs auxöc
aus Homer beigebracht (S. 06 — 69). Mit einem Worte hätte
doch darauf hingewiesen werden sollen, dass au-xöc "von sich
56 Fürst Glossarium graeco-hebraeuiu.
selbst aus", da es eben. die Tätigkeit des Subjekts hervorhebt,
der Bedeutung nach einem Nominativ fast gleichkommt; so
können wir Xenoph. Hell. 2, 3, 13 epev|jeiv b' auTOi utticxoOvto
übersetzen: "sie versprechen die Besatzung von sich aus, auf
eigene Kosten zu unterhalten". Beispiele für dieses Zusam-
mentreffen ablativischer und nominativischer Bedeutung lassen
sich in der griechischen Litteratur gewiss noch manche, nicht
nur für den Singular (ich steuere einstweilen bei A 356 zu
vgl. mit A 324. A 133. 137. 246. a 117. 132), sondern auch
für den Plural entdecken. — In den zahlreichen Digressionen
der Darstellung fällt vieles auch für andere Spracherschei-
nmigen ab (Vokalismus von ujtujv usw. S. 29 f. outoc S. 31 ff".
rVebarröc usw. S. 35 if. Ableitungssuffix ba S. 41 f. r|ÜTe, eure
S. 62 f. 'selbst' S. 55 Anm. u. a.). Zu bedauern ist, dass
dem Verf. die eindringende Untersuchung von J. Wackernagel
KZ. XXXIII 13 ff. (1893) nicht vorlag, in welcher die gleiche
Etymologie von auTÖc vorgetragen ist; seine umsichtige Dar-
legung, die freilich in einzelnem anfechtbar ist, wäre dann
noch umsichtiger geworden.
^München. Adolf D y r o f f.
Fürst J. Glossarium graeco-hebraeum oder der griechisch«
"Wörtersehatz der jüdischen Midraschwerke. Ein Beitrag
zur Kultur- und Altertumskunde. Strassburg, Trübner
1891. 216 S. 80. 7 M.
Das vorliegende Buch ist nach zwei Seiten hin als dan-
kenswerte Gabe zu betrachten: einmal ermöglicht es einen
Einblick in die reichen Beziehungen zwischen der römisch-
griechischen Kulturwelt und dem Orient, indem es im beson-
deren zeigt, einen wie nachhaltigen Einfluss jene auf das gei-
stige und materielle Leben der Midrasepoche ausgeübt hat;
weiter aber , ist das Glossar eine ergiebige Quelle für den
spätgricchischen und frühbyzantinischen Hellenismus, sowohl
für sprachliche wie für kulturgeschichtliclie Dinge. Fürst ver-
sucht in der Einleitung (S. 5 — 30) eine kurze Skizzierung
der aus dem Buclie zu gewinnenden Ergebnisse. Es gehört
sicherlich zu den anziehendsten Aufgaben linguistisch-histo-
rischer Forschung, den mannigfachen Wanderungen und
Schicksalen griecJüscher Wörter und B(>grifll"e in den orienta-
lischen Sprachen nachzugehen. Und doch ist gerade dieses
Gebiet noch recht wenig bearbeitet; das neuste ist G. Meyers
Behandlung der griechischen und romanischen Elemente
im Türkischen (Türk. Studien 1. =- Sitzungsber. der Wiener
Akad. CXXVIII No. 1 1893), worin eine knappe, aber sehr
Fürst Glossarium g-raeco-hebraeum. 57
interessante Einleitung alles wesentliche, was auch hier bei
unserem Werke in Betracht kommt, berührt. Die Einleitung
Fürsts betont die geschichtliche Seite und zwar mehr mit Rück-
sicht auf die jüdische als auf die griechische Kultur; es werden
überdies nur einige Punkte herausgegriffen, ohne dass ein
Gesamtbild gegeben würde. Da die i:)hiloIogische und text-
kritische Behandlung der Midrasim meinem Arbeitsgebiet ferne
liegt, möchte ich vor allem den Blick der Gräzisten auf das
lenken, was für die griechische Sprachgeschichte von Interesse
ist, um so mehr als der Verf. diese Verwertung seines
Glossars nur andeutet und überdies in falschen Anschauungen
befangen ist. Es sind daher einige Berichtigungen und Zu-
sätze am Platze: der Name 'Romäer' (S. 5) ist heute im Volke
noch nicht verdrängt ('Puu|ui^6c, puj|uaÜKOc), wenn auch die Be-
jzeichnung "E\Xr|V6C als die offizielle bei den Gebildeten heute
im Gebrauch ist und infolge dessen den byzantischen Volks-
namen immer mehr verdrängt. Feilsch ist ferner die Behaup-
tung (S. 8. 16. 31), "dass, wie schon Sachs bemerkt, im Spät-
griechischen sehr häufig der Nominativ der Hauptwörter mit
Akkusativendung gebraucht wird". In dieser Allgemeinheit
hat Sachs meines Wissens gar nicht gesprochen; der Satz
gilt nur für neugr. it Traxpiba, eptriba (= eX-rric) u. dgl., Aväh-
rend gerade das Nominativ-c des Maskulinums bis auf den
heutigen Tag festgeblieben ist und sogar in Formen wie ö
dpxovtac = ctpxujv u. dgl, seinen Bestand erweiterte ; im Plural
siegte bekanntlich der Nominativ in den meisten Fällen über
den Akkusativ (epTTibec, dpxoviec, Ti,uec Nom. Akk.) ; in einzel-
nen Gebieten haben wir sogar dvBpuuTTOi als Akkusativ (vgl,
Hatzidakis Einl. S. 29). Nur das Pontisehe zeigt Akkusativ
statt Nominativ (6 Xukov), doch berechtigt das nicht zu dem
allgemeinen Satze Fürsts, und ich glaube auch nicht, dass
Verf. von der pontischen Erscheinung Kunde hatte. AVenn
in Wörtern wie "'rw\ dXXov, "jr^i-iN epriuov, pric"': NediroXiv,
^V:>''C"::2'iT0 7Tpi)aoTTiXov, ]"'ü"';-iaip Kußepv/iTiiv, V--^? kuilittov
(campus), ]"'"ip lat, cnrrtis u. dgl. die Akkusativform steht,
so kommt dies auf Rechnung des Entleihers, nicht des Dar-
leihers. In Fällen wie ]'-03"'--n (s. 53), ]ti"':2i: (147), "iToirp
(205). und vielleicht einigen anderen liegen nicht griechische
Akkusative, sondern neutrale Formen zu Grunde: tö duiavTOV,
TÖ vou)aepov, xö KOvbTtov (vlmim conditumi. worüber Belege in
Sophoclis' Lexikon^). — Ferner: dKK0U|ußi^eiv (S, 73) ist nicht
von dem ins Griechische gedrungenen accuhitum abgeleitet,
sondern entspricht unmittelbar dem lat. acciimhere. — laetaEa
1) Über den in Betracht kommendeu Genuswechsel vgl. Hatzi-
dakis Einl. S. 350—358.
58 Fürst Glossarium graeco-liebraeum.
'Seide' (138) ist im Griechischen Fremdwort, keinesfalls aber
durch Lautversetznng ans Damascus entstanden ! — Die Ein-
seh iebung eines n in -pzi^-;- fivioxoc (S. 35. 111) "der besseren
Aussprache halber'' wird durch Hinweis auf dvbpöc, dvGpujTTOC
nicht plausibel gemacht; sie ist (in dieser Lautgruppe) weder
griechisch, noch, soviel ich weiss, hebräisch (oder aramäisch).
Auch ist mir weder aus dem Griechischen noch dem Hebräi-
schen und Aramäischen bekannt, dass ein ~i "aus Dehnung
des Jod" entstehe, Avie Fürst zur Erklärung von w\:pr-i eiKuuv
(100) und ^nrp-'-'T udKivGoc (104) annimmt.
Verkehrt ist endlich die Behauptung (S. IT) "dass der
längst aus der Schrift geschwundene Laut des icaw (f) in
den griechischen Wörtern vor einem Vokale oder Halbvokale
in der Aussprache wohl gehört wurde" (ähnlich S. 80 Anm.).
Der Digammamissbrauch sollte nun doch einmal ein Ende neh-
men. Überdies stehn die drei von Fürst angeführten Belege
auf ganz schwachen Füssen : Np'^i^rT ist ein lateinisches Wort
(lecfica), nm 'Rose' ist ebenfalls nicht dem Griechischen, Avie
F. meint, sondern einer orientalischen Sprache entnommen
(vgl. armen, vard u. Prellwitz Etym. Wtb. d. griech. Spr.);
';-':i;L:-na öpGoTUJViv (S. 80) enthält offenbar die Präposition z;
endlich statt "i""'«, N~i''\N' (drip, depa) schlage ich vor ~i"'"'N (ajer)
zu lesen: Verwechselung von i und "• ist nicht selten; sie liegt
z. B. offenbar vor in N"'~ns"'N oiTuupmTa (47), Nrr'rN dcfüxoc (65),
'•r-'CDN cxoXai (65), N"'D"i::; neben ä^^c^a -fevecia (90), üt^^i-] berfMa
(93), w\riS"'n boOXoc (99), ai'-"': neben richtigem Di'oi: vö|uoc (147),
"":Tnp Ke'bp^voc (189, bei Levy wie zu erwarten), üiTz'ip kÖ|u>;c
(192j, n^-iVrip KoWrpic (200), Fälle, in denen sowohl i statt "•
wie umgekehrt "• statt t gesetzt wird. Wir dürfen daher un-
bedenklich jene leichte Änderung in 'T'\v annehmen und er-
halten so einen Beleg für neugriech. dy^pac neben depac mit
sog. 'irrationalem' Spirant, der schon frühzeitig zu belegen
ist (s. Kruniml)acher Sitzungs-Ber. der Münchener Akad. 1(>86
S. 366 f!'.), wenn auch gerade dyepac aus mittelgriechischeu
Texten noch nicht sich feststellen liess.
Verf. scheint das reichhaltige Lexikon von Sophoclis
(Greek lexicon of the Roman and Byzantine periods, 2. Aufl.
188h) nicht zu kennen; es war für sein Buch in mancher
Beziehung wichtiger als das Glossar von Ducange, da es ge-
rade diejenigen Zeiten der griech. Sprache umfasst, die auch
für die Epoche der Midrasim in Betracht kommen. Bei So-
phoclis hätte Verf. manchen vermissten Beleg gefunden oder
anderes daraus richtig stellen können : z. B. Belege für dciv
laiv (S. 65), cxoXai (ib.), für irdcTiXoc (71) = lat. pasfillns, 6p-
vuTOC (77) = lat. oniafus, Ypdboc = gradus, ictpiujv, vau-
TuXioc, TTpiiaoTTlXoc — pvi iiiopiUis, Kttucdpioc cansiu'iufi. kovco-
Fürst Glossarium graeco-hebraeum. 5^
ßpivoc consobrinus. Es bleiben freilich immer noch sehr viele
Wörter übrig, die bei Sophoclis (manchmal auch bei Ducange)
iinbelegt sind, um die Avir also das Lexikon jener Zeit be-
reichern dürfen; das gilt von altgriechischen (z. B. dciXXa,
cuKuucic) wie neugriechischen (z. B. luaxaipiv), besonders aber
von lateinischen Wörtern [solea, stativa, .<^emifa), bei welch
letzteren freilieh die Form meist nicht entscheiden lässt, ob
sie wirklich durch das Medium des Griechischen hindurch-
gegangen sind.
Es wäre gut gewesen, wenn Verf. die Quellen der selteneren
griechischen Substrate nicht gar so spärlich bezeichnet hätte,
besonders dort, wo eine ungewöhnliche Bedeutung angegeben
wird: woher stammt z. B. die Bedeutung 'Fuge, Spalt' für cuv-
0€|ua (S. 151)? xaEeibiov bedeutet gewöhnlich 'Eeise' (so auch
Sophoclis), nicht 'Anordnung' (122); woher dies? Woher hat
Verf. ferner die Form Z^dviv neben 2;iZ;dviov (113)? Soph. kennt
sie nicht; aber auch im neugriech. Wörterbuch von Legrand
linde ich nur Z^iZ^dviov^); das Zakonische hat zizänje (Deffner
Zak. Gr. 83); auf Chios lilävm und IxlavevöJ (Paspatis XiaKÖv
rXuucc). Weitere Belege sind mir eben nicht gegenwärtig, aber
es genügt das Vorgebrachte, um zu zeigen, wie sehr eine ge-
Avissenhafte Anführung von Zeugnissen die Brauchbarkeit und
Zuverlässigkeit des vorliegenden Buches erhöhen Avürde.
Verf. ist in der Annahme griechischer Entlehnungen
nicht engherzig; manche Identifizierung scheint mir wegen
lautlicher Differenzen problematisch, z. B. cn:;::w\ = oiKetic,
■'rrrN 'Kastell, Burg' = auXi] (vgl. hebr. r~w\ 'Zelt, Wohnung',
auch 'Burg' usw.), crtcx = KataXucic "mit Weglassung des
k" (?), ccrwN = KXdcjLia ''mit Abwerfung des k", rr'CCN = crdcic,
3"i-''i = dlmissio 'vgl. auch Levy und Fleischer s. v.), "|~ir =
XapdKuujua, ic"": ■=^ Xr|TTTrip. N'":"ip = y^vaiov (vgl. Levyi u. a. m.
In zahlreichen andren Fällen hat der Verf. ein falsches oder
doch nicht genau entsprechendes griechisches Sulistrat ange-
geben, wodurch die lautlichen Beziehungen verdunkelt wur-
den ; durch Einsetzung der richtigen (griech.) Form wird
oft ohne weiteres die Gleichsetzung einleuchtend: statt d^fopa-
vö)Lioc (S. 37) : '''dYopabarmuuv (Levy), statt auroieXiic ( S. 43) :
dieXi^c (mit gleicher Bedeutung), st. diaKTOC (ib.): "'diaKTiKÖc,
St. dvdßaOpov (Ü5) vielleicht dvdßatov, st. dvdKXrjCic (()*•): dvd-
xXriTOV?, St. cxaKTÖv (61): cxaKTr), neben cipdia (62) vielleicht
^CTpaTe^d (nach TTXaxeid), st. 'EtTiKOupaioc (70) : 'EiriKOupoc (in
genereller Bedeutung), st. agitafor (74): actor dKTuup, st. ßaXi-
CTi-|c, ßaXicxdpiov (83): ßaXicTpa (Belege bei Soph.), st. biaiir]-
xripiov (99) 'Gemach, Stube': *biaiTdpiov (vgl. biairdpioc atrl-
1) Das Wort fehlt bei Diicange, Korais, Byzantios, Kind.
€0 Fürst Glossarium g-raeco-hebraeum.
ensis im Lexikon des Sopli.), st. laßXiov (116): laßXdpiv, st.
Ti|ari (120) wohl Ti)aoc (Levy), st, koxXic und x«pct (125): x^Xuc
und xdpxc (Levy), st. KOtCTpa (137) Avohl e'EuJCTpa Avie beim vor-
hergehenden Wort, St. laeiaXXa (138): *|ueTaXXeia; Nnp"!:» 'rote
Erde von der Insel Skyros, ein Färbemitter (155) ist vielleiclit
k\j";''"T'C zu lesen und gehört dann zu t6 cupiKÖv 'Mennig' u.
verw, (vgl. IF. II 103); st. ciKcxpioi (160): *ciKapiK0i, st. TToba-
■fpiKÖc (163): TTobttYpöc in derselben Bedeutung (vgl. Soph.),
St. TieZioi (174): qpoccdTOV 'Heer', st. ßouXeutripiov (180): *7Ta-
pebpiov, St. TTpoGöpov (181): TTpöcoboc (Levy), st. Kebpic (198):
KiTpov, St. Ki-fKXic (206) vielleicht KOtYKeXXoi. Einige Wörter,
die wir als zur Zeit unbelegt mit einem * versehen mussten,
werden so für das Lexikon der späteren Gräzität gewonnen.
Unsere wenigen Bemerkungen können schon zeigen, wie
ergiebig Fürsts Sammlung für die griechische Sprachgeschichte
ist, obwohl die Durcharbeitung des Stoffes manches zu wün-
schen übrig lässt. Wenn wir jedoch bedenken, dass grade
für die Zeit des 5. bis 10. .Jahrhunderts unsere Quellen für
die Kenntnis der damals gesprochenen griech. Sprache sehr
spärlich fliessen, so müssen wir dem Verf. für seine mühe-
volle Arbeit dankbar sein; denn seine Vorarbeit giebt ein
reiches Material für Feststellung besonders lautlicher und lexi-
kalischer Thatsachen der späteren Gräzität. Die Verwertung
des Materials in dem angegebenen Sinne ist eine Aufgabe,
■die noch ihrer Ausführung harrt.
Freiburg i. B. A. T h u m b.
Matov D. Griechisch-bulgarische Studien. Sbornik. Bd. IX.
(Sofia 1893). S. 21—84.
Die bulgarische Regierung veröffentlicht jedes Jalir einen
oder zwei stattliche Sammelbände wertvoller Untersuchungen
über Sprache, Geschichte und Volkslitteratur der Bulgaren.
Die Arbeiten in diesem "Sborniks", von Avelchem soeben der
IX. Band erschienen ist, stehen alle auf der Höhe der modernen
Forschung. Es ist billig und gerecht dieses öffentlich anzu-
erkennen, und ich ergreife die Gelegenheit es auch in dieser
Zeitschrift zu thun. An andrer Stelle, avo ich die philolo-
gischen und folklorischen Arbeiten behandeln werde, gedenke
ich es nocli ausführlicher zu thun.
In dem soeben erschienenen Bande (Bd. IX), Sofia 1893
(4", 736 u. 175 u. 239 S.) veröffentlicht D. Matov (S. 21— 84)
unter dem Titel: "Griechisch-bulgarisclie Studien" eine ein-
geliende Untersuchung über den Einffuss des Slavischen auf
die griechische Sprache.
Matov Griechisch-bulgarische Studien. 61
Er hebt zuerst diejenigen Punkte hervor, welche beiden
Sprachen gemeinsam sind; beleuchtet mög-lichen griechischen
Einfluss auf bulgarische Verbalbildung; zeigt, dass auch auf
dem Gebiete der Volksetymologie und Semasiologie Analogieen
zwischen den beiden Sprachen sich nachweisen lässt. In einem
zweiten Kapitel wird die ganze Literatur von Fallmereyer bis
auf G. Meyers jüngste Abhandlung und Weigands Wlacho-
Meglen seriatim durchgenommen und nach den Resultaten
geprüft. Ein drittes Kapitel behandelt nun die slavischen
Elemente im Griechischen. Der Verf. legt natürlicherweise
Miklosichs: Slavische Elemente im Neugriechischen, seiner
Aufzählung dieser Elemente zu Grunde, und fügt zahlreiche
neue Worte hinzu, die er meistens der griechischen Volks-
litteratur entnommen hat. Er giebt zuerst eine reichhaltige
Bibliographie und verweist häufig auf die Arbeiten der Vor-
gänger, wo er eine neue und abweichende Etymologie vor-
bringt. Zwei Thatsachen sind nun zu bemerken die der
Verfasser nicht genügend berücksichtigt hat 1) dass die mei-
sten slavischen Elemente im Neugriech. sich auch im Alba-
nesischen und im Macedo-Rumänischen, häufig auch im Daco-
Rumänischen sich finden. Es müsste erst genau untersucht
werden, welchen von diesen die griechischen phonetisch am
nächsten stehen. Die Möglichkeit ist durchaus nicht ausge-
schlossen, dass manche slavische Elemente erst durch Albanesen
oder Walachen den Griechen vermittelt Avurden, wie z. B,
ßouXKoXaKtt, welches aus asl. vlül'odlal'ä entstanden ist und in
der Form vürloldkil (= russ.) zu den Bulgaren zurückge-
wandert sein soll; wobei auch eine Verschiebung des Akzentes
stattgefunden haben müsste, oder YKopiTxid, welche malb. göritse
vollkommen entspricht, aber kein slavisches Wort in dieser
Form; KOxeTCi in derselben Bedeutung und demselben Akzent
auch im Rum. nicht so im Slav. Zu rum. luncä stimmt
viel besser neugriech.: Xd^KOC, XaffC'c und XÖTfOC mit nasalem
Y, (welches aslav. A entspricht), als zu irgend einem ncuslav.
Worte. Diese Beispiele Hessen sich noch vermehren. Die
Frage einer möglichen Vermittlung slavischer Bestandteile
durch andere Völkerschaften kann nicht ausser Acht gelassen
Averden, bei Untersuchungen dieser Art. Der Verf. hat sie
leider nicht berücksichtigt.
Oftizielle Titulaturen und Worte, die von byzantischen
Schriftstellern als slavische angeführt werden, können auch
schwerlich als slavische Elemente im Neugriech. betrachtet
werden; trotzdem zählt sie der Verf. auf.
Dagegen ist es von der grössten Bedeutung solche Wörter
aufzuspüren, die sich in die Volkssprache eingebürgert haben.
Darin liegt auch zunächst der Wert dieser interessanten Arbeit,
62 Pauli Altitalische Forschungen.
die auf jeden Fall die vollständige Aufzählung aller slavischen
Elemente im Neugriecli. enthält und somit den Forschern ein
durch Belege wertvolles Material bietet. Bei den wenigsten
wird sich der slav. Ursprung bestreiten lassen, nur wird die
unmittelbare Quelle, aus Avelcher das Wott in den neu-
griech. Sprachschatz gedrungen ist, noch genauer bestimmt
werden müssen.
Bei Gelegenheit erwähne ich auch die umfang- und lehr-
reiche Abhandlung des Dr. J. D. Schischmanov in demselben
Sbornik (S. 442 — 646) über bulgarische Volksetymologie. Es
ist die erste gründliche Untersuchung und der Verf., der ein
gründlicher Kenner des Griechischen ist, bringt häufig Bei-
spiele und Analogien aus dem Neugriechischen, indem er die
eine durch die andere Sprache beleuchtet. Die Bedeutung
solcher Vergleichungen für Völkerpsychologie bedarf kaum
hervorgehoben zu werden. Eine ähnliche eingehende Unter-
suchung, die alle Balkanvölker umfassen würcle — auch die
Rumänen, wobei ich auf die bedeutende Arbeit Schaineanus
(Incercare asupra Semasiologiei limbei Romane. Bucuresti 1887)
hinweise — Avürde reich an überraschenden Resultaten sein.
London. j\[. Gast er.
Pauli C. Altitalische Forschungen. II. Band. Eine vorgrie-
chische Inschrift von Lemnos. 2. Abtlg. Leipzig J. A. Barth
(A. Meiner) 1894. 262 S. 14 M.
Nach einer ausführlichen, ihrem Wesen nach polemischen
Auseinandersetzung mit allen früheren Erklärern unserer
Doppelinschrift und mit den Rezensenten der ersten im Jahre
1886 erschienenen Abteilung dieses Bandes giebt der wohl-
verdiente Etruskologe eine auf solidester Basis aufgebaute
Erklärung der Inschrift, Avelche zweifelsohne in einer dem
Etruskischen naheverwandten, nach der Ansicht des Referenten
kaum mehr als dialektisch davon verschiedeneu Sprache ab-
gefasst ist. Auch lässt sich nicht ernstlich bezweifeln, dass
die lemnische Doppelinschrift, wie dies ja auch schon früher
die vorwiegende Ansicht der Erklärer gewesen war, eine
Grabschrift ist und zwar eines Beamten (ziazi), namens holale,
der im Alter von 51 Jahren auf Lemnos beigesetzt wurde.
Es ist P, nicht gelungen, sämmtliche Worte unserer Doppel-
Inschrift zu deuten, al)er dass dieselbe, soweit es gelungen
ist, ihren Sinn zu enträtseln, der Hauptsache nach richtig ge-
deutet ist, glaubt Referent unter dem Vorbehalte zugeben zu
dürfen, dass im einzelnen nicht alle von P. gewonnenen
Ergebnisse der Deutung, die auf dem gewiss einzig richtigen
Pauli Altitalische Forschungen. 63
Wege der Erklärung aus dem Kreise des inschriftlich über-
lieferten Materials mit umfassender Heranziehung von In-
schriften verwandten Gepräges und unter Ausschluss der
etymologischen i\Ietliode zustande gekommen ist, Anspruch
auf denselben Grad der Sicherheit erheben können. Immer-
hin haben wir Grund genug, für diese Ergebnisse der Deu-
tung, die zum Teil auf recht mühevollem Wege errungen
sind, ihrem Urheber dankbar zu sein.
Nachdem so die sprachliche Seite unseres Gegenstandes
in erschöpfender Weise ilu'e Erledigung gefunden (S. 1 — 106),
wird in sehr umfassendem Masse die ethnographische Bedeutung
unserer Inschrift erörtert. P. hält dabei, ohne vorläufig noch
von Ed. Meyers Forschungen über die Pelasger (Forschungen
zur alten Geschichte I 1 ff.) Notiz zu nehmen, an seiner
bereits in der ersten Abteilung dieses Bandes ausgesprochenen
Anschauung fest, dass die Pelasger (nur tyrrhenische Pelasger
sind eben die Verfasser der Lenmos-Iuschrift gcAvesen) ein
von den Indogermanen und Semiten verschiedener Sprach-
stamni gewesen seien. Dem Referenten scheint jedenfalls nur
soviel sicher, dass die Verfasser der Lemnosinschrift, für die
man die Tyrrhener zu halten hat, durch ihre Sprache als
nahe Verwandte der Etrusker erwiesen werden. Aber unklar
bleibt vorläufig noch, ob diese Tyrrhener auf Lemnos, wie P.
annimmt, der Überrest einer von Osten nach Westen gerich-
teten Völkerwanderung sind, die die Etrusker nach Italien
brachte, oder ob sie, wie Bugge und Ed. Meyer annehmen,
aus Italien ausgeflogene Etrusker sind.
P. hat sich nicht damit begnügt auf diese naheliegende
Verwandtschaft der Etrusker und Tyrrhener hinzuweisen,
sondern angeregt durch eine Aveitausgreifende Hy^DOthese
von Fr. Hommel im Archiv für Anthropologie 1890, 251 flf.
auch die Sprachen einer Reihe von Völkern, die der eben
genannte Gelchi'te zum alarodischen Sprachstamm rechnet,
auf ihre Verwandtscliaft mit dem Etruskisclien untersucht,
Tim so weitere ethnographische Anknüpfungspunkte für das
rätselhafte Volk der Etrusker zu finden. Das Ergebnis dieser
mit grossem Scharfsinn geführten Untersuchung ist ein wenig
greifbares. Nur ganz entfernte ^Möglichkeiten einer Verwandt-
schaft ergeben sich, von einem positiven Resultat ist eigent-
lich nicht zu sprechen. Daran trägt natürlich nicht der
Verfasser die Schuld, sondern die Natur des äusserst schwie-
rigen Gegenstandes.
Ich ha1)e mit Rücksicht auf den mir zur Verfügung
stehenden Raum mich damit begnügen müssen, die Haupt-
gedanken dieses neuesten Buches von Paiüi, das, wie alle
Arbeiten des rührigen Verfassers, als eine wirkliche Bereiche-
64 Cordenons Un po' piu luce siille origine, usw.
ruiig' der Wissenschaft bezeiclmet Averden muss, hervorzuheben;
auf einige einzelne Punkte bin ich in einer Besprechung des
Pauli'schen Buches in der Zeitschr. für die öst. Gymn. 1895
S. 45 — 50 ausführlicher eingegangen.
Innsbruck. Fr. Stolz.
Cordenons F. Un po' piü luce sulle origini, idioma e sistema
di scrittura degli Euganei-Veneti. Venezia, F. Ongania 1894.
212 S. 8».
Diese Schrift, in Avelcher in vier Teilen über das Schrift-
system der Veneto-Euganeer, über das epigraphische Material
und dessen Deutung, über die Zeit der Einführung des Alpha-
betes in das Veneterland, endlich über die Herkunft der
Veneter gehandelt wird, bedeutet nicht nur keinen Fortschritt
über Paulis verdienstliche Arbeit hinaus, sondern einen wesent-
lichen Rückschritt und ist daher ganz und gar nicht geeignet,
über diese Frage neues Licht zu verbreiten. In ganz dilet-
tantenhafter Weise nimmt der Verf. zur Erklärung der vene-
tischen Schriftzeichen die kyprische Silbenschrift und über-
haupt die ihm geeignet scheinenden Alphabete der Mittelmeer-
länder zu Hilfe und gelangt hinsichtlich des venetischen
Alphabetes zu folgenden Thesen, die ich zur Charakterisierung
der Arbeitsweise des V.s hier mitteile (S. 77). 1) Die Punkte
an der Seite der Buchstaben zeigen die Auslassung von Buch-
staben an, welche mit dem von ihm eingeschlossenen Buch-
staben eine Silbe ausmachen. 2) In dem venetisch-euganei-
schen Alphabet giebt es ''segni sillabici tolti dall' antichissimo
sillabario asiano". 3) Die übrigen Buchstabenzeichen sind
semitischen oder phönikischen Ursprungs; aber einige von
ihnen haben manchmal neben ihrem buchstäblichen Werte auch
den von Silbenzeichen. 4) Die beiden Hasten || bezeichnen
'i nasale'. 5) Diakritische Punkte und doppeltgesetzte Buch-
staben giebt es nicht. Da der Verfasser manche Zeichen in
ganz eigener Weise deutet, gelangt er natürlich zu einer von
Pauli wesentlich abweichenden, aber keineswegs richtigeren
Lesung. Auch was über die Zeit der Einführung des Alpha-
betes ins Veneterland (9. — lU. Jahrhundert v. Chr.) gesagt
wird, ist wenig glaubhaft, und Avas über die Herkunft der
Veneter auseinandergesetzt ist, bcAveist mehr das Bestreben
des V.s ihre Vurfahn-n zu nahen Verwandten der Italiker zu
stempeln als kritiscii-historischen Sinn, vor dem seine Plianta-
siegebilde keinen Bestand lialjen Averden.
Innsbruck. Fr. Stolz.
Deecke Lat. SchiilgTanimatik. Erläuteniiig-. z. lat. Schiilgrammatik, G5
Deecke W. Lateinische Schulgrammatik. Berlin Calvary 1893.
VIII u. 3U0 S. 8^. 2,40 M.
— Erläuterungen zur lateinischen Schulgrammatik. Berlin
Calvary 1893. II u. 477 S. 8'^. 4,80 M.
Eine Schulgrammatik, Avelche die Ergebnisse der fort-
schreitenden AVissenschaft in der Praxis schon des elemen-
taren Unterrichtes verwerten will, verdient auch den Dank
der allgemeinen Sprachwissenschaft; denn, indem sie die
heranwachsende Generation lehrt über sprachliche Erschei-
nungen das Richtigere zu denken, hebt sie weite Kreise zu
einer besseren Grundanschauung vom Wesen der Sprache
empor, regt manche Köpfe zu fruchtbarem Nachdenken an
und rüstet den künftigen Sprachforscher von früh auf mit
Kenntnissen und Ansichten aus, auf denen er ohne das Funda-
ment zu ändern später selbst weiterbauen kann. Ein solcher
Versuch darf aber vollends auf lebhaftes Interesse rechnen,
wenn er von einem Manne wie Deecke unternommen wird, der
während 40-jähriger Praxis im Schuldienst gleichzeitig in der
wissenschaftlichen Erforschung der italischen Sprachen immer
als einer der führenden Geister tätig gewesen ist. Schon die
Programme von Buchsweiler (1887 "Die griech. und lat. Ne-
bensätze, auf Avissenschaftlicher Grundlage neu geordnet")
und Mülhausen (1890 "Beiträge zur Auffassung der lat. Infin.-,
Gerund.- und Supin.-Konstruktionen") legten den Wunsch nahe
zu erfahren, wie der Verf. seine neuen Ansichten im Zusam-
menhange praktisch zur Geltung bringen würde. Der Wunsch
wird jetzt in dankenswerter Weise so erfüllt, dass die Neu-
gestaltung des Lehrbuches in den Erläuterungen sprachwissen-
schaftlich und pädagogisch gerechtfertigt Averden soll. Der
bedeutende Umfang dieser "Erläuterungen" zeigt schon, dass
der Verfasser in seiner Begründung viel mehr ins Einzelne
zu gehen beabsichtigt, als das einst G. Curtius in seinen
"Erläuterungen zu der griech. Schulgrammatik" zweckmässig'
fand. In der That bieten Deeckes beide Bücher vereint dem
Lehrer eine so vollständige wissenschaftliche Grammatik des
Lateinischen, wie Avir sie bei gleicher Kürze sonst kaum be-
sitzen; sie kann demnach namentlich in Lehrerkreisen höchst
förderlich wirken.
Da ist es nun doppelt zu bedauern, dass der Verf. durch
die wunderlichen Verdeutschungen der grammatisclien Termi-
nologie es in hohem Grade unl)equem macht seine Schulgram-
matik zu benutzen. Was dagegen im allgemeinen zu sagen
ist, hat in seiner drastischen Weise bereits Jean Paul ausge-
sprochen, so wirksam, dass Philipp Wackernagel (Lesebuch IV
80) nichts lieber thun mochte als die köstlichen Worte des
Dichters sich einfach aneignen. Wie kann man aber gar in
Anzeiger VI 1 u. 2. 5
(36 Deecke Lat. Schulgrammatik, Erläuterung-, z. lat. SchulgTammatik.
jetziger Zeit, wo der ganze altsi)racliliche Unterricht aufs
äusserste gefährdet ist, lioffen mit einer gewaltsamen Neuerung
durchzudringen, die statt allbei^annter knapper Ausdrücke
uns umständliche und mannigfachen Missverständnisseu aus-
gesetzte Wendungen aufnötigen will? Es ist geradezu be-
trübend zu sehen, dass es eben ein ausgezeichneter Sprach-
forscher ist, der so wenig Respekt vor dem historisch begrün-
deten Sprachgebrauche hat, dass er uns zumutet statt Nomi-
nativ 'Werfair, statt Passivum 'Leidensart', statt Imperfektum
'Mitvergangenheit' u. dgl. m. zu sagen. Man höre nur, wie
einfache Regeln sich in dieser Sprache ausnehmen: § 127, 6
"In der 2. E. und 2. M. der Vorzukunft der Wirklichkeits-
form und der Vergangenheit der Möglichkeitsform in der
Tätigkeitsart brauchen die Dichter auch -zs und -Uis (statt
is und itis), das heisst "das i der 2. Sg. und Plur. Fut. ex. und
Konj. Perf. Akt. Avird von Dichtern auch lang gebraucht".
Man muss alle Geduld, zu welcher die Achtung vor den hohen
Verdiensten des Verfassers uns nötigt, zusammennehmen, um
seiner eigenwilligen Redeweise durch das ganze Werk hin
soweit zu folgen, das man die sonst so kurz zu fassende Grund-
regel der oratio obliqua aus folgenden Worten heraushören
kann: § 369 "Hauptsätze, auch gegenwirkliclie und bezüg-
lich-beigeordnete, sowie rednerische Fragen stehn im Wenfall
mit Dingform." Der Verf. hat in berechtigter Scheu die
"spezifisch lateinischen Bildungen wie Deponens, Gerundivum,
Supinum" nicht angetastet, seine eigenen Verdeutschungen
befriedigen ihn nicht immer völlig (vgl. Erl. § 19); Avarum
Hess er den Schülern und Lehrern nicht in der Grammatik
die alten Ausdrücke, welche er ausdrücklich in seinen Er-
läuterungen den Fachleuten noch gönnt?
Es wäre dann um vieles erfreulicher sich mit dem In-
halte des Buches zu beschäftigen, und dieser verdient aller-
dings schon der vielfach neuen Anordnung des Stoffes
wegen aufmerksam geprüft zu werden. Das Verhältnis der
Teile zu einander wird am klarsten hervortreten, wenn ich
zu den Seitenziffern der Grammatik gleich die der Erläute-
rungen (E.) hinzusetze. An die allgemeinen Bemerkungen
über die Geschichte der lateinischen Sprache, soweit sie für
die Schulgrammatik wichtig ist S. 1 u. 2., E. 1 — 6, schliesst
sich als Erster Teil die Lautlelire 1 — 9, E. 6 — 23, darauf der
Zweite Teil, die Wortlehre 10—149, E. 23—312, endlich der
Dritte Teil, die Satzlehre löU — 264, E. 312—444, zum Schluss
steht in beiden Büchern ein reiches Inhaltsverzeichnis 26ö —
300, E. 452 — 477; in den Erläuterungen ist noch von 445 —
451 ein Abriss der Wortbildungslehre eingeschoben. Der
breite Raum, Avelehen die Wortlehre einnimmt, erklärt sich
Deecke Lat. Schulg-rammatik. Erläuterung, z. lat. Scluilg-rammatik. G7
daraus, class die neue Ordnung der Zeitwörter eingehend —
•auf mehr als 200 Seiten — begründet wird; hier findet man
zu jedem Verbum alles für seine Bildung Wesentliche in ganz
erstaunlicher Fülle vereinigt. In der zweiten Konjugation
werden als regelmässig die etwa 50 nach moneo gehenden
Verba vorangestellt, für die dritte ist trotz unverkennbarer
Abweichungen ago als regelmässiges Paradigma beibehalten.
Auf die regelmässige Konjugation folgen ausführliche Erörte-
rungen über die Bildung der Stammformen, der Vergangen-
heit, des Supinums, und über die Zusammensetzung der Zeit-
wörter; dann erst kommen die "abweichenden Abwandlun-
gen" und die "unregelmässigen Zeitwörter" (verba anomala).
Auf diese Weise wird es dem Lehrer ermöglicht einen Über-
blick über den gesammten Bau des lateinischen Verbums zu
gewinnen.
Auch aus der Syntax kann ich nur einzelne Punkte als
besonders ins Auge fallend hervorheben. In § 248 wird für
den Akkusativ, Ablativ und Lokativ (vermengt mit dem Dativ)
entschieden die räumliche Grundbedeutung behauptet, dem ent-
sprechend dann z. B. beim Akk. § 275 und Abi. § 298 von
der Konstruktion der Städtenamen ausgegangen. Dass sich
die Mannigfaltigkeit des Kasusgebrauchs im klassischen Latein,
der doch allein hier Schülern begreiflich gemacht werden soll,
-schon nicht leicht in dieses System einfügen lässt, tritt hier
überall hervor. Während in den Erläuterungen noch die Ver-
mengung des Dativs mit dem Lokativ anerkannt wird, veran-
lasst das Streben nach Vereinfachung des Systems den Verf. in
'der Schulgrammatik beim Dativ den Satz voranzustellen: § 263
" der Wemfall ist ursprünglich ein räumlicher Fall, der auf die
Frage wohin? das Ziel angiebt, an dem eine Bewegung zur
Euhe kommt". Auch der Ablativus absolutus findet nun (§384)
eine diesen Anschauungen entsprechende Erklärung; es heisst
von ihm in der Grammatik: "der unabhängige Woherfall war
^irsprünglich ein Woherfall der Zeit", in den Erläuterungen:
"^irsprüngiich ist er sicherlich als ahl. temporis auf die Frage
woher? zu fassen, dann auf die Frage wann? (vermengt mit
dem Lokativ.; s. § 306) z. B. Gallis devictis Caesar caatra
movit = von der Besiegung der Gallier her (gleich nach Be-
siegung der Gallier) verlegte Cäsar das Lager." — In der
gleichen Weise zeigt sich auch sonst der Verfasser bestrebt
an Stelle der in der Wissenschaft noch schwankenden Vermu-
tungen klar bestimmte Ansichten bereits im Schulunterrichte
durchzuführen. Zwar seine schon früher ausgesprochene Mei-
Jiung, dass man die ursprünglich lokativische Xatur des Infi-
nitivs sich beim Akk. e. I. an der Übersetzung video te
currere "ich sehe dich im Laufen" klar zu machen habe,
68 Deecke Lat. Schulgrammatik. Erläuterung-, z. lat. Schulgrammatik.
kommt hier nur in den P^rläuterungen (§ 349) vor; aber seine
Auffassung der Nebensätze als wesentlich relativen Ursprungs
wird in der Lehre von der Unterordnung so streng durchge-
führt, dass überall von den eigentlichen Relativsätzen ausge-
gangen, an diese erst die Konjunktionalsätze angefügt Averden.
Ausser simulatque und licet lässt er aber auch die Bedin-
gungssätze und abhängigen Fragesätze in der Grammatik aus
diesem Rahmen heraustreten; seine 1887 näher begründete
Erklärung der Relativsätze aus eigentlich unabhängigen Fra-
gen wird nur in den Erläuterungen (§§ 211 und 437) aufs
neue aufgestellt.
Sieht man nun auch von den mancherlei aufsteigenden
pädagogischen Bedenken hier ganz ab und behält nur die
wissenschaftliche Seite des Buches im Auge, so tritt es auch
da störend entgegen, dass der Verf. die nur in unsicheren
Spuren erkennbare Vorgeschichte der grammatischen Formen
mit der Darstellung des sicheren Thatbestandes der klassischen.
Zeit öfter vermengt hat. Auf diese Weise wird statt des Alten,
was ja vielleicht irrig war, nur ein Neues gelehrt, was keines-
wegs bereits allgemeine Geltung beanspruchen kann, oft nicht
einmal den Vorzug der leichteren Verständlichkeit besitzt.
Man vergleiche in dieser Hinsicht z. B. die Erläuterungen zu
§ 101 und § 104 über den Bau der lateinischen Konjugation
und namentlich die allgemeinen Bemerkungen über die ein-
zelnen Kasus §§ 263, 274, 297. Und um der Logik des
Systems gerecht zu werden, trägt der Verf. sogar nicht Be-
denken in der Schulgrammatik Dinge zu lehren, welche er
nach den mit so richtigem Urteil von ilim selbst (Erl. S. 4 unt.)
aufgestellten Grundsätzen unbedingt verwerfen muss: die ge-
feilteren Schriften Ciceros, Cäsar und Livius dürften schwer-
lich Beispiele aufweisen, um die Lehre zu rechtfertigen, dass
sperno mit dem Inf, (Gr. § 347, 2), volo, nolo, mala, cuph
mit ut (Gr. § 457) zu verbinden seien. Selbst kleinen Schülern
mitss es unbegreiflich erscheinen, wenn § 301 gelehrt wird:
"Auf die Frage Avobin? mit Angabe des Zieles steht der
(scheinbare) Woherfall in den fürwörtlichen Umstandswörtern
eö dahin" usw. oder in § 321 Zus. 2. "Abweichend vom Deut-
schen steht in mit dem Woherfall bei den Zeitwörtern: setzen"
usw. Hier rächt sicli zugleich die leidige Verdeutschung em-
pfindlich, indem nun die Vorstellung erweckt wird, als ob
die Römer das Woher?, Wohin? und Wo? in unglaulilicher
Weise vermengt hätten. — h\ reichlichem Masse nimmt der
Verf. bei seinen Erläuterungen zu der Annahme von Ellipsen
seine Zuflucht: bei den Verben des Erinnerns wird memoria
in verseliiedenen Kasus ergänzt (§ 20(1), bei den Verba iudi-
cialia crimine (§ 257), wo in beiden Fällen schon die Ana-
Keller L.it. Volksetymologie ii. Verwandtes. Lat. Etymologien. 69
logie des Griechischen und Deutschen zu verwerten gewesen
wäre, vgl. ferner §§ 259 Zus. 1, 262 Zus. 2 Schluss; beim
Akk. des Ausrufs werden Verba wie dico, appello^ voco hin-
zugedacht (Gr. § 291) u. a. m. Auch hier wäre es rätlicher
gewesen nur die Thatsachen zu lehren, anstatt Lehrer und
gelegentlich auch Schüler zu höchst zweifelhaften Anschauun-
gen zu verleiten.
Doch ich breche al), soviel auch noch im einzelnen für
Tind gegen das Werk zu sagen wäre. Der ungewöhnlich
breite Raum, der einer Besprechung an dieser Stelle gegönnt
ist, wird den Verf. überzeugen, dass der Rezensent den auf-
Tichtigen Wunsch hegt, auch dieses sein neustes Werk möge
bei allen Sprachforschern die volle Beachtung finden, welche
er um seines Geistes und seiner Gelehrsamkeit willen verdient.
Kiel. A. F u n c k.
Keller 0. Lateinische Volksetymologie und Verwandtes. Leipzig
Teubner 1891. Xu. 387 ^S. gr. 8". 10 M.
Keller 0. Lateinische Etymologien. (Auch u. d. T. Zui' latei-
nischen Sprachgeschichte. Erster Teil). Leipzig Teubner 1893.
VII u. 196 S. gr. 8". 5,60 M.
Es war ohne Zweifel ein guter und zeitgemässer Gedanke,
die volksetymologischeu Erscheinungen des Lateinischen einmal
im Zusammenhange zu behandeln. Als gelegentliches Hülfs-
mittel zur Erklärung von Unregelmässigkeiten ist ja die Volks-
etymologie häufig genug auch im Lateinischen in Anspruch
genommen worden, aber bei einer systematischen Untersu-
chung musste sich gar manches bisher nicht beachtete Bei-
spiel finden. Allerdings bringt solches fortgesetztes Suchen
leicht die Gefahr mit sich, allzu vieles hereinzuziehen und
andere Gesichtspunkte nicht genügend zu berücksiclitigen.
Dass dies auch hier zuweilen geschehen sei, ist nicht zu
leugnen. Auch in einem anderen Punkte geht Keller etwas
zu Aveit: in der Annahme von griechischen Lehnwörtern im
Lat., doch ist es jedenfalls anregend, wenn dieser Staud-
punkt hie und da wieder stärker betont wird. Was Avir noch
iiussetzen möchten, ist die allzu weitgehende Ignorierung der
neueren grammatischen und etymologischen Litteratur. Immer
AA'ieder AA-ird gegen Vanicek polemisiert, als ob dessen Bücher
den heutigen Stand der Anschauungen darstellten. Bei besserer
Beachtung der neueren Forschungen hätten mancherlei Irrtümer
vermieden AA-erdeu können. Wir stehen aber trotz solcher
Ausstellungen durchaus nicht an, die 'Lateinische Volketymo-
logie' als eine bedeutende und sehr A'crdienstliche Leistung
70 Keller Lat. Volksetymologie n. Verwandtes. Lat. Etymologien.
anzuerkennen, und halten einen grossen Teil der vorgebrachten
Erklärungen für richtig. Das Buch zerfällt in zwei Teile:
I. Lateinische Volksetymologie (S. 1 — 222), II. Etymologien
und Formen von Lehnwörtern (S. 223 — Schluss). Im ersten
Teil wird zunächst das ganze ^Material, nach der Bedeutung
der behandelten Wörter geordnet, vorgeführt: Ortsnamen, Per-
sonennamen, Götternamen, Tiernamen, Pflanzennamen, I\Iinera-
lien, Körperteile, Krankheiten, Speisen und Getränke, Handel
und Verkehr, Litteratur usw., der unter diese Rubriken nicht
unterzuordnende Rest nach grammatischen Kategorien: Sub-
stantiva, Adjektiva, Adverbia, Pronomina, Verba. Dann wird
das Material betrachtet nach den laut- und formengeschicht-
lichen Erscheinungen, die es darbietet; Vertauschung oder
Hinzutreten einzelner Laute, Veränderung der Quantität,
Gestaltung der Endungen usw. Anhangsweise folgt ein Ab-
schnitt über griechische Volksetymologie. Der zweite Teil
bespricht die Etymologie vieler Lehnwörter, grösstenteils
solcher, die im ersten T. berührt wurden. Die Ergänzung
hierzu bildet der erste Teil (S. 1 — lo8) der 'Lateinischen Ety-
mologien', indem hier (in alphabetischer Folge) die Etymologie
vieler ächtlateinischer Wörter besprochen wird. Der zweite
Teil (S. 139 — 182) dieses zweiten Buches bringt Nachträge zur
'Lat. Volksetymolologie'. Auch diese Schrift enthält viel Gutes,
daneben aber verhältnismässig viel mehr Verfehltes und Unwahr-
scheinliches als die 'Lat. Volksetymologie'. Auf Einzelheiten
in den beiden Büchern einzugehen würde zu viel Raum er-
fordern. Statt dessen möge es gestattet sein, einiges Aveitere,
vielleicht oder wahrscheinlich aus Volketymologie zu erklä-
rende beizufügen (alphabetisch geordnet), agnomen ist bloss
volketymologisch mit nomen verknüpft (Brugmann Grundriss
II 345). amb(i)-egnus hatte wohl ursprünglich nichts mit agnus^
zu thun, sondern gehörte zu ago (Huschke Osk. u. sabell.
Sprachdenkm. 21). Aquilonia ist an aqnilo angelehnt, vgl.
die osk. Form Akiidunnia-, jetzt iMcedogna, und iimbr. Alce-
runia-; sollte auch Aceruntia bei Bantia und Aceronia bei
Volcei gleicher Herkunft sein (Anlehnung an Acheron)':' arvi-
pend'mm ist vielleicht aus dem gall. Lehnw. arepennis um-
gebildet, assidarms kommt vor für easedorius. In avreae
mireax cniriga st. ör- spielt vielleicht mirum herein, das vul-
gär örum lautete, aurigo ündet sieh mehrfach st. cmrugo.
bihio für vijyio. Das aus den roman. Sprachen zu erschlies-
sende *bonacia 'stilles AVetter' ist aus mcdacia umgebildet,
indem bei letzterem an vnalns gedacht wurde (vgl. Beneven-
tum aus Mcduenimu). congerro vielleicht mit g nach gero für
*concerro (vgl. concera bei Festus), zu cena = ^cernna und
osk. karanfer 'edunt'. Das obsolete e.rfa/iUai'e exfahiUare
Keller Lat. Volksetymologie u. Verwandtes. Lat. Etymologien. 71
'exserere' (s. Biicheler Umbrica 132) findet sich umgebildet
zu eocinfulare und zu expapiUare. falisca 'Raufe' ist viel-
leicht erst sekundär an den Namen der Falisker angeglichen
(s. Bücheier Umbr. 155 f.). ferrumen üiait ferumen nach fer-
riLm'i Fluvionia st. Fluonia nach flnvius'^ fringuUtjio frin-
guitio statt frig- nach fringWa'^ gemellar st. ^'camellar (vgl.
camella) nach gemellns? gener statt '^'gemer nach genus ge-
nero usw. (Curtius Grdz.^* 547). Cermälus Germälus mit er-
haltenem ä, weil man an malus (und gero?) dachte, herhum
— errum (spät.). Über iUcet s. Wackernagel KZ. XXXIII 54.
impilia von in pede, erst später mit pilus plleus verbunden '?
Bei der Bedeutung 'Anreizer, -rin' von incentor -fr ix kann
griech. Kevteuu Kevipov im Spiele sein, intusium (Varro) für
indumim nach intus, inferus inferior inßtmis verdanken
die Erhaltung des f falscher Auffassung als Composita (As-
coli), vgl. amfractiis (Bücheier Lex. It.). inrectio 'Schmähung'
invecfivus gehören wohl mit conriciuni (aus ^-vecium) zu Wz.
veq, vocare, wurden aber auf inveJio bezogen, wovon viel-
leicht nicht ganz unabhängig ist iynproperare (nach prope-
rare) statt ^'inqj rohrare (vgl. exproljrare opprohrare). Die Le-
horiae oder campi Leborini in Campanien Avurden als Labo-
riae -ini gedeutet (noch jetzt Terra di Javoro). lennncnJus
'Nachen' statt lemh-. mantiJe neben manteJe weil man -ele
als Suffix auffasste (wegen mantus mantica manteUiim), Aväh-
rend das Wort wohl Compos. = *man-ferg-sle ist. mavors
'Mantel' neben mafors. mithridax sX. mitlirax. necessifas'Yvr-
wandtschaft, Freundschaft' für *nexitas, necessarius 'verwandt,
befreundet' für ^7iexarins durch Angleichung an necessifas
'NotAvendigkeit', necessarius 'notwendig' (urlat. nee betont)?
nefrens zu griech. veßpöc 'Junges von Tieren' (Hirsch, Hahn),
etymologisiert als non frendens? Niger = Kicer 'Neckar'.
dicKs Orhius oder Urhius in Rom für Virbius? peUäx st.
^pelläx tfperläx, zu läcio), weil zu j^dlo gezogen (ä nach
loquax mordüx usw.). poculentus = poiulentus. scripiulnni
= scripulum scrujmlum. Die nux terentina (angeblich 'weieh-
schalig') ist vielleicht eine nux Tarentina, nach griech. li-
pTiv (sabin. Lehnw. terenum':') umgedeutet, turgio = tiirio.
In ver sacrum bedeutet ver ursprünglich vielleicht 'Junge
Mannschaft' (zu osk. rereia-), s. Bronisch Die osk. i- u. e-Vo-
kale 154 Anm. Ein Wort veternus 'Lethargie' ist mit vetus
'alt' verknüpft worden (s. Wackernagel KZ. XXX 400). ]>-
tulonia nach vetulus statt Vat- (Vati, auf den etrusk. Miii^-
zen der Stadt).
Fürstenau i. d. Schweiz, .Juli 1893. R. v. Planta.
72 Maurenbrecher Carminiim Saliariuin reliquiae.
Maurenbrecher B. Carminum Saliarium reliquiae. Separat-
abdruck aus dem 21. Suppl.-Band der Jahrbüclier f. klass.
Philol. S. 313—352. Leipzig Teubuer 1894. gr. 8.
Was wir von und aus den salischen Liedern sowie über
die Salier selbst wissen, ist hier sorgfältig zusammengestellt.
Die Bruchstücke sind von einem Commentar wesentlich gram-
matischer Natur begleitet. In diesem werden die Gelehrten,
die sich früher um den Text der Fragmente bemüht haben,
nicht gerade immer sänftlich behandelt. Gewiss, sie haben
vielfach arg gefehlt, aber das nachzuweisen ist bei unserer
vorgeschritteneren Kenntnis der lateinischen Sprachentwicke-
lung ein recht billiges Vergnügen. Der Verf. hat sich dabei
nicht einmal die Weisheit des horazischen Fuchses zu eigen
gemacht, sondern selbst munter darauf loskonjiziert. Dass
er dabei Scharfsinn zeigt, leugne ich nicht; nur hätten ihm
eben doch wohl die Vorgänger zeigen können, wie unfrucht-
bar hier auch grosser Scharfsinn bleibt. Die geringe Zahl
der probabeln Konjekturen in diesem Text ist durch ihn nicht
vermehrt; ein und das andere Mal verfällt er sogar selbst in
einen Verstoss gegen unsere heutige Kenntnis des Altlateins ^).
HoflFentlich begegnen wir dem Verf. das nächste Mal auf
schöner grüner Weide-).
Breslau. F. S k u t s c h.
Liiidsay W. M. The Saturniau Metre. Eeprinted from the
American Journal of Philologv Vol. XIV. S. 139 — 170,
305—334.
Der Verf., durch anregende Arbeiten auf dem Gebiet
der altlateinischen Metrik vorteilhaft l)ckannt, ist ein entschie-
dener Anhänger der akzentuierenden Richtung. Diese ver-
ficht er im ersten Teil seines Aufsatzes mit Geschick und
Sachkenntnis' gegen die Quantitierer, namentlich mit Hilfe
proso. lischer Betrachtungen. Ref. weicht zwar in einzelnen
Punkten al), wie er z. B. eine Verkürzung wie rel'iquhset
(S. 158) in archaisch-vulgärer Poesie durchaus für möglich,
dagegen die sog. Synizese von 7neos, si(((.s u. dgl. für liöchst
fraglich hält, aber im allgemeinen findet er volle Ülxn'cin-
1) Ein Beispiel: wie immer es um das durch Varro bezeiig-te
ianitos stehe, dass es Varro in einem alten Texte aus ianUnos ver-
lesen habe, ist uniiiöj^lich, weil dies in vorvaiTOiiiseher Zeit *iani-
fumiis (oder -o.s) hätte lauten müssen. Siehe lief. Forsch, zur lat.
Gramm. I 22 Anm., wo Gelliiis XIl 10 nachzutrap-en ist.
2) Vielleicht schreibt «t dann lieber deutsch; sein Latein {iit
mit liidik. S. ."ilOj ist manchmal etwas zweifelhaft.
Lindsay The Saturnian Metre. 73
Stimmung mit seinen anderwärts dargelegten Ansichten und
manche treffende und feine neue Bemerkung. Dieser Teil
scheint ihm wohl geeignet der akzentuierenden Sache neue
Anhänger zuzuführen. Dem zweiten, in dem Verf. Einzelge-
setze für den Bau der Saturnier aufstellt, steht Kef. skeptisch
gegenüber, nicht nur wo Verf. über Thurneysen hinausgeht,
nämlich in der Annahme, dass auf fallenden Rhythmus am
Ende des ersten Hemistichs (x ^ x) steigender (x x X x X) im
zweiten folge (plurimae \ consentiunt gentes) und umgekehrt
(xzx j xxxxxx prognatum \ Publio Öorneli) sowie dass das
erste Hemistich 7, das zweite 6 Silben haben solle (die Aus-
nahmen sind durch das S. 306 gesagte nicht beseitigt), son-
dern auch in einem Punkte, der L. und Thurneysen gemeinsam
ist; der Annahme von nur zwei Hebungen für den zweiten
Halbvers. Mir scheint ein Nebenton auf der dritten Silbe in
Gt'aeciäm redire u. dgl. sich unAvill kürlich einzustellen; auch
ist ein Zusammentreffen von vier Senkungssilben wie regihus
siibigendis nicht wahrscheinlich. In Fällen wie consentiunt
gentes hätten dann Nebenton und erster Hauptton ihre Stel-
lungen vertauscht. Doch vielleicht ist hierüber bei der Dürftig-
keit unseres Materials überhaupt nicht mehr ins Klare zu
kommen^). Versuche, wie sie der Verf. am Schlüsse macht,
die Saturnier auf einen idg. Urtypus zurückzuführen und
italische Dialektinschriften in das saturnische Metrum zu
pressen, würden, mit wieviel Scharfsinn sie auch angestellt
Averden mögen, auf akzentuierender Seite vorläufig besser
unterlassen, um nicht den Quantitierern, die freilich auch auf
diesen Gebieten gesündigt haben, allzu bequeme Angriffspunkte
zu bieten-).
Breslau. F. S kutsch.
Witkowski St. De vocibus hybridis apud antiquos poetas
Eomanos. Cracoviae 1892. Apud bibliopolam societatis
librariae Polonicae. 8°. 1 Bl, 29 S. Sonderabdruck aus
1) Eine solche Resignation würde natürhch nicht das mindeste
gegen die akzentuierende Aiiö'assung' im ganzen besagen.
2) Bei der Gelegenheit möchte ich mir doch die Bemerkung
erlauben, dass, was Saran Anzeiger 22 ff. über den Saturnier und
die szenischen Verse vorgebracht hat, auf Unkenntnis der akhitei-
nischen Metrik und der letzten Arbeiten über sie beruht. Insbeson-
dere war ein sehr wesentlicher Punkt (der angebliche Widerspruch
zwischen der Bedeutung des Wortakzents in der saturnischen und
der szenischen Poesie) bereits in diesem Anzeiger III 11 f. kin-z er-
ledigt.
74 WitkoAvski De vocibus hybridi.s apud aiiti(ino.s poetas Romanos.
dem XVIII. Bande der philologischen Klasse der Krakauer
Akademie S. 204—232.
Die kleine Arbeit zeichnet sich durch Sauberkeit und
vorsichtige Ziirückhaltung aus. Der Verf. tritt einerseits der
Ansicht von Kost entgegen, welcher der alten Latinitiit die
Mischbildungen vollständig absprach, und hütet sich andrer-
seits, ohne zwingenden Grund einem Worte den reinlateini-
schen Ursprung abzuerkennen und die geistreichen, aber viel-
fach haltlosen Aufstellungen Stowassers, der z. B. persona aus
])er -\- Z^ujvii zusammengesetzt sein lässt, sich anzueignen. Die
Sammlung und Sichtung des aus den altrömischen Dichtern
zu gewinnenden Materials ergiebt, dass die sog. dvandca-Kom-
posita (composita copulativa) gänzlich fehlen, während unter
den composita determinativa diejenigen vorherrschen, deren
erster Teil durch einen casus obliquus gebildet wird (tatpu-
nisha). Dass die alten Dichter, besonders Plautus, bisweilen
hybride Bildungen verwendeten, erklärt sich u. a. aus dem
Umstände, dass für einige griechische 'Begriffe' sich kein
lateinisches 'Wort einstellen' wollte, aus der geringen Kom-
positionsfähigkeit des Lateinischen, aus metrischen Nöten und
aus dem Bestreben, durch groteske Zusammensetzungen eine
komische Wirkung zu erzielen. Eingebürgert hat sich von
den in der archaischen Poesie begegnenden Mischbildungen
nur percontari. Doch ist dessen Entstehung aus per + kovtöc
(vgl. übrigens das in der letzten Zeit an verschiedenen Stellen
— s. z. B. Archiv f. lat. Lexikogr. VIII 129. 136; L. Havet
La prose metrique de Symmaque Paris 1892 p. 33 — aus
seinem Schlafe im kritischen Apparate auferweckte continari}
nicht völlig gesichert. Im Einzelnen habe ich folgendes zu
bemerken: S. 3 werden mit Unrecht deutsche Zusammen-
setzungen wie 'Bravorufen' und 'Erznarr' auf eine Stufe
gestellt. S. 11 scheint mir das Substantivum inanüoquium eher
für Rosts und Ritschis Schreibung inaniloquos (Plaut. Pseud.
256) zu sprechen. S. 13 Anm. 1 vgl. zu Augustins 'Graecigena^
Apoll. Sidon. epist. IV 1, 4 p. 53, 7 L., 'Caucasigenas Alanos'.
S. 19 hätte erwähnt werden sollen, dass die Abhandlung von
G. Curtius über elogium in dessen Kleinen Schriften II 230 ff.
wieder abgedruckt ist.
München. Carl Wevman.
Stengel E. Diez-Reliquien. Aus Anlass des hundertsten Ge
burtstagcs des xVltmeisters Romanischer Philologie zusam-
mengestellt und herausgegeben. Marburg Elwertsche Ver-
lagsl)uchhandlung 1S94. 48 S. gr. 8". 1,20 M.
Wie seiner Zeit der Tod Diez' und si)äter die Enthüllung
Stengel Diez-Eeliquieii. 75
einer Gedenktafel an seinem Geburtshause in Giessen kleine
literarische Beiträge zu einer Beschreibung seines Lebens ge-
zeitigt hatten, so hat dies nun besonders das Kentenarium
seiner Geburt, das am 15. März v. J. allgemein gefeiert wurde,
gethan. Zu diesen Beiträgen hat Stengel als alter Schüler
von Diez früher durch seine ''Erinnerungsworte" und jetzt
durch vorliegende "Diez-Reliquien" seinen Anteil geliefert.
Das Schriftchen bringt I. die Beschreibung einer Diez-Hand-
schrift aus dem Jahr 1816; II. handschriftliche Kollektaneen
zur Eomanischen Grammatik; III. das (in den späteren Auf-
lagen weggebliebene) Vorwort zur 1. Auflage der Romanischen
Grammatik (1836); IV. Diez' Briefe an Karl Bartsch; V. zwei
Dankschreiben von Diez an die Göttinger Gesellschaft der
Wissensch.; VI. Nachträge zu den den "Erinnerungsworten"
beigegebenen Briefen Diez' an Keller, Ebert, Mussafia; VII.
Ergänzungen zu den "Erinnerungsworten".
Über I sei nur bemerkt, dass die Handschrift, jetzt in
Stengels Besitz, einen Oktavband von 140 Seiten in Pappeln-
band bildet und ausser verschiedenen Xotizen und der Dis-
position eines wohl nie ausgeführten Werkes eine nur zum
Teil ausgefüllte Sammlung spanischer Lieder unter dem Titel
Silva de Canciones viejas enthält mit Andeutungen einer be-
absichtigten Übertragung derselben. — In II wird der Inhalt
zweier Heftchen mitgeteilt, deren erstes (16 S.) Bemerkungen
zur romanischen Lautlehre im Anschluss an die 3. Auflage
der Grammatik verzeichnet, also aus den letzten Lebensjahren
des Gelehrten stammt, während das zweite (40 S.) unter dem
Titel "Zusätze zur Grammatik II" eine grössere Zahl von
Einträgen bietet, welche den zweiten Band der zweiten Auf-
lage betreffen und zum Teil in der dritten Auflage in ver-
kürzter oder veränderter Form mit verwertet sind. Die in
Betracht kommenden Stellen der dritten oder beider genannten
Auflagen hat für beide Heftchen der Herausg. meist erst hin-
zufügen müssen, hat es aber so dem Leser bequem gemacht,
das Werden des Buches in einer Reihe von Punkten zu ver-
folgen. — Unter dem brieflichen Material, das die "Reliquien"
uns mitteilen, sind die 18 Briefe an Bartsch (IV), die dieser
bei seinen Lebzeiten nicht gedruckt sehen mochte, an Um-
fang und Inhalt das Bedeutendste; die Nachträge in VI um-
fassen wenig über 2 Seiten und sind, wie die formellen Dank-
sehreiben in V (für die Wahl zum ^litgliede und für den
Glückwunsch zum fünfzlgzährigen Doktorjubiläum), ohne
grossen Belang. In den Briefen an Bartsch aber sehen wir
dessen romanistische Werke unter dem Beirat von Diez
sich vorbereiten und mit seinem lebhaften Beifall erscheinen,
hören den Meister wie gewöhnlich die fremden Leistungen
76 Stengel Diez-Reliquieu.
neidlos preisen und die eignen bescheidenst anschlagen, wie
ihm auch beim Austausch ihrer Photographien Jener "einen
ungleichen Tausch" zu machen scheint; können dann Diez'
Bemühungen im Wintersemester 1867/68 um die Marburger
neuphilologische Professur für Bartsch, der sich von Rostock
wegsehnte, verfolgen und müssen sie an der Abneigung ein-
flussreicher Kreise in Berlin gegen den Empfohlenen schei-
tern sehen. Noch weniger bekannt als das eben Erwähnte
dürfte sein, dass es sich gleich darauf um eine Berufung
Bartschs nach Würzburg handelte, bis endlich im Jahre 1871
die von Diez freudig begrüsste nach Heidelberg erfolgte.
DazAvischen lesen wir von der wohlthätigen Wirkung des
Wechsels zwischen germanistischer und romanistischer Beschäfti-
gung, die Diez wie Bartsch empfindet, von dem Plane Conrad
Hofmanns, ein altfranz. Lesebuch herauszugeben, lange ehe
das von Bartsch erschien, von einer schweren Krankheit
Simrocks im Jahre 1860 u. a. — Eine Bemerkung möchte
sich Ref. übrigens zu Stengels ZwischenAvorten S. 29 erlauben,
wo der schliesslich nach Marburg als Ordinarius berufene
unglückliche Privatdocent Dr. Treitz, der 1869 im Irrenhause
starb, als "völlig unbefähigt" bezeichnet wird. Treitz' An-
fänge als akademischer Lehrer in Bonn im S.-S. 1866 waren
durchaus nicht verheissungslos gewesen: allerdings brach er
damals eine angekündigte Vorlesung über Geschichte der
französischen Litteratur im 17. Jahrhundert nach einer recht
interessanten Stunde ab, aber die über Geschichte der eng-
lischen Sprache, die uns ganz auf der damaligen Höhe der
Wissenschaft zu stehen schien, wurde von uns mit Interesse
und Eifer gehört, ebenso wie wir uns gern an der sich an-
schliessenden Interpretation ags. Texte (nach Riegers Lesebuch)
beteiligten. Treitz füllte damit eine selbst in Bonn, vollends
aber auf anderen Universitäten (Ref. war soeben von Leipzig
nach Bonn gekommen) vorhandene Lücke aus und gewann
dabei durch Vortrag und Lehrgabe, worin wir allerdings in
Bonn nicht verwölmt waren. Ob sein Wissen und Können
sich auch ohne seine von Grössenwahn ausgehende Geistes-
umnachtung späterhin als unzulänglich herausgestellt hätte,
das möchte Ref. daher nicht ohne weiteres zu Treitz" Un-
gunsten entschieden sehen. — Aus den unter VII gegebenen
Ergänzungen liel)en Avir hervor, dass Diez' Vater nicht Ge-
richts-, sondern Regierungs-Sekretär war, dass sich der Stamm-
baum der Familie väterlicherseits bis um die Mitte des 17.
Jahrhunderts verfolgen lässt, dass Diez' bald gelöste Ver-
lobung mit Fräulein Bernd (deren Vater Professor betitelt
wird) am 9. Juni 1832 stattfand, endlich, dass sich Reisen
von ilim nach Turin und Mailand nachweisen lassen.
Memoires de la societe neo-philologiqixe ä Helsing-fors I. 77
Ref. benutzt diese Gelegenheit, um eine kleine Diez-
Eeliquie, die sich iii seinem eignen Besitz befindet, mitzuteilen.
Es ist ein schlichtes Oktavblättchen von Konzeptpapier (ein
Geschenk von Diez aus seiner Vorlesung "Provenzalische
Interpretation" [nach Bartsch] im S.-S. 1866), worauf er die
Parallelstellen geschrieben hat:
Plaut. Merc. 2, 2, 32.
Hodie ire in ludum occocpi litterarium
. . . ternas scio Jam . . . A, M, 0.
Cadeuet (Choix III. 248)
Tres letras de l'A B C
Aprendetz, plus no us deman
A, M, T, quar atretan
Volon dire com am te.
Leipzig. Otto K n a u e r.
Memoires de la societe neo-philologique ä Helsingfors I. Ilel-
singfors 1893. 412 S. 8 ^
Mit Freude wird man die l)losse Thatsache dieses Bandes
begrüssen, da er den Betrieb sprachAvissenschaftlicher Studien
in einer Gegend bekundet, aus der der Indogermanistik bisher
noch Avenig zugekommen ist, und die Freude wird nacli Ein-
sichtnahme in den Inhalt nicht getrübt werden, vielmehr em-
pfängt man ein sehr vorteilhaftes Bild von der Vielseitigkeit
und der Arbeitsfähigkeit der Gesellschaft. Die Aufsätze sind teils
pädagogisch-didaktisch, teils litterarhistorisch, teils linguistiscli.
Nur diese letzteren sind für die Leser dieser Zs. von Interesse.
Unter dem Titel Etymologisches weist Mikkola einige neue
germanische Wörter im Finnischen nacli und deutet slav.
JiOi'7jy7, (Teppich) aus anord. l'ögurr; Annie Edelfelt handelt
von französischen Wörtern, die ins SchAvedische Finnlands ge-
drungen sind, aber eine von der ursprünglichen abweichende
Bedeutung angenommen haben: parlör 'Konversationsbuch',
portör 'Botanisiertrommcr usw.; Max Seil in g weist deutsche
Svetizismen in Finnland nach: 'Staub trocknen' statt 'abwi-
schen', 'einen ledig angeschlagenen Dienst suchen' statt 'sicli
um eine ausgeschriebene Stelle bewerben' usw.; Werner
Söderhjelm spricht unter dem Titel "Über einige Fälle so-
genannter formaler Ausgleichung" im Anschluss an Ziemer
über syntaktische Analogiebildungen, über die Natur des
Modalverbums in 'ich hätte sagen können' statt 'gekonnt',
und über den Singular d(;s Substantivums nach Zahlwörtern.
Zu diesen Artikeln, die auch weiteren Kreisen der Sprach-
forscher ein gewisses Interrcsse bieten, kommen noch zwei
78 BibliogTaphie des Patois Gallo romans par Dietrich Behrens.
mehr für engere Fachkreise bestimmte von Uschalvoff über
x.las -e in der 1. Pers. Sing', der frz. Verba: ahn-e und von
Lindelöf, Beiträge zur Kenntnis des Altnorthumbrischen^). Der
erste Artikel ist nicht nur Avegen der feinsinnigen Erklärungen
des Verfassers beachtenswert sondern namentlich auch des-
halb, weil er zur Lösung der Frage, welche Formen bei der
Analogiewirkung passiv und welche aktiv seien, sich der
Statistik nicht nach dem "Wörterbuche sondern nach längeren
Texten bedient.
Hoffentlich bleibt der erste Band nicht auch der einzige:
von den aufstrebenden Kollegen im hohen Norden ist nach
dieser ersten Probe viel gutes zu erwarten.
W. Meyer-Lübke.
Bibliographie des Patois Gallo-romans par Dietrich Beh-
rens, Deuxieme edition, revue et augmentee par l'auteur,
traduite en franeais par Eugene Rabiet. Berlin 1893.
in-8 de 255 p. Extrait des Französische Studien. Neue
Folge Heft I.
On connait ce livre si utile de M. Behrens dont les
-dialectologues out salue l'apparition avec joie partout, aussi
bien en France qu' en Allemagne. La Romania, en le sig-
nalant k ses lecteurs, avait emis le voeu qu'on Ic traduisit en
fran9ais. C'est mon eminent et tres regrette predecesseur,
feu l'abbe Rabiet, qui s'est acquitte de cette täclie et cela, on
peut le dirc, de maniöre k satisfaire les plus difficiles.
L'etude des patois est d'une importance capitale pour
la linguisticiue romane et l'on a pu dire avec raison que
si l'on connaissait les formes de tous les villages de notre
mode roman, on pourrait reconstruire, etape par etape, la
marche qu'a suivie le latin vulgaire pour aboutir au parier
qui s'en eloigne le plus. Helas ! les patoisants fervents sont bien
rares. Les romanistes s'occupent trop des langues litteraires et
des litteratures, de ces six ou sept parlers, en somme, qui
au debut n'etaient que d'humbles patois perdus au milieu
de leurs congeneres et qui ont acquis rang de Suprematie
gräce k des circonstances fortuites. C'est agir k peu pres
comme ferait un naturalistc qui, ctudiant six ou sept espö
ces, les plus importantes au point de vue utilitaire, le
cheval, le bcuuf, etc., negligerait tout le reste. Le monde offi-
ciel, dont l'intervention pourrait etre si utile, ne donne guere
non plus sa consecration aux etudcs dialectologiques. Les
1) Vgl. unten
Bibliographie des Patois Gallo-vonians pav Dietrich Behi'cns. 79
divers Etats devraient allouer aux travailleurs de larges sub-
ventions pour la creation d'Atlas linguistiques.
La Suisse cependant n'a pas lieu de se plaindre et eile
vient en tete (si Ton excepte la Lorraine amiexee) pour les
etudes de dialectologie romane. Quatre de ses romanistes
ont etudie ä eux seuls quatre eantons, ce qui est enorme:
M. Haefelin a etudie les eantons de Neuchätel et de Fribourg,
M. Odin le canton de Vaud (pour la phonetique), M M. Gillie-
ron et Cornu le Valais. Tout ce qui est important est donc
-connu chez nous et il ue reste plus qu'ä mettre de l'ordre
dans ce vaste recueil de materiaux et ä condenser les resul-
tats du travail dans mi ouvrage general. Ce serait une oeuvre
de dialectolog-ue en chambre, pas bien difficile.
La France et la Belgique romane, au contraire, sont bien
€n retard. On u'y trouve pas une seule region qui ait ete etudiee
methodiquement (j'entends d'une facon complete, phonetique
et flexion), a part peut-etre le pays de Cellefrouin etudie dans
la these de M. Rousselot. Rien que quelques monog'raphies
isolees des parlers de tel ou tel village.
Teile est la Situation, satisfaisante pour la Suisse, mau-
vaise pour la reste du domaine gallo-roman, que nous i'ait
«onstater la lecture du livre de M. Behrens. Car je n'envisage,
bien entendu, que les travaux scientifiques, faits par des philo-
logues. Les autres, ceux d'amateurs, concus en des ortho-
g'raphes bizarres et en depit des plans et des methodes de la
science, sont presque sans utilite pour les romanistes.
Fribourg (Suisse). Paul 'Marchot.
Holder A. Alt-celtischer Sprachschatz. Lief. 1 — 7 {Ä — Galli).
Leipzig B. G. Teubner 1891—95. 1792 Sp. Jede Lief. 8 M.
Das umfängliche Werk, von dem bisher 7 Lieferungen
-erschienen sind (das ganze ist auf 18 berechnet) beabsichtigt
in lexikalischer Form eine Sammlung zu geben 1) der alt-
gallischen Sprachreste mit historischer Ordnung der Beleg-
stelleu, 2) der Wörter, die ''die gemeinsame Grundlage der
gaelischen und der brettanischen Sprachen" bilden.
Dass eine vollständige Sammlung aller bisher bekannt
gewordenen altgallischen Sprachreste höchst Avünschenswert
ist, braucht nicht weitläutig auseinandergesetzt zu werden;
freilich ist es auch klar, dass ein solches Unternehmen schon
wegen der ungemeinen Zerstreutheit des Materials, das viel-
fach in schwer erreichbaren Zeitschriften, teuren epigraphi-
schon und numismatischen Werken verborgen liegt, mit gros-
sen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Ausserdem ist das frag-
80 Holder Alt-celtischer Sprachschatz.
liclie Gebiet ein Grenzgebiet zwischen verschiedenen Wissen-
schaften und zur vollständigen Durchforschung das Rüstzeug
des klassischen Philologen ebenso unentbehrlich wie das des
indogermanischen, insbesondere keltischen Sprachforschers,
ja auch des Romanisten; nicht minder Averden historische
Kenntnisse und solche der benachbarten nichtindogerma-
nischen Sprachen verlangt. Diese Umstände muss man sich,
um bei Beurteilung eines Werkes wie des vorliegenden, nicht
unbillig zu werden, vor Augen halten; die genannten Erfor-
dernisse dürften sich schwer sämtlich in Einer Person verei-
nigt finden, und darum wollen wir in unserem Falle dem
Verf. von Herzen dankbar sein für das mit ausserordentlichem
Fleisse gesammelte Material, wenn Avir freilich auch des
öfteren daran gemahnt werden, dass er nicht Sprachforscher ist.
Dieser Mangel macht sich übrigens weniger fühlbar in
der Behandlung des altgallischen Sprachgutes, Aveit mehr und
oft unangenehm in der des urkeltischen. Da dieses seit
Ende 1893 in dem Urkeltischen Sprachschatz von Stokes und
Bezzenberger gesammelt vorliegt und der Verf. doch nicht
in der Lage ist, durch eigne neue Beiträge oder durch kritische
Prüfung über diese Leistung liinauszugehen, so wäre es wohl
das beste gewesen, er hätte sich auf das Altgallische be-
schränkt. Leider war aber einmal das Urkeltische in den Plan
des Ganzen aufgenommen und ist es geblieben.
Von dem Standpunkte des Sprachforschers aus Avünschte
ich überhaupt in der Anlage des Werkes Verschiedenes an-
ders als es ist, und ich finde es entschieden bedauerlich, dass
der Verf., der sich doch manche nach dem Erscheinen des
ersten Heftes geäusserten Vorschläge zur Abstellung von Übel-
ständen zu Nutze gemacht hat (z. B. durch reinlichere Sich-
tung des Wortmaterials von nichtkeltischen — iberischen,
ligurischen usw. — Bestandteilen), den Ratschlägen Zim-
mers*), mögen sie auch nicht in allzu verbindlicher l'orni
erteilt sein, so wenig Rechnung getragen hat. Meiner Ansicht
nach hätte er sie befolgen müssen, soweit er irgend konnte.
Dann wären auch die folgenden Ausstellungen, die sicli auf
die jüngst erschienenen Hefte beziehen, hinfällig geworden.
Der Verf. hat es für nötig gehalten, alle aus klassischen
Autoren zitierten Stellen im vollen Wortlaute mitzuteilen; so
nehmen die zwei Artikel Galata und GalU zusammen nicht
weniger als 25U Spalten ein, wobei der letzte noch nicht
einmal zu Ende ist; oder weil das römische Cognomen Galha
nach einer Notiz bei Sueton von einigen Grammatikern aus dem
Gallischen gedeutet Avurde, finden sich auf 11) Spalten sämtliche
1) Gott. «-el. Anz. 1S91, S. 31 ;J tV.
Holder Alt-celtischer Sin-achschatz. 81
Belege für diesen Namen in extenso ausgeschrieben. Wir wür-
den uns hierüber nicht aufhalten, wenn dieser grossartigen Frei-
gebigkeit nicht auf der andern Seite eine höchst bedauerliche
Kargheit entgegenstünde, sobald es sich um Zitate aus der
sprachwissenschaftlichen Litteratur handelt. Von den beiden
für die Kenntnis des Ältgallischen bahnbrechenden auch heutzu-
tage noch unentbehrlichen Werken, der Grammatica Celtica
von Zeuss und den bei Julius Caesar vorkommenden galli-
schen Namen von Glück, enthält das erstere einen ungenü-
genden, das zweite gar keinen Index; hier hätte ganz unbe-
dingt der Sprachschatz, Avenn er darauf Anspruch erheben
wollte, als zuverlässiges Nachschlagewerk nicht nur dem Kel-
tologen von Fach, sondern auch dem klassischen Philologen
zu dienen, durch genaue und erschöpfende Zitate bei allen
einschlägigen AVorten diesem Mangel abhelfen müssen. Dass
dies nicht geschieht, dass diese fast selbstverständliche For-
derung Avenigstcns nicht in den späteren Lieferungen erfüllt
ist, ist ebenso unbegreiflich Avie bedauerlich und tadelnswert.
Auch sonst wird stets nur der kahle Name eines Autors, von
dem z. B. eine Etymologie oder Worterklärung herrührt, ge-
geben, kein Buchtitel, keine Seitenzahl. Nun suche der Leser!
Aber Avenn Avenigstens in sprachwissenschaftlichen Din-
gen der Verf. überall seinen GcAvährsmann namentlich anführte
und durch Unterlassen dieser Angabe oder irgendAvie anders die
eigenen Zuthaten kenntlich machte (Avenn er sich einmal nicht
dazu entschliessen Avollte, solche Zuthaten ganz bei Seite zu
lassen — Avas freilich das empfehlensAverteste gewesen Aväre) !
Allein diese Unterscheidung fehlt, und dadurch Avird die Brauch-
barkeit des Werkes schwer beeinträchtigt für Jeden, der nicht
selbständige Kritik an den \'orfindlichen Angaben üben
kann. Um nur ein Beispiel anzuführen: Sp. 1442 lesen Avir:
*-ep- ir. ec ech, cy. ejJ 'Angesicht', in *eneq-o ^aneqo (air.
ain-ech 'Gesicht' .... griech, ev-uuirr), rd ev-uÜTT-ia, ai. (hi/la,
zd. ainika); ^matr-epä 'Antlitz einer Mutter', Tante, av. inodr-
yb usw. Ein GeAA'-ährsmann Avird zu dem Artikel nicht ge-
nannt. Der Anfang stammt Avohl aus S tokos' Urkelt. Sprach-
schatz, AA'o S. 46 von Wz. oq kelt. eneqo, aneqo Gesicht, Ehre
abgeleitet Avird und aa'o auch die Worte der A'erAvandten Spra-
chen mit Ausnahme von evuuTrri (dafür aber evuÜTTia) angeführt
sind. Nur hat sich Holder zu seinem gallischen ej) ein ir.
ech, kymr. ep konstruiert und ohne Sternchen in die Welt ge-
sandt, Avodurch der Anschein gcAAeckt Avird, als handle es sich
um wijjklich belegte AVörter, Avährend es nur höchst fragAA'ür-
dige grammatische Schemen sind. Übrigens hat Stokes Avalir-
scheinlich mehr vereinigt als zusammengehört, sodass es sich
schon aus diesem Grunde empfohlen hätte, ihn durch Nennung
Anzeiger VI 1 u. 2. a
82 D'Arbois de Jubainville Les noms g-aulois.
seines Namens die Verantwortung für seine Etymologie über-
nelimen zu lassen. Aber woher stammt am Schlüsse: " *mätr-epä
'das Antlitz einer Mutter', Tante"? Viele Leser werden diese
unglückliche und ungeheuerliche Deutung gewiss auf Treu und
Glauben hinnehmen, tritt sie ja kühn und keck, ohne Frage-
zeiclien, wie eine anerkannte "Wahrheit auf. Welchem Ge-
währsmanne verdankt der Verf. so etwas? Doch wohl sich
selbst? Und wie leicht konnte er aus Stokes' Sprachschatz
S. 199 die richtige Ableitung (= Siind. mätrka Mutter) ersehen!
Diese und ähnliche Ausstellungen wurzeln im letzten
Grunde darin, dass der Verf. der Sprachwissenschaft fremd
gegenüber steht oder sich wenigstens auf diesem Gebiete zu-
viel zugetraut hat; daher denn der Keitologe auch die All-
gemeingiltigkeit des Satzes im Prospekte "für die Gramma-
tica Celtica liefert der 'Sprachschatz' in eigenen Abschnitten
fertig behauene Bausteine" nicht anzuerkennen vermag. Unter
diesen Umständen möchten wir dringend wünschen, dass sich
der Verf. künftighin in linguistischen Dingen möglichster Selbst-
beschränkung befleissige; das kann dem grossangelegten und
In vieler Hinsicht dankenswerten Werke, das für weitere
Studien eine unentbehrliche Grundlage bilden wird, und dessen
Fortscheint wir mit regem Interresse verfolgen nur zum Vor-
teil gereichen.
Leipzig. Eichard Schmidt.
l)'Arl)ois de Jubainville H. Les noms gaulois chez Cesar
et Ilirtius de bello Gallico. Avec la collaboration de MM.
E. E mault et G. Dottin. Premiere Serie. Les composes
dont rix est le dernier terme. Paris Emile Bouillon 189L
XV und 259 S. 8«.
Die bei Cäsar überlieferten gallischen Eigennamen fan-
den zum ersten Male eine zusammenfassende sprachliche Be-
handlung durch Chr. Willi. Glück in scünem 1857 erschienenen,
hervorragenden Werke: Die bei Caius Julius Cäsar vorkom-
menden keltischen Namen. Mit ebenso grosser Schärfe der
Methode wie der Polemik zog Glück der damals in üppigster
Blüte stehenden Keltomanie zu Leibe, — Zeussens 1853 ver-
öffentlichte Grammatica Celtica hatte ihr wenig anhaben kön-
nen — und gab an Stelle thörichter, auf jämmerliche neu-
keltische Wörterbücher gestützter Deuteleien Etymologien
vieler gallischer Eigennamen, die grösstenteils noch heute als
richtig gelten. ,
Derselbe Stoff wird jetzt von dem bekannten französi-
schen Forscher IL d'Arbois de Jubainville einer erneuten
Bearbeitung unterzogen, wovun uns der erste Teil, die Kom-
D'Arbois de Jiibaiuville Les noms gavilois. 83
posita mit rix umfassend, vorliegt ; auf eine Fortsetzung haben
wir bisher vergebens gewartet. Der Text des Büchleins ist
aus einer Reihe von Vorlesungen erwachsen, während die
Anmerkungen, die zum Teil von den beiden Mitarbeitern
herrühren, aus Vorarbeiten zu einem durch Holders Sprach-
schatz unnötig gewordenen gallischen Wörterbuche stammen.
Das Werk ist offenbar für einen weiteren Leserkreis berech-
net, bei dem der Verf. nicht zu viel Interesse für sein Thema
voraussetzt; sonst hätte er es kaum für nötig befunden, aller-
hand unterhaltendes Beiwerk des mündlichen Vortrags —
Lebensskizzen von Trägern gallischer Namen, Anekdoten,
Dichterstellen nebst Übersetzung — auch in den Druck über-
gehen zu lassen, wo ein kurzes Zitat vollauf genügte. Übri-
gens bietet der vorliegende Band mehr als der Titel verspricht;
die Komposita mit rlg- bilden gewissermassen nur das Stand-
quartier, von wo aus der Verf. das Gebiet der gallischen
I^amen durchstreift und wohin er irnmer wieder zurückkehrt;
so dringt er über die Zwischenstationen Vercingetorix, Ver-
cassiu eil minus, Durocassus, Octodtiru.s bis zu einer Bespre-
chung des Stammes octo- vor. Diese Willkür mochte schwer
zu vermeiden sein; störend wird sie auch erst durch unge-
nügende Anlage des Registers, in dem ohne Hervorhebung
der Hauptstellen durch den Druck jedes noch so beiläuflg
erwähnte Wort aufgenommen ist; man hofft z. B. S. 104 f.
etwas über die Etymologie von essedum zu linden und hört,
dass es ein Kriegs wagen Avar.
Es ist ein misslich Ding gallische Namen zu deuten.
Unsere Kenntnis der Sprache ist höchst dürftig; die ganze
Überlieferung besteht fast nur eben aus Eigennamen. Aller-
dings kann man ihnen mit Hilfe der verwandten keltischen
Sprachen beizukommen versuchen; aber jedes Korrektiv, Avie
es irgend ein fortlaufender Text in sich selbst, in seinem
Zusammenhange birgt, fehlt hier bei diesen disiecta membra.
Oft ist es lediglich Geschmackssache, einer Deutung Glauben
zu schenken oder nicht, und vollends seinem GefühlsAA^erte
nach lässt sich der Sinn eines gallischen Wortes immer nur
höchst unvollkommen Aviedergeben. Man kommt über ein
vages 'gut' oder 'sehr' nicht hinaus; vgl. S. 187 Vercassi-
vellaunos "tres superieurement (oder elegamment oder joU-
ment [ad libitum]) hon'. Häufig wird man sich mit einer
gCAAÜssen Wahrscheinlichkeit in der Analysierung bescheiden
müssen; daher denn paraitre und semhler in unserer Schrift
mit Recht eine nicht unbedeutende Rolle spielen. In den
meisten Fällen kann man den A^orgetragenen Erklärungen
zustimmen, besonders AA'enn man mit einer gcAvissen SchAA'an-
kungsbreite der übersetzten Begriffe rechnet; doch geht der
84 D"Arbois de Jubaiuville Les noins gaulois.
Verf. einig-e Male in dem Bestreben, möglichst viel zu deu-
ten, zu weit und lässt die nöthige Kritik vermissen. Dahin
gehören besonders die Fälle, in denen irgend ein obskure»
neuirisches aus einer trüben Quelle geschöpftes Wort die
Grundlage für eine Etymologie abgeben soll. Da von dem
Leser nicht zu verlangen ist, dass er die Erbärmlichkeit von
O'Reilly und Konsorten kennt, so musste zum mindesten
die vollständige Haltlosigkeit derartiger Deutungen aus-
dräcklich betont Averden, was aber z. B. S. 23 {folg) oder
S. 58 {cond = Vollfreier) nicht geschieht. S. 66 f. werden
auf Grund des irischen donn 'braun' und eines andern donn
(bei O'Davoreen) in den Bedeutungen 'hoch', 'Richter' und
'König' für das gallische zwei verschiedene donnos, als 'braun'
und als 'Fürst' angenommen. Aber die Worte sind ursprüng-
lich identisch gewesen, wie der analoge Bedeutungswandel
bei ir. ruad beweist, den ich IF. I 56 Anm. besprochen habe.
Wann dieser bei donnos eintrat, weiss man nicht; also ist
dem gallischen AVorte nur die Grundbedeutung 'braun' mit
Sicherheit zuzusprechen.
Leider ist bei der ganzen Anlage des Buches der Sprach-
forscher, besonders der Keltist, entschieden zu kurz weggekom-
men. Der Verf. vermeidet es geflissentlich, auf lautliche Ver-
hältnisse näher einzugehen, wiewohl sich ihm reichliche Gele-
genheit dazu bot und mancher dunkle Punkt hierbei aufge-
hellt werden konnte; wir gestehen, dass wir zu Gunsten der-
artiger Ausführungen sehr gern auf die anekdotenhaften Zu-
gaben verzichtet hätten. Die Lautgesetze — sowohl keltische
wie romanische — erfahren nicht immer die Berücksich-
tigung, die sie beanspruchen dürfen. Um nur einiges wenige
aus keltischem Gebiete herauszugreifen : S. 44 wird kelt. afe-
mit lat. Herum zusammengestellt, was unmöglich ist; ir. heo
hibendig' S. 02 geht nicht auf eine Grdf. *rZyo.s', sondern
*gtvos zurück ; aus '^mogetios ( S. 73) konnte niemals ir. mochte
werden, ebensowenig S. 87 aus *i'«Y/ ir. /e/>; falsch ist die
kelt. Grdf. leiiceto- mit langer Penultima für kymr. Iluched.
Ganz verkehrt ist, was gleich zu Anfang des Buches bei der
Besprechung des idg. reg- von bret. roe 'König', Flur, roua-
nez, roiKnitelez 'regnum' (hinzuzufügen war rouanez 'Köni-
gin') gesagt wird; sie werden auf einen Stamm '■''rfg<()ifo- zu-
rückgeführt. Hier soll der Regel zum Hohn idg. e im Kelti-
schen e geblieben sein; wie man selbst unter dieser Voraus-
setzung von ^rcganto- zu roe kommt verschweigt wohlweis-
lich der Verf. Da die Worte auch in Stokes-Bezzenbergers
Kelt. Spraclieinlieit S. 229 f. nicht genügend behandelt sind,
mögen sie hier kurz erörtert werden. Zunächst ist l)ret. roe^
roue, koiii. nd Leiiiiwort aus lat. rca-, gerade so wie bret.
Lorentz Über das schwache Präteritum des Germanischen. 85
])loe aus pJebs; ferner lässt sich brat, rouanez ""regina' nicht
trennen von dem gleichbedeutenden l^orn. ruifcmes und kymr.
rhwjjfanes, Fem. zu ruif, bez. rhiciif, brittann. Grdf. ^7'ema-
nissü (idg. Wz. prei) ; dasabret. anzusetzende ^roivanes ist nach
Analogie von roue verändert worden; dem entsprechend lässt
sich bret. rouanez 'reges' direkt als Plural zu körn, r^<^/' ziehen;
dieselbe Analogie hat aus dem abret. regelmässigen riant (=;
urkelt. ^^rtganto-) später rolant, rouant geschaffen, das noch
im modernen rouanteJez vorliegt. Sehr bedauerlich ist, dass
der Verf. so interessante Akzentverliältnisse Avie Bodiöcasses
= frz. Baijeux, Duröcasses = frz. Dreux nur ganz beiläufig
S. 190 erwähnt, ohne solcher Fälle wie Catnriges, frz. Chor-
ges, Bitüriges frz. Bourges zu gedenken, in denen nach sei-
nen Ausführungen doch auch ursprünglich lange Penultima
umzusetzen ist.
Trotz dieser Ausstellungen wird das Buch denen von
Nutzen sein, die, der keltischen Philologie ferne stehend,
sich über ihre Ergebnisse in der gallischen Namenforschung
zu unterrichten wünschen. Die Ausstattung ist gefällig, der
Druck sauber; nur machen sich einige störende Druckfehler
in griechischen und deutschen Worten bemerklieh.
Leipzig. Richard Schmidt.
Lorentz Fr. Über das schwache Präteritum des Germani-
schen und verwandte Bildungen der SchAvestersprachen.
Eine sprachwissenschaftliche Untersuchung. Leipzig Harrasso-
witz 1894. 8«. 79 S. 2 M.
Von zwei verschiedenen Seiten ist neuerdings die Frage
nach der Entstehung des germanischen schwachen Präteri-
tums gleichzeitig wieder in Angriff genommen von R. Löwe
JF. IV 365 ff. und von F. Lorentz in einer Arbeit, die der
Leipziger philosophischen Fakultät als Doktordissertation vor-
gelegen hat. Beide Forscher sind darin einig, dass die all-
mählich herrschend gewordene Ansicht, nach welcher der
Dental des Präteritums als idg. t anzusehen ist, unhaltbar
und zu Gunsten jener älteren aufzugeben sei, die in ihm ein
idg. dh sehen wollte. Es liegt ein ähnliches Zusammentreffen
vor, wie bei der Herleitung des griech. Passivaorists auf
-9r|v aus der 2. Sg. Med. idg. -thes, in der auch J. Wacker-
nagel und V. Henry seiner Zeit zusammentrafen.
Beide Forscher sind zu iliren Ausführungen offenbar
angeregt durch das Eintreten Brugmanns für ein dh-Fväteri-
tum Gr. II 2 § 908 S. 1274 ff. und für beide sind Präterita
wie as. lihda, liahda usav. von Bedeutung gcAvesen. Ihre
Wege gehn aber auseinander. Löwe geht nicht ohne Ge-
86 Lorentz Über das sclnvache Präteritum des Oormanisehen.
waltsamkeit vor. Er setzt got. salhöda gleich einem vor-
germanischen Inf. *salpönon + *dhedhöm, habaida = ''^•/(l-
henon + *dhedhöm (a. a. 0. S. 374)^) und muss, um zu den
historisch belegten Formen zu kommen, zwei 'Gesetze' an-
nehmen, nach welchen diese Formen allmählich komprimiert
wurden: 1) ein Wortkürzungsgesetz, nach dem ^salpönon in
dieser Verbindung zu '^'salpö, '^yahenon zu ^yahe wurde nach
Muster von nhd. sfiidiosus zu studio-, 2) ein Silbendissimila-
tionsgesetz, das ein Hwtfli-deda zu got. fweißida, as. twl-
flida^) werden Hess.
Lorentz geht besonnener zu Werke; er hat für das Pro-
blem mehr aus Brugmanns Grundriss gelernt und stellt e&
in einen grösseren Zusammenhang. Mit den Bemerkungen
über das germ. Präteritum hat er verknüpft was Brugmann
Grdr. II 2 § 896 S. 1246 f. und § 899 S. 1267 über die peri-
phrastischen Perfekte im Indischen wie icidq ccü^ära, icidäTn
äsa fhahhuicaj, über lat. are facio, are fio fim Auschluss an
Deecke), are-bam, are-ho, fle-bam, fle-bo, amäba»/ ama-bo,
über abulg. nese-achh, dela-achi bemerkt (vgl. Lorentz S. 61 ff".).
Brugmann ist geneigt allenthalben syntaktische Verbindung
eines Verbs mit dem Instrumental eines Nomen actionis an-
zunehmen. Lorentz fügt noch hinzu das lit. Sg. Präteritum
der Gewohnheit bylö-daicau sene-daicau daJ/j-dawau (S. 60),
ohne das Element -dawau weiter analysieren zu können, stellt
ferner in diesen Zusammenhang sowohl den griech. B-Aorist,
ohne die Erklärung von Wackernagel und Henry ganz zu_
verwerfen, als das germanische schwache Präteritum und lässt
die Bildungen von den Denominativen ihren Ausgangspunkt
nehmen. "In der idg. Ursprache", so formuliert er S. 59
seine Hypothese, "bildeten die denominativen Verba kein
eigentliches Präteritum; sie ersetzten dies durch eine syn-
taktische Verbindung des Instrumentals des dem Verlmm zu
Grunde liegenden Nomons mit dem ä- oder [dem] Wurzel-
Injunktiv von dhe- bezw. dem r^-Injunktiv von bheu-T
So ist er im Grunde nur tMnen Schritt über Brugmann
hinausgegangen und sucht nun seine Hypothese in klar dis-
ponierter ruhiger Darlegung zu stützen, indem er den Leser
zunächst von der Prüfung der vorliegenden Sprachformen aus
an dieselbe heran führt.
Er zeigt (S. S ft".), indem er die germanischen Formen
mustert, zuerst, dass von Seiten der Personalendungen sich
1) Ich übernehme die merkwürdige Iukoiise(|uenz in der Durch-
führuui;- der Lautvi'rschiebuug aus LöAves Abhandlung.
■2) Lowes Beispiele sind imglücklieli gewählt: denn got. ticei-
filda ist niciit belegt und as. tinfUdn meines Wissens aueh nicht.
Das Verb heisst as. iwlflon.
Lorentz Über das schwache Präteritum des Germanischen. S7
kein Wiclerspruch dagegen erhebt, in den Ausgängen des
schw. Präteritums Flexionsformen der Wurzel dlie- zu sehen.
Bei der Prüfung der germanischen Auslautveränderungen
verhält er sich gegen die neuen Aufstellungen von Hirt und
Streitberg sehr reserviert und nimmt auch vorsichtig ein
doppeltes Paradigma an 1) urgerm. -dem, -dez, -dep, PL -diima^
-dtidi, -dup und 2) urgerm. -döin^ -döz, -ööp, PI. -ööma, -doöi,
-öönp zu -danp. Die erste Reihe der Formen identifiziert er
mit den Ausgängen des regelrechten Injunktivs der idg. Wur-
zel dhe; in den Nebenformen erblickt er den des im Idg.
mit ä erAveiterten Stammes. Ich kann hier nicht unbedingt
zustimmen, weil mir diese mit « erweiterten Sämmc primärer
Verba überhaupt etwas zweifelhaft sind; doch ist das eine
sekundäre Frage. Unerklärt muss L. die ahd. (alem.) Opta-
tive auf i lassen, und, was wesentlicher ist, auch mit den
eigenartigen got. Pluralformen wird er nicht fertig. Denn
die Kögeische Erklärung Ztschr. f. d. Gymnasiahv. XXXIV
407 finde ich allzu halsbrecherisch. Von got. *nasidep soll
nasidedup ausgegangen sein ''mit der Endung der starken
Konjugation". Warum denn nicht *n(mdup, wie nach Kögel
ahd. neritut entstanden ist? Auf eine andere eigene Erklä-
rung, nach der ein lautgesetzliches *iddjem, '^iddjep erst nacli
*nasidum, *nasidup zu iddjedtim, iddjedup umgebildet sein
und dann zurückgewirkt haben soll, legt der Verf. selbst
kein Gewicht. Nach nasida : kldja hätte *nasidum doch
wohl nur *iddjum zeugen können.
Vielleicht darf man einen Gedanken Lowes i'a. a. 0.
S. 370 ff'.), der allerdings vor der Hand nur ein flüchtiger
Einfall ist, hier nicht ganz abweisen. Löwe will statt des
einfachen Injunktivs den reduplizierten Aorist zur Erklärung
des schw. Präteritums heranziehen (= ai. ddadham). Er setzt
als vorgotische Ausgänge an Sg. -deda, Plur. -öeöuvi und
stellt das 'Silbendissimilationsgesetz' auf: "Westg. und nordg.
schAvand die inlautende Gruppe 'unl)etonter Vokal -\- d\ got.
nur die Gruppe 'unbetonter kurzer Vokal + ö' ". Das Gesetz
ist aber nicht bewiesen. Auch können es die krimgotischen
Formen fzo icarthata tu fecisti', ies warf hat a 'ille fecit',
ich malthata 'ego dico' bei Busbeck nicht stützen. Nach
Löwe sollen sie ein altertümliclies got. -dedü im Singular
erweisen. Mir ist vor der Hand Massmanns Auffassung noch
am Avahrscheinlichsten, wonach Avir aus dem ata enklitisclies
got. pata zu entnehmen hätten, sie also mit wulfilanisch pu
tcaih'htf.s pata, is icaürhta pata, il- maplja pata Aviedergeben
Avürden (vgl. ZfdA. I 362 1. ies icarthata könnte ja auch allen-
falls Neubildung nach dem Plural sein und ein "'iraui'htfda
repräsentieren, wenn man annimmt, dass e in unbetonter
88 Lorentz Über das schwache Prätei'itum des Gei'inanischen.
Stellung krimgot. a werden konnte; aber malthata kann
sclnvcrlich ein '■^mapUdeda oder, wie Löwe will, ^mapUdida
repräsentieren, zumal es Busbeck, was Löwe — zum Teil
Avohl durch Massmann verleitet — völlig- ignoriert, als Prä-
sens auffasste.
Ich bin eher geneigt zu glauben, dass die got. Plural-
formen — die Ansicht ist ja nicht neu — durch das verlo-
ren gegangene gotische Präteritum des Verbums 'tun' (Wz.
dhe-) sekundär beeinflusst wurden, also durch got. *dedum.
= ahd. tatilm usw. Lautete der Sg. einst *dem, *dgs, ^dep
wie vorgot. '^nasidem, '^nasides, *nasidep bestanden haben
werden? Ahd. teta Avürde auf ein got. *didem führen; aber
die kurze Reduplikationssilbe ist im Germanischen nur aus-
nahmsAveise erhalten. Vielmehr: dass in haihald usw. die
Reduplikationssilbe ursprünglich kurz war, möchte ich we-
nigstens nicht als so unbedingt sicher annehmen, wie es ge-
wöhnlich geschieht. Ich möchte im Zusammenhang damit
beiläutig die Frage aufwerfen, ob man ein Reclit hat, ohne
M'eiteres Betonung auf der ersten Silbe für die got. redupli-
zierenden Präterita anzunehmen. Sind Formen Avie anord.
sera zu sd ('= got. ^saizö' setzt Osthoff" PBrB. VIII 559 dazu),
snera zu sni'ia ahd. steröz zu stözas wirklich red. Präterita,
so würden sie direkt dagegen beweisen, insofern man sonst
ein "^sesa, ^.ste.sdz erwarten müsse. Nimmt man aber an.
dass got. haihald auf der zweiten betont wurde, so würde
sich ai als Entwicklung aus e fassen lassen und man ge-
wänne eventuell den Vorteil, in der Mehrzahl der Bildungen,
das ai durch Analogiebildung zu erklären. Es kann laut-
gesetzliche Umgestaltung vorliegen. Denn wenn die Streit-
bergsche Hypothese über den Übergang eines unbetonten e
in ai irgend Anspruch auf AVahrscheinlichkeit erheben kann,
so darf sie nicht auf die Stellung bloss vor stimmlosen den-
talen Spiranten sieli beseliränken, Aveil sonst die lautphysio-
logischen Gründe, die ja überliaupt nicht ganz klargelegt
sind, fehlen würden. Entstand fti aus t^ vor tonloser Spirans,
so wären die Präterita von liahhni, haitan, h-opan, hlaupan,
falpan, fähan, fraisan, flökan, stcddan, diqmn, skaldan, saltan,
stantan, fiaian, gnplaihan lautgesetzlich. Auch die von ail^an,
(inkan, tisalpan würde man als lautgesetzlich begreifen können,
und für htikan, Ictan, laian Hesse sich auf fralla verweisen, das
allenfalls in unbetonter Stellung aus '-'irida entstanden sein
könnte. Als Rest blieben nur redan, icaJdan, waian einer-
seits und hlandan, blesan, blötän, grefan, teJcan andrerseits.
Ob aber di(!S ai, wie Streitberg für sijais annimmt, als lang
aufzufass(;n ist oder als kurz, ist eine Frage, die ich hier
auf sieh beruhen lasse, da sie mich nötigen würde, Fragen
Lorentz Über das schwache Präteritum des Germanischen. 89
■der got. Aussprache zu berühren, die mir noch keineswegs
■erledigt scheinen. Ich möchte überhaupt das Problem nur
beiläutig zur Diskussion stellen, nicht etwa entscheiden.
Bei der Beurteilung der Stammbildung des schwachen
Präteritums (S. 23 ff.) hat Lorentz bei den «-Stämmen das
leichteste Spiel, ^uorä, das aus griech. eujpd9r|v, ahd. bi-wa-
rö-fa zu erschliessen ist, lässt sich in der That lautlich als
Instrumental fassen; zu ahd. horota, lat. forclham lässt sich
der Instrumental eines «-Stammes H)1irrä 'Durchbohrung' kon-
struieren. Zweifelhafter ist und bleibt denn doch, dass in
sede-bäm, claude-bam, lege-bäni der Instrumental eines ejo-
Stammes stecke. Bezzenberger sah in lat. sede-bam einen
Dativ auf e aus ei (BB. XV 244 = Arisches und Linguisti-
sches S. 104 Fussnote). Das wird S. 76 durch Hinweis auf
Hirt IF. I 22U ff. erledigt. Mit Streitberg, der den ersten
Bestandteil von nese-achh, lege-bam als Lokativ fasste (IF.
Anz. II 196 ff.) findet sich Lorentz S. 62 — 76 ab, indem er
dessen Annahme für prinzipiell möglich, aber 1) als nicht
direkt bewiesen, 2) nicht so glatt durchführbar wie die seine
darthut.
Zweifelhaft bleibt mir auch, dass griech. ibpöBriv, eYI"
pu9iiv (ü yj, lat. moJlfbam, ßniham Instrumentale auf ^, ü ent-
halten sollen. Dass bisher so wenig Sicherheit über die ur-
sprachliche Bildung des Instrumentals gewonnen ist, ist auch
für L.s Ausführungen hinderlich gewesen. Hirts Annahme,
dass dcis Suffix des Instrumentals -m (nach Streitberg IF. III
368 f. -7no) gewesen sei, verwirft er (S. 31 f.), giebt aber idg.
Instrumentale auf -m als Nebenformen zu und sucht sie (S. 33 f.)
auch bei den Denominativen nachzuweisen. In griech. Ao-
risten wie bripivGt^Triv zu bripio|uai, dpxuvBriv zu dprua), äxXuv-
Griv zu dxXuuu und andern seien Instrumentale auf Im, um
enthalten. Das ist freilich mehr geistreich als voll überzeu-
gend. Für die e/o-Stämme kommt auch ein Instrumental auf
ö in Betracht und L. sieht in einem '^ö-dliem den Hauptanstoss
zur Bildung der griech. Denominative auf -öuu (S. 38).
Für die Ausbildung der eigenartigen germanischen For-
mationen nimmt L. dann 5 Akte an: 1) den Übergang von
eiö zu iiö und damit Zusammenfall der e- und eZ-Dcminu-
tiva; 2j die Vermischung der Kausativa und Denominativa
im Präsens; 3) die Übertragung des Partizips der Kausativa
mit -i-tö- auf die Denominativa und die damit zusammenhän-
gende völlige Vermengung beider Klassen; 4) die Neubildung
eines Präteritums auf -i-dhäin (statt -e-dham, -ö-dham, -i-dham)
bei e- und e/-Deuominativen (Kausativen) nach dem Muster
-ä-tö : -ä-dham = -i-tö : -f-dJidm-, 5) das Gleichwerden des
Dentals im Präteritum und Partizip durch die Lautverschiebung
90 Lorcntz Über das schwache Präteritum des Germanischen.
und Vorers Gesetz: die Schöpfung des innigen Zusammen-
hangs zwischen beiden Formen.
Schwierigkeiten bereiten dabei dem Verf. die Präterita
ohne Mittelvokal (S. 43 f.), und er gerät nun in die eigen-
artige Verlegenheit die Präterita ahd. hapfa, as. J'ihda u. a.,
die vorher als Hauptstützen für ein c//i-Präteritum dienten,
nachträglich als xVnalogiebildungen erklären zu müssen. Zum
idg. Part. *Jt-habh-tö-, *lip-tö- wurde nacli ihm ein Prät. *lhal>h'
dam, Hib-dhäm : urgerm. ^hahöotn, Hibdöm gebildet. *?i5-
döm übte dann seinerseits Einfluss auf das Partizip, das sich
aus *Iifta- zu Hibda- umbildete (ags. jelifd, as. gllihd). Möl-
lers Annahme eines urgerm. Synkopierungsgesetzes: ^^^^ zu
w^ versucht er zu widerlegen. Aber got. winpida (belegt ist
disicinpinn), ijafahrida vermögen doch nicht mit Sicherheit
Wurzel betonung des Prät. zu erweisen; ebenso wenig ist frei-
lich Suffixbetonung irgend crAviesen. Es steht hier Hypothese
gegen Hypothese (S. 58).
Zur Erklärung von got. licmpasta nuiss ein kleiner Um-
weg helfen (S. 46 f.). Für got. hräJita, hcnüita, tcmirhta,
pclhta, piihta, ags. sollte und die Präterita der Präteritoprä-
sentia kann L. an Behaghels Gedanken anknüpfen, der got.
mnndes, ags. ivoldes direkt mit ai. a-mafhds, a-icrthäs iden-
tifizierte, also als Medialformen fasste: idg. '^e-mnthes, ^e-ul-
thes (KZ. XXX 313). Entsprechend möchte L. in got. tcaurJi-
tes, paurftes, pülites, hauhtes, daurstes mediale Plusquaui-
perfekta sehen: *e-ue-urcthes, *e-te-trpthes, *e-teti3l:fhes,*e-bhe-
hhnlfhes, ^^e-dhe-dhrsthi's. Urgerm. ^pohtes muss er dann als
Neubildung nach *pä/itt's fassen (an ü scheint er nicht zu
glauben) und für got. niosfes, öhfea, aihtes annehmen, dass
sie an Stelle von *inasses, *a/ites, ^aihtes getreten seien. Ähn-
liche Hülfshypothesen gelten für brclhtes, ags. söhtes, as. tca-
raJites. Das alles ist nicht unbedenklich.
Eher wird man zugeben, dass aus der 2. Sg. Med. idg.
"^•'{pitlies = got. l-uiipes, *s]tlfhes, "'uilthes, '■^nf/ies die Prät.
got. hunpa, anord. unna (aus *uvpa), ostnord. .slnlle (aus
*.skulpa), ville (aus *vilpa) herausgewachsen sein können.
Löwe sucht sich statt dessen für Ixiinpa mit der alten Pani-
schen Annahme zu helfen, dass ursprüngliches nn zur Ver-
schärfung des dh geführt habe. Aber dieses ad hoc aufge-
st(;llte Lautgesetz, wird dadurch nicht wahrscheinlicher, dass
Löwe es moderner ä la "Winteler-Heusler-Bremer frisiert, "die
Fortis nn habe die folgende Lenis d zur Fortis p verschärft."
In Westnord, olla, bekanntlich iMölIers Hauptstütze für
sein t- Prät. (PBrB. VH 467 ff.) sieht L(iwe Analogiebildung
nach lunna: wenig Avahrscheinlich! Lorentz fasst es (S. 54)
als .5-Aorist. 3. PI. ollo = urgerm. *iculzu/n aus ■■'■u/snt (vgl.
Lorentz Über das schAvache Präteritum des Gerniaiiischeu. 91
*wissun aus '"'idd-snt nach Ostliotf ZGclPerf. 397 f.). Aber
ist wirklich Avahrscheinlich, dass sich ein isoliertes *;r«7,w,
das doch kaum an iclssa eine Stütze finden konnte, bis in
die einzelsprachliche Zeit gehalten habe, wo doch die Neu-
bildung ^wulda so nahe lag?
Streitbergs Versuch die Doppelheit von got. tciujan :
an. tdja auf einen alten Ablaut zwischen Präsens und Prä-
teritum {töiö : tawidöm Avie lit. szlüju : szlaiciaü) zurückzu-
führen (Z. germ. Sprachg. S. 34 ff.) niuss L. konsequenter-
weise verwerfen, lässt aber Streitbergs Paradigma ^dcliö [oder
vielmehr ^sfäiö] ^dcndsi ^'däidti gelten. *däiö = an. toja,
dazu ein Präteritum töda; daneben durch Übertragung des
u: "^dauiö zu *dauio = got. fauja, mit Prät. taicida (S. 49 f.).
In der That hat Streitberg den fraglichen Ablaut keineswegs
bewiesen.
Den schwierigsten Teil der Untersuchung bildet jeden-
falls die syntaktische Erklärung des idg. periphrastischen
Präteritums (S. 64 ff.). Hier freilich versagt L. völlig. Er
korrigiert die Delbrücksche Definition des Instrumentals und
fordert die Formulierung: "In den Instrumental tritt der Be-
griff, der mit dem die Handlung vollziehenden zusammen ist,
oder mit dem dieser infolge der Handlung zusammenkommt."
Aber der positive Beweis, dass die Verba 'machen zu, wer-
den zu' im Idg. mit dem Instr. verbunden Averden konnten,
ist er uns schuldig geblieben. Ein paar indische Formen
und griech. dKViv in otKriv efevovTO (ciuuTrri 'ausmalender Instr.')
sind zu unsichere Belege. Hier klaff't also eine Lücke, die
dringend der Ausfüllung bedarf. Die Forschungen über den
Gebrauch des idg. Instrumentals sind noch keineswegs abge-
schlossen. Doch kann, wie L. weiter ausführt, in vielen Fäl-
len einfach der soziative Instrumental vorliegen: hhn'ä dlien
'macht mit dem Bohrer' = ahd. borofa, uorä dhen 'that mit
Obacht' = ahd. hi-icaröta, neucl dhen 'versah mit Neuheit'
= ahd. niuicöta u. a. sind ohne Aveiteres verständlich. L.
hält für AA^ahrscheinlich, dass die transitiven Denom. ihren
Aorist mit dhem bildeten, die intransitiven mit hhuam, und dass
der griech. 9- Aorist erst zu seiner passiven Bedeutung ge-
kommen sei durch die intransitiv-reflexive hindurch 1) unter
Einfluss der Aoriste auf -r|v 2) unter Einfluss der 2. Sg. Äled.
auf -thes.
Bleibt noch manches zu erledigen, alles in allem haben
Avir es mit einer sehr sorgfältigen Untersuchung zu thun.
und die Lorentzsche Hypotlicse über das schAA'ache Präteri-
tum darf gegenwärtig als die am Konsequentesten durchge-
führte gelten.
Göttingen, 5. April 1895. Victor Michels.
■92 Qvigstad Nordische Lehnwörter im Lappischen.
4^vigstatl .1. K. Nordische Lehnwörter im Lappischen. ( =
Christiania Yidenskabs-Selskabs Forhandlinger for 1893
No. 1). Christiania J. Dybwad in Komm. 1893. 357 u.
6 + 8 S. gr. 8".
Die vorzüg-liche Arbeit ist durch V. Thomsens klassische
Schrift 'Den gotiske sprogklasses indflydelsc paa den finske'
veranlasst Avorden. Der Verf. hatte den Eindruck gcAvonnen,
dass Th. das Alter der nord. Lehnwörter im Lappischen zu
überschätzen geneigt sei, dass vielmehr ein grosser Teil der
Entlehnungen ebensogut der norwegischen Volkssprache wie
dem Altnorwegischen entstammen könne. Deshalb hat er seit
dem Jahr 1879 die lappischen Dialekte des Amts Tromsö,
des Kirchspiels Kaaresuanto, des Amts Nordland und des
•Stifts Drontheim durchforscht. Auch mit schwedischen Lappen
aus Tärna, Sorsele und Arjeploug hat er verkehren können.
Von den Mundarten Finnmarkens hat er die der Kirchspiele
Karasjok, Koutokteino und Hammerfest näher untersucht, die
andern kennt er aus dem Verkehr mit einzelnen ihrer Ange-
hörigen oder aus der Litteratur.
Die Einleitung zählt die gcAvöhnlich unterschiedenen
vier Hauptdialekte des Lappischen auf und bringt die not-
wendigen Litteraturangaben. Um dem Leser die Umbildungen,
die das Lehngut in lappischem Mund erfahren musste, ver-
ständlich zu machen, folgt eine Übersicht über den Konso-
nantismus im Anlaut sowie im In- und Auslaut; über die
Vokale der Wurzelsilben und die unbetonten Vokale des In-
lauts; über i)arasitisches j und r; über die Endungen (der
Substantiva, Adjektiva und Verba).
Der letzte Abschnitt der Einleitung erörtert die Frage,
wann die Lapjjen zuerst mit nordischen Völkern in Berührung
gekommen, und wie alt die am frühesten aufgenommenen
Lehnwörter sein dürften. ObAvohl der Verf. eingestehn niuss,
dass die Beziehungen zwischen Lappen und Norwegern uralt,
vielleicht sogar bis in die ältere Eisenzeit zurückzudatieren
seien, so bezAveifelt er dennoch sehr stark, dass man die
ßprachform der ältesten Lehnwörter auf eine nordische Sprach-
form zurückführen dürfe, die der Sprache der altern Runen-
denkmäler entspreche.
Thomsen folgert aus den Lehnwörtern eine nordische
Sprachform, die 1) noch die Dii>hthonge <i} an In gekannt, 2)
von Brechung und Umlaut nichts gewusst, 3) j, i\ h, 7.-, ns
im Inlaut überall bewahrt und endlich 4) die Nominativ-
endungen -f^s•, -is, -US, die Akkusativendungeu -a, -n bei
den a-, i-, «-Stämmen unversehrt erhalten habe.
Dagegen Avendet Qvigstad ein: 1) ei sei im Lapi)isehen
.selten, im Kalfjord-Dialekt fehle es sogar ganz. Auch die
Qvigstad Nordische Lehnwörter im Lapi^ischen. 93
läpp. Lehnwörter mit au und iti können ohne Anstand ans
ou, eu und jö, ja, jo, ju, y, hervorg-eg-ang-en sein.
2) Der scheinbare ]Mangel der Brechung- und des Uni-
hxuts ist dem Umstand zuzuschreiben, dass es dem Lappischen
an Lauten fehlt, die gebrochnen und umgelauteten Vokale
genau wiederzugeben. Läpp, a entspricht z. B. einem nord.
e, auch avo dieses nicht durch Umlaut entstanden ist, vgl.
z. B. äldagas = anorw. elcUng (aus eilding) u. a.
3) Spuren eines J oder v das im Anorw. in keiner Form
des Paradigmas mehr erscheint, fehlen auch im Lappischen.
Ausnahmen sind nur slarja, sfur'Ja, ßerva, spaJfo. Aber
auch diese Wörter setzen keine nordischen Formen voraus,
die über die Vikingerzeit zurückreichen.
4) die Endung -as kann dadurch erklärt werden, dass
das lappische Substantivsuffix -sa (Nom. -s) angefügt wird.
Sie kommt auch bei solchen Lehnwörtern vor, denen urnord..
Substantive mit -.s- im Nom. nicht zu Grunde liegen können.
Vgl. äldagas, ävnas u. a.
Überhaupt braucht man um die auslautenden Vokale
der Lehnwörter zu erklären niemals über das Altnorwegische
hinauszugehn, besonders Avenn man bedenkt, dass das Lap-
pische vokalischen Auslaut fordert und imr zwischen a e o i
die Wahl hat. Ausserdem ist mit der Wahrscheinlichkeit zu
rechnen, dass der anorw. Stamm, wie er in den obliquen Kasus
hervortritt, bei der Entlehnung eine grössere Rolle gespielt
haben wird als der Nominativ allein.
Ein wichtiges Bedenken allgemeiner Natur gegen Thoni-
sens Auffassung wird man endlich daraus herleiten müssen,
dass eine ganze Anzahl von Lehnwörtern, die aus formellen
oder kulturhistorischen Gründen erst in neuerer Zeit ins
Lappische eingedrungen sein können, genau dieselben Laut-
wandlungen aufweisen wie die angeblich urnordischen Lehn-
wörter Thomsens. Man müsste sich sclion zu dem verzweifelten
Ausfluchtsmittel entschliessen, die Wörter dieser Art samt und
sonders für Analogiebildungen zu erklären, wozu man schwer-
lich geneigt sein dürfte.
Dies sind die Gründe, die Qvigstad zu der Annahme
bestimmen, kein lappisches Lehnwort reiche über die
Vikingerzeit zurück.
Alan sieht, das Buch hat nicht nur für die norwegische
Sprachgeschichte Bedeutung, sondern auch iiir die allgemeine
germanische Grammatik. Es wäre interessant, die Antwort
Thomsens auf Qvigstads Einwände zu hören. Bei der Wich-
tigkeit der Frage ist es dringend zu wünchen, dass das Für
und Wider allseitige, eingehnde Erörterung erfahre. Viel-
leicht ist es nur die Macht der Gewohnheit, wenn ich gestehe.
94 Kahle Die Spraclie der Skalden aiit' Grund d. Binnen- u. Endreime.
noch niclit von der entscheidenden Bedeutung- der Qvigstad-
schen Bedenken überzeugt zu sein, mich noch nicht entschlies-
sen zu können all die Formen, die so genau zu dem passen,
was wir aus andern Quellen über die älteste Gestalt der
germanischen Wörter Avissen, als spezifisch lappische Sonder-
entwicklungen preis zu geben. Immerhin Avird man sich,
namentlich wenn man der finnischen Sprachwissenschaft fern
steht, des Gefühls der Unsicherheit kaum erwehren können.
Den Hauptteil des Buches nimmt natürlich das unge-
mein reichhaltige Wörterverzeichnis ein, das S. 83 — 357 um-
fasst. Auf Einzelheiten hier einzugehn, ist unmöglich. Es
wäre sehr zu Avünschen, dass der verdiente Verfasser die
aus seinen Sammlungen sich ergebende kulturhistorische und
grammatische Ausbeute, die sicherlich keine geringe sein
wird, selbst einmal im Zusammenhang vorführen möchte.
Den Schluss machen Nachträge und Berichtigungen.
W i 1 h e 1 m S t r e i t b e r g.
Kahle B. Die Sprache der Skalden auf Grund der Binnen-
und Endreime verbunden mit einem Rimarium. Strassburg,
Karl J. Trübner 1892. VIII u. 303 S. 8^ 7 M.
Kahle hat sich eine ebenso dankbare als schwierige Auf-
gabe gestellt. Da die erhaltnen altisländischen und altnor-
wegischen Handschriften nur bis etwa 1200 zurückreichen,
sind die poetischen Denkmäler, deren fester metrischer Bau
Rückschlüsse auf ältre Sprachzuständc ermöglicht, für die
nordisclie Grammatik von unschätzbarer Wichtigkeit; und es
kann daher mit Freuden begrüsst Avcrden, wenn es unter-
nommen wird, alles das was hier erschlossen werden kann im
Zusammenhange vorzuführen.
Leider entspricht Kahles Buch billigen Forderungen nicht.
Erstens fehlt dem Verfasser eine genügende Kenntnis der älte-
sten Handschriften. Das beweist die Anmerkung auf S. 84,
aus der hervorgeht, dass K. die Bedeutung des Buchstaben
:(=/•) nicht kennt: er umschreibt ihn dreimal mit s. Danach
kann K. die Larssonschen Ausgaben von Cod. AM. 645 und
Cod. 1S12 kaum gelesen haben.
ZAveiteus hat K. seinen Stott' nach zwei Richtungen hin
l)escliränkt. Einmal behandelt er nur die Binnen- und End-
reime und lässt die feste rhythmische Gliederung völlig ausser
Acht. Und doch waren gerade hier hochinteressante Resultate
zu erzielen: so wenn sich bei Bragc gqfomk mit kurzem q
erweisen lässt. Auf der andern Seite werden nur behandelt
die von Brage erlialtnen Fragmente, die Verse in der Heims-
Kahle Die Sprache der Skalden auf Grund d. Binnen- u. Endreime. 95
kringla und den Kouunga sögur ed. Unger und was Wisen
in den Carmina norroena gesammelt hat. Ich sehe nicht ein,
Avarum der Stoff so begrenzt ward; doch ich würde zufrieden
sein, wenn K. diesen Stoff intensiv verarbeitet hätte. Aber
er geht nicht über das von den Vorgängern gebotne hinaus,
und die ihm eigentümliche Erklärung von Hmskr. 624, 19a ff.
(S. 60 -) ist nicht stichhaltig. Er hätte auch wissen müssen,
dass die Hmskr. 140, 32 ff. abgedruckte Strophe weder in
den Text gehört noch mit Wisen leichthin HallfreÖr vandraiöa-
skald zugeschrieben werden kann.
Aber das alles möchte noch hingehn, wenn die Resultate,
die auf den ersten 92 Seiten des Buches geboten werden,
wirklich den Raum von 92 Seiten beanspruchten. Nehmen
wir ein Beispiel. S. 79 — 82 wird der "Wechsel von -pr und
-nnr behandelt. Das einzige Neue auf diesen Seiten ist der
Nachweis von manny. Im übrigen referiert K. die Ansichten
andrer und giebt eine halbe Seite Belegstellen. Dasselbe Ver-
hältnis auf S. 88 — 90. Mangel an Revision beweist, dass S. 73,
24 — 31 ein und derselbe Satz in veränderter Form zweimal
erscheint. Dazu kommen Versehn wie S. 52 ^): stela 'stellen',
für: 'stehlen'; S. 87, Z. 3 v. u. Reykjah. mäld. im Cod. AM.
237 fol. Demnach hätten die grammatischen Bemerkungen be-
quem auf einem Bogen untergebracht werden können.
Wertvoll ist natürlich das angehangne Rimarium, das
freilich unvollständig und reich an Druckfehlern ist.
Ein paar kleine Bemerkungen. S. 21 erschliesst K. aus Reimen
wie: ok par : tej/gpi und ok pcilikt : segpi die Form og für das 14.
Jhd. Dieser Sehluss ist nicht zwingend. Im Cod. AM. 655, 4to,
XXXIII (c. 1300), Bl. li-, 22 steht /hcpi (= sagdi), in demselben
Sammelcodex, Nr. VII— VIII (c. 1200) Bl. S^\ 12: rökpe (= rcegde).
Diese Präterita sind Neubildungen in Anlehnung- an Partizipia
AS'ie sact (= sagt) im Cod. 645, 4to und öfter. Es würde also in den
beiden Fällen ebenso erlaubt sein und, wie mir scheint mit mehr
Recht, Formen wie teyk])i und sekj)i zu erschliessen.
Nach S. 44 ^) ist nakkvat aus nekkvat entstanden. Aber sie
sind gleich alt; vgl. Noreen § 57, 4a. Danacli sind auch die Be-
merkungen auf S. 45 zu korrigieren.
Das S. 60 ^) besprochene helf ist nicht Präteritum von halda,
sondern gehört zu haf. Die von Hoffory gegebne Erklärung der
reduplizierenden Verba fällt also deswegen nicht.
S. 79 wird aus den beiden Keimen: last : hazti und skozklr :
alproskins geschlossen, dass z vielleiciit doch die Geltung von st
gehabt habe. Der Ausdruck ist falsch. Aber richtig ist, dass schon
um 1200 neben haztr ein hastr stand; vgl. Cod. AM. 655, 4to, VII
1) [Dazu vgl. jetzt meine Ausführungen im Arkiv X 207 f.,
wo nachzutragen ist: enom i/stom ( i/zfom) lipom, Cod. AM. 677,
4to, Bl. 2.3V, 21 (c. 1200). Nach 1300 " wird allerdings der Ansatz
z = .s'^ nicht zu iimgehn sein (2. Pers. Sg. reiz - oeist^ wo die Schrei-
bung mit z daher rührt, dass das regelrechte veiztu (gesprochen
veitstit und veistu) in ceiz + tu zerlegt wurde?)]
96 Lindelöf Beiträge zur Kenntnis des Altnorthunibrischen.
—VIII (c. 1200) Bl. 3v 26: havfto (Akk. Sing-. Fem.) und Placitusdrnpa
3, 3 : eßr (für eztr) '). Die auf S. 76 angeführten Keime üztr : hezta
und haztr : öztrar bewei.sen also nichts.
Der S. 83 behandelte Übergang rs zu ss begann bereits am
Ausgang des 12. Jhd. wenigstens in Norwegen, val. Cod. AM. 655,
4to, IX Bl. iv, 16: hvaf/'v (= hcarsu), dazu Cod. 1812, S. 19, 11: fystr.
Kopenhagen, d. 11. Jan. 1893.
Gustav Mo raren Stern.
Lindelöf U. Beiträge zur Kenntnis des Altnortlmiubrischen.
Sonderabdruck aus den Memoires de la Societe Neo-philolo-
gique k Helsingfors I. Helsingfors, Helsingfors[sche] Zentral-
Druckerei 1893. 84 S. 8«.
Der bereits durch andre grammatische Untersuchungen
altenglisciier Texte rühmlich bekannte Verfasser liefert in
dem vorliegenden Aufsatze eine sorgfältige und lehrreiche
Abhandlung über die Schwankungen des Nominalgeschlechtes-
und die Flexion der Feminina in den altnorthumbrischen
Interlinearglossen der Handschriften Lindisfarne (= Li) und
Kushworth (^ R^), woran sich einige wichtige Folgerungen
bezüglich des gegenseitigen Verhältnisses der ]\Iundarten der
beiden Schreiber schliessen.
Mit behutsamer Ausscheidung der vielen unsicheren und
zweideutigen Fälle sind im ersten Abschnitt die mit Artikel
oder Pronomen verbundenen Substantive nach den nachweis-
baren Geschlechtern übersichtlich geordnet. In allen Haupt-
punkten stimmt Li mit dem Ritual von Durham überein, da&
ja von demselben Glossator herrührt. Nur verhältnismässig
wenige der häuüg vorkommenden Wörter zeigen in diesen
beiden Hss. immer dasselbe Geschlecht. Es sind zumeist
solche, deren grammatisches Geschlecht mit dem natürlichen
übereinstimmt: fwder, .sunu, broder, bryd, cwoen, dohfer u. a.
Aber selbst cncelit und god kommen mit der neutralen Form
des Artikels vor, und andre, wie ^rertf, ichujeard, lichonia,
duru, treo, begegnen sogar mit allen drei Geschlechtern. Diese
Regellosigkeit scheint fast unmöglich und kann in der Tliat
nur kurze Zeit in der gesprochenen Sprache bestanden haben.
Dass sie aber nicht durch die nahe liegende Annahme einer
blossen Neigung des Glossators zu künstlichen, wenn auch
verfehlten x\rchaismen wegerklärt werden darf, schliesse ich
aus der ausnahmlosen Geschlechtsbezeichnuiig bei den eben
erwähnten f'ceder, sunu usw., und wird weiter ))egründet durch
den zweiten Abschnitt der Abhandlung, aus dem hervorgeht,
dass der Hang d(a- — am meisten schwankenden — Feminina
männliches oder sächliclies Geschlcclit anzunehmen eine Folge
Lindelöf Beiträge zur Kenntnis des Altnortlmuibrischen. 97
der Zerrüttung- iln'er Flexion ist. Dass die beiden luterlinear-
versionen grade ans der Übergangszeit mit ilirer grössten Ver-
wirrung^ in der Geschlechtsgebung- stammen, giebt ilmen einen
besonderen Wert für die Gescliichtsclireibung- der Spraclie.
Die entsprechende Entwicklung- in den langsamer veränderten,
südenglischen Mundarten können wir auf Grund der obendrein
reichlicher vorhandenen Texte durch mehrere Jahrhunderte
verfolg'en, und ihre Untersuchung- verspricht eine hervorragend
dankbare Aufgabe zu werden.
Der northumbrische Teil der Glosse in der RushAvorth-
Hs. (= R2) i^^i jjjj scharfen Gegensatze zu Li und dem Rituale
das grammatische Geschlecht der Substantive mit wenigen Aus-
nahmen getreu bcAvahrt, Einen Teil dieser Ausnahmen hätte
Lindelöf, g-laube ich, als Fehler erklären sollen. Da die zahl-
reichen Wörter auf -ung und -7iis in Li mit der grössten Will-
kür behandelt werden, in R^ aber regelmässig ihr gemeinalt-
englisches feminines Geschlecht bewahren, so beruhen die zwei
einzigen Ausnahmen (da't yrnh-cerfuise und dcet mara i mast
curminge; S. 24) Avahrscheinlich nur auf nachlässigem Ab-
schreiben der Vorlage, die an beiden Stellen ebenfalls pcet
hat — vorausgesetzt, dass Li die unmittelbare Quelle für R^
ist; ohne bestimmten Anhalt aber Zwischenglieder anzunehmen
wäre nutzlose und verwerfliche Tüftelei, zumal Skeat in dem
Vorwort zu seiner Ausgabe des 'Gospel acc. to St. Mark',
S. XIII, sehr schwcrAviegende, wenn nicht entscheidende
Gründe fürs Gegenteil angeführt hat.
Die Zusammenstellung und Untersuchung der femininen
Flexion ist mit ebenso viel Vorsicht als Fleiss geschehen. Nur
kann ich es nicht billigen, dass Lindelöf, wenn für denselben
Kasus zweierlei Formen vorkommen, grundsätzlich die älteren
davon dadurch aus dem Wege zu scliaft'en sucht, dass er sie
entweder als durch Schreibertradition erhaltene Archaismen
oder als Nachahmungen der westsächsischen Schriftsprache
erklärt (s. S. 34, 36, 44, 50, 53, 61 u. 81). Vielleicht haben
ihn dazu die beiden allerdings sehr auffälligen Formen (üdido
(piagas) und gloedi (prunas), S. 40 u. 69, verleitet, von denen
die erste einmal in R-, die andre einmal in Li vorkommt und
die Lindelöf als archaistische Vertreter von adlo (so in Li),
adle und gloede hält. Wenn nur die Zeit des Diphthongs ai
nicht gar zu weit zurück läge, und es nicht all zu unAvahr-
sclieinlich wäre, dass die Schreibung ai, statt des jüngeren
«, dem Glossator je zu Gesichte kam! Und ob bei der über-
aus schwankenden Orthograi)hie in der Hs. Li allein aus der
Form gloedi eine so bedeutende Folgerung zu ziehen ist, wie
die vorgeschlagene, scheint mir sehr fraglich.
Was nun solche häufige Doppelformen in Li wie die Gene-
Anzeiger VI 1 u. 2. 7
98 Lindelöf Bciträg'e zur Kenntnis des Altnorthumbi-ischen.
tive cydnise und cydnises (S. 60) oder die !A.kkusative stefne
und stefn (S. 34) angeht, so kommt es L. kaum wahrscheinlicli
vor, dass die Formen in derselben Mundart neben einander be-
standen liätten. Ich sehe niclit ein, dass dieser Annahme grös-
sere Schwierigkeiten entgegen ständen, als der, dass dieselben
Substantive verschiedene Geschlechter haben. Auch im Neuhoch-
deutschen brauchen dieselben Personen zuweilen 'der Glaube'
und 'der Glauben' nebeneinander, oder 'Frieden' neben 'Frie-
de', 'Hirte' neben ^Hirt', 'Fink' neben 'Finke', oder Dative mit
oder ohne e, Genitive auf 6' und -es, oder mit und ohne s, u. dgl.
mehr. Im Northumbrischen müssen natürlich zu einer Zeit mal
die älteren und Jüngern Formen nebeneinander gestanden haben,
und es hat ganz den Anschein, als wenn die Lindisfarner Hs.
aus dieser Zeit stamme. Es kommt mir selbstverständlich
nicht in den Sinn, dass damit alles hinreichend erklärt sei, —
z. B. die Thatsachen, die Lindelöf S. 44 und 61 hervorhebt
— aber L. weist die Wahrscheinlichkeit von gleichzeitigen
Doppelformen zu unbedingt und zu beharrlich ab. Ferner
scheint mir auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass
beim Glossieren von Li die ältere Arbeit eines Andern be-
nutzt wurde und dass dadurch Unregelmässigkeiten in Schrei-
bung und Wortbiegung in die Hs. kamen. So bin ich auch
überzeugt, dass manche von den in R- begegnenden Ausnah-
men auf einfachem Abschreiben von Li beruhen; und jeden-
falls musste mindestens, wenn dem Sclireiber von R^ zwei
Formen geläuhg waren, die E''orm von Li seine Wahl beein-
flussen. Lindelöf fasst diese beiden Möglichkeiten nicht scharf
genug ins Auge und weist nur ein paar Mal auf einzelne
Übereinstimmungen zwischen Li und R- hin (s. S. 49 u. 70),
aber ohne daraus I'olgerungen zu ziehen. Ich glaube eine
fortlaufende Vergleichutig aller Einzelfälle, namentlich aber
der seltenen Formen in R'^ mit Li wäre notwendig gewesen.
Dann Avürde der einmalige Genitiv nedles (S. 40) in anderem
Lichte erscheinen, weil er an derselben Stelle auch in Li
steht; und gradeso verhält es sich mit den Genitiven sibbes und
synnes (S. 56), die ebenfalls in R^ nur einmal vorkommen.
Auf der andern Seite erhält die Genitivform costunges (S. 48)
eine besondere Bedeutung, da Li hier costango schreibt: und
ebenso der Nominativ synne J. 9, 41 (S. 55), weil Li syna
hat; und nones (S. 40), in Li non.
Gcnitivformen wie cursimgra (S. 46 u. 49) sind wohl
<lurch Anlehnung ans Participium Praosontis (cursendra) zu
erklären. Vgl. die in mittelenglischen Dialekten und in der
neuenglischen Schriftsprache durchgeführte Verniiscliung des
Verbalsubstantivs mit dem Part. Pr.
Unter den 'Schlussbemerkungeu' des dritten Abschnittes
Sweet A New English Grammar, logioal and historical. 99
ist am wichtigsten der unzweifelhafte Nachweis aus den in den
beiden vorhergelienden Kapiteln dargethanen Verschiedenheiten
der Sprache der beiden Hss., dass Li in einer anderen und
ZAvar in einer nördlichen Mundart verfasst ist als R-, Dieses
Ergebnis, womit die früheren irrigen Meinungen beseitigt
sind, stellt noch weitere Erfolge von einer fortgesetzten genauen
Vergleichung der zwei Hss. in Aussicht.
Zu bessern ist der sinnstörende Druckfehler synne, statt
sunne, auf S. 76; und S. 30 Z. 18 füge als zweiten Beleg
für geafa L. 2, 40 ein.
Die in der Anmerkung auf S. 28 aus der Lindisfaraer
Glosse angeführte belustigende Übersetzung von malum durch
yfel l apoltre erinnert mich an eine Stelle in dem von mir
herausgegebenen Earliest Gomplete English Prose Psalter (1891),
wo der Schluss von Ps. 78 (79), 1 (posuemnt lerusalem in
pomorum custodiam) in [hijj seit lerusalem hi pe kepeing
of a maner of folh pat ivas clepecl Pornos verkehrt ist.
Groningen, Niederlande. Karl D. Bülbring.
Sweet H. A New English Grammar, logical and historical.
Part I: Introduction, Phonology and Accidence. Oxford,
atthe Clarendon Press 1892. XXIV u. 499 S, 8». 10 sh. 0 d.
Von berufenster Hand wird uns hier eine historische
Laut- und Formenlehre des Englischen geboten, wie sie
bisher noch nicht existierte. Von der Erkenntnis ausgehend,
dass es nutzlos sei über den Ursprung einer Erscheinung zu
reden bevor diese selbst klar geworden, hat S. in einer Ein-
leitung von über 200 Seiten zunächst die grammatischen Kate-
gorien und sprachlichen Begriffe ab ovo erläutert, über die, wie
er im Vorwort zeigt, in den meisten Grammatiken und bei vielen
Lehrern noch die unklarsten Vorstellungen und widersprechend-
sten Ansichten herrschen. Ohne Rücksicht auf die Etymologie
der Bezeichnungen wird mit einer genauen und einheitlichen,
z. T. neugeschaffenen, Terminologie zuerst allgemein über
Grammatik und Sprache, logische Kategorien (Ausdruck von
Ideen durch Worte, Kombination von Worten zum Gedanken-
ausdruck), grammatische Kategorien (Worte, ihre Bildung,
Flexion und Beziehungen zu einander, Redeteile, Beziehungen
zwischen logischen und grammatischen Kategorien), sodann
speziell über die einzelnen Redeteile nach Form, Bedeutung
und Funktion, und schliesslich über Wortgruppen und Sätze
gehandelt. Dann folgt als Überleitung zum Thema: Geschichte
der Sprache (Veränderungen, Ursprung und Entwicklung), gram-
matische Scheidung und ^Methode, und endlich eine Übersicht
100 Sweet A New English Grammar, log'ical and historical.
der '6 Perioden des Englischen mit einer knappen Cliarakteri-
stik jeder einzelnen. Für diesen einleitenden Teil Ijekennt
sich S. Pauls 'Prinzipien der Sprachgeschichte' gegenüber
als besonders verpflichtet, und der Einfluss dieses vorzüglichen
Buches ist denn auch neben vielem Originellen und Selbstän-
digen deutlich zu spüren. Überall wird möglichst aus neu-
englischen Beispielen die Eegel oder Definition erklärt, so dass
der englische Leser hierbei zugleich die beste Einführung in
das Sprachstudium überhaupt wie in das Studium einer ein-
zelnen Fremdsprache erhält.
Der zweite, mit S. 226 beginnende Teil: Laut- und For-
menlehre nebst Ableitung (einheimische und fremde Prä- und
Suffixe) gibt in grossen Zügen, ohne genauer auf Einzelheiten
einzugehn, eine historische Grammatik der englischen Sprache
von der ags. bis zur Jetztzeit, mit genauer Scheidung der
Dialekte, der Chronologie der sprachlichen Erscheinungen und,
für die moderne Periode, auch der Schrift- und Umgangs-
sprache, eine Scheidung, die leider in unsern Grammatiken und
Wörterbüchern meist vollkommen ignoriert wird. Da das Buch
für elementare Zwecke bestimmt ist, beschränkt es sich bei
der älteren Zeit auf die wichtigsten grammatischen Erschei-
nungen und gibt auch nur die Hauptzüge in der EntAvicklung;
weil stets aufs Neuenglische das Hauptgewicht gelegt ist, wer-
den historische Einzelheiten, die für dieses ohne Bedeutung
sind, konsequent übergangen. Es ist fast überflüssig zu sagen,
dass die ganze Darstellung auf rein phonetischer Basis beruht,
weil sonst die englische Grammatik sich in ein Chaos von ortho-
graphischen Veränderungen und regellosen Wandlungen der
Formen auflösen würde. Die phonetischen Grundbegriffe wer-
den deshalb kurz dargelegt und bei den ne. Wörtern ist fast
stets, soweit dies nötig schien, das Lautbild in der Sehreibung
des 'Elementarbuchs' beigefügt worden.
Wenn auch S. die weit zerstreute deutsche Forschung
im allgemeinen weder gekannt noch benutzt zu haben scheint,
so bietet sein Buch doch so viel des trefflichen und neuen,
dass dieser Mangel reichlich aufgewogen wird. Ich habe
mich gefreut, eine Menge feinsinniger und meist überzeugender
Erklärung dunkler Punkte gefunden zu haben, die jetzt wohl
Gemeingut werden dürften; die 'organische Analyse' bei der
Behandlung der Sätze, auf welche das Vorwort (S. XU) hin-
weist, ist wirklich eine höchst originelle Verfeinerung der syn-
taktischen Methode. Überall in der Laut- und Formenlehre
werden auch Fragen der historischen Syntax mit behantlelt,
die gerade im Englischen ohne beständiges Eingehen auf jenen
elementareren Teil der Grammatik kaum zu behandeln sind
und wiederum dort stets zu Hülfe geraten werden müssen, um
Sweet A NeAv Eng-lish Grammar, logical and historical. 101
■die vielen, oft seltsamen Um- und Neubildungen verstehen zu
können. Hierbei ist ihm Jespersen in seinen 'Studier over
engelske Kasus' vorangegangen, ein Werk, dessen Wert und
Bedeutung S. auch in der Vorrede dankbar hervorhebt.
Es dürfte wohl kaum eine Sprache geben, die für den
Sprachforscher methodologisch so lehrreich wäre Avie die eng-
lische, die, ursprünglich reich flektierend und in Formen
prangend wie ihre germanischen Schwestern, im Laufe eines
Jahrtausends in vielen Punkten fast das Ziel erreicht hat, an
dem das ehrwürdige Chinesische schon längst angelangt ist.
Darum darf auch jedem Linguisten das Studium von Sweets
neuer Grammatik dringend empfohlen werden, denn an der
Hand eines solchen Führers, der die Ursachen der üppig
"wuchernden Um- und Neugestaltungen, der lautlichen, formalen
und syntaktischen Analogiebildungen so fein aufzuspüren und
so klar darzustellen weiss, den Entwicklungsgang der zu-
künftigen Weltsprache verfolgen, ist ein Genuss und bleibender
Gewinn. Hoffentlich wird der zweite Teil, der die Syntax
behandeln soll, bald erscheinen !
Zum Schluss einige Bemerkungen zu Stellen, wo ich
andrer Meinung als der Verf. bin: § 1068. Das fem. Fron.
sho wurde wohl auch durch Einfluss des Mask. he zu slie
umgebildet. — § 1187 und 1234. Im Nordengl. kann doch
-p in der Endung der 3. Fers, nicht lautlich zu -s geworden
sein ! Letzteres ist die aus der 2. Fers, übertragene Endung. —
1193. Ist het aus hellt entstanden? — 1298. sweep ist wohl
durch Einfluss von creep, sleep und weep (wegen der gleichen
Bildung des Frät. und Fart. auf -ept) entstanden. — 1340. Me.
■me think wäre hier zu erwähnen gewesen. — 1429. Das o
statt 00 in lüoke möchte ich eher durch Anlehnung an hroT^e,
höre, swore, tore, shore als (mit S.) an rose usw. erklären.
Denn icake hat, resp. hatte, ja denselben Fräsensvokal wie
break usw. ! — 1434. speak verlor sein r vielleicht durcli Ein-
fluss von spell? — 1450. fleic wurde nach hlew usw. gebildet
wegen des gleichen Fart. Frät. — 4179. coupe wurde wohl
nach dem Muster der übrigen Fräterita, bes. sholde und icolde,
zu coiide umgeformt, da es das einzige mit der Endung -pQ
war. — 1480 Z. 4 1. dären st. adren. — 1485. Ist icille, got.
wiljaii ein Konj. Frät.? — 1550 \. pröiclan. — 1567. Ein Bei-
spiel für Fräfixbetonung ist geatwe 'Rüstung'. — 1608. hunig
(worüber jetzt Schröder, HZ. XXXVI 124 ff", zu vergleichen
ist), gehört nicht mit bodig und ifig zusammen.
Gotenbure:. Ferd. Holt hausen.
102 Lichteiil)erger Histoire clc la Langiie allemande.
Liclitenl)erger H. Histoire de la Langiie allemande. Paris,
A. Laisney 1895. XIV u. 477 S. gr. 8".
Ein erfreuliches Zeichen für die rege wissenschaftliche
Teilnahme, die man jenseits der Vogesen dem Studium der
deutscheu Sprache entgegenbringt, bildet Lichtenbergers Werk.
Es ist aus Vorlesungen hervorgegangen, die der Verf. in einem
Zeitraum von sieben Jahren an der Universität Nancy gehalten
hat. Dass es mitten aus der lebendigen Praxis hervorgegan-
gen ist, verrät auch die Übersichtlichkeit der Anlage, die
Klarheit der Darstellung.
Neue Avissenschaftliche Entdeckungen darf man von dem
Werke nicht erwarten : wie sich deim auch die frühem Ar-
beiten des Verfassers weniger durch EröfiTnung neuer Gesichts-
punkte als durch gewissenhafte Verarbeitung der Ergebnisse
fremder Untersuchungen auszeichnen. Es wäre jedoch Un-
recht mit derartigen Ansprüchen an das Buch heranzutreten,
da es nichts andres als ein möglichst praktisch angelegtes
Handbuch für die angehnden Germanisten französischer Zunge
sein will. Und dieser selbstgestellten Aufgabe ist der Verf,
in einer Weise gerecht gcAvorden, die volle Anerkennung ver-
dient.
Ein Vergleich mit Henrys Precis de grammaire com-
jtaree de l'anglais et de l'allemand braucht Lichtenbergers
Histoire de la langue allemande in keiner Weise zu scheuen.
Es wird, glaub ich, dem Anfänger noch erheblich bessere
Dienste leisten, da es Henry trotz seiner grossen pädagogi-
schen Begabung nicht gelungen ist und nicht gelingen konnte,
den disparaten Stoff in so engem Rahmen zu bewältigen, be-
sonders da durch den eingeschlagnen Weg von der lebenden
Sprache zu den ältesten Anfängen die an sich schon schwie-
rige Aufgabe ohne Not noch erheblich erschwert ward.
Lichtenberger verfährt, was nur zu billigen ist, durch-
aus historisch ; auch das ist der Klarheit zu gute gekommen,
dass er sich ausschliesslich auf die deutsche Sprache be-
schränkt. Das Buch zerfällt nach dem Muster deutscher Vor-
bilder in zwei grosse Teile, deren erster die äussere (S. 1 —
158), deren zweiter die innere Geschichte der deutschen
Sprache behandelt (161 — 449). Die Kapitelüberschriften des
ersten Abschnitts mögen ein ungefähres Bild von dem be-
handelten Stört' geben: 1. Origine et divisions de la langue
allemande (germ. Sprache; ihre Dialekte; die deutsche Sprache
und ihre Mundarten). — 2. La 1. a. pendant la periode an-
ciennc et moyenne (Ahd. : Deutsch und Latein ; das Überge-
wicht der Franken. — Mhd.: franz. Einfluss; Entwicklung
des Deutschen ; Schriftsprache und Dialekte). — 8. Formation
de l'a. ecrit et litteraire (Die Sprache der Kanzleien; der
Wunderlich Der deiitsclie Satzbau. 103
Drucker; Luthers). — 4. L'a. moderne (Einfluss des Lateins;
des Franz.; die Schriftsprache).
Der zweite Abschnitt bringt die eigentliche Grammatik
in knapper, aber korrekter und übersichtlicher Darstellung.
Ein Wortregister macht den Schluss.
Etwas karg ist die Bibliographie zu Beginn des Bandes
ausgefallen. Da der Verf. gar nicht zitiert, wäre doch eine
reichhaltigere Zusammenstellung erwünscht gewesen ; mit der
Verweisung auf Pauls Grundiiss ist dem Anfänger wenig ge-
dient. Ein umfassendes sachlich geordnetes Verzeichnis, das
auch die in Zeitschriften erschienenen Einzeluntersucliungen
aufzählt, wäre für eine neue Auflage entschieden zu empfehlen.
Auf einzelne Irrtümer und Versehn einzugehn kann ich
mir ersparen, da sie die Brauchbarkeit des Buches nicht be-
einträchtigen.
Wilh. Stroitberg".
"Wunderlich IL Der deutsche Satzbau. Stuttgart, ,J. G. Cottasche
Buchhdlg. Xachf. 1892. XIV u. 252 S. 4 ]\r.
Wunderlich hat schon in seinen nutzbringenden Einzcl-
untersuchungen über den Satzbau Notkers, Luthers und Stein-
liöwels bcAviesen, dass er im Stande ist, von grossen Gesichts-
punkten aus Gesetz und Regel im Gewirre des hd. Satzbaus
nachzuweisen, und man muss das Erscheinen einer knappen,^
in grossen Zügen gehaltenen deutschen Satzlehre aus seiner
Hand gerade jetzt freudig begrüssen, avo von anderer Seite
aus versucht ist, unsere Schriftsprache in die spanischen Stiefel
engherziger Normen von höchst zweifelhafter Berechtigung zu
zwängen, ohne es überhaupt für der Mühe wert zu erachten,
sich vorher über die Grundlagen und die historische Entwick-
lung der schwierigen Probleme zu unterrichten.
Wunderlich sagt (S. VII): "Unserer Wissenschaft liegt
vor allem Anatomie ob", und diesem Grundsatz folgt er in all
seinen Untersuchungen. Ehe er in die Einzelbehandlung ein-
tritt, legt er den Grund für den Bau, er bestimmt den Be-
griff des Satzes, gliedert ihn in seine gedanklich notwen-
digen Bestandteile, grenzt die einzelnen Gebiete gegen ein-
ander ab und stellt die gram. Ausdrucksmittel der einzelnen
Begrifi'sgattungen fest. Diese Ausdrucksmittel (Verb., Subst.,
Adj., Pron., Partikeln; werden in 5 Abschnitten einzeln be-
handelt. Von ihrem Grundwerte ausgehend Avird ihre Ge-
schichte, das Entstehen neuer, das Vergehen alter Verwen-
dungen, Gebietserweiterung und Gebietsverkleinerung, im ein-
zelnen verfolgt, durch Beispiele erläutert und psychologisch
104 Wunderlich Der deutsche Satzbau.
begründet. Eine Fülle von Einzelheiten, z. B. der Eiufluss
des lat. und des mundartlichen Satzbaues, des Rhythmus und
der Schablone, ist in das Gerippe cing-eordnet.
Wohl kein Fachg^enosse wird das Buch ohne grossen
Nutzen durcharbeiten : zum ersten Mal ist uns eine auf dem
Boden Paulscher Prinzipienlehre erwachsene Syntax der nhd.
Schriftsprache geboten. Dass die Darstellung der historischen
Entwicklung manchmal dürftig ausfällt, ist bei dem Mangel
an Vorarbeiten auf dem Gebiete der nhd. Satzlehre nur natür-
lich, und der Verfasser rechnet wohl auch nur auf Leser, die
seinen Ausführungen mit eignem Urteil zu folgen vermögen.
Mir scheint wenigstens nicht, dass einer das Bucii mit Gewinn
lesen kann, der nicht mit der in Pauls Prinzipien niederge-
legten Betrachtungsweise der Erscheinungen von vorn herein
völlig vertraut ist, denn der Verfasser hat sich selbst in diese
Anschauungen so hineingearbeitet, dass er vielfach mehr An-
deutungen als Ausführungen, mehr Verweise auf Spezial-Ar-
beiten als Erläuterungen giebt.
Dass bei der Fülle von gebotenen Einzelheiten mancherlei
Anfechtbares, ja Unhaltbares sich vorfindet, ist selbstverständ-
lich und gar nicht zu vermeiden. Aber Kleinigkeiten, durch
die das erfreuliche Gesamtergebnis doch nicht getroffen wird,
weitläufig zu erörtern, ist hier nicht der Platz. Eine etwas
sorgfältigere Korrektur einer Reihe sinnstörender, nicht nach-
getragener Druckfehler wäre indes sehr erwünscht gewesen,
wenn es mir auch fern liegt, die allerliebsten Plural-Bildungen
Pluralla tmita (S. 134, 23) und Sbigularia tanta (S. 135,
16) dem Setzer in die Schuhe zu schieben.
Marburg i. IL Klaudius Bojunga.
Topolovsek J. Die basko-slavische Spracheinheit. I. Band.
Einleitung. Vergleichende Lautlehre. Im Anhang: Iro-Sla-
visches. Wien. Gomm.- Verlag von K. Gerolds Sohn 1894.
XL VIII u. 256 S. 8^. 8 M.
"Das Forscherauge ist zuweilen noch kurzsichtig; aber
es besitzt in sich die Gabe, sich selbst immer mehr und mehr
zu schärfen. Feine Fäden entgehen oft demselben, bis der
Zufall oder ein bewusstes Suchen sie finden lässt". So äussert
sicii der Verf. im Vorwort zu scincnn Buelu^ welches für
Jedermann, der ihn verstehen kann, dc^ii lautlichen Beweis ent-
hält, dass das Baskische von Haus aus eine slavische Sprache
ist, und speziell seine "vornehmste und eigentlichste Quelle" im
Slovenischen, der Muttersprache des Verf.s, zu suchen hat.
Wir müssen uns leider versagen, auf die in kurzen Zügen die
TopolovSek Die basko-slavische Spracheinheit. 105
Urgeschichte der Sprachen der mittelländischen Rasse skizzie-
rende Einleitung sowie auf die vom Verf. erörterten basko-
slavischen 'Lautgesetze* näher einzugehen: dem Leser dürften
wohl einige Einzelergebnisse von T.-s "mehr als zehnjährigen
Studien" vollauf genügen, um namentlich die ausserordentliche
Brauchbarkeit seiner Lautgesetze zu dokumentieren. Das slov.
Präfix pri- erscheint im Bask. als lau- XXXV 52, 61, li- XXXV,
2«- 21, chi- 41, 66, au- 51, zau- b'2, se- 85, i- 106 wieder, slov.
iz- ist bask. ez- 52 u. s., haz- 56, TT, ich(e)- 56, Tl, des- TT,
slov. l'rik 'Geschrei' ist bask. ihausika 64, hurrbika 69, slov.
skora 'Rinde' ist bask. oscola 64 und sokliaran 68, slov. host
* Knochen' bask. aztal 13 und ister 44, bask. erreha 'Fluss'
ist slov. reka 64 und bask. erreka 'Furche' wiederum slov.
draga 'Bahn' TO usw. Der zweite Band soll neben einer Ein-
leitung Erörterungen über die Redeteile der bask. Sprache,
Einiges aus der bask. Syntax und Erklärung der bask. Sprach-
denkmäler bringen. Wir möchten dem Verf. raten, lieber
gleich daran zu denken, was alles sich nocli mit seinen 'Laut-
gesetzen' aus dem Slo venischen deuten lässt: Avir glauben
(und wie es scheint, ist nach S. VI d. Verf. derselben Mei-
nung), es wäre schwer eine Sprache zu finden, die seiner über
allerhand Skrupeln eines kurzsichtigen Forscherauges (z. B.
Tiber Fragen, ob ein Wort heimisch oder fremd, alt oder jung,
"was an demselben der Kern, was Präfix oder Suffix u. dgl.)
erhabenen Methode nicht ebenso zugänglich wäre wie das Bas-
kische. Denjenigen, welchen der A'orliegende erste Band nicht
überzeugt hat, wird ja ohne dies der in Aussicht gestellte
zweite in unverminderter Kurzsichtigkeit finden.
Smichov bei Prag. Josef Zubatv.
Rezensionenverzeichnis (1894).
Abende, Indoo:ermanische, an der Universität zu Wien. Zeit-
fichr. für die österr. Gynin. S. 671)— 680, S. 1064 Verzeichni.s der ge-
haltenen Vorträge (Theod. Bloch).
Abhandlungen, Philologische, Heinrich Schweizer-Sidler zur
Feier des oOJährigen Jubiläums seiner Dozententhätigkeit an der Zü-
richer Hochschule gewidmet von der I. Sektion d. phii. Fak. d. Hocli-
«chule Zürich. Anz. f. idg-. Spr. u. Alt. IV S. 3—5 (H. Hirt).
Abicht, Rudolf. Quellennachweise zum Codex Suprasliensis.
Byz. Zeitschr. S. 6i0— 641 Nachträge (K. K.).
306 Eezensionenverzeichnis.
Actes de la Socit'te philologique. Paris. 22 (1892), 23 (1893,
1894). Eev. de Linguistique S. 268—269.
Alexander de Villa-Dei s. Eeichliiig-, D.
Altertum, Griechisches. Jahresb. d. Gesch. 35 I 74—92
Übersicht über die histor. Litt. 1892 (S. Bruck).
Altertum, Indisches. Jahresb. d. Gesch. 15 I 48—73 Über-
sicht der histor. Litteratiir von 1892 (0. Franke).
Altertum, Keltisches. Jahresb. d. Gesell. 15 § 9, 11, 24—30,
4G, 49 Überblick über die Litteratnr d. J. 1892 (Von verschiedenen).
Altertum, Persisches. Jahresb. f. Gesch. 15 I 73 — 74 Über-
blick der histor. Litt, von 1892 (F. v. Spiegel).
Altertum, Römisches. Jahresb. d. Gesch. 15 I 116—174
Überblick der histor. Litt, von 1892 (Hüter).
Amniann, A. s. Garnier, Ch.
Andersen, D. Gm Brugen og- Betjdning-en af Yerbets Ge-
nera i Sanskrit opljst isaer ved Undersog-elser om Sprogbrugen i
Chändogya-Upanishad. Anz. 1'. idy. Spr. u. Alt. IV S. 19—21 (J. N.
Keuter).
Andree, Eichard. Die Flutsagen ethnographisch betrachtet.
Jahresb. f. kl. Alt. 81 S. 56—58 Litteraturnachträge (Gruppe).
Andrian, Ferd. v. Der Höhenkultus asiatischer und euro-
päischer Völker. Jahresb. f. .kl. Alt. 81 S. 64—65 (Gruppe).
Andrian, Ferd. v. Über "Wetterzauberei. Arch. f. Ethnogr.
S. 265 (J. D. E. Schmetz).
Angermann, C. Beiträge 7ur griechischen Onomatologie.
Berl. phil. Woch. Sp. 80—81 DankensAvert (Fr. Stolz).
Annuaire des Traditions populaires. Zeitschrift d. Ver. f,
Yolksk. S. 337—338. Neuvieme annee 1894 (K. W.).
L'Anthropologie. Paris 1891 tome II. Arch. f. Anthr. S. 288—
299 (Georg Buschan).
d'Arbois de Jubainville, H. Comparaison entre Je serment
celtique et le serment grec dans l'Iliade. Jahresb. 1'. Geschichtsw.
15 I 147 (Hüter).
d'Arbois de Jubainville, H. Le droit des fenimes chez
]es Celles. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 147 (Hüter).
d'Arbois de Jubain Aille, H. Les premiers habitants de
l'Europe d'apres les ecriA-aiiis de l'antiquite et les travaux des
linguistes. 2de (■.(]. Tome 2e. Les Indo-Europeens; suite (Ligures,
Hellenes, Italiotes, Geltes) LOB Sp. 1019-1021. Sehr inhaltsreiches
Buch; doch sind die beiden Hauptgedanken desselben nicht be-
wiesen: 1. die Annahme, dass ein einziges grosses Volk, die Ligyer,
in vorhistorischen Zeiten über die Hälfte von ganz Eurojia gelagert
gewesen sei, ist ein Anachronismus; der idg. ( l;nrakter ihrer Sprache
ist durch den Hinweis auf die Suffixe -asco, -asca, -usco, -usca
keineswegs sicliergestellt. 2. Die Hypothese, dass alle Germanen
eine Zeit lang die Unterjochten in einem grossen Celtenreichs
waren, wird durch die keltischen Lehnwörter im Germanischen durch-
aus nicht genügend unterstützt (Wi.). Berl. ])hil. Woch. Sp. 1075 bei
1077 (W.Deecke). — Bull. Grit. S. 186— 194 (Emile Ernault). — The Sa-
lurday Eev. S. 132— 133. — Eev. arch. 1894 S. 271-274 (A. Bertrand).
— Eev. de philol. anc. XVIII S. 176—178 (L. I).).
Archiv, Internationales für Ethnographie VI Athenaeum I
Febr. S. 250.
Archivio jjcr l'Antropologia e la Etnologia .. publicato dal
Dott. Paolo Mantegazza. Firenze. Bd. XX (1890) Arch. f. Anthr.
!■.■-. 106—118 (Georg Buschan). Bd. XXI (1891) ibidem S. 443— 44I>
(Georg Buschan).
Eezensioiienvcrzeiclinis. 107
Avvalbrüder. Jahresb. f. Geschiclitsw. 15 I 167 Litteratur-
berieht über die acta patriim Arvalium (Hüter).
AsiniTs, Wilhelm. De appositionis apud Plautiim et Teren-
tium collocatione. Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 328—331 (Seyffert).
Ayoka- Inschriften. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 53 — 5(3 Lit-
teratur über dieselben (R. 0. Franke).
Aiisg-rabnng-en in Griechenland xind den umliegenden Län-
dern. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 75—77. Bericht über die Litte-
ratur (S. Brack).
Bach, Joseph. De iisu pronominum demonstrativorum apud
priscos scriptores latinos. Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 300— 312 (Seyffert).
Bachmann, A. s. Staub, Fr.
Barber, Henry. British Family Names. Academj* 46 S. 98 bis
99. Nicht nur nutzlos, sondern geradezu irreleitend (Isaac Taylor).
Bardonnaut, G.. s. Leg- er, Louis.
Bartal, Anton. Über das Wörterbuch der ung-arläiulischen
mittelalterlichen Latinität. Ung. Rev. S. 381.
Basiades, Her. TTepi Trpoqpopäc xfic 'EXXriviKfjc -fXujcciic. Byz.
Zeitschr. S. 435. Wertlos (K. K.).
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phischen Provinzen in ihren kulturg'eschichtlichen Berührung'spunk-
ten. LOB 1894, Sp. 813, 814. Konfus. — Arch. f. Ethnogr": S. 158
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Zeitschr. f. Ethn. S. 41—42 (Max Bartels).
Bastian, A. Indonesien V.Lief. Globus 66 S.242 (C.M.Pleyte),
Bastian, A. Vorg-eschichtliche Schöpfung'slieder in ihren
ethnischen Grundgedanken. LCB 1894 Sp. 829, 830 (K.). — Arch. f.
Ethnog-r. S. 218— 219 (J. D. E. Schmeltz). — Zeitschr. f. Ethn. S. 43 bis
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— GGA S. !-90— 904. Lässt es bei der Ausarbeitung an der nötigen
Sorgfalt fehlen (B. Niese). — Bl. f. Gvmn.-Sch. S. 671—676 (Melber). —
Württ. Korr.-BI. S. 39—41 (G. Egelhaaf). — Rev. des etud. Gr. S. 96
(Th. Reinach). — Zeitschr. f. d. Gvmnasialw. S. 278— 2.S2 (Max Hoff-
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d. Gvmn.-Sch. S. 733-736 (Rob. Thomas). — Ost. Litt.-Bl. Sp. 710—
711 (R. Kralik). — Beil. z. Allg. Z. Nr. 62. — Zeitschr. f. d. Gvmna-
sialw. S. 304-305 (L. Spreer).
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Blase, H. Geschichte des Plusiiuamperfects im Lateinischen.
LCB Sp. 1034. Auf s])rachvergleichende Fragen lässt sich der Ver-
fasser nicht ein; innerhalb des Lateinischen zieht er, von der poeti-
schen Litteratur nach Plautus und Terenz abgesehen, alles Notwen-
dige herbei. — Berl. phil. Woch. Sp. 1270-1271. Wirkliche Berei-
cherung der Litteratur über lateinische Svntax (Fr. Stolz). — Jahresb.
f. kl. Alt. 80 S. 336-.33.S (Sevffert). — Arch. f. lat. Lex. S. 315—316.
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Blass, Friedrich s. Kühner, Rajihael.
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Bloch, Tiieodor. Varariici und Hemacandra. Ein Beitrag
zur Kritik uiul Geschichte der Prakrit-Gramiiiatik. GGA S. 472— 482.
Rezensionenverzeiehnis. 109"
Fleissig-, scharfsinnig", aber Grundanschauungen g-anz falsch (Steii
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Bloinqiiist, A.W. De genetivi apiid Plaiitum nsu. Jahresb.
f. kh Alt. 80 S. 321—322 (Seyö'ert).
Bloomfield, Maurice. Contribntions to the Interpretation of
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Bog'danow, A. Quelle est la race la plus ancienne de la
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Bohnenberg-er, K. Zur Geschichte der schwäbischen Mund-
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Anz. f. idg-. Spr. u. Alt. IV S. 74—75 (Friedrich KaufTmannj. — Li-
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Sp. 741 (-ie). — Journ. of the R. As. Soc. S. 627—630 (A. A. Macdo-
nell). — Museum (Groning-en) Nr. 5 (H. Kern). — Lit. Rdsch. f. d.
kath. D. S. 87 ff. (Hardy). — Th. Lit.-Z. Sp. 201. Mangelnde Lite-
teraturkenntnis (H. Oldenberg).
Bollettino di Filologia classica redatto da G. Cortese e L.
Valmaggi. Anno I 1894 Nr. di Saggio. LCB Sp. 1001, 1002. Diesem
klassisch-pliilologischen kritischen Journal für Italien ist ein guter
Fortgang zu wünschen.
Bonwick, James. Irish Druids and Cid Irish Religions. Athe-
naeum I June S. 835.
Borchardt, Wilhelm. Die sprichwörtlichen Redensarten im
deutschen Volksmunde nach Sinn und Ursprung erläutert. 2. Autl.
V. Gustav Wustmann (Otto Lyon).
Bordier. Le sifflet chez les peuples primitifs. Jaliresb. f.
Geschichtsw. 15 I 5 (Hoernes).
Braasch, K. Lateinische Personennamen nach ihrer Bedeu-
tung zusammengestellt. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 168 (Hüter).
Brandstetter, Renward. Malaio-polvnesische Forschungen.
II. Wiener Zeitschr. f. d. K. d. Morgenl. S. 176—177 (Friedr. Müller).
Brandstetter, R. Die Luzerner Kanzleisprache 1250—1600.
Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 50—51 (Albert Leitzmann). — Anz. f.
d. A. S. 26-29 (Andreas Heusler).
Brandstetter, R. Prolegomena zu einer urkundlichen Ge-
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73 (Friedrich Kauffmann).
Brandstetter, R. Die Reeeption der nhd. Schriftsprache in
Stadt und Landschaft Luzern (1600—1830). Zeitschr. f. deutsche Phil.
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Kauffmann). — Anz. f. deutsche Alt. S. 26—29 (Andreas Heusler).
Braune, Theodor. Beiträge zur germanischen und romani-
schen Etymologie. Romania S. 489 — 490.
Braune, Wilh. Zur Lehre von der deutschen Wortstellung
(in Forschungen zur deutschen Philologie, Festgabe für Rudolf Hil-
debrand). Zeitschr. f. d. deutsch. Unterr. S. 428 (Otto Lyon).
Breal, M. Causeries sur l'Orthograplie. Nouvelle i'dition.
Deutsche Litt.-Z. Sp. 709—710 (A. Funcke
Breal, M. Sur le manuscript ctrusque d'Agram. Jahresb. f.
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Bremer, Otto. Deutsche Phonetik (= Grammatiken deutscher
Mundarten 1. Bd.). LCB Sp. 1701—1702. Führt in sehr glücklicher
W^ei.se in das Studium der Phonetik ein (E. S.). — Arch. f. d. St. d.
110 Rezensioneuverzeichnis.
neuer. Spr. u. L. 92 S. 181—190 (G. Micliaelis). — D. neuer. Spr. 1
S. 536—538 (Ph. Wag-ner).
Brenner, 0.. und Hartmann, A. Bayerns Mundarten II 1.
Blätter f. d. Gymn. Schulwesen XXX 110—114 (Fr. Jacobi).
Brinton, D. Antliropology, as a science and a hranche of
University education in tlie U. S. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 1
<M. Hoernes).
Brinton, D. On varions supposed Relations between the
American and Asian Races. Globus (i(5 S." 20G— 207 (R. A.).
Brinton, D. G. The Etrusco-Libyan Elements in the Song-
of the Arval Brethren. Arch. f. Anthr. S. 330 (Rudolf IMartin).
Brinton, G. On the physiological correlations of certain
linguistic radicals. Proceeding's of tlie Am. Gr. Soc. S. CXXXIII bis
CXXXIV.
Brizio, E. La provenienza d. Etruschi. Jahresb. für Ge-
schichtsw. 15 I 3 (Hoernes). — Ibidem I 122 (Hüter).
Bronisch, G. Die oskischen i- und e-Yokale. Anz. f. idg'.
Spr. u. Alt. IV S. 40-41 (R. v. Planta].
Brooke, Stopford A. The history of Early English Litera-
ture, being- the History of English Poetry from its Beginnings to
the Accession of King Aelfred. Litteraturbl. f. germ. u. rom. Phil.
Sp. 299-302 (Gustav Binz).
Brugmann, Karl. Grundriss der vergleichenden Grammatik
der indogermanischen Sprachen. IL Bd. Zeitschr. f. d. österr. Gymn.
S. 629 — 632. Polemik gegen das neue p]inteilungsprinzip bei der
Darstellung der Konjugation. Am meisten reizt indes die Deklina-
tion zum Widerspruch. Als Schulbuch ist Brugmanns Werk nicht
konservativ genug (Rud. Meringer). — Berl. pliil. Woch. Sp. 966 bis
976. Ein Hauptverdienst besteht in dem fortwährenden Hinweis auf
die nocii ungelösten Probleme und Aporeme der idg-. Flexionslehre.
Der Rez. schläg-t eine andere Einteilung der Präsensklassen vor.
Der Stammbildungslehre hat B. einen neuen Weg augewiesen, in-
dem er sie von den Fesseln der Syntax befreit hat (Otto Bremer). —
Journ. des Savants I S. 445—460. Wäre Delbrück nicht gewisser-
massen Brugmanns Gastfreund in dessen Buch, so hätte er ihn mehr
als eimnal zu bekämpfen. Getadelt werden an Brugmanns Arbeit:
die Vermischung von sicheren Resultaten und neuen Hypothesen;
die Wiederholungen, auch von Beispielen; die Ungleichmässig'keit
der Bibliograpliie. Die Wahrscheinlichkeit von Analogiebildungen
wäre im eiiizelnen Fall näher zu begründen gewesen; glottogonische
Probleme werden trotz früherer Absage (in den i\Iorphol. Unters.
V. Brugmann und Osthoff" I) häiiüg berührt; die Etymologie müsste
mehr Wert auf die Bedeutungen legen (cf. jetzt Brugmann Anz. V
S. 17—19) (Michel Breal). — Academy 45 S. 16.
Brugmann, Karl. Grundriss der verg-leichenden Granunatik
der indogermanischen Sprachen. Indices. Anz. f. idg. Spr. u. Alt.
III S. 173—174 (K. Brugmann). — Berl. phil. Woch. Sp. 975-976
(Otto Bremer). — Academv 45 S. 16. — Zeitschr. f. d. Gvmnasialw.
S. 145-146 (H. Ziemer).
Brugsch, H. Die Aegyptiologie. Ein Grundriss der ägyp-
tischen Wissenschaft. Jahresb"! f. Geschichtsw. 15 I 7 (G. Steindorff).
Brunn hofer, H. Vom Aral bis zur Gangä. Jahresb. f. Ge-
schichtsw. 15 I 3 (Hoernes). — Ibidem I 49 u. 50. Geistvoll und aa-
reg"end, aber gesegnete Phantasie (R. 0. Franke).
Bück, C. D. Der Vokalisinus der oskischen Sprache. Anz.
f. idg-. Spr. u. Alt. IV S. 40-41 (R. v. Planta).
Rezensionenverzeichnis. 111
Blickmann, L. Der Vers von 7 Hebungen im deutschen
Strophenbau. Deutsche Litt.-Z. Sp. 973 (Richard M. Meyer).
ßug-g-e, Sophus. Der Runenstein zu Rök und "die Spange
von Fonnäs. Arch. f. Anthr. S. 483 (J. Mesiorf).
Bulic, S. Cerlsiovnoshivjanskie Eiementy v Sovreraennom Li-
teraturnom i Narodnoni Russkom Jazylcje I. (Die kirchenslavischen
Elemente in der modernen Litteratur und der russischen Voli-cs-
sprache.) Am. Journ. of Phil. XV S. 94—915 (Leo Wiener). — Arch.
f. sl. Phil. S. 288—289. Entspricht nicht dem Titel. Gibt nur die
Litteratur der Sprache und eine Art Grammatik der kirchenslavi-
schen Sprache der Ostroger Bibel (V. J.).
Bullettino di Paletnologia Itaiiana. Seriell, Tomo VI, Anno
XVI, Parma 1890. Arch. f. Anthr. S. 118-128 (Georg Buschan). —
Serie 11, Tomo VII, Anno XVII, Parma 1891. Ibidem S. 449-455
(Buschan).
Bulletins de la Societe d'Anthropologie de Paris. Tome II
(IVe Serie) Paris 1891. Arch. f. Anthr. S. 299—316 (G. Buschan).
Burchardi, G. Die Intensiva des Saiiskrt und Avesta. Teil
IL Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 11—13 (Chr. ßartholomae).
Burdach, Konrad. Zur Geschichte der neuhochdeutschen
Schriftsprache (in Forschung-en zur deutschen Piiilologie, Festgabe
für Rudolf Hildebrand). Zeitschr. f. d. deutschen Unterricht S. 429
(Otto Lyon).
Burdach, Konrad s. Seh er er, Wilh.
Burton, Ernest de Witt. Svntax of tlio Moods and Tenses
in New Testament Greek. 18931 Class. Rev. S. 369—370 (J. Henry
Thayer). — Th. Lit.-Z. Sp. 337-338. Gründlich (F. Blass).
Busolt, G. Griechische Geschichte bis zur Schlacht bei Chae-
roneia I 1893'. Berl. phil. Woch. Sp. 918—920. Gegen die erste
Auflage thatsjichlich ein neues Werk, besonders für die älteste Ge-
schichte (Holm). — Neue phil. Rundsch. S. 165— 170 (Adolf Bauer). —
Bl. f. d. Gvmn.-Sch. S. 669-671 (Melberj. — Württ. Korr.-Bl. S. 41 bis
42 (G. Eg-elhaaf).
Cagnat, Rene. Cours d'epigraphie latine 1889^. Jahresb. f.
kl. Alt. 81 S. 253-255 (Haug).
Caland, W. Altiudischer Ahnenkult. LCB 1894 Sp. 2.52 (R.
G— e). — Deutsche Litt.-Z. Sp. 1061 (H. Oldenberg). — Lit. Rdscli. f.
d. kath. D. S. 128 fif. (Hardv). - Museum (Groningen) 1 (J.S. Speijer).
— GGA S. 1001—1006 (R. Pischel).
Caland, W. Beiträge zur Kenntnis des Avesta. Jahresb. f.
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Cara, R. P. de. I Traci-Frigii (aus Civiltä cattolica 1894)
L' Anthropologie S. 484 — 485 (Salomon Reinach).
Castanier, Prosper. La Provence prehistorique et proto-
historique jusqu'au VIe siecle avant l'ere chretienne. L' Anthropo-
logie S. 325-328 (E. Cartailhac). — Polybib. 70 S. 245—246 (Adrieu
Arcelin).
Catalogue of Sanskrit, Pali and Prakrit Books in the British
Museum, acquired during the Years 1876—92. (By C. Bendali) Athe-
naeum I Febr. S. 243.
Catalogue of Greek Papyri in the British Museum I Texts
edited bv F. G. Kenvon II FacsiTniles. Academv 45 S. 60—62 (B.
P. Grenfell). — Class. Rev. S. 45—49 (J. Rentlel Harris). GGA
S. 716 — 749 Ref. liefert wertwolle Beiträge zur Wiederherstellung"
des Textes (Ulrich Wilcken). — Athenaeum I Jan. S. 108—109. — Journ.
des Savants S. 242-2.53 (Berthelot).
Catalogus dissertationum philologicarum classicarum (Gustav
112 Kezensionenverzeichiiis.
Fock) LCB 1894 Sp. 481. Nicht annähernd vollständig-. Für buch-
händlerische Zwecke berechnet. (K. Klu). — Woch. t. kl. Phil. Sp.
43—44. Brauchbar, genau (Georg- Andreren). — Kev. des etud. Gr.
S. 102 (Nemo). Arch. f. lat. Lex. IX S. 160.
Cato. M. Porci Catonis de ag-ricultura liber: ]\I. Terenti
Varronis rerum rusticaruni libri tres: ex recensione H. Keilii II, 1.
Class. Rev. S. 308— :309. Der Kommentar Keils zu Catos Schrift ist
eine notwendige Erg-änzung- der 10 Jahre früher erschienenen ki-i-
tischen Ausgabe (A." S. Wilkins). — Berl. phii. Woch. Sp. 1098—1100
(O). — Woch. f. klass. Phil. Sp. 568— 5G9 (C. W.). — Arch. f. lat.
Lex. S. 148—149.
Cauer, Paul. Die Kunst des Übersetzens. LCB Sp. 1424 bis
1425 (H. St.) — Berl. phil., W^och. Sp. 1431—14.33 (C. Nohle). — Woch.
f. kl. Phil. Sp. 573—576 Äusserst anregend (Rudolf Busse). Württ.
Korr. Bl. S. 42,3—425 (Herrn. Planck).
Cavalli, Jacopo. Reliquie ladine raccolte in Muggia d' Istria
con appendice sul dialetto Tergestino. Berl. phil. Woch. Sp. 1620 bi&
1621 (Gustav Meyer).
Champault, Ph. Les heros d'Homere. Rev. des etud. Gr.
S. 98—99 (E. Babelon).
De Charencev. Le Folklore dans les deux mondcs. Polvbib,
71 S. 249—250 (Th. P.). — Globus 66 S. 194 (A. Vierkandt).
Chipiez, Ch. s. Perrot, Georges.
Chowaniec, Franz. De enuntiatoruni, quae dicuntur, subiecta
carentium usu Thucydideo. Zeitschr. für die österr. Gymn. S. 855 bis
856. Der Sprachgebrauch des Thukydides bietet dem Verfasser
keine neuen Anhaltspunkte ziir Aufklärung- der Hauptfrage über
das Wesen und den Ursprung der subjektlosen Sätze überhaupt.
(B. Kruczkiewicz).
Ciampoli, Domenico. I codici paleoslavi della R. biblioteca
nazionale di San Marco. Journ. des Savants. S. 774.
Cinderella. By Marian Roalfe Cox. LCB Sp. 1422. Klar
und kritisch behandelte Geschichte des Aschenbrödelmotivs (L. Fr.)
Codex Festi Farnesianus XLII tabulis expressus. Ed.
Aemilius Thewrewk de Ponor. LCB 1894 Sp. 55, 56 (Gn.)
Codex regius s. H;\ndskriftet.
Comhaire, Ch. J. L'äge des metaux en Belgique (Extr. du
Bull, de la Soc. d'anthropologie de Bruxelles, XII 1893—94). L'An-
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Comparetti, D. Le leggi di Gortyna e le altre iscrizioni
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1-232-1235 (W. Larfeld). — Journ. des Savants I 1893 S. 639-654
IT 1894 S. 100—111 (R. Dareste).
Comparetti, D. D. Kalewala od. d. traditionelle Poesie der
Finnen. Hist. krit. Studie über den Ursi)rung d. gr. nationalen
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Con der, F. R. The Primer of Church Latin. Dublin Rev.
114 S. 2-28-229.
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S. 151-152 (C. Huit).
Cordenons, F. Un po' piii di luce sulle origini, idioma e
ßezensionenverzcichnis. 113
siötema di scrittiira degli Eiiganei-Veneti. Berl. phil. Woch. Sp. 120G bis
1207. Wüster Dilettautisinus (Gustav Meyer). — Woch. f. kl. l'liil.
Sp. 1161 — llGo. Trotz nuuiehcr Bedenken ideenreich und frei von
Phantasmen (Sittlj.
Corpus Glossariorum Latinoruni. Class.-Kev. S. 263 — 264 Vol.
III. V (John E. B. Mavor). — LCB Sp. 482-483 Vol. V (K, K.). —
Berl. phil. Woch. Sp. (;87-G«9 (A. Funck). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 652 bis
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Spr. u. Alt. IV S. 60-61 Vol. III (W. Mever-Lübke). — Arch. f. lat.
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Corpus Inscriptionum Latinarum. Jahresb. f. kl. Alt. 81
S. 182—183 (Hang).
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Gramer, Franz. Zu alten Optativ- und Konjunktivformeu
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des Bedeutungsunterschiedes zwischen den urspr. optativischen i-
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Croiset, Alfred. Histoire de la Litterature Grecque. Journ.
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S. 418—419. Bringt wertvolle Belege zur Geschichte des Viilgärgrie-
cliiscben (K. K.).
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(F. Skutscb). — Riv. di Fil. S. 315—319 (Enrico Cocchia). — Württ.
Korr.-Bl. S. 44—48. Wissenschaftlich bedeutend, pädagogiscii \vr-
feblt (Grotz).
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Delbrück, B. Einleitung in das Sprachstudium. 1893^ LCB
1894 Sp. 438. Die neuen Ausführungen über Schleichers Stellung
zu den Lautgesetzen dürften zu einer bestimmteren Entscheidung
gelangen (H. P.).
Delbrück, B. Grundriss d. vergleich. Gramm, der idg.
Sprachen III Svntax. Blätter f. d. Gvmn. Schulwesen XXX 209—212.
— Class. Rev."^S. 399—403 (D. ß. Monro). — Anz. f. idg. Spr. u. Air.
III S. 175—182. — Neue phil. Rundsch. S. 8—12 (Fr. Stolz). — Jahresb.
üb. d. Pirsch, auf d. Geb. d. germ. Rh. 15 S. 15 (Felix Hartniann). —
Journ. des Savants I S. 445 — 446. — Zeitschr. f. d. Gynniasiahv.
S. 311 — 317. Zurücksetzende Behandlung des Lateinischen. Ankr.ü-
))fung und Verknüpfung der Thatsachen oft genial. Einzelbemer-
kungen (H. Ziemer). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 33—36. Ausserordent-
lich wertvolle Einleitung (H. v. d. Pfordten). — Rev. Grit. S. 141 —
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Dessau, H. Inscriptiones Latinae selectae I. Anz. f. idg. Spr.
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(Hang).
Diez, Antonio s. Lenz, Rodolfo.
D ö bring, A. Zu den griechischen iind lateinischen Kon-
junktionen der Gleichzeitigkeit und der Zeitgrenze. Deutsche Li(t,-Z.
Sp. 807 (Paul Cauer).
Dörpfeld, Wilh. Troja 1893. Ausgrabungsbericht. LCB Sp.
1894-1895 (T. S.). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 1385- 13S7 (P. W.). -
Neue i)liil. Rundsch. S. 411-413 (Rud. Menge). — Beil. z. Allg. Z.
Nr. 196 (Bruno Sauer). — Blätter f. d. bayr. Gymn.-Schuhv. S. 537—
538 (Preger).
Donali tius, Chrn. Littauisclie Dichtimgen. Übersetzt und
erläutert von L. Passarge. LCB Sp. 1300-1301.
DrinovÄ M. 0 bolgarskoms slovare A. L. Djuvernua. Arch.
f. slav. Phil. S. 307 (V. O.).
Duden, K. Etymologie der nhd. Sprache. Blätter f. d. Gvmn.
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Duhn, V. Osservazioni sulla (juestione degli Etrusci (Uber-
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Arch. f. Anthr. S. 124 (Georg Busciian).
Durct, Victor. Grammaire Savovarde publice par Ed. Kosch-
witz 1893. LCB 1894 Sp. 680 (W. F.). "— Litteraturbl. f. germ. u.
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l'om. Pliil. Sp. 189-190 fW. Mcver-Lübko). — Polvbib. 71 S. 2G5
(J. C. F.).
Dvroff, A. Geschichte des Pronomen reflexivinn. I Honier-att.
Prosa. Blätter f. d. Gyuin. Schulwesen XXX 137—138 (Stapler). II
Die attische Prosa und Schlusserg'ebnisse. Deutsche Litt.-Z. Sp. G9 bis
71. Bemerkungen des Rezensenten über svrakus. ^le und lat. 'Hü-jise
(Paul Kretschmer). — Berl. phil. Woch." Sp. 278—279. Zwingendo
Schlussfolgerung-en (Fr. Stolz). — Neue phil. Rundsch. S. 20G — 207
(Meisterhans). — I u. II Zeitschr. für die österr. Gymn. S. 305—307.
Musterhaft geführte Untersuchung (J. Golling). — Journ. des Savants
S. 125—126 (H. W.).
Easton, M. W. The divinities of the Gathas. Jahresb. f.
Geschichtsw. 15 I 73 (F. v. Spiegel).
Ec kinger, Th. Die Orthographie lateinischer Wörter auf
griechischen Inschriften. Jahresb. f. ^Geschichtsw. 15 I 170 (Hüter).
Eggeling. Translation of the Satapatha-Brähmana III. Pro-
ceedings of the Am. Or. Soc. March 1894 S. XCV— CI (Whitney).
Egli, J. Die Hyperbel in den Komödieen des Plautus und in
Ciccros Briefen an Atticus. Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 350—351 (Seyfl'ert).
Eimer, H. C. A Discussion of the Latin Prohibitive, based
upon a complete collection of the instances from the earliest times
to the end of the Augustan period. Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 338 bis
341 (Seyffert).
Engclhardt, Max. Die Stamnizeiten der lateinischen Kon-
jugation. Zeitschr. f. d. Gymnasiahv. S. 147—148 (Fügner).
Eng c 1 i en, August. Grammatik der neuhochdeutschen Sprache.
1892-1. Zeitschr. für die österr. Gymn. S. 236-237.
Enman, Alexander. Zur römischen Königsgeschichte. Woch.
f. kl. Phil. Sp. 90—92. Sucht mit Geist und Geschmack durch ety-
mologische Deutung der Eigennamen auf Grund der vergleichenden
Sprachwissenschaft das Dunkel der römisclien Königsgeschichte zu
erhellen (W. Liebenam).
Erdmann, Axel. Gm folknamnen Götar och Goter. Litera-
turbl. f. germ. u. rom. Phil. Sp. 249—250 (Ferd. Holthausen).
Erdmann, A. Ueber die Heimat und den Namen der Angeln.
Litevaturbl. f. germ. u. rom. Phil. Sp. 184 — 188. Auch für Historiker
und Sprachforscher dringend zu empfehlen (Ferd. Holthausen).
Erhardt, Louis. Die Entstehung der homerischen Gedichte.
Deutsche Litt -Z. Sp. 41—49 (Ernst Maass). Dazu ibidem Sp. 184 bis
185. 344—348. — Class. Rev. S. 408—410 (Walter Leaf). — Woch. f.
kl. Phik Sp. 505-511 (C. Rothe). — Neue phil. Rundsch. S. 61-64.
Dilettantenhaft (H. Kluge). — Athenaeum I May S. 642. — Zeitschr.
f. d. deixtsch. Unterr. S. 488—490. Bedeutungsvoll für die Frage
nach dem Ursprung (ier nationalen Epen üljerhaupt (Alfred Müller).
— Histor. Zeitschr. 73 S. 385—426. Ref. bi'ingt Beiträge zur ge-
schiciitlichon Beurteilung Homers (Rob. Pöhlniann).
Etrusk erfrage. Jahresb. d. Gesch. 15 § 9. Zusammenstel-
lung der Litt. d. J. 1892 (L. Hüter).
Evans, Arthur J. Le cinietiere celticjue d'Aylesford (Kent),
resume des recherches. Arch. f. Anthr. S. 297 (Georg Buschan).
Faulmann, Karl. Etymologisches Wörtcrbucli der deutschen
Sprache. Anz. f. deutscli. Alf. S. 81—83. Bettelarmes Wissen. Geist-
und geschmacklos (Franck).
Fenneli, C. A. M. s. Pindar.
Ferger, Wilhelm. De vocativi usu Plautino Terentiannque.
Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 322-328 (Seyffert),
116 Rezensionen Verzeichnis.
Frroii, P. Notions fraccentuation iireciine. Kc-v. de riiihti'.
pul)l. (Ml \h'\g. S. lir)-14G (L. Preud' Hoiiime).
P^estii'rnss an llud. v. Roth zvini Doktorjiibiläiiiii, 124. Ang-nst
1893. Deutsche Litt.-Z. Sp. 870—872. Rezensent besjji-icht naiiieiit-
lich H. Jacobi's Aufsatz. Ueber das Alter des Rgveda (A. Hille-
l)randt).
Festskril't til Vilholin Thomsen. Nord. Tidsskrift-nti;-. alLet-
terstedtska toren S. 511—517 (A. Noreen). — Nord. Tidsskr. f. Kilol.
3. R. 3. Bd. S. 87—103 (G. Cederschiöld, F. Holthauseii, J. Paulson,
K. Warburft-, J. Vising-).
Festus s. Codex Festi Farnesianns.
Fick, Aug. Die griecliisclien Personennamen nach ihrer Bil-
dung erklärt und systematisch geordnet, 2. Aufl., von F. Beclitel
und'O. Fick. LCB Sp. 1498—1499. Ganz neues Buch gegen die
erste Auflage. Unentbehrlich für Linguisten, Philologen, Epigra-
l)iiiker und Historiker (G. M-r.). — Rev. Grit. p. 147—150. Bcciitel
war der geeignetste Mitarbeiter an dem vorzüglichen Werke Ficks
(V. Henry). — Deutsche Litt.-Z. Sp. 1226-1227. Die griechischen
Namenmassen aus dem lateinischen Inschriftenwcrk sind leider über-
gangen. Fick urteilt oft einseitig willkürlich (Ernst Maass). — Class.
Rev. S. 459—462 (F. W. Thomas). — Württ. Korr.-Bl. S. 392-393
(Meltzer). — Academy 46 S. 217. Bemerkungen zu Personennanu-n
orientalischer Abkunft (A. H. Sayce).
Fick, Aug. Vergleichendes Wörterbuch der idg. Sprachen I
1890* Zeitschr. d. deutsch, morg. Ges. S. 504-531. Ficks Quellen
sind sehr häxifig veraltet. Ref. bringt zahlreiche Berichtigungen
(Bartholomae). — 2. Teil: Wortschatz der keltischen Spracheinheit
von Whitley Stokes. Übersetzt, überarbeitet und herausgegeben
von A. Bezzenberger. Zeitschr. f. d. Gvmnasialw. S. 317— 319 Nacli-
träge (H. Ziemer) — Woch. f. kl. Phil! Sp. 913-915. Erst mit die-
sem Buch tritt für die grössere Zahl auch der Gelehrten die kel-
tische Si)rache in die ReUie der übrigen ein (W. Prellwitz). — Rev.
Celt. S. 232-234 (H. d'A. de J.).
Ficker, Jul. Untersuchungen zur Erbenfolge der ostgernnmi-
schen Rechte 2. Bd. 1. Hälfte. LCB 1894 Sp. 789,^790 (0. .^ . .).
Fiök, Karl. Max Müller und der Rigveda. Ung. Rev. S. 235.
Fischer, L. H. s. Much, M.
Fischer-Benz on, R. v. Altdeutsche Gartenflora. Unter-
suchungen über die Nutzpflanzxmgen des deutschen Mittelalters,
ihre Wanderung und ihre Vorgeschichte im klassischen Altertum.
Berl. i)hil. Woeh. Sp. 820—822. Der Verfasser besitzt eine Höhe der
Anschauung, welche ihn mit den weitblickenden Forschungen Ilchns
Unmittelbar in Berührung bringt (A. Funck).
Flavius, Josephus _s. Schmidt, Guil.
Flensburg, Nils. Über Ursi)rung und Bildung des Prono-
mens aC)TÖ(;. Rev. Grit. S. 51—52. Gegen die bei der Etymologie
des Verfassers notwendige Annahme einer sekundären engen An-
lehnung von avröc, an oütoc ^'Kaaroc u. s. f. nach I'orm und Funk-
tion spricht der Akzent (My.). — Deutsche Litt. Z Sp. 10i> Möglich-
keiten und Denkbarkeiten, aber noch keine Wahrscheinliclikeit
(Paul Cauer).
Fock, G. s. Catalogus Dissertationum.
Folklore. Slavische Publikationen. Arch. i'. slav. Pli. S
242—254. Kurze Besprechung des hierher Gehörigen (A. Brückner).
Folk-Lore Congress, The International 1891. Pa])ers and
Transactions. Ed. bv Joseph Jacobs and Alfred Nutt. LCB Sp. 1422
(L, Fr.).
Rezeuslonenvei'zelchnia. 117
Forchhammer, P. W. Homev. Seine Sprache, die Kampf-
plätze seiner Heroen und Götter in der Troas. liCB Sp. 1700.
Deutsche Litt. Z. Sp. 327—328. Jao-t einem Phantom nach (Ernst
Maass). — Woch. f. Id. Phil. Sp. 679-(3SÜ (C. Rothe). — Neue phil.
Rundsch. S. 113-115 (IT. Klug-e).
Forschung'en, Indoo-ermanische. Hrsg", v. K. Brugmann
und W. Streitbero-. 4. Bd. LCB Sp. 1220. — Rev. Grit. S. 429-431.
Rezensent spricht über das wissenschaftliche Prinzip, das die ver-
schiedenen Verfasser dieses, Leskien gewidmeten, Sammelbandes
vereinigt hat (V. Henry). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 1203-1206.
Forschungen zur deutschen Philologie, Festgabe für Ru-
dolf Hildebrand. Zeitschr. f. d. deutsch. Unterr. S. 427—430 (Otto
Lyon).
Foresti, Arnoldo. Mitologia Greca. Jahresb. f. kl. Alt. 81
S. 60—61. Bedenkliche Gleichsetzungen. Zahllose Druckfehler
(Gruppe).
Fraccaroli, Guiseppe. Le Odi di Pindaro dichiarate e tra-
dotte. Class. Rev. S. 207—209. Bewundernsu-crte Littcraturkennt-
nis; sorgfältige Analysen der Hymnen (R. J. Tyrrell). — Berl. phil.
Woch. Sp. 1057 — 1062. Ref. sucht die drei Richtungen der heutigen
Pindarkritik klar zu legen (L. Bornemann). — Woch. f. kl. Phil.
Sp. 1365—1367. Referent vermisst ein näheres Eingehen auf sprach-
liche und dialektische Eia'entümlichkeiten (C. Haeberlin). — Polv-
bib. 71 S. 333-334 (Maxime Formont). — Athenaeum L S. 798 bis 799.
Fragmente, Arnamagnaeani sehe. Ein Supplement zu
den Heilagra Manna Sögur nach den Hdschr. hgg. v. Gust. Mor-
genstern. LCB 1894 Sp. 729. Haben in erster Linie Wert für die
Grammatik. Grosse Genauigkeit (— gk.)
Francotte. H. Les populations primitives de la Grece.
Jahresber. f. Geschichtsw. I 74 (S. Brück).
Franck, Joh. Etvmologisch Avoordenboek der nederland-
sche taal. Anz. f. deutsch"! Alt. S. 231—237. Zuverlässig. Randbe-
merkungen des Referenten (F. Holthausen).
Fritzner, Joh. Ordbog" over det gamle norske Sprog 1—22. Ii.
Arkiv f. nord. filol. 10. Bd. S. 392—397 (H. Gering).
Fuhr, Karl. Die Metrik des westgermanischen Allitterations-
verses. Literaturbl. f. gerui. u. rom. Pliil. Sp. 73—75 (Herrn. Hirt).
v. d. Gabele ntz, Georg. Die Sprachwissenschaft. Zeitschr.
für die österr. Gymn. S. 785. Voll Gedanken und Anregungen (R.
Meriiiger).
Gallee, J. H. De Wording van het Woord cn de ontwikke-
ling der Taal. Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. S]). 178—179
(Friedrich Kauffmann).
Gallee, J. H. s. Beliaghel, O,
Garnier, Ch. et Ammann, A. L'liabitation humaine. L'An-
thrnpologie S. 221—222 (R. Verneau).
Gebauer, N. J. Historickä mluvnice jazyka eeskeho. Arcli.
f. slav. Pli. S. 505—528. Reiche Fundgrube der Belehrung für alle,
welche einer historischen Grammatik der böhmischen Sprache Inter-
esse entgegen bringen (V. J.).
Geig-er, Wilh. Etvmologie und r.,autlehre des Afghänisciien.
LCB 1894 Sp. 792, 793. "Setzt den rein iranischen Cliarakter der
Sprache ins hellste Licht (H. lln.).
Geikie, .James. The great Ice Age, and its Relation to the
Anti(iuity of IMan. 1894:'. xhe Saturday Rev. S. 491-492.
Geldner, Karl F. s. Pischel, R.
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Gorra, Egidio. Dell' epentesi di iato nelle lingue romanze.
Komania S. 594—601. Wichtig auch lur allgemeine Linguistik
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Gorra, Egidio. Lingue neolatine. LCB Sp. 1259-1260. Gibt
Fernerstehenden eine allgemeine Oricmtierung ; mehr Strenge und
Sorgfalt hätten dem Buch zinn Vorteil gereicht. — Berl. jthil. Woch.
Sp. 1365-IJ366 (Fr. Stolz). — Romania S. 319. — Zeitschr. f. rom.
Phil. S. 296 (W. Mever-Lübke). — Neue phil. Rundsch. S. 191 (Felix
Pabst).
Graf, Ernst. Klivliiinns und Metrum. Zur .Svuonvmik. Neue
l.hil. Rundscli. S. 28—30 (Otto Kahler).
(framm.atici graeci IV 1 — 2 Thcodosii Alexaudrini
canones, Georgii Choerobosci scholia, Soiihronii Patri-
archae Alexandrini excerpta recensuit et a})par.ituiii criticum
indic(S|Ue adiecit Alfredus Hilgard. LCB Sp. 1218 (B.). —Woch.
f. kl. Pliil. Sp. SS1-,SH7, 917—922 (B. Kühler). — Bvz. Zeitschr.
S. 162-163 (iv. K.). — Berl. i)hil. Woch. S]). 1411— 1418 (A. Ludwich).
Graves, Charles. <»ii an Ogam Inscription supjjoscd to
bcar au anglo-saxnn Name. Arcli. f. Anthr. S. .335—336 (Rudolf
Martin).
Gröber, (i. s. Griindriss dei- rom. Phil.
Grun<lriss der "•crmanisclicn l'hilolog'ie. Hg"£i:. v. Herrn.
Rezeusioneuverzeichni«. 119
Paul. Schlussliefening-en. LCB 1894 Sp. 561—563. Wünsche für
eine etwaige 2. Auflage (Bhdr.).
Grund ri SS der ronianischeu Philologie hg'g, v. G. Gröber.
2. Bd. 2. Abt. 2. Lief. (Portugiesische Littcratur von Carolina Mi-
chaelis). LCB 1894 Sp. 680, 681 (Kn.). — 2. Bd. 2. Abt. 3. Lief.
LCB Sp. 1377—1378 (Beendigt die portugiesische Litteratur) (Kn.).
Guardiola, Jose. Kosnial idionia. LCB 1894 Sp. 602, 603.
Neue Weltsprache: nach des Verfassers eigenen Worten „aus Zeit-
vertreib" erfunden (W. Str.).
Gunkel, Herrn. Schöpfung* und Chaos in Urzeit und End-
zeit. Beil. z. Allg. Z. 1894 Nr. 287 (Eduard Meyer).
V. Gutschmid, Alfr. Kleine Schriften. Hgg. v. Franz Kühl
Deutsche Litt. Z. Sp. 969-973 Bd. III, IV, V (Johannes Toepffer).
Zeit&chr. für die österr. Gvmn. S. 790— 797 (J. Krall). — Class. Rev.
S. 120-121 Bd. IV (J. W. Headlani). — Woch. f. kl. Phil. Sp.
1193-1197 Bd. V (A. Wiedeniann). — Neue phil. Rundsch. S. 140
bis 141 Bd. IV (Reimer Hansen). — Ibidem S. 238 Bd. V. — Bl. f.
d. Gvmn. Seh. S. 685—687 (Heinr. Welzhofer). — Th. Lit. Z. Sp. 65
bis (57 Bd. IV (E. Schürer). - Ibidem Sp. 553-554 (Schluss-)Bd. V
(E. Schürer).
Hab ich, Alfred. Observationes de negationum aliquot usu
Plautino. Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 319—321 (Seyftert).
Hagen, Bernhard. Anthropologische Studien aus Indien. Arch.
f. Authr. S. 270-271 (J. Kollmann).
Hale,M. Horatio. Language as test of mental capacity (aus
Transnctions of the Roval Society of Canada vol. IX, 1891). L'An-
thropologie S. 223—226' (Comte de Charencey).
Haie, William Gardner. 'Extended' and 'Remote' Delibera-
tives in Greek (Transactions of the American Philological Associa-
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Hamilton, Gavin. Classic Moods: Latin, Greek, and Eng-
lish. The Academy 46 S. 28, 29.
Hammer, Martin. Die lokale Verbreitung frühester romani-
scher Lautwandlungen im alten Italien. Arcli. f. lat. Lex. IX
S. 147. — Romania S. 304-.305.
Handskriftet N. 2565, 4" gl. kgl. Sämling pä det störe kgl.
l)il)liothek i Kjobenhavn (Codex regius af den aeldre Edda) i foto-
typisk og diplomatisk gengivelse (hgg. von Ludv. P. A. Winnner
und Finnur Jousson). Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. Sp. 222—223
(0. Behaghel).
Hansen, Sören. Om bronzealders-folkct i Danmark (Aarbok
fra nord. Oldk. og Historie 1803 S. 121). L' Anthropologie S. 475
bis 477 (J. Deniker).
Hardv, Edm. Die vedisch-brahmanische Periode der Reli-
gion des alten Indiens. WZKM. VIII, 1, S. 173-5 Tadelt die Über-
treibung der Mondtheorie Im Übrigen anerkennend (J. Kirste).
GGA 1894, Nr. 6, S. 417—31 Anerkennend. Aber P.'s Ansichten
weichen in hauptsächliclien Punkten von denen II.'s ab. Der Grund-
l)egritf von d e v a ist Dämon ; die vedisclie Religion ist z. gr.
Teil vielmehr Fetischismus und euhemeristisch zu verstehen, nicht
aber natursymbolisch (K. Pischel). LCbl. 1894, Nr. 27, Sp. 964—5
Verurteilt die kühnen Deutungen, den mancinnal hervortretenden
Mangel an Durcharbeitnng, die „Mondsichtigkeit" der mytholog.
Deutungen des Verfassers ;(lie drei letzten Cajjitel ül)er das Opfer-
Avesen, die religiösen Gebräuche und die. Tiieosophie am einwand-
freisten, sie werden von dauerndem Nutzen sein (R. G.). — Mitt.
1 20 Kezensioiien Verzeichnis.
Anthropol. Oes. in Wien, XXTIT, 6, 228—4 Sehr anerkomiend (Ha-
berlniult). DLzo-, 1894, Nr. 1.3, Sp. 394 Wenio- befiiedio-end, hi-iiig-t,
der Wissenschaft ]<einen Gewinn (H. Oldenbera). — Ost. Litt. BI
Sp. 741 (-ie). — Tli. Qsclir. 7ß S. 331—835 (Sclianz).
Hartland, E. S. Tlie Legend of Perseus. Academv 46
S. 397.
Hartmann, A. s. Brenner, O.
Hart well, Jones G. The Indo-Europeans Conception of a
P'^ntnre Life and its Bearing upon their Religions. Arch. f. Anthr.
S. 339 (Rudolf Martin).
Hasse, Ernst. Der Dnalis im Attischen. Zeitschr. für die
ö.sterr. Gvmn. S. 999-1000 (J. Gollins'l — Berl. phil. Woch. Sp. 856
(G. MeveV). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 547. Wertvoll (J. Sitzler). —
Ibidem' Sp. 628—629. — Nene phil. Rundsch. S. 55 (Meisterhans).
Hatzidakis, G- N. 1) TTepi toö •fXiuffGiKoO ZntriuaToc; ^v 'EXXd&i.
M^poc beÜTepov koI 2) uepl xfic; eTU^oXo-fia«; Tfjc Xeteac Mopeac (S. A.
aus 'Äerivä V 1893). LCB 1894 Sp. 92, 93. Mop^a ,Maulbeerland'
ffesicherte Erkläruno- CA. Th.). — Bvz. Zeitschr. S. 202. Verweist zu
2) auf Byz. Zeitschr. H 283 f. (K. K.). — Ibidem S. 420. Hep ixii?
X^Eeujc tAopiac,. '0 Mopectt; Kai iv Kpt'iTi]. Nachträge (K. K).
Havet, Louis. La simplification de l'orthographie. Bull.
Grit. S. 3.S2-.3.33 (P. Rousselot).
Havet Louis. L' S latin caduc. Jahresb. üb. d. Fortsein-, d.
kl. Alt. 80 S. 254 (Seyffert).
Hehn, Victor. Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem Über-
gang aus Asien nach Griechenland und Italien sowie in das übrige
Europa 1894^ hrsg. v. 0. Schrader. Mit botanischen Beiträgen von
A. Engler. LCB Sp. 1757—1758. Umfängliche Anmerkungen des
Herausgebers orientieren über den heutigen Stand der Forschung,
stören aber den ruhigen Genuss des klassischen, strena: einheitlichen
Buches (W. Str.). — Deutsclie Litt. Z. Sp. 1032—1034. Die beiden
Heraxisgeber haben alles geleistet, was billigerweise von ihnen ver-
langt werden konnte (Richard Bethge). — Academv 4(? S. 282—283
Einzelbemerkungen (A. H. Savce).
Heintze, Alb. Gut Deutsch. LCB Sp. 900, 901. Der Ver-
fasser b.estrebt sich mit Erfolg zwischen Sprachgebrauch und Gram-
matik die rechte Mitte einzuhalten.
Heintzeler, Eugen. Universala. Weltsprache auf Grund
der romanischen Sprachen und des Latein. Ost. Litt. BI. Sp. 270
(H. Bohatta).
Heller, Ludw. HalAyudha's Kavirahasya. Rev. Grit. S. 463
bis 464 (Louis Finot).
He] wich, N. NabIJudenija nad iiiijcnämi i)rilag;itclnymi u
Plawt;i (Beobachtungen über die Adjektive bei Plautus). LCB Sp.
1160-1461. Enthält einen zuverlässigen Index der plautinischen
Adjektiva. die sprac-hliclien Beobachtunü-iMi sind Üeissiii" und eri>eb-
ni.sreich (!i.). — .lahresb. f. kl. Alt. 80. S. 2.S8-2S9 (Seyffertl
Hemacandra's Anekärthasamgraha. mir Auszügen aus dem
Kommentare des Mahendra herausgegeben A'on Th. Zachariae.
Deutsche Litt. Z. Sp. 9:54 -937 (B. Liebich).
Hench, George A. Der ahd. Isidor. Facsinüle - Ausgabe.
LCB 1894 Sp. 1H9, 190. — Literaturbl. f. aerm. u. rom. Phil. Sp.
327—328 (O. Behaghel).
Henrv, Vict. Precis de arammaire comparee de Fanglais
et de ralleniand. LCB Sp. 1501 — 1503. Für zukünftige Lehrer be-
stimmt. Die Entwickluni;" des Deutsclien ist dem Verfasser weit
besser gelungen als die des Eniilisclien. Ref. bringt eine grosse
Rözensioncuver;<nichnis. 121
lleilie hei'ichtifi'cndev Notizen (F. H— ii). — Anz. f. i(\g. Spr. n. Alt.
Jir S. 184-186 (W. Streitbovg-). - Mod. Lanff. Not. Sp. 3»U-364 (H.
Schinidt-Wavtenbero'). — Rev. de l'instr. publ. eu Bei»-. S. 199—211).
p]iiie lange Reihe Bemerkung'en des Ref. (H. Logeman). — Academv
45 S. 16 u. 46 S. 283.
Henry, V. s. auch Bergalgne, A.
H erkenrath, Rol. Gerundii et geriindivi apnd Plaiitum et
Cvpvianum usnm comparavit . . Arch. f. lat. Lex. IX S. 316. —
Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 347—350 (Seyffert).
Herold, A. Ferd. s. Upanishad.
Heren das, Die Mimiamben des Herodas. Hgg". und er-
klart mit einem Anhang über den Dichter, die Überlieferung und
den Dialekt von Rieh. Meister. Rev. de Tinstr. pnbl. en Belg. S. 334
— 336 (Emile Boisacq).
Herondae Mimiambi. Iterum ed. Otto Crusiiis. LCB Sp. 926
bis 929. EinAvendungen gegen Crusius' Ansicht von der Geltung
der Correkturen des Papyrus und der Dialektform der Gedichte.
Referent tritt mit v. Wilamowitz ffecen Crusius u. a. für die Na-
mensform 'Hpuuibac; ein (R. M.). - Rev. Grit. S. 222-224. Die :Mei-
nnngsverschiedenheiten zAvischen Crusius, Buecheler und Blass über
den Wert der Correkturen sind mehr theoretischer als praktischer
Art. Cr. Standpunkt in der Dialektfrage ist prinzipiell eine gefähr-
liche Sache (G. Dalmevda). — Württ. Korr. - Bl. S. 297—298 (W.
Schmid). Bl. f. d. Gvmn. Seh. S. 456-460. Nachträge (H. Stadt-
niüller). — Berl. phil. Woch. Sp. 1446—1451 (H. Stadtmüller). —
Woch. f. kl. Phil. Sp. 971-972 (Sp.). — Ost. Litt. Bl. Sp. 301-302
(Gitlbauer).
Herondas s. aucli Crusius, Otto. ]M ekler S.
Hertz, Wilh. Die Sage vom Giftmädchen. LCB 1894 Sp.
321, 322. Reiches Material, formell unfertig (AI. T.).
Hess, Georg". Geist und Wesen der deutschen Sprache.
Arch. f. d. Stud. d. neuer.. Spr. u. L. 92 S. 78 (Max Roediger).
Heusler, Andr. Über germanischen Versbau. LCB 1894
Sp. 362, 363. Kein Fortschritt gegen frühere Arbeiten des Ver-
fassers (H. Ht.). — Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. Sp. 289-290
(0. Brenner).
He Witt, T. J. The Ruling Races of Prehistoric Times in
India, South-Eastern Asia, and Southern Europa. Athenaeum p. (;09.
Nov. 3. 94.
Hey, Gust. Die slavischen Siedelungen im Königreich
Sachsen mit Erklärung ihrer Namen. LCB Sp. 1446— 1447. — Arch.
f. d. St. d. neuer. Spr. ir. L. 92 S. 471 — 472. INIaterialsammlung sehr
verdienstlich, Erkläruna" meist nüsslunffen (A.Brückner). — Zeitschr.
f. d. deutsch. Unterr. S. 204—207 (Oskar Bi'.hme).
Hevne, Moritz. Deutsches Wiirterbuch 2. Bd. H— 0^>. .5. Halbbd.
R-setzen. LCB 1894 Sp. 682. Trefliiches Hülfsmittel für weitere
Kreise, denen Grimms Wörterbuch zu gross ist.
Hevne, Moritz. Deutsches Wörterbuch. H— Quittung. Zeitschr.
f. deutsclie Phil. S. 132-134. Nachträge (0. Erdmann).
Heyse, Joh. Christ. Aug. Deutsche Grammatik oder r>ehr-
buch der deutschen Sprache. 25. Aufl. Von Otto Lvon. Centr.
Org. f. d. Int. d. Realschuhv. S. 173 (Stühlen). — Jahresb. üb. d.
Ersch. auf d. Geb. d. germ. Phil. 15, S. 29 (Bötticher).
Hickethier. Zur Betonung des Lateinischen. Jnhresi). f.
Geschichtsw. 15 I 170 (Hüter).
Hicks, E. L. s. Paton., W. R.
Hildebrand, Rieh, i'ber das Problem einer allgemeinen
122 RezensionenvevzeichniH.
Entwickhing'sgeschichte des Iicclitcs und der Sitte. Globus 66 S.
210 (A. Vierkandt). — Beil. z. Alig-. Z. Nr. 167.
Hilg-ard, Alfr. s. Grammatiei g'raeci.
Hintner, Valentin. Die Verba des Befelilens in den indo-
g'eiunanisehen Sprachen. Neuphil. Cbl. S. 246.
Hirt, H, Die Urheimat der Idg-. J. F. I S. 464-484. Jahresb.
f. Geschichtsw. 15 I 2 (Hoernes).
H öf er , 0, Die Priesterschafteu in Karlen und Lvdien. Jahresb.
f. Geschichtsw. 15 I 149 (Hüter)
H 0 f f m a n n , Eduard. Der mundartliche Vokalismus von Basel-
stadt. Zeitschr. f. deutsche Phil. S. 138—140. Sorg-fältig-e Lautsta-
tistik (P. Schild).
Hoffmann, Ernestus. Sylloge epig'rammatu.m Graecorum
quae ante medium saeculum a. Chr. n. tertium incisa ad nos per-
venerunt. LCB Sp. 898, 899. Interimistische Erg'änzung- zu Kaibels
Sylloge (Cr.). — Berl. phil. Woch. Sp. 865-869. Verschiedene Ände-
rung-svorschläg-e (H. Stadtmüller). — Bl. f. d. Gvmn. Schuhv. S. 748
bis 750 (Preg-er).
Ho ff mann, Hug-o. Der erste Sprech- und Sprach-Unterricht
in der Taubstummenschule. Centr. Org". f. d. Int. d. Realschulw. S.
.'^60-361 (L. Rudolph).
Hoffmann, Otto. Die griechischen Dialekte in ihrem histo-
rischen Zusammenhange mit den wichtigsten ihrer Quellen, l.u. 2.
Bd. Zeitschr. für die österr. Gymn. S. 738—747. Referent skizziert
die Entwicklung der griechischen Dialektkunde. Was Hoffmann
vor Meister voraiis hat: Planmiissigkeit der Anlage und Einreihung
der Avichtigsten Texte in seine Darstellung. Ref. gibt ausführlichere
Bemerkungen zu dem kyprischen Epigramm 144 (68) aus Golgoi,
zum 3. Gedicht der Balbilla, zu den Fraa'menten der Sap]iho und
des Alkaios (Heinrich Schenkl). — Class.'Rev. S. 210—212. 2. Band.
Die „ausführliche kritische Bearbeitung der Quellen" ist unnötig. Laut-
und Formenlehre sind durch Fülle des Materials und Klarheit der
Anordnung ausgezeichnet (A.G. Laird). — Rev. di? philol. 18 S. 180 ff.
(Ch. Lambert).
Holder, Alfred. Alt-celtischer Sju-achschatz. — Zeitschr. für
die österr. Gvnui. S. 145 — 146. Benicrkuno-en zu einzelnen Wörtern
der 3. u. 4. Lief. — Deutsche Litt. Z. Sp.' 743. Zürn. Lief. (E. Hüb
ner). — Polvbib. 70 S. 1.38 4. Lief. (H. Gaidoz). — Ibidem 71 S 249
5. Lief. (H. Gaidoz). — Rev. Celt. S. 236 (H. d'A. de J.). — Academv
46 S. 283.
Holzweissig, Friedrich. Griechische Schulgrannnatik . . .
auf Grund der Ergebnisse der vergleichenden Sprachforschung.
Zeitschr. f. d. Gymnasialw. S. 321-330.
Homer. Hymni Homerici, codicibus denuo collatis recensuit
Alfredus Goodwin cum quattuor tabulis ])hotograpliicis. Rev. Grit.
S. 5 bis 7 (Mv.). — Class. Rev. S. 156-157 (E. E. Sikes). - Berl.
phil. Woch. S]). .3.53-3.57 (Arthur Ludwich).
Homer. The Riad of Homer, edited In- Arthur Platt. Class.
Rev. S. 464-465 (D. B. Monro).
Homer. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 1 77— 78. Liltcraturbcricht
(S. Brück).
Homer s. auch Erhardt, Louis; Kokorudz, Elias; La
Roche, Jacob; Ludewig, Anton; Ludwich, Arthur; Maza-
iiowki, Nikolaus; N<'umann, Max; Keichel, Wolfgang.
Hörn, P. Grundriss der Ncuiiersischen Etvmologie. Anz. f.
idg. Spr. u. Alt IV S. 22-24 (Willi. Geiger). — Zeit.schr. d. deutsch.
inorgenUlndischcn Ges. S. 169—170. Erklärung zu der Rezension
RezeiiHioncuvcrzcichnis. 123
0. Manns zum jGrundriss der neiiporsischcn Etvmologio' In clor
Zeitschr. f. deutsch, moro-enl. Ges. 47 S. 700 (Paul Hörn). — Per-
sische Studien v. H. Hübschmann S. 1—112 Reichliche Beitrüge,
Berichtigungen und Nacliträge,
Howorth, H.H. The beginning ofPersian hlstorv. Jahrcsb,
f. Geschichtsw. I 73 (F. v. Spiegel).
Hub ad, Franc. Anton Janezieev slovensko-nemslii slovar.
18933. Arch. f. slav. Phil. S. 471-472 (V. Oblak).
Hübner, E. Römische Epigraphik. 18922. Jahresb. f. kl. Alt.
81 S. 252-253 (Haug).
Hübner, E. s. auch iMonumenta Linguae Ibericae.
Hultsch, Friedr. Die erzählenden Zeitformen bei Polvbius
HI in Abb. d. phil. bist. Cl. d. k. sflchs. Ges. d. W. XIII (1893). LCB
1894 Sp. 16, 17. — Berl. phil. Woch. Sp. 454-457 (Theodor Büttner-
Wobst).
Humboldt, Wilh. v. Briefe von W. v. H. an Friedrich Hein-
rich Jacobi. Hgg. und erläutert von Albert Leitzmann. Hist. Zeit-
schr. S. 97—98. Wichtig der 15. Brief mit Ansichten H. über Sprach-
bereicherung und Übersetzungskunst (Albert Köster). — Hist. Zeit-
schr. 73 S. 97-98 (Albert Köster).
Jackson, A. V. W. Avesta Grammar I B. B. XX 180-184.
Bemerkungen zu einzelnen §§ (P. Hörn). — Zeitschr. d. deutsch,
morgenländ. Ges. S. 142—157. Zahlreiche Einwendungen des Re-
zensenten (Chr. Bartholomae). — Am. Journ. Phil. XV 374 ff. (C. D.
Bück).
Jackson, A.V.W. Avesta Reader I B. B. XX 184 (P. Hörn).
— Rev. Grit. S. 338-3.39 (A. Meillet). — Anz. f. idg. Spr. u. Alt.
IV S. 21-22 (Wilh. Geiger). — Am. Journ. Phil. XV 374 ff. (C. D.
Bück).
Jacobi, H. Über das Alter des Rgveda (in Festgruss an
Rud. v. Roth zum Doktor Jubiläum, 24. August 1893). Deutsche Litt.
Z. Sp. 871 (A. Hillebrandt). — Bull. Grit. S 137. — Journ. As. 9.
Ser. 3 S. 156—172 (A. Barth). — Proceedings of the Am. Gr. Soc.
March 1894 S. LXXXII bis XCIV. On a recent attempt, by Jacobi
and Tilak, to determine on astronomical evidence the date of the
earliest Vedic period as 4000 B. C. (W. D. Whitney).
Jacobs, Ämilius. Thasiaca. Deutsche Litt. Z. Sp. 175— 17G.
Wichtig die Behandlung der von Miller entdeckten Theoreniuschrifteu
(E. Bethe). —Berl. phil. Woch. Sp. 7S9— 790 (L. Bürchner). — Woch.
f. kl. Phil. Sp. 891-894. Treffliche Vorarbeit für eine Sammlung
der thasischen Inschriften (Otto Kern).
Jagic, V. Glagolitica II Grsl^ovieev odlomak glagolskog
apostola. Arch. f. slav. Phil. S. 459-471 (Oblak).
Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche .Sprachforschung
1892. Zeitschr. f. d. deutsch. Unterr. S. 272-274 (0. Glöde).
Jahresbericht über die Erscheinimgen auf dem Gebiete der
germanischen Philologie. 14 (1892). Zeitschr. für die österr. Gvmn.
S. 235 (R. M. Werner).
Jahresbericht, Kritiseher, über die Fortschritte der Roma-
nischen Philologie. Von Karl ^'ollmölk'r und Richard Otto. I 1S90.
Neuphil. Cbl. S. 47—48 (Wendt).
Jahresberichte der Geschiclitswissenschaft, hgg. von J.
Jastrow XV (1892). Berl. phil. Woch. Sp. 1070-1072 (L. Bürchner).
— Zeitschr. f. Realschuhv. S. 298 (Josef Frank). — Blätter f. d. bnvr.
Gymn.-Schulw. S. 560 -.562 (H. Simonsfeld).
Tlie Jaiminlya or Talavakära Upanishad Brülimana:
124 Kezensionenverzeichnis.
Text. Translation, and Not<is. Bv Hanns Oevtcl (Jouvn. ot' tlu; Am.
Or. Soc. Vol. XVI 1894). Rcv. Grit. 28 S. 14.Ö-147 (V. Henry).
Jai na- Inschriften. Jahvesb. f. Geschichtsw. 15 1 56—58. Litte-
rn tur über dieselben (R. 0. Franke).
Janezie, Anton s. Hub ad, Franc.
Jardon, A. Grammatik der Aachener Mundart I (Laut- u.
Formenlehre). Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 70-71 (Friedrich
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bis 331 (Ernst Maass). — Woch. f. kh Phil. Sp. 62-65, 92-96 (H.
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Jeep, Ludw. Zur Geschichte der Lehre von den Redeteilen
bei den lateinischen Grammatikern. LGB Sp. 859 — 861. Leider ver-
ziehtet der Verfasser auf Heranziehung- der o-riechischen Quellen;
selir nützliche Einleitun.o- über Inhalt und Stellung- der hauptsäch-
lichsten Grammatiker (Gn.). — Neue phil. Rundsch. S. 413—414 (0.
Weise). — Nord. Tidsskr. f. Filol. III. R. 3. Bd. S. 55-56 (C. Jör-
gensen).
Jellinek, M. H. Beiträge zur Erklärung der g-ermanischen
Flexion. Zeitschr. f. deutsche^Phil. S. 265—267. Darstellung- des
vokalischen Auslautgesetzes antiquiert. Synkopierungs-Theorieen
nicht überzeugend (Friedrich Kauffmann). ~ Ark. f. nord. fil. S. 97
bis 100 (Karl Ferdinand Johansson).
Jelling-haus, H. Arminius iind Sieg-fried. Anz. f. deutsch.
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Jelling-haus, H. Die Niederländischen Volksmundarten.
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Jespersen, Otto. Fremskridt i Sprog-et. Literaturbl. f. germ.
u. roin. Phil. Sp. 177 — 178 (Friedr. Kauffmann).
Jespersen, Otto. Progress in Lang-uage. Rev. Grit. S. 501
bis 504. Ein für Lehrer und Schüler des Englischen höchst lesens-
wertes Buch (V. Henry). — Academy 46 S. 5,38-539 (A. H. Keane).
Ihering, Rud. v. Vorgeschichte der Tndoeuropäer. Beil. z.
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Ihne, W. Römische Geschichte I 2. Aufl. Gentr. Org-. f. d.
Int. d. Realschulw. S. 181 (Lg.). — ßerl. phil. Woch. Sp. 216 (Her-
mann Schiller). — LGB Sp. 176-177 (K. J. N.). — Woch. f. kl. Pliil.
Sp. 537—5.39 (A. Hock). — Blätter f. d. bayr. Gymn.-Schulw. .S. 552 —
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Norges Indskrifter med de aeldre Runer. Udgivne for det
Norskc Historiske Kildeskriftfond ved Sophus Bugge, 1. und 2.
Heft. Deutsclie Litt. Z. .Sp. 1062—1064. Bemerkungen des Refe-
renten namentlich über den Stein von Tune und die deutscheu
Runen (R. Henning).
Job, Leon. Le present et ses derives dans la conjugaison la-
tine d'apres les donnees de la grammaire comparee des langues
indo-euro])eennes. Rev. Grit. S. 353— .357. Bemerkungen des Re-
zensenten über den Unterschied des lateinischen Präsens von dem
anderer idg. Spradien (A. Meillet). — Neue phil. Rundsch. S. 285— 287
(Fr. Stolz).
Joiinson, Franciscus. De Goniunctivi et Optativi ITsu Eiiri-
pideo in Enuntiatis Fiiialibus et Gondicionalibus. GImss. Rev. S. 215
(W. J. Battle). — Riv. di Fil. S. 470-472. — Berl. phil. Woch. Sp.
SezönsiönCnverzeichnis. 125
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bei-i^-er). — Eev. de philol. 18 S. 182—184 (Keelhoff).
Jönssoii. F. Et par benuerkning'er til prof. Noreeiis 'Jeinnäle'
Ark. f. nord. ttlol. 10 S. 219-222.
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Geb. d. g-erm. Phil. 15'^S. 40-41 (Kinzel).
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Geb. d. germ. Phil, lö", S. 23 (Felix Hartmann).
Keller, 0. Zur lateinischen Sprachgeschichte I (Lat. Ety-
mologieen). Neue phil. Rundsch. S. 154—156. Apercus ohne ein-
heitliches Prinzip (Carl Pauli). — Bl. f. d. Gymn.-Scli. S. 509—511
(Häussner).
Keller, 0. Lateinische Volksetvmologieen und ^'er^vandtes.
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KelJer, 0. s. Maurenbrecher, B.
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für d. österr. Gvnin. S. 274—275 (F. Wawra). — Litteraturbl. f. germ.
u. rom. Phil. Sp. 330-331 (Karl D. Bülbring).
Kenyon, F. G. s. Catalogue of Greek Papyri.
Kerbaker, Michele. Saturno Savitär e la leggenda dell' Etä
deir oro. Jahresb. f. kl. Alt. 81 S. 60 (Grujjpe).
Kern, Otto. Die Gründungsgeschichte von Magnesia am
12Ö Rezensionen Verzeichnis,
Miiiandros. Eine neue Urkunde. Wocli. f. kl. Phil. Sp. 1329-1332
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Kharouzin, N. Obzor doTstoritchcskoi arkheolog'liii etc.
(A]H'r(,'u de rarchcolog'ie prc''hi.storique des proviiices Baltique.s). Aus
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Kirclnnayr, Heinr. Der altdeutsche Volksstanim der Qua-
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Klemm, Kurt s. S ad viui^abrähmaiia.
Klotz, Richard. Grundzüge der altrömischen Metrik. Jah-
resb. üb. d. Fortschr. d. kl. Alt. 80 S. 255 (Seyffert).
Kluge, Friedr. Etymologisches Wörterbuch der deutschen
Sprache. 5. Aufl. Zeitschr. für die österr. Gvmn. S. 518—521
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Kl US s mann, Rudolf. Systematisches Verzeichnis der Ab-
handlungen, welche in den Schulschriften sämtlicher an dem Pro-
grammaustausche teilnehmenden Lehranstalten erschienen sind.
2. Band 1886-1890. Berl. phil. Woch. Sp. 1559—1560 (R. Weil). —
Woch. f. kl. Phil. Sp. 270-271 (H. D.). — Zeitschr. f. Realschulw.
S. 115-116.
Knauth, P. Über Goethes Sprache und Stil im Alter.
Deutsche Litt. Z. Sp. 1228—1229. Beachtenswerter Anfang zu einer
Psychologie der Goethischen Sprache (Richard M. Meyer).
Knote 1, A. F. R. Atlantis und das Volk der Atlanten.
Woch. f. kl. Phil. Sp. 59-62. Ohne wissenschaftlichen Wert (A.
Wiedemann).
Koczyüski, L. De flexura Graecorum nominum pro]n-iorum
apud Lucilium, Varronem, Lucretium, Vergilium. Zeitschr. für die
österr. Gymn. S. 858—859 (B. Kruczkiewicz).
Kögel, R. Geschichte der deutschen Litteratur bis zum Aus-
gang des Mittelalters I 1. Ost. Litt. Bl. Sp. 555-557. Ret', wendet
sich u. a. gegen das Verfahren K.'s aus deii verschiedenen Bedeu-
tungen derselben Wiirzel in verschiedenen germanischen Sprachen
Schlüsse auf Thatsachen in der Geschichte des nationalen Cultur-
lebens 7A\ ziehen (Anton E. Schönbach).
Köhler, Reinhold. Aufsätze über Märchen und Volkslieder.
Zeitschr. d. Ver. f. Volksk. S. 98 (K. Weinhold).
Köppner, F. Der Dialekt Megaras und der megarischen Ko-
lonieen. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 32— .33 (A. Thumb).
Körting, Gust. Der Formenbau des französischen Verbums
in seiner geschichtlichen Entwicklung dargestellt (= Formenlehre
der französischen Sprache. 1. Bd.). LCB Sp. 1538 — 1539. Weg'cn
A'ieler Verstösse gegen die Lautgesetze nur mit Meyer-Lübke's Gram-
matik als Correktiv zu gebrauchen. — Deutsche Litt.-Z. Sp. 1230—
12.33. Gegenbemerkungen zu Risops Kritik desselben Buches Arch.
f. d. Stud. neuerer Spr. u. Litt. 92 S. 445-465 (W. Cloetta). — Franco-
Gallia S. 102 (K. Wilhehni). — Arcli. f. d. St. d. neuer. Spr. u. Litt.
92 S. 445—465. Ref. bringt wertvolle Zusätze (Alfred .Risop). —
Roniania S. 305.
Körting", Gustav. Grundriss der Geschichte der englischen
Litteratur von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. 1893-. Arch. f.
d. St. d. neuer. Spr. u. L. 92 S. 435—438 ((Jeorg Herzfeld). — Engl.
Stud. S. 246-252 (E. Kölbing).
Kogier, Peter. Die Dehnungsfrage in unserer Rechtschrei-
bung. Zeitschr, für die österr. Gymn. S. 1041 (Gustav Burghauser),
ßezensionenvei'zeichnis. l27
Kokoi'udz, Elias. Ablativus, Locativus und Instrumentalis
bei Homer in formeller und syntaktischer Beziehung'. II. Teil (pol-
nisch). Zeitschr. für die österr. Gynni. S. S4'J— 850. Sehr unyleich-
niässige Behandhuiy des Gegenstandes; Urteil im einzelneu beson-
nen (B. Kruczkiewicz).
Kollmann, S. Les races humaines de l'Europe et la question
arienne. Jahresb. f. GeschichtsAv. 15 I 2 (Hoernes).
Konow, Sten. Das Sfimavidhänabrähmana. Ein altindisches
Handbuch der Zauberei. Eing-eleitet und übersetzt. LCB Sp. 1848.
Zuverlässig- (Wi.).
Kovalewsky, Maxime. Coxitume contemporaine et loi an-
cienne. Droit covitumier ossetien eclaire par l'histoire comparee.
Rev. Celt. S. 131-132 (H. d'A. de J.). — Polybib. 70 S. 497-498.
Will durch Beobachtung" des Lebens und der Sitten der iranischen
Osseten viele dunkle Fragen des indoeuropäischen Rechts lösen
(Maurice Lambert).
Kraus, Carl. Deutsche Gedichte des 12. Jahrhunderts. LCB
1894 Sp. 82(3—827. Sammhing' bisher zerstreuter geistlicher Gedichte-,
nach einer bestimmten Seite hin ergänzende Fortsetziuig zu Müllen-
hoffs und Scherers Denkmälern.
Kraus, Friedr. S. Böhmische Korallen aus der Götterwelt.
Folkloristische Börseberichte vom Götter- und Mvthenmarkte. Arch.
f. Anthr. S. 278-288 (Th. Achelis). — Arch. f. d. St. d. neuer. Spr.
u. L. 92 S. 70-71 (L. Fränkel). — Jahresb. üb. d. Ersch. auf d. Geb.
d. germ. Ph. 15 S. 123.
Krause, Ernst (Carus Sterne). Die nordische Herkunft der
Trojasage bezeugt durch den Krug von Tragliatella. Woch. f. kl.
Phil. Sp. 145—147 (H. D.). — Zeitschr. f. Realschuhv. S. 1G9— 170.
Treibt bei seiner Verurteilung der vergleichenden Mythologie den
Teufel mit Beelzebub aus. (Vogrinz).
Krause, H. L. Die Amazonensage. Deutsche Litt.-Z. Sp. 583—
585 (Ernst Maass). - Woch. f. kl. Phil. Sp. 372— 373 (H. Steuding). —
Neue phil. Rundsch. S. 216—217 (Weizsäcker).
Krauss, Friedrich S. Haarschurgodschaft bei den Südslaven
(in 'Internationales Archiv für Ethnographie' VlI). Centr.-Org. f. d.
Int. d. Realschuhv. S. 763 (L. Freytag).
Krenkel, Max. Josephus und Lukas. Der schriftstellerische
Einfluss des jüdischen Geschichtschreibers auf den christlichen nach-
gewiesen. LCB Sp. 1633-1634. These und Beweisführung i)ara-
dox (B.).
Kr et Schmer, Paul. Die griechischen Vaseninschriften ilu'er
Sprache nach untersucht. LCB Sp. 1570— 1571. Diese Untersuchung
der Sprache der griechischen Töpfer liefert bedeutende Ergebnisse
für die griechische Grannnatik (K. M.). — B. ß. S. 304—307. Bemer-
kungen zur Etymologie von -|Liefaviuv (W. Prelhvitz). — Neue phil.
Rundsch. S. 152—154 (Meisterhans).
Krispin, K. Etymologische Uebcrsicht d. homerischen Sprache.
Zeitschr. für die österr. Gynni. S. 572—573. Kompilatorische Arbeit
ohne genügende Benützung der Hilfsmittel.
Krumb ach er, K. Mittelgriech. Sprichwörter. Blätter f. d.
Gymn.-Schulwesen XXX 128—137. Unverfälschte Wiedergabe in der
volkstümlichen Sprachform. Allerlei für die neugr. Grannn. und
Lexikogr. (Ed. Kurtz). — LCB Sp. 1809—1811. Bahnbrechend und
zugleich innerhalb gewisser Grenzen abschliessend (Cr.). — Class.
Rev. S. 874 (A. C. Zenos). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 030-633 (Leopold
Cohn). -- Neue phil. Rundsch. S. 274-279, 290-295. Textkritische
128 ftezensionoiivcrzoichnis,
BeuH'ikiuiiA'eu (J. Sit/Jer). — Bvz. Zcitschr. S. 105 — 19G. Selbstauzoigc
(K. K.). — "Tli. Lit.-Z. Sp. 578-571) (Pli. Äleyer).
Kriimbacher, K. Studien yai den Leg'eiulen des h. Tlieodo-
sios. LCB 1S5)4 Sp. 402—405. Treiüiclie sprachliclie Bemerkungen,
principielle Erövterung- über.'B.vz<intiner<iTiechi.sc'ir (H. U.).
Krystyniacki, Jan. Über die g-rieobische Spracbe der byzan-
tiniscben ScbriftsteUer im alig-emeinen und im besondern über die
Art slavische Namen auszudrücken (pohi.). Bvz. Zeitscln-. S. 420
(K. K.).
Kubier, B. Die lateinisclie Spracbe auf afrikaniscben In-
scbrii'ten. Jabresb. f. Gescbiclitsw. 15 I 170 (Hüter). — Anz. f. idg".
Spr. u. Alt. IV S. 67 (W. Meyer-Lübke).
Kühner, R. Ausführl. Gramm, d. griech. Sprache F besorgt
V. Fr. Blass. 2. Bd. Blätter f. d. Gymn.-Schulwe.sen XXX 292—295.
Nachträge von Litteratur und Belegstellen (A. Dyroff). — Zeitschr.
I'. d. Gymnasialw. S. 173 — 175. Staunenerregende Beherrschung
de.s sprachlichen wie des bibliographischen Materials (O.Weissenfels).
Kuhn, Ernst. Barlaam und Joasaph. Eine bibliograpliiscli-
literargeschichtliche Studie. LCB Sp. 1105 — 1106. Wahres Schau-
stück von Belesenheit und Literaturkenntnis (Wi.). — Nation (N.Y.)
58 S. 143. — Journ. of the R. As. Soc. S. 402-404 (M. Gastcr). —
Romania S. 312.
Kulturgeschichte. Jahresber. d. Gesch. 15 § 70 B. Giebt
auch die Litteratur der ältesten Zeiten in dem Referat üb. d. Jahr
1892 (G. Steinhausen).
Laistner, Ludw. Germanische Völkernamen. Literaturbl. f.
gerni. u. rom. Phil. Sp. 105—107 (Herrn. Hirt).
Laiin, Esaias. De particularum comparativarum usu ai)ud
Terentium. Woch. f. kl. Phil. Sp. 1258-1259 (0. Piasberg).
Landau, M. Menschopfer bei den Römern. Jahresb. f. Ge-
Rchichtsw. 15 I 165 (Hüter).
Landgraf, G. Beiträge zur lateinischen Kasussvntax. Arch.
l'. lat. Lex. S. 147—148. — Zeitschr. für die österr. Gvmn. S. 1002—
1003. Mustergiltig (J. Golling). — Woch. f. kl. Phik Sp. 413—414
(H. Ziemer).
Larfeld, W. Griechische Epigraphik. Jahresb. f. Geschichtsw.
15 I 112 (S. Brück).
Larniinie, William. West-Irish Folktales and Romances. Rev.
Celt. S. 235 (H. d'A. de J.).
La Roche, J. Beiträge zur gricch. Gramm. I. Blätter f. d.
Gynin.-Schuhvesen XXX 228-229 (J. Haas). — Rev. crit. S. 33-34.
Der Gewinn für die Bereicherung unserer Kenntnis griechischen
Sprachgebrauchs stellt nicht im \'erhältnis zu der aufgewandten Ar-
beit (My.). — Deutsche Litt.-Z... Sp. 872—873 (Paul Kretschnier). —
Berl. pliil. Woch. Sp. 245— 248. Ode Stellensaminlungeu (Gust. Meyer).
— Woch. t. kl. Phil. Sp. 572--573. Wertvolle Bausteine (J. Sitzler). —
Rev. des etud. Gr. S. 252-253 (M. E.). — Württ. Korr.-ßl. S. 473-
474 (Meltzer).
La Roche, Jacob. Homerische Untersiu-hungen. 2. T. LCB
Sp. 1064 — 1065. Ist syntaktischen Fragen gewidmet. Reiche Matc-
rialsammlung, aber wenig gesichtet. Die syntaktisclie Forschung
der letzten Jahrzehnte ist auf die Anschauungen des Verfassers ohne
l'.inlluss geblieben (W. S. . . ze). — Rev. cri't. S. .-,2— 33. Der Ver-
lasser täuscht sich über die Wichtigkeit seiner Schlüsse, die nicht
HO neu sind als er glaubt; dabei erdrückt er den Leser durch eine
Überfülle von Beisi)ielen, statt drei oder vier besonders einleuch-
tende aulzuführen (My.). — Deutsche Litt.-Z. Sp. 201-203 (Ernst
Rezensionenverzoiclmis. 129
Maass). — Rev. des etiul. Gr. S. 105—10(5 (R. Harmand). — Nord.
Tidsskr. f. Filol. III. R. 3 Bd. S. 47-54 (V. Kuös). — Berl. phil. Woeh.
Sp. 481—487 (R. Peppmüller). — Neue phil. Rundsch. S. 177—182
(E. Eberhard).
Larsson, Ludvig-. Ordförrädet i de ülsta Islänska Hand-
skrifterna, leksikaliskt ock g'ramatiskt ordnat. Acadeinv 45 S. 439.
— Arch. f. d. St. d. neuer. Spr. u. L. 92 S. 442-443 (A.' Heiisler).
La Terza, Ermenegildo. Modi e teiiipi forinatisi sul teina del
perfetto nelle ling'iie indo-europee e specialmente nell' antico indiano
ed iranico, nel g-reco e nel latino. Anz. f. idg-. Spr. u. Alt. III S. 182
(F. Skutsch).
Lattes, E. Sag-g'i e appimti intorno alla Iscrizione Etrusca
della Mummia. Deutsche Litt.-Z. Sp. 331—333. Fleissig-e und g-eist-
volle Untersuchungen zur Mumienbindeninsolirift im Sinne der ita-
lisch-etruskischen Sprachverwandtschaft (\Y. Deecke). — Berl. phil.
Woch. S. 1109—1112 (W. Deecke). — Neue phil. Rundsch. S. 143 bis
144 (Carl Pauli). — LCB 1894 Sp. 218, 219. Versuchter Nachweis
der Verwandtschaft des Etruskischen mit den italischen Sprachen
nicht erbracht.
Lavrovs, P. A. Obzor^ zvukovvch;!) i formalMi3'ch» osoben-
nostej bolg'arskag'o jazyka. Arch. f. siav. Phil. S. 282—284 (V. J.).
— Ibidem S. 481—492 Reichhaltig-es historisches Material für die
bulgarische Laut- und Formeidehre (V. Oblak).
Le Bon, Gust. Les Monuments de l'Inde. Rev. Grit. S. 241 bis
245 (A. Barth).
Le Braz. La leg"ende de la Mort en Basse-Bretagne. Rev.
Celt. S. 124—126 (H. d'A. de J.).
Leeuwen, J. van. Enchiridion dictionis epicae. Pars poste-
rior cum proleg'omenis et indice. LCB Sp. 1295 — 1296. Behandelt
von der Homergrammatik Verbum und Partikel. Über griechische
Dialekte und vorhistorische Grundlage des Griechischen ist der V.
ungenügend unterrichtet (J. VV.).
Lefevre, A. Ethnographie linguistique. La science des re-
ligions dans ses rapports avec rethnogra])hie. Place des indo-eiiro-
peens dans l'evol. bist. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 5 (Hoernes).
Lefevre, A. Race and Language. Academv 46 S. 514. Nicht
sorgfältig, veraltet.
Leger, Louis et Bardonnant G. Les racines de la lana'ue
russe. Rev. de ling. S. 169—170 (J. V.).
Le Hir, D. M. de Quatretoges et ranthropoloü-ie. Polvbib.
70 S. 365—366 (Jean d'Estienne).
Leidolf, Jul. Die Naunheimer Mundart. Literaturbl. f. u'orm.
II. rom. Phil. Sp. 112—113 (August Höfer).
Leipold, W. Über die Sprache dos Juristen Aemilius Pa-
pinianus. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. {]G (W. Meyer-Lübke).
Leist, B. W. Alt-arisches jus civile. 1. Abt. Jahresb. üb. d.
Ersch. auf d. Geb. d. germ. Ph. 15 S. 110 (Böhm).
Lei and, Ch. G. Etruscan Roman remains in ])oinilar tradi-
tion. Jahres)), f. Geschichtsw. 15 I 122 (Hüter).
Le Maitre. Phonetique. Organe de TAssociation Phonetique
des Professeurs de Langues Vivantes. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV
S. 6, 10-11 (W. Victor).
Lenz, Rudolfo. La Fonetica. — Derselbe, Fonetica aplicada
a la ensenanza de los idiomas vivos. Fonetica francesa. — Der-
selbe und Antonio Diez, Metodolojia para la ensenanza inductiva
del frances. — Dieselben, Libro de lectura jiara la ensenanza prac-
tica del frances. LCB Sp. 1600.
Anz'igei- VI 1 u. 2. 9
130 Rezensionen Verzeichnis.
Leppermann, Herrn. De correptione vocabiilorum iambi-
corum, cjuae apiid Plautum in senariis atqiie septeiiariis iambicis
et trochaicis inveniuntur. Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 259—267 (Seyffert).
Leskien, A. Die Bildung- der Nomina im Litauischen. Anz.
f. idg-. Spr. u. Alt. TV S. 56-59 (Josef Zubaty).
Leskien, A. Untersuchuno-en über Quantität und Beto-
nung* in den slavisc-hen Sprachen. 2. Teil. LCB Sp. 1178— 1179. Reife
Frucht einer niühselig-en Arbeit (Wdm.). — Anz. f. idg". Spr. u. Alt.
IV S. 52—56 (H. Hirt).
Letoiirneau, Ch. L'PIvolution litteraire dans les diverses
races humaines. 1 vol. L'Anthropologie S. 109—110 (R. Venieau). —
Revue de Ling. S. 166—168 (Julien Vinson).
Letourneau. Les orig-ines de la litterature. Jahresb. für
Geschichtsw. 15 I 5 (Hoernes).
Lichtenberger, H. De vex-bis quae in vetustissima Germa-
norum lingua reduplicatum praeteritum exhibebant . . . Anz. f.
deutsch. Alt. S. 83—84 (Ferd. Holthausen).
Lienhart, Hans. Laut- und Flexionslehre der Mundart des
mittleren Zoruthales im Elsass. Zeitschr. f. deutsche Phil. S. 137 bis
138. Einige grundsätzliche Erörterungen des Ref. (Adolf Sociu). —
Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 70—71 (Friedrich Kauffmann).
Lind, Josephus. De dlalecto Pindarica I. Prolegomena et de
vocalismo Pindarico ex proximis sonis non apto. Deutsche Litt.-Z.
Sp. 1132—1133. Gesundes Urteil (Otto Schroeder). — Berl. phil.
Woch. Sp. 675 (L. Bornemann).
Linde, S. Über das Carmen Saliare. Jahresb. f. Geschichtsw.
15 I 166 (Hüter).
Lindsav, W. M. Deminutives in -culus. Their metrical treat-
ment in Plautus. Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 258—259 (Seyflfert).
Lindsay, W. M. On the Accentual Element in Early Latin
Verse, with a New Theorv of the Saturnian Metre. Athenaeum I
March S. 317.
Lindsav, W. M. On the Satiu-nian Metre (Am. Journ. of
Philol. XIV Nr. 2). Class. Rev. S. 108-110. Verficht die Akzent-
theorie; methodisch wichtig- (A. S. Wilkins). — Berl. pliil. Woch.
Sp. 1012—1015. Kommt auf g-anz anderem Wege zu ähnlichen Re-
sultaten, wie der Verf. schon vor ihm (Keller). — Woch. f. kl. Phil.
Sp. 545—546 (Draheim).
Liptay, Alberto. Lang-ue Catolique. Projet d'un Idiome In-
ternational sans construction grammaticale. Med. Lang. Not. Sp. 171
—180 (Samuel Garner).
Losch, Fr. Balder und der weisse Hirsch. Jahresb. üb. d.
Ersch. auf d. Geb. d. germ. Ph. 15 S. 120.
Lotli, J. Les mots latins dans les lans'ues brittoniqiies. Anz.
f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 43— 46 (R. Thurneyscn).
Lounsburv, T. R. Historv of the Enü'lish Language. 1894^.
Arch. f. d. St. d. neuer. Spr. u. L. 93 S. 174—176 (J. Z.).
Ludewig, Anton. Schliemanns Ausgrabungen und die home-
rische Kultur. Neue phil. Rundsch. S. 330—331 (Kud. Menge).
Ludwich, Arthur. Homerica. Berl. phil. Woch. Sp. 641— 644
(P. Eg-enolft').
Lud wich, Arthur. Adnotationum criticarum ad scholia in
Homeri Iliadein Genavensia pars II et conimentatio 'Quantitäts-
zeichen in den ältesten Iliashandschriften' inscripta. Berl. Phil. Woch.
Sp. 1—3 (P. Eg-enolft).
LudAvich, Arthur. Batrachoniyomachiae Homericae arche-
typon ad fidem codicum antiquissiniorum . . . restitutum. Zeitschr.
Rezensionenverzeichnis. 131
für die österr. Gymu. S. 888 — 901. Ausführliche Bemerknng'en des
Rezensenten zu den Eig'entümlichkeiten der Handschriften.
Lübke. LTber Todtenbräuche der Neug-riechen. BeiL z. Alla'.
Z. Nr. 7.
Lukas, Fr. Die Grundbeg'riffe in den Kosmogonien der ahen
Völker. Arch. f. Anthr. S. 27.S— 275. Über die Grundprinzipien der
vergleichenden Betraciitung- in der Wissenschaft (Th. Achelis). —
Anz. f. deutsch. Alt. S. 113—115. Methodisch musterhaft (Richard
M. Meyer).
Lundell, J. A. Svensk ordlista med reformstavuing ock ut-
talsbeteckning. LCB 1894 Sp. 217, 248. Weiter Blick, gründliche
sprachgeschichtliche Schulung (-gk). — Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV
S. 51—52 (Gustav Morgenstern).
Lutz, Leonh. Die Kasus-Adverbien bei den attischen Red-
nern. Neue phil. Rundschau S. 219—220 (Meisterhans).
Lyon, Otto s. Heyse, Joh. Christ. Aug.
Mac Cormac, John. The Inlkience of Language and En-
vironments upon the Individual throug'h the nervous svstem. Arch.
f. Anthr. S. 147 (Rudolf Martin).
Mc Crindle, J.W. The Invasion of India by Alexander the
Great as described by Arrian Q. Curtius Diodorus Plutarch and
Justin. GGA. S. 647 — 651. Bemerkungen mit Bezug auf die Geo-
graphie des Veda (Alfred Hillebrandt).
Macdonald, D. The Asiatic Origin of the Oceanic Lauü-uages.
Globus 65 S. 362—363 (Friedrich Müller).
Macdonald, D. Oceania. Lina'uistic and anthropological.
Globus 65 S. 362—363 (Friedrich Müller).
Mahaffv, J. P. The Flinders Petrie Papvri IL Athenaeum I
Apr. S. 472—4^3, 511. — Zeitschr. f. d. öst. Gvmn. S. 907—913 (Ad.
W^ilhelm).
Mahaffy, P. Problems in Greek history. Jahresb. f. Ge-
schichtsw. 15 I 101. Bespricht u. a. neuere Darstellungen der grie-
chischen Geschichte (S. Bi-uck).
Mair, G. Res Raeticae. Jahresb f. Geschichtsw. 15 1 148 (Hüter).
Marchot, Paul. Solution de quelques difficultes de la pho-
netique fran(,'aise. Chapitre du vocalisme. Literaturbl. f. germ. u.
rom. Phil. Sp. 11— 13^(W. Meyer-Lübke).
Maretic, T. Zivot i knizevni rad Fraüa Miklosica. Arch. f.
slav. Phil. S. 494—497 (V. Oblak).
Marino V, D. Jiva starina, etnografitchesko folklorno spisa-
nie (L'Antiquite vivante, recueil d'ethuographie et de folklore) L'An-
thropologie S. 228-229 (Th. V.).
Martin, Johannes s. Varnhagen, Herm.
Martiny, Benno, Kirne u. Girbe. Woch. f. kl. Phil. Sp. 1232
1235. i\Iit historischem Sinn und technischen Kenntnissen Avird über
Kirne und Girbe, die arische und die semitisch-mongolische Bezeich-
nung für die Urform des Butterfasses gehandelt (Max C. P. Schmidt).
— Öst. Litt.-Bl. Sp. .658—659 (Wilhelm Hein).
Marty, A. Über Sprachretiex, Nativismus und absichtliche
Sprachbildung. Jahresb. üb. d. Ersch. auf d. Geb. d. germ. Ph. 15
S. 12 (Felix Hartmann).
Marty, A. Über das Verhältnis von Grammatik und Logik.
Jahresb. üb. d. Ersch. auf d. Geb. d. germ. Phil. 15 S. 13 (Felix Hart-
mann). — Zeitschr. f. d. österr. Gymn. S. 126 (Karl Schenkl).
Mascke, C. H. Über die Bedeutungen der Sprachlaute und
die Bildung der W^ortbegriftV. Jahresb. üb. d. Ersch. auf d. Geb. d.
germ. Ph. 15 S. 12 (Felix Hartmann).
132 Eezen.sioncnverzcichnis.
^laspöro, G. Histoive ancieiine des pouples de rOrient I.
Rev. Grit. S. 331— 332 (Salomon Reinach). — Polybib. 71 S. 485-486.
Maspero, G. Geschichte der morgenländisclien Völker im
Altertum. Nach der 2. Aufi. übersetzt v. R. Pietschmanu. Ceiitr.-
Org. f. d. Int. d. Realschuhv. S. 180-181 (Lg.).
Mather, Frank Jewett. The Conditional Sentence in Anglo-
Saxon. Engl. Stud. S. 406-408 (J. E. Wülfing).
Matov, D. Gr^ko-bslgarski studii. Byz. Zeitschr. 8.182—183.
Behandelt den griechischen EinHuss auf die bulgarische Sprache,
die Geschichte der Slavenfrage in Griechenland, die slavischen Lehn-
Avörter im INIittel- i;nd Neugriechischen: das Beste, was wir über den
Gegenstand besitzen (Gustav Mever). — Areh. f. slav. Phil. S. 304 bis
307 (V. Oblak).
IMatthlas, Tlieod. Sprachleben i;nd Sprachschäden. Arch. f.
d. St. d. neuer. Spr. u. L. 92 S. 86—88 (Max Roediger). - Jahresb.
üb. d. Ersch. auf d. Geb. d. germ. Phil. 15 S. 31 (Bötticher).
Maurenbrecher, B. Carminum Saliarixim Reliquiae. Rev.
Grit. 432-433 (P. L.). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 1371-1372 (C. W.).
Maurenb reell er, B. Zur Litteratur der lateinischen Sprach-
wissenschaft. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 169. Bespricht eingehend
0. Keller, Lateinische Volksetymologie und 0. Weisse, Charakteri-
stik der lateinischen Sprache (Hüter).
Maurer, Konrad. Die Huldar Saga. LGB Sp. 1774— 1775 (-gk.).
Maxwell, Herbert. Scottish landnames, their origin and mea-
ning, Rev. Gelt. S. 234—235 (H. d'A. de J.).
Mav, Mart. Beiträge zwr Stammkunde der deutschen Sprache.
LGB Sp. 962, 963. Die reinste Makulatur (Bgm.). — Zeitschr. f. d.
österr. Gvmn. S. 1113— 1114. Handgreiflicher Unsinn (F. Detter). —
Anz. f. idg. Spr. u. Alt. HI S. 183 (H. Hirt). — Berl. phil. AVoch.
Sp. 567—568 (F. Skutsch). — Arch. f. d. Stud. d. neuer. Spr. u. L.
92 S. 72-77 (J. Z.).
MazanoAvski, Nikolaus. Über die Gastfreiheit der Hom.eri-
schen Griechen. Zeitschr. f. d. österr. Gymn. S. 853—854. Mangel-
hafte Benützung der Litteratur über den homerischen Seivoc (B.
Kruczkiewicz).
Meister, Rieh. s. Her o das.
M ekler, S. Neues von den Alten. Neue phil. Rundsch. S. 88
bis 90. Bringt schätzenswerte Beiträge zu den Mimiainben des Heron-
das (J. Sitzler).
Melandcr, G. A. Archäologische Fragen in botanischer Be-
leuchtung. Arch. f. Anthr. S. 263—266. Betont die Wichtigkeit bo-
tanischer Gesichtspunkte für die Prähistorie (J. Mcstorf).
Mendels ohn, L. Zum griechischen Lexikon. Bvz. Zeitschr.
S. 419 (K. K.).
i\Ientz, Ferd. Bibliographie der deutschen Mundartenfor-
schung. Litteraturbl. f. germ. u. rem. Phil. Sp. 220 (0. Behaghel). —
Jahresb. üb. d. Ersch. auf d. Geb. d. germ. Phil. 15 S. 35 (W. Seel-
mann). — Mod. Lang. Not. Sp. 119—120 (G. H. Bierwirth).
Meyer, Ed. Forschungen zur alten Geschichte. L Jahresb.
f. Geschichtsw. I 74 (S. Brück).
Mever, Ed. Geschichte des Altertums. 2. Bd. Geschichte des
Abendlands bis auf die Perserkriege. LGB Sp. 1205— 1207. Der Ver-
fasser hat selbst ägyptische, arabische, Sanskrit- und Keiischrift-
texte gelesen. Muster universalgeschichtliciier Forschung und Dar-
stellung (R. Phlmnn.). — Academv 45 S. 167. — Neue phil. Rundsch.
S.118-123 (HeinricIiSwoboda). — Gentr. Org. f. d. Int. d. Realschuhv.
S. G44— 646 (J. P Jürgenscn). — Berl. phil. Woch. Sp. 781—787, 814 bis
Rezensionenverzeichnis. 133
820. Wetteifert mit Curtius in der Rekonstruktion der vorhistorischen
g-riechischen Geschichte. Urteil über linguistische Fragen nicht
selbständig- (Holm). — Bl. f. d. Gymn.-Sch! S. 676—680 (Melber). —
Beil. z. Allg. Z. Nr. 8 u. 9. 'Die Cultur der mykenischen Zeit' —
der bedeutendste Teil des Werkes (Georg Ebers). — Ibidem Nr. 140
u. 141 (Ivo Bruns).
Meyer, Elard Hugo. Die eddische Kosmogenie. Jahresb. f.
kl. Alt. 81 S. 71 (Gruppe).
Mever, Gustav. Essavs und Studien zur Sprachgeschichte
und Volkskunde IL Berl. phif. Woch. Sp. 310—313 (K. Krurabacher).
— Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 1-2 (Victor Michels).
Mever, G. Zur neugriechischen Grammatik (Analecta Grae-
ciensia s!' 1—23). Woch. f. kl. Phil. Sp. 53 (E. Hübner). — Byz.
Zeitschr. S. 202 (K. K.).
Meyer, Gustav. Albanesische Studien. III. Lautlehre der
indogermanischen Bestandteile des Albanesischen. Arch. f. slav. Ph.
S. 308-309 (V. 0.).
Meyer, Gustav. Neugriechische Studien. I. Versuch einer
Bibliographie der neugriechischen Mundartenforschung. II. Die
slavischen, albanesischen und rumänischen Lehnworte im Neugrie-
chischen. LCB Sp. 1736—1738. In der Bibliographie fehlt nichts
Wichtigeres. Mit sicherem Blick, Scharfsinn imd ausgebreiteten
Kenntnissen sind die dunkelsten Fragen neugriechischer und bal-
kansprachlicher Lexikographie erhellt. (A. Tli.). — Berl. phil. Woch.
Sp. 1042 — 1044. Teil I enthüllt den unerwarteten Reichtum des
heute schon vorliegenden Materials (Karl Krumbacher). — Bvz. Zeit.
S. 202. Voranzeige (K. K.) — Ibidem S. 420—421 (K. K.) S. 639 (K. K.).
]\Ieyer, Gustav. Türkische Studien. I. Die griechischen und
romanischen Bestandteile im Wortschatze des Osmanisch-Türkischen.
Arch. f. slav. Phil. S. 307—308 (V. O.).
Mever, R. M. Imi und die Weltschöpfung. Jahresb. üb. d.
Ersch. auf d. Geb. d. germ. Ph. 15 S. 119.
Meyer-Lübke, Wilh. Grammatik der romanischen Sprachen.
2. Bd. Formenlehre. LCB Sp. 1571—1573. Jeder angehende Sprach-
forscher sollte vor Brugmanns Grundriss Meyer-Lübkes romanische
Grammatik in die Hand nehmen. — Romania S. 494—495. — Arch.
f. lat. Lex. IX S. 310-312 (G-r).
Mever-Lübke, Wilh. Die Schicksale des idg. o im Latei-
nischen. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 3—4 (H. Hirt).
Michaelis de Vasconcellos, Carolina. Fragmentos etymolo-
g-icos. Romania S. 493—494.
Mi kk eisen. Kr. Dansk Sprogloere. Ark. f. nord. Fil. 11
S. 180—208. Anzeige mit sprachgeschichtlichen Exkursen (F. Dyr-
lund). — Nord. Tidsskr. f. Filol. III. R. 3. Bd. S. 74—87 (D. Andersen).
Miklosic s. Maretic, T.
.Mileties. Miklosies i slavjanskata filoloffija. Arch. f. slav.
Phil. S. 494—497 (V. Oblak).
Millien, Achille. ßallades et chansons populaires tscheqvies
et bulgares. Polybib. 71 S. 362 (Th. P.).
Mills, Lawrence H. A Study ot the tive Zarathushtrian (Zoro-
astrian) Gäthäs, with texts and translation. Jouru. des Savants
S. 507—508.
Minor (J.). Neuhoclideutsche Metrik. LCB 1894 Sp. 643—
646 (W. B.). — Beil. z. Allg. Z. Nr. 87 (M. Carriere).
Missale Romanum slavonico idiomate ex decreto sacrosancti
concilii tridentini restitutuin . . . Arch. f. sl. Ph. S. 210—216 (V. Jagic).
Misteli, Fr. Charakteristik der hauptsächlichsten Typen des
134 Rezensionen Verzeichnis.
Sprachbanes. Neubearbeitung' des Werlces von H. Stointhal (^ Ab-
riss der Sprachwissenscliaft II). Anz. f. idg. Spr. \i. Alt. III S. 171 —
173 (G. V. d. Gabelentz). — Centr.-Org. f. d. Int. d. Realscluilw,
S. 103 (Wasserzieher).
yi olle r, Herrn. Die Zeit der Runensteine von Wedelspang'
und die beiden Gnupa (Verhandl. d. kgl. dän. Yidensk. Selskab 1893).
Arch. f. Anthr. S. 471-473 (J. Mestorf).
jMonumenta Linguae Ibericae edidit Aeniilianus Hübner.
Zeitschr. für die österr. Gvnin. S. 146—149. — Class. Rev. S. 357 —
359 (R. S. Conway). — Rev. Celt. S. 137 (H. d'A. de J.).
Morel-Fatio, A. Notes de lexicologie espaa-nole. (Romania
1893 Nr. 87.) Zeitschr. f. rom. Phil. S. 297-298 (A. Tobler).
Morg-an v. Catalogue des Monuments et Inscriptions de
TEg-ypte antique. Beil. z. Allg. Z. Nr. 131.
Morice, A. G. Dene roots. Arch. f. Anthr. S. 148. Erläutert
die Bedeutung der vergleichenden Sprachforschung" in allen Fragen
der Völkerverwandtschaft (Rudolf Martin).
Morris, E. P. On the sentence-question in Plantus and Te-
rence. Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 341—347 (Soyffert).
Mourek, V. E. Syntaxis slozenych vet v gotstine (Syntax
des zusammengesetzten Satzes im Gotischen). Anz. f. deutsch. Alt.
S. 140—144. Ref. giebt dem Verf. in seinen Kontroversen mit Erd-
mann und Bernhardt Recht (R. Heinzel).
]\Iuch, M. imd Fischer, L. H. Voi-- und frühg-eschichtliche
Denkmäler aus Österreich-Ungarn. Centr.-Org-. f. d. Int. d. Real-
schuhv. S. 7(53.
Mueh, M. Die Kupferzeit in Europa und ihr Verhältnis zur
Kultur der Idü'. Jahresb. f. Gesch. 15 I 4 (Hoernes). — Polvbib. 70
S. 349—350 (A" Arcelin). — Jahresb. üb. d. Ersch. auf d. 'Geb. d.
germ. Ph. 15 S. 46—47 (Böhm).
Much, R. Deutsche Stammsitze. Anz. f. idü*. Spr. u. Alt.
IV S. 46-49 (G. Kossinna).
jMucke, Ernst. De consonarum in Graeca lingua praeter
Asiaticorum dialectum Aeolicam geminatione. Particula altera. Woch.
f. kl. Phil. Sp. 172—173, 254. Man gewinnt öfters den Eindruck,
dass der Verfasser über die in Frage stehenden Probleme nicht
g'anz unterrichtet ist (Paul Kretschmer). — Neue phii. Rundsch.
S. 31-32 (Fr. Stolz.
Mucke, K. E. Historische und vergleichende Laut- und
Formenlehre der Niedersorbisclien (Niederlausitzisch - wendischen)
Sprache (Preisschrift der Fürstl. Jablonowski'schen Gesellschaft z.
Leipzig). Arch. f. slav. Phil. S. 530—549 (Josef Karasek).
Mühlefeld, K. Die Lehre von der Vorstellungsverwandt-
schaft und ihre Anwendung auf den Sprachunterricht. Centr.-Org".
f. d. Int. d. Kealschulw. S. 626— 627 (L. Rudolpii). — Berl. phil. AVoch.
Sp. 1526-152M. — Neuphil. Cbl. S. 273-275 (S— e.).
Müllenhoff, K. und Sc her er, W. Denkmäler deutscher Poesie
und Prosa aus dem VIII.— XII. Jahrhundert. 3. Ausg. v. E. Stein-
meyer. Zeitschr. für die österr. Gymn. S. 128—142. Der Rezensent
bringt eine Fülle von Bemerkungen zu den poetisclien Stücken der
Sanniilung (Carl Kraus). — Zeitschr. f. deutsche Phil. S. 109—113.
R(^ferent geht im einzelnen auf die Veränderungen gegenüber den
früheren Auflagen ein. (H. Wunderlich).
Müller, A. Vorgeschichtliche Kulturbilder aus der Höhlen-
und älteren Pfahlbauzeit. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 5—6 (H. Hirt).
Müller, Fr. Awestische und neupersische Etymologieen.^
Jahresb. f. Geschicht.sw. 15 I 73 (F. v. Spiegel).
Rezensionenverzeichnis. 135
Müller, H. D. Die Sag-e vom trojanischen Krieg: tmd die
homerische Dichtung-. Jahresb. f. kl. Alt. 81 S. 87—88 (Gruppe).
Müller, H. D. Hist.-mvtholog-. Untersuchungen. Jahresb. f.
Geschichtsw. I 74 (S. Brück). "
Müller, J. V. Handl). d. klass. Altertumswissenschaft I^ ent-
hält u. a. Epig-raphik v. Hinrichs-Larfeld. Blätter f. d. Gvmn.-Schul-
wesen XXX 118—122 (Georg- Orterer).
Müller, Max. Physical Religion. — Derselbe, Anthropological
Religion. Jahresb. f. kl. Alt. 81 S. 72 — 76. Die notAvendig gewor-
denen Konzessionen M.'s an seine Geg-ner vermindern die innere
Konsequenz seines Systems (Gruppe).
Müller, Max. Die Wissenschaft der Sprache. Deutsche Aus-
gabe von R. Fick und W. Wischman. Zeitschr. für die österr. Gymn.
S. 785. Ist geblieben, was es war und was es nicht war. Zur Ein-
führung nicht geeignet (R. Meringer). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 1 — 3
2. Band. Bezeichnet in mythologischen Dingen eine völlig über-
wundene Phase der Wissenschaft. Auch sonst vielfacli veraltet.
Geistreiche Einfälle (P. Kretschmer). — Litteraturbl. f. germ. u. rom.
Phil. Sp. 1— .3. Neue Bearbeitung- entschieden verbessert (Herm. Hirt).
Mull er, H. C. Beiträge zur mittelalterlichen griechischen
Sprache. Byz. Zeitschr. S. 203. Nichtigkeiten (K. K.).
Mull er, H. C. Neugriechische Studien und neugriechische
Dialektforschimg. Berl. ])hil. Woch. Sp. 1557—1558 (H. Moritz).
Baverns Mundarten. Ha'g'. von 0. Brenner u. A. Hartmann.
Litteraturbl, f. germ. \i. rom. Phil. Sp. 220—222 I 1891/2 (Friedr.
Kauflmann). — Zeitschr. d. Ver. f. Volksk. S. 464 Band II Heft 2
(K. W.).
Mimkäcsy, Bernhard. Die urgeschiclitlichen Lehren der un-
garischen Metallnamen. Ung. Rev. S. 231. Behandelt u. a. den
iranischen Kultureinfluss.
Muret. Encyclopädisches Wörterbuch der englischen imd
deutschen Sprache. Lief. 12 (Schluss der 1. Hälfte A-K). Deutsche
Litt.-Z. Sp. 1262—1263. Auf dem Gebiet der Lexikographie uner-
reicht dastehend (Emil Hausknecht). — Zeitschr. f. Realscliulw. S. 496 bis
497. — Neupliil. Cbl. S. 48-49 (Wendt). — Bl. f. d. Gvmn.-Sch. S. 657 bis
659 (Wohlfahrt).
IMurrav. A New English Dictionnarv. Part VII. VIII. Am.
Journ. of Phil. S. 82—85 (J. M. Garnett).
Muss-Arnolt, W. On Semitic Words in Greek and Latin.
Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 24-27 (Gustav Meyer).
Mutzbauer, Carl. Die Grundlagen der griechischen Tempus-
lehre und der homerisciie Tempusgebrauch. LCB Sp. 1459—1460.
Nützliche IMaterialsammlung, darüber hinaiis Avertlos. Die sprach-
wissenschaftlichen Ansichten des Verfassers sind meist gänzlich ver-
altet (Bgm.). — Rev. Grit. S. 53—55. Der (allein besj)rochene) theo-
retische Teil des Buches ist anregend, fordert aber Air;lfat'h zum
Widerspruch heraus (My.). — Deutsche Litt.-Z. Sp. 741—742. Im
theoretischen Teil nichts wesentlich Neues, die im 2. Teil herbeige-
zogenen Etymologieen sind meist veraltet (Paul Kretschmer). —
Class. Rev. S. 33—34. Verwirft mit Mutzbauer die alte Auflassung
des Aor. gnom. (D. B. Monro). — Württ. Korr.-Bl. S. 419-423 (Mel-
tzer). — Berl. phil. Woch. Sp. 404—407. Bei dem ausgesprochenen
Zweck des Buches die Bedeutung der Temjjora der homerisciien
Verba auf ihre wahre Natur zu untersuchen, fallen die Irrtümer
der Formenlehre und Etymologie weniger ins Gewicht (Fr. Stolz). —
Woch. f. kl. Phil. Sp. 887—891 (H. G.).
Mythographi Graeci I Apollodori Bibliotheca. Ed. R. Wag-
136 Kezcusionen Verzeichnis.
ner. Deutsche Litt.-Z. Sp. 840-842 (E. ßethe). — Bvz. Zcitschr.
S. 177-178 (K. K.).
Naue, Julius. Die Bronzezeit in Oberbavcrn. LCB Sp. 1703 bis
1704 (P. H.). — Globus 65 S. 149 (A. LissaueV). — Beil. z. AWg. Z.
Nr. 139 (H. Arnold).
Neophytos, Aristotc G. Le Grec du nord-est de l'Asie Mi-
neure au ])oint de vuc anthropologique. Arch. f. Anthr. S. 290
(Georg" Buschan).
Neue, Fr. Formenlehre der lateinischen Sprache. Berl. phil.
Woch. Sp. 1397—1398 IIL Das Verbum 1894^ von C. Wag-ener (A.
Funck). — Anz. f. idg. Spr. vi. Alt. IV S. 63 II. Adjectiva, Numeralia,
Pronomina etc. (W. Meyer-Lübke). — Arch. f. lat. Lex. IX S. 310.
Neumann, Max. Eustathios als kritische Quelle für den
Iliastext. Woch. f. kl. Phil. Sp. 201—203 (Arthur Ludwichj. — Neue
phil. Punidsch. S. 1—2 (H. Kluge). — Rev. des etud. Gr. S. 108 (R.
Harmand).
Nicolucci, G. Gli Aryi e le orig-ini europee. Jahresb. f.
Geschichtsw. 15 I 2, 3 (Hoernes).
Nicolucci, G. I Celti e la formazione d. odierne nazionalitä
francese, spagnuolaedinglese. Jahresb. f. Geschichtsw. 1513 (Hoernes).
Niederle, Lub. Lidstvo v dobe predhistoricke ze zvlastniin
zretelem na zeme slovanske. fasc. VII— XXIV (Der prähistorische
Mensch in Europa, besonders in den slavischen Ländern). L'Anthro-
polog-ie S. 197—200 (Th. Volkov).
Norden, E. Sprachliche Beobachtungen zu Plautus. Jahresb.
f. kl. Alt. 80 S. 296-299 (Seyff'ert).
Noreen, Adolf. Abriss der urgermanischen Lautlehre. LCB
Sp. 1260—1261. Überraschend reichhaltig, fast durchweg zuverlässig-;
sorgfältige Litteraturangaben. Nur das Kapitel über den idg-. Ab-
laut hätte eine wesentlich befriedigendere Gestalt erhalten können.
(W. Str.). — Rev. Grit. S. 174—176. Von kleinen Einwendun<;^cn ab-
gesehen durchaus zustimmend (V. Henry). — Zcitschr. für die österr.
Gymn. S. 1099 — 1100. Bedeutend und' originell. Die Auseinander-
setzungen über den Ablaut sind sehr wissenswert (Rudolf Meringer).
Noreen, Ad. Jenmäle. Ark. f. nord. tilol. 10 S. 117—124
{Gegen die Rcz. F. Jonsson's von 'Altisländ. Gramm.'"-, ebenda 9
S. 370).
Novakovic, Stojan. Prvi osnovi slovenske k izevnosti megju
balkanskim slovenima. Legenda o Vladimiru i Kosari. Arch. f.
slav. Phil S. 235—240 (J. J.).
Oertel, Hanns s. The Jaiminlya . . Upanishad.
Öhlert, Arnold. AUg-emeine Methodik des Sprachunterrichts
in kritischer Begründung. Centr.-Org. f. d. Int. d. Realschulw.
S. 87— S8 (T. Adrian).
Ohnefalsch-Richter, Max. Kypros, die Bibel und Homer.
Beiträg-e zur Cultur-, Kunst- und Religionsgeschichti'. des Orients
im Altertum. LCB Sp 1814—1815. Wichtig- als Materialsammlung
aus den Denkmälern (T. S.). — Berl. phil. Woch. Sp 652-659. In-
haltsreiche Besprechung (Eduard Meyer).
Ordbok öfver Svenska Sprüket, utgifven af Svenska Aka-
demien 1. Haftet. LCB 1894 Sp. (i81, 682. Der schwedische Grimm,
klassisches Werk; durch genaue Angabe von Aussprache und Be-
tonung- wertvoll auch für Ausländer (— gk.).
Oldenberg, H. Le Bouddha, sa vie, sa doctrine, sa com-
munaute. Traduit de TAIlemand par A. Foucher. Polybib. 70
S. 330-332 (A. Rousscl).
Oppert, G. s. Säkatäyana; Yäda vaprakäsa.
Rezensionenverzeichnis. 137
Pais, E. I Messapi e gli Japig'i. Jahresb. f. Geschichtsw.
15 I 122 (Hüter).
Pais, E. Intorno alle piü antiche relazioui tra la Grecia e
ritalia. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 77 (S. Brück). — Ibidem I,
121 (Hüter).
Palean, Trdat Publication der Schule der Beneficiaten des
Klosters des hl. Johannes des Täufers in Caesarea. Catalog- der
armenischen Handschriften in der Türkei. Teil I. Lief. 1. (Armen.)
Wiener Zeitschr. f. d. K. d. Morg-enl. S. 17G. Wissenschaftliche Aus-
beute ohne Bedeutung- (Friedricli Müller).
Papadimitrakopoixlos, Th. Le poete Aristophane et les
Partisans d'Erasme (aus 'EWäc; IV). Woch. f. kl. Phil. Sp. 491— 492,
512—517, 540—545. Eingehende Widerlegung- (Konrad Zacher).
Papvri, Berliner. Beih z. Allg. Z. Nr. 147. — GGA S. 397 bis
399 (F. Blass).
Papvri s. auch Catalogue of Greek Papvri; Mahaffv,
John P. ■
Papvrus, Erzherzog- Rainer. Führer durch die Ausstellung-.
Globus 65 's. 345 (M. Haberlandt).
Paris, G. L'alteration romane du c latin. Nord. Tidsskr. f.
Filol. in. R. 2. Bd. 1893-4 (Kr. Nyrop).
Paris, G. Le pronom neutre de la 3c personne en fran^ais.
(Romania 1894 Nr. 90.) Zeitschr. f. rom. Phil. S. 559 (A. Tobler).
Parodi, Ernesto Giacomo. Notereile di fonolog-ia latina.
Romania S. 314—315.
Pascal, Carlo. Saggi linguistici. Berl. phil. Woch. Sp. 822 bis
823. Der Verfasser kennt die Werke der modernen Sprachwissen-
schaft, aber ihre Methode ist nicht auf ilin übergeg-angen (Bartho-
lomae).
Passarge, L. ,s. Donalitius.
Passy, Paul. Etüde sur les changements phonetiques et leurs
caracteres generaux. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. G— 10 (W.
Vietor).
Passv, Paul. Les Sons du Fran(,'ais. D. neuer. Spr. 1 Sp.
569—580 (Qiiiehl).
Pastrn ek. Fr. Bibliog-raphische Übersicht über die slavische
Philolog-ie 1876—1891 (Suppl. Bd. z. Arch. f. slav. Phil.). Ö.st. Litt.-
Bl. Sp. 236—237. Vorzügliches Hilfsbuch (Jos. Karäsek).
Paton, W. R. and Hicks, E. L. The Inscriptions of Cos.
Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 31—32 (Richard Meister). — Jahresb.
f. Geschichtsw. 15 I 113 (S. Brück).
Paul, H. Grundriss der g-ermanischen Philolog-ie II. 2. Centr.
Org. f. d. Int. d. Realsclmlw. S. 100 (Sohns).
Paul, L. Das Druidentum. Jahresb. f. Geschichtsw. 151147
(Hüter).
Pauli, Carolus. Corpus Inscriptionum Etruscarum. Primum
seg'mentum. Neue phil. Rundsch. S. 12—14. Pauli war zu dieser
Sammlung- in erster Linte berufen (H. Schaefer).
Pauli, Carl. Altitalische Forschungen H. Bd. Eine vorgrie-
chische Inschrift v. Lemnos 2. Abth. LCB Sp. 1028—10.30. Die Pe-
lasger- Hypothese des Verfassers (1886) wird namentlich geg-en
Deecke und Bug-ge verteidigt und weitergeführt; nach Hommels
Anregung werden weitere Verwandte der Etrusker gesucht (H.
Seh . . . r). — Rev. Crit. S. 224-225. Riitsel noch ungelöst (T.). - Woch.
f. kl. Phil. Sp. 1084-1087. Verwirft mit Recht den idg. Charakter
lykischer Inschriften. Deutung der lemnischen Grabinschrift nicht
wesentlich gefördert. Fernere Verwandte der lemnischen 'Pelasger*
138 Rezensionenverzeichnis.
und der Etvnsker werden nicht ei-wiesen (R. Thnrnevsen). — Aca-
demy 46 S. 259. — Nene phil. Riindsch. S. 378-383 (H. Schaeler).
Paulys Realencyl^lopädie der klassischen AltertunisAvissen-
schaft. Nene Bearbeitung- hga*. von Georg- Wissowa (Aal-Alexan-
(Iros). Berl. phil. Woch.^Sp. 737—743 (M. Hertz). — Woch. f. kl.
J'hil. Sp. 1361—136.5 (Franz Härder). — Jahresb. f. kl. Alt. 81 S. 171
bis 179 (Schnlthess). — ßl. f. d. Gymn.-Sch. S. 755—758 ( J. Melber).
Pauw, Napoleon de. Middelnederlandsche Gedichten en
Frag-menten. 1. 2. Atlev. LCB Sp. 1850—1851. Zieht Unbekanntes
und Ungedriicktes ans Licht (J. t. W.).
Penka, K. Die Heimat der Germanen. Jahresb. üb. d. Ersch.
auf d. Geb. d. germ. Ph. 15 S. 45 (Böhm).
Penka, K. Die alten Völker der östlichen Länder Mittel-
europas. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 3 (Hoernes).
Perez, B. Les trois premieres annees de l'enfant. Polvbib.
71 S. 229—230 (A. Ferrand).
Perrot, Georges et Ch. Chipiez. Histoire de l'Art dans
l'Antiquite. Tome VI La Grece primitive, l'Art Mvcenien. Bull,
crit. S. 201—208 (Emile Beurlier). -;- Polvbib. 71 S. 525-527 (P.N.).
Per Persson, Studien zur Lehre von der WurzelerAveiterung
lind Wurzelvariation. Deutsche Litt.-Z. S. 1031—1032. Höchst er-
ireuliche Iilrscheinung, wenn auch äusserst kühn (F. Hartmann).
Petrie, Flinders s. Mahafl'v, John P.
Petrie, W. M. F. The Egyptian bases of Greek history.
(Journ. otHell. Stud Vol. XI p. 271— 277). Notes on the antifjuities
of Mikenae (Ibidem p. 199—205). L'Anthropologie S. 208—210 (E.
Cartailhac).
Pindar. The Olympian and Pythian Ödes, by Fennell. Berl.
phil. Woch. Sp. 673— 675 (L. Bornemann). — Neue phil. Rundsch. S.
337—342, 354—357 (J. Sitzler). — Athenaeum I June S. 798—799.
Pindar s. auch Fraccaroli, Giuseppe; Jurenka, Hugo;
Lind, Josephus.
Pin e au, I^eon s. Georgeakis, G.
Pischek, Hans. Zur Fiage nach der Existenz einer mittel-
hochdeutschen Schriftsprache im ausgehenden XIII. Jahrhunderte.
Zeitschr. für die österr. Gymn. S. 1042—1043 (.Gustav Burghauser).
Pischel, R. und Gfeldner, Karl F. Vedische Studien II.
Band 1. Hett. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 13—17 (R. 0. Francke).
— Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 65 (R. 0. Franke).
Pitre, Gius. Bibliogralia delle tradizioni ])opolari d'Italia.
LCB Sp. 1379—1380 (L. Fr.). — Polvbib. 70 S. 455—456 (Th. P.). —
Zeitschr. d. Ver. f. Volksk. S. 218—219 (K. Wcinhold).
Pitt, Ruth J. The Tragedy of the Xoix', Gods. Dublin Rev.
114 S. 441-448 (C. B.).
Placidus s. Cor})US Glossariorum Latinorum. Vol. V.
V. Planta, R. Grammatik der oskisch-umbrischen Dialekte
I. Einleitung und Lautlehre. Anz. f idg. Spr. u. Alt. IV S. 36—39
(K. Thurneysen).
Platner, S. Ball. Notes on the use of gerund and gerun-
dive in Plautus and Terence. Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 347— 350
(Seyifert).
Platt, Arthur s. H omcr.
Platzniann, Julius. Weshalb icii Neudrucke der alten ameri-
kanischen Gramm.itiUer veranla.sst habe. Ost. Litt.-Bl. S]). 748.
Satyre auf die Vertreter einer einlieitliciien Ursprache (H. Bohatta).
Plauti, T. Macci Comoediae, recensuit. instrumento critico et
prole.gomenis auxit Fr. Ritschi IV. 5: Cistellaria. Rcc. Frid. Schoell.
Eezensionenverzeichnis. 139'
Accedunt deperditanim fahulariim frag:menta a Geor£:io Goetz re-
censita, LCB Sp. 1218—1219. Schlussstein eines Werkes, das den
bedeutendsten Erscheinnn<>-en anf dem Gebiete der Pliilolosj-ie an
die Seite gestellt werden darf (E. R.). — Rev. Grit. S. 80—82 (Paul
Lejav). — Deutsche Litt.-Z. Sp. 874—877 (F. Langen). — Berl. phil.
Woch. Sp. 134— 141 Tom. IV fasc. IV Mostellaria a Fr. Schoell re-
cog-nita, Einzelberaerkungen des Ref. (F. Skutsch). — Woch. f. kl.
Phil. Sp. 517—519 Tom. IV fasc. III Persa (Langrehr). — Ibidem
Sp. 982 Tom. IV fasc. IV Mostellaria (Lana-rehr). — Neue phil.
Rundsch. S. 84-86 Tom. IV fasc. IV (Fr. Sigismund).
T. Macci Plauti fabularum reliqiiiae Ambrosianao. Codicis
rescripti Ambrosiani apograjihum. Confecit Guilelmus Studemund.
Jahresb. üb. d. Fortschr.^d. kl. Alt. 80 S. 230—236 (Seyffert).
Plautus s. auch Asmus, Wilh.; Blomquist, A. W.; Fer-
ger, Wilh.; Egli, J.; Gimm, Jul.; Habich, Alfred; Havet, L.;
Herkenrath, Roland; Lepp ermann, Herm.; Lindsay, W. M.;
Morris, E. P.; Norden, E.; Ryhiner, Gust.; Sigmund, Carl;
Skutsch, F.; T es sing, Sven.
Polari, G. Una primizia d. Etrusco e le lingue tirreno-pelas-
giche. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 122 (Hüter).
Prellwitz, W. Etymologisches Wörterbuch der griechischen
Sprache mit besonderer Berücksichtigung des Neuiiochdeutschen
und einem deutschen Wörterverzeichnis. Anz. f. idg. Spr. u. Alt.
IV S. 27—31 (Karl Brugmann). — Rev. de philol. 18 S. 179 f.
(L. D.). - Württ. Korr.-Bl. S. 391-392 (Meltzer). — GGA S. 227
bis 248. Mitteilung einer Reihe von Bedenken zu einzelnen Wör-
tern (A. Fick).
P r o b u s s. U 1 1 m a n n , K.
Psichari, Jean. Etudes de philologie neogrecques, recher-
ches sur le developpement historique du grec. Arch. f. slav. Ph.
S. 309-310 (V. 0.).
Publikationen der kaiserl. russ. Gesellschaft der Bibliophi-
len f. d. J. 1887—1893. Arch. f. slav. Ph. S. 550—555 (V. J.).
Qvigstad, J. K. Nordische Lehnwörter im Lappischen.
LCB Sp. 1070. In mustergültig kritischer Weise werden die Ge-
sichtspunkte für eine streng methodische Ausscheidung des frem-
den Sprachgutes entwickelt. Der rein sprachliche Teil ist ein Ca-
binetstück (H. W-r).
Ramult, Stefan. Slownik jezyka pomorskiego czyli kasziibs-
kiego zebral i opracowal. Arch. f. slav. Phil. S. 301—304 (A.
Brückner).
Randaccio, Carlo. Dell' idioma e della letteratura genovese,
studio seguito da un vocabolario etimologico genovese. Journ. des
Savants S. 380.
Recha, C. Zur Frage über den Ursprung der perfectivie-
renden Funktion der Verbalpraelixe nebst Einleitung ül)er das
Zusammenwirken des syntaktischen und phonetischen Faktors.
Jahresb. üb. d. Ersch. auf d. Geb. d. germ. Phil. 15 S. 17—18 (Felix
Hartmann).
Regnaud, Paul. Les preniieres formes de la religion et de
la traditio!! dans l'Inde et daus la Grece. Polybib. 70 S. 425—426
(A. R.).
Regnaud, P. Le Rig-Veda et les origines de la mytholo-
gie indo-europeenne. I. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 17—19 (H.
Oldenberg). — Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 65 (R. 0. Franke).
Reich ardt, Alex. Der saturnische Vers in der römischen
Kunstdichtung. Rev. Grit. S. 495—498. Keine wesentliche Förderung
140 Rezensionen Verzeichnis.
der Frao-e (Paul Lejay). — Deutsche Litt.-Z. Sp. 49—51. In der
Akzentt'ra<>-c ungenüg-end; wird die quantitierende Satiirniertheorie
nicht retten (F. Skutsch). — Class. Rev. S. 58-60 (F. D. Allen). —
Riv. di Fil. S. 280— 2s7. Nicht überzeugend (Feiice Ramorinol.
Reich el, Wolfg. Über Homerische Waffen (Abhandl. des
^rchäol.-epig-rapli. Seminares der Universität Wien XI). Rev. Grit.
S. 181—184 (Salomon Reinach).
Reichling-, D. Das Doctrinale des Alexander de Villa-Dei
(Monum Germ. Paed. Bd. XII). Woch. f. kl. Phil. Sp. 1168—1173
(M. Manitius). — Romania S. 588-594 (G. P.). — Journ. des Sa-
vants S. 705—706 (H. 0.). — Ost. Litt.-Bl. Sp. 678—679 (0. Will-
jiiann).
Rein ach, S. L'etain celtique. Jahresb. f. Geschichtsw. 15
I, 6 (Hoernes).
Reinach, S. Sur les legendes qui s'attachent aux monu-
ments megalithiques. Jahresb. 1'. Geschichtsw. 15 I 74 (S. Brück).
Reinach, S. L'origine des Aryens. Hist. d'une controverse.
Jahresb. f. Geschichtsw^ 15 I 2 (Hoernes).
Report, eighth (and ninth) annual, of the bureau of ethno-
logy. By J. W. Powell. 1886/87 (88). Polybib. 70 S. 525.
Reuter, M. Die Parsen und ihre Schriften. Anz. f. idg.
Spr. u. Alt. III S. 182 (Paul Hörn).
Revue d'exegese mythologique, redigec par M. l'abbe Four-
riere. Berl. ph. Woch. Sp. 43 2me annee, no. 6. Lässt den Homer
seine Ilias aus der Bibel abschreiben (H. Stending).
Rhys, John. The Inscriptions and Language of the Nor-
thern Picts. Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. Sp. 126 — 128 (H.
Schuchardt).
Rhvs, John. The Rhind Lectures in Archaeologv. Litcratur-
Bl. f. gerin. u. rom. Phil. Sp. 125—126 (H. Schuchardt)."^
Richter, Alb. Deutsche Redensarten. 1893^. LCB Sp. 1069.
— Zeitschr. f. d. deutsche Unterr. S. 202—203 (Theodor Mathias).
Richter, Paul. De usu particularum exclamativarum apud
priscos scriptores latinos. Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 313—317 (Sevffert).
Ries, John. Was ist Syntax? LCB Sp. 958, 959. Das Pro-
blem der Abgrenzung der verschiedenen Teile der Grammatik gegen
einander ist tief und gründlich erfasst und sehr klar dargestellt.
(G. M . . . r). Berl. phil. Woch. Sp. 1207-1209. Sehr beachtens-
wert (Fr. Stolz). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 743—746 (P. Kretschmer).
— Neue phil. Rundsch. S. 377 (Fr. Stolz). — Franco-Gallia S. 173
(K. Wilhelmi). — Arch. f. d. St. d. neuer. Spr. u. L. 93 S. 159—160.
Wertvolle B^'lelirung (Adolf Tobler). — Arch. f. lat. Lex. IX S.
529—330. — Literaturbl. f. germ. u. rom. Piiil. Sp. 353—555. Unge-
mein anregend (O. Behagiiel).
Rislev, H. H. Tiie Study of Ethnologv in India. Arch. f.
Anthr. S. 271—273 (J. Kollmann).
llisop, Alfr. Studien zur Geschichte der französischen
Konjugation auf -ir. Deutsche Litt.-Z. Sp. 1229—1230. Mustergiltig
(W, Cloetta).
Robion, Felix. La question des mythes. Premier fasci-
<;ule. Berl. phil. Wocii. Sp. 42—43. Veraltete Ansichten (H. Steu-
ding).
Roh de, Erwin. Psyche. Scelencult u. Unsterbliclikeitsglau-
ben der Griechen. 2. Abth. LCB S]). 1854—1859. Es ist eine nie
ganz zu lösende Aufgabe ein Buch von solciier Fülle und Tiefe
in der Kürze zu charakterisieren (Cr.) — Deutsclie Litt.-Z. Sp. 1097
bis 1098. Die 2. Hälfte des bewunderten Werkes ist leider nicht mehr
Rezensionen Verzeichnis. 141
aus einem Guss. Der Beweis, dass der Unsterblichkoitso-Iaiibe aus
der Ekstase entstanden sei, ist nicht erbracht. Die Monumente
sind viel zii Avenig- herangezogen (Otto Kern). — Class. Rev. S. 165-
bis 166. Überraschende, paradoxe Antwort auf die Frage nach
der Entstehung des griechischen Unsterblichkeitsglaubens (J. E.
Harrison). — Berl. phil. Woch. Sp. 908—918. Macht von dem Ana-
logiewerte der völkervergleicheuden Betrachtung ausgiebig'en Ge-
brauch (A. Milchhöfer). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 393—402 (Paul
Stengel). — Edinburgh Rev. 180 S. 131 ff.
Poiöric; 'E. A. Tot EtbuuXa. rXuuaoiKi] lueXeTr). ECB 1894 Sp.
60, 61. Energ-ischer Vorkämpfer für eine naturgemässe volkstüm-
liche neugriech. Schreibwei.se gegen die archaisierende Schriftsprache.
In Dialekt- und andern Sprachwissenschaft!. Erag-en nicht frei von
Irrtümern (A. Th.).
Romania Nr. 87—90, 1893 Zeitschr. f. rom. Phil. S. 296-300.
S. 556—562 (A. Tobler und W. Meyer-Lübke).
Röscher, W. H. Ausführliches Lexikon der griechischen
und römischen Mythologie. Centr.-Org. f. d. Int. d. Realschulw.
S. 250 Lief. 20— 2f. S. 705 Lief. 28 u. 29 (L. Freytag-). ..
Roi enstein, Alfred. Das Leben der Sprache. Ost. Litt.-Bl.
Sp. 495 (H. Bohatta).
Roth, Rud. V. s. Festg-russ.
Rothfuchs, Jul. Beiträge zur Methodik des altsprachlichen
Unterrichts. LOB Sp. 864, 865 (R. R.)- — Württ. Korr.-BI. S. 295
bis 296 (Bender). — Berl. phil. Woch. Sp. 81—88 (C. Noble). — Woch.
f. kl. Phil. Sp. 496—498 (0. Weissenfeis).
Rousselot. Les modifications phonetiques du langage etu-
diees dans le patois d'une famille de Cellefrouin (Charente). Anz.
f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 77- 79 (Friedr. Kauffmann).
Rozwadowski, J. Über die lateinischen Verba denomina-
tiva auf -tare. Berl. phil. Woch. Sp. 1303-1304 (A. Funck).
Rubiö y Ors Joaquin. Bastero, Provenzalista Catalän. Estu-
dio critico-bibliogräfico. ECB 1894 Sp. 761, 762. Nicht unwichtig-er
Beitrag zur Geschichte der romanischen Philologie.
Rvdberg-, Gust. Le developpement de Facere dans les
lang-ues ' romanes. ECB Sp. 961, 962. Zeigt trotz der Weite des
Arbeitsfeldes ein im Ganzen selbständiges, wohlabwägendes Ur-
teil (y.). — Zeitschr. f. rom. Phil. S. 434—439. Hervorragende Lei-
stungen. Ref. gibt viele Einzelbemerkungen (W. Meyer-Lübke). —
Literaturbl. f. gvrm. u. rom. Phü. Sp. 302 (Herm. Andersson).
RvdberW, Victor. Die Heldensage auf dem Runensteine
zu Rök." Arch.' f. Anthr. S. 483-484 (J. Mestorf).
Rv hiner, Gust. De deniinutivis Plautinis Terentianisque.
Jahresb.^ f. kl. Alt. 80 S. 288 (Sevffert). — Arch. f. lat. Lex. IX
S. 313..
SachmatovÄ A. Izsledovanija vs oblasti russkoj fonetiki.
Arch. f. slav. Phil. S. 284-287 (V. J.).
Das Sämavidhänabrähmana. Eingeleitet und übersetzt
von Sten Konow. Deutsche Litt. Z. Sp. 1326—1327. Wichtig für
Folkloristen (H. Oldenberg).
oäkatävana's Grammar I Ed. bv Oppert. Nachr. d. Ges.
d.W. z. Göttingen S. 1—14 (F. Kiel hörn).
Sander, Frederic. La mythologie du nord. Anz. f. deutsch.
Alt. S. 79-80. Wertlos (Friedr. 'Kauffmann).
Sander, F. Rigveda und P'dda. Zeitschrift für di(> österr.
Gynni. S. 531—532. Dem Autor feiilt die elementarste Kenntnis
des Sanskrit (J. Kirste).
1 42 Rezensioncnverzoichiiis.
Satapatha-Brahinana s. Eg-g-eling\
S adviin^abrähmaii a. Mit Proben aus Säyanas Commentar
nebst einer Übersets'.uno' von Kurt Klemm. Prapätliaka I. LCB
1894 Sp. 855 (Wi.)- — Wiener Zeitsclir. f. d. K. d. Morg-enl. S. 247
bis 248 (Th. Blocli). — Ptcv. crit. S. 442. — Journ. of tbe R. As.
Soc. S. 414.
Sarasin, Paul undSarasin, Fritz. Ergebnisse naturwissen-
schaftlicher Forschungen auf Ceylon in den Jahren 1884 bis 1886.
3. Band: Die Weddas von Ceylon und die sie umgebenden Völker-
schaften. Arch. f. Anthr. S. 31()— 327. Muster einer anthropogra-
phischen Studie (Rudolf Martin).
Sauer, W. Mahabhärata und Wate. Eine idg. Studie.
Deutsche Litt.-Z. Sp. 1383. Dilettantisch (H. Oidenberg). — Zeit-
schr. für die östcrr. Gymn. S. 848—849. Ein hübscher Gedanke
(die Identität Bhima's und Wate's) nichts weniger als vollständig
durchgeführt (J. Kirste). Dazu Entgegnung und Erwiderung
S. 1160. — Wiener Zeitschr. f. d. K. d. Morgenl. S. 84— 8G. Die De-
duktion des Verfassers ist nichts wert (H. Jacobi). — Jahresb. üb.
d. Ersch. auf d. Geb. d. germ. Ph. 15, S. 121—122.
Savi-Lopez, Maria. Alpensagen. Deutsch von Alfred
Paihemann. Centr.-Org. f. d. Int. d. liealschulw. S. 431—432. Im
Bezug auf vergleichende Mythologie schwach (L. Freytag).
S c e r b 0 , Francesco. Caratteristiche del Greco e del Latino.
LCB Sp. 1175—1176. Keine neuen Entdeckungen, will bloss die
sichersten Ergebnisse der linguistischen Forschung der studieren-
den Jugend vorlegen. — Berl. phil. Woch. Sp. 1591—1592. Schüler-
arbeit (Gustav Meyer).
S c h a n z, Martin. Geschichte der römischen Litteratur. I u. II.
Berl. phil. Woch. Sp. 1224-1232 (M. Hertz).
Scheel, Willy. Jaspar von Gennep und die Entwicklung
der nhd. Schriftsprache in Köln. Anz. f. deu.tsch. Alt. 400—401
(E. Martin).
Scheffler, L. De perfecti in 'vi' exeuntis forinis apud
poetas latinos dactvlicos occurrentibus. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV
S. 64 (W. Meyer-Eiibke).
Seh er er, Wilhelm. Kleine Schriften I: Zur altdeutschen
IMiilologie hgg. von Conrad Burdach. Ost. Litt.-Bl. Sp. 208—209 (a).
Scherer, W. s. auch Müllen ho ff, K.
Seh er man. Materialien zur Geschichte der iud. Visions-
Litteratur. Am. Journ. Phil. XV 381 (E. W- Hopkins).
Schiber, Adolf. Die fränkischen und alemannischen Sied-
lungen in Gallien, besonders in Elsass-Lotliringen. Zeitschr. f.
rom. Phil. S. 440— 448. Inhaltsreiche Besprechung (G. Grüber).
Schiemann, Theod. Victor Hehn. Ein Lebensliild. LCB
Sp. 1244—1245. Enthält Auszüge aus Hehns literarischem Nach-
lass (ß). — Deutsche Litt -Z. Sp. 940—942. Hehns Leben hätte
keinem richtigeren Biographen anheimfallen können (Herrn. Grimm).
Schild, P. Brienzer Mundart I : Allgemeine Lautgesetze
und Vokalismus. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 71—72 (Friedrich
KiiulTmann). — Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. Sp. 76—78 (E.
Hoffmaiin-Ki'ay(U').
Schlüter, W. Untersuchungen zur Geschichte der altsächsi-
schen Sprache. Anz. f. deutsch. Alt. S. 13—26, Zusätze (M. H. Jel-
linek). — Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. Sj). 181 (IL Wunderlich).
Schmidt, Gull. De Flavii Joseplii elocutione observationes
criticae. LCB Sp. K!3S — 1339. Wichtig für die Kenntis der Sprache
in der hellenistischen Literaturepoche (B.).
liozcnsioncnvcrzeicliiiis. 143
Schmidt. Horm. De duali Graecorum (>t omoricnto et rcvi-
viscciitc!. Dculsflu; Lilt.-Z. Sp. 453—154 (I';iul Krotschincr). — Herl.
phil. Woch. Sp. 150—151. Genaue statisLisclie ß('l(^;4-e (Fr. Stolz). —
Neue i)iiil. IJundsch. S. 53—54 (Meisterlians).
Seil 111 i d t, Joli. Die 9. Praeseusklasse der Inder. .Jaliresb.
üb. d. JMSfli. auf d. Geb. d. g-erm. Pli. 15 S. 17 (Felix liarlinaiin).
Schmidt, K. Die Gründe des Bedeutungswandels. Arch. f.
lat. Lex. IX S. 143-146 (0. H.). — Wocii. l'. idass. Pli. Sp. 937—943
(Kol)ert Tiiomas).
Schmid, W. D(u- Atticismus in seinen liauptvertretern von
Dionysius von llaliUarnass bis auf den zweiten I'liilostratus, 3. Band,
7. Abschnitt: AeHan. Rev. erit. S. 8— 9. Bcu-ichtiii'ungen von Ungre-
nauigi<eiten (My.). — Byz. Zeitschr. S. l!);)-2i)0. Mäeiitige Vor-
arbeit für eine Geschichte der yriechisciien Sclirifts|)raclie {K. K.).
— LCB 1894 Sp. 317, 318 (B.). — Wocli. f. Id. Phil. Sp. 4(;5— 4G7 (Sittl).
Sciiocli, K. s. Staub, Fr.
Sc ho eil, Friedr. s. Plautus.
Schrader, 0. Sprachvergleichung und Urgeschichte 18902.
Jahresb. f. kl. Alt. 81 S. tJl— <i2. RvA: Avc-ndet sich gegen die weni-
g"en von Schrader noch gebillig'ten linguistischen («leichungen auf
religiösem Gebiet (Grupi)e).
Schröder, Friedr. Zur griechischen Bedeutung'slehre. Woch.
f. kl. Phil. Sp. 519-522. Fortschritt (11. Ziemer).
Seil rüder, G. Über den Kinlluss der Volksetymologie auf
den Londoner- Slang-Dialekt. Literaturbl. f. germ. "u. rom. Phil.
Sp. 397—398 (0. Glöde).
Schubert, F. Zur mehrfachen praefixalen Zusammensetzung'
im Griechischen. Xenia Austriaca I S. 193— 25G. Berl. ))hil. Woch.
Sp. 21-22 (F. Stolz). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 53 (E. Hühner).
Schlich a,r dt, Hug-o. Der mehrzielige Frage- und llelativsatz.
Jahresb. üb. d. Frsch. auf d. Geb. d. g-erm. Pliil. 15 S. 18 (Felix
Hartmann). — Nord. Tidsskr. f. Filol. lil. K. 2. Bd. 1893—94 S. 94
bis 9(j ((). Jesp(u'sen).
Schuciiardt, Hug-o. Baskische Studien I. Ij'ber die Entstehung-
der Bezugsformen des baskischen Zeitwortes. Liter;itur])l. f. g-erm.
u. rom. Phil. Sp. 237—238 (H. S.). — Academy 45 S. 227.
Schiichardt, Hug-o. Welts])rache und Welts])rach(!n. LCB
1894 Sp. 243, 244. Ungem(!in lesensw(!rt, abcu- die vom Verfasser
A'erfochtene W(;ltsprache bleibt trotz alledem Utopie (W. Str.). —
Berl. phil. Woch. Sp. 1079—1080 (Löschliorn).
Schulze, Guilebnus. Gi-tliograpliica. Arcii. f. lat. Lex. S.
312-313 (li. Thurneysen).
Schulze, Willi. Alt- und Neugriechisches, l'.vz. Zeitschr.
S. 201-202 (K. K.).
Schwab, Otto. Historische Syntax der gri(!cliisclien Compa-
ration in der klassischen Litteratur 1. u. 2. Heft. — Class. licv.
S. 454—459 1. H(!ft. Polemik gegen Schwabs Auffassung- d(!S Be-
griffes Komparation (Edwin W. Fav). — LCB Sp. 1537 2. Heft (G.
M-r). — Berl. ])hil. Woch. S]). 1240-1241 2. Heft. Ausg-ezeicimet
durch eine p.sychologisclie Betrachtungsweise der Sprache (Fr. Stolz).
— Bl. f. d. (iymn.-Sch. S. 402—404 (Burger).
Schwartz, W. Mythologische Bezüge zwischen S(;mi(en und
Idg. Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 3 (Iloernes). — JahresI). f. kl.
Alt. 81 S. G6 (Gruppe).
Schwartz, VV. Nacdikliinge praehistorischen Volksglaubens
im Homer. Deutsche Litt. Z. Sp. ]3.")0 — 1355. Sehr viele willkür-
liche Erklärungen um vorgefasster Theorieeu willeu (Eruöt Mauäs).
144 Rezensionenverzeichnis.
— Berl. phil. Woch. Sp. 1444—1446 (H. Steuding)- — Zeitschr. d.
Vor. f. Volksk. S. 4G0 (K. W.).
Schweizer-Sidler, H. s. Abhandlungen.
Serg'i, G. Sugli abitanti primitivi del Mediterraneo. Jahresb,
f. Geschichtsw. 15 I 3 (Hoerues).
Siecke, E. Die Liebesgeschichte des Himmels. Unter-
suchungen zur idg. Sagenkunde. Literaturbl. f. genn. u. rom. Phil.
Sp. 107—108 (E. Mogk). — Zeitschr. für die üsterr. Gymn. S. 785
bis 786. Ein keckes Reiterstück, ein Versuch per Pegasus ins Pan-
theon der Mythologie einzudringen (Rud. Meringer). — Jahresb. f. kl.
Alt. 81 S. 59 (Gruppe).
Sievers, Eduard. Altgermanische Metrik. Anz. f. deutsch.
Alt. S. 337—343 (Franck).
Sievers, Eduard s. auch Tatian.
Sigmund, Carl. De coincidentia eiusque usu Plautino et
Terentiano. Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 336 (Seyifert). — Ost. Litt.-Bl.
Sp. 397^ (Jos. Kohm).
Simanovskij, B. Ocerki po istorii russkix^ narecij. Certy
juznorusskago narecija vz. XVI— XVII. Arch. f. slav. Ph. S. 287 —
288 (V. J.).
Simon, Rieh. Das Amarui^ataka. Deutsche Litt.-Z. Sp. 38
bis 41. Ergiebt interessanten Nebengewinn für die Sanskrit-Lexi-
kographie und deren Geschichte (R. Otto Franke).
Simonyi, Siegmund. Ein Ereignis auf dem Gebiete der
altaischen Sprachen. Ung. Rev. S. 230—231.
Simon vi, Siegmund. Wortcombination und Wortbildung.
Ung. Rev. S.'235.
Sismonov, J. D. Prinosi!. khrm bz>lgarskata narodna eti-
mologija. (Aus dem Sbrnik* Bd. IX.) Byz. Zeitschr. S. 183. Aus-
gezeichnete methodische Darlegungen (Gustav Meyer).
Sjö Strand, N. In svntaxin Draegerianam notationes non-
nullae. Anz. f. idg. Spr. u.^Alt. III S. 182—183 (Carl Weyman).
iKiä^, Avbpeac; N. 'H Yeveait; Tf\c, veoeWriviKfli; YXuuaöri<;. Byz.
Zeitschr. S. 201. Sehr verständige Studie (K. K.).
Skutsch, F. Forschungen zur lateinischen Grammatik und
Metrik 1. Plautinisches und Romanisches. Anz. f. idg. Spr. u. Alt.
IV S. 62—63 (W. Mever-Lübke). — Jahresb. üb. d. Fortschr. d. kl.
Alt. 80 S. 255-258 (Seyffert).
Smith, R. Horton. The Theory of Conditional Sentence»
in Greek and Latin, for the Use of Stiidents. Academy 46 S. 356.
Smith, Vincent A. Graeco-Roman Tnfluence on tlie Civilisa-
tion of Ancient India. Jahresb. f. kl. Alt. 81 S. 70 (Gruppe).
Smith, H. W. The sounds and intiections of the Greec dia-
lects. Jonic. Am. Journ. Pliil. XV 497 flf. (H- Oortel).
Sobestianskij, J. M. Ucenija o nacionaltnycliÄ osoben-
nostjachs charaktera i juridieeskago bvta drevnich7> Slavjanz.. Arch.
f. slav. Ph. S. 254—268 (M. Murko).
Sobolewski, Sergius. Syntaxis Aristophaneae capita selecta.
De sententiaruni condicionalium teniporalium relativarum formis et
u.su. Neue pliil. Rundsch. S. 81—84 (Otto Kahler).
Soerensen, S. Om Sanskrits Stilling i den almindelige Spro-
gudvikling i Indien. Rev. Grit. S. 460—463 (V. Henry).
Solmsen, F. Studien zur lateinisclien Lautgeschiehte. Neue
phil. Rundsch. S. 396—399 (Fr. Stolz). — Revue Bourguignonne de
l'Enseignement superieur. Annee 1895 (A. Meillet).
Sosnosky, Theod. v. Der Si)raclnvart. Sprachregeln und
Sprachsünden . . . LCB Sp. 1539. Das einzige Gute an diesem
tlezensionenverzeichnis. 145
ßuch ist die Sammliino" von Proben schlechten Stiles aus der moder-
nen Erzählungsliteratur.
Sozonovie, J. Bürgers Lenore und die ihr verwandten
Stoife in der europäischen und russischen Volkspoesie (russisch).
Byz. Zeitsch. S. 175—181 (Wilhelm Wollner).
Span dl, Josef. Konstruktionsschwankungen in der lateini-
schen Sprache und deren Ursache. Zeitschr. für die österr. Gvmn.
S. 959-960 (J. Golling). — Ost. Litt.-Bl. Sp. 429 (H. Bohatta).
Spiller, Eeinhold. Zur Geschichte des Märchens vom Dorn-
röschen. Zeitschr. d. Ver. f. Volksk. S. 221—223. Ergänzungen
(Ludwig Fränkel). — Romania S. 310— 311. — Jahresb. üb. d. Ersch.
auf d. Geb. d. germ. Ph. 15, S. 121.
Sprachverstand , Allerliand. Von Dr. X. Arch. f. d. St. d.
neuer. Spr. u. Lit. 92 S. 85—86 (Max Koediger).
Stahl, J. M. Über Umfang und Bedeutung des Sprachstu-
diums. Jahresb. üb. d. Ersch. auf d. Geb. d. germ. Phil. 15 S. 13
(Felix ^ Hartmann).
Zivaja Starina Petersburg 1892 (2. Jahrg.). Arch. f. Ethuogr.
S. 149—153 (H. Kern). — 1893 (3. Jahrg.) Ibidem S. 258—263 (H.
Kern).
Staub, Fr. Schweizerisches Idiotikon. Von Staub, Fr., Tob-
1er, L., Schoch, R. u. Bachmann, A. Centr.-Org. f. d. Int. d. Real-
schulw. S. 177. Heft 24 und 25 S. 692—693. Heft 26 (L. Frevtag).
— Zeitschr. d. Ver. f. Volksk. S. 338. Heft 24—26 (K. Weinhold).
Steig, Reinhold. Goethe und die Brüder Grimm. Zeitschr.
für die öst. Gymn. S. 1022-1024 (Oskar F. Walzel).
Steinmeyer, E. s. Müllen hoff, K.
Steinthal, H. s. Misteli, Fr.
Stephens, George. The Runes, Whence came Thev? Aca-
demy 46 S. 258—259.
Stoffel, C. Studies in English written and spoken. l.series.
LCB Sp. 1674 (R. W^).
Stokes, Whitley s. Fick, August.
Stolz, Fr. Beiträge zur lateinischen Etymologie und Gram-
matik, Festgruss aus Innsbruck z. 42. Phil. Vers. S. 87—116. Woch.
f. kl. Phil. Sp. 79. Einwände (E. Hübner).
Stolz, Fr. Linguistisch-historische Beiträge zur Paläo-Eth-
nologie von Tirol. Zeitschr. f. Eth. S. 261 (Rud. Virchow).
Stolz, Fr. Historische Grammatik der lateinischen Sprache.
Beai'beitet von H. Blase, G. l^andgraf u. a. I, 1: Einleitung und
Lautlehre. Zeitschr. für die österr Gymn. S. 1097 — 1099. Leistet
alles, was billig verlangt werden kann (R. Meringer).
Stolz, Fr. Die Urbevölkerung Tirols. 18922. Zeitschr. für
die österr. Gymn. S. 149 — 150. Anspruchslos, aber gründlich (W.
Mever-Lübke).
Storm, Johan. Englische Philologie. 18922. Engl. Stud. S. 252
bis 257 (E. Nader). — Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. Sp. 10—11 (Karl
D. Bülbring).
Stowasser, J. M. Lateinisch - deutsches Schulwörterbuch.
Zeitschr. für die österr. Gymn. S. 111—114. Führt gut in die Prin-
zipien der Sprachgeschichte ein, namentlich durch die Entwicklung
der Wortbedeutung. Neue Etymologieen, die z. T. wohl wieder
beseitigt werden (Eduard Wrllft'lin). — Ibidem S. 310—319. Einzel-
berichtigungen (August Scheindler). — LCB Sp. 216—218. Sehr
viele Fehler und Ungenauigkeiten (C. W.). — Berl. phil. Woch. Sp.
1339—1340 (Fr. Müller). — Blätter f. d. Gymnasialschulw. S. 222-225.
Trefflich (J. Menrad). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 241—245 (Franz Har-
Anzeiger VI i u. 3. IQ
146 Rezensionenverzeichnis.
der). — Neue pliil. Ruudsch. S. 58—60 (g.). — Württ. Korr.-Bl. S. 475
(Meltzer).
Streitberg-, Wilhelm. Die Entstehung der Delmstufe. LCB
Sp. 1253-1254 (H. Ht.). — Rev. Grit. S. 27-32. Streitbergs Verteidi
gung gegen den Vorwurf; dass er Glottogonie treibe, wirkt nicht
überzeugend; auch in diesem Aufsatz bringt er wieder „des con-
jectures, ingenieuses souvent, parfois geniales, attrayautes toujours,
raais auxquelles on ne peut meme assigner le rang qu'occupe en
cosmogonie l'hypothese de Laplace". Epoche machen wird die Ab-
handlung durch ihre ausschliesslich mechanische Auffassung aller
ursprünglichen Spracherscheinungen (V. Henr^').
Streitberg, Wilhelm. Zur germanischen Sprachgeschichte.
Anz. f. deutsch. Alt. S. 116 — 140. Ref. bringt eine Reihe von Be-
denken. Polemik gegen die termini 'gestossener' und 'schleifen-
der' Akzent (Herrn. Möller). (Vgl. Streitbergs Erwiderixng IF. V.
231—251).
Strobel, Intorno alla glossologia preistorica. Arch. f. Anthr.
S. 127—128 (Georg Buschan).
Studi itahani di filologia classica T. II. Deutsche Litt.-Z. Sp.
1480—1482. Enthält u. a. einen wertvollen Wortindex zu Bechtels
Inschriften (Ernst Maass). — I. Riv. di Eil. S. 300—309, S. 473-479,
S. 547-553 (Carlo Tincani). S. 553-554 (Giuseppe Müller). — Woch.
f. kl. Phil. Sp. 1004—1005. — Neue phil. Rundsch. S. 141—143 T. I
(J. Sitzler). — Rev. des etud. Gr. S. 256-258 (H. W.).
Studien, Griechische, Hermann Lipsius zum 60. Geburts-
tag dargebracht. Deutsche Litt.-Z. Sp. 1482 (Ernst Maass).
Studien, Phonetische. Hgg. von W. Victor VI. Bd. 2. u. 3.
Heft. Bl. f. d. Gymn.-Sch. S. 655 (J. Jent).
Oriental Studi es, a selection of the Pajjers read bcfore the
Oriental Club of Philadelphia 1888-94. Rev. Grit. S. 337— 338 (V. H.).
Sütterlin, A. Laut- und Flexionslehre der Strassburger
Mundart in Arnolds Pfingstmontag. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 71
(Friedrich Kauffmann).
Sweet, Henry. A Primer of Historical English Grammar.
Athenaeum I Jan. S. 111—112.
Sw'eet, Mai'guerite. The third class of weak verbs in primi-
tive Teutonic with special reference to its development in Anglo-
Saxon. Jahresb. üb. d. Ersch. auf d. Geb. d. germ. Phil. 15, S. 22
(Felix Hartmann).
Szarvas, Gabor, ivs Simonyi, Zsigmond. Lexicon linguae
hungaricae aevi antiquioris. Kötet I — III. LCB Sp. 1931—1932.
Bahnbrechend für die Erforschung der Geschichte der magyari-
schen Sprache und ihrer Beziehungen zu den verwandten und nicht
verwandten Sprachen (E. N. Stlä). — Üst. Litt.-Bl. Sp. 76 (A. Fischer-
Colbrie).
Szilasi, Moritz. Kombinirte Kausative und momentane Bil-
dungssilben (im Ungarisclien) Ung. Kev. S. 226.
Szulcego, JanaParum: Slownik jczyka polabskiego, w^vdal
Dr. Antoni Kaiina (Polabisches Wörterbuch). <">st. Litt.-Bl. Sp.' 494
bis 495. Wichtiges lexikalisches und grammatisches Hilfsmittel be-
sondex'S für die Laxit- imd Formenlehre des Polabischen (Josef
Karasek).
Tacitus. Germania cd. K. Tücking. 1894«. Woch. f. kL
Phil. Sp. 1312—1314 (U. Zernial). — Württ. Korr.-Bl. S. 417—418
(Bender),
Tacitus. Cornelii Taciti de Germania. Edited . . by H.
Furneaux. Academy 46 S. 395 (Franklin T. Richards).
kezensionenverzeichnis. 147
Taram, Fredr. Etvmologlsk sveiisk ordbog- (A-bärga). Anz.
f. deutsch. Alt. S, 399-400 (F. Holthausen).
Tan nerv, Paul. Sur retyinologie du mot chiffre. Bj'z.
Zeitschr. S. 639. Keferent gibt diesen Ausführungen gegenüber
seine frühere Ableitung des arabischen sifr aus griechisch \ji»-|q)op-
(Hjriq)opia aus vyiicpocpopia) auf (K. K.).
Tatian hgg. v. Eduard Sievers. 2. Ausgabe. Zeitschr. f.
deutsche Phil. S. 269—272. Einseitigkeiten (H. Wunderlich). — Lite-
raturbl. f. germ. u. rom. Phil. Sp. 326-327 (0. ßehaghel).
Taylor, J. The prehist. races of Italy. Jahresb. f. Ge-
schichtsw.' 15 I 121 (Hüter).
Telfy, Jwän. Chronologie und Topographie der griechischen
Aussprache. Nach dem Zeugniss der Inschriften. LCB 1894 Sp. 793.
Ohne wissenschaftUchen Wert (B.). — Woch. f. kl. Phil. Sp. 491— 494.
511 — 512. Gänzlich unbrauchbar (Konrad Zaclier).
Qepiavöc,, A. 'OXifa -rrepi Tr\c, Xa\ovaiv)'\c, Kai Ypaq)0,ufvri(; -fXwa-
or]<;. Byz. Zeitschr. S. 202 (K. K.).
Terrien de Lacouperie. Beginning'S of Writing" in Central
and Eastern Asia. Acedemy 46 S. 425—426 (Isaac Taylor).
Tessing', Sven. Syntaxis Plautina. (Enuutiationes relativae —
enuntiationes conjunctionales — parataxis.) Neue phil. Rundsch. S. 99
bis 100. Planlos (Fr. Sigismund). — Jahresb. f. kl. Alt. 80 S. 331—334.
Ohne kritischen Sinn (Seyff'ert).
Thewrek de Ponor, Aemilius s. Codex Festi Farnesianus.
Thiel mann, Ph. Die lateinische Übersetzung- des Buches
der Weisheit. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 68 (W. Meyer-Lübke).
Thomas, A. Les noms de rivieres et la declinaison femi-
nine d'origine germanique. (Romania 1893 Nr. 88.) Zeitschr. f. rom.
Phil. S. 298 (A. Tobler).
Thomas, A. Le T de la 3« pers. sing-, du parfait proven(,'al.
(Romania 1894 Nr. 89.) Zeitschr. f. rom. Phil. S. 557—558 (W. Meyer-
Lübke).
Thomsen, Vilh. Beröringer mellem de finske og- de baltiske
(litauisk-lettiske) Sprog-. Arch. f. slav. Phil. S. 269—281 (E. N. Setälä).
Thomsen, Vilhelm s. Festskrift.
Thurneysen, R. Zur Bezeichnung der Reziprozität im gal-
lischen Latein. " Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 69 (W. Meyer-Lübke).
Tille, Alexander. Die Geschichte der deutschen Weihnacht.
Zeitschr. d. Ver. f. Volksk. S. 100—101. Sammlertleiss, aber unsichere
Beweisführung (K. Weinhold). — Urquell S. 140 (Ludw. Fränkel).
Tille, V. Literarni Studie I-Skupina lidovych pov[dek o nez-
mämem rekovi, jenz v zävodech ziskal princeznu za chot. Zeitschr.
d. Ver. f. Volksk. S. 98—99 (A. Häuften).
Tobler, Adolf. Vermischte Beiträge zur französischen Gram-
matik. Romania S. 491.
Tobler, L. s. Staub, Fr.
Tomaschek, Wilhelm. Die alten Thraker. Eine ethnolo-
gische Untersuchung. I. Arch. f. slav. Ph. S. 311—312 (V. 0.).
Topinard, P. L'anthropologie du Beng'ale ou etude des do-
cuments authropometriques. Jahresb. f. Geschichtsw. .15 149 (R.
0. Franke).
Topolovsek, Johann. Die Basko-Slavische Spx'acheinheit. L
Urquell S. 236. Um 150 Jahre veraltet (F. S. Krauss). - Arch. f.
slav. Phil. S. 528—530. Hoff"entlich erspart der Verfasser sich und
uns den verheissenen 2. Band (Hugo Schuchardt). Für die grenzen-
lose Verblendung, die a\is allen Poren des Werkes herausguckt, i.st
kein Entschuldigxiugsg-rund zu ünden (V. J.). — Ost. Litt.-Bl. Sp. 336 bis
148 Rezensionenverzeichnis.
337. Die -weitere Forschung- wird das Buch nicht übergehen Ivöil-
nen (?) (H. Bohatta).
Torbiörnsson, T. Lilivida-metates i de slaviska spräken.
Anz. f. idg-. Spr. u. Alt. IV S. 59-60 (Josef Zubaty).
Torp, Alf. Zu den phrvg-ischen Inschriften aus römischer
Zeit. LCB Sp. 1772—73. Ref. ist mit Torp g-eg-en Hirts Hypothese,
dass die Phryg-er (und Thraker) den Centumsprachen angehören,
vermag es aber nicht im entferntesten für erwiesen zu erhalten,
dass das Lykische idg. sei (G. M— r).
Transactions of the American Philological Association.
Vol. XXIV (1893). Rev. Grit. S. 214-216 (V. Henry).
Transactions of the Cambridge Philological Societv vol. III
part. IV. Rev. Grit. S. 78-79 (V. H.).
Treitel, Lcop. Grundriss der Sprachstörungen, deren Ur-
sache, Verlauf und Behandlung. Zeitschr. f. Realschulw. S. 369.
Tropea, G. Studi siculi e la necropoli Zanclea (aus Atti
della R. Accademia peloritana X 1894) L'Anthropologie S. 707—708
(Th. Volkov).
Tcjoüvrac;, Xpriar. MuKfivai Kai MuKnvaioc; -n-oXiTiöiuoc;. LGB
Sp. 1894-1895 (T. S.). — Neue phil. Rundsch. S. 349-351 (Weizsäcker).
Tylor, E. B. Diffussion of Mvthical Beliefs as Evidence in
the History of Gulture. Globus 66 S'. 206 (R. A.).
Uhlenbeck, C. G. Gontribution ä l'etude des peuples balti-
ques (Tydschrift van het Kon. Ned. Aardrygskundig Genootschap).
L'Anthropologie S. 710—713 (Meyners d'Estrey).
Ullmann, K. Die Appendix Probi. Anz. f. idg. Spr. u. Alt.
IV S. 65 (W. Meyer-Lübke).
L'Upanishad du Grand Aranyaka, traduite pour la premifere
fois du Sanskrit en franqais par A. Ferdinand Herold. Rev. Grit.
S. 209-210 (L. Finot). — Bull. Grit. S. 241-243 (A. Roussel).
Uppsalastudier tillegnade Sophus Bugge pa hans 60-ara
födelsedag, den 5. Januari 1893. Deutsche Litt.-Z. Sp. 140—141
(Andreas Heusler). — Literaturbl. f. germ. u. rom. Phil. Sp. 145 — 147
(B. Kahle). — Nord. Tidskrift . . utg. at Letterstedtska fören S. 358 bis
361 (H. Schuck). — Nord. Tidsskrift f. Filol. III. R. 3. Bd. S. 68—74
(A. Ülrik).
Urgeschichte des Menschengeschlechts. Jahresb. d. Gesch.
15 I 1—7. Kurze Übersicht der hierher gehörigen Erscheinxingen
des Jahres 1892 (M. Hoernes).
Ussing, J. L. Graesk og romersk metrik. LGB 1894 Sp. 318,
319. Besonnen. Durchaus wi.ssenschaftlich (Gr.). — "Woch. f. kl.
Phil. Sp. 169—172 (H. G.). — Nord. Tidsskrift für Vetenskap etc.
utg. of Letterstedtska fören S. 173-177. — Nord. Tidsskr. f. Filol.
III. R. 2. Bd. 1893-4 S. 139—144 (Kr. Mikkelsen).
Varnhagen, Herrn. Systematisches Verzeichnis der Pro-
gramm-Abhandlungen, Dissertationen iind Habilitationsschriften aus
dem (üebiete der romanischen und englischen Philologie, sowie der
allgemeinen Sprach- und LitteraturwisstMischaft und der Pädagogik
und .Methodik. 2. Autl. von Johannes Martin. Gentr.-Org. f. d. Int.
d. Realschulw. S. 299 (Nölie). — Academv 46 S. 349. — Franco-Gallia
S. 26 (K. Wilhelmi). — Polvbib. 71 S. 367 V- C. P.). — Bl. f. d. Gymn.-
Sch. S. 409. — Arch. f. d. Stud. d. neuer. Spr. u. Litt. 93 S. 166
(Ludwig Fränkel). — Romania S. .308. — Engl. Stud. S. 295-297
(E. Kölbing).
Verel, Charles. Petite grammaire du patois de l'arrondisse-
ment d'Alenvon. Re\-. de Linguistique S. 88—90 (De Gharencev). —
Kev. de Liug. S. 88-90 (De Charencey).
Rezensionenverzeichnis. 149
Villenoisy, F. de. Orio'ine des premieres races ariennes (2)
d'Europe. (Aus Museon 1894.) L'Anthropolog'ie S. 481—484 (Salomon
Reinach).
ViQwa Mitra. Les Chamites. Indes preariennes. Jahresb.
f. Geschichtsw. 15 I 3 (Hoernes). — Ibidem I 49 (R. 0. Franke).
Viteau, Jos. Etüde sur le Grec du Nouveau Testament.
Le Verbe: Syntaxe des pi-opositions. Th. Litt.-Z. Sp. 338—340.
Einzelbemerkung'en (F. Blass). — Rev. de l'instr. publ. en Belg-.
S. 290-292 (F. C).
Völckei". Formal-sprachliche Bildung' durch den Unterricht
in der Muttersprache, formal-logische Bildung durch den Unterricht
in der Mathematik. Zeitschr. f. d. deutsch. Unterr. S. 79—85 (G. Berlit).
Vogl, A. Die Sprache in ihren Beziehungen zu den Sprach-
werkzeugen. Jahresb. üb. d. Ersch. auf d. Geb. d. germ. Ph. 15
S. 12. Ganz laienhaft (Felix Hartmann).
Volkov, Theodore. Rites et usages nuptiaux en Ukraine.
Urquell S. 266— 267 (Scurat).
Vonbun, F. J. Die Sagen Vorarlbergs. 2. Aufl. v. Herm.
Sander. Centr.-Org. f. d. Int. d. Realschulw. S. 429 (L. Freytag).
Vorzeit, Germanische. Jahresb. d. Gesch. 15 it 1—18.
Überblick über die Litteratur d. J. 1892 (G. Erler).
Vorzeit, Slavische. Jahresb. d. Gesch. 15 § 53— 56. Littera-
turübersicht für das Jahr 1892 (A. Pawinski, A. Horcicka, K. Jirecek).
Waals, H. G. van der. Skeireins aivaggeljons Jjairh Johannen.
Vertaling met eenige opmerking-en omtrent tekst en tekstcritiek.
Anz. f. deutsch. Alt. S. 148-162 (M. H. Jellinek).
Wackernagel, Jak. Beiträge zur Lehre vom griechischen
Akzent. Byz. Zeitschr. S. 200-201 (K. K.).
Wagner. Der gegenwärtige Lautbestand des Schwäbischen
in der Mundart von Reutlingen. Anz. f. idg. Spi-. u. Alt. IV. S. 75 —
77 (Friedrich Kaulfmann).
Walker. On the Greek Aorist. Class. Rev. 8 S. 239-243
(J. H. Moulton).
Wal ton, Alice. The Cult of Asldepios. Cornell Stud. in
Class. Phil. III. Rev. Grit. S. 491-495 (V. Berard).
Waltzing-, J. P. Le recueil general des inscriptions latines
et l'epigraphie latiue depuis 50 ans. Jahresb. f. kl. Alt. 81 S. 261—
262 (Haug).
Weber, A. Verzeichnis der Sanskrit und Prakrit Hand-
schriften d. kgl. Bibliothek zu Berlin. II. Bd. 3. Abt. Journ. As.
G. Ser. 3 S. 172-177 (L. Feer).
Weissbach, F. H und Bang, W. Die altpersisclien Keilin-
schriften 1. Lief. LCB Sp. 150—152. Wenig- befriedig-ende Trans-
skription. Gesammturteil erst mög-lich, wenn der noch ausstehende
Kommentar erscheint (Th. N.). — Deutsche Litt.-Z. Sp. 1096-1097
(Paul Hörn). — Academy 46 S. 307.
Weisse, 0. s. Maurenbrecher, B.
Westphal, Rudolf. Allgemeine Metrik der indogermanischen
und semitischen Völker auf Grundlage der vergleichenden Sprach-
wissenschaft. Zeitschr. für die österr. Gymn. S. 784—785. Ist nicht
für solche g-eschrieben, die blos Orientirung suchen. Hartnäckiges
Festhalten an einmal Behauptetem. Höchst ärgerliche Druckfehler
(R. Meringer). — Anz. f. deutsch. Alt. S. 86—87 (Andreas Heusler).
— Jahre.sb. üb. d. Ersch. auf d. Geb. d. germ. Phil. 15 S. 26 (Felix
Hartraann).
Wide, Sam. Lakonische Kulte. LCB 1894 Sp. 62-64 (Cr.).
— Deutsche Litt.-Z. Sp. 295—297 (E. Bethe). — Woch. f. kl. Phil.
150 Rezensionenverzeichnis.
Sp. 6—8. Methodische und vollständige Sammlungen (H. Steuding).
— Neue phil. Rundsch. S. 1.58-159 {Z.). — Anz. f. idg. Spv. u. Alt.
IV S. 34-36 (Wilhelm H. Röscher). — Nord. Tidsskr. f. Filol. III.
B. 3. Bd. S. 40—44 (Chr. Blinkenberg). — Blätter f. d. bayr. Gvmn.-
Schulw. S. 544-546.
Wilke, Edwin. Deutsche Wortkunde. LCB S. 1540. Will
Elementarlehrer mit den Hauptresultaten der sprachgeschichtlichen
Forschung bekannt machen. Im Einzelnen ist manches Fehlerhafte
untergelaufen (H. F.). — Blätter f. d. bavr. Gvmn.-Schulw. S. 492—
493 (Rud. Schwenk).
Wilcken, Ulrich. Tafeln zur älteren griechischen Paläo-
graphie. GGA S. 494-496 (F. Blass).
W^ilmanns, W. Deutsche Grammatik. 1. Abteilung: Laut-
lehre. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. III. S. 186—191 (W. Streitberg). —
Zeitschr. f. Realschulw. S. 606—608 (Gustav Burghauser). — Litte-
raturbl. f. germ. u. rom. Phil. Sp. 217—220. Einzelbemerkungen
(K. V. Bahder).
Wilmotte, Maurice. Le Wallon. Histoire et litterature des
origines ä la flu du XVIII e siede. LCB Sp. 1339.
Wilser, L. Bernstein und Bronze in der Urzeit. Jahresb.
f. Geschichtsw. 15 I 6 (Hoernes).
Win er, G. B. Grammatik des neutestamentlichen Sprachidioms.
1894 8 von P. W. Schmiedel. I. Einleitung und Formenlehre. LCB
Sp. 1030, 1031. Konnnt einem allgemein empfundenen Bedürfnis
entgegen. Die Unsumme der seit Winers Tod (1858) zugewachsenen
sprachwissenschaftlichen Litteratur ist gewissenhaft und vollständig
beigezogen (K. K.) — Rev. Crit. S. 49 — 51. Verrät eine tüchtige
linguistische Schi;lung. Einzelbemerkungen (V. Henry). — Byz.
Zeitschr. S. 639. Vortreffliches Auskunftsmittel für die ganze spä-
tere Gräzität (K. K.). — Tii. Litt.-Z. Sp. 532—534 (F. Blass).
Winternitz, M. Das altindische Hochzeitsrituell. Mit Ver-
gleichung der Hochzeitsgebräuche bei den übrigen idg. Völkern,
Jahresb. f. Geschichtsw. 15 I 68.
Wölfflin, E. Minucius Felix, ein Beitrag zur Kenntnis des
afrikanischen Lateins. Anz. f. idg. Spr. u. Alt. IV S. 67—68 (W.
Meyer-Lübke).
Wölfflin, E. Der Dichter der Scipionen-elogien. Jahresb.
f. Geschichtsw. 15 I 117 (L. Hüter).
Zbiör Wiadomosci do antropolgii krajowej wydawany sta-
raniem komisyi antropologiczney akademii umiejetnosci w Krakowie
Tom. XVI Krakow 1892 (Gesanunelte Berichte über die einheimische
Antliroi)ologie). Arch. f. Ethnogr. S. 93—94 (C. C. Uhlenbeck).
Wolfskehl, Karl. Germanische Werbungen. I. Hugdictrich,
Jarl Apollonius. I.CB Sp. 1853—1854. Sucht den mythischen Kern
der Sagen herauszuschälen, scharfsinnig und geschickt, aber mehr
überredend als überzeugend. — Jahresb. üb. d. Erscli. auf d. Geb.
d. germ. Phil. 15 S. 121. — Zeitschr. d. Vereins f. Volksk. 220 (Max
Roediger).
Wolter, E. A. Materialy dlja etnografij latysskago plemeni
vitebskoj gubernii, casti I. Arch. f. slav. Pli. 247—248 (A. Brückner).
Wrede, F. Berichte über G. Wenkers Siiracliatlas des deut-
schen Reichs. .Jaliresb. üb. d. Ersch. auf d. Gel), d. germ. Phil. 15
S. 35 (W. Seelmaun).
Wright, Joseph. A grammar of tlie dialect of Windhill in the
west riding of Jorksiiire. Anz. f. deutsch. Alt. S. 30—35 (A. Nai)ier).
Wright, Josepli. A Primcr of the Gotliic Language. Deutsche
Litt.-Z. Sp. 302—303 (Max Roediger).
Rezensionenverzeichnis. 151
Wunderlich, Herrn. Der deutsche Satzbau. Rev. Grit. S. 204—
20G. Verdienstlich trotz der dunklen Schreibweise (Alfr. Bauer). —
Zeitschr. für die österr. Gymn. S. 237—239. Geistvoll, aber manches
unsicher, vieles nur Skizze (Rudolf Löhner). — Anz. f. deutsch. Alt.
S. 1—13. Inhaltsreiche Rezension (Tomanetz). — Zeitschr. f. deutsche
Phil. S. 275—277 (O. Erdmann).
Wustmann, Gustav. Allerhand Sprachdummheiten. Arch.
f. d. Stud. d. neuer. Spr. u. L. 92 S. 79—85 (Max Roediger).
Wust mann, Gustav s. Borchardt, W.
Wyatt, A. J. Beowulf. Edited, with Textual Footnotes, In-
dex of Proper Names, and Alphabetical Glossarv. Academy 46
S. 69—70 (Henry Bradley).
Jädavaprakäsa. The Vaijavantl. For the first time edited
by Gustav Oppert. GGA S. 814—832. Die Vaijayantl überliefert
eine Fülle von seltenen oder ganz neuen Wörtern xmd Wortbe-
deutungen (Th. Zachariae).
Zachariae, Th. s. Hemacandra.
Zangemeister, Karl und Braime, Wilhelm. Bruchstücke
der altsächsischen Bibeldichtung. Mod. Lang. Not. Sp. 488—496
(George A. Hench). — Lit. Handw. Sp. 637—639 (E. Arens). _
Zavitnevicb B. Z. Proischozdenie i pervonacalbnaja isto-
rija imeni 'Rusö'- Arch. f. slav. Ph. S. 558 (M. Speranskij).
Bvzantinische Zeitschrift. Hgg. von K. Krumbacher.
Bd. IL "Deutsche Litt.-Z. Sp. 358—361 (C. Frey).
Z e i t s c h r i f t f. Kulturgeschichte. Hgff. von Georg Steinhausen.
Zeitschr. f. Realschulw. S. 546—547 (H. Widmann). — Zeitschr. f.
Ethn. S. 45. Neue Folge. Heft I (Max Bartels). — Bl. f. d. Gymn.-
Schiihv. S. 687-688 (Markhauser).
Zendavesta s. Darmesteter, A.
Ziegler, Theob. Das Gefühl. 1893. LCB Sp. 709, 710. Der
5. Abschnitt handelt von unwillkürlichen und willkürlichen Aus-
drucksbewegungen; unter den letzteren wird auch die Sprache be-
handelt (0. K.).
Ziemer, H. Lateinische Schulgrammatik. 11. gänzlich um-
gearbeitete Aufl. der Schulgrammatik von W. Gillhausen. Zeitschr.
für die österr. Gymn. S. IciOO— 1001. Trägt auch den Forderungen
der Sprachwissenschaft vollauf Rechnung (J. Golling). — Woch. f.
kl. Phil. Sp. 349 -354 (Fügner). — Zeitschr. f. Realschulw. S 540—
541 (G. Vogrinz). — Bl. f. d. Gymn.-Sch. S. 398—401 (Gebhard). —
Centr.-Org. f. d. Int. d. Realschulw. S. 570—571 (— g.). — Berl. phil.
Woch. Sp. 894—896. Durch und durch eigenartig (Fr. Müller). —
Zeitschr. f. d. Gymnasialw. S. 493—503. Inhaltsreiche Besprechung
vom pädagogischen Standpunkt aus (Max Engelhardt).
Zimmer, Heinr. Nennius Vindicatu.s. LCB 1894 Sp. 155—157.
Unumstösslicher Beweis, dass die sog'. Historia Brittonum auf Nen-
nius selbst zurückgeht (W. F.). — Litteraturbl. f. germ. u. rom. Phil.
Sp. 161 — 163 (W. Golther). — Anz. f. deutsch. Alt. S. 225—227. Mül-
lenhotfs Forschungsmetliode wird hier erfolgreich auf keltische Phi-
lologie übertragen (E. Martin). — Rev. Celt. S. 126-129 (H. d'A. de J.).
— GGA S. 399—406 (G. Heeger). — Romania S. 306.
Zlngerle, Ignaz v. Sagen aus Tirol. Zeitschr. f. deutsche
Phil. S. 280—281 (Jos. Seeber).
Münclien. Gustav Her big.
152 Mitteilungen.
Mitteilungen.
Die iiulogernianische Sektion auf der Kölner
Plülologenversanimlung: ^).
25.-29. September 1895.
Auch auf der 43. Versammlung- deutscher Philologen und
Schulmänner konnte sich, wie auf den beiden vorhergehenden Ver-
sammlungen eine indogermanische Sektion bei ansehnlicher Mit-
gliederzahl konstituieren: hiermit ist unsere Sektion ein für alle
Mal in den festen Bestand der künftigen Versammlungen aufge-
nommen, was Herr Prof. Jacobi in seinem vor der letzten Plenar-
sitzung erstatteten Bericht hervorhob.
In der (1.) konstituierenden Sitzimg der Sektion (25. Septem-
ber) wurden Herr Prof. Jacobi (Bonn) zum 1. Vorsitzenden, Herr
Prof. Thurneysen (Freiburg) zum 2. Vorsitzenden, ferner Herr
Dr. Solmsen (Bonn) sowie der Unterzeichnete zu Schriftführern
gewählt.
In der (2.) Sitzung vom 26. September sprach Herr Prof.
Osthoff über Die griechische Vertretung der langen
Liquida sonans. Der Vortragende nimmt — abgesehen A^on dem
Spezialfall puu, Xuu lat. rä, lä, den er als idg. Abart von f, l ausser
Acht lässt — op, o\ als griech. Vertretung von f 1 an: vgl. z. B.
CTÖp-vuiai zu ai. süriiäs, ßoüXo|Liai = *gI-no-mai, qpoXKÖc 'krummbei-
nig' lat. falx zu lat. flecfo, yopTÖc air. </arg (zvi abg. yroza)] griech.
dipK^uj imd lat. arceo sind auf verschiedene Formen, rk- und fk,
zurückzuführen. Während in den angeführten und andern Fällen
op o\ = idg. f / mit dem einem idg. or ol entsprechenden op oX
zxisammengefallcn ist, scheiden sich die beiden Gruppen in der
Stellung vor t: idg. or« oli wird im Griech. zu oip oXX (|uoTpa, koi-
pavoc, aiöXXuu), dagegen fi li nrgriech. zu upi uXi und weiter zu
üp (aus *üpp) bezw. uXX. Mit Hilfe dieses Lantgesetzes ist es nun
möglich, die den ai. Präsenlien jlryoti, avat'iryati entsprechenden
griechischen Formen festzustellen, sowie eine Gruppe von bisher
dunkeln u der ^-Reihe zuzuweisen oder vielmehr zu erklären; man
vergleiche z. B. Verba wie cupuu aixs *S7jHö neben caipuu aus *suriö
zur Wz. suer oder fiOXXuj lit. maliü vedisch npa-müriiamänas zu slav.
meljq, und Nomina wie cqjöpa *sp(h)ria neben cqiaTpa -^.^phria Wz.
sp(h)er (Oder cpOXXov '*bhUom, lat. folium ''''hhf iow. zur Wz. bJiel (ger-
man. blott aus *b?d-o-to-ni oder *bhl-,)-to-)n). Formen mit up uX, in
denen kein i im Spiele ist, sind durcli Übertragung von solchen
1) Den Vortragenden, welche midi biM der Ausarbeitung die-
ses Berichtes unterstützten, sei auch an dieser Stelle bestens ge-
dankt.
Mitteilungen. 153
mit i entstanden, z.B. juüXr) nach laüWuj; KÜp^u) nach *Ki)ppuj (später
Kupuj). Die verschiedene Behandlung- von op, oX je nachdem es
aus f, / oder or, ol entstanden war, erklärt sich daraus, dass op
o\ aus idg-. f I ursprünglich geschlossenen, op o\ aus idg. or, ol
ursprünglich offenen o-Laut hatte, also z. B. *q)opiuu (cpupu)) aber
qpopuTÖc. Im ersten Falle trat unter dem Elinfluss des t weitere Ver-
dumpfung- zu u ein, während die übrig gebliebenen o mit den alten
Q zusammenfielen.
Au der Debatte, in der Bedenken gegen die Scheidung von
urgriech. o und g geäussert, sowie sonstige Fälle von dunklen u
st. 0 (z. B. vüS, fvvr]) hervorgehoben wurden, beteiligten sich ausser
dem Vortragenden die Herren Prof. Wackernagel und Dr. Solrasen.
Auf den mit lebhaftem Interesse aufgenommenen Vortrag hier näher
einzugehen, unterlasse ich, da eine baldige Veröffentlichung (im
VI. Bande der Morphologischen Untersuchungen) zu erwarten ist.
Am 27. September fanden 2 Sitzungen (Morgens und Nach-
mittags) statt; in der 3. Sitzung, welche von Herrn Prof. Thurneysen
geleitet wurde, sprach zuerst Herr Prof. Jacobi (Bonn) Zur Ent-
wicklung des indischen Satzbaus: Die Eigenart des indischen
Satzbaus, dem kunstvolle Periodisierung gänzlich fehlt, beruht auf
der Natur der indischen Nebensätze; die Eelativsätze mit ihrer
festen Stellung am Anfang oder Ende des Hauptsatzes, wie sie in
gleicher Weise im Vedischen, im klassischen Sanskrit, im Mittel-
indischen und in neuindischen Sprachen sich findet, sind genauer
Korrelativsätze, welche eine wesentliche Ergänzung des Hauptsatzes
bezw. eines Gliedes desselben enthalten; sie sind aus demonstrati-
ver Ausdrucksweise hervorgegangen: weiter ausführende oder be-
schreibende Nebenumstände können nicht durch Relativsätze, son-
dern nur durch Komposita ausgedrückt werden. Hinter den Relativ-
sätzen treten die Konjunktionalsätze im Indischen zurück: sie sind
übrigens gleichfalls relativisch, wie ihre aus dem Relativpronomen
hergeleiteten Konjunktionen {yadcl, yafhä itsw.) zeigen. Die Ver-
bindung eines solchen Konjunktionalsatzes und eines Relativsatzes
mit dem gleichen Hauptsatz, der in der Mitte steht, ist die einzige
Art von Periodenbildung im Indischen; der Nebensatz kann nur
dann in den Hauptsatz eingeschoben werden, wenn er auf 2 Worte
reduziert ist. Auch der Konjunktionalsatz ist von derselben Natur
wie der Relativsatz: wie dieser drückt er ein enges, wesentliches
Verhältnis zwischen Haupt- und Nebensatz aus; Nebenumstände
zeitlicher oder kausaler Art werden durch die Form des Absolu-
tivum ausgedrückt. So kam das Sanskrit (bezw. das Mittel- und
Neuindische, dem sich auch die dravidischen Sprachen ansehliessen)
durch die Natur seiner Nebensätze dazu, die Ausdrucksform des
Kompositums und des Absolutiviims in einer überreichen, uns ge-
künstelt erscheinenden Ausdehnung zu gebrauchen und ein perio-
disches Satzgefüge unentwickelt zu lassen.
Herr Prof. Wackernagel äussert im Anschluss daran die Ver-
mutung, ob nicht bei dieser Entwicklung, die ein Zurücktreten des
154 Mitteilungen.
verbalen Ausdnicks gegenüber dem nominalen bedeute, eine äus-
sere EinAvirkung', also etwa des Dravidischen, im Spiele gewesen
sein könne.
Hierauf erhielt Herr Dr. Solmsen (Bonn) das Wort zu einem
Vortrag über das Thema Zur Frage nach dem Wesen des
griechischen Akzents. Der Vortragende suchte im Anschluss
an Wackernagel zu zeigen, dass dem griechischen Akzent auch in
alter Zeit bereits neben dem von den griechischen Grammatikern
allein hervorgehobenen musikalischen Charakter ein exspiratorisches
Moment innegewohnt habe, indem er zu den zwei von Wackernagel
in diesem Sinne geltend gemachten Lauterscheinungen zwei wei-
tere hinzufügte: 1) Die Behandlung der ererbten Lautgruppe: Vo-
kal + ?i -f 5 + Vokal, in der der Diphthong seinen zweiten Be-
standteil unversehrt erhält oder einbüsst, je nachdem der Akzent
auf ihm ruht oder nicht: auoc aus ^caöcoc = lit. saüsas usw., aber
i^uüc aus *äücuüc = ai. usäs, lat. auröra; jeüoi eüuu aus *jevcw *eüciu,
aber dKor] aus *äKOucd, dKrjKoa aus ^otKaKouca, ötKpoaoiuai aus "*äKpou-
cao|nai usw. Diese Regel hat auch für das Äolische gegolten, nur
dass sie hier erst nach Eintritt der spezifisch äolischen Akzentzu-
rückziehung durchgedrungen ist. Äolisch einerseits auiuc aöa ira-
paüa dKoüa, andererseits aber -aKooc; daraus ergibt sich für das
Alter der äolischen Betonung der Schluss, dass sie älter als Sappho
und Alkaios sein müsse. 2) Gewisse Fälle der Hyphaeresis von o,
in denen der Ausfall dieses Vokals diirch das Fortrücken des Ak-
zents bedingt ist: öXoöqppujv, aber öXocppov^oiv (auf einer jungen In-
schrift aus Karlen); hom. ßoriOöoc, aber ßorjO^uj aus *-6oeuL), wonach
ßoriGöc neugebildet, äol. mit Zurückziehung des Akzents ßäBörnai;
GuocKooc, aber öuocKeiv; OXeioOc 'AvaYUpoOc aus *-öoic *-ö^€vtc, aber
OXeiacioc 'AvaYupacioc aus *-o--aTioc; Böciropoc aus einer ursprüng-
lichen Flexion BoöcTropoc BocTTÖpou usw. — Da der Vortrag an an-
derer Stelle vollständig veröffentlicht werden wird, genügt hier
diese kurze Inhaltsangabe. An den Vortrag knüpfte sich eine leb-
hafte Debatte an, an der sich die Herren Prof. Osthoff, Prof. Wacker-
nagel, Prof. Schenkl (Graz) sowie der Unterzeichnete beteiligten
und wobei vor allem die Beweiskraft des aus einer jüngeren In-
schrift angeführten öXoqppov^u) zu öXoöqppwv, ferner die Frage nach
einem ähnlichen für i-Diphthonge geltenden I^autgesetz, die Ety-
mologie von vev')uj und väöc, sowie die Frage nach dem Wert der
Handschriften in betreff der Akzentsetzung berührt wurden.
In der Nachmittags-(4. mid Srhluss-)Sitzung von\ 27. Septem-
ber, die .sich eines besonders regen Besuches von Seiten anderer
Sektionen erfreute, spracii Herr Prof. Thurneysen über Allitte-
rationsdichtung im Westindogermanischen. Der Vortra-
gende ging aiis von der bekannten Thatsache, dass das älteste
Latein und übei-haupt die nltitalische Dichtung von der Allittera-
tion ziemlich reichen Gebrauch macht. Wenn sich auch annehmen
lässt, dass die Allitteration durch das Dreisilbengesetz der lat. Be-
tonung, welches die Irüherc Anfangsbetonung ablöste, in den Hin-
Mitteilung-en. 155
tei-g-nind g-edräng't worden sei, stimmt er doch Jordan gegen West-
phal bei, dass jeder Beweis dafür fehle, dass einst bei den Italikern
wie bei den Germanen die Allitteration einen oblig-atorischen Be-
standteil der Verstechnik g-ebildet habe. Überhaupt ist die Anwen-
dung- der Allitteration bei den Italikern, welche neben einander
stehende haupttonig'e Wörter verbindet, zu verschieden von der
g'ermanischen, wo sie Halbverse verknüpft, als dass eine g-emein-
same Entwicklung- zunächst wahrscheinlich wäre. Die Frag-e g-e-
winnt eine andere Gestalt durch Beiziehung- des Keltischen. Die
Iren, welche die altkeltische Anfangsbetonung- bewahrt haben, ver-
wenden auch in derjenig-en Dichtung-, die sich in ihrem Bau der
spätlateinischen Hymnenrhythmik anschliesst, das einheimische Ele-
ment der Alliteration als häufigen Redeschmuck. Die Art der Ver-
Avendung- ist dieselbe wie im Italischen; die Technik im einzelnen,
die Reg-eln über die allitterierenden Anlaute, zeig-en grosse Ähnlich-
keit mit der germanischen, ohne dass Entlehnung- von den Angel-
sachsen anzunehmen wäre. Die nahe Verwandtschaft der Kelten
mit den Italikern, die durch sprachliche Thatsachen erwiesen ist,
lässt gemeinsame Entwicklung bei diesen beiden Stämmen wahr-
scheinlich erscheinen. Dann liegt die Vernuitung nahe, dass die
Germanen sie — nach der Lautverschiebung — von den Kelten
übernommen und selbständig entwickelt haben. Der Übergang-
von der italokeltischen Allitterationsweise zur germanischen ist, wie
schon Karl Bötticher gesehen hat, nicht allzu schwer zu vermit-
teln. Von den drei hauptsächlichsten Typen der gei-manischen
Allitterationszeile (in denen a alliterierende haupttonige Wörter be-
zeichnet)
Ja a \ a
II _ iL I iL _
III iL __ i iL
sind die beiden ersten aiich im Irischen und Italischen ül)licli, wo
häufig Cäsur (oder Versschluss) zwischen zwei allitterierende Wörter
fällt. Die Erhebung des fakultativen Versschmuckes zum obligato-
rischen und die Entwicklung von Tj'pus III ist kein weiter Schritt.
Eine Sicherung dieser Hypothese ist nur möglich auf Grund er-
neuter eingehender Prüfung der ältesten Metrik der drei Avestindo-
germanischen Völker.
In der Debatte, an der die Herren Prof. Suciiier (Halle), Prof.
Körting- (Kiel) und Dr. Solmsen (Bonn) teilnahmen, ging der Vor-
tragende vor allem auf den Einwand näher ein, ob ein Volk (hier
also das Keltische) seine metrischen Grundsätze auf die volkstüm-
liche Dichtung- eines anderen Volkes übertragen könne.
Als letzter sprach Herr Prof. Cornu (Prag) Über die Be-
tonung- annäque im latein. Hexameter. An der Hand eines
reichen statistischen JNIaterials Aveist der Vortragende nach, dass
im Hexameter ein Wort Avie armäque (so betont nach dem Zeug-
uisse der sämtlichen römischen Grammatiker), Avelches der Quanti-
156 Mitteilungen.
tat nach im ersten, AÜcrton und fünften Fusse verwendet werden
konnte, nhf2,'esehen von überaus seltenen Ausnahmen, nur als erster
und fünfter Fuss vorkommt; dass nur dessen Verwendung" im ersten
Fusse keine Beschränkung erleidet, dagegen im fünften gewöhn-
lich an die bukolische Cäsur gebunden ist, welche in der Regel
dann eintritt, wenn der fünfte Daktylus die Betonung _.Lw hat.
Aus dieser Thatsache folgert er weiter, dass die Annahme, die
römischen Dichter hätten sich um den Akzent nicht gekümmert,
unbegründet sei, dass sie im Gegenteil die Akzentverhältnisse sehr
sorgfältig beachtet haben müssen, da sie stets wussten, dass ein
Daktylus wie corpora (s^i,) von einem Daktylus wie ai^mdque
(_^^) sich unterscheidet.
In der auf den Vortrag folgenden Diskussion machten die
Herren Prof. Diels (Berlin) und Prof. Leo (Göttingen) Einwendun-
gen gegen das von dem Redner betonte akzentuierende Prinzip
der lateinischen Metrik. Hierauf schloss der Vorsitzende, Herr Prof.
Jacobi, die Sitzungen der indogermanischen Sektion.
Ein von dem Unterzeichneten nachträglich angemeldeter Vor-
trag Über den Wert des neugriechischen Sprachstudiums
für altgriech. Grammatik und Textkritik musste der vor-
gerückten Stunde wegen ausfallen.
Aus dem übrigen Programm der Kölner Tage seien zunächst
die in Plenarversammlungen gehaltenen Vorträge von Prof. Diels
(Berlin) und Bibliothekar Dr. Wenker (Marburg) erwähnt; jener
gab einen Bericht über den von 5 Akademien unternommenen
Thesaurus linguae latinae, wobei besonders auch die tech-
nische Seite 'Verzettelung' erläutert wurde; dieser sprach Über
den Sprachatlas des deutschen Reiches und betonte, wie
gTossen Nutzen derselbe nicht nur iiir die deutsche Dialektologie,
sondern auch für die deiitsche Stamniesgeschichte verspreche. Im
Anschluss daran sind zu nennen die der germanistischen Sektion
angehörenden Vorträge von Privatdozent Dr. Wrede (Marburg)
Interpretation einer Sprachatlaskarte sowie von Prof. Dr.
Kossinna (Berlin) über Die deutsche Altertumskunde und
die vorgeschichtliche Archäologie. Von sonstigen Vorträ-
gen haben spracliwissenschaftliches Interesse der von Prof. Dr.
Jerusalem (Wien) über Psychologie im Dienst des Sprach-
unterrichts (pädagogische Sektion), von Prof. Dr. Koschwitz
(Greifswald) über Methode der Lautchronologie, und endlich
von Prof. Mutzliauer (Neuwied) über Das Wesen des Kon-
junktivs und Oi)tativs im Griechischen, besonders in der
homerischen Sprache. Da Referent keiner der betreffenden
Sitzungen beiwohnen konnte, so muss er auf eine Inhaltsangabe
dieser Vorträge verzichten.
Freibiir«;- im 15reis<rau. A. Tliumb.
Mitteilungen. 157
Vorläufige Mitteilungen.
1.
Im Frühjahr 1896 wird im Verlag- der Cambridg-e University
Press erscheinen: R. S. Conway The Italic Dialects. An Edition
of the remains of Oscan, Paelig-nian, Umbrian and the minor dia-
lects of ancient Italy: including all inscriptious yet discovered, with
critical commentary; the dialectic t'orms recorded in Latin and Greek
sources; the Place-names and Personal names of all the dialect-areas
verified and arranged; briet" Historical Introductions to each sec-
tion; a Conspectiis of Italic Grammar (Alphabets, Accidence and
Syntax); a dictionary to all the dialects; and an Appendix of ex-
planatory notes to the long-er inscriptions.
Herr Dr. Holg'er Pedersen beabsichtigt eine ausführliche
Untersuchung- über die Aspiration im Keltischen zu veröffentlichen,
worin er u. a. (mit Heranziehung- des Neuirischen) darthun wird,
dass im Urkeltischen alle Konsonanten aspirierbar waren; ferner
wird er den Nachweis erbring-en, dass die Aspiration nicht nur
nach Vokal, sondern auch nach Nasal eintrat (urkelt. n]) usw., da-
raus im Irischen zunächst p mit Ersatzdehnung-, dann altir. t, neuir.
d). Die sogenannte Eklipse ist nur ein besonderer Fall der Asjü-
ration.
Herr Dr. Pedersen arbeitet ausserdem an einer Untersuchung-
über "Bartholomaes Gesetz im Lateinischen".
3.
F. de Saussure. — Accentuation lituanienne. — On
peut montrer que deux systemes tout a fait differents de l'accent
se sont succede en lit. Ce qui forme la base du second, nne relation
de l'accent avec l'intonation, est inconnu ä tous les degres du ])re-
mier. Mais ce qui caracterise le premier, savoir ixne parfaite sim-
plicite des Schemas, est ä son tour ce qui a disparu dans Fautre.
Un seul de ces faits aurait change la face de l'accent lit., mais tous
les deux proviennent du meme evenement:
A une certaine epoque ante-dialectale (du reste indetermi-
nee), l'accent "s'est rcgulicrement porte de 1 syllabc en avant quand,
reposant orig-inairement sur une syllabe douce (geschliffen), il avait
imnnkliatement devant lui une syllabe rudc (g-estossen)". — Ainsi
*Ialkyti {ciT^y) devenait laikßti-^ j)endant que par ex, räizi/ti {äi-\-y)
n'etait pas amene ä changer la place de l'accent^).
1) La somme des cas possibles (l'accent se trouvant sur la
premiere syllabe) ctait:
«i + ?/ = C w vy + -1 w w.
al -{- y = v^ vy C/ + ^ w ^.
äi -{- y ^= C «^ v^ + w w ^.
aX -\- y =: w w w + w w vy.
Pourqiioi c'est justement le 4e cas et lui seul qui s'est trouve
constituer ponr l'accent une position critique, c'est ce qu'un simple
coup d'oeil sur ce tableau fait comprendre.
158 Mittciiung-etl.
C'est ce qvii «iiffit, dans toutes Ics pavties de raccent, soit ä
decomposer le Systeme actuel, soit ä recomposex' rancieu.
— Declinaison. — Toutes les divergences d'aeceut du type:
derüs, ])onns (de devas, pönas) coutre kelmu.s, vyriis, sont poste-
rieures, siinpleinent dues au fait que dans *d{'viis, le ii, etant rüde,
attirait sur lui Taccent toutes les fois (lue la ])i-ecedente syllabe
etait douce.
Seules donc sout primitives les divergences qui ne trouveut
pas leur Solution dans ce fait phonetique; par ex. devais kelmals
contre ])önais vipriis.
Mais si ceia est poursuivi en detail, on verra qu'il ne reste
rien, ni du paradigme la de Kurschat, qui devient identique ä IIa;
ni du paradigme Ib qui devient identieiue a IIb (passaut ainsi
de l'etat de paradigme mobile ä l'etat de paradigme
immobile).
A ee moment, on aura sans le chereher fait sortir de son tom-
beau le veritable Systeme cache sous l'accentuation actuelle. 11 se
compose, comme chaeun le voit;, simplement de:
. -,. , ., I indirectement: la.
1 paradig. mobile = { gt directement: IIa.
, , , . 1 ., I indirectement: Ib.
+ 1 parad. immobile = [ ^^ ^i,eetement: IIb.
D'autre part, il ne connait pas l'intonation, puisque soit
son paradigme Mob. soit son paradigme Im. s'applique avec indifte-
rence ä des mots ä penultieme rüde ou ä des mots a penultieme
douce.
[II existe donc actuellement deux mouvemcnts de Taccent meles;
l'un recent, l'autre ancien; Tun dependant, Tautre independant de
l'intonation ; et il serait chimeritiue, dans Tetat present du lit., de
vouloir faire abstraction de Fun d'cux pour ne considerer que celui
qui est "grammaticar', c'est-ä-dire plus ancien que Tautre. On peut
seulement s'ettorcer de trouver des sigles appropries, qui tout en
indiquant avec precisiou l'accent moderne, rappellent constamment
ce qu'etait cet accent dans le premier Systeme.]
'A cet egard, les mots seront de 4 classes (au Heu de deux
du premier Systeme). Ils peuvent suivre ou bien les paradigines
Mob. et Im. (autrefois generaux, aujourd'hui speciaux aux mots ä
peiiultienu! rüde); ou liien INIob./a et Im./a, noms que nous adoptons
pour les variantes actuelles de Mob. et Im. apres i)enultieme douce.
Et les difterentes formes dont se coinposent les paradigmes
(par ex. l'instrumental en -ff, l'instrvimental en -vii, le geiiitif en -s,
etc.) seront egalement dans quatre situations possibles au Heu de
deux. II n'y avait pour elles, dans lorigine, que ces deux alter-
natives: etre oxytonables, c. a. d. oxytonees dans Mob. (c'est ce
que nous a])pelons ß), ou n'etre pas oxytonables, c. ä. d. baryto-
nees aussi bien dans Mob. qiie dans Im. (c'est ce (|ue nous appelons
Z). 11 y a inalntenant pour elles ces (juatre alternatives:
Z = Oxytonaisoni) dans zero iiaradigme.
1) Quelques principes clemeiitaires ne sont nullcmeiit ici hors
de projjos :
La ])arytonaison est l'accentuation normale de toute espece
de mot et de forme lit. L'accent radical, (lUi ne maiKiuc dans au-
cun mot, <'st toujours situe ende(,-ä de l'ulticme du tlieme. L'accent
radical est mis par lä dans riiiii)nssibilite de jamais se trouver sur
liue liiiale ni meme sur la colonne syllabique oü se trouve une
Mitteiitiüg-eli. 1^9
2a =: Oxytonaison dans Mob./a et Im./«.
Q = Oxytonaison dans Mol), a vi Mob.
Qa := Oxytonaison dans Mob./a. Im./a, et Mob.
Les trois premiers cas se voient partout. Le quatrienie, nioins
frequent, est celni qiii devait se presenter si iine forme finissant par
rnde etait par hasard au nonibre des fornies oxytonables du premier
Systeme. Ainsi le nom. sing", des fem. en -ä- est oxytone dans trois
paradig-mes, contrairement ä toute 'regle', parce qu'il est ä la fois
une forme Q (eomme tous les nom. sing-.) et vine forme finissant
par rüde.]
Polysyllabes. — Ici se produit ce qu'on pouvait prevoir:
Les tliemes pakoxyton.s offrent le meme etat caracteristiqxxe
que les disyllabes (qui, cn efTet, n'ont pu, eux-memes, developper
Mob./a et Im./a que parce qu'ils etaient des paroxytons).
Les themes ruoPAROXYTONs et hypei{rarvtoxs ne connais-
sent aucune trace de cet etat, c"est-ä-dire que quelle que soit chez
eux soit l'intonation de la penultieme soit I'intonatiou de la toni-
que, ils n'ont Jamals d'autres paradigmes que Mob. et Im. purs.
Bien inevitablement, puisque la penultieme, qui est en contact avec
les finales, ne dispose pas du ton, et que la syllabe qui en dispose
n'est pas en contact avec les finales.
Dans un tout autre ordre d'idees, ce qui parait ressortir
avec une grande ju-obabilite de l'etude des polysyllabes, c'est que
"pour qu'un mot quelconque jouisse du paradigme mobile, il faut
toujours qu'il ait l'accent radical sur l'initiale". (Se rappeler
ici que tout disyllabe a Taccent siir l'initiale.) La plupart des ex-
ceptions actuelles comnie sepfym .sepfpiius Parox. Mob. se resolvent
uu moyen de la loi mecanique {septfjnius pour *stpiynius, ä cause
de e + ?/, ce qui donne un Proi)arox. Mob.).
— Flexion verbale. — Le fait le plus marqiiant de cette
fiexion est qu'ä la difterence du nom, eile ne connait pour tous
les verbes (ju'un seul paradigme, immobile. Car les difterences
comme velkü -äugu, esmi -sergmi ne sont de nouveau qu'un effet de
la loi mecani(iue. En presence de ce fait noiis faisons consister
presque tout le probleme de Faccentuation verbale ä se demander:
s'il n'a pas existe, soit selon les verbes soit plutöt selon les Ibrma-
tions du verbe (fini), une difference d'accent; donc un second ])ara-
digme "non immobile", — quel que tut au juste son mouvemcnt,
que nous ne pretendons pas reconstituer.
Parmi les nombreux indices propres ä confirmer ce soup(,'on,
nous ne citerons ([ue les plus to])i(iues:
1. Le partic. en -auf-. — Cette formation nominale va sur Im.
ou Mob. (car il va saus dire que toute difierence comme ne.szqs —
ditgq.s represente une pure difference de jjaradigme; accus, ntszanti
comme äuganti)^). Et la regle serait, ä en croire Kurschat dans
finale. Ainsi toute oxytonaison a le caractere formel d'une dero-
gation ä l'accent radical (detail ([ui semble ignore de presque tous
ceux qui citent l'accent lit.).
Mais etant, de plus, le seul genre de derogation a l'accent
radical [ä part les dat. plur. et le dat. sg. des adj.], l'oxytonaison,
ou plutot la somme des oxytonaisons qu'adinet un mot ou une forme,
donnera le compte exact de son accentuation.
1) Le contraire serait une violation des regles inviolables sur
roxytonaibon, v. plus haut.
160 Mitteilungen,
sa Grammaire, qu'ellc va toujours sur Iin. qiiand la radicale est
rüde, partiellement sur Mob. quand la radicale est douce. Aiusi :
szaükiäs neszqn \ äugäs.
Regle non-seulement inexplicable, rnais qiii serait une cajDitale ob-
jectiou au principe posc plus haut quo jamats Tintonation ne peut
influer sur le choix d'un paradigme.
La verite est ici ([ue toute raccentuation des participes, et
autres annexes du verbe, dans la Grammaire de K. n'est qu'un
tissu d'erreurs contredites par sou Deutsch-Lit. Wörterbuch
aussi bien que par sou Neues Testameuti). Et il resulte de ces
derniers, si on observe les formes, que l'accentuation vraie est:
1. sergcls neszäs \ cm gas.
2. szaükiäs \ träukiäs.
3. klypstäs | irüksfäs.
c'est-ä-dire que le paradigme du participe est a) independant de
rintonatioii, mais b) dependaut de la formation verbale, en -ö -jö
-stö etc. Cr coniment concevoir ce l'ait si le pretexte n'etait pas
doime par i;ne differencc de paradigme daus le verbe fiiii lui-
meme^)?
Des observations tout analogucs peuvent se faire sur le partic.
en -ama-, etc.
2. Accentuatioii des prefixes. — Ün ne voit pas d'abord pour-
quoi tels presents rejettent l'accent sur le prefixe et pas d'autres.
Ainsi ne-serga, m-nesza, mais neszankia. On voit bientöt (jue c'est
la meme loi que pour le i)articipe. Ce qui ne prouve pas que le
paradigme 'tut mobile'; mais au moins qu'il existait, decidement,
une ditterence entre serga- et szaukia-, — II est presque inutile de
dire (pie si Ton n'a pas de meme '7ie-auga\ mais ne-äuga comme
ne-träukia, c'est simplement qu'ici encore la loi mecanique a trans-
porte l'accent d'une syllabe^).
— D e r i V a t i 0 n. — II existe au point de vue de l'accent
trois categories principales de sutfixes (secondaires).
Les uns, qui n'offrent (pi'un minime intcret, posscdent par eux-
memes le ton, de sorte (jue le mot-base est indifferent. Ainsi -fjnas.
Les seconds respectent le mot-base, en exigeant que le derive
ait le meme ton radical (|ue lui. Ainsi -iszkas [j^agönas : pagönisz-
kas, etc.). — Ceci aura i)our conscquence: (|ue si le siittixe com-
nicnce par rüde, il ju-endra naturellement le ton toutes les tois cpi'ü
aura pour mot-base un paroxyton ä penultieme douce.
1) En gencral nous ne pouvons nous appuyer que sur les
oixvrages non granunaticaux de K. Si c'ctait i)ar excmple d'apres
la Grammaire de K. <|u'on jugeait de l'accentuation du nom, on en
aurait une idce sinon t'aussc, du moins singuiicremcnt insutHsante,
coinmc avait dcjä commencc ä le montrer Masing (.Serbo-chorv.
Accent). i\Iais les erreurs (innombrables) de K. sur le nom n'ont
l)as un caractcre irrcmcdiable; Celles (|u'il repand sur le verbe, a
projjos des participes, avaient ce caractere.
2) II taut des A present indiciuer <|ue si la prcsence du para-
digme mobile [nominal ou verbalj a la signilication (|ue nous lui
attribuons ]ilus loin (oxytonaison du thcme), la conclusion ne s'im-
jiose pas sous cette forme. Mais il est avant tout nccessaire de ne
pas confondre deux ordrcs didces et d'iiypotheses.
3) En effet Z -j- t ^ k^ n'est jamais traite autrcment (jue
^ W V-' "}" w V^ W
Mitteilung-en. 161
La troisieme categ'ovie, et la plus curieuse, est celle (jui veut
(|iie le ton soit siirle suffixe ou sxir le mot-base (de fondation),
selon (\\\e. le mot-base suit, dans sa flexion, le paradigme
Mob. ou Tni. Ainsi darbininkas, jyininfiininkas de ddrhas Mob.,
ptningas Mob. contre bürtininkas, malunininkas de bürfas Im.
malCinas Im./a. — Et Ici de nouveau se presentera la complication
prevue si le suffixe commence par une rüde comme ütas, -mgas
etc. C'est-ä-dire qii'on a, pour une raison g-ramniatieale, kt'umittas
de krümas Im., kaJnütas de kälnas Mob., de nieme kampätas de
kampas Mob./a, niais pour une raison simplement phonetique: la-
])iitas de läpas lm.;a (= 'Häpidas, ä cause de ä + ü)'^).
Ces remarques ne sont relatives qu'au ton radical des de-
rives. Mais le paradig-me ((u'ils peuvent suivre, en outre les chan-
g'ements d'intonation ('metatonie') ([uMls presentent souvent, ne
sont pas non plus sans d"etroits raporrs avec la classe d'accent du
mot-base.
— Consequences ä tirer ])Our la phonetique. — 1.
Douce tonique devant breve finale prouve que la finale a toujours
ete breve. Ainsi: tävi-^ mirti; nesza; furgus] esfi. (Une forme oü
ceci se produit ne peiit avoir pour courbe d'accent (|ue Z ou Q,
mais il n'importe aucunement de connaitre sa courbe.)
2. Quand on peiit affirmer d'une forme iju'elle suit la courbe
Za — ce qui ne suppose pas seulement qu'elle est toujours (et non
(|uel(iuefois) oxjtonee apres douce, mais qu'elle est en outre non
moins absolument barytonee apres rüde — , il devient certain <[ue
sa breve finale-) provient d'une ancienne longue. Par ex. inf.
mirte — dugfe ne peut pas avoir un -e bref primitif. (Cette forme
finit du reste en realite par -tq comme le prouvent les dialectes)^).
— Le paradig-me (nominal) lit. et les them es oxytons.
[Autre chose est de s'occuper de la position respective des accents,
comme situes sur une colonne radicale ou en-avant d'elle, ce
qui constitue le paradig-me et represente un fait constatable; autre
chose de s'occuper de la valeur (jue prennent g-rammaticalement
ces accents comme 'radicaux' et ' tlexionnels', ce qui n'est ni une
chose toujours limpide, ni une chose qui corresponde d'une fai^on
simple ä la difference indiquee, puisque Traxpoc est sur la colonne
du ton radical et passe pour flexionnel. Axxssi ne connaissons-nous
pour considerer le paradig-me <iue des accents columnaux et mar-
ginaux.
Un element materiel qui, outre le partage des accents en colum-
1) La le categ-orie de suffixes n"a pas danalogue dans les
finales de flexion. La seconde est tout ä fait comparable aux finales
Z et Za. La troisieme axix finales 9. et ßa.
2) II faut dire en effet sa breve finale, vu qu'on ne peut
concevoir comment une forme Za ne finirait pas aujourd'hui par
breve. La seule exception embarrassante (ä part le permissif dont
Taceent est faux chez Kurschat) est constituee par la le et 2«' pre-
terit, lesquelles admettent toutefois une explication simple.
3) Qa ne donne pas le nu'-me instrument (jue Za, pour cette
raison aecidentelle «jue sil s'ag-it d'une forme situee hors du canon
regulier des declinaisons, il devient impossible de distinguer les
oxytonaisons de ßa de Celles qui sont dues ;'i 9. pur. Si l'on re-
tranche le point de repere extkuieuii livre par gen. rankos, il ne
reste nul moyen de prouver <|ue nom. mergä, rankd, galvä et vdrna
represente plutot ßa que Q.
Anzeiger VI 1 u. 2. 11
162 Mitteiliing-en.
naiix et marg'iiiaux, ])eut sembler appartenir an paradigme est la
distance de la col. rad. par rapport ä la fin du inot (et, par lä, par
rapport aux accents marginaux). II taut au coutraire bien se gar-
der de uiettre cela dans la notion de paradia-nie si Ton veut coii-
server la faculte de classer les paradigmes, lorsque ces deux ele-
ments de la distance et de la divisiou des accents entreront dans
des rap])orts compliques. Un par;idig'ine est donc pour nous pure-
ment la somme des accents columnaux et marg'inaux; niieux que
cela, purenient le contenu de la colonne radicale, puisiiue
par ce dernier on voit immediatement ce qui n"y est pas contenu]^).
1. II n'existe en iit. qu'un seul paradigme; qui n'a du reste
l'occasion de s'appliquer qu"a des theines barytons. Si on Tappli-
quait par hypothese ä des tliemes oxytons, il chang-erait necessaire-
ment, et doinierait deux nouveaux paradigmes. II suffit ])our
le voir, de transporter la colonne du ton radical sur la col. 1-Ext.
(ce qui donne, dans tous les noms, un theme oxyton) et de compter
combien d'accents sont maintenant cohimnaux ou marginaux. Ce
compte ne sera en aucun cas le meme que dans le paradigme ge-
neral; mais il differera selon qu'on aura fait l'operation sur un theme
vocalique {sünü- au lieu de sänu-), ou sur un theme consonan-
tique {dukter- au lieu de dükter-).
II sera permis d'appeler paradigme G le paradigme general;
paradigme f/ la forme qu'il doit prendre chez un oxyton vocalique:
et paradigme t celle qu'il doit prendre chez un ox^'ton conso-
nantique.
2. On peut constater que le lei' paradigme ideal y n'offre aucune
difference serieuse avec celui dun oxyton consonantique indo-eur.
(du moins du type ttoüc | tto böc ou j'Jvri | juvai köc; ce qui n'a point
de rapport, vu notre definition du paradigme, avec Trarnp | Traxpöc ) ;
et que de son cöte g concorde essentiellement avec le Schema d'un
oxyton vocalique indo-eur. Or, on n'a pas fait int ervenir autre
chose pour cela que le paradigme general Iit. qui differe
aussi bien de g que de t- — Lji est le point essentiel; aussi
n'avons-nous pas pris la peine de remarquer que ^ et y existent en
fait. Tun forcement dans azün-, l'autre librement dans katra- et
autres oxytons pronominaux; circonstance qui n'aurait rien i)u nous
apprendre par elle-meme sur le paradignue general.
3. La facilite avec laquelle G donne des paradigmes indo-eur.
quand on le greffe sur des themes conjecturaux oxytons est une
raison pour croire que c'est de ce cöte qu'est son origine. Une
question tout ä fait distincte en soi de celle du i)aradigme, celle de
l'absence des themes oxytons dans la langue, se trouve ainsi, sans
qu'on le veuille, abordee en meme temps que celle du paradigme.
Nous posons comme hypothese 1. que seuls g et y existaient
ä l'origine comme ])aradigmes mobiles (en sorte que les mots au-
1) Au point de vue de la place que peut occuper la colonne
du ton rad., comme ä d'autres points de vue, il est juste dans tou-
tes les langues de classer les colonnes syllabiques du paradigme
(des formes) en externes (= touchant, füt-ce une seule fois, une
finale) et internes (= ne touchant pas de finale):
Mnt. 1-Ext. 2-Ext. 2-Int. Mut. 1-Ext. 2-Ext. 3-Ext.
nus j ap . lai i! die
SU
sü
sü
nif. t ap lai i' de i ni
mi I ini aj) lai de ni
Mitteilung-en. 163
joiii'd'hui immobiles seraient seiils d'anciens ban'tons). 2. que tont
accent qui par hasard se trouvait dans </, y, sur syllabe interieure
aiirait ete transportc si;v l'initiale, tandis que tout accent final
(qu'il füt d'ailleurs columiial ou marginal) restait dans sa premiere
Position.
4. Si ce principe est admis^), le passag-e des consonantiques
de Y 'i (^ f"!^ decoule rio-oureusement'-^):
(t) N. V. '^dulde > chik.te (G)
A. *dukterin > dick teri
D.-L. *dukte ri > dükterX
G. *ditkte'ves >> dukteres
I. *dukfe i'iml > dukterimi; etc.
5. Quatre clioses nouvelles sont contenues dans ce drjila-
ceinent :
a. Le tbeme a cosse d'etre oxyton.
b. Le paradig'ine a chang-e, pulscjue le contenu de la col. rad.
(= paradig-me; v. phis haut) est diminue de dexix accents, ceux
du nom. sg\ et du voc. sg'., maintenant places dans une position
marginale.
c. Une distance inconnue auparavant est maintenant permise
dans la langue pour certains mouvements de l'accent (commence-
ment du principe du 'saut de l'accent ', devenu la caracteristique
generale du Systeme lit.).
d. Tout accent sur finale a pris uniformement la significa-
tion (lu'il n'avait pas, d'une Opposition necessaire avec l'accent
columnal; mais il fau.t ajouter: toute position de l'accent dans le
mot eorrespond maintenant d'une maniere tellement claire ou ä
l'accent columnal ou ä l'accent marginal que ceux-ci vont (pour la
premiere fois) meriter les noms d'accent radical et flexionnel,
cf. plus bas sur ce point.
Ce qui, en attendant, caracterise notre point de vue, c'est
qu'il y a, dans ce qui compose aujourd'hui les accents marginaux
d'un consonantique, un morceau de la col. rad. d'un ancien
oxyton.
6. Peut-on de meme chez les vocaliques deduire G de g? —
Non-seulement non, mais la consequence immediate du principe
applique aux consonantiques est que chez les oxytons vocaliques
aucun accent ne devait changer, puisque tous les accents de g
(columnaux et marginaux) sont indistinctement finals, ä la diffe-
rence de ceux de y- Que par consequent, soit le parad. //, soit
la classe des oxytons voc. devrait, ä l'heure qu'il est, subsister
comme au premier jour. C'est en effet ce que nous soutenons, et
ä l'appui de quoi nous avons tous les oxytons voc. pronominaux.
Dans katrä-, anä-, kuriä- et (dialectalemeiit) kokiä- tokiü- 2)ersiste
Sans aucun changement, avec le paradigme g, le type des oxytons
vocaliques. Bien loin que ces oxytons — aujourdiiui formant une
anomalie etrange au milieu du Systeme lit. — reclament une expli-
cation, ce qu'il faut expliquer, c'est comment le reste des oxytons
1) II est malheureusement ditticile de dire le caractere exact
qu'aurait cette loi, car il y a des obstacles ä la transformer en loi
phon«''ti(iue pure et simple.
2) II faut excepter dune maniere generale, soit ici soit dans
la suite, le dat. plur. {dukterimus), seul accent marginal Interieur,
du parad. y oii du parad. G, mais qui aurait dii, comme interieur,
passer ä l'initiale aussi bien que les columnaux Interieurs.
164 Mitteilungen.
voc. (noniinaux) a \m cesser ile lenr Otre conformes: tait sans lequel
ni le paradig-me G ne serait aiijoiiidhiü le paradigme general du
lit. (mais au contraire un petit paradig-me local), ni la barytonie
des tlienics une autre loi constante de cette langue.
Nous admettons ici — non comme explication connnode,
mais comme une chose appuyee sur de serieux arg-uments — qxie
systematiquement le lit. a, dans ses oxytons voc. (nominaux), re-
tire l'accent de la finale dans les formes oü le paradigme G (alors
special aux consonantiqiies) lui en fournissait Texemple, par ex.
nom. pl. sä?iüs au lieu de *sü7iüs d'apres diikferes qui etait, lui,
pour *ih(kteres, et n'avait jamais connu d'accent final. (Les deux
tendances indiquees plus haut sous d out un role dans les motifs-
de ce changement, et c'est encore le meme phenomi-ne qui se pour-
suit quand on remplace aujourd'hui — chez les oxytons pronomi-
naux — kok7 ou kokii(s par köki, kokius.) — A ce moment etait
accomplie a. Tunification du paradigme eu G (apres etre parti de
Y et de g)] b. la suppression du type de themes oxyton.
Nota. Quoique les formes qui ont retire l'accent soient,
par consequent, tout ä lait les memes dans svnü- et dans diikter-,
il y a dans sumi- et dükter- un nombre inegal d'accents marginaux
representant la continuation de l'ancienne col. rad. de 1' oxyton
(dans Tun, seulement dukti"', nom. et voc; dans l'autre siuiüs, sü-
naü, sünaüs, sünu.)\ ce qui tient ä Tasymetrie initiale de </ et de
Y, mais n'empeche pas G de se trouver aujourdhui partout identique.
7. Une derniere Observation est necessaire. On trouvera peut-
etre, en examinant tout, (|u'un seul fait precis existait di'S le debut
pour pretendre que le paradigme general lit., avec ce (jui s'y rat-
tache, doit etre sorti d'un paradigme special; et ijue ce fait est simple-
ment laccentuation du nom. sing, et du voc. sing, dans le para-
digme general lit. — Sans doute, mais Fargument est peremptoire.
Car si le paradigme general lit. nest que la continuation
d'un general schema indo-eur. — point de vue sous lecjuel s'abri-
tent toute espece dautres aflirmations, par ex. (jue le "saut de
l'accent" [= mobilite de l'aecent chez les barytons] devait etre un
principe courant de lindo-eur. — nous demandons pourquoi le
nom. sing, et le voc. sing., et justement ces formes (|ui sont dans
tous les paradigmes indo-eur. columnales, sont devenues dans le
paradigme general lit. viarr/inales^).
Et demande-t-on au contraire, en admettant l'origine spe-
ciale du paradigme lit., <iuelle sera la centrale difference du para-
digme lit. avec tous les i)aradigmes indo-eur., on pourra d'avance
dire exactement ()ue c'est le passage non evitable du nom. sing,
et du voc. sing, dans l'accent marginal. Seulement, cela implique,
comme on l'a vu, outre la supposition generale (jue le paradigme
lit. procede des oxytons, la supposition plus speciale qu'il provient
des oxj'tons consonantiques seuls.
8. De meme (\\ie les principes fondamentaux de l'accent lit.
ne rencontrent aujourd'hui, (|uand on y prend garde, jamais d'autres
exceptions <iue celles qui tiennent ä la presence d'un theme
1) C'est precisement quand on veut partir des rares Schemas
indo-eur. qui rappellent laccent !it. par le "saut de l'accent" (scr.
pänfhäs, pathfis, *pathibhis) quil devient phis impossible que jamais
de comprendre (|ue le nominatif lit. soit marginal. — En ce qui
concern(! ici le vocatif, nous laissons completement de cöte le voc.
emjjhatique (äbeXqpe, möteriszk, etc.).
Mitteilungen. 165
oxyton^); de meme. noiis poiivons voir maintenant que c'est histo-
riqiiement par la suppression des thc'mes 0x3 tons que l'accent lit.
a atteint son ordre, et rt'-alise tout-ä-coup un maximuni d'ordre (|ui
ne sera depassi* nulle part dans un Systeme linguistique.
Cet ordre est qu'on peut toujours couper un paradignie lit
l)ar le niilieu, et qu'on aura toujours dans toutes les fornies un
segnient ä gauelie poiir les aecents radicaux, \\n segment ä droite
l)Our les autres. En outre, que Tun de ces segments correspond
toujoiirs aux colonnes internes, l'autre toujours aux colonnes ex-
ternes du mot (les oxytons etant d'avance exceptt-s de tout). Gräce
ä cette Position relativenient au mot on sait d'avance si un accent
est cohimnal ou marginal. Mais grace ä leur position reciproque,
laccent columnal et marginal prennent en nieme temps des valeurs
d'aceent radical et flexionnel qu'on peut leur contester gran-
dement dans d'autres langues.
II taut que l'accent columnal ait toujours devant lui, comme
en lit., une autre syllabe marquant la position virtuelle de l'accent
oppose pour (|ue la distinction existe. Ainsi on peut dire de Tuc-
cent de panthäs qu'il est columnal et radical; mais de l'accent de
jntä, TTOüc, Traxpdjv, Tl^^|c ou Ti|Lin simplement qu'il est columnal; —
ni radical ni tlexionnel.
Pour qu'un Systeme tel que celui du lit. ne puisse pas
meme etre concju, il sutifit que l'accent columnal repose plus ou
moins souvent sur la col. 1-Ext. Et il suffit en revanche qu'il ne
repose jamais sur la col. 1-Ext., ou qu'on ait suppriine les oxytons,
pour que ce Systeme existe dans sa plenitude.
9. II a ete fait abstraction constamment de la declinaison des
masc. en -a (subst. et adj.) qui presente quelques particularites.
Au pluriel, simplement le l'ait que le nom. plur. {devaT, marg'i) est
reste fidele au schema oxyton, parce que dükteres et meme aunüs
«'•taient trop differents par leur finale pour Tinciter ä retirer l'accent.
Au singulier toutefois, plusieurs irregularites qu'il serait imi)0s-
sible de discuter en peu de mots.
— Les intonations lettes. — On peut, croyons-nous, prou-
ver que les intonations du lette n'ont aucune correlation avec le
phenomene correspondant du lituanien, mais sont en revanche en
rapport avec les classes d'aceent du lituanien.
Lorsqu'un nom (disyllabe) appartient en lit. au paradigme
Mob./a ou Mob., il offre en lette l'intonation gestossen, ainsi diics,
digs = deras Mob./a, degas Mob., et dans le cas contraire l'into-
nation gedehnt, ainsi pre'ds, j^ens = j)redas Im./a, penas Im.
li est clair que cela tient simplement ä ce que dans le type
Im. (sans decider si Im. et Im./a difteraient dejä en letto-lit.) la
syllabe initiale etait sans cesse accentuee, au lieu qu'elle ne pouvait
letre que tres rarement dans le type Mob. — Les dialectes lit. du
Nord, qui tendent comme le lette ä retirer laccent sur Tinitiale,
offrent des differences tres sensibles dans leur accent selon que
l'initiale etait autrefois tonique ou non, mais non selon qu'elle
etait autrefois rüde ou doiu'e; et c'est sans doute aussi la seule
chose qui a donne lieu a la difterence lette gedehnt et gestossen,
1) Ce qui l'ait que toute exception est limitee aux themes
forcenient oxytons comme tä-, tri-, szün-, ou librement oxytons
comme kafrä-, mais du reste sans difference, c"est-a-dire sans que
la circonstance du monosyllabisme ajoute quoi que ce soit ä celle
de l'oxytonie.
166 Mitteilungen.
quoique surtout relativement au verbe il soit prudeut de ne vien
affirmer trop catögoriquement.
P. S. — Je n"avais pas connaissance en redigeant ces lignes,
du livre i-ecent de M. H. Hivt: Der indogermanische Akzent,
(lui, malgre l'efFort serieux quil apporte dans le sens d'une meil-
leure comprehension de Taccont lituanien, m'aurait oblige ä de
iiombreuses controverses.
M. Hirt n'a nulle idee dun deplacenicnt gem'*ral de l'accent
par le groupe douce tnnique + rnde; base de tout l'etat lituanien
actuel,
II est amenö, dans son analyse de la flexion, a voir toutefois
"que les desinences rüdes ont attire a elles l'accent d'une radicale
douce" (p. 95); et le fait, meme sous cette forme, aurait pu, sans
donner une veritable idce de la loi, eclairer au moins toute la
flexion. Mais M. Hirt entremele de teile facon ce t'ait avec une
Serie de lois indcmontrables (p. 93 — 9.5) qu'il finit par navoir chez
lui qu'une portee derisoire meme dans le domaine de la flexion.
Ce que nous disons ici est pour marquer la ditference des
points de vue, non pour revendiquer une priorite qui n'a en tons
cas pas k etre revendiquee, puisque la loi, teile que nous la com-
prenons pour notre part, avait ete exposee des 1894 au Congres
des Orientalistes de Geneve et qu'on en peut lire la formule depuis
cette epoque dans le Bulletin du Congres. (Je l'avais indiquee deja
anterieurement Mem. Soc. Ling. VIII 445; Indog. Forschungen IV
460, note 3).
Encore plus distantes malgre leur analogie exterieure seraient,
si on les comparait, la theorie de M. Hirt et celle qu'on vient de
voir au sujet des oxytons et de leurs attaches avec le paradigme
liti\anien.
Erlvlärmicf.
Das letzte Heft der Wiener Zeitschrift für die Kunde des
Morgenlandes (IX 2) enthält einen Aufsatz des Herrn Prof. Dr.
Friedrich Müller in Wien zur Transkription und Wertbestimmung
der awestischen Buchstaben, in welchem mehrfach Herr Prof. Dr.
Bartholomae als Urheber der im "Grundriss der iranischen Philo-
logie" durchgeführten Transkriptionsweise angegriffen Avird. Dem
gegenüber erklären die beiden unterzeichneten Herausgeber des
Grundrisses, dass, wie dies ja auch anzunehmen war, das im ge-
nannten Aufsatze bemängelte Transkriptionssystem von ihnen den
Herrn Mitarbeitern vorgeschrieben wurde. Übrigens ist dasselbe
ein Ergebnis längerer Verhandlungen und nu'hrfacher Kom})romisse
mit einzehien der Herren Mitarbeiter, durch deren Aiiseinander-
setzung wir in Anbetracht der Geringfügigkeit des ganzen Gegen-
standes Niemand langweilen wollen. Die Hauptsache ist nach un-
serer Meinung nicht wie die Transkri[)tion aussieht, sondern dass
man sich unter ihr den richtigen Lautwert voistt-lle — und in letz-
tcrem Punkte glauben wir hinter Herrn Friedrich INIüller nicht zu-
rückzustehen.
Erlangen \ a„,„„ f iuur Pi'of- Di'- Wilh. Geiger.
München ^"»"«* ^^•^''- Prof. Dr. Ernst Kuhn.
ANZEIGER
Flll INDOCEllMAMSrilE ^l'liAI'll- m ALTEIÜTMSKINDE.
BEIBLATT ZU DEN INDOGERMANISCHEN FORSCHUNGEN
HERAUSGEGEBEN
vox
AVILHELM STREITBEKG.
SECHSTER RAM). DRITTES HEFT.
Lefiiiaiiii S. Franz Bopp, sein Leben und seine Wissenschaft.
2. Hälfte. Mit einem Anhang: Aus Briefen und anderen
Schriften. Berlin G. Eeimer 1895. VI S. u. S. 177—381;
VlP- S. und S. 171*— 284* g-r. 8". 8 M.
Dem ersten, als Festgabe zur Boppfeier erschienenen
Halbband ist endlich der Schlussteil gefolgt. Er erzählt
Bopps Leben vom Erscheinen der Vgl. Grammatik an. Der
Anhang bringt Briefwechsel mit Heiraine v. Chezy, Jacob
Grimm, Friedr. Rosen, Friedr. Kückert, Lorenz Diefenbach,
Franz Windischmann, Varnhagen von Ense und einigen an-
dern; ferner eine Geschichte der Boppstiftung und einen Ne-
krolog aus der Feder des Verfassers, der aus der Augsburger
Allgemeinen Zeitung abgedruckt ist. Eine reiche Sammlung
von Briefen Wilhelm von Humboldts an Bopp Avill Lefmann
demnächst in einem besondern Bande veröffentlichen. Man
darf dieser Gabe mit begreiiiicher Spannung entgegensehn.
Ich kann mich diesmal kurz fassen : denn ich habe mei-
ner Charakteristik des ersten Teils (Anz. I 1 f.) nichts Avesent-
liches hinzuzufügen : sie scheint mir auch auf den zweiten
Halbband zu passen. So bleibt mir nur übrig aufs neue zu
betonen, dass wir dem Verf. für die hingebende Sorgfalt,
Avomit er ein grosses, l)isher völlig unbekanntes ^laterial ge-
sammelt hat, zu herzlichem Danke verpflichtet sind ; dass
seine ungeheuchelte Begeisterung für den Begründer der idg.
SpracliAvissenschaft jeden Leser Avohlthuend berühren muss.
Aber alle Anerkennung, die man dem verdienten Veif. Avillig
spenden Avird, kann doch niclit vergessen lassen, Avie viel
dem Werke zur künstlerischen und zur Avissenscliaftlichen
Vollendung fehlt.
Dem Verf. mangelt in liohem Maasse die Gabe der Kon-
zentration und Komposition, ihm mangelt die Kunst der Dar-
stellung. Nur mit Mühe arbeitet man sich durch das Avun-
Anzeiger VI 0. 12
1G8 I.i'finanu ]'r;niz Bo]))). sein Lclx-n und seine Wissensi'liaft.
derlieli verschnörkelte und seltsam gespreizte Satzgefüge liin-
durcli und hat ungefähr dasselbe Gefühl wie bei einem Gang
ül)t'r ein frisch gepflügtes Ackerfeld.
Doch ]nan würde die formellen jMängel gerne mit in
den Kauf nehmen, wenn sie durch rein wissenschaftliche Vor-
züge aufgewogen würden. Al)er dem Verfasser fehlt — so
wunderbar dies bei einem Biographen Bopps klingen mag —
das rechte Verständnis für gramnnitische Fragen. Daher ge-
lingt es ihm aucli niclit die Entwicklungsgeschichte der idg.
Spracliwissenscliaft dem Ivahmen seiner Biographie einzufügen.
Denn gedehnte lnhaltsangal)eu nnd eintönige Namenlisten.
die mitunter an den Schitlskatalog der llias erinnern, reichen
nicht iiin, die wissenschaftliche Thätigkeit des Altmeisters in
ihrem Verhidtnis zu den Bestrebungen seiner Vorlänfer und
Nachfolger charakteristiscli liervortreten zu lassen.
Man sieht, es sind die alten Bedeidvcn, die ich auch
heute wieder erheben muss. Ol) sie, wie der Verf. im Vor-
wort vermutet, die Folge eines ungünstig gewählten Stand-
]ninkts sind, der mich hindert das gebotne richtig zu wür-
dig«.'n. kann ich selber natürlich nicht beurteilen. Vielleicht
beruht Jedoeh die ganze Verschiedenheit zwischen des Ver-
fassers und meiner Auffassung nur auf der Verschiedenheit
der Anforderungen, die wir beide an eine Gelehrtenbiographie
stellen. Ich kann ilni daher nur bitten, sein Buch einmal an
Scherers .Jacob Grinnn zu nnssen. Kr wird dann ^■ielleicht
selber emphnden. was ich bei ihm vermisse.
Nun will ich zwar nicht leugnen, dass die Person Bopps
jenes i)0etischen Zaubers entbehrt, der Jacob Grimms Gestalt
so Avunderbar umfliesst und auch den unwiderstehlich anzieht,
der dem (ielelirten fern steht. Aber wvuw die Wirkung, die
ein Lebensbild Bopps auszuüben \ernuig, auch weniger un-
mittelbar ist. wenn sie sich auch auf einen kleinern Kreis
beschräid<t — ganz ausbleiben iiätte sir nicht dürfen. Diinn
Jiätte dcv Verf. auch nicht zu klagen brauchen: "Dankbar
an sich, wt-nn uielit durch die Freude, welclie die Arbeit
selbst macht, sind solche ( Jeschichtsarbeiten am wenigsten."
Denn was ist anziehender, was ist dankban-r als ein bio-
graphisches Kunstwerk? Wenn wir als Knaben <\en Lebens-
beschreibungen gewaltigei" Kriegshelden, kühner AVeltfahrer
mit glänzenden Augen gelauscht haben, sollten wir als Män-
ner nicht gerne von den Heroen der Wissenschaft erzählen
hören, die dem menschlichen Geiste überraschende Siege er-
fochten, ungeahnte AVeiten ei-schlossen haben? Noch immer
gilt Popes Wort: "The proper study of nninkind is man."
Wilhelm Streitberü'.
Darbisliirc Keli(ini;u' ]iliilologicae. 169
Darbisliire IT. D. Eeliquiae pliilolojjicae: or Essays in Com-
parative Philology. Edited by H. Ö. Coiiway. With a
Biographical Notice by J. E. Sandys. Canil)rid£:e Uni-
versity Press 1895. XVI u. 279 S. k'K
Der stattliche Band, ein Denkmal pietätvoller Freiuid-
.schaft, birgt die Ernte eines Mcnsclienlebcns. Eines Lebens,
das nicht zur vollen Entfaltung gelangen durfte: Herbert
Dukinfield Darbishire, geboren am 13. oder 18.*) Mai 1863
zu Belfast in Irland, ist schon am 18. Juli 1893 als Fellow
des St. John's College zu Cambridge gestorben. Kein Wun-
der, dass was die Zukunft zu verheissen schien, grösser ist
als das, was die Vergangenheit bereits gebracht. "Wir kön-
nen nur ahnen, Avas der spürende Scharfsinn, der unruhig
vorwärts drängende Wagemut und die ehrliche Entschlossen-
heit des früh Verstorbnen unsrer Wissenschaft hätte schen-
ken können. Denn einen grossen Teil des Bandes nehmen
Fragmente ein. Und auch das zu Ende geführte trägt fast
nie den Charakter des abgeschlossenen, fertigen. Aber er hat
genug geleistet, um unter den Sprachforschern seiner Heimat
nicht so bald vergessen zu werden. Auf Darbishires Grab-
stein haben die trostlosen Worte keinen Platz, die einst .John
Keats für den seinen schrieb: "Here lies one whose name
was writ on water.''
Die Sammlung umfasst in ihr<-r ersten Abteilung acht
bereits bekannte Untersuchungen: 1. The Xumasios Inscrip-
tion. — 2. On the text of Tacitus Ann. I 32. — 3. Notes
on the Spiritus Asper with Addenda. Die Zusätze behandeln
I. s?(- st-. II. U-. III. Das Präfix s-. IV. Einzelne Nachträge
und Berichtigungen. Besonders interessant ist der gegen
Brugmanns Zweifel (Gr. Gramm.- SS. 3U. 6ö) gerichtete Pas-
sus, der die Gründe für die Existenz von Spuren eines idg.
Spiranten r auf griecli. Boden kurz zusammenstellt. Er lautet:
<Treok Zeuu. Zvjöv. Gr. evvuiui, eKUJv, eiXii, i^Xoc etc.
ci-fioc, lJ^l6lc. €'iToc, ibeiv, ^p*fov, oivoc etc.
Latin,.; aliUe l'ov botli. Latin r alike for both.
Sanskrit // alike for botb, Sanskrit r alike for both,
but but
Sanskrit has yasta : i.sfa whero Sanskrit has varase : vcP wliere
Oreek has Ziw, äfioc i-especti- 1 Greok has evvu|Lii, cttoc respec-
vely : tively ;
therefore Add to tliis that in Arnie-
Oreek Z : ' represents an original nian three roots with initial v
distinction between j and /. have been shown to have Greek
Grundriss I § 117. cognates: in all oftheso Greek
1) Beide Ang-aben finden sich in der Vorrede. Welche.*; Da-
tum das richtige sei, vermag ich nicht festzustellen.
170 Darbishire Reliquiae philologicae.
i has the i'ough breathing" : viz^
I vasti eKuüv, vai- eiXr|) '■^^^' n^oc^
with possibly n'-ra aiuüXoc, ai|aa-
cict ^). In all tlie roots where
Greek replaces -- by ' Arme-
nian shows «/ initial;
thevefore
there is more evidence for au
original distinctiou here ihau
therc is for /, j.
AiitVallcnd ist, dass sich Darbishire nicht bei der von
Sievers g-cgebnen Definition, wonacli / u unsilbische Vokale,
/*, c dagegen Spiranten sein sollen, begnügt, vgl. 188 ff"., 196 &.,
sondern sich um eine neue Unterscheidung müht. Das Er-
gebnis seiner Erwägungen ist: "It is therefore mucli more
probable that the distinction was a difterence of beginning,
the sound usually written / being really / with the gradual
beginning iSweet's H), and the sound written j being /
with the clear beginning (Sweet's A)." Ob mit dieser
Definition etwas gewonnen sei, scheint mir zweifelhaft.
4. Lat. Omentum. — 5. On the meanlng and use of
embeEioc, eTribe'Eia : evbeEioc, evbe'Em. — 6. On the I. -Eu.
words for Fox and Wolf (vgl. die Inhaltsangabe IF. Anz. III
37 f.). — 7. On the form Katacßiiucai, Herodas v '59 (zu Brug-
mann IF. I 501). — 8. Some Latin etymologies (alfns, colOy
iifhnr, numen, scio).
Der zweite Abschnitt bringt fünf grössere Rezensio-
nen. 1. From a noticc of AVharton's Etyma latiua. — 2. No-
tice of Fennell's I.-Eu. Vowel-System. — 3. Abnormal De-
rivations. — 4. From a notice of Sweefs English Grammar.
— 5. Tlie Göttingen School of Comparative Philology (Über
Ficks Wörterbuch I ^ und Beclitels Hauptprobleme). Im letz-
ten Aufsatz sei die Charakteristik der Göttinger Schule her-
vorgehoben: "It represents a middlc stand-point between tlie
conservatism of Curtius and the daring but somewhat arid
speculation of Osthoft" and Brugmann witliout falling into the
pessimism of Johannes Schmidt." An Ficks Vokalsystem,,
worauf er im Verlauf zu sprechen kommt, rühmt er beson-
ders zwei Verdienste:
1) "In the first place the recognition that e o a are the
1) Hr. Prof. H. Hübselniiaun sclireibt mir auf eine Anfrage:.
"Von den Beispielen für armen, r = griech. ' kann ich nur vasii
= griech. ^K- als zuverlässig anerkennen. Arm. rar-em zünde an'
stimmt im /• (= griccli. p) nicht liu griech. eiXn, ein arm. i:el-k (=
riXo-) kenne ich nicht und kann ich nirgends linden, ein arm. vsr
'propt(!r' (= e'KriTi) [das an andrer Stelle erwähnt Avird] ist überhaupt
innnöglich; auch rem = aiuüXoc ist problematisch. Also ruht arnu
V = griecli. ' auf recht schwacher Stütze."
Darbishire Reliquiae philologicae. 171
only vowels. and tliat / n are tfie 'soiiant' forms of y r, is
strictly logical. and tlie far-reacliing importance of it will be
shown immediately." Schade, dass der Verf. zu dieser Er-
kenntnis noch nicht vorgedrungen war, als er in seiner An-
zeig'e von Fennells ■wunderlichem ^'okalsystem auf eine Äusse-
rung- von mir IF. I 84 zu sprechen kam; ich sage nämlieh
an der genannten Stelle: "dass die Vokale e a d o und die
ihnen entsprechenden Längen — die sog. Vollstufenvokale
also — die einzigen Sonanten oder silbischen Vokale des
Indogermanischen waren zu einer Zeit, als die Schwundstufe
sich noch nicht ausgebildet hatte." Gegen diesen Satz und
seine Konsequenzen polemisierte Darbishire damals. Und
doch hab ich damit nichts anders sagen wollen als tlas,
was er bei Fiek anerkennt. Der Zusatz, der bei ihm haupt-
sächlich Anstoss erregt zu haben scheint: "als die Schwund-
stufe sich noch nicht ausgebildet hatte ", ist auch bei Fick
notwendigerweise zu ergänzen. Er Avill niclits Aveiter besa-
gen, als dass wir nach dem heutigen Stand unsrer Kenntnis
kein von jeher den Wortton tragendes i u r l v vi nach-
weisen können, sondern dass wir in diesen Lauten, soweit
sie sich nicht nach Sievers' Gesetz entwickelt haben, (ideell
wenigstens) Reduktionsprodukte zu erblicken haben. Wenn
diese Thatsaehe für die silbischen r- und /-Laute den meisten
weit unmittelbarer einleuchtet als für die silbischen /- und
u-h-dVLte, wenn es ihnen schwerer anzukommen scheint, für
diese die gleichen Folgerungen zu ziehn wie für jene, so
mag dies als ein Eudiment älterer Anschauungen über die
Stellung der Vokale i und n zu betrachten sein. Wie dem
auch sei — auf alle Fälle darf ich micli der Thatsaehe freuen,
dass es der Autorität Ficks gelungen ist Darbishire der Anf-
fassung zu gewinnen, die er ein .Jahr vorher bei mir noelt
bekämpfen zu müssen glaubte. —
2) "In the second place an equally meritorious feature
is the distinction between 'independent ' and 'dei)endent'
sounds, which is also novel .... In point of fact the distinction
is historical, not natural, and its neglect is due to tlie exag-
gerated respect for the less-(h'veloped 'science' of phonetics
which lias done philology much härm." Der Angriff auf die
angebliche Überschätzung dei" Phonetik ist charakteristisch
für Darbishire. Trotzdem hat er thatsächlich mit ihr niclit
anders gerechnet als die übrigen Sprachforscher auch. Was
die erste Behauptung über die Neuheit des Unterschieds von
* selbständigen' und 'unselbständigen' Lauten anlangt, so muss
ich gestehn, dass mir diese Trennung nicht so jungen Da-
tums zu sein scheint, wie Darl>ishire annimmt. Wenigstens
war mir die Unterscheidung schon .Jahre vor dem Erscheinen
172 Darbishire IJeliciiiiae ])liilologicae.
des Fickschen liuclies geläutig". Und ich glaube, dass es
vieJen andern ebenso gegangen ist.
Xatürlicli liegt es mir fern, mit diesen Bemerkungen
den glänzenden Verdiensten Ficks irgendAvic Abbruch thun
zu wollen. Nur giaul) ich, dass sie in dem AV(")rterbuch auf
einem andern Gebiet liegen als dort, wo der Verf. sie sucht. —
Der letzte Abschnitt endlich bringt sieben bisher
unverött'entlichte Abhandlungen, die jedoch bis auf eine leider
Bruchstücke geblieben sind. 1. Opening chapters of a Pri-
mer of Philology I. Deflnitions f der Begriffe 'Wort'. 'Sprache'
'Philologie'). IL On Variation in language and the uuit-group
of Speakers. III. On the origin of language. — 'J. Shorter
fragments on kindred subjects: a) First lecture of a populär
course on Philology. b) AVhat is Correct Speech? c) The
Cradle of the Aryans (D. stimmt den Argumenten Hirts IF.
I 464 If. durchaus bei). — ^5. Principles of Analysis, especially
in Seniasiology. — 4. The relations between Phoneties and
Philology. — The I.-Eu. Phonological System. Im System
selbst vermag ich neue, Darbishire eigentiimliche Ideen nicht
zu erkennen. Der Hauptwert des Fragments beruht in dem
schon erwähnten Versuch, den Unterschied zwischen / und J,
u und r neu zu definieren. Erwähnt sei, dass der Verf. den
Unterschied zwischen 'graduaU und clear beginning' auch
bei / r m, n nachzuweisen bestrebt ist: -Z -r -m -u (mit 'gra-
dual beginning') erkennt er vermutungsweise in griech. dX-
dp- d)U- dv- d. h. in den Fällen, wo prothetische Vokale stehn.
— 7. Miscellanea Etymologica (a. C|u- in Greek. b. Gr. dXeiqpiu
Lat. Itbo. c. TeXcov dpoüpr|c : lat. feUus).
Ausführlichere Betrachtung erfordert Nr. 6. ein Aufsatz
über The Sanskrit Liquids, der wenige Tage vor dem Tode
Darbishires abgeschlossen Avard. p]s ist eine ungemein scharf-
sinnige und nicht minder kühne Untersuchung. Ich notiere
in aller Kürze die Ergel)nisse, zu denen der Verf. gelangt
zu Sein glaul)i. nhne mich auf eine Diskussion ehüassen zu
können.
1. In licr erstell Periode des Ai. hleilx'ii die aus der idg.
Urzeit ererbten dentalen /•- und /-Laute in sijliiselier \\W in un-
silbischer Kmiktioii unverändert.
II. In der zweiten Periode wer<leii die sil bisch«' n Liqui-
<len in allen . Siellungen kakuininal (eerebral). Die unsilbischen
dagegen l)leiben imter lolgenden liediiigungen als <lent.ile Laute
erhalten :
\. Wenn zwei Li(|uiden in demselben Wort standen.
2. Dentales / bleibt, wenn ein labialisierter Velar, ein laltialer
Vc'rsehlusslant oder ein /// in dersell)en Silbt' sttiht.
H. Dentales /• bleibt, wenn ihm ein labialer \'ersc'lilusslaut
unniitten)ar vorausgeht.
III. Im Verlauf der dritten Periode eutstehn die kakunii-
Hciliii Kiiltiu-]»flaiiz('ii und Haust iero. 173
naleu Versclilusslaute. \'on besondrer Wiehtig'keit sind diejeniji'en
unter ihnen, die nacli Fortunatovs Gesetz aus der Gruppe dentales
f+Dental ' hervorgehn.
IV. Zu Beginn der vierten Periode waren diekakuniina-
len I und r, 1 und f, /' und r>' einander so ähnlicli geworden, dass
der zwischen ihnen etwa noch bestehnde Unterseliied für das Gehör
nicht mehr von praktischer Bedeutung Avar. Dieser Zustand war
etwa um die Zeit erreicht, wo der \i\ . selu-ifth'ch fixiert ward. Die
graphische Darstellung war daher für jede der drei Grui)pen die-
selbe: r, Ir (ür), ir [ui-).
Die misilbischen dentalen r l waren damals von den unsil-
bischen kakuminalen r l noch deutlich geschieth^n. Wie nun /•
gleicherweise für kalvUininales /• und / gesclirieben ward, so schriel»
man entsprechend auch /• für kakuminales ;■ und /. So blieb
für dentales /' und / nur das andere Zeichen, nämlich / übrig.
Die indischen Grammatiker, die / als dental. /• als kakuminal
beschreiben, stimmen demnach nnt dieser Theorie durchaus überein.
V. Die fünfte Periode umfasst die Fortentwieklung der
vedischen Sprache. Analogiebildungen zerstören die ursprüngliche
Regelmässigkeit, da dem Sprachgefühl die lautgesetzliche Verteilung
von l /' ]' unverständlich geworden war.
VI. Als sechste Periode könnte man die Zeit des klassi-
schen Sanskrit bezeichnen. Doch gestattet das andersgeartete j\Ia-
terial nicht die Untersuchung in der bisherigen Form Ibrtzusetzen.
Eine unvollendete Abhandlung Darbisliires Ijricbt mit
den Worten ab: "I Avould go a step turthor . . . ." Er ist
ihn nicht gegangen. Sein Fuss hatte schon den Weg des
Todes betreten.
Wi 1 Im- im St i'ei t berg.
Hehii \. Kulturpflanzen und Haiistiere in ihrem Übergang
aus Asien nacii Griechenland und Italien sowie in das
übrige Europa. Historisch-linguistische Skizzen. Sechste
Auflage. Neu herausgegeben von O. Sehr a der. Mit bota-
nischen Beiträgen von A. Engler. Berlin 1894. XXM
u. ^y2:^ S. ll^ M.
Victor llehns Werk, an dem der \'ertasser in d(;n letzten
Auflagen wenig geändert hatte, stand nicht mehr in allen
Einzelheiten auf der Höhe der Wissenschaft, aber jugendfriseh
nnd in seinem Kern unveralt(?t schaut es, wie alles, was dieser
wunderbare Mann geschrieben hat, trotz seiner 2;") Jahre auf
uns herab. Wenn man die rasche Entwicklung der Sprach-
wissenschaft seit 1870 überschaut, so rauss man immer wieder
staunen über die ausserordentlich tiefgehende, uuverrückbai-e
Grundlage, auf der Hehn sein Werk aufgebaut hat, das wahr-
scheinlich noch für lange Jahre das unentbehrliche Küstzeug-
jedes Forschers und das beste bleiben wird, was über die
174 Helm Kuhuriitlaii/.eii und Haiustit-re.
kulturellen Zustände und die Entwicklung'Sgeschichte Europas
g-eschrieben ist. Nach dem Tode des Verfassers hat jetzt
0. Schrader das Werk neu herausgegeben. Dabei ist der
eigentliche Text des Werkes unverändert gelassen. Am Schlüsse
eines jeden Abschnittes sind die neuereu Ansichten hinzu-
gefügt, durch die eine Reihe von Einzelheiten berichtigt wer-
den. In den Anmerkungeu hat der Herausgeber geändert,
wenn auch mit schonender Hand. Man wird zugestehen
müssen, dass die Aufgaben, die eine neue Ausgabe stellte,
auf diese Weise im allgemeinen glücklich gelöst sind. Doch
hätten die Ergänzungen zu den einzelneu Kapiteln an den
Schluss des ganzen Buches oder in die Anmerkungen ver-
Aviesen werden müssen. Denn dahin gehören sie der Sache
nach und auch Hehns Anordnung zufolge, der schon früher
die spezielle Begründung seiner Ansichten an den Schluss
verwiesen hatte. Es ist sehr wünschenswert, dass bei einer
weiteren Auflage, die sicher nicht fehlen wird, der Heraus-
geber diese Anordnung befolgt, damit der künstlerische Ein-
druck von Hehns Darstellung nicht leidet. Sehr angenehm
und dankbar zu begrüssen ist die Thätigkeit des Botanikers,
Herrn Prof. Englers, geAvesen, der in klarer, allgemein ver-
ständlicher Form die Ansichten anführt, zu denen die heutige
IJotauik oft im Gegensatz zu Helin in Betreff' der Herkunft
der Pflanzen gekommen ist. Unsere Wissenschaft wird da-
durch sehr gefördert. Zu einer kritischen Beurteilung dieses
Teiles bin ich nicht gerüstet.
Schrader bietet in seineu Zusätzen ausser einer Keihe
neuer Forschungsergebnisse im wesentlichen die aus seinem
Buche, Si>rachvergleicluing und Urgeschichte, bekannten An-
sichten, denen ich aber des öfteren nicht zustimmen kann.
Ich hätte es lieber gesehen, wenn Schrader sich zuweilen
weniger zuversichtlich geäussert hätte. So bemerkt er S. 64,
dass der Übergang der europäischen Indogennanen (nach Los-
lösung der Arier) zu einer gewissen Stufe der Agi'ikultur
eine der sichersten Erkenntnisse der verglcichcudcn Altertums-
kunde sei. Ich halte diese Annahme für nichts weniger als
gesichert, wie ich IF. V 390 zu zeigen versucht habe. Sie
ist es schon um dessentwillen nicht, weil damit die alte An-
sicht von der ursiu-üngliclien Spracheinheit der Indogermanen
Europas wieder aufgenommen wird, oder, was wahrschein-
licher ist, noch nachwirkt, (legen diese Kulturcinheit lassen
sich dieselben Bedenken wie gegen die Spracheinheit geltend
machen. Ich halte sie für völlig unbegründet und bin fest
überzeugt, dass Hehn diese Bemerkungen nicht in sein Werk
.uifgenommen hätte.
Ebensowenig wii-d sjcli dir Ansicht vun einer zweiten
Helm Kiiltiirpflaii'/en und Haustiere. 175
Heimat in Kussland, für die SclirudiT auf sein Buch verweist,
aufreclit erhalten lassen, sclion deshalb nicht, weil die Ent-
wicklung" von der Viehzucht zum Ackerbau wahrscheinlich
gar nicht den historischen Thatsachen entspricht, vgl. E. Grosse
Die Anfänge der Kunst S. oölf., K. von den Steinen Unter
den Naturvölkern Central-Brasiliens S. 200 ff'. In Betrett" der
Pelasg-erfrage ist jetzt auf Ed. Meyer zu verweisen. — S. 91 f.
bedürfen die Bemerkungen über die Lautverhältnisse des
Wortes 'Wein' der Berichtigung'. Es lässt sich nämlich nur
die Form \ioi)io- nachweisen, gr. oivoc, alb. rene, auf die
a.uch lat. rlnum zurückgeht, da coi (durch Dissimilation? ein
cü kommt im Lat. nicht vor) zu vi geworden ist. In I'olge
davon ist es im h»")chsten Grade wahrscheinlich, dass die kel-
tischen, germ. und slavischen Worte mittel- oder unmittelbar
aus dem Lat. entlehnt sind. — S. 99. Hehns Ansicht, dass
flctis und cÖKOV zusammengehören, bin ich nicht geneigt, so
unbedingt wie Schrader zu verwerfen. Lat. ficus könnte auf
eine Grundform pnnl'os zurückgeführt werden, die sich mit
gr. CÖKOV, TÖKOv so nahe berührt, dass eine Entlehnung aus
gemeinsamer Quelle nicht a limine abzuweisen ist. Auch das
arm. OouZ, t'tlz klingt merkwürdig ähnlich. — S. 158. Altsl.
syrh 'Käse' lässt sich vorläufig nicht mit ai. sdras, gr. öpöc,
lat. seriihi vereinigen. Gr. C|Liupov neben f.iupov, das aus iiebr.
uior entlehnt ist, mit ahd. smero zu vergleichen, ist wegen
des erhalteneu -s- bedenklich. Das s ist im Griechischen nicht
Aveiter auffallend, da auch sonst Formen mit und ohne s im
Anlaut Aveehseln. — S. 159. Gr. ßouxupov ist scinverlich eine
griechische Übersetzung eines skythischen ' cJmosinero'.
Diese, Einzelheiten l)erühren natürlich weder den W<'rt
des Buches noch der Zusätze, und so horten Avir, dass sich
V. Hehns unsterbliches Werk auch in tler neuen Form weitere
Freunde gewinnen Avird.
Leipzig-Gohlis. 11. Hirt.
Miiller M. F. Xatürliche Keligioii. Gittbrd-Vorlesungen ge-
halten an der Universität Glasgow im .Jahre 1888. Aus
dem Englischen übersetzt von E. Schneider. Leipzig
W. Engelman.i 1890. r)87 S. 8". 14 31.
— Physische Religion. (Ürtord-Vorlesungen gehalten an der
Universität GlasgoAv im .l.ihrf 189(». Aus dem Englischen
übersetzt von O. Frank«'. Leipzig W. P^ngelinaini 1892.
398 S. 8». 10 M.
Max Müller ist einer von den wenigen Forschern histo-
risclier Wissenschaften, die ihre Arbeiten und Forschungen
17() Müller N'atüi'lielic lieli.üion. Pliysisciic, IJeli^iou.
mit (lfm Lehen und Treiben der Zeit in Zusannnenliang*
In-ing'cn und dadurch der (iesamtheit in ihrer Weiterent-
wieklunji' direkt dienen wollen. Auch die vorliegenden Werke
vertblgvn gleichen Zweck : in seiner klaren, lebendigen Weise
zeigt M. vor allem im (ersten Bande, wie die Geschichte un&
l<;hrt, dass nichts so natürlich ist als das Übernatürliche, und
dass der Mensch zur natürlichen Religion zurückkeliren müsse.
Von dieser natürlichen Keligion handelt der erste Teil des
Werkes; er l)ildet gewissermassen die Einleitung zu den drei
folgenden: der '2. Band enthält die "Physische Religion",
dei" .'). die "anthropologische'' Leipzig 1894). Die psycho-
logische Keligion lüldet den Schluss des gesamten Werkes,
das Avir als das religionsgeschichtliche Testament des greisen
Gelehrten autfassen können.
Im ei'sten Bande kommt es dem Verfasser vor allem
darauf an. das Wort Religion möglichst scharf zu definieren.
Er bespricht hierbei die Erklärungen des Wortes, die anden-
Forscher ihm gegel)en haben, und sucht diese bald als zu
weit, bald als zu eng zu erweisen. Besonders kämpft er dal>ei
gegen O. Gruppe, den er für den kritischsten und tüchtigsten
unter seinen (Gegnern hält, t'berhanpt beschäftigt sich das
Buch viel mit Gruppe. Vm so anttallender ist es, dass bei
der Besiirechung mythologischer Parallelen Grui)pes scharfe
Kritik derselben mit keinem AVorte erwähnt ^\■ird. — S. 181
giebt dann M. seine eigeiu- Definition des W(»rtes Religion:
"1\'. besteht in dem G e wall r we rden des Unendlichen
u n t e r s o 1 c li e n M a n i f e s t a t i o n e n , d i e a u f d e n s i 1 1 1 i c heu
Charakter des Menschen bestimmend einzuwirken
im Stande sind". Bei dieser Erklärung kommt es in erster
Linie auf das richtige Verständnis des Unendlichen an, und
diesem Begrifte ist auch im Vorhergehenden mit besonderer
Schärfe nachgegangen. Nachdrücklichst Avird betont, dass das
Unendliche dem Volksgeist nichts Abstraktes ist, sondern
etwas Konkretes, sinnlich AValirnehmbares, das sich unmittel-
bar an das Endliche im Raum und Zeit anfügt, das aus der
Erfahrung (^'schlössen und durch die Sprache fixiert ist.
Die Vorstellung von solch Unendlichem im Endlichen ist
(U'ui Verf. die Grundlage alles i'cligiösen Denkens, denn hinter
diesem Unendlichen im Endlichen" steckt, bewusst oder un-
bewusst, das iKihei'e W<'sen. Dies Unendliche offenbart sich
nun dem Meusclieu teils in dei' Natur, teils im Menschen
selbst. In der Natui* haben dann (Jegenstände, die wir nur
teilweise sehen und fassen können (Bäume, Berge u. dgl.;
die Halbgötter -- Dämonen Aväre wohl der bessere Ausdruck
gewesen — erzeugt. Gegenstände al)er, die wir nur sehen,
nicht fassen krninen i Wolken, Himmel. Sonne u. dyl.) die
Müller Xatürlic'lu' ]{eliii-ioii. Pliysischo Reli.ii'ion. 177
Veranlassung' zum Glauben ;ni höhere Gottheiten gegeben.
Die liierdureh entstandene Rclig-i(»n nennt ^Müller "physisehe
Religion''.
Das Unendliche otfi-nbart sieh aber auch dem Menschen
an ilnn selbst und zwar entweder objektiv, indem er etAvai>
birgt, das wahrgenommen und doch nicht Avahrgenommen
werden kann (den Geist, die Seele), das mit dem Körpfa-
nicht aus der "Welt geht, — oder subjektiv, wenn sich der Mensch
nicht als Glied seiner Vorfahren, sondern sich selbst als lelien-
diges Individuum l)erraclitet. Aus jener Erfahrung ist der
Ahnenkult, der Animismus entstanden, der in der anthropolo-
gischen Religion eingehend besprochen Avird, aus dieser die
psychologische Religion. — Mich dünkt die Scheidung, die der
Verf. liier vorgenommen liat, keine besonders glückliche, doch
kann ich auf diese Frage für den Augenblick nicht nJiher
eingehen.
Xachdem so der Begriff der Religion festgestellt und die
natiuiiehe in ihrer dreifachen Verzweigung gekennzeichnet
ist, l^ehandelt der Verf. im '2. Teile des 1. Bandes das .Ma-
terial zum Studium der natürlichen Religion (S. 269 ff . • :
dies ist Sprache, Mythos, Sitten und Gebräuche, die heili-
gen Bücher. M. entwickelt hier seine schon früher wieder-
holt ausgesprochenen Ansichten : Das Denken ohne Sprache
ist unmöglich, mit der Sprache erst beginnt das Denken :
die Sprache wiederum ist die Quelle des Mythos. In den
Abschnitten über die Sprache klassifiziert er dann die ver-
schiedenen Sprachen d<n- Krde und spricht sich über ihr ver-
wandtschaftliches Verhältnis aus. Man sit-lit aus verseliie-
denem, Avie M. der neueren P\jrschung gefolgt ist, wie er al)er
relativ wenig von ihr angenommen hat. — In dem Al)-
schnitte über Mythologie hätte der ßegritt' 'Mythos' schärfer
gefasst und der Unterschied zwischen Religion und Mythos
bestimmt werden sollen. Ist doch sonst M. in der Aljgrenzung
und Erklärung der Begriffe })eiidich genau. So verweise ich
hier auf die Kapitel über die verschiedenen Richtungen der
vergleichenden Mythologie: die etymologische, die induktiv
zu Werke geht und das Wort nicht von der Sache trennt,
die aualogische, die wie jene nur Mythen spraehlieh xcr-
Avandter Völker vergleicht, aber sich nur an den Iidialt, nicht
auch an drn Namen mythischer Wiesen hält, und die psyeho-
logische, die die Mythen aller Völker untereinander vergleicht
und in der menschlichen Natur die Ursache der Übereinstim-
mung der Mythen findet. M. Müller bekennt sich nach wie
vor zur etymologischen Schule: m. E. hat diese ihre Zeit ülx'i'-
lebt und der psychologischen allein gehört die Zukunft. Die
nivtholoüischen Parallelen indogermanischer Völker lial>en
178 IMüller Xatürliehe Religion. Plivsisrlie iielig'ion.
mich in diesem Buelie ebensowenig' überzeugt, Avie i\Iüllers
frühere Arbeiten: in diesen Abschnitten vermag- ich dem Verf.
niclit zu folgen. Trotzdem wird das Buch jedem Anregung
und Belehrung bringen, wie wir es von dem Veteranen der
vergleichenden Religionswissenschaft nicht anders gewohnt
sind, mögen wir für oder Avider ihn sein. Dass verschiedene
Einzelheiten niclit richtig sind, darf bei dem grossen Umfang
des Gebietes, das hier behandelt ist, nicht Wunder nehmen.
Im '2. Bande seiner Vorlesungen zeigt M. Müller an
einem typischen Beispiele, an dem vedischen Agni, den Ur-
sprung und die Entwicklung einer physischen Gottheit. Die
physische Religion d. i. die Religion, die in der Betracii-
tung der Natur ihre Wurzel hat, lasse sich, meint der ^'erf.,
am besten in Indien studieren. Darüber Hesse sich streiten.
ZAveifellos dagegen ist er im Rechte, wenn er zum Studium
der indischen Religion in erster Linie genauste Kenntnis der
indischen Litteratur, vor allem der Veden fordert. Das hat
Veranlassung gegeben, über den A^eda und seine Geschichte,
seine Einrichtung, sein allmähliches Wachsen, seinen Cha-
rakter u. dgl. zu sprechen. Alsdann wird in thatsächlich
meisterhafter Weise klar gelegt, — und diese Abschnitte bil-
den 'das Rückgrat' des Buches — , wie Agni, das Feuer, aus
dem Age)i.s sich zum Agens dem und als solches zum mäch-
tigen Gotte entwickelt hat. Von anderen Xaturgöttern sind
nur die Windgottheiten etwas eingehender herangezogen; an-
dere werden vermisst. In diesem Bande wird auch auf den
Unterschied zwischen Religion und Mythologie (S. 2(39 ff.)
näher eingegangen, jedoch ohne dass dabei die wünschens-
werte scharfe Abgrenzung der Begriffe herausspringt.
8o ül)erzeugend auch M.'s Darlegung der Entwicklung
religiöser Wesen ist, so wird sie doch nie die Zustimmung
derer finden, die alle Probleme der natürlichen Religion ver-
dammen, weil sie sich nie damit beschäftigt haben. ]\Iit Recht
ruft diesen der Verfasser zu: "Es ist nicht der Felder des
Balkens, wenn der Blinde ihn nicht sieht '.
I^eipzig. E. Mogk.
Henry V. Atiiarva-veda, Traduetion et Commentaire. Les
livi-es VIII et IX de l'Atharva-veda, traduits et commentes
par V. H. Paris Maisonneuve 1894. XII u. U)4 S. gr. 8».
Das dritte, sehr inhaltreiclK; Heft der Übersetzung des
Atharvaveda, über deren erste zwei Hefte ich an dieser
Stelle IlT S. 2 fg. berichr<*t h:il)e. Die hervorragenden Eigen-
Henry Arli;irva-v«>da. 179
schuften, welche jenem Anfang der wichtigen Arbeit nuch-
g'erühmt Averden dürfen, sind auch ihrer Fortsetzung in vollem
Masse eigen. Überall spürt man den weiten Blick eines
Forschers, der g"ewohnt ist, ancli das Kleine in grosse Zu-
sammenhänge eingereiht zu betrachten, überall die reinste
Wärme liir die Sache, verbunden vielleicht — ich darf dies
Bedenken nicht verschweigen — mit etwas Optimismus in
bezug auf die Schätzung der Grenzen des Erkennbaren und
des Grades der Sicherheit, mit welcher die Forschung dem
dunklen Stoff seine Geheimnisse zu entreissen Aussicht hat.
Die übersetzten Stücke sind ausser Anpreisungen von Libe-
ralitätshandlungen gegenüber den Brahmanen grösstenteils
Zauberlieder oder Konglomerate von Zauberversen, bei denen
es sich um Gesundheit und langes Leben, sowie um AbAvehr
von bösem Zauber und sonstiger Feindseligkeit handelt: da-
neben zwei hervorragend interessante Abschnitte, das viel-
l)ehandelte Lied IX, 3 über den Hausbau, und die Lieder IX^
*> — 10, eine Keproduktion des grossen Rätselliedes Rgveda
L 164, welches kurz vor Henry, von ihm sehr weit abwei-
chend, auch Deussen behandelt hat (AUg. Geschichte der
Philosophie, Bd. I S. 105 — 119). Es ist bekannt, dass das
ersterwähnte Stück direkt entgegengesetzte Deutungen gefun-
den liat. Ludwig bezog es auf den Abbruch eines Hauses,
Zimmer und Grill auf einen Neubau. Henry stellt sich
im wesentlichen auf die Seite der letzteren Forscher; gewisse
während des Hausbaus erforderliche provisorische Bänder oder
Klammern werden dem fertigen Plause abgenommen und das-
selbe dazu geweiht, sich nunmehr aus eigner Kraft aufrecht
zu erhalten. Mir scheinen die Data des Liedes für eine Deu-
tung zu sprechen, welche die entgegengesetzten Ansichten
gewissermassen in sich vereinigt. Das Haus, meine ich, soll
abgebrochen und an einem andern Orte neu aufgerichtet Aver-
den^). Dafür spricht, wie ich glaube, sehr deutlich Vers 24:
'Du l)ist eine schwere Last: sei uns leiclit. Wie ein junges
Weib tragen wir dich, o Haus, wohin wir Avollen." Und V.
10: "Dort sollst du zu ihm kommen, fest, verbunden, zube-
reitet, du (Haus), dem wir Glied für Glied, Gelenk für Gelenk
lösen." Henry scheint mir mit Unrecht dem "dort" (aninfra)
als "sens indubitable" die Deutung "dans l'autre monde" zu
vindizieren. Mit dem Jenseits liat unser Lied es nicht zu
thun, Avohl aber, wie der Text ausdrücklich sagt, mit einem
Vorgang, welcher etwa der Hinüberfüln-ung des jungen Weibes
aus dem Vaterhause in das Haus des Gatten verglichen Aver-
1) Man erinnere sich etwa au die beweglichen Wohnungen
von denen Vendidad VHI, 3 die Rede ist.
ISO ilciirv Atli;ii-\ ;i-\ r(l;i.
<leii k:iiiii: wie man bei der Hoclizoit betet, dass die Götter
das Weib von hier (dem Elternliaiisei, aber iiiclit aoii dort
{amutas, dem Oattenhause) lösen niög-eii, so ist in unserm
^'ersc mit dem 'dort' die neue Statte^ an der das Haus auf-
gerichtet werden soll, gemeint. tJbrige)is scheint die Gegen-
überstellung des Hauserbauers und dessen der das Haus
'empfängt' l'V. 9), die wiederholte Betonung des 'Empfaugens'
(\'. IT). U); darauf zu führen, dass bei der Verlegung des
Hauses ein Besitzwechscl im Spiel ist. — Ich wende mich zu
IX, 9. 10 (= Rgveda I, 164j, dem grossen Rätselliede. Wie
Deussens pantheistisch-spekulative Interpretation, so glaubt
auch die folkloristische Henrys nahezu alle Rätsel dieses
Liedes lösen zu können. Ich meinerseits muss bekennen, dass
ich einem sehr grossen Teil derselben hilflos gegenüberstehe.
Man wolle, um meine Zweifel zu Avürdigen, etwa 10, lo
(= Rv. 37) betrachten; werden Avir da auf die Argumen-
tation Henrys hin wirklich die Deutung auf Sonue und Mor-
genröte (und im vierten Päda auf die Menschen, avo doch
das 'Ich' ottenl)ar dassellje ist wie in den drei ersten Pädas)
für Avahrscheinlich halten können? Im grossen und ganzen
möchte ich glauben, dass die wahren Lösungen der Rätsel
erheblich weniger naturalistisch und dafür ein gutes Teil mehr
sakritikal als bei H. aussehen müssten. Niemand wird be-
streiten, dass der Typus dieser Rätsel in der That auf älteste,
iXan Zeiten der AVildheit geläufige Gedankenspiele zurückgeht,
die von den Sphären braiimanischer Opfertiieologie allerdings
sehr weit entfernt Avaren. Al)er ich glaube, dass H. der Trag-
kraft dieser Wahrheit doch zu viel zumutet, Avenn er nicht
selten das einzelne vorliegende Rätsel, dessen sakrifikale
Züge in die Augen springen, von diesen Zügen zu entkleiden
sucht und es direkt in ein Rätsel des alten naturalistischen
Styls übersetzen zu können meint (s. den sehr bezi-iclin<'nden
Fall von 10, KJ. 14 = Rv. 34 — .'»öi. Man gestatte mir an
<'inigcn Beispielen meine Ansicht zu A'eranschaulichen, dass
<lie Daten der Rätsel oft eine ebenso Avahrscheinliche, viel-
leicht, All(;s in Betracht gezogen. Avahrscheiniichere Lösung
sakrifikaler Art zulassen als di(! naturalistisciie Henrys. Der
Vers 9,9 (= Kv. 9) lautet bei H.: "La mere a ete attelee
au timon de Toffrande ^), lembryon s'est dresse au sein des
demeurcs: le veau a mugi, il a suivi des yeux la vache qui
i-evet toutcs les formes, ä la distance de trois lieues" (trisü
iiojanesu). Die erste Hälfte des Verses soll die Morgenröte
und die Entflammung des Agni betreffen, die ZAveite die Mor-
genröte und die Sonne; die Sonne ist das Kalb, Avelches
1) Wannii i/dLsiiiä nirlit als ' Oitferloliir übcrset/en?
Honi-y Atlicirv;i-v('-da. 181
brüllt (d. li. den ersten Strahl anssendet), wenn es die I^Intter-
kuh (Usas) drei Yöjanas voranstellen sieht — den AYey einer
Stunde, nn\ welche Zeit die Morgenröte dem Sonnenanfgiing-
vorausgeht. Es ist mir nicht zweifelhaft, dass die vor den
Wagen der ddkfniä gespannte Mutter in der That Usus ist
• — man bemerke übrigens, dass der hier gebrauchte Ausdruck
viel weniger die Naturbedeutung der Usas als ihre Bedeutung
für Opfer und Priester bei'ührt — ; ebenso halte ieh die Deu-
tung des Embryo auf Agni für dnrchaus sicher. Aber Avarum
im zA\'eiten Halbvers die letztere Deutung fallen lassen und
in eine ganz andere Vorstellungssphäre hinübergehenV Wenn
zuerst einer Kuh ein Embryo gegenübergestellt Avird und
dann eine neue Phase des Vorgangs folgt, in welcher dieselbe
Kuh mit einem Kalbe erscheint, ist es nicht wahrscheinlich,
dass Embryo und Kalb dasselbe Wesen sindV "Das Kalb
brüllt" heisst, meine ich, "Agni tritt in die Erscheinung"; in
Steiner dreifachen Anspannung, d. li. in seiner Verwendung als
das dreifache Opferfeuer ^), blickt er der hinschwindenden
Mutter Usas nach. — Ich betrachte Aveiter Vers 9, 12 (=I{v.
12), Avo ich. ohne auf H.s Auffassung einzugehen, nur in der
Kürze meine eigne-) andeuten avüI. Mir scheint klar, dass
üpare nicht Nom. pl., sondern als Gegensatz zu dem voran-
gehenden pdre (vgl. Piv. I, 128, ;>i Loc. sing. ist. Dann muss
es sich um eine doppelte Auffassung desselben mystischen
Vaters handeln: einmal insofern er in der höheren, das andre-
mai sofern er in der niederen Himmelsregion sein AVesen ent-
faltet. Die eine Erscheinungsform ist, AAie H. ohne ZAveifel
mit Recht annimmt, das ,Tahr mit seinen 5 Jahreszeiten und
12 iMonateu"'): sollte nicht, entsprechend der Parallelität, in
Avelcher die Brähmanatexte Ix'ständig die l)eiden Gleichungen
Prajäpati = satiirafsard und Pi'ajäpati = ijftj'^tn geben (s.
li Doi-h will ich ;uu-h die .Müglichkeit nielit leugnen, dass zu
übersetzen Aväre : AAÜhrend des Weges von ö Vöjana. Dies würde
durch Kv. I, 12o, 8 gestützt werden, wo die 80 Yö.jana, welche die
Morgenröte zurücklegt, erwähnt werden. Kv. VIII, 72, 0 andrer-
seits scheint von dem yöjaiia des Agni die liede zu sein.
2) Dieselbe stimmt in wt'sentliciien Punkten mit derjenigen
Deussens (a. a. O. 111. 207) überein. ~ Vii'l. zu diesem Vers auch
AVindisch ZDMG. XLMII o5;i
3) Beiläufig bemerkt scheinen, Avie schon Säyana, Weber
(Nachrichten von den Naxatra TI, 336 A. 1), LudAvig erklären, die
12 Monate — (= G rtu zu je 2 Monaten) neben ilnien der 13. Schalt-
monat auch in dem von H. anders gedeuteten — Verse 9, 16 (= Ra'.
15) gemeint zu sein. — Es sei nur gestattet, hier, in Ermangelung
einer geeigneteren Stelle, noch für die Erkläriuig des Verses" 10, 27
(— Rv. 4ö) aiif die von mir ZDMG. XXXIX 58 gesammeUcn Mate-
rialien und A orffctrao-enen Kombinationen zu Aerweisen.
1S2 llnii-v Atliarx .-i-xrda.
Deusseii a. a. 0. 2U7 fg.), die /wciti- Erseli(,'inuiigstbrni das
Opfer sein? Die sieben Kader (vgl. Kv. J, 164, 1^—3; II,
40, o) mögen etwa die sieben Hotäras, die seclis aräs die
sechs rajmhsi (Rv. I, 164, 6) sein, in vrelclien das Opfer sicli
entfaltet. In jedem Fall glaube ich, dass die Lösung des
Rätsels durchaus in den Regionen der Brähmana-Symbolik
liegt. — Schliesslich mögen von dem grossen Rätseltext noch
die Verse 10, 4 — 7 (Rv. Vers 26 — 29j kurz besprochen wer-
den. H. (vgl. Le livre VII de l'Atharva-veda, p. 94) bietet
die verschiedensten Naturwesenheiten zur Deutung dieser Verse
auf. Handelt es sich aber wirklich um Rätsel, Avelche von
uns gelöst sein wollen? Ich möchte glauben, dass die Verse
— unter einander in eiiiem Zusammenhang stehend, welchen
II. Avenig beachtet — zunächst ihren deutlichen Mittelpunkt
im Ritual der GharmafeierM haben und im ganzen Vorgänge
dieser Feier beschreiben; dass dabei Parallelisierungen der
rituellen Kategorien mit Kategorien des grossen Weltlebens
]nit unterlaufen, wie die Yajustexte von derartigem voll sind,
soll nicht geleugnet werden, abei' diese Parallelisierungen
kommen doch ganz in zweiter Linie, Den rituellen Zusammen-
hang um den es sicli voi- allem handelt, zeigt sehr deutlich
Cäwkhäyana, Cräut. V, 10, 1 \'g. (einen Hinweis auf diese
Stelle vermisst man bei IT. ungern): mit Vers 4 wird die
Milchkuli herangerufen; Vers ö wird gesproclien, Avährend sie
lierbeikonnnt-); Vers 6, während das Kalb von ihr getrennt
wird-'). Schwieriger ist Vers 7, über dessen Verwendung, so
viel ich linden kann, die Ritualtexte nichts lehren; ich weiss
nui" ganz unsichere Vermutungen zu geben. Sollte "der von
1) Insoiulcrlioit der Melkiinji', welche zu dieser Feier g-ehört.
— Älinlieli -wie sich Rv. Vers 40, ohne alle IJätseliiaftigkcit, auf
• las .Madliui»ari<a-Kitiiai bezieht.
■2) Ich kann in diesem sehr einfaclien Verse nichts von Henrys
't'nigme graniniaticalc' (Le livre VII, p. Vi\) entdecken. Der von
der konkreten Anschauung' des Sachverhalts erfüllte Inder konnte
asrlh/ii/ii)/i unmögiich für etwas andres als einen Dati\ halten. So
regelmässig:- die Vorstelinng erscheint, dass die Gharmauüich für
die Acvin gemolken wird, so gänzlich ausgeschlossen ist diejenige,
dass sie von ihnen gemolken wird. Wer die (iharniatexte im
Znsamnienhang liest, Avird das zugeben.
3i Man ei'gänzcj und veranschauliche sich diese Vorgange
oiwn mit Hilfe von Kiityüyana ('räut. XXVI, ;'>. 1 l'gg.; Täittirlya
Araiiyaka IV, S unter llinzunalime des dort im Komm, an^i'efülirten
Kaljta. — -Aus H.s l'bersetzung und Erklärung dieses Vei-ses er-
führt man überhauiit nicht, dass derselbe etwas mit dem Gharma-
ritual zu thun hat; das ausdrücklich in ihm erscheincMule Wort
tjhannd, dessen vittielle Geltung durch den ganzen Zusammenhang-
ausser Zweifel gesetzt wird, verwischt H., indem er es mit chaud'
übersetzt.
Hi'urv Atlifirva-veda. 183
dem die Kuh uinschlosscni ' i ist'' nicht der Kessel sein, welcher
die ililcli (,= Kuh) enthält-)'? Der ZAveite Päda besagt wohl:
Die Kuh brüllt (d. h. die Milch brodelt), Avenn sie auf das
Feuer gesetzt ist''). Der dritte Päda wird sich auf die Furcht-
barkeit des Gharma beziehen, wegen deren die Yajurveden
dies Kapitel des Eituals in ihrem Aranyakateil abhandeln.
Der vierte Päda scheint auf die regenspendende Kraft des
Gharmaopfers zu gehen*». GeAviss bleibt in all dem Unsicher-
heit genug übrig ^): aber so viel halte ich doch für gcAviss,
dass so zu sagen das Rückgrat einer Deutung unsrer Verse
durch rituelle, nicht durch natursymbolische Elemente gebildet
Avcrden muss.
Nach diesen Bemerkungen über die Behandlung des
grossen Kätselliedes wird es mir möglieh sein im übrigen
sehr kurz zu formulieren, in Avelcher Richtung mir scheint,
dass H. seine Behandlung des Atharvaveda noch weiter ent-
Avickeln müsste. Um mit einem einzigen Wort die Hauptsache
auszusprechen: ich glaube, dass die Vertrautheit des Über-
setzers mit den intimeren Details der Vorstellungssphäre und
AusdrucksAveise der vedischen Theologen noch eine vollstän-
digere Averden könnte. Ich Aveise auf einige Stellen hin, an
denen, wenn es sich auch um Minutien handelt, doch deutlich
Averden Avird, Avas ich meine. Wenn H. IX, 6, 54 uddrasijati
übersetzt "il conclut le sacrifice", geht dabei die — Aveun
nicht für die Übersetzung selbst, so doch mindestens für den
Kommentar — unerlässliche Hindeutung auf den technischen
Sinn des Worts verloren. — Wenn er IX, 4, 9 (yö hnlJnvand
rsabliänt cljuhöti), von AVhitney abAveichend, die Auflösung
hralimands statt hräluaane als von der Logik gebieterisch
verlangt ansieht, so glaube ich, dass er damit die speziell
brahmanische Logik doch nicht getroffen hat. Die ganze* Umgebung
des Verses zeigt deutlich, dass es sich nicht um ciucu Brah-
1) Dass ((hhi-rar so Aiel bedeutet wie (idhi-skand^ müelite ich
bezAveifeln.
2) So auch Deussen a. a. U. 114.
3) ^lan erinnere sich des technischen Gebiauclis von ndhi-sri,
der ganz genau auf unsere Stelle passt. Was auch die genaue Be-
deutung- von dhvasaiii sein mag, für die, wie ich meine, durcli den
Zusammenhang w^ahrscheinlich gemachte Beziehung des Worts auf
das Feuer tritt Kv. T, 140, 3. 5 ein.
4) Sielie Catapatha Brähmana XIV, 2, 1, 21: Tüittirlya Ära-
nyaka IV, 8, 4 (p. 470); meine "Religion d(!s Veda" 450.
5) Zu den zweifelhaften Punkten möchte ich auch die Frage
rechneu, ob die Verse Rv. 23—25 mit dem hier besprochcnieu Ab-
schnitt zusammengehören. Dass metrische Spekulationen, Avie sie
in jenen Versen vorliegen, zum Gharmaritual in Beziehung stehen
konnten, zeigt der Anfang von Täittirlya Arauyaka IV, 8, 4.
Anzeiger VI 3. 13
Iö4 Henry Ath;ir\';i-vt''da.
uiaiiL-ii lumdelt, welcher einen Stier opfert, sundern um einen
Freig'ebigen, der dem Brahnumen den Stier giebt : eine solche
Gabe aber wird von der Phantasie jenes Zeitalters als ein
Opfern des Stieres in dem Brahniaueii (wie in einem Opfer-
feuer i aufji'cfasst : sielie Täwkhäyana Giiiyasütra I, 10, 7 hnih-
maiß hutall] vgl. ebendort I, 2, 7 — 8. — Wenn H, IX, 6,
38 ' I yajaäsija sätniafräi/a najFtäsyümchedäjja übersetzt " afin
qu^il y alt identite essentielle et absolue (du repas oftert et)
du sacriflce'', wird er diese Übersetzung — er begleitet sit;
mit der Bemerkung "cette traductioii s'impose" — aufrecht
<n']ialten, wenn er sie noch einmal im Licht der zahlreichen
Farallelstellen prüft':* Y\xv sätnian, mthtatvd möge Täitt. Brähni.
I, 1, 6, 4, Täitt. Samhitä V, 3, 5, 2 verglichen werden; für
dcicheda, Avelches Wort bei H. m. E. zu kurz gekommen ist,
Täitt. Samh. I, ;"), 4, 3 u. A.; icli halte es für unzweifelliaft,
dass zu übersetzen ist: "damit das Opfer-) mit (dei- ihm zu-
kommenden) Selbstheit ausgestattet sei; damit das Opfer nicht
zerrissen werde ".
Was endlich noch die Frage der Textänderungen an-
langt, so bin icli gewiss der Letzte, Avelcher dem Glauben an
die Unfehlbarkeit der Überlieferung das Wort reden würde.
Aber ich habe doch an manchen Stellen das Gefühl, dass IL,
ehe er Änderungsvorschläge machte, mit ängstlicherer Vor-
sicht die Frage, ob das Überlieferte nicht richtig sein kann,
hätte prüfen müssen. Giebt der unsichere Boden von IX, 10,
17 (Rv. L 164, oG) Avirklich eine Gi-undlage her, auf der sich
die Änderung von saptärdhaiiarhlKili in mptdrkHagarbhäh,
von retall in refasalj wagen lässtV Oder warum VIll, 8, 1
i/ätliehä Julnania für yäthd luuiania, vermuten, wu das Über-
lieferte, l>ei zweisilbiger Messung d(ir Schlusssylbe von senäh,
in vollkoinmeiister Ordnung istV Warum IX, 2, 11 Hum i'Wi'
das tadellose edhatniii'^ Warum IX..'), '2 <^//iW«i unterdrücken,
wo der Vers mit der l)ei iva so häutigen Verschleilung durch-
aus korrekt ist':* Warum VIII, -?, 17 tv/^jff? ^(«i. um einen nicht
scliönen Vers herauszubringen (mit Hiatus und wenig glatter
Konstruktion), wo doch derartige Formeln so oft zwischen
metrischer und prosaischer Gestalt hin uml herschwanken,
und wo die Konjektur der i'berlieferuug nicht allein des
Atharvavcda, sondern auch einer Reihe andrer vedischer Texte
(ÄQvaläyana Grhyasütra I, 17, 16; lliraiiyakeein (;. 1, '.», IC);
Päraskara IL 1, 19) entgegeidäuft ?
Ij Wo «lie Vorsc-hril't j;(*gel)en wird, dass bei der feierlichen
( iastaiitnniiiiie der Wirt essen soll, iiaciidem der (Jast gegessen hat.
'2) Welclies durch die Zeremonie der (lastautnalnne symboli-
siert wird.
Scherman Materhilieu zur Geschichte usw. 185
Ich durfte nicht unterhisseiu die Bedenken, welche H.s
Arbeit hier und da in mir hervorruft, in aller Oftenheit aus-
zusprechen. Aber es wäre eine sehr viel schAverere Unter-
lassung-, wollte ich hier mit dem Ausdruck der beAAunderndeu
Dankbarkeit für das, wasH. uns in diesem Werk g'egeben, zurück-
halten. Das Können des Forschers, der auf andern, weiteren
Oebieten so glänzende Erfolge zu erringen gewohnt ist. Avird
hier, auch Aver den von ihm eingeschlagenen Weg nicht immer
für den richtig'en hält, überall ganz wiedertinden.
Kiel. H. Oldenbery.
Scherniaii Luc. Materialien zur Geschichte dt-r indischen
Visionslitteratur. Leipzig' A. Twietmever 189:^. V und
161 S. 8". lU M.
Der Gedanke dieses Buches, aus der gesamten indischen
Litteratur Material zusammenzustellen, AA^elches legendenhafte
Kunde aus dem Lande des Todes bringt, ist gut und seine
Ausführung- durch Seh. sehr flelssig. Man muss des Verf.
a-usgedehnte Belesenheit rühmend anerkennen, leider aber auch
hinzufügen, dass seine grosse Zitierfreudigkeit auf die Dauer
störend und zerstreuend AA^rkt. Es kommt nicht so sehr auf
vieles Wissen als auf organische Verarbeitung desselben an.
Namentlich die Angaben aus sekundären Quellen können AA'ir
z. T. recht gut entbehren, ganz besonders, wenn sie mit dem
gerade behandelten Gedanken in sehr losem, Aielleicht nur
durch ein nebensächliches SticliAA-orr A^ermittelten. Zusammen-
hange stehen. Das ist nutzloses BrillantfeuerAverk. Direkt
irreleitend aber A\irkt das Bevorzugen sekundäi-er (^»ucllen,
AA'enn das solche a'ou der Art des v. Schroederschen Buches
'Indiens Litteratur und Kultur' sind, eines Werkes also, das
für populäre Interessen ZAvar em]:)fehlensAvert ist, das aber,
w^ohl auch nach v. Schroeders eigenen Intentionen, zur Ent-
scheidung- historischer Fragen niclit angerufen Averden darf.
Was soll z. B. die Diskussion über die Zeit des Absterbens'
des Buddhismus in Vorderindien auf Grund von Angaben aus
dem Buche von y. Schroeder und aus einer Anzahl anderer
sekundärer Quellen (Anm. S. 2o ff.), AA^enn die Inschriften schon
längst derartige hypothetische Erörtei'ungen ein für alle Mal
zwecklos gemacht und in dem Sinne entschieden hal)en. dass
weder schon vom 8. — 10. Jahrh. der Buddhismus "vollstän-
dig verdrängt'', noch dass er überhaupt geAAaltsam verdrängt
Avorden, sondern dass er einfach an AltersscliAA'äche sanft ent-
schlummert ist?
S. 20 sagt Seh., die Leugnung der Seele dürfe im Bud-
186 Scliennan Materialii'ii zur Geschichte usw.
dhismus nicht Avürtlich verstanden werden. Das ist irrigv
In der Praxis, im Glauben der Massen konsequent durchge-
führt ist sie allerdings nicht, das Gemüt hat da dem Denken
einen Streich gespielt. Aber im System, und das ist doch
wohl die Hauptsache, ist diese Leugnung- der Seele und der
Individualität durchaus wörtlich und ernst zu nehmen. Die
Stellen dafür aus den Originaltexten lassen sich in grosser
Anzahl anführen. Dass aber manche Lehren des Buddha that-
sächlich nur auf der Basis der Annahme einer Seele für un-
ser Deiüvcn verständlich sind, ist eine andere Sache. Der
Buddha zeigt sich in solchen 'und anderen) Fällen einfach
als Aviderspruchsvoller Plagiator an den früheren Philosophien
imd als inkonsequenter Denker. — S. TT wird die Arhatschaft
die Vorstufe auf dem Wege zur Erlösung genannt, mit Unrecht;
sie ist vielmehr die wirkliche Erlösung selbst. Der Arhat be-
sitzt das Nirväiia. — In der S. 56 — 60 übersetzten Revatä-Epi-
sode aus dem Vimanavatthu (Pclli) ist kaum ein einziger Vers
ohne Fehler, z. T. sogar sehr erhebliche Fehler, Aviedergegeben.
Der ganze Absatz von S. 59 60 nämlich ist absolut missver-
standen. Die Sinnlosigkeit der von Seh. dort gegebenen Über-
setzung müsste ja auch schon den Laien darüber aufklären.
Der Grund ist der, dass die Übersetzung in der That nicht
aus dem Pali, sondern nach Minayeft's Übertragung herge-
stellt ist; einen F<'hler aber liat Verf., hier gerade von M.
abweichend, selbstständig hineingebracht. — Das aus den
.latakas sich ergebende Material für die Schilderung der Hölle
und ihi'er Foltert^ualen seheint Seh. so gut wie gar nicht ver-
wertet zu haben. Ich bin bei der Unmöglichkeit, in jungen
•Jahren die ganze indische Litteratur durchgearbeitet zu haben,
weit davon entfernt, ihm einen Vorwurf daraus zu machen,
möchte aber zur Ergänzung des Stoifes einige von mir no-
tierte Stellen hierhersetzen: JAt. No. 12 {i\. sonst): die sich
aufthuende und in Flammen den Bösewicht verschlingende
Hölle; S'2, 104, 369. 4o9: Marterwerkzeug uracakka, khurn-
cakla usw.; '41, 314, 522. 530 (GAthä 32 rt., 543 (VI, S. 183):
das Kochen der Sünder geschildert; 142, 14H, 22^, 510, 530
(V, S. 266 tt'.), 536 (V, S. 453, Gäthä), 538 (VI, S. 8i, 541
(VI, S. 105 ff.), Gftthäs von Jät. VI, S. 23T und 246 ft".: die ver-
schiedenen Höllen usw. Ein sehr fühlbarer Mangel des Buches
ist ferner das Fehlen eines Registers. Die Rücksicht auf die
Kostenersi)arnis kann, bei der mehr als glänzenden Ausstat-
tung, nicht massgebend gewesen sein.
Trotz aller Mängel aber hat das AVerk als Beitrag zur
Materialsammlung für die betreffende Frage nicht zu unter-
schätzenden Wert. Es wäre unbillig, das zu verkennen.
Berlin. " R. Otto Franke.
Avesta, die heiligen Bücher der Parseii. 187
Avesta, die heilig-en Bücher der Parseii im Auftrag" der kai-
serlichen Akademie der Wisseuschaften in "Wien herausg-e-
g-eben von Karl F. Geldner. Stuttgart W. Kohlhannner
1895. 4". III. Vendidad. LVI und' 141 S. 20 M.
Mit der Fertigstellung' des dritten, den Vendidad ent-
lialtenden Bandes (7. und 8. Lieferung) ist das verdienstliche
Unternehmen zu einem vorläufigen Abschluss gekommen, in-
sofern als die Xeuausgabe des 'eigentlichen' Avesta — d. i.
Yasna, Visparad und Xorda-Awesta\) — damit zu Ende g'e-
führt ist. Hoffen Avir, dass der III ••) in Aussicht gestellte
Appendix, Aveleher die von Geldner übernommene Aufgal)e
A''ollendend, die übrig-en awestischen Textreste bringen wird
— darunter auch Inedita: s. S. IV des Vorworts zur 1. Lie-
ferung- und KZ. XXVII Ö88 — . bald nachfolgt. Va- Avird
Avohl aucli noch zwei Lieferungen fidlen.
Die letzterschienene Lieferung' (8) ist dadurch von be-
sonderer Wichtigkeit, dass sie in den 'Prolegomena' eine ein-
g'ehende Bescln'eibung' der bisher benutzten Handschriften
und eine Darstellung ihrer A'erwandtschaftliehen Bezieliung-en
bringt. Das Avichtigste neue Ergebnis scheint mir das, dass
die Mehrzahl der Yasht-Handschriften auf eine erhalten g^e-
bliebene Stammhandschrift zurückg-eht, die a'ou Geldner
init Fl bezeichnet ist. Der Herausgeber hat den Sachverhalt
nicht gleich durchschaut, sondern anscheinend erst nach der
Drucklegung der Yashts erkannt. Man hat daher überall die
Lesart jenes Kodex nachzusehen: s. Prolegoraena XLIV b X'o.
Der Schluss des Heftes bringt eine Anzahl a'ou Xach-
trägen und Verbesserungen zum I. und IL Teil. Was die
letzteren anlangt, so kann ich in dem, aa^s Geldner hier vor-
bringt, nur eine A^orläufig-e und ZAvar recht kärgliche Ab-
schlagszahlung ersehen. Dass Y. 31. lö, 44. 10 nuu^itis. nicht
ma'inis zu lesen sei. hat Geldner selbst in der Böhtlingkschen
Festschrift ?>o ff. ausführlich begründet; hier fehlt der ^'er-
merk hiefür. Ebenso für az<) Y. 43. 14, asrüzdfnv V. '•V2. .■>
u.a.m. Ich verAA^eise auf IF. Anz. IlUl f., II 220, avo ich Jrnr
Änderungen zusammengestellt habe, die Geldner selbst an
dem Text des I. und IL Teils vorgenommen hat. Vgl. auch
in den A'on mir bearbeiteten Abschnitten des Grundrisses der
iranischen Philologie I die mit y bezeichneten AAvestawiuter
(s. S. 6 Fussnote).
Münster i. W. Chr. Ba rtholom a e.
1) Im ciigcni Siini fA'aslits und Uleini-re Gebete), s. Proleg'o-
niena XLI.
188 Haie 'Extended' and 'Remote' Deliberatives in Greek.
Haie W. G. 'Extended' and 'Remote' Deliberatives in Greek
fre-printed from tlie Transactions of the American Philolo-
gical Association, vol. XXIV, pp. 156 — 205; Cnsliing and
Co., 1894J.
Tliis treatisp, by tlie well-known autlior of tlie ' cutn
coustrnctions', falls into two parts: the tirst discusses the
orig'in and meaning- of the Subjunctivc in Clauses introdnced
by oÜK e'x^ öcTic, oük ec6' öttuuc etc. ; the second discusses
the orig'in and meaning of the Optative in clauses of the
same character (dependent on a tense of present time). Both
questions are treated with great thorougluiess and lucidity:
and the author deserves the gratitude of Engiish and Ame-
rican scholars for having put the matter, which has l)een
mucli discussed of late in the C 1 a s s i c a 1 R e v 1 e w, in the
ti'uc light.
Jn Part I Haie directs his attaek against tlie doctrine
that in instances like Aesch. P. V. 469 oük fe'xuj coqpiciu' ötuj
iY\c vuv irapoücric Trimovfic dTraWaYO) the Subjunctivc is to be
regarded as final in origin (like the Latin Subjunctivc with
qui, = Greek Future Indicative with öcxic). He holds, with
most other gramunirians, that it is of deUberative origin, and
is duc to the cxtension of the deliberative construction ta
relative clauses dependent on ccrtain verbs. What "gives
the death-stroke" to the other theory, advocatcd by Earle, is
that in Homer the corresponding Subjunctive in relative clau-
ses is always or nearly always accompanied by äv or ke
(excei)tions are f 459, c .•^>o4). A ({uestion still remains as to
how the Optative dependent on a tense of pasf timc in simi-
lar clauses is to be regarded. Haie apparently, though not
very explicitly, regards it as an ndjusted form <jf the Deli-
berative Subjunctive: e. g. Soph. Philoct. 281 oüx öctic dp-
Ktceiev.
Jn Part JI Haie deniolislics tiie tJicoi-y of a "Remote
DclÜM-rativr" in sentences like Aesch. Ag. ()20 ouk ecO" Öttuuc
Xetüi^i Tct vjjeubii KaXd, directing his attaek chicfly against the
views of Sidgwick (in the Appendices to his editions of the
(Jhoephoroi and Agamemnon), and others avIio have followed
him sine»; the year 1881 in regarding such instances of the
Optative, de])ending on a tense of jnu'seiif tinie, as delibera-
tive in origin. A verx coniplete rxamination of all the in-
stances hitherto adduced leads to the conclusion that these
Optatives are of jwfential origin (Potential Optatives without
äv) — the vicAv which had lieen generally held by gramraa-
rians pi'ior to 1881. Haie, however, dissents from the State-
ment of AVceklcin in tiic Perliner Pli ilologisclie Wochen-
schrift for 1S91. Xo. 22, Sp. 677, "die Auslassung des äv
Haie 'Exteiuled' and 'Remote' Dclil)eratives in (ireck. 189
ündet sich bei den attischen Diclitorn imi" in Relativsätzen
mit oÜK ecTiv öctic, oük ecriv öttujc n. a. Vg'l. meine Note
zu Aesch. Ag. 625 f." Haie believes in the bare Potential
Optative in the coiTesponding" indepeifdent sentenees: Aescli.
Choeph. 585 TIC Xe'Yoi. Soph. Ant. 604 Tic dvbpuJv uirepßacia
KaTdcxoi; in the tbnner instance Sidowiek translates by Svlio
cotdd teir, in the latter \'an limit', thus virtnally eonceding
the point at issue: for an Optative wliich nieans could or
can is potential, not deliberative' i. This potential meaning-
certainly sints the instanees of the dependent eonstruction
berter than the meaning- 'is to — '. Another objeetion to
Sidgwick's theory is well expressed in the words "the cause
Invoked In' him to explain the phenomena is a cause not
knoMn to exist. The only cfirfified Opfafive of remoteness
is an Optative of the past". Whethey it is correct to speak
of the "Omission of dv" is a question of detail and of ter-
minology; probably a niore exact expression would be "the
Potential Optative Avithout dv": for it is not necessary to
hold that this use of the Optative Avas derived from that
with dv; it may have developed independently from the eon-
struction found in Homer, Pindai* and Theocritns, tliongh in
Attic it is eonfined Avithin very narroAv limits.
Birming-ham. E. .-\. Sonnenschein.
Tliiiiiib A. Handbuch der neugriechischen Volkssprache. Cram-
matik. Texte. Glossar. Strassburg- Karl J. Triibner 1895.
XXV u. 240 S. 8». 6 M. In LeinAvand geb. 7 M.
Es Avar nachgrade beschämend, dass man, Avenn jemand
nach einem guten und brauchbaren Hilfsmittel für das Stu-
dium des Neugriechischen fragte, ihm Jedesmal eines der
vorhandenen Bücher mit tausend P^inschränkungen und Voi*-
behalten nennen oder ihm oflFen sagen inusste, etAvas Avii'klich
Gutes und Zuverlässiges für diesen ZAveck gäbe c^s nicht. Es
sind ZAvar bei uns und in andeni I>ändcrn genug neugrie-
chische Elemcntargi-ainmatiken, ("hrcstomathien und derglei-
chen geschrichcji worden, besonders seit der Zeit, avo {\(j\-
1) To these inst;inrcs Male ndils Aescli. Ag'ani. 1 l(j."> veo-fv6c
ovÖpuuTTiuv |uäeoi, Snppl. 121 i'cujc -f^P "l Küput Tic f] Trpecßic uöXoi, Enr.
Aiuh-. i»29, Hipj). IIHH, Arist. Av. 180 (in "parenthetical pln-ases" uJc-
TT€p €iTroi TIC, Oüccov f] \vfo\. TIC, etc.). A list of parallel passages
irifti dv is given oii ]>. 192 f. e. g. Ag'ani. 1019 Tic «v . . . «YKa\^-
cuiTo; ]r)fi3 TIC (iv . . . €Kßä\oi; Arist. Xub. 1181 oO föp €c6' ottuuc mC
nue'pa y^^oit' tiv i'iufepa hvo, Vesp. 212, Kur. Ale. 79. Kl. 221, !H).'], So|)li.
Ant. 911. 1156, O. C. 1167, ete.
190 Tliuinl» HandhiK-li der luniLiTiecliisclu'u X'olkssprac-lic.
Freiheitskampf Grieclieiilaiids in P]uroi)a allgemeines Inter-
esse für dieses Volk erweckte. Aber das waren so gut wie
alles Arbeiten, die von wohhvollenden Dilettanten fal)riziert
waren, denen Aveder die Unterschiede der antikisierenden
Litteraturepoche, der Konversationsspraclie und der Volks-
dialekte, wie sie in Griechenland bestehen, zum Bewusstsein
gekommen waren, und die von dem historischen Zusammen-
hange des Neugriechischen mit dem Altgriechischen k(!ine
Almung hatten. Auch das neuerdings viel genannte, ül)er-
niässig theure Buch von Mitsotakis kann von diesem Urteil
nicht ausgenommen Averden. Die kleine, bereits in zweiter
Auflage erschienene Elementargramraatik von Wied war zur
ersten Einführung in die Volkssin'ache recht brauchbar, ge-
nügte aber tiefer gehenden Anforderungen auch nicht. Das
eben erschienene Buch von Thumb hilft nun diesem Bedürf-
nisse in vortrefflicher "Weise ab. Es ist zwar gewiss noch
keine in jeder Beziehung vollkommene Arbeit, aber es Ix-
ruht auf tüchtiger, praktischer und wissenschaftlicher Kennt-
nis des Neugriechischen und seiner Mundarten und ist mit
gutem didaktischem Sinne abgefasst, der wenig Voraussetzun-
gen macht, die Hauptsachen klar und scharf gruppiert nnd
dabei immer noch in den Anmerkungen eine Fülle \'on zu-
nächst weniger wichtigen Erscheinungen zu ihrem Kechte
kommen lässt. Keinem, der zu ernsthaften.'m Zwecke Neu-
griechisch treiben will, kann jetzt ein besseres Hilfsmittel
genannt werden; Handlungsreisende freilich, die blos rasch
ein notdürftiges Verständnis des Allernotwendigsten gewinnen
Avollen, werden gut thun, immer noch zu Wied zu greifen.
Das Buch zerfällt in drei Teile, die Grammatik, eine
Auswahl von Texten und ein Glossar. Die Grammatik legt
die Umgangssprache der gebildeten griechischen BcA'ölkerung
zu Grunde, die ja in allen Teilen des Königreiches und der
zur Türkei gehörigen Landschaften im wesentlichen eine ein-
heitliche ist. Daneben Averden in ziemlich ausgedidmter "Weise
dialektische Erscheinungen berücksichtigt, die wir aus einem
grossen Gebiete der griechischen Zunge mehr oder weniger
zuverlässig übersehen können. Der Verf. geht nicht direkt
vom Altgriechischen aus, um die neuere Sprachgestaltung
davon abzuleiten, seine Grammatik avüI ja auch keine histo-
rische sein. Aber er hat doch vielfacli in den Anmerkungen
auf den historischen Zusammenhang iiiugewiescn, Avodurch
die Darstellung sehr belebt und jeder B<'nntzer des Buches
zu Aveiterem selbständigem Nachdenken augeregt Avird. Ich
linde indessen darin eine gcAvisse Ungleichmässigkeit; die
AvissenschaftlicluMi Andeutungen hätten immerhin noch ctAvas
reichlicher sein kr.nnen. und man ist manehnKd erstaunt, gram-
Thuinb Haiulltiich der iiciiii'riec-liisflu'u Volksspraclie. 191
matische Thatsachen g'anz nach der Weise der alten Gram-
matik ohne Erklärung' mitg'eteilt zu sehen. So auf S. 7 die
Prothese und die Vokalvertauscliung-en, die ja doch aus den
A'erschiedensten Ursachen hervorgehen: z. B. von den Pro-
thesen otCTiiÖi, dxeiXi aus TdcTi]0ia xüxeiXia mit abg-etrenntem
Artikel T-: ecü nach i^ib, eioöioc nach eKeivoc; von den Vo-
kal vertauschungen avrepa für eviepa aus tavtepa, dxvdpi von
i'xvoc aus xdxvdpifx: ö|Uopqpoc oxTpöc dpqpavöc dXacppöc durch
Assiniihition des anlautenden Vokals an den der näclisten
Silbe: ebiKÖc für (i)biKÖc nach andern Fürwörtern mit e-;
d.TTO.uovii f'ii" uTTO,uoviT mit Vertauschung- der Präpositionen.
Also das sind alles keine rein lautlichen Vorgänge. Auch
das o von v|;ö|ua Yiöf-ia = ijje,ua v|;eü,ua, y^M« ye^iua (S. 51)
wird zunächst in der tonlosen Silbe von i|je,uaTi^uj -feMaTiZiuj
entstanden sein. Die Diphthong'e in yaibupoc KtXdibuj x^i^euw
sind doch nocli nicht so klar, dass man von einer 'sponta-
nen' Entstehung reden dürfte; in diesem §9 hätten übrigens
die merkwürdigen Diphthonge im Dialekt von Syra, wo i
-aus c oder p entstanden zu sein scheint, eine Erwälmung'
verdient (auch ihre Erklärung" wird keine einheitliche sein
können). Ebenso vermisse ich S. lö die HinAveisung auf den
Ursprung- des t ^'on foljjia, ^epiMOC, von cuYvecpo aus cuvveqpo,
S. 37 über die von W. Schulze klargelegte Herkunft der Fe-
minina auf -oO (äXenov), S. 67 des Fragewortes ivia (neben
xivra. = ri eive td. mit Ablösung des scheinbaren Artikels).
Hie und da möchte man von den Erklärungen des Verf. al)-
weichen: so ist |uttict6c S. 19 A. o gewiss nicht aus ttictöc
<^ntstanden, sondern ist das alte e,UTTicTOC, an ttictöc im Ak-
zente angelehnt: und |UTTe|ii7TUJ ist das aus der Septuaginta
bereits belegte 6,UTTe|aTTUJ. Dass die Flexion von ßaOuc, Gen.
ßaGeioö ßaGeniv, Nom. Plur. ßaeeioi auf Vermischung mit den
Adjektiven auf -oc, -lOC entstanden sei, scheint mir viel we-
niger wahrscheinlich, als dass das Femininum ßa9eid aus
ßaGeia den Ausgangspunkt bildete, wi(; ja im Lateinischen
die alten Adjektive auf -ii (t(inn-) nach dem P'emininum (ta-
nijf^ zu /-Stämmen {temiis) geworden sind.
Dass die Angal)en übei" die dialektische A'erl)reitung
einzelner Erscheinungen nicht auf Vollständigkeit Anspruch
machen, ist in der Vorrede vom Verf. selbst l>emerkt worden.
Es hätte dann freilich eine so bestimmte Behauptung wie S. (Wi:
ÖYioc qualis ist nur auf dem Festlande üblich" vermieden
Averden müssen, denn öyioc ist auch z. B. in Syra gebräuch-
lich iPio Contes S. 215) und von mir neulich in dem raittel-
iUterlichen Griechisch von Kleinasien nachgewiesen worden.
Die Feststellung der Fremdwörter, die ja für die Beurteilung
mancher Lauterscheinungen sehr Avichtig ist, scheint nicht
192 Tlmiiib ll;nidlmc'li (ici- iH'Uii'i-itH-liiscIicii Volk.sspr;icbe.
ininiiT mit der nötig<'ir Siclierlioit vorgenommen "worden zu
sein. So ist das ti von coucä|Hi keine griechische Entwicklung
(S. ö), sondern stammt aus türkiscli snsam; S. 20 werden
TCüKiZiuu TCiiuTTÜü für ' etymologisch dunkel' erklärt, während
sie türkischen Ursprungs sind: calnuil' 'anschlagen', cimhiz
'Zang-e' (Miklosich Türkisehe Elemente I 30. 41. i; ß\d|ar|c
(S. ol) ist nicht türkisch, sondern albanesisch, heisst auch
nicht ' Adoptivbruder', sondern 'Wahlbruder' ^als dbeXqpoTTOiri-
TÖc bei Aravandinos und Chasiotis ei'klärt, vgl. auch Pio
Contes ;)4; es ist von mir Xgr. Stud. 11 ß") leider vergessen
Avorden).
Die mitgeteilten Texte sind mit geschickter Auswahl
der Volks- und der Kunstlitteratur entnommen. Nicht ganz
klar ist mir geworden, Avarum die drei epirotischen, und das
naxische und das syrische ^lärchen nicht bei den am Schlüsse
hinzugefügten Dialektprol)en ihren Platz gefunden haben, da
sie, wenn auch nicht genau aufgezeichnet, doch reichlich Dia-
lektisches bieten. Bei der Kunstlitteratur sind grade auch
die jüngsten Schriftsteller ain ausgiebigsten berücksichtigt wor-
den, mit Recht; denn hier i-egen sich eine gesunde Reaktion
gegen die attikisierende Schriftsju-ache der gelehrten Kreise
und eine Anzahl gesunder Ansätze zui" Schöpfung einer wirk-
lichen Litteratursprache. Ungern vermisst man übrigens we-
nigstens einige Strophen des Hymnus von Solomos auf die
Freiheit, des berühmten Xationalliedes der Griechen.
Das Glossar bezieht sieh auf die Grammatik und die
Texte. Es wäre durch wenn auch noch so lakonische Hinzu-
fügung der Etymologien mehr Iielebt Avorden. Druckfehler
sind nicht ganz vermiedfui : ausser den am Schlüsse verbes-
serten sind mir z. B. aufgestossen S. 29 KXecpTr|c Nom. Plur.
für kX€9T€c, S. ;>S Kcpa für KCpd, S. ö») XauTTipÖTaTOC, S. 52
KütXoc.
leli kann, um zu schliessen, nur wiederliolen. dass der
Verf. sich mit der Abfassung dieses Handbuches den lebhaf-
ten Dank der Sprachwissenschaft ebenso sehr verdient hat,
wie er allen, <lie Neugriechisch lernen wollen, ein vortreff-
liches und nützliches Hilfsmittel in die Hand gegeben hat.
Fn'ilieli wird, Avie schon seinerzeit beim Erscheinen des Meyer-
Lübkesclien KomnuMitars zum Simon Poitius, auch bei dem
'J'humbschen Buche dei" Wunsch nach einer historischen Gram-
matik des Mittel- und Neugriechischen Avieder recht lebendig.
Sie kann heute schon geschrieben werd(^n: wer wird sie uns
schreiben ?
Graz. (iustav .Mevei'.
Auiatiicei Aurt'lio-GiiTsep]ti', il voeabolo 'caniieir. 193
Ainatucci Aurelio-Giuseppc, il vocabolo ' Carmen' iiel latino
arcaieo. Nota letta alla R. Accadomia di Arcbeologia, Let-
tere e Belle Art! iiella toniata del 6. ging'no 189ö. • Napoli
1895. in S. 8".
'La rad. las- eui iiui assegniamo CAR-MEX' iioii e
"inclla col valore d'inrocare, cnnfare supposta dal Vanicek e
dagli altri; ma invect^ <]iiella ehe in sanscrito si presenta
sotto il tipo käs- e l'dc-. Ins- e lue iper lo scambio solito
tra .^ e r) col valoie di FER:\rARE. UXIRE, ABBRACCIARE,
COX^SACRARE . . . Questa rad. Ins-, secondo noi, niante-
neiido^i intatta davanti a suffissi comineianti per vocale o
per t diede cäs-a, (Vls-imim, cas-fntm ... e venendo a con-
tatto con snffiosi che coniinciano par in, in aleuni dialetti
italici si conservö iiialterata e g'enerö Casmena, cas-mü-lus,
in altri si mutö in r, onde car-men, Car-meuta, in altri, tra
i quali il latino, perdette la s e si ebbe Cä-mena, cä-miUus,
Cä-melae . . ." "Per noi 'CAR-MEN' vale 'composizione' :
ogni discorso che si elevasse un po dal linguag'gio quoti-
diano, che avesse nna certa solennitä, che fosse composto
con un certo studio nel antico latiuo era un 'CAR3IEN\" "Non
e maravigliarsi se «juesta voce finisse per sig^nificar 'POESTA'.
'COMPONIMENTO ISPIRATO' . . ." Jch brauche nichts hin-
zuzufügen.
Breslau. F. Skutsch.
Stokes Wh. Urkeltisclier Sprachschatz. Übersetzt, überar-
l>eit.et und herausgcg'eben von A. Bezzenberg'er (= Ver-
gleichendes Wörterbuch der idg'. Sprachen von A. Pick.
4. Auflage. Bd. 11). Göttina'en Vandenhoeck und Ruprecht
1894. VIII u. :WT S. 8». 8.60 M.
Der englische Keltologc, dessen unermüdlicher Iferaus-
geberthatig-keit wir in erster Linie verdanken, auch auf dem
Festlande Keltisch studieren zu können, hat es seit jeher ge-
liebt, gewissermaassen zur Erliolung von den Editionen seine
Kombinatiunsgalie spielen zu lass<'n und in seine Glossarien
und Anmerkungen zahlreiche Etyinologieen einzustreuen; zum
Teil evidente* Gleichungen, zum Teil vagei'e Wurzeletymolo-
gieen, (jft auch ziemlich gcAvaltsame Zusammenstellungen;
meist Kinder des Augenblicks, die von ihrem Urheber ebenso
leicht aufgegeben und durch andere ersetzt werden, als sie
aufgestellt woi'den sind, leisten solcher Etymologieen hat er
auch in deutschen Zeitschriften veröffentlicht: seine Art ist
also unsern Lesern bekannt. Das vorliegende Werk unter-
nimmt es nun, einen gntssen Ausschnitt des erhaltenen kelti-
104 Stokes Ui-keltischer Siiraclisehatz.
schell AVortscIiatzcs etymologisch zu erklären, ein AVagiiis,
vor dem avoIiI die meisten andern ziirückgesciireckt wären,
weil zu den gewöhnlichen Schwierigkeiten der Deutung spät
überlieferter, stark veränderter Sprachfornien noch hinzutritt,
dass so manche Wörter der mittelalterlichen I^itteratur erst
mangelhaft und ungenau nach ihrer Bedeutung Ijestimmt sind.
Der Boden wird dadurch noch schlüpfriger, zumal Stokes kein
Bedenken trägt, auch nur einmal belegte oder nur in Glossa-
rien überlieferte Wörter etymologisch zu verwerten. Bezzen-
berger hat laut dem Titel die von Stokes gelieferten Mate-
rialien übersetzt und bearbeitet, ferner manches Eigene hin-
zugefügt, das aber als solches gekennzeichnet ist. Endlich
giebt Stokes am Schluss des Bandes und neuerdings in
Bezzenbergers Beiträgen XXI 122 ff. umfangreiche Nachträge
und Berichtigungen.
In der Fülle des Stoffes winl wohl jeder ^'iel Neues und inau-
elies Gute entdecken. Am wertvollsten, weil am sichersten scheinen
mir die Parallelen zwischen irischem und brittisch-keitischem Sprach-
o'iU. Eine solche Zusammenstellung- war schon lang-e ein Bedürf-
nis. Freilich wird sie erst nach Erscheinen der Indizes bequem zu
benutzen sein, da einstweilen oft schwer zu erraten, unter welchem
Stichwort die Gleichungen zu suchen sind; erst dann wird man
auch über die Vollständigkeit urteilen können. Zum Unsichersten
gehören natürlich die 'urkeltischen Grundformen', welche der Plan
des Fick'schen Werkes jedem Artikel voranzustellen zwang. Icli
gestehe, dass ich wohl die Hälfte anders ansetzen würde. Das hängt
eben von den Lautveränderungen ah, die man dem Keltischen zu-
traut. Stokes hat sich bei ihrer Aufstellung oft mehr von den ver-
wandten Sprachen als vom Keltischen selbst leiten lassen, sowohl was
Form als was Bedeutung- betrifft. Vgl. etwa S. 88 koila ' Vorhedeutinig-',
was doch weder zu ir. cel noch zu kymr. cool stimmt. Oder 8. 8 aff-
' darüber', mit IJeclit von af/'- 're-' getrennt; aher die Bedeutung-
'darüber' ist den irischen Beispielen nicht zu entnehmen und laut-
lich wäre eher rd- ad- anzusetzen. S. 105 wird zu (jabO als erste
Bedeutung 'do\ er.st als zweite 'capio' verzeichnet, offenhai- nur
Avegen des verglichenen 'geben'; aber Avenn das Verhum hei seiner
sehr mainiigfaltigen Verwendung- im Mittelirischen etwa einmal
durch 'geben' ülicrsetzt werden kann, so heisst es eben doch ge-
wöhidicii luid im engeren (lehrauch durchaus ' nehmen, ergreifen';
der Etymologe hat also von diesem auszugehen, l'berhaujjt halte
ich die stetige Mischung- des Mittelirischen und Altirischen, auch da
wo sie leicht zu trennen wären, nicht für förderlich, wenn sie auch
gegenwärtig- in der Keltologie allg-emein beliebt wird. Hier und da
werden geradezu die jüngeren Formen den Etymologieen zu Grunde
geleg-t, Z. B. eingeschobenes hiqitit im/itiu/d heisst altirisch ol; für
den Plural findet sich später, im Anschluss an Formen der Kopula
Avie conti <it. aiu-h oldnt: neben / tritt mittelirisch /•: or ordat oder
mit dem hekannten prothetisciien' /': /">• fordat. Auf letzter<'r
Form haut Stokes seine Etymologie auf: S. 274 rcrdö 'ich sage',
vg-1. rerbinit icort etc. Dagegen fehlen die modernen Formen oft
da. Avo sie tlazu dienen könnten alte Eautunterscliiede zu erweisen;
z. B. neuir. hinj 'weich' n«'hen altir. bocc. dagegt'n neuir. cz/oc ' Hü-
gel' neben altir. rnocii-). .Stokes setzt Griindtbrmen mit gleicher
Stokes UrkeltiscluT Spracliscliatz. 195
P^ndung-: hiikkos und knokko- an (S. ISO ii. 96). Doch selbst wer
Zimmers Erklärung- dieser Erscheinung-eu nicht annelimen will,
sollte sie nicht unverzeichnet lassen, da ihnen eine etyniolog-ische
Bedeutung- doch kaum abzusprechen ist. Andre Male wieder dürl-
teu die verwandten Sprachen zu wenig- beachtet sein. Wenn
man z. B. als Grundformen des Wortes für 'Winter' yaiamo- (jaitno-
<jim<>- ansetzt (S. 104), so kann man sie nicht mehr den übri-
g-en indooermanischen Ausdrücken gleichsetzen, Avie Stokes tliut;
denn ein solcher Ablaut ist diesen völlig- fremd. Lässt man sich
dag-eg-en von diesen leiten und setzt urkelt. (ihinxo- (aus 'uiliihn-o-)
an — vgl. g-all. Ginmillus — , so besteht volle Harmonie; die britti-
schen Wörter und ir. (jeni- in Kompositis gehen ungezwungen auf
diesen Stanuu zurück (s. Rhys, Lectures on Welsh Philology - 420
und vg-1. ir. eru-bas 'Tod durch Eisen' neben ian/)-, nur für das
irische Simplex gam muss man, wie ja auch Stokes thut, Umbildung-
nach s-tan 'Sonuuer' annehmen.
Ich hebe mit Absicht gerade das Unsichere und weniger Ge-
lungene an dem Werke hervor, da ich für meine Aufgabe lialte,
auch dem Keltischen ferner Stehenden ein Urteil zu ermöglichen,
wie weit die darin enthaltenen Daten für weitere Kombinationen
verwendbar sind. Zu dem leicht irre Führenden möchte ich auch
die Gestalt zählen, in der die Verba angesetzt sind. Manche der
schwach flektierenden, also in der Regel denominativen erhalten in
den Grundformen die Endungen -aO -io. z.B. nertaö 'ich stärke*
S. 193, leinqiu^) 'ich lasse' S. 242. Aber oft, ja häufiger Averden
einfach Praesentia auf -o hingestellt, z. B. famnö 'ich beschneide,
behaue, vertümnde' S. 122, das dazu verleitet, direkt an griech.
xeiLivu) zu denken, während es gewiss Ableitung" von fanion, 'Baum-
.stamrn' un<i vermuthlich eine Nachbildvxng- des lat. truncare ist.
Ahnlich fmddd ich schütze' S. 315 und viele andere. Auch z. B.
die Grundform (fenö 'nascor' S. 110 steht in der Luft, da das Alt-
irische ein ^"-Präsens -qainethar = ind. jAyatt hat und hierzu das
kymr. neni 'nasci' stinnut, das Stokes getrennt unter f/eno- genio-
aufführt. Beiläufig, warum fehlt das Kornische unter den Beleg'en
<lieser Wurzel ganz? und wie kann neuir. gäl. nighean 'Tochter'
eine alte Betonung- enigenä erweisen (S. 30 u. 111), da das / doch
schon im altirischeu Ingen geschwunden war, das moderne also auf
späterer Entwickelung beruht'?
Ins Detail eingehen hiesse ein zweites Buch schreiben. Eine
Besprechixng der paar ersten Seiten möge zeigen, wie viel zu den
einzelnen Artikeln etwa zu benun-ken wäre.
S. 3. d Vokativpartikel. "Da ä proklitisch, die folgende
Silbe aber betont war, wurden folgende Konsonanten ursprünglich
verdoppelt oder blieben unasjjiriert "'. Aber in (mittelir.) a mmo Chom-
iliu etc. ist das Possessivpronomen doch sicherlich nie betont g'ewesen;
gerade nur der Anlaut der nicht betonten Wörtchen bleibt un-
aspiriert. Dass in den Aveiteren Beispielen a fit; <i firlann das /"
unaspiriert sei, lässt sich aus nichts ersehen, da die Würzburger
(blossen ))unktiertes f ja nicht kennen. Das proklitische cach (neuir.
gavh) in a cach duini wird bekanntlich überhaupt nie aspiriert. Her
altirische Gebrauch weicht also vom späteren nicht ab.
1) Freilich eine unwahrscheinliche Grundform. Falls das iri-
sche Kompositum mit der Präp. tu- 'werfen' die ursprüngliche
Bedeutung bcAvahrt, gehört das Verbum wohl zu lancea und ist
also als *lankiö oder ähnlich anzusetzen (vgl. franz. lawer und
seine Verwandten).
]9(i Stokes UrkcItiM-luT Sih-;ic1im-1i;Uz.
Ebend. uivestus 'Alter'. Wie lässt sich auf diese Grundform
<las einsilbige kymr. oes ir. aes zurückführen? Es niuss doch wohl
eine andere Wurzel zu Grunde liegen; etwa (//7 o«Y in biaiTöcOai, lat.
oitör ütor? Dasselbe gnlt von akymr. oet etc., wenn es wirklich nielit
aus lat. aetaii entlehnt ist.
Ebend. aicos. Der Vokalisnius von ir. (/e scheint mir der Ver-
g-leichung: mit oioc nicht g'ünstig.
S. 4. i'i{p)o (t{p)6. Dass in ara-chelim cita-biti iarma-faiyim
<altirisch besser iarma- oder ianui-fucfiim anzusetzen, was ich wc-
g"en der Gruiulform raku S. 2G0 bemerke) eine zweite Präposition,
-a-, enthalten sei, ist schon wegen des Akzents unwahrsclieinlich,
der ja nach den allgemeinen Kegeln auf diesem zweiten Element ruhen
müsste. Dazu kommt, dass es sich fast nur um ursprünglich zwei-
silbige Präpositionen handelt (are-, ceddo- aus k(ifa- gr. Kaxä). wo
ssich der Vokal ohnt! Weiteres als der alte Auslaut erklärt; nach
ara- neben ar- hat sich bisweilen auch die Präposition ess-, vor-
tonig- ass- eine Nebenform asso- {assri-t/ninim etc.) geschaffen. Das
brittische Verbalpräfix a. das das Kelativum vertritt, kann schon
.seiner Bedeutung wegen nicht wohl zur Präp. aj>o gehören; und
dass in kymr. a^Mef 'zugestehn' addi/sgu lehren' vielmehr die
Präp. ad steckt, zeigt ir. ata'nnet (= ad-daimet) 'sie gestehen'; die
kymrischen Verba haben sich also nur in ihrem Anlaut nacii an-
dern Komposita wie go-ddef gerichtet. Es bleibt also einzig die Prä-
position kymr. o körn. bret. a 'von'. Dass o auf po- zurückgeht,
ist mög;licii. aber dass a einem dpn entspricht, schon lautlich un-
wahi-scheinlich.
Ebend. aiu^d. Die bisherige Erklärung, die got. augO usw.
aus oyu-ön- {ok'-) durch Einfluss von ausoa- entstehen lässt, liegt
doch viel näher; überdies ist nach Ascoli Gloss. Palaeohib. CXXXIII
itag nur mittelirische Schreibung- für altir. uad ' specus".
S. ö f. Die unter ''ak *ok \ersammelten Wörter haben fast
alle etwas .Misstrauen erweckendes. In ak(iit{non) akiiUenä) akrUlos
befremden die Sutilixe, in ir. aitteiui die unirische Assimilation von
kt zu tt, im Adj. akros akeros dkros die dreifache Gestalt, die
sich doch kaum in einer und derselben Sprache finden kann: in ir.
ovhar kymr. oclir ist das Verhältnis des kymrischen rli zum irischen
unklar. Bei kymr. ocef etc. wäre zu bemerken, dass die Grundform
auch okefd lauten kann.
S. 6. (f))ak.saJos. Was für ein Suttix der verwandten Spra-
chen meint Stokes mit dem hier und sehr oft auftretenden -ajo- ?
Brugmann im Grundriss kennt (^s nicht. Tbrig-ens ist Entlehnung-
des ir. ö.s.sy^ aus ags. hosii oder nord. hoset doch selir in Betracht
zu ziehn.
Ebend. *ag 'sagen'. Ist die Bedeutung von ai ae 'Sage'
irgendwie sicher? Der Schwunti von inlautendem // ist übrig;ens
nicht glaublich.
S. 7. agos- Bock'. Worauf beruht diese Bedeutung, da das
ir. og durch bö ' Kuh' glossiert wird und da kymr. eirig etc., dessen
Beiziehung freilich lautlich sehr kühn ist, 'Hirschkuh' bedeutet?
Sollte nur ind. ajds sie veranlasst haben? Denn eidon. Plur. zu
(iid, bedeutet überhaupt "Mist, Dünger' ohne Beschränkung auf
' Bockmist'.
Doeli p-nug: der Ausstellungen ;ni dem jecleiilalls uu-
rcgeiideu Bliebe. Wir wünschen iiini viele, aber m(»giiclist
ung'läu])ige, streng prüfende Benutzer.
Fn-iliiirg i. W. K. T li ii ru c v seii.
Storni Eiigliselie I'Iiilolog'ie. 197
Storni J. En^ii'liselu' Piiilologie. Anleitung' zum wissensciiaft-
lichen Studium der Eng^lisclien Spraelie. A'om Verfasser
für das deutselie Publikum bearl)eitet. Zweite voIlständi<2^
umgearbeitete und sehr vermehrte Aullage. I. Die lebende
Sprache. 1. Abteilung: Phonetik und Aussprache. XV. u.
484 S. 8". Leipzig 0. R. Reisland 1892. 9 M.
Die erste Auflage dieses Buches (1881, deutsche Aus-
gabe) Avar eine hervorragende Leistung. Dass auch eine le-
bende Sprache Avissenschaftlich behandelt werden könne, hat
Storni dort zum ersten Mal gezeigt. 1887 war der ganze
Vorrat vergriffen, aber erst jetzt ist es dem Vf. "unter vielen
Schwierigkeiten" gelungen, eine zweite Auflage fertig zu
stellen. Das erste Kapitel war (und ist auch in der neuen
Bearbeitung) der "allgemeinen Phonetik", das zweite der
"englischen Aussprache" gewidmet. Wer die Arbeit auf diesen
Gebieten im letzten Jahrzehnt auch nur oberflächlich beachtet
hat, der begreift, dass es "eine schwierige Sache" war, "ein
Buch dieser Art nach so langer Zeit umzuarbeiten und ä jour
zu bringen", selbst wenn sich der \t'. auf die gen;innten
zwei Kapitel beschränkte. Die Umarbeitung ist glücklich
durchgeführt: aber freilich — von dem Vorwort, der Einlei-
tung usw. abgesehen, füllen die in erster Auflage 72 Seiten
umfassenden zwei Kapitel .jetzt das ganze Buchl Dies hat
denn ohne Zweifel les defaats de se.s qualife«: aber ich deidvc,
die meisten Leser werden jene mit diesen gern in den Kauf
nehmen, d. h. in der Hoffnung, dass recht bald die zweite
Abteilung erscheint — ohne Inhaltsverzeichnis und Register ist
mit dieser Fülle von Stoff" in der That niclit gut fertig werden ').
Auf das VorAvort folgt die Erklärung der phonetischen
Termini, der Lautschrift, die gegen die 1. Aufl. manche Än-
derungen und Zusätze zeigt, sowie der Abkürzungen. Die
Einleitung (S. 1 — 34) ist besonders um die Besprechung der
enzyklopädischen oder methodischen Bücher von Elze, dem
Unterzeichneten (nur ein Abriss) und Körting vermehrt. Ge-
Aviss täuscht sich Storni nicht in der Annahme, dass durcli
Elze und Körting sein Buch uiciit überflüssig gcAvorden ist.
Kap. 1, Allgemeine Phonetik (S. '»5 — 353) bildet den
Hauptinhalt des Bandes. Es giebt eine kritische Musterung
der Fachlitteratur von Merkel an (einige frilhere Averden ganz
kurz erledigt;, insbesondere der Schi'iften von Brücke, Rum-
pelt, SieA'ers, Trautmann, Victor, Bell, Ellis, SAveet, P. Passy,
Wulff", Fr. Beyer: zum Theil mit längeren Exkursen, z. I>.
über Denasalierung der frz. Nasalvokale, über frz. Akzent,
1) Die zweite AbteihiuL;- ist jetzt (Jan. 1S9Gj la.st zu Ende g-e-
dnickt, wird also deinnäcli.st lierauskonniien.
198 Storni Kiiylisclu* IMiiloloyic.
übrr S[)racIiiuclodic — bcsoiuk-rs beachtenswert M'ejj;'en der Be-
handlung'der littauiselieii uiidlettiselien. derserbis(di-kroatischen
und (Icr cliinesisclieii Töne wie des eiigliselieii, tVaiiz« isiisclieii, italie-
nisclien und spanischen Tonfalls - — ; ferner über di«- nordischen
Sprachen, deren Phonetik im Anschluss an Werke von Lytt-
kens und Wulff, Lundell, Brekke, Western, Poestiou, Storni
u. a. mehr oder weniger eingehend erörtert wird. Die Keilic
iler allgemein phonetischen Schriften wird dann fortgesetzt
durch die von Techmer, Lenz, Jespersen, Ilagelin, Grandgent.
Lloyd u. a. Endlich erwähnt Storni die Avichtigsten Fach-
zeitschriften. Bekanntlich steht der Vf. auf selten der eng-
lischen Schule; am engsten berührt er sich Avohl mit Sweet,
während ihn Techmer am wenigsten anspricht. Volle und
verdiente Anerkennung' finden mehrere jüngere Fachgenossen,
vor allem P. Passy (auch dessen Bruder J. Passy) und .Jes-
persen. — Die knappe Skizzierung des Lihalts, für die ich
hier leider nur Raum finde, lässt ahnen, welche reiche Be-
lehrung in diesem phonetischen Kapitel ein so vielseitiger und.
selbständiger Lautforscher Avie Storni zu bieten hat.
Das IL Kapitel, Englische Aussprache (S. o5;> — 484) ist
kürzer und bietet Nicht-Anglisten kein so mannigfaltiges In-
teresse. Aber auch hier findet man umfassendste und zuver-
lässigste Auskunft: kritische Würdigung der Litteratur (Schmitz,
Mätzner, Walker, Smart und spätere Orthoeplsten ; Bell, SAA'eet,
Soames, Murray, Lloyd, AVestern usw.) und die eignen Auf-
stellungen Storms, eines vorzüglichen Kenners des gespro-
chenen Englisch.
Ein Sprachforscher, di-r mit Fr. Neumann und dein Verf.
(S. VI) glaubt, dass "einzig und allein die Beobachtung der
lebenden Sprache eine sichere Basis für die Entseheidu.ng
prinzipieller Fragen der Sprachgeschichte bietet", darf an
Stonns "Englischer Philologie/' nicht vorbeigehen.
Marburg. W. Victor.
AVriü-ht .1. A (irannnar of thc Dialect uf Windhill in the
\N'<'st-l»'iding of Vorkshire. Ilhistrated l»y a Series of Dia-
lect Speciniens, phonetically i'endcred; witli a Glossarial
Index of the Words used in the Gramniar and Speciniens.
London: Published for tlu; English Dialect Society by Ke-
gau Paul, Trencli, Trübner & Co., Charing Gross Road 1892.
8". XII and 250 pages. 12 s. 6 d.
In dem vorliegenden Buche Avird zum ersten Male eine
genaue und ausführliche Darstellung der Laute und der Fle-
Wrig'ht Gniminar of tho Di;iI(H-t of Windliilt. 109
xioii eines modernen englischen Dialekts auf historischer
(Trundlage gegeben. Murray, in The Dialect of the Son-
ihern Cottnfies of ScoÜand (187o), hat nur die allgemeine
Entwicklung des Schottischen in groben Zügen verfolgt: El-
worthy, in The JJialect of IVes't t^omerset (1875), nur die
heutige ^Mundart seiner Heimat ohne Rücksicht auf ihren Ur-
sprung nackt dargestellt; — um von anderen, weniger be-
deutenden, grammatischen Werken dieser Art hier zu schAvei-
gen. Joseph Wright dagegen, der seine wissenschaftliche
Sclmlung in Heidelberg von Professor Osthoflf erhalten hat,
wendet die historisch-vergleichende Älethode, und' mit keinem
geringeren Streben an, als eine solche Avohl gefügte und voll-
ständige historische Dialektgrammatik zu liefern, wie wir sie
heutigen Tages in Deutschland von einem sachverständigen
und geAvissenhaften Forscher verlangen und zu erhalten ge-
AA'ohnt sind. Windhill liegt drei englische bleuen nördlich
A'on Bradford im südwestlichen Yorkshire, und seine Mund-
art gehört nach der jetzt üblichen Einteilung zu der nord-
östlichen Gruppe des ^littellandes. Im ersten Kapitel Avird
eine genaue Beschreibung der heutigen Laute gegelicn: ini
ZAA'eiten AA-erden die Vokale auf die entsprechenden alteng-
lischen zurückgeführt: im dritten Averden umgekehrt die alt-
englischen in der lebenden Sprache A^erfolgt: dann kommt
eine Behandlung der französischen LehuAA'örter, dann der Vo-
kale in schAA^ach betonten Silben und der Konsonanten über-
haupt: dann die Formenlehre, und endlich, auf S. 169 — 211.
eine Sammlung von Dialektproben in zusammenhängender
Rede. Dank der überall durchsichtigen Anordnung und den
reichlichen VerAA'eisen ist das sorgfältig gesichtete Material
für alle ZAvecke bequem nutzbar zu machen. Wright selber
ist kein Anglist von Fach, und seine historische Darstellung
fusst daher, AA^as die einhein)ischen AYörter angeht, auf dem
altenglischen Lautbestande, den er l)esser kennt als die mit-
ttdenglische Entwicklung; und Avas die französischen AA^örter
betrifft, geht er von den Lantcn der heutigen gebildeten Um-
gangsprache aus. Und das Ergebnis sind ausführliche Listen
der sich entsprechenden Formen, Avobei es dem Leser meist
überlassen bleibt, die Erklärnngen für die Erscheinungen,
ihr geschichtliches AVerden entdecken. Es liegt ferne A'on
mir, dem geehrten A^'erfasser aus dieser Zurückhaltung auch
nur den geringsten A^'orAA'urf machen zu Avollen ; den Teil der
Aufgabe, der ihm zukam, hat er mit vollkommenem Geschick,
vorzüglichem Fleisse und tadelloser Sorgfalt erfüllt, und das
Übrige zu thun mag er getrost den Spezialisten ü))erlassen.
Im Folgenden Averde ich einige Regeln mitteilen, die sich
bei einer Durchmusterung des Buches leicht ergeben: auch
Anzeiger VI 3. 14
200 Wriglit Giaiiimnr of tlie Dialcet of Windliill.
einige sonstigen Erklärungen vorschlagen, die z. T. ein paar
Irrtümer des Buches berichtigen.
In §§ 87 und 137 fallt auf, da.ss ae. v in offener Tonsilbe nicht
mit ae. fr (ug^. (ii-\-i, j) zusanimong-elallen ist. ]Man vei-<ileiche beid
(na. bead), eit (eat), vioit (ineat') mit didl (deal) iil (iieal), ht (heaf).
Ähnlicli steht es mit ae. ö in olfencr Silbe und ae. ä:, sieh i?§ 10!>
und 12:2, und vgl. roil (coal), oil (hole) mit Ituju (hone), bu<>t (boat).
Die Kntwicklung" dieser e- und ^7-Laute ist vollkonnncn parallel, und
beide sind scharf g-etrennt von den g-eschlossenen ae. *- und ("; ge-
halten. Im heutigen Dialekt steht für diese 7 {hlld, fit, fit % 147)
und ui (kail, muii/, fait S 1(53). Die abweichenden Beispiele in
vj 130 (lirhp = nc. breath; driid = to dread; ir)i = eeJ\ usw.),
deren Vokal auf g-erm. <J' (= ang'l. c) zurückgeht, erklären sich alle
durch den Einfluss der dem e benachl)arten Konsonanten oder Konso-
nantengruppeii. nämlich {\qs uaclif'olg-enden /• oder /, und des voraus-
gehenden IC, hr+dr. Vgl. Sweet H/sf. of J-:iigf. Sounr/s (IHSS), § (573.
i^infaches anlautendes r und stimndoser Kons. --/• haben im Wind-
hiller Dialekt nie diese Wirkung- (§ 130). Im Übrig-en vgl. §§ 151,
147, 149 {a-i>r'n und 150 {st'd). Der entsprechende l'bergang" aus
der regelmässigen Entwicklungsreihe in die Reibe der offeneren
Vokale (Avie e — l in die Ivcilie von d' — hA findet auch bei ae. o+'''
statt: sieh i? 1G5 (tuii,>(r) = ne. moor, statt '''iiiutir); ebenso fu^{r)
= ne. hoor), und vgl. bu^tt = ne. boat ij 122. Ebenso hat nachfol-
gendes /• gewirkt in Wörtern wie bi,)[v) 'to bear', pi,/{r) 'pear',
shir) 'to shear' usf., i; 75, und in ,)-fii,>{r) 'before', .sinui/{r) 'snio-
rian'. ^104,2. Darum gehen vV>»/.s/'^earnest\ i r)p 'earth \ jLnl 'yard'
(Läng(^nmaass), ji.m 'yearn', und li<>n 'iearn', i; 74, auf mitteleng-
lisclie Formen mit gedehntem e zurück, im Gegensatz zu dt 'heart',
hök to liark", itsf., S 74, und sind keine Entlehnungen aus der
Schriftsprache. Und bii^td 'i)oard' und i(,/d 'hoard' (S 104, 2) sind
aus me. börd und /lörd zu erklären, während bo.>/t 'born', foitk
'fork' usw, (§104. 1) aus me. börn, färk usw. stannnen. Diese Bei-
spiele verraten auch, dass die aus ae. ('•, ö in ofi'ener Silbe gedehn-
ten me. (' ttnd ö eine geschlossenere Aussprache hatten als die aus
ae. '»' (ng. r// ; /, /) und <7 entstandenen. Die alteingebürgerten fran-
zösisciien Lehnwörter gehen mit diesen letzteren: Jj 231 bi.d;: 'beak',
nirpt 'neat', usf.: § 21S inidil 'noble', pif.i.sf 'jtost', usw. Diese Er-
kenntnis hilft entscheiden, welche von den in § 223 aufgezählten
Wörtern aus der Sehriftsprache entlehnt sind.
Ae. il nnd ö;/, ö/i sind im Dialekt nicht, wie in der Schrift-
s]»rache, zusannnengefallen: N'gl. kä (cow*, iiä (nowf ^ 171 nüt /diu
(ploughi, />/^^ (bough» >J 1()4 c. Diese Beobachtnng iiiuss für die
Lokalisation me. Gedichte nutzbar zu machen sein. — Me. iht ist
(U'st zu If g'eworden, naehdem 7 di|ththongiert war: ?j*j 93 und 118
\erglichen mit SJ? l.'tC» und 175 {brd biight, fld tlight; u-aif wife,
(dd hide). Langes 7 steht auch für ae. roi/ {fi'i to Hy), er/// (7 eye),
/// (.s77 sty) usf. (sieh Jj 315a). DeiUet dies auf eine schon verhält-
nismässig frühe, me. Diphthongiernng des ae. 7? Diun'dvy' luid
Itai Ijuy' müsst'ii aus der Sehriftsprache stannnen. — Auch die
langen Vokale in ämi 'hound' ({j 115) und kaind 'kind' (S 312) sind
aus der Schriftsprache entlehnt, da im Dialekt vor nd Kürze steht:
icind und fiiitl ^ SI», send i? 73, irund und f/rinid {5 111, usf. — Aus
einer Nebeneinanderstellung' von l>reits 'breach' (5? 87), teits 'leech*,
Spelts ' Speech (S 132) mit bicds " to bleach', teits 'to teach' (<? 138)
und preits 'to preach " (tj 234) geht her\or, dass v vor ts erst ge-
kürzt worden ist; sich Wrights lU-iiierkung zn »j 132. Strets to
Wrig-ht (li-aniniar ol" tlio Dialect ol" Windliill. 201
stretcir (i? 312, ö) ersc-heint daneben als P^renidling'. und rcik 'to
reach' (§ 138) wie eine Misehforni ans *reifs und -rek. Der Diph-
thong ei ist sclnveilieh mit VVright diircii dieselbe Entwicklung zu
erklären als bei ae. ('• in offener Silbe. Mir seheint das i aus dem
f.s zu stammen. — Die Lehnwörter aus dem Altnordisehen sind
nieht immer von den einheimischen geschic^den oder als solche be-
zeichnet: z. B. s)iiclf [^ 73. 1). slciff, skiii, sJdl (§ 89), .skai 'sky'
(S 175), da/k ditch', ////>• HitclT und andere mit A" in sj 312. 5 und
>? 312, 3.
§ 7ö: ioctii') 'tar' ist aus den flektierten Formen, ae. feonre{s),
zu erklären. — {? 80 sicoh von ae. *snolfficni. — jj 113, 3 fhi<>(r)
°door' aus der ae. Pluralform dorn (Zupitza). — § 73, ticenfi g-ehört
unter 2. — s? 79 nül 'well' von ae. icel. — § 82 ?•/,>/> 'to reap' i.st
ae. rfj>an, got. ratipjan. Wegen S 150 muss man Einfluss des r
annehmen, der vielleicht ausserdialektisch ist (vgl. 4? 130). — § 93:
Zu weit sieh Morsbacli llrspr. der Neuengl. Schriftsjir., S. 69. —
ij 104, 3 sp:>{r) 'spur' aus ae. sjnira. Bei den zwei andern Eintiuss
des IC. — Es ist sehr bemerkenswert, dass ae. äw («? 123j und äf/
(S 124) nicht zusammengefallen sind; oder sind loa und oii Lehn-
wörter aus dem Schriftenglischen ? — S 133 lue^r 'wave' ist wohl
Ableitung vom ae. A'^erlnim wafian. S 149 tvesst von altfrz. u-a.sf. —
S 183 fie,) 'to tiay' hat den A'okal aus dem Part. Parf. Nei)bD{r)
' neighbour durch frühe Kürzung des altenglischen e. — § 170
Wednzdrt mit umgelauteten ö; sieh Kluge Grundriss I 878. — S 172
p9zde natürlich aus wieder gekürztem n. — § 185 Die Entwicklung
.scheint diese gewesen zu sein: (jret : (/rH : grlt : rßrt : i/}rt : (f3f,
da es nicht mit den Wörtern in S 74 zitsammengefallen ist, sondern
mit denen in ^ 90. — AVie ae. d und e, so sind auch ea und eo,
und eaic und eoir (S 179 und 187, und 180 und 190) noch verschie-
den. — i; 196 Das o;> in moriiidz 'mange' muss auf ein me. au zu-
rückgehen (vgl. *j 198), ttnd das o in S 200 ist wohl die Kürzung
des Übergangslautes ö. — 5? 140 Für touf '"taught' ist Avohl dieselbe
Erklärung anAvendbar, die Konrath (Zupitzas Archiv 89, S. 159) für
kentisches fujte gegeben hat: aits ae. tä/ife; vgl. out (ae. ähte) t? 124.
Der rätselhafte Ablaut der ersten Klasse (bait, berd. bitn) er-
klärt sich vielleicht auf folgende Weise: Der Diphthong o kann
nicht nur auf me. ä zurückgehen, sondern auch auf altnord. ei
(ij 49). Nun sind zwei Verben dieser Klasse an. Ursprungs {raiv
und fn-air). Ihr Ablaut im AN. war 'rlf'n, reif, rifeiiii. was regel-
recht jetzt rair, rf\>r, ritnn ist. .Mit ihnen könnten auch die übri-
gen diesen fremden Ablaut angenonniien haben. Etwas Ahnliches
nimmt Wriglit selb.st für die Part. Prät. sakirj, sluku, stukM und
.sruktj, die er als nach drui,/,) lan. drukkeim.) g-ebildet erklärt, statt
dass sie suiol,-, .sriihtk. sliii,d%. .sfui,tk heissen, wie in anderen nörd-
lichen Dialekten.
>? 368. Das u im Part. /b//< 'fonght' ist nicht 'quite regulär';
wir würden fo'dn erwarten (S 101). n ist aber entweder durch
Anlehnung an die Verben in S 372, 1 eingeführt (treid, tre,)d, trod/i
'to tread', darnach feit, f'e;d, fotn 'to tight'), oder es ist zur Zeit
aus ö gekürzt, bevor dieser aus ou entstandene Laut wieder zu
<ni wurde. Oder vielleicht traf beides zusammen, l'brigens ist
ferd ebenfalls schwerlich aus altengl. f(rht zu erklären.
S 371: (reg'en die liier gegebene Erklärung der me. Prät. vSing.
stöi, i)är usf.. wie der Plurale .stäle, büre usf. habe ich in meiner
'Geschichte des Ablauts der starken Zeitwörter im Südenglischen'
1889 (Quellen und Forschungen LXIII) S. 60 f. begründet«; Beden-
ken geäussert und dafür eine auf Thatsachen gestützte neue Er-
202 Franc-k Ktymolo.a'isch Woovdenboek.
kläriing gegeben, die wenigstens für die dort hehandolten Mund-
arten sicherlich, wohl aber auch für die Windhiller nötig ist.
An Wrights inhaltreicher Arbeit sieht man recht, Avie
viel Ellis' gTOSsartig-es Werk zu tlmn übrig- lässt. Bei der
gelegentlichen Gegenüberstellung älterer echter mit jüngeren
geborgten Formen im AVindhiller Dialekt zeigt sich nahe
drohend auch die Gefahr, dass uns viel Kostbares verloren
gehen wird, ■wenn der gelehrte und verdienstvolle Oxforder
Professor unter seinen Schülern nicht bald gleich erfahrene
und gleich eifrige Naclifolger linden sollte.
Groningen, Niederlande. Karl D. IMilbring.
Franck J. Etymologisch Woordenboek der Nederlandsche
taal. Hoogeleraar aan de Universiteit de Bonn. 's-Graven-
hage Martinus Nijhoff. 1238 Sp. 1892. 15 M. Geb. 17,50 M.
Das vorliegende Werk soll für Holland das werden, Avas
Kluges Etymologisches AVörterbuch für Deutschland geworden
ist: ein Hand- und Hülfsbuch für alle, die ein tieferes Inter-
esse an ihrer Muttersprache haben. Kluges Werk hat, was
Anlage und Ausführung betrifft, für Fr. das Muster gebildet;
das ist um so weniger zu bedauern, als dieses, wie der Er-
folg bewiesen hat, für die Kreise, auf welche es lierechnet,.
recht praktisch eingerichtet Avar. Im Einzelnen hat sich Fr.
auch dort, avo es sich um dasselbe Wortmaterial handelte,
ein durchaus selbständiges Urteil bcAA-ahrt und dieses in um-
sichtiger und besonnener W^eise zur Geltung gebracht. So
ist denn ein Avirklich gediegenes Werk zu Stande gekommen,
in dem überall die Ergebnisse der neuesten P^n'schuug A^er-
Avendet, oder ])erücksichtigt sind und deshalb für die Avissen-
.schaftliche ^Erforschung der holländischen Sprache frische An-
regung geboten A\'ird. Es ist aber zu hoffen, dass seine Ver-
breitung sich nicht auf die gelehrten Kreise beschränkt, son-
dern dass es auch bei dem übrigen gebildeten Volke Anerken-
nung und Benutzung linden Avird.
Es liegt in der Natur der Sache, dass bei einem der-
artigen AVerke der eine dieses, der andere jenes and(M-s haben
möchte. Manche derartige AVünsche sind unerfüllbar, aber
anderen wird zum Nutzen des Werkes bei Neuauflagen doch
nach und nach Kechnung getragen Averden können. ZAvei
solche AVünsche nuk-hte ich hier dem Verfasser zur ErAvägung
unterbreiten.
Erstens scheint mir, dass bei manchen, besonders kultur-
geschichtlich interessanten Wörtern ihre EntAvickelung im
Sonderleben des Germanischen eingehender l>ehan(lelt Averden
FraiK-k Eryiuolot;'iscli Woordenbook. 203
könnte; bei dem Zwecke, dem das Werk dient, wird dies oft
Aveiter füliren, als die Suche nach Verwandten derselben in
den indogermanischen Spraclieu. Ein Beispiel möge klar
machen, Avie icli das meine. Wer bei Franck das Wort waar
(Waare) nachschlägt, dürfte durch das, Avas dieser darüber be-
merkt, schwerlich A'iel klüger werden. Wenn man die Bedeu-
tung des Wortes indes durch die alte Rechts- und Urkunden-
sprache A'erfolgt, Avo es sowohl einfach i latinisiert warai als
auch in Zusammensetzungen (höcwar. blömAvare. dustwaie usw.)
A-orkommt, dann Avird es nicht so ganz dunkel bleiben.
Zweitens sollte die Sprache des geAvöhnlichen Lel)ens,
die Bauern- und Handwerkersprache mehr zur Erkläi'ung heran-
gezogen Averden. Der Etymologe muss denselben Weg ein-
schlagen, den einstmals, Avenn auch zu etwas anderem Zwecke,
so doch in durchaus richtigem GefiUde, Luther einschlug. In
jenen Kreisen geht die Umprägung der Wortbegriffe unvci--
gleichlich langsamer A^or sich als in der Schriftsprache, und
nicht selten findet man dort entAveder die urspi'üngliche Be-
deutung selbst, oder Avird doch auf den rechten Weg zu ihr
geführt. Einige der unten angeführten Bemerkungen, die
sich leicht Aervielfältigen Hessen, dürften das beweisen \i.
Im Übrigen habe ich das Buch mit Dank für niainiig-
fache Belehrung und Anregung aus der Hand gelegt.
aandoenig" (aandoen). Die Bedeutung 'anthiin' bezaubern'
hat 'aandven' sicher bereits im ]\hidl. gehabt. Veghe gebraucht in
^'leicheiu Sinue das zu aandoen gehörende Intransitiv nnnewerden
(auch annewerdesch, annewerdesciieit). Wenn es mudi. nicht in
■diesem Sinne belegt ist, so kann das doch wohl nur auf Zufall
beruhen.
acliterhaUs. Das eintaclic hak ist noch jetzt erliaUcu iu
der Redensart met büU un hak = mit dem ganzen Körper; eben-
falls in bakaAiil und hükebak, ein Kinderspiel, bei dem eins dem
hindern auf dem Rücken hockt.
ambacht. Diese alte volle Form besteht ndd. nocii Jetzt
nelien amt, ohne dass sich das Volk der Identität beider Wörter
hewiisst wäre. Mit amt wird das Gericht und jede amtliche Stel-
lung bezeichnet, während ami)aclit lür die Obliegenheit des einzel-
nen Haus- und Baiu'rscliaftsgenossen gebraucht v.ird. Z. B. ist das
Brodschneiden aml>aclit des l)aumesters (Grosskneclits) und das
Schlagen der ßrandtronnnel ambacht des bürrichters.
l)aidadig' l)alhoorig und balsturig- (letzterer auch iioi-h
ndd.) sind gewiss mit linfcht getrennt.
barmte berme. Für die verschiedenartigen IJczeichnungcn
der Sache führe ich eine Stelle aus einer ehemals Erfurter P>il)elhs.
(14. Jhdt.) an: Der Fleming sprichit, daz da heizit bermen, daz
heizit to heven, dort dru/.en, hie groppcn, do du))p('n, hie haven.
D Dass ich dabei die Wörter keiner eigentlich niederländi-
schen, sondern einer nur verwandten Mundart entnehmen kann,
wird wohl keinem auftauen uml für die Sache Aveni;;- ausmachen.
204 Fraiiek Ktyinologisdi Woordeiiborrk.
billen. bil. Ui'sprüng'lich wohl jeder spitze .seharle Gegen-
stand, hat jetzt ndd. nur noch die Bedeutung" von Schnabel.
born. Erfurter Bibellis.: Der Osterrieher spricliit ein burne,
daz meinet man ze wetreiben ein putz, zue Weisterrich ein brinv
zue Bravant ein fontine.
g'ilde. Die ursprüng-liche Bedeutung zeigt sich noch g;niz
deutlich in der in osnabrückischen Urkunden gebräuchlichen Be-
nennung" der Kirchenrjite als gildenieister. 'Gildenieister des hilligen
Johannes' heissen sie /.. B. auch dann, w(!nn nur eine Kirche im
Orte Mar; es sind also die "Verwalter der Kinkünfte".
gram bedeutet jetzt rauh, belegt (von der Stimme), nicht
heiser, sik g'remmen, g'remstern sich r;ius])ern, rauh husten. Hier
dürfte die ursprüngliche Bedeutung zu suchen sein, fügt sich ;inch
am besten lat. fremere und ebenso grunniieln an.
hären (schärfen). Es wäre zu vergleichen här Anhöhe, Land-
rücken (oft auch in <)rts- und Flurnamen), hären wind = hoher^
scharfer Wind, härspük Irrlicht (eigentlich Berggeist?)
heirook. Die Verschiedenartigkeit der Formen dieses Wortes
in den verschiedenen Mundarten beweist, dass das Gefühl für die
eigentliche Bedeutung schon früh irre geworden ist. Ausser An-
lehnung' an beide und hei (trocken) hat solche auch an hiäwen
jalts. hetan, ndd. hiäwen, hiäwenschiärn, hiäbrant (Meteor)] statt-
gefunden. V^gl. härrauk Höhenrauch. Die urspr. Bedeutung wird
kamn noch zu bestinnnen sein.
liunebed. Der zweit*' Theil des Wortes ist unerklärt ge-
lassen. Sollte es wirklich unser Bett sein? Ich halte das für sehr
wenig wahj-scheinlich. Schon ,1. (irimm hat auf die Bedeutung" Erd-
hüg'el, Altar hingewiesen.
kerspel. Dass ••spil die Bedeutung" 'Bezirk' ohne jede Nu-
ance gehabt hat, beweisen ausser dem Drentheschen ' dingspil' auch
Orts- und Flurnamen. Die erreichbare gemeinsame Grundbedeu-
tung" der zur Sippe g-ehörigen Wörter dürfte in ' teilen, zuteilen,,
abteilen' zu sehen sein.
kiepel. Man muss bei diesem und den dazu gehörigen Wör-
tern an "die altchristl. Art des Läutens ' vor Einführung der Glocken
denken, die man 'pulsare tabulam' nannte. In den Klöstern hielt
.sich die Manier das ganze Mittelalter hindurch, um das Abscheiden
eines Mönches zu verkünden. In der ganzen kathol. Kirche ist sie
bis auf den heutigen Tag" noch während der drei letzten Tagen der
Karwoche in Gebrauch. Das Instrument heisst westfäl. kliäper.
knaj)p. Das Wort stannnt aus der Spinnstube. ' Kneitper' ist
ein Stift im Hasi)elrad, der bei jedem K'undgang eine li(ilzerne Spange
hebt und fallen lässt, wodurch ein Knall (knai») erzeugt wird, der
anzeigt, dass das Gebinde genau voll ist. Vgl. die IJedensart 'npi)en
knepi)er' = ganz genau, kaum noch genug, höchste Zeit.
tuet. Dass das Wort zu got. mati gehört, ist nicht mit Fug'
zu bestreiten. Sehr interessant ist, dass das got. undaurnimats, das
sonst in keinem Dialekt vorzukonnnen scheint, im Osnabrückischen
noch heute als inmermet = Frühstück lebtl met bezeichnete ur-
siirünglich \\ohl das ungekocht und ungebraten gegessene Fleisch,
Kauchfleisch (Mettwurst, Schinken). Übrigens bedeutet osnabrückisch
auch spise speziell Fleisch und zwar nur das Abgefall', Blut und
die Intestina, sow('it sie der Bauer — nicht der Wurstfal>rikantl —
für geniessbar hält (ursprünglich OpferHeisch?) Eine unserer hoch-
«leutschen .Speise einigermaassen entsprechende allgemeine Bezeich-
nung hat man nicht ausser iäten'.
mof "knorrig", ontovreden persoon". Bei dem Worte hätte
FraiK-k Etvinoloyisch ■\Voor(lenl)ook. 205
darauf lüu^'cwie.seii worden sollen, dass es das lioUändisehe Sc-liinii»l-
wort lür die Deutschen ist. Ursprüng'lieh war es nur ein Schimpl-
nanie für die Enisländer (Hümling-er usw.), der ihnen von iiiven
holländischen Nachharn ani>ehängt war; jetzt ist er indes ganz all-
g:emein geworden, nicht aber die in den letzten Jahrzehnten in
Deutschland allgemein bekannt gewordene scherzliafte Weiterbil-
dung Miifrika, womit speziell der Kreis Meppen gemeint ist. 'AVindt-
liorst-Mufrika.)
mots, muts gekürzt (motsen kürzen), muts ist im Westl'äli-
schen jeder kurze gedrungene Gegenstand: l'feife, M(msch, Kali)
usw.; auch als Adverb ist muts == alsbald, sogleich no'_'h im Ge-
brauch. Lyra, Plattdeutsche Briefe, (J.snabrück 185(> S. 101 schreibt
"met'u Muttse" und erklärt es als in Eile, rascii'. niutse ^ IMütze
ist dasselbe Wort. Almutse (gebildet wie aloud usw.) sc. Kappe,
latinisiert almutium, ist ursprünglich die kürzeste der drei Priester-
kleidungen. Der Wegfall des Substantivs kann nicht befremden,
vgl. "Albe. Den 'Kurzen" auf den 'Langen' (sc. Rock) nehmen
ist noch jetzt unter der Geistlichkeit eine stehende Redensart für
"sich zixm Ausgehen, oder Verreisen fertig machen". Dei dieser,
wie mir scheint annehmbaren Erklärung von j\Iütze wird atich der
P'ortfall des al (in dem man sogar den arabischen Artikeliiat finden
wollen!) leicht erklärlich. Das Wort ist in Südländern und Nord-
frankreich zuerst in die Kirchens})rache eingetührt worden.
ociitend ndd. jetzt noch sowohl Morgen- wie Abenddänniie-
rung". Auf den Morgen gehen uchte, kasuchte (Christmesse) und
uchtewiärken, auf den Abend snTderucIite Abenddämmerung (Feier-
stuiide der Schneider).
okshooft. Vielleii'ht wäre das münsterländische Alti)iermass
bullenkoji' zur Vergleichung heranzuziehen gewesen.
Schäkel. Zum selben Stamm gehört ndd. schoke Ferse,
Bein und sciiiäkeln = den Hühnern Spänchen an die Beine binden,
damit sie während der Aussaat nicht scharren, dann aber auch ent-
junfern. Vg-I. mnd. schoke Hure, scheken schwächen (Schenkel,
Schinken).
schalk bedeutet ursprünglich wohl ganz allgemein ' Träger,
Stütze'. Das Wort ist ndd. nur noch in der Zinniiermannsspvache
erhalten tmd iiezeichnet dort die Hilfsträger der Balken an den Sei-
tenwänden des Plauses. Dazu stimmt an. |>raell Knecht, ahd. tragil.
sprank sprenken. Vgl. dazu sprenkeln, besprengen, punk-
tieren, i)unt machen; ohne Nasal in sj^riäkelten (ten = tern wie in
Huakelten, Wachholder usw. I Rhannuis frangula, Faulholz, so benannt
wegen des bunt punktierten Bastes. Bald mit bald ohne Nasal hört
man es als Bezt'ichnimg der altniodigen Hauswände, die aus mit
I>ehm oder Kalk i)e\vorfenem Flechtwerk l)est(!hen, 'spränkelte
wände' (im Geg-ensatz ztt gemauertfMi). Dii- Technik ist gewiss ur-
alt, jedenfalls lässt sich nicht leicht eine einfachere denken. Im
16. Kap. der (lermania sagt Tacitus: «^tnaedam loca diligentius illi-
nunt terra ita pura ac splendente, ut picturam ae lineamenta colo-
rum imitetur. .Sollte da vielleicht ein Misverständnis des dopjiel-
sinnigen terminus technicus spränkelt' zu Grunde lieaen?? Dtir
Umstand, dass noch kein Philologe aus der Stelle etwas einiger-
niassen Annehmbares herausgelesen hat, mag* die Fi'age entschul-
digen.
tweelink. Vg-I. dazu noch osnabrückiseh twiric = gabeltilr-
niiges Holz, südwestfälisch twissel.
veem. Veme , Fehnie. In J.indners Werke "Die Venie"
habe ich bereits dieselbe Etymologie dieses Wortes wie Franek ue-
20G Kaiitt'iiiann I)i;iit,sclie Graunaatik.
geben. Uiiabliäng'ig' von einander halben uir l)eide aus den vor-
handenen Beleg'stellen im Gegensatz zu der herrsehenden Annahme
als (h'uudbedeiitunji' des Wortes ■■ Bund, Vereinig'ung'" herausgx'seliiilt.
Lindner hat vom liistorisclien Standpunkte aus der Ansieht unumwun-
den zug'estiinnit, und ich halte trotz des Widerspruelies von Kluge und
te Winkel an derselben fest. Franek kann ich insofern nicht bei-
l)fliehten, als er die Bedeutung- 'Landfriede, Bündnis' als abgeleitet
l)etrachtet. Warum das? Von den venieswinen, die schon J. Grimm
hierhergezogen hat (allerdings mit einer von der meinigen al)\vei-
chenden Deutung) schweigt Franek, während Kluge direkt behauj)-
tet: "Ganz unmöglich ist Zusannnenhang* nüt einem älteren ndd.
Fehme = Eichelmast der Schweine", das mit baierischem dehme,
dechmel = Eichelmast zu einem anderen Wortstamme gehört. Nun,
die älteste Form des Wortes in beiden Bedeutungen ist vedema,
was Franek nicht sagt. Wer nun das eine vedema zu baierischem
dehme, dechel, das andere aber zur Wz. ki. g-riechisch ttoivi-) stellt,
der Avird denn doch dem Leser einen Gefallen thtm, wenn er unter
Zuhülfenahme der vorhandenen Belegstellen eine solche Trennung-
etwas näher begründet.
Avaard Wirt. Stellenweise g-ilt im Westfälischen der Hofname
mit Anhängung- von wärt nocli jetzt als Bezeichnung- des Besitzers;
■/.. B. 'Stienewärt' ist der zeitige Inhaber eines Hofes 'Stienen'.
Averwolf. Einfaches war ist osnabrückiseh noch jetzt erhalten
in der Redensart Miär nn war' d. h. Herr und Besitzer, unumschränk-
ter Besitzer.
Freiburg' in der Scliweiz. Franz Jostes.
Kiiiiit'iiuinn Fr. Deutselie Grammatik. Kurzgcfasste Laut- ttnd
Formenlehre des Gotischen, Alt-, Mittel- und Neulioelideut-
sclieii. Zweit(! vermehrte und verbesserte Auflage, ^lurlturg
Ehvert 1895. VI u. 108 S. 8«. 2,1(J M.
Die erste Auflage ist 1888 erschienen. Das klar und
übersiehtlieh geseiiriebne lUlchlein. bei dem nur die allzu
Aveit g-etriebne Knappheit Tadel verdiente, scheint in den
Kreisen der Studierenden verdienten Beifall g-efunden zu
luiben. Die vorliegende zweite Autlage darf noch wärmern
Willkomms sicher sein als ihre Vorgängerin. Ist doch jetzt
das nackte Knoeliengerüst der Paradignun ein wenig nudir mit
Fleisch bekleidet. Freilieh, etwas eckig sind die Formen
noch immer geblieben, und einer abermaligen Krweiterung
in einer dritten Auflage, die ja nicht ausbleiben wird, wäre
dring(;nd das Wort zu reden. Denn ich muss auch heute
nocIi entschied<-n bezweifeln, dass der gebotne Stott' ([uanti-
tativ den Anforderungen entspreche, die man im Staalsexa-
men zu stellen berechtigt ist. Was den Inhalt anlangt, so
steh ich niehl an zu erklären, dass das anspruchslose lUieh-
leiii in der vorliegenden Bearbeitung durch die bewusste uml
konse<piente \'erwertung neuerer Forschungen erheblich gi--
Kauffmann Deut.sclie Graimuatik. 207
Wonnen hat und jetzt auch liuhern Antbrderung-en gx-nüg-en kann,
ludern ieh der Schritt zu ihrem zweiten Gang in die
Welt von Herzen Glück wünsche, erlaul) ieh mir von Einzel-
bemerkuugen folgendes zu notieren.
Warum ist von mhd. WörtcTbüehtTU nur Lexer und nicht
auch der für die poetisclie Litteralur uuentl^ehrliche Müller-Zarnckc
g-enauut? — Die Transkription der idg'. Laute hätte sich doch streuj»-
an Bruü'iiiauns System binden soihni. Alle Abweiclutugeu davon
müssen den unert'ahrnen Leser nur verwirren. Ül)rigeus erschei-
nen auf der Tabelle S. 12 palataler und velarer Nasal gleicherweise
als h), was doch niclit angeht. Wunderlich ist das neugeschaftne
Zeichen für die velare .Media. Nur mit grösster Mühe kann man
einen Unterschied zwischen ihm und dem Zeichen für die velare
Tennis herausfinden. Cln-igens ist es unrichtig-, dass sich das idg.
7 von dem idg. ipalatalen) A' ebenso unterscheide wie der Anlaut
in kiüi \o\\ dem Anlaut in kind. 7 (.oder besser nach Thurneysens
Vorschlag /.'") bezeichnet doch den ia bia lisierten, nicht den rei-
nen Velar. Dass der Verf. die dritte /.--Reihe der Ursprache gar
nicht ei'wiihnt hat, mag aus Gründen der Praxis zu reciitfertigen
sein: uTir hätte ihn diese Unterlassung nicht zu der unhaltbaren
Definition des 7 verleiten dürfen. Der urgermanische palatale Spi-
rant wird anfangs durch geschwänztes z gegeben, das im Ver-
lauf der Darstellung ganz stillschweigend seinen I^autwert wech-
selt und dem ae. // (j) die Stelle räumt. — Wie der Verf. mit f'adnr
fertiii- werden will, wenn er germ. n auch in Haupttonsilbeu als
den Vertreter von idg. -> ansieht, ist mir rätselhaft. Jedenfalls hätte
er ae. sfijdc nicht dem ai. sfliitas lat. sfafus gleichsetzen dürfen;
denn seine Wurzelsilbe enthält idg. u, vgl. P. Persson Wurzeler-
weiterung- .S. 142. — Verfehlt ist die Behauptung S. 14 Xr. 5. dass
<lie idg. /- und »-Langdiphthouge in iiermamschen Wurzelsilben
als e und ö erscheinen sollen. Die Kechnung ist hier ohne den
Wirt d. Ii. ohne die gestossnen Diphthonge des Litauischen ge-
macht. Aber selbst wenn der Verf. auf diese keiiu' Rücksicht hätte
neiinu'U wollen, hätte er die richtige Erklärung schon in des Re-
zensenten Schrilt Zur germ. Sprachgeschichte ünden können, deren
Resultate durch die Klarleguii.ü' der lit. \'erhältnisse glänzend be-
stätigt worden sind. Darf man übrigens wirklich für alul. inefti
neben got. mizdö eine urgerm. Grundform *)tieizdn annehmen?
Ich i)ekenne, ihr mit dem grössten Misstrauen gegenüber zu stehn.
Sehr erfreulich ist, dass sich Kautfmann rückhaltlos auf die
Seite derer stellt, die in der Verschii'denheit der idg. Akzent(|uali-
täteii die Ursache der verschiednen lU-handlung auslautendi-r Län-
ücu im Germanischen erl)lick('n. Die Zustiiinnung Kauft'manns ist
ein wertvolles Symptom dafür, dass die Xasaltheorie nachgrade
völlig al>gewirtschaftet hat. Und in der That, eine Lehre, die einer
so durchsichtigen Form wie dem got. Adverbialausgang -pro rat-
und hilflos gegenübersteht, ist reif zum Untergang. Ich zweifle
nicht, dass der Verf. in der dritten Autlage auch nicht mehr sagen
wird: "l'nter welchen Bedingungen die Dehnstufen c n ö einge-
treten sind, ist noch nicht bekannt". Wenn er eiiniial mit der-
selben rnbefangenheit, womit er an ilie Prüfung der germ. Aus-
lautgesetze herangetreten ist, die UiUersuchtmgen von Torp, Michels,
.lohansson, Bechtel. Bezzenberger, Hirt, dem Rezensenten durchar-
beitet, so wird er finden, dass die Ursachen allerdings bekannt sind,
mög«rn auch noch manche Kinzelheiten der Aufhellung- harren, und
dass die Erklärung- der Dehnstufe ein integrierender Bestandteil
208 Kauffinauu Deutsche ( liMimuatik.
unserer Ak/,entielire ist, oliue Ueu diese überliaupl iiiclit existenz-
fähig* wäre. Freilieli sclieint sicii, für den Aug'enbiiek wenig\stens,
der Verf. die Krkeinitnis dadurch erselnvert zu haben, dass er für
die idg'. Urzeit nicht zwischen ursprünglichen und gedehnten Län-
g'en sclieidet. Und doch springt, um nur ein einziges Beispiel heraus-
zugreifen, der Untersciiied zwischen idg'. ''tiäiis und '(lieus so unmit-
telbar in die Aug-en, dass von einem Zusanniienwerfen beider Laut-
klassen keine Rede sein kann.
An der Darstellung des idg. Ablauts wird man mehrfacii An-
stoss 7iehmen müssen. So erfreulich es ist, dass der Verf. die sach-
g-emässen und präzisen Xanien A'oll-' und Schwinidstufe' ang'c-
nonniien hat, so sehr befremdet es, dass er die kaum g'ewonnene
Klarheit sofort wieder zerstört, indem er als dritte Stufe zwischen
beiden eine 'Tiefstufe' einschiebt. Was soll der auf die Theorie
vom vorwiegend musikalischen Akzent der Urs])raclie zugeschnit-
tene Xanie neben den beiden andern, doch nach ganz abweichen-
ilen l^rinzipien g«'bildeten? Die drei Stufen Kauffnianns sind zu-
<iem gar keine koordinierten (Grössen, sondern der zweiten und
dritten Stxife ist der ersten geg-enüber das g-emeinsam, dfiss sie
Spuren einer Reduktion, eines (4)uantitätsschwundes an sich trag'en.
Dieser Schwund hat bei der zweiten Stute zu Schwa, bei der clrit-
ten zu Null gefülu-t. Man nniss deshall) folgendes Schema auf-
stellen :
1. \ollstule.
•2. .Schwundstufe.
a) Schwastufe.
1)1 Nullstufe.
Wenn der \'t'rfa>scr sich wi'iterhin auf eine Krkläniug des (juan-
titativen Ablauts einlässt, und e a o durch Hoch-, Mittel iind Tief-
ton aus einem einheitlichen Urvokal entstehn lässt, so wird man
diesen nu'hr als kühnen Konstruktioncui, die den Unterschied aller
Ablautreihn aufheben, nur mit sehr gemischten Gefühlen in einem
Ulen)entarbuch begeg-nen. Tn dieser Frage wäre ein Ij/nonimttshvssor
am Platze gewesen als bei der Dehnstufe. Dabei will ich g'anz
«lavon absehn, dass es den unbefangenen Leser verwirren muss,
wenn er ]ilötzlich von ' tiettonigen' Silben in einem ganz andern Silin
sprechen hört als kurz vorher von tiefstufigen'. Auch die likti-
ven Wurzelablaute auf S. K! vermisste man gern; sie geben weder
ein klares noch auch überhaupt ein korrektes Bild von den ülier-
lieferten Thatsachen.
S. 17 Anm. 3 ist h in iebara fälschlich als Vertreter eines idg.
/.'■ bezeichnet; armen, leord erweist idg. b. Vgl. H. Hübsclnnann
Armen. Studien 1 32 \\\u\ Chr. Bartholomae Studien zur idg. Sprach-
jjeschichte. 11 13. — .S. IJ». Dass Sievers' Gesetz vom Schwuinle des
j in der (Gruppe j/r an Kndbetonung- geknüpft sei, ist irrig, soweit
die Entwicklung von idg. t/'h, (jhij in Betracht kommt. —
Die Darstellung des got. Vokalismus scheiiit mir trefflich ge-
lungen. Zu meiner Freude kann ich in wesentlichen Punkten mit
Kauffmann — andern Forschern gegenüber — übereinstimmen.
.\bweiciien muss icli nur darin von ihm, dass ich ausser in Fremd-
wörtern und in der noch vielfacii dunkeln Reduplikationssilbe nir-
gends iiaupttoniges <ii tiii als (v a lesen möchte. — In der Fassung
verunglückt ist ^ .'57, der die got. Konsonanten aufzählt, olnn- dass
man recht erkennen kann, ob nach icin orthograpliischen oder
nach phonetischen Gesichtspunkten. Manches jihonetische ist herein-
gezogen, doch fehlen merkwürdigerweise ganz die stimmhaften
Spiranten! - In der Annahme, got. j sei spirantisch gewesen, stimm
Unsere Uiiiiiangsprac'Iie. 209
ieli mit Kaiiff'mann übereiu; nur vermag- ich nicht abzuselui, wie der
Verf. beweisen avüI, dass zwischen Vokalen noch /' bestanden habe. —
Bei ir liätten die Untersncliungen Jellineks nnd van Heltens Be-
rücksichtigung,' \erdient. Sie scheinen mir spirantische Aftektion
erwiesen zu haben. — Keine Anhaltspunkte find icli für den be-
liebten Ansatz silbischer Nasale und Li«(uiden in Endsilben. — S. 17:
p ist postdentaler, nicht interdentaler Spirant gewesen, \g'l. W.
Braune IF. ]V :ni ff.
Williclm Stveitlx-rg-.
Unsere Uiui^auüfsprache (1) in der Eigenart ihrer Satzfüguiig
dargestellt von Hermann Wunderlieh. Weimar und Berlin
Felber 1894. XV und 27 1 S. 4,r)0 M. In Leinwand gel). 5,50 M.
Der Verfasser, dem Avir eine anregende ausführliche
Untersuchung über den deutschen Satzbau verdanken, be-
handelt in dem vorliegenden Buche die Eigenheiten der Satz-
fügung in unserer deutschen Umgangssprache im Gegensatz
zur Schriftsprache, Man empfängt von demselben nicht wie
von Jenem ersten den Eindruck einer reifen, allseitig klar
disponierten und durchgearbeiteten Leistung. Wertvoll in
erster Linie ist es als reiche Materialsammlung, wertvoll dann
auch durch eine ganze Reihe brauchbarer und guter f^inzel-
beobachtungcn und Bemerkungen: dagegen lässt die Dispo-
sition und Verarbeitung sowie die historische Auffassung oft
zu Av ansehen. Freilich war es ja auch kaum zu erwarten,
dass eine derartige Untersuchung so gleich auf den ersten
Anhieb vollkonnnen gelingen konnte. Der Stoff ist in sechs
Kapitel geteilt: Rede und Schrift, Eröffnttugsformen des Ge-
sprächs, sparsamer Zug in der Umgangssprache, verschwen-
derischer Zug in der Umgangss])rach(^ Tauschwert unsrer
Formen und Fornnln, Altertündiehkeit der Prägung. Mir
scheint namentlich «las l'rinzip des dritten ttnd vierten Ka-
pitels viel zu logisch und l)ewusst-abstrakt, wenn man spraeli-
historische Zusammenhänge fordert. Den Inhalt der einzelnen
Kapitel hier referierend wiederzugel)en ist bei der Beschrän-
kung des Raumes ein Ding der Uinn()glichkeit: "eine Auf-
zählung der gewonnenen Resultate würde fast einem in-uen
Durchwandern gleichktnnmen " sagt Wundedich scH)st S. 261).
Mit Recht hat der Verfasser seinen Beobachtungen vnr allem
die moderne Litteratur zu Grunde gelegt, in derein geradezu
innnenses Material geboten wird. Die Frage von methodischer
Wichtigkeit, ob hier alle Dichtungcni als schlechthin gleicJi
betrachtet Averden können oder ob Rangunterschiede in Bezug"
auf die Treue der Spiegelung unsrer Umgangssprache zti kon-
statieren sind, ist kaum gestreift : ich bekenne <lie Behaup-
210 Mittoiluii<;-«-'ii.
tuii^- S. 14, dass der Stil in Gerliart Ihiuptmaims 'Einsamen
Menschen' von den Nachwirkungen der Lektüre getränkt sein
sein soll, ebenso wenig* zu verstehen wie den Satz S. 158
über die 'Manier' in Hauptmanns Dialog, die ich viel eher
bei Max nall)e finden könnte. Besondre Beachtung finden
dann verdientermaassen die mundartlichen Fügungen, in denen
''nach der syntaktischen Seite ziemlich dieselben Kräfte thätig-
sind" wie in der Umgangssprache (S. X).
Merkwürdig- berührt S. XI das Eifern g"egen das s in
der deutschen Nominalkomposition, das nach Wunderlich teil-
weise 'überflüssig', teilweise 'einfach falsch' ist: dann sind
schliesslich alle Analogiebildungen mehr oder weniger falsch.
"Wo uns eine gute alte Gewohnheit ungerecht abgesprochen
wird, reizt uns der Tadel nur noch stärker an ihr festzuhalten"
sagt der Verfasser S. 199. — Zu der S. 186 besprocheneu
Verwendung von frei stelle ich vermutungsweise als weiteres
Beispiel essen und frinJcen frei Urfaust oöl. — S. 95 Zeile 15
lies 'Einsame iMcMischen' statt 'Jugend'.
Weimar. AI Viert Leitzmann.
Die niittel- und iieuirriecliisclie S|na(Uforschuii2: (iiiit
Eiiischliiss der Koivii) in den .lalireii 189'^ ISU.").
Seit der Zeit iiu-iucs er.steu Bericliti's über die ncugriecliiscliou
Studien 1) ist die Beschäftigung- mit dem Mittel- und Neugriechischen
entschieden in aufsteigender Bewegung ])egntten. Die von nur aus-
gesprocheiic Hoffnung, dass der Dilettantismus gegenüber metho-
discher Arbeit zurücktreten werde (Anz. I \'>ö), ist niclit eitel ge-
wesen, und so hat die Erforschung der neugriechiscluMi Sprach-
g-escliiclite nicht nur quaiUitativ, sondern \ or allrni (jualitaliv ge-
wonnen.
T.
Ich ueniH' zunächst eini;i-e hUdioärraphisi-ho Hilfsmittel, welche
hierher ^chöriue Litteratur verz»'icliiien : so iiat I'.siehari in seineu
1) Anzfi-er I ".S ff. 140 ft". Ich scliiii-ssi' zeitlich daran an,
wobei ich zujiieich solches aus 1S;>0 und ISHl l)rin-:e, was nur erst
nachtriijiüch l)ekannl wurde.
Mirteiluiiii-on. 211
nachher iiocli zu erwähnenden Etudes S. C'XXI — CC'IIT ein reiches
hibliographisclies Verzeichnis geg'eben, das zuii'leich dazn bestimmt
ist, dem 'deliutant' ratend zur Seite zu stehen; über einige Mäng-el
dieser Bibliog'rajiliie habe ich bereits a. a. O. (Anz. V G3) gesprochen.
Soweit Reisewerke, EthnogTaphie und Geographie der griechischen
Länder, sowie Volks- und Landeskunde einzelner Teile in Betracht
kommen, berichtet darüber in peinlich gewissenhafter Weise
()berhun)mer Bericht über Geographie von Griechenland. Bur-
sians Jahresber. ISOl LXIV .3S9 If. LXIX 251—286.
Die weit zersplitterte geographische Litteratur der Griechen seit
ISOO hatte schon 1889 MiiXiapuKic in einein höchst dankenswerten
Buch zusannuengestelit (NeoeWrjviKii •fe'JUTpaqP'Kil (pxKoXo-fio.). Dazu giebt
B. A. MucxaKibiic NeoeWiiviK)! -feuifpacpiKn cpiAoXoYia . . . Kpiceic. Aiop-
ftu)C6ic. TTpoc9r-|Kai. Konstantinojiel Druck der Zeitung NcöXofoc
1890.
eine nicht unbeträchtliche Zahl von Berichtigung'en und Nachträgen.
Vom sprachlichen Standpunkte aus ist jedoch am wichtigsten die
nahezu erschöpfende Bibliographie von
G. jNIeyer Neug'riechische Studien. L Versuch einer Bibliographie
der neug-riech. ^lundartenforschung". Sitz.-Ber. der Wiener Akad.
d. Wiss. Phil.-hist. Kl. CXXX (1894) No. 4.K
Die Einleitung" orientiert auch über die Geschichte, die Aufgaben
und Methode der neugriechischen Sprachforschung*. Einen gleichen
Zweck verfolgte meine eig'ene kleine Studie:
A. ThxTmb Die neug'riechische Sprache. Eine Skizze. TVeiburg" i. B.
.1. C. B. I\Iohr 1892. 36 S.2).
Meine Litteraturang'aben haben den Zweck, mit den wichtig'eren Er-
scheinungen des Gebietes bekannt zu machen. Aufgaben und Me-
thode der neiigriech. Philologie wurden in besonders eingehender
Weise von Psichari behandelt in der Einleitung seines Buches:
Etudes de Philologie neogrecque. Kecherches sur le developpement
historique du grec. Paris Bouillon 1892. CCXI, 377 S.
Da ich die Anschauungen des Verf. in der Rezension des Buches^)
bereits bes{nochen habe, so kann ich midi auf den kurzen Hinweis
beschränken, dass Psichari in seiner Einleitung die von Hatzidakis
geübte .Methode zurückzuweisen siicht. um seiiu^ eig'ene Ansicht
zu begründen: es handelt sich im wesentliclien immer noch Tim
1) Rezensionen: A. 'riiuiiib Lit. Ontrall)!. 1H94 Sp. 1736 f.
Krumbacher Berl. i)hil. Wschr. IWH, 1042 fW ,
2) Ausser den Anzeiger 11 147. 213 genannten Rezensionen
noch: G. Mever Anz. II 28 f. Hanna Zeitschr. f. d. österr. Gvmn.
1893 S. 125 f.' Berl. phil. Wschr. 1893. 313 f. H. Zimmer N. V^ü-
Rundschau 1893 S. 29 f.
3) Anz. V 60—66. Weitere Rezensionen: F. luiTripicibiic 'Ecria
1893 (I) 170 ff". T. Reinach Revue des Etudes gr. VI (1893) 140—142.
K. Buresch Lit. Centralbl. 1893, 954—956. Mever-Lübke Bvz. Zeitschr.
II 617—619. V. Oblak Arch. f. slav. Philo). XVI 309 f. A. Laskaris
D. Litt.-Zeitung 1895, 7—10.
212 Mitteilungen.
den alten Streit über die sprachliche Verwertimi:' inittelgriechi-
sclier Texte ^), ein Streit, der sich leider mir noch mehr ver-
scliärft hat 2).
Hatzidakis hat seine Methode und die Sunniu- seiner For-
schunji'cn in der "Einleituni>' in die neuji'riech. Grammatik" dar-
iicleyt; ich werde das Buch unten nochmals zu erwähnen hahen
und führe hier eine kleinere Schrift an. welche in kurzen Zü^eu
AVert und Aufgalien der neugriechischen Sprachwissenschaft be-
im ndelt:
XarZiöäKic "EKÖecic -rrepi tOjv eic t6v y^iwcciköv fciaYU)vic|növ toü ZuWö-
Toi) Koparj uiroßXiTBevxiuv irovriiiiÜTiuv. Athen 1892. S. 1 — 17.
H. betont die selbständi^-e Bedeutung' der neugriech. Sprach-
entwicklung-, die um ihrer selbst studiert werden muss, nicht etwa
bloss deshalb, Aveil sie manch altertümliches Sprachjiiit enthält oder
g-ar deshalb, damit sie als Aus<iani:sinud<t für die Erlcrnunji' d(vs
Altgriechischen diene. Dass H. natürlich auch die Dienste zu
schätzen wei.ss, welche die neugriechische Sprache der Aufhellung
und Ergänzung altgriechischen Si)rachgutes zu leisten vermag, i.st
.selbstverständlich; er hat dies öfters an konkreten Fällen gezeig't
(zuletzt 'Aenvä VI 141 ff.). Psichari hat dies ebenfalls Aviederholt
betont (Etudes S. MIT, X ff. LXXXVII :U57 tt'.). Ferner handelt der
Aufsatz von
H. C. Muller Cobeti de lingua neograeca iiulicium. EWfk 1\' (1S92)
170—190.
wenig-er von Cobet als von der Wiehtigkeit divs Neugriechisehen für
altg'riechische Philologie — freilich ohne Tiefe.
Über Einzellioiton zur (»escliichte der iieiiarriocli. Studien vor
1800 unterrichten:
Amenduni Di alcuni particolari della vita letteraria di Simoui
Porzio incerti o ignoti iinora. Neapel 1890. 20 S.
<Jmont Le glossaij-e grec de Du Cange. Lettres dAnisson ä Du
Gange relatives ä limpression du glossaire (1082— 1()88). Re^ue
des Et. grecciues V (1892) 212-249^).
Die erste Schrift ist mir unzug-änglich; der Aufsatz Mtu Omont be-
handelt nach 30 mitgeteilten Briefen die Gescliichte der Druck-
legung des monumentalen Glossarium mediae et infimae graecitatis.
i'jne handschriftliche Grauniiatik aus dem 17. Jahrhundert, die
meines Wissens srtnst unbekannt ist, wird von Psichari (S. CLXXIX)
♦•rwähnt; sie 1)ehndet sich in der Pariser Nationalbibliothek No. 2604:
•f4rammatica linguae graecae vulgaris communis onnübus
(iraecis, ex <)Ua ;ilia artificialis deducitur peculiaris eruditis et
1) Vgl. Anzeiger 1 48. Neugriech. Sprache 7 f. Anz a. a. O.
2) Vg'l. nu'lne Rezension S. (Ui, wo die Gegenschrift von llatzi-
«lakis und anderes auf die Fehde bezügliche mitgeteilt ist. Nach-
zutragen ist noch die Erwiderung l'sicharis aut die Declaration'
von .1. Schmitt in der Kev. crit. 1894 (I) 90-92.
3) Bez. Im der Rcv. crit. 1892 (TI) 29S f.
Mitteilungen. 213
studiosis, per Patrem Jionianuni Nieephori, Tliessnlonieensem
iMacedonem. (80 Folioseiten. i
BiographivSehe Scliildemngeu einiger neuerer Hellenisten und
Pliilhellenen (Es>-ger, W. Waii'ner, Saint-Hilaire) finden sich in den
AiaX^Eeic Kai (iva,uvi'-ic6tc von A. BiK^A.ac (Athem 1893).
(jber die Etlinogrrapliie des Balkan'), die nicht nur in i>:e-
schiclitlicher und politischer, sondern auch in sprachlicher Bezie-
liung- wichtig- ist (vgl. Anz. 1 39 f.), orientiert
Th. Fischer in der Länderkunde von Europa, herausg'. von Kirch-
hofl', S. 143—159 (S. 144 ein ethnographisches Kartellen) und (im
l)esondern über Griechenland) vS. 2G1— 264.
Derselbe Verfasser hat darüber nochmals, doch vom specieli poli-
tischen Standpunkt g-ehandelt-;.
Händler Beiträge zur Anthropogeographie der Balkanhalbinsel.
Aus allen AVeltteilen. 22. Jahrg. (1891) 9. Heft und 23. Jahrg. (1892)
5. Heft
ist mir nicht zugänglich.
Anthropologische (kraniologisclie) Messungen sind l)is jetzt nur
in g'eringem Umfang vorhanden; der Aufsatz von
A'irehoAv Alt- und neugriechische Schädel. Sitzungs-Ber. d. Berl.
Akad. 1893, (iTT— 700.
giebt für die Frage nach der Abstannnung der heutigen (4rieclieu
kaum ein neinienswertes Kesultat. Die Hauptsache, eine anthropo-
logische Statistik nach Provinzen, fehlt noch. Für Kerasunt und
Umgebung macht Neophytos L'anthropologie H 25 ft". (vgl. Anz. 1
151) einige bemerkenswerte Angaben: die angeführten Schädel-
messungen (Brachycephalie) ergeben für Kerasunt die Mischung
einer subbrachycei)halen und ultrabrachycephalen Rasse. Dass hier
Slaven nicht in Betracht kommen, ist klar. Uebrigens wird die Ver-
Avertixng anthropologischer Thatsachen besonders dadurch erschwert,
dass unter den gemessenen altgriechischen Typen bereits Dolieho-
cephalie und Brachycejihalie vorkommen, dass überhaupt die anthro-
l>oiogische Beschaffenheit der Alten keineswegs zweifellos ist; ich
verweise besonders auf Zaborowski in "La Grande Encyclopedie"
XIX 282-285 und Bull, de la Soc. d'Anthropol. 1894, 115, wo die
alten Griechen für blonde Dolichocephalen erklärt werden. Vor-
läufig springt daher von dieser Seite nichts für die 'berüchtigte'
Slavenfrage-^) heraus. F>ine treffliche Darstellung der Frage gab
Berthelot in dem Artikel '(^rece' der ebengenannten Encyclopedie
{Paris Lainiraiüt ^' Cie) XIX (1893) 292-297; l)ei aller Knappheit
1) Im Berichte von S. Lampros über Neugriechenland in Ja-
stroAvs Jahresber. XV 3, 250— 2(i4 wird ethnographisches kaum ge-
streifr.
2) Th. Fischer Die geographische und ethnographische Un-
terlage der orientalischen Frage. Deutsche Hundschau 1891 S. 121
—134.
3) Eine Geschichte dieser Frage findet sich in der noch a.a. O.
zu nennenden Schrift aou Matov.
214 ]\IiltciliiiiL;-t'ii.
sind (loch mIIc MoiiuMitc bcrücksiohti^'t. welche zur Aut'Iiellun;^' dieiieii-
luid (las Urteil des Verfassers zeiclinet sieh durch Besonnenlieit aus.
(lescliichtliche und sprachliche Uiitersuchiing'en sind immer noch
die besten Weg-weiser. Die g-cschichtlicli(> Seite ist behandelt von
Biiry A history of the later Roman Empire. London 1889. II (passim);
der Verf. tritt wiederholt den ilbertreibung-en Fallmerayers entge-
gnen (vg-1. besonders S. 4öö ff.). In ähnlicher Weise handelt
R. Neiimann Die Entstehung- und die geg'enwärtig'e Bedeutung- des
neug-riechischen Volkes. Prog-r. Weissenfeis 1894. 26 S. 40.
von dem Gegenstand. Die kleine Schrift ist zwar nicht selbständig,
beruht aixch nicht immer auf der neusten Litteratur, zeichnet sich
aber durch besonnenes Urteil aus. Dass übrigens Sathas an seiner
Hypothese immer noch festhält, zeigt die Bemerkung in der Mecaau-
viKi^ BißXioBJiKiT VII (1894) S. cv'. Bekanntlich sind die geographischen
Namen eine höchst Avichtige Grundlage für die Bestimmung- früherer
ethnographischer Verhältnisse; für die Verg-leichung der alten Orts-
namen mit den neuen ist es daher notwendig- festzustellen, weldie-
Namen vor dem Slaveneinbruch im Gebrauch waren.
H. Geizer Die kirchliche Geogra])hie Griechenlands vor dem Slaven-
einbruche. Zschr. f. wiss. Theol XXXV (1892) 419-4.%.
stellt aus einer Notitia Episcopatuum interessante Namensformen zu-
sammen; auch die von de Boor Zschr. f. Kirciiengesch. XII 519 ff.
herausgegebene Notitia E])isc. giebt in dieser Beziehung Material.
Freilich bleibt unsere Kunde über die geographische Namengebung-
früherer Zeit immer sehr lückenhaft: dagegen stehen uns die heu-
tigen Ortsnamen in reichster Fülle zur Verfügxtng und müssten nur
gesanniielt und bearbeitet werden. Ich habe versucht, die Namen
der Landschaft Zakonien für deren Etlinogra])liie zu verwerten, wnd
fand, dass sie ebenso Avie die Sprache reingriechisches Volkstum be-
weisen, Agl.
A. Thumb lieber die ethnographische Stellung dei- Zakonen IF. R'
195—213 (mit Karte) i).
Ivcider Avai- das mir zugängliche Material nicht sehr j-eichhaltig:
auf einer im Frühjahr 1894 unternonniienen Reise habe ich in der
Maina eine ansehnliche Zahl von Orts-(Flur-)Namen gesammelt, die
mich in den Stand setzen, die ethnographische Stellung der Maniaten
eingt-hender zu Ix-handeln als die der Zakonen.
L'^eber die Griechen in einzelnen Landschaften oder kleineren
Gebieten finden sich da und dort Notizen:
A. I'lii I i |ips(i li Dci- l'eloponnes. Verstich einer Landeskunde aut
geoiog. (irundlage. IJerlin 1892, Friedländer (passim;.
G. Deschajups J^es Grecs en Macedoine et en Crete. Re\ ue uni-
versitaire 1 (1S92) 289—299 (handeil über dii- politische Lage der
bei<len Länder).
A. Philippson Foi-schungsreise in Nordgriechenland. \'erli. d. Ge-
.sellsch. f. Erdkunde zu B<'rlin. XXI i]S94( r)2-r.9 (über die Grie-
1) \'gl. dazu (las Referat von Krumbacher P>yz. Zschr. IV 21(>.
Mitteilungen. 215
dien in Epirus. S. (y> über den Berg'stannn der Agrapliioten im
Findo.s).
Ciiinet La Timiuie dAsie. I-III. Pari;^ 1S90— 1«95. (Kleinasien und
Inseln an der Westküste) i).
TTacxoXibr]c 'Apucv6(piuvoi 'EWiivec ev Xoufciuj Tf\c MiKpaciac. 'EövoXoYi-
Kui cixueuüceic. Eßboucic 1891 No. 45. (Handelt von den christlichen
Bewohnern des Dorfes Xoubi in Bithynien, die zwar armenisch
sprechen, aber nach der Ansicht des Verfassers in iliren Sitten
und Oebränclien Griechen sind.)
W. von Diest Von Pergamon über den Dindymos zum Pontos. Pe-
termanus Mitt. Erg.-H. No. 94, 1H89 (passim).
V. Flott well Aus dem Stromgebiet des yyzyl-Yrmaij (Halys). Peter-
manns Mitt. Erg.-Heft. Nr. 114, 189Ö (passim).
Über versprengte griechische Reste im Süden Russlands iiandelt
0. BeWiavirpc 'Ecxia 1890(11)273—276; über die Mariupoler Grie-
chen vgl. die Notiz von Brückner im Archiv f. slav. Phil. XVI
(1894) 253.
Eine ganz auffallende Entdeckung will ein Engländer, Beilew,
gemacht haben, dass nämlich einige Stämme des heutigen Afgha-
nistan Nachkonnoen der dort seit Alexander d. Gr. angesiedelten
gräzisierten Kleinasiaten seien. Das Hauptwerk
Beilew An Inquiry into tlie Ethnography of Afghanistan. The
Oriental University Institute. Woking 1891. 208 S. 8»
ist mir trotz wiederholter Bemühungen nicht zugänglich geworden.
Eine kurze Notiz darüber s. im Globus 1892 S. 190: Nachkonnnen
der Griechen in Afghanistan.' Über einen Vortrag von
Bellew Surviva 1 of Greek words in the Pukhto Language of the
Alghans
findet sich ein kurzer Bericht in The Journal of the R. Asiatic
Society. 1892 S. 382 f. und Academy 1892 No. 1039 S. 331.
Bellew Introductory Remarks to an inquiry into the Ethnography
of Afghanistan. Imp. and Asiatic Quarterly Review. II, Ser. II, 4
S. 2()1— 287
ist mir ebenfalls nicht zugänglich.
Ich kann leider nicht auf Grund des Hauptwerkes urteilen:
aber aus den Auszügen geht hervor, dass B. einen Hauptbeweis
seiner Tiiese in der Spraciie afghanischer .Stännne gefunden zu haben
glaubt: sie sei geradezu "a degraded dialect of tlie Greek" (Aca-
demy), das Vocabular sei "mindestens zur Hälfte, wenn nicht mehr,
unverändert griechisch oder leichtverändertes und schnell erkennt-
liches Griechisch" (Globus a. a. 0.). Dieser letzte Satz hat mich
etwas stutzig gemacht, und ich kann ein gewisses Misstrauen nicht
unterdrücken, dass Bellew das Opfer einer Selbsttäuchung geworden
sei. Auffallend ist mir vor allem, dass in den Berichten kein ein-
ziges AVort, keine einzige Form aus jenem merkwürdigen Dialekt
1) Für die Zahl der Griechen im Vilayet Aidin und Kenia
vgl. auch Petermanns Mitteil. 1892, Lirteratur-Bericht S. 455 (Roxigon).
Anzeifrer VI .". 25
'JK; Mitteilunj^en.
zur Bestätig-img des kühnen Satzes angeführt wird. Die Entdeekuny
eines so lang:e ganz isolierten griechischen Sprachzweiges hätte
natürlich sowohl für die altgriechische wie für die neugriechische
Sprachgeschichte eine Bedeutung ersten Ranges.
Über di(^ Albanesen in Attika vgl. Milchhöfer Deutsche
Kundschau XVIII (18i)l) 207—270; über Wlachen in Akarnanien
G. Woigand Globus LSD.'i S. 85—89; (über solche im Attika auch
Milchhöfer a.a.O.), im Pindos KpucrdWiic 'Eßöcjudc 18f)l No. 4—5.
7-lt. 11 — 12. 15-31.
IT.
l'sichari hat in seinen Ktudes S. LXXXVII ausgesprochen,
(iass die Erforschung neugriechischer Volkskunde nur geringe Bedeu-
tung für die Frage nach der Abstammung der heutigen Griechen
habe, aber ich vermag dieser Behauptung nicht zuzustimmen, Aveil
ich nicht zugebe, dass Glaube und Sitte eines Volkes ein so beweg*-
lielier und charakteristischer Faktor sei, um wie eine Waare von
einem ethnologischen Substrat auf ein anderes so ohne weiteres
überzugehen. p]s ist zwar neuerding's wieder von JMilchliöfer (in
dem oben zitierten Aufsatz» beobachtet worden, dass die Lebensart
der heutigen Bewohner Attikas, d. h. von Albanesen, der altgriechi-
schen entspi'eche, dass also griechisches Volkstum auf ein nichtgrie-
ehisches Volk überti-ag-en wurde: aber hier handelt es .sich eb(Mi
um die letzte Phase des Hellenisierung'sprozesses, welchem die Al-
banesen des KönigTc^ichs seit Jahrhunderten unterliegen, und so
ist die Krhaltung' alter Art selbst in den von fremden Stämmen
besetzten Distrikten ein Beweis für die Zähig'keit griechischer Xa-
tionalität, die in erster TJm'e nicht in körpc^rlichen Merkmalen, son-
dern in Sprache und Volksiel)en sich äussert (vgl. ^'erf. Die neu-
griech. Spr. S. 20 1.
Der Zusaniiiienli;ing zwischen Mltcm und neuem \'olkstiim
l)leil»t immer ein llauptgegenstand der Forschungen über neugrie-
chische \olkskunde: der ethnographische Wert solcher Überein-
stimmungen ist ziemlich allgi-mein anerkannt, /.. 15. Jiuch vom (tco-
graphen Th. Fischer (Kirchhotts Länderkunde von Kuropa S. 2t;i);
er liegt weniger in einzelnen Bezielumgen zwischen alt- und ni'U-
gric«-liiscliem Aolksicben, als vielmehr in der Masse dieser Uberein-
.stimmungen, welche die neugriechische Volksseele als ein in neuer
Umgebung unter veränderten Verhältnissen aufgewachsenes Kind
der Alten erweisen. Das mittelgriechische Volkstum ist das Mittel-
glied zwischen beiden Phasen; in welcher Weise das byzantinische
Mittelalter antike StoH'e ninbildete und so die moderne Form t-nt-
wiekelt, zeig't
<ioldstaub Zwei Beschwiuungsartikel der IMivsiologus-Litteratur.
AbliMiidlungen Herrn Prof. Tobier dargebracht (Halle 1805) 355—380
au einem instruktiven Beispiel (besonders S. .■)71 ff.). Im Gebiet der
mittelalterlichen Legende hat auf solche Zusanunenhänge K. TäQac
neuerding's aufmerksam gemacht, vgl. MecauuviKii BißXu)B»'iK)i \'\l
(1894) in der Kiideitnng (passim).
Mitteilungen. 217
Das Schriftclien von
•C. Benoit La (irece .ineieiine »'•tudit-c (lan> la Greee moderne.
Nancy 1892 1)
hat zu diesen Dingen keine Bezieluuig. wie man aus dem Titel
annehmen könnte. Dagegen weist
K. Rodd Tiie eiistoms and lore of modern Greeee. London Scott.
1892. 276 S. 8»
^uf den engen Zusammenfiang mit den alten Griechen hin-j.
Eine übersichtliche Darstellung neugi-iechischen Volkslebens,
die freilich niir das allerwichtigste berührt, findet sich in dem Buche
von
Melingo Griechenland in unsern Tagen. Wien Braumüller 1892
S. 145-197 '■).
Volkskundliches Material ist in verschiedenen griechischen
Zeitschriften zerstreut; ausser dem Anz. I 42 genannten AeXriov ist
die Zeitschrift TTapvaccöc und die belletristische Zeitschrift 'EcTia zu
nennen, bei der die neugriechische Volkskunde ein Avarnies Inter-
esse findet. Ebenso hat die griechische philologische Gesellschaft
in Konstantinopel von jeher die Erforschung neug'riechischen Volks-
tums gefördert und in ihrer Zeitschrift Material veröftentlicht; lunier-
■dings wurde von ihr mit Unterstützung eines reichen Wohlthäters
(Zuj-fpaqpoc) der erste Band einer besonderen Serie herausgegeben,
die ausschliesslich der Volkskunde gewidmet ist:
ZiuYpöqpeioc 'Ayiwv liroi luvr^eia Tr|C eX\. dtpxaiöxriToc Ziiüvta ev xu)
vüv eWriviKUJ Xaüj. Töfaocä '. Konstantinopel 1891. 445 S. 4^*).
Der Band enthält ausser rein sprachlichem Material Volkslieder,
jibei-gläubische Vorstellungen, Märchen, Sprüchwörter, Fluch- und
Segensformelu , Sitten und Gebräuche aus Epirus, Synu', Telos,
Karpathos. Nisyros, Ikaros.
Sitten und Gebräuche, Aberghiul)e und Volkslitteratur der
griechischen Frauen werden behandelt von
Lucy Garnett The women of Turkey and their folklore. 1: The
Christian Avomen. London Nutt 1890. LXXVIII, 382 S.-').
N. 0. Dossios Der Aberglaube bei den heiUigen Griechen (seinem
Ursprung nach). 2. AuÜ. Galatz Schenk 1894. 24 S.
ist vermutlich eine erweiterte Neuaufiage der in P'reibnrg ls78
(16 S.) zum ersten Mal erschienenen Schrift, welche eine kurze
Übersicht über die abergläubischen \'orstellungen des neugriechi-
schen Volkes yiebt.
1) Rez. A ou F. Baumgarten Berl. pliil. Wsclir. lS9o S. o73 f.
2^ Carlsen Globus 1892 S. 158 f. Tozer Academy Xo. 1042
iiiul 1043.
3) Rezensionen des lesenswerten, wenn auch keineswegs tiefen
tmd o-ründlichen Buches von: Philippsoii Ausland 1892 S. 592. Lit.
Oentralbl. 1893, 640 f. L. K. in der Allg. Zeitung 1892, Beilage v.
20. Juli, Bürchner Glol)us 1892 S. 126 f.
4) Rez. von Ph. Mever Theol. Lit.-Zeitung 1892 S. 496—498.
5) Rez. von Kirchhoff, Feterm. Mitteil., Lit.-Ber. 1892 No. 677.
218 Mitteilung-eii.
Reiches Material strömt aus einzelnen Landschaften zu; so-
handelt über Sitten auf Cefalonia
'H. TciTC^X^c 'EBiua ev Keq)aXXt-ivia. TTapvüccöc. XV (1893), XVII
(1895) 429 ff.,
über Volksüberlieierung" in Coiistantino])!'!
Carnoy et Nicolaides Traditions populaires de C ple et de ses
environs. Contributions au folklore des Turcs, Chretiens, Arme-
niens, li-e Serie. Abbeville Fourdrinier & Cie. 1892. 39 S. 8».
Aus Sage und Gebräuchen eines epirotischen Dorfes macht
einig-e Ang-aben
K. KpucTciWiTC 'HTTeipujTiKai avuuvriceic: TpaiLifaevoxiupia. 'Ecxia 1894,
212-21.Ö.
Volkskundlifhen Stot^' (Sitten und Gebräuche) scheint auch
A. K. TTairacTaüpou 'H Zixca, yeaiTpctqpiKyi Kai icTopiKri -rreprfpaqpi?! rrjc
KuiLioTröXeoic TaOxric Tf|c 'Hirei'pou. Athen 1895. 61 S. 8"
zu enthalten, vgl. 'Ecxia 1895 S. 159.
Über Folklore von Lesbos:
Georgakis et Pinean Le Folklore de Lesbos. Paris Maison-
neuve 1894. XX, 373 S. IG«. (Vgl. auch Revue des Traditions
populaires VIII (1893) No. 6.)
Zu den dort veröffentlichten Märchen sind die Anmerkungen
von Po litis in der Rezension des Buches 'Ecxia 1895 S. 19—21,
28—29 und von Tozer Academy 1895, 396 f. zu vergleichen i).
Einige abergläubische Vorstellungen der Bewohner von
Naxos erfahren wir von
M. 'I. MapKÖTToXic NaEiaKoi TTpoX>iv^;eic. Ecxia 1895 S. 78 (über Fluch,
Krankheit, Tod u. a.).
Über das Volksleben von Kreta finden sich Bemerkungen
und Beobachtungen eingestreut in dem Buche von
Klpis Melena Erlebnisse itnd Beobachtungen eines mehr als 20-
jährigen Aufenthalts auf Kreta. Hannover Schmorl und von
Seefeld 1892 2).
Der Anhang des Buches enthält Volkslieder und Sagen (in deutscher
Übersetzung).
Das Volksleben auf Ikaros behandelt
"E. Ixaiaaxicibiic MnapiaKä rixoi icxopia Koi ircprfpaq'n Tf\c vi'icov) Iko-
piac. Samos 1893. (160 S. 8<') S. 96—1193),
er bringt manclu; interessante Einzelheit; auf das Buch werde ich
gelegentheh der Dialektlitteratur nochmals und genauer eingehen.
Über Cypern:
M. Ohnefalsch-Richt er Parallelen und Gebräuche der alten und
der jetzigen Bevölkerung von Cyperu. Verhandl. d. Berl. Ges.
für Anthrop., Ethnol. und Urgesch. 1891, 34—43.
Verf. zeißt den Zusammenhang d'^r alten und heutig:en Bewohner
1) Weitere Kez. von H. IVrnot Rev. crit. 1895 (I) 403 f.
2) Rez. von Th. Fischer Ausland 1891 S. 1039.
3) l{ez. von G. Mever Bvz. Zschr. IV 152.
Mitteilungen. 219
im Fortleben alter technischer Übung- auf dem Gebiete des einhei-
mischen Kunstgewerbes (Gefässe, Flechtarbeiten). Derselbe Verf.
hat auch in seinem mir unzug'äng'iichen Werke 'Kypros, die Bibel
und Homer' (Berlin 1893) und in der Osterr. Monatsschr. f. d. Orient
189Ö Heft 9 Mitteiiung-en über moderne Sitten und Gebräuche auf
der Insel gemacht. L'ber den 2. Band der KurrptaKd von XaneWäpioc
werden Avir unten handeln.
Einige interessante iNIitteilungen über das Volksleben im Ge-
biet von Kerasunt (Pontos) giebt A. (i. Neoi)hytos L'Anthro-
pologie I (1890) 688 ft".
Das Buch von Cuinet (s. obeni bietet für Volkskunde im
engeren Sinn fast keine Ausbeute; merkwürdig- ist nur eine Notiz
ül)er Kos (1433), deren Richtigkeit ich freilich nicht kontrolieren
kann: die Mädchen Avählen selbst den Gatten; wenn die älteste
Tochter heiratet, tritt ihr der Vater das Haiis ab: nur die ^lädchen
.sind erbberechtigt. Es ist gerade bei einem so auffallenden, son-
stigen Verhältnissen so entgegengeset/ten Brauch sehr zix bedaxu'rn,
dass der Verfasser keinerlei Angabe darüber macht, woher er seine
Kenntnis hat. Aus Syme berichtet A. Xaßiapäc '0 ev K'-rröXei 'EW^v.
<t>i\o\. "LvXKojoc XXV 155 flf. einen ähnlichen, aber doch weniger auT-
fallenden Bi-auch über die Erbberechtigung der Töchter.
Wie weit die Aorwiegend dem Altertum gewidmete Schrift von
EüaYTcXi&ilc TTepi xiuv Kmvüjv TroXiTeiac. Athen 1892
Sitten und Gebräuche in der heutigen Stadt Kios (türk. (Thendek
am Marmarameer) behandelt, ist mir nicht bekannt').
Über Einzelheiten neugriechischen Volkslebens, sei es ver-
gleichend aus einem grösseren Gebiet oder nur beschreibend aus
einer bestimmten Gegend, geben eine Keihe von Monograjihien
oder weit zerstreuten Notizen Auskunft; hier kann ich jedenfalls
nur einen kleinen Bruchteil dessen geben, was wirklich an den
verschiedensten Orten zu linden ist. Doch glaube ich, dass mir
-wenigstens an selbständigen Monographien über einzelne Seiten
-des Volkslebens nicht allzu viel entgangen ist. So sei zunächst ein
Beitrag- zur Trachtenkunde erwähnt:
'A. MriXiapüKtc TTepi cpeciou. Ectio 189."» (11) 113— 115. 141 f. 145—148,
Avo ausser dem im Titel angegebenen Thema (über den Fes) iiUeres-
sante Bemerkungen über Namen der Stoffe, über Kleidungsstücke
und ihre Bearbeitung- sich linden. Aus dem Gebiet des \'olksg!au-
bens nenne ich an erster Stelle:
N. r. TToXiTiic AiT)uuübeic KOC,uoToviKoi |uüBoi. Athen 1894. 51 S.-).
Der \erf. analysiert die neugriechischen Volksvorstellungen
über die Entstehung der Welt und erläutert die einzelnen Züge
derselben durch Heranzieliung reichen und von grosser B.elesenheit
zeugenden mytliologisclicn Materials der verschiedensten Völker;
1) Aus der Kez. aou T. K. in der Kca'. des Etiides gr.
(1892) 377 kann ich in dieser Beziehung Avenig entnehmen.
2) Rez. von H. Steuding Binl. phil. Wschr. 1S95. 1270.
220 Mitteilungen.
am interessantesten ist natürlich die Vergieiflniny- mit aitgrieclu
AnKehauiin::'en : hier wird naehg"e\viesen, dass der Hesiodeischen
Tlieogonie ähnliehe \'orstellung'en wie die des neug-riech. Volkes
zu Grunde lieg'en und daher jene aus diesen erklärt werden können.
Über die Sehieksalsg'öttinnen vg'l. meine eigene Studie:
A. Tliunib Zur neugrieehisciien Volkskunde ]. Zeitsehr. d. Vereins
f. Volkskunde IJ (1802) 12.3—134.
Über die uoipa finden sieh aueh einige Bemerkung-en bei .1. Schmitt
AeXTiov Tr|c icrop. xai e9vo\. traipeiac W 294 tt'., sowie ib. .S. 301 über
Eros im neugriechischen Volksglauben.
Mit dem Dämonenglauben hängen Mantik und Magie /.usain-
n»en; über das erstere ist Aon mir in zwei Aufsätzen gehandelt
worden:
A. Thumb Zur neugriech. Volkskunde IL a. a. O. S. 28r)— 293. ITI
ib. 302— 4 cm;.
Die Magie wird vom Volk besonders gern in den Dienst der
Heilkunde gestellt: gegen die durch Magie (z.B. bösen Blick) oder
Dämonen hervorgerufenen Krankheiten und Schädigungen i.st da»
Amulett das allgemeinste Heilmittel; über solche Amulette aus der
byzantinischen Zeit vgl.
Schlumljerger Amulettes byzantins anciens destines ä combattre
les maletices et les maladies. Paris Leroux 1892. 21 S. 8°.
Am meisten sind kleine Kinder dämonischen Einwirkungen
ausgesetzt; so berichtet
ZaßiTCiavöc Tö TcaXairdTriuu. Ecria 1892 (II) 79
über den Aberg'lauben, dass Kinder, die in die Nähe eines Toten
geraten, selbst dem Tode verfallen sind.
Sogar die Modekrankheit Inttuenza ist bereits in den Bereich
des Aberglaubens gezogen; eine Leg-ende, worin sie als gespensti-
sches altes Weib auftritt, erzählt
Knoop Die Influenza. Zschr. f. Volkskunde III 2öl.
In der Zauberei spielen bekanntlich g*eAvisse Pflanzen eine
grosse Rolle; bei
Asclierson Die Sage vom (loldkraut. Zschr. f. Ethiiol. '\'erlKnidl.
d. Berl. Gesell.sch. f. Anthropol.) 1893 S. 1(!4 ff.
wird auch der griediische Aberghuibe über die Wunderblume (Xaf.i-
Trr|bövr]) im Zusammenhang mit dem anderer Völker besprochen.
\«'rschiedene magische Vorschriften über Pflanzen, al)er auch
über Produkte der Technik (Papier, Tinte) hat
N. r. TToXiriic TTaXaiorpaqJiKt'T cxaxvioXo-fi« tx xüiv (.utfiKiiv ßißXiiuv.
Byz. Zschr. I .")rj4— .')7i
aus Handschriften d«^s 1(!. und IS. .lahrli. ausgezogen.
Über wunderthätige Statuen im byzantinischen Kunstantino-
pel handelte Kirpicnikov im Jahrbuch der philol.-histor. Gosell-
sdiatt zu Odessa 1894 (vgl. Byz. Zschr. IV ()14 ft'.).
In das Gebiet <ler Magie gehören auch die \'er\vünschnngerr.
(Verffnchungen):
:\ritteilmiji-en. 221
B. Schmidt Alte Verwüiisclnuiysloniuln. Fleckeiseiis Jahrb. 1891
S. ö<Jl — 57G
behanrtelt und erklärt antike Formeln im Zusammenhang" mit neu-
g'rieehisohen. VerAx ünsehunj>sformeln finden sieh fast in allen Pub-
likationen volkskundliehen Stoffes (s. o.). Überdies vg-1.
'A. MapoüAi-jc HöpKia. TTapvaccöc XV 556.
Material au.s dem Altertum g-eben
Heim Ineantamenta magica g-raeea latina. Fleckeisens Jahrl>. Su)»i>l.
XIX (1893) 463—576 und
Drexler in der Berl. i)hilol. Wschr. 1894, 961—966.
Im Zusammeidiang' damit seien die 'Fluchmale' (Steinhaufen)
erwähnt, die
B. Schmidt Steiidiaufen als Fluchmale, Hermesheiligtümer und
Grabhüg'el in Griechenland. Fleckeisens Jahrbb. 1893, 369—395
bespricht: er geht vom neugriechischen Brauch aus und verknüpft
damit verwandte Ding-e aus dem Altertum, die eing-ehend erörtert
werden. Verf. zeigt damit aufs neue, wie eng-e altes und neues
Volksleben zusammenhängen und wie jenes sehr oft durch dieses
erläutert werden kann.
Mannig'faltig-er Brauch zeigt sich an den Festen des Volkes:
der oben ang-eführte Aufsatz von KpucxdWric über fpauugvoxuipia
enthält die Beschreibung- mehrerer Feste (1. Mai, Ostern, St. Georg-,
Hinnnelfahrt). Eine hübsche Darstellung- über Brauch und Aber-
g'lauben in der Zeit von Weihnachten bis Dreikönig- g-iebt
A. Braun Die Zwölfer' in Griechenland. Vom Fels zum Meer
1891 (II) 419 ff.
Über Weihnachten auf Naxos erzählt MapKÖ-rroXic in der Ecxia
1891 (II) 394 — 396, woran sich einig-e andere Schilderungen des
Festes (aus Varna, Ganochora in Thracien und Phoiniko in Epirus)
anschliessen (396—398). Unzug-äng-lich ist mir der Aufsatz von
Dmitrijewski Einig-e ßemerkung-en über die Feier des Neujahr
nach byzantinischen Quellen. 8. russ. archäol, Kong-ress in Mos-
kau 1891.
Nicht minder als Festtag-e sind die Hauptabschnitte des nu'nsch-
liclien Lebens, Geburt, Hochzeit und Tod, im Volke durch eigentüm-
liche Vorstellungen und (iebräuche gekennzeichnet. Die Schicksals-
g-öttinnen ((uoipai), welche beim Eintritt ins Menscheideben beson-
ders thätig- sind, habe ich bereits g-enannt. Sitten, Gebräuche und
Aberg-laubeu bei der Geburt werden uns aus Mona.stir (in Macedo-
nien) eingehend g-eschildert von
G. Sajaktzis Graekowalachische .Sitten und Geln-äuche. Zsclir.
d. \\ f. Volksk. IV (1S94> 131—148.
l'her neug-riech. lloclizeitsg-ebräuclic orientiert in fesselnder
Weise
G. Meyer E.ssais und Studien II (1893) S. 132 ff.
Für Karamanieu vg-1. Cuinet in dem g-enannten Werke I 810. Be-
sonders instruktiv ist die reichhaltig-e und eing-ehen<le Schilde-
run <>• von
222 Mittoiluiiji-eii.
TT. r. BXucTÖc 'Otöilioc ^v Kp^iTi;]. "HOiiKai e6i|Lio. Athen luKeXXoipioc
1893. 182 S. S<^.
Ausfülirlicli wird alles von der Werbung" bis zur Nachfeier (8 Taijfe
nach der Hochzeit) erzählt; die grosse Masse der mitgeteilten Lieder
zeigt, wie gerade dieser Lebensabschnitt des Menschen reichen An-
lass zur poetischen Produktion giebt. Das Buch dürfte in seiner
Art das beste sein, was über den Stoff handelt.
Totengebräuche bei den alten und neuen Griechen behandelt
A. HXiaKÖTrouXoc NeKpiKoi TeXexai irapö xoTc dpxaioic Kai veuuTepoic
"EXXnci. napvaccöc XV (1893) 841—855.
In Krumbachers Studien zu den Legenden d. H. Theodo-
sius (s. imten) werden S. 341 ff. die Totengedenktage im Mittelalter
besprochen, was auch für das Verständnis der heutigen Gebräuche
Wert liat. Einem speziellen Brauch, dem Zerbrechen von Gelassen
hei der Bestattung, ist ein Aufsatz von Politis gewidmet:
N. r. TToXiTVic TTepi Tfjc Gpaüceuuc ÖYTeüuv kutö t>iv Kiibeiav ( init engl.
Übersetzung). Journal of the Anthro])ologicaI Institute XXIII
a893) 28-41.
Über den unheimlichen Vampyrglauben der heutigen Grie-
chen finden sich einige Bemerkungen bei
F. B. Jevons Greek Burial Laws and I^olklore^ Tlie Clas.s. Kev.
IX 247—250.
TU.
Die Entstehung des Neugriechischen (und seiner Dialekte) ist
schon seit Jahren eine gelöste Frage.
Hatzidakis F'Jnleitung in die neugriechisclie Grannnatik. Leipzig
Breitkopf u. Härtel 1892. XVI, 464 S.
fasst nochmals die Beweise zusammen für die grundlegende Lehre,
dass Mittel- und Neugriechisch aus der alten Koiv»i stannuen; in mei-
ner Rezension des Buches i) ist der Gedankengang der BeAveistüh-
rung- (Kap. II u. III) kurz wiedergegeben. Ausführlicher reprodu-
ziert diese Anschauungen
M. KeqpuXäc TTepi Ttv^ceuuc Tf|C KaeujMiXrm^vnc t^ujcciic Korä T. N. XarSi-
buKiv. NeoXö-fou Eßbonabioia 'ETnöeiupncic. II. (Konstantinopel 1892/3)
S. 5—7. 25—27. 40—48. G4-G6. 87 f. 12(; f. 104 f.
Ebenfalls in Anlehnung an Hatzidakis, aber mit selbständigem I'rteil
orientiert über die gleiche Sache
'A. N. Ikiöc H Ytvecic riic veoeXXnviKric YXuuccric Ecria 1893 (II) 17— 2L
Auf diesem Boden steht natürlich auch I'sichari (zuletzt
Ktudes S. XVIII ff. und a. a. O.), der übrigens darauf aufmerksam
macht, dass sdion Sojthoclis in der Kinleitung seines mittelgriech.
Lexikons die Entstehung des Neugriechischen aus der Koivii be-
hauptet habe. Ts. vermisst nur noch den \nllen urkundlichen"
1) Anz. II 174 — 18.".. Weitere K«'zensionen: Lit. Centralbl. 1892
Sp. 753 f. Allinson The American Journal of Piniol. NIV 107--1H.
MtictaKibnc im Kiipur IV 17.'). Zimmerer N. phil. Knnilschau 189;) S. 29.
Mittel linigon. 223
Bewois für die Entstehun«;" des Noiigriechisehcii, d. ii. die genaue
Prüfung- der gesanmitcn Textülnn-Iieferung-. Daliin geliört zunächst
das Studium der alten Dialekte in ihrem t/bergang" zur Koivj']. Die
Arbeit Aon
H. Pernot Etudes sur les subsistances dialectales en nco-grec.
(Psichari Etudes S. 45-82)
behandelt diese Frage, jedoch in kaum befriedigender Weise (s. o.
Anz. V Gl); auf die kritische Vorfrage, wie weit das Eindringen
und das Überliandnehmen der Koivri-Inschriften (gegenüber den
dialektisclieu) den wirklichen Sprachzustand wiedergebe, wird gar
niciit eingegangen. Ich glaube allerdings, dass im wesentlichen die
Zunahme der Koivi't- Inschriften dem Schwinden der Dialekte ent-
spricht, aber man kann a priori auch anderer Meinung sein, vgl.
G. Meyer Berl. phil. Wschr. 1893, 214. Eine umfassende Untersu-
chung- des l'bergaugs von Dialekt- zu Koivr|-Inschriften muss erst ge-
macht Averden, wobei die heutige griechische Sprache als das End-
resultat des urspüng-lichen Kampfes von Dialekt und Koivri die Probe
auf die Richtigkeit des Gefundenen abgiebt. Die Frage nach alt-
dialektischen Iicsten ist in diesem Zusanmienhang, d. h. für das
riciitige Verständnis der Koivi'-), von grösster Bedeutung. Solche
Reste haben sich in sehr geringer Zahl gerettet, aber es ist eine
uietiiodische Übertreibung, mit Psichari Etudes S. XXVI f. und
seinem Schüler Pernot (Etudes 52 ft".) alle jene Spuren wegdispu-
tieren zu wollen.
Eine Geschichte der griechischen Sprache oder eine histo-
rische Grammatik, welche die ununterbrochene Entwicklung von
Koivi], mittel- und neugriechisch als Ganzes darstellt, ist noch nicht
geschrieben. Denn vor H. C. JNIullers Historischer Grammatik kann
man nur warnen, da der Verfasser im Dilettantismus so ziemlich
das höchste leistet i). Für eine zusannnenfassende Geschichte und
Grammatik des Neugriechischen bietet das reichste und vielseitigste
Material Hatzidakis" Einleitung (s. oben). Für einzelne Teile die-
ses Baues sind im Verlaufe des Berichtes noch verschiedene Beiträge
zu ncnnien. Eine Skizzierung und Charakterisierung des F^ntwick-
lungsganges giebt Hatzidakis im Artikel ""EX\nviK>i jXwccu"' des
Ton Barth und v. Hirst in Athen herausgegebenen 'EYKUKXoTraifeiKÖv
AeEiKÖv. Eine solche Ski/.zierung giebt auch mein oben erwähntes
Schriftchen, ferner
A. OiKO vouihiic TTepi Tt^c veuc tXXjiviKfic -f^iucoic. NeoXÖTOu 'Eßfeoua-
1) Vgl. die Rezensionen \ on Krumbacher \. [ihil. Kiindschau
1892 S. 105-108. G. Mever Berl. Piniol. Wschr. 1892, 437—44.'}. 1893,
24 f. Hatzidakis 'Ecria 1892 (1) b(i7. W. Schulze D. Lit.-Z. 1893, 1383—
1385. Thumb \V. (Anz.) II 171. Die Erwiderung des \'erf.s EXXäc IV
224— 22F) (auch V 372) auf Krumbachers und besonders G. Meyers
allerdings harte aber verdiente Kritik liest sich wie ein funfrei-
Avilliges) Eingeständnis eigener rnfähigkeit. Einige Kritiker, die
nicht tadeln oder g-ar anerkennt-n. l)i'\\ eisen nur. dass sie das Thema
nicht beherrschen.
224 Mittciluiii:-«'!!.
bwiu 'ETTififiüpiicic. (Koiistaiitinopcl) 1S93 S. 302-304. 321-324. ;J43—
345. und
A. N. Jamiaris Spokcn (Ircelc. Ancient and Modovn. Contenipo-
rary Keview LXI (1892) S. ö64-r)7ö.
Kin paar Benierkung'en über die neiigriechische Sprache lin-
den sich auch bei ^leling'o (irieclienland in unsern Tagen (Wien
1892) S. 108 ff. Der Aufsatz ^•on
W, Pecz Die neugTiccln'sche Sprache. Ungarische Revue XIV 209 —
213 (ein Auszug- aus einem mir niciit zugäng'lichen Autsatze im
Krdi'iyi Museum X)
deckt sich ungefälir im Inlialt mit den Hauptteilen n)eines oben an-
g-egebenen Scliriftcliens, oft sogar in der Form des Ausdrucks, was
mir einigermassen auffällig erscheint ; Litteraturnacinveise sind nir-
g'ends gegeben.
IV.
Die Entstellung der altgriechischen Koivi't ist ein wichtiges
Glied der kulturhistorisch tief einschneidenden Gesamterscheinung'
, Hellenismus". Die Frage nach Entstehung und Entwicklung der
hellenistischen Gemeinsprache (Koivr)) ist nur verständlich auf Grund
<ler Geschichte und Kultur des sog. hellenistischen Zeitalters, das
mit den Eroberungszügen Alexanders d. Gr. beginnt und abgeschlos-
sen w(n'den kann mit der Begründung* eines nationalgriechischen
Staatswesens, des byzantinischen Kaiserreiches. Die Ausbreitung-
der hellenistischen Zivilisation ist meines Wissens zuletzt von Mit-
teis behandelt worden (Reichsrecht und Volksrecht in den östlichen
Provinzen des röm. Kaiserreichs. Leipzig 1892, S. 17 — 79).
Die Gemeinsprache dieses Zeitalter.«, die Koivrj, ist bekanntlich
aus der attischen Schriftsprache erwachsen. Eine geschichtliche
Darstellung dieser griechischen Si)rachphase steht noch aus (vgl.
Verf. Die neugi-iech. Spr. S. 28). Es sind noch keineswegs alle die
Zugangskanäle klar aufgedeckt, durch welche dem in der Umbil-
dung l)egriffenen Attisch neue Stoffe zugeführt wurden. Ganz ab-
gesehen vom Eintluss fremder Sprachen (der übrigens leicht über-
schätzt wird) handelt es .sich um die sprachgeschichtlich wichtigere
Frage, in welcher Weise die griechischen Dialekte in der Koivrj
aufgegangen sind: beweist die Abnahme der Dialektinschriften, das
Zunehmen der Koivri-lnschriften und der in Dialekttexte eindringenden
Koiv)VFormeii das gleichzeitige, Sc-lnvinden der Dialekte? Psichari
(S. XX ff.) und H. Pernot (Etudes S. 45 ff.) sind dieser Meinung (s.
oben). Die mittel- und neugriech. Sprache liefei't .ja den Schluss-
beweis. Aber man hat trotzdem gegen die Beweiskraft der inschrift-
liehen Thatsachen Einw(mdungen gemacht, so OiKOvo|.i(6r|c (NeoXo-
You 'Eßbouab. ETTiecujpncic 1.S93, 227 f.) und G. Meyer (s. oben). Da
jedoch die thatsächlichen Veihältnissc der heutigen Sprache auf ein
vollständiges Schwinden der Dialekte hinweisen, so ist kein Grund
vorhanden, die inschriftlichen Verhältnisse nicht als ein im wesent-
lichen richtiges Abbild der Wiiklichkeit zu betrachten. Bei dem
Kampf zwischen Lokaldialekt und Kuivr] hat also das Attische ge-
Mittoilmig-en. 225
sieji't, aber es hat sicli «loch Avesentlieli modifiziert fHatzidakis Kinl.
Kap. .■{) lind ist aiic-h \ oii den Dialekten nielit j^-anz unberührt ge-
blieben.
W. Sehulze Zu den Inschriften vom Olymi^os (Bull. XVT 214 ff.),
Berl. i)liil. Wschr. 1803, 22(; f.
weist vor allem auf ionische Einflüsse hin, die bei Entstehung- der
Koivt'i mitwirkten. W. Schmid (Gott. gel. A. 1895, 32) lehnt jedoch
jede Art von Dorismen und .lonismen wenigstens in der alexandri-
nischen Kotvii ab. Dialektische Ifeste sind jedenfalls im heutigeu
Griechischen nur dann erhalten, wenn sie bereits der Koivt'i ange-
hörten; über solche Reste vgl. wiederum Hatzidakis.
Die wichtigsten <^>uellen der Koivi'-) sind Inschi'iften und Pa-
pyri. Ausser dem Corjius Tnscr. Att. und den Neubearbeitungen
des CIG. (von Kaibel für den Westen, von Dittenberger für Nord-
griechenland i nenne ich von Publikationen, die für die Koivii be-
sonders in Betracht kommen:
Inscliriften von Pergamon, unter Mitwirkung von Fabricius
und Schuchardt herausgeg. von M. Fränkel. I. Teil: Bis zum
Ende der Königszeit. Berlin Speemann 1890. XX, 176 S.^).
'Av^KboToi MiKpaciuvai €iTiT(>a(p«i e^f). üttö 'A. 'E. KovToXeovToc.
Teöxoc TTpOÜTOv 1891.
Mir nicht zugänglich; nach den Einzelheiten, die Jaspar 'EWäc IIT
417—423 daraus giebt, für die spätere Koivii von Interesse.
de Rossi Griechische Inschriften aus christl. Zeit. Bulletino di
archeologia christiana 1892 S. 34 ff. 3G.
Am wichtigsten darin eine Inschrift aus dem 6. Jahrb., vgl. Krum-
bacher Byz. Zschr. II 355.
P. Orsi Esplorazioni nelle catacombi di S. Giovanni ed in (|uelle
della vigna Cassia ])resso Siracusa. Xotizic degli Scavi. .luli 1893.
S. 276 ff'.
enthält Inschriften mit sprachlich interessanten Formen (vgl. auch
Krumbacher Byz. Zschr. IV 231), ebenso wie
Iscrizioni Christiane contenenti vocaboli derivati dai libri det
NuGvo Testamento. La Civiltä Cattolica Serie XV vol. X (1S94V
.1(^7—484. XI (1894) 713—727,
wo XI 715 ff'. Beispiele für -ic = loc \om. S.) aus christlichen In-
schriften zusammengestellt werden.
Es würde zu weit führen, alle Publikationen von Inschriften
aus der Zeit der Koivii aufzuzählen; darüber orientieren die epi-
graphischen Berichte.
Am besten ist noch innner die ägyptische Koivr] bekamit; für
sie Hiesst überdies die ergiebige Quelle der Papyri, deren in deix
letzten .laliren eine ganze Reihe veröffentlicht wurden:
1) Rez. von Kail)el D. Lit.-Z. 1891 Sp. 1703—1707. B. K(!il
Berl. phil. Wschr. 1883 8. 389—396. Andere IJezensionen übergehe
ich, da sie keine sprachlichen Gesichtspimkte enthalten.
226 Älitteiluiio-eii.
Ä g\v p t i s c h e r r k u n de n aus den könig-l. Museen zu Tlerlin. Hcl't 1 —
li. (I. Bd.). Berlin Weidmann 1892 ff. i;.
Mahaffy The Flinders Petrie Pa))yri witli transcriptions. roiunicn-
tary and index. 2 Vol. 1891— 18!);j-!i.
Greek Papyri in tlie British Museum. Catalogtie with Texts. Ed.
by Kenyon. London 1893. XX, 296 iind ein Bd. FoUo mit Faksim.*^).
Zu diesen g-rossen Sammlungen kommen g-elegentiiche Ver-
offentlichung-en :
F. Krebs Altchristlioiie Texte im Berliner Museum. Nachr. d. Oöt-
ting-er Ges. d. W. 1892 S. 114-120.
(Aus Faiyum, nicht älter als das 6. Jahrh. n. Chr.";
Hartel Ein g-riech. Papyrus aus dem Jahr 487. \Yiener Studien
^' 1 ff.
(H. handelt \ on der äg-yptisclien Kan/.leisj)raclK' der späte-
ren Zeit.)
B. P. Gr enteil Some new papyri Irom Apollonojiolis. The Journ.
of Philo!. XXII (1894) 268-284.
(3 Kaufurkunden des 7. Jahrh. n. Chr.j
Aus der Gesamt-Koivri hebt sicli daher bis jetzt am schärf-
sten die äg\vj)tische hervor. In lautlicher Bezieiiung ist ihr charak-
teristisch die Vertatischung von Tenues, Mediae tnid Aspiratae, vgl.
W. Schulze KZ. XXXIII .398 f., P. Kretschmcr ib. 470 und be-
sonders
K. Buresch Kritischer Brief über die falschen SibyUinen. Philolo-
g-us LI 84 ff.
Buresch stellt noch eine Peilie weiterer angx'blicher Merkmale
des ägyptischen Griechisch zusannnen, aber
A. Kzach Zur Kritik der Sibyllinischen Orakel. Philolog-us LIII
280 ff.
bat mit iiccht eing-ewendet, dass viele der von Buresch angenom-
menen 'ägyi)tischen Vulgarismen' sich auch sonst tinden. Buresch
hat zwischen ägyptischer und sonstiger Koivi'-] keine scharfe Grenze
gezogen. Selbst die Vertauschung von Tenues, Medien und Asjn-
raten ist, wenn auch nicht allgemein hellenistisch, doch auch nicht
aitf Ägypten beschränkt; ich habe mir Beispiele wie Ywvaixi = T"-
vaixi, ökXov =.öxA.ov, ßoi'iTi = ßoiiGe», Tö.uvcu = Aöiivou (<lonii)ms)
auch aus Kleinasien notiert. Diese Erscheinung hängt offenbar mit
lautlichen Thatsachen der in Ägypten xtnd Kleinasien einheimischen
Sprachen zusammen. Denn dass sie nicht der gesamten Kotvi'i an-
geliiirte, beweist das Neugrieciiische mit .seiner .Scheidiuig der drei
1) liez. von Kenvon The ("lass. lie\ . \ II 108—111. Graden-
witz ßerl. piiil. Wschr."l893 S. 718-722, 1894 S. 679—685. — Kevue
des Etudes gr. \l 139 f. Kaiinka Zschr. f. d. österr. Gynui. 1893
S. 608-611. 1894 .S. 22—24. Wilcken I). Lit.-Z. 1893 S. 24— 26. Krebs
Berl. i)hil. Wschr. 1894 No. 18. 19. 20. Lit. C'entralbl. 1894 S. 1.177.
2) Kez. von L". Wilcken (iött. gel. Anz. 189r> S. 130-166.
3) Kez. von Grenfell Academv 1894. 60—62. Wilcken Gott,
yel. A. 1894. 7H!-719.
IMitteilung'en. 227
AitilvTilationsarten. — ßeiläufi«;* sei auf eine andere Einzelheit der
Koivr] liinüewiesen, die Hatzidakis TTapvaccöc XVITT 210*. (IF. V
280) behandelt, nämhch die Form eXdXoucav. die so und nicht ^Xa-
Xoöcav zu betonen ist.
Innerhalb der ägyptischen Koivi] hat besonder.s der Dialekt
von Alexandria litterarhistori.sche Bedeutung, weil sich an ihn vor
allem das biblische Griechisch anschliesst.
Apostolides Du g-rec alexandrin et de ses rapports avec le grec
ancien et le grec moderne. Alexandrie 1892. 24 S. 4^.
ist mir nicht zugänglicli, ebensowenig- wie
S. G. Green Handbook to the Granmiar of tiie Greek Testament.
8. Aufl. London Tract Society, 1892 und
E. Combe Grannnaire grecque dtt Xottveaii Testament. Lausanne
Fischbach 1895. 4 fr.
T. K. Abbott Essays chierty on the Orig-inal Texts of the Cid and
New Testaments. London Longmans 1891. 227 S.
kenne ich nur aus der Rezension von Plummer The Class. Rev.
VT 31o f. und entnehme daraus, dass Abbott unter anderem über
Lexikographie des N. T., über die (religiöse) Bedeutung- von iroieiv
im N. T. und über die Atisdehnung- des Griechischen in Galiläa
zur Zeit Christi handelt (Verf. nimmt ein Vorherrschen des Griechi-
schen an).
Geistvolle Bemerkungen über die Übersetzerthätig-keit der
LXX, über Alexandrinisches und „Juden"-Griechisch macht
G. A. Deissinann Bibelstudien. Beiträg-e zumeist aus den Papyri
und Inschriften, zur Geschichte der Sprache, des Schrifttums und
der Religion des- hellenistischen Jtidentums. ^larburg- Elwert 1S9ö.
XII, 297 S. 8ö 1).
Mit der Verwertung- der Papyri und Inschriften für die Erforschttng-
der Bibelsprache Avird in dem Buche Ernst g-emacht in einer Reihe
lexikalischer und grammatischer Beobachtungen.
Eine nützliche Materialsammlung- g-iebt
H. Anz Subsidia ad cog-noscendum Graecorum sermonem vulga-
rem e Pentateuciü versione Alexandrina repetita. Diss. Hallen-
ses XII (l''^94).
Verf. behandelt die X'erba des bezeichneten Textes nacii der Chro-
nologie ihres Vorkommens innerhalb der griechischen Litteratur
und g-iebt damit einen dankenswerten Beitrag- zur Lexikographie
der Koivj'i.
Eine hübsche Studie über die Sprache des N. T. ist
B. AvTUJviäöiic OiXoXoYiKä eK rrjc K. AiaöriKJic. TTepi toö XeKTiKou
ibiiüuaTOC Tf\c K. AmGnKnc. 'A0r|vä VI 10.ö— 137.
Verf. vergleicht die wichtigsten lautlichen, flexivischen und lexika-
lischen Erscheinungen der LXX und des NT, um den Zusannnen-
hang- beider zu zeigen. Der Wortschatz giebt Geleg-enheit zti in-
teressanten Beobachtung-en über Entlehnungen aus verschiedenen
1) Rez. von F. Blass Theol. Lit.-Zeitung 1895 S. 486 t
228 Mittfihuiyen.
Dialekten und freinden Sprachen (Lat. und Hebr.), über Bedeu-
tungswandel und Bildung" (christlicher) Begriffsbezeichnunyen. Ge-
^•enüber dem Brauchbaren, was Verf. bietet, muss jedoch bemerkt
werden, dass er nicht ,<>anz auf der Höhe der hcutig'en Forschunj;;^
.steht, indem er lautliche Frayen schief auffasst oder gn-rn Erkliirun-
gen wie 'etri tö liuviKÜiTepov' u. dgi. braucht, wo es sich nicht um
fremden Eintluss. sondern spontane Entwicklung handelt. Mit die-
.sem Aufsatz berührt sicii zum Teil der von
M. KeqjaXäc HeviC|uoi ev rrj 'Afiu rpaqpf^. '0 6v K TToXei 'EWi^v. OiXoA..
lOUoYoc XXV (1890) 131—135.
Ja* enthält eine übersichtliehe Zusammenstellung lateinischer und
hebräischer Elemente, ohne auf eingehende Studien oder Orig-inali-
täf Anspruch zu machen.
Für die S]»rache des N. T. ist von Jeher AVincrs Grannna-
tik am meisten benutzt worden. Es ist daher freudig zu begrüssen,
dass dieses Buch durch eine neue Bearbeitung- wieder auf die Höhe
heutiger Anforderungen gebracht worden ist:
O. B. Winers Granunatik des neutestament liehen Sprachidioms.
8. Aufl. Neu bearbeitet von P. W. Schmiedet. I. Teil: Einleitung-
und Formenlehre. Göttingen \ andenlioeck und I'uprecht 1894.
XVI, 144 S. S". 2.('.0 M.i).
In gewissenhafter Weise ist die neuere Litteratur herangezogen,
und äu.sserst anerkennenswert ist die Art und Weise, wie der
Verfasser, obwohl Nicht-Philologe, den philologischen Anforderun-
gen Rechnxing- trägt; des ^'erfassers Vorwurf, dass gerade auf phi-
lologischer Seite wenig für die Erforschung- der Koivi't geschehen
sei, ist nur zu begründet: so felilen heutigentags noch die wich-
tigsten Vorarbeiten, um die bil^lische Gräzität historisch vollständig
zu verstehen. Freilich, wie unerlässlich hiezn die Kenntnis des Neu-
griechischen ist, fühlt man wiederum bei (U-r Lektüre dieses Buches
sowohl wie anderer hierhergeiiörigen Schriften, z. B. von Anz.
Letzterer hat zwar das Neugriechische heranzuziehen versucht, aber
in einer so dürftigen Weise, dass er besser ganz davon geschwie-
gen hätte; sind ihm doch die wichtigsten Hilfsnnttel gänzlich un-
bekannt geblie))en I
Einige Einzelkapitel der neutestamentlichen (irannnatik sind
in folgenden Untersuchungen behandelt:
J. Viteau Essai sur la syntaxe des voix <lans le grec du Xouveau
Testament. Pvev. de Philol. XMH 1—41.
Im wesentlichen Materialsammlung nach den üblichen Kategorien.
D'w Bemerkung ' en grec moderne la voix moyenne n'existe pas"
befremdet einigermassen.
1) Uez. \. Henrv Pev. crit. 1894 (II) 49 51. K. K. im Lit.
Centralbl. l.S!)4 S. 10;;0 f. Klostermann D. Lit.-Z. 1.S95 S. 582 f. W.
Schmid (iött. yel. Anz. 1895 S. 2(;— 47 (mit wertvollen Beiträgen).
Beilin- Wschr.' f. klass. Phil. 1895 S. 519-52(1. Hilgenfeld Berl. phil.
Wsch. 1895, 1272- 1271.
Mitti'iluug-en. 22i)
E. Burtoii Syntax of the Moods and Tenses in New 'rcstainent
Greek. 2. Ausg-. Cliicago üniversity Presse 189o. XXII, 21;'» S. S«.
Das Bxicli ist mir aus eig'eiier Lektüre iiielit hekannt; es wird in
den n)ir l)ekannten Iiezensionen') gelobt.
J. Viteaxi Ktiide sur le Gree du N. T. Le Verbe: Syntaxe des
l>ro])ositinns. Paris Bouillon 189:!. LXI, 240 R. S<>. " Mir unzii-
g'äng'lieh-).
P. Tliouvenin Les negations dans k- Xouveaii Testament. l»ev.
de Pliilol. XVIII 229—2+0.
behandelt den Gebrauch von ou und |Liri mit Herüeksielitigung des
klassisclien und nachkhissischen Spraeligebrauchs. Die Unterschiede
sind nicht sehr erheblich.
Rein praktischen (Schul-jZw ecken dient ein kleines Lexi-
kon von
W. J. Hickie Greek-english Lexicon to the New Testament alter
the latest and best authorities. New York and London Macmil-
lan & Co. 189;;. 214 S. kl. 8".
Es enthält den \\'ortschatz des N. T., doch ohne Anführung- der
Textvarianten und der einzelnen Formen: angeführt sind die Be-
legstellen aus dem biblischen Text, und nxir g-elegentlicii wird auf
die atxsserbiblisclie Gräzität hingewiesen. Das kleine Budi ist —
abgesehen von seinem Gebrauch für den Unterricht — geeignet,
einen raschen orientierenden Überblick ülx-r den AN'ortsrliat/, des
N. T. zu geben.
Eine interessante Linzelheobaehtung- macht
J. Haussleiter eceio» . TpuuYUJ- Arch. f. lat. Lexikogr. IX ilS94)
300—302,
indem er zeigt, Avie in der biblischen Gräzität der Ersatz von €c0iu)
durch xpiÜYU) begonnen hat.
Wie Aveit endlich die gi'iechische Sprache lexikalisch die
Sprache der lateinischen Vidgata l)eeinttusst hat, nntcj-sucht
Saalfeld De Bibliorum Sacrorum \ulgatac editionis graecitate.
^)uedlinburg 1891 ^j.
Ich schliesse die Übersicht üi)er die Sprache der Bibel ab,
indem ich noch darauf hinweise, dass sowohl die An.sgabe der
LXX von Swet(> nunmehr mit dem ,"». Bande (1894) vollendet ist
(vgl. E. Klostermann Gott. gel. Anz. 1895, 2r)4 — 264), Avie auch dass
die 8. Auflage der grossen kritischen Ausgabe des N. T. von Tisclien-
dorf vor kurzem abgeschlossen Avurde mit der zAveiten Hälfte des
3. Bandes, der die Prolegomena (über Handschriften und Dazuge-
1) Blass Theo). Lit.-Z. I.s94 S. 337 f. J. H. Thaver The Class.
Eev. YIII 309 f.
2) Rez. von Blass Tlieol. Lit.-Z. 1894 S. 337 f. F. V. in der
EeA'. de l'instruction publiciue en Belg. XXXNTI 290. A. Sabatier
Eev. de l'hist. des Religions XXXI 333—336.
3) Eez. im Lit. Oentrall»!. 1891 Sp. 1431. ( ». Weise Wsehr. f.
klass. Pliil. 1891 S. 13(59— 1371. Hiliienfi-Id l'.crl. phil. Wschr. 1S92
S. 337 f.
230 .Mirteilini;j,'en.
hörigvs) von C. \l. Greg'ory cnthiiltM. Die Si)('/,ialau.s.i;'al»c der
Apostelji'eschiclito von
F. Blass Acta apostoloriini sivc, Liu-ac ad Tlicoiiliiluin liber alter.
Editio j)liiIoIoj>'ica ete. (iöttini;'en Vandenhoeek n. Ru])rec-I)t 1S95.
ist endlieh deshalb besonders 7ai nennen, weil sie die rein ])hilolo-
gisehe Methode auf die bibh'sche Litteratur überträgt und im Kom-
mentar, sowie in den Indizes reiches g-rammatisches Material liefert.
Über den Spi'achg'ebraueh profaner Schriftsteller der Koivn
handeln eine Reihe von Monographien:
Hultsch Die erzählenden Zeitformen bei Poivbius. Ein Beitrag"
zur Syntax der gemeingriech. Sprache. 3 Teile. Leipzig- Hirzel
1891—1893. (In den Abhandl. d. phil.-hist. Kl. d. sächs. Ges. d.
W. XIII und X1V)3).
Das reiche Material ist nach den einzehuni Verben geordnet; die
Untersuchung- hat für ältere wie neuere griechische Sprachgeschichte
grossen Wert hinsichtlich der Scheidung von aoristischer und imper-
fektiviseher Aktionsart. An diese Untersuchung- schliesst sich eng an ;
P. Thouvenin Der Gebrauch der erzählenden Zeitformen bei Ai-
lianos. (Übers.). Fleckeisens Jahrb. 1895, 878—394.
Mit Polybins beschäftigen sich ferner
S. Brief Die Konjunktionen bei Polybins. Gynni.-Progr. Wien 1891
und 18924) ^^^^^\
F. Fassbender De Polybii sententiis condicionalilms. Progr. Mün-
ster i. W. 1895.
Die pergamenischen Inschriften gaben W. Jaspar in der
'EWuc III 21—33 Veranlassung, die Hiatusfrage bei Polybius zu
prüfen (vgl. aixch Keil in der oben angeführten Rezension der Aus-
gabe der Inschriften von Pergamon).
G. Schmidt De Fiavii Josephi elocutione observationes criticae.
Fleckeisens Jahrb. Suppl.-Bd. XX (1894) 341—550^)
behandelt Flexion, Syntax und Wortschatz des Josephus (Latinis-
men, Hebraismcn, poetische Wörter, Neubildungen). Ein guter
siiraclilichcu- Index bildet den Schluss.
h Leii)/iii- 1S91; \gl. dii- IJezi-nsion im Lit. Centralbl. 1894
S. 1019.
2) Kez. von Draeseke Wschr. f. klass. Phil. 1895 S. (»27— 034.
Hilgenfeld Berl. i)hil. Wschr. 1,S95 S. 1034-38.
3) Kez. Lit. Centralbl. 1.S91 Sp. 17<)1 f., 1893 .Sp. 5(55 f. Kallen-
berg Wschr. f. klass. Philol. 1H91 S. 1387-1391, 1892 S. 110!»-1111.
Hüttner- Wobst Berl. i)hil. Wschr. 1892 S. 133—138, 1893 S. 520-523,
1894 S. 454-457. Wackernagel IF. (Anz.) 111 7—10, V 55—00. i:. S.
Schuckburgh The Class. Kev. IX 127 f. — Miller Am. Journ. of Philol.
XVI, 2.
4) lU'A. von Büttner-Wol)st Wschr. f. klass. Phil. 1893 S. 171 —
170. Z.schr. f. d. österr. Gymn. 1893 S. 1043. — Über Polybius vgl.
auch den Bericht von Krebs Bursians Jahresber. LXXIX (1894)
S. 52—70.
5) Rez. von 11. Hansen N. ph. Rundschau 1895 S. 294 f., .My
Hev. er. 1895 (1) 342 f. R. Harmand Rev. d. Et. gr. VIII 154.
Mitteilungen. 231
Mit Prokop beschtäftigt sich
J. Scheftlein De praepositionuni usu Procopiano. Diss. Erlangen
1893. G3 S. 8".
Prokop zeigt im Gebrauch der Präpositionen (die iiäuflger verwendet
werden als in der klassischen Sprache) Nachahmimg der älteren Grä-
zität. Bemerkenswert ist die Beobachtung, dass das lebendige Sprach-
gefühl für die Anwendung der Präpositionen im Schwinden begrif-
fen ist^).
Die spätgriechischen Selu-iftsteller stehen immer unter dem
Eintluss der klassischen Autoren und sciireibeu ebensowenig wie
die Byzantiner die lebende Sprache ihrer Zeit. Diese Tendenz hat
im späteren Altertum ihren konsecjuentesten Aiisdruck im Atticis-
nuis gefunden. Das Werk von Sciimid (vgl. oben I 48) ist fort-
geführt (3. Teil: Aelian 1898)-). Bekanntlich sind die Verzeichnisse
attischer und nichtattischer Wörter, Mie sie die Attizisten zusam-
menstellten, auch für die Kenntnis der Koivi't wichtig; den Text einer
ettiToiuT] Opuvixou g'iebt
E. Scholl Die eKXoYn des Atticisten Phrynichos. Sitzungsber. d.
bayr. Akad. d. Wiss. 1893 S. 493—540.
Für die Koivi] seit Beginn der christlichen Zeit besitzen wir
eine wertvolle CJuelle in den Hermeneumata, griechisch-lateinischen
'Konversationsführern' oder Gesprächsammlungen, welche in die
lateinische bezw. griechische Umgangssprache einführen sollten und
Jahrhunderte hindurch im Gebrauch waren. Sie belegen manche
neugriechische Form für die Zeit der Koivr). Die umfangreichste
Ausgrabe solcher Gesprächsbücher ist die der
Hermeneumata Pseudodositheana, ed. Goetz. Leipzig Teubner
1892. XXXVI, G59 S. 8'1 = Corpus glossariorum latinorum IIP).
Eines dieser Hermeneumata war schon vorher mit genauem kriti-
schen Apparat und wertvollen sprachlichen Anmerkungen veröffent-
licht worden von
Krumbacher Colloquium Pseudodositheanum Monacense. S.-A.
aus den 'Abhandlungen aus dem Gebiet der klass. Altertums-
wissenschaft, W. von Christ . . . dargebracht'. (München Beck
1891) S. 307—364-1).
Einen andern Teil, die bei Goetz S. 4-21-438 abgedruckten Her-
meneiimata Vaticana hat J. David in den Commentationes
philol. Jenenses V (1894) 197—238 emendiert und mit (sprachlichem)
1) Vgl. Rez. von H. Braun Bvz. Zschr. III 413.
2) Rez. von Egenolff Berl. ph'il. Wschr. 1892 S. 358-3G3. Mv
Rev. crit. 1894 (II) 8 f. B. im Lit. Centralbl. 1894 S. 317 f. Sittl
Wschr. f. klass. Phil. 1894 S. 465-467.
3) Rez. von Krumbacher Bvz. Zschr. I 169 f. und Lit. Centralbl.
1892 S. 1733-1735. G. Schepss Wscin-. f. klass. Phil. 1892 S. 1289—
1291. A. Funk Berl. i)hil. Wschr. 1892 S. 1582-1584. Keil D. Lit.-Z.
1892 S. 1295—1297. Lejav Rev. crit. 1893 (I) 46-48.
4) Rez. von Goetz" Berl. pliil. Wschr. 1892 S. 301 f. Preger
BI. 1. d. baver. Gvnni.-Schulw. 1892 S. 282. Hat/.idakis 'Aenvä IV 4661.
232 Mitteiliing:en.
Kommentar verselien^). Eine s\-stematische Ausbeutung* des sprach-
lichen Materials dieser Texte wäre sprachgeschichtlich von g:rösstem
Interesse: besonders über Lautlehre und Lexikographie der g'riech.
Viilg-ärsi)rache vor dem 10. Jahrhundert g'eben diese Glossare reiche
Auskunft, die um so Avertvoller ist, weil die Quellen dieser Spraeh-
periode so spärlich sind.
Auch der Fund von Waclistafeln mit den Fabeln des Babrius
enthält einig'e bemerkenswerte Formen der spätgriechischen Sprache;
vg'l. D. G. Hesseling- Waxen tablets with fahles of Babriiis. Journ.
of Hellenic Stud. XIII (1893) 293—314: dazu Krumbacher Byz. Zschr.
III 418. Am bemerkenswertesten ist der Wandel von i zu e vor p
in CKepTUJv = CKipxujv und die Verwechslung von -rr mit qp in {pruuvric
= Troiiavnc. (Der Aufsatz von Crusius Philologus LIII 228—252 be-
handelt den von Hesseling publizierten Text nur nach seiner text-
kritischen Bedeutung.)
Die sprachlichen Verhältnisse des 6. Jahrhunderts skizziert
Bury A history of the later Roman Empire II Cap. 7 (S. 167— 174);
über die Sprache des demselben Jahrh. angehörenden Agathias vgl.
H. lief fei Über den Sprachgebrauch des Agathias. Gymn.-Progr.
Kempten 1894. 34 S. 8».
Für die Sprache des 7. Jahrhunderts ist
Leontios von Neapolis Leben des heil. Johannis, herausgog. von
H. Geizer. Freiburg Mohr 1893. XL VIII, 202 S.
heranzuziehen. Der Ausgabe ist ein Wörterverzeichnis (S. 1()0—
195) und ein grammatischer Index beigegeben 2).
(Schluss folgt.)
Freiburg i. B., Dezember 1895. A. Tliunili.
Mitteilungen.
Personalien.
Prof. K. Brugmann ist zum korrespondierenden Mitglied
der bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt worden. —
Der Privatdozent an der Universität Freiburg im Breisgau,
Dr. Albert T h u m b ist zum ausserordentl. Professor ernannt
worden. —
Bericlitij2:nnü:en.
Durch ein unliebsames Versehn ist Anz. V 278 der 14. statt
des 11. Junis als Geburtstag Otto von Böhtlingks genannt.
Iludolf von Ivotli ist am 23., nicht am 24. Juni gestorben,
wie fälschlich a. a. O. S. 279 zu lesen steht.
Anz. V 172 Zeile 10 v. o. lies: Horton-Siuith 1{. statt Sinith K. II.
1) Rez. von Krumbacher Bvz. Zschr. III 418 f. A. Funk Berl.
phil. Wschr. 1894 S. IOC!» f. H. Sthcnkl Zsclir. f. d. österr. Gymn.
1895 S. »513— «J15.
2) Hez. von Draeseke Wschr. f. klass. Phih.l. 1893 S. 1114—
1147. J. van den Ghevn Bvz. Zschr. II Chi') i'.
p
501
U
Bd. 6
Indogermanische Forschungen
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